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. Satigatt CoUeje liittiv}.
FROH n» BBttfllST OT
CHARLES SUMNER, LL.D.,
OF BOSTON,
(Glua of 1S30).
•V jVmr. I"8*1- ><W, isfl.
KUNSTGEWERBE BLATT
Herausgegeben
ARTHUR PABST,
Direktor des Kunstgewerbemuseums zu KSln.
NEUE FOLGE
Erster Jahrgang
LEIPZIG
Verlag von E. A. Seemann
1890.
1S15^, H
(
A r -
\
\ \ £. 'V,'
— I
Inhalt des ersten Jahrgangs.
CrVssere AnftHtze. Ssita
Kio Relief von Giovanni (]e11a Robbia 1
Nordböhmiuche Kunstinduririen. Von Albert Hofmann,
IV. Dia MoTdböbmiicbe UoUglulndualrie ... 3. '.I
M^olibund des Leipziger EunetgewerliemuseuniB . Iti
Die Wirkerei und der textile HausSeiaa. Von Ä. Siegt 21
Ein Meisterwerk der Schmied eeisenkunet Von R. üikk 23
(ilusgemälde in der Hikrienkirche zu Luiembui^ . . 25
Die Dresdener AuBstellung alter Zinnarbeiten .... 39
Haiereien im Scblosa xu Engera 33
Kunstge Werbeschule n in Dentschlfind und Frankreich.
Von Max. Schmidt 34
Heimbacher Stühle 37
Grabsteine auf tViedhOfen. Von F. Kiistliardt ... 39
R. MayeiB Modelle fUr Ciseleure 42
Die Renaissance in Belgien und Holland. Von//. Oraid 4ij
Kunst und Eunsttecfanik im WaEfenschmiedewcacn. Von
W. Boeheim 57. 6!)
Die KrugBammlung dea Freiherm von Oppenheim in
Köln. Von A. Fabst 74
Die Sammlung KÄnlHK. Von J. Diner 77
Fayenceflieae in Uosaikt«chnik 61
Die SchmuckauEt«llung im Berliner Kunstgewerbe-
muBeum. Von ,4. I'abst 85
Ausstellung von Omumeutatichen in Hannover. Von
J. Reimers ÜO
Ober Kunstgewerbemuseen. Von A. Uufmann. . 04. 115
Der Katalog der Sammlung Spitzer. Von J. Diner . KU
Beiträge sur Geschieht« der KunattJ}pfcrei. XL Von
Cr. CAr. Sdterer 109
Aus dem Kunstgewerbemuacam zu KOln. - Von Arthur
Pabal 113
BDoliersehaii.
F. S. Meyer, Die Liebbaberkünato ö
Japanische Vorlagen 8
Haleriscbe Innenr&ume, bcrauagegeben von F. Ijithmer 19
R. Sra/t, AuBgef[lhrte Gmbdenkndler 27
Huguicr, EntwQrfe für Schmiedeeisen 27
Piiiikert, Die Zimraergotik in Deutsch-Tirol . . . . 3C
E. Moiinier, Venise 40
RoaetAerg M., Der Goldschmiede Merkzeichen. Von
J. Leasing 52
Neue Werke zur Geschichte der Buchbinderei. Von
K. Bürger Ö2
LtttorariBctae TTottien. Seite
Fachblatt fHr Innendecoration (»8
Japanische Vorlagen 56
Koch, J., Der Kerbschnitt 44
Kraulk db Meyer. Das Schreinerbuch ....... 28
I^edebur, Die Legierungen 84
Mielke, Mfinchener Kunslge Werbeausstellung .... 5ti
Musterhlätter für Drechslerarbeiten l'J
Quantins Bibliotb^ue de renseigement dea Beuoz
Arts lOB
Stroboda, Ein Weltbild unserer kirchlichen Kunst , . 20
f. Vbiseh, E., Omamentstichkalalog 20
Scküreck, Die ühr in kulturgeschichtlicher und kunst-
gewerblicher Beziehung 118
Brandt, Kunstschmiedearboitcn 118
Meyer, F. S.. Handbuch der Ornamentik 118
p. d. Burg, 1'., Die Holz- und Marmormalerci . . . 118
Jännicke, F., Handbuch der Glasmalerei 118
Jännicke, F., Figuren- und Blumenmalerei IIÜ
Reinidc, DieGrundforraender gebräuchlichsten Fi rmen-
Bchriften 110
Hmeen, Sohnleu, Vereine, Oesellsebaftea.
Berlin, Kunstgewerbemuseum 44
Bertin, Stoflausstellung im Konatgeworbfiuuseum . . 43
Berlin, Verein fflr deutechea KuaHtgewerlm .... 83
Bremen, Gewerbemuseum 28
Dresden , Kunstgewerbeschule und Kunstgewerbemu-
seum 83
Düsseldorf, Kunstgewerbeschule Ö8
Flensburg, Gewerbemuseum 43
Orax^, Museumsverein Joanneum 106
Hamburg, Museum l^ Kunst und Gewerbe .... 9ti
Ilannovcr, Kestncimuacum 43
Hannorer, Kunstgewerbeverein 43
Karlsruiie, Kunstgewerbeschule 20
Karlsrahe, Kunatge Werbeverein 43. G7. 82
Kolinar, Schongauergesellschaft 20
Köln, Kunstgew erbe verein 108
Leipzig, Kunstgewerbemuseum 100. 106
iiiimberg, Germanisches Natjoualmueeum 97
Pforxheim, Kunstgew erbe verein 68
Pforxlieim, Kunstgewerbeschule . 84
IVag, Kunstgewerbliches Museum der Handels- and
Gewerbekammer 83
IV
INHALTSVERZEICHNIS.
Seite
Tersehiedenes.
Reicheflbergj Nordböhmisclies Gewerbemuseum . . 44. 98
Stuttgart, Württembergischer Kunstgewerbeverein . . 56
Dresden, Zimiausstellung 20
Karlsruhe^ Preisverteilung für Möbelentwürfe .... 84
Stiiägartf Ausstellung von Zelchenschulen 20
Deckelpokal von L. Bauer in Darmstadt 83
Medaille vom Wettinfest 84
Preisausschreiben um Grabdenkmäler 68
Erwiderolig 8
Seite
Delfter Fayencen in Berlin 119
Ueber die verschiedenen Marmorarten 119
Zu den Tafeln«
Getriebene Silberplatte 8
Bucheinband a. d. 17. Jahrh 20
Silberne Kanne 28
Wandschrank 28
Standuhr ' . . . . 28
Majolikafliese 84
VerzeichniB der Dlustrationen.
Relief von Giovanni della Robbia im Kunsi^^ewerbe-
musenmzu KOln. Holzschnitt von B, Bong in Berlin. 1
Kopfleiste (japanisch) 3
Böhmische Krystallflasche 4
Böhmischer E^rystallpokal 4
* Schmuckkästchen von Direktor H, Oöt% 6
♦ Albumdeckel in Kerb- und Flachschnitt von F. Dörr 7
* Ans F. Meyers Handbuch der Liebhaberkünste (Verlag
von E. A. Seemann.)
tMotive für Dekorationsmalerei. Entwurf von M, Län-
ger Zu S. 6 j'
fBemalte Teller im Sinne der antiken Vasen. Von
Th. Erauth ". . Zu S. 6/
fZwei Seiten aus einem japanischen Flachmusterbuche
(Bette, Nr. 7) Zu S. 8
fGetriebene Silberplatte von L. Posen Wwe. in Frank-
furt a. M. Heliogravüre von R, Paulussen . Zu S. 8
fAus einem japanischen Musterbuche von Paul J^te
in Berlin ^ Zu S. 8,
fMajolieinband (Venedig 1499) aus dem Leipziger
Kunstgewerbemuseum. Farbendruck von J. G.Frifxsche
in Leipzig Zu S. 18 1
Kopfleiste entworfen von F. Paitkert 9
Abwickelung eines böhmischen Glases, gezeichnet von
Äug, Erben 12
Geschliffenes und gravirtes böhmisches Glas. 17. Jahrh.
Gezeichnet von Aug. Erben 14
fBucheinband von rotem Maroquinleder mit Qold-
pressung (17. Jahrh.) aus dem Kunstgewerbemuseum
zu Köln Zu S. 20-^
fSilberkanne, entworfen in der Werkstätte Yon L.Posen
Wwe. HeHogravüre Zu S. 28 1
Kopfleiste. Gotische Holzschnitzerei, gezeichnet von
F. Paukert 21
Schmiedeeisernes Grabkreuz in Soos 24
Kopfleiste. Gotische Holzschnitzerei, gezeichnet von
F. Pa^ikert 25
Glasgemälde in der Marienkirche zu Luxemburg. Zu S. 26
tEinflügelige Hausthür mit Oberlicht; aus Krauth und
Meyer, Schreinerbuch Zu S. 28/^
fStanduhr. Entworfen von Direktor H. Oötx . Zu S. 28 ,
fWandschrank aus dem Schweizerzimmer im Kunst-
gewerbemuseum zu Leipzig ....... Zu S. 28
fPrunkschale, aufgenommen von Frx. Paiücert Zu S. 29
fSchenkkanne derManrerinnung zu Zittau, aufgenommen
von Frx. Paukert Zu S. 29 ^
Bergmannsleuchter, aufgenommen von Frx. Paukert . 29
Getriebene Schale 30
Deckelkrug, Altarkanne, Prunkschale, aufgenommen
von Frx. Paukert 31
fMalereien aus dem Schlosse zu Engers ... Zu S. 33^
Kopfleiste. Aus Frx. Paukert^ Die Zimmergotik . . 33
f Wandkästchen aus dem Schlosse zu Campan. Aus
Frx. Paukert, Die Zimmergotik Zu S. 36 *
Heimbacher Stühle im Museum zu Krefeld^ .... 37^
Der Besuch. Nach dem Stich von Israel van ,Meckenen 38
tGrabdenkmal von Fr. Küstkardt in Hildesheim. Zu S. 38 ^
Fries und Leuchter. Aus Molinier, Venise ... 40. 41
fBuchdeckel des Breviariums Grimani. Aus Molinier.
Venise. Paris, Librairie de Part .... Zu S. 40
f Zwei Ciseleurmodelle von Rudolf Mayer 42 '
*Schlo8s Oydonck 45
*Theekanne in Kupfer getrieben und gepunzt .... 46
*Silbeme Tischglocke aus Kampen 47
♦Dachreiter zu Gent • • • ^
•Brückenthor von Kampen 49
♦Silberner Becher im Bathaus zu Kampen 51
♦Masken vom Weinhaus zu Zfitphen 52
*tVom Tabernakel in der Kirche in Suerbempte Zu S. 45 **
♦fThüre^im Sitzungssaal des Rathauses in Fumes Zu S. 45 /
♦•[•Kamin im Tribunal zu Fumes Zu S. 45
*Aa8 Ewerbeck, Die Renaissance in Belgien and Holland.
Entwürfe zu einem Prunkharnisch. Nach Handzeich-
nungen von Älbrecht Dtlrer 58
Landsknechtsdolch mit Scheide 59
Degengriff mit Ortband 60
Prunkdegeu; Kaiser Karl V. zugeschrieben 61
Italienischer Einband mit Lorbeerzweigen. Ende des
16. Jahrhunderts 63
Englischer Einband mit Stickmusterverzierung. Anfang
des 18. Jahrhunderts 64**
Silberplattirter Einband. Um 1750 05
Radschloss und Spanner mit Gravirungen verziert . . 70
Flintenkolben mit reichen Einlagen 71
Zwei in Eisen geschnittene Daumenblättchen von Jagd-
flinten 71
Verzierung des Laufes einer Jagdflinte. In Eisen ge-
schnitten von A. Bongarde 72
fHarnisch von O. B. Serabaglio und Prunkschild. Aus der
Waffensammlung des kaiserl. Hauses in Wien. I^hoto-
gravüre von R. Pauhissen in Wien ... Zu S. 69
fBraune Steinzeugkrüge aus der Sammlung von A, v.
Oppenheim Zu S. 74 .
Emailkasten in Silberfassung 78
Bimbecher 78
INHALTSVERZEICHNIS.
Seite
Pokal mit Emailvemeningen 79
Schüssel, Tenetianisclies £mail 80
fFayencefliese in Mosaiktechnik in Berlin, und Majoli-
kafliese aus Aleppo in Rom. Farbendrack von
J, Q, Früxsche 81
t Ansicht von Brügge, gezeichnet von F, Ewerbeck, (Aus
Ewerbeck, Die Renaissance in Belgien u. Holland, verp^l. 45
Gürtel, in Silber vergoldet 80
Zwei Glieder eines Gürtels, 15. Jahrh 86
Fürspan aus Mainz 87
Ohrgehäuge in Form einer Sirene 87
Kleinod, Gold emaillirt 87
Anhänger: St Georg 87
Anhänger, 16. Jahrh. 87
Kruzifix, 15. Jahrh. 87
Ühr, Silber geschnitten und vergoldet, 16- Jahrh. . . 88
Halskette mit Perlen und Türkisen, Arbeit von
L, Schluttig, Berlin 88
Drei Schmuckstücke, Gold Emaillirt, 16. Jahrh. ... 89
Petschaft, Gold geschnitten, 16. Jahrh 89
Entwürfe für Brunnenfiguren. Von Beüini 90
Dekorationsmotiv. Von Bellini 91
Drei Ornamente von Meister J. O,, H. S, Bekaniy Etienne
de Laune 92
Spanisch-maurisches Seidengewebe, 14. Jahrhundert . 97
.... 102
• . . 103
.... 104
.... 105
.... 105
.... 106
.... 107
Reliquienkasten aus Bein ....
Polyptychon aus Elfenbein. . .
Willkommkanne -
Leuchter, aus Bronze, vergoldet . ,
Reliquienbehälter aus Silber, vergolde
Pax
Kapsel für eine Agnus-Dei-Medaille
Seite
fTeil eines Fächers (irische Spitze) Zu S. 107
fDeckchen (venetianische Stickerei) Zu S. 107
Zwei Figuren Kleopatra darstellend 110
Venus, Porzellan-Figur 110
Durchbrochene Füllung, Holzschnitzerei 112
Durchbrochene Füllung mit Wappen 113
Gestühlwange im Kölner Kunstgewerbemuseum . . . 114
f Drei Füllungen, Rheinlande, 15. Jahrh. . . . Zu S. 112
Tafeln ohne Text
tHausthor aus dem 17. Jahrhundert in der Tetzelgasse in
Nürnberg. Aufgenommen von E, Bisehoff in Karlsruhe.
fBlumengehänge im Stil Louis XVI. Aufgenommen von
E, Schleük in Karlsruhe .
tAlbumdeckel in Holz geschnitzt Von RomaneUij Bildhauer
in Florenz. Aufgenommen von E. Schleitk in Karlsruhe.
fUhrschild für Ausführung in Metall. Entworfen von
E. Dürrich, Kassel.
fSchreibpult, um 1750. Aufgenommen von C. Suiter,
fDiplomider Bäckereiausstellung in Karlsruhe, Heliogravüre
nach dem Entwurf von Jf. Läufer,
fPolychrome Kachel mit dem Wappen des Fürstbischofs Carl
von Olmütz, 1682
Kachelofen mit bunten Majolikareliefs u. sog. „Kunst**, ange-
fertigt von Hans Kraut aus Villingen a/D. 1577.
fSaturnmaske von einer IHir im Nationalmuseum in
München
fEntwurf zu einem Album von Direktor H. Ooetx,
Festgabe der Stadt Karlsruhe zur Vermählung der
Prinzessin Marie von Baden.
fZwei Zinnkannen aus dem Kunstgewerbemuseum in Karlsruhe.
A ItoBBu. ÜD Kunst gewBTbeinnaeimi in Säln
EIN RELIEF VON GIOVANNI DELLA ROBBIA.
MIT ABBILDUNG.
jM Juni dieses Jahres erhielt das
I Eunstgewerbemuseum zu Köln
I durch Freiherrn Albert v. Oppen-
] heim ein grosses R«lief aus der
I Robbiawerkstatt als Geschenk,
J welches durch Vermittlung der
■ Boui^eois aus Privatbesitz in Paris
nach Köln gekommen war. Daa Relief galt als eine
Arbeit des Andrea della Robbia, Henry Thode und
Willtelm Bode, welche es im Museum sahen, erklärten
es sofort für ein Werk des Giovanni; letzterer schrieb
dem Herausgeber des Blattes nach Empfang einer
Photographie folgendes:
Besten Dank fllr die Übersendung der Photo-
graphie des grossen Robbiareliefs, das Ihrem Mu-
seum ab Geschenk von Baron Albert von Oppenheim
Qberwiesen ist. Ihre Sammlung kann sich gratuliren,
eine so gute und fUr ein Kunstgewerbemuseum so
bestinders passende Arbeit aus der Robbiawerkstatt
erhalten zu haben!
KnmtgewarbeblBiU. N. F. I.
Über den Künstler kann, glaube ich, kein Zweifel
sein, weder über den ausführenden Bildhauer noch
über das Original, welches derselbe seiner Arbeit
zu Grunde legte: Giovanni della Robbia, der Sohn
Andrea's, ist der Künstler, und das grosse Relief mit
dem thronenden Christus an Verroechio's Grabmal
Forteguerri im Dom zu Pistoja ist das Werk, das
Giovanni hier frei wiederholt hat. Dass Giovanni der
Künstler ist, davon werden Sie sich durch den Ver-
gleich mit den Photographien einiger beglaubigter
und bezeichneter Werke desselben im Bargello, na-
mentlich eine grosse Anbetung des Kindes vom
Jahre 1521 und eine Beweinung Christi, leicht Über-
zeugen. Das starke Relief, die kräftigen Farben,
die Einfassung mit den abgebundenen Fruchtkranzen,
die aus Vasen emporsteigen, die breite Modellirung,
die gleichen schwebenden Engelgestelten, finden sich
dort wie hier, während die zahlreichen beglaubigten
Arbeiten von Giovannis Vater Andrea ein flacheres
Relief, namentlich in dem Fnichtkranz, mildere
EIN RELIEF VON GIOVANNI DELLA ROBBIA.
Farben und eine eehr vertriebene Art der Modellirung
zeigen. Dass aber Luca nicht der Ktlnstler sein kann,
brauche ich Ihnen nicht erst zn beweisen: ganz ab-
gesehen von der grossen stilistischen Verschieden-
heit zwischen diesem Relief und den Meisterwerken
des alten Luca della Kobbia, ist dasselbe ja nach
einem fremden Vorbilde gearbeitet, auf welches
Verrocchio 1477 den Auftrag erhielt, das aber erst
mehrere Jahre später begonnen und erst im 17. Jahr-
hundert notdürftig fertig gemacht wurde.
Wenn Sie die Photographie des Grabmals Forte-
guerri zur Hand nehmen und den Vergleich zwischen
beiden Arbeiten ziehen, so können Sie mir mit Recht
einwenden, dass dieselben von einander nicht unbe-
trächtlich abweichen. Das ist in der That der Fall :
bei Wiederholung des Aufbaues im Ganzen ist doch
im Einzelnen nur der nntere Engel rechts eine nahezu
treue Kopie; bei den Ubrigen Engeln hat Giovanni
keineswegs die Mannigfaltigkeit Verrocchio's in der
Bew^ung und in den Faltenmotiven angestrebt, er
hat vielmehr jenen einen Engel, der ihm besonders
gefiel, fast treu nach den anderen drei Engeln, welche
die Mandork halten, wiederholt. Genau wie an das
grosse Marmororiginal, das im Anfange des 16. Jahi^
hunderts jedenfalls noch unvollendet in ii^end einer
Werkstatt am Dome magazinirt war, hat sich Gio-
vanni übrigens an das Modell gehalten, für das uns
eine erste kleine Skizze im South-Kensington-Museum
erhalten ist; hier sind namentlich auch die beiden
Cherubim am oberen und unteren Abschluss der
Mandorla genau so wie in Ihrem Rohbiarelie^
während sie im Marmorrelief am Grabmal selbst
fehlen.
Dass Giovanni berühmte Originale älterer Flo-
rentiner Bildhauer kopirte, wird uns durch eine ganze
Reihe erhaltener Arbeiten des Künstlers bezeugt; meist
sind dieselben in ähnlich freier Weise kopirt wie in
Ihrem Relief. Ich nenne Ihnen als Beispiele ein Rnnd
mit der Madonna zwischen zwei schwebenden Engeln
in zwei Exemplaren (im Bargello und in der Akademie
in Florenz), sowie ein kleines Flachrelief der Madonna
in ganzer Figur (im Handel in Florenz), beide nach
Originalen des alten Luca della Robbia; ein rundes
Madonnenrelief in der Akademie nach der Madonna
des Benedetto da Majano Ober dem Grabmal des
Fihppo Strozzi; ein Madonnenrelief nach Mino im
Besitz von M. Edouard Andr^ in Paris; Christus
und Thomas nach Verrocchio's Bronzegruppe in
S. Jacopo a Ripoh in Florenz, Verrocchio's Marmor-
madonna im Bargello hat er mehrfach kopirt, z. B. in
einen Relief der Capella Medici in Sa. Croce u, s. f.
Sie sehen, gerade Giovanni hat sich Verrocchio
besonders gern zum Vorhilde genommen. Zu Ihrem
Kölner Relief hat er zweifellos die Anregung be-
kommen, als er seit 1514 in Pistoja den berühmten
Fries mit den Werken der Barmherzigkeit am Ho-
spital des Ceppo ausfUhrte. Dadurch wird auch die
Zeit der Entstehung Ihres Reliefs einigermassen ge-
sichert, die nicht vor das Jahr 1514 fallen wird,
was auch durch den Stil der Arbeit bestätigt wird.
Von den gewdhnlichen Arbeiten des Giovanni
della Robbia zeichnet sich dieses Tjmpanon vorteil-
haft aus durch die Kraft der Farben, die noch har-
monisch wirken, durch die gute und gleichmässige
Glasur und die verhältnismässig tüchtige Durch-
bildung der Figuren bis in die lieblichen Köpfe
hinein. Kurz, es ist ein Stück , das ich mit Freude
auch in unserer Berliner Sammlung sehen würde,
obgleich dieselbe so reich an verschiedenartigsten
Arbeiten der Robbia Werkstatt ist.
Aus einem Japanischen Hasterbaohe (Paul Bette No. 7).
NORDBOHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN
Von ALBERT HOFMANN, Reichenberg.
IV.
DIE NORDBÖHMISCHE HOHLGLASINDUSTRIE.
V
atürliche Verhältnisse haben die
nordbohmische Hohlglasindustrie
geschaffen, eine Industrie^ welche
im Laufe der Jahrhunderte das
geworden ist, was sie heute noch
ist: eine Industrie des Weltmarktes.
Nichts anderes hat den Namen Böhmens so weit
in die Welt getragen, wie sein Glas" (Schebek).
Einerseits Sterilität des Bodens, daher Mangel an
Landwirtschaft, anderseits Waldreichtum und eine
Fülle von Naturprodukten, welche die Natur in seinen
Gebirgen niedergelegt hat; das waren die Verhält-
nisse, unter welchen sich diese mächtigste der öster-
reichischen Lidustrien entwickelte. Ein Bericht zahl-
reicher Handelsleute aus den Orten „Hayda, Langenau,
Blottendorf, Steinschönau, Pärchen" etc. an Kaiser
Franz ü. im Jahre 1804, welche dem Herrscher anläss-
lich seiner Bereisung des Königreichs Böhmen „eine
kurze Uebersicht von dem Ursprünge, Wachstume
und dermaligen Beschaffenheit der hiesigen Glas-
handlung ins Ausland, von den hieraus dem Staate
entspringenden Vorteilen, wie auch von dieser Wohl-
standsquelle dermalen entgegenstehenden Hinder-
nissen" geben will, schildert die Entstehung der
nordböhmischen Glasindustrie mit folgenden Worten:
„Gleichwie viele Künste und Wissenschaften, der
Not und dem Mangel ihren Ursprung zu danken
haben, so leitet auch die hiesige Glasfabrikation,
Raffinirungskunst und Handlung ihre Entstehimg
aus diesen Quellen. Kunst und Handlung lagen in
dieser Gegend noch tief im Schlafe, die ganze Gegend
war mit Holz bedeckt und man erblickte nur hier und
da kleine Strecken, welche der Fleiss der Ansiedler
von dem Gehölze gereinigt, um darauf der Erde die
zu dem Unterhalte der armen Bewohner notwen-
digen Früchte abzuzwingen. Stiefinütterlich lohnte
das Erdreich unter diesem kalten Klima den Schweiss
der Arbeiter, spendete aber desto reichlicher das
Holz auf den höchsten Gebirgen wie in den tiefsten
Thälem. Dieser Überfluss an Holz und die täglich
anwachsende Bevölkerung, verbunden mit dem
Mangel an fruchtbaren Ackern, zwangen nun diese
Gebirgsbewohner, auf andere Erwerbungsarten ihre
Aufmerksamkeit zu richten. Es wurden Glasfabriken
errichtet, eine Erfindung, die zu damaliger Zeit als
die einzige in dieser Gegend, eine ansehnliche Menge
Menschen vor Mangel an Beschäftigung und Erwerb
schützte, weil alle Lebensbedürfnisse in äusserst ge-
ringem Preise standen und nicht so vervielfältigt
waren, wie sie es in diesem Jahrhundert sind.'^
Reiche Vorräte reinsten Quarzes, ausgiebige Stein-
kohlen- und Torflager in den Grenzgegenden, sowie
der durch die Sterilität des Bodens fbr Ackerbau
relativ niedrige Arbeitslohn lassen Nordböhmen mit
anderen Ländern, welche eine bedeutende Glasin-
dustrie besitzen, mit Frankreich, Italien, England,
Russland und Nordamerika vorteilhaft konkurriren.
Nicht die geringste Rolle spielt hierbei die Intelli-
genz des Arbeiters.
Infolge dieser natürlichen Verhältnisse reicht
die böhmische Hohlglasindustrie denn auch bis in
ein hohes Alter hinauf. Die ersten Spuren einer
böhmischen Glasfabnkation gehen auf den An-
fang des 11. Jahrhunderts zurück. Günther, ein
deutscher Edelmann aus thüringischem Geschlechte,
liess sich 1008 am schwarzen Regen nieder und ent-
NORDBOHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN.
faltete in dieser Gegend bald eine rKbrige Thätig-
keit „Seine Thätigkeit, wie er mit kühnem Mute
der Schrecknisse der Waldeinseinsamkeit Herr wird,
den Boden mit den alten Stätten menschlicher Ge-
sittung in Verbindung bringt, ihm kirchliche Weihe
und politische Abgrenzung verleiht, ist ein sprechen-
des Bild der Verbreitung deutscher Kolonisten iu
dieseo Qrenzlanden." Ihm wird auch die eiste An-
regung zu den Glashütten des Böhmerwaldes zuge-
schrieben. (Schlesinger, Geschichte Böhmens. Pn^,
Künstler denn als Handwerker betrachteten. (Schle-
singer, 1. G. S. 289.) Diese Angabe dürfte auch mit
dem Berichte des Äeneas Sjlrius (f 1464) überein-
stimmen, der erzählt, dass zur Zeit seines Aufent-
haltes in Böhmen dieses Land mit Glas gleichsam
überschwemmt gewesen sei. Nichtsdestoweniger je-
doch ragte auch während dem folgenden Jahrhun-
dert die böhmische Glasindustrie noch nicht hervor,
denn im 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts werden
nur drei Gewerbe, und zwar die Waffenfabrikation,
BShmiBche Olaiflasohe.
1870, S. 92.) Ob aber hier nur Eohglas oder auch
schon Hohlglas gemacht wurde, ist nicht festzu-
stellen. Aus den folgenden Jahrhunderten li^en
keine Nachrichten Über die böhmische Glasindustrie
vor, auch sind aus der Zeit Earb des IV, (1346 —
1378) oder aus der vor ihm liegenden Zeit Glasge-
fässe nicht erhalten, wenn es nicht gelingt, die weiter
unten erwähnten sogen. „Hedwigsgläser" auf böh-
mische Provenienz zurückzufahren. Erat aus dem
Ende des 14. Jahrhunderts wird von der böhmischen
Hohlglasindustrie berichtet, dass sie schon ziemlich im
Schwung gewesen zu sein acheine, da sich die „Glaser"
(der damalige Begriff „Glaser" deckt sich nicht mit
unserem gleichlautenden heutigen Begriffe, sondern
umfasste die Glasgraveure , Glasschneider , Glas-
schleifer u. 6. w.), sowie die Goldschmiede mehr als
BöbmiBchDr Olaspokal.
das Brauwesen und die Lein- und Tuchweberei als
in grossartigem Massstabe gepfl^ geschildert. Das
in einer Verordnung des Wiener Stadtbuchea vom
Jahre 1354 erwähnte „Waldglas", das zum Unter-
schied von dem „Venedischen oder sonstigen" Glas,
welches lediglich am hohen Markte verkauft werden
dürfe, an beliebigen Orten feilgehalten werden könne,
welches von manchen für bÖhmLsches Glas gehalten
wird, möchte ich mit Ilg (Glasindustrie und ihre
Geschichte, Stuttg. 1874, S. 82) auch eher iür ein-
heimisches, im Wienerwalde erzeugtes gewöhnliches
Glas im Gegensatz zu dem kostbaren italienischen
halten. Dass aber im übrigen böhmisches Glas schon
frühe eine weite Verbreitung fand, beweist das im
16. Jahrhundert für die Niederlande erlassene Ver^
bot des Erzherzogs Albrecht und der Isabella, Imi-
NORDBÖHMISCHE KÜNSTINDUSTRIEN.
tationen yenezianischer Glaswaren einzuführen, wo-
gegen jedoch die Einfuhr des ordinären Glases aus
yyBohmen*', Deutschland, Frankreich und Lothringen
gestattet war. (Ilg. 1, c. S. 112.)
Wenn auch nicht bedeutend an Umfang, so
nahm die böhmische Glasindustrie gegen Ende des
16. und Anfang des 17. Jahrhunderts doch an
künstlerischer Vollendung der Erzeugnisse stetig zu,
so dass unter Rudolf IL (1576—1612) das böhmische
Glas an Zierlichkeit der Form und an Schönheit
des Schliffes mit dem venezianischen wetteiferte.
Erst im 18. Jahrhundert erlangte die böhmische
Glasindustrie ihren eigentlichen Weltruhm und zwar
durch den Glashandel. „Erst als sich der Handel
des Glases bemächtigt und es ins Ausland verfCLhrt,
beginnt sein Ruf, welcher sich um so schneller ver-
breitet, je mehr die Handelsleute selbst auf die Er-
zeugung Einfluss nehmen, sie zu vervollkommnen
und den Anforderungen der verschiedenen Märkte
entsprechend zu gestalten bemüht sind." (Schebek,
1. c. S. L)
Die nordböhmische Hohlglasindustrie konzentrirt
sich hauptsächlich auf zwei Centren: Haida undStein-
schönau mit einigen umliegenden Ortschaften in den
Ausläufern des Erzgebirges einerseits und Gablonz,
Polaun, Neuwelt und Harrachsdorf in den Ausläufern
des Riesengebirges anderseits. So bilden die Aus-
läufer beider Gebirge die Pflegstätten einer Industrie,
welche vor allen anderen die Bedeutung der böhmi-
schen Industrie überhaupt begründet hat. Schon
frühe wurden in diesen Gegenden zahlreiche Glas-
hütten erbaut und im Betrieb erhalten; es ist aber
schwer, festzustellen, ob sich dieselben — und welche
von ihnen — in diesen frühen Zeiten auch schon
mit der Hohlglaserzeugung beschäftigt haben. Jeden-
falls war die Glasraffinerie in den seltensten Fällen
mit der Hütte verbunden, sondern war eine gross-
artige Hausindustrie und in der späteren Zeit sind
zahlreiche Hütten entstanden — besonders in den
Ausläufern des Riesengebirges — die sich nur mit
der Rohglaserzeugung für die Glasquincaillerie be-
schäftigten.
Im Jahre 1442 geschieht einer „Glashut in silva
Daubitz" Erwähnung und 1443 wird in Steinschönau
eine Glashütte durch Paul Schirmer errichtet. Die
angebliche erste böhmische Glasfabrik wird um die
Mitte des 15. Jahrhunderts von Peter Berka von
Duba und Lipa unter dem Tannenberg bei St. Georgen-
thal angelegt. „Man hat aber bisher keinen anderen
stichhaltigen Beleg dafür, als dass beim Baue der
böhmischen Nordbahn 1867 unfern von St Georgen-
thal alte Mauerreste und Glasschlacken zum Vor-
schein gekonmien sind, die von dem Bestände einer
Glashütte daselbst zeugen. Wann und von wem
dieselbe erbaut wurde, wird aber dadurch nicht er-
wiesen.'^ (Schebek, 1. c. S. IX.) Das Jahr 1500 sah
im böhmischen Niederlande schon mehrere Glas-
hütten. Das mit dem Jahre 1514 beginnende Stadt-
buch von Ereibitz berichtet über einen Yerkaufsakt,
nach welchem im Jahre 1514 Veicz Glaser, Richter
zu Ereibitz, an den Juden in Auscha eine Schuld
zu zahlen hatte. Zu diesem Zwecke musste er seine
Glashütte seinem Sohne Jörg Glaser für 100 Schock
Schwertgeld verkaufen und zwar „in alter Gerechtig-
keit und Freiheit, Yne sie schon seit hundert
Jahren^^ bestand. Es muss somit die Glashütte
mindestens schon im Anfange des 15. Jahrhunderts
bestanden haben. Das Jahr 1530 sah in Falkenau
bei Haida durch die Glasmacherfamilie Schürer, die
nachherige geadelte Familie „von Waldheim^', eine
Glashütte erstehen. 1558 erbaute Hans Schürer eine
Glashütte im Dorfe Labau bei Gablonz („Anno 1558
ist die Glashütte zu Laba durch Hans Schürenem
von Waldheim erbaut worden^'; aus der Familien-
chronik der Schürer von Waldheim), welche durch
die Familie Schürer von Waldheim bis zum Jahre
1706 geführt wurde. Um 1540 oder 1560 soll auch
durch einen Schürer (nach anderen aber schon 1492
durch Ernst von IJjezdetz, Besitzer von Starkenbach)
in Rochlitz an der Iser eine Glashütte angelegt
worden sein, die jedoch später nach Sahlenbach
und Seifenbach verlegt wurde. Da die Zufuhr des
Holzes nämlich oft wegen Mangel an Strassen be-
schwerlich war, so baute man früher noch keine
so festen Glasfabriken wie jetzt, sondern man er-
richtete nur einen Schuppen oder eine Hütte, worin
man den Glasofen aufstellte und so lange Glas ver-
fertigte, als Holz in der Nähe war; daher der Name
„Glashütte.** Wurde es beschwerlicher, das Holz
zuzufahren, so wurde die Hütte samt dem Ofen ab-
gerissen und weiter in den Wald gebaut, wo das
Holz nahe war. In der Stadt Hohenelbe wurde,
wie urkundlich sicher gestellt ist, bereits um das
Jahr 1536 Glas erzeugt In Reiditz, einem Dorfe
zwischen Hochstedt und Tannwald, bestand schon
lange vor dem Jahre 1577 eine Glashütte. Fast um
dieselbe Zeit wird eine Glashütte in Erinsdorf bei
Schatzlar genannt, die am 11. Januar 1561 ab-
brannte, aber bald wieder aufgebaut wurde und so-
dann Jahrhunderte hindurch fortarbeitete. In Grün-
wald bei Gablonz war wahrscheinlich in den Jahren
1540 — 1547 durch Adam von Wartenberg eine Glas-
BÜCHERSCHAU.
hatte errichtet worden. Als erster Hüttesmeister wird
Georg Waoder, ein Schwede, genannt. Von diesem Boll
die Hatte im Jahre 1 &36 in so blühenden Zustand erhoben
worden sein, daes der Schwede auf des damaligen k. k.
Rates und Kanzlers Christoph Büi^heimer von Birken
Empfehlung im Jahre 1599 in den Adelsstand er-
hoben wurde, eine offenbar auf Familientradition in
derPhysikalischenBeschreibung des Bunzlauer Kreises
TOE Job. Leop. Wander von Grünwald beruhende
Nachricht, die durch die nachfolgenden urkundlichen
Angaben sehr an innerer Wahrscheinlichkeit ge-
winnt. (Hallwich, Kordböhmen auf der Weltaiiaatel-
Imig in Wien. 1873. V. Heft. S. 31 Anm.) Um das
Jahr 1600 wurde auf das Geheiss des Freiherm
Melchior von Bädern (f 161)0) oder dessen Witwe
Katharina am Ursprünge des Lantschneibaches bei
Beichenberg eine Glashütte erbaut, um die sich schon
im Jahre 1604 ein ganzes Dorf, Eriedrichswald, aus-
breitete.
(Fortsetzung folgt)
BÜCHERSCHAU.
F. 8. Ueyer, Die Liebhaberkünste (SeemantiB kanst-
gewerbliche Handbüclier Bd. V. Vollständig in 7 —
8 Lieferungen k 1 Mark). Liefg. 1.
P. — Die kunstgewerbliclieu Handbücher des See-
niannschen Verlages haben durch die Zweckmässigkeit
der Anlage nnd den Ton, welcher sich gleichweit von
tibergrosaer Gelehrsamkeit oder Gelehrtthnn, wie von der
Plattheit älinlicher
Dntemehmnngen
entfernt hält, all-
gemeinen Beifall
gefunden. Hier
wird Handwerkern
und Pnbliknm ge-
rade das geboten,
was der eine von
der Geschichte sei-
ner Kunst, der
andere ausserdem
von der Technik
nnd den Herstel-
wissen will und zu
wissen nötig hat
Der neueste
Band, von dem erst
eine Lieferung
vorliegt, geht nach einer Richtung weiter: er will niclit
nur belehren und Anskunft geben, sondern vor allem zu
eigener Thätigkeit auf künstlerischem Gebiet Anregung
geben. Der Verfasser, dein die Reihe der Handbücher
bereits zwei Bände verdankt, äussert sich darüber in der
Einteitnng so hübsch, dass wir ihm gern liier das Wort
erteilen. Es sagt:
„In Bezug auf die Kunst giebt es di'eierlei Menschen.
Die einen beküminei-n sieh gar nicht nm dieselbe, sei es
ans Unzulänglichkeit und \'erständuislosigkeit, sei es
SchmnckkSstobeii, eatwoHen von Dir. H. Oütz. (Bad. Oewecbeztg.)
aus Mangel an Zeit nnd Gelegenheit oder ans irgend
einem anderen Gmnde. Das ist die „misera plebs", die
aber darum noch nicht unglücklich zn sein braucht Die
anderen bringen ihr ein offenes Herz entgegen und haben
ilire Freude an derselben, wenn sie anch nicht selbst
ausübend nnd selber schaffend sich an ihr beteiligen. Zn
diesen zählt die Mehrheit der Menschheit nnd der ge-
bildete Teil schon
deswegen, weil
eine gewisse Em-
pfänglichkeit für
die Knnst eben zur
allgemeinen Bil-
dung gebort. Die
dritten legen sel-
ber Hand ans
Wei'k und lassen
die Gebilde der
Kunst erstehen,
die wirklichen
oder die vermeint-
lichen, zur Bewun-
derung oder zum
Schrecken der an-
deren und der
dritten.
Diese dritten
scheiden sich wieder in zwei ungleiche Lager, zwischen
denen eine scharfe Grenze nicht besteht. Auf der
einen Seite stehen die Künstler von Gottes Gnaden
und die von Beruf, auf der anderen die Liebhaber, die
Dilettanten, wie man dieses Heei- zu nennen pflegt.
Die letzteren treiben die Knnst zum Vergnügen,
zum Zeitvertreib in müssigen Stunden, Hat doch jeder
sein Steckenpferd, das er zu reiten pflegt, und die Kunst
ist gewiss nicht das schlechteste.
Unsere Liebhaber werfen sich anf die liolu Knnst,
Motiv für dekorative Malerei,
Von M. LüaaBR.
n VorbUdBTn für büaal. Kunsti
e filv 'riioLiiLialeri'i iiu Siimi' dor antike» Vai
Von Th. KHArTM.
AUB den Vorbildern für banal Kuniiarlieile
K u iiälg« wetbebl alt.
BÜCHERSCHAU.
weno sie hoch hiDans wollen; sie malen ihrer Phantasie
Qebilde in Öi nnd in Wasser. Wenn sie bescheidener
sind , kopiren sie die Natnr nnd die Kunst anderer.
Oder sie bleiben mehr beim Handwerk und verlieren
Schalen nnd Töpfe, Kasten nnd Schachteln, Teppiche
nnd Tischtücher; sie sägen nnd schneiden im Holz
hernm, kneten in Le-
der nnd Kantschnk,
säuren die Hetalle
und Steine an oder,
wenn sie der eigenen
Kraft noch weniger
vertrauen, pressen
sie Blumen, ziehen
Bilder ab nnd trei-
ben älmliche Scherze.
Vornehmlich sind es
die Franen, welclie
diesen kleinen Kün-
sten huldigen, sei es,
weil sie mehr Sinn,
sei es, weil sie mehr
Zeit fSr dieselben
haben als der Uanu.
Wer dieses geschäf-
tige Wirken ohne
Vornrtflil betrachtet,
der wird es als zu
Secht bestehend gel-
ten lassen. Spinnen
nnd Stricken lohnen
sich heute nicht
mehr. Kochen und
T^ikhen kann man
anch nicht den gan-
zen Tag, and wer
keine Hansbai tung
hat, kann sie anch
nicht fahren. Jeden-
falls sind die Lieb- AlbomdBckel in Kerb, nnd
haberkünste eine
bessere Beschäftignng nnd Erholung, als das Schlagen
der Kaffeeschlachten nnd das Verschlingen ungezählter
und angewählter Romane. Es mutet uns wohl an, wenn
wir auf dem Fensterbrett der Landleute den beliebten
Flor von Fuchsien, Oeranien nnd schön fWsirten Meer-
zwiebeln finden, weil sie einen Bückschluss ziehen
lassen auf das Gemfit ihrer Pfleger. Und so wird es
nns anch wohl anmalen müssen, wo wir das BlUmlein
Knnst in sorglicher Pflege finden. Nicht jeder kann
Palmen im Gewächshaus pflanzen, darnm soll man anch
dessen achten, was der Kleine im Kleinen erreicht oder
wenigstens zu erreichen sucht.
Für solche Liebhaber der Kunst ist dieses Buch
geschrieben, also in erster Linie fUr die Frauen. Das
Buch will nicht etwa die Knnst lehren; das kann man
mit Biichern kaum, und wenn man es kann, so wäre
dieser Weg jedenfalls der umständlichste. Es setzt das
nötige Stück angeborenen Talentes nnd durch die Er-
ziehnng gewonnenen künstlerischen Empfindens voraus.
Es will nicht einmal die Handfertigkeiten des Zeichnens
und Malens lehren,
denn diese lernen
sich in einer ordent-
lichen Schule und an
der Hand eines ent-
sprechenden Lehrers
ebenfalls viel leich-
ter, als es an der
Hand eines Buches
möglich wBre. Das
Handbuch setzt also
im allgemeinen anch
eine gewisse Qelän-
figkeit im Zeichnen
und im Malen vor-
aus. Vielleidit fr!lgt
nun die geneigte
Leserin oder der ge-
neigte Leser: Ja, was
will denn das Buch
eigentlich?
Es will zeigen,
dass man die Kennt-
nisse des Zeichnens
und Malens praktisch
verwerten kann in
Anwendung auf
allerlei Technikes,
vermittelst deren
man die mannigfach-
sten Gegenstände
seines Heims, das
Gerät nnd den Zierat
Flaohachnitt von F. DOM. ^^^ Wohnnng ZU
schmücken nnd
künstlerisch anzuhauchen vermag. Es will aufmerksam
machen auf jene kleinen Kniffe nnd Praktiken, auf die man
schliesslich selber verfällt, die man aber leichter findet,
wenn mau sie nicht erst zu suchen kraucht. Es soll die
nötigen Winke geben in Bezug anf die Werkzfuge und
das Material. Es soll verschiedene Ifcxcptc anfuhren zn
Dinj^n, die man bequem und billig selber anfertigen
kann, wenn man nicht vorzieht, sie zu kaufen. Das
Bach wird femer eine Anzahl von Illustrationen auf-
nehmen, weiche teils zur Erläuterung und bessern Ver-
anachaul ichung des geschriebenen Wortes bestimmt sind,
teils auch als Vorbilder dienen können oder als Motive
für die Ausübung der eiuiselnen Techniken. Da die Zahl
dieser Vorbilder eine verhältnismässig beschränkte bleiben
8
KLEINE MITTEILUNGEN.
mns8, wenn der Bahmen des Buches nicht überschritten
werden soll, so wird es darauf hinzuweisen bedacht sein,
wo anderwärts das Passende zu finden ist. Es wird die
Spexiattüteraiur namhaft machen, soweit eine solche
vorhanden und dem Verfasser bekannt ist Schliesslich
wird es zur Schrißverxierung^ die ja in der künst-
lerischen Ausstattung von Haus und Gerät von jeher
eine Rolle gespielt hat, geeignete Zierschriften beigegeben,
und wo die Benutzer des Buches nicht dem eigenen
Gedankenfiug und dessen poetischer Formgebung den
Vorzug einräumen, da wird eine Anzahl alter und neuer
Sprüche zur Auswahl stehen".
Wieweit der Verfasser seine Versprechungen ge-
halten, ist nach der ersten Lieferung natürlich nicht zu
beurteilen; aber wir sind sicher: er wird sie halten!
Das aber steht jetzt schon fest — wie das nach an-
deren Arbeiten des Verfassers nicht anders zu erwarten
war — praktisch ist das Büchlein angelegt, eminent
praktisch, weil hier ein Mann spricht, der mitten drin
steht in künstlerischer Thätigkeit, ein ganzer Künstler
ist. Niemand wird auch nur einen Bogen des ersten
Heftes lesen, ohne Nutzen daraus zu ziehen, wozu nicht
zum geriAgsten die ganz vortrefflichen Abbildungen das
Ihrige beitragen. Möchten alle Freunde der Kunst,
aktive und inaktive, sich das erste Heft ansehen; über
die folgenden und was sie bringen, werden wir später
berichten.
Im Anschluss daran lässt die Verlagsbuchhandlung
eine Sammlung von Vorbüdem für lumsliche Kunst-
arbeiten erscheinen, welche das Handbuch ergänzen sollen.
Dieselben werden nur Entwürfe neuerer Künstler bringen
und allen Anforderungen, welche man heute an derartige
Vorbilder stellen darf, gerecht werden. Die Tafeln 3
und 4 dieser Nummer bieten Proben derselben; der
Subskriptionspreis für die ersten 6 Lieferungen ist
6 Mark; doch sind die Lieferungen auch einzeln zu
1 M. 50 käuHich.
Japanische Vorlagen, Unter den japanischen Muster-
büchern, welche die Firma Paul Bette in Berlin im
Abendlande vertreibt, ist eines der inhaltsreichsten, das
mit Nr. 8 bezeichnete, welches lauter einfarbige Flächen-
muster (für Stoffe) enthält und eine Menge Motive auf-
weist, welche auch bei uns sich einbürgern konnten.
Das Buch enthält ausser den vierzig Seiten mit je drei
bis sechs Mustern eine Art Anleitung zum Zeichnen der
Muster, die bei ihrer scheinbaren Regellosigkeit in be-
stimmte Flächen eingeordnet sind, wodurch sie sich erst
zur Verwendung als endloses Flachomament eignen.
Das Buch kostet in Deutschland 4 Mark Neben diesem
hat die obengenannte Firma noch andere Studienbücher
mit Motiven, wie sie zu Lackarbeiten und zu Porzellan-
malerei verwendet werden, auf Lager. Nr. 3 in grossem
Oktavformat enthält eine Beihe prächtiger Pflanzen und
Tierstudien (meist Vögel) die in drei bis vier Farben
ausgeführt und meisterlich gezeichnet sind (Preis 7 M.).
Nr. 7 in gewöhnlichem Oktav ist etwas gröber ausge-
führt und weit weniger sorgfältig gezeichnet und ge-
druckt (Preis 3 Mark). Nr. 14, ein kleines Oktavheft
mit ähnlichen Motiven, sorgfältiger und feiner als das
vorige. (Preis 4 Mark.) Aus Heft 3 bringen wir einige
Probestücke.
KLEINE MITTEILUNGEN.
Getriebene Süberplatte (zu der Kupfertafel). Wieder-
holt haben wir Arbeiten in Abbildung gebracht, welche aus
der Werkstatt von L, Posen Ww. in Frankfurt a/M. hervor-
gegangen sind. Heute bieten wir eine neue Arbeit der Firma,
eine silberne Platte, getrieben und ciselirt von Äl. Mair.
Die Platte, deren Beschreibung uns die Abbildung Überhebt,
ist als Prunkstück zum Aufstellen gedacht, in der Art wie
ähnliche Arbeiten aus der Blütezeit der Renaissance mehr-
fach gehalten sind.
Erwiderung, Nach einer Erklärung in der Köln. Volks-
zeitung findet der Historienmaler und Konservator des
Museums Wallraf-Richartz zu Köln Herr J. Niessen in dem
Artikel des Herausgebers über „das Kunstgewerbemuseum
zu Köln" schwere Vorwürfe gegen die Verwaltung jenes
Museums. Er findet dieselben laut brieflicher Mitteilung an
die Redaktion in dem Passus „wäre die Leitung des Instituts
von vornherein in richtige Hände gelegt worden, so be^lsse
Köln heute etc." Dass darin kein Vorwurf für den gegen-
wärtigen Leiter des Museums liegt und liegen soll, zeigen
die Worte „von vornherein": das Museum ist eben von An-
fang an ganz einseitig geleitet worden, indem im wesentlichen
nur Bilder angekauft sind, alle übrigen Abteilungen mehr
oder weniger vernachlässigt sind. Das wird jeder Vorurteils-
freie auch aus den Worten des Artikels herauslesen. Dass
übrigens, wie Herr Niessen am Schluss seiner Erklärung
behauptet, die Erwerbung kunstgewerblicher Gegenstände
nicht prinzipiell ausgeschlossen war, beweisen einzelne gele-
gentliche Ankäufe für diese Abteilung, auf welche in un-
serem Artikel auch hingewiesen ist.
Die Redaktion des Kunstgewerbeblattes.
1 japanischen Muaterbuche. (A.)
(Padl Bbtte. No. 7).
AuB einem japaniachen Musterbuche. (B.)
(Paul Bbtti. No. 7).
^B«^«i— ■~"^i?^^"^"**"^S«~»ir""*»»^~«^S!>^^««"*"
^— i«— ■■»•
BERLIN S.W.
IS » • L
Ü1EM.^HME GAÜTZEE SAMMLXnTGESr
sowie
EnrZELITEIl BEITEÄSE
von Oelgemälden, Kupferstichen, Aquarellen, Büchern, Auto-
graphen, Münzen, Antiquitäten, Kuriositäten, Musikinstrumenten,
Kunstmöbeln etc.
Zum Verkaufe durch Auktion ohne Aufschlag vom
Käufer zu erheben.
•\/.^ ^^^^ /•■S^"
KATALOGE
werden Interessenten fortlaufend gratis gesandt, doch
wird um genaue Angabe der Branchen gebeten, um un-
nütze Versendungen zu vermeiden.
Anfragen werden bereitwilligst erledigt.
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j5er)><t'f)»e l^fttfl g gftwftftt itg, gfrcie ura i m gttis fl«a.
Sotben ift «rfi^ienen unb buri^ qQc iöuifi^onblungtn ju beiie^fti;
«(tffel,@t.,s. J., ^ic»«ufwt>fttnfl oeÄ 9MlttcIttltctS. ©tubieübet
bie Htr^e be3 !&I. Bieter ju Sanlen. öaii. — ©elbroert^ unb 9(ri)eitS=
lo^n. — ätuSfiottung. 3Rit Stböilbungen. 310^1*6 "«""e^i'e uub Der*
beHerte «uSgabe. gt. 8«. (XVI u. 614 ©.) M. 7.50.
Erwiderung
r „Kunstchronik" erschienene Recenaon der
1 goldenea Schnitt.
Von den in gen. Kritik als: ..grobe Irrtümer" beieicimeteD Stellen ist hinsicht-
lich der folgenden diese Bezeichnung unbegründet:
1) Tempel der Gnaden" pag. 181 = wörtl. tJebors. von: „templo delie ^razic"
pag- 33. ÜaB Wort: „Grazien" statt ..Gnaden" =■ Ungleichförmigkeit der
Kedaktion.
2) .Augustua" pag. 185 — Druckfehler zuf, Text pag 36. wo: „Aogustinus"
steht,
3) „Tuderliner Stadt" pag. 187. — wörtl. Uebers. von: „citta tudertiaa" pag. 38.
4) „Maglino" pag. 318 — Druckfehler zuf, Text pag. I4Ö. wo: „MagUano" sieht.
51 „San Scetro" pag. 354 =■ wörtl. nach Test pag. 94.
6) „Sanctum'- pag. 287 wörtL Uebers. von „Sancto", Text paa. 123. i
7) „Connetable" pag. 202'=correap. Ausdruck vom „conteslabil" Text pag. 120, I
da ein deutscher fehlt u. eine Verwechselung auf Grund des Zusammen- |
fugs nicht stattfinden kann.
■B) Dee S at e o » p ag. 188: „Zu unsem Zeiten giebt es weni^ gnte Mathematiker, !
weit dieSeltenneit guter Lehrer« Schuld daran ist. zugleich mit dem Schlünde I
Schlaf und müasiger Feder und zum Teil .Schwäche der modernen Geister'' i
^'*Örtl. mit Absicht beil)ehaltene Uebers. des schwerfälligen Paeioü'sehen
Satzbaues pag. 39. ..jierche lu rivrita de buoni preceptori ne fia cugione, ■_
con la gola sonno e otiose piume in parte 1a debUita de li recentiori ingegni." '
Dem Becensenten wird dagegen zugegebei
1) Gitto-Grnea --- "" ' ^"
e Adrawan-
2) „Isidoms" st. .Jsidoros"
pag.
t-. .Jsi
d dagegen
^1. St. Bip
' pag. 190.
W.
Verlag des Litltrulscheii Jahnsbericbts
(Arthur Seemann) Iieipaiff.
Soeben erschien;
Bilderatlas
berausgegeben Ton
Dr. K. EuKelnuiDn.
I- I XI.
20 Tafeln und Test ItiTafeln undText
cart. M. 2.—. I cart M. 2.—.
BeldeTheRe Oart M.3.60, geb. M. 4.—.
Von der Anschauung ausjceherid,
dass der griechische Geiat nicbt nur
in den Scluiftquellen, sondern »uch,
und swor vornehmlich in der bilden-
den Kunst KU tindeii sei, hat der Ver-
fasser die Zusammenstellung der an-
tiken Darstellungen homeriecber
■Scenen unternommen und hofft damit i
allen Freunden des homerischen Ge- .
dicht« einen Dienst
^c^rtffen von Henriette ^avxbx^:
XreijEljntc, burEf)auö »crbqFcrtc aiuilai;e. ^corbdtet uiib ^ctauSiiegfbcn noii emm« Atint,
^reiS bru[d)irl 5)i. 3.75; ffin gclMiiib'cn m. 4.50; leid) gcbunbra mit ©olbfi^nilt SÄ. 5.50.
Per Beruf bcr Jungfrau.
f ine ^itgit6e fftt %^itx bei igtem f inttiit titd Jit6m.
9}on grariette Ilatiioto.
©fte, l):ird)gcli;l)viie unb Oevbrficclc «uflage. 5vin ncbimöon mit (Sulöft^nill OT. 3.80.
puppenföd^in 2lnna.
'^wltift^M ,^oißtt(9 für aCeine tieU '^ä^en.
Sfil fnvb. Jitdbilb. ÄicticMc aiuflnac. ISIcg. tait. 1 matt.
puppcnmuttcr Unna
ober mit |li$ Annit ßefi^äftigt untt t^rm '^wpvetxf^ansf^att fü^rf.
9iebft etäiiE)Iun(ieii für SRäbdieti Don 8—10 Sa^icii
bon Henriette Sfavibifi.
Wh 4 ^nr&eiibnirfcii iiurf) Sliiimrdli'u mm IS. ftcülcr. SGiDvit 'aufloae, beavbcilcl uun emutit l^ch».
^11 iatbiflcm Itovlonbana 2 SKoit.
JEterlag lian €. %. ^ccmaim In 3Ccip5i0.
Hierzu je eine Beilüge von der Verlags an stnlt flir KoDst nud Wisse nsthaft in Mfinchen
und von Velbagen & Klusing in Bielefeld und Leipzig.
NORDBÖHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN.
Von ALBERT HOFMANN, Reichenberg.
IV.
DIE NORDBÖHMISCHE HOHLGLASINDUSTRIE.
(Schliwa.)
Im 16. und 17. Jahrhundert nahmen
I sich die AdUgeii sehr der Glas-
I hütteo an, um ans ihren hedeuten-
I den Waldungen grösaeren Nutzen
ziehen und dann , weil die
I Glasindustrie Oberhaupt emen
iihwarf, wie die Bodenkultur. So
bildete der ganze, hinter Gablonz gelegene Teil der
Herrschaft Klein skal noch einen einheitlichen grossen
Waldkomplex, iu welchem die heutigen blühenden
Ortschaften Gi-üuwald, Johannesberg, Wiesenthal
und Morchenstern noch nicht be.stauden. 'Ea scheint,
dass zwischen 1543 und 1547 von Adam von Warten-
berg die ersten Schritte unternommen worden waren,
diese Gegend durch Be.fiedelung mit Glashütten
einer grosseren Fruktifizirung entgegenzulühren. Die
erste dieser Hütten, zugleich die erste des ganzen
Iser- und Rieseugebirges, war die zu Grilnwald, „im
griinen Wald"; die Arbeiter der Hütte scheinen
Deut'^cbe ans der Gegend von Haida gewesen zu
sein. Diese Annahme li^ um so näher, als die
Wartenberge in der Gegend von Haida grosse Be-
sitzungen hatten. (Die Herrschaften Böhmi.sch-Leipa,
Kamuitz u. s. w.) Da auch noch die Institution der
Leibeigenschaft in vollem Masse bestand, so war
eine Überweisung von Arbeitern von Venvandten
leicht zu bewirken. Die spätere Einwanderung aus-
ländischer Arbeiter ist nicht ausgeschlossen. Die
von der GrÜnwalder Hütte beschäftigten Glasraffi-
neure, die Glasschleifer, Glasmaler und Gla.sschneider
wohnten iq Gablonz, da die GrÜnwalder Hütte ohne
jede weitere Ansiedelung war. (Adolf Benda, Ge-
schichte der Stadt Gablonz und ihrer Umgebung.
SunatgewerbebUtt. N. F. I.
Gablonz, 1877. S. 32 ff.) „Nach dem Jahre 1547
kann die Errichtung der GrÜnwalder Glashütte —
von Wartenbergem wenigstens — wohl deshalb
nicht erfolgt sein, weil in dem genannten Jahre die
dem Adam von Wartenberg gehörenden Güter Klein-
skai, Rohozec, Friedetein und Böhmisch-Aicha kou-
fiszirt wurden wegen Beteiligung ihres Besitzers an
dem Aufstande der protestantischen Stände wider
König Ferdinand I. Der protestantische Adel Böh-
mens hatte sieh im Vereine mit den Städtebürgem
1517 erhoben, um in Verbindung mit dem deutschen
Fürsten Johann Friedrich von Sachsen eine grossere
Unabhängigkeit und freiere Keligionsübung zu er-
langen. Dieser Füi-st wurde aber in der Schlacht
bei Mühlberg (24. April 1547) geschlagen und ge-
fangen, worauf auch das böhmische Rebellenheer
auseinanderlief. Bei dem daim vorgenommenen Straf-
gerichte war Adam von Wartenberg einer der 31
Edelleute, welche mit Güterkonfiskation, Geld- und
Gefängnisstrafen belegt wurden." (Benda, 1. c. S, 34.)
Eine schwere Schädigung für das höhmische
Industrieleben brachten die langen Wirren des 30 jäh-
rigen Krieges. Böhmen hatte das Unglück, ein Haupte
schanplatz der kriegerischeu Wirren zu werden. Die
gänzliche Absorption sowohl an materiellen Mitteln
wie an Arbeitskräften brachte nicht nur für die
Dauer des Krieges eine völlige Stagnation hervor,
sondern erzeugte noch auf lange Zeit hinaus eine
völlige Lähmung des Industrielebens. Hierzu trug
auch nicht zum geringsten Teile die Gegenreforma-
tion bei, durch welche die intelligentesten Kaufleute
und die geschicktesten Handwerker vertrieben wurden.
Eine Einwanderung neuer Kräfte aus dem protestan-
10
NORDBÖHMISCHE KÜNSTINDÜSTRIEN.
tischen Auslände fand infolge des Religionszwanges
nicht statt. Doch mit Maria Theresia und Joseph 11.
kam eine neue Ära herauf, eine Ära der Blüte, an
welcher der Verlust Schlesiens an Preussen nicht
den geringsten Anteil hatte. Industrie und Handel,
fast ausschliesslich durch Deutschböhmen gepflegt,
lebten wieder auf. Die Glasfabrikation errang in
diesen Zeiten ihren Weltruf. Die Bezirke Haida,
Steinschönau und Gablonz mit Neuwelt prädominiren.
In diesen Bezirken blühen Raffinerie wie HandeL
1680 entsteht eine Hütte zu Harrachsdorf, 1690 die
„Neuhütte" bei Prichowitz und 1701 die Hütte in
St. Antoniwald an der Iser. Diese Daten werden
bestätigt durch eine Semiler Urkunde vom 24. Juni
1707, mit welcher Graf Ferdinand Ignaz Desfours
erklärt, dass seine „lieben und getreuen ünterthanen
Christian und Gottfried Preussler in unlängst abge-
littenem 1699. Jahre, den 1. Juni, bei dem vor
etlichen Jahren angelegten Dorfe Balaun (Polaun)
ein Stück Wald abgekauft, wie denn auch anjetzt
am 13. Juni laufenden 1701. Jahres abermalen noch
ein Stück Boden und Wald zur Erbauung einer
neuen Glashütte, St. Antoniwald an der Iser ge-
nannt, käuflich an sich gebracht." (Hallwich, L c.
S. 31 und Anmerkung.)
Alle diese Hütten waren meistenteils nach dem
ältesten Vorbilde noch leichte schuppenäbnliche Ge-
bäude, weit ab von den Verkehrsstrassen, inmitten
dichter Wälder stehend. Erst mit der zunehmenden
Verbesserung der Verkehrsmittel, insbesondere seit
Anlegung guter fahrbarer Strassen entschloss man
sich zur Anlage ansehnlicher Glasfabriken in mo-
numentalen Gebäuden an den verkehrsreichsten
Punkten.
So entstand in einem malerisch schönen Thale
des Riesengebirges ; zwischen dem Milnitz- und
Murraelbache die Graf Harrach'sche Glashütte, welche
ausser 350 Arbeitern ohne die Holzschläger 130 mit
der Raffinerie des Glases beschäftigte Arbeiter und
ausserdem noch die meisten Insassen der Ortschaften
Neuwelt, Harrachsdorf und Seifenbach mit 1800
Seelen, teils durch Tagarbeit, teils durch Holzfällen
einen Erwerb finden lässt. Die ersten Nachrichten
über die Fabrik stammen aus der Mitte des 16. Jahr-
hunderts; um 1550 wurde von einem gewissen
Donath zu Niederrochlitz eine Glashütte erbaut, die
im Laufe der Zeit nach Sahlenbach und einige Zeit
darauf nach Seifenbach verlegt wurde, angeblieh
wegen Holzmangel. In letzterem Orte wurde sie von
den Gebrüdern Müller, von welchen der eine Seel-
sorger war, umgebaut und erhielt daher ihren Namen
„PfaflFenhütte". In Seifenbach wurde die Hütte bis
1732 betrieben, dann nach Neu weit verlegt und hier
wieder bis 1764 durch den einen der Brüder be-
trieben. In diesem Jahre erwarb Graf Ernst Guido
von Harrach die Hütte um 3400 fl. und betrieb sie
selbst Im Verlaufe des 18. Jahrhunderts eröffnete
sich dann die Hütte den türkischen Markt, der haupt-
sächlich mit halbgeschliffenen, geschnittenen und
vergoldeten Glasgattungen beschickt wird. Die
Haidaer Handelshäuser Hölzel, Knechtel und Vogel,
welche Glasniederlagen in Konstantinopel und Smyma
errichtet hatten, entzogen indessen der Harrachschen
Hütte die Kundschaft für das raffinirte Glas. Auch
noch in anderer Richtung bereiteten sich Verhält-
nisse vor, welche für die Fabrik schädigend werden
sollten: nach und nach zogen sich Rochlitzer und
Neuweiter Maler in die Gegend von Haida, lun dort
ihr Geschäft mit mehr Gewinn zu treiben. Daneben
aber bildete sich noch eine Gesellschaft von Glas-
malern, welche besonders den Handel nach Russland
und Polen zu kultiviren suchten, ein Unternehmen,
welches, wenn es auch schliesslich an Mangel jeg-
licher Mittel und Energie scheiterte, der Fabrik doch
zahlreiche Aufträge entzog. Da die BestelluDgen
auch anderweitig abnahmen, so entschloss sich der
Besitzer, die Fabrik in Pacht zu geben. 1788 über-
nahm sie Anton Erben ; doch scheint auch er wenig
Erfolg gehabt zu haben, denn als er 1795 starb,
konnte kein Pächter als Nachfolger gefunden werden,
weshalb sich Johann Graf von Harrach schon mit
dem Gedanken trug, die Fabrik ganz eingehen zu
lassen. Indessen der damalige Herrschaf tsinspekfcor
Martin Kaiser, eine unternehmender und weitblicken-
der Mann, wusste den Grafen zu bestimmen, noch
einen Versuch mit eigener Regie zu machen. Der
Versuch gelang so günstig, dass man sich nicht nur
zum Fortbetrieb entschloss^ sondern, dass sich die
Fabrik allmählich auf eine solche Höhe herauf-
arbeitete, dass sich die Regierung 1803 veranlasst
sah, die Leiter auszuzeichnen. Von da an steigerten
sich die Erfolge der Fabrik stetig und eigene Er-
findungen oder glückliche Nachahmungen verschaff-
ten ihr einen weithin geachteten Ruf. Die Erzeugung
von farbigem Glas vom Jahre 1732 ab, von Bein-
glas und von gemalten und vergoldeten Gläsern von
1780 ab fiel noch in die Zeit der Ratlosigkeit.
Jedoch 1814 war ihre Krystallerzeugung eine vor-
zügliche; 182G gelang es der Fabrik, die von den
Franzosen erfundene Einglasung von Pasten mit
Glück nachzuahmen; 1828 wurde das rubinplattirte
Glas (wohl Überfangglas) zuerst dargestellt. Es
NORDBÖHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN.
11
folgten das Überfangen mit anderen Farbengläsern
und die mannigfaltigsten und zierlichsten Bearbei-
tungen dieses Artikels im Schliff, in der Gravüre,
Malerei und Vergoldung. In die Jahre 1827—39
fällt die künstliche Nachahmung von Edelsteinen
durch farbige Glasflüsse. Aus letzteren wurden dann
später Hohlglasobjekte der verschiedensten Art ge-
blasen, wie z. B. die Gläser aus sogen. Lsabell-Kom-
position. 1839 beginnt die Darstellung des vene-
tianischen spiralförmigen und des musselinähnlichen
Glases. 1842 wurde das erste Rubinglas (Kunckel-
rubin), aus offenem Hafen mit Goldpurpur geförbt,
erzeugt; 1845 gelangte das erste Eisglas nach Vene-
tianer Art unter dem Namen Vermezell-Glas durch
die Fabrik in Wien zur Ausstellung. Im Jahre 1846
bildeten die Glanzpunkte der Hohlglaserzeugung
dieser Fabrik das brillantirte, reine und geförbte
Krystallglas, das milchgefarbte Glas mit und ohne
Vergoldung, Metallauflage und Malerei, dann das
agatirte, das eingeschmelzte und das Edelstein- oder
Onyxglas (Lythialin). Seitdem hält sich die Fabrik
vollständig auf der Höhe der Zeit. Durch den
schöpferischen Geist des Fabriksdirektors Pohl ge-
wann die gräflich Harrachsche Glasfabrik in Neuwelt
eine solche Bedeutung, dass sie ein „zweites Choisy-
le-Roi" genannt wurde.
Wie sehr die Harrachsche Fabrik den Industrie-
bewegungen folgte, beweist unter anderem auch der
Umstand, dass sie sich, als der Glasmarkt vom Aus-
lande mit Pressglas überschwenMnt wurde, sofort
dieses Fabrikats bemächtigte. Dieses mit Unrecht
zuerst den Amerikanern zugeschriebene Fabrikat
wurde schon früher, allerdings sehr roh, auf böhmi-
schen Hütten erzeugt, konnte sich aber ein grösseres
Absatzgebiet nicht erringen. In Frankreich wurde
das Fabrikat zuerst in Baccarat durch Anwendung
des Pistons vervollkommnet. Eine weitere Vervoll-
kommnung trat in Amerika durch Anwendung von
Metallmodeln mit guillochirtem Grunde und einer
Schraube oder eines Hebels zum Zusammendrücken
der Glasmasse ein; man erzielte dadurch Dessins
von einer Feinheit und Zierlichkeit, namentlich in
rautenförmig verschlungenen Streifen und Umrissen
wie sie durch Schneiden und Schleifen nicht hervor-
gebracht werden können. — Die böhmischen Fabriken,
die sich dieses Fabrikates bemächtigt haben, er-
reichten jedoch die Schärfe der amerikanischen Prä-
gung nicht.
Neben der Harrachschen Fabrik waren es in
den Glasbezirken der Ausläufer des ßiesengebirges
hauptsächlich die Riedeischen Glaswerke, welche,
aus kleinen Anfangen hervorgegangen, bald immer
mehr an Bedeutung zunahmen. Im Jahre 1774 wird
durch Joh. Leopold Riedel eine Glasfabrik in Chri-
stiansthal gegründet; 1829 entstand die Hütte zu
Wilhelmshöhe, 1847 die von Unterpolaun imd 1865
die von Wurzelsdorf, sämtliche drei durch Josef
Riedel gegründet. Heute nehmen die Riedeischen
Glaswerke eine der ersten Stellen in der nordböhmi-
schen Hohlglasindustrie ein.
Die jQlasindustriebezirke des Riesengebirges
und die des Erzgebirges zeigen eine durchaus ver-
schiedenartige Physiognomie. Sind es in der ersteren
Gegend einzelne bedeutende Etablissements, welche
die Macht der Industrie dokumentiren, so ist es im
Erzgebirge die Summe von kleinen Hausbetrieben,
die erst durch den Exporteur ein gewisses* Relief
erhalten.
Die Stilistik des böhmischen Hohlglases bewegt
sich hauptsächlich in zwei Richtungen: Im Schliff und
der Glasgravirung und in der Bemalung des Glases.
Schliff und Gravüre vor allem haben den Ruhm der
böhmischen Gläser begründet und ihr Stil drang bald
siegreich nach allen Himmelsrichtungen vor. Beide
Richtungen entstanden, nicht in Böhmen, denn ein-
mal hatte bereits das frühe Mittelalter vielfach den
Glasschliff geübt, dann aber kamen die eigentlichen
Impulse für das Aufheben der böhmischen Glasver-
edelung durch Gravüre und Schliff aus Italien. Als
chrakteristischen Beweis für eine frühe mittelalter-
liche Kunst des Glasschliffes und Glasschneidens
werden die sogen. Hedwigsgläser bezeichnet, von
welchen u. a. das germanische Nationalmuseum, das
Museum schlesischer Alterthümer in Breslau und der
Domschatz in Krakau (s. Essenwein, Krakau. S. 160
und 161) Exemplare besitzen. Der Krakauer Becher
zeigt einen Adler mit lausgebreiteten Flügeln, dem
sich von beiden Seiten Löwen nähern. Er wurde
1641 von Sigismund Pozembski der Kirche der heil.
Hedwig zu Krakau gewidmet. Das aus dem Bres-
lauer Ratsschatze in die Sammlungen des Museums
schlesischer Altertümer übegegangene Glas (abge-
bildet Zeitschrift für bildende Kunst, 1883, S. 293)
ist ein dickwandiges, braungelbes Gefass, dessen
Aussenseite romanische Tiergestalten eingeschnitten
trägt. Die Stilisirung lässt den Charakter des
1 3. Jahrhunderts erkennen. Von den beiden Hedwigs-
gläsern des Germanischen Nationalmuseums in Nürn-
berg, zeigt das eine den streng stilisirten romanischen
Löwen mit Wappen, das andere den romanischen,
einköpfigen Adler. Ob diese Gläser im Mittelalter
in Böhmen entstanden sind, ist nicht nachzuweisen,
2*
NORDBOHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN.
13
es steht der Annahme aber auch nichts entgegen, viel-
mehr weist die hier geübte frühe Form des sogen.
Facettenstiles auf eine nicht gerade lose Verwandt-
schaft hin. Für den späteren sogen. Rauten- oder
Facettenstil mag dann die schon frühe geübte Kry-
stallschueidekunst zahlreiche Impulse gegeben haben.
Rudolf II. beschäftigte an seiner Hofhaltung in
Prag eine Anzahl Künstler, welche im Schneiden
und Schleifen von Bergkrystall hervorragten. Zacha-
rias Beizer, Caspar Lehmann, Schwanhard, Christoph
Schwaiger sind im 16. Jahrhundert weithin geachtete
Namen. Die Gefösse aus Bergkrystall wurden Vor-
bilder für die künstlerische Gestaltung der Glas-
gefasse; Gravüre, Schliff und Schnitt gingen vom
Bergkrystall auf das Glas über und gaben den
Formen der Glasgefässe in Böhmen bald jenen eigen-
tümlichen, ursprünglichen Charakter, den sie sich
bis in die letzte Zeit bewahrt haben. Besonders
den verwandten deutschen Gefassen gegenüber wahrte
sich Böhmen stets seine Selbständigkeit, obgleich
vorwiegend deutsche Kräfte hier arbeiteten. Der
Facetten- und Rautenstil wurde allmählich zu solcher
Vollkommenheit ausgebildet, dass die venetianischen
Glasbläser sich bemühten, dem Verfalle ihrer heimi-
schen Industrie durch Aufnahme der böhmischen
Formen neue Lebenskräfte zuzuführen. Jedoch ob-
schon die böhmischen Formen schwerer waren als
die italienischen, obwohl das venetianische Glas
manchmal besser und immer leichter als das böhmische
war, prädominirte doch Böhmen. „Frankreich, die
Niederlande und England mussten alsbald in die-
selbe Richtung einlenken und in aller Welt domi-
nirte das böhmische Glas mit den kleinen feinen
Bildchen in Schliff oder Schnitt ausgeführt. Das
facettirte Glas verdrängte immer mehr nun die ältere,
blumenkelchartige Form, dazu kam die Vergoldung,
welche teils die Ränder umsäumte, teils aber nach
uralter Art in Gestalt von Blattgold zwischen zwei
Glaswände eingeschlossen und nach einer Zeichnung
ausgeschnitten vorkommt. Der Reiz der Farbe geht
immer mehr verloren, nur dass manche Gravirungen
auf solchen Gläsern schwarz ausgerieben wurden
(namentlich jene, welche man nach französischen
Kupferstichen mit Chinoiserien im Ornament zu
zieren liebte) und später das Rubinglas im Vereine
mit schwerer Vergoldung eine selbständige Bedeu-
tung gewinnt. (Ilg, S. 131.)
Die Mannigfaltigkeit und Bewegtheit der Formen
der geschliffenen und gravirten böhmischen Gläser
steht im vollen Gegensatze zu den Formen der
deutschen Gläser, welche ebenso ungeschlacht und
einfach in der Form sind, wie diese zierlich und
reichbewegt. Eine Eigenart der böhmischen Kunst-
gläser sind die mit der Diamantspitze gravirten
sogen. Wolfsgläser, von welchen das Nordböhmische
Gewerbemuseum schöne Exemplare besitzt. Die-
selben, von einer im allgemeinen schlichten Profi-
lirung, zeigen auf der Cuppa sehr schön gezeichnete
Darstellungen von Wappen mit Tier- oder Menschen-
gestalten oder auch schöne, freie Arabesken. Eine
andere Art der böhmischen Gläser sind die Pausch-
malgläser, meistens cylindrische oder konische Becher-
gläser, mit doppelten Wandungen, zwischen welchen,
von der Luft abgeschlossen, seltener mehrfarbige
Malereien, öfter aber landschaftliche Scenerien oder
Jagdmomente etc. in Silber oder Gold sich befinden.
Demmin (1. c. S. 62 ff.) rechnet noch die ver-
schiedenartig geformten Gläser, meistens aus weissem
Glas, in Form von Hörnern, Pistolen und Tieren,
als Bären, Hirsche, Affen und dergl., Gläser, welche
starken Absatz nach Holland fanden, zur böhmischen
Produktion. Da indes auch Lauscha im Fichtel-
gebirge derartige Gläser darstellte, so ist es schwer,
von Fall zu Fall die Provenienz festzustellen. Dem-
min erwähnt aus seiner Sammlung eine gläserne Rad-
schlosspistole des 16. Jahrhunderts mit Schraubzinu-
stopfen. Hörner derselben Sammlung und im Louvre
von rauchtopasfarbigem und mit blauem Faden um-
wickelten Glase derselben Zeit und Abkunft, so-
wie Weihwasserbehälter zeigen die Anwendung der
Zange.
Die Glasraffinerie befand sich zur Zeit der Ent-
stehung des böhmischen Glashandels bei weitem
noch nicht auf jener hohen Stufe der Vollkom-
menheit, wie gegenwärtig. Die gewöhnlichste, da-
mals übliche Bearbeitung des Glases bestand haupt-
sächlich darin, dass den einzelnen Gläsern als
Hauptverzierung durch kupferne Rädchen mit Hilfe
des Schmirgels einfache Kränzchen eingeschnitten
wurden. Obschon dieser Glasschnitt sehr primitiver
Natur war und sich weder durch Kunst noch durch
Geschmack besonders auszeichnete, so fand er doch
in Spanien sowohl als auch in Portugal vielfachen
Anklang und bedeutenden Absatz. Die sogenannte
brillantirte Arbeit präsentirte sich auf den Glas-
erzeugnissen aus jener Periode nur in einigen kreis-
runden und ovalen Kugeln, welche in die Gläser
eingeschnitten oder eingeschliffen wurden. Die damit
beschäftigten Arbeiter wurden Glaskugler genannt
(s. auch Schebek, 1. c. S. 64).
Die Glasmalerei war damals gleichfalls noch
sehr einfach und unbeholfen. Die eigentliche ße-
14
NORDBOHMISCHE KUNSTlNDUSTßlEN.
maluDg der böhmischeD Gläser mit im Feuer einzu- Eine schwere Krisis hatte die Hoblglasproduktion
brennenden Farben nimmt verhältnismässig spät des Industriecentrums Haida-Steinscbönau im Anf ang
ihren Anfang, nachdem schon die orientalischen unseres Jahrhunderts zu bestehen. Die napoleoni-
Völker, Araber, Perser u. s. w., sowie Italiener und sehen Kriege verursachten eine vollständige St(^-
Deutsche vorausgegangen waren. Die frühesten nation des Handels nach Spanien imd den spanischen
Malereien waren zunächst ungebrannt in Leim- und Kolonien, sowie nach sämtlichen der Krone Spaniens
Ölfarben au^eftthrt; erst in der Folgezeit schritt gehörenden Überseeischen Ländern. Die Niederlf^en
man soweit vor, die nunmehr mit
Mineral- und Schmelzfaiben ge-
malten Gläser einem Muffelbrande
auszusetzen. Gegen Ende des 18.
Jahrhunderts war die Glasmalerei
noch einfach. „Man verdünnte die
Farben mit Wasser und trug sie
so auf das Glas. Das Glas musste
dann noch einmal auf der Glas-
bütte wie bei der ersten Verfer-
tigung behandelt werden, damit die
Farben fest eingebrannt blieben,
wobei viel Sprung entstand. Man
nannte diese Maler Waseerglasmaler .
Später kam es von dieser Malerei
ganz ab und es entstand die feine
Glasmalerei und Glas Vergoldung, wo
ein jeder Glasmacher und Glasver
golder in seiner Wohnung einen
dazu eingerichteten Ofen hat, worin '
er die Farben und Vei^oldung dem
Glase einbrennt, die daher Brenn-
ofen heissen." (Schebek.) Die Glas-
arbeiter, dazumal Glaskommerzia-
listen genannt, wurden zu jener
Zeit hocL^eachtet; sie waren zünftig
und lebten in beht^lichem Wohl-
stand.
Die Dekorationsmotive der ge-
malten böhmischen Glaser sind die
mannigfaltigsten und akkommodir-
ten sich jeweils dem betr. Export-
lande. So werden für Spanien
folgende Vorschriften gemacht: Geschiiffones
Dai^estellte Personen sollen in
spanische Tracht gekleidet sein, Inschriften seien sehen Hohlglasproduktion eine trostlose wurde. In
in spanischer Sprache abgefasst; als Lieblingsgegeu- dieser Not erstand der böhmischen Hohlglasindustrie
stände jener Völker werden empfohlen: die Dar- ein Retter in der Person des 1775 zu Schluckenau in
Gadix und Barcelona mussten i
den 30er Jahren, die von Valencia
in den 40er Jahren und die von
Sevilla im Jahre 1S52 aufgehoben
werden. Dazu kam noch ein Ver-
bot der spanischen Regierung ans
den 40er Jahren, welches znm
Schutze der in den der Provinz
Corunna entstandenen Glasfabriken
die Einfuhr des böhmischen Tafel-
glases zum Gegenstand hatte. Das
gab dem Exporthandel nach Spanien
den Todesstoss, der von der traurig-
sten Rückwirkung auf die heimische
Industrie begleitet war. Das farbige
Glas, besonders himmelblau, dun-
kel blau, bein weiss und naturgelb
(ambergelb) fand in Spanien guten
Absatz, der durch die kriegerischen
Wirren fast völlig aufgehoben wurde.
Ein zweiter Umstand machte die
Lage der nordböhmischen Hohl-
glasindustrie zu einer höchst kriti-
schen: Die etwa im Jahre 1810 in
England gemachte Erfindung des
Pressglases. Nicht nur dass sämt-
liche noch offene Märkte mit dem
weicheren und darum billigeren
englischen Hob Iglaae geradezu über-
schwemmt wurden (das feinere böh-
mische Schleifglaa war um mehr
als doppelt so teuer), es verdrängte
auch auf dem Wege Über Frank-
reich das böhmische Glas in Spa-
nien, so dass die Lage der heimi-
stellung der Eucharistie, die unbefleckte Empfängnis
die Apostel, die Evangelisten, die Kirchendoktores,
Erzengel, die Kardinaltugenden u. s. w. Von pro-
fanen Motiven könnten verwendet werden: die Ele-
mente, die 12 Sternbilder, die Jahreszeiten, Blumen,
Früchte, Jagd, Fischfang, Tiere u. s. w. (Ilg. S. 132).
Böhmen geboreneu und am Neujahrstage 1864 in
Haida verstorbenen Friedrich Egermann. (Nach die-
sen von Hallvricb — Nordböhmen auf d. Weltausst,
Wien, 1873. S. 35 — gegebenenDaten wird der von an-
derer Seite aufgestellten Behauptung, dass das Eger-
mannsche Glasmaler-Atelier schon seit 1779 in Haida
NORDBÖHMISCHE KUNSTINDÜSTRIEN.
15
bekannt gewesen sei, der Boden entzogen.) Hall-
wich berichtet über Egermann in treffender Weise
folgendes: „Ein überaus talentirter erfindungsreicher
Kopf, dabei Kaufmann vom Wirbel bis zur Sohle
— geschickt, sein Wissen und Können bestens zu
verwerten — trat Friedrich Egermann (mütterlicher-
seits ein Nachkomme der uralten Glasmeisterfamilie
der Kittel) durch eine Reihe hochwichtiger Neue-
rungen auf dem Gebiete der Glasschleiferei, —
Malerei und — Färberei als eine Art Reformator
auf, wie ihn die Verhältnisse just erheischten. Schon
als junger Mann von wenig mehr als 20 Jahren
ein sehr gesuchter Glasmaler und zugleich berühmt
durch die von ihm zuerst in Anwendung gebrachte
Methode des Blindschleifens von sogenanntem Bein-
glas — das „im Auslande jetzt dem sonst gewöhn-
lichen chinesischen Porzellan vorgezogen" wird, sagt
eine Zeitschrift vom Jahre 1805 („Patriotisches Tag-
blatt") vom 20. April 1805 S. 162) — erfand Eger-
mann 1817 das bis dahin unbekannte Blattschleifen
des Krystallglases und die Kunst des Überfangens
der fertigen Krystallglasmasse mit beliebigen, durch-
sichtigen Farben, mit welchen beiden Erfindungen
er in kürzester Zeit einen enormen, durchschlagen-
den Erfolg erzielte und das böhmische Hohlglas
auf dem Weltmarkte glänzend rehabilirte. Erfindung
folgte aber auf Erfindung oder richtiger Verbesse-
rung auf Verbesserung: Denn „Edelsteinglase" in
hundertfachen Farbennüancen (1824), das vielbeliebte
und belobte „Rubinglas" (1830) u. s. w., durch wel-
ches letztere allein, nachdem das lange sorglichst
gehütete Geheinmis seiner Erzeugungsweise Gemein-
gut der böhmischen Glasraffineure geworden war
sich unzählige Erzeuger und Händler Reichtümer
erwarben. Und, was die Hauptsache war, der Er-
folg brachte Eifer und Nacheiferung mit sich; das
Charakteristikon der Industrie Haidas und Umgebung
war von nun an das des unermüdlichen Fortschrittes
in der Veredlung, der Vollendung des Erzeugnisses."
(1. c. S. 35 f.). So wurde die Fabrik von Friedrich
Egermann in Haida das bedeutendste Etablissement
für bunte, agatirte, gemalte, vergoldete u. s. w.
Gläser. Das um 1810 hier zuerst dargestellte aga-
tirte Hohlglas und dessen Topasfärbung hat im Aus-
lande seine Beliebtheit fortwährend behauptet Der
Nachahmung eines Besatzes von Edelsteinen an den
Geschirren folgte die Erfindung des Lithyalins oder
Edelsteinglases. Innen- und Aussenseite dieser Gläser
sind verschiedenartig gefärbt, letztere ist oft ver-
schiedenartig marmorirt; sie werden mit Lagen von
verschiedenen Mineralflüssen und Metalloxyden über-
zogen und diese durch den Schliff wieder an ver-
schiedenen Punkten abgezogen, wodurch die Gläser
dann die Eigenschaft erlangen, im durchfallenden
Lichte eine andere Farbe darzustellen, als im reflek-
tirten. Die hierdurch entstehende Mannigfaltigkeit
der Farben — das Egermannsche Musterbuch zählt
über 100 Farbenvariationen — hat diesem Artikel
bedeutende Abnahme, selbst in England und Frank-
reich verschafft. In Böhmen werden die feineren
Gläser im unbedeckten Hafen bei Holzfeuerung aus
harter Masse erzeugt, in England und Frankreich
aber im bedeckten Hafen, meistens mit Steinkohlen
und aus einer viel Bleioxyd enthaltenden Masse,
welche das öftere Einbrennen der Farben nicht so
gut aushält, was die Bereitung des Lithyalins sehr
erschwert und daher den böhmischen Artikeln dieser
Art bei sorgsamem Geschmack in Formen und Farben
immer Vorzüge gesichert hat Von nicht minderem
Interesse sind die letzten Erzeugnisse dieser Fabrik,
welche das feinste Krystallglas in drei verschiedenen
feuerfesten Färbungen darstellten: nämlich jener des
feinsten Karneols, des Rauchtopases und des Rubins,
das Feuer- und Farbenspiel dieser Steine tauschend
nachahmend. Stücke der letztgenannten Färbung,
nicht durch kostspielige Plattirung, sondern durch
Imprägnirung des Glases hervorgebracht, hatten ein
überraschend reines und feuriges Spiel.
Aus dem Leben Egermanns erfahren wir noch
aus seinem Briefe an seinen Schwager, den er im
86. Lebensjahre schrieb, dass er von der Glasbläserei
zur „Kleckmalerei" übergegangen war, ein Ausdruck,
den die Maler nicht gerne hörten, sondern an Stelle
dessen lieber die Bezeichnung „Wappenmaler" sahen.
Bei Nacht, wenn die Glasmacher schliefen, brannte
er im Glasofen den Malern die Farben auf. Die
Glasmalerzunft in Kreibitz sprach ihn frei. Im Jahre
1790 brachte er die „feine Malerei" aus der Meissener
Porzellanfabrik nach Böhmen. In die Fabrik wusste
er sich auf geschickte Weise einzuschleichen: „Dass
ich in die Meissener Porzellanfabrik eingelassen
worden bin,' i habe ich nur meinem achtungswerten
Topfbindermeister zu danken, der mich da als seinen
Jungen aufgeffthrt hat. — Der Eingang war ganz
verboten. Ich musste dumm bleiben, da konnte ich
gehen, wo ich hin wollte. Ich bat den Topfmeister
Gutmacher, dass ich in der Fabrik die Messer durfte
abziehen, indem die Maler nach der Stunde bezahlen
wollen, um dabei alles zu lernen. — Sie tauften
mich um und hiessen mich den böhmischen Hans,
weil der Obermaler Fritz hiess. Da seine Mutter in
der Küchenstube Pinsel machte, so half ich ihr,
16
NORDBÖHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN.
welches mir auch willkommen war, denn die Eleck-
maler hatten harte Pinsel von Dachshaar. Dem
Brenner und Farbenschmelzer brachte ich immer
einen Schnaps, wodurch ich manches erfuhr, was
ich zu wissen brauchte." Am 1. Januar 1864 starb
Friedrich Egermann hochbetagt im Alter von 90
Jahren.
Ende der 30er und Anfang der 40er Jahre
unseres Jahrhunderts hat die societe d'encourage-
ment in Frankreich die böhmischen Glasraffinate,
was Schönheit und Billigkeit des Schlififes anbelangt,
der französischen Industrie zum Vorbilde aufgestellt.
Eine überraschende Mannigfaltigkeit bietet die böh-
mische Hohlglasindustrie und man wird leicht be-
greifen, wie die böhmische Glasfabrikation in der
Mannigfaltigkeit ihrer Verzweigungen nicht wohl
von der Glasproduktion in anderen Ländern erreicht
werden konnte.
"Wenn trotzdem die böhmische Hohlglasproduk-
tion zurückging, so liegt dies zunächst in äusseren
Umständen. England produzirt in seinen ausge-
dehnten Etablissements weit mehr wie früher, Frank-
reich verlieh der Glasindustrie durch Wissenschaft,
Geschmack und KunstfleLss eine hervorragende För-
derung; Russland hat durch Cancrin seine Glas-
produktion technisch und kommerziell in überraschen-
der Progression gesteigert; auch Nordamerika tritt
erfolgreich in die Reihe der konkurrirenden In-
dustriestaaten und so ist es denn erklärlich, wenn
eine Industrie abnimmt, die in den genannten Staaten
ihre Hauptabsatzquellen hatte. Freilich hätte die
Abnahme nicht in dem Umfange statthaben können,
wenn die böhmische Hohlglasindustrie nicht heute
an inneren Schäden litte, welche ihr die Konkurrenz
mit dem Auslande wesentlich erschweren. Diese
inneren Schäden aber bestehen schon seit längerer
Zeit, aber noch rührt sich niemand, sie zu heilen.
Noch wiegt sich die böhmische Glasindustrie in
dem Ruhmgedanken vergangener Zeiten, obgleich
ihr das Messer an die Kehle gesetzt wird. Wohl
hat die Regierung in weiser Versorglichkeit seit
vielen Jahren in den Hauptorten Haida und Stein-
schönau Fachschulen für Glasindustrie errichtet, die
heute unter der Leitung der Direktoren Hartel und
Chilla Vorzügliches leisten; jedoch in sträflicher In-
differenz nimmt die Industrie kaum Notiz von diesen
hervorragenden Anstalten, ein beharrliches Weiter-
treten in einem bereits ausgetretenen Pfade und ein
verrohter Geschmack drücken die Industrie nach wie
vor gewaltsam nieder.
Von einer Geschichte der böhmischen Hohl-
glasindustrie ist die Geschichte des „böhmischen Gkis-
MtideW^ unzertrennlich, weil derselbe nicht olme
Einfluss auf Formengestaltung und Dekoration blieb
und weil seine Geschichte eigentlich erst den rich-
tigen Aufschluss über die Bedeutung der nordböh-
mischen Hohlglasindustrie giebt. Es dürfte indessen
an dieser Stelle, wo mehr das künstlerische Interesse
in den Vordergrund tritt, ein kurzer Überblick über
den böhmischen Glashandel genügen.
Die Anfange desselben reichen bis in die letzten
Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts zurück. Kaspar
Kittel wird als der Bahnbrecher des böhmischen
Glashandels betrachtet. Blottendorf, Haida, Langenau,
Pärchen, Steinschönau, Neuwelt und Polaun sind die
Hauptorte, aus welchen bald ein lebhafter Handel
hervorging. Kaspar Kittel vereinigte in sich nicht
nur den gewiegten Kaufmann, sondern auch den
aufmerksamen Beobachter und Kenner aller tech-
nischen Vorgänge in der Hohlglasindustrie. Da-
durch wurde seine Thätigkeit eine so fruchtbare.
Sein Forschungseifer ging so weit, dass er eine
Reise nach Venedig antrat, dessen Glasindustrie da-
mals in hohem Glänze stand, sich ungekannt in die
Werkstätten einzuschleichen wusste und hier eine
Menge neuer technischer Vorgänge erspähte, die
er dann der heimischen Industrie nutzbringend
mitteilte.
Es ist eine nicht uninteressante Thatsache, dass
fahrende Scherenschleifer es waren, welche mit den
Anfangen des böhmischen Glashandels eng ver-
bunden sind. Durch emsige Nachforschungen hatte
Kaspar Kittel durch diese erfahren, dass in den
verschiedenen Städten, welche sie auf ihren Wan-
derungen durchstreiften, nur selten Gefiisse aus Glas
wahrgenommen wurden. Die nächste Folge f&r
Kittel war, dass er in jenen Gegenden Leute warb,
welchen er so viele Glaswaren, als sie mittels eines
Schubkarrens fortzubringen im stände waren, zum
Verkaufe überliess. Der Absatz war ein günstiger
und die Glashändler kehrten mit Gewinn nach
Hause zurück. So entstand der Glashandel in der
Umgebung der damals noch nicht existirenden Stadt
Haida. Christian Franz Rautenstrauch aus Korut
bei Bürgstein war der erste, der im Jahre 1710 den
für die damalige Zeit kühnen Gedanken fasste und
glücklich ausführte, böhmische Glas waren nach
St. Petersburg einzuschiffen. Eine 1714 nach Por-
tugal unternommene Reise war von demselben gün-
stigen Erfolge begleitet, indem sämtliche Glaswaren
in Lissabon und Oporto zu sehr hohen Preisen ver-
kauft wurden. Bei diesen Erfolgen ist es klar, dass
NORDBÖHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN.
17
Kittel und Rautenstrauch bald nicht mehr die ein-
zigen „Glasverleger" blieben, sondern sich bald eine
ganze Gruppe von Glashandlem bildete. Mit der
Zunahme der Konkurrenz traten aber auch Übel-
stände aller Art ein, was zur Folge hatte, dass im
Jahre 1715 in Bezug auf die Glasgeschäfte, Glas-
preise und über die beim Glashandel einzuhaltenden
Vorschriften Statuten aufgesetzt wurden. Da die-
selben aber nicht eingehalten wurden, so suchten
sich Rautenstrauch und einige andere Glashändler
mit glücklichstem Erfolge ein neues Absatzgebiet in
Spanien. Gadiz, der damalige Stapelplatz des Han-
dels nach dem spanischen Amerika, bot eine reiche
Absatzquelle. Im Frühjahre jeden Jahres gingen
grosse Sendungen nach Cadiz, welche hier entweder
für die überseeischen Länder eingeschifft wurden,
oder aber nach dem Hauptsitze des spanischen
Binnenhandels, nach Sevilla abgingen. Feste Nieder-
lassungen und Gründungen von Faktoreien fanden
erst im 4. Jahrzehnt des 18. Jahrh. sowohl in Gadiz
wie in Konstantinopel und Smyrna statt. Haida
und Umgebung importirte hauptsächlich nach Spanien
Steinschonau und Pärchen vorwiegend nach der
Türkei.
Aus der Reisebeschreibung des deutschböhmi-
schen Glasschneiders, -Stechers und -Malers, Georg
Franz Kreybich, geboren und gestorben zu Stein-
schonau (1662—1736) geht hervor, wie weit gereist
damals die böhmischen Glashändler waren. (Siehe
Kreybichs Handschrift sowie die Mitth. d. Vereines
fiir Gesch. d. Deutschen in Böhmen VIU. p. 220. Prag,
1870) Mit dem Schubkarren durchreiste Kreybich
mit Glas Bayern, Salzburg, Krain und Kärnten.
Nachdem er in Kreibitz Meister geworden, durch-
streift er ganz Norddeutschland, Brandenburg, Berlin,
Küstrin, Stettin etc. und geht zur See bis Riga in
Livland, von da nachReval, Narwa und wieder zurück
nach Dorpat, Riga, Memel und durch Preussen über
das kurische Haff. Von Danzig geht die Reise dann
über Thom, Graudenz und Breslau nach Hause.
Die vierte Reise im Jahre 1688 geht mit einem
Wagen durch Sachsen, Lüneburg nach Hamburg
und von da nach London. In London sassen sie sechs
Wochen, „ehe wir ein Stück verkaufet, denn es
waren damals sechs Glashütten in der Stadt und
machten schöner Glas, als wir hineinbrachten, nur
dass unseres geschnitten und gemalt war, und es
war noch kein solches Glas hineingekonmien , wir
waren die ersten. Als wir uns vorgenommen, wie-
derumb von London weiter in Irland und Schottland
zu reisen, so kam Einer und sagte, er wolle schauen,
Kunstgewerbeblatt. N. F. I.
dass er die Glase möchte beim Hof anbringen, als-
dann würden die anderen Leut auch anfangen zu
kaufen, wie es auch geschehen und haben sich
zuletzt die „Winklirs" drum geschlagen und Alles
gekaufet'*. Hier ist die Bemerkung Kreybichs von
Bedeutung, dass London im Jahre 1688 schon die
böhmischen Fabrikate übertreffende Gläswaren be-
sass, dass Kreybich aber der erste war, der gemaltesj
geschliffenes und geschnittenes Glas in England ein-
führte, das dort noch ganz unbekannt war. Spätere
Reisen Kreybichs gehen nach Dänemark, Schweden,
Norwegen, Ungarn, Russland, Polen, Konstantinopel.
Kreybich schildert, dass „bis darnach seien etliche
über Archangel hineingereist und ist viel hundert
Tausend Glas hineingeführt worden und in der Erst
wollten sie nicht kaufen, es ist zwar in allen Län-
dern in der Erst so gewesen, allwo ich gewesen, in
Livland, in Schweden, in Dänemark, in England,
in Holland, in Preussen, in Kurland, in Polen, in
Litthauen, in Ungarn, in Siebenbürgen, in der Wal-
lachei, Türkei, in Moldau und aller Orten hat es in
der Erst wenig gekauft, aber besser bezahlt worden'*.
Als der in Gablonz ältest bekannte Hohlglas-
händler ist der 1738 geborene Franz Schwan zu
nennen, der 1761 sein Exportgeschäft begründete,
das bis 1808 bestand, aber durch die Wirkungen der
napoleonischen Kriege zu Grande ging. Der Um-
fang seines Geschäftes war ein sehr bedeutender,
denn am Anfang konnte er Firmen in Prag, Wien,
Nürnbergs Augsburg, Mittenwald, Regensburg,
Leipzig, Piacenza, Landeck, Strassburg, Frankfurt,
Offenbach etc. zu seinen Kunden nennen. Sein
Sohn, Franz Wenzel Schwan konnte vier Sprachen,
bereiste Deutschland und Italien und gründete wahr-
scheinlich in Porto Valtravaglio und Piacenza Nie-
derlagen, da er an diesen Orten längeren Aufenthalt
nahm. Johann Georg Hansel aus Rodowitz, f 1834
in Amsterdam, hat an dem Aufblühen des böh-
mischen Glashandels hervorragenden Anteil ge-
nommen. Amsterdam war zu jener Zeit ein Haupt-
stapelplatz für böhmische Glas waren. Seine Bedeutung
geht auf viele Jahrzehnte zurück. In einer Amster-
damer Rechnung von 1769 werden Glashandlungen
nach Batavia, Ceylon und Surinam, sowie nach
St. Eustatius angeführt. Der böhmische Glashandel
verschmähte auch nicht, fremdes Glas zu beziehen
und es wieder auf den Markt zu bringen. So wurde
von London und Stourbridge englisches Glas bezogen.
Häufig wurde fremdes Glas in Böhmen geschliffen
und dann nach Amsterdam verbracht. So wird in
dem Inventar einer Amsterdamer Glaskompagnie-
3
18
DER MAJOLIBAND DES LEIPZIGER KUNSTGEWERBEMUSEUMS.
gesellachaft vom Jahre 1821 „Französisch und Eng-
lisch Glas in Böhmen geschliffen" aufgefiihrt und
unter den Glaaobjekten befinden sich grosse Vasen,
Äuanasglä^r, Theetassen, Zucketgläser, „Milchkannel
hoch oben enge", Frucbtachüsseln, Toilettflacons etc.
Es ist nicht zu entscheiden, ob die höhere Voll-
endung des höhmischen Glasschliffes oder die gröseere
Billigkeit desselben die Einfuhr fremder Glassorten
zum Schliff nach Böhmen veranlasste. Das Letztere
ist das Wahrscheinlichere. „Kam doch den böhmi-
schen Glasschleifern die Bearbeitung des weicheren
englischen und französischen Materials so leicht vor,
dasR sie immer um* solches Glas verlangten. In dem
Inventare von 1821 findet sich abrigens auch eine
Partie Ghiswaren mit der Bemerkung, dass sie in
Amsterdam geschliffen wurden. Das geschab ohne
Zweifel in der eigenen Schleiferei, welche die Kom-
pagnie in Amsterdam besass und die, weil auch
englisches Glas daselbst zur Bearbeitung gelangte,
dem damal^en Chef dieser Handlung. Joseph Hsnzel,
einen guten Vorwand bot, die englischen "Werkzenge
zu entlocken, die er dann auch in Böhmen einföhrte".
(Schebek, 1. c. p. 259)
Unter den Waren, welche die Leipziger Firmen
Karl und Gustav Harkort und Birzel & C« zn Ende
1843 von Bremen aus nach China beförderten, war
auch böhmisches Glas, welches aber schon, bevor die
Expedition China erreichte, in Singapore und Bataria
schnellen Absatz fand. (Prag, Ost u. West. l84ü.
p. 236.) Und heute noch ist Indien das Hauptabsatz-
gebiet des mächtigen böhmischen Glashandels.
DER MAJOLIBAND
DES LEIPZIGER KUNSTGEWERBEMUSEUMS.
IE nach Thomas Majoli benannten
Einbände gehören bekanntlich zu
den ausgesuchtesten Leckerbissen
der BBcherliebhaberel Der echten
inschriftlich bekundeten Bände, die
für den vielgenannten itahenischen
gefertigt wurden, sind nur wenige,
und zu diesen wenigen zählt der durch seine vor-
zügliche Erhaltung ausgezeichnete Band im Kunst-
gewerbemuseum zu Leipzig. Da unsere Abbildung
dem Original ziemlich gleich kommt, nur frischer
und lebhafter in der Färbung erscheint, -so etwa, wie
die Decke ursprünglich ausgesehen haben mag, so
bedarf es keiner näheren Beschreibung der Farben-
zusammenstellung. Ohne RtickeD misst die Decke
21 : 32 cm, hat also annähernd das Format des Kunst-
gewerbeblattes. Sie umschlieast eine typographische
Kostbarkeit in der mit Holzschnitten illustrirten Aus-
gabe der Hypnerotomachia des Poliphilua, die 1499
von Aldus gedruckt und verlegt wurde. Durch den
vollständig und sehr sauber erhaltenen Inhalt ge-
winnt der Band ein erhöhtes Interesse als kunst-
geschichtliche Merkwürdigkeit.
Die Farben sind durchweg aufgemalt Das Blatt-
werk ist mitglatten (nicht schraffirten) Stempeln in
Gold gedruckt.
Die Inschrift: Tho. Majoli et amicorum be-
findet sich auf dem kleineu Schildchen in der unteren
Kalbkartusche. Äuffallenderweise erscheint in dem
Spiegel der mittleren Kartusche das Lilienwappen
der Valois mit dem bekannten halbmondförmigen
unteren Äbschluss, daneben das zwiefache H H, das
häufig auf Henri II. -Bänden angebracht ist Ea
durfte somit kaum einem Zweifel unterliegen, dass
der Band , vielleicht durch die Vermittlung von
Grolier, in den Besitz des bücherliebenden Königs
gelangte und dass dieser dann das Mittelfeld mit
seinem Wappen verzieren liess. Zwischen Grolier,
der zwanzig Jahre lang in Mailand lebte, und Uajoli
haben wahrscheinlich nähere Beziehungen bestanden,
die auch nach fortgedauert haben mögen, seit der
erstere 1530 nach Frankreich zurQcl^ekehrt war und
den Nachfolgern Franz I. ebenso wie diesem in litte-
rarischen Dingen als Ratgeber diente.
Der Rücken des Buches hat erhabene (echte)
Bünde, ein Umstand, der auf einen frühen Ursprung
deutet, da später die italienischen und französischen
Bände glatte Rücken annehmen. Dem steht allerdings
entgegen, dass das untere Feld sich bereits von den
übrigen durch eine schlankere Form unterscheidet
und wie das obere Feld andere verziert ist als die
zwLschenliegenden Felder. Diese Betonung des oberen
und unteren Endes weist bereits auf eine Wandlung
der bisherigen Sitte hin, die Bücher liegend aufzu-
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Lith. Anst. von J. G. Fritznclip in Leipzig.
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enthaltend die Hypnerotomachia des Polyphilus.
Venedig, Aldus. 1499.
Leipziger KunstgewerliemuMeain.
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BÜCHERSCHAÜ. — KLEINE MITTEILUNGEN.
19
bewahren. Mit dieser Wandlung kam zugleich das
mit dem Titel versehene Rückenschild auf, das an
unserem Majolibande noch nicht vorhanden ist, sich
aber auf einem von Brmiet (La reliure ancienne,
Taf. 98) reproduzirten bereits vorfindet.
Der späteste uns bekannte Majoliband enthält
einen Florentiner Druck vom Jahre 1553 {Libri,
Monuments, auch bei Jacquemart reproduzirt), wäh-
rend Bninet und nach ihm Orucl als letzte Jahres-
zahl 1549 angeben. JE, S.
BÜCHERSCHAU.
Malerische Innenräume anB Gegenwart und Ver-
gangenheit. Herausgegeben von F. Luthmer.
(Fortsetzung des Werkes: „Malerische Inneuränme
modemer Wohnungen" erw- eitert durch Heran-
ziehung ausgezeichneter Beispiele der Innenarchitek-
tur des 16., 17. und 18. Jahrhunderts.) 25 Tafeln
in Lichtdruck. Grossfolio. Frankfurt a. M., H. Keller.
Preis: 25 M.
P. — Das Erscheinen der ersten Lieferungen obigen
Unternehmens vor vier Jahren hat das Kunstgewerbeblatt
lebhaft begrüsst und in eingehender Besprechung die
Verdienste des Werkes gewürdigt. Die Wiederaufnahme
der Publikation in einer Fortsetzung dürfte allein schon
als Beweis der Brauchbarkeit und Nützlichkeit desselben
dienen. Wir können daher, soweit es sich um „Innen-
räume der Gegenwart" handelt, auf früher Gesagtes ver-
weisen, dürfen aber hinzufügen, dass die vornehme Aus-
stattung dieselbe geblieben und die Auswahl mit gleicher
Sachkenntnis und Gesqhmack getroffen ist. Es ist nicht
zu leugnen, dass viele der mitgeteilten „Innenräume^
einen Fortschritt gegen früher nach der Seite der ein-
fachen Vornehmheit bedeuten, dass die Kunst, vornehmer
zu wohnen nicht mehr wie früher nur in der Über-
ladung und Massigkeit gesucht wird. Dass es auch noch
Leute giebt, die dieser Ansicht huldigen, dafür bringt die
Fortsetzung gleichfalls Beispiele bei.
Ein glücklicher Gedanke Luthmers war es, den
Innenräumen der Gegenwart auch solche aus' der Ver-
gangenheit zuzugesellen. Es giebt deren noch mehr, als
man glauht, und sind auch die wenigsten ganz ohne Ver-
änderungen namentlich hinsichtlich der Möbel erhalten,
welche spätere Zeiten daran vorgenommen haben —
ausser etwa eine Anzahl ßokokointerieurs — so geben
sie doch auch in der heutigen Erhaltung lehrreiche
Winke für unsere Architekten und Dekorateure. Die
vorliegende Serie enthält ein Zimmer des Seidenhofs in
Zürich, ein Zimmer aus Schloss Ortenstein und den be-
rühmten Bücliersaal der Wiener Hof bibliothek. Bei einer
etwaigen, recht erwünschten Fortsetzung des Werkes
würden wir u. a. gern sehen: die beiden Zimmer aus
Höllrich und Haldenstein im Kunstgewerbemuseum zu
Berlin, das Fredenhagensche Zimmer in Lübeck, einige
Räume aus dem Mus6e Plantin-Moretus , einige Zimmer
aus Schloss Wilhelmsthal bei Kassel, das reizende
Louis XVI. (sog. etnirische) Zimmer im Stadtschloss zu
Potsdam. In diesen Bäumen sind — mit Ausnahme der
beiden erstgenannten — fast überall auch die Möbel
erhalten, auch sind es keine grossen Prunkräume, deren
Publikation sich andere Werke angenommen haben, son-
dern wirklich gute und brauchbare Vorbilder für unsere
Zeit. Hoffentlich finden sich Herausgeber und Verleger
bereit, das W^erk nach dieser Richtung hin festzusetzen:
mit Dank würde es sicherlich allerseits entgegengenom-
men werden.
I
KLEINE MITTEILUNGEN.
P. — Wiederum liegt die Neubearbeitung eines Vor-
bilderheftes aus dem Überaus rührigen Verlag von Bernhard
Friedrich Voigt in Weimar vor: Musterblätter modemer
Drechslerarheiten, (I. Sammlung, 32 Tafeln, Preis 6 Mark),
fast 400 Muster aller möglichen für Drechsler, Tischler und
Möbelfabrikanten brauchbarer Drechslerarbeiten enthaltend.
Die Muster dieser lediglich dem modernen Bedürfnis ent-
gegenkommenden und aus ihm hervorgegangenen Gegen-
stände lehnen sich im wesentlichen an die Formen der mo-
dernen Renaissance an. Die Sammlung enthält eine grosse
Auswahl der verschiedensten Arten von Stuhl-, Tisch-, Schrank-,
Bett- und Kommodenfiissen, Säulen zu den verschiedensten
Arten von Tischen, Treppenpfosten und Traillen, Säulen für
Ständer. Spiegel, Schränke etc., Kapitale und Sockelstücken,
Galerien, Gitterwerk, Zierleisten, zahlreiche Rosetten, Hefte,
Knöpfe, Griffe, Spitzen — kurz all das Material, dessen Her.
Stellung dem Drechsler in der Möbel- und Bautischlerei zu-
zufallen pflegt. Die Darstellung genau nach Massstab oder
nach bestimmten Verhältnissen gezeichnet ist derart, dass
die Blätter auch sehr wohl in Schulen Verwendung finden
und beim Fachzeichnen als Vorlagen benutzt werden können.
Da an Vorbildern auf diesem Gebiet gerade kein Überfluss
vorhanden ist, dürfte das Werk, dessen Anschaffung der
billige Preis jedermann ermöglicht, weite Verbreitung finden.
20
KLEINE MITTEILUNGEN.
P, — Von den grossartigen Manifestationen , welche,
man darf sagen, die gesamte Christenheit dem Papste ge-
legentlich seines Jubiläums dargebracht hat, legte die seiner
Zeit in den Tagesblättem vielbesprochene vatikanische Aus-
stellung glänzendes Zeugnis ab. Einen sehr breiten Raum
nahm in dieser Ausstellung die Kunst ein. Darüber berichtet
in kurzer und geschmackvoller Weise der Kaplan am deut-
schen Gamposanto zu Rom Heinrich Swohoda in der Schrift:
Ein Weltbild unserer kirchlichen Kunst (Paderborn, F.
Schöningh. Preis M, 1,80). Das kleine sehr lesenswerte Heft
wird auch neben der grossen Publikation der Ausstellung
von bleibendem Wert sein, weil der Verfasser nicht trocken
berichtet, sondern auch kritisirt und Winke giebt, wo auf
dem Gebiet kirchlicher Kunst die bessernde Hand anzu-
legen ist *
Kolviar. Die Schongauer-Gesellschaft versendet soeben
ihren 14. Jahresbericht in gewohnter Ausstattung mit einigen
Lichtdrucken geziert. Letztere geben Gesamtansichten der
geschmackvollen Aufstellung in den früheren Kreuzgängen des
Klosters ünterlinden (jetzt Museum). Die Sammlungen haben
sich in massigem Umfang vermehrt, d a die Mittel des Vereins um-
fassende Ankäufe nicht gestatten. Der Verein bestrebt sich zu
retten, was aus alter Zeit inKolmar und Umgegend zu retten ist,
dabei lebhaft unterstützt von Freunden des Vereins, Korpo-
rationen u. a. Eine sehr interessante Neuerwerbung ist ein
mächtiger in Holz geschnitzter, aufrecht stehender Hirsch,
früher als Wirtshausschild im Reichenweiher verwandt.
Von grösster Seltenheit ist ein goldenes Büchschen mit gra-
virtem Ornament, dem 6. Jahrhundert angehörend, in Hor-
burg bei Kolmar gefunden. Im ganzen wurden für Ankäufe
im Berichtsjahr 1380,88 Mark verwendet; eine besondere
Pflege ist den Gemälden zugewendet, deren Restauration fast
durchgeführt ist. Um die Arbeiten des Vereins hat sich wie
früher so auch im verflossenen Jahre Herr Präsident Fleisch-
hauer die grössten Verdienste erworben.
Dresden. Das Königl. Kunstgewerbemuseum zu Dresden
veranstaltet auf die Dauer vom 20. Okt. bis 30. Nov. d. J,
in seinen Räumen eine Sonderausstellung alter Zinnarbeiten.
Da zu diesem Zwecke der gesamte im Königreich Sachsen
befindliche öffentliche und private Besitz, so weit es möglich
war, herangezogen worden ist, verspricht die Ausstellung
eine ebenso reichhaltige wie interessante zu werden. So
ist es gelungen, unter anderen hervorragenden Werken die
gesamte Zinntellersammlung des Dr. D^TT^iani- Leipzig, die
Zinnarbeiten der Sammlung ZscÄiYfc-Grossenhain und die be-
rühmte Kanne aus dem städtischen Museum zu Zittau zur
Ausstellung zu bringen.
— Karlsruhe. Das lebhaft« Interesse, welches der
Orossherxog dem Kunstgewerbe entgegenbringt, hat sich aufs
neue durch eine Schenkung erwiesen, die derselbe der gross-
herzogl. Kunstgewerbeschule zu teil werden Hess. Die Union
centrale des arts decoratifs in Paris hat durch die Firma
Christofle & Gie. daselbst ältere Objekte des Kunsthandwerks
galvanoplastisch nachbilden lassen und aus der Reihe der-
selben sind die geschenkten Gegenstände käuflich erworben
worden. Es sind drei grössere und drei kleinere Erzeug-
nisse: ein Bronzemörser mit Greifen und Füllhörnern ver-
ziert, italienische Arbeit des 16. Jahrhunderts; ein Ciborium
aus dem 13. Jahrhundert, vergoldetes Kupfer mit Email mid
farbigen Steinen geziert; eine Vase mit Deckel aus ungari-
schem Nephrit mit Metallverziernngen. Der Stein ist in
Kupfer nachgebildet mit genauer Wiedergabe der Farbe des
Originals; eine Taschenuhr in Form einer Blumenknospe,
deutsche Arbeit des 16. Jahrhunderts; eine Taschenuhr von
ellipsoidischer Form, vorn und auf der Rückseite mit Orna-
menten und Figuren geschmückt; ein kleiner Taschenspiegel
aus Metall, in seiner Ausschmückung den Triumph Amors
darstellend. Diese sechs Gegenstände in vorzüglicher Nach-
bildung sind eine höchst wertvolle Bereicherung der Lehr-
mittel genannter ünterrichtsanstalt, welche dem hohen Stifter
ausserdem von früher her eine Anzahl von kunstgewerblichen
Werken zu verdanken hat
Stuttgart. Gelegentlich des 25jährigen Reg^erungqubilä-
ums des Königs Karl von Württemberg hat das Direktoriam
der königl. Kommission für die gewerbl. Fortbildungsschulen
eine Ausstellung der Zeichenschiden des Landes und eine da-
mit verbundene Ausstellung von Lehrlingsarbeiten veranstaltet
Die Zeichenausstellung umfasste mehr als 500 Schulen und
die Lehrlingsarbeitenausstellung 925 Teilnehmer. Gleidi-
zeitig hat die genannte Kommission eine Jubiläumsscfarift
über „die Entstehung und Entwickelung der gewerblichen
Fortbildungsschulen und Frauenarbeitsschulen in Württem-
berg*' erscheinen lassen, welche sich als eine zweite ver-
mehrte Ausgabe der 1873 erschienenen Schrift unter gleichem
Titel darstellt. Der stattliche Band giebt in eingehender
Weise über die Organisation des gewerblichen Unterrichts in
Württemberg, seine Geschichte, Ausbildung, Über Lehrkräfte,
Unterrichtsmittel, die finanziellen Leistungen, Schülerzahl etc.
Auskunft. Sorgfältig gearbeitete statistische Tabellen geben
ein anschauliches Bild von dem Umfang, Benutzung und Er-
folg der Schulen, eine Karte zeigt die Verbreitung der Unter-
richtsanstalten über das Land.
Leipzig. Der Katalog der Ornamenlstiehsanimlung des
Leipziger Kunsfgetrerbenniseums, von E. von übiseh bearbeitet,
ist vor kurzem erschienen und dürfte bei dem grossen Reichtum
der Sammlung, die vor bald zwanzig Jahren von Drugulin für
das genannte Museum erworben wurde, auch für solche
Sammler und Liebhaber von Interesse sein, die zum prak-
tischen Gebrauch desselben keine Gelegenheit haben. Ausser
dem nach Stecher- bez. Verlegemamen geordneten Haupt-
verzeichnis, das 124 Seiten umfasst, giebt der Verfasser, dessen
Arbeit auf dem gründlichsten Fachstudium beruht, in dankens-
werter Weise auch ein sachlich geordnetes Register. ^E^
Anhang bringt Proben aus der Sammlung in Zinkätzung
Der Katalog ist für 6 Mark im Buchhandel käuflich.
Rd. Buclieinband des 17. Jahrhunderts, Der nachstehend
abgebildete Einband im Kunstgewerbemuseum zu Köln um-
Bchliesst ein Pontificale von 1645 und dürfte aus der gleichen
Zeit stammen. Das rote Maroquinleder ist lediglich durch
reiche schön disponirte Vergoldung geschmückt. Das bischöf-
liche Wappen in der Mitte ist nicht mehr festzustellen; es
war durch Malerei auf einem eingelegten grünen Stück
Leder gebildet, welche jetzt verwischt ist. Der Einband
misst 40 cm in die Höhe, 27,5 cm in der Breite.
a rotem Maroquin) eder mit Goldpressung. IT. Jahrhundert.
Kiinitgei*eTbeiiiu9caDi zu Köln.
zum 24. Jahrgänge der Zeitschrift für bildende Kunst sind durch jede Buchhandlung
zu beziehen; in Kaliko hraun zu je 2 M. 50 Pf., in rotem Saffian zu 8 M. 25 Pf.
Der Buchbinder ist anzuweisen, dass er die Bogen des Kunstgewerbeblattes in einen
besonderen Band zu binden hat.
Einbanddecken zum Kunstgewerbeblatt, V. Jahrg. sind zum Preise 1 M. zu haben.
Seemanns Litterarischer Jahresbericht
der zuverlässigste Ratgeber auf dem litterarischen Weihnachtsmarkte, erscheint Ende
November in 40 000 Exemplaren. Er ist zu haben:
in Amsterdam: bei H. Eisendrath; in AütWerpeiir bei O. Forst; in Augsburg: bei R. Preyss und in der
Riegerschen Buchh.; in Barmen: bei Albert Röder; in Basel: bei C. Detloff; in Berlin: in B. Beiirs
Buchh., in der Polytechnischen Buchh. (A. Seydel), in der Luckhardt'schen Buchh., bei H. R. Mecklen-
burg, bei Mitscher & Röstell, bei Nitschke & Loedmer, bei M, Schildberger, bei Karl Siegismund, in der
Stuhr'schen Buchh., bei Walther & Apolant und bei Georg Wölker; in Bielefeld: bei Aug. Helniich;
in BrannSChweig : bei Benno Goeritz, G. C. E. Meyer, in Friedr. Wagners Buchh.; in Bremen: bei
Kühtmann & Co.; in Bremerhaven: bei Jul. Mockef; in Breslau: bei Trevvendt &l Granier, in Prie-
batschs Buchh.; in Budapest: bei Gebr. Revai; in Chemnitz: in der Brunnerschen Buchh., in Mays
Buchh.; in Danzig: in Homanns und Sauniers Buchh.; in Dortmund: in der Köppenschen Buchh.; in
Dresden: in G. A. Kaufmanns Buchh., bei v. Zahn & Jaensch; in Duisburg: bei Joh. Ewich; in Eiseuach:
in der Baereckeschen Buchh.; in Esseu: bei Ed. Wissmann; in neusburg: in der Huwaldschen Buchh.;
in Frankfurt a. K.: bei Auffanh, Detloff, Jügels Nachf.; in Frankfurt a. ü.: in der Schieferschen Buchh.;
in Freiberg L S.: bei Graz & Gerlach; in St Gallen: bei Huber & Comp,, in Scheitlins Sort.; in Gera:
in der Kanitzschen Buchh.; in Giesseu: in der Rickerschen Buchh.; in Gotha: in C. F. Windaus' Buchh.;
E. F. Thienemann; in Gotheuburg: in N. J. Gumperts Bokhandel; in GÖttingeu: bei R. PeppmüUcr;
in Graz: bei Leuschner & Lubensky, F. Pechel; in Halle: in der Buchh. des Waisenhauses; in Hamburg:
bei K. Gcädener, Luc. Gräfe, J. Knebel; in Hannover: bei H. Lindemann; in Heidelberg: bei G. Koester;
in Jena: in Frommanns Buchh.; in Innsbruck: in der Wagnerschen Buchh.; in KarlSIline: in der Braun-
schen Buchh.; in Kiel: bei E. Tocche, in der Haeselerschen Buchh.; in Kdlu: bei Du Mont- Schauberg,
Rimbach & Licht; in Königsberg i. Fr.: bei Bn Meyer & Co.; hi KÖthon: bei Otto Schulze; in Krefeld:
bei Kramer & Baum; in Leipzig: bei C. F. Fleischer, G. Fock und A, Lorentz; in Luzem: bei Doleschal;
in Magdeburg: bei Wennhacke & Zincke; in Mailand: bei U. Hoepli; in HaiUZ: bei Diemer, V. v. Zabern;
in Mannheim: in .Tul. Hermanns Buchh.; in MAncheu: in der Franssschen Buchh., in der Riegerschen
Buchh., bei Th. Ackermann; in Now-York: bei der Internat. News Company; in Nflmberg: in der v.
Fbnerschen Buchh.; in St Petersburg: bei Carl Ricker; in PoSOU: bei L. Türk; in Riga: bei E. Bruhns;
in Stettin: bei Fr. Nagel; in StraSSDUrO L E.: bei K. I. Trubner; in Stuttgart: bei P. Neff, Konr.
Wittvver; in Weimar: bei A. Huschke; in Wien: bei Leo & Comp., Daberkow, F. Lang, in der Manzschen
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Die Liebliaberküiiste.
Ein Handbuch für alle, die eiuen Torteil davon zu haben glauben
4,
♦fe.
von
FRANZ SALES METER
Professor an der grossherrogl. Kunstgewerbeschule in Karlsruhe.
Mit vielen Illustratlonem Gr. 8, br. M. 7,—, geb. M. 8.50.
Unter Liebbaberkiinsten sind alle diejenigen Künste veretandeu, mit <lenen der Laie in nüulicber Weise
seine Mnssestunden ausfüllen kann, wenn er nur einigermasaen Anlage zum Zeichnen hat z. B. kmtchhiifhr,
Holxhranfi, Mahrei auf Penjamfut, S('i(U\ Ohs, Thmty JJoh. Laubaägvarhrit, Kt/iiajairbrii^ Kerbsehn i((. Legier-
phisfik^ Alefali-, (rlfu^^, Elfaifwin-SprltxatiKifrn u. s. w. u. s. w.
Das Zeichnen und Malen soll in dem Buche selbstverständlich nicht gelehrt werden, sondern nur die
praktische Anwendung dieser Fertigkeiten zum Schmucke der Häuslichkeit und mannigfacher Gebrauchs-
gegenstände.
Dass der Verfasser des „Handbuchs der Ornamentik", der in seiner Lehrstellnn^ die reichsten Erfah-
nmgen zu -sammeln Gelegenheit hatte, seine Aufgabe in der denkbar praktischsten Weise angegriffen imd
ausgeführt bat, bedarf wohl nicht erst der Hervorhebung.
Im Anschluss an das ..Handburh der Liebbaberkünste'* erscheint eine Sammlung modemer Entwürfe,
betitelt:
Vorbilder für häusliche Kunstarbeiten
herausgegeben von Franz Sales Meyer.
Erste Reihe ü Liefenmgen von je VI Blatt. Preis M. »). — , jede Lieferung ebizeln M. \.b^).
WAFFENKUNDE.
Handbuch, des WalYenwesens
in seiner historischeu Entwickelung
vom Beginn des Mittelalters bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
von
Wendelin Boeheim.
Casios der Waffensammlung des Österreichischen Kaiserhauses.
Das Werk, welches die obengenannte Verlagshandlung hiermit den Sammlern und Liebhabern so-
wohl als auch den Freunden kulturgeschichtlicher Studien darbietet, ist auf gründlicher Fachkennt-
nis aufgebaut. Interessent geschrieben und reich mit trefflichen, grösstenteils nach der Natur ausge-
führten Zeiohnungeu iUustiirt, dürfte die Arbeit Boeheims nicnt minder zu erschöpfender Belehrung
als fM anregender Unterhaltung dienen.
Die Gliederung des Inhalts ist folgende:
Einleitung: Die Entwickelung des Waffen wesens,
L Schntzwaffen.
1. Der Heim. 2. Der Harnischknigen. 3. Das Armzeug. 4. Der Handschuh. 5. Das Bruststück. 0. Das Rücken-
stück. 7. Das Beinzeug. 8. Der Harnisch für den Mann in seiner Gesamtheit. 0. Der Schüd. 10. Der Fferde-
harnißch und das Pferdezeng.
II« Die Angrifliswairen.
a> Die hUml-jPii 'Wnfffrft, 1. Das Schwert. *J. Das Kr^mmschwert und der Säbel. 3. Der Degen. 4. Der
Dolch, b) Die Sta n^jmu'a ffet*. 1. Der Spiess. 2. Die HelmVtarte. 3. Die Gleve und die Couse. 4. Die Runka
und die Partisane. 5. Das JSpetum, die Siurmgabel, die Kriegssonse. 0. Stangenwafl'en mit Schiess Vorrich-
tungen, c) Die Sf'Ma{ffra/fc>i. 1. Der Streitkolben. 2. Der Streithamnier, Faust- und Reiterhammer 3. Die
Streitaxt, d) Dt*' Ferntraffen.- 1. Die Schleuder. 2. Der Böigen. 3. Die Armbrust. 4. Die Feuerwaffen im
allgemeinen, f). Der Gewehrlauf. 6. Das Gewehrschloss. T. Das Faustrohr und die Pistole. 8. Instrument-e
und Geräte. 1). Das Bajonett, e) Die Faline itud this FiafspIcL
III. Die Tor nier Waffen«
ly. Bemerknngen fttr Freunde und Sammler von Waffen*
1. Die Beurteilung des Wertes und der pAhtheit der Watlen. 2. Die Aufstellung der Watten. 3. Einige
Worte ül)er die Erhaltung der Waffen.
V* Kunst nnd Technik im Waffenschmiedwesen,
TL Die hervorragendsten Waffensamminngen.
VII. Namen nud Murken der WaffSenschmiede«
Personen- uud Saclu'egister.
Das Werk erscheint in 9 bis höchstens 10 Lieferungen zu M. 1.20. Alle 14 Tage wird eine
Lieferung ausgegeben.
. Hierzu je eine Beilage \on Alphons Dürr in Leipzig u!id von Carl Schleieher & Schüll in Düren.
liruik von August Pries in Leipzig.
-.^
Ootliche HoludiDitzurtl gtz. \
1 F. PilUKERT.
DIE WIRKEREI UND DER TEXTILE HAUSFLEISS.
Von ÄLUJS RIEOL, Wien.
ER KoDservator dea Kunatindustrie-
inuaeiima in Chriatiania H. Groach
hat unter dem Titel Gamle Noreke
Taepper {altnorwegiache Teppicli-
muster) ') ein Werk veröffenÜiclit,
dna für die Kunstforschung Ober-
haupt und insbesondere fQr die Geschichte der Textil-
kunat Ton grösstem Interesse ist. Wir lernen daraus
Erzeugnisse eines teifileu Bauaäeisses kennen, der
sich unmittelbar neben denjenigen SOd Osteuropas
stellen darf. Hier wie dort haben wir es mit anti-
quirten Techniken und Kunstformen zu thun, die ihre
Erhaltung bis an die Schwelle der modernen Zeit be-
stimmten, besonders günstigen Umstanden verdanken:
in Sadostenropa hauptsächlich der langwäbrenden
laolirung gegenüber der westeuropäischen Kultur, in
Skandinavien dagegen wohl zumeist den klimatischen
Verhältniaaen — den langen Wintemäcbten, wäh-
rend welcher die landwirtschaftliche Thätigkeit der
Landbevölkerung auf ein sehr geringes Mass be-
schränkt blieb — zum Teil auch der geographischen
Abgeschiedenheit. Es ist nun im höchsten Grade be-
merkenswert, dass die Norweger gerade so wie einige
sUdslavische Stamme durch die ganze neuere Zeit hin-
durch die Technik der Wirkerei (Gobelintechnik) zur
Herstellung alltäglicher Gebrauchaartikel im Wege
des Hausfleiasea geübt haben, während diese Technik
in den Übrigen Ländern Euiopaa mindestens seit dem
16. Jahrhundert nur als bOrgerliches Gewerbe oder
gar nur als reine Hofkunat zur Herstellung von rein
dekorativen Pracht werken betrieben wurde. Die
Wirkerei als primitivste Art der Weberei und reine
1) Berlin, Asher & Co. ISaO, Fol. 4 8. Tert, fl Taf. i
Farbendruck. Vergl. Kniutgewerbeblatt T, S. 188.
EnnBlsewaibsblitt. N. F. I.
Handarbeit musste nnturgemäsa bei vorgeschrittenen
gewerblichen Betriebssyatemen in Bezug auf die
Herstellung von einfachen Gebrau chaarti kein (Decken,
Möbelatoffen u. dgl.) vor der eigentlichen Weberei
zurücktreten, die mit ihren mechaniachen Hilfsmitteln,
den Tritten und Schäften und der vereinfachten
FadenfQhning mittels Schiffchens, bei gleicher Güte
und Solidität der Erzeugnisse weit weniger Zeit und
Muhe in An.spruch nahm und daher auch viel billi-
gere Preise stellen konnte. Nur die Herstellung tex-
tiler Wandgemälde (Gobelins), wobei es aicb um das
Nebeneinanderreihen ganz kleiner und unendlich
variirter Farhenflächen handelte, konnte trotz aller
Vervollkommnung der mechanischen Weberei der
DetailausfUbrung durch die menschliche Hand nicht
entraten, weshalb sie eben vom 16. Jahrhundert ab
in zunehmendem Masse Gegenstand eines kos^tapie-
ligen Privatvergnügens prunkliebender Poteutaten
wurde. Wo aber die znrUckgehliebeneu wirtschaft-
lichen Verhältnisse, wie in Sodosteuropa, oder iao'
lirende klimatiache und geographische Umstände,
wie in Norw^en, das Anfertigen von gewirkten
Gebrauchsgegenständen noch lohnend erscheinen
Hessen, dort wurden auch solche fortdauernd durch
den bäuerlichen Hausfleisa hergestellt.
Der Herausgeber des genannten Werkes H.
Grosch hat sich schon dadurch ein Verdienst er-
worben, dass er die Herstellung der von ihm publi-
zirten, zumeist rein ornamental ausgestatteten Wir-
kereien auf das primitive Betriebssystem dea Haus-
äeisses zurückfuhrt. Er unterscheidet sich dadurch
sehr vorteilhaft von den Schriftatellem, die die ana-
logen Verhältnisse bei den Südalaven mit der ganz
unzutreffenden Bezeichnung „Hauaindustrie" zu be-
llen pflegen. Die Hausindustrie in atatistisch-
22
DIE WIRKEREI UND DER TEXTILE HAUSFLEISS.
wissenschaftlichem Sinne ist ein Erzeugnis der neue-
sten Zeit, hervorgegangen aus dem Handwerk und
hauptsächlich herbeigeführt durch den Niedergang
der Zünfte. Dagegen ist die Produktionsweise, der
jene gewirkten Gebrauchsgegenstände der Südslaven
ihre Entstehung verdanken, nichts anderes als die
allerprimitivste des Hausfleisses, der nur für die
eigenen Bedürfnisse des oder der Erzeuger schafft,
wogegen der Verkauf eines etwaigen kleinen Über-
schusses gar nicht in Betracht kommt Es ist das
Verdienst des Dr. A. Braun in München, dieses Ver-
hältnis zuerst klar gestellt zu haben. ^) Dass Grosch
in Bezug auf die norwegische Teppicherzeugung
nicht in den gleichen Fehler verfiel, wie die unga-
rischen Schriftsteller, wird schon daraus erklärlich,
dass die norwegische Litteratur ein sehr wertvolles
Material zur Beurteilung der primitiven Betriebs-
systeme enthalten soll, und daher zu erwarten steht,
dass in Norwegen bereits viel geklärtere Ansichten
über die einschlägigen Verhältnisse verbreitet sein
dürften.
Nur in einer Beziehung möchte sich H. Grosch
einer allzu sanguinischen Zuversicht hingeben, wenn
er sich nämlich von den auf Wiederbelebung der
omamentalen Teppichwirkerei gerichteten Bestre-
bungen besonderen Erfolg verspricht. Die Technik
der Wirkerei ist (wieder abgesehen von der Luxus-
klasse der Gobelins) als reine Handarbeit bloss bei
einem primitiven Betriebssystem denkbar. Analoge
Versuche einer Wiederbelebung dieser Technik bei
den Südslaven haben nur ziemlich schüttere, wenig
dauerhafte Gewebe ergeben, die sich wohl zu deko-
rativen Zwecken, aber nicht flir ernsthafte Gebrauchs-
gegenstände eignen. Wollte man sie dagegen so
fest und solid herstellen, wie in früheren Zeiten, so
w^ürde der Aufwand an Zeit, Mühe imd Material
keineswegs lohnen. Es ist zwar freilich nicht un-
denkbar, dass die eigentümlichen Verhältnisse in dem
fjordendurchfurchten Bergland Norwegens, die eine
fortwährende Übung der primitiven Teppichwirkerei
bis in unser Jahrhundert ermöglichten, dieselbe auch
in Zukunft noch lohnend gestalten könnten. Aber
eine Umschau im übrigen Europa macht es sehr
zweifelhaft, ob selbst die Bewohner der abgeschie-
denen skandinavischen Halbinsel von der modernen
1) Vgl. die äusserst lesenswerte Schrift: ,»Der Hausfleiss
in Ungarn im Jahre 1884. Ein Beitrag zur Lehre von den
gewerblichen Betriebssystemen von Ad. Braun und E. R. J.
Krejcsi, Leipzig 1886*'; femer: „Zur Frage der gewerblichen
Betriebssysteme , von Dr. A. Braun" in den „Deutschen
Worten'- 1889, Juliheft.
Entwickelungsstufe der wirtschaftlichen Produktion
auf eine längst überwundene zurückkehren dürften,
ohne sich im Wettbewerb mit ihren Nachhani
empfindlich zu schädigen. Eine nachhaltige Wiede^
belebung der Wirkereitechnik, die über einen blosseii,
vorübergehenden Modeerfolg hinausgeht, dürfte so-
mit unter Beibehaltung der reinen fi[andarbeit aus
wirtschaftUchen Gründen leider aussichtslos sein.
Deshalb hat auch der umsichtige Direktor des
Agramer Gewerbemuseums, Prof. Dr. Krsnjavi, bei
seinen Bestrebungen nach Wiederbelebung des alten
serbisch-kroatischen Kunstgewerbes auf die Wirkerei
vollständig verzichtet und die derselben eigentüm-
lichen ererbten Muster durch Enüpfung wiedergeben
lassen — bekanntlich eine nicht minder primitive
und uralte Technik, die auch in Skandinavien ohne
Zweifel durch die Jahrhunderte her im Wege des
Hausfleisses geübt wurde, wiewohl das Groschscbe
Werk in dieser Richtung leider keine neuen Auf-
schlüsse gewährt.
Es kann nicht überraschen wahrzunehmen, dass
zwischen den von Grosch publizirten omamentalen
Teppichwirkereien der Norweger und denjenigen der
Südslaven eine sehr weitgehende Verwandtschaft
herrscht Nicht so sehr in der Farbe, die in älteren
Zeiten hauptsächlich durch die Eigentümlichkeit der
Flora des produzirenden Landes bedingt war, wes-
halb zwischen den Erzeugnissen aus zwei so y&-
schiedenen Himmelsstrichen keine grossere Überein-
stimmung erwartet werden darf. Um so weiter geht
die Verwandtschaft in den Mustern, was schon durch
die gleiche Technik bedingt ist. Leider findet sich
nicht bei jedem einzelnen der von Grosch publizir-
ten Stücke genau angegeben, welche Technik dabei
in Anwendung gekommen war. Aber bei der Treue
der Reproduktionen dürfen wir unbedenklich jene
Stücke für gewirkt halten, die im allgemeinen schräge
Linienführung, aber im einzelnen geradlinige Ab-
stufungen aufweisen, wie es eben einer Technik ent'
spricht, welche die geraden Linien in der Richtung
der Kette möglichst kurz bemessen muss, um längere
Spalten zu vermeiden. Auf die Umschreibung be-
liebiger runder Konturen — diese Glanzleistung der
antiken Wirkerei auf der Höhe ihrer Ausbildung "^
haben die norwegischen und serbischen Bäuerinnen
augenscheinlich von vornherein verzichtet. Dah^
im Norden wie im Süden die Vorliebe für rauten-
förmige Konfigurationen, für parallele Ausstrahlungen?
die senkrecht zur Kette verlaufen, und für engge-
stellte Zickzacklinien, wo es gilt, in der Richtung
der Kette vorzugehen; daher auch die fast identi-
DIE WIRKEREI UND DER TEXTILE HAUSFLEISS.
23
sehen Stilisiningen von Vierfttsslern und Vögeln, die
sich übrigens ganz in derselben Weise auch auf
spätantiken Stücken aus Ägypten finden. Auch im
Ornamentalen finden sich Berührungspunkte mit den
gefundenen Resten antiker Wirkereien, ebenso wie
mit den eigenartigen orientalischen Abkömmlingen
dieser letzteren.
Einige Proben figuraler Gobelins bei Grosch
beweisen, dass auch dieses höhere Genre der Wir-
kerei in früheren Jahrhunderten in Norwegen ge-
übt wurde. Solche Gobelins heischen imütner eine
Beurteilung vom Standpunkte von Wand- oder Tafel-
gemälden, mit denen sie ja konkurriren wollen. So
betrachtet können die vorliegenden norwegischen Go-
belins freilich nicht den gleichen Beifall finden, wie
die rein omamentalen Teppiche. Ein ganz beson-
deres kunstgeschichtliches Interesse beansprucht aber
Tafel I mit dem Überreste eines Wandbehangs, den
Grosch — meiner Meinung nach vollkommen richtig
— ins 12. Jahrhundert datirt. Die zwei dort dar-
gestellten Figuren unter Rundbogenstellungen^ deren
ikonographische Deutung Grosch nicht versucht hat,
sind ohne Zweifel einem Monatscyklus entlehnt und
repräsentiren die Monate April und Mai, was auch
durch eine entsprechende Lesung der arg verball-
hornten Beischriften auf den Arkaden bestätigt wird.
Dem ikonographischen Charakter d^r Figuren nach
ist der Teppich französischer Herkunft, wofür ich
den Beweis an anderer geeigneterer Stelle ausführen
will. Den Textilgeschichtsforscher interessirt aber
daran vornehmlich der unzweideutige Anklang an
spätantike Wirkereien: vor allem der in einer Wellen-
linie aufsteigende Baum mit den dreiteiligen Blättern,
deren zwei den Kelch bildende Teile volutenartig ge-
krümmt sind; die Ausfüllung des freibleibenden
Grundes mit Streumustem, namentlich mit den Vögeln;
das aus aneinandergereihten Dreiecken gebildete Or-
nament im mittleren Zwickel und insbesondere am
oberen Rande der laufende Hund, aus zwei ineinander
greifenden Wellenreihen genau so zusammengesetzt,
wie er das gewöhnlichste Saumpmament an den
Borten und Einsätzen der spätantiken Funde aus
Ägypten bildet. — Dieser in einer norwegischen
Kirche aufgefundene und im 12. Jahrhundert in
Frankreich gewirkte Teppich erscheint mir als ein
neuerlicher Beweis, dass die in den burgundischen
und französischen Gobelins später zu grossen Ehren
gekommene Technik von spätantiker Zeit her auf
europäischem Boden niemals ganz erloschen ist und
somit auch der Wiedereinführung aus dem Orient
durch die Kreuzfahrer gar nicht bedurfte. Dass sich
gerade in Prankreich ihre Spuren so weit zurück-
verfolgen lassen^ wird daraus zu erklären sein, dass
die spätantike Kultur nordwärts der Alpen eben auf
gallofränkischem Boden am wenigsten gewaltsame
Unterbrechung durch die Stürme der Völkerwande-
rung erlitten hat, weshalb auch gerade auf diesem
Boden die karolingische Kultur erwachsen konnte.
EIN MEISTERWERK DER SCHMIEDEEISENKUNST.
MIT ABBILDUNG.
[WISCHEN Baden und Vöslau in-
mitten grünender Weingärten, aus
denen man die Perle unter Öster-
reichs Weinen keltert, liegt still
das uralte Soos (das mittelhoch-
deutsche Silz), mit seiner ro-
manischen, leider stark verrestaurirten Kirche, die
rings noch ihren Wall und Graben hat, der aber
heute nur mehr von Schilf und Schwertein ver-
teidigt wird, aber auch damals, als er noch besser
bewehrt war, in der grausen Türkenzeit dem guten
Nest wenig nützte, da alles, was das Gotteshaus und
einstmalige Benediktinerkloster an Kostbarem besass,
in Rauch und Flammen aufging. Das war 1683.
Erst nach und nach erholte sich das Dörfchen
wieder, und zu Beginn des vorigen Jahrhunderts fand
es laut der auf unserem schönen Grabkreuz ange-
brachten Inschrift einen „Gutteter zu seinem Gottes-
haus" in einem Wiener Bürgermeister und Glocken-
giesser; dessen Namen aber das unerbittliche Wetter
trotz des festen Eisenkastens am Kreuz verwischt
hat, nicht einmal der Taufname ist mit Sicherheit
4*
24
EIN MEISTERWERK DER SCHMIEDEEISENKÜNST.
zu entziffern, und so ist die Auferstehung dieses
Künstlernamens vorläufig noch hinauszuschieben.
Denn einen Ktinatler darf man den Mann als Glocken-
giesser wohl nennen,
und heute noch rufen
die von ihm gegos-
senen und der Kirche
geschenkten Glocken
mit ihren metallenen
Zungen Qber die weite
gottgeseguete Flur.
Ab solcher „Gutteter
zu diesem Gotteshaus"
Hess er sich auch hier
begraben und setzte
sich — neben den
Glocken — in dem
von uns hier gebrach-
ten Kreuz ein Denk-
mal, das die Bewun-
derui^ aller err^en
muss, sowohl durch
die Schönheit wie
Grösse der Arbeit. —
Aufdemkleinen schön
geschweiften und
habsch profilirten
Sockel, auf dem sich
das Wappen des Glo-
ckengieasers — eine
Glocke über zwei ge-
kreuzten Scblüsselu
— befindet, steht das
Kreuz, das allein 2,80
m hoch ist, während
seine Arme 1,50 m
resp. 1,10 m messen.
Zu oberst steigt aus
dem von Wolken um-
schwebten Grab Chri-
stus, dem die Aufer-
stehungafahne fehlt.
Diese Endigung ist
vielleicht der
schwächste Teil der
ganzen Arbeit, da eine sohmiedeeiBernsB
ornamentaleAusbl Üb-
ung zweifellos oi^anisch zu gestalten gewesen wäre.
Das Kästchen mit der Inschrift ist an und für
sich ein vollendetes Kunstwerk und eine gute Publi-
1) Vgl. Kirchliche Topographie der Wiener Erzdiöceee.
katioQ wäre wohl dankbar und für Fachleute recht
wünschenswert..
Über die Zeit der Entstehung giebt ans die In-
schrift wieder nur
zweifelhaften Auf-
schluss], da die Wit-
terung auch hier zer-
stört hat. Der noch
leserliche Teil lautet:
Hir ruht Georg An-
dreas Klein ') Gutteter
zu diesem Gotteshaus,
gewesener Bürger-
meister und Glocken-
giessermeiater zu
Wienn, welcher ist
den 28ten Juni 1786
(??), seines Alter
86 Jahr.
Die künstlerische
WCrdigung dieses
herrlichen Gegen-
standes wollen wir
dem Leser selbst
überlassen. Ein jeder
wird die durch ihre
reiche Ausführung
gewaltig gewordene
einfache Grundform
bestaunen, den Rhyth-
mus der Motive ein-
zeln und untereinan-
der, die vollkommen
harmonische Stim-
mung derselben, ditf
einen so prächtigen
Zusammenklang her-
vorbringt.
Nicht weniger wie
für den Kunstschlos-
ser, scheint mir diese
Arbeit fQr weitaus
zartere Techniken
vollkommen geebnet
zur Ausführung zu
Gmbkreui in Soos. sein. In Silber als
Filigrane ausgeführt,
wird eine schöne Wirkimg nicht ausbleiben. Nur
ein kleiner Fingerzeig!
Wien. BVDOhF BOCK.
Wien IbL'j. Dekanat Baden.
le UoliBcbnitieiei gez. i
GLASGEMÄLDE IN DER MARIENKIRCHE
ZU LUXEMBURG.
MIT ABBILDUNG.
Unter den Fortactritten der letzten
I zwei Jabizebute auf allen Gebieten
I der Kunst, und des Eunstgewerbes
I ist gewiss einer der erfreulicbsten,
I welchen die Glasmalerei zu ver-
I zeichnen bat. So auaschliesslich,
wie bei keiner anderen Kunst, war hierin das skla-
vische Nachahmen alter Werke als Grundprinzip auf-
gestellt Es wurde nicht unterschieden zwischen
anatomisch richtig gezeichneten oder in den körper-
lichen Verhältnissen venmglUckten Figuren; es war
gleichgültig, ob die Gesetze der Perspektive berück-
sichtigt oder geradezu in das Gegenteil gekehrt waren;
man untersuchte nicht lange, ob das Kolorit der
Darstellung und dem Orte entsprechend war — das
betreffende Fen.ster war alt und deshalb muster-
gültig. Auch mit Bezug auf den Gedankengang, den
ein altes Glasgemälde im Beschauer erwecken sollte,
täuschte man sich und andere; man unterschob den
alten Meistern Absichten, die sie nie gehegt — man
wollte eben alles zu Kunstwerken stempeln und Über-
sah oder verzieh die vielen Schwächen alter Fenster
bei der Beurteilung, um sie aber nachher bei der
Herstellung eines neuen Fensters um so gründlicher
nachzuahmen. Den Reiz, welchen die 2^it und die
Elemente durch Zersetzung der GlasoherflÜchen und
Anhaftung von Staub etc. manchen Fenstern verlieh,
suchte man künstlich auch den neuen Fenstern bei-
zubringen, aber durch Mittel, welche zumeist durch-
aus un künstlerisch waren und einen ganz anderen,
als den beabsichtigten Effekt hervorbrachten. In
dieser Hinsicht übten einzelne Kunstfreunde und
Kunstgelehrte durch Förderung solcher verkehrter
Bestrebungen einen geradezu verderblichen Einfluss
aus, während aber auch glücklicherweise andere dem-
selben entgegenarbeiteten. Letzteres war von gutem
Erfolg; heute sind nun, wenn auch nicht tiberall, so
doch an den meisten massgebenden Stellen Grund-
sätze zur Anerkennung gelangt, welche eine freudige
Zukunft der Glasmalerei hoffen lassen. Was die
Fabrikation betrifft, so ist die Schönheit der meisten
alten Farbengläser erreicht, viele sind sogar über-
troffen. Die umfangreiche Technik der Glasmalerei
hat sich in mancher Beziehung vervollkommt, auch
hier hat sich Wissenschaft, Kunst und Handwerk
verbrüdert. Das kunstgeschichtliche Studium hat eine
andere Richtung angenommen, die Resultate sind in-
folgedessen besser. DasBewnsstsein, dass man zunächst
iür seiue Zeit schaffen und deshalb auch den Geist der-
selben mit dem in gewisser Beziehung notwendigen
GLASGEMÄLDE IN DER MARIENKIRCHE ZU LUXEMBURG.
Geiste früherer Zeit versöhnen und Terschmelzen, aber
nicht unterdrücken soll, gelangt allmählich zum Durcb-
bruch. — Das Herz eoll ja mit Wohlgefallen am
Einzelnen hängen und vom Gesamteindruck mächtig
ergriffen werden. Deshalb geht, auch das Streben
dahin, was schon M. A. Lessert in den dreissiger
Jahren erwünschte: „das Erhabene mit lieblicher
Naivetät und Milde, ideale Auffassung mit naturge-
treuer AusfÜhrnng der Formen zart zu verschmelzen
und so allen Werken den Stempel geläuterter Schön-
heit aufzudrücken."
Wir geben heute in Abbildung ein Fenster wie-
der, welches auf der Trierer Kunstgewerbe- und
Industrieausstellung berechtigtes Aufsehen erregt und
allseitige Anerkennung gefunden hat. Dasselbe bt
von dem kunstsinnigen Grafen de Laigogne gestiftet
und bestimmt, oberhalb des Grabmales des Krzbi-
schofes Adames von Luxemburg eingeigt zu wer-
den. Im Charakter des 13. Jahrhunderts in der trieri-
schen Glasmalereianstalt von Binsfeld und Jansen
komponirt und ausgeführt, ruft es ganz den beab-
sichtigten Eindruck eines Teppichs hervor. Die
Einteilung der ungünstigen Fläche — sehr schmal
und sehr hoch — durch Sockel, Mittelbild, Bekrö-
nungsspitze und Fries ist gewiss eine glückliche
zu nennen. Das Figurale ist ganz vorzüglich mit
dem Omamentalen in Einklang gebracht, die Hand-
lung einfach und leichtverständlich dargestellt. Die
alten Motive der klagenden und weinenden Engel,
sowie der verfinsterten Sonne und Mond haben eine
gute Verwendung gefunden und sämtliche Köpfe
den richtigen, sinnbezQglichen Ausdruck. Das sym-
boliscbeOmament besteht aus Passionsblumen, Disteln.
Rosen und Kronen; schade, doss einzelnes: Blätter etc.
durch die mangelhafte photographische Äufoahme
schwarz geworden und deshalb in ihrer Zeichnung
nicht zur Geltung gelangt sind. In koloristischer
Beziehung war ein grosser Effekt durch das Ab-
tönen des Hintergrundes vom tielsten bis zum hell-
sten Blau, sowie durch das sich vom Grunde treff-
lich abhebende blaue Gewand der Maria erzielt. Das
ausschliesslich zur Verwendung gelangte leuchtende
Antikglas, sowie die eigene Mal- und Radirtechnik
verhalfen dem Fen.ster zu grosser Wirkung. Es ist
nunmehr am Bestimmungsorte in der schönen früh-
gotischen Marienkirche auf dem Limpertsberge zu
Luxemburg, oberhalb des nach einem Entwürfe von
Staatsarchitekt Arendt ausgeführten Monumentes ein-
Olugem&lda in dar Huisukirclie in LnxembaTg,
BÜCHERSCHAU.
F. Kraft» Äusgeftihrte Grabdenkmäler alter und neuer
Zeit. In Au&ahmen nach der Natur. 30 Tafeln
Lichtdruck. Fol. Frankfurt a. M., Heinrich Keller.
M. 25.
P. Kürzlich konnten wir ein Werk anzeigen,
welches einfache aber geschmackvolle und würdige
Entwürfe zu Grabdenkmälern den Handwerkern dar-
bot Heute liegt ein Pracht werk vor, worin eine
Anzahl ausgeführter kostbarer und monumentaler
Grabdenkmäler wiedergegeben sind. Das Streben,
den verstorbenen Angehörigen ein äusseres Denkmal
der Liebe und Erinnerung zu setzen nicht minder
als die Ghrabstätten ganzer Familien in monumentaler
Weise zu bezeichnen und vor anderen kenntlich zu
machen, hat in den letzten Jahren zur Errichtung
zum Teil überaus kostbarer Grabdenkmäler geführt.
Namentlich in denjenigen Städten, wo grosse Fried-
hofsanls^en dazu besonderen Anlass boten — wie in
München, Karlsruhe und anderen Orten — ist die Bild-
hauerkunst in ihren ersten Meistern zu derartigen Ar-
beiten herangezogen worden. Von diesen in den letzten
Jahren errichteten Grabdenkmälern bietet das vor-
liegende Werk eine schöne Auswahl. Meist sind es
architektonische Denkmäler mit reicher Anwendung
plastischen Schmuckes, Reliefs oder freier, grosser
Figuren. Schon die Namen der Architekten, von denen
die Entwürfe herrühren: Gnauth, Leins, Egle, Thiersch,
Hauberisser, F. v. Seitz, Romeis, Durm, Bühlmann
und die der Bildhauer, welche dabei thätig waren:
F. V. Miller, Zumbusch, Wagmüller, Rau, Schwabe,
Dormdorf, Rösch, Most, Gamp, Rümann, Stotz bürgen
für Leistungen ersten Ranges. Merkwürdig ist dabei
übrigens das Zurücktreten gotischer Formen gegen
die antikisirenden , welch letztere sogar auf vielen
Friedhöfen über die Renaissance die Herrschaft ge-
wonnen haben. Gewiss ist daran das Studium der an-
tiken Grabstelen, deren grossartige Einfachheit jeden
denkenden Menschen packen muss, seitens der Künst-
ler schuld; wünschen wir, dass nach Fertigstellung
der grossen Sammlung jener Grabdenkmäler, welche
die Wiener Akademie herausgiebt, auch die herr-
lichen naiven Darstellungen dieser antiken Denk-
mäler auf unsere Friedhofskunst Einfluss gewinnen
möchten!
Den Wert guter alter Vorbilder erkennt auch
der Herausgeber des vorliegenden Werkes an, indem
er auf den letzten Tafeln eine Anzahl Grabmäler,
meist Epitaphien des 16. Jahrhunderts beigegeben
hat, darunter das wunderherrliche, wenig bekannte
Epitaph des Wolfgang Peisser von 1526 'in Ingol-
stadt, ein Monument, welches an die Arbeiten des
Hans Daucher von Augsburg eriimert. Vielleicht
hätte es sich mehr empfohlen, wenn der Herr Heraus-
geber, dem für sein verdienstvolles Werk lebhafter
Dank gebührt, in diese Folge nur moderne Grab-
denkmäler aufgenommen und in einem besonderen
Heft ausschliesslich alte Denkmäler gegeben hätte.
Entwürfe für Schmiedeeisen und andere Metall-
arbeiten im Stile des Bokoko nach G. Huquier.
30 Lichtdrucke nach den Originalen in der Orna-
mentstichsammlung des königl. Kunstgewerbe-
museums zu Berlin. Berlin, Paul Schahl. — Preis
in Mappe 20 M.
P. — Die vorliegende Publikation giebt die
Hälfte des „Nouveau livre de serrurerie" von Gabriel
Huquier (1695—1772) wieder. Dies Buch, ehemals
in Paris erschienen, enthält Entwürfe zu Schlosser-
arbeiten der mannigfachsten Art und ist ganz be-
sonders geeignet, den modernen Schlossern Vorbilder
zu liefern. Die Entwürfe zeichnen sich dadurch vor-
teilhaft vor anderen gleichzeitigen Kompositionen
aus, dass sie im allgemeinen einen strengen, ruhigen
Aufbau zeigen, an dem sich spielend und in elegan-
ten gefölligen Linien das Beiwerk anschmiegt Nie
arten die Entwürfe zu wüsten, regellosen Gebilden
aus, denen wir in derBrokokozeit mehrfach begegnen.
Mehrere Abteilungen des Werkes enthalten aus-
schliesslich Gitter der verschiedensten Art: grosse
Abschlussgitter im Freien und im Innern von Kirchen,
Portale, Treppengeländer, Balkongitter, Füllungen,
Konsolen etc. Ein besonderer Abschnitt ist Aus-
28
KLEINE MITTEILUNGEN.
staitungsgeräten für Kirchen gewidmet, wo unter
anderen auch zwei Kanzeln aus Schmiedeeisen, La-
ternen, Postamente gegeben sind. Daran schliessen
sich einige Tafeln mit Entwürfen für Bronzebeschläge
— Griffe, Schlüsselschilder, Riegel — deren einfache,
vornehme Formen vielen willkommen sein dürften.
Im übrigen aber sind gerade die Zeichnungen Huquiers
geeignet, auch f&r zahlreiche andere Künste unter oft
nur geringen Umänderungen Verwendung zu finden;
und diese vielseitige Verwendbarkeit lässt es wün-
schenswert erscheinen, dass die Verlagsbuchhandlung
sich auch zur Herausgabe der zweiten Hälfte des
Werkes recht bald entschliessen möge.
KLEINE MITTEILUNGEN.
Rd. Bremen. Das Qewerhemuseum hat den bereits im
letzten Jahresbericht angekQndigten ersten Katalog nunmehr
herausgegeben. Diese erste Abteilung, das „Verzeichnis der
Mustersammlung" enthält die .»Arbeiten aus Holz, Hom,
Elfenbein, Schildpatt und ähnlichen Materialien" und um-
fasst die stattliche Zahl von 467 Nummern. Eine kurze Ein-
leitung giebt Nachweise über die Entstehung der jetzigen
Mustersammlung; sodann folgt ein Abschnitt, welcher in ge-
meinverständlicher, leichtfasslicher Form Auskunft Über die
Materialien und deren Bearbeitung, welche in diesem Kata-
log in Betracht kommen, giebt; dann folgt das Verzeichnis
der Gegenstände. Letzteres ist leider weder systematisch
noch chronologisch, sondern nach den Accessions- (Enventar-)
Nummern geordnet. Dadurch wird das Auffinden ganz
ausvserordentlich erschwert, ja geradezu unmöglich, wenn
man sich nicht ein Register anlegt. Die Beigabe eines sol-
chen würde für die späteren Kataloge dringend zu wünschen
sein, wenn dieselben überhaupt ausserhalb des Museums nutz-
bar sein sollen. Was den Inhalt angeht, so umfasst die
Sammlung, — wie Referent allerdings zum Teil aus eigener
Anschauung weiss, eine sehr brauchbare, mit Geschick zu-
sammengebrachte Sammlung von Holzarbeiten aller Art.
darunter vortreftliche deutsche Möbel vom 15. Jahrhundert
an, Schnitzereien, Füllungen, Geräte aller Art, wohl geeignet,
dem Handwerker zweckmässige Vorbilder zu liefern. Dieser
Gesichtspunkt der Vorbildlichkeit wird bei allen An-
schaffungen des Museums betont; er ist der einzig richtige
bei Anlage und Ausbau unserer Provinzialmuseen. Der Ka-
talog ist mit einer Anzahl Abbildungen versehen, welche von
den wichtigeren Stücken eine Vorstellung geben. Auch sonst
ist die Ausstattung des Heftes nur zu loben.
Silberne Kanne. Die Kanne, welche wir dam Hefte
als Heliogravüre beigeben, bildet einen Teil des Tafel-
schmuckes, welchen Herr Generalkonsul Charles Oppenheimer
in Frankfurt a. M. in den Werkstätten der Firma LaxaiiAS
Posen Wwe. ebendort herstellen liess. Sie erregte schon auf
der Münchener Ausstellung wegen der Kühnheit der Kom-
position und Trefflichkeit der Ausführung allgemeine Auf-
merksamkeit. Der Körper ist geschlagen und mit reichen
getriebenen Ornamenten versehen, Henkel und Fuss ciselirter
Guss. Entwurf, Modell und Ausfuhrung rührt von Mitgliedern
der Posenschen Werkstätte her, das Modell von W. Srhuind,
Ciselirung von A. Mair. Der Werkstatt gereicht die Arbeit
zu nicht minderer Ehre wie dem Besteller, der wiederholt
grosse Summen zur Förderung des Kunstgewerbes ange-
legt hat.
— ^n. Wandschrcmk aus dem Schweixerximmer im Kunst-
getcerhemtiseum xu I^eipxig. Die vor einigen Jahren erwor-
bene ZimmerauBstattung , zu der der auf unserer Beilage
wiedergegebene Schrank gehört , stammt aus dem Schlosse
Flims in Graubünden. Ausser der Vertäfelung und der reich-
gegliederten Eingangsthür umfasst dieselbe eine von zier-
lichen Säulen getragene, in eine Fensternische eingepasste
Bank, ein an der Schmalseite des Zimmers sich an die
Täfelung anschliessendes Prachtbett mit kassettirtem Balda-
chin, einen Kredenzschrank, eine mit geschnitzten Rosetten
belebte Holzdecke und unsem Wandschrank, der kein selb-
ständiges Möbel, sondern eine mit einer Thür geschlossene
Nische darstellt, die aus der Wand ausgespart war. Die ar-
chitektonischen Profile desselben sind in Nussbaum, die glat-
ten umrahmenden Flächen aus Eiche, die Füllungen aus un-
garischer Esche hergestellt. Zu den omamentalen Schnitze-
reien der Friese und des Aufsatzes wurde Zirbelkiefer auf
dunkel gebeiztem Grunde verwendet. Das architektonische
Gebilde in der Krönung deutet vielleicht die Formen des
Schlosses Flims an. Von der reichen Wirkung der ver-
schiedenfarbigen Hölzer giebt unsere Darstellung eine an-
nähernde Vorstellung. '
z. — Das Schreinerbtush von Iheodor Krauih und Franx
Sales Meyer, von w^elchem die ersten drei Lieferungen vor-
liegen (Verlag von E A. Seemann in Leipzig), verfolgt, zwar
zunächst die rein praktischen Zwecke eines Lehrbuchs, aber
die feine künstlerische Behandlung der teils als Tafeln, teils
als Textillustrationen gegebenen Abbildungen, sowie die edeln,
im Sinne der Renaissance erfundenen Schmuckformen, mit
denen sich Krauth als Meister in seinem Fache erweist, geben
dem prächtigen Werke ein Anrecht darauf, auch an dieser
Stelle gewürdigt und empfohlen zu werden. (Vergl. die bei-
gefägte Tafel.) Das Unternehmen ist auf zwei Teile (in
Quartformat) berechnet, von denen der erste sich mit der
Bauschrei nerci befasst und in 6 Lieferungen mit 64 Tafeln
und gegen 300 Abbildungen im Text eine so vollständige,
anschauliche und geschmackvolle Anleitung geben dürfte,
wie sie bisher auf dem betreffenden Gebiete noch nicht ver-
sucht, geschweige denn zu stände gebracht worden ist. Der
zweite Teil, der die Möbeltischlerei behandeln und gegen
100 Tafeln umfassen soll, wird uns Gelegenheit geben, auf
das schöne Unternehmen der beiden Karlsruher Kunstlehrer
zurückzukommen.
Die Standuhr, welche diesem Hefte als Tafel beigegeben
wurde, ist die Festgabe des Grossherzogs und der Grossher-
zogin von Baden zu der im Juni stattgehabten silbernen
Hochzeit des schwedischen Königspaares. Das Gehäuse ist
2 m 80 cm hoch und besteht aus amerikanischem Nussbaum -
holze, die Einlagen sind teils in durchbrochenem Metall,
teils in Malerei auf Goldgrund ausgeführt. Eine Widmungs-
inschrift, Daten, Monogramme und Wappen sind darauf an-
gebracht.
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Verlag v.i'..ji.beeniHnii iiii-eip"^^,
_ : .^ y. ...
Einflügelige HauatbBr mit Oberlicht.
Ana Kkadtu uod Meieb, äuhreinerbacb.
Standuhr.
Entworfen von Direktor Götz.
Ausgeführt von Hofuhrmacber F. Pichbr in Karlenihe.
J
Waudachraiik, aus dem Schweizer Zimmer im Kunitgewerbemuseum zu Leipzig.
AnfgeDommeii von H. Bischof.
I
J
Verlag des Litterarischen Jahresberichts (ARTUR SEEMANN) Leipzig.
ITnlinrhiotAWO/^hnt» RildDPQtlaC ^- A^ltertum von Dr. Th. Schreiber, Professor der Archäologie za Leiprig.
UUllUIlilülUilOljUul DilUCi CllKLdi Zweite für den Schultrebrauch eingetichtete AuHage. loo 1 afein mit ca.
looo Abbildungen. Mit einem Textbuche von K. B. Preis ohne Textbuch lo M., geb. 12.50 M. Preis rait aus-
führlichem Textbuche 12 M., geb. 15 M.
Die neue Auflage hat einige, mit Rücksicht auf ilen Gebrauch au den ()Ijerki3«:<^eii der Gymnasien not^vendigr Verimderongcn
erfahren. Gewisse Darstellungen, welch«, durch ihre Ansiossi^keit der weiteren Verbreitung des nützlichen Werkes hincierUcU waren,
sind eutfprecheud umi;estaliet worden.
Oas Taxtbuoh kann auch für sich allein bezogen werden zum Preise von M. 3. — broschirt uml M. 2. 50 gcViunden. (Auch
in to Lieferungen von je 20 Pf.) Es dient ebensogut zur ersten wie zur «weiten Auri,
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig.
nnsthistorische Qüderbogeii
1. Handausgabe. Erater Cyklue: I. Altertum^ geb. M. 3 50. — II.
Mittelalter, geb. M.. 3. 50. — III. Neuzeit: l. Italien, geb. 4 M. —
IV. Neuzeit: 2. Der Norden, geb. 4 M. (Zufannuen 1^7 Tafeln, qu. Folio,
II M., geb. mit gebrochenen Tafeln hi Calico 15 M.. piano in Halbfr. 16 M.)
Handausgabe, zweiter CykluB {Ergänzun-sfajelu): 85 Tafeln mit
Holzschnitten und 13 Tafeln in Farbendruck. 12 M., geb. mit gebrochenen
Tafeln oder piano in Calico 15 M., in Halbfranz (nur piano) .16 M.
Dazu: Grundzügc der Kunstgeschichte , von Anton Springer.
I. Altertuia. II. Mittelalter, br. a l M.» geb. i M. 1.35.
III. Neuzeit X. Hälfte; IV. Neuzeit 2. Hälfte br. a M. I. 50.
geb. ä M. 1.90; in einen Band br. 5 M., geb. 6 M., in Halbfr. 7 M.
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Die Kunst des ig. Jahrhunderts von Ant. Springer. 2. Aufl. 82 Tafeln
mit einem Texthande brosch. 8 M. ; gebrochen (4 f.) oder flach geb. (der
Texlband für s^\c\\) 12 M., in Halbfranz 14 M.
2. Gesamtausgabe: 2 Bände mit 246 Tafeln qu. Folio und Textbuch von
Anton Springer. 2. Aufl. brofch, M. 23. $0; geb. 2 Bände und Textbuch
M. 31.50. (Ohne Textbuch M. 20.50; geb. M. 27.50.)
Dazu 3 Supplemente:
I. Supplement: Die Kunst des 19. Jahrhund erl^ (2. Auflage. 82 Tafeh»
qu. Folio) mit Textbuch von Anton Springer, brufch. 8 M., geb.
12 M., in Halbfr. 14 M. (wie oben unter ,, Handausgabe'*).
11. Supplement: (Altertum, Mittelalter, Neuzeit) 60 Tafeln uud 5 Far-
bendrucke qu. Folio. 8 M.; geb. M. 10. 60.
III. Supplement: (Altertum, Mittelalter, Neuzeit) 84 Tafeln qu. Folio. -
darunter 8 Farbendrucke. 12 M.; geb. 15 M.
3. Schulausgabe: 104 Seiten, gr. 4. mit 4S9 Abbildungen. Geb. in Hulblwd.
M. 3. 60; dazu: Einjuhrun}^ in die Kun/li^efchichie von Dr. R. Graul,
112 S. geb. M. I. <|.o. (Für höhere Schulen.)
4. Künstgeschichtliches Bilderbuch für Schule und Haus, von Dr. C.
Warnecke (Altona) 41 Seiten gr. 4. Mit lOo Abbildungen steif kart.
M. I. 60; geb. in Calico M. 2. 50. (Für Volksschulen.)
, AusRihrliche Prospekte gratis und franco.
Verlag des Lltterarischflo Jahresberichts
(Arthur Seemann) Ijeix>zig.
Soeben pr^chiiMi
Bilderatlas
zum
horausgegebeu von
Dr. R. £n£^eliuiinii.
I. II-
Ilia,f^ ^ OdT^^^^
20 Tafeln und Text} 1^3 Tafeln UDdText
cai-t. M. 2.— . I cart. M.2. — .
BeideThelle isart. M.3.60, geh. M. 4.—.
Vou drr Ansohaunnj? ausgehend,
da.ss der griechische Geist nicht luu'
iu den Schriftquollen, sondern auch,
uud zwar vornehmlich in der bilden-
den Kunsi zu finden s<>i, hat der Ver-
fasser die Zusammenstellung der an-
tiken Darstellun;^'en homerischer
Scenon uutoriiommeu und hofft damit
alh'n Freunden de.s homerijichen (le-
dichts einen Dienst zu erweisen.
Verlag von E. A. SEEMANN iB Leipzig.
Mythologie
der Griechen u. Römer.
Von Professor Br. 0, Seemann.
:{. Aurtiige unter Mitwirkung von Kud
E n 4>: e l ni a n n bear l »e i t et .
Mit Abbilduu^'en ISS,'».
(ielnnuh'u M. .'löO. Prachttius^rabe Uiit
KiipfiTU fein jjeb. M. 4,r)0.
l?^:^l^-lt£.^5f^^..?g.^;^.:i^:^.^;»^^^
^■».k1^»#»J
^y»9%l*'^
ElS?^-^£sC|S:^:gtf.i1f4i55$;j:y>.t^^^
Vollständig
erschienen ist im Verliige von E. A. SEEMANN in Leipzig:
. >Voltiin aimi xmcl Kl. ^Voermami
GESCHICHTE DER MALEREI
4 Bände gr. Lex. 8.
Mit 702 Illustratiouen und einem Namenregister.
Brosch. M. 66, geb. in Leinw^. M, 74.50, in Halbfranz M. 78.50.
■m^mmM^M^mm^^^mm^^w^mmmm^^
.»'.V .-^a^icBABa^
yi«Kfct
ajggter:^!5iajlgidas^nai=ffi)5ig5igs^
Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG.
Geschichte der Architektur
von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart
von Wilhelm Lfibke,
Professor am Polytechnikum und an der Kunstschule in Karlsruhe.
Sechste verbesserte^ und vpniiehi*te Auflage.
2 Bän<]e gi\ Lex.-S", mit 1<X»1 Illustrationen. ISS."». Hrosch. 2<j M.; in Kaliko geb. :iO M.; in Halbfranz geb. 32 M.
Geschichte der Plastik
von den ältesten Zeiten bis anf die Gegenwart
von Wilbelni Lflbke.
Dritte verbesserte un<l vermebrte AutUige. Mit r)«K) Holzs<hnitten. 971 S. gr. Lex.-S^. 2 Bände.
hroi-eh. 22 M.; in Leinwand gel». 2<» M.; in 2 Hall»fnui/bände geb. '^0 M.
Raffael und Michelangelo.
Von Antmi Springer.
Zweite verbes>erte Auflage in zwei Biintlrn gr. Lex -S^. ^lit vit*len lllu.strationen.
Kngl. kalt. 21 M. in Halbfranz 2.j M., in Liebhaberbänden ilO M.
Dürer.
Geschichte seines Lebens und seiner Kunst. Von MoiitÄ Thausiii^. Zweite verbesBert« und vermehrte Auf-
lage, gr. Lex.-S". Mit vielen Illustrationen. Kngl. kart. 20 M. in Halbfranz 24 M., in Liebhaberbi\nden 2S M.
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Holbein und seine Zeit.
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Von Alfred Woltmann. Zweite verbesse lie und vermehrte Auflage. ^lit Illustrationen. Brogeb. !.'> M.; geb. in
engl. Leinwand. M. L0.5O. Der zweite Teil dieses AVerkes (Exkurse, Katalog der Werke) it?t gänzlich vergritlen.
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■xwm.
Galeriewerke ans dem Verlage von E. A. Seemann in Leipzig.
Die Münchener Malei^schule idäf BiÄS""^.rweil'n kÄ ..i
anderen Textillustrationen, 2.'^ Kupferliehtdruoken und Radirungen. 1KK7. «rr. 4. br. 18 M.
Dieses durchweg fein und geschmackvoll ausgestattete Werk aus der Feder d»'s bekannten Kunsthistorikers
ifit in zwei Ausgaben in reichem Kinbande zu haben:
Ausgabe I mit Kupfern auf t^hines. i*auier mit (Goldschnitt gel». 27 M.
Ausgabe II mit KuptVrn auf weissem I aj»ier uuil glattem Schnitt 20 M.
Meisterwerke der Casseler Galerie. Lg'i;;!"l^"inrrn?Ä't
von Dr. 0. Eisenmaun, Direktor des Museums in Cassel. 1SS(). Eleg. gt-b. 20 M.; -Ausgabe auf chine-
sischem Papier geb. mit Goldschnitt 2.0 M. ^
Album der Braunschweiger Galerie. Sng5Ä1-."Kftto. m
illustriilem Text von Dr. R. Graul. ISSs. eleg. geb. l."3 M.; mit Kupfern auf chine.s. Papier geb. 2») M.
Die Städel'sche Galerie zu Frankfurt ::;to.;';':M"aiili:l2''K;l:^"
rungen von Johann Eissenhardt. Alit Text von Dr. Veit Valentin.
1^ Ausg. Künstlerdnicke. Fol. iCK) M. — H. Ausg. Vor der Schrift. Fol. ♦>! M. — HL Ausg. Mit
Künstlernamen. 4S M. — IV. Ausg. in Quart auf weissem Pa}»ier mit Schrift- bro^eh. 24 M., eleg. geb.
2S M. r/i J'f.
Die akademische Galerie zu Wien ;:.;;.^r^J'd"t' nÄnit!^. "t
Text von C. v. Ivützow.
L \usir. Vr>r der Schrift, chines. Pai.if'r. Fol. 42 M. — 11. Ausg. Mit Se.hrift, chines. Papier. 4. geb.
:jO M.'— m. Ausg. Mit Schrill, weisses Faj.ier. 4. brosch. LS M., geb. 22 M.
Hierzu fünf Beilagen: von R, Leehner's Hofbuelihandluiig in ^Vien, von Robert Oppenheim in Berlin, von der Ter-
Insrsanstalt für Kunst- und Wissenschaft (vorm. P.ruLkmann) in München, von dom Verlag des Litterariscli««
Jahresberichts (Artur Seemann) in Leipzig un<l von T. 0, Weigcls Nachfolger in Leipzig.
Druck von .\iigust Pries m Leipzi;;.
■^
Zinnerue Prunkschale.
Im Besitze von Heirra Dr. Dehiam in Leipzig.
Zinnerae Sthänkkanne der Maurerinuung zu Zittau.
Städtisches Museum zu Zittau/
DIE DRESDNER AUSSTELLUNG ALTER ZINNARBEITEN.
Das Dresdner KuDstgewerbemuseum
hat eine Ausstellung alter Zinnarbeiten
veranstaltet, welche sie Öffentlicbeni und
privatem Besitze im Königreiclie eut-
■ lehnte. Es hat ein Anrecht darauf, das
Sammeln von Zinn besonders zu pflegen,
weil Sachsen in diesem Metall von
alters her eine starke Produktion be-
heiite noch im Gang befindlicheu Zinn-
n Altenberg im Erzgebirge, welche seit
hrhundert mit wechselndem Ergebnis be-
irden, haben weite Gebiete Deutachlands
Erzeugnissen versehen und lange Zeit sich
g^en die englischen zu behaupten ge-
e von der Regierung im IS. Jahrhundert
len Beschauordnungen, von welchen Dr.
i diesem Blatte berichtete, sind ein Beweis
9 sich auch die Verarbeitung des Zinnes
rstentum Sacliseii lange auf bedeutender
elt.
Lunsthaudel, der sich auch auf das Zinn
hat freilich bewirkt, dass vieles Nieht-
zur Ausstellung kam. Eine reiche Samm-
Curfiirstentellern, welche zugleich die Fort-
ng des Ornamentes in anschaulicher Weise
weist fast durchweg Nürnberger Beschau
Besitzer, Dr. Demiani in Leipzig, hat d!e-
Sachkenntnis und in einer .seltenen Voll-
izusammengebracht, und auch die Schweizer-
Her, Apostelteller, Paradiesteller in muster-
iollektionen vorgeführt. Jedoch will ich
rstehenden Veröffentlichung über dieselben
■eifeu, ebensowenig wie ich die Ausführungen
siogs über die Enderlein- und Briot-Schtts-
ihrbuche der kgl, preiissischen Kunstsamm-
wiederholen gedenke, obgleich da-s fast
je Vorhandensein aller der von ihm ge-
BBrgmaniiBlBH(4t9r {Kirche von Oeysing ) kennzeichneten Typen dazu Veranlassung böte.
KanstgswerbebUtt,' N. F. I. ö
DIE DRESDNER AUSSTELLUNG ALTER ZINNARBEITEN.
AuagezeichDet ist die Dresdner Ausstellung durch
die stattliche Menge älterer Erzeugnisse den Zinn-
gusses. Zu den bemerkenswertesten unter diesen ge-
hören einige jener grossen, fast geradrandigen Hum-
pen, welche ihren Zweck, das Aufsetzen des Bieres
auf den Tisch zum Teil durch die von ihrem Boden
au^ehenden Ablasahähne bekunden. Sie sind also
stalteten Füssen. Ein Wappenschild _zeigt durch ein
in Messing eingelegtes Hufeisen, dass der HumpeD
einer — wahrscheinlich schlesischen — Innung
diente. Aus ähnlicher Gegend stammt eine etwas
kleinere, formverwandte Kamie, welche gleichfalls
noch in gotischen Minuskeln den von den Protestan-
ten viel angewendeten Spruch „verbum domini ma-
nicht als TrinkgeHisse zu betrachten, sondern Giess- net in aetemum" auf dem Bauch und in lateinischer
Oetrieb«De Schal«
kannen, wie mäU verwandte Gefüsse auch heute noch
hier und da nennt. Die älteste Kanne stammt aus
dem Besitz Richard Zschille's in GroBsenhain und lÖsst
an der Gravirung deutlich die Entstehung wohl noch
vor 1500 erkennen. In 'einer von Masswerk und
Wimpergen bekrönten gotischen Arkade stehen in
schlichten grossen Linien gezeichnete Heiligenfiguren
um die Jungfrau geschart. Der gewaltige, 52 cm
hohe Bauch ruht auf drei als sitzende Löwen ge-
(bi. ßemiani, Leipzig.)
Schrift doch deutscher Übersetzung auf dem viel-
leicht etwas jüngeren Deckel trägt Die Jahreszahl
1540 verkündet die Entstehungszeit des dem kSaigl.
Kunstgewerbemuseum angehörenden Stückes. I>ie
Bescbaumarke zeigt einen einköpfigen nach linka
schauenden Adler mit offenen Fängen, das Meisier-
zeichen ein LEL.
EinedritteKanne, anderen oberem Randeine Beihe
von Innungswappen eingravirt ist, zeigt auch noch
DIE DRESDNER AUSSTELLUNG ALTER ZINNARBEITEN.
31
götisiretide Formen, obgleich sie um I5&0 entstanden
sein dOrft«. Auch sind noch in der Abteilung der
«weiten Felder Anklänge an jene Umgestaltung rund-
leibiger gotischer Oefaase in vieleckige zu finden, wie
sie eine andere in Gestalt und plastischer Verzierung
unzweifelhaft gotischerZeit angehörige kleinereKanne
aue Zschille's Besitz noch thatsächlich aufweist. Auf
dem Bauche jener dritten Kanne »ind kirchliche und
mythologische Gestalten in festen Linien, docti be-
reite in der Auffassung der Renaissance eingrarirt.
Silber getriebenen Platten gefertigten figOrlichen Dar-
stellungen verwendet, von welchen die Kunstgewerbe-
museen in Berlin und Dresden ganze Serien besitzen.
Dieselben werden zusammengehalten durch Messing-
bänder, deren Farbe sehr gut neben dem Blaugrau des
Zinnes steht. Am oberen Rande sind plasUsche Wappen
angebracht, um den Fans legen sich Reliefomamente,
Mit den drei KugelfBssenmisst die Kanne gegen 47 cm
an Höhe. Das leider nicht ganz ausgeprägte Mono-
gramm zeigt zwischen zwei Stadtwappen ein W.
Deckelkng (Zachille-QniMeiihBiii). — Alttrkaane (HiLuscIlild-Dreaden.) — Pranluchale (Dr. I
il-Laiiizig.)
Während diese älteren Gefdsse fast nur in glat-
tem Guss hergestellt, massig profilirt, gravirt und
an einzelnen. Profilen durch mit Stanzen einge-
schlagene Ornamente verziert sind, haben jene der
späteren Renaissance sich sehr geschickt dem Relief
zugewendet. Das städtische Museum zu Zittau be-
sitzt eine von der dortigen Maurerinnung stammende
Giesskanne, welche neben der Taufschale der Kirche
zu Joachimsthal in Böhmen wohl das schönste alte
and bekannte Erzeugnis darstellt. Zum Schmuck
der Wandungen ist eine Anzahl jener wohl noch in
Jene Reliefs waren sichtlich nicht Alleinbesitz
des Zittauer Meisters. Sie kehren wieder an einer
kleinen, mit Ausguss versehenen Kanne aus dem Be-
sitze des Architekten Hauschild in Dresden und an
der konisch geformten einstigen „Armenstlnder-
kanne" aus dem Museum des Vereins fttr Ge-
schichte Leipzigs. Man wird gut thun, die Ent-
stehungszeit der Zittauer Kanne nicht zu weit
aurOck zu verlegen. Denn ihre Hauptformen wie-
derholen sich in einem dem Dresdner Architek-
tenverein gehörigen Kruge von 1666, dessen Her-
32
DIE DRESDNER AUSSTELLUNG ALTER ZINNARBEITEN
kunft aus der Bergstadt Annaberg durch die Be-
schau erweisbar ist.
Eine andere Gefassform zeigen die sächsischen
Weinkannen: sie sind meist flaschenartig, mit lang-
gezogenem Körper und einem hohen Fuss, manchmal
mit langen Ausgussrohren versehen. Eine solche
stammt von 1628 aus Freiberg und ist nach heute
im Besitz der dortigen Hüttenknappschaft. Ohne
Ausguss ist eine zweite von 1588, der Stadt Crim-
mitzschau gehörige. Aber auch noch das 18. Jahr-
hundert bildete diese Gestalt in ihrer Weise fort.
Die Grundform der Finte zeigt eine durch Be-
sitz und Beschau Freiberg angehörige schlanke Kanne,
deren Hauptreiz das kleine Relief am Boden bildet,
den Gekreuzigten zwischen Maria und Johannes und
die Buchstaben D. G., eine etwa aus der Mitte des
15. Jahrhunderts stammende Darstellung, welche
beweist, wie lange die Modelle in den Werkstätten
des Zinngiessers im Gebrauch blieben, da das Gefiiss
laut Inschrift 1555 entstand.
Gross ist in der Ausstellung die Zahl der Bier-
krüge, welche ja erst durch das moderne Glas völlig
verdrängt wurden. Die in Sachsen übliche Form
war die mit lotrechten Wandungen, als Viertelkreis
profilirtem Fussring, kräftigem Deckel und kugel-
förmigem Scharnierknopf. Eine besondere Form, jene
mit scharfer, massiver Nase und entsprechendem
Deckel, fand ich auf meinen Touren durchs Erz-
gebirge vorzugsweise im Egerlande, ohne bestimmen
zu können, ob sie auch dort erzeugt wurde.
Ein Beispiel der Ubertragimg bekannter Schmuck-
weisen aus einem Schafifensgebiet ins andere bietet
ein Apostelkrug aus dem 17. Jahrhundert, der der
Posamentierinnung zu Dresden gehört, Die gotische
Form der vielseitigen Bäuche wiederholt sich auch
an diesen kleineren Gefassen, wie die der Festungs-
kirche zu Königstein gehörige Kanne von 162S
lehrt. In späterer Zeit wurde die Form aber für
all diese Kannen und Krüge eine immer feststehende
und behielt dadurch bis in unser Jahrhundert eine
kräftige Profilirung und wirkungsvolle Gestalt.
Ein besonderes Gebiet bilden die getriebenen
Schüsseln, von welchen Dr. Demiani sehr bemerkens-
werte Beispiele vorftihrt. Teils führen sie ornamen-
talen, in der Gliederung an Venezianer Emaille-
Schüsseln erinnernden Schmuck, oder figürliche
Darstellungen von nicht immer gleichem künstle-
rischen Werte. Zwei Teller, welche die Päpste
Urban VII. und VIII. im Reliefbildnis darstellen,
scheinen mir des letzteren Lebenszeit (f 1644) nicht
zu entstammen, sondern einem anderen Umstände
später ihren Ursprung zu verdanken. Die mit „Sint
Jooris, Brugghe" umschriebene grosse Schüssel
dürfte auch erst dem 18. Jahrhundert angehören.
An Geräten aller Art fehlt es nicht. Es seien
hier nur einige Stücke hervorgehoben: die hübsche
Salzmeste mit einem Reliefporträt, prächtige Arbeit
der Renaissance, jetzt Besitz des Dresdner Kunst-
gewerbemuseums, der schöne Teller mit dem kur-
sächsischen Wappen aus der Sammlung von Dr.
Demiani, jene Fülle von zierlichen, teilweise in ge-
wundenen Linien sich aufbauenden Rokokogeräten,
Suppenterrinen, Tellern, namentlich aber meisterhaft
profilirten Taufkännchen und Altarleuchtern. Kurz
eine ganze Fülle von zierlichen und dem Material
wohl angepassten Einzelheiten. Eine Eigentümlich-
keit des Erzgebirges sind die Bergmannsleuchter,
deren grösster und merkwürdigster 1685 der Kirche
des Bergstädtchens Geysing geschenkt ^vurde.
Eine besondere Kategorie bilden die viereckigen
Flaschen mit Schraubenverschluss, welche, wie mir
berichtet wird, den Namen Ludein trugen und für
weitere Transporte von Flüssigkeiten, z. B. auf die
Erntefelder, benutzt wurden. Ahnlich ist em
Gefäss, welches ein reich beschlagenes Buch nach-
bildet und wohl als Handwärmer für Kirchgänge-
rinnen diente.
Schliesslich wurden auch gravirte Zinnplatten
als Schmuck flir Särge sowohl wie für Kirche und
Wohnzimmer verwendet. Eine solche Platte aus
Zinnwald wurde durch einen Zinngiessergesellen der
Kirche zu Geysing 1647 geschenkt, doch ist nicht
er der Gravirende, sondern Christian Vogel bezeichnet
sich als solcher. Diese Platten erhalten, wie mehrere
Beispiele beweisen, oft eine sehr grosse Ausdehnung.
Sehr wünschenswert wäre es, wollten die ver-
dienstvollen Veranstalter der Ausstellung, Herr Hof-
rat Prof. Oraff und Herr Dr. Bcrling dieselbe be-
nützen, um einen Grundstock für die Kenntnis der
Monogramme und Beschauzeichen zu schaffen. Denn
wenn auch das Zinn nie gleiche Bedeutung genossen
hat als die Bronze, so trennte sich doch im 16. Jahr-
hundert die Bearbeitung der beiden. Metalle noch
nicht. Mancher „Kandelgiesser", der am Zinn sein
tägliches Brot fand, hat gewiss auch hin und wieder
in edlerem Metalle sich versucht. Es könnten somit
mancherlei Aufschlüsse auf dem ganzen Gebiete des
Kunstgusses durch solche Vorarbeiten herbeigeführt
werden.
a Gurlitt
s Paukest, die Zim
MALEREIEN IM SCHLOSS ZU ENGERS.
:hdem ,AiJLuairedeschateaux'be-
ntzt Frankreich heute Doch etwa
10000 Schlösser, wobei allerdings
irohl eine erhebliche Anzahl Bau-
werke als .SchlösEcr" mitgezählt
»od, die auf diese stolze Bezeich-
nung keinen eigentlichen Anspruch haben. Mit einer
auch nur annähernd ähnlichen Zahl können wir in
Deutschland zwar nicht ins Feld rücken, jedoch
zählen auch wir noch einige Tausend. Dicht gesät
sind Schlösser und Schlösschen in jenen Gegenden,
wo früher die kleinen und kleinsten Fürsten sassen,
so in Sachsen, Thüringen, vor allem am Rhein, wo
die geistlichen Fürsten des 18. Jahrhunderts eiiieu
besonderen Baueifer entfalteten.
Freilich, was ist aus den meisten dieser Seh lösNcr
geworden ! Die wenigsten haben noch den alten
Glanz aufzuweisen und werden noch von Fürsten
und hohen Herren bewohnt. Viele stehen leer und
nur von Zeit zu Zeit entfaltet sich dort auf kurze
Zeit Leben und Fracht. Durch Umbau und Unver-
stand sind andere ruinirt, und wieder andere dienen
heute Bestimmungen, welche mit den Absichten
der Erbauer recht wenig zu thun haben. Letztere
sind meist am besten weggekommen, die Wahl für
die neue Bestimmung erfolgte gewöhnlich mit Rück-
sicht auf die baulichen Verhältnisse, so dass nicht
allzu gefährliche Umbauten nötig wurden. Auch
pflegte man unter einer verständigen Regierung
die Pmnkräume wenigstens unberührt zu lassen.
Noch längst nicht sind alle derartigen Scbloss-
banten so bekannt, wie sie es wohl verdienten; es
ist eines der mannigfachen Verdienste von Cornelius
Gurlitt in seiner Geschichte des Barock und Rokoko
die wichtigsten derselben in die Baugeschichte ein-
geführt und so das Studiiun derselben erschlossen
zu haben.
Zu diesen wenig bekannten Schlossbauten gehört
Schloss Engers am Rhein, jetzt kgl. preussLsche
Kriegsschule. Es ist erbaut 1758—1762 von Kur-
fürst Johann Philipp von Trier als J^dschloss mit
einem Aufwand von 50,000 Gulden, weiter angebaut
von dem Fürsten Friedrich Wilhelm von Nassau-
Weilburg, der es zu einer Sommerresidenz umge-
staltete. Das Schlosa in den Formen des späteren
Barock erbaut, macht von aussen einen schweren,
massigen Eindnick. Dagegen ist das Innere überaus
prachtvoll gegiert. Herrn Hofphotograph A. Schmitz
in Köln verdanken wir eine grössere Anzahl Auf-
nahmen aus dem Jnneru, n amen lieh der prachtvollen
Stuckarbeiten an Decken und Wänden. Dieselben
umziehen in rahmenartiger Weise die Wand, in den
Vouten und Fensternischen grössere und kleinere
Felder. In letzteren sind in Rot und Blau meister-
hafte kleine Skizzen auf Gipsraarraor ausgeführt,
von denen wir in den Abbildungen (nach Schmitz-
schen Photographien) einige wiedergeben.
Die Ausmalung des Schlosses besorgte Januar
Ziel:, der aneh sonst ftir den Kurfürsten in Koblenz
mehrfach thätig gewesen ist. Sein Hauptwerk in
Engers ist das Deckengemälde im Hauptsaal, 1764
gemalt: eine grosse allegorische Darstellung mit Diana,
Bacchus und zahlreichem Gefolge allerlei Getier etc.
unten umgeben von zwölf auf die Jahreszeiten bezüg-
lichen kleineren Bildern. Sehr wahrscheinlich ist es,
dass auch die kleinereu Bilder nach Skizzen von
Zick gemalt sind : ob auch erfunden, vermag ich hier
nicht festzustellen. A. P.
Oilter, EBEaichnet vi
KUNSTGEWERBESCHULEN IN DEUTSCHLAND UND
FRANKREICH.
GBÄR ist heilte die deutsclie
n die bestgeha^ste in ganz
pa, ja über den Ozean hinaus,
r Haas, der Qbrigens fa-st
Js den einzelnen, sondern
tie (leaamtheit trifft, ist aber
in seinem Ursprung weniger politischer als wirt-
schaftlicher Natur. Russen, Belgier und Amerikaner
könnten weit eher unser politisches Übergewicht,
als unsere Konkurrenz auf dem iutemationalen
Markte verzeihen, und selbst Frankreich würde
Elsass-Loth ringen leichter verschmerzen, als dieThat-
sache, Aass seine eigene Regierung deutsche Indu-
strieproJukte durch Vermittelung belgischer Firmen
bezieht. Der Franzose ist vor allem Geschäftsmann,
und so nahe ihm die französische gloire am Herzen
liegt, der französische ßentenkurs liegt ihm näher,
und nicht wenige bemessen den Wert der ersteren
nach ihrem Einfluss auf den letzteren.
In der That ist die französiache Produktion auf
einigen Gebieten heute noch unübertroffen. Aber
man überwacht doch schon mit ÄngstUchkeit die
Bestrebungen der deutschen Konkurrenten, und ea
würden vielleicht noch enei^ischere Anstrengungen
gemacht werden, wenn nicht jeder Franzose von
vornherein von dem unantastbaren Glauben erfüllt
wäre an die absolute Überlegenheit seiner Kation,
Es ist das eine Glaubenssache, ein Dogma, ähnlich
dem von der Unverletziichkeit der Stadt Paria. Je
mehr wir aber unparteiisch und neidlos anzuerkennen
vermögen, wo die Oberrlieinischen Nachbarn wirk-
lich einen Vorsprnng haben, um so schneller werden
wir dazu gelangen, aucli ihr wirtschaftliches Dogma
zu erschüttern, wie wir schon ihren politischen Hoch-
mut gestraft haben.
Als ganz besonders unantastbar galt und gilt
oft heute noch Frankreichs Superioritat auf dem
Gebiete der Kunstindustrie, die durch zahlreiche,
ausgezeichnet organisirte kuustge werbliche Bildungs-
anstalten, durch die ecoles nationales des arts deco-
ratifs, de la manufacture etc. gesichert erscheint,
die man den entsprechenden deutschen Anstalten
weit überlegen glaubt. Wer aber Gelegenheit h&tbt,
die Schul erarbeiten dieser Institute auf der dies-
jährigen Weltausstellung mit den Leistungen eat-
sprechender deutscher Schulen in Berlin oder Mün-
chen zu vergleichen, der wird sich gestehen dQrfen,
dasa man bei uns an technischer Vollendung, an
pikanter Beobachtung der Farben Wirkung , wie des
Formenreizes, überhaupt an geschmackvoller deko-
rativer Behandlung in keiner Weise hinter Paris
oder Limoge.s zuriickat«ht. Deutsche Arbeiten sind
oft reicher und üppiger, nicht immer ist Überladung
ganz vermieden, wir konnten an vornehmer Schlicht-
heit der Wirkung noch manches in Paris lemeo,
aber solches Übermass ist eine Eigenart deutscher
Schaffensfreude, die schon der deutschen Gotik,
mehr noch der deutschen Hochrenaissance eigen
war und als nationale Eigentümlichkeit entschuld-
bar ist.
Der Eifer, mit dem Regierungen und Private
die Meisterwerke aller Kunstperioden aufgesucht
luid weitesten Kreisen zugänglich gemacht haben,
liat eben gute Früchte getragen und unseren künst-
lerischen Geschmack in ausserordentlichem Masse
verfeinert und gehoben.
Es liegt jedoch für das Kunstgewerbe in dieser
Flut mustergültiger Vorlagen die schon vielbe-
sprochene Gefahr, geistlosem Kopistentum, Susser-
lichera Schematiamus zu verfallen. Leider muss ein-
KUNSTGEWERBESCHULEN IN DEUTSCHLAND UND FRANKREICH.
35
gestanden werden, dass unsere Kunstgewerbeschulen
wenig thun, dem zu steuern, dass sie mehr routinirte
Zeichner und Komponisten, als selbstschaffende
Künstler erziehen. Darum reisen nach wie vor die
Vertreter kunstgewerblicher Branchen nach Paris
wenn es gilt, die neuesten Fortschritte auf ihren
speziellen Gebieten zu verfolgen, darum giebt mai^
noch immer dort den Ton an, den unsere Zeichner
daheim variiren. Offenbar besitzt man dort das Ge-
heimnis, nicht nur nach Bedarf bald gotisch, bald
barock zu omamentiren, sondern auch auf eigenem
Wege und im eigenem Stile Neues zu schaffen.
Der Keim hierzu wird aber bereits auf den er-
wähnten Kunstschulen gelegt Dem flüchtigen Be-
sucher entgehen leicht eine Reihe einfacher, an-
spruchsloser Arbeiten, die ihren Mittelpunkt zu
finden scheinen in dem durch Prof. Rupprich-Robert
(Paris) geleiteten Cours de composition d'ornement.
Hier werden zunächst Naturformen behandelt, Pflan-
zen (auch Vögel und Insekten) in ihrem Organis-
mus studirt, die Grundformen ihrer Erscheinung in
Blatt, Blüte und Frucht durchgearbeitet, um dann
in methodisch vereinfachter Form und Farbe orna-
mental verwendet zu werden. Ausgehend von der
Füllung einfacher Polygone wird fortgeschritten bis
zu grossen Tapetenmustern, Deckenfüllungen und
Oefassdekorationen. Zuweilen wird die Aufgabe so
gestellt; diese Naturformen in einem der bekannten
Stile zu entwickeln. Es finden sich aber auch zahl-
reiche Entwürfe, die, ohne einem bestimmten Stile
anzugehören, doch durchaus streng stilisirt, d. h.
auf ihre gesetzmässige Grundform reducirt sind und
damit einen eigenen, neuen, modernen Stil reprä-
sentiren.
Diese Versuche sind nicht etwa nur akade-
mischer Natur. Man findet in Paris in vielen neue-
ren Etablissements, Cafes u. s. w. Dekorationen
dieses Genres, noch vereinzelt, aber jedenfalls eben-
so die Zukunftsomamentik einleitend, wie die fran-
zosischen Versuche auf dem Gebiete der Eisenkon-
struktion die Zukunftsarchitektur bestimmen werden.
Während man sich bei uns in immer neuen Stil-
Übungen ergötzt, zwischen Ägyptisch und Rokoko
pendelt, schafft Frankreich beharrlich und syste-
matisch an einem neuen Stil, der die durch Material
und Zwecke bestimmte einfache Grundform der
Bauten und Geräte mit einem massvollen Natur-
ornament bekleidet, und der eines Tages, wenn er
aus dem jetzigen Stadium des Versuches heraus-
getreten ist, als ein fertiges Ganzes zu uns kommen
wird. Die Bestrebungen von Rupprich-Robert sind
ein Glied in der Kette dieser Versuche, und ein sehr
beachtenswertes.
Unsere Pflicht wäre, gleichartige Kurse auf
unseren Anstalten zu errichten, den Franzosen den
gewonnenen Vorsprung abzujagen, die Bewegung in
unserem Sinne, nach unserem Geschmacke und
Volkscharakter in spezifisch nationale Bahnen zu
leiten. Die Wichtigkeit der Naturform in der Orna-
mentik ist ja bei uns vielfach erkannt, auch in
Ornamentwerken ausgebeutet. Aber man verwendet
sie bei uns zumeist in dekorativ-malerischem Sinne.
Ihre Einführung in den Kompositionsunterricht, die
Bemühung, sie unabhängig von der Überlieferung
zu stilisiren, bleibt doch vereinzelt. Hier ist zu
ändern.
Wie die Dinge jetzt stehen, erziehen wir eine
Menge junger Leute, die geschmackvolle Muster
nach hergebrachtem Schema liefern, und damit für
die Veredelung der in Deutschland vorwiegend pro»
duzirten Massenware Erfreuliches leisten. Wer aber
etwas Neues, Originelles, wer wirklich eigenartige
Muster sucht, der wird nach wie vor sich nach
Paris wenden, dessen Herrschaft auf dem Weltmarkt
dadurch stetig gefestigt wird. In den Kunstschulen
muss der Hebel zur Beseitigung dieses Missstandes
angesetzt werden, nach dem von Rupprich-Robert
ausgebildeten Verfahren auch die Phantasie unserer
Kunstgewerbeschüler von der Fessel der „Muster-
vorlagen" befreit, zu eigenem Schaffen angeleitet
werden, dann erst ^werden wir auch hier völlig un-
abhängig sein. Max Schmidt.
BÜCHERSCHAU.
Die Zlmmergotik in Deatach-Tirol, herausgegeben
von Franz Paukert. I. Südtirol. 32 Tafeln mit
Erläuterungen. Leipzig, Seemann. 12 M.
Im vierten Jahrgänge des Kunst^ewerbeblattes
bat E). V. BerlepEcb auf die in Tirol noch an vielen
Orten anzutreffenden gotischen Wandverkleidungen
aufmerksam gemacht und eine Anzahl solcher Ver-
täfelungen veröffentlicht. Den Spuren dieser goti-
schen Schnitzarbeiten ist nun Fmiix ra-uknt nach-
gegangen und hat das Beste und Interessanteste,
was er zunächst in Siidtirol ausgekundschaftet, in
32 Tafelü in Folio veröffentlicht. Das Werk be-
schränkt sich indes nicht bloss auf Vertafelungeu,
es bringt auch Decken, Thüren, Wandschränke, Be-
schl^e, Wandmalereien, kurz alles, was sich auf
die Ausstattung von Innenräumen bezieht.
Die in streng architektonischer Darstellung mit
sicherer Hand gezeichneten Tafeln sind nicht allein
von kunstgeschichtlichem Standpunkt aus mit Dank
zu begrfissen, sondern sie haben in erster Reihe als
Vorbilder für die Praxis eine nicht zu unterschätzende
Bedeutung, Der „Gotiker", der einen Innenraum
ausgestalten wollte, war bisher in ziemhcher Ver-
legenheit um gute Muster und meist angewiesen anf
modeme„gotische"EntwUrfe, da Publikationen muster-
gültiger alter Arbeiten — Kirchenausstattungen aus-
genommen — fast gänzlicli fehlen. Hier findet er
detgleichen in Hülle und FuUe. Namentlich reich ist
die Ausbeute an Flachmustem mit ausgegründeten
Ornamenten. Indes fehlt es auch nicht an einfach
behandelten bemalten und unbemalten Täfelungen.
Die diese Zeilen begleitende Tafel mag als weitere
Empfehlung des Werkes dienen, von dem der zweite
Teil hofTentlich bald erscheinen wird.
Holxhassetl« aus St. Pauls In j^lier
ai
J
Um <3as Interesse ttir die ongiiiaJen Schöpfungen der Radirkunst zu liebeii uml nacb seiiieu
Kräften ku fordern, beabsicliügfc der Hamburger Kuiist-Vereiii für iim -Talir ISy't eine Originalradirung
(Malen-adirung) als PrSmienblatt an seiue Mitglieder zu verteilen. — Zu diesem Behufe richtet der
unterfertigte Vorstand hierdurch an alle deutschen Railirer des Im oder Auslandes Aas Ersuchen, sich aoi'
■einem Wettbewerb zu beteiligen. — Wie erwähnt, handelt es sich aii.sschlies.4icli um Orijrinalarbeiten
und zwar um solche, die biislang nicht in den Handel gelangten. — Ueber das Motiv, sowie über die
Bildgrösae liat der Vorstand beBchloswen , keine einschränkenden Bestimmungen zu treffen,' auch ist die
Bestimmung der Kadirung als Wandschmuck oder für die Mappe dem Ermessen der Künstler anheimgegeben.
Der Verein benötigt mindestens ISOO Exemplare (eine Nachbestellung ist vorbehalten) und be-
willigt einen Preis von M, 4.50 pro Blatt.
Die Wahl erfolgt durch den Auaschuss des Kunst- Vereins,
Anderweitige Preise oder Gratifikationen werden nicht verteilt, .jedoch wird der Ausfall der WaliL
falls die künstlerische QuaHtat der eingesandten Blätter eine Wahl rechtfertigt — öffentlich bekannt gemacht.
Die Abgabe von Abdrücken der Originalarbeit seitens der Künstler, bezw. deren geschäftlichen
Vertreter ist Bedingung. . _
Nach Verlauf eines'Jahres nach der Ablieferimg der Exemplare an den Kunst-Verein, steht dem
Künstler das Recht des öffentlichen Vertriebes zu.
Die verelirlichen Bewerber werden ersucht, ihre Arbeiten bis zum 1. Olrtolier li^ili) einzuliefern.
— Die gesandten Arbeiten werden, zu einer Ausstellung vereint, dem Publikum zur .inschauung gebracht
werden.
Der Vorstand
Hamburg, im Dezember 1S81),
des Hamburger Knnst-Vereias.
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t>cnc3ian i|il)ci r>totTin u)to r (,r>a mnuproiai.; scnüe oei> \j. ja^ip.
KunfttjciDei-bcmufeuiu in Köln.
itunftgouerbeblatt N. F. 1.
Mitb. Ann. von ^ O. ^rt^fctc in iSetpfig.
Heimbacber Stühle im Hnaeiim zu Krefeld.
HEIMBACHER STÜHLE.
MIT ABBILDUNGEN.
i Museum zu Krefeld, welches
ch dank dem opferfreudigen
imi einiger patriotischer Männer
ihnell und erfreulich entwickelt,
ithält drei Stöhle, welche mir
er VerÖflfentliehung wohl wert
erschieneo. Die vorstehenden Abbildungen machen
eine Beschreibung überflüssig; nur sei bemerkt, dasa
der erste Stuhl neben den in die Lehne eingeschnit-
tenen Buchstaben A G K die Jahreszahl 1796, der
zweite die Inschrift ANNO 1735 D. P zeigt. Der
dritte hat keine Innschrift
Es ist ohne weiteres klar, dass die Form dieser
Stühle älter ist als die vorliegenden Exemplare: der
einfache konstruktive Aufbau deutet auf eine frühe
Entstehungszeit der Form und weist auf einen Ent-
stehnngsort, wo sich die alten Formen nnbeeinflusst
von der Formensprache späterer Jahrhunderte fast
rein erhalten haben.
Für die Entstehungszeit und die lange unbe-
rührte Erhaltung der Formen spricht das nicht
seltene Vorkommen der Stühle auf holländischen
Gemälden des 17. Jahrhunderts; dort erscheinen sie
sowohl mit der dreieckigen Lehne als dem durch
Kaiuitf:siTBr)Mb1att. K. P. 1.
Streben gestützten Rückenbrett, genau so wie uns die
erhaltenen Originale entgegentreten. Auch aus dem
16. Jahrhundert ist mir wenigstens ein Beispiel vor-
gekommen: auf einem Bild der kölnischen Schule in
Privatbesitz in Aachen, wo die Streben noch gotisch
sind. Als frühestes Beispiel dürfte wohl der be-
kannte Stich des Israel van Meckenen „Der Besuch"
(vergl. S. 38) anzusehen sein, wo zwei derartige
Stühle vorkommen, auch in charakteristischer Art
die Benutzung deutlich wird. Es ist offenbar go-
tische Konstruktion, welche uns in diesen Sitzmöbeln
erhalten ist, nur dass das Beiwerk allmählich die
omamentalen Formen verloren hat.
Die bildlichen Darstellungen sowohl als die er-
haltenen Exemplare, welche in Krefelder Häusern
gefunden sind, deuten auf den Niederrbein als Ent^
stehungsort der Stühle. In Krefeld werden sie als
„Heimbacher Stühle" bezeichnet, ohne dass die Her-
kunft aus dem Ort Heimbach (Kreis Schieiden, in der
Eifel) mit absoluter Bestimmtheit nachzuweisen wäre.
In dem genannten Ort wird seit alten Zeiten eine aus-
gedehnte Holzindustrie als Hausiudustrie betrieben,
welche neuerdings durch die Fürsorge des Düssel-
dorfer Central ge Werbevereins einen neuen Aufschwung
HEIMBACHER STÜHLE.
genommen hat. Noch im ersten Drittel unseres
Jahrhunderts erschienen, wie mir in Krefeld mitge-
teilt wurde, zur Eirmesszeit grosse Leiterwagen in
den rheinischen Städten, beladen mit Holzwaren aller
Art: Stühlen, Dosen, Quirlen etc, Erzengnisse jener
Heimbacher Holzarbeiter. Obwohl mein Gewährs-
mann sich gerade des Vorkommens unserer Stuhl-
ibrmen nicht erinnert, so ist doch nicht unwahr-
scheinlich, dass diese Stuhle aus Heimbach stammen
und dass sich in der Bezeichnung eine alte Tradi-
tion erhalten hat. Die Entstehung in dem auch
heute noch abseits der grossen Landatrasse gelegenen
Eifelfiecken würde auch die fast reine Erhaltung der
mittelalterlichen Formen leicht erklären; Jahrhunderte
lang arbeitete man nach den alten Mustern nnd ver-
trieb die Erzeugnisse durch Hausierhandel in den
umliegenden Ländern, so dass wir ihnen auf Bildern
aus den verschiedensten Zeiten begegnen.
Und wie gerade die einfachen mittelalterlichen
Möbel ftlr uns heute besonders lehrreich sind , so
durften auch die erhaltenen Heimbacher Stühle
branchbare Vorbilder für Hausindustrie, Handfertig-
keitsschulen und Werkstätten liefern: mit etwas ver-
feinerten Formen und sparsamer Bemalung würden
diese Stühle auch jedem bürgerlichen Haus zu Nutz
und Zierde gereichen.
GRABSTEINE AUF FRIEDHÖFEN.
MIT EINER TAFEU
Kunst^werheblatt, 5. Jahrg.,
>. 29, war ein berechtigter Klage-
nf ausgestossen über die Unzu-
ängliclikeit, in welcher sich der
Qr die Toten arbeitende Zweig
ler Bildhauerkunst in Nord-
deutschland bewegt, und auf Seite 160 desselben
Blattes sucht Einsender „dem Unvermögen, der Roh-
heit", die sich auf unseren Friedhöfen breit macht,
dadurch abzuhelfen, dass dem Steinmetzgewerbe gute
und billige Vorbilder empfohlen werden.
Zugegeben, dass auch für den Zweig der Fried-
hofskunst gute Vorbilder von gröastem Nutzen sind,
so würde doch ein kritischer Gang über unsere Fried-
höfe den Beweis beibringen, dass die erwähnten Ge-
schmacklosigkeiten nicht nur, ja in den wenigsten
Fällen, von den .Meistern kleiner Städte' herrühren,
sondern dass sie um so grösser werden, je grösser
die Städte sind. Auseinanderzusetzen, woher das
rührt, soll hier versucht werden.
Die Mode hat auch hier eine Rolle gespielt und
spielt sie weiter. Das gusaeiaeme Kreuz findet seit
25 Jahren keine Nachahmung mehr, das Marmor-
kreuz ist an seine Steile getreten. An Stelle der
gleichseitigen Sandsteinpjramide oder des Obelisken
ist der Sache, aber schräg anlaufende Stein in
polirtem Granit oder Syenit mit tief und breit ein-
gehauener, glänzend vergoldeter Inschrift oder ein
stelenartiges Gebilde getreten, oder auch der Stumpf
einer abgebrochenen Säule in edlem und deshalb
teurerem Material hingestellt, das einem durch seine
glänzende Politur schon von weitem aullallt. Wer
Grabdenkmal von Fr. Küsthaedt in Hildesbeim.
1
t
l
7
r4
r. K
f.r
GRABSTEINE AUF FRIEDHÖFEN.
39
will behaupten, dass dieses Material nicht schon,
nicht teuer sei?
Die Friedhofskunst, wie sie heute liegt, ist zu
einer Massenproduktion herabgesunken, die das Indi-
viduelle notwendig erdrücken muss. Fabriken haben
sich darauf aufgebaut, Marmor-, Granit- und Syenit-
industrie, Säge-, Schleif- und PoUrwerke mit Dampf-
betrieb, Kauf leute haben sich ihrer bemächtigt und
einen schwunghaften Handelsbetrieb daraus ge-
schaffen; sie senden Reisende darauf aus, über-
schwemmen mit ihren iUustrirten Preislisten, mit
ihren fertigen Marmorwaren, Grabkreuzen und Denk-
mälern, die Steinmetzgeschäfte, welche sich in der
Stadt oder nahe dem Friedhofe angesiedelt haben,
um die stets sich gleichbleibenden sogenannten Mo-
numente im Trauerhause anzubieten, ehe die Leiche
kalt geworden, und verkaufen, womöglich in der
Stunde, wo sie begraben wurde. So wird die Ein-
förmigkeit und Ode auf dem geweihten Boden her-
vorgerufen, die der schönste Blumenschmuck und
die geschmackvollsten schmiedeeisernen Gitter nicht
bannen können.
Deuanach scheint nun, dass es weder bei dem
Steinmetzmeister noch bei dem Bildhauer der kleinen
Stadt liegt, hier Wandel zu schaffen, denn beide
sind in der Regel mit den besseren Vorlagen ver-
sehen. Der Schaden hängt vielmehr an dem Ver-
kaufsladen, der den Trauernden die Erzeugnisse der
Dampfgrabsteinfabriken anbietet, die er in Kommis-
sion genommen, und bis Fabrikant und Ladeninhaber
überzeugt werden, dass gute Vorlagen, bessere Mo-
delle an diesen Platz gehören, wird noch manches
belehrende Wort geschrieben und gesprochen werden
müssen. Unser kunstliebendes Publikum muss aber
auch überzeugt werden, dass ein religiöses Bildwerk,
in Sandstein ausgeführt, nicht teuerer ist als diese
ewigen polirten Syenitobelisken.
Und wie ist es nun mit den Grabfiguren be-
stellt? Hier und da ein Original in Marmor oder
Erz oder auch in Sandstein, von Künstlerhand ge-
schaffen; sinnige, schöne Bildwerke, in Statuen oder
Reliefs; aber, wie gesagt, nur hier und da verein-
zelt! Meistens indessen begegnen wir auch hier der
Massenproduktion der Thonwarenfabriken. Immer
dieselbe „traurige" Figur auf ein und demselben
Friedhofe, aus ein und derselben Fabrik, die uns
auch im Annoncenteile illustrirter Zeitungen bis zum
Überfluss entgegentritt und im Laden in der Nähe
des Friedhofs zu kaufen ist.
So ist es selbstverständlich, dass unsere Fried-
höfe an einer Öde leiden, der von einigen wenigen
Künstlern, leider vergeblich, entgegengearbeitet wurde,
und es bleibt zu bedauern, dass künstlerische Grab-
denkmäler nur vereinzelt unsere protestantischen,
norddeutschen Friedhöfe schmücken. Endlich können
es die Kosten eines Bildwerkes auch nicht allein
sein, die der Aufstellung eines solchen hindernd im
Wege stehen, da aller Orten, wie in Köln, Ham-
burg, Bremen, Hildesheim u. a. 0. der Gegenbeweis
vorliegt, und zwar in höchst kostbaren, teuren Bau-
werken, Tempeln und Säulenhallen, die in polirtem
Granit ausgeführt, jenen den Rang streitig machen.
Somit liegt es wohl nicht nur am Können des
Künstlers und Handwerkers, wenn die Pflege des
Gräberschmuckes noch nicht auf der Höhe steht,
wie die Herren Verfasser der oben erwähnten Auf-
sätze in dieser Zeitschrift es wünschen, sondern es
liegt gewiss weit mehr an dem noch lange nicht
genug geläuterten Geschmack des Publikums, dem
wir auf diesem Gebiete unsere ganze Sorgfalt wid-
men müssen. Gelegenheit dazu geben Gewerbe-,
Kunstgewerbe-, Industrie- und Kunstvereine; auch
in kaufinännische und andere Fachvereine wäre das
Thema hineinzutragen, und es findet sich gewiss
überall ein Berufener, der dieses Kapitel der Fried-
hofskunst besprechen und seinen Vortrag durch
Abbildungen noch besser erläutern kann. Auch auf
die reiche Sammlung antiker Grabsteine im Berliner
Museum kann hingewiesen werden; um so mehr,
als diese in den meisten Fällen mit kleinen, an-
mutigen Reliefs, häuslichen Scenen geziert sind. Auch
die Anschaffung von Gipsabgüssen solcher Grab-
stelen für unsere Provinzialmuseen ist zur Hebung
des Geschmacks nach dieser Richtung hin zu em-
pfehlen, wie auch Gewerbe- und Handwerkerschulen
in ihren Vorbilder- und Mustersammlungen die besten
Grabdenkmäler vergangener und der heutigen Zeit
zu jedermanns Ansicht ausstellen sollten. Zur Er-
reichung dieses Zieles aber können ohne Zweifel
noch andere Wege eingeschlagen werden.
Hüdesheim,
FR, KÜSTHARDT.
6
Buchdeckel des Breviariums Gri
^
BUCHEßSCHAlJ.
Beliefmtister, dunkelblaue und Bpater tiefbraune
"Ware lassen sich mit Siciierheit auf Venedig zurück-
führen. Niemand beherrscht heute diese Fragen
besser ala ehen der Verfasser, aus dessen vielseitigen
Studien die dunkle Geschichte der Majolika noch die
besten Aufklärungen erhoffen darf. Er kennt nicht
nur die Sammlungen von Paris, London, Italien,
sondern weist gerade in deutschen Museen mehrere
Arbeiten des Domenego da Venezia nach. Weniger
scheint der Versuch gelungen, auch die bekannten
Laachter. (Ans: Uolinier, Vcnise.)
orientalisirenden blauweissen Geschirre, die sich im
16. Jahrhundert in Süddeutschland mit süddeutschen
"Wappen finden, für Venedig zu gewinnen. Die.se
"Ware findet sieh eben nur in Deutschland, und
nicht allein mit deutschen Wappen, sondern auch
mit entschieden deutschen Darstellungen und Orna-
menten, wie z. B. ein Teller mit Frauenfigur in sad-
deutficher Tracht vom Jahre 1531 im Germanischen
Museum. Auch lehren einzelne noch erhaltene
deutsche Kacheln mit derselben blauweissen Ver-
ziemog und vor allem jene zahllosen Gelasse, welche
auf Gemälden aller deutschen Schulen im 15. und
16. Jahrhundert erscheinen, dass hier eine heimische
Kunst vorliegt. Ganz in die Irre geht der Verfasser
vollends mit der Hypothese, dass der NOrnberger
Johann Neudörf'er selber diese Kunst geübt und
(nat&rlich in Venedig) erlernt habe. Im Museum zu
Kaeeel findet sich auf zwei Schüsseln die Inschrift:
„Spartam quam nactus es banc oma Jobann Neu-
dorffer rechenmeiater". Mit kühner Ausl^ung liest
der Verfasser heraus: J. Neudorffer hat diese Schüssel
verziert. Allein „Spartam nactus es hanc oma" ist
die lateinische Uebersetzung eines ursprünglich
griechischen Sprichworts (ojräpT); ^ Richtschnur,
auch das mit einer Schnur abgemessene Land, das Los).
Der Wahlspruch Neudörffers bedeutet also eine
Mahnung zur Genügsamkeit und geht wahrschein-
lich auf Cicero zurück. Man sollte das grammati-
kalische Verständnis jener Zeit nicht gar zu weit
unterschätzen. Auf der Höhe seiner Forschungen
zeigt sich dagegen der Verlasser, wenn er versucht,
das unvergleichliche Geschirr des Museo Oorrer, von
dem hier die Zeichnungen Wilsons einen guten Be-
griff geben, mit dem Service der Isabella von Este
zusammen dem Nicolö da Urbino, vermutlich einem
Gasteiduran tiner, zuzuweisen.
In einem ferneren Abschnitte wird die Geschichte
der Glasindustrie auf Grund der Lokalforschungen
von Lazzari und Urbani de Gheltof übersichtlich und
mit gesunder Kritik dai^estellt. Die Anfange
scheinen an die Herstellung des Mosaikglases anzu-
knüpfen; Epoche macht das Jahr 1291, als die
sämtlichen Glashütten aus der Stadt auf die Inseln
verlegt wurden ;'^dann werden nach der Reibe Perlen,
Gefässe, Fenster, Spiegel fabrizirt. Die Höhe be-
zeichnet das 15. Jahrhundert mit seinen emaillirten
Malereien; die Künsteleien der Folgezeit, das Faden-
glafi u. a. werden hiergegen mit Recht als Verfall
gekennzeichnet. Von den Schmelztechniken finden
in Venedig im 15. Jahrhundert das zierliche, gemalte
Email und jenes bekannte, mit Goldblättchen ver-
zierte Kupferemail eigentümliche Ausbildung.
So folgen in kniipperer Darstellung das Holz
und Elfenbein, das Leder, die Gewebe und Hand-
arbeiten, sowie die Miniaturen, für deren Geschichte
die Sammlung des'Museo Correr noch reiche Aus-
beute verheisst. Im ganzen liegt hier ein Buch vor,
das auf der Hube der Forschung steht, sich leicht
liest und daneben für jeden Besitzer schon durch
das reiche, bunte Material der Abbildungen Wert
gewinnt. P. J.
RUDOLPH MAYERS MODELLE FÜR CISELEURE.
MIT EINER TAFEL.
F. L. Der Notiz, welche wir unlängst (s. Bd. V,
1. d. BL) über die plastischen Vorlagen des Prof.
Klou9ek brachten, freuen wir uns heute schon die
Ankündigung eines ähnlichen Unternehmens folgen
lassen zu können^ welches ebenfalls einen bewährten
Meister der Kleinplastik zum Autor hat. Herr Prof.
JRud. Mayer, der nicht nur als langjähriger Leiter
der Ciselirfachklasse der königlichen Kunstgewerbe-
schule zu Stuttgart eine Reihe tüchtiger Künstler
aus seiner Schule hervorgehen sah, sondern auch
selbst durch die Werke, mit welchen er auf den
meisten Ausstellungen des letzten Jahrzehnts ver-
treten war, seinen Namen unter die ersten lebenden
Vertreter der Giselirkunst und Kleinplastik einge-
reiht hat und der seit einigen Jahren seine Thätig-
keit mit gleichem Erfolg nach beiden Richtungen
nach Karlsruhe verlegt hat, tritt soeben mit einer
Folge von zehn Metallreliefs an die Öffentlichkeit,
welche bestimmt sind, als Vorlagen für den Unter-
richt im Ciseliren und wohl auch im Wachsmodel-
liren für den Metallguss Verwendung zu finden.
Wir mussten schon bei der eingangs erwähnten
Sammlung auf den Mangel hinweisen, der sich in
den Lehrmitteln gerade dieses Unterrichtszweiges
fühlbar macht und meist die Lehrer nötigt, plasti-
sche Vorlagen, die für ganz anderes Material und
in anderm Masstab erfunden waren, diesem Unter-
richt zu Grunde zu legen. Um so freudiger be-
grüssen wir dies neue Unternehmen, welches von
einer Seite ausgeht, die mit den Bedürfnissen dieses
Lehrzweiges aufs engste vertraut ist. Die uns vor-
gelegten Originale sind über Wachsmodellen in
Bronze gegossen und mit eingehender Sorgfalt durch-
ciselirt; die Vervielfältigung in Galvanoplastik giebt
dieselben vollständig faksimile wieder. Jene Eigen-
schaften, welche wir bei allen Werken Rudolf
Mayers zu bewundem Gelegenheit hatten — eine
überaus geschmackvolle Behandlung der Form und
des Reliefs und eine fast bis an die Grenze des
Möglichen gehende Detaillirung in der Oberfläche-
behandlung — finden wir auch in diesen Vorlagen
wieder. [Jnd wenn wir, um unserer Darstellung
nicht ganz die Schattentöne fehlen zu lassen, von
einem Mangel derselben sprechen sollen, so finden
wir ihn vielleicht in dieser etwas weit getriebenen
Detaillirung. Jedenfalls legt dieselbe dem Lehrer,
welcher diese Vorlagen benutzt, die Pflicht nahe,
darüber zu wachen, da£s der Schüler über den un-
endlich zierlichen Einzelheiten nicht den Blick f&r
die Hauptsachen verliert
In der Auswahl der Ornamente hat Herr Prot
Mayer dafür gesorgt, dass die Schüler mit den
Hauptstilformen, deren Kenntnis unsere Zeit von
dem Metallarbeiter fordert, sich vertraut machen
kann. Die erste Tafel enthält neben einander Akan-
thusblätter in italienischer, deutscher und vlämischer
Stilform, die zweite die drei entsprechenden Ranken-
motive. Die dritte Tafel zeigt, wie die Renaissance,
das Barock und der Klassicismus die Akanthus-
ranke behandelt hat, während die vierte drei Orna-
mente in reinen Rokokoformen enthält. Die drei
folgenden Tafeln bringen ornamentale Flächen-
füllungen nach Holbein, Dürer und Hans MieKch,
die achte eine figürliche Komposition in Rokoko-
rahmen, während die beiden letzten Tafeln eine
naturalistische Pflanzenstudie und ein Jagdstück ent-
halten. Man sieht schon aus dieser Au&ählung,
dass die Mannigfaltigkeit der Motive auf die ver-
schiedensten Bedürfnisse Rücksicht nimmt. Und so
zweifeln wir denn auch nicht, dass die oben ge-
rühmten Vorzüge dieser neuen Vorbildersammlung,
deren Gesamtpreis in galvanischer Ablagerung 130 M.
beträgt, unter den Lehrern und Schülern der deut-
schen Ciselirwerkstätten bald zahlreiche Freunde
werben werden.
Die beigegebenen Abbildungen zeigen die Mo-
delle in natürlicher Grösse.
k
RuDOLi' Mayers ^lodelle für Ciseleure. Nr, 4. Drei Hococoornameute.
Rudolf Mayers Modelle für Ciseleure. Nr. 7. Fnlliinfrsomament.
■ V BP l
KLEINE MITTEILUNGEN.
Berlin. — Das königl. Kunstgewerbemuseum bringt,
wie wir bereits berichtet, in diesem Winter zum ersten Male
Beine ganze Stoffsammlung zur Ausstellung. Diese einzig-
artig dastehende Sammlung umfasst an Webereien 6073,
Stickereien 2883, Spitzen, Fransen, Passementerien 1690,
Teppiche 220, Kleidungsstücke 233 — im ganzen 11055 Num-
mern, wobei die in Bücher eingeklebten Kattunmuster und
Ähnliches, die oft Hunderte von Mustern zählen, nur als eitie
Nummer gerechnet sind. Eine solche Sammlung dauernd
auszustellen ist unmöglich: es würde dazu ein eigenes Ge-
bäude erforderlich sein, übrigens erfordert die Erhaltung der
in den Farben sehr vergänglichen Objekte eine sorgfältige
Konservirung in dunklen Schränken. So wird denn auch
die Ausstellung nur serienweise geschehen können und müssen.
Aus Anlass derselben ist ein besonderer ».Führer durch die
Ausstellung der Stoffsammlung, Gewebe und Stickereien" er-
schienen (Berlin, W. Spemann, .30 Pf.), welcher zunächst
einen kurzen überblick über die Sammlung, ihren Bestand,
Geschichte, Aufstellung etc. giebt. Daran schliesst sich eine
„Geschichtliche übersieht", welche in kurzer knapper Form
— worin ja der Direktor des Museums ein Meister ist —
die wichtigsten Angaben aus dem so wenig bekannten Ge-
biete der Geschichte der Weberei enthält. Gerade die Ber-
liner Sammlung, deren unvergleichliche Vollständigkeit an
frühmittelalterlichen Stoffen sie besonders dazu beföhigt, ist
berufen, dermaleinst die vielen hier noch offenen Fragen zu
beantworten. Der Herausgeber hat an dieser Stelle diese
Fragen verständigerweise gar nicht berührt, sondern nur ge-
geben, was heute als gesichtet gilt oder angenommen wird.
Aber je weniger Verständiges ausser von Bock, Schnütgen,
Easenwein und Karabacek über die Geschichte der Weberei
geschrieben ist, um so erfreulicher ist es, hier in allgemein
verständlicher Form die Hauptsachen gedruckt zu finden.
Das kleine Heft wird berufen sein, den Inhalt manches
dicken Wälzers zu ersetzen. Es wird auch über die Aus-
stellung hinaus seinen Wert behalten und für viele Anstalten,
welche kleine Textilsammlungen besitzen, von Bedeutung
werden.
Rd. Hannover. Gelegentlich der Eröflnung des Kestner-
museums zu Hannover hatte, wie in der Kunstchronik ein-
gehend berichtet ist, Direktor Schuchhardt ein Programm
entwickelt, worin er die Ausgestaltung, des neuen Museums
zu einem Kunstgewerbemuseum besonders betonte, überhaupt
das Kestnermuseum als den Mittelpunkt hinstellte, von dem
aus eine Reorganisation der Kunstzustände in Hannover
zweckmässigerweise zu erfolgen habe. Mit diesem Plan
hat er nicht den Beifall seiner Mitbürger errungen. Nicht
nur, dass das Provinxmlmnseiim in Dr. Reimers (bisher in
Berlin) einen eigenen Direktor erhalten hat, so hat sich auch
der Kunstgewerbererein in einer eingehenden Petition an den
Magistrat gewendet, um einer Centralisirung der Kungt-
angelegenheiten vorzubeugen und die Errichtung eines be-
sonderen Kunstgewerbemuseums zu erlangen. Die Petition
1^ eingehend die Gi-ünde, welche gegen eine Vereinigung
beider Institute sprechen, dar. Der Kunstgewerbeverein er-
strebt seit fünf Jahren mit Unterstützung der Behörden,
unter Teilnahme einer Reihe angesehener Bürger und unter
Leitung der mit den Bedürfnissen des lokalen Kunsthand-
werks genau bekannten Fachleute der Stadt die Gründung
und Erhaltung eines Kunstgewerbemuseums, welches in
erster Linie bestimmt ist, das Handwerk in der Stadt Han-
nover durch gute und bewährte Vorbilder zu heben. Diese
Absicht ist schon teilweise verwirklicht; der Bestand der im
alten Rathause öffentlich aufgestellten Sammlung ist ein an-
sehnlicher, 3000 Nummern des Katalogs sind mit Ober 30000 M.
versichert. Der Umfang der Sammlung ist so bedeutend,
dass die vor Jahren an den Magistrat gerichtete Bitte, das
Museum mit in das Kestnermuseum aufzunehmen, schon
damals wegen Platzmangels in letzterem abschlSgig beschie-
den werden musste. Jetzt genügen auch die Räume im
alten Rathause längst nicht mehr, um auch nur die Hälfte
der Sammlung in geeigneter Weise aufzustellen. Um diesem
Mangel abzuhelfen, richtete der Verein sein Augenmerk auf
eine anderweitige dauernde Unterkunft, auf das infolge seiner
Anregung wieder hergestellte Jjeibnixhaus. Dieses zu er-
langen betrachtet er als seine Hauptaufgabe, um dem Kunst-
gewerbemuseum eine gedeihliche Enlwickelung und Wirk-
samkeit zu sichern. Er zählt dabei auf die wohlwollende
Unterstützung der Stadt ebensosehr als auf die offene Hand
wohlhabender und kunstsinniger Mitbürger.
Karlsruhe. Der Badische Kunstgewerbererein hat in
seiner Generalversammlung vom 8. Dezember 1889 in Karls-
ruhe die Begründung eines Ku?istgewerbemtiseums beschlossen.
Der Antrag des Vorstandes wurde von Direktor Götx in
längerer Rede eingehend begründet und von der Versamm-
lung einstimmig gutgeheissen. Das neue Museum soll in
engster Verbindung mit der Grossherzoglichen Kunstgewerbe-
schule gebracht werden, die vor kurzem ihr neuerrichtetes
Gebäude bezogen hat. Der schön ausgestattete Lichthof ist
für die Anlage einer Sammlung besonders geeignet. Gerade
diese glückliche Verbindung hat dem neuen Unternehmen
viele Freunde zu verdanken, da das gemeinnützige Wirken
der Kunstgewerbeschule sich besonderer Beliebtheit zu er-
freuen hat Den energischen Bemühungen von Direktor Götz
ist es gelungen, in kaum drei Wochen die erste Grundlage
zu schaffen, indem in dieser kurzen Zeit in Karlsruhe für
das Museum über 20000 M. an Geld und ebenso wertvolle
Beiträge an Kunstgegenständen gespendet wurden. Man er-
hofft femer eine Unterstützung von seiten des badischen
Staates und der Stadt Karlsruhe. Insbesondere hat sich auch
Prof. Dr. Rosenberg um das Unternehmen verdient gemacht.
Die neu angelegte Sammlung enthält bereits über 1000 mit-
unter sehr wertvolle Nummern, welche in 15 zum Teil sehr
grossen Schränken untergebracht sind, die in dem stattlichen
Lichthofe zu bester Wirkimg gelangen. Die erstere grössere
Erwerbung bildete der Ankauf der prächtigen Fayencen-
Sammlung von Bildhauer Kretäh in Frankfurt a. M.. welche
etwa 220 auserlesene Stücke umfasst, die sich als Vorbilder
für die Unterrichtszwecke des Kunstgewerbes trefflich eignen.
Flensburg. Dem Gewerbemuseum unserer Stadt sind
von dem „Schiffergelag", der ältesten bestehenden Gesell-
schaft der Stadt, die alten Silbergeräte leihweise aber
KLEINE MITTEILTTNGEN.
n-ieaen worden. Ka und Pohale, Kannen und
iedener Form nnd Entstehungszeit, u. a, von
'51, 1752. 1772. Der Besitz der Gesellschaft
:r in Jabre 1848 durch Veränsaerungen sehr
Inter den anderen Gegenständen sei hier noch
ntereaaanten Teiles vom Inventar ganz anderer
lg gethan. Es ist eine Punschbowle in Form
ihifl'ea und ist dem Gelag ah Geschenk ilber-
l>er eine vorhandene Notiz folgendes angiebt:
' 10 hat der Herr Hinrich Lork, Rathsver'
T Stadt, ein Fayence-Porcellain Punschkunime
nd in Form eines CO Kanonem Kriegsschiffs
Hlhemen Punschlöffel an diesem Gelage ver-
s von uns und von ansern Nachkommen zu
währenden Antlenken dieses verehrungs würdigen
i bei dem Gelage soll aufbewahrt werden."
le Schiff, von sehr origineller Form und Zeich-
iBser zwei Rettungsbooten am Heck, die dänische
Ea ist ein inländisches Fabrikat, doch sind
t selbst keine n&heren Angaben über den Ort
Dg vorhanden.
In der Ausatellong der Gewebe und Stickereien
'erbemnsenm ist die Gmppe VI „China und
anntag den 2. Februar geschlossen. Am Diens-
äbruar wurde eröffnet die Gruppe VII „Leinen-
Spitzen". Dieselbe umfaset die hierhergehörigen
älterer und neuerer Zeit, aus Morgen- und
Lngeschloseen sind die Hfikel- und Strickarbeiten,
Possementerien. Auch diese Gmppe wird zwei
I zum 16. Februar, ausgestellt bleiben. Die
/orbtge aber dieselbe werden am Sonnabend
ar Mittags von Professor Dr. Ijfasing und am
len 13 abends von Dr. AI/red Meyer gehalten
einige Tage wird im Lichthofe ausgestellt sein
ir einen Flügel, auf Bestellung in Seiden- und
I ausgeführt von der Kunststickerin Frau Dr,
laoh Zeichnung de» Malers Timler.
«tgeicerhemusrntm xu Berlin sind im oberen Um-
:hthofes ausgestellt die Entwürfe einer farbig
sade, für welche die Aktiengesellschaft filr Möbel-
ine Konkurrenz ausgeschrieben hatte. Von den
enen Entwürfen haben die Arbeiten von Rielutrd
■eipzig und von Eniil Widejitann und Ouslnr
Serlio die drei Preise und der Entwurf von Olto
lin eine lobende Anerkennung erhalten. — Die
ier Neuerwerbungen hat mannigfache Bereiche-
iren, u. a. einen höchst kunstvollen schmiede-
nder für die Anzeigen des Museums, gearbeitet
luseum gestiftet vom Hofkunstechlosser Paid
)m früheren Schüler des Museums.
ilienj. Der Landtag des Königreich Böhmens
weitere Bewilligung der dem Xnrilliiih mischen
mm bisher bedingungslos KUgestandenen Landes-
Subvention von SOOO fl. in seiner letzten Tagung die Be-
dingung geknüpft, „dass in der Verwaltnng de« UusenmE
die Gleichberechtigung beider Volksslämme des Königreiches
Böhmen gewahrt wird". Mit andern Worten, es soll die .,3prach-
liche Gleichberechtigung" durchgeführt werden, d. h. im
Gewerbemnseum müssen die Aufschriften in beiden Iand*ä-
sprachen angebracht werden, die Verwaltung muss sich
beider Sprachen bedienen u. s. w. Daas es sich dabei nicht
um die Befriedigung eines vorhandenen Bedürfnisses handelte.
It^ klar auf der Hand, denn man weiss ja, mit wem da!
Museum verkehrt, wer es besucht Ein Bedürfnis nach Ein-
führung der tschechischen Sprache in diesem Institute haben
die Tschechen selbst nicht; Nordböhmen ist eben durch und
durch deutsches Land. Zunächst wird sich nun die General-
versammlung des Museumavereins mit der Frage au be-
schäftigen haben, ob da« Institut unter den gestellten Be-
dingungen nicht lieber auf die Landessubvention verzichtet
Freilich ist der Ausfall einer gesicherten Einnahme von
8000 &. nicht leicht zu decken, die Erhaltung des ganiCD
so segensreichen Instituts ist damit in Frage gestellt Patrio-
tische Männer haben sich zwar bereits zu erheblichen
Opfern erboten, aber die Summe ist zu erheblich, nm ohne
weiteres ersetzt zu werden. Hoffen wir, dnss dem Museum
in irgend welcher Form Ersatz geschafft werde!
Tohaim Kocbi Der Kerbudmüf. 35 Vorlageblatter mit er
läuterndem Text. Format; 24:32ctn. Karlsruhe, A. Biele-
feld (Liebermann & Co.) 1890.
Mit dem genannten Werke ist der neuerdings auch bei
uns mit Recht beliebt gewordenen Kerbschnitttechnik nn
neues Vorbildermaterial zugeftlhrt worden , welches um so
willkommener erscheint, als ausser der bekannten Onctwa-
Bchen Veröffentlichung (Leipzig, Seemann) entsprechenil*
Motive schwer zu finden waren. Der Heransgeber, Vorstand
der Schnitzerei schule Furtwangen (bad. Schwarawald) erweist
sich hiermit als Künstler und bewährter Praktiker sän«
Faches zugleich. Er biet«t zunächst die gebräuchlichst«!!
Einzelformen (Bordüren . Rosetten , Füllungen , Flächen-
muster etc.) und schliesst daran an eine Reihe von Ent-
würfen für die Ausfahrung (Kassetten, Dosen, Teller, Schilde
u. s. w.). Die Darstellung ist einfach, schön und klar; das
Werk wird allen intereseirten Kreisen eine hochwillkommeie
Erscheinung sein.
Der Sammetbrokat, dessen genaue Abbildung diese
Tafel giebt gehört zu den schönsten Stoffen, welche aus
Venezianer Werkstätten um die Wende des 15. Jahr-
hunderte hervorgegangen sind. In zwei Farben zeigt er ein
Muster, dessen Anlage italienische, dessen Einzelheiten
orientalische Formen aufweisen: beide in jener wundertoll
harmonischen Weise vereint, wie wir sie nnr in Eneog-
nissen von Venedig treffen. Der Stoff ist Eigentum des Kölner
Kunstgewerbemuseums.
r
i
r
j3toj^ t^jcs&j:^.^feijs^gg&,tsgsi;5;^,:::^,isga^.^
; ;3SD;:^;:^;353J5iP;^x3l£^x^j[^;3teij:^;^
Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig.
Farbige Vorlageblätter.
Zimi Gebrauch für den Unterricht im Freihandzeichnen entworfen und gezeichnet von C. DedHius»
20 Tafeln Querfolio. ' In Mappe 9 M/
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blätter" ab ein empfehlenswertes Hilfsmittel ftir das Zeichnen in Fortbildungsschulen erscheinen.
Die Fortbildungschule 1888, No. 15.
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amtlich eingeführt.
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Georg Graf,
Vorstand der Fachabteilung der gewerblichen Fortbildungschnle in München.
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mit Text. Einzelne Abteilungen 2 M. jede zu 40 Tafeln.
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bildenden Lehranstalten von
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an der Kuustgewerbeschul^ in Karlsruhe. 300 Tafeln mit erläuterndem Text. Grossfolio. In Mappe
mit Zugband 7S M.
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für Gewerbe, Fach- und Fortbildungsschulen gezeichnet und herausgegeben von Ferdinand Moser,
Hauptlehrer in München, 50 Tafeln kL Folio. Ladenpreis 15 M.
Dies Werk ist aus einem bei dem Zeichenunterricht an den Münchener Fortbildungsschulen schon lange
fühlbar gewordenen Bedürfnisse hervorgegangen. Es bietet mustergültige Motive in vorzüglicher Darstellung zu
einem verhältnismässig geringem Preise. Den verschiedenen Fächern dei Technik entsprechend zerfällt es in 5 Ab-
teilungen: I. Ornamente für Holz-, Stein- und ThonjAaatik; 2. Ornament« für Eisenplastik; 3. Ornamente für Edel-
metallpla.sfik; 4. Ornamente für FUichendekoration ; o. Ornamente für Typographie und andere Vervielfältigungsarten,
In den Müncliener Fortblldiingsschnlen amüich eingefAhrt.
Wandtafeln
für den Zeichenunterricht an Gymnasien und Realschulen von
Emil Schick,
Zeichenlehrer am (lymnAsiam zu Bruchsal.
I. Umrisse antiker Gefasse und bauHcher Zierformen. 10 Tafeln in Mappe mit Erläuterungen
Preis M. 3,20.
Das Werk führt die klass^isch antiken Formen in einfachster Weise vor, und bringt Vasen, Schalen
Rosetten, Stdmziegel in scharfer, weithin sichtbarer Form.
'm'm'^^''^WWWrw^W^^^WW^W
wm'^w^'^^^w^w^s^Wi^w^ww^^^^'
I
' I:
AUSSTELLUNGSKALENDER FÜR 1890.
ii
I
3
f
1
1
)0
I
<.
f
n
Augibiür^» Kunstverein. (Siebe auch Vereinigte süddeutsche Kunst-
vereine.)
Baden-BMleii. Kunstverein. Permanente Ausstellung.
Bamberg. Kunstverein. Konservator Bauer. (Siehe auch Vereinigte
süddeutsche Kunstvereine.)
Baniieii. Kunstverein. Vierwöchentliche Gemäldeausstellung. Vom
6. April bis 4. Mai. Anmeldung bis 15. März.
Berlin. Preussischer Kunstverein Verein Berliner Künstler, Wil-
helmstrasse. Fritz önrlitt, Behrenstrasse 29 W. ■— Ed. Schulte,
unter den Lindeu. — Verein der Künstlerinnen und Kunst-
freundinnen vom i. Februar bis i^. März. Schriftführerin Helene
Lobedan SW. Hafenplatz 5.
Bielefeld. Wanderausstellung mit Münster vom 13. April bis 15. Blai
Anfragen an Rittm. E. von zur Mühlen, Münster i/W.
Bremen. Grosse Kunstausstellung der Nordwestdeutschen Oewerbe-
und Industrieausstellung. Anmeldung bis I5. April. Einsendung
bis 1. Mai. Vom I. Juni bis ao. September. Geschäftsführer Max
Mischel.
Breflla«. Beginn der Ausstellung der Ostlichen Kunstvereine am
2. Dezember 1890 in Breslau, später in Danzig, Königsberg,
Stettin. Goerlitz und Posen. — Tii. Lichtenberg.
Budapest. Ungarischer Landesverein für bildende Knust. Vom 15. No-
vember bis 15. Januar 1891. Anmeldung mit Formular bis 20. Ok-
tober. Sekretär Dr. N. v, Szmereszänyi.
Ghemnlts. Kunsthütte: Permanente Ausstellung.
DaBzIg. Kunstausstellung bei A. Scheinert — Siehe auch Breslau.
Darmstadt. Kunstverein. Permanente Ausstellung.
lyresden. sächsischer Kunstverein: Permanente Ausstellung, mit
Ausnahme der Zeit der Au.sstellung der Kgl. Akademie, welche
gewöhnlich vom 16. Mai bis 15. Juli dauert. (Anfragen an Alph.
öme, Kastellan.) — Ernst Arnold, Kgl. Hofkunsthandlung. —
Emil Richter.
Dflsseidorf. Eduard Schulte. — Bismeyer & Kraus. — Jos. Marsch-
heuser. — Kunstfaalle (Friedrichsplatz) : Permanente Ausstellung.
— Kunstverein füi die Rheinlande und Westfalen. Dauer der
Ausstellung vom 35. Mai bis 21. Juni. Spätester Einlieferungs-
termin 15. Mai 1890,
Erfurt. Kunstverein. Permanente Ausstellung.
Fraakfkirt a/H. Kunstverein. Permanente Ausstellung. Rud Bangel.
Freibarg IB. Permanente Ausstellung.
Fürth. Kunstverein. Pennanente Ausstellung.
Gera. Kunstverein. Anmeldung bis 10. März. Einsendung bis 20. März.
Eröffnung 30. März. Schluss 1. Mai. Schriftführer Rechtsanwalt
Sohbnemann.
Clotha. Kunstverein. Permanente Ausstellung.
Oras. Steiennärkischer Kunst verein, vom 21. April bis 2. Juni.
HaMbnrg. Kunstverein. L. Bock & Sohn. — L- Günther. — J. F.
Holzmann. — M. Stettenheim.
BaimoTer. Westlich der Elbe verbundne Kunstvereine. 1. Februar
Eröffhung. Am 6. April in Magdeburg. Am 20. Mai in Halber-
stadt. Am 24. Juni in Erfurt. Am 15. August in Nordhausen.
Am 15. September in Braunschweig. Anfragen an Stadtrat F übel
in Halle a S.
Heidelberg. Kunstverein. — Permanenter Turnus mit Mannheim.
HetlbroDn. Permanente Ausstellung im Kunstverein.
Karlsmhe. Kunstverein.
Kassel. Kunstverein. Permanente Ausstellung.
Kola. Kunstverein im Wallraf-Richartz-Museura. Permanente Aus-
stellung. - Permanente Ansstelhmg von Ed. Schulte.
Königsberg. Bons Kunst saloh. — Hnbuer & Matz.
Krakaa. Kunstverein. Permanenter Turnus mit Lemberg und Posen.
Anfragen an Severin Boehm in Krakau.
Krefeld. Museumsvereiu. Permanente Ausstellung.
Leipzig. Kunstverein im Museum. Zusendungen nnr auf vor-
herige Anfrage. — Pietro del Vecchio. Permanente Ausstellung.
Der Verein der Kunstfreunde hält jährlich vier Verlosungen
(Februar, Mai, September und Dezember) und kauft hierzu <Je-
mälde aus Del Vecchio's Kuustausstelluiig.
(Siehe Krakau.)
D. Oberösterreichischer Kunstverein. 2 Ausstellungen:
Juli bis 31. Au;,'ust und vom 1. September bis 31. Ok-
Auskünfte bei Maler J M. Kaiser.
Lfibeck. Ausstellung des Kunstvereins im Juli. (Siehe Rostock.)
HaBnheliB. (Siehe Heidelberg.^
Memel. Ostdeutscher KuDstverein. (Wanderausstellung mit Tilsit
und AUenstein.} Mitte April bis Ende Juli. Anfragen au Konsul
G erlag, Memel.
Mönchen. Jahresausstellnng der Müuchener Kunstgenossenschaft.
Vom l. Juli bis Mitte Oktober. Anmeldung mit Formular bis
1. Mai. Sekretär Wirkl. Rat Adolf Paulus. — Kunstverein.
Permanente Ausstellung. — Fleischmannsche Hofknnsthandlung.
P Kaeser. H. Wimmer & Comp., Wittelsbacherplatz. H. L.
Neumann.
Munster. Westfälischer Ausstellungsverband. Vom 1. März bis
10. April. Selirifiluhrer Rittmei8ier a. D von zur Mühlen,
Münster i/W.
Lemberg.
Linz a. d.
Vom 1.
tober.
Reeensburg undAugs-
Heilbronn,
N&mberg.. (Siehe unter Vereinigte süddeutsche Kunst vereine.)
Posen. (Siehe Krakau.)
Prag. Kunstverein für Böhmen. Einsendung und Anmeldung ;mit
Formular) bis 31. März. Ausstellung vom 15. April bis 15. Juni. -
Nicolaus Lehmanns Kunsthandlung.
Regenitburg. Permanente Ausstellung. (Siehe Vereinigte süddeutsche
Kunstvereine.)
Rostock. Vereinigte Kunstvereine von B., Lübeck und Stralsund.
Einsendung bis 1. Mai. Erötfnung am 15. Hai.
Salzburg. Kunstverein. Vom 15. Juni bis 15. September. Einsen-
dung bis 1. Juni. Präsident Dr. Sedlitzky. (Keine Skulptureni
Schwerin I/M. Grossh. Mu.seum. Anfrage an Hofrat Dr. Sclilie
Stralsund. Ausstellung im August. i.Siehe Rostock.)
Straflsbnrg i/E. Kunst verein. Anfrage an Ministerialrat Metz.
Stottgiirt. Württembergischer Kunstverein (auch in Verbindung mit
den süddeutschen Kuustvereinen). Permanente Ausstellung. Ab-
fi-agen au Prof. R Stier.
^'eimar. Grossherzogl. Museum (Hofrat Rnland). — Permanml^?
Ausstellung für Kunst und Kunstgewerbe.
Wien. Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens CKünstlerhanj.
Gisela.strasse.) Einlieferung bis 1. März. Von Älitt^ März ks
Mitte Mai. Sekretär K. Walz, k. k. Rat. — Osterreichisch'-r
Kunstverein, Stadt, Tuchlauben No. 8. — H. 0. Miethke's Kunst-
salon. Neuer Markt 13. L. T. Neumann, Hofkunsthandlung
J. Schnell & Sohn. Hirschler & Co., Graben U.
Wiesbaden. Nassauischer Kunstverein. Pennanente Ausstellung
Zwlekaa. Kunstverein. Permanente Ausstellung.
Pfälzischer Kanntrerein. Sitz der Verwaltung in Speier. Wandei-
ausstellung in den Städten Speier, Ludwigsnafen, Fr&n-
kenthal, Germersheim. Neustadt, DUrkheim, Lan-
dau, Pirmasens, Zweibrücken und Kaiserslauterii
vom 1. März bis Ende Juni. Einsendungstermin bis spiit^^itn«
am 20. Februar 18!)0 auf Grund persönlicher Einladung clernacb
vorheriger Anfrage bei Reg. -Rat Freiherm v. Löffel holz von
Kolberg.
Rheinischer Kunstferein. Noch nicht neu konstituirt; es findet da-
her keine Ausstellung in diesem Jahre statt. Ansstellungen lu
einzelnen Städten beabsichtigt.
Vereinigte sfiddeaturhe Kuastverelnf zu
bürg, Stuttgart, Würzburg, Beilbronn, Fürth,
Nürnberg, Bamberg, Bayreuth und Ulm, Gemeinscbafi-
liehe permanent« Aus.stellungen mit Austausch unter einander
Alle Kunstwerke aus Nord Deutschland sind nach Btyreith,
aus Westdeutschland nach Heilbronn, diejenigen aus dem
^üden und aus München nach Angibarg und diejenigen aiu
Österreich natli Kegeimburg einzusenden. Voi-stand Baurat
Sauer, Regensburg.
KnnstTerein fär das (irotsherxogtum Hessen. Wanderausi^tellung
zwi.schen Darmstadt. Mai uz. Giessen, Ofienbach a M., Worms
Vorort Darmstadt. Anfragen an P H. Kr oh, Darmstadt.
AiLslSndiselie Kaustausstellnugei]«
Amsterdam. Art! et amicitiae. Frühjahrs- und Herbstausstellutui
am l. April und 1. Oktober eröffnet. Dauer je 2 Monate. Seknr
tär Herr Maschhaupt.
Basel. Kunsthalle. Pennanente Ausstellung. — (Siehe Schweize-
rischen Kunstverein.)
BruNKol. Societfe royale des beaux-arts. Vom 30. August bis 30. Ok-
tober. Anmeldung erwünscht Ins l. August.
Dublin. Royal Hiberniau Academy of Arts. Vom 8. Februar Ms
26. April. Formulare von B. Colles Watkins, Lower Abky
Street. Dublin.
KopenhMven. Permanente Ausstellung von Stockholm, Kunsthändler
London. Internationale permanente Ausstellung im KrystallpaUst
Anfragen an H. Lewis, Düsseldorf, Alesanderstrasse 26. Ab-
meidung bis 12. Oktober. Königliche Kunstakademie. Eir-
lielerung 25 28. März. Incorporated Society of British Artisti.
Eröffnung am 7. April. Anfrage an Edw. Free man, SQÖolk
Street Pall Mall East 5 W. London.
Lozern. Knnstgesellschaft. Vom 15. Mai bis 15. Oktober. — Ernst
Zaeslein, Löwendenkmalmuseum.
PariK. Salon vom 1. Mai bis 20 Juni.
Uarsrhau. Kunstverein. Permanente Ausstellung. .Anfragen an
Herrn Jos. Gornicki. — Alex. Krywult (Adr. Krakau, FioriaB-
Strasse l.)
Schireizerischer KanstTerein. Die Kunstausstellung wird in folgea-
den Städten abgehalten: in Basel. Bern, Lausanue.
Locle, Solothurn und Aar au. Schluss am 29. September
Die Einsendungen sind bis spätestens Anfang Juni anzumeldeii
und bis Mitte Juni au das Komitee der Schweizerischen KüQ-*t-
au.sstelluu^ in Basel zu machen. Für Sendungen vom .\uslan(ie
her muss im Frachtbrief, sowie in den Zolldeklaratioiieu der
Vermerk: „Zur FreipassabfertiguDg au der Grenze^ beige-
fugt sein.
Hi^^rzu eine Beiliige von Paul Bette iu Berlin uii«l £• A. Seemaun in Leipzig.
Druck von Augnst Pries in Leipzig
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Thtire im Stizungssaale des Rathauses in Furnes.
Aus EwERBECK „Die ßenaissance in Belgien und Holland".
n Tabernakel in der Kirche in Suerbempte. — Sandstein.
Ana Ewerbeck „Die RenaisaaDce in Belgien und Holland".
SobloM 0;douok.
IS Ewp.RDECEs Renaüiuice In Belgien und Holland, (VetkleiDcrt.)
DIE RENAISSANCE IN BELGIEN UND HOLLAND.''
MIT ABBILDUNGEN.
RANZ EWERBECK hat den Ab-
schlusB seiner grosaangelegten
Sammlung von Originalaufnahmen
nach G^enständen der Architek-
tur und des Kunstgewerbes in
wmm^^^^^mmmm Belgien und Holland nicht erlebt
Noch fehlten zwei Lieferungen an der Vollendung
dea Werkes, da rief ihn der Tod von langem Kran-
kenlager hinweg. Mit warmer Begeisterung hatte
Ewerbeck seine Aufgabe erfasst, beinahe sechs Jahre
lang hat er unermüdlich Materialien aus allen Teilen
der Niederlande gesammelt und in der Auswahl dea
Stoffes, in der sorgfältigen Art der Wiedergabe so-
wohl, als auch in der Erläuterung seiner Aufhahmen
und derjenigen seiner Mitarbeiter A. . Nmniieiater.
1} Oalland, Dr. O., Geschichte der holländischen Bau-
kaust und Bildnerei im Zeitalter der Renaissance, der natio-
nalen Blüte und des Klassicismus. Mit IHl Abbild. XII und ti3J.
Frankfort a/M. 1890.
Eteerbeek, Franx, Die Renaissance in Belgien und Hol-
land. Herausgegeben unterMitwirkung von Albert Neuueister,
Henri Leenw und Emile Mouria. 4 Blinde mit 384 Tafeln,
gross Folio. Leipzig, E. A. Seemann. M. 144 geb.
Kuutcswerbeblktt N. F. I.
E. Mouris und //. Leeuv^ ebensoviel historisch-
kritischen Sinn wie feine Empfindung ftlr den
künstlerischen Oehalt der Werke niederländischer
Renaissance bewiesen. Sein vier starke Bände um-
fassendes Werk, das schöne Ergebnis so hingeben-
den Fleisses und so eindringlicher Sachkunde, ist
trotz der stofflichen Beschränkung, die der Ver-
fasser aus praktiechen Gründen ihm auferlegt hat,
die beste Grundlage fUr das Studium der niederlän-
dischen Architektur und Dekoration im 16. und
17. Jahrhundert Im Vei^leiche zu dem grossen
und kostbaren unternehmen J. J. van Ysendycks,
zu den Documenta classes de l'art dans les Pays-
Bas (Anvers, seit 18S0 120 Lieferungen mit 7ÖU
Lichtdrucktafeln) erscheint das Werk Ewerhecks
in schlichterer Ausstattung, Aber einmal die einsich-
tige Beschränkung auf die charakteristischen Denk-
male der niederländischen Renaissance, dann die grosse
Anzahl sorgfältiger Detailaufnahmen, welche das Ver-
ständnis der konstruktiven Gliederung und der orna-
mentalen E^entUmlichkeiten so wesentlich fordern,
die Beigabe endlich erläuternder Textbogen, welche
D.
Entwicklungsgang und die
Lischen Renaissance zu rei-
iwärtägen.
Veilicli hat es damit auch
grossen Schwierigkeiten,
so T^e sich auch die
g;eschicbtliche Forschnng
em Gebiete der Malerei in
Niederlanden bewegt: der
mat und dem Kunstge-
', hat sie ihre Soi^e in bei
m noch nicht auareichnen-
dasse zugewandt Ich habe
früher an dieser Stehe
itgewerbeblatt I V , J ahrgang,
Seite 184 ff.) darauf hin-
tet und besonders berror-
len, dass namentlich für die
e der Baukunst in den Nie-
iden des ausgebenden 15.
les folgenden Jahrhunderts
sehr viel zu thun übrig
FQr die meisten nieder-
eben Landschaften fehlt es
ssenschafthch brauchbaren
hlungen und Bearbeitungeo
orbandenen Denkmäler, auf
1 deren es berechtigt wäre,
Iruppirung der Monumente
nehmen und den Entwick-
jaug in der Formensprachf
t&cksicbt auf ihre lokalen
ngen nachzuweisen. Bei
Q Mangel an verlasslicheii
beiten ist es denn auch
Wunder, wenn wir bei der
labl derer, die sich um die
s der Renaissance in den
rlanden seither bemüht
, widerspruchsvollen und
1 Meinungen begegnen,
die Prüfung und Berichti-
der unzutreffenden Dareiel-
1 der Renaissanceanfange io
Belgien und Holland hatte
es eine im vorigen Jahre
von mir herausgegebene
Schrift abgesehen, in der,
mfassenderen Arbeit, gleich-
it vrurde, die eigentflmlicbe
Formensprache wahrend der
DIE RENAISSANCE IN BELGIEN UND HOLLAND.
47
ersten Hälfte des 16. JahibuDderts im Umrisse gleich-
sam zu zeiclmen. ■) Seitdem Bind einige neue Studien
zur Fördenmg unserer Kenntnis der niederländischen
Renaissance zu Tage gekommen.
Auf die in Fachzeitschriften Teröffeutlichten Ein-
zeluntersuchungen will ich hier nicht eingehen.
Wohl aber erheischt es eine unlängBt erschienene
grosse Veröffentlichung von Georg Ualland, daSB wir
uns mit ihr des näheren beschäftigen. Georg Gal-
land, der an der königL Technischen Hochschule zu
Berlin als Privatdocent wirkt, hat sowohl durch eiue
im Jahre 1882 herausgegebene Darlegung der „Renais-
sance in Holland" in ihrer
geschichtlichen Haaptent-
wicklung, als auch durch
gdegentliche Aufsätze von
mannigfachen Studien auf
dem Gebiete der holländi-
schen Baukunst Zeugnis
abgelegt. Lehrreich waren
besonders seineUntersuchun-
gen über die holländische
Holzarchitektur. Nun hat
er seinen unermüdlichen
fleiss auf die Lösung einer
UBgemein schwierigen Auf-
gabe gewandt, indem er es
unternahm, eine ausfOhrliche
„GtsehickU der }wüändischen
Baukunst undBUdner^" nicht
nur „im Zeitalter der Renais-
sance", sondern auch im Zeit-
alter „der nationalen BlQte
und des Klassicismus" zu
schreiben. Seiner Mühe Er-
gebnis liegt uns in emem
ober 600 Seiten starken Grossoktavband mit tSl Ab-
bildungen im Tert vor, den Heinrich Keller in Frank-
furt am Uain verlegt hat.
Nicht der ganze dickleibige Band ist mit dieser
Geschichte der holländischen Baukunst und Bild-
nerei angefilUt: sie bildet nur den Inhalt der ersten
drei Ton den vier BQchem, in die das Werk zerfallt,
und das vierte Buch, das eine Kunsttopographie Hol-
lands enthält, umfasst allein Ober zweieinhalbhundert
Seiten. Gerade dieser kunsttopographische Teil lehrt
den Eifer Oallands um die Herbeischaffung und
Sichtung des Rohstoffes- zur geschichtlichen Darstel-
I) Beiträge zur Geschichte der dekorativen Skulptur in
den Niederlanden wShrend der ersten Hilft« des XVI. Jahr-
hunderts. 55 S. 8°. Leipzig. 1889.
Silberne Tisobgloeke »i
long schätzen. Galland bat sich an Urt und Stelle
eine vielumfassende Kenntnis der Kunstdenkmäler
aus dem 16, und 17. Jahrhundert erworben, viele
Monumente hat er eoi^ältig untersucht, den
Charakter ihrer Kunstweise zu analjsiren unter-
nommen, und in den Beobachtui^en, zu denen sie
ihn anregten, manche Probe fachmännischen Urteils
an den Tag gelegt. Auch in dem einschlägigen
Schrifttum hat der Verfasser weite Umschau ge-
halten, und nicht bloss im zunächstliegenden. Giebt
uns doch die ältere topographische Litteratur von
manchem verschwundenen Werke der Baukunst will-
kommene Kunde. Freilich
nicht immer schmecken die
Citate dee Verfassers nach
der Quelle. Wie wäre es
auch bei der Ausgedehnt-
heit des Forschungsgebietes
dem einzelnen mSglich, in
jedem Falle zu den ersten
Quellen niederzusteigen 1 Wo-
mit aber ISsst es sich ent-
schuldigen, wenn wir finden,
dass der Verfasser über den
Urheber nicht nur einer der
wichtigsten , sondern auch
einer der bekanntesten Quel-
lenschriften zur niederländi-
schen Kunstgeschichte, über
Lodovico Guicciardini, den
er den „Thucydides Italiens"
nennt (S. 65), nicht orientirt
ist? Doch das nur nebenbei.
Wenden wir uns zu Gal-
lands Geschicbtserzahlung
„von der Zeit des Ühei^jangs"
bis zu der „des Niedergangs", das heisst von der Mitte
des 15. bis zum Beginne des 18. Jahrhunderts. Wie
es bei einem Buche, das nicht nur dem Forscher
nützlich, sondern auch dem Laien ergötzlich zu
sein wünscht, nicht ohne einleitende kulturge-
schichtlicbe Apercus abzugehen pflegt, so hat sich
auch Galland der „populären Tendenz" (S. VII] seines
Buches zu liebe veranlasst gesehen, bei der Glie-
derung seiner Arbeit nach Gesichtspunkten, welche
der politischen Geschichte entnommen sind, allgemein
gehaltene kulturgeschichtliche Einleitungen den ein-
zelnen Kapiteln vorzusetzen. Gewiss zeugen diese
den al^emeineu Kulturgrad innerhalb bestimmter
Epochen schildernden Einleitungen von vielfaltiger
Belesenheit und machen den Leser vertraut mit einer
(EWEKBECK.)
48 DIE RENAISSANCE IN BELGIEN UND HOLLAND.
Menge interessanter Dinge, — aber lenken sie nicht Denn dass Galland bei der Schilderung d
auch die Aufinerksamkeit ab vom Kaheliegenden, renaiasance Hollands nicht ausging von
von - — ■ ■
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^andel
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wel-
M be-
ll Kkaipea. Aus Eweb
« In Belgien und HollkDd. (VerUelncrl.)
lieh. Immerhin hätte sich manches anfQhren lassen, — handelt, ist ohne Zweifel reich an zutreffenden Be-
vieles sogar, ^renn der Verfasser sein Gesichtafeid obachtungen; wir erfahren von der nachwirkenden
nicht ausschliesslich auf Holland eingeschränkt hätte, Kraft des Naturalismus, Ton der Nachblute der
DIE RENAISSANCE IN BELGIEN UND HOLLAND.
Gotik, wir werden auch belehrt Ober die Art, wie
die Elemente italienischer Formenwelt sich Eingang
schaffen in die überlieferte Weise, und dennoch
sehen wir nicht recht, wie und wann es kam und
wurde, daes eich die Renaissance in Holland zu einem
reinerem Stile abklärte. Dass dem so ist, liegt wohl
zum grossen Teile an der Oekonomie des Bnches.
weiter der Wohnungsbau zur Sprache und so fort:
„Kleinarchitektur" (Kamine — Mobiliar — kirch-
liches Geräte — Grabmäler u. s. w.) und bildne-
rische ThStigkeit. Aber so verschiedenartige Dinge
wie der Kamin aus dem Kastell zu Bergen op
Zoom und Werke, die etwa vierzig Jahre später in
weit fortgeschrittenerem Stile geschaffen wurden,
n Oent. Ans Ewerdeces R«D*U«ance In Belgien und Holl&nd. (VerkUinert.)
GaUands erstes Buch, das „die Zeit des Über-
gangs" zur^klassischenFrQhrenaissance" zum Gegen-
stände hat, zerfällt in acht Kapitel, welche den weit-
schichtigen Stoff gegenstämllkli einteilen, nicht nach
historischen oder besser nach Phasen der stilistischen
Entwicklung. Also handelt zum Beispiel ein Kapitel
Ober den Festungsbau und die Kastelle der Edelleute,
das zunächst folgende über die kirchliche Bauthä-
tigkeit, dann kommen die Öffentlichen Protanbauten,
gehären nicht in ein und dasselbe Kapitel, wenn es
gilt, die allmähliche Umbildung des Stiles zu er-
zählen. In den späteren Büchern tritt ein histo-
rischer Ordnungssinn weit besser hervor und Gallands
Darstellung der holländischen Baukunst seit der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis zur Neige
des 17- wird von jedem, der den Dingen femer
nachgehen will, mit vielem Nutzen zur Hand ge-
werden. Auch die Charakteristik der Stil-
DIE RENAISSANCE IN BELGIEN UND HOLLAND.
phaaen in der Architektur imd im Kunstgewerbe ist
in diesen Teilen eine im allgemeinen zutreffende zu
Silberner Becber im Rittheas zu Kimpen. (Gukrbeck.)
nennen. Im einzelnen giebt es freilich des Strittigen
genug, aber das fällt doch zumeist den geringen Vor-
arbeiten, die sich der Autor zu nutze machen
konnte, zur Last. Dass auch hinsichtlich der Voll-
ständigkeit vieles geleistet ist,' das bemerkten wir
bereits oben, als wir auf den verdienstvollea kunst-
topographischen Teil de.s Werkes hindeuteten. Alles
in allem können wir Gallands Werk als eine nfitzl icke
Vorarbeit empfehlen, wir würden es rückhaltloser thuQ,
wenn sie gleich auf ihrem Titel als solche von dem
Verlasser wäre bezeichnet worden, und nicht ab eine
„Geschichte" ein Versprechen machte^ das in wissen-
schaftlich befriedigender Weise einzulösen, unter den
Berufenen heutzutage noch keiner recht vermöchte. —
Nach dieser Abschweifung kehren wir zu Ewer-
beck zurück. Li der Auswahl von Gegenständen
der Baukunst und des Kunstgewerbes aus Belgien
und Holland hat sich Ewerbeck im wesentlichen tod
kiinstleriaciien und jn-aktischen Gesichtspunkten leiten
lassen. Seine Sammlung sollte gewiss auch dem
Forscher auf dem Gebiete der niederländischen Kunst-
geschichte eine nützliche Handhabe sein. Ungleich
mehr aber 1^ ihm die Rücksicht auf die Bedürf-
nisse des vorbildsuchenden Architekten und Kunst-
handwerkers am Herzen.' Aus diesem Grunde liess
er eine Anzahl von Denkmälern ausser acht, welche
als Beispiele einer stilistisch noch unabgeklärten
Kunst den ästhetischen Sinn kaum belriedigen, die
jedoch für den Kunsthistoriker von ausserordentr
liebem Interesse sind. Denkmäler dieser Art smd
für die Geschichte der Anfänge der Renaissance in
den Niederlanden von der grössten Bedeutung. Wir
begegnen ihnen auf allen Gebieten künstlerischer
Bethätigung, in den zeichnenden Ktlnsten sowohl
wie in den bildenden. In ihnen geht organische
Unreife mit dekorativer Überreife einen phantasti-
schen Bund ein. Sie sind die Herolde eines bald
allgemein werdenden Umschwunges in der Formen-
sprache; sie bringen die Renaissancebewegung in
Fluss und lassen uns eine Zeitlang im Zweifel Über
die GrundzUge der stilistischen Entwicklung.
War auch die Gotik zu Anfang des 16. Jahr-
hunderte als System fertig, so bat sich doch nooli
auf lange hin ihr Dasein verschleppt In den
dreissiger, sogar in den vierz^er Jahren des 16. Jahr-
hunderts sind in der Architektur und auch in den
dekorativen Künsten Werke spätgotischen Stils
durchaus keine Ausnahmen. Im Omamentalen lebU
eine naturalistische Richtung, welche seit der Mitte des
15. Jahrhunderts sich so mächt^ entwickelt hatte, dass
sie als eine „Renaissance" auf eigene Faust, lUs eine
Verjüngung der nordischen Phantasie am Jogend-
bronnen der Natur erscheint, welche mit dem Um-
schwünge jenseits der .\lpen gar keine Beziehungen
DIE RENAISSANCE IN BELGIEN UND HOLLAND.
51
hat Wenn ich hier an die Malerei seit den Ge-
brüdem van Eyck im allgemeinen und an die
Miniatarmalerei im besonderen erinnere, wie sie in
den südlichen Provinzen der Niederlande und in dem
burgundischen Nachbarlande während des 15. Jahr-
hunderts geübt wurde, so weise ich auf sehr nahe
liegende Beispiele hin, welche sehr gut die Selb-
ständigkeit dieser „modernen" nordischen Phantasie-
richtung bezeugen.
Aber vielleicht wird von manchem dieser autoch-
thone Trieb in der Kunst diesseits der Alpen gegen-
wärtig etwas zu auffällig in den Vordergrund der
Betrachtung gertickt, wenn es gilt, den Beginn der
Renaissance in Frankreich oder in Deutschland und
in den Niederlanden zu schildern. Wenn der Hin-
weis auf diese nordische Selbständigkeit mit einem
herzlichen Bedauern über das Eindringen der frem-
den welschen Formen schliesst, dann ist das gewiss
eine etwas voreilige Nutzanwendung der jetzt so
beliebten Lehre vom Nationalitätsprinzip in der
Kirnst. Solch retrospektiver Chauvinismus gehört
zu den jüngsten Erscheinungen der Kunsthistorie.
Er hat auch die Erkenntnis der Renaissance in den
Niederlanden zu trüben versucht, indem er jene
selbständige Strömung der Reuaissancebewegung,
welche die naturalistischen Traditionen des 1 5. Jahr-
hunderts weiterführt, allzusehr in das Yordertreffen
schob.
Aber diese Richtung war im ersten Drittel des
16. Jahrhunderts denn doch mcht so mächtig, dass
sie die Einwirkung der italienischen Formenwelt
hätte überwinden können, imi in stetiger Entwick-
lung überzuleiten zur echt national gefärbten Renais-
sanceströmung seit den vierziger Jahren. Denn die
nationale Richtung hätte sich nicht bilden können
ohne das Interregnum jener naiv italienisirenden
Stilrichtung, welche überall diesseits der Alpen als
das hervorstechendste Merkmal der Frührenaissance
erkannt wird. Entstanden doch auch bald innerhalb
der aus tastenden Versuchen hervorgegangenen und
in naiven Anlehnungen an die Formenwelt Italiens
sich gefallenden Strömung der Frührenaissancenament-
hch in den dreissiger Jahren eine grosse Menge
überaus reizvoller und stilistisch mustergültiger
Werke, besonders auf dem Gebiete der dekorativen
Plastik. Ewerbeck hat diesen Werken grosse Auf-
merksamkeit zugewandt und das Beste in meist wohl-
gelungenen Aufnahmen aus allen Landschafben der
Niederlande zusanmsengetragen. Nicht minder um-
sichtig ist die Wahl von Gegenständen der späteren
Zeit erfolgt.
Der naiv italienisirende Stil der Frührenaissanee
hat sich nicht weit über die vierziger Jahre des
16. Jahrhunderts behauptet, mit der Herrschaft über
die fremden Ziermittel begann sich einesteils der
Drang nach volkstümlich selbständiger Schöpfung,
nach Hervorkehrung des eignen Wesen mächtig zu
regen und andemteils brach sich eine streng klassi-
sche Strömung Bahn. Beide Richtungen laufen eine
Zeitlang ziemlich unabhängig neben einander her,
bis sie zu Beginn des 17. Jahrhimderts sich einander
so nähern, dass bald aus ihrer Verbindung eine viel-
fach eigenartige Dekorationsweise entsteht.
Der Dekorationsstil in den Niederlanden bis um
die vierziger Jahre des 16. Jahrhunderts hatte sich
vorwiegend in den Grenzen des Flachreliefs gehalten;
er verwendet das vegetabile Ornament; als häufigste
Zierglieder beobachten wir Baluster, Pilaster, Me-
daillons, Putten, Delphine, endlich Trophäen und
vereinzelt auch Grottesken. Die neue, im volks-
tümlichen Naturalismus der Vergangenheit wurzelnde
Umbildung des Stiles seit den vierziger Jahren
huldigte ganz anderen Idealen. Die neue Richtung
geHLllt sich in derber plastischer Hervorhebung der
dekorativen Gliederungen; der vegetabile Schmuck
wird lebensvoll, naturalistisch behandelt, er kommt
eigentlich erst recht zur Geltung. Der Kreis der
italienischen Zierformen hat sich erweitert. Der
figürliche Schmuck gewinnt eine erhöhte Bedeutung.
Putten, gelegentlich auch Tierbildungen genügen
nicht mehr: Fabelwesen aller Art und Gattung in
natürlicher und phantastischer Bildung beginnen in
der Ornamentation eine wichtige Rolle zu spielen.
Die Karyatiden, die Masken werden ausserordentlich
häufig. Das Roll- und Beschlagwerk, die Kartusche
und Maureske treten hinzu.
Fast gleichzeitig mit dieser neuen Formen-
sprache, als deren Hauptvertreter Comelis Floris
gelten kann, arbeiten eine Anzahl in Italien gebil-
deter Architekten an einer wichtigen Reform im
streng klassischen Sinne. Ihr Hauptziel ist der
Wohllaut der Verhältnisse in der Architektur. Da-
bei wird die Fülle des omamentalen Details einge-
schränkt und die Formen ernüchtern.
Ewerbecks Aufnahmen von Werken der vor-
geschrittenen Renaissance bis zum Ausgang des
Klassicismus im 17. Jahrhundert sind vollständig
ausreichend, um einen Einblick in aUe Wandlungen
zu gewähren. Sie umfassen auch mit gleicher
Sorgfalt Werke der Architektur wie des Kunst-
handwerks. Auf einzelnes einzugehen müssen wir
uns bei der Überfülle des Gebotenen versagen, um
52
DER GOLDSCHMIEDE MERKZEICHEI^.
so mehr, als wir bereite früher ao dieser Stelle An- welche diesen Znileii eingedruckt sind, geben tod
läse genommen hatten, auf das grosse Verdienst der geschmackvollen Soi^amkeit der Aufnahmen
des Werkes fflr den Klinstier sowohl wie für For- eine bessere Vorstellung, als lobende Worte es ver-
scher eindringlich hinzuweisen. Die Abbildungen, möchten. Ä. GRATJL.
n WeinbftDB in ZUtpben. Ans Eweriieces ReDailaance in Belgien und Holland. (Vmkleinert.)
DER GOLDSCHMIEDE MERKZEICHEN.
I AS Buch von Jiasenhtrg '), seit
I Jahren erwartet und nun in statt-
I liebster Form vor uns liegend,
bezeichnet einen wichtigen Ab-
I schnitt in unserer Kenntnis vater-
I landischer Kunst Das Gebiet des
Buches geht allerdings weit fiber Deutschland hinaus,
es giebt in umfassender Weise die Erklärung von
mehr als 2000 „Merkzeichen" jener als Silberstempel
oder Silbermarken bekannten Zeichen aus der Qold-
schmiedearbeit aller Kulturländer, aber als sein be-
deutsamstes und wahrhaft glänzendes Ergebnis haben
wir doch zu betrachten, dasa es im Anschluss an die
verbtirgten Zeichen den Anteil deutsehen flandwerk-
fleiases an der Arbeit in Edelmetall im weitesten
Umfange feststellt.
Wir alle wissen, wie langsam sich selbst in den
Kreisen der Sammler und Fachmänner die Erkennt-
nis von der Eigenart der heimischen Kleinkunst zur
Zeit der Renaissance Bahn gebrochen hat. Bis zur
Mitte unseres Jahrhunderts suchte man die beson-
deren Lebenaäuaserungen deutschen Geistes lediglich
in der kirchlichen Kunst des Mittelalters, an welche
man die Meister der Eeformationszeit, Dttrer und
Holbein, nur eben noch anzureihen sich erlaubte.
Schliesst doch auch Lotz noch im Jahre 1862 seine
1) MarP liogenbarg. Der Goldschmiede Merli7,eiclien.
gr. ö. 582 Seiten. Fraiilrfurt a. M.. Keller.
Kunsttopographie Deutschlands mit dieser Periode
ab. Was diesseits derselben lag, galt als ein Ab-
glanz italienischer Kunstweise, nicht würdig ernst-
hafter Betrachtung. Die nationale Bewegung seit
dem Jahre 1870 hat der allgemeinen Wertschätz-
ung der deutschen Renaissance und Folgezeit zu
glänzendem morahschem Siege verholfen, aber der
freundlichen Gesinnung fehlte die Unterl^e wissen-
schaftlicher Erkenntnis. Innerhalb der Architektur
war der Besitzstand verhältnismässig klar, innerhalb
der Kleinkunst war der Umstand, dass ein Gerät
sich in deutschem Besitz be&nd, keinesw^ enir
scheidend för seine Herkunft. In der Architektur
hat der Lokalpatriotismus eher zu viel fflr heimiBche
Meister in Anspruch genommen, 80 dass die For-
schung mancherlei den vom Auslande berbemfeDen
fremden Meistern wieder gutzuschreiben hat; bei
den Besitzern der kleinen Kunstwerke haftete da-
gegen merkwürdig lange, ja zum Teil bis in unsere
Tage hinein, die alte Vorstellung, dass eine Arbeit
italienischer oder französischer Herkunft wertvoller
sein müsse als eine deutsche, und man konnte siob
nur schwer zu dem Zugeständnis entschliessen, da«
ein Kruzifix nicht von Michelangelo, eine silberne
Schüssel, eine Prunkrltetimg nicht von Benvenuto
Gellini sein solle. Wenn wir auch darüber unt«^
richtet waren, dass gerade zur Zeit Cellini'e der
Ruhm deutscher Goldschmiede und Waffenschmiede
''T^^^r^-K^':^^--.
ä
DER GOLDSCHMIEDE MERKZEICHEN.
53
weit hinein in das Ausland gedrungen war, so blieb
doch für unsere Tage der Glanz jener Namen rer-
blasst; allenfalls mochte man den Ruhm von Nürn-
berg und Augsburg imd einen einzelnen Namen,
wie den Wenzel Jamnitzers, als vollwichtig aner-
kennen.
Und doch boten die Silberschmiedearbeiten an
eigenem Leibe den vollgültigen Beweis ihrer Her-
kunft. Fast jedes Stück von der Reformationszeit
an — darüber zurück sind nur geringe Spuren der
Bezeichnung nachweisbar — trägt ein oder gewöhn-
lich zwei Zeichen, kleine runde Felder mit dem
Punzen eingeschlagen; auf der vertieften Fläche
stehen erhaben Buchstaben, Zahlen, Wappenzeichen,
Hausmarken, kleine Tier- oder Pflanzenfiguren, alle
deutlich erkennbar als Merkzeichen ihrer Herkunft,
nur in seltenen Fällen ohne weiteres verständhch,
aber augenscheinlich sämtlich keine vnllkürlichen,
sondern nach bestinounten Normen aufgeschlagene
Abzeichen. Wenn man bedenkt, mit welchem Feuer-
eifer die ganz verwandten Marken auf den Töpfer-
geschirren gesammelt und bearbeitet sind, so bleibt
es fast unverständlich, wie man dem so unendlich
viel wichtigeren Material der Silberschmiedezeichen
erst so spät und in so ungenügender Weise seine
Aufinerksamkeit zugewendet hat. Auch das Aus-
land, England und Frankreich, welches allen eigenen
Erzeugnissen eine sehr nachahmenswerte Vorliebe
entgegenbringt, ist uns auf diesem Wege nicht weit
voraus. Das erste Werk über die englischen Marken
von Chaffers ist 1863 (seitdem in sechs Auflagen),
das noch eingehendere von Gripps 1878 erschienen;
bei der aktenmässig feststellbaren, sehr genauen Eon-
trolle der Londoner Silberschmiedshalle haben sich
diese hall-marks mit grosser Sicherheit bestimmen
lassen. Für Frankreich ist die Arbeit noch keines-
wegs abgeschlossen, die betreffenden Werke von
Chaffers und von Eudel 1884 geben zumeist nur die
Marken von Paris und auch hier mit Sicherheit nur
die zeitbestimmenden Kontrollmarken. Von den
kleineren Staaten ist nur Dänemark durch Nyrop
durchgreifend bearbeitet.
Die grosse Lücke in dieser Litteratur, betreffend
die Kunst deutscher Silberarbeit blieb bestehen. Für
die Unsicherheit, welche auf diesem Gebiete herrschte,
ist nichts bezeichnender, als dass selbst b^i Kugler
in seinem vortrefflichen Katalog der Berliner Kunst-
kammer 1838 die Kenntnis nicht über die Zeichen
von Nürnberg und Augsburg hinausgeht, und dass
diese Angaben bis nach 1870 die einzigen in der
bezüglichen Fachlitteratur blieben. Wenn wir jetzt
Kunstg«werb«blatt. N. F. I.
bei Bosenberg die sicher gelesenen Zeichen von
93 deutschen Städten vor uns haben, so ist hieran
der Weg zu ermessen, den das Studium seitdem
zurückgelegt hat. Die wichtigsten Stufen auf diesem
Wege boten die Ausstellungen älterer Kunstwerke,
die sich seit 1870 in raschester Folge in allen
grosseren und kleineren Städten Deutschlands
wiederholt haben. Wenn auf einer Ausstellung in
Dresden und Leipzig Hunderte von Stücken alten
Silbers, zum Teil mit ausfbhrlichen Widmungs-
inschriften, aus allen Städten Sachsens zusammen-
strömten, so konnte es nicht lange zweifelhaft
bleiben, dass der Stempel mit L Leipzig, der mit
D Dresden, das F Freiberg bezeichnen. In der-
selben Weise ging es in allen Teilen Deutschlands.
Die neueren Kataloge grösserer Silberschätze, wie
die sehr verdienstlichen Arbeiten von Leitner über
die Wiener Schatzkanuner (1882), von Erbstein
über das Grüne Gewölbe (1884), von Luthmer über
die Silberkannner m Darmstadt (1884), konnten schon
ernstlich mit diesen Kenntnissen arbeiten, aber was
sich hiermit an Erfahrungen einheimsen liess, blieb
doch immer unsicher, da die gegenseitige Kontrolle
fehlte; ein Bild von dem ungefähr Erreichbaren giebt
die Liste' in Ilgs Geschichte der Goldschmiedekunst
(Bucher, Geschichte der technischen Künste), der
für eine lange Reihe von Städten jedesmal mit einem
Buchstaben oder einer Wappenskizze oder auch nur
einer Beschreibung das Beschauzeichen angiebt. Wenn
man nun vergleicht, dass Ilg für Augsburg nur eine
einzige Form des Pinienzapfens, und noch dazu in
einer willkürlichen Zeichnung, Rosenberg dagegen
89 verschiedene Formen dieses Zeichens im Faksimile
und mit genauer Zeitbestimmung angiebt, so erhellt
dies wohl am schlagendsten den langen Weg, den
wir noch zurückzulegen hatten, und das weit vor-
geschobene Ziel, zu dem uns Rosenberg geführt hat.
Die Zahl der Spezialarbeiten, welche Rosenberg
hatte benutzen können, war für Deutschland nicht
gross; für Strassburg hatte das Buch von Hans Meyer
(1881), ftir Emden das Buch von Starcke und Kohl-
mann (1880) Licht geschaffen. Die ausführlichste
Arbeit auf diesem Gebiete, die von OruU über Wis-
mar, hatte Rosenberg nicht mehr benutzen können.
Für Nürnberg lagen wichtige Beiträge von Bergau
und Stockbauer vor.
Wir hatten durch die Veröffentlichung Stock-
bauers über die alten Goldschmiedearbeiten von Nürn-
berg (Kunst u. Gewerbe 1878) zuerst ein klares Bild
von dem gewonnen, was die Silberzeichen wollten.
Es kam darauf an, dem Käufer eine Sicherheit
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A
DER GOLDSCHMIEDE MERKZEICHEN.
Güte und Vollwertigkeit der Arbeit zu geben.
ladt selbst nabm die Angelegenheit in die
sie hatte ein Schauamt, der beauftragte Be-
ier Wardein, versah jedes Stück mit dem N,
tädtischea Stempel, nachdem er sich vorher
wiseheit von der Güte der Arbeit verschafft
Seit 1541 besteht hierfür eine vollständige
•ig. Sie beginnt damit, dass jeder Meister
isonderes, von dem anderer Meister „sichtlich
aterschiedlich erkenntliches" Zeichen haben
durch welches er die persönliche Gewähr fUr
flck übernimmt Diese Zeichen werden zur
itellung für die beiden weiter in Betracht
mden Stellen auf zwei Bleiplatten eingestampft
inau mit Tauf- und Zunamen des Meisters ge-
— die Anfange der, modernen Schutzmarkea-
r. Das fertige Stück wird dann -zunächst den
rorenen Meistern, also einer BehSrde der Innung,
ihverständigen unterbreitet, dieselben „stechen"
ück mit einer Zackenlinie, versehen es mit
BegUubigung in Form eines Wachsstempels
imn erst stempelt es der Wardein mit dem
iicben ab. Das Wachszeichen verschwindet,
lokenlinie bleibt an einer versteckten Stelle,
in setzt sich der Wardeinstempel, also hier das
ben den Meieterstempel, zumeist in gleicher
und leicht auffindbar. Verwandte Vorschrif-
itehen in Augsburg seit 1539; ähnliche Qberall,
jllig gleich sind sie nach der guten deutschen
nheit natOrlicb nicht; ein Städtchen wie Schwa*
das eine Stunde von Nürnberg li^, wendet
515 nach Dresden um Abschrift der dortigen
lg! Die erwähnte eingestochene Zackenlinie,
/^Ochsenzeichen" ist nicht allgemein eingeführt,
Qcheu Stellen fügt man in das städtische Be-
eichen Zahlen oder Buchstaben ein, welche
hr der Abstempelung bezeichnen; an einigen
wie Nürnberg behält das Beschauzeichen un-
ert seine Gestalt, während Augsburg wie er-
im Lauf der Jahre 89 Varianten seines Pinien-
i aufweist; in Rosenbergs Liste hat Hamburg
;sden51, München 18, Leipzig 26, Lüneburg 19,
23 Zeichen u. a. w.
I kann gar nicht dankbar genug anerkannt
I, mit welcher Genauigkeit Rosenberg grade
vnchtigsten Abschnitt seiner Arbeit durchge-
laL Selbst diejenigen unter uns, welche der
hmiede Merkzeichen etudirten, begnUgteu
amit, ein bekanntes Städtezeichen als solches
wicbnen; Rosenberg hat; dagegen alle von ihm
ommenen Stempel, und es sind nicht weniger
als 10000 im Faksimile aufgenommen und dadorch
eine Gliederung des Materials geschaffen, die völlig
neu ist Die Gewandtesten unter uns wussten etwa
von den Augsburger Stempeln zu sagen, welche ünen
älteren und welche, einen jüngeren Charakter hatten,
jetzt aber ist jeder, der auf diesem Gebiete arbeitet;,
genötigt, jeden Stempel genau auf seine Einzelheiten
zu prüfen, und mit Bosenbergs Buch in der Hand
wird man nahezu alle zumeist vorkonunenden Stempel
ohne weiteres mit seiner Registerzahl bezeichnen
können.
Übrigens war es zur Herstellung dieser wichtigen
Typen keineswegs mit dem blossen Abzeichnen ge-
than, viele Stempel sind schlecht ausgeprägt oder
verrieben, erat aus der Vergleichung[ eines sehr grossen
Materials liess sich der wirkUcbe Typus gewinnen,
der in dem Buche in vergrösserter Gestalt klar und
scharf dargestellt ist.
Im Buche steht Deutschland voran, innerhalb
dieses und innerhalb der anderen angereihten Lüider
sind die einzelnen Städte alfhabetiaeh geordnet Inner-
halb jeder einzelnen Stadt ist eine möglichst genaue
AtstomcAe Folge angestrebt Zunächst sind die Be-
achauzeiehen der Zeitfolge nach geordnet, dann die
Meisterzeichen.
Hier setzt die zweite fast noch schwierigere
Frage ein. Für die Lesung der Meisterzeichen geben
uns in denjenigen seltenen Fällen die Stücke sdbet
Aufschluss, in denen der Meister mit besonderem
Stolz seinen Namen eingegraben hat Im übrigen
ist man darauf angewiesen, die Zeichen mit den etwa
erhaltenen Notizen über zünftige Meister der be>
treffenden Stadt in Einklang zu bringen. Dies ist
überaus schwierig, da es erstens keineswegs feststeht,
dass sich ein Meister sein Lebelang immer nur des-
selben Punzens bedient hat, und da zweitens die
Meisterschaft und auch die Vornamen in den Fami-
lien weitererbten. Etwas genauere Angaben, wober
dem Verfasser die Kenntnis der zugeteilten Namen
kommt wäre wohl erwünscht gewesen.
Jedenfalls müssen wir auch für diese Frg^en die
ausserordentliche Genauigkeit in der Wiedergabe der
Stempel dankbarlichst anerkennen; man wird vielfach
die wiederkehrende Kombination derselben Buchstaben
lediglich an den kleinen ÄusserUcbkeiten der Strich-
führung unterscheiden können.
Wie weit Hosenberg bei der Zuteilung des Mei-
sters das Richtige getroEFen hat wird natürlich wei-
terer Nachprüfung vorbehalten bleiben mflssen. Mate-
rial fttr eine solche giebt Rosenberg selbst, indem er
bei allen wichtigeren Marken aus guter Zeit die ein-
DER GOLDSCHMIEDE MERKZEICHEN.
55
zelnen Werke, gelegentlich zwanzig bis dreissig^ auf-
itihrt, welche ihm mit der betreffenden Marke be-
kannt geworden sind und zwar jedesmal mit genauer
Angabe der Litteratur über dieselben, besonders der
Abbildungen. Somit wächst dieses Markenbuch zu
einer Art von Generalverzeichnis der uns erhaltenen
deutschen Goldschmiedearbeiten. Wie kolossal dieser
Besitz und wie kolossal zugleich die Arbeit war, den-
selben nach den Meistern zu ordnen, mag das Bei-
spiel der Hauptstätte deutscher Silberarbeit, Augsburg
zeigen. In dem Buche haben wir unter Augsburg
360 einzelne Merkzeichen^ davon sind
InBchriften 7
Beschauzeichen 89
Meisterzeichen 264.
Auf diese Meisterzeichen ent&llen aber nicht weniger
als 1203 Stücke^ welche einzeln aufgeführt sind.
Auf diese Weise sehen wir die Lebensarbeit der
alten Meister in überraschender Weise aus dem weit-
hin versprengten Gute mosaikartig sich wieder zu-
sammensetzen; wir sehen, wie sie einzelne Formen
und Geräte mit Vorliebe gebildet, die leeren Namen
der alten Zunftrollen wachsen zu künstlerisch greif-
baren PersönUchkeiten empor.
NatürUch hat bei der Aufzählung der erhaltenen
Arbeiten eine grosse Beschränkung walten müssen.
Bosenberg hat von seinem Material nur 2000 Stempel
veröffentlicht, dieselben umfassen gegen 4000 Gegen-
stände; es ist also mehr als die Hälfte des gesam-
melten Vorrates von 10 000 Stempeln beiseite ge-
schoben. Zumeist werden bei dieser Aussonderung die
minderwertigen Stücke betroffen sein. Aber leider
hat Rosenberg, dem Einschränkungen geboten waren,
auch alle diejenigen Stempel fori^elassen, für welche
ihm keine Erklärung zu Gebote stand. Hier ist der
einzige Punkt, in welchem ich mit dem Verfasser
nicht ganz einverstanden bin. Eine Tabelle der nicht
bekannten Zeichen, wenigstens der Städtezeichen
hätte die wichtigste Grundlage für die Weiterarbeit
gegeben. Aber wir wollen uns damit trösten, dass
dieses vortreffliche Buch, welches für absehbare
Zeit die Grundlage fQr das Studium der deutschen
Goldschmiedekunst bilden muss, unter allen Umstän-
den weiterer Nachträge bedarf. Jetzt erst wird es
möglich sein, dass an allen Stellen in Deutschland
Kunstfreunde sich darum kümmern^ was in ihren
Kirchen und Gewerkstuben an gestempeltem Silber
vorhanden ist, zweifelhafte Zeichen werden bestätigt
werden, andere Städte, welche fehlen, werden sich
nennen, ich erlaube mir zunächst Rostock mit einem
gotischen V im 16. und einem R im 17—18. Jahrb.,
sowie Stralsund mit den ,drei Strahlen^ anzumelden.
Für diesen Behuf möchte ich mir die bestimmte Bitte
erlauben^ dass Rosenberg zunächst im Kunstgewerbe-
blatt aus seinen Sammelmappen die nicht erklärten
Städtezeichen abdrucken liesse. Erklärungen und Bei-
träge werden dann sicher nicht ausbleiben. Die Auf-
merksamkeit aller deutschen Fachmänner ist seit Jahren
auf Rosenbergs Sammelarbeit gerichtet. Rosenberg
hat in seiner Vorrede freundlichst der ungewöhnlichen
Hilfe, welche ihm von dem Herausgeber dieser Zeit-
schrift, sowie mannigfacher Unterstützung gedacht,
die ihm von Leitern der Kunstsammlungen zu teil
geworden ist, aber diese haben ihrerseits allen Grund
zu erklären, dsss bei allen Katalogisirungsarbeiten
der letzten Jahre sie auf den Vorarbeiten von Rosen-
berg gefusst haben, der jeder Zeit bereit war, aus
seinem noch nicht veröffentlichten Material ftir zweifel-
hafte Fälle die Erklärung zu geben.
Es kommt also darauf an, dass gemeinsam weiter
gearbeitet werde. Noch bleibt mancherlei zu thun
übrig. Noch sehr wenig konnten die grossen Massen
des im Auslande zerstreuten Silbers deutscher Her-
kunft benutzt werden. Von dem grössten Schatze
dieser Art, dem Silberschatz in der Orushenaja Palata
zu Moskau konnte der Unterzeichnete seine Notizen
zur Verfügung stellen, aber eine wirkliche Übersicht
wird sich doch erst erzielen lassen, wenn der Direktor
der Sammlung, Herr Filimonow, seine höchst sorgsam
vorbereitete Publikation mit Faksimiles aller Marken
erscheinen lässt. Ganz unvertreten ist noch die Sil-
berkammer in Florenz mit ihren vorwiegend deutschen
Arbeiten, ebenso das historische Museum und das
Skokloster in Stockholm, selbst die wenigen, aber
wichtigen Stücke des Louvre. Alle diese Nachträge
sind jetzt verhältnismässig leicht, da man ziemlich
sicher sein kann, die ganz überwiegende Menge auf-
tauchender Marken einfach mit der Zahl von Rosen-
berg bezeichnen zu können. Höchst verdienstlich
sind für diese Aufsuchearbeiten die sehr sorgfaltigen
Register in leicht übersichtlicher Anordnung des an
sich recht sperrigen Materials.
Wir haben in diesem Berichte bisher nur von
Deutschland gesprochen, aber hier liegt auch der
Schwerpunkt, ja die eigentliche Bedeutung des Buches.
Deutschland steht in dem Buche mit 93 Orten
und 1734 Zeichen voran. Rechnen wir noch dazu
Osterreich mit 12 deutschen Städten und 95 Zeichen
sowie Riga mit 36 Zeichen, so bleibt für das Aus-
land von den 2000 Marken nur ein bescheidener
Bruchteil, grade genug um den Sammler die ersten
Handgriffe zu geben und ihn für spezielle Studien^
8*
1
56
KLEINE MITTEILUNGEN.
besonders von England und Frankreich, auf die be-
sonderen Quellen zu verweisen. Immerhin bleibt
auch das Ergebnis f&r das Ausland, besonders Belgien,
Holland, Russland, Italien, wichtig genug, da zunächst
andere Quellen ftir die Kenntnis dieser Länder über-
haupt nicht vorhanden sind.
Wie dieses stattliche, auch in seiner Ausstattung
sehr tüchtige Buch vor uns liegt, ist es ein ernst-
licher und grosser Gewinn im Gebiete unserer Kunst-
Utteratur; es wird den Sammeleifer und die Liebe für
deutsche Arbeiten heben und wird auf lange hinaus
eines der glänzendsten Dokumente von der Arbeit
des deutschen Volkes auf dem vornehmsten Gebiete
der gewerblichen Künste, dem edlen Handwerk der
Goldschmiede bleiben. Der deutschen „Goldschmiede
Merkzeichen", wie Bosenberg sein Buch in Wieder-
aufnahme des guten alten Wortes genannt hat, sind
nunmehr ein lebendiges Glied der modernen Kunst-
wissenschaft.
JULIUS LESiSIXG.
KLEINE MITTEILUNGEN.
P. Stuttgart, — Der Jahresbericht des [Vürttembei-yi'
scfieti Kunstgewerheverdns für 1888 zeigt den Verein in steti-
ger Entwickelang begriffen. Hat sich auch die Zahl der
Mitglieder um einige vermindert, so hat das Leben im Verein
doch frisch und leb)^aft pulsirt. Die Ausitellungshalle weist
auch im Berichtsjahr erfreuliche Resultate auf: ausser dem
regelmässigen Besuch der Mitglieder zählte man 3193 fremde
Besucher. Im September 1888 wurde eine Konkurrenz fQr
ausgeführte dekorative Holzarbeiten ausgeschrieben, welche
sich auf solche Arbeiten in Holz bezog, welche [durch Be.
Stimmung und Ausstattung sich als kunstgewerbliche Er-
zeugnisse darstellen. Der Erfolg — 218 Arbeiten liefen ein
— war ein überraschender, so dass eine anderweite Ver-
teilung der ursprünglich geplanten Preise vorgenommen wer.
den musste. Der Verein zählt z. Z. 005 Mitglieder. Gleich-
zeitig mit dem Jahresbericht hat der Verein wie in früheren
Jahren eine sehr schön ausgestattete „Weihnachtsgabe" ver-
sandt, welche eine Anzahl der hervorragendsten, aus eben
genannter Konkurrenz hervorgegangener Holzarbeiten auf
4 Tafeln wiedergiebt.
y. Eine Monatsschrift für Buchbinderei und verwandte
Gewerbe erscheint unter der Leitung von P. Adam in Düssel-
dorf seit kurzer Zeit im Verlage von F. Pfeilstücker in
Berlin. Das erste Heft des ersten Jahrganges, welchen der
Herausgeber „mit einem gewissen Zagen** eröffnet, enthält
zwei illustrirte Bogen in klein Quartformat und ein geson-
dertes Blatt: Saöianband mit Lederauflage und Handvergol-
dung von H. Ludwig- Der Herausgeber beginnt mit einem
einleitenden Aufsatze, in welchem er seine Absichten darlegt
und den Leser mit den zukünftigen Mitarbeitern des Blattes
bekannt macht. Alsdann wird ein bisher nicht bekannter
Majoliband besprochen und in Autotypie abgebildet, hieran
schliesst sich ein modemer Adressumschlag. Femer wird auf
die Ornamentik einer persischen Kupferfiasche im Düssel-
dorfer Museum hingewiesen, die sich als praktisch brauchbar
für die Buchbinderkunst erweist. Einige technische Mittei-
lungen und Notizen machen den Schluss. Zu den erwähnten
Abbildungen kommen noch Kopfleisten und Schlussstücke,
deren Vorbilder der Einbandsomamentik entnommen sind.
Der Preis des Jahi-ganges ist 12 Mark. Wenn die späteren
Hefte dem ersten gleich an Wert sind, wird das neue Fach-
blatt zweifellos von Nutzen und gutem Erfolg begleitet sein.
Die Festgabe der Stadt Karlsruhe zu der Vermählung
der Prinzessin Marie ton Baden , deren von Direktor Götx
angefertigten Entwurf wir in beiliegender Tafel wieder-
geben, bestand aus einem reich ausgestatteten Prachtalbum,
welches 30 Ansichten der badischen Residenz enthielt, nebst
einem vom gleichen Meister in Aquarell gemalten Wid-
mungsblatte. Die trefllich ausgeführte Ledertreibearbeit lag
in den Händen von Prof. liud. Mayer, der auch die Modelle
zu dem wirkungsvollen Metallbeschlage anfertigte, während
die Buchbinderarbeit aus der Werkstätte von C, Feigler in
Karlsruhe hervorging.
Das dieser Nummer beigelegte japanische Flächenmusier
ist den japanischen Musterbüchern (Nr. 7) von Paul Bette in
Berlin entnommen, auf die wir schon in Nr. 1 dieses Jahr-
ganges hingewiesen haben.
Bh lEieUcey Die Münchener Kwistgetcerbcausstellung in Be-
xng auf Stil und Zeichetmnterricht. Berlin 1889.
Die Schrift tritt, im wesentlichen im Anschluss an
Hirths „Ideen über den Zeichenunterricht", für eine Reorgani-
sation des modemen Zeichenunterrichtes ein, indem einer-
seits vermehrtes Studium der Naturformen, andrerseits aus-
führlichere Behandlung der Formenlehre den Gesichtskreis
der Zeichnenden erweitem sollen.
Zu diesem Zwecke werden in einem einleitenden Teile
die Ziele unseres modemen Kunstgewerbes auf Grund der
Münchener Ausstellungsresultate dahin gekennzeichnet, das
es die Heranbildung des Stiles der Zukunft erstrebt, wobei
es beeinflusst erscheint durch fabrikmässige Herstellung,
durch die Kenntnis früherer Stilepochen, durch erweiterte
Bearbeitungsmethoden der Rohstoffe. Die Geburt dieses
neuen Stiles wünscht der Verfasser von seiten der Behörden
unterstützt zu sehen, indem durch einheitliche Organisation
unserer Kunstlehrinstitute, durch Einführung des Natur-
formenstudiums und der Formenlehre schon in der Schule
jenes grosse Endziel gefördert werde. Von Seite 48 ab wird
dann ausfuhrlich dargelegt, wie einheitlich und stufenmässig
gegliedert der Zeichenunterricht in Schule , Fortbildungs-
schule, Kunstgewerbeschule und Akademie ineinander greifen
könne, und die Pensa dieser einzelnen Anstalten wie ihre
Unterrichtsmethode kurz skizzirt.
Die Schrift bringt somit nichts wesentlich Neues, ist
aber als ein Glied in der Kette der Reformprojekte mit
Freuden zu begrüssen, die ja alle im obigen Programme
mutatis mutandis übereinstimmen. Im einzelnen wird man
zuweilen mehr Präzision, mehr pädagogisch geschulte An-
schauung den Vorschlägen des Verfassers wünschen, und,
nebenbei bemerkt, barocke Phantasiestücke, wie die S. 45
erfolgte Anpreisung des Zeichenunterrichtes als Palliativ gegen
die Sozialdemokratie; geme entbehren.
t
h
4
■
Verlag von R A. SEEMANN iü Leipzig.
Farbige Vorlageblätter.
Zum Gebrauch fiir den Unterricht im Freihandzeichnen entworfen und gezeichnet von C. Deditius.
20 Tafeln Querfolio. In Mappe 9 M.
Diese Vorlageblätter enthalten Ornamente verscliieclener Stilarten, Metall- und Holzomamente in Sägearbeit,
Dekorationsmalereien, eingelegt« Holzarbeiten, Thonflieseen, Holzmalereien, Tapeten- und Schablonenarbeiten etc.
Die geschmackvolle, saubere, durchaus farbige Darstellung, sowie die vorzügliche Ausstattung lassen die „Vorlage-,
blätter" als ein empfehlenswertes Hilfsmittel für das Zei^nen in Fortbildungsschulen erscheinen.
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amtlich eingeführt.
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mit besonderer Berticksichtigung des gewerblichen Ornamentzeichnens.
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Vorstaud der Facbabteilung der gewerblichen Fortbildangschnle in München.
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mit Text. Einzelne Abteilungen 2 M. jede 7ai 40 Tafeln.
Wandtafeln
für den Zeichenunterricht an Volksschulen und gewerblichen Fortbildungsschulen von Georg Graf.
20 Blatt auf Hanfpapier, 63x84 cm., mit Text.
Preis in Mappe 10 M.
Stufengang des elementaren Omamentzeichnens
mit Kolorier- und Komponierübungen.
Eine auf dem Grunde der Leipziger Zeichenmethode stehende Anleitung zum Gebrauch an allgemein
bildenden Lehranstalten von
Martin Ludwig,
Zeichenlehrer in Leipzig.
72 schwarze und 12 farbige Tafeln nebst Text in Mappe 10 M.
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an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe. 300 Tafeln mit erläuterndem Text. Grossfolio. In Mappe
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Hauptlehrer in München. 50 Tafeln kl. Folio. Ladenpreis 15 M.
Dies Werk ist aus einem bei dem Zeichenunterricht an den Münchener Fortbildungsschulen schon lange
fühlbar gewordenen Bedürfnisse hervorgegangen. Es bietet mustergültige Motive in vorzüglicher Darstellung zu
einem verhältnismässig geringem Preise. Den verschiedenen Fächern dei Technik entsprechend zerfällt es in 5 Ab-
teilungen: 1. Ornament« für Holz-, Stein- und Thonplastik; 2. Ornamente für Eisenplastik; 3. Ornamente für Edel-
metallplastik; 4. Ornamente fÜrFla-chendekoration; 5. Ornamente für Typographie und andere Vervielfilltigungsarten.
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'i^W^'^^'t^^t5C2''c^t^i^'t^j'c^^^'i^''ß3f^'c5^^
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^ «L>JI*iMM
if* .S-A!
Terlag Ton E. A. Seemann in Leipzig.
kDDStgewerMicIie
JDiese Handböoher haben sofort nach Erscheinen der ersten Bände eine überaus
günstige Änfhahme gefunden. Sie verdanken dies zweifellos dem Umstände, dass die Bearbeitung
in die Hände berufener Schriftsteller gelegt wurde, welche mit gründlicher Sachkenntnis
eme klare,. leichtverständliche Vortragsweise verbinden, und dass gute und zahlreiche
Abbildungen den Text begleiten.
Erofinet wurde die Reihe mit dem bereits in einer zweiten Anfinge erschienenen:
Band I. Handbach der Ornamentik
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9 M., geb. M. 10.50-
Band 11. Handbuch der Sclmiiedekimst
von FrajtSB S^alei» Hey er. Mit 196 Illustrationen. 13 Bogen, gr. 8. Broch. M. 3*20, geh, 4 iL
Band m. Oold und Süber.
Handbuch der Edelschmiedekunst von Ferd. liUthmer^ Professor und Direktor der Kimst-
gewerbeschule in Frankfurt aM. Mit 152 Abbildungen (zum Teil Tafeln). 17 Bogen, gr. 8.
M. 3.60. geb. 4.50.
Band IV. Trachtenkunde.
Die Tracht der europäischen Kulturvölker vom Zeitalter Homers bis ziun 19. Jahrhundert. Von
AngUDt V. Heyden, Professor und Historienmaler in Berlin. Mit 222 teilweise vom Ver-
fasser gezeichneten Abbildungen. 17 Bogen, gr. 8. Broch. M. 3.20, geb. M. 4,
Band V. Die Liebhaberkünste.
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I stalten, jenes sich paart, sie
ind prächtiger auszustatten. Wir treffen
anmutende Sitte so über den Erdenrund
, so weit zu rfickr eichend in die Vei^angen-
I wir annehmen müssen, diese Begung sei
em menschlichen Wesen begründet. Der
der Südsee, der Indianer des amerikani-
stlaudes, ebenso wie der Grönländer ziert
ffe um so reicher, je mehr er sich selbst
g hält im grausamen Streite mit dem Feinde,
Erdteilen, welche hohe Eulturperioden
:h haben, war die Freude an der reichge-
en Waffe immer lebendig; sie minderte sich
; dem allgemeinen RDckgange der kQnst-
Fähigkeit in bestimmten Epochen. Die
)8e wurden roher, das Streben aber nach
achiedenen Entfaltung von Pracht wirkte
tmeit fort. Die Kunst behielt immer ihren
I dem Waffenwesen.
n wir den unermesslichen Einfluss der
S das Leben in den vergangenen Epochen
ht ziehen, ein Einäusa, der je weiter wir
ten zurückblicken mächtiger erscheint, dann
ir zugestehen, dass das Kunstgewerbe, wenn
nehmlich im Dienste der Kirche gestanden
Itet, doch auch im Gebiete des Waffen-
ine Schutzstatte gefunden hatte, die es über
'en und Greueln der Völkerwanderung uns
id bis zur erneuten Entfaltung pflegte,
hrem Verhältnisse zum Waffenwesen hat
t ihre erste Thätigkeit im profanen Leben
lurerlieblatt N. F. 1.
gefunden. In diesem Bereiche strebt sie nicht nach
der Verehrung des Höchsten, sie wendet sich an das
künstlerische GefUhl, an die Prunkliebe des Men-
schen, nicht eingeengt durch dogmatische und ritu-
elle Gesetze, nur geleitet von den allgemeinen Rück-
sichten auf den praktischen Gebrauch.
Was beim Zusammenbruche des Römerreiches
an kunsttechnischer Fähigkeit Übrig geblieben war,
konnte vom ästhetischen Gesichtspunkte nur als ein
Minimum angesehen werden. Das Streben nach
äusserem Prunke begegnete einer immer mehr Ober-
hand nehmenden Unzulänglichkeit Noch gewahren
wir die Spuren einer grossen Kunstzeit in Form und
Technik, aber beide letztere verrohen allgemach,
sie werden endlich barbarisch unter dem Einflusse
der nordischen Gäste, die auf den Plan tret«n.
Die schwerste Krise hatten Kunst und Kunst-
gewerbe vom 5. bis ins 7. Jahrhundert durchzu-
kämpfen gehabt Das Alte war gebrochen und neue
Keime waren noch nicht zur Entfaltung gelangt.
Mit der allmählichen Beruhigung der politischen
und sozialen Atmosphäre regten sich auch die Be-
dürfnisse nach dem Edlen und Schönen, aber die
neue Kunst rang nach Formen, die Technik nach
Mitteln in einer neu sich bildenden Welt.
Ein grosses Weltgebiet war von diesen Stürmen
unberührt geblieben, der Orient. Die Umwälzungen
dortaelbst führten nicht zu jenen allgemeinen Zer-
störungen, sie berührten nicht gleichzeitig den ge-
samten Weltteil, dass die menschliche Thätigkeit
durch sie mächtig gestört oder vernichtet hatte wer-
den können. Der Islam hemmte erheblich den Vor-
schritt, aber auch er machte ertraglichen Frieden
mit dem Menschengeiste. So war ein beträchtliches
Mass von produktiver Kraft, die nach Entwicklung
strebte, im Oriente aufgespeichert, vorwiegend auf
58
KUNST- UND KUNSTTECHNIK TM WAFFENSCHMIEDEWESEN,
dem Gebiete des Handwerks. Da strebte der Über-
schusa in die Weite und bald regte sich 's an den
afrikanischen Küsten entlang von Künstlern und
Kunsthandwerkern, die alle den Absatz ihrer Er-
zeugnisse nach Europa anstrebten. Im 7. Jahrhun-
dert setzten die kunstreichen Sarazenen nach Sizilien
über, im 8. nach Spanien und begannen dort eine
r Handle ich Hangen Albkucht Dürbrk aas dem Jahte i
misuhe. Die obere Figur stellt eine Achaelfltaup«, diennli
AlbeHiaa in Wien.
ebenso hoch zu bewertende als geschäftlich erfolg-
reiche Thätigkeit. Sie allein begegneten damals dem
Bedürfnisse nach kunstvoll ausgestatteten Waffen.
Denn, was in Europa damals an Waft'en im Gebiete
der noriaehen Alpen, an der Südseite der Pyrenäen
und in den juliachen Alpen erzeugt wurde, ging über
das Bedürfnis des praktischen Gebrauches nur wenig
hinaus. Nur am Rhein und speziell in Köln, ange-
regt durch den Impulü, welchen Karl der Grosse
gegeben hatte, bildeten sich bedeutende Werkstätten
für Prunkwaffen, die ihre Elemente aus Byzanz an
sich gesogen hatten, .iber mehr als Goldschmiede-
Stätten wie als Waffenschmieden angesehea werden
konnten. Noch aus antiker Zeit hatte sich die
Fabrikation von Helmen nnd Schilden in Pavia er-
halten, wie auch an den SUdhängen der Alpen gegen
die italienische Ebene alte
Waffenschmieden ihre Thä-
tigkeit selbst während der
Wirren der Völkerwande-
rung nie vollständig unter-
brachen. Im 8. Jahrhundert
retteten sich die Bewohner
von Lorch, die kraft^en
Waffenschmiede mit ihrem
Bischöfe vor den Ayaren
nach dem Westen auf eine
geschützte Stelle am Zu-
sammenflusse des Inn mit
derDonau;dort8elbst grün-
deten sie die Stadt Passa u
die später berühmteste Er-
zeugungsstätte von Waffen,
die erste der Welt
Eine Geschichte der
Waffenindnatrie ist noch
nicht gesehrieben, es fehlen
uns noch zum grössten
Teile die Materialien zur
Darstellung einer mensch-
lichen Thätigkeit, die einst
einen so ungeheueren Ein-
fluasaufdas gesamte Leben
genommen hatte. Forschen
wir nach den Persönlich-
keiten, welche hier in der
Entwicklung von Bedeu-
tung erscheinen, so treffen
lUend Ent- wir überall auf unbekannte
DTiuivor. jq^amen^ ^i^ ^ü- my. aus
Urkunden ansg^fraben ha-
ben und deren Verdienst wir nur nach dem Umfange
ihres Wirkens beurteilen können. Nur in grossen
Zügen sind wir imstande zu schildern, wie die grossen
Centren der Waffeuerzeugung sich allmählich gebildet
wie sie im Laufe der Zeit zu bedeutenden Stätten der
Kunst herangewachsen sind und welche hervorragende
Namen wenigstens vom späteren Mittelalter an mit
der Entwicklung des Faches in Beziehungen zu
bringen sind. So skizzenhaft diese Darstellung auch
KUNST UND KUNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDEWESEN.
59
erscheinen mag, sie wird Daten bringen, welche uns
neu erscheinen.
Beginnen wir ohne ängstliche Wahl mit Spa-
nien. Die spanische WaffeBinduBtrie konzentrirte
sich vom Mittelalter an, wie nahezu überall um die
Gewinnungsstütten ihres vorzüglichsten
Materiales, des Eisens, und da sehen wir
drei Gebiete hervorrf^fen, jenes deo Tajo
entlang, von den Bergen von Toledo bis
zu den Abhängen des Oebirgee der Sierra
de S. Memede, jenes au der EQste des
Golfes in Biscaja und Guipuzcoa bis in
die Ebene von Leon herab. Endlich das
Gebiet Ton Murcia nördlich bis Albacete,
südlich bis Almeria reichend. Ersteres
hatte als Hauptindustrieort Toledo, das
zweite Bilbao, Madragon undSahagun,das
dritte Albacete und Almeria. Isolirter von
den Gewinnungsstätten stand ein hervor-
r^ender Industrieort: Sevilla.
Waren die beiden südlichen, Toledo
und Albacete, durch die Hände der Mauren
zu ungemeiner Bedeutung gelangt, so
stellt Bilbao sich als der Vorort einer
Walfeniabrikation dar, die ihre TJrantänge
noch unter den Iberern hatte und die
selbst von den Römern und Galliern ge-
schont wurde. Die Erzeugung war aber
von primitivster Art und blieb seit
ältester Zeit die gleiche. Das Gebiet von
Mur^ia war jenes, welches die Mauren
nach ihrem Übertritte nach Spanien zu-
erst pflegten. AI Makkari berichtet in
seiner Geschichte der mohammedani-
schen Herrschaft in Spanien, dass im
Königreiche Murcia die berühmtesten
Fabriken von Panzerhemden, Kunsthar-
nischen und mit Gold eingelegten Stabl-
riistungen bestanden '}. Mit dem Vor-
röcken der Araber breitete sich die In-
dustrie längs des Tajo aus. Leider sind
aus jener Zeit nur wenig Daten
von dem Neuhegründer derselben Julian del Hey,
der ein Maure und Dienstmann Boabdils nach der
Gefangennahme des letzteren den christlichen Glau-
ben annahm; Ferdinand der Katholische soll .sein
Taufpate gewesen sein. Julian, der mit dem mau-
rischen Waffenschmied Heduan identisch
sein dürfte, führte als Zeichen ein vier-
fiissiges Tier, vermutlich eine Nach-
ahmung des Passauer Wolfes, den die
Spanier als Hündchen, perillo, erblickten.
Die berühmtesten Klingenachmiede Spa-
niens gehören demungeachtet erst der
zweiten Hälfte des Ifi. und 17. Jahr-
hunderts an, 80 Alsonso und Luis der
Sahagun, Juan Maitinez Menchaca,
Thomas de Ayala, die Ruiz u. a. Wie
in Italien, so stund auch in Spanien das
Goldschmiedhandwerk in inniger Verbin-
dung mit jenem der Waffenschmiede.
Beide lieferten prächtige Erzeugnisse, die
aber immer in der Zeichnung von den
Italienern abhängig waren und gegen
diese überhaupt zusückstanden; desuu-
geachtet war der spanische Wehrver-
golder eine unentbehrliche Person an
den babsburgischen Höfen, Im Feuer-
gewehrwesen ragten die Spanier nie be-
sonders hervor, sie fertigten Überhaupt
nur glatte Läufe, aber auch Pruukwaffen,
die einer grossen Beliebtheit sich er-
freuten. Die Industrie Toledos ging im
17. .Fahrhundert völlig ein, weil sieb die
Meister den neuem Erfindungen nicht
anbequemen wollten. Als Karl IH. die-
selbe um 1780 neu erheben wollte, fand
sich kein geeigneter Meister als der be-
reits 70jähr^e Luis Calisto.
Weit früher als in andern Ländern
tritt die Waffeniudustrie Italiens aus dem
Dunkel der Geschichte heraus, die Wie-
dergeburt der Künste feierte hier ihre
Anfänge und wir hören auch im 14. Jahr-
gebliehen, doch wissen wir, dass Abde- Landskuachtdoich mit schsidB, Jm^jert Namen einzelner Mei.ster von
, ' \ ■ 1 ■ TtT n. A"'' '«'Kteror die Darslallung i . i> ■ . . .
rhaman U. (822 — 852) die dortige Waffen- deBBrodermordes. verkieiDorw Bedeutung als einen Beweis, wie entscbie-
los von Heinr. ^j^jj j^^j ^j^ jg^ Traditionen des Mittel-
alters gebrochen hatte, in welchem der
Meister in seinem Werke aufgegangen war.
Florenz, die Stadt der Goldschmiede, erklingt
uns in den Auf Schreibungen zuerst als Erzeugungs-
ort prunkvoller Waffen; von hier verbreitet sich
dieser wichtige Zweig der Kunstindustrie nach Mai-
fabrikation reformirte und dass AI ^"PJ" "
Hakem II. um 965 dem Könige Don
Sancho von Leon ein reiches Geschenk mit Tole-
daner Arbeiten machte. Näher tritt uns die In-
dustrie von Toledo erst, als Aus Gebiet unter christ^
liehe Herrschaft gelangt war (1492). Da hören wir
]) RiaBo, J., The industrial Art« in Spain. London IbTD.
60
KUNST UND KÜNSTTECHNIK IM WAFFKNSCHMIEDEWESEN.
Und und in die anderen oberitalienischen Städte,
dann auch nach Pistoja und Born.
Betrachten wir den Gang der Entwicklung der
WafTenindustrie Italiens, so müssen wir vor allem
der Massenerzeugung gedenken und da ist Brescia,
das schon im Mittelalter bezeichnend „l'armata" ge-
nannt wurde, vorerst hervorzuheben. Die Industrie
bezog ihre Rohmateriale aus den nüchstgelegenen
eisenreichen Bergen des Monte Prealba und Conche
bis Gardone und Caino hinauf. Bis ins 16. Jahr-
hundert fertigte man dort nur Klingen und Spiess-
eisen, von da an auch vorzügliche Feuerwaffen; in
erst«ren hat Pietro Caino, in letzteren haben Gio-
vanni Francini und Lazarino Cominazzo Vater und
Sohn grosse Verdienste sich erworben.
Vergessen ist heute die einst so grossartigo
Statte der Waffenerzeugung von Belluno und Sersr
valle in Friaul, von wo die Republik Venedig vom
Aufetreben an bis ins 16. Jahrhundert ihre sämt-
lichen Waffen bezog. Kaiser Friedrich III., die Era-
herzöge Friedrich mit der leeren Tasche und Sig-
mund von Tirol und nicht minder Maximilian L
bewaffneten ihre Söldner aus jenen Werkstätten.
An sie erinnert noch heute der Friauler
Spiess, das Spetum. Ans Belluno stam-
men die unerklärlich leichten Klingen,
die von heutigen Kennern mit Becht
so gesehätzt werden. Das war eine Er-
findung des Meisters Vittore CameUo,
dem der Senat von Venedig 1509 da-
rauf ein Patent erteilte. Von den vielen
ausgezeichneten Meistern haben beeon-
ders die Brüder Andrea und Giandonato
(iiandona) Ferrara aus Fonzaso bei Bel-
luno ihre Namen rühmlich auf die Nach- -
weit gebracht.
Florenz war, gleich wie Venedig,
nicht eine Stätte der Massen produktioD
wie etwa Brescia, aber eine erste für
Pruukwaffen. Auf die Entwürfe hatten
schon die Bildhauer des Oinqueccntu
wie Donat«llo, Benedetto daMajanou.a.
Einäu-ss gewonnen. Benvenuto Cellini
ist direkt nie im Waffenfacbe beteiligt
gewesen, sein Stil, seine Technik aber
beherrschen ersichtlich die Arbeiten der
späteren Dezennien des Jahrhunderts.
Doch die Kunst CeUinis im Hinblicke
auf das Dekorationsgebiet im Fache ist
doch nnr im kleinen und speziell auf
die Kunstteclmik hin hier in Betracht
zu ziehen. Das gesamte dekorative
Wesen stand doch im grossen und
ganzen vollkommen unter dem Einflüsse
Kaffaels und der grossen Omamentisten.
Vermittelt wurden die phantasierollen
' "■ *" "^ Arabesken und Grotesken durch zahllose
Stiche von zumeist römischen Kunst-
händlern, so des Lafreri, des Rossi (Rubeis) u. a.
Florenz hat im 16. Jahrhundert hochbedeuteude
Kunstmeister in unserem Fache aufzuweisen, so
Gasparo Mola, Pifanio Piripu genannt Tacito, der
Franzose Guglielmo Lemaitre, Äluigi Lani und viele
andere. Petriui ') gedenkt auch eines gewissen Repa
1} Pctrini Antonio. Arte fabrile etc. Manuslm'iit von
l(i42 in der Bihl. Miieliftl)ecch. (Cl. XIX, lU.) Milgct. in
K. Plön, l(, Cellini.
KUNST UND KUNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDEWESEN.
61
als unObertrefHich in diesem Fache. Die Dekora-
doDBtechtiik konzeotrirte sich in wunderbarem Re-
pousse mit Vergoldung und unvergleichlich schöner
Tausia.
Nicht geringer wie in der einfachen Gebrauehs-
waffe gestalteten sieh die Erfolge in der Fertigung
Ton Pninkwaffen in Mailand. Schon im 14. Jahr-
hundert bildete der mit heraldischen Emblemen ge-
stickt« Lentner eine besondere Spezialität mailän-
dischen Kunstöeisses; später erstreckte sich die Thä-
tigkeit vorwiegend auf fein ciselirte
Schwert- und Degengriffe, taiischirte
Spies-seisen, vorwiegend aber auf die
herrlich getriebenen und tauschirten
Harnische, die in ihrer Eleganz
nu'gend.s übertroffen wurden.
In der Erzeugung von Waffen für
den gemeinen Gebrauch hatte Mailand
schon seit dem 13. Jahrhundert den
ersten Bang eingenommen imd seine
Erzeugnisse drangen weit über Europu
hinaus bis an die afrikanische Küste,
ja selbst nach Arabien und Persien.
Der Druck, welchen Mailand auf die
Nebenliiuder dadurch ausübte, war zu-
nächst Veranlassnng, dass die Könige
von Frankreich und Eugland, ja
seibat Masimilian I. versuchten, die
m^iiländische Waffenindustrie bei sich
heimisch zu machen, indem sie Ar-
beiter von dort in ihren Ländern
ansiedelten. Vorzüglich waren es die
Mailänder Harnische, die in der ganzen
Welt Berühmtheit genossen. Den her-
vorragendsten Anteil an diesen gross-
artigen Erfolgen hatte Pctrolo ila Mis- Pronkdogen, Kai
mglia, der Ahnherr einer zahlreichen ""'
Waffensehmiedefamilie ; er starb um
1410; nach ihm übernahm die Führung dessen Sohn
Tumaso, nach dessen Tode 1468 die riesige Faktorei
an dessen Enkel Antonio gelangte. Das Kohmate-
rial entnahmen die Mailänder aus den nahegelegenen
Minen von Valassina , Valsassina und Premana etc. ')
Es ist erstaunlich, welche Menge von Meistern
im speziellen Kunstfache Mailand im 16. Jahrhundert
hervorbrachte. Trotz einer namhaften Emigration
nach Frankreich ist ihre Zahl so gross, das-S selbst
1) Vergl. hierüber dcB Verfaasers Abhiindlung: Werke
HailELnder WaifenBchmiede in den kaia. Sammlungen. Jahrb.
iL kuDBthuL Sammlungen den kois. IJ^aunea Bd. IX. p. 379.
die detaillirt«stc Monc^raphie nicht alle aufzuführen
imstande ist. Die Ursache ist darin gelegen, dass
der einfachste Eisenarbeiter fähig war, mit seinen
Leistungen sich bis ins höhere dekorative Gebiet
auf zusch willen. Von den ungemein zahlreichen
Meistern nennen wir nur die hervorragendsten wie
Pietro Cantoni, Filippo, Giacomo und Francesco die
Brüder Nigroli, Bartolomeo Campi, Lucio Piccinino,
Giov. Battista Serabaglio, von welchen noch Werke
bekannt und vorhanden sind, femer Giov. Pietro
üaiiiai Ksirl V. zagcach rieben. Dar QrilT von rBinem Uo
geliert. Die Klinge trSgt Namen und Zeichen des A
in HailikPd. Itulieniacb um ijs.'i.
Figino, Antonio Romero, Bartolomeo Piutti, Martino
genannt il Ghinello und zahllcse andere.
Die Entwürfe zu den Zeichnungen entnahmen
die Mailänder ebenso aus den Omamentstichen, als
auch aus Handzeichnungen des Garadosso, des Ago-
stino Busti und nicht minder des Battista Mantuano,
welch' letzterer ja selbst unter die Treibarbeiter zu
zählen ist.
Und wie in diesen Vororten der italienischen
Kunstindustrie das Handwerk blühte, so breitete
es sich auch über zahlreiche kleinere Städte Ita-
liens aus. Wir bemerken Lucca, die alte Waffen-
schmiedstätte, Neapel, Pistoja, wo besonders Gewehr-
62
NEUE WERKE ZUR GESCHICHTE DER BUCHBINDEREI.
laufe erzeugt wurden. In diesem Fache treten Maffia
und Bastiano da Pistoja hervor. Eunstarbeiter von
bedeutendem Rufe finden wir in zahlreichen Städten
zerstreut, so Geronimo Spacini in Bologna. Care-
molo da Modrone in Mantua, Serafino Bresciano in
Brescia, Paolo Rizzo in Venedig und viele andere.
Wie wir bereits bemerkten, ragt die Waffen-
industrie Deutschlands aus dem Altertum herüber.
Einen Weltruhm erwarb sich Passau, und die Zeichen
seiner Klingen, den „Wolf* und den ^ Bischofsstab"
schützte man auch im Oriente und wog damit be-
zeichnete Klingen mit Gold auf. Die Passauer ver-
standen eS; ihre Erzeugnisse mit abergläubischem
Nimbus zu umgeben. Mit einer Passauer Klinge
konnte man sich unverwundbar, d. i. „fest^' machen,
wie auch die „Passauer Kunst** eine Unzahl von
Geheimmitteln in sich fasste. Der fromme Schwin-
del währte bis zum westfölischen Frieden. Be-
kannt ist, dass Kaiser Karl lY. dem Passauer Messer-
schmiede Georg Springenklee für seine Zunfb em
Wappen verlieh, das eine Krone darstellt, in deren
Zinken drei Schwerter stecken. (Scbluss folgt)
NEUE WERKE ZUR GESCHICHTE DER BUCHBINDEREI.
MIT ABBILDUNGEN.
Über wenige Zweige des Kunstgewerbes existirt
wohl eine so grosse Litteratur, wie über die Buch-
binderei. Eine im Bookbinder (London 1888) ent-
haltene Zusammenstellung führt rund 250 Werke
auf, die sich mit der Geschichte und Technik des
Bucheinbandes befassen. Dass die bei weitem grösste
Anzahl dieser Publikationen in Frankreich und Eng-
land erschienen ist, erklärt sich leicht aus dem
regen Interesse, das von jeher die englischen und
französischen Bibliophilen und Sammler diesem
Teile des Kunstgewerbes entgegengebracht haben.
Das Kunstgewerbeblatt hat von Zeit zu Zeit über
die neuen Erscheinungen auf diesem Gebiete berich-
tet. Auch heute haben wir die Aufmerksamkeit
unserer Leser auf einige neue wichtige Werke über
den Bucheinband zu lenken.
Leon Gruel hat sein „manuel historique et bib-
liographique de l'amateur de reliures" (Paris 1887.
4. Mit 66 Tafeln in Heliogravüre und Farbendruck
und vielen Abbildungen im Text. 70 fr.) speziell
für den Liebhaber berechnet. Die Ausstattung des
Werkes ist prachtvoll und reiht sich den in Frank-
reich seiner Zeit veröffentlichten Büchern von Teche-
ner, histoire de la bibliophilie (mit den Radirungen
von Jacquemart, nicht vollendet) und Marius Michel,
(la reliure franfaise. Paris 1880—81, 2 Bände) wür-
dig an. Gruel giebt nach einer Abhandlung über
das Format der Bücher, eine kurze nach Perioden
gegliederte Geschichte des Bucheinbandes in Frank-
reich und ein lexikalisch geordnetes Verzeichnis von
Buchbindern, Bücherliebhabern, Verordnungen, tech-
nischen Ausdrücken u. s. w. Den Schluss bildet
eine Bibliographie, die allerdings manche Lücken
aufweist. Nicht allein englische und deutsche Werke,
die einem Franzosen ja femer liegen, sondern auch
französische Werke fehlen, so z. B. Louisy, le livre
et les arts qui sy rattacheni Paris 1886. 8. Das
lexikalische Verzeichnis der Buchbinder lässt sich
mit Leichtigkeit um mehrere Dutzend Namen ver-
mehren; hoffentlich hat Herr Gruel Gelegenheit
dazu bei Herausgabe einer zweiten Auflage. Das
Fehlen von Namen, wie z. B. Geoffroy Torys hätte
wohl vermieden werden können; sind doch aus Michel,
la reliure fran^aise und Brunet, la reliure ancienne
et moderne die schönen Einbände mit dem zerbroche-
nen Kruge, dem Signete Torys, längst bekannt. Von
Ludwig Bloc ist ein zweiter Einband aus dem Jahre
1526 bei Techener Taf. 41 Nr. 2, abgebildet, zu
dessen Verzierung dieselbe Platte, wie bei dem von
Gruel gegebenen Bande, jiur in anderer Anordnung
verwandt ist. Louis le Duc wird als Buchbinder
König Heinrichs IV. von Frankreich genannt. Gniel
hält pag. 157 den Einband von Joh. Richenbach
aus dem Jahre 1469 für den ältesten signirten und
datirten. Die Kgl. Sächsische Bibliographische
Sammlung besitzt einen Band aus dem Jahre 1436,
der von Conrad Forster, Sakristan des Predigerklo-
sters zu Nürnberg gebunden ist, femer zwei Bände aus
den Jahren 1453 und 1457, die von demselben For-
ster zusammen mit seinen Ordensbrüdern Joh. Wir-
sing und Joh. Susterer gebunden sind.
Ein Band aus dem Jahre 1435, einstmals im
NEUE WERKE ZUR GESCHICHTE DER BÜCHBINDEREI
6»
Besitz von Margarethe, Äbtissin des Katharinen-
klosters zu Mur, befindet sich nach Klemming och
Nordin, avensk boktryckeri-historia in der Kgl. Bib-
liothek zu Kopenhagen. Ein Faksimile der Inschriften
dieses Bandes giebt Brunn in seinem soeben er-
schienenen Werke „de nyeste
undersogelser om boktrycker-
kunstens opGndelse. ^ebenhavn
1889. pag. 65. Merkwfirdig sind
alle diese zuletzt erwähnten Bände
dadurch, dass die Inschriften, die
uns tlber den Verfertiger und die
Zeit Auskunft geben, Buchstabe
fQr Buchstabe mit Hilfe einzelner
Matrizen in den Lederüberzug der
Deckel eingepresst sind. — Die
auf den 66 Tafeln des Gruelschen
Werkes dargeetellten Einbände
befinden sich haupteächlich in
öffentlichen und privaten Samm-
lungen in Paris, einige sind nach
Lempertz' Bilderheften nnd Stock-
bauers Mustereinbänden reprodu-
7,irt. Die Auswahl der Tafeln ist
geschickt getroffen und wohl ge-
eignet, einen Überblick über die
Entwicklung der Buchbinderei
vom Mittelalter bis zum Ende
des 18. Jahrhunderts zu geben.
Die in den Text gedruckten
Illustrationen in Heliogravüre
und Zinkographie geben Abbil-
dungen von Titelblättern, Rech-
nungen, namentlich aber Ge-
schäftsetiketten der Buchbinder,
die erste derartige Sanunlung,
die meines Wissens publizirt
worden ist.
Während Gruel sich mit
seinem prachtvoll ausgestatteten
Werke an die kleine Gemeinde
der Bibliophilen wendet, hat
I'aul Adnm in seinem Buche
über den Bucheinband (Seema
Band VI. Der Bucheinband.
in populärer Weise sowohl die Technik der Buch-
binderei, als auch die Geschichte des Bucheinbandes
behandelt. Es gebührt der Verlagsbuchhandlung von
E. A. Seemann in Leipzig Dank dafür, dass sie diesem
Mangel mit dem vorli^enden Bande VI der Kunst-
Italieniacher Einbuid m
; Lorbeerzweigsn. Ende des ll
J»brh. Dttueldorf.
ans Kimathandbücher.
Seine Technik und
seine Geschichte. Leipzig, E. A. Seemann. 1890. 8.
Mit 194 Illustrationen brosch. 3 M. 60 Pf. geb.
4 M. 50 Pf.) ein grösseres Publikum im Äuge,
So gross die Litteratur über die Buchbinderei
ist, 80 hat es doch bis jetzt in der deutschen Litte-
ratur vollkommen an einem Haudbuche gefehlt, das
handbücher abgeholfen hat. Der Verfasser, Buch-
bindermeister Adnyn in Düsseldorf, ist dem Fach-
pubUtnim durch sein grosses Handbuch der Buch-
binderei und durch verschiedene Aufsätze zur Ge-
schichte des Bucheinbandes im Kunstgewerbeblatt
u. s, w. rühmlich bekannt.
Im ersten Teile (Seite 1 — 155) vrird die heutige
Technik der Buchbinderei mit beständigen Rück-
64
NEUE WERKE ZUR GESCHICHTE DER BUCHBINDEREI.
blicken auf dos frü)ier nblicbe Verfahren klar dar-
gelegt nnd mit UluBtrationen erläutert. Der Ver-
fasser bebandelt im ersten Abscknitt die Anfertigung
des Buches bis zum Beschneiden (Behandlung des
Rohmaterials, Heften, Herstellung des Bucbblocts).
Im zweiten Abschnitt wird die weitere Bearbeitung
des Buches bis zur äusseren Verzierung geschildert
(der Buchschnitt und
die Verzierung des-
selben, die Herstel-
lung der Buchdecke
nnd das Fertigmachen
vor und nach dem
Vergolden). Das dritte
Kapitel giebt Anwei-
sungen zum Verzieren
der Einbanddecke.
Die älteren, jetzt wie-
der in Aufnahme ge-
kommenen Verfahren,
die Ritzarbeit und die
Lederpunzarbeit, so-
wie die seit altersber
üblichen Verzierungs-
weisen, der Blind-
druck, die Ledermo-
saik, die Vergoldung
mit der Hand und
in der Presse werden
eingehend behandelt.
In einem Nachtrage
giebt der Verfasser
aus seiner gerade auf
diesem Gebiete viel-
erprobten Erfahrung
dankenswerte Winke
zur Wiederherstel-
lung alter Einbände.
Der zweite Teil
giebt uns auf Seite EngUacber Einbud mit s
159—261 eine reich
mit Abbildungen versehene Geschichte der Buch-
decke und ihrer Omameutimng. In einer dem
heutigen Stande der Wissenschaft entsprechenden
Weise wird nach einer einleitenden Vorbemerkung
im ersten Abschnitt der Einband des Mittelalters
(der kirchliche Prachtband und der Einband mit
Blindpressung) behandelt.
Der zweite Abschnitt hat den Einband der
Renaissanc«, den Lederbaud mit Gold Verzierung, zum
Gegenstände. Dieser Abschnitt ist in vier Unterab-
teilungen gegliedert, von denen die erste sich mit
dem orientalischen Einband befasst. Gerade die
orientalische Flächendekoration, die auf so vielen
anderen Gebieten den Kunsthandwerkern des Abend-
landes Anregung gegeben hat, ist auch för die Ver-
zierung des Bucheinbandes in Europa vorbildlich
gewesen. Die so reichhaltige Sammlung von Buch-
decken, die Kanonikus
Bock im Orient e^wo^
ben und später an das
Düsseldorfer Kunst-
gewerbemuseum ab-
getreten hat, stand
dem Verfasser für
diesen Abschnitt zu
Gebote. Den Über-
gang vom Orient zum
Occident bilden die
Einbände, die König
Matthias Corvinua
von Ungarn ftlr seine
Bibliothek herstellea
hess. Ihren Höhe-
punkt erreicht dann
die Bnchbinderkunst
im sechzehnten Jahr-
hundert in Italien und
Frankreich; die Na-
men von Migoli, Cone-
vari, Grolier, Geoffroy
Tory sind längst all-
gemein bekanpt.
Der letzte' Ab-
schnitt behandelt den
Renaissanceband m
Deutschland undEng-
land. Während bei
den deutschen Ein-
bänden der Einfiuss
des Orients undFrank-
reichs mass^bend ist,
richtet sich die englische Buchbinderei bei der Ver-
goldung der Einbände nach den von Frankreich und
Deutschland herübei^ekommeuen Mustern. Den
Schluss des Werkes bildet ein Verzeichnis der haupt-
sächlichsten Werke über die Buchbinderei und ein
ausfQhrliches Namen und Sachregister.
Die Illustrationen, die zum grossen Teil neu fBr
das Handbuch hergestellt worden sind, sind gut aus-
gewählt und machen uns mit einer Reihe schöner Ein-
bände bekannt, die vorher noch nicht publizirt wuen.
NEUE WERKE ZUR GESCHICHTE DER BUCHBINDEREI.
65
Es sei una zum Schluas gestattet, auf die Be-
deutung des Unternehmens hinzuweisen, zu dem
das Ädamsche Handbuch über Buchbinderei gehört.
Das South- Kensington-Museum in London, dessen
Bestimmung die Pflege des Kunstgewerbes ist, er-
kannte längst die Notwend^keit und Nützlichkeit
billiger Handbücher über die einzelnen Zweige der
Kunstindustrie. So sind auf Veranlassung des „Science
and Art Department", von dem dfls Museum ressor-
Prämien bestimmte Bände mit Goldschnitt kosteu
ö Fr,). Die Yerli^handlung von E. Ä. Seemann
hat den Mut gehabt, ohne StaatsunterstDtzung ein
ähnliches Unternehmen ins Leben zu mfen. Die be-
rufensten Kräfte, die in Deutschland auf kunstge-
werblichem Gebiete thätig sind, sind ftlr Bearbeitung
der HaudbOcher gewonnen worden. Im Interesse des
deutschen Kunstgewerbes kann man diesem Unter-
nehmen nur die weiteste Verbreitung wünschen.
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SilberplatCirter Einbnnd. Um 1750. Stuttgart. Oe«eTbemat<euin.
tirt, ungefähr zwanzig verschiedene Handbücher er-
schienen, die reich illtistrirt und in Leinwand ge-
bunden, nur 1 ' 2 bis 3 sh. kosten. Die zu Paris er-
scheinende „bihliotheque de l'enseignement des beaux-
arts, publiee sous le patronage de l'administration
des beaux-artfi", geniesst nicht allein den Schutz der
Eegiening, sondern auch der Stadt- und Provinzial-
verwaitimgen Frankreichs, Durch feste Subskription
von Seiten der Behörden auf eine grosse Auflage ist
es den Verlegern ermöglicht, einen reich illustrirten,
schön gedruckten Oktavband von ungefähr 300 Seiten
gebunden zum Preise von 4 '^ Fr. zu liefern {zu
Kmisteewerbeblatt. N. P I,
Dem Beispiele anderer Öffentlichen Sammlungen
ist nun auch das British Museum xu London gefolgt
und hat eine reiche Auswahl der in seinem Besitz
befindlichen Einbände in einer stattlichen Publika-
tion dem grö.sseren Publikum zugänglich gemacht.
(Remarkable bindings in the British Museum selected
for their beauty or historic interest and described
by H. B. Wheatley, London-Paris 1889. 4. 3 jf 3 s.)
Jos. Cundall, der bekannte Verfasser des Werkes
„on bookbindings ancieut and modern. London, 1881",
hat die Auswahl aus den Schätzen des Museums
die sorgfältigen Beschreibimgen rühren
10
66
NEUE WERKE ZUR GESCHICHTE DER BUCHBINDEREI.
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von H. B. Wheatley her. Von den 62 Tafeln
geben ungefähr die Hälfte englische Einbände wieder,
hauptsächlich aus den Bibliotheken der Könige
Heinrich VIU^ Eduard VI., Jakob L und H. und
Königin Elisabeth. Von dem Günstling der letzteren,
Leicester, wird uns ein Band vorgeführt, ebenso von
dem englischen Grolier Thomas Wotton. Die fremden
Sammler Maioli und Canevari sind mit je einem
Stück, Grolier mit zwei Einbänden vertreten. Von
älteren englischen Einbänden ist nur ein Band von
Julian Notary in der Einleitung pag. 14 wiederge-
geben. Die Tafeln 35, 36 und 60, Einbände von den
Eves und Padeloup, die ganz gleich schon so viel-
mals reproduzirt worden sind, hätten füglich fehlen
können.
Die Geschichte des Bucheinbandes weist noch
viele Lücken auf, die der Ausfüllung, viele dunkle
Punkte, die der Aufklärung bedürfen. Mit beson-
derer Dankbarkeit begrüssen wir daher diese und
ähnliche Publikationen, durch die wir diesem Ziele
näher kommen. Schon im Jahre 1887 hatte der
berühmte Londoner Buchhändler Bemard Quaritch
im zweiten Bande seines „general catalogue of books^'
auf Seite 1217 u. f. eine Kollektion von rund 1000
Einbänden zum Verkauf angeboten. Durch bestän-
dige Einkäufe hat Quaritch diesen Teil des Lagers
so bedeutend erweitert, dass er im Anfange dieses
Jahres einen Katalog von 1500 Bucheinbänden er-
scheinen lassen konnte. (Catalogue of 1500 books
remarkable for the beauty or the age of their bin-
dings, or as bearing indications of former ownership by
great book-collectors and famous historical personages.
London 1889. 4. 21 sh.) Welch ein Wert in dieser
Sammlung steckt, lässt sich daraus schliessen, dass
der Ansatzpreis der 1500 Einbände über 55 000 £
gleich 1 100 000 Mark, beträgt. Es giebt überhaupt
keine öflFentliche oder private Sammlung, die mit
diesem Museum der Buchbinderei wetteifern könnte.
Es würde zu weit führen, wenn wir auf die vielen
im Kataloge geschilderten Seltenheiten eingehen
wollten. Eine Auswahl aus diesen hat Quaritch in
meisterhafter Weise reproduziren lassen. (Collection
of facsimiles from examples of historic or artistic
book-binding, illustrating the history of binding as
a brauch of the decorative arts. London 1889. 4.
10 £.) Quaritch hat diese Sammlung mit der klar
ausgesprochenen Absicht veröffentlicht, uns die Ent-
wickelung des Bucheinbandes vom Mittelalter bis in
die Mitte des 18. Jahrhunderts in einer sorgfaltig
ausgewählten Folge von Einbänden vorzuführen.
Jede Stilperiode, jede der verschiedenen Dekorations-
methoden des Einbandes ist durch ein oder mehrere
vorzügliche Beispiele vertreten: Der Ledereinband
mit Blindpressung, der sogenannte Gameoband, der
italienische noch mit orientalischen Ornamentmotiven
versehene Band der Frührenaissance u. s. w. Von
Grolier und der durch ihn hervorgerufenen Blüte der
Buchbinderkunst bringt Quaritch eine grosse Zahl
von Tafeln. Aus der Bibliothek Heinrichs IL von
Frankreich sind 3 Bände reproduzirt. Die franzo-
sischen Meister vom Ende des XVL und vom XVII.
Jahrhundert, die Eves und den so mythischen Le
Gascon mit ihren Nachahmern in Frankreich und im
Auslande lernen wir aus trefflichen, ihre Richtung
genau charakterisirenden Beispielen kennen. Granz
besonders mache ich auf die Tafeln aufmerksam, die
uns zum ersten Male in so ausgedehntem Masse
mit dem englischen und schottischen Bucheinband
des XVII. und XVIII. Jahrhunderts bekannt machen.
Die Reproduktion der Tafeln in Chromolithographie
ist eine Meisterleitung von W. Griggs in London,
der durch die Wiedergabe kunstgewerblicher Gegen-
stände, durch die Faksimilereproduktion seltener
Druckwerke, namentlich der Shakespeareausgaben
schon längst rühmlich bekannt ist. Jeder, der sich
mit der Geschichte des Bucheinbandes beschäftigt,
wird nicht umhin können, immer wieder auf diese
ausgezeichneten Publikationen von Quaritch zurück-
zukommen.
Zum Schluss erwähne ich ein neues Werk von
Marius Michel (L'ornamentation des reliures moder-
nes. Paris, M. Michel et fils 1889. 4. Mit Tafeln
20 Fr.) Während die obigen Werke sich alle mit
der Geschichte oder der Technik des Bucheinbandes
befassen, beschäftigt sich Michel mit der ästhetischen
Seite der Frage. Es stellt in klarer und anregender
Weise die Gesichtspunkte fest, welche bei der De-
koration der Buchdecke massgebend sind. Das Buch
ist ebenso interessant für den Bücherliebhaber, wie
belehrend für den Fachmann und verdient wegen
seiner mannigfachen Vorzüge eine eingehendere Be-
sprechung, als hier der Raum zulässt; wir behalten
uns dieselbe für später vor.
K, BUBQER.
KLEINE MITTEILUNGEN,
— Karlsruhe. In der Monatsversammlung des Badischen
Kunstgewerbevereins vom 6. März hielt Prof. Dr. M, Rosen-
herg einen lehrreichen und beifällig aufgenommenen Vortrag
über „das Meisterstück der Goldschmiedexünfte^^, dem wir in
Kürze folgendes entnehmen : Yon dem sogenannten Meister-
stück der Zünfte haben wir vielfach einen unrichtigen Be-
griff, weil uns die Geduldspiele und Albernheiten jener
Zeiten vorschweben, in welchen sich die Zünfte und der
ursprünglich gesunde Sinn ihrer Satzungen bereits überlebt
hatten. Vom kunst- und kulturgeschichtlichen Standpunkt
aus ist es höchst wichtig, die Entstehung und Weiterent-
wickelung der Meisterstücke zu verfolgen. — Die älteste Ge-
schichte der Zünfte liegt im Dunkel. Die Notwendigkeit
des Zusammenschliessens im Mittelalter hat sie offenbar be-
dingt und nicht etwa altrömische Tradition. Im Jahre 1149
wird in einer Kölner Urkunde als ältest nachweisbar das
Wort Zunft gebraucht. Die Zünfte sind jedenfalls viel älter
und haben gewiss vordem ohne Aufzeichnungen bestanden.
Es ist sogar anzunehmen, dass sie mit dem Auftreten schrift-
licher Satzungen die beste Zeit bereits hinter sich hatten.
Die ältesten Ordnungen über das Meisterstück finden sich in
den Städten Hamburg, Lübeck, Riga, Braunschweig, Wismar
(1350—1400). 100 Jahre später treten sie in Süddeutschland
auf, aber selbständig und in anderer Form, und diese Form
ist es dann, die später der Norden vom Süden annimmt.
Im Norden galten ursprünglich als Meisterstücke der Ringj
das Messer und die Ämi- oder Bntstspange. Es waren also
allgemein gebrauchte, leicht verkäufliche Gegenstände des
persönlichen Schmuckes und Gebrauchs. Die Ordnungen
schreiben die Gestaltung ziemlich genau vor, wie eine solche
aus Lüneburg aus dem Jahre 1400 darthut. Da gewisse
Luxusgesetze oder besser gesagt, Verordnungen gegen den
Liuzus das Tragen des Schmuckes beeinflussten, so sind auch
die Metstgewichte festgesetzt (nicht über so und so viel Lot
in Silber). Die Meisterstücke standen im Zusammenhang mit
dem täglichen Leben, sie dienten als Braut- und Hochzeits-
geschenke etc. Das Email spielt eine grosse Rolle; erst wird
nur echtes Email beansprucht, später wird auch Lackemail
(kaltes Email) undNiello zugelassen. Da sich in den fränkischen
Gräbern bis zum 7. Jahrhundert bereits sehr schöne Email-
schmucke finden, so ist anzunehmen, dass auch in der nach-
folgenden Zeit bis zum 12. Jahrh, in der die Gräberfunde fehlen,
weil den Toten kein Schmuck mehr mit ins Grab gegeben
wurde, diese Technik sich fortgeerbt habe. Die Meister-
stücke des Südens sind Becher, Petschaft und Ring. An
Stelle des Bechers stand ursprünglich der Kelch; im Kultur-
kampf der Reformation wurde der letztere durch ersteren
verdrängt und in Bezug auf Städte wie Nürnberg, Augsburg,
Strassburg u. a. lässt sich diese Verdrängung genau zeitlich
mit den politischen Vorgängen in Übereinstimmung bringen.
Später wurde es Sitte, in der Zunftlade eine Skizze der an-
zufertigenden Gegenstände zu hinterlegen. In Nürnberg ver-
anlasste der bekannte Goldschmied Wenzel Jamnitxer, dass fer-
tige Modellstücke in die Lade aufgenommen wurden. Über
Petschaft und Ring sind wir nicht unterrichtet, aber von
dem Becher in Form einer Akeleiblume sind mehrere nach
dem Modell gefertigt^ Meisterstücke noch in den Museen
vorhanden. Der Entwurf stammt mutmasslich von Patd
Flintf als Meister für die getriebene Verzierung wird Martin
Rehlein genannt. Der vor einigen Jahren von dem Kunst-
gewerbemuseum in Berlin erworbene Ratsschatz aus Lüne-
burg ist ebenfalls Zeuge der ruhmvollen Vergangenheit deut-
scher Goldschmiedekunst. Das Hereinbrechen des 30jährigen
Krieges mit seinen traurigen Folgen hat einen raschen Ver-
fall dieser Kunst bewirkt. Der spätere französische Einfluss
hat dann das französische Meisterstück, die Tfiee- oder Kaffee-
kanne und die Dose an Stelle der ehemaligen gesetzt.
Schliesslich ist das Meisterstück ausgenützt worden zu allerlei
unlautem Machenschaften, zur Femhaltung unbeliebter Wett-
bewerber und ist der wohlverdienten Lächerlichkeit verfallen.
Dem Vortrage folgte die Erläuterung der in dem Saale an-
geordneten, aus älteren und modemen Erzeugnissen des
Kunstgewerbes, vorwiegend aber aus Mefcallarbeiten be-
stehenden Ausstellung, durch den Vorsitzenden, Direktor
Götz. Dieselbe umfasste des näheren ungarische und sieben-
bürgische Silberarbeiten, wie Pmnkgürtel, Agraffen, Schliessen
und sonstige Schmuckgegenstände, Arbeiten in Email cloi-
sonn^ und Limoges, Email von Barbedienne in Paris, Ar-
beiten in gepresstem Leder von Klein in Wien, eine reich-
geschnitzte Buchdecke von Prof. J. Koch in Furtwangen aus
dem Besitze I. K. H. der Grossherzogin; besonderes Interesse
erregte ein von Ciseleur Klenk in Frankfurt a. 0. eingesen-
deter Silberguss nach der Natur. Die feinsten Gräser und
Blütenzweige, untermischt mit kleinem Getier, sind in diesem
Gusse in wunderbarer Schärfe wiedergegeben.
Karlsruhe. In der Monatsversammlung des badischen
Kunstgewerbevcreins vom 8. Januar hielt Herr Geh. Hofrat,
Prof. Dr. Lübke einen ebenso schönen als lehrreichen Vor-
trag, der infolge der zur Zeit herrschenden Influenzazustände
allerdings nicht so zahlreich besucht war, als es sonst wohl
der Fall gewesen w^äre. Der geschätzte Redner sprach über
Hans Holbein d. j\ , in seiner Beziehung zum Kunstgewerbe.
Nach einer allgemeinen Einleitung über den Begriff" der Re-
naissance, welche dem mehr korporativen Mittelalter gegen-
über die Entdeckung der Welt und des einzelnen bedeute,
und welche an Stelle der religiösen Kunst die Profankunst
des Palastes und des Bürgerhauses setze, folgten die nötigen
Angaben über die persönlichen und familiären Verhältnisse
des grossen Künstlers, welcher weit mehr bahnbrechend ge-
wesen sei als sein Zeitgenosse Dürer. Von seinem Vater
Hans Holbein d. ä. das ererbte Talent und eine gute Schule
mitnehmend, zog unser Künstler 17 Jahre alt von Augsburg
nach Basel, wo er mit den ersten Männern der Stadt in Be-
ziehung trat, so mit Erasmus, dem er das Lob der Narrheit
köstlich illustrirte. Hier offenbart sich sofort seine gross-
artige Vielseitigkeit. Er malt Porträts und Heiligenbilder,
er schmückt Säle und Häuserfassaden, so das berühmte Haus
zum Tanz; er macht Entwürfe zu Glasgemälden, den sog.
Glasscheiben, die man sich damals in der Schweiz zu schen-
ken pflegte und zu vielen anderen Dingen. Seine Renaissance-
formen, lebendig, frisch und motivreich sind grundverschieden
von der italienischen Formensprache, sie zeigen echt deut-
sches Gepräge und eine Fülle und Beweglichkeit, die öfters
schon an das spätere Bai-occo erinnern. Trotz der vielen
10*
68
KLEINE MITTEILUNGEN.
Arbeiten und Aufträge war seine Stellung keine glänzende,
was ihn veranlasste nach £ngland zu ziehen, wo der da-
malige Hof und die vornehme Gesellschaft ein ganz anderes
Wohlleben führten, als dies in dem bürgerlichen Basel der
Fall sein konnte. Von £rasmus an Thomas Monis empfohlen,
malte Holbein zunächst die Familie des letzteren und dann
eine Reihe anderer Persönlichkeiten. In Samt und Seide ge-
kleidet, kehrte er zwei Jahre später nach Basel zu seiner
Familie zurück, wo er sich ein eigenes Haus kaufte. Die
reformatorische Bewegung, welche nunmehr der humanisti-
schen folgte und die bekannte Bilderstürmerei im Gefolge
hatte, scheint dem Künstler wenig gefallen zu haben, denn
trotz des von der Stadt Basel gebotenen Wartegeldes sehen
wir ihn bald wieder auf dem Wege nach England, wo er
sich nun die besondere Gunst des Hofes und des Königs er-
wirbt. Er malt Heinrich VIII. und seine verschiedenen Ge-
mahlinnen und Bräute; der König bewilligt ihm ein Jahres-
gehalt von 30 Pfund. Das Jahr 1530 findet ihn wieder in
Basel bei Weib und Kind, die er uns in einem seiner wunder-
barsten Bilder erhalten hat. Sein dritter Aufenthalt in Lon-
don bringt ihm unerwartet den Tod. Die Pest des Jahres
1543 rafft ihn hinweg; mr wissen nicht einmal, wo er be-
graben liegt. Der gi*osse Porträtmaler, der als solcher uner-
reicht dasteht, fand stets Zeit, dem Kunsthandwerk seine
Hand und seinen genialen Geist zu leihen. Ausserordentlich
zahlreich sind die uns erhaltenen Skizzen und Entwürfe zu
GefiLssen, Schmucksachen, Dolchgehäusen, Buchdeckeln u. s.w.
Überall zeigt sich nicht nur die grossartige künstlerische
Auffassung und Durchbildung, sondern auch ein vorzügliches
Verständnis im Anpassen an die betreffende Technik,
so dass auch auf dem Gebiete der Kleinkunst kein zweiter
Künstler ihm gleich kommt. In den Modeirrungen des Tages
werden seine variantenreichen Entwürfe voll sprudelnder
Lebendigkeit stets eine herrliche und nie versagende Quelle
für die Nachbildung sein. Nicht in der blinden Nachahmung,
sondern im verständnisvollen Nachfühlen der grossen Werke
früherer Zeiten liegt das Heil unseres heutigen Kunstgewerbes.
Reicher Beifall bewies dem Redner, dass er das Richtige ge-
troffen, indem er den Meister mit begeisterten Worten schil-
derte und seine Werke in zahlreichen Wiedergaben vor Augen
führte.
Fachblatt f&r Innendekoration. Herausgeber u. Ver-
leger Alexander Koch in Darmstadt. Monatlich 2 Num-
mern, Preis vierteljährlich 2 M. 50.
Wenn wir dem vorliegenden Unternehmen gegenüber
uns veranlasst sehen, einem Fachblatte das Wort zu reden,
geschieht dies nach gebührender Prüfung des sachlich reichen
nnd sorgföltig zusammengestellten Inhaltes der aufliegenden
ersten beiden Nummern, zu denen das einführende Vorwort
Prof. Luthmers gleichsam als ein erfülltes Versprechen gelten
kann. — Luthmers Wirken und Schaffen in dem Bereich
der Innendekoration ist durch die Fruchtbarkeit seiner schrift-
stellerisch und zeichnerisch gleich gewandten Feder so ein-
greifend und bestimmend geworden, dass sich das Gros der
strebenden Schreiner und Dekorateure immer wieder gern
seiner Belehrung imterwirft. Nicht minder dürfte das Wissen
und Können Friedr. Fischbachs auf dem Gebiete der textilen
Kunst im Dienste des neuen Fachblattes geeignet sein, die
produktiven Kräfte der in Betracht kommenden Industrien
in intimere Beziehungen nicht nur zu den Abnehmern ihrer
Fabrikate, sondern vor allem zu dem Wesen von Stoff und
Muster zu bringen. Es ist thöricht, stets leichtfertig auf die
Behauptung zurückgreifen zu wollen, dass die Abnehmer
und im engeren Sinne speziell das grosse Publikum so sonder-
bare Verlangen an die Muster stellen. Der Laie lässt sich
sehr gern belehren , wenn ihm das Gebotene nicht allzu
trocken und wesenlos aufgetischt wird. — Das gesteckte Ziel
des , Fachblattes" giebt uns die berechtigte Hoffnung, da£s
seine Leiter und Mitarbeiter gewillt sind, Obigem Rechnung
zu tragen. Die leidige Wohnungsstilfrage findet in treff-
licher Weise unter praktischen Gesichtspunkten in einem
längerem Aufsatze von Karl Behr- Mainz neue Nahrung,
während Georg Bötticher gleichzeitig anstrebt, die stilistische
Seite der Tapete zu behandeln. Diesem schliessen sich Mit-
teilungen aus Vorträgen und Erörterungen schwebender
Fragen, sowie über das Für und Wider von Ausetellnngs-
bestrebungen ergänzend an. — Auch der eigentlichen Familie
wird der vielseitige Inhalt des Fachblattes manche will-
kommene Unterweisung und Anregung spenden. Würde
dem belehrenden Worte auch noch die vom Verleger in
Aussicht gestellten bildlichen Beilagen — (möglichst in
weniger raflmirter Darstellung, jedoch von desto gjrösserer
Formenschönheit) — erläuternd zur Seite treten, so wäre
dem Gesamtbegriff „Innendekoration* eine Zeitschrift ge-
geben , deren gedeihliche Fortentwickelung aufrichtig zu
wünschen wäre.
O. S.
X. — In der Düsseldorfer Kuustgetcerheschulfi werden
mit dem Anfang April beginnenden Sommerhalbjahre zwei
neue Fachklassen für den Abendunterricht eingerichtet, und
zwar eine für Wachsmodelliren fiir Graveure, Ciseleure, Gold-
und Silberarbeiter und eine für Entwerfen von Flächen-
dekorationen für Lithographen, Dekorations- und Glasmaler.
— Prrisaiisseh reiben. Die in München erscheinende
Fachzeitschrift ..Der Deutsche Steiubildhauer" , amtliches
Organ des Verbandes deutscher Steinmetzgeschäfte, erlässt
soeben ein Preisausschreiben fiir Originalentwürfe von Grab-
denkmälern. Ausgesetzt sind 6 Preise im Gesamtbetrage von
450 Mark. Die Entwürfe sind bis 15. Mai 1. J. an Eduard
Pohls Verla f/ in München einzusenden; die Entscheidung des
Preisgerichts wird am 1. Juli veröffentlicht.
— Pforxhcim, Kunstgeirerl>everein, Auf das Konkur-
renzausschreiben für Entwürfe zu modernen, geschmack-
vollen Schmuckgegenständen haben auf den 20. März 1890
80 Teilnehmer zusammen 393 Entwürfe eingeschickt. 43 Teil-
nehmer sind von Pforzheim, 11 von Schwab. Gmünd, 11 von
München, von Hanau, 4 von Berlin, 2 von Kassel, 2 von
Gablonz und Karlsruhe, Offenburg, Stuttgart, Nürnberg, Dres-
den, Ingolstadt und Wiesbaden je 1 Teilnehmer. Vom Preis-
gericht, bestehend aus dem Gesamtvorstande und der ge-
wählten Kommission, den Herren F. Loog, F. Mahla, Ad.
Majer und Gnsf. Siegle sind angekauft worden 68 Entwürfe
im Gesamtbetrage von 806 M., und zwar von 21 hiesigen
und von 17 auswärtigen Teilnehmern, im ganzen von 38.
Daininter sind 9 Kunstgewerbeschüler von hier und 1 1 frühere
Schüler von hier. Die 17 auswärtigen Teilnehmer verteilen
sich auf folgende Städte: 5 von Schwab. Gmünd, 4 von
Hanau, 4 von München, 2 von Berlin, 1 von Gablonz und
1 von Dresden.
Albumdeckel, in Holz geschnitzt.
Von ROMANRLM, Bildhtiter in Florenz.
Im Besitie der Or. Landesgewerbehalle in Karlsmhe.
?n und gezeichnet von Kunstgewerheschfller K. SCHLEITH, <lort->elln't.
-4-
Haiisthor aus dem 17. Jahrhundert.
In der TetzelgaBse in NOmberg.
ÄufgenommeD und gezeichnet von EüO. BiSCHOFF, Architekt und Professor
an der Eunstgewerbepchule Karleruhe.
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Von der Verlagshandlung von E. A. Seeinann sind zu beziehen:
Lehrmodelle
für den Anfangsunterricht im Freihandzeichnen.
(Im Anschluss an die Lachnerschen Lehrhefte.)
Modelle für Möbeltischler:
I. Gruppe: 6 geometrische Körper (Blatt i der
Lehrhefte).
6 Säulenfiisse und 6 Profile (Blatt 2).
9 Gehrungen (Blatt 3).
4 Simsbekrönungen.
4 Möbel- und 4 Säulenfiisse, 2
Füllungen.
3 Stützen und 2 Konsolen.
2.
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4.
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6.
Der Preis eines vollständigen Satzes dieser
46 Modelle ist 115 Mark.
Modelle für Schlosser:
I. Gruppe: 6 geometrische Körper (Blatt l der
Lehrhefte).
Hohlkörper, 5 Stück (Blatt 2).
Blechvoluten, Drahtspiralen, 4Stück
(Blatt 3).
Beschlagteile, 13 St (Blatt 4).
Kasten schloss und Thürschloss,
2 Stück (Blatt 5j.
Rosetten, 6 Stück (Blatt 6).
Der Preis eines vollständigen Satzes dieser
36 Modelle ist 90 Mark.
2.
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4-
5.
6.
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Die Vorzüge dieser Modelle
bestehen
/. in der yortreHUclien Aj*bBit, die JForznSCilÖnlieit mit sorgfäitigster
GrBUSLJllffJsSi&tt verbindet, (Material: Eichen und Buchenhol:^ mit kieferner Unter fütterung);
2. in der "WolxltBiXll&ttß worüber vorstehende Preisangaben belehren;
3. in der tadellosen TecJmUk, welche in den slolitbaren Sclraittü&chen
den Schüler auf die Art der Zusammensetzung verschiedener Höl:^er hinweist.
Die Grösse der einzelnen Modelle ist so gewählt, dass sie in der Zeichnung unverkürzt
wiedergegeben werden können.
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Verlag von E. A. SEEMANN.
Die Zimmergotik in Deutsch -Tirol.
Herausgegeben von Franz Paukert.
I. Band; Südtirol.
32 Tafeln mit Erläuterungen in eleg. Mappe M. 12. — .
Das Werk bringt auf 32, vom Verfasser selbst aufgenommenen und prächtig gezeichneten Tafeln
3 folsjende bisher noch nicht veröffentlichte Gegenstände:
' Bl. 1/2: Wandverkleidung^ des Kapitelzimraers in der Burg Reifenstein bei Sterzing, Details. Bl. 3: Thür eben-
"^ daher. Bl. 4: Waschkästchen desgl. IM. 5: Holjrdecke einer Stube ebendort. Bl. 6: Geschnitzte Flachornamente aus
3 der Vertäfelung dieser Stube. Bl. 7: Schmiedeeiserne Beschläge ebendaher. Bl. S: Wandmalerei eines Genoaches in
3 Burg Reifenstein. Bl. 9: Teil der vollständig übermalten Balkendecke desselben Gemachs. Bl. 10: Teil eines Holz-
gitters ebendaher. Bl. 11: Himmelbett aus Reifenstein. Bl. 12: Thüren und schmiedeeiserne Beschläge. Bl. 13: Flach-
ornamente aus Guffidaun und anderen Orten. Bl. 14: Ornament aus Neustift. Bl. IS: Holzdecke, ebendort. Bl. 16:
Hokdecke aus der Trostburg. Bl. 17 — 23: Kanzleistube des Schlosses Campan bei Kaltem nebst Details. Bl. 24: Thür
aus Campan. Bl. 25/26: Holzdecke aus Kaltem mit Details. Bl. 27: Thüren aus dem Schlosse Englar aus St. Michele.
BL 28: Holzkassette aus St. Pauls in Ueberetsch. Bl. 29: Betstühle aus Pens. Bl. 30- Wandmalerei aus Runkelstein.
BL 31: Thür ebendaher. Bl. 32: Geschnitzte Ornamente aus der getäfelten Stube zu Kunkelstoin.
Der zweite Band, Nordtirol, kommt im Laufe diesem Sommers zur Ausgabe.
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Yerlag von E. A. Seemann in Leipzig.
Eine vollständige Ennstgeschichte für 21 Mark!
KunstMstorisclie Bilderbogen
j.-
1290
Abbildungen
4-
Handausgabe
167 Tafeln, geb. in einen Band 15 MIc
Textbucli von Anton Springer
(Grundzüge der Kunstgeschichte)
41 Bogen, gebunden in einen Band 6 Marie.
Die Handausgabe der Kunsthistorischen Bilderbogen empfiehlt sich durch ihren
ausserordentlich niedrigen Preis und die mustergültige Ausfuhrung der Illustrationen. Für
die Gediegenheit des Textes bürgt der Name des Altmeisters der Kunstgeschichte „Anton
Springer^.
Geschichte der Architektur
von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart
von Wilhelm Liibke^
Professor am Polytechnikum und an der Kunstschule in Karlsruhe.
Sechste verbesserte und vermehrte Auflage.
2 Bünde gr. Iiex.-8o, mit 1001 Illustrationen. 1S85. Brosch. 20 M.; in Kaliko geb. 30 M.; in Halbfranz geb. 32 M.
Geschichte der Plastik
, von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart
von Wilhelm Lübke,
Dritte verbesserte und vermehrte Auflage. Mit 500 Holzschnitten. 971 S. gr. Lex.-S^. 2 Bände.
Bro3ch. 22 M.; in Leinwand geb. 2ö W.; in 2 Halbfranzbäiide geb. 30 M.
Raffael und Michelangelo.
Von Anton Springer.
Zweite verbesserte Auflage in zwei Bänden gr. Iif.*x.-s*». Mit vielen Illustrationen.
Engl, kai-t. 21 M. in Halbfranz 25 M., in Liebhaberbänden 30 M.
Dürer.
Ge.schichte seines Lebens und seiner Kunst. Von Morite Thansin^. Zweite verbesserte und vermehrte Auf-
lage, gr. Lox.-b". Mit vielen Illustrationen. Engl. kart. 20 M. in Halbfranz 24 M.. in Liebhaberbilnden 28 M.
Holbein und seine Zeit
Von Alfred Woltmann. Zweite verbesserte und vermehi-te Auflage. Mit Illustrationen. Brosch. 13 M-; geb. in
engl. Leinwand. M. 15.50. Der zweit« Teil dieses Werkes (Exkurse, Katalog der Werke) ist giinzlich vergriffen.
s. 75 *^
•^- •'^•'-^•'''.;w--u>-^-c--^-g.-'-^^-§--^-^5--^-;^-^-^-^-$--'-'-5- ^•
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je eine Beilage von Arosler & Buthardt in Berlin und dem Yerlag des Litterarischen ^Tahresberlehts in LeipiilT*
Druck von August Pries in Leipzig.
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KUNST UND KUNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDE-
WESEN.
MIT ABBILDUNGEN.
IS INS 12. Jahrhundert reicht die
Waffenindustrie Solingens zurück.
Nach einer Tradildon soll sie durch
Adolf IV. von Berg 1 147 gleich-
falls von dahin ausgewanderten
steirischen Eisenarbeitem gegrün-
det worden sein; ihren Aufschwung verdankt sie
den ungemein gesteigerten WafTenbedarf in den
KreuzzQgen. Solinger Werkstätten bedienten sich
häufig fremder Marken, so von alters her des
Passauer „Wolfes", ebenso spanischer. Letzteres
Vorkommen erklärt sieb dadurch, dass zahlreiche
Solinger Meister zeitweise in Spanien arbeiteten.
Ein Hauptpunkt der Waffenerzengung war Suhl in
Thüringen; daselbst bestand die Waffenindustrie schon
vor 1380, die ihre Harnische und Schwerter der
Ritterschaft Deutschlands lieferte. 1563 gründete
der letzte Graf von Henneherg daselbst die Feuer-
waffenindustrie im grossen Stile, die bis in unsere
T^e berein in grossem Ansehen sich erhielt. Die
BDchsenmacherfamilie Klett hat an ihrem Ruhme
nicht geringen Anteil.
Mit diesen grossen Centren teilten aber auch
viele deutsche Städte, vorab einzelne Reichsstädte,
den Ruhm einer ungemeinen Produktionsfähigkeit
auf dem Gebiete der Waffen. Schon im frühen
Mittelalter tritt da Nürnberg immer achtungs gebie-
tender hervor. Eine der ältesten ist die dortige
Messererzunft von 1285. Im 14. Jahrhundert hatten
die Nürnberger Werkstätten bereits den Ruf der
ersten Deutschlands, und von dieser Zeit nimmt die
EoDltgewerbablatt. N. F. I.
Kunst immer mehr Einfluss auf das Handwerk. In
Bezug auf die künstlerische Ausstattung der Erzeug-
nisse ist Nürnberg erat vom Ende des 15. Jahrhun-
derts voll zu würdigen und wir zählen von da an
Meister, deren Namen für alle Zeiten in der Kunst-
geschichte glänzen werden, wie die Plaitner Hans
Grunewalt, Wilhelm von Worms, Vater imd Sohn,
Konrad Lochner, Valentin Siebcnböiger, die Büchsen-
giesser Sebald Behaim, Andreas Pegnitzer, Vater und
Sohn, und viele andere. Wie in Italien, so hatte
auch in Deutschland die allgemach innigere Verbin-
dung mit der Kunst den Anstoss zur Hebung des
Handwerkes gegeben. War der erste Anstoss hier-
zu auch aus Italien gekommen, die gros.se geistige
Kraft der Nation bildete die fremden Elemente in
staunenswert kurzer Zeit nach ihren Anschauungen
um und da steht der grosse deutsche Meister Al-
brecht Dürer mitten im industriellen Gebiete wie
eine eherne Säule da. Er, der Meist«r im grossen
Stile, nimmt Einäuss auf die kleinsten Verhältnisse
im nationalen Leben; ihm ist es nicht zu gering, von
der Staffelei weg zum Tische sich zu setzen, um den
Entwurf zu einem Gerät zu machen. Der Kaiser
wünscht 1517 einen Entwurf zu einem silbernen
Harnisch und er zeichnet einen solchen in allen De-
tails; er wurde von Koloman Helmschmied auch aus-
geführt, wäre er uns erhalten geblieben, er würde in
künstlerischer Schönheit von keinem der Welt über-
ragt worden sein. Und wie Dürer, so interessirten
sich seine künstlerischen Zeitgenossen und Nachfolger
nicht weniger ftir dos Waffenwesen, das ja einen so
70
KUKST- UND KUNSTTECHNIK IM WAPFENSCHMIEDEWESEN.
bedentenden Teil des Lebens absorbirte. So sehen wir
im Skizzenbache des Hans Baldnng Grün Muster-
zeichnungen von Horniacben, so kennen wir die Be-
teiliguog der beiden Bui^kmäir am Waffenwesen,
wie nicht weniger Älbrecht Altdorfers. Speziell
auf dekorativem Gebiete ragt in der Mnkischen
Schule A. Ald^rerer hervor, der der Ornamentik
eine eigene Bichtui^ g^ebeu hatte, und welchen
bedeutenden Einfluss haben nicht der altere L. Gra-
nach, Äug. Hirsvogel nnd die Goldschmiede Jam-
nitzer auf die Verzierung der Waffen genommen?
Im Verlaufe des 16. Jahrhunderts trat g^en
das mächtige NOmberg eine lebenskräftige Bivalin
snf: Ängsbnig. Von alter Zeit her eine gute, wenn
auch nicht tonangebende Waffeuwerkstatte, gab die
volkstumliche schwäbische Kunst den Anstoss zu
dass nicht allein Haler, sondern auch Bildhauer,
Goldschmiede und selbst simple ÄtzkQnatler eiooi
wesentlichen Anteil hier haben. Wir sehen hier
von NOmbergem und selbst von Bui^kmair ab, die
ja alle hier mitwirkten, und deuten auf Hans Hol-
bein, der, wenn auch aus der Feme, doch ersicht-
lich den bedeutendsten Einfluss auf die dekorative
Kunst im Waffeuwesen Augsbui^ genommen hat.
Wie Äugsbui^ später in die Bewerbung getreten ist,
BO &nd es auch eine andere Art des Kunstbetriebes
vor. Es stand nur anfangs in Verbindung mit den
grossen Meistern, später &nd es seine Omamentisten
in einer Unzahl von Goldschmieden, Emailisten und
Atzmalem, die an sich betrachtet, ganz Ansehnliches
lebteten, wie Jörg Soig Marquart, Christof Lenker,
Schantemell, Attemstätter, die Ätzmaler Roth und
einer Entwicklung, die jene NOmbergs bald Qber^
ragte. Zahllos wuchsen die Flattner aus der alten
Augusta Vindelicorum heran, nnd auch ihre Bedeu-
tung wurzelte darin, dass sie in inniger Verbindung
mit der heimischen Kunst standen. Voran reihen sich
die Kolman Helmschmied, deren Thätigkeit sich bis
1440 hinauf verfolgen läset. Dem ältesten bekannten
der Familie, Georg, folgte dessen Sohn Lorenz
(t 1M6), diesem der berflhmte Enkel Eoloman
(t 1532) und diesem vrieder dessen Urenkel Desi-
derius, der die Leistungen selbst der Italiener in den
Schatten stellte. Weiters der talentvolle Innsbrucker
Wilhelm Seusenhofer, Matthäus Frauenbrys, Anton
PefTenhauser und zahllose andere. Im GeschUtz-
gusse ragt der famose Vorarlbeiger Gregor L5ffler
hervor, der Augsburg seiner prächtigen Geschütze
halber Bprichwörtlich gemacht hat. Fragen wir nach
den Meistern, welche dem Waffeuwesen sein künst-
lerisches Gepräge aufgedrückt, es zu seiner unge-
meinen Bedeutung erhoben haben, dann sehen wir,
viele andere. Endlich boten die zahlreichen Ornament-
stiche aus dem Weigelschen Verlage und jene aus
den Niederlanden treffliche Muster. Selbst italienische
Vorlagen sind bei Desiderius Kolman nachzuweisen.
Von nicht geringer Bedeutung war der Ein-
fluss einiger HSfe in Deutschland auf die Entwick-
lung des Waffenschmiedewesens. In Bayern er-
richtete Herzog Albrecht IV. 1492 zu München die
Stuckgiesserei am Glockenbache, um deren Förde-
rung sich die Familie Ernst wesentliche Verdienste
erworben hatte. Die Plattnerei war zu Landshnt,
ihr hervorragendster Meister war Franz GroaschedeL
In Sachsen wirkt zu Dresden von 1460 an die be-
rühmte Stnckgiesserfamilie Hilger. Im Plattnerhand-
werk ragten Hans und Sigmund Rosenbei^r in Dres-
den und die angesehene Familie der von Sipeyer z
Annaberg hervor •).
1) Gurlitt, L., Deutsche Tiimi»
1 10. Jahrb. Dreadeii, löbü.
[•.RII»tunf(fn|niKl V\aünfT
KUNST UND KUNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDEWESEN.
Für diese von deu Kunstcentren entfernten
Meteter ist im dekorativen Gebiete nicht der Ein-
finss einer speziellen Schule wahrnehmbar. Sie
nehmen ihre Elemente atlenthalben und selbst von
Niederländern, wie Theodor de Bry, den Floris und
Hieronymus Coock. Die heimischen Omamentisten
tauchen in den kleinsten Städten auf, viele wirken
in Manchen. Hefner • Älteneck pnblizirte aus dem
kgl. Eupfersticbkabinet zu MUnchen eine Anzahl
HandzeichnuDgen: Entwürfe deutscher Meister filr
Prunkharnische '), so deren von Hans Mielich für
Ruhm fBr sich in Anspruch nahmen. Selbst nach
der Erfindung des Flintenschlosses vermochte
Deutcbland noch namhafte Meister aufjuweisen, die
allerdings den heimischen Stil verliessen, wie Ar-
mand Bongarde in Düsseldorf, Ulrich Mänz in Braun-
schweig, S. Hauschka in Wolfenböttel, J. A, Kuchen-
reuter in Regensburg u. a. Für die Büchsenmacberei
bildete sieb eine eigene, den Franzosen nachgebildete
Kunstlittemtur; wir erwähnen daraus nur der Aus-
gaben des Feter Schenck in Amsterdam 1092 und
des Christof Weigel in Nürnberg.
SogenBnnteB DMmeiibllittcben ui der Jagdflinte
des Herzog« Eul Leopold V. von Lothringen,
mit seinem Bildnisie. In Eigen gesetanitten von
AUMAND BOXGABDE iD Düueldorr lach dem Por-
trkte von Wilh. Wusinq. Um leis.
Sogenanntes Daumenblättobcn von einel Jagd-
flinte des Herzogs Ludwig Wilhelm l. Von Baden
mit dem Bildnisse deadamaligenKänige Joseph J.
In Eisen geschnitten von Philipp Cbribtoph
voH Beckeb ans Koblens. Vax 1703.
Harnische Franz' I. und Heinrichs U. von Frankreich,
einige von Christof Schwarz aus Ingolstadt fOr einen
Harnisch Rudolfs U., einige andere von Hans Bol
und Hans Boksberger.
Mit der Einführung des Peuergewehrs erstand
für Deutschland ein neues Sonder^ebiet der Waffen-
industrie, in welchem es viele Jahrzehnte tonangebend
wirkte. Namentlich war es das deutsche oder Rad-
schloss, in dessen Erzeugung selbst die nacheifernden
Brescianer es nicht zu höherer Bedeutung zu bringen
vermochten. Eigenartig und bewundernswert traten
die deutschen Schäfter in ihrer Einlagetechnik her-
vor, mit der sie in der ganzen Welt den höchsten
1) V. Hefher- Alteneck, Entwürfe deutscher Meister für
rrachträstiingen fnuieCeiBcher Könige.
Berühren wir in kurzem die babsburgischen
Erbländer, so finden wir auch diese Landstriche als
von hober Bedeutung für die Wafieniudustrie. Wir
wissen von der grossartigen Eisenindustrie in den
noriscben Alpen, deren schon Plinius und Tacitus
anerkennend gedenken. Ihre Absatzgebiete wech-
selten mit dem Beginne der Kreuzzüge, in welcher
Zeit sie an Leistungsfähigkeit ausserordentlich zuge-
nommen hatte. Ihre Privilegien datiren aus dem
12. und 13. Jahrhundert Im 14. Jahrhundert merkt
man das Bestreben der Fürsten, den Betrieb zu kon-
zentriren und der Regellosigkeit in den Formen zu
steuern. Friedrich mit der leeren Tasche gründete
die Gescbützgiesserei in Tirol, Erzherzog S^mund
förderte sie; unter ihm bildeten sich namhafte Mdster,
11'
72 KUNST UND KUNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDEWESEN.
wie der Augsbui^er Jörg Endorfer, der Vorarlbet^er den berühmten Waffenachmied Ambrois Ritphiu, um
Peter Layminger, Linbart Peringer u. a.; unter 1468 aber den Hofplattuer Karls des KUbnen, Lance-
Maximilian I., dem kräfligea Förderer des Waffen- lot de Gindertale, der in seinen Leistungen an die
Wesens, Hans Seelos, Stefan Godl und vor allen Mailänder Miss^lia hinanrc^te. Grossen Ruf ge-
! um 1469
Laymingers berühmter Sobn Gregor Lö91er.
Im 15. Jahrhundert waren auch Fakto-
reien in Böhmen, wie. Kuttenberg, Prt^
und Beraun zur vorübergehen den Bedeu-
tung gekommen. Der Mittelpunkt des
Österreichischen Plattner wesens war gleich-
falls Tirol, wo zu Innsbruck die Familie
Treyz das Fach beherrschte. Nach ihnen
erlangten Hans und Jörg Seusenhofer einen
Weltruhm. In Bezug auf die dekorative
Ausstattung ihrer Arbeiten merkt man
deutlich den Einfluss von Augsburg.
Ferdinand L gründete 1558 die noch heute
ansehnliche Feuergewehrindustrie in Fer-
lach in Kärnten, Ferdinand Hl. 1657 die
Feuergewehrfabrik zu Wiener Neustadt,
die erst um 1750 aufgela-ssen wurde. Für
beide Gründungen wurden niederländische
Arbeiter herangezogen. Aber auch die
Privatinduatrie stand im 17. und 18. Jahr-
hundert hinter der im Reiche nicht zu-
rück, und ihre Erzeugnisse wetteiferten in
Schönheit und Güte mit den Jranzösiscben.
Zu den hervorragendsten Meistern zählen
Neureiter in Pr^, L Becher in Karlsbad,
G. Keiser in Wien, G. Dünkl in Schwatz u. a.
In den Niederlanden erscheint die
Waffenerzeugung bis ans Ende des 14.Jahr-
bunderts nicht bedeutender als etwa im
nördlichen Deutschland. Die Massenerzeu-
guDg konzentrirte sich um das Gebiet von
Luttich, doch hatten sieh auch in den
vielen reichen Städten Zünfte herange-
bildet, welche als ungemein befähigt an-
gesehen werden konnten. Für die Heran-
bildung dieser Privatindustrie ist die Ein-
wirkung der prunkliebenden bui^undi-
scben Herzoge inmier massgebend gewesen.
schützgiesserei zu Malines Begründet; sie ^ *^'"*'' e«»'^'"""^"»
wurde durch Karl V. 1520 erneuert, wobei BeWorf. Um i67b.
der Deutsche Hans Poppenrieder sich grosse
Verdienste erwarb. In der Erzeugung von Prunk-
waffen, Harnischen u. dgl. nennen die Urkunden
zahlreiche Namen, so um 1407 Lodequin Hughes
in Brüssel, um 1423 Jehan Wbseron ebenda, um
143S den Eofplattner Massin de Fromont, um 1462
wannen die Armrustmacher, '
Luc Muldre.
Mit dem Tode Karls des Kühnen 1477
schien das Waffenscbmiedebandwerk Rück-
schritte zu machen. Der einzige Plattner
von Bedeutung um 1480 war Francis Scroo,
der um 1490 verschwindet. 1495 berief
Maximilian I. die Mailänder Waffenschmiede
Gabriel und Francesco Merate, die er in
Arboi-s ansiedelte. ITnt«r dem Einflüsse
der Befreiungskriege herrschte in der
Waffenerzeugung eine ungemeine Rührig-
keit; die Bedeutung derselben ist aber ein-
zig von der technischen Seite zu wür-
digen. Zu einer immensen Bedeutung ge-
langten die Fabriken zu Lüttich unter bi-
achöflicber Herrschaft, welche besonders
in Feuergewehren Bedeutendes leisteten.
Erst im 17. Jahrhundert hob sich wieder
die Erzeugung von Kunstwaffen in Brüssel
und Amsterdam.
Man hat die französische Waffen-
industrie vom Mittelalter bis ins 17. Jabi^
hundert bisher immer als wenig bedeutend
hingestellt, vielleicht weit kein Autor in
der Lf^e war, auf namhaftere Werkstätten
und tüchtige Meister hinzudeuten. Diese
geringe Bewertung entspricht jedoch nicht
den Ergebnissen neuerer Forschung, Für
das frühere Mittelalter lässt schon die
hohe Kultur Südfrankreich seine fähige
Waffenindustrie voraussetzen, wenn auch
anzunehmen ist, dass ein grosser Teil des
Bedarfes aus dem Gebiet von Bilbao ge-
deckt wurde. Zudem widerhallen aus den
Urkunden, den Gedichten rühmende Äus-
serungen über Waffen. Im 13. Jahrhundert
des LaofM eüier werden die kleinen Bassinets von Montau-
ban allenthalben getr^en, und die Dichter
erwähnen am Ende des Jahrhunderts der
Harnische von Monsegur mit grossem
Lobe, am Beginne des 14. der Waffen
von Mortemer '). Im 15. und 16, Jahrhundert fehlt
es nicht an Namen bedeutender Waffenschmiede
und auch nicht an solchen, welche kunstreichere
1) Vcrg). auch Qa,j, V. Glotsaire lurchäologique.
KUNST UND KÜNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDE WESEN.
73
Arbeiten zu liefern vermochten. Wir erwähnen
unter ihnen nur einiger, wie Jehan de Bonnes, den
Hofplattner des Königs Rene um 1450, den Hof-
plattner Thomassin Baigneux um 1456, die berühm-
ten Waffenschmiede von Tours, Jacques Merville um
1510 und S. Remy Farant um 1568, den bedeuten-
den Tausiator Roquelin Dehoux um 1561, den Fer-
tiger der kunstreichen Dolche, Thevenin Martineau.
Freilich genügte auch diese ansehnliche Bethä^
tigung des Kunstfleisses den stolzen Plänen der
Könige noch weitaus nicht, daher merken wir die
oft wiederholte Bemühung derselben, berühmte
Waffenmeister aus Italien und Deutschland ins Land
zu ziehen, um damit die Industrie daselbst gross-
artiger zu gestalten. Es ist ganz derselbe Weg,
welchen die Könige in den höheren Künsten durch
die Schule von Fontainebleau einschlugen, und es
wird noch zu untersuchen sein, welchen Einfluss
dieselbe auf das dekorative Element im Waffenfache
genommen hat So bildete sich von 1410 an unter
Karl VI. die Werkstätte zu Lyon aus italienischen,
meist Mailänder Meistern, Treibarbeitern und Tausia-
toren, wie Martin de Tras 1410 — 1435, Pran^ois
Forcia um 1537 und die Brüder Baptiste und Gesar
Gambeo 1543—1549. Um 1466 machte Ludwig XL
erneute Anstrengungen , um Mailänder Meister an
sich zu ziehen. Karl VIIL gründete 1490 neue An-
siedlungen zu Bordeaux von Mailändern, unter wel-
chen Ambroise Garon zu grossem Ansehen gelangte.
Franz I. versuchte, wiewohl vergeblich, den Augs-
burger Koloman Helmschmidt und den Innsbrucker
Jörg Seusenhofer nach Frankreich zu ziehen.
Um 1640 hebt sich Frankreich mächtig in seiner
industriellen Kunst und damit auch in der Erzeu-
gung kunstvoller Waffen, besonders in Feuerge-
wehren, Degen u. dgl. Es wird darin tonangebend
zu einer Zeit, in welcher deutsche Kunstindustrie
starr zu werden droht, und die italienische und
spanische, ungeachtet beide noch über gewichtige
Namen verfügen, doch ersichtlich im Rückgange sich
befinden. Zu den ersten Meistern zählen die Büchsen-
macher Bertrand Piraube um 1670, Adrian Reynier,
genannt le HoUandois, um 1724 und Louis Renard,
genannt Saint Malo, um 1643. Allen voran dürfte
Philipp Cordier d'Aubigny 1635—1665 zu nennen
sein, dessen Arbeiten zu den schönsten der Zeit
zählen und der auch der Erfindung des Flinten-
schlosses nicht ferne steht. Die gesamte Industrie
stand unter dem gewaltigen Einflüsse des genialen
Colbert. Das künstlerische Element bildeten Meister
von hervorragendem Talente, wie Lebrun, die beiden
Jean Berain, Brisseville und viele andere.
Damit ist in grossen Zügen ein Bild der W^affen-
industrie im Kontinente vom Mittelalter bis in die
Neuzeit gegeben; vergleichen wir sie mit jener
unserer Tage, dann kommen wir zu dem Ergebnisse,
dass sie sich ungeachtet des überhandnehmenden
Militarismus allgemach sowohl in der Zahl der Fak-
toreien als in der quantitativen Leistung erheblich
verringert hat. Was die qualitative Bedeutung be-
trifft, so ist sie im Vergleiche zur alten in manchen
Gebieten, wie in der Klingenfabrikation, zum min-
desten zweifelhaft, weil heutige Fabrikware, un-
geachtet aller Verbesserungen im Verfahren mit
der Leistung des einzelnen nicht in Wettbewerb
treten kann. Alte Erzeugnisse, selbst die einfach-
sten, sind vom ästhetischen Gesichtspunkte zu wür-
digen, bleiben immer Gegenstände einer kunstwissen-
schaftlichen Betrachtung. Auf keinem Gebiete des
Lebens hat die dekorative Kunst grössere Erfolge
errungen als auf jenem der Waffe, sowie es auch
kein Lebensgebiet giebt, in welchem so viele tech-
nische Mittel angewendet wurden wie auf diesem.
Wir schliessen hier mit einem Ausspruche Gottfried
Sempers *) über die Bedeutung der Waffe fBr das
Kunststudium: „Sowohl in den barbarischen Zeiten
wie in den Perioden der Givilisationsblüte war die
Zunft der Waffenschmiede das Asyl und die Pflanz-
schule der Künste. Die höchsten Talente sind ihr
entwachsen und verschmähten es nicht, för sie zu
wirken. Eine verhältnissmässige Keuschheit des Ge-
schmackes zeichnet endlich sogar die Waffen jener
üppigen Zeiten aus, in denen die Grundsätze des
Stils im ganzen missachtet wurden und alle anderen
Künste der allgemeinen extravaganten Zeitrichtung
folgten." Und heute? — Semper bemerkt lakonisch
darüber: „Die moderne Angriffswaffe, besonders die
Schiesswaffe, vermisst noch trotz aller technischen
Vervollkommnung ihren letzten praktisch artistischen
Ausdruck. " WENDELIN BOEHEBL
1) Semper, G., Der Stil in den technischen und tck-
tonischen Künsten. München 1863. IL XL § 182, S. 548 tf.
DIE KRUGSAMMLUNG DES FREIHERRN ALBERT VON
OPPENHEIM IN KÖLN.
MIT ABBILDUNGEN.
N DEN Schätzen, welche das
)ppeiiheimsche Palais iti der
jlockengaase zu Kdln bewahrt, sind
m Laufe der letzten Jahre manche
lervorr^ende Stöcke durch Publi-
[ationen von berufener Seite weit-
hin bekannt geworden; aber weit mehr noch harren
der Veröffentlichung, um der Wissenschaft als wert-
volle Bausteine, der ausübenden
Kunst als köstliche Vorbilder
dienstbar zu werden. Der Mu-
nifizenz des Besitzers ist es zu
danken, dass eine ganze Ab-
teilung der Sammlung, die
Erzeugnisse der KunsttSpferei,
nunmehr in einer geschlossenen
Publikation vorliegt. Der Un-
terzeichnete, mit der Heraus-
gabe betraut, bietet sie in
diesen Tagen den Fachgenos-
sen dar.
Es handelt sich hier um
eine Sammlung allerersten
Ranges. Rheinische Kri^;e
besitzen die meisten öffent-
lichen Kunstsammlungen, auch
manche Privatsammler habeu
sich den KrQgen zugewandt;
die Geschichte des rheinischen
Steinzeugs lässt sich in Berlin
und Christiania, in Trier und
Brüssel studiren. Äberwersich Humpen, blau an
,, „ , Raersn, Ende iB.
eme Vorstellung davon machen
will, bis zu welcher Vollendung diese Kunst ge-
diehen ist, wer die höchsten Leistungen dieser vater-
ländischen Kunst kennen lernen will, der muss
nach Köln gehen, um die Sammlung Oppenheim
zu sehen.
Die Entstehung der Sammlung datirt aus jüng-
ster Zeit; sie reicht kaum fQntzehn Jahre zurück.
In diesen Jahren ist aber fast jedes hervorragende
StQck, welches auf den Markt kam, der Sammlung
einverleibt worden. Dabei handelte es sich nicht
um die landläufige Ware: es sollten in der Samm-
lung nur Stücke vereinigt werden, welche die Spitzen
einer speziell rheinischen Knnst bezeichnen, Arbeiten,
die in Form oder Farbe, Zierrat oder Grösse als
Seltenheiten oder Ünika gelten dürfen. Und dies
ist dem Besitzer in über-
raschendem Masse gelungen.
Fast jedes StQck der Samm-
lung nimmt in der langen Reihe
der erhaltenen Typen eine be-
sondere hervorr^ende Stelle
ein, die Mehrzahl würde in
jeder Sanmilung als Haupt-
stücke gelten müssen. Es sei
hier nur auf die Flaobkrfige,
Ringkrflge aller Art, Kroichen
hinsichthch der Form hinge-
wiesen ; auf die Siegbuiger
Schnabelkrüge hinsichtlieh der
an Ciselirarbeit erinnernden
Reliefs.
Eine abschliessende Ge-
scliichte der rheinischen Krug-
bäckerei zu schreiben ist heute
noch nicht die Zeit. Fort-
während werden neue Funde
gemacht, die oft genug merk-
würdige Überraschungen brin-
laiiurtea steinieug «en. Aber bietet schon jede
J»hrh. - H 0,83 M. % ■ , , M i ■ 1
bpezialsammlung Material zur
Lösung mancher Fragen und zur Erkenntnis mancher
unsicheren Punkte, so gewährt eine Sammlung aller-
ersten Ranges nach diesen Richtungen ganz besondere
Belehrung.
Wir sind gewöhnt die Herstellung der Krüge
als eine einfach mechanische anzusehen: Drehscheibe,
Formen und Stempel waren das Handwerkszeug,
m:
.ir
M:
. ]
1 1
i- ä
I
ff
Si
Uhrscbild für Ausitihnmg in Metall.
.iedacht mit frei getriebenen Blnmei
'/j der natürlichen Grösse.
Entworfen von H. DCHICH, Kaesel.
dl
f
DIE KRtIGSAMMLUNG DES FREIHERRN ALBERT VON OPPENHEIM IN KüLN.
75
dessen sich die Töpfer bedienten. Die Oppenheimsehe
Sammlung besitzt einen Krug in Eulenform, bei dem
jede einzelne Feder besonders aufgelegt ist, einzelne
Teile vSIlig frei modellirt, Äugen und Schnabel durch
dunkele Emaillinmg belebt sind. Auch die KrOge,
deren Hauptteile geformt sind, zeigen des Bemerkens-
werten viel-
Reitern, die Pferde prächtig ausgestattet, dessen
einzelne Figuren aus Abraham de Bruyn: equitum
descriptio (Amsterdam 1576) entlehnt sind, einen
Nachweis, den ich Dr. Jessen verdanke. Zahlreiche
Ornamente weisen auf die Niederlande hin, so dass
durch die dortigen Omamentisten manche Anregung
gekommen sein mag. Leider ist es bisher nicht
Die Frage, woher die Fonnenscbneider, welche
für die Krugbücker arbeiteten, ihre Motive nahmen,
ist kaum je ernstlich zu lösen versucht. Dass die
Zeichner und Modelleure in Raeren oder Siegbur^
Sassen, ist kaum anzunehmen; die Vermutung nahe,
dass die bltthendste Stadt der Rheinlande, Köln,
der Sitz dieser Modelleure und Formensehneider
gewesen sei, liegt sehr nahe. Aber auch hier
bedurften die guten Leute der Anregung. Ein Krug
der Oppenheimschen Sammlung weist auch hier den
W^: er zeigt einen Fries mit reich gekleideten
gelungen, den nur auf dem Oppenheimschen Krug
vollständig erhaltenen Fries, welcher den Kampf
der Lapithen und Kentauren darstellt, auf einen
Stecher zurückzuführen. Vielleicht giebt gerade die
Publikation der Sammlung Anlass, dieser Frage
wieder näher zu treten.
Auch die Werkstätten einzelner Meister treten
uns in der Sammlung in ihrem vielseitigen Schaffen
deutlich entgegen, vor aUem der bedeutendste Meister
Raerens Jan Eme.ns. Man erkennt hier deutlich,
dass er kein gewülinlicher Krugbäcker war, sondern
76
DIE KRUGSAMMLUNG DES FREIHERRN ALBERT VON OPPENHEIM IN KÖLN.
ein Mann von wirklich künstlerischer Anlage und
Verständnis. Im Gegensatz zu den mannigfachen
kuriosen und barocken Einfallen mancher Töpfer,
die Ring- und Flach-
Vexier- u.a, KrUge in ihren
verschiedenen Variationen
schufen, zeigen seine Ar-
beiten in Form und Dekor
durchweg eine strenge und
bewusste Durchbildung,
die unsere volle Bewun-
derung erregt
Nicht minder sind die
Bäckereien von Freetten —
durch eine Schnelle mit
herrlichen Eostümfiguren
und einen mächtigen Bart-
mann, Siegburg — durch
ganz besonders schöne und
scharfe KrDge und Schna-
belkannen, Nassau — durch
seltene und ungewöhnliche
Formen, vertreten kurz
die Oppenheimsche Samm-
lung bedeutet für die rhei-
nische Krugbäckerei die
Hauptstätte des Studiums
und der Belehrung.
Allmählich hat die
Sammlung über die Gren-
zen der rheinischen Arbei-
ten hinausgegriffen und
deutsche KrtSge mit far-
bigen Zinnglasuren, sog.
HirschvogelkrUge und Ver-
wandtes, aufgenommen.
Eine stolze Reihe dieser
Erzeugnisse der Kunsttöpferei ist hier in Pracht-
exemplaren vereinigt; alle öberragt der Krug aus der
Sammlung Hastings, der kürzlich von Thewalt aus-
führlich behandelt ist Da-
ran schliesseo sich einige
deutsche Ofenmodelle, als
verwandte Arbeiten und
als Parallelen ein kiemer
Krug von B. Palissy und
ab in Deutschland beson-
ders schätzenswerte Kost-
barkeit, weil das einzige
Stück diesseits des Rh^ns,
ein Oirongefaas, bekannt
als Perle der früheren
Sammlung Stein in Paria.
Die keramischen Stu-
dien in Deutschland haben
sich in letzter Zeit mehr
der Faiencefabrikation des
18. Jahrhunderts zuge-
wandt die merkwürdigen
Werkstätten am Rhein
und Maas sind dadurch
etwas in Vei^essenheit ge-
raten. Vielleicht lenkt die
Publikation dieser bedeu-
tendsten aller Sammlungen
deutscher Steinzeugatbei-
ten das Interesse der
Kunstfreunde wieder auf
diesen Zweig deutscher
Kunst, der eingehender
Erforschung noch bedarf
und verdient
A. PABST.
Terlag: den JLitterarlschen Jahreftberlchtsi (Artur Seemann) in iLeipzig.
-.^.^-., _
•N. - ^ A /••
Kulturbilder aus dem klassischen Altertume.
I. HEndcl und Verkehr ^*' wichtigsten VSlker de» Mlttelmeeres. Von Dr. W. Richter, Mit
^^,„„^^„_,^^^^^„.^,^,,,.,^,,,,^^,,,,^^^^,.,^^ Illustrationen und Karten. Geb. Preis 3 Mark.
Der Verfasser behandelt auf eine Weise, welche zwischen Popularität und Oelehrsamkeit die rechte Mitte
hält» durch zahlreiche, meist recht gute Illustrationen unterstützt, in 14 Kapiteln den Handels-, Markt-, Geld-,
Industrie- und Post verkehr der Phönikei-, Karthager, Griechen und Römer. (Centralorgan f.d. J. Realschulwesen.)
TT Tk\^ SnlPle ^^' kriechen und filmen Von Dr W. Richter. Mit Illustrationen. Geb. Preis
3 Mark.
Die beigegebenen zahlreichen Illustrationen dienen zur Veranschaulichung des reichhaltigen Textes, welcher
in 10 Kapiteln ein ebenso anschauliches wie erschöpfendes, auf gründlichen Studien beruhendes, aber in
populärer Sprache entworfenes Bild der für unsere Jugend so interessanten Materie bietet. Auch für
Pädagogen und andere enthält das Buch viel Interessantes; sind doch die Spiele eines Volkes eine unwill-
kürliche Selbstcharakterisirung desselben.
m. Pie gottesdlenstüchen Gebräuche fe'eSltÜ%iÄsSf&. ^G^XiF^-uX
Das Buch bietet weit mehr, als der Titel erwarten lässt, nicht etwa nur das gottesdienstliche Ritual,
sondern überhaupt alles, was zu der Verehrung der Götter in Beziehung steht, z. B. einleitende Bemer-
kungen über den Charakter der griech. und röm. Religion, Abschnitte über Tempel und Priester,' Fluch und
Eid, Mantik und Orakel, Mysterien, Begräbiiiswesen u. s. w. Der Verfasser schreibt ausserordentlich klar
und übersichtlich. (Evang. Kirchen- u. Schulblatt.)
er. Mit Illustrationen. Geb. Preis
IV. Das Kriegswesen der Alten. Jon Dr. m. Fickeischer
^__^^^__^_^_^_^__^_^^_________^ 3 Mark.
Das Werk bietet eine recht gute und . übersichtliche Darstellung der Heereseinrichtung der wichtigsten
Völker des Altertums von den Helden des homerischen Zeitalters bis zu den Legionen des römischen
Kaiserreiches. Besonders eingehend sind selbstverständlich die Griechen und Römer behandelt, doch finden
auch die Macedonier, Pei-ser, Kaiihager, Kelten imd Germanen Berücksichtigung. Zahlreiche gute Illustra-
tionen sind dem Werke beigegeben. (Strassb. Post.)
V TIaS Tlll^atPTWesen der iiiiechen und R^mer« Von Dr. Richard Opitz. Mit Illustrationen,
^__-— tfCD. X reis ö JViarK.
' Das Buch ist höchst anregend gesehrieben; Verfasser versteht es namentlich durch Vergleiche mit
unserem modernen Leben und Rückblicke auf das altdeutsche Drama die antiken Verhältnisse dem Leser
näher zu bringen. (Schwab. Merkur.)
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Verla g yon Wilhelm Engelmann in I^eipzig,
Über die Grundsätze
der
Ölmalerei
und das
Verfahren der klassischen Meister
von
1S76. S. M. 6.—.
■ Infolge der Erklärung der Berliner Künstler zu Gunsten der Ludwig'schen
Pctroleiunfarben mache ich auf obi^^'es Buch aufmerksam, worin der Ge-
brauch der Farben genauer dargelegt wird.
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Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig.
Raffael nod Niehelangelo.
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S^y^^^^^ ■ ¥ ¥■ W ^ * mv ^ß^^^ß^
{211J
[5. Auflage]
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DER CICERONE.
[1884
Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens von Jacob Burck-
hardt. Fünfte, yerbesserte und vermehrte Auflage. Unter Mitwirkung
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HOLBEIN UND SEINE ZEIT.
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^eb. 15 Mark 50 Pif.
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Zum Gebrauch für den Unterricht im Freihandzeichnen entworfen und gezeichnet von C. OedHiuS.
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Diese Vorlageblätter enthalten Ornamente verschiedener Stilart«n, Metall- und Holzomamente tn Sägearbeit,
Dekorationsmalereien, eingelegte Holzarbeiten, Thonfliessen, Holzmalereien, Tapeten- und Schabionenarbeiten etc.
Die geschmackvolle, saubere, durchaus farbige Darstellung, sowie die vorzüglione Ausstattung lassen die „Vorlage-
blätter" als ein empfehlenswertes Hilfsmittel für das Zeichnern in Fortbildungsschulen erscheinen.
Die Fortbildungschule 1888, No. 15.
Die farbigen Vorlageblätter sind im Grossherzogtum Hessen in allen Gewerbeschulen
Ij amtlich eingeführt
Vorbildersammluiig für das Elementar-Freihandzeichnen
mit besonderer Berücksichtigung des gewerblichen Omamentzeichnens.
Ein systematischer Lehrgang
für Volksschulen, Realschulen und gewerbliche Lehranstalten, sowie zum Selbstunteiricht herausgegeben von
Georg Graf,
Vorstand der Facliabteilung der gewerblichen Fortbildungschule in München.
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bildenden Lehranstalten von
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Ornamentvorlagen
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Hauptlehrer in München. 50 Tafeln kl. Folio. Ladenpreis 15 M.
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fühlbar gewordenen Bedürfnisse hervorgegangen. PjS bietet muBtergiiltige Motive in vorzüglicher Darstellung zu
einem verhältnismässig geringem Preise. Den verschiedenen Fäcliern dei Technik entsprechend zerfällt es in 5 Ab-
teihingen: I. Ornamente für Holz-, Stein- und Thonplastik; 2. Ornamente für Eisenplastik; 3. Ornamente für Edel-
metallplastik; 4. Ornamente für Fläch endekoration; 5. Ornamente für Typographie und andere Vervielf^tigungsarten.
In den Müuchener Fortbildungsschulen amtlich eingeführt.
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Wandtafeln
für den 2eicheuimterricht an Gymnasien und Realschulen von
Emil Schick,
Zeichenlehrer am Gymnasium zu Bruchsal.
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Preis M. 3.20.
Das Werk führt die kla4^^^isch antiken I'ormen in einfachster Weise vor, und bringt Vasen, Schalen,
Rosetten, Stimziegel in scharfer, weithin sichtbarer Fonn.
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Druck von August Pries in Leipzig.
DIE SAMMLUNG KARASZ.
VON JOSEPH DINER.
MIT ABBILDUNGEN.
Sammlung Kärisz in Budapest
ar, muss man leider heute sagen,
icht gerade durch ihre Stückzahl
ärvorragend — sie enthielt etwa
lindert Stücke — aber dadurch
larakteristisch, dasa sie Gegen-
stände fast aller Epochen und Qeschmacksrichtungen
enthielt und fast jedes Stück den Sammler von grosser
Feinfühligkeit und ausgezeichnetem Geschmacke
verrät.
Eine kurze Übersicht des Inventars der Samm-
lung gicbt die beste Charakteristik derselben.
Die Torgeschichtliche Zeit und die Epoche der
Völkerwanderung sind durch 15 Stücke vertreten.
Es sind durchweg Goldgegenstände, zumeist ungari-
schen Ursprungs, fast durchgehend oharakteriatische
und BchSne Stücke.
Ägypten ist zwar nur durch einen Ring ver-
treten, derselbe stammt aber aus der vierten Pyra-
mide — der des Königs Monctera — und trägt eine
Inschrift mit königlichen Insignien.
Die romanische Periode ist durch einen inter-
essanten Bronzeleuchter vertreten, der aus der Kirche
von Lodi stammen soU, und durch eine getriebene
und zum Teil vergoldete Süherschale.
In der Goldschmiedeausstellung in Budapest war
eine ganze Suite solcher Schalen derselben Arbeit
zu sehen. Der Katalog hat dieselben ohne weitere
Bemerkung dem 14- — 15. Jahrhundert zugesprochen,
während die Pariser Publikation von einem direkten
orientalischen Ursprünge spricht. Meinem Ermessen
nach stammen diese Arbeiten, die eine Mischung
orientalischer und romanischer Motive zeigen, aus
dem Ende des 16. oder Anfang des 17. Jahrhunderts.
Hierfür sprechen verschiedene Umstände. Zunächst
EDsitgawoTbabUtt. K. F. 1.
die Art der Arbeit. Die Darstellungen sind im
Hochrelief herausgetrieben, sehr scharf konturirt,
und zeigen an einzelnen Stellen Spuren von Per-
spektive , was weder bei orientalischen noch bei
romanischen Arbeiten je der Fall ist. Sodann ist es
sehr unwahrscheinlich, dass ungarische oder deutsche
Goldschmiede vor Ende des 16.' oder Anfang des
17. Jahrhunderts mit orientalischen Arbeiten schon
so bekannt gewesen sein sollen, um sich von ihnen
so stark beeinflussen zu lassen, wie es in diesen Ar-
beiten geschehen ist. Endlich trägt unsere Schale
zwei Stempel, die ganz entschieden für den Beginn
des 17. Jahrhunderts sprechen, nämlich eine Zick-
zacklinie und einen Pinieuzapfen, der dem bekannten
Beschauzeichen der Stadt Augsbui^ ganz ähnlich ist.
Meiner Ansicht nach haben die betreffenden
Goldschmiede bei diesen Arbeiten die Absicht ge-
habt, Arbeiten von altertümlichem Geschmack her-
zustellen. Da sie aber mit den echten alten Mo-
tiven nicht vollkommen vertraut waren, benutzten sie
auch orientalische Motive, die ihnen zu jener Zeit
sehr nahe lagen und dennoch im allgemeinen fremd
und veraltet erschienen. Den historisch ungeschul-
ten Augen jener Goldschmiede mögen wohl oft die
romanischen und die orientalischen Motive als gleich
erschienen sein.
Besonders zahlreich vertreten ist in der Samm-
lung die Renaissaocezeit imd zwar in allen Ab-
stulungen von der Frtihrenaissance bis zum Rokoko.
Unter den Renaissancewerken ragen besonders
die Emailarbeiten hervor, von denen ein Teil schon
in der Pariser Publikation veröfl'entlicht ist
An erster Stelle steht das grosse Vortr^skreuz
der Seiden weher zunft von Florenz (siehe Cheft
d'oeuvres etc. Tome II, pt^. 39). Ein Meisterstück
ILUNG KARASZ.
ef, welchem sich eine ireistehende Figur erhebt Eine
^ Augabui^er Arheit aus dem AnfaDge dea 17. Jahr-
hunderts mit dem Stempel MB, entweder Melchior
■d- Bajr, gestorben 1634 oder Mathias Brezel, gestorben
ist 1635. Eine Spezialität dieser Meister waren eben-
ite solche kleine Becher.
Qn Ein anderer Becher (Fig. 2) ist ganz bedeckt
el, mit einem Netze von Laub- und Blumengewinden
es, in Beliefemail, welches fOr sich gegossen und dann
Flg. 1. Beoher, Silber getrieben null vergoldet;
Fuss u. Schaft mit Lackflu-beo bemalt. Angiborg.
17. Jahrb. — H. IT em.
auf dem Becher aufgelötet bt. Der Fuss ist rund
und etwas aufgebaucht. Am Schail bildet ias
Lanbgewinde eine Art Blumenkorb, von dem drei
Henkel zu dem Kelche gehen. Der Kelch selbst
ist am unteren Teile von einen emaillirten Pal-
mettenkranz umschlossen und durch einen kleine
Wulst in zwei Felder geteilt, die mit sehr reichen,
einaillirt«m Ornamente bedeckt sind. Ebenso oma-
mentirt ist der Deckel, aus dessen Mitte sich ein frei-
stehender, aus sechs Blumen gebildeter Blumenstnuiss
erhebt. In dem Kelche einer jeden dieser Blume be>
findet sich eine Perle.
Der auf Seite 80 abgebildete EmailteUer ist
ein durchaus charakteristisches StUck des söge-
DIE SAMMLUNG kIRÄSZ.
Dannten .yenetiaiiisclieD Emails". Der Rand des hier
abgebildeten flachen Telleis ist grDn und ze^ die
diesen Arbeiten eigentOmlichen rings herumlaufeD-
den Bnndfalten (godrons), welche rertieft und weiss
emaillirt sind. Die Mitte der ScbQssel zeigt wieder
solche Knndialten, aber diesmal
erhSht imd blaa emaillirt. Die
Rückseite ist blau emaillirt. Über-
dies ist die ganze Schüssel reich
bedeckt mit Eichenlaub, Fam-
kraut, Rosetten und Sternen in
Gold. Über Ursprung und Fabri-
kationsort dieses Emails ist will-
kürlich oftmals die Ansicht aus-
gesprochen worden, dass es aus
China stamme. Doch muss dem
entschieden widersprochen wer-
den, denn das Maleremaü ist in
China überhaupt erst im 18. Jahr-
hundert allgemein in Gebrauch
gekommen und zwar direkt unter
Einfiufls der Limousiner Technik,
die von europäischen Missionären
in China eingebürgert wurde.
Meine Ansicht darüber ist fol-
gende: Über der Zeit in welcher
diese Technik blühte, sind wir
genügend informirt, sowohl
durch das bekannte datirte Ci-
borium Im Besitze des Baron
Gustav Rothschild aus dem Jahre
1502 mit der Inschrift: DE
CARAMELLIS PLEBANUS
FECIT FIERI DE ANNO
MCCCCCII. (Siehe Catalogue
du Musee retrospective de 1865
Nr. 3275), als auch durch die in
diesen Arbeiten allgemein vor-
herrschende Renal ssanceform.
Zu jener Zeit im 16. Jahr-
hundert war aber in Europa die
Emaillirtechnik schon genügend
entwickelt, so dass wir die Ab-
stammung dieser Technik nicht
erst in China suchen müssen. BezOghch der Deko-
ration aber scheinen mir die bekannten maurischen
Fayencearbeiten hier von Einfluss gewesen zu sein.
In diesem Falle ist, wenn auch nicht direkt Spanien,
so doch am ehesten Venedig, das ja in jener Zeit mit
allen orientalischen Völkern im engsten Verkehre war,
als ürsprungsort dieser Fabrikate zu bezeichnen.
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In eine viel jttngere, uns beinahe modern erschei-
nende Zeit führen uns die unter Figur 4 u. 5 darge-
stellten G^enstände. Sie stammen beide aus dem
Zeitalter des Rokoko.
Figur 4 zeigt eine kleine Tabatiäre aus Gold
mit Email und Edelsteinen ge-
schmückt. Die ganze Dose ist
translucid blau emaillirt auf guil-
lochirtem Grunde. DerDeckelist
am Rande mit einer Reihe vonFer-
len besetzt, in der Mitte ist ein
eben&lls von Perlen umrahmtes
Medaillon eingesetzt Das Me-
daillon zeigt uns eine ländhche
Scene in Maleremaü. Auf dem
Rande zwischen den Perlen so-
wie auf der Rückseite sehen wir
eine Reihe von Pfauenfedern, bei
denen die einzelnen Federn durch
Goldstriebe angegeben sind und
das farbige Auge der Pfanen-
fedem durch translucides EmaiL
Die Technik dieser Arbeit gleicht
beinahe den Arbeiten in Email
cloisonne. Die aus ganz feinem
Golddraht gearbeitete P&nen-
feder wird namhch noch vor der
Emaillirung auf guillochirt«m
Goldgrunde aufgelötet und das
Ganze dann behandelt wie Zel-
lenemail. Diese Art Dosen spielt
in der französischen Kleinkunst
eine grosse Rolle.
Es ist bekannt, dass der Ta-
bak schon im Jahre 1563 in
Frankreich Eingang gefunden
hat. Damals offerirte Jean Nicot,
französischer Gesandter am Hofe
des Königs Sebastian von Por-
tugal, der Königin Katharina
von Medici gegen ihre häufigen
Kopfschmerzen Tabak. Da dieses
Mittel half, fand der Tabak bald
allgemeine Aufnahme, und damit
kamen auch die Tabaksdosen in Gebrauch, und trotzdem
Ludwig XIV. ein ausgesprochener Feind des Tabaks
war, so hatten doch schon Ende des 17. Jahrhunderts
die Tabaksdosen die früher üblichen Konfektdosen voll-
ständig verdrängt Es wurde darin der grösste Luxus
getrieben und überall, wo man irgend ein wertvolles
Geschenk geben wollte, wurden Dosen gegeben.
80
DIE SAMMLUNG KÄRÄSZ.
Die unter Figur 5 dargentellte Dose ist aus Silber,
viereckig und sf«ht auf vier palmefctenartigen Füssen.
In die vier Seiten der Dose sowie an beiden Seiten
des Deckels sind emaillirte Kupferpktten eingelassen,
auf diese in Email gem^t Undliche Liebesscenen in
Rokokogeschniack. Die Arbeit ist sacbsiscb und
blick im Unkkren ist, ob man Email oder Porzellan
vor sich hat. Ein zvreites sehr interessantes Eenn-
zeichen dieser sächsischen Arbeiten ist die land-
schaftliche Darstellung. Während uns die französi-
schen Arbeiten fast stets eine Landschaft mit freiem
Horizonte zeigen, sehen wir bei sächsischen Arbeiten
Fig. 3. Scbilssel, Venetianer Email, id. Jkbrh. -
stammt aus der Zeit um 1750. Alle derartigen säch-
.sischen Emailarbeiten sind auf weissem Grunde aus-
geführt Aber während die ähnlichen französischen
Arbeiten weiches, warme.'^, fast ins Graue spielen-
des Weiss zeigen, ist das Weiss der sächsischen Ar-
beit stets ganz kalt, so dass man im ersten Augen-
zumeist im Hintergrunde die für das Rokoko so
wichtigen, zierlichen, kleinlichen aber pittoresken
Felsenformationen, fUr die offenbar die sschsisclie
Schweiz — die ja selbst nur ein StRck Rokokonatur
ist — als Vorbild diente.
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FAYENCEFLIESE IN MOSAIKTECHNIK.
IE AUF der beigegebenen Tafel ab-
gebildete Mosaikfliese aus dem
konigl. Eunstgewerbemuseum in
Berlin ist das schönste und grösste
von allen in öffentlichen Samm-
lungen vorhandenen Beispielen
dieser seltenen und eigentümlichen Art orientalischer
Wandbekleidung. Dieselbe weicht in der Technik von
den gemalten persischen, arabischen und türkischen
Wandfliesen vollständig ab, wenn auch das Material
ziemlich das gleiche ist. Die Ornamente werden
nicht durch Malerei auf weissem oder farbigem
Grunde, sondern durch musivisches Zusammensetzen
einzelner einfarbig glasirter Stücke hergestellt. Der
Hauptbestandteil der Masse dieser Stücke ist wie bei
den meisten Erzeugnissen persischer Keramik reiner
weisser Quarzsand. Die Masse ist deshalb sehr hart
und wird durch Beimischung von Ealk oder Thon-
erde plastisch gemacht Dem Muster entsprechend
wird diese Masse in Stücke von verschiedener Grösse
zerschnitten. Es lässt sich bei der geringen Anzahl
von Bruchstücken dieser Fliesen, die nach Europa
gekommen sind, nicht mit Sicherheit feststellen, ob
das Zerschneiden noch vor dem Brande erfolgt, oder
ob erst aus grösseren, bereits glasirten Platten die
einzelnen Teile des Musters herausgesägt werden.
Wahrscheinlich ist, dass das Formen noch vor dem
Brande in der weichen Masse vorgenommen wird.
Die Glasuren sind in der Masse gefärbt und zumeist
durchsichtig. Bei der in Abbüdung vorliegenden
Platte sind nur die weissen und türkisblauen Teile
mit zinnhaltiger also undurchsichtiger Glasur über-
zogen. Die dunklen Farben, wie kobaltblau und
schwarz, sind direkt auf die Masse aufgetragen; die
helleren, gelb und grün, liegen auf einer dünnen
Angussschichte oder Engobe, welche bestimmt ist,
die etwas unreine Farbe der Masse zu verbergen.
Auch diese Engobe besteht vorzugsweise aus Kiesel-
säure, ist aber besser gereinigt und daher von tadel-
loserem Weiss als die Masse selbst.
Die farbig glasirten Stücke werden dem Muster
folgend in dicken Mörtel eingesetzt. Da die Stücke
nach unten abgeschr^t sind, kann der Mörtel zwi-
schen denselben aufsteigen und sie festhalten, ohne
doch an der Oberfläche störend sichtbar zu werden.
Bei guten Arbeiten, wie dem vorliegenden Exemplar,
sind die Teile des Ornamentes trotz der geschwun-
genen Linien mit erstaunlicher Genauigkeit und
Fehlerlosigkeit aneinander gef>. Auch bei sol-
chen Partien, wo Löcher ausgesägt sind zur Auf-
nahme kleinerer Plättchen — die grünen Schuppen
sind auf diese Weise in die Fischkörper eingesetzt
— zeigt sich die Fuge nur als feine Linie.
Die Technik ist also eine sehr mühsame, aber
die Wirkung ist auch zumal durch den ausserordent-
lichen Glanz, die Tiefe und Leuchtkraft der durch-
sichtigen Glasuren eine ungemein prächtige und wird
von den gemalten Fayencefliesen kaum erreicht. —
Über die Geschichte dieser Mosaiktechnik ist sehr
wenig bekannt. Sie erscheint zuerst an den Bauten
der Herrscher mongolischen Stammes in Persien und
Kleinasien; die Bauinschriften nennen mehrfach per-
sische Künstler. Auch das Grabgebäude Timur-lenks
in Samarkand ist mit Mosaikfliesen dekorirt, die in
der Ausführung aber an die Arbeiten der Blütezeit
persischer Kunst, wie das vorliegende Exemplar nicht
heranreichen. Von Persien ist die Technik durch
die Moguldynastie nach Indien übertragen worden.
In Sind wurden diese Fliese „Kashi" bezeichnet, ein
Name, der in Persien für Fliesen überhaupt ge-
bräuchlich ist, da die Stadt Kashan eine Hauptstätte
persischer Keramik gewesen ist. In Persien und
Indien ist die Technik heute ausgestorben; in der
Türkei werden mosaikartig zusammengesetzte Fliesen
in geradlinigen, geometrischen Mustern aber noch
in diesem Jahrhundert gearbeitet. F.
KLEINE MITTEILUNGEN.
— Badischer Kunstgcicerheverein. In der letzten Monats-
versammlung des Vereins, Dienstag, den 6. d. M., hielt Herr
Geheimrat Prof. Dr. Lübke im Saale der Vier Jahreszeiten
einen äusserst anregenden Vortrag über „farbige Innendeko-
ration^' yor einem zahlreichen Publikum (darunter viele Ar-
chitekteu; Dekorationsmaler und sonstige Interessenten)^ wel-
ches mit gespannter Aufmerksamkeit den geistreichen Aus-
fiLhrungen des geschätzten Redners folgte. Als Illustration
des Vortrages war eine mehrere hundert Blätter umfassende
Ausstellung angeordnet, bestehend aus den bedeutendsten
neueren Publikationen farbiger Dekorationen, sowie aus wert-
vollen Originalaufiiahmen hiesiger Künstler und zwar von
den Herren Direktor Oötx^ Professoren Bischoff j Eyth und
Lepy^ Architekten Hafner j Hummel und Moser. Gerade diese
mitunter sehr flott und meisterhaft behandelten Reisestudien
erregten durch die Frische ihrer Auffassung, wie durch ihre
getreue Wiedergabe die besondere Aufmerksamkeit der Zu-
hörer. Dem Vortrag selbst entnehmen wir: Jeder Mensch
hat das Bedürfnis und den Trieb, seine Aufenthaltsräume
möglichst wohnlich zu gestalten, sie mit mehr oder weniger
künstlerischem Sinn, sei es durch stoffliche Bekleidung der
Wände und Decke, sei es mit Hilfe der Malerei auszustatten.
Schon der orientalische Nomade der frühesten Zeit hat diesem
Bedürfnis Rechnung getragen und seine Zelte mit Teppichen
ausgestattet. Später, nachdem an Stelle dieser provisorischen
Wohnstätten feste Niederlassungen getreten waren, nahmen
diese Innendekorationen eine bestimmtere Richtung an und
wurden die Grundlage der spätren orientalischen Pracht-
ausstattungen, welche wie die reichsten Teppiche |in den
prächtigsten farbenreichsten Darstellungen Wände und Decken
schmückten. Auch in Italien finden wir schon frühzeitig
eine entwickelte Innendekoration, wie aus vielen noch er-
haltenen Beispielen zu ersehen ist, doch tragen diese Deko-
rationen einen ganz anderen Charakter als die orientalischen.
Die Wandbekleidungen verschwinden und an ihre Stelle tritt
die Wandmalerei, welche Werke des höchsten Glanzes ge-
schaffen hat. Schon die pompejanischen Wandmalereien
gehen über die teppichartige Dekoration der Orientalen weit
hinaus. Die Wände werden durch die Dekoration gegliedert
in Sockel, Predella und Abschluss durch einen Fries, da-
zwischen gemalte Darstellungen, oben, perspektivisch darge-
stellt, scheinbar der Ausblick ins Freie, ebenso an den Wän-
den spielende, perspektivische Dekorationen. Die Gewölbe
und Wanddecken, welche als Himmelsgewölbe gedacht sind,
werden tiefblau mit Goldomamenten oder umgekehrt mit
blauen Dekorationen auf Goldgrund (wobei der Himmel in
idealer Weise als von der Sonne bestrahlt gedacht ist) dar-
gestellt Das Christentum bringt eine grosse Umwälzung in
der Innendekoration hervor. Es kennt in seinem Anfang
keine Lebensfreude, was auch in seinen Dekorationen und
Darstellungen zum Ausdruck kommt. Die spätere Zeit bringt
im 5. bis 6. Jahrhundert in Byzanz das Mosaik, welches bis-
her nur als Fussbodenschmuck verwendet wurde, zur Gel-
tung, indem sie dasselbe in gradezu grossartiger Weise zur
Dekoration von Wänden und Decken zur Anwendung bringt.
(Hagia Sophia in Eonstantinopel). Auch im Norden in
Deutschland, finden sich zu dieser Zeit die ersten Wand-
malereien. Eines der frühesten erhaltenen Denkmäler über-
haupt befindet sich in unserem Lande. Es sind dies die
Wandmalereien in der St. Geoigskirche zu Oberzell auf der
Insel Reichenau, welche aus dem Anfange des 11. Jahr-
hunderts stammend, in ihrer Disposition noch einen deut-
lichen Nachklang der alten Mosaikmalereien erkennen lassen.
Die arabische Kunst zeigt in ihrer Innendekoration eine
reiche Entwickelung. Die Darstellung der menschlichen Ge-
stalt wird seltener und es kommt hauptsächlich das lineare
Ornament, in welchem die Kompositionsphantasie keine
Grenzen kennt, zur Geltung. Als Ausläufer der arabischen
Kunst ist der maurische Stil anzusehen, der besonders in
Spanien (Alhambra) seine höchste Blüte erreicht. Die per-
sische Innendekoration hSJt mit der maurischen gleichen
Schritt, doch bemerkt man hier bereits wieder das Herein-
ziehen von Blumen, ja sogar schüchterne Darstellungen von
Menschen- und Tiergest-alten, also ein Herausgehen aus den
strengen linearen Kompositionen der Mauren. Im Abend-
land bringt uns die romanische Kunst meistens religiöse Dar-
stellungen. Beispiele: Kirche zu Schwarzrheinsdorf aus dem
12. Jahrhundert, Dom zu Braunschweig und Kirche St Mi-
chael in Hildesheim, in welch letzterer die Decke noch ganz
in ursprünglicher Gestalt erhalten ist. Die Gotik übte einen
nachteiligen Einfluss auf die Wandmalereien aus und ver-
drängte letztere fast vollständig durch ihre Glasgemälde.
(St. Chapelle, Paris). In Italien tritt die Gotik nur verein-
zelt auf, hat uns aber in Giotto's Malereien in Assiai ein
hervorragendes Denkmal der gotischen Kunst hinterlassen.
Die Renaissance bringt uns in Italien aus der römischen
Schule figurenreiche Kompositionen, als deren Hauptmeister
Paul Veronese zu nennen ist. Im allgemeinen hat die ita-
lienische Renaissance eine Vorliebe für Darstellungen in
lichten Tönen. Auf deutschem Boden hat die Innendekora-
tion eine ganz andere Gestalt angenommen. Die Holzbe-
kleidungen der Wände und Decken, vereinzelt gering be-
malt, verdrängen die eigentliche Wandmalerei. Diese Vor-
liebe für Holzdekoration war durch die Natur selbst gegeben
und zwar erstens durch den Holzreichtum des Landes, zwei-
tens durch die Gewohnheit der Deutschen, welche in den
Wäldern wohnten und von jeher ihre Bauten und deren
Ausschmückung in Holz auszuführen gewohnt waren. In
Frankreich entwickelte sich eine selbständige leichÜuftige
Dekoration unter italienischem Einflüsse. Alles Schwere wird
abgestreift, alle Farbentöne au& Feinste gebrochen. Nar
zarte Mitteltöne, wie sie auch die Kostüme dieser Zeit zeigen,
beherrschen das Interieur. Die Empirezeit bringt eine voll-
ständige Umwandlung, ja einen völligen Verfall der farbigen
Dekorationen. Die Wände und auch die Möbel werden weiss
gestrichen und nur mit geringer Vergoldung geziert Erst
in den vierziger und fünfziger Jahren unseres Jahrhunderts
erschienen — zuerst in München — schüchterne Versuche
von Wanddekorationen, doch erreichten dieselben ihre alten
Vorbilder nicht. Erst in neuerer Zeit wird wieder Besseres
KLEINE MITTEILUNGEN.
83
geleistet, und das ist um so anerkennenswerter, als die heu-
tigen Künfitler keine auünuntemden farbigen Kostüme, son-
dern nur die zwar praktisch aber unschön sich fast nur in
Grau und Schwarz bewegende Kleidung vor Augen haben.
Der im Kunstgewerbeblatt, Bd. II, S. 46 etc., beschrie-
bene und abgebildete Deckelpokal des Museums zu Darm-
stadt, nach Rosenberg eine Arbeit des Strassburger Künstlers
Linhard Bawer (Bauer), der die Jahreszahl 1539 trägt, wurde
trotz des Anathems „den Hause veralienirt'S dem er seit
1658 angehört hatte Er fand sich nämlich nach Aufhebung
des Deutschordens durch Napoleon (1806) in der Deutsch,
ordenskommende Mülheim a. d. Ruhr, Kreis Arnsberg, im
ehemaligen Herzogtum Westfalen, vor und wurde im Januar
1810 nach Darmstadt ins Museum geschickt. Interessant ist
die fiir den damaligen Zeitgeschmack bezeichnende Kritik
des Bechers: «Etwas ganz Besonders ist er nicht. Der in-
skribirte Fluch ist das Merkwürdigste.' Sie findet sich in
einem Schreiben, in welchem der hessische Bevollmächtigte
die Absendung des Fokales nach Darmstadt anmeldet.
Dr. ÄDAMY.
F. Prag, Das kunstgewerhlicke Museum der Handels-
und Qetcerhekammer beklagt auch im Bericht über das Ver-
waltungsjahr 1889 die Unmöglichkeit, allen Aufgaben nicht
gerecht geworden zu sein, wegen Raummangel, der ein
chronisches Übel aller Gewerbemuseen zu sein scheint. Da-
gegen wird mit Befriedigung konstatirt, dass das Interesse
an dem Institut und seinen Bestrebungen in allen Kreisen, bei
Förderern sowohl als Benutzem zunimmt Die Sammlungen
weisen eine Vermehrung von 501 Nummern auf, wovon 66
geschenkt wurden; dieselben verteilen sich auf alle Abtei-
lungen. Die Bibliothek erfuhr eine Erweiterung an 218
Werken in 303 Bänden und zählt mit den hinzugekommenen
2024 Blatt zur Zeit 11 586 Blatt VorbUder. Sie wurde von
2002 Fersonen benutzt. Vorträge wurden acht gehalten ab-
wechselnd in deutscher und tschechischer Sprache. Der Be-
such der Sammlung betrug 58120 Fersonen.
Rd. Dresden. Die königl, Kunstgewerheschule und das
Kunstgewerbemuseum erstattet in eingehender Weise Bericht
über die Schuljahre 1887/88 und 1888/89, sowie über die Or-
ganisation des Instituts. Danach betrug die Schülerzahl
während der vier Semester 1887 bis 1889: 163, 145, 185 resp.
146. Der TiChrplan hat eine Erweiterung erfiähren durch
Errichtung eines Kursus für Kalligraphie und Schriftmalerei.
Vom Winterhalbjahr 1889/90 gelangt femer der Abendunter-
richt an der Schule zur Einfuhrung, veranlasst durch die
Auflösung der bisherigen Abendzeichenschule für Hand-
werker. — Die Sammlungen des Museums haben sich seit
1887 um 5057 Nummern vermehrt; der Bestand beträgt zur
Zeit 22402 Nummern. Der Besuch betrug 11153 resp. 7485
Fersonen, von denen die kleinere Hälfte Schulangehörige
waren« Eine besonders dankenswerte Beigabe enthält der
Bericht in den eingehenden Mitteilungen Über die Bibliothek,
namentlich in dem Abdruck des Fach- und alphabetischen
Katalogs der Vorbildersammlung, die zur Zeit ca. 55000 Blatt
umfasst. Auch in Dresden hat man bei der Einteilung der
Vorbildersammlung kein „System" befolgt, sondern sie dem
Bedürfnis der Frazis sich angepasst; für viele Anstalten wer-
den daher diese Kataloge nicht bloss von Interesse, sondern
bei Neu- und Ümordnungen von grossem Wert sein.
F. — Berlin, Der Jahresbericht des Vereins für deut-
sches Kunstgewerbe für 1889 zeigt den Verein in weiterer
Entwickelung. Die Zahl der Mitglieder hat sich nicht nur
vermehrt (auf 480), sondern auch die Teilnahme an den Ver-
sammlungen war eine lebhaftere als bisher. In acht Haupt-
versammlungen wurden neun Vorträge gehalten, in sieben
zwanglosen Sitzungen 22 Vorlagen gemacht, die zu längeren
Besprechungen Anlass boten. Mehrere Wettbewerbungen
vom Verein und Mitgliedern ausgeschrieben waren von
Erfolg gekrönt. Die Einnahmen haben sich fast 1500 M.
höher gestellt, die Ausgaben um 529 M. niedriger als der
Voranschlag; trotzdem ist eine ünterbilanz von 1130 M.
vorhanden. Den Vorstand bilden z. Z. die Herren Lüders,
Schulz, Schröer, Hildebrandt, Jessen, Thiele, Mitterdorfer nebst
sechs Ausschussmitgliedem.
— Dresden, Die Textilabteilung des Königl. Kunst-
gewerbemuseums zu Dresden hat in erster Linie den Zweck,
gleich der Sammlung von Möbeln, Metall-, Thon-, Glas- u. s. w.
Arbeiten, als Unterrichts- und Anschauungsmaterial für die
Schüler der Königl. Kunstgewerheschule zu dienen. Da an
dieser eine besonders stark besuchte Abteilung für Muster-
zeichner (für Tapeten, Webstoffe, Druckstoffe, Gardinen und
Spitzen) besteht, so wurde von Anfang an der Textilabteilung
ein besonderes Interesse zugewendet, auch in Rücksicht auf
die hochentwickelte Textilindustrie Sachsens. Da für die
praktische Benutzung der Muster die Teclmik, Farbengebnng
u. s. w. die grösste Rücksichtnahme erfordert, so wurde,
nachdem die Sammlung europäischer Stoffe einen grösseren
Umfang erreicht hatte, die ohnehin schwierige chronologische
Ordnung dieser Abteilung im ganzen aufgegeben und die-
selbe vom technischen Gesichtspunkte aus in elf Unterabtei-
lungen zerlegt, innerhalb welcher dann die chronologische
Ordnung durchgeführt wurde. Diejenigen Stoffe, welche über
das 15. Jahrhundert zurückdatirt werden mussten, blieben
hierbei unberücksichtigt; ebenso wurden die Bordüren aller
Techniken ausgeschieden, um der praktischen Benutzung
möglichst entgegen zu kommen. Was das Alter des noch
verbleibenden Bestandes anbelangt, so wurden der Geschmacks-
richtung und dem damit Hand in Hand gehenden Angebot
folgend, im allgemeinen zwar alle Stile von der Gotik und
Renaissance an berücksichtigt, doch erschienen die Stile des
17. und 18. Jahrhunderts für die Praxis als die begehrens-
wertesten und dürften sonach Barock, Rokoko und Louis XVI.
die am meisten vertretenen Stilrichtungen sein. Um die Aus-
stellung und Durchsicht des Materials leicht bewerkstelligen
zu können, wird das Mass der einzelnen Stücke auf die Di-
mensionen von ca. 70 zu 50 cm beschränkt, natürlich abge-
sehen von Mustern mit grösseren Rapporten und Gebrauchs-
stücke, deren Erhaltung in der ursprünglichen Form wün-
schenswert erscheint Die bei Abtrennung der für das Museum
bestimmten Stücke verbleibenden Doubletten werden in den
Industrieorten Sachsens — in Auswahl nach deren speziellen
Interessen — als Wandersammlung auf längere Zeit Auf-
stellung finden. Die einzelnen Muster werden auf Fappen
mit vorstehenden Rändern aufgesteckt und sind davon ca.
1000 Stück in verglasten Rahmen mit einer bedeutend höheren
Zahl von Objekten in den Museumsräumen aufgestellt, das
Übrige ist ebenda jederzeit leicht zugänglich. Der Bestand
der Sammlung ist folgender: Stoffe 4452 Stück. Buntsticke-
reien 539 Stück, Spitzen und Weissstickereien 2566 Stück.
Verschiedenes: Gobelins 19, Borten und Bänder 322, Fosa-
menten 459, Ledertapeten 90, Buntpapiere 1039, Gewänder 41,
zusammen 1976 Stück. Orientalische Stoffe, Stickereien, Tep-
piche 613 Stück. Japanische und chinesische Stoffe und
Stickereien 1873 Stück. Summa 12019 Stück. Femer sind
zum Studium für moderne Farbengebung, Material, Web-
technik, Bindungseffekte u. s. w., das zur vollständigen Aus-
bildung des praktischen Musterzeichners unentbehrlich er-
scheint, eine Anzahl Kollektionen umfassend: französische
Möbel- und Forti&renstoffe, Elsässer bedruckte Möbel- und
Forti^renstoffe, französische Seidenstoffe, Gardinen, französi-
84
KLEINE MITTEILUNGEN.
sehe und englische Papiertapeten mit in Summa 14000 Stück,
17 Bände onentalische Webstofie, alte japanischer Stoffab-
schnitte, Patronen für Lyoner Seidenstoffe ca. 1780, Patronen für
ältere sächsische Leinendamaste, Patronen für kirchliche und
Profanstickerei ca. 1750» Süddeutschland, ältere sächsische ge-
klöppelte Spitzen, Aufwinden sächsischer geklöppelter Spitzen,
moderne sächsische Posamenten , ältere sächsische Weiss-
stickereien und japanische Druckschablonen mit 12000 Stück
vorhanden. Eine weitere Ergänzung findet die Textilab-
teilung duich die in der Bibliothek zugänglichen alten und
neuen Tafel- und Textwerke über Weberei, Stickerei, Spitzen
u. s. w. insgesamt 235 Werke, mit 254 Bänden, sowie die
entsprechenden sachlich und chronologisch geordneten Ab-
teilungen der Vorbildersammlung, denen auch die vorhan-
denen Kopien von Textilien aller Art eingeordnet sind, mit
2812 Blatt und derjenigen der Omamentstichsammlung mit
110 Blatt.
Rd. An der grossherxogl, KunstgewerheschuU Pfor^
heim hat auch im verflossenen Schuljahr die Zahl der
Schüler wieder zugenommen; sie betrug 239 gegen 219 im
Vorjahr. Sammlung und Bibliothek erfuhren planmässige
Erweiterung durch Ankäufe und Geschenke; Studienreisen
des Direktors und einiger Lehrer kamen diesen Erwerbungen
zu gute. Mit Stolz sah die Anstalt, dass bei einer Konkur-
renz für Schmucksachen, welche vom Berliner Kunstgewerbe-
verein ausgeschrieben war, sämtliche Preise an ihre Schüler
fielen; auch in Schwäbisch Gmünd errangen drei Schüler
Preise m einem Wettbewerb. Im Lehrplan sind Änderungen
nicht vorgenommen.
— Karlsruhe. Von dem Preisgericht wurden für ihre
zufolge des Ausschreibens der grossherzogl. badischen Landes-
gewerbehalle (Bad. Gewerbezeitung Nr. 44, v. J. 1889) ein-
gesandten Wettbewerbungsentwürfe folgende Staatspreise zu-
erkannt: 1. Für einfache, durch Malerei zu verzierende Möbel:
dem Lehrer Oeorg Zimmer in Kassel und Bauakademiker
Paul Hörig in Frankfurt a. M. je 160 M., sowie dem Archi-
tekten Richard Langer aus Karlsruhe, z. Z. in Stettin 80 M.
2. Für einfache Gebrauchstöpferei: dem Modelleur Karl
Kuhnd in Marienburg 200 M.
H. A. L. Die seit Ende April zur Verteilung gebrachte
ErinnertmgsmedaiUe an das Wettinfest^ welche sowohl in
Silber als auch in Bronze ausgeföhrt worden ist, erweist sich
als eine der besten Prägarbeiten der Königl. Münze in Mulden-
hütten bei Freiberg aus neuerer Zeit. Die Zeichnung der
Medaille rührt von Herrn Prof. Johannes Schilling her, wäh-
rend der Prägstempel von Herrn Münzgraveur Bardideck in
Dresden hergestellt worden ist. Auf der einen Seite der Me-
daille sehen wir das besonders wohlgelungene Porträt Sr.
Majestät des Königs Albert, auf der anderen Saxonia als
Schutzgöttin des Sachsenlandes, der Männer, eine Frau und
ein Kind ihre Huldigung darbringen. Im ganzen sollen etwa
3000 Exemplare solcher Medaillen zur Ausgabe gelangt sein.
Mit Recht fügte A, Ledebur dem Titel seines Buches:
Die Legierungen in ihrer Amvendufig für 'gewerbliche
Zwecke. IV u. 161 S. 8°. Berlin 1890, S. Fischer) hinzu:
Ein Hand- und Hilfsbüchlein für sämtliche Metallgewerbe.
Schon hierdurch ist angedeutet, dass wir es nicht mit einer
gelehrt geschriebenen Abhandlung zu thun haben, die nur
einem enggezogenen Kreise zu nutzbarer Verwertung zu gute
kommen würde. Der Verfasser wendet sich nicht nur an
jene grosse Gruppe von Kunsthandwerkern, bei denen die
Mischungsverhältnisse der Metalle für Giesszwecke etc. die
Brauchbarkeit und Schönheit der Erzeugnisse bedingen, son-
dern auch vornehmlich an solche, die in den Handel ge-
brachte Legierungen — innig verschmolzene Metallverbin-
dungen — für ihre Arbeiten verwenden oder doch wenigstens
kennen lernen wollen. Gerade unsere Zeit hat in dieser
Hinsicht eine Fülle von Kombinationen hervorgerufen, die
für die Metallverarbeitung von nachhaltigster Einwirkung
geworden sind. Es sei hier nur an das Alfenide, Delta-,
Weiss- und Britanniametall , an die Phosphorbronze, Allu-
miniumlegierungen u. a. m. erinnert. Die ausserordentlich
klare und bestimmte Sprache bedient sich zur Verständigung
nicht jener dem gewöhnlichen Manne so schwer zu eigen
werdenden Formeln; sachliche Materialbezeichnung und
Zahlenangaben nach Hundert- und Tausendteilen bieten dem
Ratsuchenden die Anhaltspunkte für verarbeitungsfähige Le-
gierungen resp. Mischungen. Das Werkchen begnügt sich
jedoch nicht damit; es macht auf alle jene eigentümlichen
Erscheinungen aufmerksam^ welche in Saigerung, Farbe und
Bruch bei mehr- oder minderwertigen Zusammensetzungen
zu Tage treten. Metallmischungen sind besonders gern ge-
neigt, durch Schwankungen der Mischungsverhältnisse ihre
Eigenschaften in sehr empfindbarer Weise zu verändern. —
Auch die Ergebnisse vorgenommener Untersuchungen an
hervorragenden monumentalen Schöpfungen des Bronzekunst-
guBses alter und neuer Zeit auf Stoffgehalt und dessen Ein-
wirkung auf die Patina- — Edelrost- — Bildung sind aus-
giebig gebucht, wie überhaupt der uralten „Legierung**
„Bronze" in diesem Buche in umfassendster Form und Dar-
legung ihr Recht geworden ist. Daher finden auch alle
denkbaren Erzeugnisse aus diesem edlen Stoff: Geschütze
und Glocken, Maschinenteile und Schmucksachen, Nippes und
Monumente gebührende Beachtung. Japan imd China in
ihren reizvollen farbigen und irisirenden Bronzen aller mög-
lichen Schattirungen, wie solche in der Ausstellung für Edel-
metallarbeiten und Legierungen zu Nürnberg 1885 so über-
wiegend zur Geltung kamen, werden gewürdigt und teilweis
die Vorgänge der Farbenerzielung verraten. Der Goldschmied
findet in diesem Werkchen seine Rechnimg; Metall werte der
Münzen und Medaillen finden Zerlegung, und so birgt des
weiteren der Inhalt manches in gediegener Kürze, was sonst
nur aus dickleibigen Sonderwerken mühsam zu entneh-
men war. 0. S,
X. Die Mq^'olikafliesse, welche wir auf der beigegebenen
Farbentafel neben den Fayencefliese des Berliner Kunst-
gewerbemuseums bachbilden, stammt aus Aleppo. Sie be-
findet sich im Museo artistico industriale, Über welches wir
in einem der nächsten Hefte einen illustrirten Bericht bringen
werden.
Schreibpult Um 1750.
Im Besitz des Herrn Dr. Meliingeb iu Mainz,
Aufgenommen tod C. Sutteb.
tammt ans der gräfl. KESSELSTEnscben Familie ia Uaiuz.
! t "
^
I,
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I
I
Verlag von E. A* SEEMANN in Leipzig.
Das erfte Heft des 2. Jahrgangs des nachftehenden Sammelwerkes, welches
die fchönften und intereffan teilen Kunftfchöpfungen der Japaner in treff-
lichen Reproduktionen vorführen wird, ift in jeder Buchhandlung zur An-
ficht zu erhalten:
JAPANISCHER FORMENSCHATZ
Vorbilder für Kunst und Gewerbe
gefatnnielt und herausgegeben von
S. BING
Unter Mitwirkung vou
Dir. Dr. Justus Brinckmann in Hamburg, Dir. Prof. Carl Graff in Dresden, Dr. Georg Hirth in
München, Dir. Prof. Julius Lessing in Berlin, Dir. Arthur Pabst in Köln, PA. Burty, Edmond
de Goneourt, Louis Gonse, TL Hayashi, Antonin Proust, Arg Renan u. a. in Paris, Willium Ander$on,
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Diefes Sammelwerk erfcheint in Monatsheften mit je 10 Tafeln gr. 4, in Far-
bendruck und illufirirtem Text. Subfkriptionspreis für den Jahrgang von 12
Heften 20 Mark.
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*^'
gegriffen x>oxs. ^cnrteffc ^ax>\b\^\
-^^^^^^ Vvt Hausfrau -%t:$^;«^
Dreije^nte, bur(^ou8 Berbcfferte ?(uffage. SBeavbeitct unb IjcrauägegeBeit öon QNmtt« feilte.
^rdS l6toi(^irt 3R. 3.75; fein gcbunbcn SK. 4.50; vei(^ gebunben mit ©olbf^nitt 2R. 5.50.
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Puj)j)cnföd?tn lXxiXi<x.
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I^criag linn €. 2(1. ^ccmann in ICcipsig.
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^1
>-^
C^3
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig.
tatgewerMiie
iJiese Handbücher haben sofort nach Erscheinen der ersten Bände eine überaus
günstige Aufnahme gefunden. Sie verdanken dies zweifellos dem Umstände, dass die Bearbeitung
in die Hände berufener Schriftsteller gelegt Wurde, welche mit gründlicher Sachkenntnis
eine klare, leichtverständliche Vortragsweise verbinden, und dass gute imd zahlreiche
Abbildungen den Text begleiten.
Eröffinet wurde die Reihe mit dem bereits in einer zweiten Auflage erschienenen:
Band I. Handbuch der Ornamentik
von Franas Saales Meyer, Professor an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe. Mit 300 Tafeln
und Textillustrationen. Zweite unveränderte Auflage, 18S9. 38 Bogen, gr. 8. Preis broch.
.9 M., geb. M. 10.50.
Band 11. Handbuch der Schmiedekunst
von Franz Sales Meyer. Mit 196 Illustrationen. 13 Bogen, gr. 8. Broch. M. 3.20, geb. 4 M.
Band HI. Oold und Silber.
Handbuch der Edelschmiedekunst von Ferd. JLuthiner, Professor und Direktor der Kunst-
gewerbeschule in Frankfurt aM. Mit 152 Abbildungen (zum Teil Tafeln). 17 Bogen, gn 8.
. M. 3.60. geb. 4.50.
Band IV. Trachtenknnde.
Die Tracht der europäischen Kulturvölker vom Zeitalter Homers bis zum 19. Jahrhundert. Von
Allgaist V. Heyden, Professor und Historienmaler in Berlin. Mit 222 teilweise vom Ver-
fasser gezeichneten Abbildungen. 17 Bogen, gr. 8. Broch. M. 3.20, geb. M. 4.
Band V. Die Liebhaberkünste.
Ein Handbuch f&r jedermann, der einen Vorteil davon zu haben glaubt von Franz Sales
Meyer« Mit vielen Illustrationen. 28 Bogen, gr. 8: Broch. 7 M., geb. M. 8.50.
Im Anschluss an das Handbuch der Liebhaberkünste bietet die Verlagsbuchhandlung
eine in Lieferungen erscheinende Sammlung von
Torbildem für bäusliche Kunst arbeiten
dar, welche, leicht benutzbar, Entwürfe moderner Künstler bringen wird.
Jede Lieferung wird 12 Blatt iu hoch 4 enthalten und kostet bei Subskription auf die erste
Reihe (0 Lieferungen) je 1 M.; einzelne Lieferungen sind zum Preise von M. 1.50 zu beziehen. LieJerung 1
und 2 ist in allen Buclihaudlungen vorrätig.
Band Tl. Der Bucheinband.
Seine Herstellung und seine Geschichte. , Von Paul Adam^ Buchbindenooeister und Knstos am
Centralgewerbemuseum in Düsseldorf. IS Bogen gr. 8. Mit 194 Illustrationen, M. 3.(50, geb. 4.50.
Weitere Bände befinden sich in Vorbereitung und werden später erscheinen. 5i
1^
II
• «-Vi,-* ^^' •-'2>-* ^/-^ •-S»'' »-s^ ^^' *•'_•>-' ''■*»•■• "-4^" »A V-> «-i^Vii »-„kJ k.<j>J ".>' •-".,-- ^V'^ '-«>* •■<,•■" '■tj-' t-lJ^J '-<^" »-s..»^ "i<J>-J *-Q^ ''-O-"
^i:3Tsgri5?TL^s'^^'
Druck vun August Pries in Leipzig.
I
•■* .
Kunstgewerbeblatt. N. F. I.
J3
DIE SCHMUCKAUSSTELLUNG IM BERLINER
KUNSTGEWERBEMUSEUM.
HIT ABBlLDtJNGEN.
AHREND des März und April
dieses Jabres hatte daa königl.
Kunstgewerbemuseum zu Ber-
lin eine Ausstellung von
Schmuck- und Juwelierarbei-
ten veranstaltet , „um durch
eine Übersicht über die Arbeiten Terachiedener Zeiten
und Völker sowie durch Vorführung wenig zugäng-
licher mustergültiger StQcke für die deutsche Qold-
Bchmiedekunst nene Anregungen zu geben."
Die Ausstellung sollte im wesentlichen ältere
Arbeiten Ton kunstvoller Durchbildung vorführen,
nnd zwar nicht nur den Schmuck im engeren Sinne,
Bondem auch das vorwiegend von Juwelieren her-
gestellte Eleingerät, wie Dosen, Fächei^astelle, Be-
atecke, Ta-schenuhren, Kämme, Büchsen, Riechfläsch-
chen, Stockgriffe und Verwandtes.
Die Grundlage fQr das Ganze sollten die betreffen-
den Gruppen der königL Museen zu Berlin bilden, wo
neben dem Kunstgewerbemuseum das Antiquarium
griechisch-römischen Schmuck, das ^yptische
Museum ägyptische Schmucksachen aller Art, das
Münzkabinet gefasste Medaillons, das Museum ftlr
Völkerkunde sog. prähistorische Schmucksachen und
den Schmuck orientalischer und barbarischer Völker
enthalten. Schon die Hauptstöcke dieser verschie-
denen Abteilungen bildeten einen recht ansehnlichen
Stamm einer Ausstellung. Daran sollt« sich schliessen,
was etwa aus Privatbesitz zu erlangen war.
Zunächst hatte der Kaiser durch Darleihung
sowohl aus dem preussischen Kronschatz und seinem
Privatbesitz dem Unternehmen wesentliche Forde-
rung zu teil werden lassen. Freilich — daa preus-
KiuiMxtwnbabUU. N. F I.
sische Königshaus ist arm: in schweren Zeiten hat
es seine Hausscbätze auf dem Altar des Vaterlandes
dargebracht; was heute noch vorhanden ist, kann
mit dem Besitz der Habsburger, Witteisbacher und
Wettiner auch nicht einmal in Vergleich treten.
Ungefähr dasselbe gilt von dem preussischen Adel,
namentlich der Östlichen Provinzen, der alten Fa-
milienschmuck kaum aus den Zeiten des Krieges und
der Not gerettet hat. In den Bttrgerfamüien des
Nordens geht der Besitz an altem Silber oder Juwelen
kaum bis ins vorige Jahrhundert zur Gek.
£s fehlt, das trat in der Ausstellung deutlich
zu Tage, dem Norden für ein derartiges Unterneh-
men die Falle des festen, Jahrhunderte alten Familien-
besitzes, wie er z. B. in Österreich und Ungarn zu
finden ist. Auf die Privatsammlungen zu rekurriren
hat auch bei uns geringen Erfo^, da wohl einige
Sammler grossen Stiles vorhanden sind — deren
mehrere ausgestellt hatten — im übrigen aber nur
schQchteme, zum Teil kindliche Versuche auf diesem
Gebiete zu verzeichnen sind.
Trotz dieser ungünstigen Bedingungen war aber
eine ganz stattliche Menge von Schmuck gegenstän-
den zusammengekommen, die ohne Zweifel leicht
hätte vermehrt werden können. Meines Erachtens
war die Sache etwas kurz angebunden, die Frist
zwischen Aufruf und E inlief erungstermin zu kurz,
endlich das ganze Projekt nicht allgemein genug be-
kannt geworden.
Wie schon erwähnt, hat Se. Maj. der Kaiser ans
seinem Besitz eine Anzahl Schmucksachen herge-
liehen; desgleichen die Kaiserin Friedrich, welche
eineu ganzen Schaukasten mit mannigfachen Arbeiten
86
DIE SCHMUCK AUSSTELLUNG IM BERLINER KUNSTOEWERBEMÜSEUM.
aas ihrer mit feinstem Geschmack gewählten kost-
baren Sammlung ausgestellt hatte.
Von öffentlichen Sammlungen hatte das königL
Museum in Kassel eine kleine Zahl seiner TortrefT-
lichen Juwelierarbeiten eingesandt. Ebenso war das
herzogl. Museum zu Gotha mit einer grossen Aus-
wahl seiner ganz ausgezeichneten bekannten Gold-
schmiedearbeiten — darunter dem herrlichen Dolch,
der Elfenbein - Venus in der Laube, der Patene mit
Bijoiuc am Rand, dem kleinen goldemaillirten Brevier
Die Uhrigen Privatsamtnler hatten einzelne Schmuck-
stücke dargeliehen, worunter teilweise recht gute,
oft auch hinsichtlich der Echtheit recht bedeukliche
Sachen.
FUr die frühen Zeiten: ägyptisches und klassi-
sches Altertum, die sog. prähistorischen Perioden
waren, wie erwähnt, die königl. Museen mit einem
grossen und zwar dem besten Teil ihrer Sammlungen
eingetreten; man gewann einen ganz guten Über-
blick über die Leistungen der betreffenden Periodea
, Gürtel in Silbar vergoldet. Schlcaiachei Unsenm in BresUn.
u. a, m. — glänzend vertreten. Das Museum schle-
sischer Alterttimer zu Breslau mit mittelalterlichem
Schmuck reihte sich an.
Unter den Privatsammlern überr^ten alle um
Haupteslänge die Herren Baron Heyl in Worms,
Bürgermeister Thewalt inKöln, Fabrikbesitzer Richard
Über alles Erwarten reich dagegen war das
Mittelalter vertreten: hatte doch Baron y, Hejl seinen
unvergleichlichen Schmuck aua Mainz oder Worms
— es wird über die Provenienz Schweigen beob-
achtet — ausgestellt. Was hier an mittelalterlichen
Ketten, Spangen und Kleinodien vereint ist, dürfte
Fig. £a. Olied e:
IS aärt«l8. 16. JEtbih.
Zschille in Grossenhaiu. Ersterer hatte seinen unver-
gleichlichen mittelalterlichen Sehmuck eingesandt,
Thewalt aus seiner kostbaren vielumfassenden Samm-
lung eine Anzahl Perlen eingesandt — eine glan-
zende Serie Uhren, durchweg Arbeiten ersten Ranges,
Schnallen, Ringe etc. — , Zschille fast seinen ganzen
Schmuck, worunter besonders die umfassende Samm-
lung Ringe, Ketten und Anhänger hervorragten.
Daran schloss sich die Sammlung von Marc Boaen-
hei^, systematisch angelegt und aufgestellt mit recht
guten, zum Teil vortrefflichen Stücken; wenn auch
hier nur in Auswahl, so doch von grossem Um-
fang und Vollständigkeit in den einzelnen Gruppen.
kaum anderswo zu finden sein. Ein Stück aus diesem
Schatz, das Adlerkleinod aus hohenstaufischer Zeit,
ist früher von kundiger Seite in diesen Blättern vei^
öfientlicht (III, S. 20); ein anderes, die herrhebe
emaillirte Adlerflbula vom gleichen Verfasser an
anderer Stelle. Die g^nzende Beherrschung der
Emailtechnik und ihre geschickte und geschmackvolle
Verwendung im Geschmeide stellt diese mittelalter-
lichen Schmuckstücke ebenbürtig neben die verwand-
ten Erzeugnisse der Renaissancezeit. Gehören diese
Arbeiten einer Zeit an, aua der wir sonst wenig be-
sitzen, so ist auch das spätere Mittelalter durch
einige ganz ausgezeichnete Stücke vertreten. So hat
DIE SCHMTJCKAUSSTELLUNG IM BERLINER KDNSTGEWER BEMUSEUM.
87
das BreeUuer Museum schlesisiscber Altertümer Gotha, Kassel, die Herren Thewalt, Zscbille u. a.;
einige schöne Stücke geschickt, vor allem aber der Erontresor hatte seine durch Lutbmers Publi-
Herr Bürgermeister G. Tbewalt einige HauptetOcke kation bekannten Stücke eingesandt. Weniger be-
seiner kostbaren Sammlnng. Wir geben in Fig. 2a kannt dürften die Schmuckstücke aus dem Grabe der
»■ig.
r Siren«
Fig. 5. KleiDMl
an» Oold, emftU
Der Kopr ib 3
«in geachnillen
B>rOD >. Hey). Worms.
KöniBl. KnnatgewB
und 2b zwei Glieder eines Gürtels YOn höchster Herzogm Agnes YOn Lauenburg (f t629\ jetzt in
Schönheit und Seltenheit: die gegossenen FigOrchen der dortigen Kirche aufbewahrt, gewesen sein. Auch
liegen ron Perlen umrahmt tief in dem getriebenen die Sammlung der Kaiserin Friedrich bot eine ganze
Blattrande. Auch sonst bietet die Kollektion des Anzahl hierhei^ehöriger ausgezeichneter Stücke,
Fig. e. AuUnger, St. Georg.
ObersUeatQ. >
Bralln.
Herrn Tbewalt wie die des Herrn Zechille eine
Anzahl trefflicher gotischer Arbeiten. Ein scbones
noch dem 15- Jahrhundert angehöriges Kruzifix hatte,
Herr Baron yon fleeremann ausgestellt.
Zahlreich und in vortrefflichen Exemplaren waren
goldemaillirte Ketten und Anhänger der Renaissance-
zeit vertreten, namentlich durch die Museen zu Berlin
vor allem ein italienisches Reliefemail ullerer.'^ten
Range.s.
Für den Schmuck des 17. und 18. Jahrhun-
derts, den Volksachmuck und Verwandtes boten die
Privatsammler manches gute Stück der übrigens
meist bekannten Typen. Sehr umfangreich ist hier
die Sammlung Roseubergs, der man wohl einen
DIE SCHMUCKAÜSSTELLUNG IM BERLINER KUNSTGEWERBEMUSEUM.
ans ihrer mit feinstem Geschmack gewählten kost-
baren Sammlung ausgestellt hatte.
Von öffentlichen Sammlungen hatte das kÖnigL
Museum in Kassel eine kleine Zahl seiner Tortreff-
lichen Juwelierarbeiten eingesandt. Ebenso war das
herzogl. Museum zu 6ptha mit einer grossen Aus-
wahl seiner ganz ausgezeichneten bekannten Gold-
schmiedearbeiten — darunter dem herrlichen Dolch,
der Elfenbein-Venus in der Laube, der Patene mit
Bijoux am Rsmd, dem kleinen goldemaillirten Brevier
Die Uhrigen Privatsammler hatten einzelne Schmuck-
stücke dai^eliehen, worunter teilweise recht gute,
oft auch hinsichtlich der Echtheit recht bedenkliche
Sachen.
POr die frühen Zeiten: ägyptisches und klassi-
sches Altertum, die sog. prähistorischen PeriodeD
waren, wie erwähnt, die kßnigl. Museen mit emem
grossen und zwar dem besten Teil ihrer SammluDgeit
eingetreten; man gewann einen ganz guten Über-
blick über die Leistungen der betreffenden Perioden.
Fig. 1
Gürtel In Silber vergoldet, SchUsiiches Hnaenm in BtesUn.
u. a. m. — glänzend vertreten. Das Museum schle-
sischer Altertümer zu Breslau mit mittelalterlichem
Schmuck reihte sich an.
Unter den Privatsammlem überragten alle um
Haupteslänge die Herren Baron Heyl in Worms,
Btb^ermeister Thewalt inKSln, Fabrikbesitzer Richard
Über alles Erwarten reich dagegen war das
Mittelalter vertreten: hatte doch Barou v. Heyl seinen
unvergleichlichen Schmuck aus Mainz oder Worms
— es wird über die Provenienz Schweigen beob-
achtet — ausgestellt. Was hier an mittelalterlichen
Ketten, Spangen und Kleinodien vereint ist, dürfte
Flg. St.. Olled ei
Fig. 9
a GUrtela. l&. Jahrb.
Zschille in Grossenhain. Ersterer hatte seinen unver-
gleichlichen mittelalterlichen Schmuck eingesandt,
Thewalt aus seiner kostbaren viel umfassenden Samm-
lung eine Anzahl Perlen eingesandt — eine glän-
zende Serie Uhren, durchweg Arbeiten ersten Ranges,
Schnallen, Ringe etc. — , Zschille fast seinen ganzen
Schmuck, worunter besonders die umfassende Samm-
lung Ringe, Ketten und Anhänger hervorragten.
Daran scbloss sich die Sammlung von Marc Rosen-
berg, systematisch angelegt und aufgestellt mit recht
guten, zum Teil vortrefflichen Stücken; wenn auch
hier nur in Auswahl, so doch von grossem Um-
fang und Vollständigkeit in den einzelneu Gruppen.
kaum anderswo zu finden sein. Ein Stück aus diesem
Schatz, das Adlerkleinod aus h oh enstaufi scher Zeit,
ist früher von kundiger Seite in diesen Blättern ver-
öffentlicht (in, S. 20); ein anderes, die herrliche
emaillirte Adlerfibula vom gleichen Verfasser an
anderer Stelle. Die glänzende Beherr.schung der
Emailtechnik und ihre geschickte und geschmackvolle
Verwendung im Geschmeide stellt diese mittelalter-
lichen Schmuckstücke ebenbürtig neben die verwand-
ten Erzeugnisse der Renaissancezeit. Gehören diese
Arbeiten einer Zeit an, aus der wir sonst wenig be-
sitzen, 30 ist auch das spätere Mittelalter durch
einige ganz ausgezeichnete Stücke vertreten. So bat
DIE SCHMUCKAUSSTEUUNG IM BERLINER KÜNSTGEWERBEMUSEUM.
S7
das Breslauer Museum schlesisiscber AlteitUmer
einige schöne StDcke geschickt, vor allem aber
Herr Bürgermeister C. Thewalt einige HauptstDcke
seioer kostbaren Sammlung. Wir geben io Fig. 2a
Gotha, Kassel, die Herren Thewalt, ZschiUe u. a.;
der Krontresor hatte seine durch Luthmers Publi-
kation bekannten Stücke eingesandt. Weniger be-
kannt dürften die Schmuckstücke aus dem Grabe der
Fig. 5. Kleinod ans Gold, a^
Der Kopr in Stein geachnil
Köoisl. KunstgewsibemDseiiiii
und 2b zwei Glieder eines Gürtels von höchster Herzogin Agnes von Lauenbui^ (f 16291, jetzt in
Schönheit und Seltenbeit: die gegossenen FigQrchen der dortigen Kirche aufbewahrt, gewesen sein. Auch
liegen von Perlen umrahmt tief in dem getriebenen die Sammlung der Kaiserin Friedrich bot eine ganze
Blattrande. Auch sonst bietet die Kollektion des Anzahl hierhergehöriger ausgezeichneter Stücke,
Fig. B. AnhiDger. 8(. Oearg.
Obentleiitn. v. KreliBchmar,
Berlin.
Herrn Thewalt wie die des Herrn Zscbille eine
Anzahl trefflicher gotischer Arbeiten. Ein schönes
noch dem 15. Jahrhundert angehöriges Kruzifix hatte,
Herr Baron von Heeremann ausgestellt.
Zahlreich und in vortrefiFUchen Exemplaren waren
goldemaillirte Ketten und Anhänger der Renabsance-
zeit vertreten, namentHch durch die Museen zu Berhn,
vor allem ein italienisches Reliefemail allerersten
Range».
Für den Schmuck des 17. und 18. Jahrhun-
derts, den Volksachmuck und Verwandtes boten die
Privatsammler manches gute Stück der übrigens
meist bekannten Typen. Sehr umfangreich ist hier
die Sammlung Roseubergs, der man wohl einen
DIE SCHMUCKÄUSSTELLUNG IM BERLINER KUNSTGEWERBEMUSEUM.
aus ihrer mit feinstem Geschmack gewählten kost-
baren Sammlung ausgestellt hatt«.
Von öffentlichen Sammlungen hatte das königL
Museum in Kassel eine kleine Zahl seiner vortrefiT-
licbea Juwelierarbeiten eingesandt. Ebenso war das
herzogt. Museum zu Gotha mit einer grossen Aus-
wahl seiner ganz ausgezeichneten bekannten Gold-
schmiedearbeiten — darunter dem herrlichen Dolch,
der Elfenbein -Venus in der Laube, der Patene mit
Bijoux am Rand, dem kleinen goldemaillirten Brevier
Die Übrigen Privatsammler hatten einzelne Schmuck-
stücke dargeliehen, worunter teilweise recht gute,
oft auch hinsichtlich der Echtheit recht bedenkliche
Sachen.
Für die frühen Zeiten: ^jptisches und klassi-
sches Altertum, die sog. prähütoriEchen Perioden
waren, wie erwähnt, die königl. Museen mit einem
grossen und zwar dem besten Teil ihrer Sammlungen
eingetreten; man gewann einen ganz guten Über-
blick über die Leistungen der betreffenden Periodea
Fig. 1. Oürtel ia Silber vergoldet. Scbleauches UnaeDm in Breslaa.
u, a, m, — glänzend vertreten. Das Museum scble-
sischer Altertümer zu Breslau mit mittels Iterhchem
Schmuck reihte sich an.
unter den Privatsaramlem überragten alle um
Haupteslänge die Herren Baron Heyl in Worms,
Büi^ermeister Thewalt in Köln, Fabrikbesitzer Richard
Über alles Erwarten reich dagegen war das
Mittelalter vertreten: hatte doch Baron v. Hejl seinen
unvergleichlichen Schmuck aus Mainz oder Worms
— es wird über die Provenienz Schweigen beob-
achtet ' — ausgestellt. Was hier an mittelalterlichen
Ketten, Spangen und Kleinodien vereint ist, dürfte
. Glied eioea Qilrtels. 15. Jehrh.
Fig. Ib. Qlied eines OUiieU. U. J*brh.
Zschille in Grassenhain. Ersterer hatte seinen unver-
gleichlichen mittelalterlichen Sehmuck eingesandt,
Thewalt aus seiner kostbaren vielumfassenden Samm-
lung eine Anzahl Perlen eingesandt — eine glän-
zende Serie Uhren, durchweg Arbeiten ersten Ranges,
Schnallen, Ringe etc. — , Zschille fast seinen ganzen
Schmuck, worunter besonders die umfassende Samm-
lung Ringe, Ketten und Anhänger hervorragten.
Daran schloss sich die Sammlung von Marc Rosen-
berg, systematisch angelegt und aufgestellt mit recht
guten, zum Teil vortrefflichen Stücken; wenn auch
hier nur in Auswahl, so doch von grossem Um-
fang und Vollständigkeit in den einzelnen Gruppen.
kaum anderswo zu finden Bein. Ein Stück aus diesem
Schatz, das Adlerkleinod aus hohenstaufischer Zeit,
ist ^Üher von kundiger Seite in diesen Blättern ver-
öffentlicht (III, S. 20); ein anderes, die herrliche
emaillirte Adlerfibula vom gleichen Ver&sser an
anderer Stelle. Die glänzende Beherr.tchung der
Emailtecbnik und ihre geschickte und geschmackvolle
Verwendung im Geschmeide stellt diese mittelalter-
lichen Schmuckstücke ebenbürtig neben die verwand-
ten Erzeugnisse der Renaissancezeit. Gehören diese
Arbeiten einer Zeit an, aus der wir sonst wenig be-
sitzen, so ist auch das spätere Mittelalter durch
einige ganz ausgezeichnete Stücke vertreten. So hat
DIE SCHMUCKAUSSTEUUNG IM BERLINER KUNSTGEWERBEMUSEUM.
87
das BreeUuer Museum Ecblesisiecber Altertümer Gotha, Kassel, die Herren Thewalt, Zschille u. a;
einige schöne Stocke geschickt, vor allem aber der Krontresor hatte seine durch Lutbmers Publi-
Herr BOrgermeister C. Thewalt einige Hauptstücke kation bekannten Stücke eingesandt. Weniger be-
seiner kostbaren Sammlung. Wir geben in Fig. 2a kannt dQrften die Schmuckstücke aus dem Grabe der
Fig. &. Kleinod ans Qold, emailli:
Der Kopr in Stein geicbDitt«n.
Künigl. Knnstgewerbemnaeiim xn Bc
und 2b zwei Glieder eines Gürtels von höchster Herzogin Agnes von Lauenburg (f 16291, jetzt io
Schönheit und Seltenheit: die gegossenen FigOrchen der dortigen Kirche aufbewahrt, gewesen sein. Auch
liegen von Perlen umrahmt tief in dem getriebenen die Sammlung der Kaiserin Friedrich bot eine ganze
Blattrande. Auch sonst bietet die Kollektion des Anzahl hierhei^ehöriger ausgezeichneter Stücke,
er. St. Georg.
ObenUentn. v, Kretzscbiwr,
Berlin.
Herrn Thewalt wie die des Herrn Zschille eine
Anzahl trefflicher gotischer Arbeiten. Ein schönes
noch dem Ib. Jahrhundert angeböriges Kruzifix hatte,
Herr Baron von Heeremann ausgestellt.
Zahlreich und in vortrefflichen Exemplaren waren
goldemaillirte Ketten und Anhänger der Renaissance-
zelt vertreten namentlich durch die Museen zu Berlin,
vor allem ein italienisches Relief email allerersten
Ranges.
Für dea Schmuck des 17. und 18. Jahrhun-
derts, den Volkssehmuck und Verwandtes boten die
Privatsammler manches gute StQck der übrigens
meist bekannten Typen. Sehr umfangreich ist hier
die Sammlung Rosenbergs, der man wohl einen
SS
DIE SCHMU CK AUSSTELLUNG L\l BERLINER KUNSTGEWERBEMUSEUM,
einem Kunstgewerbemuseum wOnachen
Platz i
möchte.
An Kleingerät, welches laut Programm zu der
Auastellung zugezogen werden sollte, war reichlich
beigesteuert. Vor allem Dosen.
hoch vollendeter Weise montirt Die Wirkung dieser
Stücke ist oft geradezu verblaffend, der Geschmack
nicht immer der beste. Das schönste StQck dieser
Art, nur in vierfarbigem Gold montirt, köstlich cise-
lirt und von edelster künstlerischer Ausführung be-
Der preussiaclie Kronschatz besitzt davon eine
Reihe sehr merkwürdiger und kostbarer Stücke. Es
sind Dosen von bedeutender Grösse aus Halbedel-
steinen schleaischen Fundorts, geschliffen und im
Auftrag Friedrich des Grossen mit (zum Teil folür-
ten) Brillanten und andern Edelsteinen, Email oder
vierfarbigem Gold in prunkvollster und technisch
sitzt die Kaiserin Friedrich, Eine kleine aber ge-
wühlte Sammlung Dosen in verschiedenster Aus-
führung und Technik, durchweg ausgezeichnet«
Stücke, hatte Herr von Kosielsti, einzelne sehr
gute Dosen Herr J. A. Lewy-Berlin ausgestellt An
Fächern, kleinen Etuis und Ähnlichem, war manches
vorbanden, doch kaum einige Stücke, die sich wesent-
DIE SCHMUCK AUSSTELLUNG IM BERLINER KUNSTGEWERBEMUSEUM.
lieh Ober das Niveau der im Kunsthandel vorkommen-
den Ware erhoben. Diese Gruppe von KiiDstwerken
scheint sich bei uns in Sammlerkreisen noch keiner
grossen Beliebtheit zu erfreuen; und doch bilden sie
flir Damen ein schönes und ergiebiges Sammelfeld.
Freilich gute Fächer sind tener, und unsere Sammler
wollen in der Regel nicht mehr wie 30 Mark pro
StQck anlegen. Bestecke, an deren kOnstlerischem
Schmuck die Edelschmiede seit dem 16. Jahrhundert
vielfach Anteil nahmen, hatte eigentlich nur Zschille
aua seiner bekannten Sammlung eingesandt.
Ausgezeichnet vertreten waren die Taschen-
uhren, wesentlich durch die kostbare Auswahl aus
gearbeitet, durchaus geeignet, zu Unterrichtszwecken
die Originale zu ersetzen. Gut, dass sie nicht in den
Handel kommen: es könnte viel Unfug damit ge-
trieben werden.
Die Abteilung der modernen Arbeiten war nur
schwach beschickt; nicht einmal die Berliner Juwe-
here hatten sich vollzähl^ beteiligt. Von Auswär-
tigen waren nur wenige erachienen, von Franzosen
nur Bouchardon. Die ausgestellten Arbeiten be-
wiesen, was eigentlich nicht bewiesen zu werden
braucht, dass auch mit kostbaren Steinen ohne An-
wendung von Email durch einfache Fassung wirk-
lich künstlerische Wirkungen zu erzielen sind. Leider
scheint dies vielen Juwelieren noch nicht klar ge-
worden. Die Brutalität des modernen Brillant-
Bcbmuckes übersteigt oft alles Mass, woran aller-
der Thewalischen Kollektion, die im stände ist, einen
Überblick über die künstlerische Ausgestaltung dieses
Instrumentes von Anfang an bis ins 18. Jahrhundert
in nur ganz au^ewählten Exemplaren zu ermög-
lichen. Ergänzend traten hierzu eine Anzahl vor-
trefflicher Uhren aus Zschilles Besitz: alle anderen
einzeln eingesandten Uhren mussten gegenüber diesen
beiden Gruppen zurücktreten.
Eine hUbsche und lehrreiche Ausstellung hatte
die kÖnigl Zeichenakademie in Hanau veranstaltet:
eine grössere Anzahl Nachbildungen alter Schmuck-
sachen, nach alten Mustern in den Goldschmiede-
klassen der Anstalt als Vorbilder zu eigenem Ge-
brauch hergestellt. Die Sachen waren vortrefflich
dings das Protzentum der Besteller mehr als das
Können der Edelschmiede schuld sein mag. Durch
Verwendung wai^serheller Steine, wie Aquamarin,
Beryll etc. in Verbindung mit Perlen und Brillanten
in lockerer, beweglicher Fassung, waren vorzügliche
Wirkungen erzielt. Gern hätte man auch Pforz-
heim, Hanau und Gmünd vertreten gesehen, wie vor
zwei Jahren in München: es scheint, ab ob in dem
einfacheren Schmuck heute mehr Geschmack steckt,
wie in dem kostbaren.
Alles in allem war manches in der Ausstellung
zu lernen für das Publikum sowohl als für die Edel-
schmiede, und daher gebührt den Veranstaltern wohl-
verdienter Dank, Ä. l'ABST.
. EDtwiirre flir BruDDeoAgureii. Zeichnung vi
AUSSTELLUNG VON ORNAMENTSTICHEN
IN HANNOVER.
MIT ABBILDUNGEN.
S WAR ein glänzendes Bild, welches
am ersten Sonntage im Monat Mai
dieses Jahres dem Äuge des Be-
schauers in den Ausstellungsräumen
des Provinziabnuseums in Han-
nover sich bot Die Wände zweier
grosser OberlichUäle, welche kurz vorher zur Auf-
nahme von Gemälden der alljährlich wiederkehrenden
hannoverschen Kunstausstellung gedient hatten, waren
bedeckt mit Blättern des Architektur- und Ornament-
sticha, in einer Anzahl und ßeichhaltigkeit, wie sie
wohl noch nie und nirgends dem Beschauer mit
einem Mate vorgeftihrt worden ist. Es muss als ein
grosses Verdienst des Besitzers dieser Sammlung, des
Herrn Architekten Haupt in Hannover, bezeichnet
werden, nicht nur daas er als Privatmann eine solche
Sammlung zusammengebracht hat, sondern besonders
auch, dass derselbe als Sammler es über sich ver-
mochte, in einer üffeutlichen Ausstellung, wenn auch
nur einen kleinen Bruchteil seines Besitzes, so doch
immer einige tausend Blatt, dem Beschauer vor
Augen zu fuhren. In richtiger Würdigung der Ver-
hältnisse hat der Besitzer erkannt, dass Omament-
sticbe nicht lülein zur Freude des Summlers, sondern
zum Nutzen für alle Menschen geschaffen sind, welche
kunstgewerblichen Interessen nahe stehen, und er hat
nun auch durch die Ausstellung den Beweis erbracht,
dass zweitausend solcher Blätter öffentlich, sachge-
mä.sa ausgestellt, von erheblich grösserem Nutzen
sind, als zweimalhundert tausend in den schöosten
Mappen wohlverwahrt, welche nur auf Verlaogen
sichtbar sind. Denn wer ist in der Lage von den-
jenigen, die es zunächst interessirt, von den Kunst-
handwerkern, so viel Zeit zu opfern, um Kataloge
nachzuschlagen, und wer von ihnen ist mit solchen
Kenntnissen ausgerüstet, dass sie nach den Katalogen
leicht und schnell das Zweckdienliche finden? Von
den echten, rechten Kunsthandwerkern keiner, und
Gott sei Dank, dass es so ist, dass sein Können
grösser ist als sein Wissen! Unermessliche Schätze
liegen für ihn aufgespeichert in den grossen Samm-
lungen, aber keiner giebt ihm die Mittel, sie zu heben,
die Wünschelrute, die Zauberthüre zu sprengen.
Kataloge, auch die besten, weiss er nicht zu hand-
haben und bedeuten ihm nur Zeitvei^udung, ge-
lehrte Reden nutzen ihm nichts, aber die Ausstellung
von zweitausend Blättern geben ihm mehr, als er
sucht. Der Kunsthandwerker soll die Vorigen und
AUSSTELLUNG VON ORNAMENTSTICHEN IN HANNOVER.
die Anregung nicht suchen mOsaen, sondern die
Omamentstiche müssen durch ihre Massenvorführung
sich ihm aufdrängen, wenn anders sie praktiechen
Wert haben sollen. All die dankenswerten Versuche,
durch wohlgeordnet« Kataloge die Benutzung der
Sammlungen zu erleichtern und durch Vorträge das
Verständnis zu wecken , sind ftir die Hebung des
KuQStf^ewerbes praktisch fast ohne Bedeutung, gegen-
Dber einer Maseenschaustellung des geeigneten Vor-
l^enmat«rials. — Werke in der Art, wie Hirths
Formenschatz, sind in ihrer Art auch Ausstellungen,
und Ausstellungen tod Tausenden Ton Blättern, die
bieten dem Sucher, was er braucht und drängen dem
Brauchbares auf, der nicht einmal zu suchen, sondern
nur zum Schauen gekommen ist.
rungen das gemeiueame Bestreben mit der Tradition
des Mittelalters zu brechen, Neues zu geben, um
jeden Preis und in neuer Weise dem Leben die heitere
Seite abzugewinnen, gegentiber dem entsagenden
Zuge der vergangenen Zeit.
Aber nicht allein in Architektur und Ornamenb-
stichen wurde dem Beschauer eine Entwicklung
des dekorativen Geschmackes geboten, sondern auch
lange, durch die grOEsen Säle sich erstreckende
Tische waren bedeckt mit einer Auswahl seltener
BUcher, und unter ihnen war in erster Linie ver-
treten der Schöpfer neuer ornamentaler Gedanken,
Ikllini welcher in seinen Illustrationen zum Polifilo
den tiefgehendsten £influ.ss auf die ornamentale 6e-
staltang diesseite nnd jenseits der Alpen getlbt hat.
Flg. 1
DekoraitioiisniotiT, ZeicbnanE vi
So war es auch hier mit der Sammlung Euupt.
Der Eindruck eines einzelnen Blatts würde spurlos
vorQbeiigegangen sein, aber dicKes Massenauftreten
that seine Wirkung, weil in ihm die ganze
ornamentale Entwicklung dreier Jahrhunderte sich
zeigte.
Alle Nationen, welche auf dekorativem Gebiete
irgend etwas geleistet haben, waren in guten Blättern
vertreteu, und die verschiedenen Jahrhunderte, in
denen sie gescha£Pen wurden, geben ein vortreffliches
Bild von dem Wandel des Geschmacks der Menschen
im Laufe der Zeit. Das freie Schalten des Italieners
mit dem Erbe seiner Väter, das schwere Ringen
niederländischer Eigenart mit antiken Formen, die
Schaffenslust und Anmut der Franzosen und die
noch immer in mittelalterlicher Tradition befangene
Formgebung der Deutschen zeigen uns im 16. Jahr-
hundert in den verschiedensten Formen und Ausse-
Durch alle Jahrhunderte und bei allen in Fr^e
kommenden Völkern sehen wir den Wandel des Ge-
schmacks uns vor Augen geführt, und eine Reihe von
Hand Zeichnungen gewähren uns ein Bild von dem
unmittelbaren Schaffen des Künstlers. Die hier in
Fig. 1 gegebenen figürlichen Brunuenskizzen, sowie
das omamentale Blatt Fig. 2 aus dem ersten Viertel
des vorigen Jahrhunderts gehören mit zu dem Besten,
was in dieser Weise geschaffen wurde.
Die grandiosen Schöpfungen Michelangelos zeigten
uns in vorzüglichen Stichen von Chervbino Alberti
die Eigenart jenes Titanen. AgosHno Veiteziano nnd
Enea Vico waren vertreten mit Laubdekorationen
und Grotesken, vrie sie ihnen durch die neuer-
schlossenen Grottendekorationen und die Schöpfiingen
Raffaels Überliefert waren. Die seltenen Blätter nach
antiken Friesen von Marco Deute und die reichum-
rahmten , aus menschlichen Figuren zusammen-
AUSSTEILUNG VON ORNAMENTSTICHEN IN HANNOVER.
gestellten Initialen raulinis vervoUatiind igten die
Schöpfungen italienischer Künstler des Cinquecento.
Sahen wir bei den Italienern in den voi^efÜhrten
Formen das frohe Behagen und das uneingescb rankte
Können eines Volkes von Künstlern, ao finden wir
bei dem Niederländer in keiner Weise ein solches
Beberrachen der Form. Wohl hat auch er seine
Freude an antiker Art, aber es ist nicht der Gedanken-
kreis, in dem er sich von Haus aus bewegt
Lukas van Lei/den in seinen charakteristischen,
seltenen Blättern, Markus Oemrds mit seinen Dar-
stellungen der Elemente, Jan Vredemann de Vriese
mit Innendekorationen, die ausserordentlich seltenen
Karyatiden von Conitlius Bvs, die Kartuschen von
Jacob Floris, die Dekorationen am Rathause von
und ]ititfierus K'ixcmann mit seinen charakteristischen,
architektonischen Details. Der Meister von 1551
war in einem Probedruck und Paul Flindt in einem
Niello vorhanden. Kurz es fehlte wohl kein deutscher
Meist«r des 16. Jahrhunderts, der ii^end Beachtung
verdient. Auch aus dem so seltenen Werke: „Im-
peratorum Romanorum verissimae effigies", von den
Wyssenbaehs geschnitten, waren Blätter ausgeatelli
In gleicher Weise waren die bedeutendsten
Meister Frankreichs vorgeführt. Allen voran Meister
Jacques Anilrmiel Jhi'vrrmu mit Kartuschen undMÖbel,
Jie7i6 Boivin mit Tafelgerät, sowie der in seinem.
Formenreichtum unerschöpfliche Meister Stej)h/inu.%
Eiienne Deiaune, war in seinen reizenden Planeten-
bildern (Fig. 5) vorhanden.
Tig, b Ettenne d
Amsterdam von Quellimis geben uns ein vorzüg-
liches Bild niederländischer Dekoration im 16. Jahr-
hundert. Als ganz besonders eigenartig und in seinem
Können seine zeitgenösaiaehen Landsleute weit tiber-
ragend, ist in äusserst seltenen Blättern der Meister
(7. J. oder ■/. G. (Fig. 3) vertreten. Auch sein Wollen
kommt seinem Können nicht gleich, niederländische
Eigenart ringt mit der Lust, die neue Formenwelt
zu beherrschen, welches ihm nicht in dem Masse,
wie dem deutschen Meister gelingt.
In grosser Auswahl waren Deutsche vorhanden.
Diirer mit Blättern aus dem Triumpbzuge, sowie
seinen Scheiben. Die Befianis, AUkgrerer, Brommcr,
Alldorfer und die Hopfer mit Kleinornament und Ge-
lassen (Fig. 4),./bs(,Jw»ia« mit biblischen Darstellungen
und Wappen, Tobias Stimmer mit Portriits in reichen
Rahmen, Virtjil Salix in Kupfer- und Holzschnitt^ die
de Bry mit ihren reizvollen Goldschmiede Ornamenten
. n. S. BEHlkH.
Daneben zeigten zahlreiche Holzschnitte den
Buchschmuck des 16. Jahrhunderts, von den reich-
sten und frühsten italienischen Titel- und Teitum-
rahmungen hie zu den charakteristischen Arabesken,
wie sie aus der Offizin des Jean de Tounus unter
dem Einflusa des Ik-rnard Sahvion hervorgingen.
Sahen wir in den Blättern des 16. Jahrhunderts
das Bestreben der Nationen, die neue Formenwelt
sich zu eigen zu machen, so war es uns in den Blattern
der Folgezeit vor Augen geführt, wie sie allmählich
das Neue zu Eigenem verarbeiten.
Von den Italieneni sahen wir Annibak Carraeri
mit seinen Decken, Foxxo mit seinen wirkungsvollen
Innenniumen und in ausaerordentlich grosser Zahl
die feinen Radirungen des Stefano della Bella, seine
Lauhornamente, Kartuschen und Vasen und Antonio
Tempesta mit seinen reichumrahmten Allegorien.
Von der niederländischen Dekoration des
AUSSTELLUNG VOM ORNAMENTSTICHEN IN HANNOVER.
93
17. Jahrhunderts war besonders reich die Buch-
ausstattung und Porträtunurahmung vorgeffthrt.
Aus Deutschland waren es besonders die Meister
Matthäus Merian in seinen Grotesken ftür Goldschmiede,
Lucas und Wolfgang Kutan in ihren reichen Por-
tratumrahmungen, sowie eine ausserordentliche Aus-
wahl der sogenannten Lauberbücher, ein Ornament,
welches am Ende des 17. Jahrhunderts mit beson-
derer Vorliebe als Rahmendekoration verwendet wird.
Noch reichhaltiger waren die französischen
Meister vertreten. Die äusserst seltenen Blätter für
Email, auch wohl Schwarzblätter genannt, z. B. von
Henri Toutin, Goldschmiedevorlagen von Vavquer
und lAgariy Laubomament von Nicolas Loire, die
grossartigen Decken- und Wanddekorationen des
Charlea Lebrun und der unermessliche Formen- und
Vorbilderschatz von Jean Marot und Jean Le Pautre
waren in vorzüglichen Blättern gezeigt
Die nächstfolgende Zeit zeigte uns bei den
Niederländern de Orendel in seinen reizvollen Kaminen,
bei den Deutschen, allen voran Paul Decker in seinen
Architekturen, Innenräumen und Möbeln, Abraham
DrenttoeU mit seinen Allegorien und Gerät, sowie
Eysler mit Lauberbüchlein und Rahmen.
Bei den Franzosen waren die besten ihrer Zeit
vertreten, Daniel Marot, Jean Berain, Bemard Toro
und OHle Marie Oppenord, Meister, denen keine Na-
tion ähnliche an die Seite zu setzen hat. Es folgen
dann die Meister der späteren Zeit des Louis XV
und Louis XVI.
In Deutschland Franz Xaver Habermann^ Esaias
Nilson, Jeremias Wachsmuth, Bemard Oöx mit ihren
Rokokomotiven, Allegorien und Möbel, Lauch mit
Dosen, Heumann mit Waflfengriffen, Oottfried Oraax
mit Kaminen, Hoppenhaupt mit Architekturen und
Will und Moeglieh mit ihren zierlichen Rahmen.
In Frankreich waren es die reizvollen Vignetten
des Bemard Picart, das Tischgerät des Forty, Kar-
tuschen und Umrahmungen von De la Joue, die reiz-
vollen Hochf&llungen von Tibesar und Prieur, Tro-
phäen und Laubomament von Delafosse^ Vasen von
Saly und die genialen Brunnenentwürfe von Fran^ois
Boucher, welche das Interesse fesselten, Grabmale und
Brunnen von Htäin von ausserordentlicher Anmut,
sowie eine Folge: «Arabesques, inventes et graves
par J. D. Du Oouro, welche mir bis dahin nie zu
Gesichte gekommen, beschliessen die Zahl der Blätter,
welche dem Beschauer vor Augen geführt wurden.
Dieser reichen Auswahl loser Blätter, von denen
nur die Arbeiten der hervorragendsten Meister her-
vorgehoben werden können, schloss sich dann eben-
bürtig eine Auswahl gebundener Werke, Architektur-
und Kunstbücher vom 16. bis 18. Jahrhundert an.
Es war ein glänzendes Bild, welches in dieser
Ausstellung dem Beschauer von der Entwicklung
des dekorativen Geschmackes dreier Jahrhunderte
gegeben wurde, und es kann keinem Zweifel unter-
liegen, dass diese Ausstellung wesentlich das Interesse
für kunstgewerbliche Dinge in Hannover gefordert
hat. Indessen darf dabei nicht übersehen werden,
dass die reiche Sammlung des Herrn Architekten
Haupt immer eine Privatsammlung ist und als solche
dem allgemeinen Nutzen naturgemäss wenig förder-
lich sein kann. Selbst das weitgehendste Entgegen-
kommen seitens des Besitzers gegenüber dem allge-
meinen Interesse, welches in wiederholten Ausstellungen
bethätigt werden könnte, kann doch nicht annähernd
die Sammlung so nutzbar machen, als wenn dieselbe
mit einem öffentlichen kunstgewerblichen Institute,
Kunstgewerbemuseum u. dgL m. verbunden wäre,
in dessen Räimien sie, nicht in Mappen und Schränken
verpackt, in wechselnden Ausstellungen von je ein
paar Tausend Blatt jedem stündlich, ohne gelehrte
Rede und ohne E[ataIoge, Anregung, Belehrung und
Vorbilder geben könnte.
Bei der enormen Preissteigerung, welche die
Omamentstiche in den letzten Jahren erfahren haben,
ist es die höchste Zeit mit grösseren Mitteln, als
sie meistens dem Privatmann zur Verfügung stehen,
einzutreten, wenn diese Sammlung im öffentlichen
Interesse der Stadt Hannover vervollständigt werden
soll, und dass das dringend geboten erscheint, darüber
dürfte kaum ein Zweifel bestehen. Es würde tief
zu beklagen sein, wenn diese treffliche Sammlung
durch irgend welchen Umstand der Stadt Hannover
nicht erhalten bliebe. J. REIMERS.
Knnstgewerbeblatt. NF I.
14
ÜBER KUNSTGEWERBEMUSEEN.
VON ALSEBliHOFMÄNN-RElCnEKBERO.
merkwDrdigeBuch: ,Rembmndt
i Erzieher" , ') das mit seinem
istvollen, oft bleDdendeo, oft pa-
loxen und oft auch sich wider-
rechenden Inhalte den Sieges-
if durch die geistige deutsche
Kulturwelt gehalten hat, muss auch an dieser Stelle
erwähnt werden. Sein Verfasser 8^ S. 16 ff: .Es
giebt ein eigentümliches Gesetz der Geschichte, dass
die Dinge sich mit der Zeit in ihr Gegenteil verkehren:
man sieht es an der katholischen Kirche, deren
prunkvolle Hierarchie sehr wenig dem Sinne Christi
entspricht; man sieht es an den deutschen Gymna-
sien, welche das gerade G^enteil von den griechi-
schen Gymnasien sind; man sieht es nicht zum
wenigsten an den heutigen Museen, Vielehe auf den
Namen der Musen gegrfindet, sich deren Dienst«
doch vielfach hinderlich erweisen. Denn die Musen
sind, wohl zu merken, die Vertreterinnen der schöpfe-
rischen, nicht registrirenden Oeistesrichtung ; gerade
jene aber werden durch die heute herrschende Mu-
seenwut in den Hintergrund gedmngt: lucus a non
luceodo. Museen enthalten Dinge, welche aus ihrem
oi^anischen Zusammenhange gerissen sind; in der
Kunst ist der organische Zusammenhang aber alles;
auch die vollkommenste Sammlung von menschlichen
Augen, in Spiritus gesetzt, kann nicht den ganzen
Menschen ersetzen.
Jener kürzlich verstorbene Gesandte einer euro-
päischen Grossmacht, welcher sich eine Sammlung
von Barbierbeckes aller Zeiten angel^ hatte, war
1) Von e
m Deatscheu. 11. Aufl. Leipzig, C L.HirBchfeld. -
nicht viel klüger als Don Quijote, welcher das seine
auf dem Kopfe trug; Barbierbecken gehören ins
Barbierhans, Augen in den menschlichen Kopf und
Bilder in die Kirchen, Staatagebäude oder Privat-
häuser! Verwende man daher nicht allzuviel Neigung
und Kosten auf jene methodisch geordneten Rumpel-
kammern; lieber schmücke man das eigene Heim
und dos eigene Leben, nach heutigen Bedürfnisseii,
künstlerisch aus. Dies wirkt weit bildender, als der
Besuch eines Museums, in dem jeder einzelne Gegen-
stand den andern und die Gesamtheit der Gegen-
stände oft den Besucher tot schlägt.
Wie die politische, so hat auch die künstlerische
Freizügigkeit ihre Schattenseiten; sie führt dazu, dass
schliesslich nichts an seinem Platze, in seiner ge-
bührenden Umgehung, in seiner Heimat bleiht: dai
Kunstwerk wird heimatlos, das Schlimmste, was ihm
passiren kann. Dem sollte möglichst ent^^enge-
wirkt werden.
Die übliche Aufstellung in den Museen, noch
Rubriken, ist direkt kunstwidrig; denn ein einzelner
Gegenstand kann nur künstlerisch wirken, wenn er
sich einem grösseren Ganzen ein- und unterordnet;
davon ist bei jener Art von Anordnung keine Bede.
Ein Kunstwerk ist wie das einzelne Wort einer
Sprache; es hat nur Wert durch den Zusammen-
hang, in welchem es jeweilig steht; in dieser Bio-
sicht gleichen unsere Museen Wörterbüchern, -welche
die Worte zusanmienhanglos an der Schnur auf-
reihen; solche Konglomerate sind zwar gut znm
Nachschlagen; aber durch Nachschlagen in Wörter-
bOchem hat noch niemand den Geist und das Wesent-
liche einer Sprache erlernt Es gehört sehr riei
ÜBER KUNSTGEWERBEMUSEEN.
95
dazu, um ein Wörterbuch — und ein Museum —
mit Verstand zu benutzen; bis jetzt hat man nur
von Cäsar gehört, dass er in der Grammatik zu
seinem Vergnügen las. Man muss in solchem Fall
gewissermassen statt der Wörter die durch sie be-
bezeichneten Dinge, in allen Beziehungen zu Welt
und Leben, selbst abwandeln können. Nur ein sehr
reicher Geist kann leere Kategorien ausfüllen und
mit einander in Verbindung setzen und dadurch zu
lebendigen Organen umschaffen; so hohe Forde-
rungen darf man an den Durchschnittsmenschen
nicht stellen; dieser ist der lebendigen Einwirkung
einer gesprochenen Sprache und eines einheitlichen
Komplexes von Kunstwerken weit zugänglicher, als
einem Schwall von wissenschaftlich geordneten Einzel-
heiten, deren sinnlose Nebeneinanderstellung er zwar
nicht erkennt^ aber doch empfindet. Durchgängige
Lektüre einer Sprache, verbunden mit Übung im
Sprechen, ist das beste Mittel zur Erlernung der-
selben; das Wörterbuch darf dabei nur ein gelegent-
hehes und erst in zweiter Linie in Betracht kom-
mendes Hilfsmittel bleiben; dies gilt auch in unsem
Museen. Sie sollten die Kunstsprache nicht nur in
toten Wortregistern, sondern vielmehr und ganz
überwiegend in ihrem lebendigen Zusammenhang
lehren. Das Individuelle, nicht das Generelle, soll
hier das Wort föhren; sonst herrscht nicht das Leben,
sondern die Schablone; sonst schreckt man den
Künstler ab^ statt ihn anzulocken. Ein vernünftiger
Erzieher darf das nicht übersehen. Es giebt grosse
deutsche Kunststädte, in welchen sich die Künstler
rühmen, selten oder nie ein Museum zu besuchen;
das ist nicht das richtige Verhältnis der neuen zur
alten Kunst; aber die Schuld solcher üngehörig-
keiten liegt überwiegend an der Beschaffenheit der
Museen selbst. Es wäre daher ratsam und zweck-
massig, das Prinzip einzelner, einheitlich deko-
rirter hinenraume , wie man es in grösseren Mu-
seen und Ausstellungen teilweise schon anzuwenden
begonnen hat, nach Kräften zu erweitem und wo-
mögUch zum herrschenden zu machen; dadurch
wird nicht nur auf den Verstand und das Auge,
sondern auch auf das Gefühl und das Urteil des
Beschauers gewirkt. Rasch lernt man bekanntlich
durch Beispiele, langsam durch Lehren. Je wissen-
schaftlicher jene obenerwähnten Anstalten oft sind,
desto unkünstlerischer sind sie; Wissenschaft und
Kunst stehen sich, in einiger Hinsicht, polar entgegen;
aber wo es sich um künstlerische Zwecke handelt, muss
eben die Kunst den Ausschlag geben. Die Wissen-
schaft hat in solchem Fall zu schweigen, oder vielmehr
zu dienen oder vielmehr beides zu thun. Nur wenn
das künstlerische, nicht das wissenschaftliche Prinzip
an die Spitze gestellt wird, dienen die Museen den
Musen. Museen sind Erziehungsorgane; das ist ihr
Verhältnis zum gesamten Volk; blosse Belegsanun-
lungen ftir wissenschaftliche Forschung sollen sie
nicht sein. Es wäre nicht recht, wollte man der
Muse statt der Leier, ein Lexikon unter den Arm
geben.
Die historisch unzweifelhafte Thatsache, dass
das Aufkommen der Museen und der Niedergang
einer freien , selbständigen , volkstümlichen Kunst
während der letzten Jahrhunderte durchaus mit ein-
ander Hand in Hand gingen" muss jedenfalls zum
Nachdenken auffordern. Nicht oft genug kann es
wiederholt werden: an die Kunstgesinnung der alten
Zeit soll man sich halten, nicht an ihre Kunstlei-
stungen; man soll die letzteren niemals im einzelnen
nachahmen. Die moderne Zeit hat moderne Be-
dürfnisse und braucht eine moderne Kunst. Eine
moderne Kunst aber kann nur gedeihen, wenn sie
zugleich in sich das Gegengewicht des Bleibenden,
Festen, Notwendigen, Angeborenen, Ewigen trägt.
Das ist nicht in etwaigen früheren künstlerischen
Erzeugnissen des Volkscharakters — welche auch
ihre Zeit hatten, in der sie einmal modern waren —
sondern nur in der lebendigen Quelle des heutigen
deutschen Volkscharakters zu finden. „Der Lebende
hat Recht.^ Man hat nicht zurückzublicken, sondern
um sich zu blicken; man hat von innen nach aussen,
nicht von aussen nach innen vorzugehen; um neue
Kunstformen, die bildsame Schale des Volksgeistes,
anzusetzen, hat man nicht auf frühere abgestorbene
Schalen zurückzugehen, sondern sich wiederum an
den Kern selbst zu wenden."
Das sind die reichen Worte eines der eigen-
artigsten Bücher unserer gesamten neueren Lit-
teratur. Die Ausführungen behandeln die Museen
und die Kunst im allgemeinen, woraus sich von
selbst die Berechtigung ergiebt, ihre Richt^keit
auch für Kunstgewerbemuseen und die gewerbliche
Kunst zu prüfen. „Das heutige Kunstgewerbe hat,
auf einer stilistischen Hetzjagd, alle Zeiten und Völker
durchprobirt und ist trotzdem oder gerade deshalb
nicht zu einem eigenen Stil gelangt. — Zudem ist
die gesamte Bildung der Gegenwart eine historische,
alexandrinische, rückwärts gewandte; sie richtet ihr
Absehen weit weniger darauf, neue Werte zu schaffen,
als alte Werte zu registriren." (S. 1.) Darin liegt
einer der grössten Vorwürfe gegen unsere gesamte
heutige Kunstrichtung, deren Ziele man mit grosser
14*
DIK SCHMUCKAUSSTELLUNQ IM BERLINER KUNSTGEWERBEMUSEUM.
nus ihrer mit feinstem Geschmack gewählten kost-
baren Sammlung ausgestellt hatte.
Von öffeutlichen Sammlungen hatte das königL
Museum in Kassel eine kleine Zahl seiner TOitreff-
lichen Juwelierarbeiten eingesandt. Ebenso war das
herzogl. Museum zu Gotha mit einer grossen Aus-
wahl seiner ganz ausgezeichneten bekannten Öold-
schmiedearbeiten — darunter dem herrlichen Dolch,
der Elfenbein -Venus in der Laube, der Patene mit
Bijoux am Rund, dem kleinen goldemaillirten Brevier
Die übrigen Privatsammler hatten einzelne Schmuck-
stücke dai^eliehen, worunter teilweise recht gute,
ofl auch hinsichtlich der EchÜieit recht bedenkliche
Sachen.
Für die frühen Zeiten: ägyptisches und klassi-
sches Altertum, die sog. prähL^toriGchen Perioden
waren, wie erwähnt, die k&nigl. Museen mit einem
grossen und zwar dem besten Teil ihrer Sammlungen
eingetreten; man gewann einen ganz guten Über-
blick über die Leistungen der betreffenden Perioden.
Flg. 1, Oörtel in Silber vsrgoldet. SchleiiachM Miuenm in Brul&n.
u. a. m. — glänzend vertreten. Das Museum scble-
»ischer Altertümer zu Breslau mit mittelalterlichem
Schmuck reihte sich an.
unter den Privatsammlern überragten alle um
Haupteslänge die Herren Baron Heyl in Worms,
Bürgermeister Tbewalt in Köln, Fabrikbesitzer Richard
Über alles Erwarten reich dagegen war das
Mittelalter vertreten: hatte doch Baron v. Hejl seinen
unvergleichlichen Schmuck aus Mainz oder Worms
— es wird über die Provenienz Schweigen beob-
achtet — au.^gestellt. Was hier an mittelalterlichen
Ketten, Spangen und Kleinodien vereint ist, dürfte
Flg. Sa. Olied ei
Fig. all. aiisd eJDes Oärlela. IS. JUirb.
Zschille in Grossenhain. Ersterer hatte seinen unver-
gleichlichen mittelalterlichen Schmuck eingesandt,
Thewalt aus seiner kostbaren viel umfassenden Samm-
lung eine Anzahl Perlen eingesandt — eine glän-
zende Serie Uhren, durchweg Arbeiten ersten Ranges,
Schnallen, Rmge etc. — , Zschille fast seinen ganzen
Schmuck, worunter besonders die umfassende Samm-
lung Hinge, Ketten und Anhänger hervorragten.
Daran schloss sich die Sammlung von Marc Rosen-
berg, systematisch angelegt und aufgestellt mit recht
guten, zum Teil vortrefflichen Stücken; wenn auch
hier nur in Auswahl, so doch von grossem Um-
fang und VolLitändigkeit in den einzelnen Gruppen.
kaum anderswo zu finden sein. Ein Stück aus diesem
Schatz, das Adlerkleinod aus hohenstaufischer Zeit,
ist früher von kundiger Seite in diesen Blattern ver-
öffentlicht (III, S. 20); ein anderes, die herrliche
emaillirte Adlerfibula vom gleichen Verfasser an
anderer Stelle. Die glänzende Beherrschung der
Emailtechnik und ihre geschickte und geschmackvolle
Verwendung im Geschmeide stellt diese mittelalter-
lichen Schmuckstücke ebenbürtig neben die verwand-
ten Erzeugnisse der Renaissancezeit Gehören diese
Arbeiten einer Zeit an, aus der wir sonst wenig be-
sitzen, so ist auch das spätere Mittelalter durch
einige ganz ausgezeichnete Stücke vertreten. So hat
DIE SCHMUCKATISSTEUÜKG IM BERLINER KÜNSTGEWERBEMUSEUM.
87
das Breslauer Museum Echlesisiscber ÄltertQmer
einige schSne StQcke geschickt, vor allem aber
Herr Bürgermeister G. Tbewalt einige Haupt«tficke
seiner kostbaren Sammlung. Wir geben in Fig. 2a
Gotha, Kassel, die Herren Tbewalt, Zschille a. a.;
der Krontresor hatte seine durch Luthmers Publi-
kation bekannten Stücke eingesandt. Weniger be-
kannt dürften die Schmuckstacke aus dem Grabe der
Fig. S. FünpBD >iu HkioE, OttODeiueil.
Bbtod t. Heyl, Worms.
und 2b zwei Glieder eines Gürtels von höchster
Schönheit und Seltenheit: die gegossenen Figürchen
liegen Yon Perlen umrahmt tief in dem getriebenen
Blattrande. Auch sonst bietet die Kollektion des
Fig. a. Kleinod aua Gold, ei
D«r Kopf in Stein geschuil
KoDigl. KaDstgewerbemilseDiii
Herzogin Agnes von Lauenbut^ {f 1629), jetzt in
der dortigen Kirche aufbewahrt, gewesen sein. Auch
die Sammlung der Kaiserin Friedrich bot eine ganze
Anzahl hierhergeböriger ausgezeichneter Stücke,
Fig. B. Anhäpger. St. Georg.
ObentleDtn. v. Kra
Bariin.
Herrn Tbewalt wie die des Herrn Zschille eine
Anzahl trefflicher gotischer Arbeiten. Ein schönes
noch dem 15- Jahrhundert angehöriges Kruzi&x hatte,
Herr Baron von Heeremann ausgestellt.
Zahlreich nnd in vortrefflichen Exemplaren waren
goldemaillirte Ketten und Anhänger der Renaissance-
zeit vertreten, namentlich durch die Museen zu BerUn,
vor allem ein italienisches Reliefemai 1 allerersten
Ranges.
Für den Schmuck des 17. und 18. Jahrhun-
derts, den Volkssclimuck und Verwandtes boten die
Privatsammler manches gute Stück der übrigens
meist bekannten l^pen. Sehr umfangreich ist hier
die Sammlung Roseubergs, der man wohl einen
98
KLEINE MITTEILUNGEN.
lung, sowie sonstige Geschenke und Käufe, ist ein grosser
Teil der kunst- und koltorgescliichtlichen Sammlungen ganz
wesentlich bereichert worden, in erster Linie die Waffen-
samrrdtmg, die durch die Sulkowski'schen und einige andere
Erwerbungen, die gleichzeitig erfolgen konnten , auf eine
Höhe gehoben worden ist, dass ihr nunmehr an wissen-
schaftlicher Bedeutung wenige andere in Deutschland mehr
gleichstehen oder gar überlegen sind. Wohl ist da und dort,
wo die Sammlung aus den Beständen eines alten Zeughauses
gebildet ist, die Anzahl gleicher oder ähnlicher Stücke grösser,
oder es ist, wo eine fürstliche Rüstkammer, wie in Dresden
und Wien, die kostbaren Prunkwaffen aufbewahrt hatte, die
nicht als feldmässige Waffen, sondern als Kunstwerke zu
bewundem sind, an solchen weit mehr enthalten, als bei uns
gesammelt werden konnte, so dass an einen Vergleich in dieser
Beziehung gar nicht gedacht werden kann. Aber an Stücken,
welche die Geschichte des Waffenwesens erläutern, darf sich
jetzt unsere Waffensammlung zu den vollsi&ndigsten und
reichhaltigsten rechnen. Was einen grossen Vorzug der neuen
Erwerbung bildet, ist der Umstand, dass sie nicht beliebig
zusammengetragen ist, was die Kontrolle der Herkunft sehr
erschweren würde, sondern dass es unzweifelhaft feststeht,
dass alle wichtigeren Stücke aus dem Nürnberger Zeughause
stammen, und so selbst Waffen, die italienisch erscheinen
würden, sich als gut deutsch kundgeben. Durch die ausser
der Sulkowski'schen Sammlung erkauften Stücke ist die Ab-
rundung noch eine grössere und die Sammlung erhielt Waffen
vom 11. Jahrhunderte bis zum 18. Die wichtigsten sind viel-
leicht elf Tumierzeuge mit den Marken der berühmtesten
Nürnberger Flattner und teilweise der Jahreszahl 1498; sie
gehören also zu den ältesten datirten. Wichtig sind ferner
fünfzehn Kriegshamische des 16. Jahrhunderts, einige herr-
liche geätzte Rüstungen. Eine Anzahl Pferdezeug, mittel-
alterliche und spätere Helme, Schilde, Schwerter und eine
grosse Anzahl Zweihänder des 16. und: 17. Jahrhunderts
schliessen sich an. Hervorragend schön sind einige zum Teil
geätzte, zum Teil auch durch ihre Form merkwürdige Stan-
genwaffen und Hämmer, dann eine Anzahl mit Bein, Perl-
mutter u. a. eingelegte Gewehre des 16. und 17. Jahrhunderts. .
Nächst der Waffensammlung war es die ohnehin schon so
erfreuliche interessante Sammlung von Qlasgemälden, die
grosse Bereicherung erhalten hat, 74 Nummern, darunter
neben einzelnen Bruchstücken eine Anzahl herrlicher Tafeln,
die zu den vorhandenen eine willkommene ErgSJizung liefern;
denn wohl nirgends ISsst sich jetzt, wie bei uns, das gegen-
seitige Verhältnis der Schweizer Schule in ihrer höchsten
Entwicklung vom Ende des 16. und im 17. Jahrhundert zu
der gleichzeitigen Nürnberger xmd schwäbischen Schule er-
kennen. — Die Abteilung der kleinen Plastik bekam eine
Anzahl Schnitzwerke von Buchs, darunter zwei in Holz ge-
schnittene, gotische Buchdeckel, Elfbeinschnitzwerke in der
Art des Flamingo u. a, — Die Abteilung der Hausgeräte er-
hielt einige vorzügliche Möbel, so zwei Prunkschränke von
Ebenholz, mit Bronze, Marmor und Lapis lazuli ausgestattet,
dann zwei chinesische Lackschränke mit trefflich geschnitz-
ten und vergoldeten Untersätzen des 18. Jahrhunderts, durch
welche sie zu deutschen Prachtmöbeln ausgestaltet wurden.
Besondere Erwähnung verdient ein mit rotem Leder über-
zogener, reich mit Messing beschlagener, eleganter, etuiarti-
ger Koffer, der eine aus Silber getriebene, teilweise vergol-
dete, reiche Reisegarnitur, bestehend aus 51 Stücken, Augs-
burger Arbeit vom Beginne des 18. JahrhundeHs , enthält;
der Koffer, wie der Inhalt, sind von grossem Interesse für
die Sittengeschichte jener Zeit. Eine Reihe einfacher Möbel
and kleiner Geräte wurde für die Ausstattung des Schweizer,
sowie für das kölnische und Tiroler Zimmer erworben. Schöne
Exemplare erhielt die Sammlung der Gläser und Krüge, ins-
besondere des Porzellans, sowie die Reihe sonstiger kleiner
Hausgeräte. Auch die Küche hat eine Anzahl interessanter,
seither noch fehlender Geräte erhalten, so dass nun so ziem-
lich alles vertreten ist, was in einer Küche des 16. bis 18.
Jahrhunderts vorhanden war. — Die MedaiUensammlung er-
hielt wieder reichen Zuwachs. Es waren neben einer Anzahl
Habsburger- und HohenzoUemmedaillen diesmal etwa achtzig
Medaillen von Fürsten aus dem Hause Witt^lsbach zuge-
kommen, sowie eine grosse Reihe anderer. Insbesondere sind
uns teils von den Künstlern, teils von den Veranlassem
viele moderne Medaillen zugegangen. Für die MünxsamTn-
lung reduzirte sich die Zahl der Zugänge diesmal auf ver-
hältnismässig wenige Stücke. Ebenso waren es einige Stücke
und wenig Bedeutendes, was unsere Sammlung kirchlicher
Geräte erhielt. Der gleiche Fall ist diesbezüglich der unssen-
schaftlichen, wie der Musikinstrumente und der TBOctü^
Sammlung,
P. — Reichenberg, Dem Thätigkeitsbericht des Nord-
böhmischen Qewerbemuseums über das Verwaltungsjahr 1888/89
entnehmen wir folgende Angaben. Infolge der allseitig be-
wiesenen materiellen Teilnahme war es im Berichtsjahre
möglich, sämtliche Sammlungen des Museums auf einen er-
höhtet Stand zu bringen. Die grösste und qualitativ hervor-
ragendste Bereicherung erfuhr die keramische Abteilung, für
welche Anschaffungen im Betrage von ungeföhr 3700 FL ge-
macht wurden. Es gelang, dieser Abteilung einige Stücke
ersten Ranges zuzuführen, so vor allem einen. FaSnzateller
des 16. Jahrhunderts, eine Mezzamajolika von Deruta, und
endlich einen schönen Majolikateller urbinatischer Provenienz
des 16. Jahrhunderts, ein Teil eines Tafelservices der vene-
zianischen Edelfamilie der Avogadro. Die keramische Aus-
stellung unseres Museums im vergangenen Sommer gab dann
Gelegenheit, eine grössere Anzahl der schönsten Erzeugnisse
der Porzellanmanufakturen in Berlin und Dresden zu erwer-
ben. Auf dem Gebiete der italienischen Töpferkunst wurden
dann von der bekannten Firma Ginori in Florenz noch eine
Reihe vorzüglicher Nachahmungen alter italienischer Majoli-
ken erworben, die in ihrer reizvollen und feinen Dekoration fiir
Studienzwecke eine wahre Fundgrube für dekorative Motive
genannt werden können. Mit einer Summe von ca. 2700 Fl.
war dann die Bibliothek bedacht; in Anerkennung der be-
sonderen Wichtigkeit dieses Sammlungszweigs för die Zwecke
des Kunstgewerbes hatte das Kuratorium auch in diesem Jahre
ein Extraordinarium von 2000 Fl. bewilligt, so dass es mög-
lich war, einige der bedeutendsten Werke der kunstgewerb-
lichen Litt^ratur zu erwerben. Für Schmuck und Edelmetalle
wurden ca. 500 Fl. verausgabt und hiefur unter anderem
eine Reihe bayerischer Volksschmucke, ein ungarischer Mag-
natengürtel, ein indischer Stirnschmuck, eine Kollektion rus-
sischer Emaile etc. erworben. Durch Erwerbung einer grös-
seren typographischen Sammlung von über 6000 Nummern,
konnte eine ganz neue Abteilung des Museums gegründet
werden. In dieser Sammlung befinden sich eine grosse An-
zahl Titelblätter, Initialen, Vignetten, Drucker- und Biblio-
thekzeichen der italienischen, französischen und deutschen
Renaissance, sowie der späteren Epochen. Die nächstbe-
dachte Gruppe war die Gruppe „Leder"; für sie wurde eine
Reihe Bucheinbände von der gotischen Periode bis zum
18. Jahrhundert erworben. Die verausgabte Summe erreichte
hier ca. 170 Fl. Mit ca. 120 Fl. war die Gruppe „Glas" be-
dacht, und es gelang, für sie insbesondere einige originell
gravirte Gläser des 17. Jahrhunderts, ein Zunftglas und ein
Widmungsglas, dann ein schön gravirtes Wolfglaa zu er-
KLEINE MITTEILUNGEN.
99
werben. Mit der mindesten Summe tritt die Gruppe „Bronze'*
auf, ca. 50 Fl., der Haupterwerb ist hier eine altchinesische
Bronzevase. Die Textilsammlung erfuhr im verflossenen
Yerwaltung^ahre eine nur geringe Yermehrung im Betrage
von ca. 290 Fl., was auf den Umstand zurückzuführen ist,
dass sie noch in der Ordnung begriffen war. Nunmehr ist
dieselbe vollendet, sämtliche Nummern sind montirt, be-
stimmt und genau beschrieben, in ein System eingeteilt und
können in ihrer Zahl von 3000 ein stolzer Besitz des Mu-
seums genannt werden. Die Gesamtsumme fOr Ankäufe stieg
im verflossenen Yerwaltungsrjahre auf ca. 8700 Fl. Der Be-
such des Museums betrug insgesamt 12688 Personen, von
welchen 3418 auf die Bibliothek und Vorbildersammlung, 353
auf den offenen Zeichensaal und 8917 auf Sammlungen und
Ausstellungen kommen. Im Berichtsjahr fanden vier Aus-
stellungen statt, darunter eine Ausstellung weiblicher Hand-
arbeiten und eine solche von Eunstschmiedearbeiten im An-
schluss an eine vom Kuratorium ausgeschriebene Konkurrenz
für derartige Arbeiten. Zu recht erfreulichem Berichte giebt
der offene Zeichensaal Anlass. Nach Aufstellung genauer
Vorachriflen für denselben wurde er am 8. Januar 1889 er-
öffiiet und war in der kurzen Zeit des Bestandes von nicht
ganz % Jahren von 353 Personen besucht. Unter diesen bil-
dete sich allmählich eine Zahl regelmässiger Besucher heraus,
die bis auf 31 gestiegen ist. Durch den Aufschwung des offenen
Zeichensaales wie durch die Ausdehnung von Bibliothek und
Vorbildersammlung macht sich nun in empfindlichstem Masse
bereits der Raummangel fühlbar. Schon heute fehlt es an
einem geeigneten Räume für periodische Ausstellungen, fehlt
es femer an einem Räume zur Unterbringung von Ansichts-
sendungen, zum Aus- und Einpacken der zahlreichen aus
und einlaufenden Sendungen. Daneben wird auch der Raum
für die kunstgewerblichen Sammlungen täglich geringer; die
hier zu treffende Abhilfe wird eine Frage der nächsten Zeit
sein. Dabei kann nicht geleugnet werden, dass der grösste
Teil der jetzt benützten Räume für die Exposition der kunst-
gewerblichen Objekte sehr ungünstig ist und dass die hohen
Kosten des Mietsverhältnisses auf die Entwicklung der Samm-
lungen einen nachteiligen Einfluss ausüben. Mit dem er-
freulichen Wachstum aller Sammlungen des Museums geht die
fortwährend dringlicher werdende Raumfrage Hand in Hand,
über die Affäre der Landessubvention an das Museum, welche
jetzt von der Bedingung abhängig gemacht wird, dass in
der Verwaltung des Museums die Gleichberechtigung beider
Volksstämme des Königreichs Böhmens gewahrt wird, haben
wir früher berichtet. Der Jahresbericht lässt sich darüber
folgendermassen aus: Was unter dem Begriff „Gleichberech-
tigung" zu verstehen ist, darüber haben die Verhandlungen
des Landtages erschöpfende Auskunft gegeben. Sie besteht
in der Zweisprachigkeit der ganzen Verwaltung, d. i. in der
Zweisprachigkeit in der Führung der Sitzungsprotokolle, des
jährlichen Thätigkeitsberichtes , der Aufschriften an sämt-
lichen Sammlungsobjekten, im persönlichen Verkehr, in den
Vorträgen und bei zahlreichen anderen Gelegenheiten. Sie
würde aber auch in der Berücksichtigung der czechischen Lit-
teratur in der Bibliothek und der Anerkennung einer czechi-
schen Kunst bestehen. Und das alles durch ein deutsches
Museum in einer deutschen Stadt, das einer zum weitaus
grössten Teil deutschen Industrie dienen soll. Der Beschluss
zielt nicht sowohl auf eine wirkliche, praktische Durchfuh-
rung der Gleichberechtigung, sondern er strebt mit der
Forderung einer formellen Gleichberechtigung die Slavisi-
rung des Museums an. Man wieg^ sich in dem sichern
Gefühle, dass die Anknüpfung von nationalen Bedingungen
an eine für das Nordböhmische Gewerbemuseum so hohe
Summe wie die gewährte Subvention sicher nicht ganz wir-
kungslos bleiben könne. Man irrte aber in der Beurteilung,
des nationalen Stammesbewusstseins des deutschen Volkes in
Böhmen. Das nationale Moment stellt sich der Annahme
einer unter solchen Bedingungen gewährten Subvention als
unüberwindbare Macht entgegen. In dem Augenblicke, in
welchem in der Verwaltung des Museums die bedingte Ver-
änderung vor sich gehen würde, wäre die Thätigkeit des
Museums aufgehoben. Das Institut würde in einen unüber-
brückbaren Gegensatz zur Industrie und Bevölkerung gestellt.
Ausser der Staatssubvention würden sämtliche Subventionen
— und es sind dies nur deutsche — zurückgezogen. Was
nun die wirkliche Gleichberechtigung anbelangt, so wurde
dieselbe durch das Museum schon längst beobachtet. Unter
den zahlreichen gewerblichen Schulen des Reichenberger
Kammerbezirkes, die das Museum in den letzten Verwaltungs-
jahren mit reichem Vorlagenmaterial, Büchern und Sammlungs-
objekten unterstützte, unter den Staatsgewerbeschulen, kunst-
gewerblichen Fachschulen, den Handwerker-, Bürger-, Volks-
und gewerblichen Fortbildungsschulen, befinden sich neben
den deutschen auch zahlreiche czechische Anstalten. So
wurde die kunstgewerbliche Fachschule in Tumau wieder-
holt mit kunstgewerblichen Objekten, Büchern und Vorlagen
unterstützt, ebenso die Fachschule für Bildhauer und Stein-
metze in Hofic, die kunstgewerbliche Fachschule in König-
grätz, die Handwerkerschule in Leitomischl. Von czechischen
gewerblichen Fortbildungsschulen wurden die in Hotte, des-
gleichen die von Königgrätz, die von Tumau, die von Kuk-
*lena und die von Reichenberg mit Büchern und Vorlagen
unterstützt. Wenn diese Unterstützungen nicht in noch um-
fangreicherem Masse stattfanden, so liegt dies nur daran, dass
nicht mehr Ansuchen gestellt wurden. Wo diese aber ge-
stellt wurden, wurden sie in schnellster und zuvorkommend-
ster Weise erledigt, wie zahlreiche Zuschriften dieser An-
stalten darlegen und wie auch seitens des hohen Landesaus-
schusses anerkannt wurde. Dieselbe praktische Gleichberech-
tigung wurde sowohl bei den Sammlungs- wie bei den Bi-
bliotheksbesuchem geübt. In der Bibliothek sind im Laufe
langer Jahre nur drei Fälle bekannt geworden, wo an die
Beamten böhmische Anfragen gestellt wurden, in den Samm-
lungen sind es jährlich höchstens zehn Fälle und in diesen
wenigen Fällen waren, wie 'sich später herausstellte, die
Frager auch der deutschen Sprache mächtig. — Endlich
muss an dieser Stelle ausgesprochen werden, dass die Ein-
führung der spi-achlichen Gleichberechtigung am Nordböh-
mischen Gewerbemuseum in Reichenberg, an einer ausge-
sprochen deutschen Anstalt in einer deutschen Gegend, an
einer Anstalt, zu deren Ausbau czechische Kreise auch nicht
das Geringste beigetragen haben — die Mitglieds- und Sub-
ventionsverzoichnisse enthalten keinen einzigen czechischen
Namen — durchaus dem deutschen Nationalgefahl wider-
spricht. Das Kuratorium hegt auch die Ansicht und erklärt
es hier in aller Form, dass das Nordböhmische Gewerbe-
museum in Reichenberg in Anbetiracht der natürlichen Ver-
hältnisse, unter denen es wirkt, berechtigten Anspruch auf
eine in nationaler Hinsicht bedingungslose Subvention er-
heben kann, und das Kuratorium wird nicht nachlassen, alle
Schritte zu unternehmen, eine derartige Subvention zu er-
langen. Gleichzeitig aber sieht sich das Kuratorium zu
seinem Bedauern gezwungen, auszusprechen, dass es nicht
in der Lage ist, die Bedingung der Einführung der Zwei-
sprachigkeit, welche an die vom hohen Landtage pro 1890
bewilligte Landessubvention von 8000 Fl. geknüpft ist, zur
Annahme zu empfehlen.
KUNSTGEWERBEMUSEUM ZU LEIPZIG.
Bericht über das Jahr 1889.
Der Mitgliederdand des Kttnilgewerbemnfeams hat fich
von 235 auf 226 vennindert ; durch den Tod verloren wir u. a.
einen der Mitbegründer und treueften Förderer, Herrn Julius
S c h u n c k, fowie Herrn Dombaumeifter H a r t e 1 in Strafsburg.
Die Jahresbeiträge der Mitglieder haben fich dem entfprechend
auch etwas yermindert, fie betrugen M 3599; — . Dazu kam
noch ein aufserordentUcher Beitrag von M 120, — .
Von dem Königlichen Minifterium des Innern i(l uns in
dankenswerter Weife wieder ein Beitrag von 5000 M aus Staats-
mitteln, von dem Rate der Stadt Leipzig ein folcher von 6000 Jl
aus (lädtifchen Mitteln gewährt worden. DeiTenungeachtet hat
fich unfere Schuld bei der AUgem. Deutfchen Credit-Anftalt um
1000 Ji (von 3000 auf 4000) erhöht Einigermafsen wird dies
ausgeglichen durch den Erlös aus dem Verkauf des gröfsten
Teiles der im Laufe der Zeit angefanmielten Dopplinge, der
jedoch vermöge der vereinbarten Zahlungsbedingungen erd fpäter
in der Rechnung zum Ausdruck kommen wird.
Unter den neuen Erwerbungen kunftgewerblicher Gegen-
flände, welche zufammen einen Aufwand von M 6625,32 er-
fordert haben, ift vor allem der Ankauf der reichen Pofamenten-
sammlung von Angiolini in Bologna für Fs. 4000 hervorzuheben,
über welche Nr. 3 der Vereinsmitteilungen für 1888/89 Näheres
enthält. Auch fonfl find für die Textilabteilung zahlreiche Stücke
erworben worden, darunter einige altnorwegifche Teppiche. Was
die Holzarbeiten anlangt, fo wurde eine Anzahl Stühle erworben,
welche als intereflante Typen gelten dürfen ; auch die Sammlung
nordifcher Kerbfchnitte erfuhr eine Vermehrung. In der kera-
mifchen Abteilung haben die neuen Erwerbungen fowohl die
Porzellanfammlung, welche gegenwärtig charakteriHifche Stücke
aus 25 berühmten, zum Teil eingegangenen Fabriken enthält,
als auch die Fayencen um hervorragende bisher nicht vertretene
(Üddeutfche Arbeiten bereichert.
Das Verzeichnis der zahlreichen und wertvollen Gefchenke,
fUr welche wir auch an diefer Stelle unferen Dank ausfprechen,
wird den Mitgliedern als befondere Beilage zugeilellt werden.
Eine der gröfsten Ausgaben war die Reflzahlung für den
nunmehr im Druck vollendeten Katalog der Ornamentflich-
fammlung, in Höhe von M 1456,85. Diefer Katalog (wie
fchon früher erwähnt, eine Arbeit des Herrn Hauptmann a. D.
E. V. Ubifch) hat nach Inhalt und Ausflattung allgemeine
Anerkennung in Fachkreifen gefunden, auch find eine Anzahl
von Beftellungen darauf eingegangen, durch welche aber der
Natur der Sache nach nur ein kleiner Teil der Aufwendungen
gedeckt werden kann.
Auf die Bibliothek und die Vorbilderfammlung,
welche wegen des Mangels an geeigneten Räumen noch immer
nicht fo zugänglich haben gemacht werden können, wie dies zn
wünfchen wäre, ifl nur der geringe Betrag von Jl 208, — ver-
wendet worden. Die Vermehrung i(l trotzdem nicht fo gering-
ftigig, da uns manches im Austaufch zufliefst. Mit der fyftemati-
fchen Ordnung diefer Sammlungen und Herdellung eines Katalogs
hat fich auch im verfloiFenen Jahre der Kudos des Buchgewerbe-
mufeums, Herr Burger, fortgefetzt befchäftigt; im laufenden
Jahre hofft er die Arbeit zu beenden.
Die Verteilung des Kunftgewerbeblattes an die Mit-
glieder wurde weitergefiihrt, doch ifl mit dem neuen Jahrgänge
eine Änderung in der Form infofem eingetreten, als die Vereins-
mitteilungen nicht mehr unter fortlaufenden Nummern gegeben,
vielmehr dasjenige, was von allgemeinerem Intereffe ifl, dem
Texte des Blattes felbfl eingeftlgt, befondere nur den Verein
angehende Vorfälle aber durch aufserordentliche Beilagen den
Mitgliedern bekannt gegeben werden.
Der Zeichenunterricht für Damen hat unter der ebenfo
anregenden wie kundigen Leitung des derzeitigen Lehrers Herrn
Mühlbach lebhaften Auffchwung genommen. Die Zahl der
Schülerinnen ifl von 22 im Sommerhalbjahr auf 30 im Winter-
halbjahr geftiegen, und die Leidungen zeigen ein erfreuliches
Fortfehreiten. Wir behalten uns vor, an der Hand von Proben,
welche als Beilagen zu dem Kunflgewerbeblatt veröffentlicht
werden follen. Näheres darüber mitzuteilen.
Die Zahl der Befucher 1(1 von 6141 auf 6716 gediegen.
Angefichts der in jeder Hinficht fo unzulänglichen Räume muffen
wir diefen Zuwachs immerhin als befriedigend bezeichnen.
Der Bau des Graffi-Mufeums, welches ausreichende und
beffere Räume bringen foU, Id leider abermals verfchoben
worden, da der vorgelegte Plan die Zudimmung der Stadtver-
ordneten nicht gefunden hat Wenn wir den dagegen geltend
gemachten Bedenken grofsenteils beipflichten mufsten — und
wir haben dies in einer befonderen Eingabe näher begründet — ,
fo id doch die Verzögerung an fich darum nicht minder zu be-
klagen. Mit der Vollendung diefes Baues, dürfen wir auch eine
flärkere Teilnahme, insbefondere unferer gewerbetreibenden
Kreife erhoffen.
Leipzig, im Juni 1890.
Der gefchäftsführende Ausfchufs des Kunflgewerbemufeums
Dr. Genfei,
Vorfitzender.
H. Scharf,
Schatzmeider.
£. A. Seemann,
Schriftführer.
Heinrich Flinfch.
Arwed Rofsbach.
Poljcbrome Kachel mit dem Wappen des FflrstbiscliofB Carl von Olmütz, 1682.
(Sammlung des Nordb^Jhm. GenerbemnseiiiDa, Reicfaenbe^.)
l
Kachelofen mit bnnten Majolikareliefs und sog. „Kunst",
angefertigt tod Hams EBAtrr aoB Tillingen e/D. 1577.
(letzt im Soalli EsDiliiBtoii-lfiiMam in London.)
Aafgenonuneii und geEeictmet von Prof. K. Etm in Karliimbe.
^
f4H»t(
•
I
•
•
I
I
I
•
•
I
I
i
Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig. I
WAFFENKUNDE.
Handbucli des Wafienwesens in seiner historisclien Bedeutung,
vom beginn c^es Mittelalters bis zuxn Ende des 18. Jahrhunderts,
von Wendelin Boeheim,
Cnstos der Waffensammlnog des östorreiclüscLen Kaiserhauses.
Das Werk, welches die obengenannte Verlagshandlung hiermit den Sammlern und Liebhabern sowohl als
auch den Freunden kulturgeschichtlicher Studien darbietet, ist auf gründlicher Fachkenntnis aufgebaut.
Interessant geschrieben una reich mit trefflichen, grösstenteils nach der Natur ausgeführten Zeichnungen
ülustrirt, dürfte die Arbeit Boeheims nicht minder zu erschöpfender Belehrung als zu anregender Unterhaltung
dienen. — Die Gliederung des Inhalts ist folgende:
Einleitung: Die Entwickelung des Waffenwesens.
I» Sclnitzwaffeii« 1. Der Helm. 2. Der Hamischkragen. 3. Das Armzeug. 4. Der Handschuh. 5. Das Bruststück.
6. Das Rückenstück. 7. Das Beinzeug. 8. Der Harnisch för den Mann in seiner Gesamtheit, ü. Der Schild.
10. Der Pferdehamisch und das Pferdezeug.
II* Die Angril&waflSen* a) Die blanken Waffen, 1. Das Schwert. 2. Das Krummschwert und der S&bel. 3. Der
Degen. 4. Der Dolch, b) Die Stamjetmaffcn, 1. Der Spiess. 2. Die Helmbarte. 3. Die Gleve und die Couse.
4. Die Runka und die Partisane. 5. Das Spetum, die Sturmgabel, die Eriegssense. 6. Stangenwaffen mit
Schiessvorrichtungen, c) Die Schlautraffcn. 1. Der Streitkolben. 2. Der Streithammer, Faust- und Reiter-
hammer 3. Die Streitaxt, d) Die Fcrnicaffeji, 1. Die Schleuder. 2. Der Bogen. 3. Die Armbrust. 4. Die
Feuerwaffen, im allgemeinen. 5. Der Gewehrlauf. Ü. Das Gewehrschloss, 7. Das Faustrohr und die Pistole.
8. Instrumente und Geräte. 9. Das Bajonett, e) Die Fahne und das FeaispicL
in. Die Tatoderwairen.
TV. Bemerkungen für Freunde und Sammler ron Waffen. 1. Die Beurteilung des Wertes und der Echtheit
der Waffen. 2. Die Aufstellung der Waffen. 3. Einige Worte über die Erhaltung der Waffen.
V. Kunst nnd Technik im Walfeuschmiedwesen,
TL Die lierYorragendsten Waffensammlnngen,
TU. Namen nnd Marken der WalTenschmiede. — Personen- und Sachregister.
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sondern überhaupt alles, was zu der Verehrung der Götter in Beziehung steht, z. B. einleitende Bemer-
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Eid, Mantik und Orakel, Mysterien, Begi*abniswesen u. s. w» Der Verfasser schreibt ausserordentlich klar
und übersichtlich. " (Evang. Kirchen- u. Schulblatfc.)
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Völker des Altertums von den Helden des homerischen Zeitalters bis zu den Legionen des römischen
Kaiserreiches. Besonders eingehend sind selbstverständlich die Griechen und Römer behandelt, doch finden
auch die Macedonier, Perser, Karthager, Kelten und Germanen Berücksichtigung. Zahlreiche gute Illustra-
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man auf der klassischen Bühne sah und hörte, charakterisirt Schauspieler, Publikum und Dichter, den Bau
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Druck von August Pries in Lelprlg.
DER KATALOG DER SAMMLUNG SPITZER.
VON JOSEF DINER.
MIT ABBILDUNGEN.
lER ERSTE Band der Publikation
I der Sammlung Spitzer liegt null
1 vor '), Es ist dies eine der gross-
I artigsten und zugleich bedeutend-
I sten Publikationen von Kunst-
I werken, die bisher erschienen sind.
Mitten in der Arbeit ist der Besitzer, unter dessen
verktbätiger Leitung auch dieser erste Band ausge-
führt wurde, abberufen. Er hatte sich mit einem
ganzen Stabe wiasenBchaftlicb, künstlerisch und tech-
nisch bedeutender Männer umgeben, um das ganze
anf sechs Bände berechnete Werk dem hochbedeu-
tenden Werte der puhlizirten Gegenstände entspre-
chend auszuftlbren.
Der erste Band enthält folgende vier Abteilungen.
Die Antiken, beschrieben und mit einer^ Ein-
leitung versehen von Froehner.
Die Elfenbeinarbeiten mit einer Einleitung
Ton Alfred Darcel.
Die kirchücben Goldschmiedearbeiten mit einer
Einleitung tod Leon Polustre.
Die Tapissenearheiten mit einer Einleitung
von Eugen MUntz.
Die Beschreibung der Gegenstände des Mittel-
alters und der Renaissance besorgte Herr Emil Mo-
linier in au^ezeichneter Weise. Nur bezQglich der
Goldschmiedearbeiten kann man einige Einwendungen
machen, denn dort scheint Herr Molinier von Herrn
Paluatre stark beeinäusst worden zu sein.
1} La Collectioa Spitzer. Tome Premier. Antiquite -~
Hojen-Age — BenaiBaance. Paris. Haison Quantiu et Libraire
Centrale des Beani-Arts 1890. In Folio. I(i9 Seiten mit zahl-
reieheu Textilllutrationen and 63 Tafeln in Heliogravüre und
Chromolithographie.
KtmatgeuBTliBblatt. N F. I.
Die technische Ausführung des Werkes ist eine
glänzende. BezUgHcb der Textillustrationen hätte
ich nnr bei den antiken Gegenständen einen Einwand
■Ca erheben, man fUhlt in denselben zu stark die Hand
des Zeichners, und zwar eine etwas harte und eckige
Hand. Meisterhaft hingegen sind die beigefügten
Tafeln, speziell jene in chromolithographischer Ans-
fUhrung. Eine so bis in die feinsten FarbennUancen
getreue Wiedergabe ist kaum anderweit zu finden.
Auch ist der bei Chromolithographien gewöhnliche,
kalte, harte Ton vermieden, so dass einzelne Tafeln
völlig den Eindruck von Aquarellen machen.
Trotzdem Spitzer sich sonst nur auf die Samm-
lung von Kunstwerken des Mittelalters und der Re-
naissance beschränkte, hat er, von der Schönheit der
Gegenstände verfiShrt, in den letzten Jahren auch
einige antike Kunstwerke in seine Sammlung auf-
genommen, und zwar: 19 Stflck tanagroische Terra-
kotten, 10 Bronzen und 3 Glasarbeiten.
Abgesehen von einigen kühnen Deutungsver-
suchen der dargestellten Szenen — die wir Herrn
Froehner übrigens als zeitgemäss gar nicht Übel-
nehmen: die gesamte moderne klassische Archäologie
scheint ja beinahe nur Heuristik zu sein — teilt uns
Herr Froehner noch zwei merkwürdige Sachen mit
Zunächst dass er nach eingehendem Studium dazu ge-
kommen sei, den griechiscben Antiquitätenhändlern
keinen Glauben zu schenken. Dieselben bezeichneten
nämlich alle von ihnen nach Paris gebrachten Terra-
kotten als in Kleinasien gefunden , was ja die grie-
chischen Händler bekanntlich bei allen Antiquitäten
thun, um das Ausfuhrverbot zu umgehen. Aber nun
ist — endlich — Herr Froehner darauf gekommen,
dass auch jene angeblich kleinasiatischen Terrakotten
r
102
DER KATALOG DER SAMMLUNG SPITZER.
ans Tanagra stammen. Ferner behauptet Herr Froebn er,
dass die Darstellangea in Terrakotta nicht, wie bis-
her gelehrt wurde, zumeist auf die monumentale
Skulptur zurückgebeo, sondern dass umgekehrt, die
monumentale Kunst ihre Motive erst bei den Terra-
kotten gefunden, welche ja viel leichter zu bearbeiten
sind, und daes sie „mit vollen Händen aus diesem
untei^eordneten Genre geschöpft habe". Den Beweis
fDr diese absonderliche Behauptung bleibt aber Herr
Froehner — natürlich — schuldig.
Die zweite Abteilung des Werkes umfasst die
Beschreibung der 171 Elfenbeinarbeiten der Samm-
lung und die TortrefSiche Einleitung zu diesem Teile
aus der Feder des gelehrten Direktors des Cluny-
Museums in Paris.
Die der Zeit nach älteste Arbeit stammt aus
Sammlungen Soltjkoff und Basilewskj, sind die rhei-
nischen Kirchen und die aas letzteren veraorgten
Museen.
Der Katalog Spitzer nennt diese Arbeiten byzan-
tinisch und bezeichnet sie als „dem 8. oder 9. Jahr-
hnnderte' ai^ehörig. Darcel nennt sie in dem Kata-
loge Basilewsky „byzantinisch aus dem 9. Jahrhun-
derte", während ein Teil der Tafeln im selben Werke
die Bezeichnung 8. Jahrhundert trägt Labarte be-
zeichnet alle diese Arbeiten als ,byzantiniBche des
10. Jahrhunderts", während Viollet le Duc vom 12.
Jahrhunderte spricht
Trotz dieser Differenz in der Zeitbestimmung
wurden aber alle diese Arbeiten bisher als in eine
Klasse gehörig betrachtet Allerdings zeichnen sich
diese Arbeiten sämtlich durch ein
Fig. t. RsliqaienkBiit«!! kqi B«ln. Itklienliclia Arbeit des S. Jabrfaanderts. HDh« m O.ISS, Urge m 0.»o.
dem fDnflen Jahrhunderte nach Christus und zeigt
die letzten Ausklänge antikheidnischen Geistes, wäh-
rend die jüngste Arbeit dem 17. Jahrhunderte ent-
.stammt und die Ausklänge der wiedererwachten An-
tike zeigt Alle Epochen und Kunstrichtungen, alle
Länder, die in der Zwischenzeit irgend etwas Bedeu-
tendes auf dem Gebiete der Elfenbeinschneidekunst
hervor gebracht haben, sind durch schone und cha-
rakteristische Exemplare vertreten, so dass dieser Teil
uns wirklich eine vollständige Geschichte dieses wich-
tigen Kunstzweiges giebt
Unter Fig. 1 geben wir ein dem Kataloge ent-
nommenes Kästchen (Spitzer pag. 31. No. 6). Das-
selbe ist aus Holz und vollständig bekleidet mit ge-
schnitzten Beinplatten.
Die Sammlung Spitzer zählt drei solche Kästchen
No. 4, 5 und 6 der Elfenbeinarbeiten. Ziemlich reich-
haltig au ähnlichen Arbeiten waren auch die
Grundzug aus. Dieselben sind durch die Antike nicht
bloss stark beeinflusst, sondern zeigen fast durch-
gängig stellenweise ein direktes Kopiren antiker rö-
mischer Szenen. Meiner Ansicht nach gehören aber
alle diese Arbeiten den Anfängen des monoklastiscben
Regimes an im 8. Jahrhunderte, und sind teib byzan-
tinischen, teils italienischen Ursprunges.
Einzelne Arbeiten, wie das Kistchen von Sens
und jenes des Darmstädter Museums, geben sich schon
durch ihre griechische Inschriften als byzantinisch.
Dieselben zeigen in ihren antiken Kompositionen
sogar noch Verwandtschaft mit den Arbeiten des
7. Jahrhunderts, aber in dem Laubomamente zeigeo
sie schon jene Motive, welche dann unter den Iko-
noklasten so glänzend entwickelt wurden, und in jenen
schönen, bekannten durchbrochenen Ornamenten der
Ikonoklasten ihren höchsten Ausdruck finden. (Cf.
Moyen Age et la Renaissance, Tome V. Dyptiqnes
DER KATALOG DER SAMMLUNG SPITZER.
PL n. uDd Labarte, Hiatoire des arte industriela.
Deuxieme ediläoQ. Tome L PL YL). Überdies ist
es auch merkwQrdig, dass während sonst die byzan-
tinische Kunst fast nur das neue Testament in ihren
Darstellungekreis zieht, wir es hier mit Scenen des
Arbeit«a fäat durchweg bloss in Bein sind ; dann zeigen
diese Arbeiten eine stilistiscb starke Yerwandtscbaft
mit den Miniaturen der karolingischen Kunst. Wir
finden dort dieselben antiken Köpfe in Profil mit der
plati^;edrtlckten Stime, wie auf dem Kästchen bei
alten Testamentes zu. thnn haben, die vollständig in Spitzer. (No. 4, Tafel II.) Ähnlich finden wir andi
römisches Gewand gehallt sind und mit römischen dort die Kostüme und die etwas plampeu, gedrückten
Beigaben, wie die Darstellung desSol und die Kampf- Körperformen. Diese Moment« verbieten uns jeden-
BEenen auf dem Kästchen
von Sens. Liegt da nicht
dieVemiutnng nahe, dass
jene schlanen byzantini-
schen Arbeiter um di^
ikonoklastische Edikt zu
umgehen, die für jeden-
&lls nicht so heilig ge-
haltenen alttestamentari-
schen Szenen wählten
und dieselben Überdies
noch durch -die antike
Einkleidung und die an-
tiken Beigaben gleichsam
pro&nirten, dem Bilder-
kreise der verbotenen
Darstellungen entzc^en?
Jedenfalls ist unter dem .
ikonoklastischen Regime
eine nene Aufnahme an-
tiker Motive und Dai^
Stellungen ziemlich ge-
wiss. Nun wnrde zu
jener Zeit eine ganze
Reihe KQnstler aus By-
lanz vertrieben und fand
in Rom gastfreundliche
Aufnahme. Jenes antikd-
airende Moment, das die-
selben aus Byzanz mit-
brachten, fand aber in
Rom noch neue Nah-
rung, sowohl in dem
noch vorhandenen an-
tiken Monumenten, wie in dem Einflüsse der Päpste
Hadrian I. und Leo IIL, und in dem bis nach
Rom hin sichtbaren Einflüsse Karls des Grossen.
Deshalb möchte ich auch jene Arbeiten dieser
Klasse, welche, wie das von uns publizirte Käst-
chen, durchaus antike DarsteUungen zeigen, als
westländische Arbeiten des 8. Jahrhunderts ansehen.
Vorerst ist es auffallend, dass während die byzan-
tinischen Arbeiten stete in £li'eubein sind, diese Art
falls, diese Arbeiten als
byzantinisch zu bezeich-
nen. Wir können diesel-
ben aber auch nicht dem
d. oder 10. Jahrhunderte
zuschreiben. Denn es ist
ja bekannt, dass die karo-
lingiache Kunst, trotzdem
sie in ihren Aniungen
stark antikisirend war,
sehr bald sich von allen
fremden, sowohl antiken
als byzantinischen Ein-
flüssen befreite und schon
am Ende des 9. Jahrhun-
derts in eine allerdings
rohe, aber originelle Ma-
nier verfiel.
In die Blütezeit der
französischen Elfenbein-
schneiderei fuhrt uns das
unter der Figur No. 2
(Spitzer. Pag. 54, No. 85)
reprod uzirtePolyptychon.
Die Arbeit des Mittel-
sttlckes ist in Rundwerk
(rond-bosse) ausgeführt
Die vier Seitenfl&gel ent-
halten achtDarstellungen
in Flachrelief. Wir finden
hier alle fOr die skulp-
turelle Kunst des 14.
Jahrhunderts so charak-
teristischen EigentQm-
lichkeiten. Die Maria hält die rechte Hüfte ganz
eingebogen und zeigt ein eigentümliches Lächeln. Die
Bew^ungen aller Personen sind hastig und ebenso
wie ihre Gesichtszüge etwas übertrieben stark mar-
kirt Die Falten der Gewänder sind zahlreich,
brüchig und sehr tief.
Ein sehr schönes Stück Renaissancearbeit zeigt
unsere Figur No, 3 (Spitzer, Pag. 71. No. 157). Es
bt eine Willkommenskanne. Der Bauch in Elfen-
15*
If
104
DER KATALOG DER SAMMLUNG SPITZER.
bein mit Schnitzerei in Hochrelief, die Fassung in
Silber vergoldet. Dai^estellt ist der Anszug der
Trojaner. Zwei junge Leute, denen Kinder voran-
gehen, tragen je einen Greis auf ihren Schultern.
Eine dieser Gruppen ist einer RalFaelschen Dar-
stellung entlehnt. (Der Brand der Burg.)
Die dritte Abteilung enthält die Beschreibung
der 185 Gegenstände, welche der kirchlichen Gold-
schmiedekunst angehören.
In der Einleitung zu diesem Teile nimmt
Palustre nochmals die
Streitfrage bezQglich
des limousiner und rhei-
nischen Emails auf Er
kommt zu dem Resul-
tate, dass die limousiner
Emailschule nicht etwa
erst im 12. Jahrhunderte
unter dem Einflüsse der
rheinischen Emailschule
entstanden sei, sondern
ebenso alt sei wie diese.
Ja er geht sogar weiter.
Wenn er es auch nicht
klar ausspricht, so lässt
er es doch vermuten,
dass die Emailkunst in
Frankreich aog&r viel
älter ist und dass auch
den AranzSsischen Mei-
stern die Erfindung des
Email- champleve zu
verdanken ist. Die Be-
weise för alle diese
Behauptungen bleibt
Herr Palustre allerdings
schuldig. Oder sollen p,g ^ Willkommk»DnB. Dar B«nch
wir vielleicht die Chau- yergoldat, NiederlSndiscliB A
vinistischen Phrasen fUr
Beweise nehmen? Hätten wir allerdings bloss eine
chauvinistische Exkursion hier vor uns, so wäre
Schweden die beste Antwort, Aber in ein so präch-
tiges Werk so viel wisseuscbaftlicbe Leichtfertig-
keit einzuschmuggeln, dafür wörde Herr Palustre
wohl verdienen, richtig auf die Finger geklopft
zu werden.
Bezöglieh die Emailleure Reginaldus, Willehnus,
Guinamandus, Garnier (wahrscheinlich Gamaut de
Trembloy gemeint) und Jean de Limoges erklärt
er kurz und bBndig: „Diese letzteren fttnf waren
trotz aller Diskussionen, die Ober sie geführt worden
sind, Angehörige der Atelien von Limoges, dessen
Bertthmtheit damals (wann?) ohne Rivalen in Eu-
ropa war."
Des weiteren erklärt er, dass die Deutschen nur
deshalb in besserer Position seien, weil in ihrem
Lande viel zahlreichere Monumente erhalten gebhe-
ben und dieselben leider auch zahlreiche Inschriften
tragen. Wenn nun wohl auch diese Thataachen fUr
das rheinländische Email sprechen, so gebe es oft
Konjekturen, welche dieselbe Beweiskraft haben wie
Thatsachen. Und nun
folgen die Konjektoren,
welche fOr die Priorität
des limousiner Emsik
.sprechen. Z. B. „Wenn
auch allerdings beute
die Monumente für die
lange Periode vom 6. bis
11. (sagen wir besser 13.)
Jahrhunderte fehlen, so
, folgt daraus noch nicht,
dass dieselben nie existirt
haben", oder „Ohne zu
' sprechen von jenen Ge-
schenken, welche Kaiser
Tiberius an Chilperich
gesendet , und unter
welchen zweifelsohne (?)
auch emaillirte Gegen-
stände waren , wissen
wir ja, dass Poitiersf?)
schon seit den Zeiten der
heiligen Radegunde ein
ausgezeichnetes kleines
Triptychon (?) besitzt (?),
ein Geschenk des Kaisers
Justinian. Also schon
vier Jahrhunderte froher
■"'""■ als Deutschland war
Aquitanien in der Lage, von einem in jeder Hinsicht
so bedeutenden Werke zu lernen."
Abgesehen von dem monströsen chronologischen
Saltomortale, welches darin steckt, von einem Ereig-
nisse des 6. Jabrhundertes auf ein solches des 10. Jahr-
hundertes zu scbliessen, wimmelt dieser Satz von
leichtfertigen Angaben. Das Stfick, wovon hier die
Rede ist, war ein lieliquor (ein Triptychon des
sechsten Jahrhunderts, das wäre eine wirkliebe Rari-
tät!), welches im Kloster Sainle^Oroix zu Poitiers bis
zum Jahre 1792 aufbewahrt wurde, seit jener Zeit
aber verschwunden ist. Eine klösterliche Tradition
DER KATALOG DEE SAMMLUNG SPITZER.
105
bezeichnete es als ein GescheDk des Kaisers Justi-
nian IL an die GemahÜB Klothars I,, die heilige
Radegunde, welche in jenem Kloster ihre letzten
Lebensjahre zubmchte. Bekannt ist uns das StQck
nur aus einer alten Zeichnong, welche yermuten
Hast, dass wir es hier mit einer Email-cIoisonoe-Ar'
beit zii thun haben. Seit Jahren arbeiten schon ver-
schiedene Forscher mit Eifer nnd Fleiaa daran, um
jenea Sprung zu erklären von der römischen Email-
technik zum byzantinischen Email-cloisonne, um
jene Lücke anszufHUen in unserem Wissen, bezQg-
lich jener 150 Jahre vom Verschwinden der alten
ihm offenbar Tollständig unbekannten Forschungen
des Herrn Dr. Tischler in Königsbei^ verweisen.
Alle der YÖlkerwanderungszeit angebörigen
Qegenstände, die mit Schmelz geziert sind, gehören
nicht der eigentlichen Emailtechnik an. Bei den-
Techaik des Email-champleve im 5. Jahrhunderte, bis
Kum historisch beglaubigten Email- cloisonn^ — wo-
f&r ja bisher als ältestes Beispiel die Krone von
MoDza gilt — im 7. Jahrhunderte, Aber för Falustre
besteht diese Lücke nicht, denn nach ihm war ja
schon im 6. Jahrhunderte unter Justinian II. und
TiberioB die Emailkunst, oder Email-champleve gilt
ihm gleich, in Bjzanz xweifelsohne in höchster Blüte.
Diesbezfiglicb möchte ich Herrn Palustre auf die
selben ist nicht der Glaaäuse in die Zellen einge-
schmolzen, sondern er ist separat fabrizirt und nach-
träglich in schon fertigem Zustande in die Zellen
eingekittet. Die richtige Bezeichnung für diese Tech-
nik ist „verroterie cloisonnee". Bei einem im vorigen
Jahre in Scilagy-Somlö gemachten grossen Goldfunde
a\is dem Ende des 5. Jahrhuuders, der sich jetzt im
ungarischen Nationalmuseum befindet, glaubte man
allerdings echtes warmes Email-cloisonne gefunden
106
DER KATALOG DER SAMMLUNG SPITZER.
zu haben. Eine Daclitr^liche genaue Untersuchung
ergab aber — wie ich mich durch die Liebens-
würdigkeit des Herrn Direktors Franz von Pulszkv
persönlich überzeugen konnte — daes wir auch hier
nur verroterie doisonn^ haben. So schien denn
jede Spur von £matlt«chnik sich im 5. Jahrhunderte
zu verlieren, bis es Herrn Dr. Tischler gelungen
ist, eine Reibe von warm emaillirten Gegenständen
nachzuweisen, die dem 6. Jahrhunderte angehören.
Dieselben sind von ihm
zusammengestdlt und be-
sprochen in dem ,3erichte
über die gemeinsame Ver-
sammlung der Deutschen
und der Wiener anthropo-
logischen Gesellschaft in
Wien 1889. (Separatabdruck
aus dem Bande XIX der
Mitteilungen der Anthro-
polc^scben Gesellschaft in
Wien. Wien, Holder 1889
pag. 164.) Es sind das eine
Reihe von Schildohrringen
und Zierscheibeu, die durch-
wegs von österreichiecheQ
Fundorten stammen. Diese
Stücke zeigen neben echtem
wannen Email-champleve
auch £mail-cloisonn4. Nnr
dass die Zellen hier durch
dünne eingelötete Bronze-
streifen gebildet sind. Alle
diese allerdings nicht zahl-
reichen Gegenstände weisen
in ihrem Habitus — wie
Herr Dr. Tischler richtig
bemerkt — auf den Osten,
vielleicht sogar nach Asien. ,
Und von hier wird man
wahrscheinlich auch aus-
gehen müssen, um die Ein-
führung der Emailtecbnik in Byzanz aufzuklären.
Labarte publizirt in der ersten Ausgabe seiner
Hiatoire. des arts industriels, Album Tome II, Planche
CVI aus euer Serie von 10 emaillirten Zierschei-
ben zwei Stücke. Dieselben erscheinen ihm aller-
dings sehr rätaelhaft und findet er sehr viel Orien-
talisches darin, aber als Arbeiten in Email-cbampleve
schreibt er sie dennoch der rheinischen Kunst zu.
Diese Scheiben ähneln sehr einer von Tischler (1. c.)
erwähnten Zierscheibe, die sich im österreichischen
Museum f. Kunst und Industrie befindet (No. 2777)
woselbst sie als siciliani&ch- maurische Arbeit des
12. Jahrbundertes galt, bis Tischler dieselbe als dem
6. Jahrhundert ai^ehörig erkannte. Die Labarteachen
Zierscheiben dürften vermutlich derselben Serie an-
gehören.
Abgesehen von dieser mehr lächerlichen ab
bedauerlichen Einleitung des Herrn Palustre, finde
ich auch an der sonst ausgezeichneten Beschreibung
zwei Sachen zu rügen.
Zunächst sind eine ganze
Reihe von unbestreitbar
rheinischen £mailarbeiten
— offenbar nur aus Patrio-
tismus — als limousiner
Arbeiten bezeichnet. So-
dann ist durchaus nicht
genügende Aufmerksamkeit
auf die GoldBcbmiedemar-
keo verwendet.
Bei dieser Ausstattung
hätten doch wohl Faksl*
miles aller Marken gegeben
werden müssen. Die blosse
Erwähnung einer Marke
oder auch die Erwähnung
der vorkommenden Buch-
staben ist keinesfalls ge-
□t^end. Es wären dann
auch Irrtümer unmöglich
gewesen, wie der hei dem
Kelche No. 92 der Samm-
lung wo die Marke SVL
(Solmona) ist.
In folgendem reprodu-
zirenwir noch vier au^e-
zeichnet schöne Arbeiten
der Sammlimg.
Fig. a. Pu. Der Rahmen «nj Knpfer vetgoldBt. Die iiue» Tatel J!lg-4töpitzer, pag. 11
Bowis die OmameDte in Süber gelriebeii. Itelienieohe Arbeit des No. 37) zeigt uns einen fran-
le. JalubondertB. Hübe m 0,S3«. Breite m D,tM.
zösischen Leuchter des 13
Jahrhunderts. Derselbe ist aus Bronze grossen und
vergoldet. Die Ornamente, zum grössten Teile durch-
brochen gearbeitet, sind aufgelötet. Der Fuas be-
steht aus drei muschelartigen FlQgeln, au welche
die drei den Leuchter tr^enden Tierkralleu ange-
lötet sind.
Fig. 5 (Spitzer, pag. 148, No. 175) zeigt uns ein
seht schönes Beispiel portugiesischer Goldsobmiede-
arbeit. Es ist ein Reliquarium aus Silber getrieben,
zum Teile vergoldet und tr^^ auf dem Fusse die
DECKCHEN.
Tenetiuifabc Btlckerai.
Uati-r LeUsor von O. Hlklbavh «atw. nta E. Klbni-.
HtffawPrbeblUI. K. V. I. Lith. AnaL r. J. U. Fritivke, Leipilit.
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DER KATALOG DER SAMMLUNG SPITZER.
107
Inschrift: ESTA OBRA DIO AESTA IGLESA EL
MI MAQECO 83 CO^. Ä DE BARia ANO 1558,
Ohne die Inschrift würden wir dieses Stock
sicherlich fOr eine italienische Arbeit erklären, und
offenbar bat sich ähnlich wie in Spanien (cf. Devil-
her, Recherches sar rOrföverie en Espagne pag. 62
u. a. O.), auch in Portugal der Renaiseancegeschmack
Arbeiten des 15. Jahrhunderts, und ein Meisterstück
aus der Epoche Ludwig XLV. Beeonderea Interesse
erregen die flämischen Arbeiten des 15. Jahrhunderts.
Es sind sechs kleine Tapeten fast nur in Seide, Sil-
ber und Gold gewebt. Wir sehen da eine glück-
liche Verschmelzung der R«iiai3sance mit den goti-
schen Traditionen. Die dem Bilderkreise des neuen
unter der ausachliesslichen Einwirkung italienischer Testamente entnommenen Kompositionen sind hSchst
Künstler entwickelt. Einen eigentümlichen, nicht-
italienischen Charakter tr^ nur die auf dem Deckel
angebrachte Ghristusstatuette. In der Linken trägt
Christus die von einem Kreuze Überragte Weltkugel,
die Rechte hält er segnend empor, bekleidet ist er
mit einem langen faltigen Gewände und einem breit-
krämpigen Hute.
Figur 6 (Spitzer, pag. 146
No. 167) zeigt uns eine sehr schöne
italienische Pax des 16. Jahrhun-
derts. Der Rahmen der inneren
Tafel ist aus vergoldetem Kupfer.
Nur die Basis, der Fries und
Giebel aind mit getriebenen Silber-
platten belegt. Die Inschrift am
Fries ist niellirt Die innere Platte
ist in Süber getrieben, mit der
Darstellung der Kreuzigung, nach
emer in mehreren Exemplaren be-
kannten Bronzeplaquette von Mo>
demo (cf. Molinier, Les Plaquettes.
Tome I, No. 171 und Bode, Be-
schreibung der Bildwerke der christ-
Uchen Epoche No. 741).
Fig.7(Spitzer,p^.l5lNo.l85) prg. b. K&paei rar
einfach, und wirken mehr durch die ausserordentliche
Farbenharmonie, die in ihnen herrscht, und worin
sie wirklich an die Schule der Venetianer erinnern.
Beim Betrachten dieser Tapeten, moss man sich
unwillkürlich an die Lehren der Stiltheoretiker er-
innern, daes ee wider alle Regeln der Kunst sei,
wenn die Tapisserie Gemälde hei^
vorbringen wolle, mit der Ölmalerei
konknrriren wolle. Die Tapisserie
dürfe nur Flächendekorationen er-
zeugen. Hier in diesen Tapeten
aber haben wir wirkliche gewebte
. Gemälde vor uns, welche diese
Theorie Lügen strafen. Denn diese
Gemälde können sich den Bildern
der besten Künstler jener Zeit wür-
dig an die Seite stellen. Diese
Tapeten entstammen wahrscheinlich
den Brüsseler Ateliers, denn Arras,
welchem dieselben früher zuge-
schrieben wurden, ist ja seit 1477
kaum mehr in Betracht zu ziehen
(cf. Die Geschichte der Tapisserie
von Dalloz).
fl AeiiM-Dei.Mea«i!le. Durchaus den Charakter der deut-
zeigt die Kapsel für eine Affnus *■'" S'"'" »«rgotdat und mit tranBiucidem gcten Kunst des 16. Jahrhunderts
n ■ ** j -11 -P ■ 1 ■ J 1. L ^'°'" e*8=hmllckt. Deatache Arbeit de« 18. .
Uei-Medaüle. JLs ist eme deutsche jahrhundorta. Darehmeaser m o.Ma. Zeigt die wunderbare lapete, welche
Arbeit des 16. Jahrhunderts in ver-
goldetem Silber, geschmückt mit Email-Translucide.
Die Figuren der Kreuzigungsscene sind in vergol-
detem Süber und heben sich von einem blau email-
lirten Grund ab, während das durchbrochen ge-
arbeitete Laubgewinde ringsherum sich von einem
grün emaillirten Grunde abhebt. Die Rückseite ist
ähnlich mit der Darstellung des mystischen Lammes
in ähnlicher Technik.
Die vierte Abteilung enthält die Beschreibung
der 23 Tapeten der Sammlung. Es sind durchwegs
die Geschichte der wunderthätigen
Statue von Notre-Dame de Sablon darstellt und welche
die Inschrift trägt: I^fregiua Franciscus de Taxis
pie memorie posterum mt^ter hoc fieri fecit 1518.
Wenn auch die Tapete selbst wahrscheinlich in
Brüssel gewebt wurde, so stammen die Kartons doch
sicherlich von einem der deutschen Schule angehörigen
Künstler.
Ganz besonders hervorheben muss ich bei dieser
Abteilung die beigefügten sieben chromolithographi-
schen Tafeln, die als eine tadellose Wiedei^abe der
Prachtstücke allerersten Ranges, und zwar: flämische Originale für Studienzwecke dieselben vollständig
Arbeiten des 15. und 16. Jahrhunderts, italienische ersetzen.
KLEINE MITTEILUNGEN.
R(L — Von Qtiantins ,fBibliothrqNe de V ensHgnement
des bemix aria" liegen wiederum zwei Bände in gewohnter
Ausstattung und Preis (4,50 geb.) vor. Dieselben behandeln
Heraldik (l'art heraldique par H. Gourdon de Genouillac] und
die Siegelkunde (les sceaux par Lecoy de la Marche). Für
die erstere Kunst besitzen wir in Deutschland ausgezeichnete
Hilfsbücher, die auch in den Händen fast aller Künstler und
Handwerker sind, welche, wie Glasmaler, Graveure, Buch-
maler u. a., häufig mit Wappen zu thun haben. Das vor-
liegende Buch behandelt fast nur französische Wappen resp.
Wappenkunst, in einem kurzen Kapitel werden die übrigen
Länder abgemacht. Von Deutschland weiss der Verfasser
gar nichts, nicht einmal Siebmacher kennt er. Deshalb kann
das Buch für uns nur in Betracht kommen, wenn es sich
um französische Heraldik handelt und wird dann gewiss mit
Nutzen zu Rate gezogen werden. Ein Buch über Siegel fehlt
dagegen unseres Wissens in der deutschen Litteratur. Auch
das Qnantinsche ist f&r Frankreich geschrieben, enthält aber
viel Lesbares und Nützliches auch für Deutsche. Es ver-
breitet sich über die Entstehung der Siegel, ihren Gebrauch,
Herstellung und Entwicklung : zahlreiche zum Teil recht gute
Abbildungen erläutern den Text. Eine deutsche Bearbeitung,
womöglich durch einen Historiker und Graveur im Verein
würde in deutschen Archiven und Sammlungen ein über-
reiches Material an Originalabdrücken und Stempeln finden,
welches wohl gehoben und der heutigen Gravirkunst dienst-
bar gemacht zu werden verdiente.
Köln. Am 30. Juni a. c. hielt der Kölnische Kwist-
getcerhercroin seine zweite Hauptversammlung ab. Der Vor-
sitzende, Baurat Pflaume, hiess zunächst die Anwesenden
willkommen, sprach aber zugleich sein Bedauern aus, dass
die Zahl derselben nur gering sei. Direktor Pabst vom Kunst-
gewerbemuseum erstattete sodann den Jahresbericht Er be-
tonte, dass die Thätigkeit des Vereins nach aussen wenig
bemerkbar, doch von grosser Bedeutung für das Kunst-
gewerbemuseum gewesen sei. Durch die Fürsorge der städt.
Verwaltung, welche die Errichtung der Bibliothek aus siAdt.
Stiftungsmitteln selbst in die Hand genommen hätte, habe
der Verein seine Kräfte ausschliesslich der Vermehrung der
Sammlungen zuwenden können. Aus Vereinsmitteln wurden
im vergangenen Jahr fOr 18000 M. etwa 560 Gegenstände ange-
kauft, welche namentlich den Gruppen Schmiedeeisen, Buch-
einbände, Sto£Pe, Stickerei, Porzellan und Bronze zugute
kommen. Neu eingerichtet wurde die Gruppe Posamentir-
arbeiten. Leider sei zu bedauern, dass die Räume so unzu-
reichend wären, dass zahlreiche Gegenstände nicht ausgestellt
werden könnten. Es wäre zu wünschen, dass durch die be-
absichtigte Räumung der Domschule dem Raummangel bald
abgeholfen werde. Lebhafte Unterstützung fand der Verein
durch das kgl. Kunstgewerbemuseum zu Berlin, durch die
Herren Geheimrat Lüders, Bode, Direktor Lessing in Berlin,
Hermeling und Bourgeois in Köln. Redner empfahl zum
Schluss den Beitritt neuer Mitglieder. Herrn Direktor Pabst
wurde nach Erstattung des Rechnungsberichts, der in Ein-
nahme und Ausgabe mit 19 880 M. abschlicsst, Entlastung
erteilt. Die aus dem Vorstand ausscheidenden Mitglieder
Direktor Romberg, Frhr. v. Oppenheim. Berghausen und
Schultz wurden durch Zuruf wiedergewählt.
— Qrax, Der siebente Thätigkeitsbericht des Museums-
vereins „Joanneum" berichtet zunächst über das Hauptergeb-
nis des verflossenen Jahres, die Bewilligung von 284126 Fl.
ftlr die Musealbauten durch den Landtag. Von dieser Summe
wird der Betrag von rund 250000 Fl. für den Bau eines
neuen Museums in Verwendung kommen. Mit Befriedigung
kann der Verein, der sich lange Zeit allein für die Notwen-
keit eines Landesmuseums und für die Verwendung von
Landesmitteln für dasselbe eingesetzt hat, auf dieses Resultat
seiner Bemühungen hinweisen. Nachdem seine reorgamsa-
torischen Anregungen im neuen organischen Statut des
Landesmuseums Joanneum die | Sanktion des Landtages er-
halten haben, ist nun auch die Sicherheit gegeben, dass die
in diesen Satzungen ausgesprochenen Gedanken und Ten-
denzen in dem Neubaue wirklich ins Leben treten und ihre
segensreiche Wirkung auf Kunst und Kunsthandwerk des
Landes ausüben werden. Es wurde in der Generalversamm-
lung der Antrag genehmigt, dass die von dem Vereine ge-
sammelten Objekte von nun an aus den Depots der einzelnen
Sammlungen dem Landesmuseum als Eigentum übergeben
werden sollen und zwar in der Reihenfolge, in welcher die
Abteilungen des Landesnmseums gemäss dem neuen organi-
schen Statut in den, sei es neu gebauten, sei es umgestalteten
Räumlichkeiten endgültig zur Aufstellung gelangen. An
diese Übergabe wurde keine andere Bedingung geknüpft, als
die, dass sowohl in den Liventaren des Landesmuseums, als
auf der Etikette bei jedem übergebenen Gegenstande die Be-
zeichnung: „Vom steiermärkischen Landesmuseumsvereine"
ersichtlich gemacht werde. Über den auch diesmal sehr nam-
haften Zuwachs der Sammlungen giebt die beigefügte Liste
Auskunft. Hier besonders hervorzuheben sind eine von dem
Vereine gewidmete schöne vollständige Rokokozimmervertäfe-
lung, ein Tischtuch mit reichen Seidenstickereien, sowie eine
Sammlung von Steinwaffen aus der Umgebung von Friedau.
Ausser den Geschenken wurde wiederum eine grosse Anzahl
Objekte dem Verein unter Wahrung des Eigentumsrechtes
zur Ausstellung überlassen. Die Zahl der Mitglieder beträgt
57, der Förderer 14, der Gründer 14.
z — Der sog. Danienkursits der mit dem Kunstgetrerbe-
miiscitm XU Leipzig verbundenen kunstgewerblichen Zeichen-
schule hat unter der Leitung des Architekten G. Mühlbach
einen sehr erfreulichen Aufschwung genommen. Die be-
gabteren jungen Mädchen entwickeln eine irische Erfindungs-
gabe, bei der ihnen mustergültige V^orbilder älterer Zeit als
Anhalt dienen. Auch die freie Übersetzung von Motiven
aus einer Technik in die andere gelingt ihnen unter der
guten pädagogischen Fühnmg des Lehrers nicht selten in
ansprechender Weise. Die letzte Ausstellung dieser kunst-
gewerblichen Er^iehungsresultate giebt uns Anlass, einige
Entwürfe selbständiger Erfindung den Lesern d. Bl. mitzu-
teilen, eine irische Spitze entworfen von Fräulein Marif
Werner und eine Stickerei in venetianischer Art von Fräu-
lein E. Kühne,
mm^smimmmmmmm^m
Von der Verlagshandlung von E. A. Seemann sind
Lehrmodelle
für den Anfangsunterricht im Freihandzeichnen.
(Im Anschluss an die Lachnerschen Lehrhefte.)
Modelle für Möbeltischler: 1
, Gruppe: 6 geometrische Körper (Blatt l der ' i. Gi
Lehrhefte).
„ öSäulenfiisse und 6 Profile (Blatt 2), 2.
„ 9 Gehrungen (Blatt 3). 3.
„ 4 Simsbckrönungen;
■ „ 4 Möbel- und 4 Säulenfiisse, 2 4.
Füllungen. S-
„ 3 Stützen und 2 Konsolen,
Der Preis eines vollständigen Satzes dieser ;
^ 46 Modelle ist 115 Mark. , 36 Modelle ist 90 Mark.
Die Vorzüg^e dieser Modelle
Modelle für Schlosser: j
ppe: 6 geometrische Körper (Blatt l der s
Lehrheftel. |
Hohlkörper, 5 Stück (Blatt 2). |
„ Blechvoluten, Drahtspiralen, 4Stück fl
(Blatt 3). t
„ Beschlagteile, 13 St ;Blatt 4). ?
„ Kastenschloss und Thürschloss, J|
2 Stück (Blatt 5). |
Rosetten, 6 Stück (Blatt 6). |
Der Preis eines vollständigen Satzes dieser |
/. in der -vortreiniclien Aj^beit, die If^rxnsobÖnlielt mit sorg/äliigsur t
QeH&XliffKoit verbindet, (^talenal: Eichen- und Buchenholz mit kie/erner Unlerfütterung) ; %
2. in der "S^OlllfoHllOitt 'vorüber vorsiehende Preisangaben belehren; M
^ 3. in der tadellosen Teclmilc, weiche in den stchtbaren Solxnittil&clien |
T& den Schüler auf die Art der Zusammensetzung verschiedener Hölzer hinweist. g
^ Die Grösse der einzelnen Modelle ist so gewählt, dass sie in der Zeichnung unverkürzt «
Qj wiedergegeben werden können.
»»?>^>:»>;>?»>.>>j>:»»> r»
Verlag der Gesellschaft für vervielfaltigeiide Kunst in Wien.
<«c:<c«<-:<«cc<c^
Ausser
gültige
ie vervielfältigende -^t:?^*^
•^^>^ Kunst der Gegenwart.
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Von Band II
Der Kupferstich
welcher im Erscheinen begriffen ist, sind bisher G Hefte ausgegeben
worden.
[23:
.^>»)»>:>:>:>:> :>»:>:»>: ' :::i * cc«cccx:c<c<c:<:c:c:c:c:<.
' Yerlüg des Lilterarlücheu Jahresbericht k
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Soeben erscliien:
Bilderatlas zum
HOH2R
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I- I 11-
20TafelnimdText I IGTaleln und Text
cart. M. 2.—. 1 cart. M. 2.—.
Beide Teile cart IM. 3.60, geb. Pü. 4.—.
Bilderatlas
zu den Metamorplioseii des
herausgegeben von Dr. B. Engelmanm.
; 26 Tafeln mit 13 Selten Text QuerfoUo.
j Kart. 2 H. 60 Pf. Geh. 8 M. 20 Pf.
! Von der Anschauung ausgehend, dass
der Geist der Antike nicht nur in deu
Schriftquellen, sondern auch und zwar Vor-
nehmlich in den erhaltenen Kaustdenk«
raälem der Alten zu suchen sei, hat der
Herausgeber eine Zusammenstellung der
wichtigsten Darstellungen homerischer umi
ovidischer JScenen uuteniommen. Er hofft
damit allen Freunden der klassischen Ge-
dichte einen Dienst zu erweisen. Insbe-
sondere soll der Atlas der Jugend zu gute
kommen, deren Phantasie bei dem trockneu
Formalismus der Grammatik und Syntax
nicht selten Mangel leidet. Weit entfernt
davon, das Interesse vom Stoffe Abzuziehen,
werden diese klassischen Illustrationen
gerade den Schüler auf die Grösse des In-
haltes der Dichtungen hinführen, seine Auf-
merksamkeit für den Gegenstand immer
aufs neue anregen und seine Begeisterung
früher zu wecken im Stande sein, als dies
erfahrungsgemäss ohne die Heranziehung
der Denkmäler der Fall zu sein pflegt.
I
Neuer Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig.
Die Tracht der Kulturyölker Europas
vom Zeitalter Homers bis zum Beginne des 19. Jahrhunderts'
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Druck von August Pries in Leipzig.
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BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER KUNSTTÖPFEREI.
XL FüTBtenbergeF Foraellonfiguren im Herzogllolien Husenm bu Brannaohweig.
VON Dr. CHR. SCHEBKR.
MIT ABBILDUNGEN.
NTER den kunstgewerbücheD Samm-
lungen des herzoglichen Museums
zu Brannscbweig ist eine der um-
fangreichsten diejenige der Porzel-
lane. Zwar sind das orientalische
Porzellan und die bekannteren
enro|räischen Fabriken nur teilweise und, wenn man
abaiebt von der ebenso lehrreichen wie verhältnis-
mässig grossen Sammlung roten Böttgerschen Yer-
suchspor Zell ans, in nur wenigen Stücken vertreten,
allein zum Ersatz hierfür sind die Erzeugnisse der
Landeflfabrik Fürstenbeig in einer Vollständigkeit
vorhanden, die empfindliche Lücken nicht aufzu-
weisen hat und daher wohl imstande ist, uns ein
ziemlich getreues Bild von dem künsÜeriscben Ent-
wicklnngsgange dieser Fabrik zu bieten. Indem ich
mir vorbehalte, diesen letzteren zum Gegenstand
einer selbständigen Untersuchung zu machen, möchte
ich an dieser Stelle die Aufmerksamkeit der Leser
auf einige Figttrcben FQrstenberger Fabrikats lenken,
die mir unter der grossen Menge von Einzelfiguren
und Oruppen, welche das herzogliche Museum be-
sitzt, in mehrfacher Hinsicht besondere Beachtung
zu verdienen scheinen.
Die 0,151 m hohe Figur, welche ich zunächst be-
sprechen machte, gelangte im Jahre 18S2 zusammen
mit einer grösseren Zahl anderer Kunstgegenstände
im Tausch gegen einen Kunstscbrank aus dem Be-
sitz der damaligen deutseben Kronprinzessin in das
heizt^liche Museum und stellt eine Kleopatra dar
(Abb. 1), welche völlig nackt dasteht im Begriffe, die
totbringende Natter sich an die rechte Brust zu legen.
Der linke B\iss ist seitwärts zurGckgesetzt und be-
rührt mit seiner Spitze einen am Boden liegenden,
viereckigen Marmoratein; Kopf und Oberkörper folgen
Kanitgawerbsblfttt. N. F. I.
der seitlichen Keigung dieses Beines, so dass die
Figur eine etwas unsichere Stellung hat und, zumal
wenn man sie von vom betrachtet, den Eindruck
macht, als ob sie zur Seite fallen wollte. Hinter ihr
steht aufeinemweit ausladenden, kühngeschwungenen
Postament eine Yase mit zwei hohen, hasalichen Yer-
tikalhenkeln , deren einer jedoch abgebrochen ist.
Dies ist die einzige Yerletzung an dem sonst unver-
sehrt erhaltenen FigUrcheu.
Der feinen und reichen Modellirung entspricht
die zarte und durchsichtige Farbengebung. Das
Fleisch ist leicht getont, fast weiss und nur an den
Wangen, Händen, Füssen und einigen bervorsteben-
den Teilen mit einem zarten Rosa fiberhaucht. Die
Augen sind blaugrau, die von einem lichtgrünen
Band durchzogenen Haare graubraun, die Ornamente
an den vier Seiten des Postaments, deren Umrah-
mungen sowie die Henkel und Verzierungen der
Yase golden; die Natter ist grau, der den Erdboden
nachahmende Sockel hellbraun.
Bildnerei und Malerei haben hier vereint ein
reizendes Werk hervoigebracht^ das sieb vielen ähn-
lichen Meissener und Höchster Fabrikaten würdig
an die Seite stellen kann, wenn man es auch nicht
gerade mit den Schöpfungen eines Kendler oder
Melchior vei^leichen darf. Denn dazu fehlt ihm in
erster Linie das, was die Werke jener Meister in so
hervorragendem Masse besitzen: die Originalität.
Diese Kleopatra ist keine selbständ^e Schöpfung,
keine eigene Erfindung des uns unbekannten Mo-
delleurs, sie ist vielmehr, wie sich genau nachweisen
läset, die unmittelbare Nachbildung eines älteren
Werkes, welche dem Material und der neuen Technik
zuliebe gewisse unbedeutende Veränderungen er-
fahren hat.
110
BEITEÄGK ZUR GESCHICHTE DER KUNSTTÖPFEREI.
In der an kostbaren und interessanten StDckea
reichen ElfenbeinBammlung des herzoglichenMusenms
befindet eich nämlich unter No.567 die U,15S hohe Figur
einer Kleopatra (Abb. 2.), welche, wie schon eine ober-
flächliche Vei^leichung lehrt, das Vorbild fßr unser
Ftirstenberger FigQrchen gewesen ist. Die Überein-
stimmung beider Werke, selbst in Kleinigkeiten, ist
so Überraschend, dass die Abhängigkeit des einen
von dem andern Oberhaupt nicht in Zweifel gezogen
werden kann. Es wird daher genögen, die kleinen
Abweichungen kurz hervorzuheben, die, wie schon
geattgt, durch Material und Technik veranlasst sind.
Im Gegensatz zu der oben erwähnten unsicheren
Stellung der Forzellanetatnette steht die Elfenbein-
wShrend die Elfenbeinstatuett« frei und in sich selbst
gefestigt dasteht, die Porzellanfigur der Stütze be-
darf, welche ihr dadurch gegeben ist, dass sie mit
mehreren Stellen des Körpers an dem die Vase
tragenden Sockel haftet, ja geradezu klebt.
Alle diese Mängel werden erst durch eine Ver-
gleich'ing beider Werke genauer sichtbar, während
man sie leicht fibersehen kann, wenn man die Por-
zellanfigur fßr sich allein betrachtet. Sie beweisen
aber auch, dass die letztere der Elfenbeinstatuette
und nicht umgekehrt diese der Porzellanfigur nach-
gebildet ist, was Qbrigens schon aus der Thatsache
herroigebt, dass die Elfenbeinsammlnng des herzog-
lichen Museums in ihrem jetzigen Bestände nach-
Tjjij^f
Flg. 1. Kleopatra (PorzellaD).
Fig. 1 (ElTenbein).
KiE. 3
m (Panel [an).
figur fest und hochaufgerichtet da. Den Kopf mit
dem etwas schmerzlichen Ausdruck leicht seitwärt«
in die Höhe gerichtet, den rechten Fuss fest auf den
Boden aufgesetzt, den linken spielend zurückgestellt,
so tritt uns diese Kleopatra entgegen, graziös und
anmutig bewegt und doch zugleich in stolzer, ja
königlicher Haltung, so dass man auch ohne das
Diadem in dieser Frau sofort eine Königin erkennt.
Diesen Charakter hat die Figur bei ihrer Über-
tragung in das Porzellan eingebfisst. Die stolz auf-
gerichtete Gestalt mit ihren schön geschwungenen
Umrissen erscheint hier infolge des Brandes, durch
welchen sie sich stark geworfen hat, gekrOmmt und
Terschoben, Sämtliche Verhältnisse, die dort schlank
und ebenmässig waren, zeigen sich hier gedrückt
und unproportionirt; dazu kommt dann noch, dass,
weislich schon im Anfange des vorigen Jahrhunderts
vorhanden war, während die Porzellanfigur nicht vor
dem Jahre 17^3, wo das erste weisse Porzellan in
Fürstenberg heigeatellt wurde, entstanden sein kann.
Wer die Figur modellirte, wiaaen wir nicht, und
es wäre massig, sie mit den Namen von bekannten
Bildhauern, wie Feilner, Rombrick, Möller, Schubert,
Leplan, Desoches u. a., in Verbindung bringen zu
wollen, welche, wie feststeht, ftlr Fürstenberg thätig
waren und namentlich in den 70 er und 80 er Jahren
des vorigen Jahrhunderts Modelle fUr die dortige
Fabrik lieferten. ')
1] Dies geht aus den beiden alten Fonnenbüchem hervor,
die ich bei einem kürzlich abgestalteten Besuche in Fürstenberg
einsehen konnte. Eineindenxelben.jedochohnedenNamendes
Modelleurs erwähnte Kleopatia dflrfte woU die unsrige sein.
f
BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER KUNSTTÖPFEREI.
111
Gleichfalls von unbekannter Hand ist das
zweite Figürchen (Abb. 3), das erst vor kurzem
erworben wurde, nachdem es schon seit längerer
Zeit in einem schlicht weissen Exemplare, einem
modernen Abguss aus der alten Form, in der Por-
zellansammlung des herzoglichen Museums vorhan-
den war. Es stellt eine Venus oder Seegöttin dar,
welche in anmutig bewegter Haltung soeben dem
Bade entsteigt, in der Linken einen Seekrebs, in der
gesenkten Rechten das Ende eines Gewandes hal-
tend, das vom linken Unterarme nach hinten in
schweren Falten auf einen Delphin hemiederfallt,
wobei sich ein Zipfel in unschöner "V^eise über den
Oberschenkel des zurückgesetzten linken Beines legt
und die Schampartie züchtig, aber wenig geschmack-
voll verhüllt. Die Blicke der Göttin sind gesenkt
und ruhen lächelnd auf dem Siebs, der mit seinen
Scheren ihren Arm umspannt hat. Es ist ein an-
mutiges, mythologisches Genrebild, das wir vor uns
haben, durchweht von dem Geist der Zeit und der
Kunst, die es geschaffen und in der Zartheit und
Durchsichtigkeit seiner Farbengebung voll Reiz und
Schonheii Zwar entbehrt das Werk im ganzen
jener sorgfaltigen Modellirung, welche die Statuette
der Eleopatra auszeichnete, und erscheint in manchen
Teilen verschwommen und wenig scharf, dagegen ist
der Brand untadelhaft gelungen und die dort gerüg-
ten technischen Mängel sind hier nicht wahrnehmbar.
Allein auch diese Figur ist keine Original-
schöpfung in dem Sinne, dass sie eine neue und
selbständige Idee in sich verkörperte, auch sie ist
vielmehr nichts weiter als die im vorliegenden Falle
geradezu sklavisch getreue Nachbildung eines älteren
Vorbildes. Dieses besitzt das herzogliche Museum
in einer Bronzefigur von vermutlich italienischer
Herkimft. Bis auf die Grösse — die Bronze ist
0,260, die Porzellanfigur 0,170 hoch — stimmen
beide Werke im Ganzen und im Einzelnen so völlig
genau überein, dass hier noch weniger wie bei der
Eleopatra ein Zweifel an der Abhängigkeit des einen
von dem andern bestehen kann. Es ist sicher, der
Bildhauer, welcher die Fürstenberger Figur model-
lirte, muss die wundervolle Bronze des unbekann-
ten italienischen Meisters gekannt und als Vorbild
benutzt haben; denn nur auf diese Weise lässt sich
diese völlige Übereinstimmng beider Werke genügend
erklären. Den inneren Charakter des Originalwerkes
freilich konnte er seiner Nachbildung nicht ver-
leihen; dazu stand er offenbar zu sehr im Banne der
Kunst seiner Zeit, und so sehen wir denn, wie aus
der hoheitsvollen, fast^herben und noch vom^ Geist
der klassischen Renaissance durchwehten Schönheit
unter der bildenden Hand des Rokokoplastikers ein
anmutig zierliches und kokett bewegtet Figürchen
ward, dem der Stempel der Kunst seiner Zeit deut-
lich aufgeprägt isi
Die Sammlung der Bronzen des herzoglichen
Museums scheint den Modelleuren der Fürstenberger
Fabrik noch fClr manche andere Arbeit Vorbilder
bezw.' Anregung gegeben zu haben. So dürfte z. B.
fOr eine in Biskuit ausgeführte Reiterstatuette des
Mark Aurel, eine Nachbildung der bekannten antiken
Statue auf dem Kapitol in Rom, die mit No. 35
(S. 258) im „Führer* bezeichnete Bronze vorbildlich
gewirkt haben, wenn auch freüich in diesem FaUe
nicht ausgeschlossen ist, dass die eine oder andere
der vielen sonstigen Nachbildungen dieser Statue
das Modell für die Porzellanstatuette geliefert hat.
Grössere Wahrscheinlichkeit möchte jedoch die An-
nahme haben, dass die drei kleinen, nur 0,105 hohen
Biskuitbüsten des Homer, Euripides und sog. Arat
nach den in der Antikensammlung aufgestellten
lebensgrossen Erzbüsten modellirt sind, welche aus
dem Besitze des 1689 verstorbenen Gelehrten Gudius
für die Bibliothek zu Wolfenbüttel durch Leibniz
erworben, moderne Nachbildungen antiker Marmor-
büsten sind, die zur Farnesischen Sammlung in
Rom gehörten und sich jetzt in Neapel befinden. *)
Vom Kopfe des Homer wenigstens ist noch jetzt,
wie ich mich persönlich überzeugen konnte, die alte
Form, welche unmittelbar von der Bronzebüste ge-
nommen zu sein scheint, in Fürstenberg vorhanden^
und es ist zu erwarten, dass sich auch die Formen
der übrigen Büsten bei sorgfältigem Suchen ^ was
mir bis jetzt leider nicht möglich war, noch vor-
finden werden.
Es kann überhaupt mit Bestimmtheit angenom-
men werden, dass die Zahl der Beispiele von Nach-
bildungen älterer Werke durch die Fürstenberger
Modelleure sich im Laufe der Zeit wesentlich wird
vergrössern lassen. Allein es erschien schon jetzt
am Platze, die bis jetzt bekannten hier kurz zu-
sammenzustellen, nachdem vor einiger Zeit J. Lessing
die Arbeitsweise der Porzellanmodelleure und die
Entstehung ihrer Modelle zum Gegenstand einer ein-
gehenden und interessanten Untersuchung gemacht
hatte. ^) Ein bescheidener Beitrag zu diesem Thema
sollte der vorstehende Aufsatz sein.
1) Die vierte der hierher gehörigen Büsten, diejenige des
sog. Solon, fehlt in der Porzellansammlung.
2) Bas Porzellangeschirr Solkowski, Kunstgewerbeblatt.
IV. (1888) S. 43 ff.
IG*
DnrchbroDliens Pailang, Holzachnitiarel.
AUS DEM KUNSTGEWERBEMUSEUM ZU KÖLN.
VON ARTHUR PABST.
Ootiaolie HolssohnltBereieii.
Kölner Eonätgewerbemuseum
warb im Yorigen Jahre eine grös-
re Sammlung von Holzschnitze-
ien, welche zusammen mit dem
IS dem WaUraf-Richartz-MuBeum
lerkominenenen Besitz, Einzeler-
Werbungen und Schenkungen die Abteilung auf eine
bedeutende Höhe, sowohl der Zahl als vor allem
der Qualität nach, gebracht haben. Der Bedarf an
guten Yorbildem itlr Holzbildhauer ist beträchtlich
und ebenso gross der Mangel an wirklich muster-
gültigen alten R«8t«n. Manche sonst gut ausgestattete
Museen leiden gerade an Holz erheblichen Mangel
und die Zeit ist nicht mehr fem, wo Holzschnitze-
reien zu den teuersten Objekten des Kunsthandels
zählen dtirftea Dazu kommt die seit langem schwung-
haft betriebene und oft meisterhaft durchgeführte
Fälschung: nicht bloss Schränke werden mit alten
Fällungen und neuem Rahmenwerk gebaut, auch
mit neuen Füllungen in neuem Bahmenwerk gehen
sie als alte rheinische Schränke in die Welt und
alte Fflllungen am Rhein neuerdings gefertigt giebt
es in Holle und FOlle. Auch hier giebt es Museen,
die sich ganzer Sammlungen derartiger Fälschungen
erfreuen, meist aas „erster" Hand erworben oder auf
bekannten Auktionen erstanden. Mangel an falschen
Möbeln und Holzschnitzereien wird daher so bald
noch nicht eintreten: aber an guten alten Stücken
besteht er bereit«.
Gerade die deutschen Holzschnitzereien sind fUr
Schulen und Holzschuitzanstalten mehr wie z. B.
italienische und französische Arbeiten als muster-
gültige Vorbilder Yon Wert Während diese ihre
omamentalen Formen der Steinarchitektur entlehner,
erscheint in den deutschen Holzschnitzereien, tot-
nehmlich der gotischen Zeit das Zierwerk ureigent-
lich aus der Technik erwachsen und in diesem Sinne
ausgestaltet. Auch da, wo in der deutschen Gotik
— vor allem bei den Möbeln kirchlicher Bestim-
mung und in den MasswerkfOllungen — die Stein-
formen Eingang gefunden haben, sind sie stets mit
Rücksicht auf die Technik der Schnitzerei umge-
staltet verwendet worden. Besonders die Masswerk-
iUlungen sind hier lehrreich; indem man mit dem
eigentlichen Stabwerk der unteren Partien — bei
der Fensterbildung in Stein als struktiTe Teile un-
entbehrlich — in Holz nichts Rechtes anzufangen
wusste, gestaltete man es kleiner, so dass das Mass-
werk oft in gar keinem Verhältnis dazu steht; js
gelegenUich schrumpfen die Stäbe ganz zusammen
(S. 113) nnd sind gewissermassen nur noch ai^e-
deutet Auch da, wo ganze architektonische Anf-
banten in das Holz übersetzt werden, sind sich die
alten Holzschnitzer des durch das Material bedingten
Unterschiedes in der Behandlung dieser Formen wohl
bewusst Die köstliche Gestühl wange mit dem Kölner
Wappen (S. 114) ist daf&r ein bezeichnendes Bei-
spiel. Die Wange — mag sie einem KirchengestDhl,
etwa der Ratskapelle oder den Sitzen im Rathaus
Migehört haben — bildete jedenfalls den seitlichen
äusseren Abschluss einer Sitzreihe. Der krönende
Fialenschmuck an der der Wand zugekehrten Seite
sf -
1: 1 1 ET
AUS DEM KUNSSGEWERBEMUSEUM Zu KÖLN.
der Wange vor Beschädigung geschützt, war an der
Torileren Ecke notirendigerweiae Beschädigungen
leicht ausgesetzL Der Holzschnitzer bog sie kurz
entschlossen, um dies zu verhindern, krumm. Dem
Holz konnte er dies bieten; in Stein wäre eine Bolche
Lfieung technisch unmöglich gewesen. — Übrigens ist
die GestOhlwange noch in anderer Hinsicht äusserst
interessant: sie zeigt in überraschend deutlicher
113
schick zwei delphinartige ungeheuer, die er irgend
wo auf einem italienischen Stich oder Gerat gesehen
haben mochte, in das Maaswerk hinein. Ähnliche
Verquickung gotischer imd Renaissance-Ornamente
finden sich in der niederländischen Kunst vielfach
[Qraul, Beiträge S. 20 ff.); in Süddentschland wUsste
ich sie nur am Sebaldusgrab nachzuweissen.
Weit wichtiger fUr jrraktUeke Zwecke sind aber
DurcLbiocliene Füllung mit Wappen. NiedenlcuUohlaud, l
Weise, wie kurz und bfindig sich die von den neuem
welschen Formen bereits ergriffenen Handwerker mit
diesen Formen abfanden. Die ganze Anlage der
Wange ist in gotischen Formen gedacht und durch-
gefnbrt. Der gute Kölner Meister wollte aber auch
zeigen, daes er auf der Höhe der Zeit stDnde und
etliche Renaiseanoemotive anbringen- Er setzte
also gänzlich unmotivirt, aber mit unleugbarem Ge-
die gotischen Schnitzereien, welche ohne Anlehnung
an architektonische Formen selbständig erfundene
Ornamente zeigen. Man kann dann leicht drei Arten
unterscheiden.
Zunächst solche, in denen Pflanzen und Tier-
omamente, auch wohl die menschliche Gestalt eine
Rolle spielt. In ihnen zeigt sich der mittelalterliche
Meister auf der Höhe: in der Art und Weise aus
AUS DEM KUNSTGEWERBEMUSEUM Zu KÖLN-
der Natur za scböpfeD und ihre FormeD za Zier-
formen umzugestalten steht er unerreicht da. Die
halb stilisirten, halb naturalistischeuForiDeu, lebendig
gezeichnet nnd meisterlich io flachem Reliefe gehalten
kamen in Holz weit besser zur Geltung als in Stein.
Die Formen der heimischen Flora: Distel, Rose,
Hopfen, "Wein etc. geben dem gotischen Holzreliefe
einen besondem Reiz; ihre geschickte Verbindung
mit Wappen, Fabelwesen und vorzügliche Einpassung
in gegebene Felder machen sie zu bleibend muster-
gDltigen Vorbildern, — auch fSr Nicht-Gotiker.
Eine zweite Gruppe bilden die Füllbretter mit
dem eigentOmlichen Ornament, von denen die Tafel
bezeichnende Beispiele gibt. Breite Bänder mit
profilirten Rändern, innen Öfter mit Rosetten nnd
Blättern besetzt, gliedern das Ffillbrett durch grosse
oder sich schneidende kleine Kreise oder Halbkreise,
Parallelstreifen, die oben und unten symmetrisch nach
aussen ausbiegen oder in ähnlicher Weise geord-
net ; der Grund ist im übrigen mit stilisierten Blumen
und Blattwerk gefüllt. Was bedeutet dies Ornament?
Wo kommt es her? Es kommt scheinbar nur am
Niederrhein in Westfalen vor, häufig in Täfelungen,
grossen Gestühlen, Schränken, und wird heute wie
ich glaube, ganz willkürlich als „Bockhomomament"
bezeichnet.
Ebenso dunkel wie die Herkunft dieses Orna-
ments ist die der bekannten als Feigamentrollen
bezeichneten Füllungen, die uns ausser am Nieder-
rhein auch in Frankreich beg^nen. Lichtwarks Er-
klärung, dies Ornament sei „die Bewegung der
Fläche in so allgemeiner Form wie die Spirale die
der Linie", scheint das Richtige zu treffen, ohne
dass dadurch Licht in die Herkunft dieser Zierform
käme. Die Mannigfaltigkeit in der Ausbildung der
sogenannten Pergamentrollen ist bei genauer Be-
trachtung überraschend gross, namentlich haben die
ireien Endigungeu nach oben und unten eine reiche
Ausgestaltung erfahren.
Alle die Gruppen gotischer Schnitzerei sind in
reicher Zahl und ausgesuchter Qualität im Kölner
Kunstgewerbemuseum wie nur an wenig anderen
Stellen vertreten. Das Streben, diese kostbare Samm-
lung möglichst nutzbar zu machen, legte den Ge-
danken einer Veröffentlichung der wichtigsten Stücke
nahe. Dieselbe in Lichtdrucken von Anselni SebmiH
beigestellt, wird in zwei Heften zu je 12 Tafeln er-
scheinen; das erste Heft wird in kurzer Zeit zur
Ausgabe gelangen. Die Autotypien dieses Heftes
sind nach Probedrucken der Publikation beigestellt
OeitUhlwuige mit dem Kfilnei 'W^ppBo. BMn imi.
ÜBER KUNSTGEWERBEMUSEEN.
VON ALBERT HOFMANN-REWHENBERO.
(SchluM.)
lÜR DIE Gestaltung der Museen,
auch der Kunstgewerbemuseen,
kommen in der Hauptsache zwei
mächtige Momente in Betracht,
welche sich zum Teil einander
aber auch ausschliessen. Das eine
Moment ist die künstlerische und technische Pro-
duktion , das andere ist die ethische Hebung des
Volkes durch Einleiten der Kunst in die breitesten
Schichten desselben, wozu in erster Linie das Kunst-
gewerbe, weil es die Gegenstände des allgemeinen
Qebrauchs zu schmücken bestimmt ist, berufen er-
scheint. Diese Einteilung entspricht dem Charakter
der Besuchsmenge, die sich scharf in zwei festrennte
Haufen teilt: eine kleinere Gemeinde, welche den
Bu^estellten Gegenständen ein tieferes, sachliches
and technisches Studium entgegenbringt, und eine
grössere Menge, die nur zum Schauen kommt, aber
unbewusst zahlreiebe Eindrücke mit sich nimmt und
ebenso unbewusst verarbeitet. Beiden Mengen soll
das Museum gerecht werden, für beide sich in der
Aufstellung und in der Verwaltung Grundsätze gel-
tend machen, die sich zum Teil auaschlieswen, wäh-
rend sie sich zu einem Teile aber auch decken. Der
ausübende Künstler, welcher zu der kleineren der
genannten Gemeinden gebort, wird mit der grösseren
Gemeinde zunächst das gemeinsame Interesse haben,
das Kunstwerk in seinem Zusammenhang mit dem
Ganzen kennen zu lernen, für welches es geschaffen
wurde und dessen Generabsm seine Entstehung
leitete. Etwas weiter noch gehen Künstler und
kunstsinnige Laien noch zusammen, indem sie neben
dem ursächlichen Zusammenhange auch noch die
Idee des Werkes an sich zu erfassen trachten. Da-
mit aber hört das Interesse des Laien gewöhnlieh
auf. Für ihn ist also ,ein wohl ausgestattetes und
gut eingerichtetes Museum in Wahrheit ein Mittel-
punkt höheren geistigen Lebens, an dem jeder ohne
AusTutkme teilneltmen kann, um aus dem Borne des-
selben, so viel er vermag, zu seinem eigenen Nutzen
zu schöpfen. Dieser Nutzen ist zunächst gewiss ein
innerlicher, der nur den einzelnen angeht; aber in-
dem viele sich desselben bemeistem, wird er ein all-
gemeiner, der die Hebui^ einer ganzen Bevölkerung
bedeutet und der deshalb nicht ein rein innerlicher
bleibt, sondern der sich in grossen Zügen auch auf
i»s praktische Gebiet überträgt und hier in hundert-
fältiger Frucht die Kosten und den Aufwand ver-
zinst, die eine öffentliche Kunstsammlung in An-
spruch nimmt." (Riegel, Die Museen als allgemeine
Biidungsmittel.) Hier tritt also die ethische Hebung
des Volkes in ihrer Unmittelbarkeit in die Schranken.
Anders ist die künstlerische Produktion.
Es liegt nun auf der Hand, dass dieser Bestre-
bung die Hebung der Volksbildung eine im mög-
lichsten Znsammenhange der Dinge gegebene Änf-
stellimg am meisten entspricht. Ich glaube, die
Kaiserin Friedrich war es, welche einmal bei einem
gelegentlichen Besuche eines Museums beim Anblick
der italienischen Objekte die Äusserung tbat, wie
ganz anders müssten die Dinge wirken, wenn sie,
statt zerstreut an willkürlicher Stelle dem Volke dar-
geboten zu werden, zu einem italienischen Baume
vereinigt würden, dessen Decke in dem prächtigen
Sinne der italienischen Frührenaissance mit vergol-
deten und bemalten Stuckornamenten, in den um-
rahmten Flächen farhenleuchtende Ölgemälde, ge-
schmückt wäre, dessen Wände figurenreiche Gobe-
lins mit reich komponirten Bordüren bedeckten,
dessen Kamin aus zart profilirtem Marmor mit zu-
rückhaltender Vergoldung und BemaluDg bestehe
und dessen Boden ein reiches Mosaikmuster oder ein
116
ÜBER KUNSTGEWERBEMUSEEN.
auf Fliesen gemaltes Flachomament zeige! Und in
der That! Überzeugender und belehrender kann
eine solche Aufstellung wohl kaum gemacht wer-
den. In Museen und auf Ausstellungen, bei ersteren
in geringerem Grade, sind zahlreiche Versuche nach
dieser Richtung gemacht worden. Fast jedes Mu-
seum, welches den Vorzug eines längeren Bestandes
oder bedeutenderer Mittel geniesst, besitzt in diesem
oder jenem Stile einen harmonisch durchgeführten
Raum und wenn es auch nur ein heute noch leicht
zu erlangendes orientalisches Interieur wäre. Jedes
Museum hat auch die überzeugende Wahrnehmung
von der glücklichen Wirkung solcher Räume ge-
macht. Aber gerade für Museen gilt es hier mit
dem Möglichen zu rechnen, und da können denn
Ausstellungen, welche mit grosser Liberalität selbst
umfangreiche Objekte für einige Zeit zur Verfügung
gestellt erhalten, viel leichter vorgehen. Wir haben
daher auch bei den bedeutenderen Eunstgewerbe-
und Altertumsausstellungen der letzten 10 bis 15
Jahre die dankenswerte Erfahrung gemacht, dass
man eifrigst bestrebt war, das Objekt möglichst in
seinem .Zusammenhange zu zeigen. Man ist bei
diesen Ausstellungen bestrebt, den Grundsatz festzu-
halten, dass „die ethische Vervollkomnmung die reifste
und edelste Frucht ist, die der Mensch im Garten
der Kunst brechen kann.** Diese ethische VervoU-
kommung, die zum grossen Teil gezeitigt ist durch
die Bildung des Geschmacks, bedarf jedoch auch
der geschichtlichen und der ursächlichen Erklärung,
und diese muss dem die Museen besuchenden Laien
in möglichst leichter Form geboten werden. „Die
Schöpfungen der Kunst sind nicht bloss Werke wirk-
licher oder vermeintlicher Schönheit, nicht bloss
Denkmäler der Geschichte, sondern auch Thaten und
Werke des Menschen, unseres Gleichen, zu den ver-
schiedensten Zeiten und unter den verschiedensten
Verhältnissen des Lebens. In dieser Hinsicht fasste
sie Georg Forster vor beinahe hundert Jahren schon
„als Ausströmungen einer denkenden und empfinden-
den Seele auf, die andern ihres Geschlechts zum
Denken und Empfinden Anlass giebt und das zwei-
füssige Tier zum sittlichen Menschen ausbilden hilft**,
und er wies ihnen sonach ihren Rang „auf der ober-
sten Stufe des menschlichsten Hervorbringens an.**
(Riegel.) Es ist also der künstlerische, der geschieht^
liehe und der humane Charakter — das durch den
Menschen mit bestimmter Absicht hervorgebrachte
Kunstwerk soll wieder auf den Menschen wirken —
die bei der Aufstellung der Objekte zum Ausdruck
kommen sollen.
Dem ethischen Momente in der Anlage der
Sammlungen steht aber vielleicht als ein noch wich-
tigeres Moment die künstlerische Produktion gegen-
über. Es ist ja richtig: es giebt für den ausübenden
Künstler kein wichtigeres Moment, als dass er für
seinen Gegenstand die göttliche Begeisterung habe,
. die in ihm den göttlichen Funken der Phantasie und
eine eifrige Gestaltungskraft weckt. Diese Begeiste-
rung wird er in erhöhtem Masse einem Kunstwerke
gegenüber empfinden, welches ihm dargeboten wird,
mit den tausend und abertausend Beziehungen, die bei
seiner Entstehung für dasselbe massgebend waren.
Viel eher und leichter wird in diesem Falle der
göttliche Funke auf den Künstler überspringen und
ihn zu ähnlichem Werke befähigen. Riegel sagt
so schön: „ ..man weiss, dass wahrhafte Schöpfungen
der Kunst nur entstehen, wenn der Künstler voll
Begeisterung ist. Aber dieser Geist, der über ihn,
den Begeisterten, gekommen, und der in ihm schafft
und gestaltet, ist nicht anders zu fassen und zu
denken, als in irgend einem Zusammenhange mit
Gott stehend. Woher kam denn der Geist, dessen
Kraft und Herrlichkeit wir doch deutlich in den
Werken vor uns sehen? Woher kam er, als Phi-
dias seinen olympischen Zeus als einen Gott in
Menschengestalt schuf, der doch in jeder Hinsicht
weit über den Menschen hinausging? Woher kam
er, als Raffael seinen entzückten Blick in die himm-
lischen Sphären that und auf die Leinwand seine
Sixtinische Madonna, jenes Wunder der Malerei, hin-
warf? Woher kam er^ als Cornelius die Rätsel des
Menschendaseins in seinen apokalyptischen Darstel-
lungen sinnbildlich löste?** Und dieser göttliche
Geist überstrahlte in gleicher Weise die schönen Er-
zeugnisse unseres Kunstgewerbes: ich erinnere an die
Tapeten des Raffael, an die schönen Emaile der
Limousiner Schule, an die wunderbaren Arbeiten
eines Wenzel Janmitzer? Und dieser Geist wird
leichter in seinem Ganzen erfasst und vom Künstler
aufgenommen, wenn dem Kunstwerke die Beziehungen
seiner Entstehung gewahrt bleiben.
Diese müssen aber durch die Bedingungen, unter
welchen die meisten unserer Museen entstehen und
wirken, zum Teil zerstört werden, nämlich der Teil,
welcher ausserhalb des Kunstwerkes selbst liegt.
Das verursachen nicht zum geringsten Teile aber
auch die Verhältnisse des Kunstmarktes, welcher das
Kunstwerk nimmt, wo er es findet und es unbe-
schadet um seine Umgebung aus seinem Zusammen-
hange herausreisst. Wo ist andererseits unter den
heutigen Verhältnissen das Museum, welches die
ÜBER KUNSTGEWERBEMUSEEN.
117
Mittel besässe, lauter geschlossene Ensembles zu er-
werben, wenn der Kunstmarkt sie überhaupt böte,
und welches unserer Museen erfreut sich solcher
Raumausdehnungen, dass die erworbenen Objekte in
dem angedeuteten Sinne aufgestellt werden können!
Vorläufig ist die ganze Frage der Kunstgewerbe-
museen nooh eine sehr junge, die meisten Museen
noch in drückenden Verhältnissen, die auf die Auf-
stellung der Objekte in oft nachteiliger Weise zurück-
wirken. Das Ideal des „Kunstwerkes mit seinen
Beziehungen*' bleibt vorläufig nur ein Ideal; aber
selbst wenn alle Momente diesem Ideale günstig
wären, dass instruktive Moment der technischen und
formalen Seiten des Kunstgewerbeobjektes wird ihm
immer entgegen treten, besonders da, wo ,Jjeben^'
in einem Museum herrscht, wo seine Objekte be-
ständig auf der Wanderschaft in der Schule oder
bei der Industrie sind. Und das wird hauptsächlich
bei Provinzialmuseen und bei den Museen inmitten
mächtiger Industriegebiete der Fall sein. Diese haben
in allererster Linie die Verhältnisse zu beobachten
und zu pflegen, unter denen sie leben. Damit treten
sie in die schwierige Lage, zwei an sich und im
grossen und ganzen heterogenen Interessen dienen
zu müssen: dem Volk zur leicht hingenommenen
Belehrung und der kunstgewerbhchen Produktion
zum eingehenden Studium. Das letztere Interesse
tritt in den Vordergrund. Es müssen sich deshalb
diese Museen notgedrungen darauf beschränken, die
Kunst des Gewerbes möglichst in ihrer technischen
und historLschen Entwicklung zu zeigen; hier ist
dann die Oeschichte oft der Schlüssel zur Technik
und Formgebung. „Die Kunst ist keineswegs zu
allen Zeiten dieselbe. Selten erscheint sie in der
Vollendung reinster Schönheit, oft ist sie an be-
schränkende Gewohnheiten und Vorurteile gebunden,
oft durch die technische Unbehilflichkeit der Hand
oder die Unbehilflichkeit der gestaltenden Phantasie
bedingt. Und doch ist sie überall, obwohl sie nicht
schön ist, me Goethe sagt, „doch so wahre, grosse
Kunst'', ist sie überall, um ein Wort Alexander von
Humboldts zu gebrauchen, doch nur „als der Inbe-
griff aller geistigen Produktionskraft der Mensch-
heit" zu verstehen. Aber dieses Verständnis kann
bei solcher Bewandtnis nicht immer ganz leicht, nicht
überall dasselbe sein. Erleichtert und überhaupt er-
möglicht wird es aber dadurch werden, dass man
sich bemüht, die Kunst durchweg im geschichtlichen
Sinne aufzufassen, die Kunstdenkmäler aus der Ge-
schichte heraus zu begreifen^ die zeitUchen Be-
dingungen, unter welchen die Kunstwerke wurden
und entstanden, zu verstehen. Geschieht dieses, so
entfaltet sich vor uns eine Welt unendlich reichen
Lebens in allen Arten, Richtungen und Formen.
Wir machen uns mit dieser Mannigfaltigkeit, wie
sie geschichtlich sich vor uns entfaltet hat, vertraut,
und plötzlich finden wir uns zu einem erweiterten
ästhetischen Verständnis erhoben. Denn manche
künstlerische Erscheinung ist ohne den historischen
Schlüssel schwer zugänglich und dunkel. Die ge-
schichtliche Auffassung- und Betrachtungsweise aber
öffnet weit die Thore zum Wesen und wahren Ver-
ständnis der Denkmäler. Deshalb hatte Niebuhr,
der treffliche Geschichtschreiber und warme Kunst-
freund, völlig recht, als er sagte: „Ein echter und
sicherer Kunstsinn kann schlechterdings ohne den
historischen nicht sein." (Riegel.)
Der namenlose Verfasser des Werkes „Rem-
brandt als Erzieher" meint: „Verwende man nicht
allzuviel Neigung und Kosten auf jene methodisch
geordneten Rumpelkammern; lieber schmücke man
das eigene Heim und das eigene Leben, nach heu-
tigen Bedürfnissen, künstlerisch aus." Glückliches
Volk, welches auch dem Unbemittelten, der doch
dasselbe Recht auf Kunstgenuss hat, wie der Reiche,
gestattet, seine Wohnung künstlerisch zu schmücken.
Aber noch ist der Volkswohlstand im allgemeinen
nicht so weit vorgeschritten, dass er jene wahrhaft
idealen Zwecke zu erfüllen vermöchte. Vorläufig
müssen wir uns denn schon noch mit „methodisch
geordneten Rumpelkammern" begnügen, aber wir be-
gnügen uns damit, indem wir ihnen die Aufschrift
leihen: „Tretet ein, auch hier sind Götter 1"
Koustgeworbeblatt. NF. I.
17
wj**
KLEINE MITTEILUNGEN.
P. Eine flbenichtUche, Eusammenfaisende Arbeit aber
„Die Uhr in kulturgeschichtlicher und kunstgewerblicher Be-
ziehung" bietet Kart Schirek dar. Das reich ausgestattete
Heft, »US einem Tortrag erweitert, giebt an der Band der
historischen Entwicklung der Uhren zugleich eine Daratel-
long der kQnstleriachen Ausbildung der verschiedenen For-
men, von den Anfangen der Sonnen- und Wasseruhren durch
alle die reichen Ausgestaltungen im 16. und 17. Jahrhundert
bis SU den Prachtotücken französischer Bronzekiinstler des
vorigen Jahrhunderts. In gleicher Weise wird die Taschen-
uhr behandelt, beginnend mit der eisernen, Peter Henlein
zugeschriebenen ersten Uhr und endigend mit den emaillir-
ten und edelste ingezierten Luxusatückeu der Empirezeit. Eine
grosse Anzahl Illustrationen, nach den besten Stücken mit
Geschick an^ew&hlt, geben von den wichtigsten T^pen der
Uhr gute und bezeichnende Beispiele, so daas das Heft auch
in dieser Einsieht zu schneller Orientirung zu empfehlen ist.
EvnaUekmiedearbeiien. 40 Entwilrfe auf 12 Lichtdmck-
tafeln von F. Brandt. München, Caesar Fritsch. Mk. 10.
Unt«r den überreich veröffentlichten Vorlagen für Eunst-
schloBserei zeichnen sich die vorliegenden durch eine unge-
wShnliche Phantasie der Erfindung aus. Der Verf. hat die
alten Schmiedearbeiten gründlich studirt und, was an ihnen
KU lernen ist, in seinen Entwürfen glücklich verwertet. Er
bietet sehr hübsche und originelle Motive, die sich dankbar
auch anderweitig verwenden lassen. So z. B. zeigen die
ScUfte von Standern (für Laternen, Kleiderhalter etc.) man-
chen neuen und hübschen Gedanken; auch die Ausgestal-
tung der freien Rankenendigungen in Tierleiber, die ein-
ander bekämpfen oder sich jagen, ist wiederholt glücklich
verwendet-. In technischer Hinsicht stellen die Vorla^n
hohe Anforderungen an den Schlosser und dürften nicht
ganz billig zu stehen kommen. Für grössere leistungsffih^e
Werkstätten mit zahlungsfähigem Kundenkreis werden sie
teils als direkte Vorbilder, teils zu anregendem Studium
gleich von Nutzen sein.
— j — . Von dem bei E.A.Seemann in Leipzig erschienenen
Eandbnoli der Omonieutik von Professor Franx Sa/es
Meyer erschien vor kurzem die driüe Auflage. Sie ist wie
die zweite eine im wesentlichen unveränderte. Der ganz
ausserordentliche Erfolg, den dieses Werk, das den ersten
Band der Seemannechen Kunethandbücher bildet, aufzuweisen
hat, erklärt sich aus der klaren Anordnung und Übersicht-
lichkeit, mit dem das ganze Gebiet der Ornamentik auf 300
Tafeln mit vorzüglich gezeichneten Darstellungen von dem
an dar Karlsruher Kunstgewerbeschule wirkenden Verfasser
vorgeführt wird, abgesehen von der Billigkeit des Preises
(!) Mark), der es jedem auf dem Gebiete der dekorativen
, Wei-
Kunstthatigen Künstler undGowcrbtreibenden mOglich macht,
sich dieses vortreffliche Vademecum anzuschaffen.
F. vui der Borg, Die Hol!.- und Marmormalerei, ein prak-
tisches Handbuch für Dekorationsmaler. Zweite 6
148 S. 8". mit einem Atlas von 36 Tafeln ii
mar 1800, B- J. Voigt. Preis 15 Mark.
F. S. Diese Übertragung aus dem Holländischen hatiD
wenig Jahren eine zweite Auflage erlebt, was daflir spricht,
dasE ein praktisches Bedürfnis tiir die Veröffentlichung vor-
gelegen hat. Die Tafeln bringen in Farbendruck Muster von
Maserirung und Marmorirung, wobei die bekannteren HObei-
hslzer und meist verwendeten Marmorsorten BerOcksich-
tigutig gefunden haben. Kinige Tafeln in Schwarzdruck ver-
anschaulichen die nötigen Geräte und deren Handhabung.
Der Text erläutert zunäehst die Tafeln, bringt aber auch
allerlei anderes über die nachzubildenden Materiale und über
andere Zweige der dekorativen Maleret, so z. B. Über Ver-
golden, Bronziren, Schrillen u. s. w. Den Schluss bildet
eine Auslassung über die Bedeutung der Farben und Über
allegorische Darstellungen, was dem Hauptinhalt gegenüber
etwas weit hei'geholt erscheint Der Preis ist gegenüber
dem Gebotenen sehr massig zu nennen.
T. Jftimick«, naii'lbuck der Glasnialerei. 298 S. 8". Mit
31 Illustrationen im Teit Stuttgart 1890, P. Neff. Preis
4 M. 50.
F. S. Der ausserordentlich rührige Verfasser reiht hier-
mit seinen bekannten früheren Veröffentlichungen eine wei-
tere an. Der Hauptzweck des Buches dürfte wohl der sein,
dem Kunstfreund einen Einblick in die Technik der Glas.
maierei zu verschaffen und ihn über alles Einschlfi^ge zu
belehren. Dazu erscheint das Werkchen auch vollständig
angethan. Die Einleitung befasst sich mit der geschicht-
lichen und technischen Entwicklung der halbvergessenea
und nun wieder zu neuen Ehren gelangten Kunst. Eine
theoretischer Teil beschreibt das Material, die Farben und
Geräte. Der praktische Teil schildert die verschiedenen Ver-
fahren in Hinsicht auf die vorbereitenden Arbeiten, anf die
eigentliche Malerei, sowie auf das Einbrennen, Verbleien,
Armiren u. s. w. Der reichhaltige Inhalt gegenüber dem
billigen Preise empfiehlt das Buch von selbst.
F. Jftniticke, Figuren- um! Blumenmalerei. 310 S. S".
Stuttgart 1889, Paul Neff. Preis 4 M. 50.
F. S. Das vorliegende Buch ist eine Er^nzung der
„Aquarellmalerei" des nämlichen Verfassers. Während diese
sich nur mit der Landschafterei und Architektur befasst, so
werden hier auch in Bezug auf die Porträt-, Genre-, Tier-
und Still) eben mal crei die nötigen Anleitungen g^ben. Daa
KLEINE MITTEILUNGEN.
119
Buch bringt zunächst einige einleitende Kapitel, bcfasst sich
sodann mit dem Material und der Theorie und Ästhetik, um
schliesslich im praktischen Teil in die eigentliche Technik
einzuführen. Die Aquarellmalerei ist viel gekauft und be-
nutzt worden, so dass auch dieser Ergänzung, die übrigens
abgeschlossen und selbständig erscheint, auch eine gute Auf-
nahme zu teil werden dürfte.
Th. Seineckf Die Qrundformen der gehrätiddichsien Fir-
mensehriflen. Ein Hilfsbuch für Firmenschreiber, Deko-
rations- und Porzellanmaler, Bildhauer etc. 25 Gross-
planotafeln mit 46 Alphabeten nebst zugehörigen Ziffern.
Zweite Auflage. Weimar 1890, B. J. Voigt. Preis 8 Mark.
Die bekannteren alten und neuen Zierschriften, wie sie
sich für die Firmenmalerei eignen, sind in dieser Veröffent-
lichung in genügend grossem Massstab zusammengestellt.
Was für die praktische Verwertung ganz besonders von Vor-
teil erscheint, das sind die beigegebenen Einteilungen der
Schrift |und die äusserst einfach angeordneten Hilfslinien-
systeme. Dem ausführenden Schriftenmaler und Steinhauer
ist es zweifellos weniger um Typen von hervorragender
Schönheit zu thun, als um die Möglichkeit einer leichten
und schnellen Übertragung. In diesem Sinne kann das preis-
würdige Werk nur empfohlen werden. F. S.
P. — Berlin. In der Ausstellung niederländischer Bil-
der aus Privatbesitz waren zur Ausstattung der Räume eine
Anzahl Möbel aus der Zeit herangezogen und eine grössere
Qruppe Delfler Fayence zur Aufteilung gelangt Über letz-
tere berichtete Herr Lippmann in der Märzsitzung der Kunst-
geschichtlichen Gesellschaft. Wir haben zwei nebeneinander
herlaufende künstlerische Strömungen zu unterscheiden: ein-
mal die durch die japanisch-chinesische Einfuhr veranlasste
japanisch-chinesische Renaissance, sodann die spezifisch hol-
ländische Poterie. Zwischen beiden liegen die Vermittelungs-
versuc^e. Bredius machte dem Vortragenden die interessante
Mitteilung, der Ursprung der holländischen Poterie sei darauf
zurückzuführen, dass italienische Meister sich in Holland
etablirt hätten. Ein Beweis hierfür ist jedoch noch nicht er-
bracht. Die ältesten holländischen Meister, die wir konsta-
tiren können, fallen etwa um das Jahr 1600. Die Blüte-
epoche der holländischen Keramik aber umfasst die Zeit von
1650 — 1720. Später verliert sie ihre Selbständigkeit und
sucht andere Fabrikationsarten nachzuahmen. Zu den eigent-
lichen Malern auf der Fayence — Blau auf weissem Grund
— zählen u. a.: Abraham de Kooge, auf der Ausstellung durch
eine Soldatenscene vertreten; Tßieodoncs TVitxenburgh (grosaer
Teller mit Mittelbild und den vier Jahreszeiten auf dem
Rande); Frederik van Fytom, wohl der vorzüglichste unter
ihnen, von dem sich im Amsterdamer Museum eine etwa
80 cm hohe bezeichnete Platte befindet und von dem auf
der Ausstellung eine Folge von Landschaften zu sehen war.
Von Jan Verhaes, einem späteren Meister, konnte nichts aus-
gestellt werden. Neben diesen Malern geht einher eine
grosse Anzahl blosser Eunsttöpfer. Abgesehen davon, dass
die besten unter ihnen, freilich oft in sehr mangelhafter Weise,
ihre Erzeugnisse mit Marken versehen, besitzen sie so aus-
geprägte charakteristische Eigenheiten, dass man sie auf
Grund der letzteren allein genügend unterscheiden kann. So
hauptsächlich: Adrian Pynacker, Zacharias Dextra, Justus
Brauer u. s. w. In neuerer Zeit haben viele Fälscher sich
der Delfter Vorbilder bemächtigt und ganz ausserordentliche
Imitationen geliefert. Die Farbe des echten Delft freilich
erreichen selbst die besten unter ihnen, wie etwa Samson in
Paris nicht, was man aber nur durch unmittelbare Ver-
gleichung mit Originalen erkennt. Nicht zu den Fälschungen
zu rechnen sind die Produkte der neugegründeten Delfter
Fabrik, welche lediglich die alte holländische keramische
Kunst fortzupfiegen die Tendenz hat Im ganzen ist die Bifite
der Delfter Kunst auf der Ausstellung gut vertreten. Zwar
fehlen, abgesehen von einigen Stücken aus königl. Besitz, die
sehr grossen Vasen und das sogenannte schwarze Delft, das
allerdings bloss den Wert einer Kuriosität besitzt Dagegen
weist die Ausstellung einige freiskulpirte Figuren der Delfter
Fayence auf, wie man sie selbst in den bedeutendsten Samm-
lungen vergebens sucht; so einen Dudelsackbläser und einen
Merkur von Pynackcr, die Figur einer vornehm gekleideten
Dame etc.
X. — Über die verschiedenen Marmorarten bringt der
„Deutsche Steinbildhauer" einen längeren Aufsatz, dem wir
Folgendes entnehmen. Die Bezugsquellen des Maxmors im
Altertum waren die Insel Paros, der Pentelikon bei Athen,
die Insel Naxos und die Südspitze von Morea. Von diesen
sind der grosskrystallinische von Paros und der von Naxos,
welcher noch grösser im Krystalle ist als jener, die wetter-
beständigsten. Als Beleg dafür können die aus parischem
Marmor gebildeten Dioskuren d.es Quirinals, die 2000 Jahre
lang stehen, gelten, femeir die Kapitale des Pantheons und
des Sonnentempels, die von Naxos stammen. Der pentelische
Marmor dagegen ist weit weniger widerstandsfähig, wie der
Parthenon und die Elgin Marbles in London beweisen. Der
Marmor von Carrara ist selbst bei den späteren Römern nur
selten verwendet worden« Selbst grosse Architekturstücke
wie die Ba.sen vom Forum des Augustus, im kapitolinischen
Museum die Gesimse vom Sonnentempel sind alle aus grie-
chischem Marmor; auch die wenigen römischen Porträtbüsten«
deren Material aus Carrara stammen soll, sind entweder aus
der penteUschen oder lakedämonischen Art gefertigt. Dass
die Verwendung des griechischen Marmors sehr weitgehend
war, beweisen nach den Arbeiten Roms auch die altchrist-
lichen Kirchen von Ravenna, der Residenz der weströmischen
Kaiser, die Architekturen von Palermo, Ravello und Bari;
ja bis in die Blütezeit der venezianischen Republik verarbei-
tete man noch griechischen Marmor, wie uns die Markus-
kirche beweist Bei den Marmorverwendungen der christ-
lichen Zeit ^urde allerdings der Marmor nur ausnahmsweise
von den Gewinnungsstellen zugeführt und die meisten Ar-
beiten aus der unglaublichen Menge älterer Fragmente ge-
fertigt, wofür ja bekanntlich unzählige Belege an den alt-
christlichen Bauten Italiens vorhanden sind. — Dass hin-
gegen die Venezianer noch im 13. und 14. Jahrhundert den
Marmor in Griechenland holten, dürfte darin seinen Grund
haben, dajss die Seeverbindung dorthin ihnen faktisch näher
lag als um Italien herum an die ligurische Küste, der Ver-
kehr nach dem Morgenlande hin ihnen überhaupt gangbarer
war. Die allgemeine ausgedehnte Verwendung des carrari-
schen Marmors beginnt erst mit dem späteren Mittelalter,
mit dem Aufblühen der toskanischen Städte. Dass die car-
raresischen oder lunensischen Brüche zur Zeit der Renais-
sance sich noch im Anfangsstadium befanden, belegt uns
Michelangelo, indem er berichtet, mit welchen Schwierig-
keiten er zu kämpfen hatte, um die Steine zu den Figuren
für das Grabmal des Papstes Julius E. zu gewinnen. Der
tirolische Marmor nun, der in Laas gebrochen wird, ist dem
parischen und der Sterzinger dem aus Naxos so ähnlich,
dass selbst genaue Kenner die griechischen und tirolischen
Sorten kaum auseinander zu halten vermögen. Diese Ähn-
lichkeit der Struktur lässt vermuten, dass auch die Bestän-
digkeit der tirolischen Arten ähnlich der der griechischen Sor-
ten sei. In der That sprechen für diese Vermutung das
17*
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KLEINE MITTEILUNGEN.
Portal der Kapelle im Schloasc Tirol bei Heran, der Chor
der Ifurrkircbe in Laus, beide aus dem 11. Jahrhundert.
ferner viele alte Ärchitekturteile, wie Kirchenportale niid
gotische Türme im Etechthale, welche eine ähnliche gelb-
lich warme Patina zeigen wie der griechiBche Marmor und
alle vorzügliche Erhaltung aufweisen. Änderseita zeigen die
ätücke aus carrarischom Mannor, beeondera wenn sie im
Freien Htehen, eine verh<nismilsaig rasche Verwitterung.
Michelangelo's David, der vor mehreren Jahren von seinem
freien Standpunkte unter Dach und Fach gebracht wurde, ist
ein deutlicher Beweis dafUr. Die Gruppen der Schtossbrücke
in Berlin (1853) hat man durch Cherzflge Ton Wasserglaa
vor der Zerstörung etwas zu schützen verencht, aber mit
Kweifelbatlem Erfolge. Das Monument des Herzogs von
Braunschweig in Genf (1877), bei welchem carrarischer Mar-
mor im Freien verwendet ist, drohte wegen der Uubettändig-
keit des Materials haufSllJg zu werden, so dass die Stadt
Genf geniltJgt ist, das Gebäude abzutragen and das Material
zum Teil durch anderes z
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