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Full text of "Kunstgewerbeblatt"

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. Satigatt CoUeje liittiv}. 

FROH n» BBttfllST OT 

CHARLES SUMNER, LL.D., 
OF BOSTON, 

(Glua of 1S30). 



•V jVmr. I"8*1- ><W, isfl. 



KUNSTGEWERBE BLATT 



Herausgegeben 



ARTHUR PABST, 

Direktor des Kunstgewerbemuseums zu KSln. 



NEUE FOLGE 



Erster Jahrgang 



LEIPZIG 

Verlag von E. A. Seemann 
1890. 






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— I 






Inhalt des ersten Jahrgangs. 



CrVssere AnftHtze. Ssita 

Kio Relief von Giovanni (]e11a Robbia 1 

Nordböhmiuche Kunstinduririen. Von Albert Hofmann, 

IV. Dia MoTdböbmiicbe UoUglulndualrie ... 3. '.I 

M^olibund des Leipziger EunetgewerliemuseuniB . Iti 

Die Wirkerei und der textile HausSeiaa. Von Ä. Siegt 21 

Ein Meisterwerk der Schmied eeisenkunet Von R. üikk 23 

(ilusgemälde in der Hikrienkirche zu Luiembui^ . . 25 

Die Dresdener AuBstellung alter Zinnarbeiten .... 39 

Haiereien im Scblosa xu Engera 33 

Kunstge Werbeschule n in Dentschlfind und Frankreich. 

Von Max. Schmidt 34 

Heimbacher Stühle 37 

Grabsteine auf tViedhOfen. Von F. Kiistliardt ... 39 

R. MayeiB Modelle fUr Ciseleure 42 

Die Renaissance in Belgien und Holland. Von//. Oraid 4ij 
Kunst und Eunsttecfanik im WaEfenschmiedewcacn. Von 

W. Boeheim 57. 6!) 

Die KrugBammlung dea Freiherm von Oppenheim in 

Köln. Von A. Fabst 74 

Die Sammlung KÄnlHK. Von J. Diner 77 

Fayenceflieae in Uosaikt«chnik 61 

Die SchmuckauEt«llung im Berliner Kunstgewerbe- 

muBeum. Von ,4. I'abst 85 

Ausstellung von Omumeutatichen in Hannover. Von 

J. Reimers ÜO 

Ober Kunstgewerbemuseen. Von A. Uufmann. . 04. 115 

Der Katalog der Sammlung Spitzer. Von J. Diner . KU 
Beiträge sur Geschieht« der KunattJ}pfcrei. XL Von 

Cr. CAr. Sdterer 109 

Aus dem Kunstgewerbemuacam zu KOln. - Von Arthur 

Pabal 113 

BDoliersehaii. 

F. S. Meyer, Die Liebbaberkünato ö 

Japanische Vorlagen 8 

Haleriscbe Innenr&ume, bcrauagegeben von F. Ijithmer 19 

R. Sra/t, AuBgef[lhrte Gmbdenkndler 27 

Huguicr, EntwQrfe für Schmiedeeisen 27 

Piiiikert, Die Zimraergotik in Deutsch-Tirol . . . . 3C 

E. Moiinier, Venise 40 

RoaetAerg M., Der Goldschmiede Merkzeichen. Von 

J. Leasing 52 

Neue Werke zur Geschichte der Buchbinderei. Von 

K. Bürger Ö2 



LtttorariBctae TTottien. Seite 

Fachblatt fHr Innendecoration (»8 

Japanische Vorlagen 56 

Koch, J., Der Kerbschnitt 44 

Kraulk db Meyer. Das Schreinerbuch ....... 28 

I^edebur, Die Legierungen 84 

Mielke, Mfinchener Kunslge Werbeausstellung .... 5ti 

Musterhlätter für Drechslerarbeiten l'J 

Quantins Bibliotb^ue de renseigement dea Beuoz 

Arts lOB 

Stroboda, Ein Weltbild unserer kirchlichen Kunst , . 20 

f. Vbiseh, E., Omamentstichkalalog 20 

Scküreck, Die ühr in kulturgeschichtlicher und kunst- 
gewerblicher Beziehung 118 

Brandt, Kunstschmiedearboitcn 118 

Meyer, F. S.. Handbuch der Ornamentik 118 

p. d. Burg, 1'., Die Holz- und Marmormalerci . . . 118 

Jännicke, F., Handbuch der Glasmalerei 118 

Jännicke, F., Figuren- und Blumenmalerei IIÜ 

Reinidc, DieGrundforraender gebräuchlichsten Fi rmen- 

Bchriften 110 

Hmeen, Sohnleu, Vereine, Oesellsebaftea. 

Berlin, Kunstgewerbemuseum 44 

Bertin, Stoflausstellung im Konatgeworbfiuuseum . . 43 

Berlin, Verein fflr deutechea KuaHtgewerlm .... 83 

Bremen, Gewerbemuseum 28 

Dresden , Kunstgewerbeschule und Kunstgewerbemu- 
seum 83 

Düsseldorf, Kunstgewerbeschule Ö8 

Flensburg, Gewerbemuseum 43 

Orax^, Museumsverein Joanneum 106 

Hamburg, Museum l^ Kunst und Gewerbe .... 9ti 

Ilannovcr, Kestncimuacum 43 

Hannorer, Kunstgewerbeverein 43 

Karlsruiie, Kunstgewerbeschule 20 

Karlsrahe, Kunatge Werbeverein 43. G7. 82 

Kolinar, Schongauergesellschaft 20 

Köln, Kunstgew erbe verein 108 

Leipzig, Kunstgewerbemuseum 100. 106 

iiiimberg, Germanisches Natjoualmueeum 97 

Pforxheim, Kunstgew erbe verein 68 

Pforxlieim, Kunstgewerbeschule . 84 

IVag, Kunstgewerbliches Museum der Handels- and 

Gewerbekammer 83 



IV 



INHALTSVERZEICHNIS. 



Seite 

Tersehiedenes. 

Reicheflbergj Nordböhmisclies Gewerbemuseum . . 44. 98 

Stuttgart, Württembergischer Kunstgewerbeverein . . 56 

Dresden, Zimiausstellung 20 

Karlsruhe^ Preisverteilung für Möbelentwürfe .... 84 

Stiiägartf Ausstellung von Zelchenschulen 20 

Deckelpokal von L. Bauer in Darmstadt 83 

Medaille vom Wettinfest 84 

Preisausschreiben um Grabdenkmäler 68 

Erwiderolig 8 



Seite 

Delfter Fayencen in Berlin 119 

Ueber die verschiedenen Marmorarten 119 

Zu den Tafeln« 

Getriebene Silberplatte 8 

Bucheinband a. d. 17. Jahrh 20 

Silberne Kanne 28 

Wandschrank 28 

Standuhr ' . . . . 28 

Majolikafliese 84 



VerzeichniB der Dlustrationen. 



Relief von Giovanni della Robbia im Kunsi^^ewerbe- 

musenmzu KOln. Holzschnitt von B, Bong in Berlin. 1 

Kopfleiste (japanisch) 3 

Böhmische Krystallflasche 4 

Böhmischer E^rystallpokal 4 

* Schmuckkästchen von Direktor H, Oöt% 6 

♦ Albumdeckel in Kerb- und Flachschnitt von F. Dörr 7 

* Ans F. Meyers Handbuch der Liebhaberkünste (Verlag 
von E. A. Seemann.) 

tMotive für Dekorationsmalerei. Entwurf von M, Län- 
ger Zu S. 6 j' 

fBemalte Teller im Sinne der antiken Vasen. Von 
Th. Erauth ". . Zu S. 6/ 

fZwei Seiten aus einem japanischen Flachmusterbuche 
(Bette, Nr. 7) Zu S. 8 

fGetriebene Silberplatte von L. Posen Wwe. in Frank- 
furt a. M. Heliogravüre von R, Paulussen . Zu S. 8 

fAus einem japanischen Musterbuche von Paul J^te 
in Berlin ^ Zu S. 8, 

fMajolieinband (Venedig 1499) aus dem Leipziger 
Kunstgewerbemuseum. Farbendruck von J. G.Frifxsche 
in Leipzig Zu S. 18 1 

Kopfleiste entworfen von F. Paitkert 9 

Abwickelung eines böhmischen Glases, gezeichnet von 
Äug, Erben 12 

Geschliffenes und gravirtes böhmisches Glas. 17. Jahrh. 
Gezeichnet von Aug. Erben 14 

fBucheinband von rotem Maroquinleder mit Qold- 
pressung (17. Jahrh.) aus dem Kunstgewerbemuseum 
zu Köln Zu S. 20-^ 

fSilberkanne, entworfen in der Werkstätte Yon L.Posen 
Wwe. HeHogravüre Zu S. 28 1 

Kopfleiste. Gotische Holzschnitzerei, gezeichnet von 
F. Paukert 21 

Schmiedeeisernes Grabkreuz in Soos 24 

Kopfleiste. Gotische Holzschnitzerei, gezeichnet von 
F. Pa^ikert 25 

Glasgemälde in der Marienkirche zu Luxemburg. Zu S. 26 

tEinflügelige Hausthür mit Oberlicht; aus Krauth und 
Meyer, Schreinerbuch Zu S. 28/^ 

fStanduhr. Entworfen von Direktor H. Oötx . Zu S. 28 , 

fWandschrank aus dem Schweizerzimmer im Kunst- 
gewerbemuseum zu Leipzig ....... Zu S. 28 

fPrunkschale, aufgenommen von Frx. Paiücert Zu S. 29 

fSchenkkanne derManrerinnung zu Zittau, aufgenommen 
von Frx. Paukert Zu S. 29 ^ 

Bergmannsleuchter, aufgenommen von Frx. Paukert . 29 

Getriebene Schale 30 



Deckelkrug, Altarkanne, Prunkschale, aufgenommen 

von Frx. Paukert 31 

fMalereien aus dem Schlosse zu Engers ... Zu S. 33^ 

Kopfleiste. Aus Frx. Paukert^ Die Zimmergotik . . 33 
f Wandkästchen aus dem Schlosse zu Campan. Aus 

Frx. Paukert, Die Zimmergotik Zu S. 36 * 

Heimbacher Stühle im Museum zu Krefeld^ .... 37^ 

Der Besuch. Nach dem Stich von Israel van ,Meckenen 38 

tGrabdenkmal von Fr. Küstkardt in Hildesheim. Zu S. 38 ^ 

Fries und Leuchter. Aus Molinier, Venise ... 40. 41 
fBuchdeckel des Breviariums Grimani. Aus Molinier. 

Venise. Paris, Librairie de Part .... Zu S. 40 

f Zwei Ciseleurmodelle von Rudolf Mayer 42 ' 

*Schlo8s Oydonck 45 

*Theekanne in Kupfer getrieben und gepunzt .... 46 

*Silbeme Tischglocke aus Kampen 47 

♦Dachreiter zu Gent • • • ^ 

•Brückenthor von Kampen 49 

♦Silberner Becher im Bathaus zu Kampen 51 

♦Masken vom Weinhaus zu Zfitphen 52 

*tVom Tabernakel in der Kirche in Suerbempte Zu S. 45 ** 

♦fThüre^im Sitzungssaal des Rathauses in Fumes Zu S. 45 / 

♦•[•Kamin im Tribunal zu Fumes Zu S. 45 

*Aa8 Ewerbeck, Die Renaissance in Belgien and Holland. 

Entwürfe zu einem Prunkharnisch. Nach Handzeich- 
nungen von Älbrecht Dtlrer 58 

Landsknechtsdolch mit Scheide 59 

Degengriff mit Ortband 60 

Prunkdegeu; Kaiser Karl V. zugeschrieben 61 

Italienischer Einband mit Lorbeerzweigen. Ende des 

16. Jahrhunderts 63 

Englischer Einband mit Stickmusterverzierung. Anfang 

des 18. Jahrhunderts 64** 

Silberplattirter Einband. Um 1750 05 

Radschloss und Spanner mit Gravirungen verziert . . 70 

Flintenkolben mit reichen Einlagen 71 

Zwei in Eisen geschnittene Daumenblättchen von Jagd- 
flinten 71 

Verzierung des Laufes einer Jagdflinte. In Eisen ge- 
schnitten von A. Bongarde 72 

fHarnisch von O. B. Serabaglio und Prunkschild. Aus der 
Waffensammlung des kaiserl. Hauses in Wien. I^hoto- 

gravüre von R. Pauhissen in Wien ... Zu S. 69 
fBraune Steinzeugkrüge aus der Sammlung von A, v. 

Oppenheim Zu S. 74 . 

Emailkasten in Silberfassung 78 

Bimbecher 78 



INHALTSVERZEICHNIS. 



Seite 

Pokal mit Emailvemeningen 79 

Schüssel, Tenetianisclies £mail 80 

fFayencefliese in Mosaiktechnik in Berlin, und Majoli- 
kafliese aus Aleppo in Rom. Farbendrack von 

J, Q, Früxsche 81 

t Ansicht von Brügge, gezeichnet von F, Ewerbeck, (Aus 
Ewerbeck, Die Renaissance in Belgien u. Holland, verp^l. 45 

Gürtel, in Silber vergoldet 80 

Zwei Glieder eines Gürtels, 15. Jahrh 86 

Fürspan aus Mainz 87 

Ohrgehäuge in Form einer Sirene 87 

Kleinod, Gold emaillirt 87 

Anhänger: St Georg 87 

Anhänger, 16. Jahrh. 87 

Kruzifix, 15. Jahrh. 87 

Ühr, Silber geschnitten und vergoldet, 16- Jahrh. . . 88 
Halskette mit Perlen und Türkisen, Arbeit von 

L, Schluttig, Berlin 88 

Drei Schmuckstücke, Gold Emaillirt, 16. Jahrh. ... 89 

Petschaft, Gold geschnitten, 16. Jahrh 89 

Entwürfe für Brunnenfiguren. Von Beüini 90 

Dekorationsmotiv. Von Bellini 91 

Drei Ornamente von Meister J. O,, H. S, Bekaniy Etienne 

de Laune 92 

Spanisch-maurisches Seidengewebe, 14. Jahrhundert . 97 

.... 102 

• . . 103 

.... 104 

.... 105 

.... 105 

.... 106 

.... 107 



Reliquienkasten aus Bein .... 
Polyptychon aus Elfenbein. . . 

Willkommkanne - 

Leuchter, aus Bronze, vergoldet . , 
Reliquienbehälter aus Silber, vergolde 

Pax 

Kapsel für eine Agnus-Dei-Medaille 




Seite 

fTeil eines Fächers (irische Spitze) Zu S. 107 

fDeckchen (venetianische Stickerei) Zu S. 107 

Zwei Figuren Kleopatra darstellend 110 

Venus, Porzellan-Figur 110 

Durchbrochene Füllung, Holzschnitzerei 112 

Durchbrochene Füllung mit Wappen 113 

Gestühlwange im Kölner Kunstgewerbemuseum . . . 114 

f Drei Füllungen, Rheinlande, 15. Jahrh. . . . Zu S. 112 

Tafeln ohne Text 

tHausthor aus dem 17. Jahrhundert in der Tetzelgasse in 
Nürnberg. Aufgenommen von E, Bisehoff in Karlsruhe. 

fBlumengehänge im Stil Louis XVI. Aufgenommen von 
E, Schleük in Karlsruhe . 

tAlbumdeckel in Holz geschnitzt Von RomaneUij Bildhauer 
in Florenz. Aufgenommen von E. Schleitk in Karlsruhe. 

fUhrschild für Ausführung in Metall. Entworfen von 
E. Dürrich, Kassel. 

fSchreibpult, um 1750. Aufgenommen von C. Suiter, 

fDiplomider Bäckereiausstellung in Karlsruhe, Heliogravüre 
nach dem Entwurf von Jf. Läufer, 

fPolychrome Kachel mit dem Wappen des Fürstbischofs Carl 
von Olmütz, 1682 

Kachelofen mit bunten Majolikareliefs u. sog. „Kunst**, ange- 
fertigt von Hans Kraut aus Villingen a/D. 1577. 

fSaturnmaske von einer IHir im Nationalmuseum in 
München 

fEntwurf zu einem Album von Direktor H. Ooetx, 
Festgabe der Stadt Karlsruhe zur Vermählung der 
Prinzessin Marie von Baden. 

fZwei Zinnkannen aus dem Kunstgewerbemuseum in Karlsruhe. 



A ItoBBu. ÜD Kunst gewBTbeinnaeimi in Säln 



EIN RELIEF VON GIOVANNI DELLA ROBBIA. 



MIT ABBILDUNG. 



jM Juni dieses Jahres erhielt das 
I Eunstgewerbemuseum zu Köln 
I durch Freiherrn Albert v. Oppen- 
] heim ein grosses R«lief aus der 
I Robbiawerkstatt als Geschenk, 
J welches durch Vermittlung der 
■ Boui^eois aus Privatbesitz in Paris 
nach Köln gekommen war. Daa Relief galt als eine 
Arbeit des Andrea della Robbia, Henry Thode und 
Willtelm Bode, welche es im Museum sahen, erklärten 
es sofort für ein Werk des Giovanni; letzterer schrieb 
dem Herausgeber des Blattes nach Empfang einer 
Photographie folgendes: 

Besten Dank fllr die Übersendung der Photo- 
graphie des grossen Robbiareliefs, das Ihrem Mu- 
seum ab Geschenk von Baron Albert von Oppenheim 
Qberwiesen ist. Ihre Sammlung kann sich gratuliren, 
eine so gute und fUr ein Kunstgewerbemuseum so 
bestinders passende Arbeit aus der Robbiawerkstatt 
erhalten zu haben! 

KnmtgewarbeblBiU. N. F. I. 



Über den Künstler kann, glaube ich, kein Zweifel 
sein, weder über den ausführenden Bildhauer noch 
über das Original, welches derselbe seiner Arbeit 
zu Grunde legte: Giovanni della Robbia, der Sohn 
Andrea's, ist der Künstler, und das grosse Relief mit 
dem thronenden Christus an Verroechio's Grabmal 
Forteguerri im Dom zu Pistoja ist das Werk, das 
Giovanni hier frei wiederholt hat. Dass Giovanni der 
Künstler ist, davon werden Sie sich durch den Ver- 
gleich mit den Photographien einiger beglaubigter 
und bezeichneter Werke desselben im Bargello, na- 
mentlich eine grosse Anbetung des Kindes vom 
Jahre 1521 und eine Beweinung Christi, leicht Über- 
zeugen. Das starke Relief, die kräftigen Farben, 
die Einfassung mit den abgebundenen Fruchtkranzen, 
die aus Vasen emporsteigen, die breite Modellirung, 
die gleichen schwebenden Engelgestelten, finden sich 
dort wie hier, während die zahlreichen beglaubigten 
Arbeiten von Giovannis Vater Andrea ein flacheres 
Relief, namentlich in dem Fnichtkranz, mildere 



EIN RELIEF VON GIOVANNI DELLA ROBBIA. 



Farben und eine eehr vertriebene Art der Modellirung 
zeigen. Dass aber Luca nicht der Ktlnstler sein kann, 
brauche ich Ihnen nicht erst zn beweisen: ganz ab- 
gesehen von der grossen stilistischen Verschieden- 
heit zwischen diesem Relief und den Meisterwerken 
des alten Luca della Kobbia, ist dasselbe ja nach 
einem fremden Vorbilde gearbeitet, auf welches 
Verrocchio 1477 den Auftrag erhielt, das aber erst 
mehrere Jahre später begonnen und erst im 17. Jahr- 
hundert notdürftig fertig gemacht wurde. 

Wenn Sie die Photographie des Grabmals Forte- 
guerri zur Hand nehmen und den Vergleich zwischen 
beiden Arbeiten ziehen, so können Sie mir mit Recht 
einwenden, dass dieselben von einander nicht unbe- 
trächtlich abweichen. Das ist in der That der Fall : 
bei Wiederholung des Aufbaues im Ganzen ist doch 
im Einzelnen nur der nntere Engel rechts eine nahezu 
treue Kopie; bei den Ubrigen Engeln hat Giovanni 
keineswegs die Mannigfaltigkeit Verrocchio's in der 
Bew^ung und in den Faltenmotiven angestrebt, er 
hat vielmehr jenen einen Engel, der ihm besonders 
gefiel, fast treu nach den anderen drei Engeln, welche 
die Mandork halten, wiederholt. Genau wie an das 
grosse Marmororiginal, das im Anfange des 16. Jahi^ 
hunderts jedenfalls noch unvollendet in ii^end einer 
Werkstatt am Dome magazinirt war, hat sich Gio- 
vanni übrigens an das Modell gehalten, für das uns 
eine erste kleine Skizze im South-Kensington-Museum 
erhalten ist; hier sind namentlich auch die beiden 
Cherubim am oberen und unteren Abschluss der 
Mandorla genau so wie in Ihrem Rohbiarelie^ 
während sie im Marmorrelief am Grabmal selbst 
fehlen. 

Dass Giovanni berühmte Originale älterer Flo- 
rentiner Bildhauer kopirte, wird uns durch eine ganze 



Reihe erhaltener Arbeiten des Künstlers bezeugt; meist 
sind dieselben in ähnlich freier Weise kopirt wie in 
Ihrem Relief. Ich nenne Ihnen als Beispiele ein Rnnd 
mit der Madonna zwischen zwei schwebenden Engeln 
in zwei Exemplaren (im Bargello und in der Akademie 
in Florenz), sowie ein kleines Flachrelief der Madonna 
in ganzer Figur (im Handel in Florenz), beide nach 
Originalen des alten Luca della Robbia; ein rundes 
Madonnenrelief in der Akademie nach der Madonna 
des Benedetto da Majano Ober dem Grabmal des 
Fihppo Strozzi; ein Madonnenrelief nach Mino im 
Besitz von M. Edouard Andr^ in Paris; Christus 
und Thomas nach Verrocchio's Bronzegruppe in 
S. Jacopo a Ripoh in Florenz, Verrocchio's Marmor- 
madonna im Bargello hat er mehrfach kopirt, z. B. in 
einen Relief der Capella Medici in Sa. Croce u, s. f. 

Sie sehen, gerade Giovanni hat sich Verrocchio 
besonders gern zum Vorhilde genommen. Zu Ihrem 
Kölner Relief hat er zweifellos die Anregung be- 
kommen, als er seit 1514 in Pistoja den berühmten 
Fries mit den Werken der Barmherzigkeit am Ho- 
spital des Ceppo ausfUhrte. Dadurch wird auch die 
Zeit der Entstehung Ihres Reliefs einigermassen ge- 
sichert, die nicht vor das Jahr 1514 fallen wird, 
was auch durch den Stil der Arbeit bestätigt wird. 

Von den gewdhnlichen Arbeiten des Giovanni 
della Robbia zeichnet sich dieses Tjmpanon vorteil- 
haft aus durch die Kraft der Farben, die noch har- 
monisch wirken, durch die gute und gleichmässige 
Glasur und die verhältnismässig tüchtige Durch- 
bildung der Figuren bis in die lieblichen Köpfe 
hinein. Kurz, es ist ein Stück , das ich mit Freude 
auch in unserer Berliner Sammlung sehen würde, 
obgleich dieselbe so reich an verschiedenartigsten 
Arbeiten der Robbia Werkstatt ist. 




Aus einem Japanischen Hasterbaohe (Paul Bette No. 7). 



NORDBOHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN 

Von ALBERT HOFMANN, Reichenberg. 

IV. 

DIE NORDBÖHMISCHE HOHLGLASINDUSTRIE. 




V 



atürliche Verhältnisse haben die 
nordbohmische Hohlglasindustrie 
geschaffen, eine Industrie^ welche 
im Laufe der Jahrhunderte das 
geworden ist, was sie heute noch 
ist: eine Industrie des Weltmarktes. 
Nichts anderes hat den Namen Böhmens so weit 
in die Welt getragen, wie sein Glas" (Schebek). 
Einerseits Sterilität des Bodens, daher Mangel an 
Landwirtschaft, anderseits Waldreichtum und eine 
Fülle von Naturprodukten, welche die Natur in seinen 
Gebirgen niedergelegt hat; das waren die Verhält- 
nisse, unter welchen sich diese mächtigste der öster- 
reichischen Lidustrien entwickelte. Ein Bericht zahl- 
reicher Handelsleute aus den Orten „Hayda, Langenau, 
Blottendorf, Steinschönau, Pärchen" etc. an Kaiser 
Franz ü. im Jahre 1804, welche dem Herrscher anläss- 
lich seiner Bereisung des Königreichs Böhmen „eine 
kurze Uebersicht von dem Ursprünge, Wachstume 
und dermaligen Beschaffenheit der hiesigen Glas- 
handlung ins Ausland, von den hieraus dem Staate 
entspringenden Vorteilen, wie auch von dieser Wohl- 
standsquelle dermalen entgegenstehenden Hinder- 
nissen" geben will, schildert die Entstehung der 
nordböhmischen Glasindustrie mit folgenden Worten: 
„Gleichwie viele Künste und Wissenschaften, der 
Not und dem Mangel ihren Ursprung zu danken 
haben, so leitet auch die hiesige Glasfabrikation, 
Raffinirungskunst und Handlung ihre Entstehimg 
aus diesen Quellen. Kunst und Handlung lagen in 
dieser Gegend noch tief im Schlafe, die ganze Gegend 
war mit Holz bedeckt und man erblickte nur hier und 
da kleine Strecken, welche der Fleiss der Ansiedler 



von dem Gehölze gereinigt, um darauf der Erde die 
zu dem Unterhalte der armen Bewohner notwen- 
digen Früchte abzuzwingen. Stiefinütterlich lohnte 
das Erdreich unter diesem kalten Klima den Schweiss 
der Arbeiter, spendete aber desto reichlicher das 
Holz auf den höchsten Gebirgen wie in den tiefsten 
Thälem. Dieser Überfluss an Holz und die täglich 
anwachsende Bevölkerung, verbunden mit dem 
Mangel an fruchtbaren Ackern, zwangen nun diese 
Gebirgsbewohner, auf andere Erwerbungsarten ihre 
Aufmerksamkeit zu richten. Es wurden Glasfabriken 
errichtet, eine Erfindung, die zu damaliger Zeit als 
die einzige in dieser Gegend, eine ansehnliche Menge 
Menschen vor Mangel an Beschäftigung und Erwerb 
schützte, weil alle Lebensbedürfnisse in äusserst ge- 
ringem Preise standen und nicht so vervielfältigt 
waren, wie sie es in diesem Jahrhundert sind.'^ 
Reiche Vorräte reinsten Quarzes, ausgiebige Stein- 
kohlen- und Torflager in den Grenzgegenden, sowie 
der durch die Sterilität des Bodens fbr Ackerbau 
relativ niedrige Arbeitslohn lassen Nordböhmen mit 
anderen Ländern, welche eine bedeutende Glasin- 
dustrie besitzen, mit Frankreich, Italien, England, 
Russland und Nordamerika vorteilhaft konkurriren. 
Nicht die geringste Rolle spielt hierbei die Intelli- 
genz des Arbeiters. 

Infolge dieser natürlichen Verhältnisse reicht 
die böhmische Hohlglasindustrie denn auch bis in 
ein hohes Alter hinauf. Die ersten Spuren einer 
böhmischen Glasfabnkation gehen auf den An- 
fang des 11. Jahrhunderts zurück. Günther, ein 
deutscher Edelmann aus thüringischem Geschlechte, 
liess sich 1008 am schwarzen Regen nieder und ent- 



NORDBOHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN. 



faltete in dieser Gegend bald eine rKbrige Thätig- 
keit „Seine Thätigkeit, wie er mit kühnem Mute 
der Schrecknisse der Waldeinseinsamkeit Herr wird, 
den Boden mit den alten Stätten menschlicher Ge- 
sittung in Verbindung bringt, ihm kirchliche Weihe 
und politische Abgrenzung verleiht, ist ein sprechen- 
des Bild der Verbreitung deutscher Kolonisten iu 
dieseo Qrenzlanden." Ihm wird auch die eiste An- 
regung zu den Glashütten des Böhmerwaldes zuge- 
schrieben. (Schlesinger, Geschichte Böhmens. Pn^, 



Künstler denn als Handwerker betrachteten. (Schle- 
singer, 1. G. S. 289.) Diese Angabe dürfte auch mit 
dem Berichte des Äeneas Sjlrius (f 1464) überein- 
stimmen, der erzählt, dass zur Zeit seines Aufent- 
haltes in Böhmen dieses Land mit Glas gleichsam 
überschwemmt gewesen sei. Nichtsdestoweniger je- 
doch ragte auch während dem folgenden Jahrhun- 
dert die böhmische Glasindustrie noch nicht hervor, 
denn im 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts werden 
nur drei Gewerbe, und zwar die Waffenfabrikation, 



BShmiBche Olaiflasohe. 



1870, S. 92.) Ob aber hier nur Eohglas oder auch 
schon Hohlglas gemacht wurde, ist nicht festzu- 
stellen. Aus den folgenden Jahrhunderten li^en 
keine Nachrichten Über die böhmische Glasindustrie 
vor, auch sind aus der Zeit Earb des IV, (1346 — 
1378) oder aus der vor ihm liegenden Zeit Glasge- 
fässe nicht erhalten, wenn es nicht gelingt, die weiter 
unten erwähnten sogen. „Hedwigsgläser" auf böh- 
mische Provenienz zurückzufahren. Erat aus dem 
Ende des 14. Jahrhunderts wird von der böhmischen 
Hohlglasindustrie berichtet, dass sie schon ziemlich im 
Schwung gewesen zu sein acheine, da sich die „Glaser" 
(der damalige Begriff „Glaser" deckt sich nicht mit 
unserem gleichlautenden heutigen Begriffe, sondern 
umfasste die Glasgraveure , Glasschneider , Glas- 
schleifer u. 6. w.), sowie die Goldschmiede mehr als 



BöbmiBchDr Olaspokal. 

das Brauwesen und die Lein- und Tuchweberei als 
in grossartigem Massstabe gepfl^ geschildert. Das 
in einer Verordnung des Wiener Stadtbuchea vom 
Jahre 1354 erwähnte „Waldglas", das zum Unter- 
schied von dem „Venedischen oder sonstigen" Glas, 
welches lediglich am hohen Markte verkauft werden 
dürfe, an beliebigen Orten feilgehalten werden könne, 
welches von manchen für bÖhmLsches Glas gehalten 
wird, möchte ich mit Ilg (Glasindustrie und ihre 
Geschichte, Stuttg. 1874, S. 82) auch eher iür ein- 
heimisches, im Wienerwalde erzeugtes gewöhnliches 
Glas im Gegensatz zu dem kostbaren italienischen 
halten. Dass aber im übrigen böhmisches Glas schon 
frühe eine weite Verbreitung fand, beweist das im 
16. Jahrhundert für die Niederlande erlassene Ver^ 
bot des Erzherzogs Albrecht und der Isabella, Imi- 



NORDBÖHMISCHE KÜNSTINDUSTRIEN. 



tationen yenezianischer Glaswaren einzuführen, wo- 
gegen jedoch die Einfuhr des ordinären Glases aus 
yyBohmen*', Deutschland, Frankreich und Lothringen 
gestattet war. (Ilg. 1, c. S. 112.) 

Wenn auch nicht bedeutend an Umfang, so 
nahm die böhmische Glasindustrie gegen Ende des 
16. und Anfang des 17. Jahrhunderts doch an 
künstlerischer Vollendung der Erzeugnisse stetig zu, 
so dass unter Rudolf IL (1576—1612) das böhmische 
Glas an Zierlichkeit der Form und an Schönheit 
des Schliffes mit dem venezianischen wetteiferte. 
Erst im 18. Jahrhundert erlangte die böhmische 
Glasindustrie ihren eigentlichen Weltruhm und zwar 
durch den Glashandel. „Erst als sich der Handel 
des Glases bemächtigt und es ins Ausland verfCLhrt, 
beginnt sein Ruf, welcher sich um so schneller ver- 
breitet, je mehr die Handelsleute selbst auf die Er- 
zeugung Einfluss nehmen, sie zu vervollkommnen 
und den Anforderungen der verschiedenen Märkte 
entsprechend zu gestalten bemüht sind." (Schebek, 
1. c. S. L) 

Die nordböhmische Hohlglasindustrie konzentrirt 
sich hauptsächlich auf zwei Centren: Haida undStein- 
schönau mit einigen umliegenden Ortschaften in den 
Ausläufern des Erzgebirges einerseits und Gablonz, 
Polaun, Neuwelt und Harrachsdorf in den Ausläufern 
des Riesengebirges anderseits. So bilden die Aus- 
läufer beider Gebirge die Pflegstätten einer Industrie, 
welche vor allen anderen die Bedeutung der böhmi- 
schen Industrie überhaupt begründet hat. Schon 
frühe wurden in diesen Gegenden zahlreiche Glas- 
hütten erbaut und im Betrieb erhalten; es ist aber 
schwer, festzustellen, ob sich dieselben — und welche 
von ihnen — in diesen frühen Zeiten auch schon 
mit der Hohlglaserzeugung beschäftigt haben. Jeden- 
falls war die Glasraffinerie in den seltensten Fällen 
mit der Hütte verbunden, sondern war eine gross- 
artige Hausindustrie und in der späteren Zeit sind 
zahlreiche Hütten entstanden — besonders in den 
Ausläufern des Riesengebirges — die sich nur mit 
der Rohglaserzeugung für die Glasquincaillerie be- 
schäftigten. 

Im Jahre 1442 geschieht einer „Glashut in silva 
Daubitz" Erwähnung und 1443 wird in Steinschönau 
eine Glashütte durch Paul Schirmer errichtet. Die 
angebliche erste böhmische Glasfabrik wird um die 
Mitte des 15. Jahrhunderts von Peter Berka von 
Duba und Lipa unter dem Tannenberg bei St. Georgen- 
thal angelegt. „Man hat aber bisher keinen anderen 
stichhaltigen Beleg dafür, als dass beim Baue der 
böhmischen Nordbahn 1867 unfern von St Georgen- 



thal alte Mauerreste und Glasschlacken zum Vor- 
schein gekonmien sind, die von dem Bestände einer 
Glashütte daselbst zeugen. Wann und von wem 
dieselbe erbaut wurde, wird aber dadurch nicht er- 
wiesen.'^ (Schebek, 1. c. S. IX.) Das Jahr 1500 sah 
im böhmischen Niederlande schon mehrere Glas- 
hütten. Das mit dem Jahre 1514 beginnende Stadt- 
buch von Ereibitz berichtet über einen Yerkaufsakt, 
nach welchem im Jahre 1514 Veicz Glaser, Richter 
zu Ereibitz, an den Juden in Auscha eine Schuld 
zu zahlen hatte. Zu diesem Zwecke musste er seine 
Glashütte seinem Sohne Jörg Glaser für 100 Schock 
Schwertgeld verkaufen und zwar „in alter Gerechtig- 
keit und Freiheit, Yne sie schon seit hundert 
Jahren^^ bestand. Es muss somit die Glashütte 
mindestens schon im Anfange des 15. Jahrhunderts 
bestanden haben. Das Jahr 1530 sah in Falkenau 
bei Haida durch die Glasmacherfamilie Schürer, die 
nachherige geadelte Familie „von Waldheim^', eine 
Glashütte erstehen. 1558 erbaute Hans Schürer eine 
Glashütte im Dorfe Labau bei Gablonz („Anno 1558 
ist die Glashütte zu Laba durch Hans Schürenem 
von Waldheim erbaut worden^'; aus der Familien- 
chronik der Schürer von Waldheim), welche durch 
die Familie Schürer von Waldheim bis zum Jahre 
1706 geführt wurde. Um 1540 oder 1560 soll auch 
durch einen Schürer (nach anderen aber schon 1492 
durch Ernst von IJjezdetz, Besitzer von Starkenbach) 
in Rochlitz an der Iser eine Glashütte angelegt 
worden sein, die jedoch später nach Sahlenbach 
und Seifenbach verlegt wurde. Da die Zufuhr des 
Holzes nämlich oft wegen Mangel an Strassen be- 
schwerlich war, so baute man früher noch keine 
so festen Glasfabriken wie jetzt, sondern man er- 
richtete nur einen Schuppen oder eine Hütte, worin 
man den Glasofen aufstellte und so lange Glas ver- 
fertigte, als Holz in der Nähe war; daher der Name 
„Glashütte.** Wurde es beschwerlicher, das Holz 
zuzufahren, so wurde die Hütte samt dem Ofen ab- 
gerissen und weiter in den Wald gebaut, wo das 
Holz nahe war. In der Stadt Hohenelbe wurde, 
wie urkundlich sicher gestellt ist, bereits um das 
Jahr 1536 Glas erzeugt In Reiditz, einem Dorfe 
zwischen Hochstedt und Tannwald, bestand schon 
lange vor dem Jahre 1577 eine Glashütte. Fast um 
dieselbe Zeit wird eine Glashütte in Erinsdorf bei 
Schatzlar genannt, die am 11. Januar 1561 ab- 
brannte, aber bald wieder aufgebaut wurde und so- 
dann Jahrhunderte hindurch fortarbeitete. In Grün- 
wald bei Gablonz war wahrscheinlich in den Jahren 
1540 — 1547 durch Adam von Wartenberg eine Glas- 



BÜCHERSCHAU. 



hatte errichtet worden. Als erster Hüttesmeister wird 
Georg Waoder, ein Schwede, genannt. Von diesem Boll 
die Hatte im Jahre 1 &36 in so blühenden Zustand erhoben 
worden sein, daes der Schwede auf des damaligen k. k. 
Rates und Kanzlers Christoph Büi^heimer von Birken 
Empfehlung im Jahre 1599 in den Adelsstand er- 
hoben wurde, eine offenbar auf Familientradition in 
derPhysikalischenBeschreibung des Bunzlauer Kreises 
TOE Job. Leop. Wander von Grünwald beruhende 
Nachricht, die durch die nachfolgenden urkundlichen 



Angaben sehr an innerer Wahrscheinlichkeit ge- 
winnt. (Hallwich, Kordböhmen auf der Weltaiiaatel- 
Imig in Wien. 1873. V. Heft. S. 31 Anm.) Um das 
Jahr 1600 wurde auf das Geheiss des Freiherm 
Melchior von Bädern (f 161)0) oder dessen Witwe 
Katharina am Ursprünge des Lantschneibaches bei 
Beichenberg eine Glashütte erbaut, um die sich schon 
im Jahre 1604 ein ganzes Dorf, Eriedrichswald, aus- 
breitete. 

(Fortsetzung folgt) 



BÜCHERSCHAU. 



F. 8. Ueyer, Die Liebhaberkünste (SeemantiB kanst- 
gewerbliche Handbüclier Bd. V. Vollständig in 7 — 
8 Lieferungen k 1 Mark). Liefg. 1. 
P. — Die kunstgewerbliclieu Handbücher des See- 

niannschen Verlages haben durch die Zweckmässigkeit 

der Anlage nnd den Ton, welcher sich gleichweit von 

tibergrosaer Gelehrsamkeit oder Gelehrtthnn, wie von der 

Plattheit älinlicher 
Dntemehmnngen 

entfernt hält, all- 
gemeinen Beifall 
gefunden. Hier 

wird Handwerkern 

und Pnbliknm ge- 
rade das geboten, 

was der eine von 

der Geschichte sei- 
ner Kunst, der 

andere ausserdem 

von der Technik 

nnd den Herstel- 



wissen will und zu 
wissen nötig hat 
Der neueste 
Band, von dem erst 
eine Lieferung 
vorliegt, geht nach einer Richtung weiter: er will niclit 
nur belehren und Anskunft geben, sondern vor allem zu 
eigener Thätigkeit auf künstlerischem Gebiet Anregung 
geben. Der Verfasser, dein die Reihe der Handbücher 
bereits zwei Bände verdankt, äussert sich darüber in der 
Einteitnng so hübsch, dass wir ihm gern liier das Wort 
erteilen. Es sagt: 

„In Bezug auf die Kunst giebt es di'eierlei Menschen. 
Die einen beküminei-n sieh gar nicht nm dieselbe, sei es 
ans Unzulänglichkeit und \'erständuislosigkeit, sei es 



SchmnckkSstobeii, eatwoHen von Dir. H. Oütz. (Bad. Oewecbeztg.) 



aus Mangel an Zeit nnd Gelegenheit oder ans irgend 
einem anderen Gmnde. Das ist die „misera plebs", die 
aber darum noch nicht unglücklich zn sein braucht Die 
anderen bringen ihr ein offenes Herz entgegen und haben 
ilire Freude an derselben, wenn sie anch nicht selbst 
ausübend nnd selber schaffend sich an ihr beteiligen. Zn 
diesen zählt die Mehrheit der Menschheit nnd der ge- 
bildete Teil schon 
deswegen, weil 
eine gewisse Em- 
pfänglichkeit für 
die Knnst eben zur 
allgemeinen Bil- 
dung gebort. Die 
dritten legen sel- 
ber Hand ans 
Wei'k und lassen 
die Gebilde der 
Kunst erstehen, 
die wirklichen 
oder die vermeint- 
lichen, zur Bewun- 
derung oder zum 
Schrecken der an- 
deren und der 
dritten. 

Diese dritten 
scheiden sich wieder in zwei ungleiche Lager, zwischen 
denen eine scharfe Grenze nicht besteht. Auf der 
einen Seite stehen die Künstler von Gottes Gnaden 
und die von Beruf, auf der anderen die Liebhaber, die 
Dilettanten, wie man dieses Heei- zu nennen pflegt. 

Die letzteren treiben die Knnst zum Vergnügen, 
zum Zeitvertreib in müssigen Stunden, Hat doch jeder 
sein Steckenpferd, das er zu reiten pflegt, und die Kunst 
ist gewiss nicht das schlechteste. 

Unsere Liebhaber werfen sich anf die liolu Knnst, 




Motiv für dekorative Malerei, 

Von M. LüaaBR. 



n VorbUdBTn für büaal. Kunsti 




e filv 'riioLiiLialeri'i iiu Siimi' dor antike» Vai 
Von Th. KHArTM. 



AUB den Vorbildern für banal Kuniiarlieile 



K u iiälg« wetbebl alt. 



BÜCHERSCHAU. 



weno sie hoch hiDans wollen; sie malen ihrer Phantasie 
Qebilde in Öi nnd in Wasser. Wenn sie bescheidener 
sind , kopiren sie die Natnr nnd die Kunst anderer. 
Oder sie bleiben mehr beim Handwerk und verlieren 
Schalen nnd Töpfe, Kasten nnd Schachteln, Teppiche 
nnd Tischtücher; sie sägen nnd schneiden im Holz 
hernm, kneten in Le- 
der nnd Kantschnk, 
säuren die Hetalle 
und Steine an oder, 
wenn sie der eigenen 
Kraft noch weniger 
vertrauen, pressen 
sie Blumen, ziehen 
Bilder ab nnd trei- 
ben älmliche Scherze. 
Vornehmlich sind es 
die Franen, welclie 
diesen kleinen Kün- 
sten huldigen, sei es, 
weil sie mehr Sinn, 
sei es, weil sie mehr 
Zeit fSr dieselben 
haben als der Uanu. 
Wer dieses geschäf- 
tige Wirken ohne 
Vornrtflil betrachtet, 
der wird es als zu 
Secht bestehend gel- 
ten lassen. Spinnen 
nnd Stricken lohnen 

sich heute nicht 
mehr. Kochen und 
T^ikhen kann man 
anch nicht den gan- 
zen Tag, and wer 
keine Hansbai tung 
hat, kann sie anch 
nicht fahren. Jeden- 
falls sind die Lieb- AlbomdBckel in Kerb, nnd 

haberkünste eine 
bessere Beschäftignng nnd Erholung, als das Schlagen 
der Kaffeeschlachten nnd das Verschlingen ungezählter 
und angewählter Romane. Es mutet uns wohl an, wenn 
wir auf dem Fensterbrett der Landleute den beliebten 
Flor von Fuchsien, Oeranien nnd schön fWsirten Meer- 
zwiebeln finden, weil sie einen Bückschluss ziehen 
lassen auf das Gemfit ihrer Pfleger. Und so wird es 
nns anch wohl anmalen müssen, wo wir das BlUmlein 
Knnst in sorglicher Pflege finden. Nicht jeder kann 
Palmen im Gewächshaus pflanzen, darnm soll man anch 
dessen achten, was der Kleine im Kleinen erreicht oder 
wenigstens zu erreichen sucht. 

Für solche Liebhaber der Kunst ist dieses Buch 
geschrieben, also in erster Linie fUr die Frauen. Das 



Buch will nicht etwa die Knnst lehren; das kann man 
mit Biichern kaum, und wenn man es kann, so wäre 
dieser Weg jedenfalls der umständlichste. Es setzt das 
nötige Stück angeborenen Talentes nnd durch die Er- 
ziehnng gewonnenen künstlerischen Empfindens voraus. 
Es will nicht einmal die Handfertigkeiten des Zeichnens 
und Malens lehren, 
denn diese lernen 
sich in einer ordent- 
lichen Schule und an 
der Hand eines ent- 
sprechenden Lehrers 
ebenfalls viel leich- 
ter, als es an der 
Hand eines Buches 
möglich wBre. Das 
Handbuch setzt also 
im allgemeinen anch 
eine gewisse Qelän- 
figkeit im Zeichnen 
und im Malen vor- 
aus. Vielleidit fr!lgt 
nun die geneigte 
Leserin oder der ge- 
neigte Leser: Ja, was 
will denn das Buch 
eigentlich? 

Es will zeigen, 
dass man die Kennt- 
nisse des Zeichnens 
und Malens praktisch 
verwerten kann in 

Anwendung auf 
allerlei Technikes, 

vermittelst deren 
man die mannigfach- 
sten Gegenstände 
seines Heims, das 
Gerät nnd den Zierat 
Flaohachnitt von F. DOM. ^^^ Wohnnng ZU 

schmücken nnd 
künstlerisch anzuhauchen vermag. Es will aufmerksam 
machen auf jene kleinen Kniffe nnd Praktiken, auf die man 
schliesslich selber verfällt, die man aber leichter findet, 
wenn mau sie nicht erst zu suchen kraucht. Es soll die 
nötigen Winke geben in Bezug anf die Werkzfuge und 
das Material. Es soll verschiedene Ifcxcptc anfuhren zn 
Dinj^n, die man bequem und billig selber anfertigen 
kann, wenn man nicht vorzieht, sie zu kaufen. Das 
Bach wird femer eine Anzahl von Illustrationen auf- 
nehmen, weiche teils zur Erläuterung und bessern Ver- 
anachaul ichung des geschriebenen Wortes bestimmt sind, 
teils auch als Vorbilder dienen können oder als Motive 
für die Ausübung der eiuiselnen Techniken. Da die Zahl 
dieser Vorbilder eine verhältnismässig beschränkte bleiben 



8 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



mns8, wenn der Bahmen des Buches nicht überschritten 
werden soll, so wird es darauf hinzuweisen bedacht sein, 
wo anderwärts das Passende zu finden ist. Es wird die 
Spexiattüteraiur namhaft machen, soweit eine solche 
vorhanden und dem Verfasser bekannt ist Schliesslich 
wird es zur Schrißverxierung^ die ja in der künst- 
lerischen Ausstattung von Haus und Gerät von jeher 
eine Rolle gespielt hat, geeignete Zierschriften beigegeben, 
und wo die Benutzer des Buches nicht dem eigenen 
Gedankenfiug und dessen poetischer Formgebung den 
Vorzug einräumen, da wird eine Anzahl alter und neuer 
Sprüche zur Auswahl stehen". 

Wieweit der Verfasser seine Versprechungen ge- 
halten, ist nach der ersten Lieferung natürlich nicht zu 
beurteilen; aber wir sind sicher: er wird sie halten! 
Das aber steht jetzt schon fest — wie das nach an- 
deren Arbeiten des Verfassers nicht anders zu erwarten 
war — praktisch ist das Büchlein angelegt, eminent 
praktisch, weil hier ein Mann spricht, der mitten drin 
steht in künstlerischer Thätigkeit, ein ganzer Künstler 
ist. Niemand wird auch nur einen Bogen des ersten 
Heftes lesen, ohne Nutzen daraus zu ziehen, wozu nicht 
zum geriAgsten die ganz vortrefflichen Abbildungen das 
Ihrige beitragen. Möchten alle Freunde der Kunst, 
aktive und inaktive, sich das erste Heft ansehen; über 
die folgenden und was sie bringen, werden wir später 
berichten. 

Im Anschluss daran lässt die Verlagsbuchhandlung 
eine Sammlung von Vorbüdem für lumsliche Kunst- 
arbeiten erscheinen, welche das Handbuch ergänzen sollen. 
Dieselben werden nur Entwürfe neuerer Künstler bringen 



und allen Anforderungen, welche man heute an derartige 
Vorbilder stellen darf, gerecht werden. Die Tafeln 3 
und 4 dieser Nummer bieten Proben derselben; der 
Subskriptionspreis für die ersten 6 Lieferungen ist 
6 Mark; doch sind die Lieferungen auch einzeln zu 
1 M. 50 käuHich. 



Japanische Vorlagen, Unter den japanischen Muster- 
büchern, welche die Firma Paul Bette in Berlin im 
Abendlande vertreibt, ist eines der inhaltsreichsten, das 
mit Nr. 8 bezeichnete, welches lauter einfarbige Flächen- 
muster (für Stoffe) enthält und eine Menge Motive auf- 
weist, welche auch bei uns sich einbürgern konnten. 
Das Buch enthält ausser den vierzig Seiten mit je drei 
bis sechs Mustern eine Art Anleitung zum Zeichnen der 
Muster, die bei ihrer scheinbaren Regellosigkeit in be- 
stimmte Flächen eingeordnet sind, wodurch sie sich erst 
zur Verwendung als endloses Flachomament eignen. 
Das Buch kostet in Deutschland 4 Mark Neben diesem 
hat die obengenannte Firma noch andere Studienbücher 
mit Motiven, wie sie zu Lackarbeiten und zu Porzellan- 
malerei verwendet werden, auf Lager. Nr. 3 in grossem 
Oktavformat enthält eine Beihe prächtiger Pflanzen und 
Tierstudien (meist Vögel) die in drei bis vier Farben 
ausgeführt und meisterlich gezeichnet sind (Preis 7 M.). 
Nr. 7 in gewöhnlichem Oktav ist etwas gröber ausge- 
führt und weit weniger sorgfältig gezeichnet und ge- 
druckt (Preis 3 Mark). Nr. 14, ein kleines Oktavheft 
mit ähnlichen Motiven, sorgfältiger und feiner als das 
vorige. (Preis 4 Mark.) Aus Heft 3 bringen wir einige 
Probestücke. 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



Getriebene Süberplatte (zu der Kupfertafel). Wieder- 
holt haben wir Arbeiten in Abbildung gebracht, welche aus 
der Werkstatt von L, Posen Ww. in Frankfurt a/M. hervor- 
gegangen sind. Heute bieten wir eine neue Arbeit der Firma, 
eine silberne Platte, getrieben und ciselirt von Äl. Mair. 
Die Platte, deren Beschreibung uns die Abbildung Überhebt, 
ist als Prunkstück zum Aufstellen gedacht, in der Art wie 
ähnliche Arbeiten aus der Blütezeit der Renaissance mehr- 
fach gehalten sind. 

Erwiderung, Nach einer Erklärung in der Köln. Volks- 
zeitung findet der Historienmaler und Konservator des 
Museums Wallraf-Richartz zu Köln Herr J. Niessen in dem 
Artikel des Herausgebers über „das Kunstgewerbemuseum 
zu Köln" schwere Vorwürfe gegen die Verwaltung jenes 
Museums. Er findet dieselben laut brieflicher Mitteilung an 



die Redaktion in dem Passus „wäre die Leitung des Instituts 
von vornherein in richtige Hände gelegt worden, so be^lsse 
Köln heute etc." Dass darin kein Vorwurf für den gegen- 
wärtigen Leiter des Museums liegt und liegen soll, zeigen 
die Worte „von vornherein": das Museum ist eben von An- 
fang an ganz einseitig geleitet worden, indem im wesentlichen 
nur Bilder angekauft sind, alle übrigen Abteilungen mehr 
oder weniger vernachlässigt sind. Das wird jeder Vorurteils- 
freie auch aus den Worten des Artikels herauslesen. Dass 
übrigens, wie Herr Niessen am Schluss seiner Erklärung 
behauptet, die Erwerbung kunstgewerblicher Gegenstände 
nicht prinzipiell ausgeschlossen war, beweisen einzelne gele- 
gentliche Ankäufe für diese Abteilung, auf welche in un- 
serem Artikel auch hingewiesen ist. 

Die Redaktion des Kunstgewerbeblattes. 



1 japanischen Muaterbuche. (A.) 
(Padl Bbtte. No. 7). 



AuB einem japaniachen Musterbuche. (B.) 
(Paul Bbtti. No. 7). 



^B«^«i— ■~"^i?^^"^"**"^S«~»ir""*»»^~«^S!>^^««"*" 



^— i«— ■■»• 












BERLIN S.W. 



IS » • L 



Ü1EM.^HME GAÜTZEE SAMMLXnTGESr 



sowie 



EnrZELITEIl BEITEÄSE 

von Oelgemälden, Kupferstichen, Aquarellen, Büchern, Auto- 
graphen, Münzen, Antiquitäten, Kuriositäten, Musikinstrumenten, 

Kunstmöbeln etc. 



Zum Verkaufe durch Auktion ohne Aufschlag vom 

Käufer zu erheben. 



•\/.^ ^^^^ /•■S^" 



KATALOGE 

werden Interessenten fortlaufend gratis gesandt, doch 

wird um genaue Angabe der Branchen gebeten, um un- 
nütze Versendungen zu vermeiden. 



Anfragen werden bereitwilligst erledigt. 



•.I 



'^^'^m^^'w^' 




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1 



j5er)><t'f)»e l^fttfl g gftwftftt itg, gfrcie ura i m gttis fl«a. 



Sotben ift «rfi^ienen unb buri^ qQc iöuifi^onblungtn ju beiie^fti; 

«(tffel,@t.,s. J., ^ic»«ufwt>fttnfl oeÄ 9MlttcIttltctS. ©tubieübet 

bie Htr^e be3 !&I. Bieter ju Sanlen. öaii. — ©elbroert^ unb 9(ri)eitS= 
lo^n. — ätuSfiottung. 3Rit Stböilbungen. 310^1*6 "«""e^i'e uub Der* 
beHerte «uSgabe. gt. 8«. (XVI u. 614 ©.) M. 7.50. 



Erwiderung 

r „Kunstchronik" erschienene Recenaon der 
1 goldenea Schnitt. 

Von den in gen. Kritik als: ..grobe Irrtümer" beieicimeteD Stellen ist hinsicht- 
lich der folgenden diese Bezeichnung unbegründet: 

1) Tempel der Gnaden" pag. 181 = wörtl. tJebors. von: „templo delie ^razic" 
pag- 33. ÜaB Wort: „Grazien" statt ..Gnaden" =■ Ungleichförmigkeit der 
Kedaktion. 

2) .Augustua" pag. 185 — Druckfehler zuf, Text pag 36. wo: „Aogustinus" 
steht, 

3) „Tuderliner Stadt" pag. 187. — wörtl. Uebers. von: „citta tudertiaa" pag. 38. 

4) „Maglino" pag. 318 — Druckfehler zuf, Text pag. I4Ö. wo: „MagUano" sieht. 
51 „San Scetro" pag. 354 =■ wörtl. nach Test pag. 94. 

6) „Sanctum'- pag. 287 wörtL Uebers. von „Sancto", Text paa. 123. i 

7) „Connetable" pag. 202'=correap. Ausdruck vom „conteslabil" Text pag. 120, I 
da ein deutscher fehlt u. eine Verwechselung auf Grund des Zusammen- | 
fugs nicht stattfinden kann. 

■B) Dee S at e o » p ag. 188: „Zu unsem Zeiten giebt es weni^ gnte Mathematiker, ! 
weit dieSeltenneit guter Lehrer« Schuld daran ist. zugleich mit dem Schlünde I 
Schlaf und müasiger Feder und zum Teil .Schwäche der modernen Geister'' i 
^'*Örtl. mit Absicht beil)ehaltene Uebers. des schwerfälligen Paeioü'sehen 
Satzbaues pag. 39. ..jierche lu rivrita de buoni preceptori ne fia cugione, ■_ 
con la gola sonno e otiose piume in parte 1a debUita de li recentiori ingegni." ' 
Dem Becensenten wird dagegen zugegebei 
1) Gitto-Grnea --- "" ' ^" 



e Adrawan- 



2) „Isidoms" st. .Jsidoros" 



pag. 
t-. .Jsi 



d dagegen 
^1. St. Bip 






' pag. 190. 



W. 



Verlag des Litltrulscheii Jahnsbericbts 

(Arthur Seemann) Iieipaiff. 



Soeben erschien; 

Bilderatlas 

berausgegeben Ton 
Dr. K. EuKelnuiDn. 

I- I XI. 

20 Tafeln und Test ItiTafeln undText 

cart. M. 2.—. I cart M. 2.—. 
BeldeTheRe Oart M.3.60, geb. M. 4.—. 

Von der Anschauung ausjceherid, 
dass der griechische Geiat nicbt nur 
in den Scluiftquellen, sondern »uch, 
und swor vornehmlich in der bilden- 
den Kunst KU tindeii sei, hat der Ver- 
fasser die Zusammenstellung der an- 
tiken Darstellungen homeriecber 
■Scenen unternommen und hofft damit i 
allen Freunden des homerischen Ge- . 
dicht« einen Dienst 



^c^rtffen von Henriette ^avxbx^: 

XreijEljntc, burEf)auö »crbqFcrtc aiuilai;e. ^corbdtet uiib ^ctauSiiegfbcn noii emm« Atint, 
^reiS bru[d)irl 5)i. 3.75; ffin gclMiiib'cn m. 4.50; leid) gcbunbra mit ©olbfi^nilt SÄ. 5.50. 

Per Beruf bcr Jungfrau. 

f ine ^itgit6e fftt %^itx bei igtem f inttiit titd Jit6m. 
9}on grariette Ilatiioto. 

©fte, l):ird)gcli;l)viie unb Oevbrficclc «uflage. 5vin ncbimöon mit (Sulöft^nill OT. 3.80. 

puppenföd^in 2lnna. 

'^wltift^M ,^oißtt(9 für aCeine tieU '^ä^en. 

Sfil fnvb. Jitdbilb. ÄicticMc aiuflnac. ISIcg. tait. 1 matt. 

puppcnmuttcr Unna 

ober mit |li$ Annit ßefi^äftigt untt t^rm '^wpvetxf^ansf^att fü^rf. 

9iebft etäiiE)Iun(ieii für SRäbdieti Don 8—10 Sa^icii 

bon Henriette Sfavibifi. 

Wh 4 ^nr&eiibnirfcii iiurf) Sliiimrdli'u mm IS. ftcülcr. SGiDvit 'aufloae, beavbcilcl uun emutit l^ch». 
^11 iatbiflcm Itovlonbana 2 SKoit. 

JEterlag lian €. %. ^ccmaim In 3Ccip5i0. 

Hierzu je eine Beilüge von der Verlags an stnlt flir KoDst nud Wisse nsthaft in Mfinchen 
und von Velbagen & Klusing in Bielefeld und Leipzig. 






NORDBÖHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN. 

Von ALBERT HOFMANN, Reichenberg. 

IV. 

DIE NORDBÖHMISCHE HOHLGLASINDUSTRIE. 

(Schliwa.) 



Im 16. und 17. Jahrhundert nahmen 
I sich die AdUgeii sehr der Glas- 
I hütteo an, um ans ihren hedeuten- 
I den Waldungen grösaeren Nutzen 
ziehen und dann , weil die 
I Glasindustrie Oberhaupt emen 
iihwarf, wie die Bodenkultur. So 
bildete der ganze, hinter Gablonz gelegene Teil der 
Herrschaft Klein skal noch einen einheitlichen grossen 
Waldkomplex, iu welchem die heutigen blühenden 
Ortschaften Gi-üuwald, Johannesberg, Wiesenthal 
und Morchenstern noch nicht be.stauden. 'Ea scheint, 
dass zwischen 1543 und 1547 von Adam von Warten- 
berg die ersten Schritte unternommen worden waren, 
diese Gegend durch Be.fiedelung mit Glashütten 
einer grosseren Fruktifizirung entgegenzulühren. Die 
erste dieser Hütten, zugleich die erste des ganzen 
Iser- und Rieseugebirges, war die zu Grilnwald, „im 
griinen Wald"; die Arbeiter der Hütte scheinen 
Deut'^cbe ans der Gegend von Haida gewesen zu 
sein. Diese Annahme li^ um so näher, als die 
Wartenberge in der Gegend von Haida grosse Be- 
sitzungen hatten. (Die Herrschaften Böhmi.sch-Leipa, 
Kamuitz u. s. w.) Da auch noch die Institution der 
Leibeigenschaft in vollem Masse bestand, so war 
eine Überweisung von Arbeitern von Venvandten 
leicht zu bewirken. Die spätere Einwanderung aus- 
ländischer Arbeiter ist nicht ausgeschlossen. Die 
von der GrÜnwalder Hütte beschäftigten Glasraffi- 
neure, die Glasschleifer, Glasmaler und Gla.sschneider 
wohnten iq Gablonz, da die GrÜnwalder Hütte ohne 
jede weitere Ansiedelung war. (Adolf Benda, Ge- 
schichte der Stadt Gablonz und ihrer Umgebung. 
SunatgewerbebUtt. N. F. I. 



Gablonz, 1877. S. 32 ff.) „Nach dem Jahre 1547 
kann die Errichtung der GrÜnwalder Glashütte — 
von Wartenbergem wenigstens — wohl deshalb 
nicht erfolgt sein, weil in dem genannten Jahre die 
dem Adam von Wartenberg gehörenden Güter Klein- 
skai, Rohozec, Friedetein und Böhmisch-Aicha kou- 
fiszirt wurden wegen Beteiligung ihres Besitzers an 
dem Aufstande der protestantischen Stände wider 
König Ferdinand I. Der protestantische Adel Böh- 
mens hatte sieh im Vereine mit den Städtebürgem 
1517 erhoben, um in Verbindung mit dem deutschen 
Fürsten Johann Friedrich von Sachsen eine grossere 
Unabhängigkeit und freiere Keligionsübung zu er- 
langen. Dieser Füi-st wurde aber in der Schlacht 
bei Mühlberg (24. April 1547) geschlagen und ge- 
fangen, worauf auch das böhmische Rebellenheer 
auseinanderlief. Bei dem daim vorgenommenen Straf- 
gerichte war Adam von Wartenberg einer der 31 
Edelleute, welche mit Güterkonfiskation, Geld- und 
Gefängnisstrafen belegt wurden." (Benda, 1. c. S, 34.) 
Eine schwere Schädigung für das höhmische 
Industrieleben brachten die langen Wirren des 30 jäh- 
rigen Krieges. Böhmen hatte das Unglück, ein Haupte 
schanplatz der kriegerischeu Wirren zu werden. Die 
gänzliche Absorption sowohl an materiellen Mitteln 
wie an Arbeitskräften brachte nicht nur für die 
Dauer des Krieges eine völlige Stagnation hervor, 
sondern erzeugte noch auf lange Zeit hinaus eine 
völlige Lähmung des Industrielebens. Hierzu trug 
auch nicht zum geringsten Teile die Gegenreforma- 
tion bei, durch welche die intelligentesten Kaufleute 
und die geschicktesten Handwerker vertrieben wurden. 
Eine Einwanderung neuer Kräfte aus dem protestan- 



10 



NORDBÖHMISCHE KÜNSTINDÜSTRIEN. 



tischen Auslände fand infolge des Religionszwanges 
nicht statt. Doch mit Maria Theresia und Joseph 11. 
kam eine neue Ära herauf, eine Ära der Blüte, an 
welcher der Verlust Schlesiens an Preussen nicht 
den geringsten Anteil hatte. Industrie und Handel, 
fast ausschliesslich durch Deutschböhmen gepflegt, 
lebten wieder auf. Die Glasfabrikation errang in 
diesen Zeiten ihren Weltruf. Die Bezirke Haida, 
Steinschönau und Gablonz mit Neuwelt prädominiren. 
In diesen Bezirken blühen Raffinerie wie HandeL 
1680 entsteht eine Hütte zu Harrachsdorf, 1690 die 
„Neuhütte" bei Prichowitz und 1701 die Hütte in 
St. Antoniwald an der Iser. Diese Daten werden 
bestätigt durch eine Semiler Urkunde vom 24. Juni 
1707, mit welcher Graf Ferdinand Ignaz Desfours 
erklärt, dass seine „lieben und getreuen ünterthanen 
Christian und Gottfried Preussler in unlängst abge- 
littenem 1699. Jahre, den 1. Juni, bei dem vor 
etlichen Jahren angelegten Dorfe Balaun (Polaun) 
ein Stück Wald abgekauft, wie denn auch anjetzt 
am 13. Juni laufenden 1701. Jahres abermalen noch 
ein Stück Boden und Wald zur Erbauung einer 
neuen Glashütte, St. Antoniwald an der Iser ge- 
nannt, käuflich an sich gebracht." (Hallwich, L c. 
S. 31 und Anmerkung.) 

Alle diese Hütten waren meistenteils nach dem 
ältesten Vorbilde noch leichte schuppenäbnliche Ge- 
bäude, weit ab von den Verkehrsstrassen, inmitten 
dichter Wälder stehend. Erst mit der zunehmenden 
Verbesserung der Verkehrsmittel, insbesondere seit 
Anlegung guter fahrbarer Strassen entschloss man 
sich zur Anlage ansehnlicher Glasfabriken in mo- 
numentalen Gebäuden an den verkehrsreichsten 
Punkten. 

So entstand in einem malerisch schönen Thale 
des Riesengebirges ; zwischen dem Milnitz- und 
Murraelbache die Graf Harrach'sche Glashütte, welche 
ausser 350 Arbeitern ohne die Holzschläger 130 mit 
der Raffinerie des Glases beschäftigte Arbeiter und 
ausserdem noch die meisten Insassen der Ortschaften 
Neuwelt, Harrachsdorf und Seifenbach mit 1800 
Seelen, teils durch Tagarbeit, teils durch Holzfällen 
einen Erwerb finden lässt. Die ersten Nachrichten 
über die Fabrik stammen aus der Mitte des 16. Jahr- 
hunderts; um 1550 wurde von einem gewissen 
Donath zu Niederrochlitz eine Glashütte erbaut, die 
im Laufe der Zeit nach Sahlenbach und einige Zeit 
darauf nach Seifenbach verlegt wurde, angeblieh 
wegen Holzmangel. In letzterem Orte wurde sie von 
den Gebrüdern Müller, von welchen der eine Seel- 
sorger war, umgebaut und erhielt daher ihren Namen 



„PfaflFenhütte". In Seifenbach wurde die Hütte bis 
1732 betrieben, dann nach Neu weit verlegt und hier 
wieder bis 1764 durch den einen der Brüder be- 
trieben. In diesem Jahre erwarb Graf Ernst Guido 
von Harrach die Hütte um 3400 fl. und betrieb sie 
selbst Im Verlaufe des 18. Jahrhunderts eröffnete 
sich dann die Hütte den türkischen Markt, der haupt- 
sächlich mit halbgeschliffenen, geschnittenen und 
vergoldeten Glasgattungen beschickt wird. Die 
Haidaer Handelshäuser Hölzel, Knechtel und Vogel, 
welche Glasniederlagen in Konstantinopel und Smyma 
errichtet hatten, entzogen indessen der Harrachschen 
Hütte die Kundschaft für das raffinirte Glas. Auch 
noch in anderer Richtung bereiteten sich Verhält- 
nisse vor, welche für die Fabrik schädigend werden 
sollten: nach und nach zogen sich Rochlitzer und 
Neuweiter Maler in die Gegend von Haida, lun dort 
ihr Geschäft mit mehr Gewinn zu treiben. Daneben 
aber bildete sich noch eine Gesellschaft von Glas- 
malern, welche besonders den Handel nach Russland 
und Polen zu kultiviren suchten, ein Unternehmen, 
welches, wenn es auch schliesslich an Mangel jeg- 
licher Mittel und Energie scheiterte, der Fabrik doch 
zahlreiche Aufträge entzog. Da die BestelluDgen 
auch anderweitig abnahmen, so entschloss sich der 
Besitzer, die Fabrik in Pacht zu geben. 1788 über- 
nahm sie Anton Erben ; doch scheint auch er wenig 
Erfolg gehabt zu haben, denn als er 1795 starb, 
konnte kein Pächter als Nachfolger gefunden werden, 
weshalb sich Johann Graf von Harrach schon mit 
dem Gedanken trug, die Fabrik ganz eingehen zu 
lassen. Indessen der damalige Herrschaf tsinspekfcor 
Martin Kaiser, eine unternehmender und weitblicken- 
der Mann, wusste den Grafen zu bestimmen, noch 
einen Versuch mit eigener Regie zu machen. Der 
Versuch gelang so günstig, dass man sich nicht nur 
zum Fortbetrieb entschloss^ sondern, dass sich die 
Fabrik allmählich auf eine solche Höhe herauf- 
arbeitete, dass sich die Regierung 1803 veranlasst 
sah, die Leiter auszuzeichnen. Von da an steigerten 
sich die Erfolge der Fabrik stetig und eigene Er- 
findungen oder glückliche Nachahmungen verschaff- 
ten ihr einen weithin geachteten Ruf. Die Erzeugung 
von farbigem Glas vom Jahre 1732 ab, von Bein- 
glas und von gemalten und vergoldeten Gläsern von 
1780 ab fiel noch in die Zeit der Ratlosigkeit. 
Jedoch 1814 war ihre Krystallerzeugung eine vor- 
zügliche; 182G gelang es der Fabrik, die von den 
Franzosen erfundene Einglasung von Pasten mit 
Glück nachzuahmen; 1828 wurde das rubinplattirte 
Glas (wohl Überfangglas) zuerst dargestellt. Es 



NORDBÖHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN. 



11 



folgten das Überfangen mit anderen Farbengläsern 
und die mannigfaltigsten und zierlichsten Bearbei- 
tungen dieses Artikels im Schliff, in der Gravüre, 
Malerei und Vergoldung. In die Jahre 1827—39 
fällt die künstliche Nachahmung von Edelsteinen 
durch farbige Glasflüsse. Aus letzteren wurden dann 
später Hohlglasobjekte der verschiedensten Art ge- 
blasen, wie z. B. die Gläser aus sogen. Lsabell-Kom- 
position. 1839 beginnt die Darstellung des vene- 
tianischen spiralförmigen und des musselinähnlichen 
Glases. 1842 wurde das erste Rubinglas (Kunckel- 
rubin), aus offenem Hafen mit Goldpurpur geförbt, 
erzeugt; 1845 gelangte das erste Eisglas nach Vene- 
tianer Art unter dem Namen Vermezell-Glas durch 
die Fabrik in Wien zur Ausstellung. Im Jahre 1846 
bildeten die Glanzpunkte der Hohlglaserzeugung 
dieser Fabrik das brillantirte, reine und geförbte 
Krystallglas, das milchgefarbte Glas mit und ohne 
Vergoldung, Metallauflage und Malerei, dann das 
agatirte, das eingeschmelzte und das Edelstein- oder 
Onyxglas (Lythialin). Seitdem hält sich die Fabrik 
vollständig auf der Höhe der Zeit. Durch den 
schöpferischen Geist des Fabriksdirektors Pohl ge- 
wann die gräflich Harrachsche Glasfabrik in Neuwelt 
eine solche Bedeutung, dass sie ein „zweites Choisy- 
le-Roi" genannt wurde. 

Wie sehr die Harrachsche Fabrik den Industrie- 
bewegungen folgte, beweist unter anderem auch der 
Umstand, dass sie sich, als der Glasmarkt vom Aus- 
lande mit Pressglas überschwenMnt wurde, sofort 
dieses Fabrikats bemächtigte. Dieses mit Unrecht 
zuerst den Amerikanern zugeschriebene Fabrikat 
wurde schon früher, allerdings sehr roh, auf böhmi- 
schen Hütten erzeugt, konnte sich aber ein grösseres 
Absatzgebiet nicht erringen. In Frankreich wurde 
das Fabrikat zuerst in Baccarat durch Anwendung 
des Pistons vervollkommnet. Eine weitere Vervoll- 
kommnung trat in Amerika durch Anwendung von 
Metallmodeln mit guillochirtem Grunde und einer 
Schraube oder eines Hebels zum Zusammendrücken 
der Glasmasse ein; man erzielte dadurch Dessins 
von einer Feinheit und Zierlichkeit, namentlich in 
rautenförmig verschlungenen Streifen und Umrissen 
wie sie durch Schneiden und Schleifen nicht hervor- 
gebracht werden können. — Die böhmischen Fabriken, 
die sich dieses Fabrikates bemächtigt haben, er- 
reichten jedoch die Schärfe der amerikanischen Prä- 
gung nicht. 

Neben der Harrachschen Fabrik waren es in 
den Glasbezirken der Ausläufer des ßiesengebirges 
hauptsächlich die Riedeischen Glaswerke, welche, 



aus kleinen Anfangen hervorgegangen, bald immer 
mehr an Bedeutung zunahmen. Im Jahre 1774 wird 
durch Joh. Leopold Riedel eine Glasfabrik in Chri- 
stiansthal gegründet; 1829 entstand die Hütte zu 
Wilhelmshöhe, 1847 die von Unterpolaun imd 1865 
die von Wurzelsdorf, sämtliche drei durch Josef 
Riedel gegründet. Heute nehmen die Riedeischen 
Glaswerke eine der ersten Stellen in der nordböhmi- 
schen Hohlglasindustrie ein. 

Die jQlasindustriebezirke des Riesengebirges 
und die des Erzgebirges zeigen eine durchaus ver- 
schiedenartige Physiognomie. Sind es in der ersteren 
Gegend einzelne bedeutende Etablissements, welche 
die Macht der Industrie dokumentiren, so ist es im 
Erzgebirge die Summe von kleinen Hausbetrieben, 
die erst durch den Exporteur ein gewisses* Relief 
erhalten. 

Die Stilistik des böhmischen Hohlglases bewegt 
sich hauptsächlich in zwei Richtungen: Im Schliff und 
der Glasgravirung und in der Bemalung des Glases. 
Schliff und Gravüre vor allem haben den Ruhm der 
böhmischen Gläser begründet und ihr Stil drang bald 
siegreich nach allen Himmelsrichtungen vor. Beide 
Richtungen entstanden, nicht in Böhmen, denn ein- 
mal hatte bereits das frühe Mittelalter vielfach den 
Glasschliff geübt, dann aber kamen die eigentlichen 
Impulse für das Aufheben der böhmischen Glasver- 
edelung durch Gravüre und Schliff aus Italien. Als 
chrakteristischen Beweis für eine frühe mittelalter- 
liche Kunst des Glasschliffes und Glasschneidens 
werden die sogen. Hedwigsgläser bezeichnet, von 
welchen u. a. das germanische Nationalmuseum, das 
Museum schlesischer Alterthümer in Breslau und der 
Domschatz in Krakau (s. Essenwein, Krakau. S. 160 
und 161) Exemplare besitzen. Der Krakauer Becher 
zeigt einen Adler mit lausgebreiteten Flügeln, dem 
sich von beiden Seiten Löwen nähern. Er wurde 
1641 von Sigismund Pozembski der Kirche der heil. 
Hedwig zu Krakau gewidmet. Das aus dem Bres- 
lauer Ratsschatze in die Sammlungen des Museums 
schlesischer Altertümer übegegangene Glas (abge- 
bildet Zeitschrift für bildende Kunst, 1883, S. 293) 
ist ein dickwandiges, braungelbes Gefass, dessen 
Aussenseite romanische Tiergestalten eingeschnitten 
trägt. Die Stilisirung lässt den Charakter des 
1 3. Jahrhunderts erkennen. Von den beiden Hedwigs- 
gläsern des Germanischen Nationalmuseums in Nürn- 
berg, zeigt das eine den streng stilisirten romanischen 
Löwen mit Wappen, das andere den romanischen, 
einköpfigen Adler. Ob diese Gläser im Mittelalter 
in Böhmen entstanden sind, ist nicht nachzuweisen, 

2* 



NORDBOHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN. 



13 



es steht der Annahme aber auch nichts entgegen, viel- 
mehr weist die hier geübte frühe Form des sogen. 
Facettenstiles auf eine nicht gerade lose Verwandt- 
schaft hin. Für den späteren sogen. Rauten- oder 
Facettenstil mag dann die schon frühe geübte Kry- 
stallschueidekunst zahlreiche Impulse gegeben haben. 
Rudolf II. beschäftigte an seiner Hofhaltung in 
Prag eine Anzahl Künstler, welche im Schneiden 
und Schleifen von Bergkrystall hervorragten. Zacha- 
rias Beizer, Caspar Lehmann, Schwanhard, Christoph 
Schwaiger sind im 16. Jahrhundert weithin geachtete 
Namen. Die Gefösse aus Bergkrystall wurden Vor- 
bilder für die künstlerische Gestaltung der Glas- 
gefasse; Gravüre, Schliff und Schnitt gingen vom 
Bergkrystall auf das Glas über und gaben den 
Formen der Glasgefässe in Böhmen bald jenen eigen- 
tümlichen, ursprünglichen Charakter, den sie sich 
bis in die letzte Zeit bewahrt haben. Besonders 
den verwandten deutschen Gefassen gegenüber wahrte 
sich Böhmen stets seine Selbständigkeit, obgleich 
vorwiegend deutsche Kräfte hier arbeiteten. Der 
Facetten- und Rautenstil wurde allmählich zu solcher 
Vollkommenheit ausgebildet, dass die venetianischen 
Glasbläser sich bemühten, dem Verfalle ihrer heimi- 
schen Industrie durch Aufnahme der böhmischen 
Formen neue Lebenskräfte zuzuführen. Jedoch ob- 
schon die böhmischen Formen schwerer waren als 
die italienischen, obwohl das venetianische Glas 
manchmal besser und immer leichter als das böhmische 
war, prädominirte doch Böhmen. „Frankreich, die 
Niederlande und England mussten alsbald in die- 
selbe Richtung einlenken und in aller Welt domi- 
nirte das böhmische Glas mit den kleinen feinen 
Bildchen in Schliff oder Schnitt ausgeführt. Das 
facettirte Glas verdrängte immer mehr nun die ältere, 
blumenkelchartige Form, dazu kam die Vergoldung, 
welche teils die Ränder umsäumte, teils aber nach 
uralter Art in Gestalt von Blattgold zwischen zwei 
Glaswände eingeschlossen und nach einer Zeichnung 
ausgeschnitten vorkommt. Der Reiz der Farbe geht 
immer mehr verloren, nur dass manche Gravirungen 
auf solchen Gläsern schwarz ausgerieben wurden 
(namentlich jene, welche man nach französischen 
Kupferstichen mit Chinoiserien im Ornament zu 
zieren liebte) und später das Rubinglas im Vereine 
mit schwerer Vergoldung eine selbständige Bedeu- 
tung gewinnt. (Ilg, S. 131.) 

Die Mannigfaltigkeit und Bewegtheit der Formen 
der geschliffenen und gravirten böhmischen Gläser 
steht im vollen Gegensatze zu den Formen der 
deutschen Gläser, welche ebenso ungeschlacht und 



einfach in der Form sind, wie diese zierlich und 
reichbewegt. Eine Eigenart der böhmischen Kunst- 
gläser sind die mit der Diamantspitze gravirten 
sogen. Wolfsgläser, von welchen das Nordböhmische 
Gewerbemuseum schöne Exemplare besitzt. Die- 
selben, von einer im allgemeinen schlichten Profi- 
lirung, zeigen auf der Cuppa sehr schön gezeichnete 
Darstellungen von Wappen mit Tier- oder Menschen- 
gestalten oder auch schöne, freie Arabesken. Eine 
andere Art der böhmischen Gläser sind die Pausch- 
malgläser, meistens cylindrische oder konische Becher- 
gläser, mit doppelten Wandungen, zwischen welchen, 
von der Luft abgeschlossen, seltener mehrfarbige 
Malereien, öfter aber landschaftliche Scenerien oder 
Jagdmomente etc. in Silber oder Gold sich befinden. 

Demmin (1. c. S. 62 ff.) rechnet noch die ver- 
schiedenartig geformten Gläser, meistens aus weissem 
Glas, in Form von Hörnern, Pistolen und Tieren, 
als Bären, Hirsche, Affen und dergl., Gläser, welche 
starken Absatz nach Holland fanden, zur böhmischen 
Produktion. Da indes auch Lauscha im Fichtel- 
gebirge derartige Gläser darstellte, so ist es schwer, 
von Fall zu Fall die Provenienz festzustellen. Dem- 
min erwähnt aus seiner Sammlung eine gläserne Rad- 
schlosspistole des 16. Jahrhunderts mit Schraubzinu- 
stopfen. Hörner derselben Sammlung und im Louvre 
von rauchtopasfarbigem und mit blauem Faden um- 
wickelten Glase derselben Zeit und Abkunft, so- 
wie Weihwasserbehälter zeigen die Anwendung der 
Zange. 

Die Glasraffinerie befand sich zur Zeit der Ent- 
stehung des böhmischen Glashandels bei weitem 
noch nicht auf jener hohen Stufe der Vollkom- 
menheit, wie gegenwärtig. Die gewöhnlichste, da- 
mals übliche Bearbeitung des Glases bestand haupt- 
sächlich darin, dass den einzelnen Gläsern als 
Hauptverzierung durch kupferne Rädchen mit Hilfe 
des Schmirgels einfache Kränzchen eingeschnitten 
wurden. Obschon dieser Glasschnitt sehr primitiver 
Natur war und sich weder durch Kunst noch durch 
Geschmack besonders auszeichnete, so fand er doch 
in Spanien sowohl als auch in Portugal vielfachen 
Anklang und bedeutenden Absatz. Die sogenannte 
brillantirte Arbeit präsentirte sich auf den Glas- 
erzeugnissen aus jener Periode nur in einigen kreis- 
runden und ovalen Kugeln, welche in die Gläser 
eingeschnitten oder eingeschliffen wurden. Die damit 
beschäftigten Arbeiter wurden Glaskugler genannt 
(s. auch Schebek, 1. c. S. 64). 

Die Glasmalerei war damals gleichfalls noch 
sehr einfach und unbeholfen. Die eigentliche ße- 



14 



NORDBOHMISCHE KUNSTlNDUSTßlEN. 



maluDg der böhmischeD Gläser mit im Feuer einzu- Eine schwere Krisis hatte die Hoblglasproduktion 

brennenden Farben nimmt verhältnismässig spät des Industriecentrums Haida-Steinscbönau im Anf ang 

ihren Anfang, nachdem schon die orientalischen unseres Jahrhunderts zu bestehen. Die napoleoni- 

Völker, Araber, Perser u. s. w., sowie Italiener und sehen Kriege verursachten eine vollständige St(^- 

Deutsche vorausgegangen waren. Die frühesten nation des Handels nach Spanien imd den spanischen 

Malereien waren zunächst ungebrannt in Leim- und Kolonien, sowie nach sämtlichen der Krone Spaniens 

Ölfarben au^eftthrt; erst in der Folgezeit schritt gehörenden Überseeischen Ländern. Die Niederlf^en 



man soweit vor, die nunmehr mit 
Mineral- und Schmelzfaiben ge- 
malten Gläser einem Muffelbrande 
auszusetzen. Gegen Ende des 18. 
Jahrhunderts war die Glasmalerei 
noch einfach. „Man verdünnte die 
Farben mit Wasser und trug sie 
so auf das Glas. Das Glas musste 
dann noch einmal auf der Glas- 
bütte wie bei der ersten Verfer- 
tigung behandelt werden, damit die 
Farben fest eingebrannt blieben, 
wobei viel Sprung entstand. Man 
nannte diese Maler Waseerglasmaler . 
Später kam es von dieser Malerei 
ganz ab und es entstand die feine 
Glasmalerei und Glas Vergoldung, wo 
ein jeder Glasmacher und Glasver 
golder in seiner Wohnung einen 
dazu eingerichteten Ofen hat, worin ' 
er die Farben und Vei^oldung dem 
Glase einbrennt, die daher Brenn- 
ofen heissen." (Schebek.) Die Glas- 
arbeiter, dazumal Glaskommerzia- 
listen genannt, wurden zu jener 
Zeit hocL^eachtet; sie waren zünftig 
und lebten in beht^lichem Wohl- 
stand. 

Die Dekorationsmotive der ge- 
malten böhmischen Glaser sind die 
mannigfaltigsten und akkommodir- 
ten sich jeweils dem betr. Export- 



lande. So werden für Spanien 

folgende Vorschriften gemacht: Geschiiffones 

Dai^estellte Personen sollen in 

spanische Tracht gekleidet sein, Inschriften seien sehen Hohlglasproduktion eine trostlose wurde. In 

in spanischer Sprache abgefasst; als Lieblingsgegeu- dieser Not erstand der böhmischen Hohlglasindustrie 

stände jener Völker werden empfohlen: die Dar- ein Retter in der Person des 1775 zu Schluckenau in 



Gadix und Barcelona mussten i 
den 30er Jahren, die von Valencia 
in den 40er Jahren und die von 
Sevilla im Jahre 1S52 aufgehoben 
werden. Dazu kam noch ein Ver- 
bot der spanischen Regierung ans 
den 40er Jahren, welches znm 
Schutze der in den der Provinz 
Corunna entstandenen Glasfabriken 
die Einfuhr des böhmischen Tafel- 
glases zum Gegenstand hatte. Das 
gab dem Exporthandel nach Spanien 
den Todesstoss, der von der traurig- 
sten Rückwirkung auf die heimische 
Industrie begleitet war. Das farbige 
Glas, besonders himmelblau, dun- 
kel blau, bein weiss und naturgelb 
(ambergelb) fand in Spanien guten 
Absatz, der durch die kriegerischen 
Wirren fast völlig aufgehoben wurde. 
Ein zweiter Umstand machte die 
Lage der nordböhmischen Hohl- 
glasindustrie zu einer höchst kriti- 
schen: Die etwa im Jahre 1810 in 
England gemachte Erfindung des 
Pressglases. Nicht nur dass sämt- 
liche noch offene Märkte mit dem 
weicheren und darum billigeren 
englischen Hob Iglaae geradezu über- 
schwemmt wurden (das feinere böh- 
mische Schleifglaa war um mehr 
als doppelt so teuer), es verdrängte 
auch auf dem Wege Über Frank- 
reich das böhmische Glas in Spa- 
nien, so dass die Lage der heimi- 



stellung der Eucharistie, die unbefleckte Empfängnis 
die Apostel, die Evangelisten, die Kirchendoktores, 
Erzengel, die Kardinaltugenden u. s. w. Von pro- 
fanen Motiven könnten verwendet werden: die Ele- 
mente, die 12 Sternbilder, die Jahreszeiten, Blumen, 
Früchte, Jagd, Fischfang, Tiere u. s. w. (Ilg. S. 132). 



Böhmen geboreneu und am Neujahrstage 1864 in 
Haida verstorbenen Friedrich Egermann. (Nach die- 
sen von Hallvricb — Nordböhmen auf d. Weltausst, 
Wien, 1873. S. 35 — gegebenenDaten wird der von an- 
derer Seite aufgestellten Behauptung, dass das Eger- 
mannsche Glasmaler-Atelier schon seit 1779 in Haida 



NORDBÖHMISCHE KUNSTINDÜSTRIEN. 



15 



bekannt gewesen sei, der Boden entzogen.) Hall- 
wich berichtet über Egermann in treffender Weise 
folgendes: „Ein überaus talentirter erfindungsreicher 
Kopf, dabei Kaufmann vom Wirbel bis zur Sohle 
— geschickt, sein Wissen und Können bestens zu 
verwerten — trat Friedrich Egermann (mütterlicher- 
seits ein Nachkomme der uralten Glasmeisterfamilie 
der Kittel) durch eine Reihe hochwichtiger Neue- 
rungen auf dem Gebiete der Glasschleiferei, — 
Malerei und — Färberei als eine Art Reformator 
auf, wie ihn die Verhältnisse just erheischten. Schon 
als junger Mann von wenig mehr als 20 Jahren 
ein sehr gesuchter Glasmaler und zugleich berühmt 
durch die von ihm zuerst in Anwendung gebrachte 
Methode des Blindschleifens von sogenanntem Bein- 
glas — das „im Auslande jetzt dem sonst gewöhn- 
lichen chinesischen Porzellan vorgezogen" wird, sagt 
eine Zeitschrift vom Jahre 1805 („Patriotisches Tag- 
blatt") vom 20. April 1805 S. 162) — erfand Eger- 
mann 1817 das bis dahin unbekannte Blattschleifen 
des Krystallglases und die Kunst des Überfangens 
der fertigen Krystallglasmasse mit beliebigen, durch- 
sichtigen Farben, mit welchen beiden Erfindungen 
er in kürzester Zeit einen enormen, durchschlagen- 
den Erfolg erzielte und das böhmische Hohlglas 
auf dem Weltmarkte glänzend rehabilirte. Erfindung 
folgte aber auf Erfindung oder richtiger Verbesse- 
rung auf Verbesserung: Denn „Edelsteinglase" in 
hundertfachen Farbennüancen (1824), das vielbeliebte 
und belobte „Rubinglas" (1830) u. s. w., durch wel- 
ches letztere allein, nachdem das lange sorglichst 
gehütete Geheinmis seiner Erzeugungsweise Gemein- 
gut der böhmischen Glasraffineure geworden war 
sich unzählige Erzeuger und Händler Reichtümer 
erwarben. Und, was die Hauptsache war, der Er- 
folg brachte Eifer und Nacheiferung mit sich; das 
Charakteristikon der Industrie Haidas und Umgebung 
war von nun an das des unermüdlichen Fortschrittes 
in der Veredlung, der Vollendung des Erzeugnisses." 
(1. c. S. 35 f.). So wurde die Fabrik von Friedrich 
Egermann in Haida das bedeutendste Etablissement 
für bunte, agatirte, gemalte, vergoldete u. s. w. 
Gläser. Das um 1810 hier zuerst dargestellte aga- 
tirte Hohlglas und dessen Topasfärbung hat im Aus- 
lande seine Beliebtheit fortwährend behauptet Der 
Nachahmung eines Besatzes von Edelsteinen an den 
Geschirren folgte die Erfindung des Lithyalins oder 
Edelsteinglases. Innen- und Aussenseite dieser Gläser 
sind verschiedenartig gefärbt, letztere ist oft ver- 
schiedenartig marmorirt; sie werden mit Lagen von 
verschiedenen Mineralflüssen und Metalloxyden über- 



zogen und diese durch den Schliff wieder an ver- 
schiedenen Punkten abgezogen, wodurch die Gläser 
dann die Eigenschaft erlangen, im durchfallenden 
Lichte eine andere Farbe darzustellen, als im reflek- 
tirten. Die hierdurch entstehende Mannigfaltigkeit 
der Farben — das Egermannsche Musterbuch zählt 
über 100 Farbenvariationen — hat diesem Artikel 
bedeutende Abnahme, selbst in England und Frank- 
reich verschafft. In Böhmen werden die feineren 
Gläser im unbedeckten Hafen bei Holzfeuerung aus 
harter Masse erzeugt, in England und Frankreich 
aber im bedeckten Hafen, meistens mit Steinkohlen 
und aus einer viel Bleioxyd enthaltenden Masse, 
welche das öftere Einbrennen der Farben nicht so 
gut aushält, was die Bereitung des Lithyalins sehr 
erschwert und daher den böhmischen Artikeln dieser 
Art bei sorgsamem Geschmack in Formen und Farben 
immer Vorzüge gesichert hat Von nicht minderem 
Interesse sind die letzten Erzeugnisse dieser Fabrik, 
welche das feinste Krystallglas in drei verschiedenen 
feuerfesten Färbungen darstellten: nämlich jener des 
feinsten Karneols, des Rauchtopases und des Rubins, 
das Feuer- und Farbenspiel dieser Steine tauschend 
nachahmend. Stücke der letztgenannten Färbung, 
nicht durch kostspielige Plattirung, sondern durch 
Imprägnirung des Glases hervorgebracht, hatten ein 
überraschend reines und feuriges Spiel. 

Aus dem Leben Egermanns erfahren wir noch 
aus seinem Briefe an seinen Schwager, den er im 
86. Lebensjahre schrieb, dass er von der Glasbläserei 
zur „Kleckmalerei" übergegangen war, ein Ausdruck, 
den die Maler nicht gerne hörten, sondern an Stelle 
dessen lieber die Bezeichnung „Wappenmaler" sahen. 
Bei Nacht, wenn die Glasmacher schliefen, brannte 
er im Glasofen den Malern die Farben auf. Die 
Glasmalerzunft in Kreibitz sprach ihn frei. Im Jahre 
1790 brachte er die „feine Malerei" aus der Meissener 
Porzellanfabrik nach Böhmen. In die Fabrik wusste 
er sich auf geschickte Weise einzuschleichen: „Dass 
ich in die Meissener Porzellanfabrik eingelassen 
worden bin,' i habe ich nur meinem achtungswerten 
Topfbindermeister zu danken, der mich da als seinen 
Jungen aufgeffthrt hat. — Der Eingang war ganz 
verboten. Ich musste dumm bleiben, da konnte ich 
gehen, wo ich hin wollte. Ich bat den Topfmeister 
Gutmacher, dass ich in der Fabrik die Messer durfte 
abziehen, indem die Maler nach der Stunde bezahlen 
wollen, um dabei alles zu lernen. — Sie tauften 
mich um und hiessen mich den böhmischen Hans, 
weil der Obermaler Fritz hiess. Da seine Mutter in 
der Küchenstube Pinsel machte, so half ich ihr, 



16 



NORDBÖHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN. 



welches mir auch willkommen war, denn die Eleck- 
maler hatten harte Pinsel von Dachshaar. Dem 
Brenner und Farbenschmelzer brachte ich immer 
einen Schnaps, wodurch ich manches erfuhr, was 
ich zu wissen brauchte." Am 1. Januar 1864 starb 
Friedrich Egermann hochbetagt im Alter von 90 
Jahren. 

Ende der 30er und Anfang der 40er Jahre 
unseres Jahrhunderts hat die societe d'encourage- 
ment in Frankreich die böhmischen Glasraffinate, 
was Schönheit und Billigkeit des Schlififes anbelangt, 
der französischen Industrie zum Vorbilde aufgestellt. 
Eine überraschende Mannigfaltigkeit bietet die böh- 
mische Hohlglasindustrie und man wird leicht be- 
greifen, wie die böhmische Glasfabrikation in der 
Mannigfaltigkeit ihrer Verzweigungen nicht wohl 
von der Glasproduktion in anderen Ländern erreicht 
werden konnte. 

"Wenn trotzdem die böhmische Hohlglasproduk- 
tion zurückging, so liegt dies zunächst in äusseren 
Umständen. England produzirt in seinen ausge- 
dehnten Etablissements weit mehr wie früher, Frank- 
reich verlieh der Glasindustrie durch Wissenschaft, 
Geschmack und KunstfleLss eine hervorragende För- 
derung; Russland hat durch Cancrin seine Glas- 
produktion technisch und kommerziell in überraschen- 
der Progression gesteigert; auch Nordamerika tritt 
erfolgreich in die Reihe der konkurrirenden In- 
dustriestaaten und so ist es denn erklärlich, wenn 
eine Industrie abnimmt, die in den genannten Staaten 
ihre Hauptabsatzquellen hatte. Freilich hätte die 
Abnahme nicht in dem Umfange statthaben können, 
wenn die böhmische Hohlglasindustrie nicht heute 
an inneren Schäden litte, welche ihr die Konkurrenz 
mit dem Auslande wesentlich erschweren. Diese 
inneren Schäden aber bestehen schon seit längerer 
Zeit, aber noch rührt sich niemand, sie zu heilen. 
Noch wiegt sich die böhmische Glasindustrie in 
dem Ruhmgedanken vergangener Zeiten, obgleich 
ihr das Messer an die Kehle gesetzt wird. Wohl 
hat die Regierung in weiser Versorglichkeit seit 
vielen Jahren in den Hauptorten Haida und Stein- 
schönau Fachschulen für Glasindustrie errichtet, die 
heute unter der Leitung der Direktoren Hartel und 
Chilla Vorzügliches leisten; jedoch in sträflicher In- 
differenz nimmt die Industrie kaum Notiz von diesen 
hervorragenden Anstalten, ein beharrliches Weiter- 
treten in einem bereits ausgetretenen Pfade und ein 
verrohter Geschmack drücken die Industrie nach wie 
vor gewaltsam nieder. 

Von einer Geschichte der böhmischen Hohl- 



glasindustrie ist die Geschichte des „böhmischen Gkis- 
MtideW^ unzertrennlich, weil derselbe nicht olme 
Einfluss auf Formengestaltung und Dekoration blieb 
und weil seine Geschichte eigentlich erst den rich- 
tigen Aufschluss über die Bedeutung der nordböh- 
mischen Hohlglasindustrie giebt. Es dürfte indessen 
an dieser Stelle, wo mehr das künstlerische Interesse 
in den Vordergrund tritt, ein kurzer Überblick über 
den böhmischen Glashandel genügen. 

Die Anfange desselben reichen bis in die letzten 
Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts zurück. Kaspar 
Kittel wird als der Bahnbrecher des böhmischen 
Glashandels betrachtet. Blottendorf, Haida, Langenau, 
Pärchen, Steinschönau, Neuwelt und Polaun sind die 
Hauptorte, aus welchen bald ein lebhafter Handel 
hervorging. Kaspar Kittel vereinigte in sich nicht 
nur den gewiegten Kaufmann, sondern auch den 
aufmerksamen Beobachter und Kenner aller tech- 
nischen Vorgänge in der Hohlglasindustrie. Da- 
durch wurde seine Thätigkeit eine so fruchtbare. 
Sein Forschungseifer ging so weit, dass er eine 
Reise nach Venedig antrat, dessen Glasindustrie da- 
mals in hohem Glänze stand, sich ungekannt in die 
Werkstätten einzuschleichen wusste und hier eine 
Menge neuer technischer Vorgänge erspähte, die 
er dann der heimischen Industrie nutzbringend 
mitteilte. 

Es ist eine nicht uninteressante Thatsache, dass 
fahrende Scherenschleifer es waren, welche mit den 
Anfangen des böhmischen Glashandels eng ver- 
bunden sind. Durch emsige Nachforschungen hatte 
Kaspar Kittel durch diese erfahren, dass in den 
verschiedenen Städten, welche sie auf ihren Wan- 
derungen durchstreiften, nur selten Gefiisse aus Glas 
wahrgenommen wurden. Die nächste Folge f&r 
Kittel war, dass er in jenen Gegenden Leute warb, 
welchen er so viele Glaswaren, als sie mittels eines 
Schubkarrens fortzubringen im stände waren, zum 
Verkaufe überliess. Der Absatz war ein günstiger 
und die Glashändler kehrten mit Gewinn nach 
Hause zurück. So entstand der Glashandel in der 
Umgebung der damals noch nicht existirenden Stadt 
Haida. Christian Franz Rautenstrauch aus Korut 
bei Bürgstein war der erste, der im Jahre 1710 den 
für die damalige Zeit kühnen Gedanken fasste und 
glücklich ausführte, böhmische Glas waren nach 
St. Petersburg einzuschiffen. Eine 1714 nach Por- 
tugal unternommene Reise war von demselben gün- 
stigen Erfolge begleitet, indem sämtliche Glaswaren 
in Lissabon und Oporto zu sehr hohen Preisen ver- 
kauft wurden. Bei diesen Erfolgen ist es klar, dass 



NORDBÖHMISCHE KUNSTINDUSTRIEN. 



17 



Kittel und Rautenstrauch bald nicht mehr die ein- 
zigen „Glasverleger" blieben, sondern sich bald eine 
ganze Gruppe von Glashandlem bildete. Mit der 
Zunahme der Konkurrenz traten aber auch Übel- 
stände aller Art ein, was zur Folge hatte, dass im 
Jahre 1715 in Bezug auf die Glasgeschäfte, Glas- 
preise und über die beim Glashandel einzuhaltenden 
Vorschriften Statuten aufgesetzt wurden. Da die- 
selben aber nicht eingehalten wurden, so suchten 
sich Rautenstrauch und einige andere Glashändler 
mit glücklichstem Erfolge ein neues Absatzgebiet in 
Spanien. Gadiz, der damalige Stapelplatz des Han- 
dels nach dem spanischen Amerika, bot eine reiche 
Absatzquelle. Im Frühjahre jeden Jahres gingen 
grosse Sendungen nach Cadiz, welche hier entweder 
für die überseeischen Länder eingeschifft wurden, 
oder aber nach dem Hauptsitze des spanischen 
Binnenhandels, nach Sevilla abgingen. Feste Nieder- 
lassungen und Gründungen von Faktoreien fanden 
erst im 4. Jahrzehnt des 18. Jahrh. sowohl in Gadiz 
wie in Konstantinopel und Smyrna statt. Haida 
und Umgebung importirte hauptsächlich nach Spanien 
Steinschonau und Pärchen vorwiegend nach der 
Türkei. 

Aus der Reisebeschreibung des deutschböhmi- 
schen Glasschneiders, -Stechers und -Malers, Georg 
Franz Kreybich, geboren und gestorben zu Stein- 
schonau (1662—1736) geht hervor, wie weit gereist 
damals die böhmischen Glashändler waren. (Siehe 
Kreybichs Handschrift sowie die Mitth. d. Vereines 
fiir Gesch. d. Deutschen in Böhmen VIU. p. 220. Prag, 
1870) Mit dem Schubkarren durchreiste Kreybich 
mit Glas Bayern, Salzburg, Krain und Kärnten. 
Nachdem er in Kreibitz Meister geworden, durch- 
streift er ganz Norddeutschland, Brandenburg, Berlin, 
Küstrin, Stettin etc. und geht zur See bis Riga in 
Livland, von da nachReval, Narwa und wieder zurück 
nach Dorpat, Riga, Memel und durch Preussen über 
das kurische Haff. Von Danzig geht die Reise dann 
über Thom, Graudenz und Breslau nach Hause. 
Die vierte Reise im Jahre 1688 geht mit einem 
Wagen durch Sachsen, Lüneburg nach Hamburg 
und von da nach London. In London sassen sie sechs 
Wochen, „ehe wir ein Stück verkaufet, denn es 
waren damals sechs Glashütten in der Stadt und 
machten schöner Glas, als wir hineinbrachten, nur 
dass unseres geschnitten und gemalt war, und es 
war noch kein solches Glas hineingekonmien , wir 
waren die ersten. Als wir uns vorgenommen, wie- 
derumb von London weiter in Irland und Schottland 
zu reisen, so kam Einer und sagte, er wolle schauen, 

Kunstgewerbeblatt. N. F. I. 



dass er die Glase möchte beim Hof anbringen, als- 
dann würden die anderen Leut auch anfangen zu 
kaufen, wie es auch geschehen und haben sich 
zuletzt die „Winklirs" drum geschlagen und Alles 
gekaufet'*. Hier ist die Bemerkung Kreybichs von 
Bedeutung, dass London im Jahre 1688 schon die 
böhmischen Fabrikate übertreffende Gläswaren be- 
sass, dass Kreybich aber der erste war, der gemaltesj 
geschliffenes und geschnittenes Glas in England ein- 
führte, das dort noch ganz unbekannt war. Spätere 
Reisen Kreybichs gehen nach Dänemark, Schweden, 
Norwegen, Ungarn, Russland, Polen, Konstantinopel. 
Kreybich schildert, dass „bis darnach seien etliche 
über Archangel hineingereist und ist viel hundert 
Tausend Glas hineingeführt worden und in der Erst 
wollten sie nicht kaufen, es ist zwar in allen Län- 
dern in der Erst so gewesen, allwo ich gewesen, in 
Livland, in Schweden, in Dänemark, in England, 
in Holland, in Preussen, in Kurland, in Polen, in 
Litthauen, in Ungarn, in Siebenbürgen, in der Wal- 
lachei, Türkei, in Moldau und aller Orten hat es in 
der Erst wenig gekauft, aber besser bezahlt worden'*. 
Als der in Gablonz ältest bekannte Hohlglas- 
händler ist der 1738 geborene Franz Schwan zu 
nennen, der 1761 sein Exportgeschäft begründete, 
das bis 1808 bestand, aber durch die Wirkungen der 
napoleonischen Kriege zu Grande ging. Der Um- 
fang seines Geschäftes war ein sehr bedeutender, 
denn am Anfang konnte er Firmen in Prag, Wien, 
Nürnbergs Augsburg, Mittenwald, Regensburg, 
Leipzig, Piacenza, Landeck, Strassburg, Frankfurt, 
Offenbach etc. zu seinen Kunden nennen. Sein 
Sohn, Franz Wenzel Schwan konnte vier Sprachen, 
bereiste Deutschland und Italien und gründete wahr- 
scheinlich in Porto Valtravaglio und Piacenza Nie- 
derlagen, da er an diesen Orten längeren Aufenthalt 
nahm. Johann Georg Hansel aus Rodowitz, f 1834 
in Amsterdam, hat an dem Aufblühen des böh- 
mischen Glashandels hervorragenden Anteil ge- 
nommen. Amsterdam war zu jener Zeit ein Haupt- 
stapelplatz für böhmische Glas waren. Seine Bedeutung 
geht auf viele Jahrzehnte zurück. In einer Amster- 
damer Rechnung von 1769 werden Glashandlungen 
nach Batavia, Ceylon und Surinam, sowie nach 
St. Eustatius angeführt. Der böhmische Glashandel 
verschmähte auch nicht, fremdes Glas zu beziehen 
und es wieder auf den Markt zu bringen. So wurde 
von London und Stourbridge englisches Glas bezogen. 
Häufig wurde fremdes Glas in Böhmen geschliffen 
und dann nach Amsterdam verbracht. So wird in 
dem Inventar einer Amsterdamer Glaskompagnie- 

3 



18 



DER MAJOLIBAND DES LEIPZIGER KUNSTGEWERBEMUSEUMS. 



gesellachaft vom Jahre 1821 „Französisch und Eng- 
lisch Glas in Böhmen geschliffen" aufgefiihrt und 
unter den Glaaobjekten befinden sich grosse Vasen, 
Äuanasglä^r, Theetassen, Zucketgläser, „Milchkannel 
hoch oben enge", Frucbtachüsseln, Toilettflacons etc. 
Es ist nicht zu entscheiden, ob die höhere Voll- 
endung des höhmischen Glasschliffes oder die gröseere 
Billigkeit desselben die Einfuhr fremder Glassorten 
zum Schliff nach Böhmen veranlasste. Das Letztere 
ist das Wahrscheinlichere. „Kam doch den böhmi- 
schen Glasschleifern die Bearbeitung des weicheren 
englischen und französischen Materials so leicht vor, 
dasR sie immer um* solches Glas verlangten. In dem 
Inventare von 1821 findet sich abrigens auch eine 
Partie Ghiswaren mit der Bemerkung, dass sie in 
Amsterdam geschliffen wurden. Das geschab ohne 



Zweifel in der eigenen Schleiferei, welche die Kom- 
pagnie in Amsterdam besass und die, weil auch 
englisches Glas daselbst zur Bearbeitung gelangte, 
dem damal^en Chef dieser Handlung. Joseph Hsnzel, 
einen guten Vorwand bot, die englischen "Werkzenge 
zu entlocken, die er dann auch in Böhmen einföhrte". 
(Schebek, 1. c. p. 259) 

Unter den Waren, welche die Leipziger Firmen 
Karl und Gustav Harkort und Birzel & C« zn Ende 
1843 von Bremen aus nach China beförderten, war 
auch böhmisches Glas, welches aber schon, bevor die 
Expedition China erreichte, in Singapore und Bataria 
schnellen Absatz fand. (Prag, Ost u. West. l84ü. 
p. 236.) Und heute noch ist Indien das Hauptabsatz- 
gebiet des mächtigen böhmischen Glashandels. 



DER MAJOLIBAND 
DES LEIPZIGER KUNSTGEWERBEMUSEUMS. 



IE nach Thomas Majoli benannten 
Einbände gehören bekanntlich zu 
den ausgesuchtesten Leckerbissen 
der BBcherliebhaberel Der echten 
inschriftlich bekundeten Bände, die 
für den vielgenannten itahenischen 
gefertigt wurden, sind nur wenige, 
und zu diesen wenigen zählt der durch seine vor- 
zügliche Erhaltung ausgezeichnete Band im Kunst- 
gewerbemuseum zu Leipzig. Da unsere Abbildung 
dem Original ziemlich gleich kommt, nur frischer 
und lebhafter in der Färbung erscheint, -so etwa, wie 
die Decke ursprünglich ausgesehen haben mag, so 
bedarf es keiner näheren Beschreibung der Farben- 
zusammenstellung. Ohne RtickeD misst die Decke 
21 : 32 cm, hat also annähernd das Format des Kunst- 
gewerbeblattes. Sie umschlieast eine typographische 
Kostbarkeit in der mit Holzschnitten illustrirten Aus- 
gabe der Hypnerotomachia des Poliphilua, die 1499 
von Aldus gedruckt und verlegt wurde. Durch den 
vollständig und sehr sauber erhaltenen Inhalt ge- 
winnt der Band ein erhöhtes Interesse als kunst- 
geschichtliche Merkwürdigkeit. 

Die Farben sind durchweg aufgemalt Das Blatt- 
werk ist mitglatten (nicht schraffirten) Stempeln in 
Gold gedruckt. 

Die Inschrift: Tho. Majoli et amicorum be- 



findet sich auf dem kleineu Schildchen in der unteren 
Kalbkartusche. Äuffallenderweise erscheint in dem 
Spiegel der mittleren Kartusche das Lilienwappen 
der Valois mit dem bekannten halbmondförmigen 
unteren Äbschluss, daneben das zwiefache H H, das 
häufig auf Henri II. -Bänden angebracht ist Ea 
durfte somit kaum einem Zweifel unterliegen, dass 
der Band , vielleicht durch die Vermittlung von 
Grolier, in den Besitz des bücherliebenden Königs 
gelangte und dass dieser dann das Mittelfeld mit 
seinem Wappen verzieren liess. Zwischen Grolier, 
der zwanzig Jahre lang in Mailand lebte, und Uajoli 
haben wahrscheinlich nähere Beziehungen bestanden, 
die auch nach fortgedauert haben mögen, seit der 
erstere 1530 nach Frankreich zurQcl^ekehrt war und 
den Nachfolgern Franz I. ebenso wie diesem in litte- 
rarischen Dingen als Ratgeber diente. 

Der Rücken des Buches hat erhabene (echte) 
Bünde, ein Umstand, der auf einen frühen Ursprung 
deutet, da später die italienischen und französischen 
Bände glatte Rücken annehmen. Dem steht allerdings 
entgegen, dass das untere Feld sich bereits von den 
übrigen durch eine schlankere Form unterscheidet 
und wie das obere Feld andere verziert ist als die 
zwLschenliegenden Felder. Diese Betonung des oberen 
und unteren Endes weist bereits auf eine Wandlung 
der bisherigen Sitte hin, die Bücher liegend aufzu- 



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Lith. Anst. von J. G. Fritznclip in Leipzig. 



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enthaltend die Hypnerotomachia des Polyphilus. 

Venedig, Aldus. 1499. 

Leipziger KunstgewerliemuMeain. 



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BÜCHERSCHAÜ. — KLEINE MITTEILUNGEN. 



19 



bewahren. Mit dieser Wandlung kam zugleich das 
mit dem Titel versehene Rückenschild auf, das an 
unserem Majolibande noch nicht vorhanden ist, sich 
aber auf einem von Brmiet (La reliure ancienne, 
Taf. 98) reproduzirten bereits vorfindet. 



Der späteste uns bekannte Majoliband enthält 
einen Florentiner Druck vom Jahre 1553 {Libri, 
Monuments, auch bei Jacquemart reproduzirt), wäh- 
rend Bninet und nach ihm Orucl als letzte Jahres- 
zahl 1549 angeben. JE, S. 



BÜCHERSCHAU. 



Malerische Innenräume anB Gegenwart und Ver- 
gangenheit. Herausgegeben von F. Luthmer. 
(Fortsetzung des Werkes: „Malerische Inneuränme 
modemer Wohnungen" erw- eitert durch Heran- 
ziehung ausgezeichneter Beispiele der Innenarchitek- 
tur des 16., 17. und 18. Jahrhunderts.) 25 Tafeln 
in Lichtdruck. Grossfolio. Frankfurt a. M., H. Keller. 
Preis: 25 M. 
P. — Das Erscheinen der ersten Lieferungen obigen 
Unternehmens vor vier Jahren hat das Kunstgewerbeblatt 
lebhaft begrüsst und in eingehender Besprechung die 
Verdienste des Werkes gewürdigt. Die Wiederaufnahme 
der Publikation in einer Fortsetzung dürfte allein schon 
als Beweis der Brauchbarkeit und Nützlichkeit desselben 
dienen. Wir können daher, soweit es sich um „Innen- 
räume der Gegenwart" handelt, auf früher Gesagtes ver- 
weisen, dürfen aber hinzufügen, dass die vornehme Aus- 
stattung dieselbe geblieben und die Auswahl mit gleicher 
Sachkenntnis und Gesqhmack getroffen ist. Es ist nicht 
zu leugnen, dass viele der mitgeteilten „Innenräume^ 
einen Fortschritt gegen früher nach der Seite der ein- 
fachen Vornehmheit bedeuten, dass die Kunst, vornehmer 
zu wohnen nicht mehr wie früher nur in der Über- 
ladung und Massigkeit gesucht wird. Dass es auch noch 
Leute giebt, die dieser Ansicht huldigen, dafür bringt die 
Fortsetzung gleichfalls Beispiele bei. 

Ein glücklicher Gedanke Luthmers war es, den 



Innenräumen der Gegenwart auch solche aus' der Ver- 
gangenheit zuzugesellen. Es giebt deren noch mehr, als 
man glauht, und sind auch die wenigsten ganz ohne Ver- 
änderungen namentlich hinsichtlich der Möbel erhalten, 
welche spätere Zeiten daran vorgenommen haben — 
ausser etwa eine Anzahl ßokokointerieurs — so geben 
sie doch auch in der heutigen Erhaltung lehrreiche 
Winke für unsere Architekten und Dekorateure. Die 
vorliegende Serie enthält ein Zimmer des Seidenhofs in 
Zürich, ein Zimmer aus Schloss Ortenstein und den be- 
rühmten Bücliersaal der Wiener Hof bibliothek. Bei einer 
etwaigen, recht erwünschten Fortsetzung des Werkes 
würden wir u. a. gern sehen: die beiden Zimmer aus 
Höllrich und Haldenstein im Kunstgewerbemuseum zu 
Berlin, das Fredenhagensche Zimmer in Lübeck, einige 
Räume aus dem Mus6e Plantin-Moretus , einige Zimmer 
aus Schloss Wilhelmsthal bei Kassel, das reizende 
Louis XVI. (sog. etnirische) Zimmer im Stadtschloss zu 
Potsdam. In diesen Bäumen sind — mit Ausnahme der 
beiden erstgenannten — fast überall auch die Möbel 
erhalten, auch sind es keine grossen Prunkräume, deren 
Publikation sich andere Werke angenommen haben, son- 
dern wirklich gute und brauchbare Vorbilder für unsere 
Zeit. Hoffentlich finden sich Herausgeber und Verleger 
bereit, das W^erk nach dieser Richtung hin festzusetzen: 
mit Dank würde es sicherlich allerseits entgegengenom- 
men werden. 



I 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



P. — Wiederum liegt die Neubearbeitung eines Vor- 
bilderheftes aus dem Überaus rührigen Verlag von Bernhard 
Friedrich Voigt in Weimar vor: Musterblätter modemer 
Drechslerarheiten, (I. Sammlung, 32 Tafeln, Preis 6 Mark), 
fast 400 Muster aller möglichen für Drechsler, Tischler und 
Möbelfabrikanten brauchbarer Drechslerarbeiten enthaltend. 
Die Muster dieser lediglich dem modernen Bedürfnis ent- 
gegenkommenden und aus ihm hervorgegangenen Gegen- 
stände lehnen sich im wesentlichen an die Formen der mo- 
dernen Renaissance an. Die Sammlung enthält eine grosse 
Auswahl der verschiedensten Arten von Stuhl-, Tisch-, Schrank-, 
Bett- und Kommodenfiissen, Säulen zu den verschiedensten 



Arten von Tischen, Treppenpfosten und Traillen, Säulen für 
Ständer. Spiegel, Schränke etc., Kapitale und Sockelstücken, 
Galerien, Gitterwerk, Zierleisten, zahlreiche Rosetten, Hefte, 
Knöpfe, Griffe, Spitzen — kurz all das Material, dessen Her. 
Stellung dem Drechsler in der Möbel- und Bautischlerei zu- 
zufallen pflegt. Die Darstellung genau nach Massstab oder 
nach bestimmten Verhältnissen gezeichnet ist derart, dass 
die Blätter auch sehr wohl in Schulen Verwendung finden 
und beim Fachzeichnen als Vorlagen benutzt werden können. 
Da an Vorbildern auf diesem Gebiet gerade kein Überfluss 
vorhanden ist, dürfte das Werk, dessen Anschaffung der 
billige Preis jedermann ermöglicht, weite Verbreitung finden. 



20 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



P, — Von den grossartigen Manifestationen , welche, 
man darf sagen, die gesamte Christenheit dem Papste ge- 
legentlich seines Jubiläums dargebracht hat, legte die seiner 
Zeit in den Tagesblättem vielbesprochene vatikanische Aus- 
stellung glänzendes Zeugnis ab. Einen sehr breiten Raum 
nahm in dieser Ausstellung die Kunst ein. Darüber berichtet 
in kurzer und geschmackvoller Weise der Kaplan am deut- 
schen Gamposanto zu Rom Heinrich Swohoda in der Schrift: 
Ein Weltbild unserer kirchlichen Kunst (Paderborn, F. 
Schöningh. Preis M, 1,80). Das kleine sehr lesenswerte Heft 
wird auch neben der grossen Publikation der Ausstellung 
von bleibendem Wert sein, weil der Verfasser nicht trocken 
berichtet, sondern auch kritisirt und Winke giebt, wo auf 
dem Gebiet kirchlicher Kunst die bessernde Hand anzu- 
legen ist * 

Kolviar. Die Schongauer-Gesellschaft versendet soeben 
ihren 14. Jahresbericht in gewohnter Ausstattung mit einigen 
Lichtdrucken geziert. Letztere geben Gesamtansichten der 
geschmackvollen Aufstellung in den früheren Kreuzgängen des 
Klosters ünterlinden (jetzt Museum). Die Sammlungen haben 
sich in massigem Umfang vermehrt, d a die Mittel des Vereins um- 
fassende Ankäufe nicht gestatten. Der Verein bestrebt sich zu 
retten, was aus alter Zeit inKolmar und Umgegend zu retten ist, 
dabei lebhaft unterstützt von Freunden des Vereins, Korpo- 
rationen u. a. Eine sehr interessante Neuerwerbung ist ein 
mächtiger in Holz geschnitzter, aufrecht stehender Hirsch, 
früher als Wirtshausschild im Reichenweiher verwandt. 
Von grösster Seltenheit ist ein goldenes Büchschen mit gra- 
virtem Ornament, dem 6. Jahrhundert angehörend, in Hor- 
burg bei Kolmar gefunden. Im ganzen wurden für Ankäufe 
im Berichtsjahr 1380,88 Mark verwendet; eine besondere 
Pflege ist den Gemälden zugewendet, deren Restauration fast 
durchgeführt ist. Um die Arbeiten des Vereins hat sich wie 
früher so auch im verflossenen Jahre Herr Präsident Fleisch- 
hauer die grössten Verdienste erworben. 

Dresden. Das Königl. Kunstgewerbemuseum zu Dresden 
veranstaltet auf die Dauer vom 20. Okt. bis 30. Nov. d. J, 
in seinen Räumen eine Sonderausstellung alter Zinnarbeiten. 
Da zu diesem Zwecke der gesamte im Königreich Sachsen 
befindliche öffentliche und private Besitz, so weit es möglich 
war, herangezogen worden ist, verspricht die Ausstellung 
eine ebenso reichhaltige wie interessante zu werden. So 
ist es gelungen, unter anderen hervorragenden Werken die 
gesamte Zinntellersammlung des Dr. D^TT^iani- Leipzig, die 
Zinnarbeiten der Sammlung ZscÄiYfc-Grossenhain und die be- 
rühmte Kanne aus dem städtischen Museum zu Zittau zur 
Ausstellung zu bringen. 

— Karlsruhe. Das lebhaft« Interesse, welches der 
Orossherxog dem Kunstgewerbe entgegenbringt, hat sich aufs 
neue durch eine Schenkung erwiesen, die derselbe der gross- 
herzogl. Kunstgewerbeschule zu teil werden Hess. Die Union 
centrale des arts decoratifs in Paris hat durch die Firma 
Christofle & Gie. daselbst ältere Objekte des Kunsthandwerks 
galvanoplastisch nachbilden lassen und aus der Reihe der- 
selben sind die geschenkten Gegenstände käuflich erworben 
worden. Es sind drei grössere und drei kleinere Erzeug- 
nisse: ein Bronzemörser mit Greifen und Füllhörnern ver- 



ziert, italienische Arbeit des 16. Jahrhunderts; ein Ciborium 
aus dem 13. Jahrhundert, vergoldetes Kupfer mit Email mid 
farbigen Steinen geziert; eine Vase mit Deckel aus ungari- 
schem Nephrit mit Metallverziernngen. Der Stein ist in 
Kupfer nachgebildet mit genauer Wiedergabe der Farbe des 
Originals; eine Taschenuhr in Form einer Blumenknospe, 
deutsche Arbeit des 16. Jahrhunderts; eine Taschenuhr von 
ellipsoidischer Form, vorn und auf der Rückseite mit Orna- 
menten und Figuren geschmückt; ein kleiner Taschenspiegel 
aus Metall, in seiner Ausschmückung den Triumph Amors 
darstellend. Diese sechs Gegenstände in vorzüglicher Nach- 
bildung sind eine höchst wertvolle Bereicherung der Lehr- 
mittel genannter ünterrichtsanstalt, welche dem hohen Stifter 
ausserdem von früher her eine Anzahl von kunstgewerblichen 
Werken zu verdanken hat 

Stuttgart. Gelegentlich des 25jährigen Reg^erungqubilä- 
ums des Königs Karl von Württemberg hat das Direktoriam 
der königl. Kommission für die gewerbl. Fortbildungsschulen 
eine Ausstellung der Zeichenschiden des Landes und eine da- 
mit verbundene Ausstellung von Lehrlingsarbeiten veranstaltet 
Die Zeichenausstellung umfasste mehr als 500 Schulen und 
die Lehrlingsarbeitenausstellung 925 Teilnehmer. Gleidi- 
zeitig hat die genannte Kommission eine Jubiläumsscfarift 
über „die Entstehung und Entwickelung der gewerblichen 
Fortbildungsschulen und Frauenarbeitsschulen in Württem- 
berg*' erscheinen lassen, welche sich als eine zweite ver- 
mehrte Ausgabe der 1873 erschienenen Schrift unter gleichem 
Titel darstellt. Der stattliche Band giebt in eingehender 
Weise über die Organisation des gewerblichen Unterrichts in 
Württemberg, seine Geschichte, Ausbildung, Über Lehrkräfte, 
Unterrichtsmittel, die finanziellen Leistungen, Schülerzahl etc. 
Auskunft. Sorgfältig gearbeitete statistische Tabellen geben 
ein anschauliches Bild von dem Umfang, Benutzung und Er- 
folg der Schulen, eine Karte zeigt die Verbreitung der Unter- 
richtsanstalten über das Land. 

Leipzig. Der Katalog der Ornamenlstiehsanimlung des 
Leipziger Kunsfgetrerbenniseums, von E. von übiseh bearbeitet, 
ist vor kurzem erschienen und dürfte bei dem grossen Reichtum 
der Sammlung, die vor bald zwanzig Jahren von Drugulin für 
das genannte Museum erworben wurde, auch für solche 
Sammler und Liebhaber von Interesse sein, die zum prak- 
tischen Gebrauch desselben keine Gelegenheit haben. Ausser 
dem nach Stecher- bez. Verlegemamen geordneten Haupt- 
verzeichnis, das 124 Seiten umfasst, giebt der Verfasser, dessen 
Arbeit auf dem gründlichsten Fachstudium beruht, in dankens- 
werter Weise auch ein sachlich geordnetes Register. ^E^ 
Anhang bringt Proben aus der Sammlung in Zinkätzung 
Der Katalog ist für 6 Mark im Buchhandel käuflich. 

Rd. Buclieinband des 17. Jahrhunderts, Der nachstehend 
abgebildete Einband im Kunstgewerbemuseum zu Köln um- 
Bchliesst ein Pontificale von 1645 und dürfte aus der gleichen 
Zeit stammen. Das rote Maroquinleder ist lediglich durch 
reiche schön disponirte Vergoldung geschmückt. Das bischöf- 
liche Wappen in der Mitte ist nicht mehr festzustellen; es 
war durch Malerei auf einem eingelegten grünen Stück 
Leder gebildet, welche jetzt verwischt ist. Der Einband 
misst 40 cm in die Höhe, 27,5 cm in der Breite. 



a rotem Maroquin) eder mit Goldpressung. IT. Jahrhundert. 
Kiinitgei*eTbeiiiu9caDi zu Köln. 




zum 24. Jahrgänge der Zeitschrift für bildende Kunst sind durch jede Buchhandlung 
zu beziehen; in Kaliko hraun zu je 2 M. 50 Pf., in rotem Saffian zu 8 M. 25 Pf. 

Der Buchbinder ist anzuweisen, dass er die Bogen des Kunstgewerbeblattes in einen 
besonderen Band zu binden hat. 

Einbanddecken zum Kunstgewerbeblatt, V. Jahrg. sind zum Preise 1 M. zu haben. 

Seemanns Litterarischer Jahresbericht 



der zuverlässigste Ratgeber auf dem litterarischen Weihnachtsmarkte, erscheint Ende 

November in 40 000 Exemplaren. Er ist zu haben: 

in Amsterdam: bei H. Eisendrath; in AütWerpeiir bei O. Forst; in Augsburg: bei R. Preyss und in der 
Riegerschen Buchh.; in Barmen: bei Albert Röder; in Basel: bei C. Detloff; in Berlin: in B. Beiirs 
Buchh., in der Polytechnischen Buchh. (A. Seydel), in der Luckhardt'schen Buchh., bei H. R. Mecklen- 
burg, bei Mitscher & Röstell, bei Nitschke & Loedmer, bei M, Schildberger, bei Karl Siegismund, in der 
Stuhr'schen Buchh., bei Walther & Apolant und bei Georg Wölker; in Bielefeld: bei Aug. Helniich; 
in BrannSChweig : bei Benno Goeritz, G. C. E. Meyer, in Friedr. Wagners Buchh.; in Bremen: bei 
Kühtmann & Co.; in Bremerhaven: bei Jul. Mockef; in Breslau: bei Trevvendt &l Granier, in Prie- 
batschs Buchh.; in Budapest: bei Gebr. Revai; in Chemnitz: in der Brunnerschen Buchh., in Mays 
Buchh.; in Danzig: in Homanns und Sauniers Buchh.; in Dortmund: in der Köppenschen Buchh.; in 
Dresden: in G. A. Kaufmanns Buchh., bei v. Zahn & Jaensch; in Duisburg: bei Joh. Ewich; in Eiseuach: 
in der Baereckeschen Buchh.; in Esseu: bei Ed. Wissmann; in neusburg: in der Huwaldschen Buchh.; 
in Frankfurt a. K.: bei Auffanh, Detloff, Jügels Nachf.; in Frankfurt a. ü.: in der Schieferschen Buchh.; 
in Freiberg L S.: bei Graz & Gerlach; in St Gallen: bei Huber & Comp,, in Scheitlins Sort.; in Gera: 
in der Kanitzschen Buchh.; in Giesseu: in der Rickerschen Buchh.; in Gotha: in C. F. Windaus' Buchh.; 
E. F. Thienemann; in Gotheuburg: in N. J. Gumperts Bokhandel; in GÖttingeu: bei R. PeppmüUcr; 
in Graz: bei Leuschner & Lubensky, F. Pechel; in Halle: in der Buchh. des Waisenhauses; in Hamburg: 
bei K. Gcädener, Luc. Gräfe, J. Knebel; in Hannover: bei H. Lindemann; in Heidelberg: bei G. Koester; 
in Jena: in Frommanns Buchh.; in Innsbruck: in der Wagnerschen Buchh.; in KarlSIline: in der Braun- 
schen Buchh.; in Kiel: bei E. Tocche, in der Haeselerschen Buchh.; in Kdlu: bei Du Mont- Schauberg, 
Rimbach & Licht; in Königsberg i. Fr.: bei Bn Meyer & Co.; hi KÖthon: bei Otto Schulze; in Krefeld: 
bei Kramer & Baum; in Leipzig: bei C. F. Fleischer, G. Fock und A, Lorentz; in Luzem: bei Doleschal; 
in Magdeburg: bei Wennhacke & Zincke; in Mailand: bei U. Hoepli; in HaiUZ: bei Diemer, V. v. Zabern; 
in Mannheim: in .Tul. Hermanns Buchh.; in MAncheu: in der Franssschen Buchh., in der Riegerschen 
Buchh., bei Th. Ackermann; in Now-York: bei der Internat. News Company; in Nflmberg: in der v. 
Fbnerschen Buchh.; in St Petersburg: bei Carl Ricker; in PoSOU: bei L. Türk; in Riga: bei E. Bruhns; 
in Stettin: bei Fr. Nagel; in StraSSDUrO L E.: bei K. I. Trubner; in Stuttgart: bei P. Neff, Konr. 
Wittvver; in Weimar: bei A. Huschke; in Wien: bei Leo & Comp., Daberkow, F. Lang, in der Manzschen 
Buchh.; in Wiesbaden: bei Feller & Gecks; in Wflrzburg: in der Stahelschen Buchh.; in Zflrich: bei 
Meyer & Zeller; in Zwickau: in der Richterschen Buchh. 

Ladenpreis: Ausgabe A. 60 Pf.; Ausgabe B. 75 Pf. 




Vollständig 

erschienen ist im Verlage von E. A. SEEMANM in Leipzig: 

TVoltiM.aiiii. und K. T^^oemaanix 

GESCHICHTE der MALEREI 

4 Bände gr. Lex. S. 

Mit 702 Illustratioüen und einem Namenregister. 

Brosch. M. 66, geb. in Leinw. M, 74.50, in Halbfranz M. 78.50. 






Neuer Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG. 



Soeben erschien und ist in allen Buchhandlungen zu haben: 

Seemanns Kunsthandbücher Band V. 

Die Liebliaberküiiste. 

Ein Handbuch für alle, die eiuen Torteil davon zu haben glauben 




4, 



♦fe. 




von 



FRANZ SALES METER 

Professor an der grossherrogl. Kunstgewerbeschule in Karlsruhe. 
Mit vielen Illustratlonem Gr. 8, br. M. 7,—, geb. M. 8.50. 

Unter Liebbaberkiinsten sind alle diejenigen Künste veretandeu, mit <lenen der Laie in nüulicber Weise 
seine Mnssestunden ausfüllen kann, wenn er nur einigermasaen Anlage zum Zeichnen hat z. B. kmtchhiifhr, 
Holxhranfi, Mahrei auf Penjamfut, S('i(U\ Ohs, Thmty JJoh. Laubaägvarhrit, Kt/iiajairbrii^ Kerbsehn i((. Legier- 
phisfik^ Alefali-, (rlfu^^, Elfaifwin-SprltxatiKifrn u. s. w. u. s. w. 

Das Zeichnen und Malen soll in dem Buche selbstverständlich nicht gelehrt werden, sondern nur die 
praktische Anwendung dieser Fertigkeiten zum Schmucke der Häuslichkeit und mannigfacher Gebrauchs- 
gegenstände. 

Dass der Verfasser des „Handbuchs der Ornamentik", der in seiner Lehrstellnn^ die reichsten Erfah- 
nmgen zu -sammeln Gelegenheit hatte, seine Aufgabe in der denkbar praktischsten Weise angegriffen imd 
ausgeführt bat, bedarf wohl nicht erst der Hervorhebung. 

Im Anschluss an das ..Handburh der Liebbaberkünste'* erscheint eine Sammlung modemer Entwürfe, 
betitelt: 

Vorbilder für häusliche Kunstarbeiten 

herausgegeben von Franz Sales Meyer. 

Erste Reihe ü Liefenmgen von je VI Blatt. Preis M. »). — , jede Lieferung ebizeln M. \.b^). 

WAFFENKUNDE. 

Handbuch, des WalYenwesens 

in seiner historischeu Entwickelung 
vom Beginn des Mittelalters bis zum Ende des 18. Jahrhunderts 

von 

Wendelin Boeheim. 

Casios der Waffensammlung des Österreichischen Kaiserhauses. 

Das Werk, welches die obengenannte Verlagshandlung hiermit den Sammlern und Liebhabern so- 
wohl als auch den Freunden kulturgeschichtlicher Studien darbietet, ist auf gründlicher Fachkennt- 
nis aufgebaut. Interessent geschrieben und reich mit trefflichen, grösstenteils nach der Natur ausge- 
führten Zeiohnungeu iUustiirt, dürfte die Arbeit Boeheims nicnt minder zu erschöpfender Belehrung 
als fM anregender Unterhaltung dienen. 

Die Gliederung des Inhalts ist folgende: 

Einleitung: Die Entwickelung des Waffen wesens, 

L Schntzwaffen. 

1. Der Heim. 2. Der Harnischknigen. 3. Das Armzeug. 4. Der Handschuh. 5. Das Bruststück. 0. Das Rücken- 
stück. 7. Das Beinzeug. 8. Der Harnisch für den Mann in seiner Gesamtheit. 0. Der Schüd. 10. Der Fferde- 
harnißch und das Pferdezeng. 

II« Die Angrifliswairen. 
a> Die hUml-jPii 'Wnfffrft, 1. Das Schwert. *J. Das Kr^mmschwert und der Säbel. 3. Der Degen. 4. Der 
Dolch, b) Die Sta n^jmu'a ffet*. 1. Der Spiess. 2. Die HelmVtarte. 3. Die Gleve und die Couse. 4. Die Runka 
und die Partisane. 5. Das JSpetum, die Siurmgabel, die Kriegssonse. 0. Stangenwafl'en mit Schiess Vorrich- 
tungen, c) Die Sf'Ma{ffra/fc>i. 1. Der Streitkolben. 2. Der Streithamnier, Faust- und Reiterhammer 3. Die 
Streitaxt, d) Dt*' Ferntraffen.- 1. Die Schleuder. 2. Der Böigen. 3. Die Armbrust. 4. Die Feuerwaffen im 
allgemeinen, f). Der Gewehrlauf. 6. Das Gewehrschloss. T. Das Faustrohr und die Pistole. 8. Instrument-e 

und Geräte. 1). Das Bajonett, e) Die Faline itud this FiafspIcL 

III. Die Tor nier Waffen« 

ly. Bemerknngen fttr Freunde und Sammler von Waffen* 

1. Die Beurteilung des Wertes und der pAhtheit der Watlen. 2. Die Aufstellung der Watten. 3. Einige 

Worte ül)er die Erhaltung der Waffen. 

V* Kunst nnd Technik im Waffenschmiedwesen, 

TL Die hervorragendsten Waffensamminngen. 

VII. Namen nud Murken der WaffSenschmiede« 

Personen- uud Saclu'egister. 

Das Werk erscheint in 9 bis höchstens 10 Lieferungen zu M. 1.20. Alle 14 Tage wird eine 

Lieferung ausgegeben. 










. Hierzu je eine Beilage \on Alphons Dürr in Leipzig u!id von Carl Schleieher & Schüll in Düren. 

liruik von August Pries in Leipzig. 



-.^ 



Ootliche HoludiDitzurtl gtz. \ 



1 F. PilUKERT. 



DIE WIRKEREI UND DER TEXTILE HAUSFLEISS. 



Von ÄLUJS RIEOL, Wien. 



ER KoDservator dea Kunatindustrie- 
inuaeiima in Chriatiania H. Groach 
hat unter dem Titel Gamle Noreke 
Taepper {altnorwegiache Teppicli- 
muster) ') ein Werk veröffenÜiclit, 
dna für die Kunstforschung Ober- 
haupt und insbesondere fQr die Geschichte der Textil- 
kunat Ton grösstem Interesse ist. Wir lernen daraus 
Erzeugnisse eines teifileu Bauaäeisses kennen, der 
sich unmittelbar neben denjenigen SOd Osteuropas 
stellen darf. Hier wie dort haben wir es mit anti- 
quirten Techniken und Kunstformen zu thun, die ihre 
Erhaltung bis an die Schwelle der modernen Zeit be- 
stimmten, besonders günstigen Umstanden verdanken: 
in Sadostenropa hauptsächlich der langwäbrenden 
laolirung gegenüber der westeuropäischen Kultur, in 
Skandinavien dagegen wohl zumeist den klimatischen 
Verhältniaaen — den langen Wintemäcbten, wäh- 
rend welcher die landwirtschaftliche Thätigkeit der 
Landbevölkerung auf ein sehr geringes Mass be- 
schränkt blieb — zum Teil auch der geographischen 
Abgeschiedenheit. Es ist nun im höchsten Grade be- 
merkenswert, dass die Norweger gerade so wie einige 
sUdslavische Stamme durch die ganze neuere Zeit hin- 
durch die Technik der Wirkerei (Gobelintechnik) zur 
Herstellung alltäglicher Gebrauchaartikel im Wege 
des Hausfleiasea geübt haben, während diese Technik 
in den Übrigen Ländern Euiopaa mindestens seit dem 
16. Jahrhundert nur als bOrgerliches Gewerbe oder 
gar nur als reine Hofkunat zur Herstellung von rein 
dekorativen Pracht werken betrieben wurde. Die 
Wirkerei als primitivste Art der Weberei und reine 



1) Berlin, Asher & Co. ISaO, Fol. 4 8. Tert, fl Taf. i 
Farbendruck. Vergl. Kniutgewerbeblatt T, S. 188. 
EnnBlsewaibsblitt. N. F. I. 



Handarbeit musste nnturgemäsa bei vorgeschrittenen 
gewerblichen Betriebssyatemen in Bezug auf die 
Herstellung von einfachen Gebrau chaarti kein (Decken, 
Möbelatoffen u. dgl.) vor der eigentlichen Weberei 
zurücktreten, die mit ihren mechaniachen Hilfsmitteln, 
den Tritten und Schäften und der vereinfachten 
FadenfQhning mittels Schiffchens, bei gleicher Güte 
und Solidität der Erzeugnisse weit weniger Zeit und 
Muhe in An.spruch nahm und daher auch viel billi- 
gere Preise stellen konnte. Nur die Herstellung tex- 
tiler Wandgemälde (Gobelins), wobei es aicb um das 
Nebeneinanderreihen ganz kleiner und unendlich 
variirter Farhenflächen handelte, konnte trotz aller 
Vervollkommnung der mechanischen Weberei der 
DetailausfUbrung durch die menschliche Hand nicht 
entraten, weshalb sie eben vom 16. Jahrhundert ab 
in zunehmendem Masse Gegenstand eines kos^tapie- 
ligen Privatvergnügens prunkliebender Poteutaten 
wurde. Wo aber die znrUckgehliebeneu wirtschaft- 
lichen Verhältnisse, wie in Sodosteuropa, oder iao' 
lirende klimatiache und geographische Umstände, 
wie in Norw^en, das Anfertigen von gewirkten 
Gebrauchsgegenständen noch lohnend erscheinen 
Hessen, dort wurden auch solche fortdauernd durch 
den bäuerlichen Hausfleisa hergestellt. 

Der Herausgeber des genannten Werkes H. 
Grosch hat sich schon dadurch ein Verdienst er- 
worben, dass er die Herstellung der von ihm publi- 
zirten, zumeist rein ornamental ausgestatteten Wir- 
kereien auf das primitive Betriebssystem dea Haus- 
äeisses zurückfuhrt. Er unterscheidet sich dadurch 
sehr vorteilhaft von den Schriftatellem, die die ana- 
logen Verhältnisse bei den Südalaven mit der ganz 
unzutreffenden Bezeichnung „Hauaindustrie" zu be- 
llen pflegen. Die Hausindustrie in atatistisch- 



22 



DIE WIRKEREI UND DER TEXTILE HAUSFLEISS. 



wissenschaftlichem Sinne ist ein Erzeugnis der neue- 
sten Zeit, hervorgegangen aus dem Handwerk und 
hauptsächlich herbeigeführt durch den Niedergang 
der Zünfte. Dagegen ist die Produktionsweise, der 
jene gewirkten Gebrauchsgegenstände der Südslaven 
ihre Entstehung verdanken, nichts anderes als die 
allerprimitivste des Hausfleisses, der nur für die 
eigenen Bedürfnisse des oder der Erzeuger schafft, 
wogegen der Verkauf eines etwaigen kleinen Über- 
schusses gar nicht in Betracht kommt Es ist das 
Verdienst des Dr. A. Braun in München, dieses Ver- 
hältnis zuerst klar gestellt zu haben. ^) Dass Grosch 
in Bezug auf die norwegische Teppicherzeugung 
nicht in den gleichen Fehler verfiel, wie die unga- 
rischen Schriftsteller, wird schon daraus erklärlich, 
dass die norwegische Litteratur ein sehr wertvolles 
Material zur Beurteilung der primitiven Betriebs- 
systeme enthalten soll, und daher zu erwarten steht, 
dass in Norwegen bereits viel geklärtere Ansichten 
über die einschlägigen Verhältnisse verbreitet sein 
dürften. 

Nur in einer Beziehung möchte sich H. Grosch 
einer allzu sanguinischen Zuversicht hingeben, wenn 
er sich nämlich von den auf Wiederbelebung der 
omamentalen Teppichwirkerei gerichteten Bestre- 
bungen besonderen Erfolg verspricht. Die Technik 
der Wirkerei ist (wieder abgesehen von der Luxus- 
klasse der Gobelins) als reine Handarbeit bloss bei 
einem primitiven Betriebssystem denkbar. Analoge 
Versuche einer Wiederbelebung dieser Technik bei 
den Südslaven haben nur ziemlich schüttere, wenig 
dauerhafte Gewebe ergeben, die sich wohl zu deko- 
rativen Zwecken, aber nicht flir ernsthafte Gebrauchs- 
gegenstände eignen. Wollte man sie dagegen so 
fest und solid herstellen, wie in früheren Zeiten, so 
w^ürde der Aufwand an Zeit, Mühe imd Material 
keineswegs lohnen. Es ist zwar freilich nicht un- 
denkbar, dass die eigentümlichen Verhältnisse in dem 
fjordendurchfurchten Bergland Norwegens, die eine 
fortwährende Übung der primitiven Teppichwirkerei 
bis in unser Jahrhundert ermöglichten, dieselbe auch 
in Zukunft noch lohnend gestalten könnten. Aber 
eine Umschau im übrigen Europa macht es sehr 
zweifelhaft, ob selbst die Bewohner der abgeschie- 
denen skandinavischen Halbinsel von der modernen 



1) Vgl. die äusserst lesenswerte Schrift: ,»Der Hausfleiss 
in Ungarn im Jahre 1884. Ein Beitrag zur Lehre von den 
gewerblichen Betriebssystemen von Ad. Braun und E. R. J. 
Krejcsi, Leipzig 1886*'; femer: „Zur Frage der gewerblichen 
Betriebssysteme , von Dr. A. Braun" in den „Deutschen 
Worten'- 1889, Juliheft. 



Entwickelungsstufe der wirtschaftlichen Produktion 
auf eine längst überwundene zurückkehren dürften, 
ohne sich im Wettbewerb mit ihren Nachhani 
empfindlich zu schädigen. Eine nachhaltige Wiede^ 
belebung der Wirkereitechnik, die über einen blosseii, 
vorübergehenden Modeerfolg hinausgeht, dürfte so- 
mit unter Beibehaltung der reinen fi[andarbeit aus 
wirtschaftUchen Gründen leider aussichtslos sein. 
Deshalb hat auch der umsichtige Direktor des 
Agramer Gewerbemuseums, Prof. Dr. Krsnjavi, bei 
seinen Bestrebungen nach Wiederbelebung des alten 
serbisch-kroatischen Kunstgewerbes auf die Wirkerei 
vollständig verzichtet und die derselben eigentüm- 
lichen ererbten Muster durch Enüpfung wiedergeben 
lassen — bekanntlich eine nicht minder primitive 
und uralte Technik, die auch in Skandinavien ohne 
Zweifel durch die Jahrhunderte her im Wege des 
Hausfleisses geübt wurde, wiewohl das Groschscbe 
Werk in dieser Richtung leider keine neuen Auf- 
schlüsse gewährt. 

Es kann nicht überraschen wahrzunehmen, dass 
zwischen den von Grosch publizirten omamentalen 
Teppichwirkereien der Norweger und denjenigen der 
Südslaven eine sehr weitgehende Verwandtschaft 
herrscht Nicht so sehr in der Farbe, die in älteren 
Zeiten hauptsächlich durch die Eigentümlichkeit der 
Flora des produzirenden Landes bedingt war, wes- 
halb zwischen den Erzeugnissen aus zwei so y&- 
schiedenen Himmelsstrichen keine grossere Überein- 
stimmung erwartet werden darf. Um so weiter geht 
die Verwandtschaft in den Mustern, was schon durch 
die gleiche Technik bedingt ist. Leider findet sich 
nicht bei jedem einzelnen der von Grosch publizir- 
ten Stücke genau angegeben, welche Technik dabei 
in Anwendung gekommen war. Aber bei der Treue 
der Reproduktionen dürfen wir unbedenklich jene 
Stücke für gewirkt halten, die im allgemeinen schräge 
Linienführung, aber im einzelnen geradlinige Ab- 
stufungen aufweisen, wie es eben einer Technik ent' 
spricht, welche die geraden Linien in der Richtung 
der Kette möglichst kurz bemessen muss, um längere 
Spalten zu vermeiden. Auf die Umschreibung be- 
liebiger runder Konturen — diese Glanzleistung der 
antiken Wirkerei auf der Höhe ihrer Ausbildung "^ 
haben die norwegischen und serbischen Bäuerinnen 
augenscheinlich von vornherein verzichtet. Dah^ 
im Norden wie im Süden die Vorliebe für rauten- 
förmige Konfigurationen, für parallele Ausstrahlungen? 
die senkrecht zur Kette verlaufen, und für engge- 
stellte Zickzacklinien, wo es gilt, in der Richtung 
der Kette vorzugehen; daher auch die fast identi- 



DIE WIRKEREI UND DER TEXTILE HAUSFLEISS. 



23 



sehen Stilisiningen von Vierfttsslern und Vögeln, die 
sich übrigens ganz in derselben Weise auch auf 
spätantiken Stücken aus Ägypten finden. Auch im 
Ornamentalen finden sich Berührungspunkte mit den 
gefundenen Resten antiker Wirkereien, ebenso wie 
mit den eigenartigen orientalischen Abkömmlingen 
dieser letzteren. 

Einige Proben figuraler Gobelins bei Grosch 
beweisen, dass auch dieses höhere Genre der Wir- 
kerei in früheren Jahrhunderten in Norwegen ge- 
übt wurde. Solche Gobelins heischen imütner eine 
Beurteilung vom Standpunkte von Wand- oder Tafel- 
gemälden, mit denen sie ja konkurriren wollen. So 
betrachtet können die vorliegenden norwegischen Go- 
belins freilich nicht den gleichen Beifall finden, wie 
die rein omamentalen Teppiche. Ein ganz beson- 
deres kunstgeschichtliches Interesse beansprucht aber 
Tafel I mit dem Überreste eines Wandbehangs, den 
Grosch — meiner Meinung nach vollkommen richtig 
— ins 12. Jahrhundert datirt. Die zwei dort dar- 
gestellten Figuren unter Rundbogenstellungen^ deren 
ikonographische Deutung Grosch nicht versucht hat, 
sind ohne Zweifel einem Monatscyklus entlehnt und 
repräsentiren die Monate April und Mai, was auch 
durch eine entsprechende Lesung der arg verball- 
hornten Beischriften auf den Arkaden bestätigt wird. 
Dem ikonographischen Charakter d^r Figuren nach 
ist der Teppich französischer Herkunft, wofür ich 
den Beweis an anderer geeigneterer Stelle ausführen 



will. Den Textilgeschichtsforscher interessirt aber 
daran vornehmlich der unzweideutige Anklang an 
spätantike Wirkereien: vor allem der in einer Wellen- 
linie aufsteigende Baum mit den dreiteiligen Blättern, 
deren zwei den Kelch bildende Teile volutenartig ge- 
krümmt sind; die Ausfüllung des freibleibenden 
Grundes mit Streumustem, namentlich mit den Vögeln; 
das aus aneinandergereihten Dreiecken gebildete Or- 
nament im mittleren Zwickel und insbesondere am 
oberen Rande der laufende Hund, aus zwei ineinander 
greifenden Wellenreihen genau so zusammengesetzt, 
wie er das gewöhnlichste Saumpmament an den 
Borten und Einsätzen der spätantiken Funde aus 
Ägypten bildet. — Dieser in einer norwegischen 
Kirche aufgefundene und im 12. Jahrhundert in 
Frankreich gewirkte Teppich erscheint mir als ein 
neuerlicher Beweis, dass die in den burgundischen 
und französischen Gobelins später zu grossen Ehren 
gekommene Technik von spätantiker Zeit her auf 
europäischem Boden niemals ganz erloschen ist und 
somit auch der Wiedereinführung aus dem Orient 
durch die Kreuzfahrer gar nicht bedurfte. Dass sich 
gerade in Prankreich ihre Spuren so weit zurück- 
verfolgen lassen^ wird daraus zu erklären sein, dass 
die spätantike Kultur nordwärts der Alpen eben auf 
gallofränkischem Boden am wenigsten gewaltsame 
Unterbrechung durch die Stürme der Völkerwande- 
rung erlitten hat, weshalb auch gerade auf diesem 
Boden die karolingische Kultur erwachsen konnte. 



EIN MEISTERWERK DER SCHMIEDEEISENKUNST. 

MIT ABBILDUNG. 




[WISCHEN Baden und Vöslau in- 
mitten grünender Weingärten, aus 
denen man die Perle unter Öster- 
reichs Weinen keltert, liegt still 
das uralte Soos (das mittelhoch- 
deutsche Silz), mit seiner ro- 
manischen, leider stark verrestaurirten Kirche, die 
rings noch ihren Wall und Graben hat, der aber 
heute nur mehr von Schilf und Schwertein ver- 
teidigt wird, aber auch damals, als er noch besser 
bewehrt war, in der grausen Türkenzeit dem guten 



Nest wenig nützte, da alles, was das Gotteshaus und 
einstmalige Benediktinerkloster an Kostbarem besass, 
in Rauch und Flammen aufging. Das war 1683. 

Erst nach und nach erholte sich das Dörfchen 
wieder, und zu Beginn des vorigen Jahrhunderts fand 
es laut der auf unserem schönen Grabkreuz ange- 
brachten Inschrift einen „Gutteter zu seinem Gottes- 
haus" in einem Wiener Bürgermeister und Glocken- 
giesser; dessen Namen aber das unerbittliche Wetter 
trotz des festen Eisenkastens am Kreuz verwischt 
hat, nicht einmal der Taufname ist mit Sicherheit 

4* 



24 



EIN MEISTERWERK DER SCHMIEDEEISENKÜNST. 



zu entziffern, und so ist die Auferstehung dieses 
Künstlernamens vorläufig noch hinauszuschieben. 
Denn einen Ktinatler darf man den Mann als Glocken- 
giesser wohl nennen, 
und heute noch rufen 
die von ihm gegos- 
senen und der Kirche 
geschenkten Glocken 
mit ihren metallenen 
Zungen Qber die weite 
gottgeseguete Flur. 
Ab solcher „Gutteter 
zu diesem Gotteshaus" 
Hess er sich auch hier 
begraben und setzte 
sich — neben den 
Glocken — in dem 
von uns hier gebrach- 
ten Kreuz ein Denk- 
mal, das die Bewun- 
derui^ aller err^en 
muss, sowohl durch 
die Schönheit wie 
Grösse der Arbeit. — 
Aufdemkleinen schön 
geschweiften und 
habsch profilirten 
Sockel, auf dem sich 
das Wappen des Glo- 
ckengieasers — eine 
Glocke über zwei ge- 
kreuzten Scblüsselu 
— befindet, steht das 
Kreuz, das allein 2,80 
m hoch ist, während 
seine Arme 1,50 m 
resp. 1,10 m messen. 
Zu oberst steigt aus 
dem von Wolken um- 
schwebten Grab Chri- 
stus, dem die Aufer- 
stehungafahne fehlt. 
Diese Endigung ist 

vielleicht der 
schwächste Teil der 

ganzen Arbeit, da eine sohmiedeeiBernsB 

ornamentaleAusbl Üb- 
ung zweifellos oi^anisch zu gestalten gewesen wäre. 
Das Kästchen mit der Inschrift ist an und für 
sich ein vollendetes Kunstwerk und eine gute Publi- 
1) Vgl. Kirchliche Topographie der Wiener Erzdiöceee. 



katioQ wäre wohl dankbar und für Fachleute recht 

wünschenswert.. 

Über die Zeit der Entstehung giebt ans die In- 
schrift wieder nur 
zweifelhaften Auf- 
schluss], da die Wit- 
terung auch hier zer- 
stört hat. Der noch 
leserliche Teil lautet: 
Hir ruht Georg An- 
dreas Klein ') Gutteter 
zu diesem Gotteshaus, 
gewesener Bürger- 
meister und Glocken- 
giessermeiater zu 

Wienn, welcher ist 
den 28ten Juni 1786 
(??), seines Alter 
86 Jahr. 

Die künstlerische 
WCrdigung dieses 
herrlichen Gegen- 
standes wollen wir 
dem Leser selbst 
überlassen. Ein jeder 
wird die durch ihre 
reiche Ausführung 
gewaltig gewordene 
einfache Grundform 
bestaunen, den Rhyth- 
mus der Motive ein- 
zeln und untereinan- 
der, die vollkommen 
harmonische Stim- 
mung derselben, ditf 
einen so prächtigen 
Zusammenklang her- 
vorbringt. 

Nicht weniger wie 
für den Kunstschlos- 
ser, scheint mir diese 
Arbeit fQr weitaus 
zartere Techniken 
vollkommen geebnet 
zur Ausführung zu 
Gmbkreui in Soos. sein. In Silber als 

Filigrane ausgeführt, 

wird eine schöne Wirkimg nicht ausbleiben. Nur 

ein kleiner Fingerzeig! 

Wien. BVDOhF BOCK. 

Wien IbL'j. Dekanat Baden. 



le UoliBcbnitieiei gez. i 



GLASGEMÄLDE IN DER MARIENKIRCHE 
ZU LUXEMBURG. 



MIT ABBILDUNG. 



Unter den Fortactritten der letzten 
I zwei Jabizebute auf allen Gebieten 
I der Kunst, und des Eunstgewerbes 
I ist gewiss einer der erfreulicbsten, 
I welchen die Glasmalerei zu ver- 
I zeichnen bat. So auaschliesslich, 
wie bei keiner anderen Kunst, war hierin das skla- 
vische Nachahmen alter Werke als Grundprinzip auf- 
gestellt Es wurde nicht unterschieden zwischen 
anatomisch richtig gezeichneten oder in den körper- 
lichen Verhältnissen venmglUckten Figuren; es war 
gleichgültig, ob die Gesetze der Perspektive berück- 
sichtigt oder geradezu in das Gegenteil gekehrt waren; 
man untersuchte nicht lange, ob das Kolorit der 
Darstellung und dem Orte entsprechend war — das 
betreffende Fen.ster war alt und deshalb muster- 
gültig. Auch mit Bezug auf den Gedankengang, den 
ein altes Glasgemälde im Beschauer erwecken sollte, 
täuschte man sich und andere; man unterschob den 
alten Meistern Absichten, die sie nie gehegt — man 
wollte eben alles zu Kunstwerken stempeln und Über- 
sah oder verzieh die vielen Schwächen alter Fenster 
bei der Beurteilung, um sie aber nachher bei der 
Herstellung eines neuen Fensters um so gründlicher 
nachzuahmen. Den Reiz, welchen die 2^it und die 



Elemente durch Zersetzung der GlasoherflÜchen und 
Anhaftung von Staub etc. manchen Fenstern verlieh, 
suchte man künstlich auch den neuen Fenstern bei- 
zubringen, aber durch Mittel, welche zumeist durch- 
aus un künstlerisch waren und einen ganz anderen, 
als den beabsichtigten Effekt hervorbrachten. In 
dieser Hinsicht übten einzelne Kunstfreunde und 
Kunstgelehrte durch Förderung solcher verkehrter 
Bestrebungen einen geradezu verderblichen Einfluss 
aus, während aber auch glücklicherweise andere dem- 
selben entgegenarbeiteten. Letzteres war von gutem 
Erfolg; heute sind nun, wenn auch nicht tiberall, so 
doch an den meisten massgebenden Stellen Grund- 
sätze zur Anerkennung gelangt, welche eine freudige 
Zukunft der Glasmalerei hoffen lassen. Was die 
Fabrikation betrifft, so ist die Schönheit der meisten 
alten Farbengläser erreicht, viele sind sogar über- 
troffen. Die umfangreiche Technik der Glasmalerei 
hat sich in mancher Beziehung vervollkommt, auch 
hier hat sich Wissenschaft, Kunst und Handwerk 
verbrüdert. Das kunstgeschichtliche Studium hat eine 
andere Richtung angenommen, die Resultate sind in- 
folgedessen besser. DasBewnsstsein, dass man zunächst 
iür seiue Zeit schaffen und deshalb auch den Geist der- 
selben mit dem in gewisser Beziehung notwendigen 



GLASGEMÄLDE IN DER MARIENKIRCHE ZU LUXEMBURG. 



Geiste früherer Zeit versöhnen und Terschmelzen, aber 
nicht unterdrücken soll, gelangt allmählich zum Durcb- 
bruch. — Das Herz eoll ja mit Wohlgefallen am 
Einzelnen hängen und vom Gesamteindruck mächtig 
ergriffen werden. Deshalb geht, auch das Streben 
dahin, was schon M. A. Lessert in den dreissiger 
Jahren erwünschte: „das Erhabene mit lieblicher 
Naivetät und Milde, ideale Auffassung mit naturge- 
treuer AusfÜhrnng der Formen zart zu verschmelzen 
und so allen Werken den Stempel geläuterter Schön- 
heit aufzudrücken." 

Wir geben heute in Abbildung ein Fenster wie- 
der, welches auf der Trierer Kunstgewerbe- und 
Industrieausstellung berechtigtes Aufsehen erregt und 
allseitige Anerkennung gefunden hat. Dasselbe bt 
von dem kunstsinnigen Grafen de Laigogne gestiftet 
und bestimmt, oberhalb des Grabmales des Krzbi- 
schofes Adames von Luxemburg eingeigt zu wer- 
den. Im Charakter des 13. Jahrhunderts in der trieri- 
schen Glasmalereianstalt von Binsfeld und Jansen 
komponirt und ausgeführt, ruft es ganz den beab- 
sichtigten Eindruck eines Teppichs hervor. Die 
Einteilung der ungünstigen Fläche — sehr schmal 
und sehr hoch — durch Sockel, Mittelbild, Bekrö- 
nungsspitze und Fries ist gewiss eine glückliche 
zu nennen. Das Figurale ist ganz vorzüglich mit 
dem Omamentalen in Einklang gebracht, die Hand- 
lung einfach und leichtverständlich dargestellt. Die 
alten Motive der klagenden und weinenden Engel, 
sowie der verfinsterten Sonne und Mond haben eine 
gute Verwendung gefunden und sämtliche Köpfe 
den richtigen, sinnbezQglichen Ausdruck. Das sym- 
boliscbeOmament besteht aus Passionsblumen, Disteln. 
Rosen und Kronen; schade, doss einzelnes: Blätter etc. 
durch die mangelhafte photographische Äufoahme 
schwarz geworden und deshalb in ihrer Zeichnung 
nicht zur Geltung gelangt sind. In koloristischer 
Beziehung war ein grosser Effekt durch das Ab- 
tönen des Hintergrundes vom tielsten bis zum hell- 
sten Blau, sowie durch das sich vom Grunde treff- 
lich abhebende blaue Gewand der Maria erzielt. Das 
ausschliesslich zur Verwendung gelangte leuchtende 
Antikglas, sowie die eigene Mal- und Radirtechnik 
verhalfen dem Fen.ster zu grosser Wirkung. Es ist 
nunmehr am Bestimmungsorte in der schönen früh- 
gotischen Marienkirche auf dem Limpertsberge zu 
Luxemburg, oberhalb des nach einem Entwürfe von 
Staatsarchitekt Arendt ausgeführten Monumentes ein- 



Olugem&lda in dar Huisukirclie in LnxembaTg, 



BÜCHERSCHAU. 



F. Kraft» Äusgeftihrte Grabdenkmäler alter und neuer 
Zeit. In Au&ahmen nach der Natur. 30 Tafeln 
Lichtdruck. Fol. Frankfurt a. M., Heinrich Keller. 
M. 25. 
P. Kürzlich konnten wir ein Werk anzeigen, 
welches einfache aber geschmackvolle und würdige 
Entwürfe zu Grabdenkmälern den Handwerkern dar- 
bot Heute liegt ein Pracht werk vor, worin eine 
Anzahl ausgeführter kostbarer und monumentaler 
Grabdenkmäler wiedergegeben sind. Das Streben, 
den verstorbenen Angehörigen ein äusseres Denkmal 
der Liebe und Erinnerung zu setzen nicht minder 
als die Ghrabstätten ganzer Familien in monumentaler 
Weise zu bezeichnen und vor anderen kenntlich zu 
machen, hat in den letzten Jahren zur Errichtung 
zum Teil überaus kostbarer Grabdenkmäler geführt. 
Namentlich in denjenigen Städten, wo grosse Fried- 
hofsanls^en dazu besonderen Anlass boten — wie in 
München, Karlsruhe und anderen Orten — ist die Bild- 
hauerkunst in ihren ersten Meistern zu derartigen Ar- 
beiten herangezogen worden. Von diesen in den letzten 
Jahren errichteten Grabdenkmälern bietet das vor- 
liegende Werk eine schöne Auswahl. Meist sind es 
architektonische Denkmäler mit reicher Anwendung 
plastischen Schmuckes, Reliefs oder freier, grosser 
Figuren. Schon die Namen der Architekten, von denen 
die Entwürfe herrühren: Gnauth, Leins, Egle, Thiersch, 
Hauberisser, F. v. Seitz, Romeis, Durm, Bühlmann 
und die der Bildhauer, welche dabei thätig waren: 
F. V. Miller, Zumbusch, Wagmüller, Rau, Schwabe, 
Dormdorf, Rösch, Most, Gamp, Rümann, Stotz bürgen 
für Leistungen ersten Ranges. Merkwürdig ist dabei 
übrigens das Zurücktreten gotischer Formen gegen 
die antikisirenden , welch letztere sogar auf vielen 
Friedhöfen über die Renaissance die Herrschaft ge- 
wonnen haben. Gewiss ist daran das Studium der an- 
tiken Grabstelen, deren grossartige Einfachheit jeden 
denkenden Menschen packen muss, seitens der Künst- 
ler schuld; wünschen wir, dass nach Fertigstellung 
der grossen Sammlung jener Grabdenkmäler, welche 
die Wiener Akademie herausgiebt, auch die herr- 



lichen naiven Darstellungen dieser antiken Denk- 
mäler auf unsere Friedhofskunst Einfluss gewinnen 
möchten! 

Den Wert guter alter Vorbilder erkennt auch 
der Herausgeber des vorliegenden Werkes an, indem 
er auf den letzten Tafeln eine Anzahl Grabmäler, 
meist Epitaphien des 16. Jahrhunderts beigegeben 
hat, darunter das wunderherrliche, wenig bekannte 
Epitaph des Wolfgang Peisser von 1526 'in Ingol- 
stadt, ein Monument, welches an die Arbeiten des 
Hans Daucher von Augsburg eriimert. Vielleicht 
hätte es sich mehr empfohlen, wenn der Herr Heraus- 
geber, dem für sein verdienstvolles Werk lebhafter 
Dank gebührt, in diese Folge nur moderne Grab- 
denkmäler aufgenommen und in einem besonderen 
Heft ausschliesslich alte Denkmäler gegeben hätte. 



Entwürfe für Schmiedeeisen und andere Metall- 
arbeiten im Stile des Bokoko nach G. Huquier. 
30 Lichtdrucke nach den Originalen in der Orna- 
mentstichsammlung des königl. Kunstgewerbe- 
museums zu Berlin. Berlin, Paul Schahl. — Preis 
in Mappe 20 M. 
P. — Die vorliegende Publikation giebt die 
Hälfte des „Nouveau livre de serrurerie" von Gabriel 
Huquier (1695—1772) wieder. Dies Buch, ehemals 
in Paris erschienen, enthält Entwürfe zu Schlosser- 
arbeiten der mannigfachsten Art und ist ganz be- 
sonders geeignet, den modernen Schlossern Vorbilder 
zu liefern. Die Entwürfe zeichnen sich dadurch vor- 
teilhaft vor anderen gleichzeitigen Kompositionen 
aus, dass sie im allgemeinen einen strengen, ruhigen 
Aufbau zeigen, an dem sich spielend und in elegan- 
ten gefölligen Linien das Beiwerk anschmiegt Nie 
arten die Entwürfe zu wüsten, regellosen Gebilden 
aus, denen wir in derBrokokozeit mehrfach begegnen. 
Mehrere Abteilungen des Werkes enthalten aus- 
schliesslich Gitter der verschiedensten Art: grosse 
Abschlussgitter im Freien und im Innern von Kirchen, 
Portale, Treppengeländer, Balkongitter, Füllungen, 
Konsolen etc. Ein besonderer Abschnitt ist Aus- 



28 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



staitungsgeräten für Kirchen gewidmet, wo unter 
anderen auch zwei Kanzeln aus Schmiedeeisen, La- 
ternen, Postamente gegeben sind. Daran schliessen 
sich einige Tafeln mit Entwürfen für Bronzebeschläge 
— Griffe, Schlüsselschilder, Riegel — deren einfache, 
vornehme Formen vielen willkommen sein dürften. 
Im übrigen aber sind gerade die Zeichnungen Huquiers 



geeignet, auch f&r zahlreiche andere Künste unter oft 
nur geringen Umänderungen Verwendung zu finden; 
und diese vielseitige Verwendbarkeit lässt es wün- 
schenswert erscheinen, dass die Verlagsbuchhandlung 
sich auch zur Herausgabe der zweiten Hälfte des 
Werkes recht bald entschliessen möge. 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



Rd. Bremen. Das Qewerhemuseum hat den bereits im 
letzten Jahresbericht angekQndigten ersten Katalog nunmehr 
herausgegeben. Diese erste Abteilung, das „Verzeichnis der 
Mustersammlung" enthält die .»Arbeiten aus Holz, Hom, 
Elfenbein, Schildpatt und ähnlichen Materialien" und um- 
fasst die stattliche Zahl von 467 Nummern. Eine kurze Ein- 
leitung giebt Nachweise über die Entstehung der jetzigen 
Mustersammlung; sodann folgt ein Abschnitt, welcher in ge- 
meinverständlicher, leichtfasslicher Form Auskunft Über die 
Materialien und deren Bearbeitung, welche in diesem Kata- 
log in Betracht kommen, giebt; dann folgt das Verzeichnis 
der Gegenstände. Letzteres ist leider weder systematisch 
noch chronologisch, sondern nach den Accessions- (Enventar-) 
Nummern geordnet. Dadurch wird das Auffinden ganz 
ausvserordentlich erschwert, ja geradezu unmöglich, wenn 
man sich nicht ein Register anlegt. Die Beigabe eines sol- 
chen würde für die späteren Kataloge dringend zu wünschen 
sein, wenn dieselben überhaupt ausserhalb des Museums nutz- 
bar sein sollen. Was den Inhalt angeht, so umfasst die 
Sammlung, — wie Referent allerdings zum Teil aus eigener 
Anschauung weiss, eine sehr brauchbare, mit Geschick zu- 
sammengebrachte Sammlung von Holzarbeiten aller Art. 
darunter vortreftliche deutsche Möbel vom 15. Jahrhundert 
an, Schnitzereien, Füllungen, Geräte aller Art, wohl geeignet, 
dem Handwerker zweckmässige Vorbilder zu liefern. Dieser 
Gesichtspunkt der Vorbildlichkeit wird bei allen An- 
schaffungen des Museums betont; er ist der einzig richtige 
bei Anlage und Ausbau unserer Provinzialmuseen. Der Ka- 
talog ist mit einer Anzahl Abbildungen versehen, welche von 
den wichtigeren Stücken eine Vorstellung geben. Auch sonst 
ist die Ausstattung des Heftes nur zu loben. 

Silberne Kanne. Die Kanne, welche wir dam Hefte 
als Heliogravüre beigeben, bildet einen Teil des Tafel- 
schmuckes, welchen Herr Generalkonsul Charles Oppenheimer 
in Frankfurt a. M. in den Werkstätten der Firma LaxaiiAS 
Posen Wwe. ebendort herstellen liess. Sie erregte schon auf 
der Münchener Ausstellung wegen der Kühnheit der Kom- 
position und Trefflichkeit der Ausführung allgemeine Auf- 
merksamkeit. Der Körper ist geschlagen und mit reichen 
getriebenen Ornamenten versehen, Henkel und Fuss ciselirter 
Guss. Entwurf, Modell und Ausfuhrung rührt von Mitgliedern 
der Posenschen Werkstätte her, das Modell von W. Srhuind, 
Ciselirung von A. Mair. Der Werkstatt gereicht die Arbeit 
zu nicht minderer Ehre wie dem Besteller, der wiederholt 
grosse Summen zur Förderung des Kunstgewerbes ange- 
legt hat. 

— ^n. Wandschrcmk aus dem Schweixerximmer im Kunst- 
getcerhemtiseum xu I^eipxig. Die vor einigen Jahren erwor- 
bene ZimmerauBstattung , zu der der auf unserer Beilage 



wiedergegebene Schrank gehört , stammt aus dem Schlosse 
Flims in Graubünden. Ausser der Vertäfelung und der reich- 
gegliederten Eingangsthür umfasst dieselbe eine von zier- 
lichen Säulen getragene, in eine Fensternische eingepasste 
Bank, ein an der Schmalseite des Zimmers sich an die 
Täfelung anschliessendes Prachtbett mit kassettirtem Balda- 
chin, einen Kredenzschrank, eine mit geschnitzten Rosetten 
belebte Holzdecke und unsem Wandschrank, der kein selb- 
ständiges Möbel, sondern eine mit einer Thür geschlossene 
Nische darstellt, die aus der Wand ausgespart war. Die ar- 
chitektonischen Profile desselben sind in Nussbaum, die glat- 
ten umrahmenden Flächen aus Eiche, die Füllungen aus un- 
garischer Esche hergestellt. Zu den omamentalen Schnitze- 
reien der Friese und des Aufsatzes wurde Zirbelkiefer auf 
dunkel gebeiztem Grunde verwendet. Das architektonische 
Gebilde in der Krönung deutet vielleicht die Formen des 
Schlosses Flims an. Von der reichen Wirkung der ver- 
schiedenfarbigen Hölzer giebt unsere Darstellung eine an- 
nähernde Vorstellung. ' 

z. — Das Schreinerbtush von Iheodor Krauih und Franx 
Sales Meyer, von w^elchem die ersten drei Lieferungen vor- 
liegen (Verlag von E A. Seemann in Leipzig), verfolgt, zwar 
zunächst die rein praktischen Zwecke eines Lehrbuchs, aber 
die feine künstlerische Behandlung der teils als Tafeln, teils 
als Textillustrationen gegebenen Abbildungen, sowie die edeln, 
im Sinne der Renaissance erfundenen Schmuckformen, mit 
denen sich Krauth als Meister in seinem Fache erweist, geben 
dem prächtigen Werke ein Anrecht darauf, auch an dieser 
Stelle gewürdigt und empfohlen zu werden. (Vergl. die bei- 
gefägte Tafel.) Das Unternehmen ist auf zwei Teile (in 
Quartformat) berechnet, von denen der erste sich mit der 
Bauschrei nerci befasst und in 6 Lieferungen mit 64 Tafeln 
und gegen 300 Abbildungen im Text eine so vollständige, 
anschauliche und geschmackvolle Anleitung geben dürfte, 
wie sie bisher auf dem betreffenden Gebiete noch nicht ver- 
sucht, geschweige denn zu stände gebracht worden ist. Der 
zweite Teil, der die Möbeltischlerei behandeln und gegen 
100 Tafeln umfassen soll, wird uns Gelegenheit geben, auf 
das schöne Unternehmen der beiden Karlsruher Kunstlehrer 
zurückzukommen. 

Die Standuhr, welche diesem Hefte als Tafel beigegeben 
wurde, ist die Festgabe des Grossherzogs und der Grossher- 
zogin von Baden zu der im Juni stattgehabten silbernen 
Hochzeit des schwedischen Königspaares. Das Gehäuse ist 
2 m 80 cm hoch und besteht aus amerikanischem Nussbaum - 
holze, die Einlagen sind teils in durchbrochenem Metall, 
teils in Malerei auf Goldgrund ausgeführt. Eine Widmungs- 
inschrift, Daten, Monogramme und Wappen sind darauf an- 
gebracht. 



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Verlag v.i'..ji.beeniHnii iiii-eip"^^, 



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Einflügelige HauatbBr mit Oberlicht. 
Ana Kkadtu uod Meieb, äuhreinerbacb. 



Standuhr. 

Entworfen von Direktor Götz. 

Ausgeführt von Hofuhrmacber F. Pichbr in Karlenihe. 



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Waudachraiik, aus dem Schweizer Zimmer im Kunitgewerbemuseum zu Leipzig. 
AnfgeDommeii von H. Bischof. 






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Verlag des Litterarischen Jahresberichts (ARTUR SEEMANN) Leipzig. 

ITnlinrhiotAWO/^hnt» RildDPQtlaC ^- A^ltertum von Dr. Th. Schreiber, Professor der Archäologie za Leiprig. 
UUllUIlilülUilOljUul DilUCi CllKLdi Zweite für den Schultrebrauch eingetichtete AuHage. loo 1 afein mit ca. 
looo Abbildungen. Mit einem Textbuche von K. B. Preis ohne Textbuch lo M., geb. 12.50 M. Preis rait aus- 
führlichem Textbuche 12 M., geb. 15 M. 

Die neue Auflage hat einige, mit Rücksicht auf ilen Gebrauch au den ()Ijerki3«:<^eii der Gymnasien not^vendigr Verimderongcn 
erfahren. Gewisse Darstellungen, welch«, durch ihre Ansiossi^keit der weiteren Verbreitung des nützlichen Werkes hincierUcU waren, 
sind eutfprecheud umi;estaliet worden. 

Oas Taxtbuoh kann auch für sich allein bezogen werden zum Preise von M. 3. — broschirt uml M. 2. 50 gcViunden. (Auch 
in to Lieferungen von je 20 Pf.) Es dient ebensogut zur ersten wie zur «weiten Auri, 





Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. 

nnsthistorische Qüderbogeii 




1. Handausgabe. Erater Cyklue: I. Altertum^ geb. M. 3 50. — II. 

Mittelalter, geb. M.. 3. 50. — III. Neuzeit: l. Italien, geb. 4 M. — 
IV. Neuzeit: 2. Der Norden, geb. 4 M. (Zufannuen 1^7 Tafeln, qu. Folio, 
II M., geb. mit gebrochenen Tafeln hi Calico 15 M.. piano in Halbfr. 16 M.) 

Handausgabe, zweiter CykluB {Ergänzun-sfajelu): 85 Tafeln mit 
Holzschnitten und 13 Tafeln in Farbendruck. 12 M., geb. mit gebrochenen 
Tafeln oder piano in Calico 15 M., in Halbfranz (nur piano) .16 M. 

Dazu: Grundzügc der Kunstgeschichte , von Anton Springer. 

I. Altertuia. II. Mittelalter, br. a l M.» geb. i M. 1.35. 
III. Neuzeit X. Hälfte; IV. Neuzeit 2. Hälfte br. a M. I. 50. 
geb. ä M. 1.90; in einen Band br. 5 M., geb. 6 M., in Halbfr. 7 M. 

Eine weitere Ergänr.ung des Werkes })ildet: 

Die Kunst des ig. Jahrhunderts von Ant. Springer. 2. Aufl. 82 Tafeln 

mit einem Texthande brosch. 8 M. ; gebrochen (4 f.) oder flach geb. (der 
Texlband für s^\c\\) 12 M., in Halbfranz 14 M. 

2. Gesamtausgabe: 2 Bände mit 246 Tafeln qu. Folio und Textbuch von 

Anton Springer. 2. Aufl. brofch, M. 23. $0; geb. 2 Bände und Textbuch 
M. 31.50. (Ohne Textbuch M. 20.50; geb. M. 27.50.) 

Dazu 3 Supplemente: 

I. Supplement: Die Kunst des 19. Jahrhund erl^ (2. Auflage. 82 Tafeh» 
qu. Folio) mit Textbuch von Anton Springer, brufch. 8 M., geb. 
12 M., in Halbfr. 14 M. (wie oben unter ,, Handausgabe'*). 
11. Supplement: (Altertum, Mittelalter, Neuzeit) 60 Tafeln uud 5 Far- 
bendrucke qu. Folio. 8 M.; geb. M. 10. 60. 
III. Supplement: (Altertum, Mittelalter, Neuzeit) 84 Tafeln qu. Folio. - 
darunter 8 Farbendrucke. 12 M.; geb. 15 M. 

3. Schulausgabe: 104 Seiten, gr. 4. mit 4S9 Abbildungen. Geb. in Hulblwd. 

M. 3. 60; dazu: Einjuhrun}^ in die Kun/li^efchichie von Dr. R. Graul, 
112 S. geb. M. I. <|.o. (Für höhere Schulen.) 

4. Künstgeschichtliches Bilderbuch für Schule und Haus, von Dr. C. 

Warnecke (Altona) 41 Seiten gr. 4. Mit lOo Abbildungen steif kart. 
M. I. 60; geb. in Calico M. 2. 50. (Für Volksschulen.) 

, AusRihrliche Prospekte gratis und franco. 



Verlag des Lltterarischflo Jahresberichts 

(Arthur Seemann) Ijeix>zig. 



Soeben pr^chiiMi 



Bilderatlas 



zum 




horausgegebeu von 

Dr. R. £n£^eliuiinii. 

I. II- 

Ilia,f^ ^ OdT^^^^ 

20 Tafeln und Text} 1^3 Tafeln UDdText 
cai-t. M. 2.— . I cart. M.2. — . 

BeideThelle isart. M.3.60, geh. M. 4.—. 

Vou drr Ansohaunnj? ausgehend, 
da.ss der griechische Geist nicht luu' 
iu den Schriftquollen, sondern auch, 
uud zwar vornehmlich in der bilden- 
den Kunsi zu finden s<>i, hat der Ver- 
fasser die Zusammenstellung der an- 
tiken Darstellun;^'en homerischer 
Scenon uutoriiommeu und hofft damit 
alh'n Freunden de.s homerijichen (le- 
dichts einen Dienst zu erweisen. 



Verlag von E. A. SEEMANN iB Leipzig. 

Mythologie 

der Griechen u. Römer. 

Von Professor Br. 0, Seemann. 

:{. Aurtiige unter Mitwirkung von Kud 

E n 4>: e l ni a n n bear l »e i t et . 

Mit Abbilduu^'en ISS,'». 

(ielnnuh'u M. .'löO. Prachttius^rabe Uiit 
KiipfiTU fein jjeb. M. 4,r)0. 




l?^:^l^-lt£.^5f^^..?g.^;^.:i^:^.^;»^^^ 



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ElS?^-^£sC|S:^:gtf.i1f4i55$;j:y>.t^^^ 




Vollständig 

erschienen ist im Verliige von E. A. SEEMANN in Leipzig: 

. >Voltiin aimi xmcl Kl. ^Voermami 

GESCHICHTE DER MALEREI 

4 Bände gr. Lex. 8. 

Mit 702 Illustratiouen und einem Namenregister. 

Brosch. M. 66, geb. in Leinw^. M, 74.50, in Halbfranz M. 78.50. 



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.»'.V .-^a^icBABa^ 



yi«Kfct 




ajggter:^!5iajlgidas^nai=ffi)5ig5igs^ 



Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG. 

Geschichte der Architektur 

von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart 

von Wilhelm Lfibke, 

Professor am Polytechnikum und an der Kunstschule in Karlsruhe. 

Sechste verbesserte^ und vpniiehi*te Auflage. 

2 Bän<]e gi\ Lex.-S", mit 1<X»1 Illustrationen. ISS."». Hrosch. 2<j M.; in Kaliko geb. :iO M.; in Halbfranz geb. 32 M. 

Geschichte der Plastik 

von den ältesten Zeiten bis anf die Gegenwart 

von Wilbelni Lflbke. 

Dritte verbesserte un<l vermebrte AutUige. Mit r)«K) Holzs<hnitten. 971 S. gr. Lex.-S^. 2 Bände. 
hroi-eh. 22 M.; in Leinwand gel». 2<» M.; in 2 Hall»fnui/bände geb. '^0 M. 

Raffael und Michelangelo. 

Von Antmi Springer. 

Zweite verbes>erte Auflage in zwei Biintlrn gr. Lex -S^. ^lit vit*len lllu.strationen. 
Kngl. kalt. 21 M. in Halbfranz 2.j M., in Liebhaberbänden ilO M. 

Dürer. 

Geschichte seines Lebens und seiner Kunst. Von MoiitÄ Thausiii^. Zweite verbesBert« und vermehrte Auf- 
lage, gr. Lex.-S". Mit vielen Illustrationen. Kngl. kart. 20 M. in Halbfranz 24 M., in Liebhaberbi\nden 2S M. 



1 
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Holbein und seine Zeit. 



1 
1 

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Von Alfred Woltmann. Zweite verbesse lie und vermehrte Auflage. ^lit Illustrationen. Brogeb. !.'> M.; geb. in 
engl. Leinwand. M. L0.5O. Der zweite Teil dieses AVerkes (Exkurse, Katalog der Werke) it?t gänzlich vergritlen. 



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Galeriewerke ans dem Verlage von E. A. Seemann in Leipzig. 




Die Münchener Malei^schule idäf BiÄS""^.rweil'n kÄ ..i 

anderen Textillustrationen, 2.'^ Kupferliehtdruoken und Radirungen. 1KK7. «rr. 4. br. 18 M. 

Dieses durchweg fein und geschmackvoll ausgestattete Werk aus der Feder d»'s bekannten Kunsthistorikers 
ifit in zwei Ausgaben in reichem Kinbande zu haben: 

Ausgabe I mit Kupfern auf t^hines. i*auier mit (Goldschnitt gel». 27 M. 

Ausgabe II mit KuptVrn auf weissem I aj»ier uuil glattem Schnitt 20 M. 

Meisterwerke der Casseler Galerie. Lg'i;;!"l^"inrrn?Ä't 

von Dr. 0. Eisenmaun, Direktor des Museums in Cassel. 1SS(). Eleg. gt-b. 20 M.; -Ausgabe auf chine- 
sischem Papier geb. mit Goldschnitt 2.0 M. ^ 

Album der Braunschweiger Galerie. Sng5Ä1-."Kftto. m 

illustriilem Text von Dr. R. Graul. ISSs. eleg. geb. l."3 M.; mit Kupfern auf chine.s. Papier geb. 2») M. 

Die Städel'sche Galerie zu Frankfurt ::;to.;';':M"aiili:l2''K;l:^" 

rungen von Johann Eissenhardt. Alit Text von Dr. Veit Valentin. 

1^ Ausg. Künstlerdnicke. Fol. iCK) M. — H. Ausg. Vor der Schrift. Fol. ♦>! M. — HL Ausg. Mit 
Künstlernamen. 4S M. — IV. Ausg. in Quart auf weissem Pa}»ier mit Schrift- bro^eh. 24 M., eleg. geb. 
2S M. r/i J'f. 

Die akademische Galerie zu Wien ;:.;;.^r^J'd"t' nÄnit!^. "t 

Text von C. v. Ivützow. 

L \usir. Vr>r der Schrift, chines. Pai.if'r. Fol. 42 M. — 11. Ausg. Mit Se.hrift, chines. Papier. 4. geb. 
:jO M.'— m. Ausg. Mit Schrill, weisses Faj.ier. 4. brosch. LS M., geb. 22 M. 




Hierzu fünf Beilagen: von R, Leehner's Hofbuelihandluiig in ^Vien, von Robert Oppenheim in Berlin, von der Ter- 
Insrsanstalt für Kunst- und Wissenschaft (vorm. P.ruLkmann) in München, von dom Verlag des Litterariscli«« 
Jahresberichts (Artur Seemann) in Leipzig un<l von T. 0, Weigcls Nachfolger in Leipzig. 

Druck von .\iigust Pries m Leipzi;;. 



■^ 



Zinnerue Prunkschale. 

Im Besitze von Heirra Dr. Dehiam in Leipzig. 



Zinnerae Sthänkkanne der Maurerinuung zu Zittau. 
Städtisches Museum zu Zittau/ 



DIE DRESDNER AUSSTELLUNG ALTER ZINNARBEITEN. 



Das Dresdner KuDstgewerbemuseum 

hat eine Ausstellung alter Zinnarbeiten 

veranstaltet, welche sie Öffentlicbeni und 

privatem Besitze im Königreiclie eut- 

■ lehnte. Es hat ein Anrecht darauf, das 

Sammeln von Zinn besonders zu pflegen, 

weil Sachsen in diesem Metall von 

alters her eine starke Produktion be- 

heiite noch im Gang befindlicheu Zinn- 

n Altenberg im Erzgebirge, welche seit 

hrhundert mit wechselndem Ergebnis be- 

irden, haben weite Gebiete Deutachlands 

Erzeugnissen versehen und lange Zeit sich 

g^en die englischen zu behaupten ge- 

e von der Regierung im IS. Jahrhundert 

len Beschauordnungen, von welchen Dr. 

i diesem Blatte berichtete, sind ein Beweis 

9 sich auch die Verarbeitung des Zinnes 

rstentum Sacliseii lange auf bedeutender 

elt. 

Lunsthaudel, der sich auch auf das Zinn 
hat freilich bewirkt, dass vieles Nieht- 
zur Ausstellung kam. Eine reiche Samm- 
Curfiirstentellern, welche zugleich die Fort- 
ng des Ornamentes in anschaulicher Weise 
weist fast durchweg Nürnberger Beschau 
Besitzer, Dr. Demiani in Leipzig, hat d!e- 
Sachkenntnis und in einer .seltenen Voll- 
izusammengebracht, und auch die Schweizer- 
Her, Apostelteller, Paradiesteller in muster- 
iollektionen vorgeführt. Jedoch will ich 
rstehenden Veröffentlichung über dieselben 
■eifeu, ebensowenig wie ich die Ausführungen 
siogs über die Enderlein- und Briot-Schtts- 
ihrbuche der kgl, preiissischen Kunstsamm- 
wiederholen gedenke, obgleich da-s fast 
je Vorhandensein aller der von ihm ge- 
BBrgmaniiBlBH(4t9r {Kirche von Oeysing ) kennzeichneten Typen dazu Veranlassung böte. 

KanstgswerbebUtt,' N. F. I. ö 



DIE DRESDNER AUSSTELLUNG ALTER ZINNARBEITEN. 



AuagezeichDet ist die Dresdner Ausstellung durch 
die stattliche Menge älterer Erzeugnisse den Zinn- 
gusses. Zu den bemerkenswertesten unter diesen ge- 
hören einige jener grossen, fast geradrandigen Hum- 
pen, welche ihren Zweck, das Aufsetzen des Bieres 
auf den Tisch zum Teil durch die von ihrem Boden 
au^ehenden Ablasahähne bekunden. Sie sind also 



stalteten Füssen. Ein Wappenschild _zeigt durch ein 
in Messing eingelegtes Hufeisen, dass der HumpeD 
einer — wahrscheinlich schlesischen — Innung 
diente. Aus ähnlicher Gegend stammt eine etwas 
kleinere, formverwandte Kamie, welche gleichfalls 
noch in gotischen Minuskeln den von den Protestan- 
ten viel angewendeten Spruch „verbum domini ma- 



nicht als TrinkgeHisse zu betrachten, sondern Giess- net in aetemum" auf dem Bauch und in lateinischer 



Oetrieb«De Schal« 
kannen, wie mäU verwandte Gefüsse auch heute noch 
hier und da nennt. Die älteste Kanne stammt aus 
dem Besitz Richard Zschille's in GroBsenhain und lÖsst 
an der Gravirung deutlich die Entstehung wohl noch 
vor 1500 erkennen. In 'einer von Masswerk und 
Wimpergen bekrönten gotischen Arkade stehen in 
schlichten grossen Linien gezeichnete Heiligenfiguren 
um die Jungfrau geschart. Der gewaltige, 52 cm 
hohe Bauch ruht auf drei als sitzende Löwen ge- 



(bi. ßemiani, Leipzig.) 

Schrift doch deutscher Übersetzung auf dem viel- 
leicht etwas jüngeren Deckel trägt Die Jahreszahl 
1540 verkündet die Entstehungszeit des dem kSaigl. 
Kunstgewerbemuseum angehörenden Stückes. I>ie 
Bescbaumarke zeigt einen einköpfigen nach linka 
schauenden Adler mit offenen Fängen, das Meisier- 
zeichen ein LEL. 

EinedritteKanne, anderen oberem Randeine Beihe 
von Innungswappen eingravirt ist, zeigt auch noch 



DIE DRESDNER AUSSTELLUNG ALTER ZINNARBEITEN. 



31 



götisiretide Formen, obgleich sie um I5&0 entstanden 
sein dOrft«. Auch sind noch in der Abteilung der 
«weiten Felder Anklänge an jene Umgestaltung rund- 
leibiger gotischer Oefaase in vieleckige zu finden, wie 
sie eine andere in Gestalt und plastischer Verzierung 
unzweifelhaft gotischerZeit angehörige kleinereKanne 
aue Zschille's Besitz noch thatsächlich aufweist. Auf 
dem Bauche jener dritten Kanne »ind kirchliche und 
mythologische Gestalten in festen Linien, docti be- 
reite in der Auffassung der Renaissance eingrarirt. 



Silber getriebenen Platten gefertigten figOrlichen Dar- 
stellungen verwendet, von welchen die Kunstgewerbe- 
museen in Berlin und Dresden ganze Serien besitzen. 
Dieselben werden zusammengehalten durch Messing- 
bänder, deren Farbe sehr gut neben dem Blaugrau des 
Zinnes steht. Am oberen Rande sind plasUsche Wappen 
angebracht, um den Fans legen sich Reliefomamente, 
Mit den drei KugelfBssenmisst die Kanne gegen 47 cm 
an Höhe. Das leider nicht ganz ausgeprägte Mono- 
gramm zeigt zwischen zwei Stadtwappen ein W. 



Deckelkng (Zachille-QniMeiihBiii). — Alttrkaane (HiLuscIlild-Dreaden.) — Pranluchale (Dr. I 



il-Laiiizig.) 



Während diese älteren Gefdsse fast nur in glat- 
tem Guss hergestellt, massig profilirt, gravirt und 
an einzelnen. Profilen durch mit Stanzen einge- 
schlagene Ornamente verziert sind, haben jene der 
späteren Renaissance sich sehr geschickt dem Relief 
zugewendet. Das städtische Museum zu Zittau be- 
sitzt eine von der dortigen Maurerinnung stammende 
Giesskanne, welche neben der Taufschale der Kirche 
zu Joachimsthal in Böhmen wohl das schönste alte 
and bekannte Erzeugnis darstellt. Zum Schmuck 
der Wandungen ist eine Anzahl jener wohl noch in 



Jene Reliefs waren sichtlich nicht Alleinbesitz 
des Zittauer Meisters. Sie kehren wieder an einer 
kleinen, mit Ausguss versehenen Kanne aus dem Be- 
sitze des Architekten Hauschild in Dresden und an 
der konisch geformten einstigen „Armenstlnder- 
kanne" aus dem Museum des Vereins fttr Ge- 
schichte Leipzigs. Man wird gut thun, die Ent- 
stehungszeit der Zittauer Kanne nicht zu weit 
aurOck zu verlegen. Denn ihre Hauptformen wie- 
derholen sich in einem dem Dresdner Architek- 
tenverein gehörigen Kruge von 1666, dessen Her- 



32 



DIE DRESDNER AUSSTELLUNG ALTER ZINNARBEITEN 



kunft aus der Bergstadt Annaberg durch die Be- 
schau erweisbar ist. 

Eine andere Gefassform zeigen die sächsischen 
Weinkannen: sie sind meist flaschenartig, mit lang- 
gezogenem Körper und einem hohen Fuss, manchmal 
mit langen Ausgussrohren versehen. Eine solche 
stammt von 1628 aus Freiberg und ist nach heute 
im Besitz der dortigen Hüttenknappschaft. Ohne 
Ausguss ist eine zweite von 1588, der Stadt Crim- 
mitzschau gehörige. Aber auch noch das 18. Jahr- 
hundert bildete diese Gestalt in ihrer Weise fort. 

Die Grundform der Finte zeigt eine durch Be- 
sitz und Beschau Freiberg angehörige schlanke Kanne, 
deren Hauptreiz das kleine Relief am Boden bildet, 
den Gekreuzigten zwischen Maria und Johannes und 
die Buchstaben D. G., eine etwa aus der Mitte des 
15. Jahrhunderts stammende Darstellung, welche 
beweist, wie lange die Modelle in den Werkstätten 
des Zinngiessers im Gebrauch blieben, da das Gefiiss 
laut Inschrift 1555 entstand. 

Gross ist in der Ausstellung die Zahl der Bier- 
krüge, welche ja erst durch das moderne Glas völlig 
verdrängt wurden. Die in Sachsen übliche Form 
war die mit lotrechten Wandungen, als Viertelkreis 
profilirtem Fussring, kräftigem Deckel und kugel- 
förmigem Scharnierknopf. Eine besondere Form, jene 
mit scharfer, massiver Nase und entsprechendem 
Deckel, fand ich auf meinen Touren durchs Erz- 
gebirge vorzugsweise im Egerlande, ohne bestimmen 
zu können, ob sie auch dort erzeugt wurde. 

Ein Beispiel der Ubertragimg bekannter Schmuck- 
weisen aus einem Schafifensgebiet ins andere bietet 
ein Apostelkrug aus dem 17. Jahrhundert, der der 
Posamentierinnung zu Dresden gehört, Die gotische 
Form der vielseitigen Bäuche wiederholt sich auch 
an diesen kleineren Gefassen, wie die der Festungs- 
kirche zu Königstein gehörige Kanne von 162S 
lehrt. In späterer Zeit wurde die Form aber für 
all diese Kannen und Krüge eine immer feststehende 
und behielt dadurch bis in unser Jahrhundert eine 
kräftige Profilirung und wirkungsvolle Gestalt. 

Ein besonderes Gebiet bilden die getriebenen 
Schüsseln, von welchen Dr. Demiani sehr bemerkens- 
werte Beispiele vorftihrt. Teils führen sie ornamen- 
talen, in der Gliederung an Venezianer Emaille- 
Schüsseln erinnernden Schmuck, oder figürliche 
Darstellungen von nicht immer gleichem künstle- 
rischen Werte. Zwei Teller, welche die Päpste 
Urban VII. und VIII. im Reliefbildnis darstellen, 
scheinen mir des letzteren Lebenszeit (f 1644) nicht 



zu entstammen, sondern einem anderen Umstände 
später ihren Ursprung zu verdanken. Die mit „Sint 
Jooris, Brugghe" umschriebene grosse Schüssel 
dürfte auch erst dem 18. Jahrhundert angehören. 

An Geräten aller Art fehlt es nicht. Es seien 
hier nur einige Stücke hervorgehoben: die hübsche 
Salzmeste mit einem Reliefporträt, prächtige Arbeit 
der Renaissance, jetzt Besitz des Dresdner Kunst- 
gewerbemuseums, der schöne Teller mit dem kur- 
sächsischen Wappen aus der Sammlung von Dr. 
Demiani, jene Fülle von zierlichen, teilweise in ge- 
wundenen Linien sich aufbauenden Rokokogeräten, 
Suppenterrinen, Tellern, namentlich aber meisterhaft 
profilirten Taufkännchen und Altarleuchtern. Kurz 
eine ganze Fülle von zierlichen und dem Material 
wohl angepassten Einzelheiten. Eine Eigentümlich- 
keit des Erzgebirges sind die Bergmannsleuchter, 
deren grösster und merkwürdigster 1685 der Kirche 
des Bergstädtchens Geysing geschenkt ^vurde. 

Eine besondere Kategorie bilden die viereckigen 
Flaschen mit Schraubenverschluss, welche, wie mir 
berichtet wird, den Namen Ludein trugen und für 
weitere Transporte von Flüssigkeiten, z. B. auf die 
Erntefelder, benutzt wurden. Ahnlich ist em 
Gefäss, welches ein reich beschlagenes Buch nach- 
bildet und wohl als Handwärmer für Kirchgänge- 
rinnen diente. 

Schliesslich wurden auch gravirte Zinnplatten 
als Schmuck flir Särge sowohl wie für Kirche und 
Wohnzimmer verwendet. Eine solche Platte aus 
Zinnwald wurde durch einen Zinngiessergesellen der 
Kirche zu Geysing 1647 geschenkt, doch ist nicht 
er der Gravirende, sondern Christian Vogel bezeichnet 
sich als solcher. Diese Platten erhalten, wie mehrere 
Beispiele beweisen, oft eine sehr grosse Ausdehnung. 
Sehr wünschenswert wäre es, wollten die ver- 
dienstvollen Veranstalter der Ausstellung, Herr Hof- 
rat Prof. Oraff und Herr Dr. Bcrling dieselbe be- 
nützen, um einen Grundstock für die Kenntnis der 
Monogramme und Beschauzeichen zu schaffen. Denn 
wenn auch das Zinn nie gleiche Bedeutung genossen 
hat als die Bronze, so trennte sich doch im 16. Jahr- 
hundert die Bearbeitung der beiden. Metalle noch 
nicht. Mancher „Kandelgiesser", der am Zinn sein 
tägliches Brot fand, hat gewiss auch hin und wieder 
in edlerem Metalle sich versucht. Es könnten somit 
mancherlei Aufschlüsse auf dem ganzen Gebiete des 
Kunstgusses durch solche Vorarbeiten herbeigeführt 
werden. 

a Gurlitt 



s Paukest, die Zim 



MALEREIEN IM SCHLOSS ZU ENGERS. 



:hdem ,AiJLuairedeschateaux'be- 
ntzt Frankreich heute Doch etwa 
10000 Schlösser, wobei allerdings 
irohl eine erhebliche Anzahl Bau- 
werke als .SchlösEcr" mitgezählt 
»od, die auf diese stolze Bezeich- 
nung keinen eigentlichen Anspruch haben. Mit einer 
auch nur annähernd ähnlichen Zahl können wir in 
Deutschland zwar nicht ins Feld rücken, jedoch 
zählen auch wir noch einige Tausend. Dicht gesät 
sind Schlösser und Schlösschen in jenen Gegenden, 
wo früher die kleinen und kleinsten Fürsten sassen, 
so in Sachsen, Thüringen, vor allem am Rhein, wo 
die geistlichen Fürsten des 18. Jahrhunderts eiiieu 
besonderen Baueifer entfalteten. 

Freilich, was ist aus den meisten dieser Seh lösNcr 
geworden ! Die wenigsten haben noch den alten 
Glanz aufzuweisen und werden noch von Fürsten 
und hohen Herren bewohnt. Viele stehen leer und 
nur von Zeit zu Zeit entfaltet sich dort auf kurze 
Zeit Leben und Fracht. Durch Umbau und Unver- 
stand sind andere ruinirt, und wieder andere dienen 
heute Bestimmungen, welche mit den Absichten 
der Erbauer recht wenig zu thun haben. Letztere 
sind meist am besten weggekommen, die Wahl für 
die neue Bestimmung erfolgte gewöhnlich mit Rück- 
sicht auf die baulichen Verhältnisse, so dass nicht 
allzu gefährliche Umbauten nötig wurden. Auch 
pflegte man unter einer verständigen Regierung 
die Pmnkräume wenigstens unberührt zu lassen. 

Noch längst nicht sind alle derartigen Scbloss- 
banten so bekannt, wie sie es wohl verdienten; es 
ist eines der mannigfachen Verdienste von Cornelius 
Gurlitt in seiner Geschichte des Barock und Rokoko 



die wichtigsten derselben in die Baugeschichte ein- 
geführt und so das Studiiun derselben erschlossen 
zu haben. 

Zu diesen wenig bekannten Schlossbauten gehört 
Schloss Engers am Rhein, jetzt kgl. preussLsche 
Kriegsschule. Es ist erbaut 1758—1762 von Kur- 
fürst Johann Philipp von Trier als J^dschloss mit 
einem Aufwand von 50,000 Gulden, weiter angebaut 
von dem Fürsten Friedrich Wilhelm von Nassau- 
Weilburg, der es zu einer Sommerresidenz umge- 
staltete. Das Schlosa in den Formen des späteren 
Barock erbaut, macht von aussen einen schweren, 
massigen Eindnick. Dagegen ist das Innere überaus 
prachtvoll gegiert. Herrn Hofphotograph A. Schmitz 
in Köln verdanken wir eine grössere Anzahl Auf- 
nahmen aus dem Jnneru, n amen lieh der prachtvollen 
Stuckarbeiten an Decken und Wänden. Dieselben 
umziehen in rahmenartiger Weise die Wand, in den 
Vouten und Fensternischen grössere und kleinere 
Felder. In letzteren sind in Rot und Blau meister- 
hafte kleine Skizzen auf Gipsraarraor ausgeführt, 
von denen wir in den Abbildungen (nach Schmitz- 
schen Photographien) einige wiedergeben. 

Die Ausmalung des Schlosses besorgte Januar 
Ziel:, der aneh sonst ftir den Kurfürsten in Koblenz 
mehrfach thätig gewesen ist. Sein Hauptwerk in 
Engers ist das Deckengemälde im Hauptsaal, 1764 
gemalt: eine grosse allegorische Darstellung mit Diana, 
Bacchus und zahlreichem Gefolge allerlei Getier etc. 
unten umgeben von zwölf auf die Jahreszeiten bezüg- 
lichen kleineren Bildern. Sehr wahrscheinlich ist es, 
dass auch die kleinereu Bilder nach Skizzen von 
Zick gemalt sind : ob auch erfunden, vermag ich hier 
nicht festzustellen. A. P. 



Oilter, EBEaichnet vi 



KUNSTGEWERBESCHULEN IN DEUTSCHLAND UND 
FRANKREICH. 



GBÄR ist heilte die deutsclie 
n die bestgeha^ste in ganz 
pa, ja über den Ozean hinaus, 
r Haas, der Qbrigens fa-st 
Js den einzelnen, sondern 
tie (leaamtheit trifft, ist aber 
in seinem Ursprung weniger politischer als wirt- 
schaftlicher Natur. Russen, Belgier und Amerikaner 
könnten weit eher unser politisches Übergewicht, 
als unsere Konkurrenz auf dem iutemationalen 
Markte verzeihen, und selbst Frankreich würde 
Elsass-Loth ringen leichter verschmerzen, als dieThat- 
sache, Aass seine eigene Regierung deutsche Indu- 
strieproJukte durch Vermittelung belgischer Firmen 
bezieht. Der Franzose ist vor allem Geschäftsmann, 
und so nahe ihm die französische gloire am Herzen 
liegt, der französische ßentenkurs liegt ihm näher, 
und nicht wenige bemessen den Wert der ersteren 
nach ihrem Einfluss auf den letzteren. 

In der That ist die französiache Produktion auf 
einigen Gebieten heute noch unübertroffen. Aber 
man überwacht doch schon mit ÄngstUchkeit die 
Bestrebungen der deutschen Konkurrenten, und ea 
würden vielleicht noch enei^ischere Anstrengungen 
gemacht werden, wenn nicht jeder Franzose von 
vornherein von dem unantastbaren Glauben erfüllt 
wäre an die absolute Überlegenheit seiner Kation, 
Es ist das eine Glaubenssache, ein Dogma, ähnlich 
dem von der Unverletziichkeit der Stadt Paria. Je 
mehr wir aber unparteiisch und neidlos anzuerkennen 
vermögen, wo die Oberrlieinischen Nachbarn wirk- 
lich einen Vorsprnng haben, um so schneller werden 
wir dazu gelangen, aucli ihr wirtschaftliches Dogma 
zu erschüttern, wie wir schon ihren politischen Hoch- 
mut gestraft haben. 



Als ganz besonders unantastbar galt und gilt 
oft heute noch Frankreichs Superioritat auf dem 
Gebiete der Kunstindustrie, die durch zahlreiche, 
ausgezeichnet organisirte kuustge werbliche Bildungs- 
anstalten, durch die ecoles nationales des arts deco- 
ratifs, de la manufacture etc. gesichert erscheint, 
die man den entsprechenden deutschen Anstalten 
weit überlegen glaubt. Wer aber Gelegenheit h&tbt, 
die Schul erarbeiten dieser Institute auf der dies- 
jährigen Weltausstellung mit den Leistungen eat- 
sprechender deutscher Schulen in Berlin oder Mün- 
chen zu vergleichen, der wird sich gestehen dQrfen, 
dasa man bei uns an technischer Vollendung, an 
pikanter Beobachtung der Farben Wirkung , wie des 
Formenreizes, überhaupt an geschmackvoller deko- 
rativer Behandlung in keiner Weise hinter Paris 
oder Limoge.s zuriickat«ht. Deutsche Arbeiten sind 
oft reicher und üppiger, nicht immer ist Überladung 
ganz vermieden, wir konnten an vornehmer Schlicht- 
heit der Wirkung noch manches in Paris lemeo, 
aber solches Übermass ist eine Eigenart deutscher 
Schaffensfreude, die schon der deutschen Gotik, 
mehr noch der deutschen Hochrenaissance eigen 
war und als nationale Eigentümlichkeit entschuld- 
bar ist. 

Der Eifer, mit dem Regierungen und Private 
die Meisterwerke aller Kunstperioden aufgesucht 
luid weitesten Kreisen zugänglich gemacht haben, 
liat eben gute Früchte getragen und unseren künst- 
lerischen Geschmack in ausserordentlichem Masse 
verfeinert und gehoben. 

Es liegt jedoch für das Kunstgewerbe in dieser 
Flut mustergültiger Vorlagen die schon vielbe- 
sprochene Gefahr, geistlosem Kopistentum, Susser- 
lichera Schematiamus zu verfallen. Leider muss ein- 



KUNSTGEWERBESCHULEN IN DEUTSCHLAND UND FRANKREICH. 



35 



gestanden werden, dass unsere Kunstgewerbeschulen 
wenig thun, dem zu steuern, dass sie mehr routinirte 
Zeichner und Komponisten, als selbstschaffende 
Künstler erziehen. Darum reisen nach wie vor die 
Vertreter kunstgewerblicher Branchen nach Paris 
wenn es gilt, die neuesten Fortschritte auf ihren 
speziellen Gebieten zu verfolgen, darum giebt mai^ 
noch immer dort den Ton an, den unsere Zeichner 
daheim variiren. Offenbar besitzt man dort das Ge- 
heimnis, nicht nur nach Bedarf bald gotisch, bald 
barock zu omamentiren, sondern auch auf eigenem 
Wege und im eigenem Stile Neues zu schaffen. 

Der Keim hierzu wird aber bereits auf den er- 
wähnten Kunstschulen gelegt Dem flüchtigen Be- 
sucher entgehen leicht eine Reihe einfacher, an- 
spruchsloser Arbeiten, die ihren Mittelpunkt zu 
finden scheinen in dem durch Prof. Rupprich-Robert 
(Paris) geleiteten Cours de composition d'ornement. 
Hier werden zunächst Naturformen behandelt, Pflan- 
zen (auch Vögel und Insekten) in ihrem Organis- 
mus studirt, die Grundformen ihrer Erscheinung in 
Blatt, Blüte und Frucht durchgearbeitet, um dann 
in methodisch vereinfachter Form und Farbe orna- 
mental verwendet zu werden. Ausgehend von der 
Füllung einfacher Polygone wird fortgeschritten bis 
zu grossen Tapetenmustern, Deckenfüllungen und 
Oefassdekorationen. Zuweilen wird die Aufgabe so 
gestellt; diese Naturformen in einem der bekannten 
Stile zu entwickeln. Es finden sich aber auch zahl- 
reiche Entwürfe, die, ohne einem bestimmten Stile 
anzugehören, doch durchaus streng stilisirt, d. h. 
auf ihre gesetzmässige Grundform reducirt sind und 
damit einen eigenen, neuen, modernen Stil reprä- 
sentiren. 

Diese Versuche sind nicht etwa nur akade- 
mischer Natur. Man findet in Paris in vielen neue- 
ren Etablissements, Cafes u. s. w. Dekorationen 
dieses Genres, noch vereinzelt, aber jedenfalls eben- 
so die Zukunftsomamentik einleitend, wie die fran- 
zosischen Versuche auf dem Gebiete der Eisenkon- 
struktion die Zukunftsarchitektur bestimmen werden. 



Während man sich bei uns in immer neuen Stil- 
Übungen ergötzt, zwischen Ägyptisch und Rokoko 
pendelt, schafft Frankreich beharrlich und syste- 
matisch an einem neuen Stil, der die durch Material 
und Zwecke bestimmte einfache Grundform der 
Bauten und Geräte mit einem massvollen Natur- 
ornament bekleidet, und der eines Tages, wenn er 
aus dem jetzigen Stadium des Versuches heraus- 
getreten ist, als ein fertiges Ganzes zu uns kommen 
wird. Die Bestrebungen von Rupprich-Robert sind 
ein Glied in der Kette dieser Versuche, und ein sehr 
beachtenswertes. 

Unsere Pflicht wäre, gleichartige Kurse auf 
unseren Anstalten zu errichten, den Franzosen den 
gewonnenen Vorsprung abzujagen, die Bewegung in 
unserem Sinne, nach unserem Geschmacke und 
Volkscharakter in spezifisch nationale Bahnen zu 
leiten. Die Wichtigkeit der Naturform in der Orna- 
mentik ist ja bei uns vielfach erkannt, auch in 
Ornamentwerken ausgebeutet. Aber man verwendet 
sie bei uns zumeist in dekorativ-malerischem Sinne. 
Ihre Einführung in den Kompositionsunterricht, die 
Bemühung, sie unabhängig von der Überlieferung 
zu stilisiren, bleibt doch vereinzelt. Hier ist zu 
ändern. 

Wie die Dinge jetzt stehen, erziehen wir eine 
Menge junger Leute, die geschmackvolle Muster 
nach hergebrachtem Schema liefern, und damit für 
die Veredelung der in Deutschland vorwiegend pro» 
duzirten Massenware Erfreuliches leisten. Wer aber 
etwas Neues, Originelles, wer wirklich eigenartige 
Muster sucht, der wird nach wie vor sich nach 
Paris wenden, dessen Herrschaft auf dem Weltmarkt 
dadurch stetig gefestigt wird. In den Kunstschulen 
muss der Hebel zur Beseitigung dieses Missstandes 
angesetzt werden, nach dem von Rupprich-Robert 
ausgebildeten Verfahren auch die Phantasie unserer 
Kunstgewerbeschüler von der Fessel der „Muster- 
vorlagen" befreit, zu eigenem Schaffen angeleitet 
werden, dann erst ^werden wir auch hier völlig un- 
abhängig sein. Max Schmidt. 




BÜCHERSCHAU. 



Die Zlmmergotik in Deatach-Tirol, herausgegeben 
von Franz Paukert. I. Südtirol. 32 Tafeln mit 
Erläuterungen. Leipzig, Seemann. 12 M. 
Im vierten Jahrgänge des Kunst^ewerbeblattes 
bat E). V. BerlepEcb auf die in Tirol noch an vielen 
Orten anzutreffenden gotischen Wandverkleidungen 
aufmerksam gemacht und eine Anzahl solcher Ver- 
täfelungen veröffentlicht. Den Spuren dieser goti- 
schen Schnitzarbeiten ist nun Fmiix ra-uknt nach- 
gegangen und hat das Beste und Interessanteste, 
was er zunächst in Siidtirol ausgekundschaftet, in 
32 Tafelü in Folio veröffentlicht. Das Werk be- 
schränkt sich indes nicht bloss auf Vertafelungeu, 
es bringt auch Decken, Thüren, Wandschränke, Be- 
schl^e, Wandmalereien, kurz alles, was sich auf 
die Ausstattung von Innenräumen bezieht. 

Die in streng architektonischer Darstellung mit 



sicherer Hand gezeichneten Tafeln sind nicht allein 
von kunstgeschichtlichem Standpunkt aus mit Dank 
zu begrfissen, sondern sie haben in erster Reihe als 
Vorbilder für die Praxis eine nicht zu unterschätzende 
Bedeutung, Der „Gotiker", der einen Innenraum 
ausgestalten wollte, war bisher in ziemhcher Ver- 
legenheit um gute Muster und meist angewiesen anf 
modeme„gotische"EntwUrfe, da Publikationen muster- 
gültiger alter Arbeiten — Kirchenausstattungen aus- 
genommen — fast gänzlicli fehlen. Hier findet er 
detgleichen in Hülle und FuUe. Namentlich reich ist 
die Ausbeute an Flachmustem mit ausgegründeten 
Ornamenten. Indes fehlt es auch nicht an einfach 
behandelten bemalten und unbemalten Täfelungen. 
Die diese Zeilen begleitende Tafel mag als weitere 
Empfehlung des Werkes dienen, von dem der zweite 
Teil hofTentlich bald erscheinen wird. 



Holxhassetl« aus St. Pauls In j^lier 



ai 



J 



Um <3as Interesse ttir die ongiiiaJen Schöpfungen der Radirkunst zu liebeii uml nacb seiiieu 
Kräften ku fordern, beabsicliügfc der Hamburger Kuiist-Vereiii für iim -Talir ISy't eine Originalradirung 
(Malen-adirung) als PrSmienblatt an seiue Mitglieder zu verteilen. — Zu diesem Behufe richtet der 
unterfertigte Vorstand hierdurch an alle deutschen Railirer des Im oder Auslandes Aas Ersuchen, sich aoi' 
■einem Wettbewerb zu beteiligen. — Wie erwähnt, handelt es sich aii.sschlies.4icli um Orijrinalarbeiten 
und zwar um solche, die biislang nicht in den Handel gelangten. — Ueber das Motiv, sowie über die 
Bildgrösae liat der Vorstand beBchloswen , keine einschränkenden Bestimmungen zu treffen,' auch ist die 
Bestimmung der Kadirung als Wandschmuck oder für die Mappe dem Ermessen der Künstler anheimgegeben. 

Der Verein benötigt mindestens ISOO Exemplare (eine Nachbestellung ist vorbehalten) und be- 
willigt einen Preis von M, 4.50 pro Blatt. 

Die Wahl erfolgt durch den Auaschuss des Kunst- Vereins, 

Anderweitige Preise oder Gratifikationen werden nicht verteilt, .jedoch wird der Ausfall der WaliL 
falls die künstlerische QuaHtat der eingesandten Blätter eine Wahl rechtfertigt — öffentlich bekannt gemacht. 

Die Abgabe von Abdrücken der Originalarbeit seitens der Künstler, bezw. deren geschäftlichen 
Vertreter ist Bedingung. . _ 

Nach Verlauf eines'Jahres nach der Ablieferimg der Exemplare an den Kunst-Verein, steht dem 
Künstler das Recht des öffentlichen Vertriebes zu. 

Die verelirlichen Bewerber werden ersucht, ihre Arbeiten bis zum 1. Olrtolier li^ili) einzuliefern. 
— Die gesandten Arbeiten werden, zu einer Ausstellung vereint, dem Publikum zur .inschauung gebracht 
werden. 

Der Vorstand 



Hamburg, im Dezember 1S81), 



des Hamburger Knnst-Vereias. 



Münchner Neuesten Nachrichten 



a X 63000 Exemplare 
tBKlieh 



Qnartalsprels nur 
31. 2,SO 



R. Frledländer & äoliii, Berlin N.W. 6. 

MsT«, Hnfniih Dr„ Lnns-Cb'Ban-Tao 
otloT altes Selndon -Porzellan. 41 

Qiiai-bjeiteu in. :S color. LichWrucif' 

tafeln u. 'M Holzsuhn. W. 12.—.- 

AnsiiDg aus der tG Zeiten uni fassenden 

nusriihrl. Kritik Hlith's in PeUvmAcns 

.MiirUgii. 1HS3X1I: Dieae Abhwiill. behandelt 






and. doi f. die ü 



i. d. Ge- 



sind die einzige, grosse politische Zeitung Deutschlands, 
welche ihren Lesern eine fortlaufende, tägliche 

KUNSTCHRONIK 

bietet. Sorgfältigst werden in derselben alle bemerkens- 
werten Vorgänge und Erscheinungen auf dem Gesamtgebiete ' 
der bildenden Künste registrirt, und es erfahren nament- 1 
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mit der k^'l, PunteUaiifabi ik in »eiaiten 
Nntlall, Das Praclitstiiek altmexlka- 
nlsetaer Federarbeit ans <Ier Zeit 
Hoateumna's im Wiener Museum. 

2'J (Juuit-Jlcit^'ii m. 2 oolor. Tafelu 

(50 Alilildyti.) M. 6.—. 

Verf. boBcliraibt «nstilhrt. Jenes von P, 

V. Houhsleller d. l1iiter);aTiRaentriK<:?iie l'iii- 

ciim d. .\mbraaer Sammlung u. Leivetst, 

da>s dassöllir pjn Koiifstlimuok sf' ■" '- "~' 



XXX££ZSZX£ 



Kunstberichte 

über den Verlag der P&otOgrapUscIiail 
tlMeUBChaft in Berlin. In anr^ender 
Form von berufener Hund geschrieben, 
^ben dieselben luthlmclic , mit vielen 

ii&ge zm Kenntuia und zum Vert^tandois 
des Kuhstlpbens der Gegenwarf. Jährlich 
R Nnmmern, welche gegen Einsendung 
von i Mark in PosimaJken regelmilssig 
und franco zugestellt werden, Inhalt 
von No. 4 des LI. Jahrgnuge^: DeutscJi- 
lande Filraten. — 3 Scsnen »na dem 
BefTelusBakrlege. Aus dem Relohe der 
Sage. Eiinelniimmern 20 J'ff'inif). 



Dia Italienisches Pliotograplilen 



OriHiBq Ilartf 



-. iiiKuut- 

rhlleklar. tikuiplir uod Rmle- 
id nauer Meister, bei inrza^- 
IhruBf fibprrHcheHd millKi 

.nnit X. fi. ä 60 Pf. für Kunst- 
t u. a. «. und ä 1i Pf. für 
:(ert sclmell und auf Wnnteli 
imhl nach den ausrüluliolieD 




ehen u. 

■ LHodeE liefETt 

, _ _ nBt«r Gwrinüe 

_— ' InMmatieaaU AdreiBtu- 

■VerUga-Anitalt !C. Hcrni. Strbe 

leiprig 1 g^?r. 1864. Katalog ca. 



: Bcriag V. )8. g. eeigt in Scinat. 

Der 

unstschlosser. 

[Vorbilder für BauachlosKerci , Ge- 
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1 E. A. SEEMANN in LEIPZIG. 



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der einen Voiteil davon zu haben glaubt, von Franz Sales Meyer, 

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lUnstrationen. gr. S, br. M, 7, geb. M. 8.50, 

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Laie in nOtilicher Weise seine Mußestunden susfilllen kann, wenn er nur einif;er- 

raasten Anlage zum Zeichnen hat, i, B.: Üauehhudir, Ni'htrnml, Maltrei auf Pir- 

gantent, Seide, Glas, ThfH. Holz. Laubsägcatbeil, Einlegiatltil, Kirtschnilt, Ltdir- 

plailik. Mtlaii-, das-, Elftnhei'i-, Sprilzarieilea u. s. w. n s. w. 



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t>cnc3ian i|il)ci r>totTin u)to r (,r>a mnuproiai.; scnüe oei> \j. ja^ip. 

KunfttjciDei-bcmufeuiu in Köln. 



itunftgouerbeblatt N. F. 1. 



Mitb. Ann. von ^ O. ^rt^fctc in iSetpfig. 



Heimbacber Stühle im Hnaeiim zu Krefeld. 



HEIMBACHER STÜHLE. 

MIT ABBILDUNGEN. 



i Museum zu Krefeld, welches 
ch dank dem opferfreudigen 
imi einiger patriotischer Männer 
ihnell und erfreulich entwickelt, 
ithält drei Stöhle, welche mir 
er VerÖflfentliehung wohl wert 
erschieneo. Die vorstehenden Abbildungen machen 
eine Beschreibung überflüssig; nur sei bemerkt, dasa 
der erste Stuhl neben den in die Lehne eingeschnit- 
tenen Buchstaben A G K die Jahreszahl 1796, der 
zweite die Inschrift ANNO 1735 D. P zeigt. Der 
dritte hat keine Innschrift 

Es ist ohne weiteres klar, dass die Form dieser 
Stühle älter ist als die vorliegenden Exemplare: der 
einfache konstruktive Aufbau deutet auf eine frühe 
Entstehungszeit der Form und weist auf einen Ent- 
stehnngsort, wo sich die alten Formen nnbeeinflusst 
von der Formensprache späterer Jahrhunderte fast 
rein erhalten haben. 

Für die Entstehungszeit und die lange unbe- 
rührte Erhaltung der Formen spricht das nicht 
seltene Vorkommen der Stühle auf holländischen 
Gemälden des 17. Jahrhunderts; dort erscheinen sie 
sowohl mit der dreieckigen Lehne als dem durch 
Kaiuitf:siTBr)Mb1att. K. P. 1. 



Streben gestützten Rückenbrett, genau so wie uns die 
erhaltenen Originale entgegentreten. Auch aus dem 
16. Jahrhundert ist mir wenigstens ein Beispiel vor- 
gekommen: auf einem Bild der kölnischen Schule in 
Privatbesitz in Aachen, wo die Streben noch gotisch 
sind. Als frühestes Beispiel dürfte wohl der be- 
kannte Stich des Israel van Meckenen „Der Besuch" 
(vergl. S. 38) anzusehen sein, wo zwei derartige 
Stühle vorkommen, auch in charakteristischer Art 
die Benutzung deutlich wird. Es ist offenbar go- 
tische Konstruktion, welche uns in diesen Sitzmöbeln 
erhalten ist, nur dass das Beiwerk allmählich die 
omamentalen Formen verloren hat. 

Die bildlichen Darstellungen sowohl als die er- 
haltenen Exemplare, welche in Krefelder Häusern 
gefunden sind, deuten auf den Niederrbein als Ent^ 
stehungsort der Stühle. In Krefeld werden sie als 
„Heimbacher Stühle" bezeichnet, ohne dass die Her- 
kunft aus dem Ort Heimbach (Kreis Schieiden, in der 
Eifel) mit absoluter Bestimmtheit nachzuweisen wäre. 
In dem genannten Ort wird seit alten Zeiten eine aus- 
gedehnte Holzindustrie als Hausiudustrie betrieben, 
welche neuerdings durch die Fürsorge des Düssel- 
dorfer Central ge Werbevereins einen neuen Aufschwung 



HEIMBACHER STÜHLE. 



genommen hat. Noch im ersten Drittel unseres 
Jahrhunderts erschienen, wie mir in Krefeld mitge- 
teilt wurde, zur Eirmesszeit grosse Leiterwagen in 
den rheinischen Städten, beladen mit Holzwaren aller 
Art: Stühlen, Dosen, Quirlen etc, Erzengnisse jener 
Heimbacher Holzarbeiter. Obwohl mein Gewährs- 
mann sich gerade des Vorkommens unserer Stuhl- 
ibrmen nicht erinnert, so ist doch nicht unwahr- 
scheinlich, dass diese Stuhle aus Heimbach stammen 
und dass sich in der Bezeichnung eine alte Tradi- 
tion erhalten hat. Die Entstehung in dem auch 
heute noch abseits der grossen Landatrasse gelegenen 
Eifelfiecken würde auch die fast reine Erhaltung der 
mittelalterlichen Formen leicht erklären; Jahrhunderte 
lang arbeitete man nach den alten Mustern nnd ver- 
trieb die Erzeugnisse durch Hausierhandel in den 
umliegenden Ländern, so dass wir ihnen auf Bildern 
aus den verschiedensten Zeiten begegnen. 

Und wie gerade die einfachen mittelalterlichen 
Möbel ftlr uns heute besonders lehrreich sind , so 
durften auch die erhaltenen Heimbacher Stühle 
branchbare Vorbilder für Hausindustrie, Handfertig- 
keitsschulen und Werkstätten liefern: mit etwas ver- 
feinerten Formen und sparsamer Bemalung würden 
diese Stühle auch jedem bürgerlichen Haus zu Nutz 
und Zierde gereichen. 



GRABSTEINE AUF FRIEDHÖFEN. 

MIT EINER TAFEU 



Kunst^werheblatt, 5. Jahrg., 
>. 29, war ein berechtigter Klage- 
nf ausgestossen über die Unzu- 
ängliclikeit, in welcher sich der 
Qr die Toten arbeitende Zweig 
ler Bildhauerkunst in Nord- 
deutschland bewegt, und auf Seite 160 desselben 
Blattes sucht Einsender „dem Unvermögen, der Roh- 
heit", die sich auf unseren Friedhöfen breit macht, 
dadurch abzuhelfen, dass dem Steinmetzgewerbe gute 
und billige Vorbilder empfohlen werden. 

Zugegeben, dass auch für den Zweig der Fried- 
hofskunst gute Vorbilder von gröastem Nutzen sind, 
so würde doch ein kritischer Gang über unsere Fried- 
höfe den Beweis beibringen, dass die erwähnten Ge- 
schmacklosigkeiten nicht nur, ja in den wenigsten 



Fällen, von den .Meistern kleiner Städte' herrühren, 
sondern dass sie um so grösser werden, je grösser 
die Städte sind. Auseinanderzusetzen, woher das 
rührt, soll hier versucht werden. 

Die Mode hat auch hier eine Rolle gespielt und 
spielt sie weiter. Das gusaeiaeme Kreuz findet seit 
25 Jahren keine Nachahmung mehr, das Marmor- 
kreuz ist an seine Steile getreten. An Stelle der 
gleichseitigen Sandsteinpjramide oder des Obelisken 
ist der Sache, aber schräg anlaufende Stein in 
polirtem Granit oder Syenit mit tief und breit ein- 
gehauener, glänzend vergoldeter Inschrift oder ein 
stelenartiges Gebilde getreten, oder auch der Stumpf 
einer abgebrochenen Säule in edlem und deshalb 
teurerem Material hingestellt, das einem durch seine 
glänzende Politur schon von weitem aullallt. Wer 



Grabdenkmal von Fr. Küsthaedt in Hildesbeim. 



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GRABSTEINE AUF FRIEDHÖFEN. 



39 



will behaupten, dass dieses Material nicht schon, 
nicht teuer sei? 

Die Friedhofskunst, wie sie heute liegt, ist zu 
einer Massenproduktion herabgesunken, die das Indi- 
viduelle notwendig erdrücken muss. Fabriken haben 
sich darauf aufgebaut, Marmor-, Granit- und Syenit- 
industrie, Säge-, Schleif- und PoUrwerke mit Dampf- 
betrieb, Kauf leute haben sich ihrer bemächtigt und 
einen schwunghaften Handelsbetrieb daraus ge- 
schaffen; sie senden Reisende darauf aus, über- 
schwemmen mit ihren iUustrirten Preislisten, mit 
ihren fertigen Marmorwaren, Grabkreuzen und Denk- 
mälern, die Steinmetzgeschäfte, welche sich in der 
Stadt oder nahe dem Friedhofe angesiedelt haben, 
um die stets sich gleichbleibenden sogenannten Mo- 
numente im Trauerhause anzubieten, ehe die Leiche 
kalt geworden, und verkaufen, womöglich in der 
Stunde, wo sie begraben wurde. So wird die Ein- 
förmigkeit und Ode auf dem geweihten Boden her- 
vorgerufen, die der schönste Blumenschmuck und 
die geschmackvollsten schmiedeeisernen Gitter nicht 
bannen können. 

Deuanach scheint nun, dass es weder bei dem 
Steinmetzmeister noch bei dem Bildhauer der kleinen 
Stadt liegt, hier Wandel zu schaffen, denn beide 
sind in der Regel mit den besseren Vorlagen ver- 
sehen. Der Schaden hängt vielmehr an dem Ver- 
kaufsladen, der den Trauernden die Erzeugnisse der 
Dampfgrabsteinfabriken anbietet, die er in Kommis- 
sion genommen, und bis Fabrikant und Ladeninhaber 
überzeugt werden, dass gute Vorlagen, bessere Mo- 
delle an diesen Platz gehören, wird noch manches 
belehrende Wort geschrieben und gesprochen werden 
müssen. Unser kunstliebendes Publikum muss aber 
auch überzeugt werden, dass ein religiöses Bildwerk, 
in Sandstein ausgeführt, nicht teuerer ist als diese 
ewigen polirten Syenitobelisken. 

Und wie ist es nun mit den Grabfiguren be- 
stellt? Hier und da ein Original in Marmor oder 
Erz oder auch in Sandstein, von Künstlerhand ge- 
schaffen; sinnige, schöne Bildwerke, in Statuen oder 
Reliefs; aber, wie gesagt, nur hier und da verein- 
zelt! Meistens indessen begegnen wir auch hier der 
Massenproduktion der Thonwarenfabriken. Immer 
dieselbe „traurige" Figur auf ein und demselben 
Friedhofe, aus ein und derselben Fabrik, die uns 



auch im Annoncenteile illustrirter Zeitungen bis zum 
Überfluss entgegentritt und im Laden in der Nähe 
des Friedhofs zu kaufen ist. 

So ist es selbstverständlich, dass unsere Fried- 
höfe an einer Öde leiden, der von einigen wenigen 
Künstlern, leider vergeblich, entgegengearbeitet wurde, 
und es bleibt zu bedauern, dass künstlerische Grab- 
denkmäler nur vereinzelt unsere protestantischen, 
norddeutschen Friedhöfe schmücken. Endlich können 
es die Kosten eines Bildwerkes auch nicht allein 
sein, die der Aufstellung eines solchen hindernd im 
Wege stehen, da aller Orten, wie in Köln, Ham- 
burg, Bremen, Hildesheim u. a. 0. der Gegenbeweis 
vorliegt, und zwar in höchst kostbaren, teuren Bau- 
werken, Tempeln und Säulenhallen, die in polirtem 
Granit ausgeführt, jenen den Rang streitig machen. 

Somit liegt es wohl nicht nur am Können des 
Künstlers und Handwerkers, wenn die Pflege des 
Gräberschmuckes noch nicht auf der Höhe steht, 
wie die Herren Verfasser der oben erwähnten Auf- 
sätze in dieser Zeitschrift es wünschen, sondern es 
liegt gewiss weit mehr an dem noch lange nicht 
genug geläuterten Geschmack des Publikums, dem 
wir auf diesem Gebiete unsere ganze Sorgfalt wid- 
men müssen. Gelegenheit dazu geben Gewerbe-, 
Kunstgewerbe-, Industrie- und Kunstvereine; auch 
in kaufinännische und andere Fachvereine wäre das 
Thema hineinzutragen, und es findet sich gewiss 
überall ein Berufener, der dieses Kapitel der Fried- 
hofskunst besprechen und seinen Vortrag durch 
Abbildungen noch besser erläutern kann. Auch auf 
die reiche Sammlung antiker Grabsteine im Berliner 
Museum kann hingewiesen werden; um so mehr, 
als diese in den meisten Fällen mit kleinen, an- 
mutigen Reliefs, häuslichen Scenen geziert sind. Auch 
die Anschaffung von Gipsabgüssen solcher Grab- 
stelen für unsere Provinzialmuseen ist zur Hebung 
des Geschmacks nach dieser Richtung hin zu em- 
pfehlen, wie auch Gewerbe- und Handwerkerschulen 
in ihren Vorbilder- und Mustersammlungen die besten 
Grabdenkmäler vergangener und der heutigen Zeit 
zu jedermanns Ansicht ausstellen sollten. Zur Er- 
reichung dieses Zieles aber können ohne Zweifel 
noch andere Wege eingeschlagen werden. 

Hüdesheim, 

FR, KÜSTHARDT. 



6 



Buchdeckel des Breviariums Gri 



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BUCHEßSCHAlJ. 



Beliefmtister, dunkelblaue und Bpater tiefbraune 
"Ware lassen sich mit Siciierheit auf Venedig zurück- 
führen. Niemand beherrscht heute diese Fragen 
besser ala ehen der Verfasser, aus dessen vielseitigen 
Studien die dunkle Geschichte der Majolika noch die 
besten Aufklärungen erhoffen darf. Er kennt nicht 
nur die Sammlungen von Paris, London, Italien, 
sondern weist gerade in deutschen Museen mehrere 
Arbeiten des Domenego da Venezia nach. Weniger 
scheint der Versuch gelungen, auch die bekannten 



Laachter. (Ans: Uolinier, Vcnise.) 

orientalisirenden blauweissen Geschirre, die sich im 
16. Jahrhundert in Süddeutschland mit süddeutschen 
"Wappen finden, für Venedig zu gewinnen. Die.se 
"Ware findet sieh eben nur in Deutschland, und 
nicht allein mit deutschen Wappen, sondern auch 
mit entschieden deutschen Darstellungen und Orna- 
menten, wie z. B. ein Teller mit Frauenfigur in sad- 
deutficher Tracht vom Jahre 1531 im Germanischen 
Museum. Auch lehren einzelne noch erhaltene 
deutsche Kacheln mit derselben blauweissen Ver- 



ziemog und vor allem jene zahllosen Gelasse, welche 
auf Gemälden aller deutschen Schulen im 15. und 
16. Jahrhundert erscheinen, dass hier eine heimische 
Kunst vorliegt. Ganz in die Irre geht der Verfasser 
vollends mit der Hypothese, dass der NOrnberger 
Johann Neudörf'er selber diese Kunst geübt und 
(nat&rlich in Venedig) erlernt habe. Im Museum zu 
Kaeeel findet sich auf zwei Schüsseln die Inschrift: 
„Spartam quam nactus es banc oma Jobann Neu- 
dorffer rechenmeiater". Mit kühner Ausl^ung liest 
der Verfasser heraus: J. Neudorffer hat diese Schüssel 
verziert. Allein „Spartam nactus es hanc oma" ist 
die lateinische Uebersetzung eines ursprünglich 
griechischen Sprichworts (ojräpT); ^ Richtschnur, 
auch das mit einer Schnur abgemessene Land, das Los). 
Der Wahlspruch Neudörffers bedeutet also eine 
Mahnung zur Genügsamkeit und geht wahrschein- 
lich auf Cicero zurück. Man sollte das grammati- 
kalische Verständnis jener Zeit nicht gar zu weit 
unterschätzen. Auf der Höhe seiner Forschungen 
zeigt sich dagegen der Verlasser, wenn er versucht, 
das unvergleichliche Geschirr des Museo Oorrer, von 
dem hier die Zeichnungen Wilsons einen guten Be- 
griff geben, mit dem Service der Isabella von Este 
zusammen dem Nicolö da Urbino, vermutlich einem 
Gasteiduran tiner, zuzuweisen. 

In einem ferneren Abschnitte wird die Geschichte 
der Glasindustrie auf Grund der Lokalforschungen 
von Lazzari und Urbani de Gheltof übersichtlich und 
mit gesunder Kritik dai^estellt. Die Anfange 
scheinen an die Herstellung des Mosaikglases anzu- 
knüpfen; Epoche macht das Jahr 1291, als die 
sämtlichen Glashütten aus der Stadt auf die Inseln 
verlegt wurden ;'^dann werden nach der Reibe Perlen, 
Gefässe, Fenster, Spiegel fabrizirt. Die Höhe be- 
zeichnet das 15. Jahrhundert mit seinen emaillirten 
Malereien; die Künsteleien der Folgezeit, das Faden- 
glafi u. a. werden hiergegen mit Recht als Verfall 
gekennzeichnet. Von den Schmelztechniken finden 
in Venedig im 15. Jahrhundert das zierliche, gemalte 
Email und jenes bekannte, mit Goldblättchen ver- 
zierte Kupferemail eigentümliche Ausbildung. 

So folgen in kniipperer Darstellung das Holz 
und Elfenbein, das Leder, die Gewebe und Hand- 
arbeiten, sowie die Miniaturen, für deren Geschichte 
die Sammlung des'Museo Correr noch reiche Aus- 
beute verheisst. Im ganzen liegt hier ein Buch vor, 
das auf der Hube der Forschung steht, sich leicht 
liest und daneben für jeden Besitzer schon durch 
das reiche, bunte Material der Abbildungen Wert 
gewinnt. P. J. 





RUDOLPH MAYERS MODELLE FÜR CISELEURE. 



MIT EINER TAFEL. 



F. L. Der Notiz, welche wir unlängst (s. Bd. V, 
1. d. BL) über die plastischen Vorlagen des Prof. 
Klou9ek brachten, freuen wir uns heute schon die 
Ankündigung eines ähnlichen Unternehmens folgen 
lassen zu können^ welches ebenfalls einen bewährten 
Meister der Kleinplastik zum Autor hat. Herr Prof. 
JRud. Mayer, der nicht nur als langjähriger Leiter 
der Ciselirfachklasse der königlichen Kunstgewerbe- 
schule zu Stuttgart eine Reihe tüchtiger Künstler 
aus seiner Schule hervorgehen sah, sondern auch 
selbst durch die Werke, mit welchen er auf den 
meisten Ausstellungen des letzten Jahrzehnts ver- 
treten war, seinen Namen unter die ersten lebenden 
Vertreter der Giselirkunst und Kleinplastik einge- 
reiht hat und der seit einigen Jahren seine Thätig- 
keit mit gleichem Erfolg nach beiden Richtungen 
nach Karlsruhe verlegt hat, tritt soeben mit einer 
Folge von zehn Metallreliefs an die Öffentlichkeit, 
welche bestimmt sind, als Vorlagen für den Unter- 
richt im Ciseliren und wohl auch im Wachsmodel- 
liren für den Metallguss Verwendung zu finden. 
Wir mussten schon bei der eingangs erwähnten 
Sammlung auf den Mangel hinweisen, der sich in 
den Lehrmitteln gerade dieses Unterrichtszweiges 
fühlbar macht und meist die Lehrer nötigt, plasti- 
sche Vorlagen, die für ganz anderes Material und 
in anderm Masstab erfunden waren, diesem Unter- 
richt zu Grunde zu legen. Um so freudiger be- 
grüssen wir dies neue Unternehmen, welches von 
einer Seite ausgeht, die mit den Bedürfnissen dieses 
Lehrzweiges aufs engste vertraut ist. Die uns vor- 
gelegten Originale sind über Wachsmodellen in 
Bronze gegossen und mit eingehender Sorgfalt durch- 
ciselirt; die Vervielfältigung in Galvanoplastik giebt 
dieselben vollständig faksimile wieder. Jene Eigen- 
schaften, welche wir bei allen Werken Rudolf 
Mayers zu bewundem Gelegenheit hatten — eine 
überaus geschmackvolle Behandlung der Form und 
des Reliefs und eine fast bis an die Grenze des 



Möglichen gehende Detaillirung in der Oberfläche- 
behandlung — finden wir auch in diesen Vorlagen 
wieder. [Jnd wenn wir, um unserer Darstellung 
nicht ganz die Schattentöne fehlen zu lassen, von 
einem Mangel derselben sprechen sollen, so finden 
wir ihn vielleicht in dieser etwas weit getriebenen 
Detaillirung. Jedenfalls legt dieselbe dem Lehrer, 
welcher diese Vorlagen benutzt, die Pflicht nahe, 
darüber zu wachen, da£s der Schüler über den un- 
endlich zierlichen Einzelheiten nicht den Blick f&r 
die Hauptsachen verliert 

In der Auswahl der Ornamente hat Herr Prot 
Mayer dafür gesorgt, dass die Schüler mit den 
Hauptstilformen, deren Kenntnis unsere Zeit von 
dem Metallarbeiter fordert, sich vertraut machen 
kann. Die erste Tafel enthält neben einander Akan- 
thusblätter in italienischer, deutscher und vlämischer 
Stilform, die zweite die drei entsprechenden Ranken- 
motive. Die dritte Tafel zeigt, wie die Renaissance, 
das Barock und der Klassicismus die Akanthus- 
ranke behandelt hat, während die vierte drei Orna- 
mente in reinen Rokokoformen enthält. Die drei 
folgenden Tafeln bringen ornamentale Flächen- 
füllungen nach Holbein, Dürer und Hans MieKch, 
die achte eine figürliche Komposition in Rokoko- 
rahmen, während die beiden letzten Tafeln eine 
naturalistische Pflanzenstudie und ein Jagdstück ent- 
halten. Man sieht schon aus dieser Au&ählung, 
dass die Mannigfaltigkeit der Motive auf die ver- 
schiedensten Bedürfnisse Rücksicht nimmt. Und so 
zweifeln wir denn auch nicht, dass die oben ge- 
rühmten Vorzüge dieser neuen Vorbildersammlung, 
deren Gesamtpreis in galvanischer Ablagerung 130 M. 
beträgt, unter den Lehrern und Schülern der deut- 
schen Ciselirwerkstätten bald zahlreiche Freunde 
werben werden. 

Die beigegebenen Abbildungen zeigen die Mo- 
delle in natürlicher Grösse. 



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RuDOLi' Mayers ^lodelle für Ciseleure. Nr, 4. Drei Hococoornameute. 



Rudolf Mayers Modelle für Ciseleure. Nr. 7. Fnlliinfrsomament. 



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KLEINE MITTEILUNGEN. 



Berlin. — Das königl. Kunstgewerbemuseum bringt, 
wie wir bereits berichtet, in diesem Winter zum ersten Male 
Beine ganze Stoffsammlung zur Ausstellung. Diese einzig- 
artig dastehende Sammlung umfasst an Webereien 6073, 
Stickereien 2883, Spitzen, Fransen, Passementerien 1690, 
Teppiche 220, Kleidungsstücke 233 — im ganzen 11055 Num- 
mern, wobei die in Bücher eingeklebten Kattunmuster und 
Ähnliches, die oft Hunderte von Mustern zählen, nur als eitie 
Nummer gerechnet sind. Eine solche Sammlung dauernd 
auszustellen ist unmöglich: es würde dazu ein eigenes Ge- 
bäude erforderlich sein, übrigens erfordert die Erhaltung der 
in den Farben sehr vergänglichen Objekte eine sorgfältige 
Konservirung in dunklen Schränken. So wird denn auch 
die Ausstellung nur serienweise geschehen können und müssen. 
Aus Anlass derselben ist ein besonderer ».Führer durch die 
Ausstellung der Stoffsammlung, Gewebe und Stickereien" er- 
schienen (Berlin, W. Spemann, .30 Pf.), welcher zunächst 
einen kurzen überblick über die Sammlung, ihren Bestand, 
Geschichte, Aufstellung etc. giebt. Daran schliesst sich eine 
„Geschichtliche übersieht", welche in kurzer knapper Form 
— worin ja der Direktor des Museums ein Meister ist — 
die wichtigsten Angaben aus dem so wenig bekannten Ge- 
biete der Geschichte der Weberei enthält. Gerade die Ber- 
liner Sammlung, deren unvergleichliche Vollständigkeit an 
frühmittelalterlichen Stoffen sie besonders dazu beföhigt, ist 
berufen, dermaleinst die vielen hier noch offenen Fragen zu 
beantworten. Der Herausgeber hat an dieser Stelle diese 
Fragen verständigerweise gar nicht berührt, sondern nur ge- 
geben, was heute als gesichtet gilt oder angenommen wird. 
Aber je weniger Verständiges ausser von Bock, Schnütgen, 
Easenwein und Karabacek über die Geschichte der Weberei 
geschrieben ist, um so erfreulicher ist es, hier in allgemein 
verständlicher Form die Hauptsachen gedruckt zu finden. 
Das kleine Heft wird berufen sein, den Inhalt manches 
dicken Wälzers zu ersetzen. Es wird auch über die Aus- 
stellung hinaus seinen Wert behalten und für viele Anstalten, 
welche kleine Textilsammlungen besitzen, von Bedeutung 
werden. 

Rd. Hannover. Gelegentlich der Eröflnung des Kestner- 
museums zu Hannover hatte, wie in der Kunstchronik ein- 
gehend berichtet ist, Direktor Schuchhardt ein Programm 
entwickelt, worin er die Ausgestaltung, des neuen Museums 
zu einem Kunstgewerbemuseum besonders betonte, überhaupt 
das Kestnermuseum als den Mittelpunkt hinstellte, von dem 
aus eine Reorganisation der Kunstzustände in Hannover 
zweckmässigerweise zu erfolgen habe. Mit diesem Plan 
hat er nicht den Beifall seiner Mitbürger errungen. Nicht 
nur, dass das Provinxmlmnseiim in Dr. Reimers (bisher in 
Berlin) einen eigenen Direktor erhalten hat, so hat sich auch 
der Kunstgewerbererein in einer eingehenden Petition an den 
Magistrat gewendet, um einer Centralisirung der Kungt- 
angelegenheiten vorzubeugen und die Errichtung eines be- 
sonderen Kunstgewerbemuseums zu erlangen. Die Petition 
1^ eingehend die Gi-ünde, welche gegen eine Vereinigung 
beider Institute sprechen, dar. Der Kunstgewerbeverein er- 
strebt seit fünf Jahren mit Unterstützung der Behörden, 



unter Teilnahme einer Reihe angesehener Bürger und unter 
Leitung der mit den Bedürfnissen des lokalen Kunsthand- 
werks genau bekannten Fachleute der Stadt die Gründung 
und Erhaltung eines Kunstgewerbemuseums, welches in 
erster Linie bestimmt ist, das Handwerk in der Stadt Han- 
nover durch gute und bewährte Vorbilder zu heben. Diese 
Absicht ist schon teilweise verwirklicht; der Bestand der im 
alten Rathause öffentlich aufgestellten Sammlung ist ein an- 
sehnlicher, 3000 Nummern des Katalogs sind mit Ober 30000 M. 
versichert. Der Umfang der Sammlung ist so bedeutend, 
dass die vor Jahren an den Magistrat gerichtete Bitte, das 
Museum mit in das Kestnermuseum aufzunehmen, schon 
damals wegen Platzmangels in letzterem abschlSgig beschie- 
den werden musste. Jetzt genügen auch die Räume im 
alten Rathause längst nicht mehr, um auch nur die Hälfte 
der Sammlung in geeigneter Weise aufzustellen. Um diesem 
Mangel abzuhelfen, richtete der Verein sein Augenmerk auf 
eine anderweitige dauernde Unterkunft, auf das infolge seiner 
Anregung wieder hergestellte Jjeibnixhaus. Dieses zu er- 
langen betrachtet er als seine Hauptaufgabe, um dem Kunst- 
gewerbemuseum eine gedeihliche Enlwickelung und Wirk- 
samkeit zu sichern. Er zählt dabei auf die wohlwollende 
Unterstützung der Stadt ebensosehr als auf die offene Hand 
wohlhabender und kunstsinniger Mitbürger. 

Karlsruhe. Der Badische Kunstgewerbererein hat in 
seiner Generalversammlung vom 8. Dezember 1889 in Karls- 
ruhe die Begründung eines Ku?istgewerbemtiseums beschlossen. 
Der Antrag des Vorstandes wurde von Direktor Götx in 
längerer Rede eingehend begründet und von der Versamm- 
lung einstimmig gutgeheissen. Das neue Museum soll in 
engster Verbindung mit der Grossherzoglichen Kunstgewerbe- 
schule gebracht werden, die vor kurzem ihr neuerrichtetes 
Gebäude bezogen hat. Der schön ausgestattete Lichthof ist 
für die Anlage einer Sammlung besonders geeignet. Gerade 
diese glückliche Verbindung hat dem neuen Unternehmen 
viele Freunde zu verdanken, da das gemeinnützige Wirken 
der Kunstgewerbeschule sich besonderer Beliebtheit zu er- 
freuen hat Den energischen Bemühungen von Direktor Götz 
ist es gelungen, in kaum drei Wochen die erste Grundlage 
zu schaffen, indem in dieser kurzen Zeit in Karlsruhe für 
das Museum über 20000 M. an Geld und ebenso wertvolle 
Beiträge an Kunstgegenständen gespendet wurden. Man er- 
hofft femer eine Unterstützung von seiten des badischen 
Staates und der Stadt Karlsruhe. Insbesondere hat sich auch 
Prof. Dr. Rosenberg um das Unternehmen verdient gemacht. 
Die neu angelegte Sammlung enthält bereits über 1000 mit- 
unter sehr wertvolle Nummern, welche in 15 zum Teil sehr 
grossen Schränken untergebracht sind, die in dem stattlichen 
Lichthofe zu bester Wirkimg gelangen. Die erstere grössere 
Erwerbung bildete der Ankauf der prächtigen Fayencen- 
Sammlung von Bildhauer Kretäh in Frankfurt a. M.. welche 
etwa 220 auserlesene Stücke umfasst, die sich als Vorbilder 
für die Unterrichtszwecke des Kunstgewerbes trefflich eignen. 

Flensburg. Dem Gewerbemuseum unserer Stadt sind 
von dem „Schiffergelag", der ältesten bestehenden Gesell- 
schaft der Stadt, die alten Silbergeräte leihweise aber 



KLEINE MITTEILTTNGEN. 



n-ieaen worden. Ka und Pohale, Kannen und 
iedener Form nnd Entstehungszeit, u. a, von 
'51, 1752. 1772. Der Besitz der Gesellschaft 
:r in Jabre 1848 durch Veränsaerungen sehr 
Inter den anderen Gegenständen sei hier noch 
ntereaaanten Teiles vom Inventar ganz anderer 
lg gethan. Es ist eine Punschbowle in Form 
ihifl'ea und ist dem Gelag ah Geschenk ilber- 
l>er eine vorhandene Notiz folgendes angiebt: 
' 10 hat der Herr Hinrich Lork, Rathsver' 
T Stadt, ein Fayence-Porcellain Punschkunime 
nd in Form eines CO Kanonem Kriegsschiffs 
Hlhemen Punschlöffel an diesem Gelage ver- 
s von uns und von ansern Nachkommen zu 
währenden Antlenken dieses verehrungs würdigen 
i bei dem Gelage soll aufbewahrt werden." 
le Schiff, von sehr origineller Form und Zeich- 
iBser zwei Rettungsbooten am Heck, die dänische 

Ea ist ein inländisches Fabrikat, doch sind 
t selbst keine n&heren Angaben über den Ort 
Dg vorhanden. 

In der Ausatellong der Gewebe und Stickereien 
'erbemnsenm ist die Gmppe VI „China und 
anntag den 2. Februar geschlossen. Am Diens- 
äbruar wurde eröffnet die Gruppe VII „Leinen- 
Spitzen". Dieselbe umfaset die hierhergehörigen 

älterer und neuerer Zeit, aus Morgen- und 
Lngeschloseen sind die Hfikel- und Strickarbeiten, 
Possementerien. Auch diese Gmppe wird zwei 
I zum 16. Februar, ausgestellt bleiben. Die 
/orbtge aber dieselbe werden am Sonnabend 
ar Mittags von Professor Dr. Ijfasing und am 
len 13 abends von Dr. AI/red Meyer gehalten 

einige Tage wird im Lichthofe ausgestellt sein 
ir einen Flügel, auf Bestellung in Seiden- und 
I ausgeführt von der Kunststickerin Frau Dr, 
laoh Zeichnung de» Malers Timler. 
«tgeicerhemusrntm xu Berlin sind im oberen Um- 
:hthofes ausgestellt die Entwürfe einer farbig 
sade, für welche die Aktiengesellschaft filr Möbel- 
ine Konkurrenz ausgeschrieben hatte. Von den 
enen Entwürfen haben die Arbeiten von Rielutrd 
■eipzig und von Eniil Widejitann und Ouslnr 
Serlio die drei Preise und der Entwurf von Olto 
lin eine lobende Anerkennung erhalten. — Die 
ier Neuerwerbungen hat mannigfache Bereiche- 
iren, u. a. einen höchst kunstvollen schmiede- 
nder für die Anzeigen des Museums, gearbeitet 
luseum gestiftet vom Hofkunstechlosser Paid 
)m früheren Schüler des Museums. 
ilienj. Der Landtag des Königreich Böhmens 
weitere Bewilligung der dem Xnrilliiih mischen 
mm bisher bedingungslos KUgestandenen Landes- 



Subvention von SOOO fl. in seiner letzten Tagung die Be- 
dingung geknüpft, „dass in der Verwaltnng de« UusenmE 
die Gleichberechtigung beider Volksslämme des Königreiches 
Böhmen gewahrt wird". Mit andern Worten, es soll die .,3prach- 
liche Gleichberechtigung" durchgeführt werden, d. h. im 
Gewerbemnseum müssen die Aufschriften in beiden Iand*ä- 
sprachen angebracht werden, die Verwaltung muss sich 
beider Sprachen bedienen u. s. w. Daas es sich dabei nicht 
um die Befriedigung eines vorhandenen Bedürfnisses handelte. 
It^ klar auf der Hand, denn man weiss ja, mit wem da! 
Museum verkehrt, wer es besucht Ein Bedürfnis nach Ein- 
führung der tschechischen Sprache in diesem Institute haben 
die Tschechen selbst nicht; Nordböhmen ist eben durch und 
durch deutsches Land. Zunächst wird sich nun die General- 
versammlung des Museumavereins mit der Frage au be- 
schäftigen haben, ob da« Institut unter den gestellten Be- 
dingungen nicht lieber auf die Landessubvention verzichtet 
Freilich ist der Ausfall einer gesicherten Einnahme von 
8000 &. nicht leicht zu decken, die Erhaltung des ganiCD 
so segensreichen Instituts ist damit in Frage gestellt Patrio- 
tische Männer haben sich zwar bereits zu erheblichen 
Opfern erboten, aber die Summe ist zu erheblich, nm ohne 
weiteres ersetzt zu werden. Hoffen wir, dnss dem Museum 
in irgend welcher Form Ersatz geschafft werde! 

Tohaim Kocbi Der Kerbudmüf. 35 Vorlageblatter mit er 
läuterndem Text. Format; 24:32ctn. Karlsruhe, A. Biele- 
feld (Liebermann & Co.) 1890. 
Mit dem genannten Werke ist der neuerdings auch bei 
uns mit Recht beliebt gewordenen Kerbschnitttechnik nn 
neues Vorbildermaterial zugeftlhrt worden , welches um so 
willkommener erscheint, als ausser der bekannten Onctwa- 
Bchen Veröffentlichung (Leipzig, Seemann) entsprechenil* 
Motive schwer zu finden waren. Der Heransgeber, Vorstand 
der Schnitzerei schule Furtwangen (bad. Schwarawald) erweist 
sich hiermit als Künstler und bewährter Praktiker sän« 
Faches zugleich. Er biet«t zunächst die gebräuchlichst«!! 
Einzelformen (Bordüren . Rosetten , Füllungen , Flächen- 
muster etc.) und schliesst daran an eine Reihe von Ent- 
würfen für die Ausfahrung (Kassetten, Dosen, Teller, Schilde 
u. s. w.). Die Darstellung ist einfach, schön und klar; das 
Werk wird allen intereseirten Kreisen eine hochwillkommeie 
Erscheinung sein. 

Der Sammetbrokat, dessen genaue Abbildung diese 
Tafel giebt gehört zu den schönsten Stoffen, welche aus 
Venezianer Werkstätten um die Wende des 15. Jahr- 
hunderte hervorgegangen sind. In zwei Farben zeigt er ein 
Muster, dessen Anlage italienische, dessen Einzelheiten 
orientalische Formen aufweisen: beide in jener wundertoll 
harmonischen Weise vereint, wie wir sie nnr in Eneog- 
nissen von Venedig treffen. Der Stoff ist Eigentum des Kölner 
Kunstgewerbemuseums. 



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Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig. 

Farbige Vorlageblätter. 

Zimi Gebrauch für den Unterricht im Freihandzeichnen entworfen und gezeichnet von C. DedHius» 

20 Tafeln Querfolio. ' In Mappe 9 M/ 

Biesö Vorlagehliitter enthalten Ornamente verschiedenei' Stilarten, Metall- un<l Holzornamente in Sägearbeit, 
Dekorationsmalereien, eingelegte Holzarbeiten, ThonHiessen, Holzmalereien, Tapeten- und Scbablonenai'beiten etc. 
Die geschmackvolle, saubere, durchaus farbige Darstellung, sowie die vorzügliche Ausstattung la^nsen die „Vorlage- 
blätter" ab ein empfehlenswertes Hilfsmittel ftir das Zeichnen in Fortbildungsschulen erscheinen. 

Die Fortbildungschule 1888, No. 15. 

Die farbigen Vorlagehlätter sind im Grossherzogtum Hessen in allen Gewerbeschulen 
amtlich eingeführt. 

Vorbildersammlung für das Elementar -Fr eihandzeicbnen 

mit besonderer Berticksichtignng des gewerblichen Ornamentzeichnens. 

Ein systematischer Lehrgang 

fiir Volksschulen, Realschulen und gewerbliche Lehranstalten, sowie zum »Selbstunterricht herausgegeben von 

Georg Graf, 

Vorstand der Fachabteilung der gewerblichen Fortbildungschnle in München. 

120 Tafehi 4^ In Mappe 6 M. 3 Abteilungen, 

mit Text. Einzelne Abteilungen 2 M. jede zu 40 Tafeln. 

Wandtafeln 

für den Zeichenunterricht an Volksschulen und gewerblichen Fortbildungsschulen von Georj^ Graf. 

20 Blatt auf Hanfjjapier, 63x84 cm., mit Text. 

Preis in Mappe 10 M. 

Stufengang des elementaren Omamentzeichnens 

mit Kolorier- und Komponierübungen. 

Eine auf dem Grunde der Leipziger Zeichenmethode stehende Anleitung zum Gebrauch an allgemein 

bildenden Lehranstalten von 

Mariin Ludwig, 

' . • Zeichenlehrer in Leipzig. 

72 schwarze und 12 farbige Tafeln nebst Text in Mappe 10 M. 

Ornamentale Formenlehre 

Eine systematische Zusammenstellung des Wichtigsten aus dem Gebiete der Ornamentik zum Gebrauch 
ittr Schulen, Musterzeichner, Architekten und Ge werbtreibende von Franz Sales Meyer, Professor 
an der Kuustgewerbeschul^ in Karlsruhe. 300 Tafeln mit erläuterndem Text. Grossfolio. In Mappe 

mit Zugband 7S M. 



Ornamentyorlagen 

für Gewerbe, Fach- und Fortbildungsschulen gezeichnet und herausgegeben von Ferdinand Moser, 

Hauptlehrer in München, 50 Tafeln kL Folio. Ladenpreis 15 M. 

Dies Werk ist aus einem bei dem Zeichenunterricht an den Münchener Fortbildungsschulen schon lange 
fühlbar gewordenen Bedürfnisse hervorgegangen. Es bietet mustergültige Motive in vorzüglicher Darstellung zu 
einem verhältnismässig geringem Preise. Den verschiedenen Fächern dei Technik entsprechend zerfällt es in 5 Ab- 
teilungen: I. Ornamente für Holz-, Stein- und ThonjAaatik; 2. Ornament« für Eisenplastik; 3. Ornamente für Edel- 
metallpla.sfik; 4. Ornamente für FUichendekoration ; o. Ornamente für Typographie und andere Vervielfältigungsarten, 

In den Müncliener Fortblldiingsschnlen amüich eingefAhrt. 

Wandtafeln 

für den Zeichenunterricht an Gymnasien und Realschulen von 

Emil Schick, 

Zeichenlehrer am (lymnAsiam zu Bruchsal. 

I. Umrisse antiker Gefasse und bauHcher Zierformen. 10 Tafeln in Mappe mit Erläuterungen 

Preis M. 3,20. 

Das Werk führt die klass^isch antiken Formen in einfachster Weise vor, und bringt Vasen, Schalen 
Rosetten, Stdmziegel in scharfer, weithin sichtbarer Form. 




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AUSSTELLUNGSKALENDER FÜR 1890. 






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Augibiür^» Kunstverein. (Siebe auch Vereinigte süddeutsche Kunst- 
vereine.) 

Baden-BMleii. Kunstverein. Permanente Ausstellung. 

Bamberg. Kunstverein. Konservator Bauer. (Siehe auch Vereinigte 
süddeutsche Kunstvereine.) 

Baniieii. Kunstverein. Vierwöchentliche Gemäldeausstellung. Vom 
6. April bis 4. Mai. Anmeldung bis 15. März. 

Berlin. Preussischer Kunstverein Verein Berliner Künstler, Wil- 
helmstrasse. Fritz önrlitt, Behrenstrasse 29 W. ■— Ed. Schulte, 
unter den Lindeu. — Verein der Künstlerinnen und Kunst- 
freundinnen vom i. Februar bis i^. März. Schriftführerin Helene 
Lobedan SW. Hafenplatz 5. 

Bielefeld. Wanderausstellung mit Münster vom 13. April bis 15. Blai 
Anfragen an Rittm. E. von zur Mühlen, Münster i/W. 

Bremen. Grosse Kunstausstellung der Nordwestdeutschen Oewerbe- 
und Industrieausstellung. Anmeldung bis I5. April. Einsendung 
bis 1. Mai. Vom I. Juni bis ao. September. Geschäftsführer Max 
Mischel. 

Breflla«. Beginn der Ausstellung der Ostlichen Kunstvereine am 
2. Dezember 1890 in Breslau, später in Danzig, Königsberg, 
Stettin. Goerlitz und Posen. — Tii. Lichtenberg. 

Budapest. Ungarischer Landesverein für bildende Knust. Vom 15. No- 
vember bis 15. Januar 1891. Anmeldung mit Formular bis 20. Ok- 
tober. Sekretär Dr. N. v, Szmereszänyi. 

Ghemnlts. Kunsthütte: Permanente Ausstellung. 

DaBzIg. Kunstausstellung bei A. Scheinert — Siehe auch Breslau. 

Darmstadt. Kunstverein. Permanente Ausstellung. 

lyresden. sächsischer Kunstverein: Permanente Ausstellung, mit 
Ausnahme der Zeit der Au.sstellung der Kgl. Akademie, welche 

gewöhnlich vom 16. Mai bis 15. Juli dauert. (Anfragen an Alph. 
öme, Kastellan.) — Ernst Arnold, Kgl. Hofkunsthandlung. — 
Emil Richter. 

Dflsseidorf. Eduard Schulte. — Bismeyer & Kraus. — Jos. Marsch- 
heuser. — Kunstfaalle (Friedrichsplatz) : Permanente Ausstellung. 
— Kunstverein füi die Rheinlande und Westfalen. Dauer der 
Ausstellung vom 35. Mai bis 21. Juni. Spätester Einlieferungs- 
termin 15. Mai 1890, 

Erfurt. Kunstverein. Permanente Ausstellung. 

Fraakfkirt a/H. Kunstverein. Permanente Ausstellung. Rud Bangel. 

Freibarg IB. Permanente Ausstellung. 

Fürth. Kunstverein. Pennanente Ausstellung. 

Gera. Kunstverein. Anmeldung bis 10. März. Einsendung bis 20. März. 
Eröffnung 30. März. Schluss 1. Mai. Schriftführer Rechtsanwalt 
Sohbnemann. 

Clotha. Kunstverein. Permanente Ausstellung. 

Oras. Steiennärkischer Kunst verein, vom 21. April bis 2. Juni. 

HaMbnrg. Kunstverein. L. Bock & Sohn. — L- Günther. — J. F. 
Holzmann. — M. Stettenheim. 

BaimoTer. Westlich der Elbe verbundne Kunstvereine. 1. Februar 
Eröffhung. Am 6. April in Magdeburg. Am 20. Mai in Halber- 
stadt. Am 24. Juni in Erfurt. Am 15. August in Nordhausen. 
Am 15. September in Braunschweig. Anfragen an Stadtrat F übel 
in Halle a S. 

Heidelberg. Kunstverein. — Permanenter Turnus mit Mannheim. 

HetlbroDn. Permanente Ausstellung im Kunstverein. 

Karlsmhe. Kunstverein. 

Kassel. Kunstverein. Permanente Ausstellung. 

Kola. Kunstverein im Wallraf-Richartz-Museura. Permanente Aus- 
stellung. - Permanente Ansstelhmg von Ed. Schulte. 

Königsberg. Bons Kunst saloh. — Hnbuer & Matz. 

Krakaa. Kunstverein. Permanenter Turnus mit Lemberg und Posen. 
Anfragen an Severin Boehm in Krakau. 

Krefeld. Museumsvereiu. Permanente Ausstellung. 

Leipzig. Kunstverein im Museum. Zusendungen nnr auf vor- 
herige Anfrage. — Pietro del Vecchio. Permanente Ausstellung. 
Der Verein der Kunstfreunde hält jährlich vier Verlosungen 
(Februar, Mai, September und Dezember) und kauft hierzu <Je- 
mälde aus Del Vecchio's Kuustausstelluiig. 
(Siehe Krakau.) 

D. Oberösterreichischer Kunstverein. 2 Ausstellungen: 
Juli bis 31. Au;,'ust und vom 1. September bis 31. Ok- 
Auskünfte bei Maler J M. Kaiser. 

Lfibeck. Ausstellung des Kunstvereins im Juli. (Siehe Rostock.) 

HaBnheliB. (Siehe Heidelberg.^ 

Memel. Ostdeutscher KuDstverein. (Wanderausstellung mit Tilsit 
und AUenstein.} Mitte April bis Ende Juli. Anfragen au Konsul 
G erlag, Memel. 

Mönchen. Jahresausstellnng der Müuchener Kunstgenossenschaft. 
Vom l. Juli bis Mitte Oktober. Anmeldung mit Formular bis 
1. Mai. Sekretär Wirkl. Rat Adolf Paulus. — Kunstverein. 
Permanente Ausstellung. — Fleischmannsche Hofknnsthandlung. 
P Kaeser. H. Wimmer & Comp., Wittelsbacherplatz. H. L. 
Neumann. 

Munster. Westfälischer Ausstellungsverband. Vom 1. März bis 
10. April. Selirifiluhrer Rittmei8ier a. D von zur Mühlen, 
Münster i/W. 



Lemberg. 
Linz a. d. 

Vom 1. 
tober. 



Reeensburg undAugs- 
Heilbronn, 



N&mberg.. (Siehe unter Vereinigte süddeutsche Kunst vereine.) 

Posen. (Siehe Krakau.) 

Prag. Kunstverein für Böhmen. Einsendung und Anmeldung ;mit 
Formular) bis 31. März. Ausstellung vom 15. April bis 15. Juni. - 
Nicolaus Lehmanns Kunsthandlung. 

Regenitburg. Permanente Ausstellung. (Siehe Vereinigte süddeutsche 
Kunstvereine.) 

Rostock. Vereinigte Kunstvereine von B., Lübeck und Stralsund. 
Einsendung bis 1. Mai. Erötfnung am 15. Hai. 

Salzburg. Kunstverein. Vom 15. Juni bis 15. September. Einsen- 
dung bis 1. Juni. Präsident Dr. Sedlitzky. (Keine Skulptureni 

Schwerin I/M. Grossh. Mu.seum. Anfrage an Hofrat Dr. Sclilie 

Stralsund. Ausstellung im August. i.Siehe Rostock.) 

Straflsbnrg i/E. Kunst verein. Anfrage an Ministerialrat Metz. 

Stottgiirt. Württembergischer Kunstverein (auch in Verbindung mit 
den süddeutschen Kuustvereinen). Permanente Ausstellung. Ab- 
fi-agen au Prof. R Stier. 

^'eimar. Grossherzogl. Museum (Hofrat Rnland). — Permanml^? 
Ausstellung für Kunst und Kunstgewerbe. 

Wien. Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens CKünstlerhanj. 
Gisela.strasse.) Einlieferung bis 1. März. Von Älitt^ März ks 
Mitte Mai. Sekretär K. Walz, k. k. Rat. — Osterreichisch'-r 
Kunstverein, Stadt, Tuchlauben No. 8. — H. 0. Miethke's Kunst- 
salon. Neuer Markt 13. L. T. Neumann, Hofkunsthandlung 
J. Schnell & Sohn. Hirschler & Co., Graben U. 

Wiesbaden. Nassauischer Kunstverein. Pennanente Ausstellung 

Zwlekaa. Kunstverein. Permanente Ausstellung. 

Pfälzischer Kanntrerein. Sitz der Verwaltung in Speier. Wandei- 
ausstellung in den Städten Speier, Ludwigsnafen, Fr&n- 
kenthal, Germersheim. Neustadt, DUrkheim, Lan- 
dau, Pirmasens, Zweibrücken und Kaiserslauterii 
vom 1. März bis Ende Juni. Einsendungstermin bis spiit^^itn« 
am 20. Februar 18!)0 auf Grund persönlicher Einladung clernacb 
vorheriger Anfrage bei Reg. -Rat Freiherm v. Löffel holz von 
Kolberg. 

Rheinischer Kunstferein. Noch nicht neu konstituirt; es findet da- 
her keine Ausstellung in diesem Jahre statt. Ansstellungen lu 
einzelnen Städten beabsichtigt. 

Vereinigte sfiddeaturhe Kuastverelnf zu 

bürg, Stuttgart, Würzburg, Beilbronn, Fürth, 
Nürnberg, Bamberg, Bayreuth und Ulm, Gemeinscbafi- 
liehe permanent« Aus.stellungen mit Austausch unter einander 
Alle Kunstwerke aus Nord Deutschland sind nach Btyreith, 
aus Westdeutschland nach Heilbronn, diejenigen aus dem 
^üden und aus München nach Angibarg und diejenigen aiu 
Österreich natli Kegeimburg einzusenden. Voi-stand Baurat 
Sauer, Regensburg. 

KnnstTerein fär das (irotsherxogtum Hessen. Wanderausi^tellung 
zwi.schen Darmstadt. Mai uz. Giessen, Ofienbach a M., Worms 
Vorort Darmstadt. Anfragen an P H. Kr oh, Darmstadt. 

AiLslSndiselie Kaustausstellnugei]« 

Amsterdam. Art! et amicitiae. Frühjahrs- und Herbstausstellutui 
am l. April und 1. Oktober eröffnet. Dauer je 2 Monate. Seknr 
tär Herr Maschhaupt. 

Basel. Kunsthalle. Pennanente Ausstellung. — (Siehe Schweize- 
rischen Kunstverein.) 

BruNKol. Societfe royale des beaux-arts. Vom 30. August bis 30. Ok- 
tober. Anmeldung erwünscht Ins l. August. 

Dublin. Royal Hiberniau Academy of Arts. Vom 8. Februar Ms 
26. April. Formulare von B. Colles Watkins, Lower Abky 
Street. Dublin. 

KopenhMven. Permanente Ausstellung von Stockholm, Kunsthändler 

London. Internationale permanente Ausstellung im KrystallpaUst 
Anfragen an H. Lewis, Düsseldorf, Alesanderstrasse 26. Ab- 
meidung bis 12. Oktober. Königliche Kunstakademie. Eir- 
lielerung 25 28. März. Incorporated Society of British Artisti. 
Eröffnung am 7. April. Anfrage an Edw. Free man, SQÖolk 
Street Pall Mall East 5 W. London. 

Lozern. Knnstgesellschaft. Vom 15. Mai bis 15. Oktober. — Ernst 
Zaeslein, Löwendenkmalmuseum. 

PariK. Salon vom 1. Mai bis 20 Juni. 

Uarsrhau. Kunstverein. Permanente Ausstellung. .Anfragen an 
Herrn Jos. Gornicki. — Alex. Krywult (Adr. Krakau, FioriaB- 
Strasse l.) 

Schireizerischer KanstTerein. Die Kunstausstellung wird in folgea- 
den Städten abgehalten: in Basel. Bern, Lausanue. 
Locle, Solothurn und Aar au. Schluss am 29. September 
Die Einsendungen sind bis spätestens Anfang Juni anzumeldeii 
und bis Mitte Juni au das Komitee der Schweizerischen KüQ-*t- 
au.sstelluu^ in Basel zu machen. Für Sendungen vom .\uslan(ie 
her muss im Frachtbrief, sowie in den Zolldeklaratioiieu der 
Vermerk: „Zur FreipassabfertiguDg au der Grenze^ beige- 
fugt sein. 



Hi^^rzu eine Beiliige von Paul Bette iu Berlin uii«l £• A. Seemaun in Leipzig. 



Druck von Augnst Pries in Leipzig 



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Thtire im Stizungssaale des Rathauses in Furnes. 
Aus EwERBECK „Die ßenaissance in Belgien und Holland". 



n Tabernakel in der Kirche in Suerbempte. — Sandstein. 
Ana Ewerbeck „Die RenaisaaDce in Belgien und Holland". 



SobloM 0;douok. 



IS Ewp.RDECEs Renaüiuice In Belgien und Holland, (VetkleiDcrt.) 



DIE RENAISSANCE IN BELGIEN UND HOLLAND.'' 



MIT ABBILDUNGEN. 



RANZ EWERBECK hat den Ab- 
schlusB seiner grosaangelegten 
Sammlung von Originalaufnahmen 
nach G^enständen der Architek- 
tur und des Kunstgewerbes in 
wmm^^^^^mmmm Belgien und Holland nicht erlebt 
Noch fehlten zwei Lieferungen an der Vollendung 
dea Werkes, da rief ihn der Tod von langem Kran- 
kenlager hinweg. Mit warmer Begeisterung hatte 
Ewerbeck seine Aufgabe erfasst, beinahe sechs Jahre 
lang hat er unermüdlich Materialien aus allen Teilen 
der Niederlande gesammelt und in der Auswahl dea 
Stoffes, in der sorgfältigen Art der Wiedergabe so- 
wohl, als auch in der Erläuterung seiner Aufhahmen 
und derjenigen seiner Mitarbeiter A. . Nmniieiater. 

1} Oalland, Dr. O., Geschichte der holländischen Bau- 
kaust und Bildnerei im Zeitalter der Renaissance, der natio- 
nalen Blüte und des Klassicismus. Mit IHl Abbild. XII und ti3J. 
Frankfort a/M. 1890. 

Eteerbeek, Franx, Die Renaissance in Belgien und Hol- 
land. Herausgegeben unterMitwirkung von Albert Neuueister, 
Henri Leenw und Emile Mouria. 4 Blinde mit 384 Tafeln, 
gross Folio. Leipzig, E. A. Seemann. M. 144 geb. 
Kuutcswerbeblktt N. F. I. 



E. Mouris und //. Leeuv^ ebensoviel historisch- 
kritischen Sinn wie feine Empfindung ftlr den 
künstlerischen Oehalt der Werke niederländischer 
Renaissance bewiesen. Sein vier starke Bände um- 
fassendes Werk, das schöne Ergebnis so hingeben- 
den Fleisses und so eindringlicher Sachkunde, ist 
trotz der stofflichen Beschränkung, die der Ver- 
fasser aus praktiechen Gründen ihm auferlegt hat, 
die beste Grundlage fUr das Studium der niederlän- 
dischen Architektur und Dekoration im 16. und 
17. Jahrhundert Im Vei^leiche zu dem grossen 
und kostbaren unternehmen J. J. van Ysendycks, 
zu den Documenta classes de l'art dans les Pays- 
Bas (Anvers, seit 18S0 120 Lieferungen mit 7ÖU 
Lichtdrucktafeln) erscheint das Werk Ewerhecks 
in schlichterer Ausstattung, Aber einmal die einsich- 
tige Beschränkung auf die charakteristischen Denk- 
male der niederländischen Renaissance, dann die grosse 
Anzahl sorgfältiger Detailaufnahmen, welche das Ver- 
ständnis der konstruktiven Gliederung und der orna- 
mentalen E^entUmlichkeiten so wesentlich fordern, 
die Beigabe endlich erläuternder Textbogen, welche 



D. 

Entwicklungsgang und die 
Lischen Renaissance zu rei- 
iwärtägen. 

Veilicli hat es damit auch 
grossen Schwierigkeiten, 
so T^e sich auch die 
g;eschicbtliche Forschnng 
em Gebiete der Malerei in 
Niederlanden bewegt: der 
mat und dem Kunstge- 
', hat sie ihre Soi^e in bei 
m noch nicht auareichnen- 
dasse zugewandt Ich habe 
früher an dieser Stehe 
itgewerbeblatt I V , J ahrgang, 
Seite 184 ff.) darauf hin- 
tet und besonders berror- 
len, dass namentlich für die 
e der Baukunst in den Nie- 
iden des ausgebenden 15. 
les folgenden Jahrhunderts 
sehr viel zu thun übrig 
FQr die meisten nieder- 
eben Landschaften fehlt es 
ssenschafthch brauchbaren 
hlungen und Bearbeitungeo 
orbandenen Denkmäler, auf 
1 deren es berechtigt wäre, 
Iruppirung der Monumente 
nehmen und den Entwick- 
jaug in der Formensprachf 
t&cksicbt auf ihre lokalen 
ngen nachzuweisen. Bei 
Q Mangel an verlasslicheii 
beiten ist es denn auch 
Wunder, wenn wir bei der 
labl derer, die sich um die 
s der Renaissance in den 
rlanden seither bemüht 
, widerspruchsvollen und 
1 Meinungen begegnen, 
die Prüfung und Berichti- 
der unzutreffenden Dareiel- 
1 der Renaissanceanfange io 
Belgien und Holland hatte 
es eine im vorigen Jahre 
von mir herausgegebene 
Schrift abgesehen, in der, 
mfassenderen Arbeit, gleich- 
it vrurde, die eigentflmlicbe 
Formensprache wahrend der 



DIE RENAISSANCE IN BELGIEN UND HOLLAND. 



47 



ersten Hälfte des 16. JahibuDderts im Umrisse gleich- 
sam zu zeiclmen. ■) Seitdem Bind einige neue Studien 
zur Fördenmg unserer Kenntnis der niederländischen 
Renaissance zu Tage gekommen. 

Auf die in Fachzeitschriften Teröffeutlichten Ein- 
zeluntersuchungen will ich hier nicht eingehen. 
Wohl aber erheischt es eine unlängBt erschienene 
grosse Veröffentlichung von Georg Ualland, daSB wir 
uns mit ihr des näheren beschäftigen. Georg Gal- 
land, der an der königL Technischen Hochschule zu 
Berlin als Privatdocent wirkt, hat sowohl durch eiue 
im Jahre 1882 herausgegebene Darlegung der „Renais- 
sance in Holland" in ihrer 
geschichtlichen Haaptent- 
wicklung, als auch durch 
gdegentliche Aufsätze von 
mannigfachen Studien auf 
dem Gebiete der holländi- 
schen Baukunst Zeugnis 
abgelegt. Lehrreich waren 
besonders seineUntersuchun- 
gen über die holländische 
Holzarchitektur. Nun hat 
er seinen unermüdlichen 
fleiss auf die Lösung einer 
UBgemein schwierigen Auf- 
gabe gewandt, indem er es 
unternahm, eine ausfOhrliche 
„GtsehickU der }wüändischen 
Baukunst undBUdner^" nicht 
nur „im Zeitalter der Renais- 
sance", sondern auch im Zeit- 
alter „der nationalen BlQte 
und des Klassicismus" zu 
schreiben. Seiner Mühe Er- 
gebnis liegt uns in emem 
ober 600 Seiten starken Grossoktavband mit tSl Ab- 
bildungen im Tert vor, den Heinrich Keller in Frank- 
furt am Uain verlegt hat. 

Nicht der ganze dickleibige Band ist mit dieser 
Geschichte der holländischen Baukunst und Bild- 
nerei angefilUt: sie bildet nur den Inhalt der ersten 
drei Ton den vier BQchem, in die das Werk zerfallt, 
und das vierte Buch, das eine Kunsttopographie Hol- 
lands enthält, umfasst allein Ober zweieinhalbhundert 
Seiten. Gerade dieser kunsttopographische Teil lehrt 
den Eifer Oallands um die Herbeischaffung und 
Sichtung des Rohstoffes- zur geschichtlichen Darstel- 

I) Beiträge zur Geschichte der dekorativen Skulptur in 
den Niederlanden wShrend der ersten Hilft« des XVI. Jahr- 
hunderts. 55 S. 8°. Leipzig. 1889. 



Silberne Tisobgloeke »i 



long schätzen. Galland bat sich an Urt und Stelle 
eine vielumfassende Kenntnis der Kunstdenkmäler 
aus dem 16, und 17. Jahrhundert erworben, viele 
Monumente hat er eoi^ältig untersucht, den 
Charakter ihrer Kunstweise zu analjsiren unter- 
nommen, und in den Beobachtui^en, zu denen sie 
ihn anregten, manche Probe fachmännischen Urteils 
an den Tag gelegt. Auch in dem einschlägigen 
Schrifttum hat der Verfasser weite Umschau ge- 
halten, und nicht bloss im zunächstliegenden. Giebt 
uns doch die ältere topographische Litteratur von 
manchem verschwundenen Werke der Baukunst will- 
kommene Kunde. Freilich 
nicht immer schmecken die 
Citate dee Verfassers nach 
der Quelle. Wie wäre es 
auch bei der Ausgedehnt- 
heit des Forschungsgebietes 
dem einzelnen mSglich, in 
jedem Falle zu den ersten 
Quellen niederzusteigen 1 Wo- 
mit aber ISsst es sich ent- 
schuldigen, wenn wir finden, 
dass der Verfasser über den 
Urheber nicht nur einer der 
wichtigsten , sondern auch 
einer der bekanntesten Quel- 
lenschriften zur niederländi- 
schen Kunstgeschichte, über 
Lodovico Guicciardini, den 
er den „Thucydides Italiens" 
nennt (S. 65), nicht orientirt 
ist? Doch das nur nebenbei. 
Wenden wir uns zu Gal- 
lands Geschicbtserzahlung 
„von der Zeit des Ühei^jangs" 
bis zu der „des Niedergangs", das heisst von der Mitte 
des 15. bis zum Beginne des 18. Jahrhunderts. Wie 
es bei einem Buche, das nicht nur dem Forscher 
nützlich, sondern auch dem Laien ergötzlich zu 
sein wünscht, nicht ohne einleitende kulturge- 
schichtlicbe Apercus abzugehen pflegt, so hat sich 
auch Galland der „populären Tendenz" (S. VII] seines 
Buches zu liebe veranlasst gesehen, bei der Glie- 
derung seiner Arbeit nach Gesichtspunkten, welche 
der politischen Geschichte entnommen sind, allgemein 
gehaltene kulturgeschichtliche Einleitungen den ein- 
zelnen Kapiteln vorzusetzen. Gewiss zeugen diese 
den al^emeineu Kulturgrad innerhalb bestimmter 
Epochen schildernden Einleitungen von vielfaltiger 
Belesenheit und machen den Leser vertraut mit einer 



(EWEKBECK.) 



48 DIE RENAISSANCE IN BELGIEN UND HOLLAND. 

Menge interessanter Dinge, — aber lenken sie nicht Denn dass Galland bei der Schilderung d 
auch die Aufinerksamkeit ab vom Kaheliegenden, renaiasance Hollands nicht ausging von 
von - — ■ ■ 
unmi 

KUnc 
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wel- 
M be- 



ll Kkaipea. Aus Eweb 



« In Belgien und HollkDd. (VerUelncrl.) 



lieh. Immerhin hätte sich manches anfQhren lassen, — handelt, ist ohne Zweifel reich an zutreffenden Be- 
vieles sogar, ^renn der Verfasser sein Gesichtafeid obachtungen; wir erfahren von der nachwirkenden 
nicht ausschliesslich auf Holland eingeschränkt hätte, Kraft des Naturalismus, Ton der Nachblute der 



DIE RENAISSANCE IN BELGIEN UND HOLLAND. 



Gotik, wir werden auch belehrt Ober die Art, wie 
die Elemente italienischer Formenwelt sich Eingang 
schaffen in die überlieferte Weise, und dennoch 
sehen wir nicht recht, wie und wann es kam und 
wurde, daes eich die Renaissance in Holland zu einem 
reinerem Stile abklärte. Dass dem so ist, liegt wohl 
zum grossen Teile an der Oekonomie des Bnches. 



weiter der Wohnungsbau zur Sprache und so fort: 
„Kleinarchitektur" (Kamine — Mobiliar — kirch- 
liches Geräte — Grabmäler u. s. w.) und bildne- 
rische ThStigkeit. Aber so verschiedenartige Dinge 
wie der Kamin aus dem Kastell zu Bergen op 
Zoom und Werke, die etwa vierzig Jahre später in 
weit fortgeschrittenerem Stile geschaffen wurden, 



n Oent. Ans Ewerdeces R«D*U«ance In Belgien und Holl&nd. (VerkUinert.) 



GaUands erstes Buch, das „die Zeit des Über- 
gangs" zur^klassischenFrQhrenaissance" zum Gegen- 
stände hat, zerfällt in acht Kapitel, welche den weit- 
schichtigen Stoff gegenstämllkli einteilen, nicht nach 
historischen oder besser nach Phasen der stilistischen 
Entwicklung. Also handelt zum Beispiel ein Kapitel 
Ober den Festungsbau und die Kastelle der Edelleute, 
das zunächst folgende über die kirchliche Bauthä- 
tigkeit, dann kommen die Öffentlichen Protanbauten, 



gehären nicht in ein und dasselbe Kapitel, wenn es 
gilt, die allmähliche Umbildung des Stiles zu er- 
zählen. In den späteren Büchern tritt ein histo- 
rischer Ordnungssinn weit besser hervor und Gallands 
Darstellung der holländischen Baukunst seit der 
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis zur Neige 
des 17- wird von jedem, der den Dingen femer 
nachgehen will, mit vielem Nutzen zur Hand ge- 
werden. Auch die Charakteristik der Stil- 



DIE RENAISSANCE IN BELGIEN UND HOLLAND. 



phaaen in der Architektur imd im Kunstgewerbe ist 
in diesen Teilen eine im allgemeinen zutreffende zu 



Silberner Becber im Rittheas zu Kimpen. (Gukrbeck.) 

nennen. Im einzelnen giebt es freilich des Strittigen 
genug, aber das fällt doch zumeist den geringen Vor- 
arbeiten, die sich der Autor zu nutze machen 



konnte, zur Last. Dass auch hinsichtlich der Voll- 
ständigkeit vieles geleistet ist,' das bemerkten wir 
bereits oben, als wir auf den verdienstvollea kunst- 
topographischen Teil de.s Werkes hindeuteten. Alles 
in allem können wir Gallands Werk als eine nfitzl icke 
Vorarbeit empfehlen, wir würden es rückhaltloser thuQ, 
wenn sie gleich auf ihrem Titel als solche von dem 
Verlasser wäre bezeichnet worden, und nicht ab eine 
„Geschichte" ein Versprechen machte^ das in wissen- 
schaftlich befriedigender Weise einzulösen, unter den 
Berufenen heutzutage noch keiner recht vermöchte. — 

Nach dieser Abschweifung kehren wir zu Ewer- 
beck zurück. Li der Auswahl von Gegenständen 
der Baukunst und des Kunstgewerbes aus Belgien 
und Holland hat sich Ewerbeck im wesentlichen tod 
kiinstleriaciien und jn-aktischen Gesichtspunkten leiten 
lassen. Seine Sammlung sollte gewiss auch dem 
Forscher auf dem Gebiete der niederländischen Kunst- 
geschichte eine nützliche Handhabe sein. Ungleich 
mehr aber 1^ ihm die Rücksicht auf die Bedürf- 
nisse des vorbildsuchenden Architekten und Kunst- 
handwerkers am Herzen.' Aus diesem Grunde liess 
er eine Anzahl von Denkmälern ausser acht, welche 
als Beispiele einer stilistisch noch unabgeklärten 
Kunst den ästhetischen Sinn kaum belriedigen, die 
jedoch für den Kunsthistoriker von ausserordentr 
liebem Interesse sind. Denkmäler dieser Art smd 
für die Geschichte der Anfänge der Renaissance in 
den Niederlanden von der grössten Bedeutung. Wir 
begegnen ihnen auf allen Gebieten künstlerischer 
Bethätigung, in den zeichnenden Ktlnsten sowohl 
wie in den bildenden. In ihnen geht organische 
Unreife mit dekorativer Überreife einen phantasti- 
schen Bund ein. Sie sind die Herolde eines bald 
allgemein werdenden Umschwunges in der Formen- 
sprache; sie bringen die Renaissancebewegung in 
Fluss und lassen uns eine Zeitlang im Zweifel Über 
die GrundzUge der stilistischen Entwicklung. 

War auch die Gotik zu Anfang des 16. Jahr- 
hunderte als System fertig, so bat sich doch nooli 
auf lange hin ihr Dasein verschleppt In den 
dreissiger, sogar in den vierz^er Jahren des 16. Jahr- 
hunderts sind in der Architektur und auch in den 
dekorativen Künsten Werke spätgotischen Stils 
durchaus keine Ausnahmen. Im Omamentalen lebU 
eine naturalistische Richtung, welche seit der Mitte des 
15. Jahrhunderts sich so mächt^ entwickelt hatte, dass 
sie als eine „Renaissance" auf eigene Faust, lUs eine 
Verjüngung der nordischen Phantasie am Jogend- 
bronnen der Natur erscheint, welche mit dem Um- 
schwünge jenseits der .\lpen gar keine Beziehungen 



DIE RENAISSANCE IN BELGIEN UND HOLLAND. 



51 



hat Wenn ich hier an die Malerei seit den Ge- 
brüdem van Eyck im allgemeinen und an die 
Miniatarmalerei im besonderen erinnere, wie sie in 
den südlichen Provinzen der Niederlande und in dem 
burgundischen Nachbarlande während des 15. Jahr- 
hunderts geübt wurde, so weise ich auf sehr nahe 
liegende Beispiele hin, welche sehr gut die Selb- 
ständigkeit dieser „modernen" nordischen Phantasie- 
richtung bezeugen. 

Aber vielleicht wird von manchem dieser autoch- 
thone Trieb in der Kunst diesseits der Alpen gegen- 
wärtig etwas zu auffällig in den Vordergrund der 
Betrachtung gertickt, wenn es gilt, den Beginn der 
Renaissance in Frankreich oder in Deutschland und 
in den Niederlanden zu schildern. Wenn der Hin- 
weis auf diese nordische Selbständigkeit mit einem 
herzlichen Bedauern über das Eindringen der frem- 
den welschen Formen schliesst, dann ist das gewiss 
eine etwas voreilige Nutzanwendung der jetzt so 
beliebten Lehre vom Nationalitätsprinzip in der 
Kirnst. Solch retrospektiver Chauvinismus gehört 
zu den jüngsten Erscheinungen der Kunsthistorie. 
Er hat auch die Erkenntnis der Renaissance in den 
Niederlanden zu trüben versucht, indem er jene 
selbständige Strömung der Reuaissancebewegung, 
welche die naturalistischen Traditionen des 1 5. Jahr- 
hunderts weiterführt, allzusehr in das Yordertreffen 
schob. 

Aber diese Richtung war im ersten Drittel des 
16. Jahrhunderts denn doch mcht so mächtig, dass 
sie die Einwirkung der italienischen Formenwelt 
hätte überwinden können, imi in stetiger Entwick- 
lung überzuleiten zur echt national gefärbten Renais- 
sanceströmung seit den vierziger Jahren. Denn die 
nationale Richtung hätte sich nicht bilden können 
ohne das Interregnum jener naiv italienisirenden 
Stilrichtung, welche überall diesseits der Alpen als 
das hervorstechendste Merkmal der Frührenaissance 
erkannt wird. Entstanden doch auch bald innerhalb 
der aus tastenden Versuchen hervorgegangenen und 
in naiven Anlehnungen an die Formenwelt Italiens 
sich gefallenden Strömung der Frührenaissancenament- 
hch in den dreissiger Jahren eine grosse Menge 
überaus reizvoller und stilistisch mustergültiger 
Werke, besonders auf dem Gebiete der dekorativen 
Plastik. Ewerbeck hat diesen Werken grosse Auf- 
merksamkeit zugewandt und das Beste in meist wohl- 
gelungenen Aufnahmen aus allen Landschafben der 
Niederlande zusanmsengetragen. Nicht minder um- 
sichtig ist die Wahl von Gegenständen der späteren 
Zeit erfolgt. 



Der naiv italienisirende Stil der Frührenaissanee 
hat sich nicht weit über die vierziger Jahre des 
16. Jahrhunderts behauptet, mit der Herrschaft über 
die fremden Ziermittel begann sich einesteils der 
Drang nach volkstümlich selbständiger Schöpfung, 
nach Hervorkehrung des eignen Wesen mächtig zu 
regen und andemteils brach sich eine streng klassi- 
sche Strömung Bahn. Beide Richtungen laufen eine 
Zeitlang ziemlich unabhängig neben einander her, 
bis sie zu Beginn des 17. Jahrhimderts sich einander 
so nähern, dass bald aus ihrer Verbindung eine viel- 
fach eigenartige Dekorationsweise entsteht. 

Der Dekorationsstil in den Niederlanden bis um 
die vierziger Jahre des 16. Jahrhunderts hatte sich 
vorwiegend in den Grenzen des Flachreliefs gehalten; 
er verwendet das vegetabile Ornament; als häufigste 
Zierglieder beobachten wir Baluster, Pilaster, Me- 
daillons, Putten, Delphine, endlich Trophäen und 
vereinzelt auch Grottesken. Die neue, im volks- 
tümlichen Naturalismus der Vergangenheit wurzelnde 
Umbildung des Stiles seit den vierziger Jahren 
huldigte ganz anderen Idealen. Die neue Richtung 
geHLllt sich in derber plastischer Hervorhebung der 
dekorativen Gliederungen; der vegetabile Schmuck 
wird lebensvoll, naturalistisch behandelt, er kommt 
eigentlich erst recht zur Geltung. Der Kreis der 
italienischen Zierformen hat sich erweitert. Der 
figürliche Schmuck gewinnt eine erhöhte Bedeutung. 
Putten, gelegentlich auch Tierbildungen genügen 
nicht mehr: Fabelwesen aller Art und Gattung in 
natürlicher und phantastischer Bildung beginnen in 
der Ornamentation eine wichtige Rolle zu spielen. 
Die Karyatiden, die Masken werden ausserordentlich 
häufig. Das Roll- und Beschlagwerk, die Kartusche 
und Maureske treten hinzu. 

Fast gleichzeitig mit dieser neuen Formen- 
sprache, als deren Hauptvertreter Comelis Floris 
gelten kann, arbeiten eine Anzahl in Italien gebil- 
deter Architekten an einer wichtigen Reform im 
streng klassischen Sinne. Ihr Hauptziel ist der 
Wohllaut der Verhältnisse in der Architektur. Da- 
bei wird die Fülle des omamentalen Details einge- 
schränkt und die Formen ernüchtern. 

Ewerbecks Aufnahmen von Werken der vor- 
geschrittenen Renaissance bis zum Ausgang des 
Klassicismus im 17. Jahrhundert sind vollständig 
ausreichend, um einen Einblick in aUe Wandlungen 
zu gewähren. Sie umfassen auch mit gleicher 
Sorgfalt Werke der Architektur wie des Kunst- 
handwerks. Auf einzelnes einzugehen müssen wir 
uns bei der Überfülle des Gebotenen versagen, um 



52 



DER GOLDSCHMIEDE MERKZEICHEI^. 



so mehr, als wir bereite früher ao dieser Stelle An- welche diesen Znileii eingedruckt sind, geben tod 

läse genommen hatten, auf das grosse Verdienst der geschmackvollen Soi^amkeit der Aufnahmen 

des Werkes fflr den Klinstier sowohl wie für For- eine bessere Vorstellung, als lobende Worte es ver- 

scher eindringlich hinzuweisen. Die Abbildungen, möchten. Ä. GRATJL. 



n WeinbftDB in ZUtpben. Ans Eweriieces ReDailaance in Belgien und Holland. (Vmkleinert.) 



DER GOLDSCHMIEDE MERKZEICHEN. 



I AS Buch von Jiasenhtrg '), seit 
I Jahren erwartet und nun in statt- 
I liebster Form vor uns liegend, 
bezeichnet einen wichtigen Ab- 
I schnitt in unserer Kenntnis vater- 
I landischer Kunst Das Gebiet des 
Buches geht allerdings weit fiber Deutschland hinaus, 
es giebt in umfassender Weise die Erklärung von 
mehr als 2000 „Merkzeichen" jener als Silberstempel 
oder Silbermarken bekannten Zeichen aus der Qold- 
schmiedearbeit aller Kulturländer, aber als sein be- 
deutsamstes und wahrhaft glänzendes Ergebnis haben 
wir doch zu betrachten, dasa es im Anschluss an die 
verbtirgten Zeichen den Anteil deutsehen flandwerk- 
fleiases an der Arbeit in Edelmetall im weitesten 
Umfange feststellt. 

Wir alle wissen, wie langsam sich selbst in den 
Kreisen der Sammler und Fachmänner die Erkennt- 
nis von der Eigenart der heimischen Kleinkunst zur 
Zeit der Renaissance Bahn gebrochen hat. Bis zur 
Mitte unseres Jahrhunderts suchte man die beson- 
deren Lebenaäuaserungen deutschen Geistes lediglich 
in der kirchlichen Kunst des Mittelalters, an welche 
man die Meister der Eeformationszeit, Dttrer und 
Holbein, nur eben noch anzureihen sich erlaubte. 
Schliesst doch auch Lotz noch im Jahre 1862 seine 



1) MarP liogenbarg. Der Goldschmiede Merli7,eiclien. 
gr. ö. 582 Seiten. Fraiilrfurt a. M.. Keller. 



Kunsttopographie Deutschlands mit dieser Periode 
ab. Was diesseits derselben lag, galt als ein Ab- 
glanz italienischer Kunstweise, nicht würdig ernst- 
hafter Betrachtung. Die nationale Bewegung seit 
dem Jahre 1870 hat der allgemeinen Wertschätz- 
ung der deutschen Renaissance und Folgezeit zu 
glänzendem morahschem Siege verholfen, aber der 
freundlichen Gesinnung fehlte die Unterl^e wissen- 
schaftlicher Erkenntnis. Innerhalb der Architektur 
war der Besitzstand verhältnismässig klar, innerhalb 
der Kleinkunst war der Umstand, dass ein Gerät 
sich in deutschem Besitz be&nd, keinesw^ enir 
scheidend för seine Herkunft. In der Architektur 
hat der Lokalpatriotismus eher zu viel fflr heimiBche 
Meister in Anspruch genommen, 80 dass die For- 
schung mancherlei den vom Auslande berbemfeDen 
fremden Meistern wieder gutzuschreiben hat; bei 
den Besitzern der kleinen Kunstwerke haftete da- 
gegen merkwürdig lange, ja zum Teil bis in unsere 
Tage hinein, die alte Vorstellung, dass eine Arbeit 
italienischer oder französischer Herkunft wertvoller 
sein müsse als eine deutsche, und man konnte siob 
nur schwer zu dem Zugeständnis entschliessen, da« 
ein Kruzifix nicht von Michelangelo, eine silberne 
Schüssel, eine Prunkrltetimg nicht von Benvenuto 
Gellini sein solle. Wenn wir auch darüber unt«^ 
richtet waren, dass gerade zur Zeit Cellini'e der 
Ruhm deutscher Goldschmiede und Waffenschmiede 



''T^^^r^-K^':^^--. 



ä 



DER GOLDSCHMIEDE MERKZEICHEN. 



53 



weit hinein in das Ausland gedrungen war, so blieb 
doch für unsere Tage der Glanz jener Namen rer- 
blasst; allenfalls mochte man den Ruhm von Nürn- 
berg und Augsburg imd einen einzelnen Namen, 
wie den Wenzel Jamnitzers, als vollwichtig aner- 
kennen. 

Und doch boten die Silberschmiedearbeiten an 
eigenem Leibe den vollgültigen Beweis ihrer Her- 
kunft. Fast jedes Stück von der Reformationszeit 
an — darüber zurück sind nur geringe Spuren der 
Bezeichnung nachweisbar — trägt ein oder gewöhn- 
lich zwei Zeichen, kleine runde Felder mit dem 
Punzen eingeschlagen; auf der vertieften Fläche 
stehen erhaben Buchstaben, Zahlen, Wappenzeichen, 
Hausmarken, kleine Tier- oder Pflanzenfiguren, alle 
deutlich erkennbar als Merkzeichen ihrer Herkunft, 
nur in seltenen Fällen ohne weiteres verständhch, 
aber augenscheinlich sämtlich keine vnllkürlichen, 
sondern nach bestinounten Normen aufgeschlagene 
Abzeichen. Wenn man bedenkt, mit welchem Feuer- 
eifer die ganz verwandten Marken auf den Töpfer- 
geschirren gesammelt und bearbeitet sind, so bleibt 
es fast unverständlich, wie man dem so unendlich 
viel wichtigeren Material der Silberschmiedezeichen 
erst so spät und in so ungenügender Weise seine 
Aufinerksamkeit zugewendet hat. Auch das Aus- 
land, England und Frankreich, welches allen eigenen 
Erzeugnissen eine sehr nachahmenswerte Vorliebe 
entgegenbringt, ist uns auf diesem Wege nicht weit 
voraus. Das erste Werk über die englischen Marken 
von Chaffers ist 1863 (seitdem in sechs Auflagen), 
das noch eingehendere von Gripps 1878 erschienen; 
bei der aktenmässig feststellbaren, sehr genauen Eon- 
trolle der Londoner Silberschmiedshalle haben sich 
diese hall-marks mit grosser Sicherheit bestimmen 
lassen. Für Frankreich ist die Arbeit noch keines- 
wegs abgeschlossen, die betreffenden Werke von 
Chaffers und von Eudel 1884 geben zumeist nur die 
Marken von Paris und auch hier mit Sicherheit nur 
die zeitbestimmenden Kontrollmarken. Von den 
kleineren Staaten ist nur Dänemark durch Nyrop 
durchgreifend bearbeitet. 

Die grosse Lücke in dieser Litteratur, betreffend 
die Kunst deutscher Silberarbeit blieb bestehen. Für 
die Unsicherheit, welche auf diesem Gebiete herrschte, 
ist nichts bezeichnender, als dass selbst b^i Kugler 
in seinem vortrefflichen Katalog der Berliner Kunst- 
kammer 1838 die Kenntnis nicht über die Zeichen 
von Nürnberg und Augsburg hinausgeht, und dass 
diese Angaben bis nach 1870 die einzigen in der 
bezüglichen Fachlitteratur blieben. Wenn wir jetzt 

Kunstg«werb«blatt. N. F. I. 



bei Bosenberg die sicher gelesenen Zeichen von 
93 deutschen Städten vor uns haben, so ist hieran 
der Weg zu ermessen, den das Studium seitdem 
zurückgelegt hat. Die wichtigsten Stufen auf diesem 
Wege boten die Ausstellungen älterer Kunstwerke, 
die sich seit 1870 in raschester Folge in allen 
grosseren und kleineren Städten Deutschlands 
wiederholt haben. Wenn auf einer Ausstellung in 
Dresden und Leipzig Hunderte von Stücken alten 
Silbers, zum Teil mit ausfbhrlichen Widmungs- 
inschriften, aus allen Städten Sachsens zusammen- 
strömten, so konnte es nicht lange zweifelhaft 
bleiben, dass der Stempel mit L Leipzig, der mit 
D Dresden, das F Freiberg bezeichnen. In der- 
selben Weise ging es in allen Teilen Deutschlands. 
Die neueren Kataloge grösserer Silberschätze, wie 
die sehr verdienstlichen Arbeiten von Leitner über 
die Wiener Schatzkanuner (1882), von Erbstein 
über das Grüne Gewölbe (1884), von Luthmer über 
die Silberkannner m Darmstadt (1884), konnten schon 
ernstlich mit diesen Kenntnissen arbeiten, aber was 
sich hiermit an Erfahrungen einheimsen liess, blieb 
doch immer unsicher, da die gegenseitige Kontrolle 
fehlte; ein Bild von dem ungefähr Erreichbaren giebt 
die Liste' in Ilgs Geschichte der Goldschmiedekunst 
(Bucher, Geschichte der technischen Künste), der 
für eine lange Reihe von Städten jedesmal mit einem 
Buchstaben oder einer Wappenskizze oder auch nur 
einer Beschreibung das Beschauzeichen angiebt. Wenn 
man nun vergleicht, dass Ilg für Augsburg nur eine 
einzige Form des Pinienzapfens, und noch dazu in 
einer willkürlichen Zeichnung, Rosenberg dagegen 
89 verschiedene Formen dieses Zeichens im Faksimile 
und mit genauer Zeitbestimmung angiebt, so erhellt 
dies wohl am schlagendsten den langen Weg, den 
wir noch zurückzulegen hatten, und das weit vor- 
geschobene Ziel, zu dem uns Rosenberg geführt hat. 

Die Zahl der Spezialarbeiten, welche Rosenberg 
hatte benutzen können, war für Deutschland nicht 
gross; für Strassburg hatte das Buch von Hans Meyer 
(1881), ftir Emden das Buch von Starcke und Kohl- 
mann (1880) Licht geschaffen. Die ausführlichste 
Arbeit auf diesem Gebiete, die von OruU über Wis- 
mar, hatte Rosenberg nicht mehr benutzen können. 
Für Nürnberg lagen wichtige Beiträge von Bergau 
und Stockbauer vor. 

Wir hatten durch die Veröffentlichung Stock- 
bauers über die alten Goldschmiedearbeiten von Nürn- 
berg (Kunst u. Gewerbe 1878) zuerst ein klares Bild 
von dem gewonnen, was die Silberzeichen wollten. 
Es kam darauf an, dem Käufer eine Sicherheit 

8 



-V, 

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1 



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-ii 

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A 



DER GOLDSCHMIEDE MERKZEICHEN. 



Güte und Vollwertigkeit der Arbeit zu geben. 
ladt selbst nabm die Angelegenheit in die 

sie hatte ein Schauamt, der beauftragte Be- 
ier Wardein, versah jedes Stück mit dem N, 
tädtischea Stempel, nachdem er sich vorher 
wiseheit von der Güte der Arbeit verschafft 

Seit 1541 besteht hierfür eine vollständige 
•ig. Sie beginnt damit, dass jeder Meister 
isonderes, von dem anderer Meister „sichtlich 
aterschiedlich erkenntliches" Zeichen haben 
durch welches er die persönliche Gewähr fUr 
flck übernimmt Diese Zeichen werden zur 
itellung für die beiden weiter in Betracht 
mden Stellen auf zwei Bleiplatten eingestampft 
inau mit Tauf- und Zunamen des Meisters ge- 
— die Anfange der, modernen Schutzmarkea- 
r. Das fertige Stück wird dann -zunächst den 
rorenen Meistern, also einer BehSrde der Innung, 
ihverständigen unterbreitet, dieselben „stechen" 
ück mit einer Zackenlinie, versehen es mit 
BegUubigung in Form eines Wachsstempels 
imn erst stempelt es der Wardein mit dem 
iicben ab. Das Wachszeichen verschwindet, 
lokenlinie bleibt an einer versteckten Stelle, 
in setzt sich der Wardeinstempel, also hier das 
ben den Meieterstempel, zumeist in gleicher 

und leicht auffindbar. Verwandte Vorschrif- 
itehen in Augsburg seit 1539; ähnliche Qberall, 
jllig gleich sind sie nach der guten deutschen 
nheit natOrlicb nicht; ein Städtchen wie Schwa* 
das eine Stunde von Nürnberg li^, wendet 
515 nach Dresden um Abschrift der dortigen 
lg! Die erwähnte eingestochene Zackenlinie, 
/^Ochsenzeichen" ist nicht allgemein eingeführt, 
Qcheu Stellen fügt man in das städtische Be- 
eichen Zahlen oder Buchstaben ein, welche 
hr der Abstempelung bezeichnen; an einigen 

wie Nürnberg behält das Beschauzeichen un- 
ert seine Gestalt, während Augsburg wie er- 

im Lauf der Jahre 89 Varianten seines Pinien- 
i aufweist; in Rosenbergs Liste hat Hamburg 
;sden51, München 18, Leipzig 26, Lüneburg 19, 

23 Zeichen u. a. w. 

I kann gar nicht dankbar genug anerkannt 
I, mit welcher Genauigkeit Rosenberg grade 

vnchtigsten Abschnitt seiner Arbeit durchge- 
laL Selbst diejenigen unter uns, welche der 
hmiede Merkzeichen etudirten, begnUgteu 
amit, ein bekanntes Städtezeichen als solches 
wicbnen; Rosenberg hat; dagegen alle von ihm 
ommenen Stempel, und es sind nicht weniger 



als 10000 im Faksimile aufgenommen und dadorch 
eine Gliederung des Materials geschaffen, die völlig 
neu ist Die Gewandtesten unter uns wussten etwa 
von den Augsburger Stempeln zu sagen, welche ünen 
älteren und welche, einen jüngeren Charakter hatten, 
jetzt aber ist jeder, der auf diesem Gebiete arbeitet;, 
genötigt, jeden Stempel genau auf seine Einzelheiten 
zu prüfen, und mit Bosenbergs Buch in der Hand 
wird man nahezu alle zumeist vorkonunenden Stempel 
ohne weiteres mit seiner Registerzahl bezeichnen 
können. 

Übrigens war es zur Herstellung dieser wichtigen 
Typen keineswegs mit dem blossen Abzeichnen ge- 
than, viele Stempel sind schlecht ausgeprägt oder 
verrieben, erat aus der Vergleichung[ eines sehr grossen 
Materials liess sich der wirkUcbe Typus gewinnen, 
der in dem Buche in vergrösserter Gestalt klar und 
scharf dargestellt ist. 

Im Buche steht Deutschland voran, innerhalb 
dieses und innerhalb der anderen angereihten Lüider 
sind die einzelnen Städte alfhabetiaeh geordnet Inner- 
halb jeder einzelnen Stadt ist eine möglichst genaue 
AtstomcAe Folge angestrebt Zunächst sind die Be- 
achauzeiehen der Zeitfolge nach geordnet, dann die 
Meisterzeichen. 

Hier setzt die zweite fast noch schwierigere 
Frage ein. Für die Lesung der Meisterzeichen geben 
uns in denjenigen seltenen Fällen die Stücke sdbet 
Aufschluss, in denen der Meister mit besonderem 
Stolz seinen Namen eingegraben hat Im übrigen 
ist man darauf angewiesen, die Zeichen mit den etwa 
erhaltenen Notizen über zünftige Meister der be> 
treffenden Stadt in Einklang zu bringen. Dies ist 
überaus schwierig, da es erstens keineswegs feststeht, 
dass sich ein Meister sein Lebelang immer nur des- 
selben Punzens bedient hat, und da zweitens die 
Meisterschaft und auch die Vornamen in den Fami- 
lien weitererbten. Etwas genauere Angaben, wober 
dem Verfasser die Kenntnis der zugeteilten Namen 
kommt wäre wohl erwünscht gewesen. 

Jedenfalls müssen wir auch für diese Frg^en die 
ausserordentliche Genauigkeit in der Wiedergabe der 
Stempel dankbarlichst anerkennen; man wird vielfach 
die wiederkehrende Kombination derselben Buchstaben 
lediglich an den kleinen ÄusserUcbkeiten der Strich- 
führung unterscheiden können. 

Wie weit Hosenberg bei der Zuteilung des Mei- 
sters das Richtige getroEFen hat wird natürlich wei- 
terer Nachprüfung vorbehalten bleiben mflssen. Mate- 
rial fttr eine solche giebt Rosenberg selbst, indem er 
bei allen wichtigeren Marken aus guter Zeit die ein- 



DER GOLDSCHMIEDE MERKZEICHEN. 



55 



zelnen Werke, gelegentlich zwanzig bis dreissig^ auf- 
itihrt, welche ihm mit der betreffenden Marke be- 
kannt geworden sind und zwar jedesmal mit genauer 
Angabe der Litteratur über dieselben, besonders der 
Abbildungen. Somit wächst dieses Markenbuch zu 
einer Art von Generalverzeichnis der uns erhaltenen 
deutschen Goldschmiedearbeiten. Wie kolossal dieser 
Besitz und wie kolossal zugleich die Arbeit war, den- 
selben nach den Meistern zu ordnen, mag das Bei- 
spiel der Hauptstätte deutscher Silberarbeit, Augsburg 
zeigen. In dem Buche haben wir unter Augsburg 
360 einzelne Merkzeichen^ davon sind 

InBchriften 7 

Beschauzeichen 89 

Meisterzeichen 264. 
Auf diese Meisterzeichen ent&llen aber nicht weniger 
als 1203 Stücke^ welche einzeln aufgeführt sind. 
Auf diese Weise sehen wir die Lebensarbeit der 
alten Meister in überraschender Weise aus dem weit- 
hin versprengten Gute mosaikartig sich wieder zu- 
sammensetzen; wir sehen, wie sie einzelne Formen 
und Geräte mit Vorliebe gebildet, die leeren Namen 
der alten Zunftrollen wachsen zu künstlerisch greif- 
baren PersönUchkeiten empor. 

NatürUch hat bei der Aufzählung der erhaltenen 
Arbeiten eine grosse Beschränkung walten müssen. 
Bosenberg hat von seinem Material nur 2000 Stempel 
veröffentlicht, dieselben umfassen gegen 4000 Gegen- 
stände; es ist also mehr als die Hälfte des gesam- 
melten Vorrates von 10 000 Stempeln beiseite ge- 
schoben. Zumeist werden bei dieser Aussonderung die 
minderwertigen Stücke betroffen sein. Aber leider 
hat Rosenberg, dem Einschränkungen geboten waren, 
auch alle diejenigen Stempel fori^elassen, für welche 
ihm keine Erklärung zu Gebote stand. Hier ist der 
einzige Punkt, in welchem ich mit dem Verfasser 
nicht ganz einverstanden bin. Eine Tabelle der nicht 
bekannten Zeichen, wenigstens der Städtezeichen 
hätte die wichtigste Grundlage für die Weiterarbeit 
gegeben. Aber wir wollen uns damit trösten, dass 
dieses vortreffliche Buch, welches für absehbare 
Zeit die Grundlage fQr das Studium der deutschen 
Goldschmiedekunst bilden muss, unter allen Umstän- 
den weiterer Nachträge bedarf. Jetzt erst wird es 
möglich sein, dass an allen Stellen in Deutschland 
Kunstfreunde sich darum kümmern^ was in ihren 
Kirchen und Gewerkstuben an gestempeltem Silber 
vorhanden ist, zweifelhafte Zeichen werden bestätigt 
werden, andere Städte, welche fehlen, werden sich 
nennen, ich erlaube mir zunächst Rostock mit einem 
gotischen V im 16. und einem R im 17—18. Jahrb., 



sowie Stralsund mit den ,drei Strahlen^ anzumelden. 
Für diesen Behuf möchte ich mir die bestimmte Bitte 
erlauben^ dass Rosenberg zunächst im Kunstgewerbe- 
blatt aus seinen Sammelmappen die nicht erklärten 
Städtezeichen abdrucken liesse. Erklärungen und Bei- 
träge werden dann sicher nicht ausbleiben. Die Auf- 
merksamkeit aller deutschen Fachmänner ist seit Jahren 
auf Rosenbergs Sammelarbeit gerichtet. Rosenberg 
hat in seiner Vorrede freundlichst der ungewöhnlichen 
Hilfe, welche ihm von dem Herausgeber dieser Zeit- 
schrift, sowie mannigfacher Unterstützung gedacht, 
die ihm von Leitern der Kunstsammlungen zu teil 
geworden ist, aber diese haben ihrerseits allen Grund 
zu erklären, dsss bei allen Katalogisirungsarbeiten 
der letzten Jahre sie auf den Vorarbeiten von Rosen- 
berg gefusst haben, der jeder Zeit bereit war, aus 
seinem noch nicht veröffentlichten Material ftir zweifel- 
hafte Fälle die Erklärung zu geben. 

Es kommt also darauf an, dass gemeinsam weiter 
gearbeitet werde. Noch bleibt mancherlei zu thun 
übrig. Noch sehr wenig konnten die grossen Massen 
des im Auslande zerstreuten Silbers deutscher Her- 
kunft benutzt werden. Von dem grössten Schatze 
dieser Art, dem Silberschatz in der Orushenaja Palata 
zu Moskau konnte der Unterzeichnete seine Notizen 
zur Verfügung stellen, aber eine wirkliche Übersicht 
wird sich doch erst erzielen lassen, wenn der Direktor 
der Sammlung, Herr Filimonow, seine höchst sorgsam 
vorbereitete Publikation mit Faksimiles aller Marken 
erscheinen lässt. Ganz unvertreten ist noch die Sil- 
berkammer in Florenz mit ihren vorwiegend deutschen 
Arbeiten, ebenso das historische Museum und das 
Skokloster in Stockholm, selbst die wenigen, aber 
wichtigen Stücke des Louvre. Alle diese Nachträge 
sind jetzt verhältnismässig leicht, da man ziemlich 
sicher sein kann, die ganz überwiegende Menge auf- 
tauchender Marken einfach mit der Zahl von Rosen- 
berg bezeichnen zu können. Höchst verdienstlich 
sind für diese Aufsuchearbeiten die sehr sorgfaltigen 
Register in leicht übersichtlicher Anordnung des an 
sich recht sperrigen Materials. 

Wir haben in diesem Berichte bisher nur von 
Deutschland gesprochen, aber hier liegt auch der 
Schwerpunkt, ja die eigentliche Bedeutung des Buches. 

Deutschland steht in dem Buche mit 93 Orten 
und 1734 Zeichen voran. Rechnen wir noch dazu 
Osterreich mit 12 deutschen Städten und 95 Zeichen 
sowie Riga mit 36 Zeichen, so bleibt für das Aus- 
land von den 2000 Marken nur ein bescheidener 
Bruchteil, grade genug um den Sammler die ersten 
Handgriffe zu geben und ihn für spezielle Studien^ 

8* 



1 



56 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



besonders von England und Frankreich, auf die be- 
sonderen Quellen zu verweisen. Immerhin bleibt 
auch das Ergebnis f&r das Ausland, besonders Belgien, 
Holland, Russland, Italien, wichtig genug, da zunächst 
andere Quellen ftir die Kenntnis dieser Länder über- 
haupt nicht vorhanden sind. 

Wie dieses stattliche, auch in seiner Ausstattung 
sehr tüchtige Buch vor uns liegt, ist es ein ernst- 
licher und grosser Gewinn im Gebiete unserer Kunst- 
Utteratur; es wird den Sammeleifer und die Liebe für 



deutsche Arbeiten heben und wird auf lange hinaus 
eines der glänzendsten Dokumente von der Arbeit 
des deutschen Volkes auf dem vornehmsten Gebiete 
der gewerblichen Künste, dem edlen Handwerk der 
Goldschmiede bleiben. Der deutschen „Goldschmiede 
Merkzeichen", wie Bosenberg sein Buch in Wieder- 
aufnahme des guten alten Wortes genannt hat, sind 
nunmehr ein lebendiges Glied der modernen Kunst- 
wissenschaft. 

JULIUS LESiSIXG. 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



P. Stuttgart, — Der Jahresbericht des [Vürttembei-yi' 
scfieti Kunstgewerheverdns für 1888 zeigt den Verein in steti- 
ger Entwickelang begriffen. Hat sich auch die Zahl der 
Mitglieder um einige vermindert, so hat das Leben im Verein 
doch frisch und leb)^aft pulsirt. Die Ausitellungshalle weist 
auch im Berichtsjahr erfreuliche Resultate auf: ausser dem 
regelmässigen Besuch der Mitglieder zählte man 3193 fremde 
Besucher. Im September 1888 wurde eine Konkurrenz fQr 
ausgeführte dekorative Holzarbeiten ausgeschrieben, welche 
sich auf solche Arbeiten in Holz bezog, welche [durch Be. 
Stimmung und Ausstattung sich als kunstgewerbliche Er- 
zeugnisse darstellen. Der Erfolg — 218 Arbeiten liefen ein 
— war ein überraschender, so dass eine anderweite Ver- 
teilung der ursprünglich geplanten Preise vorgenommen wer. 
den musste. Der Verein zählt z. Z. 005 Mitglieder. Gleich- 
zeitig mit dem Jahresbericht hat der Verein wie in früheren 
Jahren eine sehr schön ausgestattete „Weihnachtsgabe" ver- 
sandt, welche eine Anzahl der hervorragendsten, aus eben 
genannter Konkurrenz hervorgegangener Holzarbeiten auf 
4 Tafeln wiedergiebt. 

y. Eine Monatsschrift für Buchbinderei und verwandte 
Gewerbe erscheint unter der Leitung von P. Adam in Düssel- 
dorf seit kurzer Zeit im Verlage von F. Pfeilstücker in 
Berlin. Das erste Heft des ersten Jahrganges, welchen der 
Herausgeber „mit einem gewissen Zagen** eröffnet, enthält 
zwei illustrirte Bogen in klein Quartformat und ein geson- 
dertes Blatt: Saöianband mit Lederauflage und Handvergol- 
dung von H. Ludwig- Der Herausgeber beginnt mit einem 
einleitenden Aufsatze, in welchem er seine Absichten darlegt 
und den Leser mit den zukünftigen Mitarbeitern des Blattes 
bekannt macht. Alsdann wird ein bisher nicht bekannter 
Majoliband besprochen und in Autotypie abgebildet, hieran 
schliesst sich ein modemer Adressumschlag. Femer wird auf 
die Ornamentik einer persischen Kupferfiasche im Düssel- 
dorfer Museum hingewiesen, die sich als praktisch brauchbar 
für die Buchbinderkunst erweist. Einige technische Mittei- 
lungen und Notizen machen den Schluss. Zu den erwähnten 
Abbildungen kommen noch Kopfleisten und Schlussstücke, 
deren Vorbilder der Einbandsomamentik entnommen sind. 
Der Preis des Jahi-ganges ist 12 Mark. Wenn die späteren 
Hefte dem ersten gleich an Wert sind, wird das neue Fach- 
blatt zweifellos von Nutzen und gutem Erfolg begleitet sein. 

Die Festgabe der Stadt Karlsruhe zu der Vermählung 
der Prinzessin Marie ton Baden , deren von Direktor Götx 
angefertigten Entwurf wir in beiliegender Tafel wieder- 
geben, bestand aus einem reich ausgestatteten Prachtalbum, 



welches 30 Ansichten der badischen Residenz enthielt, nebst 
einem vom gleichen Meister in Aquarell gemalten Wid- 
mungsblatte. Die trefllich ausgeführte Ledertreibearbeit lag 
in den Händen von Prof. liud. Mayer, der auch die Modelle 
zu dem wirkungsvollen Metallbeschlage anfertigte, während 
die Buchbinderarbeit aus der Werkstätte von C, Feigler in 
Karlsruhe hervorging. 

Das dieser Nummer beigelegte japanische Flächenmusier 
ist den japanischen Musterbüchern (Nr. 7) von Paul Bette in 
Berlin entnommen, auf die wir schon in Nr. 1 dieses Jahr- 
ganges hingewiesen haben. 



Bh lEieUcey Die Münchener Kwistgetcerbcausstellung in Be- 
xng auf Stil und Zeichetmnterricht. Berlin 1889. 

Die Schrift tritt, im wesentlichen im Anschluss an 
Hirths „Ideen über den Zeichenunterricht", für eine Reorgani- 
sation des modemen Zeichenunterrichtes ein, indem einer- 
seits vermehrtes Studium der Naturformen, andrerseits aus- 
führlichere Behandlung der Formenlehre den Gesichtskreis 
der Zeichnenden erweitem sollen. 

Zu diesem Zwecke werden in einem einleitenden Teile 
die Ziele unseres modemen Kunstgewerbes auf Grund der 
Münchener Ausstellungsresultate dahin gekennzeichnet, das 
es die Heranbildung des Stiles der Zukunft erstrebt, wobei 
es beeinflusst erscheint durch fabrikmässige Herstellung, 
durch die Kenntnis früherer Stilepochen, durch erweiterte 
Bearbeitungsmethoden der Rohstoffe. Die Geburt dieses 
neuen Stiles wünscht der Verfasser von seiten der Behörden 
unterstützt zu sehen, indem durch einheitliche Organisation 
unserer Kunstlehrinstitute, durch Einführung des Natur- 
formenstudiums und der Formenlehre schon in der Schule 
jenes grosse Endziel gefördert werde. Von Seite 48 ab wird 
dann ausfuhrlich dargelegt, wie einheitlich und stufenmässig 
gegliedert der Zeichenunterricht in Schule , Fortbildungs- 
schule, Kunstgewerbeschule und Akademie ineinander greifen 
könne, und die Pensa dieser einzelnen Anstalten wie ihre 
Unterrichtsmethode kurz skizzirt. 

Die Schrift bringt somit nichts wesentlich Neues, ist 
aber als ein Glied in der Kette der Reformprojekte mit 
Freuden zu begrüssen, die ja alle im obigen Programme 
mutatis mutandis übereinstimmen. Im einzelnen wird man 
zuweilen mehr Präzision, mehr pädagogisch geschulte An- 
schauung den Vorschlägen des Verfassers wünschen, und, 
nebenbei bemerkt, barocke Phantasiestücke, wie die S. 45 
erfolgte Anpreisung des Zeichenunterrichtes als Palliativ gegen 
die Sozialdemokratie; geme entbehren. 



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4 




■ 



Verlag von R A. SEEMANN iü Leipzig. 

Farbige Vorlageblätter. 

Zum Gebrauch fiir den Unterricht im Freihandzeichnen entworfen und gezeichnet von C. Deditius. 

20 Tafeln Querfolio. In Mappe 9 M. 

Diese Vorlageblätter enthalten Ornamente verscliieclener Stilarten, Metall- und Holzomamente in Sägearbeit, 
Dekorationsmalereien, eingelegt« Holzarbeiten, Thonflieseen, Holzmalereien, Tapeten- und Schablonenarbeiten etc. 
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blätter" als ein empfehlenswertes Hilfsmittel für das Zei^nen in Fortbildungsschulen erscheinen. 

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Hauptlehrer in München. 50 Tafeln kl. Folio. Ladenpreis 15 M. 

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fühlbar gewordenen Bedürfnisse hervorgegangen. Es bietet mustergültige Motive in vorzüglicher Darstellung zu 
einem verhältnismässig geringem Preise. Den verschiedenen Fächern dei Technik entsprechend zerfällt es in 5 Ab- 
teilungen: 1. Ornament« für Holz-, Stein- und Thonplastik; 2. Ornamente für Eisenplastik; 3. Ornamente für Edel- 
metallplastik; 4. Ornamente fÜrFla-chendekoration; 5. Ornamente für Typographie und andere Vervielfilltigungsarten. 

In den Münchener Fortbildangssclmlen amtlich eingeführt« 

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flir den Zeichenunterricht an Gymnasien und Realschulen von 

Emil Schick, 

Zeichenlehrer am Gymnasium zu Bruchsal. 

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Preis M. 3.20. 

Das Werk führt die klassisch antiken Formen in einfachster Weise vor, und bringt Vasen, Schalen, 
Rosetten, Stiraziegel in scharfer, weithin sichtbarer Form. 




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Terlag Ton E. A. Seemann in Leipzig. 




kDDStgewerMicIie 



JDiese Handböoher haben sofort nach Erscheinen der ersten Bände eine überaus 
günstige Änfhahme gefunden. Sie verdanken dies zweifellos dem Umstände, dass die Bearbeitung 
in die Hände berufener Schriftsteller gelegt wurde, welche mit gründlicher Sachkenntnis 
eme klare,. leichtverständliche Vortragsweise verbinden, und dass gute und zahlreiche 
Abbildungen den Text begleiten. 

Erofinet wurde die Reihe mit dem bereits in einer zweiten Anfinge erschienenen: 

Band I. Handbach der Ornamentik 

von FransE Sales Meyer, Professor an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe. Mit 300 Tafdn 
und Textillustrationen. Zweite unveränderte Auflage, 1889. 38 Bogen, gr. 8. Preis broch. 

9 M., geb. M. 10.50- 

Band 11. Handbuch der Sclmiiedekimst 

von FrajtSB S^alei» Hey er. Mit 196 Illustrationen. 13 Bogen, gr. 8. Broch. M. 3*20, geh, 4 iL 

Band m. Oold und Süber. 

Handbuch der Edelschmiedekunst von Ferd. liUthmer^ Professor und Direktor der Kimst- 
gewerbeschule in Frankfurt aM. Mit 152 Abbildungen (zum Teil Tafeln). 17 Bogen, gr. 8. 

M. 3.60. geb. 4.50. 

Band IV. Trachtenkunde. 

Die Tracht der europäischen Kulturvölker vom Zeitalter Homers bis ziun 19. Jahrhundert. Von 
AngUDt V. Heyden, Professor und Historienmaler in Berlin. Mit 222 teilweise vom Ver- 
fasser gezeichneten Abbildungen. 17 Bogen, gr. 8. Broch. M. 3.20, geb. M. 4, 

Band V. Die Liebhaberkünste. 

Ein Handbuch für jedermann, der einen Vorteil davon zu haben glaubt von Franz Sales 
Heyer. Mit vielen Ulustratiouen. 28 Bogen, gr. 8. Broch. 7 M., geb. M. 8.50. 

Im Anschluss an das Handbuch der Liebhaberkünste bietet die Verlagsbuchhandlung 
eine in Lieferungen erscheinende Sammlung von 

Torbildern fiir Itän^liclie Kunstarbeiten 

dar, welche, leicht benutzbar, Entwürfe modemer Künstler bringen wird. 

Jede Lieferung wird 12 Blatt in hoch 4 eiitlialten und kostet bei Subskription auf die erste 
Reihe (12 Lieferangen) je 1 M.; einzelne Lieferungen sind zum Preise von M- 1.50 zu beziehen. Lie/erung 1 
und 2 ist in allen Buchhandlungen vorratig. 

Band YI. Der Bucheinband. 

Seine Herstellung und seine Gescliichte. Von Paul Adam, Buchbindermeister und Kustos am 
Centralgewerbemuseum in Düsseldorf. IS Bogen gr. 8. Mit 194 Illustrationen. M. 3.50, geb. 4.60. 



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Hierzu je eine Beilii^n. von Jactines Caspar in Berlin imd Friedrich PfeUstiieker in Berlin. 



Druck von August Pvios iu Leipzig 



ST UND KUNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDE- 
WESEN. 

MIT ABBILDUNGEN. 



i|S LIEGT etwas Versöhnendes in 
der Wuhrnehmung, dass schon 
vom Ältertume an mit dem Stre- 
ben die totbringende Waffe zweck- 
I entsprechender, wirkaamer zu ge- 
I stalten, jenes sich paart, sie 
ind prächtiger auszustatten. Wir treffen 

anmutende Sitte so über den Erdenrund 
, so weit zu rfickr eichend in die Vei^angen- 
I wir annehmen müssen, diese Begung sei 
em menschlichen Wesen begründet. Der 

der Südsee, der Indianer des amerikani- 
stlaudes, ebenso wie der Grönländer ziert 
ffe um so reicher, je mehr er sich selbst 
g hält im grausamen Streite mit dem Feinde, 

Erdteilen, welche hohe Eulturperioden 
:h haben, war die Freude an der reichge- 
en Waffe immer lebendig; sie minderte sich 
; dem allgemeinen RDckgange der kQnst- 

Fähigkeit in bestimmten Epochen. Die 
)8e wurden roher, das Streben aber nach 
achiedenen Entfaltung von Pracht wirkte 
tmeit fort. Die Kunst behielt immer ihren 
I dem Waffenwesen. 

n wir den unermesslichen Einfluss der 
S das Leben in den vergangenen Epochen 
ht ziehen, ein Einäusa, der je weiter wir 
ten zurückblicken mächtiger erscheint, dann 
ir zugestehen, dass das Kunstgewerbe, wenn 
nehmlich im Dienste der Kirche gestanden 
Itet, doch auch im Gebiete des Waffen- 
ine Schutzstatte gefunden hatte, die es über 
'en und Greueln der Völkerwanderung uns 
id bis zur erneuten Entfaltung pflegte, 
hrem Verhältnisse zum Waffenwesen hat 
t ihre erste Thätigkeit im profanen Leben 
lurerlieblatt N. F. 1. 



gefunden. In diesem Bereiche strebt sie nicht nach 
der Verehrung des Höchsten, sie wendet sich an das 
künstlerische GefUhl, an die Prunkliebe des Men- 
schen, nicht eingeengt durch dogmatische und ritu- 
elle Gesetze, nur geleitet von den allgemeinen Rück- 
sichten auf den praktischen Gebrauch. 

Was beim Zusammenbruche des Römerreiches 
an kunsttechnischer Fähigkeit Übrig geblieben war, 
konnte vom ästhetischen Gesichtspunkte nur als ein 
Minimum angesehen werden. Das Streben nach 
äusserem Prunke begegnete einer immer mehr Ober- 
hand nehmenden Unzulänglichkeit Noch gewahren 
wir die Spuren einer grossen Kunstzeit in Form und 
Technik, aber beide letztere verrohen allgemach, 
sie werden endlich barbarisch unter dem Einflusse 
der nordischen Gäste, die auf den Plan tret«n. 

Die schwerste Krise hatten Kunst und Kunst- 
gewerbe vom 5. bis ins 7. Jahrhundert durchzu- 
kämpfen gehabt Das Alte war gebrochen und neue 
Keime waren noch nicht zur Entfaltung gelangt. 
Mit der allmählichen Beruhigung der politischen 
und sozialen Atmosphäre regten sich auch die Be- 
dürfnisse nach dem Edlen und Schönen, aber die 
neue Kunst rang nach Formen, die Technik nach 
Mitteln in einer neu sich bildenden Welt. 

Ein grosses Weltgebiet war von diesen Stürmen 
unberührt geblieben, der Orient. Die Umwälzungen 
dortaelbst führten nicht zu jenen allgemeinen Zer- 
störungen, sie berührten nicht gleichzeitig den ge- 
samten Weltteil, dass die menschliche Thätigkeit 
durch sie mächtig gestört oder vernichtet hatte wer- 
den können. Der Islam hemmte erheblich den Vor- 
schritt, aber auch er machte ertraglichen Frieden 
mit dem Menschengeiste. So war ein beträchtliches 
Mass von produktiver Kraft, die nach Entwicklung 
strebte, im Oriente aufgespeichert, vorwiegend auf 



58 



KUNST- UND KUNSTTECHNIK TM WAFFENSCHMIEDEWESEN, 



dem Gebiete des Handwerks. Da strebte der Über- 
schusa in die Weite und bald regte sich 's an den 
afrikanischen Küsten entlang von Künstlern und 
Kunsthandwerkern, die alle den Absatz ihrer Er- 
zeugnisse nach Europa anstrebten. Im 7. Jahrhun- 
dert setzten die kunstreichen Sarazenen nach Sizilien 
über, im 8. nach Spanien und begannen dort eine 



r Handle ich Hangen Albkucht Dürbrk aas dem Jahte i 
misuhe. Die obere Figur stellt eine Achaelfltaup«, diennli 
AlbeHiaa in Wien. 



ebenso hoch zu bewertende als geschäftlich erfolg- 
reiche Thätigkeit. Sie allein begegneten damals dem 
Bedürfnisse nach kunstvoll ausgestatteten Waffen. 
Denn, was in Europa damals an Waft'en im Gebiete 
der noriaehen Alpen, an der Südseite der Pyrenäen 
und in den juliachen Alpen erzeugt wurde, ging über 
das Bedürfnis des praktischen Gebrauches nur wenig 
hinaus. Nur am Rhein und speziell in Köln, ange- 
regt durch den Impulü, welchen Karl der Grosse 



gegeben hatte, bildeten sich bedeutende Werkstätten 
für Prunkwaffen, die ihre Elemente aus Byzanz an 
sich gesogen hatten, .iber mehr als Goldschmiede- 
Stätten wie als Waffenschmieden angesehea werden 
konnten. Noch aus antiker Zeit hatte sich die 
Fabrikation von Helmen nnd Schilden in Pavia er- 
halten, wie auch an den SUdhängen der Alpen gegen 
die italienische Ebene alte 
Waffenschmieden ihre Thä- 
tigkeit selbst während der 
Wirren der Völkerwande- 
rung nie vollständig unter- 
brachen. Im 8. Jahrhundert 
retteten sich die Bewohner 
von Lorch, die kraft^en 
Waffenschmiede mit ihrem 
Bischöfe vor den Ayaren 
nach dem Westen auf eine 
geschützte Stelle am Zu- 
sammenflusse des Inn mit 
derDonau;dort8elbst grün- 
deten sie die Stadt Passa u 
die später berühmteste Er- 
zeugungsstätte von Waffen, 
die erste der Welt 

Eine Geschichte der 
Waffenindnatrie ist noch 
nicht gesehrieben, es fehlen 
uns noch zum grössten 
Teile die Materialien zur 
Darstellung einer mensch- 
lichen Thätigkeit, die einst 
einen so ungeheueren Ein- 
fluasaufdas gesamte Leben 
genommen hatte. Forschen 
wir nach den Persönlich- 
keiten, welche hier in der 
Entwicklung von Bedeu- 
tung erscheinen, so treffen 
lUend Ent- wir überall auf unbekannte 
DTiuivor. jq^amen^ ^i^ ^ü- my. aus 

Urkunden ansg^fraben ha- 
ben und deren Verdienst wir nur nach dem Umfange 
ihres Wirkens beurteilen können. Nur in grossen 
Zügen sind wir imstande zu schildern, wie die grossen 
Centren der Waffeuerzeugung sich allmählich gebildet 
wie sie im Laufe der Zeit zu bedeutenden Stätten der 
Kunst herangewachsen sind und welche hervorragende 
Namen wenigstens vom späteren Mittelalter an mit 
der Entwicklung des Faches in Beziehungen zu 
bringen sind. So skizzenhaft diese Darstellung auch 



KUNST UND KUNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDEWESEN. 



59 



erscheinen mag, sie wird Daten bringen, welche uns 
neu erscheinen. 

Beginnen wir ohne ängstliche Wahl mit Spa- 
nien. Die spanische WaffeBinduBtrie konzentrirte 
sich vom Mittelalter an, wie nahezu überall um die 
Gewinnungsstütten ihres vorzüglichsten 
Materiales, des Eisens, und da sehen wir 
drei Gebiete hervorrf^fen, jenes deo Tajo 
entlang, von den Bergen von Toledo bis 
zu den Abhängen des Oebirgee der Sierra 
de S. Memede, jenes au der EQste des 
Golfes in Biscaja und Guipuzcoa bis in 
die Ebene von Leon herab. Endlich das 
Gebiet Ton Murcia nördlich bis Albacete, 
südlich bis Almeria reichend. Ersteres 
hatte als Hauptindustrieort Toledo, das 
zweite Bilbao, Madragon undSahagun,das 
dritte Albacete und Almeria. Isolirter von 
den Gewinnungsstätten stand ein hervor- 
r^ender Industrieort: Sevilla. 

Waren die beiden südlichen, Toledo 
und Albacete, durch die Hände der Mauren 
zu ungemeiner Bedeutung gelangt, so 
stellt Bilbao sich als der Vorort einer 
Walfeniabrikation dar, die ihre TJrantänge 
noch unter den Iberern hatte und die 
selbst von den Römern und Galliern ge- 
schont wurde. Die Erzeugung war aber 
von primitivster Art und blieb seit 
ältester Zeit die gleiche. Das Gebiet von 
Mur^ia war jenes, welches die Mauren 
nach ihrem Übertritte nach Spanien zu- 
erst pflegten. AI Makkari berichtet in 
seiner Geschichte der mohammedani- 
schen Herrschaft in Spanien, dass im 
Königreiche Murcia die berühmtesten 
Fabriken von Panzerhemden, Kunsthar- 
nischen und mit Gold eingelegten Stabl- 
riistungen bestanden '}. Mit dem Vor- 
röcken der Araber breitete sich die In- 
dustrie längs des Tajo aus. Leider sind 
aus jener Zeit nur wenig Daten 



von dem Neuhegründer derselben Julian del Hey, 
der ein Maure und Dienstmann Boabdils nach der 
Gefangennahme des letzteren den christlichen Glau- 
ben annahm; Ferdinand der Katholische soll .sein 
Taufpate gewesen sein. Julian, der mit dem mau- 
rischen Waffenschmied Heduan identisch 
sein dürfte, führte als Zeichen ein vier- 
fiissiges Tier, vermutlich eine Nach- 
ahmung des Passauer Wolfes, den die 
Spanier als Hündchen, perillo, erblickten. 
Die berühmtesten Klingenachmiede Spa- 
niens gehören demungeachtet erst der 
zweiten Hälfte des Ifi. und 17. Jahr- 
hunderts an, 80 Alsonso und Luis der 
Sahagun, Juan Maitinez Menchaca, 
Thomas de Ayala, die Ruiz u. a. Wie 
in Italien, so stund auch in Spanien das 
Goldschmiedhandwerk in inniger Verbin- 
dung mit jenem der Waffenschmiede. 
Beide lieferten prächtige Erzeugnisse, die 
aber immer in der Zeichnung von den 
Italienern abhängig waren und gegen 
diese überhaupt zusückstanden; desuu- 
geachtet war der spanische Wehrver- 
golder eine unentbehrliche Person an 
den babsburgischen Höfen, Im Feuer- 
gewehrwesen ragten die Spanier nie be- 
sonders hervor, sie fertigten Überhaupt 
nur glatte Läufe, aber auch Pruukwaffen, 
die einer grossen Beliebtheit sich er- 
freuten. Die Industrie Toledos ging im 
17. .Fahrhundert völlig ein, weil sieb die 
Meister den neuem Erfindungen nicht 
anbequemen wollten. Als Karl IH. die- 
selbe um 1780 neu erheben wollte, fand 
sich kein geeigneter Meister als der be- 
reits 70jähr^e Luis Calisto. 

Weit früher als in andern Ländern 
tritt die Waffeniudustrie Italiens aus dem 
Dunkel der Geschichte heraus, die Wie- 
dergeburt der Künste feierte hier ihre 
Anfänge und wir hören auch im 14. Jahr- 



gebliehen, doch wissen wir, dass Abde- Landskuachtdoich mit schsidB, Jm^jert Namen einzelner Mei.ster von 

, ' \ ■ 1 ■ TtT n. A"'' '«'Kteror die Darslallung i . i> ■ . . . 

rhaman U. (822 — 852) die dortige Waffen- deBBrodermordes. verkieiDorw Bedeutung als einen Beweis, wie entscbie- 

los von Heinr. ^j^jj j^^j ^j^ jg^ Traditionen des Mittel- 
alters gebrochen hatte, in welchem der 
Meister in seinem Werke aufgegangen war. 

Florenz, die Stadt der Goldschmiede, erklingt 
uns in den Auf Schreibungen zuerst als Erzeugungs- 
ort prunkvoller Waffen; von hier verbreitet sich 
dieser wichtige Zweig der Kunstindustrie nach Mai- 



fabrikation reformirte und dass AI ^"PJ" " 
Hakem II. um 965 dem Könige Don 
Sancho von Leon ein reiches Geschenk mit Tole- 
daner Arbeiten machte. Näher tritt uns die In- 
dustrie von Toledo erst, als Aus Gebiet unter christ^ 
liehe Herrschaft gelangt war (1492). Da hören wir 
]) RiaBo, J., The industrial Art« in Spain. London IbTD. 



60 



KUNST UND KÜNSTTECHNIK IM WAFFKNSCHMIEDEWESEN. 



Und und in die anderen oberitalienischen Städte, 
dann auch nach Pistoja und Born. 

Betrachten wir den Gang der Entwicklung der 
WafTenindustrie Italiens, so müssen wir vor allem 
der Massenerzeugung gedenken und da ist Brescia, 
das schon im Mittelalter bezeichnend „l'armata" ge- 
nannt wurde, vorerst hervorzuheben. Die Industrie 



bezog ihre Rohmateriale aus den nüchstgelegenen 
eisenreichen Bergen des Monte Prealba und Conche 
bis Gardone und Caino hinauf. Bis ins 16. Jahr- 
hundert fertigte man dort nur Klingen und Spiess- 
eisen, von da an auch vorzügliche Feuerwaffen; in 
erst«ren hat Pietro Caino, in letzteren haben Gio- 
vanni Francini und Lazarino Cominazzo Vater und 
Sohn grosse Verdienste sich erworben. 

Vergessen ist heute die einst so grossartigo 



Statte der Waffenerzeugung von Belluno und Sersr 
valle in Friaul, von wo die Republik Venedig vom 
Aufetreben an bis ins 16. Jahrhundert ihre sämt- 
lichen Waffen bezog. Kaiser Friedrich III., die Era- 
herzöge Friedrich mit der leeren Tasche und Sig- 
mund von Tirol und nicht minder Maximilian L 
bewaffneten ihre Söldner aus jenen Werkstätten. 
An sie erinnert noch heute der Friauler 
Spiess, das Spetum. Ans Belluno stam- 
men die unerklärlich leichten Klingen, 
die von heutigen Kennern mit Becht 
so gesehätzt werden. Das war eine Er- 
findung des Meisters Vittore CameUo, 
dem der Senat von Venedig 1509 da- 
rauf ein Patent erteilte. Von den vielen 
ausgezeichneten Meistern haben beeon- 
ders die Brüder Andrea und Giandonato 
(iiandona) Ferrara aus Fonzaso bei Bel- 
luno ihre Namen rühmlich auf die Nach- - 
weit gebracht. 

Florenz war, gleich wie Venedig, 
nicht eine Stätte der Massen produktioD 
wie etwa Brescia, aber eine erste für 
Pruukwaffen. Auf die Entwürfe hatten 
schon die Bildhauer des Oinqueccntu 
wie Donat«llo, Benedetto daMajanou.a. 
Einäu-ss gewonnen. Benvenuto Cellini 
ist direkt nie im Waffenfacbe beteiligt 
gewesen, sein Stil, seine Technik aber 
beherrschen ersichtlich die Arbeiten der 
späteren Dezennien des Jahrhunderts. 
Doch die Kunst CeUinis im Hinblicke 
auf das Dekorationsgebiet im Fache ist 
doch nnr im kleinen und speziell auf 
die Kunstteclmik hin hier in Betracht 
zu ziehen. Das gesamte dekorative 
Wesen stand doch im grossen und 
ganzen vollkommen unter dem Einflüsse 
Kaffaels und der grossen Omamentisten. 
Vermittelt wurden die phantasierollen 
' "■ *" "^ Arabesken und Grotesken durch zahllose 

Stiche von zumeist römischen Kunst- 
händlern, so des Lafreri, des Rossi (Rubeis) u. a. 

Florenz hat im 16. Jahrhundert hochbedeuteude 
Kunstmeister in unserem Fache aufzuweisen, so 
Gasparo Mola, Pifanio Piripu genannt Tacito, der 
Franzose Guglielmo Lemaitre, Äluigi Lani und viele 
andere. Petriui ') gedenkt auch eines gewissen Repa 

1} Pctrini Antonio. Arte fabrile etc. Manuslm'iit von 
l(i42 in der Bihl. Miieliftl)ecch. (Cl. XIX, lU.) Milgct. in 
K. Plön, l(, Cellini. 



KUNST UND KUNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDEWESEN. 



61 



als unObertrefHich in diesem Fache. Die Dekora- 
doDBtechtiik konzeotrirte sich in wunderbarem Re- 
pousse mit Vergoldung und unvergleichlich schöner 
Tausia. 

Nicht geringer wie in der einfachen Gebrauehs- 
waffe gestalteten sieh die Erfolge in der Fertigung 
Ton Pninkwaffen in Mailand. Schon im 14. Jahr- 
hundert bildete der mit heraldischen Emblemen ge- 
stickt« Lentner eine besondere Spezialität mailän- 
dischen Kunstöeisses; später erstreckte sich die Thä- 
tigkeit vorwiegend auf fein ciselirte 
Schwert- und Degengriffe, taiischirte 
Spies-seisen, vorwiegend aber auf die 
herrlich getriebenen und tauschirten 
Harnische, die in ihrer Eleganz 
nu'gend.s übertroffen wurden. 

In der Erzeugung von Waffen für 
den gemeinen Gebrauch hatte Mailand 
schon seit dem 13. Jahrhundert den 
ersten Bang eingenommen imd seine 
Erzeugnisse drangen weit über Europu 
hinaus bis an die afrikanische Küste, 
ja selbst nach Arabien und Persien. 
Der Druck, welchen Mailand auf die 
Nebenliiuder dadurch ausübte, war zu- 
nächst Veranlassnng, dass die Könige 
von Frankreich und Eugland, ja 
seibat Masimilian I. versuchten, die 
m^iiländische Waffenindustrie bei sich 
heimisch zu machen, indem sie Ar- 
beiter von dort in ihren Ländern 
ansiedelten. Vorzüglich waren es die 
Mailänder Harnische, die in der ganzen 
Welt Berühmtheit genossen. Den her- 
vorragendsten Anteil an diesen gross- 
artigen Erfolgen hatte Pctrolo ila Mis- Pronkdogen, Kai 

mglia, der Ahnherr einer zahlreichen ""' 
Waffensehmiedefamilie ; er starb um 
1410; nach ihm übernahm die Führung dessen Sohn 
Tumaso, nach dessen Tode 1468 die riesige Faktorei 
an dessen Enkel Antonio gelangte. Das Kohmate- 
rial entnahmen die Mailänder aus den nahegelegenen 
Minen von Valassina , Valsassina und Premana etc. ') 
Es ist erstaunlich, welche Menge von Meistern 
im speziellen Kunstfache Mailand im 16. Jahrhundert 
hervorbrachte. Trotz einer namhaften Emigration 
nach Frankreich ist ihre Zahl so gross, das-S selbst 



1) Vergl. hierüber dcB Verfaasers Abhiindlung: Werke 
HailELnder WaifenBchmiede in den kaia. Sammlungen. Jahrb. 
iL kuDBthuL Sammlungen den kois. IJ^aunea Bd. IX. p. 379. 



die detaillirt«stc Monc^raphie nicht alle aufzuführen 
imstande ist. Die Ursache ist darin gelegen, dass 
der einfachste Eisenarbeiter fähig war, mit seinen 
Leistungen sich bis ins höhere dekorative Gebiet 
auf zusch willen. Von den ungemein zahlreichen 
Meistern nennen wir nur die hervorragendsten wie 
Pietro Cantoni, Filippo, Giacomo und Francesco die 
Brüder Nigroli, Bartolomeo Campi, Lucio Piccinino, 
Giov. Battista Serabaglio, von welchen noch Werke 
bekannt und vorhanden sind, femer Giov. Pietro 



üaiiiai Ksirl V. zagcach rieben. Dar QrilT von rBinem Uo 
geliert. Die Klinge trSgt Namen und Zeichen des A 
in HailikPd. Itulieniacb um ijs.'i. 



Figino, Antonio Romero, Bartolomeo Piutti, Martino 
genannt il Ghinello und zahllcse andere. 

Die Entwürfe zu den Zeichnungen entnahmen 
die Mailänder ebenso aus den Omamentstichen, als 
auch aus Handzeichnungen des Garadosso, des Ago- 
stino Busti und nicht minder des Battista Mantuano, 
welch' letzterer ja selbst unter die Treibarbeiter zu 
zählen ist. 

Und wie in diesen Vororten der italienischen 
Kunstindustrie das Handwerk blühte, so breitete 
es sich auch über zahlreiche kleinere Städte Ita- 
liens aus. Wir bemerken Lucca, die alte Waffen- 
schmiedstätte, Neapel, Pistoja, wo besonders Gewehr- 



62 



NEUE WERKE ZUR GESCHICHTE DER BUCHBINDEREI. 



laufe erzeugt wurden. In diesem Fache treten Maffia 
und Bastiano da Pistoja hervor. Eunstarbeiter von 
bedeutendem Rufe finden wir in zahlreichen Städten 
zerstreut, so Geronimo Spacini in Bologna. Care- 
molo da Modrone in Mantua, Serafino Bresciano in 
Brescia, Paolo Rizzo in Venedig und viele andere. 
Wie wir bereits bemerkten, ragt die Waffen- 
industrie Deutschlands aus dem Altertum herüber. 
Einen Weltruhm erwarb sich Passau, und die Zeichen 
seiner Klingen, den „Wolf* und den ^ Bischofsstab" 
schützte man auch im Oriente und wog damit be- 



zeichnete Klingen mit Gold auf. Die Passauer ver- 
standen eS; ihre Erzeugnisse mit abergläubischem 
Nimbus zu umgeben. Mit einer Passauer Klinge 
konnte man sich unverwundbar, d. i. „fest^' machen, 
wie auch die „Passauer Kunst** eine Unzahl von 
Geheimmitteln in sich fasste. Der fromme Schwin- 
del währte bis zum westfölischen Frieden. Be- 
kannt ist, dass Kaiser Karl lY. dem Passauer Messer- 
schmiede Georg Springenklee für seine Zunfb em 
Wappen verlieh, das eine Krone darstellt, in deren 
Zinken drei Schwerter stecken. (Scbluss folgt) 



NEUE WERKE ZUR GESCHICHTE DER BUCHBINDEREI. 

MIT ABBILDUNGEN. 



Über wenige Zweige des Kunstgewerbes existirt 
wohl eine so grosse Litteratur, wie über die Buch- 
binderei. Eine im Bookbinder (London 1888) ent- 
haltene Zusammenstellung führt rund 250 Werke 
auf, die sich mit der Geschichte und Technik des 
Bucheinbandes befassen. Dass die bei weitem grösste 
Anzahl dieser Publikationen in Frankreich und Eng- 
land erschienen ist, erklärt sich leicht aus dem 
regen Interesse, das von jeher die englischen und 
französischen Bibliophilen und Sammler diesem 
Teile des Kunstgewerbes entgegengebracht haben. 
Das Kunstgewerbeblatt hat von Zeit zu Zeit über 
die neuen Erscheinungen auf diesem Gebiete berich- 
tet. Auch heute haben wir die Aufmerksamkeit 
unserer Leser auf einige neue wichtige Werke über 
den Bucheinband zu lenken. 

Leon Gruel hat sein „manuel historique et bib- 
liographique de l'amateur de reliures" (Paris 1887. 
4. Mit 66 Tafeln in Heliogravüre und Farbendruck 
und vielen Abbildungen im Text. 70 fr.) speziell 
für den Liebhaber berechnet. Die Ausstattung des 
Werkes ist prachtvoll und reiht sich den in Frank- 
reich seiner Zeit veröffentlichten Büchern von Teche- 
ner, histoire de la bibliophilie (mit den Radirungen 
von Jacquemart, nicht vollendet) und Marius Michel, 
(la reliure franfaise. Paris 1880—81, 2 Bände) wür- 
dig an. Gruel giebt nach einer Abhandlung über 
das Format der Bücher, eine kurze nach Perioden 
gegliederte Geschichte des Bucheinbandes in Frank- 
reich und ein lexikalisch geordnetes Verzeichnis von 
Buchbindern, Bücherliebhabern, Verordnungen, tech- 



nischen Ausdrücken u. s. w. Den Schluss bildet 
eine Bibliographie, die allerdings manche Lücken 
aufweist. Nicht allein englische und deutsche Werke, 
die einem Franzosen ja femer liegen, sondern auch 
französische Werke fehlen, so z. B. Louisy, le livre 
et les arts qui sy rattacheni Paris 1886. 8. Das 
lexikalische Verzeichnis der Buchbinder lässt sich 
mit Leichtigkeit um mehrere Dutzend Namen ver- 
mehren; hoffentlich hat Herr Gruel Gelegenheit 
dazu bei Herausgabe einer zweiten Auflage. Das 
Fehlen von Namen, wie z. B. Geoffroy Torys hätte 
wohl vermieden werden können; sind doch aus Michel, 
la reliure fran^aise und Brunet, la reliure ancienne 
et moderne die schönen Einbände mit dem zerbroche- 
nen Kruge, dem Signete Torys, längst bekannt. Von 
Ludwig Bloc ist ein zweiter Einband aus dem Jahre 
1526 bei Techener Taf. 41 Nr. 2, abgebildet, zu 
dessen Verzierung dieselbe Platte, wie bei dem von 
Gruel gegebenen Bande, jiur in anderer Anordnung 
verwandt ist. Louis le Duc wird als Buchbinder 
König Heinrichs IV. von Frankreich genannt. Gniel 
hält pag. 157 den Einband von Joh. Richenbach 
aus dem Jahre 1469 für den ältesten signirten und 
datirten. Die Kgl. Sächsische Bibliographische 
Sammlung besitzt einen Band aus dem Jahre 1436, 
der von Conrad Forster, Sakristan des Predigerklo- 
sters zu Nürnberg gebunden ist, femer zwei Bände aus 
den Jahren 1453 und 1457, die von demselben For- 
ster zusammen mit seinen Ordensbrüdern Joh. Wir- 
sing und Joh. Susterer gebunden sind. 

Ein Band aus dem Jahre 1435, einstmals im 



NEUE WERKE ZUR GESCHICHTE DER BÜCHBINDEREI 



6» 



Besitz von Margarethe, Äbtissin des Katharinen- 
klosters zu Mur, befindet sich nach Klemming och 
Nordin, avensk boktryckeri-historia in der Kgl. Bib- 
liothek zu Kopenhagen. Ein Faksimile der Inschriften 
dieses Bandes giebt Brunn in seinem soeben er- 
schienenen Werke „de nyeste 
undersogelser om boktrycker- 
kunstens opGndelse. ^ebenhavn 
1889. pag. 65. Merkwfirdig sind 
alle diese zuletzt erwähnten Bände 
dadurch, dass die Inschriften, die 
uns tlber den Verfertiger und die 
Zeit Auskunft geben, Buchstabe 
fQr Buchstabe mit Hilfe einzelner 
Matrizen in den Lederüberzug der 
Deckel eingepresst sind. — Die 
auf den 66 Tafeln des Gruelschen 
Werkes dargeetellten Einbände 
befinden sich haupteächlich in 
öffentlichen und privaten Samm- 
lungen in Paris, einige sind nach 
Lempertz' Bilderheften nnd Stock- 
bauers Mustereinbänden reprodu- 
7,irt. Die Auswahl der Tafeln ist 
geschickt getroffen und wohl ge- 
eignet, einen Überblick über die 
Entwicklung der Buchbinderei 
vom Mittelalter bis zum Ende 
des 18. Jahrhunderts zu geben. 
Die in den Text gedruckten 
Illustrationen in Heliogravüre 
und Zinkographie geben Abbil- 
dungen von Titelblättern, Rech- 
nungen, namentlich aber Ge- 
schäftsetiketten der Buchbinder, 
die erste derartige Sanunlung, 
die meines Wissens publizirt 
worden ist. 

Während Gruel sich mit 
seinem prachtvoll ausgestatteten 
Werke an die kleine Gemeinde 
der Bibliophilen wendet, hat 
I'aul Adnm in seinem Buche 
über den Bucheinband (Seema 
Band VI. Der Bucheinband. 



in populärer Weise sowohl die Technik der Buch- 
binderei, als auch die Geschichte des Bucheinbandes 
behandelt. Es gebührt der Verlagsbuchhandlung von 
E. A. Seemann in Leipzig Dank dafür, dass sie diesem 
Mangel mit dem vorli^enden Bande VI der Kunst- 



Italieniacher Einbuid m 



; Lorbeerzweigsn. Ende des ll 



J»brh. Dttueldorf. 



ans Kimathandbücher. 
Seine Technik und 
seine Geschichte. Leipzig, E. A. Seemann. 1890. 8. 
Mit 194 Illustrationen brosch. 3 M. 60 Pf. geb. 
4 M. 50 Pf.) ein grösseres Publikum im Äuge, 

So gross die Litteratur über die Buchbinderei 
ist, 80 hat es doch bis jetzt in der deutschen Litte- 
ratur vollkommen an einem Haudbuche gefehlt, das 



handbücher abgeholfen hat. Der Verfasser, Buch- 
bindermeister Adnyn in Düsseldorf, ist dem Fach- 
pubUtnim durch sein grosses Handbuch der Buch- 
binderei und durch verschiedene Aufsätze zur Ge- 
schichte des Bucheinbandes im Kunstgewerbeblatt 
u. s, w. rühmlich bekannt. 

Im ersten Teile (Seite 1 — 155) vrird die heutige 
Technik der Buchbinderei mit beständigen Rück- 



64 



NEUE WERKE ZUR GESCHICHTE DER BUCHBINDEREI. 



blicken auf dos frü)ier nblicbe Verfahren klar dar- 
gelegt nnd mit UluBtrationen erläutert. Der Ver- 
fasser bebandelt im ersten Abscknitt die Anfertigung 
des Buches bis zum Beschneiden (Behandlung des 
Rohmaterials, Heften, Herstellung des Bucbblocts). 
Im zweiten Abschnitt wird die weitere Bearbeitung 
des Buches bis zur äusseren Verzierung geschildert 
(der Buchschnitt und 
die Verzierung des- 
selben, die Herstel- 
lung der Buchdecke 
nnd das Fertigmachen 
vor und nach dem 
Vergolden). Das dritte 
Kapitel giebt Anwei- 
sungen zum Verzieren 
der Einbanddecke. 
Die älteren, jetzt wie- 
der in Aufnahme ge- 
kommenen Verfahren, 
die Ritzarbeit und die 
Lederpunzarbeit, so- 
wie die seit altersber 
üblichen Verzierungs- 
weisen, der Blind- 
druck, die Ledermo- 
saik, die Vergoldung 
mit der Hand und 
in der Presse werden 
eingehend behandelt. 
In einem Nachtrage 
giebt der Verfasser 
aus seiner gerade auf 
diesem Gebiete viel- 
erprobten Erfahrung 
dankenswerte Winke 
zur Wiederherstel- 
lung alter Einbände. 
Der zweite Teil 

giebt uns auf Seite EngUacber Einbud mit s 

159—261 eine reich 
mit Abbildungen versehene Geschichte der Buch- 
decke und ihrer Omameutimng. In einer dem 
heutigen Stande der Wissenschaft entsprechenden 
Weise wird nach einer einleitenden Vorbemerkung 
im ersten Abschnitt der Einband des Mittelalters 
(der kirchliche Prachtband und der Einband mit 
Blindpressung) behandelt. 

Der zweite Abschnitt hat den Einband der 
Renaissanc«, den Lederbaud mit Gold Verzierung, zum 
Gegenstände. Dieser Abschnitt ist in vier Unterab- 



teilungen gegliedert, von denen die erste sich mit 
dem orientalischen Einband befasst. Gerade die 
orientalische Flächendekoration, die auf so vielen 
anderen Gebieten den Kunsthandwerkern des Abend- 
landes Anregung gegeben hat, ist auch för die Ver- 
zierung des Bucheinbandes in Europa vorbildlich 
gewesen. Die so reichhaltige Sammlung von Buch- 
decken, die Kanonikus 
Bock im Orient e^wo^ 
ben und später an das 
Düsseldorfer Kunst- 
gewerbemuseum ab- 
getreten hat, stand 
dem Verfasser für 
diesen Abschnitt zu 
Gebote. Den Über- 
gang vom Orient zum 
Occident bilden die 
Einbände, die König 
Matthias Corvinua 
von Ungarn ftlr seine 
Bibliothek herstellea 
hess. Ihren Höhe- 
punkt erreicht dann 
die Bnchbinderkunst 
im sechzehnten Jahr- 
hundert in Italien und 
Frankreich; die Na- 
men von Migoli, Cone- 
vari, Grolier, Geoffroy 
Tory sind längst all- 
gemein bekanpt. 

Der letzte' Ab- 
schnitt behandelt den 
Renaissanceband m 
Deutschland undEng- 
land. Während bei 
den deutschen Ein- 
bänden der Einfiuss 
des Orients undFrank- 
reichs mass^bend ist, 
richtet sich die englische Buchbinderei bei der Ver- 
goldung der Einbände nach den von Frankreich und 
Deutschland herübei^ekommeuen Mustern. Den 
Schluss des Werkes bildet ein Verzeichnis der haupt- 
sächlichsten Werke über die Buchbinderei und ein 
ausfQhrliches Namen und Sachregister. 

Die Illustrationen, die zum grossen Teil neu fBr 
das Handbuch hergestellt worden sind, sind gut aus- 
gewählt und machen uns mit einer Reihe schöner Ein- 
bände bekannt, die vorher noch nicht publizirt wuen. 



NEUE WERKE ZUR GESCHICHTE DER BUCHBINDEREI. 



65 



Es sei una zum Schluas gestattet, auf die Be- 
deutung des Unternehmens hinzuweisen, zu dem 
das Ädamsche Handbuch über Buchbinderei gehört. 
Das South- Kensington-Museum in London, dessen 
Bestimmung die Pflege des Kunstgewerbes ist, er- 
kannte längst die Notwend^keit und Nützlichkeit 
billiger Handbücher über die einzelnen Zweige der 
Kunstindustrie. So sind auf Veranlassung des „Science 
and Art Department", von dem dfls Museum ressor- 



Prämien bestimmte Bände mit Goldschnitt kosteu 
ö Fr,). Die Yerli^handlung von E. Ä. Seemann 
hat den Mut gehabt, ohne StaatsunterstDtzung ein 
ähnliches Unternehmen ins Leben zu mfen. Die be- 
rufensten Kräfte, die in Deutschland auf kunstge- 
werblichem Gebiete thätig sind, sind ftlr Bearbeitung 
der HaudbOcher gewonnen worden. Im Interesse des 
deutschen Kunstgewerbes kann man diesem Unter- 
nehmen nur die weiteste Verbreitung wünschen. 



Il 

1 




1 


l 




J 



SilberplatCirter Einbnnd. Um 1750. Stuttgart. Oe«eTbemat<euin. 



tirt, ungefähr zwanzig verschiedene Handbücher er- 
schienen, die reich illtistrirt und in Leinwand ge- 
bunden, nur 1 ' 2 bis 3 sh. kosten. Die zu Paris er- 
scheinende „bihliotheque de l'enseignement des beaux- 
arts, publiee sous le patronage de l'administration 
des beaux-artfi", geniesst nicht allein den Schutz der 
Eegiening, sondern auch der Stadt- und Provinzial- 
verwaitimgen Frankreichs, Durch feste Subskription 
von Seiten der Behörden auf eine grosse Auflage ist 
es den Verlegern ermöglicht, einen reich illustrirten, 
schön gedruckten Oktavband von ungefähr 300 Seiten 
gebunden zum Preise von 4 '^ Fr. zu liefern {zu 
Kmisteewerbeblatt. N. P I, 



Dem Beispiele anderer Öffentlichen Sammlungen 
ist nun auch das British Museum xu London gefolgt 
und hat eine reiche Auswahl der in seinem Besitz 
befindlichen Einbände in einer stattlichen Publika- 
tion dem grö.sseren Publikum zugänglich gemacht. 
(Remarkable bindings in the British Museum selected 
for their beauty or historic interest and described 
by H. B. Wheatley, London-Paris 1889. 4. 3 jf 3 s.) 
Jos. Cundall, der bekannte Verfasser des Werkes 
„on bookbindings ancieut and modern. London, 1881", 
hat die Auswahl aus den Schätzen des Museums 
die sorgfältigen Beschreibimgen rühren 
10 



66 



NEUE WERKE ZUR GESCHICHTE DER BUCHBINDEREI. 



!••* 



kV-' 



von H. B. Wheatley her. Von den 62 Tafeln 
geben ungefähr die Hälfte englische Einbände wieder, 
hauptsächlich aus den Bibliotheken der Könige 
Heinrich VIU^ Eduard VI., Jakob L und H. und 
Königin Elisabeth. Von dem Günstling der letzteren, 
Leicester, wird uns ein Band vorgeführt, ebenso von 
dem englischen Grolier Thomas Wotton. Die fremden 
Sammler Maioli und Canevari sind mit je einem 
Stück, Grolier mit zwei Einbänden vertreten. Von 
älteren englischen Einbänden ist nur ein Band von 
Julian Notary in der Einleitung pag. 14 wiederge- 
geben. Die Tafeln 35, 36 und 60, Einbände von den 
Eves und Padeloup, die ganz gleich schon so viel- 
mals reproduzirt worden sind, hätten füglich fehlen 
können. 

Die Geschichte des Bucheinbandes weist noch 
viele Lücken auf, die der Ausfüllung, viele dunkle 
Punkte, die der Aufklärung bedürfen. Mit beson- 
derer Dankbarkeit begrüssen wir daher diese und 
ähnliche Publikationen, durch die wir diesem Ziele 
näher kommen. Schon im Jahre 1887 hatte der 
berühmte Londoner Buchhändler Bemard Quaritch 
im zweiten Bande seines „general catalogue of books^' 
auf Seite 1217 u. f. eine Kollektion von rund 1000 
Einbänden zum Verkauf angeboten. Durch bestän- 
dige Einkäufe hat Quaritch diesen Teil des Lagers 
so bedeutend erweitert, dass er im Anfange dieses 
Jahres einen Katalog von 1500 Bucheinbänden er- 
scheinen lassen konnte. (Catalogue of 1500 books 
remarkable for the beauty or the age of their bin- 
dings, or as bearing indications of former ownership by 
great book-collectors and famous historical personages. 
London 1889. 4. 21 sh.) Welch ein Wert in dieser 
Sammlung steckt, lässt sich daraus schliessen, dass 
der Ansatzpreis der 1500 Einbände über 55 000 £ 
gleich 1 100 000 Mark, beträgt. Es giebt überhaupt 
keine öflFentliche oder private Sammlung, die mit 
diesem Museum der Buchbinderei wetteifern könnte. 
Es würde zu weit führen, wenn wir auf die vielen 
im Kataloge geschilderten Seltenheiten eingehen 
wollten. Eine Auswahl aus diesen hat Quaritch in 
meisterhafter Weise reproduziren lassen. (Collection 
of facsimiles from examples of historic or artistic 
book-binding, illustrating the history of binding as 
a brauch of the decorative arts. London 1889. 4. 
10 £.) Quaritch hat diese Sammlung mit der klar 
ausgesprochenen Absicht veröffentlicht, uns die Ent- 



wickelung des Bucheinbandes vom Mittelalter bis in 
die Mitte des 18. Jahrhunderts in einer sorgfaltig 
ausgewählten Folge von Einbänden vorzuführen. 
Jede Stilperiode, jede der verschiedenen Dekorations- 
methoden des Einbandes ist durch ein oder mehrere 
vorzügliche Beispiele vertreten: Der Ledereinband 
mit Blindpressung, der sogenannte Gameoband, der 
italienische noch mit orientalischen Ornamentmotiven 
versehene Band der Frührenaissance u. s. w. Von 
Grolier und der durch ihn hervorgerufenen Blüte der 
Buchbinderkunst bringt Quaritch eine grosse Zahl 
von Tafeln. Aus der Bibliothek Heinrichs IL von 
Frankreich sind 3 Bände reproduzirt. Die franzo- 
sischen Meister vom Ende des XVL und vom XVII. 
Jahrhundert, die Eves und den so mythischen Le 
Gascon mit ihren Nachahmern in Frankreich und im 
Auslande lernen wir aus trefflichen, ihre Richtung 
genau charakterisirenden Beispielen kennen. Granz 
besonders mache ich auf die Tafeln aufmerksam, die 
uns zum ersten Male in so ausgedehntem Masse 
mit dem englischen und schottischen Bucheinband 
des XVII. und XVIII. Jahrhunderts bekannt machen. 
Die Reproduktion der Tafeln in Chromolithographie 
ist eine Meisterleitung von W. Griggs in London, 
der durch die Wiedergabe kunstgewerblicher Gegen- 
stände, durch die Faksimilereproduktion seltener 
Druckwerke, namentlich der Shakespeareausgaben 
schon längst rühmlich bekannt ist. Jeder, der sich 
mit der Geschichte des Bucheinbandes beschäftigt, 
wird nicht umhin können, immer wieder auf diese 
ausgezeichneten Publikationen von Quaritch zurück- 
zukommen. 

Zum Schluss erwähne ich ein neues Werk von 
Marius Michel (L'ornamentation des reliures moder- 
nes. Paris, M. Michel et fils 1889. 4. Mit Tafeln 
20 Fr.) Während die obigen Werke sich alle mit 
der Geschichte oder der Technik des Bucheinbandes 
befassen, beschäftigt sich Michel mit der ästhetischen 
Seite der Frage. Es stellt in klarer und anregender 
Weise die Gesichtspunkte fest, welche bei der De- 
koration der Buchdecke massgebend sind. Das Buch 
ist ebenso interessant für den Bücherliebhaber, wie 
belehrend für den Fachmann und verdient wegen 
seiner mannigfachen Vorzüge eine eingehendere Be- 
sprechung, als hier der Raum zulässt; wir behalten 
uns dieselbe für später vor. 

K, BUBQER. 



KLEINE MITTEILUNGEN, 



— Karlsruhe. In der Monatsversammlung des Badischen 
Kunstgewerbevereins vom 6. März hielt Prof. Dr. M, Rosen- 
herg einen lehrreichen und beifällig aufgenommenen Vortrag 
über „das Meisterstück der Goldschmiedexünfte^^, dem wir in 
Kürze folgendes entnehmen : Yon dem sogenannten Meister- 
stück der Zünfte haben wir vielfach einen unrichtigen Be- 
griff, weil uns die Geduldspiele und Albernheiten jener 
Zeiten vorschweben, in welchen sich die Zünfte und der 
ursprünglich gesunde Sinn ihrer Satzungen bereits überlebt 
hatten. Vom kunst- und kulturgeschichtlichen Standpunkt 
aus ist es höchst wichtig, die Entstehung und Weiterent- 
wickelung der Meisterstücke zu verfolgen. — Die älteste Ge- 
schichte der Zünfte liegt im Dunkel. Die Notwendigkeit 
des Zusammenschliessens im Mittelalter hat sie offenbar be- 
dingt und nicht etwa altrömische Tradition. Im Jahre 1149 
wird in einer Kölner Urkunde als ältest nachweisbar das 
Wort Zunft gebraucht. Die Zünfte sind jedenfalls viel älter 
und haben gewiss vordem ohne Aufzeichnungen bestanden. 
Es ist sogar anzunehmen, dass sie mit dem Auftreten schrift- 
licher Satzungen die beste Zeit bereits hinter sich hatten. 
Die ältesten Ordnungen über das Meisterstück finden sich in 
den Städten Hamburg, Lübeck, Riga, Braunschweig, Wismar 
(1350—1400). 100 Jahre später treten sie in Süddeutschland 
auf, aber selbständig und in anderer Form, und diese Form 
ist es dann, die später der Norden vom Süden annimmt. 
Im Norden galten ursprünglich als Meisterstücke der Ringj 
das Messer und die Ämi- oder Bntstspange. Es waren also 
allgemein gebrauchte, leicht verkäufliche Gegenstände des 
persönlichen Schmuckes und Gebrauchs. Die Ordnungen 
schreiben die Gestaltung ziemlich genau vor, wie eine solche 
aus Lüneburg aus dem Jahre 1400 darthut. Da gewisse 
Luxusgesetze oder besser gesagt, Verordnungen gegen den 
Liuzus das Tragen des Schmuckes beeinflussten, so sind auch 
die Metstgewichte festgesetzt (nicht über so und so viel Lot 
in Silber). Die Meisterstücke standen im Zusammenhang mit 
dem täglichen Leben, sie dienten als Braut- und Hochzeits- 
geschenke etc. Das Email spielt eine grosse Rolle; erst wird 
nur echtes Email beansprucht, später wird auch Lackemail 
(kaltes Email) undNiello zugelassen. Da sich in den fränkischen 
Gräbern bis zum 7. Jahrhundert bereits sehr schöne Email- 
schmucke finden, so ist anzunehmen, dass auch in der nach- 
folgenden Zeit bis zum 12. Jahrh, in der die Gräberfunde fehlen, 
weil den Toten kein Schmuck mehr mit ins Grab gegeben 
wurde, diese Technik sich fortgeerbt habe. Die Meister- 
stücke des Südens sind Becher, Petschaft und Ring. An 
Stelle des Bechers stand ursprünglich der Kelch; im Kultur- 
kampf der Reformation wurde der letztere durch ersteren 
verdrängt und in Bezug auf Städte wie Nürnberg, Augsburg, 
Strassburg u. a. lässt sich diese Verdrängung genau zeitlich 
mit den politischen Vorgängen in Übereinstimmung bringen. 
Später wurde es Sitte, in der Zunftlade eine Skizze der an- 
zufertigenden Gegenstände zu hinterlegen. In Nürnberg ver- 
anlasste der bekannte Goldschmied Wenzel Jamnitxer, dass fer- 
tige Modellstücke in die Lade aufgenommen wurden. Über 
Petschaft und Ring sind wir nicht unterrichtet, aber von 
dem Becher in Form einer Akeleiblume sind mehrere nach 
dem Modell gefertigt^ Meisterstücke noch in den Museen 



vorhanden. Der Entwurf stammt mutmasslich von Patd 
Flintf als Meister für die getriebene Verzierung wird Martin 
Rehlein genannt. Der vor einigen Jahren von dem Kunst- 
gewerbemuseum in Berlin erworbene Ratsschatz aus Lüne- 
burg ist ebenfalls Zeuge der ruhmvollen Vergangenheit deut- 
scher Goldschmiedekunst. Das Hereinbrechen des 30jährigen 
Krieges mit seinen traurigen Folgen hat einen raschen Ver- 
fall dieser Kunst bewirkt. Der spätere französische Einfluss 
hat dann das französische Meisterstück, die Tfiee- oder Kaffee- 
kanne und die Dose an Stelle der ehemaligen gesetzt. 
Schliesslich ist das Meisterstück ausgenützt worden zu allerlei 
unlautem Machenschaften, zur Femhaltung unbeliebter Wett- 
bewerber und ist der wohlverdienten Lächerlichkeit verfallen. 
Dem Vortrage folgte die Erläuterung der in dem Saale an- 
geordneten, aus älteren und modemen Erzeugnissen des 
Kunstgewerbes, vorwiegend aber aus Mefcallarbeiten be- 
stehenden Ausstellung, durch den Vorsitzenden, Direktor 
Götz. Dieselbe umfasste des näheren ungarische und sieben- 
bürgische Silberarbeiten, wie Pmnkgürtel, Agraffen, Schliessen 
und sonstige Schmuckgegenstände, Arbeiten in Email cloi- 
sonn^ und Limoges, Email von Barbedienne in Paris, Ar- 
beiten in gepresstem Leder von Klein in Wien, eine reich- 
geschnitzte Buchdecke von Prof. J. Koch in Furtwangen aus 
dem Besitze I. K. H. der Grossherzogin; besonderes Interesse 
erregte ein von Ciseleur Klenk in Frankfurt a. 0. eingesen- 
deter Silberguss nach der Natur. Die feinsten Gräser und 
Blütenzweige, untermischt mit kleinem Getier, sind in diesem 
Gusse in wunderbarer Schärfe wiedergegeben. 

Karlsruhe. In der Monatsversammlung des badischen 
Kunstgewerbevcreins vom 8. Januar hielt Herr Geh. Hofrat, 
Prof. Dr. Lübke einen ebenso schönen als lehrreichen Vor- 
trag, der infolge der zur Zeit herrschenden Influenzazustände 
allerdings nicht so zahlreich besucht war, als es sonst wohl 
der Fall gewesen w^äre. Der geschätzte Redner sprach über 
Hans Holbein d. j\ , in seiner Beziehung zum Kunstgewerbe. 
Nach einer allgemeinen Einleitung über den Begriff" der Re- 
naissance, welche dem mehr korporativen Mittelalter gegen- 
über die Entdeckung der Welt und des einzelnen bedeute, 
und welche an Stelle der religiösen Kunst die Profankunst 
des Palastes und des Bürgerhauses setze, folgten die nötigen 
Angaben über die persönlichen und familiären Verhältnisse 
des grossen Künstlers, welcher weit mehr bahnbrechend ge- 
wesen sei als sein Zeitgenosse Dürer. Von seinem Vater 
Hans Holbein d. ä. das ererbte Talent und eine gute Schule 
mitnehmend, zog unser Künstler 17 Jahre alt von Augsburg 
nach Basel, wo er mit den ersten Männern der Stadt in Be- 
ziehung trat, so mit Erasmus, dem er das Lob der Narrheit 
köstlich illustrirte. Hier offenbart sich sofort seine gross- 
artige Vielseitigkeit. Er malt Porträts und Heiligenbilder, 
er schmückt Säle und Häuserfassaden, so das berühmte Haus 
zum Tanz; er macht Entwürfe zu Glasgemälden, den sog. 
Glasscheiben, die man sich damals in der Schweiz zu schen- 
ken pflegte und zu vielen anderen Dingen. Seine Renaissance- 
formen, lebendig, frisch und motivreich sind grundverschieden 
von der italienischen Formensprache, sie zeigen echt deut- 
sches Gepräge und eine Fülle und Beweglichkeit, die öfters 
schon an das spätere Bai-occo erinnern. Trotz der vielen 

10* 



68 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



Arbeiten und Aufträge war seine Stellung keine glänzende, 
was ihn veranlasste nach £ngland zu ziehen, wo der da- 
malige Hof und die vornehme Gesellschaft ein ganz anderes 
Wohlleben führten, als dies in dem bürgerlichen Basel der 
Fall sein konnte. Von £rasmus an Thomas Monis empfohlen, 
malte Holbein zunächst die Familie des letzteren und dann 
eine Reihe anderer Persönlichkeiten. In Samt und Seide ge- 
kleidet, kehrte er zwei Jahre später nach Basel zu seiner 
Familie zurück, wo er sich ein eigenes Haus kaufte. Die 
reformatorische Bewegung, welche nunmehr der humanisti- 
schen folgte und die bekannte Bilderstürmerei im Gefolge 
hatte, scheint dem Künstler wenig gefallen zu haben, denn 
trotz des von der Stadt Basel gebotenen Wartegeldes sehen 
wir ihn bald wieder auf dem Wege nach England, wo er 
sich nun die besondere Gunst des Hofes und des Königs er- 
wirbt. Er malt Heinrich VIII. und seine verschiedenen Ge- 
mahlinnen und Bräute; der König bewilligt ihm ein Jahres- 
gehalt von 30 Pfund. Das Jahr 1530 findet ihn wieder in 
Basel bei Weib und Kind, die er uns in einem seiner wunder- 
barsten Bilder erhalten hat. Sein dritter Aufenthalt in Lon- 
don bringt ihm unerwartet den Tod. Die Pest des Jahres 
1543 rafft ihn hinweg; mr wissen nicht einmal, wo er be- 
graben liegt. Der gi*osse Porträtmaler, der als solcher uner- 
reicht dasteht, fand stets Zeit, dem Kunsthandwerk seine 
Hand und seinen genialen Geist zu leihen. Ausserordentlich 
zahlreich sind die uns erhaltenen Skizzen und Entwürfe zu 
GefiLssen, Schmucksachen, Dolchgehäusen, Buchdeckeln u. s.w. 
Überall zeigt sich nicht nur die grossartige künstlerische 
Auffassung und Durchbildung, sondern auch ein vorzügliches 
Verständnis im Anpassen an die betreffende Technik, 
so dass auch auf dem Gebiete der Kleinkunst kein zweiter 
Künstler ihm gleich kommt. In den Modeirrungen des Tages 
werden seine variantenreichen Entwürfe voll sprudelnder 
Lebendigkeit stets eine herrliche und nie versagende Quelle 
für die Nachbildung sein. Nicht in der blinden Nachahmung, 
sondern im verständnisvollen Nachfühlen der grossen Werke 
früherer Zeiten liegt das Heil unseres heutigen Kunstgewerbes. 
Reicher Beifall bewies dem Redner, dass er das Richtige ge- 
troffen, indem er den Meister mit begeisterten Worten schil- 
derte und seine Werke in zahlreichen Wiedergaben vor Augen 
führte. 

Fachblatt f&r Innendekoration. Herausgeber u. Ver- 
leger Alexander Koch in Darmstadt. Monatlich 2 Num- 
mern, Preis vierteljährlich 2 M. 50. 
Wenn wir dem vorliegenden Unternehmen gegenüber 
uns veranlasst sehen, einem Fachblatte das Wort zu reden, 
geschieht dies nach gebührender Prüfung des sachlich reichen 
nnd sorgföltig zusammengestellten Inhaltes der aufliegenden 
ersten beiden Nummern, zu denen das einführende Vorwort 
Prof. Luthmers gleichsam als ein erfülltes Versprechen gelten 
kann. — Luthmers Wirken und Schaffen in dem Bereich 
der Innendekoration ist durch die Fruchtbarkeit seiner schrift- 
stellerisch und zeichnerisch gleich gewandten Feder so ein- 
greifend und bestimmend geworden, dass sich das Gros der 
strebenden Schreiner und Dekorateure immer wieder gern 
seiner Belehrung imterwirft. Nicht minder dürfte das Wissen 
und Können Friedr. Fischbachs auf dem Gebiete der textilen 
Kunst im Dienste des neuen Fachblattes geeignet sein, die 
produktiven Kräfte der in Betracht kommenden Industrien 



in intimere Beziehungen nicht nur zu den Abnehmern ihrer 
Fabrikate, sondern vor allem zu dem Wesen von Stoff und 
Muster zu bringen. Es ist thöricht, stets leichtfertig auf die 
Behauptung zurückgreifen zu wollen, dass die Abnehmer 
und im engeren Sinne speziell das grosse Publikum so sonder- 
bare Verlangen an die Muster stellen. Der Laie lässt sich 
sehr gern belehren , wenn ihm das Gebotene nicht allzu 
trocken und wesenlos aufgetischt wird. — Das gesteckte Ziel 
des , Fachblattes" giebt uns die berechtigte Hoffnung, da£s 
seine Leiter und Mitarbeiter gewillt sind, Obigem Rechnung 
zu tragen. Die leidige Wohnungsstilfrage findet in treff- 
licher Weise unter praktischen Gesichtspunkten in einem 
längerem Aufsatze von Karl Behr- Mainz neue Nahrung, 
während Georg Bötticher gleichzeitig anstrebt, die stilistische 
Seite der Tapete zu behandeln. Diesem schliessen sich Mit- 
teilungen aus Vorträgen und Erörterungen schwebender 
Fragen, sowie über das Für und Wider von Ausetellnngs- 
bestrebungen ergänzend an. — Auch der eigentlichen Familie 
wird der vielseitige Inhalt des Fachblattes manche will- 
kommene Unterweisung und Anregung spenden. Würde 
dem belehrenden Worte auch noch die vom Verleger in 
Aussicht gestellten bildlichen Beilagen — (möglichst in 
weniger raflmirter Darstellung, jedoch von desto gjrösserer 
Formenschönheit) — erläuternd zur Seite treten, so wäre 
dem Gesamtbegriff „Innendekoration* eine Zeitschrift ge- 
geben , deren gedeihliche Fortentwickelung aufrichtig zu 



wünschen wäre. 



O. S. 



X. — In der Düsseldorfer Kuustgetcerheschulfi werden 
mit dem Anfang April beginnenden Sommerhalbjahre zwei 
neue Fachklassen für den Abendunterricht eingerichtet, und 
zwar eine für Wachsmodelliren fiir Graveure, Ciseleure, Gold- 
und Silberarbeiter und eine für Entwerfen von Flächen- 
dekorationen für Lithographen, Dekorations- und Glasmaler. 

— Prrisaiisseh reiben. Die in München erscheinende 
Fachzeitschrift ..Der Deutsche Steiubildhauer" , amtliches 
Organ des Verbandes deutscher Steinmetzgeschäfte, erlässt 
soeben ein Preisausschreiben fiir Originalentwürfe von Grab- 
denkmälern. Ausgesetzt sind 6 Preise im Gesamtbetrage von 
450 Mark. Die Entwürfe sind bis 15. Mai 1. J. an Eduard 
Pohls Verla f/ in München einzusenden; die Entscheidung des 
Preisgerichts wird am 1. Juli veröffentlicht. 

— Pforxhcim, Kunstgeirerl>everein, Auf das Konkur- 
renzausschreiben für Entwürfe zu modernen, geschmack- 
vollen Schmuckgegenständen haben auf den 20. März 1890 
80 Teilnehmer zusammen 393 Entwürfe eingeschickt. 43 Teil- 
nehmer sind von Pforzheim, 11 von Schwab. Gmünd, 11 von 
München, von Hanau, 4 von Berlin, 2 von Kassel, 2 von 
Gablonz und Karlsruhe, Offenburg, Stuttgart, Nürnberg, Dres- 
den, Ingolstadt und Wiesbaden je 1 Teilnehmer. Vom Preis- 
gericht, bestehend aus dem Gesamtvorstande und der ge- 
wählten Kommission, den Herren F. Loog, F. Mahla, Ad. 
Majer und Gnsf. Siegle sind angekauft worden 68 Entwürfe 
im Gesamtbetrage von 806 M., und zwar von 21 hiesigen 
und von 17 auswärtigen Teilnehmern, im ganzen von 38. 
Daininter sind 9 Kunstgewerbeschüler von hier und 1 1 frühere 
Schüler von hier. Die 17 auswärtigen Teilnehmer verteilen 
sich auf folgende Städte: 5 von Schwab. Gmünd, 4 von 
Hanau, 4 von München, 2 von Berlin, 1 von Gablonz und 
1 von Dresden. 



Albumdeckel, in Holz geschnitzt. 
Von ROMANRLM, Bildhtiter in Florenz. 
Im Besitie der Or. Landesgewerbehalle in Karlsmhe. 
?n und gezeichnet von Kunstgewerheschfller K. SCHLEITH, <lort->elln't. 



-4- 



Haiisthor aus dem 17. Jahrhundert. 

In der TetzelgaBse in NOmberg. 

ÄufgenommeD und gezeichnet von EüO. BiSCHOFF, Architekt und Professor 

an der Eunstgewerbepchule Karleruhe. 



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Von der Verlagshandlung von E. A. Seeinann sind zu beziehen: 

Lehrmodelle 

für den Anfangsunterricht im Freihandzeichnen. 

(Im Anschluss an die Lachnerschen Lehrhefte.) 



Modelle für Möbeltischler: 

I. Gruppe: 6 geometrische Körper (Blatt i der 
Lehrhefte). 

6 Säulenfiisse und 6 Profile (Blatt 2). 
9 Gehrungen (Blatt 3). 
4 Simsbekrönungen. 
4 Möbel- und 4 Säulenfiisse, 2 
Füllungen. 
3 Stützen und 2 Konsolen. 



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Der Preis eines vollständigen Satzes dieser 
46 Modelle ist 115 Mark. 



Modelle für Schlosser: 

I. Gruppe: 6 geometrische Körper (Blatt l der 
Lehrhefte). 

Hohlkörper, 5 Stück (Blatt 2). 
Blechvoluten, Drahtspiralen, 4Stück 
(Blatt 3). 

Beschlagteile, 13 St (Blatt 4). 
Kasten schloss und Thürschloss, 
2 Stück (Blatt 5j. 
Rosetten, 6 Stück (Blatt 6). 

Der Preis eines vollständigen Satzes dieser 
36 Modelle ist 90 Mark. 



2. 

3- 

4- 

5. 

6. 



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Die Vorzüge dieser Modelle 

bestehen 

/. in der yortreHUclien Aj*bBit, die JForznSCilÖnlieit mit sorgfäitigster 
GrBUSLJllffJsSi&tt verbindet, (Material: Eichen und Buchenhol:^ mit kieferner Unter fütterung); 

2. in der "WolxltBiXll&ttß worüber vorstehende Preisangaben belehren; 

3. in der tadellosen TecJmUk, welche in den slolitbaren Sclraittü&chen 

den Schüler auf die Art der Zusammensetzung verschiedener Höl:^er hinweist. 

Die Grösse der einzelnen Modelle ist so gewählt, dass sie in der Zeichnung unverkürzt 

wiedergegeben werden können. 



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^x^u^nMiMMi^ ^ ^ ^^mi^^ 



Verlag von E. A. SEEMANN. 

Die Zimmergotik in Deutsch -Tirol. 

Herausgegeben von Franz Paukert. 

I. Band; Südtirol. 

32 Tafeln mit Erläuterungen in eleg. Mappe M. 12. — . 

Das Werk bringt auf 32, vom Verfasser selbst aufgenommenen und prächtig gezeichneten Tafeln 
3 folsjende bisher noch nicht veröffentlichte Gegenstände: 

' Bl. 1/2: Wandverkleidung^ des Kapitelzimraers in der Burg Reifenstein bei Sterzing, Details. Bl. 3: Thür eben- 
"^ daher. Bl. 4: Waschkästchen desgl. IM. 5: Holjrdecke einer Stube ebendort. Bl. 6: Geschnitzte Flachornamente aus 
3 der Vertäfelung dieser Stube. Bl. 7: Schmiedeeiserne Beschläge ebendaher. Bl. S: Wandmalerei eines Genoaches in 
3 Burg Reifenstein. Bl. 9: Teil der vollständig übermalten Balkendecke desselben Gemachs. Bl. 10: Teil eines Holz- 
gitters ebendaher. Bl. 11: Himmelbett aus Reifenstein. Bl. 12: Thüren und schmiedeeiserne Beschläge. Bl. 13: Flach- 
ornamente aus Guffidaun und anderen Orten. Bl. 14: Ornament aus Neustift. Bl. IS: Holzdecke, ebendort. Bl. 16: 
Hokdecke aus der Trostburg. Bl. 17 — 23: Kanzleistube des Schlosses Campan bei Kaltem nebst Details. Bl. 24: Thür 
aus Campan. Bl. 25/26: Holzdecke aus Kaltem mit Details. Bl. 27: Thüren aus dem Schlosse Englar aus St. Michele. 
BL 28: Holzkassette aus St. Pauls in Ueberetsch. Bl. 29: Betstühle aus Pens. Bl. 30- Wandmalerei aus Runkelstein. 
BL 31: Thür ebendaher. Bl. 32: Geschnitzte Ornamente aus der getäfelten Stube zu Kunkelstoin. 

Der zweite Band, Nordtirol, kommt im Laufe diesem Sommers zur Ausgabe. 



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Yerlag von E. A. Seemann in Leipzig. 

Eine vollständige Ennstgeschichte für 21 Mark! 



KunstMstorisclie Bilderbogen 



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1290 

Abbildungen 



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Handausgabe 



167 Tafeln, geb. in einen Band 15 MIc 



Textbucli von Anton Springer 

(Grundzüge der Kunstgeschichte) 

41 Bogen, gebunden in einen Band 6 Marie. 

Die Handausgabe der Kunsthistorischen Bilderbogen empfiehlt sich durch ihren 
ausserordentlich niedrigen Preis und die mustergültige Ausfuhrung der Illustrationen. Für 
die Gediegenheit des Textes bürgt der Name des Altmeisters der Kunstgeschichte „Anton 
Springer^. 



Geschichte der Architektur 

von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart 

von Wilhelm Liibke^ 

Professor am Polytechnikum und an der Kunstschule in Karlsruhe. 

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2 Bünde gr. Iiex.-8o, mit 1001 Illustrationen. 1S85. Brosch. 20 M.; in Kaliko geb. 30 M.; in Halbfranz geb. 32 M. 

Geschichte der Plastik 

, von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart 

von Wilhelm Lübke, 

Dritte verbesserte und vermehrte Auflage. Mit 500 Holzschnitten. 971 S. gr. Lex.-S^. 2 Bände. 
Bro3ch. 22 M.; in Leinwand geb. 2ö W.; in 2 Halbfranzbäiide geb. 30 M. 

Raffael und Michelangelo. 

Von Anton Springer. 

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Engl, kai-t. 21 M. in Halbfranz 25 M., in Liebhaberbänden 30 M. 

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lage, gr. Lox.-b". Mit vielen Illustrationen. Engl. kart. 20 M. in Halbfranz 24 M.. in Liebhaberbilnden 28 M. 

Holbein und seine Zeit 

Von Alfred Woltmann. Zweite verbesserte und vermehi-te Auflage. Mit Illustrationen. Brosch. 13 M-; geb. in 
engl. Leinwand. M. 15.50. Der zweit« Teil dieses Werkes (Exkurse, Katalog der Werke) ist giinzlich vergriffen. 





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je eine Beilage von Arosler & Buthardt in Berlin und dem Yerlag des Litterarischen ^Tahresberlehts in LeipiilT* 



Druck von August Pries in Leipzig. 




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KUNST UND KUNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDE- 
WESEN. 

MIT ABBILDUNGEN. 



IS INS 12. Jahrhundert reicht die 
Waffenindustrie Solingens zurück. 
Nach einer Tradildon soll sie durch 
Adolf IV. von Berg 1 147 gleich- 
falls von dahin ausgewanderten 
steirischen Eisenarbeitem gegrün- 
det worden sein; ihren Aufschwung verdankt sie 
den ungemein gesteigerten WafTenbedarf in den 
KreuzzQgen. Solinger Werkstätten bedienten sich 
häufig fremder Marken, so von alters her des 
Passauer „Wolfes", ebenso spanischer. Letzteres 
Vorkommen erklärt sieb dadurch, dass zahlreiche 
Solinger Meister zeitweise in Spanien arbeiteten. 
Ein Hauptpunkt der Waffenerzengung war Suhl in 
Thüringen; daselbst bestand die Waffenindustrie schon 
vor 1380, die ihre Harnische und Schwerter der 
Ritterschaft Deutschlands lieferte. 1563 gründete 
der letzte Graf von Henneherg daselbst die Feuer- 
waffenindustrie im grossen Stile, die bis in unsere 
T^e berein in grossem Ansehen sich erhielt. Die 
BDchsenmacherfamilie Klett hat an ihrem Ruhme 
nicht geringen Anteil. 

Mit diesen grossen Centren teilten aber auch 
viele deutsche Städte, vorab einzelne Reichsstädte, 
den Ruhm einer ungemeinen Produktionsfähigkeit 
auf dem Gebiete der Waffen. Schon im frühen 
Mittelalter tritt da Nürnberg immer achtungs gebie- 
tender hervor. Eine der ältesten ist die dortige 
Messererzunft von 1285. Im 14. Jahrhundert hatten 
die Nürnberger Werkstätten bereits den Ruf der 
ersten Deutschlands, und von dieser Zeit nimmt die 
EoDltgewerbablatt. N. F. I. 



Kunst immer mehr Einfluss auf das Handwerk. In 
Bezug auf die künstlerische Ausstattung der Erzeug- 
nisse ist Nürnberg erat vom Ende des 15. Jahrhun- 
derts voll zu würdigen und wir zählen von da an 
Meister, deren Namen für alle Zeiten in der Kunst- 
geschichte glänzen werden, wie die Plaitner Hans 
Grunewalt, Wilhelm von Worms, Vater imd Sohn, 
Konrad Lochner, Valentin Siebcnböiger, die Büchsen- 
giesser Sebald Behaim, Andreas Pegnitzer, Vater und 
Sohn, und viele andere. Wie in Italien, so hatte 
auch in Deutschland die allgemach innigere Verbin- 
dung mit der Kunst den Anstoss zur Hebung des 
Handwerkes gegeben. War der erste Anstoss hier- 
zu auch aus Italien gekommen, die gros.se geistige 
Kraft der Nation bildete die fremden Elemente in 
staunenswert kurzer Zeit nach ihren Anschauungen 
um und da steht der grosse deutsche Meister Al- 
brecht Dürer mitten im industriellen Gebiete wie 
eine eherne Säule da. Er, der Meist«r im grossen 
Stile, nimmt Einäuss auf die kleinsten Verhältnisse 
im nationalen Leben; ihm ist es nicht zu gering, von 
der Staffelei weg zum Tische sich zu setzen, um den 
Entwurf zu einem Gerät zu machen. Der Kaiser 
wünscht 1517 einen Entwurf zu einem silbernen 
Harnisch und er zeichnet einen solchen in allen De- 
tails; er wurde von Koloman Helmschmied auch aus- 
geführt, wäre er uns erhalten geblieben, er würde in 
künstlerischer Schönheit von keinem der Welt über- 
ragt worden sein. Und wie Dürer, so interessirten 
sich seine künstlerischen Zeitgenossen und Nachfolger 
nicht weniger ftir dos Waffenwesen, das ja einen so 



70 



KUKST- UND KUNSTTECHNIK IM WAPFENSCHMIEDEWESEN. 



bedentenden Teil des Lebens absorbirte. So sehen wir 
im Skizzenbache des Hans Baldnng Grün Muster- 
zeichnungen von Horniacben, so kennen wir die Be- 
teiliguog der beiden Bui^kmäir am Waffenwesen, 
wie nicht weniger Älbrecht Altdorfers. Speziell 
auf dekorativem Gebiete ragt in der Mnkischen 
Schule A. Ald^rerer hervor, der der Ornamentik 
eine eigene Bichtui^ g^ebeu hatte, und welchen 
bedeutenden Einfluss haben nicht der altere L. Gra- 
nach, Äug. Hirsvogel nnd die Goldschmiede Jam- 
nitzer auf die Verzierung der Waffen genommen? 
Im Verlaufe des 16. Jahrhunderts trat g^en 
das mächtige NOmberg eine lebenskräftige Bivalin 
snf: Ängsbnig. Von alter Zeit her eine gute, wenn 
auch nicht tonangebende Waffeuwerkstatte, gab die 
volkstumliche schwäbische Kunst den Anstoss zu 



dass nicht allein Haler, sondern auch Bildhauer, 
Goldschmiede und selbst simple ÄtzkQnatler eiooi 
wesentlichen Anteil hier haben. Wir sehen hier 
von NOmbergem und selbst von Bui^kmair ab, die 
ja alle hier mitwirkten, und deuten auf Hans Hol- 
bein, der, wenn auch aus der Feme, doch ersicht- 
lich den bedeutendsten Einfluss auf die dekorative 
Kunst im Waffeuwesen Augsbui^ genommen hat. 
Wie Äugsbui^ später in die Bewerbung getreten ist, 
BO &nd es auch eine andere Art des Kunstbetriebes 
vor. Es stand nur anfangs in Verbindung mit den 
grossen Meistern, später &nd es seine Omamentisten 
in einer Unzahl von Goldschmieden, Emailisten und 
Atzmalem, die an sich betrachtet, ganz Ansehnliches 
lebteten, wie Jörg Soig Marquart, Christof Lenker, 
Schantemell, Attemstätter, die Ätzmaler Roth und 



einer Entwicklung, die jene NOmbergs bald Qber^ 
ragte. Zahllos wuchsen die Flattner aus der alten 
Augusta Vindelicorum heran, nnd auch ihre Bedeu- 
tung wurzelte darin, dass sie in inniger Verbindung 
mit der heimischen Kunst standen. Voran reihen sich 
die Kolman Helmschmied, deren Thätigkeit sich bis 
1440 hinauf verfolgen läset. Dem ältesten bekannten 
der Familie, Georg, folgte dessen Sohn Lorenz 
(t 1M6), diesem der berflhmte Enkel Eoloman 
(t 1532) und diesem vrieder dessen Urenkel Desi- 
derius, der die Leistungen selbst der Italiener in den 
Schatten stellte. Weiters der talentvolle Innsbrucker 
Wilhelm Seusenhofer, Matthäus Frauenbrys, Anton 
PefTenhauser und zahllose andere. Im GeschUtz- 
gusse ragt der famose Vorarlbeiger Gregor L5ffler 
hervor, der Augsburg seiner prächtigen Geschütze 
halber Bprichwörtlich gemacht hat. Fragen wir nach 
den Meistern, welche dem Waffeuwesen sein künst- 
lerisches Gepräge aufgedrückt, es zu seiner unge- 
meinen Bedeutung erhoben haben, dann sehen wir, 



viele andere. Endlich boten die zahlreichen Ornament- 
stiche aus dem Weigelschen Verlage und jene aus 
den Niederlanden treffliche Muster. Selbst italienische 
Vorlagen sind bei Desiderius Kolman nachzuweisen. 
Von nicht geringer Bedeutung war der Ein- 
fluss einiger HSfe in Deutschland auf die Entwick- 
lung des Waffenschmiedewesens. In Bayern er- 
richtete Herzog Albrecht IV. 1492 zu München die 
Stuckgiesserei am Glockenbache, um deren Förde- 
rung sich die Familie Ernst wesentliche Verdienste 
erworben hatte. Die Plattnerei war zu Landshnt, 
ihr hervorragendster Meister war Franz GroaschedeL 
In Sachsen wirkt zu Dresden von 1460 an die be- 
rühmte Stnckgiesserfamilie Hilger. Im Plattnerhand- 
werk ragten Hans und Sigmund Rosenbei^r in Dres- 
den und die angesehene Familie der von Sipeyer z 
Annaberg hervor •). 



1) Gurlitt, L., Deutsche Tiimi» 
1 10. Jahrb. Dreadeii, löbü. 



[•.RII»tunf(fn|niKl V\aünfT 



KUNST UND KUNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDEWESEN. 



Für diese von deu Kunstcentren entfernten 
Meteter ist im dekorativen Gebiete nicht der Ein- 
finss einer speziellen Schule wahrnehmbar. Sie 
nehmen ihre Elemente atlenthalben und selbst von 
Niederländern, wie Theodor de Bry, den Floris und 
Hieronymus Coock. Die heimischen Omamentisten 
tauchen in den kleinsten Städten auf, viele wirken 
in Manchen. Hefner • Älteneck pnblizirte aus dem 
kgl. Eupfersticbkabinet zu MUnchen eine Anzahl 
HandzeichnuDgen: Entwürfe deutscher Meister filr 
Prunkharnische '), so deren von Hans Mielich für 



Ruhm fBr sich in Anspruch nahmen. Selbst nach 
der Erfindung des Flintenschlosses vermochte 
Deutcbland noch namhafte Meister aufjuweisen, die 
allerdings den heimischen Stil verliessen, wie Ar- 
mand Bongarde in Düsseldorf, Ulrich Mänz in Braun- 
schweig, S. Hauschka in Wolfenböttel, J. A, Kuchen- 
reuter in Regensburg u. a. Für die Büchsenmacberei 
bildete sieb eine eigene, den Franzosen nachgebildete 
Kunstlittemtur; wir erwähnen daraus nur der Aus- 
gaben des Feter Schenck in Amsterdam 1092 und 
des Christof Weigel in Nürnberg. 



SogenBnnteB DMmeiibllittcben ui der Jagdflinte 
des Herzog« Eul Leopold V. von Lothringen, 
mit seinem Bildnisie. In Eigen gesetanitten von 
AUMAND BOXGABDE iD Düueldorr lach dem Por- 
trkte von Wilh. Wusinq. Um leis. 



Sogenanntes Daumenblättobcn von einel Jagd- 
flinte des Herzogs Ludwig Wilhelm l. Von Baden 
mit dem Bildnisse deadamaligenKänige Joseph J. 
In Eisen geschnitten von Philipp Cbribtoph 
voH Beckeb ans Koblens. Vax 1703. 



Harnische Franz' I. und Heinrichs U. von Frankreich, 
einige von Christof Schwarz aus Ingolstadt fOr einen 
Harnisch Rudolfs U., einige andere von Hans Bol 
und Hans Boksberger. 

Mit der Einführung des Peuergewehrs erstand 
für Deutschland ein neues Sonder^ebiet der Waffen- 
industrie, in welchem es viele Jahrzehnte tonangebend 
wirkte. Namentlich war es das deutsche oder Rad- 
schloss, in dessen Erzeugung selbst die nacheifernden 
Brescianer es nicht zu höherer Bedeutung zu bringen 
vermochten. Eigenartig und bewundernswert traten 
die deutschen Schäfter in ihrer Einlagetechnik her- 
vor, mit der sie in der ganzen Welt den höchsten 

1) V. Hefher- Alteneck, Entwürfe deutscher Meister für 
rrachträstiingen fnuieCeiBcher Könige. 



Berühren wir in kurzem die babsburgischen 
Erbländer, so finden wir auch diese Landstriche als 
von hober Bedeutung für die Wafieniudustrie. Wir 
wissen von der grossartigen Eisenindustrie in den 
noriscben Alpen, deren schon Plinius und Tacitus 
anerkennend gedenken. Ihre Absatzgebiete wech- 
selten mit dem Beginne der Kreuzzüge, in welcher 
Zeit sie an Leistungsfähigkeit ausserordentlich zuge- 
nommen hatte. Ihre Privilegien datiren aus dem 
12. und 13. Jahrhundert Im 14. Jahrhundert merkt 
man das Bestreben der Fürsten, den Betrieb zu kon- 
zentriren und der Regellosigkeit in den Formen zu 
steuern. Friedrich mit der leeren Tasche gründete 
die Gescbützgiesserei in Tirol, Erzherzog S^mund 
förderte sie; unter ihm bildeten sich namhafte Mdster, 
11' 



72 KUNST UND KUNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDEWESEN. 

wie der Augsbui^er Jörg Endorfer, der Vorarlbet^er den berühmten Waffenachmied Ambrois Ritphiu, um 
Peter Layminger, Linbart Peringer u. a.; unter 1468 aber den Hofplattuer Karls des KUbnen, Lance- 
Maximilian I., dem kräfligea Förderer des Waffen- lot de Gindertale, der in seinen Leistungen an die 
Wesens, Hans Seelos, Stefan Godl und vor allen Mailänder Miss^lia hinanrc^te. Grossen Ruf ge- 

! um 1469 



Laymingers berühmter Sobn Gregor Lö91er. 
Im 15. Jahrhundert waren auch Fakto- 
reien in Böhmen, wie. Kuttenberg, Prt^ 
und Beraun zur vorübergehen den Bedeu- 
tung gekommen. Der Mittelpunkt des 
Österreichischen Plattner wesens war gleich- 
falls Tirol, wo zu Innsbruck die Familie 
Treyz das Fach beherrschte. Nach ihnen 
erlangten Hans und Jörg Seusenhofer einen 
Weltruhm. In Bezug auf die dekorative 
Ausstattung ihrer Arbeiten merkt man 
deutlich den Einfluss von Augsburg. 
Ferdinand L gründete 1558 die noch heute 
ansehnliche Feuergewehrindustrie in Fer- 
lach in Kärnten, Ferdinand Hl. 1657 die 
Feuergewehrfabrik zu Wiener Neustadt, 
die erst um 1750 aufgela-ssen wurde. Für 
beide Gründungen wurden niederländische 
Arbeiter herangezogen. Aber auch die 
Privatinduatrie stand im 17. und 18. Jahr- 
hundert hinter der im Reiche nicht zu- 
rück, und ihre Erzeugnisse wetteiferten in 
Schönheit und Güte mit den Jranzösiscben. 
Zu den hervorragendsten Meistern zählen 
Neureiter in Pr^, L Becher in Karlsbad, 
G. Keiser in Wien, G. Dünkl in Schwatz u. a. 
In den Niederlanden erscheint die 
Waffenerzeugung bis ans Ende des 14.Jahr- 
bunderts nicht bedeutender als etwa im 
nördlichen Deutschland. Die Massenerzeu- 
guDg konzentrirte sich um das Gebiet von 
Luttich, doch hatten sieh auch in den 
vielen reichen Städten Zünfte herange- 
bildet, welche als ungemein befähigt an- 
gesehen werden konnten. Für die Heran- 
bildung dieser Privatindustrie ist die Ein- 
wirkung der prunkliebenden bui^undi- 
scben Herzoge inmier massgebend gewesen. 



schützgiesserei zu Malines Begründet; sie ^ *^'"*'' e«»'^'"""^"» 
wurde durch Karl V. 1520 erneuert, wobei BeWorf. Um i67b. 
der Deutsche Hans Poppenrieder sich grosse 
Verdienste erwarb. In der Erzeugung von Prunk- 
waffen, Harnischen u. dgl. nennen die Urkunden 
zahlreiche Namen, so um 1407 Lodequin Hughes 
in Brüssel, um 1423 Jehan Wbseron ebenda, um 
143S den Eofplattner Massin de Fromont, um 1462 



wannen die Armrustmacher, ' 
Luc Muldre. 

Mit dem Tode Karls des Kühnen 1477 
schien das Waffenscbmiedebandwerk Rück- 
schritte zu machen. Der einzige Plattner 
von Bedeutung um 1480 war Francis Scroo, 
der um 1490 verschwindet. 1495 berief 
Maximilian I. die Mailänder Waffenschmiede 
Gabriel und Francesco Merate, die er in 
Arboi-s ansiedelte. ITnt«r dem Einflüsse 
der Befreiungskriege herrschte in der 
Waffenerzeugung eine ungemeine Rührig- 
keit; die Bedeutung derselben ist aber ein- 
zig von der technischen Seite zu wür- 
digen. Zu einer immensen Bedeutung ge- 
langten die Fabriken zu Lüttich unter bi- 
achöflicber Herrschaft, welche besonders 
in Feuergewehren Bedeutendes leisteten. 
Erst im 17. Jahrhundert hob sich wieder 
die Erzeugung von Kunstwaffen in Brüssel 
und Amsterdam. 

Man hat die französische Waffen- 
industrie vom Mittelalter bis ins 17. Jabi^ 
hundert bisher immer als wenig bedeutend 
hingestellt, vielleicht weit kein Autor in 
der Lf^e war, auf namhaftere Werkstätten 
und tüchtige Meister hinzudeuten. Diese 
geringe Bewertung entspricht jedoch nicht 
den Ergebnissen neuerer Forschung, Für 
das frühere Mittelalter lässt schon die 
hohe Kultur Südfrankreich seine fähige 
Waffenindustrie voraussetzen, wenn auch 
anzunehmen ist, dass ein grosser Teil des 
Bedarfes aus dem Gebiet von Bilbao ge- 
deckt wurde. Zudem widerhallen aus den 
Urkunden, den Gedichten rühmende Äus- 
serungen über Waffen. Im 13. Jahrhundert 
des LaofM eüier werden die kleinen Bassinets von Montau- 
ban allenthalben getr^en, und die Dichter 
erwähnen am Ende des Jahrhunderts der 
Harnische von Monsegur mit grossem 
Lobe, am Beginne des 14. der Waffen 
von Mortemer '). Im 15. und 16, Jahrhundert fehlt 
es nicht an Namen bedeutender Waffenschmiede 
und auch nicht an solchen, welche kunstreichere 



1) Vcrg). auch Qa,j, V. Glotsaire lurchäologique. 



KUNST UND KÜNSTTECHNIK IM WAFFENSCHMIEDE WESEN. 



73 



Arbeiten zu liefern vermochten. Wir erwähnen 
unter ihnen nur einiger, wie Jehan de Bonnes, den 
Hofplattner des Königs Rene um 1450, den Hof- 
plattner Thomassin Baigneux um 1456, die berühm- 
ten Waffenschmiede von Tours, Jacques Merville um 
1510 und S. Remy Farant um 1568, den bedeuten- 
den Tausiator Roquelin Dehoux um 1561, den Fer- 
tiger der kunstreichen Dolche, Thevenin Martineau. 

Freilich genügte auch diese ansehnliche Bethä^ 
tigung des Kunstfleisses den stolzen Plänen der 
Könige noch weitaus nicht, daher merken wir die 
oft wiederholte Bemühung derselben, berühmte 
Waffenmeister aus Italien und Deutschland ins Land 
zu ziehen, um damit die Industrie daselbst gross- 
artiger zu gestalten. Es ist ganz derselbe Weg, 
welchen die Könige in den höheren Künsten durch 
die Schule von Fontainebleau einschlugen, und es 
wird noch zu untersuchen sein, welchen Einfluss 
dieselbe auf das dekorative Element im Waffenfache 
genommen hat So bildete sich von 1410 an unter 
Karl VI. die Werkstätte zu Lyon aus italienischen, 
meist Mailänder Meistern, Treibarbeitern und Tausia- 
toren, wie Martin de Tras 1410 — 1435, Pran^ois 
Forcia um 1537 und die Brüder Baptiste und Gesar 
Gambeo 1543—1549. Um 1466 machte Ludwig XL 
erneute Anstrengungen , um Mailänder Meister an 
sich zu ziehen. Karl VIIL gründete 1490 neue An- 
siedlungen zu Bordeaux von Mailändern, unter wel- 
chen Ambroise Garon zu grossem Ansehen gelangte. 
Franz I. versuchte, wiewohl vergeblich, den Augs- 
burger Koloman Helmschmidt und den Innsbrucker 
Jörg Seusenhofer nach Frankreich zu ziehen. 

Um 1640 hebt sich Frankreich mächtig in seiner 
industriellen Kunst und damit auch in der Erzeu- 
gung kunstvoller Waffen, besonders in Feuerge- 
wehren, Degen u. dgl. Es wird darin tonangebend 
zu einer Zeit, in welcher deutsche Kunstindustrie 
starr zu werden droht, und die italienische und 
spanische, ungeachtet beide noch über gewichtige 
Namen verfügen, doch ersichtlich im Rückgange sich 
befinden. Zu den ersten Meistern zählen die Büchsen- 
macher Bertrand Piraube um 1670, Adrian Reynier, 
genannt le HoUandois, um 1724 und Louis Renard, 
genannt Saint Malo, um 1643. Allen voran dürfte 
Philipp Cordier d'Aubigny 1635—1665 zu nennen 
sein, dessen Arbeiten zu den schönsten der Zeit 



zählen und der auch der Erfindung des Flinten- 
schlosses nicht ferne steht. Die gesamte Industrie 
stand unter dem gewaltigen Einflüsse des genialen 
Colbert. Das künstlerische Element bildeten Meister 
von hervorragendem Talente, wie Lebrun, die beiden 
Jean Berain, Brisseville und viele andere. 

Damit ist in grossen Zügen ein Bild der W^affen- 
industrie im Kontinente vom Mittelalter bis in die 
Neuzeit gegeben; vergleichen wir sie mit jener 
unserer Tage, dann kommen wir zu dem Ergebnisse, 
dass sie sich ungeachtet des überhandnehmenden 
Militarismus allgemach sowohl in der Zahl der Fak- 
toreien als in der quantitativen Leistung erheblich 
verringert hat. Was die qualitative Bedeutung be- 
trifft, so ist sie im Vergleiche zur alten in manchen 
Gebieten, wie in der Klingenfabrikation, zum min- 
desten zweifelhaft, weil heutige Fabrikware, un- 
geachtet aller Verbesserungen im Verfahren mit 
der Leistung des einzelnen nicht in Wettbewerb 
treten kann. Alte Erzeugnisse, selbst die einfach- 
sten, sind vom ästhetischen Gesichtspunkte zu wür- 
digen, bleiben immer Gegenstände einer kunstwissen- 
schaftlichen Betrachtung. Auf keinem Gebiete des 
Lebens hat die dekorative Kunst grössere Erfolge 
errungen als auf jenem der Waffe, sowie es auch 
kein Lebensgebiet giebt, in welchem so viele tech- 
nische Mittel angewendet wurden wie auf diesem. 
Wir schliessen hier mit einem Ausspruche Gottfried 
Sempers *) über die Bedeutung der Waffe fBr das 
Kunststudium: „Sowohl in den barbarischen Zeiten 
wie in den Perioden der Givilisationsblüte war die 
Zunft der Waffenschmiede das Asyl und die Pflanz- 
schule der Künste. Die höchsten Talente sind ihr 
entwachsen und verschmähten es nicht, för sie zu 
wirken. Eine verhältnissmässige Keuschheit des Ge- 
schmackes zeichnet endlich sogar die Waffen jener 
üppigen Zeiten aus, in denen die Grundsätze des 
Stils im ganzen missachtet wurden und alle anderen 
Künste der allgemeinen extravaganten Zeitrichtung 
folgten." Und heute? — Semper bemerkt lakonisch 
darüber: „Die moderne Angriffswaffe, besonders die 
Schiesswaffe, vermisst noch trotz aller technischen 
Vervollkommnung ihren letzten praktisch artistischen 
Ausdruck. " WENDELIN BOEHEBL 



1) Semper, G., Der Stil in den technischen und tck- 
tonischen Künsten. München 1863. IL XL § 182, S. 548 tf. 



DIE KRUGSAMMLUNG DES FREIHERRN ALBERT VON 
OPPENHEIM IN KÖLN. 



MIT ABBILDUNGEN. 



N DEN Schätzen, welche das 
)ppeiiheimsche Palais iti der 
jlockengaase zu Kdln bewahrt, sind 
m Laufe der letzten Jahre manche 
lervorr^ende Stöcke durch Publi- 
[ationen von berufener Seite weit- 
hin bekannt geworden; aber weit mehr noch harren 
der Veröffentlichung, um der Wissenschaft als wert- 
volle Bausteine, der ausübenden 
Kunst als köstliche Vorbilder 
dienstbar zu werden. Der Mu- 
nifizenz des Besitzers ist es zu 
danken, dass eine ganze Ab- 
teilung der Sammlung, die 
Erzeugnisse der KunsttSpferei, 
nunmehr in einer geschlossenen 
Publikation vorliegt. Der Un- 
terzeichnete, mit der Heraus- 
gabe betraut, bietet sie in 
diesen Tagen den Fachgenos- 
sen dar. 

Es handelt sich hier um 
eine Sammlung allerersten 
Ranges. Rheinische Kri^;e 
besitzen die meisten öffent- 
lichen Kunstsammlungen, auch 
manche Privatsammler habeu 
sich den KrQgen zugewandt; 
die Geschichte des rheinischen 
Steinzeugs lässt sich in Berlin 
und Christiania, in Trier und 

Brüssel studiren. Äberwersich Humpen, blau an 

,, „ , Raersn, Ende iB. 

eme Vorstellung davon machen 

will, bis zu welcher Vollendung diese Kunst ge- 
diehen ist, wer die höchsten Leistungen dieser vater- 
ländischen Kunst kennen lernen will, der muss 
nach Köln gehen, um die Sammlung Oppenheim 
zu sehen. 

Die Entstehung der Sammlung datirt aus jüng- 
ster Zeit; sie reicht kaum fQntzehn Jahre zurück. 



In diesen Jahren ist aber fast jedes hervorragende 
StQck, welches auf den Markt kam, der Sammlung 
einverleibt worden. Dabei handelte es sich nicht 
um die landläufige Ware: es sollten in der Samm- 
lung nur Stücke vereinigt werden, welche die Spitzen 
einer speziell rheinischen Knnst bezeichnen, Arbeiten, 
die in Form oder Farbe, Zierrat oder Grösse als 
Seltenheiten oder Ünika gelten dürfen. Und dies 
ist dem Besitzer in über- 
raschendem Masse gelungen. 
Fast jedes StQck der Samm- 
lung nimmt in der langen Reihe 
der erhaltenen Typen eine be- 
sondere hervorr^ende Stelle 
ein, die Mehrzahl würde in 
jeder Sanmilung als Haupt- 
stücke gelten müssen. Es sei 
hier nur auf die Flaobkrfige, 
Ringkrflge aller Art, Kroichen 
hinsichthch der Form hinge- 
wiesen ; auf die Siegbuiger 
Schnabelkrüge hinsichtlieh der 
an Ciselirarbeit erinnernden 
Reliefs. 

Eine abschliessende Ge- 
scliichte der rheinischen Krug- 
bäckerei zu schreiben ist heute 
noch nicht die Zeit. Fort- 
während werden neue Funde 
gemacht, die oft genug merk- 
würdige Überraschungen brin- 
laiiurtea steinieug «en. Aber bietet schon jede 

J»hrh. - H 0,83 M. % ■ , , M i ■ 1 

bpezialsammlung Material zur 

Lösung mancher Fragen und zur Erkenntnis mancher 
unsicheren Punkte, so gewährt eine Sammlung aller- 
ersten Ranges nach diesen Richtungen ganz besondere 
Belehrung. 

Wir sind gewöhnt die Herstellung der Krüge 
als eine einfach mechanische anzusehen: Drehscheibe, 
Formen und Stempel waren das Handwerkszeug, 






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Uhrscbild für Ausitihnmg in Metall. 

.iedacht mit frei getriebenen Blnmei 

'/j der natürlichen Grösse. 

Entworfen von H. DCHICH, Kaesel. 



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DIE KRtIGSAMMLUNG DES FREIHERRN ALBERT VON OPPENHEIM IN KüLN. 



75 



dessen sich die Töpfer bedienten. Die Oppenheimsehe 
Sammlung besitzt einen Krug in Eulenform, bei dem 
jede einzelne Feder besonders aufgelegt ist, einzelne 
Teile vSIlig frei modellirt, Äugen und Schnabel durch 
dunkele Emaillinmg belebt sind. Auch die KrOge, 
deren Hauptteile geformt sind, zeigen des Bemerkens- 
werten viel- 



Reitern, die Pferde prächtig ausgestattet, dessen 
einzelne Figuren aus Abraham de Bruyn: equitum 
descriptio (Amsterdam 1576) entlehnt sind, einen 
Nachweis, den ich Dr. Jessen verdanke. Zahlreiche 
Ornamente weisen auf die Niederlande hin, so dass 
durch die dortigen Omamentisten manche Anregung 
gekommen sein mag. Leider ist es bisher nicht 



Die Frage, woher die Fonnenscbneider, welche 
für die Krugbücker arbeiteten, ihre Motive nahmen, 
ist kaum je ernstlich zu lösen versucht. Dass die 
Zeichner und Modelleure in Raeren oder Siegbur^ 
Sassen, ist kaum anzunehmen; die Vermutung nahe, 
dass die bltthendste Stadt der Rheinlande, Köln, 
der Sitz dieser Modelleure und Formensehneider 
gewesen sei, liegt sehr nahe. Aber auch hier 
bedurften die guten Leute der Anregung. Ein Krug 
der Oppenheimschen Sammlung weist auch hier den 
W^: er zeigt einen Fries mit reich gekleideten 



gelungen, den nur auf dem Oppenheimschen Krug 
vollständig erhaltenen Fries, welcher den Kampf 
der Lapithen und Kentauren darstellt, auf einen 
Stecher zurückzuführen. Vielleicht giebt gerade die 
Publikation der Sammlung Anlass, dieser Frage 
wieder näher zu treten. 

Auch die Werkstätten einzelner Meister treten 
uns in der Sammlung in ihrem vielseitigen Schaffen 
deutlich entgegen, vor aUem der bedeutendste Meister 
Raerens Jan Eme.ns. Man erkennt hier deutlich, 
dass er kein gewülinlicher Krugbäcker war, sondern 



76 



DIE KRUGSAMMLUNG DES FREIHERRN ALBERT VON OPPENHEIM IN KÖLN. 



ein Mann von wirklich künstlerischer Anlage und 
Verständnis. Im Gegensatz zu den mannigfachen 
kuriosen und barocken Einfallen mancher Töpfer, 
die Ring- und Flach- 
Vexier- u.a, KrUge in ihren 
verschiedenen Variationen 
schufen, zeigen seine Ar- 
beiten in Form und Dekor 
durchweg eine strenge und 
bewusste Durchbildung, 
die unsere volle Bewun- 
derung erregt 

Nicht minder sind die 
Bäckereien von Freetten — 
durch eine Schnelle mit 
herrlichen Eostümfiguren 
und einen mächtigen Bart- 
mann, Siegburg — durch 
ganz besonders schöne und 
scharfe KrDge und Schna- 
belkannen, Nassau — durch 
seltene und ungewöhnliche 
Formen, vertreten kurz 
die Oppenheimsche Samm- 
lung bedeutet für die rhei- 
nische Krugbäckerei die 
Hauptstätte des Studiums 
und der Belehrung. 

Allmählich hat die 
Sammlung über die Gren- 
zen der rheinischen Arbei- 
ten hinausgegriffen und 
deutsche KrtSge mit far- 
bigen Zinnglasuren, sog. 
HirschvogelkrUge und Ver- 
wandtes, aufgenommen. 
Eine stolze Reihe dieser 



Erzeugnisse der Kunsttöpferei ist hier in Pracht- 
exemplaren vereinigt; alle öberragt der Krug aus der 
Sammlung Hastings, der kürzlich von Thewalt aus- 
führlich behandelt ist Da- 
ran schliesseo sich einige 
deutsche Ofenmodelle, als 
verwandte Arbeiten und 
als Parallelen ein kiemer 
Krug von B. Palissy und 
ab in Deutschland beson- 
ders schätzenswerte Kost- 
barkeit, weil das einzige 
Stück diesseits des Rh^ns, 
ein Oirongefaas, bekannt 
als Perle der früheren 
Sammlung Stein in Paria. 
Die keramischen Stu- 
dien in Deutschland haben 
sich in letzter Zeit mehr 
der Faiencefabrikation des 
18. Jahrhunderts zuge- 
wandt die merkwürdigen 
Werkstätten am Rhein 
und Maas sind dadurch 
etwas in Vei^essenheit ge- 
raten. Vielleicht lenkt die 
Publikation dieser bedeu- 
tendsten aller Sammlungen 
deutscher Steinzeugatbei- 
ten das Interesse der 
Kunstfreunde wieder auf 
diesen Zweig deutscher 
Kunst, der eingehender 
Erforschung noch bedarf 
und verdient 



A. PABST. 



Terlag: den JLitterarlschen Jahreftberlchtsi (Artur Seemann) in iLeipzig. 



-.^.^-., _ 



•N. - ^ A /•• 



Kulturbilder aus dem klassischen Altertume. 

I. HEndcl und Verkehr ^*' wichtigsten VSlker de» Mlttelmeeres. Von Dr. W. Richter, Mit 
^^,„„^^„_,^^^^^„.^,^,,,.,^,,,,^^,,,,^^^^,.,^^ Illustrationen und Karten. Geb. Preis 3 Mark. 

Der Verfasser behandelt auf eine Weise, welche zwischen Popularität und Oelehrsamkeit die rechte Mitte 
hält» durch zahlreiche, meist recht gute Illustrationen unterstützt, in 14 Kapiteln den Handels-, Markt-, Geld-, 
Industrie- und Post verkehr der Phönikei-, Karthager, Griechen und Römer. (Centralorgan f.d. J. Realschulwesen.) 




TT Tk\^ SnlPle ^^' kriechen und filmen Von Dr W. Richter. Mit Illustrationen. Geb. Preis 



3 Mark. 



Die beigegebenen zahlreichen Illustrationen dienen zur Veranschaulichung des reichhaltigen Textes, welcher 
in 10 Kapiteln ein ebenso anschauliches wie erschöpfendes, auf gründlichen Studien beruhendes, aber in 
populärer Sprache entworfenes Bild der für unsere Jugend so interessanten Materie bietet. Auch für 
Pädagogen und andere enthält das Buch viel Interessantes; sind doch die Spiele eines Volkes eine unwill- 
kürliche Selbstcharakterisirung desselben. 



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sondern überhaupt alles, was zu der Verehrung der Götter in Beziehung steht, z. B. einleitende Bemer- 
kungen über den Charakter der griech. und röm. Religion, Abschnitte über Tempel und Priester,' Fluch und 
Eid, Mantik und Orakel, Mysterien, Begräbiiiswesen u. s. w. Der Verfasser schreibt ausserordentlich klar 
und übersichtlich. (Evang. Kirchen- u. Schulblatt.) 

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auch die Macedonier, Pei-ser, Kaiihager, Kelten imd Germanen Berücksichtigung. Zahlreiche gute Illustra- 
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[1884 



Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens von Jacob Burck- 
hardt. Fünfte, yerbesserte und vermehrte Auflage. Unter Mitwirkung 
von Fachgenossen besorgt von Wilhelm Bode. 3 Bande, brosch. M. 13.50.; 

geb. in Kaliko M. 15.50. 



Verlag von E. A. SEEMANN In Leipzig. 

Die Renaissance-Decke 

im Schloss zu Jever. 

Herausgegeben von IL BoscheiL 

5 Lieferungen ii 5 Bl., in Licht- 
druck. Fol. 

Mit Text von Friedr. von Alten. 

o5 Mark. 

Geschichte der Holzbaukunst 

in Deutschland. 

V^on 

Carl Lachner, 

Direktor der Handw«rksfcchule in Hildesheim. 

Mit 234 Texlillustrationen, 4 Farben- 
drucken und einer Radirung. 

Hoch 4. Zwei Teile in einen Band geb. 

20 M. 

HOLBEIN UND SEINE ZEIT. 

Von Alfred Woltmann. 
Zweite umgearbeitete Auflage. 

Mit vielen Illustrationen, 
^eb. 15 Mark 50 Pif. 



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Verlag von E. A. SEEMANIT in Leipzig. 



Farbige Vorlageblätter. 

Zum Gebrauch für den Unterricht im Freihandzeichnen entworfen und gezeichnet von C. OedHiuS. 

20 Tafeln Querfolio. In Mappe 9 M. 

Diese Vorlageblätter enthalten Ornamente verschiedener Stilart«n, Metall- und Holzomamente tn Sägearbeit, 
Dekorationsmalereien, eingelegte Holzarbeiten, Thonfliessen, Holzmalereien, Tapeten- und Schabionenarbeiten etc. 
Die geschmackvolle, saubere, durchaus farbige Darstellung, sowie die vorzüglione Ausstattung lassen die „Vorlage- 
blätter" als ein empfehlenswertes Hilfsmittel für das Zeichnern in Fortbildungsschulen erscheinen. 

Die Fortbildungschule 1888, No. 15. 

Die farbigen Vorlageblätter sind im Grossherzogtum Hessen in allen Gewerbeschulen 
Ij amtlich eingeführt 

Vorbildersammluiig für das Elementar-Freihandzeichnen 

mit besonderer Berücksichtigung des gewerblichen Omamentzeichnens. 

Ein systematischer Lehrgang 

für Volksschulen, Realschulen und gewerbliche Lehranstalten, sowie zum Selbstunteiricht herausgegeben von 

Georg Graf, 

Vorstand der Facliabteilung der gewerblichen Fortbildungschule in München. 

120 Tafeln 4^. In Mappe 6 M. 3 Abteilungen, 

mit Text. Einzelne Abteihmgen 2 M. jede zu 40 Tafeln. 

Wandtafeln 

fiir den Zeichenunterricht an Volksschulen und gewerblichen Fortbildungsschulen von Georg Graf. 

20 Blatt auf Hanfpapier, t)3x84 cm., mit Text 

Preis in Mappe 10 M. 



Stufengang des elementaren Omamentzeiclmens 

mit Kolorier- und Komponierübungen. 

Eine auf dem Grunde der Leipziger Zeichenmethode stehende Anleitung zum Gebrauch au allgemein 

bildenden Lehranstalten von 

Martin Ludwig, 

Zeichenlehrer in Leipzig. 

72 schwarze und 12 farbige Tafeln nebst Text in Mappe 10 M. 

Ornamentale Formenlehre 

Eine systematische Zusammenstellung des Wichtigsten aus dem Gebiete der Ornamentik zum Gebrauch 
für Schulen, Musterzeichner, Architekten und Gewerbtreibende von Franz Safes Nleyer, Professor 
an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe. 300 Tafeln mit erläuterndem Text. Grossfolio. In Mappe 

mit Zugband 78 M. 



Ornamentvorlagen 

ftir Gewerbe, Fach- und Fortbildungsschulen gezeichnet und herausgegeben von Ferdinand Moser, 

Hauptlehrer in München. 50 Tafeln kl. Folio. Ladenpreis 15 M. 

Dies Werk ist aus einem bei dem Zeichenunterricht an den Münchener Fortbildungsschulen schon lange 
fühlbar gewordenen Bedürfnisse hervorgegangen. PjS bietet muBtergiiltige Motive in vorzüglicher Darstellung zu 
einem verhältnismässig geringem Preise. Den verschiedenen Fäcliern dei Technik entsprechend zerfällt es in 5 Ab- 
teihingen: I. Ornamente für Holz-, Stein- und Thonplastik; 2. Ornamente für Eisenplastik; 3. Ornamente für Edel- 
metallplastik; 4. Ornamente für Fläch endekoration; 5. Ornamente für Typographie und andere Vervielf^tigungsarten. 

In den Müuchener Fortbildungsschulen amtlich eingeführt. 

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Wandtafeln 

für den 2eicheuimterricht an Gymnasien und Realschulen von 

Emil Schick, 

Zeichenlehrer am Gymnasium zu Bruchsal. 

L Umrisse antiker Gefasse und baulicher Zierformen. 10 Tafeln in Mappe mit Erläuterungen 

Preis M. 3.20. 

Das Werk führt die kla4^^^isch antiken I'ormen in einfachster Weise vor, und bringt Vasen, Schalen, 

Rosetten, Stimziegel in scharfer, weithin sichtbarer Fonn. 






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Druck von August Pries in Leipzig. 




DIE SAMMLUNG KARASZ. 

VON JOSEPH DINER. 
MIT ABBILDUNGEN. 



Sammlung Kärisz in Budapest 
ar, muss man leider heute sagen, 
icht gerade durch ihre Stückzahl 
ärvorragend — sie enthielt etwa 
lindert Stücke — aber dadurch 
larakteristisch, dasa sie Gegen- 
stände fast aller Epochen und Qeschmacksrichtungen 
enthielt und fast jedes Stück den Sammler von grosser 
Feinfühligkeit und ausgezeichnetem Geschmacke 
verrät. 

Eine kurze Übersicht des Inventars der Samm- 
lung gicbt die beste Charakteristik derselben. 

Die Torgeschichtliche Zeit und die Epoche der 
Völkerwanderung sind durch 15 Stücke vertreten. 
Es sind durchweg Goldgegenstände, zumeist ungari- 
schen Ursprungs, fast durchgehend oharakteriatische 
und BchSne Stücke. 

Ägypten ist zwar nur durch einen Ring ver- 
treten, derselbe stammt aber aus der vierten Pyra- 
mide — der des Königs Monctera — und trägt eine 
Inschrift mit königlichen Insignien. 

Die romanische Periode ist durch einen inter- 
essanten Bronzeleuchter vertreten, der aus der Kirche 
von Lodi stammen soU, und durch eine getriebene 
und zum Teil vergoldete Süherschale. 

In der Goldschmiedeausstellung in Budapest war 
eine ganze Suite solcher Schalen derselben Arbeit 
zu sehen. Der Katalog hat dieselben ohne weitere 
Bemerkung dem 14- — 15. Jahrhundert zugesprochen, 
während die Pariser Publikation von einem direkten 
orientalischen Ursprünge spricht. Meinem Ermessen 
nach stammen diese Arbeiten, die eine Mischung 
orientalischer und romanischer Motive zeigen, aus 
dem Ende des 16. oder Anfang des 17. Jahrhunderts. 
Hierfür sprechen verschiedene Umstände. Zunächst 
EDsitgawoTbabUtt. K. F. 1. 



die Art der Arbeit. Die Darstellungen sind im 
Hochrelief herausgetrieben, sehr scharf konturirt, 
und zeigen an einzelnen Stellen Spuren von Per- 
spektive , was weder bei orientalischen noch bei 
romanischen Arbeiten je der Fall ist. Sodann ist es 
sehr unwahrscheinlich, dass ungarische oder deutsche 
Goldschmiede vor Ende des 16.' oder Anfang des 
17. Jahrhunderts mit orientalischen Arbeiten schon 
so bekannt gewesen sein sollen, um sich von ihnen 
so stark beeinflussen zu lassen, wie es in diesen Ar- 
beiten geschehen ist. Endlich trägt unsere Schale 
zwei Stempel, die ganz entschieden für den Beginn 
des 17. Jahrhunderts sprechen, nämlich eine Zick- 
zacklinie und einen Pinieuzapfen, der dem bekannten 
Beschauzeichen der Stadt Augsbui^ ganz ähnlich ist. 

Meiner Ansicht nach haben die betreffenden 
Goldschmiede bei diesen Arbeiten die Absicht ge- 
habt, Arbeiten von altertümlichem Geschmack her- 
zustellen. Da sie aber mit den echten alten Mo- 
tiven nicht vollkommen vertraut waren, benutzten sie 
auch orientalische Motive, die ihnen zu jener Zeit 
sehr nahe lagen und dennoch im allgemeinen fremd 
und veraltet erschienen. Den historisch ungeschul- 
ten Augen jener Goldschmiede mögen wohl oft die 
romanischen und die orientalischen Motive als gleich 
erschienen sein. 

Besonders zahlreich vertreten ist in der Samm- 
lung die Renaissaocezeit imd zwar in allen Ab- 
stulungen von der Frtihrenaissance bis zum Rokoko. 

Unter den Renaissancewerken ragen besonders 
die Emailarbeiten hervor, von denen ein Teil schon 
in der Pariser Publikation veröfl'entlicht ist 

An erster Stelle steht das grosse Vortr^skreuz 
der Seiden weher zunft von Florenz (siehe Cheft 
d'oeuvres etc. Tome II, pt^. 39). Ein Meisterstück 



ILUNG KARASZ. 

ef, welchem sich eine ireistehende Figur erhebt Eine 

^ Augabui^er Arheit aus dem AnfaDge dea 17. Jahr- 
hunderts mit dem Stempel MB, entweder Melchior 

■d- Bajr, gestorben 1634 oder Mathias Brezel, gestorben 

ist 1635. Eine Spezialität dieser Meister waren eben- 

ite solche kleine Becher. 

Qn Ein anderer Becher (Fig. 2) ist ganz bedeckt 

el, mit einem Netze von Laub- und Blumengewinden 

es, in Beliefemail, welches fOr sich gegossen und dann 



Flg. 1. Beoher, Silber getrieben null vergoldet; 

Fuss u. Schaft mit Lackflu-beo bemalt. Angiborg. 

17. Jahrb. — H. IT em. 



auf dem Becher aufgelötet bt. Der Fuss ist rund 
und etwas aufgebaucht. Am Schail bildet ias 
Lanbgewinde eine Art Blumenkorb, von dem drei 
Henkel zu dem Kelche gehen. Der Kelch selbst 
ist am unteren Teile von einen emaillirten Pal- 
mettenkranz umschlossen und durch einen kleine 
Wulst in zwei Felder geteilt, die mit sehr reichen, 
einaillirt«m Ornamente bedeckt sind. Ebenso oma- 
mentirt ist der Deckel, aus dessen Mitte sich ein frei- 
stehender, aus sechs Blumen gebildeter Blumenstnuiss 
erhebt. In dem Kelche einer jeden dieser Blume be> 
findet sich eine Perle. 

Der auf Seite 80 abgebildete EmailteUer ist 
ein durchaus charakteristisches StUck des söge- 



DIE SAMMLUNG kIRÄSZ. 



Dannten .yenetiaiiisclieD Emails". Der Rand des hier 
abgebildeten flachen Telleis ist grDn und ze^ die 
diesen Arbeiten eigentOmlichen rings herumlaufeD- 
den Bnndfalten (godrons), welche rertieft und weiss 
emaillirt sind. Die Mitte der ScbQssel zeigt wieder 
solche Knndialten, aber diesmal 
erhSht imd blaa emaillirt. Die 
Rückseite ist blau emaillirt. Über- 
dies ist die ganze Schüssel reich 
bedeckt mit Eichenlaub, Fam- 
kraut, Rosetten und Sternen in 
Gold. Über Ursprung und Fabri- 
kationsort dieses Emails ist will- 
kürlich oftmals die Ansicht aus- 
gesprochen worden, dass es aus 
China stamme. Doch muss dem 
entschieden widersprochen wer- 
den, denn das Maleremaü ist in 
China überhaupt erst im 18. Jahr- 
hundert allgemein in Gebrauch 
gekommen und zwar direkt unter 
Einfiufls der Limousiner Technik, 
die von europäischen Missionären 
in China eingebürgert wurde. 
Meine Ansicht darüber ist fol- 
gende: Über der Zeit in welcher 
diese Technik blühte, sind wir 
genügend informirt, sowohl 
durch das bekannte datirte Ci- 
borium Im Besitze des Baron 
Gustav Rothschild aus dem Jahre 
1502 mit der Inschrift: DE 
CARAMELLIS PLEBANUS 
FECIT FIERI DE ANNO 
MCCCCCII. (Siehe Catalogue 
du Musee retrospective de 1865 
Nr. 3275), als auch durch die in 
diesen Arbeiten allgemein vor- 
herrschende Renal ssanceform. 

Zu jener Zeit im 16. Jahr- 
hundert war aber in Europa die 
Emaillirtechnik schon genügend 
entwickelt, so dass wir die Ab- 
stammung dieser Technik nicht 
erst in China suchen müssen. BezOghch der Deko- 
ration aber scheinen mir die bekannten maurischen 
Fayencearbeiten hier von Einfluss gewesen zu sein. 
In diesem Falle ist, wenn auch nicht direkt Spanien, 
so doch am ehesten Venedig, das ja in jener Zeit mit 
allen orientalischen Völkern im engsten Verkehre war, 
als ürsprungsort dieser Fabrikate zu bezeichnen. 



79 

In eine viel jttngere, uns beinahe modern erschei- 
nende Zeit führen uns die unter Figur 4 u. 5 darge- 
stellten G^enstände. Sie stammen beide aus dem 
Zeitalter des Rokoko. 

Figur 4 zeigt eine kleine Tabatiäre aus Gold 
mit Email und Edelsteinen ge- 
schmückt. Die ganze Dose ist 
translucid blau emaillirt auf guil- 
lochirtem Grunde. DerDeckelist 
am Rande mit einer Reihe vonFer- 
len besetzt, in der Mitte ist ein 
eben&lls von Perlen umrahmtes 
Medaillon eingesetzt Das Me- 
daillon zeigt uns eine ländhche 
Scene in Maleremaü. Auf dem 
Rande zwischen den Perlen so- 
wie auf der Rückseite sehen wir 
eine Reihe von Pfauenfedern, bei 
denen die einzelnen Federn durch 
Goldstriebe angegeben sind und 
das farbige Auge der Pfanen- 
fedem durch translucides EmaiL 
Die Technik dieser Arbeit gleicht 
beinahe den Arbeiten in Email 
cloisonne. Die aus ganz feinem 
Golddraht gearbeitete P&nen- 
feder wird namhch noch vor der 
Emaillirung auf guillochirt«m 
Goldgrunde aufgelötet und das 
Ganze dann behandelt wie Zel- 
lenemail. Diese Art Dosen spielt 
in der französischen Kleinkunst 
eine grosse Rolle. 

Es ist bekannt, dass der Ta- 
bak schon im Jahre 1563 in 
Frankreich Eingang gefunden 
hat. Damals offerirte Jean Nicot, 
französischer Gesandter am Hofe 
des Königs Sebastian von Por- 
tugal, der Königin Katharina 
von Medici gegen ihre häufigen 
Kopfschmerzen Tabak. Da dieses 
Mittel half, fand der Tabak bald 
allgemeine Aufnahme, und damit 
kamen auch die Tabaksdosen in Gebrauch, und trotzdem 
Ludwig XIV. ein ausgesprochener Feind des Tabaks 
war, so hatten doch schon Ende des 17. Jahrhunderts 
die Tabaksdosen die früher üblichen Konfektdosen voll- 
ständig verdrängt Es wurde darin der grösste Luxus 
getrieben und überall, wo man irgend ein wertvolles 
Geschenk geben wollte, wurden Dosen gegeben. 



80 



DIE SAMMLUNG KÄRÄSZ. 



Die unter Figur 5 dargentellte Dose ist aus Silber, 
viereckig und sf«ht auf vier palmefctenartigen Füssen. 
In die vier Seiten der Dose sowie an beiden Seiten 
des Deckels sind emaillirte Kupferpktten eingelassen, 
auf diese in Email gem^t Undliche Liebesscenen in 
Rokokogeschniack. Die Arbeit ist sacbsiscb und 



blick im Unkkren ist, ob man Email oder Porzellan 
vor sich hat. Ein zvreites sehr interessantes Eenn- 
zeichen dieser sächsischen Arbeiten ist die land- 
schaftliche Darstellung. Während uns die französi- 
schen Arbeiten fast stets eine Landschaft mit freiem 
Horizonte zeigen, sehen wir bei sächsischen Arbeiten 



Fig. 3. Scbilssel, Venetianer Email, id. Jkbrh. - 



stammt aus der Zeit um 1750. Alle derartigen säch- 
.sischen Emailarbeiten sind auf weissem Grunde aus- 
geführt Aber während die ähnlichen französischen 
Arbeiten weiches, warme.'^, fast ins Graue spielen- 
des Weiss zeigen, ist das Weiss der sächsischen Ar- 
beit stets ganz kalt, so dass man im ersten Augen- 



zumeist im Hintergrunde die für das Rokoko so 
wichtigen, zierlichen, kleinlichen aber pittoresken 
Felsenformationen, fUr die offenbar die sschsisclie 
Schweiz — die ja selbst nur ein StRck Rokokonatur 
ist — als Vorbild diente. 



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FAYENCEFLIESE IN MOSAIKTECHNIK. 




IE AUF der beigegebenen Tafel ab- 
gebildete Mosaikfliese aus dem 
konigl. Eunstgewerbemuseum in 
Berlin ist das schönste und grösste 
von allen in öffentlichen Samm- 
lungen vorhandenen Beispielen 
dieser seltenen und eigentümlichen Art orientalischer 
Wandbekleidung. Dieselbe weicht in der Technik von 
den gemalten persischen, arabischen und türkischen 
Wandfliesen vollständig ab, wenn auch das Material 
ziemlich das gleiche ist. Die Ornamente werden 
nicht durch Malerei auf weissem oder farbigem 
Grunde, sondern durch musivisches Zusammensetzen 
einzelner einfarbig glasirter Stücke hergestellt. Der 
Hauptbestandteil der Masse dieser Stücke ist wie bei 
den meisten Erzeugnissen persischer Keramik reiner 
weisser Quarzsand. Die Masse ist deshalb sehr hart 
und wird durch Beimischung von Ealk oder Thon- 
erde plastisch gemacht Dem Muster entsprechend 
wird diese Masse in Stücke von verschiedener Grösse 
zerschnitten. Es lässt sich bei der geringen Anzahl 
von Bruchstücken dieser Fliesen, die nach Europa 
gekommen sind, nicht mit Sicherheit feststellen, ob 
das Zerschneiden noch vor dem Brande erfolgt, oder 
ob erst aus grösseren, bereits glasirten Platten die 
einzelnen Teile des Musters herausgesägt werden. 
Wahrscheinlich ist, dass das Formen noch vor dem 
Brande in der weichen Masse vorgenommen wird. 
Die Glasuren sind in der Masse gefärbt und zumeist 
durchsichtig. Bei der in Abbüdung vorliegenden 
Platte sind nur die weissen und türkisblauen Teile 
mit zinnhaltiger also undurchsichtiger Glasur über- 
zogen. Die dunklen Farben, wie kobaltblau und 
schwarz, sind direkt auf die Masse aufgetragen; die 
helleren, gelb und grün, liegen auf einer dünnen 
Angussschichte oder Engobe, welche bestimmt ist, 
die etwas unreine Farbe der Masse zu verbergen. 
Auch diese Engobe besteht vorzugsweise aus Kiesel- 



säure, ist aber besser gereinigt und daher von tadel- 
loserem Weiss als die Masse selbst. 

Die farbig glasirten Stücke werden dem Muster 
folgend in dicken Mörtel eingesetzt. Da die Stücke 
nach unten abgeschr^t sind, kann der Mörtel zwi- 
schen denselben aufsteigen und sie festhalten, ohne 
doch an der Oberfläche störend sichtbar zu werden. 
Bei guten Arbeiten, wie dem vorliegenden Exemplar, 
sind die Teile des Ornamentes trotz der geschwun- 
genen Linien mit erstaunlicher Genauigkeit und 
Fehlerlosigkeit aneinander gef&gt. Auch bei sol- 
chen Partien, wo Löcher ausgesägt sind zur Auf- 
nahme kleinerer Plättchen — die grünen Schuppen 
sind auf diese Weise in die Fischkörper eingesetzt 
— zeigt sich die Fuge nur als feine Linie. 

Die Technik ist also eine sehr mühsame, aber 
die Wirkung ist auch zumal durch den ausserordent- 
lichen Glanz, die Tiefe und Leuchtkraft der durch- 
sichtigen Glasuren eine ungemein prächtige und wird 
von den gemalten Fayencefliesen kaum erreicht. — 
Über die Geschichte dieser Mosaiktechnik ist sehr 
wenig bekannt. Sie erscheint zuerst an den Bauten 
der Herrscher mongolischen Stammes in Persien und 
Kleinasien; die Bauinschriften nennen mehrfach per- 
sische Künstler. Auch das Grabgebäude Timur-lenks 
in Samarkand ist mit Mosaikfliesen dekorirt, die in 
der Ausführung aber an die Arbeiten der Blütezeit 
persischer Kunst, wie das vorliegende Exemplar nicht 
heranreichen. Von Persien ist die Technik durch 
die Moguldynastie nach Indien übertragen worden. 
In Sind wurden diese Fliese „Kashi" bezeichnet, ein 
Name, der in Persien für Fliesen überhaupt ge- 
bräuchlich ist, da die Stadt Kashan eine Hauptstätte 
persischer Keramik gewesen ist. In Persien und 
Indien ist die Technik heute ausgestorben; in der 
Türkei werden mosaikartig zusammengesetzte Fliesen 
in geradlinigen, geometrischen Mustern aber noch 
in diesem Jahrhundert gearbeitet. F. 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



— Badischer Kunstgcicerheverein. In der letzten Monats- 
versammlung des Vereins, Dienstag, den 6. d. M., hielt Herr 
Geheimrat Prof. Dr. Lübke im Saale der Vier Jahreszeiten 
einen äusserst anregenden Vortrag über „farbige Innendeko- 
ration^' yor einem zahlreichen Publikum (darunter viele Ar- 
chitekteu; Dekorationsmaler und sonstige Interessenten)^ wel- 
ches mit gespannter Aufmerksamkeit den geistreichen Aus- 
fiLhrungen des geschätzten Redners folgte. Als Illustration 
des Vortrages war eine mehrere hundert Blätter umfassende 
Ausstellung angeordnet, bestehend aus den bedeutendsten 
neueren Publikationen farbiger Dekorationen, sowie aus wert- 
vollen Originalaufiiahmen hiesiger Künstler und zwar von 
den Herren Direktor Oötx^ Professoren Bischoff j Eyth und 
Lepy^ Architekten Hafner j Hummel und Moser. Gerade diese 
mitunter sehr flott und meisterhaft behandelten Reisestudien 
erregten durch die Frische ihrer Auffassung, wie durch ihre 
getreue Wiedergabe die besondere Aufmerksamkeit der Zu- 
hörer. Dem Vortrag selbst entnehmen wir: Jeder Mensch 
hat das Bedürfnis und den Trieb, seine Aufenthaltsräume 
möglichst wohnlich zu gestalten, sie mit mehr oder weniger 
künstlerischem Sinn, sei es durch stoffliche Bekleidung der 
Wände und Decke, sei es mit Hilfe der Malerei auszustatten. 
Schon der orientalische Nomade der frühesten Zeit hat diesem 
Bedürfnis Rechnung getragen und seine Zelte mit Teppichen 
ausgestattet. Später, nachdem an Stelle dieser provisorischen 
Wohnstätten feste Niederlassungen getreten waren, nahmen 
diese Innendekorationen eine bestimmtere Richtung an und 
wurden die Grundlage der spätren orientalischen Pracht- 
ausstattungen, welche wie die reichsten Teppiche |in den 
prächtigsten farbenreichsten Darstellungen Wände und Decken 
schmückten. Auch in Italien finden wir schon frühzeitig 
eine entwickelte Innendekoration, wie aus vielen noch er- 
haltenen Beispielen zu ersehen ist, doch tragen diese Deko- 
rationen einen ganz anderen Charakter als die orientalischen. 
Die Wandbekleidungen verschwinden und an ihre Stelle tritt 
die Wandmalerei, welche Werke des höchsten Glanzes ge- 
schaffen hat. Schon die pompejanischen Wandmalereien 
gehen über die teppichartige Dekoration der Orientalen weit 
hinaus. Die Wände werden durch die Dekoration gegliedert 
in Sockel, Predella und Abschluss durch einen Fries, da- 
zwischen gemalte Darstellungen, oben, perspektivisch darge- 
stellt, scheinbar der Ausblick ins Freie, ebenso an den Wän- 
den spielende, perspektivische Dekorationen. Die Gewölbe 
und Wanddecken, welche als Himmelsgewölbe gedacht sind, 
werden tiefblau mit Goldomamenten oder umgekehrt mit 
blauen Dekorationen auf Goldgrund (wobei der Himmel in 
idealer Weise als von der Sonne bestrahlt gedacht ist) dar- 
gestellt Das Christentum bringt eine grosse Umwälzung in 
der Innendekoration hervor. Es kennt in seinem Anfang 
keine Lebensfreude, was auch in seinen Dekorationen und 
Darstellungen zum Ausdruck kommt. Die spätere Zeit bringt 
im 5. bis 6. Jahrhundert in Byzanz das Mosaik, welches bis- 
her nur als Fussbodenschmuck verwendet wurde, zur Gel- 
tung, indem sie dasselbe in gradezu grossartiger Weise zur 
Dekoration von Wänden und Decken zur Anwendung bringt. 



(Hagia Sophia in Eonstantinopel). Auch im Norden in 
Deutschland, finden sich zu dieser Zeit die ersten Wand- 
malereien. Eines der frühesten erhaltenen Denkmäler über- 
haupt befindet sich in unserem Lande. Es sind dies die 
Wandmalereien in der St. Geoigskirche zu Oberzell auf der 
Insel Reichenau, welche aus dem Anfange des 11. Jahr- 
hunderts stammend, in ihrer Disposition noch einen deut- 
lichen Nachklang der alten Mosaikmalereien erkennen lassen. 
Die arabische Kunst zeigt in ihrer Innendekoration eine 
reiche Entwickelung. Die Darstellung der menschlichen Ge- 
stalt wird seltener und es kommt hauptsächlich das lineare 
Ornament, in welchem die Kompositionsphantasie keine 
Grenzen kennt, zur Geltung. Als Ausläufer der arabischen 
Kunst ist der maurische Stil anzusehen, der besonders in 
Spanien (Alhambra) seine höchste Blüte erreicht. Die per- 
sische Innendekoration hSJt mit der maurischen gleichen 
Schritt, doch bemerkt man hier bereits wieder das Herein- 
ziehen von Blumen, ja sogar schüchterne Darstellungen von 
Menschen- und Tiergest-alten, also ein Herausgehen aus den 
strengen linearen Kompositionen der Mauren. Im Abend- 
land bringt uns die romanische Kunst meistens religiöse Dar- 
stellungen. Beispiele: Kirche zu Schwarzrheinsdorf aus dem 
12. Jahrhundert, Dom zu Braunschweig und Kirche St Mi- 
chael in Hildesheim, in welch letzterer die Decke noch ganz 
in ursprünglicher Gestalt erhalten ist. Die Gotik übte einen 
nachteiligen Einfluss auf die Wandmalereien aus und ver- 
drängte letztere fast vollständig durch ihre Glasgemälde. 
(St. Chapelle, Paris). In Italien tritt die Gotik nur verein- 
zelt auf, hat uns aber in Giotto's Malereien in Assiai ein 
hervorragendes Denkmal der gotischen Kunst hinterlassen. 
Die Renaissance bringt uns in Italien aus der römischen 
Schule figurenreiche Kompositionen, als deren Hauptmeister 
Paul Veronese zu nennen ist. Im allgemeinen hat die ita- 
lienische Renaissance eine Vorliebe für Darstellungen in 
lichten Tönen. Auf deutschem Boden hat die Innendekora- 
tion eine ganz andere Gestalt angenommen. Die Holzbe- 
kleidungen der Wände und Decken, vereinzelt gering be- 
malt, verdrängen die eigentliche Wandmalerei. Diese Vor- 
liebe für Holzdekoration war durch die Natur selbst gegeben 
und zwar erstens durch den Holzreichtum des Landes, zwei- 
tens durch die Gewohnheit der Deutschen, welche in den 
Wäldern wohnten und von jeher ihre Bauten und deren 
Ausschmückung in Holz auszuführen gewohnt waren. In 
Frankreich entwickelte sich eine selbständige leichÜuftige 
Dekoration unter italienischem Einflüsse. Alles Schwere wird 
abgestreift, alle Farbentöne au& Feinste gebrochen. Nar 
zarte Mitteltöne, wie sie auch die Kostüme dieser Zeit zeigen, 
beherrschen das Interieur. Die Empirezeit bringt eine voll- 
ständige Umwandlung, ja einen völligen Verfall der farbigen 
Dekorationen. Die Wände und auch die Möbel werden weiss 
gestrichen und nur mit geringer Vergoldung geziert Erst 
in den vierziger und fünfziger Jahren unseres Jahrhunderts 
erschienen — zuerst in München — schüchterne Versuche 
von Wanddekorationen, doch erreichten dieselben ihre alten 
Vorbilder nicht. Erst in neuerer Zeit wird wieder Besseres 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



83 



geleistet, und das ist um so anerkennenswerter, als die heu- 
tigen Künfitler keine auünuntemden farbigen Kostüme, son- 
dern nur die zwar praktisch aber unschön sich fast nur in 
Grau und Schwarz bewegende Kleidung vor Augen haben. 

Der im Kunstgewerbeblatt, Bd. II, S. 46 etc., beschrie- 
bene und abgebildete Deckelpokal des Museums zu Darm- 
stadt, nach Rosenberg eine Arbeit des Strassburger Künstlers 
Linhard Bawer (Bauer), der die Jahreszahl 1539 trägt, wurde 
trotz des Anathems „den Hause veralienirt'S dem er seit 
1658 angehört hatte Er fand sich nämlich nach Aufhebung 
des Deutschordens durch Napoleon (1806) in der Deutsch, 
ordenskommende Mülheim a. d. Ruhr, Kreis Arnsberg, im 
ehemaligen Herzogtum Westfalen, vor und wurde im Januar 
1810 nach Darmstadt ins Museum geschickt. Interessant ist 
die fiir den damaligen Zeitgeschmack bezeichnende Kritik 
des Bechers: «Etwas ganz Besonders ist er nicht. Der in- 
skribirte Fluch ist das Merkwürdigste.' Sie findet sich in 
einem Schreiben, in welchem der hessische Bevollmächtigte 
die Absendung des Fokales nach Darmstadt anmeldet. 

Dr. ÄDAMY. 
F. Prag, Das kunstgewerhlicke Museum der Handels- 
und Qetcerhekammer beklagt auch im Bericht über das Ver- 
waltungsjahr 1889 die Unmöglichkeit, allen Aufgaben nicht 
gerecht geworden zu sein, wegen Raummangel, der ein 
chronisches Übel aller Gewerbemuseen zu sein scheint. Da- 
gegen wird mit Befriedigung konstatirt, dass das Interesse 
an dem Institut und seinen Bestrebungen in allen Kreisen, bei 
Förderern sowohl als Benutzem zunimmt Die Sammlungen 
weisen eine Vermehrung von 501 Nummern auf, wovon 66 
geschenkt wurden; dieselben verteilen sich auf alle Abtei- 
lungen. Die Bibliothek erfuhr eine Erweiterung an 218 
Werken in 303 Bänden und zählt mit den hinzugekommenen 
2024 Blatt zur Zeit 11 586 Blatt VorbUder. Sie wurde von 
2002 Fersonen benutzt. Vorträge wurden acht gehalten ab- 
wechselnd in deutscher und tschechischer Sprache. Der Be- 
such der Sammlung betrug 58120 Fersonen. 

Rd. Dresden. Die königl, Kunstgewerheschule und das 
Kunstgewerbemuseum erstattet in eingehender Weise Bericht 
über die Schuljahre 1887/88 und 1888/89, sowie über die Or- 
ganisation des Instituts. Danach betrug die Schülerzahl 
während der vier Semester 1887 bis 1889: 163, 145, 185 resp. 
146. Der TiChrplan hat eine Erweiterung erfiähren durch 
Errichtung eines Kursus für Kalligraphie und Schriftmalerei. 
Vom Winterhalbjahr 1889/90 gelangt femer der Abendunter- 
richt an der Schule zur Einfuhrung, veranlasst durch die 
Auflösung der bisherigen Abendzeichenschule für Hand- 
werker. — Die Sammlungen des Museums haben sich seit 
1887 um 5057 Nummern vermehrt; der Bestand beträgt zur 
Zeit 22402 Nummern. Der Besuch betrug 11153 resp. 7485 
Fersonen, von denen die kleinere Hälfte Schulangehörige 
waren« Eine besonders dankenswerte Beigabe enthält der 
Bericht in den eingehenden Mitteilungen Über die Bibliothek, 
namentlich in dem Abdruck des Fach- und alphabetischen 
Katalogs der Vorbildersammlung, die zur Zeit ca. 55000 Blatt 
umfasst. Auch in Dresden hat man bei der Einteilung der 
Vorbildersammlung kein „System" befolgt, sondern sie dem 
Bedürfnis der Frazis sich angepasst; für viele Anstalten wer- 
den daher diese Kataloge nicht bloss von Interesse, sondern 
bei Neu- und Ümordnungen von grossem Wert sein. 

F. — Berlin, Der Jahresbericht des Vereins für deut- 
sches Kunstgewerbe für 1889 zeigt den Verein in weiterer 
Entwickelung. Die Zahl der Mitglieder hat sich nicht nur 
vermehrt (auf 480), sondern auch die Teilnahme an den Ver- 
sammlungen war eine lebhaftere als bisher. In acht Haupt- 
versammlungen wurden neun Vorträge gehalten, in sieben 



zwanglosen Sitzungen 22 Vorlagen gemacht, die zu längeren 
Besprechungen Anlass boten. Mehrere Wettbewerbungen 
vom Verein und Mitgliedern ausgeschrieben waren von 
Erfolg gekrönt. Die Einnahmen haben sich fast 1500 M. 
höher gestellt, die Ausgaben um 529 M. niedriger als der 
Voranschlag; trotzdem ist eine ünterbilanz von 1130 M. 
vorhanden. Den Vorstand bilden z. Z. die Herren Lüders, 
Schulz, Schröer, Hildebrandt, Jessen, Thiele, Mitterdorfer nebst 
sechs Ausschussmitgliedem. 

— Dresden, Die Textilabteilung des Königl. Kunst- 
gewerbemuseums zu Dresden hat in erster Linie den Zweck, 
gleich der Sammlung von Möbeln, Metall-, Thon-, Glas- u. s. w. 
Arbeiten, als Unterrichts- und Anschauungsmaterial für die 
Schüler der Königl. Kunstgewerheschule zu dienen. Da an 
dieser eine besonders stark besuchte Abteilung für Muster- 
zeichner (für Tapeten, Webstoffe, Druckstoffe, Gardinen und 
Spitzen) besteht, so wurde von Anfang an der Textilabteilung 
ein besonderes Interesse zugewendet, auch in Rücksicht auf 
die hochentwickelte Textilindustrie Sachsens. Da für die 
praktische Benutzung der Muster die Teclmik, Farbengebnng 
u. s. w. die grösste Rücksichtnahme erfordert, so wurde, 
nachdem die Sammlung europäischer Stoffe einen grösseren 
Umfang erreicht hatte, die ohnehin schwierige chronologische 
Ordnung dieser Abteilung im ganzen aufgegeben und die- 
selbe vom technischen Gesichtspunkte aus in elf Unterabtei- 
lungen zerlegt, innerhalb welcher dann die chronologische 
Ordnung durchgeführt wurde. Diejenigen Stoffe, welche über 
das 15. Jahrhundert zurückdatirt werden mussten, blieben 
hierbei unberücksichtigt; ebenso wurden die Bordüren aller 
Techniken ausgeschieden, um der praktischen Benutzung 
möglichst entgegen zu kommen. Was das Alter des noch 
verbleibenden Bestandes anbelangt, so wurden der Geschmacks- 
richtung und dem damit Hand in Hand gehenden Angebot 
folgend, im allgemeinen zwar alle Stile von der Gotik und 
Renaissance an berücksichtigt, doch erschienen die Stile des 
17. und 18. Jahrhunderts für die Praxis als die begehrens- 
wertesten und dürften sonach Barock, Rokoko und Louis XVI. 
die am meisten vertretenen Stilrichtungen sein. Um die Aus- 
stellung und Durchsicht des Materials leicht bewerkstelligen 
zu können, wird das Mass der einzelnen Stücke auf die Di- 
mensionen von ca. 70 zu 50 cm beschränkt, natürlich abge- 
sehen von Mustern mit grösseren Rapporten und Gebrauchs- 
stücke, deren Erhaltung in der ursprünglichen Form wün- 
schenswert erscheint Die bei Abtrennung der für das Museum 
bestimmten Stücke verbleibenden Doubletten werden in den 
Industrieorten Sachsens — in Auswahl nach deren speziellen 
Interessen — als Wandersammlung auf längere Zeit Auf- 
stellung finden. Die einzelnen Muster werden auf Fappen 
mit vorstehenden Rändern aufgesteckt und sind davon ca. 
1000 Stück in verglasten Rahmen mit einer bedeutend höheren 
Zahl von Objekten in den Museumsräumen aufgestellt, das 
Übrige ist ebenda jederzeit leicht zugänglich. Der Bestand 
der Sammlung ist folgender: Stoffe 4452 Stück. Buntsticke- 
reien 539 Stück, Spitzen und Weissstickereien 2566 Stück. 
Verschiedenes: Gobelins 19, Borten und Bänder 322, Fosa- 
menten 459, Ledertapeten 90, Buntpapiere 1039, Gewänder 41, 
zusammen 1976 Stück. Orientalische Stoffe, Stickereien, Tep- 
piche 613 Stück. Japanische und chinesische Stoffe und 
Stickereien 1873 Stück. Summa 12019 Stück. Femer sind 
zum Studium für moderne Farbengebung, Material, Web- 
technik, Bindungseffekte u. s. w., das zur vollständigen Aus- 
bildung des praktischen Musterzeichners unentbehrlich er- 
scheint, eine Anzahl Kollektionen umfassend: französische 
Möbel- und Forti&renstoffe, Elsässer bedruckte Möbel- und 
Forti^renstoffe, französische Seidenstoffe, Gardinen, französi- 



84 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



sehe und englische Papiertapeten mit in Summa 14000 Stück, 
17 Bände onentalische Webstofie, alte japanischer Stoffab- 
schnitte, Patronen für Lyoner Seidenstoffe ca. 1780, Patronen für 
ältere sächsische Leinendamaste, Patronen für kirchliche und 
Profanstickerei ca. 1750» Süddeutschland, ältere sächsische ge- 
klöppelte Spitzen, Aufwinden sächsischer geklöppelter Spitzen, 
moderne sächsische Posamenten , ältere sächsische Weiss- 
stickereien und japanische Druckschablonen mit 12000 Stück 
vorhanden. Eine weitere Ergänzung findet die Textilab- 
teilung duich die in der Bibliothek zugänglichen alten und 
neuen Tafel- und Textwerke über Weberei, Stickerei, Spitzen 
u. s. w. insgesamt 235 Werke, mit 254 Bänden, sowie die 
entsprechenden sachlich und chronologisch geordneten Ab- 
teilungen der Vorbildersammlung, denen auch die vorhan- 
denen Kopien von Textilien aller Art eingeordnet sind, mit 
2812 Blatt und derjenigen der Omamentstichsammlung mit 
110 Blatt. 

Rd. An der grossherxogl, KunstgewerheschuU Pfor^ 
heim hat auch im verflossenen Schuljahr die Zahl der 
Schüler wieder zugenommen; sie betrug 239 gegen 219 im 
Vorjahr. Sammlung und Bibliothek erfuhren planmässige 
Erweiterung durch Ankäufe und Geschenke; Studienreisen 
des Direktors und einiger Lehrer kamen diesen Erwerbungen 
zu gute. Mit Stolz sah die Anstalt, dass bei einer Konkur- 
renz für Schmucksachen, welche vom Berliner Kunstgewerbe- 
verein ausgeschrieben war, sämtliche Preise an ihre Schüler 
fielen; auch in Schwäbisch Gmünd errangen drei Schüler 
Preise m einem Wettbewerb. Im Lehrplan sind Änderungen 
nicht vorgenommen. 

— Karlsruhe. Von dem Preisgericht wurden für ihre 
zufolge des Ausschreibens der grossherzogl. badischen Landes- 
gewerbehalle (Bad. Gewerbezeitung Nr. 44, v. J. 1889) ein- 
gesandten Wettbewerbungsentwürfe folgende Staatspreise zu- 
erkannt: 1. Für einfache, durch Malerei zu verzierende Möbel: 
dem Lehrer Oeorg Zimmer in Kassel und Bauakademiker 
Paul Hörig in Frankfurt a. M. je 160 M., sowie dem Archi- 
tekten Richard Langer aus Karlsruhe, z. Z. in Stettin 80 M. 
2. Für einfache Gebrauchstöpferei: dem Modelleur Karl 
Kuhnd in Marienburg 200 M. 

H. A. L. Die seit Ende April zur Verteilung gebrachte 
ErinnertmgsmedaiUe an das Wettinfest^ welche sowohl in 
Silber als auch in Bronze ausgeföhrt worden ist, erweist sich 
als eine der besten Prägarbeiten der Königl. Münze in Mulden- 
hütten bei Freiberg aus neuerer Zeit. Die Zeichnung der 
Medaille rührt von Herrn Prof. Johannes Schilling her, wäh- 
rend der Prägstempel von Herrn Münzgraveur Bardideck in 
Dresden hergestellt worden ist. Auf der einen Seite der Me- 
daille sehen wir das besonders wohlgelungene Porträt Sr. 
Majestät des Königs Albert, auf der anderen Saxonia als 
Schutzgöttin des Sachsenlandes, der Männer, eine Frau und 
ein Kind ihre Huldigung darbringen. Im ganzen sollen etwa 
3000 Exemplare solcher Medaillen zur Ausgabe gelangt sein. 

Mit Recht fügte A, Ledebur dem Titel seines Buches: 
Die Legierungen in ihrer Amvendufig für 'gewerbliche 
Zwecke. IV u. 161 S. 8°. Berlin 1890, S. Fischer) hinzu: 



Ein Hand- und Hilfsbüchlein für sämtliche Metallgewerbe. 
Schon hierdurch ist angedeutet, dass wir es nicht mit einer 
gelehrt geschriebenen Abhandlung zu thun haben, die nur 
einem enggezogenen Kreise zu nutzbarer Verwertung zu gute 
kommen würde. Der Verfasser wendet sich nicht nur an 
jene grosse Gruppe von Kunsthandwerkern, bei denen die 
Mischungsverhältnisse der Metalle für Giesszwecke etc. die 
Brauchbarkeit und Schönheit der Erzeugnisse bedingen, son- 
dern auch vornehmlich an solche, die in den Handel ge- 
brachte Legierungen — innig verschmolzene Metallverbin- 
dungen — für ihre Arbeiten verwenden oder doch wenigstens 
kennen lernen wollen. Gerade unsere Zeit hat in dieser 
Hinsicht eine Fülle von Kombinationen hervorgerufen, die 
für die Metallverarbeitung von nachhaltigster Einwirkung 
geworden sind. Es sei hier nur an das Alfenide, Delta-, 
Weiss- und Britanniametall , an die Phosphorbronze, Allu- 
miniumlegierungen u. a. m. erinnert. Die ausserordentlich 
klare und bestimmte Sprache bedient sich zur Verständigung 
nicht jener dem gewöhnlichen Manne so schwer zu eigen 
werdenden Formeln; sachliche Materialbezeichnung und 
Zahlenangaben nach Hundert- und Tausendteilen bieten dem 
Ratsuchenden die Anhaltspunkte für verarbeitungsfähige Le- 
gierungen resp. Mischungen. Das Werkchen begnügt sich 
jedoch nicht damit; es macht auf alle jene eigentümlichen 
Erscheinungen aufmerksam^ welche in Saigerung, Farbe und 
Bruch bei mehr- oder minderwertigen Zusammensetzungen 
zu Tage treten. Metallmischungen sind besonders gern ge- 
neigt, durch Schwankungen der Mischungsverhältnisse ihre 
Eigenschaften in sehr empfindbarer Weise zu verändern. — 
Auch die Ergebnisse vorgenommener Untersuchungen an 
hervorragenden monumentalen Schöpfungen des Bronzekunst- 
guBses alter und neuer Zeit auf Stoffgehalt und dessen Ein- 
wirkung auf die Patina- — Edelrost- — Bildung sind aus- 
giebig gebucht, wie überhaupt der uralten „Legierung** 
„Bronze" in diesem Buche in umfassendster Form und Dar- 
legung ihr Recht geworden ist. Daher finden auch alle 
denkbaren Erzeugnisse aus diesem edlen Stoff: Geschütze 
und Glocken, Maschinenteile und Schmucksachen, Nippes und 
Monumente gebührende Beachtung. Japan imd China in 
ihren reizvollen farbigen und irisirenden Bronzen aller mög- 
lichen Schattirungen, wie solche in der Ausstellung für Edel- 
metallarbeiten und Legierungen zu Nürnberg 1885 so über- 
wiegend zur Geltung kamen, werden gewürdigt und teilweis 
die Vorgänge der Farbenerzielung verraten. Der Goldschmied 
findet in diesem Werkchen seine Rechnimg; Metall werte der 
Münzen und Medaillen finden Zerlegung, und so birgt des 
weiteren der Inhalt manches in gediegener Kürze, was sonst 
nur aus dickleibigen Sonderwerken mühsam zu entneh- 
men war. 0. S, 

X. Die Mq^'olikafliesse, welche wir auf der beigegebenen 
Farbentafel neben den Fayencefliese des Berliner Kunst- 
gewerbemuseums bachbilden, stammt aus Aleppo. Sie be- 
findet sich im Museo artistico industriale, Über welches wir 
in einem der nächsten Hefte einen illustrirten Bericht bringen 
werden. 



Schreibpult Um 1750. 

Im Besitz des Herrn Dr. Meliingeb iu Mainz, 

Aufgenommen tod C. Sutteb. 

tammt ans der gräfl. KESSELSTEnscben Familie ia Uaiuz. 



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Verlag von E. A* SEEMANN in Leipzig. 



Das erfte Heft des 2. Jahrgangs des nachftehenden Sammelwerkes, welches 
die fchönften und intereffan teilen Kunftfchöpfungen der Japaner in treff- 
lichen Reproduktionen vorführen wird, ift in jeder Buchhandlung zur An- 
ficht zu erhalten: 

JAPANISCHER FORMENSCHATZ 

Vorbilder für Kunst und Gewerbe 

gefatnnielt und herausgegeben von 

S. BING 



Unter Mitwirkung vou 

Dir. Dr. Justus Brinckmann in Hamburg, Dir. Prof. Carl Graff in Dresden, Dr. Georg Hirth in 

München, Dir. Prof. Julius Lessing in Berlin, Dir. Arthur Pabst in Köln, PA. Burty, Edmond 

de Goneourt, Louis Gonse, TL Hayashi, Antonin Proust, Arg Renan u. a. in Paris, Willium Ander$on, 

Ernest Hart, Huish, H. C Read u. a. in London. 

Diefes Sammelwerk erfcheint in Monatsheften mit je 10 Tafeln gr. 4, in Far- 
bendruck und illufirirtem Text. Subfkriptionspreis für den Jahrgang von 12 
Heften 20 Mark. 

Einzelne Hefte werden mit 2 Mark berechnet. 



*^' 



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-^^^^^^ Vvt Hausfrau -%t:$^;«^ 

Dreije^nte, bur(^ou8 Berbcfferte ?(uffage. SBeavbeitct unb IjcrauägegeBeit öon QNmtt« feilte. 
^rdS l6toi(^irt 3R. 3.75; fein gcbunbcn SK. 4.50; vei(^ gebunben mit ©olbf^nitt 2R. 5.50. 

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Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. 



tatgewerMiie 




iJiese Handbücher haben sofort nach Erscheinen der ersten Bände eine überaus 
günstige Aufnahme gefunden. Sie verdanken dies zweifellos dem Umstände, dass die Bearbeitung 
in die Hände berufener Schriftsteller gelegt Wurde, welche mit gründlicher Sachkenntnis 
eine klare, leichtverständliche Vortragsweise verbinden, und dass gute imd zahlreiche 
Abbildungen den Text begleiten. 

Eröffinet wurde die Reihe mit dem bereits in einer zweiten Auflage erschienenen: 

Band I. Handbuch der Ornamentik 

von Franas Saales Meyer, Professor an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe. Mit 300 Tafeln 
und Textillustrationen. Zweite unveränderte Auflage, 18S9. 38 Bogen, gr. 8. Preis broch. 

.9 M., geb. M. 10.50. 

Band 11. Handbuch der Schmiedekunst 

von Franz Sales Meyer. Mit 196 Illustrationen. 13 Bogen, gr. 8. Broch. M. 3.20, geb. 4 M. 

Band HI. Oold und Silber. 

Handbuch der Edelschmiedekunst von Ferd. JLuthiner, Professor und Direktor der Kunst- 
gewerbeschule in Frankfurt aM. Mit 152 Abbildungen (zum Teil Tafeln). 17 Bogen, gn 8. 

. M. 3.60. geb. 4.50. 

Band IV. Trachtenknnde. 

Die Tracht der europäischen Kulturvölker vom Zeitalter Homers bis zum 19. Jahrhundert. Von 
Allgaist V. Heyden, Professor und Historienmaler in Berlin. Mit 222 teilweise vom Ver- 
fasser gezeichneten Abbildungen. 17 Bogen, gr. 8. Broch. M. 3.20, geb. M. 4. 

Band V. Die Liebhaberkünste. 

Ein Handbuch f&r jedermann, der einen Vorteil davon zu haben glaubt von Franz Sales 
Meyer« Mit vielen Illustrationen. 28 Bogen, gr. 8: Broch. 7 M., geb. M. 8.50. 

Im Anschluss an das Handbuch der Liebhaberkünste bietet die Verlagsbuchhandlung 
eine in Lieferungen erscheinende Sammlung von 

Torbildem für bäusliche Kunst arbeiten 

dar, welche, leicht benutzbar, Entwürfe moderner Künstler bringen wird. 

Jede Lieferung wird 12 Blatt iu hoch 4 enthalten und kostet bei Subskription auf die erste 
Reihe (0 Lieferungen) je 1 M.; einzelne Lieferungen sind zum Preise von M. 1.50 zu beziehen. LieJerung 1 
und 2 ist in allen Buclihaudlungen vorrätig. 

Band Tl. Der Bucheinband. 

Seine Herstellung und seine Geschichte. , Von Paul Adam^ Buchbindenooeister und Knstos am 

Centralgewerbemuseum in Düsseldorf. IS Bogen gr. 8. Mit 194 Illustrationen, M. 3.(50, geb. 4.50. 

Weitere Bände befinden sich in Vorbereitung und werden später erscheinen. 5i 



1^ 



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Druck vun August Pries in Leipzig. 





I 



•■* . 









Kunstgewerbeblatt. N. F. I. 



J3 



DIE SCHMUCKAUSSTELLUNG IM BERLINER 
KUNSTGEWERBEMUSEUM. 



HIT ABBlLDtJNGEN. 



AHREND des März und April 
dieses Jabres hatte daa königl. 
Kunstgewerbemuseum zu Ber- 
lin eine Ausstellung von 
Schmuck- und Juwelierarbei- 
ten veranstaltet , „um durch 
eine Übersicht über die Arbeiten Terachiedener Zeiten 
und Völker sowie durch Vorführung wenig zugäng- 
licher mustergültiger StQcke für die deutsche Qold- 
Bchmiedekunst nene Anregungen zu geben." 

Die Ausstellung sollte im wesentlichen ältere 
Arbeiten Ton kunstvoller Durchbildung vorführen, 
nnd zwar nicht nur den Schmuck im engeren Sinne, 
Bondem auch das vorwiegend von Juwelieren her- 
gestellte Eleingerät, wie Dosen, Fächei^astelle, Be- 
atecke, Ta-schenuhren, Kämme, Büchsen, Riechfläsch- 
chen, Stockgriffe und Verwandtes. 

Die Grundlage fQr das Ganze sollten die betreffen- 
den Gruppen der königL Museen zu Berlin bilden, wo 
neben dem Kunstgewerbemuseum das Antiquarium 
griechisch-römischen Schmuck, das ^yptische 
Museum ägyptische Schmucksachen aller Art, das 
Münzkabinet gefasste Medaillons, das Museum ftlr 
Völkerkunde sog. prähistorische Schmucksachen und 
den Schmuck orientalischer und barbarischer Völker 
enthalten. Schon die Hauptstöcke dieser verschie- 
denen Abteilungen bildeten einen recht ansehnlichen 
Stamm einer Ausstellung. Daran sollt« sich schliessen, 
was etwa aus Privatbesitz zu erlangen war. 

Zunächst hatte der Kaiser durch Darleihung 
sowohl aus dem preussischen Kronschatz und seinem 
Privatbesitz dem Unternehmen wesentliche Forde- 
rung zu teil werden lassen. Freilich — daa preus- 
KiuiMxtwnbabUU. N. F I. 



sische Königshaus ist arm: in schweren Zeiten hat 
es seine Hausscbätze auf dem Altar des Vaterlandes 
dargebracht; was heute noch vorhanden ist, kann 
mit dem Besitz der Habsburger, Witteisbacher und 
Wettiner auch nicht einmal in Vergleich treten. 
Ungefähr dasselbe gilt von dem preussischen Adel, 
namentlich der Östlichen Provinzen, der alten Fa- 
milienschmuck kaum aus den Zeiten des Krieges und 
der Not gerettet hat. In den Bttrgerfamüien des 
Nordens geht der Besitz an altem Silber oder Juwelen 
kaum bis ins vorige Jahrhundert zur Gek. 

£s fehlt, das trat in der Ausstellung deutlich 
zu Tage, dem Norden für ein derartiges Unterneh- 
men die Falle des festen, Jahrhunderte alten Familien- 
besitzes, wie er z. B. in Österreich und Ungarn zu 
finden ist. Auf die Privatsammlungen zu rekurriren 
hat auch bei uns geringen Erfo^, da wohl einige 
Sammler grossen Stiles vorhanden sind — deren 
mehrere ausgestellt hatten — im übrigen aber nur 
schQchteme, zum Teil kindliche Versuche auf diesem 
Gebiete zu verzeichnen sind. 

Trotz dieser ungünstigen Bedingungen war aber 
eine ganz stattliche Menge von Schmuck gegenstän- 
den zusammengekommen, die ohne Zweifel leicht 
hätte vermehrt werden können. Meines Erachtens 
war die Sache etwas kurz angebunden, die Frist 
zwischen Aufruf und E inlief erungstermin zu kurz, 
endlich das ganze Projekt nicht allgemein genug be- 
kannt geworden. 

Wie schon erwähnt, hat Se. Maj. der Kaiser ans 
seinem Besitz eine Anzahl Schmucksachen herge- 
liehen; desgleichen die Kaiserin Friedrich, welche 
eineu ganzen Schaukasten mit mannigfachen Arbeiten 



86 



DIE SCHMUCK AUSSTELLUNG IM BERLINER KUNSTOEWERBEMÜSEUM. 



aas ihrer mit feinstem Geschmack gewählten kost- 
baren Sammlung ausgestellt hatte. 

Von öffentlichen Sammlungen hatte das königL 
Museum in Kassel eine kleine Zahl seiner TortrefT- 
lichen Juwelierarbeiten eingesandt. Ebenso war das 
herzogl. Museum zu Gotha mit einer grossen Aus- 
wahl seiner ganz ausgezeichneten bekannten Gold- 
schmiedearbeiten — darunter dem herrlichen Dolch, 
der Elfenbein - Venus in der Laube, der Patene mit 
Bijoiuc am Rand, dem kleinen goldemaillirten Brevier 



Die Uhrigen Privatsamtnler hatten einzelne Schmuck- 
stücke dargeliehen, worunter teilweise recht gute, 
oft auch hinsichtlich der Echtheit recht bedeukliche 
Sachen. 

FUr die frühen Zeiten: ägyptisches und klassi- 
sches Altertum, die sog. prähistorischen Perioden 
waren, wie erwähnt, die königl. Museen mit einem 
grossen und zwar dem besten Teil ihrer Sammlungen 
eingetreten; man gewann einen ganz guten Über- 
blick über die Leistungen der betreffenden Periodea 



, Gürtel in Silbar vergoldet. Schlcaiachei Unsenm in BresUn. 



u. a, m. — glänzend vertreten. Das Museum schle- 
sischer Alterttimer zu Breslau mit mittelalterlichem 
Schmuck reihte sich an. 

Unter den Privatsammlern überr^ten alle um 
Haupteslänge die Herren Baron Heyl in Worms, 
Bürgermeister Thewalt inKöln, Fabrikbesitzer Richard 



Über alles Erwarten reich dagegen war das 
Mittelalter vertreten: hatte doch Baron y, Hejl seinen 
unvergleichlichen Schmuck aua Mainz oder Worms 
— es wird über die Provenienz Schweigen beob- 
achtet — ausgestellt. Was hier an mittelalterlichen 
Ketten, Spangen und Kleinodien vereint ist, dürfte 



Fig. £a. Olied e: 



IS aärt«l8. 16. JEtbih. 



Zschille in Grossenhaiu. Ersterer hatte seinen unver- 
gleichlichen mittelalterlichen Sehmuck eingesandt, 
Thewalt aus seiner kostbaren vielumfassenden Samm- 
lung eine Anzahl Perlen eingesandt — eine glan- 
zende Serie Uhren, durchweg Arbeiten ersten Ranges, 
Schnallen, Ringe etc. — , Zschille fast seinen ganzen 
Schmuck, worunter besonders die umfassende Samm- 
lung Ringe, Ketten und Anhänger hervorragten. 
Daran schloss sich die Sammlung von Marc Boaen- 
hei^, systematisch angelegt und aufgestellt mit recht 
guten, zum Teil vortrefflichen Stücken; wenn auch 
hier nur in Auswahl, so doch von grossem Um- 
fang und Vollständigkeit in den einzelnen Gruppen. 



kaum anderswo zu finden sein. Ein Stück aus diesem 
Schatz, das Adlerkleinod aus hohenstaufischer Zeit, 
ist früher von kundiger Seite in diesen Blättern vei^ 
öfientlicht (III, S. 20); ein anderes, die herrhebe 
emaillirte Adlerflbula vom gleichen Verfasser an 
anderer Stelle. Die g^nzende Beherrschung der 
Emailtechnik und ihre geschickte und geschmackvolle 
Verwendung im Geschmeide stellt diese mittelalter- 
lichen Schmuckstücke ebenbürtig neben die verwand- 
ten Erzeugnisse der Renaissancezeit. Gehören diese 
Arbeiten einer Zeit an, aua der wir sonst wenig be- 
sitzen, so ist auch das spätere Mittelalter durch 
einige ganz ausgezeichnete Stücke vertreten. So hat 



DIE SCHMTJCKAUSSTELLUNG IM BERLINER KDNSTGEWER BEMUSEUM. 



87 



das BreeUuer Museum schlesisiscber Altertümer Gotha, Kassel, die Herren Thewalt, Zscbille u. a.; 

einige schöne Stücke geschickt, vor allem aber der Erontresor hatte seine durch Lutbmers Publi- 

Herr Bürgermeister G. Tbewalt einige HauptetOcke kation bekannten Stücke eingesandt. Weniger be- 

seiner kostbaren Sammlnng. Wir geben in Fig. 2a kannt dürften die Schmuckstücke aus dem Grabe der 





»■ig. 




r Siren« 


Fig. 5. KleiDMl 


an» Oold, emftU 










Der Kopr ib 3 


«in geachnillen 


B>rOD >. Hey). Worms. 








KöniBl. KnnatgewB 





und 2b zwei Glieder eines Gürtels YOn höchster Herzogm Agnes YOn Lauenburg (f t629\ jetzt in 

Schönheit und Seltenheit: die gegossenen FigOrchen der dortigen Kirche aufbewahrt, gewesen sein. Auch 

liegen ron Perlen umrahmt tief in dem getriebenen die Sammlung der Kaiserin Friedrich bot eine ganze 

Blattrande. Auch sonst bietet die Kollektion des Anzahl hierhei^ehöriger ausgezeichneter Stücke, 



Fig. e. AuUnger, St. Georg. 
ObersUeatQ. > 

Bralln. 




Herrn Tbewalt wie die des Herrn Zechille eine 
Anzahl trefflicher gotischer Arbeiten. Ein scbones 
noch dem 15- Jahrhundert angehöriges Kruzifix hatte, 
Herr Baron yon fleeremann ausgestellt. 

Zahlreich und in vortrefflichen Exemplaren waren 
goldemaillirte Ketten und Anhänger der Renaissance- 
zeit vertreten, namentlich durch die Museen zu Berlin 



vor allem ein italienisches Reliefemail ullerer.'^ten 
Range.s. 

Für den Schmuck des 17. und 18. Jahrhun- 
derts, den Volksachmuck und Verwandtes boten die 
Privatsammler manches gute Stück der übrigens 
meist bekannten Typen. Sehr umfangreich ist hier 
die Sammlung Roseubergs, der man wohl einen 



DIE SCHMUCKAÜSSTELLUNG IM BERLINER KUNSTGEWERBEMUSEUM. 



ans ihrer mit feinstem Geschmack gewählten kost- 
baren Sammlung ausgestellt hatte. 

Von öffentlichen Sammlungen hatte das kÖnigL 
Museum in Kassel eine kleine Zahl seiner Tortreff- 
lichen Juwelierarbeiten eingesandt. Ebenso war das 
herzogl. Museum zu 6ptha mit einer grossen Aus- 
wahl seiner ganz ausgezeichneten bekannten Gold- 
schmiedearbeiten — darunter dem herrlichen Dolch, 
der Elfenbein-Venus in der Laube, der Patene mit 
Bijoux am Rsmd, dem kleinen goldemaillirten Brevier 



Die Uhrigen Privatsammler hatten einzelne Schmuck- 
stücke dai^eliehen, worunter teilweise recht gute, 
oft auch hinsichtlich der Echtheit recht bedenkliche 
Sachen. 

POr die frühen Zeiten: ägyptisches und klassi- 
sches Altertum, die sog. prähistorischen PeriodeD 
waren, wie erwähnt, die kßnigl. Museen mit emem 
grossen und zwar dem besten Teil ihrer SammluDgeit 
eingetreten; man gewann einen ganz guten Über- 
blick über die Leistungen der betreffenden Perioden. 



Fig. 1 



Gürtel In Silber vergoldet, SchUsiiches Hnaenm in BtesUn. 



u. a. m. — glänzend vertreten. Das Museum schle- 
sischer Altertümer zu Breslau mit mittelalterlichem 
Schmuck reihte sich an. 

Unter den Privatsammlem überragten alle um 
Haupteslänge die Herren Baron Heyl in Worms, 
Btb^ermeister Thewalt inKSln, Fabrikbesitzer Richard 



Über alles Erwarten reich dagegen war das 
Mittelalter vertreten: hatte doch Barou v. Heyl seinen 
unvergleichlichen Schmuck aus Mainz oder Worms 
— es wird über die Provenienz Schweigen beob- 
achtet — ausgestellt. Was hier an mittelalterlichen 
Ketten, Spangen und Kleinodien vereint ist, dürfte 



Flg. St.. Olled ei 



Fig. 9 



a GUrtela. l&. Jahrb. 



Zschille in Grossenhain. Ersterer hatte seinen unver- 
gleichlichen mittelalterlichen Schmuck eingesandt, 
Thewalt aus seiner kostbaren viel umfassenden Samm- 
lung eine Anzahl Perlen eingesandt — eine glän- 
zende Serie Uhren, durchweg Arbeiten ersten Ranges, 
Schnallen, Ringe etc. — , Zschille fast seinen ganzen 
Schmuck, worunter besonders die umfassende Samm- 
lung Ringe, Ketten und Anhänger hervorragten. 
Daran scbloss sich die Sammlung von Marc Rosen- 
berg, systematisch angelegt und aufgestellt mit recht 
guten, zum Teil vortrefflichen Stücken; wenn auch 
hier nur in Auswahl, so doch von grossem Um- 
fang und Vollständigkeit in den einzelneu Gruppen. 



kaum anderswo zu finden sein. Ein Stück aus diesem 
Schatz, das Adlerkleinod aus h oh enstaufi scher Zeit, 
ist früher von kundiger Seite in diesen Blättern ver- 
öffentlicht (in, S. 20); ein anderes, die herrliche 
emaillirte Adlerfibula vom gleichen Verfasser an 
anderer Stelle. Die glänzende Beherr.schung der 
Emailtechnik und ihre geschickte und geschmackvolle 
Verwendung im Geschmeide stellt diese mittelalter- 
lichen Schmuckstücke ebenbürtig neben die verwand- 
ten Erzeugnisse der Renaissancezeit. Gehören diese 
Arbeiten einer Zeit an, aus der wir sonst wenig be- 
sitzen, 30 ist auch das spätere Mittelalter durch 
einige ganz ausgezeichnete Stücke vertreten. So bat 



DIE SCHMUCKAUSSTEUUNG IM BERLINER KÜNSTGEWERBEMUSEUM. 



S7 



das Breslauer Museum schlesisiscber AlteitUmer 
einige schöne StDcke geschickt, vor allem aber 
Herr Bürgermeister C. Thewalt einige HauptstDcke 
seioer kostbaren Sammlung. Wir geben io Fig. 2a 



Gotha, Kassel, die Herren Thewalt, ZschiUe u. a.; 
der Krontresor hatte seine durch Luthmers Publi- 
kation bekannten Stücke eingesandt. Weniger be- 
kannt dürften die Schmuckstücke aus dem Grabe der 



Fig. 5. Kleinod ans Gold, a^ 

Der Kopr in Stein geachnil 

Köoisl. KunstgewsibemDseiiiii 



und 2b zwei Glieder eines Gürtels von höchster Herzogin Agnes von Lauenbui^ (f 16291, jetzt in 

Schönheit und Seltenbeit: die gegossenen FigQrchen der dortigen Kirche aufbewahrt, gewesen sein. Auch 

liegen von Perlen umrahmt tief in dem getriebenen die Sammlung der Kaiserin Friedrich bot eine ganze 

Blattrande. Auch sonst bietet die Kollektion des Anzahl hierhergehöriger ausgezeichneter Stücke, 



Fig. B. AnhiDger. 8(. Oearg. 

Obentleiitn. v. KreliBchmar, 

Berlin. 



Herrn Thewalt wie die des Herrn Zscbille eine 
Anzahl trefflicher gotischer Arbeiten. Ein schönes 
noch dem 15. Jahrhundert angehöriges Kruzifix hatte, 
Herr Baron von Heeremann ausgestellt. 

Zahlreich und in vortrefiFUchen Exemplaren waren 
goldemaillirte Ketten und Anhänger der Renabsance- 
zeit vertreten, namentHch durch die Museen zu Berhn, 



vor allem ein italienisches Reliefemail allerersten 
Range». 

Für den Schmuck des 17. und 18. Jahrhun- 
derts, den Volksachmuck und Verwandtes boten die 
Privatsammler manches gute Stück der übrigens 
meist bekannten Typen. Sehr umfangreich ist hier 
die Sammlung Roseubergs, der man wohl einen 



DIE SCHMUCKÄUSSTELLUNG IM BERLINER KUNSTGEWERBEMUSEUM. 



aus ihrer mit feinstem Geschmack gewählten kost- 
baren Sammlung ausgestellt hatt«. 

Von öffentlichen Sammlungen hatte das königL 
Museum in Kassel eine kleine Zahl seiner vortrefiT- 
licbea Juwelierarbeiten eingesandt. Ebenso war das 
herzogt. Museum zu Gotha mit einer grossen Aus- 
wahl seiner ganz ausgezeichneten bekannten Gold- 
schmiedearbeiten — darunter dem herrlichen Dolch, 
der Elfenbein -Venus in der Laube, der Patene mit 
Bijoux am Rand, dem kleinen goldemaillirten Brevier 



Die Übrigen Privatsammler hatten einzelne Schmuck- 
stücke dargeliehen, worunter teilweise recht gute, 
oft auch hinsichtlich der Echtheit recht bedenkliche 
Sachen. 

Für die frühen Zeiten: ^jptisches und klassi- 
sches Altertum, die sog. prähütoriEchen Perioden 
waren, wie erwähnt, die königl. Museen mit einem 
grossen und zwar dem besten Teil ihrer Sammlungen 
eingetreten; man gewann einen ganz guten Über- 
blick über die Leistungen der betreffenden Periodea 



Fig. 1. Oürtel ia Silber vergoldet. Scbleauches UnaeDm in Breslaa. 



u, a, m, — glänzend vertreten. Das Museum scble- 
sischer Altertümer zu Breslau mit mittels Iterhchem 
Schmuck reihte sich an. 

unter den Privatsaramlem überragten alle um 
Haupteslänge die Herren Baron Heyl in Worms, 
Büi^ermeister Thewalt in Köln, Fabrikbesitzer Richard 



Über alles Erwarten reich dagegen war das 
Mittelalter vertreten: hatte doch Baron v. Hejl seinen 
unvergleichlichen Schmuck aus Mainz oder Worms 
— es wird über die Provenienz Schweigen beob- 
achtet ' — ausgestellt. Was hier an mittelalterlichen 
Ketten, Spangen und Kleinodien vereint ist, dürfte 



. Glied eioea Qilrtels. 15. Jehrh. 



Fig. Ib. Qlied eines OUiieU. U. J*brh. 



Zschille in Grassenhain. Ersterer hatte seinen unver- 
gleichlichen mittelalterlichen Sehmuck eingesandt, 
Thewalt aus seiner kostbaren vielumfassenden Samm- 
lung eine Anzahl Perlen eingesandt — eine glän- 
zende Serie Uhren, durchweg Arbeiten ersten Ranges, 
Schnallen, Ringe etc. — , Zschille fast seinen ganzen 
Schmuck, worunter besonders die umfassende Samm- 
lung Ringe, Ketten und Anhänger hervorragten. 
Daran schloss sich die Sammlung von Marc Rosen- 
berg, systematisch angelegt und aufgestellt mit recht 
guten, zum Teil vortrefflichen Stücken; wenn auch 
hier nur in Auswahl, so doch von grossem Um- 
fang und Vollständigkeit in den einzelnen Gruppen. 



kaum anderswo zu finden Bein. Ein Stück aus diesem 
Schatz, das Adlerkleinod aus hohenstaufischer Zeit, 
ist ^Üher von kundiger Seite in diesen Blättern ver- 
öffentlicht (III, S. 20); ein anderes, die herrliche 
emaillirte Adlerfibula vom gleichen Ver&sser an 
anderer Stelle. Die glänzende Beherr.tchung der 
Emailtecbnik und ihre geschickte und geschmackvolle 
Verwendung im Geschmeide stellt diese mittelalter- 
lichen Schmuckstücke ebenbürtig neben die verwand- 
ten Erzeugnisse der Renaissancezeit. Gehören diese 
Arbeiten einer Zeit an, aus der wir sonst wenig be- 
sitzen, so ist auch das spätere Mittelalter durch 
einige ganz ausgezeichnete Stücke vertreten. So hat 



DIE SCHMUCKAUSSTEUUNG IM BERLINER KUNSTGEWERBEMUSEUM. 



87 



das BreeUuer Museum Ecblesisiecber Altertümer Gotha, Kassel, die Herren Thewalt, Zschille u. a; 

einige schöne Stocke geschickt, vor allem aber der Krontresor hatte seine durch Lutbmers Publi- 

Herr BOrgermeister C. Thewalt einige Hauptstücke kation bekannten Stücke eingesandt. Weniger be- 

seiner kostbaren Sammlung. Wir geben in Fig. 2a kannt dQrften die Schmuckstücke aus dem Grabe der 



Fig. &. Kleinod ans Qold, emailli: 

Der Kopr in Stein geicbDitt«n. 

Künigl. Knnstgewerbemnaeiim xn Bc 



und 2b zwei Glieder eines Gürtels von höchster Herzogin Agnes von Lauenburg (f 16291, jetzt io 

Schönheit und Seltenheit: die gegossenen FigOrchen der dortigen Kirche aufbewahrt, gewesen sein. Auch 

liegen von Perlen umrahmt tief in dem getriebenen die Sammlung der Kaiserin Friedrich bot eine ganze 

Blattrande. Auch sonst bietet die Kollektion des Anzahl hierhei^ehöriger ausgezeichneter Stücke, 



er. St. Georg. 
ObenUentn. v, Kretzscbiwr, 
Berlin. 



Herrn Thewalt wie die des Herrn Zschille eine 
Anzahl trefflicher gotischer Arbeiten. Ein schönes 
noch dem Ib. Jahrhundert angeböriges Kruzifix hatte, 
Herr Baron von Heeremann ausgestellt. 

Zahlreich und in vortrefflichen Exemplaren waren 
goldemaillirte Ketten und Anhänger der Renaissance- 
zelt vertreten namentlich durch die Museen zu Berlin, 



vor allem ein italienisches Relief email allerersten 
Ranges. 

Für dea Schmuck des 17. und 18. Jahrhun- 
derts, den Volkssehmuck und Verwandtes boten die 
Privatsammler manches gute StQck der übrigens 
meist bekannten Typen. Sehr umfangreich ist hier 
die Sammlung Rosenbergs, der man wohl einen 



SS 



DIE SCHMU CK AUSSTELLUNG L\l BERLINER KUNSTGEWERBEMUSEUM, 
einem Kunstgewerbemuseum wOnachen 



Platz i 
möchte. 

An Kleingerät, welches laut Programm zu der 
Auastellung zugezogen werden sollte, war reichlich 
beigesteuert. Vor allem Dosen. 



hoch vollendeter Weise montirt Die Wirkung dieser 
Stücke ist oft geradezu verblaffend, der Geschmack 
nicht immer der beste. Das schönste StQck dieser 
Art, nur in vierfarbigem Gold montirt, köstlich cise- 
lirt und von edelster künstlerischer Ausführung be- 



Der preussiaclie Kronschatz besitzt davon eine 
Reihe sehr merkwürdiger und kostbarer Stücke. Es 
sind Dosen von bedeutender Grösse aus Halbedel- 
steinen schleaischen Fundorts, geschliffen und im 
Auftrag Friedrich des Grossen mit (zum Teil folür- 
ten) Brillanten und andern Edelsteinen, Email oder 
vierfarbigem Gold in prunkvollster und technisch 



sitzt die Kaiserin Friedrich, Eine kleine aber ge- 
wühlte Sammlung Dosen in verschiedenster Aus- 
führung und Technik, durchweg ausgezeichnet« 
Stücke, hatte Herr von Kosielsti, einzelne sehr 
gute Dosen Herr J. A. Lewy-Berlin ausgestellt An 
Fächern, kleinen Etuis und Ähnlichem, war manches 
vorbanden, doch kaum einige Stücke, die sich wesent- 



DIE SCHMUCK AUSSTELLUNG IM BERLINER KUNSTGEWERBEMUSEUM. 



lieh Ober das Niveau der im Kunsthandel vorkommen- 
den Ware erhoben. Diese Gruppe von KiiDstwerken 
scheint sich bei uns in Sammlerkreisen noch keiner 
grossen Beliebtheit zu erfreuen; und doch bilden sie 
flir Damen ein schönes und ergiebiges Sammelfeld. 
Freilich gute Fächer sind tener, und unsere Sammler 
wollen in der Regel nicht mehr wie 30 Mark pro 
StQck anlegen. Bestecke, an deren kOnstlerischem 
Schmuck die Edelschmiede seit dem 16. Jahrhundert 
vielfach Anteil nahmen, hatte eigentlich nur Zschille 
aua seiner bekannten Sammlung eingesandt. 

Ausgezeichnet vertreten waren die Taschen- 
uhren, wesentlich durch die kostbare Auswahl aus 



gearbeitet, durchaus geeignet, zu Unterrichtszwecken 
die Originale zu ersetzen. Gut, dass sie nicht in den 
Handel kommen: es könnte viel Unfug damit ge- 
trieben werden. 

Die Abteilung der modernen Arbeiten war nur 
schwach beschickt; nicht einmal die Berliner Juwe- 
here hatten sich vollzähl^ beteiligt. Von Auswär- 
tigen waren nur wenige erachienen, von Franzosen 
nur Bouchardon. Die ausgestellten Arbeiten be- 
wiesen, was eigentlich nicht bewiesen zu werden 
braucht, dass auch mit kostbaren Steinen ohne An- 
wendung von Email durch einfache Fassung wirk- 
lich künstlerische Wirkungen zu erzielen sind. Leider 
scheint dies vielen Juwelieren noch nicht klar ge- 
worden. Die Brutalität des modernen Brillant- 
Bcbmuckes übersteigt oft alles Mass, woran aller- 




der Thewalischen Kollektion, die im stände ist, einen 
Überblick über die künstlerische Ausgestaltung dieses 
Instrumentes von Anfang an bis ins 18. Jahrhundert 
in nur ganz au^ewählten Exemplaren zu ermög- 
lichen. Ergänzend traten hierzu eine Anzahl vor- 
trefflicher Uhren aus Zschilles Besitz: alle anderen 
einzeln eingesandten Uhren mussten gegenüber diesen 
beiden Gruppen zurücktreten. 

Eine hUbsche und lehrreiche Ausstellung hatte 
die kÖnigl Zeichenakademie in Hanau veranstaltet: 
eine grössere Anzahl Nachbildungen alter Schmuck- 
sachen, nach alten Mustern in den Goldschmiede- 
klassen der Anstalt als Vorbilder zu eigenem Ge- 
brauch hergestellt. Die Sachen waren vortrefflich 



dings das Protzentum der Besteller mehr als das 
Können der Edelschmiede schuld sein mag. Durch 
Verwendung wai^serheller Steine, wie Aquamarin, 
Beryll etc. in Verbindung mit Perlen und Brillanten 
in lockerer, beweglicher Fassung, waren vorzügliche 
Wirkungen erzielt. Gern hätte man auch Pforz- 
heim, Hanau und Gmünd vertreten gesehen, wie vor 
zwei Jahren in München: es scheint, ab ob in dem 
einfacheren Schmuck heute mehr Geschmack steckt, 
wie in dem kostbaren. 

Alles in allem war manches in der Ausstellung 
zu lernen für das Publikum sowohl als für die Edel- 
schmiede, und daher gebührt den Veranstaltern wohl- 
verdienter Dank, Ä. l'ABST. 



. EDtwiirre flir BruDDeoAgureii. Zeichnung vi 



AUSSTELLUNG VON ORNAMENTSTICHEN 
IN HANNOVER. 



MIT ABBILDUNGEN. 



S WAR ein glänzendes Bild, welches 
am ersten Sonntage im Monat Mai 
dieses Jahres dem Äuge des Be- 
schauers in den Ausstellungsräumen 
des Provinziabnuseums in Han- 
nover sich bot Die Wände zweier 
grosser OberlichUäle, welche kurz vorher zur Auf- 
nahme von Gemälden der alljährlich wiederkehrenden 
hannoverschen Kunstausstellung gedient hatten, waren 
bedeckt mit Blättern des Architektur- und Ornament- 
sticha, in einer Anzahl und ßeichhaltigkeit, wie sie 
wohl noch nie und nirgends dem Beschauer mit 
einem Mate vorgeftihrt worden ist. Es muss als ein 
grosses Verdienst des Besitzers dieser Sammlung, des 
Herrn Architekten Haupt in Hannover, bezeichnet 
werden, nicht nur daas er als Privatmann eine solche 
Sammlung zusammengebracht hat, sondern besonders 
auch, dass derselbe als Sammler es über sich ver- 
mochte, in einer üffeutlichen Ausstellung, wenn auch 
nur einen kleinen Bruchteil seines Besitzes, so doch 
immer einige tausend Blatt, dem Beschauer vor 
Augen zu fuhren. In richtiger Würdigung der Ver- 
hältnisse hat der Besitzer erkannt, dass Omament- 
sticbe nicht lülein zur Freude des Summlers, sondern 



zum Nutzen für alle Menschen geschaffen sind, welche 
kunstgewerblichen Interessen nahe stehen, und er hat 
nun auch durch die Ausstellung den Beweis erbracht, 
dass zweitausend solcher Blätter öffentlich, sachge- 
mä.sa ausgestellt, von erheblich grösserem Nutzen 
sind, als zweimalhundert tausend in den schöosten 
Mappen wohlverwahrt, welche nur auf Verlaogen 
sichtbar sind. Denn wer ist in der Lage von den- 
jenigen, die es zunächst interessirt, von den Kunst- 
handwerkern, so viel Zeit zu opfern, um Kataloge 
nachzuschlagen, und wer von ihnen ist mit solchen 
Kenntnissen ausgerüstet, dass sie nach den Katalogen 
leicht und schnell das Zweckdienliche finden? Von 
den echten, rechten Kunsthandwerkern keiner, und 
Gott sei Dank, dass es so ist, dass sein Können 
grösser ist als sein Wissen! Unermessliche Schätze 
liegen für ihn aufgespeichert in den grossen Samm- 
lungen, aber keiner giebt ihm die Mittel, sie zu heben, 
die Wünschelrute, die Zauberthüre zu sprengen. 
Kataloge, auch die besten, weiss er nicht zu hand- 
haben und bedeuten ihm nur Zeitvei^udung, ge- 
lehrte Reden nutzen ihm nichts, aber die Ausstellung 
von zweitausend Blättern geben ihm mehr, als er 
sucht. Der Kunsthandwerker soll die Vorigen und 



AUSSTELLUNG VON ORNAMENTSTICHEN IN HANNOVER. 



die Anregung nicht suchen mOsaen, sondern die 
Omamentstiche müssen durch ihre Massenvorführung 
sich ihm aufdrängen, wenn anders sie praktiechen 
Wert haben sollen. All die dankenswerten Versuche, 
durch wohlgeordnet« Kataloge die Benutzung der 
Sammlungen zu erleichtern und durch Vorträge das 
Verständnis zu wecken , sind ftir die Hebung des 
KuQStf^ewerbes praktisch fast ohne Bedeutung, gegen- 
Dber einer Maseenschaustellung des geeigneten Vor- 
l^enmat«rials. — Werke in der Art, wie Hirths 
Formenschatz, sind in ihrer Art auch Ausstellungen, 
und Ausstellungen tod Tausenden Ton Blättern, die 
bieten dem Sucher, was er braucht und drängen dem 
Brauchbares auf, der nicht einmal zu suchen, sondern 
nur zum Schauen gekommen ist. 



rungen das gemeiueame Bestreben mit der Tradition 
des Mittelalters zu brechen, Neues zu geben, um 
jeden Preis und in neuer Weise dem Leben die heitere 
Seite abzugewinnen, gegentiber dem entsagenden 
Zuge der vergangenen Zeit. 

Aber nicht allein in Architektur und Ornamenb- 
stichen wurde dem Beschauer eine Entwicklung 
des dekorativen Geschmackes geboten, sondern auch 
lange, durch die grOEsen Säle sich erstreckende 
Tische waren bedeckt mit einer Auswahl seltener 
BUcher, und unter ihnen war in erster Linie ver- 
treten der Schöpfer neuer ornamentaler Gedanken, 
Ikllini welcher in seinen Illustrationen zum Polifilo 
den tiefgehendsten £influ.ss auf die ornamentale 6e- 
staltang diesseite nnd jenseits der Alpen getlbt hat. 



Flg. 1 



DekoraitioiisniotiT, ZeicbnanE vi 



So war es auch hier mit der Sammlung Euupt. 
Der Eindruck eines einzelnen Blatts würde spurlos 
vorQbeiigegangen sein, aber dicKes Massenauftreten 
that seine Wirkung, weil in ihm die ganze 
ornamentale Entwicklung dreier Jahrhunderte sich 
zeigte. 

Alle Nationen, welche auf dekorativem Gebiete 
irgend etwas geleistet haben, waren in guten Blättern 
vertreteu, und die verschiedenen Jahrhunderte, in 
denen sie gescha£Pen wurden, geben ein vortreffliches 
Bild von dem Wandel des Geschmacks der Menschen 
im Laufe der Zeit. Das freie Schalten des Italieners 
mit dem Erbe seiner Väter, das schwere Ringen 
niederländischer Eigenart mit antiken Formen, die 
Schaffenslust und Anmut der Franzosen und die 
noch immer in mittelalterlicher Tradition befangene 
Formgebung der Deutschen zeigen uns im 16. Jahr- 
hundert in den verschiedensten Formen und Ausse- 



Durch alle Jahrhunderte und bei allen in Fr^e 
kommenden Völkern sehen wir den Wandel des Ge- 
schmacks uns vor Augen geführt, und eine Reihe von 
Hand Zeichnungen gewähren uns ein Bild von dem 
unmittelbaren Schaffen des Künstlers. Die hier in 
Fig. 1 gegebenen figürlichen Brunuenskizzen, sowie 
das omamentale Blatt Fig. 2 aus dem ersten Viertel 
des vorigen Jahrhunderts gehören mit zu dem Besten, 
was in dieser Weise geschaffen wurde. 

Die grandiosen Schöpfungen Michelangelos zeigten 
uns in vorzüglichen Stichen von Chervbino Alberti 
die Eigenart jenes Titanen. AgosHno Veiteziano nnd 
Enea Vico waren vertreten mit Laubdekorationen 
und Grotesken, vrie sie ihnen durch die neuer- 
schlossenen Grottendekorationen und die Schöpfiingen 
Raffaels Überliefert waren. Die seltenen Blätter nach 
antiken Friesen von Marco Deute und die reichum- 
rahmten , aus menschlichen Figuren zusammen- 



AUSSTEILUNG VON ORNAMENTSTICHEN IN HANNOVER. 



gestellten Initialen raulinis vervoUatiind igten die 
Schöpfungen italienischer Künstler des Cinquecento. 

Sahen wir bei den Italienern in den voi^efÜhrten 
Formen das frohe Behagen und das uneingescb rankte 
Können eines Volkes von Künstlern, ao finden wir 
bei dem Niederländer in keiner Weise ein solches 
Beberrachen der Form. Wohl hat auch er seine 
Freude an antiker Art, aber es ist nicht der Gedanken- 
kreis, in dem er sich von Haus aus bewegt 

Lukas van Lei/den in seinen charakteristischen, 
seltenen Blättern, Markus Oemrds mit seinen Dar- 
stellungen der Elemente, Jan Vredemann de Vriese 
mit Innendekorationen, die ausserordentlich seltenen 
Karyatiden von Conitlius Bvs, die Kartuschen von 
Jacob Floris, die Dekorationen am Rathause von 



und ]ititfierus K'ixcmann mit seinen charakteristischen, 
architektonischen Details. Der Meister von 1551 
war in einem Probedruck und Paul Flindt in einem 
Niello vorhanden. Kurz es fehlte wohl kein deutscher 
Meist«r des 16. Jahrhunderts, der ii^end Beachtung 
verdient. Auch aus dem so seltenen Werke: „Im- 
peratorum Romanorum verissimae effigies", von den 
Wyssenbaehs geschnitten, waren Blätter ausgeatelli 
In gleicher Weise waren die bedeutendsten 
Meister Frankreichs vorgeführt. Allen voran Meister 
Jacques Anilrmiel Jhi'vrrmu mit Kartuschen undMÖbel, 
Jie7i6 Boivin mit Tafelgerät, sowie der in seinem. 
Formenreichtum unerschöpfliche Meister Stej)h/inu.% 
Eiienne Deiaune, war in seinen reizenden Planeten- 
bildern (Fig. 5) vorhanden. 



Tig, b Ettenne d 



Amsterdam von Quellimis geben uns ein vorzüg- 
liches Bild niederländischer Dekoration im 16. Jahr- 
hundert. Als ganz besonders eigenartig und in seinem 
Können seine zeitgenösaiaehen Landsleute weit tiber- 
ragend, ist in äusserst seltenen Blättern der Meister 
(7. J. oder ■/. G. (Fig. 3) vertreten. Auch sein Wollen 
kommt seinem Können nicht gleich, niederländische 
Eigenart ringt mit der Lust, die neue Formenwelt 
zu beherrschen, welches ihm nicht in dem Masse, 
wie dem deutschen Meister gelingt. 

In grosser Auswahl waren Deutsche vorhanden. 
Diirer mit Blättern aus dem Triumpbzuge, sowie 
seinen Scheiben. Die Befianis, AUkgrerer, Brommcr, 
Alldorfer und die Hopfer mit Kleinornament und Ge- 
lassen (Fig. 4),./bs(,Jw»ia« mit biblischen Darstellungen 
und Wappen, Tobias Stimmer mit Portriits in reichen 
Rahmen, Virtjil Salix in Kupfer- und Holzschnitt^ die 
de Bry mit ihren reizvollen Goldschmiede Ornamenten 



. n. S. BEHlkH. 

Daneben zeigten zahlreiche Holzschnitte den 
Buchschmuck des 16. Jahrhunderts, von den reich- 
sten und frühsten italienischen Titel- und Teitum- 
rahmungen hie zu den charakteristischen Arabesken, 
wie sie aus der Offizin des Jean de Tounus unter 
dem Einflusa des Ik-rnard Sahvion hervorgingen. 

Sahen wir in den Blättern des 16. Jahrhunderts 
das Bestreben der Nationen, die neue Formenwelt 
sich zu eigen zu machen, so war es uns in den Blattern 
der Folgezeit vor Augen geführt, wie sie allmählich 
das Neue zu Eigenem verarbeiten. 

Von den Italieneni sahen wir Annibak Carraeri 
mit seinen Decken, Foxxo mit seinen wirkungsvollen 
Innenniumen und in ausaerordentlich grosser Zahl 
die feinen Radirungen des Stefano della Bella, seine 
Lauhornamente, Kartuschen und Vasen und Antonio 
Tempesta mit seinen reichumrahmten Allegorien. 

Von der niederländischen Dekoration des 



AUSSTELLUNG VOM ORNAMENTSTICHEN IN HANNOVER. 



93 



17. Jahrhunderts war besonders reich die Buch- 
ausstattung und Porträtunurahmung vorgeffthrt. 

Aus Deutschland waren es besonders die Meister 
Matthäus Merian in seinen Grotesken ftür Goldschmiede, 
Lucas und Wolfgang Kutan in ihren reichen Por- 
tratumrahmungen, sowie eine ausserordentliche Aus- 
wahl der sogenannten Lauberbücher, ein Ornament, 
welches am Ende des 17. Jahrhunderts mit beson- 
derer Vorliebe als Rahmendekoration verwendet wird. 

Noch reichhaltiger waren die französischen 
Meister vertreten. Die äusserst seltenen Blätter für 
Email, auch wohl Schwarzblätter genannt, z. B. von 
Henri Toutin, Goldschmiedevorlagen von Vavquer 
und lAgariy Laubomament von Nicolas Loire, die 
grossartigen Decken- und Wanddekorationen des 
Charlea Lebrun und der unermessliche Formen- und 
Vorbilderschatz von Jean Marot und Jean Le Pautre 
waren in vorzüglichen Blättern gezeigt 

Die nächstfolgende Zeit zeigte uns bei den 
Niederländern de Orendel in seinen reizvollen Kaminen, 
bei den Deutschen, allen voran Paul Decker in seinen 
Architekturen, Innenräumen und Möbeln, Abraham 
DrenttoeU mit seinen Allegorien und Gerät, sowie 
Eysler mit Lauberbüchlein und Rahmen. 

Bei den Franzosen waren die besten ihrer Zeit 
vertreten, Daniel Marot, Jean Berain, Bemard Toro 
und OHle Marie Oppenord, Meister, denen keine Na- 
tion ähnliche an die Seite zu setzen hat. Es folgen 
dann die Meister der späteren Zeit des Louis XV 
und Louis XVI. 

In Deutschland Franz Xaver Habermann^ Esaias 
Nilson, Jeremias Wachsmuth, Bemard Oöx mit ihren 
Rokokomotiven, Allegorien und Möbel, Lauch mit 
Dosen, Heumann mit Waflfengriffen, Oottfried Oraax 
mit Kaminen, Hoppenhaupt mit Architekturen und 
Will und Moeglieh mit ihren zierlichen Rahmen. 

In Frankreich waren es die reizvollen Vignetten 
des Bemard Picart, das Tischgerät des Forty, Kar- 
tuschen und Umrahmungen von De la Joue, die reiz- 
vollen Hochf&llungen von Tibesar und Prieur, Tro- 
phäen und Laubomament von Delafosse^ Vasen von 
Saly und die genialen Brunnenentwürfe von Fran^ois 
Boucher, welche das Interesse fesselten, Grabmale und 



Brunnen von Htäin von ausserordentlicher Anmut, 
sowie eine Folge: «Arabesques, inventes et graves 
par J. D. Du Oouro, welche mir bis dahin nie zu 
Gesichte gekommen, beschliessen die Zahl der Blätter, 
welche dem Beschauer vor Augen geführt wurden. 

Dieser reichen Auswahl loser Blätter, von denen 
nur die Arbeiten der hervorragendsten Meister her- 
vorgehoben werden können, schloss sich dann eben- 
bürtig eine Auswahl gebundener Werke, Architektur- 
und Kunstbücher vom 16. bis 18. Jahrhundert an. 

Es war ein glänzendes Bild, welches in dieser 
Ausstellung dem Beschauer von der Entwicklung 
des dekorativen Geschmackes dreier Jahrhunderte 
gegeben wurde, und es kann keinem Zweifel unter- 
liegen, dass diese Ausstellung wesentlich das Interesse 
für kunstgewerbliche Dinge in Hannover gefordert 
hat. Indessen darf dabei nicht übersehen werden, 
dass die reiche Sammlung des Herrn Architekten 
Haupt immer eine Privatsammlung ist und als solche 
dem allgemeinen Nutzen naturgemäss wenig förder- 
lich sein kann. Selbst das weitgehendste Entgegen- 
kommen seitens des Besitzers gegenüber dem allge- 
meinen Interesse, welches in wiederholten Ausstellungen 
bethätigt werden könnte, kann doch nicht annähernd 
die Sammlung so nutzbar machen, als wenn dieselbe 
mit einem öffentlichen kunstgewerblichen Institute, 
Kunstgewerbemuseum u. dgL m. verbunden wäre, 
in dessen Räimien sie, nicht in Mappen und Schränken 
verpackt, in wechselnden Ausstellungen von je ein 
paar Tausend Blatt jedem stündlich, ohne gelehrte 
Rede und ohne E[ataIoge, Anregung, Belehrung und 
Vorbilder geben könnte. 

Bei der enormen Preissteigerung, welche die 
Omamentstiche in den letzten Jahren erfahren haben, 
ist es die höchste Zeit mit grösseren Mitteln, als 
sie meistens dem Privatmann zur Verfügung stehen, 
einzutreten, wenn diese Sammlung im öffentlichen 
Interesse der Stadt Hannover vervollständigt werden 
soll, und dass das dringend geboten erscheint, darüber 
dürfte kaum ein Zweifel bestehen. Es würde tief 
zu beklagen sein, wenn diese treffliche Sammlung 
durch irgend welchen Umstand der Stadt Hannover 
nicht erhalten bliebe. J. REIMERS. 




Knnstgewerbeblatt. NF I. 



14 



ÜBER KUNSTGEWERBEMUSEEN. 

VON ALSEBliHOFMÄNN-RElCnEKBERO. 



merkwDrdigeBuch: ,Rembmndt 
i Erzieher" , ') das mit seinem 
istvollen, oft bleDdendeo, oft pa- 
loxen und oft auch sich wider- 
rechenden Inhalte den Sieges- 
if durch die geistige deutsche 
Kulturwelt gehalten hat, muss auch an dieser Stelle 
erwähnt werden. Sein Verfasser 8^ S. 16 ff: .Es 
giebt ein eigentümliches Gesetz der Geschichte, dass 
die Dinge sich mit der Zeit in ihr Gegenteil verkehren: 
man sieht es an der katholischen Kirche, deren 
prunkvolle Hierarchie sehr wenig dem Sinne Christi 
entspricht; man sieht es an den deutschen Gymna- 
sien, welche das gerade G^enteil von den griechi- 
schen Gymnasien sind; man sieht es nicht zum 
wenigsten an den heutigen Museen, Vielehe auf den 
Namen der Musen gegrfindet, sich deren Dienst« 
doch vielfach hinderlich erweisen. Denn die Musen 
sind, wohl zu merken, die Vertreterinnen der schöpfe- 
rischen, nicht registrirenden Oeistesrichtung ; gerade 
jene aber werden durch die heute herrschende Mu- 
seenwut in den Hintergrund gedmngt: lucus a non 
luceodo. Museen enthalten Dinge, welche aus ihrem 
oi^anischen Zusammenhange gerissen sind; in der 
Kunst ist der organische Zusammenhang aber alles; 
auch die vollkommenste Sammlung von menschlichen 
Augen, in Spiritus gesetzt, kann nicht den ganzen 
Menschen ersetzen. 

Jener kürzlich verstorbene Gesandte einer euro- 
päischen Grossmacht, welcher sich eine Sammlung 
von Barbierbeckes aller Zeiten angel^ hatte, war 



1) Von e 



m Deatscheu. 11. Aufl. Leipzig, C L.HirBchfeld. - 



nicht viel klüger als Don Quijote, welcher das seine 
auf dem Kopfe trug; Barbierbecken gehören ins 
Barbierhans, Augen in den menschlichen Kopf und 
Bilder in die Kirchen, Staatagebäude oder Privat- 
häuser! Verwende man daher nicht allzuviel Neigung 
und Kosten auf jene methodisch geordneten Rumpel- 
kammern; lieber schmücke man das eigene Heim 
und dos eigene Leben, nach heutigen Bedürfnisseii, 
künstlerisch aus. Dies wirkt weit bildender, als der 
Besuch eines Museums, in dem jeder einzelne Gegen- 
stand den andern und die Gesamtheit der Gegen- 
stände oft den Besucher tot schlägt. 

Wie die politische, so hat auch die künstlerische 
Freizügigkeit ihre Schattenseiten; sie führt dazu, dass 
schliesslich nichts an seinem Platze, in seiner ge- 
bührenden Umgehung, in seiner Heimat bleiht: dai 
Kunstwerk wird heimatlos, das Schlimmste, was ihm 
passiren kann. Dem sollte möglichst ent^^enge- 
wirkt werden. 

Die übliche Aufstellung in den Museen, noch 
Rubriken, ist direkt kunstwidrig; denn ein einzelner 
Gegenstand kann nur künstlerisch wirken, wenn er 
sich einem grösseren Ganzen ein- und unterordnet; 
davon ist bei jener Art von Anordnung keine Bede. 

Ein Kunstwerk ist wie das einzelne Wort einer 
Sprache; es hat nur Wert durch den Zusammen- 
hang, in welchem es jeweilig steht; in dieser Bio- 
sicht gleichen unsere Museen Wörterbüchern, -welche 
die Worte zusanmienhanglos an der Schnur auf- 
reihen; solche Konglomerate sind zwar gut znm 
Nachschlagen; aber durch Nachschlagen in Wörter- 
bOchem hat noch niemand den Geist und das Wesent- 
liche einer Sprache erlernt Es gehört sehr riei 



ÜBER KUNSTGEWERBEMUSEEN. 



95 



dazu, um ein Wörterbuch — und ein Museum — 
mit Verstand zu benutzen; bis jetzt hat man nur 
von Cäsar gehört, dass er in der Grammatik zu 
seinem Vergnügen las. Man muss in solchem Fall 
gewissermassen statt der Wörter die durch sie be- 
bezeichneten Dinge, in allen Beziehungen zu Welt 
und Leben, selbst abwandeln können. Nur ein sehr 
reicher Geist kann leere Kategorien ausfüllen und 
mit einander in Verbindung setzen und dadurch zu 
lebendigen Organen umschaffen; so hohe Forde- 
rungen darf man an den Durchschnittsmenschen 
nicht stellen; dieser ist der lebendigen Einwirkung 
einer gesprochenen Sprache und eines einheitlichen 
Komplexes von Kunstwerken weit zugänglicher, als 
einem Schwall von wissenschaftlich geordneten Einzel- 
heiten, deren sinnlose Nebeneinanderstellung er zwar 
nicht erkennt^ aber doch empfindet. Durchgängige 
Lektüre einer Sprache, verbunden mit Übung im 
Sprechen, ist das beste Mittel zur Erlernung der- 
selben; das Wörterbuch darf dabei nur ein gelegent- 
hehes und erst in zweiter Linie in Betracht kom- 
mendes Hilfsmittel bleiben; dies gilt auch in unsem 
Museen. Sie sollten die Kunstsprache nicht nur in 
toten Wortregistern, sondern vielmehr und ganz 
überwiegend in ihrem lebendigen Zusammenhang 
lehren. Das Individuelle, nicht das Generelle, soll 
hier das Wort föhren; sonst herrscht nicht das Leben, 
sondern die Schablone; sonst schreckt man den 
Künstler ab^ statt ihn anzulocken. Ein vernünftiger 
Erzieher darf das nicht übersehen. Es giebt grosse 
deutsche Kunststädte, in welchen sich die Künstler 
rühmen, selten oder nie ein Museum zu besuchen; 
das ist nicht das richtige Verhältnis der neuen zur 
alten Kunst; aber die Schuld solcher üngehörig- 
keiten liegt überwiegend an der Beschaffenheit der 
Museen selbst. Es wäre daher ratsam und zweck- 
massig, das Prinzip einzelner, einheitlich deko- 
rirter hinenraume , wie man es in grösseren Mu- 
seen und Ausstellungen teilweise schon anzuwenden 
begonnen hat, nach Kräften zu erweitem und wo- 
mögUch zum herrschenden zu machen; dadurch 
wird nicht nur auf den Verstand und das Auge, 
sondern auch auf das Gefühl und das Urteil des 
Beschauers gewirkt. Rasch lernt man bekanntlich 
durch Beispiele, langsam durch Lehren. Je wissen- 
schaftlicher jene obenerwähnten Anstalten oft sind, 
desto unkünstlerischer sind sie; Wissenschaft und 
Kunst stehen sich, in einiger Hinsicht, polar entgegen; 
aber wo es sich um künstlerische Zwecke handelt, muss 
eben die Kunst den Ausschlag geben. Die Wissen- 
schaft hat in solchem Fall zu schweigen, oder vielmehr 



zu dienen oder vielmehr beides zu thun. Nur wenn 
das künstlerische, nicht das wissenschaftliche Prinzip 
an die Spitze gestellt wird, dienen die Museen den 
Musen. Museen sind Erziehungsorgane; das ist ihr 
Verhältnis zum gesamten Volk; blosse Belegsanun- 
lungen ftir wissenschaftliche Forschung sollen sie 
nicht sein. Es wäre nicht recht, wollte man der 
Muse statt der Leier, ein Lexikon unter den Arm 
geben. 

Die historisch unzweifelhafte Thatsache, dass 
das Aufkommen der Museen und der Niedergang 
einer freien , selbständigen , volkstümlichen Kunst 
während der letzten Jahrhunderte durchaus mit ein- 
ander Hand in Hand gingen" muss jedenfalls zum 
Nachdenken auffordern. Nicht oft genug kann es 
wiederholt werden: an die Kunstgesinnung der alten 
Zeit soll man sich halten, nicht an ihre Kunstlei- 
stungen; man soll die letzteren niemals im einzelnen 
nachahmen. Die moderne Zeit hat moderne Be- 
dürfnisse und braucht eine moderne Kunst. Eine 
moderne Kunst aber kann nur gedeihen, wenn sie 
zugleich in sich das Gegengewicht des Bleibenden, 
Festen, Notwendigen, Angeborenen, Ewigen trägt. 
Das ist nicht in etwaigen früheren künstlerischen 
Erzeugnissen des Volkscharakters — welche auch 
ihre Zeit hatten, in der sie einmal modern waren — 
sondern nur in der lebendigen Quelle des heutigen 
deutschen Volkscharakters zu finden. „Der Lebende 
hat Recht.^ Man hat nicht zurückzublicken, sondern 
um sich zu blicken; man hat von innen nach aussen, 
nicht von aussen nach innen vorzugehen; um neue 
Kunstformen, die bildsame Schale des Volksgeistes, 
anzusetzen, hat man nicht auf frühere abgestorbene 
Schalen zurückzugehen, sondern sich wiederum an 
den Kern selbst zu wenden." 

Das sind die reichen Worte eines der eigen- 
artigsten Bücher unserer gesamten neueren Lit- 
teratur. Die Ausführungen behandeln die Museen 
und die Kunst im allgemeinen, woraus sich von 
selbst die Berechtigung ergiebt, ihre Richt^keit 
auch für Kunstgewerbemuseen und die gewerbliche 
Kunst zu prüfen. „Das heutige Kunstgewerbe hat, 
auf einer stilistischen Hetzjagd, alle Zeiten und Völker 
durchprobirt und ist trotzdem oder gerade deshalb 
nicht zu einem eigenen Stil gelangt. — Zudem ist 
die gesamte Bildung der Gegenwart eine historische, 
alexandrinische, rückwärts gewandte; sie richtet ihr 
Absehen weit weniger darauf, neue Werte zu schaffen, 
als alte Werte zu registriren." (S. 1.) Darin liegt 
einer der grössten Vorwürfe gegen unsere gesamte 
heutige Kunstrichtung, deren Ziele man mit grosser 

14* 



DIK SCHMUCKAUSSTELLUNQ IM BERLINER KUNSTGEWERBEMUSEUM. 



nus ihrer mit feinstem Geschmack gewählten kost- 
baren Sammlung ausgestellt hatte. 

Von öffeutlichen Sammlungen hatte das königL 
Museum in Kassel eine kleine Zahl seiner TOitreff- 
lichen Juwelierarbeiten eingesandt. Ebenso war das 
herzogl. Museum zu Gotha mit einer grossen Aus- 
wahl seiner ganz ausgezeichneten bekannten Öold- 
schmiedearbeiten — darunter dem herrlichen Dolch, 
der Elfenbein -Venus in der Laube, der Patene mit 
Bijoux am Rund, dem kleinen goldemaillirten Brevier 



Die übrigen Privatsammler hatten einzelne Schmuck- 
stücke dai^eliehen, worunter teilweise recht gute, 
ofl auch hinsichtlich der EchÜieit recht bedenkliche 
Sachen. 

Für die frühen Zeiten: ägyptisches und klassi- 
sches Altertum, die sog. prähL^toriGchen Perioden 
waren, wie erwähnt, die k&nigl. Museen mit einem 
grossen und zwar dem besten Teil ihrer Sammlungen 
eingetreten; man gewann einen ganz guten Über- 
blick über die Leistungen der betreffenden Perioden. 



Flg. 1, Oörtel in Silber vsrgoldet. SchleiiachM Miuenm in Brul&n. 



u. a. m. — glänzend vertreten. Das Museum scble- 
»ischer Altertümer zu Breslau mit mittelalterlichem 
Schmuck reihte sich an. 

unter den Privatsammlern überragten alle um 
Haupteslänge die Herren Baron Heyl in Worms, 
Bürgermeister Tbewalt in Köln, Fabrikbesitzer Richard 



Über alles Erwarten reich dagegen war das 
Mittelalter vertreten: hatte doch Baron v. Hejl seinen 
unvergleichlichen Schmuck aus Mainz oder Worms 
— es wird über die Provenienz Schweigen beob- 
achtet — au.^gestellt. Was hier an mittelalterlichen 
Ketten, Spangen und Kleinodien vereint ist, dürfte 



Flg. Sa. Olied ei 



Fig. all. aiisd eJDes Oärlela. IS. JUirb. 



Zschille in Grossenhain. Ersterer hatte seinen unver- 
gleichlichen mittelalterlichen Schmuck eingesandt, 
Thewalt aus seiner kostbaren viel umfassenden Samm- 
lung eine Anzahl Perlen eingesandt — eine glän- 
zende Serie Uhren, durchweg Arbeiten ersten Ranges, 
Schnallen, Rmge etc. — , Zschille fast seinen ganzen 
Schmuck, worunter besonders die umfassende Samm- 
lung Hinge, Ketten und Anhänger hervorragten. 
Daran schloss sich die Sammlung von Marc Rosen- 
berg, systematisch angelegt und aufgestellt mit recht 
guten, zum Teil vortrefflichen Stücken; wenn auch 
hier nur in Auswahl, so doch von grossem Um- 
fang und VolLitändigkeit in den einzelnen Gruppen. 



kaum anderswo zu finden sein. Ein Stück aus diesem 
Schatz, das Adlerkleinod aus hohenstaufischer Zeit, 
ist früher von kundiger Seite in diesen Blattern ver- 
öffentlicht (III, S. 20); ein anderes, die herrliche 
emaillirte Adlerfibula vom gleichen Verfasser an 
anderer Stelle. Die glänzende Beherrschung der 
Emailtechnik und ihre geschickte und geschmackvolle 
Verwendung im Geschmeide stellt diese mittelalter- 
lichen Schmuckstücke ebenbürtig neben die verwand- 
ten Erzeugnisse der Renaissancezeit Gehören diese 
Arbeiten einer Zeit an, aus der wir sonst wenig be- 
sitzen, so ist auch das spätere Mittelalter durch 
einige ganz ausgezeichnete Stücke vertreten. So hat 



DIE SCHMUCKATISSTEUÜKG IM BERLINER KÜNSTGEWERBEMUSEUM. 



87 



das Breslauer Museum Echlesisiscber ÄltertQmer 
einige schSne StQcke geschickt, vor allem aber 
Herr Bürgermeister G. Tbewalt einige Haupt«tficke 
seiner kostbaren Sammlung. Wir geben in Fig. 2a 



Gotha, Kassel, die Herren Tbewalt, Zschille a. a.; 
der Krontresor hatte seine durch Luthmers Publi- 
kation bekannten Stücke eingesandt. Weniger be- 
kannt dürften die Schmuckstacke aus dem Grabe der 



Fig. S. FünpBD >iu HkioE, OttODeiueil. 
Bbtod t. Heyl, Worms. 

und 2b zwei Glieder eines Gürtels von höchster 
Schönheit und Seltenheit: die gegossenen Figürchen 
liegen Yon Perlen umrahmt tief in dem getriebenen 
Blattrande. Auch sonst bietet die Kollektion des 



Fig. a. Kleinod aua Gold, ei 

D«r Kopf in Stein geschuil 

KoDigl. KaDstgewerbemilseDiii 



Herzogin Agnes von Lauenbut^ {f 1629), jetzt in 
der dortigen Kirche aufbewahrt, gewesen sein. Auch 
die Sammlung der Kaiserin Friedrich bot eine ganze 
Anzahl hierhergeböriger ausgezeichneter Stücke, 



Fig. B. Anhäpger. St. Georg. 
ObentleDtn. v. Kra 
Bariin. 



Herrn Tbewalt wie die des Herrn Zschille eine 
Anzahl trefflicher gotischer Arbeiten. Ein schönes 
noch dem 15- Jahrhundert angehöriges Kruzi&x hatte, 
Herr Baron von Heeremann ausgestellt. 

Zahlreich nnd in vortrefflichen Exemplaren waren 
goldemaillirte Ketten und Anhänger der Renaissance- 
zeit vertreten, namentlich durch die Museen zu BerUn, 



vor allem ein italienisches Reliefemai 1 allerersten 
Ranges. 

Für den Schmuck des 17. und 18. Jahrhun- 
derts, den Volkssclimuck und Verwandtes boten die 
Privatsammler manches gute Stück der übrigens 
meist bekannten l^pen. Sehr umfangreich ist hier 
die Sammlung Roseubergs, der man wohl einen 



98 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



lung, sowie sonstige Geschenke und Käufe, ist ein grosser 
Teil der kunst- und koltorgescliichtlichen Sammlungen ganz 
wesentlich bereichert worden, in erster Linie die Waffen- 
samrrdtmg, die durch die Sulkowski'schen und einige andere 
Erwerbungen, die gleichzeitig erfolgen konnten , auf eine 
Höhe gehoben worden ist, dass ihr nunmehr an wissen- 
schaftlicher Bedeutung wenige andere in Deutschland mehr 
gleichstehen oder gar überlegen sind. Wohl ist da und dort, 
wo die Sammlung aus den Beständen eines alten Zeughauses 
gebildet ist, die Anzahl gleicher oder ähnlicher Stücke grösser, 
oder es ist, wo eine fürstliche Rüstkammer, wie in Dresden 
und Wien, die kostbaren Prunkwaffen aufbewahrt hatte, die 
nicht als feldmässige Waffen, sondern als Kunstwerke zu 
bewundem sind, an solchen weit mehr enthalten, als bei uns 
gesammelt werden konnte, so dass an einen Vergleich in dieser 
Beziehung gar nicht gedacht werden kann. Aber an Stücken, 
welche die Geschichte des Waffenwesens erläutern, darf sich 
jetzt unsere Waffensammlung zu den vollsi&ndigsten und 
reichhaltigsten rechnen. Was einen grossen Vorzug der neuen 
Erwerbung bildet, ist der Umstand, dass sie nicht beliebig 
zusammengetragen ist, was die Kontrolle der Herkunft sehr 
erschweren würde, sondern dass es unzweifelhaft feststeht, 
dass alle wichtigeren Stücke aus dem Nürnberger Zeughause 
stammen, und so selbst Waffen, die italienisch erscheinen 
würden, sich als gut deutsch kundgeben. Durch die ausser 
der Sulkowski'schen Sammlung erkauften Stücke ist die Ab- 
rundung noch eine grössere und die Sammlung erhielt Waffen 
vom 11. Jahrhunderte bis zum 18. Die wichtigsten sind viel- 
leicht elf Tumierzeuge mit den Marken der berühmtesten 
Nürnberger Flattner und teilweise der Jahreszahl 1498; sie 
gehören also zu den ältesten datirten. Wichtig sind ferner 
fünfzehn Kriegshamische des 16. Jahrhunderts, einige herr- 
liche geätzte Rüstungen. Eine Anzahl Pferdezeug, mittel- 
alterliche und spätere Helme, Schilde, Schwerter und eine 
grosse Anzahl Zweihänder des 16. und: 17. Jahrhunderts 
schliessen sich an. Hervorragend schön sind einige zum Teil 
geätzte, zum Teil auch durch ihre Form merkwürdige Stan- 
genwaffen und Hämmer, dann eine Anzahl mit Bein, Perl- 
mutter u. a. eingelegte Gewehre des 16. und 17. Jahrhunderts. . 
Nächst der Waffensammlung war es die ohnehin schon so 
erfreuliche interessante Sammlung von Qlasgemälden, die 
grosse Bereicherung erhalten hat, 74 Nummern, darunter 
neben einzelnen Bruchstücken eine Anzahl herrlicher Tafeln, 
die zu den vorhandenen eine willkommene ErgSJizung liefern; 
denn wohl nirgends ISsst sich jetzt, wie bei uns, das gegen- 
seitige Verhältnis der Schweizer Schule in ihrer höchsten 
Entwicklung vom Ende des 16. und im 17. Jahrhundert zu 
der gleichzeitigen Nürnberger xmd schwäbischen Schule er- 
kennen. — Die Abteilung der kleinen Plastik bekam eine 
Anzahl Schnitzwerke von Buchs, darunter zwei in Holz ge- 
schnittene, gotische Buchdeckel, Elfbeinschnitzwerke in der 
Art des Flamingo u. a, — Die Abteilung der Hausgeräte er- 
hielt einige vorzügliche Möbel, so zwei Prunkschränke von 
Ebenholz, mit Bronze, Marmor und Lapis lazuli ausgestattet, 
dann zwei chinesische Lackschränke mit trefflich geschnitz- 
ten und vergoldeten Untersätzen des 18. Jahrhunderts, durch 
welche sie zu deutschen Prachtmöbeln ausgestaltet wurden. 
Besondere Erwähnung verdient ein mit rotem Leder über- 
zogener, reich mit Messing beschlagener, eleganter, etuiarti- 
ger Koffer, der eine aus Silber getriebene, teilweise vergol- 
dete, reiche Reisegarnitur, bestehend aus 51 Stücken, Augs- 
burger Arbeit vom Beginne des 18. JahrhundeHs , enthält; 
der Koffer, wie der Inhalt, sind von grossem Interesse für 
die Sittengeschichte jener Zeit. Eine Reihe einfacher Möbel 
and kleiner Geräte wurde für die Ausstattung des Schweizer, 



sowie für das kölnische und Tiroler Zimmer erworben. Schöne 
Exemplare erhielt die Sammlung der Gläser und Krüge, ins- 
besondere des Porzellans, sowie die Reihe sonstiger kleiner 
Hausgeräte. Auch die Küche hat eine Anzahl interessanter, 
seither noch fehlender Geräte erhalten, so dass nun so ziem- 
lich alles vertreten ist, was in einer Küche des 16. bis 18. 
Jahrhunderts vorhanden war. — Die MedaiUensammlung er- 
hielt wieder reichen Zuwachs. Es waren neben einer Anzahl 
Habsburger- und HohenzoUemmedaillen diesmal etwa achtzig 
Medaillen von Fürsten aus dem Hause Witt^lsbach zuge- 
kommen, sowie eine grosse Reihe anderer. Insbesondere sind 
uns teils von den Künstlern, teils von den Veranlassem 
viele moderne Medaillen zugegangen. Für die MünxsamTn- 
lung reduzirte sich die Zahl der Zugänge diesmal auf ver- 
hältnismässig wenige Stücke. Ebenso waren es einige Stücke 
und wenig Bedeutendes, was unsere Sammlung kirchlicher 
Geräte erhielt. Der gleiche Fall ist diesbezüglich der unssen- 
schaftlichen, wie der Musikinstrumente und der TBOctü^ 
Sammlung, 

P. — Reichenberg, Dem Thätigkeitsbericht des Nord- 
böhmischen Qewerbemuseums über das Verwaltungsjahr 1888/89 
entnehmen wir folgende Angaben. Infolge der allseitig be- 
wiesenen materiellen Teilnahme war es im Berichtsjahre 
möglich, sämtliche Sammlungen des Museums auf einen er- 
höhtet Stand zu bringen. Die grösste und qualitativ hervor- 
ragendste Bereicherung erfuhr die keramische Abteilung, für 
welche Anschaffungen im Betrage von ungeföhr 3700 FL ge- 
macht wurden. Es gelang, dieser Abteilung einige Stücke 
ersten Ranges zuzuführen, so vor allem einen. FaSnzateller 
des 16. Jahrhunderts, eine Mezzamajolika von Deruta, und 
endlich einen schönen Majolikateller urbinatischer Provenienz 
des 16. Jahrhunderts, ein Teil eines Tafelservices der vene- 
zianischen Edelfamilie der Avogadro. Die keramische Aus- 
stellung unseres Museums im vergangenen Sommer gab dann 
Gelegenheit, eine grössere Anzahl der schönsten Erzeugnisse 
der Porzellanmanufakturen in Berlin und Dresden zu erwer- 
ben. Auf dem Gebiete der italienischen Töpferkunst wurden 
dann von der bekannten Firma Ginori in Florenz noch eine 
Reihe vorzüglicher Nachahmungen alter italienischer Majoli- 
ken erworben, die in ihrer reizvollen und feinen Dekoration fiir 
Studienzwecke eine wahre Fundgrube für dekorative Motive 
genannt werden können. Mit einer Summe von ca. 2700 Fl. 
war dann die Bibliothek bedacht; in Anerkennung der be- 
sonderen Wichtigkeit dieses Sammlungszweigs för die Zwecke 
des Kunstgewerbes hatte das Kuratorium auch in diesem Jahre 
ein Extraordinarium von 2000 Fl. bewilligt, so dass es mög- 
lich war, einige der bedeutendsten Werke der kunstgewerb- 
lichen Litt^ratur zu erwerben. Für Schmuck und Edelmetalle 
wurden ca. 500 Fl. verausgabt und hiefur unter anderem 
eine Reihe bayerischer Volksschmucke, ein ungarischer Mag- 
natengürtel, ein indischer Stirnschmuck, eine Kollektion rus- 
sischer Emaile etc. erworben. Durch Erwerbung einer grös- 
seren typographischen Sammlung von über 6000 Nummern, 
konnte eine ganz neue Abteilung des Museums gegründet 
werden. In dieser Sammlung befinden sich eine grosse An- 
zahl Titelblätter, Initialen, Vignetten, Drucker- und Biblio- 
thekzeichen der italienischen, französischen und deutschen 
Renaissance, sowie der späteren Epochen. Die nächstbe- 
dachte Gruppe war die Gruppe „Leder"; für sie wurde eine 
Reihe Bucheinbände von der gotischen Periode bis zum 
18. Jahrhundert erworben. Die verausgabte Summe erreichte 
hier ca. 170 Fl. Mit ca. 120 Fl. war die Gruppe „Glas" be- 
dacht, und es gelang, für sie insbesondere einige originell 
gravirte Gläser des 17. Jahrhunderts, ein Zunftglas und ein 
Widmungsglas, dann ein schön gravirtes Wolfglaa zu er- 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



99 



werben. Mit der mindesten Summe tritt die Gruppe „Bronze'* 
auf, ca. 50 Fl., der Haupterwerb ist hier eine altchinesische 
Bronzevase. Die Textilsammlung erfuhr im verflossenen 
Yerwaltung^ahre eine nur geringe Yermehrung im Betrage 
von ca. 290 Fl., was auf den Umstand zurückzuführen ist, 
dass sie noch in der Ordnung begriffen war. Nunmehr ist 
dieselbe vollendet, sämtliche Nummern sind montirt, be- 
stimmt und genau beschrieben, in ein System eingeteilt und 
können in ihrer Zahl von 3000 ein stolzer Besitz des Mu- 
seums genannt werden. Die Gesamtsumme fOr Ankäufe stieg 
im verflossenen Yerwaltungsrjahre auf ca. 8700 Fl. Der Be- 
such des Museums betrug insgesamt 12688 Personen, von 
welchen 3418 auf die Bibliothek und Vorbildersammlung, 353 
auf den offenen Zeichensaal und 8917 auf Sammlungen und 
Ausstellungen kommen. Im Berichtsjahr fanden vier Aus- 
stellungen statt, darunter eine Ausstellung weiblicher Hand- 
arbeiten und eine solche von Eunstschmiedearbeiten im An- 
schluss an eine vom Kuratorium ausgeschriebene Konkurrenz 
für derartige Arbeiten. Zu recht erfreulichem Berichte giebt 
der offene Zeichensaal Anlass. Nach Aufstellung genauer 
Vorachriflen für denselben wurde er am 8. Januar 1889 er- 
öffiiet und war in der kurzen Zeit des Bestandes von nicht 
ganz % Jahren von 353 Personen besucht. Unter diesen bil- 
dete sich allmählich eine Zahl regelmässiger Besucher heraus, 
die bis auf 31 gestiegen ist. Durch den Aufschwung des offenen 
Zeichensaales wie durch die Ausdehnung von Bibliothek und 
Vorbildersammlung macht sich nun in empfindlichstem Masse 
bereits der Raummangel fühlbar. Schon heute fehlt es an 
einem geeigneten Räume für periodische Ausstellungen, fehlt 
es femer an einem Räume zur Unterbringung von Ansichts- 
sendungen, zum Aus- und Einpacken der zahlreichen aus 
und einlaufenden Sendungen. Daneben wird auch der Raum 
für die kunstgewerblichen Sammlungen täglich geringer; die 
hier zu treffende Abhilfe wird eine Frage der nächsten Zeit 
sein. Dabei kann nicht geleugnet werden, dass der grösste 
Teil der jetzt benützten Räume für die Exposition der kunst- 
gewerblichen Objekte sehr ungünstig ist und dass die hohen 
Kosten des Mietsverhältnisses auf die Entwicklung der Samm- 
lungen einen nachteiligen Einfluss ausüben. Mit dem er- 
freulichen Wachstum aller Sammlungen des Museums geht die 
fortwährend dringlicher werdende Raumfrage Hand in Hand, 
über die Affäre der Landessubvention an das Museum, welche 
jetzt von der Bedingung abhängig gemacht wird, dass in 
der Verwaltung des Museums die Gleichberechtigung beider 
Volksstämme des Königreichs Böhmens gewahrt wird, haben 
wir früher berichtet. Der Jahresbericht lässt sich darüber 
folgendermassen aus: Was unter dem Begriff „Gleichberech- 
tigung" zu verstehen ist, darüber haben die Verhandlungen 
des Landtages erschöpfende Auskunft gegeben. Sie besteht 
in der Zweisprachigkeit der ganzen Verwaltung, d. i. in der 
Zweisprachigkeit in der Führung der Sitzungsprotokolle, des 
jährlichen Thätigkeitsberichtes , der Aufschriften an sämt- 
lichen Sammlungsobjekten, im persönlichen Verkehr, in den 
Vorträgen und bei zahlreichen anderen Gelegenheiten. Sie 
würde aber auch in der Berücksichtigung der czechischen Lit- 
teratur in der Bibliothek und der Anerkennung einer czechi- 
schen Kunst bestehen. Und das alles durch ein deutsches 
Museum in einer deutschen Stadt, das einer zum weitaus 
grössten Teil deutschen Industrie dienen soll. Der Beschluss 
zielt nicht sowohl auf eine wirkliche, praktische Durchfuh- 
rung der Gleichberechtigung, sondern er strebt mit der 
Forderung einer formellen Gleichberechtigung die Slavisi- 
rung des Museums an. Man wieg^ sich in dem sichern 
Gefühle, dass die Anknüpfung von nationalen Bedingungen 
an eine für das Nordböhmische Gewerbemuseum so hohe 



Summe wie die gewährte Subvention sicher nicht ganz wir- 
kungslos bleiben könne. Man irrte aber in der Beurteilung, 
des nationalen Stammesbewusstseins des deutschen Volkes in 
Böhmen. Das nationale Moment stellt sich der Annahme 
einer unter solchen Bedingungen gewährten Subvention als 
unüberwindbare Macht entgegen. In dem Augenblicke, in 
welchem in der Verwaltung des Museums die bedingte Ver- 
änderung vor sich gehen würde, wäre die Thätigkeit des 
Museums aufgehoben. Das Institut würde in einen unüber- 
brückbaren Gegensatz zur Industrie und Bevölkerung gestellt. 
Ausser der Staatssubvention würden sämtliche Subventionen 
— und es sind dies nur deutsche — zurückgezogen. Was 
nun die wirkliche Gleichberechtigung anbelangt, so wurde 
dieselbe durch das Museum schon längst beobachtet. Unter 
den zahlreichen gewerblichen Schulen des Reichenberger 
Kammerbezirkes, die das Museum in den letzten Verwaltungs- 
jahren mit reichem Vorlagenmaterial, Büchern und Sammlungs- 
objekten unterstützte, unter den Staatsgewerbeschulen, kunst- 
gewerblichen Fachschulen, den Handwerker-, Bürger-, Volks- 
und gewerblichen Fortbildungsschulen, befinden sich neben 
den deutschen auch zahlreiche czechische Anstalten. So 
wurde die kunstgewerbliche Fachschule in Tumau wieder- 
holt mit kunstgewerblichen Objekten, Büchern und Vorlagen 
unterstützt, ebenso die Fachschule für Bildhauer und Stein- 
metze in Hofic, die kunstgewerbliche Fachschule in König- 
grätz, die Handwerkerschule in Leitomischl. Von czechischen 
gewerblichen Fortbildungsschulen wurden die in Hotte, des- 
gleichen die von Königgrätz, die von Tumau, die von Kuk- 
*lena und die von Reichenberg mit Büchern und Vorlagen 
unterstützt. Wenn diese Unterstützungen nicht in noch um- 
fangreicherem Masse stattfanden, so liegt dies nur daran, dass 
nicht mehr Ansuchen gestellt wurden. Wo diese aber ge- 
stellt wurden, wurden sie in schnellster und zuvorkommend- 
ster Weise erledigt, wie zahlreiche Zuschriften dieser An- 
stalten darlegen und wie auch seitens des hohen Landesaus- 
schusses anerkannt wurde. Dieselbe praktische Gleichberech- 
tigung wurde sowohl bei den Sammlungs- wie bei den Bi- 
bliotheksbesuchem geübt. In der Bibliothek sind im Laufe 
langer Jahre nur drei Fälle bekannt geworden, wo an die 
Beamten böhmische Anfragen gestellt wurden, in den Samm- 
lungen sind es jährlich höchstens zehn Fälle und in diesen 
wenigen Fällen waren, wie 'sich später herausstellte, die 
Frager auch der deutschen Sprache mächtig. — Endlich 
muss an dieser Stelle ausgesprochen werden, dass die Ein- 
führung der spi-achlichen Gleichberechtigung am Nordböh- 
mischen Gewerbemuseum in Reichenberg, an einer ausge- 
sprochen deutschen Anstalt in einer deutschen Gegend, an 
einer Anstalt, zu deren Ausbau czechische Kreise auch nicht 
das Geringste beigetragen haben — die Mitglieds- und Sub- 
ventionsverzoichnisse enthalten keinen einzigen czechischen 
Namen — durchaus dem deutschen Nationalgefahl wider- 
spricht. Das Kuratorium hegt auch die Ansicht und erklärt 
es hier in aller Form, dass das Nordböhmische Gewerbe- 
museum in Reichenberg in Anbetiracht der natürlichen Ver- 
hältnisse, unter denen es wirkt, berechtigten Anspruch auf 
eine in nationaler Hinsicht bedingungslose Subvention er- 
heben kann, und das Kuratorium wird nicht nachlassen, alle 
Schritte zu unternehmen, eine derartige Subvention zu er- 
langen. Gleichzeitig aber sieht sich das Kuratorium zu 
seinem Bedauern gezwungen, auszusprechen, dass es nicht 
in der Lage ist, die Bedingung der Einführung der Zwei- 
sprachigkeit, welche an die vom hohen Landtage pro 1890 
bewilligte Landessubvention von 8000 Fl. geknüpft ist, zur 
Annahme zu empfehlen. 



KUNSTGEWERBEMUSEUM ZU LEIPZIG. 



Bericht über das Jahr 1889. 



Der Mitgliederdand des Kttnilgewerbemnfeams hat fich 
von 235 auf 226 vennindert ; durch den Tod verloren wir u. a. 
einen der Mitbegründer und treueften Förderer, Herrn Julius 
S c h u n c k, fowie Herrn Dombaumeifter H a r t e 1 in Strafsburg. 
Die Jahresbeiträge der Mitglieder haben fich dem entfprechend 
auch etwas yermindert, fie betrugen M 3599; — . Dazu kam 
noch ein aufserordentUcher Beitrag von M 120, — . 

Von dem Königlichen Minifterium des Innern i(l uns in 
dankenswerter Weife wieder ein Beitrag von 5000 M aus Staats- 
mitteln, von dem Rate der Stadt Leipzig ein folcher von 6000 Jl 
aus (lädtifchen Mitteln gewährt worden. DeiTenungeachtet hat 
fich unfere Schuld bei der AUgem. Deutfchen Credit-Anftalt um 
1000 Ji (von 3000 auf 4000) erhöht Einigermafsen wird dies 
ausgeglichen durch den Erlös aus dem Verkauf des gröfsten 
Teiles der im Laufe der Zeit angefanmielten Dopplinge, der 
jedoch vermöge der vereinbarten Zahlungsbedingungen erd fpäter 
in der Rechnung zum Ausdruck kommen wird. 

Unter den neuen Erwerbungen kunftgewerblicher Gegen- 
flände, welche zufammen einen Aufwand von M 6625,32 er- 
fordert haben, ift vor allem der Ankauf der reichen Pofamenten- 
sammlung von Angiolini in Bologna für Fs. 4000 hervorzuheben, 
über welche Nr. 3 der Vereinsmitteilungen für 1888/89 Näheres 
enthält. Auch fonfl find für die Textilabteilung zahlreiche Stücke 
erworben worden, darunter einige altnorwegifche Teppiche. Was 
die Holzarbeiten anlangt, fo wurde eine Anzahl Stühle erworben, 
welche als intereflante Typen gelten dürfen ; auch die Sammlung 
nordifcher Kerbfchnitte erfuhr eine Vermehrung. In der kera- 
mifchen Abteilung haben die neuen Erwerbungen fowohl die 
Porzellanfammlung, welche gegenwärtig charakteriHifche Stücke 
aus 25 berühmten, zum Teil eingegangenen Fabriken enthält, 
als auch die Fayencen um hervorragende bisher nicht vertretene 
(Üddeutfche Arbeiten bereichert. 

Das Verzeichnis der zahlreichen und wertvollen Gefchenke, 
fUr welche wir auch an diefer Stelle unferen Dank ausfprechen, 
wird den Mitgliedern als befondere Beilage zugeilellt werden. 

Eine der gröfsten Ausgaben war die Reflzahlung für den 
nunmehr im Druck vollendeten Katalog der Ornamentflich- 
fammlung, in Höhe von M 1456,85. Diefer Katalog (wie 
fchon früher erwähnt, eine Arbeit des Herrn Hauptmann a. D. 
E. V. Ubifch) hat nach Inhalt und Ausflattung allgemeine 
Anerkennung in Fachkreifen gefunden, auch find eine Anzahl 
von Beftellungen darauf eingegangen, durch welche aber der 



Natur der Sache nach nur ein kleiner Teil der Aufwendungen 
gedeckt werden kann. 

Auf die Bibliothek und die Vorbilderfammlung, 
welche wegen des Mangels an geeigneten Räumen noch immer 
nicht fo zugänglich haben gemacht werden können, wie dies zn 
wünfchen wäre, ifl nur der geringe Betrag von Jl 208, — ver- 
wendet worden. Die Vermehrung i(l trotzdem nicht fo gering- 
ftigig, da uns manches im Austaufch zufliefst. Mit der fyftemati- 
fchen Ordnung diefer Sammlungen und Herdellung eines Katalogs 
hat fich auch im verfloiFenen Jahre der Kudos des Buchgewerbe- 
mufeums, Herr Burger, fortgefetzt befchäftigt; im laufenden 
Jahre hofft er die Arbeit zu beenden. 

Die Verteilung des Kunftgewerbeblattes an die Mit- 
glieder wurde weitergefiihrt, doch ifl mit dem neuen Jahrgänge 
eine Änderung in der Form infofem eingetreten, als die Vereins- 
mitteilungen nicht mehr unter fortlaufenden Nummern gegeben, 
vielmehr dasjenige, was von allgemeinerem Intereffe ifl, dem 
Texte des Blattes felbfl eingeftlgt, befondere nur den Verein 
angehende Vorfälle aber durch aufserordentliche Beilagen den 
Mitgliedern bekannt gegeben werden. 

Der Zeichenunterricht für Damen hat unter der ebenfo 
anregenden wie kundigen Leitung des derzeitigen Lehrers Herrn 
Mühlbach lebhaften Auffchwung genommen. Die Zahl der 
Schülerinnen ifl von 22 im Sommerhalbjahr auf 30 im Winter- 
halbjahr geftiegen, und die Leidungen zeigen ein erfreuliches 
Fortfehreiten. Wir behalten uns vor, an der Hand von Proben, 
welche als Beilagen zu dem Kunflgewerbeblatt veröffentlicht 
werden follen. Näheres darüber mitzuteilen. 

Die Zahl der Befucher 1(1 von 6141 auf 6716 gediegen. 
Angefichts der in jeder Hinficht fo unzulänglichen Räume muffen 
wir diefen Zuwachs immerhin als befriedigend bezeichnen. 

Der Bau des Graffi-Mufeums, welches ausreichende und 
beffere Räume bringen foU, Id leider abermals verfchoben 
worden, da der vorgelegte Plan die Zudimmung der Stadtver- 
ordneten nicht gefunden hat Wenn wir den dagegen geltend 
gemachten Bedenken grofsenteils beipflichten mufsten — und 
wir haben dies in einer befonderen Eingabe näher begründet — , 
fo id doch die Verzögerung an fich darum nicht minder zu be- 
klagen. Mit der Vollendung diefes Baues, dürfen wir auch eine 
flärkere Teilnahme, insbefondere unferer gewerbetreibenden 
Kreife erhoffen. 



Leipzig, im Juni 1890. 

Der gefchäftsführende Ausfchufs des Kunflgewerbemufeums 



Dr. Genfei, 

Vorfitzender. 



H. Scharf, 

Schatzmeider. 



£. A. Seemann, 

Schriftführer. 



Heinrich Flinfch. 



Arwed Rofsbach. 



Poljcbrome Kachel mit dem Wappen des FflrstbiscliofB Carl von Olmütz, 1682. 
(Sammlung des Nordb^Jhm. GenerbemnseiiiDa, Reicfaenbe^.) 



l 



Kachelofen mit bnnten Majolikareliefs und sog. „Kunst", 

angefertigt tod Hams EBAtrr aoB Tillingen e/D. 1577. 

(letzt im Soalli EsDiliiBtoii-lfiiMam in London.) 

Aafgenonuneii und geEeictmet von Prof. K. Etm in Karliimbe. 



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f4H»t( 



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Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig. I 

WAFFENKUNDE. 

Handbucli des Wafienwesens in seiner historisclien Bedeutung, 

vom beginn c^es Mittelalters bis zuxn Ende des 18. Jahrhunderts, 

von Wendelin Boeheim, 

Cnstos der Waffensammlnog des östorreiclüscLen Kaiserhauses. 
Das Werk, welches die obengenannte Verlagshandlung hiermit den Sammlern und Liebhabern sowohl als 
auch den Freunden kulturgeschichtlicher Studien darbietet, ist auf gründlicher Fachkenntnis aufgebaut. 
Interessant geschrieben una reich mit trefflichen, grösstenteils nach der Natur ausgeführten Zeichnungen 
ülustrirt, dürfte die Arbeit Boeheims nicht minder zu erschöpfender Belehrung als zu anregender Unterhaltung 
dienen. — Die Gliederung des Inhalts ist folgende: 

Einleitung: Die Entwickelung des Waffenwesens. 

I» Sclnitzwaffeii« 1. Der Helm. 2. Der Hamischkragen. 3. Das Armzeug. 4. Der Handschuh. 5. Das Bruststück. 
6. Das Rückenstück. 7. Das Beinzeug. 8. Der Harnisch för den Mann in seiner Gesamtheit, ü. Der Schild. 
10. Der Pferdehamisch und das Pferdezeug. 
II* Die Angril&waflSen* a) Die blanken Waffen, 1. Das Schwert. 2. Das Krummschwert und der S&bel. 3. Der 
Degen. 4. Der Dolch, b) Die Stamjetmaffcn, 1. Der Spiess. 2. Die Helmbarte. 3. Die Gleve und die Couse. 
4. Die Runka und die Partisane. 5. Das Spetum, die Sturmgabel, die Eriegssense. 6. Stangenwaffen mit 
Schiessvorrichtungen, c) Die Schlautraffcn. 1. Der Streitkolben. 2. Der Streithammer, Faust- und Reiter- 
hammer 3. Die Streitaxt, d) Die Fcrnicaffeji, 1. Die Schleuder. 2. Der Bogen. 3. Die Armbrust. 4. Die 
Feuerwaffen, im allgemeinen. 5. Der Gewehrlauf. Ü. Das Gewehrschloss, 7. Das Faustrohr und die Pistole. 
8. Instrumente und Geräte. 9. Das Bajonett, e) Die Fahne und das FeaispicL 
in. Die Tatoderwairen. 
TV. Bemerkungen für Freunde und Sammler ron Waffen. 1. Die Beurteilung des Wertes und der Echtheit 

der Waffen. 2. Die Aufstellung der Waffen. 3. Einige Worte über die Erhaltung der Waffen. 
V. Kunst nnd Technik im Walfeuschmiedwesen, 
TL Die lierYorragendsten Waffensammlnngen, 
TU. Namen nnd Marken der WalTenschmiede. — Personen- und Sachregister. 

Das Werk erscheint in 1.1 Lieferimgeu zu äL 1.20. Alle 14 Tage wird eine Lieferung ausgegeben. , 

Bis jetzt erscliienen 8 Lieferungen. j 



••< 



Terlag des JLltterariscIieii Jahresberichts (Ärtiir Seemann) in Ijeipzig. 

Kulturbilder aus dem klassischen Altertume. 

!• Hondcl und Verkißhr ^^^ ^richtigsten Völker des Mittelmeeres. Von Dr. W. Richter. 

Illustrationen und Karten. Geb. Preis B Mark, 



Mit 



Di^r Verfasser behandelt auf eine Weise, welche zwisclien Popularitüt und Gelehrsnmkeit die rechte Mitte 
hält-, durch zahlreiche, lnei^t recht *rute Illustrationen unterstützt, in 14 Kapiteln den Handels-, Markt-^ Geld-, 
Industrie- und Postverkelir der rhöniker. Karthager, Griechen und Römer. (Centralorgan f.d. J. Realschulwesen j 



n. 



Diö SüiclB ^^^ kriechen nnd R^mer. Von Dr W. Richter. Mit Illustrationen. Geb. Preis 
^ - 3 Mark. 

Die beigegel>enen zahlreichen Illustrationen dienen zur Veranschaulicliung des reichhaltigen Textes, welcher 
in 10 Kapiteln ein ebenso anschauliebes wie erschöpfendes, auf gründlichen Studien beruhendes,' aber in 
populärer Sprache entworfenes Bild der für unsere Jugend so interessanten Materie bietet. Auch für 
Pädagogen und andere enthält das Buch viel Interessantes; sind doch die Spiele eines Volkes eine unwill- 



kürliche Selbstcharakterisirung desselben. 



m. Die gottesdienstUchen Gebräuche ^«r Griechen imd pmer/ ä^^^ 

^ Seemann. Mit Illustrationen. Geb. Preis 8 Mark. 

Das Buch bietet weit mehr, als der Titel erwarten lässt, nicht etwa nur das gottesdienstliche Ritual, 
sondern überhaupt alles, was zu der Verehrung der Götter in Beziehung steht, z. B. einleitende Bemer- 
kungen über den Charakter der griech. und rüm. Religion, Abschnitte über Tempel und Priester, Fluch und 
Eid, Mantik und Orakel, Mysterien, Begi*abniswesen u. s. w» Der Verfasser schreibt ausserordentlich klar 
und übersichtlich. " (Evang. Kirchen- u. Schulblatfc.) 



IV* Das Kriegswesen der Alten. 



y. 




Von Dr. M. Fickelscherer. Mit Illustrationen. Geb. Preis 
3 Mark. 

Das Werk bietet eine recht gute und übersichtliche Darstellung der Heereseinrichtung der wichtigsten 
Völker des Altertums von den Helden des homerischen Zeitalters bis zu den Legionen des römischen 
Kaiserreiches. Besonders eingehend sind selbstverständlich die Griechen und Römer behandelt, doch finden 
auch die Macedonier, Perser, Karthager, Kelten und Germanen Berücksichtigung. Zahlreiche gute Illustra- 
tionen sind dem Werke beigegeben. (Strassb, Post.) 

Das Theaterwesen ^®^ ^-'riechen und Riemer. Von Dr. Richard Opitz, Mit Illustrationen. 
.,„_,,,,.,^,,,,^^„„,„^.,„.,.,^ Geb. Preis 3 Mark. 

Mit solidem Wissen schildert der Verf. in frischer anziehender Fonn. anschaulich und treffend was 
man auf der klassischen Bühne sah und hörte, charakterisirt Schauspieler, Publikum und Dichter, den Bau 
und die Einrichtung des grichischen und römischen Theaters, skizzirt die Überliefemng der Bühnen- 
geschichte die Kritik und Theorie des Dramas im Altertum. (Zamckes Litt. Central blatt.) 






>^.^,;^.,-^-,.gSs^ 



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^ ^: , ^ ^ ^^^ . ^^ . '^ ^ä ^ ^; ^' - j^ ■^ , K^. q gt ;^ f^, 



Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig. 



Farbige Vorlageblätter. 

Zum Gebrauch ftlr den Unterricbt im Preiliandzeichnen entworfen und gezeichnet von C. DeditiUS, 

20 Tafeln Querfolio. In Mappe 9 M, 

Diese Vorlageblätter enthalten Ornamente vei*schiedener Stilarten, Metall- und Holzomamente in Sagearbeit, 
Dekorationsnaalereien, eingelegte Holzarbeiten, Thoiifli essen, Holzmalereien, Tapeten- und Schablonenarbeiten etc. 
Die geschmackvolle, saubere, durchaus farbige Darstellung, sowie die vorzüglicne Ausstattung lassen die »»Vorlage- 
blätter** als ein empfehlenswertes Hilfsmittel für das Zeichnen in Fortbildungsschulen erscheinen. 

Die Fortbildungschule 1S.S8, No. 15. 

Die farbigen Vorlageblätter sind im OrossheriBOgtuni Hessen in allen Gewerbeschulen 
amtlich eingeführt 

Vorbildersammlung für das Elementar-Freiliandzeichnen 

mit besonderer Börücksichtignng des gewerblichen Omamentzeichnens. 

Ein systematisclier Lehrgang 

für Volksschulen, Realschulen und gewerbliche Lehranstalten, sowie zum Selbstunterricht herausgegeben von 

Georg Graf, 

Vorstand der FachAbteilung der gewerblichen Fortbüdungschule in München. 

120 Tafek 4«. In Mappe GM. 3 Abteilungen, 

mit Text. Einzelne Abteilungen 2 M. jede zu 40 Tafeln. 

Wandtafeln 

für den Zeichenunterricht an Volksschulen und gewerblichen Fortbildungsschulen von Georg Graf. 

20 Blatt auf Hanfpapier, 63x84 cm.-, mit Text. 

Preis in Mappe 10 M. 



Stnfengang des elementaren Ornamentzeichnens 

mit Kolorier* und Komponierübungen. 

Eine auf dem Grunde der Leipziger Zeichenmethode stehende Anleitung zum Gebrauch an allgemein 

bildenden Lehranstalten von 

Martin Ludwig, 

Zeichenlehrer in Leipzig. 

72 schwarze und 12 farbige Tafeln nebst Text in Mappe 10 M. 

Ornamentale Formenlehre 

Eine systematische Zusammenstellung des Wichtigsten aus dem Gebiete der Ornamentik' zum Gebrauch 

. ftr Schulen, Musterzeichner, Architekten und Gewerbtreibende von Franz Sales Meyer, Professor 

£ui der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe. 300 Tafeln mit erläuterndem Text. Grossfolio. In Mappe 

mit Zugband 78 M. 



Ornamentvorlagen 

für Gewerbe, Fach- und Fortbildungsschulen gezeichnet und herausgegeben von Ferdinand Moser, 

Hauptlehrer in München. 50 Tafeln kl. Folio. Ladenpreis 15 M 

Dies Werk ist aus einem bei dem Zeichenunterricht an den Münchener Fortbildungsschulen schon lange 
fühlbar gewordenen Bedürfnisse hervorgegangen. Es bietet mustergültige Motive in vorzüglicher Darstellung zu 
einem verhältnismässig geringem Preise. Den verschiedenen Fächern dei Technik entsprechend zerfällt es in 5 Ab- 
teilungen: I. Ornamente für Holz-, Stein- und Thoni)l'ciPtik; 2. Ornamente für Eisenpla«tik ; 3. Ornamente für Edel- 
metallplastik; 4. Ornamente für Flächendekoration; 5. Ornamente für Typographie und andere VervielfUltigungfsarten. 

In den Mfinchener Fortbildungsschulen amtlicli eingefUhrt, 

Wandtafeln 

für den Zeichenunterricht an Gymnasien und Realschulen von 

Emil Schick, 

Zeichenlehrer am Gymnasium zu Bruchsal. 

L Umrisse antiker Gefasse und baulicher Zierformen. 10 Tafeln in Mappe mit Erläuterungen 

Preis M. 3.20. 

Das Werk führt die klassisch antiken Formen in einfachster Weise vor, und bringt Vasen, Schalen, 
Rosetten, Stimziegel in scharfer, weithin sichtbarer Form. 



■c^TJ■.^*^v3'._^^;^-:^T-;■t^v^ i:«^/ :?^ :^ ^P^; ■^^:^:^ i^vi ."cü'^<^ :y^i^^ :^^^ ^ ■^':^-'^^'x^:ö'^ ^' ^'x^':^ 




Druck von August Pries in Lelprlg. 



DER KATALOG DER SAMMLUNG SPITZER. 



VON JOSEF DINER. 
MIT ABBILDUNGEN. 



lER ERSTE Band der Publikation 
I der Sammlung Spitzer liegt null 
1 vor '), Es ist dies eine der gross- 
I artigsten und zugleich bedeutend- 
I sten Publikationen von Kunst- 
I werken, die bisher erschienen sind. 
Mitten in der Arbeit ist der Besitzer, unter dessen 
verktbätiger Leitung auch dieser erste Band ausge- 
führt wurde, abberufen. Er hatte sich mit einem 
ganzen Stabe wiasenBchaftlicb, künstlerisch und tech- 
nisch bedeutender Männer umgeben, um das ganze 
anf sechs Bände berechnete Werk dem hochbedeu- 
tenden Werte der puhlizirten Gegenstände entspre- 
chend auszuftlbren. 

Der erste Band enthält folgende vier Abteilungen. 
Die Antiken, beschrieben und mit einer^ Ein- 
leitung versehen von Froehner. 

Die Elfenbeinarbeiten mit einer Einleitung 
Ton Alfred Darcel. 

Die kirchücben Goldschmiedearbeiten mit einer 
Einleitung tod Leon Polustre. 

Die Tapissenearheiten mit einer Einleitung 
von Eugen MUntz. 

Die Beschreibung der Gegenstände des Mittel- 
alters und der Renaissance besorgte Herr Emil Mo- 
linier in au^ezeichneter Weise. Nur bezQglich der 
Goldschmiedearbeiten kann man einige Einwendungen 
machen, denn dort scheint Herr Molinier von Herrn 
Paluatre stark beeinäusst worden zu sein. 



1} La Collectioa Spitzer. Tome Premier. Antiquite -~ 
Hojen-Age — BenaiBaance. Paris. Haison Quantiu et Libraire 
Centrale des Beani-Arts 1890. In Folio. I(i9 Seiten mit zahl- 
reieheu Textilllutrationen and 63 Tafeln in Heliogravüre und 
Chromolithographie. 

KtmatgeuBTliBblatt. N F. I. 



Die technische Ausführung des Werkes ist eine 
glänzende. BezUgHcb der Textillustrationen hätte 
ich nnr bei den antiken Gegenständen einen Einwand 
■Ca erheben, man fUhlt in denselben zu stark die Hand 
des Zeichners, und zwar eine etwas harte und eckige 
Hand. Meisterhaft hingegen sind die beigefügten 
Tafeln, speziell jene in chromolithographischer Ans- 
fUhrung. Eine so bis in die feinsten FarbennUancen 
getreue Wiedergabe ist kaum anderweit zu finden. 
Auch ist der bei Chromolithographien gewöhnliche, 
kalte, harte Ton vermieden, so dass einzelne Tafeln 
völlig den Eindruck von Aquarellen machen. 

Trotzdem Spitzer sich sonst nur auf die Samm- 
lung von Kunstwerken des Mittelalters und der Re- 
naissance beschränkte, hat er, von der Schönheit der 
Gegenstände verfiShrt, in den letzten Jahren auch 
einige antike Kunstwerke in seine Sammlung auf- 
genommen, und zwar: 19 Stflck tanagroische Terra- 
kotten, 10 Bronzen und 3 Glasarbeiten. 

Abgesehen von einigen kühnen Deutungsver- 
suchen der dargestellten Szenen — die wir Herrn 
Froehner übrigens als zeitgemäss gar nicht Übel- 
nehmen: die gesamte moderne klassische Archäologie 
scheint ja beinahe nur Heuristik zu sein — teilt uns 
Herr Froehner noch zwei merkwürdige Sachen mit 
Zunächst dass er nach eingehendem Studium dazu ge- 
kommen sei, den griechiscben Antiquitätenhändlern 
keinen Glauben zu schenken. Dieselben bezeichneten 
nämlich alle von ihnen nach Paris gebrachten Terra- 
kotten als in Kleinasien gefunden , was ja die grie- 
chischen Händler bekanntlich bei allen Antiquitäten 
thun, um das Ausfuhrverbot zu umgehen. Aber nun 
ist — endlich — Herr Froehner darauf gekommen, 
dass auch jene angeblich kleinasiatischen Terrakotten 



r 



102 



DER KATALOG DER SAMMLUNG SPITZER. 



ans Tanagra stammen. Ferner behauptet Herr Froebn er, 
dass die Darstellangea in Terrakotta nicht, wie bis- 
her gelehrt wurde, zumeist auf die monumentale 
Skulptur zurückgebeo, sondern dass umgekehrt, die 
monumentale Kunst ihre Motive erst bei den Terra- 
kotten gefunden, welche ja viel leichter zu bearbeiten 
sind, und daes sie „mit vollen Händen aus diesem 
untei^eordneten Genre geschöpft habe". Den Beweis 
fDr diese absonderliche Behauptung bleibt aber Herr 
Froehner — natürlich — schuldig. 

Die zweite Abteilung des Werkes umfasst die 
Beschreibung der 171 Elfenbeinarbeiten der Samm- 
lung und die TortrefSiche Einleitung zu diesem Teile 
aus der Feder des gelehrten Direktors des Cluny- 
Museums in Paris. 

Die der Zeit nach älteste Arbeit stammt aus 



Sammlungen Soltjkoff und Basilewskj, sind die rhei- 
nischen Kirchen und die aas letzteren veraorgten 
Museen. 

Der Katalog Spitzer nennt diese Arbeiten byzan- 
tinisch und bezeichnet sie als „dem 8. oder 9. Jahr- 
hnnderte' ai^ehörig. Darcel nennt sie in dem Kata- 
loge Basilewsky „byzantinisch aus dem 9. Jahrhun- 
derte", während ein Teil der Tafeln im selben Werke 
die Bezeichnung 8. Jahrhundert trägt Labarte be- 
zeichnet alle diese Arbeiten als ,byzantiniBche des 
10. Jahrhunderts", während Viollet le Duc vom 12. 
Jahrhunderte spricht 

Trotz dieser Differenz in der Zeitbestimmung 
wurden aber alle diese Arbeiten bisher als in eine 
Klasse gehörig betrachtet Allerdings zeichnen sich 
diese Arbeiten sämtlich durch ein 



Fig. t. RsliqaienkBiit«!! kqi B«ln. Itklienliclia Arbeit des S. Jabrfaanderts. HDh« m O.ISS, Urge m 0.»o. 



dem fDnflen Jahrhunderte nach Christus und zeigt 
die letzten Ausklänge antikheidnischen Geistes, wäh- 
rend die jüngste Arbeit dem 17. Jahrhunderte ent- 
.stammt und die Ausklänge der wiedererwachten An- 
tike zeigt Alle Epochen und Kunstrichtungen, alle 
Länder, die in der Zwischenzeit irgend etwas Bedeu- 
tendes auf dem Gebiete der Elfenbeinschneidekunst 
hervor gebracht haben, sind durch schone und cha- 
rakteristische Exemplare vertreten, so dass dieser Teil 
uns wirklich eine vollständige Geschichte dieses wich- 
tigen Kunstzweiges giebt 

Unter Fig. 1 geben wir ein dem Kataloge ent- 
nommenes Kästchen (Spitzer pag. 31. No. 6). Das- 
selbe ist aus Holz und vollständig bekleidet mit ge- 
schnitzten Beinplatten. 

Die Sammlung Spitzer zählt drei solche Kästchen 
No. 4, 5 und 6 der Elfenbeinarbeiten. Ziemlich reich- 
haltig au ähnlichen Arbeiten waren auch die 



Grundzug aus. Dieselben sind durch die Antike nicht 
bloss stark beeinflusst, sondern zeigen fast durch- 
gängig stellenweise ein direktes Kopiren antiker rö- 
mischer Szenen. Meiner Ansicht nach gehören aber 
alle diese Arbeiten den Anfängen des monoklastiscben 
Regimes an im 8. Jahrhunderte, und sind teib byzan- 
tinischen, teils italienischen Ursprunges. 

Einzelne Arbeiten, wie das Kistchen von Sens 
und jenes des Darmstädter Museums, geben sich schon 
durch ihre griechische Inschriften als byzantinisch. 
Dieselben zeigen in ihren antiken Kompositionen 
sogar noch Verwandtschaft mit den Arbeiten des 
7. Jahrhunderts, aber in dem Laubomamente zeigeo 
sie schon jene Motive, welche dann unter den Iko- 
noklasten so glänzend entwickelt wurden, und in jenen 
schönen, bekannten durchbrochenen Ornamenten der 
Ikonoklasten ihren höchsten Ausdruck finden. (Cf. 
Moyen Age et la Renaissance, Tome V. Dyptiqnes 



DER KATALOG DER SAMMLUNG SPITZER. 



PL n. uDd Labarte, Hiatoire des arte industriela. 
Deuxieme ediläoQ. Tome L PL YL). Überdies ist 
es auch merkwQrdig, dass während sonst die byzan- 
tinische Kunst fast nur das neue Testament in ihren 
Darstellungekreis zieht, wir es hier mit Scenen des 



Arbeit«a fäat durchweg bloss in Bein sind ; dann zeigen 
diese Arbeiten eine stilistiscb starke Yerwandtscbaft 
mit den Miniaturen der karolingischen Kunst. Wir 
finden dort dieselben antiken Köpfe in Profil mit der 
plati^;edrtlckten Stime, wie auf dem Kästchen bei 



alten Testamentes zu. thnn haben, die vollständig in Spitzer. (No. 4, Tafel II.) Ähnlich finden wir andi 
römisches Gewand gehallt sind und mit römischen dort die Kostüme und die etwas plampeu, gedrückten 
Beigaben, wie die Darstellung desSol und die Kampf- Körperformen. Diese Moment« verbieten uns jeden- 
BEenen auf dem Kästchen 
von Sens. Liegt da nicht 
dieVemiutnng nahe, dass 
jene schlanen byzantini- 
schen Arbeiter um di^ 
ikonoklastische Edikt zu 
umgehen, die für jeden- 
&lls nicht so heilig ge- 
haltenen alttestamentari- 
schen Szenen wählten 
und dieselben Überdies 
noch durch -die antike 
Einkleidung und die an- 
tiken Beigaben gleichsam 
pro&nirten, dem Bilder- 
kreise der verbotenen 
Darstellungen entzc^en? 
Jedenfalls ist unter dem . 
ikonoklastischen Regime 
eine nene Aufnahme an- 
tiker Motive und Dai^ 
Stellungen ziemlich ge- 
wiss. Nun wnrde zu 
jener Zeit eine ganze 
Reihe KQnstler aus By- 
lanz vertrieben und fand 
in Rom gastfreundliche 
Aufnahme. Jenes antikd- 
airende Moment, das die- 
selben aus Byzanz mit- 
brachten, fand aber in 
Rom noch neue Nah- 
rung, sowohl in dem 
noch vorhandenen an- 
tiken Monumenten, wie in dem Einflüsse der Päpste 
Hadrian I. und Leo IIL, und in dem bis nach 
Rom hin sichtbaren Einflüsse Karls des Grossen. 
Deshalb möchte ich auch jene Arbeiten dieser 
Klasse, welche, wie das von uns publizirte Käst- 
chen, durchaus antike DarsteUungen zeigen, als 
westländische Arbeiten des 8. Jahrhunderts ansehen. 
Vorerst ist es auffallend, dass während die byzan- 
tinischen Arbeiten stete in £li'eubein sind, diese Art 



falls, diese Arbeiten als 
byzantinisch zu bezeich- 
nen. Wir können diesel- 
ben aber auch nicht dem 
d. oder 10. Jahrhunderte 
zuschreiben. Denn es ist 
ja bekannt, dass die karo- 
lingiache Kunst, trotzdem 
sie in ihren Aniungen 
stark antikisirend war, 
sehr bald sich von allen 
fremden, sowohl antiken 
als byzantinischen Ein- 
flüssen befreite und schon 
am Ende des 9. Jahrhun- 
derts in eine allerdings 
rohe, aber originelle Ma- 
nier verfiel. 

In die Blütezeit der 
französischen Elfenbein- 
schneiderei fuhrt uns das 
unter der Figur No. 2 
(Spitzer. Pag. 54, No. 85) 
reprod uzirtePolyptychon. 
Die Arbeit des Mittel- 
sttlckes ist in Rundwerk 
(rond-bosse) ausgeführt 
Die vier Seitenfl&gel ent- 
halten achtDarstellungen 
in Flachrelief. Wir finden 
hier alle fOr die skulp- 
turelle Kunst des 14. 
Jahrhunderts so charak- 
teristischen EigentQm- 
lichkeiten. Die Maria hält die rechte Hüfte ganz 
eingebogen und zeigt ein eigentümliches Lächeln. Die 
Bew^ungen aller Personen sind hastig und ebenso 
wie ihre Gesichtszüge etwas übertrieben stark mar- 
kirt Die Falten der Gewänder sind zahlreich, 
brüchig und sehr tief. 

Ein sehr schönes Stück Renaissancearbeit zeigt 
unsere Figur No, 3 (Spitzer, Pag. 71. No. 157). Es 
bt eine Willkommenskanne. Der Bauch in Elfen- 
15* 



If 



104 



DER KATALOG DER SAMMLUNG SPITZER. 



bein mit Schnitzerei in Hochrelief, die Fassung in 
Silber vergoldet. Dai^estellt ist der Anszug der 
Trojaner. Zwei junge Leute, denen Kinder voran- 
gehen, tragen je einen Greis auf ihren Schultern. 
Eine dieser Gruppen ist einer RalFaelschen Dar- 
stellung entlehnt. (Der Brand der Burg.) 

Die dritte Abteilung enthält die Beschreibung 
der 185 Gegenstände, welche der kirchlichen Gold- 
schmiedekunst angehören. 

In der Einleitung zu diesem Teile nimmt 
Palustre nochmals die 
Streitfrage bezQglich 
des limousiner und rhei- 
nischen Emails auf Er 
kommt zu dem Resul- 
tate, dass die limousiner 
Emailschule nicht etwa 
erst im 12. Jahrhunderte 
unter dem Einflüsse der 
rheinischen Emailschule 
entstanden sei, sondern 
ebenso alt sei wie diese. 
Ja er geht sogar weiter. 
Wenn er es auch nicht 
klar ausspricht, so lässt 
er es doch vermuten, 
dass die Emailkunst in 
Frankreich aog&r viel 
älter ist und dass auch 
den AranzSsischen Mei- 
stern die Erfindung des 
Email- champleve zu 
verdanken ist. Die Be- 
weise för alle diese 
Behauptungen bleibt 
Herr Palustre allerdings 

schuldig. Oder sollen p,g ^ Willkommk»DnB. Dar B«nch 
wir vielleicht die Chau- yergoldat, NiederlSndiscliB A 

vinistischen Phrasen fUr 

Beweise nehmen? Hätten wir allerdings bloss eine 
chauvinistische Exkursion hier vor uns, so wäre 
Schweden die beste Antwort, Aber in ein so präch- 
tiges Werk so viel wisseuscbaftlicbe Leichtfertig- 
keit einzuschmuggeln, dafür wörde Herr Palustre 
wohl verdienen, richtig auf die Finger geklopft 
zu werden. 

Bezöglieh die Emailleure Reginaldus, Willehnus, 
Guinamandus, Garnier (wahrscheinlich Gamaut de 
Trembloy gemeint) und Jean de Limoges erklärt 
er kurz und bBndig: „Diese letzteren fttnf waren 
trotz aller Diskussionen, die Ober sie geführt worden 



sind, Angehörige der Atelien von Limoges, dessen 
Bertthmtheit damals (wann?) ohne Rivalen in Eu- 
ropa war." 

Des weiteren erklärt er, dass die Deutschen nur 
deshalb in besserer Position seien, weil in ihrem 
Lande viel zahlreichere Monumente erhalten gebhe- 
ben und dieselben leider auch zahlreiche Inschriften 
tragen. Wenn nun wohl auch diese Thataachen fUr 
das rheinländische Email sprechen, so gebe es oft 
Konjekturen, welche dieselbe Beweiskraft haben wie 
Thatsachen. Und nun 
folgen die Konjektoren, 
welche fOr die Priorität 
des limousiner Emsik 
.sprechen. Z. B. „Wenn 
auch allerdings beute 
die Monumente für die 
lange Periode vom 6. bis 
11. (sagen wir besser 13.) 
Jahrhunderte fehlen, so 
, folgt daraus noch nicht, 
dass dieselben nie existirt 
haben", oder „Ohne zu 
' sprechen von jenen Ge- 
schenken, welche Kaiser 
Tiberius an Chilperich 
gesendet , und unter 
welchen zweifelsohne (?) 
auch emaillirte Gegen- 
stände waren , wissen 
wir ja, dass Poitiersf?) 
schon seit den Zeiten der 
heiligen Radegunde ein 
ausgezeichnetes kleines 
Triptychon (?) besitzt (?), 
ein Geschenk des Kaisers 
Justinian. Also schon 
vier Jahrhunderte froher 
■"'""■ als Deutschland war 

Aquitanien in der Lage, von einem in jeder Hinsicht 
so bedeutenden Werke zu lernen." 

Abgesehen von dem monströsen chronologischen 
Saltomortale, welches darin steckt, von einem Ereig- 
nisse des 6. Jabrhundertes auf ein solches des 10. Jahr- 
hundertes zu scbliessen, wimmelt dieser Satz von 
leichtfertigen Angaben. Das Stfick, wovon hier die 
Rede ist, war ein lieliquor (ein Triptychon des 
sechsten Jahrhunderts, das wäre eine wirkliebe Rari- 
tät!), welches im Kloster Sainle^Oroix zu Poitiers bis 
zum Jahre 1792 aufbewahrt wurde, seit jener Zeit 
aber verschwunden ist. Eine klösterliche Tradition 



DER KATALOG DEE SAMMLUNG SPITZER. 



105 



bezeichnete es als ein GescheDk des Kaisers Justi- 
nian IL an die GemahÜB Klothars I,, die heilige 
Radegunde, welche in jenem Kloster ihre letzten 
Lebensjahre zubmchte. Bekannt ist uns das StQck 
nur aus einer alten Zeichnong, welche yermuten 
Hast, dass wir es hier mit einer Email-cIoisonoe-Ar' 
beit zii thun haben. Seit Jahren arbeiten schon ver- 
schiedene Forscher mit Eifer nnd Fleiaa daran, um 
jenea Sprung zu erklären von der römischen Email- 
technik zum byzantinischen Email-cloisonne, um 
jene Lücke anszufHUen in unserem Wissen, bezQg- 
lich jener 150 Jahre vom Verschwinden der alten 



ihm offenbar Tollständig unbekannten Forschungen 
des Herrn Dr. Tischler in Königsbei^ verweisen. 

Alle der YÖlkerwanderungszeit angebörigen 
Qegenstände, die mit Schmelz geziert sind, gehören 
nicht der eigentlichen Emailtechnik an. Bei den- 



Techaik des Email-champleve im 5. Jahrhunderte, bis 
Kum historisch beglaubigten Email- cloisonn^ — wo- 
f&r ja bisher als ältestes Beispiel die Krone von 
MoDza gilt — im 7. Jahrhunderte, Aber för Falustre 
besteht diese Lücke nicht, denn nach ihm war ja 
schon im 6. Jahrhunderte unter Justinian II. und 
TiberioB die Emailkunst, oder Email-champleve gilt 
ihm gleich, in Bjzanz xweifelsohne in höchster Blüte. 
Diesbezfiglicb möchte ich Herrn Palustre auf die 



selben ist nicht der Glaaäuse in die Zellen einge- 
schmolzen, sondern er ist separat fabrizirt und nach- 
träglich in schon fertigem Zustande in die Zellen 
eingekittet. Die richtige Bezeichnung für diese Tech- 
nik ist „verroterie cloisonnee". Bei einem im vorigen 
Jahre in Scilagy-Somlö gemachten grossen Goldfunde 
a\is dem Ende des 5. Jahrhuuders, der sich jetzt im 
ungarischen Nationalmuseum befindet, glaubte man 
allerdings echtes warmes Email-cloisonne gefunden 



106 



DER KATALOG DER SAMMLUNG SPITZER. 



zu haben. Eine Daclitr^liche genaue Untersuchung 
ergab aber — wie ich mich durch die Liebens- 
würdigkeit des Herrn Direktors Franz von Pulszkv 
persönlich überzeugen konnte — daes wir auch hier 
nur verroterie doisonn^ haben. So schien denn 
jede Spur von £matlt«chnik sich im 5. Jahrhunderte 
zu verlieren, bis es Herrn Dr. Tischler gelungen 
ist, eine Reibe von warm emaillirten Gegenständen 
nachzuweisen, die dem 6. Jahrhunderte angehören. 
Dieselben sind von ihm 
zusammengestdlt und be- 
sprochen in dem ,3erichte 
über die gemeinsame Ver- 
sammlung der Deutschen 
und der Wiener anthropo- 
logischen Gesellschaft in 
Wien 1889. (Separatabdruck 
aus dem Bande XIX der 
Mitteilungen der Anthro- 
polc^scben Gesellschaft in 
Wien. Wien, Holder 1889 
pag. 164.) Es sind das eine 
Reihe von Schildohrringen 
und Zierscheibeu, die durch- 
wegs von österreichiecheQ 
Fundorten stammen. Diese 
Stücke zeigen neben echtem 
wannen Email-champleve 
auch £mail-cloisonn4. Nnr 
dass die Zellen hier durch 
dünne eingelötete Bronze- 
streifen gebildet sind. Alle 
diese allerdings nicht zahl- 
reichen Gegenstände weisen 
in ihrem Habitus — wie 
Herr Dr. Tischler richtig 
bemerkt — auf den Osten, 
vielleicht sogar nach Asien. , 
Und von hier wird man 
wahrscheinlich auch aus- 



gehen müssen, um die Ein- 
führung der Emailtecbnik in Byzanz aufzuklären. 

Labarte publizirt in der ersten Ausgabe seiner 
Hiatoire. des arts industriels, Album Tome II, Planche 
CVI aus euer Serie von 10 emaillirten Zierschei- 
ben zwei Stücke. Dieselben erscheinen ihm aller- 
dings sehr rätaelhaft und findet er sehr viel Orien- 
talisches darin, aber als Arbeiten in Email-cbampleve 
schreibt er sie dennoch der rheinischen Kunst zu. 
Diese Scheiben ähneln sehr einer von Tischler (1. c.) 
erwähnten Zierscheibe, die sich im österreichischen 



Museum f. Kunst und Industrie befindet (No. 2777) 
woselbst sie als siciliani&ch- maurische Arbeit des 
12. Jahrbundertes galt, bis Tischler dieselbe als dem 
6. Jahrhundert ai^ehörig erkannte. Die Labarteachen 
Zierscheiben dürften vermutlich derselben Serie an- 
gehören. 

Abgesehen von dieser mehr lächerlichen ab 
bedauerlichen Einleitung des Herrn Palustre, finde 
ich auch an der sonst ausgezeichneten Beschreibung 
zwei Sachen zu rügen. 
Zunächst sind eine ganze 
Reihe von unbestreitbar 
rheinischen £mailarbeiten 
— offenbar nur aus Patrio- 
tismus — als limousiner 
Arbeiten bezeichnet. So- 
dann ist durchaus nicht 
genügende Aufmerksamkeit 
auf die GoldBcbmiedemar- 
keo verwendet. 

Bei dieser Ausstattung 
hätten doch wohl Faksl* 
miles aller Marken gegeben 
werden müssen. Die blosse 
Erwähnung einer Marke 
oder auch die Erwähnung 
der vorkommenden Buch- 
staben ist keinesfalls ge- 
□t^end. Es wären dann 
auch Irrtümer unmöglich 
gewesen, wie der hei dem 
Kelche No. 92 der Samm- 
lung wo die Marke SVL 
(Solmona) ist. 

In folgendem reprodu- 

zirenwir noch vier au^e- 

zeichnet schöne Arbeiten 

der Sammlimg. 

Fig. a. Pu. Der Rahmen «nj Knpfer vetgoldBt. Die iiue» Tatel J!lg-4töpitzer, pag. 11 

Bowis die OmameDte in Süber gelriebeii. Itelienieohe Arbeit des No. 37) zeigt uns einen fran- 

le. JalubondertB. Hübe m 0,S3«. Breite m D,tM. 



zösischen Leuchter des 13 
Jahrhunderts. Derselbe ist aus Bronze grossen und 
vergoldet. Die Ornamente, zum grössten Teile durch- 
brochen gearbeitet, sind aufgelötet. Der Fuas be- 
steht aus drei muschelartigen FlQgeln, au welche 
die drei den Leuchter tr^enden Tierkralleu ange- 
lötet sind. 

Fig. 5 (Spitzer, pag. 148, No. 175) zeigt uns ein 
seht schönes Beispiel portugiesischer Goldsobmiede- 
arbeit. Es ist ein Reliquarium aus Silber getrieben, 
zum Teile vergoldet und tr^^ auf dem Fusse die 



DECKCHEN. 

Tenetiuifabc Btlckerai. 

Uati-r LeUsor von O. Hlklbavh «atw. nta E. Klbni-. 
HtffawPrbeblUI. K. V. I. Lith. AnaL r. J. U. Fritivke, Leipilit. 



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DER KATALOG DER SAMMLUNG SPITZER. 



107 



Inschrift: ESTA OBRA DIO AESTA IGLESA EL 
MI MAQECO 83 CO^. Ä DE BARia ANO 1558, 
Ohne die Inschrift würden wir dieses Stock 
sicherlich fOr eine italienische Arbeit erklären, und 
offenbar bat sich ähnlich wie in Spanien (cf. Devil- 
her, Recherches sar rOrföverie en Espagne pag. 62 
u. a. O.), auch in Portugal der Renaiseancegeschmack 



Arbeiten des 15. Jahrhunderts, und ein Meisterstück 
aus der Epoche Ludwig XLV. Beeonderea Interesse 
erregen die flämischen Arbeiten des 15. Jahrhunderts. 
Es sind sechs kleine Tapeten fast nur in Seide, Sil- 
ber und Gold gewebt. Wir sehen da eine glück- 
liche Verschmelzung der R«iiai3sance mit den goti- 
schen Traditionen. Die dem Bilderkreise des neuen 



unter der ausachliesslichen Einwirkung italienischer Testamente entnommenen Kompositionen sind hSchst 



Künstler entwickelt. Einen eigentümlichen, nicht- 
italienischen Charakter tr^ nur die auf dem Deckel 
angebrachte Ghristusstatuette. In der Linken trägt 
Christus die von einem Kreuze Überragte Weltkugel, 
die Rechte hält er segnend empor, bekleidet ist er 
mit einem langen faltigen Gewände und einem breit- 
krämpigen Hute. 

Figur 6 (Spitzer, pag. 146 
No. 167) zeigt uns eine sehr schöne 
italienische Pax des 16. Jahrhun- 
derts. Der Rahmen der inneren 
Tafel ist aus vergoldetem Kupfer. 
Nur die Basis, der Fries und 
Giebel aind mit getriebenen Silber- 
platten belegt. Die Inschrift am 
Fries ist niellirt Die innere Platte 
ist in Süber getrieben, mit der 
Darstellung der Kreuzigung, nach 
emer in mehreren Exemplaren be- 
kannten Bronzeplaquette von Mo> 
demo (cf. Molinier, Les Plaquettes. 
Tome I, No. 171 und Bode, Be- 
schreibung der Bildwerke der christ- 
Uchen Epoche No. 741). 

Fig.7(Spitzer,p^.l5lNo.l85) prg. b. K&paei rar 



einfach, und wirken mehr durch die ausserordentliche 
Farbenharmonie, die in ihnen herrscht, und worin 
sie wirklich an die Schule der Venetianer erinnern. 
Beim Betrachten dieser Tapeten, moss man sich 
unwillkürlich an die Lehren der Stiltheoretiker er- 
innern, daes ee wider alle Regeln der Kunst sei, 
wenn die Tapisserie Gemälde hei^ 
vorbringen wolle, mit der Ölmalerei 
konknrriren wolle. Die Tapisserie 
dürfe nur Flächendekorationen er- 
zeugen. Hier in diesen Tapeten 
aber haben wir wirkliche gewebte 
. Gemälde vor uns, welche diese 
Theorie Lügen strafen. Denn diese 
Gemälde können sich den Bildern 
der besten Künstler jener Zeit wür- 
dig an die Seite stellen. Diese 
Tapeten entstammen wahrscheinlich 
den Brüsseler Ateliers, denn Arras, 
welchem dieselben früher zuge- 
schrieben wurden, ist ja seit 1477 
kaum mehr in Betracht zu ziehen 
(cf. Die Geschichte der Tapisserie 
von Dalloz). 
fl AeiiM-Dei.Mea«i!le. Durchaus den Charakter der deut- 



zeigt die Kapsel für eine Affnus *■'" S'"'" »«rgotdat und mit tranBiucidem gcten Kunst des 16. Jahrhunderts 

n ■ ** j -11 -P ■ 1 ■ J 1. L ^'°'" e*8=hmllckt. Deatache Arbeit de« 18. . 

Uei-Medaüle. JLs ist eme deutsche jahrhundorta. Darehmeaser m o.Ma. Zeigt die wunderbare lapete, welche 



Arbeit des 16. Jahrhunderts in ver- 
goldetem Silber, geschmückt mit Email-Translucide. 
Die Figuren der Kreuzigungsscene sind in vergol- 
detem Süber und heben sich von einem blau email- 
lirten Grund ab, während das durchbrochen ge- 
arbeitete Laubgewinde ringsherum sich von einem 
grün emaillirten Grunde abhebt. Die Rückseite ist 
ähnlich mit der Darstellung des mystischen Lammes 
in ähnlicher Technik. 

Die vierte Abteilung enthält die Beschreibung 
der 23 Tapeten der Sammlung. Es sind durchwegs 



die Geschichte der wunderthätigen 
Statue von Notre-Dame de Sablon darstellt und welche 
die Inschrift trägt: I^fregiua Franciscus de Taxis 
pie memorie posterum mt^ter hoc fieri fecit 1518. 

Wenn auch die Tapete selbst wahrscheinlich in 
Brüssel gewebt wurde, so stammen die Kartons doch 
sicherlich von einem der deutschen Schule angehörigen 
Künstler. 

Ganz besonders hervorheben muss ich bei dieser 
Abteilung die beigefügten sieben chromolithographi- 
schen Tafeln, die als eine tadellose Wiedei^abe der 



Prachtstücke allerersten Ranges, und zwar: flämische Originale für Studienzwecke dieselben vollständig 
Arbeiten des 15. und 16. Jahrhunderts, italienische ersetzen. 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



R(L — Von Qtiantins ,fBibliothrqNe de V ensHgnement 
des bemix aria" liegen wiederum zwei Bände in gewohnter 
Ausstattung und Preis (4,50 geb.) vor. Dieselben behandeln 
Heraldik (l'art heraldique par H. Gourdon de Genouillac] und 
die Siegelkunde (les sceaux par Lecoy de la Marche). Für 
die erstere Kunst besitzen wir in Deutschland ausgezeichnete 
Hilfsbücher, die auch in den Händen fast aller Künstler und 
Handwerker sind, welche, wie Glasmaler, Graveure, Buch- 
maler u. a., häufig mit Wappen zu thun haben. Das vor- 
liegende Buch behandelt fast nur französische Wappen resp. 
Wappenkunst, in einem kurzen Kapitel werden die übrigen 
Länder abgemacht. Von Deutschland weiss der Verfasser 
gar nichts, nicht einmal Siebmacher kennt er. Deshalb kann 
das Buch für uns nur in Betracht kommen, wenn es sich 
um französische Heraldik handelt und wird dann gewiss mit 
Nutzen zu Rate gezogen werden. Ein Buch über Siegel fehlt 
dagegen unseres Wissens in der deutschen Litteratur. Auch 
das Qnantinsche ist f&r Frankreich geschrieben, enthält aber 
viel Lesbares und Nützliches auch für Deutsche. Es ver- 
breitet sich über die Entstehung der Siegel, ihren Gebrauch, 
Herstellung und Entwicklung : zahlreiche zum Teil recht gute 
Abbildungen erläutern den Text. Eine deutsche Bearbeitung, 
womöglich durch einen Historiker und Graveur im Verein 
würde in deutschen Archiven und Sammlungen ein über- 
reiches Material an Originalabdrücken und Stempeln finden, 
welches wohl gehoben und der heutigen Gravirkunst dienst- 
bar gemacht zu werden verdiente. 

Köln. Am 30. Juni a. c. hielt der Kölnische Kwist- 
getcerhercroin seine zweite Hauptversammlung ab. Der Vor- 
sitzende, Baurat Pflaume, hiess zunächst die Anwesenden 
willkommen, sprach aber zugleich sein Bedauern aus, dass 
die Zahl derselben nur gering sei. Direktor Pabst vom Kunst- 
gewerbemuseum erstattete sodann den Jahresbericht Er be- 
tonte, dass die Thätigkeit des Vereins nach aussen wenig 
bemerkbar, doch von grosser Bedeutung für das Kunst- 
gewerbemuseum gewesen sei. Durch die Fürsorge der städt. 
Verwaltung, welche die Errichtung der Bibliothek aus siAdt. 
Stiftungsmitteln selbst in die Hand genommen hätte, habe 
der Verein seine Kräfte ausschliesslich der Vermehrung der 
Sammlungen zuwenden können. Aus Vereinsmitteln wurden 
im vergangenen Jahr fOr 18000 M. etwa 560 Gegenstände ange- 
kauft, welche namentlich den Gruppen Schmiedeeisen, Buch- 
einbände, Sto£Pe, Stickerei, Porzellan und Bronze zugute 
kommen. Neu eingerichtet wurde die Gruppe Posamentir- 
arbeiten. Leider sei zu bedauern, dass die Räume so unzu- 
reichend wären, dass zahlreiche Gegenstände nicht ausgestellt 
werden könnten. Es wäre zu wünschen, dass durch die be- 
absichtigte Räumung der Domschule dem Raummangel bald 
abgeholfen werde. Lebhafte Unterstützung fand der Verein 
durch das kgl. Kunstgewerbemuseum zu Berlin, durch die 
Herren Geheimrat Lüders, Bode, Direktor Lessing in Berlin, 
Hermeling und Bourgeois in Köln. Redner empfahl zum 
Schluss den Beitritt neuer Mitglieder. Herrn Direktor Pabst 
wurde nach Erstattung des Rechnungsberichts, der in Ein- 
nahme und Ausgabe mit 19 880 M. abschlicsst, Entlastung 
erteilt. Die aus dem Vorstand ausscheidenden Mitglieder 



Direktor Romberg, Frhr. v. Oppenheim. Berghausen und 
Schultz wurden durch Zuruf wiedergewählt. 

— Qrax, Der siebente Thätigkeitsbericht des Museums- 
vereins „Joanneum" berichtet zunächst über das Hauptergeb- 
nis des verflossenen Jahres, die Bewilligung von 284126 Fl. 
ftlr die Musealbauten durch den Landtag. Von dieser Summe 
wird der Betrag von rund 250000 Fl. für den Bau eines 
neuen Museums in Verwendung kommen. Mit Befriedigung 
kann der Verein, der sich lange Zeit allein für die Notwen- 
keit eines Landesmuseums und für die Verwendung von 
Landesmitteln für dasselbe eingesetzt hat, auf dieses Resultat 
seiner Bemühungen hinweisen. Nachdem seine reorgamsa- 
torischen Anregungen im neuen organischen Statut des 
Landesmuseums Joanneum die | Sanktion des Landtages er- 
halten haben, ist nun auch die Sicherheit gegeben, dass die 
in diesen Satzungen ausgesprochenen Gedanken und Ten- 
denzen in dem Neubaue wirklich ins Leben treten und ihre 
segensreiche Wirkung auf Kunst und Kunsthandwerk des 
Landes ausüben werden. Es wurde in der Generalversamm- 
lung der Antrag genehmigt, dass die von dem Vereine ge- 
sammelten Objekte von nun an aus den Depots der einzelnen 
Sammlungen dem Landesmuseum als Eigentum übergeben 
werden sollen und zwar in der Reihenfolge, in welcher die 
Abteilungen des Landesnmseums gemäss dem neuen organi- 
schen Statut in den, sei es neu gebauten, sei es umgestalteten 
Räumlichkeiten endgültig zur Aufstellung gelangen. An 
diese Übergabe wurde keine andere Bedingung geknüpft, als 
die, dass sowohl in den Liventaren des Landesmuseums, als 
auf der Etikette bei jedem übergebenen Gegenstande die Be- 
zeichnung: „Vom steiermärkischen Landesmuseumsvereine" 
ersichtlich gemacht werde. Über den auch diesmal sehr nam- 
haften Zuwachs der Sammlungen giebt die beigefügte Liste 
Auskunft. Hier besonders hervorzuheben sind eine von dem 
Vereine gewidmete schöne vollständige Rokokozimmervertäfe- 
lung, ein Tischtuch mit reichen Seidenstickereien, sowie eine 
Sammlung von Steinwaffen aus der Umgebung von Friedau. 
Ausser den Geschenken wurde wiederum eine grosse Anzahl 
Objekte dem Verein unter Wahrung des Eigentumsrechtes 
zur Ausstellung überlassen. Die Zahl der Mitglieder beträgt 
57, der Förderer 14, der Gründer 14. 

z — Der sog. Danienkursits der mit dem Kunstgetrerbe- 
miiscitm XU Leipzig verbundenen kunstgewerblichen Zeichen- 
schule hat unter der Leitung des Architekten G. Mühlbach 
einen sehr erfreulichen Aufschwung genommen. Die be- 
gabteren jungen Mädchen entwickeln eine irische Erfindungs- 
gabe, bei der ihnen mustergültige V^orbilder älterer Zeit als 
Anhalt dienen. Auch die freie Übersetzung von Motiven 
aus einer Technik in die andere gelingt ihnen unter der 
guten pädagogischen Fühnmg des Lehrers nicht selten in 
ansprechender Weise. Die letzte Ausstellung dieser kunst- 
gewerblichen Er^iehungsresultate giebt uns Anlass, einige 
Entwürfe selbständiger Erfindung den Lesern d. Bl. mitzu- 
teilen, eine irische Spitze entworfen von Fräulein Marif 
Werner und eine Stickerei in venetianischer Art von Fräu- 
lein E. Kühne, 



mm^smimmmmmmm^m 



Von der Verlagshandlung von E. A. Seemann sind 




Lehrmodelle 

für den Anfangsunterricht im Freihandzeichnen. 

(Im Anschluss an die Lachnerschen Lehrhefte.) 



Modelle für Möbeltischler: 1 

, Gruppe: 6 geometrische Körper (Blatt l der ' i. Gi 
Lehrhefte). 

„ öSäulenfiisse und 6 Profile (Blatt 2), 2. 
„ 9 Gehrungen (Blatt 3). 3. 

„ 4 Simsbckrönungen; 
■ „ 4 Möbel- und 4 Säulenfiisse, 2 4. 
Füllungen. S- 

„ 3 Stützen und 2 Konsolen, 



Der Preis eines vollständigen Satzes dieser ; 



^ 46 Modelle ist 115 Mark. , 36 Modelle ist 90 Mark. 

Die Vorzüg^e dieser Modelle 



Modelle für Schlosser: j 

ppe: 6 geometrische Körper (Blatt l der s 
Lehrheftel. | 

Hohlkörper, 5 Stück (Blatt 2). | 

„ Blechvoluten, Drahtspiralen, 4Stück fl 

(Blatt 3). t 

„ Beschlagteile, 13 St ;Blatt 4). ? 

„ Kastenschloss und Thürschloss, J| 

2 Stück (Blatt 5). | 

Rosetten, 6 Stück (Blatt 6). | 

Der Preis eines vollständigen Satzes dieser | 



/. in der -vortreiniclien Aj^beit, die If^rxnsobÖnlielt mit sorg/äliigsur t 

QeH&XliffKoit verbindet, (^talenal: Eichen- und Buchenholz mit kie/erner Unlerfütterung) ; % 
2. in der "S^OlllfoHllOitt 'vorüber vorsiehende Preisangaben belehren; M 

^ 3. in der tadellosen Teclmilc, weiche in den stchtbaren Solxnittil&clien | 

T& den Schüler auf die Art der Zusammensetzung verschiedener Hölzer hinweist. g 

^ Die Grösse der einzelnen Modelle ist so gewählt, dass sie in der Zeichnung unverkürzt « 
Qj wiedergegeben werden können. 




»»?>^>:»>;>?»>.>>j>:»»> r» 



Verlag der Gesellschaft für vervielfaltigeiide Kunst in Wien. 



<«c:<c«<-:<«cc<c^ 




Ausser 
gültige 



ie vervielfältigende -^t:?^*^ 
•^^>^ Kunst der Gegenwart. 

Redigirt von 

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Von Band II 

Der Kupferstich 

welcher im Erscheinen begriffen ist, sind bisher G Hefte ausgegeben 



worden. 



[23: 



.^>»)»>:>:>:>:> :>»:>:»>: ' :::i * cc«cccx:c<c<c:<:c:c:c:c:<. 




' Yerlüg des Lilterarlücheu Jahresbericht k 
(Artur Seemauu) in Leipzig. 

Soeben erscliien: 

Bilderatlas zum 



HOH2R 



herausgegeben von Dr. B. Kngelniaiiii. 

I- I 11- 

20TafelnimdText I IGTaleln und Text 

cart. M. 2.—. 1 cart. M. 2.—. 
Beide Teile cart IM. 3.60, geb. Pü. 4.—. 

Bilderatlas 

zu den Metamorplioseii des 




herausgegeben von Dr. B. Engelmanm. 

; 26 Tafeln mit 13 Selten Text QuerfoUo. 

j Kart. 2 H. 60 Pf. Geh. 8 M. 20 Pf. 

! Von der Anschauung ausgehend, dass 
der Geist der Antike nicht nur in deu 
Schriftquellen, sondern auch und zwar Vor- 
nehmlich in den erhaltenen Kaustdenk« 
raälem der Alten zu suchen sei, hat der 
Herausgeber eine Zusammenstellung der 
wichtigsten Darstellungen homerischer umi 
ovidischer JScenen uuteniommen. Er hofft 
damit allen Freunden der klassischen Ge- 
dichte einen Dienst zu erweisen. Insbe- 
sondere soll der Atlas der Jugend zu gute 
kommen, deren Phantasie bei dem trockneu 
Formalismus der Grammatik und Syntax 
nicht selten Mangel leidet. Weit entfernt 
davon, das Interesse vom Stoffe Abzuziehen, 
werden diese klassischen Illustrationen 
gerade den Schüler auf die Grösse des In- 
haltes der Dichtungen hinführen, seine Auf- 
merksamkeit für den Gegenstand immer 
aufs neue anregen und seine Begeisterung 
früher zu wecken im Stande sein, als dies 
erfahrungsgemäss ohne die Heranziehung 
der Denkmäler der Fall zu sein pflegt. 







I 



Neuer Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig. 

Die Tracht der Kulturyölker Europas 

vom Zeitalter Homers bis zum Beginne des 19. Jahrhunderts' 

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der Seemannschen Kunsthandbücher eine ebenso lesbare wie lesenswerte Darstellung der Geschiclite 
der Trachten, deren Verständnis durch zahlreiche Abbildungen in zweckmässiger Weise erläutert wird. 



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Hierzu zwei Beilairon von drr „Uiiion-Baiigesellscliaft" in Sterzine: (Tirol) uiul eine Beilage von Heriuaun Humitz JL* Vo, 

in Berlin C. 

Druck von August Pries in Leipzig. 



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BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER KUNSTTÖPFEREI. 

XL FüTBtenbergeF Foraellonfiguren im Herzogllolien Husenm bu Brannaohweig. 

VON Dr. CHR. SCHEBKR. 
MIT ABBILDUNGEN. 



NTER den kunstgewerbücheD Samm- 
lungen des herzoglichen Museums 
zu Brannscbweig ist eine der um- 
fangreichsten diejenige der Porzel- 
lane. Zwar sind das orientalische 
Porzellan und die bekannteren 
enro|räischen Fabriken nur teilweise und, wenn man 
abaiebt von der ebenso lehrreichen wie verhältnis- 
mässig grossen Sammlung roten Böttgerschen Yer- 
suchspor Zell ans, in nur wenigen Stücken vertreten, 
allein zum Ersatz hierfür sind die Erzeugnisse der 
Landeflfabrik Fürstenbeig in einer Vollständigkeit 
vorhanden, die empfindliche Lücken nicht aufzu- 
weisen hat und daher wohl imstande ist, uns ein 
ziemlich getreues Bild von dem künsÜeriscben Ent- 
wicklnngsgange dieser Fabrik zu bieten. Indem ich 
mir vorbehalte, diesen letzteren zum Gegenstand 
einer selbständigen Untersuchung zu machen, möchte 
ich an dieser Stelle die Aufmerksamkeit der Leser 
auf einige Figttrcben FQrstenberger Fabrikats lenken, 
die mir unter der grossen Menge von Einzelfiguren 
und Oruppen, welche das herzogliche Museum be- 
sitzt, in mehrfacher Hinsicht besondere Beachtung 
zu verdienen scheinen. 

Die 0,151 m hohe Figur, welche ich zunächst be- 
sprechen machte, gelangte im Jahre 18S2 zusammen 
mit einer grösseren Zahl anderer Kunstgegenstände 
im Tausch gegen einen Kunstscbrank aus dem Be- 
sitz der damaligen deutseben Kronprinzessin in das 
heizt^liche Museum und stellt eine Kleopatra dar 
(Abb. 1), welche völlig nackt dasteht im Begriffe, die 
totbringende Natter sich an die rechte Brust zu legen. 
Der linke B\iss ist seitwärts zurGckgesetzt und be- 
rührt mit seiner Spitze einen am Boden liegenden, 
viereckigen Marmoratein; Kopf und Oberkörper folgen 

Kanitgawerbsblfttt. N. F. I. 



der seitlichen Keigung dieses Beines, so dass die 
Figur eine etwas unsichere Stellung hat und, zumal 
wenn man sie von vom betrachtet, den Eindruck 
macht, als ob sie zur Seite fallen wollte. Hinter ihr 
steht aufeinemweit ausladenden, kühngeschwungenen 
Postament eine Yase mit zwei hohen, hasalichen Yer- 
tikalhenkeln , deren einer jedoch abgebrochen ist. 
Dies ist die einzige Yerletzung an dem sonst unver- 
sehrt erhaltenen FigUrcheu. 

Der feinen und reichen Modellirung entspricht 
die zarte und durchsichtige Farbengebung. Das 
Fleisch ist leicht getont, fast weiss und nur an den 
Wangen, Händen, Füssen und einigen bervorsteben- 
den Teilen mit einem zarten Rosa fiberhaucht. Die 
Augen sind blaugrau, die von einem lichtgrünen 
Band durchzogenen Haare graubraun, die Ornamente 
an den vier Seiten des Postaments, deren Umrah- 
mungen sowie die Henkel und Verzierungen der 
Yase golden; die Natter ist grau, der den Erdboden 
nachahmende Sockel hellbraun. 

Bildnerei und Malerei haben hier vereint ein 
reizendes Werk hervoigebracht^ das sieb vielen ähn- 
lichen Meissener und Höchster Fabrikaten würdig 
an die Seite stellen kann, wenn man es auch nicht 
gerade mit den Schöpfungen eines Kendler oder 
Melchior vei^leichen darf. Denn dazu fehlt ihm in 
erster Linie das, was die Werke jener Meister in so 
hervorragendem Masse besitzen: die Originalität. 
Diese Kleopatra ist keine selbständ^e Schöpfung, 
keine eigene Erfindung des uns unbekannten Mo- 
delleurs, sie ist vielmehr, wie sich genau nachweisen 
läset, die unmittelbare Nachbildung eines älteren 
Werkes, welche dem Material und der neuen Technik 
zuliebe gewisse unbedeutende Veränderungen er- 
fahren hat. 



110 



BEITEÄGK ZUR GESCHICHTE DER KUNSTTÖPFEREI. 



In der an kostbaren und interessanten StDckea 
reichen ElfenbeinBammlung des herzoglichenMusenms 
befindet eich nämlich unter No.567 die U,15S hohe Figur 
einer Kleopatra (Abb. 2.), welche, wie schon eine ober- 
flächliche Vei^leichung lehrt, das Vorbild fßr unser 
Ftirstenberger FigQrchen gewesen ist. Die Überein- 
stimmung beider Werke, selbst in Kleinigkeiten, ist 
so Überraschend, dass die Abhängigkeit des einen 
von dem andern Oberhaupt nicht in Zweifel gezogen 
werden kann. Es wird daher genögen, die kleinen 
Abweichungen kurz hervorzuheben, die, wie schon 
geattgt, durch Material und Technik veranlasst sind. 
Im Gegensatz zu der oben erwähnten unsicheren 
Stellung der Forzellanetatnette steht die Elfenbein- 



wShrend die Elfenbeinstatuett« frei und in sich selbst 
gefestigt dasteht, die Porzellanfigur der Stütze be- 
darf, welche ihr dadurch gegeben ist, dass sie mit 
mehreren Stellen des Körpers an dem die Vase 
tragenden Sockel haftet, ja geradezu klebt. 

Alle diese Mängel werden erst durch eine Ver- 
gleich'ing beider Werke genauer sichtbar, während 
man sie leicht fibersehen kann, wenn man die Por- 
zellanfigur fßr sich allein betrachtet. Sie beweisen 
aber auch, dass die letztere der Elfenbeinstatuette 
und nicht umgekehrt diese der Porzellanfigur nach- 
gebildet ist, was Qbrigens schon aus der Thatsache 
herroigebt, dass die Elfenbeinsammlnng des herzog- 
lichen Museums in ihrem jetzigen Bestände nach- 



Tjjij^f 



Flg. 1. Kleopatra (PorzellaD). 



Fig. 1 (ElTenbein). 



KiE. 3 



m (Panel [an). 



figur fest und hochaufgerichtet da. Den Kopf mit 
dem etwas schmerzlichen Ausdruck leicht seitwärt« 
in die Höhe gerichtet, den rechten Fuss fest auf den 
Boden aufgesetzt, den linken spielend zurückgestellt, 
so tritt uns diese Kleopatra entgegen, graziös und 
anmutig bewegt und doch zugleich in stolzer, ja 
königlicher Haltung, so dass man auch ohne das 
Diadem in dieser Frau sofort eine Königin erkennt. 
Diesen Charakter hat die Figur bei ihrer Über- 
tragung in das Porzellan eingebfisst. Die stolz auf- 
gerichtete Gestalt mit ihren schön geschwungenen 
Umrissen erscheint hier infolge des Brandes, durch 
welchen sie sich stark geworfen hat, gekrOmmt und 
Terschoben, Sämtliche Verhältnisse, die dort schlank 
und ebenmässig waren, zeigen sich hier gedrückt 
und unproportionirt; dazu kommt dann noch, dass, 



weislich schon im Anfange des vorigen Jahrhunderts 
vorhanden war, während die Porzellanfigur nicht vor 
dem Jahre 17^3, wo das erste weisse Porzellan in 
Fürstenberg heigeatellt wurde, entstanden sein kann. 
Wer die Figur modellirte, wiaaen wir nicht, und 
es wäre massig, sie mit den Namen von bekannten 
Bildhauern, wie Feilner, Rombrick, Möller, Schubert, 
Leplan, Desoches u. a., in Verbindung bringen zu 
wollen, welche, wie feststeht, ftlr Fürstenberg thätig 
waren und namentlich in den 70 er und 80 er Jahren 
des vorigen Jahrhunderts Modelle fUr die dortige 
Fabrik lieferten. ') 



1] Dies geht aus den beiden alten Fonnenbüchem hervor, 
die ich bei einem kürzlich abgestalteten Besuche in Fürstenberg 
einsehen konnte. Eineindenxelben.jedochohnedenNamendes 
Modelleurs erwähnte Kleopatia dflrfte woU die unsrige sein. 



f 



BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER KUNSTTÖPFEREI. 



111 



Gleichfalls von unbekannter Hand ist das 
zweite Figürchen (Abb. 3), das erst vor kurzem 
erworben wurde, nachdem es schon seit längerer 
Zeit in einem schlicht weissen Exemplare, einem 
modernen Abguss aus der alten Form, in der Por- 
zellansammlung des herzoglichen Museums vorhan- 
den war. Es stellt eine Venus oder Seegöttin dar, 
welche in anmutig bewegter Haltung soeben dem 
Bade entsteigt, in der Linken einen Seekrebs, in der 
gesenkten Rechten das Ende eines Gewandes hal- 
tend, das vom linken Unterarme nach hinten in 
schweren Falten auf einen Delphin hemiederfallt, 
wobei sich ein Zipfel in unschöner "V^eise über den 
Oberschenkel des zurückgesetzten linken Beines legt 
und die Schampartie züchtig, aber wenig geschmack- 
voll verhüllt. Die Blicke der Göttin sind gesenkt 
und ruhen lächelnd auf dem Siebs, der mit seinen 
Scheren ihren Arm umspannt hat. Es ist ein an- 
mutiges, mythologisches Genrebild, das wir vor uns 
haben, durchweht von dem Geist der Zeit und der 
Kunst, die es geschaffen und in der Zartheit und 
Durchsichtigkeit seiner Farbengebung voll Reiz und 
Schonheii Zwar entbehrt das Werk im ganzen 
jener sorgfaltigen Modellirung, welche die Statuette 
der Eleopatra auszeichnete, und erscheint in manchen 
Teilen verschwommen und wenig scharf, dagegen ist 
der Brand untadelhaft gelungen und die dort gerüg- 
ten technischen Mängel sind hier nicht wahrnehmbar. 

Allein auch diese Figur ist keine Original- 
schöpfung in dem Sinne, dass sie eine neue und 
selbständige Idee in sich verkörperte, auch sie ist 
vielmehr nichts weiter als die im vorliegenden Falle 
geradezu sklavisch getreue Nachbildung eines älteren 
Vorbildes. Dieses besitzt das herzogliche Museum 
in einer Bronzefigur von vermutlich italienischer 
Herkimft. Bis auf die Grösse — die Bronze ist 
0,260, die Porzellanfigur 0,170 hoch — stimmen 
beide Werke im Ganzen und im Einzelnen so völlig 
genau überein, dass hier noch weniger wie bei der 
Eleopatra ein Zweifel an der Abhängigkeit des einen 
von dem andern bestehen kann. Es ist sicher, der 
Bildhauer, welcher die Fürstenberger Figur model- 
lirte, muss die wundervolle Bronze des unbekann- 
ten italienischen Meisters gekannt und als Vorbild 
benutzt haben; denn nur auf diese Weise lässt sich 
diese völlige Übereinstimmng beider Werke genügend 
erklären. Den inneren Charakter des Originalwerkes 
freilich konnte er seiner Nachbildung nicht ver- 
leihen; dazu stand er offenbar zu sehr im Banne der 
Kunst seiner Zeit, und so sehen wir denn, wie aus 
der hoheitsvollen, fast^herben und noch vom^ Geist 



der klassischen Renaissance durchwehten Schönheit 
unter der bildenden Hand des Rokokoplastikers ein 
anmutig zierliches und kokett bewegtet Figürchen 
ward, dem der Stempel der Kunst seiner Zeit deut- 
lich aufgeprägt isi 

Die Sammlung der Bronzen des herzoglichen 
Museums scheint den Modelleuren der Fürstenberger 
Fabrik noch fClr manche andere Arbeit Vorbilder 
bezw.' Anregung gegeben zu haben. So dürfte z. B. 
fOr eine in Biskuit ausgeführte Reiterstatuette des 
Mark Aurel, eine Nachbildung der bekannten antiken 
Statue auf dem Kapitol in Rom, die mit No. 35 
(S. 258) im „Führer* bezeichnete Bronze vorbildlich 
gewirkt haben, wenn auch freüich in diesem FaUe 
nicht ausgeschlossen ist, dass die eine oder andere 
der vielen sonstigen Nachbildungen dieser Statue 
das Modell für die Porzellanstatuette geliefert hat. 
Grössere Wahrscheinlichkeit möchte jedoch die An- 
nahme haben, dass die drei kleinen, nur 0,105 hohen 
Biskuitbüsten des Homer, Euripides und sog. Arat 
nach den in der Antikensammlung aufgestellten 
lebensgrossen Erzbüsten modellirt sind, welche aus 
dem Besitze des 1689 verstorbenen Gelehrten Gudius 
für die Bibliothek zu Wolfenbüttel durch Leibniz 
erworben, moderne Nachbildungen antiker Marmor- 
büsten sind, die zur Farnesischen Sammlung in 
Rom gehörten und sich jetzt in Neapel befinden. *) 
Vom Kopfe des Homer wenigstens ist noch jetzt, 
wie ich mich persönlich überzeugen konnte, die alte 
Form, welche unmittelbar von der Bronzebüste ge- 
nommen zu sein scheint, in Fürstenberg vorhanden^ 
und es ist zu erwarten, dass sich auch die Formen 
der übrigen Büsten bei sorgfältigem Suchen ^ was 
mir bis jetzt leider nicht möglich war, noch vor- 
finden werden. 

Es kann überhaupt mit Bestimmtheit angenom- 
men werden, dass die Zahl der Beispiele von Nach- 
bildungen älterer Werke durch die Fürstenberger 
Modelleure sich im Laufe der Zeit wesentlich wird 
vergrössern lassen. Allein es erschien schon jetzt 
am Platze, die bis jetzt bekannten hier kurz zu- 
sammenzustellen, nachdem vor einiger Zeit J. Lessing 
die Arbeitsweise der Porzellanmodelleure und die 
Entstehung ihrer Modelle zum Gegenstand einer ein- 
gehenden und interessanten Untersuchung gemacht 
hatte. ^) Ein bescheidener Beitrag zu diesem Thema 
sollte der vorstehende Aufsatz sein. 



1) Die vierte der hierher gehörigen Büsten, diejenige des 
sog. Solon, fehlt in der Porzellansammlung. 

2) Bas Porzellangeschirr Solkowski, Kunstgewerbeblatt. 
IV. (1888) S. 43 ff. 

IG* 



DnrchbroDliens Pailang, Holzachnitiarel. 



AUS DEM KUNSTGEWERBEMUSEUM ZU KÖLN. 



VON ARTHUR PABST. 
Ootiaolie HolssohnltBereieii. 



Kölner Eonätgewerbemuseum 
warb im Yorigen Jahre eine grös- 
re Sammlung von Holzschnitze- 
ien, welche zusammen mit dem 
IS dem WaUraf-Richartz-MuBeum 
lerkominenenen Besitz, Einzeler- 
Werbungen und Schenkungen die Abteilung auf eine 
bedeutende Höhe, sowohl der Zahl als vor allem 
der Qualität nach, gebracht haben. Der Bedarf an 
guten Yorbildem itlr Holzbildhauer ist beträchtlich 
und ebenso gross der Mangel an wirklich muster- 
gültigen alten R«8t«n. Manche sonst gut ausgestattete 
Museen leiden gerade an Holz erheblichen Mangel 
und die Zeit ist nicht mehr fem, wo Holzschnitze- 
reien zu den teuersten Objekten des Kunsthandels 
zählen dtirftea Dazu kommt die seit langem schwung- 
haft betriebene und oft meisterhaft durchgeführte 
Fälschung: nicht bloss Schränke werden mit alten 
Fällungen und neuem Rahmenwerk gebaut, auch 
mit neuen Füllungen in neuem Bahmenwerk gehen 
sie als alte rheinische Schränke in die Welt und 
alte Fflllungen am Rhein neuerdings gefertigt giebt 
es in Holle und FOlle. Auch hier giebt es Museen, 
die sich ganzer Sammlungen derartiger Fälschungen 
erfreuen, meist aas „erster" Hand erworben oder auf 
bekannten Auktionen erstanden. Mangel an falschen 
Möbeln und Holzschnitzereien wird daher so bald 
noch nicht eintreten: aber an guten alten Stücken 
besteht er bereit«. 

Gerade die deutschen Holzschnitzereien sind fUr 
Schulen und Holzschuitzanstalten mehr wie z. B. 



italienische und französische Arbeiten als muster- 
gültige Vorbilder Yon Wert Während diese ihre 
omamentalen Formen der Steinarchitektur entlehner, 
erscheint in den deutschen Holzschnitzereien, tot- 
nehmlich der gotischen Zeit das Zierwerk ureigent- 
lich aus der Technik erwachsen und in diesem Sinne 
ausgestaltet. Auch da, wo in der deutschen Gotik 
— vor allem bei den Möbeln kirchlicher Bestim- 
mung und in den MasswerkfOllungen — die Stein- 
formen Eingang gefunden haben, sind sie stets mit 
Rücksicht auf die Technik der Schnitzerei umge- 
staltet verwendet worden. Besonders die Masswerk- 
iUlungen sind hier lehrreich; indem man mit dem 
eigentlichen Stabwerk der unteren Partien — bei 
der Fensterbildung in Stein als struktiTe Teile un- 
entbehrlich — in Holz nichts Rechtes anzufangen 
wusste, gestaltete man es kleiner, so dass das Mass- 
werk oft in gar keinem Verhältnis dazu steht; js 
gelegenUich schrumpfen die Stäbe ganz zusammen 
(S. 113) nnd sind gewissermassen nur noch ai^e- 
deutet Auch da, wo ganze architektonische Anf- 
banten in das Holz übersetzt werden, sind sich die 
alten Holzschnitzer des durch das Material bedingten 
Unterschiedes in der Behandlung dieser Formen wohl 
bewusst Die köstliche Gestühl wange mit dem Kölner 
Wappen (S. 114) ist daf&r ein bezeichnendes Bei- 
spiel. Die Wange — mag sie einem KirchengestDhl, 
etwa der Ratskapelle oder den Sitzen im Rathaus 
Migehört haben — bildete jedenfalls den seitlichen 
äusseren Abschluss einer Sitzreihe. Der krönende 
Fialenschmuck an der der Wand zugekehrten Seite 



sf - 






1: 1 1 ET 



AUS DEM KUNSSGEWERBEMUSEUM Zu KÖLN. 



der Wange vor Beschädigung geschützt, war an der 
Torileren Ecke notirendigerweiae Beschädigungen 
leicht ausgesetzL Der Holzschnitzer bog sie kurz 
entschlossen, um dies zu verhindern, krumm. Dem 
Holz konnte er dies bieten; in Stein wäre eine Bolche 
Lfieung technisch unmöglich gewesen. — Übrigens ist 
die GestOhlwange noch in anderer Hinsicht äusserst 
interessant: sie zeigt in überraschend deutlicher 



113 

schick zwei delphinartige ungeheuer, die er irgend 
wo auf einem italienischen Stich oder Gerat gesehen 
haben mochte, in das Maaswerk hinein. Ähnliche 
Verquickung gotischer imd Renaissance-Ornamente 
finden sich in der niederländischen Kunst vielfach 
[Qraul, Beiträge S. 20 ff.); in Süddentschland wUsste 
ich sie nur am Sebaldusgrab nachzuweissen. 

Weit wichtiger fUr jrraktUeke Zwecke sind aber 



DurcLbiocliene Füllung mit Wappen. NiedenlcuUohlaud, l 



Weise, wie kurz und bfindig sich die von den neuem 
welschen Formen bereits ergriffenen Handwerker mit 
diesen Formen abfanden. Die ganze Anlage der 
Wange ist in gotischen Formen gedacht und durch- 
gefnbrt. Der gute Kölner Meister wollte aber auch 
zeigen, daes er auf der Höhe der Zeit stDnde und 
etliche Renaiseanoemotive anbringen- Er setzte 
also gänzlich unmotivirt, aber mit unleugbarem Ge- 



die gotischen Schnitzereien, welche ohne Anlehnung 
an architektonische Formen selbständig erfundene 
Ornamente zeigen. Man kann dann leicht drei Arten 
unterscheiden. 

Zunächst solche, in denen Pflanzen und Tier- 
omamente, auch wohl die menschliche Gestalt eine 
Rolle spielt. In ihnen zeigt sich der mittelalterliche 
Meister auf der Höhe: in der Art und Weise aus 



AUS DEM KUNSTGEWERBEMUSEUM Zu KÖLN- 



der Natur za scböpfeD und ihre FormeD za Zier- 
formen umzugestalten steht er unerreicht da. Die 
halb stilisirten, halb naturalistischeuForiDeu, lebendig 
gezeichnet nnd meisterlich io flachem Reliefe gehalten 
kamen in Holz weit besser zur Geltung als in Stein. 
Die Formen der heimischen Flora: Distel, Rose, 
Hopfen, "Wein etc. geben dem gotischen Holzreliefe 
einen besondem Reiz; ihre geschickte Verbindung 
mit Wappen, Fabelwesen und vorzügliche Einpassung 
in gegebene Felder machen sie zu bleibend muster- 
gDltigen Vorbildern, — auch fSr Nicht-Gotiker. 

Eine zweite Gruppe bilden die Füllbretter mit 
dem eigentOmlichen Ornament, von denen die Tafel 
bezeichnende Beispiele gibt. Breite Bänder mit 
profilirten Rändern, innen Öfter mit Rosetten nnd 
Blättern besetzt, gliedern das Ffillbrett durch grosse 
oder sich schneidende kleine Kreise oder Halbkreise, 
Parallelstreifen, die oben und unten symmetrisch nach 
aussen ausbiegen oder in ähnlicher Weise geord- 
net ; der Grund ist im übrigen mit stilisierten Blumen 
und Blattwerk gefüllt. Was bedeutet dies Ornament? 
Wo kommt es her? Es kommt scheinbar nur am 
Niederrhein in Westfalen vor, häufig in Täfelungen, 
grossen Gestühlen, Schränken, und wird heute wie 
ich glaube, ganz willkürlich als „Bockhomomament" 
bezeichnet. 

Ebenso dunkel wie die Herkunft dieses Orna- 
ments ist die der bekannten als Feigamentrollen 
bezeichneten Füllungen, die uns ausser am Nieder- 
rhein auch in Frankreich beg^nen. Lichtwarks Er- 
klärung, dies Ornament sei „die Bewegung der 
Fläche in so allgemeiner Form wie die Spirale die 
der Linie", scheint das Richtige zu treffen, ohne 
dass dadurch Licht in die Herkunft dieser Zierform 
käme. Die Mannigfaltigkeit in der Ausbildung der 
sogenannten Pergamentrollen ist bei genauer Be- 
trachtung überraschend gross, namentlich haben die 
ireien Endigungeu nach oben und unten eine reiche 
Ausgestaltung erfahren. 

Alle die Gruppen gotischer Schnitzerei sind in 
reicher Zahl und ausgesuchter Qualität im Kölner 
Kunstgewerbemuseum wie nur an wenig anderen 
Stellen vertreten. Das Streben, diese kostbare Samm- 
lung möglichst nutzbar zu machen, legte den Ge- 
danken einer Veröffentlichung der wichtigsten Stücke 
nahe. Dieselbe in Lichtdrucken von Anselni SebmiH 
beigestellt, wird in zwei Heften zu je 12 Tafeln er- 
scheinen; das erste Heft wird in kurzer Zeit zur 
Ausgabe gelangen. Die Autotypien dieses Heftes 
sind nach Probedrucken der Publikation beigestellt 



OeitUhlwuige mit dem Kfilnei 'W^ppBo. BMn imi. 



ÜBER KUNSTGEWERBEMUSEEN. 

VON ALBERT HOFMANN-REWHENBERO. 

(SchluM.) 



lÜR DIE Gestaltung der Museen, 
auch der Kunstgewerbemuseen, 
kommen in der Hauptsache zwei 
mächtige Momente in Betracht, 
welche sich zum Teil einander 
aber auch ausschliessen. Das eine 
Moment ist die künstlerische und technische Pro- 
duktion , das andere ist die ethische Hebung des 
Volkes durch Einleiten der Kunst in die breitesten 
Schichten desselben, wozu in erster Linie das Kunst- 
gewerbe, weil es die Gegenstände des allgemeinen 
Qebrauchs zu schmücken bestimmt ist, berufen er- 
scheint. Diese Einteilung entspricht dem Charakter 
der Besuchsmenge, die sich scharf in zwei festrennte 
Haufen teilt: eine kleinere Gemeinde, welche den 
Bu^estellten Gegenständen ein tieferes, sachliches 
and technisches Studium entgegenbringt, und eine 
grössere Menge, die nur zum Schauen kommt, aber 
unbewusst zahlreiebe Eindrücke mit sich nimmt und 
ebenso unbewusst verarbeitet. Beiden Mengen soll 
das Museum gerecht werden, für beide sich in der 
Aufstellung und in der Verwaltung Grundsätze gel- 
tend machen, die sich zum Teil auaschlieswen, wäh- 
rend sie sich zu einem Teile aber auch decken. Der 
ausübende Künstler, welcher zu der kleineren der 
genannten Gemeinden gebort, wird mit der grösseren 
Gemeinde zunächst das gemeinsame Interesse haben, 
das Kunstwerk in seinem Zusammenhang mit dem 
Ganzen kennen zu lernen, für welches es geschaffen 
wurde und dessen Generabsm seine Entstehung 
leitete. Etwas weiter noch gehen Künstler und 
kunstsinnige Laien noch zusammen, indem sie neben 
dem ursächlichen Zusammenhange auch noch die 
Idee des Werkes an sich zu erfassen trachten. Da- 
mit aber hört das Interesse des Laien gewöhnlieh 
auf. Für ihn ist also ,ein wohl ausgestattetes und 



gut eingerichtetes Museum in Wahrheit ein Mittel- 
punkt höheren geistigen Lebens, an dem jeder ohne 
AusTutkme teilneltmen kann, um aus dem Borne des- 
selben, so viel er vermag, zu seinem eigenen Nutzen 
zu schöpfen. Dieser Nutzen ist zunächst gewiss ein 
innerlicher, der nur den einzelnen angeht; aber in- 
dem viele sich desselben bemeistem, wird er ein all- 
gemeiner, der die Hebui^ einer ganzen Bevölkerung 
bedeutet und der deshalb nicht ein rein innerlicher 
bleibt, sondern der sich in grossen Zügen auch auf 
i»s praktische Gebiet überträgt und hier in hundert- 
fältiger Frucht die Kosten und den Aufwand ver- 
zinst, die eine öffentliche Kunstsammlung in An- 
spruch nimmt." (Riegel, Die Museen als allgemeine 
Biidungsmittel.) Hier tritt also die ethische Hebung 
des Volkes in ihrer Unmittelbarkeit in die Schranken. 
Anders ist die künstlerische Produktion. 

Es liegt nun auf der Hand, dass dieser Bestre- 
bung die Hebung der Volksbildung eine im mög- 
lichsten Znsammenhange der Dinge gegebene Änf- 
stellimg am meisten entspricht. Ich glaube, die 
Kaiserin Friedrich war es, welche einmal bei einem 
gelegentlichen Besuche eines Museums beim Anblick 
der italienischen Objekte die Äusserung tbat, wie 
ganz anders müssten die Dinge wirken, wenn sie, 
statt zerstreut an willkürlicher Stelle dem Volke dar- 
geboten zu werden, zu einem italienischen Baume 
vereinigt würden, dessen Decke in dem prächtigen 
Sinne der italienischen Frührenaissance mit vergol- 
deten und bemalten Stuckornamenten, in den um- 
rahmten Flächen farhenleuchtende Ölgemälde, ge- 
schmückt wäre, dessen Wände figurenreiche Gobe- 
lins mit reich komponirten Bordüren bedeckten, 
dessen Kamin aus zart profilirtem Marmor mit zu- 
rückhaltender Vergoldung und BemaluDg bestehe 
und dessen Boden ein reiches Mosaikmuster oder ein 



116 



ÜBER KUNSTGEWERBEMUSEEN. 



auf Fliesen gemaltes Flachomament zeige! Und in 
der That! Überzeugender und belehrender kann 
eine solche Aufstellung wohl kaum gemacht wer- 
den. In Museen und auf Ausstellungen, bei ersteren 
in geringerem Grade, sind zahlreiche Versuche nach 
dieser Richtung gemacht worden. Fast jedes Mu- 
seum, welches den Vorzug eines längeren Bestandes 
oder bedeutenderer Mittel geniesst, besitzt in diesem 
oder jenem Stile einen harmonisch durchgeführten 
Raum und wenn es auch nur ein heute noch leicht 
zu erlangendes orientalisches Interieur wäre. Jedes 
Museum hat auch die überzeugende Wahrnehmung 
von der glücklichen Wirkung solcher Räume ge- 
macht. Aber gerade für Museen gilt es hier mit 
dem Möglichen zu rechnen, und da können denn 
Ausstellungen, welche mit grosser Liberalität selbst 
umfangreiche Objekte für einige Zeit zur Verfügung 
gestellt erhalten, viel leichter vorgehen. Wir haben 
daher auch bei den bedeutenderen Eunstgewerbe- 
und Altertumsausstellungen der letzten 10 bis 15 
Jahre die dankenswerte Erfahrung gemacht, dass 
man eifrigst bestrebt war, das Objekt möglichst in 
seinem .Zusammenhange zu zeigen. Man ist bei 
diesen Ausstellungen bestrebt, den Grundsatz festzu- 
halten, dass „die ethische Vervollkomnmung die reifste 
und edelste Frucht ist, die der Mensch im Garten 
der Kunst brechen kann.** Diese ethische VervoU- 
kommung, die zum grossen Teil gezeitigt ist durch 
die Bildung des Geschmacks, bedarf jedoch auch 
der geschichtlichen und der ursächlichen Erklärung, 
und diese muss dem die Museen besuchenden Laien 
in möglichst leichter Form geboten werden. „Die 
Schöpfungen der Kunst sind nicht bloss Werke wirk- 
licher oder vermeintlicher Schönheit, nicht bloss 
Denkmäler der Geschichte, sondern auch Thaten und 
Werke des Menschen, unseres Gleichen, zu den ver- 
schiedensten Zeiten und unter den verschiedensten 
Verhältnissen des Lebens. In dieser Hinsicht fasste 
sie Georg Forster vor beinahe hundert Jahren schon 
„als Ausströmungen einer denkenden und empfinden- 
den Seele auf, die andern ihres Geschlechts zum 
Denken und Empfinden Anlass giebt und das zwei- 
füssige Tier zum sittlichen Menschen ausbilden hilft**, 
und er wies ihnen sonach ihren Rang „auf der ober- 
sten Stufe des menschlichsten Hervorbringens an.** 
(Riegel.) Es ist also der künstlerische, der geschieht^ 
liehe und der humane Charakter — das durch den 
Menschen mit bestimmter Absicht hervorgebrachte 
Kunstwerk soll wieder auf den Menschen wirken — 
die bei der Aufstellung der Objekte zum Ausdruck 
kommen sollen. 



Dem ethischen Momente in der Anlage der 
Sammlungen steht aber vielleicht als ein noch wich- 
tigeres Moment die künstlerische Produktion gegen- 
über. Es ist ja richtig: es giebt für den ausübenden 
Künstler kein wichtigeres Moment, als dass er für 
seinen Gegenstand die göttliche Begeisterung habe, 
. die in ihm den göttlichen Funken der Phantasie und 
eine eifrige Gestaltungskraft weckt. Diese Begeiste- 
rung wird er in erhöhtem Masse einem Kunstwerke 
gegenüber empfinden, welches ihm dargeboten wird, 
mit den tausend und abertausend Beziehungen, die bei 
seiner Entstehung für dasselbe massgebend waren. 
Viel eher und leichter wird in diesem Falle der 
göttliche Funke auf den Künstler überspringen und 
ihn zu ähnlichem Werke befähigen. Riegel sagt 
so schön: „ ..man weiss, dass wahrhafte Schöpfungen 
der Kunst nur entstehen, wenn der Künstler voll 
Begeisterung ist. Aber dieser Geist, der über ihn, 
den Begeisterten, gekommen, und der in ihm schafft 
und gestaltet, ist nicht anders zu fassen und zu 
denken, als in irgend einem Zusammenhange mit 
Gott stehend. Woher kam denn der Geist, dessen 
Kraft und Herrlichkeit wir doch deutlich in den 
Werken vor uns sehen? Woher kam er, als Phi- 
dias seinen olympischen Zeus als einen Gott in 
Menschengestalt schuf, der doch in jeder Hinsicht 
weit über den Menschen hinausging? Woher kam 
er, als Raffael seinen entzückten Blick in die himm- 
lischen Sphären that und auf die Leinwand seine 
Sixtinische Madonna, jenes Wunder der Malerei, hin- 
warf? Woher kam er^ als Cornelius die Rätsel des 
Menschendaseins in seinen apokalyptischen Darstel- 
lungen sinnbildlich löste?** Und dieser göttliche 
Geist überstrahlte in gleicher Weise die schönen Er- 
zeugnisse unseres Kunstgewerbes: ich erinnere an die 
Tapeten des Raffael, an die schönen Emaile der 
Limousiner Schule, an die wunderbaren Arbeiten 
eines Wenzel Janmitzer? Und dieser Geist wird 
leichter in seinem Ganzen erfasst und vom Künstler 
aufgenommen, wenn dem Kunstwerke die Beziehungen 
seiner Entstehung gewahrt bleiben. 

Diese müssen aber durch die Bedingungen, unter 
welchen die meisten unserer Museen entstehen und 
wirken, zum Teil zerstört werden, nämlich der Teil, 
welcher ausserhalb des Kunstwerkes selbst liegt. 
Das verursachen nicht zum geringsten Teile aber 
auch die Verhältnisse des Kunstmarktes, welcher das 
Kunstwerk nimmt, wo er es findet und es unbe- 
schadet um seine Umgebung aus seinem Zusammen- 
hange herausreisst. Wo ist andererseits unter den 
heutigen Verhältnissen das Museum, welches die 



ÜBER KUNSTGEWERBEMUSEEN. 



117 



Mittel besässe, lauter geschlossene Ensembles zu er- 
werben, wenn der Kunstmarkt sie überhaupt böte, 
und welches unserer Museen erfreut sich solcher 
Raumausdehnungen, dass die erworbenen Objekte in 
dem angedeuteten Sinne aufgestellt werden können! 
Vorläufig ist die ganze Frage der Kunstgewerbe- 
museen nooh eine sehr junge, die meisten Museen 
noch in drückenden Verhältnissen, die auf die Auf- 
stellung der Objekte in oft nachteiliger Weise zurück- 
wirken. Das Ideal des „Kunstwerkes mit seinen 
Beziehungen*' bleibt vorläufig nur ein Ideal; aber 
selbst wenn alle Momente diesem Ideale günstig 
wären, dass instruktive Moment der technischen und 
formalen Seiten des Kunstgewerbeobjektes wird ihm 
immer entgegen treten, besonders da, wo ,Jjeben^' 
in einem Museum herrscht, wo seine Objekte be- 
ständig auf der Wanderschaft in der Schule oder 
bei der Industrie sind. Und das wird hauptsächlich 
bei Provinzialmuseen und bei den Museen inmitten 
mächtiger Industriegebiete der Fall sein. Diese haben 
in allererster Linie die Verhältnisse zu beobachten 
und zu pflegen, unter denen sie leben. Damit treten 
sie in die schwierige Lage, zwei an sich und im 
grossen und ganzen heterogenen Interessen dienen 
zu müssen: dem Volk zur leicht hingenommenen 
Belehrung und der kunstgewerbhchen Produktion 
zum eingehenden Studium. Das letztere Interesse 
tritt in den Vordergrund. Es müssen sich deshalb 
diese Museen notgedrungen darauf beschränken, die 
Kunst des Gewerbes möglichst in ihrer technischen 
und historLschen Entwicklung zu zeigen; hier ist 
dann die Oeschichte oft der Schlüssel zur Technik 
und Formgebung. „Die Kunst ist keineswegs zu 
allen Zeiten dieselbe. Selten erscheint sie in der 
Vollendung reinster Schönheit, oft ist sie an be- 
schränkende Gewohnheiten und Vorurteile gebunden, 
oft durch die technische Unbehilflichkeit der Hand 
oder die Unbehilflichkeit der gestaltenden Phantasie 
bedingt. Und doch ist sie überall, obwohl sie nicht 
schön ist, me Goethe sagt, „doch so wahre, grosse 
Kunst'', ist sie überall, um ein Wort Alexander von 
Humboldts zu gebrauchen, doch nur „als der Inbe- 



griff aller geistigen Produktionskraft der Mensch- 
heit" zu verstehen. Aber dieses Verständnis kann 
bei solcher Bewandtnis nicht immer ganz leicht, nicht 
überall dasselbe sein. Erleichtert und überhaupt er- 
möglicht wird es aber dadurch werden, dass man 
sich bemüht, die Kunst durchweg im geschichtlichen 
Sinne aufzufassen, die Kunstdenkmäler aus der Ge- 
schichte heraus zu begreifen^ die zeitUchen Be- 
dingungen, unter welchen die Kunstwerke wurden 
und entstanden, zu verstehen. Geschieht dieses, so 
entfaltet sich vor uns eine Welt unendlich reichen 
Lebens in allen Arten, Richtungen und Formen. 
Wir machen uns mit dieser Mannigfaltigkeit, wie 
sie geschichtlich sich vor uns entfaltet hat, vertraut, 
und plötzlich finden wir uns zu einem erweiterten 
ästhetischen Verständnis erhoben. Denn manche 
künstlerische Erscheinung ist ohne den historischen 
Schlüssel schwer zugänglich und dunkel. Die ge- 
schichtliche Auffassung- und Betrachtungsweise aber 
öffnet weit die Thore zum Wesen und wahren Ver- 
ständnis der Denkmäler. Deshalb hatte Niebuhr, 
der treffliche Geschichtschreiber und warme Kunst- 
freund, völlig recht, als er sagte: „Ein echter und 
sicherer Kunstsinn kann schlechterdings ohne den 
historischen nicht sein." (Riegel.) 

Der namenlose Verfasser des Werkes „Rem- 
brandt als Erzieher" meint: „Verwende man nicht 
allzuviel Neigung und Kosten auf jene methodisch 
geordneten Rumpelkammern; lieber schmücke man 
das eigene Heim und das eigene Leben, nach heu- 
tigen Bedürfnissen, künstlerisch aus." Glückliches 
Volk, welches auch dem Unbemittelten, der doch 
dasselbe Recht auf Kunstgenuss hat, wie der Reiche, 
gestattet, seine Wohnung künstlerisch zu schmücken. 
Aber noch ist der Volkswohlstand im allgemeinen 
nicht so weit vorgeschritten, dass er jene wahrhaft 
idealen Zwecke zu erfüllen vermöchte. Vorläufig 
müssen wir uns denn schon noch mit „methodisch 
geordneten Rumpelkammern" begnügen, aber wir be- 
gnügen uns damit, indem wir ihnen die Aufschrift 
leihen: „Tretet ein, auch hier sind Götter 1" 




Koustgeworbeblatt. NF. I. 



17 



wj** 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



P. Eine flbenichtUche, Eusammenfaisende Arbeit aber 
„Die Uhr in kulturgeschichtlicher und kunstgewerblicher Be- 
ziehung" bietet Kart Schirek dar. Das reich ausgestattete 
Heft, »US einem Tortrag erweitert, giebt an der Band der 
historischen Entwicklung der Uhren zugleich eine Daratel- 
long der kQnstleriachen Ausbildung der verschiedenen For- 
men, von den Anfangen der Sonnen- und Wasseruhren durch 
alle die reichen Ausgestaltungen im 16. und 17. Jahrhundert 
bis SU den Prachtotücken französischer Bronzekiinstler des 
vorigen Jahrhunderts. In gleicher Weise wird die Taschen- 
uhr behandelt, beginnend mit der eisernen, Peter Henlein 
zugeschriebenen ersten Uhr und endigend mit den emaillir- 
ten und edelste ingezierten Luxusatückeu der Empirezeit. Eine 
grosse Anzahl Illustrationen, nach den besten Stücken mit 
Geschick an^ew&hlt, geben von den wichtigsten T^pen der 
Uhr gute und bezeichnende Beispiele, so daas das Heft auch 
in dieser Einsieht zu schneller Orientirung zu empfehlen ist. 

EvnaUekmiedearbeiien. 40 Entwilrfe auf 12 Lichtdmck- 
tafeln von F. Brandt. München, Caesar Fritsch. Mk. 10. 
Unt«r den überreich veröffentlichten Vorlagen für Eunst- 
schloBserei zeichnen sich die vorliegenden durch eine unge- 
wShnliche Phantasie der Erfindung aus. Der Verf. hat die 
alten Schmiedearbeiten gründlich studirt und, was an ihnen 
KU lernen ist, in seinen Entwürfen glücklich verwertet. Er 
bietet sehr hübsche und originelle Motive, die sich dankbar 
auch anderweitig verwenden lassen. So z. B. zeigen die 
ScUfte von Standern (für Laternen, Kleiderhalter etc.) man- 
chen neuen und hübschen Gedanken; auch die Ausgestal- 
tung der freien Rankenendigungen in Tierleiber, die ein- 
ander bekämpfen oder sich jagen, ist wiederholt glücklich 
verwendet-. In technischer Hinsicht stellen die Vorla^n 
hohe Anforderungen an den Schlosser und dürften nicht 
ganz billig zu stehen kommen. Für grössere leistungsffih^e 
Werkstätten mit zahlungsfähigem Kundenkreis werden sie 
teils als direkte Vorbilder, teils zu anregendem Studium 
gleich von Nutzen sein. 

— j — . Von dem bei E.A.Seemann in Leipzig erschienenen 
Eandbnoli der Omonieutik von Professor Franx Sa/es 
Meyer erschien vor kurzem die driüe Auflage. Sie ist wie 
die zweite eine im wesentlichen unveränderte. Der ganz 
ausserordentliche Erfolg, den dieses Werk, das den ersten 
Band der Seemannechen Kunethandbücher bildet, aufzuweisen 
hat, erklärt sich aus der klaren Anordnung und Übersicht- 
lichkeit, mit dem das ganze Gebiet der Ornamentik auf 300 
Tafeln mit vorzüglich gezeichneten Darstellungen von dem 
an dar Karlsruher Kunstgewerbeschule wirkenden Verfasser 
vorgeführt wird, abgesehen von der Billigkeit des Preises 
(!) Mark), der es jedem auf dem Gebiete der dekorativen 



, Wei- 



Kunstthatigen Künstler undGowcrbtreibenden mOglich macht, 
sich dieses vortreffliche Vademecum anzuschaffen. 

F. vui der Borg, Die Hol!.- und Marmormalerei, ein prak- 
tisches Handbuch für Dekorationsmaler. Zweite 6 
148 S. 8". mit einem Atlas von 36 Tafeln ii 
mar 1800, B- J. Voigt. Preis 15 Mark. 
F. S. Diese Übertragung aus dem Holländischen hatiD 
wenig Jahren eine zweite Auflage erlebt, was daflir spricht, 
dasE ein praktisches Bedürfnis tiir die Veröffentlichung vor- 
gelegen hat. Die Tafeln bringen in Farbendruck Muster von 
Maserirung und Marmorirung, wobei die bekannteren HObei- 
hslzer und meist verwendeten Marmorsorten BerOcksich- 
tigutig gefunden haben. Kinige Tafeln in Schwarzdruck ver- 
anschaulichen die nötigen Geräte und deren Handhabung. 
Der Text erläutert zunäehst die Tafeln, bringt aber auch 
allerlei anderes über die nachzubildenden Materiale und über 
andere Zweige der dekorativen Maleret, so z. B. Über Ver- 
golden, Bronziren, Schrillen u. s. w. Den Schluss bildet 
eine Auslassung über die Bedeutung der Farben und Über 
allegorische Darstellungen, was dem Hauptinhalt gegenüber 
etwas weit hei'geholt erscheint Der Preis ist gegenüber 
dem Gebotenen sehr massig zu nennen. 

T. Jftimick«, naii'lbuck der Glasnialerei. 298 S. 8". Mit 
31 Illustrationen im Teit Stuttgart 1890, P. Neff. Preis 
4 M. 50. 
F. S. Der ausserordentlich rührige Verfasser reiht hier- 
mit seinen bekannten früheren Veröffentlichungen eine wei- 
tere an. Der Hauptzweck des Buches dürfte wohl der sein, 
dem Kunstfreund einen Einblick in die Technik der Glas. 
maierei zu verschaffen und ihn über alles Einschlfi^ge zu 
belehren. Dazu erscheint das Werkchen auch vollständig 
angethan. Die Einleitung befasst sich mit der geschicht- 
lichen und technischen Entwicklung der halbvergessenea 
und nun wieder zu neuen Ehren gelangten Kunst. Eine 
theoretischer Teil beschreibt das Material, die Farben und 
Geräte. Der praktische Teil schildert die verschiedenen Ver- 
fahren in Hinsicht auf die vorbereitenden Arbeiten, anf die 
eigentliche Malerei, sowie auf das Einbrennen, Verbleien, 
Armiren u. s. w. Der reichhaltige Inhalt gegenüber dem 
billigen Preise empfiehlt das Buch von selbst. 

F. Jftniticke, Figuren- um! Blumenmalerei. 310 S. S". 
Stuttgart 1889, Paul Neff. Preis 4 M. 50. 
F. S. Das vorliegende Buch ist eine Er^nzung der 
„Aquarellmalerei" des nämlichen Verfassers. Während diese 
sich nur mit der Landschafterei und Architektur befasst, so 
werden hier auch in Bezug auf die Porträt-, Genre-, Tier- 
und Still) eben mal crei die nötigen Anleitungen g^ben. Daa 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



119 



Buch bringt zunächst einige einleitende Kapitel, bcfasst sich 
sodann mit dem Material und der Theorie und Ästhetik, um 
schliesslich im praktischen Teil in die eigentliche Technik 
einzuführen. Die Aquarellmalerei ist viel gekauft und be- 
nutzt worden, so dass auch dieser Ergänzung, die übrigens 
abgeschlossen und selbständig erscheint, auch eine gute Auf- 
nahme zu teil werden dürfte. 



Th. Seineckf Die Qrundformen der gehrätiddichsien Fir- 
mensehriflen. Ein Hilfsbuch für Firmenschreiber, Deko- 
rations- und Porzellanmaler, Bildhauer etc. 25 Gross- 
planotafeln mit 46 Alphabeten nebst zugehörigen Ziffern. 
Zweite Auflage. Weimar 1890, B. J. Voigt. Preis 8 Mark. 
Die bekannteren alten und neuen Zierschriften, wie sie 
sich für die Firmenmalerei eignen, sind in dieser Veröffent- 
lichung in genügend grossem Massstab zusammengestellt. 
Was für die praktische Verwertung ganz besonders von Vor- 
teil erscheint, das sind die beigegebenen Einteilungen der 
Schrift |und die äusserst einfach angeordneten Hilfslinien- 
systeme. Dem ausführenden Schriftenmaler und Steinhauer 
ist es zweifellos weniger um Typen von hervorragender 
Schönheit zu thun, als um die Möglichkeit einer leichten 
und schnellen Übertragung. In diesem Sinne kann das preis- 
würdige Werk nur empfohlen werden. F. S. 



P. — Berlin. In der Ausstellung niederländischer Bil- 
der aus Privatbesitz waren zur Ausstattung der Räume eine 
Anzahl Möbel aus der Zeit herangezogen und eine grössere 
Qruppe Delfler Fayence zur Aufteilung gelangt Über letz- 
tere berichtete Herr Lippmann in der Märzsitzung der Kunst- 
geschichtlichen Gesellschaft. Wir haben zwei nebeneinander 
herlaufende künstlerische Strömungen zu unterscheiden: ein- 
mal die durch die japanisch-chinesische Einfuhr veranlasste 
japanisch-chinesische Renaissance, sodann die spezifisch hol- 
ländische Poterie. Zwischen beiden liegen die Vermittelungs- 
versuc^e. Bredius machte dem Vortragenden die interessante 
Mitteilung, der Ursprung der holländischen Poterie sei darauf 
zurückzuführen, dass italienische Meister sich in Holland 
etablirt hätten. Ein Beweis hierfür ist jedoch noch nicht er- 
bracht. Die ältesten holländischen Meister, die wir konsta- 
tiren können, fallen etwa um das Jahr 1600. Die Blüte- 
epoche der holländischen Keramik aber umfasst die Zeit von 
1650 — 1720. Später verliert sie ihre Selbständigkeit und 
sucht andere Fabrikationsarten nachzuahmen. Zu den eigent- 
lichen Malern auf der Fayence — Blau auf weissem Grund 
— zählen u. a.: Abraham de Kooge, auf der Ausstellung durch 
eine Soldatenscene vertreten; Tßieodoncs TVitxenburgh (grosaer 
Teller mit Mittelbild und den vier Jahreszeiten auf dem 
Rande); Frederik van Fytom, wohl der vorzüglichste unter 
ihnen, von dem sich im Amsterdamer Museum eine etwa 
80 cm hohe bezeichnete Platte befindet und von dem auf 
der Ausstellung eine Folge von Landschaften zu sehen war. 
Von Jan Verhaes, einem späteren Meister, konnte nichts aus- 
gestellt werden. Neben diesen Malern geht einher eine 
grosse Anzahl blosser Eunsttöpfer. Abgesehen davon, dass 
die besten unter ihnen, freilich oft in sehr mangelhafter Weise, 
ihre Erzeugnisse mit Marken versehen, besitzen sie so aus- 
geprägte charakteristische Eigenheiten, dass man sie auf 
Grund der letzteren allein genügend unterscheiden kann. So 
hauptsächlich: Adrian Pynacker, Zacharias Dextra, Justus 
Brauer u. s. w. In neuerer Zeit haben viele Fälscher sich 
der Delfter Vorbilder bemächtigt und ganz ausserordentliche 
Imitationen geliefert. Die Farbe des echten Delft freilich 
erreichen selbst die besten unter ihnen, wie etwa Samson in 
Paris nicht, was man aber nur durch unmittelbare Ver- 



gleichung mit Originalen erkennt. Nicht zu den Fälschungen 
zu rechnen sind die Produkte der neugegründeten Delfter 
Fabrik, welche lediglich die alte holländische keramische 
Kunst fortzupfiegen die Tendenz hat Im ganzen ist die Bifite 
der Delfter Kunst auf der Ausstellung gut vertreten. Zwar 
fehlen, abgesehen von einigen Stücken aus königl. Besitz, die 
sehr grossen Vasen und das sogenannte schwarze Delft, das 
allerdings bloss den Wert einer Kuriosität besitzt Dagegen 
weist die Ausstellung einige freiskulpirte Figuren der Delfter 
Fayence auf, wie man sie selbst in den bedeutendsten Samm- 
lungen vergebens sucht; so einen Dudelsackbläser und einen 
Merkur von Pynackcr, die Figur einer vornehm gekleideten 
Dame etc. 

X. — Über die verschiedenen Marmorarten bringt der 
„Deutsche Steinbildhauer" einen längeren Aufsatz, dem wir 
Folgendes entnehmen. Die Bezugsquellen des Maxmors im 
Altertum waren die Insel Paros, der Pentelikon bei Athen, 
die Insel Naxos und die Südspitze von Morea. Von diesen 
sind der grosskrystallinische von Paros und der von Naxos, 
welcher noch grösser im Krystalle ist als jener, die wetter- 
beständigsten. Als Beleg dafür können die aus parischem 
Marmor gebildeten Dioskuren d.es Quirinals, die 2000 Jahre 
lang stehen, gelten, femeir die Kapitale des Pantheons und 
des Sonnentempels, die von Naxos stammen. Der pentelische 
Marmor dagegen ist weit weniger widerstandsfähig, wie der 
Parthenon und die Elgin Marbles in London beweisen. Der 
Marmor von Carrara ist selbst bei den späteren Römern nur 
selten verwendet worden« Selbst grosse Architekturstücke 
wie die Ba.sen vom Forum des Augustus, im kapitolinischen 
Museum die Gesimse vom Sonnentempel sind alle aus grie- 
chischem Marmor; auch die wenigen römischen Porträtbüsten« 
deren Material aus Carrara stammen soll, sind entweder aus 
der penteUschen oder lakedämonischen Art gefertigt. Dass 
die Verwendung des griechischen Marmors sehr weitgehend 
war, beweisen nach den Arbeiten Roms auch die altchrist- 
lichen Kirchen von Ravenna, der Residenz der weströmischen 
Kaiser, die Architekturen von Palermo, Ravello und Bari; 
ja bis in die Blütezeit der venezianischen Republik verarbei- 
tete man noch griechischen Marmor, wie uns die Markus- 
kirche beweist Bei den Marmorverwendungen der christ- 
lichen Zeit ^urde allerdings der Marmor nur ausnahmsweise 
von den Gewinnungsstellen zugeführt und die meisten Ar- 
beiten aus der unglaublichen Menge älterer Fragmente ge- 
fertigt, wofür ja bekanntlich unzählige Belege an den alt- 
christlichen Bauten Italiens vorhanden sind. — Dass hin- 
gegen die Venezianer noch im 13. und 14. Jahrhundert den 
Marmor in Griechenland holten, dürfte darin seinen Grund 
haben, dajss die Seeverbindung dorthin ihnen faktisch näher 
lag als um Italien herum an die ligurische Küste, der Ver- 
kehr nach dem Morgenlande hin ihnen überhaupt gangbarer 
war. Die allgemeine ausgedehnte Verwendung des carrari- 
schen Marmors beginnt erst mit dem späteren Mittelalter, 
mit dem Aufblühen der toskanischen Städte. Dass die car- 
raresischen oder lunensischen Brüche zur Zeit der Renais- 
sance sich noch im Anfangsstadium befanden, belegt uns 
Michelangelo, indem er berichtet, mit welchen Schwierig- 
keiten er zu kämpfen hatte, um die Steine zu den Figuren 
für das Grabmal des Papstes Julius E. zu gewinnen. Der 
tirolische Marmor nun, der in Laas gebrochen wird, ist dem 
parischen und der Sterzinger dem aus Naxos so ähnlich, 
dass selbst genaue Kenner die griechischen und tirolischen 
Sorten kaum auseinander zu halten vermögen. Diese Ähn- 
lichkeit der Struktur lässt vermuten, dass auch die Bestän- 
digkeit der tirolischen Arten ähnlich der der griechischen Sor- 
ten sei. In der That sprechen für diese Vermutung das 

17* 



120 



KLEINE MITTEILUNGEN. 



Portal der Kapelle im Schloasc Tirol bei Heran, der Chor 

der Ifurrkircbe in Laus, beide aus dem 11. Jahrhundert. 
ferner viele alte Ärchitekturteile, wie Kirchenportale niid 
gotische Türme im Etechthale, welche eine ähnliche gelb- 
lich warme Patina zeigen wie der griechiBche Marmor und 
alle vorzügliche Erhaltung aufweisen. Änderseita zeigen die 
ätücke aus carrarischom Mannor, beeondera wenn sie im 
Freien Htehen, eine verh&ltnismilsaig rasche Verwitterung. 
Michelangelo's David, der vor mehreren Jahren von seinem 
freien Standpunkte unter Dach und Fach gebracht wurde, ist 



ein deutlicher Beweis dafUr. Die Gruppen der Schtossbrücke 
in Berlin (1853) hat man durch Cherzflge Ton Wasserglaa 
vor der Zerstörung etwas zu schützen verencht, aber mit 
Kweifelbatlem Erfolge. Das Monument des Herzogs von 
Braunschweig in Genf (1877), bei welchem carrarischer Mar- 
mor im Freien verwendet ist, drohte wegen der Uubettändig- 
keit des Materials haufSllJg zu werden, so dass die Stadt 
Genf geniltJgt ist, das Gebäude abzutragen and das Material 
zum Teil durch anderes z 



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Unter lllltu)ir!ung von Dr. ^n^. ^rituftmaiiii, 
Dtrcftor bcs IHufcanis für Kunjl nnb «bewerbe m 
Fijmburg; |i. ^tirfler, üußos am Bud^gccorrbc 
Ulufpum in ^eipiiff; ^. «Jofftn^ Königlicher r>of» 
23ud»binbcrmct|ler in Berfin; ^afio0 ptfii ^xXf^t 
in '39ictt: 3t. »oh ^cfbegg. Ceiter bei fad^g^irerb« 
Iid?cn5d;iulc für^ucfcbinber unb 2Jrd?iteFten Indien; 
^uCittü f'ranft^, Sud^binbcrmriflcr in ^irn; 
6u(ta« ^rt^fi^c, Köniqfidjcr f^af • 3?iici)b:nbfr= 
metilcr in cici))}tg; Julius ^ftnr, Bnd?binber< 
mcificr in |S)ibaptffl; Dr. "g». '^t^vx^ »tbliorl^efür 
am Xuniiloicrocrbe'niufeum in ^rrftit; JÄriwrii^ 
/empei^, Täter, in ^fit; c^tthtvig, t^udbinbet« 
mciilcr in ^ranßfnrt a. ^ain; ^raffflTor ^. 
4ul6mer, Pireftor bei Kunflgetrerbcfdiufe in 
^ranßfurt a. S^ain; Dr ^a6^ niufrums'Direr* 
tor in ^öfn; "yrofcfror ^. iRettCraiu in ^ternn; 
^. Dan ^(tOor. llluf.'Pir. in ^aarfrm; ^d^nntgrit, 
Pomfapitulur in ^öfn; l^rofrf)foi: Dr. ^leiQc '\n 
Presbcn: 2*rofeffor Dr. SfocftOoucr in |Znrn0«rfl; 
3^ran| "^Oßt, Königlicher f7of»öud?btnbfrmeiflrt 

in |}«rrin. 

^übrli* 12 riefte <^ mit einer Sübauiftattung. 

^•rcift bf5 ^aßrflanßft Ä. 7.50. ^niefttr /»«fir 

75 yf. 
c^-<5 Probehefte gratis. 0>-^ 
"^w bfjicben burch aVii öud^banblungen nnb 
poflomtcr, fowie öud? bucd? bie Dcrlag>banblnng 
ron 3.r. ^ffif/lüdlfr in ^erfiti W. 63. 



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ierzu zwei Beila^z^ni von Georg: I). \V. Culhvay in Mlinclien und vom Verlaar des LittiTiirisohen Jahresberichts 

(.\rtiir ."^tTiüinui; in LeipziiT. 



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