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Full text of "Kypros : eine Monographie"

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KYPROS, 


EINE  MONOGRAPHIE 

VON 

WlEilI,  HEIlffli. 


ZWEITER  THEIL. 


BERLIN, 

BEI  G.  REIMER. 

tS4i. 


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Drittes  Bucli, 


Religionsgeschichte  und  Mythen 

von 

K  y  p  r  0  s. 


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Der  Kult 

der 

Aphrodite. 


1  • 


1 


Digitized  by  the  Internet  Archive 
in  2018  with  funding  from 
Getty  Research  Institute 


https://archive.org/details/kyproseinemonogr02enge 


Der  Kult  der  Aphrodite. 


EaSTB»  ABSCBWITT. 

Geschichtliche  EinleitHog. 

Von  der  Kenntniss  des  Landes  und  Volkes  ¥Oii 
Kypros^muss  die  richtige  Würdigung  seiner  Mythen 
und  religiösen  Anschauungen  ausgehen.  Mythen  undi 
Religion  sind  durchaus  ein  Erzeugniss  der  Verhaltoissej 
unter  denen  ein  Volk  lebt,  seiner  Denk-  und  Sinnes-, 
weise: ^ ohne  Kenntniss  der  Geschichte  und  Zustände 
eines  Volkes  bleibt  uns  seine  Religion,  eine  Offenba¬ 
rung  des  A^olksthums,  unverständlich.  Wie  also  die 
Geschichte  uns  die  Mittel  an  die  Hand  giebt,  die  re¬ 
ligiösen  Zustände  eines  Landes  an  erkennen,  ebenso 
müssen  auch  wieder  Religion  und  Mythen  dort,  wo 
andere  Kenntnisse  uns  mangeln,  die  Geschichtsurkunde 
des  geistigen  Lebens  eines  Volkes  sein,  denn  die  Grund¬ 
ideen  des  Kultus  stehen  mit  dem  Geiste  des  Volkes 
in  Uebereinstimmung. 

Der  Kultus  der  Aphrodite  ist  der  Hauptkult 
des  Landes  und  der  Mittelpunkt,  um  welchen  sich  alle 
Mythen,  das  ganze  Kultwesen  und  das  gesamte  gei¬ 
stige  Leben:  der  Kyprier  dreht;  ihn  richtig  m  wür¬ 
digen  und  zu  verstehen,  zu  zeigen,  wie  er  das  ge¬ 
worden,  was  er  war,  darauf  kommt  hier  Alles  an.  Wenn 
wir  erfahren  haben,  wie  er  geworden  und  wie  er  sich 


6 


geBiWet  Babe,  daiiB  werden  wir  auch  verstehen,  was 
er  geworden. 

Aus  der  Geschichte  des  Landes  haben  wir  erse¬ 
hen,  dass  es  vornehmlich  drei  Volksstämme  gewesen, 
wekhe  auf  Kypros  eingewirkt  haben,  Phoniker, 
Phryger  und  Griechen.  Zugleich  haben  wir  dort 
aber  auch  erfahren,  dass  nicht  alle  von  ihnen,  was  sie 
als  geistiges  Eigenthiim  mitgebracht  hatten,  in  Selb¬ 
ständigkeit  und  Eeinheit  bewahrten,  wie  es  unter  ähn¬ 
lichen  Verhältnissen  anders  wo  m  geschehen  pflegt, 
sondern  dass  der  Phoniker  und  Phryger  gan/.e  Nazi- 
onalität  physisch  und  geistig  in  der  dritten,  von  we - 
Cher  sie  bewältigt  wurden,  aufging.  So  sind  auch  die 
Mythen  und  religiösen  Vorstellungen  der  unterliegen¬ 
den  Phoniker  und  Phryger  von  dem  siegenden  Stamme 
der  Griechen  theils  gana  verdrängt,  und  dies  ist  die 
grössere  Masse,  theils  io  seinem  Sinne  umgebildet 
worden.  Alles  trägt  in  geschichtlicher  Zeit  auf  Ky¬ 
pros  ein  griechisches  Gewand,  wie  sehr  es  auch  im 
Laufe  der  Zeit  durch  die  Verbindungen  mit  so  vielen 
und  verschiedenen  Völkern  und  durch  die  innere  Er¬ 
schlaffung  verblichen  sein  mochte.  Die  griechischen 
Pflanzungen,  grösstentheils  in  Theilen  des  Landes  ur¬ 
sprünglich  angelegt,  wo  keine  phönikische  Macht  zu 
finden  ist.  müssen  nach  allen  Anzeichen  rasch  zu  gro¬ 
sser  Blötiie  und  Kraft  erwachsen  sein,  und  schon  früh 
in  jugendlicher  Ueppigkeit  und  Stärke  die  phönikischeii 
Bestandtheile  überwuchert  haben.  Elemente,  welche 
sich  nicht  passend  aufnehinen  liessen,  mussten  abster¬ 
ben:  und  natürlich  traf  das  Loos  mehr  die  phoniki- 
schen  als  die  den  Griechen  verwandten  griechischen 

Ideen.  •  «  4 

Es  ist  aber  rathsam ,  dass  wir  bei  den  m  Bede 

stehenden  drei  Völkerstämmen  selbst  die  religiösen 


7 


Vorstellongen  aufsuchen  und  uns  vergegenwärtigen^ 
welche  von  den  Auswanderern  und  Kolonisten  dersel¬ 
ben  auf  Kypros  eingeführt  wurden.  Kurze  Angaben 
davon  werden  hioreicheo. 

1.  Die  semitischen  Völker. 

Statt  auf  die  Phöniker  allein,  thun  wir  Mer  einen 
Blikk  auf  die  verschiedenen  Völker  des  semitischen 
Stammes,  welchem  die  Phöniker  auch  angehören,  weil 
uns  dies  die  Uebersicht  der  verschiedenen  Kultverhält¬ 
nisse  erleichtern  wird.  Diese  Völker  erstrekkten  sich 
bekanntlich  westlich  in  Kleioasieri  bis  an  den  Halys 
und  die  syrische  Küste  des  Mittelmeeres,  östlich  bis 
an  den  Tigris,  südlich  bis  an  das  erythräische  Meer^ 
nördlich  bis  an  die  armenischen  Gebirge.  Der  religi¬ 
öse  Glaube  dieser  Völker  schloss  sich  eng  an  den 
Dienst  der  Sternmächte  an,  indem  man  den  Gestirnen 
den  entschiedensten  alleinigen  Einfluss  auf  die  Natur 
zuschrieb,  wobei  ihre  religiöse  Empfindung  dem  ei¬ 
gentlichen  Naurleben  und  einem  seeienvoll  lebendigen 
Naturgefühl,  wie  es  z.  B.  im  benachbarten  Kleinasieii 
stattfand,  und  wobei  das  Bewusstsein  sieh  in  das  man¬ 
nigfaltige  Spiel  der  Welt-  und  Leben  zeugenden 
Mächte  versenkt,  durchaus  fremd  blieb.  Die  Natur  war 
ihnen  nicht  beseelt  und  belebt,  sondern  todt;  die  Macht 
kam  ihnen  von  aussen  und  wurde  hineingetrageri;  diese 
Mächte  aber  waren  die  Gestirne,  durch  welche  das 
Geschikk  verhängt  ward,  welches  über  allem  Leben 
walte. 

Unter  allen  Himmelskörpern  schien  die  Sonne^m 
mächtigsten  in  ihren  Einflüssen  auf  die  Erde  und 
Leben;  und  deshalb  wurde  auch  vorzugswerC  ihr 
Verehrung  geleistet.  Nächst  der  Sonne  schr^h  n>an 
dem  Monde  die  meisten  Einwirkungen  auf/®©  Erde 


/ 


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and  diesen  hielt  man  daher  nächst  jener  der  höch¬ 
sten  Verehrung  bedürftig.  Beide  dachte  man  sich  als 
das  hohe  himmlische  Paar,  dem  die  Lenkung  des  Ge- 
schikkes  und  jedes  Lebens  auf  der  Erde  verfallen 
wäre 5  die  Sonne  fasste  man  als  den  Gott,  den  Mond 
als  die  Göttin.  Wie  Babylon  der  Mittelpunkt  der  se¬ 
mitischen  Völker,  so  war  auch  hier  der  religiöse  Dienst 
derselben  am  meisten  ausgebildet.  Im  Süden  schlos¬ 
sen  die  Reihe  derselben  die  Araber  ab,  deren  beide 
grosse  Gottheiten  Urotal  und  Alilat,  welche  Hero- 
dot')  anführt,  auf  nichts  anders  als  Sonne  und  Mond 
gedeutet  werden  können.  Bei  höherer  Ausbildung  des 
dortigen  Gestirndienstes,  vornehmlich  unter  fremden 
Einflüssen  von  J^ordeu  her,  entwikkelte  sich  auch  die 
Verehrung  der  Wandelsterne,  und  den  Einflüssen  der¬ 
selben  wurden  auch  auf  das  Menschenleben  höhere  und 
mächtigere  Wirkungen  stugesch rieben.  Dadurch  ge¬ 
schah  es,  dass,  wenn  auch  in  einer  verhältnissmässig 
spätem  Zeit,  der  Stern  der  Venus  Alk  bar  als  Vor¬ 
stand  aller  Angelegenheiten  des  Herxens  und  der  Liebe 
verehrt  ward. 

In  Babylon  finden  wir  die  beiden  grossen  Gott¬ 
heiten  unter  dem  Namen  des  Bel  und  der  Mylitta^ 
ursprünglich  ebenfalls  als  Sonne  und  Mond  xu  fas¬ 
sen.®)  Unter  den  Einflüssen  des  chaldäischen  Gesliin- 
dienstes  machte  sich  aber  die  Deutung  auf  die  Pla¬ 
neten  Jupiter  und  Venus  geltend.  Die  älteste 
Geschichte  des  Landes  ist  durchaus  mythisch.  An  der 
Spixe  derselben  stehen  die  beiden  grossen  Gottheiten 
8s  Herrscherpaar  und  Gründer  der  Macht  5  an  sie  schliesst 

’)  HerodotS,  8.  Im  Allg.  S  tuhr Religionsformen  der  heid¬ 
nische  Völker,  !  ,  401.  406  und  der  ganze  Abschnitt  über  die 
syrisch-iialdäischen  Völker. 

14)  ^t.  Munter  Religion  der  Babylonier  S.  17  ff.  Vgl. S. 41. 


9 


sich  wieder  eine  lange  Reihe  unbekannter  und  mei¬ 
stens  fabelhafter  Könige,  durch  welche,  Z5um  Theil  we- 
nigstens,die  Sage,  wie  sie  pllegt,  dieselben  Gedanken 
auf  verschiedene  Weise  ausspricht.  Babylon  selbst 
kündigt  sich  durch  seinen  Namen  schon  als  Staat  des 
Bel  an,  und  das  erste  Herrscherpaar  ist  Ninus  und 
Semiramis,  beides  nur  andere  Ausdrükke  für  die 
beiden  grossen  Gottheiten.  W  enn  die  Nachrichten  über 
die  älteren  Zustände  dieser  Länder  nicht  so  dunkel 
wären,  so  würden  wir  auch  hier  von  ihnen,  wie  von 
den  uns  in  diesem  Punkte  etwas  bekannteren  Phöni- 
kern  versichert  sein,  dass  dieselben  grossen  Gotthei¬ 
ten  in  den  verschiedenen  Landschaften  und  selbst  Städ¬ 
ten  unter  verschiedenen  Namen,  oft  auch  mit  eigen- 
thümlicher  Ausbildung  ihres  Wesens  verehrt  worden 
seien.  Dahin  gehören  die  Namen  Adad  und  Ater- 
gatis  als  Assyrische  Gottheiten.*) 

Eine  besondere  Form  des  männlichen  [Gottes  muss 
man  auch  im  Dann  es  erkennen,  welchen  man  sich 
fast  ganz  als  Fisch  dachte,  da  die  Fische  der  Gottheit 
als  Symbole  der  l  mchtbarkeit  geeignet  waren,  W^le 
die  Sage  den  Ninus  als  Gründer  und  Herrscher  des 
Reiches  hinstellt,  so  lässt  sie  den  Oannes  jeden  Mor¬ 
gen  aus  dem  Meere  nach  Babylon  als  Gesezgeber  und 
Lehrer  kommen  Von  der  Semiramis  ist  schon  ge¬ 
sagt  worden,  dass  auch  sie  als  eine  solche  Form  der 
weiblichen  Gottheit  gefasst  werden  muss,  welche  als 
Königin  io  ihren  Thaten  den  Charakter  des  Kultus  der 
Gottheit,  den  der  Wollust  und  Blutdürstig keit  trägt.®) 

3)  Macrobius  SaturnaL  1,  23. 

_  4)  Vgl.  Bauer.  Der  Prüfet  Jonas  im  assyr.  babyl.  Symbol, 

m  Illgens  Ztschr.  für  histor.  Theologie  Bd.  7.  S.  88  ff. 

5)A^tbenagoras  Hqiaß.  mql  Xmr.S,  271.  Rechenberg. 

T^g  Atqy.at(ivg  ^Bi^iqu^ilg  Mymg  yvy^  xm  owg  itfoit 


10 


Ihr  Name  bedeutet  im  Syrischen  laut  Diodor  und  He- 
sychios  so  viel  als  Taube  des  Berges,  jenes  Thier, 
welches  der  Göttin  vor  allem  heilig  ist.  Tauben  sind 
es  daher,  welche  die  Herrscherin  Semiramis,  als  sie 
in  ihrer  Kindheit  in  einer  öden  Gebirgsgegend  aus- 
gesezt  war,  wunderbar  ernährten,  und  wiederum,  als 
sie  ihre  irdische  Laufbahn  vollendet  hatte,  soll  sie  in 
Gestalt  einer  Taube  weggeflogen  sein.  Wie  aber  der 
Mythos  in  seiner  versinnlichenden  und  personifiziren- 
den  Weise  mythische  Wesen,  welche  dasselbe,  oder 
verschiedene  Seiten  desselben  ausdrökken,  in  das 
Verhältniss  von  Aeltern,  Kindern  und  Geschwistern  sezt, 
so  giebt  er  auch  hier  der  Semiramis  die  Fischgöttin 
Derketo  zur  Mutter.  Die  Fische  sind  aber  nach 
speziell  phönikischer  und  allgemeiner  Aulfassung  der 
semitischen  Völkerschaften  der  grossen  weiblichen  Na- 
turcrottheit  als  Symbol  der  Fruchtbarkeit  geheiligt, 
und  somit  konnte  der  Semiramis  mit  Fug  und  Recht 
die  Fischgöttin  zur  Mutter  gegeben  werden,  ln  ge¬ 
schichtlicher  Auffassung  Hess  man  sie  aber  die  Grün¬ 
derin  der  Tempel  ihrer  Gottheit  sein  nach  jenem  Ver¬ 
fahren,  nach  welchem  in  den  Mythen  und  Sagen  die 
Gottheiten  sich  selbst  oder  durch  mythische  Wesen, 
welche  in  ihrem  Sinne  handeln,  ihre  Tempel  gründen. 
Daher  nennt  die  Sage  die  Semiramis  Erbauerin  der 
grossen  Tempel  zu  Bambyke  und  des  zu  Askalon,  wel- 


ßZ,.  Diode’.  ■2.4  «nd20.  Laktao,  .5,  Werto 

Ls  Wortes  Semiramis  sagt  Pott  Etymol.  Forsch.  2,  181.  Wenn 
ein  Name  Arischen,  und  nicht,  was  mir  nnwahrschem- 
licher  'dünkt ,  Semitischen  Ursprungs  ist ,  so  liesse  sich  an  per 
Zemin  (terra)  und  etwa  Sanskr.  ram, woher 
welches  aber  im  Pers.  in  seiner  Bdtg  eine  andre  Wendung  (qu  ) 
genommen  bat,  denken. 


11 


eher  für  die  phönikischen  Völker  der  Haupttempel  war. 
Wie  Ktesias  berichtet,  wurde  sie  nach  ihrem  Ver¬ 
schwinden  als  Göttin  verehrt,  und  laut  Athenagoras 
ebenso  bei  den  Syrern. 

Für  Phönikien  und  Syrien  lässt  sich  Lukians  be¬ 
kannte  Schrift  über  die  Syrische  Göttin  sehr  wenig 
benuzen ,  da  sie  die  dortigen  Heiiigthüraer  in  einer 
Zeit  schildert,  welche  der,  die  hier  in  Betracht  kommt, 
sehr  wenig  mehr  ähnelt,  sondern  in  w'elcher  schon 
längst  die  allgemeine  lermischnng  der  Religionen  ein¬ 
getreten  war,  Pragmatismus,  Euhemerismiis,  Synkre¬ 
tismus,  philosophische  Lehren  und  Aberglauben  jegli¬ 
cher  Art  sein  IVesen  getrieben,  und  das  Ursprüngli¬ 
che  fast  bis  zur  Unkenntlichkeit  entstellt  hatten.  Hie 
Grundformen  des  Kultus  dieser  Küstenvölker  w’aren 
ganz  dieselben  w’ie  jene  in  Babylon,  mit  denen  auch 
die  Heiligthümer,  wie  aus  den  Sagen  von  der  Semi- 
ramis  erhellt,  mythisch  verbunden  wurden,  denn  sie 
sollte  den  grossen  Tempel  zu  Askalon  gegründet  ha¬ 
ben  und  anderes  mehr.  Die  Namen,  unter  welchen 
die  beiden  grossen  Gottheiten  in  den  syrischen  Län¬ 
dern  Vorkommen,  sind  Baal  undBaaltis;  für  leztere 
ist  aber  der  phönikische  Name  A  starte  berühmter  und 
geläufiger  gew  orden,  w  eil  durch  die  Phöniker  und  ihre 
Kolonie  die  Göttin  ihre  grosse  Verbreitung  erfuhr. 
Baal  bedeutet  Herr  und  Gemal,  w'elchem  Baaltis  als 
Gemalin  zur  Seite  steht.  Ueber  Astarte  hat  man  viele 
und  verschiedene  Deutungen  versucht,  von  denen  viel¬ 
leicht  aber  noch  keine  ganz  genügen  möchte.  Astarte 
ist  nur  die  griechische  Form  der  phönikischen  Benen- 
nung  Astaroth,  w'elche  auch  so  in  der  Bibel  vor¬ 
kommt, und  hat  die  Ausleger  an  dot'qq  S  tern  erinnert®)* 


63  Eusebius  Praep.  evang.  1,  10,  Buch  der  Richter 


12 


Den  Grund  zu  dieser  Benennung  fand  man  in  dem 
Glauben,  die  Astarte  bezeichne  ursprünglich  den  Ve¬ 
nusstern;  allein  diese  Bedeutung  ist  ihr  erst  später 
durch  chaldäischen  8terndienst,  wie  der  babylonischen 
Mylitte  zugekommen;  ursprünglich  bezeichnet  sie  ein¬ 
fach  den  Mond,  und  steht  als  solche  dem  Baal,  der 
Sonne,  zur  Seite.  Von  der  griechischen  Bedeutung 
des  Wortes  ausgehend,  suchte  Hammer  in  den  Fund¬ 
gruben  des  Orients  den  Stamm  des  Namens  im  Per¬ 
sischen,  und  legt  auch  in  dieser  Sprache  ihm  die  Be¬ 
deutung  Stern  bei. 

Von  den  verschiedenen  Formen  der  Göttin  hie- 
selbst  sind  besonders  folgende  anzuführen.  Den  Na¬ 
men  der  Derketo  zu  Askalon  kennen  wir  als  xMut- 
ter  der  Semiramis.  Sie  wurde  als  Fisch  vorgestellt, 
wie  in  Babylon  der  Oannes.  Es  gab  aber  auch  in 
Syrien  einen  eigentlichen  Fischgott  Namens  Dagon. 
Die  Beziehungen  auf  Fisch  und  Wasser  kommen  bei 
allen  Formen  der  Gottheiten  vor,  deren  berühmteste 
Tempel  ausser  Askalon  zu  Heliopolis  oder  Balbek, 
welches  sich  in  seiner  semitischen  wie  griechischen 
Benennung  als  Soonenstadt  oder  Stadt  des  Baal  ver¬ 
kündigt;  dann  z\i  Emesa,  Palmyra,  Bambyke,  wo  über¬ 
all  deT'  Kult  der  Gottheit  unter  den  entstelltesten,  aber¬ 
gläubigsten  und  lächerlichsten  Gebräuchen  gefeiert 

wurde. 

Ausser  den  hier  genannten  mögen  die  beiden 
Gottheiten  noch  unter  sehr  verschiedenen  Namen  und 


2  13.  Herodian  5,  6.  •Pnlvms  äs  AcTQodxnv  ovonälovei,  edn- 

■Jaieal>:vriS-  Gramer  Anekdota  23,  335  JaraQt^  iaw  a’dwlo«; 
Si/oju«:  Uytrai  M  dm  fAaraqcqSs  rod  doTQov,  dar'n^  ydq  lanyiprmov- 
odp<i>,  dff  oi  xut  TO  aWoilov  zalürav,  dvdnlacfxa  axi»y  tov  aßVQov, 
Umov  naqd  ro  aar^ov  vni^ßißaGfTü}  ÄsraqTn, 


13 


Zeremonien  in  den  verschiedenen  Landschaften  and 
Städten  verehrt  worden  sein.  Dies  gab  die  Veran¬ 
lassung  dazu,  dass  die  Juden  den  Namen  der  Gottheit 
gern  im  Plural  gebrauchten,  indem  sie  bei  ihren  Nach¬ 
barnvölkern  immer  verschiedene  Namen  der  Gottheiten 
hörten.  Ein  solcher  war  auch  der  Name  Adon  für 
den  männlichen  Gott,  doch  lässt  sich  nicht  mehr  aus¬ 
machen,  wo  er  vorzugsweise  unter  diesem  Namen  ver¬ 
ehrt  worden  ist;  doch  muss  er  unter  den  Phönikern 
besonders  geläufig  gewesen  sein,  welche  sich  auf  Ky- 
pros  ansiedelten,  indem  durch  ihn  der  kyprische  Gott, 
welcher  unter  dem  Namen  Adonis  bekannt  ist,  so  be¬ 
nannt  war.  Die  Kj'prier  leiteten  aber  ihre  Tempel  des 
Landes  nicht  von  Tyrus  und  SidoUj  den  herrschenden 
kolonisirenden  Städten  des  phönikischen  Volkes,  son¬ 
dern  von  dem  Haupttempel  des  gesamten  Landes,  von 
dem  zu  Askalon,  ab. 

Die  Wollust,  welche  als  eine  hervorstehende  Ei¬ 
genschaft  an  der  Semiramis  erwähnt  wird,  ist  ein 
Hauptzog  des  ganzen  babylonischen  und  aller  damit 
verwandten  Kulte,  indem  das  Leben  dieser  semitischen 
Völker  sich  von  aller  geistigen  Anschauung  und  der 
eigentlichen  sittlichen  Richtung  des  menschlichen  See¬ 
lenlebens  entfernt  hatte,  allein  der  Selbstsucht  und 
dem  Fleische  verfallen  war.  Ihr  Sinn  und  ihr  Be- 
\vnsstsein  waren  völlig  in  die  Richtung  auf  die  Füile^ 
die  Wohlbehaglichkeit,  die  Wollust  des  irdischen  Le¬ 
bens  verloren.^)  Zu  dem  Staate  ihres  glänzend  aus¬ 
gebildeten  Kultus  gehörten  auch  grosse  Schaaren  von 
Tempeldienerinnen,  welche  ihrer  Herrin,  der  Göttin, 

7)  Stuhr:  Religionsformen  d.  heidn.  Völker  1,426.  Meso- 
potamiae  homines  effrenatae  libidinis  sunt  in  utroque  sexu  sagt 
noch  Sali u st  in  einem  Fragment.  Schol.z.  Juvenal  Sat  1, 104. 
Curtius  6,  1.  S.  Münter  Reügioa  der  Babylonier  S.  74. 


14 


in  gefälliö;em  Dienste  ergeben  waren.  Für  den  Gott 
selbst  war  jede  Nacht  eine  Priesterin  als  seine  Bei¬ 
schläferin  in  den  Tempel  eingeschlossen,  da  er  selbst 
das  Bedürfniss  der  Befriedigung  der  Wollust  fühlte. 
Seine  Stelle  vertrat  hier  aber  ein  Priester.®)  Eine 
jede  babylonische  Jungfrau  musste  sich  einmal  in  ih¬ 
rem  Leben  zur  Ehre  der  Göttin  einem  Fremden  preis¬ 
geben.  Die  Frauen  sizen  an  den  Wegen®)  mit  Bän¬ 
dern  umwunden  und  räuchern  ihre  Zaubermittel,  und 
wenn  Jemand  vorübergeht  und  eine  von  ihnen  zur  ün- 
Kucht  hinwegnimmt,  rühmt  sie  sich  gegen  die  andern, 
dass  sie  nicht  seien  werth  gewesen  wie  sie,  dass  ihnen 
der  Gürtel  gelöst  würde.  Deutlicher  sprechen  sich 
noch  Herodot  und  Strabon'“)  hierüber  aus:  Um  die 
Tempel  herum  befanden  sich  eingefasste  Gänge,  wo 
dieJungfraun  mit  einer  wie  Fäden  gewundenen  Krone 
auf  dem  Haupte  dasassen,  und  dem,  der  ihnen  mit  den 
Worten:  ,,ich  rufe  die  Göttin  Jlylitte  an“  ein  Stükk 
Geld  in  den  Schooss  warf,  folgen  mussten,  um  ihm 
zu  Gebote  zu  stehen.  Das  Geld  war  aber  heilig. 
Manche,  die  nicht  gefielen,  mussten  drei  bis  vier  Jahre 
■warten,  ehe  sie  dem  Geseze  Genüge  geleistet.  Diese 
oder  ähnliche  Sitten  waren  uralt  bei  jenen  Völkern» 
und  überall  hin  verbreitet,  und  wurden  daher  den  Ju¬ 
den  verboten.”)  Aber  die  Babylonier  führten  diese 
Sitten  in  Palästina  ein,  und  machten  sich,  wie  es  heisst,'®) 
Mädcheehütten,  einen  der  Mylitta  oder  Astarte  geweih¬ 
ten  Tempel.  Um  die  Brunst  der  Göttin  zu  stilleu,  er¬ 
gaben  sich  statt  ihrer  die  Tempeldienerinnen  der  männ- 

8)  Herodot  1,  181.  vgl,  182. 

9)  Buch  Baruah  6,  42  und  43. 

10)  Herodot  1,  199.  Strabon  16,  745  z.  Ende. 

11)  3  Buch  Mosis  19,  29. 

12)  2  B.  Könige  17,  30. 


1.^ 


liehen  Lust.  Dies  ^ah  die  VeranlassiiTi^  ?:iir  Errichi- 
tung  der  Institute  für  weibliche  Hierodulen  bei  allen 
Tempeln  der  semitischen  Göttin  durch  Asien,  und  so 
weit  die  phönikischen  Kolonieen  ihre  Astarte  dem 
Westen  zuführten.  Diese  heiligen  Buhlerinnen  em¬ 
pfingen  im  Namen  der  Göttin  den  Zoll  und  die  ¥er- 
ehrung,  welche  jeder  Mann,  der  sich  der  Göttin  wohl¬ 
gefällig  erweisen  wollte,  ihr  leisten  musste;  sie  for¬ 
derte  Wollust  und  Unzucht,  und  jene  Institute  bei  den 
Tempeln  der  Göttin  unterschieden  sich  durch  nichts 
von  wirklichen  Bordellen.  Auch  die  Kappadokier  ge¬ 
hörten  dem  semitischen  Volksstanime  ursprünglich  an. 
Beim  Tempel  der  Göttin  zu  Komana  befanden  sich, 
wie  oft  berichtet  ist,  sechstausend  Hierodulen,  welche 
der  Göttin  in  ihrem  Sinne  dienen  mussten.  Wenn 
die  Feste  gefeiert  wurden,  strömten  von  allen  Sei¬ 
ten  Männer  wie  Frauen  zum  Tempel  der  Göttin,  und 
Fremde  kamen  weit  her,  um  dort  ihre  Andacht  zu 
verrichten  und  ihr  Opfer  zu  bringen.  Die  Weiher, 
welche  dort  ihre  Gewerbe  mit  den  Männern  trieben, 
waren  meist  geheiligt. 

Dies  sind  die  Hauptzüge  des  semitischen  Kultus 
und  der  religiösen  Begriffe,  welche  die  Phöniker  mit 
nach  Kypros  gebracht  haben  müssen. 

2.  Die  Phryger, 

Wie  sich  die  kleinasiatische  Halbinsel  ihrer  na¬ 
türlichen  Beschaffenheit  nach  ganz  vom  übrigen  Asien 
absondert  und  sich  schon  dem  europäischen  Ländersy¬ 
stem  anschliesst,  so  stehen  auch  die  Bewohner  dieser 
Länder  den  Griechen  als  Verwandte  zur  Seite.  Der 
Taurus  und  der  Halys  trennen  diese  Völker  von  ihren 


13)  Strabon  12,  559  und  558. 


16 


östlichen  Nachbarn,  den  Semiten,  mit  welchen  sie  nichts 
mehr  gemein  haben.  Der  Hauptstamm  dieser  Völker 
Kleinasiens  waren  die  Phryger,  welche  das  Binnenland 
inne  hatten;  nördlich  von  ihnen  wohnten  die  thraki- 
schen  Stämme,  im  Süden  an  den  Küsten  herum  die 
Lyder.  Alle  drei  Völkerschaften  finden  sich  auch  in 
den  europäischen  Ländern  wieder'*). 

Das  geistige  Eigenlhum  dieser  Phryger  war  ein 
uralter  orgiastischer  Naturdienst,  welcher  sich  an  die 
Kybele,  die  Naturkraft  weiblich  aufgefasst,  anschloss. 
Bezeichnend  im  Charakter  dieses  Volkes  war  die  aus 
geistiger  Dumpfheit  hervorgegangene  fanatische  Got- 
tesverehruug,  genährt  durch  das  Hingeben  und  Sich- 
versenken  in  dunkle  träumerische  Stimmungen,  ln 
den  Wäldern  auf  den  Bergen  war  besonders  die  Stätte^ 
wo  die  religiösen  Gebräuche  verrichtet  wurden.  Wil¬ 
des  Geschrei  und  lärmendes  Getöse  der  Handpauken, 
Kymbeln,  schmetternder  Schall  der  Trompeten,  Hör¬ 
ner  und  Pfeifen  begleiteten  die  Feier,  welche  die  Prie¬ 
ster  in  prunkender  Waffenrüstung  durch  Wald  und 
Gebirge  vollbrachten.  Orgiastische  Tänze  wurden 
aufgeführt,  bei  denen  die  Feiernden,  von  ausschwei¬ 
fendem  religiösem  Taumel  ergriffen  und  von  heiligem 

Wahnsinn  getrieben,  sich  wechselseitig  verwundeten.'  9 

Nur  sittliche  Ausschweifungen  wurden  nicht  begangen, 
denn  die  Kybele  forderte  für  ihren  Dienst  eben  so 
strenge  das  Gelübde  der  Keuschheit,  wie  die  semiti¬ 
sche  Göttin,  selbst  unzüchtig,  für  ihren  Dienst  Unzucht 
und  Wollust  verlangte. 

Von  den  beiden  Hauptsizen  Kelainai  und  Pessinus 
dehnte  sich  dieser  Dienst  nach  allen  Seiten,  besonders 


14]  H  o  ek  Kreta  1,  109  ff. 

15)  Strafe  OK  10,  470.  Lukrez  2,  699ff.  Katull  Attys. 


nach  Westen  aus.  Lydien  war  mit  Phry^ien  durch 
Stammverwandtschaft  und  Sagen  eng  verbunden,  und 
der  phrygische  Kult  blühte  in  Lydien  so  gut  wie  in 
Phrygien.  Die  älteste  Herrscherfamilie  Lydiens  waren 
die  Attyaden,  Attys  ist  aber  der  phrygische  Gott, 
der  männliche  Gott,  welcher  der  Kybele  überall  und 
in  einem  eigenthümlichen  Verhältniss  zur  Seite  steht. 
Näheres  darüber  theilen  wir  an  einem  andern  Orte 
mit.  Der  Gebrauch  der  Flöten,  die  ganz  eigenthüm- 
liche  Musik  und  Sangesweisen,  welche  jene  religiöse 
Stimmung  des  Kultus  und  des  Volkscharakters  begün¬ 
stigten,  sollten  bei  den  Phrygern  selbst  erfunden  sein. 
Auf  die  Verbreitung  dieser  eigenthümlichen  religiösen 
Stimmung,  und  die  Sagen  von  Tonkünstlern  und  gött¬ 
lichen  RejM-aesentanten  des  Kultus  in  den  verschiede¬ 
nen  Landschaften  werden  wir  noch  öfters  Gelegenheit 
haben  zurükztikoramen. 

Mannigfaltig  ist  die  Verbindung  des  phrygischen 
Kultus  mit  dem  griechischen,  und  beträchtliche  Be- 
standtheile  des  lezteren,  namentlich  die  orgiastischen, 
wie  sie  z.  B.  im  Dionysiuskulte  hervortreten,  sind  den 
Griechen  von  diesen  ihren  überseeischen  Verwandten 
zugekommen.  Die  sogenannten  thrakischen  Bestand- 
theile  des  griechischen  Kultus  sind  fast  dieselben  mit 
den  phrygischen.  Was  nun  Kypros  betrifft,  so  ist  in 
der  Geschichte  dieses  Landes  von  uns  nachgewiesen 
wie  dies  Eiland  zum  Theil  eine  phrygische  Bevölke¬ 
rung  erhalten  hat.  Ihr  Einfluss  auf  Mythen  und  Kult 
liegt  gleichfalls  vor  Augen  5  das  Wesen  der  Aphro¬ 
dite  scheint  im  Innern  und  Aeussern  verwandt  mit  der 
Kybele  ausgebüdet  zu  sein.  In  der  Art  und  Weise, 
wie  die  Aphrodite  als  Herrscherin  von  Kypros  dasteht 
lässt  sie  sich  nur  mit  der  Kybele  vergleichen.  Wie 
sich  aber  Aphrodite  in  ihrem  Verhältniss  zum  Adonis 
11  2 


18 


zeigt,  KO  ist  die  einzige  Vergleichung,  welche  hiezu 
passt,  die  Stellung  der  Kybele  zum  Attys;  denn  wenn 
die  Mysterienidee,  welche  diesem  leztern  Paar  zu 
Grunde  liegt,  auch  noch  mehrere  Male  in  griechischen 
Kulten  wiederkehrt,  so  wird  Sage  und  Mythos  des 
Adonis  doch  ergehen,  dass  diese  so  ganz  und  gar,  wie 
an  keiner  andern  Stätte,  denen  der  Kybele  und  Attys 
nnchgebildet  sind.  Die  nahe  Verwandtschaft  beider 
Göttinnen  aber  bewirkte  in  Kleinasien  selbst  eine  so 
innige  Verschmelzung,  wie  wir  dieselbe  nur  auf  Ky- 
pros  finden,  und  übte  von  diesen  beiden  Punkten  her 
die  bedeutendsten  Einwirkungen  auf  die  Ausbildung 
und  Gestaltung  des  gesammten  Aphroditekultus  aus. 
In  diesem  Sinne  ist  die  Nachricht  des  Charon  von 
Lampsakos  ganz  richtig,  dass  Aphrodite  bei  den  Ly¬ 
dern  und  Phrygern  Kybele  genannt  würde.  Indess 
können  wir  hier  die  kleinasiatische  Aphrodite,  wel¬ 
che  ihren  Hauptsiz  auf  dem  Ida  hatte,  nicht  erschöpfen. 

Aphrodite  tritt  zu  Kypros  als  eigentliche  Herrin 
und  Königin  auf  wie  die  Kybele,  und  ist  \erleiherin 
priesterlich-königlicher  Herrschaft  wie  diese.  Es  war 
eine  durchgängige  Ansicht  bei  den  Phrygern,  Lydern, 
Mysern  und  Dardanern,  dass  das  Fürstenthura  ih¬ 
rer  königlichen  Geschlechter  herzuleiten  sei  von  ei¬ 
ner  aphroditischen  Bevorzugung  ihrer  Ahnherrn,  wo¬ 
durch  ihnen  eine  zauberische  Gottgefälligkeit  anhafte- 
Schon  aus  den  dürftigen  Nachrichten  über  Kypros  kön¬ 
nen  wir  deutlich  wahrnehmen,  dass  ähnliche  Ansichten 
auch  hier  geherrscht  haben.  Besonders  die  Mythen 
vom  Kinyras  deuten  dies  an.  Er  gründet  den  Tempel 
seiner  Göttin,  wie  in  phrygischer  Sage  Midas '  )  und 


16)  Klemens  v,  Alexandr.  Protrept.  5  S.  12  Potter,  Ar- 
nob.  2,  73. 


lö 

sein  Vater  Gordias,  den  Dienst  der  Kybele  in  lydischer 
SageGyges.  Dies  sind  aber  nicht  die  Uebereinstimmun- 
gen  alle;  die  übrigen  müssen  wir  passenderen  Orten 
Vorbehalten.  Nur  sei  hier  noch  auf  die  ansehnliche 
Priesterschaft  aufmerksam  gemacht,  welche  sich  in 
den  Ländern,  wo  die  phrygische  Göttermutter  herrschte, 
zum  Dienste  und  Ausübung  ihrer  religiösen  Gebräu¬ 
che  vorfand  und  im  Besize  eines  ansehnlichen  Tem¬ 
pelgebietes  stand,  von  dessen  Ertrage  sie  selbst^  wie 
das  Heiligthum,  erhalten  wurden.  Dieselbe  Einrich¬ 
tung  finden  wir  auf  Kypros.  Der  Reichthum  der  ky- 
prischen  Tempel  lässt  sich  nur  mit  denen  der  Kybele 
vergleichen,  deren  Priesterschaft  zu  Pessinus*''^  fast 
königliche  Macht,  hohes  Ansehen  und  grossen  Reich¬ 
thum,  wie  Kinyras  und  die  Kinyraden  auf  Kypros,  be- 
sassen.  Dieser  Reichthum  und  Glanz  der  Priester- 
schaften  der  Kybele  fand  sich  überall  in  Kleinasien, 
von  Lydien  an  bis  zu  den  Pontischen  Ländern  vor'®3* 

3.  Die  pelasgische  Naturgottheit  Aphrodite. 

Nach  der  herrschenden  Ansicht  unter  den  Gelehr¬ 
ten  über  den  Aphroditekult  ist  die  griechische  Göttin 
Aphrodite  kein  Erzeugniss  des  hellenischen  Geistes, 
sondern  aus  Asien  herübergetragen,  nichts  als  die  phö- 
nikische  Astarte,  die  babylonische  Mylitta  u.  s.  w.j 
kurz  die  bereits  oben  besprochene  weibliche  Naturgott¬ 
heit  der  semitischen  Völker,  welche  in  Griechenland 
unter  dem  Namen  der  Aphrodite  verehrt  worden,  nach¬ 
dem  sie  schon  durch  die  frühsten  phönikischen  Sied¬ 
lungen  an  den  griechischen  Küsten  in  diese  Länder 
eingeführt  war.  Dieser  Saz  ist  einmal  alt  und  herge¬ 
bracht,  und  aus  jenen  Zeiten  stehen  geblieben,  wo  man 


17)  Strabon  12,  667. 

18)  Strabon  12,  535.  557. 


2* 


20 


.nlle  griechischen  Götter  als  Ausflüsse  des  orientalischen 
Geistes  ansah,  welche  sich  die  Griechen  angeeignet 
und  in  ihrem  so  viel  gescholtenen  und  verspotteten 
übermüthigen  Selbstgefühl,  in  ihrer  Ueberschäzung  des 
Eigenen  und  Verachtung  des  Fremden,  für  ursprüng¬ 
lich  ihr  Eigenthuin  hingestellt,  wo  aber  eine  andere 
Meinung  für  Lästerung  galt.  Dergleichen  Ansichten 
eines  in  Hellas  eingekräraerten  Götterwesens  hat  nun 
läno-st  der  Geist  der  Wahrheit  überwunden,  und  sie 
sollen  hier  nicht  von  neuem  besprochen  werden :  nur  so 
viel  als  zu  unserra  Zwekke  nöthig  ist.  Man  hat  sich 
gewöhnt  jedem  Volke  das  Seine  zurükzupben,  die 
griechische  Religion  als  die  griechische,  die  orienta¬ 
lische  als  die  orientalische  hingestellt,  und' nach  den 
iedesraaligen  Verhältnissen  gewürdigt.  Die  Meinung, 
dass  die  griechische  Göttin  Aphrodite  nur  eine  aus 
dem  Orient  herübergenommene  sei,  wird  ebenfalls  ei¬ 
ner  andern  weichen  müssen,  nachdem  man  zu  der  Er- 
kenntniss  der  Volksthümlichkeiten  gekommen,  und  na¬ 
her  in  den  Geist  der  verschiedenen  Völker  einzudrin- 
o-en  sich  bemüht  hat.  Wenn  der  Kult  der  Aphrodite 
vollständig  vorliegt,  dann  wird  die  Ueberzeugung 
auch  nicht  schwer  fallen,  dass  diese  Gottheit  mit  ganz 
derselben  Befugniss  eine  griechische  genant  werden 
muss,  als  jene  übrigen,  deren.  Heimathsrecht  langst 

nicht  mehr  angetastet  ist. 

Uebrigens  ist  die  so  viel  beliebte  Verpflanzung 
der  Kulte ^schon  deshalb  so  misslich,  weil  sie  schwie¬ 
riger  ist,  als  sie  vielleicht  scheint.  Der  Glaube  war 
zu  tief  gewurzelt,  als  dass  er  sich  etwa  in  der  Art 
verpflanzen  Hesse,  wie  eine  Lehre,  und  Lehre  war  bei 
den  alten  Religionen  gerade  der  geringere  Bestand- 
theil  Weil  der  Kult  ein  Ergebniss  des  Bedürfnisses, 
des  religiösen  Gefühles  fet,  so  hängt  er  so  eng  ^lnd 


21 


innig  mit  der  Individualität  eines  Volkes  j  mit  den 
tiefsten  und  zartesten  Fäden  seiner  eigensten  Eigen- 
thömlichkeit  zusammen,  und  hat  zugleich  mit  dem 
Voiksthum  seine  Weiter-  und  Ausbildung  erhalten,  ist 
so  unzertrennlich  von  der  Denk-  und  8innesweise  ei¬ 
nes  Volkes,  hat  so  viele  Einwirkungen  von  der  Oert- 
lichkeit,  den  Schikksalen  eines  Volkes  empfangen,  dass 
Kult  und  religiöse  Ideen  nicht  so  leicht  von  einem 
Volke  in  ein  anderes  übergehen.  Erst  als  die  östli¬ 
chen  Völker  erstorben,  alle  geistige  und  physische 
Kraft,  ihr  eigenthümliches  Leben  erloschen,  da  dran¬ 
gen  mit  den  \  ölkermassen  der  Hellenen  auch  helleni¬ 
sche  Anschauungen,  griechische  Denk-  und  Sinoes- 
weise  in  den  Osten  über  zur  Gestaltung  eines  neuen 
Lebens,  da  näherten  sich  mit  Aufgebung  der  Nazio- 
nalitäten  beide  Völkermassen,  und  allgemeine  asiati¬ 
sche  und  ägyptische  Ideen  fanden  in  Griechenland  Ein¬ 
gang,  wenn  auch  einzelne  Sagen  und  Fabeln  fremder 
Länder  schon  früher  Aufnahme  von  den  Griechen  er¬ 
fahren  hatten ,  je  nachdem  sich  die  Griechen  ausbrei¬ 
teten,  in  engere  Verbindungen  mit  jenen  Völkern  tra¬ 
ten,  und  wenn  sogar  auch  an  mehreren  Orten  wirk¬ 
liche,  aber  nur  einzeln  stehende  Verschmelzungen  vor 
sich  gingen.  Namentlich  nach  Alexander  trat  eine 
allgemeine  Vermischung  der  Religionen  und  Ideen  ein. 
Wo  für  frühere  Zeiten  Mythen  angeknüpft  und  mit 
einheimischen  verbunden  wurden,  da  liegt  auch  immer 
ein  geschichtlicher  Grund  und  Zusammenhang  vor,  nur 
muss  dieser  gesucht  werden. 

Will  man  einen  Mythos  und  Kult  richtig  erken¬ 
nen,  so  darf  man  ihm  nicht  in  dem  Zustande  seine 
Heimat  und  Stellung  an  weisen,  in  welchem  er  uns 
zu  den  Zeiten  vorliegt,  seit  eine  allgemeine  Religions¬ 
mengerei,  Synkretismus  und  Pragmatismus  alle  Gott- 


22 


heilen  so  ziemlich  in  ein  und  dasselbe  Wesen  hat  zusam- 
menfliessen  lassen,  wo  der  Eine  eine  Gottheit  mit  die¬ 
sem,  der  Andere  mit  jenem  Namen  belegt,  dieser  sie 
so  und  ein  Anderer  sie  anders  deutet,  jeder  aber  von 
seinem  Standpunkte  aus  mit  Recht,  wo  die  besondern 
Gottheiten  aufgehört  haben  und  in  Allgemeinheiten  zer¬ 
flossen  sind,  aus  denen  man  machen  kann,  was  man 
will.  Im  Gegentheil,  wir  müssen  einen  Mythos  und 
Kult  rükkwärts  betrachten  und  verfolgen,  ihn  seiner 
übergewucherten  Fülle,  seines  ihm  allmälig  angewach¬ 
senen  Gezweiges  und  Schmukkes  entkleiden,  und  so 
auf  seine  Anfänge  zurükkgehen,  dann  aber  das  Ge¬ 
trennte  wieder  zusammenfügen,  um  zu  verstehen,  vvie 
er  das  geworden,  was  er  war.  Auf  eine  solche  H  eise 
glauben“wir  auch  sicher  zu  finden’),  dass  der  Aphrodite¬ 
kult  in  seinen  Anfängen  auf  griechischem  Boden  ent¬ 
sprungen,  durch  den  Geist  der  Griechen  und  auf  grie¬ 
chische  Weise  ausgebildet,  wenn  er  auch  vielleicht 
mehr  und  in  früheren  Zeiten,  als  es  bei  andern  Kulten 
der  Fall  war,  orientalische  Bestandtheile  in  sich  auf¬ 
nahm.  Dazu  haben  aber  manche  besondere  Umstände 
mitgewirkt,  wie  sich  im  Laufe  der  Darstellung  ergeben 
wird,  namentlich  rührte  dies  indess  von  der  Beschaf¬ 
fenheit  und  Lage  seines  Hauptsizes  und  den  verschie¬ 
denen  Volksbestandtheilen  her,  welche  die  Griechen 
auf  Kypros  in  sich  aufgenommen  hatten.  Bei  keinem 
Kulte  hat  aber  die  Phantasie  der  Griechen  sich  in  sol¬ 
cher  blühenden  Freiheit  und  üeppigkeit  ergehen  lassen, 
als  gerade  bei  der  Aphrodite,  dem  Lieblingskinde  des 
Dichtergeistes,  und  dadurch  hat  manches  an  ihr  einen 
orientalischen  Schein  bekommen,  was  jedoch  auch  eben 


1)  Dorier  1,40&.  Neuerdings  hatBöckh*  die  alte  Ansicht  festr 
gehalten. 


23 


nur  Schein  ist,  im  Grund  aber  Glanz  der  Poesie.  Wie 
tief  die  Ideen,  welche  der  Aphrodite  zu  Grunde  lie¬ 
gen,  im  griechischen  Volksgeiste  Wurzel  geschla¬ 
gen  hatten,  sehen  wir  an  Orten,  wo  die  alten  kos¬ 
mischen  und  theogonischen  Ideen  der  Aphrodite  in 
ihrem  Ernste  und  ihrer  Ehrwürdigkeit  hervortreten, 
z.  B.  in  den  Kabirenkulten,  zu  Athen  in  der  Aphro¬ 
dite  als  ältesten  der  Moiren,  und  in  andern  v  irwand- 
ten  Formen,  auf  welche  wir  unten  zurükko  uen. 
Auch  die  Aphrodite  als  Erhalterin  und  Schirmerin 
des  Staates  und  des  Volkes,  welcher  Theseus  hul¬ 
digt,  scheint  mir  in  tiefer  einfacher  Idee  nur  grie¬ 
chisch  zu  sein,  .und  ich  zweifle  sehr,  ob  ein  Grieche 
jene  physischen  und  kosmischen  Ideen,  Ausflüsse  sei¬ 
nes  Geistes,  mit  ihr  würde  verbunden  haben ,  wenn 
in  ihm  das  Bewusstsein  gelebt  hätte,  es  sei  ein  frem^ 
des,  von  aussen  erborgtes  Wesen,  welches  in  ihm 
und  über  ihm  walte,  welches  sein  Geschikk  lenke, 
dessen  Macht  keine  Gränzen  kenne;  dieses  Wesen 
habe  nicht  von  Urbeginn  griechischer  Vorstellungen 
über  seiner  Heimat  und  allem ,  was  er  sein  nenne, 
gevsaltet.  Würde  nicht  der  Grieche  dabei  Begriffe, 
wie  wir  sie  überall  im  Aphroditenkult  mehr  oder 
weniger  hervortauchend  wiederfinden,  an  eine  Gott¬ 
heit  geknüpft  haben,  welche  sein  eigen  war?  Ich 
glaube  es,  und  halte  es  nicht  für  möglich,  dass  eine 
fremde  Gottheit  in  alle  Kultusstätten  der  pelasgischen 
Urbevölkerung  dringe  und  mit  den  ächtesten,  rein¬ 
sten,  eigenthümlichsten  aitreligiösen  Begriffen  des 
griechischen  Volkes  in  dem  Grade  ausgestattet  wor¬ 
den  sei,  wie  wir  es  bei  der  Aphrodite  finden.  Un¬ 
streitig  richtig  ist  die  Meinung  Otfr.  Müllers  '), 


1)  Dorier  1,  405.  Neuerdings  hat  Böckh  die  alte  Ansicht 
festgehalten  in  seinen  Metrologischen  Untersuchungen  S.  4'S : 


24 


wenn  er  seine  Ansicht  von  der  Aphrodite  dahin 
aiisspricht: 

Von  dem  Kulte  dieser  Gottheit  heg:en  wir  die 
Meinung,  dass  er  zwar  auch  aus  einheimischen,  alt¬ 
griechischen  Anfängen  hervorgegangen,  aber  durch 
phönikische  Stiftungen  in  einigen  Küsten-  und  Ha¬ 
fenstädten  Griechenlands  erweitert  und  umgestaltet 
worden  sei.  —  Es  ist  nur  zu  bedauern,  dass  er  nicht 
Gelegenheit  gehabt  hat,  sich  ausführlicher  hierüber 
zu  verbreiten. 

Unter  den  Alten  selbst  sehen  wir  uns  vergebens 
nach  bestimmten  Beantwortungen  der  Frage  um,  ob 
Aphrodite  eine  einheimische  oder  fremde  Gottheit  sei, 
ungeachtet  doch  in  andern  Fällen  es  bemerkt  wird, 
wenn  eine  fremde  Gottheit  in  Griechenland  aufgenom¬ 
men  ist.  Von  Homer  hat  Völker  gemeint,  er  lasse 


Kein  Dienst  ist  aber  der  Handelsbliithe  enger  verknüpft  als  der 
Apbroditische,  wie  schon  Rhodos  (Rhodos?  hier  ist  gar  kein 
Aphroditekult,  und  dies  ist  eine  sehr  auffallende  Erscheinung), 
und  Korinth  zeigen,  und  aus  begreiflichen  Ursachen  sind  die 
Tempel  der  Aphrodite  häufig  in  Hafenstädten.  Ohngefähr  ebenso 
weit  als  das  babylonische  System  der  Masse  und  Gewichte  hat 
sich  von  Babylon  aus  der  feierliche  Dienst  der  himmlischen 
Aphrodite  verbreitet,  welche,  weil  Platon  sie  in  ein  Ideal  um¬ 
gestaltet  hat,  von  Einigen  für  die  Göttin  der  rein  geistigen  Liebe 
gehalten  wird,  während  sie  die  Vorsteherin,  wenn  auch  ursprüng¬ 
lich  nicht  der  ausschweifendsten  Ausgelassenheit,  doch  jederzeit 
nur  der  fleischlichen  Beiwohnung  war,  und  wenigstens  bei  den 
Griechen  nur  darum  die  himmlische  heisst ,  weil  ovQavoi  den 
Griechen,  ehe  der  Pythagorische  Begriff  des  xocfioQ  die  alte  Be¬ 
zeichnungsweise  verdrängte,  nicht  allein  den  Himmel,  sondern 
auch  das  Weltall  bezeichnete,  in  welchem  jene  Aphrodite  als 
Ursache  aller  Zeugung  waltet.  —  Vgl.  auch  die  Anzeige  dieses 
Werkes  v.  Otfr.  Müller  in  d.  Gott,  Gel.  Anz. 

2)  Volkers  Abhandlung  Ueber  Spuren  ausländischer  Got- 
terkulte  bei  Homer.  Rhein.  Museum  1,  2  S.  202  ff. 


25  ^ 

die  Aphrodite  als  eine  fremde  Göttin  auf,  denn  eines 
Theiles  befinde  sie  sich  auf  Seiten  der  Troer,  andern 
Theils  stehe  sie  an  Ehrbarkeit  und  Würde  den  an¬ 
dern  Gottheiten  bedeutend  nach.  Was  den  ersten 
Punkt  betrifft,  so  erklärt  dieser  sich  einfach  aus  dem 
Umstande,  dass  Aphrodite  die  angesehenste  Gottheit 
der  Troer,  und  durch  sie  nach  den  Mythen  der 
Krieg  angestiftet  Avar.  Sie  ist  aber  deshalb  so  we¬ 
nig  eine  fremde  Gottheit,  als  es  Apollon,  Poseidon 
u.  s.  w.  sind,  welche  doch  als  die  Hauptgottheiten 
der  Troer  dastehen.  Dass  die  Troische  Aphrodite 
manche  Bestandtheile  von  der  benachbarten  Eybele 
angenommen  hatte,  welche  wieder  auf  den  gesumm¬ 
ten  Kult  der  Göttin  übergingen,  ist  hier  gleichgül¬ 
tig,  weil  die  Frage  aufgeworfen  ist,  ob  Homers  Göt¬ 
tin  eine  andere  ist  als  die  gewöhnliche  griechische; 
in  ihrem  Ursprünge  ist  sie  rein -griechisch,  und  von 
Samotbrake  herüber  gekommen.  Jene  Bestandtheile 
sind  aber  solche,  welche  sie,  und  dies  schon  zu  Ho¬ 
mers  Zeit,  zu  allgemeiner  Geltung  in  ganz  Grie- 
chenlend  angenommen  hatte.  Das  Wesen  der  Ky- 
bele  herrscht  in  dieser  Auffassung  Homers  durch¬ 
aus  nicht  vor;  selbst  nicht  in  der  Auffassung  der 
Göttin,  welche  im  homerischen  Hymnus  an  die  Aphro¬ 
dite  hervortritt.  Was  den  zweiten  Punkt,  die  Ver¬ 
wundung  durch  Diomedes,  anlangt,  so  giebt  es  in 
den  griechischen  Mythen  ähnliche  Verlezungen  gött¬ 
licher  Majestät,  ohne  dass  man  daraus  schliessen 
dürfte,  es  geschehe  ihrer  göttlichen  Würde  dadurch 
Eintrag,  oder  gar,  es  wäre  ein  Zeichen,  dass  die 
Gottheit  eine  fremde  sei.  Otos  und  Ephialtes  bin- 
pen  den  gewaltigen  Ares,  Here  wird  von  Herakles 
mit  dem  Pfeile  in  die  rechte  Brust  getroften,  Aides 
wird  von  demselben  auf  die  Erde  zu  den  Todten 


26 


^estrekkt,  dem  Ares  stösst  DIomedes  den  Speer  in 
den  Unterleib  ®)-  Wenn  man  nun  gar  aus  ihren 
Handlungen  und  ihrem  Wesen  hat  schliessen  wol¬ 
len,  dass  Homer  sie  als  einer  einheimischen  Göttin 
unwürdig  auftreten  lasse,  so  bedenke  man  nur,  dass 
sie  Liebesgöttin  ist,  und  sie  sich  deshalb,  um  ihrer 
Eigenschaft  treu  za  bleiben,  in  scheinbar  unwürdige 
Bollen  einlassen,  Intriguen  spielen  musste  u.  s.  w., 
wodurch  ihre  Heiligkeit  keineswegs  beeinträchtigt 
wurde.  Sie  musste  solche  Rollen  spielen  nach  den 
gangbaren  Vorstellungen,  und  die  Schuld  fällt  nicht 
auf  sie,  sondern  auf  jene  zurük,  welche  ihrer  Macht 
bedürfen,  z.  B.  Zeus  selbst.  Ist  darum  Hephaistos 
minder  göttlich,  weit  er  unter  den  Göttern  nur  pos¬ 
sierlich,  als  „Hahnreih  ira  Hause  und  Pikkelhering 
im  Olymp“  geschildert  wird?  Als  Göttin  der  Liebe 
musste  sie  nach  griechischen  Vorstellungen  im  Olymp 
dieselbe  Bolle  spielen  als  unter  den  Sterblichen,  und 
blieb  immer  der  Liebling  unter  den  Göttern  und 
Göttinnen,  die  alle  ihrer  bedurften;  sie  war  mehr 
Herrscherin  im  Olymp  als  Zeus  selbst,  wie  die 
Dichter  sagen.  Dem  Homer  ist  Aphrodite,  um  uns 
kurz  zu  fassen,  die  völlig  ausgebildete  griechische 
Göttin,  die  Tochter  des  Zeus  und  der  Dioue,  die  nait 
dem  Gürtel  des  Liebreizes  geschmükkte  Ölympierin, 
und  dem  Dichter  der  Odyssee  ist  sie  bereits  die  Ge¬ 
liebte  des  Ares.  Homer  kennt  aber  auch  schon  ihre 
Liebe  zum  Anchises;  sie  ist  ihm,  dem  smyrnaischen 
langer,  die  kyprlsche  Göttin,  wie  sie  sich  zu  seiner 


3)  Die  Verwundung  der  Aphr.  11.  5,  336.  Vgl.  Eustath. 
zu  II.  I,  43.  Der  Rhetor  Meiiander  Walz  Griech.  Rhetoren 
9,  285.  ivTtth»«  Jio^n^n?  y.KiQou  nnk  aöyxQUSiv,  on  T()a>azüM 
y«?  dycekmos  t<äy  ’JfQoäiTtjS  nu&MV. 


27 


Zeit  schon  völlig  ansgebildet  und  verbreitet  hattCj  vor 
allem  über  das  benachbarte  Kleinasien. 

Schon  ältere  Erklärer  des  Homer  * )  machten  dar¬ 
auf  aufmerksam,  dass  dieser  Dichter  die  Erzeugung 
der  Aphrodite  anders  als  Hesiodos  erzähle,  denn  wäh¬ 
rend  bei  Homer  die  Göttin  eine  Tochter  des  Zeus 
und  der  Dione  sei,  stelle  sie  Hesiod  als  aus  den  Zeu- 
gungstheilen  des  Uranos  und  dem  Meere  hervorge- 
gangeu  dar.  Der  ganze  Unterschied  besteht  aber 
darin,  dass  Homer  die  individuell  und  menschlich 
gestalteten  Olympischen  Gottheiten,  und  mithin  die 
auch  dahin  gehörigen  Vorstellungen  von  der  Aphro-^ 
dite,  Hesiodos  aber  bei  ihrer  Geburt  die  Vorstellun¬ 
gen  darlegt,  welche  man  in  der  alten  pelasgischen 
Naturreligion  mit  der  Aphrodite  verband,  und  welche 
uns  bald  mehr  beschäftigen  werden.  Bei  ihm  trägt 
die  Göttin  keine  Spur  fremder  Beimischung,  und  es 
kann  durchaus  kein  Zweifel  obwalten,  dass  sie  ihm 
einheimisch,  eine  griechische  Gottheit,  nicht  aus  der 
Fremde  gekommen  ist.  Er  trägt,  wenn  seine  Dar¬ 
stellung  auch  mit  dem  Schmukke  der  Phantasie  be¬ 
kleidet  ist  und  auch  schon  olympische  Vorstellungen 
hinzugetragen  sind,  durchaus  die  Begriffe  des  grie- 
diischen  ürvolkes  von  Welt  und  Göttern  vor,  und  ge¬ 
rade  in  Bezug  auf  die  Aphrodite  verdient  er  besondere 
Glaubwürdigkeit,  und  wir  können  versichert  sein,  dass 
er  uns  die  pelasgischen  Vorstellungen  von  ihr  rein 
und  unvermischt  erhalten  habe,  da  er  ihren  Ursizen 
so  nahe  stand.  Er  kennt  aber  auch  schon  die  neuern 
Ansichten  über  die  Göttin,  er  kennt  ihre  alte  und 
neue  Heimat,  knüpft  an  die  alten  theogonischen  Vor¬ 
stellungen  und  naturreligiösen  Begriffe  des  pelasgischen 


4)  Schol.  II.  3,  374) 


28 


Volkes  ihren  Siz  Kypros.  Die  Vorstellungen,  welche 
man  in  spätem  Zeiten  als  die  allein  gültigen  und  rich¬ 
tigen  über  die  Aphrodite  ansah,  müssen  schon  zu  sei¬ 
ner  Zeit  fest  ausgebildet  gewesen  sein,  denn  nach¬ 
dem  er  sie  aus  den  Zeugungstheilen  des  Uranos  und 
des  Meeres  hat  entstehen  lassen,  wandert  sie  durch 
die  Wellen  nach  Kythera,  findet  aber  hier  ihre  neue 
Heimat  noch  nicht,  sondern  erst  in  Kypros.  Während 
also  die  orientalische  Gottheit  von  Osten  nach  W esteu 
zieht,  nimmt  die  griechische  Göttin  ihren  Weg  von 
Westen  nach  Osten,  um  auf  Kypros  zu  einem  neuen 
Ganzen,  einem  westöstlichen  Wesen  zu  verschmelzen. 
Dass  die  Vorstellungen  des  Hesiodos  über  die  Ent¬ 
stehung  der  Aphrodite  alt  und  acht  sind,  bezeugt  auch 
Platon  0?  indem  er  den  Sokrates  sagen  lässt,  in  Be¬ 
zug  auf  die  Geburt  der  Aphrodite  dürfe  man  dem  He- 
ßiodos  nicht  widersprechen. 

Die  Stelle  des  Hesiodos  ist  unzweifelhaft  der  Haupt¬ 
sache  nach,  und  bestritten  sind  nur  drei  Verse«), 
ohne  dass  dadurch  aber  dem  Ganzen  irgend  ein  Er¬ 
trag  geschehe.  Obgleich  der  neueste  Bearbeiter  des 
Gedichtes,  welcher  auch  dieser  Stelle  eine  ausführ¬ 
liche  Behandlung  gewidmet  hat,  ebenfalls  diese  drei 
Verse  nach  Wolfs  Vorgänge  in  Frage  stellt,  so  möch¬ 
ten  wir  doch  mit  dem  Rezensenten  dieses  Buches  der 
Meinung  sein,  dass  nur  der  erste,  nicht  die  beiden 
lezteren  Verse  angetastet  werden  dürfen.  Der  Ein¬ 
wand  des Scholiasten  zur  Odyssee’ ),  dass  jener  Vers 

5)  Platon  im  Kratylos  406.  C. 

6)  Die  Verse  sind  196.  199.  200.  S.  hierüber  Mützell  de 
emend.  Theog,  Hes.  und  die  Rezens.  von  Ranke  in  d.  Ergän- 
zungsbi*  d.  Allg.  L.  Ztg.  März  1836. 

7)  Scholiast  z.  Od.  8,  -362.  ovtos  6  ßn/os  Inluvtjas  rov  ‘H- 

flnfw  xvnqoyimav  Vgl.  Etym,  Gud.  S.  355, 10, 


29 


des  Homer  den  Hesiodos  verleitet  habe,  die  Aphro¬ 
dite  Ky  pro  gen  eia  7ai  nennen,  beurkundet  weiter 
nichts  als  eine  grobe  Unwissenheit,  denn  jener  ho¬ 
merische  Vers  konnte  keinen  vernünftigen  Menschen, 
also  auch  den  Hesiodos  nicht,  zu  einer  solchen  An¬ 
nahme  verleiten.  Die  beiden  Verse  sind  nicht  über¬ 
flüssig  und  stehen  mit  der  ganzen  Anschauung  des 
Hesiodos  und  der  Ueberlieferung,  welcher  er  folgt, 
in  nothwendigem  Einklang;  und  was  das  Wort  Ky- 
progeneia  betrifft,  so  heisst  die  Göttin  so  auch  in  den 
homerischen  und  orphischen  Hymnen  im  Theognis 
und  Solon.  Der  Erzählung,  wie  Aphrodite  aus  der 
Entmannung  des  Uranos  entstanden^  Kythera  berührt 
und  in  Kypros  ans  Land  gestiegen  sei,  folgt  die 
derselben  entsprechende  etymologische  Auflösung  der 
Namen  auf  durchaus  angemessene  Weise.  Man  weiss, 
dass  das  Etymologisiren  gerade  nicht  die  stärkeste 
Seite  der  alten  Grammatiker  war,  und  wenn  irgend 
wo  sonst,  so  sind  bei  den  verschiedenen  Namen  der 
Aphrodite  lächerliche  Albernheiten  zu  Tage  gekom¬ 
men.  Der  Scholiast  meistert  den  Hesiodos  a.  a.  0.  in 
seiner  Erklärung  des  Namens  Kvnqiq.  Er  sagt  ® ),  Kv- 
TtQiq  sei  aus  xvonoqig,  d.  h.  to  xvsiv  TcoQi^ovda  zusara- 
mengezogen,  und  Chrysippos  nimmt  es  für  xvsip  jtaqe- 
xovda.  Auch  der  Grund  eines  andern  Scholiasten  “), 
warum  Kypris  nicht  vom  Lande  Kypros  hergeleitet 
werden  könne,  weil  Homer  die  Göttin  denn  noch  mit 
grösserem  Rechte  Paphia  nennen  müsse,  was  er 

8)  Vgl.  Etymolog.  Magn.  Kvnqig.  Eustath.  z.  Od.  1.^98. 
Phurnutos  Kap,  24.  Kv&tQiuc  dt  clqrjat  did  rdg  ix  tmp  ftiSt<op 
ytvofitvug  xvi^atig.  Aus  diesem  Grunde,  fahrt  er  fort,  ist  ihr  Ky- 
ther.a  heilig  und  Kypros :  Gvpqdbvacc  nws  xktu.  rouvo/xa  xqvipu. 
Photios  im  Lexikon. 

9)  Schol.  z.  Hom,  II,  5,  422. 


30 


aber  nicht  tliuc,  Tm*j:eachtet  er  Paphos  sehr  wohl  kcnr.p. 
und  deshalb  müsse  man  sich  nach  einer  andern  Ab¬ 
leitung  Umsehen,  da  überdies  Homer  selten  örtliche  , 
Beinamen  wähle,  ist  durchaus  nichtig.  Eben  so  abge- 
schmakkt  sind  die  Hesiodischen  Scholiasten  und  Chry- 
sippos  Ableitung  des  Namens  Kythereia,  und  doch 
beginnt  der  eine  von  ihnen  noch  so  lächerlich  stolz, 
dass  er  die  Sache  zuerst  verstehe.  lener  sagt:  xt“ 
de  ^  xevSvfisvov  ey^ovaa  iv  kavrfi  xov  xfjg 

iQCiOTixrjg  (fiXiag  i^tjQTJjfisvov  Ifiavta^  otop  xdv  SQUiTa^  öp 
Ttdai  roXg  psoig  i(pitj(npj  und  der  Andere:  nagä  xd 
fjopov  dpd-gconoig  dXXd  xat  ^fjgtoig  xu  xvstP  inidi- 
Söpat.  Ein  homerischer  Scholiast*®)  sagt:  Kvd-igeia 
sxvnoXoyelxat  ^  and  xd  xveip,  ö  6^  avfißaipei  nagd  xfjp 
cvpovöiap ,  xijg  ep  xco  ■9'EgEcsO'ai  ßvpovatjg'  i]  aitoxoxEV^ 
■d-Eip  xdp  sgcoxa.  Diese  leztere  Ableitung  des  Namens 
Kythereia  als  der  Liebeverbergenden  kehrt  häufig 
wieder,  und  findet  sich  auch  bei  Hesychios  und  Sui- 
das  und  im  grossen  Etymologikon.  Eine  so  einfache 
Erklärung  des  Namens  Kythereia,  welchen  die  Göt¬ 
tin  von  Kythera,  wie  Kypris  von  Kypros  u.  s.  w. 
führte,  verachteten  diese  Grammatiker.  Andere  ety¬ 
mologische  Spielereien  liest  man  noch  bei  Eudoxia.  In 
ähnlicher  Weise  sind  auch  die  Herleitungen  des  Na- 
Paphia.  Eustathios“)  Hacpia  dUrjyogr/.wg,  (ug 

dno(pl(fxovöaj  6  ißxip  dnaxdoGa  xcS  egoaxti  Auch  andere 
Beinamen  der  Aphrodite  wurden  auf  diese  Weise  er¬ 
klärt,  so  der  Name  (fulo^Etö^g  im  Etymologikon  durch 
OCT  fiT^dioop  i^6(padpd''ri. 

Von  den  lateinischen  Schriftstellern  stimmt  Fe- 
stus  llesiodos,  indem  er  sagt,  sie  trage 

10)  Schol.  Odyssee  8,  288. 

11)  Eustath.  z.  II.  14,  160.  Pliurnutos  a.  a.  O. 

12)  Fest  US.  Cypria  Venus,  quod  ei  primum  in  Cypro  in- 


31 


den  Namen  K}T)ris,  weil  ihr  anf  Kypros  der  erste 
Tempel  errichtet  sei.  Ebenso  Diodor  ’  ® ) ,  nur  dieser 
mit  dem  Zusage  einer  neuen  Fahel,  dass  die  Göttin 
auf  dem  Wege  von  Kythera  nach  Kypros  habe  erst 
auf  Rhodos  landen  wollen;  hier  sei  sie  aber  von  den 
Söhnen  des  Poseidon  zurükgewiesen.  Nach  Philo- 
stratus'*)  ist  die  Göttin  aus  dem  31eere  durch  Ein¬ 
fluss  des  Himmels  erwachsen,  und  bei  Paphos  gelan¬ 
det,  welches  ganz  die  hesiodische  Erzählung  ist.  Nach 
dem  fünften  homerischen  Hymnos  wird  sie  vom  Ze¬ 
phyr  auf  einer  Meerwoge  an  das  kyprische  Gestade 
getragen. 

Als  mit  dem  Sinken  der  phönikischen  Macht  auch 
der  Kult  des  Volkes  seine  Reinheit  einbüsste,  und 
fremde  Bestandtheile  in  sich  aufnahm,  die  Griechen 
aber  überall,  wohin  sie  kamen,  ihre  Gottheiten  wie¬ 
derzufinden  meinten,  und  fremde  Gottheiten,  bei  wel¬ 
chen  sie  nur  irgendwie  eine  ähnliche  Seite  mit  einer  der 
ihrigen  ausfindig  machen  konnten,  auch  sogleich  mit 
dem  Namen  der  ihrigen  belegten,  so  ward  es  auch 
bei  den  griechischen  Historikern  üblich,  die  syrische 
Astarte* wie  die  babylonische  Mylitte,  und  andere 
mehr,  mit  dem  Namen  der  Aphrodite  zu  bezeichnen. 
Aber  so  wenig,  um  nur  ein  Beispiel  statt  vieler  her¬ 
auszuheben,  als  die  Artemis  von  Ephesos  in  ihrem 
zügellosen  und  ausschweifenden  Dienste  gemein  hat 
mit  Apollons  jungfräulicher  Schwester,  der  Tochter 
der  Leto,  so  wenig  als  die  griechischen  Gottheiten 
ägyptische  sind,  ungeachtet  die  Griechen  seit  der  An- 

sula  sit  constitutum,  vel  quia  parentibus  praesideat,  quod  graece 
xvHv  parere  sit 

13)  Diodor  5,  55. 

14t  Philo  str.  Eikon.  2,  1. 

15)  S.  Otfr.  Müller  Dorier  I,  388. 


32 


sässigkeit  der  Ionier  und  Karcr  in  Aeo^yptcn,  die  dor¬ 
tigen  Gottheiten  mit  griechischen  Namen  belegten, 
ebenso  wenig  sagt  dieser  Ausdnikk  der  Gescliichts- 
schreiher,  dass  es  ihre  Ueberzeiigung  gewesen,  die 
griechische  Aphrodite  sei  aus  Syrien  gekommen.  Zu 
des  Pausanias  Zeit  war  es  längst  üblich  gewesen,  die 
asiatische  Gottheit  mit  dem  Namen  Urania  zu  bezeich¬ 
nen,  nnd  daher  bedient  auch  er  sich  dieser  Ausdrukks- 
weise.  obgleich  er  sonst  sehr  wohl  die  Astarte  von 
der  Aphrodite  zu  unterscheiden  weiss.  Er  sagt:  '*) 
unter  allen  Menschen  verehrten  die  Assyrer  die  Ura¬ 
nia  zuerst;  darauf  sei  sie  von  Askalon  in  Palästina 
nach  Kypros  übergesezt,  und  v  on  hier  sei  sie  nach 
Kythera  gegangen.  Dies  ist  der  bekannte  Weg  der 
phönikischen  Astarte  dem  Westen  zu.  Darauf  fährt 
er  fort,  in  Athen  habe  Aegeus  die  Verehrung  der 
Aphrodite  eingeführt.  Mag  man  nun  glauben,  des 
Pausanias  Meinung  sei,  Aegeus  habe  sie  von  Kythera 
eingeführt,  in  Pausanias  Worten  liegt  es  nicht  so  be¬ 
stimmt;  und  wenn  es  wirklich  seine  Ansicht  gewiesen 
wäre,  so  ist  es  immer  noch  weiter  nichts  als  seine 
Ansicht,  welcher  man  mindestens  eine  andere  entge¬ 
genstellen  kann.  Er  verbindet  dann  die  beiden  Sagen, 
die  eine,  welche  die  semitische  Gottheit,  die  ihm  un¬ 
ter  dem  Namen  Aphrodite  geläufig  ist,  nach  Kypros, 
Kythera,  Karthago  u.  s.  w.  führt,  und  die  andere, 
welche  die  Einführung  des  Aphroditekultes  in  Athen 
dem  Aegeus  zuschreibt,  zu  der  einzigen,  Aphro¬ 
dite  sei  von  Askalon  über  Kypros  und  Kythera  nach 
Athen  gekommen,  als  Aegeus  herrschte.  Wenn  dies 
seine  Absicht  war,  so  bleibt  er  in  derselben  sich  nicht 
gleich,  denn  weiter  unten  werden  wir  von  einer  an- 


16)  Pausanias  1,  14,  6. 


33 


dem  durch  ihn  mitgetheilten  Sage  Gebrauch  machen, 
nach  welcher  der  paphische  Dienst  nicht  phönikischen, 
sondern  griechischen  Ursprungs,  und  durch  den  Ar- 
kader  Agapenor  eingesezt  war.  Ferner  ist  auch  jene 
ihm  beigelegte  Ansicht  nicht  gewiss,  wenigstens  nicht 
durchgängig  die  seinige,  dass  die  semitische  Gottheit 
und  die  Aphrodite  eine  und  dieselbe  seien;  er  unter¬ 
scheidet  beide  sehr  wohl  von  einander,  und  theilt  mit'  ^), 
dass  zu  Thuria  in  Messenien  in  der  Nähe  von  Aphro¬ 
ditetempeln  ein  Heiligthum  der  Syrischen  Göttin  sich 
befinde,  und  dann,  dass  iiu  Aegira'®)  in  Achaja  zwei 
Heiligthümer,  eines  der  Aphrodite  und  ein  anderes 
der  Astarte,  neben  einander  sich  befinden,  mit  aus- 
drükklicher  Verschiedenheit  des  Kultes.  Ich  glaube, 
solche  Winke,  welche  um  so  mehr  sagen,  aus  je  spä¬ 
terer  Zeit  sie  sind,  dürfen  für  die  nothwendige  Son¬ 
derung  beider  Gottheiten  nicht  unbeachtet  bleiben. 

Als  Zeugen,  in  welchen  noch  in  späterer  Zeit 
das  Bewusstsein  ursprünglicher  Verschiedenheit  der  bei¬ 
den  Gottheiten  hervortritt,  können  auch  noch  Apule- 
jus  und  Achilles  Tatius  angeführt  werden*^).  Bei  er- 
sterem  kommt  die  Syrische  Göttin  neben  Aphrodite 
mit  Adonis  vor,  und  auch  bei  dem  andern  wird  der 
Astarte  als  einer  eignen  Göttin  gedacht. 

Nach  dieser  nothwendigen  Bevorwortung  gehen 
wir  zur  Betrachtung  der  pelasgischen  Naturgottheit 
selbst  über.  Wir  würden  hier  aber  den  Gang  der  Un¬ 
tersuchungen  hemmen,  und  müssten  eine  schwerlich 
zulässige  Trennung  des  gesamten  Aphroditekultes  vor¬ 
nehmen,  wenn  wir  hier  alle  die  Bestandtheile  dessel¬ 
ben  vorwegnehmen  wollten,  welche  sich  auf  den  pe- 

17)  Pausan.  4,  31,  2. 

18j  Pausan.  2,  26,  3. 

19)  Apalejus  Metam.  8,  213.  Achilles  Tat.  1,  I. 

n.  a 


34 


lasgischen  Kult  und  die  Mysterienbegriffe  zurükführen 
lassen.  Vorstellungen  der  Pelasger  und  Hellenen,  der 
Mysterien  und  olympischen  Religion  greifen  so  sehr 
in  einander,  die  einen  bilden  dermassen  die  Grundlage 
der  andern,  die  Uebergänge  sind  oft  so  schwer  be¬ 
merkbar.  dass  eine  Sonderung  kaum  möglich  erscheint. 
Selbst  auf  die  Anfänge  und  die  ersten  religiösen  Vor¬ 
stellungen  von  den  fraglichen  Gegenständen  können 
wir  hier  nicht  einmal  zurükgehen,  wenn  wir  nicht  be¬ 
fürchten  wollen,  hier  wie  dort  etwas  Zerstükkeltes 
und  Unverständliches  zu  geben.  Statt  dessen  ist  aber 
thunlich  an  diesem  Orte  ein  Paar  Localkulte  eigen- 
thümlicher  Ausbildung  der  pelasgischen  Religion  zu 
besprechen,  welche  genügen  werden,  um  die  haupt¬ 
sächlichsten  Züge  der  Göttin  klar  zu  machen,  welche 
durch  die  griechische  Bevölkerung  nach  Kypros  ka¬ 
men,  und  dort  in  der  neuen  Heimat  mit  den  hinzutre¬ 
tenden  andern  Bestandtheilen  den  allgemeinen  Kult  der 
Aphrodite  ausbildeten.  Diese  beiden  Lokalkulte  möch¬ 
ten  hier  aber  noch  aus  dem  Grunde  passender  sein, 
als  gerade  von  ihnen,  wenn  der  Schein  nicht  trügt, 
viele  Erinnerungen  auf  Kypros  sich  wiederfinden,  und 
daher  auch  diese  als  besonders  bekannt  bei  den  ky- 
prischen  Ansiedlern  vorausgesezt  werden  müssen.  Es 
sind  die  Kulte  von  Dodona  und  Theben.  Ausser¬ 
dem  hat  freilich  unter  andern  noch  Arkadien  und 
Arg  OS  reichlichen  und  vielleicht  noch  grösseren  Bei¬ 
trag  als  jene  beiden  für  kyprischen  Kult  und  kyprische 
Sagenbildung  geliefert,  allein  dieser  bezieht  sich  theils 
auf  religiöse  Vorstellungen,  welche  uns  zunächst  noch 
nicht  in  Anspruch  nehmen,  wie  bei  Argos,  theils  las¬ 
sen  sich  die  nöthigen  Bemerkungen  auch  gelegent¬ 
lich  später  geben,  wüe  bei  Arcadieu,  so  dass  es  nicht 
nöthig  erscheint,  dem  arkadischen  und  argivischen  Aphr^- 
ditekult  hier  eine  besondere  Betrachtung  einzuräumen. 


35 


D  0  d  0  n  a. 

Wie  die  Stämme  der  Pelasger  selbst,  zahlreich 
und  weit  verbreitet,  unter  strenger  Bewahrung  ihres 
allgemeinen  Charakters,  in  ihren  verschiedenen  Sizen 
sich  eigenthümlich  hervorbildeten,  hatten  sich  auch  ihre 
Götterdienste  unter  ihren  jedesmaligen  Verhältnissen 
eigenthümlich  gestaltet,  jedoch  so,  dass  ihre  gemein¬ 
schaftliche  Abkunft  überall  erkennbar  bleibt,  und  die 
Grundzüge  gleichmässig  hervortreten.  Unter  den  man¬ 
nigfaltigen  Stätten  alter  pelasgischer  Religion  war  Do- 
dona  eine  der  bedeutendsten,  in  gewisser  Zeit  viel¬ 
leicht  die  bedeutendste,  welche  aber  den  Ruf  ihrer 
Ehrwürdigkeit  bis  in  die  spätsten  Zeiten  bewahrte^*). 
In  der  Mitte  pelasgischer  Göttersysteme  steht  ein  Göt¬ 
terpaar  erzeugender  und  empfangender  Erdkraft,  Axio- 
kersos  und  Axiokersa,  Bethauer  und  Thau,  in  Samo- 
thrake  genannt.  Wie  dies  nur  ganz  allgemeine  Aus- 
drükke  sind,  so  sind  es  auch  die  Namen  des  hohen 
Götterpaares  im  thesprotischen  Dodona.  Hier  thront 
Zeus,  der  Herrscher,  der  kraftvoll  wirkende  Gott 
der  Lenker  der  Welt,  welcher  Segen,  Fruchtbarkeit 
und  Gedeihen  über  die  Erde  ausgiesst;  ihm  zur  Seite 
als  Theilnehmerin  seines  Tempels  steht  Dione.  Beide 
sind  anerkannte  Erd-  und  Unterweltgötter.  Es  ist 
natürlich,  sagt  Gerhard  dass  jene  Naturkraff,  die 
als  Ursache  der  bestehenden  Schöpfung  von  dem  den¬ 
kenden  Menschen  zunächst  vorausgesezt  wird,  bei  ei¬ 
ner  von  Anfang  an  dualistischen  Aufhissung  eben  so 

20)  Demosthenes  Mid.  S.  611.  Buttmann  Mjthologos 
S.  1 ,  22.  Klausen  Aeneas  und  die  Penaten,  Die  italische  Volks  - 
religion  unter  dem  Einfluss  der  griechischen  S.  409  ff. 

21)  Ger h  ard  s  Grundzüge  der  Archäologie  in  s.  hyperbor 
röm.  Studien  S.  35. 


3* 


36 


sehr  jeder  Erweiternng  ia  mehrfache  Personifikazionen 
Raum  giebt,  als  ihre  Zweiheit  von  dem  einfachen  und 
grossartigen  Gefühl  der  ältsten  religiösen  Naturan¬ 
schauung  leicht  auf  eine  höhere  schöpferische  Einheit 
zurükge wiesen  wird.  In  Samothrake  wird  sie  mit 
dem  allgemeinen  Ausdrukk  Axieros  bezeichnet;  aber 
auch  für  Dodona  müssen  wir  einen  solchen  ersten  Schöp¬ 
fungsodem,  welcher  noch  über  den  Göttern  der  be¬ 
stehenden  Ordnung  steht,  voraussezen.  Vielleicht  weist 
noch  der  gemeinschaftliche  Stamm  der  beiden  Namen 
Zeus  und  Dione  darauf  hin.  Die  alte  Form  von 
Zsvc,  ist  noch  i^n  der  boiotischen  Benennung  Ge¬ 

nitiv  Jiögj  erhalten,  und  vom  Sanskrit  Dju  Licht, 
Tag,  Himmel  herzuleiten.  Von  demselben  Stamme  ist 
auch  Jupiter,  der  lateinische  Name  des  Zeus^  ohne 
Abwerfung  des  D  Djupiter,  ausgegangen,  so  wie  der 
Name  Juno,  ursprünglich  Djiino.  Sie  entspricht  ganz 
nach  Form  und  Begriff  der  griechischen  Dione,  und 
ist  die  aus  dem  Wesen  des  männlichen  Gottes  her¬ 
vorgegangene  göttliche  Weiblichkeir*^).  Dass  Dione 
von  Jiöq^  Zsvc,  herzuleiten  sei,  ist  klar. 

Leber  das  Wesen  der  Dione  hier  nur  Nachfolgen¬ 
des.  Sie  steht  in  enger  Beziehung  zum  Feuchten, 
waltet  in  dem  quelligen  Wiesenboden  des  Landes,  und 
verleiht  Fruchtbarkeit  und  Gedeihen.  Selbst  ihre  Weis- 
sagungen  giebt  sie  im  Rieseln  der  Quelle  und  lässt 
sie  von  den  Peleiadeu  auslegen,  während  Zeus  seine 
Zeichen  im  Klange  der  Bekken  giebt,  beides  im  Ei- 
chendikkicht.  Anfangs  verkündigten  Männer  das  Ora¬ 
kel  '"*3,  später  Männer  und  Frauen,  wahrscheinlich 

22)  Etymolog.  Juavr; :  ^  9-t6s,  ’ano  tov  Jios  lavt}.  Vgl.  auch 
Anm.  27.  Fr.  Aug.  Pott  Etymol.  Forsch.  1,  98.  ff,  JiMvrj  d. 
i.  ex  coelo  oriunda.  Dju  bedeutet  dies  u.  coelum,  u.  diw  coe- 
lum  ist  mit  ihm  einerlei.  Das  Suffix  ist  twr)?. 

23)  Strabon  7,  .329. 


37 


seitdem  sich  die  Vorstellung  von  der  männlichen  und 
weiblichen  Gottheit  entwikkelthatte;  die  Frauen,  welche 
den  Namen  Tauben  führten,  gehören  dem  Orakel  der 
Dione  an,  welches  zwar  unzertrennlich  von  dem  des 
Zeus,  aber  doch  nicht  dasselbe  war.  Dione  heisst  aber 
auch  Dodona  und  eine  Okeanidin  **).  Dass  die  Be¬ 
ziehung  auf  das  Wasser  einen  tiefem  Grund  hat,  er¬ 
hellt  auch  aus  der  Sage,  dass  Deukalion  Dodona  mit 
dem  Uebriggebliebenen  nach  der  Ueberschvvemmung 
gründet,  nachdem  die  Taube  ihm  aus  der  Eiche  ge- 
weissagt  hat,  wie  bei  Proxenos  die  redende  Eiche  in 
der  Sumpfwiese  gefunden  wird,  welche  umzuhauen  die 
Taube  verbietet.  Diese  redende  Taube  ist  hier  wie 
bei  Noah  die  mit  dem  Oelblatt,  und  bei  Deukalion  ira 
Schreie  das  aphroditische  Zeichen  der  versöhnten 
Gottheit.*®  ) 

Die  Macht  und  das  Ansehen  der  Dione  als  einer 
Zeusgemalin  sank  aber,  seitdem  durch  die  frühe  Er¬ 
hebung  von  Mykenai  und  Argos  der  Kult  einer  andern 
Göttin  herrschend  wurde,  der  Hera,  deren  Namen 
man  bald  als  Herrin,  bald  und  vielleicht  richtiger 
als  Erde,  Allmulter,  deutet.  Sie  wird  dadurch  in 
allgemeinerer  Geltung  als  Dione  Gemahn  des  Him¬ 
melsköniges,  und  höchste  weiblicheNaturgottheit,  welche 
durch  die  Liebe  des  Zeus  Segen  bereitet.  Alle  Früh- 
linge  schien  den  Griechen  der  Segen  durch  einen  wohl- 
thätigen  Regen  vom  Himmel  herabzuträufeln,  die  Ver- 
mälung  der  Naturgottheiten  wurde  gefeiert  und  ihnen 
ein  Bett  bereitet.  Die  Dione  erhielt  sich  fortan  nur 
zu  Dodona  in  ihrer  Würde ,  und  hier  gebar  sie,  eine 

24)  Eudokia  S.  127  dtvxaliwv  uno  tov  JhoS  xui 

fiiui  idv  ’Slxfuyldioy,  Jmdoiyijv  n^osny6(>tvaiy,  0Qaavßovi.os 

xui  ’AxfOzodcjQos  icTOQovaty. 

25)  VgL’Klausen  a.  a.  O. 


38 


Tochter  des  Uranos  und  derCnia,  oder  nach  andern  Vor¬ 
stellungen  eine  Tochter  des  Okeanus  und  der  Tethys, 
nach  dem  Berichte  des  Mythos  ihrem  Gemale  Zeus 
die  Aphrodite.  Wir  haben  es  vorhin  ausgesprochen, 
dass  die  Be/.eichnungen  Zeus  und  Dione  für  das  do- 
donäische  Götterpaar  vielleicht  nur  allgemeine  Aus- 
drükke  sind.  Ebenso  allgemein  ist  ursprünglich  der 
Ausdrukk  Hera  für  Argos,  welche  auf  Archivischer 
Stätte  das  ist,  was  zu  Dodona  Dione  ist  *  Die  hier 
eine  Tochter  der  Dione  genannte  Aphrodite  ist  eigent¬ 
lich  nur  ein  spezieller  Name  für  die  Dione,  und  beide 
Gottheiten  sind  für  eins  zu  erachten  j  sie  sind  beide 
die  Axiokersa  von  Dodona,  vom  Mythos  aber  in  ein 
Geschlechtsverhältniss  gebracht.  Ein  Wesen  waren 
beide  schon  nach  der  Meinung  alter  Erklärer,  oder 
der  Philosophen,  wie  der  Lyder  Johannes  berichtet*’). 

26J  Scholiast  z.  Odyssee  3,  91  naQa  Jioda>- 

27)  Apollodor  1,3,1.  Diodor  5,  72.  Hiernach  soll  es 
kretischer  Mythos  sein,  welcher  die  Aphrodite  zur  Tochter  der 
Dione  und  des  Zeus  macht.  Die  Kultverbindungen,  aus  welchen 
die  Richtigkeit  dieser  Angabe  erhellen  könnte,  sind  nicht  mehr 
nachzuweisen,  und  der  Werth  der  ganzen  Nachricht  scheint  mir 
überhaupt  sehr  zweifelhaft  zu  sein.  Nach  unsern  Nachrichten  ist 
es  ein  dodonäischer  Mythos.  Die  andern  hierher  gehörigen  Stel¬ 
len  sind;  Eustathios  zu  II.  5,  370  S.  35.  Dione  ist  Mutter 
der  Aphr.  as  yaQ  ^Axqißios  ’AxQiffKüt^,  ovrcj  ttcjs  JioS  Z  o- 

n  a  r  a  s  im  Lex.  Aimvi^  .*  ^  'Aifqo^Lttj,  äno  wv  JwS  Auüvtj,^  y.ai  fxza- 
ßiv  rov  0  ds  0),  on  avi^  ytyovs  nQWTt]  yafisi^  rov  Aiog:  rj  dno  rov 
Ädw  jMptj  xttt  jKüVTj,  dl&ovaa  mg  ytvtGtm  ^dovdg.  E  u  r  i  p  i  d. 
Hel.  1098.  xovqt)  Kimqi.  Theokrit.  17,36.  Dasselbe  sagj 

es,  wenn  Aphr.  den  Beinamen  Jmvaia  führt.  Theokrit.15, 106 
Dionys.  Perieg.  609.  853.  Suidas  u.  d.  W.  Virg.  Aen.  3,19. 
Johannes  Laur.  v.  Lyd.  4,  44.  Dione  sei  die  Aphr.  Tt^v  dm 
Tzdyraiy  ovacty  rmp  oyttov  (fvßtiv,  Ebend.  theilt  er  mit,  dass  Chry- 
sippos  die  Aphr.  nicht  Dione,  sondern  Didone  nenne,  na^d  ro 
imdtdoptti  jdg  t^s  yspißmg  ^doydg^  wie  bei  Zonaras.  Statius  Syl- 


39 


Servios  **)  nennt  daher  auch  die  beiden  Gottheiten  von 
Dodona  g^eradezu  Zeus  und  Aphrodite  und  dies 
mit  vollkommenem  Rechte,  und  bei  andern  fuhrt  Aphro¬ 
dite  wie  Dione  den  Namen  Dodona  *“).  Der  Gebrauch 
aber,  Dione  für  Aphrodite  zu  sagen,  kommt  bei  Dich¬ 
tern  oft  vor®*).  Ebenso  bedient  man  sich  des  Aus- 
drukkes  dionisch  für  apbroditisch  ®  * ),  auch  ist  Dione 
schöner  wie  Aphrodite  ®  ^  3?  und  das  beiden  geheiligte 


vae  I,  1,  84.  Im  Pervigilium  Veneris  an  mehreren  Stel¬ 
len.  Symmachus  I,  8. 

28)  Servius  z.  Aen.  3,  466.  Zu  Dodona,  ubi  Jovi  etVe- 
neri  templum  a  veteribus  erat  consecratum,  circa  hoc  templum 
quercus  immanis  fuisse  dicitur,  ex  cujus  radicibus  fons  manabat, 
qui  suo  murmure  instinctu  deorum  diversis  oracula  reddebat;  quae 
murmura  anus  P  elias  nomiue  interpretata  hominibus  disserebat, 

29)  Homilien  des  Klemens  4  Kap.  16.  ’J(fqo6iTriv,  nvtg 
Uyovciv.  5  Kap.  13  Kvnqig  tjv  xal  /ioiStävtjp  U'yoveiv.  Pott. 

Etymolog.  Forsch,  sagt;  Jcodwv}]  hat  jedenfalls  seinen  Namen  von 
Zeus.  Man  muss  eine  Bedtg.  wie  Zeus  Wohnung,  Zeus  Siz  ver- 
muthen. 

30)  Theokritll.  7,  116  nennt  Kypros  ^ixv&ks  tdog  alnv  Jim- 
vag.  Der  Schol.  sagt  z.  d.  St.  Dione  sei  die  Mutter  der  Aphr- 
Bion  1,  93.  Suidas  Jimvala.  Ovid.  Fasti  2,  459.  5,  309. 
Amores  1,  14,  33.  Ars  am.  3,  3  und  769.  Kalpurnius  Ekl.  9, 
56  ist  die  Aphr.  v.  Eryx  Dione  genannt.  C  lau  d  i an  Epithal.  Pal¬ 
lad.  et  Celer.  102.  Ovid  ars  am.  2,  93  heisst  Aphr.  als  Gattin 
des  Hephaistos  Dione  Katull  64,  6.  si  placet  Dionae.  C. 
Sidonius  Apollinaris  Paneg.  an  Antem.  Aug.  503.  Felici 
fratri  170  Papho  Dionem.  Epithal.  36.  Silius  Italiens  7,  87. 
6,  697.  Petronius  Arbiter  de  mutat.  reip.  Rom.  266  primum 
Dione  Caesaris  acta  sui  ducit.  in  Wernsdorf,  poet.  lat.  min.  Thl. 
2.  Ders.  adPriapumV.  1.  in  Wernsdorf,  a.  a.  O.  4  S.  287.  Avi- 
enus  Descript.  orb.  terr.  V.  1080.  Claudian.  rapt.  Proserp. 
2.  5.  Fraude  Dionaea.  Papin.  Statius  Sylvae  2,  7,  1.  Lucani 
proprium  diem  frequentet  Quisquis  collibus  Isthmiae Diones.  Pap. 
Stat.  Achill  eis  2,  339.  Ausonius  Epigr.  80.  Restingue  ignem 
.  ..  alma  Dione.  Virgil  nennt  den  Caesar  dionäisch. 

31)  Virgil  Ekl.  9,  47.  Horaz  2,  1,  39. 

32)  Hesiod.  Theog.  17.  Der  Schol.  unterscheidet,  was  nicht 


40 


J  hier  ist  die  Taube.  Das  Orakel  zu  Dodone  sollte 
nach  Herodot  durch  Tauben  eingesezt  sein. 

Nan  wird  sich  hiernach  überzeugen,  dass,  wenn 
man  den  Mythos  und  Kult  der  Aphrodite  bis  in  seinen 
Ursprung  verfolgen  will,  man  diesen  zu  Dodona  su¬ 
chen  und  aus  den  dodonäischen  Mythen  ihren  Namen 
erklären  muss.  Sie  ist  nach  der  naturreligiösen  Auf¬ 
fassung  der  pelasgischen  Zeit  eine  dodonäische  Zens- 
Gemalin,  und  eins  mit  der  erhabenen  Herrscherin  Dione. 
Wie  Dione  dem  feuchten  VYiesengrunde  und  Marsch¬ 
boden  von  Dodona  angehört,  und  auf  alle  Weise  mit 
dem  Feuchten  und  der  Fruchtbarkeit  in  Verbindung 
steht,  so  kann  man  auch  Aphrodite  wieder,  wie  schon 
Fhurnutos®®)  andeutet,  in  ihrer  Darstellung  als  Toch¬ 
ter  der  Dione,  einen  symbolischen  Ausdrukk  dessel¬ 
ben  Gedankens  nennen,  welcher  in  der  Mythe  von 
ihrer  Entstehung  aus  dem  Meere  ausgedrükkt  ist,  oder 
Dione  ist,  wie  Klausen  sagt,  nur  eine  auf  physisches 
Substrat  zurükbezogene  Aphrodite,  eine  Aphrodite  in 
den  Sümpfen®*),  iv  Usi,  welche  wir  an  mehreren 
Orten  Griechenlands  wiederfinden.  Wie  aber  Dione 
beides  ist,  Königin  der  Lebendigen  und  der  Todten, 
so  ist  auch  die  dodonäische  Aphrodite  Lebens-,  Lie¬ 
bes-  und  Todesgöttin  im  Reiche  der  Pflanzen,  in  der 
Thier-  und  Menschen  weit.  Von  dem  hier  schon  au¬ 
gedeuteten  Standpunkt  muss  künftig  unsere  Betrach¬ 
tung  ausgehen. 


zu  unterscheiden  ist;  er  sezt  hinzu:  nicht  die  Mutter  derAphr., 
sondern  die  Titanie.  Vgl.  353.  ’ 

33)  Phurnutos  nsqt  a-fwv  Kap,  24.  ioroxäßavn  tovto  (die 

Gehurt  aus  dem  Meer)  xat  ot  Jmvtig  avnjx  ^vyaTiqa  dvat  ilnovrsg. 
dnQot'  yap  TO  vyQÖv.  — 

34)  Sümpfe  umDodona  Strabon  7,  328.  Proxenos  beim 
Schol.  zu  Odyss.  14,  327. 


41 


Da  ferner  die  alten  Pelasger  nach  dem  Ausspruche 
des  Sierodot®’)  zu  den  Göttern  beteten,  welche  alle 
Dinge  und  Einrichtungen  so  wohl  und  schön  geord¬ 
net  hatten,  so  müssen  auch  vor  allen  Dione  und  Aphro¬ 
dite  zu  diesen  geistigen  Mächten  gezählt  werden, 
welche  man  sich  nach  dunkeln  Vorstellungen  als  Ord¬ 
ner  des  Lebens  dachte.  Beide  waren  ihnen  nur  ein 
Wesen,  welches  sie  mit  diesem  oder  jenem  Namen 
bezeichnen  konnten,  oder  mit  keinem,  da  ein  unmit¬ 
telbares  Gefühl  von  den  Mächten,  die  ordnend  über 
dem  Leben  walten  und  dasselbe  beherrschen,  die  Brust 
der  alten  Pelasger  bewegte.  Nur  ein  allgemeines  Ge¬ 
fühl  von  dem  Walten  des  Geistes  in  seinen  verschie¬ 
denen  mannigfachen  Offenbarungen  war  es,  was  in 
ihrem  religiösen  Bewusstsein  hervortrat,  aber  die  Son¬ 
derung  der  einzelnen  Richtungen,  von  denen  es  sich 
bewegt  fühlte,  fehlte  noch.  Da  gab  aber  nach  He- 
rodot  das  Orakel  den  Pelasgern  den  Rath,  bei  den 
Opfern,  welche  sie  bis  dahin  den  Göttern  insgemein 
dargebrjicht  hatten,  verschiedene  Namen  zu  gebrau¬ 
chen  und  so  die  einzelnen  verschiedenen  göttlichen 
Mächte  von  einander  zu  unterscheiden.  So  bildete 
sich  auch  die  Trennung  der  Aphrodite  von  der  Dione, 
und  ihr  war  zwar  nach  der  gewöhnlichsten  dichteri¬ 
schen  Auffassung  nur  die  Herrschaft  des  Lebens 
und  der  Liebe  zuertheilt,  aber,  nach  alter  und  äch- 
ter  religiöser  Vorstellung,  eben  so  auch  das  schweig¬ 
same  Reich  der  Todten  übergeben  worden.  Als 
Gottheit,  welche  allmächtig  über  Leben  und  Geschikk 
gebietet,  heisst  sie  noch  die  ältste  der  Moiren  zu 
Athen.  Theseus,  nachdem  er  den  Staat  vereinigt  und 
geordnet  hat,  sezt  der  Aphrodite,  der  Ordnerin  des 

35)  Herodot.  2,  52.  Vgl.  Apollodor  3,  14,  1.  Stuhr 
Relig.  d.  heidn.  Völker.  2,  19. 


42 


Lebens,  der  guten  Leiterin  der  Einrichtungen  und 
liinge,  unter  dem  Namen  der  gemeinschaftlichen 
einen  Tempel,  und  in  Theben  thront  Aphrodite  in 
göttlicher  Erhabenheit  als  oberste  und  allmächtige  Gott¬ 
heit,  wie  KU  Dodona,  ähnlich  der  Hera  ku  Argos®‘). 

Auf  eine  schöne  und  phantasiereiche  VEeise  ist 
von  Hesiodos  ^  ’  3  Geburt  der  Aphrodite  geschil- 

3G)  Nach  der  Lehre  der  Philosophen  sind  auch  Aphrodite 
und  Hera  eins.  Plotin.  /uuQTVQovvriov  tü  l,6yo}  U^itav  ts  xai  9so- 
Xoybiv  ö  tls  ravTov  "Hqav  xai  ’ AfQodiTTjv  ayovat  xai  tov  r»?  ’ Acf'QoiiiTrji 
aoriqa^H^ag  Xiyovav.  Lobek  Agl.  S,  155.  In  künstlerischer  Auf¬ 
fassung.  Kunstblatt  18.35.  Nr.  61.  Wie  die  Juno  die  weibliche 
Würde  ausdrükkt  ohne  weisere  Besonnenheit,  w'elche  der  Athene 
zukoinmt,  und  wie  beiden  bei  aller  Schönheit  ihrer  Weiblich¬ 
keit  die  Anmuth  der  Liebe  fehlt,  die  durch  die  ganze  Form  der 
Venus  ihre  zarten  Umrisse  webt,  so  hat  jede  doch  auch  wieder 
so  viel  von  der  andern,  dass  man  sie  zu  Einer  Götterfamilie  rech¬ 
nen  müsste,  wenn  die  Mythen  auch  nichts  von  ihrer  Abstammung 
sagten.  So  hat  selbst  die  Paphische,  von  den  Göttern  gsechmükkte 
Göttin  so  viel  von  der  junonischen  Würde  und  der  Weisheit  der 
aus  dem  Haupte  des  Zeus  entspringenden  Göttin,  dass  wir  nur 
das  Ideal  der  Schönheit  in  ihr  mit  Andacht  verehren,  und  somit 
von  blosser  sinnlicher  Berührung  abgehalten  werden,  und  sie 
auch  immer  für  so  weise  halten  müssen,  dass  sie  den  hohen 
Zauber  der  Liebe  nicht  durch  unbesonnenes  Benehmen  zerstö¬ 
ren  werde,  da  sie  ja  die  höchste  Sinnlichkeit  nur  mit  dem  himm¬ 
lischen  Ausdrukke  der  Liebe  ist. 

37)  Hesiod.  Theog.  167  ff.  Servius  zu  Virg.  Georg.  2, 
406.  Makrobius  Saturn.  1,  8,  Hunc  (Saturnum)  ajunt  Coeli 
patris  ascidisse  pudenda,  quibus  in  mare  dejectis  Venerem  pro- 
creatam,  quae  a  spuma,  unde  evaluit,  Aphrodite  nomen  ac- 
cepit.  Arnobius  4,24.  Ex  Coeli  genitalibus  amputatis  Cythe- 
reia  Veneris  concretum  coaluisse  candorem.  Varro  de  lingua 
lat.  5,  62.  Venus  Coeligena,  weil  sie  aus  dem  Männlichen 
des  Coelus  geboren.  Ebend.  5,  63  Poetae  de  coelo,  quod  semen 
igneum  cecidisse  dicunt  in  mare  ac  natam  e  spumis  Venerem, 
conjunctio  ignis  et  humoris  quam  habet  vim,  significant  esse  Ve¬ 
neris.  Die  Verbindung  von  ignis  und  humor  geht  auf  die  Ge- 


43 


dert,  welche  ihre  Entstehung  als  Naturgottheit  und 
Göttin  der  Liebe  zusammenfasst.  Als  die  Zeit  der 
alten  Götter  gekommen  ist,  empörten  sich  die  Kinder 
des  Uranos  gegen  den  Vater,  von  ihrer  Mutter  Ga ia 
angestiftet:  Kronos  steht  an  der  Spize.  Gaia  bittet 
den  Uranos  um  Herbeiführung  der  Nacht  und  ladet 
ihn  zur  Umarmung  ein.  Uranos  folgt  der  Einladung: 

—  Aber  es  fuhr  aus  dem  Halte  der  8ohn  mit 
der  Linken 

Aufwärts,  und  mit  der  Rechten  ergriff  er  die  mäch¬ 
tige  Hippe, 

Lang  und  scharf  gezahnt,  und  die  Schaam  des  ei¬ 
genen  Vaters 

Mähet  er  schleunig  hinweg,  und  zurük  die  ge¬ 
schwungene  warf  er 

Hinter  sich.  Jene  nunmehr  floh  nicht  aus  der  Hand 
ihm  vergebens; 

Denn  so  viel  auch  Tropfen  entrieselten  purpurnen 
Blutes, 

All’  empfing  sie  die  Erd’,  und  in  rollender  Jahre 
Vollendung 

Wuchsen  Erinnyen  grässlich  hervor,  und  grosse 
Giganten, 

Hell  von  Waffen  umblinkt,  langragende  Speer  in 
den  Händen^ 


schlechtseinheit,  weil  das  Feuer  als  die  männliche  Kraft,  die 
Feuchtigkeit  als  die  weibliche  gedacht  ist.  Nikephoros  Chum- 
hos  in  Boissonades  Anekd.  3,  383.  ’AtfqoifiTrj  S'aZ,  rmv  dukafiniav 
üXhav  aOTiqmv  ngos  yy  (xaXXop  ovffce,  t^S  d-dXXjiQ  doxtl  ntas  tag 
TQog  {^tysed-M,  fitfiprjfxitni  tmp  dvi^g  mdivmv,  xctl  /uij  ye  ßovlo- 
(xtvr}  TciüTtig  noq^tÜTS^ov  dnofpotrSp  xat  dtjv  dnaXldTtfad-cei'-  Hirne- 
rias  Ekl.  18,  262.  Auf  die  Ankunft  der  Kyprier;  1'4  ovQa- 

vou  liiv  ’AffQoJlTriv  ^  (XdXaööu.  Pausan.  2,  1,  7.  BdXaas«  dvt“ 
yoDCa  ' A'fqod'ittiv  nalda. 


44 


Auch  3ie  man  melische  Nymphen  benamt  im  un- 
eniliichen  Weltraum. 

Aber  die  8chaam,  wie  er  solche,  so  bald  sie  ent- 
mähet  der  Demant, 

Niederwarf  bei  Epeiros  zum  weit  aufvvogenden  Ab¬ 
grund, 

Also  wallte  sie  lange  das  Meer  durch.  Weissdann 
erhub  sich 

8chaum  dem  unsterblichen  Leib  ringsum,  in  wel¬ 
chem  ein  Mägdlein 

Aufwuchs,  Siehe  zuerst  dem  heiligen  Lande  Ky- 
thera 

Nahte  sie,  dorther  dann  der  meerumflossenen  Ky- 
pros. 

Jezo  entstieg  die  schöne,  die  herrliche  Göttin  5  da 
Kräuter 

Unter  dem  niedlichen  Fuss  sie  umblüheten.  Doch 
Aphrodite 

Nennen  sie  Götter  sowohl  als  Sterbliche,  weil  sie 
aus  Meerschaum 

Aufwuchs;  und  Kythereia,  dieweil  bei  Kythera  sie 
antrieb. 

Eros  begleitete  sie,  auch  Himeros  folgte,  der  schöne, 

Als  sie,  die  Neugehorne,  zur  Schaar  der  Unsterb¬ 
lichen  hioging. 

Doch  dies  ward  vom  Beginn  ihr  Ehrenamt  und  ge- 
loostes 

Antheil  unter  den  Menschen  und  ewig  waltenden 
Göttern: 

Jiingfraunhaftes  Gekos%  anlächelnder  Blikk,  und 
Bethörung, 

Auch  holdselige  Lust,  Liebreiz  und  schmeichelnde 
Anmuth, 

In  dieser  Fabel  wird  die  Liebesgöttin  auf  kos- 


45 


mogonische  Weise  geboren  j  als  Tocliter  des  UranuSj 
indem  sie  aus  seinen  Schaaratheilen  hervorgeht,  und 
des  Meeres.  Sie  hat  hier  also  ganz  dieselbe  Geburt 
wie  Dione.  Dione  ist  Tochter  des  Uranos  und  der 
Gaia,  der  Erde;  die  Aphrodite  zeugte  aber  Uranos 
nicht  mit  der  Erde,  sondern  mit  der  salzigen  Feuchte, 
dem  Meere.  Dies  ist  aber  im  Grunde  dieselbe  Zeu¬ 
gung,  da  die  weibliche  Gottheit,  deren  Entstehung  es 
hier  gilt,  immer  in  Verbindung  mit  dem  Wasser  steht, 
weil  durch  das  feuchte  Element  Fruchtbarkeit  und  Fort¬ 
pflanzung  bedingt  ist.  Erde  und  Wasser  sind  die 
beiden  Elemente ,  durch  welche  alle  Erzeugnisse  ins 
Leben  gerufen  werden.  Welchen  Antheil  aber  die 
Griechen  dem  Wasser  an  der  Schöpfung  zuschrieben, 
erhellt  besonders  noch  aus  der  homerischen  Kosmogo- 
nie,  wo  Okeanus  und  Thetys  an  der  Spize  aller  Schöp¬ 
fung  stehen,  und  Okeanus  die  Stelle  des  Uranos  bei 
Hesiod  ausfüllt.  Darum  ist  auch  Dione  zu  Dodona  auf 
den  quelligen  Wiesen  und  Sümpfen  erwachsen,  und 
überall  treten  ihre  Beziehungen  zur  Feuchtigkeit  her¬ 
vor.  Die  gewöhnliche  Mythe  nennt  sie  aber  nicht 
Tochter  der  Feuchte,  sondern  der  Erde;  wenn  jedoch 
nach  dieser  Mythe  Aphrodite  aus  dem  Wasser  her¬ 
vorgeht,  so  ist  es  bei  der  Einheit  beider  Gottheiten 
soviel,  als  wenn  sie  die  Geburt  der  Dione  nicht  aus 
dem  Schoosse  der  Erde,  sondern  nach  einer  andern 
Erzählung  aus  dem  Schoosse  des  Meeres  verkündigte. 
Die  eine  Vorstellung  von  der  Geburt  der  Göttin  mag 
so  alt  wie  die  andere  sein,  da  sie  ihrer  Natur  nach 
eben  so  gut  aus  dem  Wasser  als  aus  der  Erde  her¬ 
vorgehen  konnte.  Mit  Recht  wird  daher  auch  ßioo®  *3 

38)  B  i  o  n  Id.  9,  1 .  "AfiiQi  KmiQoytvtm,  Jtos  tSxos,  S'aAda- 

Longepiere,  den  Manso  Mer  anführt,  hatte  erinnert,  dass 
Bion  die  Aphrodite  ganz  wider  alle  sonstige  Sage  zu  einer  Toch- 


46 


die  Aphrodite  Tochter  des  Zeus  und  nicht  der  Diooe, 
sondern  des  Meeres  nennen.  Aphrodite  müssen  wir 
daher  dem  Namen  nach  für  weiter  nichts  als  eine  Meer 
enttauc  hte  Dione  erkennen,  denn  das  Wort'^cpQodki] 
ist  ursprünglich  nur  ein  Adjectiv,  gedildet  durch  dcpQog 
Schaum  und  Sva  tauchen.  Diese  Herleitung  schien 
schon  den  alten  Erklärern*®)  die  richtige,  und  sie 
giebt  sich  auf  die  natürlichste  Weise*“).  Als  Beispiele 
ähnlicher  Verwandlungen  des  v  in  »führen  sie  an:  dig 
von  (luw,  hier  ist  aber  wol  nur  das  u  aus  dvtg  ausge¬ 
fallen,  dann  fkvg  von  ^vta,  n%mv  von  xvoa,  [ivöog  und 


ter  des  Zeus  und  des  Meeres  mache ,  da  Aphr.  als  Tochter  des 
Zeus  nicht  das  Meer,  sondern  die  Dione  zur  Mutter  habe.  Um 
nach  seiner  Meinung  den  Dichter  richtig  zu  verstehen,  will  nun 
Manso  nicht  durch  und,  sondern  durch  aber  übersezen. 
Ich  glaube,  dass  es  einer  solchen  Ausflucht  nicht  bedarf.  Die  Vor¬ 
stellung  Bions,  nach  welcher  er  die  Aphrodite  eiue  Tochter  des 
Zeus  und  des  Meeres  nennt,  ist  eine  ganz  richtige  und  mogli. 
eher  Weise  konnte  selbst  eine  solche  Sage  vorhanden  sein. 

39)  Eustath.  11.  3  S.  403.  Etymolog.  M.  Etymolog. 

Gud.  ix  Tov  lyy/fü)  xcim  r^on^p  wv  o  tk  v  ws  iV  rw  ’A(pQo- 

ilrjj  *A(fqoämn,  fm9am  yaq  tovto  noiity.  Choiroboskos  Or- 
thögr.  in  Cramers  Anekd.  2,  170.  Äß  wZ  ^  äa- 

neq  dno  tov  fmip  yivsrm  qvrqk,  xat  xam  tQonnv  roS  v  tfe». 

S  Itf»  xießos:  Xtti  uno  jo  äk  ylpiJm  ^dfQos,  xui  jQonp  tov  v  sk  * 
diffqos,  s  ioup  ««0  TOV  Mo  ifiQHPt  rov  avnp  rgZnop  xat  dm  to„ 

uPttMea  xal  wv  dtfQov  äpiQyfe&cn,  ylvtmdAfqoävttj^  xMxaTutqomjv 
€ou  V  tk  »  ' Atfqo^ini. 

40)  Doch  anders  Klausen  a.  a.  O.  Es  steht  nichts  entge¬ 

gen  Dione  von  dem  auch  in  Aphrodite,  Schaumbefruchtete,  her- 
vortretenden  Stamm  äl  der  sonst  in  d^alvup  und  Msqk  vor¬ 
kommt,  abzuleiten,  da  die  Endung  mvn  so  wenig  einen  Bestand 
theil  des  Wortstammes  in  sich  hat.  wie  in  0i>mpn,  ) 

xoo^pn.  Aue.  Fr.  Pott  Etymol.  Forsch.  1,282  gieht  diese  Abltg. 
Klausens  und  als  Stamm  dih  (oblinere,  inficere).  Auf  vielen  In¬ 
schriften,  wie  man  aus  BoeckhsCorp-  Inscr.  Gr.  ersehen  kann, 
kommt  die  Form  ^Afqodtlni  vor. 


47 


fitüog,  dvxTj  und  dixri^  iyyvg  und  ifylg,  iyyita.  Auch  wo 
der  zweite  Theii  des  Wortes  nicht  aiisdrükkllch  auf 
öv(a  zurük  bezogen  wird,  ist  die  Beziehung  auf  «(pqog 
durchgängig  * ’ ) .  Nur  Euripides  }  leitet  ^Affqodkf} 
in  spielender  Etymologie  von  mpqoövv^  her,  weil  die 
Liebe  die  Menschen  bethöre.  Für!^^^odk^  als  Name 
der  Göttin  findet  sich  auch  *3),  in  die  etruski¬ 

sche  Benennung  der  Aphrodite:  Frutis  ist  nach  der 
Meinung  älterer  und  neuerer  Gelehrten  nur  eine  ¥er- 
stümmelung  des  griechischen  Wortes^  ^).  Spätere  hal¬ 
ten  die  Beziehung  der  Göttin  auf  die  Zeugung  bei 
der  Erklärung  des  Namens  ^Aqjqodkii  fest,  und  erklä¬ 
ren  a^^ögals  die  schaumicbte  Beschaffenheit  des  mensch¬ 
lichen  Saamens  * '). 

41)  S.  die  Stellen  in  Amn.  37.  Ferner  Ovid  Fasten  4,  62. 
Klemens  zu  Alex.  Paedag,  1,  6  S.  126  und  viele  A.  Ser- 
vius  zur  Aen.  5,  801  giebt  die  Geburt  der  Aphr.  aus  den  Zeu- 
gungstheilen  des  Uranos,  woher  sie  heisse  ‘AnqoSkrj  ano  roe  «- 
(fQov.  Er  fügt  hinzu:  Sed  hoc  habet  ratio:  omnes  viros  usu  Ve- 
nereo  debilitantur ,  qui  sine  corporis  damno  non  geritur.  Unde 
lingitur  Venus  nata  per  dam n um;  de  mari  autem  ideo,  quia 
dicunt  physici,  sudorem  salsum  esse,  quem  semper  elicit  coitus. 
Johannes  v.  Lyd.  a.  a.  O.  führt  die  Ansicht  eines  römischen 
Sophisten  Cincius  an,  welcher  gesagt  hatte,  Aphr.  sei  aus  dem 
Schaum  geboren,  weil  sie  der  Frühling  sei,  und  der  Frühling 
aus  der  kalten  und  schneeigen  Luft  hervorgehe. 

42)  Euripid.  Troer.  982.  Choiroboskos  Orthogr.  in 
Cramers  Anekd.  2,  170  ’JfQodkti  naq«  mfqoevvtiv'  tvavil«  ydq 
ianv  avTt]  q’Qovf,aH. 

43)  Nie  and  er  Alexiph.  406.  Schol.  ^  'Afqoiitri,  n 

difQoyii/tjg,  vnoxoQSony.wg, 

44) Festus:  Frutinal  templum  Veneris  Fruti.  Soliniis 
Otfr.  Müller  Etrusker.  Indess  Klausen  verwirft  diese  Abltg. 
ganz,  wir  werden  unten  wieder  davon  sprechen, 

45)  Aristoteles  De  generat.  animal.  2,  2.  Eudokia  S. 
l.j.  Schol iast  zu  11.  .5,  370.  ’A/ffioifki]  imtv  ij  mvctyove«  m  uq~ 

xui  n  rrilv  dkufiig,  Au  rh  tu  aniQftata  Ä  Cww*' 


48 


^JgjQodkij  war  also  ursprünglich  ein  Adjectiv,  wel¬ 
ches  die  meergeborne  Göttin  bezeichnete,  und  bedeu¬ 
tet  seiner  Entstehung  nach  nichts  anders  als  andere 
Namen,  welche  sie  führt  z.  B.  atfqoysvsia,  novToysvHa, 
ävadvonivri  u.  s.w.;  es  war  eine  Aphrodite  —  Di¬ 
ene,  welcher  bei  Fortbildung  des  religiösen  Bewusst¬ 
seins  der  Griechen  das  Amt  einer  Liebesgöttin  im 
olympischen  Götterstaate  zuertheilt  ward.  Ihr  Thron 
als  einer  solchen  stand  auf  Kypros,  wohin  sie  Hesiod 
und  der  homerische  Hymnos  nach  ihrer  physischen 
Erzeugung  aus  dem  Meere  geleiten,  die  von  dort 
aus  ihre  Aufnahme  in  den  Olymp  geschehen  lassen. 
Nicht  die  erdgeborne,  sondern  die  wassergebome  Ds- 
one  ist  es,  welche  zur  Liebesgöttin  erhöht  wird,  unu 
daher  steht  sie  als  Liebesgöttin  mit  dem  feuchten  Ele¬ 
ment  immerfort  in  der  engsten  Verbindung.  Nach  den 
Gesezen  der  Mythologie  werden  aber  beide  wieder 
in  ein  Geschlechtsverhältniss  gebracht,  und  die  Lie¬ 
besgöttin,  die  wassergebome,  die  oder  Ava- 

Svoniv^,  Dione,  wird  eine  Tochter  der  erdgebornen, 
der  Dione  und  des  Zeus. 

üebrigens  ist  bei  dem  Mythos  des  Hesiodos  noch 
auf  einen  Punkt  zu  achten,  auf  die  fetellung,  weicht 
Aphrodite  den  Titanen  gegenüber  einnimrat.  Sie  ist 
nirgends  als  Titania  gefasst,  ungeachtet  sie  eben  so 
gut  für  eine  solche  genommen  werden  könnte,  als 
Dione  bei  Apoilodor.  Hier  wird  Aphrodite  schon  als 
olympische  Göttin  vorgestellt:  als  Kind  des  Uranos, 
ans  seinem  edelsten  Theile  entsprossen,  wird  sie  durch 
die  titanischen  Zustände  hindurch  als  Olympierin  vor- 
geföhrt,  in  welcher  Eigenschaft  sie  an  diesem  Orte 
ganz  allein  steht.  Aber  als  Olympierin  blieben  die 

rtti,’  Aiqor  yäq  w  Avyqov  ’  vyQÖTijWi  di  rrj?  ir  rp  mvomla  m  fw«. 
Phurnutos  Kap.  24. 


49 


alten  Vorstellungen  von  ihr  als  der  mütterlichen  Er¬ 
nährerin  alles  Lebendigen,  der  Ordnerin  aller  Verhält¬ 
nisse  und  Stifterin  geregelter  geseSsmisfeiger  Einrich¬ 
tungen;  nhd  in  diesem  Verhältnisse  toüsseh  wir  sie 
uns  zu  den  Titanen  denken.  Ein  durch  MaäSs  und 
Gese^  beschränktes  Wirken  der  ZeügungSkraft  kann 
nicht  eher  beginnen,  als  bis  Aphrodite  geboren  ist*  ®). 

Alächdem  wir  die  ältsteh  Vorstellungen  vOn  der 
Aphrodite  als  Naturgottheit  auf  einem  iPunkte  des  grie¬ 
chischen  Bodens  erörtert  haben,  könnten  Wir  jezt  die¬ 
sen  Gegenstand  Verlässen,  Wenn  es  nicht  nothWendig 
für  das  Versländniss  späterer  Untersuchungen  schiene, 
hier  gleich  noch  einen  örtlichen  Kult  äu  besprechen, 
Welcher  mit  dem  dödönlisChen  eng  verwandt  ist  Die¬ 
selben  religiösen  Voi^tellungen  nnd  das  dodonäische 
Göttetpaar  finden  wir  überall  Wieder,  wo  Pelasger 
ihre  Size  aufgeschlagen  hatten,  und  die  geregelte 
Mythenforschung  neuerer  Zeit  hat  den  Zeus  und  die 
Hera  von  Argos,  Hephaistos  und  Athene,  Demeter  und 
Kora,  Hermes  und  Artemis  Arkadiens,  Kadmos  und 
'die  Kablren  auf  jene  Vorstellungen  zurükkgeföhrt  *^). 
Mögen  auch  immerhin  die  peloponnesischfen  Külte  auf 
Kypros  besondern  Einfluss  ausgeöbl  haben,  so  erläu¬ 
tert  doch  kein  örtlicher  Kult  das  Verständniss  der 
Aphrodite  im  Allgemeinen  so  sehr  als  der  thebische. 
Offenbar  knüpfte  sich  ein  grosser  Theil  ihrer  JlIytheA 
an  die  thebischen  Sagen. 

4)  Die  Äplirodite  von  Theben. 

Der  alte  kosmügonische  Kult  zu  Theben  war,  we¬ 
nigstens  Soweit  Wir  ihn  kennen,  ein  hiehr  ausgebii- 
deter,  in  bestimmte  Formen  gebrafchter  dodonäischer, 

46)  Vgl.  auch  Volker  Mytholögie  der  Japelideü  S.  283. 

47)  Otfr.  Müllers  D6r.  i,  13. 

ii.  ^ 


50 


welcher  sich  hier  Kuerst  zu  einer  wirklichen  Lehre 
gestaltete  und  die  Quelle  der  meisten  über  das  übrige 
Griechenland  verbreiteten  pelasgischen  Kulte  wurde. 
Namentlich  stehen  Theben  und  Samothrake  in  der  eng¬ 
sten  Yerbindung.  Der  samothrakische  Kadmilos  ist 
nur  ein  Sprössling  des  thebischen  Kadmos,  welcher 
nach  seiner  deutlichen  etymologischen  Ableitung  von 
und  als  kosmogonisches  W esen  der  erzeugende 
Gott  ist,  der  Ordner,  der  Weltbildner.  Daher 
bildete  sich  denn  die  Fabel  aus,  dass  aus  seiner  Saat 
die  Urbewohner,  die  Autochthonen  des  Landes,  entstan¬ 
den  seien,  was  so  viel  heisst  als;  Kadmos  ist  für 
das  Volk  der  Kadmäer,  was  Pelasgos  für  die  Pelas- 
ger  war,  Jon  für  die  Jonier,  was  Thessalos,  Danaos, 
Kilix,  Phönix  u.  s.  w.  und  ist  mithin  eben  so  wenig 
eine  geschichtliche  Person  als  alle  diese  Stammheroen. 

Es  ist  so  umfassend  und  gründlich  über  die  Idee 
des  Kadmos  und  seine  Stellung  in  den  altgriechischen 
Beligionen  geforscht,  dass  uns  wenig  mehr  übrig  bleibt, 
als  die  hauptsächlichsten  Ergebnisse  der  Forschungen 
Anderer  mitzutheilen“*  • ).  Schriftliche  Zeugnisse  lie- 
gen  vor,  dass  Kadmos  den  ältsten  Griechen  ein  bil¬ 
dender,  ordnender,  Verwirrung  zur  Harmonie  führen¬ 
der,  vereinigender  H ermes  war^  und  wie  diesem  die 
Hekate,  so  stand  jenem  die  Harmonia  zur  Seite.  Das 
Etymoiogikum  Gudianum  sagt,  Hermes  heisse  Kadmos 
bei  den  Tyrrhenern,  und  Tzelzes  sowie  Kalliinachos 
sagten,  Hermes  führe  bei  den  Boiotiern  den  Namen 
Kadmilos.  Lykophron’*)  nennt  den  Hermes  sowol 

48)  Welk  er  s  Kretische  Kolonie  in  Theben.  S.23.  ff.  Otfr 
Müller  Orchomenos  S.  456.  ff.  Frolegom.  z  Myth.  S.  148  ff. 

49)  Tzetzes  z,  Lyk,  162  und  219.  und  Kallim.  b.  SchoL  z. 
Arist.  Vögel,  832. 

50)  Lykophr.  a.  a.  O. 


51 


Kadmos  als  Kadmilos,  iitid  au8Nonn0s®*)  lernen  wir, 
dass  Kadmos  dem  Hermes  und  Kadmllos  gleich  sei, 
Kadmilos  aber  war  nach  der  samothrakischen  Myste¬ 
rienlehre  Hermes  und  der  Erzeuger  der  Kabiren ;  sein 
Name  kündigt  ihn  schon  als  ein  abgeleitetes  Wesen 
des  thebischen  Kadmos  an.  Auch  dies  spricht  noch 
für  die  hohe  Göttlichkeit  des  Kadmos,  dass  er  zu  The¬ 
ben  im  Heiligthum  der  Demeter  Thesmophoros  ge¬ 
wohnt  haben  soll  ’  *),  denn  sie  ist  in  den  Kabirischen 
Weihen  das  höchste  weibliche  Prinzip,  dem  ihre  Toch¬ 
ter  Kora  zur  Seite  steht,  und  Thebens  Erbauerin. 

Der  kosmogonische  Kadmos,  um  den  als  Mittel¬ 
punkt  sich  alle  religiösen  Beziehungen  drehen,  war 
M'ie  Zeus  zu  Dodona,  in  Theben  oberster  Herr  und 
Gott,  hiess  Kddfjbog  ßaüilsvg,  wie  jener  Zsvg  ßa^tlsvg^ 
und  Zeus  als  Kadmos  gedacht  tritt  in  dem  Zeig  y.oö- 
zu  Sparta'®)  hervor.  In  Theben  hat  Kadmos, 
wie  seinerseits  Zeus,  ein  Weib  gleichen  Begriffes  als 
seine  rechtmässige  Gemalin  an  sich  gezogen,  die 
Harmonia.  Wie  durch  die  Poesie  vom  Kadmos 
die  Philosophie  zuerst  auf  die  erhabene  Idee  des  Kos¬ 
mos  im  Weltall  geleitet  war,  so  wurde  auch  Har¬ 
monia  zuerst  als  weltliche  Ordnung  gefasst,  und  des 
hohen  Paares  Hochzeit  von  Pindar  nach  der  ursprüng¬ 
lichen  Lehre  zu  Theben  gefeiert.  Eine  spätere  Er¬ 
zählung  hatte  sie  nach  Samothrake,  der  neueren  Hei¬ 
mat  der  Kabiren,  verlegt.  Ihre  göttliche  Bedeutung 
neben  dem  Kadmos  kann  nicht  bezweifelt  werden 


51)  Nonnos  4,  89.  —  Nonnos  13,  409.  heisst  Kadma 

WM 

52)  Pausan,  9,  16,  3.  vgl.  9,  8,  1. 

63)  Pausan.  3.  17,  4. 

54)  Hesiod.  Theog.  937.  475.  Plutärch.  Pelop.  19.  Hom. 
Hymnos  auf  Pyth,  Apollon  195. —Für  die  Beziehung  der  Har- 

4» 


52 


in  Thel>en  ist  sie  die  der  Stadt  angeborne  Göttin  and 
im  Olymp  tanzt  sie  der  Aphrodite  gleich,  mit  der  Ju¬ 
gend,  der  Liebe,  den  Horen  und  Chariten  gesellt.  Eu- 
ripides  lässt  die  Musen  die  HarMoniä  in  Attika  er¬ 
ziehen  Ihre  eigentliche  Verehrung  war  aber  nur 
in  Theben  und  Samothrake.  An  beiden  Orten,  mit 
Kadmos  als  Hermes  verehrt,  bedeutet  Harmonia  das¬ 
selbe,  was  im  rohen,  nach  einer  mehr  äusserlichen 
physischen  Ansicht  gefassten  Symbol  Herrn es-Psal- 
los  und  Hekate -Brimo  sind,  nach  einer  ideelleren, 
späterer  Zeit  gemässen  Anschauung,  die  Begründung 
nämlich  und  Erzeugung  der  ewigen  und  einträchtigen 
Geseze  der  Welt  und  des  Lebens  '*).  Hermes  und 
Hekate  sind  Kinder  des  Himmels  und  der  Erde  5  Har¬ 
monias  Vater  ist  Zeus,  und  Elektra,  ein  Beiname  ur¬ 
sprünglich  öder  Nachbildung  der  samöthrakischen  He¬ 
kate,  ihre  Mutter.  So  wie  aber  Zeus  mit  dem  Kad- 
mos  zusammenfällt,  so  Eleclra  milder  Harmonia,  wel¬ 
che  bald  ihre  Tochter,  bald  ihre  Mutter  heisst.  Beide 
heissen  anch  wiedeC  Schwestern  des  Kadmos,  die  der 
Gott  freit,  ähnlich  wie  Zeus.  Diesem  Kreise  vOn 
Gottheiten  gehört  noch  eine  andere  an,  die  zu  Do- 
dona,  die  zu  Theben  und  Samothrake  verehrte  Europa; 
auch^sie  ist  Schwester  des  Kadmos,  und  ganz  gleich 
dem  Wesen  jener  Göttinnen,  und  mit  der  Harmonia 

monia  zum  Kadmos  ist  bezeichnend:  Be  sy chio s:  ^ 

=  y.6ßfiovm.  dQxn  «f  i»'  int  t??  tvxocfilat 

twv  yvyMxmy, 

55)  Eürip.  Medea  830.  ^ 

56)  Völker  Kret.  Kolon.  S.  35.  Philolaos  bei  Dio¬ 
genes  8,  7,  4.  iy  rm  y.ößfita  aqfiöx^n  umlQwy  n  xat 
woyrmy,  xat  oAcff  xiepoS,  xat  rä  iy  avrm  nüvia.  Ebend.  Jox»  d*  avt(^ 
ndym  dya)>itfi  xat  ig^ioyla  ytyiß^a,.  Die  Pythägoräeer  sagten  nach 
Strabon  10,  468.  kaff"  «gfiovlay  roy  sfdffjuoi/ffi/vfffrßv«».  AeschyloÄ 
Prorrt.  532.  'mnort  mv  Mk  ug^ovlav  ^varSy  nagi^iaßt 


53 


noch  hat  sie  dies  gemein,  dass  beide  ‘za  Samothrake 
als  fliehende  Göttinnen,  die  man  sachte,  an 
den  jährlichen  Mysterienfeiern  verehrt  worden.  Wie 
nun  Europa  eine  Erdmutter  ist,  sie  möge  nun  hei¬ 
ssen  Demeter  oder  sonst  irgend  wie,  so  wird  auch 
Hera  wieder  als  Enropeia  nach  Hesyphios  verehrt. 
Die  verschiedenen  Namen,  unter  denen  die  alten  ka- 
hirischen  Gottheiten  Vorkommen,  dürfen  uns  keinen 
Augenblikk  irre  machen ;  es  sind  immer  nur  verschie¬ 
dene  Auffassungen  desselben  Wesens,  oder  dasselbe 
Wesen  an  verschiedenen  Stätten  des  Kultes,  und  jene 
können  um  so  mannigfaltiger  sein,  je  umfangreicher 
der  zu  Grunde  liegende  Pegriff  eines  göttlichen  Wp" 
gens  ist.  Was  ira  Allgemeinen  von  der  Mythologie 
gilt,  sagt  Varro'^),  gilt  von  den  samothrakischen 
Gottheiten  noch  besonders:  Himmel  und  Erde  sind 
die  grossen  Gottheiten  und  werden  mit  vielen  Namen 
benannt. 

Tor  Kadmos  und  Harmonia,  so  lautet  die 
JSage,  gab  es  ein  anderes  Herrscherpaar  in  Theben, 
Ares  und  Aphrodite  oberste  Gottheiten, 

welche  im  wesentlichen  Sinn  für  gleichbedeutend  mit 
jenem  andern  Paare  anzunebmen  sind.  Ares  ist,  der 
Bedeutung  seines  Namens  Mann  gemäss,  der 

57)  Varro  de  ling.  lat.  5,  58.  Terra  et  Coelunj,  ut  Samo- 
thracia  initia  docent,  sunt  dii  magni  et  bi,  quos  dixi,  paultis  no- 
minibus.  ' 

68)  Find.  Pyth.  4.  87.  Photios  Kod,  186.  Plutarch  Isis 
u.  Os.  Kap.  48.  Ovid.  Metam.  3,  132. 

59)  Aug.  Fr.  Pott.  Etymol.  Forsch.  1,  221  ff.  Ares  von 
der  Wurzel  wrL  piese  theilt  sich  in  zwei  Hauptbedeutungen  1) 
bedekken,  eiuhüllen  2)  hat  es  die  Bdtg.  in  seinen  Schuz 
nehmen,  und  man  gebraucht  es  für:  sich  eine  Gemalin 
nehmen.  Der  Mann  (wir  a  Held)  heisst  demnach  Schüzer,  Wehre 
und  den  Nauen  ’Aq*is  hat  man  längst  mit  Kqikv,  a^rnfUi  in  wel- 


54 


Äxiokerses,  der  grosse  Befruchter,  der  Zeus,  und 
als  oberster  Gott  wurde  er  vielleicht  auch  einmal  in 
Elis  verehrt,  wo  es  einen  Zeus -Ares,  Zsvg  Aqnog 
gabj  der  späterhin  Hephaistos  hiess.  Ares  ist  hier 
in  vollkommen  kosmogonischer  Beziehung  genommen, 
in  welcher  wir  die  Aphrodite  schon  von  Dodona  her 
kennen.  Ausser  in  Theben  werden  wir  dies  kosmo- 
gonische  Herrscherpaar  noch  in  Arkadien  nachwei- 
sen.  Sonst  ist  uns  dasselbe  zwar  von  keinem  andern 
Lande  mehr  aufbehalten,  und  nur  in  Sparta  finden 
wir  in  der  Ares-Aphrodite,  Acpqoöi'ci]  Aqeia  noch 
Spuren  von  ihrer  Vermälung  mit  Ares  wieder,  doch 
in  der  spätem  Entwikkelung  der  Göttin  weisen  meh¬ 
rere  Beziehungen  auf  ein  solches  Verhältniss  mit  Ares 
in  alter  Religionslehre  zurükk.  Wir  erinnern  hier 
vorläufig  nur  an  ihre  Buhlschaft  mit  Ares,  nachdem 
im  olympischen  Götterstaat  Hephaistos  ihr  rechtmä¬ 
ssiger  Gemal  geworden  war.  ln  der  römisch -grie¬ 
chischen  Sage  stehen  Ares  und  Aphrodite  wieder  an 
der  Spize  des  Iiilischen  Geschlechts  *"3.  — -  Wie 

kommt  es  denn,  dass  die  Sage  zwei  göttliche  Her»- 
scherpaare  in  Theben  hinstellt,  wenn  man  nicht  an¬ 
nehmen  will,  das  eine  sollte  eine  höhere  Stufe  der 
JSntwikkelung  religiöser  Vorstellungen  bezeichnen. 
Höchstwahrscheinlich  gehörten  sie  verschiedenen  Volks¬ 
stämmen  an,  und  beide  verbindet  die  Sage  wieder 
auf  die  Weise,  dass  die  Geraaliu  des  Kadmos  eine 
Tochter  des  älteren  Paares,  des  Ares  und  der  Aphro¬ 
dite,  wird®")*  Zugleich  lässt  sich  nicht  leugnen,  dass 

aeE~W^ten  Thiersch  S.  232  die  Spur  eines  Digamma  nach¬ 
weist,  zusammengestellt.  Bei  ‘'Aqn?  entscheidet  sich  Pott  mehr 
für  die’Bdtg.  eines  Schüzers,  als  eines  Grossen,  Männ¬ 
lichen.  Mit  'Avnq  nichts  gemein,  wie  Pott  angiebt. 

60)  Ovid  Fasti  4,  25.  56  ff. 

61)  Hesiod  Theog.  937.  Diodor5,48.  Photiosund 

P  lutarch  a  a.  O. 


55 


in  der  Harmonia,  als  Tochter  des  Ares  und  der  Aphro¬ 
dite,  dem  Bilde  der  Vereinigung  streitender  Elemente, 
schon  eine  feinere,  geistigere  Idee  liegt,  welche  Ae- 
schylos  **)  io  den  Worten  ausspricht,  dass  in  der 
Liebe  die  schönste  Harmonie  sei.  Im  Grunde  ist  aber 
Harmonia  nur  Ein  Wesen  mit  der  Aphrodite,  und  wird 
in  Geschlechtsverhältniss  mit  ihr  gebracht,  hier  in 
Theben  ihre  Tochter,  anderswo  ihre  Mutter  ®®),  und 
in  diesem  Sinne  geht  auch  Ares  wieder  mit  der  Har¬ 
monia  eine  Verbindung  ein  und  zeugt  die  Amazone®*). 
Bestimmter  ist  die  Einheit  beider  Wesen  noch  darin 
ausgesprochen,  dass  wir  erfahren,  in  Delphi  habe 
Aphrodite  den  Namen  Harma,  d.  i.  Harmonia, 
getührt®*).  Wenn  demnach  Harmonia  Gemahn  des 
Kadraos  heisst,  so  sagt  dies  ursprünglich  nichts  wei¬ 
ter,  als  wenn  Aphrodite  als  die  Kadmos-Gemalin  uns 
genannt  wäre,  und  Harmonia  und  Kadmos  bildeten 
dieselbe  Ehe,  weiche  wir  zuArgos®®}  im  phallischen 
Hermes  und  der  ihm  gesellten  Aphrodite  finden. 
Sie  waren  aber  beide  schon  früh  als  besondere  We¬ 
sen  aufgefasst,  und  gehören  beide  zu  den  acht  The- 
bischen  Volksgöttern.  Was  den  ethischen  Begriff  der 
Harmonia  und  der  Aphrodite  als  Herma  aus  frühster 
Zeit  anbelangt,  so  Hesse  sich  gegen  diesen  ein  wen¬ 
den,  dass  äQfitj,  wie  Hesychios  angiebt,  und  mithin 
auch  uQfiovia^  die  Deutung  auf  eine  körperliche  Vereini¬ 
gung  in  Liebe,’ o’üj'ddog  o’wp.arcd»' ®^),  habe,  und  wenn  Je- 

62)  Ae  sch.  Hiketiden  1041.  cfidbra*  d'uQfiovkc  ’  AifiqoMitjS 

63)  Nikephoros  Progyranasm.  Walz  Griech.  Rhet.  1  S. 
492  *ArfqoSiTtjg  Aquovla  dtös.  Koluthos  Raub  der  Helena. 

26.  ‘AqfiovittS  ^A<fQodkt}. 

64)  Apollonios  v.  Rhod.  2j  990. 

65)  Plutarch  Erot.  Kap.  23. 

66)  Pausan.  2,  19,  6. 

67)  Vgl.  Lukrez  de  rer.  nat.  4,1242.  Harmoniae  Veneris. 

r 


mand  g^gen  eine  so  fr(ihe  geistige  Beziehung  der 
Göttin  Einspruch  thun  möchte,  so  fände  sie  \ielleicht 
auch  auf  diese  Weise  ihre  Erklärung.  Indess  deutet 
doch  vieles  darauf  hin,  dass  die  ethische  Bedeutung 
sich  schon  sehr  früh  zur  physischen  gefunden  habe, 
lind  der  Begriff  der  Ordnung  und  Vereinigung  ist  ge¬ 
wiss  ein  alter  und  achter, 

Nach  den  Sagen  legte  das  jüngere  Geschlecht, 
Kadmos  und  die  Harmonia,  seine  Verehrung  gegen 
das  ältere  Götterpaar  Ares  und  Aphrodite,  dadurch 
an  den  Tag,  dass  Kadmos  der  Aphrodite  das  dritte 
Thor  von  Theben  ®*),  und  Harmonia  ihr  die  drei  ur¬ 
alten  Holzbilder®®)  weihte,  von  denen  eine  nachhe- 
rige  Sage  berichtete,  dass  sie  aus  den  Schiffsschnä¬ 
beln  des  Kadmos  verfertigt  worden  seien,  In  der 
Bedeutung,  welche  diesen  drei  Holzbildern  der  Aphro¬ 
dite,  ovgavia  der  himmlischen,  nävdrjiiog  der  gemei¬ 
nen,  und  djioöTQQcpia  der  die  Blutschande  abwehren- 
beigelegt  war,  müssen  wir,  da  sie  doch  in  das 
höchste  Altertbum  hinaufreichten,  ein  bedeutendes  Merk-: 
mal  der  Geistesbildung  erkennen,  weil  sie  schon  den 
Gegensaz  der  reineit  und  unreinen  oder  der  erlaubten 
und  nicht  erlaubten  Liebe  ausdrükken.  Auf  diesen 
frühen  hohen  Grad  der  Geistesbildung  jenes  Volkes 
müssen  wir  die  Auffassung  der  Aphrodite  als  Harmo¬ 
nia  zurükkführen.  Bezeichnend  ist  es  auch,  dass  jene 
drei  Holzbilder  sich  auch  in  Arkadien,  einem  Haupt¬ 
lande  der  Pelasger,  und  zwar  in  Megalopplis,  wie¬ 
derfanden  *®).  Wenn  hier  auch  Pausanias  das  dritte 
Bild  nicht  benennt,  weil  dessen  Name  seinem  Führer 
nicht  mehr  erinnerlich  war,  so  können  wir  doch  mit 


68)  N onnos  5,  80.  . 

69)  Pausan.  9,  16,  3. 

70)  Ders.  8,^32,  1./ 


{Sicherheit  aus  der  Angabe  der  beiden  ersten,  als  der 
Urania  und  Pandemos,  auf  die  dritte  als  die  Apo-» 
strophia  schliessen.  Dieser  seltne  Name  war  ihm 
^tfallen,  jene  beiden  andern  waren  ihm  geläufig,  weil 
sie  allgemein  bekannte  Formen  der  Göttin  waren. 
Uederdies  stand  daneben  der  Altar  des  Ares,  zu  des¬ 
sen  Ehren  jener  Tempel  erbaut  war,  und  daraus  müs¬ 
sen  wir  schliessenj  dass  auch  in  Arkadien,  diesem 
rein  pelasgischen  Lande,  jene  beiden  kosmogonmehen 
Gottheiten  in  alter  Zeit  Geltung  gehabt  haben. 

Es  ist  schon  gesagt,  dass  der  samothrakische, 
Kabirendienst  seine  Wurzel  im  thebischen  bat;  die 
Führer  desselben  waren  die  Pelasger,  und  zwar  die 
tyrrhenischen  Pelasger.  Diese  waren  in  der  Zeit  der 
Dorerwanderung  als  Vertriebene  von  Attika  nach  Lem- 
pos,  Samothrake  und  andern  Ortengekommen  V),  Nach 
Attika  aber  waren  diese  Pelasger  aus  Boiotien,  und 
zwar,  wie  Ephoros’*)  angab,  aus  der  Gegend  von 
Theben  gekommen,  Wie  überall,  wo  Pelasger  waren, 
sich  die  Vorstellungen  von  ihrer.  Aphrodite  theils  si¬ 
cher  nachweisen,  theils  voraussezen  lassen,  so  wird 
ihr  Name  auch  nach  Samothrake  geführt,  und  wie  man 
die  dortige  Gottheit  Axieros  bald  Hekate,  Rhea,  De¬ 
meter  nennt,  so  wird  sie  auch  mit  Aphrodite  vergli¬ 
chen.  Von  dem  Lemnischen  Aphroditedienst  wissen 
w'ir  nur  sehr  wenig;  doch  ist  ups  eine  vielfältig  er¬ 
zählte  Mythe  von  der  Aphrodite  daselbst  aufbewahrt, 
welche  wir  gehörigen  Ortes  geben  werden.  Hier  be¬ 
gnügen  wir  uns  mit  folgendem.  An  der  iSpize  des 
Lemnischen  Kabirenkultes  steht  Hephaistos,  des 
Uranos  8ohn,  welcher  ganz  in  die  Eigenthümlicbkeib 
des  Zeus  übergeht^  und  als  solcher  ist  er  auch  wier 

’  71)  Herodot.  2,  57.  6,  137. 

72)  Bei  Strabon  9,  401. 


58 


der  Vater  des  ithyphallischen  Kadmos  oder  Kadmilos’*). 
Ihm  zur  Seite  steht  als  weibliches  Prinzip  und  Ge- 
malin  die  Aphrodite  unter  dem  allgemeinen  Namen  Ka- 
beira  sowol,  als  auch  ausdrükklich  unter  dem  speciel- 
len  der  Aphrodite  selbst,  wie  zu  Theben  dieselbe  Göt¬ 
tin  dem  Ares,  dem  Kadmos  die  Harmonia  u.  s.  w.  Als 
der  Lemnische  Kabirenkult  höheres  Ansehen  erhielt» 
und  die  Mythen  von  Ares  und  Aphrodite,  schon  durch 
Kadmos  und  Harmonia  verdunkelt,  in  den  Hintergrund 
treten,  erhielten  sich  zwar  noch  mancherlei  Beziehun¬ 
gen  der  Aphrodite  zum  Ares,  und  gingen  in  die  all¬ 
gemeinen  hellenischen  Vorstellungen  von  der  Göttin 
über,  allein  der  rechtmässige  Gemal  wurde  nicht  Ares 
wie  in  Thebischer  Sage,  sondern  Hephaistos  nach 
Lemnischen  Mythen.  Auch  diese  Ehe  ist  in  ihrem 
Ursprünge  durchaus  physischer  Bedeutung,  sie  ging 
aber  unter  veränderten  BegrifiTen  in  die  Götterwelt  der 
Olympier  über,  wo  Ares  nur  in  der  Eigenschaft  eines 
begünstigten  Buhlen  wieder  hervortritt.  Von  der  wei¬ 
tern  Verbreitung  des  Kultes  der  Aphrodite  bemerken 
wir  hier  ferner  nur  noch  so  viel,  dass  er  mit  den  tyr¬ 
rhenischen  Pelasgern  von  diesen  Inseln  auch  in  die 
Gegenden  Troias  verpflanzt  wurde,  in  welchen  man 
viele  und  enge  Verbindungen,  namentlich  mit  dem  sa- 
mothrakischen  Kabirenkult,  wahrnimmt. 

5)  Weitere  Entwikkelung  des  kyprischen 
Kultes. 

In  dem  Vorhergehenden  sind  diejenigen  Vorstel¬ 
lungen  der  Naturgottheiten  entwikkelt  worden,  welche 
die  drei  hauptsächlichsten  auf  Kypros  zusammentref- 
fenden  Völker  mit  sich  führten.  Aber  das  Schikksal, 


73)  Strabon  10,  472. 


59 


welches  die  Völker  selbst  erlitten,  ist  auch  das  ihres 
Kultes  geworden.  In  der  Geschichte  des  Landes  ist 
nachge wiesen  worden,  wie  die  beiden  älteren  Völ¬ 
kerstämme,  die  Phöniker  und  Phryger,  von  dem  drit¬ 
ten,  den  Griechen,  zurükgeschohen  w^urden  und  in  ihm 
aufgingen.  Die  Phöniker  besassen  freilich  eine  be¬ 
deutende  Macht,  als  die  Griechen  nach  Kypros  kamen, 
aber  dessenungeachtet  gelang  es  den  zahlreichen  An¬ 
siedlern  dieser  lezteren  über  jene  vielleicht  noch  frü’ 
her  eine  geistige  als  die  politische  Uebermacht  zu  er¬ 
langen.  Ueber  die  religiösen  Zustände  der  drei  haupt¬ 
sächlichsten  phönikischen  Städte  Kition,  Amathus 
und  Paphos  zur  Zeit  der  Ankunft  der  Griechen 
haben  wir  leider  gar  nichts  Sicheres,  so  dass  wir 
auch  über  die  Art,  wie  die  geschichtlichen  Zustände 
des  kyprischen  Kultes  sich  entfalteten,  nur  wenig  Ge¬ 
wisses  vorlegen  können.  So  weit  als  unsere  Vor¬ 
stellungen  reichen,  hat  in  Kition  der  Kult  nichts  Vor¬ 
wiegendes,  sein  Einfluss  und  seine  Macht  geht  nicht 
über  das  gewöhnliche  Mass  hinaus,  so  dass  man  hier 
von  einer  vorwiegenden  Hierarchie  sprechen  könnte 5 
auch  Mythen  sind  nicht  vorhanden,  während  beides  in 
Amathus  und  Paphos  vorherrscht.  Wie  wird  diese 
Erscheinung  zu  erklären  sein,  ungeachtet  in  jenen 
Zeiten  doch  Kition  so  wie  der  ältste,  so  auch  der 
mächtigste  Staat  war?  Es  scheint  mir,  als  wenn  der 
Kult  und  die  priesterlich- königlichen  Einrichtungen 
zu  Amathus  und  Paphos  ihre  Ausbildung  phrygischen 
und  griechischen  Einflüssen  verdanken,  und  dass  sie 
eher  hier  als  in  dem  mächtigeren  Kition  einwirken 
konnten.  Auf  phönikischem  Grund  wurde  allerdings 
hier  fortgebaut,  allein  alles  Phönikische  ist  bis  zur 
Unkenntlichkeit  hellenisirt;  phönikische  3Iythea  giebt 
es  gar  nicht  mehr,  und  am  Kinyras  ist  nichts  weiter 


eo 


Phönil^isches  als  der  Name  zu  entdekken,  Nicht  nur 
die  hierarchischen  Einrichtungen,  die  durch  aphroditi- 
sche  Bevorzugung  gegründete  königliche  Macht  der 
Priester,  sondern  auch  der  Glanz  und  das  Gepränge 
des  Kultus,  der  eigenthümliche  Orgiasmus  im  kypri- 
scheri  Dienste  verräth  nicht  phönikischen,  sondern  phry- 
gischen  Ursprung.  Entschieden  ist  aber  die  Ausbil¬ 
dung  des  Adonismythos  und  Adoniskultes  durch  phry- 
gische  Einflüsse  bewerkstelligt,  wie  an  einem  andern 
Orte  näher  nachgewiesen  werdeii  wird,  und  die  Ver¬ 
bindung  troischer  uud  kyprischer  Sagen  findet  eben¬ 
falls  nur  hierdurch  ihre  Erklärung.  In  dem  rein  phö¬ 
nikischen  Kition  konnte  diese  geistige  Regsamkeit  im 
Kult  und  in  der  Mythenbildung  * )  nicht  entstehen. 

Was  den  Pbrygern  die  Einwirkung  auf  Amathus 
und  Paphos  erleichterte,  war  nicht  minder  günstig 
für  die  Griechen.  Sie  bemächtigten  sich  allmälig  des 
ganzen  Kultes,  Hessen  aber  das  ihnen  zusagende  und 
verwandte  Phrygische  stehen  5  die  Ausbildung  des 
Aphrftditekultes  aber  geschah  fortan  durchaus  im  hel¬ 
lenischen  Geist  und  Interesse.  Das  wahrscheinlich 
höhere  Alter,  mindestens  die  höhere  Bedeutung  von 
Amathus  in  den  ältsten  Zeiten  ist  oben  dargethan; 
Paphos ,  wo^  nur  griechische  Mythen  zu  Hause  sind, 
gewann  muthmassHch  erst  durch  die  Griechen  den 
Vorrang.  Die  Sage  nennt  allerdings,  wie  Herodot^) 
beriehtef,  Askalon  in  Palästina  als  den  ältsten  Ver¬ 
ehrungsort  der  Aphrodite,  und,  wie  die  Kyprier  selbst 
behaupteten  ,  betrachtete  man  den  Paphischen  Tempel 
als  ein  Nachbild  dessen  von  Askalon,  und  nicht  den 
Amathusischen^  allein  wer  verbürgt  es  uns,  dass  diese 


1)  Vgl.  Thl.  1  S.  170  ff. 

S)  Herodot.  1,  105.  Nach  ihm  Pausan,  1,  14,  6. 


6i 


l^age  nicht  erst  entstand,  nachdem  Paphos  einen  hö- 
hern  Glanz  erlangt  hatte,  und  in  so  fern  behält  die 
{Sage  immer  Recht,  als  auch  der  Paphische  Tempel, 
sowie  der  ilmathusische,  ursprünglich  von  Phöhikischen 
Anlagen  ausging.  Dass  man  den  tri‘spri;lhg  an  den 
Tempel  von  Askalon,  und  nicht  etwa  an  Tyrische  öder 
ISidonische  Tempel  anknüpfte,  machte  sich  gan^i  na¬ 
türlich,  da  der  Tempel  von  Askalon  der  berühmteste 
der  Astarte  war;  nur  dass  sich  Paphos  anf  Kosten  von 
Amathüs  erheben  darf,  wird  bestritten.  Homer  nennt 
die  Aphrodite  stets  schlechtweg  Kypiris,  kyprische 
Göttin,  Amathüs  erWähnt  er  gar  nicht,  ünid  nur  ein-^ 
mal,  in  der  btekäniiten  Stelle  der  Odyssee,  Paphos.  Ob¬ 
gleich  dies  an  und  für  sich  nichts  besagen  würde,  so 
war  doch  ohne  Zweifel  Paphos  zu  Steiner  Zeit  schon 
der  berühmteste  Ort  der  Aphrodite.  Wenn  Homer  der 
Aphrodite  den  Namen  Kypris  als  stehenden,  nicht  als 
Beinamen  und  Paphos  als  den  Mittelpunkt  des  Kultes 
angiebt,  so  sehen  wir  daraus  siugleich,  dass  der  Kult 
lange  vor  ihm  zu  seiner  völligen  Entwikkelung  ge¬ 
kommen  sein  muss,  und  von  einer  phönikiSchen  Göt¬ 
tin  bei  ihm,  weder  wenn  er  Paphos,  noch  Wenn  er 
Kythera  nennt,  die  Rede  sein  kann.  Der  kyprische 
Dienst  war  der  allgemeine  Dienst  der  Göttin,  und  be¬ 
sondere  örtliche  Auffassungen  können  bei  ihr,  Wie  bei 
jeder  andern  Gottheit  sehr  wohl  bestehen.  Homer 
aber  stellt  die  Aphrodite  nur  in  einer  Form  dar,  wie 
oben  schon  natehgeWieSen  ist  ,  welche  in  nichts  gegen 
die  allgemeine  Auffassung  Verstösst,  sondern  ihr  voll¬ 
kommen  entspricht.  Dass  er  auch  einige  Lökalsagen 
aufnehmen  musste,  lag  lediglich  im  Gegenstände,  wel¬ 
chen  er  behandelte,  von  dem  er  dann  wieder  zur  all¬ 
gemeinen  Auffassung  znrükkeWt. 

Was  von  phönikischen  Gottheiten  auf  Kypros  id 


62 


gegchichtlicher  Zeit  noch  übrig;  war,  beschrünkt  sich 
lediglich  auf  den  tyrischen  Melkart,  welcher  in  Aina- 
thus  nach  Hesychios  unter  dem  Namen  Malika  ver¬ 
ehrt  wurde.  Wir  haben  dies  oben  schon  unter  den 
Beweisen  für  höheres  Alter  und  höhere  Bedeutung 
von  Amathus  vor  Paphos,  welches  nur  griechische  My¬ 
then  hegt,  angeführt,  und  zugleich  auf  den  muthmass- 
lichen  grossen  Sagenvorrath  von  Amathus  aufmerk¬ 
sam  gemacht.  Bei  dem  Zusammenfluss  der  verschie¬ 
denen  Völker  auf  Kypros,  den  vielen  religiösen  Be- 
yjehungen  mit  andern  Ländern,  den  eigenthümlich 
ausgebildeten  Kultverhältnissen  musste  natürlich  ein 
grosser  Sagenschaz  entstehen,  welchen  wir  jezt  haupt¬ 
sächlich  nur  aus  den  vielen  Namen,  welche  uns  als 
kyprische  Sagenschreiber  aufbewahrt  sind ,  kennen. 
Diese  Verhältnisse  mussten  aber  auch  zugleich  ein 
grosses  Sagengewirr  herbeiführen,  wovon  noch  die 
Mythen  von  Kinyras  Zeugniss  ablegen.  Im  Beson- 
dern  von  Amathus  verbürgen  zwei  Geschichtsbücher 
der  Stadt  einen  grossen  Beichthum  alter  Geschichten 
und  Sagen ,  die  des  Paion  und  des  Eratosthenes,  von 
denen  wenigstens  die  Schrift  des  lezteren  als  eine 
umfangreiche  sich  ankündigt.  Der  Mittelpunkt  aller 
musste  natürlich  immer  der  Kult  und  die  Mythen  der 
Aphrodite  bleiben.  Der  allgemeine  Ruf,  den  sie  als 
kyprische  Göttin  erlangte,  verschaffte  ihr  schon  sehr 
früh  den  Namen  Kypris,  den  sie  schon  bei  Homer 
führt  und  durch  alle  Zeiten  behielt.  Man  liebt  es 
aber  ihn  noch  mit  andern  Namen  zu  verbinden,  so  Ky¬ 
pris  und  Aphrodite^),  mehr  aber  in  der  Form  Ktmqoye- 
Kvmqua  welches  wieder  zu  dem  sonderbaren 


3)  Hymtsos  auf  die  Aphrodite  V.  1, 

4)  Homer.  Hymnos  9.  1. 


63 


Ausdrukk  des  kytherischen  Kypros®}  Veranlas- 
süng  gab.  Mit  den  Namen  der  Göttin,  ihrer  Yerbin- 
düng  und  Anhäufung  spielen  die  Dichter  sehr  viel, 
wie  es  ihnen  gerade  gefällt;  sehr  häufig  kommen  übri¬ 
gens  auch  einfach  KvTtQoysv^g  und  EvnQoyiveta  für  Kv~ 
TtQtg  vor.  Wenn  die  Etrusker,  wie  wir  erfahren«}, 
die  Hera  mit  dem  Namen  Kypra  benannten,  so  kön¬ 
nen  wir  nicht  umhin,  auch  diesen  Namen  mit  der 
Aphrodite  Kypris  in  Verbindung  zu  bringen.  Aus  un- 
sern  obigen  Auseinandersezungeo  geht  die  enge  Ver¬ 
wandschaft  der  pelasgischen  Aphrodite  mit  der  Hera  ‘ 
hervor,  und  es  steht  nichts  im  Wege,  dass  die  eine 
bei  geringer  Modifikazion  unter  dem  Namen  der  an¬ 
dern  an  einem  dritten  Orte  angebetet  wurde.  Es  Ist 
nun  freilich  nicht  nachzuweisen,  dass  die  tyrrhenischen 
Pelasger,  welche  den  Ort  erbaut  hatten,  auch  auf  Ky- 
pros  gewesen  waren,  allein  der  Name  der  Göttin  war 
zu  ihrer  Zeit  und  namentlich  auch  an  den  Orten,  an 
welchen  sie  sich  befanden,  bekannt  genug,  als  dass 
sie  ihn  nicht  mit  in  ihre  neue  Heimat  hätten  führen 
und  der  etruskischen  Himmelskönigin  den  Namen 
der  kyprischen  Herrscherin  beilegen  können.  Muss 

5)  Val  er  Martial.  8,  45.  Quum  te,  Flacce,  mihi  reddet 
Cythereia  Cypros  Luxuriae  fiet  tarn  bona  causa  meae. 

6)  Strabon  5  S.  241.  Vgl.  Micali  l’Italia  avanti  il  domi- 
nio  dei  Romani  2  S.  47.  Colucci  Cypra  maritima.  Die  meisten 
Erklärungen  scheinen  mir  unstatthaft;  aber  auch  Otfr.  Müller 
in  s.  Etruskern  sucht  eine  andere  Herleitung  des  Namens.  Zu 
erwähnen  ist  noch  Böckh  Metrologische  Untersuchungen  S.  380: 

„  Nun  lag  aber  in  der  Nähe  der  picenischen  Hatria  die  zwiefa¬ 
che  Kypra,  montana  und  maritima.  Aber  diese  Kypra  wird  als 
Juno  Moneta  selber  mit  der  Kupfermünzung  und  dem  Namen  des 
Kupfers  oder  Kyprischen  Erzes  zusammen  gehangen  haben:  es 
ist  kaum  zweifelhaft,  dass  Kypra  montana  von  den  dortigen  be¬ 
deutenden  Kupferminen  benannt  sei.  “ 


.  64 

doch  selbst  die  Verehnmg  ies  Adonis  auf  diese  Weise 
zu  den  Etruskern  gekommen  sein.  Mir  scheint  eine 
solche  Verpflanzung  des  Namens  gar  nicht  unmöglich^ 
und  ändert  An^/eicheh  erhäften  noch  die  Wahrschein¬ 
lichkeit  Wir  wissen  nämlich,  dass  diese  Hera  er 
Ettter  als  eine  Aphrodite  gebildet  wurde’),  wozu 
le  Pelasger  doch  nur  die  Verwandschaft  der  Kypris 
mit  der  Hera  bewegen  konnte.  Ferner  die  btclle 

beim  Silius  Italiens  ^  > 

Et  nuis  littoreae  fumant  altana  Cyprae  ^ 
roch  gar  nicht  so  bestimmt,  dass  unter  dieser 
kypra  nur  eine  Hera  7.«  verstehen  sei;  ich  mochte 
Wenigstens  in  dem  Dainpteil  der  Altäre  nferh- 

■ehen  Kypra  noch  lieber  eine  meeriifer-  und  hafenlie- 
bende  Aphrodite  bis  eine  Hera  erkennen.  Das  forU 
danerndc  Bewusstsein  von  einer  inhern  Verwandschaft 
beider  Gottheiten  bekiindel  auch  noch  die  Nachricht, 
Ls  die  Börner  die  Aphrodite  aoeh  Hera  nannten  ). 
Dieselbe  Sache  ist  es,  wenn,  wie  bekannt  genug,  die 

Körner  die  karthagische  Göttin  ehenFalls  Juno  nann. 

ten,  und  die  Griechen  die  asiatische  Astarte  so  für 

Hera  als  Aphrodite  erkannteti.  .  i  , 

Die  Pliöliiker  hatten  schwerlich  eine  andere  Be- 
•„enniin-  für  die  griechische  Aphrodite,  und  noch  we- 
“L  Für  die  kyprische  Herrscherin  a  s  den  P^amen 
»ftarte  erkannten  buch  Vielleicht  dort  keinen  Unter¬ 
schied  zwischen  beiden  Göttinnen  an.  Auf  der  ersten 
phönikischen  Insclirift  VonKilion 

Herrscher,  wir  Wissen  aber  nicht  was  für  welche, 
■der  Astarte  einen  neuen  Tempel  erbaut  haben,  und 

7)  Eil.  GerhardProdromus  S.35.  Änni.  87. Tat.  2.  Anm.  115. 

8)  Silius  Italiens  8,  432. 

8)  Johaanea  V.  Lydien  Leber  die  Monate.  S.  9». 


65 


zur  Gottheit  flehten,  dass  sie  auch  ihnen  in  diesem 
gnädig  sein  möge,  wie  sie  ihre  Torfahren  in  dem  al¬ 
ten  1  empel  erhört  habe.  Zwischen  dieser  Gottheit 
und  der  i\phrodite,  welche  auf  griechischen  Inschrif¬ 
ten  genannt  wird,  ist  schwerlich  ein  Unterschied  an¬ 
zunehmen.  Diese  griechischen  Inschriften  sind  ge¬ 
wiss  zum  Theil  noch  älter  als  jene  phönikischen,  und 
es  lässt  sich  annehmen,  dass  zur  Zeit  der  Abfassung- 
der  lezteren  auch  hier  in  Kition,  wie  das  Tolk  so 
auch  der  Kult  schon  wesentliche  griechische  Einflüsse 
erfahren  hatte.  Dies  sehen  wir  auch  noch  daraus,  dass 
auf  griechischen  Inschriften  Kitions  neben  der  Aphro¬ 
dite  auch  noch  rein  griechische  Gottheiten,  wie  Zeus 
und  Hera,  genannt  w'erden^  und  diese  Stadt,  wxdche 
ihre. phönikische  Nazionalität  so  lange  bewahrte^  musste 
sich  endlich  auch  eine  griechische  Heroine  gefallen 
lassen. 

^on  Sagen,  welche  Kypros  mit  den  asiatischen 
Ländern  verbinden,  und  auf  alte  religiöse  Bande  zu- 
rükkweisen,  sind  noch  folgende  wenige  erhalten.  Gre¬ 
gor  von  Nazianz  >“)  und  Elias  von  Kreta  sagen,  dass 
die  Chaldaeer,  oder  doch  wenigstens  die  Kyprier  das 
Opfern  eingeführt  hätten,  weil  beides  in  den  Geschichts¬ 
büchern  berichtet  wurde.  Tatian  meint,  die  Weissa¬ 
gung  hätten  zwar  die  Phryger  erfunden,  die  Kyprier 
aber  das  Verfahren  beim  Opfern.  Georgius  Kedre- 
nos "  )  theilt  mit,  dass  die  Araber  und  Phryger  die 
Vogelschau  erfunden  hätten,  die  Chaldäer  oder  die 


10)  Gregor  v.  Naz.  Orat.  47;  Suidas  u.  d.  W.  OtW  Eu- 
dokia  S.  41  u.  284. 

11)  Georg.  Kedren  OS  S.  73.  Bonn. Ausg.  Kra  mfe r s  Anekd 
4,  240.  BJach  Plinius  30,  2  ist  die  Magie  der  Kyprier  erst  spät 
ßufgekommen. 

Hi 


5 


66 


Kynrier  aber  die  Magierkonst.  Hiermit  können  «ir 
nach  den  Aassprach  des  Paueanias'O  verbinden,  nach 
welchem  die  Wahrsagerknnst  dnrch  Zicgenbokke, 
Lämmer  und  junge  Käiber  von  den  Menschen  von  A  - 
ters  her  getrieben  sei,  dieKyprier  hätten  es  abernu- 
erst  aufgebracht,  auch  aus  den  Schweinen  zu  weis¬ 
sagen.  Wir  sehen  aus  diesen  Sagen  wenigstens  so 
vid,  dass  der  religiöse  Glaube  das  kypnsche  Kiiit- 
wesen  in  das  höchste  Alterthum  hinaufrukkte ,  und 
seine  Anfänge  mit  denen  der  semitischen  und  phry- 
gischen  Vöiker  nach  Aller  und  Beschaffenheit  z.iisam- 
leno-ebracbt  wurden.  Wie  die  Magie  dort  schon  in 
den 'frühsten  Zeiten  getrieben  sein  soll,  so  ist  das 
wirkliche  Vorhandensein  derseiben  uns  auch  noch  aus 
der  geschichtlichen  Zeit  verbürgt,  denn  einen  Magie 
Elymas  traf  der  Apostel  Paulus  zu 

Die  -Mythe  verbindet  auch  den  karthagischen  Kult 

mit  dem  kyprisch-phönikischen;  sie 
uiEstens  unmittelbar  von  diesem  her.  Als  Dido,  so 
laftet  die  Sage,  von  Pygmalion  aus  Tyros  vertrieben 
war  ging  sin  “c''  KyP™*’  empfangt  hier  ein  Ora¬ 
kel  ’  nnd  begiebt  sich  darauf  nach  Karthago.  Ein 
kvn’rischer  Priester  des  Zeus,  nach  Justin  ),  oder 
d«  Hera  nach  Virgil,  welches  wol  ™h‘iger  ist,  er¬ 
bietet  sich  mit  Frau  und  Kindern  die  Dido  ™ 
ten  und  Theilnehmer  ihres  Geschikkes  zu  bleiben, 
unter  der  Bedingung,  dass  ihm  nnd  seinen  Aach  om- 
me«  dio  Priesterthoms  gesi- 

-hert  werde.  Ausserdem  begleiten  den  Zog  noch 
adlig  Jnngfraun.  Das  Bild  der  Astarte,  welches 


1^)  PausaH.  8,  5,  %  Vgl.  1.  14,  6. 

13)  Apostelgeschichte  13,  4. 

14)  Justin  18,  5  ff.  Virgil  Aen.  1,  447. 


67 


man  in  Karthago  verehrte^  sollte  von  ihr  stammen  * 
sie  selbst  aber  wurde  ebenfalls  in  Karthago  als  Göt¬ 
tin  und  Schüzerin  der  Stadt  verehrt.  Es  ist  natürlichj 
dass  die  Geschichte  der  Dido  in  eine  höhere  Zeit  hin- 
aufgerükkt  werden  muss,  als  die  gewöhnliche  Sage 
sie  darstellt,  und  wahrscheinlich,  dass  unter  ihr  und 
ihrem  Zuge  nur  die  Astarte  selbst  und  die  Ueberfüh- 
rung  ihres  Kultes  nach  Karthago  zu  verstehen  sei. 
Dies  leuchtet  besonders  auch  aus  ihren  Verhältnissen 
in  Tyros  hervor.  Die  karthagischen  Tempel  leitete 
man  ebenso  wenig  von  den  tyrischen  ab,  als  die 
kyprischen,  diese  aber  von  Askalon,  weil  hier  auf 
dem  Festlande  die  berühmtesten  Tempel  waren j  jene 
wieder  von  Kypros,  weil  zu  jener  Zeit  die  kyprischen 
schon  ein  hohes  Ansehn  erlangt  haben  mochten.  Auch 
konnte  Eifersucht  gegen  Tyros  dabei  im  Spiel  sein. 

Heber  das  Vorhandensein  des  männlichen  Gottes 
der  Phöniker,  des  Baal,  des  Gemales  der  Astarte, 
auf  Kypros  giebt  es  zwar  nur  wenige  Anzeichen, 
jedoch  kann  er  nicht  gefehlt  haben.  Das  scheint  we¬ 
nigstens  sicher  zu  sein,  dass  unter  phönikischen  Ky- 
priern  Baal  unter  dem  Namen  Adon  bekannt  gewe¬ 
sen  ist,  welchen  die  Griechen  aufnahmen,  und  für  ih¬ 
ren  phrygisch-griechischen  Mythos  des  Adonis  benuz- 
ten.  Dies  ist  aber  auch  alles,  was  sich  mit  einiger 
Sicherheit  über  den  Baal  Vorbringen  lässt.  Es  gab 
zwar  auf  Kypros  noch  einen  berühmten  Zeusdienst, 
dessen  Mittelpunkt  Salamis  war,  aber  dieser  war, 
worüber  Zeugnisse  hinlänglich  vorliegen,  entschieden 
griechisch  und  griechischer  Abkunft.  Dagegen  wurde 
zu  Amathus  neben  dem  dortigen  tyrischen  Kolonie- 
fübrer  und  Uandelsgott  Melkart,  Malika  genannt,  auch 


15)  Herodiao  5,  6. 


68 


ein  Zeus  verehrt.  Er  führte  hier  den  Namen 
hospes,  wie  Ovid  sagt,  und  erhielt  Fremde 
zum  Opfer.  Sein  Altar  stand  vor  dem  Tempel  der 
Aphrodite,  welche  aber  diese  Opfer  verabscheut.  Was 
gegen  den  phönikischen  Ursprung  dieser  Opfer  zu 
sagen  wäre,  ist  folgendes :  Die  Griechen  nennen  sonst 
den  phönikischen  Gott,  welchem  Menschenopfer  fallen, 
Kronos  und  nichtZeus,  am  wenigsten  mit  dem  Bei¬ 
namen  IsVtogi  dann  sind  es  Kinder,  welche  dem  Kro¬ 
nos  geopfert  werden.  Von  anderer  Seite  ist  dagegen 
einzuwenden,  dass  Teukros*'),  welcher  sonst  Ein¬ 
führer  des  hellenischen  Zeus  heisst,  auch  die  kypri- 
schen  Menschenopfer  eingeführt  habe,  und  die  Frem¬ 
de  nopfer  sind,  wie  allgemein  bekannt,  eine  Sitte  der 
Taurier.  Oben  haben  wir  nachgewiesen,  dass  die 
Kyprier  schon  sehr  früh  nicht  bloss  mit  den  Phrygi- 
eru,  sondern  auch  mit  den  Bewohnern  der  nöidliche- 
ren  Meere  in  Verbindung  gestanden  haben  müssen, 
und  dass  dadurch  wahrscheinlich  auch  die  Iphigenie 
und  ihr  Opfer  in  die  kyprische  Mythen  hineingekommen 
ist.  Ein  phönikischer  Kultusgebrauch  wäre  wol  nicht 
leicht  an  Teukros  geknüpft,  da  er  dem  Westen  ent¬ 
stammte  und  aus  dem  Norden  nach  Kypros  kam.  Aus 
diesem  Grunde  spricht  manches  dafür,  dass  diese  k)--- 
prischen  Fremdenopfern  ebenfalls  und  mit  der  Iphi- 

Metamorph.  10,  224  u.  Lu  tatius  Epitome  z.  d.  St. 
Ante  fores  horum  stabat  Jovis  Hospitis  ara, 

Lugubris  sceleris;  quam  si  quis  sanguine  tinctam 
Advena  vidisset,  mactatos  crederet  illic 
Lactantes  vitulos,  Amathusiadesque  bideiites: 

Hospes  erat  caesus.  Sacris  offensa  nefandis 
Ipsa  suas  urbes,  Ophiusaque  arva  parabat 
Deserere  alma  Venus. 

17)  Laktanz  de  falsa  relig.  1,  21.  Ders.  Epitome  ad  Pen. 
tadium  Kap.  23.  Junius  Phiiargyrius  zu  Virg. Georg.  3,5. 


69 


genia  aus  dem  Norden  gekommen  sind,  und  dass  man 
sie  in  Ämathus,  dem  ältsten  religiösen  Hauptsize  an 
den  Namen  des  wahrscheinlich  dort  vorhandenen’ Baals¬ 
dienstes  knüpfte.  Ich  weiss  freilich  nicht,  welchen  Werth 
die  Wendung  der  Amathusischen  Sage  hat,  dass  Aphro¬ 
dite  diese  Fremdenopfer  verabscheut,  und  zur  Strafe 
dafür  die  Unzucht  des  semitischen  Kultes  eingeführt 
habe,  allein  wenn  sie  alt  und  acht  ist,  so  wäre  der 
Widerwille  der  Uöttin  gegen  diese  Sitte  auch  noch 
für  ein  Zeugniss  mehr  gegen  den  phönikischen  Ur¬ 
sprung  dieses  Opfers,  da  sie  in  Phönikien,  M>^eno  auch 
flicht  an  Opferung  der  Fremden,  so  doch  an  die  der 
Kinder  gewöhnt  sein  musste. 

Wir  gehen  zu  den  griechischen  Sagen  über.  Die  ' 
4rt  und  Weise,  wie  Hesiodos  die  Aphrodite  nach  Ky- 
pros  führt,  ist  oben  besprochen  worden  *  ®).  Nicht  min¬ 
ier  schön  schildert  ihr  Entstehen  aus  dem  Meere,  ihr 
Landen  in  Kypros  und  ihre  Aufnahme  in  den  Olymp 
ier  fünfte  homerische  Hymnos  Von  Kythera  nach 
Kypros  wird  sie  von  sanft  hauchenden  Zephyrn  über 
iie  Wellen  des  ruhigen  Meeres  getragen.  Sobald 
sie  aussteigt,  schwillt  der  Basen  unter  ihren  Füssen 


18)  Noch  z.  TgL  Allegorien  zu  Hesiod.  Theog.  147.  eI- 

’.6tü)S  efi  XtytTM  m  Tov  Ovqavov  ly  rjj  Kvnqfa  xamßktjd^ym,  r) 

xtGüv ,  nuQ  ooov  6  Tonos  yovi,^(ümtög  lan,  xal  rou  xmw  noQtgnxoi : 
V  w  xal  "Axf  Qodlrri  dyadod'Haa  xal  i'iüdovaa ,  ly  rok  noalv  dyaMo- 
dyag  lyu  nayrodeends  nSaC  ifUQoeffaa  ydq  ng  ydgtg  xal  rsQiplS-vfiog, 
ny  rojy  Kvn^toiy  If^nsld^st  yuqav'  xal  leyirMaay  offot  wv  jonov  tldoy, 
ul  rf  veKjh}yik<aGuv  m^l  mv  Iv  uvtm  yvvmxay,  dt«  rl  xal 

T^og  ßvyuvatay  tToiuoTUTutt 

19)  Vgl.  noch  Ovid  Fasti  4,  141.  Servius  Aen.  5,  72. 
)  i  0  d  0  r  5, 55.  Hiraeriasin  d.  Rede  auf  die  Kyprier.  Q  u  int  u  s 
.  Smyrna  5,  /O.  Philost.  ep.  67.  Plin.  35.  36.  Apulejus 
0  S.  254.  4  S.  157.  2,  122.  ep.  4,  8.  11,  34,  Claudian  de 
lupt.  Hon.  et  Mar.  151. 


70 


empor,  und  Eros  und  Hiineros  gesellen  sich  xu  ihr. 
ln  einem  Myrtenhain  verbirgt  sie  sich,  um  ihre  Blösse 
zu  verhüllen,  die  Horen  empfangen  und  bekleiden  sie 
mit  reizenden  goldgewirkten  Kleidern,  bekränzen  ihr 
Haupt,  zieren  sie  mit  Blumen  und  schmükken  Hals 
und  Brust  mit  köstlichem  Geschmeide.  So  führen  sie 
die  Liebliche  zu  den  Unsterblichen  hinauf^"),  welche 
bezaubert  von  ihrer  Holdseligkeit  ihr  freundlich  ent- 
gegenkommen,  und  jeder  wünscht  die  Schmeichlerin 
mit  den  rollenden  Augen  zu  seiner  jugendlichen  GaU 
tin,  _  Wir  können  uns  bei  diesen  Schilderungen  der 
alten  Dichter  das  Vergnügen  nicht  versapn,  auch 
von  Hammers  ebenso  treffende  als  auch  schöne  Worte 
über  die  Landung  der  Göttin  mitzutheUen,  welche  er 
auf  dem  Boden  von  Paphos  ausruft:  Hier  entstieg  sie, 
die  Göttin  der  Liebe,  die  Seele  des  Weltalls,  unter 
den  Liebkosungen  des  Frühlings,  unter  dem  Jubel 
der  ganzen  Natur,  mit  dem  süssen  Lächeln  herz¬ 
schmelzender  Anmuth,  mit  der  Allmacht  vollendeter 
Schönheit.  Hier  entstieg  sie  mit  der  Fülle  unbe¬ 
schreiblicher  Wollust,  während  die  Erde  die  Schäze 
ihres  Busens  ausgoss,  der  Himmel  mit  flammenden 
Augen  niedersah,  und  das  Meer  mit  vielfältigem  Säu^ 
sein  Stille  gebot,  während  die  Sphären  einander  ent- 

""”^07  Als  eine  bildliche  Darstellung,  die  Einführung  der  Aphro¬ 
dite  in  den  Olymp,  erwähnen  wir  das  Basrelief  einer  runden 
Brunneneinfassung  von  Korinth;  D  o  dw eil  Alcuni  bassir.  d  Gr. 
tav  2  3.  4.  Gerhards  Antike  Bildwerke  Cent.  ITaf.  14  — 16. 
Ein  Theil  der  Götter  holt  sie  ein,  ein  anderer  empfängt  sie: 
Aphrodite  von  Charis  u.  Peitho  geführt,  Hermes,  Hestia,  Artemis 
u.  Apollon.  Die  empfangenden  sind  Athene,  Herakles  u.  viel¬ 
leicht  die  dem  Herakles  vermälte  Hebe.  — -  Andere  Auffassung 
hat  Otfr.  Müller;  Denkmäler  der  alten  Kunst,  Heft  1.  Nr.  42.  — 
Aphrodites  Einführung  in  den  Olymp  schmükkfe  das  Fussgestell 
des  Olympischen  Zeus  von  Phidias. 


71 


gegentanzten,  und  die  lauen  Lüfte  sich  küssten,  die 
Rosen  glühten,  die  Quellen  kosten ,  die  Tauben  gicf“ 
ten,  die  Haine  seufzten,  die  Palmen  sich  befruchte¬ 
ten,  die  Ulme  und  Rebe  sich  umarmten,  hier  entstieg 
sie,  die  PTohlbekränzte ,  Zaubenimgürtete ,  dem  gol¬ 
denen  Schaum  der  schmeichelnden  Wogen. 

Nach  Ailian  * '  )  verweilt  Aphrodite,  ehe  sie  nach 
Kypros  kommt,  eine  Zeit  lang  im  Meere  und  steigt 
von  hier  in  den  Himmel.  Dort  geniesst  sie  noch  der 
Liebe  des  Nerites,  eines  Sohnes  des  Nereus  und 
der  Doris.  Unter  den  kleineren  Ausschmükkungen 
dieser  Fabel  erwähnen  wir  noch,  dass  man  sie  auch 
auf  einer  MuscheP“*)  nach  Kypros  schwimmen  lässt. 
Nonnos®®)  lässt  einen  Delphin,  welches  Thier  in  der 
griechischen  Mythologie  als  Symbol  der  Humanität  im 
Abgründe  des  Meeres  zu  erscheinen  pflegt,  die  Göt¬ 
tin  emporheben  und  nach  Kypros  tragen.  Die  Geburt 
der  Göttin  aus  dem  Meere  war  die  gewöhnliche  dich¬ 
terische  Vorstellung®  im  Kult  hat  aber  die  dodonä- 
ische  Sage  über  die  Geburt  der  Göttin  durchweg 
Geltung  erhalten,  und  die  kyprische  Aphrodite 

21)  Ailian.  Thiergeschichte  14,  28.  Im  grossen  Etymologi¬ 
kon  heisst  dieser  Seeliebling  Avnqlrn^' 

22)  Plautus  Rudens  3,  3,  34  u.  oft  als  eine  beliebte  Vor¬ 
stellung. 

23)  Nonnos  Dionys.  12,  434  ff. 

24)  Vgl.  die  Schilderungen  in  der  Anthologie.  Leonidasv. 
Tarent  1.  S.  164  Nr.  41.  Antipater  v.  Sidon.  2  S.  16  Nr.  32. 
welches  Ausonius  übers.  Epigr.  104.  Archias  2  S.  83.  De¬ 
mokrit  2  S.  237.  Julian  v.  Aegypten  3  S.  202  Nr.  32  Kunst- 
1er  benuzen  die  Fabel,  um  erhöhten  Frauenreiz,  nur  durch  ver- 
rätherische  Wellen  und  jungfräuliche  Schüchternheit  verschleiert, 
in  den  lieblichsten  Stellungen  des  Schwimmens  und  Auftauchens 
zu  entfalten.  Bei  Anakreon  schwimmt  sie  mit  durchscheinenden 
Gliedern  ans  Gestade,  von  frohen,  hüpfenden  Delphinen  und 
heranspielenden  Fischen  umringt.  J.  H.  Voss  Mytholog.  Br.  2,3£E. 


wird  Tochter  der  Dione“^).  Der  Dione  selbst  zu 
Ehren  wird  sogar  eine  8tadt  D io uia  gegründet,  und 
dionäisch  für  kyprisch  gesagt.  Kypros  ist  zwar  Siz 
der  Aphrodite  als  Liehesgötiin,  aber  die  Idee,  w^elche 
ihr  als  pelasgischer  Naturgottheit  zu  Grunde  liegt, 
und  welche  überall  wieder  hervortritt,  geht  darüber 
nicht  verloren,  und  die  kyprischen  Kultussagen  er¬ 
neuern  sogar  die  dodonäische  Ehe  der  Aphrodite  mit 
Zeus,  so  dass  sie  auch  hier  wie  zu  Dodona  Gemahn 
des  höchsten  Gottes,  Königin  der  Lebendigen 
und  der  Todten  wird.  Konnos^®),  w’elcher  stets 
den  kyprischen  Mythographen  zu  folgen  scheint,  er¬ 
zählt,  wie  Zeus,  der  Erzeuger  der  Kypris,  von  seh-» 
nendem  Verlangen  zur  Neugebornen  ob  ihrer  Schön¬ 
heit  entbrannt  sei.  Die  Göttin  sei  aber  seinen  Um¬ 
armungen  ausgew'ichen,  und  Zeus  habe  den  Liebes- 
erguss  nicht  in  das  Bett  der  Aphrodite,  sondern  auf 
die, Erde  gegossen.  Die  Erde  aber,  den  ehelichen 
Thau  des  Zeus  empfangend,  habe  ein  fremdgestalte¬ 
tes,  gehörntes  Geschlecht  Kentauren  empor¬ 
steigen  lassen,  w'elche  sich  später  unter  den  Zug  des 
Bakchos  mischten,  In  dieser  Wiederholung  der  do-*- 


25)  Theokrit  7,  116.  Bion  1,  93  hier  ist  zwar  nicht  aus- 
drükklich  die  Göttin  von  Kypros  genannt,  aber  doch  die  Ge¬ 
liebte  des  Adonis,  und  diese  muss  fiir  die  speziell  kyprische  Göt¬ 
tin  gelten.  Theokrit  15,  106  heisst  die  Aphrodite  v.  Kypros 
Tochter  der  Dione,  an  den  beiden  vorhergehenden  Stellen 
heisst  sie  geradezu  Dione.  Dionäisch  für  kyp risch  bei 
Avienus  Descript,  ürbis  terrarum.  V.  681.  Cyprus  alta  cingi- 
tur  unda  Atque  Dionaei  pulsatur  litoris  unda. 

26)  Nonnps  5  zu  Ende  und  14.  187.  Prodi  Diadochi 
in  Platonis  Alcibiadem  comm.  herausgegeb.  v.  Kreuzer  S.  65. 
TL  ifar  ttnofitp  rap  Isyoi^poiv  &ewp,  IqSp  tmp  olxtLup  yspp^j/^ci- 
mr;  äentQ  ol  fiv&mldnm  nomfftp  L}  lijs  xoQtjs  yavT^sr^s’^fQo- 
dirtis  iqmpta  tou  äitc. 


73 


donäischen  Ehe  zeugt  Zeus,  ähnlich  wie  Uranos  die 
Giganten  u.  s.  w,,  ein  Geschlecht  Kentauren,  deren 
Vermischung  mit  den  Bakchen  durch  ihren  Ursprung 
aus  chthonischer  Ehe  gerechtfertigt  wird.  Die  Be« 
höinung  derselben  mag  aus  der  Neigung  der  kypri- 
schen  Fabeln  zum  Seltsamen,  oder  auch  aus  jener 
oben  gegebenen  Erzählung  von  den  Kerasten  ent¬ 
sprungen  sein ;  sie  war  aber  willkommen  für  die  Aus¬ 
stattung  eines  Bakchosgefolges. 

Wie  die  vorstehende,  so  wurden  wahrscheinlich 
auch  noch  andere  theogonische  »lythen  von  den  ky- 
prischen  Griechen  in  eigener  Weise  wiederholt  und 
umgebildet.  Dahin  mag  auch  eine  Erzählung  zu  rech¬ 
nen  sein,  welche  der  kyprische  Mythograph  Alexan¬ 
der  von  Paphos  bei  Eustathios  mittheilt,  die  doch  wohl 
nach  Kypros  selbst  gehört.  Sie  lautet:  Pikoloos,  ei¬ 
ner  der  Giganten,  sei  aus  dem  Kampfe  gegen  Zeus 
entflohen,  habe  die  Insel  der  Kirke  eingenommen, 
und  die  Göttin  zu  vertreiben  gesucht.  Aber  ihr  Va¬ 
ter  Helios  sei  ihr  zu  Hülfe  geeilt,  und  habe  ihn  er¬ 
schlagen,  sein  Blut  sei  auf  die  Erde  geträufelt,  und 
daraus  eine  Pflanze  entstanden,  focioXv  geheissen  we¬ 
gen  des  Gefechts  ficSXog^  in  welchem  genannter  Gi¬ 
gant  gefallen  sei.  Der  Name  des  Giganten  Pikoioos 
kommt  nirgends  sonst  in  den  allgemein  gültigen  Fa¬ 
beln  von  den  Giganten,  weder  bei  Apollodor  noch 
Hygin,  so  wie  die  ganze  Erzählung  vor;  sie  muss 
daher  aus  speziell  kyprischen  Sagen  geflossen  sein. 
Die  Fabel  vom  Zauberkraute  Moly,  welches  Hermes 
dem  Odysseus  als  Gegenmittel  gegen  die  Zauber- 
kunste  der  Kirke  giebt,  ist  aus  der  Odyssee  bekannt. 
Wie  zahlreich  und  mannigfaltig  aber  die  kyprischen 
Sagen  und  wie  bunt  das  iWythengespinnst  gewesen 
sein  muss,  können  wir  schon  aus  der  Zahl  und  wahr- 


74 


scheinlichen  Beschaffenheit  der  Mythographen  und  Sa¬ 
genschreiber  auf  Kypros  abnehmen,  welche  uns  im 
lilterarischen  Abschnitt  der  Geschichte  beschäftigt  ha¬ 
ben.  Männer,  wie  der  Kyprier  Nikanor  u.  A.,  wel¬ 
chen  die  Alten  neben  Euhemeros  stellen,  werden  nicht 
ermangelt  haben,  ein  abenteuerliches  mährchenbaftes 
Sagengebäude  für  Kypros  *  ’ )  aufzustellen. 

Diese  Andeutungen  über  kosmogonische  Bezie¬ 
hungen  und  Aphrodite  als  pelasgische  Naturgottheit 
mögen  hier  genügen,  um  mancherlei  Erscheinungen 
im  Kulte  zu  erklären,  und  wir  fahren  fort,  die  äusse¬ 
ren  religiösen  Zustände  auf  Kypros,  wie  sie  durch 
die  Griechen  bewirkt  wurden,  darzulegen.  Wie  Athen 
der  Athene,  Samos  der  Hera,  Delos  dem  Apollon, 
Lemnos  dem  Hephaistos,  Naxos  dem  Dionysos,  so 
war  Kypros  der  Aphrodite  geweiht,  und  Paphos  war 
ihr  Hauptsiz ,  wie  Delphi  Apollons  *  * ).  Aischylos 
nennt  Kypros  das  waizenreiche  Land  der  Aphrodite, 
und  Paphos  ist  auch  ihm  ihr  Hauptsiz,  aber  bereits  Ho- 


2")  Aeschylos  Hiketiden  525.  xßiäf  noHmvqap 

alay.  Vgl.  den  Vers  in  Anm.  28.  Aus  diesem  lezteren  Verse  bei 
Strabon  ersehen  wir  noch  bestimmter,  dass  Aeschylos  in  den 
Hiketiden  auch  unter  dem  Lande  der  Aphrodite  Kypros  ver¬ 
stand.  Nur  vorgefasste  Meinung,  wozu  auch  die  des  Scholiasten 
gehört,  kann  hier  Phönikien  verstanden  glauben. 

28)  Aischylos  Strabon  8,  341  Kvnqov  nüqov  Tfxovffa  navia 
xk^Qoy  Lukian  nt^i  ■SvfftcSic  Kap.  10.  Laktanz  de  falsa  relig. 
1,  15.  Horaz 

O  Venus,  regina  Gnidi  Paphique 
Sperne  dilectam  Cyprum 

Virgil : 

Est  Amathus,  est  celsa  mihi  Paphos 
Ipsa  Paphum  sublimis  abit,  sedesque  revisit 
Laeta  suas,  ubi  templum  illi,  centumque  Sabaeo 
Thure  calent  arae. 


75 


mer  nennt  Paphos  in  solcher  Beziehung?  *  * ).  Kein 
Ort  der  bekannten  Erde  schien  den  Dichtern  so  von 
der  Natur  selbst  zum  Tempel  der  Liebesgöttin  aus¬ 
erlesen  als  Kypros,  denn  hier  duftete  ein  ewiger 
Frühling,  hier  blühten  alle  Wonnen  des  Naturlebens 
in  stets  ungetrübten  Beizen,  hier  schien  die  Sonne 
heiss,  wie  die  Flamme,  welche  Aphrodite  im  Gemüth 
anfacht,  und  die  Erde  war  fruchtbar  wie  die  Umar¬ 
mungen  der  Liebenden. 

Nach  Vorstellungen  dichterischer  Freiheit  und  des 
Pragmatismus  nannte  man  Kypros  nicht  allein  den 
Wohnsiz  der  Göttin*®),  man  glaubte  auch  Aphrodite 
dort  geboren*^)  und  zeigte  zu  Paphos  ihr  Grabmal, 
wie  Ares  in  Thrakien  lag,  Dionysos  in  Theben**). 
Ihren  Liebling  und  Priester  Kinyras  hatte  sie  mit  könig¬ 
licher  Macht  ausgestattet,  und  bei  seinen  Nachkommen 
war  die  Verwaltung  des  Priesterthums  in  Paphos  und 

29)  AlkmanbeiStrabon8,341.  Kvtiqov tfitgtSy  hnolffa  xat  nd- 
goy  mglgguToy,  H  o  r  a  z  Od.  1, 19, 9  In  me  tota  ruens  Venus  Cyprum 
deseruit.  Ders.  Od.  3, 26,  9.  O  quae,  beatam,  Diva  tenes  Cyprum 
Ailian  Versch.  Erzähl.  3,  42  heisst  Aphrod.  ^  Kvngov  ßaet^ 
Xk.  Pind.  Skolion  1  nennt  sie  Kvngov  dienowu,  Xenophon  v, 
Ephesos  5,  10.  17  ndrgiog  KvnqUüv  Aristoph.  Lysistr.  833, 
w  nÖTvtu  Kvnqov  xal  Kvd-^qcoy  xql  Hdgov  fuS-iove«,  Pap  in.  S!ta- 
tius  Silv.  J,  2,  101.  proh  quanta  est  Paphii  reverentia,  mater, 
Numinis!  Priapeia  76.  Formosam  Venerem  Gnidos  Paphosque. 
Collectana  Virgilianea  6.  O  Paphon,  0  sedes,  quae  colis  Idalias. 
Natürlich  konnten  wir  nicht  alle  Stellen  anführen,  welche  Kj- 
pros  und  Paphos  zum  Mittelpunkt  des  Aphroditekultes  machen, 
die  vorstehenden  mögen  hinreichen,  wobei  solche  gewählt  sind, 
welche  uns  etwas  Besonderes  im  Ausdrukk  zu  haben  scheinen. 

30)  Phurnutos  Kap.  24.  ^  dlt  ndgoe  Mwp  avr^s  oixtjT^qwy 
len,  Jletgltjg  hyofiivi^g,  Eustath-  z.  Dionys,  nennt  Kypros  das 
d9vQ/ua  der  Göttin, 

31)  Lucan, 

32;  Klemens  v.  Alex.  Recognit.  B.  13  Kap.  24.  0 

rayof  diUyvjui  Iv  ndgta. 


76 


Amathus.  Sie  ist  von  Paphos  aus  die  Herrscherin 
von  Kypros,  und  alle  andern  Tempel  des  Landes  schei¬ 
nen  in  religiöser  Abhängigkeit  vom  Erzpriester 
in  Paphos  gewesen  zu  sein.  Es  scheint,  als  wenn  eine 
kirchliche  Herrschaft  von  Paphos  aus  über  alle  andern 
Tempel  des  Landes  ausgeübt  wurde.  Selbst  die  an¬ 
dern  Kulte  sind  in  gewisser  Art  dem  Haupt-  und 
Nazionalkulte  der  Kyprier  untergeordnet  gewesen, 
denn  einen  grossen  Theil  der  übrigen  Kulte,  welche 
sich  sonst  noch  auf  Kypros  vorfanden,  treffen  wir  auch 
in  Paphos  selbst  an,  wie  Zeus  und  Hera.  Die  Erz* 
priesterin  aller  Tempel  der  Demeter  auf  dem 
Eilande  hat  ihren  Siz  in  Paphos  und  ist,  wie  eine 
Inschrift  angiebt,  eine  Verwandte  der  Kinyraden. 
Wenn  andere  Gottheiten  neben  Aphrodite  auf  Inschrif¬ 
ten  genannt  werden,  so  steht  ihr  Name  voran,  wie 
z.  B.  in  Paphos,  wo  Aphrodite,  Zeus  und  Hera 
zusammengenannt  werden;  es  scheint,  als  wenn  man 
daraus  auf  eine  Unterordnung  der  andern  Götter  un¬ 
ter  die  Aphrodite  mit  Sicherheit  schliessen  kann.  Fast 
in  jeder  der  grossem  Städte  wird  uns  die  Verehrung 
der  Aphrodite  angeführt,  und  wo  sie  uns  nicht  nament¬ 
lich  angeführt  wird,  müssen  wir  sie  wenigstens  vor- 
aussezen  und  das  Fehlen  derselben  nur  der  Mangel¬ 
haftigkeit  unserer  Nachrichten  zuschreiben.  In  be¬ 
sonders  enger  Verbindung  scheint  auch  das  etwas 
westlich  gelegene  Neu -Paphos  mit  dem  heiligen  Orte 
gestanden  zu  haben,  denn  von  hier  aus  wuirden  an 
den  festlichen  Tagen  feierliche  Prozessionen  die  hei¬ 
lige  Strasse  entlang  unternommen.  Die  anerkannt 
hauptsächlichste  Nebenkirche  war  aber  Amathus,  wel¬ 
ches  auch  in  hierarchischer  Verfassung  ihm  am  näch¬ 
sten  gekommen  ist;  in  wie  weit  dies  auch  bei  den 
andern  Staaten  der  Fall  war,  wissen  wir  aus  allge- 


77 


meinem  Mangel  an  Nachrichten  nicht.  Vom  Zeuskulte 
in  Salamis  wird  uns  aber  berichtet,  dass  seine  erb¬ 
liche  Priesterwürde  im  herrschenden,  den  paphischen 
Kinyraden  durch  eine  mütterliche  Ahnherrin  verwand¬ 
ten  Geschlecht  des  Teukros  sich  befand.  Ich  glaube, 
man  kann  annehmen,  dass  in  allen  monarchischen  Staa¬ 
ten  auf  Kypros  die  Könige,  wenn  auch  nicht  immer 
eine  erbliche  Priesterwürde  hatten,  doch  mit  dem  Frie- 
sterthum  verbunden  waren.  Wie  die  Teukriden  in 
Salamis  sind  noch  mehrere  Herschergeschlechter  mit 
der  Paphischen  Priesterfamilie  verwandt.  Nächst  den 
genannten  Orten  finden  wir  solche  Verehrung  in  Gol- 
gos^  ®)  und  Tamassos  ®*),  in  dessen  Gärten  die  Aep- 
fei  der  Aphrodite  reiften;  in  Jdalion  war  ihr  Kain  und 
Tempel,  auf  dem  V.  G.  Pedalion  ihr  tischformiger 
Altar® ^3-  Io  Kition  finden  wir  sie,  und  in  Salamis 
wurden  ihr  grosse  glänzende,  namentlich  durch  mu¬ 
sische  Wettkämpfe  ausgezeichnete  Kämpfe  gefeiert. 
Auf  dem  Olympos  hatte  sie  einen  Tempel  der  Akraia. 
Die  Städte  Urania  und  Dionia  mussten  die  ihrigen  sein. 
In  Soli  wurde  sie  nach  Strabon  verehrt  und  vom 
Berge  Akamas  führte  sie  den  Namen  Akamantis  nach 
Stephanos  v.  Byzanz. 

Alt-Paphos  war  aber  nicht  allein  der  Mittelpunkt 
des  Kultes  für  Kypros,  er  war  es  für  die  ganze 
Welt,  so  weit  die  Macht  der  Liebesgöttin  reichte. 

33)  Thßokrit  15,  100.  JtGTtotv.  u  roXyw?  ts  xal  ’l(XaXtop  l(ft— 
XxtGa?.  Katull  36,  12.  14.  Quae  sanctum  Idalium  —  colis,  quae- 
que  Amathunta ;  quaeque  Golgos  63,  96.  Sancte  puer  —  quaeque 
regis  Golgos,  quaeque  Idalium  frondosum.  Papin.  Statius 
Silvae  1,2,  159.  Non  secus  alma  Venus,  quam  si  Paphon  aequore 
ab  alto,  Idaliasque  domos,  Erycinaque  templa  subiret. 

34)  Ovid  Metam:  10,  645. 

^  35)  Strabon  14,  682.  Xo<poi  vtptjXog,  TQuntCott^ijs,  i$QoS 


78 


Jlire  Verehrung  war  an  keinen  Stamm  gebunden ;  wo 
eine  veredelte  Menschlichkeit  unter  den  Bewohnern 
der  Erde  zu  finden  war,  so  weit  reichte  auch  die 
Herrschaft  der  Liebesgöttin  Aphrodite;  sie  war  nach 
den  Vorstellungen  der  Dichter  die  allmächtigste  Göt- 
tin  auf  Erden ,  und  im  Olymp  mehr  Herrscherin  als 
Zeus  selbst.  Alt-Paphos  galt  daher  auch  für  den 
Mittelpunkt,  den  Nabel  der  Erde,  6(npalog  ng, 
nach  Hesychios.  Ebenso  betrachtete  man  Delphi  von 
Seiten  des  Apollinischen  Kultes,  und  diese  beiden 
Orte  scheinen  einen  solchen  Namen  nur  in  guter 
Zeit  geführt  zu  haben,  als  diejenigen  Punkte,  von 
welchen  zwei  grosse  religiöse  Gegensäze  ausgingen. 
Wie  aber  die  Apollinische  Religion  sich  mit  der  Bak- 
ehischen  versöhnte,  so  auch  mit  der  Aphroditischen, 
welche  mit  jener  die  grösste  innere  Verwandtschaft 
hatte.  Wie  die  Thyiaden  Delphi  umschwärmten,  so  fand 
auch  Aphrodite  unter  dem  bedeutunsgsvollen  Namen 
Harma  daselbst  Verehrung,  und  Apollon  genoss  da¬ 
für  wieder  einen  ausgebreiteten  Dienst  auf  Kypros, 
griff  sogar  in  den  Kult  der  Göttin  auf  Kypros  wie 
za  Lemnos  ein  als  reinigender  und  sühnender  Gott 
von  aphrodisischer  Beflekkung.  Auf  dem  hohen  0  ly  m- 
pos  auf  Kypros  hatte  man  ihm  ein  Pierien  und 
einen  Siz  der  Musen  bereitet;  und  die  Könige  von 
Kypros  suchten  durch  besondere  Aufmerksamkeiten, 
welche  sie  dem  Gotte  erwiesen,  ein  Band  zwischen 
Paphos  und  Delphi  zu  schlingen.  So  hatte  König 
Euelthon*®)  ein  kostbares  Räucherfass  nach  Delphi 
geweiht,  welches  sich  zu  Herodots  Zeiten  im  Schaz- 
hause  der  Korinther  befand,  und  der  könig  Nikokreon 
'  schenkt  dem  Gotte  zu  Delphi  einen  prächtigen  Hirsch 


36')  Herodot  4,  162. 


79 


mit  vier  Geweihen*’).  Nikokles  bildete  naca  uI't? 
Apollon  auf  einem  Omphalos  sizend  auf  einer  be¬ 
kannten  schönen  Älönze  ab.  Dabei  ist  doch  wol  nur 
an  den  Delphischen  Omphalos  gedacht,  da  der  Pä- 
phisebe  für  Apollon  unpassend  wäre.  —  Bedenken 
müssen  wir  aber  gegen  die  Aeusserung  eines  neuern 
griechischen  Geographen  *  *3  hegen,  dass  auf  Kypros 
in  den  ältsten  Zeiten  keine  Todten  hätten  begraben 
werden  dürfen.  So  sehr  eine  solche  Sitte  auch  mit 
der  Apollinischen  Religion  in  Einklang  steht,  für  die 
Aphroditische  würde  sie  nicht  passen,  da  Aphrodite 
Göttin  des  Lebens  und  des  Todes  ist.  Vielleicht  ist 
es  daher  nur  eine  Verwechselung  mit  Delos.  Dem 
Apollon  musste  der  Anblikk  von  Leichen  verhasst  sein, 
und  seine  Insel  rein  von  jeder  Beflekkung  bleiben. 

Sehen  wir  uns  nun  danach  um,  welche  griechi¬ 
sche  Stämme  es  vorzugsweise  waren,  welche  durch 
Mythen  nnd  Kult  auf  die  Gestaltung  des  kyprischen 
Gottesdienstes  einwirkten.  Die  zahlreichste  griechi¬ 
sche  Kolonie  war  die  salaminisch- attische;  Namen 
aus  der  salaminisch-attischen  Sagengeschichte 
treffen  wir  daher  mehrere  Male  auf  Kypros  wieder. 
Dass  ein  grosser  Theil  dieser  Mythen  aber  wirklich 
dort  heimisch  gewesen  sein  muss,  sehen  wir  aus  den 
Kyprien  des  Stasinos,  wo  diese  im  Vordergrund  ste¬ 
hen,  wie  Achilles,  der  nahe  Verwandte  des  Teukros. 
In  demselben  Gedichte  kommen  demnächst  lakedämo- 


37)  Ailian  Thiergesch,  11,  40. 

38)  Meletios  von  Athen.  Geographie.  liyoMty  dx/./jt}, 

Sn  uvTtj  ^  y^ooS  tov  nulatox  tft  iSiytto  rä  vtx^d  dv^Qtömvn 

CütfiuTtt,  ulX  otf«  t&anTov  yvxra  rd  Ifta  rou 

rdf'ov.  Bei  Meurs  findet  sich  noch  eine  Erzählung  aus  Saxo  lib. 
12. ,  welche  sich  auf  das  Verbot  Leichen  daselbst  zu  begraben 
bezieht. 


80 


nische  Sagen  vor,  vor  allen  Helena,  das  irdische  Ab¬ 
bild  der  Kypris  selbst,  und  ihre  Brüder,  die  Dioskti- 
ren.  Die  Kultverbindungen,  Avelche  wir  zwischen 
Arg  OS  und  Ar  Radien  einerseits  und  Kypros  ander¬ 
seits  finden  werden,  haben  zuerst  wol  ihren  Ursprung 
in  dem  alten  Naturkult  dieser  Länder.  Im  Kulte  der 
Aphrodite  zu  Kypros  finden  sich  mehrere  Male  auf¬ 
fallende  Uebereinstimnungen  mit  dem  Argivischen. 
Weil  aber,  wenn  wir  sie  hier  erwähnen  wollten,  eine 
doppelte  Anwendung  nothwendig  wäre,  so  gedenken 
wir  des  argivischen  Ursprungs  kyprischer  Kulte  an 
den  bezüglichen  Orten,  und  eine  allgemeine  Erinne¬ 
rung  daran  wird  hier  genügen.  Von  den  arkadischen 
und  thebischen  Kultbestandthteilen  muss  aber  hier  der 
Teil  vorweggenommen  werden,  welcher  für  die  re¬ 
ligionsgeschichtliche  Entwikkelung  you  Kypros  von 
Wichtigkeit  geworden  ist.  Das  Uebrige  muss  eben¬ 
falls  für  gelegentliche  Bemerkungen  anfbewahrt  blei¬ 
ben.  Unter  den  arkadischen  Sagen  ist  uns  nichts  so 
interessant,  als  die  Sage  von  der  Gründung  des  Aphro¬ 
ditenkultes  Zu  Paphos  durch  Agapenor.  Schon  in  der 
Geschichte  des  Landes  ist  darauf  aufmerksam  gemacht 
worden,  wie  die  Griechen,  und  wir  werden  es  noch  öf¬ 
ters  sehen,  des  vorhandenen  Sagenstotfes  sich  bemächtig¬ 
ten  ,  und  als  ihren  eigenen  umgestalteten ,  um  alle 
Erinnerungen  und  Zeugen  einer  früheren  nicht  griechi¬ 
schen  Zeit  auf  Kj'^pros  zu  vertilgen.  Es  giebt  Wol 
kein  merkwürdigeres  Beispiel  hievon  als  das  in  Rede 
stehende.  Pausanias  kennt  sehr  wohl  die  alte  phö- 
nikisch-kyprische  Sage,  welche  ganz  richtig  die  Pa- 
phischen  Tempel  von  Askalou  herleitet;  hier  sagt  er 
aber,  Agapenor  sei  auf  seiner  Bükkehr  von  Troja 


39)  Paus  an.  8,  5,2  .'Jyani^pwQ  —  xaia^vtyxiv  sls  Kvnqo?'xal 
näfov  n'AyannPfäq  ^y^Ptro  ohiar^s,  xm  xancxcvtxOKm 


81 


mit  seinen  Ärkndern  nach  Kypros  gesegelt,  sei  der 
Gründer  von  Paphos,  d.  h.  Neii-Paphos  gewor¬ 
den,  lind  habe  in  Alt-Paphos  das  Heiligt  hum 
der  Aphrodite  errichtet^  bis  dahin  aberhabe 
die  Göttin  bei  den  Kypriern  nur  Verehrung 
in  Golgoi  genossen.  Hier  in  dieser  Sage  wird 
also  den  Pliönikiern  nicht  einmal  mehr  die  Ehre  der 
Gründung  des  Aphroditetcmpels  in  Paphos  gegönnt, 
sondern  der  Arkader  Agapenor  muss  ihn  gründen  ^ 
und  den  Kult  entnehmen,  nicht  aus  einer  der  andern 
phönikischen  Städte,  sondern  aus  der  Sikyonischen 
Siedelung  Golgoi,  welches  nach  dieser  Sage  älter 
als  Neu-Paphos  war,  und  den  ältsten  Aphrodi¬ 
tekult  auf  Kypros  gehabt  haben  sollte;  Auf  wel¬ 
chem  Grunde  diese  Sage  von  der  Ueberführung  des 
Aphroditekultes  von  Golgoi  nach  Paphos  beruhe, 
lässt  sich  freilich  nicht  mehr  ermitteln,  aber  unter  den 
rein  griechischen  Städten  hegte  Golgoi  den  bedeutend¬ 
sten  Aphroditedienst,  und  ist  überhaupt  nach  Paphos 
und  Amathus  der  liebste  Wohnsiz  der  Göttin.  Wie 
kam  Golgoi  hierzu?  Der  hauptsächlichste  Gottesdienst 
seiner  Mutterstadt  Sikyon  war  der  Kult  der  Aphro¬ 
dite,  und  in  welcher  erhabenen  Bedeutung  sie  von 
den  Sikyoniern  aufgefasst  sein  muss,  sehen  wir  am 
besten  daraus,  dass  ihr  Bild  auf  dem  Haupte  eine 
Wel  tkugel  trug,  in  der  einen  Hand  einen  Mohnsten¬ 
gel,  in  der  andern  einen  Apfel  hielt“®}.  Aus  diesem 
Grunde  scheint  es  nicht  unwahrscheinlich,  dass  mit 
den  Sikyoniern,  deren  Mythen  auch  in  den  Kyprien 
Vorkommen,  ein  altgriechischer  Aphroditekult  nach  dem 

iv  IIa)Mtndrfij}  (so  Böckh  die  Hdschr.  tp  nola  IIuif'M)  io  J,fQo}>'  tf- 
w?  (fi  Tj  d-tos  nuqu  KvTi(>imv  njA.if.g  ip  Folyols  xcflovjuipoj  ym- 
'  00).  Vgl.  Thl.  1  S.  140  ö.  225  ff. 

40j  Paus  an.  2,  10,  4; 

ir.  B 


82 


kyprischen  Golgoi  gekommen  ist,  und  dies  die  Ür- 
Sache  ward,  dass  diese  Stadt  neben  Paplios  und  Ama- 
thus  eine  so  bedeutende  Heiligkeit  für  die  Aphrodite 
erhielt,  und  man  ihm  vorzugsweise  die  Ehre  gönnte 
dem  Kulte  von  Paphos  im  griechischen  Sinne  seine  Ent¬ 
stehen«^  gegeben  zu  haben.  Es  soll  damit  aber  keines- 
weo-es^W  werden,  dass  die  Sikyonische  Kolonie  die 
einzi«>*e”griechische  Trägerin  des  Aphroditekulles  nach 
Kypi^s  gewesen  sei.  Bei  allen  griechischen  Ansied¬ 
lern,  namentlich  zwar  den  peloponnesischen,  aber  selbst 
auch  von  der  attisch -salaminischen  Kolonie,  musste 
diese  Gottheit  als  eine  altheimische  verehrt  sein,  nur 
mochte  die  kyprisch- griechische  Göttin  nicht  in  so 
en-e  Beziehung  mit  andern  als  mit  den  Sikyoiiischen 
Ansiedlern  gesezt  sein.  Neben  den  Sikyoniern  muss¬ 
ten  aber  die  Arkader  besonders  die  pelasgische  Na- 
tnrgottheit  nach  Kypros  getragen  haben,  denn  sonst 
würde  man  dem  Agapenor  nicht  die  Grundimg  des 
Tempels  in  Alt-Paphos  überlassen  haben.  Bie  Ar¬ 
kader,  wie  sie  am  längsten  pelasgisch  blieben,  hiel¬ 
ten  auch  die  pelasgischen  Kultvorstellungen  am  lang- 
sen  aufrecht,  und  auf  Kypros  konnten  sie  von  ihrer 
nur  anderthalb  Meilen  von  Alt-Paphos  entfernten  Grün¬ 
dung  Nen-Paphos,  welches  auf  eine  enge  Kultver¬ 
bindung  mit  der  alten  Stadt  hinweist,  auf  Alt-Paplms 
einwirkeii.  Wo  Golgoi  lag,  wissen  wir  leider  nicht, 
daher  auch  nicht,  ob  vielleicht  ebenfalls  seine  Nahe 
eine  Einwirkung  auf  Alt-Paphos  begünstigte.  Nun 
wäre  es  wünschenswerth  gewesen  zu  wissen,  ob  diese 
griechischen  Einwirkungen  auf  den  Aphroditekult  zu 
Paphos  dazu  beigetragen  haben,  dass  gerade  diese 
Stadt  an  Heiligkeit  und  Bedeutung  wuchs,  nament- 


lieh  Amathns  den  Vorrang  abgewann.  Aber  in  An- 


sehn  müssen  vorher  schon  die  Tempel  zu  Paphos  ge- 


83 


standen  haben,  sonst  wäre  den  Griechen  eine  solche 
Verherrlichung  und  Erhebung  über  Amathus  schwer¬ 
lich  gelungen.  Sie  bemächtigten  sich  ihrer  aber.  Es 
ist  sehr  zu  bedauern,  dass  wir  gar  keine  Nachrich¬ 
ten  darüber  besizen,  wie  der  Kult  auf  Kypros  beschaf¬ 
fen  war,  als  die  Griechen  dahin  kamen;  wie  er  uns 
vorliegt,  ist  er  ganz  aus  griechischem  Geiste  hervor¬ 
gegangen;  allerdings  mit  orientalischen  Bestandthei- 
len.  Kyprische  und  asiatische  Griechen  mussten  es 
aber  vorzugsweise  sein,  welche  die  Aphrodite  mit  al¬ 
len  Gaben  der  Liebenswürdigkeit  ausstatteteii,  welche 
ihr  die  eigenthümliche  Anmuth,  IVeichheit,  Zartheit, 
die  holdselige  Freundlichkeit  der  Liebesgöttin  ver¬ 
liehen.  Nirgends  hat  sich  die  Phantasie  und  das  schön- 
heitstrunkene,  dichterische  Gemüth  der  Griechen  so 
bewährt,  als  in  der  Auffassung  ihres  Lieblingsgegea- 
standes,  ihres  Schoosskindes,  der  Aphrodite. 

Auf  eine  weitere  Verbindung  des  kyprischen  Kul¬ 
tes  mit  Arkadien  weist  die  Nachricht  hin,  welche 
wir  bei  Pausanias  a.  a.  0.  lesen,  dass  von  Kypros 
aus  der  Athene-Alea  in  Tegea  ein  Peplos  gesandt 
worden  sei,  welche  Schenkung  man  Agapenors  Toch¬ 
ter  Laodike  zuschrieb,  und  so  verkündigte  es  auch 
die  Inschrift: 

AaodiY.11^  o8b  nsTxXog'  dvsS-ijxsv 

IlatQiS'  ig  svqvxoqov  Kvnqov  dnö  ^a^ejjg. 

Hier  ist  Laodike  Tochter  des  Agapenor  und  stellt  von 
ihrer  neuen  Heimat  Kypros  aus  Kultverbindungen  mit 
!  Arkadien  her.  Eine  andere  Sage  * kehrt  das  Ver- 
hältniss  um,  macht  sie  zu  einer  Tochter  des  Kinyras, 
des  kyprischen  Königs,  und  verheirathet  sie  an  den 
König  von  Arkadien,  Ela  tos,  Sohn  des  Arkas,  wel- 


41  j  Apollodor  3,  9,  1. 


6^ 


84 


chem  sie  den  Stymplialos  und  Pereus  gebar,  Wahr¬ 
scheinlich  war  sie  die  Tochter  des  Priamos  aus  den 
troischen  Mythen,  durch  und  mit  Akaraas,  dessen 
Geliebte  sie  war,  nach  Kypros  gekommen.  Bei  den 
Arkadischen  Einwirkungen  auf  den  phonikischen  Kult 
auf  Kypros  erinnern  wir  noch  an  die  Verbindung, 
in  welche  sich  die  Arkader  nach  einer  andern  Seite 
hin  mit  dem  phonikischen  Kulte  se/.ten.  Durch  Anchi- 
ses  und  Aineias  wird  Arkadien  dem  Dienste  aufEiyx 
nahe  gebracht,  und  nimmt  Theil  an  der  Hellenisiiung 
des  dortigen  Kultes,  wenn  anders  der  Aphroditekult 
auf  dem  Eryx  wirklich  phönikisch  seinem  Ursprung 
nach  war.  Umgekehrt  geht  Psophis,  die  Tochter  des 
Eryx,  wieder  nach  Arkadien,  um  den  Kult  der  Aphro¬ 
dite  vom  Eryx  dort  zu  begründen. 

Demnächst  hat  Kypros  in  Griechenland  noch  alte 
Kultverbindung  mit  Boiotien  und  Theben  insbe¬ 
sondere.  In  Teumessos  befand  sich  ein  Tempel 
der  Athena-Telchinia:  kyprische  Teichinen  soll¬ 
ten  nach  Boiotien  gekommen  sein,  und  diesen  Tem¬ 
pel  gegründet  haben  Mit  dem  alten  Thebischen 

Kulte  bestand  eine  Verbindung  dadurch,  dass  das  Hai  s- 
band,  welches,  von  Hephaistos  verfertigt,  Aphrodite 
der  Harmonia  am  Tage  ihrer  Vermälung  mit  Kadmos 
geschenkt  haben  sollte,  nicht  in  Delphi,  wie  eine  Er¬ 
zählung  sagte,  sondern  zu  Amathus,  im  Tempel  der 
Aphrodite  und  des  Adonis,  niedergelegt  w^orden  sei 
Es  besass  die  Eigenschaft,  welche  ihm  sein  Verfer- 


42)  Paus  an.  9,  19,  1. 

43)  Paus  an.  9,  41,  2.  Seine  Zweifel  gegen  die  Aechtheit 
des  kyprischen  Halsband  sind  aus  sehr  unwesentlichen  Dingen 
hergenomroen.  Homer  nenne  den  Schmulck  der  Eriphyle  ganz 
von  Gold,  im  kyprischen  hätten  sich  aber  noch  kostbare  Steine 
befunden. 


85 


figer,  wie  die  Sage  erzählt,  aus  Hass  gegen  Har¬ 
monia,  das  Kind  seiner  Gemalin,  vom  Ares  gegeben 
hatte,  jeden,  der  es  trug,  unglükklich  zu  machen.  Po- 
lyneikes  entwandte  es  aus  Theben;  schenkte  es  in 
Argos  der  Eryphüe,  und  bewirkte  dadurch  den  Zug 
der  Argiver  gegen  Theben.  Nachdem  dies  Band  so 
viel  Unheil  in  den  Familien  zu  Theben  und  Argos 
augestiftet,  kehrt  es  endlich,  nachdem  die  Versöhnung 
geschehen,  zur  Urheberin  zurük,  indem  es  in  ihrem 
Tempel,  wenn  auch  nicht  zu  Theben,  so  doch  auf  Ky- 
pros ,  und  hier  nicht  in  dem  neuen,  sondern  in  dem 
ältsten  Heiligthum  zn  Amathus,  aufgehängt  wird.  Ich 
glaube,  dass  diese  Sage  von  der  Anwesenheit  des  be¬ 
rüchtigten  Halsbandes  in  Amathus  in  Beziehung 
auf  Annäherung  der  kyprischen  Zustände  an  die  hei¬ 
matlich  griechische  nicht  gering  anzuschlagen  ist.  Araa- 
thus  hatte  zur  Zeit  der  griechischen  Kolonien  durch 
Agamemnon  und  seine  Begleiter  Archiver,  so  wie 
Kurion  erhalten,  und  die  alte  Herrschaft  war  durch 
sie  zerstört  worden;  man  wird  daher  die  Ueberfüh- 
rung  der  Sage  vom  Halsbande  der  Harmonia  ledig¬ 
lich  auf  die  kyprischen  Archiver  bringen  können.  Aber 
dies  erklärt  nur  noch  nicht  die  übrige  boiotische  Ver¬ 
bindung  von  Kypros,  die  kyprische  Athene- Telchinia 
in  Teumessos.  Kypros  muss  daher  in  den  ältsten  Zei¬ 
ten  noch  anderweitig  mit  Boiotien  in  Verbindung  ge¬ 
standen  haben,  die  sich  aber  nicht  mehr  nachweisen 
lässt,  und  durch  welche  möglicher  Weise  ebenfalls 
noch  alte  kosmogonische  Anschauungen  und  Mythen 
der  Aphrodite  von  Theben  nach  Kypros  kamen.  So 
ist  in  den  kyprischen  Adonismysterien  Ares  der  recht¬ 
mässige  Gemal  der  Aphrodite  wie  in  Theben,  welcher 
den  Buhlen  Adonis  verfolgt.  In  den  Aphrodisien  war 
vermuthlich  der  dodonäische  Zeus  rechtmässiger  Ge- 


mal,  Hephaistos  aber  wahrscheinlich  nach  keiner  ky- 
prischen  Mysterienlehre.  Eine  mehr  direkte  Verbin- 
bindung  Thebens  mit  Kypros  könnte  höchstens  nur 
durch  Teumessos  eröffnet  gewesen  sein,  welches  in 
sehr  frühen  Zeiten  in  Verbindung  mit  östlichen  Ge¬ 
genden  stand  **).  Auffallende  Uebereinstimmungen 
zwischen  Theben  und  Kypros,  und  zugleich  die  ent¬ 
schiedenste  Gewissheit,  dass  schon  in  den  frühsten 
Zeiten  pelasgische  Vorstellungen  von  den  Gottheiten 
nach  Kypros  gekommen,  erhalten  wir  dadurch,  dass 
wir  auf  Kypros  die  uralten  dodonäischen  Kultnamen 
wieder  entdekken.  Das  Heiligthum  des  Zeus  xu  Do- 
dona  hiess  bekanntlich  'E'kXd,  ellol  und  die  Be¬ 

wohner  der  Umgegend  und  die  Zeuspriester,  die  Ge¬ 
gend  '‘Ellonia'^  daher  heisst  nun  bei  den  Dorern  der 
alte  Hephaistos,  welcher  gleich  Zeus  ist,  ^Ekadg,  Zeus 
in  Theben  aber  ^Elaiovg  und  ElXijztog, 

nach  Phavorin  auch  ElX’^tiog  der  alte  pelasgisch- 
kyprische  Zeus,  seine  alte  Opferstätte  auf  dem  Eilande 
-  führte  den  Namen  sXa&vßag.  Dieser  alte  Naturzeus 
stand  aber  nicht  allein  da,  sondern  auch  seine  Gema- 
lin  Hera,  welche  der  Aphrodite  gleich  ist,  heisst  auf 
Kypros unter  welchem  Namen  sie  weiter  nicht 
vorkommt,  aber  sicher  nach  pelasg.is eher  Vorstel¬ 
lung  die  Zeusgemalin  ist.  —  Es  wird  sich  schwer 
nach  weisen  lassen,  an  welchem  Stamm  der  kyprischen 
Griechen  diese  Begriffe  so  hafteten,  dass  sie  durch 
dieselben  nach  dem  Eilande  hinttbergeführt  wurden, 
aber  sehr  wichtig  ist  dies  Götterpaar  für  das  Vor¬ 
handensein  altgriechischer  Vorstellungen  auf  Kypros 
und  fällt  wol  im  Wesentlichen  zusammen  mit  dem 


44>  Welker  Kretische  Kolonie  S.  22. 
45)  Hesychios  u.  d,  W.  ihkt,. 


87 


Paare  Zeus  und  der  dodonäisch-kyprischen  Aphro¬ 
dite,  welche  auf  Kypros  die  Ehe  eingehen. 

Wichtig  für  die  kyprische  Mythologie  wird,  seit¬ 
dem  Aegypten  den  Fremden  geöffnet  wurde,  Griechen 
und  ihnen  verwandte  Völker  dorthin  kamen,  auch 
der  Verkehr  von  Kypros  mit  diesem  Lande.  Nach 
einer  Erzählung  von  Athenaios  *  welche  aus  einer 
Schrift  über  die  Aphrodite,  von  einem  Bürger  von 
Naukratis  verfasst,  genommen  ist,  scheint  es  so,  als 
w'enn  der  dortige  Aphroditekult  von  Paphos  abgelei¬ 
tet  worden  sei.  Wahrscheinlich  hatten  aber  die  Nau- 
kratiten  den  Kult  schon  gleich  bei  der  Ansiedlung 
von  der  Mutterstadt  Milet  empfangen,  und  sezten  sieh 
jezt  nur  in  nähere  Verbindung  mit  Paphos  selbst;  ein 
Bürger  nämlich  von  Naukratis,  Namens  Herostratos, 
und  Handelsmann,  brachte  von  Paphos  ein  Bild  der 
Aphrodite  mitT^und  bängte  es  im  Tempel  der  Göttin 
in  seiner  Vaterstadt  auf.  Aehnliche  engere  Verbin¬ 
dungen  mit  Paphos  mögen  öfters  vorgekommen  sein ; 
wenigstens  finden  wir  in  Sardes  und  Pergamum  eben¬ 
falls  die  Pap  hi  sehe  Aphrodite,  wie  sie  ausdrükk- 
lich  zubenannt  ist,  und  den  Paphischen  Tempel  auf 
den  Münzen  dieser  Städte. 

Bei  der  Unterwerfung  von  Kypros  unter  ägyp¬ 
tische  Oberhoheit  wird  Amasis,  da  er  sich  sehr  an¬ 
gelegen  sein  liess,  die  Kyprier  an  Aegypten  zu  fes¬ 
seln,  und  Bewohner  gegenseitig  austauschte,  es  nicht 
unterlassen  haben,  auch  ägyptischen  Gottheiten  auf 
Kypros  Eingang  zu  verschaffen.  Wie  weit  dies  ge¬ 
gangen  ist,  wissen  wir  nicht,  indess  konnte  durch 
Zwang  hier  noch  nicht  viel  erreicht  werden,  da  Ky¬ 
pros  für  dies  Mal  nicht  lange  unter  ägyptischer  Herr- 


46)  Athen.  15,  461. 


H8 


Schaft  blieb.  Anders  wurde  es  zur  Zeit  der  Plole- 
inaeer,  in  welcher  Kypris  ein  Bestandtheil  des  Ale- 
xandrinischen  Staates  wurde.  Hier  musste  es  sehr 
im  Interesse  der  Herrscher  liegen,  dass  auch  die  ägy[)- 
tischen  Gottheiten  mit  den  kyprischen  verbunden,  und 
wo  möglich,  wenigstens  an  einzelnen  Orten,  einge¬ 
führt  wurden.  So  wurde  Isis  neben  der  Aphrodite 
in  Soli  laut  Strabon  verehrt  und  Osiris  wie  Adonis 
zu  Amathus,  wie  Stephanos  von  Byzanz  berichtet. 
Merkwürdig  ist  das  Benehmen  des  Königs  Nikokreon 
gegen  den  Serapis,  und  die  Antwort  des  Gottes. 
Ob  Nikokreon  vielleicht  vom  ersten  l’tolemaios  genö- 
thigt  worden  w'ar  den  Dienst  des  Serapis  aufzuneh¬ 
men,  darüber  erfahren  wir  nichts,  doch  scheint  es  fast 
so,  denn  man  sieht  sonst  nicht  ein,  w'eshalb  er,  da  er 
von  religiösen  Zweifeln  und  Gewissenhaftigkeit  beküm¬ 
mert  ist,  den  Gott  fragen  lässt,  wer  er  sei.  Dieser 
antwortet  ihm  “  ’ ) : 

EifMi  -d^sög  zoiögös  ixad^sTv  olov  xäyon  tiToa 
ovQdwog  xuG^og,  xscpalri  yaor^Q  6a  x}-d?MGGaVj 
Tata  6s  not,  7iö6sg  slol  zd  d^ovaz  sv  aiOsqi  KtZzai, 
Zij^avyagj  XajjiTtqdv  (fdog  ^sXioto. 

Serapis  war  ursprünglich  ein  blosser  Beiname  des 
Osiris;  und  bezeichnete  den  Osiris  als  Todtengott.  Zur 
Zeit  der  Ptolemaeer  kam  Serapis  als  ein  eigner  Kult 
auf,  nachdem  eine  aus  dem  Pontos  geholte  Gottheit 
mit  dem  Serapis  verschmolzen  war^®).  An  jene  neue 
Gottheit  ist  hier  wol  noch  nicht  zu  denken,  sondern 
einfach  der  Osiris  unter  diesem  Serapis  zu  versteheUj, 

47)  Macrobius  Saturnal.  1,  20.  Serapis  —  oratus  a  Ni- 
cocreonte  Cypriorum  rege,  quis  deorum  haberetur,  bis  versibus 
sollicitam  religionem  regis  instriixit. 

48)  Tacitus  Histor,  4,  83.  84.  üeber  die  Verbreitung  des 
Serapiskultes.  Böckh  Corp.  Inscr.  Gr.  1  S.  162, 


8§ 


wie  auch  des  Makrobius  Zusammenstellung  dieses 
CJottes  mit  der  Isis  zeigt,  und  diesen  muss  Nikokreoni 
auf  irgend  eine  Weise  genöthigt  worden  sein  anzu¬ 
nehmen. 

Das  schon  ziemlich  früh  sehr  beliebte  Thema  der 
Griechen,  den  ägyptischen  Busiris  in  ihre  Sagen  und 
Märchen  hineinzuziehen,  und  den  Herakles  ihn  be¬ 
zwingen  zu  lassen,  eine  Erzählung,  die  schon  Hero- 
dot  mit  grossem  Eifer  widerlegt  *®),  hatte  auch  Ver¬ 
anlassung  gegeben  Kypros  in  die  Busirissagen  hinein¬ 
zuziehen.  Wie  Diodor  berichtet,  war  es  Sitte  ge¬ 
wesen  am  Grabe  des  Osiris  Menschen  von  röthlicher 
Farbe  aus  den  benachbarten  Gegenden  zu  schlachten, 
und  dadurch  die  Sage  von  der  Grausamkeit  des  Men¬ 
schen  Würgers  Busiris,  welches  in  der  Landessprache 
so  viel  als  Grab  des  Osiris  bedeutet  habe,  ent¬ 
standen.  Aber  Herodot  hatte  schon  lange  vorher  eine 
solche  Erklärungsart  verworfen,  weil  die  Aegypter 
me  geopfert  hätten.  Aegypten  war  das  allgemeine 
Fabelland  der  Griechen  und  aller  alten  Völker;  je  we¬ 
niger  man  von  diesem  fremdenscheuen  Volke  wusste 
desto  wunderbarer  und  seltsamer  wurden  die  Fabeln 
von  ihm.  Die  Gerüchte  und  Mährchen  von  der  üblen 
Behandlung,  welcher  die  Fremden  in  Aegypten  bis 
vor  Psammetich  ausgesezt  waren,  haben  die  Sagen 
von  der  Mordung  der  Fremden  veranlasst,  eine  Sitte, 
welche  man  zunächst  an  den  Osiris  knüpfte,  denn  der 
Name  Busiris  ist  daraus  entstanden,  indem  die  Grie¬ 
chen  den  Namen  des  Gottes  mit  dem  Artikel,  Pe- 
Osiris,  hörten.  Diesen  Namen  erfuhren  die  Griechen 
an  den  Küsten,  während  ihnen  noch  das  innere  ei¬ 
gentliche  Aegypten  verschlossen  war,  vor  dem  sie ' 

49)  Herod.  2,  45.  —  Diodor  4,  88. 


90 


noch  wie  vor  einem  wildfremden,  sonderbaren  Lande 
ein  geheimes  Grauen  empfanden“).  Die  Weise  und 
den  Werth  der  kyprischen  Fabeldichter  haben  wir 
oben  kennen  gelernt“).  Nachdem  man  sich  in  Grie¬ 
chenland  einen  König  Busiris  gefabelt,  welcher  auf 
den  Rath  herbeigerufener  griechischer  Wahrsager 
Menschenopfer  eingesez-t  hatte,  um  den  Zeus  zu  re¬ 
gelmässiger  Spendung  eines  fruchtbaren  Jahres  zu  be¬ 
wegen,  dann  aber  den  Heracles  hineingemischt  hatte, 
welcher  als  Fremder  vom  Busiris  geopfert  werden 
sollte,  statt  dessen  aber  den  Busiris  selbst  urabrachte, 
knüpften  auch  die  Kyprier  ihre  Erzählungen  an  die 
Busirisfabel  an.  Ein  kyprischer  Priester  Thrasios, 
oder  wahrscheinlich  richtiger,  wie  Apollodor  sagt,  P  h  r  a- 
sios,  d.  h.  Sprecher,  Wahrsager,  Priester,  sei  nach 
gekommen  und  habe  dem  Busiiis  gerathen, 
die  Menschenopfer  einzuführen,  um  Zeus  zu  versöh¬ 
nen,  und  Busiris  habe  auch  zugleich  mit  ihm  selbst 
den’ Anfang  gemacht“)-  Wan  führte  hierdurch  die 
Fremdenopfer,  welche  nach  einer  andern  Sage  Teu- 
kros  auf  Kypros  eingeführt  hatte,  nach  Aegypten  und 
knüpfte  gewiss  noch  alte  Kultverbindungen  mit  dem 

gO)  Otfr.  Müller  Prolegomena  %.  Mythpl.  S.  174. 

51)  iTO  ersten  Theile  ist  gesagt,  wahrscheinlich  seiPoJyhra- 
tes  Urheber  jener  Wendung  der  Sage,  welche  die  Fremdenopfer 
vom  kvprischen  Wahrsager  herleite.  Isekrates  sagt,  Polykrates 
habe  gedichtet,  um  den  Busiris  zu  rechtfertigen,  Busins  habe 
die  Fremden  gefressen,  dies  liegt  in  den  Worten  Hygins. nicht, 

und  daher  ist  jene  Annahme  falsch. 

62)  Hygin  Fab.  56.  ln  Aegypto  apud  Busiridem  cum  es¬ 
set  sterilitas  et  Aegyptus  annis  novem  siccitate  exaruisset ,  ex 
Graeda  augu’res  convocavit.  Thasius  (Thrasius)  Pygmalionis  fra- 
tris  (Vatis.  Heins.)  Busiridi  monstravLt,  immolato  hospite,  ventu. 
ros  imbres,  promissisque  fidem  ipse  immolatus  exhibuit.  Apol- 
lodor2,5,ll.  Servius?.Aeij.  8,300.  Ovid Ars  amandi  1,649. 


zum  Wunderlande  und  zur  Heimat  selbst  der  Kia- 
dermärchen  gewordenen  Aegypten  an.  Phrasios  ist 
in  diesem  Berichte  des  Hygin  entweder  ein  Verwand-- 
ter  des  mythischen  Königs  Pygmalion,  oder,  wie  eine 
andere  Lesart  sagt,  Priester  des  Pygmalion,  d.  h.  der 
Aphrodite.  Nach  einer  andern  Darstellung  der  Sage 
sollte  Pygmalion  selbst  dem  Busiris  dies  Fremdenop- 
fer  gerathen  haben’*),  und  der  zuerst  Geopferte  heisst 
nicht  ein  Kyprier,  sondern  bloss  ein  Fremder  Namens 
Thyestes. 

Wann  der  wirkliche  Anfang  ägyptischen  Einflus¬ 
ses  auf  Kypros  zu  sezen  ist,  haben  wir  vorher  ange¬ 
deutet.  Bedeutend  scheint  er  aber  nie  gewesen  zu  sein, 
denn  wir  finden  nur  die  beiden  Gottheiten  Isis  und 
Osiris  und  jede  von  diesen  nur  an  einem  Orte  auf  Ky¬ 
pros,  und  für  jede  wieder  nur  ein  Zeugniss.  Sie  wa¬ 
ren  dort  dem  Kult  der  beiden  hauptsächlichsten  Gott¬ 
heiten  der  Aphrodite  und  dem  Adonis  verbunden.  Die 
Rükkwirkungen ,  welche  Aegypten  von  Kypros  em¬ 
pfing,  scheinen  sich  zuerst  nur  in  den  griechischen 
Städten  auf  die  Aphrodite  beschränkt  zu  haben.  Un¬ 
ter  den  ersten  Ptolemäern  aber  bekamen  die  Adonisfeste 
zu  Alexandrien  die  glänzendste  Aufnahme.  Diese 
beiden  Gottheiten  d.  h.  Aphrodite  und  Adonis  sind 
wahrscheinlich  auch  unter  den  kyprischen  Gott¬ 
heiten  zu  verstehen,  welche  Antiochos  Soter  in  das 
neuerb.aute  Antiochien  einführte  **3* 

Ungeachtet  sich  das  Christenthum  auf  Kypros  schon 

53)  JuniusPhilargyriusz.  Virg.  Georg.  3,5.  Busiris  Ae- 
gypti  rex  Omnibus  annis  Jovi  hospites  immolavit.  Nam  perocto 
annos  sterilitate  Aegypto  laborante,  Pygmalion  Cyprius  finem  fu¬ 
turum  non  seit,  nisi  sanguine  hospitis  litatum  fuisset.  Primus 
autem  Thyestes  alienigena  immolatus  originem  sacrificiis  dedit. 

54)  Libanios  1  S,  307.  Reiske. 


92 


gehr  früh  und  stark  verbreitete,  so  war  doch  der 
Glaube  an  die  Aphrodite  und  ihre  Herrschaft  />u  tief 
o-ewurzelt,  als  dass  sie  sich  hätten  leicht  vertilgen 
hissen.  Wir  haben  gesehen,  wie  vieler  Spenden 
die  Paphischen  Tempel  von  den  römischen  Kaisern 
sich  Jahrhunderte  hindurch  /-u  erfreuen  hatten.  Der 
Kult  von  Paphos  stand  noch  in  voller  Blüthe,  und  das 
Orakel  befestigte  sein  altes  Ansehn ,  seitdem  1  itus 
Vespasian  sich  von  dorther  Rath  erholte,  und  die  >  or- 
bedeutungen  der  Eingeweide  der  Schlachtopfer  und 
die  Auskunft  des  hohen  Priesters  Sostratos,  sei 
es  durch  Zufall,  sei  es  durch  Verabredung,  seinen 
W’^ünschen  gemäss  gefunden  hatte.  Auch  ward  au 
jenem  schimmervollen  Tage,  an  welchem  unter  Ti- 
berius  der  Senat  die  Rechte  der  ZuHuchtsörter ,  die 
Ansprüche  der  Völker  und  Städte  auf  Heiligkeit  und 
Unverle/dichkeit.  die  Wohlthateii  der  Ahnen,  die  An¬ 
sprüche  der  Verbündeten,  dieBeschlüsse  der  Könige  und 
die  Religionsgebüren  der  Gottheiten  untersuchte  und 
entschied,  de”n  Kypriern,  ihrer  Tempel  zu  Salamis, 
Amathus  und  besonders  Paphos  wegen,  das  Recht  der 
Zuiluchtsörter  zuerkannt  ^  ®  3* 

Allein  die  innere  Kraft  der  eigenthüralichen  re¬ 
ligiösen  Herrschaft  Avar  vermuthlich  schon  seit  den 
Zeiten  der  Ptolemäer  gelähmt  worden,  als  unter  die¬ 
sen  das  Erzpriesterthum  des  Landes  mit  in  den  Ge¬ 
schäftskreis  des  militärischen  Statthalters  übergegan¬ 
gen  war.  Völlens  musste  erst  der  Verfall  bcAvirkt 
werden,  seitdem  dasselbe  Amt  als  ein  Gnadengeschenk 
und  einträgliche  Versorgung  an  römische  Grosse  über¬ 
lassen  wurde.  Doch  ist  es  wol  nur  eine  rhetorische 

1  S.  130.  39  ff. 

B6)  Tacitus  Hist.  4.  J.  v.  Haramer-Purgstall  Topograph. 
Ansichten  u.  s.  w.  S.  135. 


93 


Phrase,  mit  welcher  Apiilejiis  denVerfnll  iles  P.l- 
phischen  Tempels  schon  zu  seinerzeit  schildert,  nnd 
die  ihm  des  beabsichtijo-ten  Ellektes  wegen  nachge¬ 
sehen  werden  muss.  Wunderbarer  Weise  sind  die 
kyprischen  Mysterien  der  Aphrodile  noch  in  die  äl¬ 
tere  Geschichte  von  Augsburg  verflochten,  wohin  sie 
die  kyprische  Hilaria,  die  Mutter  der  bekannten  Augs- 
burgischen  Heiligen  Afra  gebracht  haben  sollte;  al>* 
lein  wol  nur  den  unzüchtigen  Thcil  derselben,  wie 
der  Name  und  Ruf  der  beiden  Heiligen  zur  Genüge 
darthut  ®  ®). 


57)  Apiilejus  Metam.  4^  S.  155.  Paphum  nemo,  Cnidurri 
nemo^  ac  ne  ipsa  quidem  Cjthera,  ad  conspectum  Veneris  navi- 
gabant.  Sacra  deae  deseruntur,  cerimoniae  negligimtur,  templa 
deforraantur,  pulvinaria  proteruntur :  incoronata  simulacra  et  araö 
viduae  frigido  cinere  foedatae. 

58 i  Conversio  et  Passio  S.S-  3Iartyrum  Afrae,  Hilariae  u. 
s.w.  quae  . .  .  Augustae  Vindelicorum  passae  sunt,  cum  commen- 
tario  Marci  Velseri  Venedig  1591  heisst  es  fol.  66:  Hilaria,  die 
Mutter  der  Afra,  respondit  parentes  mei  genere  Cyprii  fuerunt, 
et  inde  venerunt  cum  sacris  Veneris.  Dazu  macht  Velser  fol. 
21b  die  Anm.  Cum  Veneri  diversis  locis  aliis  institutis  sacra 
fierent,  Cypricum  cultum  tum  primum  Augustam  appulisse  intel- 
ligendum  est.  So  bei  Münter  Relig.  der  Karthager  S.  114  und 
Reinhard  1,  77. 


1 


9i 


SEWEXTER  ABSCHirzW« 

K  i  n  y  r  a  s. 

KtXa^foimt  fxtv  ä/urft  KivvQttv  noXkdxn 

tf  ufiui,  KvTiQloiv,  TW  0  xQvaox’aiT«  nQo(f^6vM?  ItjlXna'  'AnöUMVt 

ItQifi  xiüot'  ’Af^odirai:  dyet  dt  /«pK  noiyifios  dyit  i^yuty 

hm^ofitva. 

Die  Gesänge  der  Kyprier  preisen  vielfältig  den 
Kinyras,  welchen  der  göldgelokkte  Apollon  von  Her¬ 
zen  liebte,  ihn,  den  zartgepflegten  Priester  Aphrodi* 
tes,  singt  Pindar  und  wiederum  manches  wird  vom 
Kinyras  auf  mancherlei  Weise  erzählt  *).  In  der  That 
hat  sich  um  den  Kinyras  ein  Sagengewirr  gezogen,  wie 
vielleicht  um  wenig  andere  Wesen  der  griechischen  My¬ 
thenwelt  und  doch  müssen  wir  annehmen,  dass  uns  nur 
das  Wenigste  von  ihm  aufbehalten  ist.  Aber  es  erforderte 
auch  nirgends  die  Eigenthümlichkeit  der  V  erhältnisse 
eine  solche  Verflechtung  des  Verschiedenartigsten,  um 
die  Einheit  eines  Wesens  herzustellen,  welches  den 
Zuständen  auf  Kyprosj  seiner  Verschmelzung  entge- 


1)  Pindar  Pyth.  2,  15.  Scholiast:  yoqtwvci,  fiiy  roP 

KtyvQay  nokXdxiS  ol  räy  KvnQlojy  vfiyot,  hyiiva  h  xq^oxoim^  ny^nri- 
aty  ^AnöXlay  ItQta  xat  ovyTQofoy  xai  evy^&tj  t^S  ’Aq^o- 
Sltt]S  oyra. 

2)  Pindar  Netil.  8,  16. 

vvy  rot-  ffivnvd-ik  olßo;  dyS-Qionoyn  nuQ  fiovdn^oSi 

oentq  xat  Kwiquv  (ßquss  nXoir^  noyrlcc  iy  Kvnqa. 
iaTit/utti,  nooai  xovqois,  dfinyttov  w  nqiy  rs  f/c/ter. 
mild  ydq  nolla  Ultxxat,'  veaqd  diitvqövta  cTojutr  ßmdyM 
is  fltyxo^  xiydvPos'  oipoP  dt  löyoi  (pHoyfqdiciP. 

Scholiastj  noUd  ovv  (fnoi  mql  rov  KiPvqov  xrcmßtßlriyTai.  icvaqiay 
xai  dmfoqah  *0  aPanPia»  nq'ip  iinslp.  —  l/xt  pvp,  qr^ai,,  xoipoloyij- 
mt  mql  Tou  KiPvqov  nuqwcapra  td  xoipSs  UxToqovfteya  xiydvyo)die 
iffruk  ibP  ydq  n  xaiPovqym,  unied-tjöofKxt, 


95 


gengesezter  Volksthömllchkeiten,  der  Vermittelung  der 
Mythen  so  vieler  Stämme,  den  priesterlich- königli¬ 
chen  Einrichtungen  des  Landes  genügend,  den  höch¬ 
sten  Gegenstand  der  kypiischen  Sagen  bilden  sollte- 
Der  Priester  der  Gottheit  wird  im  Kinyras  zum  He¬ 
ros  des  Landes  erhoben,  diese  beiden  Seiten  sind  es, 
welche  wir  an  dem  Gegenstände  gegenwärtiger  üu- 
tersuchungen  besonders  erkennen  müssen,  wenn  wir 
zum  Verständniss  des  Ganzen  gelangen  wollen. 

Kinyras  war  also  nach  Pindar  ein  im  zarten' 
Alter  gepüegter  Priester  der  Aphrodite,  worunter  wir 
uns  wahrscheinlich  ursprünglich  nur  einen  Opferkna¬ 
ben  und  Tempel  wart  der  Göttin  zu  denken  haben. 
Ein  solcher  kommt  schon  beim  Hesychios  vor 3) 5  nur 
ist  es  bei  diesem  Phaelhon,  welchen  die  Kypris  noch 
als  tändelndes  Kind  raubte,  und  zum  nächtlichen  Hü¬ 
ter  ihres  Tempels  machte.  Ein  ganz  ähnlich  zu  fas¬ 
sender  Priesterknabe  ist  auch  Amarakos,  welchen 
die  Sage  zu  einem  königlichen  Knaben,  der  Salben 
trägt,  macht  uud  wieder  einen  Sohn  oder  Diener  des 
Kinyras  nennt,  ungeachtet  er  in  dieser  Beziehung  mit 
ihm  nur  ein  Wesen  ist.  Dieser  Opferknabe  Kinyras 
wird  nun  von  der  Göttin  selbst  in  ihrem  Tempel  gc- 
pilegt,  ähnlich  wie  in  den  attischen  Mythen  der  klei¬ 
nen  Erichthonios  von  der  Athene*),  welcher  als  ihr 
Beisizer,  In  einem  ähnlichen  Verhältnisse 

zu  seiner  Gattin  steht,  wie  Kinyras  zur  Aphrodite. 
Einem  Opferknaben,  welcher  den  Dienst  der  Göttin 
vollzieht,  muss  sie  natürlicher  Weise  wieder  ihr  Wohl¬ 
wollen  erzeigen,  und  Kinyras  erscheint  als  ihr  Lieb¬ 
ling,  dem  sie  zu  Gefallen  lebt,  als  ihr  Genosse 


3)  H  e  s  i  0  d  0  s  Theogon.  989. 

4)  Homer  II.  2,  548. 


96 


lind  Freund,  welcher  stets  in  ihrem  Sinne  handelt^ 
ist  sogar  ihr  G  eliebter,  wie  Adonis.  Anchises,  Phae- 
thon  =).  Daher  ist  er  aber  auch  schön,  wie  es  ei¬ 
nem  Diener  der  Kypris  ge/deral  ®).  Das  ganze  Al¬ 
terthum  bewunderte  die  Schönheit  des  Kinyras  ^). 
Lukian  ®)  stellt  den  Kinyras  mit  Sardanapal  und  dem 
Dichter  Agathon  zusammen,  als  einen  schönen,  weich¬ 
lichen,  zierlichen  j  von  Salben  glänzenden  und  ge- 
puzten  Menschen.  ^ 

Wo  ein  erbliches  Priesterthum  ist,  stellt  die  Sag6 
einen  Ahnherrn  auf,  welcher  den  Kult  der  Gottheit 
begründet,  seinen  Nachkommen  den  Dienst  der  Gott¬ 
heit  gelehrt  und  ihnen  die  Würde  vererbt  hat.  Ganz 
derselbe  Fall,  den  Avir  zu  Eleusis  mit  Eumolpos  und 
den  Eumolpiden  haben,  den  Eteobutaden  im  Dienste 
der  Athena  Polias,  den  Androkliden  zu  Ephesos,  den 
Teukriden  zu  Olbe  in  Kilikien  u.  s.  w.j  kehrt  auf 
Kypros  und  zwar  zu  Paphos,  dem  Hauptsize  der 
Aphrodite,  mit  Kinyras  und  den  Kinyraden  wieder. 
Wie  Eumolpos  die  Mysterien  der  Demeter  gelehrt 
hatte,  Dardanos  die  der  Göttermutter,  Eetion  die  sa- 
mothrakischen ,  Midas  die  phrygischen  u.  s.  w. ,  so 
führte  Kinyras  ^ )  die  nächtlichen  Orgien  der  Aphro- 

5)  Klemens  v.  Alex.  Protr.  S.  28.  Kratinos  bei  Athen 

69.  ^  T  t. 

6)  Apollonides  in  d.  Anthol.  2  S.  18  Nr.  9.  Fr.  Jacobs. 

mifxads  r'ov  Kivvquv  6  nulat  ?  ’l^QvyaS  * 

ßvv  dt  Jtoiv,  fjfjiH?  xdUßg  cuißofjf&a, 

xtqzaqidri  nt^lßMTi  U.  s.  w.  ^  ^ 

7)  Hygin.  Fab.  270  stellt  den  Kinyras  seiner  Schönheit 
Wegen  neben  Jasion,  den  Geliebten  der  Demeter,  neben  den  An¬ 
chises,  Paris,  Kephalos,  Tithonos,  Achilles  u.  s.  w. 

8)  Lukian  Rednerschale  Kal.  11. 

9)  Dies  drükken  die  Kirchenschriftsteller  auf  ihre  Weise 
BUS.  Klemens  v.  Alex.  Protr.  S.12  cvydqiu  6  Kmqws  6  vrf- 


97 


dite  ein.  Das  gesamte  Priestertlium  einer  Gottheit 
personiüzirt  sich  in  dem  einen  Wesen,  welches  zum 
Ahnherrn  der  Priesterschaft  erhoben  worden  ist,  und 
alle  die  Beziehungen,  welche  die  Priester,  den  Tem¬ 
pel  und  Kult  der  Gottheit  angehn,  werden  auf  die 
eine  Person  zuriikkbezogen.  Beim  Kinyras  ist  es  vor 
allen  Dingen  der  Reichth  um,  welcher  an  ihm  her¬ 
vorgehoben  nnd  gepriesen  wird.  VYie  es  in  Phry- 
gien  eine  ähnliche  Priesterschaft  mit  königlicher  Macht 
war,  welche  sich  im  Besiz  eines  ausgedehnten  Tem¬ 
pelgebietes  befand,  so  scheinen  auch  auf  Kypros  ähn¬ 
liche  Verhältnisse  bestanden  zu  haben.  Wie  weit  eine 
solche  Einrichtung  in  den  übrigen  kyprischen  Städten 
statt  fand,  wissen  wir  nicht  anzugeben,  aber  in  Pa- 
phos  muss  der  ganze  Länderbesiz  der  Stadt  der  Göt¬ 
tin  geweiht  und  zu  eigen  gewesen  sein,  dessen  Er¬ 
trag  den  Tempeln  der  Priesterschaft  zufloss,  da  die 
höchste  und  einzige  Gewalt  bei  derselben  stand.  Von 
den  übrigen  Verfassungen  näherte  sich  die  von  Ama- 
thus  am  meisten  der  paphischen,  wie  aber  sich  hier 
die  priesterliche  Gewalt  mit  der  königlichen  ausglich, 
wissen  wir  nicht,  ln  den  andern  Staaten  befand  sich 
die  äussere  Macht  entschieden  in  den  Händen  der  Kö¬ 
nige,  die  vielleicht  einen  Theil  an  den  Opferhandlun- 
lurigen  hatten,  und  zur  Ausstattung  der  Feste  das  Ih¬ 
rige  beitrugen:  in  eigentlich  kirchlichen  Dingen  war 


iTtwryj?  KivvQfc?  nüQamlea  itor'  «»>,  tu  mql  trjp  'ArfQodityjv  (layXmvxa 
DQyiu  i/.  pvxTng  naoadoupui  rok/uriffus ,  (fdonfiov/ufPoS  S-eiaGat 

j  nÖQPtjP  no/Jnd'u,  Arnobius  4,25.  Quis  a  rege  Cyprio,  ciyus  no- 
I  men  Cinyras  est,  dictam  tneretriculam  Venerem,  divorum  in  nu- 
mero  consecratara.  Firmicus  de  errore  prof.  fei.  S.  264  Hie- 
I  ron.  Commelin.  Audio  Cyniram  Cyprium  templum  amicae  mere- 
!  tricae  donasse,  ei  erat  Venus  nomen.  --  Oefter  heisst  Aphrodite 
Kipvqa  rflkrj.  Vgl.  Klemens  im  Protr.  S.  16  u.  Theodoret. 

II.  7 


! 


98 


die  Priesterschaft  gewiss  von  den  Königen  unabhän¬ 
gig,  aber  dem  Erzpriester  des  Landes  unterworfen. 
Zur^  Erhaltung  der  Tempel  und  Bestreitung  der  Be¬ 
dürfnisse  des  Kultes  wird  ihnen  aber  auch  hier  ein 
Tempelgut  nicht  gefehlt  haben.  Dass  die  Göttin  sonst 
noch  regelmässige  Einkünfte  gehabt  habe,  lässt  sich 
zwar  vermuthen ,  aber  nicht  mit  Bestimmtheit  ange¬ 
ben.  Der  grösste  Reichthum  floss  aus  den  frei¬ 
willigen  Spenden,  welche  Privatleute  und  Fürsten 
wetteifernd  namentlich  dem  Tempel  zu  Paphos  zukom¬ 
men  Hessen,  um  sich  des  Wohlwollens  der  Göttin  zu 
versichern,  oder  politischer  Zwekke  halber,  um  da¬ 
durch  dem  Lande  zu  schmeicheln  und  seine  Bewoh¬ 
ner  sich  geneigt  zu  machen.  Dies  war  namentlich 
bei  Amasis  der  Fall  *  “ ).  Dadurch  konnte  die  zahl¬ 
reiche  Priesterschaft  erhalten,  die  Pracht  und  der  Glanz 
der  Feste  bestritten,  und  dabei  immer  noch  ein  gro¬ 
sser  Tempelschaz  gesammelt  werden.  Dieser  dauerte 
selbst  noch  in  spätem  Zeiten  fort,  lokkte  die  Römer 
herbei,  welche  das  paphische  Priesterthum  an  römische 
Grosse  als  besondere  Vergünstigung  übertrugen.  Kato 
hatte  geglaubt,  dass  Ptolemaios  für  den  Verlust  sei¬ 
nes  Königreiches  durch  die  Schenkung  der  Erzprie¬ 
sterwörde  von  Kypros  hinreichend  würde  entschädigt 
werden. 

Dieser  Reich thum  des  Paphischen  Tempels  wird 
auf  seine  Inhaber,  die  Priester,  übertragen,  und  von 
diesen  auf  den  Ahnherren,  von  welchem  beide  Theile 
dem  Glauben  nach  abstammten,  Tempel  und  Priester. 
So  war  der  Reichthum  des  Kinyras ,  welcher  darum 


10)  Diodor  1,68  Amasis  xal  nolXa  tmp  Uqmv hödfirii^iv  ava- 
Tacitus  Histor.  2.  4  spectata  opulentia  donis- 
que  regum  zu  Paphos  nämlich.  Vgl.  Paus  an.  8,  24,. 3. 


99 


^äTrXovTog  heisst^  zum  Sprüchwort  geworden  ’  ‘ )  wie 
der  Reichthum  des  Lydischen  Gyges’*).  Am  mei¬ 
sten  wird  aber  Kinyras  mit  dem  rHidas  zusammenge¬ 
stellt'*):  eine  Vergleichung,  welche  um  so  natürli¬ 
cher  ist,  als  Kinyras  wirklich  mit  dem  Midas  in  sehr 
vielen  Stükken  übereintrifft,  und  in  der  der  lydisch- 
phrygischen  nachgebildeten  paphischen  Priesterherr¬ 
schaft  trägt  Kinyras  fast  ganz  dieselbe  Bedeutung, 
wie  Midas  in  jener.  Midas  hatte  seine  Residenz  in 
Pessinus,  wo  er  der  Kybele  einen  prächtigen  Tempel 
erbaute  und  ihre  Festgebräuche  ordnete'*)^  dasselbe 
that  Kinyras  der  Aphrodite  in  Paphos.  Wie  die  phry- 
gischen  und  lydischen  Tempel  dieselben  Quellen  des 

11)  Suidas  berichtet  über  KinjTas  u.  d.  W.  ^aQ&at'dnalos 

Kivi-qa?  u.  xamyrjqdaais  TiB-mvov:  Kwvqas  nXovra  (fucfftq(ai>.  Pro¬ 
verb.  e  Vatic.  Cent.  3,90.  Apostol.  19,  40.  Vgl.  P  in  dar  Nem. 
8,  18  in  Anm.  2.  Julians  Br.  69.  S.  446.  no  TiO^mvov  ßaqvn- 
qovTf  y.ul  Tov  Kn'uqov  nXovamrsoov ,  xai  tov  JEaq^apandlov  rQvrfSQcS- 
itqop.  Vgl.  Leutsch  u.  S  chn  ei  de  win  Paroemiogr.  gr.  1  S.  316 
Diogen.  8,  5.3.  Tov  Mida  nlovwv,  xai  KqoLüov  xai  Kvv^qov  {Ki- 
vÖqov^  :  iv  vTXfqßoi.tj  ravTU.  — -  Leutsch  das.  Ta  Kiviqov  rdkavia 
Apostol.  18,  93.  Arsen.  441.  das.  Macarius:  xarayi^Qdcai?  Kivv- 
qov  7ii.ovaiiüTiqov,  Liban.  Gr.  417.  vno  aot  fxixQa  xtqdaivstv  tj  töv 
Kivvqcer' hiqom  ßoüi.oii’  uv  naqfld-tlv,  ebend.  487.  rtfioiv  df|e- 

TUi  uv  ytvia9-ai  fiuklov  tj  (lij  nfiöjv  Kivvqas.  Ebend.  1217  xai 
yuQ  6  IlaxTookcS  uvtoj  fuxqov  xai  tu  Kivvqov  xai  td  Foyot), 

12)  Herodot  1,  12.  Strabon  14,  680.  Leonidas  v.Ta- 
rent.  in  Jacobs  Delect.  Anthol.  8,  10.  Libanios  Br.  50.  dä 
de  Tvöv  röyov  /qri^droov  ^füv',  el  fieiXoifiev  ixdarq»  doiaeiv  ßovXofeevoiP 
laßelv.  Vgl.  Manuel  Palaiologus  in  Boisson.  Anekd.  2,299. 

13)  Platons  Geseze  2  S.  51.  idv  cT«  dqa  nXovrp  /uev  Kivvga 
re  xai  Mida  fiuXXov,  y  de  udixog  udXtog  ilmi  xai  äveaqäs  0.  Tyr- 
taios  9,  6.  nXomoltj  de  Mideo)  xae  Kivvqao  nXeov.  Theodulos 
Magistros  in  Boisson.  Anekd.  2,  212.  Klemens  v.  Alex. 

I  Paidag.  3,  6  S.  233  Sylb.  —  Dion  Chrysostomus  Rede  8 
stellt  Kinyras  und  Jason  wegen  ihrer  Reichthümer  zusammen. 

14)  D  io  do r  3,  5. 

T* 


100 


Reichthums  hatten,  so  wurde  auch-^er  Reichthum  der 
Tempel  auf  die  beiderseitigen  Begründer  des  Kultes 
übertragen.  Der  Unterschied  hat  sich  aber  zwischen 
beiden  durch  Sage  und  Dichtung  erzeugt,  dass  das 
Bild  des  reichen  Herrschers  illidas  durch  unverstän¬ 
dige  Goldsucht  entstellt  wird,  während  Kinyras  mit 
Weisheit  und  Verstand  Herr  seiner  Schäze  bleibt. 
Dieser  Reichthum  ist  dem  Kinyras  auch  durch  eine 
besondere  Gottgefälligkeit,  durch  Zuneigung  und  Be¬ 
vorzugung  der  Aphrodite  geworden,  weil  er  in  gött¬ 
lichem  Sinne  gelebt  und  gewirkt  hat' *3-  Daher  be¬ 
zeichnet  Pindar  a.  a.  0.  den  Kinyras  als  ein  Gegen¬ 
bild  des  Ixion  und  hält  ihn  dem  Hieron  vor  Augen, 
um  diesem. das  Beispiel  eines  milden,  durch  das  Wohl¬ 
wollen  der  Götter  begünstigten  und  glükklichen  Man¬ 
nes  vorziiführen  5  wie  Kinyras  sich  die  Liebe  der  Aphio— 
dite  erwarb,  weil  er  in  ihrem  Geiste  handelte,  so  solle 
er  für  Demeter  und  Rora  wirken,  deren  Priester  er 
war.  Als  einen  reichen  und  glükklichen  Herrscher 
stellt  Pindar  den  Kinyras  auf,  mehr  mag  er  von  ihm 
aus  Furcht  vor  den  Neidern  nicht  sagen. 

Von  Kinyras  als  ihrem  Ahnherrn  leitete  sich  die 
gesamte  Priesterschaft  nicht  nur  in  Paphos,  sondern 
auch  inAmathus,  die  Kiny  raden,  her’®). 

Aus  dieser  Gleichnamigkeit  beider  erblichen  Priester- 
schaften  müssen  wir  auf  eine  Verwandschaft  schlie- 
sen,  und,  wenn,  wie  es  doch  scheint,  Amathus  die  äl- 


15)  Pindar  Nem.  8,  16.  Scho  Hast:  cs  yvdfiji  &(o'v. 
q.tjm’,  ilßos  Tißg  €tu»Qüinoig  i^uq.vTtv»els  xal  do9sk  fioviuoinQoe  kw. 
Sang  Ußos  inloinas  xal  ddal^uova  ntnol>ies  tw  nkovro)  nv  Kwüqav 

iv  TJj  vnßm.  ^  ^  ^  ^ 

.16)  Schol.  Find  Pyth.  2,  15.  o  dl  Kwvqag  ovrog  tenv,  aep 
oi  iv  Kvnqfa  Kimgädai,  »hÖ  ävdQcovro,  Hesychios  Kivvqu- 
Sttit  kqug  ’Aq‘QoSiT)]g  u.  sonst  an  angef.  Stellen. 


101 


tore  und  im  Alterthum  mächtigere  Stadt  war.  in  wel¬ 
cher  auch  der  Kult  ein  höheres  Ansehn  als  in  Paphos 
genoss,  auf  die  Vermuthung  kommen,  dass  dieser  Name 
von  Amathus  ausgegangen  und  auf  Paphos  übertragen 
%\  urde,  als  der  Kult  dieser  Stadt  seine  Herrschaft  be¬ 
gründete.  Sonst  würde  Paphos  der  Amathusischen 
1  1  iesterschaft  schwerlich  diese  Ehre  gegönnt  haben. 
Hie  Besorgung  des  ganzen  Tempeldienstes  lag  ihnen 
ob.  l  acitus  '  ’ )  erzählt:  Nach  einer  alten  Sage  hat 
König  Aerias  den  Tempel  der  Aphrodite  zu  Paphos 
erbaut.  Eine  jüngere  Sage  meldete  aber,  der  Tem¬ 
pel  sei  vom  Kinyras  geweiht,  und  die  Göttin  selbst 
sei,  aus  dem  Meere  emporgestiegen ^  hier  gelandet. 
Die  Weissagekunst  sei  aber  aus  der  Fremde  einge¬ 
führt;  der  Kilikier  Tamiras  habe  sie  gebracht,  und 
so  sei  es  geschehen,  dass  die  Nachkommen  beider, 
des  Kinyras  und  des  Tamiras,  dem  Kulte  vorstanden. 
Bald  aber  wären  die  Fremdlinge  von  der  Ausübung 
der  Kunst,  welche  sie  mit  sich  gebracht,  zurükkge- 
treten,  damit  der  königliche  K^tamm  den  ausländischen 
io  allen  Würden  übertreffe,  und  seitdem  übten  nur  die 
Kinyr'aden  die  Weissagekunst  wie  den  übrigen 
Dienst  der  Göttin  aus.  —  Wir  sehen  hieraus,  dass 
Tacitus  über  die  Gründung  des  Paphischen  Tempels 
zwei  Sagen  gekannt,  die  eine,  welche  ihm  als  die 


17)  Tacitus  Historiae  2,  3.  Conditorem  templi  (Papliiae 
Veneris)  regem  Aeriam  vetus  memoria,  quidam  ipsius  deae  no- 
men  id  perhibent.  Fama  recentior  tradit  a  Cinyra  sacratum 
templum,  deamque  ipsam,  conceptam  mari,  liuc  appulsam.  Sed 
scientiam  artemque  haruspicum  accitam,  et  Cilicem  Tamiram 
intulisse;  atque  ita  pactum,  ut  familiae  utriusque  posteri  caeri- 
moniis  praesiderent.  Mox  ne  honore  nullo  regium  genus  pere- 
grinam  stirpem  antecelleret ,  ipsa  quam  intulerant  scientia  ho- 
spites  cessere:  tantum  Cinyrades  sacerdos  coasulitur. 


102 


ältere  überliefert  ist,  macht  den  König  Aerias  7.am 
Erbauer.  Diesen  haben  wir  oben'«)  als  den  gewöhn¬ 
lichen  mythischen  Heros  aus  dem  Namen  des  Landes 
hergeleitet.  Die  jüngere  Ueberlieferung  nennt  den 
Kinyras  und  seine  Nachkommen  das  königliche  Ge¬ 
schlecht.  Kinyras  ist  also  auch  hier,  wie  in  den  frü¬ 
her  gegebenen  Mythen,  Gründer  des  Tempels,  1  ne- 
ster  und  König  des  Landes  nach  lydisch-phrygi^c  en 
Vorstellungen.  Auf  die  Unterscheidung  des  Alters 
dieser  beiden  mythischen  Herrscher  kann  ebenso  we 
iiig  Geschichtliches  gegründet  werden,  wie 
ähnliche  Erscheinungen  in  der  griechischen  ^  y  o 
lo<^ie,  denn  beide  Sagen  haben  sich  bei  demselben 
Vdksstamm  des  Landes  ausgebildet,  den  Griechen,  un 
stehen  als  Könige  auf  gleicher  Stufe  neben  einander, 
indem  sie  nur  auf  verschiedene  We'se  gebildet  sind^ 
der  eine  aus  einer  Eigenschaft  und  einem  Namen  des 
Landes,  der  andere  aus  einer  Kultmusik  abstrahir  . 
Da  der  Name  des  Aerias  weiter  gar  nicht  vorkommt, 
so  können  wir  ihm  auch  keine  grosse  Bedeutung  zu 
schreiben,  am  wenigsten  die  des  Kinyras,  und  müssen 
es  nur  für  einen  Zufall  ansehen,  dass  er  zur  Kennt- 
niss  des  Tacitus  gelangt  ist.  Wahrscheinlich  haben 
andere  Sagen  den  Kinyras  mit  eben  demselben  Rechte 
alter  genannt,  wenn  übrigens  Vergleichungen  beider 
Herrscher  noch  vorkamen.  In  Geschlechts  Verhältnisse 

sind  sie  beide  nicht  gebracht. 

Aus  dem  Berichte  des  Tacitus  ersehen  wir  nun, 
dass  es  vor  Zeiten  noch  ein  anderes  heiliges  Geschlecht 
in  Paphos  gegeben  habe,  die  Tamiraden,  welche 
auf  eine  bestimmte  Dauer  neben  den  Kinyraden  die 
Weissagekunst  geübt  hatten,  bald  aber  dies  Geschäft 


18)  Thl.  1  S.  16. 


103 


anch  jenen  abgetreten.  Als  eine  gewisse  Art  Priester 
führt  auch  Hesychios  *  *)  die  Tamiraden  an,  und  ver¬ 
glichen  wir  früher  die  Kinyraden  mit  den  Eumolpi- 
den  zu  Athen,  so  mögen  die  Tamiraden  neben  den 
Kinyraden  ungefähr  die  Stelle  eingenommen  haben, 
wie  neben  diesen  die  Keryken.  In  Kilikien  hat  dies 
Geschlecht  seinen  Ursprung,  und  dies  Land  ist  es, 
welches  stets  vor  allen  in  dem  Rufe  grosser  Geschikk- 
lichkeit  in  der  Weissagekunst  stand*“).  Auch  steht 
der  Annahme  nichts  entgegen,  dass  in  frühem  Zei¬ 
ten  von  Kilikien  aus  Einfluss  auf  Kypros  ausgeübt 
ist,  da  eine  Genealogie  des  Kinyras  ebenfalls  dahin 
führt.  Wie  aber  die  alten  Kiliker  den  phönikischen 
Stämmen  verwandt  sind,  so  kommt  auch  der  Name 
des  Tamiras  dort  wieder  vor,  indem  ein  Fluss,  wel¬ 
cher  vom  Libanon  kommt  und  sich  zwischen  Sidon 
und  Berytos  ergiesst,  ihn  führt.  Wahrscheinlich  ge¬ 
hört  er  dort  zu  Hause.  Darnach  beruhte  die  Wirk¬ 
samkeit  der  Tamiraden  nur  noch  in  der  Sage;  in  ge¬ 
schichtlicher  Zeit  sind  die  Kinyraden  diejenige  Prie¬ 
sterschaft,  welche  Opfer  und  Weissagung  besorgten, 
und  Kinyras  selbst  wird  unter  den  griechischen  Wahr¬ 
sagern  angeführt,  und  neben  den  Kreter  Kometes, 
den  Thessaler  Admetos,  den  Kyrenaier  Aristaios,  Am- 
phiaraos  von  Athen**)  gestellt.  Derjenige,  welcher 
die  oberste  Leitung  der  Opferhandlung  hatte,  hiess 
A  g  e  1 0  r,  und  dieser  Name  kehrt  unter  der  Form  Age- 


19)  Tafii^ccdat:  Isqhs  Tivts  iu  Kvtiqo).  Die  Ausleger  vermuthen 
hier,  dass  Tafucdäai,  zu  schreiben  sei,  wegen  der  Stadt  Tamis- 
sos,  oder  Oa/niGudui,  und  bringen  diesen  Namen  mit  dem  Namen 
des  Gottes  Thammüs  in  Verbindung. 

20)  Cicero  de  divinat.  1,  15.  41.  42.  2,  .38. 

21)  Riemens  v.  Alex.  Strom.  1  S.  333  Sylb. 


1Ü4 


tes  für  denselben  Beamten  in  den  Kameen  wie¬ 
der  *  *). 

In  welchem  Verhältniss  die  'Ayaioiiävun;*^')  zu 
den  Kinyraden  standen,  ist  nicht  klar.  Sie  müssen 
einen  bestimmten  Geschäftskreis  im  heili/jen  Dienst 
gehabt  haben.  Dass  sie  im  Dienste  der  Aphrodite 
oder  in  ihrem  und  dem  Kulte  des  Adonis  standen,  ist 
mir  nicht  zweifelhaft,  da  es  angegeben  sein  würde, 
wenn  sie  einer  andern  kyprischen  Gottheit  angehört 
hätten.  Wir  sehen  aber  daraus,  dass  es  auch  auf 
Kypros  neben  den  Kinyraden  noch  andere  Priester¬ 
familien  gab,  wie  in  Athen  neben  den  Eumolpiden. 

Aus  Kinyras  Eigenschaft  als  eines  Ahnherrn  der 
Priesterschaft  zu  Paphos  bildete  sich  die  Vorstellung 
vom  Kinyras  als  eines  Königs,  nicht  bloss  von  Pa¬ 
phos,  sondern  vom  ganzen  Kypros** j.  Wie  die  ganze 
Kinyrassage  nur  jung  ist,  insofern  sie  aus  einer  Zeit 
stammt,  welcher  der  phönikischea  nachfolgt,  und  ein 
Erzeugniss  griechischer  und  kleinasiatischer  Vorstel¬ 
steilungen  ist,  so  auch  speziell  die  Sage  von  seiner 
Herrschaft.  Mit  dem  w'aehsenden  Ansehen  von  Pa¬ 
phos  hat  sich  erst  die  Hierarchie  auf  Kypros  gebil¬ 
det.  Aphrodite  wurde  Nazionalgöttin  der  Kyprier  und 
Paphos  nicht  allein  ihr  Hauptsiz  für  Kypros,  sondern 
auch  der  Hauptsiz  des  gesammten  Aphroditekultes  der 

22)  Hesychios  6  rijs  ’AfQodiT>ig  ^yovjud'o; 

hqfvs  iy  Kvnqm,  —’Ayrjvriqi  o  UQüi/j.(yoS.  "‘AytjTÖqsiov:  loqr^.  "Ay^rijg: 
iy  Tolg  KttQPsloig  6  ligm/uepog  tov  d'sov,  xat  ^  toqr^  ^AyijTuQia.  Gehört 
dyrjToqtwp  auch  nach  Kypros  ? 

23)  Hesych.  'Axccw/^dyntg:  oi  Tr/v  twv  9iüjy  lyom?  liQocvvr,v 

Iv  Kinqta.  Js.  Voss  M'ill  lesBn  dya^ofidpTHg. 

24)  Scho  Hast  Find.  Pyth.  2,  16.  iyiytro  dt  (KinjTas)  ßa- 
atktvg  tmv  KvtiqIojp  xai  Uqtvg  T^g  Kvnqlag  AqqodiTtjg,  Sc  hol.  11. 
11,  20.  Arnob.  4,  25.  5,  19.  6,  6.  Suidas,  Plinius,  Hesy¬ 
chios,  Steph.  v.B.  u.  Kinqog,  in  den  angef.  Stellen  u,  sonst. 


105 


Welt.  Die  Abgeschlossenheit  des  Landes  begünstigte 
in  solches  priesteriiches  Land,  eine  Hierarchie  des 
Sizes  des  Nazionalkultes ,  wie  sie  auf  Kypros  statt¬ 
gefunden  zu  haben  scheint.  Mit  dem  Glauben  an  ei¬ 
nen  priesterlichen  Ahnherrn  von  ganz  Kypros  o-e- 
staltete  sich  auch  der  Glaube  an  einen  alten  König 
des  ganzen  Landes,  welcher  jedoch  nie  in  Wirklich^ 
keit,  sondern  nur  in  Vorstellung  und  Sage  vorhan¬ 
den  gewesen  ist.  Wie  die  Gesammtvorstellung  vom 
Kinyras  auch  von  den  Vorstellungen  des  gesummten 
Kypros  ausgegangen  und  gebildet  ist  d.h.  desgriechi- 
I  sehen  Kypros,  denn  das  phönikische  hat,  bevor  es  hel- 
lenisirt  ist,  mit  Kinyras  nichts  zu  schaffen,  bezeugen 
noch  besonders  die  Genealogien,  in  denen  sich  alle 
Griechen,  besonders  aber  die  attisch-salaminischen,  an¬ 
brachten.  So  wurde  kein  Stamm  gekränkt,  und  Ki¬ 
nyras  konnte  mit  Recht  als  ein  Herrscher  des  »"an- 
zen  Kypros  vorgestellt  werden,  und  ein  Band*^  um 
1  alle  Staaten  des  Landes  schlingen,  welches  sonst  in 
keiner  Weise,  weder  früher  noch  später,  stattfand. 

Als  mythischer  Herrscher  des  Landes  wird  Ki¬ 
nyras  nun  diejenige  Person,  auf  welche  das  erwachende 
I  Bewusstsein  des  Volkes  die  Anfänge  der  Kultur  und 
der  Gesittung  übertrug -3.  Er  steht  am  Eingano-e 
j  der  Geschichte,  und  die  geschichtlichen  Zustände  sind 
•  von  ihm  begründet  und  geordnet.  Aber  nicht  in  Er- 
I  innerung  an  grosse  Thaten  und  Abenteuer,  sondern 
auf  friedlichem  Wege  ist  er  Schöpfer  der  Ordnuno- 

!  und  der  Sitte.  Durch  Erfindung  der  Dachziegel,  de^ 

Zange,  des  Amboss,  des  Hammers  und  des  Brechei 
1  sens,  durch  EröiTnung  des  Bergbaues,  des  für  Kypros 
I  wichtigsten  Erwerhzweiges,  durch  Einführung  einer 

2d)  Vgl.  Das  kinjräische  Zeitalter  Theil  I,  S.  203  ff. 


I 


106 


geregelten  Schaafzucht  und  Belehrung  in  der  Bear- 
heituog  der  Wolle,  welche  den  Grund  zu  der  spätem 
Berühmtheit  der  kyprischer  Fabriken  legte,  vor  allen 
aber  durch  Begründung  des  Kultes  der  Landesgott¬ 
heit  und  ihrer  priesterlichen  Einrichtungen  hat  er  sich 
zum  Heros  des  Landes  erhoben,  er,  der  Priester,  Ge¬ 
fährte  und  Liebling  der  Göttin.  Wie  die  Kyprier  sich 
selbst  in  Verbindung  mit  der  ruhmvollsten  Begeben- 
lieit  des  Älterthums  und  dem  grössten  Unternehmen 
des  o-esammteu  Vaterlandes,  dem  troischen  Zuge, 
brachren,  so  wird  auch  ihr  König  Kinyras  mit  hui- 
eingezogen.  Wie  die  andern  Griechenfürsten  wird 
auch  ev  zur  Theilnahme  an  dem  Zuge  aufgefordert. 
Palamedes  und  Menelaos  erscheinen  auf  Kypros,  und 
das  ganze  Griechenheer  unter  Anführung  des  Aga¬ 
memnon  wird  vom  Kinyras  bewirthet.  Kinyras  ist 
Ao-amemnons  Freund  und  beide  ehren  einander  nac 
Heroenweise  durch  Gastgeschenke.  Berühmt  ist  der 
Helm,  welchen  Kinyras  dem  Agamemnon  schenkt^'). 
Nur  darin  schimmert  eine  dunkle  Vorstellung  von  der 
Beendigung  einer  vorgriechischen  Zeit  hindurch,  dass 
Agamemnon  bei  seiner  Bükkkehr  von  Troja  den  Ki¬ 
nyras  aus  Amathus  vertreibt,  weil  er  die  versprochene 
Hülfe  nicht  gesendet  habe.  Indess  lässt  diese  Wen¬ 
dung  der  Sage  nach  andere  Deutungen  zu.  Amathus 
ist  der  einzige  von  den  phönikischen  Orten,  welchen 
die  Sage  gleich  zur  Zeit  der  griechischen  Ansied- 
lungen  hellenisirt  werden  lässt,  nachdem  die  alten 


26)  Theodor  OS  hei  Boisson.  Anekd.  1,  263.  o  cTiJ  qtjffn'  O- 
unaos  ^cct  t'o.  nY^i^6va  Km^lo^v 

vova  t'ov  Tmy  ßamUa ,  qdotfqovovfiim'  ov  yaQ  nolv- 

%-«  (<.«t  yiq  ««;  «'“S  Ueber 

das  üebrige  s.  1  S.  207. 


107 


Einwohner  vertrieben  worden  sind,  während  die  übri¬ 
gen  Ansiedler  neue  Staaten  gründen.  Ganz  ohne  ge¬ 
schichtlichen  Grund  kann  diese  Sage  nicht  sein  und 
da  in  Amathus  Kinyraden  herrschten,  knüpfte  sich  an 
die  Sage  von  der  Weigerung  des  Kinyras  die  ver¬ 
sprochene  Hülfe  zu  senden  und  seinem  Betrüge,  leicht 
die  andern  von  der  Rache  des  Agamemnon,  seiner 
nachmaligen  Anwesenheit  auf  Kypros  und  der  Ver¬ 
treibung  des  Kinyras  durch  ihn. 

Kinyras  ist  ebenso  wenig  eine  geschichtliche  Per¬ 
son  als  einer  der  übrigen  griechischen  Heroen,  doch 
seine  Thaten  sind  Gegenstand  der  Geschichte.  Auf 
einen  berühmtem  Namen  wird  alles  Rühmliche  und 
Denkwürdige  zurükgeführt,  was  der  Wirklichkeit  nach 
einem  grossem  Zeitraum  angehört.  Ein  Kreis  von 
geistigen  Zuständen  und  äusseren  Ereignissen  stellt 
sich  in  dem  einen  Heros  dar;  auf  diesen  wird  nun 
Alles  zusammengetragen,  was  ein  Volk  in  seinen 
frühem  Zeiten,  in  den  Zeiten  seiner  Kindheit,  äu- 
sserlich  und  innerlich  erfahren  und  durchgemacht  hat. 
Daher  fällt  die  pragmatische  und  anthropomorphische 
Mythenforschung  in  der  Regel  auf  die  Unterschei¬ 
dung  verschiedener  Personen  desselben  Namens,  wie 
es  z.  B.  in  Kreta  beim  Minos  und  auch  bei  dem  Midas 
der  Fall  ist,  welcher  den  kyprischen  Zuständen  ganz 
besonders  verwandt  ist.  Beim  Kinyras  findet  dies,  so 
weit  unsere  spärlichen  Nachrichten  über  ihn  reichen, 
zwar  nicht  statt,  man  verlieh  ihm  aber  ein  hohes  Al¬ 
ter  von  hundert  und  sechzig  Jahren®’)  nach  einem 
von  den  Göttern  reich  gesegneten  Leben.  Seinen  Tod 

27)  Anakreon  bei  Plinius  7,  39.,  Anacreon  poeta  Argan- 
thonio  Tartessiorum  regi  150  tribuit  anuos ,  Cynira^  Cypriorum 
10  annis  amplius,  Aegimio  200.  üeber  Arganthonios  vgl.  noch 
Herodot.  1,  163. 


1 


108 

durch  Apollon  besprechen  wir  unten.  Nur  Hygin’*) 
hat  die  dichterische  Erzählung,  dass  er  sich  selbst 
getödtet  habe,  nachdem  er  die  Blutschande  mit  seiner 
Tochter  Myrrha,  deren  Frucht  Adonis  war,  erfahren 
liatte.  Begraben  lag  er  ira  Heiligthum  der  Aphrodite 
mit  allen  seinen  Nachkommen^“),  d.  h.  es  herrschte 
die  Sitte  die  Kinyraden  im  Tempel  der  Göttin  bei- 
zusezen.  Neben  dem  Grabe  des  Kinyras  zeigte  man 
ein  Grab  der  Aphrodite  selbst.  So  lag  Kekrops  auf 
der  Akropolis,  Erichthonios  im  Tempel  der  Polias, 
Immarados,  Sohn  des  Eumolpos  und  der  Daira,  in 
Eleusis  unter  der  Burg,  die  'J'öchter  des  Keleos  wa- 
rer  ebenfalls  in  Eleusis  begraben,  Hyperoche  und  La¬ 
odike  schliefen  im  Heiligthum  der  Artemis  zu  Delos, 
und  Leukophryne  war  im  Tempel  der  Artemis  zu 
Magnesia  beigesezt  u.  s.  w. 

In  den  Gegenden,  wohin  der  Kultus  des  Adonis 
‘sich  besonders  verbreitete,  dahin  erweiterte  sich  nun 
auch  das  Reich  des  Kinyras.  Dieser  enge  Zusam¬ 
menhang  des  Kinyras  mit  dem  Adonis  wird  uns  aber 
bald  klar  werden.  In  Bezug  auf  den  Kult  des  Ado¬ 
nis  im  gesammten  Syrien  heisst  Kinyras  auch  König 
von  Assyrien®“),  ungeachtet  er  in  dieser  Eigenschaft 
auch  ein  Sohn  des  Paphos  bleibt.  Vor  allem  heisst 
Byblos  das  Reich  des  Kinyras,  weil  hier  Adonis  ganz 
vorzüglich  verehrt  wurde®*).  Nach  Lukian®“)  lag 


28)  Hygin  Fab.  242. 

29)  Klemens  v.  Alex.  Protr.  S,  39.  Arnobius  6,  6. 
Beide  aus  dem  ersten  Buche  der  Schrift  des  Ptolemaios,  des 
Sohnes  des  Agesarch,  über  den  Philopator.  Schol.  in  Gregor. 

Nax.  Carm-  S.  35. 

30)  Hygin  Fab.  242.  Bion  1,  24. 

31)  Strabon  16,  756. 

32)  Lukian  Syrische  Göttin  Kap.  9. 


109 


eine  Tagereise  von  Byblos  nach  dem  Gebirge  hinauf 
ein  altes  Heiligthum  der  Aphrodite  von  Kinyras  er¬ 
baut,  wahrscheinlich  Aphaka.  In  der  merkwürdigen 
Genealogie  des  Apollodor,  w'elche  wir  noch  näher  be¬ 
sprechen  werden,  koiomt  Kinyras  zunächst  ans  Ki- 
likien,  um  Paphos  zu  gründen.  Da  Kinyras  nach  der 
allgemeinsten  Vorstellung  Gründer  von  Paphos  war, 
die  Paphischen  Tempel  aber  nach  andern  Sagen  von 
Askalon  aus  gegründet  waren ,  so  wird  nach  diesen 
Berichten  Kinyras  auch  als  Herrscher  von  Askalon 
gedacht  gewesen  sein,  obgleich  uns  hierüber  keine 
Nachricht  erhalten  \vorden  ist.  Nördlich  erstrekkte 
sich  das  Reich  des  Kinyras  mindestens  bis  nach  Smyrna 
welches  er  seiner  Tochter  Myrrha  oder  Smyrna  zu’ 
Ehren  so  benannte 

Um  die  musische  Seite  des  Kinyras  zu  verste¬ 
hen,  müssen  wir  zuerst  nach  seinen  Namen  fragen, 
oder  wie  kam  man  dazu  den  Priestern  der  kyprischen 
Aphrodite  den  Namen  Kinyraden  zu  geben.  Kinyras 
heisst  es*^),  war  ein  musischer  Künstler,  Hess  sich 
mit  dem  Apollon  in  einen  Wettstreit  ein,  und  wurde 
von  diesem  überwunden  und  getödtet.  Von  seinem 
Instrumente  Kivvqa^  wird  hinzugefügt,  erhielt  er  sei- 

33)  Hygin  Fab.  275.  Der  Name  des  kyprischen  Heros 
kommt  m  der  Form  Kinyros  bei  Lukian  Wahre  Geschichte  B. 
2.  Kap.  25  vor.  Er  erzählt:  Kinyros,  Sohn  des  Skintharos, 
mächtig  u.  schon,  liebte  lange  die  Helena  u.  wurde  wieder  ge 
hebt.  Kinyros  raubt  sie,  u.  sie  wollen  nach  einer  der  Inseln  flie¬ 
hen,  nach  Phello  oder  Tyroessa.  In  der  Nacht  der  Entweichung 
wacht  Menelaos  auf,  merkt  die  Flucht  seiner  Göttin  u  macht 
Anstalt  sie  aufzusuchen.  Fünfzig  Heroen  steigen  auf  ein  Schiff 
aus  Asphodill  und  treffen  sie  bei  Tyroessa.  Kinyros  MÜrd  von 
Rhadamanthys  an  den  SchaamtheUen  aufgehängt.  Menelaus  er- 
halt  die  Helena  in  Trauer  u.  Schaam  wieder. 

34j  Suidas  a.  a.  O.  Eustath.  II.  ii,  20. 


110 


nen  Namen  Kivvquq.  Hesychios  und  Suidas  sa^en , 
dies  sei  eine  Kilher  gewesen,  welche  traurig  und 
klagend  getönt  habe^^.  Was  gegen  die  Kither  ein¬ 
zuwenden,  übergehen  wir  hier,  und  hören  zuförderst 
die  übrigen  Aussagen.  Athenaios*®)  berichtet  aus 
Xenophon:  Die  Phöniker  gebrauchen  die  Gingrasflö¬ 
ten,  welche  die  Länge  eines  Spannes  haben,  und  ei¬ 
nen  scharfen  und  klingenden  Ton  von  sich  geben. 
Auch  die  Karer  bedienen  sich  ihrer  in  den  fhrenen, 
welche  indess  auch  Korinna  und  Bakchylides  die  phö- 
""nikische  nennen.  Diese  Flöten  werden  aber  bei  den 
Phönikiern  von  den  Gesängen  um  den  Adonis  rWYQOi 
genannt  5  da  dies  Volk  laut  Demokleides  den  Adonis 
G Ingres  ri/ygrig  nannte.  Antiphanes  und  Menander 
hatten  die  Gingrosflöte  angeführt,  und  aus  der  Stelle 

35)  olxTQd  u.  Vgl.  Josephos  Jiid.  Gesch.  6,  8.  S. 

333.  7,  12  §.  3.  S.  401.  ,  ,  ,  „ 

36)  Athen.  4,  174.  riyyQatpoiCi  ya^  ot  ’Polvixt?  w?  ifjjatv  o 

Styo<f(Zp,  ixQMyrc  avkols  cnaafiialois ,  o'io  xal  yof^ov  (fd-tyyofüvoiS. 
Tovroig  cTi  xat  KuQfS  yquivrai  tV  lols  &Qrivoi^,  tl  furj  aQu  xai  t]  Aagla 
•Potrixr;  IxkIhto,  cag  nctQa  KoQivvy  xal  BaxyvMp  IgtIp  tvQHv.^  Opo- 
ua^oPTM  ii  ol  aölot  yiyyqoi.  mb  tup  <Poipixcop  dnb  tup  nt^lnpUdto- 
vvp  rbp  yaq^AdcopiP  FiyyqnP  vfxik  ot  4>oipixii.  ds 

ianotl  Jvf^oxUicTris.  Mp^j/^opdu  t(Sp  ylyyqoip  uDmp  Uvnfdp>i?  d’Ia 
rqä'' xat  Mip«y(kqog  ip  Kaqipt],  "Afiqy  tIp  AiS-vqdfißa,  Uyo)P  ovTa)S. 
"Eym  top  rlyyquPTU  top  aofÜTUTOP. 

B.  Tts  d'fciY  b  ylyyqag;  A.  KaiPoP  i'itvQrj/^d  n 

^fxirSQOP,  O  &(€(TQ(p  /^tp  Ovd(7l(ü7IOT£ 

didetxT,  ’A^^Ptidt  di  xaraxfXQVM^PoP 
ip  cvfinoßioiS  ’tfri.  B.  Aia  n  dovx  ayus 
ftS  TOP  bxkoP  avTu ;  Aton  tf  vl^P  nsqtfiipo) 
ecpbcfqa  (f  iLoPiixovcap  laxjlP  tip  .  OKf«  ydq, 
in  nävxa.  nqdy^ai  «paTqxaiPMatt  xqÖToiS. , 

f£al  ’AiioPtxoS  ip  •PdiVQinldi) 

Ovm>  ydq  int  folg  früm  rols  Evqinldov 
äfitfo)  poßovßiPf  Sffit  T  dkX'  «vTols  doxtiy 
Mipa*  fdlfl  ytyyqttpm  xat  xaxop  ixiya% 


111 


des  Amphis  sehen  wir,  dass  sie  für  eine  fremde  Er¬ 
findung  galt,  dass  man  sie  zwar  nicht  auf  dem  Thea¬ 
ter  gebrauchte,  zu  Athen  aber  doch  an  den  Sympo¬ 
sien.  Mit  des  Athenaios  Aussage,  dass  die  Gingros 
zwar  eine  phönikische  Erfindung,  aber  auch  für  die 
Karische  Mose  passend  seien,  stimmen  auch  Pollux 
und  Eustathios  welcher  die  Stelle  des  Athenaios 
ziemlich  wörtlich  wiedergiebt.  Tryphou  im  zweiten 
Boche  nsql '‘Ovonaaiwv  ^ ^ )  nannte  den  Gin  gras  ein 
Flötenstükk  mit  Tanz,  und  so  auch  Pollux®*). 
Wie  dieser  Leztere  selsbt  hinzufügt,  hatte  der  Tanz 
Gingras  seinen  Namen  von  dem  Gesänge,  nach  wel¬ 
chem  er  aufgeführt  wurde.  Nach  Hesychios^®)  hiess 
das  Flötenstükk  yi/ygov,  nnd  so  auch  zuw'eilen  die 
Flöte  selbst.  Er  hat  aber  auch  die  Form  ytyyQiat  für 
den  Namen  der  Flöten,  welche  klein  waren,  wie  Athe¬ 
naios  sagt,  von  einer  Spanne  Länge,  und  zum  ersten 
Unterricht  im  Flötenspiel  gebraucht  wurden.  Eine  an¬ 
dere  Form  für  den  Namen  der  Flöte  war  auch  ytyyQtj 
indess  wird  dies  richtiger,  wie  Hesychios  selbst  an- 
giebt,  die  Benennung  für  den  Klageruf  bei  den 
Körnen  sein.  Für  die  Bezeichnung  des  Spielens 

37)  Pollux  4,  76.  AvXieico?  n?  yoaidtj  xat  dqrjvtinxrjv  qtovrjv 
äquk.  Eustath.  II.  S.  1157,40.  Solinus  Kap.  8.  Gingrinae 
quae  breviores,  subtilioribus  tarnen  modis  insonant.  Sie  Hessen 
sich  wie  mehrere  andere  Flötenarten  besonders  gut  aus  einem 
Sizilischen  Rohre  machen.  VgL  Festus:  gingrire. 

38)  Athen.  14,  618. 

39)  Pollux  4,  14.  de  ylyyqug  naos  avloy  Imävv- 

vov  Tov  avli^iucaoi. 

40)  Hesychios  reyyqaefiog:  yiyyqt.  imtfmpijfitt  wx«r<J 

xtü/Luav  leyojufvov  ’  xai  eldog  avlov.  yeyy^lui :  avlol  (xex^ot,  ip  olg 
nquiTov  fxttvf^dvowsw.  ytyygog:  tevltjfid  n,  ont^  Ivtnt,  Tlyyqav,  ol  de 
avlov  yivog.  Theognost  in  Bekk.  Anekd.  S.  1358  ro  ytyyqt  Int- 
tftävtjfid  n  oy  Iv  xatafuax^et  Ijeyo^vov  fl  oivverat^  ovx  uranop.  dna- 
QaeytjfidnffToy  ydg  Istiv. 


112 


auf  dem  Gingros,  auch  wol  für  den  Ton,  hatte  man 
die  Form  yiyyQccßfiog.  Die  Lieder,  welche  abgesungen 
■wurden,  führten  den  Namen  ytyyqavtä  {liXrj.  Darnach 
ist  also  der  Klageruf  yiyYQi,  das  Spielen  yiyygaönog, 
die  Flöten  heissen  yiyygoh  yiyygiaij  yiyygcci^  der  Gesang 
yiyygag,  die  Lieder  yiyyQca  oder  yiyygavtä 

Die  Angabe ,  dass  der  Gingros  eine  schneidend 
und  klagend  klingende  Flöte  gewesen,  dass  sie  in 
Karien  gebraucht  sei,  dass  Adonis  Gingras“),  Gin- 
gres,  oder  Gingris  geheissen,  dass  die  Flöte  und  diese 
Gesänge  bei  der  Trauerfeier  um  ihn  angewandt  wor¬ 
den  sSn,  dass  Kinyras  im  musischen  Kampfe  vom 
Apollon  überwunden  und  getödtet  worden  sei,  muss 
uns  auf  die  Erklärung  und  den  Ursprung  dieser  Flö- 
len^  der  Gesangesweise  und  der  damit  in  ^  erbindung 
stehenden  Kulte  und  Mythen  führen.  Mit  dem  Dienste 
des  Apollon  ist  seit  alten  Zeiten  die  Kitharmusik  ver¬ 
bunden“)  weil  sie  einfache  und  ruhige  Harmonie  aus- 
zudrükken  am  geeignetsten  schien,  und,  um  mit  Pin- 
dar  zu  reden,  friedliches  Gesez  in  das  Herz  einführt. 
Daher  ist  dem  Apollon  die  Flötenmusik  von  Anfang 
an  verhasst,  in  welcher  nach  griechischen  Begriffen 
etwas  Aufregendes,  Wildes  und  zugleich  Düsties  lag. 
Hierauf  bezieht  sich  Apollons  Kampf  mit  den  Reprä¬ 
sentanten  der  verschiedenen  Flöten  weisen.  Der  Ge¬ 
brauch  der  Flöten  fand  sich  in  den  altern  Zeiten  vor¬ 
nehmlich  im  Bionysoskult,  und  im  kleinasiatischen  der 
Kybele;  doch  wurde  sie  auch  schon  früh  bei  den 
Komen  angewandt.  Die  Flöte  gehört  aber  auch  we- 

^  *4l7Athenaios  hat  Gingres.  Eustath.  Gingris;  ^  de  XQV- 
ei?  Tols  ylyygoi?  ix  mP  neQl  top  Udwviu  dqiivoiv,  o»/  Flyyqw  ixdlow 
oi  Pollux  4,10  hat  Gingras,  r,  di  ylina  riy- 

yi)ap  TüP  "Adiopiy  xalel  xai  tovxm  6  avllg  inu)v6^ci<STM. 

42)  Otfr.  iMuiler.  Dorier,  1,  343  ff. 


113 


sentlich  xu  einem  aUeü  Naturkulte,  welcher  sich  in 
verschiedenen  Landschaften  von  Griechenland  und 
Kleinasien  unter  den  Landbauern  fortgepflanzt  hatte 
und  den  stefen  Tod  alles  blühenden  Lebens  auf  eine 
ergreifende  Weise  darstellte.  Der  Gegenstand  der 
Klage  ist  immer  ein  Gott,  welcher  in  jugendlicher 
Blüthe  dahingeraift  wird,  und  die  Zeit  dieser  religi¬ 
ösen  Klage  trat  ein,  wann  alles  blühende  Leben  in 
der  Natnr  durch  die  Gluthize  des  Sommers  vernich¬ 
tet  war.  Am  berühmtesten  war  dieser  Naturkult  in 
Argos,  wo  Gott  und  Gesang  den  Namen  Linos  führ¬ 
ten;  in  Kleinasien  fand  sich  fast  in  allen  Landschaf¬ 
ten  ein  verschiedener  Name  für  den  Gesang  und  den 
betrauerten  Gott,  aber  die  Hauptzüge  des  Mythos  und 
der  Grundton  der  Musik  bleibt  immer  dieselben.  Da-^ 
hin  gehört  der  Klaggesang  der  Dolionen,  der  Hylas 
bei  den  Mysern  und  Bithynern;  der  schöne  Bormos 
bei  den  Myriandrinern,  der  Lityerses  bei  denPhrygern, 

I  das  schwermuthige  Karikon  auf  phrygischen  Flöten, 
j  und  wenn  Herodot“*)  sagt,  dass  der  Linosgesang, 

I  welcher  nach  den  verschiedenen  Landschaften  ver¬ 
schiedene  Namen  führe ,  sich  auch  in  Phönikien  und 
Kypros  fände,  und  in  Aegypten  als  Pelusiotisches 
Akkerlied  Maneros  hiesse,  so  kann  damit  nur  der 
i  Gingrasgesang,  welcher  als  Klagelied  um  den  Ado- 
;  nis  ertönte,  gemeint  sein.  So  zieht  sich  also  diese 
1  eigenthümliche  Naturreligion,  bei  welcher  Trauer  und 
eine  klagende  Musik  herrschte,  von  Argos  durch 
die  kleinasiafischen  Landschaften,  über  Kypros  und 
i  Phönikien  bis  nach  Pelusium.  So  ist  auch  Pausanias**) 
zu  verstehen,  wenn  er  sagt,  dass  nach  Linos  Tode 


43)  H  e  r  0  d  0 1  2>  79. 

44)  Pa  US  an.  9,  29,  3i 

II. 


8 


114 


seine  Trauer  sich  bis  äu  den  Barbaren,  ja  bis  Aejryp- 
ten  verbreitet  habe.  Ausführlicher  können  wir  hier 
über  diesen  Gegenstand  nicht  sein ;  beim  Adonis  müs¬ 
sen  wir  hierauf  noch  einmal  wieder  zuriikkommen. 

Auf  Kypros  nun  erneuert  sich  der  Kampf  der 
verschiedenen  Sangesweisen,  der  Kitharödik  gegen 
die  Auletik,  und  wie  die  Repräsentanten  der  Flöten- 
musik  in  Argos  und  Phrygien,  Linos  und  Marsyas, 
von  Apollon  überwunden  werden,  so  lässt  sich  auch 
Kinyras  In  einen  Wettstreit  mit  Apollon  ein,  wird  von 
ihm  besiegt  und  getödtet*»).  Wenn  Pindar  in  der 
an «-eführten  Stelle  sagt,  dass  Apollon  den  Kinyras  ge¬ 
liebt  habe,  so  bezeichnet  dies  ihn  bloss  als  gesang¬ 
liebend*®),  und  ebenso,  wenn  der  Scholiast  ihn  einen 
Sohn  des  Apollon  nennt.  Jener  Widerstreit  wird 
aber  durch  die  Flötenmusik  erzeugt,  weicher  Kinyras 
huldigt,  und  als  deren  Repräsentant  für  Kypros  er  zu 
betrachten  ist.  Bass  die  Flöte  das  herrschende  In¬ 
strument  auf  Kypros  gewesen  ist,  leuchtet  noch  aus 
der  Angabe  des  Pindar  *0  ein,  dass  die  lydische 
Tonart  die  heliebteste  auf  Kypros  war.  Wir  besi- 
zen  auch  die  bestimmte  Nachricht,  dass  die  phrygi- 
sche  Flöte  bei  den  Kypriern  zu  Hause  gehörte,  und 
mit  ihr  muss,  wie  die  übrigen  Instrumente  für  die 
verschiedenen  Arten  dieses  Naturkultes,  der  Gingros 
im  Wesentlichen  zusammengefallen  sein.  Ware  die 
Cingrosüöte  kein  aufregendes  Instrument  gewesen,  so 

■  isTsTidas  ÖV  (kinyras)  qMiy  tw  ^AnoXlwui,  ms 

,la  dnolmUm.,  ddo  huI  K^.v^as 

uas  rtj  xjwpn.  Eustath.  II.  H,  ^  , 

46)  Schol.  Find.  Pytb.  2,  15.  (tyanaß&tti,  d*  tcpKwvqctv  qn- 

hno  Anaimpos.  ovy  in  avno  ÜIX  ön  rmp  fwmp^mp 

tynofiuiS/iiPos.  Schol.  Theokr.  1,  109. 

47)  Pindar  Nem.  4,  46. 

48)  Athen.  4,  176. 


wurde  man  sie  in  Athen  nicht  an  den  Symposien  ge¬ 
braucht  haben.  Aus  der  Stelle  des  Ämphis  ersehen 
wir  ferner,  dass  auch  bei  der  Einführung  des  Gingros 
eine  ähnliche  Besorgniss  wie  bei  der  phrygischen 
Flöte  ira  Allgemeinen  vorwaltete,  nämlich  dass  sie 
durch  ihr  lautes  Geräusch,  ihren  aufregenden,  lei- 
denschafüichen  Charakter,  durch  ihre  sch wermüthige 
Klage  nur  schädlich  auf  die  Menge  wirken  und  Stö¬ 
rung  in  den  geordneten  Verhältnissen  und  den  beru¬ 
higten  Seelen  erregen  w^ürde  *  ® ). 

In  dieser  Erneuerung  des  NaturkuUes  «nd  der 
ihm  zugehörigen  Gesangesweise  auf  Kypros  ist  nur 
noch  dies  Bemerkenswerthe,  dass  hier  der  Gegenstand 
der  Klage  und  der  Ausüber  der  Kunst  des  Gesanges 
in  zwei  verschiedene  Personen  gespalten  ist.  Der 
Gegenstand  der  Klage  ist  der  früh  hingewelkte  Ado¬ 
nis  und  Kinyras  der  Priester  ist  der  Ausüber  der  Mu¬ 
sik  und  Erlinder  jener  kkagenden  Ädoniasmen^  wäh¬ 
rend  z.  B.  ira  Linos,  dessen  Mythos  in  den  meisten 
Stükken  sonst  genau  mit  dem  des  Adonis  übereinstimmt, 
beides  vereinigt  ist.  Gegenstand  der  Klage  und  die 
Klage  selbst.  Aber  dies  ist  nur  die  herrschend  ge¬ 
wordene  Auflassung  der  beiden  kyprischen  IVesen, 
es  gab  eine  andere,  in  welcher  auch  sie^  nach  Ueber- 
einstimmung  der  übrigen  Abarten  des  Kultes,  alseine 
Person  gefasst  wurden.  Es  ist  schon  erinnert  wor¬ 
den,  dass  Adonis  selbst  Gingras  hiess,  und  hier 

I  ist  Adonis  also  eins  mit  Kinyras,  der  Gegenstand  der 
Klage,  das  Lied,  und  der  Sänger  fallen  zusammen, 
wie  beim  Linos,  Marsyas  u.  s.  w.  Darum  tödtet  auch 
Apollon  den  Adonis,  wie  wir  in  seinem  Mythos  nach- 

49)  S,  Anm.  .36.  Eustath.  11.  17,  5.  Ktvvq^  M  inl 

,  dvdqwnoiv ,  oi  xtvvqcus  daiMs  int  ToiS  xup.ivotS  iptlnov,  o 

1  XfH  xtrvQta&ttt 


8* 


116 


weisen' weraen,  so  wie  den  Kinyras,  weil  im  Ado* 
nis  der  Kinyras  enthalten  war.  Umgekehrt  wird  nun 
Kinyras  auch  wol  einmal  als  Adonis  aufgefasst  3* 
Das  in  der  gewöhnlichen  Erzählung  eine  Trennung 
beider  Wesen  stattfand,  hat  in  örtlichen  Verhältnis¬ 
sen  seinen  Grund,  welche  aber  dem  Ganzen  keinen 
Eintrag  thun. 

Hiernach  glaube  ich,  können  wir  es  mit  ziemli¬ 
cher  Sicherheit  aassprechen,  dass  die  Kyprier  den  in 
Rede  stehenden  Kult  und  die  mit  ihm  verbundene  Ge¬ 
sangesweise  nicht  aus  Phönikien  empfangen  haben, 
sondern  zum  Theil  aus  Argos,  zum  Theil  aus  Klein¬ 
asien,  und  zwar  von  liier  durch  phrygischen  Einfluss. 
Ausser  den  Uebereinstimmungen  kyprischer  Zustände 
mit  kleinasiatischen,  welche  sich  beim  Kinyras  zeig¬ 
ten,  werden  wir  noch  auf  mehrere  bei  der  Aphrodite 
und  dem  Adonis  aufmerksam  machen,  so  dass  der  be¬ 
deutende  Einfluss,  welchen  Kypros  von  dorther  em¬ 
pfangen  haben  muss^  ausser  Zweifel  gestellt  werden 
wird.  Von  dorther  muss  auch  Phönikien  diesen  Aa- 
turkult,  welcher  den  übrigen  religiösen  Anschauun¬ 
gen  der  Phöniker  ganz  fremdartig  zur  Seite  tritt. 


50)  Die  beiden  Epigramme  Julians  v.  Aegypten.  Gr, 
AnthoL  3,  197  Nr.  7  u.  8  Jacobs. 

Kiy./^>3(aS  7iinov>]x6Ta  (ftxTva 

ay&STo  Tals  PvfXfaiS  ravTU  ytqMV  Kivvqag, 
ov  yaQ  in  TQOjxtQ^  nalufip  nsQiriyia  v.öhi'ov 
tlyiv  KJcoj'rgft*'  oiyo/utvow  Uvov. 
d’ülyov  Mqov  TiU9si  (foGis,  ov 

(jitfAxpi'S-,  intlKivvqov  Tav&’  ol.o?  foxt  ßhs. 

Tals  pvfJ-rfaiS  Kwvqks  toSs  dixTVOv'  ov  yc'cq  aelQH 
y^Qas  dxopnaniif  jxoyO^ov  ix^ißohijS. 

dllä  vffxoia&t  yfyrjd-ons,  on 
tfmxiP  tx^p  Kivvqqv  yfjQas  il^vd'fQl>iP* 


117 


und  wahrscheinlich  nur  mittelbar  durch  die  Kyprier 
«  mpfangen  haben.  Es  gab  zwar  bei  jenen  Völkern 
auch  Flöteninstrumente,  namentlich  hatten  die  Hebräer 
Chalil,  (Nechilah)  *‘3  aber  dies  waren  keine 
Kultinstrumente.  Alle  Kultuspoesie  wurde  von  jenen 
Völkern  mit  Saiteninstrumenten  begleitet,  worunter 
die  Kinnor,  die  Harfe  Davids,  die  bekannteste  ist.  Es 
war  eine  zehnsaitige  Kither,  welche  mit  einem  Plek¬ 
tron  geschlagen  wurde,  und  deren  Name  eine  Verwandt- 
i  Schaft  mit  den  Kinnaras®*),  den  himmlischen  Musi¬ 
kern  im  Indischen  Epos,  verräth.  Diese  phönikische 
I  Kinnor  muss  auf  Kypros  aus  den  Zeiten  der  Phöni- 
j  ker  bekannt  gewesen  sein,  und  sein  Name,  vielleicht 
,  nach  dem  griecjiischen  Worte  xiPV()6g  klagend,  von  den 
i  Griechen  um«:eformt,  und  in  Beziehung  auf  die  neue 
dortige  Kultpoesie,  und  von  dieser  wieder  auf  die 
Ausüber  jener  Kunst,  auf  die  Aphroditepriester  über- 
'  tragen  worden  sein,  welche  von  daher  den  Namen 
Kinyraden  Kivvqddai^  erhielten.  Wenn  demnach, 
wie  oben  angeführt  worden  ist,  Hesych  und  Saidas 
den  Namen  Kinyras  von  der  xivvqa  herleiten,  welche 
eie,  wie  auch  Josephos,  nur  als  ein  Saiteninstrument 
kennen,  so  ist  dies  nur  in  sofern  richtig,  als  dem 
Worte  xivvQa  ursprünglich  diese  Bedeutung  zu  Grunde 
liegt,  welche  aber  in  den  Kinyraden,  und  in  Kinyras 
dem  Priester,  Heros  und  Könige  von  Kypros  verlo¬ 
ren  gegangen  ist,  denn  diese  stehen  nur  in  Bezie¬ 
hung  zur  Flötenmusik.  Dies  ist  die  eigentliche  Mu¬ 
sik,  welche  im  Kult  der  Aphrodite  wie  in  dem  des 


51)  Ewald  poet.  Bücher  d.  A,  T.  1  S.  175.  Ueber  die 

Stelle  Jerein.  48,  36.  vgl.  Hitzig  üb.  d.  Ps.  i  S.  3.  --  Ma- 
schrokitha  in  Dan.  3,  5  ff. 

52)  P.  V.  Bohlen  Genesis  4,  21. 


US 


Adonis  stattfand  ,  Saiteninstrumente  würden  ganz,  un¬ 
möglich  sein. 

Für  die  Scheidung  des  Gingros  und  der  Flöten¬ 
musik  von  der  phönikischen  Kinnor  spricht  aber  auch 
noch  der  Umstand,  dass  Minnor  und  Gingros  of¬ 
fenbar  ganz  verschiedene  Worte  sind.  Dem  gingri 
liegt  ein  Naturlaut  m  Grunde ,  weshalb  iin  Lateini¬ 
schen  auch  das  Schnattern  der  Gänse  gingri  re  heisst, 
und  es  hängt  mit  einer  Wurzel  gri  zusammen.  Diesem 
Stamm  ist  aber  Kinnor  freuid,  und  daraus  leuchtet 
von  neuem  ein,  dass  das  Wort  Kinnor  für  die  Be¬ 
deutung  der  Kinyraden  und  des  Kinyras  nur  in  so¬ 
fern  passt,  als  beiden  Theilen  eine  musische  Bedeu¬ 
tung  zu  Grunde  liegt,  dass  aber  die  Griechen  dies 
nur  auf  ein  Saiteninstrument  passende  Wort  auf  die 
Flötenmusik  des  kyprischen  Kultes  übertragen  haben, 
und  für  g  i  n  g r o  s  gebrauchten. 

Nachdem  wir  das  Wesen  des  Kinyras  als  Prie- 
,  Ster,  König  und  Sänger  des  Landes  kennen  gelernt 
haben,  werden  uns  auch  seine  Genealogien  verständ¬ 
lich  sein,  lieber  diese  müssen  wir  uns  etwas  aus¬ 
führlicher  äussere,  damit  seine  Stellung  durch  sie  wo 
möglich  noch  mehr  ins  rechte  Licht  gesezt  wird.  Wenn 
Kinyras  auch  als  der  eigentliche  mythische  Herrscher 
und  Heros  des  Landes  dasteht,  so  schliesst  die  Sage 
dadurch  aber  noch  keine  gleichstelligen  oder  frühe¬ 
ren  Herrscher  des  Landes  aus,  namentlich  da  sie  der 
geschlechtlichen  Verhältnisse  für  einen  Heros  bedarf, 
und  oft  dasselbe  auf  verschiedene  Art  zu  sagen  liebt. 
Wenn  die  Mytheodichtung  einen  mythischen  Hen- 
scher  abstrahirt,  um  auf  pragmatischem  Wege  Namen 
oder  Begriffe  zu  erläutern,  so  wird  dieser  in  der  Ke¬ 
gel  allgemein  als  ein  solcher  hingestellt,  ohne  sich 
darum  zu  bekümmern,  ob  er  auch  neben  andern  Vor- 


i 


J 


119 


Stellungen  sich  verträgt.  Kinyras  gilt  allgemein  für 
den  ältesten  Herrscher  und  Heros  des  Landes,  den¬ 
noch  abstrahirt  man  einen  alten  König  von  Ky- 
pros,  Namens  Aerlas,  um  von  ihm  den  Namen  des 
Landes  Aeria  herzuleiten,  weichen  es  von  der  Ne- 
belumhöllung  führt,  in  welcher  sich  das  Land  sehr 
oft  befindet;  uud  dieser  Aerias  wird  gar  noch  für  äl¬ 
ter  als  Kinyras  ausgegeben,  da  des  lezteren  Geschlecht 
i  nmerfort  blühte,  man  aber  von  dem  des  Aerias  nichts 
Avusste.  Adonis  führte  den  Namen  Aoo«,  von 

der  Eos,  deren  dorische  Form  ’^ag  ist,  dies  liess 
aber  die  pragmatische  Mythenforschung  nicht  gelten, 
sondern  sagte:  Aoos  Avar  ein  alter  König  des  Lan¬ 
des,  Avelchem  ein  ganzes  Geschlecht,  die  Aoeii, 
in  der  Herrschaft  folgte,  und  davon  stammt  Adonis 
ab,  Avclcher  selbst  ein  alter  König  des  Landes  war. 
So  stehen  auch  Salaniin  und  Euryptolemos  da* 
Theins  wird  thcils  als  des  Kinyras  ¥ater  aufgefasst, 
theils  gänzlich  mit  ihm  identifizirt.  Diese  tragen  sämmt- 
lich  griechische  Namen;  ein  anderer  trägt  zwar  ei¬ 
nen  phöniUischen  Namen,  Py gm alioe,  ist  aber  sonst 
ganz  nach  griechischen  Ilegrilfen  geschaffen.  Dieje¬ 
nige  Genealogie  des  Kinyras,  welche  ihn  aus  Kili- 
kien,  aber  von  attischen  Vorfahren  abstammeod,  kom-  • 
men  lässt,  und  noch  näher  besprochen  werden  wird, 
lässt  ihn  eine  Tochter  des  Königs  Pygmalion, 
weiche  den  griechischen  Namen  Metharme  führt, 
heirathen  und  Paphos  gründen.  Nach  Ovid*®)  heisst 
aber  Pygmalion  ein  Paphischer  Heros,  zeugt  jedoch 
auch  den  Paphos  und  zwar  mit  der  Göttin  selbst, 

53)  Ovid  Metam.  10,  245  ff.  Was  den  Namen  betrifft,  so 
nennt  ihn  Joseph  os  geg.  Apion  1,  18  ^PvyfiaUiat' verdorbene 
Schreibarten  sind  fpuyuUuiv  u.  MvySa'kimv  bei  Synkell  S.  183. 
Per  Armen.  Euseb.  hat  ‘PhafA.umsf  Physwauon. 


120 


dadurch  dass  sie  ihrem  Bilde,  dem  er  seine  Liebe 
zugewandt  hat,  auf  sein  Flehen  Leben  einhauclit. 
Diese  überschwängliche  Liebe  von  Jünglingen  zu  ei¬ 
nem  Bilde  der  Göttin  kommt  im  AphroditekuUe  öf¬ 
ters  vor,  und  wir  müssen  daher  auch  Pygmalions 
Liebe  im  Zusammenhang  mit  der  Liebe  anderer  Jüng¬ 
linge  behandeln.  So  bunt  wie  die  Sagen  auch  in  die¬ 
sen  Dichtuugen  durch  einander  gehen,  und  sie  auf 
kleine  geschichtliche  Widersprüche  nicht  achten,  wie 
z.  B.  in  Beziehung  auf  Paphos,  welches  bald  Kiny- 
ras  gründet,  bald  Pygmalion,  bald  der  vom  Pygma¬ 
lion  erzeugte  Paphos,  bald  Paphos  ein  Vater  des  Ki- 
nyras  u.  s.  w.,  so  scheint  doch  aus  den  Sagen  über 
Py  gmalion  hervorzugehen,  dass  auch  er  zur  Göttin 
in  religiöser  Beziehung  gestanden  und  für  einen  my¬ 
thischen  König  des  Landes  gegolten  habe.  Darauf 
deuten  auch  andere  Hlärchen  von  Pygmalion  hin.  Oben 
ist  schon  erzählt  worden,  dass  entweder  er  es  ge¬ 
wesen  sein  sollte,  oder  sein  Priester  oder  Anverwand¬ 
ter,  welcher  dem  Busiris  die  Menschenopfer  angera- 
then.  Mit  dieser  Sage,  welche  ihm  die  Fremden¬ 
opfer  dem  Busiris  empfehlen  lässt,  im  Widerstreit 
haben  wir  eine  Nachricht  über  die  zu  seiner  Zeit  auf- 
gekommne  Sitte  des  Fleischessens,  welche  Porphy- 
rios®*3  Kyprier  Asklepiades  und  dem  Ne- 

anthes  von  Kyzikos  mitgetheilt  erhalten.  Zuerst  sei 
man  gew'ohnt  gewesen  den  Göttern  keine  Thiere  zu 
opfern;  auch  habe  darüber  gar  kein  Gesez  bestanden, 
weil  es  die  Natur  selbst  so  mit  sich  bringe.  In  Zei¬ 
len  aber,  in  welchen  ein  Leben  das  andere  fordert, 
habe  man  das  erste  üpferthier  geschlachtet.  Bei  ei¬ 
nem  solchen  sei  ein  Stükk  Fleisch  auf  die  Erde  ge- 


&4)  Porpiiyrios  de  abstinent.  4,  lä. 


121 


fallen,  ein  Priester  habe  es  aufgenommen  und  da  er 
sich  verbrannt,  habe  er  unwillkürlich  die  Hand  an 
den  Mund  gehalten,  um  den  Brand  zu  lindern.  Nach¬ 
dem  er  so  vom  Opferfleische  gekostet,  verlangte  er 
danach  und  genoss  seitdem  mit  seiner  Gemalin  Fleisch, 
Pygmalion  aber,  nachdem  er  dies  erfahren,  habe  ihn 
zugleich  mit  seiner  Gattin  vom  Felsen  herabgestürzt, 
und  das  Priesteramt  einem  Andern  gegeben.  Doch 
auch  dieser  liess  sich  verführen  und  erlitt  dieselbe 
Strafe.  Seitdem  aber  hätten  die  Menschen  ihre  Be-^ 
gierde  nach  dem  Fleische  nicht  mehr  zurükhalten  kön¬ 
nen,  und  Pygmalion  sei  genöthigt  worden  die  Strafe 
aufzuheben,  Aehnlich  wie  Kinyras  erscheint  hier 
Pygmalion  als  ein  Geliebter  der  Göttin  und  priester- 
licher  Herrscher  des  Landes,  dessen  Tochter  jener 
heirathet.  Im  Allgemeinen  ist  die  Pygmalionssage 
aber  dunkel;  ihr  Kern  scheint  mir  die  Liebe  eines 
Jünglings  zu  einem  Aphroditenbilde  gewesen  zu  sein, 
welche  die  Dichtung  auf  Kypros  reiner  und  edler  hin¬ 
stellt  als  an  andern  Orten,  z.  B.  Knidos Durch 
die  Belebung  des  Bildes  durch  die  Göttin  muss  er 
als  ein  wohlgefälliger  Liebling  der  Aphrodite  erschei¬ 
nen,  welcher  sich  ihrem  Dienste  weiht.  Ihn  hat  die 
dichterische  Mythenbildung  und  Phantasie  höher  hin¬ 
an  fgestellt  und  zu  einem  priesterlichen  Herrscher  des 
Landes  wie  den  Kinyras  verherrlicht.  In  dem  er¬ 
zählten  Mährchen  steht  er  als  ein  Ideal  der  Sitten- 
reiuheit  da,  welchem  nach  den  Begrilfen  von  einer 
goldenen  Zeit  und  den  Zuständen  der  Unschuld  des 
3ienschengeschlechts  der  Genuss  des  Fleisches  sünd¬ 
haft  erschien.  Ein  Nachkomme  von  ihm,  Namens 
Echelcos,  befand  sich  nach  Nonnos  im  Gefolge  des 


65}  Vgl  Abschn.  4  Anm,  499  ff. 


122 


Bakchos;  rauthmasslich  war  er  aus  einem  kyprischen 
Königsgjeschlecht,  welches  sich  den  Pygmalion  als 
Ahnherrn  aneignete. 

Nächst  Kinyras  scheint  aber  Theias  die  höch¬ 
ste  Bedeutung  als  mythischer  Herrscher  von  Kypros 
gehabt  zu  haben.  Er  heisst  wie  dieser  König  des 
Landes  und  zeugt  den  Kinyras,  welcher  wieder  Kö¬ 
nig  von  Kypros  heisst '  ®  ).  Nach  Panyasis  war  er 
König  von  Assyrien  und  hatte  die  Myrrha  und  den 
Adonis  zu  Kindern'^j,  welche  sonst  Kinder  des  Ki- 
nyras  heissen;  ähnlich  erscheint  er  unter  andern  auch 
dem  Antoninus  Liberalis^  ®).  Bei  ihm  hat  Theias,  weil 
er  als  assyrischer  Herrscher  gefasst  ist,  einen  phöni- 
kischen  Vater  mit  dem  allgemeinen  Namen  Belos, 
heirathet  aber  die  Orithyia,  welche  sonst  eine  Toch¬ 
ter  des  Erechtheus  heisst.  Mit  dieser  zeugt  er  auf 
dem  Libanon  eine  Tochter  Myrrha,  und  mit  dieser 
wieder  den  Adonis;  also  ganz  wie  nach  der  gewöhn¬ 
lichen  Erzählung  Kinyras  Vater  der  Myrrha  und  des 
Adonis  wird.  König  von  Assyrien  heisst  Theias  auch 
sonst  noch  Zeilos  berichtete  nach  dem  grossen 

Etymolügicon,  dass  des  Theias  T’ochter  Aoa  gehei¬ 
ssen.  Wie  bereits  bemerkt  ist,  führte  Adonis  den 
Namen  Aoos  als  feohn  der  Eos.  ^  on  diesem  schuf 
mau  rükkwärts  einen  alten  König  des  Landes  Aoos, 
w^elcher  nach  Phileas  ein  Sohn  des  Kephalos  und  der 
Eos  gewesen  sein  sollte,  der  sonst  P  haelhon  genannt 
wird,  und  leitete  von  ihm  ein  Geschlecht  alter  kypn- 
gcher  Könige,  die  Aoen,  her,  welche  das  ki- 

iiyreische  Zeitalter  ausfüllen.  Dies  möge  hier  genü¬ 
gen,  das  Ausführiiche  über  den  attischen  Mythos  vom 

56)  Schol.  zu  II.  11,  20.  S  ui  das  a.  a.  O. 

57)  Apollodor  3,  14,  4. 

58)  Anton.  Liber.  Kap.  34.  Schol.  z.  Lyk.  829. 

59)  Oppian  Halieut.  3,  404. 


123 


Kephalos  und  der  Eos  theilen  wir  in  dem  Abschnitt  über 
Phaethon  mit ,  kommen  aber  schon  beim  Kinyras  noch 
einmal  darauf  zurükk.  Ein  Eoskind  gab  man  nun  auch 
dem  Theias  zur  Tochter  als  Aoa.  Die  Bedeutung 
des  Theias  ergiebt  sich  leicht.  Sein  Name  kündigt 
ihn  schon  an  als  oberstes  göttliches  Wesen  von  Ky- 
pros,  als  die  Gottheit,  wie  in  den  attischen  Mythen 
Pandion  der  allgöttliche,  und  ähnliche  mythische  Per¬ 
sonen;  deshalb  heisst  er  Vater  des  Kinyras.  Mit  die¬ 
sem  wird  er  aber  auch  ganz  wieder  identifizirt,  und 
sein  Reich  geht  so  weit  als  das  des  Kinyras,  indem 
auch  er  zum  assyrischen  Herrscher  gemacht  wird.  In 
den  kosmogonischen  Dichtungen  der  Griechen  ist  Theia 
eine  Sochter  des  Uranos  und  der  Gaia  ®®),  und  wird 
Mutter  der  Eos,  welche  auf  Kypros  in  der  Form  Aoa 
Tochter  des  Königs  Theias  wird,  nachdem  sie  selbst 
mit  ihrem  Gemale  Kephalos  ganz  in  die  kyprischen 
Mythen  gezogen  ist. 

Bei  Suidas  hat  Kinyras  theils  einen  Grossvater 
Pharnakos,  theils  einen  Vater  Pharn ake s;  bei 
Hesych  und  Apollodor®*)  hat  er  eine  Mutter  Phar- 
nake.  Ohne  Zweifel  ist  dieser  Name  aus  den  klein¬ 
asiatischen  Ländern  genommen,  wahrscheinlich  aus 
dem  pontischen  Gottesdienst,  in  welchem  Pharna- 
kes  Hauptgott  war®*).  Auf  die  Verbindungen  von 
Kypros  mit  jenen  Ländern  ist  zu  wiederholten  Malen 
aufmerksam  gemacht  worden,  namentlich  aber  auch 


60j  Apollodor.  1,  1,  3.  2,  2.  H esio d.  Theog,  371.  Find. 
Isthm.  4,  1. 

61)  Proverb,  e  Vatic.  Append.  Cent.  3,  90.  o  cFi  Kivüqas 
änöycyos  ‘PaQuij  ßuaiUiog  KvTtQltoy.  In  dem  fehlerhaften  <PdQu>} 
stekkt  die  Form  4>itQV(ixog. 

62)  Strabon  12,  557.  Die  Könige  schwuren  bei  ihm  die 
höchsten  Eide,  üeber  den  Namen  vgl.  Pott  Etym.  Forsch.  1, 
Vorr.  S.  46. 


124 


mit  Pontos,  wo  ein  kyprisrhes  Gewicht  einffeführt 
war.  Der  dortige  Pharnakes  wird  hier  /.u  einem  Kö¬ 
nige  der  Kyprier. 

Hesychios  nennt  den  Kinyras  einen  Sohn  des 
Apollon  und  derPharnake.  Weshalb  er  ein  Sohn 
des  Apollon  heisst,  ist  schon  oben  verdeutlicht;  weil 
ijämlich  Kinyras  als  gesangliebend  und  Sänger  ge¬ 
dacht  war,  daher  liebt  ihn  auah  Apollon.  Er  heisst 
aber  auch  Sohn  des  Apollon  und  der  Paphos,  oder 
Sohn  des  Eurymedon  und  einer  Paphi sehen  Nym¬ 
phe*®).  Nach  Hygin  ist  Kinyras  ein  Sohn  des  Paphos, 
bei  Lutatius  und  üvid  a.  a.  0.  heisst  ein  Sohn  des 
Jiinvras  Paphos,  welchen  nach  andern  Er/.ähliingen 
Pygmalion  y.eugt.  So  wird  die  Stadt  Paphos  mit  ihm 
in  Verbindung  gebracht.  Der  Name  Eurymedon 
kommt  öfters  in  den  griechischen  Mythen  vor:  ein 
.Sohn  des  Hephaistos  heisst  so  und  ein  Sohn  des  Mi¬ 
nos:  dann  führt  ein  König  der  Giganten  in  Si/dlien 
diesen  Namen*'}  “•  vielleicht  an  den 

Fiu«=s  Eurymedon  auf  der  gegenüberliegenden  Küste 
Kilikiens  gedacht.  Bei  Pliuius*')  heisst  Kinyras  ein 
Sohn  der  Agriope.  Unter  den  verschiedenen  We¬ 
ssen  dieses  Namens  kann  man  hier  zur  Vergleichung 
IUI  die  Tochter  des  Ageuor  denken,  oder  in  Erwäh- 
gung  der  musischen  Beziehung  des  Kinyras  kann  jene 
A«-riope  gemeint  sein,  mit  welcher  Philammon  den 
Thamyris  zeugt**).  Bei  Stephanos  v.  B.  hat  ei  eine 
Mutter  Araathusa,  um  Amalhus  mit  ihm  zu  verbin¬ 
den;  der  ;5>ohn  Kureus  bei  demselben  knöpft  ihn  an 

63)  Schol  z.  Find.  Pyth.  2,  15.  ?*'  di  oho?  (Kinyras)  Unh- 
)Mtyo?  vik  y-t‘i  nätf  ov,  x«T  Mov?  KuQv^uidono?  xai  nwfia?  ijj. 

64)  Odyssee  7,  58. 

65)  P  1  i  n  i  u  s  7,  57. 

66)  Apoilodor.  1,  3,  3.  Pausaii.  4,  33,  4. 


125 


die  Stadt  Knrion  und  das  ganze  Land  leitete  seinen 
Namen  von  seiner  Tochter  oder  seinem  Sohne  Ky- 
pros  her®^).  Seine  Tocliter  Eune  heirathete  laut 
Pausanias®®)  Teokros  und  daher  betrachtete  der  ganze 
Salaminische  Königsstamm  bis  auf  Evagoras  und  Ni- 
kokreon  herab  sich  als  Nachkommen  des  Kinyras. 
Eine  andere  Tochter  Laodike  wird  nach  Arkadien 
an  den  König  Elatos  vermalt®“),  um  das  Geschlecht 
I  der  alten  Könige  Arkadiens  mit  dem  kyprischen  He¬ 
ros  zu  verbinden,  weil  gerade  die  Kolonie  dieses  Lan¬ 
des  auf  den  kyprischen  Kult  bedeutend  eingewirkt 
hatte,  wie  bereits  schon  früher  nachgewiesen  wor¬ 
den  ist.  Eines  Sohnes  Araarakos’®)  ist  schon  er¬ 
wähnt.  Er  heisst  königlicher  Knabe  und  Salbenfilh- 
rer,  welcher,  während  er  gerade  Salben  trug,  zufäl¬ 
lig  fiel  und  durch  die  Ausgiessung  einen  noch  gro¬ 
ssem  Duft  als  vorher  verbreitete:  dies  war  die  Ur¬ 
sache,  dass  man  die  besten  Salben  Amarakinische 
nannte.  Der  Knabe  wurde  darauf  in  das  Kraut  Sain- 
psuchon  verwandelt,  welches  man  später  Amarakos 
|i  nannte.  Die  Deutung  dieser  Fabel  ist  leicht.  Sam- 
psuchon  oder  Amarakos  ist  der  Name  eines  stark  und 
wohlduftenden  Gewächses,  wahrscheinlich  einer  Art 
Majoran.  Diese  Pflanze,  welche  aufKypros  sehr  häu- 
I  fig  vvuchs,  wurde  neben  den  Myrrhen  am  meistert 

67)  S.  Thl.  1  S.  14  ff.  vgl.  S.  222. 

68)  Pausan.  1,3,1.  2,29,4.  Vgl.  Thl.  1,  S.  215.  Von  Pa«^. 
I  \vird  diese  Genealogie  noch  mit  ähnlichen  griech.  GeschleclUerii 

verglichen. 

69)  Apollodor  3,  9,  1.  Vgl.  Thl.  1,  S.  225. 

70)  Pomponius  Sabinus  b.  Servius  z  Aen.  1,  697.  P. 
Platinae  Cremon.  B.  3.  Quod  Aegyptiis  et  Syria  Sampsn- 

i|  cum  appellavere,  Diocles  et  Sicula  gens  Amaracum  vocavit.  Nar- 
1'  ratur  in  fabulis,  hunc  fuisse  puerum  regium  u.  s.w.,  es  folgt  die 
I  Geschichte  wie  bei  Pomp.  Sab. 


126 


beim  Opfer  der  Göttin  gebraucht  ;  auch  Salben  und 
Oele  wurden  daraus  bereitet,  welche  im  Dienste  der 
Göttin  angewendet  wurden.  Beide  Gewächse  wer¬ 
den  personifr/.irt:  Myrrha  w'ard  eine  Tochter  des  Ki- 
nyras,  und  die  bekannte  Mutter  des  Adonis,  Am  ara¬ 
kos  ein  Sohn  des  Kinyras,  der  als  ein  Opferknabe 
in  der  Weise  zu  denken  ist,  wie  wir  den  Kinyras 
selbst  und  den  Phaethon  kennen  gelernt  haben,  und 
ein  solcher  hatte  zu  seinen  Geschäften  mancherlei 
wohlduftende  Salben  nöthig.  So  entstand  jene  Fabel. 

Gemalinnen  werden  uns  vom  Kinyras  zwei  ge¬ 
nannt.  Die  Mutter  seiner  Tochter  Myrrha,  mit  wel¬ 
cher  es  selbst  wieder  den  Adonis  zeugte,  heisst  Ken- 
chreis’*)*  Dieser  Name  gehört  in  die  Salaminischen 
Mythen.  Kenchreus  oder  Kychreus,  wie  er  auch  wol 
genannt  wird,  ist  König  und  Heros  der  Insel  Sala¬ 
mis,  Sohn  des  Poseidon  und  der  Nymphe  Salamis’*), 
und  herrschte  daselbst  vor  Telamon.  Auf  Kypros  ist 
nun  dieser  Name  auf  eine  Gemalin  des  dortigen  Lan¬ 
desheros  Kinyras  übertragen,  welche  dadurch  als  eine 
Tochter  des  Kenchreus  bezeichnet  wird;  und  beide 
Länder  w^erden  auf  diese  Weise  gleichsam  verschwä¬ 
gert.  Von  jenem  salaminischen  Heros  führt  bekannt¬ 
lich  auch  der  östliche  Hafen  von  Korinth  Kenchreai 
seinen  Namen,  w’O  man  Aphrodite  als  Kenchreis 
verehrte,  welches  auf  Kypros  des  Kinyras  Gattin  ist. 
Ebenfolls  dem  heimischen  Sagenkreise  von  Salamis 
gehören  die  kyprischen  Nymphen  Ende'ides’^)  an, 
denn  Endeis  war  die  Mutter  des  Telamon,  uud  des 


71)  Oviü.  Metam.  lO,  438.  Hygin  Fab.  68.  Vgl.  die  sala- 

minische  Kolonie  Thl.  1  S.  212. 

72)  Diodor  4,  72. 

73)  Hesychios  ’ÄVdyiü*? :  Iv  Kinq<a, 


127 


Aiakos  Gemalin  ’*).  Wir  bewegen  uns  also  hier  auf 
Kypros  fortwährend  in  heimatlichen  griechischen  Um¬ 
gebungen.  Auch  die  kyprischen  Nymphen  Peire« 
thoi’'®)  müssen  von  dorther  ihre  Erklärung  finden, 
nur  ist  es  schwerer  ihnen  ihre  Herkunft  nach/.uwei- 
sen,  indessen  nicht  unwahrscheinlich,  dass  sie  ent“ 
weder  mit  Peirene  der  Argivischen  Danaos- Tochter, 
oder  mit  der  Tochter  des  Asopos,  Peirene,  Zusammen¬ 
hängen»  Mit  dieser  hat  Poseidon,  welcher  seihst  Ken- 
chreus  heisst,  einen  Sohn  Kenchrias  gezeugt’®). 

Mit  seiner  andern  Gemalin  Met  har  me,  welche 
eine  Tochter  des  Pygmalion  heisst,  hatte  er  die 
Söhne  Oxypor>os  und  Adonis,  welchen  er  nach 
der  gewöhnlichen  Erzählung  mit  seiner  Tochter  Myr- 
rha  zeugt,  und  die  Töchter  Orsedike,  Laogora 
und  Braisia”3*  Apollodor  erzählt  von  ihnen,  dass 
sie  dem  Willen  der  erzürnten  Aphrodite  gemäss  sich 
fremden  Männern  preis  gaben  und  in  Aegypten  ums 
Leben  kamen.  Dies  ist  eine  Wiederholung  ähnlicher 
griechischer  Fabeln;  warum  aber  Aphrodite  erzürnt 
gewesen,  wird  nicht  berichtet.  Man  wird  sich  aber 
einen  ähnlichen  Grund  erzählt  haben,  wie  beim  Zorn 
der  Aphrodite  über  Myrrha,  nämlich  dass  sie  den 
Dienst  der  Göttin  vernachlässigten,  oder  ihre  Schön¬ 
heit  über  jene  erhoben.  Ihre  Preisgebung  an  frera<le 
Männer  hat  vielleicht  darin  ihren  Grund,  dass  im 
Dienste  der  Göttin  eine  solche  Preisgebung  ihrer 
Schönheit  an  Fremde  von  den  Jungen  Mädchen  ge¬ 
fordert  wurde.  Kinyras  hat  aber  auch  wie  andere, 
z.  B,  Danaos,  Aegyptos  u.  s.  w.,  fünfzig  Töchter, 

74)  Pindar  Nem.  5,  12  u.  Schol.  Apollodor  3,  12,  6. 

/5)  Hesydhios  üelQij&oi :  vüfiifut  iv  KvnQta, 

76)  Pausan.  2,  2,  3-  2,  3,  3. 

77)  Apollodor  3,  14.  3. 


128 


BDcf  m  ihre  Sage  wird  Hera  hinein  geflochten.  Sie 
hatten  die  Hera  neben  sich  verachtet,  und  wurden 
dafür  in  die  fünfzig  Stufen  ihres  Tempels  verwan¬ 
delt,  wie  auf  dem  Gewebe  der  Athena  dargestellt  ge¬ 
wesen  war"®).  Auch  die  Sage  von  den  Halkyonen 
wird  auf  die  Töchter  des  Kinyras  übertragen  >  indem 
von  ihnen  erzählt  wird,  sie  hätten  die  Aphrodite  be¬ 
leidigt,  und  sich  ins  3Ieer  gestürzt;  hier  aber  seien 
sie  in  Eisvögel,  Halkyonen,  verwandelt  worden,  wie 
die  Töchter  des  Giganten  Ilalkyoneus  "  ®). 

In  neue  Verhältnisse  und  Kultverbindungen  von 
Kypros  zur  Zeit  des  Kinyras  führt  uns  seine  Ver¬ 
wandte  Pelia.  Ein  gewisser  Melus  auf  der  Insel 
Delos  geboren,  erzählt  Servius®“)^  verliess  sein  Va¬ 
terland  und  floh  nach  Kypros,  wo  damals  Kinyras  re* 
o-ierte,  und  einen  Sohn  Adonis  hatte.  Kinyras  nahm 
den  Melus  zum  Genossen  seines  Sohnes  an,  und  da 
er  sah,  dass  er  von  guten  Eigenschaften  sei,  gab  er 
ihm  seine  Verwandte  (propinqua),  welche  ebenfalls 
im  Dienste  der  Aphrodite  stand,  und  Pelia  hiess,  zur 
Ehe.  Von  dieser  wurde  ein  Sohn,  ebenfalls  Melus 
i  geheissen,  geboren,  welchen  er  deswegen,  weil  Aphro¬ 
dite  von  der  Liebe  zum  Adonis  gefesselt  wurde,  gleich¬ 
sam  als  den  Sohn  des  Geliebten  am  Altäre  auferzie* 
hen  liess®*)»  Hies  soll  doch  wol  nur  so  viel  hei¬ 
ssen,  dass  er  ein  Priester  und  Opferknabe  wurde,  wie 
Kinyras  selbst  vorgestellt  wurde,  Phaethon  und  Ama* 
rakus,  welche  alle  im  Dienste  der  Göttin  standen. 

78)  Ovid  Metam.  ö,  89  ff. 

79)  Eustath.  z.  II.  11,  20. 

80)  Zu  Virg.  Ekl.  8,  37. 

81)  Ex  quibus  nascitur  Melus ,  quem  pröpterea  qubd  Venus 
Adonis  amore  teneretur,  tamquam  amati  filium  inter  aras  nutriri 

jussit. 


129 


Nachdem  aber  Adonis  vom  Eber  getödtet  war,  konnte 
der  alle  Melos  den  Schmerz  über  den  Tod  des  Ado¬ 
nis  nicht  überwinden,  sondern  bängte  sich  an  einen 
Baom  auf,  welcher  nach  ihm  Melos  benannt  wurde. 
An  demselben  suchte  auch  Pelia,  seine  Gattin,  ihren 
Tod.  Aphrodite,  aus  Mitleiden  über  den  Tod  dersel¬ 
ben  ,  richtete  eine  beständige  Trauer  für  den  Ado¬ 
nis  ein**).  Den  Melos  verwandelte  sie  in  einen 
Apfelbaum,  welcher  daher  diesen  Namen  trägt,  und 
seine  Gaitin  Pelia  in  eine  Taube.  Den  jungen  Me¬ 
los  aber,  welcher  noch  allein  vom  Geschlechte  des 
Kinyras  übrig  war,  liess  sie  mit  einer  auserlesenen 
Mannschaft  nach  Delos  zurükkkehren.  Als  er  zur  In¬ 
sel  gekommen  war,  und  sich  seines  Reiches  bemäch¬ 
tigt  hatte,  gründete  er  die  8tadt  Melos,  und  da  er 
zuerst  lehrte,  die  Schaafe  zu  scheeren,  und  Kleider 
aus  Wolle  zu  verfertigen,  so  nannte  man  die  ISchaafe 
fir/Xa.  Obgleich  diese  Sage  nicht  ganz  rein  erhalten 
zu  sein  scheint,  so  möchten  uns  doch  dadurch  alte 
Kultverbindungen  von  Kypros  nach  den  Kykladen  hin 
gesichert  sein.  Neben  dem  Apollonkult  auf  Delos  be¬ 
stand  ein  nicht  unbedeutender  Dienst  der  Aphrodite 
daselbst,  und  am  wichtigsten  ist  die  dortige  soge¬ 
nannte  alte  Aphrodite.  Dann  steht  Naxos  durch  The- 
seus  und  der  Ariadne  Sagen  mit  Kypros  in  Verbin¬ 
dung,  wodurch  der  Dienst  der  Ariadne- Aphrodite  auf 
Kypros  entstand.  Nähere  Erläuterungen  über  diese 
Gegenstände  geben  wir  an  andern  Orten.  Aber  auf 
die  Namen  müssen  wir  hier  noch  aufmerksam  machen. 
Im  Melos  und  in  der  Pelia  werden  die  beiden  Ge¬ 
genstände  aus  dem  Thier-  und  Pflanzenreich  zu  Per- 

82)  Adoni  luctum  continuum  praestitit.  lieber  den  Tod;des 
Melos  u.  der  Pelia,  soll  aber  wol  eigentlich  über  den  Tod  des 
Adonis  sein. 

II, 


9 


13U 


«oncn  erhoben,  welche  der  Göttin  vor  allen  geweiht 
sind,  und  die  Pelia  als  eine  Tochter  des  Kinyras 
erinnert  uinvillkörlich  an  die  Peliaden,  die  weis¬ 
sagenden  Priesterinnen  zu  Dodona®*},  wo  jene  im 
Dienste  der  Aphrodite  standen,  wie  die  Pelia  aufKy- 
pros.  Wenn  der  auf  Kypros  geborne  31yelos  bei  der 
Uebernahrae  der  väterlichen  Herrschaft  auf  Delos  die 
Wolle  der  Scliaufe  scheereti  und  diese  künstlich  ver¬ 
arbeiten  lehrt,  so  ist  auch  dies  ein  im  kinyreischcn 
Zeitalter  gewonnener  Fortschritt  in  der  Kultur  auf 
Kypros,  welchen  31elos  hier  nach  Delos  überführt. 

Am  wichtigsten  ist  das  Geschlechtsregister,  wel¬ 
ches  den  Kinyras  in  die  attischen  3lythen  verflocht, 
und  zu  einem  IN’achkoimnen  des  Kekrops  machte.  Es 
ist  an  einem  andern  Orte  nachgewiesen  worden*^), 
wie  die  kyprischeu  Athener  den  Stammheros  und  den 
Repräsentanten  der  attischen  Urzeit,  den  Kekrops  mit 
seinem  Geschlecht  und  Kult  in  die  neue  Heimat  ver¬ 
pflanzten.  Wie  Theseus  in  der  alten  Heimat,  so  musste 
auf  Kypros,  der  neuen  Heimat,  Kinyras  von  ihm  ab¬ 
stammen;  und  zwar  auf  folgende  Weise®*).  Kekrops 
zeugt  mit  der  Agraulos  die  Kinder  Eurysichthon, 
Agraulos,  Herse,  Pandrosos.  Herse  vermält  sich  mit 
Hermes  und  gebiert  den  Kephalos.  Den  Kephalos 
entführt  Eos  aus  Liebe  nach  Syrien,  uud  gebar  von 
ihm  den  Tithonos.  Dieser  zeugt  den  Phaethon,  des¬ 
sen  Sohn  Astynoos  war,  der  Vater  des  Sandakos.  Der 
leztere  kam  aus  Syrien  nech  Kilikien,  gründete  die 
Stadt  Kelendoris,  ehlichte  die  Pharnake,  des  3!eges- 


83)  Servius  zu  Virg,  Ekl.  9,  13.  [Lingua  thesala  Peliadei 
et  columbae  (eO  vaticinatrices  vocantur. 

84)  S.  Thl.  1  S.  183  ff. 

8ä)  Apollodor.  3,  14,  2  ff. 


131 


sares  Tochter  und  zeugte  den  Kinyias.  Dieser  ging 
mit  einem  Haufen  Volkes  nach  Kypros  hinüber  und 
gründete  Paphos.  So  erhalten  wir  folgende  Geschlechts¬ 
tafel  des  Kinyras. 

Kekrops,  Gern.  Aglauros. 

I  , 

Erysichthon,  Aglauros,  Herse  Gera.  Hermes, 

Paudrosos 

I 

Kephalos  Gera.  Eos. 

I 

Tithonos 

I 

Phaethon 

1 

Astynoos 

I 

San  dakos  Gera.  Pharnake. 

I 

Kinyras  Gera.  Metharme* 

In  dieser  Genealogie  sind  drei  Mythenkreise  verfloch- 
iten,  das  Geschlecht  des  Kekrops,  eine  Gruppe  grie¬ 
chischer  Lichtwesen  mit  Kephalos  und  Eos,  und  phö- 
nikische  Namen.  Alle  stehen  in  Beziehung  auf  Ky¬ 
pros  und  werden  hier  unter  die  Ahnen  des  Kinyras 
gebracht.  Das  Ausführliche  über  Kekrops  und  Ke¬ 
phalos  und  Eos  müssen  wir  spätem  Orten  vorbehal- 
Iten  ’®).  Hier  bemerken  wir  nur,  dass  die  Flucht 
der  Eos  mit  Kephalos  nach  Syrien  nur  aus  dem  Grunde 
jgedichtet  sein  kann,  um  die  phönikische  Heimat  des 
Kinyras  daran  anzuknüpfen,  was  um  so  eher  gesche- 
'hen  konnte,  als  Kinyras  auch  selbst  Herrscher  der 
Syrischen  Länder  heisst.  Ohne  diesen  Grund  würde 
Eos  schwerlich  weiter  als  bis  Kypros  geflohen  sein,  ' 
ia  diese  Genealogie  weiter  keinen  Zwekk  hat,  als 
lie  heimatlichen  griechischen  Mythen  mit  den  kypri- 

86)  S.  unten  die  Abschnitte  Phaethon  u.  Kekrops, 

9^ 


132 


sehen  y-a  'verbinden.  Aber  nicht  unöiittelbar  von  Sy¬ 
rien  geht  dies  Geschlecht  des  Kepros  nach  Kypros 
hinüber,  sondern  erst  nach  Kilikien,  weil  durch  die 
Sage  von  den  Tamiraden  Kultverbindungen  mit  die¬ 
sem  Lande  bestanden. 

Wie  Eos  hier  den  Kephalos  aus  Liebe  raubt  und 
entführt,  so  thut  dasselbe  schon  bei  Hesiodos  Aphro¬ 
dite  mit  dem  Fhnethon,  welcher  in  dessen  Genealogie 
wie  auch  hier  fciohn  des  Kephalos  und  der  Eos  heisst, 
und  bestellt  ihn  za  ihrem  Teinpelwart  und  Opferkna¬ 
ben,  wie  den  Kinyras.  Wie  in  der  Flucht  nach  Sy¬ 
rien,  so  ist  auch  in  dem  phöuikischen  Namen  das  Be¬ 
wusstsein  von  Verbindungen  mit  jenen  Ländern  fest¬ 
gehalten.  aber  nur  äusserlich ,  leicht  und  flüchtig ,  da 
es  die  ft^ache  nicht  weiter  erforderte,  denn  die  pbö- 
nikischen  Wesen,  welche  hier  als  Vorfahren  des  Ki- 
iiyras  erscheinen,  sind  es  nur  dem  Namen  nach,  und 
auch  dies  nur  zum  Theil,  sind  aber  in  Wirklichkeit 
Nachkommen  des  Kekrops,  des  Kephalos  und  der  Eos. 
Ästynoos  kommt  sonst  nur  noch  in  den  troischen  My¬ 
then  als  ein  Sohn  des  Priamos  vor  *’)•  8andakos 
erinnert  an  Sand  an,  einen  Äethiopier,  welcher  nach 
Ammianns  MarcelHnus  Tarsos  gegründet  haben  sollte, 
beide  aber  an  Sandon,  den  Assyrischen  sogenann¬ 
ten  Herakles,  welcher  auch  auf  Tarsischen  Münzen 
oachgewiesen  ist.  Die  Pharnake  haben  w'ir  oben  als 

87)  Ilias  5,  144,  Apollo  dor  3,  12,  5. 

88)  üeber  diesen  Namen  u.  ähnliche  vgl.  Au  g.  Fr  ied.  Pott 

Etymolog.  Forschungen  S.  54  Einltg:  Vielleicht  findet  Jemand 
in:  0  äno  Kifi^S  AMHoS  £ap(fmx>]S  6  &a/xaglov 

Herodot  7,  194.  Herleitungen  von  jenem  Säpdaxos  u.  dem 
Thamnus  (Kreuser  2,  91)  wenngleich  einer  der  Herakles-  und 
der  Adonisfeier  (Kreuzer  2,  110)  nicht  günstig  ist  —  Ohne  hier¬ 
über  weiter  ein  ürtheil  abgeben  zu  wollen ,  bemerke  ich  nur, 
dass  Verfolger  des  Adonis  allein  der  griechische  Herakles  ist. 


I 


133 

pontische  Gottheit  bezeichnet.  Für  Megessares,  ihren 
Vater,  fehlen  die  Vergleichungen. 

Auf  eine  merkwürdige  Weise  finden  wir  den  Ki- 
nyras  in  den  Assyrischen  Oenealogieen  der  Chrono¬ 
graphen  **)  wieder.  Kronos  überlässt  seinem  Sohne 
Pi  kos  mit  dessen  Gemahn  Rhea  oder  Serairamis 
Assyrien,  und  geht  selbst  ins  Abendland.  Dort  freit 
er  die  Philyra,  von  weicherer  einen  Sohn  Aphraos 
hatte.  Dieser  heirathet  die  Astynoiue  von  der  Insel 
Lakeria  und  zeugt  eine  Tochter  A  ph  r  od  i  te.  Diese 
war  eine  Philosophin  und  heirathete  den  Adonis,  Sohn 
des  Kinyras,  wxlcher  ein  Athener  und  selbst  ein 
Philosoph  war.  Beide  trieben  die  Philosophie  bis  an 
ihr  Ende,  —  In  dieser  Genealogie  ist  für  uns  wenig¬ 
stens  das  interessant,  dass  auch  hier  Kypros  noch  eng 
mit  Athen  verbunden  wird,  indem  Kinyras  selbst  ein 
Athener  heisst,  während  er  sonst  als  Herrscher,  He¬ 
ros  und  Sänger  immer  nur  unter  griechischen  oder 
phrygisch-Iydischen  Umgebungen  aufgeführt  wird,  un¬ 
ter  phöuikischen  aber  nie.  Mit  der  Insei  Lakeria  kann 
nur  Kypros  gemeint  sein.  Die  Astynome  erinnert  au 
den  Astynoos  einer  andern  Genealogie. 

An  diese  Sagen  vom  Kinyras  schliessen  sich  die 
mythischen  Vorstellungen  von  zwei  andern  alten  Herr¬ 
schern  von  Kypros,  welche  wir  zwar  nicht  mehr  in 
unmittelbarer  geschlechtlicher  Verbindung  mit  Kiny- 
ras  finden,  welche  aber  doch,  wie  nicht  zu  bezwei¬ 
feln  steht,  mit  ihm  in  einer  solchen  gestanden  haben, 
lind  die  als  mythische  Herrscher  wenigstens  ihm  zur 
Seite  gestellt  werden  müssen.  Andern  ähnlichen  grie¬ 
chischen  Mythen  ist  die  Sage  nachgebildet,  welche 

89)  Chronilcon  Paschale  S.  (37)  66  Bonn.  Ausg.  Ge¬ 
orgias  Kedrenos  Chronogr.  S.  28.  Bonn,  Aus?, 


134 


berichtet,  dass  bei  dem  Orte  Alkathos  auf  Kypros, 
dem  Mestor  ein  Knabe  g;eboren  wurde,  welcher  aus 
Bedenken  über  eine  unregelmässige  Zahnbildung  aus- 
gesezt  wird.  Eine  Ziege  soll  ihm  aber  die  Brust 
gereicht  haben  und  so  erzogen  soll  er  zuerst  Aigi- 
nomos,  darauf  aber  Euryptolemos  genannt  sein^ 
und  über  die  Kyprier  geherrscht  haben®“).  Alkalhos 
heisst  ein  Sohn  des  Pelops,  der  Aater  der  Periboia, 
mit  welcher  sich  Telamon,  der  Herrscher  von  Salamis, 
vermalte®*).  Mestor  kommt  sonst  im  Geschlechte 
des  Perseus  vor®^),  oder  auch  als  ein  Sohn  des  Pri- 
amos®®).  Ein  König  Mastor  wohnte  auf  Kythera,  des¬ 
sen  Sohn  Lykophron  wegen  eines  31ordes  zum  Ajas 
geflohen  war  ®^). 

Das  Eiland  Salamis  hatte  von  der  Nymphe  Sa¬ 
lamis,  Tochter  des  Asopos,  mit  welcher  Poseidon  den 
Kenchreus  zeugte,  seinen  Namen.  In  Kypros  dich¬ 
tete  man  einen  König  Salamis  als  Beherrscher  der 
Kyprier.  Seine  Tochter  hiess  Kitia  oder  Amyke, 
welche  an  Kasos,  den  Sohn  des  Inachos^  hinüber 
nach  Syrien  verheirathet  wurde®').  Diese  Erzählung, 
wenigstens  der  leztere  Theil  derselben,  ist  nur  sehr 
jung.  Als  man  nämlich  die  Einwohner  Antiochiens 
als  uralte  Kolonieen  von  Athen  und  Argos  herleiten 
wollte,  und  man  auch  die  Io  auf  ihren  Wanderungen 
in  die  Gegenden  des  Berges  Kasos  in  Syrien  kom¬ 
men  liess,  muss  es  für  zwekkmässig  geschienen  ha- 


90)  Pollux  2,  4. 

91)  Apoliodor  3,  12,  7. 

92)  Apoliodor  2,  4,  5. 

93)  Apoliodor  3,  12,  5. 

94)  Homer  11.  15,  430  ff. 

95)  Libanios  in  d.  Rede  auf  Antiochien.  Melalas  8  S. 
201.  Vgl.  Thl.  1  S.  240  ff. 


135 


ben,  die  ang-ebüchen  Athener  und  Argiver  daselbst 
auch  an  die  Kyprier  dieser  Stämme  anzukoupfen,  um 
sich  durch  eine  solche  Verwandschaft  mit  diesem  durch 
Kult,  Mythen  und  Urgeschichte  so  glänzenden  Lande 
zu  verbinden.  Die  kyprischen  Dotter  wurden  selbst 
in  Antiochien  eingeführt,  und  den  Namen  Amyke  er¬ 
hielt  Kitia,  des  Salamis  'rechter,  um  den  Namen  der 
Gegend  Amyke  am  Berge  Kasos ,  wo  sie  auch  be¬ 
graben  liegen  sollte,  von  ihr  herzuleiten. 

Ist  uns  dieser  Mythos  des  Kinyras  schon  an  und 
für  sich  als  des  Heros  von  Kypros  in  seinen  priester- 
lichen  Beziehungen  wichtig,  so  wird  er  es  für  uns 
noch  mehr  dadurch^  dass  das  ganze,  um  ihn  gewobene 
Sagengespinnst  uns  so  recht  eigentlich  in  die  Werk¬ 
stätte  der  kyprischen  Mythenbildung  und  Kultvorstel¬ 
lungen  blikken  lässt.  Wenn  wir  nun  hier  lernen, 
welcher  Geist  im  kyprischen  Kulte  lebte^  so  muss  uns 
dieser  Mythos  zugleich  als  Richtschnur  in  der  Beur- 
theilung  des  ganzen  Kultes,  natürlich  namentlich  was 
die  Aphrodite  angeht,  dienen.  Was  von  vorn  herein 
nachzuweisen  gesucht  ist,  dass  der  Kult  der  Aphro¬ 
dite  mehr  durch  die  Griechen  und  im  Geiste  dersel¬ 
ben  ausgebildet  ist,  als  durch  die  Phöniker,  muss  hier 
noch  seine  Bestätigung  erhalten,  da  wir  uns  hier  im 
Mittelpunkte  des  Kultes  befinden,  welcher  nach  der 
gewöhnlichen  Ansicht  nichts  als  phönikisch  sein  und 
so  dem  übrigen  Griechenland  und  der  ganzen  Welt 
sich  mitgetheilt  haben  soll.  Deutlich  tritt  hier  hervor, 
wie  die  überwiegenden,  die  eigentlich  lebendigen  und 
wirkenden  Elemente  auf  Kypros  griechisch  mit  phry- 
gischen  Bestandtheilen  sind,  dass  das  Orientalische 
sogar  in  höherem  Masse  zurükktritt,  als  wir  es  der 
Wirklichkeit  nach  annehmen  dürfen,  denn  hier  ist  das 
Orientalische  nur  als  bloss  lokkere  und  äusseiiiche  Ver- 


136 


biiulKti«:  aufgefasüst,  wie  eine  solche  wol  KwiscUen 
IMachharländern  stattflndet,  es  ist  nie  als  wirklich,  son¬ 
dern  immer  nur  als  scheinbar  orientalisch  hingestellt. 


SaZTTSB.  ABSCHZrZTT. 

Kult  und  Festfeier. 

Das  Idol,  unter  welchem  die  Aphrodite  zu  Pa- 
phos  verehrt  wurde,  war  keine  menschliche  Gestalt, 
sondern  ein  aus  der  schlichten  Natur  hergenoininenes 
Symbol,  unter  der  Form  eines  Kegels  ’),  oder  einer 
Pyramide  von  weisser  Farbe  nach  des  Maximos  von 
Tyros*)  Meinung.  Servius  3 )  vergleicht  das  Sym¬ 
bol  mit  einer  Meta,  oder  einem  Nabel,  und  durch 
dies  Symbol  mag  zuerst  die  Benennung  Nabel  der 
Erde  für  Paphos  entstanden  sein,  wie  es  auf  ähn¬ 
liche  VFeise  in  Delphi  geschah.  Es  stand,  nach  den 
Abbildungen  zu  urtiieilen,  iui  Adyton  des  Tempels,  von 
Kandelabern  umgeben.  Wir  finden  dies  Symbol  in 
der  Form  eines  Kegels  auf  sehr  vielen  Münzen  und 
Gemmen,  und  die  wenigen  auffälligen  Verschiedenhei¬ 
ten  ^),  welche  mau  bemerkt,  scheint  man  auf  Bech- 

1)  Herodian  3,  3.  U^os  rk  ion  x(ii(o9ey  Xriymp  ils 

Vgl,  5,  3, 

2)  Maximos!  v.  Tyr.  Dialexis  38.  üaqioig  (xiv  ij  'A<fQo- 

raff  n^ug  to  J«  aya\utt  ovx  dp  (Ixüdccig  dklco  xta  ^  nvQu- 

filA  Xfvxg'  j  df  vX>}  dyposlna. 

3)  Servius  z.  Virg.  .Aen.  I,  719.  Ajjud  Cyprios  Venus  in 
modum  urabilici,  vel,  ut  qiiidam  volunt,  metae  colitur.  Aehnlich 
wurde  die  Kybele  unter  einem  einfachen  Steine  verehrt. 

4)  Munter  in  d.  Abhdlg.  über  d.  Tempel  der  himml.  Göttin 

■AU,  Paphos  S.  14. 


137 


nuno:  (ier  Künstler  sezen  zu  müssen,  von  denen  der¬ 
gleichen  Steine  geschnitten  wurden,  ohne  dass  sie 
je  das  Original  gesehen  hatten ;  oder  sie  entspringen 
aus  den  verschiedenen  Zierrathen,  womit  das  kegel¬ 
förmige  Bild  geschmükkt  war,  wie  Halsbändern,  Blu¬ 
mengewinden  und  dergleichen,  auch  metallenen  Bingen, 
einem  goldenen  Knopf,  einem  Nimbus,  wofür  Munter 
die  Scheibe  auf  einem  geschnittenen  Steine  hält,  und 
auch  auf  einem  herkulanischen  Wandgemälde  zu  er¬ 
kennen  glaubt.  Die  Pergamenische  Münze,  welche 
als  Gepräge  den  Tempel  der  Paphischen  Aphrodite 
mit  der  Aufschrift  IIAOIA  trägt,  hat  ebenfalls  den 
zugespizten  Kegel  mit  einem  Kopf  oben  und  zwischen 
zwei  Pyramiden.  Dodwell  ’  3  auch  zu  Korfu 

drei  und  einen  halben  Zoll  hohe  Kegel  ausgebrann¬ 
ter  Erde  mit  der  Inschrift  'AtpQodkij, 

Was  die  Bedeutunor  dieses  einfachen  Idols  an- 
langt,  so  ist  es  nicht  das  hohe  Alter,  wie  Munter  a. 
a.  0.  meint,  welches  diese  rohe  Formen  schuf,  son¬ 
dern  es  lag  unter  diesem  Kegel  ein  tieferer  Sinn  ver¬ 
borgen.  Der  Phallos  war  lediglich  nichts  als  das  pe- 
lasgische  Symbol  der  zeugenden  Kraft,  welche  der 
Aphrodite  als  Naturgottheit  anhaftete,  und  durchaus 
nichts  Anstössiges  in  ihm,  obgleich  er  später  allerdings 
ein  Zeichen  der  sinnlichen  Liebe  und  der  Unzucht 
wurde,  in  welche  der  gemeine  Dienst  der  Göttin  aus¬ 
artete.  Der  Phallos  war  eine  göttliche  Form,  wie 
die  Sphäre  und  der  Zylinder,  und  seine  geläuterte 
Gestalt  war  der  Kegel  ® ).  Daher  standen  auch  am 
Eingänge  des  Tempels  zu  Paphos  zwei  hohe  Phal- 

5)  Dodwell  Reise  durch  Griechenland  !,  1,  8.43.  Voyage 
pittoresq.  d.  1.  Grece  2,  S.  171.  zit.  v.  Münter  a,  a.  O. 

6)  Klemens  v.  Alex,  Frotrept,  2,  S.  13.  Arnobius  adv. 
gentes  5,  8.  iiia. 


138 


len,  oder  vielleicht  Kandelaber  wie  auf  den  Abbil¬ 
dungen  zu  sehen  ist.  Wie  dieser  Kegel  an  die  hei¬ 
lige  Grundidee  der  Aphrodite  erinnerte,  so  wurde 
sie  zu  Athen  in  den  Gärten  unter  vierekkiger  Ge¬ 
stalt  verehrt.  Dies  Bild  war  ganz  einer  Herme  gleich, 
und  führte  die  Aufschrift:  Aphrodite  die  allste  der 
Mören.  Wie  der  Sinn  dieses  Namens  eine  tiefe  Be¬ 
deutung  hat,  so  auch  die  Form  des  Bildes.  Der  sym¬ 
bolische  Sinn  des  paphischen  Bildes  ist  auch  von  den 
Schriftstellern  hinlänglich  angedeutet.  So  sagt  Ta- 
citus,  es  liege  in  ihm  eine  geheimnissvolle  Beziehung, 
obscura  ratio,  und  Philostratos  ’ )  erzählt,  Apol- 
lonios  von  Tyana  sei  auf  seiner  Reise  auch  nach  Pa- 
phos  gekommen,  habe  dort  das  bedeutungsvolle  Sym¬ 
bol  der  Göttin,  \4ffqodhng  töog.  öv^ißohxtSg  IdQVfievov, 
bewundert,  und  die  Priester  eifrig  dazu  angehalten, 
dass  sie  den  Dienst  im  Tempel  heilig  und  gewissen¬ 
haft  verrichten  sollten.  Auf  den  Münzen  leuchten  im¬ 
mer  zu  den  Seiten  des  Symbols  zwei  Fakkeln,  ent¬ 
weder  zur  Andeutung  der  nächtlichen  Orgien,  und 
der  nächtlichen  Verehrung  der  Aphrodite,  zu  wel¬ 
cher  man  die  Fakkelbeleuchtung  liebte,  oder  weil  stets 
im  Tempel  der  Göttin  ein  Nachtlicht  brannte.  Zur 
Besorgung  des  nächtlichen  Dienstes  befand  sich  ein 
Hüter*^im  Tempel,  wie  schon  von  Hesiodos  ein  nächt¬ 
licher  Tempelwart  unter  dem  Namen  eines  vrionoXog 
vh^og  angegeben  wird  )5  diesen  pflegte  man  sich 
als  einen  Knaben  zu  denken,  zu  dessen  wesentlichen 
Fio-enschaften  die  Schönheit  gehörte,  und  die  mythi¬ 
schen  Repräsentanten  eines  solchen  waren  Phaethon, 
Kinyras,  Amarakos,  Melos®).  Vielleicht  sollten  die 

philo str.  im  Leben  des  Apoll  v.  T.  3,  16. 

8)  Hesiod.  Theog.  988. 

9)  s.  d.  Kinyras  Anm.  3.  4  ff.  81. 


139 


Fakkeln  auch  zur  Erleuchtung  des  vordem  Tempel¬ 
raums  dienen,  wahrend  das  Idol  iin  dunkeln  Adyton, 
im  Innern  ruhte. 

Ausserdem  wird  uns  noch  eine  Art  kleiner  Aphro¬ 
ditebilder  zu  Paphos  erwähnt,  welche,  wie  es  scheint, 
verkauft  werden  konnten.  Wenigstens  berichtet  Athe- 
naios^®)  aus  einer  Schrift  des  Naukraliten  Polychar- 
mos  über  die  Aphrodite,  dass  Heroslratos,  ein  Bür¬ 
ger  von  Nankratis,  gegen  das  Jahr  685  in  Handels¬ 
geschäften  nach  Paphos  gekommen  sei,  ein  spannlan¬ 
ges  Bild  der  Aphrodite  von  sehr  alter  Arbeit  gekauft 
und  mit  sich  nach  Naukratis  genommen  habe.  Mün- 
ter  *')  meldet,  dass  sich  zwei  solcher  Bilder  in  Kop¬ 
penhagen  befänden,  dass  eine  von  vier  Zoll  und  ei¬ 
ner  Linie,  das  andere  von  zwei  Zoll  und  vier  und 
einer  halben  Linie,  von  denen  man  aber  nicht  hätte 
in  Erfahrung  bringen  können,  woher  sie  gekommen 
seien.  Aecht  wären  sie  und  etwas  bauchig,  ihr  Ma¬ 
terial  sei  ein  brauner  und  weiss  gestreifter  Kalk,  Sta¬ 
laktit  genannt,  welcher  auf  Kypros  sehr  viel  vorkomme. 
Ausserdem  giebt  noch  Clarke  *  *)  Nachricht  von  mehr 
als  fünf  und  dreissig  kleinen  Idolen  aus  Terra  cotta, 
Kalksteinen  und  Marmor,  die  zu  Larnika  gefunden, 
nach  England  gekommen  und  alle  aus  einer  sehr  frü¬ 
hen  Periode  herstammen  sollen.  Ihrer  Gestalt  nach 
sollen  sie  sich  sehr  allgemein  halten,  und  mehr  den 
Vorstellungen  der  Demeter  als  der  Aphrodite  gleich 
kommen.  Bei  der  grossen  Annäherung,  welche  zwi¬ 
schen  Demeter  und  Aphrodite  stattfindet,  dürfen  wir 
wahrscheinlich  nicht  anstehen,  sie  der  Aphrodite  zu- 

10)  Athenaio  s  15,  675. 

11)  Munter  a.  a.  O.  S.  19. 

12)  Clarkes  Travels  Tom.  2.  1.  S.  316.  Bei  Munter 
a.  a.  O. 


140 


zueignen,  ungeachtet  sonst  die  Demeter  auf  Kypros 
verehrt  wurde  5  allein  so  viele  Bilder  von  ihr  möch¬ 
ten  sich  wol  nicht  an  einem  Orte  daselbst  vorfinden. 
Ein  solches  Bild,  wie  Clarke  sie  beschreibt,  stimmt 
nach  Material  und  Grösse  mit  jenem,  welches  man 
dörgaxig  nannte,  denn  der  Name  zeigt  auf  ge¬ 
brannten  Thon.  Sonst  hiess  ein  gewchnliches  Aphro¬ 
ditebild  '‘Atpqodißiov  '  * )  5  SO  nannte  man  indessen  auch 
den  Tempel  der  Aphrodite  und  selbst  den  Bei¬ 
schlaf  *  ®). 

Hiermit  ist  nun  aber  keinesweges  behauptet,  dass 
diese  kleinen  Bilder,  mit  denen  sich  auch  ähnliche 
des  Bakchos  mit  mystischer  Bedeutung  an  andern  Or¬ 
ten  vergleichen  lassen  *  ^),  die  einzigen  bildlichen  Dar¬ 
stellungen  der  Göttin  gewesen  seien.  Man  wird  dort 
auch  andere  grössere  Kunstwerke  gehabt  haben,  und 
auf  ein  lebensgrosses  Bild  der  Göttin  aus  sehr  alter 
Zeit,  und  aus  Elfenbein,  deutet  schon  die  bekannte 
Erzählung  des  Pygmalion,  welcher  es  liebte  und  durch 
sein  Flehen  ihm  Leben  einhauchte'®).  Doch  befindet 
sich  keins  der  berühmtesten  Aphroditebilder  griechi¬ 
scher  Künstler  auf  Kypros,  sondern  in  Knidos,  Kos 
und  Elis.  In  Sikyon  trug  das  Bild  der  Aphrodite 
auf  dem  Haupte  eine  Weltkugel,  in  der  einen  Hand 
hielt  sie  einen  Apfel,  in  der  andern  einen  Mohnkopf. 
Die  Bedeutung  der  Fruchtbarkeit  und  der  Fortpflan- 

13)  Hesychios  ’OdTqaxk:  äyaXfxdnoy  n  ’AfQodu^i. 

14)  Athen.  13,  585.  AtfQodictop  el  nquhiikovg. 

15)  Bekker  Anekd.  S.  492.  A'fqodiatov  XO'wv  to  t??  'A'fQodi- 

n^s  idog  11.  oft.  ,  -  - 

16)  Zonaras  in  Lex.  ’dqqoMawv:  tqyov  Aqqookr,g,  ka^^avt- 

tm  y.ul  inl  rmp  IdyvoiP  r.ai  mqi  tsvpovcias  xai  Offodqdk 

diaxujxivftiv. 

17)  Lukian  Syr.  Göttin  Kap.  28. 

18)  Klemens  v.  Alex.  Protr.  S.  50.. 


141 


zoD^,  welche  auf  Kyproa  der  Phallos  vorstellt,  er¬ 
kennen  wir  hier  im  Apfel  und  Mohnkopf,  dem  Polos 
auf  dem  Haupte  lie^t  aber  noch  eine  höhere  und  er¬ 
habenere  Idee  zu  Grunde,  welche  an  ihrem  Orte  er¬ 
läutert  werden  wird. 

Die  Auwenduns:  des  Phallos  als  eines  bedeut“ 
Samen  Symbols  iia  Aphroditekult  ist  iridess  nicht  auf 
das  allgemeine  Idol  der  Göttin  beschränkt,  sondern 
jeder,  welcher  in  die  Mysterien  der  Göttin  eingeweiht 
wurde,  erhielt  einen  kleinen  Phallos  '*)  und  etwas 
Salz  in  die  Hand,  und  musste  ein  Stükk  Geld  an 
die  Göttin  erlegen,  ln  dem  Phallos  liegt  die  Be¬ 
deutung  der  Fortpflanzung,  das  Salz  zielt  entweder 
auf  das  Meerwasser,  aus  welchem  Aphrodite  geboren 
sein  sollte,  und  die  Geburt  der  Aphrodite  aus  dem 
Meere  stellten  die  Mysterien  dar,  wie  Himerios  sagt* 


19)  Klemens  v.  Alex.  Protr.  Kap.  2,  S.  13.  ‘ff  fi'tv  ovy 
et’ypoyfi'jjf  T€  xai  xmQoyiy^i,  ^  KiyvQu  qiiri,  T^y’AqQodinjv  Uyio,  TtjP 
qtkofi*)6iu  1  m  fitjdicjy  i^tqaaydtj,  firjdfuiv  ixilymy  xmv  dnoxtxo^iyiov 
OvQttvov ,  TÜjy  Xdyymy,  rwv  fitru  rtfy  To/u^y  To  xl'/uk  ßtßtao'/^iyoiy.  (t)S 
dffiliyctiy  vfüv  /uogluty  d^tos  'Aq()odirt]  yivtmi.  xa{inh?  iy  lals  TiXfTu'k : 
juikri?  TtfXaylas  ^doyrA  Tixfx^Qi,oy  Tijs  yoytji,  uXdjy  /oydgos  xai 
qäilog  Tois  (xvo^voi?  Tr,y  Ti'/yrjv  T>jy  f^otytxrjv  inididuTM.  Nöfufffxn  de 
tkqiQovßU'  avT^  ol  fxvo/utyot,  tos  iralQa  iqaerai.  Arnobius  adv. 
gent.  5,  19.  Nec  non  et  Cypriae  Veneris  abstrusa  illa  initia  prae- 
tereamus,  quoriim  conditor  indicatnr  Cinyras  rex  fuisse,  in  qui- 
bus  sumentes  ea  certas  stipes  inferunt,  utmeretrici;  et  referunt 
Phallos,  propitii  numinis  signa,  donatos.  Firmicus  de  errore 
prof.  relig.  S.  425.  Gronov.  Audio  Cinyram  Cyprium  templum 
amicae  meretriciae  donasse;  ei  erat  Venus  nomen.  Initiasse  et- 
iam  Cypriae  Veneri  plurimos  et  vanis  consecrationibus  deputasse. 
Statuisse  etiam  ut  quicunque  initiari  vellet,  secreto  Veneris  sibi 
tradito,  assem  in  manum  mercedis  nomine  deae  daret, 

20)  Himerias  Rede  auf  d.  Ank.  der  Kypr.  tds  de  udipae 
iumus,  aXnyeg  noxi  eltn,  fivaxtxot  loyot  XQvnxety  xelevovet.  xat  ide» 
yetQ  lotnoy  exxvtjd-i^yae  tijv  dalfioya.  Vgl.  Anm.  19, 


142 


oder  es  liegt  diesem  Gebrauch  noch  eine  andere  phy¬ 
sische  Aedeutung  unter.  Das  Geld  musste  an  die 
Göttin  entrichtet  werden,  weil  der  durch  den  Phallos 
schon  angedeutete  Akt  des  Beischlafes  hier  in  den 
Mysterien  wirklich  vollzogen  wurde,  um  den  allge¬ 
meinen  Zeugungsprozess  der  natürlichen  Dinge  hier 
beim  Menschen  zu  veranschaulichen  und  zu  verwirk¬ 
lichen.  Dass  der  Beischlaf  an  den  Mysterien  wirk¬ 
lich  vollzogen  wurde,  darüber  kann  kein  Zweifel  mehr 
sein,  und  selbst  Liebende  mussten  es  thun,  welche 
sich  in  die  Mysterien  einweihen  Hessen^  aber  die  Er¬ 
legung  des  Geldes  dabei  ist  eine  babylonische  Sitte, 
welche  auf  Kypros  eingeführt  wurde,  da  Mylitta  ei- 
o-entlich  den  Genuss  des  Beischlafes  erforderte,  ihre 
Stelle  aber  die  dazu  gehaltenen  heiligen  Dienerinnen 
vertraten. 

Die  Hierodulin  ist  ursprünglich  ein  durchaus  recht¬ 
licher  Zustand  und  nichts  Unreines  an  ihm.  Es  wa¬ 
ren  die  Diener  und  Dienerinnen  im  Tempeldienste  ei¬ 
ner  Gottheit,  Sklaven  und  Sklavinnen  der  Gottheit, 
welche  geschenkt  und  geweiht  wurden"');  sie  konn¬ 
ten  zwar  frei  gelassen  werden,  mussten  aber  ihr  Le¬ 
ben  lang  dem  Tempel  dienen.  Sie  wohnten  in  den 
Vorliöfen  und  Umgebungen  der  Tempel,  einzelne  wur¬ 
den  auch  in  einzelne  Zellen  eingesperrt.  Ob  nun 
schon  ursprünglich  mit  den  weiblichen  llierodulen  im 
Kult  der  Aphrodite  die  Verpflichtnng  zur  Unzucht  ver- 

21)  Hirt  die  Hierodulen  S.  17ff.  Böckh  Pindar  2,2  S. 608. 
Corp.  Inscr.  Gr.  1,  1608  S.  783.  Müller  Dor.  1,  25.S.  Heyne 
de  Babylon,  relig  instit;  ut  mulieres  ad  Veneris  templ.  prosta- 
rent,  Com  Gotting  vol.  16  S.  510.  Gewiss  ganz  unpassend  ist 
die  Ansicht  Yon  Wiinter  Relig.  der  Karthager,  dass  diese  Ein¬ 
richtung  sei,  eine  Milderung  der  ursprünglich  rohen  Sitte  auch 
der  Natur-  u  Mondgöttin  wie  dem  Sonnengotte  Menschen  und 
zwar  Jungfrauen  zu  opfern- 


143 


bunden  gewesen  jj^darf  nicht  so  ohne  Prüfung  hinge¬ 
nommen  werden,  obgleich  es  allgemeine  Sitte  wurde. 
Indem  Herodot^ *3  babylonische  Sitte  erzählt,  dass 
sich  jede  Frau  einmal  in  ihrem  Leben  im  Tempel  der 
Göttin  preisgeben  musste,  knüpft  er  hieran  die  Er¬ 
wähnung,  dass  eine  ähnliche  Unzucht  auch  auf  Kypros 
stattfinde* ^).  Näheres  darüber  berichtet  Justin**).  Es 
sei  bei  densKypriern  die  8itte  gewesen,  dass  die 
jungen  Mädchen  vor  ihrer  Verheirathung  sich  an  be¬ 
stimmten  Tagen  ans  Gestade  begäben,  um  durch  Preis- 
sebung  an  fremde  Männer  sich  ein  Heirathsgut  zu 
erwerben,  und  Äthenäos  sagt:  die  lydischen  Frauen 
seien  zwar  willig  für  Jedermann,  mehr  aber  noch  die 
kyprischen,  indem  alle  Mütter  ihre  Töchter  der  Buh¬ 
lerei  widmeten.  Genau  mit  der  kyprischen  Sitte  stimmt 
ein  etruskischer  Gebrauch  der  Jungen  Jlädchen  sich 
ein  Heirathsgut  zu  erwerben.  Es  kann  nicht  bezw  ei- 
felt  werden,  dass  religiöse  Vorstellungen  die  Veran¬ 
lassung  waren,  und  die  asiatischen  Sitten  haben  hier 
nur  eine  bestimmte  Form  erhalten.  In  ihrer  Ehe  durf¬ 
ten  sie  es  aber  nicht  mehr,  denn  auf  den  Bruch  der¬ 
selben  stand  die  harte  Strafe,  dass  eine  Uebertreterin 
der  ehelichen  Geseze  für  eine  öffentliche  Hure  erklärt 

22)  H  ero  dot  1,  199. 

23)  Athanas.  Orat.  d.  Cv.^Enmlvourt?  Jt  vtjP  dctßfMv  tTsgot, 
TiQoqccatt'  Tr,s  nvTUiv  tvQidiog  xal  iavrutp  xaxiag,  rr,p  ^(fopijp,  xai 
triP  ini9vfxiap,  &fonoi,ijaapiig ,  TtQogxvpovOiP.  otog  ianp  na^'  uhnlg 

xai  ^  ip  ndifo)  ’A(fQodkt].  Arator  Hist  Apost.  2.  Cyprura 
Salaminaque  linquens  Pergit  adire  Paphum  ;  quae  fertur  Amori- 
bus  olim  Dedita,  sacriiegae  mansisse  libidinis  antrum,  Aligeros- 
que  vagos  studio  coluisse  proeaci.  Aus  Meurs.  S.  45. 

24)  Justin  18,  5.  Plautus  Cistellaria  2,  3.  20,  Non  est 
hic  ubi  ex  Tusco  more  Tu  tibi  indigne  dotem  quaeras  corpore. 

25)  Athen.  12,516.  Was  er  u.  Justin  v.  d.  Kypriern  u.  Ly¬ 
dern  sagen,  berichtet  Augustin.  Civ.Dei  4.  !0  v.d  Phönikern. 


144 


wurde.  rJie  oft  nacho:ewicsene  Uebereinstlmmnng 
zwischen  den  Kypriern  und  lydischen  Völkern  finden 
wir  auch  hier  wieder.  Vor  der  Ehe  mussten  sich 
auch  die  lydischen  jungen  Mädchen  der  Göttin  wei¬ 
hen,  nach  ihrer  Verheirathung  war  eine  Gemeinschaft 
mit  einem  fremden  Mann  streng  verboten*®).  Die 
Schaara  musste  der  Göttin  geweiht  werden,  nachher 
durfte  sich  ihrer  der  Mann  erfreuen.  Diese  kyprische 
Sitte  sticht  sehr  von  der  Wichtigkeit  und  Sorgfalt 
ab,  mit  welcher  man  sonst  im  hellenischen  Leben  auf 
die  Erhaltung  der  jungfräulichen  Keuschheit  bis  zur 
Schwelle  des  Brautgemachs  bedacht  war.  Da  in  den 
übrigen  griechischen  Ländern  die  Mysterien  der  Aphro¬ 
dite  ebenfalls  gefeiert  wurden,  und  ihnen,  wie  sicher 
anzunehmen  ist,  überall  derselbe  Gedanke  zu  Grunde 
liegt,  so  geräth  man  in  Verlegenheit,'  dass  man  nicht 
weiss,  wie  es  dort,  ich  nenne  z.  B.  auf  Kolias,  mit 
der  Keuschheit  im  Mysteriendienst  gehalten  wurde, 
ob  der  Beischlaf  hier  wirklich  und  an  jungen  Mäd¬ 
chen  vollzogen  wurde;  was  mit  den  übrigen  Sit¬ 
ten  nicht  stimmen  will;  oder  ob  die  llierodulinnen 
hier  genügten.  Ganz,  glaube  ich,  darf  man  auch  hier 
nicht  die  Vollstrekkung  des  Beischlafes  bei  jungen 
Mädchen  leugnen,  namentlich,  wenn  sich  Liebende 
einweihen  Hessen.  Dass  mit  diesem  Mysteriendienst 
nicht  die  allgemeine  Ausgelassenheit  an  den  Aphro- 
disien  vermengt  werden  darf,  versteht  sich  von  selbst. 

Mit  der  allgemeinen  Sitte,  dass  die  jungen  Mäd¬ 
chen  auf  Kypros  sich  der  Göttin  weihen  mussten,  w'iirde 
es  sich  durchaus  nicht  vertragen,  wenn  wir  die  Nach¬ 
richten  von  dem  Kulte  auf  dem  Berge  Olyrapos  zu 
Kypros  so  wörtlich  nähmen,  wie  sie  von  den  Bericht- 


26)  Ailiam.  Verschied.  Gesch.  4,  1. 


145 


erstattern  gegeben  sind.  Auf  dem  Berge  Olympus, 
in  welchen  die  östliche  schmale  und  gebirgige  Land- 
spize  von  Kypros  ausläuft,  steht,  wie  Strabon 
meldet,  ein  Tempel  der  Aphrodite  dxgaicc^  weil  sie 
auf  der  Höhe  verehrt  wurde,  den  aber  Frauen  weder 
beschauen  noch  betreten  durften.  Es  ist  mir  sehr 
w  ohl  erinnerlich,  dass  es  anderswo  Tempel  gab,  w’elche 
Frauen  nicht  betreten  durften,  dennoch  bin  ich  über¬ 
zeugt,  dass  hier  auf  Kypros  keine  ähnlichen  Gründe 
für  diese  Sitte  angenommen  werden  dürfen,  Avie  an 
dersAvo;  denn  eine  Feier  und  Verehrung  der  Aphro¬ 
dite  ohne  Frauen  ist  nicht  denkbar,  ja  eine  Unmög¬ 
lichkeit.  Unter  den  Frauen,  Avelche  von  dem  Tempel 
ausgeschlossen  waren,  können  wir  daher  nur  verhei- 
rathete  Frauen  verstehen,  welches  nicht  allein  dem 
Gebrauch  an  den  Aphrodisien  im  Allgemeinen  ent¬ 
spricht,  sondern  der  kyprischen  Sitte  noch  insbeson¬ 
dere,  Amn  der  die  Ehrbarkeit  so  streng  gefordert 
wurde.  Nur  die  Hierodulen  mögen  hier  getobt  und 
die  jungen  Mädchen  ihre  Schuldigkeit  gethan  haben. 
Dies  stimmt  auch  ganz  mit  der  Beschreibung  des 
Klaudian  überein.  Man  braucht  diese  nur  zu  ver- 


27)  Strabon  14,  682.  ^  cT’  dxQmQtia  xccltlTca  "oXvfinoS,  ej(ov<t» 
'AfQodirtj?  'AxQcdccg  va'ov,  advrop  yvvcu'il  y.cd  äogamv. 

28)  Klau  di  an  Nupt.  Honor.  et  Mar  6.i  ff.  Vgl.  Thl.  1  S,  88. 
Vivunt  in  Venerem  frondes  omnisque  vicissim 

Felix  arbor  ainat :  nutant  ad  mutua  palmae 
Foedera;  populeo  suspirat  populus  ictu; 

Et  platani  platanis  alnoque  assibilat  alnus; 

Labuntur  gemini  fontes ;  liir  dulcis^  amarus 
Alter,  et  infusis  corrumpunt  mella  venenis. 

Hic  habitant  nullo  constricta  Licentia  nodo, 

Et  flecti  faciles  Irae,  vinoque  madentes 
Excubiae,  Lacrimaeque  rüdes,  et  gratus  amantum 
Pallor,  et  in  primis  titubans  Audacia  furtis, 

II. 


10 


146 


gleichen,  um  sich  ganz  von  unserer  Ansicht  zu  über¬ 
zeugen.  Kein  Schnee  und  Reif  bedekkte  die  Höhe, 
kein  Wind  und  Regen  wagte  ihn  zu  bewegen  und 
zu  schlagen,  er  war  ganz  der  Wollust  und  der  Aphro¬ 
dite  geweiht.  Ein  ewiger  Frühling  blühte  hier.  Die 
Felder  grünten  ohne  die  Hand  des  31enschen,  kein 
Vogel  ausser  dem,  welcher  die  Probe  des  Gesanges 
bestanden  hatte,  fand  dort  seine  Stätte.  In  Liebe 
säuselten  sich  die  Räume  entgegen.  Zwei  Quellen 
sprudelten  dort,  eine  süsse  und  eine  bittre,  aus  denen 
für  die  Liebenden  Lust  dem  einen,  Qual  dem  andern 
floss.  Dort  toben  die  Leidenschaften  der  Liebe  und 
ihre  Schrekken,  welche  Klaudian  mit  grellen  Farben 
hinstellt.  An  diesem  Orte  stand  nach  demselben  Dichter 
die  Burg,  welche  Hephaistos  der  Aphrodite  erbaut 
hatte,  als  er  sie  als  seine  Gattin  heimführen  wollte. 
Eine  lydische  Sitte  lässt  sich  bei  diesen  Kultgebräu¬ 
chen  wieder  zur  Vergleichung  anführen.  Der  soge¬ 
nannten  Artemis  zu  Ephesos,  welche  ganz  aphrodisi¬ 
scher  Natur  ist,  wurden  ähnliche  Umzüge  wie  der 
Aphrodite  gehalten,  und  Wallfahrer  kamen  aus  allen 
Gegenden  der  Fremde.  Wir  haben  dort  die  geräusch¬ 
volle  nächtliche  Feier  wie  bei  der  Aphrodite  überall, 
aber  ehrbaren  Frauen  war  der  Tempel  nicht  zugäng¬ 
lich,  sondern  nur  den  Männern  und  Mädchen.  Wenn 
eine  verheirathete  Frau  hineinkam,  so  stand  der  Tod 
darauf®®).  Die  physische  Beziehung  der  jungen  Mäd¬ 
chen,  und  die  Weihe  ihrer  Jungfrauschaft  an  die  Göt¬ 
tin  geht  von  neuem  noch  aus  der  troischen  Sitte  her- 


Jucundique  Metus,  et  non  secura  Voluptas; 

Et  lasciva  volant  alta  cervice  Juventas 
Excludit  Senium  luco. 

29)  Dionys,  v.  Halic:  4,  25.  Achill.  Tat.  7,  13.  Xe- 
noph.  ■?.  Ephes.  1,  2  u.  3.  Pollux  I,  l. 


147 


vor.  Dort  hielten  sie  ebenfolls  Feste  und  Üm7.üg:e 
und  einige  Tage  vor  ihrer  Verheirathung  begaben 
sie  sich  an  das  Wasser  des  Skamandros,  badeten  sich 
in  ihm  und  sagten:  empfang  Skamandros  unsere  Jung- 
fraunschaft  ®®). 

Demnach  hat  also  der  Beischlaf  im  Dienste  der 
Aphrodite  einen  göttlichen  und  geheiligten  Ursprung, 
dessen  Sinn  nur  leider  durch  den  allgemeinen  Miss¬ 
brauch  und  die  viehische  Ausartung  der  Mysterien- 
zeremonie  zu  sehr  entheiligt  wurde.  Es  ist  daher 
auch  ganz  richtig,  wenn  die  fleischliche  Gemeinschaft 
der  Geschlechter  auch  in  ihrer  Gesezwidrigkeit  als 
mystischer]  Dienst  der  Pandemos  gefasst  wurde, 
denn  der  allgemeine  Dienst  der  Wollust  an  den  Äphro- 
disien  muss  seinen  Ursprung  in  dieser  Mysterienzere¬ 
monie  gehabt  haben.  Die  Feier  der  Aphrodite  als 
Pandemos  ist  es  auch  wieder,  mit  welcher  der  mysti¬ 
sche  verbunden  war.  Die  Pandemos  ist  gewöhnlich 
gemeint,  wenn  von  Aphrodisien  gesprochen  wird,  und 
auf  sie  bezieht  sich  auch  alles,  was  hier  an  diesem 
Orte  von  den  Aphrodisien  gesagt  ist  und  gesagt  wer¬ 
den  wird,  da  der  geräuschlose  und  züchtige  Dienst 

30)  Aeschines  Brief  10.  Iftnlnrnt  iv  ^  nugiSum» 

Tois  ydftovs  ol  n’kticmt  tw  ^vymigmv ,  oauv  tnirginu  6  rö/uog  noislp 
Xtti  tj  (Sga  •  iytvovTO  dt  cd  yafiovfj.tvttt.  Nstfofdufrac  de  iy 

Tgg)ddc  y^,  ncs  yafiov/nfvccs  nag^ivov?  inl  tov  Zy.ü^avdgop  (gyia&at, 

I  *ul  kovaafxfpag  an  avTou,  ro  tnoS  tovto,  ämtg  Ugöp  m  iniUytcp* 
„Außi  fxov  2y.äfj.updgt  t^p  nuq&fpiup.“.  Als  im  Verlauf  der  Erzäh- 
lang  Kallirrhoe  diese  Worte  ausgesprochen;  fy.9og(üp  tx  tmp 
9dfiPU)P  o  2r.uficcpdgog  Kifxmp,  „^dttuS  ((f  -u  dtyoficu  xalka/j.ßdp(i}  Kak-' . 
kj^QÖriP,  JSxdf^uqdgos  ap '  xal  noilu  dya9d  noc^am  Tavra  vfta' 

itycop  xal  dqndccts  Tijp  ncdda  dif  ttvtjg  ylptmc. 

31)  Klemens  v.  Alex.  Strom,  3,  523.  «ViV  ol  Ttjp  ndvdtjfAop 
'A^qodittjp  xotpwplap  fivonx^p  dpctyoqtvovecp,  u,  T>iP  eaqxtx^p  xotpajpl&p  - 
uqof^apTiCovetp. 


10» 


148 


der  Urania  sich  am  bequemsten  dort  besprechen  lässt, 
wo  ihre  Bedeutung  auseinandergesezt  wird. 

Im  kyprischen  Mysteriendienst  war  nur  die  Sitte 
ungriechisch,  dass  die  Einzuweihenden  ein  Stück  Geld 
für  die  Göttin  niederlegen  mussten.  Ob  und  wo 
sie  sonst  noch  gebräuchlich  war,  wissen  wir  nicht, 
aber  die  andere  Einrichtung  der  unzüchtigen  weib¬ 
lichen  Hierodulen,  wie  sie  im  Dienste  der  semitischen 
Völker  stattfand,  verbreitete  sich  an  sehr  viele  Stel¬ 
len,  namentlich  aber  wo  Hafenpläze  waren  und  die 
Aphrodite  als  Meergottheit  verehrt  wurde.  Bei  ihr 
hielt  man  solche  Einrichtungen  für  um  so  unentbehr¬ 
licher,  weil  die  von  langer  Seereise  ermatteten  Rei¬ 
senden  und  Schiffsleute  im  Tempel  der  Göttin,  welche 
sie  übers  Meer  geleitete,  Erquikkung  und  Erholung 
in  den  Armen  ihrer  gastlichen  Mädchen  suchten  und 
bedurften.  Bekannt  im  ganzen  Alterthum  sind  die 
Schaaren  der  Mädchen,  womit  das  reiche  Korinth  den 
Kaufleuten,  Schiffern  u.  s.  w.  so  willkommene  Unter¬ 
haltung  bot*®).  Aber  sie  waren  unverlezlich  und  ge¬ 
heiligt,  und  als  Periandros  den  strengen  Sittenrichter 
machte,  Hess  er  die  zahlreichen  Kupplerinnen  der  üp¬ 
pigen  Stadt  ersäufen,  während  die  gastfreundlichen 
Mädchen  der  Aphrodite  selbst  durch  die  Religion  ge¬ 
schäht  waren.  Bei  öffentlichen  Gebeten  wurden  sie 
als  Hiketiden  bermzt.  Es  war  Sitte,  dass  Privatleute, 
wenn  ihre  Gebete  zur  Güttin  in  Erfüllung  gegangen 


32)  Auf  ähnlichen  Dienst  bezüglich  finden  wir  auch  eine 
bildliche  Darstellung,  welche  eine  Bnhlerin  auf  einem  Sessel 
in  der  Tempelhalle  sizeiid  zeigt.  Ein  Diener  kommt  herbei  u. 
bringt  ihr  die  Einladung  u.  Vorschläge  eines  Fremden  ausser¬ 
halb  der  Halle.  Er  hält  einen  SUb  und  eine  gefüllte  Börse  in 
der  Hand.  Sammlungen  Durand.  Katalog  von  Witte  Nr.  60. 

33)  Otfr.  Müller  Dor.  I,  166. 


J49 


waren,  der  Aphrodite  junge  gekaufte  schöne  ;)lödchen 
weihten.  Im  ersten  8kolion  Pindars**)  w’eiht  der 
Korinthier  ^^enophon  der  Aphrodite  seiner  Vaterstadt 
hundert  solche  Mädchen  nach  seinem  Siege  in  den 
Olympien.  Was  von  dem  Standpunkte  einer  andern 
Moral  und  anderer  Begriffe  ein  Frevel  sein  würde, 
ist  hier  Nothwendigkeit  und  Gottgefälligkeit^  daher 
entschuldigt  Pindar  eine  solche  Sitte  mit  den  Worten: 
üvv  ö'ävdyxq  n&v  xo^AoV.  An  den  Aphrodisien  zu  The¬ 
ben**)  führte  man  den  Magistratspersonen ,  welche 
von  ihren  Aemtern  an  diesem  Tage  ruhten,  die  ange¬ 
sehensten  und  schönsten  Frauen  zu.  Sehr  bedeutend 
war  auch  das  Hieroduleniustitut  auf  dem  Eryx.  Das 
Nähere  darüber  geben  wir  an  dem  Orte,  wo  wir  im 
besondern  vom  Kulte  daselbst  sprechen.  Eine  Stelle 
des  Cicero  *®)  giebt  uns  bestimmteren  Aufschluss  über 
das  Verhältniss  der  Hörigkeit  der  Hierodulen.  Sie 
können  freigelassen  werden,  sind  sehr  reich  und  wohl¬ 
habend,  aber  ihr  Vermögen  gehört  der  Göttin,  und 
dadurch  ist  es  vor  Erpressungen  und  Schmälerungen 
der  Gewalthaber  gesichert.  Wie  der  Korinthier  Xe- 
nophon  uns  ein  Beispiel  gab,  wo  Hierodulen  der  Göttin 
geweiht  wurden,  so  haben  wir  ein  anderes,  wo  die 
Göttin  selbst  von  ihrem  Vermögen,  d,  h.  aus  ihrem 
Tempelgut,  sich  Hierodulen  kauft  welche  ihr 
gefallen. 


.34)  TIoLv^ivat,  vsaMt?,  d/urf  lnoXoi  Jlit&ovi  f»  äqviiu 
Epod.  ’Ü  Kvhqov  dfffnowa,  nop  dtZr  is  äXaoS  ffogßaSuip 
xov^up  dyikuv  ixccroyyvtop  Stpo^ujp  Tfktms 
Indyay  iVj^QiXul^  iup&ds. 

35)  Xenophon  Hellen:  5,  4,  4.  Plutarcb  Pelop.  7  ff. 
P  o  lyän  2,  4,  .3. 

36)  Cic.  in  Caecilium  divinatio  Kap.  17, 

37)  PI  au  tu  8  Budens  3,  4,  22, 


150 


lieber  das  ganze  Kypros  herrschte  Aphrodite,  ihr 
Fest  musste  also  auch  eine  Feier  des  ganzen  Landes 
sein.  Alle  Bewohner  des  Eilandes  strömten  an 
jenen  festlichen  Tagen  bei  der  Wiedergeburt  des  Jahres 
zu  Paphos  zusammen;  fremde  Völker  und  Städte  schikk* 
teil  ihre  Gesandtschaften  zur  Ehre  der  VVeltkönigin, 
und  alle,  Jung  und  Alt,  Männer  und  Jünglinge,  Frauen 
und  Mädchen,  welche  der  Göttin  in  Angelegenheiten 
der  Liebe  und  des  Herzens  sich  anvertraiien  wollten, 
stellten  sich  an  jenen  grossen  Festtagen  des  Eilandes 
zur  Nuchtfeier  der  Geburt  Aphroditens  ein.  \  on  der 
nahen  Schwesterstadt  Neu -Paphos  aus  zog  die  ver¬ 
sammelte  Menge  in  fröhlicher  Wallfahrt  die  heilige 
Strasse  entlang,  welche  nach  der  Hafenstadt  des  al¬ 
ten  Paphos  führte.  Von  hier  zog  die  andächtige  Menge 
mit  Myrten  bekränzt  in  feierlichem  Bittgänge  den  schat- 
tigen  gebahnten  Weg  zur  alten  Stadt  und  zum  Tempel 
der  Liebe  hinauf**),  wo  die  Panegyris  gehalten  wurde. 
jDa  rauchten  die  Altäre  von  Paphos  vom  Weihrauch¬ 
duft,  und  die  heissen  Gebete  inbrünstiger  Herzen  stie¬ 
gen  zur  erfreuten  Göttin  auf. 

Feierliche  Wallfahrten  und  Umzüge  wurden  auch 
hei  andern  Tempeln  der  Aphrodite  gehalten;  so  pil- 
gerte  man  zu  einem  Heiligthum,  welches  an  der  Land¬ 
strasse  bei  Milet  lag  nach  Aphrodisias,  Knidos, 
dem  Eryx,  und  zahlreiche  Massen  strömten  an  solchen 
Tagen  zusammen.  Eine  ähnliche  Sitte  herrschte  auch 
zu  Troas,^*)  wo  die  jungen  Frauen  vier  Tage  nach 

38)  Ovid.  Metam.  10,  270.  Festa  dies  Veneris  teta  cele- 
berrima  Cypro  Venerat. 

39)  Strabon  14,  683.  Vgl.  Thl.  l  S.  135  ff. 

.40)  Chariten  2,  Kap.  2  S.  35.  imtf  avtjg  di  lanv  ivS^dds  ^ 
9tos  xal  ov  (a.6pov  ol  ythovig,  .«11«  xal  oi  l|  dcnog  nKqaytvcfxtPot 
9iomty  amji, 

41)  Aeschines  Br.  10.  'AiXd  rimQCw  vm^oy  itniqan  nofin^ 


151 


dem  allgemeinen  Termälnngstage  und  dem  Bade  im 
Skamandros  einen  Umzug  halten  mussten.  Das  haupt¬ 
sächlichste  Opfermaterial  war  der  W eihrauch,  wel¬ 
cher  in  ungeheuren  Massen  verbrannt  wurde,  und  von 
den  asiatischen  Tempeln  herübergenommen  scheint*®). 
Das  Gefäss,  in  welches  der  Weihrauch  geworfen 
wurde,  nannten  die  Kyprier  Xißavootog,  *’)  Aus  Plau- 
tus  lernen  wir  einen  alten  Mann  kennen,  welcher  zu 
Kyrene  am  xMeere  in  der  Nähe  des  Tempels  der  Aphro¬ 
dite  wohnte,  und  sagt,  dass  diejenigen,  welche  opfern 
w'ollten,  immer  zu  ihm  kämen,  und  um  Wasser,  Feuer, 
Gefässe,  Messer,  Töpfe  und  dergl.  bäten,  und  was 
man  zum  Opfern  gebrauchte.  Zum  Wasserschöpfen 
diente  eine  besondere  heilige  Urne  der  Göttin,  welche 
gezeichnet  und  mit  dem  Stempel  der  Göttin  versehen 
war**J,  damit  sie  nicht  entwendet,  oder  zu  einem 
unheiligen  Geschäft  gebraucht  werde. 

Auf  dem  Hauptaltar  sollte  es,  wie  Tacitus  be¬ 
richtet,  ungeachtet  er  im  Freien  stand,  nie  regnen. 

(xiv  riv  AffQO(JtTtis.  ‘Enofimvoy  di  ai  vsoißtl  vergl. 

Anm.  30. 

42)  Tacitus  Hist.  2,3.  Sanguinem  arae  offundere  yetitum ; 
precibus  et  igne  puro  altaria  adolentur,  nec  ullis  imbribus,  quam- 
quam  in  aperto,  madescunt.  Find.  Skolion  1,  2.  Vgl.  Hero- 
dot  1,  183. 

43)  Hesychios  xiytjTos :  o  kctußdvstat  hißavmos,  xvnqutv. 

44)  Plautus  Rudens.  1,  2,  45  ff. 

setnper  petunt 

Aquam  hinc,  aut  ignem  aut  vascula,  aut  cultrum  aut  veru 

Aut  aulara  extarem,  aut  aliquid,  quid  verba  opust? 

Veneri  paravi  vasa  et  puteum,  non  mihi, 
vgl.  2,  4,  17.  2,  3,  1.  73.  81.  —  2,  5,  16  sacra  urna  Veneris. 
2,  5,  18  metuo  —  ut  comprehendar  cum  .sacra  urna  Veneria 
Nempe  optimo  me  jure  in  vinculis  me  enicet 
Magistratus,  si  quis  me  hanc  habere  viderit. 

Nam  haec  litterata  est;  ab  se  cantat,  cuja  sit. 


152 


Plinius“)  erzählt  dasselbe  Wunder,  und  fügt  hinzu, 
■dass  Aehnliches  auch  mit  dem  Athcnetempel  zu  Nea  in 
Troas  geschehe,  indem  die  übriggebliebeuen  Opfer- 
slükke  nicht  in  Fäulniss  übergingen.  Der  grösste 
Altar  der  Aphrodite  auf  dem  Eryv  befand  sich  wie 
der  Paphische  unter  freiem  Himmel,  und  von  ihm  er¬ 
zählt  Ailian,  dass  ungeachtet  viele  Opfer  auf  ihm 
verbrannt  wurden,  und  er  den  ganzen  Tag  über  bis 
in  die  Nacht  in  Flammen  stehe,  man  des  Morgens 
doch  nie  Kohlen  oder  Stükke  haibverbrannter  Fak- 
kein  auf  demselben  fände,  sondern  dass  er  nur  von 
Thau  und  frischen  Kräutern  ansefüllt  sei.  welche  dort 
jede  Nacht  frisch  aufschossen.  Unter  andern  Wun¬ 
dern  dieser  Art,  welche  man  an  andern  Orten  er¬ 
zählte  gehört  auch  das  vom  Altäre  der  lakiuischen 
Hera,  auf  welchem  die  Asche  unbeweglich  liegen 
bliebj  auch  wenn  der  Wind  wehe. 

Zu  den  Festtagen  wurden  die  Altäre  und  Tempel 
der  Göttin  gereinigt  und  mit  Blumen  und  Kränzen, 
namentlich  von  Kassia  und  iMyrrhen,  geschmükkt. 

4.5)  Pliniqs  2,  97.  Auch  Servius  z.  Aeneis  1,415  sagt: 
Varro  et  plures  referunt  in  hoc  tantum  Veneris  templo  (dem 
Paphischen),  quibusvis  maximis  in  circuitu  pluviis,  nunquam  im- 
pluere.  Tac.  in  Anm.  42.  Dasselbe  ist  gemeint  von  Augu¬ 
stinus  De  Civitate  Dei  21,  6.  Si  talia  credenda  sunt,  credite 
et  vos  quod  in  easdem  litteras  est  relatum,  fuisse.vel  esse  quod- 
dam  Veneris  fanum^  atque  ibi  candelabrum,  et  in  eo  lucernam 
sub  dio  sic  ardentem,  ut  eam  nulla  tempestas,  nullus  imber  ex- 
tingueret,  unde  sicut  ille  lapis,  ita  ista  kv^yos  aeßtans,  id  est, 
lucerna  inextinguibilis  nominata  est. 

46)  z.  B.  Polybios  Gesch.  16,  11. 

47)  Livius  24,  3. 

48)  Plautus  Poenul,  5,  4,  1  ff.  Bei  .4chill  Tat.  2  wird 
der  Tempel  der  Aphrodite  mit  ächtem  Purpur  gefärbt  ;  quaque 
nunc  etiam  Veneris  templum  tingi  consuevit.  (Ich  habe  nur  eine 
lateinische  üebersezung  zur  Hand). 


153 


liie  üöttin  wurde  gewaschen,  wenigstens  in  Latium/®) 
nachdem  sie  entkleidet  war.  Dann  wurden  ihr  die 
goldenen  Binden  wieder  umgelhan,  Blumen  und  Rasen 
gespendet.  Die  Frauen  mussten  sich  auch  selbst  unter 
grünen  Myrten  baden.  So  hatte  es  die  Göttin  befoh¬ 
len,  weil  sie  einstmals  beim  Trokknen  der  thauenden 
Haare  am  Gestade  von  Satyrn  belauscht  worden  war, 
und  sich  in  ein  Myrtengebüsch  gellüchtet  hatte,  um 
sich  zu  verbergen. 

Wenn  Tacitus  a.  a.  0.  sagt,  dass  die  kyprische 
Aphrodite  zu  Paphos  nur  durch  Gebete  und  reines 
Feuer  %'erehrt  worden  sei,  so  kann  dies  nur  von  der 
Urania  gelten  dass  man  dies  auf  den  allgemeinen 
Dienst,  welcher  der  der  Panderaos  ist,  beziehen  dürfe, 
widerlegt  er  im  Verfolg  selbst.  Nur  eine  einzige 
Stelle  ist  davon  ausgenommen,  und  dort  bringt  eine 
Hetäre  das  Opfer  der  Urania.’*)  Weinlose  Opfer, 
vnifdha  wurden  ihr  als  Sühngottheit ,  wie  den 


49)  Ovid.  Fasti  4,  136  ff.  tota  lavanda  est  dea. 

50)  Oder  man  erkläre  die  Stelle  so,  dass  man  annimmt,  die 
Thiere  wären  anderswo  geschlachtet,  wie  Lukian  Syr.  Gott, 
im  lezten  Kap.  diese  Sitte  von  dem  Opfer  der  Göttin  zu  Bam- 
byke  erzählt.  Man  schlachtete  dort  die  Opferthiere  zu  Hause, 
nachdem  man  zuvor  am  Altäre  die  Libazion  und  das  Gebet  ver¬ 
richtet  hatte.  Oder  man  stürzte  das  bekränzte  Opferthier  über 
die  Terrasse  des  Vorhofes,  dass  der  Fall  es  tÖdtete,  Einem 
Opfer  der  Urania  entsprechen  die  Verse  des  Empedokles  bei 
Athen.  12,  510 

Kvnqi?  ßuallfia, 

TtjV  oXy'  tv6(ßhaci,p  ayäl^aew  ikdaxoprat 
yQunrdis  di  fivqotai  re  daidahodf^ot?, 

Cfivqvrjg  T  dxqtjTov  9völate,  hßuuov  n  9v(adovg, 
lavbuv  re  cnovdttS  fitlkay  qimovtig  te  ovdas,  Vergl.  auch 
Achill.  Tat,  2. 

51)  S  Anm.  121,  59- 


154 


Eumenlden,  Ares,  Mosen  und  Nymphen  dargebracht.  **) 
Im  allgemeinen  Dienst  der  Göttin  aber  tritt  die  phy¬ 
sische  Beziehung  wieder  wie  beim  Symbol  des  Phallos 
hervor.  Tacitus ’*)  berichtet,  dass  man  die  Opfer- 
thiere  nach  Belieben  wählen  könne,  nur  müssten  es 
männliche  sein,  und  die  willkommensten  wären  die 
jungen  Bökke;  und  in  diese  sezte  mau  bei  den 
Weissagungen  den  grössten  Glauben.  Zu  Leninos 
erhielt  sie  Rinderopfer**),  und  diese  treten  an 
mehreren  Stellen  wieder  hervor.  Chariton**)  lässt 
denDionysios  der  Aphrodite  eine  Hekatombe  opfern. 
Die  Beziehung  eines  solchen  Opfers  auf  Aphrodite 
sehen  wir  auch  daraus,  dass  Klisthenes  am  Hochzeits¬ 
tage  seiner  Tochter  hundert  Rinder  opfert.**)  Bei 
Ovid  *’)  sind  es  auch  auf  Kypros  zu  Amathus  junge 
Kühe,  welche  man  der  Göttin  bringt.  Auch  bei  Hi- 
merios**)  wird  der  Aphrodite  ein  Kalb  geopfert,  bei 
ILukian*®)  aber  erhält  die  Urania  ein  junges  Rind, 
die  Pandemos  eine  weisse  Ziege.  Nach  Johannes  von 

52)  Polemon.  bei  Suidas  vrßüha,.  VgL  auch  Schol.  zu 
Soph.  Oed.  kol.  101 . 

53)  Tacit.  a.  a.  O-  Hostiae  ut  quisque  vovit,  sed  mares  di- 
liguntur.  Certissima  fides  hoedorum  fibris.  Plautus  Poenul- 
3  V.  5.  Sex  immolavi  agnos ;  nec  potui  tamen 

PropitiaiD  Venerem  facere  uti  mihi  esset. 

54)  Val  er.  Flacc.  Argon.  2,  329. 

Protinus  ingentero  procerum  sub  nomine  taurum 
Dejicit ;  insuetis  et  jam  pia  munera  templis 
Reddit,  et  hac  prima  Veneris  calet  ara  juvenca. 

551  Charit ou  3,  8. 

56)  Herodo  t  6,‘l29. 

57)  Ovid.  Metam.  10,  272-  pandis  inductae  comibus  aurum 

Conciderant  istae  nivea  cervice  juvencae. 

58)  Himerios  Rede  1,  6.  ßoimlog...  oxccv  (Motf/ov,  ov 
UQBpfV,  vn  ‘AfQodlrp  Ttlovfitpoy. 

59)  Hetärengespr.  1. 


155 


Lydien  ®®)  wurde  ihr  im  Ganzen  geopfert  wie  d6r 
Hera  5  als  etwas  Besonderes  erwähnt  er  aber  noch, 
dass  man  ihr  auf  Kypros  gern  ein  Schaaf  mit  einem 
w'olligen  Fliess  opfere,  und  dieser  Gebrauch  sei  aus 
Korinth  dorthin  gekommen.  So  galt  auch  bei  den 
Etruskern  für  ein  gutes  Zeichen,  wenn  ein  Widder 
purpurne  oder  goldgelbe  Streifen  in  seiner  Wolle 
hatte.  Hasen®*)  sollten  der  Aphrodite  auch  ein 
sehr  erwünschtes  üpferthier  wegen  ihrer  Zeugungs¬ 
fähigkeit  sein,  und  ebenso  die  Tauben  ®*)  wegen 
ihrer  Fruchtbarkeit.  Denselben  Grund  wird  man  auch 
bei  den  Rebhühnern  ®')  annehmen  können. 

Es  ist  eine  irrige  bjeinung,  dass  der  Aphrodite 
keine  Schweine  geople- 1  seien ,  aber  wahr  ist  es, 
dass  nicht  alle  Hellenen  es  thaten,  und  wo  es  nicht 
geschah,  suchte  man  den  Grund  des  Äbscheues  der 
Aphrodite  gegen  die  Schweine  darin,  dass  Adonis 
durch  einen  Eber  getödtet  war.  In  Beziehung  auf  die 


60)  J  o  h.  V.  Lyd.  Ueber  die  Monate.  4,  45. 

61)  Servius  Virg,  Ekl.  4,  92.  Macrob.  3,  7. 

62)  Phil  ostrat  OS  Heroika  Erot.  Uquop  ’Affqodk^ 

ulc^a  yaq  nov  to  ntql  tov  layüi  ytvo^tvov ,  m  nolv  'Aqqodkijs 
[jiuaxtv  avTO).  liyitai,  ovv  ntqi  fuv  wv  u  ainv  a 

irtxe,  xul  unoTtxTUv  ndhv  int  ravrm  ydtuxn’  xal  Imxvtaxup  di.  xul 
cvdi  sk  yqopos  ccutm  rov  töxov  xspoSt  to  di  dq^ip  cntiqu  u  mg  fvatS 
dqqipüjp  xal  dnoxdtGxu  naq‘  S  nttfvx^p, 

63)  Properz  4,  5,  63  ff 

Sed  cape  torquatae,  Venus  o  regina,  columbae 
Ob  meritum  ante  tuos  guttura  secta  focos. 

64)  Johannes  v.  Lyd.  4,  44  als  Grund:  weil  diese Thiere 
durch  die  Stimmen  der  Frauen  sich  lokken  und  fangen  Hessen. 
—  Von  den  Sarazenen  wird  der  Aphrodite  ein  Mensch  geopfert. 
Prokop.  Gesch.  1,  182. 

65)  Schol.  Arist. Acharner 800.  noUolmp^Eil^pmp  oy  d-cymb 
xolqoug  zp  'Afqodk^,  mg  ßdshirm/upji  dtd  wp  "Admptv  umip. 


156 


Urania  giebt  aber  Feslus**)  die  Ursache  aus  einer 
ethischen  Deutung  an,  und  sagt:  Aphrodite  hasse  diese 
Thiere,  weil  sie  unter  allen  die  unreinsten  und  von 
der  heissesten  Brunst  wären.  Für  die  Pandemos  müsste 
dies  gerade  ein  Grund  des  Opfers  sein.  Auf  Kypros 
wurden  der  Aphrodite  Schweine  am  zAveiten  April 
jährlich  geopfert,®’}  dem  angeblichen  l'odestage  des 
Adonis,  und  bei  dieser  Verbindung  des  Todestages 
mit  dem  Sauopfer  liegt  der  Gedanke  nahe,  dass  man 
es  zugleich  als  eine  Art  Sühnopfer  für  den  Adonis, 
welcher  durch  einen  Eber  gefallen  war,  betrachtete. 
Eigenthümlich  wird  den  Kypriern  zugeschrieben,  dass 
eie  es  erfunden  hätten,  auch  aus  den  Schweinen  zu 
weissagen.  ®®)  Die  Sauopfer  der  Aphrodite  zu  Me¬ 
tropolis  in  Thessalien  lernen  wir  auch  aus  Kallima- 
chos*®)  kennen,  und  erfahren  durch  ihn,  dass  sie  in 
der  Eigenschaft,  in  welcher  ihr  diese  gebracht  wur¬ 
den,  Kastnietis  hiess,  oder  Kastnia,  wie  andere 
sie  nennen.  ’  ®)  Zenodot  ’ ')  in  seinen  Denkwürdig- 


66)  Fest  US  u.  suillum  genus. 

67)  Joh.  Laur.  r.  Lyd.  S.  92,  4,  45.  über  die  Monate.  Fer¬ 
ner  Antiphanes  KoQtp&ia  bei  Athen.  3,  95  zu  Ende 

“Entim  xux^oxüi.iot' 

Stiox  ,  ysXoiop.  B.  uyvoäs 

Ip  KvnQtu  ovto)  Tccis  vow 

chtf«or«,  wart  axatotf  aytlv  anÜQSf 
TO  ^uiop ,  Tois  dt  ßok  rjväyxaatv. 

68)  Paus  an.  6,  2,  2.  Vgl.  Tatian  ad  Graec.  S.3.  Oxon. 

69)  Kallimachos  Fragra.  102.  bei  Strabon  9,438.  Kak- 
fiiv  q'tjsw  $y  Tot?  ia/ußols 

Tßff  "AfQodkas,  in  dfk  yaQ  ov  (ila) 

T^v  xtttnvi'ytnv  vntQßfxkta&ia  naectS  tu  (fQoyfly^ 

70)  Ljkophron  1234.  o  xaßryltts  n  t^s  xot^ädog  yoyos. 

71)  Bei  Athen.  3,  96.  "0»  oytug  ’AfQodlr^  vs 

KctlU/^axoS  n  ZnyhdoToi  ix  ktoQtxois  vnofiynfiaeh  ypay-wv  udt '  ’Aq- 
yfm  *AfqQdk^  vv  »mV*  *9»  n  xahlmt  ‘TarnQttt.. 


157 


keiten  hatte  berichtet,  dass  die  Ärgiver  der  Aphrodite 
Sauopfer  brächten,  und  dies  an  den  Hysterien  ge¬ 
schehe.  Dann  finden  wir  die  Sauopfer  der  Aphrodite 
mit  Bestimmtheit  noch  an  zwei  Stellen;  nämlich  in 
Pamphylien  zu  Aspendus  am  Euryraedon  und  in  Side 
sollen  die  Einwohner  die  Aphrodite  durch  Saiiopfer 
versöhnt  haben  ’*),  und  hier  soll  sie  Mopsosj  König 
von  Argos  und  Apollinischer  Weissager,  eingesezt 
haben.  Ohne  Zweifei  führte  diese  Göttin  auch  hier 
den  Namen  Kastnia,  denn  in  der  Nähe  von  Aspendos 
lag  ein  Berg  Kastuion.  Endlich  können  wir  die  Sau« 
Opfer  der  Aphrodite  noch  mit  ziemlicher  Gewissheit 
in  Troja  anuehmen,  wofür  wir  die  Belege  beim  trei« 
sehen  Kulte  der  Aphrodite  Aineias  geben  werden« 
Wer  auf  Kypros  asiatische  Kulte  sucht,  wird  auch  für 
die  Sauopfer  asiatischen  Ursprung  suchen  wollen.  Al¬ 
lein  dem  ist  nicht  so.  Bei  den  semitischen  Völkern 
waren  Schweineopfer  untersagt,  wohl  aber  bei  den 
Griechen  herkömmlich,  indem  das  Schwein  als  ein 
Symbol  der  Akkerfrucht  betrachtet  und  in  dieser  Ei¬ 
genschaft  namentlich  der  Demeter’’)  geweiht  war. 
Es  erhielten  aber  alle  chthonischen  Gottheiten  Sau¬ 
opfer,  und  dadurch  sind  auch  die  der  Aphrodite  schon 
gerechtfertigt.  Der  Ursprung  derselben  muss  aber 
Argos  sein,  denn  überall,  wo  sich  Sauopfer  der  Aphro¬ 
dite  befinden,  sind  argivische  Kolonien  vorhanden.  Die 
argivische  Siedelung  und  der  argivische  Eintluss  auf 


72)  Eustath.  z,  Dionys.  Per. 852.  Vgl.  Ekhel  Doctr.  num. 
3,  26.  Cicero  de  divinat.  1, 40.  Avienus  Descript  Orb.  terr. 
V.  1015  wird  von  Aspendus  gesagt:  Sus  ibi  deformis  calidis  in 
ans  saepe  Dionaeae  Veneris. 

73)  Vgl.  Lobek  Aglaoph.  2,  82S  Sauopfer  an  den  Eleusi- 
nien.  Athen.  9,  374.  Etym.  M.  S.  255.  Aristoph.  Friede 373. 
Acharner  747.  Platon  de  rep.  2.  378  u.  s.w. 


158 


Kypros  überhaupt  ist  uns  bekannt  Ebenso  sind  die 
beiden  Pamphylischen  Städte  und  das  thessalische  Me¬ 
tropolis  argivisch.  Von  hier  konnten  sie  nach  Troas 
gekommen  sein. 

Bekannt  sind  die  Kuchen  ’*),  welche  den  Göt¬ 
tern  bei  den  Opfern  dargeboten  wurden  5  ein  solcher, 
den  man  der  Aphrodite  vcrsezte,  hiess  ciQßtjvov. 

In  Latium  mussten  die  Frauen  am  Feste  der  Apostro- 
phia,  bei  ihnen  Verticordia  genannt,  Milch  mit  gesto- 
ssenem  Mohn  und  Honig  zu  sich  nehmen.  ’  ®)  Dies 
sollte  nämlich  von  der  Aphrodite  selbst  genossen  sein, 
als  sie  zum  sehnenden  Gatten  geführt  ward,  hat  also 
eine  physische  Bedeutung.  Die  Beziehungen  der  Tau¬ 
ben  in  der  Festfeier  traten  bei  keinem  Kulte  mehr 
hervor,  als  bei  dem  auf  dem  Eryx.  Das  dortige  Fest 
bestand  aus  zwei  Theilen,  den  Anagogien,  «myw- 
yta,  und  den  Katagogien,  Den  Na¬ 

men  Anagogien  führte  der  erste  Theil  des  Festes  aus 
dem  Grunde,  weil  man  sich  vorstellte,  die  Göttin  ziehe 
um  diese  Zeit  nach  Libyen  hinüber,  wie  man  daraus 
wahrnahm,  dass  die  ausserordentliche  Menge  Tauben, 
welche  auf  dem  Eryx  zu  sein  pflegten,  zu  jener  Zeit 
gänzlich  fehlte,  und  dann  sagten  die  Erykiner,  dass 
sie  mit  der  Göttin  abwesend  in  Libyen  seien.  Neon 
Tage  wie  die  Bussfeier  auf  Lemnos  dauerte  dies  Fest, 
und  bei  Virgil  wird  noch  ein  Opfer  an  die  Wetter, 

74)  Lobek  Aglaoph.  S.  1079. 

75)  Hesychios  SlQßnt'o^:  nönavov  n,  o  naqtri^sto  rg  'Afqo- 
Mrfi.  Aus  Theokrit  15,  115  könnte  man  vermuthen,  dass  es 
an*  den  Adonien  geschehen  wäre,  aber  es  steht  nicht  hier,  dass 
gerade  die  ol^ß^uct  gemeint  seien. 

76)  Ovid  fasti  4,  151  ff. 

77)  Aelian  Thiergesch.  4,  2.  10,  60.  Versch.  Erzähl.  1,15. 
Athen.  9,  394.  Virg.Aen.  6,  762.  Bei  Athen,  heisst  der  erste 
Theil  des  Festes  ’Jmycoy^ 


159 


wegen  Beziehung  der  Göttin  ftufs  Meer  lind  eine 
glükkliche  Fahrt,  verbunden.  Nach  der  Entfernung 
von  neun  Tagen,  sagte  man,  kehre  die  Göttin  zurükk, 
weil  die  Tauben  sich  wieder  einstellten,  und  eine 
dunkelrothe,  durch  Gestalt  und  Schönheit  ausgezeich¬ 
nete  Taube  flog  dem  Zuge  voran.  Bei  dieser  Bük- 
kehr  der  Göttin  feiern  die  Bewohner  des  Landes  die 
Katagogien,  eine  Panegyris.  Mit  Schmausereien  und 
Klappern  wurde  die  Göttin  begrusst,  und  durch  den 
ganzen  Ort  war  ein  Bu’';*' ergeruch  verbreitet,  wel¬ 
cher  die  Gegenwart  de/ Göttin  andeutete.  Jedes  Jahr 
wurde  dies  Fest  gefeiert,  und  einen  ganzen  Tag  hin¬ 
durch  opferten  die  Einheimischen  und  die  fremden  Pil¬ 
grime  der  Göttin.  Der  Ordnung  dieses  Festes  liegt 
eine  wirkliche  Naturerscheinung  zu  Grunde,  denn  neu¬ 
ere  Reisende  erwähnen  einer  Art  Zugtauben  auf  dem 
Eryx,  welche  gleich  andern  Zugvögeln  jährlich  in 
grossen  Scbaaren  die  Reise  nach  Afrika  machen,  und 
zur  bestimmten  Zeit  zurükkkehren. 

Bei  dieser  Gelegenheit  erzählt  Aelian  noch  von 
der  Zaubermacht  der  Göttin  über  die  ihr  geweihten 
Thiere.  Die  Schlachtopfer  kämen  aus  freien  Stükken 
von  der  Heerde  und  stellten  sich  an  den  Altar.  Es 
führe  sie  ebenso  sehr  die  unsichtbare  Gewalt  der  Göt¬ 
tin,  als  der  Wille  der  Opfernden.  Wenn  man  ein 
Schaaf  opfern  will,  sagt  er,  so  sieht  man  auch  schon 
eines  am  Altäre  bereit  stehen,  und  Weihwasser  zu¬ 
gleich.  Wenn  man  verschwenderischer  sein  und  eine 
Kuh  opfern  will,  so  verkaufen  die  Hirten  sie  für  den 
richtigen  Preis.  Dieser  darf  nie  zu  hoch  sein,  da  die 
Göttin  nur  auf  die  Gerechtigkeit  der  Handlung  sieht, 
und  wenn  man  sich  diese  erhält,  so  ist  sie  gnädig. 
Daher  hat  auch  Jemand,  welcher  das  Opfer  unter 
seinem  Werthe  kauft,  das  Geld  umsonst  ausgegeben, 


160 


denn  das  Thier  weicht  zurökk,  und  man  kann  nicht 
opfern. 

Der  Aphrodite,  der  Göttin  des  Lebens,  ist  die¬ 
jenige  Jahreszeit  geweiht^  in  welcher  das  Leben  in 
der  Natur  neu  erregt  wird,  und  die  ganze  Schöpfung 
von  Zeugungslust  und  dem  Triebe  Leben  zu  schaffen 
erfüllt  ist,  der  Frühling.  Der  April  ist  daher  vorzugs¬ 
weise  der  Feier  der  Aphrodite  gewidmet;  dann  er¬ 
heben  sich  die  Saaten  aus  dem  Boden,  der  Keim  der 
Rebe  drangt  sich  aus  dem  Baste  hervor,  die  Schiffe 
wagen  sich  aus  dem  Hafen  auf  das  beruhigte  Meer 
hinaus,  und  die  Schiffahrt  wird  eröffnet; dann  be¬ 
ginnt  die  Göttin  alles  blühenden  Lebens’®)  und  der 
Zeugung  ihre  Herrschaft,  dann  vollzieht  inan  gern 
die  Ehen.®“)  Hiervon  scheint  nur  das  Fest  der  The- 
bischen  Aphrodite  eine  Ausnahme  zu  machen,  da  die 
Aphrodisien  dort  auf  das  Ende  des  boiotischen  Posei¬ 
don -Demetrios  gefallen  zu  sein  scheinen.  Das  boio- 
tische  Jahr  begann  mit  der  Wintersonnenwende,  die 
Polemarchen  hatten  eben  ihr  Amt  angetreten,  und  dass 
die  Kadraea  auch  im  Winter  erobert  wurde,  sehen  wir 
noch  daraus,  dass  Schnee  lag.**)  Diese  Einrichtung 
muss  aus  Begriffen  hervorgegangen  sein,  welche  dem 
alten  thebisehen  Kabirenkulte  zu  Grunde  lagen.  Im 
Allfferaeioen  können  wir  sicher  annehraen,  dass  das 
Fest  im  Frühling  und  zwar  mit  dem  Anfang  des  April 
gefeiert  wurde.  So  auch  auf  Kypros,  denn  am  zweiten 
April  wurde  hier  der  Göttin  das  Sauopfer  gebracht. 

78)  Horaz  4,  11,  15.  Vgl.  im  Allg.  hierüber  Columella 

Ir  Attin.  93. 

79)  Ovid  fasti  4,  125  ff. 

80)  Plutarch  Rom.  Fr.  86. 

81)  Vgl.  Corsini  Fasti  Att.  3.  S.  309  ff.  Xe  no  ph.  Hellen. 
5,  4,  4.  Plut.  Pelop.  Polyän  2,  4. 


161 


Mit  dem  ersten  des  Monats  begann  wahrscheinlich  das 
Fest,  wie  es  Ovid  darstellt.  Weil  aber  die  Alten  den 
Tag  von  der  untergehenden  Sonne  an  zu  zählen  fin¬ 
gen,  so  begcinn  auch  die  eigentliche  Feier  Abends 
den  lezten  März,  und  darauf  beziehen  sich  die  Worte 
des  Pervigilium  Veneris :  Cras  amet  u.  s,  w.  Es  en¬ 
digte  mit  der  untergehenden  Sonne  des  dritten  April, 
denn  drei  Tage  scheinen  die  Aphrodisien  im  All¬ 
gemeinen  gedauert  zu  haben,  auf  dem  Eryx  freilich 
neun.  Ausserdem  war  aber  der  vierte  Tag  jedes  Mo¬ 
nats  der  Aphrodite  und  dem  Hermes  geweiht.®®) 
Die  hauptsächlichste  Zeit  der  Feier  war  aber  die 
Nacht,  denn  dann  ist  die  Phantasie  am  regsten,  das 
Gemüth  begeistert  und  zur  Aeusserung  trunkener, 
ausschweifender  Lust  am  meisten  aufgelegt;  dann 
konnte  der  geheime  Dienst  der  Mysterien  gefeiert 
werden.  Dies  ist  die  ndvvvxig^’^) ,  das  Pervigilium, 
Aphrodite  selbst  heisst  deshalb  oft  OdoTtdvvvxog^  und 
Plautus  ®®)  nennt  sie  wizig  Noctuvigila.  Drei  Tage 
und  drei  Nächte  wurden  hinter  einander  gefeiert^  unter 
Gastmälern  und  Gesang,  bis  zur  Wuth  gesteigertem 
bakchischera  Reigen,  unter  Beten  und  wilder  Begei- 
striing.  Drei  Nächte  hindurch  tanzten  die  Feiernden 
in  ungezügelter  Freude  mitBlumenkränzengeschmükkt, 
in  den  Hainen  herumjubelnd  und  sezten  die  Lust  unter 
dem  Schalle  der  Nachtigallen  bis  zum  lichten  Mor¬ 
gen  fort. 

82)  Pervig.  Ven.  42.  Jam  tribus  choros  videres  feriatos 
noctibus. 

SS'  Prokulos  z.  Hesiod  ErgaSOO.  iv  cTs  mäqzri  fitjvos  uysed'' 
lis  olxov  uy.oynu.  ‘H  iiQU  ’Aff  Qodirr;g  xul  ^EQfxov  xal  dt«  rovro 

nqog  avvovaiav  intTtjÖHa.  Klem.  v.  Alex.  Strom.  7,  744.  ^  mgag 
Eqfxov,  f}  naquaxtvr}  ^Aqqoökrjg  inirprifii^tTai. 

84)  nKvvvyig,  navmfxte^o? ,  ^  dta  vvxtoS  dyqvnvla, 

85)  Curculio  1,  3,  40.  Noctiluca  nennt  sie  Laevius. 

II.  11 


162 


Die  Haine  und  Gärten,  welche  in  der  Nähe  der 
Aphroditetempel  zu  sein  pflegten,  waren  der  haupt¬ 
sächlichste  Tumraelplaz  der  Feier.  Gemächer  und 
Lauben  waren  von  Myrten  und  andern  Gebüschen  er¬ 
richtet,  um  die  Liebenden  aufzunehmen  und  sie 
dem  Auge  Ungeweihter  zu  verbergen.*’)  Aus  den 
Wäldern,  sagt  der  Dichter,**)  soll  die  Artemis  wei¬ 
chen,  damit  Aphrodite  frei  darin  schalten  könne,  und 
kein  Blut  der  Thiere  in  ihnen  fliesse.  **)  Blumen  und 
Puz  aller  Art  gehörten  durchaus  zum  Feste.  Wie  die 
Liebe  sich  schmükkt,  und  Wohlgefallen  an  Blumen 
lind  Puz  hat,  so  verlangt  Aphrodite  dasselbe  von  denen, 
welche  zu  ihren  Festen  kommen.  Blumen  und  Kränze, 
Salben  und  Oele  brachte  man  der  Göttin  dar;  mit 
Blumen  und  Kränzen  geschmükkt,  duftend  von  Wohl¬ 
gerüchen  kamen  dieselben,  welche  der  Göttin  opfern 
wollten,  denn  Blumen  und  schöne  Mädchen  gehören 
wesentlich  beisammen,  wie  Sappho  sang,  und  stehen 
unter  der  Obhut  der  Kypris.  Im  ganzen  Kulte  wur- 

86)  Pervig.  Ven.  6.  Implicat  casas  virentes  de  fiagello  myr-^ 
teo.  43.  Congreges  inter  catervas,  ire  per  saltus  tuos  Floreas 
inter  coronas,  myrteas  inter  casas.  Tibull  Ludit,  et  ex  virgis 
exstruit  arte  casas.  Hierauf  beziehen  sich  auch  die  Aphrodite¬ 
haine,  welche  Tiberius  errichten  liess.  Sueton  Tiber.  Kap. 43. 
In  silvis  quoque  ac  nemoribus  passim  Venereos  lucos  commentus 
est ,  prostantesque  per  antra  et  cavas  rupes  ex  utriusque  sexus 
pube  Paniscorum  et  Nympharum  habitu.  Näheres  über  diese 
Haine  noch  unten. 

87)  Pervig.  Ven.  28  ff.  Vgl.  26. 

88)  Pervig.  Ven.  38.  Cede  virgo  Delia.  Ut  nemus  sit  in- 
cruentiim  de  ferinis  stragibus.  V.  48.  Regnet  in  silvis  Dione ;  tu 
recede  Delia. 

89)  Papin.  Statins.  Silv.  1,3,  10.  Tum  Venus  Idaliis  unxit 
fastigia  succis.  Sie  salbt  den  -Leib  des  Hektor  mit  Rosenöl.  H. 
23,  185.  Sophokles  hatte  iv  xqUsu  die  Aphr.  vorgeführt  von 
Salben  glänzend  und  sich  im  Spiegel  schauend.  Athen.  15,  687, 


163 


den  sehr  viele  Salben  gebraucht  j  woher  denn  auch 
ein  Opferknabe  Amarakos  aus  den  Salben  und  Oelen 
des  Majoran  abstrahirt  ist.  Niemand  durfte  sich  un- 
gesalbt  nahen;  man  schmükkte  und  salbte  sich 5  um 
der  Reinheit  und  Schönheit  der  Göttin  ähnlich  zu  wer¬ 
den.  Mehr  waren  aber  noch  Blumen  und  Grün  über¬ 
haupt  am  Feste  erforderlich,  denn  die  Aphrodisien  waren 
ganz  ein  Blumenfest,®®)  wie  Aphrodite  eine  Blumen¬ 
göttin.  Daher  heisst  ein  Fest  der  Göttin  zu  Amathus 
Aa^TTwö'tgj®^)  ein  anderes,  ebenfalls  wegen  der  Spende 
der  Blumen  und  des  Reichthums  an  Laub  und  Zwei¬ 
gen,  namentlich  Myrten  und  Rosen,  nach  Hesychios 
■d^vXXa^  da  wir  eine  Verwandtschaft  dieses  Wortes  mit 
d^dXXci)  wahrscheinlich  annehmen  müssen.®®)  Was  aber 
die  Namen  von  einem  Paar  anderer  Feste  andeuten 
wollen,  2dmd^og  und  Zaxoqia^^^)  vreiss  ich  nicht  zu 
sagen.  0va  nannten  laut  Hesychios  die  Kyprier  alles 
zum  Opfer  besonders  Passende,  weil  als  Hauptbestand« 
theil  wohlriechende  Hölzer,  verbrannt  wurden. 

Die  ganze  Feier  hatte  einen  bakchischen  Charakter 
und  das  xcofid^eiv^  welches  vorzugsweise  vom  bakchi¬ 
schen  Kulte  ausgesagt  wird,  galt  auch  vom  aphrodi¬ 
sischen.®*)  Heilige  Gesänge  ertönten  an  solchen  fest- 

90)  Perv.  Ven.  51. 

Hybla  totos  funde  flores ,  quotquot  aanus  attulit, 

Hybla  florum  rumpe  vestes,  quantus  Ennae  campus  est. 

91)  H  e  s  y  c  h.  Kägncoctg :  &veta  ’AqQoS'mjg  iv  A^ad-ovm.  Kaq- 
Ttüi^ivra:  rä  inl  ßm/xov  xaS-ayta&iyra,  Kä^nm/na:  Svala. 

92)  H  e  s  y  c  h.  xXdSovg  ^  ^  io^T>j  Affqo^ktje,  wie  er 

erklärt.  Vielleicht  aber  ist  9vU.a  nach  der  bekannten  Vertau¬ 
schung  des  a  mit  ff,  gleich  (fiv)lu,  und  danach  müsste  dann  die 
Glosse  verbessert  werden. 

93)  Hesych.  ^äntd-og;  ^axoQla: 

dhtjg. 

94)  Himerios  Rede  1,  5.  in  Afqodktjp  ixd/^aas.  Colu- 

11^ 


164 


liehen  Tagen  der  Aphrodite,  wie  sonst  die  Hymnen 
an  Apollon  und  Bakchos.  Ein  solches  Lied  muss 
der  Idalische  Päan  beim  Bares  von  Phrygien  gewesen 
sein.  Verschieden  von  diesen  Gesängen  auf  die  Aphro¬ 
dite,  welche  gewiss  in  ernster  und  edler  Weise  das 
Lob  derselben  verkündigten,  waren  die  Tafel-  und 
Weinlieder,®®)  wie  man  sie  in  den  heitern  Zechge¬ 
sellschaften  an  den  Aphrodisien  sang.  Wiz,  Scherz, 
Zweideutigkeiten,  Liebe  mochten  ihre  Würze  sein. 
Daher  hatten  wahrscheinlich  die  vielen  Tempel  der 
Aphrodite  auf  dem  Libanon,  und  die  freche  Zügel¬ 
losigkeit  derselben  es  veranlasst,  dass  man  einen  un¬ 
züchtigen  Gesang  ^sXog  ix  Aißdvov  nannte.  Von  der 
Flamme  des  Weines  und  der  Gluth  der  Leidenschaft 
unter  der  aufgeregten  nächtlichen  Phantasie  wurden 
beim  Schimmer  des  Mondes  von  Jünglingen  und  Mäd¬ 
chen  Reigentänze  aufgeführt.®’)  Horaz  singt,  wie 


niella  de  re  rust.  10,  196.  Ingenera,  nunc  sunt  genitalia  tem- 
pora  mundi.  Nunc  amor  ad  coitus  properat,  nunc  spiritus  orbis 
Bacchatur  Veneri  stimulisque  cupidinis  actus  Ipse  suas  adamat 
partes,  et  fetibus  implet.  Vgl.  Sidonius  Felici  Domino  Pioque 
fratri  140.  Plutarch  Erotinos  Kap.  12  heisst  die  Aphr. 
fxcuvdi. 

95)  Scholien  des  Ungen.  z.  Aphthonius  bei  Walz.  Gr.  Rhet. 
2,  41.  Doxopatros  zu  Aphth.  a.  a.  O.  S.  415.  o  vfjpos  AaiQilrai, 
tk  natavag,  tlg  Mv^dfißovg,  tk  iqmnxok,  xat  naiavag  fxiv  UahiW 
Tovg  fk  ’Anollbäva ,  did-vQcc/ußovg  rovg  fk  Jwvvcuv ,  tqmnxovg  rovg  ng 

Vgl.  d.  Rhetor.  Menander  bei  Walz  a.  a.O,  9, 129. 
Orph.  Hymn.  54,  24  ff. 

HT  iv  Kvnqm,  dvaßca,  rqocf  a  ßto.  ev9-a  xccXccl  GS 
■nuqd’ipoh  VV/XIf  CCl  T  ccvcc  nccPT  tviavTov 

vfivovGiP,  cs,  [jidxaiQa,  xul  ctfxßqotop  ayvov  A&ojvtP. 

96)  Pervig.  V  en.  46.  De  tenente  tota  nox  est  pervigilanda 
canticis.  Milog  ix  hßdvov  bei  Themistios  Rede  23,  S.  301. 

97)  Horaz.  1,  4,  5. 

Jam  Cytherea  choros  ducit,  imminente  Luna 


165 


Maximus  Paulus  ®®)  der  Aphrodite  Feste  einrichten 
wird,  an  welchen  unter  Leier  und  berekynthischen  Flö¬ 
ten,  zweimal  des  Tages  Knaben  und  3lägdlein  Tänze 
nach  Salier  Art  aufführen  werden.  Sie  freut  sich  über 
die  blauäugigen  Nymphen  auf  dem  heiligen  Naxos, 
und  tanzt  wie  eine  Bakchantin  mit  leichtem  Sprunge 
am  Ufer  des  Meeres.®®)  Die  Göttin  hielt  sich  auf 
dem  Eryx,  und  wahrscheinlich  ebenso  auch  anderwärts, 
unter  ihren  Hierodulen  auch  bestimmte  Musiker,  ‘ "  ®) 
welche  die  Musik  an  ihren  Festen  aufführen  mussten. 
Wir  haben  darunter  zunächst  uns  eine  Art  phrygischer 
Tonkünstler  und  Musik  zu  denken;  denn  diese  wird 
am  besten  zu  den  Aphrodisien  passen. 

Eine  grössere  Schwelgerei  und  Ausgelassenheit 
hat  schwerlich  an  irgend  einem  andern  Feste  geherrscht, 
als  an  den  Aphrodisien,  und  dies  veranlasste  Antigo¬ 
nes  den  Ersten  sie  zu  feiern.  *)  In  dem  Kolax  des 
Menander  ®)  versammelte  sich  eine  Anzahl  junger 
Männer,  welche  Tetrad isten  hiessen,  weil  man  sol¬ 
che  Gesellschaften  am  vierten  des  Monats,  welcher 
der  Aphrodite  geheiligt  war,  zu  veranstalten  pflegte, 


Junctaeque  Nymphis  Gratiae  decentes 
Alterno  terram  quatiunt  pede. 

Himerios  Rede  .3,  2.  toZ?  AfQodirtjg  /oQfvew  mp  ianiqop 

onolop  fixog  f/apr/put. 

98)  Horaz.  4,  I,  21  ff. 

99)  Orph.  Hymn.  55,  22. 

^  pvixff  uis  TiQn^  xvupmniGip  Ip  }(9opi  Aia, 
d-viag  tn  uiytakdig  i/jc4iufx(6d'taip  til/xan  xomf  w. 

Vgl.  Plut.  in  Anm.  93. 

100)  Cicero  divinat.  in  Caecil.  Kap.  17.  Symphoniaoi  servi. 

1)  Athen.  3,  101.  4.  128.  Lynkeus  erzählt  dies  in  seiner 
Beschreibung  prächtiger  Gastmäler. 

2)  Athen.  14,  659.  Pervig.  Ven.  45.  Nec  Ceres  nec 
Bacchus  absunt. 


1 


166 


5fiu  einem  gemeinschaftlichen  Schmause  und  fröhlichem 
Gelage.  Sie  vergassen  dabei  die  Zeremonien  des  Opfers 
nicht  5  ihr  Koch  musste  sie  verrichten ,  und  für  alle 
seine  Herren  von  allen  Himmlischen  zugleich  alles 
Gute  erflehen.  Solche  Aphrodisienfeier  wurde  bis  zur 
Frühe  des  Morgens  fortgesezt,  und  wer  sich  bis  zu- 
lezt  wach  und  tüchtig  erhielt,  bekam  als  Siegespreis 
den  aus  geröstetem  Waizen  mit  Honig  zubereiteten 
Kuchen  nvqappvg.  ®)  Bei  solchen  Gelagen  an  den 
Aphrodisien  sonderten  sich  zwar  die  Gesellschaften 
nach  den  verschiedenen  Klassen  der  T.  heilnehmer,  ) 
aber  es  scheint  gerade  nicht,  als  wenn  der  Ton  in 
den  Gesellschaften,  an  welchen  die  freien  Mädchen 
Theil  nahmen,  von  den  Hetärengesellschaften  sonder¬ 
lich  verschieden  waren.  Die  Hetäre  Gnathoina  lud 
einst  den  Diphilos  zu  den  Aphrodisien  ein  5  er  brachte 
zwei  Flaschen  Chierwein  mit,  vier  Flaschen  Thasier, 
Salbe,  Kränze,  Bänder,  Fische,  ein  Bökkchen,  Nach¬ 
tisch,  einen  Koch  und  eine  Flötenspielerin.  ‘)  Der 
grosse  Weinverbrauch  an  den  Aphrodisien  veranlasste 
den  Philostratos  ®)  eine  Weinschenke,  wo  zugleich 
viel  Unfug  getrieben  sein  mochte,  einen  Tempel  der 
Aphrodite  zu  nennen  und  Aristophanes  ’)  hatte  den 

sJTclTol.  zu  Arist.  Ritter,  o  AaYQmtpims  «w 

Ikafißäm  tov  nvQUfiowm. 

4)  Aus  der  Philusa  des  Alexis  bei  Athen.  13,  674. 
’Jqqodla’  yys  Tals  kalQuiS  n  nöhs, 

’in^a  di  /wgfe  tffw  rals  ilev^fQatS. 

Tals  taimis  di  i'&oS 

iaiiy  vö(MS  ts  ms  iralgas  ixO-ade 
fifd’ 

6)  M  a  c  h  o  n  in  seinen  Chrieen.  A  th  e  n.  13,  580. 

6)  Philostratos  Briefe  rvpeetxl  xannUA:  xal  m  xanriküov, 
'Äf^oAmnv.  -  Hör.  Od.  3,  18,  6.  Larga  nec  desunt  Veneris 

Bodaü  vina  craterae. 

7)  Bei  Athen.  10,  444.  Auch  der  Bona  dea  in  Rom  wurde 


167 


Wein  mit  dem  Ausdrakk  Milch  der  Aphrodite,  yal« 
^^(fQoökijg  bezeichnet  Der  Aphrodite  Aioeias  wurde 
aber  der  Wein  vor  dem  Tempel  ausgegossen,  weil 
man  ihr  nüchtern  opfern  sollte.  ®)  Es  gehörte  dazu, 
dass  man  die  Feier  durch  feine  Weine  und  kostbare 
Schmausereien  zu  verherrlichen  suchte.  Lamia 
schreibt  ihrem  Demetrios,  er  möge  mit  ihr  an  den 
Aphrodisien  speisen,  weiche  sie  jedes  Jahr  feiere^  und 
jedes  Mal  heeifere  sie  sich,  dass  die  neue  Feier  die 
frühere  übertreffe.  Sie  verheisst  ihm,  ihn  der  Göttin 
würdig  zu  empfangen,  und  mit  so  vielem  Glanze  als 
möglich,  wenn  er  sie  dazu  io  Stand  seze.  In  einem 
Fragment  des  Theopomp  *  ®)  empfiehlt  eine  Hetäre  ihrer 
Freundin  an  den  Aphrodisien  Tintenfische  und  Polypen 
zu  essen.  Das  Treiben  der  Frauen,  namentlich  der 
Hetären  an  jenen  Tagen,  ihre  Gastmäler  und  der  Ton, 
welcher  dort  herrschte,  wird  uns  aus  manchen  Bruch- 
stükken  der  Komiker  klar.  Die  Hetären  waren  die 
eigentlichen  Tonangeberinnen  an  diesen  Festen.  Sie 
waren  dort  unter  sich,  und  hatten  Männer  eingeladen, 
welchen  Wiz  nicht  ermangelte,  die  Scherz  verstanden 
und  Schäkereien  erwiedern  konnten ;  und  während  der 
Wein  reichlich  floss,  spenden  sie  an  jenen  ihre  Gunst. 
Auch  in  Kleidung“),  wie  in  Worten  und  Thaten  war 

Wein  unter  dem  Namen  Milch  gespendet.  Plutarch.  Rom. 
Fr.  20.  H  e  s  y  c  h.  rifsöts  Kinqov  t  fj  cnovd^  7mqa  Kmtqlois.  Ist 
vielleicht  für  xvtiqov  zu  lesen,  weil  der  Geburt  der  Ky- 

pris  das  Fest  galt?  Dann  w’äre  es  auf  Kypros  gebräuchlich  ge¬ 
wesen  Geburt  der  Kypris  für  Trankopfer  zu  sagen. 

8)  Plutarch  Röm.  Fr.  45.  iI  tiSp  Oitvi^aUap  ioQT^ 
noXvv  olpov  ixj(tovei,p  las  tov  Isqov  r??  'AfQoifk/jS. 

9)  A Ikiphron  2,  1. 

10)  Bei  Athen.  7,  324. 

11)  Athen.  13,  668.  Ol&as  xam  t^p  EvpoiXot)  Havpv^l^a  tac 
(fiH^üilovQ  xfQ/ytdtap  nahvTQlas,  nmloK  Kin^idos  i^ridxrifiiPctg. 


168 


man  keinesweges  ängstlich,  sondern  scKte  Schaam 
und  Zucht  als  ungehörige  Dinge  an  diesen  Tagen  bei 
Seite.  Zwängnisse  freier  Sitte  und  Laune  durften 
nicht  aufkommen;  man  wollte  nur  Spässe,  Heiterkeit 
und  Befriedigung  der  Lust.  Aber  alles  nur  um  der 
Gottheit  wohlgefällig  zu  sein,  denn  die  unglaubliche 
Unzucht  und  Wüstheit,  welche  an  den  Aphrodisien 
herrschte,  hatte  die  Göttin  selbst  durch  den  Beischlaf 
in  den  Mysterien  veranlasst,  und  dadurch  auch  diese 
Ausartung  in  den  Augen  derer,  welche  Entschuldi¬ 
gung  suchten,  geheiligt.  Daher  erregt  auch  kein  heid¬ 
nischer  Kult  so  viel  Anstoss  und  Aerger  bei  den  Kir¬ 
chenschriftstellern  als  eben  die  Aphrodisien.  Die  all¬ 
gemeine  Betäubung  der  Sinne  verursachte,  dass  man¬ 
ches  junge  Mädchen  die  Aphrodisien  mit  einem  Manne 
feiern  musste,  welcher  ihr  fremd  war,  und  dem  sie 
ihre  Liebe  nicht  zugesagt  hatte.  Selbst  Blutschande 
blieb  nicht  aus,  wie  wir  aus  der  Sage  sehen,  nach 
welcher  der  Lydische  Paktolos  an  den  Mysterien  der 

yvfAvds  int  xeQwe  nmyfxivag, 

ii'  XinTonrivoii  vff  ißiv  Iffrcuößf,  ot«? 

^HQidapoS  ctypolg  Sdaßi  y.rjmvH  xoQag. 
nuQ  mp  ßißatmg  dßffaXms  t  BSfari  Got 

jLiUQov  n^iaaQ-ai,  xiQ/tiaTaS  Trjp  ydop^p. 

Vergl.  auch  das  folg.  Bruchstükk  aus  Xenarchos  Ip  nsvrd&Xm. 
Plautus  Poenul.  1,  1,  63.  Aphrodisia  hodie  sunt.  Oculos  volo 
Meos  delectare  inunditiis  meretriciis.  Vergl.  1.  2,  8  ff.  u.  26  ff. 
lieber  noch  die  ganze  Szene,  2.  44.  diern  pulchrum  et  celebrem 
et  venustatis  plenum. 

12)  Plaut.  Aulul.  Prolog.  36  qui  illam  stupravit  noctu  Ve- 
neris  pervigiliis.  Gellius  2  Kap.  23.  In  pervigilio  vitiata  est. 
Petron.  Satir.  21.  cum  sciatis  Priapi  genio  pervigilium  deberi. 
Klau  di  an  In  Eutrop.  Prolog.  63 

Insula  laeta  choris,  blandorum  mater  Amorum 
Nulla  pudicitiae  cura  placere  potest. 

Prospectant  Paphiae  de  rupe  puellae. 


169 


Aphrodite  seiner  Schwester  Demodike  Gewalt  anthat, 
ohne  sie  zu  erkennen.  Von  ihm  erhielt  der  Fluss 
Chrysorrhoa,  in  w^elchen  er  sich  nach  Erfahrung  seiner 
Schuld  gestürzt  hatte,  den  Namen  Paktolos. '®)  Es  ist 
nicht  zu  verwundern,  wenn  die  Aphrodisien  den  Ko¬ 
mikern  vielfachen  Stoff  zu  ihren  Stükken  gaben.**) 
Wie  weit  der  weibliche  Math  willen  sich  unter  dem 
Schuze  der  Aphrodite  versteigen  konnte,  sehen  wir 
unter  andern  auch  aus  Aristophanes.  In  Thessalien 
wurde  an  einem  Feste  der  Aphrodite  die  Lais  von 
den  neidischen  Hetären  getödtet.  Seitdem  sollte  die 
Göttin  dort  den  Namen  der  unheiligen,  ävoaia,  bekom¬ 
men  haben.*®)  Ich  bezweifle  aber,  dass  die  Ausschlie¬ 
ssung  der  Männer,  von  welcher  der  Berichterstatter 
erzählt,  so  unbedingt  zu  verstehen  ist.  Wenn  die 
Weiber  auch  den  Ton  angaben,  so  können  doch  die 
Männer  nicht  gut  gefehlt  haben.  Bei  den  Festen  der 
Urania  ist  die  Ausschliessiing  etwas  Anderes  und 
eher  begründet;  nur  nicht  hier. 

13)  Plutarch  v.  d.  Flüssen.  7,  2.  Eine  ähnliche  Gesch. 
17,  1.  Die  Tempel  der  Aphr.  wurden  gern  ausserhalb  der  Stadt 
gelegt,  Stieglitz  Baukunst  2,  1  S.  9. 

14)  Menander  schrieb  eine  Kom. MeinekeMe- 
nander  S.  93,  Ebenso  Theopomp.  SchoL  z.  Arist.  Piut,  179. 
Athen.  7,  824.  Meineke  Hist.  com.  Att.  S.  239.  '‘Aq.qoSkrjg  yövm 
hiessen  mehrere  Komödien,  weil  in  den  Mysterien  die  Geburt 
der  Aphr.  gefeiert  wurde.  Solche  schrieben  Philiskos  und 
Nikophon.  Meineke  Hist.  Com.  Att.  S.  265  ff.  Ebenso  An- 
tiphanes  bei  Athen.  1.5,  666.  11,  487.  Ein  anderes  Stükk  des¬ 
selben  hiess  Idf/Qodiaiog,  ein  der  Liebe  ergebener  Mensch.  Die 
Komödien,  welche  ihren  Namen  von  Hetären  führten,  mögen 
meistens  an  den  Aphrodisien  gespielt  haben.  TheodBergDe 
reliqq.  com  ant.  S.  399  vermuthet,  nass  Eubulos  Athen.  2,  65 
ein  Gastmal  von  Hetären,  welche  die  Aphrodisien  feierten,  dar¬ 
gestellt  habe. 

15)  Schol.  zu  Arist.  Plut.  179. 


170 


Plautus '  ®)  führt  uns  in  einer  sehr  wizigen  Szene 
ein  Paar  feiernde  junge  Mädchen  und  einen  jungen 
Mann  vor,  welche  alle  drei  die  Aphrodisien  feiern 
wollen.  Die  beiden  jungen  Mädchen,  fein  gepuzt  und 
gesalbt,  wollen  verabredeter  Massen  den  jungen  Mann 
beim  Tempel  treffen.  Die  eine  räth  noch  zurökkzu- 
bleiben;  es  sei  jezt  noch  ein  zu  grosser  Schwarm 
und  Gedränge  am  Altar;  sie  werde  sich  doch  nicht 
unter  die  gemeinen  Huren  begeben,  die  Geliebten  der 
Müllerknechte  und  Bäkkergesellen,  schmuzige  Dienst¬ 
mädchen  und  Frauenzimmer  ähnlichen  Gelichters,  wel¬ 
che  sich  mit  stinkenden  Salben  beschmiert  hätten,  nach 
Kneipen  und  Ställen  röchen,  so  ganz  für  die  niedrigste 
Klasse  der  Knechte  geschaffen,  welche  kein  anstän¬ 
diger  und  freier  Mann  berühre  und  nach  Hause  führe. 
Sie  selbst  dagegen  haben  sich  gewaschen,  gesalbt,  ge¬ 
schminkt,  geglättet,  gepuzt  und  so  nett  gemacht,  und 
wissen  dabei  so  züchtig  und  verschämt  zu  thun,  dass 
sie  glauben,  man  könne  keine  schöneren  haben  ,  und 
werth  wären,  beim  hellen  Tageslicht  geschaut  zu  wer¬ 
den,  und  dass  sie  nicht  erst  auf  den  Abend  zu  warten 
brauchten.  Sie  sind  überzeugt  gerechten  Anspruch 
auf  die  feinsten  Herren  und  den  grössten  Lohn  zu 
haben.  Deshalb  waren  sie  auch  schon  Morgens  früh 
herausgeeilt,  um  das  erste  Feuer  auf  dem  Altäre  an¬ 
zuzünden. 

Buhlerinnen  und  züchtige  Mädchen  beten  an  diesen 
Tagen,  dass  die  Göttin  ihren  Liebhabern  Gesundheit 
und  aphrodisische  Küstigkeit  geben  möge.»')  Die  He¬ 
tären  pflegten  auch  einen  eignen  kleinen  Altar  m  der 
Vorhalle  ihres  Hauses  zu  haben,  auf  welchem  sie  der 


16)  Plaut.  Poen.  1,  2,  51  ff- 

17)  Plautus  Poen.  1,  2,  120.  4,  2,  27. 


5,  3,  13  ff. 


171 


Göttin  täglich  opferten.**)  Sie  müssen  ihr  viele  Ge¬ 
schenke  bringen,*®)  und  ihr  auf  alle  Weise  Aufmerk¬ 
samkeit  erweisen.  Eine  Hetäre  reicht  ihr  eine  Sta¬ 
tue,*“)  eine  andere,  Plaggon,  weiht  der  Aphrodite 
Peitsche  und  Zügel,  nachdem  sie  eine  Nebenbuh¬ 
lerin,  die  Pbilaieis  in  der  Rennbahn,  d.  h.  in  Angele¬ 
genheiten  der  Liebe,  besiegt  hat,**)  indem  sie  ihren 
sieggewohnten  Kampf  in  den  Geschäften  des  Beischlafs 
sinnbildlich  mit  dem  eines  Siegers  in  der  Rennbahn 
vergleicht.  In  einem  andern  Epigramm  des  Asklepia- 
des  **)  weiht  die  Lysidike  der  Kypris  eine  Pferde¬ 
bremse,  [ivootp,  in  ähnlicher  Weise.  In  ihrem  Alter 
weihte  Lais*®)  der  Aphrodite  ihren  Spiegel,  als 
einen  lästigen  Erinnerer  an  das,  was  sie  verloren  hatte. 
Bei  Lukian**)  räth  eine  Mutter  ihrer  im  Geschäft  noch 
unerfahrnen  Tochter  Musarion,  der  Pandemos  eine 
weisse  Ziege,  der  Urania  aber  und  der  Aphrodite  ip 
x^noig  jeder  ein  Kalb  zu  opfern,  wenn  sie  anständige 
und  freigebige  Liebhaber  bekommen  wollte.  Die  Mutter 
räth  ihr  hier  gleichsam  alle  Gestalten  und  Eigenschaf¬ 
ten,  in  welchen  die  Liebesgöttin  sich  kundthut,  sich 
geneigt  zu  machen,  namentlich  Zucht,  Ehrbarkeit  und 
Herzensreinheit,  wenn  auch  nur  zum  Schein,  sich  an¬ 
zueignen,  wenn  sie  ihr  auch  der  Urania  zu  opfern  räth. 
So  werde  sie  desto  mehr  Glükk  machen.  Dagegen 

18)  Terenz  Eunuch.  1,  2,  5  und  Eugraph.  dazu.  Vergl. 
Plautus  Curculio  1,  1,  71. 

19)  Plaut.  Poen.  5,  4,  1. 

20)  Nossis  in  Jakobs  Anthol.  Ausw.  1,  35. 

21)  Von  Asklepiades  oder  P os eidippos  D’Orvüle  z. 
Chariton  2,  2  S.  295. 

22)  D’Orville  z.  Chariton  2,  2,  S.  296. 

23)  Jakobs  Verm.  Sehr.  3,  432.  Anthol.  6,  1.  Br  unk 
Anal.  Vet.  Poet.  1  S.  170  Nr.  7. 

24)  Hetärengespr.  7. 


172 


erblikken  tagendhafte  und  züchtige  Frauen,  welche 
eine  hübsche  Tochter  haben,  einen  Tempel  der  Aphro¬ 
dite  nur  mit  Besorgniss.  **) 

Es  war  Sitte,  dass  die  Liebhaber  an  den  Aphro- 
disien  ihre  Geliebten  wie  an  Geburtstagen  beschenk¬ 
ten  5^®)  es  kommen  aber  auch  Klagen  vor,  dass  diese 
unverschämt  sind ,  oder  sich  von  mehreren  zugleich 
beschenken  Hessen.  Ohne  Geschenke  durfte  kein  Mann 
Gunst  weder  von  der  Göttin  noch  von  den  Hetären 
erwarten.  Je  mehr  Jemand  brachte,  desto  willkom¬ 
mener  war  er  natürlich,  und  mancher  hatte  zu  klagen, 
dass  er  arm  durch  solche  Spenden  geworden  war.  So 
rechnet  Dorion  bei  Lukian*’)  seiner  Myrtale  vor,  dass 
er  ihr  Sikyonische  Schuhe  ira  Werthe  von  zweiDrach- 
.  men  geschenkt  habe^  dann  ein  phönikisches  Salben¬ 
büchslein  aus  Alabaster;  aus  Kypros  hatte  er  ihr 
Zwiebeln,  ferner  einen  Korb  mit  Zwiebakk,  einen 
Topf  voll  Karischer  Feigen,  ein  Paar  vergoldeter  Pan¬ 
toffeln  aus  Patara,  aus  Gythion  einmal  einen  grossen 
Käse  mitgebracht.  Dies  rechnet  ihm  Myrtale  nicht 
höher  als  fünf  Drachmen  an,  was  für  einen  Matrosen 
dennoch  genug  ist.  Sie  giebt  aber  einem  Bithynischen 
Kaufmann  lieber  Gehör,  zur  grossen  Betrübniss  des 
Dorion,  welcher  sich  jezt  mehr  als  je  zurükkgesezt 
glaubt,  da  er  Aufseher  einer  Ruderbank  geworden  ist, 
und  neulich  erst  an  den  Aphrodisien  zu  den  Füssen 


25)  Juvenal  Sat.  10,  279. 

Formam  optat  modico  pueris,  majore  puellis 
Murmure,  cum  Veneris  fanum  videt  anxia  mater. 
Vgl.  Anm.  12. 

26)  P  r  0  p  e  r  z  4,  S,  35  ff. 

Iiigerat  Apriles  Jole  tibi:  tundat  Amycle, 
Natalem  Maiis  idibus  esse  tuum. 

27)  Hetärengespr.  14.  Vgl.  Alkiphron  Br.  1,  36. 


173 


der  Aphrodite  eine  Silberdrachme  gelegt  habe,  damit 
die  Göttin  das  Herz  des  Mädchens  erweichen  möge  5 
auch  habe  er  ihrer  Mutter  zwei  Drachmen  zu  Schu¬ 
hen  gegeben. 

Die  Aphrodisien  waren  auch  für  die  Kuppler 
wichtig.  An  diesen  Tagen  wurde  vor  dem  Tempel 
der  Göttin,  wodurch  der  Sache  noch  eine  Beziehung 
auf  dieselbe  gegeben  wurde,  ein  öffentlicher  Markt 
gehalten,'^®)  auf  welchem  die  Kuppler  eine  reiche  Aus¬ 
wahl  schöner  junger  Mädchen  zum  Kauf  fanden.  Kein 
Ort  war  hierin  wieder  wichtiger  als  Paphos.^®)  Plati- 
tiis®®)  stellt  uns  einen  Kuppler  dar,  welcher  unwillig 
wird,  dass  er  der  Göttin  schon  sechs  Lämmer  geopfert 
habe,  sie  ihm  aber  bei  seinem  Handel  dennoch  noch 
nicht  günstig  geworden  sei,  und  er  beklagt  sich  über 
die  Habsucht  der  Göttin.  Opfer  der  Kuppler  kommen 
mehrere  Male  vor.  Bei  demselben  Dichter  sehen  wir 
aber  auch,  dass  sie  sich  viele  i'reiheiten  und  unge- 
sezliche  Handlungen  herausnahmen.  Ob  es  sonst  auch 
erlaubt  war,  im  Tempel  selbst  Schmausereien  zu  hal¬ 
ten,  möchte  an  und  für  sich  zu  bezweifeln  sein,  in- 
dess  scheint  es  doch  vorgekommen  zu  sein,®*)  und 


28)  Plaut,  Poen.  1,  2,  126.  vgl.  193. 

29)  Terenz  Adelphi.  2,  2,  21  ff.  amplae  mulieres 
Complures  et  item  hinc  alia,  quae  porto  Cyprum 
Nisi  ad  mercatum  venio,  damnum  est  maximum. 

30)  Plaut.  Poen.  Akt  2  V.  6.  Vgl.  4,  2,  25  ff.  Rudens  1, 
2  7.  und  41.  Proleg.  60.  Zen  ob.  Paroim.  Cent,  1,  31.  Leutsch 
und  Schneid.  Paroem.  Gr.  1  S.  11.  ^Aqnayu  tu  Kivpuqov.  Klvvaqos 
iyivtTo  no^poßoaxos  ^ihuovaws.  nXovauoTutos  yuvv  ix  Tij?  iqyualas  yt- 
vöfiivo?,  fifp  intjyyikkito  rtjp  ovaiav  itquv  Tti  ’Acf  Qodlrjj  yMTuhlqim, 
rii.ii/r(jjp  de  tu  ovtu  nQovd-tjxev  eie  u{>nayriv. 

31)  Plaut.  Curculio  I,  1,  72.  Athen.  15,  676.  Aus  Po- 
lyharmos  v.Naukratis:  Herostratos  xakeeu?  re  xat  i<p  eerlamp  iv 
uvTta  rm  rovs  n^oe^xomas  xal  rovs  oixeioTatove, 


174 


vor  allem  erlaubt  sich  ein  Kuppler  einen  jungen  Mann 
dahin  einzuladen.  Sicher  ungesezlich  war  es,  wenn 
ein  Kuppler  in  das  Heiligthum  der  Göttin  einbricht, 
um  ein  Paar  Junger  Mädchen  wider  ihren  Willen  und 
mit  frecher  Gewalt  vom  Altäre  zu  reissen.  Er  miss¬ 
handelt  selbst  die  Priester,  verlezt  den  heiligen  Ort 
und  die  Göttin,  ®  *)  welche  sich  des  Geschikkes  junger 
Mädchen  annimmt.®®)  Sie  fordert  einen  freiwilligen 
und  aus  eignem  Triebe  hervorgegangenen  Dienst. 

Es  ist  schon  oben  auf  die  Aehnlichkeit  zwischen 
den  Bakchischen  Festen  und  den  Aphrodisien  aufmerk¬ 
sam  gemacht  worden.  Muthmasslich  fanden  an  den 
Aphrodisien  auch  dionysische  Mummereien  statt. 

Auf  Kypros  war  es  an  einem  Feste  Sitte,  dass  die 
Weiber  der  Aphrodite  in  Mannskleidern  und  die  Män¬ 
ner  in  Frauenkleidern  opferten.  Dasselbe  geschah 
auch  in  Argos  an  einem  Feste  Hybristika, *’)  von 
wo  es  nach  Kypros  gekommen  sein  muss.  Auch  Phi- 
lochoros  hatte  diesen  Gebrauch  erwähnt,  und  von  bei¬ 
den  Orten  wird  hinzugefügt,  dass  die  Verehrung  der 
mannweiblicheil  Aphrodite  gegolten  habe.  Plutarch, 
welcher  uns  den  Namen  dieses  Festes  aufbewahrt  hat, 
giebt  uns  zugleich  eine  geschichtliche  Entstehung  des¬ 
selben.  Als  die  Spartaner  unter  Kleomenes  zur  Zeit 
der  Telesilla  Argos  erobert  hatten,  griffen  die  Argi- 
verinnen  zu  den  Waffen  und  befreiten  das  Vaterland 
unter  Anführung  der  Telesilla.  Zur  Erinnerung  an 


321  Plaut,  Rudens  Proleg.  61.  Akt  1,  2,  64.  2,  3,  12  ff. 

33)  Plaut.  Rudens  2,  7,  12, 

34)  Ebend.  3,  2,  30  ff.  3,  3,  5  ff.  3,  3,  27  ff.  3,  4,  19. 

35)  Ebend.  2,  3,  57  ff. 

36)  Vgl.  Welker  Nachtr.  zur  Trilog.  S.  220. 

37)  Servius  z.'Virg.  Aen.  2,  632.  Plutarch  rwahxüv 

Kapit.  Makro b.  3,  8, 


175 


diese  Heldenthat  der  Weiber  sollte  jenes  Fest  der 
Aphrodite  eingesezt  sein.  Allein  schon  Otfr.  Müller®®) 
hat  bemerkt,  dass  damals  dies  Fest  schwerlich  ent¬ 
standen  sein  könne,  sondern  einem  alten  Naturkulte 
von  Argos  angehören  müsse  und  es  ist  kein  Zweifel, 
dass  dies  Fest  der  Natiirgöttin  Aphrodite  angehört 
habe  und  sich  hier  mit  Bakchischen  Elementen,  wie 
z.  B.  der  Oschophorienfeier,  vermischt  haben  mag* 
Man  kann  dabei  auch  an  das  Fest  der  Ariadne- Aphro¬ 
dite  zu  Amathus  erinnern. 

Zur  Ergözung  und  zum  Zeitvertreib  scheinen  an 
den  Aphrodisien  auch  belustigende  szenische  Vorstel¬ 
lungen  aufgeführt  worden  zu  sein,  einzelne  Auftritte 
mit  Mimen,  welche  eine  bestimmte  Fabel  vorsteJIten. 
Fabeln  aus  dem  Kreise  der  Aphrodite  lagen  hier  mir 
zunächst,  z.  B.  der  Ehebruch  des  Ares  und  der  Aphro¬ 
dite,  und  wie  Helios  die  Sache  dem  Hephaistos  an¬ 
zeigt.  Es  gab  einen  Tanz  ^Atfqodi'C'qg  j'oVatj®®)  auch 
liess  man  die  Aphrodite  selbst  auftreten  und  unzüch¬ 
tige  Szenen  vorstellen.  ^®)  Unter  den  Gegenständen 
der  Unterhaltung  befand  sich  auch  das  Würfelspiel, 
und  dadurch,  dass  man  mit  demselben  das  Glükk  der 
Liebe  zu  erproben  pflegte,  mag  es  gekommen  sein, 
dass  man  den  besten  Wurf  den  Aphrodite wurf  nann¬ 
te. '“)  Auch  der  Kottabos  ist  wahrscheinlich  unter 
die  gesellschaftlichen  Spiele  an  den  Gelagen  der  Aphro- 

38)  Dorier  1  S.  173  und  bes.  Anm.  2  daselbst. 

39)  Lukian  De  saltat.  Kap.  37  und  63. 

40)  Arnobius  4,  35.  Sedet  cunctus  populus  et  senatus ; 
consulatibus  functi  patriis,  Düs  proximi  atque  augustissimi  reges: 
et  quod  nefarium  est  auditu,  gentis  illa  geiiitrix  Martiae,  regna- 
toris  et  populi  procreatrix  arnans  saitatu  Venus,  et  per  affeetus 
omnes  meretriciae  vilitatis  impudica  exprimitur  imitatione  bac- 
chari.  Vgl.  Artemidor  Oneirokr,  2  S  57. 

41)  P  aut.  Asinaria  5,  2,  54.  Hör.  Od.  2,  7,25.  Vet.  Schol. 


176 


disienfeier  zu  rechnen.  Man  betrachtete  es  wenigstens 
für  ein  der  Aphrodite  geweihtes  Spiel  wegen  seiner 
Beziehung  auf  Liebe  und  wechselseitige  Nekkereien, 
und  wegen  der  launigen  Scherze,  welche  es  in  Ge¬ 
sellschaften  beider  Geschlechter  veranlasste,  passte  es 
besonders  für  diese  Feier.  Nicht  minder  möchte  die 
Anwendung  dieses  Spieles  in  Antiphanes  Geburt  der 
Aphrodite^*)  dafür  sprechen,  dass  es  an  den  Aphro- 
disien  üblich  gewesen  sei. 

Alles  Bisherige,  was  wir  von  der  Aphrodisien- 
feier  ausgestellt  haben,  hat  der  Mysterienbedeutung, 
der  muthwilligen  Entfesselung  der  Laune  und  der 
geselligen  Unterhaltung  gegolten.  Ein  ^anderes  Ele¬ 
ment,  w'elches  uns  die  Gewissheit  giebt,  dass  man 
auch,  wenigstens  theilweise,  ernstere  und  edlere  Er- 
o-özung  mit  der  Feier  in  Verbindung  zu  sezen  nicht 
verschmähte,  haben  wir  hier  noch  nachzuholen.  Es 
sind  dies  die  musischen  Bestandtheile  der  Feste.  Sie 
lassen  sich  zwur  nur  an  wenigen  Orten  nachweisen; 
indessen  w'aren  sie  doch  vorhanden,  und  an  manchen 
andern  Orten  mögen  sie  erst  mit  der  Zeit  der  Aus¬ 
artung  der  Feste  zurükkgedrängt  sein.  8ehr  wichtig 
für  die  Feier  der  Aphrodisien  ist  die  wohlbegründete 
Meinung  Welkers,  “)  dass  zu  Salamis  auf  Kypros  an 
den  Aphrodisien  die  Kyprien  des  8tasinos  ago- 
nistischrhapsodirt  sein  möchten.  Die  Beziehungen 
dieses  Gedichtes  auf  Kypros,  seine  Geschichte  und 
seine  Mythen,  insbesondere  auf  die  Aphrodite  selbst, 
sind  von  uns  früher  an  einem  andern  Orte  ausführlich 
auseinandergesezt.  Es  geht  daraus  hervor,  dass  sich 

Cruq.  Veiiereus  jactus  in  talis  siimmum  numerum  habet,  id  est, 
ter  senarks.  VgL  Cicero  de  Divinat.  1,  13.  2,  21.  2,  ,^9. 

42)  Bei  Athen.  15,  666  ff. 

43}  Welker  Epischer  Kyklos  S.  182. 


111 


dies  Gedicht  gmx,  vorzüglich  zu  Vorträgen  an  den 
Festen  der  Göttin,  deren  Ruhm  es  verherrlichte,  eig¬ 
nete.  Ein  Paar  erhaltene  Rhapsodienprooimien,  von 
denen  noch  dazu  das  eine  sich  ausdrükklich  als  nach 
8alamis  gehörig  ankündigt,  und  wohin  die  andern  ohne 
Bedenken  ebenfalls  zu  ziehen  sind,  weisen  deutlich 
genug  auf  folgende,  die  Kypris  betreffende  Gesänge, 
höchst  wahrscheinlich  auf  die  Kyprien**),  hin.  Dies 
ist  das  Wenige,  welches  wir  von  Rhapsodenvorträgen 
auf  Kypros  überliefert  bekommen  haben. 

Etwas  ausführlicher  sind  wir  in  dieser  Hinsicht 
über  die  Aphrodisienfeier  zu  Aphrodisias  auf  den  Grän¬ 
zen  von  Marien  und  Lydien  durch  eine  Anzahl  In¬ 
schriften  belehrt;  aber  auch  nur  durch  diese,  denn 
schriftstellerische  Zeugnisse  hierüber  fehlen  ganz.  Die 
Stadt  selbst  ist  erst  in  den  lezten  Zeiten  zu  einiger 
Bedeutung  gelangt,  und  die  dortigen  Spiele  sind  erst 
sehr  spät  entstanden.  Was  für  Einrichtungen  man 
sich  hierbei  zum  Muster  genommen  hat,  ist  nicht  zu 
ermitteln :  ebenso  wenig  die  Frage ,  ob  auf.  Kypros 
dergleichen  8piele  bestanden  haben.  Wenn  dies  der 
Fall  war,  so  wird  man  wol  auch  die  dortigen  Einrich¬ 
tungen,  wie  vermulhlich  im  Allgemeinen  es  geschah, 
so  auch  in  diesem  besondern  Punkt  zur  Vorschrift 
genommen  haben.  Es  gab  in  Aphrodisias  viererlei 
Spiele,  **) 

I.  die  Lysimachien.  Ein  Aphrodisier  Lysimachos 
hatte  testamentlich  ein  Kapital  ausgesezt,  welches  bis 
zu  der  Summe  von  120000  Drachmen  an  wachsen  sollte; 
dann  aber  sollten  von  den  Zinsen  alle  vier  Jahre  mu- 
Bische  Wettkämpfe  bestritten  werden.  Musische 

44)  Homer.  Hymn.  5, 19  ff.  9,  5. 

45)  Boekh  Corp.  Inscr.  Gr.  2  S.  493--550.  Nr, 2737—2851. 
Besonders  Bökh  zu  Nr.  2758. 

II. 


12 


178 


Wettkämpfe  sind  ausdrükklich  darin  bestimmt.  Ob 
späterhin  vielleicht  noch  andere  hinzugefögt  seien,  ist 
nicht  sicher  nachzuweisen.  Wir  finden  dort  eine  Ver¬ 
ordnung  des  Archiereus  von  Asien,  des  M.  Ulpius  Apu- 
lejus  Eurykles  aus  den  Zeiten  des  Antoninus  Pius,  mit- 
getheilt,  welchem  die  Geldverwaltung  und  Aufsicht 
über  die  Verausgabung  sowie  die  Besorgung  der  Spiele, 
soweit  sie  die  Kostenbewilligung  angeht,  oblag.  Er 
theilt  den  Aphrodisiern  mit,  dass  die  Geldsumme  nun 
zu  der  bestimmten  Höhe  angewachsen  sei,  und  die 
Spiele  gefeiert  werden  könnten.  Agonothet  ist  ein 
Flavins  Lysimachos  aus  der  Familie  des  Erblassers. 
Aus  den  einzelnen  weitläufigen  Katalogen  ersehen  wir 
die  verschiedenen  Gegenstände  der  Kämpfe  und  die 
Preise  der  Sieger. 

2.  Die  Attalischen  Spiele.  Näheres  über  sie 
wissen  wir  nicht,  als  dass  sie  von  einem  Aphrodisier 
Ätlalos,  welcher  in  mehreren  Inschriften  genannt  wird, 
eingesezt  waren,  ^ie  kommen  auch  auf  Münzen  vor. 

3.  Die  Philemonischen  Spiele.  Sie  waren 
trieterisch  und  gymnisch,  konnten  indess  auch  zugleich 
musisch  sein. 

4.  Die  Valeriana.  Sie  werden  auf  einer  Münze 
genannt,  und  wahrscheinlich  galten  auch  sie  der 
Aphrodite.*®) 

Die  gymnischen  Spiele  und  Wettkämpfe. 
Diese  finden  wir  ganz  besonders  hei  Hirtenvölkern 
und  mit  der  Aphrodite -Aineias  verbunden.  Berühmt 
waren  diese  Feste  bei  den  Zakynthiern.  AufZa- 
kynthos  wurde  ein  gemeinschaftliches  Fest  der  Epheben 
gefeiert,  wobei  namentlich  ein  Wettlauf  abgehalten 
ward,  in  welchem  den  Preis  der  erhielt,  weicher  zu- 

ioEkhel  Doctr.  Num.  2  S.§77.  Mionaet  Descript.  des 
med.  gr.  3,  330. 


179 


erst  den  Tempel  der  Göttin  erreichte.  Dieser  Wett¬ 
lauf  hiess  der  Lauf  des  Aineias  und  der  Aphrodite.*’) 
und  seine  Einsezung  schrieb  man  dem  bekannten  Heros 
Aineias  zu.  Wie  in  Zakynthos  Aphrodite  dem  Wett¬ 
lauf  vorsteht,  so  finden  wir  auch  auf  Münzen  von  A  m- 
brakia  die  mit  der  8iegesbinde  bezeichnet©  Spiz-. 
Säule,  das  Zeichen  des  Pferderennens,  umgeben 
von  einem  Lorbeerkranz,  und  einem  Frauenkopf  mit 
8chleier  und  Lorbeerkranz.  Faustkampf  findet  auch 
bei  dem  der  Aphrodite  dienenden  tlirtenvolke  auf  dem 
Eryx  statt.  Nach  Virgils  Darstellung  scheint  es,  als 
wenn  dem  Eryx  zu  Ehren  jährlich  mit  dem  Caestus 
gekämpft,  und  ihm.  den  man  als  Gott  verehrte,  die 
Verleihung  des  Sieges  zogeschrieben  wurde.  Er  be¬ 
zieht  aber  den  Faustkampf  augenscheinlich  auf  den 
Dienst  der  Aphrodite,  denn  er  lässt  dem  Anchises  die 
Spiele  feiern,  und  bezeichnet  in  Beziehung  auf  diesen 
Kampf  den  Eryx  als  des  Aeneas  Bruder.*®) 

In  Rom  feierte  August  der  Venus  Genitrix  nicht 
lange  nach  Caesars  Tode  Spiele,  welche  ihr  dieser 
bereits  geweiht  hatte. 

Es  ist  auffallend,  dass  die  Schönheitskämpfe, 
Kallisteien,  nirgends  in  unmittelbare  Beziehung  zur 
Aphrodite  gesezt  sind,  da  man  doch  vermutheii  könnte, 
ihr  zu  Ehren  würden  sie  gehalten.  Der  Schönheits¬ 
streit  zwischen  Aphrodite,  Athene  und  Hera  in  den 
Kyprien  muss  wirklichen  Kallisteien  nachgebOdet  sein, 
und  den  beiden  hier  besiegten  Göttinnen  finden  wir 
sie  gefeiert,  in  Lesbos  der  Hera,*®)  in  Ells  der 

47)  Dionys,  v.  Halik.  1,  50. 

48)  Klausen  Ital.  Volksrel,  unter  d.  Einfluss  der  griech. 

1  S.  490. 

49)  Homer.  II.  11,  130  scheint  schon  einem  Grammatiker 
auf  solche  Kämpfe  anzuspielen.  Schol.  mtqä  Jteßloif  ufav  uyttm 

12* 


180 


Athene,  nach  Dionysios  von  Leuktra  Bericht;’*)  die  1 
Sieger  erhielten  hier  zum  Preise  Waffen,  die  Frauen  | 
aber  stritten  Jteqt  ßmpqoavvrig  xal  olxopofiiag.  In  Lesbos  i 
und  Tenedos  aber  stritten  sie  nsql  xdUovg.  In  Arka¬ 
dien  jedoch  wurden  die  Kallisteien  am  Feste  der  Eleu-  , 
sinischen  Demeter  gefeiert;  Kypselos  sollte  sie  beim  i 
Bau  einer  Stadt  in  der  Ebene  eingesezt  haben.  Dessen-  | 
ungeachtet  halte  ich  es  nicht  für  unmöglich,  dass  Kal¬ 
listeien  auch  an  den  Aphrodisien,  namentlich  aber  auf  j 
Kvpros,  w'^orauf  der  Sieg  der  Aphrodite  über  ihre  bei¬ 
den  Nebenbuhlerinnen  in  der  Schönheit  bei  Stasinos 
hinweist,  vorgekommen  sind.  Vielleicht  war  die  Göttin 
selbst  Scbiedsrichterin.  ^ 

Das  der  Aphrodite  geweihte  Naturleben.  | 

Im  Grunde  waltet  Aphrodite  im  ganzen  Natur-  | 
leben,  soweit  sich  in  ihm  eine  zur  aphrodisischen  [ 
Tüchtigkeit  heranblühende  Jugendfrische  kundthut.  i 
Aber  manche  Gegenstände  aus  dem  Thier-  und  Pflan¬ 
zenreich  sind  doch  noch  in  eine  unmittelbare  Beziehung 
zur  Göttin  gesezt.  Obenan  stehen  die  Tauben.  Sie 
waren  in  den  Tempeln  der  Naturgottheit  ein  Symbol 
des  brünstigen  Erdentriebes.  Wie  sie  in  Asien  der 
weiblichen  Gottheit  heilig  sind,  so  haben  sie  auch  zu 
Dodona  und  anderswo  im  Naturkult  Bedeutung  und 
Heiligung,  Von  zwei  Seiten  her  war  also  den  Ky-  | 
priem  die  Verehrung  der  Tauben  zugekommen ,  und  I 
für  Kypros  hatten  die  Tauben  diejenige  Bedeutung, 
welche  in  Athen  den  Eulen,  in  Samos  dem  Pfau  zu- 


yvrmxatf  tu  rm  uidvti,  Ityofuvos  xccXliffreicc.  Vgl.  j 

Eli s tat h.  II.  19,  282.  i 

50)  Bei  Athen.  13,  609  and  610.  Suidas  KaUeJa.  Mu-  j 
s  a  i  o  s  Hero  und  Leander  V,  75  nimmt  auch  Kallisteien  für  Sparta  j 
an,  welche  aber  bezweifelt  werden.  , 


181 


fiel.  *  0  Die  ausserordentliche  Pflege,  welche  man  auf 
Kypros  den  l'aiibeo  angedeihen  Hess,  führte  den 
grossen  Buf  derselben  herbei,  namentlich  zu  Paphos 
sollten  sie  immer  von  besonderer  Schönheit  gewesen 
sein.®*)  Die  Aerzte  schrieben  sogar  dem  Miste  der¬ 
selben  eine  heilsame  Wirkung  zu.  Aus  den  Abbil¬ 
dungen  des  Tempels  hat  man  vermuthet,  dass  im  Tem¬ 
pel  selbst  Taubenschläge  angebracht  gewesen,*®)  in¬ 
dem  man  die  Fenstern  über  dem  Portal  dafür  hielt. 
Lukiao  sagt,  dass  die  Tauben  im  Tempel  zu  Bambyke 
sehr  zahm  gewesen  seien  5  wahrscheinlich  waren  sie 
es  auch  zu  Paphos.  Auf  Münzen  und  Gemmen  sehen 
wir  sie  im  innersten  Vorbofe  henimspaziereDj  ja  selbst 
auf  dem  Idole  sizen,  und  um  dasselbe  fliegen.  Die 
grossen  Tauben,  welche  zuweilen  auf  dem  Gebäude 
sizen,  mögen  kolossale  Nachbildungen  aus  Metall  oder 
Stein  zum  Schmukk  der  Akroterien  gewesen  sein.  So 
findet  man  auch  oft  auf  den  Münzen  vom  Eryx ,  von 
Sikyon  u.  s.  w.  an  Orten,  wo  Aphrodite  verehrt  ward, 
Tauben,  bald  frei  stehend,  bald  auf  der  Hand  der 
{  Göttin.  Eine  Taube  mit  phönikischer  Umschrift  auf 
einen  Skarabäus  eingegraben,  ist  bei  Larnika  gefun- 


1  5UCustäth.  II.  15,  641.  Antiphäugs  ip  tois  ofioTtaigloiS 

i  bei  Athen.  14,  655. 

I  ^Ep  ‘HXlov  fitp  qaGi,  yspied-m  nolu 

^olptxas,  iP  ^Ad-^paie  yXavxas.  ‘M  Kvngos 
I/«  mXiiag  ifta(f6Qovs’  ^  d’  ip  :Säf4i^ 

"Uqa  TO  xgvGovp,  faaip,  ogpi^ap  ytpos 
tovs  xalh^oqtfovs  xai  mgißUmovs  tams, 

Vergl.  Athen.  9,  395.  Alexis  Svptgij^ovGip  und  Pherekrates 

ip  IZiTalp. 

52)  Martial  Epigr.  8,  28,  13.  Spartanus  tibi  eedet  oior, 

'Paphiaeque  columbae.  Nemesianus  fragm.  de  aucupio.  V.  22. 

Paphiae  aves. 

53)  Munter  Tempel  zu  Paphos  S,27. 


182 


den.  ®  *)  Es  war  wol  an  keinem  Orte  Kult  der  Aphro¬ 
dite,  wo  nicht  die  Heiligkeit  der  Tauben  hervorge¬ 
treten  wäre 5  so  auf  Kythera,“)  Salamis,'®)  zu  The¬ 
ben.  Unter  den  Ruinen  des  Tempels  der  Phile- 
Aphrodite  bei  Thria  sind  auch  Votivtaiiben  von  Marmor 
gefunden  worden.  Es  war  aber  auch  nicht  bloss  die 
schwarze  grosse  Holztaube,  welche  der  Aphrodite  ver¬ 
bunden  und  geheiligt  ist,'®)  sondern  auch  die  weisse, 
wie  der  Komiker  Alexis,  Silius  Italiens  und  andere 
angeführte  Stellen  beweisen ;  in  der  Regel  ist  es  frei¬ 
lich  die  schwarze  Ringeltaube,  besonders  zu  Dodona. 

Wenn  es  ursprünglich  auch  nur  die  Idee  der 
Fruchtbarkeit  gewesen  ist,  welche  man  bei  den  Tau¬ 
ben  sich  so  stark  offenbarend  fand,  und  weswegen 
man  sie  der  Aphrodite  heiligte,'®)  so  entdekkte  man 
an  ihnen  doch  auch  noch  andere  Eigenschaften,  durch 
welche  die  Taube  ein  aphrodisischer  Vogel  blieb.  Man 
glaubte  nämlich  in  ihnen  ein  Bild  ehelicher  Zärtlich¬ 
keit  und  treuer  Liebe  zu  erkennen.  In  jener  ersten 
Bedeutung  nannte  man  unzüchtige  Frauen  auch  wol 

64)  Clarkes  Travels  2,  1  S.  320.  aus  Munter. 

65)  Ovid  Metam.  15,  386. 

66)  Aeschjlos  Pers.  284. 

67)  Silius  Italiens  3,  678.  Vgl.  4,  106. 

58)  Apulej.  Met.  6.  S.  175.  Aelian  Thiergesch.  4,  33. 
Versch.  Erz.  1, 15.  Artemidor  Traumdeutung  2,  20.  Aristot. 
De  anim.  8,  6,  3.  P laut.  Bakch.  1,  1,  17.  Virg.  Ekl.  3,  68. 
Lutat.  zu  Stat,  Theb.  4,  226  u.s.w.  Burmann  z.  Petron. 
Sat,  Kap.  85. 

59)  Eine  andere  Veranlassung  giebt  die  Erzählung  in  Bo  des 
Mythographi  lat.  1,  175.  Eros  und  Aphr.  pflükkten  Blumen  um 
die  Wette.  Die  Aphr.  wird  von  einer  Nymphe  Peristera  un- 
terstiizt,  so  dass  sie  mehr  bekommt.  Unwillig  hierüber  venvan- 
delt  Eros  sie  in  eine  Taube,  und  seitdem  soll  die  Taube  unter 
dem  Schuze  der  Aphr.  stehen.  —  Ebend.  2,  33  dies.  Erzählung 
mit  dem  Zusaz  quia  ejus  generis  aves  in  coitu  sunt  fervidae. 


183 


Tauben;*“)  in  dieser  kommt  Taube  bei  Plautus  als 
Liebkosungswort  vor.  Einen  Unterschied  der  verschie¬ 
denen  Arten  der  Tauben  in  ihrer  Beziehung  auf  das 
weibliche  Geschlecht,  giebt  Artemidor  a.  a.  0.  an.  Er 
sagt :  die  grosse  schwarze  Holztaube,  yao'o'ß,  bezeichne 
die  Buhlerinnen;  die  gewöhnliche  Taube  aber,  mqt- 
areQcc,  die  unbescholtenen  und  keuschen  Hausmütter. 
An  jener  haftet  also  die  Bedeutung  der  Fruchtbarkeit 
und  Zeugung,  an  dieser  die  der  Zärtlichkeit  und  Liebe, 
und  so  wie  die  Idee  der  Liebe  im  gewöhnlichen  Le¬ 
ben  bei  der  Aphrodite  vorherrschte,  so  mag  auch  die 
gewöhnliche  Taube  im  gemeinen  Leben  verstanden 
seiOj  wenn  von  ihr  als  einem  der  Aphrodite  geweih¬ 
tem  Thiere  die  Rede  ist.  Sie  konnte  auch  wol  nur 
io  den  Taubenschlägen  gehalten  werden.  In  ethischer 
Beziehung  fasste  man  die  Taube  als  ein  Bild  der  Rein¬ 
heit  auf  und  stellte  das  Schwein  als  ein  Bild  der  Un¬ 
reinheit  ihr  entgegen.®*)  Diese  Auffassung  des  Phi¬ 
losophen  ist  uns  interessant.  Er  versteht  hier  natürlich 
unter  Aphrodite  die  Urania,  welcher  die  ehrbaren  und 
züchtigen  Frauen  opferten,  und  dass  diesen  die  Haus¬ 
tauben,  welche  auch  Phurnutos  nur  im  Sinne  gehabt 
zu  haben  scheint,  geheiligt  waren,  haben  wir  schon 
aus  einem  andern  Zeugniss  gesehen.  Der  Urania  war 
nun  allerdings  nicht  das  Schwein  gewidmet,  sondern 
der  Naturgöttin  und  derPandemos.  So  sprechen  also 
Taube  und  S  ch  w  e  i  n  die  beiden  Oegensäze  im  Aphro¬ 
ditekult  sinnbildlich  aus.  Wie  die  Begriffe  von  der 


60)  So  Helena  bei  Lykophr.  V.  85  r^^Qmp.  Der  Schol.  sezt 
kinzu:  dß  TO  Iu](p6v.  V.  131.  ntltlas  und  er  erkl.  es  durch  niqvt}. 

61)  Phurnutos  Kap.  24.  TisQtßTB^u  cfi  tüSv  o^vivop  fiä- 
hcra,  rw  xa&uQoP  tluat  to  0op  xal  ffihof^ov^Mop  ^  da  tmp  miavil 

ävändhv  d’  dß  ty^p  axu&aqal^p  dkkotqla  ah^s  dpm 
ßdxä.  Die  Stelle  auch  bei  Eudokia  S.  14, 


184 


Urania  sich  mit  der  Zeit  erst  entwikkelt  haben,  so 
hat  sich  auch  die  Sonderung  der  verschiedenen  Arten 
Tauben,  und  der  Eignung  der  Haustaube  für  die  Ura¬ 
nia  erst  mit  dieser  selbst  gebildet.  Ursprünglich  war 
der  Aphrodite  die  Taube  im  Allgemeinen  als  Sinnbild 
der  Fruchtbarkeit  und  Fortpflanzung  geheiligt  5  und 
der  angegebene,  später  eingetretene  Unterschied  wurde 
gewiss  auch  selten  nur  festgehalten* 

Die  weissagende  Kraft,  welche  in  Dodona  der 
Taube  anhaftet,  wird  auch  auf  Gegenstände  der  Liebe 
übertragen,  und  Tauben  weissagen  auch  hierin.®*) 
Bei  Homer  haben  die  Tauben  nicht  bloss  weissagende 
Kraft,  sie  bringen  auch  dem  Zeus  Ambrosia.  Weil 
sie  für  die  liebsten  Thiere  der  Göttin  galten,  so  war 
es  sinnige  Idee  derselben  ein  Taubengespann  zu  ge¬ 
ben,®®)  und  Tauben  werden  als  ein  Liebesgeschenk 
auch  der  Göttin  selbst  gebracht,®*)  Im  Hinblikk  auf 
die  Zärtlichkeit  dieser  Thiere  wird  ein  heisser  und 
langer  Kuss  mit  dem  Kusse  der  Tauben  verglichen.®*) 
Gewöhnlich  aber  ziehen  Tauben  den  Wagen  der  Ky- 
pris,  zuweilen  geschieht  es  aber  auch  von  Schwä¬ 
nen,®®)  welche  auf  Kypros  unter  heiliger  Hut  zu 


62)  Properz  1,  9,  5. 

63)  Ovid.  Metam  15,  598.  Klapdian  Epithal.  Pallad,  et 
Celer.  104  u.  s.  w.  Besond.  die  bildlichen  Darstellungen.  Apu- 
lejus.  6,25.  Vier  weisse  Tauben  ziehen  ihren  Wagen,  welchen 
sie.  von  Hephaistos  zum  Geschenk  erhalten,  (quem  ei  Volcanus 
subtili  fabrica  studiose  poliverat,  et  ante  thalami  rudimentum 
puptiale  munus  obtulerat  u.  s.  w.) 

64)  Ovid.  Metam.  13,  833.  Petron.  Kap.  85. 

65)  Martial  12,  66.  11,  105. 

66''.  Horaz  Od.  4,  l,  10.  Statius  Epithal.  Stellae.  143 
olores  Jungit  Amor  lectumque  vehens  per  nnbila  matrem  Gem- 
mato  temone  sedet.  Ders.  Silvae.  3,  4,  22.  Molles  agitat  Venus 
aurea  cygnos.  Häufig  findet  sich  in  der  alten  Kunst  eine  von 


185 


weiden  pflegten.®’)  Seine  Eigenschaft  als  schönster 
Wasservogel  mag  den  Schwan  der  Aphrodite  zuge¬ 
führt  haben.  Für  die  Heiligkeit  der  Gänse  weiss 
ich  auch  keinen  andern  Grund  als  ihre  Beziehung  auf 
das  Wasser  ausflndig  zu  machen.®®)  Die  Sperlinge 
gehörten  der  Aphrodite  wegen  ihrer  Zeugungslust, 
in  welcher  Beziehung  sie  gar  zum  Sprüchwort  gewor¬ 
den  sind.  *®)  Auch  diese  spannte  man  zuweilen  vor 
den  Wagen  der  Göttin.  Wegen  seiner  Fruchtbarkeit 
ist  auch  das  Rebhuhn’®)  ein  aphrodisischer  Vogel. 
Dagegen  war  die  Schwalbe  der  Aphrodite  wegen 
ihrer  Häuslichkeit  geweiht,’ ‘)  gehört  also  der  Urania. 
Ausserdem  waren  der  Aphrodite  noch  das  Wasser¬ 
huhn,  Phalaris,”)  und  der  Drehhals,  Jynx,  ’*) 
geweiht.  Wie  der  leztere  auch  zum  Liebeszauber, 
um  ungetreue  Liebhaber  zur  Pflicht  zurukkzuführen, 
gebraucht  wurde,  so  schrieb  man  unter  den  vierfüssi- 
gen  Thieren  dem  Hasen  eine  ähnliche  Kraft  zu.’*) 

I  Für  die  Heiligkeit  des  Wasserhuhns  suchte  man  auch 
1  eine  etymologische  Deutung,  und  sagte,  es  sei  der 
I  Aphrodite  heilig,  wegen  der  Anspielung  des  Namens 

1  einem  Schwan  durch  die  Lüfte,  über  Gewässer,  getragene  Frau. 
Otfr.  Müller  Archäol.  §378,  2. 

67)  Sidonius  Epithal.  V.  110. 

I  68)  Joh.  V.  Ly  d.  4,  44.  Isqovqyow  cti  am^  xal  nsq^i- 

,  oTi  al  jutv  rolg  vdaßt  {mkayla  dl  iq  ^Atpqodhq')  ,  oi  dl 

Tulg  ff,<x)vaig  tmp  dyofupoi'  äUßxoprat^ 

69)  Eustath.  z.  II.  2,  308.  S.  183. 

70)  Aristo t  N. H.  9,  9,  2.  Varro  R.R.  3,  11.  Plin.  10, 
33,  51.  Joh.  Laur.  v.  Lyd.  üeber  d.  Monate  4,  44. 

71)  Ailian  Thiergesch,  10,  34,  Tt/nSrai,  dl  q  yihdup  &eok 
uvyiotg  xal  'AaqoSkn,  uvyia  uivTot  xal  mmri, 

72)  Eustath,  U.  1,  207.  S.  74. 

73)  Hesych.  Theokrit  2,  17, 

74)  Philos tratos  Eikones  1,  6  S.  12,  34, 13,  8,  Vgl.oben 
Anm.  62.  S.  165. 


! 


186 


Phalaris  auf  den  Phallos.  Aus  ähnlichem  Grunde  hei¬ 
ligte  man  ihr  auch  die  Sardelle,  äfvfjj  weil  man 
statt  äq)V'>j  auch  ä<pqvv'ii  und  dg>Q6g  schrieb.  Die  Ver¬ 
bindung  der  Aphrodite  mit  dem  Wasser  verursachte, 
dass  ihr  die  auch  mit  der  grössten  Fruchtbarkeit  aus¬ 
gestatteten  Fische  geweiht  waren.  ” )  W ahrschein- 
lich  hatte  von  Kypros  oderKypris  der  Fisch  Kypri- 
nos  seinen  Namen,  und  war  der  Göttin  geheiligt. 
Fünf  mal  im  Jahr  laicht  er.’®)  Dann  wird  ein  anderer 
Fisch,  Chrysophrys,  mit  einem  goldenen  Flekken 
über  jedem  Auge,  noch  besonders  als  ihr  zugehörig 
betrachtet,  welcher  wegen  seiner  Schmakkhaftigkeit 
beliebt  und  wegen  Fruchtbarkeit  bekannt  war.”)  Ein 
aphrodisisches  Thier  war  auch  der  Delfin,’®)  wel¬ 
chen  wir  in  der  Erzählung  vom  Anlanden  der  Aphro¬ 
dite  zu  Kypros  beim  Nonnos  kennen  gelernt  haben. 
Besonders  hielt  man  die  Delfine  für  Thiere  der  Aphro¬ 
dite,  wegen  der  Liebe,  welche  sie  zu  einander  und 
zu  den  Menschen  zu  hegen  scheinen,  indem  sie  die 
Schiffe  mit  lustigen  Sprüngen  begleiten ;  und  man  sagte 
von  ihnen,  dass  sie  die  Knaben  liebten.  Nicht  selten 
war  auch  die  Verbindung  der  Aphrodite  mit  der  Mu¬ 
schel;  besonders  gern  dachte  man  sie  sich  auf  einer 
Muschel  fahrend,  ’  ®)  und  bei  den  Knidiern  war  daher 
die  Purpurmuschel  geheiligt;  ®®)  auch  scheint  es  mir 
wahrscheinlich,  dass  die  Göttin  ihre  Benennung  Pur- 

75)  Vgl.  Athen.  8,  346  ff. 

76)  Oppian  Halieut.  1,  593. 

77)  Archippos,  Hikesios,  Aristoteles  bei  Athen. 

7,  S28. 

78)  Gellius  Noct.  Att.  7,  8.  Delfinos  Venereos  esse  et 
amasios  non  modo  historiae  veteres  sed  recentiores  quoqueme- 
moriae  declarant.  Vgl.  Müller  Dor. 

79)  Tibiill  3,  3,  34. 

80)  Plinius  9,  41. 


187 


purissa®^)  von  ihrer  Beziehung  auf  die  Muschel  er¬ 
halten  habe.  Zunächst  war  es  freilich  das  Verhält- 
uiss  der  Aphrodite  zum  Meere,  weshalb  man  ihr  die 
Muschel  eignete,  dann  verglich  man  aber  auch  in  un¬ 
züchtigem  8inne  die  Gestalt  der  Muschel  mit  der 
weiblichen  Schaam. 

Aus  dem  Pflanzenreich  sind  hier  besonders  zwei 
Gewächse  wichtig,  die  Myrte  und  der  Apfel.  Die 
Schriftsteller  gaben  verschiedene  Gründe  an,  weshalb 
der  Aphrodite  die  Myrten  so  sehr  geheiligt  gewesen 
seien,  wie  dem  Apollon  der  Lorbeer.*®)  Von  Servius®*) 
wird  diese  Beziehung  der  Myrte  zur  Aphrodite  daraus 
erklärt,  dass  sie  die  Feuchtigkeit  und  das  Wasser 
liebe,  und  andere  hoben  ebenfalls  diesen  Grund  her¬ 
vor.  ®®)  Zum’  Theil  mag  dies  der  Fall  gewesen  sein, 
aber  die  allgemeine  Vorliebe  für  diese  Pflanze,  welche 
sie  wegen  ihres  angenehmen  Geruches,  der  Gefällig¬ 
keit  der  Staude,  der  immer  grünen  Blätter  und  der 
freundlichen  Blüthe  wegen  zu  einer  der  liebsten  Zier¬ 
den  der  Gärten  machte,  gab  vielleicht  nicht  minder 
Veranlassung,  dass  Aphrodite  sich  diese  zu  ihrer  Lieb¬ 
lingspflanze  auserkor.  Auch  kann  ihre  dicht  gedrängte 

81)  Servius  zu  Virg.  Aen.  1,  719. 

82)  Hierauf  bezieht  sich  der  Scherz  desTrachalio  in  Plaut. 
Rudens  3,  3,  42.  Te  ex  concha  natam  esse  autumant;  cave  tu 
harum  conchas  spernas. —  Fulgent.  Mjth.  2,  4.  Concha  etiam 
mwina  pingitur  portari,  quod  hujus  generis  animal  toto  corpore 
simul  aperto  in  coitu  misceatur,  sicut  Juba  in  Physiologis  refert 

83)  Vgl.  im  Allg.  Dioskorides  1,133,155.  Theophrast 
Pflanzengesch.  4,  6  S.  376.  Joh.  Bodaeus  v.  Stapel.  Petron. 
Satir.  Kap.  131.  Plin.  12,  2.  15,36.  Virg.  Georg.  1, 28.  Phaedr. 
Fab.  3,  17,  3.  Paphische  Myrte  Virg.  Georg  2,  64.  Sta- 
tius  Theb.  4,  300. 

84)  Servius  z.  Virg.  Georg.  2,  64. 

85)  Ovid.  Amor.  1,  1,  29.  Virg.  Georg.  2,  112.  4,  124. 
Martial. 


188 


Bh’ithenpracht  eine  grosse  Fruchtbarkeit  verrathen 
haben.  An  Deutungen  aus  äussern  Verhältnissen  und 
mythischen  Erzählungen  fehlte  es  nicht.  Die  Myrte 
sollte  der  tJöttin  heilig  sein,  weil  Adonis  daraus  ge¬ 
boren,®®)  oder  weil  sie  sich  in  ein  Myrtengebüsch 
verborgen,  als  sie  unbekleidet  ans  Land  stieg,  oder 
in  ethischer  Auffassung,  weil  die  Zerbrechlichkeit  ein 
Bild  für  die  Unbeständigkeit  der  Liebe  sei.  Nach  an¬ 
dern  sollte  die  Myrte  die  Kraft  haben,  aphrodisische 
Tüchtigkeit  hervorzuriifen,  und  die  Aerzte  schrieben 
ihr  Heilkräfte  für  weibliche  Krankheiten  zu.  Es  gab 
auch  eine  Erzählung,  nach  welcher  eine  Priesterin  der 
Göttin  Namens  Myrene  vor  den  Verfolgungen  eines 
Jünglings  von  der  Aphrodite  in  eine  Myrte  verwan¬ 
delt  wird,  weshalb  diese  ihr  lieb  und  geweiht  worden 
sein  soll.  *^) 

In  Rom  hatte  die  Beziehung  der  Myrte  zur  Aphro¬ 
dite  die  Veranlassung  zu  einer  Venus  Myrtia,  später 
Murcia,  gegeben,  und  vielfach,  sowie  in  bedeutsamen 
Verbindungen,  werden  wir  im  dortigen  Kulte  die  Myrte 
finden,  sowol  als  Reinigungsmittel,  als  in  Beziehung 
auf  die  Todtenwelt^  doch  waren  dies  ursprünglich 
griechische  Begriffe.  Dass  man  von  physischen  Eigen¬ 
schaften  der  Myrte  ausging,  kann  man  nicht  verkennen, 
und  diese  treten  nicht  allein  im  Aphroditekult,  sondern 
auch  in  andern  Anwendungen  dieser  Pflanze  bei  den 
Griechen  hervor.  Herakles  trägt  unter  den  Göttern 
eine  Myrtenkrone,  als  Zeichen  der  Kraft,  und  die  Sie¬ 
ger  in  den  Alkathoen  und  Asklepien  wurden  mit  Myrten 
bekränzt.®*)  Was  den  Kult  der  Aphrodite  anlangt,  so 

86)  Serv.  z.  Virg.  Aen.  5,  72.  Zu  Ekl.  7,  92- 

87)  Ser V.  z.  Virg.  Aen.  3,  23.  Es  ist  eine  ähnliche  Sage, 
wie  jene  von  der  Myrrha. 

88)  Vgl.  Find.  Isthm.  7,  65  und  daselbst  Dissen. 


189 


sagt  noch  der  Lydier  Johannes:®®)  die  Myrte  sei  der 
Aphrodite  geheiligt,  weil  sie  die  Körper  der  Kinder 
stärke.  Im  Kulte  gehört  sie  daher  ursprünglich  der 
Pandemos  an,  denn  er  berichtet  weiter;  die  ehrbaren 
Frauen  opfern  der  Aphrodite  wegen  Eintracht  und 
züchtigen  Lebens,  die  Masse  der  Weiber  aber  badet 
sich  in  den  Bädern  der  Männer,  für  ihren  Dienst  mit 
Myrten  bekränzt.  Offenbar  werden  hier  Urania  und 
Pandemos  im  Kulte  gegenüber  gestellt,  und  erst  aus 
ihrer  physischen  Beziehung  auf  Naturleben  und  Frucht¬ 
barkeit  ist  auch  hier  die  ethische  Beziehung  hervor¬ 
gegangen.  Der  Ausdrukk  naqtsvia  [ivQTa  bei  Aristo- 
ph.anes  deutet  an,  dass  sie  schon  bei  den  Griechen 
auf  Liebe  und  Jungfräulichkeit  bezogen  wurde,  wie 
man  diese  Pflanze  noch  jezt  als  das  keusche  Sinnbild 
der  Liebe  und  Jungfräulichkeit  der  Braut  ins  Haar 
flicht.  Zu  Gortyn  führte  man  an  einem  Feste  einen 
Myrtenkranz  von  zwanzig  Ellen  Umfang  auf,  vermuth- 
lich  auch  in  bräutlicher  Beziehung,  denn  altgriechische 
Sitte  war  es,  an  der  Hausthür  des  Bräutigams  am 
j  Hochzeitstage  einen  Kranz  von  der  Grösse  der  ganzen 
Thöre  aufzuhängen.®®) 

Aphrodite  selbst  sollte  beim  Schönheitskampfe  einen 
Myrtenkranz  getragen  haben.  Alle  Frauen,  weiche  ihre 
Feste  feierten,  mussten  mit  Myrten  bekränzt  sein,  und 
in  Myrtenhainen  sangen  die  Jungfrauen  gern  das  Lob 
der  Göttin.*')  In  der  Nähe  der  Aphroditeheiligthümer 

89)  Job.  Laur.  v.  Lyd.  üeber  die  Monate  4,  45. 

90)  K atu  11.  Hochzeit  des  Pel.  und  der  Th.  294. 

91)  Phi  lostrat  o  s  Eikones.  Bd.  2.  Aphrodite.  Avienus 
Descr.  Orb.  terr.  1080.  Crine  Dionaeo  myrtus  diffunditur.  An 
den  Ufern  des  Hyphasis  ein  Hain  der  Aphrodite.  Philostr. 
Leben  des  Apollonius  3,  1.  Vgl.  die  Deutung  von  Phurnuto.s 
Kap.  24.  TMv  ye  /xtv  ffmmv  ^  fiiv  fmqtslvtj  dia  tfilotpQoavvtjv 
AffqoJ'iTfjS  tlpat  ^ulhptTat, 


190 


befanden  sich  in  der  Regel  Myrtenhaine  und  andere 
wollüstige  Pflanzungen.  Am  berühmtesten  waren  die 
heiligen  Gärten  nicht  weit  von  Alt-Paphos,  süd¬ 
östlich  nach  dem  Meere  zu,  ieqox'qniq^  und  auf  der 
östlichen  Seite  der  Insel  der  IdalischeBergwald. 
Dies  sind  die  beiden  grössten  der  Aphrodite  gehei¬ 
ligten  Waldungen,  denn  jene  zu  Daphne  gehören  ei¬ 
gentlich  nicht  ihr.  Kleinere  Haine  umgaben  die  mei¬ 
sten  Heiligthümer  der  Göttin,  wie  die  in  der  unmittel¬ 
baren  Nähe  von  Paphos,  Knidos  u.  s.  w.,  in  denen  der 
Liebe  gepflegt  wurde,  wenn  zur  Nachtfeier  der  Göttin 
die  Nacht  das  Dunkel  jener  Lauben  und  Gebüsche 
umhüllte. 

Im  Apfel,  namentlich  im  Granatapfel,  sahen 
die  Griechen  viel  Bedeutsames,  und  weihten  ihn  ausser 
der  Aphrodite  auch  noch  der  Hera,  Kybele,  dem  Dio¬ 
nys  und  der  Demeter,  deiner  vielen  Körner  wegen 
war  er  ein  uraltes  Symbol  der  Fruchtbarkeit,®®)  und 
auf  Kypros  sollte  Aphrodite  ihn  selbst  gepflanzt  ha¬ 
ben.®*)  In  einer  der  schönsten  und  fruchtbarsten  Ge¬ 
genden  von  Kypros,  im  Gebiet  von  Tamassos,  welches 
der  Göttin  von  Altersher  heilig  war,  stand  der  goldene 
Baum,  von  welchem  Aphrodite  die  Aepfel  für  ihre 
Günstlinge  pflükkte.  Ihm  entnimmt  Aphrodite  die  Aep¬ 
fel,  wodurch  Atalante,  welche  mit  ihren  Freiern  zur 
Wette  lief,  und  wenn  sie  sie  einholle,  tödtete,  den 
Hippomenes  täuschte  und  besiegte.®®)  Nach  der  ge- 

””92)  Ovid  Amores  2,  18^  3.  ignävae  Veneris  cessamus  in 
umbra.  Vgl.  oben  Anm.  86.  S.  162. 

93)  Arnob.  adv.  gent  B.  S.  159.  Artemidor  Traumdtg. 
1,  73.  Philo  str.  Leben  d.  Apoll.  4,  28.  Paus.  2,  17. 

94)  Antiphanes  bei  Athen.  3,  84. 

95)  Ovid.  Met.  10,  644. 

Est  ager,  indigenae  Tamassum  nomine  dicunt, 

Telluris  Cyprii  pars  optima,  quem  mihi  prisci 


191 


wöhnlichen  Sage  waren  diese  Aepfel  vom  Baum  der 
Hesperidengepflükkt,  aber  auch  diese  waren  der  Aphro¬ 
dite  heilig.®®)  Der  Apfel  behielt  noch  in  gewöhnlichen 
Liebessachen  seine  Bedeutung  als  8innbild  der  Liebe, 
und  Liebende  warfen  sich  Aepfel  zu:  dies  Spiel  war 
ein  Zeichen  von  Liebesgedanken.  ®^)  Am  berühmtesten 
ist  der  Apfel  geworden,  welcher  von  Paris  der  Kypris 
verehrt,  und  den  Schönheitsstreit  zwischen  den  drei 
Göttinnen  auf  dem  Ida  entschied,  nachdem  ihn  Eris 
unter  die  Hochzeitsgäste  des  Peleus,  mit  der  Auf¬ 
schrift:  der  Schönsten,  geworfen  hatte.  Paris  reicht 
der  Aphrodite  den  Apfel,  das  Sinnbild  der  Liebe ;  sie 
erwidert  dies,  indem  sie  ihm  ihr  irdisches  Abbild  die 
Helena  in  Liebe  entgegenführt,  —  Dass  Hades  der 
Persephone  die  Granate  zu  kosten  giebt,  bedeutet  wahr¬ 
scheinlich  ursprünglich,  dass  er  Liebe  mit  ihr  gepflo¬ 
gen,  und  sie  durch  den  Ehebund  an  sich  gefesselt. 
Indem  in  den  Mysterien  der  Apfel  nicht  vergessen 
war,  so  schreitet  auch  hier  die  Bedeutung  von  der 
physischen  zur  ethischen  vor,  indem  aus  einem  Sinn¬ 
bild  der  Fruchtbarkeit  ein  Zeichen  der  Liebe  wurde. 
Vom  Granatapfel,  welchen  Hera  zuArgos  in  der  Hand 
hielt,  sagt  Pausanias:  was  aber  diesen  betrifft,  werde 
mit  Stillschweigen  übergangen,  denn  es  ist  eine  Ge¬ 
heimsage.  ®  *) 

Ausserdem  waren  der  Aphrodite  noch  eine  Menge 
anderer  Pflanzen  geheiligt,  welchen  man  eine  Bezie¬ 
hung  auf  Liebe  beilegte.  So  vor  allen  die  Rose.®®) 

Sacravere  senes,  templisque  accedere  dotem 
Hane  jussere  meis,  spricht  Aphrodite. 

96)  Servius  z.  Virg.  Aen.  4,  484. 

97)  Virg.  Ekl.  3.  65.  71.  Properz  2,  32,  39. 

98)  Paus.  2,  17,  4.  änoQ^are^os  ydq  hnv  d  Idyof. 

Vgl.  Libanios  ähfiyri^a  ntql  tovqedop  in  Boisson.  Anekd. 


192 


Philostratos  sagt;  wenn  Zeus  den  Blumen  hätte  eine 
Königin  geben  wollen,  so  würde  die  Bose  über  die 
Blumen  herrschen.  Die  Lilie,  ein  Bild  der  Seelen¬ 
reinheit,  heisst  die  Freude  der  Kypris."*®)  Die  Zy¬ 
pressen  waren  der  Aphrodite  wegen  der  Zeugungs¬ 
fähigkeit  geheiligt,  welche  man  an  ihnen  wahrzuneh¬ 
men  glaubte,  da  die  Bäume  oder  Zweige  derselben 
von  neuem  wachsen  und  wieder  ausschiessen ,  wenn 
sie  abgeschnitten  werden.  *)  Auch  die  Linde  war 
ein  Baum  der  Aphrodite,  weil  sie  wegen  ihres  star¬ 
ken  Duftes  gern  zu  festlichen  Kränzen  benuzt  wur¬ 
den.  ®)  So  bediente  man  sich  auch  der  Myrte  an  den 
Bakchanaiien  und  Aphrodisien,  indem  man  sie  sich  in 
Kränzen  ums  Haupt  flocht,  damit  ihr  starker  Duft  und 
die  reinigende  Kraft  ihrer  Ausflüsse  die  Wirkungen 
des  Weines  dämpfe.  ®)  Aehnlich  muss  der  sogenannte 

gr,  4,  450.  Philostratos  Briefe  '“Eqom  xal  Msiqaxla:  mtncc 
QöSa)  mmt,  taum  "AQn  dnüvat,  mdra  ‘'Aduyyw  lAa«»'  otI- 

fivt}aty.  T^S  i^Ti  xcSfiog,  qmmv  äylaia^ü,  of  ifccl^oS  clv&Uov,  UifiSyog 
iQvd-ti^a,  xdllog  uerqtinTov.  (Vgl.  Neue  z.  Sappho  fragm.  19.  22. 
132.  133.)  Im  Br.  Muqaxim  heisst  es ;  w  §01!«,  tSWfp  ntqok,  tols 
gtvUois  Imxovfiiva,  UMp  na^d  ffs  inonjeccTo :  avm 

iv^fvaS  5  w?  ’AMviffog  vnoßvrifJLCiT«,  ^  wff  ij  us  y>ig 

opiÄuta.  Pervig.  Yen.  22.  Ipsa  jussit,  mane  ut  udae  virgines  nu- 
bant  rosae.  Das  Epigr.  auf  die  Rose  in  Wernsdorf  Poet.  lat.  min. 
6,  181.  Est  rosa  flos  Veneris  u.s.w.  Maximian  Eleg.  1,91  ff. 
Bode  Myth.  lat.  2,  31.  Fulgent.  Mythol.  2,  In  Venerem : 
Huic  etiam  rosas  in  tutelam  adjiciunt.  Rosae  enim  et  rubent  et 
pungunt,  wt  etiam  libido,  Rubel  verecundiae  opprobrio,  pungit 
etiam  peccati  aculeo,  et  sicut  rosa  delectat  quidem,  sed  celeri 
motu  tollitur,  ita  et  libido  übet  momentaliter,  et  fugit  perenniter. 

100)  Athen.  19,  681  ‘Af^odk^S, 

1)  Vgl.  Kreuzer  Symb.  2,  191. 

2)  Phurnutos  nt^t  Kap.  24  ^  de  ^tXtrtQicc  dtuu  wi}yo/4a, 

oft  TW»'  ifiltly  naqaxgifityms  iityn^tyxrat,  xat  nqos  T«?i  enqdyoiv 
nUxd?  tMS-aeip  avr^  pSkloy.  ^ 

3)  Athen.  19,  675.  674.  678.  688.  Hesychios  }(^vQQly>iS 


193 


Naiikratische  Kranz  gewesen  sein,  welcher  von  fol¬ 
gender  Begebenheit  seinen  Namen  erhielt.  Als  Hero- 
Stratos  aus  Naukratis  *)  in  Aegypten  von  Paphos  mit 
(lern  Bilde  der  Aphrodite  heimschiffte,  erhob  sich  auf 
dem  Meer  ein  entsezücher  Sturm.  Die  Beisenden  fleh¬ 
ten  besorgt  zur  Göttin,  und  diese  erfüllte  plözlich  alles 
i  um  sich  her  voll  junger  Myrten  und  süsser  Düfte.  Der 
!  Sturm  aber  legte  sich  und  das  Schiff  gelangte  glükk- 
i  lieh  nach  Naukratis.  Hier  brachte  Herostratos  das  Bild 
und  die  Myrten  in  den  Tempel  der  Göttin,  opferte  ihr, 
stellte  das  Bild  auf,  und  lud  Freunde  und  Bekannte 
zu  einem  Gastmal  im  Tempel,  wo  er  einem  Jeden  ei- 
;  nen  Myrtenkranz  gab,  den  man  seitdem  den  Naukra- 
tischen  nannte.  Im  Grunde  war  dieser  Kranz  wahr¬ 
scheinlich  nicht  verschieden  von  denen,  welche  man 
zu  Paphos  und  überall  im  Aphroditekult  zum  Schmukk 
der  Tempel  und  der  Feiernden  gebrauchte,  welcher 
aber  von  dieser  Sage  seinen  Namen  erhielt.  Höchstens 
mochte  er  auf  eine  eigenthümliche  Art  gewunden  sein. 
Anderswo  w^ar  er  aber  nicht  bloss  aus  Myrten,  wie 
Polycharmos  berichtet,  sondern  auch  aus  Eybios,  oder 
Amarakos,  oder  Linden.  ®) 

Ausserdem  waren  ihr  noch  eine  Menge  anderer 
Pflanzen  geheiligt,  welchen  man  eine  besondere  Frucht¬ 
barkeit,  oder  eine  Kräftigung  der  Zeuguogsfähigkeit 
ziischrieb.  So  war  der  Mohn  wegen  seiner  vielen 
Samenkörner  der  Aphrodite  wie  der  Demeter  geeig- 


ni.difot'  tj  ddif  vtjS  na^u  noiop  SMpat  roiS  xatu-‘ 

xHfiipois,  ix  (PiaJ'o/^s  vniq  tov  Saat  ävil  ßaqßkov.  Aristophanes 

Frösche  .330. 

4)  Athen.  15,  675  ff.  671  aus  Polycharmos  v.  Naukratis. 

5)  Hesychios  NavxQarktjs  OTtqapoi  dno  Jlyvmias  Nav 
^qdrms,  6  ßißhvos,  ^  6  ix  (pdvqas,  t}  o  eufiipoipvos.  Vgl.  Poliux 
6  Kap.  18.  Vgl.  Anm.  2.  S.  192. 

II.  13 


I 


194 


net,  die  Eriica  ®)  und  der  Kohl.  ’’)  Dagegen  ent¬ 
hielt  man  sich  an  den  Festen  der  Göttin  des  Bnchs- 
haums  «)  und  desEpheus;  des  lezteren  wenig¬ 
stens  zu  Theben.  Wenn  hier  die  Aiisschliessung  des 
Epheus  vom  dortigen  Aphroditekult  nicht  ausdrükklich 
versichert  wäre,  so  würde  man  es  kaum  vermiithen^ 
und  bei  der  lauten  Aphrodisienfeier  an  anderen  Orten 
wird  der  Epbeu  gewiss  ebenso  willkommen  und  be¬ 
liebt  gewesen  sein,  wie  an  den  Bakchischen  Festen. 


VIBaTBil.  ABSCKSriTT. 

Auslegung  des  Mythos. 

1. 

In  der  Mitte  der  pelasgischen  Göttersysterae’°) 
steht  ein  Götterpaar  erzeugender  und  empfangender 
Erdkraft,  Axiokersos  und  Axiokersa,  Bethauer 
und  Thau,  dessen  Grundzüge  an  allen  Stätten  sich 

6)  Ovid.  Rem. Am.  799.  Martial  3,  75,  3.  Der  Verf.  des 
Moretum  V,  85.  Coluitiella  De  R.R.  10,  109.  Exiit  ut  Veneri 
tardos  eruca  maritos.  Paula  s  Aegin.  Eriica  magnam  ex  cal- 
faciendi  vim  obtinet,  et  genituram  efficit,  et  ob  id  in  Venerem 
stimulos  addit. 

7)  Columella  De  R,  R.  10,  210.  Varro  De  re  rust,  1. 
Festus  und  Coquus  und  Pistor. 

8)  Phurnutos  mQt  S-tmif  Kap.  24.  ror  d*  nv^ov  ffvhaTovttu 
&b3  nfioifiQuv,  dfUQmadfUPm  m3?  in  avrois  Ttjv  nvyfi^v. 

9)  Plutarcli  Rom.  Fr.  112.  rwy  p-iv  ’Olvpnlwv  liQiSy  tt^yemh 
Stal  ovTt  Iv^'HqaS^ A^r}v^(Si>v,  oms  S^ßfiOiv  iy^A(fQot^h>;S  »dut  ns  «r  xinöv,  \ 

10)  Ed.  Gerh.  Hyperbor.  röm.  Studien.  Was  hier  in  der  j 
ganzen  Abhdlg.  über  die  Grundzüge  der  Archäologie  und  j 
die  Pelasgischen  Religionen  von  S.  30  bis  84  gesagt  ist,  haben  | 
■wir  nach  unsero  Bedürfnissen  ausgebeutet  und  benuzt. 


195 


gleich,  dessen  Aushildang  nur  nach  den  Bedingiiiigeii 
der  Oertlichkeiten  verschieden  ist.  Wie  einerseits 
diese  dualistische  Aiffassang  jeder  Erweiterung  fähig 
ist  durch  mehrfache  Personifikazionen,  so  weist  auch 
andrerseits  diese  Zweiheit  religiöser  Naturanschaiiung 
auf  eine  höhere  schöpferische  Einheit  zurükk.  Beides 
ist  in  dem  von  uns  am  vollständigsten  gekannten  sa- 
mothrakischen  System  geschehen,  indem  ein  erster 
Schöpfungsodem  Axieros  über  die  CJäötter  der  be¬ 
stehenden  Schöpfung  gesezt,  aber  auch  selbst  dieser 
bestehenden  Schöpfung  eine  durch  das  Weltall  ver¬ 
breitete  Regsamkeit,  ein  stets  wandelnder  Kadmi« 
los-Hermes  beigeordnet  ist,  zur  sichern  Gewähr, 
dass  die  nicht  von  Anfang  her  gewesene  Schöpfung 
fortan  ihr  Bestehen  haben  werde.  Jener  Schöpfuogs- 
odem  war  in  Samothrake  Axieros  genannt  worden, 
mit  einem  dem  Gotte  alles  schöpferischen  Triebes 
eqog)  entsprechenden  und  vielleicht  an  der  Spize  eines 
oder  des  andern  Göttersystems  wirklich  ertheilten  Na¬ 
men;  so  war  auch  jene  dienende  Kraft  der  bestehen¬ 
den  Natur  nur  mit  dem  allgemeinen  Ausdrukk  eines 
dienend  geschäftigen  Ordners,  eines  Kadmilos  bezeich¬ 
net.  Aber  auch  unter  den  umfassendsten  spätem  Göt¬ 
ternamen  ist  keiner  an  und  für  sich  so  bezeichnend, 
keiner  in  anerkannter  Anwendung  so  scharf  gesondert, 
dass  er  zur  alleinigen  und  allgiütigen  Auslegung  je¬ 
ner  rein  ideellen  Namen  hätte  dienen  können;  doch 
konnten  ihnen  uns  geläufigere  Götternaraen  gleichge- 
sezt  werden.  So  erklärt  der  Ausleger  des  samothra- 
kischen  Systems  IRnaseas'-*)  den  Axieros  für  die  Erd¬ 
mutter  Demeter,  wobei  Kersos  und  Kersa  dem  Dio¬ 
nysos  und  der  Persephone  entsprachen,  aber  si¬ 
cherlich  mit  einer  hohem  Bedeutung  der  Demeter,  als 

11)  Beim  Schol.  zu  Apoll,  v.  Rhodos  1,  917. 

13* 


196 


eine  schon  in  der  Dionysosgemalin  Ausg:edrükkte  ge¬ 
bärende  Erdmutter  sie  abgäbe.  Es  muss  darunter  eine 
unvermälte  Schöpfungsgöttin  als  erste  Potenz  aller 
Schöpfung  verstanden  sein.  Aber  es  scheint  auch,  dass 
Aphrodite  als  erstePotenz  derSchöpfung,  als  Schöp¬ 
fungsodem  aufgefasst  worden,  wo  wir  dann  die  Aphro¬ 
dite  in  einer  höheren  Bedeutung  als  eine  Demeter  und 
Axieros,  und  in  einer  niedrigeren,  als  eine  Axiokersa, 
welches  ihre  gewöhnliche  Auffassung  ist,  zu  betrachten 
hätten.  Obwol  jene  erste  Auffassung  sich  nirgend 
durch  aiisdrükkliche  Zeugnisse  erhärten  lässt,  so 
scheint  man  doch  einer  solchen  Ansicht  beipflichten 
zu  müssen,  wenn  man  mehrere  Andeutungen  und  Winke 
im  Kulte  gehörig  erwägt  und  benuzt.  Nach  Johannes 
von  Lydien**)  ist  Aphrodite  die  Erstgeborne,  die  Schöp¬ 
ferin  aller  sinnüclien  Dinge,  und  Euripides  preist  sie 
als  die  Katurkraft,  welche  in  jedem  Dinge  waltet, 
durch  welche  alles  ist,  was  und  wie  es  ist;'®)  im 
Munde  der  Orphiker  heisst  sie  ebenfalls  die  Erdge¬ 
borne,  die  Alimutter,  welche  alles  erschaffen  hat,  das 
Weltall  hält,  über  die  Moren  herrscht,  alles  auf  Er- 


12)  Job  Laiir.  V.  Lycl.  üeber  d.  Monate  4,  44. 

{FJ  nt'  ng  iinoi  tijp  mv  navrog  «tffS-jjwS  (f'caiv  Eiidokia  S.  13-  Inndij 
TiQog  TrjV  TOM  udpTU  'ytvtßQctt  «hluv ,  zi'Pyjosiäg  dit  xat  vyQKolag  nrnQ 
f/ fi'f  oTtQißg  äutpüSi  xar«  ir/p  Oalunlar  tanv.  Cr  am  e  r  Anekd.  e  codd. 
Parisinis  1,  31b.  dt  nv  ng  ilnr)  rtjv  tov  Tiavxog  uiod^r/Tov 

(f  vaip,  Tomionv  Ttjv  jiQojToysptj  vktjp ,  r/p  y.al  'Acreqiav  xav  OvQnviuv 
xnhl  rä  löyta.  Ap  ul  ejus  As.  Aur.  4,  41.  En  reniin  natura 
))risca  pariens ,  cn  elementorum  origo  iiiitialis,  eii  orbis  totius 
alma  Venus.  Vgl  den  Anfang  des  Lukrez. 

1.3)  Euripides  Oidipus.  bei  Athen.  13,  599.  Stobaios  Ekl. 
1  Rap.  10.  1.  T^p  IdqQod'lnjp  om/  o^Sg,  oß>!  &i6g; 

^p  oM'  UP  tinoig  mift  ^iT(>>]ßilug  up, 
ostj  nitf'VXi  xä(f  offop  (Fug/iPcii. 

ÄvTri  TQtfH  (St  XÜ^Ui  Xtti  TtäpTUg  ßQOToÜg. 


197 


den,  im  Himmel  nnd  im  Wasser  erzei!<yt  imd  regiert.  ‘ 
Die  mit  den  Nezen  gefischte  Aphrodite  zu  Patrai,  “) 
die  Diktynnis,  ist  ebenfalls  eine  Allmutter,  und  eine 
uranfängiiche  Weltschöpferin,  eine  Ordnerin  der  Na¬ 
tur  möchte  auch  in  dem  uralten  Holzbiide  zu  Akake- 
sion,  * «)  wie  in  der  sogenannten  alten  Aphrodite? 
^^tpQodkri  auf  Delos  gemeint  sein,  welche 

auf  Theseus  zurükkbezogen  wurde.  Ihr  kleines  Holz¬ 
bild  war  zu  Pausanias  Zeit  an  der  rechten  Hand  be¬ 
schädigt,  und  nach  seiner  Aussage  hatte  es  Dädalos 
verfertigt.  Eine  Axieros  müssen  wir  auch  in  der  Idäi- 
schen  Aphrodite  erkennen,  welche  durch  die  Ver¬ 
schmelzung  der  aus  Samothrake  ins  troische  Gebiet 
hinübergekommenen  Aphrodite  mit  der  Kybele  sich 
ausbildete.  Auf  ein  weltschafiendes  Prinzip  in  der 
Aphrodite  möchte  auch  ihre  Mannweiblichkeit  hindeii- 
ten,  unter  welcher  sie  auf  Kypros  und  in  Argos  vor¬ 
gestellt  wurde,  indem  die  sinnliche  Anschauung  ein 
oberstes  fechöpfungspriozip  nicht  durch  geschlechtslose 
Darstellung ,  sondern  durch  Vereinigung  beider  Ge¬ 
schlechter  an  dem  einen  Wesen  ausdrükkte,  und  den 
Axiokersos  und  die  Axiokersa  zu  einem  Axieros  ver¬ 
band.  Varro  behauptet  zwar,  alle  samothrakischen  Gott¬ 
heiten  seien  mannweiblich  gewesen,  allein  vom  Axieros 
ist  es  nur  zu  glauben,  von  JKersos  und  Kersa  hat  es 
schwerlich  seine  Richtigkeit.  Indem  aber  Aphrodite 
die  Mutter  alles  Erschaffenen  und  Wahrnehmbaren 
heisst,  ist  sie  auch  sogar  die  Mutter  der  Götter.*®) 

14)  Orph.  Hymn.  54.  nüvta  ix  ßt&sv  igjip,  M 

re  xögfMv^  XM  XQCiTfHS  TQuxßtSp  ytppas  äs  ta  auma,  oWa  ip 

ovQaPM  ißn  xal  ip  yciiri  mlvxdqn<p  ip  novrov  u  ßvS-tS. 

15)  Paus.  7,  21,  4. 

16)  Paus.  8,  37,  9. 

17)  Paus.  9,  40,  2.  Kallim  Hymn  auf  Delos.  308. 

18)  Serv.  z.  Virg.  Aeii.  10,  83. 


198 


Ob  in  irgend  einem  pelasgischen  Systeme  der 
Axieros  durch  den  Namen  Aphrodite  bezeichnet  wor¬ 
den,  wäre  freilich  interessant  zu  wissen,  indess  ge¬ 
nügt'  es,  in  Erfahrung  zu  bringen,  dass  in  der  That 
die  Vorstellungen  eines  Axieros  in  ihrdagen,  wie  das 
Nämliche  bei  der  Demeter  zu  Samothrake  und  bei  der 
Athene  zu  Eleusis  der  Fall  war.  Die  Auffassung,  mit 
welcher  man  sie  als  ßuaiXsta,  ösönoivctj  ävacca  von 
ganz  Kypros  betrachtete,  kann  ebenfalls  nur  aus  den 
^  Begriffen  eines  Axieros  hervorgegangen  sein.  Als 

eine  solche  muss  sie  auch  allen  kyprischen  Mysterien 
vorgestanden  haben,  wie  es  anderswo  Demeter  und 
Athene  thaten.  Mit  diesen  beiden  obersten  Mysterien¬ 
gottheiten  muss  daher  Aphrodite  auch  im  Allgemeinen 
zusammenfallen,  und  in  dieser  Beziehung  heisst  Aphro¬ 
dite  nicht  blos  Demeter,»»)  sondern  ist  auch  eine 
Athene,  wüe  ferner  Demeter  und  Athene  ursprüng¬ 
lich  identisch  waren,  und  erst  später  geschieden  wur¬ 
den,  so  muss  auch  Aphrodite  in  ursprünglicher  An¬ 
schauung  beiden  gleichgesezt  werden.  Beim  Diony¬ 
sischen  Siegesmahle  lässt  Nonnos-“)  den  Lesbischen 
Sänger  Leukos  ein  wunderbares  und  seltsames  Lied 
singen,  tief  mystischen  Inhaltes  und  auf  uralte  reli¬ 
giöse  Anschauungen  zurükkweisend.  Lapathos ,  der 
kyprische  Heros  und  im  Zuge  des  Dionysos  Anführer 
der  kyprischen  Mannen,  fordert  den  Sänger  beim  Ge¬ 
nüsse  des  Mahles  auf,  Jenes  Lied  von  seiner  Göttin 
zu  singen,  wie  Aphrodite  zum  Webschiff  gegriffen  und 
die  Athene  ip  Zorn  versezt  habe.  Nachdem  der 
Sänger  gesungen,  wie  der  Titanenkampf  gegen  die 
Olympier  und  des  alten  Kronos  Sturz  gegangen,  ver- 

19)  Schol.  au  Hes.  Theog.  19S.  "AfQodir^p  xai 
tQUP  seatoStf*»'. 

20)  Noanos  Diouys.  24,  237  ff. 


199 


kündigt  er,  wie  Aphrodite  einst  mit  onversochten  Hän¬ 
den  zu  dem  Webstuhl  der  Athene  geschritten  und  das 
Webschiff  statt  des  Gürtels  der  Liebe  geführt,  wie  sie 
einen  Peplos  zu  w^eben  begonnen,  wie  die  Kypris 
Athene  werden  wollte.  Die  Chariten,  die  Dienerinnen 
der  Paphischen  Göttin,  tan/.en  nicht  mehr  um  sie,  son¬ 
dern  spinnen  ihr  als  hülfreiche  Zofen  die  Fäden  in  die 
Hand.  Pasithea  dreht  in  schneller  Bewegung  die 
Spindel,  Peitho  bearbeitet  die  Wolle,  und  den  Faden 
reicht  ihrAglaia.  Aber  es  war  eine  traurige  Arbeit, 
i  Tag  und  Nacht  arbeitete  sie  das  wieder  aufgelöste 
'  Werk  der  Pallas  und  zerrieb  sich  die  Hände  an  der 
ungewohnten  Mühsal,  denn  während  des  Webens  quol¬ 
len  die  Fäden  ungeheuer,  und  von  selbst  zerriss  der 
Aufzuff  an  dem  verdikkten  Gewebe.  Dennoch  lässt 
die  Göttin  nicht  ab  von  ihrer  Arbeit,  —  Da  wird  das 
Band  unter  den  Geschöpfen  zerrissen,  die  Liebe  ent¬ 
weicht  aus  der  Welt  und  das  Leben  der  Sterblichen 
verfliegt  alternd  ohne  Brautfeier  und  Hochzeit  Die 
lieblichen  Töne  der  Syrinx  und  Phorminx  verhallen, 
die  helle  Flöte  tönt  nicht  mehr  dem  Hochzeitsreigen 
und  Harmonia  seufzt  über  die  unvollzogenen  Ehen. 
Athene  sieht  mit  spöttischem  Lächeln  die  Bemühungen 
der  Aphrodite,  verklagt  die  neue  Weberin  beim  Zeus 
und  verkündigt  dies  eitle  Beginnen  der  Liebesgöttin 
allen  Himmlischen.  Die  Götter  versammeln  sich,  sie 
wollen  alle  die  neue  Weberin  sehen  und  ihr  Werk; 
es  tritt  der  spottende  Scherzredner  Hermes  hinzu,  und 
^  erinnert  sie  mit  Bitterkeit  an  die  alten  Binden  und  Fes¬ 
seln,  in  denen  sie  einst  von  Hephaistos  schimpflich 
gefangen  worden.  Die  Scheu  vor  Athene  überwältigt 
Aphrodites  stolzen  Sinn,  dass  sie  das  Webschiff  aus 
den  Händen  wirft  und  nach  Kypros  zurükkeilt,  sie, 
die  Amme  des  menschlichen  Geschlechts,  und  die  Liebe 


200 


knüpft  wieder  das  buntgestaltete  Leben  durch  den 
Gürtel  an  einander. —  Gewiss  ein  seltsamer  Gesang. 
Die  Aehnlichkeit  mit  dem  Gesänge  des  Demodokos  in 
der  Odyssee  ist  nicht  zu  verkennen,  und  auf  diesen 
wird  sogar  angespielt.  Dass  er  sehr  jung  ist,  verräth 
jede  Zeile,  aber  sein  Inhalt  ist  augenscheinlich  Myste¬ 
rienlehre  und  der  Kern  unwiderleglich  alt.  Aphro¬ 
dite  will  Athene  werden,  d.  h.  die  olympische, 
die  Göttin  der  Liebe,  welche  die  Bande  der  Liebe  und 
der  Vereinigung  unter  den  Geschöpfen  knüpft,  diese 
will  Athene,  die  Schöpfungsweberin,  werden.  Aber 
dies  gelingt  ihr  nicht,  denn  die  Olympierinj  die  leicht- 
*  fertige,  tändelnde  Liebesgöttin  kann  nimmer  eine  sol¬ 
che  werden.  Wie  aber  dem  Gesänge  des  Demodokos 
tiefere  Vorstellungen  zu  Grunde  liegen,  so  auch  die¬ 
sem  ;  und  Aphrodite  muss  nach  bestimmten  Lehren  und 
Vorstellungen  als  oberste  Schöpfungsgöltin  haben  vor¬ 
gestellt  werden  können,  denn  sonst  würde  dieser  Ge¬ 
sang,  welcher  uns  in  Form  eines  Mährchens  entge¬ 
gentritt,  nicht  haben  entstehen  können.  Ihr  Unter¬ 
nehmen  gelingt  ihr  nicht  5  sie  unternimmt  etwas,  was 
ihr  nach  den  gangbaren  olympischen  Vorstellungen 
nicht  zukommt,  und  wird  von  den  übrigen  Olympiern 
deshalb  verhöhnt  5  alles  wüe  im  Gesänge  des  Demo¬ 
dokos;  in  beiden  sind  alte  und  mystische  religiöse 
Vorstellungen  zu  Abenteuern  umgeschaffen,  weil  die 
Wirksamkeiten  der  Gottheit  nach  olympischer  Ansicht 
als  Thätigkeit  der  Person  erscheinen^  und  menschliche 
Beziehungen  annehmen.  Dergleichen  Mährchen  und 
Eritählungen  von  der  Kypris  giebt  es  noch  mehrere, 
welche  aber  alle  unter  ihrem  leichten  Gewände  einen 
tiefem  Sinn  verbergen.  Dieser  haftet  an  der  Natur¬ 
gottheit  Aphrodite,  wird  aber  zu  menschlicheu  Hand¬ 
lungen  und  Begebenheiten  uragestaltet,  so  dass  das 


201 


ebenfalls  menschlich  aufgefasste  Zurükkgehen  in  Ver¬ 
hältnisse,  welche  Gegenstand  der  Mysterien  waren, 
als  ein  thörichtes  und  lächerliches  Unterfangen  dar- 
gestellt  wird.  In  dem  Gesänge  des  Demodokos  wer¬ 
den  wir  sehen,  wie  Aphrodite  nur  nach  dem  Zustande 
einer  Aresgemalin,  einer  Axiokersa,  gleichsam  zurükk- 
strebt,  hier  im  Gesänge  des  Leukos  will  sie  eine 
Schöpfangsweberin,  ein  x4xieros,  werden.  Das  Weben 
und  Mischen  sind  aber  Bilder  der  Orphiker  für  schaf¬ 
fen,  und  wir  sehen  daraus,  dass  dies  Lied  aus  Orphi- 
Bchen  Anschauungen  hervorgegangen  ist.  Da  derKy- 
prier  Lapathos  es  ist,  welcher  dies  Lied  vom  Sänger 
verlangt,  und  die  kyprische  Göttin  gemeint  ist,  wie 
derSängerausdrükklich  erwähnt,  so  können  wir  auch 
hieraus  für  unsere  bereits  ausgesprochene  Ansicht, 
dass  Aphrodite  aufKypros  als  erster  Schöpfungsodem, 
und  oberste  Mysteriengottheit,  wie  Athene  zu  Athen 
betrachtet  worden  sei,  einen  genügenden  Beweis  ent¬ 
nehmen. 

Zum  Ausdrukke  der  obersten  Macht  der  Athene 
wurde  ihr  als  konvenzionelles  Abbild  des  Weltkörpers 
und  Himmelsgewölbes  ein  Polos  verliehen,  und  einen 
solchen  trug  Aphrodite  auch  in  Sikyon*")  auf  dem 
Haupte,  während  sie  in  der  einen  Hand  einen  Mohn¬ 
kopf,  in  der  andern  einen  Apfel  hielt.  Wenn  jener 
Polos  die  Macht  der  Aphrodite  als  einer  Schöpfungs— 
gottheit  und  Herrin  der  Welt  ausdrükkt,  so  wird  durch 
diese  beiden  Symbole  ihre  Zeugungskraft  versinnbild¬ 
licht,  obgleich  der  Apfel  auch,  wo  er  allein  erscheint, 
ein  verallgemeinertes  Abbild  des  Polos  gewesen  sein 
kann,  in  ähnlicher  Weise,  wie  der  Polos  der  Athene 
bei  einer  Nymphe  Athene  zu  einem  Ball  geworden  ist.**) 

21j  Pausan.  2,  10,  4  ff. 

22)  Gerhard.  Prodrom,  mythol. Kunsterkl.  Taf.  2.  Anm.lOO  c. 


202 


Wir  hallen  es  hier  versucht,  «liejeni^en  Vorstel¬ 
lungen  von  der  Aphrodite  zusammenzustellen,  welche 
auf  eine  Auffassung  dieser  Gottheit  als  eine  Axieros 
hinzudeuten  scheinen.  Dergleichen  Begriffe  konnten 
der  Natur  der  Sache  nach  nur  sparsam  und  einzeln 
hervortreten ,  und  in  allgemeiner  Auffassung  bleibt 
Aphrodite  nur  eine  Axiokersa,  in  nächst  niederer  Po¬ 
tenz  von  Axieros,  als  Schöpfungslenkerin  neben  einem 
Schöpfungslenker,  als  weibliches  Naturprinzip  neben 
einem  männlichen,  dem  Axiokersos,  als  Herrin  über 
Leben  und  Tod,  wie  jener  der  Herr.  Beide  bilden 
das  waltende  Götterpaar  der  bestehenden  Natur, 
und  sie  ist  die  weibliche  Macht,  in  mehreren  Götter- 
systeuieo  wird  die  Axiokersa  mit  dem  Namen  Aphro¬ 
dite  bezeichnet,  und  dass  dies  eine  durchaus  richtige 
Auffassung  war,  wird  sich  überall  zeigen.  Wie  zu 
Dodona  Aphrodite  als  mächtige  Herrscherin,  und  theils 
unter  dem  allgemeinen  Namen  einer  Dione,  dem  Zeus 
zur  Seite  steht,  ist  ausführlich  oben  im  ersten  Abschnitt 
erörtert,  ln  Samothrake  wird  öfters  die  Kersa  mit 
dem  Namen  Aphrodite  bezeichnet,  und  namentlich 
in  dem  Dreiverein  neben  Phaethon  als  Kersos  und 
Pothos  als  Kadmilos.  Hier  steht  also  Aphrodite 
ganz  gleichgestellt  der  Persephone,  welche  nach  des 
Mnaseas  Ansicht  die  samothrakische  Kersa  ist  und  als 
solche  neben  Kersos  Dionysos-Hades  steht.  Die  Aus¬ 
bildung  beider  Gottheiten  ist  auch  von  ganz  gleichen 
Be^’i'iffen  ausgegangen,  sie  waren  beide  Erd  -  und 
Unterweltsgottheiten,  sie  begegnen  und  ergänzen  sich 
oft,  und  wo  in  weiterer  Entwikkelung  Aphrodite  die 
Göttin  nur  des  Lebens  und  der  Liebe  wird,  da  wird 
ihrer  8cliwester  Persephone  das  schweigsame  Reich 
23)  PI  in  ins  36,  4,  7.  Vgl.  Gerhard  Frodr,  Taf.  10.  Anm. 
23.  vgl.  Taf.  41. 


203 


der  Todten  xuertheilt.  Zu  Korintli®*)  kommt  die  Kersa 
Aphrodite  neben  dem  Kersos  Helios  und  dem  Kad- 
milos  Eros  vorj  welcher  Drei  verein  dem  auf  einem 
späten  Bildwerke  von  Liber,  Libera  und  Hermes 
gleich  zu  sezen  ist.**)  Im  Italischen  Kabiren- Verein 
finden  wir  Heph.aistos,  Aphrodite  und  Ares.*®) 
In  Theben  Aphrodite  neben  Ares,  in  Leineos 
Aphrodite  neben  Hephaistos.  In  8ikyon  kommt 
Aphrodite  nebst  Hekate  neben  Dionysos  vor;®^) 
in  Megara  Aphrodite  mit  den  Chariten  neben 
Dionysos  naTQwog  nni  daffdllwc,*®)  und  einem  drei¬ 
fachen  Eros  als  Kadmilos^  in  Lerna  Aphrodite 
6711  S-aXccaafi  neben  Dionysos  *®)  Dies  sind 

die  verschiedenen  pelasgischen  Göttersysteme,  in  wel¬ 
chen  Aphrodite  uns  als  eine  Kersa  auf  bewahrt,  und 
einem  entsprechenden  Erd-  und  Unterweltsgott  bei¬ 
geordnet  ist.  Ausserdem  hat  Gerhard  die  Kersa  Aphro¬ 
dite  in  Itaüsch-pelasgischeii  Mysterien  noch  mehrfach 
nachgewiesen:  Venus  neben  einer  Fortuna  Pri- 
migenia  als  Axieros  zu  Präoeste,  Venus  und  Ne¬ 
mesis  neben  Axieros  Fortuna  als  etruskisch,  Ve¬ 
nus  mit  zwei  Fortunen  neben  Minerva  als  Axi¬ 
eros,  ebenfalls  etruskisch,,  Venus  Kersa  mit  (Amor) 
Maxsumus  als  Kersos  neben  Axieros  Fortuna 
equestris  zu  Antium.®®)  Ausserdem  kommen  noch 


24)  Pausan.  2,  4,  z.  Ende.  Vgl.  Gerb.  Taf.  10.  Anm.l7.  / 

25)  Gerhard.  Antike  Bildwerke  Taf.  41.  Vgl.  Hyperb. 
röm.  Stud.  S  45. 

26)  Vitruv.  1,  7. 

27)  Pausan  2, 11,8.  Vgl.  Gerh.  Prodr.  Taf.2  Anm.  132.191. 

28)  P  ausan.  1,  43,  6. 

29)  Pausan.  2,  37,  2. 

30)  Gerhard  a.  a.  O.  Taf.2  Anm.  143.  —  ebdas.  Anm.  1.51. 

—  Taf  2  Anm.  21.  —  Taf.2  Anm.  210.  —  Taf.  4,  5.  Amn.215. 


204 


andere  Bilder  einer  Kersa  vor,  welche  der  Venus  ver¬ 
wandt  sind. 

Auf  Kypros  wiederholen  sich  nun  »war  die  hei¬ 
mischen  Vorstellungen,  doch  tritt  es  eigentlich  nirgends 
recht  deutlich  hervor,  welcher  der  pelasgischen  Götter 
für  ihren  Beisizer  ini  Allgemeinen  galt.  Dies  mag 
theils  daher  kommen,  weil  das  Ansehen  der  weiblichen 
Gottheit,  der  Aphrodite,  das  des  männlichen  in  der 
Weise  überragte,  wie  wir  es  bei  der  Kybele  finden; 
theils  hat  der  gefeierte  Name  ihres  Geliebten  Adonis 
den  des  Gemals  dermassen  verdunkelt,  dass  dieser 
ganz,  xurükktritt,  theils  scheint'  aber  auch  in  den  ver¬ 
schiedenen  kyprischen  Mysterien  eine  verschiedene 
Lehre  über  den  Gemal  obgewaltet  zu  haben.  Wir 
haben  bereits  oben  riachge wiesen,  wie  die  dodonaische 
Ehe  zwischen  Zeus  und  Aphrodite  auf  Kypros  er¬ 
neuert  wurde,»')  und  es  hält  nicht  gar  schwer  diese 
nach  Paphos  zu  beziehen,  weil  sie  mit  der  Anlan¬ 
dung  der  Göttin  und  den  damit  verknüpften  Sagen  zu 
Paphos  verbunden  ist.  Hier  also  möchte  Zeus  als 
Beisizer  gedacht  sein,  und  dies  war  der  Hauptsiz  der 
Aphrodisien,  während  Amathus  der  Mittelpunkt  der 
Adonien  war.  Leztere  waren  ebenfalls  nur  eine  an- 
deie  Form  der  Aphrodisien,  beide  unverkennbar  pe- 
lasgische  Mysterien.  Jene  kyprischen  Mysterien, 
deren  Vorhandensein  zu  Athen  neben  den  tyrrheni¬ 
schen  Platoo»®)  gedenkt,  können  füglich  keine  anderen 
als  die  Faphischen  Aphrodisien  sein,  wie  wir  ihre 
Form  und  Einrichtung  im  Kult  geschildert  haben.  Wie 

31)  S.  oben  Abschnitt  1,  4.  Anm.  21.  Vgl.  diesen  Abschn. 
Anm.  bl.  116.  574, 

32)  Platon  Geseze  B,5.  S.709.  &valas  TiXirals 

dvfi/J.lxTOVS  xaTianjßavm  hts  inix^iQ^ovs  ih’  ovf  Tv^Qr^vixas 

ttTf  KvniylaS  ta'  ((lh)d-fv  u9-imvy. 


205 


die  Adonien  mussten  auch  sie  durch  Rükkwirkiingen 
von  Kypros  auf  Athen  dort  eiogeführt  sein,  und  nur 
der  Form,  nicht  dem  Inhalte  nach  können  wir  sie  uns 
von  den  übrigen  Mysterien  der  Aphrodite  zu  Athen 
selbst,  und  denen  aufKoiias  verschieden  denken.  Für 
den  mystischen  Dienst  zu  Athen  ist  auch  eine  In¬ 
schrift  merkwürdig.  Zwar  lässt  sich  nicht  sicher 
ermitteln,  dass  diese  Inschrift  sich  wirklich  auf  die 
Aphrodite  bezieht,  wie  denn  auch  Bökh  meint,  die 
Weihung  dieses  Aphroditebildes  möchte  sich  auf  eine 
andere  Göttin  als  die  Aphrodite  selbst  beziehen;  in- 
dess  scheint  mir  dies  doch  nicht  das  Wahrscheinlichere. 
Hier  wird  uns  eine  Fakkelzünderin  der  Göttin, 
Lychnaptria,  genannt,  welche  zugleich  Traum  deu¬ 
te  rin  ist.  üeber  die  Traumdeutungen  im  Aphrodite- 
kiilt  wird  an  einem  andern  Orte  gesprochen  werden. 
Der  Priester  ist  'laxxmyog  und  ihr  Diener  ctymipü- 
Qog,  auch  wird  der  hinzugefügt,  welcher  die  Göttin 
anzukleiden  pflegte.  Die  Verbindung  des  Bakchos 
mit  der  Aphrodite  in  Athen  lässt  sich  zwar  aus  an¬ 
dern  Zeugnissen  nicht  weiter  erweisen,  indess  kann 
dies  kein  Grund  sein,  die  Inschrift  nicht  auf  die  Aphro¬ 
dite  selbst  beziehen  zu  dürfen,  da  ein  Dionysos-Hades 

33J  Corp.  Inscr.  Gr.  S.  470  Nr.  481.  und  das.  Bökh. 
r«]  adt’ia  seal  ro  ahm/ua 
x]rd  rüg  xivxlldag  xai  t^p 
'‘A]<f  qoditrjv  ix 

tmv  idlwy  dptß-tjxfp,  i 
maxiväaaßa  xal  tiiv  avT^p 
ovffix  xcei  kvypdnTQia  an 
r^g  opiigaxgitiS’ 

SmU^ovmg  Al/xlUov 
.  .  .  ixov  Mthnmg  itQat[ev 
opiog  iaxyutyov  Jmpu 
nlov  Mcegad-mplov  ^axo\_Q 
evoPTog  dymfiOQov  Eixagnov. 


206 


an  und  für  sich  als  Beisizer  der  Göttin  aufg;efasst  sein 
konnte.  Za  den  schon  vorher  angeführten  Verbin¬ 
dungen  des  Dionysos  mit  der  Aphrodite  fügen  wir 
noch,  dass  zu  Bura  in  Achaia®*)  sich  ein  Tempel  der 
Aphrodite  und  des  Dionysos  befand,  und  daneben  einer 
der  Eileithyia.  Der  Aphrodite  Epistrophia  in  Megara 
war  ein  Tempel  des  Dionysos  Nyktelios,  des  nächt¬ 
lichen,  geweiht,  und  ein  Orakel  der  Nacht  daselbst®*). 
Bei  den  Orphikern  heisst  sie  die  hehre  Beisizerin  des 
Bakchos,  oder  seine  Mutter:  sie  mischt  sich  einer  Mä- 
nade  gleich  unter  die  naxischen  tanzenden  Nymphen, 
und  umgekehrt  weben  die  Chariten  dem  Dionysos  einen 
Peplos.  ®®)  Aus  manchen  Andeutungen  lässt  sich 
schliesseii,  dass  auch  auf  Kypros  Bakchisches  der 
Aphrodite  nicht  fremd  war,  und  was  namentlich  die 
von  Naxos  her  durch  Theseus  gestifteten  Feste  der 
Ariadne-Aphrodite  zu  Amathus  anlangt,  so  waren 
&ie  den  Oschophorien  sehr  ähnlich  5  als  Gemal  dieser 
Göttin  muss  aber  ohne  Widerrede  Dionysos  gedacht 
tverden.  Zur  Bestätigung  können  wir  noch  die  Mise 
anführen,  welche  sich  auf  Kypros®^)  der  Aphrodite 
in  einer  Weise  gesellt,  dass  wir  sie  nach  orphischer 
Lehre  für  gleich  mit  jener  halten  müssen ,  wobei  es 
uns  von  geringerer  Wichtigkeit  ist,  wo  man  ihren 
Ursprung,  ob  in  Phrygien,  oder  sonstwo,  suchen  muss, 
als  die  Gewissheit,  dass  sie  für  eine  Dionysosgemalin 
Kora  gilt. 

34)  Pausan.  7,  25.  5.  Vgl.  Anm.  27  ff. 

35)  Paus.  1,  40,  5. 

36)  Apollon.  V.  Rh.  4,  425. 

37)  Orpheus  Hymn.  42,  7.  ^  KvitQm  liqny  avv  IvauqütKo 

Kv3iQtlri.  Hesychios  Mtsmlg:  Mlßa  my  mgi  t^v  Mtjrig«  ns,  >;V 
aal  oftyvovM  (Schneid.  vSy  ntgi  MiddS-ws:  d  vno  Mlda 

ßacdtv&ivns  Mßwm  xal  wftyvoy  n,u  Mlda  »sov,  TiviS  fitinga  av- 
Tuü  kiyovmv. 


207 


In  den  Adonien  muss  Ares  als  eigentlicher  Ge¬ 
nial  der  Göttin  gefasst  worden  sein,  wie  daraus  her¬ 
vorgeht,  dass  er  es  ist,  welcher  den  Buhlen  Adonis 
verfolgt  und  tödtet.  Wie  in  den  etruskischen  Myste¬ 
rien  Hephaistos,  Aphrodite  und  Ares  zusam- 
menstehen,  so  in  den  Adonien  Ares,  Aphrodite 
und  Adonis.  Dort  ist  Ares  der  Buhle,  hier  Adonis. 
Ares  war  aber  ursprünglich  im  Thebischen  Kabiren- 
kulte  der  Beisizer  der  Aphrodite,  und  dies  stimmt  sehr' 
gut  mit  der  Bachgewiesenen  Verbindung  einerseits 
zwischen  Böotien  und  insbesondere  Theben,  und  Ama- 
thiis  andrerseits.*®)  Von  Theben  also  muss  Ares  nach 
dem  Hauptsize  des  Adoniskultes,  Amathiis,  gekommen 
sein,  wie  Zeus  nebst  andern  dodonäischen  Vorstellun¬ 
gen*®)  von  Dodona,  wenn  auch  die  Wege,  auf  wel¬ 
chen  dies  geschehen  ist,  nicht  mehr  in  ein  recht  klares 
Licht  zu  sezen  sind.  Dann  ist  hier  noch  eine  andere 
Myslerienfeier  zu  Amathus  zu  nennen:  die  den  Bak- 
chischen  Festen  ähnlichen  Hermap h ro d isien,  wel¬ 
che  aus  der  zweiten  Hauptquelle  Amathusischer  Kiiltej 
aus  Argos,  hergekommen  sind.  Es  gab  zwar  noch 
Mysterien  der  Demeter  auf  Kypros,  deren  Hauptsiz 
Paphos  war,  allein  diese  gehen  uns  hier  eicht  näher 
an.  Dagegen  dürfen  wir  hier  aber  nicht  unerwähnt 
lassen,  in  welche  Verhältnisse  Phaethon,  welchen  wir 
als  den  Kersos  zur  Kersa  Aphrodite  auf  Samothrake 
laut  Plinius  Zeugniss  kennen  gelernt  haben,  auf  Ky¬ 
pros  zur  Aphrodite  tritt.  Ob  er  auch  hier  eine  My¬ 
sterienbedeutung  hatte,  lässt  sich  bei  unserm  geringen 
A’orrath  an  Nachrichten  nicht  entscheiden,  aber  inte¬ 
ressant  ist  es  für  uns  den  samothrakischen  Gemal  der 
Aphrodite  auf  Kypros  dem  Adonis  sehr  ähnlich  als 

88)  Vgl.  Abschn.  1,  4  Anm.  58  ff, 

39)  Vgl.  Abschn.  1,  4  Anm.  59  und  öfter. 


208 


ihren  reizenden  Geliebten  wiederznfinden.  Nach  He- 
siodos  ist  er  ein  nächtlicher  Tempelwart  und  Opfer- 
koabe  der  Göttin,  dem  Kinyras  vergleichbar,  und 
Aphrodite  raubt  ihn  sich  selbst.  Ton  woher,  erfahren 
wir  nicht.  Nach  andern  Zeugnissen  ist  er  ein  Vor- 
fehr  des  Kinyras  und  in  die  attisch-kyprische  Genea¬ 
logie  des  Heros  als  ein  Sohn  des  Kephalos  und  der 
Eos  verflochten.  Doch  wir  müssen  auch  ihn  wie  den 
Adonis  einer  besondern  Betrachtung  unterwerfen,  weil 
die  gi^osse  Ausdehnung  ihrer  Mythen  uns  hier  allen 
Zusammenhang  zerstören  würde. 

Unter  den  Verbindungen  der  Aphrodite  mit  einem 
männlichen  Gotte  sind  die  mit  Ares  zu  Theben  und 
die  mit  Hephaistos  zu  Lemnos  am  berühmtesten 
geworden.  Hephaistos  ist  im  olympischen  Götterkreise 
der  rechtmässige  Gemal  der  Aphrodite,  Ares  nur  ihr 
Buhle;  durch  welche  Entwikkelung  der  Mythen  und 
Beligionsgescliichte  der  Lemnische  Beisizer  der  Göttin 
zu  einem  Aphroditegemal  und  zum  JSieger  über  den 
Thebischen  gehoben  wurde,  liegt  uns  im  Dunkeln. 
Aber  wenn  auch  noch  manche  üeberreste  einer  hohen 
Bedeutung  der  Verbindung  von  Ares  und  Aphrodite 
vorhanden  sind,  wie  vielen  Einfluss  auch  diese  Ver¬ 
bindung  auf  den  ganzen  Mult  der  Göttin  gehabt  haben 
mag,  zu  einer  allgemeinen  Geltung  ist  diese  Verbin¬ 
dung  in  der  hellenischen  Religion  nicht  gekommen. 
Es  sind  hauptsächlich  nur  örtliche  und  mystische  Kulte, 
in  welchen  sie  festgehaltea  wurde;  bei  den  Orphikern 
blieb  Ares  der  Gatte  der  Kypris.  ln  Thrakien  waren 
Ares  und  Aphrodite  Hauptgottheiteii,  und  in  der 
römischen  Staatsreügioii  wnirde  dieses  Paar  der  Mittel¬ 
punkt  alles  religiösen  Dienstes.  Zu  Megalopoiis  in 
Arkadien*®)  kehrt  zunächst  die  ganze  ThebisclieVer- 


40)  Paus.  8,  23,  i. 


( 


209 


einigung  von  Aphrodite  nud  AreSj*‘)  and  den 
dreifachen  Bildern  der  Göttin  wieder.  Der  Altar  des 
Ares  wird  n-ns  als  sehr  alt  genannt.  Aof  dem  Wege 
von  Argos  nach  Mantinea  stand  ein  doppelter  Tempelj 
der  eine  nach  Osten  gewendet,  der  andere  nach  We¬ 
sten,  jener  gehörte  der  Aphrodite,  dieser  dem 
Ares.*^)  Die  Gründung  dieses  Tempels  soll  von 
Polyneikes  und  den  Argivern  ausgegangen  sein. 
Wie  jener  deutlich  auf  einen  Thebischen  Ursprung  zu- 
rükkweist,  oder  doch  wenigstens  eine  Verbindung  des 
alten  Arkadischen  mit  dem  Thebischen  zulässt.  Es 
ist  aber  gar  nicht  unmöglich,  dass  auch  der  von  Po¬ 
lyneikes  und  den  Argivern  gegründete  Tempel  von 
Theben  ausgegangen  ist,  ja  dass  sogar  überall,  wo 
Ares  und  Aphrodite  vereint  Vorkommen,  nach  einer 
uralten  Thebischen  Quelle  gesucht  werden  muss.  ~ 
Zu  Athen  standen  im  Tempel  des  Ares  ebenfalls 
zwei  Aphroditebilder;  nur  fehlt  hier  das  dritte.  In 
Sparta  befand  sich  eine  A  phrodite  -  Areia,  ««) 
welche,  wenn  sie  auch  in  hellenischer  Zeit  einer  an¬ 
dern  Deutung  unterworfen  ist,  mir  doch  unzweifelhaft 
auf  einen  alten  Verein  des  Ares  mit  der  Aphrodite 
hinzuweisen  scheint.  Die  Schriizbilder  in  ihrem  Tem¬ 
pel  waren  so  alt,  wie  Pausanias  nur  irgend w’o  unter 
den  Hellenen  ähnliche  gesehen  hatte.  Diese  Ares- 
Aphrodite  oder  Aphrodite  des  Ares  hat  in  hel¬ 
lenischer  Zeit  dieselbe  Verwaiidiiing  durchgemacht, 
welche  ihr  Gemal  Ares  ihr  vorzeichnete,  nachdem  er 
zum  rohen  Kriegsgott  verwildert  w^ar,  und  die  W  a  f- 
fen,  welche  man  ihr  aniegte,  liessen  sie  als  eine 

41)  Den  Thebischen  Kult  s.  oben  Abschn.  1,  3  Anm.  48  ff. 

42)  Paus.  2,  25,  1. 

43)  Paus.  1,  8,  5. 

44)  Paus.  3,  17,  5, 

ir. 


14 


210 


Kriegsgöttin  erscheinen.  In  diesem  Sinne  sagt 
auch  Plutarch*®)  von  ihr:  als  Aphrodite  den  Eurotas 
überschritten,  legte  sie  ihren  Spiegel,  den  Schmukk 
und  Gürtel  ab,  und  nahm  Spiess  und  Schild.  Er  er¬ 
läutert  sie  hier  aus  dem  Charakter  des  spartanischen  ^ 
Volkes,  wie  er  an  einem  andern  Orte  zu  verstehen  i 
giebt,  dass  die  Spartaner  die  Aphrodite  bewaffnet,  I 
ivonXiog,  verehrten,  weil  sie  alle  Gottheiten,  weibliche  jl 
Süwol  als  männliche,  mit  Waffen  versähen,  als  wenn 
sie  insgesamt  kriegerische  Tugenden  besässen.  ) 
Danach  würde  es  also  noch  gar  nichts  Auffallendes 
haben,  wenn  sie  auch  die  Aphrodite  bewaffnet  hätten,  • 
allein  dass  diese  ihre  Bewaffnung  ursprünglich  auf 
eine  tiefere  Bedeutung  zurükkzuführen  ist,  sehen  wir 
daraus,  dass  sich  diese  Anschauung  auch  anderwärts 
hin  verpßanzte  und  eine  sehr  allgemeine  Vorstellung  i 
wurde,* ’j  wie  man  dies  von  den  übrigen  spartanischen 


45)  Phitarch  Ptüficdiav  Tvxn?  Kap.  4. 

46)  Plutarcli  Ta  nakaia  iüjv  Auxtdaifiov.  lnati<^sv^ara.  27. 

47)  Vgl.  das  Epigr.  des  Ungenannten.  Anthol.  4  S.  168.  Nr. 
249.  Auswahl  1,  47  Jacobs.  Alexander  d.  Aetoler.  Gr.  Anthol. 

1  S.  207.  Leonidas  v.  Alexandr.  Gr.  Anthol.  2,  179.  Nr.  24. 

^'AQios  fVre«  TCivTa  ili/os  V  K.vD'iQBa 

iififidvßaiy  x'ti'iifü  Tovio  fftQovßa  ßÜQoSf 

avTov  yvfj.v^  yciQ  uffißTikiaai.  a  df  Xikuntav 
xal  9fog,  cw9Q(änoiS  on)M  ftärnv  inaym. 

Philippos  Gr.  Anthol.  2,  210.  Nr.  54.  Ausw.  1,  46.  Julian; 
Epigr.  3  S.  101  Nr.  31.  Koluthos  Raub  der  Helena,  V.  1.59. 
Nonnos  34,  55  ff.  nennt  sie  yalxoiAtdtjg  und  macht  sie  zur  Ge¬ 
fährtin  des  Bakchischen  Zuges.  Diese  Aphr.  schildert  er  mäch¬ 
tiger  als  Ares.  35,  175. 

Mn  Snd^Tng  inlßnOt  fiaxiuong  lye  noUrat  \ 

Xttlxiop  ihSog  s/ovat  xoQvaffo/Lih'n?  'Afqo^lirj?. 

D.  IVlagn.  Ausonius  42  und  43.  Statius  Theb.  9,  822-  Ar-  i 
nob,  4,  7.  Etiamne  militaris  Venus  castrensibus  plagiis  ! 


211 


Gottheiten,  deren  Bewaffnung  auf  äusserlicher  Veran¬ 
lassung  beruhte,  nicht  sagen  kann.  Also  aus  jener 
allgemeinen  Sitte  der  Spartaner  lässt  sich  diese  An¬ 
schauung  der  Aphrodite  ebenso  wenig  erklären,  als 
man  sonst  einen  genügenden  Grund  für  dieselbe  wird 
ausfindig  machen  können,  wenn  man  sie  nicht  auf  ihre 
pelasgisch-kabirische  Verbindung  mit  Ares  zurükk- 
führt,  von  welcher  sie  auch  den  Namen  Ar  eia  führte, 
und  dass  sie  nach  seinem  Vorgänge.,  und  vorzugsweise 
in  Sparta  Waffen  anlegte.  Auch  dürfte  noch  für  diese 
Meinung  das  Zeugniss  des  Antipater  von  Sidoe*®) 
sprechen,  welcher  diese  geharnischte  Aphrodite  gerade¬ 
zu  die  Gattin  des  Ares  nennt  5  dann  wird  sie  noch 
in  einem  andern  Epigramm  in  dieser  Vorstellung  aus- 
drükklich  auf  Ares  bezogen.  Ares  ist  aber  hier  ur¬ 
sprünglich  nicht  der  blosse  Kriegsgott,  sondern  ist  als 
ein  Kersos  zu  nehmen  5  schwerlich  würde  sonst  die  be¬ 
waffnete  Aphrodite  den  M  ö  r  e  n  zugesellt  erscheinen/  ®) 


praesidet  et  puerorum  stupris?  Prudentiüs  C.  Syinm.  2,  S34. 
armata  Venus.  —■  Ueber  Aphrodite  als  Rossgöttin  s.  unten. 

48)  Antip.  in  zwei  Gedd.  Gr.  AntlioL  2  S.  15  Nr.  33. 

xc(t  UBoi  CU?  Maqln  »mQ^icem,  n  «1«  [i«U.oP 
«cdf  UBop  Haqiri,  y.at  m^oßip.  ^»dop  thm, 

Ebend.  2  S,  15  Nr.  34  Ausw.  1,  49. 

xal  Kvnqi?  Snäqtag.  ■  ovx  ammv  oid  t  |y  dUoiä 
tdQvmi,  ^ualaxdg  imcifitpa  eroUiag. 
äkXd  xum  XQcitoS  /dtp  ijf»  zoqvp  dm  xttXvTtToaif 
uvtl  de  y^qvGtmp  dxQSfioPiop  xdfxaxa. 
ov  ydg  nvyiaiP  ilpat,  dlya,  tap  nu^cvMm 
"EpvuUov  xal  AttX.sdmp,opkiP. 

Antiraachos  Gr.  Anthol.  1,  48. 

Tints,  jxöS^iap  uTkifTog,  ’Epvaltoto  Mloyyas, 

KvTiQi;  rk  6  xpivami  eivypd  x«9-mpB  pmtiP 
MpTia;  col  yuQ  ^Eqwrag  irflfisQM  U.  S.  W. 

49)  Corp.  Inscript.  Gr.  1,  3  S.  683  Nr.  1444.  Spartaii.  Inschr. 
Moiqwp  AayicfiüP  xal  A'f  qodikrfi  iponltoVi 


212 


Aber  wie  man  sich  gewöhnte,  diese  Eigenschaft  der 
Göttin  aus  einem  kriegerischen  Sinne  derselben  her¬ 
zuleiten,  leuchtet  besonders  daraus  hervor,  dass  man 
die  Errichtung  des  Bildes  der  Aphrodite- Areia 
an  eine  Grossthat  der  spartanischen  Frauen  aus  dem 
jllessenischen  Kriege  anknüpfte.  Bei  Homer  aber 
verweist  Zeus  der  Aphrodite  gänzlich  die  Einmischung 
in  Krieg  uud  Kampf,  und  ermahnt  sie,  dafür  an  die 
Werke  der  Hochzeit  uud  Ehe  zu  denken.  Von  selbst 
gesellte  sich  die  Auslegung  dieser  geharnischten  Aphro¬ 
dite  als  einer  über  alle  Macht  uud  Stärke  triumphiren- 
den  Gottheit  hinzu.'") 

Ton  Sparta  ausgehend  finden  wir  diese  Ares- 
Aphrodite  oder  bewaffnete  Aphrodite  zunächst  in  Ar¬ 
ges.  Die  Heldenthat  der  Argiverinnen  unter  Anfüh¬ 
rung  der  Telesilla  gegen  die  Spartaner  gleicht  jener 
Erzählung  von  den  spartanischen  Frauen  gegen  die 
Messenier  sehr.  Nach  derselben  errichteten  die  Ar¬ 
giverinnen  dem  Ares  eine  Bildsäule,'^)  und  Tele- 
sillas  Bild  ward  vor  dem  Tempel  der  Aphrodite  auf 
eine  Säule  gestellt.'®)  Daraus,  dass  sie  vor  dem  j 
Tempel  der  Göttin  steht,  und  dass  sie  nicht  auf  die  ! 
Bücher  sieht,  w'elche  vor  ihren  Füssen  lagen^  sondern 


50)  Laktanz  De  falsa  relig.  1,  20. 

51)  Gerhard  Hyperb.  röm.  Stud.  Alle  jene  durch  Waffen 
und  M  e  e  re surspruiig  als  Herrscher  über  das  Chaos  bezeich- 
nete  Gottheiten,  die  bewaffnete  und  ausgefischte  Aphrodite  Ura¬ 
nia,  Artemis  Diktynna,  Apollon  Delphinios  und  Artemis  Delphi- 
nia  waren  durch  ihre  fremdartige  Gestalt  und  Bedeutung  sehr 
geeignet  für  entfernte  Mächte  zu  gelten,  die  man  versöhnen 
musste,  ohne  ihren  unmittelbaren  Einfluss  auf  der  Menschen  Be- 
dürfniss  abzuwarten. 

52)  Plutarch  ’AQsral  yw.  .5. 

53)  Pausa n.  2,  20,  7  ff.  Vgl.  Polyän  Strateg- 8,  33.  Siii- 
das  TiUmllu,  Klem.  v,  Alex.  Strom.  3. 


2J3 


mit  WohIg:efalIen  auf  einen  Helm  blikkt,  den  sie  in 
der  Hand  hielt  und  auf  ihr  Haupt  sezen  wollte,  erhellt 
es  zur  Genüge,  dass  es  eine  sich  bewaffnende  Aphro¬ 
dite  war,  in  deren  Form  hier  die  kriegerische  und 
siegreiche  Telesilla  gefasst  wurde.  Auf  diese  Be¬ 
gebenheit,  deren  geschichtlicher  Werth  bereits  von 
anderer  Seite  gewürdigt  ist,®*)  wurde  die  Errichtung 
von  Heiligthümern  des  Ares  und  der  Aphrodite  zu- 
riikkgeführt,  welche  ohne  Frage  viel  älter  sind,  und 
als  hervorgegangeo  aus  dem  alten  Naturkulte  von 
Argos  befrachtet  werden  müssen.  Aber  Ares  und 
Aphrodite  scheinen  hier  in  einer  ähnlichen  Verbindung 
wie  Zeus  und  Hera  gestanden  zu  haben,  wenn  sie 
uns  in  obiger  Begebenheit  auch  nur  als  einfache  Kriegs¬ 
gottheiten  entgegentreten.  Die  richtige  Deutung  der 
angeblichen  Bildsäule  der  Teiesilia  auf  eine  Aphro¬ 
dite  und  zwar  auf  eine  sieghrin gende  Kriegs¬ 
göttin,  wird  nicht  allein  durch  eine  richtige  Ansle“ 
gung  des  Bildes  vor  ihrem  Tempel  und  die  Würdi- 
gung  jener  Fabel  von  der  Telesilla  verbürgt,  sondern 
j  erhält  noch  durch  die  Nachricht  von  einer  andern  Seite 
f  her  ihre  Bestätigung.  Hypermnestra,®  *)  eine  der  Töch¬ 
ter  des  Danaos,  hatte  von  den  Söhnen  des  Aigyptos 
den  Lynkeiis  zum  Bräutigam  erhalten.  Sie  tödtete  ihn 
aber  nicht  in  der  Brautnacht,  wie  ihr  befohlen  war, 

I  und  der  Vater  führte  sie  deshalb  vor,  Gericht.  Die 
Argiver  sprachen  die  liebende  muthige  Tochter  des 
Danaos  frei,  und  diese,  so  erzählt  die  Sage,  gründete 
darauf  der  Siegerin  Aphrodite,  einen 

Tempel  in  der  Nähe  des  Hermes.  Wenn  auch  diese 
Erzählung  von  der  liebenden  Danaostochter  älter  als 
1  jmievon  der  Telesilla  ist,  so  bleibt  sie  doch  nichts 


54)  Otfr.  Müller  Dor.  1,  173. 

55)  Pausa  11.  2,  19,  6. 


214 


desto  weniger  eine  geschicMliche  Einkleidong  Wr  dos 

VerstKndniss  der  Ares  -  Aphrodite,  der  neg 

sehen,  siegreichen  Göttin. 

Zu  Sorinth“)  war  die  Aphrodite,  welche 
Dreiverein  mit  Helios  und  Eros  ^tond,  bewatrimt  nn 
ebenso  war  das  berühmte  Bild  der  jy_ßh 

thera”)  mit  Waffen  versehen,  mnthmasshch  d 
Einwirknngen  von  Sparta  her  auf  ''f'" 

Kypros  führte  sie  in  dieser  Eigenschaft  den  Aamen 
Inelg,  die  Lanzenaphrodite.”)  Leider  wissen  wir 

„?cht,  ob  sie  so  in  einer  Stadt  der  lakedämonischen 
Kolonie  vorkam,  oder  wo  sonst  und  m 
dehnong  sie  Geltung  hatte  auf  dem  ^1«'"  f  f 
Endlich  kommt  sie  noch  in  Kn, dos  f 

und  dasNikephoriouzoPergamom,  ' 

dite  ‘  •)  verelirt  wurde,  lässt  auf  eine  P 

dite,  nxi^fOQOQj  wie  zu  Argos  schliessen. 


56)  Paus.  2,  4,  7,  änha^tvn. 

57)  Ders.  3,  23,  1-  , 

58)  Hesych.  tyxmst  ^Af^oätn-  Rinom. 

59)  Polybios  17,  2-  . ..  i  a  ß  Eine  siegreich 

60)  Vgl.  V±eschenk  de,  Sophi- 

und  marzialisch  blikkende  Ap  i. ,  photios  242.  S,  342. 

,teaHerodes,le,chreib,Dama,k.o,be,Jbot.ojJ«^^^ 

BÖkh  Eine  sich  in  Ares  Schilde  spiegelnd  p  v7-.i„„:p  . 

“  Eil  selrhe  Eigur  üud.t  m.u  a«f  deu  Muur.a  der  , 

Koriath,  wahrscheinlich  f  ^  „  „  4^)  die  statne  1 

ehrte.  Damit  stimmt  nach  Mdlmge  C  ^ 

V.  Capua  genau  überein,  -welche  den  li 

sezt.  Winkelm.W  4,  114.  derRechten  hält'. 

auf  einen  Helm  mederschauend,  den  sie  i  ^affe 

mit  dem  linken  aufgestüzten  Arm  eine  Palme  ^ 
haltend,  auf  Gemmen.  Vielleicht  das  y  w 
CaesarDion.Kass.43,  43. 

Stat  funesta  Venus  ferroque  accincta  f“"^e 
Adjuvat  (linde  manus?  unde  haec  Mavprtia  divae 

Poctora?)  I 


215 


Es  ist  natürlich  nicht  nothwendij^,  dass  wo  Aphro¬ 
dite  mit  Ares  vorkommt,  dort  auch  schon  an  eine  be¬ 
waffnete  Göttin  zu  denken  ist,  dies  ist  vielmehr  nur 
eine  abgeleitete  Eigenschaft.  Die  einfache  Auffassung 
des  Ares  und  der  Aphrodite  finden  wir  in  den  klein- 
asiatischen  Ländern  zu  Ephesos,  wohin  beide  wahr¬ 
scheinlich  von  Athen,  hingekommen  waren.  Auch  in 
den  aphrodisischen  Mythen  Lydiens  kommt  Ares  vor: 
Tmolos  ist  ein  Sohn  des  Ares  und  der  Theogone.®') 
Wichtig  ist  aber  die  Ehe  des  Ares  und  der  Aphro¬ 
dite  in  dem  troischen  Mythenkreise  geworden.  Zwar 
sind  die  Nachrichten  und  Winke  hierüber  nur  sehr 
sparsam,  aber  die  Einwirkungen  auf  den  römischen 
Mythenkreis  sehr  bedeutend.  Es  muss  in  jenem  Lande 
eine  Lehre  gegeben  haben,  nach  welcher  Ares  der 
Gemal  der  Aphrodite  gewesen  war,  denn  Äeneas, 
Aphroditens  geliebterSohn,  nennt  seinen  Vater  A  res.®*) 
Diese  Verbindung  muss  aber  ganz  über  das  Verhält- 
niss  der  Göttin  zum  Anchises  vergessen  sein,  in  der 
Weise,  wie  auf  Kypros  der  Gemal  über  das  Verhält- 
niss  der  Aphrodite  zum  Adonis  in  den  Hintergrund 
trat  und  in  Vergessenheit  gerieth.  Bei  Homer  kommt 
nichts  hiervon  vor,  wenn  man  nicht  die  flüchtige  An¬ 
deutung  einer  Neigung  zwischen  Aphrodite  und  Ares 
hieher  rechnen  will.®®)  Der  Dienst  des  Ares  steht 
i|  dnrchgehens  im  Interesse  der  Aeneaden.  In  der  Ilias 
ruft  er  die  Troer  zur  Vertheidigung  des  Aeneas  auf 
und  geht  selbst  für  den  Aeneas  um  der  Aphrodite 
!  Willeu  und  auf  Apollons  Geheiss  in  den  Streit,®*) 

;  sucht  auch  dem  Aeneas  die  Ehre  der  Erlegung  dee 


61)  Plutarch  V.  d.  Flüssen  7,  5. 

62)  Virg.  Aen.  3,  34. 

63)  Hom.  11.  21,  616  ff.‘ 

64)  Ilias  5,  456.  458.  467. 


216 


Menelaos  zuauwenden.  *  * )  Spuren  des  Ares  finden 
sich  auch  in  Ophrynion,  bestimmter  aber  tritt  er  noch 
in  Kyzikos  hervor.  In  Lampsakos  finden  sich  An¬ 
knüpfungspunkte  für  die  bithynische  Sage  vom  Ares 
als  Schüler  des  Priap  im  Waffentanz. 

Ares  hatte  einen  verbreiteten  Namen  nur  in  den 
Systemen  ältester  griechischer  Götterlehre,  und  nur 
aus  dem  Andenken  früheren  Dienstes  ist  es  zu  erklä¬ 
ren,  wie  er  unter  die  olympische  Zwölfzahl  aufge¬ 
nommen  werden  konnte.  Wenn  er  nun  auch  neben 
Aphrodite  und  in  den  italisch-pelasgischen  Kulten  vor¬ 
kam,  so  muss  er  nach  Rom  doch  noch  auf  einem  an¬ 
dern  Wege,  durch  den  troischen  Sagenkreis,  gelangt 
sein,  weil  Ares  sonst  schwerlich  eine  so  hohe  Stelle 
neben  Aphrodite  in  Rom  erlangt  haben  würde,  wenn 
er  nicht  zugleich  mit  den  Mythen  gebracht  wäre,  auf 
deren  Grund  die  römische  Staatsreligion  aufgebaut 
wurde.  So  stehen  Ares  und  Aphrodite  an  der  Spize 
\  derselben;  sie  werden  als  Urheber  des  Geschlechtes 
des  Romuius  und  der  Caesaren  betrachtet,  ja  als  Ur¬ 
heber  des  ganzen  römischen  Volkes,  dessen  Vater 
Ares  heisst  und  dessen  Mutter  die  Aphrodite,  die  Zeu¬ 
gerin,  genitrix,  ist.*®)  Daher  heisst  Ares  auch  noch 
bei  Ovid  der  Gemal  der  Aphrodite,®’)  und  auch  die 
Aphrodite  vom  Eryx  wird  dem  Ares  beigesellt.®®) 
Mit  dem  Namen  der  beiden  Gottheiten  Hess  Romuius 
auch  das  römische  Jahr  beginnen,  Die  Auffassung 
der  bewaffneten  Aphrodite  musste  den  Römern  sehr 


65)  Ilias  5,  564. 

66)  Marrob.  Saturn.  1,  12.  ut  hi  potissiinum  anni  principia 
servarent,  a  quibus  esset  Romani  nominis  origo,  cum  hodieque 
ia  sacris  Martern  patrem,  Venerem  genitricem  vocemus, 

67) -  Ovid  Fast!  4,  130. 

68)  Livius  22,  10. 


217 


erwünscht  kommen  und  Caesar  schrieb  gern  seine 
Siege  seiner  Mutter  zu,  welcher  er  unter  dem  Namen 
der  Venus  Victrix  einen  berühmten  Tempel  weihte. 

Aphrodite  und  Hephaistos. 

Weit  weniger  ausgebreitet  als  diese  Verbindung 
des  Ares  und  der  Aphrodite  ist  die  des  Hephaistos 
und  der  Aphrodite,  und  diese  hat  hauptsächlich  ihre 
Bedeutung  nur  dadurch  erhalten,  dass  im  olympischen 
Götterstaate  Hephaistos  der  Gemal  der  Aphrodite  wurde. 
Aber  dies  ist  nicht  die  einzige  olympische  Verbindung 
der  Aphrodite,  denn  zu  Sparta  bei  der  Skias  stand 
ein  heiliges  Gebäude,  in  welchem  Zeus  und  Aphro¬ 
dite  als  Olympische  Gottheiten"®)  verehrt  wurden. 
Offenbar  ist  sie  hier  in  einer  höheren  Bedeutung  ge¬ 
fasst,  als  eine  Hephaistosgemalin  irgendwo  sein  konnte. 
Sie  nimmt  hier  als  Herrscherin  des  Olyrapos  den  Siz 
der  Hera  ein,  und  thront  neben  Zeus,  wie  als  pehis- 
gische  Gottheit  neben  demselben  zu  Dodona  und  auf 
Kypros.  Wenn  diese  Verbindung  auch  nur  einzeln 
dagestanden  haben  sollte,  so  darf  man  nicht  unbeachtet 
lassen,  wie  dieselbe  auch  in  ihrer  etwaigen  Verein- 
i  zelung  für  den  in  der  Aphrodite  enthaltenen  erhabenen 
Begriff  zeugt,  und  dies  um  so  mehr,  da  sie  uns  in 
Sparta  als  eine  Zeusgemalin  begegnet.  Beide  haben 
aber  auch  Kinder,  und  dies  sind  Eros  und  Chariten, 
Die  Ehe  des  Hephaistos  mit  der  Aphrodite  kann 
schwerlich  anderswoher  als  aus  dem  Lemnischen  Kabi- 
renkulte  henmrgegangen  sein.  Welche  Stellung  He¬ 
phaistos  in  demselben  einnimmt,  ist  bekannt.  Ihm  zur 

I 


69)  Paus.  3,  12,  9.  Ufos  rfi  oha6nn^d  Im  m- 

QifffQf?,  iv  di  avT^  Athi  xai  ^AifQodltifS  dyalfiam  iniicl^atv’Olvunlmi'. 

Vgl.  Anm.  31. 


218 


Seite  als  eine  Kersa  steht  die  Kabeiro,’“)  ein  all- 
o-emeiner  Name  für  die  Kabirengöttin,  welche  sicher- 
lich  wie  als  eine  Demeter  oder  Athene,  so  anch  als 
eine  Aphrodite  gedeutet  werden  kann,  und  aus  dieser 
pelasgischen  Vereinigung  bildete  sich  die  zu  allge¬ 
meiner  Geltung  gelangte  hellenische  Ehe  zwischen 
Hephaistos  und  Aphrodite  hervor.  Auf  diese  Weise 
können  wir  uns  nur  das  unerfreuliche  Bild  erklären, 
welches  der  russige  lahme  Schmiedegott  als  Gatte  der 
feinen  und  zarten  Göttin  der  Liebe  und  Holdseligkeit 
bietet.  Mit  demselben  Rechte  hätte  auch  einer  der 
andern  Galten  der  Aphrodite  in  den  pelasgischen  Kul¬ 
ten  zu  dieser  Ehre  erhoben  werden  können,  da  ur¬ 
sprünglich  dieselben  Elemente  dazu  Vorlagen.  Es  ist 
keine  religiöse  Auffassung,  sondern  eine  ethische  Deu- 
tun«*  der  Ehe,  wenn  man  in  derselben  die  Verbindung 
des^kunstfertigen  Werkmeisters  Hephaistos,  welcher 
durch  seine  Gebilde  Werke  der  Schönheit  ins  Leben 
ruft  mit  der  Göttin  der  Schönheit  findet.”)  Ethische 
Deutungen  werden  sich  überall  auffinden  lassen,  wo¬ 
von  man  sich  leicht  aus  Phurnutos  überzeugen  kann. 

Der  Aphroditekult  auf  Lemnos  wird  uns  nament¬ 
lich  durch  das  achttägige  Sühnungsfest”)  verbürgt, 
welches  man  dort  der  Aphrodite  feierte,  und  durch 
jene  Sage  von  den  lemnischen  Frauen,  welche  den 
Dienst  der  Aphrodite  vernachlässigten,  darüber  sich 


70)  Akusilaos  und  Pherekydes  bei  Strabon  10,  472. 
Vgl.  Welker  Aesch.  Trilogie  S.  164  ff.  213^  ff. 

71)  Pliurnutos  &mQicc  nsQt  rijg  twv  (fvGsa?.  Kap.  29. 

Die  Aphr.  ist  s.  Gemalin :  w?  yaq  qa^iv  i/av  m  tt/wz« 

fpy«  oSm  xal  nva  aiwli  inaQiyHV  Uyofiiv.  f,  /xr, 

JinUoTcammo.  Ethische  Deutung  auch  bei  Stuhr  Religions- 
systeine  2,  383. 

72)  S.  die  Quellen  Abschn.  5  Kult  v.  Lemnos. 


219 


aber  den  Zorn  der  Göttin  zuzogen.  Ferner  kann 
Aphrodite  ihre  Beziehung  auf  Feuersgewalt^  wie  es 
scheint,  nur  durch  Lemnischen  Dienst  erhalten  haben. 
Ihr  gehorchen  die  Flamtuen/®)  und  deriAeneas  rettet 
sie  aus  dem  Feuer.’ Als  er  von  Zeus  die  Aphro¬ 
dite  zur  Gemalin  erhalten  hatte,  baute  er  ihr  einen 
sehr  künstlichen  ehernen  Palast  auf  Lemnos, ’*)  oder 
auf  dem  Olympos  zu  Kypros. Im  Allgemeinen  war 
aber  der  Dienst  dieses  Paares  sehr  wenig  verbreitet  s 
nur  noch  zu  Athen  finden  wir  einen  Tempel  des  He¬ 
phaistos  und  nahe  dabei  einen  andern  der  Aphrodite 
Urania. 

Uebrigens  heisst  Aphrodite  schon  in  der  Odys¬ 
see  ”)  die  Gemalin  des  Hephaistos,  und  wenn  es  int 
der  Ilias’®)  Charis  ist,  oder  bei  Hesiod  Aglaia,’®) 
so  sagt  dies  nicht  mehr  und  nicht  minder,  als  wenn 
Aphrodite  selbst  es  ist,  da  die  Chariten  erst  ausEigen- 

73)  Virg.  Aen.  2,  632  ducente  dea  (Aphr.)  flammam  inter 
et  bestes. 

74)  Quintos  v.  Smyrna  13,  328. 

75)  Ap  ollon.  V.  Rh.  3,  39.  ff, 

tQXfa  cP’  Hffsl&ovffat  in  alS-uvö^  O-alä/Aota 
tenuv,  %v  ivthvtcSY.i  9-icc  )J}(os  ^Hfcdamto- 
dkl’  0  [^iv  fts  xcclxmpa  xai  axfjcovas  ßsß^x$t 
p^aoio  nkayxT^S  tv^iiv  ^ivyiv,  m  f.n  ndrrct 
dulcSaka  ydkxivs  Qmp  nvQoS.  4  povmj 

^ßw  fPofio}  ^ivmov  uvet  fpQÖPov,  upra  d-vqdmp, 

76)  Klaudian  De  nupt,  Hoiior.  et  Mar.  87  ff. 

Lemnius  haec  etiam  gemmis  extruxit  et  auro, 

Admiscens  artem  pretio,  trahibusque  smaragdis 
Supposuit  caesas  hyacinthi  rupe  columnas. 

Berylle  paries  et  jaspide  lubrica  surgiint 
Limina,  despectusque  solo  calcatur  achates. 

77)  Od.  8,  266  ff.  Servius  Virg.  Aen.  8,  373. 

78)  II  18,  382.  Phurnutos  Kap,  19. 

79)  Hes.  Theog.  945. 


220 


schäften  der  Aphrodite  abgezogen  sind,  and  nnr  au- 
sondere  Seiten  derselben  darstellen.  Es  konnte  also  k 
ohne  wesentliche  Aenderung  des  Begritfs  eine  von  h 
diesen  ihm  als  Gemahlin  genannt  sein,  und  wo  dies  i 
geschieht,  ist  es  vielleicht  gar  nur  dichterische  Auf-  | 
fassiing.  Das  Verhältniss,  in  welchem  Ares  in  einer 
ganzen  Reihe  pelasgischer  Kulte  zur  Aphrodite  stand,  [ 
bleibt  aber  in  hellenischem  Bewusstsein  nicht  verges¬ 
sen.  Ares  tritt  jedoch  hier  nach  den  Erfordernissen 
der  religiösen  Ansichten  in  die  Stelle  eines  Buhlen  t 
zur  Aprodite  neben  dem  als  rechtmässigen  Gemal  an-  i 
erkannten  Hephaistos,  wie  nach  kyprischcr  Auffassung  it 
der  Buhle  Adonis  neben  dem  rechtmässigen  Gemal  t 
Ares  steht.  Durch  jene  Auffassung  ist  das  bekannte  it 
Mährchen  von  der  Buhlschaft  des  Ares  mit  der  Ky-  > 
pris  im  Ehebette  des  Hephaistos  ®“)  entstanden,  wor-  [ 
auf  man  allenfalls  die  leichte  und  flüchtige  Andeutung  | 
eines  zärtlichen  Verhältniss  des  Ares  zur  Aphrodite  I 
in  der  Ilias  beziehen  kann.  Wir  müssen  also  unter  • 

80)  Hom.  Od.  8,  266  ff.  Ein  episches  Tanzlied,  welches 
dazu  dient  die  Heiterkeit  des  Mahles  zu  erhöhen.  Vgl.  Lnkian 
üeber  den  Tanz.  K.  63.  —  Homers  Leben  in  Galis  Opusc.  : 
myth.  S.  328.  400.  494.  Plutarch.  Wie  man  Dichter  1.  m. 
Kap.  4.  Eudok.  S  14  ff.  Ovid  ars  am.  2,  561  ff.  Manso 
Mytholog.  Versuche  S.  101  ff.  Später  ist  diese  Fabel  sehr  viel 
behandelt  worden.  Ovid  Met.  4,  171  ff.  Amor.  1,  9,  39.  Trist. 

2,  377.  Virg.  Georg  4,  345,  Pap.  Stat.  Silv.  l,  2,  59.  Ju- 
venal,  Sat.  10,  312.  Interessant  ist  noch  die  Behandlung  von  . 
einem  späten,  aber  nicht  geistlosen  Dichter  Reposianus 
Connub.  Martis  et  Ven.  Während  die  andern  Dichter  den  Ehe¬ 
bruch  im  Hause  des  Hephaistos  vergehen  lassen,  dichtet  dieser 
einen  Wald,  und  man  vermuthet  bei  der  Beschreibung  desselben 
zunächst  den  Malischen,  allein  deutlich  spricht  er  es  aus,  dass 
er  ihn  in  die  Nähe  von  Byblos  seze.  Vgl.  33. 

Lucus  erat  Marti  gratus,  post  vulnera  Adonis  | 

Pictiis  amore  deae  u.  s.  w. 

Die  Adoiiissage  wird  nächst  Kypros  gegenüber  auf  das  feste  Land 
verpflanzt,  Adonis  Tod  zum  Theil  auch  dorthin  verlegt. 


221 


der  leichtfertigen  Hülle  ^  unter  welcher  ung  dieses 
Währcheu  vorgetragen  wird,  einen  tiefem  Sinn  er¬ 
kennen.  Die  heitere  uogenirte  olympische  VFeltan- 
sicht  betrachtete  diesen  Ehebruch  gjinz  anders.  Diese 
sah  im  Ares  nur  den  beglükkten  Buhlen  des^  liebens¬ 
würdigsten  und  genusssüchtigsten  Weibes,  welches 
sich  über  die  lästigen  Zwängnisse  des  Ehestandes  hin- 
wegzusezen  verstand,  weil  sie  gerechte  Ansprüche  auf 
Zärtlichkeit  hatte,  welche  der  unbehülfliche  Ehemann 
der  schlauen  Frau  nicht  zu  leisten  vermochte.  Der  an  Er¬ 
fahrungen  dieser  Art  so  reiche  Olymp  hat  nie  ein  Ereig¬ 
niss  erlebt,  welches  mehr  belustigt  hätte,  als  der  Fang  des 
Ares  und  der  Aphrodite  durch  Hephaistos  im  Neze;  ein 
Schauspiel  vor  den  Augen  der  versammelten  Götter,  wel¬ 
ches  der  ganze  Olymp  mit  dem  lautesten  Gelächter  be¬ 
trachtete. 

Den  Begriff  einer  zärtlichen  Liebe  zwischen  Ares 
und  Aphrodite  hielt  man  noch  später  fest  und  das 
eheliche  Verhältniss  des  Hephaistos  zur  Kypris  wird 
ganz  aufgehoben,  wenn  er  ihr  Gegner  heisst  **),  wo¬ 
fein  diese  Auffassung  nicht  bloss  auf  den  durch  seine 
eheiiclie  Kränkung  erzeugten  Hass  zu  beziehen  ist. 
Im  römischen  Kult,  wo  Ares  der  gesezmässige  Gatte 
ider  Aphrodite  ist,  wird  die  Buhlschaft  gewissermassen 
umgekehrt,  und  Romulus  erbaut  des  Hephaistos  Tem¬ 
pel  ausserhalb  der  tstadt,  weil  Ares,  dessen  Tempel 
mit  dem  der  Aphrodite  sich  innerhalb  der  Stadt  he- 
ifand,  auf  jenen  eifersüchtig  sei  «  *).  Sage  und  Poesie 
spinnen  das  heitere  olympische  Mährchen  noch  weiter 
bU  Ovid  Heroid.  15,  91. 

Hunc  Venus  in  coelum  curru  vexisset  eburno 
Sed  videt  et  Marti  posse  placere  suo. 
jie  meint  ihren  Geliebten  Phaon. 

b‘2j  Plaut  US  Rudens  3,  4,  56Volcanum  addiicam,  is  Vene- 
Is  est  adversarius. 

b.51  Plutarch  Kap.  47. 


222 


aus.  Der  Ueberl)ring;er  der  Nachricht  von  dem  Ver¬ 
gehen  seiner  Gattin  an  den  unglücklichen  Hephaistos 
konnte  in  der  Sage  und  Poesie  natürlich  kein  anderer 
sein  als  der  alles  schauende  Helios*^),  dessen  Au¬ 
genlicht  in  die  verborgensten  Gemächer  dringt,  wel¬ 
cher  die  geheimsten  Dinge  ans  Licht  zieht.  Daiüber 
musste  Aphrodite  erzürnt  gewesen  sein  und  sie  rächt 
sich  an  dem  Störer  ihrer  Lust  dadurch,  dass  sie  des 
Helios  Töchtern  Pasiphae,  Medea,  Phaidra  und  Kirke 
die  Oualen  einer  heftigen^  zum  Theil  unnatürlichen 
Liehe  einhauchte.  Indess  war  diese  Vorstellung  von 
dem  Hasse  der  Aphrodite  gegen  Helios  nicht  allge¬ 
mein*,  nach  einer  andern  soll  er  mit  ihr  Liebe  gepdo- 
gen  haben,  und  in  Korinth  wurden  beide  zusammen 
verehrt.  Eine  andere  Aiisspinnung  der  Sage  ist  die, 
dass  Aphrodite,  welche  bei  Homer  einfach  nach  Paphos 
zurükkflieht,  sich  auf  dem  Kaukasischen  Berge  xav- 
tämp  ÖQogy  auf  Kypros  vor  den  Augen  des  Spot¬ 
tes  verborgen  gehalten  habe®®).  Die  Götter  hätten 
mit  grossem  Bemühen  ihr  nachgeforscht  und  eine  Alte 
gefragt,  ob  sie  nicht  wüsste,  wo  Aphrodite  sich  ver- 
stekkt  habe;  von  dieser  sei  den  Göttern  der  Schlupf¬ 
winkel  der  Beschämten  verrathen  worden.  Aus  Zorn 
hierüber  habe  Aphrodite  die  Alte  in  eine  Marmor¬ 
säule  verwandelt,  welche  noch  zu  Tzetzes  Zeiten 
dort  zu  sehen  gewesen  wäre.  Es  ist  nicht  unmög¬ 
lich,  dass  die  Veranlassung  zu  dieser  Erzählung  in 
einem  mystischen  Gebrauch  auf  Kypros  gesucht  wer¬ 
den  muss.  Bekannt  ist  das  an  manchen  Festen  übli¬ 
che  Suchen  von  Geflohenen  oder  Geraubten.  So  su¬ 
chen  die  Mariaudyner  den  Bormos,  so  wird  am  Feste 
der  Demeter  die  geraubte  Kora  gesucht,  so  wurde 

”~i47~Övi(l  Metam.  4,  172  Videt  hic  deus  omnia  primus. 
Oft  wird  dies  vom  Helios  gesagt ;  z.  B.  bei  Aeschylos. 

85)  Scholien  z.  Lykophr.  825. 


223 


Dionysios  an  den  Agrionien  entlaufen  und  gesucht 
gedacht,  so  wird  Europa  gesucht,  Harmonia  von  Kad- 
mos  in  Samothrake  geraubt.  An  den  Festen  der  Hera 
verbargen  die  Samier  ein  sehr  altes  Bild  der  Göttin 
unter  Gesträuch,  und  freuten  sich,  wenn  sie  es  ge* 
funden  hatten  *  ®).  Es  kann  sein,  dass  ähnliche  Feste 
und  Gebräuche  auf  Kypros  bei  der  Aphrodite  statt  fanden. 

Die  Frucht  der  Vermälung  von  Ares  und  Aphro¬ 
dite  waren  Harmonia  und  Deimos  und  Pho- 
bos®^).  Wahrscheinlich  war  aber  schon  längst  Har¬ 
monia  eine  Tochter  dieses  Paares,  bevor  man  7iWi- 
schen  ihm  einen  unehelichen  Umgang  bildete.  Ebenso 
ist  es  auch  nur  eine  dichterische  Zugabe,  wenn  Dei- 
mos  und  Phobos  gerade  hier  von  Ares  gezeugt  wer¬ 
den.  Sie  sind  seine  Begleiter  und  mögen  als  solche 
schon  ziemlich  alt  sein.  Im  Allgemeinen  konnte  der 
Dienst  abgelöster  Begrilfsbildungen  mitten  in  jenem 
tiefsinnigen  alten  Götterglauben  der  Pelasger  nicht 
leicht  Wurzel  fassen.  Was  wir  aber  davon  in  alt¬ 
griechischen  Zeiten  anerkennen  dürfen,  sind  schon 
nach  Gerhards  Ausspruch  poetisch-plastische  Ausfüh¬ 
rungen  des  Göttergefolges,  wie  Tod  und  Schlaf 
I  neben  Aphrodite,  Furcht  und  Schrekken  neben 
'  Ares.  Philosophische  und  ethische  Deutungen,  so- 
wol  der  Ehe  von  Hephaistos  und  Aphrodite  ®®)  als 
der  Vereinigung  von  Ares  und  Aphrodite,  finden  sich 

'  86)  Athen  15,  672. 

j  87)  HesiodTheog.  933  ff.  Schild  des  Herakles  191  ff. 

I  Tlias  13,  299.  Pausan  9,  36,  2.  Nonnos  3,  375.  4,  210  ff. 

I  lieber  Harmonia  yg],  Pap.  Stat.  3,  270  ff. 

88)  Lobek  Agl.  S.  542.  dem  Orpheus  gehört  ohne  Zweifel, 
yvasProklos  in  Tim.  II,  101  anfdhrt :  ol  &tckoyoi  T(p‘H(fjaioiio  liiv 
"Ar/ Qodizr,}/  cv^ti'^avnq  ot-Tw?  amiv  (fuci,  /alztviii'  ro  nuv.  Vom  He- 
I  phaistos  und  der  Aglaia  lassen  die  Orphiker  die  Eukleia, 
Eustheneia,  Euphemo  und  Philophrosyiie  erzeugt  wer¬ 
den,  alle  mit  ausgezeichneter  Schönheit  ausgo.stailot. 


221 


in  Men^e.  Man  deutete  sie  auf  Hass  und  Liebe, 
auf  Streit  und  Friede,  und  Harmonia  geht  aus 
beiden  hervor  als  die  Versöhnung  streitender  Ele¬ 
mente.  Phurnutus  führt  jeden  Umstand  des  homeri¬ 
schen  Mährchens  auf  eine  ethische  Auslegung  zu- 
lükk*®).  Kosmische  und  physische  Deutungen  der 
Verbindung  der  Aphrodite  mit  Ares  und  Hephaistos 
finden  wir  beim  Lydier  Johannes®*).  Er  berichtet; 
Ajdirodite  verbinden  die  Mythologen  mit  Hephaistos, 
dem  irdischen  Feuer  und  mit  Ares  dem  himmlischen, 
weil  hierdurch  die  Zeugung  aller  Dinge  bewerkstel¬ 
ligt  wird.  An  einer  andern  Stelle:  Ares  ist  der  Er¬ 
finder  des  Kupfers  und  des  Eisens.  Die  Physiker 
verbinden  nun  die  Aphrodite  bald  mit  ihm,  bald  mit 
Hephaistos,  gleichsam  das  Flüssige  mit  dem  Feuri¬ 
gen,  indem  sie  auf  die  Entstehung  der  natürlichen 
Dinge  aus  Feuchtigkeit  und  Wärme  anspielen.  Au¬ 
sserdem  finden  sich  noch  andere  Deutungen  daselbst. 

Hermes  und  Aphrodite. 

An  mehreren  Orten  werden  Hermes  ®  ‘)  und  Aphro¬ 
dite  zusammen  verehrt,  zu  Megalopolis  in  Arka¬ 
dien  **),  wo  wir  den  Thebischen  Dreiverein  schon 

89)  Phurn.  ntQt  tPfi  twv  &■  u.  s.  w.  Kap.  19.  Vom  Ehe¬ 
bruch  des  Ares  sagt  er:  on  ovtiuvv  fiiv  ni^vaexar  n  fidyi- 

fjüv  xcd  ßkaop,  im  IkuQm  xul  uiihylm'  ovM  xaru  tov  (f  vmxov  au  vö- 
lÄOv  im  nkixemt  dpin.noi.ovjUimi’  ds  nms  ahmy,  xalox  xat 

yii/yaiOTt^oy  yipprjfta.  tijp  i§  dfi'fdip  uQfioviay  anonkelp  tim&i].  Vgl, 
Kap.  21.  Eustath.  z.  Od.  1591  u.  1880. 

90)  Job.  Laur.  v.  Lyd,  üeber  die  Monate  2,  1.  S.  (18) 
17.  4,  27.  S.  (75j  67. 

91)  Aug.  Fr.  Pott.  Etym.  Forsch  1,  221  ff.  erkl.  Her¬ 
mes  als  Beschüzer,  Schirmer  in  Bezug  auf  die  Heerden,  v.  d. 
W.  wri. 

92)  P aus a n  8,  31,  3. 


225 


wiedergefunden  haben,  und  in  Argos®*)^  in  Theben 
fällt  das  Paar  Kadraos  und  Harmonia  den  Begriff  des 
Hermes  und  der  Aphrodite  aus.  ln  den  ältsten  Zei¬ 
ten  muss  aber  die  Verehrung  des  Hermes  und  der 
Aphrodite  allgemeiner  gewesen  sein,  und  zswar  als 
Zeugungsgottheiten  »^).  Der  vierte  Tag  in  federn 
Monat  war  nach  Proklos  dem  Hermes  und  der  Aphro¬ 
dite  geeignet,  und  wurde  für  besonders  passend  zur 
Zeugung  gehalten.  Wichtig  war  die  Stellung  des 
Hermes  in  den  Kabirenkiilten  zu  Samothrake,  Lern- 
DOS  und  Imbros®’);  in  den  samothrakischen  Myste¬ 
rien  war  Hermes  als  Vermittler  zwischen  Nachtwelt 
und  Lichtwelt  beim  Anblikk  der  Persephone  phalliscli 
dargestellt®*).  Die  Vermälung,  welche  er  hier  be¬ 
gehrt,  unterscheidet  sich  wesentlich  nicht  von  der 
einer  Kersa  Aphrodite,  mit  welcher  er  io  Megalopo- 
lis  und  Argos  verbunden  ist.  Mit  der  Göttermntter 
stand  er  in  einer  Verbindung,  welche  nach  einer  My* 
steriensage  nicht  verrathen  werden  durfte®’):  wahr-* 

I  scheinlich  ist  es  die  Begierde  des  Gottes  in  Widder- 
i  gestalt,  welche  ihm  wie  dem  Dionysos  die  Stierge- 
I  stalt  eignete.  Von  derselben  Begierde  getrieben 
buhlt  Hermes  im  Hymnos  auf  die  Aphrodite  mit  den 
]  Idäischen  Nymphen  der  Tannen  und  Eichen,  welche 
I  den  Aeneas  bis  zum  fünften  Jahre  erziehen.  Die 


I  93)  Ders.  2,  19,  6.  Servius  2,  612. 

94)  Plutarch  Ehevorschr.  1.  zul  ol  nulaiot  Tg 

(fiig  Tov  cuyxu&lÖQuffav ,  mg  nfQt  rcv  yüfMV  g(fnv^g  ‘  ^läheia 

I  löyov  d'sofxiptjg-  diese  Deutung  ist  aber  ohne  Zweifel  neu.  Aelin- 
'  lieh  Phurnutos  Kap.  24. 

95)  Otfr.  Müller  Prolog  z.  Myth,  S.  l,i|. 

I  96)  Cicero  de  nat.  deor.  3,  22,  56.  Vgl,  Herodot  2,61. 

1  Arnob.  4,  14. 

97)  Pausan  2,  3,  4, 

11. 


15 


226 


Liebe  des  Hermes  zur  Kypris  hat  auch  ^  eranlassong 
zu  einer  Fabel  gegeben,  welche  Hygin  erzählt’*). 

Nach  Gerhard  gab  es  pelasgische  Systeme,  in 
welchen  der  Gatte  und  der  ergänzende  Buhle  der 
Erdkraft  Kersa,  Axiokersüs  und  Kadmilos,  in  eine  I 
einzige  Person  zusammen  gedrängt  waren.  Diesen 
Saz  müssen  wir  entweder  auf  die  Erklärung  eines 
Hermes  mit  einer  Aphrodite  anwenden,  oder  wir  müs¬ 
sen  uns  auch  der  Annahme  fügen,  dass  es  Systeme  i 
gegeben  habe,  in  welchen  der  Kersos  den  Namen  i 
Hermes  geführt  habe;  so  in  Megalopolis  und  Argos. 

In  lezterer  Stadt  wurden  Feste  gefeiert,  in  welchen  j 
die  Frauen  in  Männerkleidung,  die  Männer  in  Frauen-  1 
kleidung  opferten  ®  ’),  und  diese  galten  der  bewaffne- 


98)  Hygin.  Poet  astron.  2,  16. 

99)  Vgl.  Ab.schn.3,  Anm.37.ff.  S.  174. M aerob.  3,  8.  Comille 

(Virgilius)  doctissime  dixerit;  Ducente  deo,  non  dea.  Nam  et 
apud  Calvum  Acterianus  affinnat  legendum,  Pollentemque  deum 
Venerem,  non  deam.  Signum  etiam  hujus  est  Cypri  barbatum 
corpore,  sed  veste  muliebri,  cum  scepiro  ac  statura  viri.  Et  pu- 
tant  eandem  marem  ac  feminam  esse.  Aristophanes  eam  dqQÖ- 
&nv  appellat.  Laevius  etiam  sic  ait.  Venerem  igitur  almum 
adorant,  sive  foemina  sive  mas  est,  ita  ut  alma  noctiluca  est. 
Philochorus  quoque  in  Atthide  eandem  affirmat  esse  Lunam.  Nam 
et  ei  sacrificium  facere  viros  cum  veste  muliebri,  mulieres  cum 
virili;  quod  eadem  et  mas  existimatur  et  foemina.  Dass  diese 
Apbrodisienfeier  nun  auf  Attika,  nicht  auf  Argos  (vgl.  Abschn. 
S,  Anm.  37)  zu  beziehen  sei,  ist  keinesweges  gemss,  denn  bei¬ 
läufig  könnte  diese  Argivisebe  Sitte  erwähnt  sein  Ueber  eine 
äbiiliche  mystische  Heraklesfeicr  berichtet  Job.  v.  Lyd.  Leb.  d. 
M.  4,  46  aus  Nikomachos;  aber  hier  legen  nur  Männer  Frauen¬ 
kleidung  an.  Servius  z.  Virg.  Aen.  2,  632  Ac  ducente  deo; 
secundum  eos,  qui  dicunt,  utriusque  sexus  participationem  ha¬ 
bere  numina.  Nam  ait  Calvus:  Pollentesque  deum  Venerem. 
Est  etiam  in  Cypro  simulacrum  barbatae  Veneris,  corpore  et 
veste  muliebri,  cum  .sceptro  ct  natura  virili,  quod  vo- 


227 


ten  Aphrodite,  der  Gattin  des  Ares,  von  deren  ar- 
givischein  Kulte  wir  oben  gesprochen  haben.  Dasselbe 
Fest  wird  auf  Kypros  wieder  gefeiert,  nach  der  oft 
erwähnten  Uebereinstimmung  argivischer  und  kj'pri- 
scher,  als  von  dorther  geleiteter  Kulte.  Hier  wdrd 
aber  das  Fest  der  bärtigen  Aphrodite  zuge¬ 
schrieben,  welche  von  männlicher  Gestalt,  doch  mit 
weiblichem  Gewände  angethan  war,  und  ein  Szepter 
führte:  man  glaubte  von  ihr,  sie  sei  Dann  und  Weib 
zugleich.  Nach  Servius  und  Aristophanes  nannte  man 
diese  bärtige  Aphrodite  Aphroditos.  So  giebt  auch 
Hesychios  ’  **)  diesen  Namen  am,  Theophrast  bei  die¬ 
sem  Lexikographen  aber  Hermaphroditos.  Suidas 
unter  Hermaphroditos  sagt:  Aphroditos  sei  mit  einem 
Dart  gebildet,  und  mit  männlichen  und  weiblichen  Ge- 
I  scblechtstlieilen,  w'eil  sie  die  Vorsteherin  aller  Zeu- 
gung  sei;  die  obere  Hälfte  sei  Mann,  die  untere 
Weib,  in  dieser  Art  war  auch  laut  Chrysippos  ‘) 
bei  den  Pamphyliern  die  Bartgöttio.  Die  IJenen- 
I  nung  duplex,  w'elche  Katull  der  Göttin  von  Ama- 
I  thus  giebt,  ist  auf  die  Doppelheit  der  Geschlechter  zu 
beziehen,  ln  Rom  bildete  man  die  Aphrodite  mit  einem 


oatur,  cui  viri  in  veste  muHebri,  muliebres  in  veste  viriii  sacrh 
ficantr  qnamquam  veteres  deum  pro  magno  inumine  dicebant. 

100)  Hesychios  ’JifQod'aos.  0t6<[iioGws  fiitf  (vgl.  Theophr. 
Charaktere  16)  tw  ‘ EqfxwfQÖd'növ  (ftiaw.  ^  cTs  tu  mqi  ’Afta9mtna 
yiyqtuf  Mg  JlMitvvcov  ät^dqcc  rhv  iax^fdüTla&m  Iv  Kmqtp  Xiyu. 

Die  Worte  nmüvmuv  üvd'qu  rov  9iov  iaxni^utlad-ui,  bedürfen  einer 
Verbesserung.  Ich  will  hier  intless  nur  so  viel  bemerken,  dass 
das  Wort  Huiüptgov  getrennt  werden  muss  in  Ilalmp  louv.  Un¬ 
zweifelhaft  hatte  der  Schriftsteller  über  Amalhns,  Paion,  be- 
richtet,  die  Aphrodite  (daher  t^p  äiov  zu  sehr.)  sei  wie  ein  Mana 
igeb'Jdet  worden. 

1)  Job.  Laur.  v,  Lyd.  4,  44  näyoipa 

15* 


228 


Kamm  nnd  einem  Barte  *),  wodurch  man  sie  als 
eine  mannweibliche  (iotlheit  andeuten  wollte.  Die 
Zurülikfühiung  dieses  Bildes  der  Göttin  auf  eine  ge¬ 
schichtliche  Begebenheit^  hat  nicht  mehr  Werth  als 
ähnliche  historische  Veranlassungen.  Bei  einer  seuch- 
artigen  Krankheit  sollten  die  römischen  Frauen  ihr 
Haar  verloren  haben,  und  der  Kamm  wurde  ihnen 
nnnüz.  Sie  flehten  zur  Aphrodite  ihnen  wieder  Haar 
zu  schenken,  und  gelobten  ihr  ein  Bildniss  mit  Kamm 
und  Bart  zu  verehren. 

Der  Name  Hermaphroditos,  als  Benennung 
derjenigen  Gottheit,  welcher  zu  Amathus  die  Feste 
der  mannweiblichen  Aphrodite  gefeiert  wurden,  deu¬ 
tet  an,  dass  man  sich  unter  diesem  Wesen  eine  Ver¬ 
einigung  des  Hermes  mit  der  Aphrodite  dachte.  Dies 
Paar  muss  also  zusamraenfallen  mit  Aphrodite  und 
Ares  zu  Argos,  denn  dieser  Göttin  wurden  dort  jene 
Feste  gefeiert,  wofern  nicht  diese  Beziehung  auf  die 
Ares-Aphrodite  erst  durch  die  erfundene  geschicht¬ 
liche  Aeranlassung  von  der  l'apferkeit  der  Argive- 
rinnen,  welche  sich  als  Männer  zeigten,  veranlasst 
worden  ist,  und  sie  eigentlich  jener  Aphrodite  ge- 
hörtCTi,  welche  dort  mit  Hermes  vermalt  war.  Wie 
sie  gebildet  war,  erfahren  wir  nicht.  Aber  daraus, 
dass  sie  zu  Amathus  und  in  Paraphyiien,  wo  sich  Ar- 
givische  Kolonien  an  beiden  Orten  befanden,  mit  ei¬ 
nem  Bart  gebildet  wurde,  können  wir  annehmen,  dass 
die  Amathiisische  Vorstellung  der  Bartgottheit  aus 
Argos  gekommen  sei.  So  haben  wir  oben  nachge¬ 
wiesen,  wie  die  Sauopfer  aus  Argos  nach  Kypros 
und  Pamphylien  getragen  waren.  Wenn  aber  jene 

2)  Schol.  z.  Ilias  2,  820.  —  Die  Mannweiblichkeit  war 
auch  bei  den  phrygiscben  Völkern  eine  religiöse  Vorstellung,  j 
So  heisst  Adagous  bei  Hesych.  ein  Hermaphrodit. 


r 


229 


Ar^ivischen  Fesl^e  ijr§=prüiiglicli  wirklich  der  Ares- 
Aphrodite  g^ehört  haben  sollten,  so  geht  daraus  her¬ 
vor,  dass  zwischen  den  Pa.aren  Ares  und  Aphrodite, 
und  Hermes  und  Aphrodite  ein  wesentlicher  Unter¬ 
schied  nicht  anzunehmen  sei.  Wäre  dies  nicht  der 
Fall,  so  würde  dort  die  Aphrodite  Nikephoros,  welche 
doch  eine  Ares- Aphrodite  mit  ziemlicher  Sicherheit 
ist,  auch  nicht  dem  Hermes  beigeordoet  sein. 

Dieser  Vereinigung  der  Geschlechter  bei  der 
Aphrodite  welche  man  in  einer  Verschmelzung  des 
Hermes  und  der  Aphrodite  vorstellte,  liegt  eine  alte 
natursymbolische  Auffassung  der  Gesfhlechtseiiiheit 
zu  Grunde.  Als  einen  samathrakischen  Begriff  hat 
Varro *  *)  diese  Mannweibiiehkeit  überliefert^  er  sagt 
sie  zwar  von  allen  dortigen  Gottheiten  aus,  doch 
möchte  sie  von  Kersos  und  Mersa  bezweifelt  wer¬ 
den.  Gewiss  können  wir  sie  von  dem  Axieros  an¬ 
nehmen,  und  der  Ilermaphroditos  oder  die  bärtige 
Aphrodite  wird  die  Idee  eines  Axieros  ausgedrükkt 
haben^  an  dem  man  die  Geschlechtseinheit  nicht  durch 
eine  Geschlechtslosigkeit,  sondern  durch  beide  Ge¬ 
schlechter  bildlich  darstellte.  Platon  im  Symposion 
I  sagt;  es  habe  ursprünglich  drei  Geschlechter  gege- 
'  ben,  ein  männliches,  ein  weibliches  und  ein  esane- 
weibliches,  welches  aber  untergegangen,  und  nur  blos 
1  der  Name  sei  übrig  geblieben.  Dieser  Ausspruch  des 

3)  Jo h.  Lau r.  V.  Ly d.  üeb.  d.  M.  2,  10-  ^Aq'Qottkijp  tfl  uv 

I  a?  ihnoi  T^v  Tou  navro?  dta&tjTov  (f  veiv,  — -  xai  änkiSi  tlnslv  rt 

,£ßi  S-^lvs  tlvat,  nttf'Vy.ii  <a;  y.ai  airtj  'AifnoSitri  r^v  lov  a^Q>iv^iS  xal  mv 

•  &^Xtü)S  tyoMfß  (f  vmvj  xai  did  wvro  nuqu  nls  &iol6yoiS  dQQtjvoSijlvg 
xalov/uivt;.  P  sei  los  in  Boissonade  Anekd.  1,  ‘232.  aovtj^a  iatQi- 
xov.  V.  1374  sagt  er;  ‘£Q/ua(/^odirmv  dfytS-vQog  ij  (fiien,  lieber 
die  mannweibliche  Aphrodite  im  Allgemeinen  vgl._  Photios 
Kod.  187. 

4)  Varro  1,  19. 


230 


Philosophen  bezieht  sich  wahrscheinlich  auf  eine  my¬ 
stische  Vorstellung.  Aus  der  Deutung  der  Aphrodite 
auf  den  Mond,  und  aus  der  Verbindung  beider  Ge¬ 
schlechter  in  ihr,  ist  wieder  der  mystische  Begriff 
eines  deusLunus  vornehmlich  zu  Rom,  und  der 
der  Aphrodite  als  eines  männlichen  Gottes  ®)  her¬ 
vorgegangen.  Die  Mysterien  welche  man  der 
Bartgöttin  feierte,  können  nichts  anders  als  die  hohe 
Macht  der  Aphrodite  als  eines  Axieros  dem  Auge 
und  Gemüth  veranschaulicht,  sic  als  Erzeuger  und 
Weib,  als  Phanes,  wie  sie  von  den  Orphikern  ge¬ 
nannt  wird,  hinstellt  haben. 

Aus  diesen  Vorstellungen  von  der  mannweibli¬ 
chen  Aphrodite  ist  das  bekannte  Dichter-  und  Künst¬ 
lerbild  des  Hermaphroditen  hervorgegangen,  welches 
besonders  die  spätere  verweichlichte  Kunst  beschäf¬ 
tigte.  Der  Name  des  unter  diesem  Begriffe  vorge- 
Btellten  Wesens  hat  wahrscheinlich  nur  in  örtlichen 
Verhältnissen  seinen  Grund,  indem  auch  die  Vereini¬ 
gung  eines  andern  männlichen  Gottes  mit  der  Aphro¬ 
dite  zur  Verdeutlichung  dieser  Vorstellung  hätte  die¬ 
nen  können.  Da  aber  einmal,  in  Argos  oder  Ama- 
thiis,  der  Name  Hermaphroditos  zum  Träger  dieses 
Begriffes  geworden  war,  so  machte  man  auch  ganz 
richtig  den  Hermes  zum  Vater  des  Fantasiegebildes, 
des  Hermaphroditen,  und  die  Aphrodite  zu  seiner  Mut- 

5)  Aelius  Spartiaaus  im  Anton.  Caracalla.  ...  Unde 
quamvis  Graeci  vel  Aegyptii  eo  genere,  quo  feminam  hominem, 
etiam  Lunam  Deam  dicant,  mystive  tarnen  Deum  dicunt. 

6)  M  aerob.  3,  8.  Apud  Calvum  Acterianiis  affirroat  le- 
gendum :  PoIIentemqiie  deum  Venerem,  non  deam.  Vgl.  Anm.  99. 
—  Almus  Venus,  in  der  alt-italischen  Religion. 

7)  Petro n ins  Satirikon.  Kap.  29.  Veneris  signum  mar- 
Hjoreum  et  pyxis  aurea  non  pusilla,  in  qua  barbam  ipsius  con- 
ditam  esse  dicebant. 


231 


ter  *),  eine  einfache  Auflösung  seines  Namens.  Ton 
Hygin  ®)  wird  zwar  der  Hermaphroditos  nicht  unter 
den  Söhnen  des  Hermes  aiifgeführt,  aber  unter  den 
Jünglingen,  welche  die  schönsten  gewesen.  Den 
Sohn  des  Hermes  und  der  Aphrodite  nennt  dieser 
Mythograph  Atlantius,  nach  Hermes  ¥ater  Atlas 
so  benannt,  diesen  giebt  er  jedoch  als  einen  Herma¬ 
phroditen  an.  Wir’ erfahren  zwar,  dass  der  Her¬ 
maphrodit  zu  Alopeke  wirklich  als  ein  Gott  ver¬ 
ehrt  wurde  *®),  aber  wir  müssen  darunter  eine  Bart¬ 
göttin,  eine  hermaphroditische  ICypris  verstehen,  de¬ 
ren  Bild  in  späterer  Zeit  leicht  mit  dem  eines  Her¬ 
maphroditen  vertauscht  werden  konnte,  oder  der  Her¬ 
maphrodit  als  Künstlergebilde  hatte  wirklich  religiöse 
Bedeutung  gewonnen.  Die  dort  unter  dem  Bilde  des 
Hermaphroditen  verehrte  Gottheit  wurde  in  aphrodi¬ 
sischen  Angelegenheiten  verehrt:  Liebende  brachten 
ihr  einen  Kranz.  Aphrodite  wurde  zwar  auch  in  Alo¬ 
peke  verehrt^  wir  sind  aber  nicht  unterrichtet,  ob  es 
eine  bärtige  war.  Diejenigen  Bigenschaften,  weiche 
schon  die  Alten  an  der  Bartgöttin  zuAmathus,  finden 
wir  auch,  nur  in  anderer  Weise,  durch  die  Kunst  an 

8j  Laktanz  De  falsa  relig.  1,  17,  9.  Epit.  iast,  8.  Dio. 
dor  4,  6.  Ovid  Met.  4,  287.  Hier  befindet  sich  auch  die  Fa¬ 
bel  von  der  Liebe  der  Nymphe  Salmakis  zum  Hermaphrodi- 
ten,  welche  ihn  sah,  als  er  sich  in  der  Quelle  Salmakis  in  Ka- 
rien  badete.  Die  Doppelgeschlechtigkeit  wird  Mer  dadurch  er¬ 
klärt,  dass  die  Götter,  da  er  ihre  Anträge  nicht  erhört,  die  Bit- 
ten  der  Salmakis  erfüllen,  und  beide,  als  sie  ihn  umfasst,  in 
ein  einziges  doppelgeschlechtiges  Wesen  verwandeln.  Stra- 
bon  14,  656.  Vgl.  die  Auslegung  des  Hermaphr.  bei  Vitruv 
1,  8.  —  Der  chthonische  Hermes  heisst  ein  Sohn  der  Aphrodite 
und  des  Bakchos  bei  Ausonius  Epigr.  100. 

9)  Hygin  Fab.  271.  vgl.  160. 

10)  Alkiphron  3,  37.  —  Aphrodite  in  Alopeke  Corp. 

Inscr.  Gr.  Nr.  395.  . 


232 


dem  Hermaphroditen  verwirklicht,  er  ist  mit  der  An- 
miith  und  Weichheit  des  Leibes,  wie  sie  dem  Weibe 
eigen,  und  mit  dem  männlichen  und  kräftigen  Anse¬ 
hen  eines  Mannes  ausgestattet 

Aphrodite  als  Lebens-  Liebes  -  und  Todesgöttim 
Einen  durchaus  falschen  Weg  zur  Deutung  aller 
Eischeinqngen,  in  welchen  sich  uns  die  Aphrodite 
offenbart,  würden  wir  einschlagen,  wenn  auch  wir 
hier  den  von  den  sondernden  Theologen  bei  Cicero  '*) 
und  Johannes  von  Lydien*^)  angezeigten  betreten 
wollten.  Die  dort  gegebene  vierfache  Eintheilung  ist 
nur  nach  beliebig  herausgegriffenen  Lokalkulten  ge¬ 
macht,  welche  aber  in  dieser  Weise  wenig  Licht  auf 
das  Ganze  werfen,  uns  nur  in  unentwirrbare  Verwikk- 
hingen  führen  würden.  Wir  werden  daher  am  sicher¬ 
sten  wandeln,  und  am  leichtsten  von  einer  Entwikke- 
lung  zur  andern  fortschreiten,  wenn  wir  von  dem  Be¬ 
lli  Vgl.  Welker  in  den  Stadien  v.  Daub  und  Kreuzer  ' 
1808  Nr.  2  S.  160  ff.  Die  Ablidlg.  v.  Heinrich  de  Hermaphrod,  ‘ 
origg.  et  causis  habe  ich  nicht  benuzen  können. 

12)  Cicero  De  nat.  deor.  3,  23.  Venus  prima  Caelo  et 

Die  nata,  cujus  Elide  delubrum  vidimus;  altera  spuma  pro- 
creata,  ex  qua  et  Mercurio  Cupidinem  secundum  natum  acce- 
pimus ;  tertia  Jove  nata  et  Dione,  quae  nupsit  Vulcano, 
sed  ex  ea  et  Marte  natus  Anteros  dicitur;  quarta  Syria  Cy- 
proque  concepta,  quae  Astarte  vQcatur,  quam  Adonidi  ^ 
nupsisse  proditum.  | 

13)  lieber  d.  M.  4,  44.  Erst  giebt  er  Platon?  Eintheilung  ! 

in  die  Urania  und  Pandemos,  dann  die,  welche  wir  auch  bei  CE 
cero  finden :  1)  die  Tochter  des  Uranos  und  der  Hemera,  2)  die 
schauuigeborne  Gemalin  des  Hermes,  3)  d.  T.  des  Zeus  und  der 
Dione,  4)  die  v.  Syrien  und  Kypros  und  fährt  fort :  «Wo»  fff 
nqmjrjv  /utP  wv  OvQavao  zcd  OvQapiap  xalovfliprjp.  fffWf'c«»' 

fff  xai  Ev{wp6fiij?  Slxsavov^  xai  tqItijp  rr)v  eupacpd^slcuv 

To^  IS  o  dtirtQoS  “’EQcaf  o  üTrörfrf^o?,  TtTaQT^P  Jms  xai- 

iY^jutp ‘'flfUKim,  fff  avTß  avptl^mp  i'raxs  top 

"AprtQmu. 


233 


griffe  einer  pelasgischen  Kersa  ausgehen.  Jedes  der 
vielen  verschiedenen  pelasgischen  Systeme,  jede  Ge- 
sammtheit  altgriechischen  Götterdienstes  stellt  die  Idee 
herrschender  Naturkräfte  dar  ‘  ^).  Da  aber  alle  Er- 
kenntnissquelle  der  griechischen  Götterlehre  in  sym¬ 
bolischen  Andeutungen  niedergelegt,  und  diese  an  die 
symbolischen  Bilder  geknüpft  ist,  so  hängt  alle  ge- 
sezmässige  Deutung  der  Götterlehre  von  einer  ge- 
sezmässigen  Deutung  dieser  Bildersprache  ab.  Den 
Polos  bei  Athene  und  Aphrodite  als  Darstellung  des 
Himmelsgewölbes,  und  den  damit  verknüpften  Sinn 
haben  wir  erst  vor  kurzem  bei  der  Aphrodite  in  der 
Eigenschaft  eines  Axieros  besprochen.  Nothwendiger 
ist  es  aber  für  unseren  jezigen  Zvvekk,  wenn  wir 
uns  einige  symbolische  Bilder  aus  dem  Kulte  mit  we¬ 
nigen  Worten  wieder  ins  Gedächtniss  rufen,  auf  an¬ 
deres  zurükkweisen.  Die  uralten  8ymboIe  altpelas- 
giscben  Dienstes,  weiche  zum  ergänzenden  Ausdrukk 
zeugender  und  empfangender  Erdkraft  dienen,  sind 
der  Phallos  und  die  Schlange.  Das  Paphische 
i  Kegelsymbol  ist  nach  Fingerzeigen  der  Alten  und  der 
gewissen  Kunde,  dass  eine  derartige  Säulenbildung 
]  überhaupt  pelasgisch  war*“),  als  die  geläuterte  Ge¬ 
stalt  des  Phallos  gedeutet,  und  diese  Meinung  wird 
noch  dadurch  unterstüzt,  dass  den  Eiozuweihenden 
!  in  Paphos  neben  der  Hand  voll  Salz,  wirkliche  kleine 
j  Phallen  in  die  Hand  gegeben  wurden.  Hesychios 
!  würde  auch  gewiss  das  Symbol  keinen  Omphalos  ge¬ 
nannt  haben,  wenn  er  nicht  auf  eine  Vergleichung 
mit  dem  Delphischen  Omphalos  hätte  hinweisen  wol¬ 
len.  Paphos  würde  nicht,  wie  Delphi,  der  Nabel  der 

14)  Vgl,  Gerhard  Hyperb.  röm.  Studien  S.  42.  69  ff.  u. 
öfter. 

15)  Gerhard  a.  a.  O. 


234 


Erde  geheissea  haben,  wenn  nicht  ähnliche  Veranlas-  • 
sangen  dazu  Vorgelegen  hätten.  Wenn  wir  demnach  i 
den  Paphischen  Kegel  richtig  als  ein  pelasgisches  ) 
PhjiUossymbol  deuten,  so  sind  wir  auch  zu  der  An-  : 
nähme  gezwungen,  so  viel  Widerstrebendes  sie  auch  j 
hat,  dfiss  sich  dies  Symbol  nicht  aus  phönikischen  | 
Zeiten  herschrieb,  dass  es  mindestens  zweifelhaft  ist,  i 
ob  unter  diesem  Stein  ein  Bätylienbild  zu  verstehen  ^ 
sei,  sondern,  dass  dies  Symbol  griechischen  Ursprungs  i 
ist,  errichtet  von  den  Griechen,  welche  dort  ange¬ 
siedelt  waren,  und  in  Paphos  einen  ähnlichen  religiö¬ 
sen  Mittelpunkt  schufen,  wie  ihn  ihre  Brüder  in  der 
Heimat  zu  Delphi  hatten.  Erleichtert  werden  könnte 
diese  Behauptung  eiuigermassen  noch  dadurch,  dass 
nach  erforschten  und  abgewogenen,  nicht  gerade  nach  ; 
gezählten  und  abgehörten  Zeugnissen,  in  der  phöni¬ 
kischen  Zeit  Amathus  der  religiöse  Mittelpunkt  für 
Kypros  gewesen,  Paphos  aber  erst  durch  Griechen 
und  die  ihnen  verwandten  Kleinasiaten  zu  dieser 
Würde  erhoben  wurde,  dass  mithin  hier  leichter  als 
anderswo  ein  griechisches  Symbol  aufgepflanzt  >ver- 
den  konnte.  Damit  soll  aber  noch  nicht  von  vorn  her¬ 
ein  die  Möglichkeit  geleugnet  werden,  dass  nicht  auch 
die  Griechen  ein  phönikisches  Symbol,  welches  sie 
auf  Kypros  etwa  vorgefunden,  hätten  sich  aneignen 
und  in  die  Gestaltung  ihres  Kultus  hätten  hinüber 
nehmen  können. 

Die  heilige  Lade,  in  welcher  die  Mysterien  der 
Aphrodite  verborgen  sein  sollten,  enthielt  demnach 
Unterpfänder  der  wiederverjüngten  Natur  im  Zeu- 
giingssymbol  des  Phalios.  Dieser  ist  nicht  bloss  Sym¬ 
bol  der  zeugenden  Naturkräfte,  sondern  ebenso  sehr 
das  des  wesentlichsten  Bandes  zwischen  Gottheit  und 
Menschheit,  oder  zwischen  den  Reichen  des  Todes 


1 


235 


und  des  Lebens.  In  den  Eleusinieii  war  er  das  Zei¬ 
chen  der  Liebesverbindung  zwischen  Zeus  und  Per¬ 
sephone,  woraus  der  dionysische  Beseliger  Jakchos 
hervor^eht  in  anderer  Mysteriensage  zwischen 
Demeter  und  Keleos.  An  den  Aphrodisien  wurde 
der  Phallos  zur  Schau  getragen,  weil  man  durch  dasj 
was  man  zur  Schau  trägt  und  ausstellt,  sich  die  Gott# 
heit  geneigt  machen  will.  Auch  zu  Rom  fehlte  die 
Bedeutung  des  Phallos  nicht.  Er  wurde  von  den  Ve¬ 
stalinnen  verehrt*’)  und  die  Matronen  dienen  ihm  in 
der  Schwangerschaft  verhüllten  Hauptes*»),  als  dem 
Sinnbilde  der  zeugenden  Kraft,  und  die  Neuvereh- 
lichte  musste  nach  ehrbarer  und  heüigei  Sitte  am 
Hochzeitstage  den  Phallos  berühren*®),  da  sie  in  das 
Haus  ihres  Gatten  Segen  und  Fruchtbarkeit  bringen 
sollte.  Zu  Lavinium  wurde  in  dem  Monat,  welcher 
dem  Liber  geweiht  war,  der  Phallos  unter  Schwänken 
und  Zoten  auf  allen  Dörfern  zur  Abwehr  alles  Zau¬ 
bers  von  den  Feldern  auf  einem  Wagen  herumge¬ 
führt,  endlich  in  die  Stadt  und  über  das  Forum  an 
seine  Stätle  gebracht*®).  Diese  Stätte,  an  welcher 
das  Symbol  verborgen  wurde,  war  nach  Klausens 
Deutung  der  Heerd  des  Staates. 


16)  Ed.  Gerhard  a.  a.  O.  Hall.  LZtg.  1833  Sept.  Nr.  153 
S,  6.  nach  Tertullian  adv  Valent.  S.  289. 

17)  Plin.  28,  7.  illos  (infantes)  religione  tutatur  etFasci- 
nus,  Imperatorum  quoque  non  solum  infantium  custos,  qui  deus 
inter  sacra  Romana  a  Vestalibus  colitur. 

18)  F  es  tu  s  S.  172. 

19)  Augustin  de  Civ.  Dei  6,  9.  Priapus  nimius  mascu- 
lus,  super  cujus  immunissiraum  et  turpissimum  fascinum  sedere 
nova  iiupta  jubetur  more  honestissimo  ac  religiosissimo  matrona- 
rum.  Vgl.  7,  24.  Lac  tanz  1,  20,  36. 

20)  Augustin,  de  Civ.  Dei  7,  21.  Vgl.  Klausen  Italische 
Volksrel.  2,  755  ff. 


I 


236 


Neben  dem  Paphischen  Phallos  war  das  merk¬ 
würdigste  Bild  der  Göttin  der  hermenartige  vier- 
ekkige  Stein,  unter  welchem  Aphrodite  zu  Athen  in  i 
den  Gärten  als  ältste  derMören  verehrt  wurde 
und  diese  Bildung  hatte  sie  nach  uralten  griechischen  i 
Vorstellungen  mit  Rhea,  Hestia,  Demeter,  Hera  und  ^ 
Hermes  zur  Bezeichnung  schöpferischer  Erdenkraft  i  ^ 
und  allseitiger  Wirkung  auf  Zeugung  und  Leben 
gemein.  Rohe  Steine  und  Steinpfeiler  dienten  wie  1^' 
Holzpfähle  in  den  ältsten  Zeiten  griechischen  Götter- 
dienstes  zur  einfachem  Andeutung  der  Naturgottheit,  1^' 
und  da  die  Chariten  und  Eros  nur  Emana/donen  der 
Aphrodite  sind,  so  müssen  w'ir  auch  ihre  hierherge-  ^ 
hörigen  Symbole  erwähnen.  Daher  w'enn  in  Kyzikos  l* 
den  Chariten  ein  dreiekkiger  Stein  znr  Verehrung  ^ 
aufgestellt  war,  Eros  in  Thespiä  aber  unter  einem  U 
ayQog  Aid-og  wie  zu  Orchomenos  die  Chariten  vorge- 
stellt  wurde, müssen  wir  auch  diese  Symbole  in  den  Kreis 
der  Aphrodite  ziehen.  Um  die  Wirksamkeit  der  Göttin  u 
vollkommen  zu  verstehen,  müssen  wir  ferner  hier  an  - 
die  Gegenstände  aus  dem  Thierreich  und  der  Pflan-  n 
zenweit  erinnern,  welche  wir  als  der  Göttin  geheiligte  1 
am  Ende  des  vorigen  Abschnittes  weitläufiger  be¬ 
sprochen  haben,  und  welche  alle  die  Idee  der  Zeugung  ' 
und  der  Fruchtbarkeit,  die  Eigenschaft  einer  Leben 
gebenden  und  fortspinnenden  Schöpfungskraft  der  * 
Aphrodite  deutlich  ausdrükken.  Vor  allem  dient  zum  i' 
Symbol  des  segensreichen  brünstigen  Erdentriebes  ^ 
die  Taube  und  der  Apfel.  Ebenso  stellte  man  sie  in  • 
der  Kunst  gern  thronend  dar,  mit  Symbolen  blühen-  < 

der  Natur  und  üppiger  Fruchtbarkeit  in  den  Händen.  ' 
— — = — — •  ■  1 

21)  Pausan  1,  19,  4.  Vgl.  Joh.  v.  Lyd.  üeber  d.  M.  | 
8.  21.  ff.  8.  87  ff.  Plut.  Js.  u.  Os.  30.  Gerhard  Prodr. 

S.  131. 


237 


Die  pelasgischen  Zeugungssymbole  des  Stieres  und 
des  Bokkes,  welche,  wenn  auch  in  Vergleich  mit 
dem  Phallos  schon  in  gemildeter,  doch  immer  noch 
derber  Weise,  die  zeugende  Kraft  vorzugsweise  im 
Bakchoskiilt  darstellten,  müssen  wir  hier  anschliessen, 
weil  sie  als  besonders  gefällige  Opfer  auch  der  iiphro- 
dite  dargebracht  wurden. 

Hierdurch  wäre  bereits  die  Bedeutung  der  Aphro¬ 
dite  als  einer  Gottheit  der  Zeugung,  des  Lebens  und 
der  Liebe  symbolisch  vollkommen  beglaubigt,  und  wir 
könnten  ihre  Wirksamkeit  durch  die  verschiedenen 
Reiche  der  lebendigen  Welt  weiter  verfolgen,  sie 
i  tritt  aber  auch,  wie  es  einer  Kersa  zukommt,  als  ret¬ 
tende  Gottheit  vom  ungeregelten  Naturzustände,  als 
j  Ordnerin  der  Verhältnisse  auf,  und  ist  nicht  allein  die 
U  Gottheit,  welche  alles  Leben  giebt,  sondern  welcher 
I  auch  alles  Leben  im  Tode  wieder  anheimfällt,  ist  eine 
r  Göttin  des  Todes  und  der  Unterwelt.  Es  ist  jedoch 
^  zum  Verstäudniss  der  gesamten  Wirksamkeit  der 
^  Aphrodite  noth wendig,  dass  wir  diese  Verhältnisse 
»  zunächst  erläutern.  Aphrodite  gehört  zu  den  Mäch- 
ten,  zu  welchen  laut  Herodot  die  Pelasger  beteten, 
;  dass  sie  alles  so  schön  und  wohl  geordnet  hätten, 
ü  denn  in  allem,  was  den  Griechen  vor  Augen  trat, 

!  nahmen  sie  einen  waltenden  und  ordnenden  Geist 
wahr.  Dieser  s[:richt  sich  auch  in  der  Thätigkeit 
der  Aphrodite  aus  5  von  ihr  stammen  Ordnungen  und 
t  Sazungen  im  Natur-  wie  im  Menschenleben.  Die 
i  Idee  einer  Rettungsgottheit  vom  chaotischen  Zustande 
einer  gährenden  Natur  und  die  einer  waltenden  Göt¬ 
tin  der  bestehenden  Schöpfung  ist  in  ihrem  Kampfe 
mit  den  Giganten  ausgedrükkt.  Zu  Phanaguria 
j  hatte  man  die  Sage  die  Giganten  hätten  der  Aphro- 
22)  Strafaon  11,  495. 


238 


I 


dite  nacligestellt,  sie  aber  hätte  den  Herakles  7a\ 
Hülfe  g:eriifen,  in  eine  Höhle  verstekkt,  dieGi/janten 
einzeln  ergriffen  und  sie  dann  dem  Herakles  zur 
Tödtung  übergeben;  von  diesem  betrügerischen  Ver¬ 
fahren,  aTKXTfig,  habe  sie  den  Namen  Apatnros  t 
erhalten.  Dass  etymologischer  Wiz  auf  diese  Weise  | 
nur  ihren  Namen  erklären  konnte,  braucht  kaum  be-  j 
merkt  zu  werden ;  aber  die  richtige  Herleitung  des  j 
Namens  ist  auch  unschwer  gefunden.  Der  Name 
Apaturos*®)  gebührte  ursprünglich  andern  Gotthei¬ 
ten  in  Athen  und  hat  seinen  Stamm  in  naiijQ.  Am 
bekanntesten  ist  in  dieser  Beziehung  Athene,  welche 
zwar  nur  in  Trözen  den  Namen  Apaturia  führte,  in 
Athen  aber  in  derselben  Bedeutung  unter  dem  Namen 
(poaxqia  vorkam.  Die  ihr  gefeierten  Apaturien  waren 
ein  Fest  der  väterlichen  Genossenschaften ,  der  na-  ■ 
töQiai  oder  nccTQuij  Geschlechtsfeierlichkeiten,  vorzüg¬ 
lich  bei  den  ionischen  Völkern  in  Athen  und  in  Asien. 
Wie  zu  Athen  an  den  Apaturien  unter  den  Phratoren 
für  die  mannbaren  Mädchen  die  yafitjha,  Opfer  für 
wohlgefällige  Hochzeiten,  dargebracht  wurden,  so  war 
in  Trözen  die  Sitte,  dass  die  Jungfrau  vor  der  Hoch¬ 
zeit  ihren  Gürtel  der  Athene  Apaturia  weihte.  Von 
den  Joniern  Asiens  muss  nun  dies  Fest  nach  Phana- 
goria  am  Pontos  Euxinos  gekommen  sein,  namentlich 
durch  Milesier  und  Teer.  Ob  dies  Fest  selbst  dort 
gefeiert  wurde,  ist  nicht  berichtet;  der  Name  der 
Göttin  findet  sich  wenigstens  dort,  und  war  auf  die 
Aphrodite  ohne  Schwierigkeit  übertragen  worden, 
denn  er  bezeichnet  eine  Gottheit,  welche  Geschlech¬ 
ter  vereinigt  und  bürgerliche  Ordnung  begründet. 

23)  Otfr.  Müller  Dor.  1,  S.  S2.  Anm.  3.  u.  s.  Zusäze 
dazu  in  den  Proleg.  z.  Mythol.  S.  401.  Bökh  Corp.  Inscr. 

Gr.  Nr.  2120. 


i 


239 


Dieser  Name  Äpaturos  nämlich,  welchem  der  Begriff 
der  bürgerlichen  Ordnung  anhaftet,  ging  auf  eine 
Aphrodite  über,  welche  die  physische  Ordnung  durch 
Bewältigung  der  Giganten  begründet  hatte.  Die  Ein¬ 
mischung  des  Herakles  in  die  Fabel  ist  erst  durch 
den  dortigen  Heraklesdienst  herbeigezogen  *  *).  Uebri- 
geus  findet  sich  diese  Aphrodite  Äpaturos  nur  in  Pha- 
nagoria  und  dem  gegenüberliegenden  Pantikapaion. 
Sie  ist  eine  crcoteiga,  wie  eine  solche  Artemis  zur 
Seite  des  Zeus  Soter  stand,  und  wie  wir  sie  selbst 
zu  Lerna  neben  einem  rettenden  Dionjsos,  o-awriyg  *’), 
finden.  Rettende  Gölter  verstand  der  hellenische 
Glaube  aber  fast  ohne  Ausnahme  von  der  Rettung  zu 
einer  festen  Naturordnung.  In  dieser  Beziehung  ist 
Aphrodite  der  Athene  sehr  ähnlich,  auch  Athene  ist 
anfänglich  eine  Siegerin  über  die  Giganten,  und  eine 
Rettungsgottheit  der  bestehenden  Natur.  Die  ihr  ver¬ 
liehenen  \Faffen  deutete  man  auf  dies  ihr  zuertheilte 
Geschäft,  und  es  ist  möglich,  dass  die  Waffen  der 
Aphrodite  auf  gleiche  Weise  gedeutet  wurden. 

Wie  die  Natur,  so  steht  unter  dem  Einflüsse  der 
Aphrodite  auch  der  Mensch,  das  Volk,  der  Staat,  und 
sie  begründet  die  bürgerlichen  Ordnungen.  Zu  Athen 
hatte  Aegeus  die  ausgefischte  Aphrodite,  die  Welt¬ 
schöpferin,  welche  als  furchtbare  Macht  in  der  un¬ 
geordneten  Natur  waltete,  verehrt,  Theseus*®)  hul- 

24)  Bökh  Corp.  I.  Gr.  Nr.  2120.  B. 

25)  Paus.  2,  37,  2. 

26)  Harp  okration.  ’Anoklodwqos  iv  rw  neql  B-tmv  ir«r- 

\irjfxöv  if  tisiv,  ’A^^vTjGi,  mol  ti'V  uqx€>.Ihp 

.lyooKV,  JV«  TO  ivTuv^a  ndnu  tov  dij/xoy  avpuyiadca  ro  nulumv  iv 
i-ßlf  ixxhjaiuis,  US  ixühivv  uyoods.  Nixuvdqos  iv  txria  KokofuvTu- 
\iü)P  Sokojvd  ff  tiGT  GtüfxuTu  dyoQc/.GuvTu  tvTiQfn^,  inl  Gity^S  ßrijacu  Jt« 
lof?  vfovs,  xui  ix  TÜjy  mQiytPo^ufPüjp  Xii>lf*dTmv  iÖQÖaaa&ui,  ’jrfioodkrjS 
iavdr,fA,ov  iiqöv.  tari  de  ndpdtjjuop  ndyxowov.  —  Zu  vgl.:  Die  In- 


240 


! 

digte  dagegen,  nachdem  er  die  verschiedenen  Ge¬ 
meinden  Athens  unter  ein  einziges  staatliches  Band  | 
gebracht  hatte,  der  Aphrodite  Pandemos,  der  all-  ; 
gemeinen.  Die  Veranlassung  verbürgt  uns  hinläng-  [ 
lieh,  welcher  Begriff  mit  derselben  verbunden  wurde; 
sie  ist  als  die  ordnende  Macht  der  neuen  staatlichen 
Verhältnisse  gedacht,  der  xögfiog  ira  Staate,  eine  Har¬ 
monia,  die  Kadmosgemalin  in  Theben.  Deshalb  ist 
sie  auch  selbst  eine  xocfi^zeiQu.  Unter  ihrem  Schiiz.  1  j 
und  Beistände  sind  alle  Verhältnisse  und  Einrichtun¬ 
gen  gut  und  schön  geworden.  Passend  stand  daher  i 
ihr  Bild  auf  dem  Plaxe  der  öffentlichen  Volksversamm-  j 
lung,  zum  Zeichen,  das  sie  über  die  Einigkeit  in  der  j 
A"olksversammlung,  durch  welche  das  Wohl  desStaa-  t 
tes  begründet  Avurde,  zu  wachen  hatte.  Einen  ähn-  j 
liehen  Beruf  müssen  Zeus  und  Aphrodite  als  olym¬ 
pische  Gottheiten  in  der  Skias  Sparta  gehabt  f 

haben,  weil  dies  der  Ort  war,  in  welchem  die  Volks-  t 
Versammlungen  gehalten  wurden,  und  in  ähnlicher 
Auffassung  wurde  sie  auch  zu  Korinth  als  Schirm¬ 
herrin  über  Stadt  und  Volk  betrachtet;  auf  der  höch¬ 
sten  Spize  der  Akrokorinthos  stand  ihr  Tempel,  wie 
auf  dem  Markte  5  und  in  den  Zeiten  der  Gefahr  rich¬ 
tete  man  feierliche  Gebete  an  sie  von  Staats  wegen. 
Dies  sind  aber  nicht  die  einzigen  Orte,  an  welchen  1 
sie  auf  diese  Weise  gefasst  wurde 5  wir  treffen  sie  ^ 
noch  öfters  als  Burggöttin  und  Volksherrin,  deren  1 
Tempel  in  diesem  Palle  gewöhnlich  auf  dem  Markte 
standen.  Wie  der  Dienst  der  Aphrodite  zu  Korinth 
Staatskult  gewesen  sein  muss,  so  war  es  zu  Orcho- 

sebrift  Nr.  1373  bei  Orelli,  von  Herkulanum:  M^elche  die  Aphr.  i 
nennt:  rerum  hnmanarum  dranarumque  magistra,  matrix,  serva- 
trix,  amatrix,  sacrificatrix. 

27)  Vgl.  oben  Anm.  69. 


241 


menos  *  *)  der  aus  jenen  abgezogene  tCult  der  Cha¬ 
riten,  an  welchem  sich  an  mehreren  Orten  ähnliche 
Vorstellungen  ansbildeten,  deren  Quelle  aber  im  müt¬ 
terlichen  Kulte  der  Aphrodite  gesucht  werden  muss. 
In  Athen  haben  Aphrodite  sowol  wie  die  Chariten 
diese  Bedeutung.  Wie  Aphrodite  die  Naturordnung 
vor  den  zerstörenden  Mächten  schuzt,  das  Volk  und 
den  Staat  erhält,  verbindet  sich  mit  ihr  auch  der  Be¬ 
griff  einer  Staat  und  Volk  von  übermüthiger  Un- 
;!  terdrükkung  befreienden  Gottheit.  Dies  sehen  wir 
i  in  Korinth  deutlich,  und  nicht  weit  von  Korinth  auf 
idem  Berge  Geranna  stand  ein  Tempel  des  Zeus 
!  Aphesios,  des  Befreienden,  mit  einer  Bildsäule  der 
Aphrodite.  Es  ist  kein  Zweifel,  dass  Aphrodite  hier 
gefasst  sei  wie  in  Korinth  selbst,  und  wie  Zeus. 

;  Aehnliche  Vorstellungen  waren  mit  ihr  auch  ander¬ 
wärts,  wie  in  Athen  und  dem  davon  hergeleiteten 
Samischen  Kulte,  verbunden* 

Die  Grundlage  für  Wohl  und  Ordnung  im  Volks¬ 
leben  ist  aber  die  Ehe.  Die  hauptsächlichsten  Ehe- 
Igöttinnen  sind  Hera  und  Pallas,  aber  Aphrodite  ist 
jes  auch.  Ihr  liegt  zwar  zunächst  die  Fruchtbarkeit 
und  die  Fortpflanzung  des  Geschlechtes  durch  die 
lEhe,  so  wie  die  eheliche  Liebe,  ob,  allein  die  durch 
jdas  Band  der  Ehe  herbeigeführfe  gesellige  Ordnung, 
tund  das  Glükk  der  Familie  war  nicht  ganz  von  ihr 
1 'ausgeschlossen ,  wie  man  eben  schon  aus  ihrer  Be¬ 
iziehung  zum  Volksleben  und  dem  Staate  schliessen 
'kann.  Diese  Beziehung  auf  die  Ehe  kam  ihr  beson- 
jders  als  Urania  zu  *  ®)  als  welche  sie  Eheglükk  und 
Ehesegen  bereitet;  indess  die  Hera- Aphrodite  ®®) 

I  28)  Sieh.  Anna.  676. 

!  29)  Vgl.  unten  Anm.  479  ff.  u.  361  ff, 

30)  Pausan  3,  13,  6.  —  Ueber  die  Ehegotth.  Paus.  8, 

n.  16 


I 


242 


OT  SpartSj  welcher  die  Mütter  bei  der  \  erheirathung 
ihrer  Töchter  opferten,  schlicsst  gewiss  die  Ehen 
nicht  ohne  Beziehung  auf  gesellige  Ordnung.  Das 
Heiligthutö  der  Aphrodite-Ny  mp  ha  in  den  Ber¬ 
gen  zu  Hermione*')  halte  doch  Theseus,  als  er  die 
Helena  zur  Gemahn  erhielt,  muthmasslich  in  demsel¬ 
ben  Sinne  errichtet,  in  weichem  er  die  Verehrung 
der  Pandemos  zu  Athen  verordnete,  und  als  Aphro¬ 
dite  in  dem  Gesänge  des  Leukos  zum  Webstuhl  der 
Athene  greift,  werden  alle  Bande  gelöst  und  Harmo¬ 
nia  seufzt  über  die  uuvollzogenen  Ehen. 

Die  Götter  hatten  'den  Kreislauf  der  Natur  ge¬ 
gründet,  es  waren  dieselben  Mächte,  welche  dies  Le¬ 
ben  gaben  und  nahmen,  und  die,  welche  dies  Leben 
vernichteten,  trugen  auch  zugleich  die  sicherste  Ge¬ 
währ  in  sich,  dass  aus  dem  Tode  ein  neues  Leben 
hervörkeimen  würde.  So  gehört  also  auch  Aphro¬ 
dite  als  Kersa  dem  Reiche  der  Nacht  an.  Es 
ist  dieselbe  Mutter,  welche  des  Menschen  Auge  schliesst 
und  es  öffhet,  und  mit  der  Scheere  in  der  Hand  das 
Kind  von  der  Nabelschnur  löst  und  die  Lokke  des 
8terbenden,  wie  die  italische  Juno.  So  finden  wir 
die  Aphrodite  neben  Schlaf  und  Tod  **)  gebildet,  d.  h. 
eine  zum  Todesschlaf  einwiegende  Göttin.  Für  die 
Verbindungen  der  Apollinischen  Religion  war  es  wich¬ 
tig,  dass  zu  Delphi  Dionys  als  Zagreus,  welcher  auf 
Tod,  Unterwelt  und  Erneuerung  deutete,  verehrt 
wurde®*).  In  ganz  ähnlicher  Auffassung  wurde  in 


22,2.  8,31,  9*  Lukian  Charidem :  Kap.  10.  —  Aesch>l- 

Eumen.  214  ff. 

31)  Pausan  2,  32,  7. 

32)  Pausan  3,  18,  !• 

33)  Plutarch  Is.  u.  Os.  3&, 


243 


Delphi*^)  eine  Orabesaphro dite,  mit  dem  Bei¬ 
namen  smtviißia  verehrt,  welcher  man  Todtenopfer 
brachte.  Hiemit  mnss  Aphrodite  mit  dem  Namen 
ßcüQvxog^  als  Todesgöttin,  vielleicht  auch  als  Befreierin 
vom  Tode,  als  eine  aus  dem  Grabe  Ins  neue  Leben 
zurükrufende  Göttin,  zu  Argos®*)  übereinstimmen. 
Sophokles®®)  nennt  sie  geradezu  Hades,  welches 
soviel  als  Tod,  oder  Gottheit  der  Unterwelt  bedeuten 
wird,  und  wenn  er  diesen  Ausdrukk  auch  nurioetlsi- 
scher  Beziehung  nimmt^  und  die  die  menschliche 
Seele  hinmordende  Gewalt  der  Liebe  darunter  ver¬ 
steht,  so  ist  das  eben  nur  seine  ethische  und  poeti¬ 
sche  Auffassung  der  pelasgischeni  und  mystischen  phy¬ 
sischen  Eigenschaft  der  Göttin.  Es  ist  also  eine  ganz 
richtige  Vorstellung,  wenn  sich  in  einem  späten 
Schriftsteller  die  Nachricht  findet,  Aphrodite  sei^ 
wie  es  andere  chthonische  und  kafachthoriische  Gott¬ 
heiten  fhaten,  in  die  Unterwelt  gestiegen,  um  den  Ado¬ 
nis  zurükzuholen.  Die  Aphrodite  in  Hermione  hatte 
vermuthlich  auch  Beziehungen  auf  die  Todtenwelt. 
Da  Unteritalieu  dieselbe  Urbevölkerung  mit  Griechen¬ 
land  hat,  nämlich  pelasgische  Stämme,  so  begegnen 
wir  auch  dort  vielfach  denselben  Vorstellungen  von 

34)  Plutarch  Piafxmr.«  Ka.-p.  23.  rMi  yaQ  ip  Jüfots  Uff .^o- 
dhrf  "Emtvfißlas  ayul^änw  leu,  n^k  o  rok  xumtxofämvg  ini  me 
yoaS  attaxcekovi/Tat. 

35)  Kl em.  V.  Alex.  Protr.  S.  32  im  dl  "Aqyihve,  & 
dtT»)v  tvfißmqvxop  »Qrj&xemmw  {"ÄQ-ymot  r.ai  Adxüim). 

36)  Bei  Plutarch  Erotik.  12. 

oü  Kinqtg  fiopov, 

IdiX  s'ffn  nolltSp  ovofidnüp  Ijjww/ioff, 

'Eenv  ßv  udtje,  tcn  (f  Sf9ms  ßia, 

Eßttv  di  Ivßffa  ixmväg. 

37)  Johannes  Monachos  ßik  Baqladfz  xul  In 

Boisson.  Anekd.  4,  248  (Aphrod.)  liyovei-  xal  tk  ““Adov  xamßai- 
vup,  onms  iiceyo^eea^  rov  “AdoiPtp  dno 


214 


der  Aphrodite.  Sie  ist  dort  sowol  die  Gotfin  der 
Zeugun»:,  als  die  der  Verwesung,  und  führt  in  Rom 
den^^amen  Liber a  und  Libitina.  Der  Name^*) 
bezeichnet  sie  zwar  nur  als  eine  Gottheit  der  zeu- 
«ungslustigen  Natur,  aber  es  war  eben  die  altgrie¬ 
chische  religiöse  Vorstellung,  dass  der  Macht,  von 
welcher  das  Leben  ausgeht,  auch  alles  Lebendige  im 
Tode  wieder  anheimfäilt.  Nun  wird  es  uns  noch  aus- 
drükküch  versichert,  dass  die  Libitina  vollkommene 
Tüdesgüttin  sei^«),  und  dass  ihr  Todtenspenden  wie 


38)  Aug.  Fr.  Pott.  Etym.  Forsch.  1,  166.  vgl.  S.  260 
Lubere,  libere,  Libentina  von  der  Wurzel  lubh  (rapere).  Au¬ 
gustin  Civ.  Dei  4,  8.  Audent  aliquas  partes  deae  Cluaci- 
nae  tribuere,  aut  Volupiae,  quae  a  voluptate  appellata  est, 
aut  Libentinae,  cui  nonien  est  a  libidine,  autCuuiuae,  quae 
cunas  infantum  adniinistrat.  Cic.  nat.  deor.  2,  23.  Vairo  L. 
L  5.  Prolubiem  aut  Prolubinem  dici  ab  eo,  quod  lubet,  unde 
etiam  lucus  Veneris  Lubentinae.  -  A  lubendo  libido,  libidmo- 
sus  ac  Venus  Libentina  et  Libitina.  Servius  z.  Aen.  1,  719. 
Lubentinae,  quae  libentiam  mentibus  novam  praestat  (also  als 
Göttin  des  Vergnügens,  der  Fröhlichkeit  und  so  kommt  Luben- 
tia  bei  Flau s.  Asinar.  2,  2,  2  vor),  quamvis  alii  hanc  Lubiam 
dicant,  quod  eo  nomine  consilia  in  medullas  labantur. 

39)  Plutarch  Pw/Aaty-d.  2.>  „JkI  xi  m  viqoS  tu?  xaqds  m- 
nodßynvow  iv  x<a  rw  vofilCoi'm  ^.A(f  QO(flT>]V  that,  xr^v 

nöuQoP  xal  won  tmp  Nov/ua ,  xov  qdwxof^tt- 

tuiP  IV  ienv,  071W?  fiRv^dvmci  nn  ävaxtQtdvHV  xd  xoiavxu,  firjdt  iffv- 
yHP.  ms  lÄmofAip;  n  vn6^pnok  Ion  nv  q.»aQrip  dpat  rh  yf- 

pm6p;  tüff  piSs  rdg  yiPtaxS  xai  xdg  xeXsvxds  imaxo- 

noißns.  Ueber  Libitina  als  Todesgöttin  vgl.  Juvenal  Sat. 
12  122.  Martial  Epigr.  43.  Horaz.  Od.  3,  30,  7.  u.  Schol. 
Sat.  2,  6,  19.  Sueton  Nero  39.  Livius  40,  19.  41,  21.  Nach 
Servius  Einrichtung  musste  in  ihrem  Tempel  für  jede  Leiche 
eine  Abgabe  geleistet  werden,  wie  in  dem  der  Lucina  für  die 
Gebornen.  Die  Leute,  welchen  die  Besorgung  der  Begräbnisse 
oblag,  hiessen  Libitinarii.  Diesen  Namen  libitinarii  senes  führ¬ 
ten  aber  solche  auch,  welche  dem  Tode  nahe  sind.  Martia 


215 


der  Epitymbia  xu  Dfiphi  gebracht  worden.  Der  Tem¬ 
pel,  bei  welchem  Servius  Tullius  die  Leichenkasse 
niederlegte,  hiess  nach  Dionysios  von  Halikarnass 
Aphrodite  Libitine,  und  in  ihrem  Tempel  worden 
die  Todten  gemeldet.  Ganz  einerlei  mit  der  Libi- 
tina  ist  die  Libera,  und  dabei  ist  nur  dies  zu  be¬ 
merken,  dass  diese  Göttin  Libera  in  Gesellschaft 
und  Beziehung  auf  ihren  Gemal  Liber  heisst.  Beide 
Gottheiten  Liber  und  Libera  bilden  in  Unteritalien 
ein  den  dodonäischen  Gottheiten  gleiches  Paar,  sind 
Lebens-  und  Todesgötter.  Ohne  dies  eheliche  ¥er- 
hältniss  heisst  die  Göttin  stets  Libitina.  Liber  wird 
zwar  immer  mit  Bakchos  verglichen,  aber  Zeus  von 
Dodona,  und  der  samothrakische  Dionysos  -  Hades 
lassen  sich  auch  mit  Bakchos  vergleichen,  doch  mit 
dem  mystischen,  dem  zwar  unterirdischen,  aber  auch 
über  der  Erde  mild  wirkenden  Jakchos.  Seine  Form 
Liber  ist  daher  richtig  ein  Gatte  der  Lebens-  und 
Todesgöttin  Aphrodite,  Namens  Libera,  und  seine 
Feste  waren  folgerichtig  ganz  aphrodisischer  Natur  *“). 

Eine  Grabesaphrodite  findet  sich  auch  zu  Ainos 
in  Thrakien*'),  indem  der  aphrodisische  Heros  Ai- 
neas  hier  den  Schatten  des  Polydoros  versöhnt.  Ein 
Myrtengebüsch  wuchert  auf  seinem  Grabe,  weil  auch 
diese  Pflanze  mit  der  Aphrodite,  welche  über  der 
Auflösung  der  Leiber  waltet,  eine  Beziehung  zur 


8,  43.  11,  97.  —  Job.  Baptist.  Pii  elegidion  amat.  V.  20. 
Funereum  comita  Cypris  anhela  rogum.  Lob.  Agl.  2,  S-  1098. 
Lutat  Stat.  Theb.  4,  526.  Pythagoras  dicit :  duo  esse  hemi- 
spbaeria,  quibus  proprios  deos  assignat  et  facit  superioris  regen« 
lovem  et  reginam  lunonem  infernam.  Et  duas  Veneres,  unani 
supernam  et  alteram  Libitinam,  et  alios  deos  binos  constituit, 

40)  Klausen  Ital.  Volksrelig  2,  7,  55  u.  d.  Anra. 

41)  Virgil  Aen.  3,  62  ff. 


246 


Todtenwelt  bekommen  hatte  **)»  Ein  alter  Myrten¬ 
stamm  wurde  auf  dem  Grabhügel  des  Elpenor  bei 
Circeji  gezeigt*®),  und  mit  Myrten  bekränzen  sich 
Ae'neas  und  seine  Genossen  bei  dem  seinem  Vater 
dargebrachten  Leichenfest  **).  Virgil*^)  dichtetauch 
für  die,  welche  Kummer  der  Liebe  und  Schwermuth 
dahingerafft  hat,  einen  Myrtenhäiu  in  der  Unterwelt, 
und  auch  auf  Vasen  aus  den  Gräbern  von  Canino 
kommt  der  Myrtenkranz  zu  Tage. 

Sehen  wir  uns  nun  weiter  nach  den  Formen  um, 
unter  welchen  Aphrodite  als  Göttin  der  Unterwelt  er^ 
scheint,  so  verdient  sie  eine  besondere  Aufmerksam¬ 
keit  als  Höhlengottheit,  die  mit  der  Hekate  zu- 
sammenfäilt.  Der  hauptsächlichste  Kult  der  Hekate 
auf  Samothrake  war  ein  liöhlendienst,  und  die  ihr 
geweihte  Höhle  hiess  die  zerinthische.  Eine 
solche  zerinthische  Höhle  zeigte  man  auch  auf  der 
gegenüberliegenden  Thrakischen  Küste  *®),  welche 
mit  der  bei  Drys  daselbst  ein  und  dieselbe  sein  wird  *  ’). 
Die  üblichen  Opfer  waren  Hunde.  Nun  führt  Aphro¬ 
dite  als  eine  Ilöhlengöttin,  ebenfalls 

den  Namen  der  Zerinthischen  **),  erhält  wie  die 

42r"¥ind.  Isthm.  3,  87  u.  d.  Schol.  Eurip.  Elektr.  32t. 
PI  in.  16,  44,  85. 

43)  Plin.  15,  29,  36. 

44)  Virgil  Aen.  6,  7p. 

45)  Aen.  6,  443  ff.  Ausonius  Cupido  cruci  aff.  2.  myr- 
teus  amentes  ubi  liisus  opacat  amantes.  V.  56. 

Eligitur  moesto  mjrtus  notissima  luco 

Invidiosa  Deum  poenis.  Cruciaverat  illic 

Spreta  olim  memorem  Veneris  Proserpina  Adonin. 

46)  Ovid  Trist.  1,  10,  19.  Ueber  die  Höhlengöttiii  vgl. 
noch  Anm.  274. 

47)  Kikander  Ther.  461  u.  d.  Sehol. 

48)  Zonaras  in  Lex.  Znqw^ut  ^  ’Acf^odlrt;,  xal 

xfti  Z^^wtf-ox  upTquv,  ip  m  xovs  xvpccg  tS-viiv.  Vgl.  Etym.  iVl.  411, 30. 


247 


Hekate  Hundeopfer,  und  wird  selbst  als  solche  in 
Thrakien,  wo  sie  mit  Ares  an  der  Spijse  des  Kultes 
steht,  verehrt*®).  Daraus  folgt  schon  die  enge  Ver¬ 
wandtschaft  beiiler  Gottheiten;  es  kann  sogar  sein, 
dass  es  dort  eine  und  dieselbe  Gottheit  war,  welche 
bald  mit  dem  Namen  Hekate,  bald  mit  dem  Namen 
Aphrodite  belegt  wurde.  Wie  alle  Formen,  zu  wel¬ 
chen  die  Aphrodite  ausgebildet  ist,  auf  Kypros  wie¬ 
derkehren,  um  den  Kult  der  Göttin  in  allen  seinen 
Gestalten  auf  diesem  Eilande'  erscheinen  zu  lassen, 
so  finden  wir  auch  hier  die  zerinthische  Höhlengöttin 
wieder.  Sie  führt  hier  den  Namen  Morpho-Ze- 
rinthia®“).  Der  Name  Morpho  ist  als  eine  Dun¬ 
kelschwarze  gedeutet'*);  laut  Gerhard  ist  es  eine 
Göttin  von  irdischer  Gestalt  und  Bedeutung.  Nach 
Kypros  muss  dieser  Name  von  Sparta  gekommen  sein, 
denn  nur  hier  finden  wir  ihn.  Pausaoias  ®  *)  theilt  es 
als  etwas  ganz  Eigenthümliches  mit,  was  er  sonst 
nirgend  gesehen  habe,  dass  ein  Tempel,  der  der 
Aphrodite-Morpho,  über  einem  andern,  dem  der  be¬ 
waffneten  Aphrodite,  gebaut  sei.  Sie  war  sizend  ge¬ 
bildet,  hatte  den  Kopf  verhüllt  und  an  den  Füssen 
Fesseln,  die  ihr  Tyndareus  angelegt  haben  sollte, 
weil  er  mit  den  Fesseln  die  Treue  der  Frauen  gegen 
ihre  Gatten  verglichen.  Es  kann  kein  Zweifel  sein, 
dass  diese  Göttin,  deren  Name  Morpho  von  andern 
auf  eine  schöne  Gestalt  bezogen  ist,  der  Erde  and 
Unterwelt  angehört,  welche  mit  heiligem  Ernste  auch  wie 

49)  Schol.  z.  Lyk.  449.  ip  Oqccx^  uvtqov  s^mp,  iv  ^  Ztj- 
Qivd'i«  ’Atf'^ocfhr]  nf^uTca.  Lyk.  77.  Z^qipS-ov  «vtqop  xwo&fayovs 

Ot«?. 

50)  Lykophr.  449. 

51)  Schwenk  Etymol.  mythol.  Andeutgen  S.  239. 

62)  Paus  an  3,  15,  9. 


248 


HeraT^Aphrodite  über  die  Ehe  waltet,  und  welche  auf  i 
Kypros  mit  der  ihr  noch  verwandten  zerinthischen 
Aphrodite  ’®),  einer  Hekate,  verbunden  wurde. 

In  Makedonien  wurde  laut  Hesych  die  Aphrodite 
als  verehrt.  Diese  Zeirene  muss  aber  so*  i 

wol  dem  Wortstamme  als  nach  der  Beobachtung,  dass 
die  makedonischen  und  thrakischen  Kulte  sich  durch¬ 
gängig  erläutern**),  ein  und  dieselbe  mit  der  »erin- 
thischen  Göttin  sein.  Der  Name  wird  von  her- 
kommen,  dem  makedonischen  langen  Oberkleide,  und 
so  nähert  sie  sich  auch  der  spartanischen  Morpho,  in¬ 
dem  sie  vielleicht  ebenso  wie  diese  verhüllt  war,  und  ! 
«war  mit  einer  Zerinthische  heisst  aber  1 

ferner  noch  die  Göttin  vom  Eryx  **),  weil  Aphrodite 
auch  hier  in  einer  der  Hekate  ähnlichen  Auffassung  I 
verehrt  wurde,  und  die  Beziehung  auf  Hunde  und 
Hundeopfer  tritt  in  dieser  sizilischen  Sage  von  neuem 
hervor,  indem  der  Sikuler  Krimisos  die  Tochter  des 
Troers  Phänodamas  heirathet,  und  in  Hundsgestalt 
den  Aegestos  zeugt,  Aphrodite  ist  es,  welche  ihm 
diese  Hundsgestalt  verliehen  hat,  und  Aegestos  oder 
Segestos  wird  Gründer  von  Segesta,  so  wie  einer 
der  Stammväter  der  Elymer.  Wie  diese  und  die 
spartanische  Morpho  in  Verbindung  mit  Vermälung 
gesezt  ist,  so  sollte  auch  der  Tempel  der  zeriutbi- 

63)  kykophr.  150.  MoQqpa  nttQotx^covat  j^v  ZijqwHav, 

54)  Otfr,  Müller  Wohnsize  der  Makedoner  S.  57  An¬ 
merkung  16. 

55)  Hesych.  erkl.  auch  durch  o^aioros.  Eustath 

11.  11,  S.  772,  öl.  etiiJiaivH  xcci  /tnum  xai 

Lohek  Agl.  2,  S.  1227.  Die  zerinth.  Höhle  mag  von  Dion.  Kass. 
61,  26  gemeint  sein,  welche  bei  ihm  aber  xdQ>if  heisst,  und  auf 
welche  die  Erzählung  von  den  Giganten  in  Pantikapaion  über¬ 
tragen  wurde. 

56)  Lykophr.  958. 


219 


sehen  Göttin  in  Thrakien  seine  Entstehen»’  der  Phal- 

o 

dra  verdanken  j  welche  durch  Liebe  aufgelöst  und 
dem  Tode  ssugeführt  war,  steht  aber  auch  so  noch 
mit  der  hinschmekenden  und  vertilgenden  Todesgöt¬ 
tin  in  Verbindung.  Diesem  Hegriffe  nähert  sich  wie¬ 
der  die  Höhlengöttin  Aphrodite,  zu  welcher  in  Nau- 
paktus  die  Wittwen  nach  dem  Tode  ihrer  Männer  um 
neue  Verheirathung  flehten.  Wo  wir  eine  Höhlen¬ 
gottheit  finden,  da  muss  auch  eine  unterirdische  Aphro¬ 
dite  gemeint  sein.  Jene  Apaturos  in  Pantikapaion 
vereinigte  in  sich  auch  eine  ünterweltsgottheit,  konnte 
daher  auch  in  einer  Höhle,  ip  verehrt 

werden. 

Von  der  Makedonischen  Aphrodite  Zeirene,  und 
mithin  auch  von  der  thrakischen,  kyprischen  und  ery- 
kinischen  Zerinthia^  darf  man  schwerlich  die  Seire- 
nen  trennen,  deren  Mythos  ausführlich  und  gelehrt 
von  Klausen  behandelt  ist,  so  dass  wir  uns  nur  dar¬ 
auf  beschränken  seine  Ergebnisse  hier  zusammenzu¬ 
fassen.  Die  Seirenen,  jene  süssklagenden,  das  Herz 
j  zerschmelzenden,  den  Leib  verwesenden  Leichenvö¬ 
gel,  in  siziüscher  Sage  die  Dienerinnen  der  Perse» 
phone,  gehören  wegen  ihrer  weichlich  auflöseoden 
;  Gewalt  und  der  Beziehung  auf  den  Tod  durch  aphro- 
j  disische  Verstrikkung  ebenfalls  in  den  Kreis  der 
Aphrodite,  und  wenn  Aphrodite  im  Frühling  nach 
:  Thessalien  zieht,  so  begleitet  sie  nebst  anderem  Ge¬ 
folge  mit  Gesang  auch  die  Sirene  Deshalb  wer¬ 
den  ihnen  auf  Bildwerken  auch  die  Werkzeuge  der 
Aphrodite,  Weiberpuz  und  Spiegel,  in  harpyischer 
Bildung  beigegeben.  Wie  nicht  blos  Odysseus,  sondern 
der  Mensch  überhaupt,  namentlich  der  sehnsüchtige, 
unter  den  von  I*ersephassa  gesendeten,  tödtenden, 
57)  S.  Anm.  261. 


250 


V  ehinüthig^en,  thränenreichen  Sirenenliedern  hinstirbt, 
ist  von  Euripides'®)  ausgeinalt.  In  der  Sage  des 
Odysseus  sind,  indem  das  Todesthor  an  den  Engpass 
des  Westmeeres  gesezt  ist,  die  Meeresgewalten  eins 
geworden  mit  denen  des  Todes,  und  die  Sirenen  sind 
der  verwesende  Tod  in  dem  glühenden  Sonnenbrände 
auf  der  See  bei  gänzlicher  Windstille.  Es  ist  die 
Gabe  der  meerherrschenden  Aphrodite,  dass  sie  die 
Winde  einschläfert  und  heitere  Ruhe  über  das  Meer 
verbreitet.  Diese  Wohlthat  wird  aber  zum  verzweif- 
huigsvoÜsten  Unheil,  wenn  dabei  die  Kräfte  der  Ru¬ 
derer  in  der  Sonnenglut  ermatten,  so  dass  diese  wie 
durch  festbannenden  Zaubergesang  rettungslos  ver- 
Bchmaciiten  und  verwesen.  Kicht  allein  die  Zauber, 
womit  Aphrodite  den  Menschen  im  Leben  umstrikkt, 
finden  wir  in  der  Gewalt  der  Sirenen  wieder,  sie 
wiegen  den  Menschen  unter  süssen  Mädchenstimmen 
auch  zum  Todesschlumraer  ein,  und  häufig  sezten  die 
Griechen  Sirenenbilder  als  Zeichen  der  Leidtragen¬ 
den  auf  die  Gräber. 

W^enn  nun  Hekate  und  Aphrodite  als  Höhlerbe- 
wohnerinnen  Gottheiten  der  Gräber  sind,  so  bannen 
sie  als  solche  aber  nicht  in  den  Gräbern  fest,  sondern 
vermitteln  vielmehr  eine  Verbindung  zwischen  Nacht¬ 
weit  und  Lichtwelt.  Es  ist  allen  göttlichen  Wesen 
von  Samothrake  eigenthümlich,  dass  sie  die  Gunst 
anderer  Mächte  den  Sterblichen  zuwenden,  und  vor 
allem  tritt  eine  solche  Kraft  bei  der  Hekate  hervor, 
welche  bei  Hesiodos  auf  eine  sehr  bedeutungsvolle 
Weise  sich  als  eine  Göttin  kund  giebt,  die  in  die 
Geschikke  der  Menschen  geheimnissreich  eingreift. 
W  en  sie  von  den' Opfernden  mit  ihrer  Huld  beschen¬ 
ken  will,  den  erhebt  sic  zu  Ehren  und  segnet  ihn 


5b  <  Helena  168  ff- 


251 


mit  Gütern  welchem  sie  will,  dem  giebt  sie  Bei¬ 
stand  und  Hülfe  im  Staate  und  Volke,  in  der  Schlacht, 
sizt  den  Richtern  zur  Seite,  steht  den  streitenden 
Parteien  bei,  die  sich  an  sie  wenden;  wen  sie  will, 
leitet  sie  durch  die  Stürme  und  Fluthen  des  Meeres, 
bereichert  den  Fischer,  mehrt  mit  Hermes  die  Heer- 
iden,  macht  die  Armen  reich,  die  Reichen  arm^  be¬ 
fördert  Wachsthum  und  Gedeihen  der  Jugend.  Das 
Geschikk  ruht  in  ihrer  Hand,  sie  spendet  Glükk  und 
Unglükk.  Solche  Kräfte  haben  sich  auch  in  der 
Aphrodite  entwikkelt,  und  wenn  sie  hierin  auch  nicht 
zu  ausschliesslicher  und  allgemeiner  Geltung  gelangt 
ist,  so  hat  ihre  allgemeine  Wirksamkeit  dadurch  aber 
vielfache  Bestimmungen  und  Richtungen  erhalten. 
Die  Keime  dazu  lagen  natürlich  in  der  Aphrodite 
selbst;  aber  das  Zusammentreffen  der  Kulte  beider 
Göttinnen,  nicht  bloss  an  den  bereits  genannten  thra- 
kischen  und  saraothrakischen  Orten,  sondern  nament¬ 
lich  auch  in  Boiotien,  mussten  ihre  Wirkung  dabei 
aicht  verfehlen.  Interessant  ist  noch  das  Zusammen- 
reffen  mehrerer  in  diesem  Sinne  wirkender  ciUhoni- 
5cher  Gottheiten  zu  Titane  am  Asopos  ®®),  nämlich 
ies  Dionysos,  der  Hekate,  Aphrodite,  Demeter  und 
Fyche:  —  Auf  diesem  Wege  hat  Aphrodite  das  Ge¬ 
schäft  des  Vermittelns  zwischen  Gottheit  und  Men¬ 
schen  erhalten,  und  hat  ihre  Freude  daran,  die  Cöt- 
erwelt  zu  den  Menschen  herabzuziehen,  sie  ist  eine 
jJeelengeleiterin  ®‘),  ipvyßnoiinog^  wenn  auch  nicht 

59)  Hesiod  Theog.  411  ff.  vgl.  Orph.  Hymn.  I. 

60)  Paus  an  2,  11,  8. 

61)  Tibnll  1,  3,  58  hier  den  Tibull.  Epithalam.  M.  Liic- 
eji  8,  V.  27  (Wernsdorf,  poet.  lat.  min.  2  S.  207)  den  jungen 
i.uccejus.  Nam  me  sancta  Venus  sedes  non  nosse  silentum  lus- 
it,  et  in  coeli  lucida  templa  tulit. 


252 


in  die  Unterwelt,  obgleich  diese  vielleicht  nicht  ans- 
gesclilussen  war,  so  doch  ins  Elysium  und  in  den 
Olymp.  Vor  allem  geleitete  sie  gern  Liebende  und' 
Jünglinge  ins  Elysium,  und  solche  betrachtete  man 
als  gottgeliebte  Dort  spendete  sie  den  auser¬ 
wählten  Leibern  die  Glükkseligkeit,  welche  ihnen 
nach  den  Begriffen  der  Alten  nur  werden  konnte. 
Den  Hesperos  raubt  Aphrodite  aus  dem  Chor  der 
Jünglinge  und  verseht  ihn  an  den  Himmel  ®®),  em¬ 
pfängt  dort  aber  auch  verdiente  Männer  **).  Gewöhn¬ 
lich  fällt  einerseits  dem  Hermes  das  Amt  des  Ver- 
mittelns  zu,  welcher  die  Gebete  der  Menschen  zu  den 
Todten  hinabträgt,  und  Seelen  in  die  Unterwelt  ge¬ 
leitet®’),  anderseits  dem  Dionysos,  welcher  die  Men¬ 
schen  wenigstens  auf  Augenblikke  zu  der  seligei)| 
Freude  der  Götter  erhebt. 

Als  hekatäisch  wirkende  Gottheit  der  ünterwelij 
herrscht  Aphrodite  auch  in  deu  unheimlichen  Mächten 
vermittelst  deren  sie  durch  Zauberei  und  Zerimo-i 
nie  die  in  den  Gegenständen  der  sinnlichen  Wel  ^ 
schlummernden  Kräfte  zu  übermächtiger  Wirksarakci 
hervoiTuft.  Sie  zaubert  zwar  nur  vorzugsweise  durcl 
die  Kraft  der  Anmuth  und  der  Liebe,  allein  die  wirkli 
eben  Hexenkünste  sind  von  ihr  nicht  ausgeschlossen 
Den  Namen  Mandragoritis  **)  führte  sie  offenbai 

62)  Vgl-  Wernsdorf  poet.  lat.  min.  2  Exciirs  S.  50/. 

6J)  Elegia  in  obitum  Maecenatis  V.  130.  Quaesivere  chor 
juvenem  sic  Hesperon  illum  Quem  nexum  medio  solvit  in  ig»' 
Venus. 

64)  Eleg.  de  Maecenate  morib.  V.  33.  Cum  deus  in  tem 
divis  insignis  avitis  Te  Venus  in  patrio  collocet  alma  -sinu. 

65)  Hom.  Od.  24,  1.  Hermes  führt  die  Seelen  aber  nicb 
allein  herab,  sondern  sendet  sie  bei  der  Beschwörung  auch  wie 
der  hervor.  Vgl.  Aesch.  Pers.  629.  Soph.  El.  611. 

66)  Hesych.  3IaydQuyoQlns~ 


253 


ivon  dem  Alrann,  de^^scn  man  bei  den  Kiinsfen  des 
(Zaubers  und  der  Hexerei  benöthi^t  war,  und  der 
»Zeus  Mandragoros,  den  Hesych  erwähnt,  ist  ihr  ver- 
hvandt.  Sie  reicht  die  Mittel  zum  Liebeszauber,  weiss 
Liebe  zu  erwekken  und  untreue  Liebende  zur  Treue 
zurükzuführen  ®^) ;  sie  bereitet  die  Mittel  aus  Kräu¬ 
tern®*),  verwendet  namentlich  das  Kraut  Saturei®*) 
dazu,  und  kocht  die  Zauberspeise  in  einem  ehernen 
Kessel^“).  Sie  hat  aber  auch  den  Menschen  den 
Zaubervogel  Jynx  zu  gebrauchen  gelehrt,  und  be¬ 
zaubert  durch  ihn  die  Mcdea  zur  Liebe  für  den  Ja- 
|?on’').  In  der  Eigenschaft  als  zauberkräftig  in  Din- 
it»'en  der  Liebe  kommen  Hekate  und  Aphrodite  über- 

)3in,  und  daher  lehrt  auch  Erstere  den  Zaubervogel 
gebrauchen.  Sie  ist  im  Allgemeinen  Vorsteherinn 
aller  Zauberkünste,  die  Angelegenheiten  der  Liebe 
init  einbegriffen,  vorzugsweise  leitet  diese  aber  Aphro- 
lite,  und  ist  hierin  mächtiger  als  jene.  Bekannt  sind 
lie  beiden  abgeleiteten  Wesen  Medea  und  Kirke, 
gewöhnlich  Töchter  der  Hekate,  aber  auch  der  Aphro- 
|ite,  welche  in  diesen  Künsten  erfahren  und  thätig, 

67)  Tibull  1,  5,  17. 

68)  Ovid.  Ars.  am.  2,  420  ff. 

j  69)  Ovid.  Sunt  qui  praecipiant  herbas,  satureia  nocentes 
umere.  Martial  3,  7.i,  3  ff. 

Sed  nihil  erucac  faciunt,  bulbique  salaces. 

Improba  nec  prosunt  jam  satureia  tibi. 

70)Properz.  3,  21,  1-3.  Correptus  saevo  Veneris  hor- 
'?bar  aheno  Makrob.  Sat.  5,  19  führt  aus  Soph.  an, 

ie  Medea  die  mit  eherner  Sichel  geschnittenen  Kräuter  in 
lernen  Gefässen  sammelt.  Das  Erz  wurde  vorzüglich  unter 
in  Metallen  zu  Verrichtungen  gebraucht,  durch  die  man  auf 
lilige  Gegenstände  eine  bestimmte  Einwirkung  ausüben  will, 
gl.  ausführlich  hierüber  Klausen  Ital.  Volksrel.  2,  998. 

71)  Find.  Pyth.  4,  215.  Theokr.  2,  16.  Mehr  über  Me- 
na  Otfr.  Müller  Orchom.  u.  die  Min.  268  ff. 


254 


wie  keine  waren.  Es  w^ar  erforderlich,  dass  neben  p 
ihrer  Kunst  der  Zauberei  keine  ihrer  Eigenschaften 
mehr  hervorstach  und  so  wirksam  gepriesen  wurde 
als  die  Schönheit,  Medea  entbrennt  vor  Liebe  zum 
Jason  und  entzieht  ihn  dem  nahen  Untergang,  Kirke 
giebt  um  ihrer  Liebeslust  willen  dem  Odysseus  die  f 
Mittel  an  die  Hand,  sich  aus  dem  Todesmeer  heraus  | 
an  den  Sirenen  vorüber  zu  retten’*).  a, 

Unter  allen  Gestaltungen,  zu  welchen  sich  die 
von  uns  im  Eingänge  dieses  Abschnittes  angedeutete 
Macht  der  Aphrodite  hervorgebildet  und  ausgebreitet 
hat,  sind  die  einer  Aphrodite-Erinnys  und  die 
Sühngebräuebe  zu  den  merkwürdigsten  zu  zählen. 
Auf  die  Gefahr  hin  den  Widerspruch  des  Lesers  er¬ 
fahren  zu  müssen,  unternehmen  wir  mit  den  wenigen ; 
uns  zu  Gebote  stehenden  Mitteln  den  Beweis  und 
hoffen,  dass  man  uns  um  so  eher  Glauben  schenken  , 
wird,  w'eun  man  alle  bisherigen  Gestaltungen  der 
Göttin  zusammenfasst  und  sie  beifällig  mit  den  fol¬ 
genden  verbindet.  Der  Zwekk  aller  Sühnungen  ist  ’*), 
die  dunkeln  Mächte  der  Unterwelt,  welche  dem  Le¬ 
ben  im  Allgemeinen  feindlich  gegenüber  stehen,  zu 
begütigen  und  zu  versöhnen.  Demnach  ist  es  schon 
nicht  undenkbar,  dass  auch  Aphrodite,  welche  zu  den  j. 
Mächten  gehört,  aus  denen  zugleich  Heil,  Leben  und  ^ 
Gedeihen,  wie  Tod  und  Verderben  hervorströmt,  als 
eine  ebenso  zürnende  und  grollende,  als  milde  und 
freundliche  Gottheit  erscheine,  als  ein  Strafgeist,  wel¬ 
cher  im  gerechten  Zorn  und  Unwillen  schmerzliche  ^ 
Kränkungen,  verlezte  Ehrfurcht  und  Pietätsgefühle  ^ 

72)  Vgl.  über  die  Kirke  nameatlich  in  Circeji  Klausen  li 
a.  a.  O.  2,  838. 

73)  Otfr.  Müller.  Die  Eumeniden  des  Aschylos  38  ff. 

■88  ff. 


I  A 


{ 

I 


255 


ahndet  Für  die  Zulässio^keit  einer  solchen  Annahme 
kommt  uns  die  Verbindung  zu  Statten,  in  welcher 
wir  die  Aphrodite  zur  Demeter  und  Persephone  dar¬ 
gestellt  haben ,  da  die  Erinnyen  ursprünglich  nichts 

Ials  eine  besondere  PersoniHkazion  der  grossen  Göt¬ 
tinnen,  welche  die  Erde  und  Unterwelt  beherrschen, 
Demeter  und  Kora,  sind.  Wie  Müller  a.  a.  0.  be- 
'  merkt,  erschien  den  Menschen  der  Vorzeit  io  den  ewi¬ 
gen  Naturmächten  eine  Seite  des  Furcht  und  Ej^t- 
sezen  Erregenden;  und  wenn  in  der  schönen  und 
fruchtbaren  Jahreszeit  alles  versöhnt  und  beruhigrt  er- 
scheint,  so  bricht  in  den  Winterstürmen  und  immer- 
!  währenden  iSchrekknissen  der  Natur  der  verhaltene 
I  Groll  von  neuem  hervor.  Und  was  steht  dem  ent- 
i  wenn  Aphrodite,  die  Göttin  der  blühenden 

!und  fruchtbaren  Natur  wie  der  dunkeln  Unterwelt, 
ebenfalls  als  eine  grause  und  feindselige  Gottheit  ge¬ 
fasst  worden  sei?  Ausdrükklich  weist  uns  hierauf 
•  aber  eine  Glosse  des  Desychios  hin,  welche  lautet; 

^Eqivvvq:  dccificov  Tcazuy^O^ovioq:  ^^iipQOÖhijq  std(aXoy. 

'  Den  Erklärern  des  Lexikographen  war  der  leztere 
j  Ausdrukk  unverständlich,  und  sie  wollten  dafür  ij  jyfi- 
»'  Qocfoiviq,  sidcoXot^  schreiben.  ""HsgocpotTiq  ist  bekannt- 
lieh  in  der  Ilias  ein  Beiwort  derErinnys  und  bezeich- 
net  die  im  Dunkeln  wandelnde.  Aber  abgesehen  von 
i|!  der  Unstatthaftigkeit,  dass  Hesyebios  das  Wort 
vvqj  nachdem  er  es  schon  durch  datpeop  xarayO^opioq 
erklärt  hat,  noch  durch  ijeQO(foTnqj  sidoaXov  erläutert, 
so  ist  diese  Ausbülfe  doch  immer  nur  ein  gewaltsa- 
i  mes  Verfahren,  welches  vermieden  werden  muss,  so 
lange  als  die  überlieferten  Worte  irgend  eine  Aus¬ 
legung  zulassen.  Mir  scheint  es,  als  wenn  das 
Glossem  nicht  angetastet  werden  dürfe,  und  dass  wir 
hieraus  die  Bürgschaft  für  eine  A  p  h  r  o  d  i  t  e  -  E  r  i  n  n  y  s 


256 


entnehmen  können,  welche  der  Gesammtentwikkeliinpj  1 
der  Göttin  nicht  entp^egenstehen  wird.  Erfreulich  ist 
die  sich  uns  darbietende  Vergleichung  der  Demeter- 
Erinnys,  welche  in  Griechenland  ziemlich  verbreitet 
war  und  von  der  Quelle  Tilphusa  in  Boioticn  den 
Namen  der  Tilphossischen  oder  Thelpusischen 
führte.  Hier  tritt  uns  nun  aber  die  hohe  Wichtigkeit  ' 
und  der  w'eite  Einfluss  des  Thebischen  Kultus  vor 
Augen,  und  gerade  im  Thebischen  Aphroditekult  las¬ 
sen  sich  mehrere  Anknüpfungen  an  die  dorügen  Vor-  ( 
Stellungen  von  der  Demeter,  und  zwar  der  Demeter-  ^ 
Erinnys,  machen.  Dort  galt  Aphrodite  für  eine  Gat¬ 
tin  des  Ares^  wie  viele  Verwandtschaft  diese  mit  der 
Hekate  hafte,  sehen  wir  daraus,  dass  sie  in  Thrakien, 
wo  sie  ebenfalls  die  Beisizerin  des  Ares  war,  für  eine 
Hekate  galt,  einer  der  hauptsächlichsten  Verehrungs-  -i 
orte  der  Hekate  aber  wiederum  Boiotien  war.  Diese 
Thebische  Gattin  des  Ares  ist  es  nun  eben,  mit  wel¬ 
cher  die  Demeter-Erinnys  in  Verbindung  steht.  Wie 
allbekannt  ist,  haben  Demeter  und  Kora  Theben  ge¬ 
gründet,  und  mit  ihnen  hat  Kadmos.  der  Hermes,  wel¬ 
cher  Gemal  der  Harmonia  ist,  der  Tochter  der  Aphro¬ 
dite  %'om  Ares,  Antheü  an  der  Gründung.  Er  hat, 
um  Theben  gründen  zn  können,  den  Drachen  er¬ 
schlagen  müssen,  welchen  Ares  mit  der  Erinnys- lil- 
phosa,  d.  h.  mit  der  zu  Tilphosa  verehrten,  gekränk¬ 
ten  und  grollenden  Demeter  erzeugt.  Nach  der  all¬ 
gemeinen  Sage  im  Thebischen  Kulte  ist  aber  Ares 
Gemal  der  Aphrodite,  und  die  Ehe,  welche  er  hier 
mit  der  Demeter-Erinnys  eingeht,  kann  von  jener  mit 
der  Aphrodite  nicht  wesentlich  verschieden  sein.  Diese 
Verbindung  der  Demeter-Erinnys  mit  dem  Aphrodite- 
gemal  Ares  tritt  aber  noch  mehrere  Male  hervor. 
Sie  sendet  gegen  Theben  den  ünentfliebbaren, 


257 


crrog,  und  dieser  reitet  den  furchtbaren  GauIArnlonj 
den  Thelpusischen,  welcher  durch  seinen  Name«  sich 
schon  als  Sohn  des  Ares  anköiidigt.  Aber  nicht  blos 
in  Theben  finden  wir  diesen  Ares  neben  der  Oeme- 
ter-Erionys,  sondern  auch  an  solchen  Orten,  wohin 
I  die  verschlagenen  Kadmeer  den  Dienst  jener  Göttin 
r  brachten.  Vor  allen  war  dies  in  Athen  der  Fall. 

■  Hier  lag  ihr  Tempel  an  der  einen  Seite  des  Ares« 
högel,  die  Erinnyen  standen  in  Athen  mit  Ares  Kult 
und  Gericht  in  Verbindung,  und  auf  Kolonos  wurde 
Aphrodite  neben  der  Demeter-Erinnys  gleich  stark 
verehrt  Dann  sind  im  pelasgischen  Arkadien  wie¬ 
der  Anknüpfungen  an  den  Thebischen  Kult.  Zu  Me- 
galopolis  wurde  Aphrodite  im  Thebischen  Dreiverein 
verehrt,  und  die  bolotische  tilphosische  Demeter  hatte 
sich  noch  zu  Pausanias  Zeit  in  dem  Orte  Thelpusa 
in  Arkadien  erhalten.  Diese  zürnende  Demeter- 
Erinnys  ist  es  auch,  welche  zu  Phigalia  In  Arka¬ 
dien  die  schwarze  hiess^^},  und  wir  können  nicht 
umhin  uns  mit  dieser  wieder  nach  Boiotien  zu  wen¬ 
den,  um  mit  ihr  die  schwarze  Aphrodite  zu  Thes- 
Ipiä''»)  zusammenzustelleri.  8ie  führte  den  Namen 
Melainis,  und  wurde  ausserdem  noch  au  einer  Quelle 
licht  beim  Arkadischen  Orte  Melangeia  und  in 
vorinth  ”)  unter  diesem  Namen  verehrt.  Dieser  Kult 
ler  schwarzen  Aphrodite  in  Korinth  möchte  deshalb 
loch  besonders  auf  eine  Erinnys  hinweisen,  weil 
ivahrscheinlich  sich  hier  auch  Sühnkult  der  Aphro- 
ite  vorfand. 


^4)  Paus.  8,  42,  1.  uslalpts. 

75)  Paus.  9,  27,  4. 

76)  Paus.  8,  6,  2.  Er  erklärt  sie  für  eine  nächtliche 
eugungsgöttin. 

//)  Athen.  13,  588,  Paus.  2,  2,  4 

IT 


258 


Bei  allen  Lökken  und  Manj^eln  dieser  Beweis¬ 
führung  glauben  wir  doch  das  Vorhandensein  einer 
Aphrodite-Erinnys  wahrscheinlich  gemacht  y,u 
haben,  so  dass  sich  keine  erheblichen  Einwendungen 
dagegen  machen  Hessen.  Wenn^  man  nur  hiervon 
überzeugt  ist,  dann  wird  auch  die  weitere  Verfolgung 
keiner  Schwierigkeit  mehr  unterliegen.  Nachdem 
der  Zorn  der  Erinnyen  gestillt  ist,  so  erscheinen  sie 
als  wohlwollende,  gütige  Gottheiten,  welche 
sich  wieder  dem  Leben  und  der  Freude  znwenden, 
obgleich  sie  aber  auch  schon  als  Erinnyen  der 
Liebe  nicht  gänzlich  baar  sind  ^  und  dann  führen 
sie  den  Namen  Eumeoiden.  Laut  Hesychios  wurde 
Aphrodite  in  Chalkedon  als  eine  solche  Wohlwol¬ 
lende,  verehrt,  und  nach  den  Vordersäzeu 

unserer  Behauptung  müssen  wir  diese  auf  eine  Goit- 
heit  der  Eumeoiden  deuten.  Auf  diese  Eigenschaft 
kann  auch  die  Benennung  der  Aphrodite  als  evffgmv 
hezoo-en  %verden,  wie  Aeschylos '*)  die  Eumeniden 
evwQovsg  nennt.  Zur  Bestätigung  dieser  Ansichten 
über  Aphrodite  als  eine  Eiimenidengottheit,  lässt  sich 
auch  die  Üebereinstimmung  der  Opferspenden  anfjih- 
reo*  nämlich  den  Eumeniden  wie  der  Aphrodite  wor¬ 
den  weinlose  Opfer  gebracht,  Honig,  Milch,  Oele 
und  blutige  Spenden,  trächtige  Sckaafe,  und  Blumen 
statt  der  Eränze»®)*,  dass  die  Schaafe,  welche  man 
im  Kulte  der  Aphrodite  opferte,  trächtig  sein  mussten, 
wird  uns  freilich  nicht  berichtet,  war  aber  auch  viel¬ 
leicht  nicht  durchaus  nothwendig.  Den  Namen 


V. 


78)  Tisiphoae  liebt  den  Kithairon  in  Boiotien.  Plutarcb 


4.  Flüssen  2,  2. 

79)  Eumen.  946.  984. 

80)  Paus  an  2,  11,  4. 

81)  Hesych  Vgl.  Theo 


kr.  Adon. 


94. 


259 


erhielt  Aphrodite  mnthmasslich  von  dem  star¬ 
ken  Verbrauch  des  Honigs  an  ihren  Festen,  wie  Per¬ 
sephone  hiess.  Honig  wurde  sehr  viel  bei 

den  Todtenopfern  und  im  Kult  der  unterirdischen 
Götter  gebraucht**). 

Diese  weinlosen  Opfer,  welche  im  allgemeioen 
den  ünterwehsgottheiten  gespendet  wurden,  wurden 
insbesondere  auch  den  Mören  zu  Theil,  und  dies  führt 
uns  auf  eine  andere  Gestalt  der  Aphrodite,  welche 
aus  der  vorhergehenden  ebentnissig  hervorgeht.  Aphro¬ 
dite  wurde  auch  als  Möre  verehrt.  Unter  diesem 
Namen  wurde  sie  zu  Athen  »»)  in  den  Gärten,  «V 
noig  angebetet,  und  ihr  Bild  war  wie  die  Hermen  ein 
schlichter  vierekkiger  Stein  mit  der  Aufschrift :  A  p  h  ro- 
dite  die  ältste  der  Moiren.  Die  Athener  wuss¬ 
ten  über  das  Bild  nichts  mehr  zu  sagen  5  Pausanias 
nennt  es  aber  sehr  seheriswerth.  In  der  Nähe  be¬ 
fand  sich  ein  ithyphallischer  H  eriaes,-  Hephai¬ 
stos  und  Athene  waren  benachbart.  Die  Unbe¬ 
kanntschaft  der  Athener  mit  dem  Tempel  der  Göttin 
zu  Paiisanias  Zeit  deutet  schon  darauf  hin,  dass  das  * 
Bild  sehr  alt  gewesen  sein  muss,  da  sein  Uerstäodolss 
der  damaligen  nicht  mehr  klar  %var.  Abei  ihre  Figur 
und  ihre  Umgebung  bürgen  hinlänglich  für  ihre  hohe 
Bedeutung,  ihre  schöpferische  Kraft,  für  eine  Göttin, 
welche  über  Leben  und  Tod  waltet.  In  dieser  ruhte 
zugleich  auch  jene  dunkle  Macht,  welche  der  Men¬ 
schen  Schikksale  lenkt.  Das  ist  Aphrodite  als  Moira, 
ein  Naturgesez  der  physischen  Welt,  während  sie  als 

u.  Schot.  Antrum  Nymplu  —  Salmas.  schreibt  im  Hesych.  Jf». 

kvmjs. 

82)  Eurip.  Iph.  in  Taur.  165.  636.  Apollon,  v.  Rhod. 

3,  1034. 

83)  Paus.  1,  19,  2. 


17# 


260 


Erinnys  eio  Naturgesez  der  moralischeu  Welt  ent¬ 
hält.  Als  der  Moiren  ältesten  ruht  in  ihr  der  Begriff 
der  Moiren  noch  ungetheilt,  und  sie  ist  die  Inhaberin 
des  ganzen  Begriffes,  welcher  später  in  drei  getheilt 
ist.  In  orphischer  Lehre  ist  Aphrodite  in  diesem 
8inne  ebenfalls  Moira,  oder  die  Herrscherin  über 
die  drei  Mören,  oder  die  Mutter  der  Nothwendig- 
keit**).  Im  Kult  finden  wir  die  Aphrodite  mit  den 
Moiren  nur  noch  in  Sparta  *  “ ) ;  in  der  Mythe  aber 
begegnet  sie  uns  noch  einmal  genealogisch,  indem 
Epimenides  ®®)  den  Kronos  und  die  Euonyme  Aeltern 
^  der  Aphrodite  und  der  Mören  genannt  hatte,  und  sie 
dadurch  als  zusammenwirkende  sittliche  Mächte  des 
Lebens,  seiner  Ordnungen  und  Geschikke  bezeicbnete. 

Nach  der  uralten  Metapher  des  Webens  und 
Spinnens  von  der  Natur  und  den  Göttern  überhaupt, 
welche  die  Dinge  weben,  und  den  Faden  derselben 
fortspinnen,  ist  die  Liebesgöttin  Aphrodite  als 
Weberin  Athene  gedacht,  und  sie  versieht  als  Moira 
ihren  Dienst  durch  dieselbe  Kunst,  spinnt  allem  Le¬ 
bendigen  das  Leben  und  seine  Geschikke  zu,  und 
schneidet  den  Faden  des  Lebens  im  Tode  wieder  ab; 
als  Erinnys  ist  sie  eine  grollende  und  zürnende  Göt¬ 
tin,  doch  auch  wieder  mild  und  freundlich,  wenn  die 
Strafe  über  erfahrene  Kränkung  und  verlezte  Rechte  er¬ 
füllt  ist.  Sie  wacht  über  die  Geschikke  der  Ge¬ 
schöpfe,  weil  sie  von  ihr  ausgegangen  sind ;  sie  muss 
auch  auf  Sitte  und  unverbrüchliche  Heilighaltung  der 
moralischen  Sazungen,  auf  gegenseitige  Achtung  und 
Scheu  vor  den  liechten  der  Andern  bedacht  sein.  So 
entwikkelt  sich  von  selbst  die  Bedeutung  der  Aphro- 


li 


84)  Kai  xQurim  r^iseiSv  M^t^q  dydyxtiS. 

h5j  S.  Anm.  49,  S.  211. 

86J  Be.  Schol.  z.  Lykophr.  406. 


261 


dite  als  Nemesis,  wie  sie  zu  Rhamnus  in  Attika 
verehrt  ward®’)  und  zu  Patrai  in  Ächaia**),  wo 
zwei  Bilder  der  Nemesis  und  der  Aphrodite  neben 
einander  standen.  Eine  ^erechtwaltende  und  be¬ 
strafende  iSchikksaIsg;öttiD  ist  Aphrodite  auch  als 
Praxi  dike. 

Die  Aphrodite-Nemesis  erinnert  uns  an  die  He- 
j  lena  *®),  denn  die  Mutter  der  Helena  soll  Nemesis  ge¬ 
wesen  sein®“).  Es  ist  oftmals  bemerkt  worden,  dass 
I  Helena,  vom  Stamme  Licht,  Helle,  dem  Na¬ 

men  nach  mit  der  Selene  zusaramenfaUe,  und  dass 
sie  sich  so  als  eine  Mondgöttin  ankiindige.  Durch 
die  physischen  Einwirkungen,  welche  man  dem  Monde 
!  zuschrieb,  wurde  Aphrodite  auch  auf  den  Mond  be- 
i  zogen.  Man  darf  aber  nicht  von  vorn  herein  anneh- 
!  men,  dass  Helena  aus  einer  Aphrodite  als  Mondgöttin 
abstrahirt  sei  5  denn  wenn  in  der  Aphrodite  auch  Be¬ 
griffe  lagen,  welche  mit  denen  übereinstimmen,  die 
man  den  M’  irkungen  des  Mondes  zuschrieb,  so  ist  sie 
deshalb  noch  keine  Mondgöttin,  was  auch  an  und  für 
sich  ein  viel  zu  enger  Begriff  wäre.  Aber  die  Deu¬ 
tung  fand  sich  ein,  wie  die  auf  den  Veousstern.  Man 
kann  deshalb  auch  nicht  behaupten,  dass  Helena  blos 
eine  Mondgöttin  sei.  Mondgöttin  ist  Selene  gewor¬ 
den,  und  diese  gehört  dem  Kreise  des  Helios  an;  aber 
der  Begriff  der  Helena  ist  weiter“^).  Alle  religiösen 

87)  Plinius  .36,  4,  3,  Pap.  Stat.  Silvae  3,  5,  5.  Audiat 
in  feste  licet  haec  Rhamnusia  vultu  Vgl.  Ovid.  Met.  14,  694. 

88)  Paus  an  7,  20,  5 

89)  Vgl  was  wir  oben  im  litter.  Abschnitt  über  die  Stel¬ 
lung  der  Helena  in  den  Kyprien  des  Stasinos  gesagt  haben. 

90)  Paus,  1.  33,  7. 

91)  Ueber  die  Wurzel  ihres  Namens,  welche  so  vielfältig 
in  den  alten  Pelasgischen  Religionen  hervortritt,  vgl.  Welker 
Kret.  Kolonie  S.  ll  ff.  u,  oben  Abschn.  1,  4.  Anm.  4»,  S.  86. 


262 


Vorstellungen  von  ihr  stellen  sie  als  eine  Nebenfigur 
der  Aphrodite  hin,  welche  der  Mythos  bald  zu  ihrer 
Tochter  oder  Dienerin,  bald  wenigstens  zu  ihrem  ir¬ 
dischen  Ebenbilde  schuf.  Ausser  dass  sie  Nemesis 
ist,  in  kyprischer  Sage  des  Stasinos  zeugt  Zeus  sie 
mit  der  Nemesis,  erbaut  sie  der  Eileithyia  zu  Argos 
neben  ihren  beiden  Brüdern,  den  Dioskuren,  einen 


Tempel,  und  dies  erklärt  sich  aus  dem  Begriff  der 
Aphrodite  als  Eileithyia  »*).  Aus  demselben  Grunde 
steht  Helena  mit  der  Artemis  io  Verbindung,  und 
Theseus  raubt  sie  aus  dem  Tempel  der  Artemis  Or- 
thia’O,  wird  sie  Mutter  der  Iphigenie  ihre  Toch¬ 
ter  Hermione  kann  man  aber  mit  der  Harmonia  ver¬ 
gleichen.  Eigene  Tempel  hatte  sie  in  Sparta  und 
Therapne.  Wie  Aphrodite  Zaubergöttin  ist,  so  wird 
auch  Helena  eine  Bereiterin  der  Zaubertränke,  und 
diese  Kunst  muss  sie,  seitdem  sie  als  Heroine  nach 
Aegypten  gewandert  ist,  dort  von  der  Polydamna 
lernen*®).  Sie  konnte  auch  die  Stimmen  anderer  auf 
das  Täuschendste  nachmachen  **).  Die  Rhodier  ) 
verehrten  eine  Helena  devdQkig^  wie  ich  vermuthe, 
wegen  Beziehung  auf  Fruchtbarkeit  und  Gedeihen 
der  Gewächse.  Wie  diese  Bedeutungen  sich  neben 
die  Wirkungen  der  Aphrodite  stellen  lassen,  so  auch 
jene  als  Retterin  der  Schiffe  **).  Ebenfalls  aus  aphro¬ 
disischen  Beziehungen  wird  sie  eine  Taube  und  Bak- 


chantin  *  ®). 


92)  Paus.  2,  22,  6}  s.  Anm.  354  ff. 

S3)  Plutarch  Thes.  3J. 

94)  Paus.  2,  22,  7.  Otfr.  M üller  Dor.  1,  381  ff. 

95)  Hom.  Od.  4,  228.  Herodot  2,  113. 

96)  Hom.  Od.  4,  278. 

97)  Paus.  3,  19,  9.  Heffter  Götterd.  aufKhodosS.  72 

98)  Eurip.  Orest  1632. 

•99}  SchoL  z.  Lykophr.  511.  143. 


ff. 


I 


263 


Dies  möchten  die  hauptsächlichsten  religiösen 
!  Vorstellungen  der  Helena  sein ;  die  meisten  sind  dich¬ 
terische.  Sie  wird  das  irdische  Ebenbild  der  Aphro¬ 
dite,  und  durch  sie  in  solcher  Gestalt  giebt  sich  die 
.  Göttin  ihrem  Lieblinge  Paris;  dafür  dass  er  ihr  den 
Preis  der  (Schönheit  Äiierkannt  hat,  wird  ihm  seihst 
;|  vk'ieder  die  höchste  irdische  Schönheit  isom  Lohn, 
■j  Als  Heroine  gehört  sie  Sparta  an  und  ist  sie  Gattin 
i  des  >Ienelaos;  die  Wanderungen,  welche  er  mit  ihr 
;  macht,  sind  nicht  so  sehr  nach  Stätten  des  Aphrodite¬ 
kultes,  was  bei  ihren  Wanderungen  mit  Paris  gröss- 
,  I  tentheils  der  Fall  ist,  als  vielmehr  nach  den  Grän/.en 
'  der  geographischen  Kenntnisse  angestellt.  Daran 
knüpfen  wieder  neue  Sagenkreise,  namentlich  die  Fa- 
]  beln  von  ihrem  Aufenthalt  in  Aegypten,  von  denen 
j  ein  grosser  Theil  erst  spät  erfunden  ist.  Die  ver- 
I  schiedenen  Mythenmassen  aber  und  Mährcheii  dieses 
t\  merkwürdigen  abenteuerlichen  Gegenstandes  der  Poesie 
stehen  grösstentheüs  im  gradesten  Widerspruche.  — - 
Dies  wird  von  der  Helena  genügen. 

Mit  der  Todtengöttin  Aphrodite  hängen  die  Sühn¬ 
gebräuche  zusammen.  Aphrodisische  Todtenopfer  und 
Sühnungen  wurden  in  Delphi  vorgenommen  *®®);  zu 
Ainos  in  Thrakien  versöhnt  Aeneas  Polydors  Schat¬ 
ten  durch  Todtenopfer.  Der  Widder  ist  Todtenopfer 
und  zugleich  das  eigentliche  Sühnopfer,  welches  der 
Mensch  an  seiner  Statt  giebt;  purpurne  oder 
schwarze  Widder  undSchaafe  waren  besonders 
dabei  beliebt  ‘®*),  und  eine  vorzügliche  Kraft  schrieb 

100)  VgL  Anm.  34,  S.  243. 

101)  Otfr.  Müller  Eumeniden  des  Aesch.  a.  a.  O-  u.  Or- 
chomenos  S.  160  ff.Odyssee  10,  §27.  Paus.  1,  34,  3.  9,39,4. 
5,  13,  2.  Eurip.  Elektr.  92.  516.  Diog.  v.  Laert.  1,  HO. 
Festes  u.  Aries. 


261 


man  dabei  gerade  dem  Felle  zu.  Dies  scheint  atich 
im  kyprischen  Kulte  der  Fall  gewesen  zu  sein  5  man 
erinnere  sich  dabei  des  goldenen  Vliesses,  da  gerade 
mit  dem  korinthisch-iolkischen  Sühnkiilt  die  kypri¬ 
schen  Widderopfer  in  Verbindung  gestanden  haben 
müssen,  denn  nach  Kypros  waren  sie  von  Korinth 
herübergetragen  ”*),  sie  müssen  also  auch  in  Ko¬ 
rinth  selbst  der  Aphrodite  gebracht  sein.  Als  Tod- 
tengottheit  haben  wir  dort  die  Aphrodite  Melainis,  die 
schwarze,  kennen  gelernt,  und  zunächst  müssen 
wir  vermuthen ,  dass  ihr  die  Schaafe  geopfert  sein. 
Mit  diesem  Kult  steht  ein  anderer  in  Thessalien  in 
Verbindung,  wo  Aphrodite  als  Todesgottheit  unter  dem 
Namen  dvdqotpovog  *”)  verehrt  wurde.  Hierher  war 
Lais,  die  Begünstigte  der  Melainis,  von  Korinth  ge¬ 
gangen,  und  wurde  in  dem  Tempel  der  dvdqmfdmg 
von  dortigen  eifersüchtigen  Weibern  ermordet.  Seit¬ 
dem  sollte  Aphrodite  daselbst  den  Namen  der  un¬ 
heiligen,  dvoaia,  führen  An  und  für  sich 

scheint  dies  kein  Name  zu  sein,  welcher  einer  Gott¬ 
heit  im  Kulte  beigeJegt  werden  konnte,  und  man 
möchte  glauben,  dass  er  erst  wirklich  durch  jene  Ver¬ 
anlassung  aufgekommen  sei^  wie  angegeben  wird,  oder 
er  wäre  ihr  io  Folge  eines  sehr  unzüchtigen  Dienstes 
heigelegt.  Der  Name  dvdgocpöpog  ist  aber  gewiss  die 
alte  Kultusbezeichnung  und  die  Vermuthung  aufMord- 
sühne  dabei  liegt  nicht  fern.  Die  Sage  von  den  män¬ 
nermordenden  Lemnierinnen,  und  dem  neuntägigen  *  ’  ®  *) 

174)  Job.  Laur.  V.  Lyd.  4,  45;  iu/Aan  cT*  ^  ’A^f^godlnj  roli 

tivTo'ts,  ok  y-tti  ’Ey  d't  KvTtQm  n  q6  ß  (ttov  xtadlo)  iaxsna- 

ßjLi  ivoy  ept'tS'voy  ip  Aif  Qodlt^'  o  rgonuf  ti]S  tigccTflccs  (p  Tp  Kvng'ß 
tino  rsj?  KogMov  nuQ^l9-i  non. 

175)  Plutarch  Erot.  91. 

176)  Athen.  13,  589. 

176a)  Neun  Tage  dauerte  auch  das  Fest  auf  dein  Eryx. 


265 


Lemnischen  Biissfest,  bei  welchem  ohne  Fener  Tod- 
tenopfcr  verrichtet  wurden,  die  Insel  aber  so  lan^e 
für  unrein  und  unheili^  an^jesehen  wurde,  bis  am 
neunten  Tage  ein  nach  Delos  gesandtes  Schiff  reines 
Feuer  brachte,  in  welchem  Moment  neues  Leben 
auf  Lemnos  begann,  ist  ohne  Zweifel  auch  auf  ein 
hierhergehöriges  Todten-  und  Suhnfest  zu  be¬ 
ziehen.  Die  Stieropfer,  welche  man  der  Aphro¬ 
dite  auf  Lemnos  wie  zu  Amathus  brachte,  fielen  ihr, 
wie  den  Gottheiten  der  Unterwelt  überhaupt.  Wie 
kommt  aber  Aphrodite  zur  Mordsühne?  Wenn  man 
gelten  lässt,  was  oben  von  einer  Aphrodite  als  Erin- 
nys  gesagt  ist,  so  wird  man  auch  nicht  zweifeln,  dass 
Mord  an  ihrem  Feste  wirklich  gesühnt  sei,  und  dass 
dieser  Brauch  zum  Theil  in  den  hier  angegebenen  Kulten 
vorausgesezt  werden  muss.  Ares,  ihr  Gatte,  ist  es 
auch  dies  Mal,  welcher  einiges  Licht  auf  diese  dunkle 
Parthie  fallen  lässt,  üeber  die  schwersten  Mordver¬ 
gehen  wurde  in  Athen  auf  dem  Areshügel  gerichtet, 
der  Anhöhe,  auf  welcher  Ares,  und  an  deren  Fusse 
die  Erinnyen  ihre  Heiligthümer  hatten.  Ares  wurde 
nach  der  Sage  dort  zuerst  wegen  eines  Mordes  ge¬ 
richtet  und  freigesprochen  von  den  Göttern;  er  aber 
steht  mit  der  Mordsühne  in  der  engsten  Verbindung. 
Auf  Lemnos,  wo  wir  eine  Mordsühne  vermuthen,  wird 
auch  er  neben  Aphrodite  und  Hephaistos  verehrt;  in 
Kolchis  spannt  Phrixos  das  Fell  des  Widders  im  Hain 
des  Ares  aus,  er  ist  Schuz-  und  8tammgott  der  Mi- 
nyer;  vielleicht  ist  auch  darauf  zu  achten,  dass  er  in 
Ebergestalt  den  Buhten  der  Aphrodite,  den  Ado¬ 
nis,  tödtet,  denn  dass  durch  die  Sauopfer  an  den 
Festen  der  Aphrodite  auch  Sühnungen  im  Allgemei- 

177)  Welker  Aeschyl  Tril.  S.  247  ff.  Philostr.  He- 
roika  im  Neoptol.  Valer.  Flacc.  Argon.  2,  31ä. 


266 


nen  wenig:stens  ^eübt  seien,  ist  mir  gewiss,  da  dies 
bei  den  chthonischen  Gottheiten  fast  aller  griechischen 
Stämme  eingeführt  war,  und  besonders  bei  der  Erd¬ 
mutter  Demeter.  Schweineblut  war  bei  allen  Reini¬ 
gungen  die  Hauptsache. 

So  viel  von  der  Mordsühne,  welche  einen  Theil 
der  allgemeinen  Sühngebräuche  und  Reinigungen  im 
Kult  der  Aphrodite  ausgemacht  haben  muss.  Wie  ein 
bakchischer  Charakter  sich  in  den  Festen  der  Aphro¬ 
dite  vielfältig  kund  that,  so  scheinen  auch  die  dabei 
vorgenommenen  Reinigungen  im  Ganzen  mit  den  Dio¬ 
nysischen  übereingestimmt  zu  haben.  Reinigungen 
durch  Schwefel  fielen  bei  den  Salaminiern  vor 
Noch  ein  besonderes  Reinigungsfest  auf  Mypros  scheint 
den  Namen  nsgiogla  ”*)  geführt  zu  haben.  Es  ist 
giwar  hievon  so  wie  von  der  Schwefelreinigung  nicht 
bestimmt  überliefert,  dass  sie  auf  den  Aphroditekult 
m  beziehen  sind,  allein  unter  den  dort  obwaltenden 
Umständen  ist  es  doch  wahrscheinlich,  und  man  kann 
annehmen,  dass  es  bemerkt  wäre,  wenn  sie  zu  einem  l 
andern  Kult  gehörten.  Reinigungen  durchs  leuer  ! 
kommen  in  dem  obengenannten  Sühnfeste  aufLemnos 
vor.  Indem  das  heilige  Schiff  neues  Feuer  von  De¬ 
los  holt,  so  scheint  mir  der  Delische  Gott  nicht  ohne  i 
Theiinahiue  an  der  Sühnung  gewesen  zu  sein.  ~  Lange  ; 
habe  ich  erwogen,  wie  die  Aphrodite  §sipfj  in  Mem- 

178)  Hesych.  »ieeyov.  ri  &fwp,  m  xcc^algovöw.  S  erv.  z.  i; 

Virg.  Aen.  6,  740.  ünde  et  in  sacris  tres  sunt  istae  purgationes- 
Nam  aut  taeda  purgantur  et  sulphure ,  aut  aqua  abluuntur,  aut 
aere  'ventilantur.  Zu  Georg  2,  388  ff.  sagt  ders.  Oinnis  autem  | 
purgatio  aut  per  aquas  aut  per  ignero  fit,  aut  per  aerem,  sicut  i 
6,  740  seq.  Aeneidos.  ' 

179)  Hesych.  niQioQia;  iogr^  ix  Kingio.  j 

ntQitQtm :  xa^agala.  Daher  unsere  Annahme  eines 

Keinigungsfestes«  ,  ' 


267 


phis  ® »)  zu  fassen  sei.  Ist  sie  eine  das  Gastrecht 
beschämende  Gottheit,  wie  man  doch  wol  arinehmen 
muss,  so  wird  sie  auch  chthonisch  gefasst  und  ver¬ 
söhnt  worden  sein,  wie  der  Zeus  Pwog  m.  B.  Zu  He- 
rodots  Zeiten  konnten  längst  solche  Vorstellungen 
durch  die  Griechen  in  Memphis  Eingang  gefunden 
haben,  wie  auch  Strabon  ausdrükklich  sagt,  dass  sie 
eine  sriechische  Gottheit  sei.  Herodot  semt  noch 
hinzu:  wie  viele  Heiügthümer  der  Aphrodite  es  auch 
gäbe,  eine  finde  man  aber  nirgendwo  sonst.  Sie 
muss  aber  doch  einem  der  griechischen  Stämme  in 
Aegypten  angehört  haben,  und  bereichert  den  Kreis 
der  Vorstellungen  ihres  Kultes  auf  erfreuliche  Weise.  — 
Eine  vollständige  apollinische  Sühnung  haben  wir  aber 
auf  Leukas.  Auf  dieser  Insel.  Akarnanieii  gegenüber, 
befand  sich  ein  Kult  der  Aphrodite  Aineias,  und 
auf  der  südlichen  Spize  des  Eilandes  stand  der  Tem¬ 
pel  des  Apollon  Leukates.  Dieser  stand  mit  jenem 
Kulte  in  der  engsten  Verbindung,  indem  hier  eine 
jährliche  Sühnung  durch  einen  Sturz  vom  Felsen 
stattfand,  welche  zwar  ursprünglich,  wie  Klausen 
meint  ***),  als  Läuterung  der  Seele  durch  die  Todes¬ 
gefahr  im  Meere  gedacht  war,  dann  vornämlich  aber 
als  Reinigung  der  Seele  von  aphrodisischer  Verstö- 
rung  aufgefasst  wurde.  Diese  Reinigung  geschieht 
unter  Apollons,  des  besten  Reinigers,  Aufsicht,  wel¬ 
cher  wie  kein  anderer  Gott  geeignet  ist,  Rohe,  Rein¬ 
heit  und  friedliches  Gesez  in  die  menschliche  Seele 
einzuführen,  und  welcher  auch  die  von  der  Liebe  Gram 

I79a)  Herodot  2,  112,  Strabon  16,807.  Mififu  mi 
itQov,  ^ EXKr^MoS'  twis  d«  Stkr^vi/ß  %lpa,l  tfamv» 

Lezteres  nach  der  Deutung  der  Aphrodite  auf  den  Mond. 

180)  Aeneas  u.  die  Penaten  1,  400.  Otfr.  Müller  Der. 

1,  232. 


268 


nod  Kiimmer  zerwühlte  Brust  versöhnt  und  zum  Frie¬ 
den  führt.  Berühmt  und  von  den  Frauen  zu  Leukas 
viel  besungen  war  die  Liebe  der  Kalyke,  welche 
für  den  Jüngling  Euathlos  entbrannte,  aber  verschmäht 
wurde,  und  von  der  Lebensgefahr  und  dem  Seebade 
stärkende  Kühlung  hoffte  ’  *  *).  So  berichtet  auch  die 
Sage,  dass  Sappho  durch  den  Sprung  auf  Leben 
und  Tod  gedacht  hatte,  Aphrodite  würde  sie  von 
ihrer  gewaltigen  Einwirkung  und  von  der  Liebe  zum 
Phaon  loslassen.  Man  erzählte  sich  das  Mährchen, 
Aphrodite  selbst  habe  sich  nach  dem  Tode  des  Ado¬ 
nis  auf  Apollons  Rath  von  diesem  Felsen  gestürzt, 
um  der  Liebe  los  zu  werden  und  glaubte  um 

80  sicherer  Genesung  von  der  Liebesqual  erwarten 
zu  können.  Aehuliche  Reinigungen  fanden  vielleicht 
auch  auf  Kypros  statt.  Wir  erfahren  zwar  nicht,  ob 
mit  dem  Sturze  vom  Felsen  Phriirion,  wo  der  Tem¬ 
pel  des  Apollon  stand,  Reinigungen  von  Liebesver- 
störung  stattgefunden,  aber  auf  aphrodisische  Sühnung 
deutet  die  Erzählung  hin,  dass  die  trauernde  Aphro¬ 
dite  der  Freude  zurükgegeben  sei,  nachdem  sie  im 
Tempel  des  Apollon  in  dem  kypriscben  Argos  den 
Adonis  wiedergefunden  habe. 

Poseidonisciie  Sühne  trifft  man  auf  Zakynthos, 
wie  daraus  ersichtlich  ist,  dass  Aeneas  das  Opfer  der 
Aphrodite  und  die  Wettspiele  einsezt,  als  er  durch 

181)  Stesiclioros  bei  Athen.  14  S.  619.  vgl.  Aristo- 
xenos  das- 

182)  Vgl.  Neue  z.  Sappho  S.  6. 

183)  Ptolem.  Hephaist.  7.  Joh.  Baptists  Pii  elegi- 
dion  amator.  V.  61.  ff. 

Propositum  est  teneri  fera  vincla  resolvere  amoris, 

Etsi  Leucadii  mors  subeunda  maris. 

Leiiiat  interea  sacri  mea  pagina  vatis 

Vulnera,  cui  meritum  nonten  Apollo  dedit. 


269 


)  widrige  Winde  bei  den  verwandten  und  befreatiieten 
Zakynthiern  ssurökgehalten  wird  *  *  *).  In  Aegina  *  ®  *) 
fand  ein  8öhnfest  des  Poseidon  statt  ^  welches  mit 
J  einem  Opfer  an  die  Aphrodite  geschlossen  w  urde. 
Die  Anwendung  der  Reinigungen  durch  Wasser  er¬ 
kennen  wir  ferner  darin,  dass  Aphrodite  ihren  Sohn 
Aeneas  durch  das  Wasser  des  Numidus  s^ur  Unsterb¬ 
lichkeit  reinigen  lässt  **®).  In  Latium  wurden  Rei¬ 
nigungen  am  Feste  der  Aphrodite  Epistrophia  (Ver- 
ticordiä)  vorgenommen,  damit  die  Göttin  die  Herzen 
der  Frauen  unkeuscher  Liebe  abwenden,  ond  der  rei¬ 
nen  und  züchtigen  zuwenden  möge:  eine  Zuberei¬ 
tung  aus  Milch,  Mohn  und  Honig  mussten  die  Frauen 
dabei  zu  sich  nehmen,  und  so  thaten  sie  auf  den  Rath 
der  kumanischen  Sybille  Dies  sind  die  wein- 

losen  Opfer,  die  v^tpdXtUj  welche  der  Aphrodite  an 
so  vielen  Orten  dargebracht  wurden,  und  im  Kulte 
des  Ares  ebenfalls  nicht  fehlten,  ausserdem  aber  be¬ 
sonders  bei  den  Eumeniden  üblich  waren. 

!  184)  Klausen  a.  a.  O.  1,  393.  Dionys  v.  Halik.  Rom. 

:  Gesch.  1,  50. 

185)  Plutarch  ‘MXlfjmxd  44, 

186)  Ovid.  Metam.  14,  600 —•  605.  Vgl  Chariton  3,6, 

Chaireas  hat  inbrünstig  zur  Aphr.  gebetet,  sie  möge  ihm  Trost 
gewähren  und  ihm  seine  Kallirrhoe  wieder  Zufuhren.  Darauf 
xatimaftf  uw  exomSiviaaug.  S-mea^ivt}  M  amoy  ^  veftoQ 

.{^TiQog^vtyxf,  xai  dvaxrmfuvij  wp  uvd-^mnov  tlne  0«^^»,  tixvov,  xal 
I  »AAoi/f  noU.ovs  ^  &t6s  Einfache  W’asserkühlung  von  blos 

[physischer  Betäubung  scheint  hier  nicht  gemeint  zu  sein. 

■  187)  O  vid  fasti  4.  135  ff.  —  Ich  habe  Anstand  genommen 

idie  Sikyonische  Aphrodite,  Pausan  2,  10,  4,  deren  Priesterin 
[Jungfrau  und  lovrQuffoQos  war,  hierher  zu  ziehen,  und  sie  der  üra- 
inia  nach  den  gewöhnlichen  Begriffen  des  lomgoqoQos  bei  den 
Hochzeitsfeierlichkeiten  beigeordnet,  wiewol  diese  Stellung  zwei- 
I  felhaft  bleibt.  S.  Anm.  490.  Für  die  Aufnahme  an  diesen  Ort 
iist  mir  die  ausdrükkliche  Ausschliessung  der  Schweineopfer 
zu  auffallend. 


270 


Sehr  bedeutend  war  die  Reinigung  durch  Myr¬ 
tenzweige;  genauer  sind  wir  hierüber  aber  nur  aus 
dem  italischen  Kult  berichtet.  Als  die  Römer  und 
Sabiner,  so  lautet  die  geschichtliche  Einkleidung  ***), 
kämpfen  wollten,  aber  die  Waffen  niederlegten,  so 
wurden  sie  an  dem  Orte,  wo  man  die  Venus  C loa-  | 
cina  verehrte,  durch  einen  Myrtenzweig  gereinigt.  ! 
Einstimmig  wird  der  Name  dadurch  erläutert,  dass 
cluere  oder  cluare  ein  veralteter  Ausdrukk  für 
purgare  sei,  und  es  scheint  mir  am  räthlichsten,  die 
Venus  Cloacina  einfach  für  eine  Reinigungsgöttin  zu 
erklären,  an  welche  erst  alle  Beziehungen  zur  Cloaca  ; 
maxima  heranwuchsen  nach  der  sichern  Erfah- 

188)  PI  in.  H.  N.  15,  36.  traditur  myrtea  verbena  Romanos  | 
Sabinosque,  quum  propter  raptas  virgines  dimicare  voluissent, 
depositis  armis  purgatos  in  eo  loco,  qui  nunc  signa  Veneris  Cloa- 
cinae  habet  Cluere  enim  antiqui  purgare  dicebaut:  et  in  ea 
quoque  arbore  suffimenti  genus  habetur;  ideo  tum  electa,  quo- 
niam  conjunctioni  et  huic  arbori  Venus  praeest  Servius  z. 
Virg.  Aen.  1,  71Ö.  dicta  est  Cloacina,  quia  \  eteres  cloare  purgare 
dicebant  Cloare  oder  cluere  griechisch  ylvlup. 

189)  Klausen  Aeneas  und  die  Penaten  2  S.  734  ff.  handelt 
ausführlich  und  gelehrt,  wie  immer,  hievon;  „Auf  dem  Comituim 
kamen  Ramnes  und  Tities,  Römer  und  Sabiner,  zusammen:  die 
Stätte  wurde  bereitet  durch  Austrokknung  der  Schlucht  zwi¬ 
schen  dem  Palatium  und  den  von  den  Sabinern  eingenommenen 
Bergen  Quirinal  und  Kapitol.  Diese  Austrokknung  konnte  nur  durch 
Abführung  des  von  den  Bergen  her  sich  sammelnden  Gewässers 
geschehen;  aus  der  Ueberwölbung  der  hiezu  dienenden  Kanäle 
gehen  die  Kloaken  hervor:  der  Begriff  der  Kloake  ist  aber  der 
des  Abzugsgrabens  für  jene  Gewässer.  --  Venus  Cloacina  soll 
es  gewesen  sein,  unter  deren  Einfluss  Römer  und  Sabiner  sich 
nach  Niederlegung  der  Waffen  durch  einen  Myrtenstrauss  reini¬ 
gen!  in  keinem  andern  Sinn,  als  weil  bei  der  Vereinigung  der 
röm.  und  sabin.  Ansiedlung  die  zwischen  derselben  gelegenen 
Niederungen  durch  Abzugsgräben  entwässert  werden.  Weil  es 
namentlich  dabei  um  die  Schlucht  des  Forum  zu  thun  ist,  finden 


271 


rung,  dass  die  Legende  den  Grund  von  Gebräuchen 
und  Sazunsen  in  äussern  Anlässen,  in  den  Geschieh- 
ten  des  Ortes  aufsucht,  oder  ihn  vielmehr  in  dieselben 
hineindichtet,  oder  nach  Müller^  dass  der  Illythos  nie 
ohne  Einbildung  eines  Idealen,  innerlich  Erzeugten, 
in  ein  Reales,  äiisserlich  Gegebenes  ist.  le  tiefer  die 
Ideen  und  Lehren,  deren  symbolischer  Ausdrukk  die 
Festgebräuche  sind,  um  so  schneidender  wird  der 
Kontrast  der  eigentlichen  und  wahren  Bedeutung  und 
der  mythischen  Einkleidung  und  Herleitung.  So  ur- 
theilt  \Felker  in  seiner  tiefen  und  umfassenden  Kennt- 
niss,  und  wie  dieser  unumstössliche  Grundsaz  schon 
1  oft  von  uns  auf  die  geschichtliche  Entkleidung  der 
,  religiösen  Begriffe  angewandt  ist,  so  scheinen  mir 

I  auch  alle  äusserlichen  Beziehungen  der  Cloacina  erst 
auf  diese  Weise  entstanden  zu  sein.  Sie  haben  für 

II  den  Verlauf  des  religiösen  Lebens  eines  Volkes  ihr 
ij  Interesse,  sind  aber  keine  ursprünglichen  religiösen  Be¬ 
griffe.  Am  weitesten  geht  in  dem  erwähnten  Ver- 

Ij  fahren  die  sicher  ganz  werthlose  Erfindung,  dass 
’  Tatius  das  Bdd  der  Venus  Cloacina  in  dercloacaraa- 
xiraa  gefunden  und  darauf  ihre  Verehrung  eiiigerich- 
I  tet  habe  ‘®®).  Sie  treibt  die  llerleitung  dieses  Kul- 
i!  tes  aus  der  cloaca  maxiraa  am  weitsten,  und  musste 
dem  Kirchenschriftseller  sich  sehr  erwünscht  darstel« 


<;  wir  den  Tempel  der  Cloacina,  bei  dem  die  Reinigung  geschehen 
sein  soll,  daselbst  an  den  Novae  Tabernae.  Bei  dieser  Ver¬ 
einbarung  steht  das  Recht  der  sabinisch  altvaterischen  Tities 
den  neu  anerkannten  Ramnes  gegenüber:  Venus  entfernt  in  spä¬ 
terer  Auffassung  aus  ihren  Herzen  den  Eigensinn,  wie  aus  der 
trennenden  Schlucht  die  Gewässer.“ 

190)  La k tanz  1,20.  Tatius  muliebre  simulacrum  in  cloaca 
maxima  repertam  consecravit,  et  deam  Cloacinam  nuncui- 
pavit 


272 


lea,  um  die  Nichtigkeit  des  Kultus  vor  Augen  zu 
legen. 

Aehnlich  verhält  es  sich  mit  der  Venus  Myr¬ 
ten  oder  Murtea  zu  Rom.  Wie  die  Cloacina  zwi¬ 
schen  Römern  und  Sabinern  reinigt  und  versöhnt,  so 
die  Myrtea,  von  welcher  Plinius  sagt,  dass  sie  zu 
seiner  Zeit  Murcia  genannt  sei,  zwischen  Patriziern 
und  Plebejern  ‘®').  Die  ganze  Legende  geht  auch 
hier  von  der  Myrtenreinigung  aus,  und  dass  der 
Name  der  Göttin  daher  seinen  Ursprung  habe,  leidet 
bei  mir  gar  keinen  Zweifel.  Zu  den  ältesten  Tem¬ 
peln  gehörte  der  des  Quirinus  oder  Romulus.  Vor 
diesem  steht  von  alter  Zeit  her  eine  patrizische  und 
plebejische  Myrte,  jede  zur  Zeit  des  Uebergewichtes 
ihres  Standes  am  kräftigsten  wachsend  und  blühend, 
zuerst  die  patrizische,  nachher  die  plebejische.  An 
diese  müssen  wir  noch  eine  dritte  italische  Aphrodite 
anschliessenjdie  Venus  Cal  va.  Servius  führt  uns 

191)  Plin.  15,  36.  Haud  scio  an  prima  (myrtus)  omnium 
in  locis  publicis  Romae  sata,  fatidico  quidem  et  memorabili  au- 
gurio.  Inter  antiquissima  namque  delubra  habetur  Quirini ,  hoc 
est,  ipsius  Romuli;  in  eo  sacrae  fuere  myrti  duae  ante  aedem 
ipsam  per  longum  tempus.  altera  patricia  nominata,  altera  ple- 
beja.  Patricia  multis  annis  praevaluit,  exuberans  ac  laeta,  qiiam- 
diu  Senatus  quoque  floruit,  illa  ingens  :  plebeja  retorrida  ae  squa- 
lida  Quae  posteaquam  evaluit,  flavescente  patricia,  Marsico 
bello,  languida  auctoritas  patrum  facta  est,  ac  paulatim  in  ste- 
rilitatem  emarcuit  majostas.  Quin  et  ara  vetus  fuit  Veneri  Myr- 
teae,  quam  nunc  Murciarn  vocant.  Klausen  a.  a.  O.  2,  737 
deutet  hier  wie  bei  der  Cloacina.  Er  erklärt  auch  Murcia 
für  den  ächten  Namen  und  als  eine  erschlaffende,  erweichende. 
Myrtea  ist  ihm  erst  umgedeutet. 

192)  Servius  z.  V.  Aen.  1,  719.  Est  et  Venus  calva, 
quod  cum  Galli  Capitolium  obsiderent,  et  deessent  funes  Ro¬ 
manis  ad  tormenta  facienda,  prima  Domitia  crinem  suum ,  post 
ceterae  laatronae  imitatae  eam  exsecuerant,  unde  facta  tor- 


273 


hievon  drei  Erklärungen  an.  Die  geschichtliche  Er¬ 
zählung  ist,  dass  im  Kriege  der  Gallier  die  Röme¬ 
rinnen  den  bedrängten  Männern  ihr  Haar  zur  Verfer¬ 
tigung  von  Bogensehnen  hergegeben  hätten,  und  we¬ 
gen  des  Verlustes  ihres  Haares  wäre  von  ihnen  nach 
dem  Kriege  der  Venus  calva  ein  Tempel  geweiht. 
Andere  sagten,  die  Göttin  heisse  calva,  weil  sie  die 
Launen  der  Verliebten  verursache,  calvire  heisse 
so  viel  als  foppen  oder  schikanieren.  Endlich  die 
dritten  sagten:  calva  heisse  soviel  als  rein,  und  ich 
weiss  nicht,  ob  uns  dies  nicht  auf  die  richtige  Er¬ 
klärung  führe  und  wir  uns  unter  einer  Venus  calva 
ebenfalls  eine  reinigende  Gottheit  zu  denken  haben. 
Hartung  bezieht  diesen  Beinamen  auf  eine  wirk¬ 
liche  oder  symbolische  Absclieerung  der  Haare  am 
Hochzeitstage. 

Aphrodite,  welche  das  Leben  giebt  und  wieder 
zurükfordert,  welche  die  Ordnungen  und  Sazungen 
auf  der  Welt  gegründet  hat,  und  in  welcher  als  Moire 
das  8chikksal  der  Geschlechter  ruht,  besizt  auch  die 
Kraft  die  Zukunft  zu  enthüllen.  Eine  alte  griechi¬ 
sche  Orakelpoesie  auf  Kypros  lässt  sich  nicht  bezwei¬ 
feln;  der  alte  einheimische  Wahrsager  Eukloos 
wird  als  xQ^f^f^^oUrog  neben  den  Athener  .^Susaios  und 
den  Boiotier  Brakis  gestellt,  und  Paiisanias  theilt  mit, 
dass  er  von  diesen  dreien  noch  Orakelpoesien  gelesen 


meiita,  et  post  bellum  statua  Veneri  hoc  nomine  collocata  est, 
licet  alii  calvam  Venerem  quasi  puram  tradant;  aliicalvam, 
quod  corda  amantium  calviat  i.  e.  fallat  atque  eludat.  Laktanz 
Epit.  divin.  inst.  Kap.  20.  Vgl.  Julius  Capitolinus  im  Leben 
des  Maximinius  Junior. 

19^)  Hartung  Relig.  d.  Rom.  2,  251. 

196)  Paus.  JO,  12,  6.  10,  14,  3.  10,  24,  3.  Vgl.  Theil  1, 
wo  ausführlich  über  ihn  gesprochen  ist. 

11. 


18 


274 


tiabe.  Eine  über  die  Geburt  des  Homer  auf  Kypros 
flicht  er  selbst  ein,  und  eine  andere  über  die  Perser¬ 
kriege  erwähnt  er  nur  dem  Namen  nach.  Dass  alle 
in  engster  Beziehung  zu  einem  Kulte  standen,  ver¬ 
steht  sich  natürlicher  Weise,  und  wie  Musäos  zum 
Bakchischen  Kult  stand,  so  können  wir  unbedingt 
annehmen,  stand  Eukloos  zu  dem  der  Aphrodite.  Nun 
wird  auch  Kinyras,  der  Heros  des  Landes,  dessen 
»•anze  Wirksamkeit  im  Sinne  der  Herrin  Aphrodite 
ausfäüt,  und  über  welchen  die  Kyprier  selbst  wieder 
Orakel  besassen,  ein  grosser  Wahrsager  genannt,  und 
aus  dem  Grunde  mit  dem  Kreter  Koraetes,  dem  Thes- 
saler  Admetos,  dem  Kyrenäer  Arisläos  und  Amphia- 
raos  von  Athen  und  andern  griechischen  religiösen 
Sängern  verglichen  Wie  er  die  prophetische 

Kraft  von  der  Aphrodite  als  ein  göttliches  Geschenk 
erhalten  haben  wird,  so  werden  die  Kinyraden,  welche 
in  Paphüs  das  Priester-  und  Seheramt  bekleideten, 
die  Gabe  das  Orakel  zu  verkünden  mit  den  übrigen 
Kultushandlungen  von  ihm  hergeleitet  haben.  Welt¬ 
berühmt  war  das  Orakel  zu  Paphos,  und  stärkte  sein 
Ansehen  in  spätem  Zeiten  besonders  dadurch  wie¬ 
der,  dass  Titus  Vespasiau  sich  von  ihm  Raths  er¬ 
holte  '®®).  Es  waren  zwar  zu  den  Weissagungen 
keine  bestimmten  Thiere  vorgeschrieben,  allein  man 
wählte  doch  die  Bökke  dazu  aus.  Aus  den  Einge- 
weiden  der  Schweine  zu  weissagen  war  sonst  nir¬ 
gends  üblich  gewesen,  aber  die  Kyprier  sollten  die- 

197)  Klemens  v.  Alex.  Strom.  2  vgl.  Absch.  2Anm.  21. 

198)  Tacit.  Hist.  2,  4.  Vgl.  Abschn.  1.  Anm.  56,  S.  92. 

CliaritoE  8,  3.  Nachdem  Chaireas  geopfert^ hat,  befragt  er 
das  Orakel :  nollmp  evmx^ivrmv  thsiluat  t^v  dTQarlau.^  a/.tn- 

rofiivovaknv  mqi  wv  i'Ä  oi  ol  M  di  il&xai 


275 


sen  Gebrauch  zuerst  eing'eföhrt  haben  *^®).  Wahr« 
scheinlich  wurden  auch  die  Tauben  zu  Weissagm« 
gen  benuzt»  AusdrükkÜche  Angaben  darüber  fehlen, 
aber  aus  der  grossen  Heiligkeit  und  der  Bedeutung 
dieser  Thiere  zu  Paphos  können  wir  es  schliessen. 
Diese  Annahme  gewinnt  an  Wahrscheinlichkeit,  wenn 
wir  uns  erinnern,  wie  in  Dodona  die  Tauben  zu 
Weissagungen  dienten,  und  wie  vieles  in  Kypros  von 
jenem  Kulte  aufgenommen  ist.  Zu  dem  anderweitig 
Bemerkten  fügen  wir  hier  noch,  dass  der  Name  der 
dodonäischeu  Weissagerinnen,  Pel laden,  auf  Ky*^ 
pros  wieder  Vorkommt,  dass  es  eine  Pnesterin  Pe* 
lia  eine  Yerwandte  desKinyras  und  Gattin  des 
Melos  gab.  Die  Göttin  verwandelte  jene  in  eine  Taube, 
diesen  in  einen  Apfel. 

Die  Weissagekunst  muss  im  Kulte  der  Äphro^^ 
dite  sehr  viel  getrieben  sein.  Wir  finden  sie  nicht 
nur  in  ihren  Tempeln  bis  zu  den  äiissersten  Gegen« 
den  des  \Yestens  Aphrodite  soll  auch  die  Erfin¬ 
derin  aller  Wahrsagung  gewesen  sein  und  lässt 
sogar  in  ihrem  Kulte  Träume  deuten  *®®).  Nicht 
blos  den  Kinyras,  sondern  auch  andere,  welche  ihr 
VYohlwollen  und  ihre  Gunst  verdienen,  erhebt  sie  zu 
weissagerischer  Kraft  und  besonders  hatten  sich 
Anchises  und  Aeneas  dieser  Gunst  zu  erfreuen.  Bci- 


199)  Pausan  6.  2,  2.  Tatlan  ad  Graecos  S.  3. 

200)  Serv.  z.  Virg.  Eid  8,  37. 

201)  Avienus  Ora  marit.  V.  3l7.  Es  ist  die  Venus  ma- 

rina. 

202)  Artemidor  Traumdeutung  2  Eap.  37.  Aphrodite 
ydq  fxavtdus  nqoypfäem?  tvQftk  dvat  psvöfimm. 

203)  Corp.  inscr.  Gr.  Nr.  481.  S.  470. 

204)  PI  aut  US  Mil.  glor.  4,  6,  42.  Quia  me  amat,  propterea 
Venus  facit  eam,  ut  divinaret, 

18  « 


276 


den  eröffnet  sie  die  Zukunft'^**® ‘) ,  und  unter  vielen 
göttlichen  Eigenschaften  hatte  sie  dem  Anchises  auch 
selbst  die  Kunst  die  Zukunft  zu  eröffnen  verliehen  *  ® 

Verschieden  von  den  Orakeln  ist  die  Sibyllim- 
sche  Weissagung,  welche  Androhungen  von  Unglükks- 
fällen,  Vorhersagung  von  Schrekkenszeichen  enthiel¬ 
ten  und  damit  in  Verbindung  stehende  Gebote  von 
Götterdiensten  zu  deren  Abwendung  empfahlen.  So 
schreibt  die  kumanische  Sibylle  die  Einführung  der 
Aphrodite  von  Eryx  und  die  Epistroplna  in  Rom  vor; 
diese  Empfehlung  des  Aphroditekult  geht  aus  den 
Beziehungen  der  Sibylle  zu  der  Sdäischen  Mutter  und 
dem  daraus  entwikkelten  Aphroditekult  hervor.  So 
unverkennbar  sich  auch  die  Verwandtschaft  der  Si- 
byllinischen  Weissagung  mit  dem  kleinasiatischen 
Kult  der  Aphrodite  äussert,  der  Kult  des  Apollon  wird 
aber  namentlich  durch  sie  gefördert;  denn  auf  ihn  be¬ 
zieht  sie  sich  in  allen  Formen,  und  wo  Apollon  den 
Klüften  und  unterirdischen  Gewässern  eine  weissage¬ 
rische  Kraft  verleiht,  da  finden  wir  auch  die  Sibylle. 
Seitdem  Klausen  über  diesen  Gegenstand  gelehrt  und 
erschöpfend  geschrieben  hat,  ist  die  dahin  einschla¬ 
gende  Litteratur  um  eine  kleine  Gabe  vermehrt  wor¬ 
den,  welche  aber  für  uns  hier  von  Interesse  ist.  Wir 

203a)  Dionys,  v.  Halik.  1,  48.  Diktys  4,  18. 

204a)  Servius  Virg.  Aen.  5,  47.  niulta  enim  aiitiqua lectio 
Anchisa  futurorum  scientem  concelebret.  Schol.  Ver.  Virg.  Aen. 
2,  6S7.  Peritum  multarum  discipliuarum  Anrhisen  flösse ...  Nae- 
vius,  qui  ita  de  eo  dixit:  Doctus  Anchisa,  quem  Venus  pulcer- 
rima  divum  Fata  docet,  divinum  ut  pectus  haberet.  Servius 
zu  2,  687  et  hinc  et  alibi  Anchisen  divinandi  peritum  inducit. 
Vgl.  3,  538.  Probus  zu  Virg.  Ekl.  6,  31.  Ennius  Anchisen 
augurii  et  per  hoc  divinum  quiddam  habuisse  praesumit,  s.c . 

Atque  Anchises  doctu’  Venus  quem  pulchra  Dearum 

Pari  donavit  divinum  pectus  habere. 


277 


erfahren  durch  die  llittheilung  eines  Ungenannten  ®®®), 
dass  sich  auf  Kypros  ein  Exemplar  der  hebräischen 
Sibylle  gefunden  habe.  Darunter  kann  nichts  anders 
verstanden  werden,  als  eine  sibyliinische  Sammlung, 
welcher  man  die  Ehre  anthat,  sie  eine  hebräische  asu 
neunen.  Der  Mittelpunkt  aller  Sibyllen  ist  Erythrä 
in  Lydien,  und  alle  andern  haben  von  hier  ihre  Ab¬ 
stammung.  Sobald  die  orientalischen  Länder  helleni- 
sirt  wurden,  verbreitete  sich  die  sibyliinische  Weis¬ 
sagung  auch  bis  dahin,  und  ging  so  in  das  Christen- 
thum  über.  Aber  die  Alexandrinischen  Juden  leiteten 
schon  die  Erythräische  Sibylle  aus  Palästina,  Aegyp¬ 
ten  und  Babylon  her,  und  nach  den  by/mntmischea 
Grammatikern  ist  die  hebräische,  chaldäische  oder 
babylonische  die  allste.  Weil  nun  wahrscheinlich  si¬ 
byliinische  Thätigkeit  und  muthmasslich  eine  Samm¬ 
lung  der  Spruche  auf  Kypros  sehr  alt  war,  welche 
durch  die  später  eintretenden  unzähligen  Verfälschun¬ 
gen,  Zusäze,  Erneuerungen  derartigen  Bücher  viel¬ 
leicht  sehr  viel  Aehnlichkeit  mit  einer  hebräischen 
Sammlung  bekommen  hatte,  so  nennt  der  Berichter¬ 
statter  die  kyprische  Sammlung  ein  Exemplar  der 
hebräischen.  Wenn  es  nicht  besondere  Beachtung 
verdient  hätte,  wozu  theilte  er  es  sonst  überhaupt  mit? 
und  wozu  bedurfte  es  dann  einer  besondern  Inhalts¬ 
angabe?  Zuerst  verkündigten  diese  Bücher  den 
Thurmbau  zu  Babylon,  die  Sprachverwirrung  und  die 
Thaten  Alexanders  des  Grossen.  Dies  sind  die  ge¬ 
wöhnlichen  Sachen,  welche  in  den  von  Alexandrini- 
schen  Juden  verfassten  Sammlungen  Vorkommen.  Dann 
tritt  eine  Lükke  ein,  und  es  kommen  Weissagungen 


205)  Cr  am  er  Anekdota  gr.  e  codd.  Paris,  u.  s.  w.  1 
S.  334. 


5278 


über  Homer,  welcher  den  Krieg  der  Heroen  besingen 
würde  und  der  edelsten  von  ihnen  5  ferner  über  Ky- 
pros  und  Antiochien,  über  die  Unglükksfälle,  welche 
Kypros  betreffen  würden,  loh  glaube  nicht,  dass  ich 
irre,  wenn  ich  annehine,  die  Weissagungen  über  Ho¬ 
mer  hätten  seine  Geburt  auf  Kypros  und  seine  an¬ 
gebliche  Abfassung  der  Kyprien  enthalten,  in  welchen 
die  kyprischen  und  die  mit  diesen  verwandten  Heroen 
besungen  wurden.  Ausführlicher  ist  hierüber  im  er¬ 
sten  Theile  dieser  Schrift  abgehandelt  worden.  Hat¬ 
ten  die  Kyprier  doch  viele  Weissagungen  über  Ho¬ 
mer,  namentlich  auch  eine  vom  Eukloos.  Von  den 
geweissaglen  Unglükkställen,  welche  Kypros  betref¬ 
fen  sollten,  sind  uns  noch  einige  in  den  jez,igen  Samm¬ 
lungen  aufbehalten  geblieben  Da  auch  Ansied- 

lungea  durch  die  Sibylle  empfohlen  wurden,  wie  man 
namentlich  aus  der  Thätigkeit  des  Aeneas  ersieht,  so 
vermuthe  ich,  dass  durch  die  Weissagung,  „über  Ky¬ 
pros  und  Antiocliien^^  die  kyprische  Kolonie  in  Antio¬ 
chien  offenbart  war  Es  ist  schon  bemerkt  wor¬ 

den,  dass  es  von  den  Göttern  besonders  Apollon  war, 
durch  welchen  die  Sibylle  wirkte.  \  on  den  beson- 
dern  Formen  des  Gottes,  welche  mit  sibyllinischer 
Weissaguog  in  Verbindung  stehen,  finden  wir  zwar 
weder  den  thymbräischen,  gergiüiischen  noch  smm- 
thischen  auf  Kypros,  aber  doch  den  Erythibios 

206)  S.  Gesch.  v.  Kypros  Thl-  !■  S.  38  ff.  Sib.  Orak.  4, 
140.  7,  4  weissagen  Verderben  für  Kypros  durch  Fluten  und 
üeberschwemmungen,  3,  395.  4,  125.  5,  450,  durch  Erderschüt¬ 
terungen.  Die  Ausgabe  der  SibylL  Orakel  von  Mai  steht  mir 
nicht  m  Gebote,  und  ich  weiss  nicht,  ob  sich  darin  noch  auf 
kypros  bezügliche  Weissagungen  befinden. 

207)  Thl.  1,  S.  240  ff. 

208)  Ptolem.  Heph.  7.  Es  heisst  hier und  dies 
ist  sopst  kein  Beiname  des  Apollon,  auch  schwer  zu  erkl.  'Eqi- 


279 


Da  er  hier  immer  als  ein  vom  Verderben  rettender, 
heilender  Gott  erscheint,  so  ist  er  als  Brythlbios  Ab- 
wehrer  des  Getraidebrandes.  Oie  Sibylle  wies  die 
verödende  Gewalt  eines  Uebels  und  die  Wittd  der 
Versöhnung  nach,  welche  durch  den  Gott  voll/.ogen 
wurde.  Es  ist  der  Apollon  Brythibios.  bei  welchem 
M'ir  oben  auch  Reinigungen  von  aphrodisischer 
Verstörung  nachgewiesen  haben,  und  hier  tritt  uns 
bei  ihm  eine  apollinische  und  aphrodisich-sibyllinische 
Verbindung  entgegen,  wo  Apollon  ebenfalls  als  hei¬ 
lender  und  reinigender  Gott  erscheint.  Wenn  es  uns 
auch  nicht  schriftlich  versichert  ist,  so  liegt  die  An¬ 
nahme  doch  sehr  nah,  dass  Apollon  auf  Kypros  auch 
als  Abwehrer  und  Befreier  von  der  Heuschrekken- 
plage  des  Landes  wie  an  den  andern  Orten, 

I  aufgefasst  sei. 

Der  Weg,  auf  welchem  die  sibylünisclie  Weis¬ 
sagung  auf  Kypros  verpflanzt  sei,  ist  leicht  zu  finden. 
Es  ist  bekannt  ^“),  wie  grossen  Einfluss  in  frühster 
Zeit  die  phrygisch-lydische  Bevölkerung  auf  dem  Ei¬ 
lande  ausgenbt  hat,  wie  sorgfältig  man  die  Iroischen 
und  kyprischen  Mythen  und  Sagen  zu  verbinden  suchte, 
wie  lebhaft  überhaupt  der  Verkehr  zwischen  Kypros 
und  den  kleinasiatischen  Küstenländern  war,  und  dass 

&lßios  liegt  zu  nahe,  als  dass  man  nicht  glauben  sollte,  ’EQt9tos 
sei  nur  verschrieben- 

209)  Anm.  183. 

210)  S.  Thl.  1.  S.  70. 

211>  S.  Thl.  l  S.  186  ff.  Wir  vmrden  auch  an  diesen 
Stellen  schon  die  Nachricht  von  der  Sibyllinischen  Weissagung 
auf  Kypros  benuzt  haben ;  allein  die  Anekdota  von  Kramer ,  in 
welchen  sie  enthalten  ist,  waren  bei  der  Absenduilg  der  Hand¬ 
schrift  noch  nicht  erschienen.  Aus  demselben  Grunde  konnte 
ich  beim  ersten  Theil  Klausens  Aeneas  und  die  Penaten  nicht 
benuzen. 


280 


selbst  die  Nachricht  von  einer  kyprischen  Kolonie  ins  * 
Gebiet  von  Kyme  vorhanden  ist.  Das  daneben  lie¬ 
gende  Erythrai  ist  'der  Hauptsiz  der  Sibylle  gewor¬ 
den,  ungeachtet  ihr  Ursprung  nicht  hier,  sondern  in 
Marpessos  und  dem  troischen  Gergis  sich  findet,  woher  ; 
die  engen  Verbindungen  der  Sibylle  zu  den  Äeneaden  i 
sich  schreiben.  Eine  Gergithische  Kolonie  treffen  wir  i 
auch  auf  Kypros,  und  so  konnte  also  auf  doppelten 
Wegen  die  Sibyllinische  Weissagung  nach  Kypros 
kommen  j  früher  schon  aus  dem  troischen  Lande,  oder 
aus  Kyme  und  Erythrai,  und  fand  dort  so  willkom¬ 
menen  Eingang,  wie  die  phrj'gisch-lydischen  Vor¬ 
stellungen  von  der  IdÄischen  Göttermutter,  welche 
wesentlichen  Einfluss  auf  die  Ausbildung  des  Aphro- 
ditekuites  übten.  Durch  diese  hekatäisch  wirkende  : 
Gottheit,  welche  noch  in  besonderer  Form  den  Na¬ 
men  der  zerinthischen  führt,  war  ein  sehr  günstiger 
Boden  für  das  Gedeihen  der  Sibylle  vorbereitet, 
welche,  wenn  sie  aus  Erythrai  kam,  den  ersten  Na¬ 
men  von  Neu-Paphos,  Erythrai,  wieder  ins  Ge- 
dächtniss  ruft,  und  manche  Vermuthungen  über  die 
erste  Bevöikerungsgeschichte  dieser  von  Arkadischen 
Ansiedlern  bewohnten  Stadt  erregt. 

2. 

Die  Thätigkeit  der  Aphrodite  als  Lebens-,  Lie-  i 
bes  -  und  Todesgottheit  äussert  sich  nun  vornehralich  i 
in  den  drei  Gebieten,  der  Pflanzenwelt,  dem  Thier¬ 
reich  und  dem  Menschengeschlecht.  Es  ist  aber  eine 
uralte  Wahrnehmung,  dass  all  und  jede  Erdenfrucht  i 
nur  durch  das  llinzutreten  des  feuchten  Elements  ge-  i 
deiht,  und  die  Gottheit,  welche  Leben  und  Gedeihen  | 
dem  Erschaffenen  gab,  musste  auch  Urheberin  dei 


281 


Bedingung  sein,  unter  welcher  dies  geschehen  konnte, 
d.  h.  sie  musste  eine  Herrin  des  feuchten  Elements, 
der  Gewässer  sein,  und  Aphrodite  wird  dadurch  eine 
Herrscherin,  über  der  Erde,  so  wie  unter  der  Erde 
und  in  den  Gewässern.  Diese  Wahrnehmung  beruht 
auf  so  unumstösslichen  einfiichen,  klaren  und  überall 
I  in  die  Augen  springenden  Gesezen  des  Natorlebens, 

1  dass  wir  diese  Verbindung  der  Naturgöttin  bei  allen 
I  Völkern  auf  einer  bestimmten  Stufe  der  Entwikke- 
liing  wieder  finden,  und  durchaus  falsch  ist  die  An¬ 
nahme,  dass  das  von  dem  einen  Volke  auf  das  aii- 
!  dere  übertragen  sei,  was  jedes  Volk  über  die  ein¬ 
fachsten  und  am  nächsten  auf  der  Hand  liegenden 
Geseze  der  Natur  sich  selbst  sagen  konnte  und  musste, 

I  bei  dem  natürlich  die  Griindzüge  in  Folge  des  allge¬ 
meinen  menschlichen  Geistes  sich  gleich  bleiben  muss¬ 
ten.  Unverkennbar  tritt  es  auch  hei  den  Naturgott¬ 
heiten  der  pelasgischen  Völker  hervor,  wie  sie  Ge¬ 
deihen  durch  die  Erdenfeuchte  geben,  und  namentlich 
sind  die  samothraklschen  grossen  Götter  Geister  des 
Segens  zu  Wasser  und  zu  Lande.  Gegenstand  un¬ 
serer  Betrachtung  ist  hier  Aphrodite^  wie  unzertrenn¬ 
lich  sie  vom  feuchten  Element  überhaupt  ist,  offenbart 
sich  überall,  wo  aus  ihr  Befruchtung  und  fröhliches 
Gedeihen  hervorgeht;  wie  sie  sich  aber  in  acht  sa- 
mothrakischer  Weise  als  eine  Segensgottheit  auch  zu 
Wasser,  und  als  eine  Herrin  des  Meeres  in  eigen- 
thümlicher  Weise  ausbildete,  haben  wir  hier  näher 
ins  Auge  zu  fassen.  Immer  ist  es  aber  der  Begriff 
einer  Segensgottheit  des  Wassers,  welcher  sich  in 
allen  ihren  Beziehungen  zum  Meere  ausspricht. 

Es  ist  daher  nicht  das  Meer  in  jedem  Zustande, 
wenn  Aphrodite  in  ihm  herrscht  sondern  es  ist 
212)  Musaios  Hero  und  Leand.  250  xmi  növimo^ 


282 


der  für  die  8c!iiffalirt  günstige,  gefahrlose  Zustand. 
Wie  die  samothrakischen  Gottheiten  überhaupt,  und 
die  Dioskureu  insbesondere  die  Schiffahrt  befördern 
und  günstigen  W^ind  senden,  so  ist  auch  Aphrodite 
die  Veranlasserin  des  nach  den  W^interstürmen  beru¬ 
higten  Meeres  und  die  Verleiherin  glükklicher  Fahrt, 
eine  Euploia,  evnloia,  wie  sie  namentlich  zu  Knidos 
verehrt  wurde.  Wenn  sie  im  Frühling  die  Pflanzen 
aus  dem  Boden  hervorlokkt,  inThieren  und  .Menschen 
die  Liebesliist  und  den  Trieb  nach  Begattung  er- 
wekkt,  dann  fliehen  Winde  und  Wolken  von  ihr  **') 
und  sie  lokkt  den  Menschen  auf  die  beruhigte  See 
hinaus,  und  fordert  zum  Verkehr  und  zur  Schiffahrt 
auf.  So  oft  sie  auch  als  Meerhcrrscherin  gepriesen 
wird,  so  wird  dadurch  nichts  weiter  angedeutet,  als 
dass  sie  die  Winde  beschwichtigt  *‘*>5  die  Macht 
hat  aus  dem  Sturm  zu  retten,  das  Meer  sicher  zu 
machen,  und  io  einen  erwünschten  Hafen  zu  leiten  "  ‘ 

213)  Lukrez  1,  6 

Te,  dea,  te  fugiunt  venti,  te  nubila  co&li 
Adventumque  tuum ;  tibi  suaves  daedala  tellus 
Submittit  flores;  tibi  rident  aqiiora  ponti, 
Placatamque  nitet  diffuso  niimine  coelum. 

Claudian  Nupt.  Honor.  et  Blar.  125.  ~  blandoque  spi- 

rantem  Bumine  ceston 

Ciugitur,  iinpulsQS  fluviis  quo  mitigat  amnea, 

Quo  mare,  quo  ventos,  irataque  fulmina  solvit. 

V.  184.  Adventu  Veneris  piilsata  recedimt 

Nubila;  clarescunt  puris  aquilonibus  alpes. 

214)  Pap.  Stat.  Silvae  3,  4,  3,  Ite,  dabit  cursus  mitis 
Cytberea  secundos  Plaoabit  notos  u.  s.  w. 

Silius  Italiens  17,  290.  Horaz.  Od.  3,  26,  5. 

215)  Serv.  z.  Virg.  Aen.  1,  719.  quae  portubus  praeest 
Paus  2,  34,  11  zu  Hermione  ein  Tempel  der  Aphrodite  Iloyna 

3,  39.  Valer.  Martial  9.  91,13. 

At  tu  Diva  Paphi,  remitte  nostris 
Illaesum  Juvenero,  remitte  voti^. 


283 


Deshalb  ist  sie  auch  geradezu  eine  Hafengöt- 
tin  ®*®),  weil  gute  Häfen  Bedinguug  der  Schiffahrt 
,  sind.  Wer  sich  zur  See  begiebt,  bedarf  vornämlich 
ihre  Geneigtheit  und  Gunst  für  eine  glOkkliche  Fahrt; 
Mer  Naukratitische  Eaiifmann  Herosfratos  betet  j  als 
jsich  auf  dem  Meere  ein  Sturm  erhebt  und  ihm  den 
I  Untergang  in  den  Wellen  androht,  zu  dem  Bilde  der 
Aphrodite,  welches  er  in  Paphos  gekauft  hat,  und 
laugenblikklich  gehorchen  ihr  die  Stürme;  man  opfert 
lihr  daher  gern  bei  der  Abreise,  und  am  liebsten 
Gänse  und  wenn  der  tiefblaue  Himmel  in  das 
I  schöne  griechische  Meer  herabsah,  die  Fahrt  fröhlich 

Ivon  dannen  ging,  dann  schien  Aphrodite  zu  lächeln, 
und  man  nannte  sie  die  meerfreundliche,  ya^va^ 

Als  Hafengöttin  sind  ihre  gewöhnlichsten  Beinamen 
■iksfivseiaj  (filoQUKftslQa^  zur  Bezeichnung  der  Aptiro- 
*1  dite  als  Meergöttin  dienen  besonders  die  Namen  jre- 
kayia^  ivaX'm,  novzia^  inmovTta^  marina,  vor  allen 
das  schon  genannte  Beiwort  sdnlolaj  ^ 
d-s6g  Die  nsXayia  und  "‘Avadvo^hti  finden  wir 

auch  unterschieden  ^*®).  Jene  ist  den  Schiffenden 


Chariten  8,  4.  Bevor  Kallirrhoe  das  Schiff  besteigt,  betet  sie 
zur  Meerherrscherin  Aphrod  ,  dass  sie  ihr  eine  günstige  Fahrt 
von  Paphos  nach  Syrakus  gewähre,  Virg.  Aea.  5,  SOO,  Ho- 

raz  l,  3. 

216)  Philodemon  in  d.  Anthologie. 

Kvnqt,  ifiloqiAiaTHQu,  ffdoQyia,  Gm^s  fiS  Kinqt, 

^Pwfdar/.ovg  ijiftj  dißnora  nQos  hfispas» 

Ovid  Heroid,  15,  213.  Amor.  2,  8,  19. 

217)  Achill.  Tat.  1.  J o  h.  L  aur.  v.  Ly d.  4,  44. 

218)  Kal  lim  ach  OS  bei  Athen.  1,  31H.  yaliipali]  hnuQ^  9-ios; 
die  beiden  Gedd.  des  Kallim.  und  Poseidippos  daselbst  für  die 
Meeraphrodite  überhaupt  z.  vgl. 

219)  Alkiphr.  1,  19. 

220)  Artemidor  Traumdeutg.  2  Kap,  37. 


281 


o:ünsti^^,  und  denen,  welche  sich  in  der  Fremde  auf 
Meisen  befinden,  diese  kündigt  den  Schiffenden  Sturm 
und  Schiffbruch  an,  rettet  aber  aus  den  Gefahren,  r 
Den  Namen  ßqvxia  führt  sie  ohne  Zweifel  auch  von  ( 
Brüllen  des  Meeres,  sie  ist  es  aber  nicht,  die  es  sen- i 
det,  sondern  welche  es  stillt  *  '■'  *).  Solon  bittet  i»  | 
seinem  Epigramm  an  den  kyprischen  König  Philoky-  ) 
pros  die  Aphrodite,  dass  sie  ihn  in  seine  Hei-  i 
mat  zurükführen,  der  attischen  Kolonie  Salamis  auf 
Kypros  aber  Wachsthum  und  Gedeihen  schenken  ' 
möge  "**).  Aus  der  Seegöttin  und  Fahrtenlenkerin  - 
wird  sie  zugleich  eine  Koloniebeschüzerin,  doch  i 
kann  dieser  Theil  ihres  Wirkungskreises  ihr  noch  aus  t 
andern  Eigenschaften  zufallen.  Die  Tauben  der  Aphro-  i 
dite  führen  den  Ansiedler  Aeueas  übers  Meer  ****).  ' 
Aphrodite  gebietet  über  die  Schmerzen  der  Liebe,;  i 
wie  über  das  Meer  sie  führt  von  Abydos  den 

Leander,  den  Jüngling,  welchen  zu  schrekken  für 
den  Meergott  keine  Ehre  ist  durch  die  Wellen 
des  Hellespouts  zu  ihrer  Priesterin  Hero  in  Sestos, 
sie  geleitet  zu  Ephesos  als  Automate  die  eben¬ 
falls  durch  die  Aeltern  getrennte  Meliboia,  da  sie  sich 
%’om  Dach  ins  Boot  gestürzt  hat,  ohne  Ruder  übers 
Meer  zu  ihrem  Geliebten  Der  Kult  der  Aphro¬ 

dite  auf  Malea  in  Lakonien  scheint  mit  den  verrufe¬ 
nen  Stürmen  an  diesen  Vorgebirge  zusammenzuhan- 

221)  Non  DOS  Dionys.  1,  87. 

222)  Vgl.  Thl.  1  S.  256  dieser  Schrift. 

223)  Vgl.  die  Epigr.  des  Nossis  und  .\ntipater.  Gr. 
Anthol.  Ausw.  1,  36  ff. 

223a)  Virg.  Aen.  6,190,  Vellej.  Paterc.  1,  4. 

224)  Musaios  Hero  u.  Leand.  245  ff. 

225)  OvidHeroika  19,  145.  Turpe  deo  pelagi  juvenem 

terrere  natantem. 

226)  Servius  z.  Virg.  Aen.  1,  724.  Automate. 


285 


gen,  ans  welchen  die  meerherrschende  Göttin  und  ihr 
Sohn  Aeneas  wie  am  Athos  in  den  Hafen  retten  ^ 

Auf  Zakynthos  wirkt  Aeneas  bei  seiner  Mutter  gün- 
,stige  Schiffahrt  für  die  Zakynthier  aus;  als  er  durch 
j  widrige  Winde  daselbst  zurükgehalten  wird,  sezt  er 
ijOpfer  und  Wettspiele  dort  ein  und  die  Zakyn- 
lithischen  Jünglinge  stärken  sich  durch  Kampfspiele 
||tur  den  Kampf  mit  Wellen  und  Wind.  Aeneas  han- 
t|Jelt  aber  in  der  durch  ihn  vermittelten  Thätigkeit 
Mseiner  Mutter  auch  selbst,  indem  er  die  Unwetter  be- 
^  iämpft,  die  Schiffe  von  Antandros  unv'^ersehrt  erhält, 
itn  Athos  und  bei  Malea  in  die  Häfen  rettet 
Wie  auf  Zakynthos  Poseidonische  Sühne  an  den  Fe¬ 
igen  der  Aphrodite  geübt  wird,  so  endigt  in  Äegina 
jlas  dem  Poseidon  mit  Schweigen  und  ohne  Bedie- 
jiung  gefeierte  Trauerfest  von  sechzehn  Tagen  für 
jüe  im  Sturm  iimgekommenen  Verwandten  mit  einem 
;3pfer  an  die  Aphrodite  damit  durch  sie  in  Zu- 
I  itunft  ähnliche  ünglükksfälle  abgewendet,  und  nur 
günstiger  heilsamer  Wind  vermittelt  werde.  Dieser 
|vird  von  der  Aphrodite  auch  zu  Milet  in  einem  tJei- 
jigthum  des  Zeus  erbeten 

Hieraus  findet  von  selbst  die  Erscheinung  ihre 
ji.rklärung,  dass  wir  die  Tempel  der  Aphrodite  sehr 
I  iel  an  Handelspläzen,  Küsten  ***),  und  Vorgebir¬ 
gen  und  Inseln  finden,  überall  wo  viel  Handel 

226a)  Klausen  a.  a,  O. 

227)  Dionys,  v.  Halik.  1,  50. 

227a)  Klausen  a.  a.  0. 

228)  Plutarch.  ‘J£k).rjvixa,  41. 

229)  Theo  kr  it  28,  4. 

2-30)  Gr.  Anthol,  5,  17  ovqwS  dkX’  InlXa^ipov  y.al  tquin 

usTM  Jianon  xul  Salüficoy,  Kvngt,  xai  ijWvmv. 

2-31)  .Auf  dem  V.  G.  Zephyrion,  vgl.  das  Epigr.  des  Kal- 
umachos  Athen  7,  318. 


286 


und  Verkehr  getrieben  wurde.  Als  Göttin,  welche  , 
von  Vorgebirgen  und  von  Anhöhen  in  der  Nähe  der  t 
See  über  das  Meer  schaut,  heisst  sie  zu  Argos.  Trö- 
zen,  Knidos  und  auf  Kypros  dxqaia;  doch  Hesse  sich  i 
die  leztere  auch  mit  der  Kybele  als  ogsia  vergleichen. 

In  Korinth,  bei  dessen  Kult  wir  von  der  Bedeutung 
der  Aphrodite  als  MeergÖftin  für  diese  Stadt  aus¬ 
führlicher  sprechen  werden,  wurde  nicht  sie,  sondern  > 
Hera  als  Akraia  verehrt.  Doch  hat  diese  noch  einen 
andern  Sinn  ****)•  Als  Göttin  der  Inseln  wird  sie 
ivoixstig  T(aP  genannt.  Da  sie  allen  ünterneh-  , 

mungen  zur  See  den  günstigen  Erfolg  verleiht,  so  , 
gehört  zu  ihrem  Geschäft  auch,  dass  sie  keinen  Man¬ 
gel  während  der  Fahrt  aufkommen  lässt,  und  deshalb 
trifft  sie  in  Samischer  Sage  auch  Vorkehrungen  gegen 
den  Wassermangel  auf  der  See  durch  Dexikreon,  um 
diesen  zu  bereichern,  und  die  übrige  Mannschaft  zn 
retten  Der  Endzwekk  ihrer  Bestrebungen  für 

die  Meerfahrten  ist  aber  Reichthum  und  Seegen  her¬ 
beizuführen,  und  diesen  führt  sie  auch  aus  dem  Meere 
selbst  den  Menschen  zu.  Deshalb  beten  die  Fischer 
zu  ihr,  dass  Aphrodite  ihnen  einen  günstigen  Fang 
und  dadurch  Lebensunterhalt  gewähren  möge 
Man  glaubte,  die  Göttin  sei  gern  am  Wasser,  und 
daher  stellte  man  ihr  Bild  auch  dort  auf  ohne 

weitere  andere  Beziehungen,  als  um  der  Liebesgöttin 
einen  willkommenen  Siz  anzuweisen.  Wo  wir  sie 
aber  im  Sumpf  oder  Röhricht,  ip  Usi,  oder  ip  xaÄd- 


231a)  Otfr.  Müller  Orchom.  u.  d.  Min.  S.  269. 

232)  Plutarch.  Hellenika  54. 

233)  Plautus  Rudens  2,  I,  16.  Nunc  Venerem  hanc  ve- 
neremus  bonam,  ut  nös  lepide  adjuvet  hodie. 

234)  Hör.  Od.  4,  1,  19.  Ein  beglükkter  Liebhaber  stellt 
ihr  Maamorbild  am  Albaner  See  auf. 


287 


I 

■1 

i  jiwtg,  verehrt  finden,  wie  zu  Athen,  Samos  und  Milet, 
i  da  ist  sie  stets  als  Zeiigiings^ottheit  zu  fassen,  und 
'  in  der  mit  Mezen,  sv  dmtvMj  gefischten  Aphrodite  zu 
‘I  Patrai  haben  wir  eine  Schöpfungsgöttin  zu  erkennen. 
■  Hier  lässt  die  Legende  sie  von  den  Fischern  mit  Ne- 

Izen  aus  dem  Meere  zuziehen,  die  Geburt  dieser  gro¬ 
ssen  und  höchsten  Gottheit  aus  dem  Meere  war  aber 
i  auch  an  andern  Orten,  und  wahrscheinlich  auf  Kypros, 
2  Gegenstand  der  Mysterienlehre  *®®). 

Wie  einerseits  ihre  Herrschaft  über  das  Meer  von 
ihrer  Geburt  aus  demselben  hergeleitet  wurde  ®®®), 
so  tritt  sie  auch  durch  ihre  Beziehungen  zum  Meere 
Avieder  io  mehrere  genealogische  und  andere  mythi¬ 
sche  Verbindungen.  Weil  die  Fabel  die  Aphrodite 
aus  dem  Meere  entstehen  lässt,  so  heisst  sie  auch 
ti  eine  Tochter  des  Meeres  oder  der  Tethys  ®**); 
und  Poseidon  wird  ihr  Vater.  Bevor  sie  noch 
aus  dem  Wasser  emporstieg,  gewann  des  Nereus 
Sohn,  der  schöne  Meerjöngling  Nerites,  ihre  Liebe 
und  lebte  mit  ihr  in  vertraulicher  Gemeinschaft.  Als 
aber  die  Zeit  gekommen  war,  dass  ihr  Vater  Zeus 
sie  rief,  und  sie  unter  die  Zahl  der  Himmlischen  auf- 
genommen  werden  sollte,  hätte  sie  gern  ihn  als  Freund 
und  Gespielen  mit  sich  hinaufgenommen.  Er  aber 
zog  das  Leben  unter  seinen  Schwestern  und  AUers- 

235)  Hi  m  er  io  s  Ekl.  18,  262  Mptv  ||  ovqaPov  ’Aijqo- 
äiTtjv  fj  Qulcmce,  mg  cTi  aiTimg,  aXnvig  noT  dai,  f^vartxoi  loyoi 
mv  xdtvovaw.  Vgl.  Klemens  v.  Alex.  Abschn.  3,  Anm.  19. 
236)  Musaios  Hero  u.  Leander  249  ff. 

237)  Paus.  2,  1,  7.  rw  ßd&qm  de,  i<f>’  ov  ro  uqfxa,  f4tp 
imlQyacTai  Odlaffffcc,  ceysjfovff«  'AifQodktiv  naid«.  Achill.  Tat, 
6,  S  315.  SvyuT^Q  ’Atf  qodittj  d^akdoa^g, 

238)  Orph.  Hymn,  22. 

239)  Silius  Ital.  17,  28.5.  238.  Galaneia  des  Pontos 
Kind.  Eurip.  Hel.  1456. 


288 


genossen  dem  Aufenthalt  im  Olymp  vor.  Nun  er¬ 
wählte  Aphrodite  statt  seiner  den  Eros  zu  ihrem  Ge¬ 
fährten.  Es  wird  noch  hinzugesezt:  da  er  von  den 
Flügeln,  welche  Aphrodite  ihm  geschenkt  hatte,  kei¬ 
nen  Gebrauch  machte,  zürnte  ihm  die  Göttin  und  ver¬ 
wandelte  ihn  in  die  schöne  Muschel  Nerites  ***).  ln 
den  zahlreichen  bildlichen  Darstellungen  der  Aphro¬ 
dite  als  Seegöttin  wird  die  schönste  Geburt  der  feuch¬ 
ten  Tiefe  gern  mit  den  grotesken  Wesen  verbunden 
und  in  Kontrast  gestellt,  welche  die  wilde  und  wech¬ 
selvolle  Natur  des  Meeres  auszudrukken  bestimmt 
sind  ^"0-  In  Fabeln  von  der  Geburt  und  dem 
Anlanden  der  Göttin  finden  wir  Seedämonen  man¬ 
cherlei  Art  in  ihrer  Umgebung  Delfine  begleiten 

siei  einer  hebt  sie  empor,  als  sie  in  Kypros  anlan¬ 
den  will  5  oder  sie  sizt  auf  dem  Nakken  des  Tri¬ 
ton  in  Rhodos  verhindern  Poseisons  wilde  Söhne 

ihre  Landung.  Die  Fische  haben  wir  wegen  der  ih¬ 
nen  anhaftenden  Idee  ausserordentlicher  Fruchtbarkeit 
mit  der  Aphrodite  verbunden  gefunden.  Daher  ent¬ 
stand  die  Fabel  beim  Mythos  des  Götterkampfes  ge¬ 
gen  Typhon,  Aphrodite  habe,  um  seiner  Verfolgung 
zu  entgehen,  sich  in  einen  Fisch  verwandelt.  Diese 
Verfolgung  der  Kypris  durch  Typhon  ist  aber  ganz 
in  die  syrischen  Mythen  verflochten,  da  die  Verbin¬ 
dung  der  Astarte  mit  den  Fischen  vielfache  Anknüp¬ 
fungen,  namentlich  seit  der  allgemeinen  Verfiech- 

240)  Aili an  TMergesch.  10,  50.  vgl.  Athen.  3.  86.  Ly k  o  p  hr. 
238.  Nach  Paus.  7,  21,  4  ist  Nerites  Geliebter  des  Poseidon. 

241)  Otfr.  Müller  Archäologie  §.  37S. 

242)  Orph.  Hymn.  55. 

^  xat  y.vavioioip  oj(oii  int  novnov  oW)uo! 
iqyofjivt}  yalqus  ptnodujy  xvxU^fft  yoQHciiC 

243)  Nonnos  Dionys.  1,  59.  Sidon.  Epithal.  V.  36. 


2S9 


tan«:  und  Verwirrung  der  Mythen  durch  die  Verbrei¬ 
tung  der  Griechen  in  jene  Länder,  darboten 

Ich  weiss  nicht,  -ob  es  Silligung  verdient,  wenn 
I  ich  hier  die  Aphrodite  in  ihrer  Eigenschaft  alsRoss- 
i  göttin  nenne.  Man  könnte  behaupten,  Aphrodite 
1  würde  als  Kriegsgöttin  und  Gemalin  des  Ares 
I  in  Beziehung  auf  die  Rosszucht  gesezt  sein;  allein 
t  das  Ross  kann  ihr  auch  wegen  ihrer  Wirksamkeit 
im  Feuchten,  also  aus  ähnlicher  Veranlassung  wie 
Mein  Poseidon,  geeignet  sein;  es  liebte  die  feuchten 
[  Wiesengründe,  und  seine  Schnelligkeit  schuf  es  zum 
;  Bilde  des  Schiffes,  auf  welchem  man  durch  die  Wel¬ 
len  gefördert  wird.  Für  beide  Erklärungsarten  möch¬ 
ten  gleich  viel  Gründe  sprechen:  ich  habe  mich  für 
die  leztere  entschieden,  und  die  Rossgöttin  Aphrodite 
hierher  geordnet.  Als  solche  trägt  sie  den  Namen 
Bffmnog  oder  equestris  Die  geschichtliche  Er¬ 

klärung,  welche  eine  äusserliche  Veranlassung  sucht, 
jmeldet:  als  Aeneas  nach  überwundener  Seefahrt  sich 
I  Iwieder  des  Rosses  bedienen  kann,  und  in  den  Kampf 
liziehen  muss,  weiht  er  seiner  Mutter  eine  Bildsäule 
•  jzu  Ross  Da  sie  das  Ross  auch  bändigt,  wird 

lihr  die  Innoavvr}  beigelegt.  Den  Namen  Ititio- 
\dcinHa  führte  sie  ohne  Zweifel  auch  daher. 

Die  Wirksamkeit  der  Aphrodite  erkennt  man  zu- 
nächst  in  dem  Boden,  insofern  sie  die  verborgenen 

244)  M  anilius  Astronom.  4,  484.  vgl.  794.  Ovid  fasti  2 
160  ff.  Metam.  5,  331.  Hygin  Antron.  33. 

245)  S.  oben  S.  207. 

!  246)  Servius  z.  Virg.  Aen.  1,  719. 

!  Scholien  z.  Ilias  2,  820.  nMxrovat,  ds  am^v  -/.al  t'ffm- 

lov,  on  6  AXi’Ha?  o  vl'og  civT7ß  nXevcag  (xixQt.  diasug  f^nä  rovm 
■nnm  avfßtj  xctl  fz^TfQa  toiomm  uydkfian. 

I  248)  Nonnos  Diony  s.  11,  274. 

249)  Hesych.  ‘Innoddfxiia:  ^  B^iatjig  xat  AffQodirri, 

19 


290 


Kräfte  der  Erde  hervorlokkt  und  der  fröhlichen  Pflan¬ 
zenwelt  Gedeihen  giebt.  Sobald  die  Gewässer  sich 
ergiessen,  die  erstarrte  Erde  aufthaut,  das  Innere  der¬ 
selben  aufgelokkert  und  den  Einwirkunpn  des  Son¬ 
nenlichtes  geöffnet  wird,  dann  beginnt  die  Heirscha 
der  Aphrodite.  Dann  vermalen  sich  unter  ihrem  Ein¬ 
flüsse  Himmel  und  Erde  sie  lässt  den  Regen 

vom  Himmel  träufeln  tränkt  die  ausgedorrte 

durstige  Erde,  segnet  die  Gefilde  mit  Fruchtbai kei  , 
und  erweist  sich  gnädig  dem  Fleisse  des 
bauers.  Sie  ist  es  daher,  welche  Alles  durchdringt, 
Alles  ernährt,  durch  welche  alle  Geschöpfe  leben  und 
wesen,  und  zur  jugendlichen  Kraft  und  Liebe  heran- 
o-eleitet  werden.  Als  ßtodcoug  bei  Orpheus  giebt  sie 
das  Leben-,  die  friicht-  und  nahrung- 

gpendende,  nennt  sie  Empedokles,  sonst  eine  Bezmch- 
nung  der  Erde;  ^modagocj,  die  sussspendende,  gütige 
Mutter,  heisst  sie  bei  Stesichoros  die 

■  9^0^  Pervig.  Ven.  59  ff.  Virgil  Georg.  2,  324  ft. 

Sl)  Euripides  im  Oidipus  Hob.  1  ,  12.  Athen.  13,  600. 
Tt]i^  ^AfQoäirrjv  ovx  vqRi  ö(r>i  9f6s; 

tjy  ow  UV  tinoiS  oyJi  fihTqtictiuS  cev 
oori  m'f'VTcs  y.a<f  ogov  MgxiTai.. 

Avtti  TQtqH  ff«  5««*  ncivra;  ßQorovg. 

"KqS  ^iv  ö/jßQov  yaV,  otuv  ^ijqov  n^ov 
(iy.uQTiov  av/f^tp  votidoS  iydswg  ^XV' 
iqa  d’  o  ct^uvoS  ovQavosnl>iQovfJivog 
ofj-ßqov  nsüHv  elg  yalav  ’AqqodiTtjg  vno. 
mav  dt  cv/LijuixS^^Tov  I?  ravTov  dvo, 

(fiovGiv  fi^'iv  nüvKt  xut  XQtqovo  afta, 
di‘  (üv  ßqoTBOv  ly  ts  xccl  düllu  ytvog. 

Artemidor  Traumdeutung  2  Kap.  37.  Uyady  (Aphrodite)  « 
xccl  fimqydk.  (fvaig  ydq  thca  xai  ftrjTnQ  TMV  ohov  vevoixmat. 

252)  Bei  Plutarch  Erotikos  Kap.  12. 

253)  Bei  Schol.  Eurip.  Orest.  249.  P  r  o  klo  s  Hymn.  3, 11- 

nänn  d’  itjv  ßiorocg  yu-lyvij- 


fruchtbare,  oder  die  befrachtende,  nennt  sie  Sophokles. 
Sie  bringt  aber  die  Fracht  nicht  sowol  zur  Reife, 
wie  Demeter,  sondern  nur  zum  üppigen  Wachsthura 
und  zur  Blüthe^  sie  legt  den  Grund  alles  Daseienden 
und  kräftigt  es  zu  neuer  Zengungsfähigkeit5  das  war 
ihre  Bedeutung  in  den  Mysterien 

Älit  dem  Frühling  wekkt  sie  alle  IFesen  aus  ih¬ 
rer  winterlichen  Stumpfheit  die  Vögel  drängt 

254)  Klemens  v.  Alex,  im  Protr.  s.  Abschn.  3,  S.  141. 

'  cJ?  äffsXyup  v^lp  /hoqIwp  ii^tog  ^Aqqoäirti  ylnmi  xa^noS  mlg  u~ 
Xnaig.  i 

1  255)  Aeschylos  in  den  Danaiden  bei  Athen.  13,600 

lässt  die  Aphr.  sagen : 

"Equ  fiiv  aypog  ovgapvS  y^opu, 

IqoiS  cTJ  yalap  la/ußccpu  yäfMV  Tvyup. 
o/xßQoS  cf'dn  tvpdepTos  ovqapov  ntamv 
txves  yalap'  ij  di  rlxnxai  ßgorols 
qiTjhap  rs  ßo0xds  xat  ßlop  Jijfx^TQiop' 
dfpd^wns  uQa  d'ix  potI^optoS  ydfiov 
riXuos  IffiL  rwp  (flyeH  naqalnos- 
Lukrez.  1,  10  ff. 

Nam  simul  ac  species  patefacta  est  verna  diei, 

Et  reserata  viget  genitalis  Aura  Favoni, 

Aeriae  primum  volucres  te,  diva,  tuumque 
Significant  initum  perculsae  corda  tua  vi. 

Inde  ferae  pecudes  persultant  pabula  laeta, 

Et  rapides  tranant  amneis:  ita  capta  lepore; 

Te  sequitur  cupide,  quo  quamque  inducere  pergis. 

Denique  per  maria  ac  monteis  fluyiosque  rapaceis 
Frondiferasque  domos  avium  camposque  virenteis 
Omnibus  incutiens  blandum  per  pectora  amorem, 

Efficis,  ut  cupide  generatim  saecla  propagent. 

Columella  de  re  rust.  10,  210. 

Ver  agit:  hinc  hominum,  pecudum,  volucrumque  cupide 
Atque  amor  ignescit  menti,  saevitque  medullis, 

Dum  satiata  Venus  secundos  compleat  artus, 

Et  generet  varias  soboles  semperque  frequenter 
Freie  nova  mundum,  vacuo  ne  torpeat  aevo. 

19* 


292 


eine  fröhliche  Zeugungslust,  sie  erregt  den  Trieb 
der  Begierde  im  Vieh  treibt  das  Ross  in  Brunst 

über  Strom  und  Geklüft  und  ist  wirksam  in  den 

Fischen  des  Meeres.  Daun  kommt  auch  die  Früh¬ 
lingsunruhe  in  den  Menschen,  und  wann  Aphrodite 
den  nächtlichen  Thau  auf  die  Erde  träufelt,  wann  sie 
die  Blumen  aus  der  Erde  hervorlokkt,  dann  hebt  sie 
auch  den  von  Frühlings-  und  Liebeslust  schwellen¬ 
den  Busen  der  jungen  Mädchen  und  durch  die 

gestillte  Sehnsucht  des  Mannes  schafft  Aphrodite  ein 
neues  Geschlecht  pflegt  es,  fördert  es  uai  aphro¬ 

disischer  Tüchtigkeit,  und  reiht  so  Geschlecht  an  Ge¬ 
schlecht. 

Aphrodite  erscheint  mit  dem  Frühling,  und  durch 
ihn  wirkt  sie  auf  die  Welt  Der  Frühling  ist 

nur  ein  Ausfluss  der  Göttin,  und  unter  den  Monaten 
war  der  April  ihr  geweiht,  weil  die  Wirksamkeit  des 
Frühlings  in  diesem  sich  zunächst  und  am  stärksten 
äusserte.  Alle  Mythen  sezen  matüilich  auch  ihre  Ge¬ 
burt  im  Frühling  an;  und  wir  vernehmen,  dass  sie 

256)  Vgl.  noch  Oppian  Halieut.  I,  473.  Kyneget.  1, 377  ff. 

257)  Virgil  Georg.  3,  250  ff. 

258)  Pervig.  Veii.  14.  Ipsa  surgentes  papillas  de  Favoni 
spiritu  urget  in  nodos  tepentes.  V.  21.  Mane  virgines  papillas 
solvit  humenti  peplo. 

259)  Eusebios  Lobrede  auf  Konstantin  Kap.  7:  auch  die 
Erzeugung  der  Körper,  ^  rtui' <>üj^ßic()ry'f»'6o'tS',Avurde  für  einen  Golt 
gehalten,  und  unter  dem  Namen  Aphrodite  in  Orgien  gefeiert. 
Vgl.  was  oben  über  die  Mysterien  und  die  Bedeutung  der  Aphro¬ 
dite  als  Axieros  und  Axiokersa  gesagt  ist.  Plutarch.  Erot. 
Kap,  12. 

Ttiv  ’AcfQodiTtjv  ov/  oQaS,  oör]  &s6s. 

'Hd"  iOtiv  ti  cmtQovGu  y.al  Mova’  “Epoy, 

Ov  ndvng  iGfxiv  ol  y.caax^öv  sxyovoi. 

260)  Lukrez,  5,  735.  It  Ver  et  Venus  u.  s,  w.  Horaz 
1,  4,  1  ff.  Solvitur  acris  hiems  u.  s.  w. 


293 


beim  Beginn  des  Lenzes  mit  einem  grossen  Gefolge 
i  nach  Thessalien,  doch  von  woher,  erfahren  wir  nicht, 
zog,  um  Tempe  und  die  beständig  grünen  Gärten 
i  daselbst  zu  bewohnen.  Es  begleiten  sie  die  Mutter 
iVatur,  weiche  sonst  Aphrodite  auch  selbst  ist,  ira 
leichten  Kleide  die  heitere  Charis,  mit  Gesang  be¬ 
gleitet  sie  Sirene  Eros  fehlt  nicht,  undBak- 

<  hos,  welcher  mit  seinem  Zuge  Lydien  verlassen  hat, 
£]  gesellt  sich  zu  ihnen  Als  liebliche  Göttin  des 

Frühlings  wird  Aphrodite  auch,  >vie  Persephone, 
I  Blumengöttin,  und  führt  als  solche  den  Namen 
Chloris  "®^),  die  Flora  der  Römern  gewöhnlich  ge- 
A|  hört  Chloris  als  ein  besonderes  abgeleitetes  Wesen 
mit  ihrem  Gemale  Zephyros,  dem  Führer  des  Früh- 
j  iings,  unter  das  Gefolge  der  Aphrodite.  Eine  Blu- 
I  mengöttin  ist  ohne  Zweifel  auch  die  Aphrodite  "‘Av- 
t  ttsia  und  diese  lässt  sich  ungezwungen  mit  dem 
I  Bakchos  "A^iog  zusaminensteilen.  Auf  diese  Eigen- 
,  Schaft  der  Aphrodite  muss  auch  die  Benennung  An- 
thesphoros,  welche  auf  einer  Inschrift  von  Aphro- 
»iisias  einer  Priesterin  der  Göttin  beigelegt  wird, 

261)  Ueber  das  Verhältniss  der  Sirenen  zur  Aphrodite  s. 
S.  249. 

262)  Epithalam.  Auspicii  et  Stellae  V.  45  ff. 

263)  Artemidor  Traumdeutg.  2  Kap.  37  und  daselbst 
Reiff;  Hieronymus  Aleander  in  Fabulae  Heliacae  explicatione ; 

■  Mercurius  Ver:  —  Venus  itaque  eadem  quae  Lucifer,  et  quae 
'  Chloris,  seu  Flora  herbarum  fiorumque  dea.  —  Pomponius  Sa- 
binus ;  Venus,  quae  mane  Lucifer,  Flora  et  Venus  idem  sunt, 

264)  Hesych.  (Hera  heisst  so  in  KorinthPaus.  2,  22,  1.) 
.\usonius  Rosae  V.  J8.  Sideris  et  floris  nam  domina  una  Ve¬ 
nus.  Vgl.  auch  noch  das  Pervig.  Ven.  an  mehreren  Stellen. 
Valer.  Cato  Dirae  20.  116. 

26.5)  Corp.  Inscr.  Gr.  No.  2821.  Die  Inschrift  nennt  die 
!  Priesterin  t^p  a^ioloymTdrr]v  y.cil  C(/uvordTr,p  uvI)-j}<i  ü-qov  ttj?  S-tov 
’AtfQodehijg  xcci  dq'/UQtlav  j'^g  nuiQidvg. 


294 


zurükgeführt  werden.  Den  Namen  der  römischen 
Aphrodite  Fruti  leitet  Klausen  auch  von  ihrer  Be¬ 
förderung  der  Stauden  und  Gewächse  her,  und  bringt 
damit  die  Benennung  des  lynx  Frutilla  in  Verbin¬ 
dung  Indem  Aphrodite  Pflegerin  des  Gemüses 

und  des  Obstes  wird,  nähert  sie  sich  der  Demeter, 
bekommt  Antheil  an  den  Herbstfesten  und  die  Vina- 
lien  Italiens  werden  Veneralien  An  diesem 

Feste,  welches  sich  schon  durch  seinen  Namen  als 
ein  Weinfest  ankündigt,  wurde  viel  Wein  vor  dem 
Heiligthum  der  Aphrodite  ausgegossen;  so  sollte  es 
Aeneas  gethan  haben  ^  ® 

Ein  wie  nothwendiger  Bestandtheil  Laub  und 
Blumen  an  den  Festen  der  Aphrodite  waren,  haben 
wir  oben  kennen  gelernt  *  ®  ®) :  sie  spendet  den  Schmukk 
der  schönen  Jahreszeit  und  wird  natürlicher  Weise 
damit  wieder  geehrt.  Die  Haine,  welche  man  bei 
allen  bedeutenden  Tempeln  der  Göttin  fand,  haben 
dieselbe  Veranlassung;  durch  sie  werden  und  gedei¬ 
hen  dieselben,  in  ihnen  lebt  sie  gern,  ihr  sind  sie 
geweiht  in  ihnen  werden  ihre  Feste  begangen. 
Zum  besondern  Vorstand  der  Wälder  hat  sie  aber 
den  aphrodisischen,  aus  ihr  abgeleiteten,  Dämon  Pria- 
pos  bestellt  Um  die  Anmuth  eines  Gehölzes 

265a)  Gloss.  Philox,  bei  Klausen.  Vgl.  ihn  S.  753. 

265bl  Varro  L.  L.  6,  20.  Vinalia  rustica  dicuntur  ante  diem 
14  Kal.  Sept.,  quod  tum  Veneri  dedicata  aedes  et  horti  eae  deao 
dicantur  ac  tum  fiiint  feriati olitores.  Vgl.  F  estus  S.  223.  Varro 
de  re  rust.  1,  1,  6. 

265c)  Pliitarch  ‘Pio^iamn  45.  —  Menippos  überschrieb 
seine  Satire,  welche  von  den  Vinalien  handelte :  ns^t  ÖKf^oSusiMV. 

266)  S.  Abschn.  3,  S.  152.  162. 

267)  Pervig.  Ven.  47.  regnet  in  silvis  Dione.  Ti  bull  2, 
9,  7S.  Himer.  1,  20. 

268)  Petronius  Arbiter,  ad  Priapum  1  u.  2. 


295 


auszudrükken,  nennt  ein  Schriftsteller  einen  Wald 

den  Hain  der  Aphrodite  und  der  Chariten.  Wie  der 
Phantasie  das  Bild  eines  vollkommenen,  der  Aphrodite 
\  wohlgefälligen  Haines  vorschwebte,  sahen  wir  aus 
I  dem  Gemälde,  welches  Klaudian  vom  kyprischen  Olym- 
pos  entwirft. 

Als  Göttin  der  Stauden  und  Gewächse  ist  der 
Aphrodite  der  Schuz  der  Gärten  anvertraut  und 
J)erühmt  war  in  Athen  eine  Aphrodite  in  den 
Gärten  die  älteste  der  Mören.  Der  Be¬ 
griff  einer  Zeugungsgöttin,  welcher  einer  Aphrodite 
I  der  Pflanzen  und  Gärten  anhaftet,  liegt  noch  in  dem 
erhabeneren  Begriff  der  Mörengöttin  eingeschlossen, 
j  und  diese  konnte  sehr  wohl  und  passend  in  den  Gär- 
[  len  verehrt  werden.  Wie  wir  mit  der  Vorstellung 
I  eines  Gartenlandes  die  Ansicht  einer  feuchten,  niedrig 
rj  gelegenen,  auch  sumpfigen  Gegend  verknüpfen,  so 
il  bietet  sich  die  Verbindung  einer  Aphrodite  im 
B.öhricht,  iv  xaZaixoigj  zu  Samos,  oder,  wie  andere 
sie  nannten,  iv  sXsi,  mit  Jener  athenischen  in  den 
Gärten  von  selbst  dar.  Diese  vermuthete  Einerleiheit 
beider  Gottheiten  kann  durch  die  Nachricht  des  Sa- 
■  miers  Alexis  ^”),  dass  jener  Tempel  seiner  Vater¬ 
stadt  von  attischen  Hetären,  welche  den  Perikies  dort¬ 
hin  begleiteten,  gegründet  sei,  zur  Gewissheit  erho¬ 
ben  werden.  Anstatt  dass  der  unzüchtige  Dienst 
gegen  eine  Gemeinschaft  mit  der  hehren  xHörengöttin 
in  den  Gärten  Athens  sprechen  sollte,  kann  er  viel- 


269)  Apulejus  As.  aur.  4,  20. 

270)  Plin.  N.  H.  19,  19,  1.  Coluraella  de  re  rust. 
10,  286.  Varro  de  re  rust.  1,  1,  6. 

271)  Paus.  1,  19,  2.  Plin.  36,  4,  .3.  Eine  Aphrodite  in  den 
Gärten  nennt  uns  auch  Petronius  Satirikon  Kap.  128. 

272)  hei  Athen.  13,  572. 


296 


mehr  dafür  zeugen;  denn  er  hat  sich  nur  zur  Aphro¬ 
dite  als  Zeugungsgöttin  gesellt,  und  eine  solche  haben 
wir  in  der  Gartengöttin  vor  uns.  Eine  ganz  ähnliche 
Göttin  im  Röhricht  besass  auch  zu  Milet 
einen  Tempel,  und  in  deren  Heiligthum  wurde  gün¬ 
stiger  Wind  von  Zeus  erfleht.  Daraus  ersehen  wir, 
dass  die  Göttin  im  Röhricht  sich  an  die  Meerherr¬ 
scherin  Aphrodite,  welche  doch  für  Milet  sehr  wich¬ 
tig  sein  musste,  anschliesst,  und  dass  diese  Aphrodite 
im  Röhricht,  gleichfalls  wie  dieSamische  iv  xcdduoig 
oder  iv  12«,  von  der  Mutterstadt  Athen,  und  zunächst 
von  der  dortigen  Göttin  z^'ttojc:  herznleiten  sei;  dar¬ 
über,  dünkt  mich,  kann  kein  Zweifel  obwalten. 

In  der  Nähe  der  Aphrodite  in  den  Gärten  zu 
Athen  befand  sich  ein  Plaz  mit  einer  Einfassung, 
und  von  demselben  ab  führte  ein  natürlicher  unterir¬ 
discher  Gang  zu  der  Akropolis.  Zu  ihm  steigen  die 
Jungfrauen  herab,  unten  lassen  sie,  was  sie  gebracht 
haben,  und  fragen  etwas  anders,  was  verhüllt  ist, 
wieder  herauf:  dann  werden  diese  entlassen,  und  an¬ 
dere  Jungfrauen  statt  ihrer  auf  die  Burg  geführt.  — 
Ein  Mysteriengebrauch  ist  hierin  nun  zwar  leicht  zu 
erkennen,  und  die  jungen  Mädchen  werden  Zeugungs¬ 
symbole  getragen  haben,  aber  die  weiteren  Auf¬ 
schlüsse  fehlen.  Es  erinnert  dieser  unterirdische  Gang 
aber  an  die  Höhlengötiin  Aphrodite,  in  welcher  wir 
eine  Hekate  und  Todesherrscherin  erkennen  zu  müs¬ 
sen  geglaubt  haben  und  somit  wäre  auch  die 

Gartenaphrodite,  die  Herrin  der  Stauden  und  Ge¬ 
wächse,  welche  im  Frühling  in  allen  Geschöpfen  die 

273)  Theokrit.  28,  4.  "Onna  KvTiQidos  Iqov  y.ahüfio}  ylu)- 
Qov  i'-p  änalm. 

274)  Paus.  1,  27,  4. 

275)  S.  oben  S.  243. 


297 


Zeugungs-  und  Liebeslust  erwekkt,  zugleich  wieder 
eine  Herrin  des  Todes.  Was  sie  erschaffen,  kehrt 
nach  Vollendung  seiner  irdischen  Laufbahn  wieder  in 
^  ihren  mütterlichen  Schooss  zurük.  —  Einen  unterir- 
I  dischen  Gang  hat  man  auch  auf  Kypros  vom  grossen 
heiligen  Garten,  Uqoxrinig^  in  der  Gegend  von 
i  Paphos  aus  nach  der  Stadt  führend,  erkennen  wollen, 
1  und  einen  ähnlichen  zu  Amathus^  und  wir  fühlen  uns 
gedrungen  diese  mit  dem  athenischen  zu  vergleichen, 
ihnen  eine  ähnliche  Bedeutung  unterzuleo’en. 

Eine  besondere  Aufmerksamkeit  erfordert  dieje¬ 
nige  Ausbildung  des  Aphroditekultes,  welche  bei  einer 
^  grossen  Anzahl  griechischer  Völker  angetrolfen  wird, 

I  deren  hauptsächlichster  Betrieb  Viehzucht  und  Ak- 
k erb  au  war,  und  welche,  wo  sie  an  das  Meer  stie- 
|Ssen,  auch  Seefahrt  und  Handel  trieben.  In  Be¬ 
iziehung  auf  Seefahrt  und  Handel  ist  uns  Aphrodite 
nicht  mehr  neu,  und  wenn  wir  sie  hier  als  Gottheit 
des  Akkerbaues  und  der  Viehzucht  zuerst  kennen 
lernen,  so  ergiebt  sich  doch  ohne  Schwierigkeit  und 
gleichsam  von  selbst  ein  solcher  Wirkungskreis  der 
Göttin  aus  dem,  was  wir  noch  vor  kurzem  über  die 
Thätigkeit  derselben  im  Bereiche  der  ganzen  Schöp¬ 
fung  erörtert  haben.  Die  Unterschiede  in  der  Aus¬ 
bildung  des  Kultes,  welche  sich  bei  so  entfernt  und 
getrennt  wohnenden  Völkerschaften  bilden  mussten, 
sind  verwischt,  und  den  Hauptzügen  nach  ist  es  im¬ 
mer  dieselbe  Gottheit,  weiche  diese  Hirten-  und  ak- 
kerbauenden  Völker  Griechenlands  verehrten.  In¬ 
dessen  lassen  sich  doch  noch  zwei  Hauptstätten  die¬ 
ser  Aphrodite  erkennen,  welche  die  zunächst  liegen¬ 
den  in  ihren  Kreis  zogen,  und,  wie  es  scheint,  als 
seine  Art  Vereinigiingspunktc  jener  betrachtet  wurden, 
endlich  aber  durch  Mythen  und  Sagen  sich  unter  ein- 


ander  verknüpften,  und  ein  Nez  über  alle  ähnlich 
beschaffenen  zerstreuten  Kultusstätten  zogen,  was 
gemeinsamen  Ursprung  nach  weisen,  und  ein  gemein¬ 
sames  Band  um  alle  schlingen  sollte.  Diese  beiden 
Hauptstätten  sind  Epiros  und  Troas,  beides  ein  Paar 

im  Alterthum  durch  Viehzucht  und  Akkerbau  berühmte 

Länder;  und  in  der  Beschäftigung,  auf  welche  ihr 
Sinn  vorzugsweise  gerichtet  war,  mussten  sie  auch 
vorzugsweise  das  Walten  ihrer  Göttin  erkennen.  Die 
Idee,  welche  der  Aphrodite  an  beiden  Orten  zu  Grunde 
liegt,  ist  dieselbe,  die  Ausbildung  und  die  Gestalt  des 
Kultus  und  Mythos  aber  verschieden.  Man  erkannte 
gemeinsam  in  ihr  die  Gottheit,  welche  die  Fruchtbar¬ 
keit  und  das  Gedeihen  ihres  Akkers  und  ihrer  Heer- 
den  beförderte,  von  deren  gefälliger  Gunst  und  got  - 
lieber  Gnade  ihr  Wohlstand  und  Glükk  abhängig  sei. 
Diese  Eigenschaft  drükkt  auch  ganz  der  Name  der 
Gottheit  an  beiden  Orten  aus;  denn  sie  ist  eine 

wohlwollende,  freundliche,  gefällige,  vyelche 

die  Gebote  der  Menschen  erhört  und  ihnen  Seegen 

bereitet.  In  Epiros  ist  sie  selbst  die  wohlwollende, 

Alvsiag  welche  Benennung  wahrscheinlich  ihr 

lateinischer  Name  placabilis  ganzwiedergiebt, 
in  Troas  wird  ihr  aber  ein  Sohn  beigeordnet,  welcher 
diesen  Namen  Alvs'mg  trägt,  und  in  ihrem  Sinne  han¬ 
deln  muss.  Wie  dies  mit  dem  ganzen  dortigen  Ke- 


276)  Pott.  Etymolog.  Forsch.  1,  224.  Alvdag  v.  atrr,  ''‘e 
Aiyda,  V.  ^EQ,aüa9  u.  ähnliche.  Klausen  von  cW  n, 

welches  heisst  mit  einer  Sache  zufrieden  sein,  fast  wie  , 

indem  es  von  göttlicher  Zulassung  und  Genehmigung  gebrauch  , 
wird.  Aus  der  Schrift  Rieh.  Rud.  Klausens:  Aeneas  und, 
die  Penaten,  habe  ich,  was  für  meinen  Zwekk  mir  passend  schien, 
entlehnt. 

277)  Servius  z.  Virg.  Aen.  1,  719. 


299 


ligionskreis  zusammenhangt,  werden  wir  mittheilen, 
nachdem  wir  vorher  über  die  epeirotische  Göttin  ge¬ 
sprochen  haben. 

Die  Weiden  und  Heerden  von  Epiros  haben  im 
Alterthum  immer  in  dem  höchsten  Buhme  gestanden. 
Von  Dodona  ab  bis  ans  ionische  Meer  sind  die  Wie¬ 
sen  von  Rindern  voll  und  südlich  bis  an  Akar- 
nanien.  üeber  die  Göttin  von  Dodona,  welche  bald 
mit  dem  Namen  Dione,  bald  mit  Aphrodite  belegt 
wurde,  und  die  eigentliche  pelasgische  Aphrodite,  die 
Kersa  in  den  Beligionssystemen  der  alten  Griechen 
ist,  haben  wir  oben  ausführlich  gesprochen 
Diese  Göttin  des  Lebens  und  des  Todes  musste  den 
Bewohnern  des  Landes  ganz  besonders  im  Vieh  wirk¬ 
sam  erscheinen,  und  ihnen  eine  Göttin  werden,  welche 
den  Heerden  vorsteht,  denselben  Fruchtbarkeit  und 
Gedeihen  schafft,  und  durch  sie  den  Menschen  Reich¬ 
thum  und  Wohlstand  gewährt.  Daher  gebietet  auch 
der  Priester  des  Zeus  zu  Dodona  den  Athenern  der 
Dione  wie  dem  Zeus,  dem  Dionysos  und  dem  Apollon 
Binder  Opfer  zu  bringen,  und  richtig  ist  Dione  als 
Göttin  der  Rinderhirten  gefasst  ®®®).  Rinderopfer  der 
Aphrodite  finden  zwar  auch  aufLemnos,  undzu  Ama- 
thus  statt,  allein  an  lezterem  Ort  hat  schwerlich  diese 
Sitte  einen  mütterlichen  Boden,  und  sie  ist  wahr¬ 
scheinlich  nur  mit  den  altgriechischen  Vorstellungen 
von  der  Aphrodite  nach  Kypros  übertragen.  Dodona 
ist  der  Mittelpunkt  des  Kultes  der  epirotische'n  und 
mancher  benachbarter  Länder,  und  der  Name,  unter 

278)  Find.  Nem.  4,  52.  Hesiod.  fr.  39.  Arrian  Alex, 
u.  die  übrigen  Stellen  bei  Klausen  S.  414. 

279)  Abschn.  1,  3,  S.  35, 

280)  Calpurnius  Ekloge  9,  56.  Auf  Münzen  der  Stier 
dem  Bilde  des  Zeus  und  der  Dione  gegenüber. 


300 


welchem  die  Göttin  Jener  Völker  daselhst  verehrt 
wurde,  ist  Aineias  aber  die  Thesproti- 

schen  Einwanderer  in  Thessalien  die  Mythen  AOin 
Aeneas  kennen  gelernt  hatten,  trugen  sie  ihn  zu 
den  Molottischen  Fürsten  um  Dodona  z.urük,  und  da 
yaigleich  die  Sagen  von  ihm  aus  Sikyon  und  Stym- 
phalos  nach  Korinth,  von  hier  nach  dessen  Kolonien 
in  Akarnanien  gekommen  waren,  und  sich  so  weiter 
nördlich  verbreiteten,  so  stellte  man  ihn  auch  in  Epi- 
ros  neben  seine  Mutter  die  A  phrodite  -  Aineas. 
Aeneas  ist  der  im  Sinne  seiner  Mutter  handelnde 
Dämon,  und  die  Sage  hat  seine  Reisen  und  Wande¬ 
rungen  immer  so  eingerichtet,  dass  er  den  Kultus¬ 
stätten  seiner  Mutter  nach/.ieht.  und  ihr  Tempel  grün¬ 
det.  Die  Aphrodite- Ai  ne  ias  zu  Dodona  zieht 
ihn  auch  dort  hin ;  mit  den  kräftigsten  Männern  seines 
Gefolges  wandert  er  von  Ambrak ia  aus  einen  Weg 
von  zwei  Tagen  in  das  Innere  des  Landes  nach  Do¬ 
dona,  und  gründet  dort  den  Tempel  seiner  Mutter. 
Hier  soll  er  noch  den  Troer  Helenos  gefunden,  troi- 
sche  Weihgeschenke,  namentlich  Mischkrüge  mit  al¬ 
ter  Aufschrift,  dargebracht  und  Weissagungen  über 
seine  Bestimmung  erhalten  haben.  In  Ambrakia  be¬ 
fand  sich  auch  ein  Tempel  der  Aphrodite-Ai- 
neias,  und  wie  man  den  Aeneas  den  dodonäischen 
Tempel  gründen  liess,  so  geschah  es  auch  bei  diesem. 
Hier  aber  genoss  er  selbst  auch  Heroenehre,  und  in 
seinem  Heiligthum  befand  sich  ein  altes  kleines  Golz- 
biid.  Heilige  Diener  vollzogen  alljährig  die  Opfer  )• 
Der  Troer  Helenos  gründet  Buthrotos,  wo  An- 
chises  sich  aufgehalten  haben  soll,  während  Aeneas 
nach  Dodona  ging.  Das  nördliciiere  Onchesmos 
V.  Halik.  1,  Virg.  Aen.  3,  466. 

282)  Uionys.  v.  HaÜk.  1,  60. 


301 


I 

I 

1 

i  gründen  Aeneas  und  Änchises  zusammen  Am- 

brakia  gegenüber  auf  der  akarnaiiischen  Küste  lag 
I  Aktion;  auch  hier  befand  sich  ein  Tempel  der  Ai- 

I  neias  und  ihr  Heros  muss  ihn  gründen  Dane- 

II  ben  baute  er  einen  Tempel  der  sogenannten  grossen 

Götter,  welche  beide  noch  zu  Dionysios  Zeiten  be¬ 
standen.  Der  Haupttempel  auf  Aktion  ist  aber  der 
des  Apollon.  Ferner  auf  Leiikas  baut  Aeneas  den 
Tempel  der  Aineias  auf  dem  kleinen  Eilande  zwischen 
Ider  Stadt  und  dem  Kanal  AufZakynthos  wird 

idie  Aphrodite  als  Aineias  verehrt  und  ihr  Heros;  man 
hatte  auch  hier  Ilolzbilder  von  ihm  und  feierte  ihm 
i  Spiele. 

An  allen  diesen  Orten  war  zwar  ebenfalls  die 
Göttin  wie  zu  Dodona  dionysischer  Natur,  und  be¬ 
günstigte  das  Gedeihen  der  Viehzucht  und  des  Bo¬ 
dens,  allein  da  alle  diese  Orte  an  Küsten  lagen,  so 
trat  hier  unausbleiblich  das  poseidonische  Element 
hinzu,  und  Aphrodite  wurde  zugleich  Fahrtengöttin. 
Aeneas  ist  in  allen  diesen  Gegenden,  in  Akarnanien, 
Epiros,  und,  wovon  wir  gleich  sprechen  werden,  in 
iGrossgriechenland,  durchaus  eine  Nebenfigur  der 
Aphrodite-Aineias,  nur  der  Träger  eines  Kul¬ 
tusbegriffes,  und  so  entbehrt  das  Bild  von  ihm  aller 
jiebendigen  Persönlichkeit.  Mit  Verbreitung  der  ho¬ 
merischen  Poesie,  und  der  troischen  Mythen  und  von 
;Jen  Sagen,  welche  sich  an  den  Küsten  des  Aegäi- 
, sehen  Meeres  gebildet  hatten,  ist  des  Aeneas  Name 
jjrst  auf  die  westlichen  Küsten  übertragen.  Die  ko- 


I  283)  Ders.  1,  51.  vgl.  Klauseu  S.  426. 

^  284)  Dionys.  1,  50. 

285)  Dionys.  1,  50.  Varro  bei  Servius  3,  279.  nimmt 
ilschlich  die  südliche  Spize  Leukates ,  wo  Apollon  verehrt 
.  urde. 


302 


rinthischen  Ansiedler  in  Lenkas  und  Akarnanien  kann¬ 
ten  wahrscheinlich  in  ihrer  Mutterstadt  den  Aencas, 
und  fügten  der  Aphrodite  diesen  io  ihrem  Sinne  han¬ 
delnden  Sohn  bei.  Nach  Zakynthos  muss  der  Name 
des  Aeneas  unmittelbar  aus  Arkadien  über  Psophis 
gekommen  sein,  und  der  arkadisch -sikyonische  An- 
chises  gesellte  sich  da/.u.  So  fand  auch  Aeneas  den 
Weg  nach  Japygien,  dem  sikulisclien  Chonien ;  wurde 
nach  dem  Lande  der  Elymer  durch  den  Verkehr  zwi¬ 
schen  Thyrreon  und  Aluntion  mit  der  Aphrodite  Ai- 
neias  gebracht,  und  in  die  Sagen  vom  Eryx  einge¬ 
schoben,  wie  Anchises  in  die  vom  Butas. 

Es  ist  bekannt,  dass  im  Süden  Italiens  die¬ 
selben  Völker  wohnten  wie  in  Epiros  und  den  be¬ 
nachbarten  Gegenden.  Dadurch  sind  die  dodonäischen 
Kultusvorstellungen  auch  bei  den  hiesigen  pelasgi- 
schen  Stämmen  erzeugt,  und  die  beiden  Gottheiten, 
welche  wir  in  den  hiesigen  Gegenden  häuüg  wie¬ 
derfinden,  sind  Liber  und  Libera  auch  ist  die 

Juno  daselbst,  namentlich  die  Lakinische  Hera,  die 
dodonäische  Göttin.  Der  Boden  ist  dem  der  genann¬ 
ten  griechischen  Länder  gleich,  die  Bevölkerung 
Achäer  und  Troer;  dieselbe  Beschäftigung  mit  der 
Viehzucht  Hess  in  der  Aphrodite  auch  eine  Heerden- 
göttin  erkennen,  und  bewirkte  die  Entwikkelung  der 
auf  der  benachbarten  griechischen  Küste  verehrten 
Beichthum  spendenden,  gefälligen  Aphrodite-Ai- 
neias.  In  Japygien  südlich  von  Hydruntum  lag,, 
Onchesmos  gegenüber,  der  Hafen  der  Aphrodite, 
wenn  diese  nicht  als  eine  Heerdengöttin  und  Schiff¬ 
fahrt  befördernde  Aineias  gefasst  gewesen  wäre,  sc 
würde  man  nicht  den  Aeneas  hierher  geführt  haben 
Die  Lakinische  Hera  hat  ebenfalls  Rinder  unter  ihrea, 


286)  S.  S.  244. 


303 


Schnz  wie  die  epirotische  Göttin,  und  mehrt  die  Heer- 
den  wie  diese.  Es  verträgt  sich  daher  ganz  mit  ihren 
Vorstellungen,  wenn  in  ihrem  Heiligthum  ein  einzelnes 
TVeihgeschenk  des  Aeneas  vorgezeigt  wurde;  eine 
j  eherne  Schaale  mit  seinem  Namen  darauf,  wodurch  er 
1  diese  Göttin  gleichsam  als  seine  Mutter  ehrte.  Die 
j  natürliche  Beschaffenheit  des  Landes  und  die  Rinder- 
1  Zucht  gab  den  Boden  für  eine  ausgebreitete  Vereh¬ 
rung  der  Aphrodite  und  für  die  Anpflanzung  zahlreicher 
1  troischer  Sagen. 

Die  ältesten  Bewohner  des  westlichen  Siziliens 
sind  die  Elymer,  durch  die  Oenotrer  Griechen  und 
'  Pelasger;  es  ist  derselbe  Volksstamm,  welchen  wir 
in  Unteritalien,  Epiros  und  den  benachbarten  Gegen¬ 
den  finden.  Wie  an  diese  die  troischen  Sagen  an¬ 
geknüpft,  ein  Troer  Elymos,  Repräsentant  der  Völ¬ 
kermasse,  geschaffen  wurde,  darüber  hat  sich  Klausen 
gelehrt  und  umfassend  verbreitet.  Die  Sage  von 
Aeneas  war  vermuthlich  über  Korinth  nach  Syrakus 
gekommen,  wo  er  mit  der  Arethusa,  einer  Neben¬ 
gottheit  der  erykinisch-dodonäischen  Göttin,  in  Ver¬ 
bindung  gesezt  ist.  So  tief  die  Sagen  von  den 
Troern  bei  den  Elymern  auch  gewurzelt  sind,  so 
haben  sie  doch  keinen  geschichtlichen  Grund,  und 
Aeneas  ist  hier  erst  nach  üebereinstimmung  mit  der 
dodonäischen  und  akarnanischen  Aphrodite  der  Göttin 
vom  Eryx  beigeordnet.  Die  pelasgische  Völkerschaft 
hatte  ihre  Vorstellungen  von  der  Aphrodite  mitge¬ 
bracht,  und  da  sie  auch  hier  auf  die  Beschäftigung 
mit  Akkerbau  und  Viehzucht  gewiesen  war,  so  ge¬ 
wann  die  Aphrodite  vom  Eryx  auf  ganz  natürliche 
Weise  dieselbe  Gestalt  wie  in  Epiros  und  Akarna- 
nien.  So  sehen  wir  denn  auf  dem  Gipfel  des  Berges 
Elymca  einen  Altar  der  Aphrodite-Aiaeias  errichtet, 


304 


m  Segesta  aber  ein  Heiligthum  des  Heros  Aeneas 
Wie  in  Epiros  Riod  und  Pferd,  so  ist  hier,  obgleich 
auf  dem  Eryx  das  Rind  nicht  fehlte,  gemeinhin  der 
Hund  das  Sinnbild  der  Gewässer,  und  die  Aphrodite 
stand  in  Sizilien  mit  dem  Hunde  wie  dort  mit  dem 
Rinde  in  gottesdienstlicher  Beziehung.  Dass  indess 
Aphrodite  auch  hier  eine  Rindergöttin  war,  zeigt 
schon  ihr  Liebling  Butas,  mit  welchem  Aphrodite  1 
den  Faustkärapfer  Eryx,  den  Räuber  der  heraklei- 
schen  Rinder  zeugt.  Als  eine  Rindergöttin  fasst  sie 
auch  Kalpurnius  und  an  den  Festen  der  Göttin, 
den  Katagogien,  erkennt  man  die  Gegenwart  der 
Aphrodite  an  dem  überall  verbreiteten  Butter  ge¬ 
rn  ch.  Auf  dem  Berge  Eryx  lag  das  alte  Elymische 
Heiligihum  der  Aphrodite  mit  einer  dädalischen  Mauer 
umgeben  die  troischen  Mythen  Hessen  ihn  aber 

von  drei  troischen  Jungfrauen  gegründet  werden 
Aeneas  aber,  welcher  auf  die  einheimische  Gestalt 
des  Eryx,  wie  Anchises  auf  die  des  Butas,  gepfropft 
ist,  sollte  mit  seinem  Vettern  El y  mos  undAigestos  | 
die  Städte  Äegesta  (Segesta)  undElyma  erbaut,  den  \ 
Eryx  kolonisirt  haben 

Bevor  wtl*  zur  troischen  Ausbildung  der  Aphro¬ 
dite  Aineias  übergehen,  müssen  wir  noch  die  östliche  i 
an  die  epirotische  grunzende,  die  thessalische  Rin¬ 
dergöttin  Aphrodite  erwähnen,  lieber  die  fruchtrei-  ; 
eben  Ebenen,  über  den  Ruhm  der  dortigen  Viehzucht  i 
braucht  nichts  weiter  gesagt  zu  werden;  ein  blosser 


287)  Auf  einer  Münze  Mionn.  1  Nr.  651.  ein  Frauen-  , 
köpf  mit  Thiirmkrone.  Aeneas  mit  Anchises. 

288)  Kalpurn.  Eid.  9,57.  vgl.  71,  90. 

289)  Diod.  4,  78.  vgl.  Polyb.  1,  55.  j 

290)  L  y  k  0  p  h  r.  958.  ^ 

291)  Dionys,  1,  52.  Cie.  Verr.  4,  33,  72.  ! 

I 

i 

! 


305 

Wink  7.iir  Erinneniiig'  daran  reicht  hin,  um  sich  vor- 
Kiistellen,  dass  Aphrodite  gerade  in  dieser  Form  dort 
erscheinen  musste.  Zwar  nur  art  einem  Orte-,  zu 
Pharsalos,  wird  uns  die  Aphrodite  Aineias  durch  ihren 
Sohn  verbürgt  aber  desto  öfter  kommen  Namen 
vor,  welche  auf  diesen  Begriff  anspielen.  Ein  Ainos 
lag  in  der  Nähe  des  Ossa,  wo  Aenianen  wohnten,  und 
Ainia  beim  thessalischeo  Dodona,  wo  ebenfalls  Äeoia--^ 
uen  wohnten.  Die  Haiiptsize  der  Aenianen  in  ge¬ 
schichtlicher  Zeit  waren  im  südlichen  Thessalien,  und 
ihre  Hauptstadt  war  Hypata  in  der  Ebene  des  8per^ 
:heios  Es .  ist  sehr  lokkend  den  Namen  der 

[Aenianen  mit  der  Aphrodite- Aineias  in  Verbindung 
bringen;  allein  wir  unterlassen  es,  um  uns  nicht 
laus  den  Gränzen  verbürgter  Wahrscheinlichkeit  zu 
[rerlieren,  und  wohl  erwägend,  dass  dem  Mythologen 
Inch  nur  zu  leicht  das  darbietet,  was  man  wünscht, 
loie  Gottheit  der  Aenianen  ist  Aphrodite,  und  ihre 
i  Mythen  sind  mit  denen  des  Herakles  verflochten, 

I  kvelche  Volkssagen  bei  ihnen  geworden  waren.  Der 
•Vame  Aineias  wird  uns  von  ihr  nirgends  genannt, 
aber  deutlich  kündigt  sie  sich  als  eine  Göttin  des 
Gebens  und  des  Todes  an,  deren  aus  der  dunkeln 
:  riefe  Leben  hervortreibende  Kraft  wie  in  den  Saaten 
i  ind  im  Loos  der  Seelen  nach  dem  Tode  angeschaiit 
kvird,  so  auch  in  der  Segnung  des  Viehes  mit  Frucht- 
aarkeit  wirksam  ist.  Sie  führt  den  Namen  Aphro- 
Ilite-Persephone,  und  ihr  weihte  Herakles  im 
Lande  der  Aenianen  ein  Heiligthum,  als  er  Geryons 
Heerde  göttlicher  Rinder  von  Erythia  hertrieb.  Die 
iGöttin  Pasiphae  hatte  sie  aber  durch  Liebeslust  ge- 


292)  Tzetz.  z.  Lykophr.  1263. 

293)  Otfr.  Müller.  Dor.  1,  44  n.  260.  vgl.  423. 

11.  20 


306 

l)Hndi«'t  dem  Namen  Pasiphae  ist  Aphrodite 

hier  bezeichnet,  und  darunter  verstehen  wir  eine  anS 
Licht  bringende  Göttin,  welche  den  Keim  der  Pflanze 
hervortreibt  und  Fruchtbarkeit  befördert.  Das  ist  zu¬ 
gleich  die  Göttin,  welche  mit  Zeugungslust  be¬ 
gabt  Liebesbrunst  der  Kinder  durch  Be¬ 

friedigung  stillt.  Es  ist  ganz  eine  Lebens-,  Licbes- 
tind  Todesgöttin,  wie  die  Kersa-Aphrodite.  Die  spal¬ 
tende  hellenische  Religionsanschauung  erkannte  m 
der  Aphrodite  nur  eine  Göttin  des  Lebens  und  der 
Liebe,  in  der  Persephone  nur  eine  Göttin  des  Todes; 
die  Vereinigung  beider  Namen  zu  einer  Aphrodite- 
Persephone  giebt  uns  den  vollständigen  ungethed- 
ten  Begriff  der  Aphrodite  wieder,  der  Lebens-  und 
Todesgottheit,  zu  weicher  zur  Vervollständigung  des 
Begriffes  noch  eine  Pasiphae,  eine  Reizenn  zur  Lust 
tritt.  Unter  diesem  Namen  kommt  sie  an  keinem  an¬ 
dern  Orte  vor,  und  v  es  gleichen  ^ 

nur  die  Ariadne- Aphrodite  Zu  Ämathus.  Sie 
waltet  hier  im  Viehstande,  und  bereichert,  indem  sie 
das  den  Göttern  Vorbehalten  gewesene  Eigenthum  zu 
menschlicher  Bereicherung  verwenden  lässt.  Aus  der¬ 
selben  Heerde  hat  auch  Eryx  einen  Stier,  welchen 
die  Brunst  von  Italien  nach  Sizilien  übers  Meer  ge- 

294)  Aristot.  Mirab.  auscult.  Kap.  145.  Bekman  S.  294  bis 
300  mit  den  Kdmmentaren  der  Gelehrten.  Der  Text  lautet  bei 
W’estcrm.  Paradoxograph.  S.  48. 

‘HQccxlii]?  n/uhno<j£  Kv&^qa  HfQffi'f  aaeffp 
TtiQvoviiu?  uyikag  tkäiDV  "Eqv&smv  aywv. 

T(t5  d’ida^aGGS  nö&M  üaCKf  asaca  &icc. 

TTjds  Jf  |UOi-  Tty.vM  rm  Eqv&ov  ts  dcifiag. 

’Nv^'foyivis  ’EqvS-»].  tb}  r6d’  Mo»ck  nidov 
MvafAhavvov  (f  tUctg,  qrjy^  vno  axKqn, 

295)  .loh.  V.  Lyd.  4,  44  S.  89.  znAttzra  d'i  (Apbro-i 

dite)  xed  nemfatj,  n  ndaw  inwpfusct  j^v  rjdoviiv. 


30/ 


trieben  hatte,  unter  seine  Heerde  gemischt  um 

edleres  und  göttliches  Blut  in  die  Adern  derselben 
7,11  bringen.  Er  weigert  sich  ihn  herauszugeben,  und 
Herakles  muss  ihn  dem  Eryx  mit  Gewalt  wieder  ab« 
gewinnen. 

Diese  bisherigen  Ergebnisse  über  die  Aphrodite 
und  der  ihr  hier  beigelegte  Name  fordern  uns  auf, 
einen  kurzen  Bericht  über  den  mythologischen  Ge- 
'  winn  einzuschalten,  welchen  Gerhard  auf  archäologi¬ 
schem  Wege  sich  aneignete.  Was  hier  nämlich  im 
jVorhergehenden  gesagt  ist,  erhält  noch  eine  Bestäti- 
Ignng  durch  die  durchgängig  in  hieratischer  x4lter- 
:  thümlichkeit  ausgeführte  Vorstellung  eines  weiblichen 
[Idols,  welches  hauptsächlich  aus  der  Gruppe  S.  II- 
[defonso  bekannt  war,  ausserdem  von  Gerhard  aber 
lin  mehr  als  zwanzig  plastischen  Vorstellungen  nach- 
gewiesen  ist.  Jenes  Idol  ist  durchgängig  bekleidet; 
es  pflegt,  mit  einem  Modios  bedekkt  und  durch  diesen 
als  eine  Erdgottheit  bezeichnet,  neben  jener  allge¬ 
meinen  Beziehung  aber  durch  zwei  ausdrukksvolle 
Gebärden  zugleich  Aphrodite  und  Persephone  zu¬ 
geeignet  zu  sein.  Die  eine  jener  Gebärden  ist  die 
anzmässige  Hebung  des  Gewandes  mit  der  linken 
Gand;  eine  Bewegung,  welche  besonders  aus  den 
lieratischen  Bildern  und  AulFassungen  der  römischen 
50  benannten  Spes  bekannt,  und,  wie  dieser  Appel- 
ativname  selbst,  der  Aphrodite  angehörig  ist.  Da¬ 
gegen  besteht  die  andere  jener  Gebärden  in  dem 
luheu  der  rechten  Hand  auf  der  Brust,  wie  wir  ein 
|5olches  als  symbolischen  Ausdrukk  eines  festen  Schlum- 
ners  auslegen  dürfen,  und  wird  überdies  durch  den 
ift  derselben  Hand  zugetheilten  Apfel  oder  Granat- 
jipfel  unterstüzt.  Diese  Figur  ist  noch  später  von 
296)  Apollodor  2,  6,  10. 

20# 


ii 


308 


Oerlisnl  in  (len  Bildern  der  drei  fachen  Hekate 
nachgfewiesen  worden.  Abgesehen  von  dicker  mit 
ihrer  Geltung  als  Ai)hi  odi(e-l*,erse|)hone  sehr  wohl  zu- 
sammenstimraenden  Anwendung,  ist  sie  auf  jenen  von 
Gerhard  früher  nachgewiesenen  Bildwerken  mit  als 
Attribut  anderer  Figuren  dargesteüt,  welclie  den  Sinn 
jenes  Idols  genugsam  erläutern,  neben  Schlaf  und 
Tod,  neben  dem  opfernden  Herakles,  neben 
Bakchos,  sterblichen  Eingew' ei hte  n  u.  s.  w. 
Die  Stelle,  welche  dies  Idol  im  alten  griechischen 
und  römischen  Gottesdienst  einnahm,  muss,  wie  schon 
aus  unsern  Darlegungen  des  Kultes  hervorgeht,  sehr 
bedeutend  gewesen  sein,  und  die  Untersuchung  bleibt 
oSTen,  welcher  Namen  ihr  in  derselben  entsprochen 
habe,  falls  sie  überhaupt  an  allen  Orten  durch  einen 
besondern  Namen  bezeichnet  gewesen  ist,  was  mir 
nicht  einmal  wahrscheinlich  dünkt.  Indess  hat  Ger¬ 
hard  den  Namen  Aphrodite -Persephone  als 
einen  mythologisch  beglaubigten  dafür  vorgeschlagen, 
ohne  selbst  behaupten  zu  wollen,  dass  dieser  aus 
einem  vereinzelten  Zeugniss  uns  gebliebene  Name 
die  durchgängige  Benennung  aller  jener  zahlreichen 
Idole  dargeboten  habe.  Er  hat  auch  zugleich  die 
Vermuthung  'wahrscheinlich  gemacht,  welche  hotfent- 
lich  durch  unsere  Untersuchungen  noch  bestätigt  wird, 
dass  jenes  häufige  Idol  in  den  meisten  Fällen  mit  der 
Idee  und  Benennung  einer  Bakchosgemalin,  einer 
Kora,  Ariadne  als  Göttin  Libera  und  etwa  auch  mit 
der  römischen  Libitiua  zusammengefallen  sei,  und  zn 
diesem  Behufe  die  mancherlei  Erscheinungen  verfolgt, 
welche  im  Teinpeldienst  und  in  Kunstdenkmälern  an 

297)  Archäol.  Intellig.  Blatt  z.  Allg.  Hall.  LZtg.  1836  August. 

298)  Venere  Proserpina illustrata  da  Odoardo  Gerhard. 
Poligrafia  Fiesolane  1826  u.  Kunstblatt  1826. 


N 


309 


tier  eplrotischeo  Dione  die  Einheit  einei’  Lebens- 
Liebes-  und  Todesgottheit  beglaubigen. 

Es  ist  eine  Eigeothümlichkeit  der  samothrakischen 
Gottheiten,  dass  sie  den  Menschen  Segen  bereiten, 
Segen  zu  Wasser  und  zu  Lande;  und  leicht  einzu- 
sehen  ist  es,  wie  nahe  Aphrodite- Aineias,  welche 
im  Viehstand  waltet  und  Schiffahrt  begünstigt,  einer 
samothrakischen  Gottheit  kommt.  Wir  wissen  zwar, 
j  dass  Aphrodite  auch  eine  saraothrakische  Gottheit 
!  war,  erfahren  aber  nicht,  ob  sie  dort  als  Aineias  wirk- 
I  lieh  verehrt  wurde;  indess  ist  es  für  ihre  Verehrung 
1  daselbst  von  Wichtigkeit,  dass  man  auch  den  Aeneas 
auf  seinen  Wanderungen  nach  Samothrake  gelangen^ 
und  ihn  dort  eine  religiöse  Zerimonie  einrichten  liess. 
Die  epirotische  Aphrodite  und  die  samothrakisehe 
!  sind  aber  nach  den  ersten  Säzen  der  pclasgischen 
Religionssysteme  so  verwandt,  dass  sie  nur  verschie¬ 
dene  Formen  desselben  Wesens  sind.  Indem  von 
der  samothrakischen  Aphrodite  wieder  die  troische 
abgeleitet  ist,  die  Bewohner  der  kleinasiatischen,  na¬ 
mentlich  der  nördlichen,  Küstenländer  aber  ähnliche 
Beschaffenheit  der  Natur  besassen ;  und  auf  ähnliche 
Beschäftigung  des  Akkerbaues  uhd  der  Viehzucht 
hingewiesen  waren,  wie  die  Epiroten  und  Akarna- 
nen,  so  musste  die  Aphrodite  hier  auch  im  Allgemei¬ 
nen  dieselbe  Gestalt,  wde  bei  jenen  Völkern  die  Ai¬ 
neias,  gewinnen.  Sie  ist  hier  Jedoch  nicht  unbedingt 
dieselbe  Gottheit  wie  in  Epiros;  vieles  ist  zu  ihr  her¬ 
angebildet  werden,  welches  der  epirotischen  Göttin 
ganz  fremd  ist;  sie  führt  auch  nicht  den  Namen  Ai¬ 
neias,  sondern  sie  hat  dafür  einen  Sohn  dieses  Na¬ 
mens,  in  welchem  die  ihr  in  dieser  Form  zu  Grunde 
liegenden  Ideen  in  ihrer  Verkörperung  erscheinen. 
Bass  an  beiden  Orten  unabhängig  sich  der  Name  Ai- 


310 


neias  gebildet  haben  sollte,  scheint  mii'  noch  einer 
näheren  Begründung  ku  bedürfen.  Bei  der  grössten 
Innern  Verwandtschaft  |)flegen  mythische  Gestalten, 
welche  auf  verschiedenem  Boden  erwachsen,  auch 
verschiedene  Benennungen  za  erhalten,  und  wo  die-, 
selbe  Benennung  wieder  vorkommt,  ist  auch  eine 
Uebertragung  derselben  nachweisbar.  So  scheint  es 
mir  denn  auch,  dass  der  Name  Aineias  nur  eine 
Heimat  habe,  und  hiebei  sich  für  eine  troische  zu  entr 
scheiden  fällt  nicht  schwer.  Nur  stehen  dieser  An¬ 
nahme  wieder  die  Namen  der  Oerter,  wenn  sie  alle 
wirklich  auf  diese  Aphrodite  bezogen  werden  müssen, 
entgegen.  Dass  die  Eigenschaft  der  Aphrodite,  wel¬ 
che  durch  Aineias  ausgedrükkt  ist,  in  Troas  auf  einen 
in  ihrem  Sinne  handelnden  Sohn  übertragen  und  in  ihm 
verkörpert  erscheint,  während  in  Epiros  diese  Wirk- 1 
samkeit  als  an  der  Aphrodite  selbst  haftend  betrachtet 
wurde,  scheint  mir  kein  Hinderniss  einer  üebertra- 
gung  des  Namens  zu  sein.  In  dem  Worte  Aineias 
konnten  die  Epiroten  die  richtige  Bezeichnung  auch 
ihrer  Göttin  erkennen,  und  derselben  den  Namen  ge¬ 
hen.  Indess  wollen  wir  die  selbstständige  Entste¬ 
hung  desselben  Namens  zur  Bezeichnung  desselben 
Begriffes  an  verschiedenen  Orten  nicht  unbedingt  ab¬ 
weisen. 

Samothrake  soll  in  ältesten  Zeiten  Dardania 
geheissen  haben,  und  Dardanos  ein  Sohn  der  Elek¬ 
tra  und  später  als  Kabir  betrachtet,  der  Beherrscher 
des  Landes  und  ilepräsentant  des  Volksstamraes  ge¬ 
wesen  sein.  Er  zieht,  entweder  durch  eine  lieber- ; 
schwemmung,  oder  durch  den  Zorn  der  Götter  ge- 
nöthigt  von  hier  nach  Troas.  und  gründet  das  dortige  | 
Reich  der  Dardaner,  deren  Palladion  sowohl,  wie 
299}  Paus.  7,  4,  3.  Diod.  5,  48.  Lykophr.  13. 


311 


i  aeren  Göttin  Pallas  ebenfalls  aus  Samothrake  stamm- 
i<en.  Das  Gebiet  von  Troas  gehört  zu  denjenigen 
l.ändern  Kleinasiens,  welche  am  frühesten  hellenisirt 
1  wurden.  Man  muss  dies  aber  nicht  so  verstehen,  als 
j  wenn  hier  früher  Völker  ganz  fremden  Stammes  ge¬ 
wohnt  hätten;  sondern  diese  waren  den  Hellenen 
I  ebenso  verwandt,  und  standen  in  demselben  Verhält- 
t-'iiisse  zu  ihnen,  wie  die  Felasger.  Gewiss  ist  der. 
‘  Vergleich  Klausens  sehr  passend,  dass  man  sich  die 
Hellenisirung  Kleinasieiis  so  vorzustellen  habe,  wie 
[  etwa  die  Germanisirung  Schleswigs.  Zunächst  soll- 
Troas  von  Lesbos  aus  kolonisirt  sein  ®““).  Durch 
diese  Kolonisirung  ging’en  aber  die  lieligionsbcgriffe 
der  alten  Teukrer  keinesweges  unter,  aber  sie  wur¬ 
den  in  hellenischer  Weise  aufgefasst  und  fortgebil- 
liet.  Statt  der  alten  Göttin  vom  Ida,  welche  vermatli- 
lieh  dem  samothrakischen  Axieros  entsprach,  wurden 
tlhea  und  Aphrodite,  welche  auf  Samotlirake  ge- 
1  herrscht  hatten,  mit  griechischen  Namen  auch  in  Troas 
i  angeführt;  ebenso  Athene,  Apollon  und  Poseidon. 
Unter  diesen  griechischen  troischen  Gottheiten  wurde 
meiner  bedeutender  als  Apollon,  keine  berühmter  als 
!\phrodite.  Die  frühem  Gottheiten  sind  mit  Ausnahme 
ler  Idäischen  Mutter,  welche  durch  die  Vermengung 
iuit  der  aus  Phrygien  und  durch  das  Eindringen  der 
i?hryger  in  Troas  herübergekomraenen  Agdistis  einen 
lioch  festem  Bestand  erhielt,  darüber  verdunkelt, 
j  In  dem  Kreise  der  Aphrodite  von  Troas  ziehen 
orzugs weise  zwei  Namen  unsere  Aufmerksamkeit 
Ulf  sich.  Es  sind  dies  die  beiden  Heroen  Ä  nchises 
ind  Aeneas,  von  denen  der  eine  ihr  Geliebter,  der 
tulere  ihr  Sohn  heisst.  Der,  Name  des  Ancliises, 

I  300)  Herodot  5,  122,  Strabon  13,  582.  599.600.Thu- 


312 


erklärt  sich  einfach  daraus,  dass  er  ihr  Geliebter  und 
Gunsterapfän^er ,  der  Aphrodite  nahe  g^ekoinmen 
ist  Die  Analogie  zum  Jason  und  die  Abstam¬ 

mung  vom  samothrakischen  üardanos  lassen  nicht 
wohl  bezweifeln,  dass  Anchises  ein  vermittelnder 
Dämon  im  Dienste  der  hellespontischen  Göttin  war, 
welche  einerseits  der  dindymenischeu  Mutter,  ande¬ 
rerseits  der  Aphrodite  entsprach.  Wie  die  Vorstel¬ 
lung  einer  Liebesverbindung  zwischen  Aphrodite  und 
einem  Sterblichen  entstanden  sei,  ist  nicht  nachzu¬ 
weisen,  doch  muss  ein  solches  von  der  Göttin  vom 
Ida  ursprünglich  überliefert  sein.  Diese  war  in  die 
Aphrodite  aufgegangen,  welche  nun  ihren  Hauptsiz 
auf  dem  Ida  angewiesen  erhielt,  und  aus  diesem 
Grunde  wollen  wir  sie  die  Idäische  Aphrodite 
nennen.  Oer  Name  einer  Aphrodite  -  Aineias, 
oder,  wie  Klausen  sie  nennt,  der  äneadischen  Aphro¬ 
dite,  scheint  uns  nicht  alles  zu  sagen,  denn  sie  um¬ 
fasst  die  Aphrodite-Aineias  und  die  Vorstellun¬ 
gen  der  Idäischen  Mutter,  wenigstens  einen 
Theil  derselben.  —  Aus  jener  Liebesverbindung  der 
Aphrodite  mit  Anchises  geht  Aeneas  hervor,  welcher 
in  Troas  nicht  bios  als  Heros,  sondern  laut  einer  In¬ 
schrift  auch  als  Gott  verehrt  wurde.  Dieser  Aeneas 
ist  der  Geist,  welcher  die  Götter  zu  gewinnen  weiss, 
in  dem  Grade  gottgeÜebt  erscheint,  dass  die  Götter 
sich  seiner  annehmen,  Apollon  ihm  Stärke  giebt 
und  ihn  zum  Kampf  anspornt,  Foseidou  ihn  vor  Achik 


301)  Efcymol.  M.  ’Ay/loijg  nuQu  lo  uyyt,,  ro  iyyvs  ytvic&M 

A(fQo(Str>jg.  Aeschyl.  Arm.  Jud.  frg.  162.  "Aanixltiag  aaaov 
Jlövffog.  Ebenso  Plut.  Fort.  Rom.  9.  ^toli  igäc/iiot 

ntjlng  xui  Ayxißcu.  Ae  sch.  Hikct.  300.  u.  die  übrigeo  Steilen 
bei  Klausen. 

302)  Ilias  17,  323.  20,  79. 


313 


les  rettet,  damit  Zeus  nicht  zürne,  wenn  Achilles  ilin 
umbringen  sollte,  da  ihm  einmal  die  Erhaltung  be- 
scbieden  ist,  damit  Dardanos  Geschlecht  nicht  aus- 
I  sterbe,  sondern  Aeneas  und  seine  NacUIiommen  über 
I  die  Troer  herrsche  Anderseits  ist  Aeneas  aber 

auch  allen  Menschen,  welchen  er  sich  naht,  durch 
die  Gunst  Aphrodites  willkommen  und  erwünscht 
so  dass  ihm  das  Geschäft  eines  zwischen  Gottheit 
und  Menschheit  vermittelnden  Dämons  obliegt,  und 
ihm  eine  Eigenschaft  anhaftet,  welche  eigentlich  seiner 
Mutter  eigen,  er  von  dieser  empfangen  hat  und  in 
I  ihrem  Namen  ausübt.  Dieser  wurde  aber  von  einent 
{  Sterblichen  gezeugt,  damit  dadurch  der  Grund  ge-, 
I  geben  war,  weshalb  die  Göttin  den  Sterblichen  so 
;  gefällig  sei. 

Die  Beschäftigung  aller  A^ölkerschaften  Trojas 
fl  und  der  benachbarten  Gegenden,  über  welche  diese 
I  Aphrodite  mit  ihrem  Sohne  sich  ausbreitete,  ist  Vieh- 
I  Zucht,  und  ihr  Sinn  vorzugsweise  hierauf  gerichtet. 
In  ihren  Heerden  mussten  sie  daher  auch  vorzugs¬ 
weise  das  Walten  ihrer  Göttin  erkennen.  Deshalb 
!  kommt  Aphrodite  schon  zum  Anchises  bei  den  Rin¬ 
dern,  und  sein  Grab  zeigte  man  am  Ida,  wo  Rin¬ 
derhirten  und  Schaafhirten  es  jährlich  bekränzten 
Die  tfoische  Viehzucht  spiegelt  sich  auch  mythisch 
wieder  in  den  Heerden  des  Laomedou;  in  mehreren 
troischen  Städten  dienen  Rinder  auf  Münzen  zum 
Zeichen.  Auch  die  Bebryker  treiben  Rinderzucht. 
Aeneas  opfert  seiner  Mutter  eine  Kuh,  weiche  sie 


303)  Ilias  20,  291  ff. 

304)  Ko  non  46,  Aineas  nuat  als 

t^s  ’Aff  Qodutjg, 

305)  Eustath.  z.  11.  12  S.  894. 


ihm  selbst  gegeben  und  er  erfährt  durch  sie  die, 
BesebaflFenheit  und  Behandlungsart  des  Bodens  ^®’). 

Im  Stier  aber,  insofern  er  als  Opfer  dient,  erkennt 
der  Grieche  die  Kraft  des  Dionysos,  weleher  deshalb 
selbst  Stiergestalt  hat.  Diese  dionysische  Kraft  er¬ 
kennen  wir  aber  überall  in  der  Aphrodite,  wo  sie  in 
Bezug  auf  den  Boden  erscheint,  die  Pflanzen  hervor-  ! 
lokkt,  und  den  Heerden  Fruchtbarkeit  und  Gedeihen 
giebt;  wir  haben  sie  in  der  Freude  der  Festfeier 
wahrgenomtnen ,  wo  der  Mensch  der  Gottheit  nahe  i 
geführt  wird.  Aphrodite  vermittelt  hier,  hebt  die 
Gränzen  zwischen  Gottheit  und  Menschheit  auf,  und 
übt  eine  hekatäische  Gewalt,  wie  sie  selbst  eine  He¬ 
kate  ist  Dieser  hekatäisch  vermittelnden  Göttin 

werden  also  auch  die  Stieropfer  gefallen  sein,  welche, 
jnan  ihr  zu  Amathus  auf  Kypros,  wo  auch  die  zerin- 
thische  Aphrodite  Verehrung  genoss,  und  aufLemnos  I 
brachte.  Wahrscheinlich  fanden  aber  auch  Stieropfer 
an  allen  solchen  Orten  statt,  wo  Aphrodite  eine  Kecr- 
dengöttin  war,  und  dadurch  Reichthum  und  Segen 
spendete.  Erwähnung  verdient  noch  das  Verhältniss, 
in  welchem  der  Fluss  des  Landes,  Skamandros,  zum 
Kult  der  Aphrodite  steht.  Während  auf  Kypros  die 
Jungfraun  ihre  Jungfraunschaft  der  Göttin  im  lempel 
weihten,  übergaben  sie  dieselbe  in  Troas  duren  ein 
Bad  dem  Skamandros  s  offenbar  in  der  sittlicheren 

Beziehung,  welche  der  troische  Kult  durch  grösseren 
Einfluss  des  Fhrygischen  vor  dem  Kyprischen  vor-'' 
aus  hat. 

ln  andern  Landschaften  gesellte  sich  die  Pferd  e- 

306)  Ko  non  46. 

307)  Ovid.  Matam.  14.  117.  didicit  quo  jura  locorum. 

308)  S.  S.  252. 

308a)  Abscha.  3,  Anm.  30  u,  41. 


315 


Äncht  zu  diesen  Vorstellungen  statt  der  Rinder;  sa^ 
in  Arisbe  und  Abydos.  Daneben  entwikkelte  sich 
viel  Poseidons  Dienst,  namentlich  an  den  Küsten,  in 
der  Art  wie  wir  die  Vereinigung  des  Dienstes  des 
Poseidon  mit  dem  der  Aphrodite  in  Epiros  und  Äkar-* 

I  nanien  ®  ®®)  wahrgenommen  und  aus  der  Beziehung 
!  der  Aphrodite  zum  Wasser  nachgewiesen  haben 
In  den  troischen  und  benachbarten  Gegenden  wird 
j  Aphrodite  namentlich  sehr  viel  mit  Poseidonischen 
Vorstellungen  verbunden,  welche,  wie  Klausen  ver- 
muthet,  ganz  von  Antandros  ausgegangen  sind,  und 
an  einigen  Orten  die  ersten  und  ursprünglichen  Ver¬ 
bindungen  der  Aphrodite  mit  dem  Boden  und  der 
Viehzucht  sogar  überwogen.  Der  troischen  Aphro¬ 
dite  wurden  wahrscheinlich  auch  Schweine,  die  Sym¬ 
bole  der  Akkerfrucht,  zum  Opfer  gebracht.  Diese 
Sitte  haben  wir  in  Argos,  auch  Kypros,  in  Pamphy- 
lien  und  Thessalien  angetrolTen  *'  '),  und  mussten  sie 
‘der  Aphrodite-Kastnia  zueignen.  Wenn  nun 
die  Mutter  des  Aeneas  geradezu  Kastnia  heisst, 
so  folgt  daraus  ja  schon  von  selbst  eine  Aphrodite- 
Kastnia  für  Iroas.  Gebräuchlich  muss  dieser  Name 
auch  sonst  hier  noch  gewesen  sein,  wie  die  Heroine 
iKastiaueira  bekundet,  von  welcher  Priamos  den  Sohn 
Gorgythion  hatte  Entweder  von  Thessalien  ist 

der  Name  Kastnia  nach  Troas  hinübergekommen,  oder 
durch  den  wechselseitigen  troischen  und  kyprischen 
Einfluss.  Auf  troischen  Gebrauch  des  Sauopfers  weist 
cs  zurük,  wenn  in  Lavinium  die  weisse  Sau,  welche 


309)  S.  Anm.  281.  ff. 

310)  S.  Anm.  245  ff. 

311)  S.  Abschn.  3,  Anm.  69  ff. 

312)  Lykophron.  V.  1234. 

313)  II.  8,  302.  Apollodor.  3,  12,  5. 


316 


mit  ihren  dreissig  Ferkeln  den  Penaten  geheiligt  war^ 
von  Aeneas  aus  Troja  mitgebracht  und  dort  geopfert 
worden  war. 

Aus  den  Poseidonischen  Beziehungen  der  Aphro¬ 
dite,  aus  ihrer  Beförderung  der  Seefehrt,  ist  dem 
Aeneas  das  Geschäft  des  Ansiedelns  und  Städtegrün¬ 
dens  zu  Theil  geworden.  Dies  gab  die  Veranlas¬ 
sung,  dass  die  Mythe  den  Aeneas  fast  durch  alle 
Länder  und  Meere  Griechenlands  reisen  und  Städte 
gründen  lässt,  welche  entweder  seinen  oder  seiner 
Mutter  Namen  tragen.  Es  braucht  wol  aber  kaum 
bemerkt  zu  w'erden,  dass  die  Sage  ihn  dahin  ziehen 
lässt,  wo  bereits  der  Dienst  seiner  Mutter  in  der 
Form  einer  segensreichen,  gnädig  vermittelnden  Gott¬ 
heit  bestand.  Wo  diese  Vorstellungen  sich  am  un¬ 
gestörtesten  entwikkelten,  bemerkt  Klausen,  traten 
Geschlechter  auf,  welche  behaupteten,  ihnen  selbst  sei 
diese  gottgefällige  Natur  angestammt.  Das  berühm¬ 
teste  dieser  Aeneadengeschlechter  ist  das  von  Skep¬ 
sis  am  Ida^  ein  anderes  scheint  im  kydonischen  Land¬ 
strich  von  Kreta  geblüht  zu  haben,  ein  drittes  und 
viertes  können  wir  vielleicht  als  einen  Zweig  der 
Anchisiaden  in  Sikyon  und  der  Jamiden  im  nordöst¬ 
lichen  Arkadien  um  Stymphalos  annehmen.  Wie  diese 
von  einander  vernahmen,  bildete  sich  von  selbst  die 
Bleinung  einer  gemeinschaftlichen  Abstammung.  Nichts 
fesselte  aber  den  Heroen  mehr  an  einen  Ort  als  sein 
Grab,  und  daher  behaupteten  unzählige  Orte,  Aeneas 
sei  bei  ihnen  begraben  Hiebei  möchte  man  aber 

nur  die  Gewissheit  haben,  dass  der  Name  der  Aphro¬ 
dite  als  Aineias  an  allen  jenen  Orten,  wo  sie  im 
Böden  oder  in  den  Heerden  waltete,  oder  die  Schiff¬ 
fahrt  gelingen  Hess,  in  der  That  auch,  ursprünglich 

314)  Dionys,  v,  Halik.  1,  54. 


31t 


lind  elgenthüralicli  unter  dem  Namen  Äineias  ver« 
«hrt,  nod  dieser  nicht  vielleicht  erst  später  auf  man¬ 
che  Oerter  übertragen  sei.  Ebenso  ist  es  natürlich, 
mit  dem  Heros. 

Ueberall  wo  wir  den  Aeneas  finden,  dort  müssen 
wir  also  eine  Aphrodite  voraussezen,  welche  wie  die 
Aphrodite  Aineias  wirkt,  d.  h.  eine  hekatäisch  wir>ä> 
kende  Göttin,  welche  den  Keim  aus  dem  Boden  treibt^ 
durch  welche  die  Heerden  gedeihen  und  Schiffahrt 
gelingt.  In  Thrakien  nicht  weit  von  der  Mündung 
des  Hebros,  und  in  der  Nähe  von  Troas  und  Samo- 
thrake,  liegt  der  Ort  Ainos.  Einflüsse  von  Samothrake 
iher  auf  Thrakien  haben  wir  schon  bei  der  zerinthi- 
!  sehen  Aphrodite  kennen  gelernt,  eine  alte  Verbindung 
zwischen  Ainos  und  Troas  wird  uns  durch  die  be¬ 
kannte  Sage  gesichert,  dass  Friamos  seinen  Sohn 
|Polydor  zum  dortigen  Könige  Polymestor  gab,  wel¬ 
cher  des  Priamos  Tochter  lliona  zur  Gemahn  hatte 
und  denPolydoros  umbrachte,  um  sich  dessen  Schäze 
zu  bemächtigen.  Nun  bringt  die  Mythe  auch  diese 
Stadt  mit  Aeneas  in  Verbindung,  und  lässt  diesen  den 
Schatten  des  Polydoros  durch  Todtenopfer  versöh¬ 
nen  Weiter  gegen  Westen  finden  wir  auf  der 

chalkidischen  Halbinsel  Makedoniens  die  Stadt  Aineia 
und  einen  Kult  der  Aphrodite;  Aeneas  sollte  der 
Stifter  sein  und  auch  auf  dem  Vorgebirge  selbst 
den  dortigen  Tempel  seiner  Mutter  gegründet  haben. 
Ausserdem  wurde  ihm  ebenfalls  in  Aineia  Heroen¬ 
ehre  bewiesen,  und  jährlich  ihm  ein  ansehnliches  Fest 


315)  Virg.  Aen.  3,  62  ff.  mitServius.  Amm.MarcelL 
27,  3.  Pompon.  Mela  2,  2.  Eximia  est  Aeuos,  ab  Aenea  pro* 
fugo  condita. 

316)  Dionys,  v.  Halik,  1,  49. 


MÖ 

hiit  einem  grossen  Sthmause  gehalten  ®*^).  An  der 
ganzen  Küste,  wie  auch  im  Innern  des  Landes  in 
Pydna  nnd  am  makedonischen  Olymp  findet  man  Sa¬ 
gen  von  Aeneas  und  Anchises  in  Menge  ,  welche 
Klausen  auf  uralte  Verbindungen  zwischen  Troas  und 
Makedonien  gründet,  nnd  die  Thessalischen  Sa¬ 
gen  von  Aeneas  von  hier  ableitet.  Dann  kommt 
Aeneas  südlich  nach  Delos  wo  alter  und  be¬ 

rühmter  Aphroditekult  blühte,  und  durch  die  Gast¬ 
freundschaft  des  alten  Sehers  und  Königs  der  Insel, 
Namens  Anios,  mit  Anchises  das  Band  eng  geschlun¬ 
gen  werden  konnte.  Anios  heisst  selbst  ein  Ver¬ 
wandter  des  Anchises.  Der  südlichste  Punkt,  an  wel¬ 
chem  wir  den  Aeneas  finden,  ist  Kreta  Dann 

kommt  er  nach  Kythera,  muss  hier  das  Heiligthum 
der  Aphrodite  gründen  wendet  sich  dann  nörd¬ 
lich,  wo  Etis  und  Aphrodisias  an  der  lakonischen 
Küste  von  ihm  stammen  ***).  ln  dieser  Gegend  sind 
inuthmasslich  die  poseidonischen  Beziehungen  über¬ 
wiegend,  aber  im  Innern  des  Peloponneses,  im  nord¬ 
östlichen  Arkadien  kann  man  mit  Sicherheit  die  ganze 
Wirksamkeit  der  Aphrodite  auf  Boden  und  Gedeihen 
der  lleerden  voraussezen.  Dort  findet  man  einen 
reichen  Sagenvorrath  über  Anchises  und  Aeneas.  Bei 
Orchomenos  war  ein  Berg  Anchisia  mit  einem  Grabe 
des  Anchises  au  dessen  Fuss,  ein  altes  Heiligthum 
der  Aphrodite  stand  daneben  Die  Veredlung 

317)  Liyiu  s  40,  4. 

3!8)  Strabon.  13,  608.  Schol.  z.  II.  459.  ' 

319)  Dionys,  v.  Halik.  1,  50.  vgl,  Palaiphatos  bei 

■Serv.  z.  Aen,  3,  80. 

320)  Serviiis  z.  Virg.  Aen.  3,  133. 

321)  Dionys.  1,  50. 

322)  Pausa  n.  3,  22,  9.  8,  12,  5. 

323}  Pa  US  an.  8,  12,  8. 


'^er  Rosszüchf,  in  welcher  man  die  Kraft  und  daö 
Gedeihen  des  Landes  erkennt,  wird  zu  Mantinea,  Phe- 
neos  und  Sikyon  unter  Änschises  Schuz  gestellt.  In 
Pheneos  ist  Anchises  selbst  in  Sikyon  wohnt 

sein  Sohn  Echepolos  und  die  Sikyonischeo  Mün¬ 
zen  geben  den  Aeneas  mit  einer  Taube.  In  Orcho« 
menos  soll  Aeneas  gewohnt  **®),  das  benachbarte 
Kaphyai  gegründet  und  nach  seinem  Grossvater  Kapys 
benannt  haben  In  Argos,  w'O  man  das  Palla¬ 
dium  zu  besizen  glaubte  stand  das  Bild  des 

Aeneas  aus  Erz  auf  dem  Plaze  Delta,  dieser  war  von 
Denkmälern  umgeben,  welche  sich  auf  Aphrodite  be¬ 
zogen:  nahe  dabei  das  Gebäude,  in  welchem  die 
Frauen  den  Adonis  bew^einten,  dann  die  Gerichtsstätte 
der  Hypermnestra,  Aphrodites  eigner  Tempel  und  ein 
Heiligthum  der  Arterais-Feitho,  welches  Hypermne¬ 
stra  nach  ihrer  Freilassung  ^veiht;  dies  dem  Bilde 
des  Aeneas  zunächst  Hier  im  Peloponnes,  und 

zwar  im  Arkadischen  Nasos,'  glaubt  Klausen  eine 
vierte  ursprüngliche  Wiege  des  Aeneas  annehmen  zu 
müssen,  wde  in  Troas,  auf  der  Makedonischen  Küste 
und  auf  Kreta  die  andern. 

Das  Dardanische  Königthum  der  Troer  haftet 
allein  in  der  Sage  der  Ilias  am  Familienzweige  des 
Priamos,  in  der  Wirklichkeit  aber  gebührte  dem  An- 
,  chises  der  Thron.  Mit  ihm  zeugt  Aphrodite  ihren 
geliebten  Sohn  Aeneas  und  will  ihm  dasKönig- 

324)  V'irgil  Aen.  8,  162. 

325)  Ilias  23,  295. 

326)  Dionys.  1,  49.  Pausan.  8,  13,  1. 

327)  Strabon  13,  608.  Dionys,  a,  a.  O. 

328)  Pausan.  2,  23,  5. 

329)  Pausan.  2,  20,  6  ff.  2,  21,  1  ff. 

330)  II.  5,  378.  (f/ilop  vlop  ÄlpBiap,  os  i^ot  naptmp  mü  fll- 
Taros  ian.  Vgl. Quint,  v.  Smyrna  13,  326.  Try phiodor  651, 


320 

llium  wieder  ziiwCBden.  Es  war  überall  in  Griecben- 
laod  die  Sitte  die  königliche  Herrschaft  einer  gött¬ 
lichen  Gunst  zuzuschreiben  und  den  Inhabern  einen 
göttlichen  Ursprung  zuzusclireiben.  Bei  den  klein- 
iiatischen  Völkern,  den  Lydern,  Mysern,  Phrygern 
tind  Dardanern^  war  es  eine  durchgängige  Ansicht 
idas  Fürstenthum  ihrer  königlichen  Geschlechter  von 
einer  aphrodisischen  Bevorzugung  ihrer  Ahnherrn  her¬ 
zuleiten.  Aphrodite  ist  diejenige  Göttin,  welche  aut 
hekatäische  Weise  die  Götterwelt  zu  der  menschlichen 
herabzieht,  und  die  ewigen  Gränzen  zwischen  beiden 
aufhebt;  sie  ist  es,  welche  den  Zeus  zu  Jo,  Danae, 
Alkmeoe,  Semele,  Europa  herabkommen  heisst,  und 
ihre  Freude  daran  hat  die  Götter  an  den  Menschen 
Wohlgefallen  finden  zu  lassen.  Diese  Vorstellungen 
von  der  Troischen  aus  Samothrake  stammenden  Aphro¬ 
dite,  wurden  durch  die  Vermischung  mit  derldäischen 
Mutter  erweitert,  welches  durch  die  Bebryker  ver¬ 
mittelt  wurde.  In  Folge  des  steigenden  Buhmes  der 
von  uns  so  benannten  Idäischen  Aphrodite  kam  noch 
mehr  üebereinstimmung  in  die  schon  an  und  für  sich 
eng  verwandten  Kulte  der  gesamten  phrygisch-lydi- 
schen  Völker;  die  Sagen  von  Aeneas  werden  sogar 
bis  nach  Phrygien  hinein  verbreitet,  und  Aeneas  auf 
die  Pessinuntische  Göttin  bezogen  Der  Gold- 

först  Blidas  ist  der  Sohn  der  Muttergöttin  mit  dem 
Pflüger  Gordios  wie  die  vom  Sangarios  kom¬ 

mende  goldgeschmükkte  Aphrodite  sich  das  Lager 
eines  Sterblichen  gefallen  lässt,  und  mit  dem  Hirten- 
fürsten  Anchises  den  Aeneas  zeugt,  damit  ein  Königs- 
gcschlecht  geboren  werde.  Die  Sagen  über  die  haupt¬ 
sächlichsten  Heroen  und  Gründer  der  Fürstenge- 


33J)  0  vid.  Fasti  4,  252.  H  ero  dian  1,  11. 

332)  Hygin.  Fab,  191, 


321 


schlechter  bei  diesen  Völkerschaften  findet  man  alle 
nach  grosser  Uebereinstioituong  und  in  demselben 
Geiste  gebildet.  Oordias  und  Gyges  erhalten  von  ihr 
das  Königthum  selbst,  Reichthiini  an  Gold  Gyges, 
Kroesos,  Ridas,  Reichthum  an  Rossen  Erichthonios, 
Anchises,  Askanios.  Ihre  Cieschlechter  sind  von  der 
Aphrodite  bevorzugt;  sie  haben  das  Königtbumj  we!- 
1  dies  hauptsächlich  ein  priesterliches  ist;  sie  übenden 
•  Gottesdienst  und  geniessen  die  Göttergiinst  Wie  in 
Troas  beim  Anchises  sind  auch  beim  phrygischeii  Gor- 
dias  Götterliebe  und  Weissagung  verbunden.  In  Ly¬ 
dien  vereinigt  Gyges  die  beiden  phrygischen  Perso¬ 
nen  Gordias  und  Midas:  dieser  ist  Gordias  Sohn  und 
sein  Reichthura  eine  Folge  der  Göttergiinst,  sein  Göt¬ 
terdienst  macht  ihn  mächtig  Eine  göttliche  Jung¬ 

frau  von  grosser  Schönheit,  aus  einem  Sehergeschlecht^ 
lehrt  dem  Gordias  die  Gebräuche  des  Opfers,  ver- 
heisst  ihm  das  Königthumj  und  trägt  sich  ihm  selbst 
■zur  Ehe  an  Das  Kind  jener  Ehe  ist  eben  Mi¬ 

das.  Die  grosse  Aehnlichkeit  dieser  Fabel  mit  der 
von  Anchises  und  Aphrodite,  wie  wir  sie  im  homeri¬ 
schen  Hyninos  haben,  springt  auffällig  in  die  Augen. 
Ebenso  ist  es  auch  in  der  lydischen  Sage  vom  Gvges 
eine  schöne  Frau,  die  reizende  Geraalin  des  Kandau- 
les,  welche  ihm  Ehe  und  Herrschaft  bringt  ***}.  Gy¬ 
ges  ist  ein  Dämon  ganz  aphrodisischer  Natur  und  ein 
Träger  des  lydischen  Goldreichthums  seine 

333)  Arnob.  2,  73.  Post  Gordium  filius  Midas  regnavit, 
qui  ab  Orpheo  sacrorum  solemnibus  initiatus,  Phrygiam  religio- 

^  nibus  implevit,  quibus  tutior  omni  vita  quam  armis  fuit. 

334)  lustin  H,  7.  Arrian  Feldz,  Alex.  2,  3.  vgl  Gurt.  3,  1. 

335)  Herodot.  1,  11. 

336)  Archilochos  ov,uot>  räFvyia  tm  nolv/Qvffov  uiltt,  bei 
Arist.  Rhet.  3,  17,  30*  Schneidewin  Delect.  epigr.  gr.  S.  178. 
Vgl.  das  Epigramm  des  Leonidas  w  Tarent  in  Jakobs  Ausw. 

21 


322 


Stadt  Sardes  ist  die  goldreiche  **’).  An  den  Festen 
der  Aphrodite  entfaltete  sich  der  ganze  Reichthutu 
und  Glanz  des  Volkes,  und  an  einem  solchen  Feste  | 
wurde  nun  Krösos  geboren,  dessen  Reichthum  spriieh-  i 
wörtlich  geworden  In  seiner  aphrodisischen 

Natur  bezieht  sich  Gyges  auf  einen  See,  den  gygäi- 
schen,  welchen  schon  Homer  kennt.  Er  ist  ein  Sohn 
des  Daskylos,  und  dieser  Name  folgt  der  lydischen 
Nazion  überall  hin.  Daskylos  ist  Ges-taltei  des  Gol¬ 
des,  während  die  Daktylen  Arbeiter  in  Eisen  sind; 
dies  am  Ida,  jenes  am  Tmoios.  Der  daskylisebe  See 
hängt  wieder  mit  den  Daktylen  zusammen,  und  seine 
Umgegend  wurde  von  Aeneas  Sohn  Askanios,  bei  j 
welchem  inan  ähnliche  Begriffe  findet,  beherrscht. 
Er  ist  ein  phrygischer  Wasserdämon,  kam  mit  den 
phrygischen  Kultusbcgriffen  ebenfalls  nach  l’roja  und 
wurde  dort  als  ein  Sohn  des  Aeneas  eingekindet. 
Aber  erst  nach  Homer,  denn  bei  ihm  geschieht  seiner 
keine  Erwähnung.  Als  einen  Sohn  des  Aeneas  und  | 
aphrodisischen  Dämon  stellt  die  Sage  auch  ihn  als 
Liebling  der  Aphrodite  dar:  Veneris  nepos,  Veneris 
justissima  cura,  wie  Virgil  ihn  bezeichnet.  Wie  alle 
lydisch-phrygisch-troischen  Vorstellungen,  so  wurde 
auch  sein  Name  nach  Kypros  übertragen,  und  Aphro¬ 
dite  verbirgt  ihn  dort  im  Idalischen  Hain 

Wir  wissen,  dass  in  den  frühsten  Zeiten  bereits 
Lyder  und  Fhryger  nach  Kypros  gekommen  waren,! 
späterhin  Gergithier  aus  Tross,  dass  durch  alle  Zeiten 
hindurch  das  Band  zwischen  Kypros  und  den  kleiii- 

Gr.  Anth.  8,  10.  Gyges  der  Mermnade  und  Zeitgenoss  des  .4r-  i 
chiioebos  ist  aber  eine  historische  Person 

337)  Aeschyl.  Pers.  45.  , 

338)  Ptolem.  Heph.  3,  S.  148. 

339)  Virgil  Aen.  I,  681.  693.  10,  51. 


323 


asiatischen  Kiistenländecn  ein  sehr  en^es  wac.  Auf 
diese  Weise  kamen  früh  eine  Meno'e  religiöser  ¥or* 
;  Stellungen  aus  Phrygien  und  Lydien,  so  wie  die  ganze 
I  priesterlich  königliche  Herrschaft  von  dort  nach  Ky- 
pros.  Kinyras  ist  durchaus  ein  solcher  Herrscher 
wie  alle  die  phrygisch-lydischen  Dämonen,  fir  ist 
ein  Heros  durch  und  durch  aphrodisischer  Natur  und 
seine  Herrschaft  gründet  sich  auf  eine  Bevorzüguog 

ider  Aphrodite.  So  spärlich  wie  die  Nachrichten  (iher 
die  kyprischen  Sagen  auch  sind,  so  reichen  sie  doch 
gerade  hin,  um  durch  angedeulete  Vergleichungen 

(sich  die  Grnnd/.üge  klar  zu  machen.  Wenn  man  den 
Abschnitt  von  Kinyras  und  was  sonst  an  Verschiede^ 

I  nen  Orten  über  die  enge  Verbindung  von  Kypros  mit 
j  Kleinasien  gesagt  ist,  sich  ins  LYniächtniss  ruft,  so 
i  wird  auch  die  Behauptung  von  den  phrygisch-lydisch- 
i  troischen  Religionsbegriffen  auf  Kypros  noch  desto 
I  ansprechender  erscheinen.  Kinyras  ist  der  Aphrodite 
I  wohlgefällig,  und  ihn  lieben  die  Lotter  durch  Ver- 
t  mittelung  der  Aphrodite;  denn  auch  hier  ist  sie  eine 
hekatäische  Vermittlerin  wie  die  samothrakische  und 
troische  Göttin.  Sein  lleichthum  ist  eine  Folge  der 
Göttergunst  wie  beim  Midas,  Änchises  u.  s.  vv.  Wahr¬ 
scheinlich  gab  es  auch  eine  ächte  Sage  von  der  Ver- 
mälung  der  Aphrodite  mit  Kinyras,  welche  die  Kir¬ 
chenväter  in  ihrer  Weise  verdrehten  j  und  jener  von 
Änchises  und  der  Aphrodite,  von  31idas,  Gyges  u.  s.  w. 
ähnlich  gewesen  sein  muss.  Midas  ist  der  Träger 
des  phrygischen  Reichthums j  Gyges  des  lydischen, 
Änchises  des  troischen,  Kinyras  des  kyprischen.  Mi- 
das  schikkt  einen  Thron  nach  Delphi,  wie  der  Sala- 
mische  König  Euelthon  ein  Aehnliches  that  als  ein  Nach-^ 

340)  S.  Abschn.  2,  S.  99.  lieber  Phryger  und  Lyder  TW.  I, 
S.  21  u.  186  ff.  239  ff. 


21  « 


324 


komme  des  Kinyras.  Dieser  ist  ganz  ein  Herrscher  t 
wie  Midas,  weichlich,  weibisch,  mächtig  nicht  durch  i 
Waffengewalt,  sondern  durch  Götterdienst.  Aphrodite  J 
selbst  trägt  auf  Kypros  die  phrygische  Thurmkroiie  A 
auf  dem  Haupte,  und  der  lydische  und  kypriscbe  Kult  [f 
sind  sich  so  ähnlich,  dass  in  des  Gyges  Stadt  Sardes  I 
die  Paphische  Aphrodite  verehrt  wurde,  und  dasselbe  iti 
fand  auch  nördlich  in  Pergamum  statt.  Es  ist  aber  A 
auffallend,  dass  wir  den  Aeneas  nicht  hier  finden; 
entweder  ist  uns  zufällig  hier  eine  Lükke  in  seinen 
Wanderungen  entstanden,  oder  die  Poesie  hatte  ihn 
aus  einem  uns  unbekannten  Grunde  wirklich  \on  Ky-  't 
pros  ausgeschlossen.  Der  Boden  für  Sagen  von  ihm  i  v 
war  günstig  genug.  Sonst  gingen  die  phrygisch-  j 
lydischen  Religionsvorstellungen  noch  über  Kypros  j 
hinaus  bis  nach  Askalon.  Askalos  heisst  ein  Sohn 
des  Hymenaios,  Bruder  des  Tantalos,  und  wird  von,; 
dem  lydischen  Könige  Akiamos  als  Feldherr  nach  Sy¬ 
rien  geschikkt,  wo  er  eine  Jungfrau  heirathet  und 
Askalon  gründet  ***).  Also  Herrschaft  und  Götter¬ 
dienst  durch  eine  Frau  vermittelt,  wie  in  Phrygien, 
Lydien,  Troas,  Kypros.  Es  muss  hiernach  einen  ly-  j 
dischen  Heros  Askalos  gegeben  haben,  auf  welchen  ^ 
man  das  phönikische  Askalon  bezog.  Dieser  wird  für  | 
Äskanios  erklärt,  und  heisst  dann  auch  ein  Sohn  des  l 
Aeneas  .*“).  Der  Grund  für  diese  Verbindung  vonA 
Lydien  und  Äskanios  mit  Askalon  ist  nicht  schwer A 
zu  finden;  die  Vermittlung  bildet  der  Paphische  Tempel i  • 

341)  Steph.  V.  B.  "AaxdXmv  vgl.  Athen.  8,  346.  , 

342)  Etymol.  M.  '’AGxüvwi  6  vl6s  Äivüov  nv  Tqioos- 

M  on  Aivdas  imyafila  an  ’AffxdXojyos,  vnö  tt  ’AGy.dXov\ 

fov  WT£  ßmiXfioPToS  As  ^tpujd-sk,  did  As  ttqoS  «vtop  qdias 

rw  t>Üp  Uffmhov  nqoSnyÖQtveiv,  oS  A  diaXimm  AaxdvK>s\ 

mpojsda&tj^ 


325 


der  Aphrodite  und  die  Sage  von  seinem  Verhältaiss 
zu  dem  Askalonidschen  »**).  Kypros  bildet  also  den 
Mittelweg,  auf  welchem  die  Sagen  von  Askanios  und 
Aeueas  nach  Askalon  kommen,  um  den  dortigen  Tem¬ 
pel  von  Askanios,  oder,  wie  er  sich  nennen  muss,  As« 
kalos,  gegründet  werden  zu  lassen.  Möglicherweise 
zeugt  auch  dies  für  ein  wirkliches  Vorhandensein  des 
Aeueas  auf  Kypros,  wie  ja  Askanios  sich  sicher  dort 
fand;  jeden  Falls  ist  nichts  Anstössiges  darin,  wenn 
kyprisch-lydische  Sagen  diesen  troischen  Heros,  wel¬ 
cher  doch  Kypros  angehören  konnte,  über  dies  Eiland 
weg  nach  Askalon  trugen,  und  ihn  dort  wieder  etwa 
in  lydisch-kyprisch-askalonitische  Sagen  verflochten» 
Ebenso  verhält  es  sich,  wenn  auch  in  Berytos  Aeneas- 
sagen  waren. 

Die  phrygisch-Iydischen  Kultusvorstellungen  sind 
auf  die  Ausbildung  des  gesammten  Aphroditekultes 
vom  wichtigsten  und  entschiedensten  Einfluss  gewe¬ 
sen.  Man  kann  wohl  behaupten,  dass  das  sinnlich 
1' schöne,  unglaublich  reizende  Bild  der  Göttin  haupt- 
I 'sächlich  unter  dem  kleinasiatischen  Himmel  entstan¬ 
den  ist,  wo  wir  aber  Kypros  natürlich  hinzuzählen 
i  müssen.  Aber  dies  ging  mit  jenen  Ländern  hiebei  in 
lüebereinstimmung,  weil  ja  jene  Bestandtheile,  welche, 
durch  den  phrygischen  Kult  in  die  Aphrodite  über- 
,  gegangen,  auch  auf  Kypros  heimisch  geworden  wa¬ 
ren,  und  bei  dem  in  Frage  stehenden  Punkt  muss 
man  es  besonders  hoch  anschlagen,  dass  jene  phry- 
»isch-lydischen  Kultusvorstellungen  sich  eben  in  dem 
Mittelpunkte  des  gesammten  Aphroditekultes  mit  die¬ 
sem  vereinigt  hatten,  weil  so  nur  eine  wirkliche 
Durchdringung  und  allseitige  Verbreitung  des  so  ge¬ 
wordenen  Ganzen  möglich  wurde.  Dass  Homer  den 
343)  S.  oben  Abschn.  1,  a  S.  32.  67. 


326 


Dienst  der  Aphrodite  auf  Kypros  zurflkbey-ieht,  ist 
ganz  in  der  Ordnung,  denn  auch  er  musste  dies  für 
ihren  Hauptsiz  erkennen.  iSs  ist  aber  weiter  nichts 
aus  ihm  hier  zu  gewinnen,  weil  er  nur  die  allgemein 
»en  hellenischen  Vorstellungen  der  Aphrodite  wieder- 
giebt,  und  ihre  Beziehungen  zum  Aeneas  einfiieht, 
wie  er  sie  in  den  Sagen  vom  Aeneas,  die  er  beiüh» 
ren  musste,  ausgesprochen  vorfand.  Lin  besonderes 
Interesse  verfolgt  er  nicht,  und  sie  ist  ihm  die  Toch¬ 
ter  der  Dione,  wie  sie  einmal  als  hellenische  Gotwlicit 
hingestellt  war,  Anders  ist  es  mit  dem  homeiischen 
Hymnos  anf  die  Aphrodite.  Hier  kommen,  wie  man 
deutlich  unterscheiden  kann,  zwei  Spezialinteressen 
in  Frage,  das  kleinasiatische  und  kyprische,  und  der 
Verfasser  hat,  welchem  Lande  er  auch  angehören 
mag,  auf  das  deutliciiste  die  I  erbindung  der  Idäischen 
Göttin  mit  der  kyprischen  hervorgehoben,  und  es  stellt 
wenig  im  TV ege,  dass  mau  nicht  die  ganze  doitige 
Auffassung  der  Aphrodite  von  der  Kybele  gelten  las¬ 
sen  könnte.  Er  spricht  es  aber  mit  klarem  Bewusst¬ 
sein  aus,  dass  die  kyprische  Göttin  Gegenstand  seines 
Oediehtes^  er  lässt  sie  von  Kypros  kommen 5  sie  er¬ 
scheint  dem  troischen  Hirtenfiirsten  Anciiises  auf  dem 
Ida,  und  giebt  sich  ihm  für  eine  phrygische  Königs¬ 
tochter  aus,  Nach  dent  Abenteuer  eilt  sie  nach  Pa-» 
phos  zurük. 

Die  Zartheit  und  Holdseligkeit  ihres  ganzen 
Wesens  hat  Aphrodite  also  dem  Himmel  der  griechi-: 
Inseln  und  Kleioasiens  zu  verdanken.  Dorther  stammte 
das  orgiasiische  Element,  der  Reichthum  und  der 
Glanz  ihres  Kultes,  welcher  nirgends  so  sehr  als  aufi 
Kypros  in  Erstaunen  sezte,  aber  an  allen  Tempelui 
sich  zeigte  Schoo  in  der  ältesten  Poesie  heisst^ 

myWvid.  ars  am.  3,  451.  Venus  e  templis  multo  radiaiiti-| 
l)us  aiivo. 


327 


sie  die  goldene,  die  goldreiclie  liefit  es  mit  Gold 
zu  spielen  bringt  auf  der  Hochzeit  des  Peleus 
und  der  Thetis  der  Braut  eine  goldene  Schaale  zum 
Geschenk,  hat  ihre  Lust  am  Puz  mit  goldenen  Span¬ 
gen,  Ringen,  Ketten  und  Knospen,  und  ihr  Gewand 
glänzt  heiler  als  Feuerschein  Die  phrygische 

Flöte,  Avelche  auch  auf  Kypros  im  Gebrauch  war, 
wird  an  ihren  Festen  getönt  haben;  aber  nicht  blos 
«nuf  Kypros,  sondern  allgemein  waren  ihr  die  bere- 
kynihischen  Flöten  zugetheilt  sie  spielt  sogar  die 

Flöte  selbst  Ebenso  war  die  lydische  Tonart 

nicht  blos  auf  Kypros  heimisch  geworden,  sondern 
überall  ihr  angenehm.  Wie  die  Musik,  so  liebt  sie 
auch  den  Tanz  und  hat  ihre  Freude  daran,  wenn 

die  allgemeine  Heiterkeit  ihrer  Feste  noch  durch  Tänze 
von  Jünglingen  und  Mädchen  erhöht  wird;  aber  züch¬ 
tig  mussten  sie  sein  ^^‘),  wie  es  schon  der  keusche 
Dienst  der  Kybelc  es  erforderte. 

Unter  dem  Sch  uze  der  Aphrodite  steht  endlich 
auch  das  menschliche  Geschlecht;  sie  wacht  darüber, 

I  dass  diese  Schöpfung  in  fortdauerndem  Bestehen  ver- 
i  bleibe,  und  steht  dem  Leben  des  Menschen  zur  Seite, 

345)  H  0  m.  11.  3,  64.'  yQvctrig  "AffQoiShi^g  dmgce.  Eustath. 

^  r^a/u/nanx^  ’^Ianalu  7tf<Hov  slvcd  (f  tjSt.  yqveovv  y.alovfxtvov,  t;V  ipXQ^~ 
i  ffij?  ’AffQorMTi]?  IsQov  y,ttt  nfxri.  —  yQvaoeTiqavog  Hom.  Hym.  6,  l.  6  ff* 

346)  Tlieokrit  15,  101.  yQvco)  nalatfois' 

347)  Hoin.  Hymn.  auf  Aphr.  V.  89. 

I  348)  Hör.  Od.  4,  1,  21  ff. 

I  Duces  tura,  lyrae  et  Berecynthiae 

I  Delectabere  tibiae 

j  Mistis  oarminibus  non  sine  fistulis. 

349)  Eurip.  Helena  1350. 

350)  Ap  ul  ejus  As.  aur.  6.  S.  125.  Venu.s  suavi  musicae 
suppari  gressu  formosa  saltavit. 

*351)  A pul  ejus  10,  2.3.5.  Aphrodite  ad  cantus  Lydios 
delicatis  respondere  gestibus. 


328 


bis  sie  ihn  zur  Zeu^ungsfähigkeit  herangeführt,  und 
den  Keim  der  Fruchtbarkeit  vollständig  in  ihm  ent- 
‘wikkelt  hat.  Sie  heisst  daher  xovQorgocpog  ®  ^  *)  die 
Pflegerin  der  Jugend,  wie  Apollon  in  ähnlicher  He- 
ziehung  diesen  Namen  führte.  Sobald  das  Kind  das 
Licht  der  Welt  erblikkt,  nimmt  sie  sich  seiner  bereits 
an,  und  führte  in  Rom  als  solche  den  Namen  Cu* 
'nina  In  der  Stunde  der  Noth  steht  sie  aber 

auch  den  Müttern  bei,  dass  die  Geburt  eine  glükk- 
liche  sei.  Aphrodite  wird  daher  auch  zugleich  mit 
der  Artemis  als  Vorsteherin  der  Geburten  angeru¬ 
fen  Neben  der  Aphrodite  auf  Kolias  standen 

Bilder  von  Göttinnen,  welche  G  enetyllides  hiessen, 
d.  h.  Göttinnen,  welche  den  Gebärenden  beistehen 
Auf  Kolias  hatte  Aphrodite  Mysterien;  in  den  My¬ 
sterien  wurde  sie  als  Zeugungsgöttin  und  Fortpflan¬ 
zerin  des  menschlichen  Geschlechts  gefasst  ***),  und 
daneben  feierte  man  sie  gleich  auch  als  Vorsteherin 
der  Geburten,  ln  dieser  Eigenschaft  hiess  sie  Ge- 
netyll^is  •^®),  oder  es  werden  Nymphen  Genetyl- 

""'Sir'Ä'then.  13,  592. 

355)  Augustin  Civ.  Dei  4,  8.  S,  L acta nz.  1,  20.  quae  in, 
lautes  in  cunis  tueri  videbatur,  et  fascinum  submovere. 

356)  Aeschyl  Hiketid.  949  —  952. 

357)  Pausa  11.  I,  1,  5.  Festus.  Cypria  Venus,  quod  ei 
primum  in  Cjpro  insula  templum  sit  constitutum,  vel  quia  pa- 
rentibus  praesideat,  quod  graece  zMty  parere  sit.  Diese 
Ableitung  ist  nun  allerdings  so  schlecht  wie  möglich,  allein  sie 
würde  nicht  gemacht  sein,  w’enn  der  Aphr.  nicht  wirklich  diese 
Eigenschaft  eingewohnt  hätte,  üeber  die  Genetyllis  noch  zu 
vgl.  Aristoph.  Thesmoph.  130.  Wolken  52. 

358)  S.  S.  232.  141. 

359)  Schol.  zu  Ärist.  Wolken.  52.  yitftnXUs  ^  t^s  yivtoioiS 
fif'OQos  ' Afß^QodiTfj.  —  Joh.  V.  Lyd.  2,  10.  ^AqQodmjv  di  ät>  nitlnot 

tou  napioS  aladtjmv  qiaiv  wvrian  rijp  ngtüToytvij  vXrjv,  iyV  xai 
'Aen^kiv  xal  Ohqavlav  xaKtl  vä  kiyiu.  o  ydq  äqtdfios  yiypij- 


329 


lides  beigeordnet,  welche  aus  der  Aphrodite  Gene- 
tyllis  abstrahirt  sind.  Pansanias  nennt  bei  der  An¬ 
führung  derselben  die  Gennaides,  Fermtdag^  zu 
Phokaia  in  Jonicn,  und  sagt,  dies  seien  dieselben  mit 
jenen.  Der  Name  zeigt  sie  als  Geburtsgöttinnen  auch 
schon  an.  Die  Aphrodite  xoäXmzig  in  Athen  ist  eben¬ 
falls  eine  Göttin  der  Zeugung,  und  wurde  mit  der 
Kolias  identifizirt,  ist  aber  von  xuXop  herzuleiten. 
Wie  Aphrodite  das  Kind  von  der  Nabelschnur  löst, 
so  nimmt  sie  auch  ferner  den  Säugling  in  ihren 
i  Schuz  und  lührt  ihn  wieder  zu  aphrodisischer 
Tüchtigkeit  heran.  Dadurch  wird  Aphrodite  Vorste- 
I  herin  der  Ehe  weil  ihr  die  Fortpflanzung  des 

Geschlechtes  obliegt.  In  dieser  Beziehung  kommen 
i  ihr  viele  Bezeichnungen  zu;  sie  heisst  Vorsteherin 
I  des  Ehebettes  iutxovqog^  \)'aXd^(av  «Vatr- 

:  Ga  auch  Telsaaiyaiiog  bei  Nonnos,  Ehebereiterin, 
%sQ7TOfist>7j  bei  Orpheus,  /«/tocrroloj ,  lemxHQa, 

nxüJTaTcS  Icnv  w?  uQTioTxtQiTto^j  fA.ST(}(o)v  xai  rtjs  ^Quffnxr^s  oiffiac  hktu 
TOP  nsQniop  xat  trfi  vkixij^  xcctu  top  kqtiop,  S&sp  xaX  ol  u^^aHoh  yw- 
(iov  xai  a  Q /HOP icc  y  umop  Ixühtsup. 

360j  Chariton  3,  8.  Dionysios  verrichtet  sein  Gebet  zur 
Aphr.  laut  und  in  Gegenwart  aller.  Kallirrhoe  aber  ganz  allein-, 
sie  legt  den  Säugling  in  die  Arme  der  Aphrodite, 
und  erfleht  Heil  für  ihn. 

361)  Vgl.  oben  S.  170.  Eurip.  Iphig.  in  Aul.  69.  onov 
npotai  (fiqoitp  ’A'iQodkijg  (fllut.  u.  sehr  oft.  Eurip.  a.  a.  O.  381. 
ri  di  y  Ekms,  ol/iui,  9ios  fiinfya'^tp  avro  /idkkop,  av,  xat  ro  acp  e&i- 
vog.  Agam.  meint  die  Aphr.,  M'elche  dem  Menelaos  die  Helena 
verschafft.  Helena  V.  883. 

362}  KoJythos  Raub  d.  Helena  202.  xal  ki^toiv  inixovqov 
if/iario/ÜP)]P  AffQodtT^p  nollaxtg  uxraloiaip  Iluaxo/ispog  &vhGffip.  Vgl. 
Musaeos  Hero  und  Leander  141  ff.  Bei  römischen  Dichtern 
kommt  Aphrod.  sehr  viel  als  Vermälungsgottheit  vor, 

363)  Hesych.  ■—  Odyssee.  20,  74.  ‘AfQodtrq  —  xovq^s 

tiköQ  d'(zkiQ0lQ  ydflOlQ, 


330 


Schon  bei  Homer  ermahnt  Zeus  die  Aphrodite,  sich 
nicht  in  das  Kriegs^etümmel  zu  wagen,  sondern  an- 
muthigen  Werken  der  Ehe  nachzugehen.  Sie  schliesst 
aber  die  Ehen  nicht  hlos  unter  den  Menschen,  son¬ 
dern  auch  unter  den  Göttern;  sie  vermalt  den  Apollon 
mit  der  Kyrene  u.  s.  w.  Zu  Naupaktos  wurde 
Aphrodite  in  einer  Höhle  verehrt,  und  die  Jungfrauen, 
besonders  aber  Wittwen  flehten  hier  zu  ihr  um  eine 
Vermälung  Dass  es  eine  Höhle  war,  in  wel¬ 

cher  Aphrodite  um  Vermälung  gehelen  wurde,  hat 
darin  seinen  Grund,  weil  der  Ort  hauptsächlich  für 
Wittwen  bestimmt  war,  und  als  ülöhlengöttin  ist  sie 
eine  Todesgottheit,  welche  aber  zugleich  nach  dem 
Tode  neues  Leben  und  neue  Liebe  schafft.  Zu  Her- 
mione  war  ein  Tempel  in  welchem  die  Jung- 

fraun  und  Wittwen,  wenn  sie  die  Ehe  vollziehen  | 
wollten,  vorher  opfern  mussten.  InTroas  hielten  die  \ 
jungen  Frauen  nach  der  Hochzeit  einen  feierlichen 
Bittgang.  Eine  Verehrung  der  Aphrodite  als  Ehe- 
«•ötüo  fand  auch  in  Sikyon  *")  statt,  in  ihren  Tem¬ 
pel  durfte  nur  eine  Tempeldienerin  gehen,  welcher 
nicht  mehr  verstattet  war  einem  Manne  heizuwohnen, 
und  eine  Jungfrau,  die  das  Priesterthum  immer  auf 
ein  Jahr  verwaltet,  und  den  Namen  ^ovzQocpoQog  führt, 
von  dem  Bereiten  des  Badwassers  für  die,  welche  die 
Ehe  vollziehen  wollen.  Es  war  Sitte  dass  die 

'  364)  Find.  Pytk  9,  12.  ^  Vgl.  Heliodor  2,  33. 

TOff  tft  y.tti  ’AqqoähtiV  xai  nüvTs^  yu^<{kiov  ÜUtaov  (tnuuxoQrtxlwve;:. 

Auf  dem  Kasten  des  Kypselos,  Paus  an  5,  18,  1.  befanden  sich 
Jlason,  Medeia  und  Aphrodite ;  die  Inschrift  lautete :  ’/«- 

yafim'  xtlsmi,  d’"AfqodlTti. 

365)  Paus.  10,  38,  6. 

366)  Paus.  2,  34,  11. 

367)  Pausan.  2,  10,4. 

368)  Athen.  7,  318. 


331 


Jungfrauen,  wenn  sie  aus  den  Kinderjahren  traten 
und  mannbar  wurden,  Spielsachen  und  Gegenstände 
der  Unterhaltung  in  den  Kinderjahren  der  Aphrodite 
weihten.  Andere  thaten  es  erst  bei  der  Verraälun«*. 
Auch  Perseus  spricht  von  kleinen  Figuren,  pu~ 
pae,  welche  die  jungen  Mädchen,  wenn  sie  heirathen 
wollten,  der  Göttin  weihten.  Ich  weiss  nicht,  ob  hier 
nicht  vielleicht  an  kleine  Phaiiosbilder  oder  derglei¬ 
chen,  wie  man  in  Paphos  der  Göttin  weihte,  zu  den¬ 
ken  ist,  wofern  nicht  ganz  allgemein  Spielsachen  der 
Kindheit  darunter  zu  verstehen  sind.  x\ls  Brautgöltin 
erscheint  Aphrodite  auch,  wenn  sie  der  Androinache 
i  einen  Brautschleier  schenkt 

Hierher  gehört  x\phrodite  als  Göttin  der  Ueber- 
redung,  P  eit  ho,  d.  h.  sie  ist  eine  überredende  und 
erfüllende  Liebes-  und  Hochzeitsgöttin,  welche  den 
Sinn  bethört,  das  Verlangen  anznzünden  weiss,  eine 
Pasiphae-Libitina,  und  auf  diese  Weise  die  Helena 
zur  Gewährung  überredet.  Sie  ist  die  P  eit  ho 
entweder  selbst,  oder  diese  wird  aus  der  Liebesgöttin 
abstrahirt  und  zu  einem  besondern  Wesen  erho¬ 
ben  welche  das  Amt  einer  Beisizerin  der  Ky- 

369)  Persius  2,  70,  Schot.  Solebant  virgines,  antequam 
nuberent,  quaedam  virginitatis  suae  dona  Veneri  consecrare.  In 
his  pupae  et  imagunculae,  quas  a,bdicabant,  tanquanj  ineptiis 
puellaribus  valedicturae.  Alexander  ab  Alexandro  5,  18, 
2  S.  193.  Romanae  puellae,  puellare  rudimentum,  puppas  Ve¬ 
neri  Argivae.  Schol.  Porphyrion  zu Horaz.  Sat.  1,  5,  65. 
virgines  renunciantes  virginitati,  puppas  deae  Veneri  condona- 
bant.  Vgl.  Laktanz  De  orig,  err,  Kap.  4. 

370)  Ilias  22,  470. 

371)  Pind.  Skolion  1.  Die  Aphr.  zu  Korinth. 

372)  Ibykos  bei  Athen.  13,  564,  Eustath.  zu  Od.  6,  167. 
Jakobs Delect, Epigr.  gr.4, 13.  29.  Antipater  v.  Sidon.  Horaz. 
Epist.  1,  6,  38.  Ac  bene  nummatum  decorat  Suadela  Venusque. 

Pausan  2,  7,  7. 


332 


pris  verwaltet.  Eine  nicht  so  stark  anlokkende  Ge¬ 
walt  wie  die  Peitho,  sondern  eine  mehr  einschmei¬ 
chelnde  Kraft  drükkt  in  ihrem  Namen  eine  andere 
Beisizerin  der  Aphrodite  aus,  die  Paregoros,  und 
kommt  dem  Begriff  der  TTccQcpaGig  nahe,  wie  Aphrodite 
in  der  Ilias  heisst  In  Megara  standen  neben 

der  Aphrodite- Praxis,  der  den  ehelichen  Bei¬ 
schlaf  ausübenden^  dieParegoros  und  Peitho 
An  dem  Fussgestell  des  olympischen  Zeus  befand  sich 
Eros,  der  die  aus  dem  Meere  steigende  Aphrodite 
empfängt,  und  Peitho,  welche  die  Aphrodite  um¬ 
kränzt  Name  Peitho  konnte  aber  auch  aus 

der  Ehegöttin  Artemis  abstrahirt  werden,  und  eine 
Artemis  mit  dem  Beinamen  Peitho  befand  sich  zu  Ar¬ 
ges  ”®).  Was  die  Aphrodite  zur  Ehegöttin  macht, 
ist  die  Idee  der  Fruchtbarkeit  und  Fortpflanzung  haupt¬ 
sächlich^  aus  dem  Grunde  musste  nach  einem  Soloni¬ 
schen  Geseze  die  Braut  mit  ihrem  Bräutigam  einen 
Apfel,  das  Symbol  der  befruchtenden  Aphrodite,  ge- 
iiiessen  ®”),  und  deshalb  flehte  man  auch  zu  ihr  um 
Aufhebung  der  Unfruchtbarkeit  ®  W eun  Liebende 

^lias  14,  217. 

374)  Paus  an.  1,  43,  6.  Zwischen  der  JT«ae5  und  HaQrjyö- 

Qos  haben  die  Erklärer  einen  Unterschied  darin  gesucht,  dass 
jener  die  tQytx,  yd/j.om)  dieser  die  übertragen  gewesen. 

375)  Pausan.  5,  11,3. 

376)  Pausan.  2,  21,  1. 

377)  Plut.  Solon  20.  Ehevorschriften  Kap.  1.  Klaudian 
Epithai.  Pailadii  et  Celer.  V.  15. 

Scrutantur  nidos  avium,  vel  roscida  laeti 
Mala  legunt,  donum  Veneris  u.  s.  w. 

378)  Luk  re  z.  4,  1229  ff. 

Nec  divina  satum  genitalem  numina  quoiquam 
Ästerrent,  pater  a  gnatis  ne  dulcibus  unquam 
Appelletur,  et  ut  sterili  Venere  exigat  aevom ; 

Quod  plerumque  putaiit,  et  multo  sanguine  maesü 


333 


nnd  Verlobte  sich  in  die  Mysterien  der  Aphrodite  ein¬ 
weihen  liessen  ®^®)5  so  tritt  auch  hierin  die  Idee  der 
Fruchtbarkeit  hervor.  Als  ein  Symbol  stets  sich  er¬ 
neuernder  Kraft  und  jugendlicher  Rüstigkeit,  somit 
der  Fruchtbarkeit,  wird  die  Schlange  betrachtet. 
Eine  Schlange  von  ungeheurer  Grösse  war  in  dem 
Bette  der  bisher  unfruchtbaren  Gemahn  des  P.  Scipio 
erschienen,  als  sie  einsam  schlief;  in  Folge  dessen 
wurde  der  grosse  Scipio  geboren  An  diesem 

einzelnen  Falle  tritt  schon  die  aphrodisische  Wirk¬ 
samkeit  dieses  Thieres  hervor,  mehr  aber  noch,  wenn 
i  man  die  Thätigkeit  desselben  durch  ganze  Landstri¬ 
che,  wie  Phrygien  und  einige  andere,  oder  bei  so¬ 
genannten  Schlangenvölkern,  wie  den  Marsen  In  Ita¬ 
lien,  verfolgt.  Sagen  von  Schlangenbezähmangen, 
wie  sie  z.  B.  zu  Parion  **’)  Vorkommen,  und  durch 
Ophiogeneis  vollzogen  wurden,  sind  mit  aphrodi- 
sichen  Vorstellungen  verbunden.  Ich  glaube,  dass 
auch  die  Schlangengebornen  auf  Kypros  hierher 
zu  ziehen  sind,  deren  Kraft  die  Schlange  zu  zähmen 
aus  der  Sage  hervorgeht,  dass  ein  solcher  zu  Bora 
von  den  Konsuln  in  ein  Gefäss  mit  Schlangen  ge¬ 
worfen  unversehrt  bleibt  und  von  diesen  Thierennur 
helfckkt  wurde.  Den  starken  Geruch  dieser  Menschen 
zu  Frühlingszeiten,  und  den  Gebrauch  ihres  Schwel« 
sses  und  Speichels  zur  Heilung,  müssen  wir  ausser- 

Conspergunt  aras,  adolentque  altaria  donis, 

Ut  gravidas  reddant  uxores  semine  largo. 

379)  Aristainet.  I,  14.  2,  7.  —  £iebenden  beistehend 
erscheint  Aphr.  häufig  auf  Vasengemälden,  thronend  oder  ste¬ 
hend,  immer  aber  vollständig  bekleidet,  Otfr.  Müller  Ar¬ 
chäologie  §.  378. 

380;  Gellius  N.  A.  7.  L  Livius  26,  19. 

381)  Strabon  13,  588. 

382)  S.  Thl.  1.  S.  22. 


dem  noch  für  aphrodisische  Kräfte  in  ihnen  erachten,  j 
Diese  Heilkraft  der  Aphrodite  bezieht  sich  auf  die  | 
Beförderung  und  Erhaltung  kräftiger  Jugendfrische 
und  tüchtiger  Zeugungsfähigkeit.  Denselben  Sinn 
kann  auch  nur  die  Verbindung  der  Aphrodite  mitAs- 
klepius,  der  olympischen  Erneuerung  des  Hermes  5 
haben,  welche  wir  sehr  oft,  namentlich  im  Peloponnes, 
finden  5  er  verleiht  die  Jugendkraft,  wie  Apollon  den 
Jugendreiz.  Aphrodite  ist  die  eigentliche  Göttin  der 
Kraft  und  Blüthe  der  Jugend,  indem  hierin  die  sichere 
Gewähr  der  Erhaltung  der  Geschlechter  liegt,  und  i 
ihr  Name  Persithea  drükkt  wahrscheinlich  auch 
eine  Göttin  der  Jugend  aus.  Sie  hat  Wohlgefallen 
an  aphrodisischer  Rüstigkeit  und  verleiht  sie:  ist  eine  • 
Alterverscheuchende,  Ambo  löge  ra  indem  sie  i 

im  Menschen  die  Jugendkraft  nährt  und  erhält.  Ihr  i 
hatte  man  in  Sparta  nach  dem  Willen  des  Ora-  i 
kels  einen  Tempel  gewt  iht  und  daneben  Schlaf  und 
Tod  aufgestellt.  Die  Greise  sind  ihr  verhasst 
weil  sie  ihr  nicht  melir  dienen  können;  sie  vermag 
aber  selbst  noch  im  Alter  die  Gluth  der  Liebe  anzu¬ 
fachen,  und  Zeugungsfähigkeit  zu  erregen 

383)  Hesych-  UtQfft&ta:  ^ ’AcfQoSkij.  Ilioaivov  ist  gleich 
fiftjßov,  für  niQvßivov. 

384)  Plutarch  Sympos.  3,  6,  4,  lässt  die  Menschen  sa¬ 
gen,  welche  der  Aphr.  noch  gehorchen:  xal  ^uas  ovnco  jrai'rd- 
naßiv  ^  Aff^oSlrtj  nifftvysv,  dlld  xal  n^oSivyouid-a  d^nov9ei> 

Uyovns  it'  '’^ols  rSu  &((Sp  vfxvoiS’  Avdßali  dvm  ro  ui 

Xultt'ÄffqodlTtj.  * 

385)  Pausan  3,  18,  1. 

386)  Eurip.  im  Aiolos.  Frg.  19  aus  Stob.  Tit.  117.  "flP 
’JfgocWnj  tols  yiqovaiv  aydtmi. 

387)  Athen.  13,  592.  d’o  TQayo)dionows,  yiQ<oy 

my,  eewQldot  t^S  halgaS.  ‘ixmiatv  ovv  tijv  ’A(f  QoifiT>iP, 

KküS-l  fttv  tv^oßivov,  xovQOTQoiff  dog  dt  yvvcäxa 
^vd(  vimv  (xh  dvaivto^ax  (fdoTifnc  xal  tvv^v. 


335 


Die  römische  Venus  Genitrix  ist,  ahgesehea 
von  ihrer  Bedeutung  einer  Stammmutter  der  Caesa- 
ren,  wahrscheinlich  auch  eine  Göttin  der  Ehe  und 
Zeugung  und  wäre  fast  nur  eine  üebersezung 
des  griechischen  Ausdrukkes  yevhsiga  ^sa.  Aus  dem 
Namen  des  Brautgesanges,  Hymen aios  oder  Hy¬ 
men  ist  ein  besonderer  Beisizer  der  Aphrodite  ab- 
strahirt,  welcher  in  ihrem  Namen  die  Ehen  voll¬ 
zieht  Er  wohnt  auf  dem  Helikon  neben  den 

Musen,  und  wird  selbst  wieder  in  genealogische  Ver¬ 
bindung  mit  der  Göttin  gebracht,  indem  man  ihn  einen 
Sohn  der  Aphrodite  und  der  Musen  nennt.  Beim 
Tode  des  Adonis  lässt  Bion  ihn  seine  Fakkel  verlö¬ 
schen,  und  den  hochzeitlichen  Kranz  zerreissen. 

3. 

Indem  wir  uns  von  den  alten  und  reinen  reli¬ 
giösen  Vorstellungen  von  der  Aphrodite  weg  zu  der 
Olympischen  Liebesgöttin  und  ihren  ethischen  Deu¬ 
tungen  wenden,  können  wir  die  folgenden  Untersu¬ 
chungen  passend  mit  einem  Paar  Worten  Stuhrs  be¬ 
ginnen,  welcher  uns  das  Wesen  dieses  Theiles  des 
Aphroditekultes  richtig  zu  charakterisiren  scheint,  in- 

37  (TimTiqniaO-o}  nohoxQoräqciouit  fiqovüiv, 
iav  lajivg  /niv  dn^ußhvyrat,  9-vjuos  di  fisuötvS, 

Tumu  iiiv  iauv  IxxSv  tWOuriqov  üvaifiqo{xivaiv.  Martial  11,81,5.  ' 
Supplex  illa  rogat  pro  se  miserisque  duobus, 

Hunc  (senem)  juvenem  facias,  hunc  (spadonem),  Cytherea,  virum. 

388)  Pap.  Stat.  Silvae  1,  2,  II. 

Ipsa  manu  nuptam  genitrix  Aeneia  ducit, 

Lumina  demissam,  et  dulci  probitate  rubentem. 

Ipsa  toros  et  sacra  parat. 

389)  Servius  z.  Aen.  4,  127.  Katull  Ged.  59  und  60. 
Klaudian  Epithal.  Pallad.  et  Celer,  V.  29  ff. 


336 


dem  er  sagt  *®®):  Von  der  Lehensfölle  der  Natur  in 
ihrem  ganzen  Wesen  zwar  durchaus  erfüllt  und  durch- 
drungen,  aber  wurzeln  bleibend  in  dem  Boden  j  auf 
welchem  sie  erwuchs,  gestaltete  sich  die  Aphrodite 
in  hellenischer  Anschauungsweise  durchaus  mensch¬ 
lich  um,  und  als  eine  von  den  Hellenen  verehrte  Gott¬ 
heit,  der  Bedeutung  nach,  welche  sie  im  hellenischen 
Bewusstsein  gewonnen  hatte,  kann  die  Aphrodite  nur 
io  ihrem  innersten  Wesen,  nur  wahrhaft  verstanden 
werden,  indem  ihre  göttliche  Macht  in  der 
engsten  Beziehung  auf  das  Leben  desMen- 
schengeistes,  auf  das,  was  in  der  Seele  des 
Menschen  sich  regt  und  bewegt,  gedeutet 
wird.  ~~  Wie  nahe  nun  auch  unserm  Bewusstsein 
der  Begriff  ewiger  Liebe  unter  dem  Bilde  einer  himm¬ 
lischen  Aphrodite,  wie  der  Hellene  seine  Göttin  be- 
zeichnete,  liegen  mag,  so  sind  wir  doch  nicht  berech¬ 
tigt,  dieselbe  auf  das  religiöse  Bewusstsein  der  Grie¬ 
chen  zu  übertragen.  Die  Aphrodite  als  Olympische 
Göttin  ist  durchaus  ein  Erzeugriiss  der  Reflexion,  der 
Dichter  und  Künstler,  und  unter  allen  bildlichen  Dar¬ 
stellungen,  welche  uns  überliefert  werden,  ist  auch 
nicht  eine,  welche  durch  ihren  sinnbildlichen  Schraukk 
auf  das  Wesen  höherer  rein  geistiger  Liebe  hinwiese. 
Nur  erst  Philosophen  wie  Platon  und  Xenoplion  ha¬ 
ben  den  Versuch  unternommen,  das  Wesen  der  Aphro¬ 
dite  geistiger  zu  deuten.  In  IVahrheit  ist  sie,  zur 
Olympischen  Gottheit  verklärt,  nur  eine  hold  anlä¬ 
chelnde  Liebesgöttin,  eine  Göttin  des  Liebreizes  und 
der  Schönheit. 

Dennoch  ist  die  Wirkung  des  Aphroditekultes 
auf  die  Ausbildung  der  Sittlichkeit  des  griechischen 
Volkes  von  grossem  Einfluss,  und  der  Bedeutung  des 
39())^tuhr  Religionsformen  der  heidnischen  Völker  ‘A  385. 


337 


Dionysoskultes  durchaus  ähnlich,  indem  die  Liebeslust 
die  Vermittlerin  /.wischen  Göttern  und  Menschen  ist, 
und  der  Aphrodite  die  Vermittlung  zwischen  Gottheit 
und  Menschheit  zufiel  Sse  hat  ihre  Freude 

daran  die  Göttergunst  den  Menschen  ziizueignen,  die 
ewigen  Gränzen,  wodurch  Himmel  und  Erde  geschie¬ 
den  sind,  aufzulösen.  Der  Dichter  hebt  es  aiis- 
drükklich  hervor,  wie  Aphrodite  auf  Milderung  und 
Veredlung  der  Sitten  eingewirkt  hat.  Er  sagt:  Aphro¬ 
dite  entzog  dem  Menschen  die  rauhen  Gewänder,  und 
der  Schmukk,  so  wie  die  reinliche  Pflege  des  Leibes 
stammt  von  ihr.  Durch  Bändigung  der  wild  toben¬ 
den  Kraft,  durch  Milderung  und  Verschönerung  der 
Sitten  wirkt  Aphrodite  auch  wieder  geistig  ein  auf 
das  Leben,  und  es  ist  nicht  zu  leugnen,  dass  die 
Ausbildung  des  Aphroditekultes  in  dieser  Richtung 
grösstentheüs  ebenfalls  den  kleinasiatischen  Griechen 
und  verwandten  Stämmen,  von  welchen  der  Dionysos 
ausgcgangen  und  gefördert  wurde,  zu  verdanken  ist. 

Was  auf  einer  früheren  Entwikkelungsstufe  phy¬ 
sische  Macht  war,  ist  auf  einer  spätem,  in  helleni¬ 
scher  Auffassungsweise,  ethisch  gefasst  worden,  und 
Aphrodite  ist  Urheberin  der  Liebe,  so  wie  jeder  Lei¬ 
denschaft,  welche  durch  die  Liebe  im  Gemüth  des 
Menschen  angefacht  wird.  Die  Uebergänge  von  phy¬ 
sischer  und  ethischer  Auffassung  sind  oft  aber  so  fein, 
dass  eine  völlige  und  scharfe  Sonderung  durchaus 
unmöglich  ist.  Viele  neue  ethische  Deutungen  ka¬ 
men  in  hellenischer  Auffassung  hinzu,  vieles  wurde 
ethisch  gedeutet,  was  es  ursprünglich  nicht  war.  Wie 
die  Olympische  Götterwelt  rein  menschlich  empfindet 
und  handelt,  rein  menschlichen  Neigungen  und  Schwä- 

391)  S.  S.  312. 

392)  Ovid  Fasti  4,  97  ff. 

II. 


22 


338 


eben  unterliegt,  so  erfahren  auch,  gleich  den  <2c- 
schöpfen  der  Erde,  Götter  und  Göttinnen  die  Allge¬ 
walt  der  Aphrodite,  mit  Ausnahme  der  drei  jungfräu¬ 
lichen  Göttinnen,  Athene,  Artemis  und  Hestia.  Na¬ 
mentlich  aber  ist  es  Zeus  selbst,  an  welchem  sich  die 
göttliche  Schwäche  und  die  Obmacht  der  Aphrodite 
bewährt  diesem  Sinne  sagen  auch  die  Dich¬ 

ter,  sie  sei  mehr  Herrscherin  des  Olympos  als  Zeus 
selbst  Sie  heisst  eine  allheilige  Gottheit,  nav- 

ayicc.  Apollonios  von  Rhodos  führt  sie  in  ihrem 
Palaste  vor,  welchen  Hephaistos  ihr  gebaut  hatte,  als 
er  sie  von  Zeus  zur  Gemalin  erhalten.  Sie  ruht  in 
ihrem  Gemache  auf  einem  Throne  schön  geschmükkt, 
und  als  Here  und  Athene  zu  ihr  treten,  erhebt  sie 
sich  ihnen  entgegen  kommend.  Bei  der  hohen  Macht,  j 
welche  Aphrodite  im  Olymp  ausöbt,  sind  ihre  schein¬ 
bar  unwürdigen  Rollen  und  Handlungen  nicht  miss- 

393)  S.  S.  319. 

394)  Vornehmlich  die  erotischen  Dichter.  Vgl.  auch  Em- 
pedokles  bei  Athen.  12,  510. 

Ovdt  ns  nv  xtivoiGiv  "'AQtjS  &sos,  oids  xvdoifxoS, 
i  -  oidi  Zik  ßttCiltk,  ovdt  Kqöpos,  ovdi  JIoCHdüiy, 

dHä  KinqiS  ßaallna. 

Ttjp  ot  y’  svaißitßßw  dydlfiaaiv  ildaxovrai, 
f^amolg  di  fivQoiai  n  dccidaUod/xois, 

efjitifjvrjs  t'uxQ^ov  d-valmSj  hßdvov  rs  d-viüdovs, 
n  anovdds  ^tkkmv  qlnwvus  U  ovdas. 

395)  Apoll.  V.  Rh.  3,  39.  ff. 

gQxm  d’siSfld-ovffca  vn  aidovGß  daXafioM 
ifftap,  tv'  ivtivmxs  &tä  ll/o?  ‘H^aiOTow. 
dll'  o  fiiv  BS  xat  axfiovas  ßeßj^xBi 

vrfioM  tvqvv  (xv^ov,  w  ivi  ndvta 

daldalu  xdXxtvt  qiny  nvqoS'  ^  d'dqa  fxovvr} 

^OTo  dö^p  dtpoirop  dyd  S-qopoP)  dvra  &vQd(ay 
levxolßi  d’ixdrtQd-s  xöjxas  imHfxtvt]  wfioiS 
xosfiu  xiQTtldi,  ^iXh  di  ßcaxQovs 

nloxdjxovs  u.  s.  w. 


339 


zuversteheii ;  sie  mosste  ebenso  empfinden  und  han¬ 
deln,  nach  dem  Grundsaze,  dass  die  Olympischen  Göt¬ 
ter  allen  menschlichen  Schwächen  und  Bedürfnissen 
unterliegen,  und  sie  als  Liebesgöttin  mosste  mancher 
unwürdigen  Stellung  sich  unterziehen,  welcher  die 
übrigen  überhoben  waren.  So  muss  sie  sich  das  trau¬ 
rige  Schikksal,  welches  sie  in  den  Gesängen  des 
Demodokos  und  Leukos  und  andern  Mährchen 
erfährt,  die  Nekkereien,  den  Spott  und  Hohn  darüber 
gefallen  lassen.  Es  darf  darin  etwa  durchaus  keine 
Zurüksezung  gesehen  werden,  wenn  sie  sich  für  die 
Liebesabenteuer  der  übrigen  Götter  gebrauchen  lässt, 
denn  es  brachte  ihre  Bedeutung  einmal  so  mit  sich, 
j Andere  Götter  müssen  sich  im  Grunde  noch  weit  mehr 
|von  ihrer  Würde  und  Erlauchtheit  vergeben  als  Aphro- 
idite;  es  ist  wol  nicht  eine  einzige  Gottheit,  welche 
nicht  mehr  als  einmal  auf  irgend  eine  Weise  verlezt 
wird.  Wie  stark  und  unentfliehbar  die  Macht  der 
Aphrodite,  wie  fürchterlich  die  durch  sie  gewekkten 
Leidenschaften  des  Menschen  Busen  durchstürmen  und 
zerreissen,  wie  Aphrodite  das  Blut  in  den  Adern  durch 
Liebeshize  kochen  lässt,  wie  die  Liebe  durch  den  in- 
nern  Seelenbrand  umbringt,  wie  weit  sie  durch  alle 
Reiche  der  Schöpfung,  und  darüber  hinaus  bis  in  den 
Olymp  ihre  Wirkung  äussert,  das  schildert  Sophokles 
in  folgenden  Versen: 

0  hört  es,  Knaben,  Kypris  ist  nicht  Kypris  nur, 

Nein,  viele  Namen  kommen  ihr  zusammen  zu. 

Sie  ist  der  Hades,  unbesiegte  Stärke  sie, 

Ist  süsse  Sehnsucht,  ist  empörte  Raserei, 

Sie  ist  Geseufz  und  Klagen.  Alles  ist  in  ihr, 

Der  Ernst,  die  Ruh’  der  Seelen  und  gewalt’ger  Trieb. 
Denn  wessen  Busen  diese  recht  durchglühet  hat, 


396)  S.  S.  198.  ff.  220.  ff. 


22# 


340 


Wie  wird  von  dieser  seine  Seele  nicht  verzehrt? 

Zum  Schwimmgeschlecht  der  Fische  dringt  sie  überall. 
Sie  füllt  auf  fester  Erde  rings  vierfüss’ges  Volk; 
Auch  unter  Vögeln  schwinget  hoch  ihr  Flügel  sich; 
Bei  Thieren,  Menschen,  Göttern  oben  auch. 

Im  Ringerkarapfe,  welchen  Gott  besiegt  sie  nicht? 
Wofern  ich  darf,  und  Wahres  darf  ich  sagen  wol; 
Zeus  Busen  selbst  beherrscht  sie,  ohne  Speeres  Macht; 
Und  ohne  Stahl  auch  schneidet  Kypros  immer  leicht 
Der  Menschen  wie  der  Götter  Rathbeschluss  ä*®»). 

Als  Göttin  der  Liebe  stellte  sie  die  höchste  Voll¬ 
endung  weiblicher  Schönheit  und  Liebenswürdigkeit 
dar,  bald  in  der  Auffassung  eines  jungen  unvermälten 
Mädchens  bald  in  der  einer  jugendlichen  Gattin. 
Ihr  Gemal  ist  im  olympischen  Götterstaate  Hephai¬ 
stos,  doch  tritt  das  Band  der  Ehe  weniger  hervor, 
als  ihre  bloss  äusserüch  geknüpften  Liebesverhältnisse. 
Diese  erscheinen,  wo  sie  als  gesezmässige  Gattin  des 
Hephaistos  gefasst  ist,  als  Buhlschaft,  wie  das  Aben¬ 
teuer  mit  Ares  beweist;  in  andern  Religionssystemen, j 
in  denen  die  Idäischen  Vorstellungen  überwogen,  er¬ 
scheinen  sie  als  reine  Liebe  der  Jungfrau  zu  einem 
Jünglinge.  Unter  diesen  ist  keine  berühmter  gewor¬ 
den,  als  ihre  Liebe  zum  Adonis,  keine  wichtiger  als 
die  zum  Anchises  |j,  jener  ist  ein  Bild  dei 

höchsten  reinsten  bräutlichen  Liebe  zum  Geliebten 
dargestellt,  von  welcher  aller  fleischlicher  Genuss  aus-i 

396a)  Vgl.  auch  in  ethischer  Auffassung  die  Worte  de? 
Eurip.  S.  168.  ii.  Phoeniss.  V.  21. 

'  397)  Sie  heisst  nuqd-tvog  Chariton  1,  1.  Aristain.  Ep 

2,  7.  Hym.  auf  Aphr.  8,  2.  A  pul  ejus  B.  10,  233.  super  ha; 
iatrocessit  alia,  Yisendo  decore,  et  praepollens  gratia  coloris 
ambrosei,  designans  Venerem,  quum  fuit  virgo.  Vgl.  4,  83. 

397a)  Athen.  13,  566. 


341 


geschlossen  bleibt,  und  welche  ein  ähnliches  durch¬ 
aus  keusches  Verhältniss  darbietet,  wie  das  zwischen 
Kybele  und  Attis  und  einigen  andern.  In  diesem  ist 
sie  ebenfalls  bis  dahin  durciiaus  frei  von  Liebe,  ihre 
jungfräuliche  Blüthe  noch  unberührt,  und  Zeus  flösst 
ihr  ® dem  züchtigen  Mädchen,  die  Liebe  zum 
Anchises  ins  Herz,  damit  sie,  weiche  alle  Götter  be¬ 
thörte,  nicht  allein  frei  von  Liebesbanden  bleibe.  An¬ 
chises  ist  nicht  mehr  in  der  Jugendblüthe,  und  sie 
gesellt  sich  ihm  auch  nur,  wie  bestimmt  hervorgeho¬ 
ben  wird,  um  ein  Herrschergeschlecht  zu  erzeugen. 
Aehnlich  sind  auch  die  kyprischen  Vorstellungen  von 
ihren  Neigungen  zum  Kinyras  und  Phaethon,  In  meh¬ 
reren  örtlichen  Kulten  treten  noch  andere,  jedoch  auch 
eheliche  Verbindungen  hervor.  Im  Korinthischen  Kult 
war  Helios  derBeisizer  der  Aphrodite,  von  ihm  sollte 
sie  die  Nymphe  Rhodos  geboren  haben  Eiji 

rhodischer  Mythos  kann  dies  nicht  sein,  weil  Aphro- 
jdite  auf  der  Insei  sonst  nicht  vorkommt  5  er  muss  da¬ 
her  aus  Verbindungen  von  Korinth  mit  Rhodos  her¬ 
vorgegangen  sein.  Dem  Dionysos  ist  sie  an  meh- 
ireren  Orten  beigeordnet;  von  ihm  soll  sie  den 

Bakchos  empfangen  haben.  In  Sizilischer  Sage  zeugt 
j  Rates  mit  ihr  den  Eryx.  Laut  Hesychios  hat  sie  ohne 
i  Angabe  des  Vaters  eine  Tochter  Meligunis.  Solche 
.Verhältnisse,  deren  noch  mehrere,  thcüs  sittlich,  theils 
.unsittlich  gefasste,  wie  es  die  jedesmaligen  religiösen 
Vorstellungen  des  Ortes  erforderten,  von  uns  nam¬ 
haft  gemacht  werden,  stellten  die  Kirchenschriftsteller 

397b)  Hom.  Hym,  auf  Aphr.  V.  45  ff.  83.  naQ&iym  d(Ffi^Tr, 

—  o/mIij. 

397c)  Vgl.  S.  203.  Find.  01.  7,  14.  Vgl,  aber  M.  W.  Heff- 
ter:  Götterd.  v.  Rhodos  3,  70. 

397d)  Vgl.  S.  203.  205.  ff. 


342 


in  ihrer  Weise  dar.  Klemens  sagt,  nachdem  : 

sie  den  Schimpf  wegen  des  Ehebruches  mit  Ares  er-  < 
litten  hatte,  wandte  sie  sich  zum  Kinyras,  Anchises, 
Phaethonund  Adonis.  Laktanz  ««’O:  Aus  dem  Ehe¬ 
brüche  mit  Ares  gebar  Aphrodite  die  Harmonia,  von 
Hermes  den  Hermaphroditen,  welcher  ein  Mann¬ 
weib  ist,  von  Zeus  den  Eros,  von  Anchises  den 
Aeneas,  von  Butes  den  Eryx,  von  Adonis  Niemand, 
weil  dieser  schon  als  Jüngling  getödtet  wurde. 

Den  Rang  der  Schönheit  musste  Aphrodite  auch 
unter  den  Unsterblichen  im  Olymp  behaupten.  Wie 
Athene  und  Hera  ihr  diesen  Rang  streitig  machen 
wollten,  lehrt  die  Sage  von  dem  Wettstreit  der  drei  i 
Göttinnen  auf  dem  Ida  Diese  Verherrlichung  j 

der  kyprischen  Herrin  war  muthmasslich  von  Stasi-  j 
nos  zuerst  nach  wirklichen  Schönheitskämpfen  besun- i 
gen  Wie  im  homerischen  Hymnos,  so  ist  auch  in 
den  Kyprien  der  Idäische  Kult  mit  dem  kyprischen 
eng  verbunden:  beide  sollen  gemeinschaftlich  geprie¬ 
sen  werden.  Aphrodite  heisst  xa^vx^mg^  die  mit  dem 
Blumenantliz,  und  ist  Göttin  alles  blühenden  Lebens 
und  der  Lust,  weshalb  ihr  unter  den  Jahreszeiten 
der  Frühling  geweiht  ist,  jene  Zeit,  wo  zugleich  die 
Liebesunruhe  in  den  Menschen  kommt.  Sie  heissi 

397e)  Klemens  v.  Alex.  Protr.  S.  29.  u.  Arnob.  adv 
g.  4.  27. 

397f)  Laktanz  1,  17. 

398)  Silius  Italiens.  7,  55  ff. 

victoria  nostra 

Cypron  Idumaeas  referat  de  Pallade  palmas.^ 

De  Junone  Paphos  centum  mihi  fumet  in  aris. 

Dumque  hic  aligeris  instat  Cytherea,  sonabat 
Orone  nemus  gradiente  Dea. 

Vgl.  die  philosophische  Deutung  des  Streites  bei  Sallastio! 
ngqi  S-ew  xat  xki^ov  Kap.  4- 


343 


€Xixoß/.s(faQocj  die  heiter  blikkende.  Im  Schönheits¬ 
kampfe,  und  überall,  wo  die  Reize  der  Göttin  her¬ 
vortreten  sollten,  wurde  sie  nakkt  gedacht.  Aber  in 
einem  Lande,  wo  die  Schönheit  für  heilig  galt,  wo 
Feste  stattffinden.  an  denen  das  weibliche  Geschlecht 
öffentlich  um  den  Preis  der  Schönheit  stritt,  konnte 
die  Entblössung  des  Körpers  ohne  Unsittlichkeit  ge- 
ischehen;  und  dies  gab  zu  der  Erzählung  die  Veran¬ 
lassung,  dass  Phryne  die  dem  Meere  entsteigende 
Aphrodite  öffentlich  vorgestellt  habe,  indem  sie  sich 
iaus  dem  Bade  erhob.  13er  höchste  Reiz  musste  sich 
laber  mit  der  Anmuth  vergesellschaften,  um  das  zau¬ 
berische  Bild  der  Holdseligkeit  hervorzubringen,  wel¬ 
ches  man  sich  in  der  Liebesgöttin  verkörpert  dachte. 
Diese  Anmuth,  welche  mit  unbeschreiblicher  Gewalt 
das  Gemüth  des  Menschen  fesselt,  glaubte  man  in 
einen  Gürtel  verschlossen,  welcher,  den  xMenschen  un¬ 
sichtbar,  ihren  Leib  umgab.  Indem  Aphrodite  nach 
Gefallen  Liebreiz  spenden  kann,  wem  sie  will,  lässt 
Homer  sie  auf  Heras  Bitten  ihren  Gürtel  ablö- 
sen,  und  jener  geben.  Hera  bittet: 

Gieb  mir  den  Zauber  der  Lieb’  und  der  Sehnsucht, 

welcher  dir  alle 

Herzen  unsterblicher  Götter  bezähmt  und  sterblicher 

Menschen. 

Aphrodite  dagegen: 

Sprach  und  löste  vom  Busen  den  wunderköstUchen 

Gürtel, 

Bunt  gestikkt:  dort  waren  die  Zaüberreize  versammelt; 

399)  Homer  IL  14,  197.  Nonnos  32,  5  ff.  Vgl.  Klau- 
äian  Nupt.  Honor.  et  Mar.  124.  Phurnutos  Kap.  24.  o  cT«  xt- 
ttc?  l/nag,  wf  otop  xtxticfxipov  iartp'  y  o  diaxspitjuoS  xal  noixlltjp  d'v- 
•fttfiip  Tov  cTstv  xal  orflyyHP.  Endokia  S.  29*  Venus  für 
venustas  Hör.  Ep.  ad  Pis.  42.  320. 


344 


Dort  war  schmachtende  Lieb’  und  Sehnsucht,  dort 

das  Getändel, 

Dort  die  schmeichelnde  Bitte,  die  oft  auch  den  Wei¬ 
sen  bethöret. 

Den  nun  reichte  sie  jener,  und  redete  aisoheginnend: 
Da,  verbirg  in  dem  Busen  den  bunt  durchschim¬ 
merten  Gürtel, 

Wo  ich  die  Zauberreize  versammelte.  Wahrlich  du 

kehrst  nicht 

Sonder  Erfolg  von  dannen,  was  dir  dein  Herz  auch 

begehret. 

Vor  allem  ist  Zuneigung  und  Sehnsucht  (pdoTtjg  und 
tfisQog  darin  verschlossen,  und  wegen  der  dem  Gürtel 
anheftenden  zauberischen  Kraft  nannte  man  ihn 
ein  (pdg^axovj  Athene  aber  nennt  die  Aphrodite  selbst 
eine  Zauberin,  (paqiiaxig.  Beim  Schönheitskampfe  ver¬ 
langen  daher  Athene  und  Hera,  sie  solle  ihren  Gürtel 
ablegen  Wenn  man  die  Aphrodite  bei  bildlichen 

Darstellungen  mit  einem  Gürtel  sieht,  so  ist  dies  nur 
eine  künstlerische  Andeutung,  denn  er  ist  in  der  Wirk¬ 
lichkeit  dem  menschlichen  Auge  nicht  bemerkbar. 

Die  Beize  der  Aphrodite  treten  aber  sonst  noch 
auf  jede  mögliche  Weise  wie  bei  dem  Weibe  hervor. 
Das  Haar  wird  hervorgehoben,  das  lebhafte  Auge, 
der  süsslächelnde  Mund  ihr  schelmisches,  lieb- 

400)  S.  S.  252  ff. 

401)  Lukian  D.  D.  20,  11. 

402)  S  a  p  p  h  o  2 ,  14,  fiHdideas  äS-aparu  ngoßionM,  H  e  s. 
Theog.  205.  Schild  des  Her.  7,  8.  noUxQvaoe.  Ilias  3,  424.  4, 10 
und  oft  (pdofijufkFr;?.  Hymnos  auf  Aphr.  yelon^cam,  icp’  Ifuqrm 
M  nQoGoänM  all  fjuidmit.  Anakreon  29,  18.  51,  22.  qodiyti -na- 
qittl,  ntiflt}  qodlr,  oder  qoööxqovs  "AffQodkt].  Sil  ins  Ital.  7,  448. 
Venus  roseo  ore.  7,  451.  de  forma  atque  ore  certat  Venus. 
Auson  Ekl.  Barba  Jovi,  crines  Veneri  decor.  Apul ej. Met.  10, 
S.  234  theilt  der  Aphr,  zu:  corpus  candidum,  quod  coelo  demeat. 


345 


kosendes,  einschmeichelndes  Wesen.  Die  natürlichen 
Reize  weiss  sie  aber  noch  durch  Kunst  zu  erhöhen, 
die  Chariten  und  Horen  müssen  sie  schmükken  und 
puzen,  mit  Salben,  schönen  Gewändern  und  kostba¬ 
rem  Geschmeide  *®®).  Athene  verklärt  das  Gesicht 
der  Penelope  mit  solcher  ambrosischen  Schön¬ 
heit,  mit  welcher  Aphrodite  sich  selbst  iimgiebt,  wenn 
sie  mit  den  Chariten  zum  Tanze  sich  vereinigt  Wo 
Freude  und  Lust  mit  Sitte  und  Anmuth  gepaart  herrscht, 
dort  befindet  sich  Aphrodite  unter  ihnen,  und  ist  die 
Xagiddotig.  Harmonia,  ihr  Kind,  und  in  gewissem 
Sinne  sie  selbst,  tanzt  im  Olymp.  Auf  der  Hochzeit 
der  Psyche  befindet  sich  Aphrodite  mit  den  Horen 
und  Chariten,  und  tanzt  zur  Kither  des  Apollon 
Lukrez  '‘®®)  verlangt  von  ihr  die  geistreiche  An- 
I  muth  des  Ausdrukkes,  welche  ausser  ihr  Niemand 
1  verleihen  kann,  und  dem  Anchises  ertheilt  sie  laut 
Ennius  die  Gabe  der  Rede  und  die  Schönheit  des 
mündlichen  Vortrages*,  auch  weiss  ich  nicht,  ob  nicht 
vielleicht  hierher  ihr  Name  Mimnerraia  oder  Me- 
rainia  zu  beziehen  ist,  und  eine  Verleiherin 
der  Gedächtnisskraft  andeutet,  wie  sie  ja  in  ähnlicher 


403)  Hymnos  auf  Aphr.  61.  ff.  u«  öfters.  Virg.  Georg. 
4,  415.  Aphr.  ambrosium  diffudit  odorem. 

404)  Odyssee.  18,  193. 

405)  A  pul  ejus  6,  42.  10,  27.  Venus  vero  gaudens  et  hi- 
laris  laetitiam  saltando  toto  cum  choro  professa  est,  S.  S.  327# 

406)  Lukrez  1,  21  ff. 

Quae  quoniam  rerum  naturam  sola  gubernas, 

Nec  sine  te  quidquam  dias  in  luminis  oras 
Exoritur,  neque  fit  laetum  neque  anaabil^^^uidquam  | 

Te  sociam  studeo  scribundis  versibus  esse. 

- aeternum  da  dictis,  diva,  leporem. 

407)  Servius  z.  Virg.  Aen.  1,  719.  Alii(Venerem)  Mim- 
nermiam  vel  Meminiam  ducuat,  quod  meminerit  omomm» 


346 


Weise  mit  der  Kraft  der  Weissagung  ausrüstet.  Die 
wiederholt  vorkommende  Verbindung  der  Aphrodite 
mit  den  Musen  bezieht  sich  nicht  blos  auf  Tanz  und 
Gesang,  welche  ihr  angenehm  waren,  sondern  sie 
liebt  und  fördert  auch  die  Dichtkunst  doch  ist 

kein  sicheres  Beispiel  vorhanden,  dass  sie  einer  an¬ 
dern  Dichtungsgattung  vorsteht  als  den  Liebesge- 
sängen.  Sie  findet  sich  auch  öfters  in  der  Nähe  Apol¬ 
lons  ^  ich  weiss  aber  nicht,  ob  dies  nur  aus  musischer 
oder  nach  physischer  Beziehung  geschieht. 

Da  Schönheit  und  Liebreiz  nicht  ohne  Jugend¬ 
frische  bestehen  kann,  auch  die  Jugend  nur  der  äch¬ 
ten  Liebe  fähig  ist,  welche  Aphrodite  fordert,  so  ist 
der  Mensch  in  der  jugendlichen  Blüthe  ihr  geweiht  *®*), 
und  die  Jugend  geht  der  Göttin,  als  Heroldin  ihrer 
Nähe  vorauf,  und  thront  auf  den  Jungfräulichen  Au¬ 
genliedern  der  Mädchen,  wie  denen  der  Jünglinge 
Neben  ihr  geht  als  Dienerin  die  Göttin  der  Ueberre- 
dung,  P  eit  ho  mit  Geissei  und  Schlüssel  in  der 
Hand  die  spröden  Herzen  zu  öffnen.  Von  einem  Mäd¬ 
chen  mit  bezauberndem  Liebreiz  und  herzschmelzen¬ 
der  Rede  heisst  es :  die  Peitho  sass  auf  ihren  Lippen, 
und,  umschlungen  vom  Gürtel  der  Aphrodite,  halte  sie 
die  Kypris  mit  allen  Chariten  bei  sich  aufgenommen  ^  ‘  ®). 

408)  Find.  Pyth.  6,  1  u.  Dissen  daselbst. 

409)  Sc  hol.  z.  Hesiod.  W.  u.  T.  439.  Schild  408. 

410)  Find.  Nem.  8,  I  ff. 

nötviu,  xixQV^  liffQodiTijS  afißQoßiuv  (ftkoTÖTOiv 
ScTB  7iaQ9^sv>]lioi5  naldü)]/  yXf(f  dqoie, 

toy  fxsv  eifitqoig  dvdyxag  ßaGid^stS,  ereQov  d  trigaiS. 

411)  Find.  Pyth.  4,  219.  nsi^ovi.  9,  39-  KQVTtmt 

xlutdis  Iw  ßoffus  JIft9ovs  itQay  tfiXomToiv,  Servius  Aen.  1,  <19. 
Suada.  Horaz.  Od.  3,  26,  11.  Sublimi  flagello  Tange  Chloen 
semel  arrogantem.  Vgl.  S.  331. 

412)  Alkiphron  1,  38.  Lukian  Demonax.  *at  mvta 


347 


Um  das  Bild  höchster  Anmuth  und  Holdseligkeit  in 
der  Aphrodite  zu  vollenden,  zugleich  aber  und  vor¬ 
nehmlich  als  Dienerinnen  ihres  ganzen  Wirkungs¬ 
kreises  gesellen  sich  Eros,  die  Chariten  und  die  Ho¬ 
ren  zu  ihr,  personifizirte  Ausflüsse  ihres  Wesens, 
welche  aber  eine  besondere  Betrachtung  erfordern. 

Aphrodite  wendet  vor  allem  ihre  Fürsorge  dem 
Weibe  zu.  Daher  ist  sie  auch  schon  bei  der  Er¬ 
schaffung  des  Weibes  zugegen  verleiht  ihm  Reiz 
nnd  Liebeszauber,  unruhvolle  Begier  und  schmach¬ 
tende  Sorgen  der  Sehnsucht,  aber  auch  Eitelkeit, 
während  Hermes  ihm  unverschämten  Sinn,  betrüge¬ 
rische  Sitten  und  lügenhafte  Reden  eingiebt.  Die 
Chariten  und  die  Peitho  schlangen  um  das  Weib  ein 
goldenes  Busengeschmeide,  die  Horen  wanden  um 
seine  Scheitel  einen  Kranz  von  den  Blumen  des  Früh¬ 
lings.  Doch  Athene  wies  ihm  zierliche  Werke  und 
Kunstarbeiten  des  Webstuhls.  Fortwährend  wendet 
Aphrodite  dem  weiblichen  Geschlechte  ihre  Aufmerk¬ 
samkeit  und  ihr  Wohlwollen  zu,  verleiht  den  Frauen 
diejenigen  Reize  und  Eigenschaften,  welche  sie  wür¬ 
dig  und  fähig  ihres  Dienstes  machen  Zwar  ist 

ihr  irdisches  Ebenbild  die  Helena,  steht  der  Göttin 
nahe  wie  keine  Sterbliche,  wird  für  sie  als  Preis  dem 
Paris  zu  Theil,  ist  auch  ihre  Dienerin  im  Umgänge 

nüvia  /xim  y.at  ’AfQO(firtig  MnqaTis  xat  thysu,  ug  ud 

TO  xüifuxov"  ixdvo,  xtiv  int  ro'tg  xdUew  avmv  imxad-^e^au 

Eupolis  sagte  dies  vom  Perikies,  um  seine  Beredsamkeit  zu  be- 
zeichnen.  Eudokia  S.  17.  sagt:  ihreBeisizer  sind  Peitho,  Her¬ 
mes  und  die  Chariten  dio  ro  nQogdyfOxtat  xat  loym  xat 

pKTt  mvg  iqmixivmg.  Aeschylos  Hiketiden  1039.  r-oivol  9-'at 
(flXah  fxuxqt  ndqicew,  nd&og  TovdiP  anaqpop 

413)  Hesiod.  W.  u.  T.  65.  ff. 

414)  Schol.  z.  Hes.  W.  u.  T.  6.  ’AfQodhti  sfc^oS  mvywap- 

XiUop  xuqiwiP, 


348 


mit  Adonis  *  *  *).  Doch  versieht  ihre  Huld  alle  Frauen, 
wofern  sie  ihnen  wohlwill,  mit  einem  Abglanz  ihrer 
Schönheit  *  *  ®),  und  diese  kommt  von  ihr.  Daher  hält 
man  ein  schönes  Mädchen  wol  für  Aphrodite,  oder 
benennt  es  mit  dem  Namen  der  Göttin  In  den 

griechischen  Romanschriftstellern  kommt  es  öfters 
vor  dass,  wenn  eine  schöne,  von  überirdischer 

Anmuth  strahlende  Jungfrau  im  Tempel  der  Aphro¬ 
dite  gefunden  wird,  man  nicht  weiss,  ob  es  auch  die 
Göttin  selber  ist.  Wohl  vertr.ägt  es  sich  dabei  mit 
der  Olympischen  Göttlichkeit,  dass  sie  über  schöne 
Frauen  selbst  wieder  Neid  empfindet.  Man  nannte 
ein  schönes  Frauenzimmer  nicht  blos  eine  Aphrodite; 
berühmte  Buhleriunen  erhielten  auch  selbst  unter  dem 
Beinamen  der  Aphrodite  Heiligthümer;  so  die  Aphro- 
dite-Lamia,  die  Pythionike  zu  Athen  und  Babylon  *  ‘  ®), 
die  Leaina,  Kteiesylla  auf  Keos  die  Aphrodite- 
Stratonikis  in  8myrna.  Eine  Drusilla  Venus  stand 
zu  Rom  im  Tempel  der  Venus  Genitrix;  Arsinoe,  die 
Gemalin  Plolemäos  Philadelphos,  wurde  als  Aphrodite- 
Zephyritis  verehrt  und  andere  mehr. 

Aphrodite  nimmt  sich  aber  überhaupt  des  Ge- 

415)  Photios  Kod.  190. 

416)  Hosych.  xüüos;  to  t^s ’Ä(f'Qod‘in]5  fj.6Qop,  Eurip.  He¬ 
lena  363.  Epitaph.  Claudiae  Homonoeae  V.  5.  (Wernsd.  poet. 
lat.  min.  3,  213).  Cui  formam  Paphie,  Charites  tribuere  decorem, 

417)  Horaz  1,  27,  14s  1,  33,  13.  vgl.  Catull  61,  16  ff. 
Hom.  11.  24,  699.  Plaut  Rudens  2,  4,  7.  Vgl.  Apulejus 
Äs.  aur.  4,  39. 

418)  CharitoE  2,  2,  5,  31.  Achill  Tat  4.  Longos 
Hirtengesch.  2  S.  30.  Heliodor  1,  7.  5,  31.  Aristainet 
J,  I  u.  15.  Vgl.  Petro  n  Kap.  126. 

419)  Athen.  13,  595. 

420)  Antonin.  Liber.  Kap.  1. 

421)  Kalliaiachos  u.  Poseidippos  bei  Athen.  7,  318. 
Hygio  Poet,  astron.  24.  Katull  Ged.  87. 


349 


-  schikkes  der  jungen  Mädchen  an  Ihnen  steht 

es  frei  von  Verfolgungen  zu  den  Altären  der  Göttin 
zu  flüchten  dort  umfassen  sie  das  Bild  derselben 
und  flehen  um  ihren  Schuz,  welcher  ihnen  nicht  ver¬ 
sagt  wird  Ein  Paar  auf  dem  Meere  verunglükk- 

ter  Mädchenj  welche  sich  ohne  Obdach  und  Anhalt 
seheoj  werden  heim  Plautus  '‘®®)  in  dem  Tempel  der 
Aphrodite  von  dem  Priester  aufgenommen  und  beher¬ 
bergt.  Ihr  eigentliches  Geschäft  ist  aber  die  Beför¬ 
derung  und  Pflege  des  Liebesbandes  zwischen  den 
Geschlechtern.  Wenn  zur  Zeit  der  Hachtfeier  der 
Geburt  der  Göttin  das  Dunkel  auf  den  Lauben  und 
Gebüschen,  weiche  sich  um  die  Tempel  der  Liebes¬ 
göttin  befanden,  lag,  dann  nahten  sich  die  Jünglinge 
und  Mädchen  dem  Altäre  der  Göttin,  und  flehten  mit 
den  Flammenworten  der  Liebe  die  Göttin  um  Erhö- 
rung  an  Dann  rauchte  von  den  Altären  das 


422) 

423) 

424) 
3,  23. 

425) 

426) 


Plautus  Rudens  2,  3,  57  ff. 

Ebend.  2,  4,  33  ff.  3,  2,  10. 

Ebend.  2,  7,  1  ff.  3,  3,  32  ff.  Servius  z.  Virg.  Aen. 

Plaut,  a.  a.  O.  2,  3,  20  u.  77  ff. 

Sapph  o. 

nomloQ-^op’ f  ä9ixpccr‘  ’AfgoSm, 
nul  Jiog,  dolonUxt,  llaoofActl  e$, 
aoaißti  fiijd'  cvlaißh  ifäfipa, 
notviu  9v^öy, 

’Äklo  Tvlä’  il9'\  m  nma  xatiqmta 
tas  Ijuas  avdms  dtoMfoi  ntjlvp 
'ixlvs?,  nmqos  dj  iö/Aop  hmlea 
XQvmov  il&ts 
uQ/ii  vno^ivittufa’ 

fioi  r.al  vm,  ^ultnuv  Je  kvffop 
ix  (xtqi^vKv,  Sam  da  ^ot-  nliaeui, 

Qvfioi  Ifxiqqu,  nhaov,  ah  fi’uim 
övftfiaxos  iffffo. 


350 


Opfer  gKikklicher  oder  unglükklicher  Liebe,  und  in 
den  Gesang  der  Nachtigallen  tönten  die  Gebete,  der 
inbrünstige  Ausruf  der  Liebe.  In  lautem  Getümmel 
drängte  sich  die  ganze  Welt  zu  den  Altären  der 
-Aphrodite  Abgeordnete  von  Städten  und  Ge¬ 

meinden  fanden  sich  in  Paphos  ein,  um  der  Welt¬ 
göttin  ihre  Ehrfurcht  zu  bezeigen,  Wallfahrten  und 
Pilgrime  kamen  von  nah  und  fern,  und  zogen  in  hei¬ 
ligem  Bittgänge  zum  Heiligthume  der  Göttin  hinauf, 
um  Dank  zu  bringen,  oder  Gnade  zu  erflehen,  oder 
aus  dem  Munde  der  Göttin  die  Zukunft  und  Gebote 
in  Angelegenheiten  des  Herzens  zu  vernehmen :  denn 
mannigfach  sind  die  Gaben  der  Aphrodite,  spricht  Eu- 
ripides  den  einen  erfreut  sie,  den  andern  be¬ 
trübt  sie.  Man  rief  die  Aphrodite  zu  Zeugen  seiner 
Gesinnung  und  Schwüre  an  5  unter  ihren  Augen  und 
ihrer  Vermittlung  suchte  man  die  Lösung  der  Zweifel 
und  Missverständnisse,  hotfte  man  den  Gegenstand 
seiner  Sehnsucht  zu  gewinnen.  Sizend  auf  dem 
Throne  spricht  sie  das  Recht  denen,  welche  zu 
'  ihr  kommen  und  um  die  Rechte  der  Liebe  und  um 
Gnade  flehen.  Sie  hat  ihre  Lust  an  dem  Liebesge- 
tändel,  sie  erweicht  das  Herz  des  Jünglings,  und 
überwindet  die  unwissende,  scheue  und  trozige  Jung¬ 
fräulichkeit,  den  störrischen  Sinn  des  Mädchens,  in 
dessen  Herz  das  Geheimniss  der  Liebessehnsucht 
noch  schlummert,  und  nur  die  Erregung  von  ihrer 
Seite  bedarf.  Aphrodite  duldet  es  nicht,  dass  Je¬ 
mand  sich  der  Liebe  und  ihrer  Herrschaft  entzieht; 
wer  sie  verehrt,  den  erhebt  sie  hoch,  stürzt  aber  den 

427)  S.  S.  150. 

428J  Im  Aiolos  frg.  10.  _ 

429)  Per?ig.  Ven.  7.  Cras  Dione  jura  dicit,  fulta  sublimi 
tlirono.  V.  50.  Praesens  ipsa  jura  dicet,  assidebunt  Gratiae. 


351 


in  den  Staub  ***},  oder  straft  ihn  mit  unnatürlichen 
Neigungen,  sogar  mit  dem  Tode,  welcher  io  seinem 
üebermuth  sie  vernachlässigt.  Eines  der  warnend« 
sten  Beispiele  stellt  die  Sagengeschichte  an  Phädra 
und  Hippolyt  auf.  Aphrodite  hasst  des  Theseus  Ge- 
malin  und  Tochter  des  Minos  von  der  Pasiphae, 
Phaidra  und  flösst  ihr  die  heftigste  Liebe  zu  ihrem 
Stiefsohne  Hippolytos  ein.  Sie  baute  zu  Athen  auf 
der  Akropolis,  von  wo  aus  sie  den  Hippolytos  sich 
in  der  Bennbahn  zu  Trözen  üben  sehen  und  ihrer 
Liebe  nachhängen  konnte,  der  Aphrodite  einen  Tem¬ 
pel,  und  einen  andern  zu  Trözen  unter  dem  Namen 
nazaGxoniaj  der  spähenden,  sehnsüchtig  blik- 
kenden.  Hippolytos  erwiedert  aber  ihre  Liebe  nicht, 
und  erleidet  darüber  den  Tod,  dem  auch  Phädra  nicht 
entgeht.  Wie  viele  Wendungen  diese  Sage  auch 
hat,  immer  ist  es  Aphrodite,  welche  zürnend  Kecht 
fordert  und  strafend  wirkt.  Am  gehässigsten  tritt  sie 
da  auf,  wo  sie,  um  den  verhassten  Hippolytos  zu  ver¬ 
nichten,  die  von  ihr  geliebte  Phaidra  mit  ins  Verder¬ 
ben  stürzt.  —  Arkeophon,  der  Sohn  des  Minnyridas 
in  Salamis  auf  Kypros,  liebte  die  Tochter  des  Königs 
Nikokreon,  Namens  Arsinoe  Seines  niedrigen 

Standes  wegen  verachtete  das  Mädchen  ihn,  und  vor 

430)  Eurip,  Hippolyt.  1.  ff.  Aphr.  spricht: 

llokkij  fiiv  iv  ßQowiGi,  MiW  dvapvfioi 
&tc(  yJxkrifiKi,  Kvngts,  oiguvov  t’sGoi’ 
offot  TS  novrov  t’Arkavnxmp 

vulovatv  iXaoi,  qmg  ogMvns 
Tovs  fj.iv  aißovTttS  TUfxu  ngtcßtuoi  xgurt], 

Gff  dkküi  'S“ ,  oGoi  (fgopuvaw  slg  ^fj.as  f^eya. 

Vgl,  Eurip.  Helena  1006  ff.  ‘H  Kingis  di  jnot  (itj,  cv/ußtßtjxe 
cf mxfct^ov.  migaGo/iat  ds  nagdipos  /uipHP  dti. 

431)  Antonin.  Liber  Metam.  39.  aus  Herrn esianax  2tem 
Buch  der  Leontion. 


352 


Liebesgram  machte  Ärkeophon  seinem  Leben  freiwillig 
ein  Ende.  Im  Uebermuth  sah  Ärsinoe  der  Verbren¬ 
nung  des  Leichnams  zu,  Aphrodite  aber,  welche  sol¬ 
che  Sinnesart  hasste,  verwandelte  sie  in  eine  stei¬ 
nerne  Bildsäule,  deren  Füsse  in  der  Erde  wurzelten. 
Es  ist  dies  dieselbe  Erzählung,  welche  Ovid  von 
der  Anaxarete  und  dem  Iphis  erzählt,  aber  der  Ort 
ist  derselbe.  Abgesehen  von  den  mehr  unwesentli¬ 
chen  Ausschmükkungen  der  Fabel,  sezt  er  hinzu,  das 
Bild  der  Anaxarete  stehe  im  Tempel  der  Venus 
Prospiciens,  der  Hinschauenden,  Spähenden, 
sehnsüchtig  Blikkenden.  Mir  scheint  es  als 
wenn  die  kyprische  Aphrodite  prospiciens  bei  Ovid, 
und  die  Trözenische  naqaöxonia  ganz  derselben  Be¬ 
deutung  sind,  und  ich  glaube  nicht,  dass  die  geschicht¬ 
liche  Einkleidung  und  Anwendung,  welche  das  Blik- 
ken  hier  von  der  Sehnsucht  der  Liebe,  dort  scheinbar 
vom  Hochmuth  auffasste,  ein  Hinderniss  dieser  Er¬ 
klärung  sein  kann.  Man  hat  auch  die  Prospi¬ 
ciens  auf  Kypros  mit  der  Aphrodite  eXs^^icop  zu  €hal- 
kedon  ***)  in  Verbindung  gebracht,  und  sie  durch 
die  Legende  einer  nicht  erhörenden,  erst  im  Hinblikk 
auf  die  Leiche  des  Liebenden  gerührten  Schönen  er¬ 
klärt.  —  Die  kyprische  Königstochter  Myrrha  ver¬ 
achtet  ihrer  Schönheit  wegen  die  Aphrodite  neben 
sich;  die  Göttin  flösst  ihr  aber  dafür  zur  Strafe  eine 
unnatürliche  Liebe  zu  ihrem  Vater  Kinyras  ein.  Po- 
lyphonte,  eine  Enkelin  des  Ares  von  seiner  Tochter 
Thrassa,  verschmähte  die  Werke  der  Aphrodite  und 

432)  Ovid  Metam.  14,  695—770.  Die  xctraffxonla  hei 
Eurip.  Hipp.  30,  Pausan  2,  32,  6.  Ueber  die  hierher  gehörige^ 
Aphrodite  naqaxintemtt  s.  S.  359, 

433)  Welker  Epischer  Kyklos  S.  300. 

434)  Bei  Hesych. 


353 


lebte  auf  den  Bergen  als  Gesellschafterin  der  Arte¬ 
mis.  Nun  erregt  Aphrodite  eine  wahnsinnige  Liebe 
zu  einem  Bären  in  ihr,  und  sie  begattet  sich  mit  ihm. 
Bei  diesem  Anblikk  ergreift  die  Artemis  ein  heftiger 
Abscheu  gegen  sie,  und  sie  hezt  alle  Thiere  auf  sie,  dass 
sie  sich  in  ihres  Vaters  Haus  flüchten  muss,  und  dort 
den  Agrios  und  Oreios  gebiert  In  Skythien  be- 

ijstraft  sie  den  Tanais  welcher  allein  den  Ares 

hiverehrte,  das  weibliche  Geschlecht  aber  hasste,  und 
'  eine  Vermälurig  für  entehrend  hielt.  Atalante  ver¬ 
schmäht  die  Liebe  des  Milanion,  wird  aber  durch  die 
ausharrende  Bemühung  desselben  besiegt.  Die  Sin« 
iiesbeugung  ist  jedoch  der  Aphrodite  noch  keine  ge¬ 
nügende  Strafe  5  sie  lässt  die  Liebe  des  Milanion,  nach¬ 
dem  er  in  Atalantes  Besiz  gekommen,  erkalten,  und 
nun  die  spröde  von  heftigster  Leidenschaft  für  den 
früher  Verstossenen  entbrennen  Nach  Argi- 

Vischer  Sage  überwindet  Hippomenes  mit  Hülfe  der 
Aphrodite  und  der  Aepfel  vom  goldenen  Baume  auf 
Kypros  den  jungfräulichen  Troz  und  Starrsinn  der 
Atalante.  Weil  aber  der  Sieger  im  Rausch  seiner 
Lust  der  Aphrodite  zu  opfern  vergisst,  so  bestraft  sie 
ihn  dadurch,  dass  sie  ihn  reizt,  die  Braut  in  Kybeles 
Heiligthum  zu  umarmen.  Diese  über  die  Entehrung 
ihres  Tempels  entrüstet,  verwandelte  beide  in  Lö¬ 
wen  **«1*^.  So  ist  erst  Atalantes,  nachher  Hippome- 

435)  Antonin.  Liber.  Metam.  21.  aus  Boios  2tem  Buche 
der  Oreithogonie. 

436)  Plutarch  V.  d.  Flüssen.  14,  1. 

436a)  Musaios  Hero  und  Leander  153.  das.  Heinrich.  Pr  op. 
1,  1,  9  ff.  Ovid  Am.  3,  2,  29.  Ars  am.  2,  185  ff.  Theognis 
1305  (1291)  ff. 

436b)  Schul.  Theokr.  3,  40.  2,  118.  Ovid.  Metam. 
10,  683.  ff. 

II. 


23 


354 


nes  Verpjehen  bestraft.  Die  Lemnierinnen  verachten 
und  vernachlässigen  die  Aphrodite,  und  die  Göttin  ' 
sendet  ihnen  einen  üblen  Geruch,  dass  ihre  Männer! 
sie  nicht  berühren  mögen,  sondern  sich  fremde  Frauen 
beilegen.  Die  Danaiden  müssen  ihre  Strafe  in  der 
Unterwelt  leiden,  dass  sie  ihre  Männer  getödtet  ha-jt 
ben  Die  bekannte  Argivische  Sage  von  denjl 

Prötiden  ist  wie  so  vieles  aus  Argos  auch  nach  Ky-, 
pros  gebracht  worden.  Nur  haben  sie  hier  ganz  ih¬ 
ren  Charakter  verloren,  indem  von  bakchischein  Wahn-  i 
sinn  nicht  mehr  die  Rede  ist.  Ihre  kyprische  Hei¬ 
mat  ist  Amathus;  hier  verachten  sie  die  Aphrodite,,! 
wie  in  Argos  die  Hera,  und  leugnen  ihre  Göttlich-  i 
keit.  Dafür  werden  sie  gestraft,  und  zwar  ganz  auf  . 
aphrodisische  Weise,  so  dass  sie  ihren  Leib  öffent-,i 
lieh  preis  geben  müssen  während  in  Argivi-ijj 

scher  Sage  Melampus  sie  von  ihrem  bakchischen  1 
Wahnsinne  hielt.  Aphrodite  straft  aber  nicht  blosi 
Nec  mihi  tura  dedit.  Subitam  convertor  in  iram, 
Contemnique  dolens,  ne  sim  spernenda  futuris, 

Exemplo  caveo,  meque  ipsa  exhortor  in  ambos. 

Etwas  anders  erzählt  Hygin.  Tab.  185.  Irata  Venere  in  monte' 
Parnaso  cum  sacrificaret  lovi  victori ,  cupiditate  incensus ,  cum 
ea  infans  concubuit,  quos  Jupiter  ob  id  factum  in  leonem  et 
leaenam  convertit,  quibus  dii  coneuhitum  Veneris  denegant.  — 
Vgl.  Palaiphatos  Kap.  14.  Herakleitos  Kap.  12. 

Wie  Hygin  erzählt  A  p  o  1 1  o  d.  3,  9,  2. 

437)  Tibull.  1,  3,  79. 

438)  Ailian  Versch.  Erz.  3,  42.  Ovid.  Met.  10, 238. P 1  u ■ 

tarch  Philos.  esse  cum  Princ,  Kap.  2.  ovyng  y  fitv’A(fQo(KT>i  Tak\ 
wv  Jlqoltov  (vgl.  Lob.  Agl.  S.  299.)  ^vyaT^daiv  ifirjvifv,  on  Trpiärtu. 
fivßsce  xara/mv  psavlßxoiv,  also  wie  Ovid.  die  beiden 

hesiodischen  Fragen.  (Nr.  27  u.  28  bei  Göttling)  beziehen  sichi 
wahrscheinlich  auf  die  kyprische  Sage,  denn  die  Prötiden  sind; 
hier  in  Wollust  versunken.  Vielleicht  gab  es  auch  eine  Sage, 
nach  welcher  Proitos,  von  seinem  Bruder  Akrisios  vertrieben  ,| 
so  wie  nach  Lykien  auch  nach  Amathus  gekommen  sei. 


355 


Vernachlässigung  der  Liebe,  sondern  auch  andere 
Vergehen,  Verlezungen  ihrer  Person  und  Tempel. 
Die  Scythen,  welche  ihren  Tempel  frech  entweiht 
hatten,  belegt  sie  mit  einer  weibisch  machenden,  ver¬ 
weichlichenden  Krankheit  *®®).  Philoktet  tödtet  ihren 
Liebling  Paris ;  dafür  sendet  die  Göttin  ihm  eine  aphro¬ 
disische  Krankheit  Diomedes  verwundet  die 

Aphrodite,  dafür  verleitet  die  Göttin  seine  Gemalin 
Aigialeia  während  seiner  Abwesenheit  zur  Untreue 
Durch  den  Zorn  der  Aphrodite  wird  er  überdiess  noch 
imhergetrieben,  und  seine  Gefährten  in  Eisvögel  ver¬ 
handelt  Auf  ähnliche  Weise  rächt  sich  Kirke 

jtvegen  verschmähter  Liebe  ***).  Um  die  Aphrodite 
kn  versöhnen,  baut  Diomedes  Venusia  in  Apulien 
Hierher  gehört  auch  die  Fabel  von  den  Kerasten  auf 
jiypros,  welche  auf  dem  Altäre  des  gastlichen  Zeus 
i  lie  Fremden  opferten,  dafür  aber  von  der  Aphrodite, 
velche  solche  Opfer  verabscheute,  in  Stiere  verwan- 
lelt  wurden.  Die  ganze  griechische  Sagengeschichte 
st  mit  Beispielen  angefüllt,  welche  die  verderblich© 
dacht  der  Aphrodite  darthun,  und  auf  die  mannig- 
ächste  Art  beweisen,  wie  stark  die  Macht  der  Liebe, 
vie  die  Göttin  jedes  Unrecht,  dessen  sich  der  Mensch 

I  439)  Herodot.  I,  105.  O-^Xeiay  povaoK  Hippokrates  de 
er.  aq.  et  loc.  S  293.  sagt  v.  d.  Scythen  ylvonm,  fv 

anciia  iqydl^ovrai,,  (oS  ai  yvVCitxBg  dtaltyourm, 

440)  Martial  4,  84.  SchoL  z.  Thiik.  1,  12  nennt  es  eine 

voGov. 

441)  Tzetzes  u.  d.  SchoL  z.  Lykophr.  610. 

442)  Ovid  Met.  14,  476  ff.  antiquo  memores  de  vulnere 
oenas  Exigit  alma  Venus. 

443)  Ovid  Metam,  14,  384. 

444)  Servius  z.  Virg.  Aen.  11,  246.  Venusiam  (condi- 
iit  Diomedes)  in  satisfactionem  Veneris,  quod  ejus  ira  sedes 
atrias  invenire  non  poterat. 

23  * 


356 


gegen  sie  schuldig  macht,  rächt.  Diejenigen,  welche 
durch  Liebeskummer  umgekomraen,  finden  auch  jeo- 
seit  des  Grabes  keine  Buhe,  sondern  wandeln  noch 
im  Tode  auf  einsamen  Pfaden  in  einem  Myrtenhain 
So  erblikkt  Aeneas  die  Phädra,  Prokris,  Erijthyle 
Euadne,  Pasiphae,  Laodamia  in  der  Unterwelt 
Ariadne,  Thisbe  und  andere  fügt  noch  Klaudian 
hinzu. 

Wer  aber  im  Dienste  der  Göttin  verharrt,  dei 
belohnt  sie  wieder  auf  ihre  Weise.  Dem  Paris  gieb 
sie  die  schönste  Frau,  Kinyras  wird  tausendfältig  voi 
ihr  bevorzugt  und  geehrt;  dem  Pygmalion  belebtest 
die  Bildsäule,  den  Phaon  belohnt  sie  mit  einer  Salbe 
durch  deren  Gebrauch  er  eine  solche  Schönheit  er 
hält,  dass  alle  Frauen  von  Mitylene  sich  in  ihn  ver 
lieben.  Kein  Beispiel  ist  in  der  griechischen  My 
thologie  berühmter,  wo  sich  Aphrodite  derer  annimm 
welche  kühn  den  Gefahren  der  Liebe  trozen,  als  da 
der  Hypermnestra,  welche  zum  Tode  verdammt  wai 
weil  sie  ihren  Bräutigam  gegen  den  Befehl  des  Va 
ters  in  der  Brautnacht  nicht  getödtet  hatte.  Die  Gö( 
lin  tritt  hier  als  Richterin  auf  und  entscheidet  übt 
die  Handlungen  eines  liebenden  Herzens.  Der  re 
wen  heissen  Liebe  zu  einem  Mädchen  ist  Aphrodil 
hold  sie  hilft  dem  Leander  die  Gewalten  de 

Meeres  überwinden,  und  erbarmt  sich  der  Leiden  dt 
Herzens  *^®).  Liebende  dürfen  nicht  das  Opfer  dt 
Aphrodite  verabsäumen  ***)  und  ihr  Geschenke  z 

445)  Virgil  Aen.  6,  444  ff. 

446)  Cupido  cruci  affixus  1  ff. 

447)  Heliodor  4,  18.  —  Hör.  Od.  1,  15,  13.  4,  10, 
ist  sie  dem  gliikklichen  Liebhaber  gnädig. 

448)  Musaios  Hero  und  Leander  250.  xal  —  ^,<<1 

itQiay  o^vpüav,  ' 

449)  Xenoplion  v  Eph.  5,  10. 


357 


bringen  müssen  sich  auch  in  die  Mysterien  der 
Göttin  einweihen  lassen  Wenn  eine  Jungfrau 

sich  nach  einem  Jüngling  sehnt,  so  opfert  sie  der 
Kypris  Kallirrhoe  sucht  bei  ihr  Trost  im  Lei¬ 

den,  umfasst  die  Füsse  der  Göttin,  und  fleht  um  Er¬ 
füllung  ihrer  heissesten  Wünsche  Ein  lieben¬ 

der  Jüngling  stellt  das  Bild  seiner  Geliebten  zur 
Seite  der  Aphrodite,  und  betet  sie  an  gleich  der  Göt¬ 
tin  selbst  Die  Erscheinung  der  Aphrodite  war 

•'von  guter  Vorbedeutung,  wie  die  anderer  Gottheiten 
k'on  verderblicher  *®®).  An  den  Festen  der  Aphro¬ 
dite  dichtete  man  auch  gern  die  ersten  Zusammen- 
;  künfte  der  Liebenden  denn  sie  war  es,  welche 
iäie  Herzen  einander  entgegenführte. 

!  Die  Wirksamkeit  der  Liebesgöttin  auf  das  mensch- 
‘  Gliche  Herz  und  seine  Leidenschaften  thut  sich  auf 
-  die  mannigfachste  Weise  kund,  und  wird  in  den  Bei¬ 
namen,  welche  man  der  Göttin  giebt,  niedergelegt. 
Durch  dreihundert  Beinamen  wird  Aphrodite  in  den 
Hymnen  verherrlicht,  sagt  Johannes  von  Lydien,  und 

450)  Chariton  8,.  3.  Chaireas  dvaO-^naei.  tiiv  ’AfQoMtiiv 

infitjes. 

451)  Achill  Tat.  B.  2  u.  5.  Die  Ausgabe  •von  Jakobs 
kann  ich  nicht  benuzen,  und  v.’eiss  daher  auch  nicht,  ob  er  viel- 
leicht  zu  dieser  und  andern  Stellen  noch  besondere  Erläute¬ 
rungen  giebt. 

452)  Achill.  Tat.  B.  8. 

453)  Chariton  2,  2. 

454)  Chariton  3,  6. 

455)  Chariton  3,  6.  iniff  avng  yäq  ian  (Aphrod.),  xai  Mx- 
vvaw  iuvT^y  iyaQ-ydig.  dU.’  dyai^ou  ßiydlov  wvr  stf»  etif4$ioy. 

456)  Chariton  1,  1.  3,  6.  4,  4.  6,  5.  Musaios  V.  42. 
Auch  geschah  es  an  den  Festen  der  Artemis.  Theo  kr.  2,  67 
vgl.  Xenoph.  v.  Eph.  1,  1.  Bei  Heliodor  4,  164.  entbren- 
nen  Theagenes  und  Charikleia  am  Feste  des  Apollon  zu  Delphi  ^ 
in  wechselseitiger  Liebe  zu  einander. 


358 


bei  den  Orphikern  heisst  sie  noXvdvvnog  wie  TioXvvao;.  i 
Es  würde  hierbei  sich  vielleicht  kaum  der  Mühe  ver¬ 
lohnen,  wenn  man  alle  Beinamen  der  Göttin  sammeln 
w'ollte.  Alle  weiblichen  Eigenschaften,  welche  im 
Stande  sind  einen  Eindrukk  auf  den  Mann  zu  machen,  • 
alle  Seelenzustände,  welche  die  Liebe  erregt,  alle  . 
äusseren  Begegnisse  in  der  Liebe,  Glükk  und  Wi¬ 
derwärtigkeiten,  werden  auf  die  Aphrodite  zurükge- 
führt,  und  diese  als  an  ihr  haftend  oder  von  ihr  aus¬ 
gehend  durch  Beinamen  angedeutet.  So  erklären  sich 
leicht  alle  Namen  und  Auffassungen  der  Göttin,  wel¬ 
che  am  mannigfachsten  bei  den  Erotikern  anzutreffen 
sind;  doch  nur  einige  von  den  vielen  wollen  wir 
hier  nennen,  um  uns  das  Bild  der  Aphrodite  noch  von  ; 
mehreren  Seiten  zu  vergegenwärtigen.  So  heisst  die  • 
Kypris  yXvxvfidXixog^  die  süsskosende,  süssschmei- 1 
.chelnde;  in  ihrem  Blikke  findet  man  das  vyqov,  das 
Schmachtende  und  Zärtliche  der  Augenlieder;  aucl. 
heisst  siein  ähnlicher  Beziehung  (TTga/Siy  und  paeta 
welches  eigentlich  das  Schielen  der  Augen  bezeich¬ 
net,  hier  aber  das  verliebte  Blinzeln  mit  den  Augen 
das  Liebäugeln.  MsXivsta  kündigt  sie  vielleicht  ah 
die  Honigsüsse  an;  xptd-vqog  heisst  sie  vom  heim¬ 
lichen  Liebesgeflüster,  inijxoog  die  Erhörende,  ver 
wandt  mit  der  bereits  genannten  Benennung  iXs^fim 
Sxotvig  erleidet  mehrere  Deutungen,  zunächs 

457)  Vgl.  Ovid  ars.  am.  2,  659.  Petronius  Satir.  Kaj 
68  u.  oft. 

458)  Harpokration  Hesych,  Suidas  ipi^vQiomv  ‘K^ 

fiov  zut^E^aros  xat  ’Aq  Qodiojs,  änsQ  n^oSioi' inoirjctp,  äs  (piict  .ZiönvQoi 
B^tSivs,  iTOtcTij  äs  qaaiv,  iipidvqt^s  Brjdtl  xam  ‘InnoXvTov  <Äß 

ßdX).ov6tt  avTovi  ol  ds  dvdQMmväTiQÖp  (f  aci  yj^SvQUTTrjP  nagd  ro  dv 
S-gänove  ixsi  ewig^ofiipovs  rd  unöggtjTa  cwrld'SS&at,  Xttl 
ull^loi^S,  nfQi  mv  ßovlopTcei. 

459)  Lykophroa  832. 


359 


liegt  eine  Deutung  als  Binsen  liebende,  als  Sumpf- 
göttin,  dann  könnte  es  möglicher  Weise  auch  eine 
Bindende,  Fesselnde  sein,  und  stimmte  mit  ihrem  la- 
einischen  Namen  Anneta  überein.  Unter  dem  Na¬ 
uen  nccQaxvTTvovaa  wurde  sie  besonders  auf  Ky- 
bros  verehrt,  und  wir  könnten  diese  Eigenschaft  vom 
verstohlenen  Blikken  nach  einem  Liebchen  auslegen, 
imd  damit  zunächst  die  xaTadxoma  oder  (ftqaß^  ver-» 
gleichen.  In  der  xataüxoma  glauben  wir  aber  eine 
(  Söttin  zu  erkennen,  welche  sich  der  kyprischeo  Ve- 
jius  prospiciens  bei  Ovid  näherte;  dieser  lateini- 
tche  Name  scheint  mir  aber  nur  eine  Uebersezung 
1  er  Parakyptusa  zu  sein.  Auch  diese  Benennung 
vurde  wie  jene  als  der  Name  eines  Mädchens  ge- 
asst,  und  von  ihr  eine  Legende  ähnlich  Jener  er« 
iählt.  Die  Deutung  des  Namens  ist  in  beiden  etwas 
'  erschieden,  aber  das  liegt  eben  nur  in  der  Abwei- 
■  hung,  welche  die  geschichtliche  Einkleidung  und 
Deutung  mit  sich  brachte.  Von  dieser  abgesehen, 
vürde  vielleicht  der  griechischen  naqaxvmovßa  im 
lateinischen  eine  Venus  despiciens  genauer  als 
ine  prospiciens  entsprechen. 

In  dem  namentlich  bei  Euripides  öfters  vorkom- 
nenden  Ausdrukke  dsivq  liegen  die  Peinigungen  und 
Ile  gewaltsamen  Aeusserungen  der  Aphrodite  auf 
as  menschliche  Gemüth.  "Adixog  *®')  wird  sie  im 
Jnwillen  genannt,  dass  sie  Leiden  bereitet,  dass  sie 

460)  Plutarch  Erot.  Kap.  20.  ?!  yäq  av  liyot  ns,  Ev^vv- 
tTop  (?)  xcd  J $vxo  PThda  (?)  t^p  ip  Kvnqm  n aq  axvntov- 
ap  tu  PVP  TtQoSccyoQtvofÜp>ip;  «AA«  t^p  FoqyovS  notvriP  ovx 

xjjxöart,  T^S  xqjjff&tis,  naqanl^atu  ty  HtxQuxvnTQvßfi  na&ovßtjS-  nl^p 
'■flpt]  (xip  dnfh&(ü9^  nuqaxvfpaea  tov  iQaßTtjP  Wthp  ixxofutofisvop. 
|.  S,  352. 

■  461)  Chariton  3,  10.  Aphrodite  ist  falsch  und  täuscht, 

i  jloraz  Od.  3,  27,  68.  Aderat  querenti  Perfidum  ridens  Venus. 


360 


Liebe  und  Glükk  nicht  nach  Verdienst,  sondern  nach 
Launen  dem  Menschen  zuertheilt.  JoUofpQcav 
die  Trug’gesinnte,  weil  die  Liebesgöttin  keine  Mittel 
und  Ränke  verschmäht,  um  zum  Zwekk  zu  gelangen. 
Aehnlich  sind  eine  Menge  anderer  Beinamen:  dö/ö- 
(irixic  listiger  Anschläge  voll,  verschmizt;  nav-  \ 
ovQyög,  die  verschlagene,  betrügerische,  boshafte;  do~ 
?Mn;X6xog  listenknöpfend,  ränkespinnend;  nrnavlzig  zu  i 
Megalopolis,  Kunstgriffe,  List  und  Anschläge  gebrau-  i 
chend ;  oldrqotpöqoq^  Wuth  erregend,  von  der  Heftige 
keit  der  Leidenschaft;  insana  die  wahnsinnig  ma¬ 
chende. 

Von  ethischem  Standpunkte  aus  betrachtet,  trennte 
man  allgemein  die  gesammten  Anschauungen,  welche 
der  Aphroditekult  darbot,  in  zwei  Seiten,  welchen 
man  alle  einzelnen  Formen  desselben  unterordnete, 
und  benannte  sie  mit  dem  Namen  einer  Aphrouite 
Urania  und  einer  Pandemos.  Wir  können  diese 
beiden  allgemeinen  Seiten  des  Kultes,  glaube  ich, 
nicht  richtiger  bezeichnen,  als  wenn  wir  sagen,  sie 
drükken  in  ihren  Gegensäzen  den  Genuss  gesezmä- 
ssiger  und  ungesezmässiger,  erlaubter  und  unerlaub¬ 
ter,  reiner  und  unreiner  Liebe  aus.  Diese  Auslegung 
erhält  durch  die  Symbole  und  durch  die  klaren  Deu¬ 
tungen  der  Alten  selbst  ihre  Bestätigung.  ZuElis 
gab  es  zwei  Bilder  der  Aphrodite;  das,  welches  in 
dem  aus  der  korkyräischen  Beute  errichteten  Tempel 
stand,  führte  den  Namen  der  Urania,  war  aus  Gold 
und  Elfenbein,  ein  Werk  des  Phidias  und  sezte  den 

462)  Eurip.  Iph.  Aul.  1301.  Helena  238.  a  cT«  Tokios  « 

mluxrovos  Kinqis.  ■ 

463)  KoluthosSO. 

464)  Paus.  6,  25,  1.  ~  m  c)f  inl  xekdivr]  ts  xai  k  t'ov  rqci-, 

yoy  naqtijj/xii  wJs  S-fkov(fty 


361 


einen  Fuss  auf  eine  Schildkröte^  das  Bild  der 
Häuslichkeit  und  Sitte  *®*).  Ausserhalb  des  Tem¬ 
pels  im  geheiligten  Bezirk  stand  ein  ehernes  Bild 
der  Aphrodite  mit  dem  Namen  Pandemos  von  Sko- 
pas  verfertigt  und  auf  einem  Bokke,  dem  Sinnbilde 
der  Geilheit,  reitend.  Ursprünglich  war  das  Opfer 
der  männlichen  Thiere  nur  zur  Bezeichnung  der  Zeu¬ 
gungsgottheit  gewählt,  ohne  den  gesteigerten  Neben¬ 
begriff  der  unreinsten  Begierde  und  Lust,  welche  man 
im  Bokke  versinnbildlicht  fand.  Dies  Opfer  wurde 
einer  besondern  göttlichen  Offenbarung  zugeschrieben 
und  auf  geschichtliche  Weise  mit  dem  Theseus  ver¬ 
bunden,  zu  dessen  religiösen  Einrichtungen  man  auch 
die  Gründung  des  nachweislich  ältsten  Tempels  der 
Pandemos  zu  Athen  zählte.  Als  der  Delphische  Gott 
ihm  befohlen  hatte,  die  Aphrodite,  ohne  Zweifel  als 
Meergöttin  und  Fahrtenlenkerin,  sich  zur  Geleiterin 
und  Führerin  der  Fahrt  zu  erwählen,  wollte  er  der 
Göttin  am  Meere  eine  weibliche  Ziege  opfern;  sie 
verwandelte  sich  aber  von  selbst  in  einen  Bokk,  und 
man  nannte  daher  die  Aphrodite  smtqayia  *®®).  Die 
Unterscheidung,  welche  wir  in  den  Symbolen  der 
beiden  Bilder  der  Aphrodite  zu  Elis  angedeutet  se¬ 
hen,  finden  wir  auch  wiederholt  schriftlich  ausgespro¬ 
chen.  Xenophon  '‘®’)  sagt,  der  Dienst  der  Pandemos 

465)  P lut arch  Eheregeln  Kap.  32.  nennt  die  Schildkröte 
oixovQia?  Gv/iißoh)v  mls  yvvcu^l  y.al  Gmn^S. 

466)  Plutarch  Theseus  Kap.  18. 

467)  Xenophon  Symposion  8,  9.  El  filv  ovv  iGxLv 

'AqQoSirrj  ^  damt  Ovqaviu  ts  xal  ndpdtj/xoSj  ovx  olda’  xai  ydq  Ztii 
6  ttvto?  doxmv  ilvai  nol.ku<;  tnmvvfj.ia?  tyn'  ou  ys  (jivroi  ixet- 

riqa  ßcjfiol  TB  BiGt  xat  puoi  xat  d-valat,  Tg  (jilv  JlapdgfKg  qadwvqyö- 
ttqui,  Tg  ÖB  Ovqapla  äypotiqui,  olda.  ElxaGatS  d äp  xai  wie  eqüitas 
Tgp  fiip  ndpdgfxop  twp  GafidTUP  Imni/Ami-p ,  tryp  d’OvqaplüP  tgS  '*pv- 
/ge  TB  xai  Tge  (f  tUas  xai  tmp  xakap  Bqyap. 


362 


ist  leichtfertig,  der  der  Urania  ist  reiner,  fügt  aber 
noch  die  philosophische  Deutung  hinzu,  in  welchem 
er  den  Begriff  der  Urania  von  allem  Materiellen  ent¬ 
fernt,  und  sie  nur  auf  rein  geistige  Liehe,  Freund¬ 
schaft  und  schöne  Thaten  bezieht.  Himerios  im  Frag¬ 
ment  aus  der  Rede  auf  die  Ankunft  der  Kyprier  sagt: 
diePandemos  hat  mit  der  Urania  nichts  Gemeinschaft¬ 
liches.  Jene  erzeugt  die  gemeinen  und  unreinen  Lie- 
besregungen5  diese  hat  aber  die  goldenen  Söhne  und 
deren  goldenes  Geschoss,  ihr  Ziel  aber  sind  die  er¬ 
blühten  und  reinen  Seelen  *®®).  Pausanias  giebt 
bei  Gelegenheit  des  Thebischen  Kultes  die  ganz  phi¬ 
losophische  Auslegung  der  Urania.  Der  Kult  von 
Theben  ist  uns  auch  hier  wieder  und  besonders  des¬ 
halb  merkwürdig,  weil  er  den  beiden  gewöhnlichen 
Formen  der  Aphrodite,  der  Urania  und  Pandemos, 
noch  eine  dritte,  die  Apostrophia  hinzufügt.  Har¬ 
monia  sollte  ihrer  Mutter  Aphrodite  diese  dreifachen 
Bilder  geweiht  haben.  Wenn  dies  nun  nach  der  Re¬ 
gel,  dass  die  Götter  sich  selbst  ihren  Kult  einrichten, 
einerseits  weiter  nichts  heisst,  als  dass  Aphrodite  sich 
selbst  den  Thebanern  in  dieser  Eigenschaft  kund  ge- 
than,  so  bürgt  andererseits  diese  Zurükbeziehung  auf 

468)  vsoTilsls  xul  uxtjquToh.  So  auch  Photios  Bibi, 
d”  "AfQoürrj  ngos  Tr)V  Ovgaplav  oväiv  xoivov'  ^  uiv  ßs- 

ß^kovs  xat  oi  xa&ttQovs  r^p  g^vtfhP  ytvpa  rove  tgatras.  rjj  di  xgvaolfUP 
oi  Ttödes,  tfi  rä  rovToiv  xal  ßHij.  axonol  df  avwk  ipvyal  Pionktls 

xttt  uxfigato!,-  Heliodor  I,  19.  spricht  von  der  Wahl  eines  Mäd¬ 
chens  von  niederm  Stande  zur  Gattin  und  bezeichnet  die  Liebe 
zu  einem  solchen  mit  der  Aphr.  Pandemos :  innd^  ydg  t^p  ndp~ 
ätiiioy  'A<fgodlrtiP  to  ngoft^nxop  än/jd^fi  ytpo?,  oti  xad^’^dop^p  ypfl«?, 
ciÜLa  fk  dtadoj(ds  Gnogag,  t^p  di  i/xavr^  yipiff^M  dußxaxpaixtptjp. 

469)  Paus  an.  9,  16,  2  r^p  fxip  Ovgupiup  int  igan  xa9ccgm, 

xkI  dn^tJMy/xip^  nd&ov  coi/xdrMP.  Ildpdii/MP  di  int  rcclg  tqI- 

jtjp  di  ’AnoßTQoflap,  !pa  im9vixlttS  ti  uyofxov  xnt  tgyoiy  dpoßfwp  dno- 
ffrgffp  TO  yiyos  twp  dp^goinm» 


363 


die  Harmonia  für  ein  sehr  hohes  Alter  der  Bilder  und 
ihrer  Aaflfassun^.  Aber  es  steht  noch  zur  Frage,  ob 
nicht  etwa  dieser  Dreiverein  der  Aphroditebilder  ur¬ 
sprünglich  eine  physische  Bedeutung  gehabt  habe, 
welche  nur  erst  später  io  die  ethische  überging.  Von 
der  Urania  wird  dies  gleich  näher  nachgewiesen  wer¬ 
den,  und  Gerhard  nimmt  auch  die  Apostrophia  in 
physischer  Beziehung  für  eine  Göttin  des  Todes.  Er 
sagt  *^®):  als  Herrin  des  Todesurtheils  heisst  sie 
nicht  blos  eine,  die  es  abwendet,  dnotftQO(fla,  und  ver¬ 
zögert,  sondern  neben  einem  nächtlichen  Bakchos  und 
einem  Aschenzeus  (Zsi)g  xdvwg)  heisst  sie  auch  eine 
sich  zuwendende,  Gebieterin  alles  Sterb¬ 

lichen,  das  ihr  anheimfällt.  Diese Epistrophia  be¬ 
fand  sich  zu  IMegara  Von  dieser  giebt  Pausa- 

;i  nias  keine  ethische  Deutung,  wohLaber  von  derApo- 
i  strophia  und  sagt;  sie  entferne  das  menschliche  Herz 
von  unheiliger  und  ungesezmässiger  Begierde^  sie 
ist  ihrem  Wort  verstände  nach  eine  ab  wendende,  wel¬ 
che  unerlaubte  Neigungen  und  Blutschande  abwendet. 
Dabei  deutet  Pausanias  selbst  auf  die  unzüchtige  und 
unerlaubte  Neigung  der  Myrrha  zu  ihrem  Vater  Ki- 
nyras  hin,  und  auf  die  Liebe  der  Phaidra  zum  Hip- 
polytos,  ihrem  Sohne.  Unbedenklich  darf  man  zu 

470)  Prodromus  S.  131.  Hyperbor,  röm.  Studien  S.  60.  Nä¬ 
her  als  Urania  stand  Aphrodite  Pandemos  dem  Lebens-  undi 
Liebesbedürfniss,  daher  trug  man  auch  wol  die  über  irdische  Be¬ 
gier  weit  erhabene  Idee  der  reinsten  Liebe  auf  jene  Götter  über. 
Unterscheidungen  beider,  der  philosophischen,  wie  der  prakti¬ 
schen  Art,  finden  sich  auch  wol  gemischt;  so  scheint  das  drei¬ 
fache  Aphroditebild  der  Harmonia  zu  fassen,  indem  Urania  von 
Pandemos  philosophisch,  in  Bezug  aber  auf  der  Pandemos  zwie¬ 
fache  Lebens  -  und  Todesbeziehung  die  Pandemos  von  einer 
Apostrophia  geschieden  ist 

471)  Paus.  1,  40,  5. 


364 


dieser  Apostrophia  die  römische  Verticordia 
stellen,  welche  eine  Herzenslenkerin  war,  vom  ver¬ 
änderten  Sinn  so  benannt  eine  Göttin  der  Zucht, 
Schönheit,  des  guten  Rufes  der  Frauen,  und  man 
flehte  KU  ihr,  dass  sie  das  weibliche  Geschlecht  mit 
reinem  Sinn  und  reinen  Sitten  segnen  möge.  Als 
die  drei  Vestalinnen  sich  vergangen  hatten,  wurden 
nach  dem  Rath  der  Sibyllinischen  Bücher  der  Venus 
Verticordia  ein  Tempel  geweiht,  damit  sie  die  Her¬ 
zen  der  Frauen  und  Mädchen  der  Stadt  der  Zucht 
zuwenden  möge  Wie  sie  eine  Umlenke  rin 

von  der  schlechten  Sitte  und  eine  zur  bessern  hin¬ 
wendende  Göttin  ist,  so  wird  auch  die  Epistrophia 
von  Megara  eine  Hinwendende,  die  Herzen  zur 
Zucht  hinwendende  Göttin  gewesen  sein,  während 
lüe  Apostrophia  eine  vom  Bösen  Abwendende 
war.  In  der  Epistrophia  liegt  zwar  der  Bedeutung 
des  Wortes  nach  der  Begriff  des  ümkehrens  von 
einem  Irrthum  und  des  Hinwendens  zum  Guten,  in- 
dess  soll  nicht  geleugnet  werden,  dass  dies  Hinwen- 
den  auch  in  Beziehung  auf  das  Geneigtmachen  eines 
Gegenstandes  für  einen  andern  gefasst  sein  mag,  und 
diese  Göttin  das  Herz  dem  Liebenden  zuwandte. 

Denselben  Dreiverein  von  Aphroditebiidern,  wel¬ 
cher  uns  von  Theben  beschäftigt  hat,  finden  wir  auch 
zu  Megalopolis  in  Arkadien  Die  beiden  ersten 

hiessen  auch  hier  Urania  und  Pandemos,  die  dritte 
*  472y^vid.  fast!  4,  157  ff.  Serv.  z.  Aen.  1,  719.  Plin. 

7,  35. 

473)  Venus  verso  nomina  corde  tenet.  Ovid. 

474)  Vater.  Max.  8,  16.  —  Augustin  Civ.  Dei  4,  10 
unterscheidet;  An  Veneres  duae  sunt,  una  virgö,  altera  mu- 
lier?  An  potius  tres,  una  virginum,  quae  etiam  Vesta  est,  alia 
conjngatarum,  alia  meretricum  ? 

475)  P  aus  an.  8,  32,  1. 


365 


wusste  man  zwar  nicht  mehr  zu  benennen  ^  da  aber 
der  gesummte  Arkadische  Kult  ein  pelasgischer  ist, 
der  Aphroditekult  ins  besondere  noch  mit  dem  The- 
bischen  vielfältig  iibereinstimmt,  so  lässt  sich  nicht 
bezweifeln,  dass  wir  dem  dritten  Bilde  den  Namen 
des  Thebischen  dritten  g*eben  müssen.  Phurnutos 
bat  in  einem  Drei  verein  die  Urania,  Pan  d  emo  s, 
Pontia;  aber  diese  Dreitheilung  gehört  eigentlich 
hier  nicht  her,  da  hier  die  Namen  der  Urania  und 
Pandemos  auf  die  Herrschaft  der  Aphrodite  im  Him¬ 
mel,  und  auf  der  Erde  gehen,  mit  Hinzufüguog  des 
dritten  Reiches  der  Göttin,  des  Meeres.  Auch  hier 
lassen  sich  die  beiden  ersten  Namen  ethisch  auf  die 
himmlische  und  irdische  Liebe  deuten,  nur  weiss  man 
nicht  recht,  wie  man  diesen  die  dritte  philosophisch 
beifügt.  Endlich  finden  wir  noch  eine  dreifache  Ver¬ 
ehrung  der  Aphrodite  zu  Knidos  unter  den  Na¬ 
men  Doritis,  Akraia  und  Euploia.  Ich  Mn  nicht 
ganz  abgeneigt,  diese  Dreitheilung  mit  der  zulezt 
genannten  des  Phurnutos  und  Anderer  zu  vergleichen. 
Die  strenge  dorische  Aphrodite  möchte  einer  üra- 

476)  Phurnutos  mqt  dtmp  Kap.  24.  y.aMica  «J«  ovqavla, 

ts  xul  ndvötj^os  y.at  novria.  Für  nonla  zu  lesen  nupaala  ist 
durchaus  nicht  angebracht,  denn  eine  Aphr.  navaala  würde  alle 
Formen  derselben  umfassen,  und  kann  nicht  als  dritte  der  drei 
Seiten  hingestellt  werden,  welche  die  gesammte  Macht  der  Göt¬ 
tin  aussprechen  sollen ;  auch  weist  die  folg.  Erklärung  bestimmt 
auf  ein  vorhergehendes  Ttoviice  hin :  Ji«  to  zup  iS  ovqüvüi,  sp  jp 
y.al  t^p  dvpafxi,p  umrfi  S-smqtls&m.  Ovid.  fasti  4,  93.  lu- 

raque  dat  coelo,  terrae  natalibus  undis  Perque  suos  initus  con- 
tinet  omne  genus.  Orpheus  xal  xqatim  rqiaßmp  fimqmp  —  ovqa- 
POVJ  ytjg,  novrov.  Eudokia  S.  14.  r.alHmt  M  ovqapl«  cf«  xai  ndp- 
d>lfxog  xai  nupunia,  cho  to  xdp  tS  ovQdum  xai  ip  yf,  xai  &aXdea^ 
Tr,p  äivafjuv  avT>jg  &€mQua&m.  Dass  auch  hier  nourla  für  navmttct 
gelesen  werden  muss,  kann  weiter  keine  Frage  sein. 

477)  Paus  an.  1,  1,  3. 


366 


nia  nicht  sehr  fern  stehen,  die  auf  Vorgebirgen  ver¬ 
ehrte  Akraia  pflegt  eine  der  Pandemos  ähnliche  zeu¬ 
gungslustige  Göttin  zu  sein,  die  Verwandtschaft  der 
Euploia  mit  der  Pontia  liegt  aber  auf  der  Hand. 

Philosophen,  wie  Platon,  Xenophon  und  Plotin, 
unterscheiden  auch  die  Genealogie  der  beiden  haupt¬ 
sächlichsten  Formen  der  Aphrodite,  der  Urania  und 
Pandemos.  Die  Urania  heisst  die  ohne  ein  Weib 
gezeugte,  meergeborne  Tochter  des  Uranos,  die  Pan¬ 
demos  Tochter  des  Zeus  und  der  Dione.  Wie  der¬ 
gleichen  Geuealogien  zu  fassen  sind,  ist  im  Allge¬ 
meinen  bekannt,  und  die  der  Aphrodite  bereits  oben 
behandelt.  Indess  ist  aus  den  verschiedenen  Ab¬ 
stammungen,  welche  die  sondernden  Theologen  und 
Philosophen  für  die  verschiedenen  Aphroditegottheiten 
annahmen,  das  Geschlecht  für  die  Pandemos  und  Ura¬ 
nia  nicht  so  ganz  willkürlich  ausgewäblt.  Bei  allen 
Abstammungen,  welche  man  von  der  Aphrodite  hatte, 
tritt  bei  der  dodonäischen  Tochter  des  Zeus  und  der 
Dione  die  zeugungslustige  Natur  und  ihre  physische 
Beschaffenheit  am  meisten  hervor,  und  wie  man  diese 
im  Olympischen  Götterstaate  die  Gattin  des  Hephai¬ 
stos  und  die  Buhlerin  des  Ares  sein  Hess,  so  eignete 
sie  sich  auch  vor  allem  dazu  für  die  Pandemos  zu 
gelten,  deren  erstes  Kennzeichen  und  eigentliche  Be¬ 
schaffenheit  eben  die  von  jener  Tochter  des  Zeus  und 
der  Dione  nachgerühmte  zeugungslustige  Natur  war. 
Für  den  reinen  und  geistigen  Begriff  der  Urania  hin¬ 
gegen  passte  die  Abstammung  vom  Uranos  nicht 
blos  deshalb,  weil  sie  mutterlos  erschien,  allein  von 
einem  grossen  Gotte,  dem  Uranos,  geboren  war,  son- 


478)  Urania  Adj.  vgl.  Orph.  Hymnen  Evxh  Mov- 
mmv  V.  41.  n  »mv,  Gvp  ä’&ftßQorop  €iypov  ‘'däaww. 


367 


dem  weil  diese  Gebort  der  philosophiscbeo  and  ethi¬ 
schen  Deutong  die  Anspiel nng auf  die  reine,  himm¬ 
lische  Gottheit  so  nahe  legte,  ln  der  spätem  Zeit  v 
vimrde  aber  von  Geschichtschreibern  und  Dichtem  der 
Name  der  Urania  umfassender  gebraucht,  weil  man 
gewohnt  geworden  war,  die  Vorstellungen  weiche  in 
den  beiden  Formen  enthalten  waren,  zu  verbinden  und 
zusammen  fliessen  zu  lassen,  und  dieser  Name  wurde 
theils  als  Urania,  theils  in  der  gewöhnlichen  Zusam« 
mensezung  als  Aphrodite-Urania,  die  allgemeine  Be¬ 
zeichnung  der  Göttin. 

Es  lässt  sich  aber  nicht  leugnen,  dass  sich  auch 
im  Kulte  schon  früh  eine  Sonderung  beider  Formen 
der  Göttin  einstellte  5  und  wenn  sich  auch  nicht  ge¬ 
schichtlich  dieser  Zeitpunkt  genau  angeben  lässt,  so 
muss  es  doch  zu  der  Zeit  geschehen  sein ,  wo  der 
Aphroditekult  zum  Theil  in  ein  blosses  Frohnen  sinn¬ 
licher  Lust  ausartete,  und  Zwekk  und  Bedeutung  des 
Mysteriengebrauches,  welcher  die  Ausübung  des  Bei¬ 
schlafes  in  der  Feier  vorschrieb,  ganz  verloren  ging. 
Jezt  theilte  man  den  gesezmässigen  und  erlaubten 
Genuss  und  die  ediere  Liebe  der  Urania  zu.  In  die¬ 
ser  Beziehung  war  der  Urania  zu  Elis  die  Schild¬ 
kröte  beigegeben  als  das  Sinnbild  ehrwürdiger  und 
züchtiger  Häuslichkeit  sie  ertheilt  das  Glükk 

der  Ehe,  verhilft  zu  einer  guten,  geregelten  häusli¬ 
chen  Verwaltung,  befördert  ein  giükkliches,  zufrie¬ 
denes  Leben,  ziert  mit  den  Tugenden  anständiger 
Frauen,  schliesst  so  also  auch  eine  Apostrophia  in 
sich;  mit  einem  Worte,  sie  stiftet  den  ganzen  See¬ 
gen  eines  ehelichen  Bandes,  und  ist  die  Ursache  des 


479)  Plutarch  Eheregeln,  Vorrede.  Er  nennt  sie  auch 
vitxovqös.  Vgl.  S.  241. 

y 


368 


Clükkes,  welches  Gatten  in  ihrer  Familie  suchen 
Das  symbolische  Zeugniss  und  die  schriftlichen  Aus¬ 
sagen  des  Plutarch  und  Artemidor  bürgen  hinlänglich 
für  diese  edlere  religiöse  Auffassung  der  Aphrodite, 
und  beweisen  zur  Genüge,  dass  sie  keine  blosse  phi¬ 
losophische  Deutung  war.  Es  giebt  aber  auch  noch 
mehrere  iinwiderliche  Belege  dafür.  In  einem  Epi¬ 
gramm  des  Antipater  von  Sidon  weiht  eine  Bi- 
thynierie  der  Aphrodite  ein  Standbild,  bittet  sie  dies 
kleine  Geschenk  anzunehmen  und  dafür  ihr  gnädig 
einen  grossen  Lohn  angedeihen  zu  lassen,  indem  sie 
ihr  häuslkhe  Zufriedenheit  und  des  Mannes  Eintracht 

schenke.  In  einem  andern  Epigramm  des  Theokrit 
~~"li80)  Artemidor  Traumdtg.  'Aqqoiitti  fj  fiiv nMrjfios uyv^- 
rmf-  xal  nan^lote  xal  ^vfoerärais  xcti  Svfith'Xois  xai  v.ai  axj]- 

rmoJs  n«&  xal  imlqm?  äya9l  Fvpaifi  M  oh.oStmolvaig  ahxvp^p 

xai  ßlttßn»  nQoSayoQfoB  xmI  tok  yw^i-  nQoS{Qov/j.iPovs  xbilvsi., ^  w? 

xmvrf  ieofiirnS  yvpmxii.  ‘H  efi  ovQccvla  tu  havria 
eijuaipu.  Muhcra  ds  dya»^  niqi  ya^uövg  xal  xoivmvlas,  y.al  nsgi 
tixvmv  yoväs,  cwOfSp^KV  imyovmv  ianv  anla.  Lukrez 

6,  1008. 

Inde  casas  postquam  ac  pelles  ignemque  pararunt 
Et  muMer  conjuDcta  viro  concessit  in  unum, 

Castaque  privatae  Veneris  connubia  laeta 
Cognita  srait  prolemque  ex  se  videre  creatam: 

Tmn  genus  hunjanum  primum  mollescere  coepit 

481)  Gr.  AnthoL 

Bi9wk  KvS-iqi]  fiB  nk  Kmqi, 

jÄoqqk  tiffoilov  Ivy&vov,  ev'Stx/xiPT], 
äUd  ffv  T?  fifydl^P  /äqiu  dpnfziql^ov, 

ms  i'&oS'  dqxHTat  tT dpdqk  6/j,oif  qo<>VPrj. 

482)  Theo  kr.  Epigr.  Nr.  13. 

‘A  Kinqie  ov  Mctvdafios’  lldßxfo  mp  &iov,  (Imop 
ovqapluv,  äypus  ctp^t/xa  XQVßoyipaS, 
olxm  Ip  'Jfiqtxliovs,  &  xat  rixpa  xat  ßlop  tax^ 

Ivpop'  dei  difffiP  laiop  ik  STOS  ^p 
Ix  at9fp  äqxoftipots,  m  nörpia'  xijtfo/<sw  yaq 
d&avdmv  uvTOi  nXmp  ixovat  ßqoroL 


369 


dankt  Chrysogona  der  Urania  für  das  Gliikk,  das  sie 
ihr  in  Gemeinschaft  mit  ihrem  Gatten  und  ihren  Kindern 
geschenkt  habe,  und  welches  von  Jahr  zu  Jahr  ge¬ 
wachsen  sei.  Eine  solche  Liebesgöttin  kann  es  nur 
sein,  von  der  Aeschylos  *«*)  sagt,  dass  alles  Liebste 
den  Menschen  von  ihr  komme;  dies  ist  die  Göttin, 
welche  man  als  decens.'^«*)  fasst,  als  casta 
welche  die  venustas  ««),  Schönheit  und  Änmutli,  giebt,' 
als  ^vxla  *«’)  die  Häuslichkeit  mittheilt;  physisch© 
und  sittliche  Natur  ist  bei  ihr  in  Harmonie  gebracht. 
Jene  Aphrodite,  welche  dem  Bestände  des  Geschlech¬ 
tes  vorsteht,  über  dem  Hauswesen  waltet,  muss  schon 
eine  keusche  Göttin  sein.  Sie  bewahrt  das  Ansehen 
äes  Hausvaters,  erhält  Ruhe  und  Frieden,  steuert  dem 
Mangel  und  der  Noth,  befördert  Eintracht  und  Liebe 
unter  den  verschiedenen  Gliedern  des  Hauses  *«®). 

Die  verhüllte  und  an  den  Füssen  gefesselte 
Aphrodite-Morpho  “*)  zu«parta  wurde  als  eine  Ehe- 
Göttin  gedeutet,  und  die  Fesseln  sollte  ihr  Tyndareus 
ingelegt  haben,  weil  er  mit  den  Fesseln  die  Treue 
1er  Frauen  gegen  ihre  Gatten  verglich.  Mehr  noch 
leuchtet  die  Verbindung  von  Zucht  und  Sitte  hei  den 
Vorstellungen  der  Aphrodite  im  Sikyoiiischen  Kulte 
ein,  in  den  dortigen  Tempel  der  Aphrodite  ging 

483)  Aesch.  Eum.  216. 

484)  Hör.  Od.  1,  18,  6. 

485)  M artial  6,  45. 

486)  Horaz  4,  13,  17. 

487)  Ailian,  Thiergesch.  10,  34. 

488)  M artial  10,  33,  2. 

Sic  tibi  consoceri  claros  retinere  Penates 
Perpetua  natae  det  face  casta  Venus. 

Wernsdorf,  poet.  lat.  min.  4,  502.  Concordes  regat  (Aphrod. 
ein  Ehepaar)  cum  majestate  benigna. 

489)  S.  S.  247. 

490)  Pa  US  an  2,  10,  4.  Vgl.  S.  269,  Anm. 


370 


nur  eine  Tempeldienerin,  eine  zwar  verehlichte  Frau, 
welche  aber  nicht  mehr  einem  Manne  beiwohnen  durfte, 
und  eine  Jungfrau,  welche  den  Namen  Lutrophoros 
führte  und  jährlich  wechselte.  Alle  andern  sahen  die 
Göttin  nur  vom  Eingänge  her,  und  beteten  von  da 
zu  ihr.  Die  Göttin,  ein  Bild  des  Kanachos,  war  von 
Gold  und  Elfenbein,  trug  auf  dem  Kopfe  eine  Welt¬ 
kugel,  und  hielt  in  der  einen  Hand  einen  Mohnsten¬ 
gel,  in  der  andern  einen  Äpfel.  Ausser  den  Schwei¬ 
nen  opferte  man  ihr  die  übrigen  Thiere ;  die  Schenkel 
der  Thiere  verbrannte  man  mit  Wacholderholz,  und 
verbrannte  mit  den  Schenkeln  zugleich  Laub  des  Pä- 
deros.  —  Wir  haben  diese  Göttin  schon  als  eine  er¬ 
habene  Herrin  der  Welt  betrachtet;  hier  ist  sie  uns 
wegen  des  keusch  und  rein  gehaltenen  Dienstes  merk¬ 
würdig,  denn  die  Frau  durfte  nicht  mehr  dem  Manne 
beiwohnen,  und  die  zweite  Dienerin  musste  eine 
Jungfrau  sein,  welche  durch  ihren  Namen  Lutro¬ 
phoros  anzeigt,  dass  der  dortige  reine  Dienst  in 
Beziehung  aut  Hochzeit  und  Ehe  stand.  Wir  sehen 
daraus,  dass  der  Kult  der  griechischen  Aphrodite,  der 
hehren  Herrin  des  Natur  -  und  Menschenlebens  auch 
in  geschlechtlicher  Beziehung  ursprünglich  durchaus 
keusch  und  rein  war.  So  gross  aber  war  die  Scheu 
vor  der  Göttin,  dass  man  nur  von  fern  seine  Andaciit 
verrichten  durfte.  Die  Schweine  waren  aber  aus  dem 
Grunde  von  den  Opfern  ausgeschlossen,  weil  diese 
dem  unzüchtig  gewordenen  Mysteriendienst  angehür- 
ten  *“*).  Festus  sagt,  Aphrodite  hasse  die  Schweine, 
weil  sie  von  allen  Thieren  die  unreinsten  und  von 
der  heissesten  Brunst  wären.  Hier  kann  er  nur  die 
Urania  meinen;  denn  im  allgemeinen  ist  dies  nicht 
wahr.  Nach  dem  Ausspruch  des  Johann  von  Ly- 


491)  S.  S.  183.  265  ff. 


371 


dien  *»>*)  opfern  die  ehrbaren  Fraoen  der  Aphrodite 
wegen  Eintracht  und  züchtigen  Lebens,  die  Masse 
der  Weiber  badet  sich  aber  in  den  Bädern  der  Män¬ 
ner  für  ihren  Dienst  mit  Myrten  bekränzt  Wir  haben 
die  Schwalbe  als  einen  aphrodisischen  Vogel  kennen 
gelernt;  auch  er  kann  nur  ein  Sinnbild  der  Häuslich¬ 
keit  sein,  wie  die  Schildkröte.  Der  Unterschied  im 
Kultus  beider  Gottheiten  tritt  auch  noch  darin  her¬ 
vor,  dass  der  Urania  laut  Polemon  bei  Suidas  wein- 
lose  Opfer,  vrupdXia  gebracht  wurden,  der  Pandemos 
aber  sehr  viel  Wein  floss  Indess  da,  die  Urania 

ursprünglich  ebenfalls  auf  physischen  Grundlagen  be¬ 
ruhte,  und  diese  nie  ganz  in  ihr  verloren  gingen, 
wenn  sie  sich  auch  auf  das  Gesezmässige  beschrcänk- 
ten,  so  finden  wir  in  der  schon  früher  angezogenen 
Stelle  des  Lukian  dass  der  Urania  wie  der 

Aphrodite  in  den  Gärten  ein  Kalb  geopfert  wurde, 
während  die  Pandemos  eine  Ziege  erhielt  Dies 
möchte  aber  die  einzige  Stelle  sein,  wo  wir  finden, 
dass  eine  Hetäre  der  Urania  opfert,  und  ich  weiss 
nicht,  ob  die  Erklärung  genügt,  dass  die  Opfernde, 
ein  junges  unerfahrnes  Mädchen,  sich  einen  treuen, 
reichen  und  wohlgesinnten  Liebhaber  wünscht,  und 
deshalb  der  Göttin  in  beiden  Formen  mit  Hinzufügung 
der  SV  x^'nois  Opfer  bringt,  um  desto  sicherer  ihre 
Gunst  zu  erlangen.  Das  ist  bei  diesem  Beispiele 
noch  zu  bemerken,  dass  die  Urania  der  Aphrodite  ia 
den  Gärten  zur  Seite  gestellt  wird.  Endlich  sezt 


491a)  Joh.  V.  Lyd.  4,  45.  lieber  d.  Moßate. 

492)  S.  S.  J66.  Phurnutos  S-sdStf  Aä  tovm  (weil  der 
Wein  zum  Beischlaf  reizt;  aber  dies  ist  nur  die  ethische  Er¬ 
klärung)  ivUov  notvy  f4t9v6tna>p  ämvvßta  xai  IdffQoJk^.  Dass  hier 
die  Pandemos  gemeint  sei,  versteht  sich, 

493)  S.  S.  154. 


24# 


372 


einen  keuschen  Dienst  der  Aphrodite  zu  Aigira  in 
Achaja  noch  das  Gebot  voraus,  dass  den  Tempel  keine 
Männer  betreten  durften  Diese  Vorstellungen 

vom  Wesen  der  Urania  treten  auch  in  den  bildlichen 
Darstellungen  ***)  der  Göttin  hervor,  indem  sie  „in 
der  Aphrodite  das  Geschlechtsverhältniss  in  seiner 
Heiligkeit  und  Ehrwürdigkeit  darstellt,  indem  man 
dabei  mehr  an  dauernde,  für  die  Zwekke  des  allge¬ 
meinen  Wohles,  als  an  vorübergehende,  für  sinnlichen 
Genuss  geschlossene  Verbindungen  denkt.  Die  Bil¬ 
der  der  Urania  haben  alle  einen  ernsten  hohen  Cha¬ 
rakter.  So  auch  die  römische  Mutteraphrodite,  Ve¬ 
nus  Geoitrix.  die  Göttin  der  ehelichen  und  gesezli- 
chen  Liebe,  weiche  auf  Verlangen  nach  Nachkommen¬ 
schaft  gegründet  ist.  Die  Bilder  der  Urania  haben 
einen  mehr  frauenartigen  Charakter,  während  sonst 
in  der  Aphrodite  die  Blüthe  der  Jungfrau  dargestellt 
wird.  Zur  Zeit  der  neuern  attischen  Kunst,  wo 
manche  Hetäre  einem  Künstler  eine  in  die  Erschei¬ 
nung  getretene  Aphrodite  erschien,  wurden  die  Vor¬ 
stellungen  von  der  Aphrodite  mit  einem  rein  sinnli¬ 
chen  Enthusiasmus  behandelt  Man  vergötterte  in  ihr 
nicht  mehr  eine  weltherrschende  Macht,  sondern  die 
individuelle  Erscheinung  der  reizendsten  Weiblich¬ 
keit.  Die  alte  Kunst  fand  sich  zu  der  reinsten  Mass- 
haltung,  zu  der  tadellosesten  Darstellung  schöner 
Formen  aufgefordert,  wenn  die  Göttin  völlig  enthüllt 
erschien;  die  reife,  unberührte  Blüthe  der  jungfräuli¬ 
chen  Formen  hält  dann  die  vollkommene  Mitte  zwi¬ 
schen  den  mehr  frauenartigen  und  den  etwas  stren¬ 
geren  und  kräftigeren  Umrissen  der  Aphrodite -Sie¬ 
gerin;  die  Kunst  erreicht  hier,  alle  Abwege  vermei- 

494)  Pausan.  7,  26,  3. 

495)  Otfr.  Müller  Archäologie  §.  376, 


373 


dend,  nach  der  einen  Seite  hin,  das  höchste  mdlerte 
Ziel.“  Eine  sehr  eigenthümüche  Darstellung  bietet 
die  schöne  und  wohlerhaltene  Bronzefigur  ausKypros 
dar,  welche  die  Aphrodite  mit  einer  Sandale  oder 
vielmehr  einem  Pantoffel  in  der  Hand  vorstellt,  und 
vielleicht  auf  eine  Urania  zu  deuten  ist 

Die  Pandemos  ist,  wie  ihr  Name  besagt,  die 
allgemeine,  die  Gottheit,  welcher  das  ganze  Volk 
huldigt,  und  welche  schüzend  über  dasselbe  waltet, 
dem  Staate  Ordnung,  Gedeihen  und  Fortbestand  si¬ 
chert.  In  diesem  Sinne  hatte  auch  Theseus  ihr  den 
Tempel  geweiht,  nachdem  er  den  neuen  Zustand  des 
Staates  gegründet.  In  ganz  ähnlichem  Sinne  ist  sie 
Hort  und  Schirmherrin  der  Stadt,  welche  in  den  Zei¬ 
ten  der  Noth  um  Rettung  und  Schuz  angefleht  wird. 
So  unverkennbar  und  sicher  sie  auch  eine  physische 
Macht  ist,  oder  die  Naturgöttin  Aphrodite  im  eigent¬ 
lichen  Sinne,  so  war  man  doch  gewohnt  sie  von  ethi¬ 
scher  Seite  zu  deuten,  sie  statt  der  allgeineinea  als 
die  gemeine  zu  fassen,  und  sie  der  Urania  entge- 
genzustelleo,  seitdem  die  Mysterien  und  dadurch 
die  ganze  Aphrodisienfeier  in  einen  bloss  sinnlichen 
Dienst  der  Wollust  ausarteten  und  die  ehrwürdige 
Idee,  welche  dem  Mysteriengebrauche  des  Beischlafes 
zu  Grunde  lag,  viehisch  entheiligt  wurde.  Nur  auf 
diese  Weise  ist  der  Ausspruch  des  Platon  ver¬ 
ständlich,  dass  die  Pandemos  jünger  als  die  Urania 
sei,  nämlich  die  in  ethischem  Sinne  verstandene  Pan¬ 
demos,  die  ausgeartete,  unzüchtige 5  denn  wenn  der 

496)  Im  Besize  des  Hrn.  v.  Palin  in  Rom,  welcher  sie  aus 
Kypros  erhielt.  Gerhard  in  d.  Anzeige  von  Stakkelbergs  Grä¬ 
bern  der  Hellenen,  Allg.  LZtg.  Ergänzgsbl.  Sept.  1838  S.  608. 
Er  hält  sie  aber  für  eine  Pandemos. 

497)  Platon.  Sympos.  Kap.  8.  S.  180. 


374 


Name  der  Urania  für  Bezeichnung  des  sittlich  und 
ehrwürdig  gehaltenen  Dienstes  —  im  Allgemeinen  lässt 
stell  sein  Aufkommen  geschichtlich  nicht  bestimmen 
auch  erst  üblich  wurde,  als  die  Entheiligung  des  Dien¬ 
stes  eintrat,  so  war  der  ihr  zu  Grunde  liegende  Be¬ 
griff  doch  der  früher  dagewesene,  und  kein  neu  her¬ 
eingebrachter.  Der  Dienst  der  Urania  trat  aber  im 
Kult  immer  mehr  in  den  Hintergrund,  das  sinnliche 
Element  der  Pandemos,  mit  welcher  die  Mysterien 
verbunden  blieben,  erhielt  die  Oberhand,  und  alles 
strömte  zu  den  Altären  dieser  Göttin.  Dadurch  ent- 
wikkelte  sich  jener  allgemeine  Charakter  der  Aphro- 
disien,  welchen  wir  oben  geschildert  haben ;  man  ge¬ 
wöhnte  sich  mit  dem  Begriff  des  Aphroditedienstes 
nur  die  Vorstellung  eines  ausschweifenden,  im  höch¬ 
sten  Grade  unzüchtigen  Kultes  zu  verbinden,  und  un¬ 
zählig  sind  die  Vorstellungen,  unter  denen  man  theils 
die  zerstörende  und  verderbliche  Gewalt  der  Leiden¬ 
schaft  auf  das  menschliche  Gemüth  auffasste,  theils  jene 
Gebräuche  zulless,  bei  welchen  auch  die  lezte  Bezie¬ 
hung  des  Kultes  auf  seine  ursprüngliche  Bedeutung 
verloren  ging,  Aphrodite  für  nichts  anders  als  die 
Göttin  des  Beischlafes  und  der  rohesten  Unzucht  ge¬ 
dacht,  und  dies  bis  zur  widerlichsten  Gemeinheit  hin- 
aufgeschroben  wurde 

Es  kommen  mehrere  Beispiele  von  ausserordent¬ 
licher  aphrodisischer  Geistesverwirrung  vor,  welche 
besonders  deshalb  merkwürdig  sind,  weil  auch  selbst 
dieser  Zustand  noch  für  ein  geheiligter  galt.  Be- 

498)  Die  Ausdriikke  Aphrodite  und  Venus  wurden  viel,  na¬ 
mentlich  bei  den  erotischen  Dichtern  und  Kirchenschriftstellern, 
für  gleichbedeutend  mit  Liebesgenuss  und  Beischlaf  gebraucht, 
und  bildlich  wurden  auf  diese  beiden  Namen  wieder  alle  Aus¬ 
driikke  des  Krieges  für  die  üebung  des  Beischlafes  übertragen. 


375 


rühmt  war  die  Schönheit  der  Aphrodite  des  Praxite¬ 
les  zu  Knidos  und  Lukian  erzählt,  dass  ein  gewisser 
Charikles  von  den  Reizen  der  Göttin  in  dem  Grade 
entflammt  worden  sei  5  dass  er  sie  küsste.  Bei  der 
Gelegenheit  berichtet  Lukian,  dass  die  Dienerin  des 
dortigen  Tempels  ihm  von  der  Liebe  eines  andern 
Jünglings  zur  Göttin  gesagt  habe,  welcher  mit  dem 
Aufgange  der  Sonne  in  den  Tempel  eilte,  und  bis 
zum  Niedergang  stumm  und  in  Anschauen  versunken 
sie  anstarrte.  Seine  einzige  Beschäftigung  war  das 
Würfelspiel,  um  zu  erfahren,  ob  die  Göttin  seiner 
Liebe  günstig  sei.  Endlich  suchte  er  des  Nachts  ein* 
geschlossen  zu  werden,  und  umarmte  in  unzüchtiger 
Liebcsbrunst  die  Göttin ,  an  deren  Bilde  am  andern 
Morgen  die  Spuren  seiner  Handlung  zu  sehen  waren. 
Er  starb  eines  unnatürlichen  Todes  ^®®).  Eine  an¬ 
dere  ähnliche  Geschichte  erzählt  Philostratos  *®®). 
Jemand,  welcher  zur  Liebe  der  knidischen  Göttin  ent¬ 
flammt  war,  hatte  durch  Geschenke  au  dieselbe  einen 
grossen  Theil  seines  Vermögens  eingebüsst,  versprach 
aber  noch  mehr  zu  geben,  wenn  sie  sich  ihm  verma¬ 
len  könne.  Die  Knidier  verhinderten  dies  nicht,  weil 
nach  den  BegritFen  der  Griechen  selbst  in  der  höch¬ 
sten  Aufregung  der  Sinnlichkeit  und  Leidenschaft 
etwas  Göttliches  lag,  sondern  glaubten,  es  gereiche 
ihrer  Göttin  nur  zu  desto  grösserer  Ehre,  wenn  Je¬ 
mand  sie  liebe.  Dies  trug  sich  zu,  als  gerade  Apol- 
lonios  von  Tyana  dorthin  kam.  Die  Knidier  fragten 
ihn,  ob  er  vielleicht  an  den  herkömmlichen  Gebräu¬ 
chen  und  religiösen  Einrichtungen  etwas  zu  ändern 

49S^ukian  Erot.  Plin.  H.  N.  36,  4,  5.  Valer.  Max 
8,  11,  Ext.  4.  Plin.  7,  39.  Cnidia  Venns,  vesano  amore  cujus- 
,  dam  juvenis  insignis. 

600)  Philostr.  Leben  des  Apollon.  6,  17. 


376 


fände.  Er  antwortete,  sie  möchten  sie  lassen,  wie  sie 
wäre  5  den  Anblikk  ihrer  Augen  wolle  er  aber  rei¬ 
nigen.  Er  rief  jenen  Liebhaber  der  Göttin  zu  sich  und 
führte  ihn  durch  Belehrung  von  seiner  Thorheit  zu- 
rök.  Ein  ganz  ähnlicher  Vorfall,  nur  durch  die  dich¬ 
terische  Behandlung  reiner  und  sittlicher  charakteri- 
sirt,  ist  die  Erzählung  von  der  Liebe  des  Pygmalion 
zu  einem  elfenbeinernem  Bilde  der  Aphrodite 
Als  der  Kyprier  Pygmalion  die  Lebensart  der  PrÖti- 
den  geschaut  hatte,  erzählt  der  Dichter,  und  sich  durch 
dieselbe  verlezt  gefühlt,  habe  er  in  seinem  reinen 
^inn  beschlossen,  sich  der  Ehe  zu  enthalten.  Dafür 
lebte  er  sich  und  der  Kunst,  und  schuf  ein  Bild  seiner 
Göttin,  ein  weibliches  Ideal,  für  welches  sein  Herz 
erglühte.  An  einem  der  Festtage  der  Göttin,  als  die 
Binder  geschlachtet  waren  und  der  Weihrauch  brannte, 
trat  auch  Pygmalion  zum  Altar,  und  flehte  zu  den 
Himmlischen  um  Belebung  dieses  Bildes.  Die  Göttin 
erhörte  sein  Gebet;  das  Bild  erwärmte  zum  Leben 
an  seinem  Busen.  Aus  der  Umarmung  entsprosste 
der  schöne  Knabe  Paphos.  —  Klemens  von  Alexan¬ 
drien  sagt  mit  bestimmten  Worten,  dass  dies  ein 
Bild  der  Aphrodite  gewesen  sei,  und  Arnobius 

501)  Ovid.  Met  am.  10,  245.  vgl.  Philostr.  Leben  des 
Apollon.  5,  5.  Vgl.  S.  119  ff. 

502)  Klemens  v.  Alex.  Protr.  S.  50.  ovToS  p  KvnQtoS 

Ilvy^allmv  ixilros'  ilstfttvrtmv  aytH^uaws.  To  ayaXfici  ’d'fqo- 

d/rj;?  Tjv,  y.uv  yvfivq  tjv'  vixarah  o  KvttqioS  tm  cy^ficcn  xat  ewiQyerat 
rm  dyalfxan'  xal  rovro  4HloaTt(f<ayos  laroQfl,  ^AfqoSirt]  M  alXrj  iu 
Kvldt^  U9-OS  xal  xal^  ^p’  tTiQos  iQuoS-rj  Tavrrjs,  xal  (xlypmai,  rp 
Ud-m.  Iloßildmnog  iamqtlj  o  fitp  n^ongos  Ip  nsql  Kvngm,  o  de 
iiegos  Ip  tiS  mgi  Kpldm. 

603)  Arnobiüs  6,  22  sagt  vom  Bilde,  quod  sanctitatis 
apiid  Cyprios  et  rcligionis  habebatur  antiquae  adamaste,  ut  fe- 
minam,  mente,  anima,  lumine  rationis  judiciique  caecatis  u.s.  w. 


377 


iiezt  hinzu  .jdass  es  von  Ältersher  eine  vorzügliche 
ileiligkeit  besessen  habe,  auch  dass  er  in  Liebes- 
jirunst  an  demselben  verging.  So  von  semem  dich- 
erischen  Schmukke  entkleidet,  haben  wir  denselben 
»Vorfall  wie  zu  Knidos;  und  mit  diesem  bringt  Kle- 
lens  auch  die  kyprische  Begebenheit  in  unmittelbare 
Verbindung.  Ein  ähnliches  Ereigniss  wurde  auch  von 
Uhen  und  andern  Orten  erzählt  ®®*). 

Den  allgemeinen  Vorstellungen  von  der  Paode- 
los  ordnen  sich  wieder  eine  Menge  einzelner  An- 
chauiingen  unter.  Ganz  als  Göttin  der  Wollust  wird 
ie  gefasst,  wenn  sie  bei  Sophokles  ®®*)  ein  Saifiap 
Idov^  heisst,  und  bei  Plutarch  ®®«).  Ziem- 

ch  sittlich  ist  sie  noch  gehalten,  wenn  von  ihr  ge- 
agt  wird ,  sie  habe  am  verstohlenen  Eiebesgeniiss 
ire  Freude,  als  la&qia  oder  furtiva  ®®^).  Aber 
le  soll  es  gewesen  sein,  welche,  selbst  unzüchtig, 
ie  Unzucht  unter  den  Menschen  eiogeführt  habe,  da- 
it  sie  nicht  allein  unzüchtig  bliebe.  So  drökken  sich 
ie  Kirchenschriftsteller  pragmatisirend  aus,  und 
ersäumen  keine  Gelegenheit,  ihren  Unwillen  und  Ab- 
bheu  gegen  die  Mysterien  und  die  Feier  der  Aphro- 

ite  an  den  Tag  zu  legen.  Die  beiden  wichtigsten 
li__ - - 

I  504)  Ailian-Versch.  Erzähl.  9,  39.  vgl  Athen.  13,  605  und 

I  '6  vrerden  noch  mehrere  Beispiele  dieser  Art  erzählt. 

605)  Bei  Athen.  15,  687.  12,  510. 

.  506)  Plutarch  Erot.  Kap.  12. 

1  507)  T ihn  11.  I,  8,  57.  Ovid  Heroid.  16,  289.  gaudet  Ve- 

<  s  aurea  furtis.  17,  141  und  oft  bei  Ovid. 
i  508)  Laktanz.  Epitome  Divinat.  instit.  Kap.  8.  Venus 
i|  orum  et  hominum  libidinibus  exposita,  cum  regnaret  in  Cy- 
',  0,  artem  meretriciam  repperit  ac  mulieribus  imperavit,  ut 
ijaestum  facerent,  ne  sola  esset  infamis.  Kap.  20.  Firmicus 
t  Err.  prof.  relig.  S.  12.  Veneris,  si  tarnen  Veneri  placuit  ali- 
4 ando.  S.  S.  96.  97.  die  Stelle  aus  Klemens  u.  Arnobius. 


378 


Formen  der  Pandemos  waren  die  Aphrodite  kaiqu 
und  die  Aphrodite  srÖQvtj,  deren  Charakter  im  Allge¬ 
meinen  durch  ihren  Namen  selbst  bezeichnet  ist.  Wir 
halten  dafür,  dass  die  Namen  erst  durch  die  Unzucht 
und  Ruchlosigkeit  des  Kultes  entstanden  sind,  dass 
unter  der  äusserlichen  rohen  Gestalt  des  Kultes  tie¬ 
fere  und  edlere  Grundzüge  verhüllt  lagen.  In  Ko¬ 
rinth  wurde  die  Pandemos  in  den  Tagen  der  Noth 
von  den  öffentlichen  Buhlerinnen  auf  Befehl  der  Stadl  1' 
um  Rettung  des  Vaterlandes  angefleht  Ara  hie¬ 

sigen  Ort  davon  abgesehen,  dass  dies  Geschäft  ge¬ 
rade  von  den  öffentlichen  Buhlerinnen  gescheher  I' 
musste,  so  kann  die  Bedeutung  der  Göttin  nicht  zwei-  1' 
felhaft  sein;  wir  haben  sie  deshalb  schon  mit  der  Pan- 
demos  verglichen,  deren  Dienst  Theseus  in  Athen  ein 
richtete,  und  als  die  die  Bande  des  Volkes  knüpfend 
Göttin,  die  8chirmherrin  und  Beschüzerinn  des  Staa 
tes  bezeichnet.  Aehnlieh  wird  nun  auch  an  ander 
Orten  die  Aphrodite  als  kaiqa  und  rtögv^  gefasst,  un 
der  Name  mag  eben  der  Göttin  aus  dem  Grunde  ge 
geben  sein,  weil  man  die  öffentlichen  und  geheiligte 
Buhlerinoen  im  Sinne  der  Göttin  bei  diesen  Angele 
genheiten  wirken  zu  lassen  pflegte.  Der  Name  svmQ 
fnnd  aber  noch  um  so  leichter  eine  Anwendung  ai 
diese  Form  der  Aphrodite,  weil  man  in  ihm  den  Be 
griff  eines  gemeinschaftlichen  Wirkens  zum  Beste 
des  Gemeinwohls  erkannte  In  dieser  Weul 


Sinn 


609)  ChamaileoH  der  Herakleot,  Timaios  u. 

liides  bei  Athen.  13,  573.  , 

610)  Athen.  13,  671.  n?  {»alqus  q¥^r 

’A9f}mhs  rdk  mgl  »tiöv  ovms,  halQav  ife  riv^  An 

Mrny  tnv  wk  imlgovg  imigas  cvyäyoväaymvro  d  yW.I 

ro£  *al  qllas  kalgas,  (k  n  Sanqa  u.  8.  W.  Pbotios  t 


379 


lasst  man  geradezu  in  Athen  die  Aphrodite-Buh- 
erinn  kai^a,  wie  Apoliodor  a.  a»  0.  ausdrükklich 
l^ersichert,  und  diese  muss  mit  der  Aphrodite  in 
len  Gärten  genau  verbunden  gewesen  eeiiii  denn 
ler  ihr  gleiche  Tempel  der  Aphrodite  im  Böh- 
[icht  oder  im  8umpf  zu  Samos  wurde  auf  die  Athe- 
lischen  Hetären,  welche  dem  Perikies  auf  seinem  Zuge 
|iach  Samos  gefolgt  waren,  zurükgeföhrt^®"); 
jlem  Ertrage  ihrer  Schönheit  sollten  sie  ihn  erbaut 
laben.  Es  scheint,  als  wenn  Perikies  die  Belagerung 
unter  dem  Schuze  der  Schirmherrin  und  Erhaiterin 
.  les  Staates  Aphrodite  unternommen  habe,  und  dass 
Ilie  Buhlerinnen  hier  sich  im  Namen  des  Volkes  wäh- 

irend  der  Belagerung  um  die  Gunst  der  Aphrodite  be¬ 
warben,  wie  es  die  korinthischen  Hetären  in  ähnli- 
^chen  Fällen  thaten.  In  Lydien  errichtet  Gyges  ***) 
der  Hetaira  einen  Tempel,  der  Sage  nach  einer  He- 
|täre,  welcher  er  im  Leben  mit  seiner  ganzen  Herr¬ 
schaft  gedient  hatte,  auf  dem  höchsten  Gipfel  des  Tmo- 
los  ein  Denkmal,  welches  den  Bewohnern  des  Lan- 
ides  nach  allen  Seiten  in  die  Äugen  fiel.  Ich  be¬ 
zweifle  nicht,  dass  auch  dies  die  Attische  Aphrodite 
;  Hetaira  ist,  welche  nicht  allein  von  Athen  selbst,  son- 
I  dem  auch  vom  nahen  Samos  dort  eingefflhrt  sein 
I  konnte,  und  möglicher  Weise  noch  einige  phry gisch- 
) lydische Bestandtheile  annahm;  in  w’^ekbem Sinne  und 
in  wie  grosser  Uebereinstimmung  mit  der  athenischen 
Hetaira  sie  aber  auch  dort  gefasst  sein  muss,  leuch- 
I  tet  zur  Genüge  aus  der  Erzählung  hervor  j  sie  steht 

I  Lex.  ^Eralqas  tiQop  dno  tov  ßwdysw  x«* 

hul^as. 

611)  Alexia  in  s.  Samischer  Gesch.  Athen.  13,  6'<2.  vgl. 

!  S.  293. 

612)  Klearchos  Brot,  B.  1,  bei  Athen.  13, 572. 


380 


mit  der  Herrschaft,  dem  Staate  und  dem  Volke  ii 
der  engsten  Verbindung.  Diese  Hetaira  Aphrodite 
welche  in  allgemeiner  Fassung  mit  dem  Gyges  ver 
blinden  wird,  muss  für  Lydien  ihren  Ursprung  ir 
Ephesos  gehabt  haben;  denn  auch  hier  wurde  sh 
verehrt  Vielleicht  kann  man  auch,  wenn  nichti 

dem  Worte,  so  doch  dem  Begriffe  der  Hetaira  nach 
die  sich  als  eine  herrschende,  selbsthandelnde  Göttir 
anköndigende  Aphrodite  Automate  zu  Ephe¬ 
sos  in  Verbindung  bringen;  aber  ebenso  mag  sie  sich 
noch  den  Vorstellungen  der  Idäischen  Herrscherii 
Aphrodite  anschliessen.  Von  der  Aphrodite  im  Röh¬ 
richt  zu  Milet  ®  ‘  wissen  wir  zwar  nichts  genauer 
wir  können  indessen  auf  eine  ähnliche  Beschaffenheil| 
des  Kultes  und  Bedeutung  mit  den  übrigen  hier  ge¬ 
nannten  Kulten  vollkommen  schliessen;  sie  wird  auch 
eine  Hetaira  gewesen  sein,  wie  es  die  Samiscbe 
Aphrodite  im  Röhricht  war. 

Von  der  Aphrodite -Buhlerin,  iraiga,  kann  die 
Aphrodite-Hure  (jtoqvii)  nicht  wesentlich  verschieden 
gewesen  sein,  wenn  man  nicht  annehmen  will,  dass 
im  Dienste  der  lezteren  noch  eine  gröbere  und  rohere 
Unzucht  getrieben  wurde.  Von  dieser  hatte  sie  wie 
jene  nur  ihre  Bezeichnung  erhalten,  war  aber  ur¬ 
sprünglich  ebenfalls  einePandemos  in  wirklichem  hö¬ 
herem  Sinne.  Diese  Bedeutung  erkennen  wir  aus 
der  angeblichen  Gründungsgeschiehte  ihres  Kultes 
zu  Abydos  da  dergleichen  Erzählungen  immer 

513)  Eualkes  Ephes.  Gesch.  6.  Athen,  a.  a.  O. 

514)  Servius  z.  Virg.  Aen.  1,  719.  Apud  Ephesios  Vene- 
rem  Automaten!  dixerunt,  vel  Epidaetiam.  Epidaetia  eine 
fmga,  von  imdalofimt 

515)  S.  S.  296.  ' 

516)  Pamphilosbei  Athen.  13,  562.  Ebend.  Klean-’ 
t  h  e  s  in  tols  Mv9txotS^ 


381 


enau  dem  Bediirfniss  und  dem  Begriffe  des  Kultes 
ifigepasst  werden.  Die  Stadt  war  unterjocht  und 
|ine  Hure  bringt  den  Bürgern  die  Schlüssel  derBurgj 
/ährend  die  Besazung  im  Bausche  lag;  so  wird  die 
dadt  befreit,  und  als  Dankbezeuguug  gegen  die  Hure 
rrichtet  man  der  Aphrodite-Hure,  n6qv%  einen  Tem- 
b1.  Ob  ein  geschichtliches  Ereigniss  diesem  Berichte 
u  Grunde  liegt,  ist  hier  gleichgültig,  wir  sehen  aber 
araus,  dass  die  Aphrodite  hier  als  Schirmherrio  der 
tadt,  Erhalterin  des  Volkes,  wie  in  Korinth  und 
then  gedacht  war.  Als  einer  Kolonie  von  Milet  mag 
ach  Abydos  dieser  Kult  zunächst  von  der  Mutter- 
:adt  gekommen  sein.  Io  Lydien  vergesellschaftet 
ch  die  Aphrodite-Porne  mit  der  Aphrodite -Hetaira. 
in  Denkmal  des  aphrodisischen  Dämon  Alyattes  am 
ee  Koloe  soll  von  den  Sardischen  Mädchen,  ähnlich 
ie  der  Tempel  der  Hetaira  zu  Samos,  aus  dem  Er¬ 
läge  ihrer  Buhlschaft  errichtet  worden  sein.  Der 
jämon  handelt  aber  ira  Sinne  seiner  Göttin,  ist  aus 
r  abstrahirt,  und  wenn  daher  ihm  ein  Denkmal  er¬ 
lebtet  wird,  so  geschieht  es  in  weiterer  Auffassung 
{ir  Ehre  der  Göttin;  es  heisst  daher  das  Denkmal 

iich  nÖQVtjg  *”). 

Wenn  es  hiernach  einleuchtet,  dass  der  Dienst 
,?r  Pandemos  selbst  unter  diesen  Formen  noch  einer 
3feren  Bedeutung  und  Idee  nicht  entbehrte,  so  kann 
3r  ihr  anhaftende  Begriff  der  äussersten  Gemeinheit 
|id  Rohheit  nicht  der  ursprüngliche  sondern  nur  eine 
usartung  gewesen  sein;  aber  dieser  war  es,  wel- 
ner  sie  der  Urania  so  scharf  gegenüber  stellte.  Je 
ehr  sich  aber  der  Dienst  verallgemeinerte,  und  zu 
ner  bakchiseben  Festfeier  um  wandelte,  je  fester  die 
Überzeugung  war,  dass  selbst  in  diesem  höchsten 
517)  Strabon  13,  627.  Herodot  1,  93. 


382 


Grade  der  sinnlichen  Aufregung  noch  etwas 
ches  lag,  welches  von  der  Göttin  selbst  in  der  My-^ 
sterienfeier  geboten  war,  desto  mehr  musste  der  Diensl 
der  Urania  sich  absondern  und  zuröktreten,  zumal  zui  j 
Zeit  der  äussersten  Ausartung  des  Kultes,  und  ausi 
dieser  stammen  unsere  meisten  Nachrichten  über  den-^ 
gelben,  wo  die  allgemeinen  Sitten  der  Völker  von  dei 
Art  waren,  dass  ein  Dienst  der  Urania  lästig  ful. 
Was  in  früheren  Zeiten  den  Dienst  der  Pandemof 
hauptsächlich  verdächtigte  und  in  üblen  Ruf  brachtei;^ 
war,  dass  die  Bordelle  unter  ihren  Schuz  gesteh  1* 
waren.  Wir  haben  bereits  früher  “**)  davon  gespro-v 
eben,  dass  die  Hetären  und  Huren,  und  wer  es  sonsi 
leichtfertig  mit  den  sinnlichen  Begriffen  nahm,  di<; 
Tonangeberinnen  an  den  Aphrodisien  waren.  Vo 
ihren  Häusern  hatten  die  Huren  den  Altar  derAphro 
dite,  um  täglich  auf  ihm  zu  opfern  und  wie  fre. 

und  wenn  man  will,  auch  gewissenhaft,  sie  denDiens, 
derselben  zu  erfüllen  suchten,  sieht  man  ausderSith 
welche  Artemidor  und  andere  '**)augeben,  öffentlic 
zum  Behuf  ihres  Gewerbes  nakkt  zu  erscheinen.  Aphro 
dite  wacht  zwar  auch  im  edleren  Sinne  über  die  Eid  |l 
der  Liebenden  **^>5  aber  allgemein  war  der  Gebraucl| 


518)  S.  S.  167  ff.  J 

619)  Eugraphius  i.  Terent.  Eunuch.  1,  2,  S.  Sed  mij 
lius  est  illud,  quod  quidem  Menander  aperte  dbdt,  meretrictl 
juxta  domum  siiam  vel  in  atrio  solitas  habere  aramVeneris  vu  I 
gariae,  cui  quotidie  sacrificarent.  i  | 

520)  Tacit.  Ann.  15,  37.  scorta  visebantur  nudis  corp< J 
ribus.  Petron.  Satir.  Kap.  7.  Quum  ego  negarem,  me  C(  | 
gnoscere  domum,  video  quosdam,  inter  titulos,  nudasque  men 
trices  furtim  conspatiantes.  A  r  t  e  m  i  d  o  r  ^  efl  olij  (Aphrod 
iralQms  xm  fioP^}  ayaS-^,  xnt  iqyaalas  at]fi.ceynxrj, 

521)  Phönikidas  bei  Stob.  Florileg.  6,  30.  Ovid  Ai 
2,  7,  27.  2,  8,  16  ff. 


383 


dass  die  Huren  bei  ihrer  Gottheit,  der  Pandemos, 
schwuren  auch  der  Kuppler  muss  sie  ssum  Zeu«* 

ij^en  seines  Eides  anrufen  Die  Hetären  erheben 

'sich  etwas  und  schwören  bei  der  Urania  ®®*).  Für 
die  Bedürfnisse  und  Betheuerimgen  dieser  Personen 
pochte  ein  solcher  Schwur  hinreichend  sein,  konnte 
aber  weiter  keinen  Werth  haben,  und  der  Name  eines 
aphrodisischen  Schwures  wurde  sprüchwörtlich  die 
Benennung  für  einen  ungültigen  Schwur  ohne  Bechts- 
jkraft 

I  Der  Name  der  Aphrodite  ist  zwar  besprochen, 
indess  muss  hier  bei  der  Pandemos  noch  erwähnt  wer-' 
den,  dass  ihr  Dienst  wieder  Veranlassung  zu  Deu¬ 
tungen  des  Namens  gab,  welche  diesen  Begriffen  an- 
gemessen  waren.  So  wurde  der  Begriff  von  aq>Q6g 
vom  menschlichen  Saamen  verstanden  ®®®).  Wegen 

S22)  Schol.  z,  Liikian:  Lehr.  d.  Bereds.  25. 

]  523)  PI  aut  US  Rudens  5,  2,  45  ff. 

624)  Lukian  Hetärengesp.  5.  vgl.  Nr.  II. 

525)  Photios  im  Lex-  ’AfQodiaias  oqxos,  ovic  ifimivtfios. 

iHesych.  oQXot;,  fr  uat  dyayQdfovo'ty:  'AfQoA 

oQxos  ov  däxvH.  Joh.  Stob.  28.  oqxos  ovx  i^nolptfios.  — 

“Sllioatv,  liyovatv,  dkk«  9-iaßm  wvs  ip  l'gwr.  Paroim.  gr.  App.  Gent. 
4,  33.  "Oqxo?  ^Atf  quMßms  avyyipmaxerm:  naq’  oßov  oi  l^mmss  fvyBqms 
o/xpvovaw.  Tibull  Veneris  pequria  venti  Irrita  per  terras  et 
freta  summa  ferunt.  Phurnutos  Kap.  24.  dyvgovg  M  ovx 
noipifiovs  'ifaßup,  rovg  dqqoiiaiovg  oqxovg’  naq^oeop  x&v  y  qadkt 
naqaexct&n^m,  oqxmp  indytaS-at  ffvfißißtjxe  wis  nuqtSvras.  vgl. 
Eudokia  S.  14. 

526)  S.  S.  47  ff.  Fulgentius  MythoL  2,  4.  Tertiam 
Venerem  voluptariae  vitae  in  similitudinem  posuerant.  Vene- 
rem  dici  voluere,  aut  secundum  Epicureos  bonam  rem,  aut  se- 
cundum  Stoicos  vanam  rem.  Epicurei  enim  voloptatem  laudant, 
Stoici  voluptatem  damnant.  Isti  libidinem  colunt,  illi  libidiaem 
nolunt.  Unde  et  Afqodktj  dicta  est.  dfqk  enim  Graece  spuma 
dicitur;  sive  ergo,  quod,  sicut  spuma,  libido  momentaliter  surgat, 
et  in  nihiium  veniat :  sive  quod  concitatio  ipsa  seminis  spumosa  sit. 


384 


Aphrodites  Bethömng  der  Sinne,  bringt  Euripides  ”0 
ihren  Namen  mit  der  dcpQoavvt]  in  Verbindung.  Ihr 
Name  Kythera  gab  zn  ähnlichen  Herleitungen  Ver¬ 
anlassung  ***);  ebenso  auch  Paphia  Selbst  ihre 

CJeburt  aus  dem  Meere  wurde  bildlich  gefasst,  und 
in  Beziehung  auf  ihren  Dienst  der  Lüste  und  Aus* 
Schweifungen  gesezt 

Ganz  aus  dem  Dienste  der  gemeinen  Aphrodite 
ist  die  rohe  und  plumpe  Vorstellung  des  aphrodisi¬ 
schen  Dämon  Priap  hervorgegangen,  durch  dessen 
Verehrung  hauptsächlich  die  hellespontischen  Städte 
Lampsakos  und  Priapos  berühmt  waren.  Nach  dem 
Grammatiker  Sophokles  gebar  Aphrodite  zu  Lampsa^ 
kos  den  Prias  heimlich,  nachdem  Hera  durch  zaube- 

527)  Eurip.  Troer.  982. 

td  yccQ  narr  iffnv  ’Ag^Qod'lri]  ßqotoiSy 

mi  tmvofjd  oQ^mS  dcpQoßvp^S  ttqyti  &tas> 

Sc  hol.  zu  Hesiod.  Theog.  196.  Aphr.  ^  nctQa  tov  d(fqop  y  ntxgd 
to  uqqalvHVy  w?  EvqmlifijS. 

528)  Schol.  zu  Hes.  Theog.  192.  Kythereia  fiqtiTai  di  ovm, 
naga  to  y.tv9iip  xai  xqvmBP  w  aia/gop,  ^  nagä  to  xvhp  Ip  &iaip. 
Zu  196.  Kyth.  «reo  wv  xd&itp  tok  igacids  xat  Xadga  naqayipta&ut. 
§  um  TOV  dtp  igam. 

529)  Von  dnoflexa  s.  S.  30. 

630)  Schol.  z.  Hes.  Th.  191.  ixydqnß  Ufgodini, 

dta  TO  vyqöp.  ‘H  ydq  im9vßi«  äno  r^S  vyqötrfcoS  yiperat.  o9tp  xal 
vyqois  xalovfitp  meS  «tdXyovS  «p&qtonovs,  Fulgent.  Myth.  2,  J. 
Hane  etiam  in  mari  natantem  pingunt,  quod  oinnis  libido  rerum 
patiatur  naufragia.  ünde  et  Porphyrius  in  epigramniate  ait. 
Nudus,  egens  Veneris  naufragus  in  pelago.  Ebend.  Denique  fe- 
runt  poetae,  quod  exsectis  falce  Saturni  virilibus,  atque  in  mare 
projectis,  exiude  Venus  nata  sit.  lllud  nihilo  minus  ostendere 
Tolens  poetica  vanitas,  quodSaturnus  graece  xqopoS  dicitur;  x& 
pos  enim  Graece  tempus  vocatur.  Abscisae  ergo  vires  temporis, 
id  est,  fructus  falce  quam  maxime,  atque  in  humoribus  viscerum 
veiut  in  mare  projectae,  libidinem  gignant  necesse  est.  Satiurh 
tatis  enim  abundantia  libidinem  creat. 


385 


risches  Betasten  ihres  Leihes  die  Frucht  unförmlicli 
^gemacht  hatte  Sein  Vater  war  Dionysos,  auch 

, wurde  er  für  Dionysos  selbst  ausgegeben.  Da  er  der 
Gott  der  männlichen  Kraft  ist,  so  wurde  ihm  jene  he- 
irflchtigte  Bildung  mit  einem  grossen  Gliede  za  TheiL 
|Der  Esel  ist  ihm  geheiligt,  weil  bei  keinem  Thiere 
die  Brunst  so  gewaltig  und  frech  auffällt  als  bei  die- 
jsem'*®^).  Aber  wie  Priap  zum  Genüsse  ¥erhilft,  so 
igiebt  er  auch  wieder  die  Kraft  dem  Genüsse  zu  ent- 
jsagen  und  die  Flamme  der  Liebe  zu  beschwichti¬ 
gen  Besonders  wurde  er  als  Gartengott 

iverehrt;  es  gingen  aber  noch  andere  Vorstellungen 
der  Aphrodite  auf  ihn  üben  er  erscheint  als  Hafen- 
und  Rhedegott,  räth  im  Frühling  zum  Lichten  der 
Anker  und  zur  Fahrt  über  das  beruhigte  Meer.  Die 
Liebhaber  heisst  er  über  das  Meer  folgen  die 

Fischer  verehren  ihn  als  Küstengott  und  bringen  ihm 
Geschenke.  Da  Priapos  auch  zu  den  zwischen  Gott¬ 
heit  und  Menschheit  vermittelnden  Dämonen  gehört, 
50  ist  es  erklärlich,  wieLukian  berichten  konnte, 
Priap  gehöre  zu  den  Idäischen  Daktylen,  und  habe, 

631)  Stejth,  V.  B.  Jdf4xpa3<osu.’'jißa^vos.  Pau s  an  9,  31,  2. 
Ovid  fasti  1,  435  ff.  Catull  18,  2.  Diodor  4,  6-  Etymol. M, 
'ÄßaqviSu.  Schol.  z.  Apoll  v.  Rh.  1,  932. 

632)  Ovid  fasti  6,  345  ff.  Wüthende  Brunst  des  Esels. 
iColum.  de  re  rust.  6,  37.  Xenoph.  Anab.  5,  8,  3.  Hero- 
iot.  4,  129-  vgl.  Plut.  ^EKktjpv/M.  2.  Vgl.  Laktaaz  1,  21. 

633)  Theokrit  Epigr.  4,  13. 

634)  Virgil  Georg.  4,  111. 

Invitent  croceis  halantes  floribus  horti, 

Et  custos  furum  atque  avium  cum  falce  saligna 
Hellespontiaci  servet  tutela  Priapi. 

Vgl,  Servius  z.  d.  Stelle.  Tibull  1,  1,  16. 

835)  Tibull  1,  4,  66. 

636)  Saltat.  21.  Klausen  Aeneas  und  die  Penaten 
I,  82  ff. 

11. 


25 


386 


da  in  der  Erhizung  der  Leidenschaft,  Leib  und  Seele 
auch  zu  künstlerischer  Darstellung  geschikkt  wird, 
dem  Ares  den  Waffentanz  gelehrt,  wofür  er  den 
Zehnten  der  Kriegsbeute  wieder  empfangen.  Dem 
Priap  wohnt  selbst  weissagerische  Kraft  bei,  wie  dies 
im  Priapeischen  Apollon  hervortritt.  Wegen  seiner 
dionysisch-aphrodisischen  Natur  heisst  er  selbst  Dio¬ 
nysos  ist  Befruchter  und  Mehrer  der  Ziegen  und 

Schaafe,  steht  der  Bienenzucht  und  den  Weinbergen 
vor,  erhält  Fruchtkuchen  und  Honig  zum  Opfer 
ln  den  Gärten  stand  er  als  eine  Art  Vogelscheuche, 
aus  Holz  geschnizt,  bald  als  Knabe  von  unförmlicher 
Dikke,  bald  als  bejahrter  Mann  mit  grossem  Barte, 
in  der  Hand  eine  Hippe  zum  Schneitein  oder  einen 
Knittel  haltend 

Der  ganze  nördliche  Theil  der  Bebrykischen 
Landschaft  am  Hellespont  hatte  den  Dienst  des  Priap 
zu  seinem  Panier  erhoben,  und  hatte  jedes  edlere  Ge¬ 
fühl  in  dem  Schlamm  der  Unzucht  und  Zote  erstikkt. 
In  Lampsakos,  Abarnos,  Priapos,  Parion,  Kyzikos  wu¬ 
cherte  sein  Dienst;  dann  in  Nikaia,  in  Hypaipa  in 
Lydien  Inseln  Imbros,  Thasos,  Lesbos. 

Auf  dem  europäischen  griechischen  Festlande  war  er 
nur  zu  Orneai  zwischen  Argos  und  Phlius  zu  Hause, 
und  heisst  daher  bei  dem  Priapeenschriftsteller  Eu- 


537)  Athen  1  S.  30. 

638)  Calpurniiis  Ekl.  2,  64. 

539)  Hör.  Sat.  2,  1,  1  ff.  Heindorf  das.  u.  die  Priapeia 
insgesamt.  Artemidor  Oneir.  1,  16.  Phurnutos  mQi  »smy 
Kap.  27. 

540)  Petro n ins  ad  Priapum  V.  3.  ff.  —  Aphrod.  soll 
den  Priap  auch  von  Zeus  geboren  haben  laut  Suidas  Schob 
Theokr.  1,  21  nennt  ihn  einen  Sohn  der  Nai's  oder  Chione  und 
Dionysos. 


387 


iphronios  der  Orneatische  Gott  Ausgegangen 

ist  der  Dienst  nach  Klausen  muthmasslich  von  der 
iStadt  8tiris  in  Phokis,  welches  sich  vom  attischen 
iDemos  Stiris  herleitete.  Der  Ahnherr  der  Stinten, 
iOrneus,  obgleich  Sohn  des  Erechtheus,  ist  der  aner¬ 
kannte  Eponymos  von  Orneai.  Von  hier  kamen  die 
Priapeischen  Vorstellungen  nach  Phokäa,  und  von  dort 
weiter  an  die  Propontis. 

Priapos  wird  auch  Tychon  genannt  wel- 
sher  als  ein  Gefährte  und  Beisizer  der  Aphrodite  ge¬ 
fasst  wird.  Seinem  Namen  nach  ist  Tychon  der 
Schaffende,  Wirkende,  und  steht  der  Göttin  im  Zeu- 
ijungsgeschäfte  zur  Seite.  Wie  Priapos  ein  Sohn 
lies  Hermes,  als  zeugungskräftigen  Gottes,  ist 
ladurch  wunderlicher  Weise  zum  Hermaphroditen 
vird,  so  wird  Tychon  selbst  für  Hermes  gehalten  ®*®). 
n  Uebereinstimmung  hiermit  sind  auch  Gigon,  Or- 
hages,  auch  Orthannos  genannt,  Konisalos,  pria- 
leisch- aphrodisische  Dämonen  und  Diener  der  Ua- 
;ucht 

541  Strabon.  8,  382. 

^542)  Diodor  4,  6.  —  Etymol.  BL  Th'iwv  nsQi 

pv  ^A(f  QoStrtiv. 

!  543)  Sc  hol.  zu  Lukian  Göttergespr.  23  u.  zu  Zeus  Tra- 

oedos  6.  Hjgin  Fab.  160. 

544)  Schob  z.  Lukian  a.  a.  O.  Be k k.  Anekd. 

E^fiaff  QÖ^ms ;  nuqmüJiam  ctJ  rowg»  uHm  dalfiwis,  "’OQd-aptjSi  Hola- 

off.  D  i  o  d  o  r  4,  6.  ' 

545)  Hesychios  T^xap :  lwo»  w  M  t'op  ntqi 

i  546)  Hesychios  Gigon:  (falfiav  n^ianMijs  ntqi  r^v^Arf^O” 

T  z  e  t  z.  z.  Lykophr.  538  ’O^ß-dyt^g,  dalftmv  nqianwJ'tjg  mqt 
fp ’AfQodlnjp.  ^  Strabon  13,  688.  oycT«  ydq  ‘Holoios  oMs  Uqlanw, 

W  rotff  ArttKok  Oq&app  xctt  Koviedlm,  xal  Tv^mpi,^  xal  rois 

.WVTOH.  Konisalos  s.  den  Kom.  Platon  bei  Athen.  10,  441. 
chol.  zu  Arist.  Lysistr.  981.  Hesychios  riyvSv,  ol  M  nymv. 

25  # 


388 


Bis  dahin  haben  wir  unter  der  äusseren  Erschei¬ 
nung  der  Unzucht  immer  noch  wirkliche  religiöse 
Vorstellungen  zu  entdekken  vermocht,  jezt  aber  wer¬ 
den  wir  auf  ein  sehr  widerliches  und  schmuziges  Ge¬ 
biet  der  blossen  Zote  und  viehischer  Gemeinheit  ge¬ 
führt,  über  das  wir  so  rasch  als  möglich  hinwegeileu 
werden.  Sinnenkizel  ist  einzige  Quelle,  alleiniger 
Zwekk  des  Kultes  und  der  Anschauungen,  unter  wel¬ 
chen  man  sich  die  Göttin  vorstellte.  Am  ersten  wird 
man  noch  der  sogenannten  Kallipygos  Aphrodite 
zu  Syrakus  Entschuldigung  schenken,  von  welcher 
uns  Kerkidos  und  Archelaos  erzählen  Dass  die 

von  ihnen  gegebene  Erzählung  von  den  beiden  Sy- 
rakusichen  Mädchen,  welche  um  den  schöneren  Hin¬ 
tern  gestritten,  nur  eine  geschichtliche  Einkleidung  sei 
für  die  Gründung  eines  Tempels,  in  welchem  eine 
Aphrodite  verehrt  wurde,  bei  der  dieser  Theil  des 
Körpers  durch  besondere  Schönheit  bevorzugt  war 
versteht  sich  ohne  weiteren  Nachweis.  Diesen  Ge- 
echmakk  sinnlicher  Lüsternheit  finden  wir  überall,  unc 
gelbst  ohne  die  Vorstellung  von  der  damit  verknüpf¬ 
ten  Unsittlichkeit;  und  bei  einem  Volke,  welches  du 


ndmixos  IniTQttmtiog.  Eustath.  z.  Od.  8,  1599.  dfQo 

iißiaxos  welcher  dem  Ares  bei  seinem  Ehebruch  mi 

Aphr.  behülflich  gewesen  sein  sollte.  rlyyQmv  dalfimy,  diaxovti 
ms  t]i  T^s  l4fQo(fiT}]g  ^oixslfc.  Die  Form  des  Namens  Gingroi| 
ist  wahrscheinlich  nicht  verschrieben,  sondern  vielleicht  wurd 
Kinyras  oder  Adonis  in  ähnlicher  priapeischer  Auffassung  ge 
nommen,  denn  diesen  kommt  der  Name  zu.  S.  S.  110  ff.  Da 
durch,  dass  man  diese  beiden  auf  Phönikien  bezog,  ist  Gigo: 
bei  Hesych.  •wieder  ein  ndrmxos  TQnxiZws  genannt;  Adonis  abej 
wird  Vater  des  Priäp.  Schol.  Apoll,  v.  Rhod.  1,  932. 

547)  Bei  Athen.  12,  554.  Klemens  v.  Alex.  Protr.  S. 2l| 
Sylb.  r.al  y.alhnvyio  S-iovdt  SvQuxovßwt,  ijV  Nixavdqog  b  xal', 

kiflüVTüi'  nov  y.ixlrjxip. 


I 

y 


389 


iPhryne  gleich  der  Aphrodite  aus  dem  Bade  steigen 
Isehen  konnte,  ohne  andere  Empfindungen  als  die  der 
(Schönheit  in  sich  wahrzunehmen,  wird  auch  der  Punkt 
der  Sittlichkeit  bei  einer  Aphrodite  Kallipygos  seine 
Rechtfertigung  gefunden  haben. 

Eudokia  sagt  Aphrodite  ist  die  Vorsteherin 
der  Unzucht,  und  deshalb  werden  ihr  Feste  angesteilt 
und  Ehrenbezeugungen  voll  Lasterhaftigkeit,  Wol¬ 
lust  und  Hurerei.  Sie  heisst  die  genusssüchtige,  V o- 
lupia  die  nächtliche  ®®®),  vvKtsqia^  die  im  Dun¬ 
keln  ihr  Wesen  treibende,  üxot'm,  die  den  Beischlaf 
vollziehende,  ngä^ig^  zu  Megara,  oder  Perfida  ®®'), 
'die  ehebrecherische,  iioixiai  Ikorog,  von  der  Brunst 
des  Esels  so  benannt,  die  xaatv'm  war  eine  rngnz^' 
und  fior/aXtg  die  uinschreitende  oder  Auseiean- 
dersperrende,  nsgißaala^  zu  Argos  Hesychios 

nennt  sie  TtsqißaGeo^  tqv^allng  nach  Hesych,  von  tqvp’q 
Loch  Zu  Majuma  bei  Gaza  stand  ein  Bild,  wel- 

jches  die  Aphrodite  mit  geöffneter  weiblicher  Schaam 
darstellte.  Der  Peribasia  ist  die  Prema  die 

I  548)  Eudokia  S.  13.  larl  M  avt^  Ttoqpsla? 

549)  Augustin  Civ.  Dei  4,  8.  Varro.  4.  Makrob. 

,  Saturn.  1,  10. 

550)  In  diesem  Sinne  Horaz  3,  11,  50.  dum  favet  nox  et 
Venus.  Properz  3,  10,  30.  Venus  noctis  sacra  instituet. 

,  551)  Die  TtQaiig  auch  bei  Eurip.  Hipp.  1000  ff.  a.  Schol. 

I  Arnob.  4,  7.  Etiamne  Perfida  una  est  e  populo  numinum,  quae 
obscoenas  illas  et  luteas  voluptates  exitum  perficit  dulcedine  in 
offensa  procedere. 

;  652)  Schol.  u.  Tzetz.  z.  Lykophr.  403. 

553)  Klemens  v.  Alex.  S.  33. 

654)  Plutarch  Erz.  d.  Kinder  Kap.  14.  Tov  yäq  'Pila- 
Sihfov  ytjfiapTos  triv  Mshpriv  ^AQaiPotiVs  SmdätjS  huup:  (k  ov%  ositiv 
TQVfMtUtJP  TO  xivTQOV  w5Ä. 

555)  Augustin  Civ.  Dei  6,  9.  Et  dea  mater  Prema,  et 
dea  Partunda,  et  Venus  et  Priapus.  Quid  est  hoc?  Si  omnino 


390 


heranpressende,  verwandt ;  P e  r  tu  n  d  a  ‘  *  ®)  die  durch- 
stossende.  Diese  wurde  auch  als  Gott  gefasst,  wo 
es  dann  Priap  ist,  und  heisst  Pertundus  oder 
Tutunus.  Er  führte  aber  auch  die  Namen  Subi- 
gus  und  Mut  onus. 

Alle  griechische  Mysterien  haben  das  Schikksal  ge¬ 
habt,  mit  der  Zeit  in  Unzucht  und  blosse  Schlemmerei 
auszuarten  5  die  Aphrodisien  scheinen  aber  darin  vor- 
angegangen  zu  sein.  Die  Veranlassung  war  in  der 
unerlässlichen  Zeremonie  gegeben,  welche  als  ein 
heiliger  Akt  daher  frei  von  aller  Anstössigkeit  und 
ünsittlichlichkeit  die  Ausübung  des  Beischlafes  in  den 
Mysterien  der  Naturgottheit  erforderte.  Ob  diese  Hand¬ 
lung  an  allen  pelasgischen  Kultusstätten  geboten  war, 
lässt  sich  nicht  ermitteln,  doch  wegen  des  Phallos- 
symboles  vermuthen.  Von  der  Ansicht  durch  den  Bei¬ 
schlaf  eine  heilige  und  gottgefällige  Handlung  auszu¬ 
üben,  war  der  Schritt  zur  Unzucht  nicht  weit.  Diese 
erhielt  aber  erst  ihre  vollständige  Ausdehnung  und 
Ausbildung  durch  die  Hinübernahme  einer  rein  asiati- 

laborantem  in  illo  opere  virum  ab  düs  adjuvari  oportebat:  non 
sufficiehat  aliquis  unus,  aut  aliqua  una?  Numquid  Venus  sola  pa~ 
rum  esset,  quae  ob  hoc  etiam  dicitur  nuncupata,  quod  sine  ejus 
vi  foemina  virgo  esse  non  desinat?  Et  certe  si  adest  Virginensis 
dea,  ut  virgini  zona  solvatur;  si  adest  deus  Subigus,  ut  viro 
subigatur;  si;  adest  dea  Prema,  ut  subacta,  ne  se  commoveat, 
comprimatur,  dea  Par  tun  da  ibi  quid  facit? 

556)  Arnob.  a.  a.  O.  etiamne  Pertunda,  quae  in  cubiculis 
praesto  est  virginalem  scrobem  effodientibus  maritis?  Tertul- 
lian  adv.  nationes  2  Kap.  11.  Et  dea  Pertunda  et  Subigus 
et  Prema  ...  parcite  dei  impudentes,  luctantibus  sponsis  nemo 
intervenit. 

557)  Augustin  de  Civ.  dei,  4,  11.  Ipse  si  Mutinus  (von 
muto),  etTutunus  qui  est  apud  Graecos  Priapus.  Arnob.  a.  a.  0. 
Tutunus,  cujus  immanibus  pudendis,  horrentique  fascino,  vestras 
inequitare  matronas  et  auspicabile  ducitis  et  optatis. 


L« 


391 


j sehen  Einrichtung,  über  deren  Verbreitung  sich  fol- 
igende  Muthmassungen  aufstellen  lassen.  DerAstarte- 
'kult  der  ältesten  Zeiten  auf  Kypros  hatte  die  Errich- 
itung  der  mit  ihm  verknüpften  Hieroduleoinstitute  auf 
dem  Eilande  'Inr  Folge.  Diese  fanden  die  Griechen 
dort  vor,  bemächtigten  sich  zwar  des  Kultus  wie  des 
Landes,  hellenisirten  beides,  konnten  aber,  und  woll¬ 
ten  w'ol  auch  nicht,  ein  so  wichtiges  Institut  für  die 
bis  dahin  obwaltenden  Ideen  der  Phöniker  hei  der 
neuen  Gestaltung  des  Kultus  ausschliessen.  Wie  we¬ 
nig  von  Mythen  und  religiöser  Vorstellungen  aus  der 
Phönikischer  Zeit  geblieben  war,  ist  wiederholt  nach- 
gewiesen  worden;  in  diesen  Hieroduleniostituten  ist 
die  einzige  erkennbare,  wenn  auch  allein  schon  wich¬ 
tige  phönikische  Einwirkung,  der  einzige  Eest  des 
phönikischen  Kultus  in  griechischer  Zeit  mit  Äus- 
!nahme  des  Malika  zu  Amathus  wahrzunehmeo. 
|Von  hier  aus,  und  zugleich  wahrscheinlich  auch  von 
|dem  phönikischen  Kulte  auf  Kythera,  fand  diese  Sitte 
im  übrigen  Griechenland  Eingang.  Die  Einrichtung 
selbst  konnte  wegen  des  bis  dahin  üblichen  Myste¬ 
riengebrauches  keinen  Anstoss  mehr  erregen,  würde 
isich  aber  auch  ohne  diesen  leicht  eingeschmeichelt  ha¬ 
lben,  und  die  Hierodulen,  welche,  wie  bei  allen  grie¬ 
chischen  Tempeln,  so  auch  bei  denen  der  Arphrodite 
einseführt  gewesen  sein  werden,  Messen  sich  leicht 
zu  dem  neuen  Dienste  uraschaffea. 

Weil  diese  wollüstigen  Tempelemricbtungen  bei 
i  der  Betrachtung  des  Aphroditekultus  zunächst  und  zu¬ 
meist  in  die  Augen  springen,  so  hat  man  diese  von 
je  her  für  die  Hauptsache  des  ganzen  Knltus  gehal- 
Iten,  nach  dem  übrigen  Kulte  aber  gar  nicht  weiter 


558)  S.  62  u.  Thl  1  B.  170. 


392 


g^efragt.  Da  nun  in  ziemlicher  Vollständigkeit  der  ge 
sammte  Kult  der  Aphrodite  mit  möglichster  Berükk 
sichtigung  der  unumgänglich  nothwendigen  geschieht 
liehen  Entwikkeliing  vor  uns  liegt,  müssen  wir  dies( 
wollüstigen  Hieroduleninstitute  eher  für  eine  Neben¬ 
sache  als  den  Haupttheil  erklären,  und  haben  erfah 
ren,  dass  es  viel  mehr  und  wichtigere  Fragen  bein 
Kulte  dieser  Göttin  zu  erörtern  giebt,  als  diese.  Mai 
kann  nicht  einmal  annehmen,  dass  diese  Uierodulh 
bei  allen  Tempeln  stattfand;  denn  sie  würde  in  vielei 
Fällen  ganz  unverträglich  mit  den  herrschenden  Ideei 
einer  Kultusstätte  sein,  wie  man  sich  leicht  durch  Er 
Wägung  der  verschiedenen  Formen  der  Göttin  über 
zeugen  kann.  Um  zum  Beispiel  an  die  Urania  zu  er-j 
innern,  so  wird  man  sich  doch  bei  ihrem  Tempel  du 
Unzucht  unmöglich  denken  können.  Wir  dürfen  diestj 
Institute  mit  Sicherheit  nur  dort  voraussetzen,  wo  um 
eine  Pandemus  überliefert  ist.  Diese  schloss  aber  be¬ 
sonders  häufig  die  Meergöttin,  die  Trorrt«,  ein,  und  ai 
den  Hafenplätzen  fand  man  die  Hierodulen  der  Aphro 
dite  sehr  zahlreich.  Oft  stehen  sie  in  der  engsten  Be¬ 
ziehung  zum  Gottesdienst  und  wirken  daher  in  öffent¬ 
lichen  Angelegenheiten  die  Gunst  ihrer  Herrin  aus 
wie  in  Korinth,  und  theilweise  auch  in  Athen.  Abeij 
an  vielen  Stätten  enthalten  diese  Institute  gar  keim 
eigentlich  religiösen  Vorstellungen  und  wirklichen  Kuh 
mehr,  sondern  sind  lediglich  Bordelle,  welche  man  we¬ 
gen  der  einer  langen  Entbehrung  ausgesetzt  gewe¬ 
senen  Reisenden  noch  mehr  in  Seestätten  als  an  an-i 
dem  Orten  als  eine  noth wendige  Einrichtung  ansah  .i 
und  diese  unter  dem  Schutz  der  Pandemos  stellte.; 
In  Athen  soll  Solon  zuerst  einen  Tempel  der  Pande-; 
mos  in  diesem  Sinne  eingerichtet  haben,  und  seine, 
weise  Fürsorge  für  die  Erhaltung  dcrBiüthe.  der  Jn-| 


393 


igend  und  der  Förderung  der  Sitten  finden  wir  auf  die¬ 
sem  Punkte  gepriesen 

4. 

Die  Genossenschaft  der  Aphrodite. 

'  In  diesen  Kreis  der  Liebesgöttin  gehören,  aus- 
!  ser  einigen  bereits  oben  genannten  göttlichen  We¬ 
lsen,  vorzugsweise  Eros,  die  Horen  und  Chari- 
iten.  Sie  sind  nicht  blos  ihrem  Begriffe  nach  der 
i  Aphrodite  verwandt ;  sie  sind  vielmehr  Ausflüsse  ihres 
i  Wesens,  welche,  wiewoi  zu  selbstständigen  Gotthei- 
I  teil  erhoben ,  doch  nicht  anders  als  im  Dienste  und  mit 
der  Aphrodite  wirksam  sind.  Indem  sie  von  beson- 
'  dem  Seiten  derselben  erst  abgelöst  sind ,  so  ergänzen 
sie  die  Göttin,  und  ohne  sie  wird  das  Bild  und  der 
Kreis  der  Fprstellungen  der  Liebesgöttin  nicht  voll- 
i  ständig  sein. 

Eros. 

In  der  Theogonie  des  Hesiodos  finden  sich 

559)  Athen.  13,  269.  Kal  d’iv  \4Sfhfok  nqoS“ 

i  tffroQwy,  on  n^mroS  £okaiv  di>a  t^p  rmv  viwp  ’axfi^p  ttftrjßsp  Int  otxi}- 
txmmv  yvvum  ttqm/xbvoS ,]  r.aO-a  xcet  NlxavÖQos  o  Koloffayms 
hfftoQil  Iv  TQliiji  Koko(fiwpi,ax(ap ^  (fdexsap  uinv  %«l  JlapA'jfiov 
dlTtji  KQOP  nQiüTop  t&Qvaaad'cct  I  dtp  mv  ^yyvQlffavto  ai  ffT^oßTaffat  twp 
ohrf/uamp.  ’All’  oys  <t>d^ump  ovms 

Sv  d’  ilg  iinapTue  svqss  dp^qmnovg,  Sölav' 

;  Ct  yaq  Ifyovßi  mm  Mslp  nqmtop  ßqormPi 

d^fj,onxop,  m  ZiVg  nqayfia  xat  emT^Qtov’ 
xat  /not  Uyfip  tom  ieüp  aqpioetop,  Sölmp' 
fABßrtjp  oQmma  t^p  nohv  psmtiqojp, 
tomovg  r  tyovtag  jfjp  dpayxalup  (puOiP) 
ajj.nqravoi'iai  t' uS  o  nqog^xop  ^p, 

OT^octt  Tiqmfxivov  Tot>  yvpoixas  xard  tonovs 
xotpds  anmt  xal  xariffxtvaßfAspae. 

Eamfft  yvfiputs  firj  ”i«nu&^g,  ndpB-'öqu. 

.560,  Hesiod.  Theog,  116  ff.  Aristopü.  Vögel  697  vgl. 
Brandts  Gesch.  d.  Philos.  1  S.  73, 


394 


als  Urwesen  €haos  mit  seinen  Ausgeburten,  Erde 
mit  dem  Tartaros  und  Eros. 

Siehe  vor  allem  zuerst  ward  Chaos,  aber  nach  diesem 
Ward  die  gebreitete  Erd ,  wie  ein  dauernder  Sitz  der 

gesamten 

Ewigen,  welche  bewohnen  die  Höhn  des  beschneiten 

Olympos, 

Tartaros  Graun  auch  im  Schosse  des  weitumwander- 

ten  Erdreichs. 

Eros  zugleich,  der  geschmükkt  vor  den  Ewigen  allen 

mit  Schönheit, 

Sanft  auflösend,  den  Menschen  gesamt  und  den  ewi¬ 
gen  Göttern 

Bändiget  tief  im  Bussen  den  Geist  und  bedachtsamen 

Rathschluss. 

Nach  dieser  kosmogonischen  Auffassung  des  He- 
siodos,  welche  auf  altern  kosmogonischen  Ueberliefe- 
rungen  ruht,  ist  Eros  weltbildendes  Prinzip  Als 

solches  fasst  ihn  auch  die  Orphische  Theogonie 
welche  das  gewaltige  Chaos  und  den  bewegenden 
Aether  voranstellt,  nnd  aus  dem  zum  Weltei  zusam¬ 
mengetretenen  Stoff  den  Phanes,  oder  Eros  oder  Me¬ 
tis  sich  erheben  lässt.  Eros  tritt  in  das  Chaos  zur 
Sonderung  und  Vereinigung  der  Elemente  als  die  bin¬ 
dende  Kraft  hinzu;  ähnlich  fasst  ihn  auch  Aristo-  ; 


561)  Otfr.  Müller  Proleg  z.  Myth.  S.  378.  Aus  diesen 
beiden  (Chaos  undErebos)  blüht  aber  wieder,  nach  jenem  Haupt¬ 
gesetze,  Aether  und  Tag  hervor,  und  es  scheint  dies,  nach  dem 
Verfolge  der  Erzählung  zu  schliessen,  die  erste  Wirkung  des 
schönsten  Gottes,  des  Allbezwingers  Eros,  welchen  die  alte  Dich¬ 
tung,  wahrscheinlich  Kultusanfänge  benuzend,  als  das  wahre  Welt¬ 
prinzip  betrachtet. 

562)  Orpheus  Argon.  13  ff. 


395 


Iteles  ®®*3  die  Grundursache  aller  Dinge*  Diese 
uralte  kosmogonische  Bedeutung  erscheint  im  Homer 
joicht,  welcher  egaog  überhaupt  nur  in  dem  Sinne  von 
|Liebe  als  leidenschaftlicher  Geschlechtseinigung  ge¬ 
braucht.  Zur  Ausbildung  der  kosmogooischen  Bedeu¬ 
tung  auf  ihre  Weise  haben  die  Philosophen  von  Phe- 
rekydes  an  viel  beigetragen.  Nach  diesem  verwandelt 
sich  Zeus  in  den  Eros,  um  die  Welt  in  Liebe  und 
Harmonie  zu  vereinigen*  Herakleitos  setzte  der  ver- 
jbindenden  Kraft  des  Eros  (ytlta),  welche  im  Anfänge 
der  Dinge  das  Gleiche  mit  Gleichem  verband  j  die 
trennende  Gewalt 5  nöXs^og^  entgegen.  Aehnliche  Be« 
Igriffe  verbindet  Parmenides  mit  dem  Eros  ®®^).  Em- 
ipedokles  ®  ®  Q  stellt  der  fiXia  den  vsimg  entgegen.  Bei 
iden  spätem  Orphikern  wird  er  zom  höchsten  Gott^  zom 
l^^fiiovQydg  und  dKxxtwq  oXov  %ov  xogi^ov  Doch 

lauf  die  philosophischen  Deutungen  können  wir  hier  nur 
lim  Vorbeigehen  hinweisend  für  uns  ist  besonders  und 
nur  diess  wichtig,  dass  Eros  in  alter  religiöser  Lehre 
als  der  harmonische  Ordner  der  Welt  gefasst  wurde, 
ialso  ganz,  wie  es  auch  natürlich  ist,  mit  der  Aphro¬ 
dite  als  Harmonie  übereinstimmt.  Die  Ableitung  sei¬ 
nes  Namens  von  sYq€w^  knüpfen,  verbinden,  ist  daher 
imuthmasslich  die  richtige. 

Eine  ursprüngliche  V  erschiedenheit  des  kosmischen 
Eros  vom  Liebesgott  darf  durchaus  nicht  angenommen 

663)  Aristoteles  Metaph,  1,  4.  uMa  ist  Eros,  ^ 
xttt  evvi^H  ta  ndvra. 

1  564)  Bei  Platon  Sympos.  Kap.  6  S.  176.  Ueber  die  Plato- 

|nischen  Ideen  von  der  Liebe  vgl.  ausser  dem  Symposion  des  Pla¬ 
ton  noch  besonders  Plotin  5  Kap.  22  ff. 

;  565)  Vgl.  Plutarch  Erot.  Kap.  12. 

'  566)  So  sagt  auch  Phurnutos  mqt  9-sSp.  Kap  25.  iVw* 

Si  y.aX  TOP  oXop  scof/zov  po/ulCovffw  tqmm  elvm,  xaHv  »  mi  ina(fqöATW 
\x(ct  ptctQop  oPTu,  xal  nQtgßlmaxa  ä/Aa  nänap. 


396 


werden,  und  wo  sie  angetroffen  wird,  ist  sie  nur  aus 
der  Spekulazion  hervorgegangen.  Im  Gegentheil  liegt 
die  Ausbildung  des  weltordnenden  verbindenden  Eros 
zu  einem  Liebesgott  ganz  in  dem  Gange  der  religiö¬ 
sen  Entwikkelung  der  Griechen,  und  stimmt  mit  der 
Weiterbildung  der  Naturgöttin  Aphrodite  zu  einer  Lie¬ 
besgöttin  ganz  überein,  ln  dieser  Bedeutung  ist  da¬ 
her  Eros,  das  flatterhafte  Knäbchen,  nicht  sowol  der 
jüngste  der  Götter  ®®^),  als  vielmehr  einer  der  älte¬ 
sten  und  die  Auffassung  des  Hesiodos  ist  noch 

besonders  deshalb  interessant,  weil  wir  in  derselben 
gerade  wie  wir  es  bei  der  Auffassung  der  Aphrodite 
bemerkt  haben,  ältere  und  jüngere  Vorstellungen  ver¬ 
knüpft  finden. 

Die  dem  Eros  zu  Grunde  liegenden  kosmogoni- 
schen  Vorstellungen  und  die  Unsicherheit  derselben 
waren  es  vornehmlich,  welche  seine  genealogischen 
Verhältnisse  so  verschieden  darstellten.  Auf  die  phi¬ 
losophischen  Annahmen  bei  Platon  im  Gastraahl  dür¬ 
fen  wir  uns  hier  nicht  weiter  einlassen,  da  sie  mit 
den  religiösen  Vorstellungen  zu  wenig  gemein  haben, 
und  wir  begnügen  uns  nur  darauf  aufmerksam  zu  ma¬ 
chen.  Wie  dort  auseinandergesetzt  ist,  dass  Eros 
keine  Aeltern  habe,  sondern  durch  sich  seihst  sei,  so 
sagt  Theokrit  ähnlich;  Niemand  kennt  seine  Ael¬ 
tern.  Nach  andern  hat  er  eine  Mutter,  aber  keinen 


567)  Paus  an.  9  27  2.  “E^mra  cTi  ay&Qmnot  jxip  oi  noU^i 

psmmTov  &€mp  nvctt,  xat  ^AqqoSirrjS  nal(^a  Die  av&Q.  oi 

mlloi  dachten  nur  an  den  Liebesgott,  und  von  dem  mag  man  die; 
Jugend  gelten  lassen.  Die  religiösen  Ansichten  der  alten  theolö-i 
gischen  Sänger  lässt  Pausanias  unmittelbar  folgen.  | 

568)  S  choliast  zu  Hes.  Theog.  H5.  TqlanqSnv  iyivovto,\ 

Xüo?,  r?,  Qvqävws,  &  xai  &ds’  S  yäq  i|  ‘dfQodlVjS  äuw'.  ' 

569)  Theokrit.  13,  % 


397 


j  Vater,  und  unter  seiner  Mutter  versteht  man  die  Äphro- 
dite  ”®3*  *SjJppho  macht  ihn  zum  Sohn  des' Uranus 
'und  der  Gaia  ®’‘3;  sie  sang  aber  vieles  über  ihn,  wel¬ 
ches  mit  den  gewöhnlichen  Ansichten  über  ihn  nicht 
übereinstimmte.  Wenn  Oien  aogab,  dass  er  ein  Sohn 
der  Eileithyia  sei  *^*>5  so  ist  vielleicht  diese  Genea- 
jlogie  aus  einer  Gleichstellung  der  alten  Aphrodite 
auf  Delos  mit  der  Eileithyia  hervorgegangen ,  und  sagt 
fast  dasselbe,  wie  wenn  Cicero  angiebtj  Eros  sei 
vom  Hermes  und  der  Artemis  geboren,  da  auch  diese 
Göttin  eine  Eileithyia  ist;  nur  erhält  er  hier  noch  einen 
Vater.  Dies  ist  aber  beim  Cicero  der  ältere  Eros;  der 
jüngere  ist  nach  seinen  Quellen  ein  Sohn  derjenigen 
Aphrodite,  welche  nach  den  dortgetroffenen  Einthei- 
lungen  die  zweite,  oder  eine  Tochter  des  Zeus  und 
der  Dione  ist,  und  auch  hier  ist  Hermes  wieder  der 
Vater  des  Eros.  Nach  der  gewöhnlichen  Auffassung 
ist  Aphrodite  die  Mutter  des  Liebesgottes ,  Zeus  aber 
sein  Vater  **^3?  Simonides  aber  war  er  ein 

Sohn  des  Ares  und  der  Aphrodite.  Nonnos  ”*) 
endlich  giebt  das  Äelternpaar  in  ganz  dichterischer 
Auffassung  an,  indem  er  den  Eros  ein  Kind  des  leich- 

570)  Schol,  z.  Apoll,  v.  Rh.  3,  26.  Op  plan  Halieut.  4, 
10  ff.  Paus.  9,  27,  2  Themistios  Rede  7. 

I  571)  Schol.  z.  Apoll,  V.  Rh.  a.  a,  O.  Frgm.  124  Neue.' 
j  Paus.  a.  a.  O.  , 

572)  Paus.  a.  a,  O.  Müll.  Dor.  1,  313. 

673)  Cicero  de  nat.  deor.  3^  23.  Job.  v,  Lydien  5, 

I  S.  288.  ff. 

i  574)  Eurip.  Hippol.  534.  “ßgag  0  Jik  nuk.  538i 
d*,  rov  nquvvov  uvS^iaVf  mv  mS  'AfQo<flms  qtdtdmv  ^aldftav  xl^iov/ov. 

675)  Simonides  beim  Schol.  z.  Apoll,  v.  Rh.  a.  a.  O. 

^  Schneidawün  Delect.  poes.  gr.  S.  394. 

576)  Nonnos  31,  110.  Nonnos  der  Dichter  v.  Ouwaroff. 
S,  76  und  das.  Gräfe.  Schol.  z.  Ilias  3,  121. 


398 


ten,  flüchtigen,  gaukelnden  Zephyros  und  der  mit  Far¬ 
ben  spielenden  ^  schillernden  Iris,  einer  Begleiterin  der 
Aphrodite,  nennt. 

Die  höchste  Verehrung  genoss  Eros  zu  Thespiai 
in  Boiotien ,  und  demnächst  bei  den  Parianern  am  Hei- 
lespont  Von  Alters  her  war  sein  Dienst  in  Thespiai 
eingerichtet,  sein  Bild  ein  alter  roher  Stein;  man  wusste 
aber  nicht  mehr,  welche  Herkunft  er  hatte  ®  ’’ ').  Aber 
das  Symbol  deutet  selbst  auf  ein  sehr  hohes  Alter 
auf  eine  tiefere  Bedeutung  hin;  einen  Liebesgott  würde 
man  nicht  unter  einem  rohen  Steine  verehrt  haben; 
doch  die  Pelasger  beteten  ihre  waltenden  und  ordnen¬ 
den  Götter  unter  solchen  Steinen  an.  Später  empfin¬ 
gen  die  Thespier  nnch  ein  Marmorbild  des  Gottes  von 
Praxiteles  und  ein  ehernes  von  Lysippos.  Alle  fünf 
Jahre  wurden  ihm  in  Thespiä  die  Erotidien  gefeiert, 
welche  den  wichtigsten  und  Festen  Spielen  Griechen¬ 
lands  in  ihrer  Berühmtheit  nichts  nachgaben 
So  sicher  auch  die  Thespischen  Vorstellungen  vom 
Eros  auf  alter  Naturreligion  beruhten,  so  finden  wir 
doch  den  Dienst  des  Gottes  daselbst  zngleich  nach 
hellenischen  Vorstellungen  erweitert  und  ausgebildet. 
Wichtig  für  diese  neue  Gestaltung  des  Eros  war  die 
Verbindung,  in  welche  seine  Feste  mit  den  Festen 
der  Musen  auf  dem  Helikon  traten;  nun  feierten  die 
Thespier  den  Musen  und  dem  Eros  einen  Wettkampf 
sehr  herrlich  und  prächtig  Tonkünstler  und 

Athleten  traten  hierin  auf,  und  in  Zwist  gerathene 

577)  Pausan.  9,  27.  1  ff. 

578)  Athen.  13,  561.  Pausan.  a,  a.  O.  SchoL  zuPind. 
01.  7,  30.  Plut.  Erot.  a.  a.  O.  M ans o  Mythol.  Versuche  S.312ff. 

578a)  PI utarch Erot.  Kap.  1.  ^Er^EhxSvs,  naqa  talgMovcaiS 
t&  iqmmxK  Qtanriimp  äformv  ayovst  äympa  mvrasTfiQtxov,  uoniQ  i 
xai  tms  Moiams,  xal  tS  ‘’E^oju,  fdori^ug  navu  x«l  la/xrigdis. 


399 


Eheleute  ersuchten  durch  Opfer  den  Eros  um  gütliche 
Beilegung  des  Streites.  Die  Lakedämonier  opferten 
dem  Eros  vor  der  Schlacht,  weil  das  Olükk  des  Tref¬ 
fens  von  wechselseitiger  Liebe  und  üriterstöteung  der 
iStreitenden  abhing,  üeberali  ist  er  ein  bindender, 
[vereinigender,  zur  Harmonie  und  Eintracht  und  da¬ 
durch  zur  Kraft  führender  Gott.  In  ähnlicher  Absicht 
jliessen  die  Kreter  vor  einem  Angriff  durch  die  Schön- 
isten  ein  Opfer  bringen.  Bei  den  Thebaiern  bestand 
bine  sogenannte  heilige  Schaar  aus  Liebenden  und  Ge- 
iebten,  welche  einen  ruhmvollen  Tod  einem  schimpf- 
icben  Leben  vorzogen.  Die  Samier  widmeten  dem 
Eros  ein  neues  Gymnasium,  und  nannten  die  ihm  za 
Ehren  gefeierten  Feste  die  Freiheitsfeste 
ln  vielen  Gymnasien  stand  sein  Bild  zwischen  dem 
les  Hermes  und  des  Herakles,  um  die  Zöglinge  da- 
•an  zu  erinnern,  dass  Weisheit  und  Beredsamkeit  im 
iFereine  mit  Muth  und  Stärke  alles  vermöge.  Die 
jDhener  priesen  ihn ,  wie  eine  ähnliche  Auffassung  der 
ilphrodite  vorkommt,  als  Gott  der  Freiheit  und  Erret- 
|:er  von  den  Peisistratiden  an,  und  Platon  sagt,  dass 
|Sros  ein  Gott  sei,  welcher  Bettung  und  Wohl  des 
Staates  befördere.  Beim  Anfang  der  Dinge,  sagt  Äpu- 
|,ejus®’®),  hat  Aphrodite  durch  die  Erschaffung  des 
iSros  Verschiedenheit,  Widerstand  und  Hass  der  Ge- 
i5chlechter  aufgehoben j  und  die  Fortpflanzung  desMen- 
ischengeschlechts  gesichert.  In  Lebadeia  wur¬ 
den  dem  Eros  königliche  Erotidien  oder  Erotien 
Saa'dsia^  gefeiert.  Wahrscheinlich  wurde  Eros  hier 

I - - — — 

579)  Apulejus  Metam.  Seu  tu,  coelestis  Venus,  quae 
l'rimis  rerum  exordiis,  sexuum  diversitatem ,  generato  Amore, 
lociasti  et  aeterna  sobole  genere  liumano  propagato,  miiic  cir- 
i  umfluo  Paphi  sacrario  coleris. 

579a)  Philemon  Lex,  Technol.  S.  42. 


400 


wie  Aphrodite  sonst  als  Herrin  und  Herrscherin  der 
Welt,  als  Herr  und  Herrscher  derselben  gefasst.  Auf¬ 
fallend  ist  es,  wie  sich  Pliitarcli  Heimaths- 

rechtes  des  Eros  annimmt,  und  dass  er  nicht  ein  frem¬ 
der  Ankömmling  sei,  wie  Attis  und  Adonis,  auch  nicht 
mann  weiblich.  Doch  war  dies  nicht  die  allgemeine 
Vorstellung,  und  wie  der  Hermaphrodit  ein  Sohn  des 
Hermes  und  der  Aphrodite  war,  zählt  ja  auch  Eros  füi 
beider  Kind ,  und  war  der  männlichen  Aphrodite  ähn¬ 
lich  von  doppeltem  Geschlecht  ’®*)f  besonders  bei  der 
Orphikern  Durchgängig  sind  die  VorstellungeD 

i’on  ihm  mit  denen  der  Naturgöttin  Aphrodite  überein¬ 
stimmend  ,  und  wenn  auch  von  unzüchtigen  Mysteriet 
des  Eros  und  der  Aphrodite  gesprochen  wird  ***),  s( 
sind  dies  wahrscheinlich  keine  andern,  als  die  gewöhn¬ 
lichen  der  Aphrodite,  wenn  es  auch  nicht  unmöglich  ist 
dass  auch  die  Erotidien  für  sich  in  dieser  W eise  aus¬ 
geartet  waren,  da  ja  ihnen  eine  ähnliche  physische 
Bedeutung  zu  Grunde  lag. 

Hier  ist  die  Wirksamkeit  des  Eros  überall  phy- 
eisch,  aber  in  der  Auffassung  des  gewöhnlichen  Le¬ 
bens  ist  sie  psychisch  5  er  wird  der  Gott  der  Liebe 
€in  reines  Fantasiebild  ®®*).  Als  solcher  ist  er  aber 

S8Ö)~Piutar ch  Erot.  Kap.  12.  ov  vvv  ahtl  nQumv  ßufwi 
o^EQOiS  xai  »vdav,  owtf’  httjlvs  ix  nvo?  ßaQßoQtx^g  duanfaifMvlaS 
wmiQ  nm  xat  ltyö(Uvoh  rf’  dviqoyvvav  xcci  yvvat- 

my  na^aMimt. 

581)  Alexis  bei  Athen.  13,  562. 

(Eros)  ydq  ovu  Q-tjlvg  ovr  Sqq>)v’  ndhv 
ovTi  5-f Off  ovT  dvS-Qianos,  ovt  ußiXttqos 
evT  «vBtS  'ifXifQmv,  «Ala  ewvtvrjiitvog 
nuvtaxö&iv,  Ivi  wma  n  noll’  s’i9-rj  <f4mv  U.  S.  W. 

682)  Orph.  Hymn,  57,  4.  Vergl.  Laktanz  1,  5. 

583)  E  u  s  e  b  i  0  s  Lobrede  auf  Konstantin  Kap.  7.  oQyta 
Vgl.  S.  144. 

684)  Vgl.  Hymerios  Mtlsml  in  Proklos  Biblioth.  43. 


401 


nicht  aus  eigner  Macht  der  Erreger  der  Liebe,  son¬ 
dern  hat  seine  Gewalt  mir  von  seiner  Mutter,  wirkt 
nur  in  ihrem  Namen,  ist  ihr  H^erkzeug,  wodurch  sie 
im  Menschen  die  Liebe  anfacht,  und  es  giebt  ohne 
die  Aphrodite  keinen  Eros  ***).  Es  ist  aber  die  Ura¬ 
nia,  welcher  er  dient  denn  die  Liebe,  welche 

Eros  befördert,  ist  eine  sittliche,  erlaubte.  Von  ihr 
führt  er  auch  den  Namen  ovqdvmg-,  heisst  auch  der 
Idalische  Knabe  und  nach  mystischer  Lehre  ent¬ 
fernt  er  fremde  und  unreine  Triebe  von  den  Einge¬ 
weihten  *  ®  ®).  Er  wirkt  ganz  wie  die  Liebe  im  mensch¬ 
lichen  Herzen;  jeder  Begung  und  Neigung,  jeder  Lei¬ 
denschaft,  in  welche  das  Gemüth  durch  die  Liebe  ver¬ 
setzt  werden  kann,  Urheber  wird  er  gedacht.  Er  ist 
der  schönste  Gott,  der  allgewaltige,  siegreiche,  all¬ 
bezwingende,  dessen  unüberwindlicher  List  und  Macht 
keiner  zu  entrinnen  im  Stande  ist.  Er  ist  Begleiter 
der  jungen  Mädchen  ®®®),  bezwingt  und  peinigt,  doch 
immer  nur  das  Herz.  Schon  bei  seiner  Geburt  ahnte 
Zeus  die  Unruhe,  welche  er  aostiften  würde,  und  be¬ 
fahl  deshalb  der  Aphrodite  ihn  zu  tödten;  allein  sie 
verbarg  ihn  in  Wäldern,  wo  er  an  den  Brüsten  wil¬ 
der  Thiere  sog.  Dadurch,  sagen  die  Dichter,  habe 
er  seine  Härte  und  Grausamkeit  eingesogeri,  mit  wel- 

I  585)  Plutarch  Erot,  Kap.  5.  Mms  “Eqm  iariy,  ^Aq^oSinjS 
Ijuij  naQovdtjs,  tjy  d^tqamiuv  ix  S-tmy  y.al  ntqd/fiy,  n  fti- 

Irf/wv  xai  Svuüfxtm,  oaoi  ixtlyij  Siimdiv;  Vgl.  Kap.  12. 

586)  Himerios  Rede  auf  die  Ankunft  der  Kyprier,  und 

Öfters. 

'  587)  Pap.  Stat,  Theb.  2,  286.  Non  hoc  Pasithea  Wan- 

darum  prima  sororum,  Non  decor  Idaliusque  puer. 
j  588)  Orph.  Hymn.  57,  9  ff.  'AU.u  fmxaq, 

].fiv(iT^ot  cvviqxov,  ff  nvXovs  S’  ixronlovs  &’oqfiug  dno  rmv  cf  dnönsfim- 
'  589)  Pervig.  Ven.  V.  29  ff.  It  puer  comes  pueliis  u.  s.  w. 

H.  26 


I 


402 


eher  die  Liebesqoaal  sich  ins  Herz  senkt.  Zuerst 
versnehte  er  seine  Kunst  an  den  Thieren  ’**),  dann 
ging  er  weiter,  und  weder  im  Himmel  noch  auf  Er¬ 
den  ist  Jemand  sicher  vor  ihm,  selbst  seine  eigene 
Mutter  nicht,  welche  ihm  seine  Macht  gegeben, 
und  bei  Moschos  klagt  sie  über  die  Streiche  des  Schal¬ 
kes.  Besonders  war  es  die  Liebe  zum  Adonis,  für 
deren  Urheber  Eros  angesehen  wurde.  Hache  wegen 
unglükklicher  Liebe  nahmen  die  Heroinen  an  Eros  in 
der  Unterwelt,  wie  des  Ausonius  Gedicht  Cupido  cruci 
affixus  darstellt.  Die  Dichter  nennen  ihn  einen  Menschen¬ 
verderber,  Tyrannen  der  Götter  und  Sterblichen 
Unerschöpflich  sind  sie  in  den  Vorstellungen,  welche 
sie  von  ihm  machen;  List  und  Gewandtheit  schreiben 
sie  ihm  zu;  eine  Menge  Nekkereien  und  schlauer 
Streiche  kommen  auf  seine  Rechnung;  und  am  erfin¬ 
dungsreichsten  darin  ist  Anakreon.  Indem  er  das  Werk¬ 
zeug  der  Kypris,  ihre  rechte  Hand  ist,  so  vollbringt 
sie  alles,  was  sie  vollbringt,  durch  ihn.  Daher  erregt 
er  nicht  allein  die  Leidenschaften,  sondern  senkt  sich 
auch  wieder  auf  der  Kypris  Geheiss  in  die  Herzen 
der  Menschen,  und  beschwichtigt  die  Seelen 
Schon  bei  Hesiodos  ist  er  der  Sorgen-Brecher,  Xv(ft{isXijg. 

Eros  ist  stets  jugendlich  kindlich  und  im  Besitze 


690)  Ebend.  V.  77. 

691)  Virg.  Aea.  1.  664. 

Nate,  tneae  vires,  mea  tnagna  potentia  solus, 

Nate,  patris  summi  qui  tela  Typhoia  temnis, 

At  te  confugio  et  supplex  tua  numina  posco. 

So  Apbr,  selbst. 

692)  Athen,  13,  661. 

693)  Vgl.  den  schönen  Gesang  auf  Eros  bei  Sophokles 
Antig,  780  ff.  Al  km  an  bei  Athen.  13,  600 

“EqoS  jUf  Äfc  KvnQt'ifoS  txan 
ylvxis  xtmlßwp  xaqMav  taly$u 


403 


I  einer  nekkischen  ünscholdl*  Er  naht  sich  unversehens, 
wie  sich  die  Liebe  unvermerkt  ins  Herz  der  Menschen 
einschleicht,  und  wie  die  Liebe  durch  den  innern  See- 
ilenbrand  umbringt,  so  heisst  auch  Eros  scherzweise 
!  wieder  Verderber,  Vernichter  der  Menschen,  Störer 
des  Lebensglükkes.  Er  ist  Urheber  aller  berühmten 
I  Liebesgeschichten,  der  Aphrodite  und  des  Adonis,  der 
Hero  und  des  Leander,  Pyramos  und  Thisbe,  Äkontios 
und  Kydippe,  Hermochares  und  Ktesylla  u.  s*  w.;  m 
der  Unterwelt  nehmen  die  unglükklichen  Seelen  aber 
I  noch  Bache  an  ihm.  Wie  Aphrodite  den  Werken  der 
■  Ehe  nachgeht,  so  fehlt  auch  beim  Eros  diese  Bezie- 
'  hung  nicht,  aber  nur  sofern  die  Liebe  das  Band  der 
jBhe  knüpft:  er  schmükkt  die  Braut  am  Hochzeitstage, 
I  entkleidet  sie  am  Abend  5  löst  ihr  Gürtel  und  Sandalen; 
I  die  Vollziehung  der  Ehe  selbst  aber  überlässt  er  sei- 
:|nem  Begleiter  und  Gespielen,  dem  llymenaios,  des¬ 
sen  Aeltern  Aphrodite  und  Bakchos  heissen  Wie 

.  seine  Mutter  ist  auch  Eros  ein  Gott  der  Freude  und 
des  Frühlings,  wird  mit  den  Kränzen  der  Horen  ge- 
schmükkt,  ist  Gott  der  Gärten  *®’),  Haine  ”«)  andFlu- 
|ren  sind  ihm  geweiht  Ganz  wie  dieKypris  ist  auch 
I  Eros  ein  Frühlings-  und  Blumengott  ®®®).  BeiNonnos  ist 

I  594)  Serv.  z.  Aen,  4,  127.  1,  651.  4,  29. 

595)  Das  Epigr.  Des  Ungenannten  bei  Jakobs  Delect.  Epigr. 

gr.  1,  58. 

596j  Zu  Leuctra  an  der  lakonischen  Küste  ein  Tempel  und 
Hain  des  Eros  Paus.  3,  26,  3. 

597)  Marianos  bei  Jakobs  Delect.  Anth.  gr.  9,  51. 

!  ‘H  y.aloy  alm?  '  miov  xala  diydQsa  mura 

'  nQrj'l'S  Ininvtlwp  dfifidopst  ZitfvQos' 

-/.ui  iQa^uS  äfAaQvmtrat'  äpü-ißt’  Xitfimv, 

novkup  hCT&fiäpmv  xisfiov  aPHS  xalvxmp  U.  s.  W. 

698;  Theognis.  V.  1289  (1275) 

'SlQaloS  y.ui  “Eqm  innülttm,  ^vlxa  ntQ  j/^ 
äpOsciv  ilaQivoii  &cU.lii, 


26* 


404 


er  sognr  wie  Ancliises  und  Adonis  u.  a.  a.  als  Hirt 

gedacht. 

Im  Eros  trurde  die  vollendete  Schönheit  des  Kna¬ 
benalters  dargestellt  und  als  Liebesgott  hat  er 

seinen  Sita  dort,  wo  seine  Mutter  ihn  hat,  zu  Paphos, 
welches  ein  Dichter  die  bekränzte  Rhede  des  üppig- 
gelokkten  Eros  nennt.  Als  Symbol  seiner  Gewalt  trägt 
er  Bogen,  Pfeile  und  Fakkel  Mit  der  Binde 

vor  den  Augen  pflegt  man  ihn  gern  vorzustellen,  um 
anzudeuten,  wie  der  Reiz  sinnlicher  Liebe  den  Blikk 
des  Geistes  verblende.  Die  Flügel  aber,  welche  ihm 
gegeben  sind,  deuten  die  Unbeständigkeit,  die  Flat¬ 
terhaftigkeit  und  den  Leichtsinn  seines  Wesens  an  ')• 
Er  führt  die  Zügel  des  von  Schwänen  oder  Tauben 
bespannten  Wagens  seiner  Mutter.  Vom  Knaben  Eros 
selbst  wird  man  keine  Liebe  vermuthen^  auch  würde 
sich  eine  solche  mit  dem  ganzen  Kreise  der  religiösen 
und  dichterischen  Vorstellungen  über  ihn  nicht  wmhl 
vertragen.  Freilich  ist  ein  vielseitiger  und  inhalts¬ 
reicher  Roman  des  Eros  und  der  Psyche  bek.annt 
aber  dies  ist  ein  Werk  der  Philosophen,  und  sgeag 
hier  ein  philosophischer  Begriff,  das  Ganze  aber  eine 
"E^ms  HQoXmiap  Kmgov,  mqntalUa  p^eov, 
tiaiy  bl  uv&qt^novs  aniq/ja  qiqmv  xam  y>is> 

599)  Ot fr.  Müller  Archäol.  §.  127.  Eros  zu  Parion  von 
Marmor.  Plin.  36,  4,  5.  Zu  Thespiä  von  Pentelischem  Marmor 
Julian.  Or.  2  S.  54.  Lukian  Erot-  II,  17. 

600)  Vgl.  Silius  Ital.  7,  144  ff.  Moschos  Id.  6, 

601)  Phurnutos  Kap.  25.  nals  fifv  Itf»  (Eros)  cftdrodwl? 

ypiüfiijp  xat  evi^anärtjrop  tyuv  roüs  iqmvrus.  tmquitoS  tff,  on  xat  (fo- 
pov?  noitl,  tj  on  luf  nqoilntarm  Tals  StuvolaiS  a9qoii)S-  roloi);? 

<17,  iml  TiXtjy^  TtPi  ofioißp  «wo  T^S  nqosäStfüS  oi  uhaxofisvoi  avT^  nu- 
cyovctp,  ovrt  nhjaittcaPTts  ovra^tpot  tup  xuImp,  «Ük  fiaxqo&sp  avTovS 
idipTiS'  äpuMSorai  <17  X«iätiuS  uvi^,  nvqovp  d'oxovpn  raS  tpvyas, 

602)  Apulejus  Metam.  B.  4.  5.  und  6.  Fulgentius 
Myth.  3.  6. 


405 


Versiunlichung  der  Schikksale  der  menschlicheo  Seele, 
welche,  göttlicheo  Ursprungs,  dahier  im  Kerker,  dem 
Leibe,  dem  Irrthum  unterworfen  ist. 

Eros  wollte  nicht  wachsen  und  gedeihen;  da  be¬ 
schloss  Aphrodite,  wie  Porphyrios  erzählt,  ihm  einen 
Gespielen  zu  geben,  gebar  vom  Ares  den  Anteros  ***), 
und  nun  gedieh  Eros  erst  recht.  In  Athen  ®®^)  war 
vor  dem  Eingänge  in  die  Akademie  ein  Altar  des  Eros 
mit  der  Inschrift,  dass  Charmos  unter  den  Athenern 
zuerst  dem  Eros  ihn  geweiht  habe;  der  Altar  des  Ante¬ 
ros  in  der  ^tadt  soll  von  Metökeo  geweiht  sein.  Der 
Athener  Melos  nämlich  verachtete  einen  Metöken  Ti¬ 
magoras,  w'elcher  ihn  liebte,  und  hiess  ihn  sich  von 
dem  Felsen  herunterzustürzen ,  wo  er  am  höchsten 
ist.  Timagoras,  welchem  das  Leben  nichts  mehr  galt, 
und  der  in  allem  dem  Knaben  gefällig  sein  wollte, 
stürzte  sich  hinunter.  Als  Melos  nun  den  Timagoras 
todt  sah,  ging  er  in  der  Reue  so  weit^  dass  er  sich 
von  demselben  Felsen  stürzte,  und  so  sein  Leben  en¬ 
digte,  und  seitdem  ist  es  unter  den  Metöken  Gebrauch, 
den  Anteros  als  Rächer  des  Timagoras  zu  verehren. 
Im  Gymnasium  zu  Elis  ‘®®)  standen  Eros  und  Ante¬ 
ros;  Eros  hielt  einen  Palmzweig,  welchen  Anteros 
ihm  zu  entreissen  suchte.  Jene  Erzählung  und  diese 
bildliche  Darstellung  zeigen  uns  den  Anteros  als  einen 
gegen  den  Eros  kämpfenden  Gott,  als  einen  wettei¬ 
fernden  Genius  der  Liebe,  welcher  verschmähte  Liebe 
rächt.  Es  ist  eine  noth wendige  Kehrseite  des  Eros, 
ein  Wesen,  welches  mit  Eros  vereinigt  erst  die  voll¬ 
kommene  Idee  des  Liebesgottes  ausdrökkt;  in  ihm  ist 
die  Idee  der  Gegenliebe  personifizirt.  In  xMegara  sah 

603i  Cicero  de  nat.  deor.  3.  23. 

604)  Pausan.  1,-30,  l. 

605)  Paus  an.  6,  23,  4. 


406 


man  ferner  einen  Tempel  der  Aphrodite  Praxis 
mit  den  Bildern  der  Peitho  und  Par  egoros,  Wer¬ 
ken  des  Praxiteles.  Diesem  fügte  SkopasEros,  Hi- 
meros  und  Pothos  ®“®)  bei,  welche  drei  Stufen  der 
Gemüthsbeweguugen  darstellen^  Eros  das  Wesen  der 
Liebe,  ihr  Gemeinbegriff,  Himeros  das  Liebesverlan- 
gen  und  Pothos  die  Sehnsucht. 

SeitAnakreon  wurden  dem  Eros  noch  eine  Menge 
von  Brüdern  Kugesellt,  welche  als  Erote  im  Reiche 
der  Liebe  geschäftig  sind.  Auch  ihre  Mutter  heisst 
die  Aphrodite,  und  sie  daher  bei  Nonnos  Kvnqidioq^ 
man  nannte  sie  aber  auch  Kinder  der  Nymphen,  wäh¬ 
rend  Eros  dabei  ein  Sohn  der  Aphrodite  bleibt 
Sie  sind  Gefährten  der  Kypris  ®®®)  und  sprechen  in 
Dingen  der  Liebe  im  Ganzen  dieselbe  Idee  aus,  welche 
im  Eros  liegt,  nur  steht  Eros  immer  höher  und  erha¬ 
bener  da :  sie  dienen  blos  dem  Liebesgetändel  und  einer 
spielenden  Phantasie  ähnlich  wie  die  Chariten 

606)  Pan  San.  1  43,  6.  «  Srj  imipoqd  ißn  xaTa  tama  rdis  ovö- 

fiaßt  xai  rd  (()ya  Phurnut.  Kap.  25.  y.aluTai  ök  t/isQoS, 

fjToi,  nnQo.  TO  it(s9ai  xal  r^v  dnoluvaiv  tSv  (u^alwp  (dyo~ 

fxaa^ivmv.  ^  xmd  fxluiq&v  Tri?  iJidvoiav  ixretcm?,  wS  dva^~ 

ftmQiieS-cei  niQt  mmijp.  Jl69-os  cti  äno  r^s  w3f  ^thjjj.d'mv 

od-tv  iay^s  T/jy  xai  o  nannSs.  $  dno  tov  nolld  nvyd-dvusd-ai  ntQ» 

Tmv  ißofjitymv  wvs  i^mvras,  zal  avrmp  Ixflvav,  no&fv  oyrat  xai 
nov  fjßtty. 

607)  Klaudian  Niipt.  Hon,  etMar.  74.  gens  mollis  Amo- 
rum.  Philos tr.  Bilder  1,  S. 

608)  Bion  Id.  1,  80  ff.  dnadoi  ^AffQoSrni?.  Statins  SUr. 
1,  2,  54.  aginen  Amorum.  Silius  Ital.  11,397.  turha  Veneris, 
Kap.  11,  413.  exercitus  Cupidinum.  Valer.  Flaccus  6,  457.  — 
Veneris  nati,  wozu  Eros,  die  Eroten,  Anteros,  Himeros  und  Po¬ 
thos  gehören  können,  bei  Sih  Ital,  7,  449.  11,  390. 

609)  Phurnut  OS  Kap.  ■  25.  xai  nleiovs  dlj  tQCüra?  naqaöi- 
^ovxat  dla  r^y  nolmqonlay  zwy  iQioTißy.xai  To.  noi,iiOiS:.totovtotS  ori<rd'6iS 
xtyo()iiy7fi9ctt  T^v ’ArfqoSittjv.  .  _  _ _ 


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407 


umtanzen  sie  die  Aphrodite.  Ihre  Darstellung  ist  die¬ 
selbe  wie  beim  Eros;  auch  sie  sind  beflügelt 

In  Verbindung  mit  dem  Eros  finden  wir  noch  Bak- 
chos  als  Freudenbringer  und  Beförderer  der  Liebe. 
Horaz  ®  ^  0  hat  aber  auch  noch  den  J  o  c  u  s ,  den  Scherz, 
I  neben  dem  Eros  als  Begleiter  derKypris.  Unter  den 
i  weiblichen  Gottheiten  ist  die  Ty  che  ihm  beigesellt ;  so 
i  stand  zu  Aigira  in  Achaja  ®  ‘  in  der  Nähe  eines  Tem- 
I  pels  der  Aphrodite  eine  Ty  che  und  daneben  ein  Eros. 

I  Dieselbe  Gottheit,  männlich  gedacht  alsTychon,  ha- 
i  ben  wir  als  Beisitzer  der  Aphrodite  kennen  gelernt  ®  *  *). 

Die  Horen  und  die  Chariten, 

Den  Begriffskreis  der  Aphrodite  helfen  besonders 
i  die  Horen  und  die  Chariten  vervollständigen:  beides 
(  eng  verwandte  Wesen,  aus  einer  physischen  Quelle 
i  abgeleitet,  in  ethischer  Ausbildung  verschiedene  Wege 
einschlagend,  dessenungeachtetaberoft  in  einander  über¬ 
greifend  und  gegenseitig  sich  ergänzend  im  Kult,  wie 
in  den  Vdrstellungeii  der  Phantasie.  Wir  haben  die 
Aphrodite  kennen  lernen  als  die  Göttin,  welche  die 
Ordnung  im  Naturleben  heraufgeführt  hat,  und  besonders 
in  der  schönen  Jahreszeit  thätig  ist.  Sie  ist  die  Chlo- 
ris  ®*^),  und  wann  diese  in  der  Natur  herrscht,  dann 
erscheinen  die  Horen  in  bunten  Gewändern  und  sam¬ 
meln  die  Gaben  der  Chloris,  des  Lenzes,  welche  die 

610)  Bioa  9,  6.  montt^og,  Mosch.  6,  16.  Sil.  Ital.  7, 
458.  aligeri.  Pap.  Stat. SilvaeS,  4,  88.  Accurrunt teneri  Paphia 
cum  matre  volucres.  Nonnos  13,  435.  Kvuqov,  ivnnqvymp  &iQ~ 
diyfMPa  v^aop  ’EQonav. 

611)  Hör.  l,  2,  33.  Sive  tu  maris,  Erjcina  ridens  —  Quam 
Jocus  circumvolat  et  Cupido. 

612)  Paus.  7,  26,  3. 

613)  S.  S.  387. 

614)  S.  S.  293. 


408 


Chariten  za  Sträussen  und  Kränzen  flechten  ®'‘).  Dass  i 
die  Horen  ihren  Namen  von  der  Jahreszeit  cSija  ha-  |i 
hen,  welche  vorzugsweise  die  blühende  schöne  Jah-  ; 
reszeit,  den  Lenz,  bezeichnet,  ist  klar  5  und  daher  zei¬ 
gen  sie  sich  auch  als  Göttinnen  des  Frühlings  und  |i 
Spenderinnen  alles  dessen,  was  der  Frühling  mit  sich 
bringt,  und  dem  Menschen  Genuss  gewährt.  Sie  |« 
schmükken  die  Pandora  mit  Kränzen  und  Blumen 
sie  führen  den  Adonis,  wenn  er  aus  der  Unterwelt  i 
kommt,  herauf  und  der Kypris  entgegen  sie  sind 

beim  Orphischen  Dichter  Gespielinnen  der  Persephone,  ,lr 
wenn  sie  als  Frühlingsgöttin  zu  den  Menschen  zurük-  1 
gekehrt  ist;  sie  sind  die  Pflegerinnen  des  jungen  Dio-  i 
nysos;  sie  warten  der  Keime  und  Blumen,  pflegen  die  ' 
Pflanzen  und  bringen  sie  zur  Frucht  ®*®).  Denn  wenn  | 
die  Horen  auch  vorzugsweise  der  schönen  Jahreszeit  • 
angehören,  so  doch  nicht  ausschliesslich;  sie  sind  viel-  || 
mehr  die  Göttinnen,  welche  den  Wechsel  und  die  'i 
stets  geregelte  Ordnung  der  Natur  heraufFühren,  wie  h 
Aphrodite  als  Naturgöttin  und  Harmonia  ein  ähnliches  li 
Geschäft  hat.  So  werden  sie  Gottheiten  der  Jahres-  |i 
Zeiten  überhaupt.  Wahrscheinlich  die  beiden  ältesten 
Benennungen  der  Horen,  weil  sie  mit  dem  allgemei¬ 
nen  Begriff  am  meisten  übereinstimmen,  sind  Thallo 
Blüthe,  und  Karpo,  Frucht  ®*®),  oder  Thallo  und 
Auxo  welche  dieselbe  Idee  aussprechen,  und 
mit  den  beiden  Chariten  Hegemone  und  Auxo  zu 

615]  Ovid.  fasti  5,  127  ff. 

616)  Hesiod.  Erga  75. 

617]  Theocrit.  15,  102. 

618)  Orph.  Hymnen.  13.  Hom.  Od.  24,  344.  ! 

61 9j  Pa  US  an.  9,  35,  1. 

620j  Klemens,  v,  Alex.  Protr.  0I6,  Hygin.  Fab.  183 
und  das.  Munker. 


! 


409 


Athen,  der  Führerin  des  Jahres  and  der  Mehrerin 
übereinstimmen.  Die  Thallo  wurde  in  Athen  zugleich 
mit  der  Pandrosos  verehrt;  eine  Zusammenstellung,^ 
welche  nicht  minder  als  der  Name  der  Höre  seihst, 
auf  eine  Frühlingsgottheit  hinweist.  Die  Zweizahl 
spricht  für  eine  einfache  Auffassung  des  Jahreswech¬ 
sels;  ursprünglich  aber  vereinigte  sich  muthmasslich 
der  ganze  Begriff  der  Horen  in  eine  einzige  Hora, 
als  Göttin  des  Jahres  und  Naturlebens  wie  wir 

dies  schon  aus  der  Nachricht  von  einer  einzigen  Cha¬ 
ris  schliessen  dürfen.  In  der  Folge  stellte  der  wahr¬ 
nehmbare  W echsel  der  Jahreszeiten,  erst  zwei,  dann  ■ 
drei  und  selbst  vier  Horen  auf,  worunter  aber  nie  eine 
winterliche  genannt  wird. 

Als  Naturgottheiten  wurden  sie  auch  in  Myste¬ 
rien  gefeiert  und  es  gelingt  einige  Andeutun¬ 
gen  über  ihre  Kultvorstelluiigen  zu  geben.  Phiio- 
choros  hatte  berichtet  ®**),  dass  Amphiktyon  zu  Athen 
dem  Dionysos  im  Tempel  der  Horen  einen  Altar  er¬ 
richtet  habe,  weil  sie  den  VZein  zeitigten,  sie  stehen 
also  mit  dem  fruchtreichen  Herbste  inYerbiodung 
Von  dem  Feste  der  Horäen  zu  Athen  selbst  hatte  der- 

620a)  Ot fr.  Müller  Archäol.  §.  390.  Anm.  1.  Allein 
kommt  die  Frühlingshora,  die  Squ  vorzugsweise,  mit  dem  Schurz 
voll  Blumen  öfters  vor.  Er  zit.  noch  Gerhard ;  Neapels  Ant,  Bild¬ 
werke  S.  2. 

621)  Orph.  Hjmn.  43,  10  ff. 

in'  tBlsias  oelas  vsoftv&mts, 

euxdonovs  ytpmK  iadyovßat  dfiSfffpmS- 

622)  Bei  Athen.  2,  38.  Kallimachos  Epigr.  50,  üeber 
Dionys  und  die  Horen  Vgl.  noch  Welker,  Nachtr.  z.  Äeschyl, 

Tril.  S.  188  Anm.  15. 

623)  Hom.  Od.  24,  344.  Athen.  5,  289.  rimccgis 

dxtvaßf/tvai,,  xaltxdattj^iQoma  tok  Miovs  xagnovs.  ’ü/o/«ra  mhmr 
»vfuaTk^a  Mo  ximipa  Ix  ygmov.  Alexis  ebend.2, 

ti&tj  wp  londSt 


410 


/ 


selbe  aber  berichtet  dass  die  Athener  beim  Op¬ 
fer  der  Horen  das  Fleisch  nicht  brieten,  sondern  kochten, 
weil  sie  ku  diesen  Göttinnen  beteten,  trokkene  Dürre 
und  Hitsüe  abzuwehren,  dafür  aber  mit  ebenmässiger 
Wärme  und  Nässe  die  Früchte  zur  Vollendung  zu 
bringen.  Dem  Aristaios  lehren  die  Horen  mancherlei 
wohlthätige  Erfindungen;  die  Bereitung  der  Milch,  des 
Honigs,  des  Oeles,  der  Wolle,  die  Arznei  und  Weis¬ 
sagung,  und  vieles  andere  auf  das  richtige  Maass  in 
allen  Dingen  Bezügliche  “0,  oder  worin  sich  eine 
dionysische  Kraft  kund  thut.  Offenbar  werden  sie 
also  als  Gottheiten  gefasst,  welche  die  Geseze  und 
den  harmonischen  Gang  der  Natur  und  des  Lebens 
befördern,  die  Frucht  reifen  und  den  Menschen  See¬ 
gen  bereiten.  Solche  Auffassungen  mögen  Gegenstand 
der  Mysterien  gewesen  sein.  Zu  Argos  wurden  sie 
ebenfalls  verehrt  wir  erfahren  aber  weder  von  hie¬ 
sigen  noch  von  sonstigen  Kultgebräuchen  etwasNäheres. 

Aus  der  Vorstellung  von  physisch  Gesezlichem  ent- 
wlkkelte  sich  ethisch  bei  den  Horen  der  Begriff  des 
«reistig  Gesezlichen  und  des  Schönen.  Bei  Hesio- 
dos  ®”)  ist  die  Vorstellung  schon  von  der  Natur  los- 


i| 


! 


I 


624)  Bei  Athen.  14,  656. 

625)  Find.  Pyth.  9^  59  ff.  und  das.  Dissen. 

626)  Paus  an.  2,  20,  4. 

627)  Hesiod.  Theog.  901.  Allegor.  z.Hesiod.  Theog.  886. 

lytrm  M  o  Ztk  hnaQov  xui  ahk  ms  ‘'SlgctS, 

ji>  Evroftltcp,  ähnv  nai  tnv  na^öaop  ix  nv  xam  vo(iovs^ 

rok  ßifovs  xtuQoi  Im^ivovrai,  dvofxias  xai  Sixawavvn? 
nSXm,  m  tSp  d  »ign  fiiy 

■.ttomx^vd^oms  wk  x<iQmk  «ti  wvsjnoQo^ 

xul  tiiiPUP  rr  y?»'.  P  h  u  r  n  u  1 0  s  mgi  »mP  ^  s.  w.  Kap .  29. 
'(  jio^ea  Kinder  des  Zeus  und  der  Themis  m  aya»« 

ip  iuüp  oosyemi  xm  xalsam  di  ttisrnp  ^  (mp  Evpo- 

'da  äno  rov  Imßddopm  n?  dlapifAnams.  n  d«  dlxn,  ano  rov  dlya 
dn  uUjloJP  ms  dmftQofMPovs,  n  di  E’mvn,  «wo 


411 


gerissen,  and  auf  rein  menschliche  Yerhältnisse  and 
ethische  Begriffe  übergegangen.  Ihre  Namen  sind 
Eunomia,  Dike  und  die  blühende  Eirene.  Wie  io 
diesen  Benennungen  schon  durchaus  ethische  Begriffe 
enthalten  sind,  so  schreibt  der  Dichter  ihnen  auch  das 
!  Geschäft  zsu,  jedes  Unternehmen  der  Menschen  in  Ob¬ 
hut  zu  nehmen  and  zu  befördern.  Es  sind  Gesez, 
Gerechtigkeit  und  Friede,  welche  in  Staaten 
I  und  im  menschlichen  Leben  herrschen  müssen ,  wenn 
Ordnung ,  Glükk  und  Gedeihen  nicht  fehlen  sollen* 
So  entsprechen  sie,  nur  'auf  besondere  Weise,  jener 
Aphrodite,  welche  als  Harmonia  die  Natur,  den  Staat 
und  das  menschliche  Leben  ordnet,  Uebereinstimmung 
und  Schönheit  befördert  bis  zur  wechselseitigen  See- 
1  l^nbarmonie ,  der  Liebe,  Jene  Bedeutung  ist  auch 
i(  schon  in  der  Geburt  dieser  hesiodischen  Horen  aos- 
'  gesprochen,  indem  sie  so  wie  dieMören,  w’orauf  wie¬ 
der  zu  achten  ist,  Zeus  mit  der  Themis  zeugt.  So 
gehen  sie  vom  höchsten  Gotte  aus,  welcher  sie  mit 
der  Göttin  aller  gesezlichen  Ordnung  zeugt,  und  sie 
selbst  daher  wieder  zu  Gottheiten  der  Gesezlichkeit, 
des  Masses,  der  Wohiordnung  macht,  deren  Leztes 
Schönheit  und  Liebenswürdigkeit  ist. 

Indem  die  Horen  Symbole  der  Ordnung  in  der 
ethischen  Welt  sind,  so  ist  Dike  geehrt  und  geachtet 
bei  allen  Himmlischen,  und  jeden,  der  sie  unter  den 
Sterblichen  beleidigt  hat,  klagt  sie  vor  Zeus  an  ®»*). 
Solon  schildert  in  der  Dike  die  Wirkungen  der  Ge¬ 
rechtigkeit,  in  der  Eunomia  die  schönen  Früchte  wohl-s 


Aoyov,  xui  ou  qIwv  Aaxqlvm&ui  nmfw.  hdhvu  ydq  mv  Aövw 

I  Elqtivtjv.  ^ 

6Z8)  Hesiod  Erga  257. 


412 


eingerichteter  Staaten  ®*®);  so  macht  Pindar  ••")  die 
Ruhe,  die  Hesychia,  ku  einer  Tochter  der  Dike, 
und  Bakchylides  «ä‘>  preist  die  Segnungen,  welche 
Eirene,  der  friedliche  Zustand,  über  Staat  und  ein¬ 
zelne  Menschen  verbreitet.  Die  hesiodische  Zahl 
drei  scheint  die  gewöhnliche  in  ethischer  Auffassung 
der  Horen  gewesen  zu  sein  5  so  viele  hat  auch  Pin¬ 
dar,  welchem  sie  eine  sichere  Grundlage  der  Staaten 
und  Beglükkerinnen  der  Menschen  sind  Jede 

Zierde  Korinths  leitet  er  von  ihnen  her;  Künste,  Er¬ 
findungen,  Geistes-  wie  Körperbildung.  In  dieser 
Weise  erziehen  sie  den  Oien  und  die  Hera  ®®®).  Am 
Throne  des  Zeus  zu  Olympia  waren  oben  über  dem 
Haupte  zu  je  drei  die  Chariten  und  Horen  ange¬ 
bracht  «**),  und  zu  Megara  schwebten  über  dem  Kopfe 
des  Zeus  die  Horen  und  Moiren  ®*’).  Am  Altäre  des 
Apollon  zu  Amyklai  ***)  sah  man  die  Moiren  und 
Horen  mit  Aphrodite,  Athene  und  Artemis ;  den  Thron 

629)  Solon  bei  Brunk.  poet.  gnom.  gr.  15.  Schneidewin 

Delect.  poes.  gr.  Solon  Tä  t^s  nohnlag.  2,  14. 

mfipä  JUtjg  V.  dZEvpofila  d’tmoeiAu  )cat  aQua  ndyi  ano- 

^mlpa  u.  s.  w. 

630)  Pind.  Pyth.  8,  1. 

631)  Bakchylides  bei  Stob.  Floril.  55,  3.  Schneidew. 
Delect.  poes,  gr.  S.  442.  Nr.  10.  tIxtb  nhimov,  fMlpyi-ümmy  t  dot- 

dpB-fa  u-  s.  w.  Die  Eirene  trägt  auf  einem  Bilde  den  Plu- 
ton  als  Kind.  Paus.  1,  8,  3.  Die  athenische  zu  Kitnons  Zeit  ge¬ 
weiht.  Flut.  Kim.  13,  Eine  Eirene  TonArgos,  später  nach  Rom 
gebracht.  Paus.  6,  9,  1.' 

632)  Pind.  Olymp.  13,  6  ff.  ßd^Qov  noUtav  uaqfahg.  Ta- 
idm  dytf^dffi  nXovnv.  V.  17.  noXld  yaQ  h  xuQälaig  dv^Quv  tßahv. 

nülvdyS-efWi  eoflofiaS-'.  VgL  Olymp,  9,  16. 

633)  Paus.  9.  35,  1.  2,  13,  3. 

634)  Paus.  5,  11,  2. 

635)  Paus.  1,  40,  3. 

636}  Paus  an.  3,  19,  4. 


413 


i  stüzen  vorn  und  hinten  xwei  Chariten  «nd  zwei 
'  ren  Ans  andern  abstrahirte,  wenn  auch  selbst- 

I  ständig  gewordene  Gottheiten  pflegen  immer  in  ein 
:( untergeordnetes  Verhältniss  zu  der  Macht  zu  treten, 
deren  Ausflüsse  sie  sind.  So  werden  die  Horen  und 

i  Chariten  Genossinnen  und  Dienerinnen  der  Aphrodite. 
Dies  Geschäft  der  Horen  wird  aber  noch  erweitert, 
und  als  Geister  der  Ordnung  und  Schönheit  werden 
sie  als  Dienerinnen  des  Olympos  gefasst.  Homer  ®®*), 
welcher  keine  Namen  beifügt,  giebt  ihnen  die  Auf¬ 
sicht  über  die  Thore  des  Olympos  und  lässt  sie  den 
iJPalast  des  Zeus  bewachen;  den  Olymp  hüllen  sie 
i'jbald  in  finstere  Wolken,  bald  hellen  sie  ihn  wieder 

Iauf:  ob  sie  dies  als  Luftgöttinnen,  und  nicht  vielmehr 
als  einfache  Dienerinnen  des  Zeus  thun,  ist  mir  min¬ 
destens  zweifelhaft.  Sie  spannen  den  Streitwagen 
der  Hera  ab  und  bringen  ihn  unter  Schauer,  die  Pferde 
|io  den  Stall.  Gewöhnlich  denkt  man  sie  sich  als 
leichtgeschürzte,  schöngepuzte,  heitere  Gesellschafte¬ 
rinnen  und  Dienerinnen  der  Kypris,  und  sie  sind  überall, 
wo  man  Schönes  und  Ordnungsmässiges  wahreiramt. 
Dem  Zeus  und  der  Europa  schmükken  sie  das  Braut¬ 
lager  *ä®).  Ihre  Göttin  schmükken  sie  mit  Blumen 
ond  Geschmeide  ***),  kränzen  sie,  ziehen  ihr  schöne 
Gewänder  an,  und  führen  sie  dann  zu  den  Göttern, 
wobei  es  dem  Dichter  nicht  darauf  ankommt,  sie  be¬ 
reits  bei  der  Geburt  der  Aphrodite  zugegen  sein  zu 
lassen,  so  wie  Eros  undHimeros  im  Augenblikke  der 


637t  Paus  an.  3,  18,  7. 

638)  Homer  II.  5,  750  ff.  8,  433  ff. 

639)  Moschos  Id.  2,  160. 

640)  Hom.  Hym.  5,  5  ff.  Im  juaaso  Mjtholog. 

:'ers.  382.  ff. 


414 


Gebart  sich  schon  der  Aphrodite  nach  Hesiodos  an- 

schliessen. 

Wir  haben  es  bisher  vermieden  über  die  Anzahl 
und  Namen  der  Horen  zu  sprechen,  welche  ans  Hygin 
aufbewahrt  hat.  Er  sagt  Die  Namen  der  Ho¬ 

ren,  der  Töchter  des  Zeus  und  der  Themis,  sind:  : 
Auxo,  Eunomia,  Pherusa,  Karia,  Dike,  Euporia,  Irene,  i 
Ortesia,  Thallo.  Andere  Schriftsteller  fuhren  zehn 
unter  diesen  Namen  an:  Auge,  Anatole,  Musia,  Gym- 
nasia,  Nimphes,  Mesembria,  Sponde,  Elete,  Akte,  und 
Hekypris,  Dysis.  Da  die  Verbindungspartikel  iu  ; 
der  lezten  Reihe  schon  beim  vorlezten  Namen  steht, 
auch  nicht  zehn,  wie  Hygin  v^rheisst,  sondern  elf 
Namen  angeführt  sind,  so  ist  der  Name  Dysis  ver- 
muthlich  aus  der  ersteren  Reihe  ausgefallen  und 
schliesslich  hier  nachgetragen.  Betrachten  wir  aber 
die  Beschaffenheit  sämmtlicher  Namen,  so  sind  es 
theils  die  alten,  theils  dieselben  mit  geringer  Verän¬ 
derung,  theils  neu  abstrahirte,  w  elche  sich  aber  leicht 
aus  den  angegebenen  allgemeinen  Begriffen  der  Ho¬ 
ren  erklären  lassen.  Sie  sind  entweder  Jahresgott¬ 
heiten:  Auxo,  Pherusa,  Euporia,  Thallo,  Auge,  viel¬ 
leicht  auch  Akte,  wofür  man  aber  Akme,  Jugend- 
blüthe,  verbessern  will;  oder  sie  bezeichnen  die  Ta¬ 
geszeiten:  Anatole,  Mesembria,  Dysis,  oder  sie  haben 
eine  ethische  Bedeutung,  wie  Eunomia,  Dike,  Eirene, 
Musia,  Gymnasia,  Sponde,  Orthosia  (Ortesia  bei  Hy¬ 
gin).  Es  bleiben  noch  übrig  Karia,  Nimphes,  Elete, 
Hekypris.  Ob  Karia  ethnographischen  Ursprungs  ist, 
oder  was  für  eines  sonst,  weiss  ich  nicht,  Nimphes 
fand  der  Berichterstatter  vielleicht  im  Genitiv  vor  und 
nahm  ihn  so  auf,  während  wahrscheinlich  nur  einfach 
Nymphe  darunter  verstanden  ist.  Die  Ausleger  haben 

ÜiJ^ygin  Fab.  183.  —  vgl.  auch  Philostr.  Eik.  2,35. 


415 


an  NviKpiiq  coQä  den  Brautstand  5  so  wie  bei  Elete  an 
Telete  die  lezte  IStunde  des  Tages  oder  des  Lebens 
gedacht,  aber  die  lezte  Stunde  des  Tages  ist  schon 
durch  Dysis  gegeben.  Bei  Hekypris  hat  man  ^  Äii- 
rtQtg  für  Kvnqiöog  die  Stunde  der  Kypris,  Hochzeits« 
I  stunde,  verstanden ;  ich  zweifle  aber  an  eine  solche 
1  Möglichkeit.  Die  Namen  sind  theilweise  so  verstüm- 
I  melt,  und  sichtbar  aus  einer  später  neuerungssüchti- 
gen  Zeit,  dass  wir  darüber  Bedenken  tragen,  ob  der 
Name  auch  wirklich  eine  Höre  an  Ort  und  Stelle  be¬ 
zeichnet  habe,  andererseits  können  wir  die  Möglich¬ 
keit  nicht  leugnen,  dass  ein  Dichter  mit  dem  Namen 
Kypris  auch  eine  Höre  bezeichnet  habe.  Spät  sind 
1  diese  Namen  gewiss  erst,  und  reine  Dichtung,  welche 
|sich  eine  beliebige  Erweiterung  der  Begriffe  erlaubte ; 
idie  anerkannte  Anzahl  waren  drei,  selbst  die  vierte 
bei  Atbenaios  scheint  nicht  mehr  aus  guter  Zelt 
zu  sein. 

Die  Chariten. 

Bei  den  Chariten,  von  den  Römern  Gratiae  ge¬ 
nannt,  ist  die  ethische  und  philosophische  Anschauung 
dermassen  vorherrschend,  dass  man  sie  im  ersten  Au- 
genblikk  für  abstrakte  Wesen  halten  möchte,  für  nichts 
weiter  als  für  die  Göttinnen  derAnmuth,  Huld  und  Lie¬ 
benswürdigkeit,  für  Schöpferinnen  aller  Reize  und 
Genüsse.  Dem  ist  aber  nicht  so.  Auch  sie  haben 
eine  physische  und  acht  religiöse  Grundlage.  In 
Athen  führten  sie  den  Namen  Hegemone  und 
Auxo,  Führerin,  nämlich  des  Jahres,  und  Mehrerin, 
ds  fruchtbringende  Göttin,  und  näherten  sich  sehr 

642)  P au  San.  9,  35,  1.  naqa  dj  avralg  vtltttiv  uy&msw  is 
ovs  nolioig  dnoqq^mp.  sie  standen  Tor  der  Akropolis. 


416 


den  Begriffen  der  beiden  Horen.  Den  Dienst  dieser 
Gottheiten  sollte  Amphiktyon  eingeführt  haben,  und 
von  dem  der  Chariten  bemerkt  der  Berichterstatter, 
dass  auch  sie  von  Alters  her  verehrt  seien.  Ebenda¬ 
selbst  genossen  sie  auch  eine  mystische  Verehrung. 
Neben  den  Eumeniden  kamen  sie  in  Arkadien  vor, 
und  ihnen  wurde  zugleich  neben  jenen  geopfert  ***). 
Zu  Argos  standen  sie  in  der  Vorhalle  des  Heratem- 
pels  ***)  und  ihre  physische  Beziehung  kann  hier 
nicht  bezweifelt  werden,  ungeachtet  sie  auch  noch 
in  ein  neues  Verhältniss  zur  Hera  traten.  Eine  ur¬ 
alte  naturreligiöse  Bedeutung  der  Chariten  liegt  auch 
darin,  dass  laut  Pausanios  a.  a.  0.  der  alte  Atheni¬ 
sche  Barde  des  bakchischen  und  eleusinischen  Kultes, 
Pamphos,  den  Athenern  den  ersten  Gesang  auf  diese 
Göttinnen  verfertigt  haben  sollte.  Bei  den  Orphi¬ 
kern  sind  sie  glükklich  und  seegenspendend,  und 

den  Mysten  stets  wohlwollend.  Dann  haben  sie  eben¬ 
falls  Weihen  in  einer  Rede  des  Themistios  ***), 
scheinen  dort  auch  in  Beziehung  auf  Todtenfeier  zu 
stehen.  Ihr  hauptsächlichster  Verehrungsort  war  aber 
Orchomenos  in  Boiotien  wo  ihren  Kult  Eteokles 
eingerichtet  haben  sollte,  und  zwar  zuerst  unter  allen 
Menschen.  Die  Chariten  sind  der  Hauptdienst  der 
Orchomenier,  die  sangeswerthen  Königinnen  der  glän- 


643) 

644) 

645) 

646) 


Pausan  8,  34,  2. 

Paus  an  2,  17,  3.  äyalpum  imv 

Orph.  Hymn,  60,  11.  ’ü9on'  olßoiomQai,  dsi  /iv(tTr,Si 


Themist.  Rede  2  auf  d.  Tod  u.  s.  w.  d« 

mmp  SadüVVoUtt,  xul  Xüqms  «vt>i»iYfavoy  tns 

647)  Paus.  9.  35,  1  ff.  9,  39,  1.  Otfr.  Müller  Orcho- 
^enos  2  die  Minjer  S.  177  ff.  Bökh  Corp.  Inscr.  Gr.  1,  3. 
Nr.  1583.  1684.  Ders.  Staatsh.  d.  Athen.  2,  362. 


417 


zenden  Orchomeuos  ®**),  oder^  wie  Tlieokrit  sie  oeeiilj 
die  göttlichen  Jungfrann  des  Eteokles,  dem  Minyei- 
schen  Orchomenos  hold  ®*®).  Hier  hatten  sie  ein  al¬ 
tes  Fest,  die  Charitesien  ®^®),  welches  mit  mosischen 
Agonen  gefeiert  wurde.  Wir  finden  darin  genannt: 
einen  Trompeter  und  Herold,  einen  epischen  Dichter, 
Rhapsoden,  Flötenbläser,  Flötensinger,  Kitharspieler 
lind  Kitharsinger,  Tragöden  und  Komöden,  und  einen 
IComöden  an  der  Siegesfeier.  Ungeachtet  wir  von 
iem  Aphroditekult  in  Orchomenos  sehr  wenig  wissen, 
30  ist  es  doch  gewiss  richtig  von  Otf.  Möller  a.  a:  0. 
bemerkt,  dass  die  Chariten  auch  liier  in  Verbindung 
mit  ihrer  Göttin  gestanden  haben.  Der  ursprüngliche 
Naturdienst  der  Chariten  leuchtet  noch  aas  den  rohen 
Internen  hervor,  welche  zu  Eteokles  Zeit  vom 
I Himmel  gefallen  sein  sollten,  und  die  wir  mit  dem 
[inbehaueuen  Stein  des  Eros  in  Thespiä  vergleichen 
iiönnen.  Aus  dem  allgemeinen  Dienst  der  Aphrodite 
hatte  sich  die  Seite  abgezw^eigt,  welche  sich  als 
Selbständiger  Kult  der  Chariten  ausbildete,  und  war 
6um  8laatskult  von  Orchomenos  erhoben  w'orden. 
Eine  bedeutsame  Feier  hatten  die  Chariten  auch  auf 
Paros  Die  Mythe  erzählt,  Minos  habe  ihnen 

lort  gerade  geopfert,  als  er  den  Tod  seines  Sohnes 
Androgeos  durch  Aegeiis  erfuhr.  Da  habe  er  den 

I - 

648)  Find.  01.  14,  1  ff.  Kaificlum  vAhmi/  • —  la/otmv  une 
'ttim  xakUnrnkot'  td'ouv,  ~  el  hnvitils  uoiiStftoi  ßaeiluM  ■ — -  X{i()ins 

nukaiyüvmv  Mtyvuv  inißxonoti  —  u.  s.  w. 

649)  Theokrit  16,  104.  u.  d.  Schol.  Nonnos  Dionys. 

|13,  94.  elf  oinotf  Idnji,  'Oq^äutvox  Mwmo  yoqohmoy  aloos 

l'iQtSimx- 

650)  S.  dies  ausführlicher  bei  Müller  a.  a.  O.  vgl.  Wel- 
jeer  Nachtr.  z.  Aesch.  Tril.  S.  245. 

651)  Paus  an,  9,  35,  i. 

652)  Apollodor  3,  15,  7. 

Tf 


27 


418 


Kranz  vom  Hanpte  gerissen,  die  Blasinstrumente 
schweigen  geheissen  5  aber  dennoch  das  Opfer  voll¬ 
endet  Deswegen  opfere  man  noch  zu  Apollodors 
Zeiten  auf  Paros  den  Chariten  ohne  Blasinstrumente 
und  Kränze.  Ich  glaube,  man  darf  hier  einen  Na¬ 
turkult  und  Mysterien feier  der  Chariten  sicher  an¬ 
nehmen.  ^ 

BeiHesiod  *’*)  erscheinen  die  Chariten  rein  als 
ethische  Wesen,  von  Zeus  und  der  Okeanide  Eury- 
nome  geboren.  Ihre  Benennungen  sind  Thalia,  Eu- 
phrosyne  und  Aglaia,  von  deren  Wimpern  ein 
süsses,  schmelzendes  Verlangen  träuft,  welche  hold 
aus  den  Augen  blikken,  und  dem  neu  geschaflFenen 
_Weibe  die  Anmuth  verleihen.  Sie  sind  hier  durch¬ 
aus  sittliche  Mächte,  und  von  diesem  Standpunkte 
aus  suchte  man  ihre  Wirkungen  auf  öffentliche  und 
gesellige  Verhältnisse,  auf  Veredlung  der  Sitten  und 
des  Herzens  durch  die  Bedeutung  ihrer  und  ihrer 
Mutter  Namen  zu  erklären  «**).  Wie  man  alle  dä¬ 
monischen  Wesen,  welche  einer  Gottheit  beigeordnet 
waren,  unter  gewisse  bequeme  Zahlen  brachte,  so 
nahm  man  die  gewöhnliche  Zahl  der  Chariten  auf 
drei  an  ®”),  wie  bei  den  Horen  und  den  Mören. 
Diese  entstanden  aus  einer  allmähligen  Erweiterung 
des  ursprünglich  einfachen  Begriffes,  welchen  wir  auch 
bei  den  Horen  nach  Analogie  voraussezteii ,  bei  den 

653)  Hesiod.  Theog.  906.Apollod.  1,3, 1.  Vgl.  Man  so 
Mytholog.  Abhdlgen,  S.  426  ff. 

654)  Aliegor.  z.  Hes.  Theog.  886.  Die  Chariten  sind  Töch-i 
ter  der  Eiirynome  und  führen  die  Namen  Aglaia,  Euphrosyne  u. 
Thalia;  ^  Sn  iv  als  tiÖp  noltav  figiptrai  o  vöftog,  dykut^ov- 
lUi  amai,  xat  t  vqQit  ipopra  i  y.cti  f^dkkovaiv,  §  dl«  n  tu  Iv 
dqtluig  po^ak  PtPof^tvct  Cd>«  »üHhp  re  xaiäylatCM»Mxett  yey>j^iv«i- 

655)  Indess  kommt  auch  ein  Chor  derselben  vor.  Gratia- 
runa  chorus  bei  Apulej.  As.  Aur.  2.  u.  Öfter. 


ii 


V 


419 


Chariten  aber  nachweisen  können.  Als  einzelnes 
■  Wesen  kennen  wir  eine  Charis  aus  Homer  ®^®)  als 
<  Gattin  des  Hephaistos.  Die  gewöhnliche  Auffassung 
dieses  ehelichen  Verhältnisses  ist  die  ethische;  näm¬ 
lich  im  Hephaistos  einen  kunstfertigen  Werkmeister 
I  edler  Gebilde  zu  erkennen,  welchem  eine  Göttin  der 
Schönheit,  der  Eleganz  und  der  Reize  zur  Seite  gestellt 
I  ist.  Eine  solche  Deutung  mag  damit  verbunden  wor- 
iden  sein,  aber  ich  glaube  nicht,  dass  dies  der  ur¬ 
sprüngliche  Sinn  der  Ehe  ist.  Aphrodite  ist  dem  He¬ 
phaistos  im  physischen  Sinne  vermalt;  die  Charis  ist 
nur  eine  Ablösung,  ein  Ausfluss  von  ihr,  und  eine 
I  höhere  als  ethische  Bedeutung  ist  ihr  nicht  abzuleug- 
neo.  Daher  scheint  mir  die  Ehe  der  Charis  ursprüng¬ 
lich  auch  eine  physisch-religiöse  Bedeutung  gehabt 
|zu  haben,  und  würde  im  Ganzen  dasselbe  sagen,  was 
idie  Ehe  mit  der  Aphrodite  aiisdrükkt.  Hier  betrach¬ 
ten  wir  die  Charis  als  den  Gesammtbegriff  der  Gott¬ 
heiten,  denn  es  steht  nirgends,  dass  eine  einzelne 
dieser  göttlichen  Wesen  den  Namen  Charis  geführt 
habe,  wohl  aber  heisst  Aphrodite  selbst  eine  Charis 
und  die  älteste  der  Chariten;  dies  ganz  richtig,  weil 
die  einzelnen  Wesen  erst  von  ihr  abgezogen  sind. 
Wenn  nun  eine  einzelne  der  Chariten  Gattin  des  He- 
iphaistos  heisst,  wie  Äglaia  *”),  oder  Thalia  so 
schmälert  dies  natürlich  schon  die  Bedeutsamkeit  der 
Ehe.  Die  Charis  als  Inbegriff  der  Chariten  kommt 
jedoch  nicht  blos  als  Gattin  des  Hephaistos  vor,  son¬ 
dern  zu  Smyrna  wurde  eine  solche  im  Odeion  ver- 

I— - - — _ 

656)  Hom,  11  18,  382.  s.  S.  219. 

657)  Hesiod.  Theog.  945. 

658)  Eustath.  %.  Od.  18  S.  1118, 

27« 


420 


ehrt  «•®)5  «nd  in  der  Poesie  wird  sie  ebenfalls  ge- 

Znnächst  erfolgte  auch  hier  die  Spaltung  der 
Charis  in  zwei  besondere  Wesen,  wie  wir  dies  an 
den  Horen  sahen,  und  wie  man  die  Bewunderung  des 
höchsten  Geschikkes  in  den  beiden  Nemesissen  von 
Smyrna  darstellte,  in  deren  Tempel  die  Chariten  sich 
befanden  ®  ®  *  )•  Die  beiden  athenischen  Chariten  A  u  x  o 
lind  Hegemone  sind  schon  erwähnt;  dazu  gesellen 
sich  aber  noch  die  beiden  spartanischen  Kleta  und 
Phaenna,  Schall  und  Schimmer.  Die  beiden  athe¬ 
nischen  tragen  in  ihren  Namen  eine  physische  Be- 
deutun«',  diese  eine  ethische,  und  wenn  sie  von  jeher 
so  hiessen,  so  legte  man  ihnen  schon  sehr  früh  einen 
ethischen  Begriff  bei,  denn  sie  sollten  von  Lakedai- 
mon,  dem  Sohn  des  Taygetos,  stammen.  Von  beiden 
Paaren  sao-t  aber  Pausanias,  dass  ihre  Namen  ihrem 
Begriffe  völlig  entsprächen  Nach  demselben 

Gewährsmann  sollte  man  vom  Eteokles  und  den  Ur- 
chomeniern  zuerst  gelernt  haben  drei  Chmiten  zu 
opfern.  Die  Namen  der  Orchomenischen  Göttinnen 
giebt  er  zwar  nicht  an,  sondern  sagt,  sie  seien  nicht 
bekannt;  man  könnte  hieraus  auf  mystisches  Verbot 
der  Namensnennung  schliesseii;  allein  im  öffentlichen 
Leben  und  in  der  Poesie  waren  sie  gewiss  benannt, 
ond  die  Namen  des  Hesiodos  müssen  die  dortigen  Be¬ 
nennungen  gewesen  sein,  denn  Pindar  nennt  die  Göt¬ 
tinnen  der  Minyer  mit  eben  diesen  Namen,  Aglaia, 
Euphrosyne  und  Thalia.  Dies  waren  übrigens  die 


659)  Pausan.  9,  35,  % 

660)  Find.  01.  6,  76.  7,  11. 

661)  Paus  an.  9,  35,  2.  ,  ,  « 

662)  Paus  an.  9,  35,  1.  fisv  XaQKSw  oyofiava  *«* 

kmra  di  -ml  n«(»’ 


LJ 


421 


gewöhnlichen  Bezeichnungen  geworden;  denn  so  hle- 
ssen  sie  bei  Onomakritos,  den  Orphikern  und  an¬ 
dern  ®®®).  Wie  man  aber  die  Dreizahl  bei  den  Ho¬ 
ren  bis  auf  vier  erweiterte,  so  geschah  es  auch  bei 
den  Chariten,  und  schon  Homer  nennt  eine  vierte  und 
ii jüngste  der  schwesterlichen  Chariten,  Pasithea, 
nach  deren  Besize  sich  der  Schlaf  sehnte,  und  Hera 
jj  versprach  sie  ihm  zur  Gemalin  *  ®  *)•  Von  da  ab  wird 
Pasithea  ganz  in  die  Reihe  der  Chariten  aofgenom- 
I  jijgjj  «6  5^^  Nonnos  hat  die  Dreizahl  unter  den  Namen 
Peitho,  Pasithea  und  Aglaia,  ein  Scholiast  ®®‘) 
i  die  dreiPeitho,  Aglaia  und  Euphrosyne.  Schon 
!  seit  Hermesianax  ®®’)  war  die  Peitho,  die  Beisizerin 
a  und  Dienerin  der  Aphrodite,  als  Göttin  der  Zeugung 
;  zu  einer  Charis  vergeistigt. 

Unter  der  Mutter  der  Chariten,  der Eury nome, 
welche  sie  vom  Zeus  empfängt,  ist  Aphrodite  zu  ver- 
i  stehen,  die  jedoch  bei  Hesiodos  zu  einem  besondera 
'  Wesen  personifizirt  ist.  Diese  Annahme  gebietet 
schon  das  ganze  Verhältniss,  in  welchem  die  Chariten 
zur  Liebesgöttin  stehen.  Unter  den  erhaltenen  Bei¬ 
namen  der  Aphrodite  findet  sich  zwar  uiisers  Wis¬ 
sens  der  einer  Eurynome  nicht,  allein  der  Bedeutung 
nach  konnte  er  ihr  sehr  wohl  zukommen,  und  mit 
eben  dem  Rechte  wie  der  Artemis  und  Hekate.  Da- 

663)  Onomakritos  bei  Paus.  a.  a.  O.  Orph.  50,  3. 
S traten  Gr.  Anth.  3.  S.  73.  vgl.  S-  220. 

664)  Ilias  14,  267.  275.  vgl.  Kallimachos  Epigr.  55. 

665)  Pap.  Statius.  Theb.  2,  286.  Non  hoc  Pasithea  blan- 

darum  prima  sororum.  Nonnos  Dion.  33,  28  ff.  ^ 

6661  Z.  Hesiod.  Erga  72.  Orphika  10,  13. 

VVfJ.t  üftd-oi.  ^  ^ 

667)  Bei  Paus  an.  9,  35,  1.  "E^fin<^Kivaxt$  m  iUfHU 
y^tixpttvn  toßopSt  oh  xetrd  ttjv  tmv  ngonQOP  do§c(P  ißHP 
vov,  wff  1^  llit&ia  ya^ltoiP  titj  xai  etdni  fdet.  , 


422 


her  heisst  sie  auch  wie  Mutter  der  Chariten,  so  eben¬ 
falls  Mutter  der  Aphrodite  selbst  vom  Meerschaum 
in  den  Geschlechtsregistern  der  Göttin  beim  Lydier 
Johannes.  Die  ausdrükkliche  Nachricht,  dass  die  Cha* 
riteii  Kinder  der  Aphrodite  sind,  fehlt  indess  nicht 
ganz,  und  dann  ist  Bakchos  ihr  Vater  ®®®).  Wenn 
Harmonia  ferner  ihre  Mutter  heisst  ®®*),  so  sagt  dies 
soviel  als  Aphrodite;  ebenso  sind  ihre  Mütter  Euan- 
the,  die  schönblühende,  und  Aglaia  ®’“)  die  Herrli¬ 
che  und  Schöne,  aus  Benennungen  der  Aphrodite  ab¬ 
gezogen,  denn  Aglaia,  welche  gewöhnlich  eine  der 
Chariten  heisst,  ist  auch  Aphrodite  selbst  *'’).  Bei 
den  Orphikern  heisst  die  Mutter  Eunomia;  diese 
Benennung  kündigt  ebenfalls  eine  Eigenschaft  der 
Aphrodite  an,  und  ist  uns  bereits  als  Name  einer 
Hera  vorgekommen.  Als  man  die  Chariten  auch  in 
ein  dienendes  Verhältniss  zur  Hera  gebracht  hatte, 
so  nannte  man  diese  ebenfalls  ihre  Mutter  ®’*),  wie 
die  Aphrodite,  und  suchte  davon  einen  ethischen  Grund 
auf.  Auf  gleiche  Weise  sind  aus  der  ethischen  Be¬ 
deutung  der  Chariten  erst  ihre  Aeltern  Helios  und 


668)  Servius  z.  Virg.  Aen.  1,  720. 

669)  Luc  tat  ins  z.  Stat.  Theb.  2,  286. 

670)  Phurnutos  nsgi  Kap.  15.  hier  Alylt/  für 

Hylccta  schreiben  zu  wollen,  ist  unpassend.  ~  Die  Euphrosyne 
nennt  er  Evq^öy»].  Den  Namen  ihrer  Mutter  Eurynome,  Mel- 
cheii  er  erklärt,  on  ^aQusnyMrtQoi  nmg  tiaiv,  ^  o(ftlkovmv  dvcu  ol 
(Asyülovs  yX^govs  psfin^fvm.  nennt  Phurnutos  auchEurydoni  ene, 
TW  [iäliOTa  ano  xat  fXiaßtßoijfdvmv  döfiwp  ms  dwQfaS  '/*- 

Ihv  dldua&ai,  oder  Eurymedusa,  xvqkva  yuQ  imv  tdlw»'  oi  iiv- 
&Q(i)noi>. 

6"])  Noniios  33,  31.  Aglaia-Aphrodite,  hier  ist  sic  Ge- 

^  liebte  des  Adonis. 

672)  Phurnutos  a.  a.  O.  xtcd-o  tvyiricmmi  twv  tial. 


423 


Aigle  "”)  abstrahirt.  Oixbomenischea  ürspning 
hat  die  Sage,  welche  die  Tochter  des  Phlegyas  Ko- 
ronis  «’'*)  zur  Mutter  der  Chariten  vom  Bakchos 

macht  ®”). 

Diese  zu  selbständigen  Wesen  erhobenen  Aus¬ 
flüsse  der  Aphrodite  treten  nun  in  Sage  und  Mythos 
als  Dienerinnen  und  Gesellschafterinnen  der  Göttin 
auf,  und  folgen  ihr  wie  der  unzertrennliche  Eros. 
Wo  sie  in  höherer,  nicht  blos  poetischer  Bedeutsam¬ 
keit  gefasst  sind,  finden  wir  ihre  Erklärung,  wenn 
wir  uns  verschiedene  Formen  vergegenwärtigen ,  in 
welchen  Aphrodite  erschien.  Wie  wir  die  Paiide^os 
des  Theseus  zu  Athen,  die  Apaturos  in  Pantikapeion 
und  ähnliche  Formen,  namentlich  auch  die  korinthi¬ 
sche  Berggöttin  Aphrodite,  die  Beschirmerln  des  Staa¬ 
tes  und  des  Volkes  fanden,  wo  Aphrodite  die  staat¬ 
lichen  und  geselligen  Bande  knüpfte  und  regelte  zu 
schöner  Harmonie  und  fester  Dauer,  so  bildete  zu 
Orchomenos  der  Kult  der  Chariten  den  Mittelpunkt 
der  Staatseinrichtungen,  und  dieser  Kult  ist  es,  wei¬ 
cher  dem  Staate  Wohlstand  und  Kraft  gegeben 
hat  ®’®).  lieber  diese  Stellung  der  Chariten  zum 
Orchomenischen  Staate  äussert  sich  Otfried  Müller 
a.  a.  0.  Geselligkeit  ist  ihr  Hauptziig^  sie  sind 
unter  sich  ewig  unzertrennlich,  zugleich  aber  wahre 
Gesellschaftsfräulein  der  Aphrodite,  und  auf  alles  an¬ 
dere  besonders  Hervortretende  verzichtend,  ürspröng- 

673)  Antimachos  bei  Paus.  a.  a.  O.  Er  hatte  aber  we¬ 
der  ihre  Zahl  noch  Namen  genannt. 

674)  Otfr.  Müller.  Orchom  u.  d.  M.  S.  199.  201. 

675)  Nonno  s  Dio  nys.  48,  555. 

676)  Strabon  9,  414.  ’EnoxXyS  d't,  tSp  ßamltveäproiv  iv 

'Og^ofitvm  tu;,  XaQhup  liQov  idguffaptpos  Ttgmto?  ufiffottgtt  ^fiffcehPU, 
X€ii  nlohop  xai  (füpafup-  hg  Ht  ip  Tf  kafißävHP  X^guag,  vk'  Ip  rm 
Möpctt  xawQOojp,  fm  x«l  u^ittga ,  mg  &iäg  mvms  u.  s.  w- 


424 


lieh  die  allcreinfachsfe  Geselligkeit,  Mann  und  Weib 
in  ehlichem  Zusammensein;  dann  die  Vereinigung 
der  Familie  (jrdrQo)  und  der  bürgerlichen  Phra- 
trie  in  fröhlicher  iaitaffig,  endlich  des  Stammes  und  l 
des  ganzen  Volkes  in  allgemeiner  Festfeier  und  Wett-  > 
spielen.  „Seihst  die  Götter  beginnen  ohne  die  ehr-  j 
würdigen  Chariten  weder  Tanze  noch  Mahle.“  *’*)  i 
Diese  Beziehung  zum  Staate  haben  die  Chariten  nicht 
blos  in  Orchomenos,  sondern  auch  an  andern  Orten,  r 
wo  ihre  Tempel  gern,  wie  Prytaneen,  auf  dem  Markte  ^ 
standen.  Auf  das  Vorhandensein  ähnlicher  Vorstei-  ^ 
langen  zu  Athen  sind  wir  schon  durch  die  Aphrodite  J 
des  Theseus  geführt,  und  leicht  möglich  ist  es,  dass  i 
dort  die  Aphrodite,  welche  die  Familien  vereinigte,  i 
das  Volk  in  Eintracht  erhielt,  die  Bande  des  Staates  i 
knüpfte  und  schüzte,  wirklich  auch  unter  dem  Namen  j 
Apaturos  verehrt  wurden  in  besonderer  Form  gingen  1 
aber  diese  Vorstellungen  auch  dort  auf  die  Chariten  e 
über,  wie  wir  daraus  sehen,  dass  ihnen  und  dem  ^ 
Staate  zu  Athen  ein  gemeinsames  Heiligthum  errich¬ 
tet  war  Zu  Elis  hatten  die  Chariten  ®*'*)  einen  i 

eigenen  Tempel  auf  dem  Markte,  denen  zur  Rechten 
Eros  stand.  Ihre  Bilder  waren  von  Holz  und  ver¬ 
goldet;  das  Gesicht,  Hände  und  Füsse  von  Marmor, 
die  eine  von  ihnen  hielt  eine  Bose,  die  zweite  einen 
Würfel,  die  dritte  einen  Myrtenzweig.  Diese  Sym¬ 
bole  erklärt  Pausanias  selbst,  indem  er  sagt:  Bose 
und  Myrte  sind  der  Aphrodite  in  Rükksicht  auf  die 
Schönheit  eigen,  und  die  Chariten  gehören  der  Aphro- 

677)  S.  8.  238. 

678)  Find.  01.  14,  7. 

679)  Joseph  OS  Jüd.  Gesell.  14,  8,  5.  iy  rm  rtfiiyu  nio  Jn- 

fim  r.€(l  tmy  Xccolrmy. 

680)  Paus.  6,  24,  5. 


\i 


425 


i  dite  vorzugsweise  an,  der  Würfel  aber  erinnert  an 
i  die  fröhlichen  Spiele  der  Jugend. 

In  den  gewöhnlichen  Vorstelhingen  herrscht  der 

I  Begriff  von  Gesellschafterinnen  der  Aphrodite  vor. 
Sie  erscheinen  bei  den  Dichtern  zärtlich  gegen  sie 

h  wie  Töchter  gegen  die  Mutter  und  bereitwillig  wie 

II  Dienerinnen  gegen  die  Herrin,  deren  Peplos  sie  we¬ 
ll  ben  *®*).  Sie  verrichten  allen  Dienst  mit  Äufopfe- 
1  rung,  bedienen,  salben,  puzen  sie  zu  Paphos,  damit 
i  eie  reizend  und  anmuthig  vor  Anchises  erscheine 

!  Sie  sind  aber  alles  nur  durch  und  für  ihre  Herrin, 
I  Nicht  sie  schimmern,  sondern  Aphrodite  durch  sie; 

I  durch  sie  fesselt  ihre  Freundin  die  Herzen.  Sie  seihst 
1  suchen  keine  Vergnügungen,  schliessen  sich  aber  von 
i  denen  ihrer  Herrin  nicht  aus.  Wie  sie  in  den  Ta- 
Igen  der  Freude  Heiterkeit  um  die  Göttin  verbreiten, 
Reigentänze  mit  Gesang  um  sie  schlingen  ®®®),  wie 
r  ein  luftiges  Gefolge  ihren  Zauberwagen  in  zierlichen 
'  Tänzen  begleiten  so  theilen  sie  auch  wieder 

alles  Leid  mit  ihr,  und  klagen  mit  ihr  um  den  Tod 
des  Adonis.  Sie  selbst  finden  in  sich  keinen  Anlass 
zu  Thränen,  aber  sie  vergessen  ihrer  ewigen  Heiter¬ 
keit,  sobald  durch  Theilnahme  die  Ruhe  der  Freun¬ 
din  bergestellt,  oder  ihr  Schmerz  auch  nur  gemildert 
werden  kann. 

Zu  dem  reizenden  Gefolge,  welches  man  der 
Aphrodite  gab,  genügten  die  drei  Chariten  nicht,  söii- 

681)  Ilias  5,  338. 

682)  Hymn.  ^uf  Aphr.  61  ff.  Odyss.  8,  364.  18,  192. 

683)  Horaz,  Od.  4,  7,  5.  Gratia  cumNymphis  gcminisque 
sororibiis  audet  ducere  nuda  choros.  —  Vgl.  Eurip.  Heien  1341. 
Hier  sind  die  Chariten  der  Kybele  gesellt,  wegen  der  Verbin¬ 
dung  dieser  Göttin  mit  der  Aphrodite. 

684)  Sappho  bei  Himerios  1,  4.  Neue  frgm.  133.  Lu- 
kian  Meerg.  gespr.  15,  3.  Pap.  Stat  Silv.  1,  2,  143. 


426 


dem  man  erweiterte  sie  zu  einem  ganzen  Chor  ®**). 
IVicht  wesentlich  verschieden  können  wol  die  Idali- 
schen  Nymphen  gewesen  sein,  welche  man  der 
Aphrodite  noch  als  Gefolge  und  Dienerinnen  bei- 
Jeo-te  ***).  Wenn  die  Göttin  auf  ihrem  Throne  sizt, 
stehen  diese  Idalischen  Schwestern  zur  Rechten  und 
Linken  **’)?  hier  scheinen  sie  ganz  die  Stelle 
der  Chariten  zu  vertreten,  während  sie  sonst  nur  das 
Gefolge  vergrössern.  Diese  reizenden,  anmuthigen 
Dienerinnen  werden  nun  aber  nicht  blos  der  Aphro¬ 
dite  beigegeben,  sondern  auch  auf  andere  Gottheiten 
übertragen.  Wie  Aphrodite  der  Hera  den  Gürtel  des 
Liebreizes  überlässt,  so  werden  dieser  die  Chariten 
auch  als  Dienerinnen  beigegeben  ®®*).  In  Mykenai 
trug  Hera  eine  Krone,  worauf  die  Chariten  und  Ho- ' 
ren  abgebildet  waren,  in  der  einen  Hand  hielt  sie 
einen  Granatapfel,  in  der  andern  einen  Szepter 
dass  sie  auch  ihr  etwa  in  physicher  Beziehung  ge¬ 
dient  haben,  scheint  mir  hieraus  noch  nicht  hervorzu- 
■“"^sT^Horaz  4,  7,  5.  1,  4,  5.  Aristides  de  concord. 
urb.  sagt  von  Smyrna  oI  fiovauv  x^qoi,,  oi  dt’  auoyos 

T^y  noltp  i^ßunvovTt?- 

ö86)  Klaudian  Epithal.  Pallad  et  Celer.  8. 

Idaliae  juxta  famulae,  triplexque  vicissim 
Nexa  sub  ingenti  requiescit  Gratia  quercu. 

Epithal.  Auspicii  et  AeUae  V.  10  u.  14.  (Wernsd.  poet.  lat.  min. 
4,  476)  Cum  Venus  Idaliis  comitata  sororibus  exit.  Pervig.  Ven.  28. 
Ipsa  Nymphas  Diva  luco  jussit  ire  myrteo.  Vgl.  Anm.  683. 

687)  Klaudian  De  nupt.  Honor.  et  Mar.  V.  luü. 

Dextra  laevaque  sorores 
Stabant  Idaliae.  Largos  haec  nectaris  imbres 
Irrigat:  haec  morsu  numerosi  dentis  eburno, 

Multifidum  discrimen  arat;  sed  tertia  retro 
Dat  varios  nexus  et  justo  dividit  orbes 
Ordine,  neglectam  partem  studiosa  relinquens. 

688)  Hom.  11.  14,  269. 

689)  Pausan.  2,  17,  4. 


427 


gehen.  Von  den  Bildern  der  Chariten  in  der  Vor¬ 
halle  des  Heratempels,  und  von  der  Hera  als  Mutter 
der  Chariten  ist  bereits  gesprochen.  Dieses  genea¬ 
logische  Verhältniss  war  eine  blosse  Folge  jenes  er- 
.stcren.  Bei  dem  Zeus  zu  Olj'^inpia  ®®®)5  dem  be¬ 
rühmten  Werke  des  Phidias,  waren  auf  der  Rükk- 
Jehne  des  Thrones  die  Töchter  des  Zeus  angebracht 
zur  Andeutung  seines  allmächtig  wirkenden  und  ord¬ 
nenden  Geistes,  durch  den  alles  Beste  und  Vollkom¬ 
mene  der  Welt  zu  Theil  wird:  auf  der  einen  Ekke 
standen  die  Chariten,  auf  der  andern  die  Horen,  und 
umschwebten  gleichsam  das  Haupt  des  Vaters.  In 
ähnlicher  Beziehung  besassen  laut  Pausanias  die  De- 
üer  ein  Bild  des  Apollon,  auf  dessen  Hand  die  drei 
Göttinnen  standen.  Die  Chariten  werden  aber  auch 
den  Göttern  insgesammt  beigegeben  ®**),  als  sittliche, 
den  Olymp  verschönernde  Mächte,  junge,  blühende 
weibliche  Wesen  zur  Beglökkung  der  Tage  der  Göt¬ 
ter  wie  die  Aphrodite  selbst  bestimmt.  Unter  den 
einzelnen  Gottheiten  finden  wir  sie  noch  der  Artemis 
gesellt,  aber  nicht  in  physischer  Beziehung,  sondern 
als  blosse  Dienerinnen  bei  ihren  Jagdfreuden  ®®*), 
denn  sie  giebt  ihnen  ihre  Geschosse,  während  sie 
selbst  einer  Kreisenden  zu  Hülfe  eilt.  Dein  Bakchtis 
inden  wir  die  Chariten  mehrfach  zugesellt,  und  es 
scheint  auch  in  physischer  Beziehung;  wie  wenn  die 
IVeiber  von  Elis  diesen  Gott  im  Geleit  der  Chariten 
erwarten,  und  ihn  im  feierlichen  Liede  begrössten: 
lomm,  Held  Dionysos,  in  deinen  hehren  vom  Meere 
»espülten  Tempel  mit  den  Chariten  stierfussig  einher- 


690)  Pausan.  5,  11,  2. 

691)  Hom.  Hym.  auf  Aphr.  96. 

692)  Nossis.  Delect.  Epigr.  gr.  1,  24.  Jakobs, 


428 


schreitend  ®®»)-  Besonders  aber  gesellen  sie  sich 
dem  Weingotte  zu,  bezeichnen  den  festlichen  Glanz, 
erhöhen  die  Freuden  des  Mahles,  den  Beiz  des  ge¬ 
selligen  Lebens,  befördern  die  blühende  Lust;  daher 
heissen  sie  auch  Kinder  des  Bakchos  und  der  Aphro¬ 
dite.  Zu  Olympia  in  Elis  hatten  die  Chariten  mit 
dem  Dionysos  einen  Tempel,  und  darin  standen  Al¬ 
täre  der  Musen  und  Nymphen  ®®*);  die  Göttinnen 
sind  auch  Liederfreundinnen,  Göttinnen  der  lyrischen, 
besonders  der  dithyrambischen  Dichtkunst.  Den  Mu¬ 
sen  ist  die  eigentliche  Dichtung  Vorbehalten  ‘“O? 
laute  Festfeier  aber  ordnen  die  Chariten,  und  stehen 
den  festlichen  Gelagen  mit  Tanz  und  Gesang  vor  ®  ®  ®). 
Der  Garten  der  Chariten  wird  von  den  Dichtern  an¬ 
gebaut  ““O;  von  dort  pflükken  sie  ihre  Blumen;  Pin- 
dar  nennt  seine  Gedichte  ein  Geschenk  der  Chariten, 
und  er  ruft  diese  Göttinnen  um  die  Gabe  des  Gesan¬ 
ges  an  ®  *  *).  So  verschwistern  sich  die  Chariten  eng 

693)  Plutarch  Ktfal.  36.  Vgl.  Welker  Nachtr. 

z.  Aesch.  Tril.  190.  Anm.  22. 

694)  Paus  an.  5,  14,  8. 

695)  Otfr.  Müller  Orchom.  u.  die  Min.  S.  181. 

696)  Find.  01.  4,  9.  14,  9.  oSra  ydp  &iol  etfivuv  XaQltmi 

meo  %o^ovs  ourt  datras.  Onestos.  Delect.  epigr.  gr 

4,  75.  Jakobs. 

MovtfijS  pov9'ۧlt]V  (fiXonalyfiovot  fv^tro  Baxye?, 
w  Xtstiojy,  Ip  ßot  xiDfiop  ccyfoy 

Vgl.  noch  W  elk  er  Nachtr.  z.  Aesch.  Tril.  S.  188.  Anm.  16.  Find 
OL  13,  26.  Tat  Jmviißou  n&9tv  iii(faviP  ovp  ßo^him  XäQini  d* 
dvq&ixßfä.  Vater  der  Chariten  Nonnos  48,  3.i5.  xa 

fmllpos.  Vgl.  Straton  Delect  epigr.  gr.  11,  89.  Jakobs. 

697)  Find.  Nem.  5,  7.  54.  6,  38.  76.  9.  54.  Olymp.  7,  H 
9,  27.  Pyth.  5,  42,  9,  3.  Isthm.  4,  21.  Parthenia  Frg.  l.Frosoc: 
Frg.  3.  ygl.  auch  Froperz  4,  1,  73. 

698)  Nem.  10,  1.  vgl.  Theokrit  16,103.  Find.  Ol.  9,2V 
Pyth.  6,  2  &  Dissen  zit.  hier  noch  Jakobs  z.  Anthol.  5,  !•  P« 

5.  l.  Walken,  u.  Monk  z.  Eurip.  Hipp.  72. 


429 


den  Musen ;  imOlympos  wohnen  sie  neben  einander  « « 9)s 
und  werden  ©ft  mit  ihnen  zusammen  genannt 
und  Theokrit  sezt  die  Chariten  sogar  für  die  Mu¬ 
sen  ^®‘).  Hermesianax  nennt  den  Musaios  einen 
Freund  der  Chariten  Doch  bestellen  sie  nicht 

blos  die  festlichen  Gelage  und  ordnen  zur  Terherrli- 
chuug  des  Wettsiegers  den  prachtvollen  Chortanz 
an,  sie  verleihen  selbst  Siege  in  den  Wettkäm¬ 
pfen  Der  Pythische  Sieger  leuchtet  nach  Pin- 

dar  in  dem  Gewühle  der  Chariten,  und  noch  Kalli- 
machos  nennt  den  siegenden  Choragen  auf  dem  fFa- 
gen  der  Chariten  getragen  ^®*). 

Indem  sie  Glanz,  Licht  und  Schönheit  verbreiten, 
heissen  sie  Töchter  des  Helios  und  der  Äigle,  wer- 
jden  sogar  zu  Dienerinnen  des  Phoibos  Als 

j  Apollon  zum  ersten  Male  das  Saitenspiel  rührte,  tanz- 
jten  die  schönlokkigeo  Chariten,  die  wohlwollenden 
Horen,  Hebe,  Harmonia  und  Aphrodite  im  Olymp  zu¬ 
sammen  Die  Euphrosyne  nennt  Pindar  vorzugs¬ 

weise  tanzliehend,  die  Thalia  aber  Freundin  des  Ge¬ 
sanges.  Die  Tänze  kamen  besonders  an  dem  nächt- 
I liehen  Feste  der  Charitesien  vor,  welche  überhaupt 
viel  Aehnlichkeit  mit  den  Aphrodisien  gehabt  zu  ha¬ 
ben  scheinen.  Dem,  welcher  bei  den  Gelagen  zii- 

699) ~ Hesiod  Theog.  64. 

700)  Theognis  15  auf  der  Hochzeit  des  Kadmos.  Aristl« 
des  in  Anm.  6S5.  Hom.  Hym.  27.  heisst  es  v.  d.  Artemis  zit 
Delphi  V.  15.  Momimp  xal  XaQkmp  xaXop  ^o^op  äQWPimaa.  Ptu« 
tarch  Fvpaixup  äqtmi  Anf.  u.  sonst  oft. 

701)  Id.  16,  6. 

702)  Xaqlrmp  ^qapog.  Delect.  epigr.  gr.  von  Sclme^idewift 

S.  149. 

703)  Find.  01.  2,  49.  6,  76.  Nem.  5,  54  10,  ». 

704)  Epigr.  60.  aqfi&CtP  ip  XuqkoiV  foqt}9-tls» 

I  705)  Nonnos  34,  38.  •Poißom^ 

706)  Hora.  Hymn.  auf  Apolioa  194. 


430 


lezt  wach  geblieben  war,  wurde  zum  Preise  auch  der 
Pyramüs  ausgetheilt 

Wie  durch  Eros  und  die  Horen,  so  wirkt  Aphro¬ 
dite  auch  durch  die  Chariten;  sie  haben  alle  ihre 
Macht  nur  durch  ihre  Göttin,  und  wenden  sie  nur  im 
Dienste  derselben  an.  üeberall  im  Leben,  wo  Liebe, 
Eintracht,  Schönheit,  Anmuth,  Wohlgefälligkeit,  Ueber- 
einstimmung  und  Harmonie  herrscht,  dort  befinden  sich 
Aphrodite  und  die  Chariten.  Man  rief  sie  zu  Zeugeu 
eines  Schwures  an  ’®*);  Peitho  und  die  Chariten  sind 
den  Ehegottheiten  Aphrodite  und  Hermes  beigesellt  ’®*j, 
damit  in  wechselseitigem  Verhalten  kein  Zank  und 
Streit  unter  den  Gatten  entstehe,  sondern  Ueberein- 
stiramung  und  Zärtlichkeit  im  Umgänge  herrsche. 
Aber  ehrbare  Frauen,  sagt  Plutarch,  müssen  vor  allem 
den  Chariten  opfern,  damit  ihr  Umgang  nicht  durch 
ihre  Ehrbarkeit  herbe  und  bitter  werde.  Pindar  sagt: 
Durch  die  Chariten  wird  den  Sterblichen  alles  Erfreu¬ 
liche  und  Schöne  zu  Theil,  sie  verleihen  dem  Manne 
Weisheit,  Schönheit  und  Thatenglanz,  ohne  sie  füh¬ 
ren  die  Götter  keinen  Reigen  auf,  ohne  sie  entbehrt 
ihre  Tafelrunde  der  Anmuth.  Sie  sind  auch  die 
Schaffnerinnen  aller  Werke  im  Himmel  ’**)}  und  als 
Göttinnen  der  Schönheit  und  Anmuth  theilen  sie  diese 


707)  Eustath.  z.  Od.  18,  194  tm  av  l^Xa^lmv  ifu- 

qofwa.  Eustath.  navvv)(läts  d*  Tovm  ^atcp  (die  Charitesien),  Iv  «fc 
nlüßiop  oaoy  XQopop  d'itjyQVTtPovv  j(OQtvoyrts,  oTi  nvQtx  fiovs  f7ta9loy 
0ldoTO  tok  diuyQvnvtjGttßi,  xul  nva  ni fifiata ,  xakovfuva  xat  avra 
^aqlam  tx  rmv  dvat^ov/xiputy  avrä,  (fuai,,  u.  s.  w. The- 

mistios  Rede  6.  S,  83.  ix  6f9alfioiS  napriyv qtP  Xa- 
^htap,  Athen.  14,  646. 

708)  Themis tios  R.  4.  u.  13.  Kallim.  Epigr.  34. 

Eurip.  Kyklops.  578, 

709)  Plutarch.  Ehereg.  Vorr. 

710)  OL  14,  9,  ßlA«  ndpToip  tQyiap  ix  oiguxm. 


431 


!  Eigenschaften  auch  seslbst  sterblichen  Töchtern  aus  * 

I  oder  vielmehr  Aphrodite  durch  sie.  Sie  stellen  die 
Reize  eines  jungen  Mädchens  dar;  hundert  Chariten 
I  blikken  aus  dem  lächelnden  Auge  der  Geliebten  ***). 
Sie  sind  reine  Huldgöttinnen;  die  Ausübung  der  Dank¬ 
barkeit  und  des  Wohlthuns  wurde  ihnen  erst  im  spä¬ 
teren  philosophischen  Zeitalter  beigelegt  wo  dann 
die  Wirksamkeit  der  drei  sich  im  Geben,  Empfangen 
und  Ervviedern  von  Wohlthun  offenbarte 

Die  Chariten  sind  jedoch  nicht  immer  nothweiidig 
mit  der  Aphrodite  verbunden,  wie  es  ihre  Erschei¬ 
nung  neben  Bakchos,  Nemesis  und  den  Horen  bekun- 
.  det;  aber  ihr  Wirken  ist  immer  aphrodisisch.  Sehr 
häufig  werden  die  beiden  Paare  der  Gesellschafterin¬ 
nen  der  Kypris  mit  einander  verbunden  als  sich  ge- 
^lgenseitig  ergänzende  Wesen.  Die  Chariten  sind 
ganz  geistiger  Natur,  über  alles  Körperliche  erhaben, 
verleihen  aber  dem  Körper  das  Geistigste  ’  *  *).  Wie 
bei  den  Horen  die  Idee  von  dem  physisch  Geseziiehen 

711}  Hom  Od  6,  18.  vgl.  Find.  OL  6,  76. 

712)  M  u  s  a  i  o  s  65. 

71.3)  Phurnutos.  JltQt  d-ieuy.  Kap.  15.  6^  vff  Zv 

(iiv  deo‘  v<f‘  Zv  dt  rQtls’  dvo  (div,  novs  dii  nQoxamQyHv 

.yÜQtng,  Tous  di  (Ifjiüßicd-at'  tqüs  di,  iTiud^  ov  y.txlZs  wv  ituv^ 
yoTu  icfdoißr,?  icTupttt,  ](aQtanx^i,  dXlä  ndhv  iva  «xkt«- 

naiGTix)?  rovTo  ylvt^tat.  xtd  tovQ'’  on  dii  ylvtaO-m,  je«»  cwiSr 

ifd'fttivoÖGtjg'  iTtQot,  d’  ixfacuv,  ^iav  {div  tlvm  ydQtPg  nfQd  vnov^- 
youpTti  n  d'fiUfdMi'  iuQup  di,  rov  dfj(6^iv(sy  r^v  vnovqylavi 

xai  imrtjQovtna  mv  xtufdlv  u/dodßr/S.  jqmjy  di,  mqi  mv  dy^vmvQyovyTa, 
xar  avToy  nov  tov  xaiqoy.  HuqZv  di  thtqyaMV  ovGmv,  xai  iluQovs 
noiovciZv  ToiiS  tviQytwv/dtyove  rmy  yaqlrmv ,  nqwioy  (div-  xmrias  uno 
r^f  yaQus,  yccQiTag  ZpofdccGdijCay.  xai  tvfdoqtf'Oh  cfi  A«j'0»'ra»  drm,  dtce 
ro  tvtldtiav  xai  nidavärtjra  yaqi^iG&at. 

714)  Vgl  Chrjsippos  b.  Seneca  de  benefic.  1,  3. 

715)  Theokrit  16,  108.  tl  yd^  Xaqlmv  uyanmov  dy&§ü- 
lou  dnäytvO-iv;  dii  XaqkiGGtv  afd,’  hijp. 


432 


aaf  das  geistig  Gesezliche  übergiog,  so  bei  den  Cha¬ 
riten  die  Idee  von  dem  physisch  Wohlgefälligen  auf 
das  geistig  Schöne.  Wer  die  Chariten  zuerst  nakkt 
gebildet  habe,  wusste  man  laut Pausanias  nicht  mehr; 
in  den  ältesten  Zeiten  bildete  man  sie  völlig  beklei¬ 
det,  wie  dies  bei  ihren  goldenen  Bildsäulen  des  Bu- 
palos  in  8myrna,  den  marmornen  des  Sokrates  vor 
dem  Eingänge  der  Akropolis  und  denen  im  Tempel 
zu  Elis  der  Fall  war.  Die  Horen  stehen  den  Cha¬ 
riten  entgegen  wie  Ordnung  der  Natur  und  mensch¬ 
liches  Leben.  Jene  zeitigen  den  Wein,  welchen  diese 
gemessen  helfen.  Beim  Mahle  ”«)  spendete  man  den 
Chariten,  Horen  und  dem  Dionysos  den  ersten  Be¬ 
cher,  den  zweiten  der  Aphrodite  und  noch  einmal  dem 
Dionysos,  den  dritten  ‘’TßQsi  und  Den  Chariten 

liegt  die  Verfeinerung  und  Vergeistigung  der  sinnli¬ 
chen  Freuden  ob.  Während  bei  Hesiodos  die  Horen 
das  Götterkind  Pandora  mit  Frühlingsblumen  kränzen, 
schmükken  es  die  Chariten  mit  goldenen  Halsketten. 
Jene  pflükken  oder  streuen  Blumen,  diese  winden  sie, 
und  giessen  Balsam  aus  Sie  weben  den  Peplos 

derKypris;  und  überhaupt  werden  ihnen  schöne  Klei¬ 
der  und  Stikkereien  zugeschrieben’*«)  Wie  im 
Eros  und  Anteros  die  vollkommene  Idee  der  Liebe 
ausgedrükkt  war,  so  die  Harmonia  der  Natur  m  den 
Horen,  den  Göttinnen  der  Blüthezeit  im  Natur-  und 

7 iß)  Panyasis  b  Athen.  2,  36.  vgl.  38. 

717)  Ap  uiejus  6,  41.  Horae  rosis  et  ceteris  floribus  pur- 
purabant  omuia.  Gratiae  spargebant  balsama.  Musae  quoque 
caiiora  persoiiabaut.  Eb.  10,  24.  Hmc  Gratiae  gratisaimae,  inde 
Horae  pulcherrimae ,  quae  joculis  floribus  serti  et  soluti  deam 
suam  propitiantes,  scitissimum  construxerunt  chorum,  domuiae 
voluptatem  Veneris  coma  blandientes. 

718)  Ilias  5,  338,  Athen.  15,  682.  das  Fragtn.  aus  den  Ky- 

prien. 


433 


Menschenleben,  die  Harmonie  der  sittlichen  Eigen¬ 
schaften,  des  Schönen  und  Liebeswürdigen  in  den 
Chariten.  Die  Horen  geben  die  körperlichen  Reize, 
die  Chariten  die  geistige  Vollkommenheit:  daher  die 
Vorschrift  ’’S2qaig  xai  XdQM  -ß-vap. 


riTBKrTEB.  ABSCHKSTT. 

Ethnographische  Üebersicht  des  Aphro¬ 
ditekultes. 

Der  Zwekk  des  folgenden  Abschnittes  ist,  theils 
Ijdie  Ausbreitung  und  Umwandlungen  und  Verschmel- 
fl  Zungen  des  Aphroditekultes  mit  fremden  nicht  grie- 
»i  chischen,  aber  in  der  Idee  verwandten  Kulten  über- 
fi  sichtlich  nachzuweisen  5  theils  die  hauptsächlichsten 
Formen  der  Göttin  zusammeozustellen,  um  auf  diese 
Weise  einen  Ueberblikk  darüber  zu  erhalten,  wie  sich 
diese  an  den  verschiedenen  Orten  gruppireo,  in  wel¬ 
che  Gestalten  und  Schattirungen  sie  übergehen,  wel¬ 
chen  geschichtlichen  Ursprung  sie  haben,  was  für 
Einfluss  sie  auf  die  geistigen  Anschauungen  und  öf¬ 
fentlichen  staatlichen  Verhältnisse  eines  Volkes  aus¬ 
üben  mussten.  Es  kann  aber  dies  Alles  nur  andeu- 
i  tungsweise  geschehen,  da  selbst  die  geringste  Aus¬ 
führung  uns  weit  in  die  Geschichte  und  die  gesamm- 
ten  Kulte  und  geistigen  Vorstellungen  der  Völker 
führen  und  diese  Schrift  über  die  Gebühr  anschwei- 
len  würde.  Von  Kypros  selbst  haben  wir  nun  wol 
genug  gesprochen,  und  erfahren ,  dass  eigentlich  alle 
Formen  des  Kultes  sich  hier  als  in  ihrem  Mittelpunkt 
wiederfanden.  Von  da  gehen  wir  zunächst  nach 
Asien  über. 

II. 


28 


434 


Aphrodite  in  den  semitischen  Ländern. 

Von  Asien,  und  unmittelbar  von  Phönikien  aus 
hatte  Kypros  in  den  ältesten  Zeiten  seinen  Kult  em¬ 
pfangen.  Des  Landes  Lage,  die  Bedeutung  und  der 
Glanz  seines  Kultes  bewirkten,  dass  es  auch  wieder 
mit  seinem  Kulte  Rükkwirkungen  auf  die  asiatischen 
Länder  ausübte.  Doch  sind  diese  nur  sehr  gering, 
und  beschränken  sich  eigentlich  und  lediglich  nur  auf 
die  üebertragung  des  Namens  der  Aphrodite  auf  die 
asiatischen  weiblichen  Gottheiten.  Wie  und  seit  wann 
dies  geschehen,  haben  wir  im  ersten  Abschnitte  er¬ 
örtert.  Wo  die  unzüchtigen  Hieroduleninstitute  beider 
weiblichen  Naturgottheit  gefunden  wurden,  dort  sahen 
die  Griechen  die  Aphrodite,  wie  sie  überall,  wo  sie 
zu  fremden  Völkern  kamen.  Aehnlichkeiten  mit  ein¬ 
heimischen  Kulten  zu  erkennen  glaubten ,  und  in  dem 
ihnen  eigenthümlichen  stolzen  Selbstgefühl  die  frem¬ 
den  Gottheiten  mit  den  Namen  der  ihrigen  benannten. 
Verschieden  hiervon  ist  die  seit  dem  Sinken  der  asia¬ 
tischen  Volkskraft  und  der  Verbreitung  der  Hellenen 
über  Asien  eintretende  allgemeine  Rcligions-  und 
Mythenmengerei,  welche  desto  verderblicher  wurde, 
je  mehr  der  wirkliche  religiöse  Glaube,  die  alten  und 
ächten  Kultusideen  sanken.  Wir  besizen  Andeutun¬ 
gen  genug,  um  uns  vergegenwärtigen  zu  können, 
wie  die  asiatischen  Kulte  durch  Synkretismus  und 
Pragmatismus,  durch  Euhemerismus  und  Spekulazion, 
durch  Aberglaube,  Zauberei  und  andere  magische 
Künste,  durch  Gelehrsamkeit,  Poesie  und  Schwär¬ 
merei  in  der  Religion,  durch  Astrologie  und  Frivolität, 
durch  Vergötterung  von  Menschen,  durch  Fabeln  und 
Mährchen,  durch  Affektazion  der  Gebräuche  und  Ze- 


I 


435 


1  rimonien,  betrügerische  Weissaguogen  und  dahinter 
I  die  Gottvergessenheit  und  Hohn  gegen  alles  Göttli- 
,  che  *),  in  spätem  Zeiten  veranstaltet  waren.  Wie 
die  religiösen  Zustände  im  Allgemeinen  gewesen  sein 
mögen,  davon  giebt  uns  aber  nichts  so  sehr  einen 
deutlichen  Begriff,  als  das  wunderliche  Bild,  welches 
uns  glükklicher  Weise  von  den  Syrischen  Gottheiten 
entworfen  und  erhalten  ist.  Liikiau  hat  sich  den 
Spass  gemacht  mit  sehr  gläubiger  und  andächtiger 
Miene,  hinter  der  aber  der  Schalk  keioesweges  za 
verkennen  ist,  die  Lächerlichkeiten  der  Kulte  Syriens 
darzustellen. 

Der  grösste  Tempel  war  der  zu  Hierapoiis  oder 
iBambyke,  und  auf  seine  Erkundigungen,  wer  die 
I  Göttin  sei,  sagt  Lukiao,  habe  er  die  unverschämtestea 
:  Erdichtungen  erfahren  müssen,  die  er  zwar  alle  mit- 
iheilen  wolle,  aber  nicht  glauben  könne.  Die  Einen 
lerzählten,  Deukalion  habe  ihn  der  Hera  errichtet,  andere 
meinten,  Semiramis  habe  ihn  der  Derketo  erbaut,  noch 
ländere,  Attys  habe  ihn  der  Rhea  geweiht,  und  end- 
ilich  hörte  er  die  Behauptung,  er  sei  von  Bakchos  zur 
'Ehre  der  Hera  geweiht.  Uebrigens  war  der  Tempel 
selbst  nicht  alt  und  unter  den  abenteuerliclisfen  üm- 
!$tänden  von  Stratonike,  welche  Lukian  mit  vielem 
Humor  beschreibt,  nach  jonischer  Bauart  gegründet. 
Im  Vorhofe  standen,  berichtet  er  weiter^  zwei  uiige» 
iieure  Phallen,  von  dreissig  Klaftern,  die  Bakchos  auf- 
Ijestellt;  die  Göttin  sei  Hera,  ungeachtet  sie  auch 
;twas  von  der  Athene,  Aphrodite,  Selene,  Rhea,  Ar^ 
lemis,  der  Nemesis  und  den  3Iören  hätte.  Man  sieht, 
|lie  Gottheiten  waren  auf  alles  eingerichtet.  Auch 

I  1)  Stuhr  Religformen  u.  s.  w.  Im  Allg.  vgl.  für  das 
plg.,  was  wir  oben  Abschn.  1.  Kap.  von  den  semit,  Gottheiten 
icsagt  haben. 


28^ 


436 


viele  andere  griechische  Gottheiten  und  Heroen  befan¬ 
den  sich  dort,  deren  Vorstellungen  aber,  wie  der  Be¬ 
richterstatter  bemerkt,  die  Syrer  theilweise  verbessert 
hatten.  Aus  der  Beschreibung  der  Festfeierlichkei¬ 
ten  ersehen  wir,  dass  hierbei  fast  lauter  Phrygi- 
gisches  aufgenommen  war,  wie  denn  auch  eine  Er¬ 
zählung  den  Tempel  von  Attys  gegründet  werden  lässt. 
Phrygische  Einflüsse  finden  wir  aber  auch  sonst  noch 
in  diesen  Gegenden,  wenn  sie  auch  nur  jung  sein 
mögen.  So  wird  Askalon  von  Lydien  hergeleitet, 
indem  Äskalos,  Bruder  des  Tantalos,  es  anlegt,  und 
dabei  eine  Gründiingsgeschicbte  im  lydischphrygisch 
troischkvprischen  Geiste  durch  eine  schöne  Frau  erzählt 
wird  Askalos  wird  aber  für  Askanios  erklärt, 
und  dadurch  auch  Äeneas  hierhergeführt,  welcher  auf 
dieser  Küste  ausserdem  noch  in  Berytos  vorkommt. 
In  Askalon  sollte  der  Ursprung  der  kyprischen  Aphro¬ 
ditetempel  sein,  und  dadurch  wurde  die  dortige  Astarte 
vor  allen  als  Aphrodite  gefasst,  hat  aber  in  späterer 
5?ieit  gewiss  auch  manche  fremde  Einflüsse  erfahreu, 
wie  schon  die  lydischen  Sagen  beweisen.  Ihre  Mün- 


2)  Bei  dem  grössten  Feste  ■wurde  eine  Wallfahrt  nachdem 
Meere  gehalten;  ein  Jeder  brachte  ein  mit  Wasser  gefülltes 
Terschlossenes  Gefäss  zurük,  welches  Niemand  selbst  öffnen 
durfte,  sondern  ein  heiliger  Hahn.  Dieser  besieht  das  Siegel, 
löst  den  Bindfaden  auf,  und  nimmt  das  Wachs  desselben  ab; 
dafür  erhält  er  eine  gute  Bezahlung.  —  Die  Athene  Ergane  zu 
Elis  führte  einen  Hahn  auf  dem  Helm,  und  auf  Etruskischen 
Vasen  (Micali  25,  I.  27,  1),  welche  zum  Schöpfen  gebraucht 
wurden,  dienen  öfters  Hähne  als  Dekkel.  Dann  hatte  auch  die 
Todtengöttin  einen  Hahn.  Ueber  Hieropolis  vgl.  noch  Athen. 
8,  346.  Xaiithos  u.  Mnaseas  daselbst.  Plin.  5,  19.  32,  8. 
Plutarch  Krassus  19.  Appian  Parth.  Gesch, 

3)  S.  S.  324. 


437 


zen *  *)  tragen  das  Bild  der  Aphrodite,  die  jedoch  oft 
der  Astarte,  wie  natürlich,  sehr  ähnlich  sind.  Südlich 
von  Askalon  kommt  die  Aphrodite  noch  mit  sehr  unziich- 
tigein  Dienst  zu  Majumos  bei  Gaza,  und  in  Gaza 

selbst,  vor. 

In  Phönikien  und  Syrien  wurden  wahrscheinlich 
alle  Heiligthömer  der  Astarte  beliebig  mit  dem  Namen 
I der  Aphrodite  belegt;  doch  können  wir  mit  Sicherheit 
lannehmen,  dass  sie  nichts  Wirkliches  weiter  mit  der 
Aphrodite  gemein  hatten,  als  die  Hieroduleninstitute, 
welche  der  Wollust  dienten.  Laut  Hesychios  hiessen 
.Aphrodite  und  Hera  B'qltiig,  nach  Berosus  die  Äphro- 
idite  B^Xug,  und  dieser  Name  röhrt  daher,  dass  man 
lin  den  verdorbenen  Zeiten  die  Baaltis  bald  Hera,  bald 
Aphrodite  nannte.  Bei  den  Phönikern  hiess  Aphrodite 
auchBlatta  *),von  der  ihr  geweihten  Purpurschnekke, 
hatte  aber  diesen  Namen  vielleicht  nur  durch  eine  ver¬ 
dorbene  Aussprache  erhalten  Auf  die  angegebene 
Weise  wird  die  Sidonische  Astarte  für  Aphrodite 
erklärt  ^).  Byblos  nimmt  uns  beim  Adoniskiilt  ia 
Anspruch;  wir  übergehen  es  daher  hier.  Eine  Tage¬ 
reise  von  Byblos  aus  in  die  Gebirgsgegend  des  Li¬ 
banon,  sagtLukian,  liegt  ein  alter  Tempel  der  Aphro¬ 
dite,  welchen  Kinyras  erbaut  haben  soll.  Er  habe  ihn 
gesehen  und  in  der  That  sehr  alt  gefunden.  In  Be¬ 
treff  des  Reiches  des  Kinyras  in  Byblos  verweisen  wir 
auf  das,  was  früher  über  ihn  gesagt  ist.  Der  Ädo- 

5)  Job.  V.  Lyd.  Ueber  die  Mooate  I,  19. 

6)  M Unter  Rel.  der  Babyl.  S.  22. 

7)  Zonaras  Lex.  "Aömqtyi’  ^Aq’Qodkris ,  Tifitafitvov 

TictQ«  2id<jDpkoy,  Dione  und  Rhea  zu  Töchtern  der  Astarte  ge^ 
macht,  Euseb.  praep.  ev.  1,  7.  Job.  v.  Lyd.  lieber  d.  M.  4,  44. 

•  Die  Phöniker  sagen,  dass  ihre  Astarte  die  Aphrodite  sei.  Häufig 
nennen  späte  Dichter  die  Aphr.  assyrisch,  so  Nonnos  Oppian 
Kyneget.  1,  7.  AaavQttj  Kvd-iQita. 


438 


niskult,  dessen  Hauptsitz  auf  dem  Festlande  in  Byblos 
war,  zo^  ihn  an  diesem  Orte  nach  sich,  und  wahr-  | 

scheinlich  fand  seine  Feier  auch  auf  dem  Libanon  statt.  ( 

Bort  hatte  Aphrodite  mindestens  einen  berühmten  Tem-  | 

pel,  und  dieser  verschaffte  ihr  den  Namen  Libanitis.  | 

Es  ist  wahrscheinlich  A  phaka  gemeint,  welches  einige  | 

Meilen  nach  dem  Gebirge  zu  von  Byblos  her  und  an  ( 

den  QueHen  des  Flüsschens  Adonis  lag.  Von  allen  , 

Tempeln  der  Aphrodite  war  dies  der  berüchtigste,  und  | 

nach  allem,  was  wir  über  ihn  wissen,  bestand  der  , 

Kult  lediglich  aus  dem  rohsten  und  gemeinsten  Sin-  j 

nendienst,  wie  er  nur  irgend  wo  in  einem  asiatischen  | 

Tempel  zu  finden  ist.  Eusebios  ®)  sagt  von  ihm;  der  j 

Tempel  liegt  nicht  an  offener  Strasse ,  son^rn  abseits 
vom  Wege  und  fern  vom  Verkehr  mit  Meschen,  eine 

8)  Euseb.  Lobrede  auf  Konstantin  Kap.  8.  ««r/pw  daifioyt 
Ders.  Leben  Konst.  3,  58.  Zosimos  Gesch.  1.  58.  S. 

51.  Bonn.  Aiisg.  An  den  Festtagen  sieht  man  -viele  Leute  aus  i 
den  benachbarten  Gegenden  dort  zusammenströmen,  und  unter 
brennenden  Fakkeln  und  Feuerkugeln  begeht  man  die  Feier.  Die¬ 
jenigen,  welche  dorthin  kommen,  bringen  der  Göttin  Geschenke, 
goldene,  silberne,  oder  feine  Gewebe  -von  Linnen,  Banni-wolle 
oder  "von  andern  kostbaren  Stoffen.  Wenn  die  in  den  dabei  be¬ 
findlichen  Fischteich  geworfenen  Geschenke  untergehen ,  so  ist 
dies  ein  Zeichen,  dass  sie  angenommen  worden;  wenn  die  Göt¬ 
tin  sie  aber  nicht  annahm,  sondern  zurükwies,  so  schwammen  sie 
oben  auf  dem  Wasser,  nicht  allein  die  Gewebe,  sondern  auch 
Gold,  Silber  und  andere  Stoffe.  Die  Palmyrener  kamen  im  Jahre 
vor  seiner  Zerstörung  zu  diesem  Tempel,  und  brachten  für  die 
Gottheit  viele  kostbare  Geschenke.  Alles  ging  unter.  Im  fol¬ 
genden  Jahre  aber  kam  zur  Zeit  der  Festfeier  alles  wieder  zum 
Vorschein,  wodurch  die  Göttin  die  bevorstehende  Zestörung  ihres 
Tempels  andeuten  wollte.  —  Der  Tempel  scheint  zweimal  zer¬ 
stört  zu  sein.  Vgl  nach  das  Etymol.  und  ^“Aqaxa  und  Suid. 
und  X^iffTocfw^oSt  Sozom.  2.  5.  Der  Tempel  zu  Heliopo- 
lis  ebenfalls  von  ihm  zerstört,  Euseb,  Leb.  Konst,  3,  56. 
Sozom,  5,  10. 


439 


Stätte  der  Missethat  für  solche,  welche  ihren  Körper 
auf  verruchte  Weise  verderben  wollen.  Die  Männer 
sind  Weichlinge  und  weibisch,  keine  Männer  mehr. 

■  Die  Ehrwürdigkeit  des  Geschlechtes  achten  sie  nicht, 
i  durch  viehische  Lust  ehren  sie  die  Gottheit;  frevel- 

äjhafter  Umgang  mit  den  Frauen,  sinnliche  Unzucht, 

I  schmähliche  nichtswürdige  Thaten  werden  io  dem  Tem- 
ilpel  verübt,  einem  Orte,  wo  keine  Sitte  und  Gesez 
i! herrscht.  Niemand  war  da,  der  eine  Aufsicht  über 
iljene  Dinge  führte,  weil  es  dort  keinen  ehrbaren  und 
1|  scbaamhaften  Menschen  gab.  Konstantin  meinte,  die- 
|i  ser  Tempel  sei  nicht  werth,  dass  ihn  die  Strahlen  der 
j  Sonne  beschienen,  und  liess  ihn  aufheben.r  seine  Trup« 
Ij  pen  mussten  den  Ort  von  Grund  aus  reinigen.  Zu 
(  desselben  Kaisers  Zeiten  war  auf  der'  fiiB  Golgatha 
|i  gehaltenen  Stätte  zu  Jerusalem  ein  Tempel  der  Äphro- 
|dite  erbaut,  welchen  aber  seine  Mutier  Helena,  als 
1  sie  dahin  kam,  zerstörte  ®*). 

Der  Tempel  zu  Emesa  der  Astarte  gehörig, 
fi  führt  auch  nur  den  Namen  der  Aphrodite.  Auf  der 
.!  kleinen  Insel  Arados  lag  ein  Tempel  der  Aphro- 
;i  dite,  welcher  das  Recht  eines  Zufluchtsortes  hatte, 
t  Chariton  nennt  ihn  selbst  ein  altes  Heiligthum,  und 
i  daraus  können  wir  schon  schliessen,  dass  es  ursprüeg- 
}  lieh  ein  Tempel  der  Astarte  war.  Anders  aber  ist 
«.  es  mit  dem  Kulte  zu  Antiochien.  Der  gesamte  Got- 
*  tesdienst  dieser  Stadt  hatte  einen  weichlichen,  wol¬ 
lüstigen  Charakter,  wenn  auch  nicht  gerade  Aphro- 

8a)  Sozomenos  2,  X.  pakxat  toayalfia.  s.  Ado¬ 

nis  Note  178, 

9)  Malalas  B.  12  S.  297. 

10)  Chariton  7,  5.  Arados  v^doi  —  nalttwv  IsQoPsxovaa  trfi 
’AtfqoSljtiS'  SffniQ  ovv  iv  otx’m,  fiim  diftlaSs  xal  fwalxfS  ivraSd-a 

Gesch,  V.  Arados  Strabon  16,  753  ff. 


440 


dite  Gegenstand  der  Verehrung  ist.  Da  es  eine  sehr 
spät  gegründete,  griechische  Stadt  war,  so  kann  auch 
die  Aphrodite  ^*)  daselbst  keine  Astarte  sein;  allein 
wollüstig  war  ihr  Dienst  ira  höchsten  Grade.  Bekannt 
aus  Horaz  sind  die  Ambubajarum  collegia,  eigentlich 
Syrische  Flötenspielerinnen,  und  vielleicht  ölfentliche 
Dienerinnen  an  den  Festen  Antiochiens.  Auf  ihrem 
Wanderleben  stellten  sie  sich  überall  ein,  wo  Luxus 
und  Ausschweifungen  getrieben  wurde.  So  ihren  Un¬ 
terhalt  sich  erwerbend  zogen  sie  schaarweise  durch 
alle  Länder,  und  waren  namentlich  in  Rom  sehr  be¬ 
liebt.  Der  Mult  von  Antiochien,  welcher  uns  hier  an¬ 
geht,  bestand  theils  in  den  Pannychien  der  Aphrodite, 
theils  aus  Adouisfesten,  und  wurde  von  Kypros  her¬ 
geleitet.  Diese  Ueberführung  des  Kultes  stand  wahr¬ 
scheinlich  mit  den  kyprischen  Ansiedlern  in  Verbin¬ 
dung,  welche  io  Antiochien  und  schon  in  Antigonia 
gewohnt  haben  sollten“).  Daphne^  der  Lustort  der 
Antiochier,  war  ebenso  berühmt  durch  üppige  Feste, 
unnatürliche  Löste,  und  durch  die  unermesslichen  Ver¬ 
schwendungen,  welche  die  Könige  von  Syrien  und 
ihre  Unierthanen  dort  um  die  Wette  trieben,  als  durch 
den  symbolischen  und  mystischen  Gottesdienst  in  den 
kühlen,  reichbewässerten  Hainen  jener  Gegend,  welche 
an  Lieblichkeit  mit  der  zu  Bajä  wetteiferte.  Apollou 
wurde  als  höchster  Gott  verehrt;  seine  Feste  aber  tra¬ 
gen  gar  keinen  apollinischen,  sondern  ganz  einen  aphro¬ 
disischen  Charakter  ‘  ®). 

11)  Malalas  B.  10  S.  263  Bonn.  Ausg.  Lib  anio  s  Antioch. 

1  S.  350  Keiske.  S.  307.  ip  Kvnqm  d-tol  Ttjv  Kvnqov 

odw  mQ  nt>,  xlnQoxovpTsg ,  ovra  t^s  di  imdv/atjaay  xat 

^mlyoPTo  fjsToncHv  u.  s.  w. 

12)  Vgl.  TH.  1  S..  240  ff. 

13)  Libanios  ntQi  2,  456  Reiske  mvm 

TO  fÄ^diPos  dmx^adm  zwv  —  t^p  tk  anavm  t^ovdiav- 


441 


Wenden  wir  uns  landeinwärts,  so  finden  wir  zu 
iGermanikeia  in  Kommagene  die  Aphrodite  mit  Eros 
auf  Münzen  **).  Auf  mehreren  Mesopotamischen  Mün- 
izen'‘)aus  der  Kaiserzeit  findet  sich  Aphrodite  ehen- 
Ifalls.  Während  dies  Yerehrungsörter  der  Aphrodite 
isind,  welche  erst  in  den  hellenistischen  Zeiten  ent¬ 
standen,  so  ist  dagegennur  an  eine  entschieden  semi¬ 
tische  Göttin  zu  denken,  wenn  Herodot*®)  berichtet, 
dass  dieAssyrer  die  Aphrodite  Mylitta  nannten.  Es 
sind  die  unzüchtigen  Hierodoleniestitute,  welche  einen 
Griechen,  wenn  er  sich  nach  einer  heimischen  Bezeich¬ 
nung  für  die  babylonische  Göttin  umsah,  keinen  An- 
genblikk  anstehen  Messen,  ihr  den  Namen  Aphrodite 
zu  geben.  Dasselbe  ist  der  Fall  mit  der  Aphrodite 
benannten  unzüchtigen  Göttin  von  Kappadokien  und 
der  Arabischen  Alitta.  Den  Gemal  jener  Arabischen 
Aphrodite  deutet  derselbe  Schriftsteller  an  einem  andern 
Orte  auf  Dionysos,  was  nach  unsern  obigen  An¬ 
deutungen  über  das  Verhältniss  des  Dionysos  zur  Aphro¬ 
dite  auch  füglich  geschehen  konnte,  üeberdles  war 
schon  zu  Herodots  Zeiten  der  Dionysos  eia  Gott,  der 
alles  in  allem  war,  wie  es  w’^eiblich  die  Aphrodite 
wurde.  Indess  hatten  sich  in  spätem  Zeiten  auch  noch 
bis  hierher  wirklich  griechische  Vorstellungen  ver- 
I  breitet,  und  Aphrodite  wird  in  Arabien  als  Hafengöt- 


2  S.  555.  rmv  uffa^umv  nennt  er  das  Fest  eine  nopr/Qm  ioQ- 
T^p.  —  tiv  6i  ro  ndvra  tQÖnoP  da^^fiovew.  —  romo  f^s  Amfviq<^  poßtjfta. 
Vgl.  3.  S.  333.  Amm.  Marcell,  22,  13.  Pbilostr.  Leb.  des  Ap. 
1,  12.  Prokop.  1,  199.  Bonn.  Ausg. 

14)  Mionnet.  6,  115. 

15)  Mionnet.  S  638. 

16)  Herodot.  1,  131. 

17)  Ders.  3,  8. 


442 


tin  verehrt  ‘  *),  auf  Taprobane  aber  soll  gar  die  Athe¬ 
nische  Ko  lias  verehrt  sein  '*).  So  geht  Apollon  bis 
nach  Babylon  *“). 

Für  den  Namen  Salambo,  welchen  Aphrodite 
laut  Hesychios  bei  den  Babyloniern  fuhren  sollte,  fin¬ 
det  man  keine  semitische  Wurzel  **).  Rask  meinte, 
dies  Wort  sei  zusammengesetzt  aus  dem  Sanskritischen 
Salam,  welches  Wasser  bedeute,  und  der  Verbal¬ 
wurzel  bhü,  durch  welche  sein,  hervorgebracht 
werden,  ausgedrükkt  werde.  Hitzig**)  sagt:  JS"«- 
sei  das  sanskritische  Svajamb hu,  durch  sich 
selbst  seiend.  Aber  wie  kämen  solche  Sprach  wur¬ 
zeln  nach  Babylon?  Ganz  andern  Religionsformen  ge¬ 
hören  die  Persischen  und  Armenischen  Gottheiten  an 
und  haben  mit  den  Semitischen  Religionsansichten  durch¬ 
aus  nichts  Gemeinschaftliches.  Aber  Herodot  sagt  a. 
a.  0.  des  ersten  Buches;  die  Perser  haben  von  den 
Babyloniern  auch  der  Urania  opfern  gelernt.  Hätte  er 
einfach  die  Persische  Gottheit  Mithras  mit  dem  Namen 
Aphrodite  bezeichnet,  so  dürften  wir  darin  weiter  nichts 
sehen,  als  wenn  die  Griechen  sonst  fremde  Gotthei¬ 
ten  mit  griechischen  Namen  bezeichnen.  Er  spricht 
aber  von  einer  Uebertragung  des  Kultus,  und  wir  müs¬ 
sen  annehmen,  dass  in  einzelnen  an  semitische  Länder 
angrenzenden  Gebieten  allerdings  Mylittadienst,  doch 
immer  eine  Kezerei  vom  Standpunkte  der  Medisch- 

18)  Diodor.  3,  39.  Strabou  16,  769.  Mvos  oQfioy  xal 
*AfQoMT)]S  oQfiop  xaleleS-m, 

19)  Dionys.  Perieg.  592, 

20)  Kapitolinus  im  Verus  Kap.  8. 

21)  Munter  Rel.  der  Babyl.  S.  23. 

22J  Hitzig  Kommentar  z.  Jesaias  17,  9  S.  104.  S.  Adonis 
Anm.  174,  Nicoiaus  Damascenus  Hist.  1.  Mölis,  ovms  nji' 
*A(p^oMvijp  xttlovm  Baßvlmvm.,  Molis  ist  nach  Münter  nur  ver¬ 
schiedene  Aussprache  von  Mylitta. 


443 


persischen  Religion  aus,  Aufnahme  gefunden  habe  ®  ®). 
Im  reinen  Persischen  Dienst  erforderte  der  Mithras, 
ursprünglich  ein  Gefährte  der  Sonne,  die  höchste  Keusch¬ 
heit.  Grössere  Einwirkungen  hat  aber  mit  der  Aus¬ 
breitung  der  Semitischen  Völker  die  Armenische  Ana- 
hid,  Anaitis  genannt,  erfahren.  Auch  diese  ist  eine 
(durchaus  keusche  Göttin,  und  wird  gewöhnlich  von 
den  Griechen  auf  die  Artemis  gedeutet  ®  *),  doch  wa¬ 
ren  die  Armenier  zwischen  Semitische  Stämme  einge¬ 
klemmt,  und  ihre  Göttin  wurden  an  einigen  südlichen 
Orten  so  unzüchtig  aufgefasst,  als  nur  irgend  wo  die 
Mylitta  selbst.  Agathias  in  der  Geschichte  Justinians, 
behauptet,  dass  die  Anaitis  die  Aphrodite  sei,  und  be¬ 
rief  sich  dabei  auf  die  Geschichtschreiber  der  Babylo¬ 
nischen  Alterthümer  Berosos,  Athenokles  und  Symma- 
chos.  Aus  Berosos  erfahren  wir  auch®®),  dass  Arta- 
ixerxes  Mnemon  zuerst  der  Aphrodite  Anaitis  in  Susa, 
Babylon,  Ecbatana  Heiligthümer  errichtet  habe,  und 
den  Persern,  so  wie  den  Bewohnern  von  Baktra,  Da- 
maskos  und  Sardes  in  der  Verehrung  dieser  Göttin 
mit  seinem  Beispiele  vorangegangen  sei.  Mao  darf 
daraus  nicht  schliessen,  dass  in  allen  diesen  Gegen¬ 
den  der  Kult  früher  noch  gar  nicht  gewesen  sei,  son¬ 
dern  dass  er  damals  öffentliche  Geltung  erhielt. 

Kilikien. 

Dies  Land  ist  uns  wegen  seiner  frühen  religiösen 
Verbindungen  mitKypros  wichtig  gewesen,  indem  das 
Priestergeschlecht  der  Tamiraden  in  Paphos  von  hier 

23)  Aug.  Fr.  Pott.  Etymol.  Forsch.  1  S,  47  ff.  Eltg.  Justin. 

10,  2. 

24)  Stuhr  Religformen  u.  s.  w.  2  S.  244  ff.,  wo  auch 
die  Sagen  von  Orest  in  Komana  sehr  richtig  gedeutet  sind. 

25)  Bei  Klemens  v.  Alex.  Protr.  S.  43  Sylb. 


444 


gekommen  sein  sollte,  ln  den  Kästenstädten  ist  ge¬ 
wiss  viel  Kult  der  Aphrodite  gewesen;  überliefert  ist 
er  uns  aber  nur  von  Nagidos,  dessen  Münzen  **) 
alle  das  Bild  der  Göttin  tragen. 

Pamphylien. 

Inden  beiden  Städten  Side  und  Aspen  dos  fand 
sich  die  Aphrodite  mit  Sauopfern.  Wie  die  Städte 
argivisch  waren,  so  wurde  auch  die  Einführung  des 
Kultes  auf  den  berühmten  Wahrsager  Mopsos  von 
Argos,  den  Sohn  Apollons,  zurükgeführt.  Dass  die 
Göttin  den  Namen  Kastnia  geführt  habe,  ist  aus  den 
Sauopfern  und  dem  Berge  Kastnion  zu  schliessen. 
Wahrscheinlich  waren  auch  Sühnungen  mit  ihr  ver¬ 
bunden,  und  Apollinische  Einwirkungen  hier  ihr  nicht 
fremd.  Zu  Per  ge  wurde  Aphrodite  mit  Adonis  ver¬ 
ehrt,  und  der  Boden  dafür  mag  durch  Argivischen  Na- 
turkult  bereitet  worden  sein. 

Lykien. 

Aus  dem  ersten  Hymnos  des  Proklos  auf  die  Aphro¬ 
dite  erfahren  wir  die  hohe  Verehrung  der  Göttin  in 
Lykien*’)«  Sie  heisst  darin  die  Königin  derLykier, 
und  dieGebieter  vonXanthos,  denn  von  hier  stammte 
Proklos,  hatten  ihr  ein  Heiligthura  mit  dem  Hephaistos 
gegründet.  Ihr  Bild  trug  die  Symbole  der  Hochzeit. 
Wir  sehen  daraus,  dass  man  sie  als  Gottheit  des  Lao- 

26)  MioEnet.  3,  395  ff.  Suppl.  7,  235. 

27)  Y^vtofMV  Avxlmv  ßaadtjlda  Kovqmf^oMTrjv, 

noT  dXiitxäxoiO  ntqmlrjO-ovTiS 
nuTQÜos  nfisriqn?  »eofQd&fj.ovss  nysfiov^ts 
hqov  IdqieavTO  xard  nwUt&qoy  dyak/^a, 
evfißoX’  yoeQolo  yd/xov,  votqSp  vfifpalcov 
*H(pulefTov  nvQotpros  »<?’  oi^ixpltjS  A(fQodl‘njs‘ 

X&t  I  d'S^P  OPÖHUPUP  'OlvflTlM)P ,  U.  S.  W. 


445 


des  und  Besizerin  des  Staates  betrachtete  5  aber  aneh 
i  hier,  namentlich  in  Xanthos  selbst,  traf  sie  mit  wich¬ 
tigem  Apollonkult  zusammen.  Der  Hymnos  berichtet 
uns  noch,  dass  man  sie  dort  die  Olympische  nannte: 
vielleicht  von  dem  Berge  Olympos  bei  Phaselis. 

i 

I 

Karien. 

Wenn  wir  Milet  hier  ausnehmen,  so  kann  man 
1  die  Aphrodite  dieses  Landes  eine  Dorische  nennen, 
da  der  Eult  in  Knidos,  dem  aphrodisischen  Mittel¬ 
punkte  des  Landes,  die  auffallendste  Aehnlichkeit  mit 
!  dem  spartanischen  hat.  Die  lakedämonischen  Ansied¬ 
ler  in  Knidos  müssen  diese  Göttin,  welche  auch  in 
ihrer  Heimath  von  Wichtigkeit  war,  zur  Hauptgöt¬ 
tin  des  Staates  erhoben  haben,  gewiss  durch  ihre 
Handelslage  vornehmlich  dazu  bewogen.  Pausanias 
sagt  gleich  im  Anfänge:  die  Knidier  verehren  die 
Aphrodite  sehr  stark  und  besizen  drei  Heiligthü- 
mer  von  ihr;  das  älteste  ist  der  dorischen  geweiht, 
nnd  an  ihren  Kult  knüpften  sich  muthmasslich  die  mei¬ 
sten  heimathlichen  altpeloponnesischen  und  pelasgischen 
Vorstellungen;  das  zweite  gehört  der  Akraia;  die 
jüngste  nennt  man  allgemein  die  keidische,  dieKiii- 
dier  selbst  aber  E  u  p  1 0  i  a.  Die  Lage  von  Knidos  auf  dem 
Vorgebirge  Triopion,  erklärt  uns  den  Namen  Akraia, 
welchen  sie  auch  auf  Kypros,  in  Argos,  Trözen  und 
Halikarnassos  führte,  und  wahrscheinlich  war  hier  mit 
demselben  der  Begriff  einer  Schirmherrin  der  Stadt 
verbunden.  Wie  die  dorische  Aphrodite  nach  unserer 
Angabe  physischer  Natur  war,  den  pelasgischen  Vor¬ 
stellungen  gemäss,  so  war  das  Gebiet  der  Eupioia  das 
Meer  und  die  Schiffahrt.  Wir  treffen  hier  aber  noch 
zwei  alte  bedeutungsvolle  Auffassungen  der  Göttin; 


446 


die  athenische  Iv  x^noig  ®®)5  und  die  bewaffnete  *®). 
Auf  die  erstere  wird  auch  von  Katull  ®  ®),  als  anf  eine 
Göttin  im  Rohricht  hingedeutet,  unter  welchem  Namen 
die  athenische,  die  Aphrodite  in  Samos^  zu  Milet  und 
Ephesos  verehrt  ward.  Auf  Münzen  kommen  auch 
Asklepios  und  Apollon  mit  ihr  verbunden  vor^ 
aber  die  Idäischen  Vorstellungen  der  Aphrodite,  welche 
fast  im  ganzen  Kleinasien  ihren  Charakter  bestimmen, 
fehlen  auch  hier  nicht  ganz  Alle  Münzen  der 

8tadt  tragen  das  Bild  der  Göttin,  daneben  findet  sich 
ein  Fisch  oder  Anker;  auf  der  Kehrseite  eine  Prora, 
auch  ein  Rindskopf,  oder  Dionysos  mit  Kantharen  und 
Thyrsos  es  kann  kein  Zweifel  sein,  dass  sie  die 
eigentliche  Staatsgottheit  war,  doch  hat  sie  eine  nicht 
mindere  Bedeutung  für  ihren  gesammten  Kult  als  für 
diese  8tadt  allein,  denn  der  Ruhm  dieser  Göttin  war 
so  gross,  dass  man  Knidos  neben  Kypros  stellte,  wo 
man  den  Namen  der  Aphrodite  verherrlichen  wollte. 

28)  Lukian  ,th.6v(ov  Kap.  8  und  11  ff. 

29)  S.  oben  Abschn.  4  Ares  und  Aphr.  Dann  auf  Münzen 
Mionn.  3  Nr.  231.  232  .  233.  Aphr.  stehend  mit  Kantharen  und 
Lanze. 

30)  Katull.  34,  13. 

Quae  sanctura  Idalium,  Uriosque  apertos, 

Quaeqiie  Anconam,  Cnidumque  arundinosam 
Colis,  quaeque  Amathunta,  quaeque  Golgos 
Quaeque  Dyrrhachium  Hadriae  tabernani. 

31)  Mionn.  3,  .339  —  342.  Suppl.  6,  480.  —  Vgl.  im  Allg. 
Ekhei.  Doctr.  2,  579  ff. 

32)  Ders.  3,  327.  Apollonkopf  X  Rindskopf  6,  236.  3  Nr. 
215.  6  Nr.  222— -225  X  Dreifuss. 

33)  Ders,  3  Nr.  219;  6  Nr.  228.  Frauenkopf  mit  Thurm¬ 
krone  X  Löwenkopf.  Aphr.  X  ein  Löwenkopf  3  S  339.  Nr.  z02 
bis  213.  Suppl.  6  S.  480.  Nr.  213  bis  225. 

31)  Ders.  3  Nr.  2.34.  bei  Aphr.  ein  Anker:  3 Nr.  211  Fisch. 
Nr.  213.  X  Prora  3  Nr.  218.  6  Nr.  230.  Rindskopf:  3  Nr.  229.235. 


447 


Ein  der  Göttin  geweihter  heiliger  Hain  befand  sich 
in  der  Nähe,  und  Enidos  gehört  zu  denjenigen  Städ¬ 
ten  der  Aphrodite,  zu  welchen  Wallfahrten  unternom¬ 
men  wurden.  Auf  das  Bild  der  Aphrodite  von  Praxi¬ 
teles,  welcher  darin  die  höchste  sinnliche  MeizföIIe 
mit  einem  geistigen  Ausdrukke  vereinigte,  dürfen  wir 
hier  blos  aufmerksam  machen  Die  Knidier  lehn¬ 
ten  das  Anerbieten  des  Bithynischen  "Nikomedes  ab, 
iie  Schulden  der  Stadt  zu  bezahlen,  wenn  man  ihm 
las  Bild  der  Göttin  überlassen  wolle  ®®). 

Neben  Knidos  erhob  sich  in  jüngern  Zeiten  Aphro- 
lisias  als  ein  Hauptort  und  Mittelpunkt  des  Aphro- 
litekultus  in  Karieri  und  der  gesammten  Nachbarschaft 
Oer  Name  kündigt  sie  schon  als  eine  Stadt  der  Aphro- 
lite  an,  ihr  Kult  aber  erlangte  erst,  wie  es  scheint,  in 
len  Römerzeiten  seinen  Glanz.  Früher  hiess  sie  laut 
^tephanos  von  Byzanz  unter  Meydl'q  nohqi  Ninoe, 
AsXsyuiv  TvoXig,  und  wegen  ihrer  Grösse  habe  man  sie 
larauf  Megalopolis  genannt.  Den  Namen  Aphrodisias, 
können  wir  annehmen,  hat  sie  von  der  Ausbreitung 
les  Aphroditekultes  daselbst  erhalten.  Sie  heisst  da¬ 
tier  auch  ^A(f)Qodh7ig  ‘/toXig^  oder  M^TQonoXig 

35)  S.  Otfr.  Müller  Archäol.  §.  127:  4.  Lukian 
’xöt'wj' Kap.  23.  Ders.  Erot.  HimeriosRede  18,  4.  Philostr. 
i.eb.  des  Apoll.  6,  17.  und  A.  a.  Gr.  AnthoL  4  S.  168.  Nr.  245 
is  248.  D.  Ged.  des  Platon  AnthoL  I  S.  104.  Nr.  9.  Ausw. 
’wap.  1,  41.  Des  Hermodoros  I  S.  193.  Aatipater  Aiisw. 
.ap.  1,  42.  Die  beiden  Ged.  Des  Lukianos  AnthoL  3  S.  21 
ilr.  2  und  3  Ausw.  1  Nr.  43  ff. 

Eis  TO  ip  Kpl&(p  rrfi  ’ArfQoSktjS  ayalfim 
2ol  ftoQff^s  avt^v.a  n^e  ayaluet, 

Kvnqt,  Ti^s  fTOQff^s  (f'tQJiQOP  otiJtP  sjtüP. 

Fv^pijp  slds  ndgis  (is,  r.ai  Ayylß^s,  xui  AiMaPiS. 

Tovs  Tgtls  oMa  /^öpovs.  Mga^niltjS  M  no&SP; 

36)  Plin.  7,  39;  36,  4,  §.  5. 


448 


und  Tacitus  *^)  nennt  sie  Civitas  Veneris.  Ihi 
Kult  ist  uns  eigentlich  nur  durch  die  zahlreichen  In¬ 
schriften  3®)  und  Münzen®®)  überliefert,  doch  wissei 
wir  im  Grunde  von  demselben  nichts  weiter,  als  dass 
grosse  Spiele  mit  ausserordentlichem  Glanz  und  Prach 
daselbst  gefeiert  seien.  Wir  haben  darüber  beim  Kul 
und  bei  der  Festfeier  der  Aphrodisien  gesprochen 
Bökh  glaubt,  dass  Pleurassa,  dessen  Aphroditekul 
ebenfalls  angeführt  wird,  Aphrodisias  undTauro 
polis  ursprünglich  drei  Oerter  gewesen  seien,  welch 
nachher  in  eine  Stadt  vereinigt  wurden.  Auf  den  In 
Schriften  kommen  Erzpriester  und  Erzpriesterinnen  voi 
der  erstere  scheint  aber  noch  unter  dem  tij 

^jtoiag  zu  stehen,  und  die  leztere  heisst  auch  Erzprie 
Sterin  des  Vaterlandes.  Eine  andere  ist  Erzpriesteri 
von  Asien,  zugleich  aber  Kosmeteira  der  Ephesiscbe 
Artemis  und  Erzpriesterin  von  Aphrodisias.  üeber  di 
hierarchischen  Verbindungen  der  verschiedenen  Tem 
pel  in  spätem  Zeiten  bleibt  noch  vieles  zu  erörten 
und  so  auch  vorstehendes  Vcrhältniss.  Der  Geschieht 
Schreiber  Apollonios  von  Aphrodisias  war  auch  Er/ 
priester.  Zu  verschiedenen  Malen  werden  auch  di 
Neopoien  der  Aphrodite  genannt 5  sie  hatten  den  Ba 
und  die  Aufsicht  über  die  Erhaltung  der  Tempel;  d( 
erste  von  ihnen  heisst  dQXiVBaTrolög.  Eine  Inschri 
giebt  von  dem  Vermögen  der  Göttin  Nachricht,  ud 
aus  ihreu  eigenen  Einkünften,  welche  hauptsächlic 
aus  liegenden  Gründen  und  Geschenken  bestehen  moct 
ten,  liess  sie  sich  Andrianotheken  bauen,  d.  h.  Kape 


37)  Tacit.  Ann.  3,  71  und  62.  Appian.  Bürg.  Kr.  1,  9| 

38)  Corp.  Inscr.  Gr.  2  8.  494  ff.  und  Bökh  daselbst. 

39)  Ekhel.  Doctr.  num.  2,  576.  Mionn.  3,  328  ff.  » 

Eros.  3,  322  ff.  Suppl.  6,  456.  1 


I 


449 


len  zur  Aufstellung  ihrer  Bilder  ^®),  Die  Aphrodi- 
siasischen  Tempel  hatten  auch  das  Asy liecht:  Anto¬ 
nius  hatte  es  erneuert  und  Tiberius  bestätigte  es.  Sie 
(erhielten  dies  Recht  in  dem  üinfange  wie  die  Artemis 

von  Ephesos. 

Ferner  finden  wdr  die  Aphrodite  in  Karlen  zu 
Alinda  auf  Münzen**);  zu  Mylassa  als  Strateia 
auf  Inschriften  **)  ;  zu  Trapezepoiis  auf  Münzen  *®). 
Hier  ist  sie  gewiss  dorisch,  so  wie  in  Halikarnas- 
sos  die  Akreia.  Daneben  gab  es  in  Karlen  aber 
noch  eine  andere  Seite  des  religiösen  Lefjens;  nämlich 
jene  schwermüthige  Naturreligion,  welche  das  durch  die 
Sommerhize  absterbende  Leben  der  Natur  betrauerte, 
und  sich  hauptsächlich  in  Kleioasien  findet,  in  Grie¬ 
chenland  zu  Argos  und  Theben  als  Liiios,  in  Kypros 
als  Adonis.  Diese  religiöse  Richtung  muss  am  Berge 
tmos  gewurzelt  haben,  weil  hier  Adonis  verehrt 


(wurde.  In  dieser  Gegend  müssen  auch  die  Gingres« 
flöten  gebraucht,  und  das  schwermüthige  Karikon  auf 
Ipbrygischen  Flöten,  welche  von  jenen  wesentlich  nicht 
(unterschieden  sind,  getönt  haben.  Denn  neben  der 
(dorischen  Aphrodite  des  übrigen  Mariens  würde  jene 
(weichlich  klagende  Religion  nicht  gestimmt  haben. 


Rhodos. 


Wir  haben  oben  die  Sage  berührt,  welche  an- 
igiebt,  dass  Aphrodite,  das  aus  dem  Meere  neugeborne 
Mägdlein,  von  Kythera  aus  habe  erst  in  Rhodos  lao- 

I  40)  Ta?  uvdQiamoSi^xas  nanffKevacetM,  xal  tag  nuUiag  0ov  rotg 
nKfiQofiivoK  xat  avieitjatv  x«t  llfvxovqYtiatP. 

41)  Mionn.  6,  445. 

42)  Corp.  Inscr.  Gr.  2  S.  476*  Nr.  2693.  Ein  zweites  Mal, 
'ir.  2712^,  kommt  Aphrodite  vor  auf  der  Basis  eines  Tempels  des 

hugustus  und  der  Roma  zu  Mylassa. 


43)  Mionn.  3,  388. 

II. 


29 


450 


den  wollen,  bevor  sie  nach  Kypros  ging,  dass  sie  aber 
von  dort  durch  Poseidons  wilde  Söhne  zurökgewiesen 
sei**).  Es  findet  sich  in  der  That  keine  Spur  eines 
Aphroditekultes  auf  Rhodos,  und  dies  gab  zu  der  Er¬ 
zählung  Veranlassung,  dass  die  Göttin  abgewiesen  sei, 
um  dadurch  wieder  jene  andere  zu  begründen,  nach 
welcher  Aphrodite  jene  Söhne  des  Poseidon  zur  rasen¬ 
den  Liebe  und  Schändung  ihrer  iRutter  aus  Bache  über 
die  erfahrene  Beleidigung  trieb.  Der  Zwekk  des  gan¬ 
zen  Mythos  war  aber,  den  Grund  der  Gewaltthat  jener 
Dämonen  aufzusuchen  Mit  Recht  bemerkt  Heffler 
a.  a.  0.,  dass  das  Fehlen  des  Aphroditekultes  auf  Rho¬ 
dos  ein  merkwürdiges  Zeugniss  für  die  Sittengeschichte 
des  Landes  sei.  Wir  sehen  aber  hieraus  von  neuem 
und  an  einem  sehr  auffallenden  Beispiel,  dass  Aphro¬ 
dite  zwar  Meergöttin  war  und  selbst  den  Handel  be¬ 
günstigte,  auch  Ansiedlungen  übers  Meer  beförderte, 
dass  dies  aber  nicht  überall  und  nur  unter  bestimmten 
Umständen  geschah.  Dann  aber,  dass  die  Aufnahme 
der  Hieroduleninstitute  der  Astarte,  welche  man  in 
Griechenland  bei  der  Uebertragung  derselben  auf  die 
Aphrodite  gern  an  den  Handelspläzen  und  an  der  See 
anlegte^  keinesweges  durchgängig  erfolgte.  Weder 
ein  leichtfertiger,  noch  ein  ernster  und  erhabener  Dienst 
der  Aphrodite  findet  sich  hier;  nur  die  von  ihr  abge¬ 
löste  Form  der  Helena  als  **),  welche  wir 

44)  Diod.  5,  55. 

45)  M.  W.  Heffter.  Götterd.  auf  Rhodos  S,  64.  —  Ich 
kenne  nur  eine  Stelle,  wo  Aphr.  bei  den  Rhodiern  erwähnt  wird; 
Aurel.  Prudent.  c.  Symm.  2,  493.  Rhodios  Cytherea  reliquit. 
Hier  werden  aber  Götter  in  ihren  Hauptsizen  genannt,  daher  ist 
es  mir  sehr  wahrscheinlich,  dass  Rhodios  für  Cyprios  ver¬ 
schrieben  ist.  Konnte  Rhodos  mit  Recht  an  dieser  Stelle  genannt 
Werden,  so  müssten  wir  mehr  von  der  Aphr.  daselbst  wissen. 

46)  Ders,  a.  a.  S.  72.  S.  Deutung  ist  eine  andere;  über 


451 


mit  einer  Staiidengottin  Aphrodite  in  Verbindong  ge¬ 
bracht  haben.  Zu  Lindos  weihte  Helena  der  Atheni 
einer  Becher  nach  dem  Mass  ihrer  Brust 

Kos. 

Auch  die  Bewohner  dieser  Insel  waren  Dorier, 
der  Hauptgottesdienst  war  der  des  Asklepios;  neben 
ihm  kommt  aber  die  Aphrodite  vor.  Der  Kult  des 
Asklepios  stammt  ausEpidauros,  und  dort  her  mag  auch 
die  Aphrodite  stammen,  doch  scheint  ihr  dortiger  Name 
hauptsächlich  nur  durch  das  Bild  des  Apelles  berühmt 
geworden  zu  sein.  Es  war  eine  Aoadyomene  *®);  Au- 
gustus  brachte  es  nach  Kom  und  weihte  es  als  seine 
Ahnmutter  dem  Cäsar.  Zur  Vergütigung  dafür  erliess 
er  den  Koern  hundert  Talente  Steuern.  Das  Bild 
stellte  sie  dar,  wie  sie  ihr  feuchtes  aufgelöstes  Haar 
mit  der  Hand  ausdrükkte. 

Nisyros. 

Dies  Inselchen  liegt  neben  Kos,  und  hatte  eben¬ 
falls  Epidaurische  Ansiedler;  mit  ihnen  wird  daher  auch 
der  Aphroditekalt  *®)  gekommen  sein,  daneben  aber 
der  Dienst  des  Asklepios  nicht  gefehlt  haben. 


den  Ursprung  derselben,  und|ob  sie  aus  Lakonien  gekommen,  Ist 
auch  er  zweifelhaft. 

47)  Plin.  N.  Gesch.  33,  23. 

48)  Strabon,  14,  6S7.  Plinius  35,  36  §.  15.  35,  40  §.  41. 
36,  4  §.  5.  Sueton.  Vespas.  18.  Ovid.  Ars  am.  3,  401.  Trist 
2,  527.  Ep.  exPonto  4,  1,  29.  üt  Venus  artiicis  laboret  gloria 
Coi,  Aequoreo  madidas  quae  premit  imbre  comas.  Antipater 
T.  Sid.  Delect.  epigr.  gr.  v.  Jak.  1,  37.  Auson.  Epigr.  106. 
Ekh.  Doctr.  num.  2,  5119.  Mioün.  SuppL  6,  670. 

49)  Ekh.  Doctr.  2,  601. 


29* 


452 


Lydien. 

Bei  dem  Kulte  der  dorischen  Bevölkerung:  Ka- 
riens  und  der  daneben  liegenden  Inseln  sind  wir  be¬ 
rechtigt  einen  ernsten  Charakter  anznnehmen ;  mit  der 
Jonischen  Bevölkerung  Milets  aber,  durch  ganz  Lydien, 
ändert  sie  diesen.  Einerseits  bekommt  sie,  und  dies 
namentlich  in  den  Seestädten,  ein  leichtfertiges  An¬ 
sehen,  anderseits  aber  treten  von  hier  an  die  religiö¬ 
sen  Elemente  hinzu,  welche  wir  oben  als  dieldäischen 
bezeichnet  haben:  jene  phrygischlydischen  Vorstellun¬ 
gen,  welche  den  Grund  aller  religiösen  Anschauungen 
des  übrigen  Kleiuasiens  bilden,  und  zu  welchen  nur 
die  Elemente,  welche  die  europäischen  Griechen  bei 
ihren  Ansiedlungen  in  Kleinasien  mit  sich  führten,  hin¬ 
zugetreten  sind.  Die  ganze  kleinasiatische  Küste  des 
ägäischen  Meeres  ist  gedrängt  voll  von  Heiligthümern 
der  Aphrodite,  in  denen  sie  als  Meergöttin  und  bahr- 
tenlenkerin  verehrt  wurde,  und  daher  hiess  dies  Kü- 
stenmeer  auch  das  Meer  der  Aphrodite  **)•  Lydien 
ist  noch  mehr  ein  Land  der  Aphrodite  als  des  Diony¬ 
sos:  Sagen,  Geschichte  und  geistige  Stimmungen  sind 
durchaus  aphrodisischer  Natur.  Der  allgemeine  religiöse 
Charakter  der  phrygischlydischen  Länder  ist  aber  be¬ 
reits  oben  angegeben,  so  dass  wir  uns  hier  kurz  fas¬ 
sen  können,  zumal  eine  weitere  Belehrung  über  die¬ 
sen  Punkt  aus  Klausens  Schrift:  Aeneas  und  die 
Penaten,  geschöpft  werden  kann.  Der  mythische  Kö¬ 
nig  des  Landes  Gyges  ist  ein  Heros  aphrodisischer 
Natur,  sein  Reichthum  ist  eine  Gabe  Aphrodites;  die 
Herrschaft  fällt  ihm  durch  wohlwollende  aphrosidische 
Vermittelung  zu,  und  die  Sage  lässt  ihm  durch  eine 

50)  Job.  Laur.  v.  Lyd.  n$Qi  ^ we>i uilcov  Ka.ip.2i.  Inlnwv 
KvxUimv  xm  mgaUmp  rnS  ’^okcS,  xai  'AfpoSirnS  h 


453 


schöne  KömVin  Herrschaft  und  Ehe  zu  Theil  werden^ 
t  sein  Sohn,  der  Goldfürst  Kroisos,  wird  aber  am  Fest© 

!  der  Aphrodite  geboren.  Dies  sind  die  aügemeinea 
I  Vorstellungen  der  phrygischlydischen  Völker,  welche 
1  wir  auch  auf  Kypros  gefunden  haben.  Mit  diesem 
I  Lande  hat  aber  Kypros  noch  in  einer  besondern  Wech- 
,  selwirkung  gestanden.  Indem  wir  darüber  auf  frühe- 
jres  an  verschiedenen  Stellen  Gesagte  verweisen,  er- 
j  innern  wir  hier  nur  an  die  Gleichnamigkeit  beider  Län- 
jder,  an  die  lydische  Harmonie  auf  Kypros,  Kultge¬ 
lbräuche,  religiöse  Einrichtungen,  sittliche  Begriffe, 
inamentlich  in  Bezug  auf  Ehe  und  Jungfräulichkeit,  und 
vieles  Andere.  Zu  dem,  was  Lydien  wieder  empfing, 
ist  ein  enges  Anschüessen  an  den  Paphischen  Kult 
zu  rechnen,  indem  Münzen  von  Sardes  **)  genau 
das  Bild  des  Paphischen  Tempels  wie  er  auf  kypri- 
sehen  Münzen  vorkommt,  mit  dem  Kopfe  der  Aphro¬ 
dite  und  der  Umschrift  zeigen. 

Altlydische  Mythen  und  Vorstellungen  werden  mit 
ien  neuen  jonischen  verbunden,  indem  es  heisst,  dass 
Gyges  auf  dem  höchsten  Gypfel  des  Tmolos  einer  He¬ 
täre  einen  Tempel  erbaut  habe,  welcher  nach  allen 
Seiten  von  den  Bewohnern  des  Landes  gesehen  wer- 
len  konnte.  Dieser  Hetäre  sollte  er  mit  dem  Volke 
min  ganzes  Leben  hindurch  gedient  haben  und  das 
Jeiligthum  führte  den  Namen  t^g''EtaiQag  Athe- 

laios  führt  dies  bei  Gelegenheit  der  übrigen  Tempel 
ler  iraiqa  "‘Aqtqodkri  aus  Klearchos  an,  und  dass  dies© 
iiue  solche  sei,  erleidet  keinen  Zweifel.  Aber  dies 
jvar  kein  phrygischlydischer  religiöser  Begriff,  sondern 
jän  Jonischer;  doch  wird  er  auf  den  alten  aphrodisi- 
chen  Dämon  übertragen.  Mit  der  jonischen  Bevöl- 
j.erung  war  die  kaiqa  nach  Samos  und  Ephesos 
'  51)  Mionnet.  4,  137. 


454 


gekommen,  und  verband  sich  mit  den  alten  Mythen. 
Ganz  dasselbe  Verfahren  ist  es,  wenn  dem  aphrodisi¬ 
schen  Dämon  Alyattes  am  See  Koloe  von  den  Sar- 
dischen  Mädchen  ein  Denkmal  errichtet  wird,  wel¬ 
ches  den  Namen  [jip^p,a  nogptjg  führte:  so  wurde  der 
Tempel  der  Aphrodite  zu  Samos  von  den  attischen 
Hetären  geweiht.  Damit  stimmt  auch  die  Sage,  dass 
der  Flussgott  Paktolos  seine  Schwester  an  den  Aphro- 
disien  geschändet  habe;  eine  solche  Feier  der  Aphro¬ 
dite  ist  nicht  die  heimische  des  lydischen  Landes;  sie 
wurde  mit  dem  Versinken  der  Lyder  in  Weichheit 
und  Wollust  der  allgemeinen  Charakter  des  Kultes. 
Zu  den  eingeführten  Mythen  der  Jonier  gehört  auch^ 
wenn  der  Berggott  Tmolos  ein  Sohn  des  Ares,  des 
Gatten  der  Aphrodite,  wird.  Wie  die  allgemeinen  Sa¬ 
gen  Lydiens  es  ganz  zu  einem  aphrodisischen  Lande 
machen,  so  lässt  sich  dieser  Kult  auch  einzeln  in  allen 
grossem  Städten  nachweisen.  Die  Münzen  von  Sar- 
des”),  Philadelphia"®),  Kolophon,  Tralles  "*), 
Mastaura  tragen  das  Bild  der  Aphrodite.  Zu 
Temnos"®)  befand  sich  ein  Heiligthum  der  Göttin, 
deren  Bild  aus  Myrtenholz  verfertigt  war.  Pelops  sollte 
es  geweiht  haben,  um  sich  die  Aphrodite  geneigt  zu 
machen,  besonders  um  durch  sie  in  den  Besiz  der 
Hippodameia  zu  gelangen.  Die  Stadt  Hypaipa  be- 
sass  laut  Stephanos  v.  B.  als  Geschenk  der  Aphrodite 
die  schönsten  Frauen.  In  Milet  wurde  Aphrodite  im 
Böhricht,  sp  xald^mg  verehrt,  und  in  ihrem  lleilig- 
thume  srünstiffer  Wind  von  Zeus  erfleht.  Sie  muss 

52)  Mionn.  4,  126. 

53)  Ders.  4,  104. 

64)  Ders.  4,  187. 

65)  Ders.  4.  87. 

56)  Paus.  6,  13.  4. 


> 


I 


455 


von  Athen  stammen.  Chariton‘0  nennt  einen  Tem¬ 
pel  ausserhalb  der  Stadt.  Die  Bewohner  desselben 
I  und  viele  Fremde  kamen  hier  m  den  Festen  Kiisam- 
Isen.  Der  Artemiskult  ssu  Ephesos*®)  wird  für  einen 
(Westlich  vorg;eschobenen  Naturkult  der  semitischen  Völ¬ 
ker,  zunächst  von  Kappadokien  aus,  gehalten;  indes¬ 
sen  hat  diese  Annahme  doch  woi  etwas  Missliches, 
und  eine  solche  Entartung  Messe  sich  vielleicht  auch 
bei  einem  ursprünglich  griechischen  Kult  erklären. 
iWie  sich  an  diesem  sehr  viele  griechische  aphrodi- 
jsische  Bestandtheile  ausbildeten,  ist  schon  oben  heim 
Kult  erwähnt.  DieHetaira  Aphrodite  zu  Athen,  welche 
jmit  jener  iv  xjrcoig  so  nah  verwandt  ist,  hatte  durch 
die  Jonier  auch  in  Ephesos  Aufnahme  gefunden,  wie 
man  aus  Eualkes  Geschichte  von  Ephesos  erfährt.  Die 
sumpfige  Lage  der  8tadt  gab  noch  einen  günstigen 
Boden  für  die  Aufnahme  dieser  Göttin  ab.  Als  Vater 
des  Tmolos  haben  wir  den  Ares  schon  erwähnt;  hier 
in  Ephesos  wird  er  nun  wirklich  der  Aphrodite  auf 
einer  Inschrift  **),  beigeordnet,  und  diese  Vorstellung 
kann  nur  aus  Athen,  wo  wir  sie  nachgewiesen  haben, 
mit  den  Joniern  hierher  gekommen  sein.  Ausserdem 
finden  wir  die  Aphrodite  in  Ephesos  noch  unter  dem 
Namen  Automate  oder  Epidaetia.  In  Smyrna  hat  der 
iName  der  Stadt,  die  Jonische  Bevölkerung,  vielleicht 
auch  alter  Verkehr  mit  Kypros  die  Sagen  von  der 
Gründung  der  Stadt  durch  Kinyras  seiner  Tochter 

57)  Chariton  2,  2.  SchoL  Theokr.  7,  115.  ^Ynls  sca* 
Bvßkis  oQtj  Mdi^wv  xal  XQ^vat.  "'Ev&a  xal  itqov  "‘Atf^odinjg,  Mit 
lezterem  könnte  auch  der  Tempel  in  Milet  selbst  gemeint  sein. 
Theokr.  28,  4.  Ueber  die  Liebe  der  Byblis  und  des  M.  Par- 
theuios  11.  Anders  Anton.  Liber.  30.  Areia^  d.  Gern,  des 
Miletos  beim  SchoL,  erinnert  an  Aphr.  Areia. 

68)  Otfr.  Müller  Dor.  1,  388  ff. 

59)  Corp.  Inscr.  Gr.  2  S.  602  Nr.  2957. 


456 


Myrrha®“)  zu  Ehren  herbeigeführt.  Die  attische  Ver¬ 
bindung  der  Aphrodite  mit  der  Nemesis  finden  wir 
hier  in  der  Art  wieder,  dass  im  Tempel  der  beiden 
Nememissen  die  Chariten  standen  5  eine  Charis  befand 
sich  im  Odeion.  Auf  Befehl  des  Apollon  ®*)  war  der 
Aphrodite  Stratonikis  ein  Tempel  errichtet.  InPho- 
kaia  erkennen  wir  den  Kult  der  Aphrodite  theils  aus 
den  Ceburts^öttinnen,  Gennaiden,  deren  Pausanias  bei 
den  attischen  Gennetyllides  erwähnt,  theils  aus  den 
Gründungssagen  der  Kolonien  von  Phokaia®‘®}.  An 
sie  lehnte  sich  Priap. 


Samos. 

Der  Hauptkult  des  Eilandes  ist  der  der  argivi- 
schen  Hera.*  unter  den  übrigen  Gottheiten  tritt  be¬ 
sonders  die  Aphrodite  hervor,  welche  sehr  deutlich 
hier  als  Meergöttin  und  Fahrtenlenkerin  bezeichnet 
ist  Ein  Kaufmann  Dexikreon  «")  unternahm  in  Ge¬ 
schaffen  eine  Heise  nach  Kypros,  wohin  sicherlich  nicht 
geringe  Handelsunternehmungen  von  Seiten  der  Sa- 
mier  stattfanden,  und  Aphrodite  befahl  ihm  sich  mit 
Wasser  zu  versehen,  die  Reise  jedoch  sobald  als  mög¬ 
lich  anzutreten.  Er  gehorchte.  Auf  der  Fahrt  trat 
eine  Windstille  ein,  die  Reisenden  drükkte  ein  empfind¬ 
licher  Durst  und  nöthigte  sie  das  Wasser  jenem  um 
einen  hohen  Preis  abzukaufen.  Dadurch  rettete  sie 
die  Mannschaft,  wandte  ihm  aber  einen  ausserordent- 

60)  Die  Amazone  Smyrna  als  Gründerin  der  Stadt,  Strab. 
12,  650.  14,  633,  erinnert  wieder  an  Paphos,  welches  ebenfalls 
durch  Amazonen  gegründet  war.  Gesch.  v.  Kjpros  1,  124. 

6lj  Tacit.  Ann.  3,  63.  Vgl.  Marm.  Ox.  S.  2,  26  §.  9. 

61a)  Klausen  Aeneas  und  d.  Penaten  2,  605. 

62)  PIutarcL  54. 


457 


liehen  Gewinn  zu,  und  erhielt  dafür  von  ihm  später 
aus  Dankbarkeit  einen  Tempel  geweiht.  Sie  hiess 
die  Aphrodite  des  Dexikreoa.  Andere  sagten  i  sie 
führe  diesen  Namen,  weil  Dexikreon  ihr  einen  Tem¬ 
pel  gebaut,  nachdem  er  die  Samischen  Frauen  von 
ITollust  und  Unzucht  zurükgeführt  hatte.  An  solche 
Lebensart  und  Ausschweifungen  knöpfte  sich  der  ur- 
|>priinglich  edle  Dienst  der  Hetaira  Aphrodite,  deren 
iTempel  die  attischen  Hetären,  welche  den  Perikies 
)egleiteten,  iv  iXei  oder  iv  %aXdp,oi,g  gründeten.  Zum 
|!vreise  der  Aphrodite  gehört  ferner  der  Dienst  des 
jSros,  und  die  Freiheitsfeste,  die  Eleutherien,  dessel- 
!)en;  auf  eine  Art  aphrosidischer  Sühnung  weist  die 
iVndacht,  welche  die  von  Liebeskummer  betroffenen  am 
irabe  derBhadier  und  des  Leontiches  verrichteten  *®). 

'  Lesbos. 

Die  Sagen,  welche  von  den  Frauen  der  Insel 
Tzählt  wurden,  lassen  schon  auf  einen  Aphroditedienst 
chliessen.  Erzählungen  über  den  Phaon  ®^)  deuten 
ber  darauf  hin,  dass  sie  vornehmlich  als  Meergöttin 
erehrt  sei.  Neben  ihr  findet  sich  auch  Priap.  Die 
itphrodite  wird  sich  dem  Hauptkulte  des  Landes,  dem, 
ilionysos,  angeschlossen  haben. 

I 

I  Im  Süden  Mysiens 

nden  wir  zu  Pergamos  eisen  ausgedehnten  Äphro- 
itekult.  Auf  einer  Inschrift  bei  Vidiia  ist  sie  mit  dem 
jieinamen  irnixoM  geehrt.  Besonders  merkwürdig  ist 

63)  Paus.  7,  5,  6. 

j  64)  Palaiphatos  n$Qi  anlarmp  u.  s.  w.  Kap.  49.  Ailian 

ers.  Erz.  12,  18.  Sonstvgl.  noch  Klean t  hesbeiSchol.il.  3, 64. 


458 


uns  aber  der  Kult  von  Perg:amos  deshalb,  weil  wir 
hier  wie  za  8ardes  den  Tempel  von  Paphos  mit  der 
Göttin  auf  einer  Münze  finden  Dann  w'urde  hier 
die  Aphrodite  als  Nikephoros  wie  zu  Argos  verehrt  *®), 
und  besass  einen  Hain  Nikepborion;  beide  verwüstete 
Philipp  von  Makedonien  zur  Zeit  Attalos  des  ersten. 
Daneben  fand  sich  ein  Dienst  der  Chariten  und  des 
Eros.  Zu  Perperene  kommt  Aphrodite  auf  Mün¬ 
zen  vor;  ein  Heiligthum  derselben  stand  auch 
auf  dem  kleinen  V.  G.  Pyrrha  **)  im  Adramyttischen 
Meerbusen. 

Troas. 

Bei  der  Idäischen  Aphrodite  w’ar  es  nothwendig 
schon  die  eigenthümlichen  Verhältnisse  und  die  reli¬ 
giösen  Vorstellungen  des  troischen  Landes,  so  wie 
seine  Verbindungen  mit  Samothrake  einerseits,  mit  dem 
phrygischlydischen  Völkern  anderseits  vorauszuneh¬ 
men,  so  dass  wir  uns  hier  kürzer  fassen  können,  als 
an  und  für  sich  erforderlich  wäre.  Die  troische  Aphro¬ 
dite,  entstanden  aus  der  Verbindung  von  samothraki- 
schen  und  phrygischen  Begriffen,  hat  auf  dem  Ida 
ihren  Hauptsiz,  und  wesentlich  ist  ihr  die  Eigenschaft, 
dass  sie  den  von  ihr  geliebten  Geschlechtern  eine  prie- 
sterlich  königliche  Herrschaft  verleiht,  und  die  Götter¬ 
welt  zur  Freude  der  Sterblichen  zu  den  Menschen 
herabzieht,  indem  ihr,  wie  den  samothrakischen  Göt¬ 
tern  im  Allgemeinen,  das  Geschäft  des  Vermittelns 

65)  Ekhel.  Doctr.  num.  2,  463.  Mionn.  2,  589  Aphr.  mit 
Eros,  welche  einen  sizenden  Herakles  mit  sich  fortzureissen 
suchen.  Mionn.  Suppl.  5,  444. 

66)  Polybios  17,  2  Livius  32,  33  und  34. 

67)  Pausan.  9,  35,2. 

68)  Mionn.  5,  Nr.  1212,  SuppL  5,  484. 

69)  Strabon  13,  606.  , 


459 


iwischen  Gott  und  Menschheit  ganss  besonders  zufallt, 
in  königlichen^  von  Samothrake  stammenden  Geschlecht 
les  Dardanos  gab  es  zwei  Linien;  die  des  Ilosj 
^aomedon  und  Priamos  soll  aussterben  j  weil  sie  den 
ji^orn  der  Götter  auf  sich  gezogen  hat^  und  es  soll 
Mir  noch  in  der  Linie  des  Assarakos,  Kapys  und  An- 
i:hises  fortbestehen.  Beide  Linien  standen  ursprfing- 
ich  den  Göttern  nahe.  Auf  2Zeus  Geheiss  baut  Po- 
l<eidon  dem  liaomedon  die  Mauern  Trojas  5  Apollon 
lötet  ihm  die  Rinder  5  Eos  erhebt  den  Tithonos  zu 
hrem  Gemahl,  des  Tithonos  Bruder  ragt  durch  seinen 
leichthum  hen  or.  Seine  Kinder  sind  alle  gottbegun- 
itigt;  daher  ist  Aphrodite  dem  Paris  beständig  nahej 
lind  führt  ihm  das  schönste  Weib  in  die  Arme.  Aber 
Inaris  und  Priamos  Geschlecht  ist  den  Göttern  ver- 
liasst;  es  erhebt  sich  dagegen  das  Geschlecht  desAs- 
iarakos.  Bei  Nonnos  weissagt  Poseidon  den  Üeber-' 
ijang  der  IleiTschaft  der  Troer  auf  die  Äeneaden, 
^aut  Akusüaos^®)  ist  der  troiscbe  Krieg  von  ihrer 
\hnherrin  Aphrodite  absichtlich  veranlasst,  um  zu  ihren 
iunsten  Priamos  Geschlecht  zu  verderben;  nur  in  die- 
ier  Absicht  hatte  sie  Paris  zu  Helenas  Entführung 
mgeregt,  und  durch  scheinbaren  Beistand  Trojas  Un- 
ergang  herbeigeführt.  Eine  ähnliche  Stelle  nahm 
iie  vielleicht  auch  in  Stasinos  Kyprien  ein,  wo  lle- 
ena  die  Tochter  der  Nemesis  heisst.  Ein  auffallender 
5ug  in  der  Sage  bei  Akusilaos  ist,  dass  Aphrodite 
licht  sowol  durch  Liebe,  als  vielmehr  um  ein  Ge¬ 
schlecht,  welchem  die  Herrschaft  beschieden  sei,  her- 
/orzubringen ,  zu  Anchises,  welcher  schon  über  die 
lugendfrische  hinaus  ist,  hingezogen  wird.  Das  Rei- 
ager  findet  auf  dem  Ida,  dem  Lieblingssitz  der  Göt- 
in,  statt.  Sie  giebt  sich  für  des  phrygischen  Königs 
70)  Bei  Schol.  11.  20,  307.  vgl.  Virg,  10,  42. 


460 


Otreas  Tochter  aus,  und  das  ganze  Liebesverhältnis 
ist  dem  des  Attis  zur  Kybele  nachgebildet,  nur  darii 
wesentlich  verschieden,  dass  in  dem  leztern  der  kör 
perliche  Genuss  durchaus  ausgeschlossen  ist.  Wii 
der  homerische  Hymnos  mit  deutlichen  Worten  au  ' 
eine  Verbindung  zwischen  kyprischen  und  idäischei 
Vorstellungen  hinweist,  so  möchte  jene  Wendung  de 
»Sage  kyprischen  Einflüssen  zuzuschreiben  sein.  Wi 
Aphrodite  hierselbst  dem  Geschlecht  des  Anchises  dit 
Herrschaft  bereitet,  so  ist  es  in  allen  übrigen  phry 
gischlydischen  Ländern  eine  schöne  Frau,  welche  ent 
sprossen  aus  edlem  Blute  sich  dem  gottgeliebten  Herr 
scher  vermählt,  um  ein  königliches  Geschlecht  zu  er 
zeugen.  Auf  Kypros  vermählt  sich  Aphrodite  selbs 
dem  Kinyras  und  Pygmalion,  liebt  den  Adonis,  Phae 
thon,  Amarakos.  Allen  Heroen,  wie  Gordias,  Gyges 
Midas,  Anchises,  Kinyras,  selbst  dem  Pygmalion,  wolim 
eine  zauberische  Gottgefälligkeit  inne;  durch  Vermitt¬ 
lung  der  Aphrodite  gewinnen  sie  die  Fürstenthümer. 

Als  Aphrodite  von  Paphos  kommt,  um  den  An¬ 
chises  aufzusuchen,  schmeicheln  ihr  Löwen,  Parder 
Wölfe  und  Bäre,  ganz  wie  der  Idäischen  Mutter;  ihn 
nennt  sie  sich  selbst  aber  eine  phrygische  Königs¬ 
tochter.  Otreus  wohnt  laut  Homer  am  8angarios,  dem 
Flusse  der  Agdistis,  der  Güttin  vom  Gebirge  Didymos 
Durch  das  Vordringen  der  Phryger  hatte  sie  in  Troas 
Geltung  bekommen,  und  ging  in  die  Idäische  Göttin 
über.  Dadurch  bekommt  Aphrodite  ganz  die  Eigen¬ 
schaften  der  Kybele,  wird  von  den  Völkern,  welche 
unter  ihr  stehen,  als  solche  gefasst  ’  und  diese  Ver- 

71)  Hesych.  Kvß^ß»]'  ^  OtSv  xat  ^  ’A(fqoäittj. 

Photios;  KvßtjßoS'  XÖQwr  o  Jafj,%paxrivoS  triv  ’AfQodlniv  vno 

ymp  xtti  Apdmp  Kvß^ß^  liyiö&tti,  NouBOS  48,  698.  Serv.  z.  Virg.| 

Aeß.  10,  83. 


461 


luischung  beider  Gottheiten  blieb  nicht  ohne  die  we^ 
«entlichsten  Einflüsse  auf  die  Ausbildung  des  gesamiö“ 
,ten  Aphroditekoltes.  In  den  troischen  Mythen  der 
Aphrodite  und  in  der  Stellung  des  Anchises  zur  Göt- 
lin  wiegen  nun  allerdings  die  phrygischlydischen  Vor- 
jitellungen  vor,  indess  sind  dadurch  nicht  alle  rein  pe- 
lasgischen  Begriffe  verwischt  worden;  indem  Aeneas 
pinmal  seinen  Vater  Ares  nennt,  auch  der  Dienst  des 
jlres  im  Interesse  der  Aeneaden  steht,  so  ist  auch 
lies  nach  dem  Ueberrest  eines  pelasgischen  Systems 
geschehen,  nach  welchem  Ares  als  der  Gemal  Aphro- 
lites  auch  nach  dem  Ida  geführt  war,  wo  er  indess 
on  den  überwiegenden  A'orstellungen  in  den  Hinter¬ 
grund  geschoben  wurde.  Der  ursprüngliche  Kult  Tro- 
I  äs  war  aber  aus  Samothrake. 

Aeneas  ist  der  gottgeliebte,  im  Sinne  der  Aphro- 
ite  handelnde,  gefällige  Heros.  Seine  und  seines 
jieschlechtes  Herrschaft  stammt  von  ihr;  ihr  Kult  und 
!ire  Verehrung  ist  aber  Beding  und  Folge  derselben, 
ilie  Fürsten  von  Gergis,  die  Könige  von  Skepsis 
ndArisbe  leiteten  sich  als  Aeneaden  von  dem  gwtt- 
iefälligen  Heros  her.  Dardanos  und  Ophrynioa 
^erehren  den  Aeneas  zwar  auch,  aber  von  seinem 
Jeschlechte  findet  sich  keine  Spur.  Auf  Münzen  der 
ttädte  dieses  Landes  finden  wir  die  Aphrodite  za 
llkepsis,  Dardanos»*),  Ilion»®),  in  Alexandria 
’roas  »*). 

I  ' 

Die  Bebryker  und  Dolionen. 

Südlich  von  der  Propontis  und  dem  Hellesponfc 
issen  sich  in  der  ganzen  dortigen  Landschaft  ent- 

72)  Mionn.  5,  653. 

73)  Aphr.  reicht  dem  Anchises  die  Hand,  Mionn,  2^  664. 
ir.  288.  Pellerin  Recueil.  3,  134.  7. 

74)  Otfr.  Müller  Archäoi.  377,  1. 


462 


sprechende  Vorstellon^en  mit  den  troisch-äneadischet 
mit  Bestimmtheit  verfolgen.  Die  Vorstellungen  dei 
Bebryker  und  ihrer  Umgebung  sind  es  gewesen,  welchi 
in  den  Ideenkreis  der  Aeneaden  neben  dem  Dienst  de; 
Poseidon,  Apollon,  des  Palladiums,  des  Zeus,  den  de 
Idäischen  Mutter  und  die  eigenthümliche  Auffassunj 
der  Aphrodite  als  einer  hekatäisch  zwischen  Gott  uni 
Menschheit  vermittelnden  Göttin  einwurzeln  Hessen 
Die  DoHonen  haben  aus  ähnlichen  Begriffen  von  de 
Aphrodite  andere  mythologische  Figuren  entwikke! 
Dadurch  haben  sie  die  entsprechenden  Vorstellunger 
weiche  bei  Mysern  und  Phrygern,  ebenfalls  in  de 
Nachbarschaft  einer  Bebrykischen  Völkerschaft,  sic 
gebildet  haben,  in  den  äneadischen  Kreis  hineingezc 
gen,  namentlich  den  Askanios  in  derselben  einge 
reiht.  Die  namhaftesten  Städte  der  Bebryker  sin 
Arisbe,  Abydos  und  Lampsakos;  an  den  Sagen 
kreis  dieser  lezten  beiden  Oerter  schliesst  sich  Ger 
gis  an,  Skepsis  mehr  an  das  dolionische  Ky  zikoJ 
Damit  mag  des  Askanios  Einbürgerung  in  Skepsis  zn 
sammenhaogen ;  er  wird  aber  auch  südlich  zu  Arisb 
ood  Antandros  gefunden. 

Ausser  an  dem  Küstensaum  vonTroas  am  Helles 
poot  entlang,  kommen  Bebryker  um  Ephesos  und  Mag 
nesia  vor,  dann  aber  auch  östlich  inBithynien,  süd 
lieh  von  Chalkedon.  Von  diesen  Bithynischen  Bebry 
kern  sind  uns  mehr  Nachrichten  als  von  den  troische 
erhalten.  In  Bithynien  ist  Poseidons  Sohn  Ainykos  ’’ 
der  dem  Faustkämpfer  Eryx  verwandte  Hauptheh 
und  Beziehungen  auf  Schiffahrt  und  Viehzucht  heri 
sehen  vor.  Butes  bei  Virgil  ist  ein  Bebrykischc 
Faustkämpfer,  üeberhaupt  stimmen  die  Sagen  voi 
Amykos  mit  denen  am  Eryx  auf  eine  überraschend 
*~~75y~Valer.  Flacc.  4,  100.  110. 


463 


Weise.  Der  Kult  der  Aphrodite  io  den  Städten  hie- 
sißjerGegend:  Abydos,  Arisbe,  Lampsakos,  Ko- 
lonai,  Paisos,  Parion,  Priapos,  Prokonnesos, 
Artaka,  Kyzikos,  stammt  wahrscheinlich  von  der 
Mutterstadt  Miletj  und  der  Kult  dieser  Stadt  wieder  von 
Athen.  Namentlich  stammt  der  Abydenische  Kult  der 
Aphrodite  nogv^  von  der  Milesischen  iv  siaXdiJiOig,  diese 
l5teht  aber  wieder  mit  der  Athenischen  ip  x^rvoig  und 
1er  haiqa  in  der  engsten  A'erbindung.  In  den  Kreis 
!ler  Aphrodite  von  Abydos  gehört  auch  die  Sage 
;on  Hero  und  Leander.  Jene  war  eine  Priesterin  der 
\phrodite  in  Sestos,  dieser  ein  Apollinischer  Jüngling 
n  Abydos  ’®).  Gegen  solche  anmuthig  und  sittlich 
gehaltenen  Sagen  finden  wir  im  nördlichen  Bebrykien 
|üe  rohe  Vorstellung  des  Priap  hervorgerufeo.  Durch 
;len  Dienst  desselben  sind  besonders  Lampsakos 
iindPriapos  berühmt.  „Zwar  war  es  in  gan^Grie- 
lihenland  üblich  die  Liebesverhindung  zwischen  Gott- 
leit  und  Menschheit  sinnlich  aufzufassen .  und  selbst 
las  Anstössige  herauszukebren,  aber  den  Beweggrund 
les  göttlichen  Wohlgefallens  rein  in  den  sinnlichen 
iizel  zu  sezen,  diese  Auffassung  finden  wir  nirgends 
0  eingewurzelt  als  hier,  wo  die  Zote  sich  nicht  mehr 
lils  humoristisches  Erzeugniss  des  üebermuthes  und 
l^estjubels  kund  thut,  sondern  wo  die  Gemeinheit  und 
Inzucht  zum  Panier  eines  ganzen  Landstrichs  gewor- 
len  sind.“  Kaum  lässt  sich  vermiithen,  dass  der  Dienst 
les  Eros  zu  Parion,  welcher  hier  Hauptgott  war  und 
n  der  Ausdehnung  wie  zu  Thespiä  verehrt  wurde, 
I  76)  Musaios.  Der  schwimmende  Leander  auf  Kaisermün- 
jen:  Mionn.  2  S.  637.  Nr.  54,  68.  60.  6  S.  306  Nr.  58.  60.  Aphr.  X 
■ros  zu  Ross.  Die  Kaisermünzen  stellen  Hero  im  Thurm  mit 
iner  Leuchte,  den  schwimmenden  Leander  und  einen  geleiten- 
en  Liebesgott  dar;  auf  einer  autonomen  steht  der  Kopf  des 
■eander  auf  der  Kehrseite  zum  Kopf  des  Apollon. 


464 


nicht  in  den  gemeinen  Dienst  des  Priap  herabge¬ 
rissen  sei. 

Der  Hanptort  der  Dolionen  ist  Kyzikos.  Die 
Sagengeschichte  dieses  Ortes  hat  sich  um  Namen  an- 
gesezt,  welche  an  troische  Begriffe  erinnern.  Die  Do¬ 
lionen  sind  unter  Kyzikos  Vater  Aineus  aus  Thessaliec 
eingewandert  Kyzikos  Mutter  heisst  Ainele.  Eu 
phorion  ’*)  nennt  den  Vater  des  Kyzikos  geradezi 
Aeneas.  Zu  diesen  aphrodisischen  Bestandtheilen  triti 
noch  die  dindymenische  Mutter,  deren  Berg  Dindy- 
mos  mit  einem  Heiligthum  der  Göttin  auf  der  Inse! 
lag  In  Artaka  neben  Kyzikos  wurde  Aphrodite 
als  iipitstiog  verehrt  **).  Diese  erinnert  uns  an  der 
Eleus  Ephestios  und  die  Aphrodite  welcher  wii 

oben  einen  Sübnkult  zugeschrieben  haben. 

Bithynien. 

Zu  Myrlea,  dem  Hauptort  derMygdonen  Ander 
wir  die  Aphrodite  auf  Münzen  **);  sie  ist  hier  Meer¬ 
göttin  wie  überhaupt  in  den  zahlreichen  Stätten  Bi- 
thyniens,  an  welchen  sie  verehrt  wurde.  Ferner  lass 

“~T7r^oll.  v.Rh.  1,  948  vgl.  105S.  Orph.  Arg.  505.  Mym 
Phavorin  Ki^w. 

78)  Bei  Parthen.  Erot.  28.  Auch  Mer  hat  manAbeus  ver 

bessert. 

79)  Stfabon  12,  695.445.Herodot4,76.Prop.3,22,S 

80)  Steph.  V.  B.  u.  'Aqtaxtf 
B'/jlJ.oe&iytiS  ix  iyyüm  tup  Bi^vpmxSv“ 

pu&ffan  d"  ' A^raxtoiOiP  Ifienos  alytahnCtP 
«wft»  yßg  ttmo&t  fl  xccMitat. 

81)  Miosn.  5,  40.  Aphr.  auf  einem  Delfin  mit  Steuer  uni| 
Akrostolium.  6,  48.  Aphr.  auf  einem  Delfin  mit  Eros  imd  Akro 
stolium.  Auf  Münzen  der  rÖm.  Kolonie  daselbst:  Aeneas  nu 
4^chises  und  Askanios.  Bithynische  Apbr.  im  Allgemeinen  An 
tipater  r,  S.  Ausw.  gr.  Epigr.  v.  Jakobs,  1,  39. 


465 


Aphrodite  sich  im  Prusa  ®*)  nachwcisen,  zu  fvios  ®'’), 
Vikaia  ®*),  Hadriani*’)?  Bithynion  ®®)5  Niko- 
uedeia®^),  Apameia®®),  zu  Chalcedoo  laut  He- 
iäychios  als  svfisvijg^  zu  Herakleia®®)  und  Klau- 
iiopolis®®).  Prokulos®*)  sagt,  dass  die  Bithynier 
lind  die  Nachbarn  die  Aphrodite  wie  die  Mutter  der 
jjöttin  mit  vielen  und  verschiedenen  Namen  verehrten, 
ind  neben  ihr  den  Adonis.  Dies  führt  uns  wieder  auf 
:ine  Vermischung  der  phrygischen  Agdistis  mit  der 
kphrodite  wie  in  Troja,  dann  aber  auch  auf  das  Ver- 
jiältniss  der  Kybele  zum  Attis,  welches  dem  der  Aphro- 
jlite  zum  Adonis  entspricht,  und  beide  Paare  werden 
i  lier  in  einander  übergegangen  sein.  Die  Vorstellun¬ 
gen  des  Attis  waren  in  Bithynien  besonders  in  der  Form 
lies  Askanios  ausgeprägt,  welcher  seiner  innern  Be- 
jchaffenheit  nach  allerdings  andern  Dämonen  näher 
jteht;  sein  Mythos  aber  hat  manches  von  dem  des  At- 
is  angenommen,  wenn  auch  nicht  so  viel  als  Adonis, 
liskanios  wird  als  Herrscher  der  Phryger  um  den  As- 
'anischen  See,  an  welchem  Nikaia  liegt,  aufgefasst, 
ihrt  von  diesem  als  ein  Wasserdämon  seinen  Namen, 
ind  wird  auf  den  daskylitischen  See,  weicher  östlich 
ii  der  Nähe  des  Kyzikenischen  Gebietes  liegt,  bezo- 

82)  Mionn.  2,  480.  5,  222.  SuppL  4,  227.  eine  Pelagia. 

!  83)  Mionn.  Aphrodite  und  Eros,  auch  Askanios. 

84)  Ders.  Suppl.  5,  135.  Aphr.  r^t  Dionysos  und  Priap, 

I  85)  Ders.  5,  21  ff.  eine  Aphr.  Pelä*gia  auf  einem  Hippokamp. 

86)  Ders.  2,  418. 

87)  Ders.  Suppl.  5,  185,  Aphr.  auf  einem  Felsen,  ein  Ge- 
ss  in  d.  R.,  die  L.  auf  einen  Felsen  gestüzt.  Darauf  folgt  eine 
|idere  ähnliche. 

88)  Ders.  5,  8  ff.  Sie  sizt  mit  Eros  auf  einem  Felsen. 

ippl.  5,  10. 

89)  Ders.  Suppl.  5,  61. 

90)  Ders.  5  S.  22  Nr.  115.  117. 

91)  S.  Lobek.  Agl.  S.  1165. 

II. 


30 


466 


gen,  indem  der  Sage  nach  die  Einwohner  des  dorti¬ 
gen  Landes  ihn  zum  Könige  begehren.  Hier  wohnen 
Myser,  bei  welchen  der  daskylitische  Name  dieselbe 
Bedeutung  wie  bei  den  Phrygern  Askanios  hat;  sie 
empfingen  ihn  von  den  Lydern,  deren  Abkömmlinge 
sie  seien  sollen.  Bei  jenen  ist  Daskylos  Vater  des 
Gyges  und  Bereiter  des  Goldes,  bezieht  sich  aber  auch 
auf  einen  See,  aus  welchem  dem  Gyges  der  Reich¬ 
thum  kommt,  und  in  Karien  auf  einen  süssen  und  hei¬ 
ssen  Quell.  Der  Name  Gyges  folgt  den  Lydern  überall. 
Mit  den  Phrygern,  welche  ihre  Size  am  Ida  nahmen, 
wurde  der  Name  des  Askanios  in  Troas  und  in  den 
Kreis  der  dortigen  Aphrodite  eingeführt.  Als  Folge 
davon  wird  die  Idäische  Aphrodite  auf  den  Sanga- 
rios  wo  der  König  Otreus  herrscht,  dessen  Stadt 
Otroia  am  Askanischen  See  liegt,  bezogen.  Der  San- 
garios  fliesst  nur  in  geringer  Entfernung  vom  See, 
der  Gallos  aber,  dessen  Namen  die  Priester  der  Ky- 
hele  tragen,  ganz  in  der  Nähe.  Die  Begrifi’e  des  As¬ 
kanischen  und  Daskylischen  haben  sich  vermischt,  wie 
Lyder,  Myser  und  Phryger  ihre  Vorstellungen  ausge¬ 
tauscht  haben,  wodurch  Attis  nach  Lydien  übertragen 
ist.  Der  daskyiische  See  des  Gyges  findet  auch  im 
askanischen  bei  Kelainon  und  in  dem  Verhältniss  des 
Midas  zu  diesem  sein  Ebenbild. 

Durchgängig  bezieht  sich  Askanios  auf  ein  Ge¬ 
wässer,  welches  besonders  weich  ist  und  eine  reini¬ 
gende  Kraft  besizt.  Daher  wird  Uylas,  als  er  Was¬ 
ser  holen  will,  in  den  See  oder  Fluss  Askanios,  wel¬ 
cher  von  diesem  aus  in  den  Kianischen  Meerbusen 
führt,  hinabgezogen.  Er  wird  von  den  Nymphen  des¬ 
selben  begehrt,  und  das  Hauptfest  in  der  Umgegend 
des  Sees  ist  das  des  Suchens  und  Rufens  nach  Hylas. 
So  will  Bormos  den  Mariandynischen  Schnittern  Was- 


467 


:ser  bringen,  um  ihren  Durst  zu  kühlen  und  verscfiwin- 
idet.  An  dieselben  Vorsteihinjjen  eines  Verlano^eos 
nach  Wasser  während  der  Sommergluth  schliessen 
isich  die  übrigen  Wasserdäinonen  dieser  Gegend  an. 
Ausführlicher  kommen  wir  beim  Adonis  darauf  zurükk 
dessen  Verwandtschaft  mit  jenen  Dämonen  es  machte 
.dass  er  sehr  viel  hier  mit  Aphrodite  verehrt  wurde, 
kvie  Prokulos  bezeugt.  Wenn  der  askanische  Fluss, 
iiuch  Hylas  genannt,  trinkbares  Wasser  bot,  und  den 
(Hylas  raubt,  so  war  es  in  symbolischer  Auffassung 
i4skanios,  durch  welchen  die  Sehnsucht  nach  Erquik- 
iung  befriedigt  ward,  und  Aphrodite  selbst  steht  in 
jillen  Bithynischen  Gebieten  mit  dem  Wasser  lu  der 
mgsten  Verbindung,  selbst  in  Prusa  am  Olymp, 
IVörtlich  drükkt  Klausen  sich  hierüber  so  aus:  Fas¬ 
sen  wir  zusammen^  was  wir  von  Askanios  wissen, 
iO  steht  allem  voran  die  Gewährung  des  ernährenden, 
irfrischenden,  befruchtenden  Wassers,  welches  er  so- 
^ar  den  Salzseen  abgewiunt.  .Da  dies  Quellwasser 
len  Durstenden  auch  von  Hhea  geboten  wird,  ordnet 
i:r  sich  hiernach  mit  der  Göttermutter  zusammen,  und 
|;rscheint  in  dieser  Verbindung  als  Löwenbändiger, 
l^us  der  Göttermutter  ist  die  kleinasiatische  Aphrodite 
lervorgebildet.  Da  Askanios  als  Aeneade  durchgän¬ 
gig  von  Aphrodite  hergeleitet  werden  muss  5  da  er 
•  Is  solcher  noch  unter  ihrer  besondern  Pflege  steht  als 
jiepos  Veneris,  als  Veneris  j  u  s  tissiina  cura; 
|la  die  Gestalt  des  Jünglings,  der  mit  den  Biesen  der 
dürre  kämpft,  den  Ansprüchen  dieser  Göttin  entspricht; 
;0  wird  sehr  wahrscheinlich,  dass  er  nicht  erst  in 
iL'roas,  sondern  gleich  in  der  Vorstellung  der  Grie¬ 
ben,  welche  die  phrygischen  Sagen  von  ihm  kennen 
lernten,  namentlich  der  Milesier,  welche  Kios  besez- 
Im,  als  Nachkomme  derjenigen  Aphrodite,  welche  die 

30^ 


468 


Seefahrer  mit  süssem  Wasser  versorgen  lehrt,  aufge¬ 
fasst  wurde.  Als  Bestätigung  diente  der  aphrodisische 
Trieb,  mit  welchen  die  Askanischen  Gewässer  dei 
Hylas  begehren. 

Ausserhalb  Bithynien  kommt  Aphrodite  auf  Mün¬ 
zen  noch  in  Paphlagonien  zu  Germanikopolis 
und  Tios*®)  vor;  im  Innern  von  Phrygien  zu  Lao- 
dikeia®*). 

Unter  den  zahlreichen  Handelsstädten  rings  an 
schwarzen  Meere  gab  es  wahrscheinlich  sehr  viele 
in  welchen  Aphrodite,  wenn  nicht  in  andern  Bezie 
hungen,  so  doch  als  Meergöttin  und  Fahrtenlenkerii 
verehrt  wurde,  namentlich  in  den  blühenden  Pflanz 
städten  Milets.  Aber  nur  von  dem  Kult  zweier  Städt 
in  dieser  Gegend  wissen  wir  etwas  Näheres,  vo 
Pantikapaion  und  Phanagoria,  welche  die  Strass 
zum  mäotischen  Meerbusen,  dem  kimmerischen  Bos 
poros,  von  beiden  Seiten  sperrten.  Zu  Phanagori 
wurde  Aphrodite  laut  Strabon  und  Stephanos  v.  B.  al 
Apaturos  verehrt,  und  war  verrauthlich  der  Staats 
kult.  Münzen  und  Inschriften  vervollständigen  di 
Nachrichten  der  beiden  Geographen.  Der  Kult  de 
gegenüberliegenden  Pantikapaion  ist  ganz  derselbe 
Durch  die  Städte  dieser  Gegend,  namentlich  durch  di 
beiden  genannten  und  durch  das  am  Ausflusse  de 

”  92)  Mionn  Suppl.  4,  566.  eine  Anadyomene. 

93)  Ders.  SiippL  8,  268. 

94)  Mionn.  4,  324, 

95)  Strabon  11,  495.  Steph.  v.  B.  'Anmovqos.  Miom 
Suppl.  4,  416. 

96)  Corp.  Inscr.  Hgr.  Nr.  2120. 

eia  ’Aq()o\ßlTri  Ov]gc4pia.  'AnawvQtj 
ovc’^  XgnSTlmv,  ß  wv  Xala  ngivxmo?,  [eo 
Sä^iPOS  uptS^sea,  “»Xf  Sap&txlpd. 

Die  Inschr.  ist  aus  d.  J.  243  n.  Chr.  Nr.  2125.  2108.  g.  2109.  B 


469 


{faDais  gelegene  Tanais  wurde  die  Bekanntschaft  und 
er  Verkehr  der  Griechen  mit  den  Szythen  gepflo¬ 
gen.  Bei  diesen  fanden  dadurch  die  griechischen 
iottheiten  Aufnahme  und  «mythische  Gottheiten  war¬ 
en  mit  griechischen  Namen  bey.eichnet,  wie  in  Asien 
nd  Afrika.  Daher  sagt  Herodot®'^),  dass  die  Szy- 
|ien  die  Aphrodite  ^AQupindöri  nennen. 

Thrakien  und  Makedonien. 

.  Die  Kulte  dieser  beider  Linder  haben  sehr  ¥iel 
liemeinschaftliches  und  erläutern  sich  gegenseitig: 
l'ir  fassen  sie  daher  auch  hier  zusammen.  Sie  haben 
phr  viele  religiöse  Anschauungen  von  Samothrake 
p  empfangen,  wie  wir  schon  oben  bei  derMakedo- 
ischen  Aphrodite  welche  in  Thrakien  Ze- 

ynthia  hiess,  Gelegenheit  hatten  zu  bemerken.  Die 
(uffassung  der  samothrakischen  Aphrodite  alsAioeias 
jiden  wir  in  Ainos  mit  Todtenopfere  und  Sühnun- 
jen  wieder,  welches  Aineas  gründen,  wie  in  Samo- 
iirake  religiöse  Zeremonien  einsezen  muss.  Aber  den 
res  als  ihren  Beisizer  finden  wir  auf  der  heiligen 
isel  nicht;  er  muss  also,  da  er  in  Thrakien  ihr  Ge- 
al,  und  beide  die  Hauptgottheiten  dieses  Landes 
^nd,  einen  andern  Weg  dahin  gefunden  haben.  Im 
Orden  an  der  Donau  kommt  Aphrodite  zu  Nikopo- 
s  aufMünzen®*)  vor;  am  schwarzen  Meere  zu  An- 
hialos®®).  Zu  Byzanz  verehrte  man  die  Aphro- 
|ite  als  die  ruhige  und  die  Pandemos  *®®).  Zu  Pe^ 

97)  Herodot.  4,  59.  Hesych.  Vgl.  die  Erzählung  vom 
inais  bei  Plutarch.  V.  d.  Flüssen  14,  1.  Der  Name  beiHe- 
dot  wird  aber  sehr  verschieden  gelesen. 

98)  Mionn.  Suppl.  2,  135. 

99)  Mionn.  2,  225. 

100)  Zosim  0  3  Gesch,  2  Kap.  30  S.  97.  Bona,  Ausg.  Chro- 


470 


rinth OS,  später  Herakleia,  an  der  Propoutis,  wur¬ 
den  der  Aphrodite  Pannychien  "“’)  gefeiert;  auch 
kommt  sie  auf  Münzen  vor.  In  Sestos  Aphrodite 
und  mit  ihr  Adonis;  zu  Kallipolis  Aphrodite  au! 
Inschriften  Uranopolis  in  Makedonien  kün¬ 

digt  sich  schon  durch  seinen  Namen  als  Stadt  dei 
Aphrodite  an.  Auf  den  Münzen  führt  sie  theih 
den  Namen  einer  Ov^aviag  noXamg,  theils  einer  Ovqa 
vidautv  TToXaoog,  Die  Göttin  findet  man  auf  einem  Glo- 
bos,  vielleicht  ähnlich  gefasst  wie  zu  Sikyon,  auf  dei 
Kehrseite  ein  oder  zwei  Sterne.  Auf  einer  anderi 
sizt  Aphrodite  bekleidet  auf  der  Erdkugel  und  ihn 
Rechte  ruht  auf  einem  Szepter;  auf  der  Kehrseiti 
befindet  sich  wieder  ein  grosser  Stern;  auch  hiervoi 
findet  sich  eine  zweite  ähnliche.  Auf  einer  Münz 
von  Skione  auf  Pallene  finden  wir  die  Götti 
mit  zwei  Tauben  auf  der  Kehrseite,  sehr  ähnlich  de 
Autfiissung  auf  Paphischen  Münzen.  Auf  der  Halb 
inse!  Pallene  bekunden  ferner  die  Sagen  von  Aenea 
und  Anchises  einen  ausgebreiteten  Dienst  der  Göttir 
so  wie  die  Stadt  Aineias  und  ihre  Feste.  Auf  dei 
Berge  Kissos  fand  wahrscheinlich  auch  Aphrodisien 
feier  statt.  Am  makedonischen  Olympos  soll  Aenea 
gewohnt  haben,  und  in  Pydna  besass  man  ein  Gr.i 
des  Anchises.  Etwas  südlicher  in  Dion  feierte  ma 
dem  Adonis  Feste. 


nikon  Paschale  S.  (265)  495  Bonn.  Ausg.  Vgl.  das  Epigr.  d'i 
Agathias  Gr.  Anthol.  4  S.  19  Nr.  47,  Otfr.  Mülle r  Dor.  M2 

101)  Xenophon  v.  Eph.  3,  2.  Mionn.  Suppl.  2,  405. 

102)  Corp.  Inscr.  gr.  Nr.  2011. 

103)  Mionn.  1,  505,  Ekhel  Doctr.  num.  2,  81.  num.  vcj 

aneed.  1,  69. 

104j  Mionn.  Suppl.  3,  106. 


471 


Thessalien. 

Ohne  Bedenken  kann  man  annehmen,  dass  die 
Haoptziig;e  des  Aphroditekultes  in  Thessalien  aus 
der  pelasgischen  Zeit  herstammeo,  und  wenn  durch 
Idie  Thesprotischen  Thessaler  der  dodoeäische  Zeus  ’  ®  ®) 
ioach  Thessalien  kam,  und  mit  ihm  ohne  Zweifel  die 
[dortige  Aphrodite,  so  traten  nur  dieselben  Elemente 
iin  örtlicher  Ausbildung  hinzu.  Das  Thal  Tempe 
besucht  Aphrodite  im  Frühling^  inPharsalos  wurde 
lie  Aineias  verehrt,  von  den  Aenianen  die  Aphro- 
lite-Persephone,  welche  mit  den  Heraklessagen  ver- 
lochten  wurde.  Die  Aphrodite  ävdQocpovog  zu 
Trikka  in  Hestiäotis  war  muthmasslich  erst  in  jenen 
lusgelassenen  Dienst,  welcher  sich  in  der  Erzählung 
les  Mordes  der  korinthischen  Lais  durch  die  eifer¬ 
süchtigen  Thessalischen  Frauen  kund  giebt,  ausgear- 
|et,  und  hatte  dadurch  den  Kamen  Anosia  empfan¬ 
gen.  In  einem  unzüchtigen  Dienst  erging  sich  auch 
llie  Aphrodite  Kastnia  mit  8auopferu  zu  Metropolis, 
'velcher  Argivischen  Ursprunges  ist. 


I  Epiros. 

Der  Mittelpunkt  des  dortigen  Kultes  überhaupt, 
iud  des  der  Aphrodite  insbesondere,  war  der  dodo- 
läische,  in  welchem  Aphrodite  als  Beisizerin  des  Zeus 
hront.  Schon  hier,  aber  noch  zahlreicher  an  der 
üüste  findet  sie  sich  als  Aineias,  welcher  der  Heros 

105)  Wachsmuth  Hellen.  Alt.  2.  2.  154. 

106)  Phot.  Bibi.  Kod.  279.  S.  533.  Athen.  13,  589.  Plut. 
''rot  21.  Suidas  und 


! 


472 

dieses  Namens  bei^esellt  wurde:  zuAmbrakia  ‘®’), 
Buthrotos,  Onchesmos,  Nikopolis  '**).  Nörd¬ 
lich  in  Illyrien  zu  Epidamnos,  später  Dyrrhachium,  |ii 
muss  bedeutender  Kult  der  Aphrodite  geherrscht  ha¬ 
ben,  denn  Katull  stellt  den  dortigen  neben  Idalion, 
Amathus,  Golgoi  und  Knidos.  Wahrscheinlich  war 
er  von  Korinth  gebracht. 

Akarnanien. 

Hier  herrschten  im  Ganzen  dieselben  Vorstellun-  ^ 
gen  von  der  Aphrodite,  wie  in  Epiros;  ihre  Wirk-  ^ 
samkeit  wird  in  der  Fruchtbarkeit  des  Bodens  und  jj 
dem  Gedeihen  der  Heerden  angeschaut,  an  der  Küste  ^ 
aber  im  Gelingen  der  Seefahrt  erkannt.  Namentlich 
wurde  sie  zu  Aktion  verehrt.  Hier  tritt  sie  beson¬ 
ders  mit  dem  apollinischen  Kult  in  Verbindung;  mehr 
aber  noch  auf  den  anstossenden  Inseln.  Auf  Leu- 
kas  '®®)  und  Zakynthos  finden  sich  durchaus  die¬ 
selben  Vorstellungen  der  Aphrodite  wie  in  Epiros 
und  Akarnanien.  Auf  Leukas  wurde  die  Aineias  mit 
Apollinischen  Sühnungen  verknüpft.  Zakynthos  weist 
auf  viele  religiöse  Verbindungen  mit  Psophis  in  Ar¬ 
kadien  hin;  es  gab  hier  eine  Burg  Psophis  und  der 
Heros  Zakynthos,  ein  Sohn  des  Dardanos,  wohnt  in 
Psophis  Opfer  und  Wettspiele  waren  der  Göt¬ 

tin  hier  eingesezt,  deren  Bedeutung  als  Aineias  sich 
hier  mit  jener  als  Meergöttin  verband.  Nach  Kor- 

107)  Ausser  den  oben  angef.  Stellen  bei  d.  Aineias  kommt 
Aplir.  auch  auf  Inschriften  vor.  Corp.  Inscr.  gr.  Nr.  1798  u.  1799* 

108)  Mionn.  Suppl.  3  S.  373.  Nr.  99. 155.  218.  351.  352.  354. 

109j  Aphr.  auch  auf  Münzen:  Mionn.  2  Ni-.  42  Suppl.  3i 

Nr.  74  u.  50.  eine  Taube  3  Nr.  76. 

110)  Paus.  8,  24,  3.  Dionys,  v.  Halik.  1,  50. 


i 


473 


cyra  *“)  ist  der  Kult  sicher  von  Korinth  gekom- 
nen,  und  mochte  auf  älteren  von  Epiros  hinüberge- 
üommenen  Vorstellungen  fassen.  Sehr  merkwürdig 
st  das  dort  vorkommende  Kegelsymbol  mit  der  Aiif- 
ichrift  '‘Atfqodivfi  “*>5  welches  von  uns  oben  mit  dem 
’aphischen  verglichen  worden  ist« 

Aetolien» 

In  Akarnanien  und  den  anliegenden  Inseln  fin- 
len  wir  neben  dem  Apollonkult  einen  ernsten  Dienst 
ler  Aphrodite  5  auch  in  Aetolien  war  wahrscheinlich 
IVpollon  Landesgottheit  5  hier  aber  finden  wir  neben 
hm  eine  sehr  ausschweifende,  vielbesuchte  Aphrodi- 
iienfeier  in  Kalydou  welche  gegen  den  übri- 
2jen  Kult  der  Stadt  sehr  abgestochen  haben  muss,  und 
ils  ein  fremdes  Element  erscheint, 

Lokris. 

InNaupaktos  lernen  wir  neben  dem  Kulte  der 
Vrtemis  und  des  Asklepios  die  Aphrodite  kennen, 
jvelche  als  Göttin  des  Todes  und  des  Lebens  gefasst 
Ivurde,  indem  die  Wittwen  zu  ihr  in  einer  Höhle  um 
jeue  Vermälung  beteten.  In  Oiantheia  wurde  ne- 
i)en  Artemis  Aphrodite  wahrscheinlich  als  Göt- 
iin  des  Meeres  verehrt.  Bei  den  Opuntischen  Lo- 
,trern  wurde  dem  Ajas,  Oiieus  Sohn,  geopfert,  und 
, leben  ihm  ist  auf  Münzen  der  Kopf  der  Aphro- 
lite  abgebildet. 

111)  Corp.  Inscr.  gr.  Nr.  1872  u.  1873. 
j  112)  Dodwell  Reise  durch  Gr.  1,  1  S,  43. 

113)  Plautus  Poen.  1,  62.  u.  s.  w.  Besonders  ö,  4,  7. 

114)  Pausan.  10,  38,  5. 

115)  Mionn.  2  Nr.  18.  Suppl.  3  Nr.  27.  2  Nr.  20.  21  ff. 
lilausen  a.  a.  0.  1,  194. 


474 


Phokis. 

Für  die  Religionsgeschichte  der  Griechen  und 
die  Versöhnung  der  stärksten  Gegensäze  im  Kulte 
ist  es  sehr  wichtig,  dass  der  dionysische  Dienst  von 
Delphi  nicht  ausgeschlossen  blieb.  Grössere  Auf¬ 
nahme  als  Dionysos  batte  daselbst  noch  Aphrodite 
gefunden.  Wir  treffen  sie  hier  nicht  allein  in  ihrer 
erhabenen  Bedeutung  als  Harma,  Harmonia,  sondern 
sogar  als  Grabaphrodite  Epitymbia  mit  Todtenopfern, 
und  der  delphische  Gott  fordert  den  Theseus  auf  die 
Aphrodite  zu  verehren.  Üm  die  Vereinigung  von 
Paphos  und  Delphi  zu  befestigen,  wurden  auch  von 
kyprischen  Königen  Weihgeschenke  nach  Delphi  ge¬ 
bracht.  Von  dem  Orte  Stiris  ist  wahrscheinlich  der 
Dienst  des  Priap  ausgegangen. 

Boiotien. 

Der  alte  Kult  von  Theben  ist  durch  die  ver¬ 
schiedenen  Einwanderer  und  durch  die  Aufnahme  der 
früheren  Kulte  bei  den  Ankömmlingen  sehr  durch  ein¬ 
ander  geworfen,  so  dass  eine  klare  Anschauung  über 
das  Verhältniss  der  höchsten  Götterpaare  zu  einander 
noch  fehlt.  Was  über  Ares  und  Aphrodite,  über 
Kadmos  und  Harmonia  sich  bis  jezt  sagen  lässt,  ha¬ 
ben  wir  oben  mitgetheilt.  Am  räthlichsten  scheint 
mir  die  Annahme,  dass  das  erstere  Paar  den  ältesten 
Pelasgern  angehört  habe,  das  andere  dem  Stamme 
der  Kadmeer,  und  dass  beide  Paare,  was  bei  der  in- 
nern  Verwandtschaft  der  Völker  und  der  Gottheiten 
sehr  leicht  war,  später  in  ein  geschichtliches  Ver¬ 
hältniss  gebracht  wurden.  Die  Hauptgottheit  war 


475 


aber  nicht  Aphrodite,  sondern  die  ihr  vielfach  ver¬ 
bundene,  und  oft  mit  ihr  übereinstimmende  Demeter; 
in  Boiotischer  Zeit  waren  es  Dionysos  und  Apollon. 
Harmonia  sollte  ihrer  Mutter  die  dreifachen  Aphro- 
•  ditebilder  Urania,  Pandemos  und  Apostrophia  geweiht 
I haben.  So  erhaben  und  ehrwürdig  auch  die  pelas- 
Igische  Aphrodite  in  Theben  dastand,  so  unterlag  sie 
doch  auch  hier  später  einem  unzüchtigen  Dienste,  und 
ivermischte  sich  vernmthlich  vielfältig  mit  dem  Dio¬ 
nysos:  an  ihren  Festen  wurden  die  schönsten  Frauen 
den  Magistratspersonen  zugeführt,  und  nach  Pole- 
Imons  Bericht  errichteten  die  Thebaoer,  um  dem 
Demetrius  Poliorketes  zu  schmeicheln,  seiner  Gelieb- 
iten  Lamia  einen  Tempel.  Wichtig  für  uns  sind  noch 
Jdie  mythischen  und  religiösen  Verbindungen,  welche 
imit  Kypros  angeknüpft  wurden.  Das  Halsband  der 
'Harmonia  hing  im  Tempel  der  Aphrodite  und  des 
Adonis  zu  Amathus,  wo  Ares  für  den  rechtmässigen 
Gemal  neben  dem  Buhlen  Adonis  galt.  Dann  hatten 
die  kyprischen  Tekhinen  der  Athene  Telchinia  in 
Teumessos  einen  Tempel  errichtet,  und  Teumes- 
!sos  war  wahrscheinlich  der  Ort,  durch  welchen  die 
Verbindung  mit  Kypros  vermittelt  war.  Der  Kult  der 
Aphrodite  ist  im  ganzen  boiotischen  Lande  sehr  aus¬ 
gebreitet,  und  war  an  manchen  Orten  Staatskult,  be¬ 
sonders  iu  der  Auffassung  der  abgelösten  Seiten  des¬ 
selben,  im  Dienste  des  Eros  oder  in  dem  der  Chari- 
Jten.  Berühmt  war  der  Kult  des  Eros  zu  Thespiai 
und  sein  Bild  in  der  Gestalt  eines  rohen  Steines; 
i  alle  fünf  Jahre  wurden  ihm  hier  die  Erotidien  ge- 
^  feiert.  Ausserdem  gab  es  hier  aber  noch  ein  Hetlig- 
thum  der  Aphrodite  Melaiuis  In  Orchome- 

116)  B.  Athen.  6,  253. 

117)  Paus.  9,  27,  4. 


476 


nos  biMen  die  ebenfalls  unter  rohen  Steinen  verehr¬ 
ten  Chariten  den  Staatskult.  Der  Dienst  der  Aphro¬ 
dite  selbst  ist  inOrchomenos  ausdrükklich  nicht  mehr 
aufbehalten.  Aber  bei  dieser  Stadt  war  eine  Quelle 
Akidalia,  wo  sich  Aphrodite  mit  den  Chariten  baden 
sollte  j  sie  führte  daher  den  Namen  Akidalia  ‘*®). 
Von  dem  Orte  Argennos  “®)5  Argynnos,  führte 
Aphrodite  den  Namen  Argennis;  ihr  und  der  Stadt 
Namen  wird  aber  von  Spätem  auf  eine  geschichtli¬ 
che  Veranlassung  zurükgeführt,  indem  Agamemnon 
einen  Knaben  Argennos  so  lieb  gehabt  haben  soll, 
dass  er,  als  jener  nach  einem  Bade  im  Kephissos  er¬ 
krankt  und  gestorben,  ihm  äu  Ehren  am  Flusse  den 
Ort  Argennos  erbaute,  die  Aphrodite  Argennis  aber 
davon  den  Namen  erhielt.  Sie  ist,  laut  Welker,  die 
Göttin  der  Knabenliebe.  Zu  Tanagra  stand 
im  Tempel  des  Dionysos  auch  ein  Bild  der  Aphro¬ 
dite,  und  in  JLebadeia  wurde  Eros  verehrt. 

Attika. 

Den  Kult  der  Aphrodite  zu  Athen  müssen  wir 
an  die  schon  oben  von  uns  besprochene  Stelle  des 

118)  Virg.  Aen.  1,  720.  At  memor  ille  Matris  Acidaliae. 
Servius  dazu:  dieser  hat  auch  eine  etymolog.  Erklärung:  sie 
heisse  Akidalia,  weil  sie  die  Sorgen  dxidas  verscheuche.  Mar- 
tial  6,  13,  B.  Acidalius  nodus  der  Venusgürtel.  Salejus 
Bassius  Carm.  ad  Pis.  V.  79(Wernsd.  poet.  lat.  min. 4  S. 252). 
Festis  Acidalia  quae  condidit  alite  muros  Euboicam  referens  fe- 
cunda  Neapolis  arcem.  Paus.  9,  38,  1.  die  Quelle  Akidusa 
Plut.  ‘Elbjv.  41. 

119)  Athen.  13,  603.  Klem.  v.  Alex.  S.  24  Sylb.  aus 
Phanokles Iv “ßpiüfftv  ?  xalole.  Steph.  v. B.  'Aqyovvö?.  Propert. 
4,  6,  22.  Otfr.  Müller  Orchom.  S.  215.  Welker  Aesch. 
Trilogie  S.  356.  Anm.  das.  eine  Göttin  der  Knabenliebe,  deren 
Weg  aus  Lydien  nach  Griechenland  er  dort  nachweist. 

120)  Paus.  9,  22,  1. 


477 


Pansanias  '**)  ankniipfen.  Oberhalb  des  Kerameikos, 
sagt  er,  ist  ein  Tempel  des  Hephaistos.  Nahe  dabei 
ein  Heiligthum  der  Aphrodite  Urania.  Die  Vereh¬ 
rung  dieser  Urania  haben  zuerst  die  Assyrer  bei  sich 
eingeföhrt,  nach  den  Assyrern  die  Paphier  auf  Ky- 
pros,  und  unter  den  Phönikern  die  Einwohner  von 
Askalon  in  Palästina.  Von  den  Phönikern  lernten 
sie  die  Einwohner  von  Kythera  kennen  und  verehren 
sie.  Bei  den  Athenern  führte  Aigeus  ihre  Verehrung 
ein,  weil  er  meinte,  dass  wegen  des  Zornes  der  Ura¬ 
nia  er  selbst  keine  Kinder  habe  — -  denn  er  hatte  noch 
keine  Kinder  —  und  seine  Schwestern  dasselbe  ünglükk 
'getroffen  habe.  Die  aber  noch  jezt  dastehende  Bild- 
I  Säule  ist  von  Parischem  Marmor  und  ein  Werk  des 
|Phidias.  Die  Athmoneer  sind  eine  attische  Gemeinde ; 
diese  erzählen,  dass  Porphyrios  noch  vor  Aktaios  re¬ 
giert,  und  das  Heiligthum  der  Urania  bei  ihnen  ge¬ 
stiftet  habe.  Man  erzählt  aber  in  den  Gemeinden 
auch  so  manches  andere  nicht  Uebereinstimmeode  mit 
den  Bewohnern  der  Stadt.  ~  Diese  Ansicht  des 
sanias  über  den  Ursprung  und  die  Herkunft  des  Aphro- 
Iditekultes  haben  wir  oben  beleuchtet.  Er  drükkt  sich 
nicht  deutlich  aus,  woher  denn  eigentlich  Aigeus  die 
Aphrodite  genommen  haben  sollte,  so  wie  er  sich 
überhaupt  in  seinen  Ansichten  über  die  Aphrodite  nicht 
gleich  bleibt;  doch  kann  es  in  Athen  eine  Sage  ge¬ 
geben  haben,  welche  den  dortigen  Kult  von  dem  auf 
Kythera  herleitete,  obgleich  dies  noch  nicht  geradezu 
in  Pansanias  Worten  liegt.  Aigeus  und  Theseus 
werden  als  die  Repräsentanten  des  neuern  Volksstam- 
ines  der  Jonier  angesehen,  welche  auf  die  Pelasger 
nlgten,  und  galten  theils  für  die  Eroeuererj  thells  für 


121)  Paus.  1,  14,  6. 


I 


478 

die  Stifter  der  attischen  Götterdienste.  Erneoen  konn¬ 
ten  sie  nur  solche,  welche  früher  unter  den  Pelas- 
gern  in  Attika  Geltung  hatten,  und  einführen  füglich 
keine  andere  als  jonische  Gottheiten.  Eine  speziell 
jonische  Gottheit  war  aber  Aphrodite  keinesweges. 
Die  Sage  von  der  Einführung  der  Aphrodite  durch 
Aigeus  kann  also  keinen  religionsgeschichtlichen  Werth 
haben,  wie  denn  auch  die  Sagen  der  Deinen  nach 
Pausanias.  deutlicher  Angabe  nicht  mit  jener  überein¬ 
stimmten.  Wie  weit  die  Demen  den  Kult  der  Göttin 
in  die  Urzeit  hinaufrükkten,  das  sehen  wir  nament¬ 
lich  aus  der  Behauptung  der  Athmoneer.  Wir  müssen 
die  Aphrodite  daher  für  eine  Göttin  aus  pelasgischer 
Zeit  erklären,  deren  Bedeutung  durch  die  Göttin  der 
neuern  Zeit,  die  Athene,  verdunkelt  wurde.  Hier  ist 
sie  mit  Hephaistos  vereinigt,  wie  die  neuen  helleni¬ 
schen  Vorstellungen  es  erheischten.  Daneben  treffen 
wir  aber  auch  den  alten  pelasgiscben  Beisizer  der 
Aphrodite,  den  Ares.  In  einem  Tempel  desselben 
standen  zwei  Bilder  von  ihr  ***),  und  auf  sonstige 
Spuren  seiner  Bedeutung  neben  Aphrodite  haben  wir 
oben  beim  Sühukult  der  Göttin  aufmerksam  gemacht. 

Nun  erzählt  Pausanias  ***)  weiter:  Die  Vereh¬ 
rung  der  Aphrodite  Pandemos  und  der  Peitho  hat  bei 
den  Athenern  Theseus  eingeführt,  als  er  ihre  Ge¬ 
meinden  zu  einer  Stadt  vereinigt  hatte.  Die  alten 
Bildsäulen  waren  zu  meiner  Zeit  nicht  mehr  vorhan¬ 
den^  weiche  ich  sah,  waren  von  ausgezeichneten 
Künstlern.  Auch  Ge  Kurotrophos  und  Demeter  Chloöi 
haben  hier  ein  Heiligthum.  —  Offenbar  war  diese  Göttin 
des  Theseus  verschieden  von  jener  des  Aigeus,  und 
wie  die  des  lezteren  vielleicht  eine  8chöpfungsgott- 
Paus.  I,  8,  5.  Aristoph.  Acharn.  991  und  Schol.| 

123)  Ders.  1,  22,  3.  vgl.  Phot,  im  Lexikon. 


479  • 


iieit  ist,  so  haben  wir  in  des  Theseus Pandemos  eine 
iJrdnerin  der  staatlichen  ond  bürgerlichen  Verhilt- 
lisse,  einer  Apaturos  sehr  ähnlich.  Ausserdem  ¥er- 
jhrt  Theseus  die  Aphrodite  aber  auch  noch  als  Meer- 
Gottheit  und  Fahrteolenkerin.  Als  er  nach  Kreta  se- 
Ijeln  wollte,  erhielt  er  vom  delphischen  Orakel  die 
Veisung,  die  Aphrodite  sich  zur  Führerin  und  Be¬ 
gleiterin  zu  erwählen.  Als  er  ihr  am  Ufer  opferte, 
erwandelte  sich  die  weibliche  Ziege  in  einen  Bokk, 
nd  daher  nannte  man  die  Göttin  Epitragia. 
i  Die  lezte  8tufe  der  Entwikkelung  des  Aphrodite- 
j.ultes  wird  von  Solon  durchgeführt.  Er  hatte  der 
l’andemos  einen  Tempel  auf  dem  Plaze  der  öffentli- 
ihen  Volksversammlung  errichtet,  schöne  junge  Mäd- 
ihen  gekauft  und  sie  in  einem  öffentlichen  Hause  zu 
dnes  Jeden  Dienste  vereinigt,  um  die  Brennbarkeit 
I  er  Jugend  auf  eine  für  die  Sitten  unschädliche  Weise 
ibzuleiten.  Zugleich  hatte  er  sie  unter  Obhut  der 
i’andemos  gestellt  und  seitdem  wurde  Aphro- 

ite  die  Vorsteherin  der  Bordelle.  Aus  ihrem  Er- 
rage  war  jener  Tempel  der  Fandemos  errichtet. 

Es  gab  im  ganzen  Attika  und  zu  Athen  beson- 
ers  sehr  viele  Heiligthünier  der  Aphrodite,  denn  sie 
lebt  mit  den  Musen  Attika  Eine  Aphrodite 

lippolytia  stand  bei  der  Akropolis,  auf  demsüd- 
ichen  oder  westlichen  Theile  des  Fusses  der  Burg, 
•on  wo  man  nach  Trözen  sehen  konnte;  in  jener  Ge¬ 
iend,  in  welcher  des  Theseus  Tempel  lag.  Phaidra, 
I  124)  Plutarch.  Thes.  18.  Aifooäirtiv  xa9ijyi^6pct  nouM9-m 

jW  TiaQc/.yMhlv  avpi/^noQop, 

'•  125)  Nikander  undM  enand  er  bei  Athen.  13,569.  Har- 

i  0  k  r  a  t  i  o  u  u.  nüpiStifdog. 

126}  Soph.  Oid.  Kol.  690.  Corp.  Inscr.  gr.  Nr.  507  ff. 

:  127)  Diodor  4,  62.  Schol.  z.  Hom.  Od.  11,  320.Eurip. 

ipp.  26  ff.  u.  Schol. 


480 


Gemalin  des  Theseus,  als  sie  sich  in  ihren  Stiefsolir 
Terliebte,  soll  ihn  erbaut  haben,  und  in  der  Nähe  wai 
der  Grabhügel  des  Hippolytos.  Die  Aphrodite  hiesi 
i(p’  'InuoXmep  oder  Hippolytia,  das  Heiligthum  Hippo¬ 
lyteion.  Tzetzes  "**)  sagt,  dieser  Tempel  sei  Ero¬ 
tikon  genannt  worden,  üeber  den  Ort,  welcher 
Gärten,  heisst,  wussten  die  Athener  zu  Pausaniat 
Zeit  nichts  mehr  zu  sagen,  ebenso  wenig  ah 
über  den  Tempel  der  Aphrodite,  auch  nicht  eiuma 
über  die  Aphrodite,  welche  in  der  Nähe  dieses  Tem¬ 
pels  stand.  Sie  hat  eine  vierekkige  Gestalt,  so  wi( 
die  Hermen,  mit  der  Aufschrift:  Aphrodite  die  ältesb 
der  Moiren.  Die  Bildsäule  war  ein  Werk  des  Alka- 
menes,  und  unter  dem,  was  zu  Athen  erwähnt  zi 
werden  verdiente,  sehenswerth.  Ein  unterirdische 
Gang  führte  von  der  Akropolis  dahin.  Ferner  beteh 
man  Aphrodite  als  Pinthyros  *3“)  an.  Neben  eine 
Aphrodite  des  Kalamis  '**)  stand  die Leaina,  Geliebh 
des  Aristogeniton  oder  Harmodias,  welche  nach  Er 
inordung  des  Hipparchos  als  Mitwisserin  der  That  voi 
Hippias  zur  Rechenschaft  gezogen  wurde,  und,  ohm 
etwas  auszusagen,  auf  der  Folter  starb.  Nach  Ver 
treibung  der  Peisistratiden  beschlossen  die  Athene 
ihr  Andenken  zu  ehren,  begnügten  sich  aber  mit  einei! 
symbolischen  Darstellung  einer  Löwin,  welche  auf  de 
Akropolis  stand.  Der  Tempel  der  Aphrodite  Phila 
genannt  Philaion,  soll  von  einem  Schmeichler  des  De 
metrios,  dem  Lampsakener  Adeimautos,  gegründe 
sein  Er  stand  in  Thriai.  Der  Aphroditi 

128)  Z.  Lykophr.  1329. 

129)  Paus.  1,  19,  2.  PI  in.  36,  4,  3. 

1.10)  Suidas.  Eustath.  z.  II.  S.  1881.  Seneca  Br.  10 

131)  Paus.  1,  23,  2.  Athen.  13,  596.  Pliu.  34,  19,  12| 

132)  Athen.  6,  253.  Jakobs.  Verm.  Sehr.  4  S.  533 


481 


\ 

I 

l^eafna  und  Lamia  baute  Demelrios  Tempel  Der 

kphrodite  Pythionike  baute  Harpalos  ku  Ehren  der 
jletäre  Pythianike  einen  Tempel  ’®*).  Auf  Molonos 
ivurde  Aphrodite  gleich  stark  mit  der  Demeter  Erin- 
Ays  verehrt  Zu  Pera  am  Hymettos  befand  sich 
}  ine  Quelle,  wenn  deren  Wasser  Frauen  tranken,  so 
^  ollten  sie  leicht  gebären,  und  unfruchtbare  fruchtbar 
; /erden.  Viele  nannten  die  Quelle  Kyllopera  *^5^, 
sm  Demos  Alopeke  wurde  Aphrodite,  und  neben  ihr 
er  Hermaphrodit  verehrt.  ZuPs-hamnus  stand  eine 
,  i.phrodite,  deren  Bild  von  Agorakritos  war,  und  den 
jiamen  Nemesis  führte.  Varro  ydeht  sie  allen  andern 
jOr.  Mit  dem  gebogenen  und  emporgehobenen  Arm 
jielt  sie  das  Gewand  vor  der  Brust  Zu  Oro- 

|OS  befand  sich  ein  Tempel  des  Amphiaraos,  und  der 
|ierte  Theil  des  Altares  war  unter  andern  auch  der 
iphrodite geweiht  ImPeiraios  amMeere  ***) 
|,and  ein  Tempel  der  Aphrodite,  welchen  Eonon 
auen  Hess,  als  er  bei  Knidos  die  Lakedämonische 
lotte  besiegt  hatte,  Pausanias  denkt  dabei  an  die 
inidische  Verehrung  der  Göttin,  allein  dies  giebt  hier 
leinen  Sinn ;  wahrscheinlich  geschah  es,  weil  Aphro- 
:;te  Glükk  zur  See  gewährt.  Ein  Theil  des  Pei- 
lios,  wahrscheinlich  dieser,  wo  das  Ileiligthum  lag, 
iihrte  den  Namen  Aphrodision.  Auf  dem  nahen  Vor- 


brp.  Inscr.  gr.  Nr.  507.  Eökh  glaubt,  dass  es  der  Tempel  ist, 
|elchen  Paus.  1,  37,  5  erwähnt. 

133)  Athen,  a.  a.  O. 

134)  Athen.  13,  595.  Corp.  Inscr.  gr.  Nr.  608. 

135)  S  ui  das  u.  y.v)Xov  n^()up, 

136)  Plin.  36,  4,  3.  —  Virg.  Ciris  228. 

137)  Paus.  1,  34,  2. 

138)  Ders.  1,  i,  4. 

II. 


31 


f 


482 

g;ebij*ge  Kolias  befand  sich  ein  sehr  berühmt« 
Tempel  der  Aphrodite,  nnd  eine  Bildsäule  der  Kolii; 
nebst  Bildern  der  Göttinnen,  welche  Genetyllides  he, 
ssen.  Der  Dienst  dieser  Göttin  war  auf  eine  völlig 
Weise  in  Unzucht  ausgeartet,  und  die  Buhlerinm 
riefen  sie  an.  Ein  junger  Athener  sollte  den  Temp 
erbaut  haben,  als  er  von  Räubern  gefangen,  dur«i 
die  Tochter  ihres  Anführers  geliebt  und  befreit  wo 
den  war.  Ganz  dieselbe  Sage  wird  von  der  Aphr 
dite  Kolotis,  icoo?Mrig  zu  Athen  erzählt.  Luki; 
leitet  diesen  Namen  and  t(av  xoaXtßv  her,  weil  man 
die  Lenden  die  Zeugungsfähigkeit  und  Fruchtbarin 
sezte.  Ihr  Dienst  war  ebenso  unzüchtig  wie  der  <1 
Kolias,  und  beide  scheinen  überhaupt  für  eins  g 
nommen  zu  sein,  wenn  sie  auch  der  That  nach  nie 
denselben  Ursprung  hatten. 

Zu  diesen  Tempeln  der  Aphrodite  kommt  d 
Dienst  des  Eros,  der  Horen  und  der  Chariten.  Er 
stand  am  Eingänge  in  die  Akademie.  Die  beid 
Horen  Karpo  und  Thallo  verehrten  die  Athener  b 
der  Pandrosos,  und  feierten  ihnen  die  Horäen.  B 
reits  Amphiktyon  hatte  denHoren  einen  Altar  im  Tci 
pel  des  Dionysos  errichtet.  Der  Dienst  der  Charit 
war  sehr  alt  und  angesehen;  Pamphos  sollte  den  e 
sten  Gesang  auf  diese  Gottheiten,  welche  auch 
Mysterien  verehrt  wurden,  angefertigt  haben.  I 
Namen  der  beiden  ältesten  Chariten  waren  Hegemo 
und  Auxo-,  die  Chariten  standen  am  Eingänge  d 
Akropolis.  Jener  Aphrodite  Pandemos^  welcher  Ih 
seus  als  der  Schuzherrin  des  Staatsbandes  und  Or 


139)  Paus.  1,  I,  5.  Strabon  9,  398.  Aristo^ 
Lysistr.  2.  u.  Schol.  Harpokrat.  Etym.  M.  Steph.  v.  B 

140)  Lykophr.  8ö7  u.  Tzetz,  Eudokia  S.  266.  L|- 
kian  Eikon. 


483 


lierin  des  Volkes  und  der  inneren  Zustände  huldigt, 
liähert  sich  jener  Begriff  der  Chariten,  welchen  wir 
'n  Orchomenos  kennen  gelernt  haben,  und  der  sich 
liier  wiederholt,  indem  den  Chariten  und  dem  Demos 
'in  gemeinsames  Heiligthum  auf  dem  Plaze  der  öf- 
entlichen  Volksversammlungen  errichtet  war. 

I  IMegara. 

I  Geht  man  von  dem  heiligen  Bezirk  des  Zeus 
la  die  Burg  hinauf,  welche  Kar  heisst,  so  ist  da  ein 
Pempel  des  nächtlichen  Dionysos  (Nyktelios),  ein  Hei- 
(gthum  der  Aphrodite  Epistrophia,  ein  Orakel  der 
liacht  und  ein  Tempel  des  Zeus  Konios.  Diesen  Gott¬ 
leiten  muss  Aphrodite  eng  verbunden  gewesen  sein, 
'iese  Gesammtheit  aber  die  oberste  Geltung  gehabt 
laben,  eingeschlossen  die  Demeter,  weil  sie  auf  bei- 
en  Burgen  Megaras  einen  Tempel  hatte.  In  der 
ftadt  besass  sie  ebenfalls  einen  Tempel.  Nach  dem 
lleiligthum  des  Dionysos  Patroos  und  Dasyllios  zeigte 
lan  einen  Tempel  der  Aphrodite  das  Bild  der- 
lelben  ist  von  Elfenbein  und  führt  den  Namen  Praxis, 
des  war  das  älteste  Bild  des  Tempels.  Die  Peitho 
nd  Paregoros  waren  VPerke  des  Praxiteles.  Des 
ikopas  Eros,  Himeros  und  Potho^  sind  wie  dem  Na- 
len,  so  auch  den  Geschäften  nach  verschieden.  Nahe 
lem  Tempel  der  Aphrodite  befindet  sich  ein  Hcilig- 

141)  Paus  an.  1,  40,  5. 

142)  Ders.  1,  43,  6.  Welker  Aesch.  Tril.  S.  241.  Anm.  429. 
eht  in  der  Zusammenstellung  des  Eros,  Himeros  und  Pothos 
jine  mystische  Beziehung,  „sie  drükken  blos  eine  Stufenfolge 
T  Liebe  aus,  völlig  gemäss  einem  Aphroditetempel,  worin  die 
öttin  den  Beinamen  IIqu^is,  vom  Beischlafe,  führte,  und  worin 
ich  die  Peitho  und  Paregoros  von  Praxiteles  nichts  anders  als 
nschmeichelnde  Liebesbethörung  bedeuteten.“ 


31# 


4S4 


thum  der  Tyche,  eia  Werk  des  Praxiteles.  Sohabei^ 
wir  hier  ia  Megara  den  Kult  der  Göttin  in  zwei  For  I 
men^  eine  düstere  und  ernste  Göttin^  welcher  Lebe;  i 
und  Tod,  Lenkung  des  Geschikkes  der  Welt  un 
der  Gemeinden  obliegt,  und  die  heitere  Göttin  de  , 
Zeugungslust  und  der  Liebe,  mit  ihrer  ganzen  Um  I 
gebung,  welche  aber  durch  die  Nahe  des  Dionyso  | 
Patroos  als  die  mütterliche  Pflegerin  und  Erhalten  i 
des  Volkes  sich  kund  thut. 

Korinth. 

In  keiner  Stadt  des  europäischen  Griechenland 
war  der  Kult  der  Aphrodite  so  ausgedehnt  als  in  Kc 
rinth.  Ihr  Bienst  ist  der  eigentliche  Staatskult,  w; 
er  allerdings  auch  an  andern  Orten  war,  nur  hat  d< 
Glanz  des.  hiesigen  Kultes  ihm  mehr  Bedeutung  tu 
einen  grösseren  Namen  verschafft  als  anderswo.  D 
Korinthier  erzählten  Poseidon  sei  mit  Heli< 

über  den  Besiz  des  Landes  in  Streit  gerathen,  ur 
Briareos  von  ihnen  als  Vermittler  angenommen,  hal 
den  Isthmos  und  alles  daselbst  dem  Poseidon  zug 
sprochen,  die  Anhöhe  von  Akrokorinth  aber  dem  B 
lios  «-egeben.  Dieser  überliess  sie  jedoch  der  Aplir 
dite.^  Beide,  Aphrodite  und  Helios,  stehen  oben  a 
der  Höhe,  gleichsam  als  die  Schuzgottheiten  der  Stm 
wie  Athene  auf  der  Akropolis,  welche  dort  ein'l 
Kampf  mit  Poseidon  hatte  bestehen  müssen,  wie  hi 
Aphrodite,  oder,  wie  der  Mythos  sagt,  Helios  für  sii 
Der  Göttin  Bild  war  bewaffnet,  und  da  keine  Spur 

143)  Paus.  2,  1,  6.  2,  4,  7.  Stra’oon  8,  379.  nennt 
ein  vci'idiov,  Alkipbron  3,  60.  nal  mys  cfcai  Ttjp  A'fQo<i^TriV 
upccßxoißav  niv  "AzQoy.oiiti'd^op  ((andcctcx^ai'  H  f-ih  «!?«  >1 

liiv  yvpcdoi^  UfQodlTi]  nokovxo?,  rok  t)t  flpJln'iOiP  h  Muos  xciMQVi\ 


485 


ieines  Ares  hier  mehr  vorhanden  sind,  so  ist  es  zwei- 
Ifelhaft,  ob  dies  eine  ursprüngliche  Yorstellung  der 
Aphrodite  hierselbst  war,  oder  ob  nicht  vielmehr  die¬ 
selbe  aus  dem  Peloponnes  herüber  genommen  war,  da 
tnan  sie  für  eine  Burggöttin  passend  finden  mochte, 
^’eben  der  Aphrodite  befand  sich  Eros  einen  Bogen 
ührend.  Die  Münzen  der  iStadt  tragen  das  Bild  der 
,  jlöttin ;  und  Euripides  nennt  Korinth  nöXig 
:  vährend  sie  in  den  ältesten  Zeiten  Heliupolis  gehei- 
isen  haben  soll.  Unten  in  der  Stadt  stand  Aphrodite 
sebst  andern  Gottheiten  auf  dem  Markte  ‘^*)5  als  die- 
!  enige  Gottheit,  welclie  über  der  Gesammtheit  wal- 
1  ete;  ihr  Bild  war  von Hermogenes  aus  Kythera  ver- 
ertigt.  Zu  den  Seiten  standen  ein  Apollon  und  zwei 
püdsäulen  des  Hermes.  In  dem  Zypresseohain  Kra- 
jieion  vor  der  Stadt  befand  sich  ein  Tempel  der  Aphro- 
|ite  Melainis,  und  ein  Grab  der  Lais.  Spuren  eines 
fiühnkultes  haben  wir  darin  erkannt^  dass  das  kypri- 
Iche  Schaafopfer  der  Aphrodite  aus  Korinth  stammen 
ioüte. 

i  Die  Handelstage,  der  Zusammenfluss  vieler  Frem- 
jlen,  die  Bekanntschaft  und  der  ausgebreitete  Verkehr 
nit  den  östlichen  Gegenden,  der  Reichthum,  Glanz 
|ind  das  Wohlleben  der  Stadt  beförderten  die  Auf¬ 
nahme  des  unzüchtigen  weiblichen  Hieroduleninsti- 
uts  bei  dem  Tempel  der  Göttin,  welches  wir  in  kei- 
f  er  griechischen  Stadt  so  gross  als  hier  finden.  Diese 
Einrichtung  lässt  sich  aber  in  Griechenland  überhaupt, 
venn  man  den  der  Aphrodite  anvertrauten  Schuz  der 
llordelle  in  Athen,  so  wie  das  zügellose  Benehmen 
ler  Hetären  an  den  Aphrodisien,  was  doch  noch  von 
1cm  Hieroduleninstitut  getrennt  werden  muss,  aus- 
limmt,  an  keinem  Orte  weiter  nachweisen.  Der  Tem-' 
I  144)  Paus.  2,  2,  7. 


1 


486 


pel  der  Aphrodite  ’**)  war  so  reich,  dass  er  über  tan- 
send  Hetären  als  Hierodulen  hielt,  welche  der  Göttir 
von  Männern  und  Frauen  geweiht  worden  waren,  unc 
eine  Quelle  des  Reichthums  für  den  Tempel  wurden 
welcher,  wie  im  Mittelalter  die  römische  Kirche,  vor 
den  öffentlichen  Mädchen  eine  Steuer  bezog.  Diesi 
wurden  theils  aus  dem  Vei’mögen  der  Göttin  gekauft 
theils  von  Gemeinden  und  Einzelnen  derselben  ge 
schenkt,  besonders  wenn  die  Göttin  das  gewährt 
worum  man  gebeten  hat.  Dieser  Sitte  gemäss  tha 
der  Korinthier  Xenophon,  als  er  sich  zum  YFettkamj 
nach  Olympia  begab,  der  Göttin  das  Gelübde,  ihr  wen 
er  siegte,  Hetären  zu  weihen.  Auf  diesen  Sieg  schrie 
Pindar  ein  Skolion,  in  welchem  er  die  Hetären  anif 
dete,  welche  zugleich  mit  dem  Xenophon,  als  er  zi 
rükkehrte.  der  Göttin  opferten.  Sic  sind  zu  Korinf 
die  eigentlichen  Vermittlerinnen  zwischen  den  iMer 
sehen  und  der  Gottheit.  Wie  Charaaileon  aus  Hen 
kleia  berichtete  war  es  ein  altes  Herkommen  i 
Korinth,  dass,  wenn  die  Stadt  sich  in  wichtigen  Ai 
gelegenheiten  an  die  Göttin  wendete,  sie  so  viele  H( 
tären  als  möglich  zu  dieser  Feierlichkeit  nahm,  da: 
diese  mit  zu  der  Göttin  beteten,  und  nachher  mit  b 
den  Opfern  gegenwärtig  waren.  Als  der  Perser  seii 
Heere  gegen  Hellas  führte,  begaben  sich  die  kori 
thischen  Hetären,  wie  Theopompos  und  Timaios  e 
zählen,  in  den  Tempel  der  Aphrodite  und  flehten  f 
die  Rettung  der  Hellenen  zu  ihr.  Die  Korinthi 
weihten  hierauf  der  Aphrodite  eine  Tafel  und  zeici! 

145)  Strabon  8,  378.  12,  559.  oi  navros  dvÖQo?  ik  Kooi 
&OV  tc»’  6  nlov$.  Dion  Chrysost  nennt  Korinth  nShv  t* 
oiisup  re  xat  ysysvtifj.tvmv  InntfQod'mrüjriv.  Alkiphron  3,  f 
Jakobs  Verm.  Schriften.  3,  340  ff. 

146)  Bei  Athen.  13,  573. 


487 


,eten  die  Hetären  auf,  welche  damals  die  (Jebete  ver¬ 
lebtet,  und  bei  dem  Opfer  gegenwärtig  gewesen  wa- 
pn;  Simonides  verfertigte  ein  Epigramm  auf  dieses 
.reigniss 

Die  andere  Seite,  welche  beim  Kulte  der  Aphro¬ 
dite  in  Korinth  hervortrat,  war  sie  in  ihrer  Auffas- 
ing  als  Meergottheit,  und  als  solche  konnte  sie’  in 
einer  andern  Stadt  Griechenlands  eine  solche  Be- 
eutung  haben;  in  Korinth  aber  konnte  als  solcher 
ir  kaum  eine  geringere  Macht  und  Geltung  zöge- 
•hrieben  werden,  als  sie  als  Staatsgottheit  besass. 
ai  Tempel  des  Poseidon  auf  dem  Isthmos  befand  sich 
in  kostbarer  Wagen  des  Gottes  ÄufdemFuss- 

estelle  des  Wagens  ist  in  der  xMitte  erhoben  gear- 
eitet  Thalassa,  die  Aphrodite  als  Kind  in  die  Höhe 
altend,  und  auf  beiden  Seiten  die  NereideiK  Es  be- 
ind  sich  daselbst  auch  ein  Bild  der  Galene,  In  den 
eiden  Hafenstädten  von  Korinth  fehlte  die  Aphrodite 
icht.  Im  östlichen  Hafen  Kenchreai  befand  sich 
in  Tempel  der  Aphrodite,  mit  einem  marmornen  Bilde, 
ann  auf  dem  Damme,  welcher  durch  das  Meer  ge- 
ogen  ist,  ein  eherner  Poseidon;  nicht  w^eit  vom  Ila- 
3n  war  ein  Bad  der  Helena.  Jene  Aphrodite  fühlte 
en  Namen  Kenchreis,  welches  auf  Kypros  der  Name 
*iner  Gemalin  desKinyras  war.  Von  westlichen  Ha¬ 
len  Leebaion  erwähnt  Pausanias  zwar  des  Tempels 
es  Poseidon,  aber  nicht  dessen  der  Aphrodite,  wel- 

I 

I - — — 

I  *  . 

Il6a)  Bei  Athen,  a.  a  O. 

Ai  (S'  V7if()  rt  /.ul  noXirßuv 

taiucav  KvtiqkJi  äui^iovkf 

ov  yc(Q  lo'ioff  cQoiövv  iu^ßaio  cJt’  ' A<f  Qotfhu 
AiijJbiS  "Ekkets/tav  uxQÖnukw  jiQodvfj.tP’. 

117)  Paus  2,  !,  9. 

148)  Ders.  2,  2,  3. 


f 


488 

dien  wir  aus  Pliitarch  kennen  lernen.  Auf  ko¬ 
rinthischen  31ünzen  '®®)  findet  man  die  Aphrodite  aul 
einem  W'ag’en,  welchen  Triton  mit  einer  der  Nerei¬ 
den  führt.  Ein  anderes  Mal  ziehen  zwei  Hippokam- 
pen  den  Wagen;  auch  die  Aphrodite  Siegerin  findet 
sich;  eine  Münze  stellt  die  Göttin  mit  einem  Spiegel 
in  der  Hand  dar;  ein  ander  Mal  sieht  man  sie  in 
einem  viersäuligen  Tempel.  Neben  dem  Kult  dei 
Aphrodite  muss  die  angesehene  Verehrung  der  Horen 
in  Korinth  erwähnt  werden,  und  auf  dem  zum  korin¬ 
thischen  Gebiete  gehörigen  Gebirge  Geraneia  dei 
Tempel  des  Zeus  Äphesios  in  welchem  sich  eine 
Bildsäule  der  Aphrodite  befand.  Klausen  macht  es 
wahrscheinlich,  dass  auch  der  Dienst  des  Aeneas 
schon  sehr  früh  in  Korinth  vorhanden  gewesen,  und 
von  hier*  nach  den  westlichen  Kolonien  dieser  Stadl 
geführt  worden  sei. 

Sikyon. 

Der  Hauptkult  dieser  Stadt  ist  der  des  Diony¬ 
sos;  daneben  entwikkelte  sich  aber,  grösstentheils 
wol  auf  verwandte  Weise,  und  zum  Theil  vielleicht 
durch  Einfluss  von  Korinth  her,  der  Dienst  der  Aphro¬ 
dite,  von  der  Pausanias  zwei  Tempel  anführt.  Föi 
die  Würdigung  der  Bedeutung,  welche  Aphrodite  für 
Sikyon  gehabt  hat,  muss  aber  wohl  auf  die  Darstel¬ 
lung  derselben  geachtet  werden,  welche  uns  schor' 
früher  angelegentlich  beschäftigt  hat.  Es  ist  jene 
Aphrodite  mit  einer  Weltkugel  auf  dem  Kopfe,  in  dei 

149)  Tav  inm  ao(p,  <Tv/j.noö.  Kap.  2. 

150)  Ekhe]  Doctr.  num.  2,  242.  Mionnet  2,  186  Suppl 

4,  66  ff.  7S. 

l&i)  Paiisan.  1,  44,  13. 


489 


einen  Hand  einen  Mohnsteogelj  in  der  andern  einen 
Apfel,  welcher  alle  Thiere  ausser  den  Schweinen 
geopfert  wurden,  und  deren  Schenkel  mit  dem  Laube 
des  Päderos  verbrannt  wurden,  welches  in  der  Ein¬ 
fassung  unter  freiem  Himmel  wuchs,  sonst  aber  nir- 
igends,  wie  Pausanias  angiebt,  weder  in  einem  andern 
Lande,  noch  in  Sikyonien.  In  den  Tempel  durfte  nur 
die  Tempeldienerin  gehen,  welcher  nicht  mehr  ver- 
stattet  war,  einem  Manne  beizuwohnen,  und  eine 
Jungfrau,  mit  der  Benennung  Lutrophoros,  welche  das 
jährlich  wechselnde  Priesterthum  verwaltete.  Alle 
andern  sahen  die  Göttin  nur  von  dem  Eingänge  her, 
und  beteten  von  dort  zu  ihr.  Danach  muss  sie  als 
Weltkönigin  und  Herrin  der  Geschlechter  gefasst  sein, 
und  es  fragt  sich,  ob  wirklich  für  Sikyon  Dionysos 
lund  nicht  vielmehr  Aphrodite  eine  höhere  Geltung  für 
]die  Stadt  gehabt  habe.  Die  Münzen  *  ®  geben  durch- 
igängig  als  Sinnbild  die  Taube,  und  viele  führen  auch 
den  Aphroditekopf  nach  einem  alten  Typos.  Der 
Kreis  der  Aphrodite  für  Sikyon  wird  aber  noch  er¬ 
weitert,  indem  wir  den  Eros  auf  Kaisermünzen  ho¬ 
lden,  Anchisiadische  Vorstellungen  von  Klausen  nach- 
igewiesen  sind,  Aeneas  mit  einer  Taube  auf  Münzen 
vorkommt,  und  sich  ausserdem  hier  vielleicht  noch 
der  Kult  des  Adonis  eingebürgert  hatte.  Für  das 
Alter  und  die  Verbreitung  der  Aphrodite  von  Sikyon 
list  das  aber  noch  von  Wichtigkeit,  dass  die  sikyoni- 
sche  Siedelung  Golgoi  auf  Kypros  auf  diesem  Eilande 
den  ältesten  Dienst  der  Aphrodite  gehegt  haben  sollte. 

In  bedeutungsvoller  Umgebung  finden  wir  zu 
Titane  *’*)  die  Aphrodite:  in  der  Halle  des  Tem- 


152)  Mionn.  2,  199  ff.  Suppl.  4,  160. 
153}  Paus.  2,  11,  8. 


490 


pels  des  Asklepios  stand  die  Göttin  mit  Dionysos, 
Hekate,  Demeter  und  Tyche. 

Argolis. 

Um  den  Kult  der  Aphrodite  zu  Arges  richtig 
zu  verstehen,  wäre  eine  vollständige  Aufklärung  des 
alten  Naturkultes  dieser  8tadt,  seiner  Schattirungen 
und  Verzweigungen  höchst  wünschenswerth.  In  do¬ 
rischer  Zeit  war  die  apollinische  Religion  Staatskult^ 
daneben  bestand  aber  ein  alter  sehr  angesehener  Na¬ 
turkult  der  Hera,  welcher  die  Quelle  alles  alten  He- 
radienstes  zu  Samos  “*)  u.  s.  w.  ist.  Daneben  be¬ 
stand  aber  ein  anderer  Kult  dieser  Art,  der  der  Aphro¬ 
dite,  welcher  einem  andern,  aber  nicht  mehr  näher  nach¬ 
zuweisenden  Stamme  der  dort  zusammen  getroffenen 
älteren  Völker  gehört  haben  muss,  und  als  ihr  Gemal 
scheint  Ares  gedacht  gewesen  zu  sein,  welchen  wir 
freilich  nur  noch  in  schwachen  Spuren  an  der  bewaff¬ 
neten  Aphrodite  erkannt  haben,  deren  Heiligthum  ober¬ 
halb  des  Theaters  stand.  Was  die  in  einander  über¬ 
greifenden  Vorstellungen  dieser  bewaffneten  Aphro¬ 
dite  und  der  Nikephoros,  der  siegenden  Aphrodite, 
welche  einem  Hermes  zugesellt  war,  betrifft,  so  haben  wir 
oben  darüber  unsere  Ansichten  mitgetheilt.  Das  llei- 
ligthnm  der  lezteren  hatte  liypermnestra  errichtet, 
nachdem  sie  vom  Gericht  der  Argiver  freigesprochen 
war,  dass  sie  gegen  ihres  Vaters  Befehl  ihren  Gatten 
nicht  ermordet  hatte.  Unter  andern  Sehenswürdig¬ 
keiten  zu  Argos  erwähnt  Pausanias  '“*)  auch  eines 
Tempels  des  Dionysos,  mit  dem  Beinamen  des  kreti¬ 
schen  5  und  daneben  stand  ein  Tempel  der  Aphrodite 


154)  2,  23,  8. 


491 


Urania.  Die  Benennung  des  Kretischen  hatte  Diony¬ 
sos  bekommen,  weil  er  Ariadne,  als  sie  gestorben, 
hier  begraben  habe.  Lykeas  aber  hatte  gesagt,  dass, 
als  man  den  Tempel  zum  zweiten  Male  aufbaute,  ein 
irdener  Sarg  gefunden  worden  sei,  und  dass  dies  der 
Sarg  der  Ariadne  war.  Durch  diese  Zusammenstel- 
t  lung  thut  sich  Aphrodite  als  eine  Dionysosgemalin  kund‘, 
und  nähert  sich  sehr  den  Vorstellungen  der  Ariadne, 

!  beide  aber  verschmelzen  auf  Kypros  zu  einer  Aria- 
jdne-Aphrodite,  von  welcher  wir  an  einem  Orte  näher 
'sprechen.  Daran  schliesst  sich  die  Gräberaphrodite, 
TV[jißu)QV)rogj  das  Fest  der  Hysterien,  an  welchen  Sau— 
Opfer  gebracht  wurden,  die  Hybristiken  mit  dionysi¬ 
schen  Mummereien,  wo  Männer  in  Frauenkleidung 
und  umgekehrt  opferten.  Dies  gab  die  Veranlassung 
zu  unzüchtigen  Auffassungen,  aus  welchen  die  Aphro¬ 
dite  nsoißaöia  hervorgeht.  Dann  gab  es  eine  Aphro¬ 
dite  Akraia  daselbst;  man  verehrte  die  Horen 
und  die  Chariten,  und  hatte  viele  troische  Vorstellun¬ 
gen;  man  glaubte  in  Argos  das  Palladium  zu  besizen, 
das  Bild  des  Aeneas  stand  auf  dem  Plaze  Delta 
ans  Erz,  umgeben  von  lauter  Vorstellungen,  welche 
sich  auf  die  Aphrodite  bezogen;  nahe  dabei  das  Ge¬ 
bäude,  in  welchem  die  Frauen  den  Adonis  beweinten, 
dann  die  Gerichtsstätte  der  Hypermnestra,  Äphrodites 
eigner  Tempel  und  die  Artemis  Peitho,  welche  Hy— 
permnestra  weiht;  dies  Heiligthum  dem  Bilde  des 
Aeneas  zunächst.  Der  kyprische  Adonis  schliesst  sich 
dem  uralten  Naturkulte  des  Linos  zu  Argos  an.  Be¬ 
sonders  merkwürdig  ist  uns  aber  Argos  durch  seine 
vielen  Einwirkungen  auf  Kypros,  weiche  hier  aber 
nicht  alle  wiederholt  werden  können.  Vieles  Argi- 

155)  Paus.  2,  20,  7.  6,  9.  1. 

156)  Ders.  2,  21,  1  ff. 


492 


vische  wird  vollständig  aufgenommen,  manches  muss 
sich  nothwendigen  Veränderungen  fügen;  so  werden 
diePrötider  in  kyprischer  Sage  auf  die  Aphrodite  be¬ 
zogen,  in  Argivischer  stehen  sie  in  Verbindung  mit 
Hera.  Die  kyprischen  Argiver  brachten  wachschein- 
lich  ihre  Heroengeschichte  mit  der  heimischen  in  enge 
Verbindunsr.  Einen  König:  als  Nachkomme  des  Jasos 
glauben  wir  nachgewiesen  zu  haben  und  Jo, 

des  Jasos  Tochter,  muss  nach  Kypros  wandern.  Aber 
nicht  blos  aphrodisische  Vorstellungen  gingen  von  Ar- 
gos  auf  Kypros  über,  sondern  Argivisch  war  auch 
der  kyprische  Apollon. 

Vor  dem  Thore  von  Argos  auf  dem  Wege  nach 
Mantinea  ist  ein  doppeltes  Heiligthum  erbaut,: 
das  einen  Eingang  gegen  den  Untergang  der  Sonne 
und  einen  andern  gegen  den  Aufgang  hat.  Auf  dieser 
Seite  steht  ein  hölzernes  Bild  der  Aphrodite,  gegen 
Untergang  der  Sonne  eines  des  Ares.  Es  sollen  aber 
die  Bildsäulen  Weihgeschenke  des  Polynikes  und 
der  Argiver  sein,  welche  das  ihm  zugefügte  Unrecht 
zu  rächen  mit  ihm  zu  Felde  zogen.  —  Dieser  Tem¬ 
pel  ausserhalb  der  Stadt  kann  und  muss  als  Bestäti¬ 
gung  der  Annahme  dienen,  dass  in  Argos  Ares  aU 
der  Beisizer  der  Aphrodite  gedacht  sei,  und  die  Ver- 
^  Aesch.  Hiket,  28ii’ 

darauf  kommen,  dass  er  den  Argivischen  König  sagen  lässt,  ehei 
als  Argivischen  Geschlechts  scheint  ihr,  die  Danaiden,  mir  von 
Nil  zu  stammen,  spricht  sich  der  Kingios  /«paznjg  in  euren  Zü¬ 
gen  aus  u.  s.  w.  Diese  Erwähnung  von  Kypros  zwischen  Li 
byen  und  Indien,  nimmt  sich  sonderbar  aus,  und  muss  noch  einer 
andern  Grund  haben.  Eine  solche  bedeutende ,  eigenthümliclu 
und  so  fremdartige  Bildung  kann  man  für  Kj'pros  nicht  voraus-i 
sezen,  dass  sie  neben  so  ferne  Länder  -wie  Libyen  und  Indier^ 
genannt  zu  werden  verdiente,  in  welcher  sich  das  Entferntesttj 
und  Fremdeste  aussprach. 

158)  Paus.  2,  25,  1. 


493 


bindung,  in  welche  die  Gründungsgeschichte  des  Tem¬ 
pels  denselben  mit  Polynikes  seztj  wird  für  dies 
Paar  noch  dadurch  inhaltsreicher,  dass  auch  in  The¬ 
ben  Ares  der  Beisizer  der  Göttin  ist. 

Zu  Lerna  befanden  sich  innerhalb  des  Hai¬ 
nes  ein  Bild  der  Demeter  Prosymne  und  eines  des 
Dionysos.  In  einem  andern  Tempel  aber  war  ein 
sizendes  des  Dionysos  Saotes,  und  am  Meere  eine 
Bildsäule  der  Aphrodite  von  Marmor.  Hier  ist  also 
Aphrodite  als  Dionysosgemalin,  weiche  als  solche  auch 
zu  Megara  vorkam,  zugleich  in  Beziehung  auf  das 
iMeer  gesezt.  Der  Hain  zog  sich  bis  an  das  Meer 
jhinab.  und  dies  Biidniss  der  Aphrodite  sollte  von  den 
ITöchtern  des  Danaos,  welche  in  mehreren  Verbin- 
I düngen  mit  der  Göttin  stehen,  geweiht  sein.  Es  ist 
I dabei  namentlich  an  Amymone,  deren  Fluss  die  eine 
jSeite  des  Haines  begränzte,  gedacht:  sie  sträubte 
sich  dem  Satyr  in  jungfräulicher  Keuschheit,  war  aber 
iin  freier  Gesinnung  dem  göttlichen  Besch üzer  Posei¬ 
don  zu  Wunsche. 

Geht  man  von  Lerna  ein  klein  wenig  nördlich 
Idie  Küste  entlang,  so  kommt  man  nach  Teme¬ 
nion  auch  hier  wurde  Aphrodite  als  Meergott- 
heit  verehrt,  und  neben  ihr  Poseidon. 

!  ln  Epidauros  war  Asklepios  Hauptgott,  in  sei¬ 
nem  Haine  belhnd  sich  ein  Tempel  der  Aphrodite 
so  wie  ein  anderer  in  der  Stadt  selbst 

Dem  chthonischen  Kult  der  Demeter  zu  Her¬ 
mio  ne  *®®)  schliesst  sich  ein  Theil  des  dortigen 

159)  Ders.  2,  37,  1. 

160)  Ders.  2,  38,  1. 

161)  Ders.  2,  27,  6. 

162)  Ders.  2,  29,  1. 

163)  Ders.  2,  34,  10  ff.  Mionn.  Suppl.  4,  263. 


494 


Aphroditedienstes  an:  in  dem  einen  Heiligthum  der¬ 
selben  mussten  die  Jungfrauen  und  die  Wittwen, 
wenn  sie  wieder  heirathen  wolltenj  opfern  ^  unter  den 
übrigen  Gebräuchen,  welche  dort  noch  stattgefunden 
haben  sollten,  sind  wahrscheinlich  mystische  zu  ver¬ 
stehen.  Ein  anderer  Theil  fasst  sie  als  Meergöttin 
auf,  und  als  solche  führte  sie  den  Namen  Limenia  und 
Pontia,  diesen  vom  Meer,  jenen  vom  Hafen.  Ausser¬ 
dem  gab  es  noch  einen  Hain  der  Chariten. 

ln  Trözen  haben  uns  die  Sagen  der  Phädra 
mehrfach  in  ihrer  Beziehung  zur  Aphrodite  beschäf¬ 
tigt.  Nicht  weit  von  der  Rennbahn  des  Hippolytos  *  ® 
lag  der  Tempel  der  Aphrodite  Kataskopia,  aus  wel¬ 
chem  Phaidra,  wenn  sich  Hippolytos  in  der  Renn¬ 
bahn  übte,  auf  ihn  herab  sah.  Dort  stand  ein  M}r- 
tenbaum  mit  durchlöcherten  Blättern;  denn  wenn  Phai¬ 
dra  sich  hülflos  fühlte  und  für  ihre  Liebe  keine  Lin¬ 
derung  fühlte,  so  Hess  sie  ihren  Unmuth  au  den  Blät¬ 
tern  dieser  Myrte  aus:  eine  Erzählung,  welche  viel¬ 
leicht  in  Beziehung  auf  Myrtenreinigungen  steht.  Am 
Meere  *“’)  auf  dem  Vorgebirge  stand  ein  Tempel  der 
Aphrodite  Akraia,  welchen  die  Halikarnassier ,  deren 
Mutterstadt  Trözen  ist,  erbaut  haben  sollten.  Auf 
dem  Wege  nach  Hermione  lag  ein  Tempel  der  Aphro¬ 
dite-Nymphe,  welchen  Theseus  stiftete,  als  er  die 
Helena  zur  Braut  erhalten  hatte  ‘®®). 

ZuOrmai  zwischen  Argös  undPhlius  war  Priap 

zu  Hause. 


164)  Ders.  2,  32,  3.  vgl.  Eustath.  II.  2,  287. 

165)  Ders.  2,  32,  6.  ,  .  »  .  .  ,iy„ 

166)  Steph.  V.  B.  Mihva.  nohs  J^yovs,  n? 
nfiüua.  Avr.ön^P  403  th>' 

d-toP. 


495 


Aigina. 

Nahe  hei  tlem  Hafen  in  welchem  die  Schiffe 
gewöhnlich  vor  Anker  lagen,  befand  sich  ein  Tempel 
der  Aphrodite.  Sie  ist  also  hier  Hafengöttln,  %vie 
I  eine  Beruhigerin  der  See  in  jenem  Feste  des  Posei¬ 
don,  welches  sich  mit  einem  Gebet  an  die  Aphrodite 
endigte.  Aus  einer  Inschrift  ersehen  wir,  dass 
die  attische  Kolias  dort  verehrt,  und  mit  der  gleich¬ 
falls  attischen  Hebe  angebetet  wurde. 

i  Lakonien. 

Durch  jonischen  Einfluss  war  hier  mit  der  Zeit 
eine  Milderung  der  streng  dorischen  Sitten  eingetre¬ 
ten,  indem  die  dionysische  Bichtung  der  Entwikke- 
lung  des  religiösen  Lebens  die  apollinische  überwand. 
Daher  stammen  auch  die  vielen  Aphroditeheiligthümer 
namentlich  im  südlichen  Lakonien,  welches  noch  frö- 
jher  verweichlichte  als  Sparta  Hier  aber  finden 

jwir  eine  sehr  alte  und  ehrwürdige  Verehrung  der 
Göttin.  Auf  der  Burg  hinter  dem  Ileiligthume  der 
Athene  C’halkioikos  war  ein  Tempel  der  Aphro- 
'dite  Areia,  welche  wir  für  eine  Gemahn  des  Ares  erklärt 
I  haben.  Pausanias  sagt  hiervon,  wenn  irgend  wo  in 
'Griechenland,  so  sind  die  Schnis&bilder  hier  alt.  Eben- 

167)  Paus.  2,  29,  6. 

168)  Corp.  Inscr.  gr.  Nr.  2138. 

169)  Martial  4,  54,  S,  Haec  Veneris  sedes,  Lacedaemone 
gratior  illi.  Himerios  7,  8.  von  Sparta  jfwroj 

(fiTijg  m  eifinavTa.  Themistios  6  S.  83.  mxQsew  txuv 

T^p  nav^Yvqip  XuQkap,  xißmp  ' AfQoihtjg  napiaialup  iopA. 

170)  Paus.  3,  17,  5. 


496 


! 

daselbst  nahe  bei  den  Statuen  des  Pausanias  war 
eine  Bildsäule  der  Aphrodite  Ambologera,  der  alter- 
scheuchenden,  nach  einem  Orakelspruche  aufo;esteHt,i 
und  andere  des  Schlafes  und  des  Todes.  Nicht  weit 
vom  Theater  auf  einem  kleinen  Hü^el  stand  ein  alter, 
Tempel  und  ein  Schnizbild  der  bewaffneten  Aphro¬ 
dite  Unter  den  Tempeln  war  dies,  nach  Pau¬ 

sanias  Aussage,  der  einzige,  über  welchem  ein  an¬ 
deres  Heiligthum  erbaut  war,  nämlich  das  der  31ür- 
pho.  Morpho  ist  ein  Beiname  der  Aphrodite,  sie  ist;, 
sizend  gebildet,  hat  den  Kopf  verhüllt  und  die  Füsse 
gefesselt.  Die  Fesseln  soll  ihr  Tyndareos  angelegt 
haben,  weil  er  mit  den  Fesseln  die  Treue  der  Fraiiein 
gegen  ihre  Gatten  verglich ;  die  andere  Deutung,  dassJi 
nämlich  Tyndareos  in  der  Meinung,  durch  die  Aphro-; 
dite  seien  seine  Töchter  in  üblen  Huf  gekommen,  die 
Göttin  mit  Fesseln  bestrafte,  nehme  ich  ganz  und  gat  : 
nicht  an,  spricht  der  Berichterstatter.  Denn  mard 
musste  doch  einsehen,  dass  es  thöricht  wäre,  einBili 
von  Zedernholz  zu  machen,  ihm  den  Namen  def 
Aphrodite  zu  geben,  und  zu  glauben,  dass  man  die 
Göttin  selbst  bestrafe.  Diese  bewaffnete  Aphrodite 
ist  eine  Ableitung  aus  der  Ares-Aphrodite,  die  Mor 
pho  gehört  aber  zu  den  lakonischen  Gottheiten,  wel' 
che  sich  auf  Kypros  wiederfinden.  Sie  ist  eine  To  j 
desgottheit,  aus  welcher  jedoch  auch  wdeder  das  Le  j 
ben  hervorgeht,  und  wird  deshalb  in  Beziehung  auj 
die  Ehe  gesezt.  Diese  wird  noch  besonders  untej 
dem  Namen  Hera-Aphrodite  verehrt,  von  welcher  d; 
ein  altes  Schnizbild  gab  Nach  einer  loschrii. 

ist  sie  auch  hier  mit  den  Mören  verbunden,  wie  snj 


171)  Ders.  3,  18,  1. 

172)  Ders.  3,  15,  8. 

173)  Ders.  3,  13,  6. 


497 


Athen  der  Mören  älteste  heisst.  In  anderer  Auf- 
ssan^  als  Schuzherrin  der  Gesaiamtheit,  and  Wäch- 
rin  über  Ordnung,  Einigkeit  und  Segen  der  Volks- 
irsammlung  stand  sie  neben  Zeus,  beide  als  olym- 
sche  Gottheiten,  in  der  Skias  Zum  Kreise 

jr  Aphrodite  in  Sparta  gehören  die  beiden  alten 
hariten,  Kieta  und  Phaenna,  mit  ihrem  Tempel  am 
luss  Tiasa;  Eros,  welcher  ausserdem  35a  Lenkt ra 
1  der  Küste  einen  Hain  und  Tempel  hatte,  Helena, 
eiche  in  der  spartanischen  Mythengeschichte  eine 
>  grosse  Stelle  einnimmt,  besass  in  Sparta  ein  Hei«, 
^thum.  Ihr  wurden  die  Helenien  gefeiert,  von  de¬ 
in  wir  aber  nichts  näheres  wissen,  als  dass  ein  Zug 
ädchen  an  diesem  Feste  nach  dem  Tempel  dersei- 
snpilgerte.  ZuTherapne  befand  sich  ihr  Grab 

In  Amyklai  ”®)  waren  besonders  eherne  Drei- 
isse  sehensvverth;  an  dem  ersten  war  ein  Bild  der 
phrodite  eingegraben,  ein  Werk  des  Hitiades.  Dann 
ab  es  daselbst  noch  ein  anderes  Bild  von  Polyklei- 
is,  welches  den  Namen  führte?  Aphrodite  bei  dem 
myklaios.  Dieser  Dreifuss  und  einige  andere  waren 
|is  der  Beute  des  Sieges  bei  Aigospotamos  geweiht 
i'orden.  Von  Bathykles  *”)  waren  die  Chariten 
jearbeitet.  An  dem  Altäre  sah  man  unter  andern 
jach  die  Moiren  und  Horen,  und  mit  ihnen  die  Aphro- 
ite^  sie  bringen  mit  Athene  und  Artemis  den  Hya- 
inthos  und  die  Polyboia  in  den  Himmel. 

I  Zu  Epidauros  Limera  ”®)  stand  Aphrodite 
n  der  Küste;  ihre  dortige  Verbindung  mit  Asklepios 

I  174)  Ders.  3,  12,  9. 

'  175)  Ders.  3,  19,  9.  Herodot  6^  62.  Schol,  Lyk.  143. 

176)  Paus.  3,  18,  5. 

177)  Ders.  3,  J9,  4.  4,  14,  2. 

178)  Ders.  3,  23,  6. 

Tir 


498 


hat  ihren  Ursprung  im  Argivischen  Epidauros,  vo 
dem  das  lakonische  abstammte.  Von  der  Mutterstac 
waren  auch  Asklepios  und  Aphrodite  nach  Kos  gi 
führt.  Südlich,  wo  das  Land  in  das  Vorgebirge  M.‘ 
lea  ausläuft,  führt  eine  Berggegend  den  Namen  ^^(pQ< 
Sina  und  war  also  der  Aphrodite  geheiligt.  D 

Städte  Etis  und  Aphrodisias  soll  Aeneas  gegrüi 
det  haben.  Der  Insel  Kranae  gegenüber  zu  Cj 
thion  *®®)  ward  die  Aphrodite  Migonitis  vcrehi 
und  hatte  dem  Gebiet  den  Namen  Migonion  gcgebc 
Das  Heiligthum  sollte  Paris  gegründet  haben;  nal 
bei  der  Migonitis  aber  stellte  Menelaos,  nachdem 
Ilion  eingenommen  hatte,  eine  Bildsäule  der  Thei 
und  eine  der  Praxidike  auf.  Auch  die  Insel  Kran: 
ist  aphrodisisch :  Paris  sollte  hier  mit  der  Helena  sc 
Beilager  gehalten  haben.  Auf  dem  Vorgebirge  Ta 
naron  *®®)  am  Meere  stand  ein  Tempel  der  Aphr 
dite  mit  einer  stehenden  Bildsäule  von  Marmor.  A 
dem  Wege  von  Oitilos  nach  Thalamai  ‘®‘)  befa 
sich  ein  Heiligthum  der  Ino  und  ein  Orakel  dersi 
ben.  Eherne  Bildsäulen  standen  im  Heiligthum  uni 
freiem  Himmel;  die  eine  der  Paphia,  die  andere  d 
Helios.  Das  Bild  der  Ino  selbst  im  Tempelhair 
war  vor  den  Kränzen  nicht  deutlich  zu  sehen.  ^ 
sses  Trinkwasser  fliesst  aus  einer  heiligen  Quel, 
welche  Selene  hiess.  Die  Paphia  ist  keine  einh  • 
mische  Gottheit  der  Thalamaten.  Wie  dieser  At- 
drukk  desPausanias  zu  verstehen  sei,  ist  nicht  dei- 
lieh,  da  man  nicht  wissen  kann,  ob  er  den  Nami 
Paphia  nur  allgemein  für  Aphrodite  gesezt  hat,  ul 

179)  Th uk yd.  4,  56.  Steph.  v.  B. 

18«)  Paus.  3,  22,  2.  Aphr.  auf  einer  Münze  von  Gytln 
bei  Mionil.  Suppl.  4,  232. 

181)  Paus.  3,  26,  1. 


499 


(dann  kann  diese  Göttin  erst  später  ein^eführt  sein, 
jOder  er  versteht  darunter  auch  die  Paphische  Aphro¬ 
dite  im  engem  Sinne,  wie  Sardes  und  Pergamos  sie 
|Verehrten.  Die  leztere  Meinung  würde  sich  sehr  em¬ 
pfehlen,  wenn  sie  nicht  dem  Helios  beigeordnet  wäre, 
^nd  diese  Verbindung  ist  eine  sehr  vereinzelte,  indem 
|kYir  sie  nur  von  Korinth  kennen. 

Messenien. 

I 

In  ganz  Messenien  treffen  wir  nur  einmal  die 
\phrodite  und  zwar  in  Messenien  selbst;  hier  hat 
sie  aber  eine  bedeutende  Geltung,  indem  sie  ein  Hei¬ 
ligthum  neben  Poseidon  auf  dem  Markte  hat  "®®). 
lie  syrische  Göttin  in  Thuria  kann  uns  hier  nicht 
ingehen. 

Elis. 

ln  dem  heiligen  Haine  des  olympischen  Zeus, 
tltis  befanden  sich  Altäre  der  Aphrodite  und 
ler  Horen.  Zu  Olympia  selbst  stand  eineher¬ 
ies  Bild  der  Aphrodite,  ein  Werk  des  Kleon  von 
jikyon,  im  Tempel  der  Hera;  ein  nakktes  Koäbchen, 
US  Silber  gearbeitet,  sah  man  vor  ihr  sizend.  Auf 
em  Berge  Kronion  stand  neben  dem  Tempel 
er  Eileithyia  ein  Heiligthum  der  Aphrodite  Urania, 
welches  zwar  zu  Pausanias  Zeit  schon  in  Trümmern 

182)  Ders.  4,  31,  5.  ^ 

183)  Ders.  5,  15,  3. 

184)  Ders.  5,  17,  1.  Auf  dem  Kasten  des  Kjpselos  sah 
an  den  Ares  die  Aphrodite  führend,  ders.  5,  18,  1.  EineAphr. 
Iiter  den  Weihgeschenken  des  Smikythos,  ders.  5,  26,  2. 

185)  Ders.  6,  20,  3. 

32^ 


500 


lag 5  man  opferte  indess  noch  dort.  In  Elis 
stand  hinter  der  Halle  aas  der  Korkyräischen  Beut 
ein  Tempel  der  Aphrodite,  und  ein  heiliger  Hain  i 
der  Nähe.  Die  Göttin  im  Tempel  nannte  man  Urs 
nia;  sie  war  aus  Elfenbein,  vergoldet  und  ein  Wer 
des  Phidias;  mit  dem  einen  Fass  aber  stand  sie  ai 
einer  Schildkröte.  In  dem  äiissern  heiligen  Geb« 
der  Göttin  aber,  welches  mit  einer  Befriedigung  ud 
geben  war,  stand  auf  einem  Sokkel  ein  ehernes  Bi! 
der  Aphrodite  auf  einem  Bokke,  ebenfalls  aus  Er: 
sizend.  Dies  war  ein  Werk  des  Skopas,  und  ms 
nannte  die  Göttin  Pandemos.  Aus  der  Genossenscha 
der  Aphrodite  hatten  die  Chariten  zu  Olympia  ir 
dem  Dionysos  einen  Tempel  und  darin  standen  Alt/i 
der  Musen  und  Nymphen,  ln  Elis  hatten  die  Char 
ten  einen  eigenen  Tempel  auf  dem  Markte,  d 
nen  zur  Rechten  Eros  stand.  Auf  dem  Markte  hab< 
wir  sie  auch  zu  Athen  gefunden,  und  an  diesen  0 
ten  waren  sie  ähnlich,  wenn  auch  nicht  so  ausg 
dehnter  Geltung  wie  in  Orchomenos  gefasst.  Hi 
in  Elis  waren  sie  übrigens  noch  mit  dem  Dionyso 
kult  verbunden,  denn  die  Weiber  von  Elis  erwart 
den  stierfüssigen  Dionysos  im  Geleit  der  Charite 
Im  Gymnasium  zu  Elis  standen  Eros  und  Antert 
In  der  Hafenstadt  Kyllene  gab  es  zwei  Tei 
pel,  einen  des  Asklepios,  einen  andern,  nach  der  Z 
sammenstellung  in  Epidauros,  der  Aphrodite,  und  ei 
Bildsäule  des  Hermes. 

Achaja. 

ln  diesem  Lande  finden  wir  noch  sehr  alten  ui[ 

186)  Ders.  6,  25,  2. 

1S7!  Ders.  6,  24,  5- 

188)  Ders.  6,  26,  3. 


501 


I 

gewichtigen  Kult  der  Aphrodite.  Zu  Patrai 
tand  ein  Heiligthum  derselben  nicht  weit  vom  Tem- 
•el  des  Poseidon;  das  eine  der  Bilder  hatten  die  Fi» 
Icher  mit  dem  Neze,  iv  Sixvmi,  aus  dem  Meere  gezo¬ 
gen,  und  es  deutete  durch  diese  ihre  Geburt  aus  dem 
jleere  an,  dass  man  sie  als  Schöpfungsgottheit  fasste. 
\m  Hafen  standen  ein  Paar  Bilder  des  Ares  und 
Ikpollon;  Aphrodite  selbst  hatte  dort  eine  heilige 
litätte;  das  Antliz,  Hände  und  Füsse  ihres  Bildes 
Iraren  von  Marmor,  das  üebrige  von  Holz.  Dann  war 
och  ein  heiliger  Hain  der  Demeter  daselbst,  mit  Hei- 
tgthümern  des  Apollon  und  der  Aphrodite,  deren 
itilder  aus  Marmor  sind.  Eben  so  wichtig  wie  diese 
l^erbindungen  ist,  dass  in  derselben  Stadt  *®®)  nicht 
veit  vom  Theater  zwei  Tempel  standen,  von  denen 

ler  eine  der  Nemesis,  der  andere  der  Aphrodite 
i  '  • 

■ehörte;  ihre  Bilder  waren  gross  und  von  weissem 

larmor.  Das  Verhältniss  der  Aphrodite  zur  Nemesis 

ennen  wir  namentlich  von  Rhamnus  in  Attika  her. 

Etwas  östlich  bei  Argyra  floss  das  B'lüsschen  S  e- 
emnos,  von  dem  man  folgende  Erzählung  hatte 
iirgyra,  eine  Nymphe  des  Meeres,  liebte  einen  Hirten 
lelemnos,  stieg  vom  Meere  zu  ihm  hinauf  und  ver- 
/eilte  bei  ihm  am  Flusse..  Nachdem  aber  Selemnos 
eine  Jiigendblüthe  verloren  hatte,  mochte  sie  nicht 
lehr  za  ihm  gehen.  Selemnos  von  der  Argyra  ver- 
issen  starb  vor  Liebe,  und  wurde  von  der  Aphrodite 
1  den  Fluss  verwandelt.  So  erzählten  die  Paträer. 
k^ber  noch  als  Fluss  liebte  er  die  Argyra,  wie  Alpheios 
ie  Arethusa,  bis  Aphrodite  ihm  das  Vergessen  der 
krgyra  schenkte.  Pausanias  hörte  aber  auch  noch  die 


189)  Ders.  7,  21,  4. 

190)  Ders.  7,  20,  5. 

191)  Ders.  7,  23,  2.  Aphrodite  auch  auf  Münzen  toh  Patrai. 


502 


Erzählung,  dass  das  W asser  des  Selemnos  ein  zoträg 
liches  Heilmittel  der  Liebe  für  Frauen  und  Männer  se 
Daraus  sehen  wir,  dass  hier  Reinigungen  durch  Was 
ser  für  die  von  Liebesgram  Gebeugten  vorgenomme 
wurden. 

Zu  Aigion  war  ein  Tempel  der  Aphrodi« 
am  Meere-,  und  ihm  folgte  einer  des  Poseidon.  1 
Tempel  des  Zeus  Komagyrios  stand  auch  eine  Bih 
Säule  der  Aphrodite.  Zu  Bura  *  standen  drei  Ten 
pel,  einer  der  Demeter,  ein  zweiter  dem  Dionysr  ^ 
und  der  Aphrodite  gehörig,  und  der  dritte  der  E  fj 
leithyia.  Zu  Aegira  genoss  die  Urania  nadti 
Pausanias  Angabe  eine  sehr  starke  Verehrung;  in  i1^( 
ren  Tempel  durften  aber  die  Männer  nicht  komme 
Daselbst  war  auch  ein  Tempel  der  syrischen  Götti  *1 
in  diesen  Tempel  durften  die  Männer  zu  bestimmt  i 
Tagen  kommen.  In  der  Nähe  der  Aphrodite  stai.vj 
eine  Kapelle  mit  einer  Tyche  und  einem  Eros.  1 

I 

Arkadien.  j 

So  werthvoll  auch  die  vorstehenden  Kulte  d' 
Aphrodite  in  Achaja  für  uns  sind,  und  augenschemli\ 
für  reine  und  ungetrübte  Auffassungen  der  Göttin  at 
alter  religiöser  Zeit  zu  erachten  sind,  so  muss  do; 
Arkadien  und  die  Vorstellungen  der  Aphrodite  dasell  ; 
noch  einen  höhern  Werth  für  uns  haben,  weil  hier<  ! 
pelasgische  Bevölkerung  durch  keine  andere,  wet* 
dorische  noch  jonische^  unterdrükkt  wurde,  sondti 
durch  alle  Zeiten  kräftig  fortlebte.  Wie  überhaupt  t  J 
Kulte  der  Pelasger,  so  auch  der  der  Aphrodite,  brauci  5 

192)  Ders.  7,  24,  1.  j 

193)  Ders.  7,  25,  5.  | 

194)  Ders.  7,  26,  3.  ^ 


503 


sich  hier  daher  auch  nicht  ganz  in  die  Mysterien  zu- 
ükzuziehen,  sondern  behielt  eine  dauernde  Woh- 
jiung  im  Gemüth  und  Glauben  des  Volkes.  Was  wir 
jiier  antreffen ,  sind  ächte  und  alte  Begriffe  des  aphro- 
lisischen  Kultes  voll  innern  Gehaltes.  Sie  sind  daher 
iiuch  alle  physisch,  stehen  in  Beziehung  auf  Frucht- 
arkeit  des  Bodens  und  Leben  in  der  Natur.  Vor¬ 
teilungen  der  Art,  in  welchen  Aphrodite  z.  B.  Be- 
chüzerin  der  Gemeinden,  bürgerlicher  Eintracht,  städ- 
^schen  Gesammtlebens  ist,  fehlen  hier;  ebenso  die  Be- 
jiehungen  auf  das  Wasser,  welche  wir  vorher  in 
^chaja  noch  so  bedeutend  hervortreten  s/ihen.  Dies 
letztere  kam  aber  einfach  aus  der  äussern  Lage  des 
iandes,  welches  seine  Bevölkerung  nicht  so,  wie  z. 
j{.  das  benachbarte  Achaja,  auf  das  Wasser  hin  wies» 
pie  Beziehungen  auf  dasselbe  lagen  aber  vollständig 
1  ihm,  und  hätten  nur  der  äusseren  Anregung  bedurft, 
m  in  die  Erscheinung  zu  treten.  Daher  wird  die 
Jöttin  hier  wenigstens  durch  Quellen  im  Innern  des 
iiandes  angezogen.  Dieser  pelasgische  Aphroditekult 
!»rkadiens  erhält  nun  aber  noch  eine  allgemeinere  und 
[  eiter  greifende  Bedeutung  für  den  gesamten  Kult  der 
jlöttin,  indem  der  Gottesdienst  des  Mittelpunktes  des 
jesamten  Aphroditekultes  von  Arkadien  hergelei- 
pt  wurde.  Als  die  Griechen  sich  der  Stadt  Paphos 
nd  ihres  Heiligthums  bemächtigten,  und  hier  einen 
plt  ausbildeten,  welcher  vielleicht  der  glänzendste 
ier  ganzen  griechischen  Bevölkerung  wurde,  soll  es 
.gapenor  gewesen  sein,  welcher  mit  seinen  arkadi- 
iihen  Ansiedlern  den  Kult  der  Aphrodite  von  Paphos 
jründete  Doch  dies  reicht  noch  nicht  hin  Ky- 

ros  an  Arkadien  zu  knüpfen;  es  werden  noch  andere 

J95)  Ders.  8,  5.  3.  vgl.  oben  Abscim.  1  Kap  4  Tbl.  l 
|.  225. 


504 


iin«!  wichtige  religiöse  und  mjdhische  Verbindungen!  it 
bewerkstelligt.  Des  Kinyras  Tochter  Laodike  wird  « 
an  den  Arkadischen  König  Elatos,  Sohn  des  Arkas  k 
%’erheirathet,  und  gebiert  von  ihm  den  St^^mphalos  und  i.i 
Pereus.  Agapenors  Tochter  aber,  ebenfalls  Laodike  fi 
geheissen,  %veiht  von  Kypros  ans  der  Athena-Alea  zu|  ii 
Tegea  in  Arkadien  einen  Peplos.  der  Aphrodite  von  i 
Paphos  ‘'’®)  aber  weiht  sie,  ebenfalls  in  Tegea,  einen  li 
Tempel,  neben  Demeter  und  Kora.  So  fanden  wir  lf 
die  Paphische  Aphrodite  in  Sardes,  in  Pergamos  und  viel-  ei 
leicht  55uThalamai  inLakonien,  so  wird  der  kyprische  w 
Kult  auf  das  sorgfältigste  und  innigste  mit  den  arka- 
dischpelasgischen  Kulten  verbunden,  wie  von  Theben.  C 
Ärgos  und  andern  Orten  aus.  i  i 

Von  den  einzelnen  A'orstellnngen  der  Aphrodite 
in  Arkadien  sind  uns  folgende  aufbewahrt,  ln  The¬ 
ben,  Thrakien,  in  Athen,  Argos,  8paria,  Achaja  ist  j 
Ares  der  Aphrodite  beigesellt^  so  finden  wir  ihn  auch  [ 
!?iU  MegalopoHs  in  Arkadien.  In  dem  südlichen  J 
Theüe  dieser  Stadt  '•  ')  stand  ein  Tempel  der  Aphro-  j 
dite,  welcher  zu  Pausanias  Zeiten  bereits  in  Trüin-  [ 
mern  lag,  aber  die  Bilder  der  Göttin  w'aren  noch  vor-  i 
handen^  es  waren  drei,  das  eine  war  Urania  benannt,'  [ 
das  andere  Panderaos,  des  dritten  Namen  wusste  man  i 
nicht  mehr.  Nicht  weit  davon  stand  ein  Altar  des  | 
Ares,  ebenfalls  schon  sehr  alt.  Oberhalb  des  Tem*i  i 
pels  der  Aphrodite  lag  eine  Rennbahn,  welche  auf  der; 
einen  Seite  sich  bis  ans  Theater  erstrekkte.  Dort  be¬ 
fand  sich  eine  Qneüe,  w'elche  dem  Dionysos  heilig  war., 
Wir  haben  schon  oben  darauf  aufmerksam  gemacht,! 

196)  Ders.  8,  53,  3.  nlndop  M  ’AqQoifkijs  y.aXovfiiytisJIttgk!‘ 

mj  Ders.  8,  32,  I.  Ares  z.  Tegea,  Paus.  8,  48,  3.  wel- 
cbem  die  Weiber  opferten,  lässt  sich  vielleicht  auf  eine  Apluo- 
dite  Areia  beziehen,  wohin  die  Legende  schon  weist 


505 


t 

ijdass  diese  Vereinignng  des  Ares  mit  der  Aplirodite 
iund  ihre  ganze  Autfassung  auch  darin  mit  der  zu  The- 
Iben  übereinstimmt,  dass  sie  hier  wie  dort  drei  Bilder 
ihat,  und  dass  wir  das  dritte  neben  der  Urania  und 
IPandemos,  nach  dem  Vorbilde  des  Thebischen  Kultes 
mit  Fug  Apostrophia  nennen  dürfen.  Ebenso  finden 
wir  im  Haine  der  Despoina  ‘®®)  einen  Tempel  der 
Aphrodite,  aber  nur  mit  zwei  Bildern,  welche  wir 
lUrania  und  Pandemos  nennen  dürfen,  und  daselbst 
einen  Altar  des  Ares.  Das  älteste  Bild  der  Göttin 
Iwar  ein  Schnizbild,  das  andere  von  Marmor. 

Zu  Megalopolis  iin  Gebiet  der  beiden  grossen 
iGöttinnen  ***),  Demeter  und  Kora,  befand  sich  auch 
lein  Tempel  der  Aphrodite;  am  Eingänge  standen  alte 
iHolzbilder,  Hera,  Apollon  und  die  Musen.  Diese  soll- 
jten  aus  Trapezus  gebracht  sein;  die  Bilder  im  Tem- 
Ipel  verfertigte  Damophon;  es  waren  Hermes  und 
iAphrodite,  beide  aus  Holz;  Hände,  Füsse  und  AeÜiz 
jder  leztern  aber  von  Marmor.  So  haben  wir  hier 
also  auch  die  andere  Vereinigung  der  Aphrodite  mit 
iHermes.  Die  Deutung  ihres  Namens  Mechanitis  und 
i dieser  vielleicht  selbst,  ist  neu.  Pausanias  sagt,  sie 
iführe  mit  Recht  den  Namen  Mechimitis  ihrer  Werke 
I  wegen,  da  die  Menschen  der  Liebesgöttin  m'egen  sich 
vieler  Listen  und  allerlei  Kunstgriffe  in  der  üeber- 
redung  bedienten.  Zu  Mantiuea  ®®®)  sah  man  die 
iTrümmer  und  die  Bilder  der  Aphrodite  Symmachia. 
iDie  Inschrift  sagte,  dass  des  Paseas  Tochter  Nikippe 
Idas  Bild  geweiht  habe;  das  Heiligtham  hatten  die 
ilMantineer  gegründet  zum  Andenken  an  die  Gemein¬ 
schaft  mit  den  Römern  in  der  Schlacht  hei  Aktion. 

198)  Ders.  8,  37,  U.  ^ 

199)  Ders.  8,  31,  3. 

200)  Ders.  8,  9,  3.  | 


5ü6 


Diese  Aphrodite  Symmachia  ist  also  eine  Göttin,  welche 
iia  mnthigen  Zusammenhalten,  in  Einigkeit  und  Ord¬ 
nung  Kraft  und  Sieg  verleiht,  wie  ähnliche  AufFas- 
suugen  der  Göttin  öfters,  und  eben  so  Eros  vorkommt. 
Nicht  weit  von  Mantinea,  auf  dem  Wege  nach  Argos, 
wurden  von  den  Meliasten  bei  Melangeia  an  einer 
Quelle  die  Orgien  des  Dionysos  gefeiert  *“')•  Ander 
Onelie  befand  sich  eine  Kapelle  desselben,  und  ein 
Tempel  der  Aphrodite  Me lainis.  Wie  diese  zu  fas¬ 
sen  sei,  haben  wir  oben  erörtert;  w%ahrscheinlich hatte 
sie  durch  die  Nähe  der  dionysischen  Orgien  selbst 
sehr  viel  von  dem  Charakter  dieser  Feier  angenom¬ 
men,  so  dass  Pausanias  diesen  Namen  auf  den  nächt¬ 
lichen  Beischlaf  deutet.  Zu  Tegea  wo  der 

Hauptdienst  der  Kult  der  Athene  Alea  war,  stand  auf 
dein  Markte  Aphrodite,  genannt  iv  rcUv^^m^  weil  der 
Markt  diesen  Namen  von  seiner  Gestalt  führte.  Sie 
wacht  also  auch  hier  über  Ordnung,  Einigkeit  und 
Gedeihen  des  Volkes.  Ausserdem  befand  sich  hier 
noch  das  Bild  der  Göttin  von  Paphos,  welches  Lao¬ 
dike  von  Paphos  aus  nach  Tegea  geweiht  hatte.  Dann 
%var  zu  Kotylon  ***),  nicht  weit  von  Phigalia,  ein 
Tempel  der  Aphrodite,  welcher  kein  Dach  mehr  hatte; 
einBild  der  Göttin  war  noch  darin.  ZuTeuthis 
sah  man  ein  Heiligthum  der  Aphrodite  und  der  Arte¬ 
mis;  auf  dem  Wege  von  Psopbis  nach  Thelpusa 
war  ein  heiliger  Hain  der  Aphrodite. 

Im  nordöstlichen  Arkadien  war  besonders  ein  brei¬ 
ter  Boden  für  die  Aphrodite  Aineias  gegeben,  in  Folge 

201)  Ders.  8,  6,  2. 

202)  Ders.  8,  48,  1. 

203)  Ders.  8,  41,  6. 

204)  Ders.  8,  28,  3. 

205)  Ders,  8,  25,  1. 


507 


lessen  die  Sagen  vom  Aeneas  einen  bequemen  An¬ 
schluss  fanden  *®®).  In  Mantinea  *®^)  hatte  man  an 
ler  Grenze  gegen  Orchomenos  den  Berg  Aochisia  mit 
Mnem  Grabe  des  Anchises  an  dessen  Fiisse  und  einem 
lilten  Heiligthum  der  Aphrodite  daneben,  welche  beide 
^'on  Aeneas  auf  seinemZuge  hierher  nach  seiner  Lan- 
lung  in  Lakonien  errichtet  seien.  Den  Anchises  fin- 
len  wir  in  Pheneos  ®®®)  wieder,  sein  Name  ist  aber 
jiuch  sonst  im  Peloponnes  einheimisch ;  in  Sikyon  wohnt 
Echepolos,  den  Zeus  mit  grossem  Beichthum  ausge- 
itattet,  ein  Sohn  des  Anchises,  «nd  steht  mit  der  Boss- 
mcht  in  Verbindung  wie  Anchises  selbst,  und  die 
losse  der  Arkadier  gehören  zu  den  besten,  nament- 
ich  die  von  Pheneos.  Daher  schenkt  Anchises  da¬ 
selbst  dem  Euander  goldene  Zügel  In  Orcho- 

uenos,  wo  Aphrodite  und  Poseidon  Tempel  besa- 
ssen  ^'®),  soll  Aeneas  gewohnt  haben  ®“).  Von  ihm 
sollte  das  westlich  daran  grenzende  Kaphyai  ge¬ 
gründet  und  nach  seinem  Grossvater  Kapys  benannt 
sein  namentlich  aber  gab  man  den  von  Flüssen 
ind  Sümpfen  begrenzten  Ort  Nasos  oder  Nasoi  nord- 
ivestlich  von  Kaphyai  für  seinen  Wohnsiz  aus.  Der 
tiult  zu  Psophis  ist  mit  Troas,  Zakjmthos  und  Eryx 
Inythisch  genau  verbunden.  In  Arkadien  ist  zwar 
*^*heneos  hauptsächlich  Siz  des  Dardanos,  aber  in  Pso- 
)his  wohnt  sein  Sohn  Zakynthos,  und  wahrscheinlich 
War  er  auch  selbst  dort,  wie  man  dasselbe  von  Aeneas 
Ivegen  seines  Vorhandenseins  auf  Zakynthos  folgern 
j  20(i)  Klausen  a.  a.  O.  1,  258  ff. 

I  207)  Paus.  8,  12,  5. 

208)  Virg.  Aen.  8,  162  ff.  Dionys,  v.  H.  1,  42.  60. 

I  209)  Virg.  Aen.  8,  166. 

!  '  210)  Paus.  8,  13,  2. 

211)  Dionys,  v.  Halle.  1,  49. 

212)  Strabon  13,  608,  Dionys,  v.  H.  a.  a.  O. 


508 


kann.  Psopliidier  müssen  nach  Zakynthos  gekommen 
sein,  da  die  Burg  daselbst  den  Namen  Psophis  führt. 
So  stehen  beide  Orte  in  gegenseitiger  Verbindung. 
Die  Stadt  Psophis  soll  die  Nymphe  dieses  Namens, 
eine  Tochter  des  Eryx  gegründet  und  der  Aphrodite 
den  Beinamen  der  vom  Eryx,  gegeben  haben  *'  *),  wo¬ 
durch  das  Band  zwischen  der  Sizilischen  Aphrodite 
und  der  Arkadischen,  ihr  verwandten,  vermittelt  wurde. 

Von  den  übrigen  göttlichen  Wesen  aus  dem  Kreise 
der  Aphrodite  Anden  wir  in  Arkadien  nur  die  Chariten. 

Die  Inseln  des  Aegäischen  Meeres. 

Die  Wirksamkeit  der  Aphrodite  im  Feuchten  hatte 
ihre  Ausbildung  als  Göttin  des  Meeres  und  Fahrten¬ 
tenlenkerin  zur  Folge,  und  dies  gab  wieder  die  Ver¬ 
anlassung  zu  den  zahlreichen  Tempeln  der  Göttin  am 
Meere  und  in  Häfen.  Wie  sie  dadurch  besonders  bei 
den  Küstenvölkern  Verehrung  genoss,  so  suchten  na¬ 
türlich  noch  mehr  die  Bewohner  der  Inseln  ihre  Ge¬ 
neigtheit,  und  bei  ihnen  dachte  man  sie  sich  am  lieb 
sten  verweilend.  Ihre  Benennung  als  eine  ivoixtng  tmp 
rijöcoy  hat  sich  auf  diese  Weise  gebildet.  Im  Ver¬ 
gleich  aber  mit  den  zahlreichen  Heiligthümern,  welche 
man  auf  den  Eilanden  voraussezen  muss,  und  weicht 
im  Allgemeinen  nachgerühmt  werden,  lassen  sich  doch 
nur  noch  wenige  bestimmte  Tempel  aufzäblen.  Bit 
Nachrichten  über  ihre  Kulte  auf  den  Inseln  betreffer 
fast  insgesamt  dortigen  alten  Naturkult,  da  dieser  ein< 
grössere  religiöse  Wichtigkeit  hatte,  als  ihre  einfach« 
Verehrung  als  8eegöttin,  welche  aller  Orten  gewe 
sen  sein  muss.  Von  den  Inseln  unmittelbar  an  deij 


213)  Paus.  8,  24,  3. 


V 


509 


isiatischen  Küste,  haben  wir  schon  oben  berichtet, 
jnd  fassen  die  andern  hier  zusammen. 

Lemnos.  So  gering  auch  die  Nachrichten  von 
lern  hiesigen  Kult  sind,  so  leuchtet  doch  aus  ihnen 
5chon  ihre  Wichtigkeit  hervor.  Die  Hauptfeier  ist 
!iier  ein  Buss-  und  Thränenfest.  Wegen  des  Man- 
jiermordes,  sagt  Philostratos  welchen  Aphrodite 
mter  den  Lemnierinnen  angestiftet  hat,  wird  die  In- 
el  jährlich  einmal  an  einem  bestirnten  Tage  gerei- 
igt;  alles  Feuer  wird  auf  acht  Tage  ausgelöscht, 
i)is  am  neunten  Tage  das  heilige  Schiff  von  Delos 
neues  Feuer  bringt,  und  neues  Leben  auf  der  Insel 
Deginnt.  So  lange  treibt  das  Schiff  auf  der  Höhe, 
ind  unter  Anrufungen  geheimer  und  unterirdischer 
ijötter  wird  das  Feuer  in  seiner  Beinheit  bewahrt, 
■lie  Haupthandlung  in  diesem  Feste  ist  Mord,  welcher 
i^esühnt  wird,  und  da  vornämlich  Aphrodite  dabei  thä- 
ig  ist  so  wird  das  Fest  auch  ihrem  Kultus  an- 
:;ehört  haben.  Die  Veranlassung  zu  der  Tbat  wird 
luf  verschiedene  Weise  erzählt.  Die  dortigen  Wei¬ 
ter  verachteten  die  Aphrodite  und  vernachlässigten 
hren  Dienst.  Erzürnt  schikkt  die  Göttin  ihnen  einen 
ieruch  zu,  welcher  nicht  unter  die  Wohlgerüche  ge¬ 
hörte  und  ihre  Männer  von  ihnen  abwendete.  Auf 
jletrieb  der  Aphrodite  lieben  sie  Thrakerinnen ;  dage¬ 
gen  fassen  die  Lemnischen  Frauen  den  Entschluss  ihre 
llänner  umzubringen.  Nur  der  König  Thoas  wird 
lurch  seine  Tochter  Hypripyle  gerettet,  eine  Frauen- 


214)  Heroika  19,  14,  Neoptolemos. 

215)  Man  erzählt,  dass  dieser  üble  Geruch  später  noch 
ährlich  einen  Tag  von  den  Frauen  ihre  Männer  und  Söhne  ab- 
■endig  gemacht  habe ;  ein  Mährchen,  das  vielleicht  aus  der  Em- 
fänglichkeit  der  Luft  für  anstekkende  Seuchen  hervorgegan- 
en  ist. 


r 


510 

herrschaft  wird  eingesezt  und  Hypripyle  Königin. 
Da  kommen  die  Argonauten,  die  Lemnierinnen  be¬ 
freunden  sich  mit  ihnen,  und  sehen  bald  wieder  Söhne 
auf  ihrem  Schoosse.  Hypripyle  heirathete  den  Ja¬ 
son 


2  16 


Später,  erzählte  man,  habe  Aphrodite  ibneo 
wegen  ihres  Gatten  Hephaistos  verziehen  *  ).  Aul 
der  Hochzeit  des  Jason  wurden  vor  allen  Hephaistos 
und  Aphrodite  nach  Apollonios  verehrt.  So  war  dü 
Fabel  an  die  Minyer  geknüpft,  aus  welchen  ein  Thei 
der  Bewohner  der  Insel  bestand  *>*),  während  dit 
andern  tyrrhenische  Pelasger  waren.  Der  Kult  dei 
Aphrodite  ist  ebenfalls  dort  alt  und  ächt,  wie  aus  die¬ 
sem  Sühnfest  hervorgeht,  welches  nach  den  Darstel¬ 
lungen  der  Berichterstatter  auf  die  Aphrodite  geht 
und  wird  durch  die  ihr  gebrachten  Stieropfer  bestä 
tigt.  Dann  aber  steht  nichts  entgegen,  unter  der  Ge 
mahlin  des  Hephaistos,  der  Kabeire,  auch  eine  Aphro¬ 
dite  zu  verstehen.  Ihr  baut  er  hier,  nachdem  e 
sie  von  Zeus  zur  Gemahlin  erhalten,  einen  Pa 
last  nehmen  wir  nicht  an,  dass  sich  hie 

aus  der  Kabirengöttin  die  Vorstellung  von  der  Aphro 
dite  als  der  olympischen  Gattin  des  Hephaistos 
“sierApollodor  1,  9,  17.  Papin.  Stat.  Theb.  5,^68  f 
Herodot  6,  138.  Schol.  z.  Find.  Pyth.  4,  252.  z.  Hom.  /,  4 
z.  Apoll.  V.  Rh.  1,  619.Dion.  Chrysost.  Red.  33.  erste  ia 
sische:  liyovm  (Aphrod.  den  Lemnischen  Frauen)  ^ 

Aphr.  unter  der  Gestalt  eines  Weibes  Dr^-yope  ve, 
führt  die  Frauen  ihre  Männer  umzubringen,  und  die  Schilderui 

der  That  Val  er.  Flacc.  Argon.  2,  175  ff. 

217)  Valer.  Flacc.  2,  315.  Ni  Veneris  saevas  fregiss, 

Mulciber  iras.  Schol.  z,  Apoll,  v.  Rhod.  1,  850.  H  de  A'fQ 
dkn  cvyyvmiAu^v  yiveme  rals  M  top  on  v 

WS  ^HxfaiSTov  kQd,  ti  de  ’Ä<fQodlTn  of^evwTf,  iofxevyens)  U^alatf 

218)  Otfr.  Müller  Orchomenos  S.  302  ff.  310. 

219)  Apoll.  V.  Rh.  3,  40.  Sidonius  Epithal.  V.  15. 

220)  Valer.  Flacc.  2,  97  ff.  Hier  und  an  andern  Orti 


511 


gebildet  habe,  so  bleibt  kein  anderer  Ort  übrig.  Die 
mythischen  Erzählungen  weisen  anf  eine  Verbiodong 
mit  dem  nahen  Thrakien  hin  5  von  dorther  heisst 
'Aphrodite  auch  die  Lemnier  sich  Frauen  holen.  Da¬ 
durch  mochte  es  erleichtert  werden,  auch  dem  haopt- 
'sächlichsten  pelasgischen  Beisizer  der  Aphrodite,  dem 
lAres,  auch  auf  Lemnos  eine  Stätte  zu  bereiten;  und 
lin  der  That  war  sein  Kult  hier  nicht  ausgeschlos- 
ijen  Im  Allgemeinen  bleibt  noch  manches  hier 

inklar. 

!  Die  kykladischen  Inseln  werden  insgesammt  als 
iiuserwählte  Wohnsize  der  Aphrodite  angesehen  “*); 
ioch  wird  sie  uns  nur  noch  von  wenigen  näher  an- 
gedeutet,  so  von  Melos,  Anaphe  Kythnos 
l?iphnos  ***).  Auf  Paros  hatten  die  Chariten  eine 
;ehr  bedeutsame  mystische  Feier.  AufNaxos  mischt 
l^ich  Aphrodite  unter  die  Nymphen  des  Landes,  und 
bchliesst  sich  wahrscheinlic  dort  dem  Dionysosdienst 
mg  an.  Auf  eine  alte  Verbindung  zwischen  Naxos 
ind  Kypros  weisst  die  Ariadne- Aphrodite  bei  Ama- 
hus  hin,  welche  durch  Theseus  dorthin  geführt  sein 
;ollte  und  deren  Fest  ganz  Dionysische  Gebräuche 
mthielt.  Ariadne,  eine  Form  derKora,  vereinigt  sich 
Uso  hier  mit  der  Aphrodite,  wie  in  Thessalien  die 
jl*ersephone  der  Aenianen.  Auf  Delos  befand  sich 


'st  ganz  deutlich  gesagt,  dass  die  lemnische  Aphr.  auch  Gattin 

les  Hephaistos  sei. 

220a)  Fulgent.  Expos,  serm.  antiq-,  —  Ne  frendes  sues. 

221)  Hör.  Od.  3,  28,  14. 

222)  Otfr.  Müller  Dor.  1,  105.  Anm,  9. 

223)  Mionn.  Suppl.  4,  389.  eine  Taube  mit  Aphr.,  auf  einer 
ndern  eine  fliegende  Taube. 

224)  Mionn.  2,  327.  Die  Münzen  haben  durchgängig  eine 
|raube. 


512 


die  sogenannte  alle  Aphrodite  **’)? 
nicht  grosses  Schni/.bild,  dessen  rechte  Hand  beschä¬ 
digt  war.  Statt  der  Füsse  ging  das  Bild  m  eine 
vierekkige  Gestalt  aus.  Pausanias  mochte  glauben, 
dass  Ariadne  dies  von  Daidalos  empfangen,  als  sic 
dem  Theseus  folgte.  Da  dieser  sie  verliess,  habe  er 
sa»-ten  die  Delier,  dies  Bild  dem  delischen  Apolloi 
ffeweiht,  damit  er,  nach  Hause  zurükkgekehrt  nich 
wieder  in  das  Andenken  an  die  Ariadne  xurükfiele 
Aphrodite  war  also  als  eine  Göttin  gefasst,  weich, 
eine  vergessende  Liebe  gewährte.  Wie  in  Delph 
die  Aphrodite,  selbst  als  Todesgöttin,  Aufnahme  fand 
so  auf  dem  heiligen  Eilande  Delos;  wie  er  m  Delpl 
dem  Thesens  befiehlt  die  Aphrodite  zu  verehren,  s 
weiht  er  in  Delos  das  Bild  der  Göttin  dem  doriige 
Apollon.  Theseus  war  befohlen,  sich  die  Aphrodit 
56ur  Führerin  und  Begleiterin  seiner  Fahrt  zu  ueh 
men;  wenn  sie  auch  zunächst  hiebei  nur  als  Meergoi 
tin  gefasst  war,  so  schloss  diese  eine  umfassendei 
Bedeutung  nicht  aus,  und  der  delphische  Gott  kanm 
sie  selbst  in  einem  weitern  Sinn.  Bann  aber  erinne 
die  Form  der  alten  delischen  Aphrodite  durchaus  i 
die  hermenförmige  Aphrodite,  als  älteste  der  Mon 
in  Athen,  und  wir  müssen  annebmen,  dass  der  del 

sehe  Kult  von  dorther  stamme. 

Auf  aphrodisische  Natur  weist  der  alte  Kon 
und  Seher  der  Insel  Anios  hin,  selbst  Gastficui 
und  Verwandter  des  Anchiscs.  Seme  Mu  ter  ist  na 
dem  Granatapfel  Rhoio  benannt,  eine  ^^hte.  d 
Staphylos,  welcher  nach  naxischer  Sage  des  Ui 
SOS  und  der  Ariadne  Sohn  ist.  Die  von  Agamei- 
uon  laut  einer  Sage  nach  Troja  geholten  Tochter  d. 

9.  40,  2.  Kallim.  Hymn.  auf  Del.  307. 


513 


.nios,  fliehen  von  da,  rufen  den  Dionysos  um  Bei“ 
:and  an,  und  dieser  verwandelt  sie  in  Tauben,  die 
ögel  Aphrodites  »2«).  Die  Tauben  waren  aber  auf 
elos  heilig^  und  durften  nicht  getödtet  werden 
f^ie  Naxos  hatte  auch  Delos  alte  Verbindungen  mit 
ypros,  und  tauschte  mit  diesem  seine  Vorstellungen 
is^  der  Delier  Melon  kommt  in  die  Verwandtschaft 
?s  Kinyras.  Indess  haben  wir  oben  weitläuftiger 
ivon  gesprochen  ®*®)5  und  brauchen  hier  nur  daran 
i  erinnern. 

Kreta.  Wirklicher  Aphroditekult  begegnet  uns 
er  sehr  wenig  unter  dem  grossen  Zusammenfluss 
|)n  Mythen  und  Kulten.  ZuPhaistos  soll  Aphrö- 
ite  Skotia  verehrt  sein,  und  eine  Aphrodite  An- 
jeia  zu  Gnossos  nennt  Hesychios,  die  man  ohne 
ijsdenken  für  eine  Blumengöttin  der  üppigen  und 
liuchtbaren  Niederungen  jener  Gegend  erklären 
l'inn  **“).  Auf  weitern  Kult  der  Aphrodite  weist  die 
jachricht  hin,  dass  nach  einem  kretischen  Mythos 
•lese  eine  Tochter  der  Dione  gewesen,  aber  nach  den 
Vhandenen  üeberresten  der  kretischen  Mythen  lässt 
!ph  jener  gar  nicht  mehr  einordneo;  wir  haben  ihn 
elmehr  für  einen  dodonäischen  Mythos  erklären  müs- 
in.  Unter  den  bekannten  kretischen  mythischen 
'’esen  ist  die  Pasiphae  ganz  aphrodisischer  Natur, 
iie  Aphrodite  Aineias  und  ein  Geschlecht  Aeneaden 
ar  zu  Pergamia  in  der  Nähe  von  Kydonia  vorhan- 
'l;n.  Die  Stadt  sollte  von  Aeneas  gegründet  sein. 

226)  Ovid.  Met.  13,  65?  ff.  Auf  delischen  Münzen  eine 
jjgende  Taube.  Mionn.  Suppl.  4,  390. 

227)  Serv.  z.  Virg.  Aen.  3,  80. 

228)  Abschn.  2  Anm.  76  ff.  aus  Serv.  zu  Virg.  Ekl.  8,  37. 

229)  Etjm.  Magn.  Kvd-t^Ha, 

2.30)  Vgl.  Welker  z.  Theogn.  Eltg.  S.  88.  Anm.  125. 

II.  33 


514 


Nach  Klausen  muss  man  hier  wie  in  Troas,  Makedo 
nie»  und  Arkadien  eine  selbständige  Wiege  diese 
Vorstellungen  annehmen.  Eine  allgemeine  Verehrun« 
durch  gan»  Ki*eta  genoss  Eros. 

Kythera.  Weil  man  sich  den  Ruhm  diese 
Tempels  der  Aphrodite  nicht  erklären  konnte,  so  nahi 
man  hier  einen  alten  phönikischen  Kult  der  Astart 
an,  und  dies  lässt  sich  auch  aus  der  Stelle  bei  He 
rodot^®*)  mit  ziemlicher  geschichtlicher  Sicherhe 
schliessen.  W"ie  sich  aber  auf  Kypros  die  Grieche 
der  phönikischen  Tempel  bemächtigten,  so  gescha 
es  auch  hier  auf  Kythera,  und  wahrscheinlich  vo 
Ärgivern  und  Lakonen,  unter  deren  Herrschaft  sic 
die  Insel  nach  einander  befand.  Das  bewaffnete  Schniz 
hild  derselben  muss  spartanisch  sein,  denn  wir  finde 
es  nur  in  spartanischen  Kolonien.  Die  Griechen  In 
ssen  aber  denPhönikern  nicht  die  Gründung,  sonder 
Aeneas,  welcher  aller  Orten  der  Gründer  der  Aphr 
ditetempei  ist,  muss  auch  den  kytherischen  anlege 

Afrika. 

Unter  den  ägyptischen  Gottheiten  wurde  von  de 
Griechen  namentlich  dieAthor  mit  dem  Namen  Aphr 
dite  bezeichnet  *")•  l>‘>»P‘sächhc 

ste  Verehrung  in  Athribis,  einer  Stadt  und  einem  n 
mos  im  Delta,  in  dessen  Nähe  Aphrodisopolis  lag 
Anknüpfungspunkte  für  ihre  Gottheiten  an  fremde  fa 

“"^^irHerodot.  1,  105.  Paus.  3,  23,  1.  Eustath.  z.Di. 
pGT*  499. 

*232)  Orion  im  Etym.  M.  Im  Allg.  Zoega  in  s.  Abhai; 

lungen  S.  34.  ,  .  ,r • 

233)  Herodot.  2,  41.  nölis  ^ÄmQßnX^^- 

iQoy  i'fJQL'TM.  Steph.  v.  B. 


515 


den  die  Griechen  auch  hier.  Ausserdem  nannte  man 
aber  auch  noch  die  Nephthys  die  Tochter  der 

Athor,  und  die  Isis  zuweilen  Aphrodite;  es  ist  mög¬ 
lich,  dass  man  die  Aphrodite  Skotia,  welche  laut  He- 
sychios  in  Aegypten  verehrt  wurde,  und  welche  uns 
noch  kürzlich,  auf  Kreta  begegnete,  in  der  Nephthys 
7A\  erkennen  glaubte.  Seitdem  durch  die  Ptolemäer 
die  Adonisfeste  eingeführt  waren,  so  suchte  man  in 
der  Aphrodite  und  dem  Adonis  Isis  und  Osiris  wie¬ 
derzufinden.  Zu  Chusai  sollen  ihr  Kühe  wiegen 
der  Aeusserungen  der  heftigen  Brunst  dieser  Tliiere 
geopfert  sein:  Rinderopfer  wurden  der  Aphrodite 
»uch  nach  altgriechischen  Gebräuchen  gebracht,  aber 
hier  übte  vielleicht  noch  die  Isis  ihren  Einfluss.  Die 
rielen  Städte,  welche  den  Namen  der  Aphrodite  tra¬ 
gen,  kündigen  sich  als  geheiligte  l^^ohnsize  derGöt- 
;in  an.  Sie  hatte  die  griechischen,  besonders  joni- 
5chen  Ansiedler  übers  xlleer  geführt,  und  ihr  baute 
nun  vorzugsw'eise  viele  Tempel  ®®®).  Bekannt  ist, 
wie  seit  Psammetich,  besonders  aber  seit  Amasis  die 
Griechen  von  der  Küste  an  über  das  Gand  sich  ver- 
preiteten,  welches  bald  mehr  ein  griechisches  als 
igyptisches  werden  sollte,  und  mit  den  Griechen  wur- 
len  die  griechischen  Gottheiten  eingebürgert.  Die 
i\phrodite  in  Memphis  haben  wir  oben  auf 
nne  Sühngöttin  bezogen,  sie  kann  aber  auch  zugleich 

I  234)  Plut.  Is.  u.  Os.  Kap.  12.  ry  da  ni^m^  Ni''S-vv,  Ijy  xat 
TtXivr^v  y.ul  " Aq Qodinjv,  avwt,  da  xat  Nlxijv  ovo^üfyvdw,  Miomi.  6,  517. 

!  235)  Ailian.  Thiergesch.  10,  27. 

j  236)  Hymn.  Oiph.  55,  18. 

I  tixa  avy  ip  nsdioicv  cvr  aQfiaea  yQVöaoTsvXTmS 

Aiyvnwv  xanyais  laQ^g  yopi/uaidacc  lovr^d. 

237)  Herodot.  2,  112.  Hör.  3,  26,  9.  l^trabon  16,807. 
3.  oben  S.  266.  267.  Klausen  Aeneas  und  die  Penaten 

l,  605. 


33* 


516 


als  eine  Geleiterin,  nämlich  hier  der  Jonier,  in  die 
Fremde  gefasst  sein,  und  an  sie  sezten  sich  die  Sa¬ 
gen  von  den  ägyptischen  Wanderungen  der  Helena 
Dann  wird  die  Aphrodite  von  Theben  und  fen- 
tyris  genannt  5  in  lezter  Stadt  befand  sich  hintei 
dem  Tempel  der  Aphrodite  ein  Heiligthum  der  Isis 
In  Momemphis  führte  sie  den  Beinamen  der  golde¬ 
nen  und  ist  als  solche  ohne  Zweifel  aus  Klein 
asien  gekommen;  da  ihr  aber  eine  Kuh  geopfer 
wurde,  so  ist  auch  hier,  wie  zu  Chusai,  eine  Vermi¬ 
schung  mit  der  Isis  vorgegangen;  und  solcher  Ver 
mischungen  mögen  noch  mehrere  stattgefunden  haben 
Den  Kult  der  Aphrodite  zu  Naukratis  ***)  muss  raai 
von  Milet  herleiten,  er  wurde  aber  noch  in  nähere  Be¬ 
ziehung  zu  Paphos  selbst  gesezt,  indem  der  Bürgeil 
Herostratos  von  Naukratis  ein  Bild  der  Göttin  auf 
Paphos  mitbringt,  dies,  nachdem  es  ihn  über  das  Meei; 
geführt  und  glükklich  vom  Untergange  errettet  hat 
in  Naukratis  aufstellt  und  seine  Verehrung  empfiehlt 
Seitdem  war  sie  dieser  Stadt  sehr  gewogen.  Bei 
Tempel  der  Aphrodite  Zephyritis  auf  demVorgebirg 
Zephyrion  hatte  Ptolemaios  Philadelphos  gegründet 
laut  Stephanos  v.  B.,  und  darin  seine  Gemahn  uni 
Schwester  Arsinoe  begraben,  ihre  eigene  V’'erehriin^; 
aber  unter  dem  Namen  einer  Aphrodite  Arsinoe  Ze 
phyritis  befohlen.'  In  diesem  Tempel  bängte  ihr 


238)  Sil.  Ital.  Pun.  3,  683. 

239)  S traben  17,  815.  Letronne  Recherches  u.  s.  v 

S.  25.  180.  187. 

240)  Diodor  1,  97.  Euseb.  praep.  evang.  10,  8.^  Stra| 

bon  17,  803  ol  is  MafiffiftTai  t^v  ’AfQodhtjV  xat  z^iq^cn 

S-yltM  ßovs  iiQK,  xaS-dnsQ  Mififu  6  “Ann. 

241)  Polycharmos  aus  Naukratis  'AqqoMnfi  b'i 

Athen.  16,  675  ff. 


517 


Tochter  Berenike  ihr  Haar  auf  Ptolemaios  haute 
»uch,  nach  dem  Zeiigniss  des  Plutarch ,  der  Hetäre 
IBelestia  in  Alexandrien  Heiligthümer,  und  liess  sie 
i'inter  dem  Namen  der  Aphrodite  Belestia  verehren. 

Kyrene.  Pindar  lässt  die  Aphrodite  den 
4pollon  und  die  Nymphe  Kyrene  bei  ihrer  Ankunft 
m  Lande  empfangen,  aber  das  ist  nur  dichterische 
^Vorstellung,  zur  Ausschmükkung  jenes  Mythos 5  in  der 
i^virklichkeit  kann  sie  nur  erst  mit  den  Ansiedlern 
lorthin  gebracht  sein.  Apollon  war  Hauptgott  und 
lie  Verehrung  der  Aphrodite  wol  nicht  sehr  hedeu- 
end,  denn  wenn 'Pindar  Kyrene  auch  x^nog 
tjg  nennt,  so  bezeichnet  er  dadurch  nur  die  Anmuth 
fees  Ortes.  Wie  die  Oöttin  hierher  von  Kythera  kom¬ 
men  konnte,  ist  nicht  einzusehen  ^  die  Ansiedler  wer¬ 
fen  sie,  wie  den  übrigen  Kult  mit  aus  ihrer  Heimat 
|;ebracht  haben.  Der  Tempel  stand  nicht  weit  vom 
[leere,  wodurch  sie  sich  also  auch  hier  als  Meergöt- 
lin  und  Fahrtenlenkerin  kundgiebt. 


I  Sizilien. 

I 

I  Mit  viel  weniger  Grund  als  es  beim  Kulte  der 
Aphrodite  von  Paphos  geschehen,  ist  von  je  her  be- 
iauptet  und  ohne  Prüfung  nachgesprochen  worden, 
lass  der  Kult  auf  dem  Eryx  ein  phönikischer  gewe- 
|3n  sei,  bis  es  neuerdings  Klausen  durch  die  Bear- 
eitung  der  Sagen  und  Mythen,  und  der  ältesten  Ge- 
jjhichte  der  Völker  jenes  Landes  mit  gründlicher  und 
imfassender  Gelehrsamkeit  dargethan,  dass  der  dor- 
ge  Gottesdienst  auf  dem  Boden  des  Naziooalkultes 

I  242)  Hygin  Astron.  2,  24.  Catull  64,  ö6. 
j  243)  Pind.'Pyth.  9,  9.  Pyth.  5,  2».  Bökh.  Erld.  S.  283. 
lerodot.  2,  181.  Plautus  Riid.  Prol.  61.  Akt  1,  2,  6.  14,34. 


518 


jener  Kiistenstämme  steht,  welches  in  Oenotrien  die 
latinische  Hera,  in  Epiros  die  Dione,  in  Akarnaniei 
und  auf  dem  (»ipfel  des  Berges  Elymon  den  Diens 
der  Aphrodite  Aineias,  in  beiden  Gegenden  unter  die 
sein  bestimmten  Namen,  hervorgetrieben  hat.  Di'! 
Elymer  sind  die  ältesten  Einwohner,  welche  wir  ic 
westlichen,  namentlich  im  nordwestlichen  Sizilien  ken 
nen,  und  von  gemeinschaftlicher  Nazionalitüt  mit  de, 
Oenotren.  Ihre  Hauptstadt  war  Aegesta  oder  Se 
gesta.  Die  Gottheit,  welche  diese  Völker  verehrter 
konnte  keine  andere  sein,  als  die,  welche  ihre  Stain 
mesgenossen  in  Unteritalien,  in  Epiros  und  Akarna 
nien  verehrten,  also  die  dodonäische  Dione  und  di 
besondere  Auffassung  derselben  als  Aphrodite  Aineias 
weiche  jenen  Völkern  hauptsächlich  in  den  Heerde 
wirksam  erschien,  und  an  den  Küsten  als  Meergöttii 
Die  troische  Aphrodite  ist  aber  im  Grunde  dieselb 
wie  jene,  und  mit  der  Verbreitung  der  troischen  Sa 
gen  und  homerischen  Gedichte  genügte  die  Aehnlicb 
keit  in  Landesbeschalfenheit  und  Kultus,  um  bei  de 
Elymern  die  Üeberzeiigung  troischer  Abkunft  hervoi 
Zurufen,  wie  bei  den  verwandten  Völkern  in  Chonu 
und  Chaonien,  und  bei  den  Arkadern  von  Pheneo 
So  werden  geographische  uni nij^4|iJ^fehe  Namen  ln 
Jas  bei  den  ^Elyttrern  uuf  dem  Gipfel  ili 

Elymon  wird  ein  Altar  der  Aphrodite  Aineias  errici’ 
tet,  in  Segesta  ein  Heiligthum  des  Heros  Aeneas  ej 
baut  ***).  Die  Aeneassagen  in  Akaruanien  und  de 
benachbarten  Gegenden  waren  von  Korinth  aus  dor 

244)  Dionys,  v.  Halik.  1,  53  ...  Ag  ÄlvtiäSog  ’Aff^oöi 
6  ßM^k  int  tJi  MfaXTj  rov  ’EU.uov  Wqv^tvog,  xat  Isqk  Ai^tlov  i(fq 
fiivov  iv  AlysoTu’  iw  /uiy,  ccviou  xuTaaxivuCavrog  Älviiov  tg 
’AfiqoMrn  OvquUa  auf  einer  Inschr.  v.  SegesU  bei  D’Orville  tj 
cula  1,  54.  2,  5b2.  von  Klausen  zit,  Cic.  divin,  in  Verr.  Kap.  I| 


519 


in  gelangt,  zu  den  Elyniern  wurden  sie  wahrsdiein- 
ch  von  hier  weiter  durch  den  Verkehr  zwischen 
’hyrreon  und  Aluntion  gebracht.  In  die  mehr  östli- 
hen  Gegenden  kam  Aeneas  über  Syrakus,  und  wurde 
u  Ortygia  mit  Arethusa,  einer  Nebengottheit  der  ery- 
inisch  dionaischen  Göttin,  in  Verbindung  gesezt. 

Eryx  lag  auf  dem  westlichen  V.  G.  Drepantim, 
m  Fasse  des  Berges  die  Stadt,  auf  dem  Gipfel  der 
’empel  der  Aphrodite,  nicht  minder  berühmt  als  die 
’empel  auf  Kythera  und  Kypros  nnd  Segesta 

1  der  Nähe.  Auch  dies  Heiligthum  %var  ein  Elymi- 
[clies  und  die  Bewohner  dieser  Gegend  waren 
benfalls  Elymer  wie  um  Segesta.  Der  Tempel  auf 
era  Eryx,  von  einer  dädalischen  Mauer  umgeben,  war 
oll  von  Weihgeschenken  an  Dreifüssen,  Rauchfässein 
nd  einer  Menge  andern  Geschirres,  alles  von  Sil- 
jerj  Niemand  wagte  aber  aus  heiliger  Scheu  vor  der 
liottheit  diese  Schäze  anzurühren.  Strabon  klagt, 
lass  zu  seinerzeit  der  Tempel  sehr  an  Ansehen  vei- 
')ren  habe,  arm  an  Männern  und  llierodulen  sei,  nur 
|och  den  Haufen  heiliger  Diener  fände  man  dort, 
früher  war  der  Tempel  eben  so  reich  gewesen  wie 


244a)  Diod.  4,  79.  5,  77.  'Oixotoig  <¥  ^Af^oölr^v  fvämqUpM 
7?  (Äiv  2r/.iUag  nsql  t'ov  rSv  cT«  Kv&nqa  sfßt 

Idff  ov  T^g  KvnQov,  r^g  de  ’Aaiag  nsQt  Tr,v  SvQiav.  Ji>a  de 
dpiiccv  xai  t'nv  inl  nUlov  amqg  rok  iyxaQhvg i'iMCtß&ai, 

]v  xaloZvTig  ’Acpqodktiv  xal  Kv^iquav  xai  Jlaif  lav, 

xalSvQlav.  Pap.  Stat.  Sylv.  3,  3,  2i.  Dicitur  Idahos 
.rycis  de  vertice  lucos  Dum  petit  et  molles  agitat  Venus  aurea 
ygnos. 

245)  Thucyd.  6,  2.  ^vfxnapng  fih  "Elvfxm  IxX^^fiaau ,  nomg 
i  akdjv  ‘'Eqv'^  re  xut  ^Eyeßra.  Eryx  ist  König  der  Elymer  bei 
.pollodor  2,  5,  10.  Tzetz.  z.  Lyk.  1232. 

246)  Strabon  6,  272.  Tbuk.  6,  46.  Münzen Mionn.  l,23n. 

puppl.  1,  386. 


T 


520 

der  von  Paphos  und  noch  im  panischen  Kriegt 
war  er  der  reichste  in  tSizilien.  Von  je  her,  sag 
Ailian,  waren  die  Göttin,  ihr  Tempel,  und  ihre  Schäzt 
mit  der  grössten  Ehrfurcht  behandelt  worden,  Hamil 
kar  beraubte  ihn,  zog  sich  dadurch  die  schwerste) 
Strafen  zu,  und  büsste  den  Frevel  zulezt  mit  den 
Tode,  wie  alle  den  Tod  erlitten,  welche  sich  ein  sol¬ 
ches  Vergehen  hatten  zu  Schulden  kommen  lassen 
sein  einst  so  glükkliches  Vaterland,  in  welches  di( 
Schäze  gebracht  waren,  wurde  dafür  mit  dem  Ver¬ 
luste  der  Freiheit  bestraft.  In  früheren  Zeiten  wa 
ren  eine  Menge  weiblicher  Hierodiilen  dort  gewesen 
welche  von  den  Städten  Siziliens  und  von  auswärti¬ 
gen  geweiht  waren.  Wenn  die  römischen  Feldherrr 
und  Statthalter  nach  Sizilien  kamen,  begaben  sie  sicii 
nach  dem  Eryx,  verherrlichten  das  Heiligthum  durcl; 
viele  glänzende  Opfer  und  Ehrengeschenke.  Dane 
legten  sie  den  Ernst  ihrer  Würde  ab,  und  vertausch¬ 
ten  ihn  mit  Spiel  und  Scherz,  und  dem  Umgang  mil 
Frauen  unter  vieler  Heiterkeit,  indem  sie  glaubten 
dass  sie  nur  so  der  Göttin  ihre  Gegenwart  angenehir 
machen  würden.  Der  römische  Senat  sezte  einen 
Ehrgeiz  in  die  Verherrlichung  dieser  Göttin,  trugden 
siebzehn  treusten  Städten  Siziliens  auf  Geldgeschenke 
der  Aphrodite  zu  machen  und  den  Tempel  von  zwei¬ 
hundert  Soldaten  bewachen  zu  lassen  Uotei 

Tiberhis  trugen  die  Segestaner  darauf  an,  dass  das 
Heiligthum,  durch  sein  Alter  bereits  verfalleu,  wie¬ 
der  hergestellt  werden  möchte.  Tiherius  übernahm 
sehr  bereitwillig  die  Erfüllung  dieser  Bitte,  da  er  ja 
durch  die  Bande  des  Blutes  der  Göttin  nahe  stand.i 

247)  Fans.  8,  24,  6.  Polyb.  1,  55.  Ailian  Thierge- 

schichto  10,  50. 

248)  Diodor  4,  83. 


521 


ISueton  sagt,  dass  es  Elaodius  gewesen  sei,  welcher 
jden  lempel  wieder  herstellte.  Wahrscheiolich  voll- 
jendete  er  nur  den  Wiederaufbau  ®^®), 

!  Durch  die  innige  Vereinigung  der  sizilischen  Sa¬ 
iten  mit  den  troischen  wird  Elyinos,  der  Repräsentant 
der  Llymer,  zum  Troer;  Aigestos  aber,  oder,  wie  er 
jei  Virgil  heisst,  Acestus,  beides  Vettern  des  Aeneas, 
)leibt  zwar  ein  Sizilier,  heisst  Sohn  des  Flusses  Kri- 
nisos,  doch  ist  seine  Mutter  eine  Troerin.  Eine  Folge 
1er  troischen  Einwirkungen  auf  Sizilien  ist.  dass,  wie 
vir  bereits  angeführt  haben,  Aeneas  den  Tempel  auf 
lemElymon  gegründet  haben  sollte  5  ebenso  wird  die 
Erbauung  des  Tempels  auf  dem  Eryx  drei  troischen 
luDgfrauen  zugeschrieben  Die  mythischen  Ge¬ 

walten  aus  dem  Erykinisclien  Kreise  haben  aber  na- 
uentlich  mit  den  bithynischen  Bebrykern  so  viel  Aelin- 
ichkeit,  dass  Eryx  dem  Amykos  fast  gleich  ist.  Jfadi 
1er  sizilischen  Sage  ist  Eryx  ein  Kind  der  Aphrodite 
.nd  des  Hutes,  erweitert  das  Reich  des  Vaters  und 
;ründet  seiner  Mutter  den  Tempel  auf  dem  Eryx 
rie  Aeneas  den  auf  dem  Elymon,  und  hat  überhaupt 
|ieselbe  Stellung  zu  der  Göttin  wie  dieser.  Den  Bu- 
|2S  machen  griechische  Mährdien  zum  Argonauten 
ind  identifiziren  ihn  mit  dem  attischen  Heros,  dem 
Üohn  des  Teleon  ,,Deoi  Namen  wie  dem  Ver- 

lältniss  nach  entspricht  Butes  offenbar  dem  Anchises, 
lu  dem  Aphrodite  auch  zu  den  Rindern  kommt ^  und 

1  249)  Sueton.  Klaud.  25.  Tacit.  Ana.  4,  43. 

'  250)  Lykophr.  958. 

I  251)  Diod.  4,  83.  vgl.  23.  Serv.  Aen.  1,  574.  Eryx 

lohn  Aphrs.  und  des  Butes  auch  Steph.  v.  B.  "tepl.  Hygiii 

b.  250.  Serv.  a.  a.  0.  5,  24.  412.  Schol.  z.  Theokr.  15,101. 
j  252)  Apollon.  4,  917.  vgl.  1,  95.  Apoilod.  1,  9,  25. 

Idwf  cTi  nqoi  etwas,  oi^  dqndama  'Afqodlt>i  iv  Jt- 

ßal(p  xuT^xMfs,  vgl.  16. 


522 


so  wie  Eryx  dort  geschildert  wird,  hat  dieser,  wel¬ 
cher  den  Dienst  seiner  Mutter  einrichtet,  ganz  die¬ 
selbe  Stellung,  wie  Aeneas,  der  von  den  Dichtern 
gern  sein  Bruder  genannt  wird  Dass  er  als 

Ringer  und  Faustkämpfer  berühmt  ist,  widerspricht 
nicht,  da  auf  Zakynthos  auch  dem  Aeneas  Kampf¬ 
spiele  heilig  sind.  Daher  heisst  es  nun  eben  so  häufig. 
Aeneas  habe  den  Tempel  der  erykinischen  Aphrodite 
gegründet  und  in  der  einheimischen  Sage  wird 

er  als  Erneuerer  anerkannt,  welcher  zuerst  nach  Eryx 
ihn  mit  vielen  Weihgeschenken  geschmükkt  und  ihn 
den  Sikanern  zur  Verehrung  mit  Opfern  und  Oabec 
für  viele  Geschlechter  hinterlassen  habe  Di« 

Meinung,  dass  Anchises  am  Eryx  begraben  sei,  wc 
sein  Name  in  dem  von  einem  Hain  umgebenen  An- 
chiseum  vermuthlich  in  die  Stelle  des  Butes  sich  ein 
drängte,  machte  sich  so  geltend,  dass  Virgil  dagegen 
die  einheimische  latinische  zurüksezen  konnte  )- 

Bei  dem  Hirtenvolke  auf  dem  Eryx  ist  Aphro¬ 
dite  auch  natürlicher  Weise  eine  Heerdengöttin  unc 
Verleiherin  der  Fruchtbarkeit.  Wie  aber  an  anderr 
Orten,  wo  diese  Aphrodite  verehrt  ward,  gesellte  siel 
auch  hier  die  Beziehung  auf  das  Meer  hinzu  um 
Eryx  wird  dadurch  ein  Sohn  der  Aphrodite,  und  nich 
des  Hirten  Butes,  sondern  des  Poseidon  Ery? 

als  Sohn  des  Rinderfürsten  zog  von  selbst  eine  Zu 

'  '253)~Tirg-  Aen.  5,  24,  412.  630. 

254)  Cicero  Verr.  4,  33.  Fest.  S.  261.  Hygm  fab.  261 
Virg.  Aeii.  5,  759.  Mela  2,  7. 

255)  Diod  4,  83. 

256)  Hygin  fab.  260.  in  hoc  autem  monte  dicitur  etiai 
Anchises  sepultiis,  licet  secundum  Catonem  ad  Italiam  veneri 

Virg.  Aeii.  5,  760. 

257)  Apollod.  2,  5,  10.  Serv.  Virg.  Aen.  1,  574.  6, 
10,  551. 


523 


ammenstellnng  mit  dem  Herakles  herbei,  weleher  in 
len  önotrisch-sikulischen  Landschaften  bis  nach  La- 
lum  hinauf  ein  Heros  der  Einderhirten  ist.  Ihm  will 
'üryx  wie  Lakinios  die  Binder  des  Geryon  aboehiaeii 
nd  wird  darüber  erschlagen  ***)♦  Enger  als  an 
^piros,  Akarnanien  und  Zakynthos  schliesst  sich  die 
Aphrodite  vom  Eryx  noch  an  Arkadien,  wo  eine  rechte 
'ülle  von  troischen  Sagen  und  Begriflen,  und  die  eng¬ 
ten  Verbindungen  sich  eingestellt  hatten,  und  wenn 
vir  weiter  erwägen,  dass  Herakles  zu  Arkadien  in 
er  Sage  vom  Erymantischen  Eber  eben  so  heimisch 
Is  am  Eryx  ist,-  so  begreifen  wir  leicht,  wie  die 
kphrodite  vom  Eryx  mit  Psophis  verbunden  werden 
onnte.  Die  Psophidier  verehren  nämlich  die  Eryki- 
ische  Göttin  wegen  ihrer  Heroine  Psophis,  einer 
.'ocbter  des  Eryx.  Ihr  Vater  hatte  sie,  da  sie  vom 
lerakles  geschwängert  war,  dem  Lykortas  aus  Phc- 
L’ia  in  Arkadien  übergeben.  Dort  gebar  sie  den 
Ichephron  und  Promachos,  welche  wegen  ihrer  Mut¬ 
er  die  Stadt  Phegia  fortan  Psophis  nannten.  Zwi- 
chen  hier  und  Zakynthos  w'ird  wieder  ein  neues 
land  geschlungen,  wie  man  aus  der  Burg  Psophis 
lu  Zakynthos  ersieht. 

I  Die  elymische  Landschaft  war  der  hauptsächlich¬ 
ste  Stüzpunkt  der  karthagischen  Macht  auf  Sizilien, 
dadurch  wurden  die  Einwirkungen  der  karthagischen 
Eadtgöttin  auf  die  Aphrodite-  vom  Eryx  bewerkstel¬ 
ligt;  daher  ist  die  Hochachtung  der  Karthager  vor 
lieser  Göttin  zu  erklären.  Die  Sizilier  am  Eryx  wa- 
en  es  vermuthlich,  welche  den  Aeneas  nach  Karthago 
lommen  liessen  und  auf  sein  Abenteuer  mit  der  Dido 
len  unversöhnlichen  Hass  zwischen  beiden  Staaten, 

I  258')  Diod.  4,  23.  Hygin  fab.  260.  Paus.  3,  16,  4.4,36,4. 
'/irg.  Aeii.  5.  759.  Lykopiir.  866  nennt  den  ii.rjx  einen  Stier. 


524 


so  wie  die  Erschütterung  der  matronalen  Unüber» 
windiichkeit  Karthagos  in  seiner  Grundlage,  herlei¬ 
teten.  Die  ganze  karthagische  Sage  von  Aeneas 
von  welcher  man  bei  griechischen  Schriftstellern,  na¬ 
mentlich  Dionysios,  nichts  findet,  ist  nur  eine  Erwei¬ 
terung  der  erykinischen,  und  mochte  von  den  zahl¬ 
reichen  Griechen  in  Karthago  noch  gepflegt  werden 
Die  Sage,  dass  Aphrodite  an  den  Anagogien  von: 
Eryx  nach  Libyen  ziehe,  unterhielt  die  Verbindung 
Eine  wirkliche  Hinüberführung  der  erykinischen  Göt¬ 
tin  nach  Afrika,  geschah  in  sehr  späten  Zeiten  durch 
den  Bau  von  Clupea  und  Veneria  von  Seiten  dei 
Sizilier. 

Der  Aphroditekult  zu  Syrakus  stammte 
ohne  Zweifel  von  der  Mutterstadt  Korinth,  und  man 
kann  annehmen,  dass  er  sich  mehrfach  dem  Dienste 
Kora  in  Sizilien  angeschlossen  habe.  Dies  dürfen 
wir  vielleicht  aus  der  Eudoso,  Evdoo&co,  schliessen. 
unter  welchem  Namen  Aphrodite  laut  Hesychios  in 
Syrakus  verehrt  wurde.  Durch  denselben  lernen  wir 
sie  auch  als  Bamtig  daselbst  kennen.  Berühmt  aber 
war  besonders  die  Kallipygos.  Pindar  ®®“)  nennt 
Äkragas  das  Land  der  Aphrodite  und  der  Chariten 
indess  ist  dies  bildlich  gesprochen  und  ein  Kult  der 
Göttin  folgt  daraus  noch  nicht.  Aber  auf  einer  Münze 
hat  man  sie  zu  erkeimen  geglaubt,  und  Helena  mit 
den  Dioskuren  wurde  hier  verehrt  ^®‘).  Ziu  Enna 
lernen  wir  sie  ebenfalls  durch  eine  Münze 
nen.  Der  Kult  der  Aphrodite  zu  Selinus  *®®),  de- 

259)*~C'harito n  1,  1.  3,  6.  5,  5.  8,  8. 

261»)  Pyth.  6,  1.  Schot.  ; 

261)  Pind.  Olymp.  3,  1.  Scliol. 

262)  Mionn.  1,  234. 

263)  Timaios  bei  Zenob.  Prov.  1,  31.  Thukyd.  6,  20. 
Otfr.  Müller.  Dor  1,  406. 


525 


3n  Tempel  sehr  reich  und  angesehen  waren,  stammte 
/ahrscheinlich  vom  nahen  Eryx;  indess  konnte  er 
lieh  schon  mit  von  Megara  gekommen  sein. 

Italien. 

Indem  die  eigenthümliche  Gestaltoog  des  Kultes 
er  Aphrodite  auf  römischem  Boden  nicht  in  meinem 
Jane  liegt,  kann  ich  mich  hier  verhältnissmässig  sehr 
urz;  fassen,  und  verweise  im  üebrigen  auf  Klausen, 
a  welchem  der  jedenfalls  schreiten  muss,  welcher 
iisführliche  und  gründliche  Belehrung  über  die  itali- 
;he  Volksreligion  sucht.  Im  südlichen  Italien  treffen 
ir  dieselben  oder  doch  verwandte  Völkerstämme  an, 
ie  im  benachbarten  Griechenland,  in  Epiros,  Akar- 
inien  u.  s.  w.  Daraus  können  wir  mit  Sicherheit 
if  gleiche  religiöse  Vorstellungen  schliessen,  und 
js  dodonäische  Götterpaar  begegnet  uns  in  diesen 
ändern  unter  den  lateinischen  Namen  Liber  und  Li- 
3ra;  leztere  heisst  auch  Libitina,  aber  hauptsächlich 
ol  nur  ohne  Beziehung  auf  einen  Gemal.  Die  so- 
snannte  Lakinische  Hera  ist  die  dodonäische  Göttin  t 
lannibal  verehrte  sie  wegen  ihrer  üebereinstimmuDg 
|it  der  Göttin  vom  Eryx  und  der  Aehnlichkeit  dieser 
lit  der  karthagischen  Stadtgöttin.  Auf  Münzen  von 
larent  findet  man  die  Aphrodite  ®®*),  welche  hier  den 
jamen  Baadig  laut  Hesychios  führte.  Wie  Klausen 
leint,  entspricht  der  Fluss  Alentas,  an  welchem 
Jphrodite  verehrt  wird  dem  Namen  der  Salen- 
i|ier.  In  den  meisten  Gegenden  ünteritaliens  sind 
i'Dische  Mythen  aufgenomraenj  in  Kalabrien  ist  An- 

-I - 

[  264)  Mionn.  Suppl.  1  Nr.  530.  u.  öfter.  Aphr.  mit  Hals- 
liid  u.  Ohrgehänge  X  Kind  Taras  knieend  mit  Spindel  u.  Rolle. 

265)  Lykophr.  868.  Theokr.  5,  123  u.  Schol. 


526 


chis6s  eingebürgertef  Heros.  Münzen  von  Hyria 
Uria,  oder  alt  Orra  tragen  die  Aphrodite  nörd¬ 
licher  war  ein  angesehener  Tempel  der  Aphrodite  anl 
dem  V.  G.  Ankona 

Der  rechte  Boden  für  die  Aphrodite  in  Daher 
sind  aber  Kampanien  und  Latium,  ln  Kapua 
wird  der  Kult  der  Aphrodite  zwar  namentlich  nichi 
angeführt;  doch  können  wir  ihn  voraussezen 
zumal  da  Kapua  von  einem  Troer  Kapys  gegründet 
sein  soll,  und  in  Verbindung  mit  den  Aeneassagcn 
gebracht  wird.  Klausen  hat  die  ganze  Fülle  der  Sa¬ 
gen  über  Aeneas  und  Aphrodite  in  diesen  Gegenden 
o-esammeit,  wir  müssen  uns  auf  Einzelnes  beschrän¬ 
ken.  Unter  den  Städten  wird  der  Kult  der  Göttin 
za  Neapel  und  Bajae  genannt.  Zu  Min- 

turnae  ist  mit  der  Aphrodite  die  Marica  verbunden, 
welche  Aphrodite  auch  selbst  ist  *”).  Mit  der  Ma- 


266)  Mionn.  Suppl.  1  S.  356.  Nr.  1106.  Katull  34,  11 
üriosque  apertos. 

267)  Catull  a.  a.  O.  Quaeque  Anconam  u.  s.  w.  Juvenal 
Sat.  4,  40  Ante  domum  Veiieris,  quam  Dorica  sustiiiet  Aiicon. 
Ekhel  Dictr.  1,  98. 

268)  Aurelius  Symmachus  (b.  Andr.  Rivin.  z.  Pery, 
Ven.  52.)  De  litt,  lacus  Luccini  et  Bajani  V.  8  ff.  Ubi  Corni- 
ger  Lyaeus  Aperit  superna  vite;  Vulcanus  aestuosis  Media  coquit, 
cavernis.  Tenet  ima  pisce  multo  Thetis  et  Bajae  sorores.  Si- 
mul  innatat  choreis  Amathusia  renidens,  salis  arbitra  et  vapo- 


ris  —  FIos  siderum  Diona. 

269)  Vgl.  Silius  Ital.  11,  385  ff. 

270)  Statins  Süv.  3,  5,  79.  Parthenope,  cui  mite  solum 
trans  aequora  vectae.  Ipse  Dionea  monstravit  Apollo  columbii. 
Also  unter  Ap.  u.  Aphr.  Schuz  gegründet.  Salejus  Bassus 
Carm.  ad  Pisonem  V.  80. 

271)  Stat.  Silv.  3,  1,  150.  Lucrina  Venus.  Mart.  Epigr- 
li,  80.  Litus  beatae  Veneris  aureum  Bajas. 

272)  Scrvius  Aen.  7,  47.  dicuiit  alii  per  Maricam  Vene 


i 


527 


ica  ist  wieder  Kirke  im  engsten  Zasammenliange, 
vie  Aphrodite  selbst  dem  LiebesMüber  vorstebt 
>0  entsprachen  Marica  und  Kirke  der  Aphrodite, 
ieit  alten  Zeiten  dient  der  Kirke  die  Stadt  Circeji^ 
v’ohin  sie  von  den  Kumanern  gebracht  ist  Cnmae 
5t  der  Siz  der  Sibylle,  welche  vom  äolischen  Kyme, 
rohin  sie  durch  die  Gergithier  von  Troas  gekommen 
rar,  dorthin  und  dann  weiter  nach  Rom  geführt 
rurde.  Zugleich  kamen  durch  die  K3’^mäer  und  Clial- 
idier  reiche  troische  Erinnerungen  und  phrjgisch 
ydische  Begrilfe  nach  Italien,  welche  die  Kamaoer 
ait  italischen  Vorstellungen  vermengten.  Von  Leu- 
as  und  den  Zakynthiern  mochte  der  Name  des 
teneas  nach  Italien  hinüber  gekommen  sein.  Aber 
ange  vorher  als  Leukadier  sich  im  kumanischen  Ge- 
liet  angesiedelt  haben  können,  ist  der  Name  des 
^eneas  durch  die  Gergithier  von  Kyme  am  askani- 
chen  Hafen  hierher  gebracht.  Den  Verkehr  mit  dem 
'anzen  Westen  trieben  die  Phokäer;  sie  haben  vor- 
lUgsweise  die  Ärgonautensagen  verbreitet,  aber  auch 
len  Äeneas  nach  Rom  gebracht,  wie  die  Komaner 
lach  Laviniura;  doch  ist  alle  phokäische  Einwirkung 
uf  Latium  nur  ein  Auswuchs  der  kumanischen,  zu 
reicher  noch  attisch-chalkidische,  leukadische  und 
jergithische  Bestandtheile  kommen.  Von  Kumä  ist 
lie  bajanische  Göttin  ausgegangen;  die  Kumaner  sind 
Srhauer  des  Tempels  der  Aphrodite  bei  Minturnae, 

em  intelligi  debere,  cujus  fuit  sacellum  juxta  Maricam,  in  quo 
rat  scriptum  vaos  t^s 

273)  La k tanz  1,  21,  23  nam  et  Romulus  post  mortem 
Juirinus  factus  est  et  Leda  Nemesis  et  Circe  Marica.  Kirke  z. 
ürceji  Cic,  de  nat.  deor.  3,  19,  48.  Dionys,  v.  H.  4,  63. 
Itrabon  5,  232.  PI  in.  25,  2,  5.  u.  s.  w.  Aphr.  wird  selbst 
lirke.  Val  er.  Flacc,  7,  210.  255.  Kirke  waltet  in  der  Myrte 
lin.  15,  29,  36. 


528 


und  von  Aphrodisium  bei  Ardea.  Auch  zu  Alba  wurd 
die  Göttin  verehrt  und  von  hier  nach  Gabii  ver 
pflanzt  Das  Bundesheiligthum  der  Latiner  wa 

der  Tempel  der  Aphrodite  zuLavinium  die  Vor 
Standschaft  desselben  hatten  von  Alters  her  die  durc 
Reichthum  in  der  Umgegend  hervorragenden  Ardea 
ten»  Bei  Ardea  selbst  gab  es  ebenfalls  eine 
Tempel  der  Aphrodite ^  wohin  die  Latiner  gemein 
schaftliche  Festgesandtschaften  schikkten.  Zu  Lavi 
nium  befanden  sich  auch  die  Heiligthümer  der  Pe 
naten  des  römischen  Volkes  der  Geister  de 

Heerdes,  und  des  Hausstandes,  der  Nahrung  und  de 
Fortpflanzung  des  Geschlechts.  Sie  sind  die  wahren 
Penaten  von  Rom,  stammen  aus  Saraothrake  oder  au 
Troja,  die  römischen  sind  nur  ihre  Abbilder.  Si«' 
wmreii  von  Samothrake,  wo  sie  als  die  grossen  See 
gensgötter  bekannt  sind,  nach  Troja  gebracht,  um! 
blieben  die  Stammgötter  der  Dardaner  und  des  Aeneas 
welche  er  aus  Troja  rettet 

Die  Vorstellung  von  Aeneas  als  Sohn  der  Aphro 
dite  hat  ihren  Mittelpunkt  in  Ardea;  insofern  er  Pe 
naten  bringt,  in  Laurentum.  Beide  Städte  sind  di( 

274)  Orelii  Inscr.  1367  Veneri  Gabinae  et  Albanae.  136! 
Veneri  Gabinae. 

275)  Strabon  5,  232. 

276)  Plin.  3,  9. 

277)  Atticus  bei  Schol.  Veron.  Virg.  Aen.  2,  71”.  Prop  erti 

4,  1,  39.  Ovid,  Her.  7,  158.  vgl.  Virg.  Aen.  3,  149.  Varrc 
Ling.  Lat.  5,  144.  Oppidiim,  quod  primum  conditum  in  Lati< 
stirpis  Romanae,  Lavinium :  nam  ibi  dii  penates  nostri.  Hoc  .j 
Latini  filia,  quae  conjuncta  Aeneae,  Lavinia  appellatum.  Pluj 
tarch  Coriolan.  28.  Aaoviviov,  mov  y-at  9s£v  Uqu  ‘PM/xctloism 
TQmmp  Kmseuw  xal  wv  yipovs  ^<sctp  avmls  aQyai  dtä  ro  nQÜrtjv  nokitl 
ixdp>iv  xdtsm  w  Awilav.  Dionys,  v.  H.  8,  21.  Lucan9,  99l| 
Serv.  Aen.  3,  12.  j 

278)  M aerob.  Saturn.  3,  4.  Serv.  z.  Virg.  Aen.  7,  207- 


529 


l’nräsentanfen  des  plebrjisrhcn,  sind  paträiselien  Prin- 
»)s:  beide  Gegensäxe  vereinigt  Laviniiiin,  die  jün- 
jtre  8tadt  mit  grösserer  Heiligkeit  als  beide.  Da- 
iir  wird  dies  der  Haiiptsiz  des  Aeneas.  Die  latini- 
sben  Sagen  von  ihm  dürfen  nicht  von  denen  vom 
l[yx  getrennt  werden:  die  Hörner  und  Segestaner 
siid  verwfindt,  aber  eine  trolsche  Einwanderung  be¬ 
sieht  nur  in  der  Sage  sowo!  bei  den  Eiymern  als  in 
liitiiim,  und  ist  geschiehflich  nicht  nachKisweisen. 
liii  jedoch  die  Ueberliefenuigen  der  Segestaner  und 
lömer  vollens  zu  .bestäfigenj  findet  sich  Aigestoszu 
ijiviniura  und  Alba  wieder.  Aeoeas  soll  die  Äphro- 
fte  gebracht  haben,  und  zwar  die  Fruli,  welches 
nn  sonst  für  eine  etruskische  Verstiiiumelwng  des 
Pimens  Aphrodite  gehalten  hat,  Klausen  aber  für  eine 
fcaudengöttin ;  aber  wenn  dies  der  Fall  ist,  doch  wol 
i  allgemeinerer  Beziehung  als  eine  Gottheit  der 
ljuchtbarkeit  und  des  Gedeihens,  wie  es  die  Apliro- 
c!;e  auf  dem  Eryx,  zu  Dodona  u.  s.  w.  war.  Er 
sidlte  das  Bild  am  Latirentinischen  Gestade  auf 
kher  muss  die  allen  Latinern  gemeinschaftliche  Aphro- 
i|te  zu  Lavinium  mit  Jener  übereingestiinmt  haben, 
tjline  dass  sich  behaupten  liesse^  wie  von  einigen 
1  mischen  Gelehrten  geschehen  ist  *®®),  Aphrodite  sei 

‘279)  Cassius  Henina  bei  Solin.  2,  14. 

280)  M  aerob,  Sat.  l,  J2.  Cincius  in  eo  libro,  quem  de 
Istis  reliquit,  ait,  imperite  quosdam  opiuari  Aprilem  mensem 
iiiquos  a  Venere  dixisse ,  cum  nullus  dies  festiis  nullumque 
s  rificium  insigne  Veaeri  per  hunc  mensem  a  majoribus  insti- 
lj,um  sit,  sed  ne  in  carminibus  quidem  Saliorum  Veneris  ulla, 
i  ceterorum  coelestium ,  laus  celebretwr  Cincio  etiam  Varro 
(lasentit  affirmans,  nomen  Veneris  ne  sub  regibus  qiiidem  apud 
I  manos  vel  Latinum  ve!  Graecum  fuisse  .  .  -  Non  tarnen  ne- 
g  Verrius  Flacciis  hoc  die  postea  constitutum,  ut  matronae 
^neri  sacrum  facerent.  Aphrodite  des  Numa  bei  Joh,  v.  Lyd, 
Ib  d,  M.  I,  19. 

I.  34 


53Ü 


in  der  Königszeit  gar  nicht  in  Rom  verehrt  worde« 
so  ist  doch  aus  ihrer  Angabe  zu  schliessen,  dass  si 
nicht  zu  den  Göttern  des  eigentlichen  Staatskultes  ge 
hörte.  Daher  fehlte  ihr  Name  in  den  Liedern  der  Sa 
Mer,  welche  ganz  patrizisch  waren.  Dagegen  is 
Aphrodite,  wie  Anna  Perenna,  vorzugsweise  eine  Göi 
tin  der  Plebejer.  Gleich  mit  Entstehung  der  Plebt 
unter  Ancus  findet  sich,  eben  bei  den  Wohnsize 
derselben,  der  Dienst  der  Murcia  oder  Murtea.  Dt 
Aphrodite  wohnt  eine  mildernde,  auflösende,  veral 
gemeinernde  Thätigkeit  inne^  daher  wird  die  Vere 
nigung  aller  Gegensäze,  w'elche  in  Rom  herrschte 
unter  den  Schuz  der  Venus  gestellt:  durch  sie  wi 
Roms  innere  Doppelheit  ausgesprochen.  Die  äiteshii 
Feste  enthalten  Sühnungen  und  Reinigungsgehiäuc  i 
auf  dem  Gebiete  der  angedeuteten  Thätigkeit  d  , 
Göttin.  Die  Venus  Cioacina  soll  es  gewesen  se 
unter  deren  Einfluss  Römer  und  Sabiner  sich  na 
Niederlegung  der  IVatfen  mit  einem  Myrtenstrai 
reinigen.  Was  Cloaeina  zwischen  Ramnes  und  'Jl 
ties,  vollbringt  Venus  iMurcia  zwischen  Palrizh  i 
und  Plebejern:  diese  lezteren  haben  ihre  städtisf  i 
Burg  dem  Palatium  gegenüber  auf  dem  Aventin  jt 
seit  des  Heiligthums  der  Murcia,  wie  die  Tities 
ihrige  auf  dem  tarpejischen  Felsen  jeuseit  des  le 
pels  der  Cioacina:  wie  diese  sich  zur  reinigent; 
Versöhnung  der  Myrte  bedient,  so  ist  der  Name  (f 
Murcia,  Murtea,  eben  aus  der  Anwendung  der  Myi! 
entstanden,  welche  aber  Klausen  als  eine  erschlaffen  , 
erweichende  versteht,  deren  Name  erst  in  Miirt, 
Myrtea  umgedeutet  worden  sei  *®‘).  Ausdrükklh’ 

281)  üeber  Klausens  Auffassung  habe  ich  mich  oben  f- 
gesprochen.  Er  stüzt  sich  hauptsächlich  auf  Augustin  <|- 
Dei  4,  16.  Arnob.  4,  9.  Fest.  S.  101.  Aber  Plin.  15,  29, |i. 


631 


I  Beziehung  der  Myrte  auf  das  VerhMItniss  der  beiden 
-Stände  tritt  beim  Heiligthum  des  Quirinus  hervor, 
Jessen  Name  durch  Tatius  und  seine  Sabiner  in  Hom 
iinheimisch  wird.  Vor  diesem  steht  von  alter  Zeit 
I  ler  eine  patrizische  und  eine  plebejische  Myrte,  jede 
{ iur  Zeit  des  Uebergewichts  ihres  Standes  am  kräf- 
i  igsten.  Diese  Erzählungen  sind  aber  nicht  so  zu 
j  rerstehen,  als  wenn  die  Einführung  der  Cloacina  und 
i  dyrtea  die  von  den  Geschichtschreibern  gegebenen 
i  Veranlassungen  und  Beziehungen  gehabt  hätte,  son- 
ern  dass  der  Dienst  einer  Sühngotlheit  Cioaetna  -und 


ttyrtea,  über  welche  beide  ich  mich  oben  näher  er- 
1  därt  habe^  von  den  Plebejern  auf  örtliche  Verhält- 
-  aisse  angewandt  und  in  Verbindung  mit  den  Ziistän- 
.  den  des  Volkes  durch  Legenden  und  durch  Änknüp- 
'  fung  an  die  Geschichte  gebracht  worden  sei.  Ve- 
Ls  Cloacina,  welcher  die  Plebejer  die  Ausgleichung 

t, wischen  den  Altstämmen  beilegen,  befreit  durch  Be¬ 
orderung  der  plebejischen  Myrte  die  Neigung  und 
iden  Trieb  des  einzelnen  Bürgers  und  führt  durch  das 
jbewilligte  Connubium  zur  Erwerbung  aller  Ehreii- 
jrechte:  auf  der  plebejischen  Freiheit  beruht  hinfort 
die  Freiheit,  die  Ehre,  die  Herrschaft  des  römischen 


Volkes 

VäTröTTng.  Lat.  5,  32,  154.  Plut.  ‘jPw^.  20.  nehmen  Murcia 
;für  Myrtea.  Beide  Meinungen  bei  Serv.  Virg.  Aen.  8,  636.: 
i  vallis  autem  ipsa,  iibi  circeiises  editi  sunt,  ideo  Murcia  dicta  est, 
iquia  qiüdam  vicinum  montem  Murcum  appeilatiim  volunt:  alii 
I  quod  fanum  Veneris  Verticordiae  ibi  fuerit,  circa  quod  nemus  e 
I  murtetis  fuisset,  inde  mutata  littera  flluixiam  appellatam:  alii 
I  Murciam  a  Murco,  quod  est  murcidum,  dictam  volunt:  pars  a 
dea  Murcia,  quae,  cum  ibi  Bacchanalia  essent,  furorem  sacri  ip- 
sius  murcidum  faceret.  Ueber  die  Lage  Liv.  1,  33. 

281a)  Das  Bild  der  Liberias  auf  röm.  Familienmünzen  ist 
von  dem  der  Venus  nicht  sehr  verschieden,  weGhselt  auch  mit 
demselben  auf  junischeu  Münzen. 


34» 


f 


532 

Mil  den  Albanischen  Geschlechtern  und  mit  der 
Plebes  wurde  Venus  in  Rom  eingeführt,  xuerst  in 
den  Familienkultus,  mit  der  Zunahme  plebejischer 
Macht  auch  in  den  des  Staates.  Mehrere  der  ange- 
sebnsten  Familien  leiteten  sich  von  ihr,  oder  von 
Aeneas  her 5  am  bekanntesten  ist  das  Verhältniss  der 
Julier  zur  Venus.  Der  Ahnherr  derselben  ist  Julus, 
ein  Sohn  des  Aeneas,  daher  Enkel  der  Venus,  eben 
so  lieblich  als  rüstig,  und  früh  mit  Askanios  identifi- 
zirt.  Durch  ihn  wird  Venus  die  Ahnberrin  der  Ju¬ 
lier  ***),  die  Genitrix,  von  welcher  sie  ihre  Eigen- 
thfimlichkeit  herleiteten.  Caesar  bediente  sich  ihres 
Bildes  zum  Siegeln  und  leitete  sein  Glükk  und  seine 
Tliaten  von  ihr  her.  Schon  vor  ihm  prägen  die  Ju¬ 
lier  die  Venus  auf  ihren  Münzen,  theils  als  Genitrix, 
theils  als  Victrix,  theüs  als  Seegensgöttin.  Als  Ge- 
nitrix  baut  Caesar  ihr  einen  Tempel  Oktavian 

feiert  ihr  die  berühmten  Spiele  und  stellte  in  ihrem 
Tempel  das  Bild  des  Caesar  auf  mit  dem  Kometen 
über  dem  Kopfe  ***).  Diese  Venus  wird  auch  be¬ 
waffnet  vorgesteilt,  ist  Soldatengöttin,  und  Gemalin 
des  Mars.  Wie  diese  Verbindung  eine  alte  griechi¬ 
sche,  namentlich  auch  troische  Vorstellung  ist,  so  war 
es  auch  eine  altitalische.  Jene  war  mit  den  sibylli- 
schen  Büchern  nach  Rom  gekommen,  diese  findet  man 
in  der  Ehe  des  Mars  mit  der  Nerio  wieder,  welche 
eine  Venus  ist.  Wegen  des  Trasimenischen  Unglükks 
wird  aus  den  sibylünischen  Büchern  unter  andern 
Feierlichkeiten  ein  grosses  Lectisternium  der  zwölf 

282)  Vellej.  Paterc.  2,  41.  Suet.  Caes.  5.  Cic.  ep. 
fam.  8,  15,  2.  Ovid.  fasti  4,  19  ff.  u.  s.  w. 

283)  Vitruv.  3,  3,  2.  D  i  on.  Kass.  43,  22.Plin.  35, 12,  45. 
Tacit.  Ann.  16,  27.  Arnob.  4,  35.  Auf  Inschriften. 

284)  Dion.  Kass.  45,  7.  47,  18. 


Götter  und  die  Einführung  des  Dienstes  der  Aphro¬ 
dite  vom  Eryx  in  Verbiodung  mit'  der  Mens  verord¬ 
net**®).  Dabei  wird  ¥enus:mit  Mars  verbunden; 
der  Tempel  war  vom  Diktator  Q«.  Fabiiis  Maximas 
gelobt  worden,  stand  vor  dem  koüinischen  Thore,  und 
in  ihm  beteten  die  Iliihlerinnen  zur  Göttin.  Ein  we¬ 
sentlicher  Unterschied  dieser  und  der  Venus  Fruti, 
welche  Äeneas  vom  Eryx  mitgebracht  haben  sollte^ 
fand  freilich  nicht  statt,  aber  dass  man  zu  jener  Zeit 
gerade  diese  Göttin  noch  zu  gewinnen  suchte,  lag 
in  dem  Namen  und  Ansehen  derselben,  und  io  der 
Beziehung  Siziliens  zur  karthagischen  Macht. 

Indem  Aphrodite  durch  ihre  Eigenschaft  als 
Ahnherrin  des  Julischen  Geschlechts,  und  mehrerer 
anderer  angesehener  Familien  die  Staatsgoitheit  des 
plebejischen  Roms  wird,  heisst  sie  die  Schuzgöttio 
1er  Römer  ***),  und  die  Namen  der  beiden  ersten 
Vlonate  März  und  April  wollte  man  nach  Mars  und 
t’enus  benannt  wissen.  Andere  bestritten  die  Mei- 
lung,  dass  der  April  von  der  Venus  seinen  Namen 
uhre,  und  neuerdings  ist  der  Name  wol  richtiger  von 
iperire  hergeleitet  Was  den  Namen  der  Ve- 

Liv.  22,  9  10.  P  lut.  Fab.  Max.  v.  IVl  a  er  ob.  Saturn. 
I,  12.  ut  hi  potissimum  aniii  principia  servarent,  a  quibus  esset 
lomani  nominis  origo,  cum  hodieque  in  sacris  Martern  patrem, 
/euerem  genitricem  vocemus.  üeber  die  Aphr.  v.  Eryx  s.  noch 
Liv.  30,  38.  40,  34.  Strabon  6,  272.  Ovid  fast!  4,  871.  SiL 
tal.  7,  87. 

286)  Joh.  V.  Lyd.  Ueb.  d.  M.  3,  4.  'iffoqo?  rmv  ^Pmfiutmy 
iifqoSitri.  Sil.  Ital.  4,  133.  12,  324  nennt  die  Römer  gens  Ve- 
leris.  Die  Römer  nannten  die  Aphr.  auch  Hera  J|oh.  v.  L. 
t.  a.  0,  S.  90,  wie  wir  dieser  Identifizirung  oft  begegnet  sind. 

287)  Pott.  Etym.  Forsch.  2,  179.  Er  vergleicht  die  neu- 
'riech.  Benennung  des  Frühlings  SymSis,  Eröffnung.  Unter  den 
Uten  leiten  den  April  v.  aperire  Varro  de  1.  1.  6,  33  gegen 
^ulvius  u.  Junius  Gracchanus,  Joh.  v.  Lyd.  üeb.  d.  M.  4,  44. 


534 


nus  gelbst  anbm^t,  so  schweijrfin  wir  über  die  «1- 
beraeo  Ableitungen  der  Alten  ***).  Schwenk  leitet 
Venns,  Venise  von  einem  Stamm  Venere  mit 
der  Bedeotiing  des  Entstehens,  Werdens,  Erzengens, 
und  venustas  wieder  von  Venus,  Pott  dagegen  vom 
Stamm  wao,  verlangen  **®), 

Ausser  den  bereits  genannten  Namen  fasste  man 
die  Aphrodite  zu  Rom  noch  unter  folgenden  Benen¬ 
nungen  auf.  Die  Calva  wird  auch  eine  Söhngöttin 
sein.  Geistige  Eigenschaften  von  allgemeinerer  Art 
drukken  die  Beinamen  Alma,  Conciliatrix 
Placida,  Suada,  übsequens,  Verticordia  aus. 
Letztere  war  auch  auf  Befehl  der  Sibyllioischen  Bü¬ 
cher  eiogeführt,  und  entspricht  der  griechischen  Epi- 
strophia,  wie  die  Volgivaga  der  Pandemos.  Aber 
Lukrez  *®')  fasst  auch  ihren  Dienst  als  einen  geisti¬ 
gen,  mit  reinigender  Kraft  ausgerüsteten :  er  empfiehlt 
ihn,  damit  das  Herz  von  verzehrender  Sehnsucht,  die 
sich  an  einen  einzigen  Gegenstand  heftet,  frei  werde. 
Die  Salacia  ist  ursprünglich  eine  Meergöttin 

288)  Cic.  de  nat.  deor.  2,  27.  Quae  autem  dea  ad  res 
omnes  veniret,  Venerem  nostri  iiomiiiaveriuit ,  atque  ex  ea  po- 
tius  venustas,  quam  Venus  ex  veiiiistate  3,  21.  Venus,  quia 
venit  ad  omnia. 

289)  Pott.  Etym.  Forsch.  1,  254  ff.  von  wan  verlangen 
vanita  fadamata  d.  i.  lixor)  Ahd.  wini  (amicus,  fidus)  wunna 
(gaudium)  venia  (erfülltes Begehren,  Gunst)  Venus  (d.  i.  be¬ 
gehrlich,  anmuthig).  Mag  Venus  nun  ein  Adj.  wie  vetus  oder 
ein  urspr,  neutruin  sein,  das  nur  durch  Personifikazion  zum  fern, 
wurde  und  einen  Plural  mit  persönlicher  Endung  Veneres 
erhielt. 

290)  Orelli  Inscr.  1.362.  Man  könnte  vielleicht  die  Sym- 
machia  Aphrodite  u.  Mantinea  vergleichen. 

291)  Lukrez.  4,  1053  ff. 

29^)  Serviiis  z.  Virg  Aen.  1,  719.  Dicitur  et  Salacift« 
quae  proprie  meretricum  dea  appellata  est  a  veterihus. 


535 


|nd  Nebenfigur  der  Venus,  sie  wird  aber  auch  aM 
|enus  selbst  gefasst,  und  von  unzüchtiger  Seite  ge- 

jeutet. 

Für  Etrurien  muss  die  Bedeutung  der  Aphro- 
(te  und  der  Umfang  ihres  Kultes  hauptsächlich  aus 
en  dort  zu  Tage  geförderten  Werken  der  bildeoden 
unst  geschöpft  werden,  ßer  Name  der  Aphrodite 
■ar  Turan  Bemerkenswerth  ist  hier  die  Wie- 

erkehr  der  kyprischen  Sitte,  dass  die  jungen  Mad¬ 
ien  durch  öffentliche  Preisgebung  sich  ein  Heiraths- 
jut  erwerben  mussten  Die  Gebrauch  muss  von 

|er  gewöhnlichen  Unzucht  sehr  wohl  unterschieden 
i erden,  für  sie  also  noch  ein  besonderer  Weg  der 
jerpflanzung  aufgesucht  werden.  Für  eine  Verbin- 
lung  mit  Kypros  zeigt  auch  noch  die  im  ersten  Ab- 
IdiiTitt  besprochene  Nachricht,  dass  die  Tyrrhener 
lie  HeraKypra  benannten,  so  wie  die  Verehrung  des 
Idonis  bei  den  Etruskern.  Dann  kommt  Helena  auf 
Itruskischeo  Spiegeln  häufig  vor. 

Aeusserster  Westen. 

I  An  den  Küsten  Galliens  und  Spaniens  gab 
s  mehrere  Heiligthümer  der  Aphrodite,  eines  oder 
las  andere  vielleicht  ursprünglich  der  phönikischen 
kstarte  gehörig.  Berühmt  in  diesen  Gegenden  war 
lie  sogenannte  pyrenäische  Aphrodite  de- 

'en  Tempel  auf  einem  hohen  Vorsprunge  der  Pyre- 
'äen  lag.  Es  war  daher  eine  Meerherrscherin  und 

i  293)  Vgl.  Gori  Mus.  Etnisc.  1,  S.  114.  Thaiia  Lartial: 
1  eilige  Königin. 

294)  Plaut.  Cistell.  2,  3,  20.  Non  enim  hic  ubi  exTusco 
jiodo  Tute  tibi  indigne  dotem  quaeras  corpore. 

I  295)  Markian.  Herakl.  S.  75.  Höschel. 

'  296)  Strabon  4,  178.  Vgl.  181.  182.  Plin.  3,  ,4. 


536 


Akraia  wie  io  Knidos  o.  s.  w.  Pliniua  giebtan,  das 
es  griechischen  ITrsprungs  gewesen.  Auf  der  West 
köste  war  eine  Insel  berühmt,  w'elche  bald  Erytheia 
bald  Aphrodisias,  bei  den  Eingebornen  Insel  derHen 
heisst 


fiJBCKSTEH  ASSCHSTITT. 

Adonis. 

Kult  und  Festfeier. 

Die  Adonien  wurden  dem  Adonis  nicht  allein, 
sondern  dem  Adonis  und  der  Aphrodite  ‘)  gefeiert, 

297)  Steph.  ¥.  B.  ’ AfQodiams  vtjcv?,  nqönQuv  'EquS-sta,  tu- 
tu^v  ‘Ißeqias  xat  raddqtotf.  Plin.  4,  36.  Insula.  Vocatur  ab 
Ephoro  et  Philistide  Erythia,  a  Timaeo  et  Sileno  Aphrodisias, 
ab  Ißdigenis  Junoais.  R.  F.  Avienus  Ora  Maritima  (b.  Werasd. 
poet.  lat.  min.  5,  S.  1220)  V.  3!5  ff. 

Veneri  Marinae  consecrata  est  insula, 

Templumque  in  illa  Veneris  et  penetral  eavum, 
Orarulumque  monte  ab  illo,  quem  tibi 
Horrere  silvis  dixeram,  in  Veneris  jugum 
Litus  recliiie  et  molie  arenarum  jacet  u.  s.  w. 

I)  SchoL  z.  Ar.  Lysistr.  390.  ’Aifmviu  d-tjkvxias,  tUt  w 
'AMviu  nXt/S-umxiSs ,  foorj}  ns  na  ’Aiftündt  xal  iTj  ’ Affqodini  uyu- 
fiivij,  ’Adhfict^u) ,  TO  TaoTqv  rtj)'  ioqniv  «ym,  ucfi'  oo  xui  övofiu  q‘ij- 
^anxovg  'Aimvm<S}.iis.  raum  dt  met>m  ienv ,  ön  tov  d-q'^pov,  tov 
int  TW  ’MmpuSos  S-upurm  nowvfupop  ä)jh)ü<Si.  Schul,  z. Ar,  Friede 
420.  ’AMpia  tw  ' AätipA  xal  jg  'Aifqodirß.  Bekk.  Anekd.  1,  3l5. 
“Man  di  r«  ’AMpiu  ioqr^ :  oi  fitp  if.cmp  ds  nfrijp  ’AduäPKioSj  oi  di 
Tff  ’Affiqoäk^.  ian  dS  4^oiplxmp  xcn  Kvnqltßp.  Musaios  H.  und 
L.  42.  Etymol.  M.  ’AdüpB&t  ioqTi]  dyo/xiptj  ’Afqod'hrj.  S  ui  das 
^Admpm . . .  *Admpt  dyoftip  xal  rop  "AdoupifP  xXdofxsp  auä  P  h  e  r  e  - 
krates.  ¥gl.  Meiiieke  Menand.  S.  169  ff.  Zonaras  ‘Aduipta 
uyo/ntp:  0  lat»  anqui/uiS-a  wd  ’AiJuptdoS,  ’aMpicc  als  Name  des 
Fcitf»  Diphilos  ip  Zmyqdff  b.  Athen.  7,  292.  Plutarch 


537 


kvie  in  antiern  Festen  ähnliche  Göfter^nippen  Ce^en- 
itand  der  Verehnni^  waren,  z.  B.  in  den  Eleusinieii 
llie  Demeter,  Kora  und  Bakchos  ii.  a.  m.  W'ie  dort 
*iber  die  Kora,  so  trat  hier  Adonis  in  den  Vorder¬ 
grund,  denn  seine  Gottheit  muss  es  sein,  deren  Kreis 
lie  übrigen  ergänzen.  Vielleicht  %var  aber  bei  den 
\donien  auch  Ares  nicht  ausgeschlossen 5  oder  auch 
iiidere  Götter,  welche  eine  Bedeutung  in  diesem'M}'- 
hos  haben.  Die  Feier  begehen  hiess  ädovm^eiv  oder 
4ö(üVia  äyetv. 

Ein  wie  weit  verbreitetes  Fest  dieAdonien  auch 
varen,  so  wissen  wir  im  Ganzen  doch  nur  wenig 
lienaueres  über  sie  5  das  Meiste  aber  lernen  wir  noch 
iber  die  Feier  zu  Alexandrien  ans  dem  bekannten 
Gedichte,  den  Adoniazusen  des  Theokrit  kennen. 
2s  ist  zwar  verhältnissraässig  spät  eingesezf,  aber 
»US  einer  guten  Quelle  abgeleitet;  wir  dürfen  daher 
inch  nicht  anstehen,  gerade  dies  Gedicht  zu  unseriii 
lauptsächlichsten  Haltpuokt  zu  nehmen.  Zwei  Syra- 

i.a.  Aeltere  Monographien  über  diesen  Gegenstand  sind:  Banier 
listoire  du  culte  d’Adonis,  in  Bd.  3  S.  98  ff.  der  Hist,  de  Fa- 
ad.  roy.  des  Inscript.  Paris  1723 ,  und  ist  in  der  Weise  jener 
ranzös.  Gelehrten  abgefasst.  Maurer  dissert.  de  Adonide u. s.  w. 
Erlangen  1782  kenne  ich  nur  aus  der  Anführung  Wüstemaaiis 
.  Theokr.  Fikerscher  ErkL  des  Mythos  v.  Ad.  Gotha  1800; 
dne  Ausgeburt  des  Pragmatismus  und  des  plattesten  Euheme- 
ismus,  und  das  Ganze  die  rührende  Geschichte  eines  Prinzen 
im  Hofe  zu  Byblos.  Dagegen  hat  mit  Recht  die  Abhandlg.  v. 
Jraddek  in  s.  antiq.  Versuchen  S.  85  ff.  als  Quelle  für  diesen 
Jegenstand  bisher  gedient.  '  Einen  anderen  Weg,  ob  einen  rieh- 
igeren  und  vorurtheilsfreieren,  bezweifle  ich  sehr,  hat  de 
Vitte,  (Lettre  a,  M.  le  Prof.  Edouard  Gerhard  sur  quelques 
liroirs  etrusques,  Paris  1838^  eingeschlagen,  Zeiten,  Völker 
nd  Kulte,  Ansichten  der  philosophischen  Sekten  u.  s.  w.  sind 
■uf  die  möglichste  Weise  zusammengeworfen. 

I  Id.  15.  'AStavia^om  m  od  J£vqc(Xovaita. 


I 


kosische  Frauen  befinden  sich  in  Alexandrien  und 
and  wollen  die  Adonisfeier  mit  ansehen.  Auf  den 
Strassen  ist  ein  gewaltiges  Getümmel  und  Gedränge 
der  Menschen  zu  Fuss  und  zu  Wagen,  dass  ihnen 
das  Durchkommen  schwer  wird.  Mit  Mühe  arbeiten 
sie  sich  in  die  Hofburg  hinein.  Um  seinen  ganzen 
Eleichthum  und  Glanz  zur  Schau  zu  stellen,  hatte  Pto- 
Inmäus  Philadeiphos,  wahrscheinlich  im  Jahre  277 
V.  Ch.,  mit  seiner  Gemalin,  welche  persönlich  den 
grössten  Antheil  an  dem  Feste  nahm,  die  Adonisfeier, 
von  Kypros  her,  dem  Mittelpunkte  des  ganzen  Kultes, 
eingeführt  und  nun  die  Begehung  derselben  vorbe¬ 
reitet  Sie  dauerte  noch  bis  zu  Kyrillos  und  Proko- 
pios  Zeiten.  An  den  Ort  angekommen  sahen  die 
Frauen  einen  herrlichen  Teppich  ausgebreitet.  Darauf 
ruht  auf  einem  silbernen  Polster  Adonis  selbst  in  der 
schönsten  Jugendblüthe,  ungefähr  achtzehn  Jahr  alt. 
Neben  ihm,  wahrscheinlich  auf  ganz  gleiche  Weise, 
war  Aphrodite  gebettet.  Eine  Argivische  Sängerin 
beginnt  die  Aphrodite  als  Herrscherin  von  Goigoi, 
Idalion  und  Eryx  zu  preisen,  und  fügt  dem  Gesänge 
das  «Lob  der  Berenike  und  Arsiuoe  ein.  Sie  singt, 
wie  die  Horen  den  Adonis  nach  Jahresfrist  aus  dem 
Acheron  zurückgeführt  hätten,  wie  Arsinoe  dies  Fest 
dem  Gotte  bereitet,  wie  frühe  Früchte,  Lauben  und 
zierliche  Gärtchen  in  silbernen  Körben,  Salben  in 
Krügen  um  ihn  heruragestellt  waren,  und  Kuchen  von 
Frauen  aus  Mehl,  Honig  und  Oelen  gebakken:  wie 
man  Vögel  und  andere  Thiere  in  der  Umgebung  sah, 
Eroten  uraherüiegen ,  im  Schatten  der  Bäume  ein 
Nachtigallennest,  aus  welchem  die  Jungen  den  Flug 
mf  die  Zweige  wagen,  Sachen  aus  Gold  und  Elfen¬ 
bein  in  Menge,  und  wie  ein  Paar  Adler  den  Gany- 
medes  zum  Zeus  emporheben.  Jezt,  so  schliesst  die 


5a& 

iäogerin.  möge  die  Göttin  des  Geliebten  sich  er- 
■euen^  morgen  in  der  Frühe  wollte  man  ihn  unter 
Tossera  Geleite®)  and  nnter  Änführüng  der  Königin 
um  Meere 'tragen,  mit  aufgelöstem  Haare,  ^ierrisse- 
em  Gewände,  entblösster  Brust,  und  laut  den  Gesang 
nhebend:  komm,  theurer  Adonis,  einzig  hier  wie  am 
icheron  bevorzugt  unter  den  Ealbgöttern,  wie  weder 
era  Agamemnon,  noch  Ajas,  noch  Ilektor,  Patroklos 
nd  Pyrrhos,  nicht  den  Lapithen  noch  den  Argivi- 
chen  Heroen  y.u  Theil  ward?  sei  uns  günstig,  Ado- 

is,  je/t  und  iui  kommenden  Jahre,  freundlich  kamst 
u,  und  sei  uns  freundlich,  wenn  du  wiederkehrst 
lass  diese  Anrede  auf  eine  Geheimlehre  geht,  ist  an 

3)  Walkenaer  und  mit  ihm  Wiistemaiin  z.  Theokr.  nimmt 

n,  bei  der  Freudenfeier  hätten  zwar  die  niedrigen  Weiber  Theil 
ehmen  dürfen ,  aber  nicht  bei  der  Trauer,  denn  die  Königin 
od  die  Frauen  vornehmen  Standes  würden  nicht  in  Gegenwart 
mer  ihre  Brust  entblösst  haben.  In  der  Hypothesis  des  Ged. 
tehs  freilich,  dass  nur  die  Vornehmen  das  Bild  zum  Meere 
etragen  hätten  ,  tS-os  yaQ  dyou  oi  iv  ' Als'iapiqda  tp  mTg  'A&iavloig 
(dnvfiivoi?,  dl  lu  vntQ  rov  ’JcWwdoj  rdovftitftj^  mSfiäy  iUmla 

w  ’AdüividoS,  acd  ftfiä  jwv  msqtxoveSp  ini  tyjv  »älaffffap  xoftg»»», 
Hein  wir  wissen  nicht,  wie  alt  diese,  und  was  darauf  zu  bauen 

it.  Möglicli  ist  es,  allein  im  Theokrit  selbst  findet  sich  keine 

.ndeutung  davon,  unzweifelhaft  ist  es  mir,  ob  bei  einem  diurch 
ie  Religion  gebotenen  Kultusgebrauch  die  Rücksicht  auf  An- 
tand  so  weit  gegangen  sei,  doch  muthmasslich  das  weibliche 
leschlecht  nur  unter  sich  war,  Walkenaer  fügt  hinzu:  die 
ängerin  habe  den  mystischen  Ausruf  schon  hier  gesungen,  da- 
lit  die  Weiber  niederen  Standes  nicht  ganz  ohne  Theilnahme 
n  der  Weihe  blieben.  Dass  der  Gesang  am  andern  Tage  wie¬ 
erholt  sei,  kann  man  allerdings  aus  dem  schliessen ; 

her  jenes  folgt  daraus  noch  nicht. 

4)  V.  VW,  griF  ‘aclI  is  sv9vfi^aceis. 

xcci  vvv  ^ASiavhy  xai,  oxx  *a(flxy,  (flkos  rj^üs- 

ehnlich  sclüiesst  auch  der  Hymnos  des  Kallimaciios  an  di# 
lemeter. 


540 


und  für  sich  deutlich,  beweist  aber  auch  noch  d 
Zusa/i  der  Gorgo:  glückkselig  ist  diese  Säuger 
über  das,  was  sie  weiss:  '‘OXßia  öaöa  löaxi. 

Mit  dieser  Darstellung  Theokrits  stimmt  ein  G 
brauch  nicht  überein,  welchen  Kyrlllos  ’)  erzählt:  d 
Frauen  legten  einen  Brief,  auf  welchem  geschriebi 
stand,  dass  Adonis  von  der  Aphrodite  gefunden  si 
in  einen  irdenen  Topf,  versiegelten  ihn,  warfen  il 
unter  Zerimonien  ins  Meer  und  nun  schwamm  er  v» 
selbst  nach  Byblos.  Wenn  die  Sache  wahr  ist,  i| 
könnte  sie  nur  am  ersten  Tage  geschehen  sein,  we 
sie  den  Beginn  des  Freudenfestes  nach  sich  ziel 
Da  sie  aber  mit  der  Darstellung  des  Theokrit  nie 
passt,  so  müssen  wir  annehmen,  dass  dieser  Gebraiui 
erst  später  eingeführt  sei,  nachdem  man,  was  hierai 
folgt,  den  Kult  zu  Byblos  mit  dem  Alexandrinisclu 
in  üebereinstiuimung  gebracht  hatte,  lieber  jem' 
berichtet  Lukian^):  in  dem  grossen  Heiligthum  de 
Aphrodite  wurden  die  Mysterien  des  Adonis  gefeiei 
und  diese  habe  ich  selbst  kennen  gelernt.  Sie  ei| 

5)  Kyrill  z.  Jesaias  Kap.  18.  Er  erzählt  d.  Fabel  v.  A 

und  fährt  fort;  xm  fut/Qt  rmu  xaiQvSy  iy  rots  /.ar 

tfi^nay  isgoiS  ireMro  to  nalyvMV  vovro.  Kiqufxov  laßöyns ,  ttr«  ypt 
(f'Ovres  intcnol^y  TtQoS  ras  ip  Bvßlm  yvmlxas  wf  tiv^tj/Mvov  tou  ’Adu 
rtJbS,  xat  ipS-ipTiS  ts  «m^p  w5  mQu/um,  xal  ffg^aylffapiK  xaS-ltm 
tig  r^p  9dlamap,  Tthrdg  npue  in  airm  nonjaiiitvot,  xat  uisyt  (ol  nif. 
noPTfS  Prokop)  hf.mxov,  avTofiuTiüS  hs  Bußhtp  dmxoftl^fTo  xaru  fn 

Tov  mvg  oV  di  xal  dnodegd/diPM  yvpaixf'g  npH  n 

(filag,  tim  knßoms«  imenk^p,  inavuvm  row 
ms  ^oQ^juipov  naqd  t^s  ' AifqoMTtjg  tou  'Admviiog.  S.  Walken.  2 
Theokr.  Adon.  S.  193. 

6)  Syr.  Gott.  Kap.  6flF.  Strabonlä,  755.  ^  ^iv  Bißi^i 
n  mv  KiPVQm  ßmlkttop,  tfQu  ianp  'Adüptdog.  —  Elm  furd  Tavnj. 
''Aimpts  nem^os  xai  o^og.  Nonnos  3,  109  ff.  20.  124,  xat  nor«' 
juoS  S-vGtPTos  ’aMphFos  fvyc'.flop  vdmQ;  man  legte  ihin  also  einil 
aphrodisische  Kraft  bei. 


541 


jählen,  die  «eschichte  vom  Adonis  und  dem  wildeo 
tber  höbe  sich  auf  ihrem  Gebiete  /oi^etragen ,  wes¬ 
iregen  sie  das  Ändetiken  an  dies  ünghlck  alljährlich 
lurch  die  Mysterienfeier  begehen,  wobei  sie  wehkla- 
|en,  sich  mit  Fäusten  schlagen,  oud  grosse  Trauer 
ber  die  ganze  Gegend  verbreiten.  B^eoii  sie  aber 
as  Wehklagen  und  Jammern  eingestellt  haben,  so 
pfern  sie  erst  dem  Adonis  als  einem  Todteo,  am 
ilgenden  Tage  aber  sagen  sie,  dass  er  wieder  le- 
endig  geworden  sei,  und  entsenden  ihn  gen  Hira- 
el.  Auch  schneiden  sie  sich  die  Haare  ab,  wie  die 
egypter,  wenn  der  Apis  gestorben  ist.  Welche 
»'"eiber  ihre  Haare  aber  nicht  abschoeiden  wollen, 
iben  die  Strafe  zu  erleiden,  dass  sie  einen  Tag 
ng  ihre  Schönheit  an  Fremde  öffentlich  feilbieten 
üssen,  und  der  Erlös  ist  ein  Opfer  der  Aphrodite, 
ndere  behaupteten,  der  ägyptische  Osiris  liege  bei 
i|nen  begraben,  und  ihm  würden  die  Mysterien  o-e» 
liert.  Alljährlich  käme  ein  Kopf  aus  Aegypten  in 
lyblos  angeschwommen,  indem  ihn  die  Winde  unter 
ipttlicher  Führung  über  die  Gewässer  daher  trügen, 
lies  Wunder  trug  sich  jedes  Jahr  zu  und  Lukian 
ijgt,  er  habe  den  Kopf  selbst  betrachtet  und  gese- 
im,  dass  er  aus  dem  Baste  der  Papierstaude,  Bybios, 
jemacht  sei.  Der  Fluss  Adonis,  welcher  vom  Liba- 
*11  kommt  und  sich  bei  Bybios  ergiesst,  sagt  er, 
'mliert  alljährlich  seine  natürliche  Farbe,  wird  blut- 
i|th  und  dies  ist  für  die  Bybiier  das  Zeichen  ihr 
’|rauerfest  zu  beginnen.  Denn  ihrer  Sage  nach  wird 
.|donis  in  diesen  nämlichen  Tagen  auf  dem  Libanon 
4rwundet,  und  sein  Blut,  das  in  den  Fluss  rinnt, 
Ijrbt  dessen  Wasser^  daher  trage  er  auch  seinen 
Ijamen.  Dies  sei  die  gewöhnliche  Meinung  in  iSy- 
Ls.  Ein  Mann  aber,  welcher  dem  Lukian  die  Wahr- 


542 


heit  zu  sa^en  schien,  hatte  ihm  eine  andere  t'rsac 
der  Erscheinung^  angegiehen.  Das  Erdreich  des  G 
birges  sei  röthlich,  und  die  heftigen  Stürme,  welc 
in  jenen  Tagen  dort  herrschten,  führten  den  menni 
rothen  Staub  in  den  Fluss,  und  gäben  ihm  seine  b 
tige  Farbe.  So  sei  also  nicht  das  Blut  die  ürsac 
dieser  Erscheinung,  sondern  der  Boden  ^). 

Dies  ist  alles,  was  wir  über  den  Kult  zu  Byb 
wissen.  Die  verschiedeuen  Meinungen,  welche  l 
kian  erfuhr,  rühren  von  dein  trüben  Zustande  her, 
welchem  sich  die  Kulte  jener  Gegend  zu  seiner  Z 
befanden.  Die  Sitte,  dass  die  Frauen,  welche  s 
nicht  die  Haare  abschneiden  wollten,  sich  den  Fre 
den  preis  geben  mussten,  ist  ein  Best  des  urspriii 
lieh  dort  vorhandenen  Astartekuites.  ÄegyptiscI 
und  Griechisches  überwiegt  5  daher  der  dortige  K 
der  Isis  und  des  Osiris.  Die  Sage  von  dem  Ko  : 
des  Adonis,  welcher  aus  Alexandrien  angeschwo' 
men  kommen  sollte,  kann  natürlich  nicht  älter  s(| 
als  der  Aiexandrische  Kult  überhaupt,  wenn  sich  ! 
Zeit  ihrer  Entstehung  auch  nicht  näher  angeben  lä; 
sie  ist  jener  des  bakchischen  Kultes  nachgebilc  i 


7)  Man  knüpfte  noch  andere  Sagen  an  diesen  Fluss.  J  • 
V.  Lyd.  üeb.  d.  M.  4,  44,  S.  91.  Vom  Libanon  kommen  z  > 
Flusse.«  der  grössere  und  reinere  heisst  Adonis,  der  kleii.! 
und  erdigere  Ares.  Da  sich  der  Adonis  ganz  mit  dem  Mt  • 
vermischt,  so  scheint  er  mehr  von  der  Aphrodite,  dem  Me^. 
geliebt  zu  werden,  als  Jener.  Ares  ist  vielleicht  der  Ly  • 
Sozomenos  2,  5.  Von  der  Spize  des  Libanon,  glaubte  n  . 
schoss  an  einem  bestimmten  Tage  ein  Feuer  wie  ein  Steri  1 
den  Fluss.  Dies  hielt  man  für  die  Aphr.  Dabei  liegt  die  Ij- 
tung  der  Göttin  auf  den  Venusstern  zu  Grunde.  Solche Fabj, 
aus  Aberglauben,  philosophischen  und  physikalischen  Deutun  1 
entstanden,  gab  es  vielleicht  nirgends  in  grösserer  Blasse  alA 
den  syrischen  Tempeln.  Vgl,  oben  Abschu.  5,  Aote  1. 


543 


«acli  welcher  das  Haupt  des  Orpheus  nach  Lesbos 
»;eschworamen  sein  sollte.  Die  sogenannte  trauernde 
Iphrodite  ®)  auf  dem  Libanon,  kann  keine  andere 
;ein,  als  die  zu  Aphaka.  Aus  ihrer  Trauer  sclilie- 
isen  wir  auch  einen  Adoniskult  j  ihr  Antliz  war  ver- 
nillt,  Thränen  hatte  sie  im  Auge,  den  Kopf  ver- 
ichleiert  und  mit  der  Linken  ihn  stüzend.  Der  Kult 
'Ul  Aphaka  ist  überhaupt  erst  nach  Christus  und  we¬ 
lken  seiner  allen  Glauben  übersteigenden  Unzucht 
jerühmt  geworden.  Ein  damit  verknüpfter  Adonis- 
lult  wird  an  keiner  Stelle  ausdrökküch  erwähnt; 
»her  vom  nahen  Bybios  muss  die  Vorstellung  von 
?iner  Trauer  der  Aphrodite  herübergekommmen  sein. 

ann  dies  geschehen  ist,  können  wir  nicht  wissen; 
iie  Trauer  konnte  aber  höchstens  nur  eine  Zerimonie 
»eworden  sein.  Ohne  Zweifel  war  es  früher  ein 
\startetempel ;  die  Kirchenväter  nennen  ihn  einen 
Tempel  der  Aphrodite  ^).  Doch  dergleichen  Entstel- 
ungcn  und  Verstümmlungen  des  Kultes  gehen  uns 
'ür  jetzt  nichts  an,  w'o  wir  die  Stätten  und  Spuren 
les  Kultes  ans  den  Zeiten  des  wirklichen  religiösen 
[Lebens  aufsuchen. 

!  Ueber  den  Kult  von  Antiochien  berichtet  uns 
Amraianus  Marceilinus"®):  Es  trug  sich  aber  in  jenen 
Tagen  zu,  dass  gerade  nach  Ablauf  des  Jahres  die 
lÄdonien  nach  altem  Brauch  gefeiert  wurden  und  es 
galt  für  eine  unglükkliche  Vorbedeutung,  dass  von 
allen  Seiten  Heulen,  Wehklagen  und  Trauerlieder 

8)  Makro b.  1,  21.  Suidas  "AifoiM?  wo/x«  xvgioy.  Kai 
pfrOof  Uqov,  otoy  iv  Aißdym  to  in  ’yidwwtJt  xal  BißXra;  mit  letz¬ 
terem  wird  die  Aphr.  BvßU>]  des  Lukian  gemeint  sein. 

9)  S.  oben  Absch.  5,  Note  8. 

10)  Amm.  Marc.  22,  10.  —  Ueber  etwaige  Adonien  in 
iSeleukia,  s.  Note  61. 


514 


die  weite  Stadt,  so  wie  den  Palast  der  Fürsten  bein 
Einziige  des  Kaiser  Julian  erfüllte.  Mit  dieser  Nach 
rieht  müssen  wir  uns  leider  begnügen.  Dieser  Kuli 
ist  freilich  auch  nur  erst  ein  später,  da  er  nicht  ältei 
als  die  Stadt  sein  kann,  allein  er  wird  seiner  Her- 
kiinft  wegen  wichtig.  Bei  der  Gründung  der  Stadii 
war  ein  Theil  des  Kultes  von  Kypros  entlehnt,  iinc 
da  die  Gottheiten,  welche  Kypros  als  Kleros”)  innl 
hatten,  Aphrodite  und  Adonis  sind,  so  sind  sie  et 
und  ihr  Fest,  weiche  von  dorther  stammen.  Aber  ir 
der  Sitte  hat  es  wol  schon  eine  nicht  griechischt 
Beimischung  erhalten,  dass  die  Frauen,  welche  es  feier 
ten,  einen  Stern  im  Osten  anschauten'»)-  D«es  ge¬ 
schah  im  Jahre  362  nachChr.,  also  in  einer  Zeit,  wc; 
cs  scfnverlich  noch  irgendwo  einen  reinen  Kult  gab 
namentlich  in  jenen  Gegenden. 

Wir  niiissen  uns  nun  nördlich  zu  den  Küslen-i 
ländern  wenden.  Zu  Perge  in  Pamphylien,  wc 
die  Artemis  den  llauptkult  hatte,  wurde  Adonis  un¬ 
ter  dem  Namen  Abobas  laut  Hesychios  verehrt.  Den 
Naturkulte  ia  Marien  hatte  sich  auch  der  Adonh 
zugesellt,  und  zwar  hatte  er  zu  Alexandrien  an 
Latmos,  wo  auch  die  Liebe  der  Selene  zum  Endy- 
miou”)  ihre  Stätte  fand,  einen  Tempel**),  das  Bild' 
der  Aphrodite  war  von  Praxiteles  gearbeitet.  Ol 
Adonis  in  Sa;m,os:‘ *)  verehrt  wurde,  ist  nicht  sicher 

11)  Libanios  Antioch.  I,  S.  307.  Reiske.  Iv  Kvtiqm  »(■ 

ol  nfÄrn/Ätvoi,  Kinqop ,  15  otroi)  mq  ,  y.l>jqo)rodyrt? ,  ovm 

/mqag  ini9vfi}]mv  xßi  jjmMyopm  fxtrof/.HP  u.  s.  w. 

12)  Publicas  miratus  voces  multitudinis  magnae,  salutare 
sidu-s  iiiluxisse  eois  partibus  acclamantis. 

13)  Schol.  Theokr.  3,  49. 

14)  Steph.  T.  B.  'Aii'idpffqtia. 

15)  Athen.  10 i  451.  giftlos  äir  iqM  Jton 


S45 


)agegen  muss  in  S  es  tos  nach  der  Beschreibung  des 
Jusaios  ‘®)  ein  sehr  bedeutend esj.  vielbesuchtes j  mit 
Jlanz  und  Pracht  gefeiertes  Fest  stattgefunden  ha- 
en;  feiner  in  Bithynien”)  und  den  benachbarten 
(lindern.  In  Europa  finden  wir  ihn  zu  D  ion '  *)  in 
iakedonien.  Zu  Athen  lernen  wir  die  Adonien  ans 
Jutarch*®)  und  Arisfophanes  kennen.  Der  Feldzag 


afiiug  (ptjffn'  ’A^mvioitn  yQKf^iiuv  nagä  nomp.  Dies  konnte  auch 
iderswo,  in  Athen,  vorgegangen  sein. 

16)  Hero  u.  Leand.  V.  42  ff. 

Und  schon  nahete,  Völker  versammelnd,  das  Fest  Kythereias, 
elches  der  Sestier  Stadt  dem  Adonis  und  Kyprien  darhringt, 
'haarweis  eilten  sie  her,  zu  dem  heiligen  Tag  zu  gelangen, 
le,  so  viel  die  Säume  der  Meereilande  bevvohnten.  ■ 

■  ich  von  Raunonias  Flur  und  der  wogenumflösseneü  Kypros  , 
id  in  den  Städten  Kytheras  blieb  nicht  Eine  der  Frauen, 

)ch  auch  wer  da  umschwärmte  des  Libanons  duftigen  BergwaM; 
id  kein  Gränzanwohner  verfehlte  des  festlichen  Tages, 
iiner  von  Phrygien  auch,  kein  Bürger  vom  nahen  Abydo.s. 

17)  Proklos  Paraphr.  3,  S.  98.  eißovet  fitp  ms  ini  nolv  Tr/V 

jqoShrjv  ms  dtmv  ^rjriqa  cftaf/dgotf  y.ai  ly^mqiois'  opofia&w 

vfxäl^oms  xcti  TOP  Tov  Aqims }  xuhiwTiS  ahtov  “A^mytp  %ai  «llmS 
•öfiaat  xtti  ripas  M  nlmtg  ust  o^vqfimp  ixmlomw  avrok.  Vgl, 

ob.  Agl.  2,  S.  1165. 

18)  S  c  h  ol.  Theokr.  5,  21.  Hesych^  u.Suid.  oMiv  kqop, 
enob.  Paroini.  5,  47,  Diogen.  7,  13. 

19)  Nikias  Kap.  13.  AMvia  yuq  ^yov  al  fwtuxig  nozs,  zdl 
lov/.tno  nolkayo&i,  t^g  nokims  Hifmka  xal  tttq-ui  ntqi  aitd  xeti  xms-- 
It-  yvvaixmp  ^aup ,  man  wvg  ip  koym  noiovfxivovg  nvi  tu  tmavta 
t’Gyfqcupiip  xai  diAipai  mqi  r^g  naqotaxtvrß  ixflpijs ,  xui  SwafÄsrns,- 
I;  kufxnqÖTrjia  xai  äxfi^p  inafapierd^p  ayoma  ja/Jms 

li-kib.  Kap.  1  in  Note  36.  Aris'toph.  Lysistr.  389  ff, 
j  ‘O  t’  Ad'mptaa/uvs  omos  ov  "ni  rmv  ttymp, 

I  ov  ’ym  noT  mp  ijxovp  Ip  ry  ’xxtfiaia^ 

Ikiysp  cFo  mQMat  JfjiißßTQataS 
nküv  §s  JSiXiXiap  ^  yvp^  &  oq)(ov(j,iptjf  ^ 

at  cü  "AdmutP,  (ftjatp’  o  M  JtjfiotSrqaTof' 
thytp  onklrag  xarfkeytp  Zttxpp9-ki)p' 


II. 


546 


der  Athener  gegen  Sizilien  war  im  Werke,  und  dt 
Abgang  der  Flotte  fiel  gerade  mit  der  Trauer  n 
den  Adonis  zusammen.  Dies  hielt  man  für  eine  übl 
Vorbedeutung ,  und  weissagte  nichts  Gutes  über  dt 
Ausgang  des  Krieges.  Leichenbilder  sah  man  übers 
ksgestellt,  die  Weiber  klagten,  weinten,  sangt 
Trauerlieder  und  schlugen  sich  an  die  Brust.  D 
kyprischen  Weihen  zu  Athen*“),  deren  Platt 
neben  den  tyrrhenischen  gedenkt,  scheinen  mir  je 
nach  erneuerter  Ueberlegung  eher  auf  die  Adomt 
als  auf  die  Paphischen  Aphrodisien  zn  deuten  zu  sei 
Ob  in  8ikyon  die  Adonien  gefeiert  sein,  ist  no 
zweifelhaft,  denn  dass  die  Sikyonische  Dichter 
Praxllla,  den  Adonis  besang,  sichert  den  Kult  no 
nicht  gerade  in  dieser  Stadt,  ungeachtet  es  mögli 
isty  und  er  sich  leicht  an  den  Dionysos  und  den  Dier 
anderer  mystischer  Gottheiten  daselbst  anschliess 
konnte.  Dieselben  Bedingungen  lagen  in  Argos  ’ 
vor,  und  hier  wurde  er  wirklich  neben  dem  aiisg 
dehnten  Dienst  der  Aphrodite,  neben  Linos  und  a 
dern  Naturgottheiten  gefeiert.  InLakonien,  sov 
in  Sparta  selbst,  als  namentlich  im  Süden,  zeigte  sn 
viel  Empfänglichkeit  für  den  Dienst  der  Aphrod 
und  verwandter  Gottheiten ,  z.  B.  Demeter  und  D 
nysos,  theils  vordorischer  Abstammung;  diesen  schld 


^  cf  vnmmaxvV,  ^  ywtj  'nt  too  riyovs 
xonrtad-'  qfrjolv. 

s.  auch  Friede  V.  420.  Die  unglükkliche  Vorbedeutung  a  i 
bei  Am m.  Marc.  a.  a.  O.  Antonin  war  an  einem  solchen  T? 

gestorben. 

20)  Geseze  S,  S.  393.  ^  ^ 

21)  Paus.  2,  20,  5.  xai  Ji6g  lvrav9a  iiQÖy  ^iut^oS'  ' 
naqiomw  k  ro  olxti^u,  hmv»a  tiv  "Adkri-y  at  ywalxtg  riSy  ’Aqyt’' 

Ir  ithn  öi  ko^mi  vS  Ktfteom  nsnoitjrat  ro  itQoy. 


517 


sieh  Adonss  aOj  welclver  hier  unter  dem  Nameo  Kiris 

verehrt  wurde. 

Als  alle  Kulte  in  Rom  Eingang  fanden,  wurde 
mich  Adonis  eingeführt.  Das  älteste  Zeugniss  Mer- 
iber  ist  das  des  O'.id  **),  und  viel  früher  kam  er 
gewiss  nicht  vor.  Dagegen  muss  er  in  Etrurien 
'.chon  länger  vorhanden  gewesen  sein,  indem  er  auf 
,  druskischen  Bildwerken  uns  öfters  begegnet. 

Aus  Theokrit  sehen  wir,  dass  das  Fest  zu  Alexan- 
Irien  ans  zweiTheileu  bestand,  von  denen  jeder,  wie 
!S  scheint,  nur  einen  Tag  dauerte.  Der  erste  kön- 
ligt  sich  als  ein  Freudenfest  an,  indem  Aphrodite 
ich  im  Besize  des  Adonis  befindet^  um  dies  sinn- 
lüdlich  darzustellen,  ist  sie  neben  ihn  gebettet.  Um 
hn  waren  Früchte  des  Jahres  gelegt*®)  und  andere 

22)  Ovid  ars  am.  I,  75.  Nec  te  praetereat  Veneri  plo- 
atus  Adonis  Cultaque  Judaeo  septima  sacra  Syro.  Jul.  Fir- 
"licus  de  err.  prof.  rel.  S  424.  Gronow:  In  plurimis  Orienüs 
ivitatibus,  licet  hoc  malum  etiam  ad  nos  traiisitum  fecerit, 
idonis  quasi  maritus  plangitur  Veneris  •,  et  percussor  ejus  cir- 
umstantibiis  vulnusque  monstratur.  Philostr.  Leb.  d.  Apoll. 

,  32.  Lamprid,  Heliog.  7. 

23)  Die  Meinung  Böttigers  Sab.  !  ,  263,  dass  die  Früchte 
u.s  Wachs  geformt  gewesen  seien,  ist  von  denErkl.  des  Theokr. 

.  Aa.  schon  hinlänglich  widerlegt  Seine  angebliche  Schwierig- 
eit,  dass  die  Adonien  im  Frühling  gefeiert  sein,  wo  man  keine 
rüchte  habe,  beseitigen  wir  unten,  und  bemerken  nur,  dass  der 
nndrukk  und  dieBdtg.  dieser  Gegenstände  ganz  verloren  gehen 
'r'ürde,  wollte  man  annehnien,  sie  seien  aus  Wachs  gewe.seii 
Vie  weit  übrigens  in  .Alex,  die  Kunst  ging,  im  Winter  Laub  u. 
Irisches  Grün  zu  treiben,  darüber  belehrt  uns  der  Riiodier 
|i  allixen  OS  bei  Athen,  h,  196.  Dagegen  mögen  die  auf  den 
Zweigen  hüpfenden  Vögel  v.  Wachs  gewesen  sein  ,  so  wie  das 
^üld  des  Adonis,  Schol.  z.  Ar.  I.ys.  ^Adtäviop  m  tov  ’ AdcSniJos 
lö'ukop  U.S  nid.  Ueber  die  «xp«  in  V.  112,  welche  neben 

em  Ad.  lagen,  bemerkt  der  Schol.  nävra  r« 
MQuildtyrM  Ti'j  'Aö'iuptdli  dnv  nayralui  MkiS  önmqmp. 

35 


548 


Gegenstände^  welche  die  schöne  Jahreszeit  und  di 
Fröhlichkeit  des  Lebens  andeuteten,  wie  Lauben,  Sal 
ben  und  Vögel.  Die  übliche,  von  Frauen  bereite! 
Götterspeise  der  Kuchen  ,  ni^iiaTa  oder  nonavi 
wurde  auch  dem  Adonis  dargeboten**).  Dies  war  ei 
allgemeiner  Gebrauch;  eigenthümlich  dem  Adon 
waren  nur  die  dort  angeführten  Gärtchen,  welch 
den  Namen  "‘ASmvidog  xijnoi^  oder  x'^not  0( 

Udäpioi  führten.  Der  Scholiast*=)  sagt  bei  diesen  Veii 
sen,  man  sei  gewohnt  gewesen  an  den  Adonien  Wa 
zen  und  Gerste  in  gewisse  Gefässe  zu  pflanzen,  un 
habe  diese  Adonisgärten  genannt.  Die  den  Adon 
Feiernden*®)' pflegten  in  Körben,  oder  anderen  ird( 

24)  V,  115  ft.  Lobek,  welcher  im  Aglaoph.  S.  1050  li 
1086  diesem  Gegenstände  eine  ausführliche  Behandlg.  widmd 
rechnet  auch  die  Vögel  dahin.  Vgl,  Athen.  4,  142.  Walke 
z.  Theokr.  15,  118. 

25)  Schol,  z.  V.  112.  iiwd-afft  yaQ  iy  Tolg^ASavloi?,  nvQt 
xtti  x^id-ics  cniiQiiv  fP  Tißt  nQottanlois  y  xcd  tovs  ffvrtv&tpras  zi/ttci 
^ji<fu)vlovs  TiQosctyoQtiiip-  Man  sieht  nicht  ab,  weshalb  die  Gäi 
eben  in  den  Vorstädten.  nQoacrtloi?,  gesäet  sein  sollten,  ' 
doch  die  Tempel  des  Adonis  nicht  etwa  dort  lagen;  Wal 
wollte  deshalb  äyytlois  lesen;  vgl.  Bast,  ep,  or.  S,  194.  In  di! 
Vorhöfen  (des  Tempels)  wäre  eher  denkbar,  vgl.  Note  2 
aber  dann  würde  das  nai,  nicht  passen. 

26)  Suidas  ’Adajpidoi  xyjnot  ix  dgidaxcop  xatfiu^d&QWP,  an 

xmianuqov  iv  ocrqdxon.  Hesychios  xtinoi:  ip  n 

’’A(}'uDploig  sMmXa  i^dyoveip  xai  xijnovg  in  oaTQdxuy  xal  napwdan 
o7tü)^ap  f  olop  ix  fitxgä&QüiP  xal  {XgidcixcDP  nagaaxtva^ovaiv  av\\ 
tovQ  x^novg:  xal  ydg  iv  &QKXaxlpoig  avTop  xaTaxXip&^pai  vno’A(fQ 
dlnig  qaclp.  Eudokia  S.  1.  dlxyjp  'AMptdog  x^nov  navrodanc 
äp&saip  tviüdtGt  ßQvovTtg.  vgl.  S.  24.  Simplikios  z.  Aristo, 
Phys.  5,  S.  (213)  (230)  403  Bekk.  xal  alng  de  did  d^eQjutjp  jw;j 
tjpierai  xal  av^tTae  tv  mlg  ’Adajptdog  xaXov/uiPoig  xljnoig,  ngo  nv 
&^pai'  xal  neXijd^pai  ip  ty  yy-  Theophr.  Pflanzengesch.  6,  /,  ■; 
Julian  Kaiaageg  Kap.  24.  1,  S.  329.  Spanh.  xal  6  £edt]v6g:  «1! 

fovs  "Admi'idog  xi[novg  mg  tgya  ^fjuv,  m  Ktop&ravTlve,  iavtov  ngogrfigu 


549 


lien,  auch  wol  silbernen  Gefässen  verschiedene  Krau¬ 
ler,  ausser  Waizen  und  Gerste,  namentlich  Fenchel 
|tnd  Lattich  zu  säen  und  durch  eine  künstlich  erzeugte 
Farme  in  wenigen  Tagen  dieselben  zur  Eeife  zu 
Gingen,  und  sie  dann  in  das  Meer  zu  stüraen,  wie 
ies  mit  dem  Bilde  des  Adonis  geschah,  zurVersinn- 
ildlichung  des  rasch  erblühten  und  ebenso  rasch  da¬ 
in  gewelkten  Adonis.  Wie  sie  auf  der  Ausstellung 
es  grossen  Leichenbildes  des  Gottes  neben  demsel« 
en  standen,  so  wurden  sie  wahrscheinlich  auch  auf 
er  Prozession  daneben  getragen,  dann  aber  zugleich 
IS  Meer  gestürzt.  An  Orten,  wo  die  Umstände  ei¬ 
en  solchen  Zug  nach  dein  Meere  nicht  erlaubten, 
ürzte  man  sie  in  Quellen*’),  wie  aosZeiiobios  her- 
orgeht:  ein  Gleiches  kann  man  an  solchen  Orten 
jch  vom  Adonisbilde  voraussezen.  Die  Aufbewah- 
'ing  und  Pflege  der  Gärtchen  mochte  im  Vorhofe  des 
’empels*®),  wenigstens  theilweise,  geschehen.  Die 
auptzüge  bei  diesem  Kultgebrauche  sind  ein  rasches, 
if  künstliche  Weise  beschleunigtes  Aufblähen,  und 
)en  so  schnelles  Vergehen.  Daher  sagt  Simpli- 
,os  a.  a.  0:  auch  das  Getreide  gedeiht  schnell  durch 
/"arme  und  wächst  in  den  sogenannten  Adonisgärten 


1  ywalxts  TW  dv^ql  (fmemv0iv  osrqtty.lois  inafiiqm- 

\vai  lu/apLap.  Xlmq^aavra  df  mvm  nqoS  iUyop,  ahly.a 

kouaQttlptrai.  Zenob.  Paroim.  1,  49.  rivotnm  ii  omot  ol 
j?  ’A&uividog  dg  ayytla  •xsqüfxua  axQt  xloijg  fioy^g  Ixye- 

\yiat  rf«  cfjMß  TfltvTwipn  xai  qtmovpna  tlg  zq^pag. 
j  27)  Wie  man  sie  auch  in  die  Häuser  tragen  konnte ,  ist 
ir  nicht  klar.  Sc  hol.  z.  Aristoph.  Lysistr.  390.  ioqitjp  ydq 
mXovp  Tf  ’Adwptdi.  al  yvpalxsg,  zut  x^novg  wpks  ik-  t« 

■iifitqop.  Paroim.  Vatic  1,  4  App. 

28)  Philostr.  Leb.  d.  Apoll.  7,  14.  ^  M  avl^  (des  Adonis- 
mpels)  ctpS^iwp  x^noig,  ovg  ’.4cFwwdbf  'Aaevqioi,  noimPKn 

itq  öqyloDP  6fibi)qo(fioig  a&Tohg  »fvttiovtig. 


55Ü 


schleunitr  empor,  bevor  es  seihst  noch  Wurzeln  schlag 
und  fest  wird  in  der  Erde?  und  Platon*»);  sag  mir 
ob  ein  verständiger  Landmann  den  Saamen,  weichet 
er  vor  andern  pSegen  und  Früchte  von  ihm  habet 
möchlej  recht  eigens  im  heissen  Sommer  in  ein  Ado- 
nisgärtchen  streuen,  und  seine  Freude  daran  habet 
wird,  ihn  in  acht  Tagen  schon  in  die  iiöhe  geschos¬ 
sen  zu  sehen,  oder  ob  er  dies  nur  als  ein  Spiel  um 
bei  festlichen  Gelegenheiten  thun  wird,  wenn  er  ei 
ja  thiit.  Dadurch  war  es  üblich  geworden  den  Aus 
drukk  Adonisgärten,  xijmi  'Admvidog^  Sprichwort 
lieh  zu  gebrauchen  von  Dingen,  welche  einen  schnell 
aufhlühendcn  Heiz  haben,  aber  sich  eben  so  leich 
wieder  verflüchtigen,  welche  keine  Wurzel,  Krat 
und  Dauer  besizen,  bald  vergehen,  nuzlos  und  nich 
tig  sind,  höchstens  eine  augenhlikkliche  schnell  ver 
rauschende  Freude  gewähren®“).  Einen  Gegensa; 

23)  Platon  Phaidros  S.  276  B. 

30)  D  i  ogenian  Paroim.  1,  14.  n’^noi,-.  Inl  rm>  amgiu 

■/.al  ’Enuä^  yag  Zidiam  igw/usvos  mf ,  (oi  o 

'AffgoSkri?,  ngorißiji  rdsura ,  ol  mbry  ogym^oms  x^novs  sls  dyyii 
Tivct  ffvnvovTK  ^  tpüTSVovSm ,  tccyicui  ixilvbnp  d*«  ro  fxrj  lggi^u)G9i 
g  utiTGv^  IxceAow,  Eustath.  z.  Honi.  Oc 

11  S.  459  (1701).  Jm  roSro  jM«»'  nagoijumxms  intmv  dxfgdwp  Int 
rlSsmi,  ixslvo  cFi  hü  tSv  axdgnmp  xai  mxvfiögojv:  xmot,  'Aäta 
rtifos  (fVTUQm  Tecyti  upuTälkovmi  'iaa  yoTgai'  tj  dg^lyov  xai  ohoS  xc 
(fipov  TiPüS,  xai  qmTÖßSPa  xard  &aXdffff)jS  xai  dtf-avi^ofisva  xai 
i  fimbTi]rK  wa  rov  xcad  tov  mxvfA.oqov  "Atfiapip  S-aydmv,  os  dvB^t^eo 
rtoT^gtop  taxv  äni^vS-tjat  xamßl>i&fls  vno” Aosms xard  tov  fiod-ov'  yuxdi 
xic  Tok  toM&mvs  rtifttlodam,  xtjnous  malovp  {mrarflovs ' ASuivt'Sog.  Vgl. : 
li.lO,  499.  Schol.  z.  Platon  a.  a.  O.  S,  S8  Rhunken:  ’Ad.x.ii 
T.ap  dmQ'jiv  xai  ohyo/gopLop  xai  ulj'  iggiiof.isuu)V  ijxv/jad-j]  de  aix 
r.ai  Mvgmld/jg  Mtlavinnri  xai  hmtuBa  IJldrutP.  P 1  u  t  a  r  C  h  ntgi  ir 
mb  Tod  9ti!jv  ßguifims  nuMQovfitPiOP.  Kap.  17.  ffiXloig  naget nXtiaif. 
dnoftuQetu'ofÜPißP  nayrdnaai,  xai  ejbhvövToiv  iv  oHy«) ,  noitlß^ 
X'-yop  ToesovTOP ,  diantg  ai  lous  Ird'.  xtjnovg  in  ootgaxotg  lan  n9tivoi 
fiipnt  xai  Utganfoervoai  ycmtlxiS.  Eine  Anspielung  im  Nikias 
Note  19.  Epiktet.  Euch,  4,  B,  36.  dp  di  nah  rov  yövov  fvc 


551 


ezu  bildete  das  Spruch worl:  die  Bäume  des  Tan- 
los®')j  Platon®*)  soll  dies  Bild  von  den  Ado- 
sgärten  von  den  meisten  Schriften  gebraucht  haben, 
eiche  nur  Werth'  für  einen  Tag  haben  und  bald 
jeder  verschwinden.  Auf  einer  andern  Anschsiuung 
»ruht  der  Gebrauch,  die  Gärten  des  Adonis  mit  de¬ 
in  der  Hesperiden  und  des  Aikinoos  zosammenÄU- 
;ellen®®).  Hier  muss  man  sich  ihn  wie  die  Aphro- 
ite  als  Gottheit  der  blühenden  Natur  und  des  frischen 
;ichen  Lebens  gedacht  haben.  Schon  oben  haben 
ir  ihn  als  mystischen  Herrscher  von  Kypros  kennen 
eiernt  5  der  Idalische  Bergwald  war  daselbst  sein 
lieblingsaufenthalt.  Es  verträgt  sich  daher  auch  sehr 
/ohl  mit  seinen  übrigen  Vorstellungen,  wenn  wir 
ermuthen,  es  habe  eine  Vorstellung  gegebeo,  weiche 
m  als  einen  ähnlichen  Herrscher  wie  etwa  den  Al- 
inoos  hioslellte.  Der  heilige  Garten  der  Kypris  In 
er  Nähe  von  Paphos,  IsQoxfidgj  war  dem  der  Hespe- 
iden  vergleichbar;  mehr  aber  noch  jener  beiTamas- 
os,  aus  welchem  sie  die  goldenen  Aepfel  für  ihre 
jieblinge  pflükkte, 

w  am/w  lifwyxjj,  ärsXk  x^mv  ^MmvMxoo.  Zeaob.  Pa- 

oim.  i  ,  49.  ’ÄxaQnoTtiQog  tl  UiwvAs  nnnmv.  Int  mv  ff*" 
alov  nxflp  övvciftivmp  ttqtjrm  ^  naQotftta.  Ebenso  Suidas.  Hie- 
■onymos  z.  Jes.  17  Werke  4,  774.  Fertur  sapientissimi  apud 
Iraecos  merito  celebrata  et  laudata  seiitentia,  qiii  omnes  saeculi 
roluptates  et  pompam  mutidi  atque  luxiiriam  celeriter  trans- 
;untum  hortos  Adonidis  vocat. 

31)  Suid,  Tcipn'dov  x^mvg  TQvyax.  Vgl.  Eustath.  a.  a.  O. 

iudokia  S.  24. 

32)  Stobaios  Ekl.  2,  Kap.  6,  4. 

33)  PI  in.  Naturgesch.  19,  19,  !•  Antiquitas  nihil  priiis 

nirata  est,  quam  Hesperidum  hortos  ac  regum  Adonis  etAlcinoi; 
itemque  pensiles,  sive  illos  Semiramis,  sive  Assyriae  rex  Cjrus 
fecit.  Suidas  xXjnoi.  (d.  Hdschr.  xctQnoi.)  l^yotnai  oi 

jUtnwQoi  xtjTiQi.  Ebenso  Z  o  n  a  r  a  s. 


552 


An  dem  Trauertap^e  des  Morgens  früh  wurde 
das  Bild  des  Adonis  za  Alexandrien  in  Prozession, 
die  Königin  ah  der  Spize,  nach  dem  Meere  getragen, 
an  andern  Orten,  wie  wir  verinuthet  haben,  nach  ei¬ 
nem  Brunnen  und  dort  versenkt,  und  mit  ihm  die 
Gärten.  Die  Scholien  zum  Theokrit^^*  )  lassen  vermu- 
tben,  dass  der  Zug  zu  Dion  aus  dem  Tempel  nach 
dem  Meere  ging.  Dass  das  Bild  am  Meere  nicht  ver¬ 
senkt,  sondern  blos  abgespült  sei,  wie  es  oft  mit  den 
Götterbildern  geschah,  und  namentlich  mit  dem  Bilde 
der  Pallas  zu  Athen  der  Fall  war,  scheint  nicht  zu¬ 
lässig®^).  Die8cholien,  Kyrillos,  welcher  als  Alexan¬ 
driner  hiebei  eine  besondere  Beachtung  verdient,  und 
die  entsprechende  Anwendung  der  Gärten  zeugen 
dagegen.  Auch  würde  durch  das  blosse  Abspülen 
des  Bildes  der  Sinn  der  Handlung  nicht  ausgedrükkt 
werden,  welchen  Theokrit  doch  selbst  bezeichnet,  ia- 
dem  von  ihm  unmittelbar  darauf  gesagt  wird,  er  wan¬ 
dele  zum  Acheron  und  kehre  im  künftigen  Jahre 
wieder.  Die  Gärten  versinnbildlichten  seinen  Tod, 
indem  sie  imtdfmi,  heissen  und  versenkt  wurden.  Es 
wird  zwar  vom  Kult  in  Alexandrien  nicht  ausdrükk- 
lich  gemeldet,  dass  Adonis  hier  Todtenopfer  erhielt, 
allein  die  ganze  Zurüstung  deutet  schon  darauf  hin, 
so  wie  die  Todtenopfer  in  Byblos®®),  welche  eben- 

33a)  z.  5,  21.  ‘HoaxX^s  iQ^ofitvog  sMi  nvag  qi^oviag  xo  xo» 
Aämpi&oS  «yaliÄtt  inl  Xixavtkc.  And.  ‘Hq.  ildtr  (x  xtvos  Isqov  noXXovS^ 
i^iopras. 

34)  Wie  Walkeu.  z.  V.  132  meint.  Schol.  z.  V.  132:  hl 

yaQ  Ttjp  9-dlaaettP  ixcf'tQopxig  xw  “A'Xmvhv,  e^^mxop  in  ahxljv  Hem- 
sterh.  verändert  t^^mxw  in  aixTj  und  dies  billigt  Walken-  seiaerj 
Aßsicht  wegen.  ■ 

35)  Lukian  a.  a.  O.  imdp  unoxm//tx)pml  xe  xai  dnoxltti-\ 
fitoWKt,  n^mxa  fup  xa9uyl^ovaif  tm  ’Admytdx,  oxms  ioyn  vtxvi,  V'gl. 
S.  24. 


553 


falls  aus  Kypros  stammten,  und  die  Gebräuche  in 
Athen  nicht  minder  unmittelbar  kyprischen  Ursprungs 
wie  Jene.  In  Athen®®)  wurden  an  vielen  Orten  Tod- 
tenbilder  aiifgestellt,  und  nach  Art  einer  Leiche  be¬ 
trauert  und  bestattet.  Solche  hatte  man  aber  auch, 
wegen  des  gemeinschaftlichen  Ursprungs  beider  Kulte, 
jin  Alexandrien®’).  !m  Kriege  Julians  gegen  die 
’erser®*)  wird  der  Tod  eines  Jünglings,  des  Sohnes 
lies  Königs  der  Chioniten,  Grambates,  welcher  vor 
Amida  gefallen  war,  nach  Art  des  Adonis  betrauert 
tind  er  beerdigt.  Auf  ein  grosses  prachtvolles  Gerüst 
wird  er  hingelegt,  zehn  Betten  mit  den  Bildern  Ver¬ 
dorbener  um  ihn  gestellt.  Sieben  Tage  überliessea 
sich  die  Männer  dem  Gelage  und  den  Todtentänzen, 
jnd  sangen  verschiedene  Arten  von  Traoergesängeri 
n  den  Zelten;  die  Weiber  aber  beweinten  ihn  unter 
Liedern  der  Trauer  und  Klage,  wie  es  an  den  Ado- 
lisfesten  Sitte  war.  Zu  jenen  Zeiten,  ira  vierten 
Jahrhundert  nach  Chr.,  konnten  diese  Gebräuche  sehr 
o'ut  bis  in  jene  Länder  bekannt  geworden  sein.  Das 
l'odtenopfer  des  Adonis  hiess  weil  das 

Leichenbild  hiebei  ausgestellt  war;  mit  demselhen 
LVamen  benannte  man  auch  die  Trauerfeier  nach  dem 
ll’ode  der  Angehörigen.  Das  eigentliche  Traaerfest 
iiiess  dcpaviafiog,  weil  Adonis  hier  entschwunden  ge¬ 
dacht  wurde,  das  Freudenfest  dagegen  svqs&g^  weil 
nan  den  Gott  dann  wiedergefunden  hatte.  Von  an- 


36)  Plut.  Alkib.  18.  ndmla  nollc<](ov  yixqois  ir.xojLuCo/.iii'ois 
\,\uoia  npouy.HVTo  mls  yvvm'^l,  xat  Ta(fius  ifÄtptovvTo  y.mmiAfvcet  xat 

ydov. 

37)  Die  Hypothesis  z.  d.  Id.  Theokrits.  s.  in  Note  3. 

I  38)  Amm.  Marcell  19,  1. 

i  39)  H  esych  xaSidQa:  &mk(  ’Aifcöxidos.  Ku&itSquit  nip&ovs 
lAfQm  int  uTthvxöaiv. 


554 


derweitigeii  Kiiltiishandliingeo  and  feierlichen  Gebräu¬ 
chen  können  wir  noch  einzelne  anführen.  Julius  Fir- 
loicus  a.  a.  0.  lehrt  uns,  dass  man  den  Umstehenden 
den  Mysten,  die  Wunde  des  Adonis  und  seinen  Mör 
der  gezeigt  habe^  es  muss  also,  wie  ein  Bild  des 


Adonis  und  der  Aphrodite,  so  auch  eines  des  Ares 


ausgestellt  gewesen  sein.  Sauopfer  erhielt  Aphro¬ 
dite,  zwar  nicht  von  allen  Griechen  *“),  d.  h.  von  de 
nen  nur,  welche  sie  als  chthonische  Gottheit  verehr¬ 
ten,  während  die  Fabel  sagte,  das  Schwein  sei  ihi 
als  Mörder  ihres  Geliebten  verhasst ,  und  es  scheint 
dass  auch  dem  Adonis  solche  gebracht  seien,  wiewo 
es  nicht  ganz  sicher  ist*^). 

Am  meisten  trat  die  Trauer  und  die  Klage  un 
den  Gott  hervor,  das  Weinen  und  Jammern,  da 
Schlagen  der  Brust  und  Singen  der  Todtenliedei 
war  dabei  die  Hauptsache,  mit  ihnen  aber  die  Tänz< 
verbunden  Unter  dem  Absingen  der’Threnen  um 
Adoniasmen  wurde  wahrscheinlich  auch  die  Prozessioi 
voll  führt  und  Adonis  bestattet.  Der  eigentliche  Aus 
drukk  für  dies  Jammern  und  Wehklagen  war  xÖTiretf 


40)  Siehe  oben  beim  Kult  der  Aphr.  Wir  führen  noci 

an;  Sc  hol.  z.  Hom.  II.  19,  197-  y.anqo 

»in,  5  «f  iyr^oixipov  nls  rol  mQi  ’Adioy^doS  ■ 

Ti  mql  Tou  jWäj  gvYYfYopiyai  ojAVVOi,  to  ipavtlov  9va)P, 

41)  Dionysios  in  s.  Adonis  b.  Athen.  9,  401. 

Nvfifwv  vno  mnloyY«'  avrcanYov 
evRYqov  ^xßokeiop  fu9>iQov  xkvHv, 

&  nlH(ST  Knaqx«?  dxQo9mdio/xat. 

Vielleicht  hat  es  Adonis  gesprochen. 

42)  Sc  hol.  Ar.  Lysistr.  389.  ns ‘Adutnv 

«r  „..p  Arnob.  adv.  g.  7.  18.  oblitteratis  offensarj 

Venus,  si  Adonis  in  habitu  gestum  agere  vident  saltatorus 
motibus  pantomimis. 


555 


>■«***),  weil  man  sich  dabei  ao  Kopf,  Brust  und  Häf¬ 
en  schlug ,  und  nun  sagte  man  mntsö-9-m 
len  Gott  auf  diese  Weise  betrauern**).  Schw^erüch 
varen  diese  aber  sehr  verschieden  von  den  gewöhn- 
ichen  Trauerfeierlichkeiten.  In  einem  Paar  Versen 
ihne  Namen  des  Verfassers  heisst  es*®):  es  starb 
1er  Kythera  der  zarte  Adonis,  trauert,  Jungfrauen, 
ind  zerreisst  die  Gewänder.  Für  Bybios  kam  noch 
las  Schearen  der  Haare  hinzu.  Diese  Trauer  sollte 
Iphrodite  selbst  eingesetzt  haben*®),  als  sie  um  den 
Vdonis  klagte,  wie  die  Götter  in  der  Sage  sich  selbst 
hren  Kult  einrichten;  ihr  aber  werden  die  Ädonien, 
vie  wir  oben  gesehen  haben,  nicht  minder  als  dem 
Vdonis  selbst  gefeiert.  Kyrillos*’)  sagt:  die  Grie- 

43)  Dioskorides  Anthol.  1  S.  246. 

’H  xlita  m  yaldxn/,  '‘Aiom, 

TJji  ffp  xoijjafjiivfi  (ST^d-Ba  nappv/tA, 

(I  dojCft  y.dfxot  moriqv  dnonpivea, 

(xij  TiQoff  atsis,  ev^unlow  evp  fu  laßmv  anayt.  ' 

)ers.  Gr.  Anthol.  Ausw.  5,  44. 

I  ‘H  m^avri  fl  (TQtaGip  AquSrovaii,  ffiX  ASmvi, 

xoipauiPi]  ffp  <St^9-(a  ndq  xalvß^. 

Agathias  Gr.  Anthol.  4,  k  5,  Nr.  7.  Bion  1,  79....  weint 

'.tiqdfitvoi,  xaimg  in  ’AMptA, 

I  44)  Aristoph.  Lysistr.  397.  s.  Anna.  19.  n.  den  Sc  hol. 
köTitTof,  ro  niv&os,  d-Qtjpoe. 

45)  Ptolem.  Heph.  S  59. 

Kcf&pdaxti,  Kvd-iqrj,  dßQo?  ’AtfcupiS'  tl  xs  S-üfiBP; 
xciirinnad-i,  xlqm,  xm  xajiQslxtsB'S  ytimpcts, 
jNeue  Sappho  frgm.  128.  schreibt  es  der  S.  zu;  weil  sie  nach 
Paus.  9,  29,  3  den  Ad.  besang,  und  Diosk.  Gr.  Anth.  7,  407  von 
[ihr  sagt;  KivvQua  viov  iqpos  ddvQofiiptjj’AffQoMT^  evp9-qrjVOS,  fiay.aQtop 
lUpo»'  dkaos 

i  46)  O  V  i  d  Metam.  10,  72.5  ff. . . .  Luctus  monumenta  manebunt 
I  Semper,  Adoni,  mei :  repetitaque  mortis  imago 

'  An  mea  ])langoris  peraget  simnlamina  nostri. 

47)  K'yrill  a.  a.  O. 


556 


eben  trauern  und  jammern  mit  der  Aphrodite,  welche 
wegen  des  Todes  des  Adonis  niedergeschlagen  ist; 
sobald  er  aber  aus  der  Unterwelt  »urükkehrt,  und 
sobald  sie  sagt,  dass  sie  den  gefunden,  welchen  sie 
suche,  so  stellen  sie  sich,  als  wenn  sie  ihr  glükk- 
wünschen,  jubeln  mit  ihr  und  geben  sich  ausgelasse¬ 
nen  Freuden  hin.  . 

An  dem  Freudenfeste  herrschte  die  lauteste  Hei¬ 
terkeit  und  der  fröhlichste  Jubel  vor;  die  Adonieo 
verfielen  aber  auch  in  dieselbe  Ausgelassenheit  wie 
’  die  übrio-en  Feste,  und  Hetären  trieben  an  den  Gast- 
mälern  und  Gelagen  ihr  Spiel*«).  Diphilos**)  hatte 
drei  Samische  Weiber  geschildert,  welche  sich  an 
den  Adonien  zum  Zeitvertreib  Räthsel  aufgaben.  Zu 
den  mannigfaltigen  Gegenständen  der  Unterhaltung, 
wie  man  sie  an  solchen  Festen  liebte,  gehört  gemei¬ 
niglich  auch  das  Würfelspiel.  Man  hatte  laut  Hesy- 
chios  einen  Wurf  Namens  Adonis,  und  es  lässt  sich 
vermuthen,  dass  man  durch  ihn  das  Glükk  der  Liebe 
erprobte.  Mit  den  festlichen  Aufzügen^“)  an  den  Ado- 

nien  können  sowol  Feierlichkeiten  am  Tage  der  Trauer 

als  an  dem  der  Freude  gemeint  sein.  Da  das  Schikk- 
sal,  welchem  alle  Mysterien  unterlagen,  dass  sie  gänz- 

48)  Alkiphron  1,  37.  ruy  ’Atfiüyioiy  xai  hi- 

nou  nqk  wae  xat  lyofe  schreibt  Myrrhiea 

V.  ihrem  Geliebten.  Diphilos  iy  b.  Athen.  /, 

ov  de  vuv  cayoi 
no^yäoy  Itfw  nokvnXuis  ’Adoivia 
uyovß  halQu  fu»’  hi^oiy  noQvSy  /wcfijii/ 

2ttmoy  änoTäitiS  roy  n  xolmv  änojqlxoiy. 
Aristainetos  1,  8.  roi^  y«?  UcpqoSlrn^  tq^i^tyoy  n 

eiillu.  _  lA  JE» 

49)  Im  Theseus  bei  Athen.  10,  451.  ^  , 

50)  No  an  OS  12,  iOO.  Mnlow  MUxt  xiäixov  'AiXwyyT^  xa 


557 


ich  in  Sinnenrausch,  Ünziucht  und  ¥öllerei  awsarte- 
en,  wie  die  übrigen,  so  auch  die  Adonien  traf,  wurde 
;;s  möglich,  dass  sich  die  Adonistrauer  mit  dem  Dien- 
[ite  zu  Aphaka  verband,  und  wenn  Adonis  zu  Perge 
|n  Pamphylien  den  Namen '  *)  führte,  so  hatte 
ies  einen  ähnlichen  Grund.  Dort  war  seine  Auf- 
lahme  durch  den  Kult  der  Aphrodite  in  Side  und 
\spendus  herbeigeführt,  und  durch  den  Argivischen 
^aturkult  in  jenen  Gegenden  aogezogen  und  ausge- 
lildet,  wie  in  Argos  selbst.  Nun  gab  es  seit  den 
ezten  Zeiten  vor  Christus  berüchtigte  Banden  ge- 
visser  Mädchen welche  als  Flötenspielerinoen  die 
iPelt  durchzogen,  an  Festen  und  Gelagen  die  Lust 
ierbeilVihrten  und  durch  andere  Gewerbe  nebenher 
hren  Unterhalt  verdienten.  Sehr  berühmt  waren  sie 
n  Rom,  und  Syrien  sollte  die  grösste  Menge  liefern. 
Jorthin  weist  auch  ihr  Name  Ambubajea  oder  Abu- 
sajen,  welches  von  am  bub  oder  abub,  einer  Flöte, 
iergeleitet  wird  Einen  sehr  weiten  und  wili- 

i;oinmenen  Wirkungskreis  fanden  sie  in  Antiochien, 
ind  muthmassiich  fanden  sie  sich  auch  an  den  Pam- 
ibylischen  Festen  mit  ihrer  Musik  und  ihren  Belusti¬ 
gungen  in  solcher  Masse  ein,  dass  sie  den  Charakter 
1er  Adonien  in  hohem  Grade  umstempelteii,  dass  man 
lem  Adonis  nach  demselben  Instrumente ,  weiches 

I  51)  Hesych  und  Etym.  M.  "Aßmßu?:  'AStavis  vno  Msq- 
\ctio}v.  Die  Veränderung  in  IltQßmmp  ist  gewiss  sehrunniiz;  und 
Lnn  müsste  diese  Form  für  ütQmxos  doch  noch  erst  nachgewie- 

en  werden. 

52)  Horaz  Sat.  I,  2,  I.  Ambubajarum  collegia.  '  Das. 
'eindorf.  Suet.  Nero  Kap.  27.  luvenal  3,  62.  Der  Schol.  z. 
tor ;  Ambubajae  dicuntur  mulieres  tibicines  lingua  Syrorum ; 
tenim  lingua  eorum  tibia  sive  symphonia  ambubaja  dicuntur. 
l'ielmehr  abub,  ambub,  sezt  Heindorf  hinzu.  Ausserdem 
^gl.  Gesenius  Thes.  1,  S.  4. 


558 


ihnen  ihren  Namen  gegeben  hatte,  Abobas  uennei: 
konnte.  Der  dortige  chthonische  Kult  der  Aphroditt 
besass  auch  diesen  Charakter:  dass  diese  Mädcher 
und  ihre  Instrumente  ursprünglich  eine  religiöse  Be¬ 
ziehung  gehabt  hätten,  wird  nirgends  gesagt,  und 
nirgends  eine  Andeutung  gegeben,  welche  eine  solclu 
Muthmassung  rechtfertigen  könnte.  Sie  waren  eher 
nur  Mädchen,  wie  sie  noch  und  aller  Orten  von  Stadi 
zu  Stadt  ziehen,  und  durch  Spiel  und  Stimme  u.s.w 
öffentliche  Belustigung  gewähren. 

Wie  die  Adonien  einerseits  mit  den  Bakchischei 
Festen  die  grösste  Aehnlichkeit  hatten,  so  anderseits 
mit  denen  des  Attis.  Für  jezt  nur  dies.  An  deo 
Trauertage  seines  Festes  wurde  die  heilige  Pinit 
umgehaüen,  unter  welcher  Attis  sich  entmannt  habei 
sollte,  und  io  den  Tempel  der  Göttin  getragen.  Eim 
Figur  des  Jünglings  hing  unter  ihr.  Eine  ähuliclu 
Sitte  muss  auf  Kypros  stattgefunden  haben,  denn  wi 
erfahren"®),  dass  für  die  Aphrodite  ein  Baum  abge- 
hauen  und  ihr  am  Eingänge  ihres  lempels  aufgestell 

53)  Hesych  ’Aola:  diVcf^a  xal  ävcen»iftsya  i 

'‘Aff'Qodinj,  ms  lewQtl  NüaaavtfQus ,  nQos  nds  tködoie.  Den  Schrift 
steiler  Na s sandros  kennt  Niemand.  Wir  haben  ihn  Th.  1 
S.  5  in  Erwägung  des  Aphroditekultes,  und  dass  das  Wo: 
uoia  in  der  Form  'Arnos  den  mythischen  König  und  Heros  vo 
Kypros,  den  Stammvater  der  mythischen  Könige  des  Landes 
der  'jAt,  den  Kinyras  und  Adonis  bezeichnete ,  lezteren  auc, 
in  den  Formen  'Am  oder  ’Holos,  der  Mutter  des  Ad.  den  Name 
Aoa  gab,  einem  Berge  und  Flusse  die  Benennung  aAs  u.  s.n 
ganz  nach  Kypros  gehört,  und  seinen  Ursprung  in  der  attische 
Eos  hat,  welche  als  Stammmutter  des  Kinyras  und  Adonis  be, 
trachtet  wurde,  für  den  Alexandros,  den  Verf.  der  kypHi 
scheu  Geschichte  erklärt-  Verhält  sich  die  Sache  so,  dan 
können  wir  auch  weiter  schliessen ,  dass  dies  eine  kyprisch 
Sitte  war.  Zu  den  phrygischen  Gebräuchen  im  späteren  Syri 
sehen  Kult  müssen  wir  auch  einen  ähnlichen  wie  diesen 


559 


wurde.  Was  dort  aber  die  Pinie  ist,  ist  bier  die 
jZeder  ’*),  der  Stolz,  der  kyprischen  Wälder,  und 
Iwenn  diese  Beziehung  richtig  ist,  so  wird  die  Zeder 
m  Mythos  des  Adonis  dieselbe  Bedeutung  wie  die 
Pinie  in  dem  des  Attis  gehabt  haben.  Solche  Bäume 
»iessen  dota,  wie  Adonis  selbst  in  dorischer 

Form  des  Wortes. 

Die  Adonien  wurden  alle  Jahre  gefeiert”).  Man 
iiat  gemeint”),  sie  wären  in  Athen  nur  ein  Trauer- 
fest  gew'esen,  weil  Flutarch  nur  von  solchem  sprectse. 
Allein  er  beschreibt  nicht  die  Adonien,  sondern  die 
Abfahrt  der  Flotte  nach  Sizilien,  und  bemerkt,  dass 
äiese  am  Trauertage  des  Ädonisfestes  erfolgt  sei  5 
man  kann  nicht  erwarten,  dass  er  nun  auch  das 
Lk^brige,  was  er  sonst  noch  von  dem  Feste  wnisste, 
lurch  eine  unpassende  Abschweifung  beigebracht  ha¬ 
llen  würde.  Sie  konnten  nicht  anders  als  beides  sein, 
rrauer-  und  Freudenfeste.  Io  Alexandrien  ging  das 
Freudenfest  voran,  und  ein  Gleiches  müssen  wir  für 
Kyp  ros  und  Athen  folgern.  In  Byblos  begann  die 
'Feier  dagegen  mit  der  Trauer,  wenigstens  zu  Lu- 
Lians  Zeit,  und  wir  können  nicht  wissen,  ob  diese 
jOmkehrung  nicht '  erst  sich  seit  der  Einführung  der 
iZeremonien ,  welche  den  Kopf  mit  dem  Briefe  und 
jier  Nachricht,  dass  Adonis  gefunden  sei,  von  Alexan- 
'Irien  kommen  lässt,  gebildet  bat,  damit  der  Zusani- 
menhang  zwischen  beiden  Orten  hfergestelit  würde. 


lierapolis  zählen.  Doch  werden  hier  nur  Opferthiere  an  die 
^äume  gehängt.  Luk.  a.  a.  O.  Kap.  49. 

54)  Hesych  ’fiw«:  jJ  xüqus,  Aus  den  Torher  an- 

'efühxten  Gründen  vermuthe  ich,  dass  es  eben  kyprische  Sprach- 

veise  war. 

55)  Theokrit  15,143.  Bion  L98-  Lukian.  Ovid  a. a.  O. 

!  56)  Corsini  fasti  Att,  2,  297  ff. 


560 


Die  Dauer  des  Festes  betrug  zwei  Tage,  wenigstens 
lässt  sich  dies  mit  Sicherheit  von  Alexandrien  schhe- 
ssen  und  in  Folge  dessen  auch  für  Kypros  und  Athen, 
ln  Byblos  war  es  wahrscheinlich  nicht  anders,  denn 
Lukian  sagt:  sie  jammern  und  klagen  um  den  Ado¬ 
nis  und  opfern  ihm  als  einem  Todten,  am  folgender 
Tage ® ® 0  aber  sagen  sie,  dass  er  wieder  lebendig 
o-eworden  sei.  Ebenso  wenig  kann  man  aus  detr 
Aramianus  schliessen,  dass  bei  Amida  das  Fest  sicher 
Tage  gedauert  habe;  die  Leute  feiern  dort  keim 
Adonien,  sondern  bestatten  den  Jüngling  nur  wie  ei¬ 
nen  Adonis;  und  selbst  wenn  es  wäre,  kann  man  mch 
wissen,  was  zu  einer  dortigen  Feier  und  zu  jeneij 
Zeit  für  fremdartige  Dinge  aufgenommen  seien.  End 
lieh  wenn  man  die  Adonisgärten  acht  Tage  pflegte 
so  ist  dies  ein  von  Platon  in  runder  Zahl  gebrauch 
ter  Ausdrukk  für  eine  Zeit,  in  welcher  man  wol  n 
künstlicher  Weise  Sämereien  emportreiben  konnte 
Die  Feiernden  waren  zwar  vorzugsweise  die  Frauen 


56a)  &ß)S  iötm  vimV  fism  ctl  itiQti  twnv  ts  fiiv  fii 

^üloyiovm  xai  sk  tov  nsQtt  m/xnovai,.  Dass  das  Fest  hier  siebe 
"age  gedauert  habe,  ist  bloss  erfunden.  Denn  Luk.  sagt  mch 
ass  der  Kopf  sieben  Tage  lang  v.  Alexandrien  hergeschwoir 
aen  sei,  sondern  dass  er  eine  siebentägige  Fahrt  zurnkgele[' 
labe.  S.  Worte  sind:  nlmoma  my  (Ätmlv  nXoov  inm 
al  uiv  of  avtfxoi  foqtovav  9-dt]  pavnUj},  d.  h.  die  Fahrt  (^^\ische 
»eiden  Orten)  von  sieben  Tage,  unter  göttlicher  Führung, 
chnell  er  geschwommen,  sagt  L.  gar  nicht  Sie  werden  auc, 
licht  auf  einen  Kopf  aus  Alex,  gewartet,  sondern  ihn  in  d(| 
^ähe  ins  Wasser  geworfen  haben.  Gesezt  auch,  was  aber  nie 
ler  Fall  ist,  man  hätte  sich  eingebildet,  der  Kopf  schwannr 
ieben  Tage,  so  würde  hieraus  noch  gar  nicht  auf  eine  gleic  i 
3auer  de!  Festes  zu  schliessen  sein.  Sieben  Tage  dauerte 
gewöhnliche  Fahrt  von  Alexandrien  nach  Byblos. 


561 


loch  nicht  ausschliesslich  ^*6  ^©i  den“Trieteri- 
;en,  sondern  j^emischt  wie  bei  den  Thesmophorien, 
nd  andern  Bakchischen.  Des  Aristophanes  Lysistrata 
annte  man  auch  Adoniazusen  wegen  ihrer  Beziehung 

um  Adonisfeste 

!  Jezt  die  Beantwortung  der  Frage,  wann  die 
kdonien  gefeiert  wurden.  Aus  dem  Bisherigen  leuch - 
?t  schon  ein,  dass  wir  es  hier  mit  einem  chthonischen 
itilt  zu  thun  haben.  Bei  andern  dieser  Art  war  es 
litte  die  Trauerfeste  im  Herbste,  die  Freudenfeste 
n  Frühling  zu  feiern.  Ersteres  fand  z.  B.  bei  den 
jilensinien  und  Thesmophorien  statt  gerade  \ier 
llonate  nach  den  Thesmophorien  wurde  das  Freu- 
lenfest  der  Anthesterien  gefeiert,  wo  Kora  wieder 
US  der  Unterw  elt  heraufsteigt  und  dem  Bakchos  ver- 
ält  würd.  Eine  solche  Trennung,  so  ähnlich  die 
este  und  die  Idee  derselben  auch  sonst  sind ,  fand 
si  den  Adonisfesten  nicht  statt.  Aber  auch  war  das 
reudenfest  nicht  bei  allen  Trauerfesten  der  chthoni- 
;hen  Gottheiten  ganz  ausgeschlossen.  Besonders 
ssen  sich  indess  die  verwandten  phrygischen  Feste 
jesÄttis  hierin  vergleichen,  sie  wurden  zwar  im  Be- 
inn  des  Frühlings  gefeiert,  aber  beide  Theile  folg- 
;n  unmittelbar  auf  einander.  Vieles  hat  zwar  Adonis 
lom  Attis  aufgenommen,  indess  tritt  dies  vornehmlich 
äim  Mythos  und  in  einzelnen  Zügen  des  Koitus  her- 

'  57)  S.  Diogenian  in  Anm.  30.  u.  Stellen  wie  Schol.  z. 

'leokr.  in  Anm.  35a  Musaios  H.  u.  L.  48  ff. 

58)  Schol.  z.  Lysistr.  390.  w«  cFtfe 
afoiJo'«?  ini/yQccrfovcti/  ov  ruclms-  na^ä  noUols  tUs  oqyut^optü  m  yv‘ 

ov  d/j/xonleiSj  ov  cfi  ttrayfiivovs. 

!  59)  Natalis  Comes  4,  13  nimmt  die  Feier  der  Adonien 

ii  Herbste  an.  —  Die  Rolle,  welche  Arsinoe  an  den  Adonieu 
i'ielte,  lässt  sich  einigermassen  niit  der  der  Gemalin  des  Ar- 
l»on  Basileus  zu  Athen  an  den  Anthesterien  vergleichen. 

II.  36 


562 


vor,  dem  Inhalte  nach  ist  er  verwandter  mit  de 
Zweigen  eines  andern  griechischen  Natnrkultes,  wel 
chen  wir  erst  unten  besprechen,  seine  Feier  rükli 
der  Zeit  nach  näher  mit  dem  Feste  der  vvehklagen 
den  Demeter  in  Boiotien  zusammen,  welches  schon  i 
den  Aerntemonat  fiel,  und  mit  den  sogenannten  Ko 
reien,  hauptsächlich  in  Sizilien,  an  welchen  dieK« 
thodos  der  Kora  schon  beim  Reifen  des  Getraides  gi 
feiert  wurde,  indem  man  das  Reifen  des  Getraidt 
als  ein  Sterben  der  Kora  betrachtete.  Die  Kirchei 
Väter  sezen  nun  die  Adonien  in  den  Juni  an;  es  i: 
aber  richtiger  der  Juli.  Corsini  a.  a.  0.  nimmt  nac 
Analogie  anderer  griechischer  Kulte  an,  dass  sie  i 
Frühling  um  die  Zeit  der  Tag-  und  Aachtgleicl 
gefeiert  sein  und  stiizt  sich  dabei  auf  Plutarch.  D 
Sizilischen  Gasaudten  kamen  freilich  mit  dem  Frül 
ling  nach  Athen®®);  aber  Plutarch  spricht  von  d( 
Abfahrt  der  Flotte,  und  diese  erfolgte  erst  in  dt 
Mitte  des  Sommers  ®‘).  Auch  zu  Antiochien  wurc 

60)  Thukyd.  6,  8  mv  if  imyiyvojj.ipov  Sficc  S,  W.  A 
Bekker  Charikles.  Bilder  altgriech.  Sitte  1  S.  227. 

61)  Thukyd.  6,  30.  Mm  M  ravm,  &i^ovs  fuaövyro? 
«raywyjJ  iylyptm  ss  t^v  StxrjUav.  —  Die  Paphier  hatten  einij 
Monat  Aphrodisios.  Sollte  der  Anfang  des  Jahres,  denn 
%var  der  erste  Monat,  bloss  äusserlich.  der  Göttin  zu  Ehren 
benannt  sein?  oder  fiel  eins  ihrer  Feste  in  denselben.^  Dai 
gab  es  auch  Herbstfeste  der  Aphrodite,  denn  dieser  Monat  b 
gann  mit  dem  23sten  Sept.  Ich  finde  aber  nirgends  eine  Nac 
richte  welche  die  Vermuthung  derselben  rechtfertigte.  Ihm  gii| 
als  lezter  des  Jahres  der  Romaios  vorher,  für  den  eine  Le 
art  JS102  hat,  welchen  schon  Ideler  für  den  Rest  eines  ältei| 
Kalenders  hält,  und  ich  vermuthete  oben  daraus  einen  Adoni 
monat  Aoos,  welcher  die  zweite  Hälfte  des  August  und  d 
erste  des  Sept.  gebildet  hätte.  Einige  Bestätigung  erhält  di 
durch  den  Adonisios  von  Seleukia,  welches  ebenfalls  di 


563 


is  Fest  in  der  grössten  Hlze  des  Sommers  begao- 
jn.  Damit  stimmen  auch  die  Angaben  über  die  Zeitj 
ann  die  Adonisgärten  gepflanzt  wiirden.  Dies  ge-, 
hah  nicht  etwa  in  einer  Zeitj  wann  man  etwa  keine 
ewächse  hätte  haben  können,  denn  dies  war  nicht 
e  Ursache  des  Pflanzens.  Der  alleinige  Zw^ekk  da» 
li  war  ein  schnelles  Aufblühen  nnd  ein  eben  so  ra- 
hes  Verwelken  zu  veranschaulichen.  Es  geschah 
!cht  eigens  im  heissen  Sommer  ®* *),  denn  dies 
;isst  &sQOg  in  der  gewöhnlichen  Bedeutung,  und  die- 
n  Sinn  will  auch  Platon  haben,  w^emi  er  sagt,  um 
ese  Zeit  wird  kein  vernünftiger  Landmann  säen, 
i  auch  Theophrasl.  Namentlich  fielen  also  die  Ado- 
?n  um  dieselbe  Zeit,  wann  man  in  Griechenland 
d  andern  Ländern  die  Liiiodien  feierte  und  die  ver- 
hiedenen  Formen  dieses  weitverzweigten  Natar- 
iltes. 

Der  Mythos. 

Kypros  nannte  man  die  Insel  des  Adonis 
'er  Adonis  war,  wessen  Sohn,  und  was  alles  die 

igust  war,  und  die  Adonien  würden  um  so  sicherer  in  diese 
it  des  Sommers  gefallen  sein; 

62)  Platon  Phaidros  Kap.  61.  S.  276,  'O  vmv  Ixmv  ys&q- 
mv  antQficiTwv  xi^doi-w  xal  t-yxaQna  ßovlotm  yfvie&m,  nore^a  «.p 
)ovs  ds  ’Admpidog  x^novs  aQWP  9-emQmp;  Theophrast 

anzengesch.  6,  7.  (n  aßgoropop)  ip  oaT^dxo$s  di,  tSme^  ot  ’Adm- 

*bf  x^noi,  omlQccmt  tou  9-iQovSt  Aus  B  i  o  n  1 ,  32  bis  35  lässt 
ih  wenigstens  schliessen,  dass  die  Natur  zur  Zeit  der  Feier 
Ider  Blüthe  stand. 

IV.  70,  7Jffr  mßds  ienp  ’Atfaiwt&  (pvUds  imiftec, 

iifXTQop  I/«,  KvMqhu,  to  (Svp  rocfc  ptn^oS  ^AdaPtS^ 

J  Natur  verwelkt  schon  wieder. 

V.  76.  Bdils  d’ipi  an(fdpoiet  xal  dpS-ifft'  nuvta  avp  etfew, 

(oS  TYfliog  jid-vaxs,  xal  upS'ia  ndn'  ip.aqdvQ'»] 

P.  98.  Jü  €SB  ndhv  xkamm^  ndhp  dt  itos  ällo  daxQvffa/'. 

62a)  Tzetz.  z.  Lykophr.  830,  Man  vergegenwärtige  sich 

36» 


564 


Dichter  von  ihm  erzählt  haben,  ist  wie  ich  glaub 
sagt  ein  Grammatiker  Niemanden  unbekannt.  J 
glükklich  sind  wir  nicht  mehr,  dies  sagen  zu  kö 
nen;  im  Gegentheil  müssen  wir  uns  die  Mythen  stökl 
weise  und  mühsam  sammeln;  indess  reicht  das  M 
terial  auch  hier  hin,  um  uns  den  Sinn  desselben  d 
Hauptsache  nach  erkennen  zu  lassen.  Wir  seh< 
aber  aus  dieser  Aeusserung,  wie  bekannt  und  reic! 
haltig  die  Mythen  gewesen  sein  müssen,  so  da 
der  Scholiast  es  nicht  für  werth  hält,  ein  Wc 
darüber  zu  verlieren.  Für  die  Dichter  gab  es  vii 
leicht  keinen  beliebteren  Gegenstand  als  die  Lie 
der  Aphrodite  zum  Adonis.  Die  gewöhnlichste  Erzä 
hing  über  die  Geburt  desselben  ist  diese:  Kinyras  ' 
Gründer  von  Paphos,  und  Heros  der  Kyprier,  vf 
mählt  sich  mit  Metharme,  einer  Tochter  des  kypit 
sehen  Königs  Pygmalion,  und  zeugt  den  Oxypor' 
nnd  Adonis;  ausserdem  die  Töchter  Orsedike,  La 
gora  und  Braisia.  Diese  gaben  sich,  dem  Willen  d 
erzürnten  Aphrodite  gemäss,  fremden  Männern  pre 
und  kamen  in  Aegypten  ums  Leben.  Kinyras  ist  ( 
Heros  durchaus  aphrodisischer  Natur,  und  sein  ti' 
schikk  mit  der  Aphrodite  eng  verflochten,  deren  Lie 
ling  und  Geliebter  er  heisst,  durch  welche  er  sei 
Herrschaft  über  Kypros  empfangen.  Dieselben  1 
genschaften  haften  an  seinem  Geschlecht;  sein  So 


Uber  die  Stellung  des  Ad.  z.  Kypros  den  Abschnitt  von  Kiny '• 
S.  das  Orakel  über  den  Ad.  in  Note  86. 

631  Schol.  z.  Ar.  Lysistr.  390.  Paus  an.  9,  16,  2.  no,: 
yaq  m  fisp  BaQßaQoi?  ^nlßTan  n  ‘A^fiovia,  la  de  y-ai  naQ’  ‘E}.h„' 
§(%  moXfitva,  onola  xal  vffTf^ov  int  ’Jduimdog  i?  * 

dqav  Tt  Ttjp  MIpo},  xal  is  top  &Qnxa  TtjQea  ndexae. 

64)  Apollodor  3,  14,  3.  OvicL  fasti  6,  227. 


565 


jdonis  tritt  daher  in  dasselbe  Verhäitoiss  z.ur  Göttin 
jie  er,  hat  sich  aber  zu  einem  eigenthömlichen  We» 
;|n  ausgebildet.  Der  Grund  zu  der  Blutschande,  in 
(elcher  Adonis  gezeugt  wird,  kann  in  einer  inysti- 
ihen  Vorstellungsvveise  liegen,  nach  welcher  bedeu- 
l|ide  chthonische  Gottheiten  nur  durch  einfache  Zeu- 
gng  ans  Licht  treten,  oder  aber  auch  diese  Geburt 
^!1  die  Schuld  aussprechen,  welche  in  einem  aphro- 
i|jisclien  3Iythos  auf  aphrodisische  Weise  verdeut- 
ijht  wird.  Diese  selbe  Idee  des  Verhängnisses, 
vdches  auf  dem  Adonis  ruht,  und  weswegen  er  so 
Fjh  dem  Tode  heim  gegeben  wird,  ist  noch  stärker 
i!  dem  Falle  ausgesprochen,  wo  ihm  nicht  unmittel- 
bir  die  Myrrha  zur  Mutter  gegeben  wird,  sondern 
i|:en  Tochter  Moira®-),  welche  ihn  von  ihrem  Va» 
t(i  Kinyras  gebiert.  Myrrha  ist  dann  eine  recht- 
ajssige  Gemahn  des  Kinyras. 

Am  gewöhnlichsten  führt  die  Gemalio  des  Kiny- 
rij.  den  Namen  Ken  ehreis,  und  heisst  sie  dieMut- 
M  des  Jünglings.  Myrrha,  oder  nach  der  äolischen 
lirm  Smyrna,  war  beider  Tochter  ®  ®)j  entbrennt  von 

:  65)  Schol.  z.  Theokr.  1,  109. 

i  66)  Hygin  fab,  58.  üeber  die  Form  Smyrna  für  Myrrha 
Ellokia  S.  298.  Munker  z.  Hyg.  a.  a.  O.  und  Müller  z.  Tzetz. 
Liophr.  829.  —  Diese  Fabel  dichterisch  weiter  ausgeführt  durch 

Tieodoros  bei  Plutarch  Parall.  22  u.  Stob.  Serm. 62.  Ovid 
Hjtam  JO,  298  ~  503.  Ibis  360.  Izetz.  z.  Lyk.  a.  a.  O.  Xe- 
nphon  der  Kyprier  hatte  in  s,  Gesch.  v.  Kypros  die  Erzäh* 
lu|;  von  Kinyras,  Myrrha  u.  Ad.  behandelt.  S.  TM.  1,  9.  u.  die 
k)r,  Mythographen  wahrscheinlich  oft.  Laktanz  fab.  10,  9. 
Ainus  die  solemni  Cereris  ...  deducit  ad  Cinyram.  Das 
F  t  der  Demeter,  an  welchem  die  Zeugung  geschehen  sein 
scte,  nennt  auch  Ovid  in  d.  Metam.  a.  a.  O.  —  Fuigent- 3,  8, 
Hjgin  164.  271.  Ovid  Her.  4,  97.  remed.  am.  100.  Aiison 
Ctido  cruci  aff.  73.  Stob.  Ekl  62.  Oft  heisst  Ad.  Kinyreischer 
H^os.  Bion  1,  92  Kivvqm  mlrrn  xalis  Schol. 


566 


der  heftigsten'  Liebe  äu  ihrem  Vater  und  stillt  i 
Verlangen  durch  Vermittelung  der  Wärterin,  oh 
Wissen  des  Vaters,  welcher  eine  Fremde  zu  uma 

Find.  Pyth.  2,  27.  Sappho  in  Anm.  45.  Ovid  u.  andere  Se 
vius  z.  Aen.  5,  72.  Kyrill  z.  Jes.  a.  a.  O.  Nikephor 
Progymn  Gr.  Rhet.  v.  Walz  1,  430.  vgl.  S.  485.  Nonnos  13,4: 

£drQu}(oS  od-i'  noXXdxiS  old/ua  Xaßovßa,  KvrtQi?  «w/lolvi 

XtXovf^Bi'op  viiu  Mv^QtjSw  Satrachos,  Stadt  und  Fluss  auf  fc 
pros,  wahrsch.  auf  d.  Idalischen  Bergrükken  von  dem  Bei 
Aoos  kommend,  s.  Thl.  1.  S.  o8.  159.  Myrrha  verachtet  seil 
die  Aphr  bei  Schol.  z.  Theokr.  1,  109.  Bei  Eudokia  S.  2 
fleht  Myrrha  z.  d.  Göttern,  und  diese  verwandeln  sie.  Avi 
nus  Descr.  Orb.  terr.  V.  1114  in  Wernsd.  p.  1.  min.  5,  8. 
Prorumpit  lacrimoso  stipite  myrrha,  Myrrha  furor  quondain  <; 
nyreius.  Columella  de  r.  r.  10,  172.  Et  lacrimas  iniit 
tuas,  Cinyreia  virgo.  Pap,  Stat.  Silv.  5,  1,  24.  Cinyreaq 
germina.  Propert.  3,  19,  15.  Crimen  et  illa  fuit  patria  si| 
censa  seneeta  Arboris  in  frondes  condita  myrrha  nova.  üel 
die  Pflanze  Myrrha  Joh.  Bad.  v.  Stapel  z.  Theophr. Pflanzt 
geschichte  9,  4  S,  976  ff.  Ein  Eber  rizt  den  Baum  auf,  aus  \v 
chem  Ad  hervorgeht,  Serv.  z.  Virg.  Ekl.  10,  18.  Kinyras  h.* 
mit  dem  Schwerte  den  Baum  entzwei,  Ap  oll  o d.,  Hygin,  Fi 
gent  a.  a.  0  0.  Ausonius  au  den  Theon,  an  mehreren 
Bei  Ovid  hilft  Lucina,  die  Myrrha  aber  lässt  er  Arabien,  P. 
chäa,  Sabäa  u.  s.  w.  durchirren  wegen  der  Myrrhen;  vgl.  ai 
Virg.  Ciris  238  ff.  Laktanz  Sympos.  48.  lässt  d.  Myrrha  sagt 
De  lacrimis  et  per  lacrimas  mea  coepit  origo. 

Ex  oculis  fluxi,  sed  nunc  ex  arbore  nascor, 

Laetus  honor  frondis,  tristis  sed  imago  doloris. 

'Die  erste  Thräne,  welche  M.  nach  d.  Beilager  vergoss,  s 
fivQoy  geheissen  haben  und  daher  /ÄVQojuai  entstanden  se 
Eustath.  u.  Schol.  z.  II.  18,  6.  Nach  Hesychios  ist  es 
fxvqlxri,  welche  v.  d,  Tochter  des  Kinyras  den  Namen  trägt,  t 
derer  dichterischer  u.  romanhafter  Erweiterungen  u,  Ausschmi 
kungen  erwähnen  wir  nicht.  Aber  Kinyras  sollte  sich  au 
Hygin  Fab.  242,  nachdem  er  die  Blutschande  mit  seiner  Tot 
ter  erfahren  hatte,  ermordet  haben,  und  diese  Fabel  wurde 
Drama  behandelt.  Josephos  Jüd.  Gesch.  19,  1.  erzählt,  dv 
boi  der  Ermordung  des  Kaligula  dies  Stülck  gegeben  sei,  u| 


567 


len  glaubt.  Nachdem  ihr  Veibrechen  offenkuodig 
e worden  ist,  verbirgt  Myrrha  sich  in  den  Wäldern, 
phrodite  hatte  ihr  diese  unzüchtige  Liebe  einge- 
össt,  weil  sie  selbst  ihre  Schönheit,  oder  ihre  Mut- 
l;r  die  Tochter  über  die  Aphrodite  erhoben  hatte. 
!o  hatte  sie  sich  bereits  an  den  andern  Töchtern  des 
doyras  wegen  eines  ähnlichen  Verbrechens  auf  eine 
iiniiche  Weise  gerächt,  und  so  haben  wir  ihre  Wir- 
ungen  öfters  kennen  gelernt,  indem  sie  selbst  und 
ir  Zorn  den  Grund  für  ein  von  Liehe  verstörtes  Ge- 
lüth  abgiebt.  Sie  ist  es  aber  auch,  welche  das  Herz 
es  Menschen  wieder  von  seiner  Verstörung  reinigt, 
lUi  den  Frieden  von  Neuem  zuführt,  und  als  Apo« 
.rophia  Blutschande  abwehrt.  Pausanias  selbst  wxist 
ei  der  Anführung  derselben  zu  Theben  auf  das  Bei- 
)iel  der  Myrrha  hin.  Auf  den  Antrieb  der  Göttin 
jatte  sie  die  Blutschande  begangen;  sie  erbarmt  sich 
[rer  wieder  in  ihrem  trostlosen  Zustande,  und  ver- 
jandelt  sie  in  den  Baum,  aus  weichem  fortan  das 
ästliche  Harz  der  Myrrhen  hervorquiUt.  Aus  ihm 
eht  Adonis  hervor,  welcher  das  Leiden  der  Mutter 
ie  Aphrodite  selbst  wieder  empfinden  liess,  indem 
ie  Göttin  für  ihn  erglühen  musste,  wie  Myrrha  für 
liren  Vater  ®’).  Eine  andere  Fabel®®)  sagte,  He- 

)iss  man  den  doppelten  Tod  des  Kinyras  und  der  Myrrha  für 
n  böses  Vvahrzeichen  gehalten  habe. 

67)  Hygin  a.  a.  O.  cui  Venus  postea  miserta  est,  et  in 
leciem  arboris  eam  commutavit,  unde  myrrha  iuit,  ex  qua  na- 
|s  est  Adonis,  qui  matris  poenas  a  Venere  est  inse- 
luutus.  Munker  erklärt:  Quia  editus,  cum  jam  mater  a  Ve- 
|;re  mutata  esset  in  arborem,  und  ähnlich  Scheffer.  Vgl.  aber 
laktanz.  fab.  10,  10.  Aus  dem  Baume  wurde  Ad.  nach  der 
|lutschande  geboren,  quem  Venus  non  minus  dilexit,  quam  puella 
iitiem  Cinyram  dilexerat,  beneficio  cupidinis.  Ovid.  Met,  10,  5121. 
atrisque  ulciscitur  ignes. 

I  68;  Servius  z.  Virg.  Ekl.  10,  18. 


568 


lios  habe  aus  Zorn  die  Myrrha  zur  Liebe  für  ihrei 

Vater  entstündet. 

lieber  das  Verhältniss  des  Theias  als  König! 
von  Kypros,  dessen  Reich  aber  ebenfalls  wie  das  des 
KinyraSj  auf  das  feste  Land  ausgedehnt  wurde,  is 
oben  das  Nöthige  gesagt  ®®).  Wie  dieser  zum  Va 
ter  des  Kinyras  gestempelt  wurde,  aber  auch  di( 
Stelle  des  Kinyras  selbst  vertritt,  so  wird  nun  and 
Adonis  sein  Sohn;  wahrscheinlich  zuerst  durch  Pa- 
nyasis,  denn  dieser  hatte  ihn  laut  Apollodor  a.  a.  0 
so  genannt.  Der  kühne  Mythenneuerer  Panyasis  er¬ 
weitert  die  griechischen  Mythen  gern  durch  Hinein 
flechtung  asiatischer  und  ägyptischer  Bestandtheile  '*) 
und  nennt  hier  auch  den  Theias  einen  Assyrischen 
König,  Ihm  folgt  darin  Antoninus  Liberalis  nui 

69)  S.  oben  b,  d.  Aphr.  Abschn.  2  Anm.  29  ff. 

70)  S.  Otfr.  Müller  Dor.  2,  474. 

71)  Anton.  Lib.  Metam,  34.  Die  Geburt  ist  auf  dem 
Libanon.  Eine  ähnliche  Verfrühung  der  Geburt  wie  beim  Bak- 
chos,  indem  Myrrha  durch  den  Schrekken  über  das  von  Theias 
in  der  Nacht  verbreitete  Feuer  entbunden  wird,  dann  erst  ent¬ 
flieht  sie  und  wird  von  Zeus  in  den  Baum  verwandelt.  Ernennt 
den  Namen  der  Amme  Hippolyte,  und  dieser  erinnert  wie¬ 
der  an  die  attischen  Mythen,  wie  die  Oreithyi  a.  Lykop  hr.  829. 
Den  Tzetzes  verleiteten  diese  Genealogien  zwei  verschiedene 
Adonis  anzunehmen,  einen  kyprischen  und  einen  byblischen,  weil 
Byblos  der  hauptsächlichste  Kultort  auf  dem  Festlande  war. 
Lykophron  sagt. von  Menelaos. 

Giptrm  eff  rl^^uopo? 
iQv/uvop  affrv,  tov  ^syoaromvs 
’Slö7ms  iSilvffi  (ftPffQujdijs  r.lddos. 

Oppian  Halieiit.  3,  404.  ...  di  mvQrjg 

JüxQvov  ' jiddvoiijg  &siavMo?,  w  nori  (f  aßt 
Harpe?  iqaßßufiiprjp  i'^yop  upvßßat 

iX9-äp  t  k  ffilÖTijTa,  xolü)ßafieP)]S  AffQodktjS- 
Assyrisch  nach  dem  Sprachgebrauch  für  Syrisch.  Der  Srliol. 
»chreibt  Thya«  und  fährt  fort :  umqoö»  Tomov  top  /uv^op  ip  nio- 


569 


I 

neoDt  er  denTheias  in  allgemeiner  Bezeichnung;  einen 
Sohn  des  Belos.  Doch  Myrrha  Meibt  zwar  Mutter, 
wird  hingegen  eine  Tochter  der  durch  die  attischen 
Mythen  nach  Kypros  gelangten  Oreithyia.  Auf 
tdemselben  Wege  waren  Kekrops,  Ägraulos,  Herse, 
Kephalos  und  Eos  nach  Kypros  und  in  das  Ge¬ 
schlechtsregister  des  Kinyras  gekommen*  So  ent¬ 
steht  ein  Geschlecht  mythischer  Könige  ¥Oii  Kypros 
Aiaok,  von  ihrer  Ahnmotter  Eos  so  heoannt,  und  Nach¬ 
kommen  des  ersten  Königs  Aoos,  dessen  Söhne  auch 
Kinyras  und  Adonis  unmittelbar  heissen,  indem  man 
ebenfalls  den  Adonis  zu  einem  mythischen  Herrscher  des 
Landes  personifizirte  und  in  die  Stelle  des  Kinyras 
einschob.  Ganz  der  Ordnung  gemäss  bekommt  nun 
auch  Adonis  den  Namen  Äoos,  und  seine  Mutter  den 
Namen  Aoa”),  denn  so  biess  nach  Zoilos  des  Theias 
Tochter,  und  nicht  Myrrha.  Uebrigeos  wird  nun  die 
Liebe  der  Myrrha  zum  Theias  mit  denselben  Um¬ 
ständen  und  demselben  ¥erlauf  erzählt,  wie  wenn 
Kinyras  der  Vater  heisst.  Beim  Anton.  Liber,  ist  es 
aber  Zeus,  welcher  die  Myrrha  verwandelt;  Panya- 
sis  nennt  die  Götter. 

Hesiodos'*®)  hatte  den  Adonis  einen  Sohn  des 

acas  yivta9ui.  So  erweitert  sich  das  Gebiet  der  Fabel  mit  Ent¬ 
fernung  der  Zeiten. 

I  72)  Etymol.  M.  ’^aos,  mm/nk  Kvnoov.  A(S  S 

(äPOflÜ^tW,  XCCi  U7l  CCVTOV  01/  KvMQOV  ßKfftkfV0CCVWSS‘ 

|o  KiSqaem  xal  ahop  äno  lavwv  ^stqo?  xl^9^pm.  yuQ  9slap- 
To?  (Miitqa  {&vyaTtQa7)  ov  Sp.vQP'qp,  «Ai'  ^Amap  xaloveh.  •Pilias 
nQMTop  ßaßtkfcc  ’A(Sop,  ’Hovs  ovrct  xcei  Ksipalov.  G.  J.  Vossius  de 
hist.  gr.  1,  15  S.  94.  Felix  quoqae  PMladelpM  saeculum  infe- 
jlicem  Zoilum  vidit;  ein  Schüler  des  Polykrates,  des  armseligen 
Rhetor  von  Kypros.  Hesych.  ’Holtip:  iop  ’^Atfioptp,  IlapvaffK- 
jVVenn  beim  Hesych  wirklich  eine  weibliche  Form  gestanden  hat, 
ISO  bezieht  sie  sich  vielleicht  auf  die  Mannweiblichkeit  des  Adonis. 
I  73)  Apollodor  a.  a.  O.  Vgl.  Welker  Kret.  Kol.  in  The- 


570 


Phoinix  und  der  Alphesiboia  genannt.  Dies  ist 
auch  nur  einfach  eine  kyprische  Sage,  und  wie  Ki- 
nyras  zuweilen,  wenigstens  von  einer  Seite  her,  von 
phönikischer  Abkunft  heisst,  so  nimmt  den  Adonis 
sein  Vater  Phoinix  eben  dafür  in  Anspruch,  um  Pliö- 
nikien  an  Kypros  heranzuziehen.  Alphesiboia  ist  aber 
eine  Tochter  des  Alkmaion  und  der  Arsinoe,  einer 
Tochter  des  Phegeus;  doch  über  Thebische  und  Ar¬ 
kadische  Mythen  auf  Kypros  wiederholen  wir  hier 
nichts  weiter.  Dieselbe  Ansicht  wie  beim  Phoinix 
liegt  beim  Agenor  als  V^^ier  zu  Grunde.  Endlich 
hatte  er  auch,  wie  andere  Mysteriengottheiten  nur 
einen  Erzeuger,  und  in  dieser  Eigenschaft  hiess  er 
Sohn  des  Zeus.  Da  diese  Nachricht  aus  Philoste- 
phanos  ist,  so  wird  sie  in  seiner  Geschichte  von  Ky¬ 
pros  gestanden  haben  und  also  eine  kyprische  My¬ 
steriensage  gewesen  sein. 

Aus  den  Fabeln  über  das  fernere  Geschikk  des 
Adonis  ist  leicht  die  Mysteriensage  zu  erkennen;  und 
diese  hat  Panyasis  aufbewahrt.  Aphrodite  gewinnt 
das  Kindiein  lieb,  und  verbirgt  ihn  von  den  Göttern 
ungesehen,  wie  Athene  den  kleinen  Erechtheus,  in 
^iner  mystischen  Kiste;  so  übergiebt  sie  ihn  (Iw  vjf- 
mog)  der  Persephone  zur  Pflege.'  Da  auch  diese  Ge¬ 
fallen  an  ihm  findet  und  zögert  ihn  wieder  herauszu- 

ben  S.  58.  Probus  z.  Virg.  Ekl.  10,  18.  Et  formosus  Ado¬ 
nis,  ut  Hesiodus  ait,  Phoenicis  et  Alphesiboeae ;  Agenoris  et 
Choantis  (so!),  qui  Syriam  Arabiamque  tenuit  iraperio,  ut  Anti- 
inachus  ait;  regnavit  in  Cypro,  ut  Philostepbanus  (Tbl.  I  S.  8) 
libro,  quo  quaestionis  poeticae  reddidit  causas;  ex  Jove  sine 
Tillius  feminae  accubitu  procreatum  u.  s.  w.  Für  Choantis  ist 
wol  Theiautidis  zu  lesen,  s.  Oppian  in  Anm.  71.  Dies  könnte 
eben  so  gut  in  Antimachos  Thebais  als  Episode,  wie  in  der  Lyde 
gestanden  haben ;  Schellenbergs  Meinung  hierüber  kann  ich  nicht 
nachsehen. 


571 


p^ebeiij  weudet  Aphrodito  sich  an  ISciie,  und  nach  sei¬ 
nem  schiedsrichterlichen  Ausspruch  sollte  der  Knabe 
einen  Theil  des  Jahres  bei  der  Aphrodite^  den  zwei¬ 
ten  bei  der  Persephone  bleiben  5  wo  er  den  dritten 
izubringen  wollte,  hatte  er  ihm  freigestelit.  Diesen 
weiht  er  ebenfalls  der  Aphrodite.  Für  die  ursprüng¬ 
liche  Sage  müssen  wir  aber  die  erklären,  nach  wel¬ 
cher  Adonis  das  Jahr  zwischen  Aphrodite  und  Per¬ 
sephone  gleichmässig  theilt  ^  *},  denn  diese  beruht  auf 
der  einfachsten  Eintheilung  des  Jahres  in  einen  som¬ 
merlichen  and  einen  winterlichen  ’Jheil.  Doch  die 
Anschauung,  dass  die  schöne  Jahreszeit  die  schlechte 
an  Dauer  übertreffe,  stellte  auch  den  Jahresgott  als 
acht  Monate  bei  der  Aphrodite,  d.  h.  auf  der  Erde, 
vier  hingegen  bei  der  Persephone,  d.  h,  in  der  Un¬ 
terwelt  verweilend  vor.  Dieselbe  Vorstellung  herrschte 
von  der  Persephone  in  den  Eleusioien. 

Die  gewöhnliche  poetische  Sage  müssen  wir  eine 
phrygisch-lydische  nennen,  weil  sie  ganz  im  Geiste 
der  Mythen  dieser  Völker  ist.  Adonis  reift  zu  einem 
Jüngling  heran,  welcher  zu  den  schönstengehörte”), 
wie  Endymion,  Ganymedes,  Hyakintb,  Hylas  1.  s.  w., 
während  Kinyras  mit  Jasion,  Arichises,  Paris,  Kepha- 
los,  u.  s.  w.  in  dieser  Eigenschaft  verglichen  wird. 
Aphrodite  entbrennt  von  der  heftigsten  Liebe  zu  ibin, 

'  74)  Sc  hol.  Theokr.  3,  48.  ^As  oMi  rdetfnjmmu  rcy  "AJat- 

viv  mvUiov  ium^g  /j,a<nov  all’  dd  avim  xai  idsvr^mvn  (fvfi-- 

\nccQ(an.  doxd  6  ‘'Adum  i’S  naqd  IIsqei(f4p^  noidv,  w?  xul  naq 

'"AffQodkri  aptv  roh  (fvyxa&ddetp  xal  nQoöu^pi^fad-m:  liyovai,  M  mql 
roh  "AwviSog,  ow  xai  dno&aymp  f|  /i^pag  inolrißsp  Ip  ralg  dyxdktug 
\r‘^g  IIiQCfrf  öprjg,  rovto  de  w  Ityofisvop  roiohrov  Isnp  dkt]9-&.  Lukian 
Göttergespr.  11.  Perseph.  liebt  den  Ad.  Klem.  ¥.  Alex.  Protr. 
S.  21.  Sylb. 

75)  Virg.  Ekl.  10,  18.  Hygin.  fab.  271,  u.  b.  allenDich- 
tern,  welche  den  Ad.  besingen. 


572 


und  raubt  ihn  nach  einer  Sage,  wie  der  Adler  den 
Ganymedes  ’  Nach  der  gewöhnlichen  Erzählung 
treibt  er  die  Jagd  und  wird  von  einem  Eber  getöd- 
tet’^).  Zum  Andenken  an  den  Tod  des  Geliebten, 

76)  Plautus  Menaech.  1,  2,  34. 

Die  mihi  iiunquam  tu  vidisti  tabulam  pictam  in  pariete, 

übi  aquila  Catamitum,  aut  ubi  Venus  Adoneum? 

Vgl.  Phaethon  Note  19. 

77)  So  bei  allen  Dichtern.  Vgl.  Theokr.  30.  Bion  1. 
Ovid  Met.  10,  503  ff.  710  ff.  Prop.  2,  PS,  52.  Ausonius 
Epist.  4,  142  ne  sis  Cingreia  proles  Accedasque  iterura  Veneri 
plorandus  Adonis.  Ders.  Cup,  er.  aff.  57  verfolgt  Persephone 
den  Ad.,  weil  er  die  Aphr.  bevorzugt,  Ders,  Grabschr.  auf  d. 
Glaucia 

Verum  aut  Persephonae  Cinyreius  ibis  Adonis 
Aut  Jovis  Elysii  tu  catamitus  eris, 

Klaudian.  Fescinina  in  nupt  Hon.  et  M.  16  Venus  reversum 
spernat  Adonidem.  Epitaph.  M.  Lucceji  V.  31  (Wernsd.  p.  1.  m. 
3,  210) 

Die  nepos,  seu  tu  turba  stipatus  Amorum 
Laetus  Adoneis  lusibus  insereris. 

Grat.  Faliscus  Kyneget.  66.  Ovid  ars  am.  1,  512,  wie  The- 
seus  die  Ariadne,  Hippolyt  die  Phädra,  so  Cura  deae  silvis  ap- 
tus  Adonis  erat.  Heroid  4,  89.  Aphr.  u.  Ad.  in  einer  Eiche  ver¬ 
borgen,  ars  am.  3,  85.  Nonnos  32,  219,  beim  Tode  des  jun¬ 
gen  Echeloos 

Ix  Kinqoia  (piqtiS  yivoS.  mxviAoqov  yaq 
"Afjfjg  xal  ffi  Mfiaaetv  o^ol'ioy  vlti  Mv§^^S. 

Arards  in  s.  Adonis  b.  Athen.  3,  95.  sagt  6  yäg  9iog  oQvyxos 
i5s  ^fius  arqffu.  Es  ist  Ares  gemeint.  Bei  Diodoros  Zonas 
aus  Sardes  Gr.  Anth.  2,  69  Nr.  7.  Ausw.  Kap.  8,  118.  muss 
Charon  sich  des  zarten  Ad,  in  der  Unterwelt  annehmen.  Eu- 
phorion  sang  im  Hyakinthos  bei  Ptolera.  Heph.  aus  Photios 
S.  242:  Kmxvtos  /lovms  ä(p  ilxia  vliptv  “Admyty.  ■ —  miovröv  (an. 
Kmy.moS  opofia,  Xdqmpog  (nt,  ry  /xaS-^nig  (9(Qdn€vat  rov  “'Adot- 

nr,  aber  richtiger,  dass  nur  der  Tod  vermögend  sei,  den  Schmerz 
über  den  Verlust  zu  stillen.  Inst  in.  Mart  Apolog.  1,  25.  Job. 
Monachos  Boisson.  Anekd.  4,  248.  Servius  z.  Virg.  Ekl. 
8,  37.  Eustath.  u.  Schol.  z.  Hom.  11.  5,  385.  Eudokia 


573 


welcher  ihr  über  alles  theaer  wfir,  sezt  Aphrodite  die 
Trauerfeier  ein,  und  freut  sich,  wenn  sie  ihn  wieder 
in  ihren  Armen  half.  Mit  dem  Tode  tritt  der  Besiz 
der  Persephone  und  ihre  Liebe  zu  ihm  ein.  Diese 
wird  mit  der  der  Eos  zum  Tithonos,  der  Selene  zum 
|Endymion ,  der  Demeter  zum  Jasion  verglichen  ’  ®). 
Im  Frühling  kehrt  er  wdeder  und  verweilt  hei  der 
Aphrodite.  Dies  ist  die  Zeit  der  Liebe  und  des  Glük- 
kes;  jenes  die  des  Leidens  und  der  Trauer.  Nach 
dem  Berichte  Einiger  hat  Aphrodite  selbst  den  Ado¬ 
nis  aus  der  Unterwelt  heraufgeholt  ^®),  und  der  .Eber, 
welcher  den  Adonis  verfolgt,  ist  Ares®®),  welcher 
über  die  Untreue  seiner  Gattin  erzürnt,  den  Buhlen 
verfolgt. 

Schon  das  Alter  des  Adonis  würde  die  Annahme 
eines  ehelichen  Verhältnisses  zwischen  ihm  und  Aphro¬ 
dite  verbieten;  es  ist  aber  auch  durchweg  und  in 
allen  Auffassungen  des  Mythos  die  Idee  eines  bräut¬ 
lichen  und  keuschen  Verhältnisses  ausgesprochen,  mit 

|s.  24.  Georg  io  s  Progjmn.  Walz.  Gr.  RheL  I,  558.  Aplitho  n. 
*ebend.  1,  61.  Bei  den  sondernden  Theologen  bei  Cicero  und 
Job.  V.  Lyd.  ist  es  die  vierte  Aphrodite,  'welche  den  Ad. .liebt, 
j  78)  Klem.  v,  Alex.  Protr.  S.  21  Sylb. 

'  79)  Kyrill  z.  des.  a.  a.  O.  J  oh.  M  o n  achos  Boiss.  Aaetd. 

4,  248. 

80)  Die  Vorstellung  des  Ares  unter  dem  Bilde  eines  Eber 
fasst  ihn  auch  als  Uebelthäter,  wie  in  den  Versen  des  S  o  p  h. 
Tv'fXog  yaQ  w  yvvalxas,  ovJ"  oqmv  £vös  nqosmnm  nuvra  rvQ- 

ßd^ti  xaxci.  Vgl.  die  Entschuldigung  des  Ebers  vor  Aphrodite 
bei  Theo  kr.  30,  28.  Deinen  Geliebten  vt’ollie  ich  nicht  töd- 
ten;  d)!’  los  ityal^  dgCiSov  Mit  der  Adonissage  wird  auch  die 
von  den  Aloiden  und  Ares  verbunden.  Ad.  stellt  sich  unter  den 
Schuz  des  Otos  und  Ephialtes,  dafür  nimmt  Ares  am  Aloeus 
Rache  und  tÖdtet  ihn,  als  er  auf  dem  Libanos  jagt.  Darauf  wird 
er  von  den  Aloiden  gefesselt,  doch  durch  Hermes  befreit  flieht 
er  nach  Naxos.  Schol.  II.  5,  385. 

1 

I 


574 


dem  selbst  der  Gedanke  einer  Störung  desselben  und 
Entweihung  der  Reinheit  und  Zartheit  des  Umgangs 
unverträglich  sein  würde.  Diese  Vorstellung  ist  so 
tief  geivurzelt,  dass  selbst  die  Kirchenscliriftstellei 
sie  anerkennen  müssen,  welche  doch  sonst  der  Aphro¬ 
dite  Böses  genug  nachsagen,  und  wenn  sie  die  übri¬ 
gen  Buhlereien  der  Göttin  durch  noixevsiv,  yafjuiv 
u.  s.  w.  bezeichnen,  so  den  Umgang  mit  Adonis  im¬ 
mer  nur  durch  ein  sqäv.  Ein  völlig  entsprechendes 
Verhältniss  finden  wir  nur  in  deh  Sagen  der  phry- 
gisch-lydischen  Völker,  deren  Hauptpaar  und  Vorbild 
der  übrigen  Attis  und  Kybele  sind,  und  wo  die  Göt¬ 
tin  als  erste  Bedingung  des  Umgangs  mit  ihm  und 
ihrer  Meigung  die  Keuschheit  hinstellt.  Auch  die 
Auffassung  des  Adonis  ist  von  jenem  Kreise  religiö¬ 
ser  A’orstellungen  entlehnt,  dass  er  als  Hirt  ge¬ 
dacht  wird,  wie  die  übrigen  Geliebten  der  Göttin  An- 
chises,  Paris,  Butes  u.  s.  w.  Nach  Philostratos  in 
seinen  Briefen  liebt  Apollon  die  Ziegenhirten,  Aphro¬ 
dite  aber  die  Rinderhirten;  als  Göttin  der  Heerden 
haben  wir  sie  aber  an  vielen  Orten  angetroffen  und  es 
fielen  ihr  zu  Amathus  und  auf  Lemnos  Rinderopfer. 
Nor  um  ein  genealogisches  Band  zu  knüpfen,  wird 
der  argivische  Heros  Golgos  auf  Kypros  ein  Sohn 

81)  Theokrit  1,  105,  109.  Ov  Uyimv  tav  Kvnqiv  6  ßmo- 
los  —  iQTis  noT  “Mav,  iq7it  noT  ‘SlQaloS  y  "Adoivis,  ind 

%ai  lÄtjXa  pofitiev,  3,  46.  pula  pojusvoi)r,f  u.  Sc  hol.  20,  34. 

Ow  iypm  cT,  oti  Kvngts  tn  avigv  ßojr^, 

itai  ‘Pgvyiois  ipü^ivatv  iv  mgfffiP.  aviop  ^Adtüpip 
Ir  (fllaae,  xcd  iv  dgvfidiGiv  'ixlavetv. 

AhcIi  bei  Mosch  os  Id.  5,  35  ist  Ad.  Hirt,  denn  sonst  passte 
er  als  Beispiel  nicht.  Virg.  Ekl.  10,  18.  Et  formosus  oves 
ad  flumina  pavit  Adonis.  Kalpurn.  Eid.  9,  72  hütet  Ad.  diei 
ITeerden,  wie  Apollon  u.  Pan.  Ad,  als  Hirt  auch  auf  der  Spie-, 
gelzeiclinung  Nr.  1.  i 


575 


les  Adonis  und  der  Aphrodite  ®*).  Aber  Nonnos 
lichtet  eine  Tochter  Beroe®*). 

Ganymedes,  Adonis  und  Aa.  wurden  ihrer  Schön- 
)eit  wegen  von  den  Göttern  geliebt®“).  Zeüs®®)^ 
velcher  in  mystischer  Geburt  sein  Erzeuger  ohne 
fiVeib  heisst,  liebt  ihn  wie  den  Ganymedes,  und  als 
‘r  beim  Streite  der  Persephone  und  Aphrodite  um 
len  Besiz  des  Ado";3  die  Dreitheilung  den  Göttinnen 
erschlug,  wünschte  er  den  lezten  Theil  für  sich, 
velchen  aber  Adonis  selbst  der  Aphrodite  zuwandte. 


82)  Schol.  z.  Theokr.  15,  100.  Er  kennt  aber  auch  die 
llgemeine  Vorstellung  sehr  wohl ;  s.  Anm.  74. 

83)  Nonnos  41,  155.  42,  40.  345. ,  420  ff.  Onwaroff 
i.  91  sagt:  die  Tochter  der  Kypris  u.  des  Ad.  Beroe  ist  wahr- 
cheinlich  erst  eine  Erfindung  des  Nonnos.  Der  Ruhm  der  Stadt 
Jeroe-  unter  Roms  Herrschaft,  als  hoher  Schule  des  Rechts, 
ah  dem  Dichter  Anlass,  alle  Sagen  über  ihren  Ursprung  zu 
ammein,  um  wahrscheinlich  die  Bilder  seiner  eigenen  Phan- 
asie  zugleich  mit  des  röm.  Angustus  Lob  damit  zu  verweben. 
Lypris  befiehlt  ihrem  Sohne  zugleich  Dionysos  ii.  Poseidon, 
leide  sehnen  sich  nach  ihrem  Besize,  und  sie  wird  der  Lohn 
ines  Kampfes,  in  welchem  Zeus  (43,  373)  den  Sieg  dem  Po- 
eidon  giebt.  —  Mehr  Werth  als  die  Meinung  eines  Schol ,  dass 
kd.  in  Persien  gewohnt  habe,  hat  auch  die  Nachricht  nicht,  wei¬ 
he  Athen.  13,  575  aus  der  Geschichte  Alexanders  von  Chares 

Mitylene  mittheilt,  dass  die  Brüder  Hystaspes  und  Zariadres, 
»ohne  der  Aphr.  u  des  Ad.  waren,  denn  sie  gehören  einer  sehr 
päten  Zeit  und  einem  Volke  an,  zu  welchem  die  Namen  der 
jlottheiten  höchstens  durch  Hörensagen  gelangt  sein  konnten: 
kxvQlfvfft  (f  o  fttv  ’^YamanfjS  MijMcts  xai  j^s  moxdtiü  o  efj  Za- 

ItdcT^)??  tmu  vTtfQccvoi  Kaantap  nvlmv  fifXQ*  TavatJ’os.  üeber 
i'riap  Schol.  z.  Apoll,  v.  Rh.  1,  432.  s.  oben  Aphr.  Abschn.  4 
lote  546. 

'  84)  Dem-osthenes  Erotikos  30. 

85)  Den  Ausdr.  TQKf^l&ws  sehr  geliebter  Ad.  h. 

'"heokr.  15,  86.  deutete  man  auf  die  Liebe  dreier  zu  ihm. 
jichol.  ^  0»  mo  tQimv  äm  xai  eV  «<%. 


i 


576 


Dann  liebt  Bakchos®*)  den  schönen  Jüngling  um 
sollte  ihn  auch  geraubt  haben®’).  Am  wichtigste! 

86)  Bei  Athen.  10,  456  lesen  wir  ein- räthselhaftes  Orakel ,  i 
welches  dem  Kinyras  über  s.  Sohn  Adonis  gegeben  war;  au 
des  Komikers  Platon  Adonis. 

Kipv^a,  ßaeiliv  Kvrtqlmv  dvSqmv  ddffVTiQUXTmy, 
nats  ffm  xdXhffmS  fifv  i<f<v  &avixttGmmTo?  ts 
nttPTmv  up9-q<xmmp,  dao  cT  avrov  Sal^ov  oXilvop, 

‘II  jutv  ikixvpofifp}]  kad^Q^oiS  IgiTfiols,  6  cf  ikavPfOP. 

Jlly»  di  AfQoMnjp  xal  ätovvaov'  dfiffÖTiQot  ydg  ^qmp  tov  ’AMputoi 
Des  Komikers  Platon  Adonis  wird  noch  öfter  erwähnt:  Sc  hol 
Ar.  Wespen  1350.  Bekk.  Anekd.  1,  472.  Photios.  Pollux  10 
Kap.  24,  Ausserdem  wählten  noch  andere  Komiker  den  Adoni 
zum  Stoff  ihrer  Stükke:  Antiphanes  s.  Bekk  Anekd.  Antiatt 
und  Axkriglap  und  ^Av«  juteop.  Ara  ros  bei  Bekk.  Anekd.  a.  a- 0 
S.  104.  81.  113.  Suidas.  Athen.  3,  85.  s.  Note  77.  u.  Meineke 
Hist,  com.  gr.  S.  344.  Philiskos  b.  Suidas.  DasNikophoii 
Adonis  stritt  mit  Aristoph.  Plutos,  s.  Meineke  a,  a.  0.  256,  au.' 
ihm  sind  aber  keine  Fragmente  mehr  vorhanden.  Sotadesj 
Hephaist.  S  8.  Gaisf.  Mein.  a.  a.  O.  426.  vgL  315.  Philip pi 
des  schrieb  ’ Aimplalovem.  Pollux  5,  100.  Bekk.  Anekd.  86.  104 
Darin  kam  eine  Versammlung  von  Weibern  vor^  welche  die 
Adonien  feierten.  Vgl.  Aristoph.  Lysistr.  in  Anm.  58.  üebei 
Philaiteros  s.  Meineke  a.  a.  O.  S.  349.  Alexis  ^schrieh 
eine  Kjpris.  Bekk.  Anekd.  S.  86.  Zu  einer  Tragödie  wurde 
Adonis  nur  v.  Dionysios  d.  älteren  Athen.  9,  401.  henuzt 
Nachher  behandelte  Ptolemaios  Philopator  denselben  Ge¬ 
genstand  s.  Schol.  z.  Ar.  Thesmoph.  10,  59.  ifjJAwtr«  de  akh 
(den  Eurip.  in  s.  Andromeda)  Jlmltixalos  o  4>ilondTa)Q  ip  p  ne- 
ndnxs  rgaymUa^  ntqi  rfi  o  lqm[UPoi  ahm  'Aya^oxlkje  ytyQuiptv. 
Ptolemaios  d.  S.  des  Agesarchos  berichtete  in  seiner  Schrifi 
über  Ptolem.  Philop.  bei  Klem.  v.  Alex.  Protr.  S.  29  Sylb,,  dass 
Kinjras  u.  s,  Nachkommen  im  Tempel  z.  Paphos  ruhten.  Dies; 
war  wahrscheinlich  aus  der  Tragödie  entnommen  oder  bei  Ge¬ 
legenheit  ders.  erwähnt. 

87)  Plutarch  Sympos.  4,  5,  3.  oi  de  (pofxiCovai)  naidixd 
wu  Atopitfov  ytyoviptth  Phanokles  das. 

EtdmS  ^sSp  ‘’Admpw  oqtupolTi^S  Aiopvöos  , 

‘'BqnaatP,  ^ya&eiiP  KingiP  inmxöfupop.  j 


57f 


»Ird  Herakles  und  Apollons  Verhaltoiss  mm 
jlonis.  Herakles  liebt  ihn  ®®),  und  tödtet  ihn.  Apol- 
l|i  heisst  Vater  des  Adonis*®)  wie  des  Kinyras, 
l'bt®*)  beide  als  schöne  Jünglinge,  und  tödtet  auch 
llide.  Mytiseh  wird  Apollons  Zorn  gegen  Adonis 
i  durch  hergeleitet,  dass  Aphrodite  seinen  Sohn  Ery- 
nnthos,  welcher  sie  beim  Bade  geschaut,  geblendet 
Itte;  um  ihn  zu  rächen,  verwandelt  Apollon  sich  in 
(U  Eber,  und  tödtet  den  Adonis  *')•  Später  findet 
E5  ihn  im  Tempel  des  Apollon  zu  Argos  auf  Kypros 
ich  vielem  ümhersuchen  wieder®®).  Sie  hob  ihn 
£f  und  flösste  nun  auch  dem  Apollon  Liebe  zumAdo- 
u  ein.  Mit  dem  -Kreise  der  apollinischen  Vorstel- 
ngen  hängt  Adonis  Tod  durch  die  Musen  zusam- 
rjQ,  indem  sie  ihn  auf  die  Jagd  lokken  und  den 
i  es  gegen  ihn  anstiften  5  oder  sie  zerreissen  ihn  auch 
sibst  ®®).  Den  äusserlichen  Grund  für  den  Zorn  der 
liisen  fand  man  aber  darin,  dass  Aphrodite  die  Liebe 
i  ihren  Gemüthern  angefacht  und  sie  gezwungen 

88)  Ptolem.  Heph.  S.  244.  &  cf**  ’Jtf'mmv  tev 

c'!j;  T€  y.ttl  ’^H.qaxliov?  iQäfÄtpoy,  s.foA.  durch  Herakles  s.  Ahhi,  169. 

89)  Ptolem.  Heph.  l  S.  303. 

90)  Pt  olem.  Heph  S.  306.  "Aieom  ävi^oywoS  ftPefis- 

) T<?  jUfi'  äpdQtux  TtQos  ’ A(f‘Qudln]p  jtQuoöthV  IMyiWj  tu  <fs 

tBj  ’AtioJJmpu-  S.  Anm.  156. 

,  91)  Ebend.  S.  243.  ’E^v^av&os  o  nute  ^JnoUwms  kvfMS-ti, 
(|in  tcfo«  "kovo^ivriv  ’AqQoMrriv  dno  tov  ^ASavtSos  xai  'An6l- 

hv  fitjvlßas,  tavTov  tk  ciayQov  xai  tok  ciovßt 

TOV  ^AdoiPtv.  Der  arkadische  Erymanthos ,  Sohn  des  Ar- 
;is,  ist  hier  in  kyprischen  Mythen  als  Sohn  Apollons  eingekin- 
<lt.  Nach  Hesychios  gab  es  ein  Fest  Apollons  ’EmS-qMMa, 
]|.t  es  vielleicht  Zusammenhang  mit  dem  Adonismythos,  denn 
^|e  kommt  Apollon  sonst  zum  Lattich? 

92)  Ptolem.  Heph.  S.  253. 

93)  Tzetz.  z.  Lykophr.  830.  u.  die  Paraphrase.  Dagegen 
liklagen  die  Musen  bei  Bion  1,  94  s.  Tod. 

II. 


37 


578 


1 


hatte  ihre  JuDgfräulichkeit  an  Stei  bliche  zum  Opf< 
zu  bringen®*).  Nach  einer  andern  Erzählung:  hat 
nicht  Zeus  selbst  beim  Streite  der  beiden  GöUinnt 
um  den  Adonis  das  Schiedsrichteramt  übernoinrae  i 
sondern  damit  die  Muse  Kall  io  p  e  beauftragt.  Aphr 
dite  darüber  erzürnt,  dass  diese  ihr  für  den  Bes 
nur  die  Hälfte  des  Jahres  zuspricht,  flösst  den  thr 
kischen  Frauen  -Liebe  zu  Kalliopes  Sohne  Orphe 
ein,  so  dass  sie  ihn  im  Streite  um  seinen  Besiz  ze 
reissen®®).  Apollodor  aber  berichtet  a.  a.  0.,  da 
Artemis  ihn  auf  der  Jagd  getödtet  habe®®).  En 
lieh  sind  es  aber  auch  Zeus  und  Hermes,  welc 
den  Tod  des  Adonis  befördern;  doch  Hermes  fül 
ihn  auch  wieder  aus  der  Unterwelt  herauf®’;.  Fi 

94)  Eudokia  S.  24. 

95)  Hygin.  poet.  astron.  2,  7. 

96)  Eurip.  HippoL  1410.  u.  Schol.  Artemis  verspricht d 
Hippolytos  ihn  an  der  Aphrodite  zu  rächen. 

97)  Dies  finden  wir  in  einer  wunderlich  zusammengesez 
und  abenteuerlichen  Erzählung  bei  Serv.  z.  Virg.  Ekl.  10,  . 
Aus  Aegypten  kommen  die  beiden  Brüder  Epiviostaterios  l 
Yon  nach  Kypros  und  nehmen  sich  dort  Frauen.  Aus  dien 
Geschlecht  wird  Celes  geboren,  welcher  Erinona  (and.  ha  i 
Erittoma)  zur  Tochter  hatte.  Wegen  ihrer  grossen  Keuschit 
ward  sie  von  Athene  und  Artemis  geliebt,  ■^on  Aphr.  aber  - 
hasst.  Deshalb  reizt  sie  den  Zeus  zur  Liebe  für  das  Mädc  i 
an.  Ueber  die  Untreue  des  Gemals  wird  Hera  entrüstet,  1 
bittet  die  Aphrodite,  sie  möge  auch  den  Adonis  zur  Liebe  für  i 
Erinona  entflammen,  um  den  Zeus  dadurch  in  ünannehml  - 
keiten  zu  verwikkeln.  Da  das  keusche  Mädchen  aber  di  !i 
keine  üeberlistung  zur  Gewährung  gebracht  werden  kann,  fi|t 
Aphr.  den  Ad.  in  Nebelwolken  gehüllt  in  das  Gemach  der  Ji,- 
frau.  Darüber  geräth  wieder  Artemis  in  Zorn,  und  verwan  t 
das  Mädchen  in  einen  Pfau,  circa  Cisseum  flumen.  Ad.  alf, 
da  er  das  Mädchen  geschändet  hatte,  floh  aus  Furcht  vor  Z  s 
in  die  Kasischen  Berge  (auf  der  gegenüberliegenden  Küste  - 
riens),  und  lebte  dort  unter  den  Landleuten.  Da  sendet  Her  s 


579 


'ichhaltiger  i^ind  die  Todesarten  des  Adonis  als  tei 
en  andern  Naturgottheiten;  chthonische  und  mosi- 
;he  Elemente  vereinigen  sich,  finden  aber  alle  auf 
e  einfachste  Weise  ihre  Auflösung. 

Mit  dem  Tode  des  Adonis  stehen  besonders  drei 
flanzen  in  Verbindung.  Die  Anemone,  die  Eose 
4d  der  Lattich.  Die  Kyprier  und  Phöeiker  be- 
lUpten  ®®),  dass,  als  Aphrodite  bei  der  Kunde  von 
em  ünglükk  des  Adonis  ihm  über  die  Felder  zu 
lülfe  geeilt  wäre,  die  weisse  Rose  von  dem  Blute 
er  zarten  Füsse  der  Göttin  rolh  gefärbt  sei.  Die 
.nemone  sollte  aus  dem  Blnte  des  Adonis  entstaii- 
t;n  sein®®),  und  ist  als  Sinnbild  rascher  Vergäng- 

Berge  einen  Eber.  Dieser  bedrängt  Um  hart,  aber  Ad.  be- 
s  gt  ihn.  Nun  sendet  Zeus  einen  Bliz  und  tödtet  den  Ad.  (der 
/  chisessage  nachgebildet.  Servius  z.  Virg.  Aen.  2,  649  Zeus 
sileudert  einen  Bliz  auf  Anchises,  als  er  dessen  Beilager  mit 
/hr,  erfahren;  diese  aber  entzieht  ihn  dem  Bliz.)  Als  Aphr. 
dl  Tod  ihres  Geliebten  erfahren  und  beklagte,  erbarmte  sich 
t  rmes,  und  hiess  ihn  zu  den  Seinigen  zurükkehren.  Hera  ab er 
tmrkte  von  Zeus,  dass  Ad.  sein  Leben  in  den  väterlichen  Ber- 
gi  verbringe  (ut  Adonis  in  lucis  patriis  aevum  degeret),  dar- 
a'  gab  auch  Artemis  der  Erinona  ihre  frühere  Gestalt  wieder; 
dbh  diese  gebar  vom  Adonis  den  Taleus,  (andere  haben  Talus 
u!l  Teleos)  und  sie  verblieb  bei  ihrem  Gatten. 

98)  Philostr.  Br.  37.  Theodor.  Hyrtak.  in  Boiss. 
Aj?kd.  1,  279.  Aphthon.  Progjmn.  S.  4.  Philostr.  Br.  4 

^  yuQ  ttxaud-a  cuiv  na^mvßap  ttjv  ’AfQoifhijp  expt- 

u],  (üs  KvTiQiot  xal  4>olptxts  liyovöip.  Diese  Rose  entsteht  aus 
sjdlut:  Ovid  Metam.  10,  728.  fasti  5,  227.  Quid  Crocon  aut 
A>in  referam,  Cinyraque  creatum,  De  quorum  per  me  vulnere 
slgit  honor,  sagt  Chloris.  Bei  Bion  1,  6ö  entkeimen  die  Ro- 
si'  dem  Blut,  die  Anemonen  den  Thränen.  Vgl.  Eudokia 
S!24  u.  Kass.  Bass.  11  Kap.  19  bei  Joh.  Bod.  v.  Stapel  z. 
TImphr.  Pflanzengesch.  S.  647. 

99)  Schol.  Theokr.  5,  92.  Nikander  daselbst.  Schol. 
zjjykophr.  830.  Auson.  Cup.  er.  aff,  11.  nennt  die  Anemone 

37» 


580 


iichkeit  eben  so  wenig  wie  der  Lattich  ohne  Bezie 
hung  in  den  Mythos  des  Adonis  verflochten,  wäh 
rend  die  Rose  nur  ein  einfaches  Dichterbild  ist.  E 
war  ein  kyprischer  Mythos  dass  Adonis  vor  dei 
Eber  in  den  Lattich  geflohen  sei.  Nach  Kallinu 
chos  **‘)  hatte  Aphrodite  den  Adonis  in  den  Latth 
verborgen,  welches,  wie  Athenaios  hinzufügt,  ein  bilc 
lieber  Ausdrukk  der  Dichter  sei,  indem  der  Geom 
des  Lattichs  unfähig  zum  Beischlaf  mache.  Bei  de 
Frauen  hiess  er  deshalb  a(ftvtig  oder  svvovxog,  «i 
Adonis  starb,  bevor  er  zeugungsfähig  wurde.  Es  i 
daher  keine  Speise  für  Lebende,  sondern  für  Todte 

Auslegung  des  Mythos. 

Die  Bedeutung,  welche  dem  Adoniskulte  zu  Grün 
liegt,  wird  von  den  alten  Erklärern  schon  mehr  od 

Adonis  (et  murice  pictus  Adonis).  Ueber  die  Anemone  im  / 
gnmeinen  Job.  Bo d.  v.  Stapel  z.  Theophr.  a.  a.  O.  S.  6, 
S.  702. 

100)  Eustath.  z.  Höm.  II.  22,  499.  Nach  Nikander 

Koloph.  nannten  die  Kyprier  den  Lattich  nicht  sond  i 

HesyCh.  'A4mvn"K:  »qläal.  Ueber  den  Lattich  auf. 
s.  TM.  1  S.  62.  Ausserdem  Cölum.  10,  187.  Cypros  item  • 
phio  quam  pinguis  nutrit  in  arvö  Punica  depexa  coma  sed  lat  i 
crere  est. 

101)  Bei  Athen.  2,  69.  Eudok.  S.  25.  Dioskoridi 
2,  164.  Vgl.  Lob.  Vgl.  S.  903.  u.  die  Schriftst.  b.  Athen. 

102)  Eubuios  Iv ’Aötrdrotsr  bei  Athen,  a.  a.  O. 

Mn  naqarl9u  [loi  &qi6axipas,  m  yvm, 
inl  TQämiay,  ^  ßiccvT^P  ainm. 

^Ev  tM  luyKvm  wvtia  yiuq,  w?  ö  loyoS,  nors 
tov  '“Atfwvw  änö^avovra  nqov&tjxtv  Kvnqtf 
SoT  Itr»  Pixvuy  ßquifiu. 

Es  gab  auch  eine  Adonispflanze.  PI  in.  21,  34.  alsiosa  enitn  * 
modum  sunt  et  sole  tarnen  nimio  aimis  laeduntur ;  sed  ubi  c  * 
valuere  rutae  vice  fruticant. 


581 


jreniger  richtig  getroffen.  Bald  ist  Adonis  das  Bild 
er  reif  gewordenen  Frucht  bald,  und 

war  nach  Porphyrios,  das  Mähen  der  gereiften 
'rächt  ^ach  andern  ‘®®)  bedeutet  sein  Tod 

0  viel  als  der  in  die  Erde  gestreute  Saamen;  seine 
iiuferstehung  so  viel  als  die  frische  grüne  Saat; 
echs  Monate  hindurch  liege  das  Saatkorn,  welches 
|ine  neue  künftige  Frucht  verheisst,  in  der  Erde  ver- 
orgen,  die  andern  sechs  Monate  stehe  die  Pflanze,. 

103)  Etymol.  M.  ''Aämpis  KvqwS'  cfwam*  yaq  ©  xuq- 

os  ttvah,  olov  ^ xctqnos,  a^ißxmp,  Amm.  Marcell.  19, 1. ..  • 
nod  simulacrum  frugum  adultarum  r©iigianes  mysticae  docent 
useb.  praep.  ev.  ovta  rot  vovv  ämiAi-iiva  Ko^  frtp  rj  rmu 
mqifxMV,  JtovvaoS  ds  ^  rwj*  äx^otf^voiv  SvmifM?,  xt4  tmv  (dp  ia^t- 
Zv  äv&mp  ^  b  "Ams,  t<Zp  tf«  rtkdatp  xa^nmu  b  *j4.cfc»wf  0v(i.ßolop* 
Jemens  v.  Alex.  Homil.  6,  IJ.  lufAßdvmßt  dJ  zai  “Atfmvm  «’? 
^ulovs  zaqnovg,  ^AtfQodlrtjP  ttS  r.ul  ytpmp,  els 

.ö^tjv  ilg  ßntqfiaru,  xai  Jtopvaop  ftg  «(tmlov. 

104)  Euse-b.  praep.  ev.  3,.  4.  "Ams  di  xosi  ^Aiam,  rp  rSv 
i^Ticoy  tliP  dvaloyia,  TtQogr/Xoyng'  b  (äIp  “Atng,  mp  zarä  m  1«^ 
wfMPOfiiPOJP  dp9wp,  xat  nqlv  rshßtyov^sas,  itaq^iivmp'  oStP  xai 
v  t(Zp  aiefolcop  dnoxon^p  cevrm  nQogtxpfS-^ßap-,  qSmdprmx  il&fip 
tp,  xccqtkZp  (ig  rijP  eniqjxanxrjP-  uldmetp.  b  de  "AifuiPt?  w  rmp  re- 
l(op  xa(in<5p  ixroft^g  av(ißokop.  Bald  darauf  ‘’Aimptp  #«  xtti  Jtopv- 
<y  Tovg  xuqnohg  ^riluAn-  Leider  kann  ich.  gerade  diese  der  Schrif- 
■n  des  Eusebios  nicht  selbst  einsehen,  und  bin  daher  nicht  si¬ 
lier,  ob  Alles  für  den  Ado^nismythog  daraus  und  ayf  die  rechte 
l'^eise  geschöpft  ist. 

'  105)  Sohol.  z.  Theokr.  3,  48.  ©  “‘A&mm,  n  ywp  b  tfms  b 

titqb/MPog,  t|  (t^pag  ip  rp  noul  unb  t^g  omqug^  xai  l'|  (4.^pug 
tt  avTOP  »7  ' Aif'qodtrtj,.  17  iixqaßla  mv  d(Qog‘  xai  ix  lou  lafißdpowtp 
irop  oi  ccp&qoinot.  Hieronymus  z.  Ezech.  8,  4,  Nachdem  er 
m  Mythos  des  Adonis  erzählt  hat;  Et  quia  eadem  geatilitas 
ijuscemodi  fabulas  poetarum,  quae  habent  turpitudineiri,  inter- 
'retatur  subtiliter  interfectionem  et  resurrectionem  Adonidis 
lanctu  et  gaudio  prosequens ;  quorum  alterum  in  seminibus,  quae 
oriuntur  in  terra,  alterum  in  segetibus,  quibus  mortua  semina 
mascuutur,  ostendi  putaL 


h 


582 


welche  die  Frucht  bringet,  über  der  Erde.  Diese  Vor 
Stellungen  stehen  in  enger  Verbindung  und  greife 
sehr  in  einander  über;  es  sind  die  religiösen  An 
schauungen,  welche  so  vielfältig  und  auf  verschiedec 
Weise  in  den  Mysterien  ausgesprochen  werden.  Phui 
nutos  als  Philosoph  behält  diese  Auslegung  i 
Allgemeinen  bei,  und  stellt  den  Adonis  ganz  richti 
mit  Demeter  und  Kora  zusammen;  und  von  den  Oi 
phikern  wird  Adonis  angerufen  den  Mysten  d 
Früchte  der  Erde  zu  bringen.  Diesen  Deutungf 
fügen  wir  noch  ein  Paar  andere  der  Philosophen  ur 
Physiologen  hinzu^  Der  Lydier  Johannes  '“®)  sag 

106)  Phurnutos  /4sqi  9tö)v  Kap.  28.  ä^näffat  d"  6  ^An 
tnv  »vyuTiqa  JrjfifjTQk  ifiv»sv»ti ,  tw  yivofxtvov  Inl  yqöv 
nva  rmv  miQfJLKTMV  xam  yk  dqttviGfiöv'  . . .  oniQ  dy«  ^'pof  nc 
e'l  ju^yces  vntQ  y^v  ts  xixt  vno  y^y  ytyyöfieyos  "“Adtayn,  ano  tov  aö 
folg  dv&qmnois,  ovtag  uyoiittOfdyog  tov  JtjfitiTQMXov  xa^nov'  Sf 

riQocaydsly  Uytrat,  di«  ro  tu?  v?  doxs%y  XrfißoTtiqa?  dvai 
roy  Ttfi  vvm?  6  dovm  aiynro/üyooy  avrwy,  v(f’  oZ  xutu  yij?  xQvnm 
miqfA.«-  dianTdx9ai  di  iSds  nuQu  %i  Ty  ’Aq^odiry,  roy  laoyxqöyov 
vuv  TOV  "Admviy  nagd  Ty  nt^at(f  hvy,  di’  ^  ilnofifv  ainav. 

107)  Orph.  Hymn.  56,  13  /xiaryai g:fQu}v  xuQnok  dno  yal 
Sal lustlos  ntql  ^euv  Kap.  4.  ^Adoiviv  dt  xu^novg.. 

108)  lieber  d.  Monate  4,  44.  S.  88.  Wir  fügen  noch  ei 
ähnliche  Deutung  des  ganzen  Mythos  bei,  aus  Fulgenti 
3,  8.  Myrrha  genus  est  arboris,  de  qua  succus  ipsa  exsud; 
haec  patrem  amasse  dicitur.  Istae  enim  arbores  in  India  sm 
quae  solis  caloribus  crementantur.  Et  quia  patrem  omnium  i 
rum  solem  esse  dicebant,  cujus  opitulata  cuncta  germinum  ado 
seit  maturitas ;  ideo  et  patrem  amasse  dicitur-  dumque  grandio 
jam  fuerit  roboris,  solis  ardoribus  crepans,  rhagades  (fissun 
efficit,  per  quas  succum  desudat,  quod  myrrha  dicitur;  et  red 
lentibus  lacrimosa  guttulis  fletus  suaves  scissuris  hiantibus  jac 
latur,  unde  et  Adonem  genuisse  fertur.  Adon  enim  graece  si 
vitas  dicitur.  Et  quia  haec  species  odore  suavis  est,  Adonc 
dicitur  genuisse.  Ideo  autem  eumVenerem  amasse  dicunt,  qu 
hoc  g®nus  pigmenti  sit  valde  fervidum. 


583 


i>ie  Physiologen  nennen  den  Frühling  die  Aphrodite 
ijid  behaupten,  sie,  welche  den  April  bezeichnet, 
’jende  sich  ab  vom  Ares,  dem  März,  dem  Adonis  aber^ 
5^,  dem  Mai.  Dieser  wird  von  dem  in  ein  Schwein 
’^rwandelten  Ares  getödtet,  der  Frühling  gleichsam 
’|.m  Sommer,  denn  die  Natur  des  Schweines  ist  heiss, 
i|id  die  Mythologen  nehmen  ihn  für  den  Sommer, 
tiler,  wie  es  andern  scheint;  Adonis  ist  die  Frucht, 
.^es  das  Schwein,  dies  Thier  ist  aber  den  Früchten 
lindselig.“  Es  ist  bekannt,  dass  Makrohius  in  Folge 
(js  philosophischen  Systems,  welchem  er  huldigt,  alle 
tbttheiten  auf  die  Sonne  bezieht,  und  diese  Theorie 
flirt  er  denn  auch  folgerecht  beim  Adonis  ’®®)  durch, 
yn  dem  er  sagt,  dass  er  aus  Assyrien  stamme,  und 
le  Phöniker  sich  ihn  angeeignet  hätten.  Hat  man 
(ese  Theorie  erst,  so  bietet  sich  die  Anwendung  des 
Ivthos  des  Adonis  auf  die  Ab-  und  Zunahme  der 
Snnenwirkungen  leicht;  aber  die  Behandlung  der 
iK'then  durch  die  philosophischen  Sekten  gehört  mehr 
i*  die  Geschichte  der  Philosophie  und  der  Kultur 
Oerhaupt,  als  in  die  Darstellung  der  religiösen  Tor- 
ijellungen,  da  dergleichen  Vorstellungen  nicht  aus 
Im  religiösen  Gefühl  und  lebendigen  Glauben  lier- 
i _ _ 

I 

I  109)  Makr.  Saturn.  1,  21.  Manso  z.  Bion  Id.  1  S.  185. 
Obgleich  es  gewiss  ist,  dass  'die  Sjrer  die  Astarte  als  den  Mond 
iid  den  Adon  als  die  Sonne  verehrten,  so  hat  dessenungeachtet 
lese  Erklärung  sehr  viel  wider  sich.  Bannier  erinnert  mit 
bcht,  die  Verschwindung  der  Sonne  habe  allenfalls  in  den  Län- 
;rn  am  Nordpol  eine  solche  Feier  veranlassen  können,  nicht 
|er  in  Phönizien,  wo  die  Sonne  so  wenig  als  bei  uns,  den 
I  inter  hindurch  unsichtbar  und  unthätig  werde,  und  die  rauhere 
lihreszeit  angenehmer  sei  als  der  Sommer;  auch  falle  die  Feier 
I  keine  der  beiden  Aequinokzien,  sondern  in  einen  der  Som- 
lermonate.“ 


584 


vorgißgen,  und  nichts  weiter  waren  als  das  Eigenthoin 
spekiilirender  Gelehrten. 

Auf  den  richtigen  Weg  sind  wir  schon  durch 
einzelne  Auslegungen  selbst  geführt,  und  die  Betrach¬ 
tung  des  Kultes  lehrt,  dass  wir  es  hier  mit  einer 
Form  des  chthonischen  Kultes  zu  thun  haben,  und 
dass  wir  auch  im  Adonis,  so  wie  in  andern  Natur¬ 
gottheiten,  den  Ausdrukk  des  verlorenen  und  wie¬ 
dergefundenen  Natursegens  zu  erkennen  ha¬ 
ben,  Ein  bekannter  Mythos,  um  uns  der  Worte  Ed. 
Gerhards  '*®)  zu  bedienen,  sagt,  dass  die  Göttin  der 
Unterwelt  mit  der  neu  erwachten  Hoffnung  des  Früh¬ 
lings  wieder  bei  den  Lebendigen  erscheine  5  ein  an¬ 
derer,  dass  der  Frühlingsjüngling  Adonis  sein  Dasein 
zwischen  Aphrodite  und  Persephone  theile;  der  älte¬ 
ren  Götterlehre  schien  in  derberem  Ausdrukk  der 
Bettungsgott  der  bestehenden  Natur  ermordet  und 
wieder  verjüngt  zu  werden,  die  Rettungsgöttin  aber 
in  der  Zeit  unfruchtbarer  Erdkraft  jener  neuen  Reg¬ 
samkeit  zu  bedürfen,  welche  sie  von  der  8onnenkraft 
des  ithyphaliischen  Hermes  erhielt.  Beide  Ansichten, 
Jene  aus  kabirischen  Verbrüderungen,  diese  aus  Sa- 
mothrake,  beide  aus  Äeligionen  tyrrhenischer  Pelas- 
ger  nachweislich,  sprechen  in  verschiedenen  Aus¬ 
drucksweisen  dieselbe  Idee  des  verlorenen  und  vvie- 
dergefundenen  Natursegens  aus. 

Es  ist  oft  von  uns  darauf  hingewiesen  worden, 
wie  Mythen  und  Legenden  aus  dem  heimatlichen 
Griecheniande  auf  Kypros,  wenn  auch  nicht  selten  in 
anderer  Stellung,  sich  wiederholen.  Dazu  kam  noch 
die  Verschiedenheit  der  griechischen  8tämme,  welche 
sich  hier  zusammen  fanden,  und  hier  ihre  Nazionali- 


110)  In  dossen  Hyperb.  röm.  Studien  S.  48. 


585 


jäten,  so  wie  ihr  übriges  geistiges  Eigenthum, 
rheil  wenigstens,  zu  einer  Einheit  verschmolzen. 
iDies  treffen  wir  denn  beim  Adonis  wie  beim  Kinyras 
n  reichlichem  Masse  an,  und  zu  zeigen,- wo  alle  Ky- 
iprischen  Sagen  und  Vorstellungen  ihrem  Ursprünge 
Kiach  hingehören,  ist  nicht  das  am  wenigsten  Inter¬ 
essante  bei  einer  Geschichte  von  Kypros.  Als|der 
kleine  Erechtheus  aus  der  Erde  geboren  war,  nahm 
ihn  Athene  ohne  Wissen  der  Göttin  auf,  in  der  Ab- 
Idcht  ihn  unsterblich  zu  machen  5  und  in  eine  Kiste 
belegt,  übergab  sie  ihn  der  Pandrosos,  des  Kekropg 
Tochter,  zur  Verwahrung,  verbot  ihr  aber  die  Kiste 
zu  öffnen.  Ganz  dieselbe  Mysteriensage  -haben  wir 
nun  beim  Adonis.  Was  aber  Athene  in  den  atfeclen 
Mythen  ist,  das  ist  Aphrodite  in  den  kyprischea,  und 
die  Rolle  der  Kekropstochter  übernimmt,  dem  Erfor¬ 
derniss  gemäss,  Persephone.  Erechtheus  wurde  in 
idem  Heiligthiim  der  Athene  erzogen  und  herrscht© 
später  über  Athen  so  Kinyras,  Adonis,  Phaethon 
iu*  s.  w.  in  Kypros.  Wie  Kinyras  und  Adonis  völlig 
lizusammenfallen,  so  wurde  auch  Adonis  als  Heros  und 
imythischer  Herrscher  von  Kypros  gefasst,  Erech- 
itheus  lag  im'  Heiligthum  der  Athene  begraben,  wie 
iKinyras  in  dem  der  Aphrodite  zu  Paplios  schlief;  bei- 
ider  Nachkommen  verwalteten  an  ihrem  Orte  das  Prie- 
sterthnm.  Die  Kiste  ist  in  den  Mysterien  der  pelas- 
igischen  Naturreligionen  ein  heilig  Aevertrautes.  Alle 
Iheiligen  Kisten  enthielten  Unterpfänder  der  wieder¬ 
lverjüngten  Naturordnung,  im  Zeugungssymbol  des  Phal- 
ilos  oder  im  fruchtbaren  Erdsymbol  der  Schlange  *  *  *), 
Adonis  in  der  heiligen  Lade,  oder  naQam-d’^x^, 


111)  Apollod.  3,  14,  6. 

112)  Gerhard  a.  a.  O.  S.  42. 


T 


586 

ist.  wie  der  kleine  Erechtheus  ‘  *  *),  dasselbe,  was  die 
Schlange  oder  das  Kindlein  Sosipolis  im  Tempel  der 
Eileithyia  zu  Olympia,  dasselbe,  was  die  Lade  der 
Demeter  und  Aphrodite,  die  Bakchische  und  Kabiri- 
Bche  enthielten,  was  in  Patrai,  wo  Dionysos  Aisym- 
netes,  der  Obmann,  genannt  wurde,  den,  welcher  es 
schaute,  rasend  machte,  eben  wie  Erichthonios  die 
Schwestern  der  Pandrosos.  Vielleicht  gar,  dass  aphro¬ 
disische  Verstörungen  auf  Kypros  in  ähnlicher  Be¬ 
ziehung  gestanden  haben.  Jene  heilige  Kiste  des 
Adonis  finden  wir  nicht  blos  in  der  Legende,  sondern 
auch  auf  etruskischen  Bildwerken,  welche  den  Adonis 
auf  Spiegelzeichnungen  darstellen. 

Das  Wesen  des  Adonis  kann  wie  das  dei  Kora  ' '  *) 
nicht  anders  gedeutet  werden  als  auf  die  in  Blüthe 
und  Frucht  sich  entfaltende  Erde^  welche  im  Herbste 
zwar  abdorrt  und  verschwindet,  aber  im  Frühling 
wieder  von  neuem  erwacht.  Sie  sind  Gottheiten  der 
Blüthenwelt  und  des  in  die  Erde  gelegten  Saamen- 
korns.  Während  der  vier  Wintermonate  in  der  Un¬ 
terwelt,  Adonis  als  Geliebter  der  Persephone,  Perse¬ 
phone  als  Gattin  des  Hades,  Bedeuten  sie  die  in  den 
Schooss  der  Erde  verborgene  und  des  Aufblühens 
harrende  Saat,  während  der  acht  Sommermonate,  Ado¬ 
nis  als  Geliebter  der  Aphrodite,  Persephone  als  Gat¬ 
tin  des  Dionysos,  zeigen  sie  die  Entfaltung  und  Blfi- 
the  des  Naturlebens,  die  gereifte  und  nährende  Frucht 
an.  Die  Orphiker  rufen  den  Adonis  daher  als  Eu- 
bulos,  den  Wohlwollenden,  an,  welches  ein 
euphemistischer  Name  eines  mit  den  M3’sterien  ver¬ 
knüpften  Ünterweltsgottes  ist,  welcher  freundlich  wie¬ 
derkehrt.  Diese  Benennung  gilt  sowol  für  den  zwi- 

113)  Welker  Aeschyl.  Trilogie  S.  285. 

114)  Preller-Demeter  und  Persephone  S  128. 


587 


|5chen  Aphrodite  nnd  Persephone  auf  und  niederwal- 
j  enden  Frütilingsgott  Adonis,  als  auch  für  den  Heils- 
iind  Seegensknaben  Jakchos-Plutos  ***)♦  Sie  nen- 
len  ihn  ferner  Kind  der  Persephone  und  der  Aphro- 
lite,  rufen  ihn  an  den  Mysten  die  Früchte  der  Erde 
:5U  bringen,  als  den  Allernährer,  den  Allen  ewig  kei» 
inenden  Blüthenspross,  welcher  verlischt  und  leuchtet 
init  dem  Wandel  des  Jahres,  welcher  der  Ober-  und 
iJnterwelt  angehört.  Es  sind  sehr  viele  Züge  und 
dythen  aus  den  verwandten  Mysterien  derKora  und 
les  Dionysos  auf  Adonis  übertragen,  so  dass  eine 
ilurchgrcifende  Sonderung,  eine  völlige  Zurukführung 
■luf  den  einen  oder  die  andere  nicht  mehr  möglich 
st,  wenn  die  Hauptsache  auch  immer  klar  bleibt. 
|fPahrscheinlich  haben  verschiedene  Kultusstätten  an 
dieser  Mannigfaltigkeit  und  Verschiedenheit  der  Le¬ 
benden  Theil,  welche  in  unsern  Nachrichten  zu  einer 
pusammenfliessen.  Eine  ähnliche  Unklarheit  herrscht 
Iselbst  über  das  Verhältniss  des  Dionysos  zu  Demeter 
ind  Kora  denn  während  er  als  erwachsener 

ijemal  der  Kora  mit  ihr  und  Demeter  verbunden  ist, 
wird  er  andere  Male  entweder  weggelassen,  oder 
jlurcb  einen  Knaben  ersezt,  dessen  Bedeutung  neben 
1er  sonstigen  Dionysosgemalin  räthselhaft  bleibt.  So 
l*vie  er  bald  Bräutigam  der  Kora  ist,  so  erscheint  er 
loald  wieder  als  Beisizer  der  Demeter.  Aber  es  sind 
auch  die  pelasgischen  Systeme  bald  abgekürzt,  bald 
vollständiger,  worüber  Eerhard  überzeugend  sich  ver¬ 
breitet  hat. 

Der  Grundcharakter  der  Eleusinien  bestand  in 
einer  innigen  Klage  über  das  Jährliche  Verschwinden 
und  Vergehen  der  Natur,  wofür  der  Trost  in  dem 


116)  Ed.  Gerhard.  Prodromus  myth.  S.  82. 
116')  Ders.  Hyperbor.  röm.  Studien  S.  48  ff. 


I 


588 

Glauben  lag,  dass  diese  Vernichtung  nur  eine  vor¬ 
übergehende  sei,  dass  eben  jene  Mächte,  welche  dies 
Leben  aufzulösen  schienen,  zugleich  die  Quelle  alles 
Lebens  seien;  daher  das  Düstere  und  Traurige,  das 
Heitere  und  Jauchzende  der  Feier.  Den  Faden  des 
Ganzen  bildete  dabei  der  Mythos  vom  Raube  der  Kora 
wie  bei  den  Adonien  der  Tod  und  die  Wiederkehi 
des  Adonis.  Es  ist  aber  keine  Spur  davon  vorhan¬ 
den,  dass  seine  Feier  in  Frühlings-  und  Herbstfeste 
getheilt  gewesen  seien,  wie  bei  den  attischen  dei 
Kora.  Wie  dies  kam,  darüber  theilen  wir  unsere  An¬ 
sicht  weiter  unten  mit.  Die  Thesmophorien  rükkter 
als  Fest  der  Trauer  und  Freude  den  Adonien  näher 
näher  aber  noch  möchten  die  vorzugsweise  sizilischer 
Koreien  den  Adonien  in  dieser  Beziehung  gestandet 
haben,  wie  die  Zeit  derselben  fast  zusammenfällt 
Beide  Gottheiten,  Adonis  und  Kora,  führen  ein  zwei 
theiliges  Leben  <*äs  eine  in  der  Oberwelt,  da; 
andere  in  der  Unterwelt.  Doch  verlassen  beide  da; 
blühende  Naturlehen  nicht  freiwillig,  ungeachtet  sh 
in  der  Unterwelt  auf  neue  Liebe  zu  hoffen  haben  "  ’ ') 
Das  blühende  Kind  Kora  wird  beim  Blumenpllükkei 
geraubt  5  Adonis  geht  der  Beschäftigung  des  Jung 
lings,  dem  Jagen  nach,  und  wird  hier  dem  Tode  an 
heim  gegeben.  Durch  ein  ewiges  Geschikk  sind  beid( 

117)  Ad.  lebte  von  zwei  Gottheiten,  über  und  unter  de 
Erde,  geliebt.  So  nannte  man  seines  doppellebigen  Dasein 
wegen  einen  Fisch  Adonis,  welcher  sich  bei  heiterem  und  Stil 
lern  Wetter  auf  die  Felsen  legte.  Er  hiess  auch  l|wzotnf.  Ai 
lian  Thiergesch.  9, 36  u.  das.  Jakohs.  Opp  ian  Halieut.  1,  158 fl 
Klearchos  b.  Athen.  8,  .332.  Kallistratos  Stat.  1  S.  68(J 
Plin.  9,  19,  34.  Hesych,  Vgl.  Note  128. 

117a)  Bei  Auson.  Cup.  er.  aff.  11  befindet  sich  Adonis  i) 
.der  Unterwelt  unter  den  unglükklich  Liebenden,  neben  Narkis 
SOS,  Hyakiathoa  u,  ß.  w. 


I 


589 


|;u  Gatten  der  Unterweltsgottheiten  hestimmt,  woge¬ 
gen  kein  Sträuben  hilft,  denn  menschlich  FüMen,  das 
;ennen  die  Unterirdischen  nicht.  Indem  non  aber  in 
lern  einen  Mythos  die  leidende  Gottheit  eine  weib¬ 
liche,  in  dem  andern  eine  männliche  ist,  so  gerathen 
|)eide  in  eine  wunderbare  Verwikkelung.  Persephone, 
jivelche  das  blühende  Leben  mit  so  vielem  Wider- 
iträuben  verlässt,  ist  es  in  dem  andern,  welche  den 
Besiz  des  Adonis  fordert.  Dagegen  ist  in  jedem  My- 
,hos  der  Hades,  welcher  das  blühende  Kind  Kom 
•aubt,  gleich  dem  Adonis  als  ünterweltsgott. 

I  Das  Hinabsteigen  der  chthonischen  Gottheiten 
|in  die  Unterwelt  wurde  jährlich  um  die  Saateeit  ge¬ 
dacht,  wobei  man  sich  erinnern  muss,  dass  die  alten 
Griechen  früher  säten,  als  wir,  und  nach  Plutarch  seihst 
früher,  als  die  späteren  Griechen.  Wenn  nun  die 
Adonien  schon  während  der  Äernte  gefeiert  wurden, 
so  stört  dies  wol  nicht  die  Vorstellungen,  giumal  wenn 
man  erwägt,  dass  selbst  die  Koreien  schon  während 
der  Aerntezeit  gefeiert  wurden.  Sobald  sie  abge- 
'schieden  sind,  werden  beide  auf  der  Oberwelt  beweint 
und  gesucht,  Kora  von  der  Demeter,  Adonis  von  der 
I Aphrodite:  mit  ihnen  trauert  die  Schöpfung.  Aber 
iaus  dem  Hades  ist  keine  Kükkehr;  die  Unterirdischen 
beharren  bei  dem,  was  Hecht  ist.  Beide  trauernde 
I  Göttinnen  steigen  selbst  in  die  Unterwelt,  um  die 
!  Unterirdischen  zu  erweichen ,  wie  einige  Mythen  be- 
!  richten.  Als  diese  eine  ethische  Wendung  bekamen, 
wird  Demeter  zürnend  im  Winter  gedacht,  und  als 
gäbe  sie  ihre  Gaben  nicht  immer  in  gleicher  Fülle. 
Der  Aphrodite  wird  der  Geliebte  von  der  Seite  ge¬ 
rissen;  sie  klagt  und  die  Welt  klagt  mit  ihr.  Alle 
!  irdische  Lust,  jeder  Genuss,  selbst  der  schönste  und 


I 


590 


reinste,  ist  nur  vorübergehend,  and  fällt  der  Vernich 
tung  anheim,  wird  von  den  Mächten,  welche  übei 
diesem  Leben  stehen,  kein  dauerndes  Glükk,  wel 
ches  nur  ihnen  beschieden  ist,  auf  Erden  dulden 
den  Sterblichen  gewaltsam  entrissen.  Diesen  sittli 
chen  Schmerz  spricht  zugleich  die  Auflösung  de 
Bandes  zwischen  Aphrodite  und  Adonis  aus.  Äbe 
wie  das  Leben  in  seiner  unerschöpflichen  Quelle  siel 
stets  verjüngt,  und  aus  dem  Tode  immer  wieder  neue^ 
Leben  aufbricht,  so  kehrt  auch  Freude,  Genuss  und 
beseligende  Liebe  zurük,  um  dem  erneuten  Geschlechl 
wieder  das  ihm  beschiedene  Theil  der  Freuden  und 
Leiden  zu  spenden.  Mit  der  Aphrodite  trauern  unt 
weinen  die  Sterblichen;  nach  Beendigung  der  Trauei 
aber,  in  gewisser  Zuversicht  eines  frohen  Wiederse¬ 
hens,  freuen  sie  sich  und  jubeln  mit  der  Göttin.  Di( 
Eingeweihten  aber  werden  Stärkung,  Beruhigung 
und  den  Trost,  welcher  über  das  traurige  Hieniedei 
erhebt,  aus  der  Feier  geschöpft  haben,  denn  hier 
musste  es  ihnen  deutlich  werden,  dass  der  Tod  nui 
der  üebergang  zu  einem^  neuen  Leben  sei.  Diesi 
Bürgschaft  des  neuen  Lebens  übernimmt  Adonis  auct 
in  bildlichen  Darstellungen  auf  Sarkophagen.  Er  ge¬ 
hört  zu  den  Haupttodten,  welche  heraufkommen,  und 
dies  Heraufkommen  derselben  wird  mit  dem  Heraufkom- 
men  der  Seelen  verbunden  gedacht,  indem  der  Menset 
für  seine  Zustände  in  allen  Religionen  göttlicher  Vorbil¬ 
der  bedarf.  Der  Hades  ist  der  Siz  der  zeugendeci 
Kraft  der  Natur  und  seine  Gottheiten  sind  die  Spen¬ 
der  der  Fülle  und  des  Reichthums.  Diese  Vereini¬ 
gung  lehrt  die  Natur  selbst,  welche  aus  demselben 
Boden,  der  die  Reste  des  Entseelten  aufnimmt,  auch 
die  Nahrung  für  die  Lebenden  hervorkeimen  lässt. 
So  sind  die  Unterirdischen  die  Reichthum  Schaffenden, 


591 


die  Nahrung  Reichenden,  die  Seegen  Spendenden ;  sie 
werden  auch  alle  hervorwallen,  wenn  der  Schooss 
der  Erde  sich  zur  Fruchtbarkeit  erschliesst,  um  ihr 
Geschäft  zu  verwalten,  bis  die  Äeriite  reift,  und  sich 
wieder  zurükziehen,  wann  Laub  und  Gras  absterben, 
die  Saat  in  den  Boden  gesenkt  wird,  und  die  Zeii- 
gungskraft  der  Erde  rastet.  Dass  die  Gottheiten 
sterben  und  doch  fortleben,  das  ist  eben  das  Tiefste 
in  diesen  Mythen:  Herauf and  Herabsteigen  ist  der 
Grundgedanke  aller  chthonischen  ¥orstel!uagen.  Sö 
ist  auch  das  Verschwinden  und  die  Wiederkehr  des 
Adonis  mit  dem  allgemein  geglaubten  Heraufkommen 
der  unterirdischen  Geister  im  Frühling  In  der  engsten 
Verbindung,  und  führt  Leben  und  Freude  in  die  Na¬ 
tur  zurük.  Sie  waren  Rettungsgottheiten  der  beste¬ 
henden  Natur,  welche  immer  einer  neuen  Regsamkeit 
zu  bedürfen  schien,  und  die  Unterwelt  dachte  man 
sich  als  die  Quelle  aller  Verjüngung  alles  Naturse- 
jgens.  In  völliger  üebereinstimmung  hiermit  steht  es 
j  daher,  wenn  wir  auf  einem  Sarkophage  neben  Adonis 
leinen  Hahn,  das  Sinnbild  der  Zeugungsiust,  erblikken. 
{Wenn  die  unterirdischen  Gottheiten  im  Frühling  her¬ 
aufsteigen,  feiern  sie  ihre  Vermäiuog  mit  den  Gatten, 
welche  Gottheiten  des  Lebens  und  der  Liebe  sind; 

I  Adonis  kehrt  in  die  Arme  seiner  Geliebten  ziirük, 
iweil  der  Mythos  zwischen  ihnen  nicht  ein  eheliches, 

I  sondern  nur  ein  bräutliches  Verhältniss  ausgebildet 
,  hatte.  Er  kommt  im  Geleite  der  Horen,  der  Jahres- 
Igottheiten,  zur  blühenden  Erdgöttin  Aphrodite.  Da 
Isie  aber  nach  alter  Lehre  Lebens-,  Liebes-  und  To¬ 
desgöttin  ist,  so  wird  Persephone  in  Eleusioisclie^n 
und  Same thrakischen  Göttervereioen  folgerecht,  wie 
1  mit  andern  entsprechenden  Namen,  so  auch  Aphrodite 
I  benannt.  Ursprünglich  Eins,  wurden  jene  Gottheiten 


592 


in  der  alles  spaltenden  Mythologie  zu  zwei  verschie¬ 
denen  Wesen  getrennt,  und  Aphrodite  wird  die  Früh¬ 
lingserscheinung  der  winterlichen  Persephone,  odei  || 
mit  andern  Worten,  als  wiederkehrender  Erdensegei 
wird  Persephone  Aphrodite.  ji 

Von  dem  Augenblikk  an,  wo  Adonis  in  die  t'n 
terwelt  tritt  und  Gott  der  Unterwelt  wird,  ist  seine 
Geliebte  nicht  mehr  Aphrodite,  sondern  Persephone 
welche  ihn  an  sich  zieht  und  fesselt,  ihn  zum  Herrer 
jenes  Reiches  erhebt,  wie  dieselbe  nach  einem  anderi 
Mythos  vom  Unterweltsgott  geliebt  und  geraubt,  un( 
zur  Herrin  der  Schatten  erhoben  wird.  Doch  da 
Reich  der  Unterwelt  ist  ein  freudenleeres,  und  beid 
Lebensgottheiten  sehnen  sich  zurück.  Die  Sikyoni 
sehe  Dichterin  Praxilla  hatte  in  einem  Gedicht  de 
Adonis  in  der  Unterwelt  auf  die  Frage,  was  es  i 
der  Oberwelt  als  das  Schönste  gäbe,  antworten  las 
sen;  das  Licht  der  Sonne,  die  glänzenden  Sterne 
das  Antliz  des  Mondes,  Birnen,  Kürbis  und  Aepfe 
Diese  Antwort  hatte  die  Veranlassung  zudemSprüch 
Worte  ”*)  gegeben:  ‘i^Xi^m'csQog  %m  IIqa%iXXrig 
wdog,  von  einem  einfältigen  und  albernen  Mensche 
gesagt.  Aber  die  Dichterin  hatte  gewiss  dem  Ade 


118)  Praxilla  Delect.  poes.  gr.  u.  s.  w.  ed.  Schneiden 
B.  438  u.  ders.  in  der  Gott.  Gel.  Anz.  1837.  S.  855  ff.  859  ff. 
KaRunos  fiiv  iym  hlntö  (ptios  ^tUow, 
itvrtQop  afftqte  tfctum  Gtlrjpctltis  n  nQosatnor. 
y.M  wQcctovS  aixvovs  xai  xai  oy/vaS- 
Apostol.  Paroim.  9,  81.  Diogen.  5,  12.  Zenob.  4,  21.  1,8 
TOV  nquSlRvS  'AdiOPidos.  nQu^lUa  nv  '^cTww»’  Iv  r, 
fAfUmp  ikayts  iQmTmfitPop  vrto  rmv  xaru),  ti  xaRitnoP  vnohni 
ijxtt,  äTtoxQlpao^ai  ijXtop  xai  ffiXjjpfjp  xat  atxvovs  xat  fiijXu  o3 
ik  naqmulav  nqonX^n  ö  ioyor  rßdi^p  ydq  ro  iw  naqaßaiXi 
(Hxvovs.  So  Plutarch  unter  d.  Sprüchwörtera  der Alexaudrin« 

Nr.  08.  Suidas. 


593 


is  keine  Albernheit  in  den  Mond  gelegt.  Die  Nai- 
etät  des  in  der  Jugendblüthe  verblichenen  Natiirgot- 
;s  konnte  nur  durch  Unverstand  und  Spott,  oder  in 
.er  Plattheit  der  Volkssprache  und  im  Kopfe  trokke- 
jer  Grammatiker  zur  Albernheit  werden. 

I  Den  chthonischen  Gottheiten  eng  verwandt  Ist 
ionysos,  und  auf  seine  daraus  folgende  Verwandt- 
;haft  mit  Adonis  ist  schon  vorläufig  hingewiesen. 
s  lässt  sich  aber  die  Vergleichung  noch  weiter  füh- 
;n.  Auch  Dionysos  ist  ein  Gott  der  in  Pracht  stets 
311  aufblühenden  Natur,  welche  aus  allen  Gefahren 
ttd  Bedrängnissen  stets  siegreich  hervorgeht,  und 
t  zugleich  ein  Gott  des  Lehens  und  des  Todes.  An 
3n  in  düsterer  Stimmung  gefeierten  Winterfesten 
lurde  Dionysos  verfolgt  und  getödtet,  oder  ins  W’as- 
ir  gefallen  gedacht;  so  wird  auch  Adonis  verfolgt 
W  getödtet,  und  dass  er  auch  als  ins  Wasser  ge- 
lllen  vorgestellt  wurde,  sehen  wir  aus  dem  Gebrau- 
ie,  das  Bild  des  Adonis  und  die  Gärtchen,  welche 
'in  kurzes  Leben  andeuteten,  ins  Meer  oder  in 
Irunnen  zu  senken.  Des  Zagreus  Tod  und  dessen 
ierreissung  stimmt  ganz  mit  der  Adonismythe.  Nach- 
|;m  er  zerrissen  worden,  wird  er  wiederaufgekocht, 
id  kehrt  im  Frühling  wieder;  auf  die  mannigfachste 
^eise  ist  Untergang  und  Erneuerung  in  seinen  My- 
ien  ausgesprochen,  und  er  war  daher  vor  allem 
Iseignet  Gegenstand  einer  über  das  Menschengeschikk 
jiekulirenden  Religion  zu  werden.  So  haben  die 
irphiker  auch  den  Adonis  behandelt;  er  heisst  zwei- 
j3hörnt  bei  ihnen,  dixtgog,  auch  nolvp,oqipog  ’  *  ®).  Or- 
jieus,  der  Priester  und  Stifter  der  dionysischen  Wei- 

!  119)  Hieher  ist  aucb  wol  die  Glosse  des  Hesychios, 
fQiqos  (^o/ytog?)  zu  beziehen  Auch  hat  Ad.  auf  dem 
-  ide  Nr.  12  den  Panther  mit  Dionysos  gemein.  Auf  den  Etrusk. 

31.  38 


1 


594 

hen  ist,  wie  bekannt,  der  chthonische  Bakchos.  NacI 
dem  er  zerrissen  ist,  spülen  die  Wogen  sein  Hau 
an  die  Küste  von  Lesbos  Dieser  alten  Sa^ 

ist  die  sehr  junge  alexandrinisch-byblische  vom  Haup 
des  Adonis  nacbgebildet,  denn  sie  kann  doch  nie 
älter  sein  als  Alexandrien  selbst.  Es  konnten  dah 
Dionysos  und  Adonis  für  völlig  gleich  geachtet  we 
den,  und  ihre  Mysterien  viel  Aehnliches  haben  ’’ 
So  finden  wir  auch  wahrscheinlich  den  Sinn  der  Lie 
des  Bakchos  zum  Adonis  und  für  den  Raub  desselb 
als  oQsiqtoiT^g,  indem  er  vielleicht  als  Hades  den  BI 
thengott  liebt  und  raubt.  Wie  Bakchos  liebt  ab 
auch  Zeus  den  Adonis,  und  w^ir  glauben,  dass  di 
der  chthonische  Zeus  ist,  der  Gott  der  Unterwt 
welcher  begraben  und  neugeboren  wird,  der  furcl 
bare  und  verschlingende,  der  Verleiher  des  Seege 
Seine  mystische  Geburt  durch  Zeus  ohne  Weib  rük 
ihn  noch  besonders  dem  chthonischen  Gotte  nahe,  u 
Ist  der  des  Dionysos  nachgebildet. 

Wer  den  Adonis  verfolgt  und  lödtet,  ist  Art 
und  wie  hinzugesezt  wird,  aus  Eifersucht  gegen  d 
Buhlen.  Wir  wiederholen  hier  nicht,  was  oben  "t 
über  den  Ares  als  Gemal  der  Aphrodite  in  pelas*- 
sehen  Beligionssystemen  gesagt  ist,  sondern  erinnt 

Spiegelzdc^ungen  Nr.  3  und  4  erscheint  Ad.  auch  beflügelt 

Bakchos.  •  t, 

120)  Näheres  über  Orpheus  neuerdings  bes-  bei  Bot, 

im  Abschn.  über  die  orphische  Vorzeit,  in  dessen  Gesch.  d.  h  • 

Dichtkunst  1,  S.  80  —  190.  ^  ^ 

121)  Plutarch.  Sjrapos.  4,  3.  «’  d«  xat  ra 

nooelaßflp,  Mysrai  fitp  6  ^'ASmv^s  mo  rov  ßvk  dia(f&ccpyat. ^  ' 
d’  ’'Ädmviv  ovx  InqoP  j  älXä  Awvvgw  hpm  pofilgoim'  xai  nolXa  ' 
nlovidpm  Ixmiqta  ntqi  ms  hqms  ßtßmol  mp  i.6yop.  S.  Note  '• 
und  unten  Nr,  141. 

122)  S.  207  ff. 


595 


nur  an  die  Vermuthung,  dass  Ares  auch  auf  Kypros 
in  den  Adonien  als  rechtmässiger  Geinal  gegolten 
nabe.  Weiter  tritt  er  im  Mythos  nicht  hervor,  sondern 
dient  nur  dazu,  um  den  Verfolger  und  Vertilger  des 
leidenden  Naturgottes  abzugeben,  wobei  seine  Ver- 
Uandlung  in  einen  Eber  auf  einer  alten  foildli- 
ihen  Vorstellung,  den  furchtbaren  und  verwüstenden 
Sott,  welcher  „mit  Eberschnauze  alles  Unheil  auf- 
^ählt”,  als  Eber  zu  fassen,  beruht.  Das  Schwein 
st  aber  auch  ein  Bild  der  Aekkerverwöstoog.  Dass 
\donis  Jäger  wird,  kann  auf  der  einfachen  Jüng-- 
ingsbeschäftigung  beruhen,  wie  die  Kora  Blumen 
)flükkt;  es  kann  aber  auch  gedichtet  sein,  um  Adonis 
lern  Eber  auszusezen.  Es  ist  klar,  wie  sehr  dieser 
Vres,  dessen  Demalin  dann  jedesmal  Aphrodite  ist, 
n  die  frühsten  Götterdienste  Griechenlands  eiiigriff, 
veim  ihn  auch  der  spätere  griechische  Götterdienst 
mum  kannte  und  die  meisten  Heiligthümer,Sn 
lenen  er  vorkommt,  rührten  von  den  früheren  Volks¬ 
tämmen  her,  welchen  er  ein  Landesgott  war.  Indem 
lun  das  Zusammentreffen  verschiedener  Völker  des¬ 
selben  Stammes  oft  den  einen  oder  den  andern  Gott 
liegen  diesen  oder  jenen  verdunkelte,  entstand  ein 
jleroenkult  nach  seinem  Äbbilde,  und  führte  zu  einer 
lUmwandliing,  welche  Religionskämpfe  unter  Sektirem 
Idnes  und  desselben  Götterglaubens  veranlasste.  Der 
l'hebische  und  Thrakische  Ares,  um  uns  hier  an  diesen 
|Iott  zu  halten,  buhlt  mit  der  Lemnischen^ Aphrodite, 
jils  Gattin  des  Hephaistos,  Adonis  mit  der  Amathusi- 
chen  Aphrodite  als  Gattin  des  Ares.  Der  Kadmilos 
jkadmos  und  der  pelasgische  Jason  haben  eine  Schlange 
jm  bekämpfen,  welche  Ares  sandte;  die  pelasgische 


123)  Ed.  Gerhard  Hyperb.  röm.  Studien  S.  56. 

38  * 


596 


Pelarge  übergab  ihre  kabirischen  Heiligthümer  einem 
Aresabwender  Alexiares.  So  kämpft  Adonis  gegen 
einen  Eber,  welchen  Ares  sandte.  Danach  bleibt  kein 
anderer  Ausweg,  als  dass  Adonis  von  den  Griechen, 
welche  sich  in  Amathus  niederliessen,  zu  einem  My- 
sterienbeisizer,  oder  zu  einem  Heros,  welcher  dessen 
Stelle  vertrat,  erhoben  sei,  gegen  welchen  Ares,  der 
Gatte  der  Göttin  bei  einem  andern  Stamme,  kämpft, 
wie  anderswo  Hephaistos  gegen  Ares,  wo  dann  Ares 
der  Buhle  ist,  wie  in  Amathus  Adonis.  Die  Griechen 
aber,  welche  sich  in  Amathus  ansiedelten  und  in  der 
Heimat  den  Ares  verehrten,  waren  Argiver  und  The- 
baner.  Eine  eigentliche  Thebanische  Kolonie  haben 
wir  freilich  in  Amathus  nicht  nachgewiesen,  aber  doch 
thebanische  Vorstellungen  und  die  eigentliche  Argi- 
vische  Kolonie  ging  nicht  unmittelbar  nach  Amathus, 
sondern  liess  sich  nur  in  der  Nähe  nieder ,  aber  die 
spätem  Amathusier  leiteten  sich  von  den  Nachkom¬ 
men  des  Agamemnon  her.  Wie  in  der  Mythe  des 
Adonis  Ares  der  rechtmässige  Gatte  ist,  so  fehlt  er 
auch  nicht  in  den  Mysterien,  denn  sein  Bild  wurde 
wie  das  des  Adonis  den  Eingeweihten  gezeigt,  und 
wir  können  daher  auf  einen  ähnlichen  -pelasgischen 
Dreivereio  in  Kypros  schliessen,  welcher  aus  Ares, 
Aphrodite  und  Adonis  bestand,  wie  in  einem  italischen 
Kabirensystem  Hephaistos,  Aphrodite  und  Ares  zu¬ 
sammenstanden.  Der  Hanptort  für  die  Adonismyste¬ 
rien  auf  Kypros  ist  Amathus  und  östlich  davon 

124)  P^ausaii.  9,  41,  2.  "Eaii,  M  'AfxaO-ovs  iv  Kvnqanohi' 
Admuidos  iv  ahy  xcd  "AqqoSkrj?  isqöv  ^Gnv  äq/alov.  Steph.  T.  B. 
’Afia&ovg  nöXig  Kvnqov  äqxtimrdzri ,  iy  ^  "'Adiapig  "Oßtqtg  iniiam,  ov 
’Aiyvnnop  ovra  Kinqm  xul  »l^olyrxsg  iJ'ionoiovvTca.  S.  Aiim.  183. 
Ovid.  Met,  10,  520  ff.  verlegt  den  Schauplaz  der  Mythe  auch 
nach  Amathus,  und  der  Knabe  Paplios  wird  hier  geboren. 


597 


auf  dem  Idalischen  Bergwalde  der  Lieblingsidaz  des 
jugendlichen  Gottes.  Wie  hier  Ares  der  rechtmäs¬ 
sige  Gemal  der  Aphrodite  war,  so  haben  wir  es  oben 
w'ahrscheinlich  gemacht,  dass  zu  Paphos  in  den  Aphro- 
disien  Zeus  ihr  Beisizer  war.  Mit  Erweiterung  des 
Reiches  des  Kinyras  und  Hiimberführung  des  Adonis 
auf  das  asiatische  Festland  wurde  Bybios  der  Haupt¬ 
ort  des.  dortigen  Kultes  und  die  Mythen  des  Adonis 
dort  mit  ziemlicher  Vollständigkeit  wiederholt,  wenn 
sie  auch  keinen  recht  natürlichen  Boden  finden  wol¬ 
len,  indem  in  Syrien  die  griechischen,  namentlich  at¬ 
tischen  Genealogien,  Mythen  und  Kultusbegriffe,  ohne 
den  geschichtlichen  Boden,  wie  sie  ihn  auf  Kypros 
haben,  und  aus  weichem  sie  hervorgegangen  sind, 
hier  keinen  Halt  haben.  Aber  das  nahe  Kypros  ge¬ 
nügte,  und  für  spätere  Verbreitung  und  Vermischung 
der  Kulte  bedarf  es  solcher  Stüzen  nicht  mehr.  Dann 
sind  die  Kulte  aber  auch  nicht  mehr  aus  dem  religiö¬ 
sen  Bedürfniss  entsprungene,  mit  der  Geschichte  und 
Volksthum  unzertrennlich  und  auf  das  innigste  ver¬ 
webte,  lebendig  und  kräftig  im  eigensten  Geiste  der 
Völker  fortwirkeude  Vorstellungen,  sondern  äusser- 
liche,  unvollkommene  und  unverständlich  angeeignete 
I  Zeremonien. 

Die  Griechen  müssen  auf  Kypros,  und  wahr¬ 
scheinlich  zu  Amathus  den  phönikischen  Gott  Baal, 
i unter  dem  Namen  Ado u  verehrt,  vorgelimden  haben, 
jobgleich  es  nicht  mehr  naebzuweisen  ist,  von  wel- 
! ehern  der  semitischen  Stämme,  die  bekanntlich  ihre 
obersten  Gottheiten  mit  verschiedenen  Namen  benann¬ 
ten,  und  in  welcher  Gegend  der  Gott  unter  dieser 
Benennung  verehrt  worden  sei.  Aber  die  Juden  be¬ 
dienten  sich  ja  desselben  Wortes  zur  Bezeichnung 
des  höchsten  Wesens.  Indem  der  phönikische  Kult 


598 


zu  Amatluis  unterging,  müssen  die  Griechen  den  vor 
handenen  Namen  des  Gottes  festgehalten  und  siel 
desselben  zur  Ausbildung  ihrer  Kultusbegriffe  in  grie¬ 
chischer  Form  bedient  haben  Wie  in  der  Zu¬ 

sammenstellung  bei  Theokrit  mit  den  griechische! 
Heroen  Agamemnon,  Ajas,  Hektor,  Patroklos,  Pyr- 
rhos,  den  Lapithen  und  Deukalionen,  wird  Adonis  io 
^lytlios  und  Kult  durchaus  ein  griechischer  Myste 
riengott,  und  die  Adonien  ein  Zweig  des  ausgebrei 
teten  Naturkultes,  welcher  nach  Kypros  verpflanzt 
durch  die  örtlichen  Verhältnisse  bestimmt,  sichandei 
Namen  Adon  knüpfte.  Die  griechischen  Herleitungei 
des  Namens  taugen  nicht  viel,  und  sind  von  Gram- 


125)  Für  Adonis  sagte  man  auch  Adon.  Niketas  üeb.  d 
Wärter,  welche  ein  w  im  Genit.  wie  im  Nom.  bewahren,  ii 
Boiss.  Anekd.  3,  328.  Hesych  ’'AJwya:  tov  ^Adwyiv,  Den  Ak 
kus.  "Adcora  gebrauchten  besond.  die  Dorier.  Martian.  Ca 
pella  hat  Byblius  Adon.  mit  I  Serv.  z.  Virg.  Ekl.  10,  18 
Adonis:  a  habet  accentum,  quia  graecum  est  nomen,  tamei 
etiam  latine  sic  dicimus.  Nam  Adon  nusquam  lectum  est.  For 
cell.  zit.  für  Adon  als  Nominat.  Venant.Fortun.  1.  7,  carm.  122 
V.  18.  Platon,  Kratinos,  Aristofihanes  und  Pherekrates  gebrauch¬ 
ten  den  Genit.  ’Adojvios  für  und  ’AMytov  für  ’Admnp 

Bekk.  Anekd.  I,  S.  346.  Choiroboskos  das.  S.  1228.  1216 
Priscian  6,  13,  S.  263.  Theo  dos  Canon  S.  980.  1003.  Ser 
vius  gebraucht  fast  immer  den  Genit.  Adonis.  Propert.  2 
13,  53.  Adonem  und  Adonim  Hdschr.  Für  "Afftoy  hatte  mau 
auch  ^A(Pils  nach  Hesych.  Plutarch  Erot.  Kap.  1 2  hat  ’AM- 
ralos  füT^A^wvis,  Plaut.  j>ren.  1,  2,  35  hat  Adoneus.  Sonst  is( 
'Admvalog  Adj.  so  wie  ’Adiuriws,  bei  Suid.  und  Etymol.  M. 
‘ Adtiivld'nos.  Es  kommt  auch  'Adojyios  und  ^Aöwi/iaxos  vor.  Arr., 
Diss.  4,  8,  36,  wo  die  Hdschr.  ^Adtavixoe  haben.  Stob.  Ekl. 2, 6. 
S.  Henr.  Steph.  v.  Dindorf.  sagte  ni.  für  jKwTr^tf.  Nonn. 

Dionys.  33,  25.  'Adiavrjis  oder  ’AdeoPHS  hiess  der  Lattich  nach 
Hesych.  und  nach  d.  Etym.  M.  zugleich  auch  die  Schwalbe, 
wahrsch.  weil  sie  mit  d.  Rükkehr  des  Ad.  erschien,  s.  Verkiin-i 
digerin  war.  Doch  ist  dMp  dorisch  für  dtjdüy.  Mosch.  2,  9. 


599 


; 

atikern  aus  seinen  Eigenscliaften  erst  hinterher  er- 
ünstelt.  Nach  Pimrnutos  a.  a.  0.  soll  er  von 
ättigen  herkoTumen,  weil  Adonis  das  Getreide  sei. 
ald  soll  der  Name  von  ijSsw  erfreuen,  ergözen, 

ald  von  widrig  ‘  *  ’)  herkommen ;  jene  Ahleitüng  soll 
in  als  reizenden  Jüngling  und  wohlgefälligen  Ge- 
ebten  darstellen,  diese  als  Unter weltsgott,  ungeach- 

doch  ^iäfig  eine  ganz  andere  Entstehung,  ans  a 
nd  IdstVj  hat.  Man  hielt  sich  dahei  nur  am  Klange, 
iid  übersah  das  Jota  subscriptum.  So  falsch  auch 
iese  Verbindungen  mit  Hades  sind,  so  würde  man 
ie  doch  nicht  gebraucht  haben,  wenn  Adonis  nicht 
uch  als  Unterweltsgott  vorgestellt  gewesen  wäre, 
(er  Name  KvQig,  oder  mit  Uebergang  des  v  und  t 
iQig  und  KiQQig  ‘"Oj  bei  den  Uakonen  und  Kypriern, 

126)  F XI lg  ent.  3,  8.  Adon  enim  graece  snavitas  dicitur. 
chol.  und  Eustath.  z.  11.  5,  203.  "Atfayrts  m  TgL 
Od.  23,  326.  11.  11,  88.  Etym,  M.  Adams  nuqa  fo  Sda  m 
«aw-  (hierüber  unten  Anm.  157  ff.)  ?  m  vfo 

y.ttt  y.aqnls  tlvai  “Adams,  olop  adavHoS  xaQnoS,  aQStfxmv, 

1  127)  S  ui  das  "‘Adavcaos:  6  vno  tov  Sdijy.  ’Jtdaymos?  Zo- 

'aras  ’AdapldtioS  xaqnös:  o  tov  ‘AdändoS,  o  Ißny  rov  ^Idbi;.  He- 
ych  "Aöapaios:  noGudav.  xat  ßolos.  ^  vno  mp  ädtjy.  Auch 
havorin.  BöAo?  erinnert  an  einem  Adoniswurf,  wie  es  einen 
j'enuswurf  gab.  Sancti  Caesaris  Dialog.  2,  112.  ^vqoi,  oi  fi- 
\ävviMoi  Gvq<f  tTol  t'ov  rov  adov  inävvfxop  “Adapw  t^s&äaßav  xaxuS. 

128)  Hesych.  Ki^k:  Ivyms.  ö^vtop-  tj  'Adams.  Jaxapss. 
)ers.  Kv^cs:  “Adapts.  Etymol.  M.  o  iy»k  o/xotoff  rfl  Al- 

\,ra,  naqä  Kvnqlovs  KIq^^S  o  “AdavK'  naqu  Jdxaßi,  di  6  Uypos. 
:hoirob.  b.  Bekk.  Anekd.  u.  Cramer  Anekd.  xlgü:  tßndeddos 
i(>ay.os-  Aiyarat  di  naqd  KmqhiS  o  “Adams,  Jaxme^p  o  Ivypos. 

)ass  die  Abltg.  des  v.  Kvqios  richtig  sei,  sieht  mau  auch 

US  d.  Benennung  des  i’sQal  Aber  die  Bdtg.  Uy^os  wird  einem 
ndern  Stamm  angehören,  wenn  es  überhaupt  hierher  gehört, 
iun  nannte  man  auch  den  Adonisfisch,  den  zweilebigeu  iiäxoms 
Note  117),  wieder  KIqis  nach  d.  Etym.  M.  und  umgekehrt  den 
xd.  iltüxoxroff.  Hesych.  iläxomst  tldos  lyUoi  xaV’Adapis. 


600 


ist,  wie  auch  schon  andere  bemerkt  haben,  ohne  Zwe 
fei  von  Kvqiog  herzuleiten,  eigentlich  also  eine  eii 
fache  Uebersezung  des  fremden  Namens  W 

diese  Benennung  zuerst,  ob  bei  den  Lakonen  im  Pt 
loponnes,  welche  den  Adonis  stark  verehrten,  odt 
bei  den  kyprischen  Lakonen,  entstanden  sei,  wir 
schwerlich  zu  ermitteln  sein.  Nach  dem  Etymol.  M.  if 
die  Form  EiQQig  blos  kyprisch.  Einige  andere  Benei 
nungen  des  Adonis  sind  dunkel.  Nach  Hesychios  hies 
er  ^Ixaioq\  vielleicht  v^on  ixsa^  Weide,  weil  die 
den  als  fruchtlose  Bäume  betrachtet,  und  gerade  dies 
Eigenschaft  beim  Adonis  hervorgehoben  wird,  dahe 
ist  sie  zugleich  auch  eine  Pflanze  der  Unterwelt,  we! 
eher  ja  Adonis  angehört,  und  aus  Homer  sehe 
wir  bereits,  dass  sie  dem  Reiche  der  Persephone  eig 
iieten.  Den  Namen  OeosxX^g  ***)  führt  er  wol  alj 
grosser  Mysteriengott.  Auf  Kypros  hiess  er  auc 
nvyixaioov^  ‘  ®  ^).  Dies  erinnert  einerseits  an  den  aphro 
disischen  Heros  Pygmalion  auf  Kypros,  von  dem  e 
nur  eine  einfachere  Form  ist,  und  könnte  also  auc 
füglich  auf  den  Adonis  übertragen  sein;  anderseit 
erinnert  es  an  ein  kleines  Götterbild ,  von  myfii, 
nvyixaioc,  wie  dergleichen  ausgestellt  wurden,  endlic 
auch  an  die  Opferknaben,  Kinyras,  Phaethon,  Amara 

129)  H  e  s  y  ch.  dtcnortii  vno 'Poivixoiv.  xal  ßolovwojuo^ 

i'en  cf«  xat  xvqiov.  J  oseph.  Jüd.  Gesch.  5,  2,  2.  'Adtavl  yaQ  t 
’EßQamv  yXciTTp  xvoioi  ISytrai.  vgl.  Boiss.  Anekd.  4,  S.  460.  Zo 
naras  ^Adweä:  diös. 

130)  Odyssee  10,  510.  iriai  lohaixccQnoi. 

131)  Hesych.  <Pf(}fxi.ia :  rov  'Adhrny. 

132)  Ders.  üvyfKdioy :  6  “Aderig  nuou  Kingtoig.  Is.  Voss  wil 
TIvyuaUbiv  lesen.  —  Auch  die  Fabel  von  Pygmalion  wird  nacl 
Amathus  verlegt.  Otfr.  Müller  Archäol,  5,  241.  vgl.  dieseij 
Namen  mit  den  phönik.  Patäken,  welche  zw'ergartig  waren ;  abe 
es  ist  nirgends  eine  Spur  einer  ähnlichen  Auffassung  des  Ad. 


601 


:os  5  mit  welchen  Adonis  identificirt  sein  kann  j  nid 
n  jenen  lallenden  KnabeUj  sup^mog^  welchen  Aphro- 
lite  der  Persephone,  zum  Verwahrsam  ühergiebt. 
§ehr  schwierig  ist  der  Name  Gauas  *^  *)  für  Adonis 

ei  den  Kypriern. 

Die  äussern  Verhältnisse  der  Aphrodite  zum  Ädo- 
iis  werden  zwar  mit  manchen  andern  Beispielen  der 
;riechischen  Mythen  verglichen,  wie  mit  Demeter  und 
asion;  allein  wenn  sich  solche  Zusammenstellungen 
uch  von  gewisser  Seite  rechtfertigen  lassen,  wie  der 
lythos  uns  jezt  vorliegt,  ist  er  durchaus  eine  Nach- 
ildung  der  phrygischen  Mythe  von  Attis  und  Kybele, 
nd  Jenen  andern  Liebesverhältnissen,  weiche  in  den 
hrygisch-lydischen  Ländern  überliefert  werden.  Es 
st  dies  nur  eine  Folge  der  übrigen  phrygischen  Ein- 
/irkungen  auf  Kypros,  zu  welchen  auch  die  gehört, 
ass  Kinyras  durch  Gunst  und  Bevorzugung  der 
phrodite  seine  königliche  Herrschaft  erlangt  hat, 
'ie  Gyges,  Gordias  u.  s.  w.  Aphrodite  erscheint  in 
em  Mythos  des  Adonis  in  der  vollen  Blüthe  der  ge- 
jeiften,  aber  unberührten  Jungfräulichkeit,  fähig  die 
anze  Glut  und  die  heftigsten  Leidenschaften'  der 
iiiebe  zu  empfinden;  das  Verhältniss  zum  Adonis  ist 
iin  durchaus  keusches,  reines  und  edles,  fern  von 
'‘der  Stillung  fleischlicher  Lust,  und  die  innigste 
'räutliche  Zärtlichkeit  findet  zwischen  ihnen  statt, 
aber  ist  auch  dies  Verhältniss  immer  ein  Vorbild 
’üer  Liebesgeschichten  geblieben.  Aus  der  Göttin 
i^ard  eine  Nymphe,  aus  dieser  ein  Mädchen,  und  das 

,  1 33)  Tzetz,  z.  Lykophr.  829,  Favas,  Faiavros^  Icli  dachte 

inmal  an  des  Ad.  Namen ’Auus  und  an  ein  in  y  iibergegan- 
jmes  Digamma  des  äolischen  aviag,  doch  überlasse  ich  diese 
'■age  billig  einem  Grammatiker.  Nach  einem  semitischen  Stamme 
|ibe  ich  umsonst  bei  den  Orientalisten  geforscht. 


602 


Stiikk  spielte  in  bürgerlichen  Verhältnissen.  Die  C( 
schichte  wurde  ein  gewöhnliches  Liebesmährchen,  w 
das  von  Pyramos  und  Thisbe,  von  Hero  und  Leande: 
Adonis  wurde  ein  gewöhnliches  Liebkosungswort  ” 
lind  Buttmann  ‘  *  ‘)  se/.t  hin/.u :  und  so  glaube  ich  keii 
gewagte  Hypothese  auszusprechen,  wenn  ich  glaub 
dass  alle  unsere  Novellen  und  Romane,  sie  mögt 
mit  froher  Hochzeit  endigen,  wie  die  Geschichte  d< 
Kydippe,  oder  mit  tragischem  Tode,  wie  die  d« 
Ktesylla^  ihren  ersten  Ursprung  haben  in  der  uralh 
Liebesgeschichte  von  Aphrodite  und  Adonis. 

Dieser  hohe  sittliche  Bestandtheil  der  Adoni: 
mythe  ist  ihr  durch  den  phrygischen  Einfluss  aufK; 
pros  zugeführt  worden.  Denn  während  die  Gott 
der  semitischen  Völker,  die  Astarte,  die  Unzucht 
einem  solchen  Grade  will,  dass  sie  dieselbe  von  de 
ganzen  weiblichen  Geschlechte  als  noth wendige  B 
dingung  ihrer  Gunst  fordert,  und  ihr  Dienst  der  d 
Fleisches  ist,  so  ist  im  geraden  Gegensaze  bei  d 
Kybele  und  in  den  Religionsvorstellungen  der  phr 
gisch-lydischen  Völker  überhaupt  die  Keuschh« 

134)  Alkiphron  1,  39.  Lukian  de  merc.  cond.  Kap.. 
Ht-tärerigespr.  7,  Epigr.  des  Markos  Argent.  Gr.  Anthol. 
24.1.  Nr.  15.  Julian  Epigr.  3,  198,  Nr.  13.  Aristain.  J 
Eustath.  Erot.  Ism.  und  Ism.  6.  7. 

135)  lieber  d.  .Kydippe  im  Mythologos  2,  14.3. 

136)  BeimAnchises  ist  die  Verlezung  der  Zucht  nur  sehe; 
bar.  Der  Hymnos  giebt  an,  Aphr.  habe  nur  aus  dem  Grur, 
das  Beilager  mit  ihm,  welcher  schon  über  die  Jugendblüt 
hinaus  war,  gesucht,  „weil  sie  ein  Herrschergeschlecht  erzeug 
wollte.”  S.  Abschn  4,  Anm.  396-  Im  Allgem.  muss  man  ül 
reli„.  Begriffe  der  phiyg.  1yd.  Völker  Klausen:  Aeneas  u.  < 
Peniten  Bd.  1  vgl.  Vom  Kinyras  sagen  nur  die  Kirchenschri 
Steller  die  Unzucht  aus,  weil  sie  ihn  in  ihrer  pragmatisch 
Auffassungsweise  für  den  Begründer  der  unzüchtigen  Mysteri 
aiisgeben  Vom  Ad.  giebt  es  selbst  Laktanz  1,  17  zu,  d; 


603 


id  die  Reinheit  der  Liebe  eine  so  onerlässliche  Be- 
ngiing,  dass  Attis,  wie  die  Sage  ansdrikklich  her- 
irhebt,  sich  entmannen  muss,  um  ailen  Yersuchungen 
•s  Fleisches  desto  sicherer  widerstehen  za  können  5 
U  seinem  Beispiel  folgen  die  Priester.  Die  so  strenge 
Ölkerscheide  zwischen  Vorderasien  und  der  söge- 
mnten  kleinasiatischen  Halbinsel  ist  auch  auf  das 
.  stimmteste  in  dem  geistigen  Erbtheil  beider  Völ- 
ij  rmassen  ausgeprägt.  So  stehen  sich  denn  auf  Ky- 
i|os  zwei  Gegensäze  gegenüber,  welche  ihre  Mittel- 
jnkte  in  Paphos  und  Amathus  habeai  der  Dienst 
«|r  Aphrodite,  welcher  die  Einwirkungen  des  uozüch- 
l;en  Dienstes  der  Astarte  erfahren  hat,  in  Paphos, 
td  die  reine  und  keusche  Gottes  Verehrung,  weiche 
<1  rch  die  phrygischen  Bewohner  auf  Kypros  und  durch 
c3  steten  Verbindungen  des  Landes  mit  Kleioasien 
ijsgebildet  ist,  in  Amathus  Beides  waren  die 

ijuTschersize  der  Kinyraden.  Wie  die  semitische 
iittin  die  Wollust  gebietet,  so  die  phrygische  die 
l'iuschheit.  Darum  finden  wir  auch  schon  bei  den 
iiten  die  Zusammenstellung  beider  Paare,  Kybele 
i  d  Attis,  und  Aphrodite  und  Adonis,  dessen  Tod  vor 
i!r  Reife,  in  der  Blüthe  erfolgt.  Vom  Attis  werden 
ich  die  Vorstellungen  von  der  Manmveiblichkeit  auf 

c  Liebe  ohne  fleischlichen  Genuss  gebliehen  sei,  weil  er  schon 
a.  Jüngling  gestorben  sei.  So  fest  wurzelte  diese  Vorstellung. 
Siauch  Klem.  v.  Alex.  Protr.  S.  28  u.  Aa. 
i  137)  Als  ein  Zug  der  Sittenreinheit  der  Göttin  v.  Amathus 
r|ss  auch  beachtet  werden,  wie  sie  sich  durch  die  Unzucht  der 
Iiitiden,  welche  von  Argos  her  in  Amathus  emgefdbrt  sind,  ver~ 
l|t  fühlt.  Ovid.  Met.  10.  228. 
i  —  sacris  offensa  nefandis, 

.  Ipsa  suas  urbes,  Ophiusaque  arva  parabat 
j  Deserere  alma  Venus;  sed  quid  loca  grata,  quid  urbes 
1  Peccavere  meae?  quod  crimen,  dixit,  in  iilis? 


604 


den  Adonis  **®)  übertragnen  sein,  obg;leich  auch  dio 
Vorstellung  ohne  solche  Einwirkungen  wie  beim  Di«-' 
nysos  entstanden  sein  könnte.  Die  phrygische  Miv 
kommt  dem  Adonis  wie  dem  Attis  zu.  Wie  Attis  if  ■ 
die  Ausbildung  des  Adonismythos  einwirktOj  so  bU 
auch  Adonis  nicht  ohne  Einfluss  auf  Attis.  Nach  !'■  t 
discher  Sage  gelangt  Attis  durch  seine  Weihen  i 
einer  solchen  Ehre,  dass  Zeus  aus  Abgunst  ihn  don  < 
einen  Eber  tödten  lässt  So  zieht  Adonis  st  ^ 

seinen  Untergang  durch  Zorn  des  Ares  oder 
Zeus  u.  s.  w.  zu.  Die  Schweine  sind  derAphrods  i 
verhasst;  nur  aus  diesem  Grunde,  meldet  die  Sa;', 
werden  die  Sauopfer  gebracht,  als  Strafe  für  a 
Vergehen  des  Ebers.  So  musste  man  sich  helf,  ' 
um  die  Sauopfer  der  Aphrodite  als  chthonischer  Gc-  ; 
heit  mit  der  Adonismythe  in  Einklang  zu  bring  ,  t 
Die  Phryger  dagegen  hatten  keine  Sauopfer  eiir  1 
chthonischen  Göttin  zu  rechtfertigen,  und  von  ihn  : 
meldete  die  Sage,  sie  enthielten  sich  der  Schweii* 
Opfer,  weil  Attis  durch  den  Eber  seinen  Tod  geh- 
den  hatte.  In  mystischer  Lehre  werden  Attis  il 
Adonis  für  Frucht  und  Saamenkorn  gefasst  tl 
Attis,  Adonis  und  Bakchos  sind  eins  '**).  Die  Trau - 
und  Freudenfeste  des  Adonis  haben  wir  nicht  wie  i 

138)  Plutarch  Erot  Kap.  12.  ovJ'  inrjUs  ix  nm  ß«^- 

^smdcu/j.oriag,  iSantQ  “ATmt  nvts  xat  ’Aämvaloi,  äi  ■ 

AQoyüviov  xul  yvvmxSv  noQudtigrai:  Ad.  heisst  in  keinem  and  i 
Sinne  barbarisch  als  Attis.  Die  Orpb.  rufen  den  Ad.  an  s 

XOVQt}  Xttl  XOQS. 

139)  Paus  an.  7,  17,  5. 

140)  Jul.  Firm,  de  err.  prof.  rel.  Augustin  civ.  i 

7,  25.  Porphyr.  6.  Euseb.  Praev.  so.  3,  11.  ^  i 

141)  Sokrates  Kirchengesch.  3,  23.  Podloi^ 

mtomw  Idöa«?  onmg  üv  x'w  <pQvyMV  'Amv,  nv  Uoia  r?«/  - 

vtxTfi  iv  qyqtiw  TÜ.tT7ii,  9tqiintvmai,v'  'iyu  di  o  yQtjcni?  lodf 


605 


•j*n  chthonischen  Gottheiten  getrennt  gefiinden,  son- 
t|rn  verbunden  wie  bei  den  Festen  des  Attis.  Mur 
«B  Zeit  ist  bei  beiden  verschieden:  die  Feste  des 
|tis  fielen  in  den  Frühling  zur  Zeit  der  Tag-  und 
]|ichtgleiche,  wo  die  phrygischen  Götter  nach  phry- 
jjscher  Vorstellung  aus  ihrem  Schlafe  erwachten,  die 
.jilonien  aber  zu  Ende  Sommers.  Indem  wir  den 
ijrund  hievon  aufzufinden  suchen,  kommen  wir  auf 
«jn  lezten  Bestandtheii  der  Adonien,  den  man  den 
ijisischen  oder  apollinischen  nennen  kann,  indem  sich 
s|  ihm  noch  ein  anderer  Zweig  altgriechischen  Ma- 
tj'kultes  gesellte. 

j  Zu  diesem  Zwecke  müssen  wir  aber  von 
<jr  Seite  des  Apollinischen  Kultes  ausgehen,  in 


’Arnv  iXäaxted-ai  B-sop  fxiyay  &ypw^Äi&pt.v, 

Evßwp,  okßiodüjQop,  imlöxccfiop  Jwpvßßp. 

’<\uip  6ri  ‘Atup  TOP  ix  (4C4Plae  iQ&jixtji  iamop  unoxiipapm, 

ri  "AdtüPip  xut  Aiopvgop  (Ipm  gtjolp.  Damaskios  Hdschr.  b. 
Fpuzer  Symb.  2,  107.  amlxa  nQoi  to  nqSrop  t^oßsp  xal  na^a 
ri|'  Bfokiyoiij  on  tict  Btot  ip  vnsQTfQa  fiip  Tai»  t^p  l^itp  ligvod/dipoi 
Ti  (ff  ii^s  diuxößfxov  nQuiernfj-iPot,  xai  i&ortjTa'  ohv  o  ^Amsipr^ee- 
Aj«/«  xuB^fitPoS  mtt  dt]fiK)VQyfi  to  ytmtyriiv.  oSms  fX^na  xat  top 
“.jwwv  ivQiaxofxiP  ip  änoQQj^rois,  ovrat  TtoUovff  Btovs  aa^  ’OQfü 
x\  rot?  O-fovQyols- 
C|  p  h  e  u  s  ÜQoi  Movßaiop  40. 

Mt^TiQa  X  dd-apaxoip,  “Amp  xai  Mypa  xtxl^ßxm, 

Ongapltjp  TB  Btdp,  &tP  d" apßQOTop  äypop  ^Adaptp. 
Floklos.  Auf  Helios  24  ff. 

fff  xXvTOP  vfiptlovät  Jtmpvaoio  lox^a' 
vkijg  d"  av  psdxais  tpi  ßipBtCiP  sviop  ’‘Atnp, 
dlXot  d’  dßQop  ^AdoiPtP  insvqi^fTteüap  äoidal. 

V|.  Lob.  Agl.  S.  460  ff.  2,  S.  1098.  S.  oben  Note  121.  Die 
Schmelzung  aller  Hauptgottheiten,  auch  des  Adonis,  späterer 
C  in  eine,  s.  Epigr.  des  Auson.  30.  Bakchos ,  Osiris,.  Phana- 
,  Dionysos,  Liber,  Adonis,  üeber  'die  Gleichheit  der  My- 
stjien  des  Attis  und  Ad.  vgl.  Lanzi  Saggio  di  lingua  Etrusca 
2,1;.  226. 


7 


606 

welcher  der  Gott  als  Gegner  der  chthonischen ,  d 
thrakischphry gischen  orgiastischen  Kulte  und  als  Bi 
kärapfer  der  Flötenmusik  auftritt  ‘  *  ®).  Diese  ist  ih 
von  Anfang  an  verhasst,  weil  in  ihr  etwas  Aufregei 
des,  eine  Wildheit  und  Düsterkeit  lag,  welche  ihm  d 
Leidenschaften  aufzuregen,  den  Frieden  und  die  Rul 
der  Seele  zu  stören  schien.  Die  orgiastischen  Kult 
in  welchen  der  Tod  alles  blühenden  Lebens  auf  : 
ergreifende  Weise  dargestellt  wurde,  will  er  verti 
gen,  jene  Kulte,  in  Avelchen  man  den  Naturgott  ha 
leidend  und  zerfleischt,  bald  siegend  und  strahlet 
erblikkte.  Dieser  Widerstreit  des  Apollinischen  Kn 
tes,  welcher  das  Eigenthum  und  der  Spiegel  der  ( 
gentlich  hellenischen  Zeit  ist,  mit  den  in  die  Myst 
rien  zurükgedrängten  pelasgischen  Naturkulten,  i 
bildlich  dargestellt  durch  den  Widerstreit,  in  welch«! 
die  Musik  des  Apollinischen  Kultes  mit  der  Flötet 
musik  geräth,  und  durch  den  Kampf  des  Apollon  n 
den  Repräsentanten  der  entgegengesezten  Gesänge 
weise.  Der  erste  und  hauptsächlichste  Kampf  i 
gegen  den  Linos  ***)  gerichtet.  Der  Linosgesar 
gehörte  zu  den  ältesten  Volksliedern  der  Grieche 
und  wurde  besonders  von  den  Landbauern  gern  ui 
oft  gesungen.  Der  Gegenstand  des  Gesanges  Jiv 
ist  ein  Gott  jener  Naturreligionen^  in  welchen  d 
Tod  des  blühenden  Naturlebens  betrauert  wurde;  d 
Gott  ist  der  Repräsentant  jenes  Gesanges  und  il 
tödtet  Apollon  aus  Eifersucht  über  seinen  Ruhm  t 

141a)  Otfr.  Müller.  Dor.  1,  343  ff.  354. 

142)  Ders.  a.  a.  O.  Orchom.  S.  293.  Proleg.  z.  My 
S.  108.  Vor  allen  Welker  über  d.  Linos,  Schulzeitung  !«• 
Jan.  u.  Febr.  Ambro  sch  De  Lino  habe  ich  aller  Bemühung 
ungeachtet  nicht  erhalten  können.  Bode  Gesch.  der  helh 
Dichtkunst  2,  1  S.  77  bis  101. 


607 


Sesan^e.  Der  Älythos  erzählt:  von  den  Lämmeni 
uferzogen ,  wurde  er  von  den  Hundea  der  Heerde 
errissen.  Lämmer  und  Hunde  wurden  ihm  in  der 
Jluthitze  des  Sommers  geopfert,  und  die  Mittelpunkte 
eines  Kultes  waren  Argos  Jiod  Boiotien.  Wegen 
lerTödtung  der  Hunde  hiess  das  Fest  icwoyomg 
ilie  Klagegesänge,  mit  ■welchen  Lioos  von  den  Frauen 
Ind  Jungfrauen  betrauert  wurde,  waren  dieLinodien. 
ke  Argiver  nannten  den  Monat,  in  welchen  Linos 
luter  den  Lämmern  umkam,  Arneios.  In  Argos  lag 
!r  auch  begraben.  Nach  Argiviseher  Sage  war  Li- 
os  Apollons  Sohn  nach  boiotischer  hat  er  sich 
juf  dem  Helikon  mit  Apollon  in  seiner  Kunst  gemes- 
len,  und  liegt  in  Theben.  Hesiodos  nennt  den 
liinos  einen  Sohn  der  Urania  welchen  die  sterb- 
chen  Sänger  und  Kitharspieler  an  Gelagen  und  in 
‘hören  beklagen,  und  Lioos  rufen  am  Anfänge  und 
!nde.  Er  war  also  selbst  der  Gegenstand  des  Ge- 
anges  und  das  Lied  eine  Todtenklage.  Deshalb 
ennt  Hesiod  das  Klagen  auch  ■d-qtivslv.  Der  myl  hi¬ 
ebe  Sänger  Pamphos  **’)5  welcher  den  Athenern 
ie  ältesten  Lieder  auf  die  chthonischen  Gottheiten 
emacht  hatte,  nannte  schon  den  Linos  Oitolioos,  ent- 
ianden  aus  ohoq  viivov,  Unglfikksiieos ,  so  wie  aus 
iem  Klagerufe  oä  dl  Aivov^  weh,  weh  Linos,  die  Be- 
lennung  Ailiaos  für  ihn  und  als  'gewöhnlicher  Klage- 
i _ _ 

i  143)  Athen.  3,  99. 

145)  Bei  Eustath.  11.  S.  1222,  48.  Klem.  v.  Alex.  Strom, 
S,  330  Sylbiirg.  GötÜing.  Hes.  fragm.  8j  97  u.  98. 

146)  Nach  diesem  Vorgänge  heisst  Aphrod.  auch  Mutter 

3S  Adonis. 

147)  Paus.  9,  29,  3.  Neue  Sapph.  fragm.  128. 


608 


ruf  entstand.  Es  diente  auch  dieser  Ausruf  zur  Be- 
sseichnung  jedes  Jammers. 

üeber  die  Verbreitung  dieses  Zweiges  der  äl¬ 
testen  griechischen  Naturreligion  und  des  mit  ihm 
iwbundenen  Volksliedesj  giobt  Herodot  “*)  Auf¬ 
schluss,  indem  er  sagt:  die  Aegypter  “haben  auch  ei¬ 
nen  Gesang  Linos,  welcher  in  Phönikien  und  Kypros 
und  anderswo  gesungen  wird,  nach  den  Völkern  aber 
verschiedene  Namen  hat.  Es  ist  jedoch  derselbe,  wel¬ 
chen  die  Griechen  Linos  nennen.  Woher  ihn  aber 
die  Aegypter  bekommen  haben,  darüber  bin  ich  sehr 
neugierig.  Sie  scheinen  ihn  jedoch  immer  gesungen 
zu  haben,  und  nennen  ihn  Maneros.  lieber  den  Gang 
des  Kultes  nach  Aegypten,  welchen  Herodot  nicht 
gesteht  zu  wissen,  erfahren  wir  das  Nähere  von  an¬ 
derer  Seite  Nachdem  Apollon  den  Linos  ge- 

tödtet  hatte,  erzählt  Pausanias,  verbreitete  sich  die 
Trauer  um  ihn  sogar  bis  in  das  Land  der  Barbaren, 
so  dass  auch  die  Aegypter  einen  Linos  haben,  wel¬ 
chen  sie  Maneros  nennen.  Die  Geschichte  desselben 
war  hauptsächlich  der  des  Bithynischen  Borra  os 
nachgebildet;  daher  wird  er  zum  Sohne  des  ältesteu 
Königs  des  Landes  gemacht,  wird  wie  die  andern 
Sänger  Erfinder  der  Melodie  und  endlich  für  den  Osi¬ 
ris  erklärt.  Er  heisst  aber  auch  Pelusios,  nicht 

nur  weil  dies  Lied  in  Pelusium  zu  Hause  war, 
sondern  auch  nur  allein  in  dieser  Seestadt,  weitei 
aber  nicht  verbreitet  war,  und  ist  daher  unter  dem 


148)  ■  Herodot.  2,  79. 

149) ’  Paus.  9,  29,  3. 

150)  Nymp'his  bei  Athen.  14,  620. 

151)  Plutarch  Is.  und  Os.  17. 

152)  Pollux  4,  10,  76.  Klearch  b.  Hesych-  Peius  In-i 
sei  b.  Chios.  Steph.  v.  B. 


609 


Manien  des  Pelusiotischen  Akkerliedes  bekannt,  weil 
:s  von  den  dortigen  -Landleuten  gesungen  wurde. 
)ie  Verbreitung  dahin  war  aber  durch  diö  griechi- 
eben  Ansiedler  *"*)  sehr  leicht  und  brauchte  nicht 
irst  mittelbar  von  Kypros  und  Phöoikien  ®  dorthin 
gebracht  zu  sein,  denn  das  Gebiet  von  PeluSion  hatte 
»ereits  Psammetich  den  Joniern  aus  Dankbarkeit  über¬ 
leben.  Aon  hier  bis  zu  Herodot  lag  ein  Zeitraum 
^ross  genug,  um  den  Gegenstand  des  Gesanges  Ma¬ 
ieros  schon  längst  zum  Sohn  des  ältesten  ägyptischen 
iönigs  gestempelt  zu  haben,  wie  die  dortigen  Grie- 
rhen  alle  ihre  Mythen  an  die  ägyptischen  knöpften. 

Aus  dem  europäischen  Griechenland  gehört  wahr- 
icheinlich  Aktaion  hierher,  w'elcher  von  seinen  eig- 
len  Hunden  zur  Sommerzeit  zerrissen  ward.  Den 
fod  zieht  er  sich  zu,  weil  er  die  Artemis  im  Bade 
geschaut  hatte,  wie  Apollons  Sohn  Erymaothos  die 
\phrodite,  oder  sich  gerühmt  hatte  die  Göttin  imJa- 
^en  zu  übertreffen.  Suchen  und  Klagen  war  der 
lauptsächlichste  Bestandtheil  auch  seiner  Verehrung. 
Dann  gehört  unter  andern  Hyakinthos  zu  dieser 
Aaturreligion,  und  die  ihm  geheiligte  Blume  stand  in 
Verbindung  mit  Tod  und  Unterwelt.  Er  starb  durch 
Apollon  und  seine  Feste  fielen  in  die  Zeit  der  läng¬ 
sten  Tage.  Nirgends  war  jedoch  dieser  Kult  so  sehr 
verbreitet  als  in  Kleinasien  ?  fast  jede  Landschaft  be- 
sass  ihn  und  verehrte  den  Gott  unter  einem  besondern 


153)  üeber  Argivischen  Götterdiensl  zuPelusion,  s.  Achill, 
rat.  b.  3.  Also  auch  Einfluss  aus  Argos  her,  der  Heimat  des 
inos. 

154  Aber  auf  eine  Anknüpfung  an  den  Gesang  in  dortigen 
|3egenden  weist  der  Name  Palaistinos,  welchen  auch  Maneros 
ührte. 

II. 


39 


610 


Namen.  Besonders  muss  unter  diesen  Hy  las  ” 
genannt  werden,  welcher  in  den  Askanischen  See 
Bithynien  hinabgezogen  wurde;  er  verschwand,  ( 
er  dem  Telamon  und  Herakles  Wasser  bringen  sollt 
wird  indess  auch  von  den  Nymphen  geraubt,  od' 
kommt  auf  der  Jagd  um,  wie  Attis,  Adonis  u.  s.  ^ 
Sein  Fest  fiel  in  den  Sommer,  um  dieselbe  Zeit  n 
den  Hyakinthien,  und  dann  wurde  er  in  Wäldern  in 
Gebirgen  gesucht  und  gerufen.  Ha  Hylas  nun  au( 
als  Name  des  Sees  und  Flusses  genannt  wurde,  e 
klärt  sich  der  Gebrauch  am  natürlichsten  als  eiuAu; 
drukk  des  Verlangens  nach  Wasser,  während  d' 
Sommerzeit,  ln  Prusias  buchte  man  noch  zu  Str. 
hons  *  ®  ®)  Zeiten  den  Hylas  unter  dem  Schalle  kl: 
gender  Lieder,  und  seinen  Namen  erklärt  Klaust 
onomatopoetisch,  zusammenhängend  mit  IXaUj  vXaxtfi 
welches  laut  Ilesychios  gleich  ■d-Qijvstv  ist.  Um  dt 
schönen  Jüngling  Bormos  oder  Borimos,  Sohn  c 
nes  reichen  Mannes,  klagten  die  Mariandynisclu 
Schnitter  zur  Flöte,  da  er  verschwunden  war,  als  t 
ihnen  zu  trinken  bringen  wollte.  Die  dortigen  Jäg 
klagen  ebenfalls  nm  den  Mariandynos.  Den  L 
tyerses,  dessen  Name  sich  einfach  aus  dem  Geb 
um  Thau  erklärt,  wieHyagnis  vom  Regen  benaii 
ist,  rufen  die  phrygischen  Schnitter  an,  nachdem  i 
seinen  Tod  durch  Herakles  im  Mäander  erlitten  hf 
„Der  Gesang  der  Schnitter  ist  der  Ausdrukk  ihr; 
Sehnsucht  nach  Erquikkung;  weil  die  Quellen  vei] 
siegten,  schien  sich  der  Genius  der  blühenden  Nati 
selbst  in  die  Quellen,  in  die  Erde  zurükgezogen  'j 
haben.”  Die  phrygische  Flöte  ertönte  auch  bei  dfi 

155)  Klausen  Aeneas  u.  d.  Penaten  1,  S.  220  ff.  Er  zie 
auch  den  Daphnis  Siziliens  hierher. 

156)  Strabon  12,  564. 


ii 


arern,  und  das  schwermüüiige  Karikon  gekörte 
>*raselben  Kulte,  derselben  Musik  an.  Des  M  ari  a  n- 
ynos  Lehrer  auf  der  Flöte  ist  Hyagnis,  Vater 
;sMarsyas  gewesen.  Diese  gehören  alle  demsel- 
ni  Zweige  der  Natorreligion  an,  und  büssen  alle 
if  verwandte  Weise.  Marsyas,  der  erste  und 
id  hauptsächlichste  Tonkünstler,  übernimmt  den  Kampf 
it  Apollon,  fordert  ihn  heraus  und  zieht  dadurch  sem 
erderben  herbei.  Dasselbe  geschieht  aber  auch  auf 
ypros,  und  hier  wiederholt  sich  der  Mythos  vom 
inos  und  der  ganze  Kampf  in  einer  Vollständigkeit 
ie  nirgends  weiter,  lieber  die  Flötenmnsik,  und  die 
iiryo-isch-lydische  Melodie  auf  Kypros,  über  den  Kl¬ 
imas,  welchen  Apollon  als  einen  Sänger  liebt, 

;s  solchen  ihn  erzeugt  hat,  als  Flötenspieler  ihn  aber 
asst,  und  sich  in  einen  Kampf  mit  ihm  einlässt,  in 
'  elchem  der  Kyprier  besiegt  und  getödtet  wird, 
lauben  wir  bei  seinem  Mythos  genug  gesagt  zu 

abeu.  .  ,  j 

Apollon  heisst  des  Kinyras  Vater,  liebt  An  und 

idtet  ihn,  ganz  wie  beim  Linos,  ersteres  beides  als 
msischen  Künstler,  lezteres  aber  als  Ausüber  einer 
lim  verhassten  Musik.  Linos  ist  der  Ausüber  der 
iusik  und  zugleich  Gegenstand  der  Klage;  auf 
liypros  ist  Adonis  Gegenstand  der  Klage,  Kinyras 
jer  Künstler.  Der  Name  des  Kinyras  ist  oor  umge- 
liodelt,  entweder  nach  dem  phönikischen  Kinnor, 
Ider  richtiger  nach  dem  griechischen  xivvgog,  xivvqe(t- 
invvqoQ,  ix,vvQsö&at,  in  denen  der  Begriff  des 
Vimmerns  und  Klagens  liegt,  und  so  schon  bei  Ho- 

I  156a)  Find  Pyth.  2,  15.  u.  Sdiol.  s.  oben S. 94.  Klemens 
Alex.  Homil.  5,  15.  Auch  hier  steht  Kinyras  mit  Zakyn- 
|ios,  Hyakinthos,  Hylas,  Admet  u.  s.  w.  als  Geliebte  Apollons 
lisammen. 

'  .19 


612 


mer  vorkommt.  Dies  ist  aber  nur  der  Name  deslb 
ros,  seine  eigentliche  Kultusbenennung  ist  Gingra 
welches  von  der  Wurzel  gri,  und  dem  dadurch  bt 
zeichneten  Naturlaute  herkomint.  Der  Klageruf  ui 
Gesang  waren  Gingri  und  Gingrasmos  d 
Flöten,  eine  Art  der  phrygischen,  hiessen  Gingr 
oder  Gingriai.  Klage  und  Gesänge  ertönten  ni 
nach  den  oben  gegebenen  Zeugnissen  um  den  Adoni 
welcher  deshalb  den  Namen  Gin  gras  führte;  ui 
der  beim  Kulte  übliche  Adonistanz  wird  ebenfalls  ke 
anderer  als  der  Gingrastanz  gewesen  sein.  Im  Ku 
tus  fällt  also  Adonis  mit  Kinyras  völlig  zusamme 
in  der  Mythe  sind  sie  aber  auf  selbstständige  Wei 
ausgebildet,  und  Adonis  wird  des  Kinyras  und  d 
Myrrha  Sohn ,  d.  h.  ein  Kind  des  Weihrauchs  ut 
der  Klagetöne.  Die  Myrrha  ist  nur  wegen  des  Wci 
rauchs  hineingebracht,  welcher  auf  den  Altären  d 
kyprischen  Göttin  in  ungeheuren  Massen  verbran 
^vurde,  ist  also  aus  dem  Kulte  der  Aphrodite  ei 
abstrahirt.  Im  Mythos  vergeht  sie  sich  aphrodisisc 
erleidet  eine  aphrodisische  Züchtigung,  wird  ab 
wieder  gereinigt  und  gesühnt.  Adonis  ist  aber 
Kultusbeziehung  nicht  allein  völlig  eins  mit  Kinyrf 
sondern  auch  in  gänzlicher  Uebereinstimmung  mit  l 
nos.  Daher  liebt  auch  Apollon  den  Adonis  und  tödi 
ihn.  Auf  einem  etruskischen  Spiegel  findet  sich  neb 
Aphrodite  und  Adonis  Apollon  und  eine  Moira,  ’/a 
Zeichen,  dass  das  Verhängniss,  welches  über  Adoi 
und  diesem  Glükke  schwebt,  durch  Apollon  vollfüt 
werden  wird.  Die  Moira  war  auch  der  Myrrha  Mu 
tter.  Wie  fast  alle  thrakischen  Sänger,  selbst  0 
pheus,  Söhne  des  Apollon  heissen,  so  auch  Kinyr 


157)  Vgl.  S,  110  ff.  PiyyQl  reduplixirtes  y^l. 


613 


tid  Adonis.  Für  alle  diese  Verhältnisse  des  Adonis  zum 
pollon  wäre  aber  gar  kein  Grund,  wenn  nicht  Adonis 
ji  der  engsten  Beziehung  auf  jenen  Kult  undjeneMu- 
;k  stände,  wenn  Adonis  nicht  Gingras  wäre.  Daher 
iin  man  auf  die  falsche  Ableitung  seines  Namens 
)n  ßd®,  so  viel  als  ipdlXm.  Seine  andern  Beziehun- 
3n  treten  hier  zuruk,  wo  Adonis  lediglich  als  ju- 
,indlicher  Naturgott  gefasst  wird,  welchen  man  um 
•  e  Zeit  der  Sommergluth  beklagt,  wann  die  Erde 
iistirbt,  und  dessen  Feier  mit  Flöten  begleitet  wurde, 
deshalb  fielen  seine  Feste  auch  etwas  früher  als  die 
jßisten  übrigen  Trauerfeste  der  chilionischen  Gott- 
1  iten,  und  nur  die  Koreieo  fielen  schon  io  diese  Zeit, 
.jch  wird  Adonis  ins  Wasser  gefallen  gedacht,  wie 
lionysos  und  die  phrygisch-lydischen  Dämonen. 

Sappho,  welche  nach  Pausanias  Bemerkung  den 
.lonis  aus  des  alten  athenischen  Sängers  Painphos 
ledern  kennen  gelernt  hatte,  stellte  den  Oitoiinos 
lit  dem  Adonis  zusammen  und  Dioskorides  führt 

i'  seiner  Grabschrift  auf  Adonis  die  Sängerin  ein, 
’!ic  sie,  zugleich  mit  Aphrodite  des  Kinyras  jungen 
Ibross  beweinend,  im  heiligen  Hain  der  Seeligen 
'landelt.  Auf  einem  Sarkophage  bläst  ein  Eros  ne¬ 
in  dem  todten  Adonis  den  Gingras.  Bions  Gesang 
j'f  den  Tod  des  Adonis  scheint  den  Klageliedern  des 
ljultiis  nachgebildet  zu  sein.  Wie  beim  Linosgesange 
I  den  wir  hier  immer  bei  jedem  Muhepunkt  des  Ge- 
(  nkens  die  Wiederkehr  des  Atisdrukkes  ai  al  %6v'"Adm- 
weh,  weh  dem  Adonis.  Schon  das  Gedicht  be- 
jiinet: 

'  Alci^oo  Tov  ^Aduiviv'  äntaXsto  xaXog  'ASmvtg 
'liXsTO  xaXog  ’Adoavig^  inatd^ovGiv  '"Eqmtsg. 

^iich  diese  Worte  wiederholen  sich  beständig.  Man 


158)  Pausa n  9,  29,  3. 


614 


muss  das  Gedieht  aber  ganz.  lesen,  am  denselb 
Eindrakk  zu  erfahren,  welcher  ans  von  den  Luiosg 
sängen  beschrieben  wird,  und  in  den  nachgebildet 
Linodien  noch  vorkommt.  Besonders  auffallend  trt 
feil  sich  in  Argos  Linos  und  Adonis  zusammen,  l 
viel  EinOass  auch  sonst  noch  einerseits  Thebeu  u 
anderseits  die  kleinasiatischen  Länder  aufKyprosai 
übten,  so  müssen  wir  doch  die  grosse  Uebereiasti! 
luiiiig  zwischen  den  Mythen  ties  Linos  und  Adoi 
dem  Einflüsse  von  Argos  und  dem  dortigen  Nah 
kalte  welcher  in  einer  Beziehung  wenigstens  gross 
als  alle  andern  war,  zuschreiben.  Bei  den  viel 
Formen  des  dortigen  Naturkultes  konnten  auch  At 
nis  und  Linos  neben  einander  stehen.  Endlich  we 
lierodot  den  Linos  auf  Kypros  zu  erkennen  glau 
so  kann  dies  kein  anderer  sein  als  der  Adonisgesai 
Dieser  hiess  Adoniasmos  ein  Ebern 

wird  der  Gingrasmos  erklärt,  und  beide  sinddasseü 
Lied.  Nichts  anders  war  auch  bei  den  Mariandym» 
der  Adonimaoides  Adonisgesang,  wie  Ae 

ntasmos^  und  dieser  wird  ausdrükklich  wieder  t 
dem  Borimos  der  Mariandyner,  mit  Lityerses  und  di 
Manerös  verglichen.  Daher  fand  in  Bithynien  aU 

159]  Hesych.  0  In» EbeJ 

Etym.  M.  und  wo  sonst  die  Adonislieder  erwähnt  werden. 

160)  Pollux  4,  7.  y.al  BojQifios  Maqm- 

vmv  ucixa,  m?  At’ymTioyv  Marsqm?  r.ccl  AaviQ^Sr,? 

Lityerses  ein  Sohn  des  Midas,  wie  Adonis  des  Kinyras.  fidfr'« 
h  niQi  nk  cikuis  xal  r'o  QiqoS  inl  Mid'uv  nctqa/xvMa.  'Ad.- 

lucioidis  ist  eine  einfache  Zusammensezung  aus  und 
Adonisgesang ,  mit  euphonisch  eingeschaltetem  u.  Daher  fu« 
diesen  Namen  das  Lied  wol  nicht  blos  bei  den  Manandyn  t 
sondern  er  scheint  mir  gewöhnlicher  gewesen  und  hier  vie  e  ^ 

nur  zufällig  von  Pollux  bei  den  Mariandyneru  angewandt  zu  s  j- 

Hemsterh.  liest  aber  bei  Pollux,  o  dl  aduu  ifictoidös-  H. 


615 


ie  Verehrung  des  Adonis  so  leichten  Eingang,  indem 
hm  dort  so  nah  verwandte  Elemente  entgegeoka- 
aen.  Merkwürdiger  Weise  vertauschen  inBithynien 
nd  den  benachbarten  Ländern  Ares  und  Adonis  ihre 
dollen,  denn  yres  soll  es  eigentlich  gewesen  sein, 
ivelchen  die  Bewohner  durch  Weihen  und  Klagen 
erehrten,  er  aber  nur  mit  dem  Namen  des  Adonis 
nd  anderer  verehrt  sein.  Vielleicht  wurde  hierdurch 
ie  besondere  Auffassung  des  Ares  in  jenen  Ländern 
erbeigeführt.  Vater  der  Amazonen  von  der  Aphro- 
,ite  konnte  er  freilich  als  blosser  Gemal  der 

kphrodite  nach  Aufnahme  der  semitischen  Hierodulen 
V  erden,  indem  die  Sage  von  den  Amazonen  sich  durch 
liese  ausbildete,  und  sich  selbst  bis  nach  Paphos  er- 
trekkte  Wie  dort  im  Norden  Kleinasiens,  fia- 

!en  wir  auch  im  Süden  in  Karien  am  Latmos  den 
msammengesezteren  und  bedeutungsvolleren  Kult  des 
idonis  als  chthonischer  Gottheit  neben  jenem  einfa- 
heren  des  Linos  und  seiner  Sippen,  welche  auf  Ky- 
,ros  verschmolzen  waren.  Unter  den  europäischen 
"’ormen  kommen  noch  Hyakinthos  und  Narkissos  in 
■ine  merkwürdige  Verbindung  mit  Adonis,  indem  es 
on  Achilleus,  in  seiner  Vorstellung  als  eines  alten 
Wiechischen  Barden;  heisst,  er  habe  seine  Zeitgenos- 
l'en,  den  Hyakinthos,  Narkissos  und  auch  den  Adonis 

liesungen  i,  • 

t  Es  ist  schon  wiederholt  von  Andern  nachgewie- 

|;en  worden,  dass  die  Adonisiieder,  welche  bei  den 


Ißl'i  S.  Aphr.  Abschn.  5,  Anm.  91,  und  im  Ad.  Arnn.  17. 

162)  Gesch.  V.  K.  Thl.  1,  S.  124.  Schol.  II.  3,  189.  Völ¬ 
ker  Rb.  Mus.  1,  S.  203.  Nonnos  35,  160.  43,  350  ff.  Klau- 
I  en  a  a  O.  1,  S.  87.  Lukias  Ueb.  d.  Tanz.  21,  135. 
r  163)’  Philo  str.  Heroika.  Achill,  ps  (Achilleus)  tok  %- 
lahvi  z'op^dxip^oy  xm  rhv  Ndqxmop,  xal  si  n  ‘äSMgs. 


616 


Alten  -d-Qijpoi  heissen,  einen  Theil  der  ältesten  grie 
chischen  Volksdichtung  ansmachen,  und  namentlic 
eine  Todtenklage  aussprechen.  Weniger  Klarhei 
herrscht  aber  über  eine  andere  Gattung  Adonisliedei 
welche  Adoriidia  heissen,  und  unter  den  Gal 
tungen  der  Dithyramben  aufgezählt  werden,  namenl 
lieh  aber  wie  ein  Adonislied  zu  einem  Lakedämoni 
sehen  MarschUede  werden  konnte  Unter  de; 

Lakonen  müssen  die  Vorstellungen  vom  Adonis  seh 
frühe  und  tiefe  Wurzeln  gefasst,  die  Ausbildun' 
derselben  aber  zwei  verschiedene  Wege  genommei 
haben.  Hätten  sie  ihn  nicht  als  hohen  Gott  verehr! 
sie  würden  ihn  vielleicht  nicht  x'i,Qi,g  genannt  habec 
Dann  wird  noch  eine  andere  Art  Lieder  Ado  na 
ria  angeführt,  und  endlich  gab  es  noch  eineji 
Hymnos  auf  Adonis  *®’). 

So,  glaube  ich,  findet  das  Verhältniss  Apollon 
zu  Adonis  in  allen  Auffassungen  eine  genügende  Er 
klärung.  Eng  hängt  aber  damit  zusammen,  wenn  dii 
Musen  ihn  beklagen,  was  in  Adonis  Eigenschaf 
als  eines  Gottes  des  Gesanges  geschieht,  und  wie 
derum,  wenn  sie  es  sind,  welche  ihn  verfolgen  um 
tödten,  so  bekämpfen  sie  als  Apollons  Dienerinnen  ii 


164)  Proklos  b.  Phot.  Hbl.  Kod.  239.  S.  320.  Bekk 
‘‘AJ'mMta  df  Myirai  m  tls  "Admpi’p  uva(fsqöfuva. 

165)  Hesych.  Adiävi.ov:  to  naga  tok  Adxaßiv  ailtjd-sp  Imßa 
Ttj^top.  onsQ  vßTtQop  naQa  Amß'ms  mpo/4«(s9-t}.  Vgl.  Korais  z 
Heliod.  5,  16,  S.  193.  Otfr.  Müll.  Dor.  2,  334. 

166)  Prokop.  Epist. 37,  S.  262.  'ASrnvaqtamnipa?  d^QV&ixa 
a  dm  qilov  xahlv.  H.  Steph. 

167)  Proklos  a.  a.  O.  S.  380.  xul  tls  rovS  9-iove  äpafi- 
Qidd-at  v/^POP  iTQoSmSmp,  nuiapu,  dtS-v^afißoP ,  vofiov, 

''Eupst.  '‘Apimyqäqm  nvos  Cramer  Anekd.  3,  139.  rtg  de  ^  fxthxi 
noltjdig,  xal  dg  nöm  M^qrftai,  xal  nola  ^iv  njg  fiihx^g  tlg  &iovgdpa- 
qfQiTKi,  xat  Uytmi  vfipog  ‘Aimpiiog. 


617 


liüi  die  Flöteninusik,  wie  beim  Thamyris  o.  s.'w.  Als 
in  Beispiel  der  Verwandtschaft  dieses  Gottes  mit 
ieser  Musik  kann  man  auch  aiiführen,  dass  ein  phry- 
i:ischer  Flötenspieler  in  Griechenland  Adon  liiess 
ikrtemis  tödtet  den  Adonis  wol  nicht  bloss  alseinen 
itebenbuhler  in  der  Jagd^  denn  dass  er  gerade  dieser 
leschäftigung  nachgeht ,  ist  unwesentlich,  sondern 
ielleicht  ebenlalls  in  apollinischer  Begehung.  Unter 
en  Heroen  ist  aber  keiner  so  eng  mit  dem  apoliini- 
chen  Kulte  verbunden  als  Herakles;  seiner  Thaten 
oneres  Motiv  ist  der  Apollonkult  und  er  vollführt  sie 
n  Namen  des  Gottes.  Wenn  also  Herakles  gegen 
en  Adonis  kämpft  ‘®®)5  so  thut  er  dies  aus  keinem 
ndern  Grunde,  als  weil  er  Vollstrekker  des  Willens 
Lpollons,  und  Feind  der  chthoaischen  und  orgiasti- 
chen  Kulte  ist.  Deshalb  tödtet  er  den  Linos,  Kiny 
as  u.  a.  m.  Zu  Dion  *  ’  *)  in  Makedonien  hatte  wahr- 
cheinlich  Adonis  eine  sichere  Stätte  durch  den  dortigen 
usgebreiteten  chthonischee  Kult.  Man  erzählte,  He¬ 
iakies  sei  einmal  nach  Dion  gekommen,  und  da  er 
ins  einem  Heiligthume  Viele  heraiiskommeo  sehen, 
(0  wollte  er  auch  hioeiogehen  und  seine  Andacht 
l’errrichten ,  fragte  aber,  wessen  lleiligthum  es  sei. 
|)a  er  erfuhr,  dass  es  des  Adonis  sei,  habe  er  voll 
IJnvvillen  ausgenifen,  das  sei  kein  Heiligthum,  einen 
mlcben  Gott  gäbe  es  nicht.  Daher  sei  der  Aus- 

I - 

I  168)  Alkman  b.  Athen.  14,  624. 

109)  Schol.  z,  11.  24,  33. ..  wf  «»  mi  uymy  l^om 

“jtdiavtv. 

170)  Schol.  z.  Theokr.  5,  21.  und  dort  Kleandros 
Klearchos)  ncqi  nccQoiftiay.  OiMtf  ttQÖv.  Hesych.  mit.  OMip  Isqöv 
indSuidasZenob.  5,  47.  Apostol.  Diogenian  in  Anm.  18. 
’hotios.  ‘HQuyl^?  tlmv  Mmv  loapov,  us  töSp  evi^yt~ 

tlGÜvTOip  Toos  (xp&Qämvs  fAwoy  wf'nkövKäP,  nftäß&m'  ^  on  oi  xaiaffu-^ 
■/övTia  tis  avTo  cJo'Ao*  ddtiap  ovx  et/®»'. 


618 


f 

! 


sprach  des  Herakles  Uqov  zu  einem  Sprfich 

wort  für  eine  unnüze,  werthlose  Sache  geworden. 

Adonis  steht  aber  noch  in  einer  andern  Bezie 
hung  zum  Apollon.  Als  Aphropite  in  ihrem  Schmerzi 
trostlos  umherirrte,  und  den  Adonis  suchte,  fand  si' 
ihn  in  ApoHons  Tempel  zu  Argos  auf  Kypros  wie 
der  Dieser  führte  sie  zu  dem  Leukadischei 

Felsen,  und  befahl  ihr  von  demselben  sich  herabzu 
stürzen.  Nachdem  sie  diess  g'ethan,  genas  sie  voi 
der  Liebe.  So  kommen  wir  zu  der  Vermuthung,  dass 
an  den  Adonien  auch  Apollinische  Sühne  *”)  für  di( 
von  Schmerz  Beladenen  und  in  Liebesverstörung  Be 
fangenen  geübt  worden  sei.  Apollons  Geschäft  ist  e: 
detT  Frieden  des  Gemüthes  wieder  herzustellen,  um 
er  lässt  auch  den  Menschen  von  der  Liebe  genesen 
Durch  ihn  w'ird  nun  Aphrodite  der  Liebe  los  un( 
nach  ihr  alle  Sterblichen,  welche  von  jenem  Felsei 
sprangen.  Dass  es  gerade  Argos  ist,  wo  Aphrodit 
den  Adonis  im  Apollontempel  wieder  findet,  ungeach 
tet  auf  dem  Vg.  Phnirion  auf  Kypros  ein  berühmtere 
Sühnkult  des  Apollon  stattfand,  erinnert  an  das  Zu 
saramentreffen  der  Kulte  des  Apollon  and  Adonis  i: 
der  Heimath  des  kyprischen  Ortes,  dem  peloponnesi 
sehen  Argos,  und  daher  mögen  auch  dort  solche  Rei¬ 
nigungen  vorgenommen  sein. 

Hiernach  ist  klar,  dass  die  Adonien  dem  altgrie 
chtschen  Naturkulte  angehören,  w  elcher  in  hellenische 
Zeit  in  vielen  Sippen  den  Mysterien  verblieb,  und  ii| 
welchen  der  jugendliche  Gott  des  Naturlebens  stirb 
und  wieder  ins  Leben  zurükkelirt.  Den  vorgefunde 
nen  Namen  haben  die  kyprischen  Griechen,  wie  mai, 


171)  Ptolem.  Heph.  Kod.  190. 

172)  Vgl.  Aphr.  Abschn.  4,  S»,  268. 


icht  umhin  kann  anzunehmen 5  auf  diesen  Gott  üher« 
ragen,  an  welchem  aber  sonst  ebenso  wenig  etwas 
■fremdartiges  als  an  dem  Kinyras,  dem  Heros  des 
^andes,  ist.  Mit  diesem  Kulte  war  die  orgiastische 
rlötenmusik  der  griechischen  Voikspoesie  verbunden, 
!nd  daher  tritt  Apollon  gegen  dieselbe  auf,  Von  den 
mtsprechenden  Dämonen  ist  Adonis  aber  darin  unter- 
chieden,  dass  er  in  einem  Liebesverhältniss  zur  Göt- 
in  steht,  welches  dem  des  Attis  und  der  Kybele  nach- 
j;ebildet  ist.  Dadurch  erhält  dieser  Kult  noch  einen 
>'anz  eigenthümlichen  ßestandtheil  ^  und  dies  ist  die 
i'pezieU  kyprische  Gestaltung  des  Kultus  und  Mythos, 
lerbeigeführt  durch  die  verschiedenen  Volksbestaiid- 
;heile,  welche  auf  Kypros  zusammentrafen,  nämlich 
der  verschiedenen  griechischen  Stämme  uodderphry- 
gisch-lydischen  Völker,  deren  geistiges  Eigenthum  in 
1er  Geschichte  und  Religion  von  Kypros  uns  so  oft 
segegnet  ist.  In  jeder  Natiirreligion  kommt  das  Lei- 
ien  eines  Gsottes  vor;  in  der  nordischen  Mythologie 
ist  es  Baldur.  Aber  durch  den  Tod  eines  Gottes, 
welcher  als  Jüngling  stirbt,  bevor  er  Mann  gewor¬ 
den,  aus  dem  Leben  im  Vollgemisse  seines  Glükkes 
!o-erissen  wird,  entsteht  ein  Bruch  im  menschlichen 
iLeben,  ein  Widerspruch  mit  den  Gesezeii  der  Natur, 
•welcher  das  Gemüth  zu  ungemessener  Klage  stimmt, 
lindem  er  auf  Erden  seine  Ausgleichung  nicht  findet, 
und  den  Schmerz  nur  die  Iloühutig  auf  ein  neues 
Lehen  beschwichtigt 

'  Nachdem  alles  vorliegt,  was  über  diesen  Gegen- 
istand  überliefert  ist,  muss  noch  ein  Wort  über  die 
•Ansicht  hinzugefügt  werden,  dass  der  Adonis  asiati¬ 
schen  Ursprungs,  und  zwar  den  semitischen  Völkern 


173)  Hegel.  Phüos.  d.  Gesch.  S.  200. 


620 


ang'ehörig  sei.  Man  frage  sich  doch  nur  wenigstens, 
ob  sein  Kult  mit  semitischen  Religionsbegrilfen  über¬ 
einstimmt.  Es  kommt  dabei  auf  das  Wesen,. nicht  au( 
Namen  und  Aeusserlichkeiten  an.  Wie  der  Kult  uns 
vorliegt,  ist  er  einer  der  vielen  und  mannigfaltigen 
chthonischen  Kulte  Crieclienlands,  welcher  seine  Aus¬ 
bildung  in  einer  der  Kolonien  erfahren  hat.  Demge¬ 
mäss  sind  auch  alle  Mythen,  indem  sie  durchaus  aut 
griechischem  Boden,  in  griechischer  Umgebung  ste¬ 
hen,  und  das  Verhältniss,  in  welchem  Aphrodite  zum 
Adonis  steht,  läuft  den  semitischen  Vorstellungen 
schnurstrakks  entgegen ;  man  weise  doch  nur  ein  ähn¬ 
liches  Band  bei  jenen  Gottheiten  nach!  Es  kann  daher 
auch  nicht  Byblos  der  Ursprungsort  des  Adonis  sein, 
davon  zu  geschweigen,  dass  nur  der  kleinste  Theil 
der  Mythen  dahin  passt.  Wie  sollte  auch  diese  Stadt 
dazu  kommen  einen  so  ganz  fremdartigen  Kult  aus- 
zubilderi,  seine  Nazionalität  so  ganz  zu  verleugnen? 
Aus  keiner  Zeit  ist  auch  nur  die  geringste  Spur  vor¬ 
handen  ,  dass  die  hauptsächlichsten  Kultusörter  jener 
Gegend  den  Adonis  verehrt  hätten;  wir  finden  ihn 
weder  in  Tyros,  noch  8idon,  noch  zu  Askalon,  von 
dem  man  doch  sonst  die  semitischen  Tempel  des 
Westens  herleitete.  Auch  in  den  Kolonien,  nament¬ 
lich  in  Karthago,  ist  nichts  zu  entdekken,  was  darauf 
schliessen  Hesse.  Bei  Karthago  ist  aber  noch  dies 
zu  beachten,  dass  der  dortige  Kult  unmittelbar  von 
dem  zu  Kypros  hergeleitet  wurde,  aber  dass  der  Dienst 
des  Adonis  mit  weggeführt  sei,  hören  wir  nicht.  Al¬ 
les  dies  sind  sehr  auffallende  Erscheinungen,  welche 
nicht  übergangen  werden  dürfen.  Byblos  aber  ist 
eine  Stadt,  weiche  theils  frühere,  theils  stärkere,  und 
später  in  weit  grösserem  Maasse  als  die  andern  phö- 
nikischen  Städte  Einflüsse  vom  Westen  her  empfing. 


621 


n  Folge  der  phrygisch-lydischen  Einwirkungen  musste 
Iskalon  sich  einen  lydischen  Gründer  Askalos  gefal- 
en  lassen  und  Byblos  wurde  von  einem  Heros  Mile¬ 
os  und  der  ionischen  8tadt  hergeleitet,  nahm  aber 
jiuch  von  anderer  Seite  den  Dienst  der  Isis  und  des 
)siris  auf.  Bei  der  frühen  Verwischung  und  Ver- 
älschung  des  Volksthümlicheo  in  Byblos  ist  es  auch 
löglich,  dass  der  Adonis  schon  sehr  früh  dort  Ein- 
;ang  gefunden  hat,  und  dass  er  von  hier  aus  sich 
reiter  verbreitete.  Im  ganzen  Asien  wird  der  Ado- 
is  erst  von  Schriftstellern  genannt,  welche  die  Spi¬ 
eren  hellenistischen  Zeiten  behandeln,  nicht  eininal 
ie  nächsten  nach  Alexander.  Nach  Antiochien  war 
r  bereits  bei  der  Gründung  von  Kypros  herüberge- 
ihrt,  also  um  300  v,  Chr.,  und  der  dortige  Kult,  so 
i'ie  die  Herrschaft  der  Seleuziden,  that  dem  Adonis 
iir  seine  spätere  Verbreitung  nach  dem  Osten  gewiss 
grossen  Vorschub,  und  in  der  alten  Hauptstadt  Ba- 
jylon  treffen  wir  ihn  wieder,  wenn  .auch  nur  erst 
iach  sehr  späten  Zeugnissen  Nach  Babylon 

lusste  aber  selbst  Apollon  wandern.  Mit  ausdrükk- 


174)  Lam  prid.  Heliog.  7.  Omnia  fecit,  quae  Galli  facere 
Slent.  Salambonem  etiam  omni  planctu  et  jactatione  Syriaci 
lultiis  exhibuit.  Man  zieht  auch  Baruch  6,  31  hierher.  He- 
lych.  SuXafxßüi:  naqa  BaßuXmylmS,  Etymol.  M.  Sa- 

\(fißa?,  4  daifj.(OP  naq«  ro  asl  nsQift^iaO-m  xal  tp  &«lm  drat,  X€U 
ft  TK^UqyjTai,  &q^povgcc  xov  “AJ'ojptp.  lieber  die  Deutungen  des 
Jamens  s.  Aphr.  Abschn.  5,  Note  21.  Sollte  aber  d.  griechische 
Ibltg.,  welche  das  Etym.  angiebt,  von  cr«te  Trauer^  Sorge,  nicht 
'ie  richtige  sein?  Man  denke  nur  daran,  welcher  Zeit  dies  Wort 
|ngehört.  SaXatCoi  ist  gleich  9Qt}Puv ,  ealdüs/uös  die  Wehklage. 
^'(ddfißt]  hat  freilich  eine  andere  Bdtg.  —  In  Elymaia ,  AiMan 
hiersesch  12,  25.,  ein  Tempel  des  Ad.  mit  gezähmten  LÖM  en; 
lein  von  andern  wird  ’Apuhidos  für  ’Ad'mpuf&s  gelesen ;  weil 
lin.  dort  einen  T.  der  Anaitis  nennt. 


622 


lieber  Nennung  wird  uns  Adonis  für  diese  Gegendei 
zwar  nur  noch  in  Palmyra  ’’=)  angeführt;  dieVer 
'ehrung  muss  aber  doch  noch  allgemeiner  gewese 
sein,  denn  sonst  hätte  Makrobius  wol  nicht  so  zuver 
sichtlich  behaupten  können,  Assyrien  sei  Adonis  Va 
terland.  Indess  ist  Makrobius  in  diesen  Dingen  kci 
Gewährsmann,  und  Assyrien  wird  oft  auch  nur  bi 
Syrien  gebraucht  Zur  Zeit  der  grössten  Aus 

dehnung  der  persischen  Herrschaft,  namentlich  durc 
Artaxerxes,  war  eine  Vereinigung  und  Vermischuti; 
aller  Religionen  der  unterworfenen  Völker  durclige 
führt:  eine  neuere  und  grössere  Religionsmengen 
tritt  aber  erst  mit  Alexander  ein,  sowol  in  Lurop 
als  in  Asien.  Das  eigentliche  religiöse,  innerlich 
Leben  ist  aber  erstorben,  und  an  dessen  Stelle  tiete 
Politik,  Aberglaube,  Philosophie,  Mystik  und  Priester 
betrug  und  alle  Gottheiten  verschwinden  in  ein  tni 
bes  allgemeines  Grau,  aus  dem  die  Einheit  derGoti 
heiten  abgezogen  wurde,  namentlich  als  es  darai 
ankam  das  Heidenthum  gegen  die  Christen  zu  vei 
theidigen.  Da  verschwamm  auch  Adonis  mit  dem  Os 
ris.  Aber  in  dieser  Zeit  kann  keine  Gottheit  meh 
einzeln  behandelt  werden,  sondern  die  ganze  Myth- 
logie  nur  als  ein  Ganzes.  Die  philosophischen  Schrif 
steiler  haben  dann  aber  noch  den  Werth,  dass  s 
philosophische  Deutungen,  wenn  auch  keine  religiöst 
geben,  indem  sie  die  Mythen  für  ihre  Systeme  benuze 
Aus  kleinen  Anfängen  und  provinzieller  Bedeutun 
gelangte  oft  ein  Dämon  zu  grosser  Geltung. 

175)  Flavius  Vopiscus  im  Aurelian. 

176)  Lukian  üeb.  d.  Tanz.  58.  xai  ocrai,  Ix  yvvcaxwv 

iyii'ovTo,  tiv  Kcavia\Uy(ü,  xol  jlvTH^tolav  xalnkTOioinvi.  x 

iv  d«  Mv^üttv,  xat  to  "Jcal'Qwv  Ixüpo  mi'&og  /usQiiofim 

Verbindung  und  Ausdrukk  haben  etwas  AufTallendes. 


623 


j  Schon  vor  der  Zeit  der  eigentlichen  Theokrasie 
j'erden  einzelne  griechische  und  verwandte  phry- 
jisch-lydische  religiöse  Vorslelhingen  zu  den  semiti- 
i  hen  Völkern  übertragen,  wie  ein  omgekehrtes  Ver- 
hren  stattfand.  Es  soll  hier  nicht  von  den  griechi- 
';hen  Kulten  in  Aegypten  u.  s.  w.  die  Rede  sein, 
'indem  nur  von  den  Folgen  des  Adoniskultes  in 
yblos,  und  von  der  Verbreitung  der  phrygischen 
löte  und  Kultusrausik  überhaupt  in  Jene  Länder.  Bei 
3r  Rüge  über  die  Abgötterei  und  den  Gözendienst 
3r  Juden  sagt  der  Prophet  Ezechiel  dass  die 

rauen  vor  dem  Tempel  gesessen  und  den  Tham- 
uz  beweint  hätten.  Ohne  Weiteres  erklären  die 
usleger  diesen  Gott  für  den  Adonis.  Wer  sind  aber 
,re  Gewährsmänner  dafür?  Niemand  als  die  Kir- 
lenväter.  Diese  können  aber  nur  dann  eine  Stimme 
aben,  wenn  sie  eine  einfache  Thatsache  berichten; 
n  Urtheil  in  Mythen  und  fremden  Religionen  abzu- 
eben  ist  aber  keine  Klasse  alter  Schriftsteller  un- 
higer  als  sie.  Wir  wissen  hier  weiter  nichts,  als 
ass  ein  Gott  betrauert  wurde.  Das  ist  aber  noch 
icht  hinreichend,  um  ihn  nun  für  den  Adonis  zu  er- 


177)  Ezechiel  8,  14.  Hitzig  z.  les.  Kap.  27,  9.  Kyrill 
Hoseam  48.  'xitl  &Qrjvov6as  rop  os  ißnv  ‘El- 

piy.^  (fojv^.  So  auch  Hieronymos  u.  erzählt  dann  die  ganze 
»schichte  v.  Ad.  Prokop.  Gaz.  z.  Jes.  18.  Theodoret. 
hron.  Pasch.  S.  (131)  243  Bonn.  Ausg.  Chr o n.  Al  e x.  S.  130. 
Iner  schreibt  es  immer  dem  andern  nach.  Miln t er  Relig.  d. 
iibyl.  S.  27.  sagt :  Ad.  würde  auch  in  den  Religionssdiriften 
r  Sabier  genannt  und  zit.  Norbergi  Onomasticon  S.  145.  In 
i  r  Ztschr.  f.  histor.  Theologie,  v.  lügen  Bd.  7.  S.  88. 11.5.  1837. 
3ht  eine  Abhdlg.  v.  Ferd.  Chr.  Baur;  der  Prophet  Jonas 
a  assyr.  Babyl.  Symbol;  worin  er  zu  beweisen  sucht,  die  Gesch. 
js  Jonas  sei  dem  Adonismythos  nachgebildet.  Ich  w'eiss  nicht, 
I  es  Beifall  findet 


624 


klären,  denn  Trauerfeste  kommen  in  allen  Religioni 
vor,  und  hier  wissen  wir  nicht  einmal,  ob  Freudei 
feste  damit  verbunden  waren.  Zu  beachten  ist  dab( 
dass  die  Septuaginta  den  Gott  noch  nicht  durch  Ad 
nis,  sondern  Tamuz  übersezt,  wohl  aber  dieVulgat 
Nun  ist  es  allerdings  möglich,  dass  hier  der  Adoni 
-kult  zu  Grunde  lag,  wenn  es  auch  nur  ein Bruchstül 
desselben  gewesen  sein  sollte ;  dass  schon  zu  Ezechie 
Zeit  von  Byblos  her  derselbe  sich  einen  Weg  bis  s 
den  Juden  gebahnt  habe,  und  der  Name  wäre  dai 
Byblischen  Ursprungs,  aber  mit  Gewissheit  wage  ii 
dies  nicht  auszusprechen.  Mystische  Wünsche  gen' 
gen  mir  nicht,  und  in  keiner  Wissenschaft  bietet  si 
leichter  das  dar,  was  man  wünscht,  als  in  der  M 
thologie.  Corsini  a.  a.  0.  leugnet  die  Gleichheit  d 
Thamuz  und  des  kyprisch  attischen  Adonis  gleichfal 
nur  scheinen  seine  Gründe  nicht  hinzureichen,  den 
worauf  er  seine  Zweifel  stüzt,  die  Zeit  derFestfek 
war  wahrscheinlich  nicht  verschieden.  Die  eigei 
liehe  Verbreitung  des  Adonis  geschah  auch  hier  ei 
in  späteren  Zeiten.  Auf  der  Stelle,  welche  man 
Konstantins  Zeiten  fälschlich  für  das  heilige  Grab  n 
Golgatha  hielt,  standen  seit  Hadrians  Wiederaufbauu 
von  Jerusalem  die  Bildsäulen  und  Tempel  der  Aphr 
dite  und  des  Adonis  und  Zeus.  Von  der  Kaisei 
Helena  aber  ward  diese  Stelle  von  den  Gözenteinpe 
gereinigt  ”*)•  Hieronymus  Zeit  war  d 

Thal,  die  Gärten  der  Könige  geheissen,  am  Fus 
des  Moria,  am  Ouell  Siloe,  wieder  zum  Hain  d' 
Aphrodite-  und  Adonisdienstes  geworden,  und  d* 


178)  Hierüber  Ritter  Geogr.  Iste  Auflage  2,  417.  zit|t 
Theodoret.  1,  18.  Aber  b.  S  o  z  ome  uos  2,  1  ist  es  nur  i 
T,  der  Aphrodite.  Vgl.  Abschn.  5.  ISote  8a. 


625 


1 

i|imiiielplaz  des  Volkes  zu  Fest  und  Gelag-en  *^®). 
Ijcht  blos  in  Jerusaleiü,  auch  zu  Bethleera  und  an 
fdern  Orten  wurde  Adonis  gefeiert  *®®). 

Die  Kirchenväter  sagen  zum  Theil  *  *  *),  der  Tha- 
tiz  sei  aus  Aegypten  gekommen  und  der  Sohn 
liaraos  gewesen.  Theils  denkt  man  dabei  an  den 
B|ineros,  theils  spukt  hier  der  Osiris.  Dieser  wurde 
iijder  That  mit  Adonis,  wenn  auch  nur  nach  mysti- 
sjier  Theokrasie,  verschmolzen  In  Alexan- 

d|en  soll  es  zuerst  geschehen  sein,  wie  es  sich  auch 
n)ht  anders  erwarten  lässt;  und  Jag  gewiss  im  In- 
tiesse  der  Ptolemäer,  war  aber  um  diese  Zeit  ein 
Ichtes.  Bei  Kypros  Abhängigkeit  von  Alexandrien, 


179)  R  it  t  e  r  a.  a.  O.  Hieron.  com.  z.  Jes,  32.  z.  Malach.  10. 

180)  Ritter  a.  a.  O.  Hieron.  Epist.  ad  Paul.  564.  Beth- 
!e|n  in  specu  ubi  quondam  Christus  parvulus  vagiit,  Veneris 
aiisius  plangebatur.  Dessen  Werke  4,  664. 

181)  Kyrill  a.  a.  O.  Philastrios  de  Haeres.  Kap.  23. 

182)  Benfey  u.  Sternüeb,  einige  Monatsnamen  d.  alten 
ker,  leiten  d.  Wort  aus  dem  Persischen,  und  nehmen  di© 

P'sische  Todtenklage  beim  Thamuz  an.  Aber  Bournouf  bei 
V  te.  Lettre  ä  M.  le  Prof.  Ed.  Gerhard  S.  37  zweifelt  an  der 
Ribtigkeit  der  Zendabltg.  u.  meint,  es  sei  semitischen,  wenn 
aijli  nicht  mehr  eines  bekannten  Stammes. 

j  183)  S  ui  das  Jtaypoi/uay  und  ‘H^cc'ttixos  aus  Damaskos  nach 
X'ter;  ovTü)  ddyyoi  to  d^QtiToP  äyaX^a  tov  Ampog  vno  rou  d-sov 
xc\y6/utPop,  o  AXt^ctPcf^üs  hi^nidav  ^Odi^iv  ovra ,  secet  “Idifüipip  dfiou 
zt]'  fivßnxtjp  Q-toxqaelap,  A  i  o  n  j  hauptsächlich  der  orph.  Gott, 
splte  in  d.  Aberglauben  der  Jahrhunderte,  als  die  Mysterien 
d«|  Mithras  blühten,  bei  d.  Orphikern  und  Neuplatonikern  des 
31 1  u.  4ten  Jahrh.  nach  Chr.,  eine  grosse  Rolle.  Zoega  Abhdig. 
S.|i88.  Weiter  geht  noch  folg.  Ausspruch  der  Orphiker  (Lob. 
Ai  S.  461). 

(/Qcc^so  TOP  ndyrmp  vnccTOP  &(op  ’ldm 

yilfxan  fxtp  t  ’AtiStjp,  Jla  r  duQos  uqyofiipmo. 

’HiXiop  df  fXiTonwQov  d’ aßQOP  “Adoinp. 

V*  Note  124. 

IL  40 


/ 


626 


wurde  auch  Adonis  zu  Amathus  zu  einem  Osir 
Adonis  und  die  Aphrodite  zu  Soli  auf  Kypros 
einer  Isis  Aphrodite.  Dieselbe  Vermischung  fa 
zu  Byblos  statt.  DennLukian  sagt  ***):  einige  Mä 
ner,  welche  er  gesprochen,  hätten  auch  gemeint,  nii 
dem  Adonis,  sondern  dem  Osiris  gehöre  dies  Hcili 
thum.  Daher  sagt  auch  Stephanos  v.  B.,  den  Adoi 
Osiris,  welcher  ein  Aegypter  ist,  haben  sich  die  K 
prier  und  Phöniker  angeeignet.  In  Aegypten  find 
wir  weiter  keine  Adonistempel ,  ausser  vielleicht 
Kanopos  '®’)- 

Anhang. 

Die  Adonisbilder. 

Bei  einem  Mythos,  welcher  wie  Adonis  einer  •' 
beliebtesten  Gegenstände  der  Dichter  war,  muss  e; 
verhältnissmässige  sehr  geringe  Benuzung  von  Sei  i 
der  bildenden  Kunst  auffallen.  Doch  mögen  die  Grüi  J 
dafür,  wenn  es  nicht  zufälligen  Umständen  zuziischi- 
ben  ist,  schwer  aufzufinden  sein.  Die  hieratiscii 
Bilder  machen  die  Hauptsache  aus.  Eine  kurze  Üeb  • 
sicht  über  sieben  Darstellungen  hat  schon  Welker  ’ ) 
nach  Zoega  mitgetheilt,  und  diese  zu  vervollstär* 
gen  ist  hier  unsere  Absicht. 

184)  Luk.  Syr.  Gött.  9.  Plut  Is.  u.  Os.  15.  ff.  Frei  r 
in  Demeter  u.  Persephone  sagt:  das  Suchen  der  Isis  nacH. 
Osiris  und  ihre  Einkehr  in  Byhlos  sei  blos  von  griech.  Exeg  n 
der  griech.  Mythe  v.  d.  Kora  nachgebildet. 

185)  Steph.  V.  B.  u.  BoQV(sS^tv>i?:  xaviüTÜxri?,  o  '“ASuiviSi:« 
naq&tvim.  Indessen  lässt  sich  aus  dieser  abgerissenen  Nachnt 
nicht  viel  folgern. 

186)  In  den  Annalen  des  archäolog.  Instit.  Bd.  6.  S.  1- 


627  . 


1.  Skalptnr- 

Adonisstatuen.  Viskonti  hat  zoerst  eine 
I  iher  für  Narkissos  gehaltene  Statue  für  einen  Ado- 
ijs  erklärt.  Allein  es  ist  kein  Grund  vorhanden,  diese 
^kkte,  ohne  alle  besondere  Kennzeichen  dastehende 
jjhöne  Jünglingsgestalt  für  einen  Adonis  zu  halten. 
Jbreits  Gerhard  ^®®)  hat  die  Unwahrscheinlichkeit  die- 
jjr  Annahme  dargethan,  weil  die  Bewegung  weder 
ft'  einen  Verwundeten  spricht,  noch  die  Wunde  durch 
tjn  Einschnitt  des  Marmor  gesichert  ist  und  zieht  da- 
Ijr  die  frühere  Benennung  vor.  Eine  zweite  schöne 
^atue  *®®)  ist  Visconti  geneigt  ebenfalls  Adonis  zu 
nennen.  Doch  auch  diese  scheint  nicht  minder  zwei¬ 
haft  als  jene.  „Der  Körper  der  Statue,  sagt  Vis- 
nti,  ist  weniger  schlank  als  Apollons  und  weniger 
jich  als  des  Bakchos,  die  Binde,  weiche  das  Haar 
Ut,  passt  für  einen  kyprischen  Königssohn.  Eine 
gwisse  Kräftigkeit  j  welche  Stärke  mit  Schönheit 
jart,  so  wie  eine  anmuthige  Neigung  des  Kopfes 
aiichnen  ihn  aus.“  Allein  diese  Kennzeichen  reichen 
ij^ht  hin,  zumal  der  Kopf  aufgesezt  ist,  das  rechte 
H  in  und  der  Schenkel  neu  sind.  Es  wird  aber  über- 
l'upt  schwer  halten,  eine  schöne  Jünglingsgestalt 
c'ne  Bezeichnung  der  Wunde,  vor  andern  ähnlichen, 
X  )ollon,  Eros,  Narkissos,  selbst  Endymion,  Ganyme- 
t;s  und  A.  zu  erkennen. 

H - - — - — 

1  187)  Visconti  Opere  Bd.  2  S.  195  ff.  taf.  31. 
i  188)  Beschreibung  v.  Rom  Bd,  2  S.  172,  Uebrigens  ist 
d  Kopf  in  einem  Marmor  des  Berliner  Museums  Nr,  87  wie- 
dlholt. 

I  189)  Visconti  a.  a,  O,  Taf.  32.  Mus.  Franc,  ,3^  3.  Bouillon 
212.  Vgl.  Gerhard  Beschr.  v.  Rom.  2,  201.  Otfr.  Müller 
d.  Archäol.  Abschn.  v.  EroSj  hält  ihn  für  einen  Eros. 

40  ^ 


628 


Zahlreicher  sind  dagegen  die  Reliefs. 

1.  Ein  Sarkophag  in  der  Villa  Pamfili  vonau 
gezeichneter  Arbeit. 

2.  Ein  Sarkophag  im  Garten  Ros pigliosi.  Bei 
ohne  nähere  Angabe  bei  Welker  a.  a.  0. 

Abschied  und  Tod  des  Adonis : 

3.  Ein  Sarkophagfragment  aus  der  Villa  Bo- 
ghese.  a)  Ad.  nimmt  Abschied  von  Aphr.,  wobei  d  i 
andere  Figuren  zugegen  sind,  wahrscheinlich  dies  - 
ben,  welche  sich  in  dieser  Szene  bei  Clarac  find( 
nebst  Eros  und  dem  Hunde,  h)  Ad.  befindet  s  i 
allein  und  ist  auf  die  Erde  gefallen. 

4)  Ein  Sarkophag  aus  der  Galleria  Giusi- 
niani.  tom.  2  Nr.  116.  Aphr.  ruht  auf  einem  schön 
Sessel,  und  eine  Taube  auf  der  Lehne  sizend  schmbt 
sich  an  sie.  Zu  ihrer  Rechten  steht  ein  Eros,  d* 
seinen  Köcher  mit  den  Pfeilen  neben  sie  gestellt  h. 
Zwischen  beiden  befindet  sich  ein  Hahn;  vor  d* 
Göttin  Ad.  im  Begriff  auf  die  Jagd  zu  reiten  und  • 
schied  von  ihr  nehmend.  Mit  der  einen  Hand  ht 
er  den  einen  Zügel  des  Pferdes,  den  andern  hat  » 
Diener  gefasst,  zu  dessen  Füssen  ein  Paar  Hur 5 
springen.  Zwischen  Ad.  u.  Aphr.  steht  etwas  h  • 
terwärts  ein  alter  bärtiger  Mann,  welchen  ich  für  1 1 
Kinyras  halte.  In  den  Mythen  kommt  er  zwar  so  t 
nicht  weiter  vor,  als  dass  er  sein  Vater  heisst,  alli 
es  giebt  in  ihnen  auch  keinen  anderen,  auf  den  si 
diese  Figur  beziehen  Hesse.  Wirtreffen  ihn  hier  air 
noch  einige  Male.  Hinter  der  Aphr.  steht  eine  d* 
nende  weibliche  Person  und  damit  ist  diese  Sz<s 
abgeschlossen,  wie  auch  äusserlich  dadurch  angedc 
tet  ist,  indem  der  am  meisten  rechts  stehende  DieiT 
des  Ad.  sich  an  einen  Baum  anlehnt,  von  dem  ee 
Trennung  der  Figuren  ausgeht.  Wie  sich  in  diesa 


629 


1  Ide  zur  Liuken  Alles  auf  den  Abschied  des  Ad, 
lohtet,  so  bezieht  sich  in  der  andern  Szene  Alles 
iif  seinen  Tod.  In  der  Mitte  des  Ganzen  liegt  er 
rkkt  und  verwundet  auf  der  Erde;  mit  dem  obern 
l'irper  wird  er  aufrecht  gehalten,  seine  Arme  hangen 
shlafF  auf  die  Erde  herab  und  sein  Kopf  ist  auf  die 
l'ust  gesunken;  er  hat  ganz  das  Ansehen  eines  Hiu- 
Eirbenden.  Zwei  Eroten  sind  im  Begriff  ihn  zu  um- 
lllen.  Links  etwas  hinterwärts  vom  Ad.  rennt  ein 
(jfährte  mit  hochgehobenem  Schwerte  auf  den  von 
dr  rechten  Seite  anspringenden  Eber  los.  Zugleich 
l^mmt  auch  schon  von  rechts  her  ein  anderer  mit 
^hild  und  gezükktem  Schwert,  um  es  dem  Eber 
s  twärts  in  den  Nakken  zu  stossen.  Ein  Hund  springt 
a,  um  ihn  in  die  Kehle  zu  greifen,  ein  zweiter  pakkt 
ili  am  Leibe.  In  der  Mitte  des  Bildes  im  Hinter- 
linde  hält  ein  Diener  das  scheu  sich  bäumende  Pferd 
^5  Ad.,  und  links  steht  wieder  der  alte  Mann,  Ki- 
nras.  Er  steht  betrübt  und  trokknet  sich  die  Äu¬ 
gln,  Zwei  Szenen  sind  hier  eigentlich  verbunden: 
E;r  Angriff  des  Ebers  und  der  Tod  des  Ad.  Das 
Ginze  ist  höchst  lebendig  und  schön  aosgeführt.  Doch 
u  rkwürdiger  Weise,  während  sich  Alles  in  der  höch¬ 
st  Thätigkeit  und  Spannung  befindet,  steht  ganz 
a  der  rechten  Seite  in  ruhigster  Gelassenheit  ein 
E  jner,  seinen  Spiess  auf  die  Erde  gestellt,  als  wenn 
ei  zum  Zusehen  da  wäre. 

>)  Ein  Sarkophag  aus  der  Villa  Giustiniahi. 
s:  Welker  a.  a.  0.  a)  wie  im  Bilde  bei  Clarac. 
b  Ad.  mit  seinem  Pferde  und  einem  Jagdgefährteii. 
ciAd.  Tod  durch  den  Eber.  Jäger  umgeben  ihn. 

ii)  Ein  Sarkophag  aus  der  Galleria  Lapida- 
ril  zu  Belvedere  a)  Aphr.  sizt  bekleidet  vor 

*  190)  Ed.  Gerhard  Beschr.  v.  Rom.  2  S,  32. 


630 


ihrem  Geliekten,  den  sie  vor  der  Jagd  zu  warm 
scheint  und  Eros  dabei,  b)  Ad.  im  Begriff  auf  d 
Jagd  zu  gehen,  c)  Ad.  vom  Eber  getödtet. 

7)  Ein  Sarkophag  aus  dem  Casino  Bospigliof 
s.  Welker  a.  a.  O.  a)  Ad.  und  Aphr.  auf  eim 
ThroUj  umgeben  von  Eroten  und  einem  Alten,  J 
nyras,  nebst  einem  Jäger,  b)  Ad.  steht  vor  seini 
Pferde  im  Begriff  auf  die  Jagd  zu  gehen,  beglei 
von  Kinyras  und  einem  Jäger.  Hinter  dem  von  Et 
ten  geführten  Pferde  folgt  Aphr.,  die  Hand  ausstre 
kend  zum  Abschied,  c)  Ad.  fällt  auf  die  Erde  v 
einem  Eber  verwundet,  welcher  aus  seiner  Hol 
rennt,  Jäger  und  Hunde,  d)  Ad.  verwundet  her£ 
gesprungen,  wird  von  einer  Frau  getröstet  j  ein  Ma 
verbindet  ihn.  e)  Ad.  sizt  ohnmächtig  auf  ein  i 
Stein,  Aphr.  steht  liebkosend  bei  ihm,  Eroten  weiti 
zu  seinen  Füssen.  Hinter  Aphr.  befindet  sich  e ; 
Frau. 

8)  Bei  Clarac  im  Louvre  pl.  116  Nr.  426  m 
Bouillon:  Musee  des  Antiques.  tom.  3  pl.  19.11  • 
ker  a.  a.  0.  unsere  Auffassung  weicht  sehr  von  C  • 
rac  S.  364  ab. 

a)  Ad.  nimmt  Abschied  von  Aphr.  Zwei  b- 
ter  ihm  stehende  Männer  betrachten  aufmerksam  ) 
Trennung:  ein  dritter  weint,  hinter  welchem  ein  alr 
Mann  vorschaut,  wahrscheinlich  Kinyras,  wie  soi, 
wo  er  vorkommt,  b)  Ad.  liegt  auf  der  Erde  und  ;  ■ 
gen  ihn  anspringt  der  Eber.  Hinter  ihm  stehen  ci 
Bewaffnete,  von  denen  zwei  einen  runden  Cegenst  ii 
in  der  Hand  halten.  Einen  Stein,  mit  dem  sie  'H 
Eber  werfen  wollen?  c)  Aphr.  sizt  klagend  in  eii  u 
Sessel  und  zur  Seite  befindet  sich  ein  Eros.  Vor  .r 
steht  ein  junger  Mann,  welcher  durch  seine  Steliig 
und  Bewegung  mit  der  Hand,  gleich  wie  sie  du  b 


631 


e  Theilnahme,  welche  sie  ihm  za  beweisen  scheint, 
rind  ffiebt,  dass  er  mit  ihr  von  dem  Unglükk  spricht, 
elleicht  ihr  die  Botschaft  bringt.  Ein  anderer  steht 
r  zur  rechten  Seite  und  stüzt  seine  Rechte  aaf  einen 

ikränzten  Altar. 

j9)  Aus  dem  Museo  Chiaramonti. 

er  a.  a.  0.  ,  « 

Man  sieht  einen  Eber  in  der  Mitte  der  Szene. 

d  verwundet  und  verbunden  sizt  leidend  auf  einem 

eisen.  Aphr.  hat  die  Rechte  gegen  ihn  ausgestrekkt, 

in  ihn  noch  einmal  zu  umarmen. 

10)  Aus  dem  Museo  Chiaramonti  Nr.  453. 


eschrbg.  v=  Rom.  2  S.  67. 

Ein  nakkt  dasizender  junger  Mann  mit  verbue- 
enem  Schenkel  wird  von  einem  hinter  ihm  stehen« 
en  bärtigen  Manne,  Kinyras,  nnterstüzt,  welcher  von 
ewaltigem  Schmerz  ergriffen,  die  rechte  Hand  und 
en  Kopf  zum  Himmel  erhebt.  Hinter  ihm  ist  zwi- 
chen  einem  Eichbaum  und  der  Ekke  der  Platte  im 
iintergrunde  ein  Vorhang  aufgehängt.  Vor  dem  Al- 
en,  zur  Seite  des  Verwundeten,  und  sich  etwas  über 
iesen  herüberneigend,  steht  eine  Fiau,  um  wec  e 
ler  Verwundete  seinen  rechten  Arm  geschlungen  ha  . 
Bit  seiner  Linken,  von  dem  in  der  Mitte  ein  Stukk 
ehlt,  stüzt  er  sich  auf  die  Erde.  Sein  Gesicht  ist 
knz  unkenntlich.  Von  der  weiblichen  Figur  fehlen 
iiände  und  Kopf.^  An  der  linken  Seite  des  ^erw»«“ 
leten  liegt  ein  Eros  gleichsam  wie  todt  oder  ^oeh  m 
hnmacht  hingestrekkt.  Seine  Extremitäten  fehlen 
lienfalis.  —  Es  ist  eine  Szene,  wo  Aphr.  und  Kmy- 
IS  dem  Verwundeten  hüifreiche  Hand  leisten.^ 

U)  Aus  dem  Mus.  Chiaramonti  Nri,4j>ö.  Ger- 

ard.  a.  a.  0.  S.  61. 

Dies  Sarkophag  enthalt  in  zwei  Szenen,  cu 


s 


632 


Tod  des  Ad.  und  die  Trauer  derAphr.,  welche  bei 
durch  eine  dritte  getrennt  sind,  die  den  Kampf  ein 
Ebers  mit  einem  Hunde  darstellt,  und  über  demselb 
die  Inschrift  enthält.  Zur  Linken  des  Beschauers  b 
findet  sich  ein  sizender  Mann,  welcher  von  einem  hi 
ter  ihm  stehenden,  als  wäre  er  in  Ohnmacht  gesu 
ken,  unter  die  Arme  gegriffen  wird.  Er  ist  nakl* 
nur  über  dem  linken  vorgestrekkten  Arme  hängt  ( 
Gewand;  von  diesem  Arme  fehlt  die  Hand.  V( 
rechten  fehlt  sie  ebenfalls  und  zwar  bis  zum  Ellnb 
gen.  Ingleichen  fehlt  der  Kopf  und  der  rechte  Sehe 
kel  ist  durchbrochen.  Zur  Rechten  des  Beschaue 
sizt  eine  bekleidete  Frau  ohne  Kopf  und  rechten  An 
eie  scheint  ebenfalls  in  Ohnmacht  gesunken  und  hie 
sich  rükklings  über.  Eine  hinter  ihr  stehende  Di 
nerin  hält  sie  und  eine  beflügelte  Figur,  wahrschei 
lieh  ein  Eros,  hat  sich  mittrauernd  auf  ihr  Knie  g 
stüzt.  Zwischen  diesen  beiden  Gruppen  zurRechb 
und  Linken  wird  ein  Hund  von  einem  Eber  gepakk 
lieber  demselben  hängt  eine  Tafel  mit  der  Inschri 

D.  M. 

A.  C.  A.  E.  CILIO 
ANIC.  ETO.  LIB 
BENEMERITO.  A.  CAECILIÜS. 

PHASION  FECIT. 

12)  Ein  Sarkophag  von  merkwürdiger  und  eigei 
thümlicher  Auffassung, 

Ein  Jüngling  von  edler  Bildung  liegt  inderMiti 
der  Szene  in  halb  aufrechter  Stellung  vor  uns.  De 
rechten  Arm  hat  er  über  den  Kopf  geschlagen,  wät 
rend  er  ihn  mit  dem  linken  leicht  stüzt.  Der  rechl 
Fuss  liegt  über  dem  andern.  Ein  langes  Gewaii 
bedekkt  den  unteren  Theil  des  Körpers,  und  ziel 
sich,  den  obern  Theil  unverhüllt  lassend,  an  den  Sei 


633 


en  bis  an  die  Arme  hinauf.  Eine  Wunde  kann  man 
licht  erkennen  und  er  könnte  eben  so  gut  in  tiefen 
Schlaf  verfallen  sein,  wenn  nicht  seine  Umgebungen 
iiuf  ein  beklagenswerthes  Ereigniss  hindeuteten.  Zehn 
Eroten  umgeben  ihn  in  sinnreichen  und  anmathigen 
(Stellungen.  Links  aus  einer  niedrigen  Grotte  springt 

Iiin  Panther,  nur  dem  vorderen  Theii  nach  sichtbar, 
Ulf  ein  mit  Aepfeln  gefülltes  Gefäss  zu.  Ein  Korb 
luf  gleiche  Weise  gefüllt  steht  neben  der  Grotte, 
lechts  vom  Gefässe  und  diesem  den  Eükken  kehrend 
kommt  ein  Eros  mit  beiden  Händen  einen  andern 
j*'ruchtkorb  aufzuheben  im  Begriff.  Auf  der  Grotte 
leibst  steht  ein  mit  einer  Chlamys  bekleideter  Eros, 
Ivelcher  zwei  Flöten  bläst,  eine  gebogene  und  eine 
j;erade;  neben  ihm  schwebt  ein  anderer  Eros  mit 
liner  Leier,  und  noch  weiter  rechts  von  ihm,  eben- 
alls  wie  jene  beiden  auf  den  Adonis  zufliegend,  ein 
iros,  welcher  einen  Kranz  in  den  Händen  hält.  Auch 
wischen  den  beiden  ersten  Eroten  über  der  Grotte 
teht  ein  Fruchtkorb,  so  wie  oberhalb  der  Füsse  des 
lidonis.  Ueber  diesem  selbst  schwebt  ein  Eros  mit 
jiner  Fakkel  in  der  Rechten,  und  mit  der  andern 
iland  berührt  er  den  über  den  Kopf  geschlagenen 
irm  des  Ad.  gleichsam  als  wenn  er  ihm  ins  Gesicht 
Chanen  wollte.  Ein  Eros  mit  einer  brennenden  Fak- 
lel  schwebt  ebenfalls  von  der  rechten  Seite  her  über 
em  Haupte  des  Jünglings  und  berührt  mit  der  Lin¬ 
ien  die  Hand  des  Ad.  Weiter  rechts  erblikkt  man 
or  einem  Pinienbaum  an  einem  brennenden  Altar  auf 
iinem  Felsen  sizend  einen  jungen  Eros,  welcher  in  der 
kecbten  einen  Gegenstand  zum  Opfern,  vielleiclit 
linen  Pinienapfel,  über  dem  Altäre  hält.  Unterhalb 
ind  zwei  Eroten  um  einen  Fruchtkorb  beschäftigt, 
men  im  Rükken,  links  in  der  Nähe  des  Ad.  drükkt 


634 


ein  auf  einem  Felsen  sizender  Eros  den  Tod  dei 
Hauptperson  aus,  indem  sein  Haupt  auf  die  Recht« 
gestüxt,  und  diese  wieder  auf  dem  erhobenen  rechtet 
Fusse  ruhend,  den  Ausdrukk  der  Ruhe  des  Schlafes 
bezeichnet.  Links  am  äussersten  Ende  des  Bildes 
hängt  ein  Köcher  am  Pinienbaum,  welcher  ohne  Zwei¬ 
fel  dem  entschlummerten  göttlichen  Jäger  gehört 
dessen  Todesschlaf  den  Gegenstand  dieses  Bildwer 
kes  ausmacht.  —  Wenn  wir  hier  und  auf  mehrerei 
andern  Bildwerken  den  Adonis  zu  Pferde  und  au 
die  Jagd  reitend  finden,  so  ist  dies  keine  griechi 
sehe  Vorstellung  mehr.  Apollon  und  Pan  ziehen  aucl 
auf  die  Jagd,  aber  nicht  reitend  5  wie  man  überhaup 
die  Götter  schwerlich  je  zu  Pferde  sehen  wird,  woh 
aber  die  Sterblichen.  Adonis  ist  daher  in  solche); 
Vorstellungen  bereits  zu  einem  Heros  erniedrigt,  uiii 
nähert  sich  namentlich  sehr  dem  Hippolytos,  dessei 
Bilder  mit  der  Phaidra  früher  häufig  auf  Adonis  uni 
Aphrodite  gedeutet  wurden  *®‘).  Aber  diese  Vor 

19t)  Auch  das  Relief  ausGuattaiii  Monum.  ined.  tav.  21. 
1 805  kann  für  keinen  Ad.  u.  Aphr.  gelten.  Aphr.  sizt  auf  einei 
scliönen  gepolsterten  Ruhesessel,  nakkt  und  das  linke  Bein  het 
iinterhangend,  während  das  rechte  untergeschlagen  ist.  Indei 
sie  auf  diese  Weise  sich  mehr  auf  die  linke  Seite,  halb  in  hol 
kender  Stellung,  hinüber  neigt,  mit  dem  linken  Arm  sich  hii 
terwärts  stüzt,  sizt  auf  ihrem  rechten  Schenkel  ein  Eros ,  ui: 
befestigt  ein  Band  oder  eine  Kette,  welche  unter  den  link« 
Arm  durchgezogen  ist,  auf  der  rechten  Schulter.  Vor  ihr  ui 
in  vorgebogener  Stellung  steht  ein  nakkter  junger  Mann,  hint' 
dessen  Rükken  nur  ein  leichtes  Gewand  flattert.  3Iit  dem  lii| 
ken  Fusse  kniet  er  ebenfalls  auf  dem  Polster,  und  eine  gleici 
Kette  wie  Aphr.  ist  ihm  um  den  Körper  geschlungen ,  dessi 
eines  Ende  ein  zur  Seite  des  Sessels  sizender  Eros  hält.  U 
verkennbar  ist  der  junge  Mann  im  Begriff  die  Göttin  zu  uma 
men.  Schon  dies  würde  gegen  einen  Adonis  sprechen,  so  vi 
der  Helm  neben  dem  Sessel.  Entschiedene  Kennzeichen  fehlcl 


635 


tellung:  des  Ad.  ist  wol  vorzogsweise  eine  römisclie, 
idem  sie  uns  an  den  Tross  und  Aufwand  der  rönii-* 

eben  Grossen  erinnert, 


Vo  diese  fehlen,  ist  es  überhaupt  schwer,  den  Adonis  vor  so 
ielen  ähnlichen  zu  erkennen,  und  eine  blosse  Szene  der  Zärt- 
iohkeit  kann  einen  Ad.  haben  vorstellen  sollen,  ohne  dass  wir 
■s  ahnen.  Sollte  hier  vielleicht,  da  das  Beilager  unverkennbar 
5t,  ein  jugendlicher  Ares  gemeint  sein?  vgl.  Mus,  Borbon.  voL  1 
av.  18.  —  Thiers ch  brachte  eine  Thongruppe  mit  aus  Grie- 
■henland,  heschr.  im  Progr.  Ludovico  primo  —  grataiatur  Univers, 
Uonac.  1835,  Nr,  5,  auf  der  wir  eine  männliche  und  eine  weib- 
iche  Figur  sehen,  diese  sizend,  jene  neben  dieser  stehend,  un¬ 
gefähr  von  derselben  Grösse,  welche  jene  im  Sizen  hat.  Ein 
veites  schleierartiges  Gewand  ist  über  den  unteren  Theil  des 
:iörpers  geschlagen,  lässt  aber  Leib  und  Brust  unverhüllt.  Von 
lintea  her  hat  sie  es  über  den  Kopf  gezogen  und  mit  derrech- 
;en  Hand  breitet  sie  es  in  einer  höchst  anmuthigen  Haltung 
■eitwärts  weit  aus  auf  eine  Weise,  wie  man  sonst  wol  zierliche 
w  eibliche  Haltungen,  namentlich  der  Aphr ,  findet.  Der  neben 
ihr  stehende  Knabe  hat  sich  auf  ihre  Schultern  gelehnt.  Die 
vordere  Seite  ist  unverhüllt  und  nur  über  seine  Schultern  fällt 
der  Peplos  seitwärts  herab.  Thiersch  hat  diese  schöne  Gruppe 
für  Aphr.  ii.  Ad.  erklärt  Aber  von  der  heiteren  Fröhlichkeit 
findet  sich  hier  keine  Spur ,  indem  beide  voll  trauriger  Weh- 
muth,  in  tiefes  Nachdenken  versunken  scheinen.  An  den  Ab¬ 
schied  auf  die  Jagd  könnte  gedacht  werden,  wenn  Andeutungen 
für  diese  Beschäftigung  da  wären.  Weil  aber  die  weibliche 
Figur  ganz  einer  Aphr.  entspricht,  so  müsste  man  sich  nach 
einem  andern  Liebling  der  Göttin  umsehen,  und  es  könnte  Phae- 
'thon,  ihr  Liebling,  Tempelwart  und  Opferknabe  sein,  nur  fcMeii 
aus  seinem  Mythos  die  Beziehungen  auf  eine  so  wmhmüthigc 
Szene.  Indess  war  er  durchaus  dem  Ad.  nachgebildet,  und  die 
Verbergung  des  Ph,  durch  .4phr.  in  den  Lattich  deutpn  auch  bei 
ihm  auf  Verfolgung  und  Verlust  Das  Bild  ist  hier  noch  sehr 
knabenhaft,  so  dass  man  deshalb  schon  fast  einen  Ad.  bezwei¬ 
feln  müsste,  und  an  Anchises,  welcher  schon  über  die  Jugend- 
blüthe  hinaus  war,  .  ist  gar  nicht  zu  denken.  Vgl.  Phaethoji 
Note  16. 


Ö36 


2.  Gemmen. 

Die  Gemmen  sind  grösstentheils  zweifelhaft,  weil 

sie,  den  Ad.  in  der  Regel  bloss  als  Jäger  vorstellend. 

so  viele  Deutungen  zulassen. 

Tassie.  Catalogue  raisonne  de  pierres  gravöes 

n.  s.  w. 

Nr.  2170.  bis  2173.  Jäger,  welche  zweifelhaft  mi( 
Endymion  sind. 

Nr.  6481,  ein  Onyx.  Ad.  stüzt  sich  anmuthig  mit  sei¬ 
nem' linken  Arm  auf  einen  Pfahl.  Er  führt  einen 
Spiess  und  zu  seinen  Füssen  befindet  sich  ein  Hund. 

Nr.  6483  —  85.  Karneole  mit  einfachen  Jägervorstel¬ 
lungen. 

Nr.  6486  —  88.  Ad.  geht  mit  einem  Speer  und  einem 
Hund  an  der  Leine  auf  die  Jagd.  Auf  der  zwei¬ 
ten  sieht  man  ihn  an  einem  Felsen  ruhen  und  den 
Hund  zu  seinen  Füssen  sizen. 

Nr.  6495.  Ein  Karneol.  Ad.  hat  in  der  Rechten  einen 
Spiess,  mit  dem  linken  Elinbogen  lehnt  er  sich  auf 
einen  Baumstamm,  auf  welchen  ein  Eros  klettert, 
der  seinen  Köcher  über  dem  unglükklichen  Jäger 
hält.  Zu  seinen  Füssen  befindet  sich  ein  Hund. 

Nr.  6500.  Ad.  sizt  auf  einem  Felsen  und  wird  von 
Eroten  geliebkost,  von  denen  zwei  auf  seine  Schul¬ 
tern  klettern. 

Nr.  6501,  Aphr.  umarmt  den  Adonis. 

Nr.  6502.  Aphr.  und  Ad.  auf  der  Erde  im  Freien, 
und  Eros  schiesst  einen  Pfeil  auf  sie  ab. 

Nr.  6503.  Tod  des  Ad.,  beweint  von  Aphr.  und  den 
Eroten.  Eine  ländliche  Szene. 

Millins  Mythologische  Gallerie  Nr.  170  Taf.  49.; 
Ad.  auf  einem  Felsen  sizeud,  verwundet}  in  seinem 


637 


linken  Arm  steht  ein  Spiessj  aur  Rechten  ein  Hiind. 
Aphrodite  etwas  höher  sizend,  schlingt  ihren  rech¬ 
ten  Arm  um  ihn. 

.jippert.  Daktyliothek.  Nr.  293  ff,  Aphrod.  umfasst 
den  Ad.  und  küsst  ihn.  —  Beide  halten  sich  zärt¬ 
lich  umschlungen.  Die  Göttin  mit  einem  zarten 
Gewände  bedekkt,  hält  noch  den  herumflatternden 
Theil  desselben  oben  mit  der  einen  Hand,  und  wen¬ 
det  ihr  Gesicht  von  ihm  weg,  indess  sein  Blikk 
sie  sehnsuchtsvoll  sucht. 

Zweifelhafte  Gemmen  könnte  man  noch  mehr  ae- 
ühren;  allein  damit  wäre  nichts  gewonnen,  und  wir 
iahen  hier  vielleicht  schon  zu  viel  gegeben,  da  man- 
:he  von  diesen,  namentlich  die  blossen  Jäger vorstel- 
ungen,  auch  auf  Endymion  u.  s.  w.  gehen  können. 
'Diejenigen,  auf  welchen  ein  Schweinskopf  zur  Seite 
ibgebildet  ist,  möchten  alle  dem  Meleager  gehören; 
;o  auch  diejenigen,  auf  welcher  ein  Held  sieh  als  Be¬ 
weger  des  Ebers  errathen  lässt. 

3.  Etruskische  Spiegelzeicimungen. 

i  1 .  L  a  n  z  i :  Saggio  di  lingua  Etrusca  tom.  2  S.  226.  ff. 
l’nghirami  Mon.  Etr.  1,  263  ff. 
i  Dies  Bild  besteht  aus  drei  Figuren,  von  denen 
ilie  mittlere,  eine  weibliche,  als  Hauptfigur  die  hei¬ 
klen  andern  um  sich  gruppirt  hat.  Den  Kopf  hat  sie 
isanft  nach  der  rechten  Seite  gebogen,  die  Füsse  ver- 
ichränkt^  und  ruht  auf  dem  rechten,  indem  sie  sich 
'luf  die  ihr  zur  Linken  seitwärts  hinter  ihr  stehende 
]'igur,  welche  beflügelt  ist,  lehnt.  Das  Haar  ist  lose 
In  einen  Scheitel  gestrichen,  und  der  Chiton  mit  hal- 
len  Aermeln  vom  Halse  bis  an  die  Ellobogen  zuge- 
iinöpft.  Das  Oberkleid  fällt  von  der  linken  Schulter 


1 


G3S 

lim  die  rechte  Hüfte  hemm  und  bedekkt  den  untern 
Tlieil  des  Körpers  bis  an  die  Knöchel.  Im  rechter 
vorgestrekkten  Arm  hält  sie  einen  Zweig,  den  sit 
der  zur  Linken  sizenden  Figur  zu  reichen  scheint 
Diese  ist  nakkt  bis  auf  das  leichte  Gewand,  welchem 
sie  um  die  Hüften  bis  an  das  Knie  gewunden  hat 
Das  linke  Bein  ist  zurükgestellt.  Dass  es  ein  jungei 
Mann  ist,  und  keine  Frau,  scheint  mir  unverkennbar 
Das  Haar  ist  einfach  an  die  Seite  herumgestrichen, 
Das  Gesicht  ist  gegen  die  mittlere  stehende  Figur 
hinaufgerichtet.  ln  der  Linken  hält  er  einen  Stab, 
und  mit  der  Rechten  scheint  er  die  ausgestrekktt 
Hand  der  weiblichen  Figur  leicht  zu  berühren.  Zwi¬ 
schen  beiden  hängt  eine  mystische  Kiste.  Zu  beider 
Seiten  derselben  stehen  die  Namen  Turan  undAtu- 
nis5  jener  nach  der  weiblichen  mittleren  Figur  zu, 
dieser  nach  dem  Jüngling  zu.  Turan  ist  ein  etrus¬ 
kischer  Name  für  Aphrodite  5  Atunis  wird  Adonis  sein 
Hinter  dem  Rükken  des  Adonis  stehen  die  Buchsta¬ 
ben  DVM,  von  der  Rechten  zur  Linken. 

Die  zur  rechten  Seite  beflügelte  Figur  halte  ich 
für  einen  Eros.  Hinter  dem  Rükken  desselben  an 
Rande  des  Bildes  steht  von  der  Rechten  zur  Linker 
VASASrrMICA,  (Lasa  Sitmica?}^  welche  Work 
vielleicht  eine  Familienbeziehung  haben,  wie  dies  of- 
ter  auf  Grabinschriften  vorkommt. 

2)  Aus  der  Sammlung  von  Durand  Nr.  1913  **’) 

192)  S.  Witte:  Lettre  ä  M.  le  Prof.  Ed.  Gerhard  sm 
quelques  miroirs  etrusques.  Extract  des  nouvelles  annalespiibl 
par  la  section  frangaise  de  l’institut  Archeologique.  —  Das  Va 
senbild  aus  der  Dürandschen  Sammlung  Nr.  115  güt  wol  mil| 
Unrecht  für  einen  Adonis.  Denn  neben  einem  nakkten  die  Aphr 
umarmenden  Adonis  einen  Satyr  mit  einer  Nymphe  in  einer  un¬ 
anständigen  Lage  zw  finden^,  dabei  einen  Bakchos  und  einen  Si- 
len,  welcher  jene  Gruppe  mit  Wohlbehagen  betrachtet,  scheint| 


639 


Zur  Rechten  sizt  Ad.  und  hat  die  Aphrodite  auf 
dem  Schooss,  den  linken  Arm  um  ihren  Hals  «-e-^ 
schlangen.  Sie  sehen  sich  beide  an,  er  ernst,  in  An- 
schaun  versunken  und  sie  fast  anslierend.  Aphr.  da¬ 
gegen  thut  schalkhaft  freundlich.  Mit  der  Rechten 
hat  er  ihre  Linke  gefasst.  Zwischen  deU  Häuptern 
beider  steht  Turan,  von  der  Rechten  zur  Linken,  und 
Atunis,  von  der  Linken  zur  Hechten.  Die  Göttin^  hat 
einen  leichten  Chiton  an,  welcher  sich  um  die  linke 
Schulter  und  den  halben  Arm  erstrekkt.  Die  rechte 
Seite  und  die  Brust  scheint  entblösst  Der  Peplos 
reicht  ihr  bis  an  die  Knöchel;  der  linke  Fuss  ist 
eingezogen  und  zurükgeslellt,  das  Haupt  lait  einem 
Diadem  versehen.  Ad.  ist  nakkt,  ein  Mantel  verhüllt 
nur  seine  Knie,  und  eine  Myrtenkrone  befindet  sich 
auf  seinem  Haupt.  Ein  Myrtenzweig  zieht  sich  an 
der  Seite  einer  jeden  Figur  hinauf.  Neben  dem  des 
Ad.  befindet  sich  noch  ein  Vogel,  vielleicht  ein  lynx, 
denn  die  Annahme  einer  Taube  verbietet  seine  Ge- 
jsalt.  Den  ganzen  Spiegel  umgiebt  ein  Epheukranz. 

I  3)  Zur  Rechten  des  Beschauers  '®®)  befindet  sich 
iAphr.  auf  einem  Sessel,  unter  welchem  eine  mysti- 
jsche  Kiste  steht.  Sie  ist  ganz  bekleidet;  den  linken 
iArm  hat  sie  auf  die  Seite  des  Sessels  leicht  gestüzt, 
lauf  dem  Haupte  ein  Diadem,  den  rechten  Arm  etwas 
ivor  und  in  die  Höhe  gestrekkt,  zwischen  den  Fin¬ 
gern  hält  sie  an  den  äussersten  Flügelspizea  eine 

'  mir  sehr  wenig  auf  die  dem  Adonismythos  zu  Grunde  liegende 
1  Vorstellung  zu  passen.  Doch  könnte  man  schwerlich  auf  einen 
.  andern  Gefährten  der  Göttin  rathen,  mit  welchem  sie  auf  einem 
I  mit  Schwänen  bespannten  Wagen  einherfährt ;  aber  man  wird 
I  das  ganze  Bild  anders  benennen  müssen-,  vielleicht  Liber  und 
1  Liber  a. 

i  193)  Die  drei  folgenden  bisher  unveröffentlichten  Bilder 
I  sind  nach  Zeichnungen  beschrieben,  -welche  Gerhard  besizt 


640 


flatternde  Taube,  welche  mit  den  Füssen  die  ausge- 
strekkte  Hand  eines  vor  ihr  stehenden  Ad.  zu  errei¬ 
chen  sucht.  Dieser  Ad.  steht  in  gebükkter  Stellung, 
den  linken  Fuss  zurükgezogen,  und  den  linken  Arm, 
mit  dem  er  sich  stüzt,  hat  er  zwischen  die  Kniee  der 
Aphr.  gestellt,  so  dass  dadurch  das  darüber  gedekkte 
Gewand  straff  angezogen  wird.  Den  Kopf  hat  er 
ganz  in  denNakken  zurükgeworfen,  und  schaut,  wie 
sie,  die  flatternde  Taube  an.  Er  ist  nakkt  und  be¬ 
flügelt,  welches  Zweifel  gegen  ihn  erregen  könnte, 
allein  die  Erklärung  wird  durch  den  hinter  seinem 
Rükken  stehenden,  von  der  Rechten  zur  Linken  ge¬ 
schriebenen  Namen  ATVNEM  gesichert.  Zwischen 
beiden  Figuren  steht  eine  Myrte,  welche  an  seinem 
vorgestrekkten  rechten  Fusse  aufsprosst.  Hinter  der 
Aphr.  steht  ein  Name,  welcher  noch  der  Enträthse- 
lung  bedarf:  TIFANATI. 

4)  Eine  sizende  Aphr.  bis  an  die  Kniee  bekleidet. 
Auf  der  Rükklehne  des  Sessels  sizt  eine  Taube;  auf 
dem  Haupte  hat  die  Göttin  ein  Diadem.  In  den  vor- 
gestrekkten  Armen  hält  sie  einen  nakkten  Knaben, 
welchen  sie  mit  Wohlgefallen  betrachtet.  Mit  der 
linken  Hand  hat  sie  sein  rechtes  Bein  gefasst,  und 
das  andere  schlägt  er  wieder  über  ihren  Arm.  Mit 
der  rechten  Hand  fasst  sie  ihn  unter  die  linke  Schul¬ 
ter.  Eine  Scheibe,  Spiegel,  oder  Schaale  sieht  man 
in  seiner  Hand.  —  Es  könnte  möglicher  Weise  ein 
Eros  sein,  da  kein  Name  dabei  steht.  Aber  es  scheint 
gcrathener,  das  Kindlein  Adonis  hier  anzunehmen, 
welches  Aphr.  in  mystischer  Kiste  der  Persephone 
zum  Verwahrsam  übergab.  Eine  mystische  Beziehung 
verbürgt  auch  die  Schaale  oder  der  Spiegel,  und  die 
Beflflgelung  kann  nach  dem  vorigen  Bilde  kein  Hin¬ 
derniss  mehr  sein. 


641 


5)  Der  Spiegel  enthält  vier  Figuren.  Die  beiden 
i  der  Mitte  stehenden  sind  Aphr.  und  Ad.  Sie  ist 
i  ein  doppeltes  Gewand  gehüllt  und  umschlingt  mit 
im  rechten  Arm  den  Ad.,  welcher  bis  unter  die  Brust 
I  tblösst  ist.  Seinen  linken  Arm  schlingt  er  um  ih- 
in  rechten  und  diesen  schmiegt  er  an  ihre  Brost. 

1  der  linken  Hand ,  die  sie  nach  hinten  umgedreht 
It,  so  dass  die  Fläche  oben  ist,  hält  sie  zwischen 
ivei  Fingern  einen  runden  Gegenstand,  der  für  einen 
t-anatapfel  gelten  mag.  Sie  scheint  ihn  einer  neben 
iir  sizenden  Figur  zu  zeigen,  oder  ihn  dem  Adonis 
1  herzend  verbergen  zu  wollen.  Die  neben  ihr  si- 
:j!ode  weibliche  Figur,  bekleidet  und  mit  einem  Hals- 
li;nde  versehen,  hat  man  für  eine  Moira  zu  erken- 
denn  in  der  einen  Hand  hält  sie  einen  Griffel, 

L  der  andern  einen  länglich  runden  Gegenstand,  den 
!an  ohne  Bedenken  für  das  Tintenfass  der  Lachesis 
darf.  Die  von  der  Rechten  zur  Linken  ge** 
ihriebene  Inschrift  heisst:  SNEN^©.  Ihr  gegen- 
jer  zur  Seite  des  Ad.  sizt  eine  andere  Figur,  deren 
ewand  um  die  Hüften  und  die  linke  Schulter  ge- 
ihlagen  ist.  Mit  der  Linken  hält  sie  eine  Leier, 
nd  giebt  sich  als  Apollon  Moiragetes  kund.  Diese 
eiden  zu  den  Seiten  stehenden  Figuren  sehen  zu 
.enen  in  der  Mitte  und  in  Liebkosungen  begriffenen 
jinauf.  Hinter  ihnen  zeigen  sich  ein  Paar  Schwäne, 
feber  dem  zur  linken  Seite  und  zugleich  über  dem 
iopfe  der  dort  befindlichen  Figur  steht  von  der  Rech- 
jsn  zur  Linken  rYLOlSß.  Zu  den  Füssen  sieht 
|ian  ein  Paar  Fische.  —  Es  ist  dies  ein  Bild,  auf 
velchem  der  Tod  des  Ad.  und  die  Störung  seines 
Liebesglükkes  durch  Apollon  angedeutet  ist;  die  Moira 
kündigt  das  Verhängniss  an. 


642 


T 


Hieran  reihen  wir  einige  andere  Gemälde  it 
Adonisvorstellungen. 

6)  Ein  Wandgemälde  zu  Pompeji.  Mus.  Borbo 
vol.  4  taf.  17. 

Auf  einem  Felsen  findet  man  Aphr.  sizend  ui 
mit  einem  Nimbus  versehen.  Ad.  liegt  am  link« 
Bein  verbunden,  rükklings  übergesunken  auf  ihre 
Schoosse  und  hat  zwei  Speere  in  der  Linken.  Hi 
ter  ihm  zur  Rechten  sieht  man  Eros,  ebenfalls  n 
zwei  Speeren,  und  links  am  Boden  sizt  ein  zweit 
Eros  auch  mit  zwei  Speeren.  Diesem  gegenüber  ; 
den  Füssen  des  Ad.  liegt  ein  Hund. 

7)  Ein  gleiches  daher.  Bulletini  des  archäol.  Inst 
1833.  S.  142. 

Apollon  mit  Ad.  ohne  nähere  Angabe. 

8)  Ein  drittes  zu  Pompeji  im  J.  1836  entdekkt 

Aphrodite  und  Adonis.  Ad.  ist  verwundet.  Vi 

Eroten  sind  um  ihn  versammelt;  ein  Eros  legt  de 
Ad.  eine  Binde  um  die  Wunde;  ein  anderer  bad 
einen  Schwamm  in  einer  Vase.  Die  Figuren  sii 
kolossal,  ungefähr  neun  Palmen  hoch.  Das  gan: 
Gemälde  ist  sehr  schön  komponirt,  gezeichnet  ui 
gemalt.  Das  Bild  scheint  von  demselben  Künstl 
herzurühren,  welcher  das  bekannte  Bild  des  Herakl 
und  Tclephos  in  Herkulanum  gemalt  hat. 

9)  Stakkelberg.  Gräber  der  Hellenen:  Taf.  i 
Nr.  5.  *®«). 

194)  Eia  Wandgemälde  schon  bei  Plautus  erwähnt  s.  A 
merkimg  76. 

195)  S.  Berl.  Baude  u.  Spenersche  Ztg.  1836.  11.  Nov. 

196)  S.  Gerhard.  Hall.  AU.  Lit  Ztg.  Ergänzgsbl.  Se)^ 
S.  594.  Stakkelberg  bezieht  noch  ein  anderes  Bild  auf  den  Ad 
nis,  ein  Hochzeitsbild,  welches  eine  korbflechtende  Aphr.  d£ 
stellt,  wobei  ein  Flügelknabe  hilft :  Kästchen  und  heilige  Bind 
bei  den  umgebenden  Frauen.  Gerhard  bezweifelt  aber  diel 


I 


643 

I  Ein  Bild  einer  schiffenden  Aphr.  Eaploia  von  acht 
[riechischer  Lebensfrische  dorchdrongen.  Auf  einem 
'aiim  angedeuteten  Siz,  dessen  schwellendes  Segel 
e  lenkt,  von  zwei  Tauben  umflattert,  denen  eine  ge¬ 
iigelte  Götterbotin  Alke  oder  Iris  voraoeilt,  scheint 
'ie  Liebesgöttin  den  Göttern  zugewandt  zu  sein, 
j'ährend  ihr  Geliebter,  vermuthlich  Adonis,  am  Ufer 
jrükbleibt. 

10)  Endlich  erwähnt  Welker  a.  a.  O.  auch  noch 
iner  Mosaikarbeit,  welche  eine  Adonisvorstei  hing 
hthalte,  ohne  dabei  von  besonderem  Werthe  zu  sein. 


SZEBEXTTISB.  ABSCHNITT. 

Phaethon. 

j  Hesiodos  sang  bereits  von  Aphrodite  als  Herr- 
pherin  von  Kypros,  sang  von  Adonis,  kennt  aber 
[ich  noch  einen  andern  Liebling  der  Göttin,  den 

{eutung;  Jenes  Flechtwerk  wird  auf  die  Einspeming  des  Ad., 
le  von  den  umstehenden  Frauen  gehaltenen  Kästchen  werden 
if  Gebräuche  der  Adonien  bezogen.  Jedoch  hat  eine  solche 
Lziehung  auf  die  Adonisfeste  im  sonstigen  Vorrath  zahlreicher 
liechischer  und  grossgriechischer  Hochzeitsvasea  bisher  keine 
bstätigung  gefunden.  —  Bei  solchen  Bildern,  dünkt  mich,  muss 
|an  darauf  achten,  dass  die  Tändelei  mit  dem  geliebten  Jüng- 
ige  Ad.  eine  andere  als  die  mit  dem  Knaben  Eros  sein  wird, 
le  Einsperrung  des  Ad.  in  einen  Käficht  ■würde  unpassend  sein. 

De  Witte  a.  a.  O.  will  beweisen,  dass  das  Spiegelbild  des 
|itikan  Ann.  des  archäoL  Institut-  8  S.  282  ff ,  welches  Bimsen 
!|r  einen  von  den  Musen  überwundenen  Thamyris  erklärt  hat, 
i]ch  ein  Adonis  sei,  indem  in  dem  Namen  Thamu  nicht  Tha- 
ii,^ris  sondern  Thamuz  angedeutet  sei.  Aber,  um  des  Himmels 
'dien!  ■wie  sollte  Thamuz  nach  Etrurien  kommen!  anderer  Un- 
ijiublichkeiten  und  Unmöglichkeiten  in  dieser  Abhdlg.  gar  nicht 
gedenken. 


41* 


614 


Phaethon  ’),  welchen  sie  als  Kind  geraubt,  un 
zum  Tempel  wart  erkoren  hatte.  Kinen  solchen  Ten 
pelwart  und  Opferknaben  von  zarter  Jugendblütl 
und  reizender  «estalt  haben  wir  im  Kinyras  und  Am; 
rakos  kennen  lernen  0,  «»d  es  kann  nicht  bezwe 
feit  werden,  dass  Phaethon  in  eben  dieser  Eigenscbs 
nach  Kypros  gehörte.  Zum  Geschäftskreise  desse 
ben  muss  wie  beim  Kinyras  auch  das  Wahrsagen 
gehört  haben.  Woher  Aphrodite  ihn  raubte,  erfahn 
wir  nicht.  Aber  zu  Samothrake  stand  Phaethon  d 
Aphrodite  und  Pothos  in  einem  Kabirischen  Dreive 
ein  *),  und  wird  nach  Kypros  als  Opferknabe  \e 
sezt,  wie  der  römische  Kamillus  dem  samothrakisch 

1)  Hesiod.  Theogon.  972  ff. 

Eos  gebar  dem  Tithonos  den  erzgerüsteten  Metnnon, 

König  der  Aethiopen,  Emathion  auch,  den  Gebieter, 

Auch  dem  Kephalos  brachte  sie  dar  den  edelen  Sprössling 
Phaethon,  mächtiger  Kraft,  Unsterblichen  ähnlich  an  Bildung. 
Dieser  da  zart  in  der  Blüthe  der  üppigen  Jugend  er  aufvuclv 
Ward  als  tändelndes  Kind  von  der  hold  anlächelnden  Kypris 
Weg  im  Schwünge  gerafft,  und  im  Heüigthume  der  Tempel 
Zum  nachtfeiernden  Hüter  bestellt,  ein  göttlicher  Dämon. 
Ueber  Phaethons  Schönheit  Lucian  nsgl  ux6»(ay  2.  Ploion  . 
hier  heisst  er  ein  Thier  und  wird  mit  Hyakinthos  und  Hy  las 
sammengestellt.  Eos  Liebe  z.  Tithonos  s.  auch  bei  Ho. 
Hymn.  auf  Aphr.  219.  Eos  liebt  den  Kephalos,  Kleitos  und  Dt  ■ 
nos  Demeter  den  Jasion,  Aphrodite  den  Anchises  und  Ado  , 
so  vergleicht  Athen.  13,  566.  So  auch  Herakleitos  nsgi  o- 
ormr  in’  Gale  Opusc.  Myth.  S.  79. 

2)  S.  Abschn.  2  Anm.  3.  82  ff.  56  ff 

3)  Schol.  Hes.  Theog.  991.  yi^o7^dl,o^^  w/to»'; rourföti»', 
k{(9p(üc(P.  ’AgxlloxoS  df  ygdqu:  fj.lxwV  oiov  ivw  fxvx^ 
nQ0(f'€tiP0PTa  Trj  Kiingm  {Kmgidi,).  “AUtag:  vvnnQivöv.  r«  ? 

’A(fQod'lT>ig  fivoT^giu  wxtfgivd.  So  machte  Demeter  den  S.  - 
minischen  Heros  Kychreus  zu  ihrem  Diener  in  Eleusis,  wieA}  ■ 
den  Phaethon. 

4)  Plinius  36,  4,  7. 


645 


liadmilos  entspricht.  Dort  wird  er  nun  aber  ÄUgleich 
IQ  die  mythische  Herrscher familie  eingeordnet.  Nach 
'iesiodos  gebiert  Eos  vom  Tithonos  den  Meranoa  und 
limathion,  vom  Kephalos  aber  den  Phaethon.  Nach 
i  er  attischen  Genealogie  aber  hatten  Herse  und  Her¬ 
nes  einen  Sohn  Kephalos  =),  welchen  Eos  aus  Liebe 
ach  Syrien  entführte,  wie  Aphrodite  den  Phaethon 
ach  Kypros,  und  Eos  gebar  von  ihm  den  Tithonos. 
Heser  zeugt  den  Phaethon,  dessen  Sohn  Astynoos 
/ar  der  Vater  des  Sandakos.  Der  leztere  kam  aus 
lyrien  nach  Kilikien,  gründete  Kelenderis  und  zeugte 
lit  der  Pharnake  den  Kinyras.  Die  attischen  Kolo- 
isten  führten  den  Stammbaum  der  Ahnherrn  Attikas, 
Ind  das  Geschlecht  des  Kekrops  nach  Kypros.  In 
ies  Geschlecht  wird  Phaethon,  ein  Lichtgeiims  zu  den 
ttischenLichtkindern  eingefügt,  und  Kmyras  wird 
in  Spross  des  Kekrops.  So  kommen  ausser  lezterem 
Ls,  Kephalos,  Tithonos,  Phaethon,  und  nach  der  he- 
liodischen  Genealogie :  Eos,  Tithonos,  Memnon,  Ema- 
liion,  Kephalos,  Phaethon,  nach  Kypros;  jene  in  den 
'itammhaum  der  kyprischen  Ahnherrn,  diese  nur  in 
l)serer  Verhindung,  mit  Ausnahme  der  Eos  und  des 
“haethon,  welche  auch  dort  stehen. 

1  Auf  Kypros  ist  von  diesen  attischen  Lichtkindern, 
lelche,  wie  auch  in  andern  griechischen  Reiigionssy- 
,temen,  auf  die  Befreiung  vom  chaotischen  Zustande 
nd  die  Herrschaft  des  befruchtenden  Sonnenlichtes: 
Fohlthaten,  deren  Gewinnung  man  auf  die  ordnen- 
en  Stammhelden  zurükführte,  zu  deuten  sind,  ist 
eines  berühmter  geworden  als  Eos.  Nicht  allem, 
iass  sie  vom  Kephalos  Stammmutter  des  Kinyras  und 
..donis  wird,  sie  wird  von  demselben  auch  die  Mutter 

5)  Apollodor  3,  14,  2  ff. 

6)  Ed.  Gerhard.  Hyperb.  röm.  Stud.  .S.  66. 


646 


1 


des  Aoos,  des  von  ihr  so  benannten  ersten  kyprischi 
Königes,  nach  Phileas  ’).  Dieser  Aoos  oderAowii 
nun  wieder  mit  Adonis  identißZiirt,  und  von  ihm  eii 
Reihe  mythischer  Könige  von  Kypros,  die  sogenan: 
ten  Aooi,  hergeleitet  ®),  natürlich  eine  andere  Gene 
logie  als  jene  erstgegebene,  in  welcher  Kinyras  di 
sein  Sohn  Adonis  stehen.  Sie  gab  auch  der  Mutt 
des  Adonis  den  Namen  Aoa,  einem  Berge  und  eine 
Flusse  die  Benennung  Aoos.  Ein  ihr  auf  Kypros  g 
feiertes  Fest  hiess  Eoa  ihre  Flucht  mit  Kephal 
wäre  aber  wol  schwerlich  über  Kypros  hinaus  I 
nach  Syrien  ausgedehnt  worden,  hätte  man  dies  G 
biet  nicht  auch  unter  die  kyprische  Herrschaft  d 
Kinyras  gezogen  gehabt;  denn  die  Verknüpfung  v 
Kypros  mit  den  attischen  Mythen  ist  doch  nur  d 
Ziel  der  Flucht. 

Das  Spiel  der  Mythen  ist  wunderbar.  Nach  d 
Theogonie  des  Hesiodos  raubt  Aphrodite  aus  Lie 
den  Phaethon;  den  schönen  Sohn  der  Eos  und  d 
Kephalos,  und  macht  ihn  zum  Tempelwart.  Nach  A  ■ 
deren  raubt  Eos  den  Tithonos  aus  Liebe  und  flh; 
mit  ihm  gen  Kypros.  Im  Katalog  der  Weiber  **)  al‘ 

7)  S.  beim  Adonis  Anm.  72. 

8)  Man  vgl.  auch  Hesych.  ’Awoi-  9tot  ix  J^öfxov  fim- 

HUS^ivtiS  Bis  SafMd-QuxtjU  (?  A^fj-vov  Lobek  Agl.  2  S.  12J . 

xat  Kihxts,  dno  ^A<üov  mv  xstf  dkov  rov  TitQtQiovTos  nomfiov. 
Glosse  ist  verdorben  und  unvollständig;  auch  vielleicht  Kin^ 
für  KihxiS. 

9)  Hesych.  iEw«:  ...  xai  dvalct  iv  Kvnqip. 

10)  Bei  Paus,  1,  3,  1.  Völker  Rh.  Mus.  1  S.  215  . 
Staveren  schrieb  im  Paus,  aber  ov  xat  ‘Aif^odiTtj  cfvkaxa  ino  't 
rov  vmv.  So  sind  allerdings  beide  Aussagen  der  hesiodisc  a 
Gedichte  in  üebereinstimmung;  aber  konnten  nicht  verschied  ® 
Sagen  darin  aufgenommen  sein?  Man  kennt  zu  wenig  von  c- 
sem  Gedicht,  um  über  die  Beschaffenheit  desselben  ein  ürtH 
abgeben  zu  können. 


617 


i|te  Hesiodos  gemeldet;  Hemera,  nicht  Eosj  aher  so 
wie  diese,  habe  den  reizenden  Kephalos  aus  Liebe 
^^aubt,  von  ihm  den  Phaethon  geboren,  und  zu  ih- 
Tempelhuter  gemacht.  Derselbe  Gedanke  wird 
1  Mythen,  welche  nur  ein  Ganzes  ausmachen,  auf 
unnigfache  Weise  ausgesprochen,  und  dieselbe  Idee 
tjischen  eng  verwandten  Wesen  bald  auf  das  eine, 
[)ld  auf  das  andere  bezogen.  Man  sieht,  wie  noch 
jl  attischen  Lichtgottheiten,  namentlich  Eos,  mit  Ky- 
plis  und  dem  Aphroditekult  verbunden  sind.  Dazu 
gifiört  auch,  das  Eos  heimlichen  Umgang  mitAphro- 
d|e’s  Gemal  Ares“)  genoss,  dafür  ihr  aber  wieder^ 
d'  Liebe  zum  Orion  eiiigellösst  wurde,  welchen  sie 
vje  den  Tithonos  entführte. 

So  gewinnen  wir  also  auch  für  Kypros  als  Stamm- 
h  den  eine  Anzahl  Lichtwesen,  welche,  wenn  es  auch 
njr  die  wiederholten  attischen  sind,  nach  altgriechi- 
siien  Begriffen  als  Befreier  vom  chaotischen  Katur- 
zjstande,  als  Begründer  einer  geregelten  Ordnung 
ii  Naturleben  nach  dem  Zurüktreten  des  feuchten 
l^mentes,  und  als  Spender  des  befruchtenden  Son- 
nnlichtes  aufgefasst  wurden.  Für  den  Kephalos  “) 
Jb  es  aber  noch  eine  besondere  Veranlassung  ihn 
i'  die  kyprischen  Mythen  zu  verflechten,  denn  durch 
8  ne  Ueberführung  wird  zugleich  die  Verpflanzung 
c'r  Apollinischen  Sühngebräuche  dargestellt,  und  die 
I  rbindung  der  Eos  mit  Kephalos  ist  vielleicht  erst 
d  reh  die  Uebertragung  beider  nach  Kypros  bewerk- 
8  lügt  worden  ‘  ®).  Von  den  andern  Söhnen  der  Eos 
K  g  auchEmathion  auf  Kypros  eingebürgert  gewesen 
e  n,  wir  wissens  aber  nicht.  Doch  soll  Memnon  in 

.j. - 

11)  Apollodor  1,  4,  4. 

I  12)  Vgl.  Welker  Kadmos  S.  76. 

13)  Vgl.  Otfr.  Müller  Dor.  1,  232. 


I 


648 

Paphos  begraben  worden  sein  ’*),  nnd  er  diente  7 
gleich  zur  Verknfipfung  troischer  und  kyprischer  S 
gen.  Syrien  ist,  wie  schon  bemerkt,  in  alle  die 
3lythen  erst  durch  Kypros  hinein  gezogen  worde 
denn  hier  haben  sie  einen  festen  Boden,  dort  ab 
nicht,  für  Kypros  einen  Sinn,  für  Syrien  keinen. 

Kephalos  steht  zwar  auch  im  Verhältniss  7 
Aphrodite;  näher  aber  doch  noch  Phaethon.  Als  re 
zender  Tempelknabe  stimmt  er  genau  mit  Kinyr 
überein,  als  Geliebter  der  Aphrodite  rükkt  er  gai 
in  die  Stelle  des  Adonis  ein  und  dessen  Mythen  we 
den  auf  den  Phaethon  übertragen.  Kratinos  hatte  b 
richtet*®),  dass  Aphrodite  eben  so  den  Phaon,  w 
den  Adonis,  in  den  Lattich  verborgen  habe;  nach  de 
Jüngern  Marsyas  in  junge  Gerste,  Er  muss  also  eii 
gleiche  Verfolgung  wie  dieser  zu  erdulden  geha 
haben,  denn  Phaon  ist  kein  anderer  als  Phaetho 
Dasselbe  lesen  wir  auch  bei  Ailian*^),  welch' 


14)  Diktys  v.  Kreta  6.  Etiam  de  reliquiis  Memno; 
cognitum  mihi,  uti  tradita  ossa  ejus  apud  Paphum  his,  qui  ci 
Phallante  duce  Memnonis  ari  in  Trojam  profecti,  ductore  inte 
fecto,  ablataque  praeda  ibidem  morabantur;  utque  Himera,  qu; 
nonnulli  materno  nomine  Hemeran  appellabant,  soror  Memnoi, 
ad  investigandum  cadaver  fratris  eo  profecta,  postquam  reliqui: 
repperit.  üeber  Memnon  s.  Jakobs  Verm.  Sehr.  4  S.  1. 
V ölker  a.  a.  O.  -warnt  vor  der  Verwechselung  mit  dem  ägy 
tischen  Memnon. 

15)  Vgl.  Nonnos  42,  186  ff.  Tithonos  ist  Hirt  wie  And 
ses,  Adonis  u.  s.  w.  Nonnos  15,  280. 

16)  Bei  Athen  2,  69.  Klemens  v.  Alex.  Protr.  S. 
Sylb.  cpai9oPTc(  llo/«.  Vgl.  Adonis  Note  191.  Der  Komiker  PI  > 
ton  hatte  einen  Phaethon  wie  einen  Adonis  geschrieben. 

17)  Ailian  Versch.  Gesch.  12,  18.  Lukian  Müiy  xai 
nvet^  mantQ  6  •Pdeap  t>ip  ’Acf  Qodhijp  ix  Xlov  dunoQd-fj.svaaS ,  tlid  « 
tviaftivia  idmxB  vtw  ilvah,  xal  xaXw  V%  vnaQ/^?  xai  d'^UQaOrop.  P* 
laiphatos  mgl  dnksmp  Kap.  49.  Serv.  Aen.  2,  379,  dass  di 


noch  die  Erzählung  mittheilt ,  dass  Phaon  nach  Än¬ 
dern  ein  Fährmann  gewesen  sei,  und  die  Aphrodite 
1  einstinal  gern  und  willig  übergesezt  habe.  Dafür 
I  schenkte  die  Göttin  ihm  ein  Salbenfläschchen  mit  köst- 
1  lichem  Oel,  womit  sich  Phaon  salbte,  und  so  schön 
1  wurde,  dass  sich  alle  Frauen  von  Mitylene  in  ihn 
verliebten,  lieber  einen  Ehebruch  aber  ertappt,  wurde 
er  getödtet.  Der  Tod  des  Phaethon  wird  Ursprung“ 
lieh  eine  andere  Wendung  gehabt  haben;  aber  in 
j  dieser  Erzählung  liegt  die  später  erfolgte  Verwech- 
:  selung  des  Phaethon  mit  Phaon,  dem  Geliebten  der 
I  Sappho,  zu  Grunde,  und  dies  veranlasst©  wieder  füi 
I  Phaethon  auch  die  Form  Phaon  zu  gebrauchen.  ^  ie 
Tithonos  war  Phaethon  aber  auch  ein  Greis  und  Aphro¬ 
dite  sollte  ihn  verjüngt  haben ‘®).  Die  Sage  *^®),  dass 
Aphrodite  den  Adonis  raubte,  ist  wahrscheinlich  der 
des  Phaon  erst  nachgebildet.  Auch  in  der  Liebe  des 
I  Zeus  kommt  Phaethon  mit  Adonis  überein.  Prome¬ 
theus^“)  hatte  den  Phaethon  schöner  als  die  übrigen 
Menschen  geschaffen  und  Zeus  verlangte  nach  seinem 
Umgänge,  mit  dem  Versprechen  ihn  unsterblich  zu 
machen.  Darauf  versezt  er  ihn  an  den  Himmel 
jXach  der  andern  bekannten  Sage  iödtet  er  ihn.  Die 
Schönheit  ist  ein  Hauptzug  des  Phaethon  wie  bei 
allen  Geliebten  der  Aphrodite. 

derselbe  mit  dem  Geliebten  der  Sappho  sei,  wird  ausdrükkhch 

gesagt.  1,  ü  1  * 

18)  Nämlich  zum  Lohn  für  seine  Ueberfahrt  nach  Faiai- 

phatos.  u.  Lukian.  u.  dem  Schol  zu  Lukian. 

19)  S.  Adonk  Note  76. 

20)  Herakliuv’  o  N  hei  Hygin  Poet.  astr.  2,  42. 


Die 


übrigen  Gottheiten. 


Demeter. 


Das  Fest  der  Demeter  *)?  die  Thesmophorien,  wie 
wir  sie  zu  nennen  berechtigt  sind^  dauerte  auf  Ky- 
pros  neun  Tage.  Wahrend  dieser  Zeit  mussten  sich 
die  Frauen,  w'elche  es  feierten,  des  LIebesgenusses 
und  jeder  Berührung  mit  den  Männern  enthalten.  Zum 
Zeichen  ihrer  Reinheit  waren  sie  in  weisse  Kleider 
gehüllt,  und  brachten  die  Erstlinge  ihrer  Früchte, 
Aehrenkränze  5  dar.  Doch  diese  Sitte  will  zu  den 
Thesmophorien,  welche  ein  Saatfest  waren,  nicht  recht 
passen,  und  Verwandtes  mag  hier  vom  Dichter  ver¬ 
mischt  sein.  An  einem  solchen  Feste  sollte  Kinyras 
sein  Beilager  mit  der  Myrrha  gehalten  habend  wäh¬ 
rend  dessen  seine  Demaiin  Kenchreis  abwesend  mit 
der  Feier  der  Demeter  beschäftigt  war  ^).  Dies  ge¬ 
schah  in  Araathus.  Aus  einer  Inschrift  von  AJt-Pa- 
phos  lernen  wir  eine  Erzpriesterin  aller  Tem¬ 
pel  der  Demeter  aufKypros  kennen;  diese  nennt 

1)  Ovid  Metam.  10,  434  ff.  Wegen  der  neun  Tage  erin¬ 
nern  St.  Croix  2,  7.  und  Kreuzer  4,  452.  ihm  beipflichtend,  an 
die  neuntägige  Ungewissheit  der  Demeter  über  den  Aufenthalt 
ihrer  Tochter.  Hymn.  auf  Demet,  47. 

2)  S.  Adonis  Anm.  66. 

3)  S.  Theil  1,  134,  Nr.5. 


654 


sich  eine  Tochter  des  Teukros,  und  weiht  eine  Statue 
der  Aphrodite.  Dies  führt  auf  eine  Verbindung  bei¬ 
der  Kulte.  Wie  zu  Paphos  das  Oberpriesterthuir 
aller  Tempel  der  Aphrodite  war,  so  w'ohnt  dort  auch 
die  Erzpriesterin  der  Demeter  von  Kypros,  denn  Pa¬ 
phos  ist  die  religiöse  Haupt-  und  Bundesstadt  des 
gesammten  Landes,  und  leitete  alle  kirchlichen  An¬ 
gelegenheiten.  Da  die  Kinyraden  ebenfalls  mit  den 
€eschlechte  des  Teukros  in  Verbindung  standen  ,  sc 
war  die  Erzpriesterin  der  Demeter  möglicherweise 
selbst  aus  dem  Geschlechte  der  Kinyraden,  da  au 
diese  Weise  die  kirchliche  Einheit,  welche  man  docl 
für  Kypros  nicht  leugnen  kann,  noch  sicherer  erreich 
wurde.  Auch  ist  in  Amathus  die  Gemahn  des  Kinv 
ras  selbst  beim  Feste  betheiligt.  Ein  solches 
beneinander  der  Aphrodite  und  Demeter  finden  wi 
freilich  auch  sonst  noch  *)  und  beide  Kulte  wirktet 
auf  einander  offenbar  ein,  allein  auf  Kypros  werdet 
alle  übrigen  Kulte,  welche  auch  nicht  srphrodisisci' 
sind,  in  Verbindung  mit  dem  Kult  der  Aphrodite,  al 
dem  Mittelpunkt  alles  religiösen  und  kirchlichen  Le 
bens,  gebracht. 

Eine  grössere  Ausdehnung  des  Demeterkulte 
können  wir  freilich  aus  der  Inschrift  entnehmen,  al 
lein  nachweisen  lässt  er  sich  von  keinem  andern  Ort 
weiter.  Dass  er  mit  den  attischen  Kolonien  gekom 
men  sei,  können  wir  nicht  bezweifeln. 

Dionysos. 

Aus  Euripides  *)  lernen  wir  zuerst  den  Dien; 
des  Dionysos  auf  Kypros  kennen,  und  erfahren  dai 

4)  Paus.  2,  34,  11.  7,  21,  4.  Preller  Ztschr.  f.  Altert 

Aug.  1835. 

ä)  Eurip.  Bakchai  379  ff. 


655 


aus  zugleich,  dass  der  Olympus  seio  Hauptsiz  war; 
Inächstdem  Paphos.  Hieraus  erhellt  schon  eine  Ver- 
jbinduDg  mit  Aphrodite,  wenn  die  Festfeier  beider 
iCottheiten  nicht  schon  auf  Annäherung  und  Einwir¬ 
kung  hindeutete.  Ein  Fest  zu  Salamis,  die  poiocpa-- 
\Yia  ®)  lässt  sich  mit  ziemlicher  Sicherheit  als  ein  bak- 
jchisches  deuten,  indem  sein  Name  auf  die  bakchische 
iSitte  des  Rohessens,  Blut  und  Zerfleischnngen  hin- 
iweist;  eigentlich  wol  ein  Fest,  an  welchem  man 
Scharpie,  Wundfäden  verschlukkte,  und  erinnert  zu¬ 
nächst  an  die  Omophagien.  Eine  ausgedehntere  ¥er- 
lehrung  des  Dionysos  auf  Kypros  lernen  wir  durch 
iNonnos  kennen.  Wir  dürfen  zwar  auf  ihn  nicht  viel 
bauen,  allein  wir  haben  öfters  bemerkt,  dass  er  ky- 
prischen  Mythographen  zu  folgen  scheint,  und  dam» 
haben  ihm  oft  die  Bassarika  des  Periegeten  Diony- 
isios  zur  Grundlage  gedient.  In  diesem  Gedicht  wer¬ 
den  schon  mehrere  kyprische  Städte  genannt,  was 
schwerlich  in  einer  andern  Beziehung  geschehen 
konnte,  als  weil  Dionysoskult  in  denselben  war.  Der 

Ixolfictp  non  mv  KmQop, 
vaoov  ’AfQoMms 
%va  pifuop- 

TM  &vammy 

näff.ov  ö-’,  Sy  läfßTOffrOjUO» 

Ba)xdqov  nomfiov  Qoai 
xa^ni^ovffty  uPofjißQov 
X  Snov  xakheuvoufycc 
tlnqia  ftovßHoS  Mga, 

0Bfiya  xhms  'Olvfinov  , 

ixild  uys  fts,  Björns, 

nqoßaxy^U  cfai/ior. 

ixtl  Xdqin?,  ixel  nö&os’ 

ixti  di  BdxyuKSt  &ffus  ogytäCstP^ 

6)  S  ui  das  ftontfayla :  Q-mia  ne  iy  2alu^lyt  z>jS  Kvnjioy 
-imkovfnyti.  l’  h  o  t  i  0  s  Lex.  H  e  s  y  c  h.  Leiit.  sehr.  Monot/yyln- 


656 


Dionysos  Bassareus  war  aber  der  trieterische  Likni- 
tes.  Nonnos  ’)  lässt  7-11  dem  Zuge  des  Bakchos  so- 
wol  die  von  Zeus  und  Aphrodite  auf  Kypros  gezeug¬ 
ten  und  gehörnten  Kentauren  als  auch  eine  au¬ 
sserordentliche  Schaar  anderer  kyprischer  Mannen 
unter  Anführung  des  mannhaften  Litros  und  desschön- 
lokkigen  Lapathos  stossen.  Sie  waren  aus  dem  Ge¬ 
biete  des  Apollon  Hylates  gekommen,  aus  der  Ge¬ 
gend  von  Sestos,  aus  Tamassos,  fembros,  Eiyslheia 
Panarktos,  viele  aus  Soli  und  Lapathos,  welches  spä¬ 
ter  nach  dem  Heros  benannt  wurde,  als  er  im  Thyr- 
sosgetümmel  seinen  lod  gefunden  hatte-  Andere  ka 
men  aus  Kinyreia,  Urania,  Kremaseia,  Salamis,  Se 
strachos  und  Paphos.  Aus  der  Aufzähluug  diese 
Namen  lässt  sich  aber  weiter  nichts  folgern  als  ei: 
ziemlich  ausgebreiteter  Dienst  des  Bakchos,  und  die 
ser  steht  mit  einem  Mittelpunkte  seines  gesammte 
Kultes  in  alter  Verbindung,  mit  Naxos. 

Paion  von  Amathus  hatte  berichtet,  Theseu 
sei  auf  seiner  Fahrt  von  Kreta  durch  einen  Sinn 
nach  Kypros  verschlagen,  und  habe  die  Ariadn 
schwanger  und  von  den  Besch\verden  der  Reise  ar 
gegriffen,  dort  ans  Land  gcsezt,  er  selbst  sei  ab< 
wieder  weggesegelt.  Einheimische  Frauen  hätti 
sie  aufgenomraen  und  über  ihre  unglükkliche  Verlai 
senheit  getröstet,  hätten  ihr  erdichtete  Briefe  gebracl 
als  wären  sie  vom  Theseus  geschrieben,  bei  ihr 
Entbindung  aber  treulichen  Beistand  geleistet,  ui 

7)  Nonn.  Dionys.  1%  432.  ff.  vgl.  auch  die  Inschr.  Thl 
S  97.  Nr.  1  zu  Atnmochostos  S.  134.  Nr.  2.  Alt-Paplios. 
junge  Echelaos  aus  Kypros  wird  durch  den  gewaltigen  M';- 
rheus  getödtet.  Nonnos  32,  199  ff. 

7a)  S.  offen  Abschn.  1,  4.  Anm.  18. 

Plutarch  Thes.  20. 


657 


;hher  begraben,  da  sie  noch  vor  ihrer  wirklichen 
tbindung  gestorben  wäre.  Nachdem  Theseus  2u- 
Igekehrt,  sei  er  sehr  betrübt  gewesen,  und  habe 
ji  Einwohnern  Geld  zurük  gelassen,  und  der  Ariadne 
Ifer  zu  bringen  befohlen.  Auch  habe  er  ihr  zwei 
Inne  Bilder  geweiht,  das  eine  von  Silber,  das  an- 
Jre  von  Erz.  An  ihrem  Feste,  weiches  auf  den 
ij/eiten  des  Monats  Gorpiaios  fiel,  lege  sich  ein  jun- 
II  r  Mann  nieder,  schreie  und  bewege  sich  wie  ge- 
irende  Frauen.  Den  Hain  aber,  in  welchem  sich 
[|s  Grab  der  Ariadne  befinde,  nannten  die  Amathu- 
5!!r  den  Hain  der  Ariadne  Aphrodite.  Aus  die- 
fr  geschichtlichen  Einkleidung  des  Kultes  sehen 
’lr,  dass  derselbe  aus  einem  Trauer-  und  Freiiden- 
ht  bestanden  haben  müsse,  und  dies  entspricht  dem 
lilte  der  Ariadne  auf  Naxos,  wo  ihr  nach  Plutarchs 
listimmtem  Bericht  ein  Trauer-  und  ein  Freudenfest 
,,jfeiert  wurde,  welche  aber  die  pragmatische  Auf- 
’ssuno-  auf  zwei  verschiedene  Ariadnen  zurükführte. 
h  habe  an  einem  andern  Orte  ®)  zu  beweisen  ge- 
icht,  dass  die  Ariadne  nicht  aus  kretischem  Staod- 
mkte,  sondern  aus  naxischem,  erklärt  werden  müsse, 
ieil  sie  stets  auf  das  Engste  mit  Dionysos  verbun- 
'3n  erscheint,  dagegen  ihre  Verbindung  mit  demkre- 
Sehen  Kulte  nur  eine  ganz  äusserliche,  pragmati- 
che  ist,  dass  sie  als  eine  Dionysosgemalin  riiditsm- 
ers  als  eine  Form  der  Kora  sein  kann.  Dadurch 

rhält  auch  die  Araathusische  Zeremonie  von  der  Ent- 
indong  einer  Schwangeren  ihre  Erklärung,  indem 
adurch  auf  Leben,  Fruchtbarkeit  und  Zeugung  hin- 
ewiesen  ist,  das  Sterben  der  Göttin  aber  eine  Tod- 

mbeziehung  hat.  Diese  A  riadne  Aphro  dite  muss 


9)  S.  Meine  Quaestiones  Naxiae  bes.  S.  40  ff.  5!  Hef  - 
r.  Jahns  Jahrbh.  Bd.  16.  S.  63.  1836.  Hoek  Kreta  2,  133  ff. 

II. 


1 


658 

also  eine  Lebens-,  Liebes-  und  Todes;^öttin  sein,  v 
wir  eine  solche  oben  unter  dein  Namen  einer  Pe  •  i 
sephone  .Aphrodite  kennen  gelernt  haben:  ui  . 
Gemal  dieser  Göttin  ist  Dionysos,  Wann  der  Gi- 
piaios  in  Ainathiis  fiel,  ist  nicht  genau  y-u  bestimmi. 
gewiss  aber  in  die  zweite  Hälfte  des  Sommers,  En; 
August  oder  Anfang  des  September;  nicht  viel  s[- 
ter  also  als  die  Adonien,  und  zugleich  mit  einem  Tlil 
der  Korafeste.  Die  Vereinigung  der  Ariadne  i;l 
Aphrodite  erblikken  wir  wahrscheinlich  auch  auf  eii’ 
Münze  des  Pnytagnras.  Andererseits  kann  man  vi* 
leicht  auch  einen  Gebrauch  auf  Tenedos  vergleich', 
wo  man  an  den  Festen  des  Dionysos  eine  Kuh  v; 
eine  schwangere  und  gebärende  Frau  behandelte  ' . 
Die  Verkleidung  des  Jünglings  auf  Kypros  aber  t 
Verwandtschaft  ntit  der  Sitte  an  dem  dionysisch» 
Feste  der  Oschophorien,  welches  von  Naxos  aus  m  i 
Athen  gebracht  worden  sein  sollte,  und  an  welch» 
sich  Jünglinge  wieMänchen,  Mädchen  wieJüngliii; 
verkleideten.  Aehnliche  Mummereien  fanden  al' 
auch  an  einem  Feste  der  Aphrodite  zu  Amathus  statt  ' 

So  greift  überall  Dionysisches  und  Aphrodisisches  e  j 
in  einander  über.  Wie  Aphrodite  und  Persephös 
dui’ch  die  alles  spaltende  Mythologie  erst  verscb* 
dene  Wesen  gewoi-den  sind,  welche  sich  aber  w  • 
der  einander  ergänzen,  so  finden  wir  auch  die  Aph  - 
dite  neben  Dakchos  und  Ariadne  auf  Kypros  be¬ 
sehen,  und  in  dem  Mythos  beider  beschäftigt,  h» 
mischt  sich  unter  die  naxischen  Nymphen  zum  Tai, 

10)  Oben  Abschn.  4  Anm.  17  ff.  Anm.  25  ff.  AbschiiJ 
Anm.  154  ff.  224  ff. 

11)  Ailian  Ihiergesch.  12 ^  34.  Meine  Quaest.  A'aJ- 
S.  23. 

12)  S.  oben  Abschn.  3.  Anm.  134  ff. 


659 


ostet  die  von  Thesens  verlassene  Ariadne,  verheisst 
r  lluhiu  und  das  eheliche  Bett  des  Dionysos.  Die 
hariten  weben  diesem  Gotte  einen  Peplos,  und  von 
(?r  Aphrodite  erhält  er  die  Krone,  welche  er  seiner 
'raut  schenkt;  sie  aber,  Ariadne,  reicht  wieder  dem 
Iheseus  das  Bild  der  Aphrodite  'O5  welches  er  auf 
eios  weiht,  und  klaget  um  Theseus  Verlust,  wie 
phrodite  um  den  Adonis. 

ln  der  Si^ge,  daU  Theseus  nach  Kypros  vcr- 
hlao’cn  sei,  müssen  wir  eine  Üeberführung-  des  KuD 
s  der  Ariadne  von  Naxos,  wo  der  Dionysoskult  von 
hrakern  eingese/.t  war,  nach  Kypros  erkennen,  wie 
len  eine  andere  Kultverbindiing  von  Delos  und  Ky- 
ios  nachgewiesen  ist.  Dass  wir  diesen  Kult  in 
.tnathus  und  nicht  in  Paphos  finden,  mag  theils  von  sei- 
im  hohen  Alter  herrühren,  theils  weil  er  sich  hier 
lichter  an  die  Adonien  und  andere  che  t 

Ute  anschmiegen  mochte.  Durch  den  einzigen  Zug 
(s  Theseus' aber  suchten  die  Athener  die  verschie- 
(bsten  Kultverbindungen  zu  verknüpfen  utid  zu  er- 
liren.  welche  zwischen  iiirer  fetadt  einerseits,  und 
l  eta,  Delos,  Naxos  und  Kypros  andererseits  statt- 
iiden,  ohne  sich  an  die  widersprechenden  Züge  zu 
fitssen,  welche  die  Verbindung  aller  zu  einer  einzi- 
jn  nothwendig  mit  sich  bringen  musste  ). 

Zeus  und  Hera. 

Wenn  irgend  eine  kyprische  Gottheit  sich  on- 
M’kcimbar  als  eine  altgriechische  und  pelasgische 

13)  Dies  Eild  stammt  nicht  etwa  aus  Kreta,  denn  hier  sind 
n  ganz  schwache  Spuren  des  Aphroditekultes,  ist  aber  auch 
a|  andern  Gründen  nicht  glaublich. 

14)  Vgl.  Hök.  Kreta  2,  133  ff. 


ankundigt  so  ist  es  Zeus.  Er  führt  hier  seine  pe- 
lasgischen  Benennungen  '‘EXmovg  ElXi^riog  und 
EveXid'^g  '  ®)  5  EXaS-vdag  hiess  seine  Opferstätte, 
aber  Hera.  Dieser  Gott  ist  jedoch  ein  Herrscher  ir 
der  Ober*  und  Unterwelt,  und  in  dieser  Eigenschafi 
begegnet  er  uns  noch  mehrere  Male.  Der  Zeus 
Eilapinastes*®),  ElXamvaüTijg ^  kann  freilich  aiiij 
einen  Gott  des  Hauses  und  des  Heerdes  und  der  Ge¬ 
selligkeit  bezogen  werden,  es  kann  aber  auch  ein 
furchtbarer  und  verschlingender  Zeus  sein,  wie  de« 
Laphystios  ‘  ®)  des  Minyervolkes,  ein  Meilichios,  wel¬ 
cher  versöhnt  werden  musste.  Dieselbe  doppelte  Deu-'  i 
tung  auf  einen  Gott  des  Mahles  und  den  chthonischer  ' 
Zeus  lässt  der  Zeus  S plan  chnoto  mos  *'’),  '2nXaYi"  \ 
Vötopjog^  der  die  Eingeweide  zerfleischt,  zu;  bei  bei-  i 
den  würden  wir  aber  den  lezteren  Sinn  vorzieheo  > 
Der  chthonische  Gott,  welcher  versöhnt  w^erden  musste  ■ 
ist  auch  Zeus  ^eviog^  zu  Amathus**);  ihm  wurderi : 

15)  Hesych.  'Elmovs  Zivi  Iv  Kvnqip.  Nach  dems.  hiessl , 
Hephaistos  bei  den  Doriern  'Eluog,  M’elches  ebenfalls  Zeus  ist ' , 
Otfr,  Müll.  Dor.  1,  308. 

16)  Hesychios.  Ell^no;:  Ztvs  iv  Kvnqm,  oder  Eü^ewf 
Giese  äol.  Dial.  S.  233.  Zeus  in  Theben  'Einig.  Auch  Zu 
tkivofuvog  iv  Kvqrjv^  ist  ein  Gott,  welcher  versöhnt  werden  muss 
Evijlogi  Jicg  It^ov  iv  Msyd^oig  xal  iv  KoqIv&(o.  Bei  Hesych 
auch  ' Elfxd-veag :  Jiog  tfQov  iv  Kin^m  "Ela:  Jihg  Uqov  iv  Jiodoiv’ 
u.  s.  w. 

17)  Hesych.  'Eltla.  vgl.  Welker  Kadmos  S.  12. 
Argos  hiess  sie  Eilt]9-vla.  Für  'Elda  sagte  man  auch  "Ela.  Die 
selben  Namen  führte  auch  Artemis  in  Messenien. 

18)  Eustath.  z.  Od.  1,  225.  S.  53.  ' 

19)  Otfr.  Müller.  Eumeniden  S.  139. 

20)  Der  Delpher  Hegesander  b.  Athen.  4,  174,  iv  Ki\ 
UQiü  ...  diu  tllanivadriiv  rs  xal  ßnlay/vorS/uov. 

2!)  Ovid.  Met.  10,  224.  Jupiter  Hospes.  DieFremden 
Opfer  lassen  allenfalls  auch  eine  oben  gegebene  andere  Deuj 


t 


661 

Menschenopfer  gebracht,  wie  bei  den  Minyern,  und 
iem  kretischen  Zeus,  welcher  noch  //.u  Platons  Zei- 
;en  Menschenopfer  forderte.  Worauf  der  Zeus  Ze¬ 
ter®*)  5&U  deuten  sei,  ist  mir  aber  nicht  klar.  Da- 
iregeo  kann  wieder  über  den  schö/.enden  und  rächen- 
ien  Zeus  zi/fAooQOQ  eben  so  wenig  ein  Zweifel  sein, 
wie  über  den  imxo'mog  Eine  mystische  Ehe  geht 
jZeus  mit  Aphrodite  ein,  indem  er  mit  ihr  die  gehörn¬ 
ten  Kentauren  zeugt.  Im  kyprischen  Gedicht  des 
IVheopompos®“),  hatte  auch  gestanden,  dass  Zeus  di© 
iHera  gefesselt  habe,  war  also  vermutlilich  ein  kypri- 
kcher  Mythos.  In  Alt-Paphos  wurde  Zeus  als 
Ipolieus  mit  Hera  und  Aphrodite  verehrt.  Zu  Ama- 
Ithus  finden  wir  neben  dem  Zeus  auch  die  Hera, 
denn  auf  einer  Inschrift  heisst  es;  „vom  Heraion 
bis  zum  Mosaikwege,  Xid-oatQUiTOP ^  hat  Aisimos  die 
Bäume  gepflanzt,  und  den  Göttern  den  1  eoipel  er¬ 
lrichtet.  Wer  hiervon  etwas  zer-tört,  dem  mögen  die 
Götter  keine  Stüze  sein.“  In  Kitioo  wurde  Zeus  als 
Keraunios  verehrt.  Die  Inschrift  lautet:  Zeusdem 
iponnerer,  Aphroditen,  der  Stadt,  dem  Volke  und  der 
Eintracht  haben  Aviana  und  Avianus  die  Hallen  und 
|Alles  darin  aus  Eigenem  geweiht.  Auf  einer  Münze 
ivon  Marion  findet  sich  das  Bild  des  Zeus.  Bei  Arsinoe,  in 
der  Gegend  von  Soli  hatte  Zeus  einen  berühmten  Hain. 

itung  zu.  Lutat.  z.  Ovid.  ad  aram  Jovis  hospitis,  quae  proxima 
erat  Veneris. 

22)  Hesych.  Zivs  iv  Kmqa. 

2'i)  Klemens  V.  Alex  Protr.  24  Sylb.  Zik 

rf  cd(ix()k  iv  "jQyBi,  nfxcoQÖg  dt  älkos  Ip  Kvn^a  ^ 

24)  Hesych.  ’ Emxüino?:  Zsk  iv  Zala^uvt.  Es  ist  aber 
i  nicht”  ausgemacht,  ob  nicht  vielleicht  auch  die  Insel  Salamis 
hier  gemeint  sei. 

2^)  BeiFulgent.  1,  2.  Ebenso  bei  Hellanikoa  das., 
I  welcher  ebenfalls  über  Kypros  schrieb.  Horn.  11.  15»  18. 

26j  Inschr.  Thl.  l  S.  134. 


662 


Ich  führe  hier  diesen  Kult  nicht  weiter  aus;  nllj 
einzelnen  Formen  ergeben  sich  leicht  aus  dem  g( 
samten.  Man  sieht  aber,  wie  mannigfaltig  derselfc 
war.  und  dass  Zeus  an  jedem  nur  irgend  bedeuter 
den  Orte  verehrt  worden  sein  muss.  Der  llaupto 
desselben  war  aber  Salamis.  Hier  war  Zeus  di 
höchste  Gott®’)  und  Teukros  selbst  sollte  ihn  mit  ai 
seiner  Heimat  Salamis  gebracht  haben®®).  Dies« 
stand  mit  Teukros’  Familie  seit  Aiakos  her  in  d< 
engsten  Verbindung;  es  war  ein  Familienkult,  m 
die  j^’^achkoramen  verwalteten  sein  Priesterthum.  Aiu 
der  Zeuskult  zu  Olbe  in  Küikien  wurde  von  dt 
Ts'iikrideri  eingesezt  und  erblich  besorgt.  Ein  Gle 
ches  dürfen  wir  auch  von  Kypros  annehmen:  Dal 
tanz  berichtet  es:  überdies  war  es  griechischem  He 
kommen  gemäss,  und  beide  Kulte  hatten  einen  ü 
Sprung,  standen  in  enger  V'erbindung.  Isokrates  war 
den  Kikokles,  er  solle  nicht  so  leichtsinnig  mit  di 
Herrschaft  umgehen,  wie  wenn  er  ein  Priestertim 
ve''waite.  Des  Zeus  Ansehn  und  Verbreitung  wurö 
gewiss  durch  die  Herrschaft  von  Salamis  und  die  a 
tischen  lölker  befördert,  und  sein  Kult  ist  unstreiti 
der  wichtigste  nächst  der  Aphrodite.  Aber  diese  i 
Gottheit  des  Landes  und  obgleich  Zeus  in  Salam 
als  Stadt  die  höchste  Geltung  hatte,  und  sein  Ansel, 
durch  die  Teukriden  gesichert  war,  muss  doch  aut, 
jene  in  Salamis  verehrt  werden.  Von  den  Aphrod 
siee  daselbst  haben  wir  oben  gesprochen ;  eine  Müni 

2”)  Amm.  Marcel],  14,  7.  Salamis  et  Paphus:  altei 
Jovis  delubris,  altera  Veneris  templo  insignis:  Auf  einer  Mün. 
gehen  wir  den  Stierkopf,  einen  fliegenden  und  einen  size 
den  Adler  auf  den  Münzen  der  Kleidesinseln, 

28J  Tacit.  Ann.  3,  62  ...  et  Jovi  Salaniinio  Teucer,  Tel. 
monis  patris  ira  profugiis,  posuissent. 


663 


Sigt  das  Bild  des  Zeus  und  der  Aphrodite.  Was 
)er  noch  wichtiger  ist;  eine  Mün’/x  zeigt  das  Bild 
3S  Zeus  und  auf  der  Kehrseite  die  Aphrodite  mit 
’3in  Paphischen  Tempel,  und  die  Inschrift  von  Pa¬ 
tios  stellt  die  Aphrodite  voran,  lässt  Zeus  Polieus 
id  Hera  folgen.  Hier  ira  religiösen  Mittelpunkt,  wo 
!ir  auch  Demeter  und  Bakchos  fanden,  wird  der  Kult 
3S  Zeus  und  der  Hera  ebenfalls  beigeordnet;  da  er 
jer  als  Polieus  verehrt  wird,  muss  er  doch  neben 
iphrodite  eine  besondere  Auszeichnung  genossen  ha- 
en.  In  Amathus  besteht  er  ebenfalls  neben  Aphro- 
ite,  aber  dort  fühlt  sich  die  Göttin  durch  seine  5len- 
thenopfer  verlezt.  Diese  erhielt  er  auch  in  Sala^ 
lis;  von  Teukros  selbst  sollten  sie  eingesezt  und  bis 
ufWdrlau  gedauert  haben  ®®).  Von  der  Abschaf- 
ing  der  Menschenopfer  durch  Hadrian  auf  Kypros 
j^efss  aber  weder  Dion  Kassios  noch  andere  Ge- 
Ichichtscbreiber  etwas.  Porphyrios  sagt,  dass  Ha- 
rian  alle  Menschenopfer  im  ganzen  römischen  lleiche 
erboten  habe,  und  hieraus  mag  Laktanz  dasselbe  für 
ie  Zeusopfer  auf  Kypros  geschlossen  haben.  Dass 
ie  aber  wahrscheinlich  früher  abgeschaffl  wurden, 
iverden  wir  bei  der  Athene  sehen.  Ein  untergeord- 
.etes  Interesse  erhalten  diese  Menschenopfer  noch 
llurch  ihre  Einflechtung  in  die  oben  berührte  kyprisch- 
,,gyptische  BusirisfabeP“).  Aber  aus  späterer  reh- 

“l^n^ktanz  de  falsa  relig.  1,  21.  Apud  Cyprios  Iiuma- 
\am  hostiam  Jovi  Teucer  inimolavit;  idque  sacrificium  posteris 
iradidit:  quod  est  nuper  Hadriano  imperante  sublatum.  g  • 
'ipit.  ad  Pentad.  Kap.  13.  Ueber  die  griech.  Menschenopfer 
'm  Allg.  verbreiten  ^vir  nns  hier  nicht  weiter,  erinnern  ladess 
|m  die  3Ienschenopfer  des  Dionysos  auf  Chios  undTenedos,  des 
liresbei  den  Lakedäinoniern ,  die  Meuschenzehnten,  in  Athen 
h.  s.  w.  Ueber  leztere  vgl.  Müller  Eumcmd.  S.  14i. 

1  30)  Junius  Philargyrios  z.  Virg.  .Ueorg.  3,  5.  Hygin 

iFab.  56. 


I 


664 

giöser  Lehre  der  Orphiker  müssen  wir  hier  erwäh 
nen,  dass  die  Kyprier  dem  Zeus  und  Helios  zu¬ 
sammen  Altäre  errichteten®*)* 

Athene  und  Agraulos. 

Auf  dem  eigensten  Boden  Attikas  sind  die  Vor 
Stellungen  vom  Kekrops  und  seinem  Kulte  erwach¬ 
sen;  dem  erdgebornen  Sohn  nach  pelasgischen  Re 
ligionsideen,  welcher,  wie  der  Mythos  meldet,  der 
Athenern  ihre  Athene  zuführte.  Ihn  und  seine  ganz» 
Sippschaft  haben  wir  zu  wiederholten  Malen  in  dei 
kyprischen  Mythen,  wo  sie  eine  Nothwendigkeit  ge 
worden  waren,  kennen  gelernt.  Das  Alles  könnei 
wir  hier  aber  nicht  wiederholen,  sondern  sprechet 
nur  von  dem  durch  ihn  eingesezten  Kulte  der  Athemj 
und  A graulos,  welche  wie  in  Athen,  so  auch  auf  Ky 
pros  zusammengehören,  indem  der  kekropische  Diens 
ein  Bestandtheil  des  Athenekultes  ist.  In  Salami: 
waren  die  Tempel  der  A  thene,  A  graulos  und  de 
Diomedes  von  Einem  Gehege  eingeschlossen.  Ke 
krops®^)  sollte  seiner  Tochter  den  Kult  eingerichte 

31)  Julian  Rede  A.  Elg  rov  Bacili«"Hhov.  S.  135  Spanl 
Mc'QTVQovfUvoi,  TovS  Tt  Kvn^lwv  itqiag,  oi  xotvovs  anof/aivovot  ßtofioi 
'Elim  y.cet  Jit  tiqo  xoinrnv  di  tn  tov  ’Anölho  awid^svovra  im  O-a 
rmds  naQKxalißavTiS  juc'cQrvq«'  frjßl  yaQ  6  d-fos: 

Eis  Zivs,  tls  “Atd/is,  fis  “Eltög  icn  Sdqantg. 

XotpijV  vTtoldßm/usv'  fiallov  di  filav  'Hllov  xat  Aiös  iv  nls  voiqo 
9(ols  dvvaatsiav.  S.  143.  cvvrqsyst,  di  avTm  (dem  Helios)  xal  tj  n 
Jios  dTjuovqyiXTj  dvvufMS’  r^v  i(f  a.fxsv  xai  nqortqov  idqucdai  ts  avro 
iv  Kinqtp,  xat  «nodtdilydut  xotp^  id  '  nfjiivrj  xat  tov  ’Anollmva  (j 
auTov  ifiaQTvqSfifd-a  no  köyio. 

32)  Porphyr  io  s  De  abst.  2,  54.  4,  8.  u.  s.  w.  S.  Thl. 
S.  184.  Eiiseb.  Auf  Konst.  Kap.  13.  Der  Ort  am  Meere,  w 
dies  Opfer  vollbracht  wurde,  soll  Dineuterion  geheissen  habenl 
vgl.  Thl.  1,  93.  Welker  Trilog.  S.  286:  „In  Athen  stürze 


665 


,  haben,  und  im  Monat  Aphrodisios  wurde  ihr  jährlich 
lein  Mensch  geschlachtet.  Wer  geschlachtet  wurde, 
musste  von  Jünglingen  geführt  dreimal  um  den  Altar 
herumlaufen,  und  nachdem  ihm  vom  Priester  ein  Speer 
in  die  Kehle  getrieben,  wurde  er  auf  einen  Scheiter¬ 
haufen  geworfen  und  verbrannt.  Als  Diomedes  nach 
Kypros  gekommen,  sollte  man  die  Bestimmung  des 
Opfers  umgeändert  und  diesem  den  Menschen  darge- 
Ibracht  haben.  Aber  seit  dem  Könige  Diphilos*®), 
iwelcher  zu  den  Zeiten  des  Seleukos  Theologos  lebte, 
[soll  statt  des  Menschen  ein  Rind  geopfert  sein.  — 
iüass  dieser  Kult  mit  dem  des  Teukros  zusamraenge- 
jstellt  werden  muss,  scheint  mir  nicht  zweifelhaft  zu 
[sein.  Nur  die  Verbindung  mit  Diomedes  ist  mir  nicht 
iklar.  Vielleicht  aber  ist  er  durch  die  troischen  My¬ 
then,  und  weil  Athene  seine  Schuzgöttin  war,  oder 

Isich  die  Schwestern  der  Pandrosos  von  der  Burg,  dies  deutet 
lauf  eine  ehemalige  Opferung,  verschieden  von  der  in  Salamis 
'auf  Kypros,  wo,  wenigstens  späterhin,  das  Opfer  der  Agraulos 
und  mit  ihr  des  Diomedes  aus  einem  Jünglinge  bestand,  wel¬ 
cher  mit  der  Lanze  durchbohrt  ward. 

33)  Wie  es  mit  dem  Könige  Diphilos  steht,  ist  schw.er 
zu  sagen,  mithin  auch  diese  ganze  Zeitbestimmung  für  uns  ver- 
loren^  Ist  Seleukos  Theologos  der  Alexandrinische  Magier 
;  (Fahriz.  Bibi.  gr.  1  S.  86  Karl.  Röhr  z.  Porphyr,  zit.  Gal.  z. 
Jambl.  de  Myst.  S.  297  u.  Virg.  z.  Euseb.  pr.  ev.  5  S.  297,  wo 
er  »av^aßrog  5-foioyoff  und  rmv  äm^q^iToip  heisst),  so  weiss 

man  nicht,  wie  ein  König  Diphilos  in  dieser  Zeit  geherrscht 
haben  kann,  da  es  keine  mehr  gab.  Hätte  er  sich  vorüberge¬ 
hend  als  Tyrann  aufgeworfen,  so  Hesse  sich  glauben,  dass  wür 
auch  von  anderer  Seite  her  etwas  über  ihn  wüssten.  Röhr 
a  a.  0.  bemerkt,  dass  beim  Euseb.  Jitcfilog  stände.  Hieraus 
möchte  ich  zweifeln,  ob  überhaupt  der  Name  eines  Königs  da¬ 
gestanden  habe,  und  die  Aufhebung  in  eine  früiiere  Zeit  unter 
einem  andern  König  falle,  üeberdies  wird  jener  Seleukos  ganz 
so  gefasst  wie  Orpheus,  Linos  u.  aa.  alte  iheologen,  Daun 
aber  gab  es  auch  mehrere  und  ältere  dieses  Namens. 


066 


durch  Arpvische  Mythen,  aufgenommen.  Oder  sollte 
hier  gar  an  den  König  der  I3istonen  zu  denken  sein, 
welcher  Menschenblut  forderte?  Aber  dieser  steht 
zu  fern,  wenn  er  auch  ein  Sohn  des  Ares  heisst. 

Von  der  Athene  finden  wir  ausserdem  noch  die 
Formen  einer  Athene  Telchinia  welcher  die 
kyprischen  Teichinen  einen  Tempel  zu  Teumessos  in 
Büiotien  weihten,  und  die  einer  Athene  Alea;  we¬ 
nigstens  sendet  Agapenors  Tochter  Laodike  von  Pa- 
phos  aus  nach  Tegea  jener  einen  Peplos.  Doch  auch 
sie  kommt  auf  kyprischen  Münzen  öfters  mit  Aphro¬ 
dite  vereinigt  vor. 

Apollon  und  Artemis. 

Die  Ausirreitung  des  Apollinischen  Kultes  hatte- 
von  Kreta  aus  über  das  Meer  den  freiesten  Spiel¬ 
raum,  und  man  baute  an  den  Küsten  des  ägäischen 
Meeres  überall  dem  Gotte  Heiligthümer  auf.  So  ent¬ 
stand  nach  Müllers  Auffassung  seine  Verehrung 
in  Troas,  Klares,  Milet,  Lykien  u.  s.  w.  Im  Landei 
der  Magnesier  war  ein  Ort  Hylai  und  daselbst  dem 
Apollon  eine  Höhle  geweiht.  Ihm  zu  Ehren  spran¬ 
gen  heilige  Männer  von  steilen  Abhängen  und  Fel-i 
sen,  rissen  übergrosse  Baumstämme  aus  den  Wurzeln 
und  gingen  auf  den  steilsten  Fussgängen  mit  diesen 
Lasten.  Mit  diesem  Hylai  muss  das  Hylai  oder  Hyle 
auf  Kypros  ®  ®)  verwandt  sein ,  wo  ebenfalls  Apolioui 


34)  Paus.  9,  19,  I. 

35)  Otfr.  Müll.  Dor.  1,  215  ff.  232,  259.  ' 

36)  Thl.  1  S.  119.  Steph.  v.  B.  "YAi?,  nölis  Kvuqov,  in  aj 
'‘Anihliov  nfÄUTcci,  ‘'Ylar^js,  Ders.  ^ Afj,afj.aa6u?,  n.  K.,  iv  Jj  naami\ 
''YkanjS  'Anöllmv,  Ders.  Ti^ßQog,  n.  K.,  nnuijna  "Ylciiiis  ’An,\ 


667 


iverehrt  iin<l  daher  Hylates  benannt  wurde.  Unter 
jilieseui  Namen  wurde  er  aber  noch  an  einigen  andern 
kyprischen  Orten,  za  Tembros,  Erystheia  «nd  Ama- 
raassos  verehrt.  Daraus  sehen  wir,  dass  Hyie  ein 
iHauptort  des  Apollonknites  gewesen  sein  muss,  und 
wahrscheinlich  lag  dieser  Ort  etwas  westlich  von  der 
Halbinsel  Kurias  auf  dem  V.  G.  Phrurion  ®  ^).  Theils 
iwird  diese  Lage  von  den  Alten  selbst  bestimmt,  theils 
istiramen  auch  die  Kultgebräuche  auf  dem  V.  G.  Phru- 
■rion  mit  dem  übrigen  Sühnkult.  Wer  den  Altar  des 
Gottes  berührt  hatte,  wurde  von  dem  Felsen  herab- 
gestürzt.  In  dieser  Sitte  sind  Sühnopfer  zu  erken- 
inen,  wie  sie  an  den  Attischen  Thargelien  staüfanilen, 
zu  Hylai,  und  auf  dem  Lenkadischen  Felsen,  von 
welchem  Kephalos  zuerst  den  Sprung  gethan  haben 
sollte,  als  er  mit  dem  Blute  der  Prokris  bellekkt,  sich 
als  Flüclitling  dem  erzürnten  Familiengotte  zum  Opfer 
anbot.  Gerade  ihn  haben  wir  schon  aufKypros  wie¬ 
der  angetroffen,  und  zwar  mit  dem  Mythos  der  Eos  ®  ®) 
verbunden,  in  welchen  dadurch  ein  Apollinisches  Ele¬ 
ment  eingefügt  wiid,  denn  diesem  Kulte  gehört  Ke- 
phalos  an 5  und  es  unterliegt  keinem  Zweitel,  dass 
mau  nicht  auch  die  kyprischen  Sühngebräuche  auf  ihn 
zurükführte.  Ein  anderer  Sühnkult  war  in  Argos 
aufKypros,  und  dass  wir  auch  hier  den  Apollon  wie- 
1  derfinden,  führt  uns  zu  der  Verrnuthung,  dass  Apol¬ 
lon  theils  mit  den  Argivischen  Ansiedlern  nach  Ky- 

Ders.  ’Kqvg&hu,  n.  K.,  iv  J]  ’An.  ufxumi  "Ylärrfi.  Jmviaiog  Baß- 
cci^iumv  TQirri. 

ol'  r  t/^ov  'yAdrßo  dsou  i'cJbff  'AnvklaroS, 

Ti^ßqov,  ^EQva9siav  rs  xat  iwuU>]t>  ‘ A^iafiuctsöv. 
L-ykophron.  V.  448.  ical  Sdi^ay^ov  ßkuj'^ai'ifS,  ‘TAftrow  n 
Eustath.  z.  Hom.  Il  5,  710.  2  S.  63  Leipz. 

37)  Strabon  i4  S.  683. 

38)  Adonis  Anni.  72. 


668 


pros  geführt  sei.  wenn  auch  die  oben  angegebene 
Verbindung,  wie  Müller  sie  im  Allgemeinen  aufstellt, 
niclit  ganz,  geleugnet  werden  soll ,  zumal  auch  Ku¬ 
rion,  wo  ein  bedeutender  Apollonkult  stattfand,  und 
die  umliegende  Geejend  argivisch  war.  ln  Argo^ 
wurde  Apollon  als  verehrt^®).  Da  indesser 

dies  Wort  nicht  zu  verstehen  ist,  so  habe  ich  oben 
vennuthet,  es  möchte  damit  der  Apollon  ^EqiO^vßioc 
oder  reqyid-ioq  gemeint  sein.  Der  Erithybios  ist  eir 
abwehrender,  reinigender  und  heilender  Gott,  nament¬ 
lich  wird  er  verehrt  als  Abwender  des  Kornbrände? 
in  mehreren  Gegenden  des  asiatischen  Gricchenlan- 
des,  und  könnte  einerseits  mit  der  sibyllinischen  Weis¬ 
sagung  auf  Kypros  verbunden  gewesen,  oder  aiicl 
als  Reiniger  von  aphrodisischer  Verstörung  gefass 
sein.  In  seinem  Tempel  nämlich  findet  Aphrodite  den 
Adonis  wieder,  und  er  befiehlt  ihr  sich  vom  leuka 
dischen  Felsen  herabzustürzen,  um  in  den  Weller 
Kühlung  zu  suchen  und  der  Liebe  los  zu  werden 
So  wird  die  Apollinische  Sühnung  auf  den  Aphrodite 
kult  angew'andt  wie  Kephalos  denselben  Sprung  wagt; 
Ein  Apollon  Gergithios  könnte  aber  durch  die  troi 
sehen  Gergithier  auf  Kypros  eingeführt  sein. 

Den  Apollon  zeigt  auch  eine  Münze  von  Ida 
lion.  Die  Städte  Tembros,  Erystheia  und  Amamasso 
müssen  in  der  Gegend  von  Hylai,  dem  V.  G.  Phru 
rion  und  der  Stadt  Kurion  gelegen  haben,  vielleicl 
dort  auch  Argos,  weil  die  Argivische  Kolonie  in  dies 
Gegend  ging,  und  wegen  des  Apoiionkultes  lasse 
sich  auch  die  ersten  drei  Städte  als  Argivisch  vet 
muthen.  Daselbst  muss  man  auch  den  Hain  de' 
Apollon  suchen.  In  Kurion  trat  besonders  die  He 
ligkeit  der  Apollinischen  Thiere,  der  Hirsche,  hervo 


30)  S.  Adonis  Anm.  92. 

40;  S.  Abschn,  4  Anm,  208. 


669 


Die  Epeirctischen  Hirsche  sollten  das  Meer  durch 
nach  Korkyra  schwimmen.  Eine  ähnliche  Erschei¬ 
nung  berichtete  man  von  Kypros.  Die  Syrischen 
Hirsche  kommen,  erzählt  Ailian  **),  zu  Schaaren  ans 
il'fer,  warten  dort  günstigen  Wind  ab  und  werfen 
'dann  sich  vertrauensvoll  ins  Meer,  indem  die  hinler- 
foigenden  ihren  Kopf  auf  den  Eükken  der  vorderen 
liegen,  und  sie  so  in  geordneter  Reihe  hinüberschwim- 
imen.  Der  Führer  wird,  wenn  er  ermüdet  ist,  da  er 
Isich  nicht  stüzen  kann,  durch  den  folgenden  abgelost, 
lund  beschliesst  dann  den  Zug;  und  so  geht  es  die 
Reihe  durch.  Sie  schwimmen  aber  nach  Kypros,  der 
ifetten  Weide,  des  hohen  und  schönen  Falters  wegen. 
!Von  der  Heiligkeit  der  Hirsche  um  Kurion  oder  auf 
der  Halbinsel  Kurias  erzählt  derselbe  noch,  dass  die 
Jäger  vergeblich  auf  sie  Jagd  machen,  feie  flöhen 
in  den  Hain  des  Apollon,  welcher  sehr  gross  sei,  und 
hier  wagten  ihnen  die  Hunde  nicht  nachzukommen. 
Unerschrokken  und  furchtlos  weideten  sie  auf  der 
Trift,  und  durch  einen  geheimnissvollen  Naturtrieb 
vertrauten  sie  ihre  Rettung  dem  Gotte  an. 

Als  ein  Band,  welches  Kypros  mit  Delphi,  oder 
die  Aphrodisische  Religion  mit  der  Apollinischen  zu 
knüpfen  suchte,  muss  man  nicht  allein  die  Autnahme 

41;  Thiergesch.  5,  56-  11,  Oppian-  Kyneg.  2,  217. 
PI  in  8,  50  erzählt  es  von  den  kilikischen  Hirschen.  Ebenso 
sagtHedj-los,  oder  wer  sonst  der  Verf.  der  Verse  ist: 

TW  •Poißo),  noXkov  dtu  zZfUi  O-tovaat, 

"'Ak&oufv  ai  rce/ipat  rol«  (fvyitp 

Istrab.  a.  a,  O.  fügt  hinzu:  dass  er  das  kilik.  Vg.  Korykion  meine. 
iZu  dieser  Auffassung  mochte  der  dortige  Apolionkult  Veranlas¬ 
sung  gegeben  haben,  so  dass  dieser  mit  dem  kjprischen  inVer 

bindimg  tritt.  Von  den sizilischen  Hirschen  ähnliches  beiMaxim. 

V.  Tyros  12,  3, 


670 


der  Aphrodite  in  Delphi  sondern  auch  die  Vereh¬ 
rung  betrachten,  welche  die  kyprischen  Könige  Del¬ 
phi  /.ollten.  Euelthon  weihte  ein  lläiicherfass  nach 
Delphi  Nikokles  bildete  den  Apollon  auf  einem 
Omphalos  sizend  auf  einer  Münze  ab.  Zunächst  liegt 
dabei  an  den  Delphischen  Oinphaios  zu  denken ;  zieht 
man  den  Paphischen  vor,  so  ist  auch  hier  eine  Ver¬ 
bindung  beider  Gottheiten.  Nikokreon  **)  schenkte 
dem  Delphischen  Gotte  einen  schönen  Hirsch  mit  vier 
Hörnern  und  den  Versen: 

2rjg  tvsxsv,  Arjwvg  xo^aXy.sxa  y.ovq\  irtivoiag 

Trivd'  &Xs  Niy.oxqsmv  TerqdxeqcüV  sXaffOV. 

Die  8alaminischen  Könige  hatten  indess  noch  einen 
andern  Grund  den  Apollon  zu  verehren,  denn  Teu- 
kros  hatte  die  Gründung  von  Salamis  auf  Kypros  auf 
Befehl  d  es  Delphischen  Gottes  unternommen  Hier 
ist  er  also  Kolonienführer.  Die  hauptsächlichste  Auf¬ 
fassung  bei  den  Kypriern  ist  aber  die,  den  Apollon 
als  Eeiniger  und  Sühngott  zu  nehmen.  Dazu  kommt 
noch  jene  andere,  in  welcher  er  auch  auf  Kypros  die 
chthonischen  Kulte  und  die  phrygische  Flötenmusik 
bekämpft.  Zu  den  vorhergenannten  Verbindungen, 
welche  er  mit  Aphrodite  eingeht,  muss  auch  noch  die 
gezählt  werden,  dass  er  ebenfalls  wie  die  übrigen 
nicht  aphrodisischen  Gottheiten  in  den  Bereich  der  Lan- 


42)  Abschn.  5.  Delphi. 

44)  Abschn.  1,  4-  Anm.  29.  Herodot.  4,  162. 

44)  Ailian  Thiergesch.  11,  40. 

45)  Horaz,  I,  7,  15.  Certus  eiiim  promisit  Apollo  Ambi- 
guam  tellure  nova  Salamina  futuram.  Serv.  Virg.  Aen.  1,  619. 
ex  responso  Apollinis. 


671 

des^ottheit  gezogen  wird,  und  auf  Münzen  öfters  mit 
der  Aphrodite  verbunden  vorkommt.  Zu  seinem  Kreise 
gehört  die  Artemis,  welche  vornehmlich  zwar  nur 
im  Adonismythos  eine  Rolle  spielt,  auf  Münzen  aber 
auch  mit  Aphrodite  zusammengestellt  wird. 


Verbesserungen  und  Zusaze. 


Seite  6,  Zeile  4.  von  unten  lies  phrygischen  für  griechischen. 

S.  7,  Z.  15.  V.  u.  1.  Naturleben. 

S.  18  Z.  7.  V.  u.  1.  aphrodisischen,  und  wo  sonst  aphroditisch 
für  aphrodisisch  steht. 

S.  22,  Note  1  zu  streichen. 

S.  27,  Z.  2.  Geppert.  üeb.  den  ürspr.  der  homer.  Gesänge 
1,  124.  meint,  in  der  Ilias  sei  Kypros  das  Land  der  Aphro¬ 
dite,  in  der  Odyssee  Kythera.  Sollte  man,  auch  abgesehen 
von  dem  Gesänge  des  Demodokos,  so  weit  gehen  dürfen? 

S,  37,  Z.  15-  1.  Schrein  für  Schreie. 

S.  38,  Z.  8.  1.  Argivisch. 

S.  39,  Z.  8.  1.  schön  wie. 

S.  47,  Z.  7.  1.  und  f.  in. 

S.  52,  Z.  9.  1.  Hermes-Phallos  f.  Psallos. 

S.  52,  Z.  23.  1.  wie  f.  die. 

S.  55,  Z.  23.  1.  Harma  f.  Herma. 

S.  75,  Note  31.  vgl.  Schol.  z.  Lysistr.  651. 

S.  77,  Z.  18.  1.  Feste  f.  Kämpfe. 

S.  77,  Z.  19.  als  f.  der. 

S.  81,  Z.  14.  Nach  einer  andern  Nachricht  gehörte  auch  Ta- 
massos  zu  den  ältesten  Kultusstätten.  Ovid.  Met.  10,  645. 
quem  (d.  Gebiet  v.  Tamassos)  mihi  prisci  Sacravere  senes. 

S.  83,  unten.  Wichtig  für  die  Verbindung  von  Kypros  mit  Ar¬ 
kadien  ist  es  ferner,  dass  Laodike  ein  Bild  der  sogenannten 
Pap  hi  sehen  Aphrodite  nach  Tegea  von  Paphos  aus  weiht, 
wie  man  eine  solche  in  Sardes  und  Pergamos  hatte.  Deme¬ 
ter  und  Kora,  genannt  xa^no(f6qoi,  waren  benachbart;  inglei¬ 
chen  Dionysos.  Paus.  8,  63,  3. 


673 


85,  Z.  18.  1.  Argiver. 

S.  89,  Z.  19.  1.  nie  Menschen  geopfert  hätten. 

S.  95,  Z.  14.  1.  Hesiodos  f.  Hesychios. 

S.  95,  Z.  25.  1.  kleine. 

S.  95,  Z.  27.  Göttin  f.  Gattin. 

S.  97,  Z.  18.  Ein  solches  heiliges  Gebiet  der  Göttin  und  Tem¬ 
pelgut  lässt  sich  mit  einiger  .Sicherheit  auch  von  Tainassos 
angeben.  Ovid.  Met.  10,  645.  Est  ager,  indigenae  Tama- 
seum  nomine  Teiluris  Cypriae  pars  optima:  quem  mihi  prisci 
Sacravere  sehes,  templisque  accedere  dotem  Hane  jussere 
meis. 

S.  105,  Z.  2.  1.  Band  f.  Land. 

S.  107,  Z.  8.  1.  nochmaligen  für  nachmaligen. 

S.  113,  Z.  18.  1.  Mariandyeern. 

S.  121,  Z.  1.  T.  u.  1.  Echeloos. 

S.  122,  Z.  21.  1.  Zoilos. 

S.  126,  Z.  13  1.  er  f.  es. 

S.  1.30,  Z.  6.  1.  Melos. 

S.  130,  Z.  1.  V.  u.  1.  Kelenderis. 

S.  132,  Z.  2.  Kekrops  f.  Kepros. 

S.  142,  Z,  2.  1.  Bedeutung. 

S.  142,  Z.  17.  1.  Hierodulie  f.  Hierodulin. 

S.  146,  Z.  3.  1.  wagte  den  Ort  zu  bewegen. 

8.  156,  Z.  11.  Einzuschalten:  Es  beruht  also  nur  auf  einer  Ver¬ 
wechselung,  was  Porphyrios  Htqi  1,  14 

von  den  Kypriern  berichtet.  Nachdem  er  gesagt:  die  Grie¬ 
chen  ässen  die  Schweine,  fährt  er  fort:  ‘^^olvtxsi  Je  xal  ’lov- 
Julov  dnie/oi'ro,  Sn  ov  d”  elco?  ip  tols  TonmS  Itpvsto’  inti  ovJs  vvp 
ip  AlS^Ktnia  (f  aclp  o^atfd-ett  ro  ^aop  wvm.  w?  olop  WfÄTjlop  ^  eks- 
q‘apja  ‘EkkrjVbiP  ovJtk  d-tols  eS-vffep,  netq’  oßop  ovJ’  ^peyteer  ^  El¬ 
las  lavra  m  fw« ,  ovrms  ovJ“  ip  Kvn^m  ^  4>mpiiCff  9-tois 
TO  ^Mop  wvTo,  nag’  oaop  ov'd  irtimop.  oMs  Alymtnm  9to2s  9-6- 
mcip  vp  naga  j^p  avTfjP  alnap'  ro  d'olms  ■dmyia9-ai'  rov  fwow  »- 
rds,  o/uoiop  ianv  rm  /xi]  J’  uv  ^f{as  i9il7fi(u  xufi^h«  ied-ktp.  Ich 
führe  diese  Stelle  hier  ausführlich  an,  damit  man  urtheilen 
möge,  ob  es  wahr  sei,  was  Movers  Phönizier  S.  218  hier¬ 
aus  folgert :  dass  die  Kyprier  keine  Schweine  gegessen  hätten. 
Ich  finde  hierin  nur,  dass  man  „in  Kypros  oder  Phönikien  den 
Göttern  keine  Schweine  dargebracht  habe.“  Von  Phönikien 
mag  es  wahr  sein,  von  Kypros  aber  nicht,  Porphyrios  selbst 

43 


671 


1 


stellt  ein  ^  dazwischen,  zum  Zeichen,  dass  ihm  die  Sache 
nicht  klar  gewesen  sei.  Die  Enthaltung  gewisser  Thiere  bei  | 
verschiedenen  Völkern  erklärt  er  jedes  Mal  daraus,  dass  sie 
bei  ihnen  nicht  vorhanden  gewesen.  Es  ist  aber  umgekehrt. 

S.  162,  Z.  16  1.  die  selbst  f.  dieselben. 

S.  163.  Anm.  94.  Aphrod.  unter  d.  Mainaden  s.  Otfr.  Müller 
Archäolog.  §.  374.  3. 

S.  166,  Z.  15.  1.  Gnathaina. 

S.  166.  Anm  7.  Man  vgl.  die  Benennung  des  deutschen  Weines 
Liebfrauenmilch,  eig.  Milch  unserer  lieben  Frauen.  ' 

S.  167,  Z.  2.  V.  u.  1.  an  jene. 

S.  170,  Z  2.  streiche:  feiernde. 

S.  171,  Z  3.  1.  errichtet  f.  reicht. 

S.  171,  Z.  6.  1  Philainis. 

S.  171,  Z.  2.  V.  u.  1.  dadurch  dass  f.  wenn. 

S.  175,  Z.  15.  1.  nun  f.  nur.  l 

S.  190,  Z.  1.  V,  u.  1.  von  Hippomenes  getäuscht  und  besiegt  ward.  | 

S.  194,  Note- 7.  1.  Festus  unter  Coquus.  ' 

S.  203,  Z.  2.  Helios  und  Aphrodite  finden  sich  auch  zu  t 
Thalamai  in  Lakonien  beisammen.  Paus.  3,  26,  1. 

S.  203  Z.  6.  Zu  Patrai  in  Achaia  stand  nicht  weit  von  Posei¬ 
don  ein  Heiligthum  der  Aphrodite.  Beim  Hafen  standen  ^ 
Ares  und  Apollon;  daran  befand  sich  ein  Temenos  der 
Aphrodite.  Im  Haine  standen  ein  Paar  Tempel  des  Apol¬ 
lon  und  der  Aphrodite.  Wir  finden  also  hier  als  neue 
Beisizer  der  Aphrodite  Poseidon  und  Apollon.  Paus.  7,  21,4. 

S.  203,  Z.  13.  D  i  on  y  so  s  und  Aphrodite  Melainis  bei  Me- 
langeia  in  Arkadien.  Paus.  8,  6.  2. 

S.  207,  Z.  15.  1.  von  Dodona  nach  Paphos. 

S,  211.  Note  48.  hinziizuf.  Koluthos  V.  159.  no»o>v  oit 

oWa-yti  yuQ  ßuHtmu  | 

S.  224,  Note  90.  Serv.  z.  Virg.  Aen.  8,  389.  ideoVulcanus  ma-  | 
ritus  fingitur  Veneris,  quod  Venerium  officium  non  nisi  calore  ^ 
coiistitit.  Arnob.  3,  27.  Venus  amoris  flammas,  sicut  perhi-  w 
betis  et  creditis,  cogitationibus  subdit  humanis.  ^  , 

S.  240,  Z.  9.  Hierher  muss  auch  die  Aphrodite  Symmachia  i 
in  Mantinea  gerechnet  werden,  denn  es  ist  eine  Göttin,  welche  i 
Kraft  und  Sieg  durch  Ordnung  und  tüchtiges  Zusammemvir-  ^ 
ken  verleiht.  Paus.  8,  9,  3.  j. 

S.  240,  Z.  2,  V.  u.  So  stand  eine  Aphrodite  zu  Tegea  auf  dem  P 
Markte.  Paus.  8,  48,  1. 


675 


S.  253,  Note  71.  Im  Epigram  de.s  üiigeii:  Jakobs.  .4usw.  1,  5<l, 
weiht  eine  Thessaliei-in  der  Aphr.  einen  Zauberkreisel. 

"i«y|  4  Ntxovs,  ^  t.ttl  f^H'.nömoi'  'ilxtip 

«*'(!(>«  X€(i  ix  9-aldiÄtap  natifas  inusmfiipii, 

XQtxf*?  notxdd^tieaj  Aavyiog  i'§  üf.itS-iavov 
ylvnr^,  aot  xfma,  K.mQi,  tfilov  xukpop 
no^if  VQttjg  dyivou  fialaxy  rqtyt  fiiaau  dtS-M.a, 

T^g  MiQUfcedtjS  iflvm  ifttQfiaxidhs. 

S.  257,  Z.  I.  1.  Areion  f.  Arnion. 

S.  259,  Z,  7.  V.  u.  1.  den  damaligeij. 

S.  261,  Z.  1.  Auf  dem  Haupte  hatte  die  Nemesis  eiiica  Kranz, 
in  Melchern  Hirsche  und  kleine  Mkebilder  eingefasst  waren; 
i  in  der  einen  Hand  hielt  sie  einen  Zweig  eines  Apfelbaums, 
in  der  Rechten  eine  Schaale.  Di^se  hatte  keine  Flügel,  aber 
die  beiden  Nemissen  zu  Smyrna,  welche  waturscheinlich  von 
hier  stammten  und  die  heiligsten  Gottheiten  der  Sta#  waren, 
hatten  Flügel.  Diese  gab  man  ihr  wie  dem  Eros,  well  man 
'  meinte,  dass  sie  sich  vorzüglich  in  der  Liebe  wirksam  zeige. 

So  Pausan.  I,  33,  7.  Suidas:  '‘Pafipoiom  WififSiS’  ‘Iif^ägato 
\  dt  avT^p  "“Eqfx&tvs  fdijrtQfc  iaviov  ovßuv.  VgL  Hesy  ^h,  und  im 
Allg.  Welker  in  Zoegas  Abhdlgen  S.  417, 

S.  263,  Z.  14.  1.  knüpfen  sich  wieder  u.  s.  w. 

S,  267,  Z.  13.  Sicher  kann  man  annehmen,  dass  di&  Aphro¬ 
dite  ifftßnos  eine  Gottheit  war,  welche  Sühnopfer  erhielt: 
eine  Schirmherrin  Rechte  des  Haiises  und  des  Heerdes, 
So  wurde  sie  zu  Artaka  neben  Kyzikos,  verehrt,  und  steht  dem 
Zeus  (Otfr.  Müller  Eumeniden  S,  147)  zur  Seite, 

wie  man  die  mit  dem  Zeus  ^imog  vergleichen  kann, 
i  S.  269,  Z.  8.  Wasserreinigungen  wurden  ganz  besonders 
I  im  Flusse  Selemno.s  bei  Patrai  in  Achaia  vorgenommen.  Der 
schöne  Knabe  Selemnos  wird  von  Liebesgram  um  die  schöne 
Wassernymphe  Argyra  verzehrt.  Aphr.  verw'andelt  ihn  nach 
I  seinem  Tode  in  einen  Fluss.  Da  er  aber  auch  noch  nicht  als 
solcher  seine  untreue  Geliebte  vergessen  konnte,  so  schenkte 
sie  dem  Flusse  die  Kraft  Argyra  zu  vergessen.  Das  Wasser 
des  Selemnos  diente  aber  den  Männern  und  Frauen  als  Heil- 
I  mittel  der  Liebe^  und  wenn  sie  sich  in  dem  Flusse  badeten, 
wurde  ihnen  Vergessen  der  Liebe  und  Genesung  zu  Theü. 
ü*  dt  fxixtanp  dkijdtlag  im  koyrn,  u/MMTtQOP  XQ>ifiÜTüßv  nokkmp  ißnv 
üvd^Mnon  th  rdiop  xw  StUfivov.  Paus.  7,  23,  2. 

43  * 


676 


S.  273,  Z.  2.  V.  u.  1.  Bakis.  ^ 

8,  279,  Note  208.  Ich  sehe  zu  spät,  dass  meine  Verbesserung 
des  Apollon  ’Eq19ws  in  ’Egvnßws  anf  Kypros  bereits  von  Otfr. 
Müller  unter  s.  Zusäzen  zu  den  Doriern  in  den  Prolegom,  zur 
Mythol,  S.  417  (zu  S.  231  der  Dor.)  gemacht  ist. 

S.  287,  Z.  14.  Zu  Patrai  Aphrodite  mit  Poseidon  verbunden.  S. 

Zus.  zu  S.  203,  6. 

S.  293,  Z.  18.  1. 

S.  294,  Z.  4.  V.  u.  Ein  solcher  heiliger  Hain  der  Aphrodite  be¬ 
fand  sich  auf  dem  Wege  von  Psophis  nach  Thelpusa  in  Ar¬ 
kadien. 

S.  297,  Z.  16.  Als  Göttin  der  Viehzucht  und  des  Akkerbaues  nährt 
Aphrodite  die  Töchter  des  Pandareos  mit  Käse,  Wein  und 
Honig.  Odyssee  20,  66  ff. 

S.  300,  Z.  10.  hinter  Mutter  ein  Komma. 

S.  320,  Z.  4.  1.  einen  göttlichen  Ursprung  anzueignen. 

S.  329.  Note  360.  hinter  „aller“  ein  Komma  zu  sezen. 

S.  330,  Z.  7.  Odyss.  20,  66  ff.  geht  Aphrod.  in  den  Olymp  und 
fleht  zu  Zeus,  dass  er  den  Frauen  Männer  geben  möge. , 

S.  342.  Note  398.  1.  7,  455. 

S.  344,  Z.  17.  Geppert.  üeber  den  ürspr.  der  homer.  Ge¬ 
sänge  1.  S.  124  Note  f.  bemerkt,  dies  sei  ein  Band  der  Aphro¬ 
dite  gewesen,  kein  Gürtel,  denn  Hom.  II.  14,  214  nenne  es 
tfids  und  nicht  fan'f  Deshalb  löse  es  Aphr.  von  ihrer  Brust 
und  reiche  es  der  Hera,  welche  einen  Gürtel  bereits  habe. 
S.  356,  Z.  10.  vgl.  den  Zus.  z.  S.  460,  11.  Sonst  bestanden  die 
Gaben  an  ihre  Günstlinge  in  den  Reizen  der  Gestalt  und  der 
Kleidung. 

S.  376,  Z.  2.  1.  wären. 

S.  377,  Z.  3.  1.  sich  verging. 

S.  382,  Z.  14.  1.  sittlichen  f.  sinnlichen. 

ebd.*  Note  519.  die  puellae  vulgares  beten  zur  Aphr.  des  Ge¬ 
winnes  halber.  Ov.  fästi  4,  865. 

S.  384,  Z.  14.  1.  Priapos. 

S  392  Z.  18.  1-  eine  Pandemos  in  unsittlicher  Auffassung. 

S.  393,  Z.  1.  1-  auch  in  f.  auf. 

S.  400,  Z.  8.  I.  gilt  f.  zählt. 

S.  402,  Anm.  593.  Da  Eros  wie  Aphr.  (S.  268)  ein  Vergessen 
der  Liebe  bereitet,  so  heisst  er  bei  Ovid.  Rem.  am.  54» 
Lethaeus  Amor. 


677 


Est  prope  Collinam  templum  venerabii©  portaön 
Iiüposuit  templo  nomina  celsus  Eryx. 

Est  illic  Lethaeus  Amorj  qui  pectora  sanat. 

In  quo  suas  gelidam  lampadas  addit  aquairt. 

Illic  et  juvenes  votis  oblivia  poscunt, 

Etsi  qua  est  duro  capta  puella  virö. 

S.  d06,  Z.  9.  1.  Eroten. 

S.  423,  Z.  15.  1.  Burggöttin. 

S.  433.  Die  in  diesem  Abschn.  fehlenden  Zitate  wird  man  leicht 
im  vorhergehenden  auffinden  können.  Der  üeberfüliung  we¬ 
gen  habe  ich  selten  ein  Zitat  mehr  als  einmal  angezogen. 

S.  452,  Z.  5.  1.  beide  Male  er  f.  sie. 

S.  457,  Z.  15.  1.  der  Rhadine. 

S.  460,  Z.  II.  11.  3,  401.  fragt  Helena  die  Aphr.  mit  Unwillen, 
ob  sie  sie  noch  weiter  nach  Phrygien  oder  Mäonien  führen 
wolle,  wenn  auch  dort  etwa  noch  ein  Liebling  ihre  Gunst 
hesässe. 

.S.  464,  Z  7.  1.  Ainete. 

S.  465,  Z.  7.  1.  Götter. 

S.  4H1,  Z.  3.  1.  Pythioniko. 

S.  485,  Z.  21,  1.  Handelslage. 

ebd.  Z.  5.  V.  u.  Dieser  Saz  Ist  dahin  zu  verbessern,  dass  die 
Hierodulen  der  Aphr.  tmlQu  in  Athen  und  die  davon  abgelei¬ 
teten  Kulte  in  Kleinasien  wenig  verschieden  von  den  korin¬ 
thischen  gewesen  sein  mögen.  Wenn  man  auch  die  Bordelle 
unter  den  Schuz  der  Aphr.  stellte,  und  sie  Tempel  der  Aphr. 
nannte,  so  dürfen  sie  uns,  und  vom  Standpunkt  des  Kultus 
aus,  doch  nicht  für  wirkliche  Tempel  der  Aphr.  gelten. 

S.  509,  Z.  l.  v.  u.  und  510,  Z.  1.  I.  Hypsipyle. 

8.  512,  Z.  13.  1.  wie  Apollon  in  Delphi. 

8.  537,  Z.  9.  1.  «dwwdf*»»'. 

8.  539,  Anm.  3.  Z.  13.  1.  und  zweifelhaft  für  unzweifelhaft. 

8.  543,  Z.  5.  1.  auf  f.  auch. 

8.  551,  Z.  11.  1,  mythisch  f.  mystisch. 

8.  553,  Z.  11.  streich  er. 

8.  5.58,  Anm.  53.  Z.  8.  1.  dass  es  der  Mutter.  Zeile  10.  1.  dass 
es  endlich  ganz  nach  Kypros  gehört  u,  s.  w. 

8.  572,  Anm.  77,  Z.  3.  1.  Cinyreia. 

8.  589,  Z.  9.  1.  jenem  L  jedem. 

8.  599,  Z.  14.  1.  in  f.  und. 


678 


S.  601.  Movers  Phönizier  1  S.  545.  meint  der  Name  de*  Ad.  ^ 
G alias  hange  mit ’/kw  zusammen  und  wäre  durch  unrichtige 
Rede-  oder  Sprachweise  mit  'lavctg  verwechselt. 

S.  617,  unten.  Die  engen  Kultusbeziehungen  Attikas  mit 
pros,  namentlich  so  weit  sie  den  Siihnkult  des  Apollon  und 
die  Mythen  der  Eos  betreffen,  gehen  auch  noch  aus  folg. 
Glosse  des  Hesychios  hervor.  &oqixos:  r/js  Jixafiav- 

jitfos  (avofiäod'ri  dt  ano  QoqIxov  KvtiqIov.  Thorikos  an  der 

südöstlichen  Küste  Attikas  besass  Apollonkult ,  und  Kephalos 
wohnte  hier;  seine  Nachkommen  aber,  die  Kephaliden,  halten 
erbliche  Gentilsakra  des  Gottes.  Nun  gründet  Kephalos  auch 
auf  dem  V.  G.  Leukatas  d.  Heiligthum  des  Ap.  und  die  leu- 
kadischen,  den  Thargelien  ähnliche  Sühngebräuche,  kommen 
durch  Verkehr  mit  Kypros  nach  diesem  Eilande.  Wie  Leukas 
Verkehr  mit  Kypros  pflog,  so  muss  es  noch  mehr  und  früher 
Thorikos  gethan  haben,  und  zwar  in  einem  solchen  Grade, 
•dass  durch  Rükkwirkungen  der  Stadtheros  Thorikos  ein  Ky- 
prier  wurde.  —  Thorikos  gehörte  zur  Phyle  Akamantis.  Diese 
hatte  aber  einen  grossen  Theil  der  attischen  .Ansiedler  nach 
Ky^pros  gesendet  und  durch  sie  müssen  also  auch  die  in  Rede 
stehenden  Kulte  und  Mythen  vorzugsweise  nach  Ky-pros  ge- 
bracht  sein;  und  ebenso  wahrscheinlich  ist  es,  dass  aus  dem 
Demos  Thorikos  selbst  Ansiedler  nach  Kypros  gegangen  sind. 
Thorikos  hatte  viel  Seeverkehr,  namentlich  auch  nach  Kreta 
hin.  (Dieser  Nachtr.  gilt  zugleich  als  Zusaz  zu  1,  221.) 

Zum  ersten  Theil, 

S.  111,  Z.  1».  1.  Vorarbeiten. 

S.  IV,  Z.  20.  1.  Viele  kummervollen  Herzens. 

S.  Vll,  Z.  9.  v.  u.  l.  italischen. 

S.  IX,  V.  u.  1.  W'erkstükken  f.  Werkstätten. 

S.  45.  Die  Bemerkung  Note  5.  soll  nicht  heissen,  als  wenn  ich 
den  dort  angeführten  Gelehrten  für  alles,  was  von  mir  auf 
den  Erzbau  und  die  Erze  Bezügliche  gesagt  ist,  verantwort¬ 
lich  machen  wollte. 

S.  47,  Z.  4.  coXoiTvnos.  Die  gewöhnliche  Erkl.  von  oökof  s.  V.  als 
fÄvdQog  ist  vielleicht  die  richtigere. 

S.  220.  vgl.  den  Zusaz  zu  2,  647. 


Register 

über  di©  vorzüglichsten  Namen. 


Ä. 

Abobas  Ad.  2,  557, 

' Axawjuäyms  2,  J04, 

Adonis  209.  2,  13.  18.  Absch.  6. 
Ad.  im  Verhältniss  z.  Hera¬ 
kles  u.  Apollon.  577.  606  ff 
Ad.  xi(Jis  600.  ‘Iraios,  Gauas, 
Ilvyfialuiv  ^’tQtxkl^g  ebd.  Ad. 
z^j7lo^  548  ff.  Ad.  Fl.  38  Ado- 
nien  Zt.  der  Feier  559  ff. 
Aeria  N.  v.  K.  16.  Aerias  König 
16.  209.  2,  101. 

Aerosa  N.  v,  K-  16. 

Aetit  55. 

Aphrodisia  N.  v.  K.  17. 
Aphrodision  St.  auf  K.  83. 
Aphrodisias  in  Karien  2,  177. 
Aphrodite  landet  auf  K.  2, 43.  69. 
in  Paphos  geb.  u.  begr.  2,  75. 
Aphr.  Athene  198  ff.  Aphr. 
Demeter  198.  Aphr.  Hera 
241.  369.  Aphr.  ini  d^akfleafj 
203.  Aphr.  Moira  211.  236. 
259.  Beisizer  Ares  203.  207 
ff.  bis  217.  256  ff.  478,  Bll. 
Beis.  Dionysos  203.  206.  502 
u.  Nachtr.  Beis.  Helios  2Ö3 


u.  Nachtr,  Hephaistos  203. 
217  bis  224.  Hermes  224  ff. 
Phaethon  202.  Zeus  204.  217. 
240r  241.  285.  Aphr.  Rettungs¬ 
gottheit.  Kampf  mit  d.  Gigan¬ 
ten  237  ff-  Begründerin  bür¬ 
gerlicher  Ordnungen  240. 
Höhlengotth.  246.  296.  See¬ 
lengeleiterin  251.  bei  den 
phryg.  1yd.  Völkern  310  ff. 
Aineias  267.  298  ff  Akidalia 
'476  dxQula  145.  286.  Ambo- 
logera  334.  upJqofovos  264, 
üpMa  293.  Anneta  .359.  an- 
iiosia  169.  264.  üotia  Kriegsg. 
209  ff.  aQXttla  197.  512.  Ar- 
gennis  476.  dnoßi^oqla  362. 
Automate  284.  380.  bärtig; 
Aphroditos  227.  ßmämts  290. 
ß^v/la  284.  calva  272.  cloa- 
cina  270.  cunina  328.  decens 
369  Ifxms  214.  Ehegöttin 
329  ff.  332.  ip  i'kii,  ip  xakd- 
fioig  287.  295.  Ti^.lnnxoog  358. 

377.  immqwfla  363. 
initQayia  361.  Epidaetia  380. 
Anm.  514.  Grabaphr. 

243.  Erinnys  254  ff.  imlQu 


680 


378  ff.  i'fioTwi  2G'l-  Nachtr. 
464.  ifftnms  289.  tuxKt^noQ  290. 

258.  ivTilola  282.  so- 
<fqmv  258.  377.  ijrnöO'M- 

Qos  290.  ^sl(>'(xif}oS  290.  SHfitivt] 
248.  gefischt  239.  287.  Gene- 
tyllis  328.  Genitrix  21(i  335. 
golden  327.  Hades  243.  Ha- 
fengöttin,  üvut^vofxivyj,  yalemt»;, 
itjUtw«,  nti-ayl«,  novüci  282  ff 
iv  xtjno^c;  295  ff.  379.  xamaxo~ 
nla  351.  359.  KmUus,  xwlüins 
.329.  xovQoT^öif  os  328.  ka9Qk(, 
furtiva  377.  fiai>dQuyoQlm2h2. 
Melainis  264.  ^(Uri}g  259.  Mi- 
gonitis  498.  Mimnermia  oder 
Meminia  345.  fttj^avlne  360. 
Morpho  247.  369.  Myrtea, 
Murcia  272.  ^otyki  389.  fAvyla 
369.  Nemesis  261.  501.  Nym¬ 
phe  242.  267.  Pandemos 

280.  360  ff.  naQctxvnwvßa  359. 
ntQißaakf  u.  389.  Per» 

sithea  331.  nÖQt'r;  378.  pro- 
spiciens  352.  Salacia  534. 
schwarz  259.  Siegerin, 
tf'hqog  213.  paeta  358. 

cyolytS  358.  TQV.uullng  389.  rvfi- 
ßioQvyos  243.  Urania  360  ff. 
Verticordia  367.  Victrix  217. 
Zerinthia  296. 

Agamemnon  228. 

Ägapenor  225.  2,  80. 

Agesilaos  Feldh.  des  Antigonos 
363. 

Ägetor  2,  103. 

Agias  414. 

Agoranomoa  482. 

Agriope  2,  124. 

Aegyi>tischer  Einfluss  auf  K. 


Aegyptens  Oberhoheit  über  ^ 
K.  249  ff.  Kult  2,  87  ff. 

Agyris  König  300. 

Aiginomos  192.  2,  134. 

Aipeia  St.  auf  K.  75. 

Akamas  Heros  217.  Berg.  72 
35.  Akaraantis  N.  v.  K.  17.  s. 
Nachtr.  zu  2,  647. 

Akesas  513  u.  Nachtr- 
Akoris  311. 

Akra  St  auf  K.  156. 

Akragas  St.  auf  K.  156. 

Alaun  55. 

Alexandrien  St.  auf  K.  74. 
Alexandros  Geschichtschr.  4. 

702.  2,  73. 

Aledros  220. 

Alkathoos  192. 

Araainassos  1 19. 

Amasis  252  ff. 

Amathus  44.  112.  Gesch.  171 
232.  228.  266.  270.  296.  Verf. 

479.  Kult  2,  59.  76  ii  öfter. 
Amathusa  2,  124. 

Amathusia  N.  v.  K.  17. 
Ammochostos  94. 

Amyke  210. 

Amyrtaios  278. 

Anagogien  2,  158, 

Anakten  475. 

Anaxagoras  v.  Soli  297. 
Anaxarchos  498. 

Androkles  v.  Amathus  352. 
Andromachos  413. 

Ankyra-523. 

Antalkidas  304. 

Antigonos  360.  370. 

Antiochien ,  Kyprier  daselbst 
240. 

.  Aoo8  Berg  35.  Fl.  38.  König 


681 


209,  2,  569.  ’Jcoo?2, 119.  123; 
vgl.  Absch.  6  u.  7. 

«oto»  Bäume  der  Aphr.  558. 
Aepfel  2,  190. 

Apollodoros  v.  Kition  713. 
Apollonides  715. 

Apollonios  V.  Kition  714. 
Apollon  2,  112.  Apollinische 
Sühnung  267. 667.  279.  Absch. 
V.  Apollon. 

Apries  251  ff. 

Archias  416. 

Arclielaos  704. 

Argyra  2,  601, 

Argiver  222.  229.  230.  Argivi- 
scher  Kult  auf  K,  2,  80  ff. 
503  und  sonst, 

Argos  St.  auf  K.  156, 

Argaios  368. 

Ariadne  2,  658. 

Aristarchos  419. 

Aristides  274. 

Aristokreon  695. 

Aristokratie  469  ff.  493. 

Ariston  400.  Pyth.  Sieger  509. 
Aristokles  715. 

Aristo  s  707. 

Aristokypros  von  Soli  269. 
Aristophaaes  v.  Athen  302. 
Arkader  225.  Arkad.  Kult  auf 
K.  2,  80  ff.  503  ff.  u.  sonst 
Arkeophon  499. 

Arsinoe  St.  auf.  K.  73.  97. 136  ff. 
Tochter  des  Nikokreon  357. 
499. 

Artabazos  279. 

Artaxerxes  296.  345. 

Asbest  55. 

Asklepiades  5. 

Aspeiia  N.  v.  K.  17. 


Asine  158.  .224. 

Askalon  2,  13. 

Asse  46. 

Astarte  2,  11  u.  Absch.  5, 
Astyiiomos  6. 

Asteria  T.  des  Teukros  215. 
“jtßif'aS  Volk  auf  K.  23. 
Athener  auf  K.  275  ff. 
Aethiopier  auf  K.  254. 
Autophradates  301. 
Axiothea.289,  48JJ. 


B. 

Baal,  Baaitis,  2,  11.  67. 

Belos  209. 

Bilder  der  Aphr.  2,  139. 
Blumenfest  2,  163. 

Böotischer  Kult  auf  K.  2,  84  ff. 
Bokaros  Fl.  37.  126. 

Bökke  geopfert  2*  154.  361. 
Bole  39. 

Boosura  120. 

Braisia  2,  127. 

Brutus  441.  449. 

Bule  482.  484. 

Busüris  182.  698.  2,  89  ff. 

9 

C.  Ch. 

Cato  auf.  K,.  436. 

Chabrias  303. 

Chaireas  431. 

Chalkanor  209. 

Chersis  v.  Salamis  265. 
Chrysophrys  2,  186. 

Chytroi  147.  232. 

Chytros  220. 


682 

Clodius  436. 

Colinia  N,  v.  K.  18. 


D. 

Dades  V.  Q.  99. 

Dagon  2,  12. 

Daktylen  194. 

Darius  Hystaspes  242. 

Deimos  2,  223. 

Deinomenes  v,  Gela  stammt 
aus  K.  243. 

Demeterkult  480.  2,  653. 
Demetrios  Geschichtschr.  6,  708. 
Demetrios  Feldli.  371  ff. 
Demetrios  S.  d.  Philodoros  715. 
Demonassa  488. 

Demonoos  K.  v.  Paphos  272. 
Democharos  707. 

Demonax  712. 

Demos  482.  484. 

I  Demonikos  325.  696. 

Delfin  2,  186.  288. 

Derketo  2,  10.  12. 

Diamant  54. 

Diagoras  714. 

Dido  2,  66. 

Dionia  St.  auf  K.  156, 

Dione  2,  35.  72. 

Dinaretum  88. 

Dionysios  v.  Sizilien  302. 
Dionysos  s.  Aphr.  u.  d.  Absch. 

V.  Dionysos  2,  654. 

Diphilos  K.  716. 

Diphryge  48  ff. 

Dioskorides  712. 

Dodona  2,  35  ff. 

Dorion  497. 

Drebhals  2,  185. 

Drepanoa  V.  G.  120. 


Eirene  T.  des  Ptol.  Lagi  361. 
Eisen  53. 

Elaia  V.  G.  89. 

Elatos  226. 

Elmaion,  St.  auf  K.  157. 
Elulaios  V.  Tyros  247. 

Endeides  2,  126. 

Eos  2,  131  ff.  645  ff. 
Eratosthenes,  Geschichtschr-  v. 

Amathus  10. 

Erdbeben  39.  124.  91. 

Erember  236. 

Erystheia  119. 

Epidaron  St.  1.57. 

Eurymedon  2,  124. 

Eryx  2,  152,  158, 

Esel  2.  385. 

Euagon  22. 

Euagoras  1.  286  bis  329.  Eua- 
goras  2,  325.  244.  346. 
Eudemos  712. 

Euelthon  K.  v.  Salamis  263. 
Eulalios  714. 

Eune  T.  des  Kinyras  215.  2, 
125. 

Eunoraos  302. 

Eunostos  y.  Soli  361. 

Euklos  596. 

Europa  2,  53, 

Euryptolemos  192,  2,  134. 

F.  Ph. 

Fabel  kyprische  687. 
Phaethon  2,  644  ff. 

Famagosta  95. 


ß83 


Phaleros  2T9  ff. 

Pharnakos  3,  123. 

Philaon  272. 

Philios  7 1.“». 

Philoloas  713. 

Philokrates  303. 

Philokypros  257. 

Philostephanos  Feldh,  427. 
Pheidippos  228. 

I  Feuerreinigiing  2,  266. 

Flöte  191.  2,  17.  165.  114. 

!  Phokion  346. 

Phöniker  165  ff. 

Phrasios  Wahrs.  182.  698,  2,  90. 
Fremdenopfer  2,  68. 

Phobos  223. 

I  Phrurion,  V.  G.  119. 

Phryger  auf  K.  186  ff.  2,  15  ff, 

G. 

2,  167. 

Gans  2,  185.  2a3. 

Gärten  2,  190.  die  heiligen  1.36. 
Geistige  Bildung  594. 
Gerandron  St.  auf  K.  157. 
Gergithier  239.  474» 

Gerusia  481. 

Geseze  486. 

Gewerbe  510. 

I  Gingres  2,  110  ff.  612  ff. 

Gold  54. 

Golgoi  St.  145  ff.  Kult  2,  81. 
Golgos  227. 

Gordias  v.  Chytri  363. 

Gordia.s  Heros  2,  .321. 

Gorgos  K.  V.  Salamis  265.  272. 
Grammateus  484. 

Gymnasiarch  482.  508.  Gymn. 
Spiele  2,  178. 


If. 

Haine  2,  162.  294. 

Handel  516, 

Harmonia  2,  51.  85.  223. 

Hasen  2,  185.  155. 

Helena  2,  261. 

Hermaphroditos  2,  227  Herma- 
phrodisien  2,  207. 

Hetären  2,  167. 

Helios  2,  222.  s,  Äphr. 
Hegesander  704. 

Hegcsias  603.  680. 

Hekatomnos  301« 

Helikon  51.3. 

Hellanikos  6. 

Hemikypron  521. 

Herakleides  olymp.  Sieger  509. 
Hermeias  Dichter  683. 
Hermesianax  705. 

Hermias  K.  v.  Kypros  56.  716. 
Hesiodos  über  d.  Aphr.  2,  26  ff, 
Heuschrekken  70. 

Hierodulen  2,  14.  142  ff. 
Hipponikos  326.  695. 

Hiram  K.  v.  Tyros  246. 

Homer  597  ff.  über  die  Aphr 
2,  24  ff.  31. 

Hybristika  2,  174. 

Hymenaios  2,  335. 

Hysterien  2,  157. 

I. 

Idalion  153.  Idalischer  Berg¬ 
wald  35. 

Jason  Lehrer  der  ßingschule 
508. 


684 


.  !  - 

Idol  ZU  Paphos  2,  136  ff. 
«Ionier  mit  den  Kypriern  im 
Blinde  267. 

Isigonos  706. 

Isokrates  331  ff. 

Istros  Geschichtschr.  7. 

K, 

Kadmia  45.  47. 

Kadmos  2,  50  ff. 

Kalamos,  ein  Maass  622. 
Kallikrates  .368. 

Kallinusa  V.  G.  74. 

Kallippos,  Erzpriester  420. 
Kambyses  260. 

Karer  auf  K.  199  ff. 

Karpasia,  St.  auf  K.  83.  174. 
r.aqimats  2,  16.3. 

Kastnia,  Aphr.  2,  156. 
Katagogien  2,  158. 

Kekrops  183.  2,  130. 

Kenchrejs  2,  126.  565. 
Kentauren  2,  72. 

Kephalos  2,  648. 

Kepheus  221. 

Kerastis  N.  v.  K.  18. 

Kerkuren  517. 

Kermia,  St  auf  K.  77,  158. 
Kerynia,  St.  auf  K.  80.  222. 
Kimon  275  ff. 

KinjTas  169.  477.  203  ff.  2,  94 
ff.  274.  333. 

Kiliker  177. 

Kinyrela,  St.  auf  K.  167. 

Kitia  210.  240.  245.  2,  134. 
Kition  12.  13.  100  ff.  168.  296. 
367.  550.  Wissensch.  Leben 
713.  Kult  173.  278.  2,  59, 


Kittim  12.  165. 

Klarios  Fl.  38. 

Klearohos  708. 

Kleon,  Dichter  682. 

Kleides  Ins.  88. 

Knidos,  St.  auf  K.  157, 
Königreiche  36.  231,  469. 

Konon  294  ff. 

Korinth  2,  148. 

Korion,  Berg  189. 

Koronitis  81.  ‘ 

Korybanten  189  ff.  ! 

Kremaseia  157,  I 

Kiesion,  St.  auf  K.  158.  201. 
Kreter  auf  K.  199  ff. 

Krommyon  44.  77. 

Krösos  259.  322. 

Kryptos  N.  v.  K.  20. 

Kuchen,  Opferk.  2,  158. 

Kupfer  42  ff. 

Kureten  189  ff. 

Kureus  2,  124.  «, 

Kurion  44.  118.  Kurias  117. 

Kunst  513. 

Kuppler  2,  163. 

Kyanos  53. 

Kybele  2,  16. 

Kyme,  Kyprier  das.  240. 

Kypros  13.  Staude  64,  Nilei- 
land  186.  254.  Maass  521. 
Münze  523.  Kypros  unter  d. 
Ptolemäern  389  ff.  K.  röni. 
Provinz  447.  458.  Kyprische 
Kriege  gegen  Persien  264  ff. 
Ky^irische  Inseln  244, 

Kyprien,  d.  Gedicht  596  ff.  2, 
176. 

Kyprinos  2,  186. 

Kypris,  Name  2,  61. 

Kypranor  v.  Soli  254. 


685 


Kyrene,  St  anf  K.  158. 
Kythera,  St.  auf  K.  154. 
Kytiieier  224. 


L. 

Lakedaimon,  St  auf  K.  158. 
Lamieus  Statthalter  413. 
Laodike  226. 

Laogora  2,  127. 

Lapathos  Fl.  37.  Stadt  78.  174. 

222.  364.  507. 

Larnika  58. 

Latium  2,  153. 

Lattich  62. 

Lathyros  422  ff. 

Ledron  152. 

Leiturgien  482. 

Lemnos  2,  158. 

Lentulus,  Prokonsul  447. 

Lepis  48. 

Leto,  Gern,  des  Euag.  326. 
Leukolla,  Hafen  97. 

Leukosia  150. 
h,ßavo)i6s  2,  151. 

!  Liber  u.  Libitina  2,  242.  302. 

I  Lieder  2,  164. 

Lilie  2,  192. 

Limasol,  Limisso  Ul.  116. 
Limenia  77. 

Linde  2,  192. 

Lydien  187.  im  Bunde  mit  K. 

259.  Lyd.  Tonart  683. 

Lykos  FL  37. 

Lysias  302. 

M. 

Magierkunst  der  Kypr.  2, '66. 
Mass  und  Gewicht  521. 


Makärta,  K  v.  K.  21.  St.  m. 
Malika  2,  62.  67. 

Marion  109.  23'2.  219.-364.  367. 
Mamaor  .56. 

Meerhemchafifc  der-K.  238. 
Megabyzos  279. 

Meionis  N,  v.'  K.  21.  187.  Mio- 
nes.  Meiones.  ebd. 
Melakteria  47. 

Melankomas  Feldk  421. 

Melos  2,  128. 

Memphitis  419. 

Menedemos  498. 

Menandros  Schriftst.  7. 
Menelaos  229.  Brd.  des  Ptol. 
365.  370.  .397. 

Mestor,  ein  Kjpr.  192.  2,  134. 
Metharme  2,  119. 

Messarea,  Ebene  36. 

Mirte  2,  187  ff.  245  ff. 
Mirtenreinigung  270  ff, 

Misy  47. 

Mohn  2,  193. 

Moira,  Aphr.  2,  138.  T.  der 
Myrrha  2,  -565. 

Münzen  522  ff. 

Muschel  2,  186. 

Musische  Kämpfe  673.  2, 176  ff. 
Myrikai  St.  158. 

Myrmidon  365. 

N. 

Naukratitischer  Kranz  2,  172. 
Naxischer  .'Stein  67.,  ■ 

Nea  in  Troasi2,  152« 

Nerites  2,  71, 

Nikaner  409. 

Nikanor  oder  Nikagoras  706. 


I 


686 


Nikoldes,  S.  des  Euagoras  322. 
330  ff. 

Nikokles  von  Soli  356. 

Nikokles  von  Paphos  .38.3. 
Nikokreon  322,  354»  367  ff. 
496  ff. 

Nikophemos  304. 

Nikosia  150. 

Nithaphon  v.  Salamis  356. 
Numenios  518. 

o. 

Oefen,  Schmelzöfen  51. 

Ophiusa  N.  v.  K.  21. 

Oele  66. 

Olympos  33  ff. 

Onesimos  711. 

Onesilos  v.  Salamis  265.  270. 
Orithyia  2,  122. 

Opfer,  bei  d.  Kypr.  erfunden 
2,  65. 

Orsedike  2,  127. 

’OtfTQaxk  2,  140. 

Oxjporos  2,  127. 

P. 

Paideros  56. 

Paion  V.  Amathus  11.  70b. 
Palaiphatos,  Geschichtschr.  7. 
Palaiste,  ein  Maass  522. 
Palamedes  665. 

Palme  63. 

Panakron,  St.  auf  K.  158. 
Paphianos  v.  Paphos  716. 
Pannychis  2,  161. 

Alt-Paphos  121  ff.  234  ff.  Verf. 
477.  483.  Kult  2,  75  ff. 


Neu  -  Paphos  135  ff.  140  ff 
225. 

Paphos,  Herrscher  209. 
Parabystos  503. 

Paregoros  2,  322. 

Pasikrates  v.  Kurion  352. 
Pasikrates  v.  Soli  355. 
Pasikypros  v.  Kition  353- 
Pausanias  274. 

Pausanias  über  Aphr.  2,  32. 
Purpurissa  (.\phr.)  2,  187. 
Pedalion  V.  G.  98. 

Pedios,  Fl.  38. 

Pegai  81. 

Peiretboi  2,  127. 

Peitho  2,  331. 

Pelia  2,  128.  j 

Penthylos,  K.  v.  Paphos  272.  (. 
nfQio^itc,  Fest  2,  266. 

Persaios  7 12.  | 

Perseus  V.  Paphos  226. 

Persien  erob.  K.  257. 

Pflanzen  58  ff.  ) 

Platane  63. 

Plieus,  Fl.  38. 

Pnytagoras  317.  352.  ,  i 

Polykleitos  365. 

Polykrates,  Rhetor.  696  ff.  i 
Polykrates,  Statth.  403.  >  \ 

Pompholyx  48.  50.  ij 

Poseidippos  397.  I 

Poseidonische  Sühne  2,  269.  I 
Praxagoras  397.  ^ 

Praxandros  221.  I 

Praxippos  v.  Lapathos  367.  | 
Priapos  2,  384.  | 

Promalangen  474.  ■ 

Pronoetes  482.  i 

Protagoras,  S.  des  Euag.  31j 
344. 


687 


I  PsammeticB  2S0. 

I  Ptolem.  Makron.  Statth.  404. 

I  Prylis,  Tanz.  191. 

'  Pygmalion  175.  209.  2,  119  ff. 
1  376. 

j|  Pygmalion  v.  Kition  354.  364. 
I  367. 

|  Pyinatos  v.  Kition  353. 

Pyrites  49, 

jlPythagoras  325.  344.  348. 

I 

fi 

|;flebliiihner  2,  155.  185. 

Jllioikos  V.  Amathus  303. 
KÜnderopfer  2,  154.  159.  265. 
299.  313. 

^ingkampf,  kyprischer  608, 
^osen  2,  191. 

*  s. 

S;  Salamis  89  ff.  Herrscher  210, 
^  240  ff.  Schlacht  279.  393. 

Ebene  36. 

^ialmanassar  247, 

Salpeter  38. 
j,ialz  57. 

i'Sandakos  2,  132. 
rdni&oi,  Fest  2,  163. 
l  ardelle  2,  186. 
atrachos,  Fl.  38.  St.  158.  222. 
chaafe  2,  155,  159.  263. 
chiffbau  511. 

chlangenmenschen  22.  69  ff. 

I  2,  333. 

childkröte  2,  361. 
ichleifstein  57. 

a 


Schmeichler  474  ff.  500. 
Schwäne  2,  184. 

Schwalbe  2,  185.  371. 
Schwefelreinigung  2,  266. 
Schweine  2,  155.  183.  265.  315. 
Selemnos,  FL  in  Achaja  2,501. 
675. 

Selene,  Fisch  70. 

Seleukos  365.  Statth.  420, 
Semixamis  2,  9  ff. 

Senat  481. 

Serapion  Statth.  457. 

Sestos,  kypr.  St.  158. 
Siedelung  der  Salaminier  212. 
Siedelung  der  Athener  217.  vgl. 

Nachtr.  zu  2,  647. 

Siedelung  der  Lakedämonier  221. 
Siedelung  der  Achäer  ebd. 
Siedelung  der  Argiver  222. 
Siedelung  der  Dryoper  224. 
Siedelung  der  Arkader  225. 
Siedelung  der  Sikyonier  227. 
Siedelung  der  Koer  228. 
Siedelungen  der  Kyprier  239  ff. 
Silb ergruben  63. 

GtQß^voy  2,  158. 

Siromos,  K.  v.  Salamis  265. 
Sittlichkeit  489  ff. 

Sphekeia  N.  v.  K.  23.  Sphekes. 

die  Kypr. 

Skaptius  449  ff. 

Smaragd  55. 

Soli  44.  47.  60.  63.  74  ff.  219. 

256.  270. 

Solon  254. 

Sopatros  v.'  Paphos  684. 

Sory  47. 

Sostratos,  Statth.  406. 

Sperlinge  2,  185. 

Spodion  48,  50, 

44 


Sprache  549  ff. 

Staat  u.  Verf.  v.  K.  467  ff. 
Stasanor  K.  v.  Kurion  269. 
Stasanor  K,  v.  Soli  357.  360. 
362. 

Stasandros  358.  360.  362. 
Stasinos  601  ff.  680. 

Stasioikos  v.  Marion  364.  366. 
Stiria,  Insel  72. 

Stratonikos,  Kitharspieler  496. 
Stypax,  Erzgiesser  514. 
Syennesis  714. 

Sühnopfer  2,  156. 

Synkellos  711. 

T. 

Tamassos  44.  149. 

Tamiraden  178.  2,  101  ff. 

Tänze  2,  164.  175. 

Tharsos,  N.  des  Landes  24.  St. 
auf  K.  159. 

Tauben  2,  180  ff.  2,  155. 
Tegessos  159. f 
Teichinen  196  ff. 

Telos,  Insel  243. 

Tembros,  St.  auf  K.  119. 
Tetios,  Fl.  37.  108. 

Teretina,  eine  Phyle  485. 
Tetradisten  2,  165. 

Teukros  212.  473. 

Thebischer  Kult  2,  49  ff. 
Theias  209.  123.  s.  Abschn.  v. 
Kinyras  u.  Ad. 

Themison  400.  Th.  König  694. 

Th.  Feldh.  365. 

Theodoros,  Statth.  420. 
Theopompos,  Verf.  eines  kypr. 
Ged.  10. 

Thorikos,  s.  Nachtr.  zu  2,  647. 


Throdos,  Berg  34. 

Theten  485. 

Thrasydaios,  Eunuch  323. 
Thronoi  V.  G.  u.  St.  99. 

&v)la.  Fest  2,  163. 

Fest.  ebd. 

Timagoras  v.  Amathus  272. 
Timios  456. 

Timokreon  690. 

Timomachos,  Geschichtschr.  9. 
Timonax  v.  Amathus  272. 
Tiribazos  310. 

Todtenopfer  2,  263. 
Traumdeutungen  2,  205.  275. 
Treta  120. 

Trimethus  148. 

Troas  2,  147. 

Tychon  2,  387. 

TjTrhia  44.  Anm.  159. 


V. 

Urania,  St.  87. 
Volusius  447. 
Verfassungen  467. 


w. 

Waizen  68. 

Wallfahrten  2,  150. 
Wasserhuhn  2,  185. 
Wasserreiirigung  2  ,  269.  und 
Nachtr. 

Weberei  612. 

Wein  66  ff. 

W’einlose  Opfer  2,  153.  258. 
269.  371. 

Weissagungen  2,  275  ff.  W.  aus 


689 


Schweinen  erfinden  die  Ky- 
prier  2,  66. 

X. 

Xenagoras  Schriftst.  über  K.  9. 
Xenophon  Schriftst.  über  K,  9, 

z. 

Zaxoqla,  Fest  2,  163. 


Zedern  63. 

Zephyrion  V.  G.  136. 

Zenon  711. 

Zenon,  Arzt  714. 

Zeus,  s.  Aphr.  |mos  2,  68. 660. 

und  den  Abschn.  über  Z, 
Zoilos  Pyth,  Sieger  509. 

Zoilos  V.  Paphos  ebd. 

Zoilos,  Waffenschmied  611. 
Zypressen  2,  192. 


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Gedruckt  bei  C.  Feister. 


^  I  (