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KYPROS,
EINE MONOGRAPHIE
VON
WlEilI, HEIlffli.
ZWEITER THEIL.
BERLIN,
BEI G. REIMER.
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Drittes Bucli,
Religionsgeschichte und Mythen
von
K y p r 0 s.
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Der Kult
der
Aphrodite.
1 •
1
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in 2018 with funding from
Getty Research Institute
https://archive.org/details/kyproseinemonogr02enge
Der Kult der Aphrodite.
EaSTB» ABSCBWITT.
Geschichtliche EinleitHog.
Von der Kenntniss des Landes und Volkes ¥Oii
Kypros^muss die richtige Würdigung seiner Mythen
und religiösen Anschauungen ausgehen. Mythen undi
Religion sind durchaus ein Erzeugniss der Verhaltoissej
unter denen ein Volk lebt, seiner Denk- und Sinnes-,
weise: ^ ohne Kenntniss der Geschichte und Zustände
eines Volkes bleibt uns seine Religion, eine Offenba¬
rung des A^olksthums, unverständlich. Wie also die
Geschichte uns die Mittel an die Hand giebt, die re¬
ligiösen Zustände eines Landes an erkennen, ebenso
müssen auch wieder Religion und Mythen dort, wo
andere Kenntnisse uns mangeln, die Geschichtsurkunde
des geistigen Lebens eines Volkes sein, denn die Grund¬
ideen des Kultus stehen mit dem Geiste des Volkes
in Uebereinstimmung.
Der Kultus der Aphrodite ist der Hauptkult
des Landes und der Mittelpunkt, um welchen sich alle
Mythen, das ganze Kultwesen und das gesamte gei¬
stige Leben: der Kyprier dreht; ihn richtig m wür¬
digen und zu verstehen, zu zeigen, wie er das ge¬
worden, was er war, darauf kommt hier Alles an. Wenn
wir erfahren haben, wie er geworden und wie er sich
6
geBiWet Babe, daiiB werden wir auch verstehen, was
er geworden.
Aus der Geschichte des Landes haben wir erse¬
hen, dass es vornehmlich drei Volksstämme gewesen,
wekhe auf Kypros eingewirkt haben, Phoniker,
Phryger und Griechen. Zugleich haben wir dort
aber auch erfahren, dass nicht alle von ihnen, was sie
als geistiges Eigenthiim mitgebracht hatten, in Selb¬
ständigkeit und Eeinheit bewahrten, wie es unter ähn¬
lichen Verhältnissen anders wo m geschehen pflegt,
sondern dass der Phoniker und Phryger gan/.e Nazi-
onalität physisch und geistig in der dritten, von we -
Cher sie bewältigt wurden, aufging. So sind auch die
Mythen und religiösen Vorstellungen der unterliegen¬
den Phoniker und Phryger von dem siegenden Stamme
der Griechen theils gana verdrängt, und dies ist die
grössere Masse, theils io seinem Sinne umgebildet
worden. Alles trägt in geschichtlicher Zeit auf Ky¬
pros ein griechisches Gewand, wie sehr es auch im
Laufe der Zeit durch die Verbindungen mit so vielen
und verschiedenen Völkern und durch die innere Er¬
schlaffung verblichen sein mochte. Die griechischen
Pflanzungen, grösstentheils in Theilen des Landes ur¬
sprünglich angelegt, wo keine phönikische Macht zu
finden ist. müssen nach allen Anzeichen rasch zu gro¬
sser Blötiie und Kraft erwachsen sein, und schon früh
in jugendlicher Ueppigkeit und Stärke die phönikischeii
Bestandtheile überwuchert haben. Elemente, welche
sich nicht passend aufnehinen liessen, mussten abster¬
ben: und natürlich traf das Loos mehr die phoniki-
schen als die den Griechen verwandten griechischen
Ideen. • « 4
Es ist aber rathsam , dass wir bei den m Bede
stehenden drei Völkerstämmen selbst die religiösen
7
Vorstellongen aufsuchen und uns vergegenwärtigen^
welche von den Auswanderern und Kolonisten dersel¬
ben auf Kypros eingeführt wurden. Kurze Angaben
davon werden hioreicheo.
1. Die semitischen Völker.
Statt auf die Phöniker allein, thun wir Mer einen
Blikk auf die verschiedenen Völker des semitischen
Stammes, welchem die Phöniker auch angehören, weil
uns dies die Uebersicht der verschiedenen Kultverhält¬
nisse erleichtern wird. Diese Völker erstrekkten sich
bekanntlich westlich in Kleioasieri bis an den Halys
und die syrische Küste des Mittelmeeres, östlich bis
an den Tigris, südlich bis an das erythräische Meer^
nördlich bis an die armenischen Gebirge. Der religi¬
öse Glaube dieser Völker schloss sich eng an den
Dienst der Sternmächte an, indem man den Gestirnen
den entschiedensten alleinigen Einfluss auf die Natur
zuschrieb, wobei ihre religiöse Empfindung dem ei¬
gentlichen Naurleben und einem seeienvoll lebendigen
Naturgefühl, wie es z. B. im benachbarten Kleinasieii
stattfand, und wobei das Bewusstsein sieh in das man¬
nigfaltige Spiel der Welt- und Leben zeugenden
Mächte versenkt, durchaus fremd blieb. Die Natur war
ihnen nicht beseelt und belebt, sondern todt; die Macht
kam ihnen von aussen und wurde hineingetrageri; diese
Mächte aber waren die Gestirne, durch welche das
Geschikk verhängt ward, welches über allem Leben
walte.
Unter allen Himmelskörpern schien die Sonne^m
mächtigsten in ihren Einflüssen auf die Erde und
Leben; und deshalb wurde auch vorzugswerC ihr
Verehrung geleistet. Nächst der Sonne schr^h n>an
dem Monde die meisten Einwirkungen auf/®© Erde
/
8
and diesen hielt man daher nächst jener der höch¬
sten Verehrung bedürftig. Beide dachte man sich als
das hohe himmlische Paar, dem die Lenkung des Ge-
schikkes und jedes Lebens auf der Erde verfallen
wäre 5 die Sonne fasste man als den Gott, den Mond
als die Göttin. Wie Babylon der Mittelpunkt der se¬
mitischen Völker, so war auch hier der religiöse Dienst
derselben am meisten ausgebildet. Im Süden schlos¬
sen die Reihe derselben die Araber ab, deren beide
grosse Gottheiten Urotal und Alilat, welche Hero-
dot') anführt, auf nichts anders als Sonne und Mond
gedeutet werden können. Bei höherer Ausbildung des
dortigen Gestirndienstes, vornehmlich unter fremden
Einflüssen von J^ordeu her, entwikkelte sich auch die
Verehrung der Wandelsterne, und den Einflüssen der¬
selben wurden auch auf das Menschenleben höhere und
mächtigere Wirkungen stugesch rieben. Dadurch ge¬
schah es, dass, wenn auch in einer verhältnissmässig
spätem Zeit, der Stern der Venus Alk bar als Vor¬
stand aller Angelegenheiten des Herxens und der Liebe
verehrt ward.
In Babylon finden wir die beiden grossen Gott¬
heiten unter dem Namen des Bel und der Mylitta^
ursprünglich ebenfalls als Sonne und Mond xu fas¬
sen.®) Unter den Einflüssen des chaldäischen Gesliin-
dienstes machte sich aber die Deutung auf die Pla¬
neten Jupiter und Venus geltend. Die älteste
Geschichte des Landes ist durchaus mythisch. An der
Spixe derselben stehen die beiden grossen Gottheiten
8s Herrscherpaar und Gründer der Macht 5 an sie schliesst
’) HerodotS, 8. Im Allg. S tuhr Religionsformen der heid¬
nische Völker, ! , 401. 406 und der ganze Abschnitt über die
syrisch-iialdäischen Völker.
14) ^t. Munter Religion der Babylonier S. 17 ff. Vgl. S. 41.
9
sich wieder eine lange Reihe unbekannter und mei¬
stens fabelhafter Könige, durch welche, Z5um Theil we-
nigstens,die Sage, wie sie pllegt, dieselben Gedanken
auf verschiedene Weise ausspricht. Babylon selbst
kündigt sich durch seinen Namen schon als Staat des
Bel an, und das erste Herrscherpaar ist Ninus und
Semiramis, beides nur andere Ausdrükke für die
beiden grossen Gottheiten. W enn die Nachrichten über
die älteren Zustände dieser Länder nicht so dunkel
wären, so würden wir auch hier von ihnen, wie von
den uns in diesem Punkte etwas bekannteren Phöni-
kern versichert sein, dass dieselben grossen Gotthei¬
ten in den verschiedenen Landschaften und selbst Städ¬
ten unter verschiedenen Namen, oft auch mit eigen-
thümlicher Ausbildung ihres Wesens verehrt worden
seien. Dahin gehören die Namen Adad und Ater-
gatis als Assyrische Gottheiten.*)
Eine besondere Form des männlichen [Gottes muss
man auch im Dann es erkennen, welchen man sich
fast ganz als Fisch dachte, da die Fische der Gottheit
als Symbole der l mchtbarkeit geeignet waren, W^le
die Sage den Ninus als Gründer und Herrscher des
Reiches hinstellt, so lässt sie den Oannes jeden Mor¬
gen aus dem Meere nach Babylon als Gesezgeber und
Lehrer kommen Von der Semiramis ist schon ge¬
sagt worden, dass auch sie als eine solche Form der
weiblichen Gottheit gefasst werden muss, welche als
Königin io ihren Thaten den Charakter des Kultus der
Gottheit, den der Wollust und Blutdürstig keit trägt.®)
3) Macrobius SaturnaL 1, 23.
_ 4) Vgl. Bauer. Der Prüfet Jonas im assyr. babyl. Symbol,
m Illgens Ztschr. für histor. Theologie Bd. 7. S. 88 ff.
5)A^tbenagoras Hqiaß. mql Xmr.S, 271. Rechenberg.
T^g Atqy.at(ivg ^Bi^iqu^ilg Mymg yvy^ xm owg itfoit
10
Ihr Name bedeutet im Syrischen laut Diodor und He-
sychios so viel als Taube des Berges, jenes Thier,
welches der Göttin vor allem heilig ist. Tauben sind
es daher, welche die Herrscherin Semiramis, als sie
in ihrer Kindheit in einer öden Gebirgsgegend aus-
gesezt war, wunderbar ernährten, und wiederum, als
sie ihre irdische Laufbahn vollendet hatte, soll sie in
Gestalt einer Taube weggeflogen sein. Wie aber der
Mythos in seiner versinnlichenden und personifiziren-
den Weise mythische Wesen, welche dasselbe, oder
verschiedene Seiten desselben ausdrökken, in das
Verhältniss von Aeltern, Kindern und Geschwistern sezt,
so giebt er auch hier der Semiramis die Fischgöttin
Derketo zur Mutter. Die Fische sind aber nach
speziell phönikischer und allgemeiner Aulfassung der
semitischen Völkerschaften der grossen weiblichen Na-
turcrottheit als Symbol der Fruchtbarkeit geheiligt,
und somit konnte der Semiramis mit Fug und Recht
die Fischgöttin zur Mutter gegeben werden, ln ge¬
schichtlicher Auffassung Hess man sie aber die Grün¬
derin der Tempel ihrer Gottheit sein nach jenem Ver¬
fahren, nach welchem in den Mythen und Sagen die
Gottheiten sich selbst oder durch mythische Wesen,
welche in ihrem Sinne handeln, ihre Tempel gründen.
Daher nennt die Sage die Semiramis Erbauerin der
grossen Tempel zu Bambyke und des zu Askalon, wel-
ßZ,. Diode’. ■2.4 «nd20. Laktao, .5, Werto
Ls Wortes Semiramis sagt Pott Etymol. Forsch. 2, 181. Wenn
ein Name Arischen, und nicht, was mir nnwahrschem-
licher 'dünkt , Semitischen Ursprungs ist , so liesse sich an per
Zemin (terra) und etwa Sanskr. ram, woher
welches aber im Pers. in seiner Bdtg eine andre Wendung (qu )
genommen bat, denken.
11
eher für die phönikischen Völker der Haupttempel war.
Wie Ktesias berichtet, wurde sie nach ihrem Ver¬
schwinden als Göttin verehrt, und laut Athenagoras
ebenso bei den Syrern.
Für Phönikien und Syrien lässt sich Lukians be¬
kannte Schrift über die Syrische Göttin sehr wenig
benuzen , da sie die dortigen Heiiigthüraer in einer
Zeit schildert, welche der, die hier in Betracht kommt,
sehr wenig mehr ähnelt, sondern in w'elcher schon
längst die allgemeine lermischnng der Religionen ein¬
getreten war, Pragmatismus, Euhemerismiis, Synkre¬
tismus, philosophische Lehren und Aberglauben jegli¬
cher Art sein IVesen getrieben, und das Ursprüngli¬
che fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt hatten. Hie
Grundformen des Kultus dieser Küstenvölker w’aren
ganz dieselben w’ie jene in Babylon, mit denen auch
die Heiligthümer, wie aus den Sagen von der Semi-
ramis erhellt, mythisch verbunden wurden, denn sie
sollte den grossen Tempel zu Askalon gegründet ha¬
ben und anderes mehr. Die Namen, unter welchen
die beiden grossen Gottheiten in den syrischen Län¬
dern Vorkommen, sind Baal undBaaltis; für leztere
ist aber der phönikische Name A starte berühmter und
geläufiger gew orden, w eil durch die Phöniker und ihre
Kolonie die Göttin ihre grosse Verbreitung erfuhr.
Baal bedeutet Herr und Gemal, w'elchem Baaltis als
Gemalin zur Seite steht. Ueber Astarte hat man viele
und verschiedene Deutungen versucht, von denen viel¬
leicht aber noch keine ganz genügen möchte. Astarte
ist nur die griechische Form der phönikischen Benen-
nung Astaroth, w'elche auch so in der Bibel vor¬
kommt, und hat die Ausleger an dot'qq S tern erinnert®)*
63 Eusebius Praep. evang. 1, 10, Buch der Richter
12
Den Grund zu dieser Benennung fand man in dem
Glauben, die Astarte bezeichne ursprünglich den Ve¬
nusstern; allein diese Bedeutung ist ihr erst später
durch chaldäischen 8terndienst, wie der babylonischen
Mylitte zugekommen; ursprünglich bezeichnet sie ein¬
fach den Mond, und steht als solche dem Baal, der
Sonne, zur Seite. Von der griechischen Bedeutung
des Wortes ausgehend, suchte Hammer in den Fund¬
gruben des Orients den Stamm des Namens im Per¬
sischen, und legt auch in dieser Sprache ihm die Be¬
deutung Stern bei.
Von den verschiedenen Formen der Göttin hie-
selbst sind besonders folgende anzuführen. Den Na¬
men der Derketo zu Askalon kennen wir als xMut-
ter der Semiramis. Sie wurde als Fisch vorgestellt,
wie in Babylon der Oannes. Es gab aber auch in
Syrien einen eigentlichen Fischgott Namens Dagon.
Die Beziehungen auf Fisch und Wasser kommen bei
allen Formen der Gottheiten vor, deren berühmteste
Tempel ausser Askalon zu Heliopolis oder Balbek,
welches sich in seiner semitischen wie griechischen
Benennung als Soonenstadt oder Stadt des Baal ver¬
kündigt; dann z\i Emesa, Palmyra, Bambyke, wo über¬
all deT' Kult der Gottheit unter den entstelltesten, aber¬
gläubigsten und lächerlichsten Gebräuchen gefeiert
wurde.
Ausser den hier genannten mögen die beiden
Gottheiten noch unter sehr verschiedenen Namen und
2 13. Herodian 5, 6. •Pnlvms äs AcTQodxnv ovonälovei, edn-
■Jaieal>:vriS- Gramer Anekdota 23, 335 JaraQt^ iaw a’dwlo«;
Si/oju«: Uytrai M dm fAaraqcqSs rod doTQov, dar'n^ ydq lanyiprmov-
odp<i>, dff oi xut TO aWoilov zalürav, dvdnlacfxa axi»y tov aßVQov,
Umov naqd ro aar^ov vni^ßißaGfTü} ÄsraqTn,
13
Zeremonien in den verschiedenen Landschaften and
Städten verehrt worden sein. Dies gab die Veran¬
lassung dazu, dass die Juden den Namen der Gottheit
gern im Plural gebrauchten, indem sie bei ihren Nach¬
barnvölkern immer verschiedene Namen der Gottheiten
hörten. Ein solcher war auch der Name Adon für
den männlichen Gott, doch lässt sich nicht mehr aus¬
machen, wo er vorzugsweise unter diesem Namen ver¬
ehrt worden ist; doch muss er unter den Phönikern
besonders geläufig gewesen sein, welche sich auf Ky-
pros ansiedelten, indem durch ihn der kyprische Gott,
welcher unter dem Namen Adonis bekannt ist, so be¬
nannt war. Die Kj'prier leiteten aber ihre Tempel des
Landes nicht von Tyrus und SidoUj den herrschenden
kolonisirenden Städten des phönikischen Volkes, son¬
dern von dem Haupttempel des gesamten Landes, von
dem zu Askalon, ab.
Die Wollust, welche als eine hervorstehende Ei¬
genschaft an der Semiramis erwähnt wird, ist ein
Hauptzog des ganzen babylonischen und aller damit
verwandten Kulte, indem das Leben dieser semitischen
Völker sich von aller geistigen Anschauung und der
eigentlichen sittlichen Richtung des menschlichen See¬
lenlebens entfernt hatte, allein der Selbstsucht und
dem Fleische verfallen war. Ihr Sinn und ihr Be-
\vnsstsein waren völlig in die Richtung auf die Füile^
die Wohlbehaglichkeit, die Wollust des irdischen Le¬
bens verloren.^) Zu dem Staate ihres glänzend aus¬
gebildeten Kultus gehörten auch grosse Schaaren von
Tempeldienerinnen, welche ihrer Herrin, der Göttin,
7) Stuhr: Religionsformen d. heidn. Völker 1,426. Meso-
potamiae homines effrenatae libidinis sunt in utroque sexu sagt
noch Sali u st in einem Fragment. Schol.z. Juvenal Sat 1, 104.
Curtius 6, 1. S. Münter Reügioa der Babylonier S. 74.
14
in gefälliö;em Dienste ergeben waren. Für den Gott
selbst war jede Nacht eine Priesterin als seine Bei¬
schläferin in den Tempel eingeschlossen, da er selbst
das Bedürfniss der Befriedigung der Wollust fühlte.
Seine Stelle vertrat hier aber ein Priester.®) Eine
jede babylonische Jungfrau musste sich einmal in ih¬
rem Leben zur Ehre der Göttin einem Fremden preis¬
geben. Die Frauen sizen an den Wegen®) mit Bän¬
dern umwunden und räuchern ihre Zaubermittel, und
wenn Jemand vorübergeht und eine von ihnen zur ün-
Kucht hinwegnimmt, rühmt sie sich gegen die andern,
dass sie nicht seien werth gewesen wie sie, dass ihnen
der Gürtel gelöst würde. Deutlicher sprechen sich
noch Herodot und Strabon'“) hierüber aus: Um die
Tempel herum befanden sich eingefasste Gänge, wo
dieJungfraun mit einer wie Fäden gewundenen Krone
auf dem Haupte dasassen, und dem, der ihnen mit den
Worten: ,,ich rufe die Göttin Jlylitte an“ ein Stükk
Geld in den Schooss warf, folgen mussten, um ihm
zu Gebote zu stehen. Das Geld war aber heilig.
Manche, die nicht gefielen, mussten drei bis vier Jahre
■warten, ehe sie dem Geseze Genüge geleistet. Diese
oder ähnliche Sitten waren uralt bei jenen Völkern»
und überall hin verbreitet, und wurden daher den Ju¬
den verboten.”) Aber die Babylonier führten diese
Sitten in Palästina ein, und machten sich, wie es heisst,'®)
Mädcheehütten, einen der Mylitta oder Astarte geweih¬
ten Tempel. Um die Brunst der Göttin zu stilleu, er¬
gaben sich statt ihrer die Tempeldienerinnen der männ-
8) Herodot 1, 181. vgl, 182.
9) Buch Baruah 6, 42 und 43.
10) Herodot 1, 199. Strabon 16, 745 z. Ende.
11) 3 Buch Mosis 19, 29.
12) 2 B. Könige 17, 30.
1.^
liehen Lust. Dies ^ah die VeranlassiiTi^ ?:iir Errichi-
tung der Institute für weibliche Hierodulen bei allen
Tempeln der semitischen Göttin durch Asien, und so
weit die phönikischen Kolonieen ihre Astarte dem
Westen zuführten. Diese heiligen Buhlerinnen em¬
pfingen im Namen der Göttin den Zoll und die ¥er-
ehrung, welche jeder Mann, der sich der Göttin wohl¬
gefällig erweisen wollte, ihr leisten musste; sie for¬
derte Wollust und Unzucht, und jene Institute bei den
Tempeln der Göttin unterschieden sich durch nichts
von wirklichen Bordellen. Auch die Kappadokier ge¬
hörten dem semitischen Volksstanime ursprünglich an.
Beim Tempel der Göttin zu Komana befanden sich,
wie oft berichtet ist, sechstausend Hierodulen, welche
der Göttin in ihrem Sinne dienen mussten. Wenn
die Feste gefeiert wurden, strömten von allen Sei¬
ten Männer wie Frauen zum Tempel der Göttin, und
Fremde kamen weit her, um dort ihre Andacht zu
verrichten und ihr Opfer zu bringen. Die Weiher,
welche dort ihre Gewerbe mit den Männern trieben,
waren meist geheiligt.
Dies sind die Hauptzüge des semitischen Kultus
und der religiösen Begriffe, welche die Phöniker mit
nach Kypros gebracht haben müssen.
2. Die Phryger,
Wie sich die kleinasiatische Halbinsel ihrer na¬
türlichen Beschaffenheit nach ganz vom übrigen Asien
absondert und sich schon dem europäischen Ländersy¬
stem anschliesst, so stehen auch die Bewohner dieser
Länder den Griechen als Verwandte zur Seite. Der
Taurus und der Halys trennen diese Völker von ihren
13) Strabon 12, 559 und 558.
16
östlichen Nachbarn, den Semiten, mit welchen sie nichts
mehr gemein haben. Der Hauptstamm dieser Völker
Kleinasiens waren die Phryger, welche das Binnenland
inne hatten; nördlich von ihnen wohnten die thraki-
schen Stämme, im Süden an den Küsten herum die
Lyder. Alle drei Völkerschaften finden sich auch in
den europäischen Ländern wieder'*).
Das geistige Eigenlhum dieser Phryger war ein
uralter orgiastischer Naturdienst, welcher sich an die
Kybele, die Naturkraft weiblich aufgefasst, anschloss.
Bezeichnend im Charakter dieses Volkes war die aus
geistiger Dumpfheit hervorgegangene fanatische Got-
tesverehruug, genährt durch das Hingeben und Sich-
versenken in dunkle träumerische Stimmungen, ln
den Wäldern auf den Bergen war besonders die Stätte^
wo die religiösen Gebräuche verrichtet wurden. Wil¬
des Geschrei und lärmendes Getöse der Handpauken,
Kymbeln, schmetternder Schall der Trompeten, Hör¬
ner und Pfeifen begleiteten die Feier, welche die Prie¬
ster in prunkender Waffenrüstung durch Wald und
Gebirge vollbrachten. Orgiastische Tänze wurden
aufgeführt, bei denen die Feiernden, von ausschwei¬
fendem religiösem Taumel ergriffen und von heiligem
Wahnsinn getrieben, sich wechselseitig verwundeten.' 9
Nur sittliche Ausschweifungen wurden nicht begangen,
denn die Kybele forderte für ihren Dienst eben so
strenge das Gelübde der Keuschheit, wie die semiti¬
sche Göttin, selbst unzüchtig, für ihren Dienst Unzucht
und Wollust verlangte.
Von den beiden Hauptsizen Kelainai und Pessinus
dehnte sich dieser Dienst nach allen Seiten, besonders
14] H o ek Kreta 1, 109 ff.
15) Strafe OK 10, 470. Lukrez 2, 699ff. Katull Attys.
nach Westen aus. Lydien war mit Phry^ien durch
Stammverwandtschaft und Sagen eng verbunden, und
der phrygische Kult blühte in Lydien so gut wie in
Phrygien. Die älteste Herrscherfamilie Lydiens waren
die Attyaden, Attys ist aber der phrygische Gott,
der männliche Gott, welcher der Kybele überall und
in einem eigenthümlichen Verhältniss zur Seite steht.
Näheres darüber theilen wir an einem andern Orte
mit. Der Gebrauch der Flöten, die ganz eigenthüm-
liche Musik und Sangesweisen, welche jene religiöse
Stimmung des Kultus und des Volkscharakters begün¬
stigten, sollten bei den Phrygern selbst erfunden sein.
Auf die Verbreitung dieser eigenthümlichen religiösen
Stimmung, und die Sagen von Tonkünstlern und gött¬
lichen RejM-aesentanten des Kultus in den verschiede¬
nen Landschaften werden wir noch öfters Gelegenheit
haben zurükztikoramen.
Mannigfaltig ist die Verbindung des phrygischen
Kultus mit dem griechischen, und beträchtliche Be-
standtheile des lezteren, namentlich die orgiastischen,
wie sie z. B. im Dionysiuskulte hervortreten, sind den
Griechen von diesen ihren überseeischen Verwandten
zugekommen. Die sogenannten thrakischen Bestand-
theile des griechischen Kultus sind fast dieselben mit
den phrygischen. Was nun Kypros betrifft, so ist in
der Geschichte dieses Landes von uns nachgewiesen
wie dies Eiland zum Theil eine phrygische Bevölke¬
rung erhalten hat. Ihr Einfluss auf Mythen und Kult
liegt gleichfalls vor Augen 5 das Wesen der Aphro¬
dite scheint im Innern und Aeussern verwandt mit der
Kybele ausgebüdet zu sein. In der Art und Weise,
wie die Aphrodite als Herrscherin von Kypros dasteht
lässt sie sich nur mit der Kybele vergleichen. Wie
sich aber Aphrodite in ihrem Verhältniss zum Adonis
11 2
18
zeigt, KO ist die einzige Vergleichung, welche hiezu
passt, die Stellung der Kybele zum Attys; denn wenn
die Mysterienidee, welche diesem leztern Paar zu
Grunde liegt, auch noch mehrere Male in griechischen
Kulten wiederkehrt, so wird Sage und Mythos des
Adonis doch ergehen, dass diese so ganz und gar, wie
an keiner andern Stätte, denen der Kybele und Attys
nnchgebildet sind. Die nahe Verwandtschaft beider
Göttinnen aber bewirkte in Kleinasien selbst eine so
innige Verschmelzung, wie wir dieselbe nur auf Ky-
pros finden, und übte von diesen beiden Punkten her
die bedeutendsten Einwirkungen auf die Ausbildung
und Gestaltung des gesammten Aphroditekultus aus.
In diesem Sinne ist die Nachricht des Charon von
Lampsakos ganz richtig, dass Aphrodite bei den Ly¬
dern und Phrygern Kybele genannt würde. Indess
können wir hier die kleinasiatische Aphrodite, wel¬
che ihren Hauptsiz auf dem Ida hatte, nicht erschöpfen.
Aphrodite tritt zu Kypros als eigentliche Herrin
und Königin auf wie die Kybele, und ist \erleiherin
priesterlich-königlicher Herrschaft wie diese. Es war
eine durchgängige Ansicht bei den Phrygern, Lydern,
Mysern und Dardanern, dass das Fürstenthura ih¬
rer königlichen Geschlechter herzuleiten sei von ei¬
ner aphroditischen Bevorzugung ihrer Ahnherrn, wo¬
durch ihnen eine zauberische Gottgefälligkeit anhafte-
Schon aus den dürftigen Nachrichten über Kypros kön¬
nen wir deutlich wahrnehmen, dass ähnliche Ansichten
auch hier geherrscht haben. Besonders die Mythen
vom Kinyras deuten dies an. Er gründet den Tempel
seiner Göttin, wie in phrygischer Sage Midas ' ) und
16) Klemens v, Alexandr. Protrept. 5 S. 12 Potter, Ar-
nob. 2, 73.
lö
sein Vater Gordias, den Dienst der Kybele in lydischer
SageGyges. Dies sind aber nicht die Uebereinstimmun-
gen alle; die übrigen müssen wir passenderen Orten
Vorbehalten. Nur sei hier noch auf die ansehnliche
Priesterschaft aufmerksam gemacht, welche sich in
den Ländern, wo die phrygische Göttermutter herrschte,
zum Dienste und Ausübung ihrer religiösen Gebräu¬
che vorfand und im Besize eines ansehnlichen Tem¬
pelgebietes stand, von dessen Ertrage sie selbst^ wie
das Heiligthum, erhalten wurden. Dieselbe Einrich¬
tung finden wir auf Kypros. Der Reichthum der ky-
prischen Tempel lässt sich nur mit denen der Kybele
vergleichen, deren Priesterschaft zu Pessinus*''^ fast
königliche Macht, hohes Ansehen und grossen Reich¬
thum, wie Kinyras und die Kinyraden auf Kypros, be-
sassen. Dieser Reichthum und Glanz der Priester-
schaften der Kybele fand sich überall in Kleinasien,
von Lydien an bis zu den Pontischen Ländern vor'®3*
3. Die pelasgische Naturgottheit Aphrodite.
Nach der herrschenden Ansicht unter den Gelehr¬
ten über den Aphroditekult ist die griechische Göttin
Aphrodite kein Erzeugniss des hellenischen Geistes,
sondern aus Asien herübergetragen, nichts als die phö-
nikische Astarte, die babylonische Mylitta u. s. w.j
kurz die bereits oben besprochene weibliche Naturgott¬
heit der semitischen Völker, welche in Griechenland
unter dem Namen der Aphrodite verehrt worden, nach¬
dem sie schon durch die frühsten phönikischen Sied¬
lungen an den griechischen Küsten in diese Länder
eingeführt war. Dieser Saz ist einmal alt und herge¬
bracht, und aus jenen Zeiten stehen geblieben, wo man
17) Strabon 12, 667.
18) Strabon 12, 535. 557.
2*
20
.nlle griechischen Götter als Ausflüsse des orientalischen
Geistes ansah, welche sich die Griechen angeeignet
und in ihrem so viel gescholtenen und verspotteten
übermüthigen Selbstgefühl, in ihrer Ueberschäzung des
Eigenen und Verachtung des Fremden, für ursprüng¬
lich ihr Eigenthuin hingestellt, wo aber eine andere
Meinung für Lästerung galt. Dergleichen Ansichten
eines in Hellas eingekräraerten Götterwesens hat nun
läno-st der Geist der Wahrheit überwunden, und sie
sollen hier nicht von neuem besprochen werden : nur so
viel als zu unserra Zwekke nöthig ist. Man hat sich
gewöhnt jedem Volke das Seine zurükzupben, die
griechische Religion als die griechische, die orienta¬
lische als die orientalische hingestellt, und' nach den
iedesraaligen Verhältnissen gewürdigt. Die Meinung,
dass die griechische Göttin Aphrodite nur eine aus
dem Orient herübergenommene sei, wird ebenfalls ei¬
ner andern weichen müssen, nachdem man zu der Er-
kenntniss der Volksthümlichkeiten gekommen, und na¬
her in den Geist der verschiedenen Völker einzudrin-
o-en sich bemüht hat. Wenn der Kult der Aphrodite
vollständig vorliegt, dann wird die Ueberzeugung
auch nicht schwer fallen, dass diese Gottheit mit ganz
derselben Befugniss eine griechische genant werden
muss, als jene übrigen, deren. Heimathsrecht langst
nicht mehr angetastet ist.
Uebrigens ist die so viel beliebte Verpflanzung
der Kulte ^schon deshalb so misslich, weil sie schwie¬
riger ist, als sie vielleicht scheint. Der Glaube war
zu tief gewurzelt, als dass er sich etwa in der Art
verpflanzen Hesse, wie eine Lehre, und Lehre war bei
den alten Religionen gerade der geringere Bestand-
theil Weil der Kult ein Ergebniss des Bedürfnisses,
des religiösen Gefühles fet, so hängt er so eng ^lnd
21
innig mit der Individualität eines Volkes j mit den
tiefsten und zartesten Fäden seiner eigensten Eigen-
thömlichkeit zusammen, und hat zugleich mit dem
Voiksthum seine Weiter- und Ausbildung erhalten, ist
so unzertrennlich von der Denk- und 8innesweise ei¬
nes Volkes, hat so viele Einwirkungen von der Oert-
lichkeit, den Schikksalen eines Volkes empfangen, dass
Kult und religiöse Ideen nicht so leicht von einem
Volke in ein anderes übergehen. Erst als die östli¬
chen Völker erstorben, alle geistige und physische
Kraft, ihr eigenthümliches Leben erloschen, da dran¬
gen mit den \ ölkermassen der Hellenen auch helleni¬
sche Anschauungen, griechische Denk- und Sinoes-
weise in den Osten über zur Gestaltung eines neuen
Lebens, da näherten sich mit Aufgebung der Nazio-
nalitäten beide Völkermassen, und allgemeine asiati¬
sche und ägyptische Ideen fanden in Griechenland Ein¬
gang, wenn auch einzelne Sagen und Fabeln fremder
Länder schon früher Aufnahme von den Griechen er¬
fahren hatten , je nachdem sich die Griechen ausbrei¬
teten, in engere Verbindungen mit jenen Völkern tra¬
ten, und wenn sogar auch an mehreren Orten wirk¬
liche, aber nur einzeln stehende Verschmelzungen vor
sich gingen. Namentlich nach Alexander trat eine
allgemeine Vermischung der Religionen und Ideen ein.
Wo für frühere Zeiten Mythen angeknüpft und mit
einheimischen verbunden wurden, da liegt auch immer
ein geschichtlicher Grund und Zusammenhang vor, nur
muss dieser gesucht werden.
Will man einen Mythos und Kult richtig erken¬
nen, so darf man ihm nicht in dem Zustande seine
Heimat und Stellung an weisen, in welchem er uns
zu den Zeiten vorliegt, seit eine allgemeine Religions¬
mengerei, Synkretismus und Pragmatismus alle Gott-
22
heilen so ziemlich in ein und dasselbe Wesen hat zusam-
menfliessen lassen, wo der Eine eine Gottheit mit die¬
sem, der Andere mit jenem Namen belegt, dieser sie
so und ein Anderer sie anders deutet, jeder aber von
seinem Standpunkte aus mit Recht, wo die besondern
Gottheiten aufgehört haben und in Allgemeinheiten zer¬
flossen sind, aus denen man machen kann, was man
will. Im Gegentheil, wir müssen einen Mythos und
Kult rükkwärts betrachten und verfolgen, ihn seiner
übergewucherten Fülle, seines ihm allmälig angewach¬
senen Gezweiges und Schmukkes entkleiden, und so
auf seine Anfänge zurükkgehen, dann aber das Ge¬
trennte wieder zusammenfügen, um zu verstehen, vvie
er das geworden, was er war. Auf eine solche H eise
glauben“wir auch sicher zu finden’), dass der Aphrodite¬
kult in seinen Anfängen auf griechischem Boden ent¬
sprungen, durch den Geist der Griechen und auf grie¬
chische Weise ausgebildet, wenn er auch vielleicht
mehr und in früheren Zeiten, als es bei andern Kulten
der Fall war, orientalische Bestandtheile in sich auf¬
nahm. Dazu haben aber manche besondere Umstände
mitgewirkt, wie sich im Laufe der Darstellung ergeben
wird, namentlich rührte dies indess von der Beschaf¬
fenheit und Lage seines Hauptsizes und den verschie¬
denen Volksbestandtheilen her, welche die Griechen
auf Kypros in sich aufgenommen hatten. Bei keinem
Kulte hat aber die Phantasie der Griechen sich in sol¬
cher blühenden Freiheit und üeppigkeit ergehen lassen,
als gerade bei der Aphrodite, dem Lieblingskinde des
Dichtergeistes, und dadurch hat manches an ihr einen
orientalischen Schein bekommen, was jedoch auch eben
1) Dorier 1,40&. Neuerdings hatBöckh* die alte Ansicht festr
gehalten.
23
nur Schein ist, im Grund aber Glanz der Poesie. Wie
tief die Ideen, welche der Aphrodite zu Grunde lie¬
gen, im griechischen Volksgeiste Wurzel geschla¬
gen hatten, sehen wir an Orten, wo die alten kos¬
mischen und theogonischen Ideen der Aphrodite in
ihrem Ernste und ihrer Ehrwürdigkeit hervortreten,
z. B. in den Kabirenkulten, zu Athen in der Aphro¬
dite als ältesten der Moiren, und in andern v irwand-
ten Formen, auf welche wir unten zurükko uen.
Auch die Aphrodite als Erhalterin und Schirmerin
des Staates und des Volkes, welcher Theseus hul¬
digt, scheint mir in tiefer einfacher Idee nur grie¬
chisch zu sein, .und ich zweifle sehr, ob ein Grieche
jene physischen und kosmischen Ideen, Ausflüsse sei¬
nes Geistes, mit ihr würde verbunden haben , wenn
in ihm das Bewusstsein gelebt hätte, es sei ein frem^
des, von aussen erborgtes Wesen, welches in ihm
und über ihm walte, welches sein Geschikk lenke,
dessen Macht keine Gränzen kenne; dieses Wesen
habe nicht von Urbeginn griechischer Vorstellungen
über seiner Heimat und allem , was er sein nenne,
gevsaltet. Würde nicht der Grieche dabei Begriffe,
wie wir sie überall im Aphroditenkult mehr oder
weniger hervortauchend wiederfinden, an eine Gott¬
heit geknüpft haben, welche sein eigen war? Ich
glaube es, und halte es nicht für möglich, dass eine
fremde Gottheit in alle Kultusstätten der pelasgischen
Urbevölkerung dringe und mit den ächtesten, rein¬
sten, eigenthümlichsten aitreligiösen Begriffen des
griechischen Volkes in dem Grade ausgestattet wor¬
den sei, wie wir es bei der Aphrodite finden. Un¬
streitig richtig ist die Meinung Otfr. Müllers '),
1) Dorier 1, 405. Neuerdings hat Böckh die alte Ansicht
festgehalten in seinen Metrologischen Untersuchungen S. 4'S :
24
wenn er seine Ansicht von der Aphrodite dahin
aiisspricht:
Von dem Kulte dieser Gottheit heg:en wir die
Meinung, dass er zwar auch aus einheimischen, alt¬
griechischen Anfängen hervorgegangen, aber durch
phönikische Stiftungen in einigen Küsten- und Ha¬
fenstädten Griechenlands erweitert und umgestaltet
worden sei. — Es ist nur zu bedauern, dass er nicht
Gelegenheit gehabt hat, sich ausführlicher hierüber
zu verbreiten.
Unter den Alten selbst sehen wir uns vergebens
nach bestimmten Beantwortungen der Frage um, ob
Aphrodite eine einheimische oder fremde Gottheit sei,
ungeachtet doch in andern Fällen es bemerkt wird,
wenn eine fremde Gottheit in Griechenland aufgenom¬
men ist. Von Homer hat Völker gemeint, er lasse
Kein Dienst ist aber der Handelsbliithe enger verknüpft als der
Apbroditische, wie schon Rhodos (Rhodos? hier ist gar kein
Aphroditekult, und dies ist eine sehr auffallende Erscheinung),
und Korinth zeigen, und aus begreiflichen Ursachen sind die
Tempel der Aphrodite häufig in Hafenstädten. Ohngefähr ebenso
weit als das babylonische System der Masse und Gewichte hat
sich von Babylon aus der feierliche Dienst der himmlischen
Aphrodite verbreitet, welche, weil Platon sie in ein Ideal um¬
gestaltet hat, von Einigen für die Göttin der rein geistigen Liebe
gehalten wird, während sie die Vorsteherin, wenn auch ursprüng¬
lich nicht der ausschweifendsten Ausgelassenheit, doch jederzeit
nur der fleischlichen Beiwohnung war, und wenigstens bei den
Griechen nur darum die himmlische heisst , weil ovQavoi den
Griechen, ehe der Pythagorische Begriff des xocfioQ die alte Be¬
zeichnungsweise verdrängte, nicht allein den Himmel, sondern
auch das Weltall bezeichnete, in welchem jene Aphrodite als
Ursache aller Zeugung waltet. — Vgl. auch die Anzeige dieses
Werkes v. Otfr. Müller in d. Gott, Gel. Anz.
2) Volkers Abhandlung Ueber Spuren ausländischer Got-
terkulte bei Homer. Rhein. Museum 1, 2 S. 202 ff.
25 ^
die Aphrodite als eine fremde Göttin auf, denn eines
Theiles befinde sie sich auf Seiten der Troer, andern
Theils stehe sie an Ehrbarkeit und Würde den an¬
dern Gottheiten bedeutend nach. Was den ersten
Punkt betrifft, so erklärt dieser sich einfach aus dem
Umstande, dass Aphrodite die angesehenste Gottheit
der Troer, und durch sie nach den Mythen der
Krieg angestiftet Avar. Sie ist aber deshalb so we¬
nig eine fremde Gottheit, als es Apollon, Poseidon
u. s. w. sind, welche doch als die Hauptgottheiten
der Troer dastehen. Dass die Troische Aphrodite
manche Bestandtheile von der benachbarten Eybele
angenommen hatte, welche wieder auf den gesumm¬
ten Kult der Göttin übergingen, ist hier gleichgül¬
tig, weil die Frage aufgeworfen ist, ob Homers Göt¬
tin eine andere ist als die gewöhnliche griechische;
in ihrem Ursprünge ist sie rein -griechisch, und von
Samotbrake herüber gekommen. Jene Bestandtheile
sind aber solche, welche sie, und dies schon zu Ho¬
mers Zeit, zu allgemeiner Geltung in ganz Grie-
chenlend angenommen hatte. Das Wesen der Ky-
bele herrscht in dieser Auffassung Homers durch¬
aus nicht vor; selbst nicht in der Auffassung der
Göttin, welche im homerischen Hymnus an die Aphro¬
dite hervortritt. Was den zweiten Punkt, die Ver¬
wundung durch Diomedes, anlangt, so giebt es in
den griechischen Mythen ähnliche Verlezungen gött¬
licher Majestät, ohne dass man daraus schliessen
dürfte, es geschehe ihrer göttlichen Würde dadurch
Eintrag, oder gar, es wäre ein Zeichen, dass die
Gottheit eine fremde sei. Otos und Ephialtes bin-
pen den gewaltigen Ares, Here wird von Herakles
mit dem Pfeile in die rechte Brust getroften, Aides
wird von demselben auf die Erde zu den Todten
26
^estrekkt, dem Ares stösst DIomedes den Speer in
den Unterleib ®)- Wenn man nun gar aus ihren
Handlungen und ihrem Wesen hat schliessen wol¬
len, dass Homer sie als einer einheimischen Göttin
unwürdig auftreten lasse, so bedenke man nur, dass
sie Liebesgöttin ist, und sie sich deshalb, um ihrer
Eigenschaft treu za bleiben, in scheinbar unwürdige
Bollen einlassen, Intriguen spielen musste u. s. w.,
wodurch ihre Heiligkeit keineswegs beeinträchtigt
wurde. Sie musste solche Rollen spielen nach den
gangbaren Vorstellungen, und die Schuld fällt nicht
auf sie, sondern auf jene zurük, welche ihrer Macht
bedürfen, z. B. Zeus selbst. Ist darum Hephaistos
minder göttlich, weit er unter den Göttern nur pos¬
sierlich, als „Hahnreih ira Hause und Pikkelhering
im Olymp“ geschildert wird? Als Göttin der Liebe
musste sie nach griechischen Vorstellungen im Olymp
dieselbe Bolle spielen als unter den Sterblichen, und
blieb immer der Liebling unter den Göttern und
Göttinnen, die alle ihrer bedurften; sie war mehr
Herrscherin im Olymp als Zeus selbst, wie die
Dichter sagen. Dem Homer ist Aphrodite, um uns
kurz zu fassen, die völlig ausgebildete griechische
Göttin, die Tochter des Zeus und der Dioue, die nait
dem Gürtel des Liebreizes geschmükkte Ölympierin,
und dem Dichter der Odyssee ist sie bereits die Ge¬
liebte des Ares. Homer kennt aber auch schon ihre
Liebe zum Anchises; sie ist ihm, dem smyrnaischen
langer, die kyprlsche Göttin, wie sie sich zu seiner
3) Die Verwundung der Aphr. 11. 5, 336. Vgl. Eustath.
zu II. I, 43. Der Rhetor Meiiander Walz Griech. Rhetoren
9, 285. ivTtth»« Jio^n^n? y.KiQou nnk aöyxQUSiv, on T()a>azüM
y«? dycekmos t<äy ’JfQoäiTtjS nu&MV.
27
Zeit schon völlig ansgebildet und verbreitet hattCj vor
allem über das benachbarte Kleinasien.
Schon ältere Erklärer des Homer * ) machten dar¬
auf aufmerksam, dass dieser Dichter die Erzeugung
der Aphrodite anders als Hesiodos erzähle, denn wäh¬
rend bei Homer die Göttin eine Tochter des Zeus
und der Dione sei, stelle sie Hesiod als aus den Zeu-
gungstheilen des Uranos und dem Meere hervorge-
gangeu dar. Der ganze Unterschied besteht aber
darin, dass Homer die individuell und menschlich
gestalteten Olympischen Gottheiten, und mithin die
auch dahin gehörigen Vorstellungen von der Aphro-^
dite, Hesiodos aber bei ihrer Geburt die Vorstellun¬
gen darlegt, welche man in der alten pelasgischen
Naturreligion mit der Aphrodite verband, und welche
uns bald mehr beschäftigen werden. Bei ihm trägt
die Göttin keine Spur fremder Beimischung, und es
kann durchaus kein Zweifel obwalten, dass sie ihm
einheimisch, eine griechische Gottheit, nicht aus der
Fremde gekommen ist. Er trägt, wenn seine Dar¬
stellung auch mit dem Schmukke der Phantasie be¬
kleidet ist und auch schon olympische Vorstellungen
hinzugetragen sind, durchaus die Begriffe des grie-
diischen ürvolkes von Welt und Göttern vor, und ge¬
rade in Bezug auf die Aphrodite verdient er besondere
Glaubwürdigkeit, und wir können versichert sein, dass
er uns die pelasgischen Vorstellungen von ihr rein
und unvermischt erhalten habe, da er ihren Ursizen
so nahe stand. Er kennt aber auch schon die neuern
Ansichten über die Göttin, er kennt ihre alte und
neue Heimat, knüpft an die alten theogonischen Vor¬
stellungen und naturreligiösen Begriffe des pelasgischen
4) Schol. II. 3, 374)
28
Volkes ihren Siz Kypros. Die Vorstellungen, welche
man in spätem Zeiten als die allein gültigen und rich¬
tigen über die Aphrodite ansah, müssen schon zu sei¬
ner Zeit fest ausgebildet gewesen sein, denn nach¬
dem er sie aus den Zeugungstheilen des Uranos und
des Meeres hat entstehen lassen, wandert sie durch
die Wellen nach Kythera, findet aber hier ihre neue
Heimat noch nicht, sondern erst in Kypros. Während
also die orientalische Gottheit von Osten nach W esteu
zieht, nimmt die griechische Göttin ihren Weg von
Westen nach Osten, um auf Kypros zu einem neuen
Ganzen, einem westöstlichen Wesen zu verschmelzen.
Dass die Vorstellungen des Hesiodos über die Ent¬
stehung der Aphrodite alt und acht sind, bezeugt auch
Platon 0? indem er den Sokrates sagen lässt, in Be¬
zug auf die Geburt der Aphrodite dürfe man dem He-
ßiodos nicht widersprechen.
Die Stelle des Hesiodos ist unzweifelhaft der Haupt¬
sache nach, und bestritten sind nur drei Verse«),
ohne dass dadurch aber dem Ganzen irgend ein Er¬
trag geschehe. Obgleich der neueste Bearbeiter des
Gedichtes, welcher auch dieser Stelle eine ausführ¬
liche Behandlung gewidmet hat, ebenfalls diese drei
Verse nach Wolfs Vorgänge in Frage stellt, so möch¬
ten wir doch mit dem Rezensenten dieses Buches der
Meinung sein, dass nur der erste, nicht die beiden
lezteren Verse angetastet werden dürfen. Der Ein¬
wand des Scholiasten zur Odyssee’ ), dass jener Vers
5) Platon im Kratylos 406. C.
6) Die Verse sind 196. 199. 200. S. hierüber Mützell de
emend. Theog, Hes. und die Rezens. von Ranke in d. Ergän-
zungsbi* d. Allg. L. Ztg. März 1836.
7) Scholiast z. Od. 8, -362. ovtos 6 ßn/os Inluvtjas rov ‘H-
flnfw xvnqoyimav Vgl. Etym, Gud. S. 355, 10,
29
des Homer den Hesiodos verleitet habe, die Aphro¬
dite Ky pro gen eia 7ai nennen, beurkundet weiter
nichts als eine grobe Unwissenheit, denn jener ho¬
merische Vers konnte keinen vernünftigen Menschen,
also auch den Hesiodos nicht, zu einer solchen An¬
nahme verleiten. Die beiden Verse sind nicht über¬
flüssig und stehen mit der ganzen Anschauung des
Hesiodos und der Ueberlieferung, welcher er folgt,
in nothwendigem Einklang; und was das Wort Ky-
progeneia betrifft, so heisst die Göttin so auch in den
homerischen und orphischen Hymnen im Theognis
und Solon. Der Erzählung, wie Aphrodite aus der
Entmannung des Uranos entstanden^ Kythera berührt
und in Kypros ans Land gestiegen sei, folgt die
derselben entsprechende etymologische Auflösung der
Namen auf durchaus angemessene Weise. Man weiss,
dass das Etymologisiren gerade nicht die stärkeste
Seite der alten Grammatiker war, und wenn irgend
wo sonst, so sind bei den verschiedenen Namen der
Aphrodite lächerliche Albernheiten zu Tage gekom¬
men. Der Scholiast meistert den Hesiodos a. a. 0. in
seiner Erklärung des Namens Kvnqiq. Er sagt ® ), Kv-
TtQiq sei aus xvonoqig, d. h. to xvsiv TcoQi^ovda zusara-
mengezogen, und Chrysippos nimmt es für xvsip jtaqe-
xovda. Auch der Grund eines andern Scholiasten “),
warum Kypris nicht vom Lande Kypros hergeleitet
werden könne, weil Homer die Göttin denn noch mit
grösserem Rechte Paphia nennen müsse, was er
8) Vgl. Etymolog. Magn. Kvnqig. Eustath. z. Od. 1.^98.
Phurnutos Kap, 24. Kv&tQiuc dt clqrjat did rdg ix tmp ftiSt<op
ytvofitvug xvi^atig. Aus diesem Grunde, fahrt er fort, ist ihr Ky-
ther.a heilig und Kypros : Gvpqdbvacc nws xktu. rouvo/xa xqvipu.
Photios im Lexikon.
9) Schol. z. Hom, II, 5, 422.
30
aber nicht tliuc, Tm*j:eachtet er Paphos sehr wohl kcnr.p.
und deshalb müsse man sich nach einer andern Ab¬
leitung Umsehen, da überdies Homer selten örtliche ,
Beinamen wähle, ist durchaus nichtig. Eben so abge-
schmakkt sind die Hesiodischen Scholiasten und Chry-
sippos Ableitung des Namens Kythereia, und doch
beginnt der eine von ihnen noch so lächerlich stolz,
dass er die Sache zuerst verstehe. lener sagt: xt“
de ^ xevSvfisvov ey^ovaa iv kavrfi xov xfjg
iQCiOTixrjg (fiXiag i^tjQTJjfisvov Ifiavta^ otop xdv SQUiTa^ öp
Ttdai roXg psoig i(pitj(npj und der Andere: nagä xd
fjopov dpd-gconoig dXXd xat ^fjgtoig xu xvstP inidi-
Söpat. Ein homerischer Scholiast*®) sagt: Kvd-igeia
sxvnoXoyelxat ^ and xd xveip, ö 6^ avfißaipei nagd xfjp
cvpovöiap , xijg ep xco ■9'EgEcsO'ai ßvpovatjg' i] aitoxoxEV^
■d-Eip xdp sgcoxa. Diese leztere Ableitung des Namens
Kythereia als der Liebeverbergenden kehrt häufig
wieder, und findet sich auch bei Hesychios und Sui-
das und im grossen Etymologikon. Eine so einfache
Erklärung des Namens Kythereia, welchen die Göt¬
tin von Kythera, wie Kypris von Kypros u. s. w.
führte, verachteten diese Grammatiker. Andere ety¬
mologische Spielereien liest man noch bei Eudoxia. In
ähnlicher Weise sind auch die Herleitungen des Na-
Paphia. Eustathios“) Hacpia dUrjyogr/.wg, (ug
dno(pl(fxovöaj 6 ißxip dnaxdoGa xcS egoaxti Auch andere
Beinamen der Aphrodite wurden auf diese Weise er¬
klärt, so der Name (fulo^Etö^g im Etymologikon durch
OCT fiT^dioop i^6(padpd''ri.
Von den lateinischen Schriftstellern stimmt Fe-
stus llesiodos, indem er sagt, sie trage
10) Schol. Odyssee 8, 288.
11) Eustath. z. II. 14, 160. Pliurnutos a. a. O.
12) Fest US. Cypria Venus, quod ei primum in Cypro in-
31
den Namen K}T)ris, weil ihr anf Kypros der erste
Tempel errichtet sei. Ebenso Diodor ’ ® ) , nur dieser
mit dem Zusage einer neuen Fahel, dass die Göttin
auf dem Wege von Kythera nach Kypros habe erst
auf Rhodos landen wollen; hier sei sie aber von den
Söhnen des Poseidon zurükgewiesen. Nach Philo-
stratus'*) ist die Göttin aus dem 31eere durch Ein¬
fluss des Himmels erwachsen, und bei Paphos gelan¬
det, welches ganz die hesiodische Erzählung ist. Nach
dem fünften homerischen Hymnos wird sie vom Ze¬
phyr auf einer Meerwoge an das kyprische Gestade
getragen.
Als mit dem Sinken der phönikischen Macht auch
der Kult des Volkes seine Reinheit einbüsste, und
fremde Bestandtheile in sich aufnahm, die Griechen
aber überall, wohin sie kamen, ihre Gottheiten wie¬
derzufinden meinten, und fremde Gottheiten, bei wel¬
chen sie nur irgendwie eine ähnliche Seite mit einer der
ihrigen ausfindig machen konnten, auch sogleich mit
dem Namen der ihrigen belegten, so ward es auch
bei den griechischen Historikern üblich, die syrische
Astarte* wie die babylonische Mylitte, und andere
mehr, mit dem Namen der Aphrodite zu bezeichnen.
Aber so wenig, um nur ein Beispiel statt vieler her¬
auszuheben, als die Artemis von Ephesos in ihrem
zügellosen und ausschweifenden Dienste gemein hat
mit Apollons jungfräulicher Schwester, der Tochter
der Leto, so wenig als die griechischen Gottheiten
ägyptische sind, ungeachtet die Griechen seit der An-
sula sit constitutum, vel quia parentibus praesideat, quod graece
xvHv parere sit
13) Diodor 5, 55.
14t Philo str. Eikon. 2, 1.
15) S. Otfr. Müller Dorier I, 388.
32
sässigkeit der Ionier und Karcr in Aeo^yptcn, die dor¬
tigen Gottheiten mit griechischen Namen belegten,
ebenso wenig sagt dieser Ausdnikk der Gescliichts-
schreiher, dass es ihre Ueberzeiigung gewesen, die
griechische Aphrodite sei aus Syrien gekommen. Zu
des Pausanias Zeit war es längst üblich gewesen, die
asiatische Gottheit mit dem Namen Urania zu bezeich¬
nen, nnd daher bedient auch er sich dieser Ausdrukks-
weise. obgleich er sonst sehr wohl die Astarte von
der Aphrodite zu unterscheiden weiss. Er sagt: '*)
unter allen Menschen verehrten die Assyrer die Ura¬
nia zuerst; darauf sei sie von Askalon in Palästina
nach Kypros übergesezt, und v on hier sei sie nach
Kythera gegangen. Dies ist der bekannte Weg der
phönikischen Astarte dem Westen zu. Darauf fährt
er fort, in Athen habe Aegeus die Verehrung der
Aphrodite eingeführt. Mag man nun glauben, des
Pausanias Meinung sei, Aegeus habe sie von Kythera
eingeführt, in Pausanias Worten liegt es nicht so be¬
stimmt; und wenn es wirklich seine Ansicht gewiesen
wäre, so ist es immer noch weiter nichts als seine
Ansicht, welcher man mindestens eine andere entge¬
genstellen kann. Er verbindet dann die beiden Sagen,
die eine, welche die semitische Gottheit, die ihm un¬
ter dem Namen Aphrodite geläufig ist, nach Kypros,
Kythera, Karthago u. s. w. führt, und die andere,
welche die Einführung des Aphroditekultes in Athen
dem Aegeus zuschreibt, zu der einzigen, Aphro¬
dite sei von Askalon über Kypros und Kythera nach
Athen gekommen, als Aegeus herrschte. Wenn dies
seine Absicht war, so bleibt er in derselben sich nicht
gleich, denn weiter unten werden wir von einer an-
16) Pausanias 1, 14, 6.
33
dem durch ihn mitgetheilten Sage Gebrauch machen,
nach welcher der paphische Dienst nicht phönikischen,
sondern griechischen Ursprungs, und durch den Ar-
kader Agapenor eingesezt war. Ferner ist auch jene
ihm beigelegte Ansicht nicht gewiss, wenigstens nicht
durchgängig die seinige, dass die semitische Gottheit
und die Aphrodite eine und dieselbe seien; er unter¬
scheidet beide sehr wohl von einander, und theilt mit' ^),
dass zu Thuria in Messenien in der Nähe von Aphro¬
ditetempeln ein Heiligthum der Syrischen Göttin sich
befinde, und dann, dass iiu Aegira'®) in Achaja zwei
Heiligthümer, eines der Aphrodite und ein anderes
der Astarte, neben einander sich befinden, mit aus-
drükklicher Verschiedenheit des Kultes. Ich glaube,
solche Winke, welche um so mehr sagen, aus je spä¬
terer Zeit sie sind, dürfen für die nothwendige Son¬
derung beider Gottheiten nicht unbeachtet bleiben.
Als Zeugen, in welchen noch in späterer Zeit
das Bewusstsein ursprünglicher Verschiedenheit der bei¬
den Gottheiten hervortritt, können auch noch Apule-
jus und Achilles Tatius angeführt werden*^). Bei er-
sterem kommt die Syrische Göttin neben Aphrodite
mit Adonis vor, und auch bei dem andern wird der
Astarte als einer eignen Göttin gedacht.
Nach dieser nothwendigen Bevorwortung gehen
wir zur Betrachtung der pelasgischen Naturgottheit
selbst über. Wir würden hier aber den Gang der Un¬
tersuchungen hemmen, und müssten eine schwerlich
zulässige Trennung des gesamten Aphroditekultes vor¬
nehmen, wenn wir hier alle die Bestandtheile dessel¬
ben vorwegnehmen wollten, welche sich auf den pe-
17) Pausan. 4, 31, 2.
18j Pausan. 2, 26, 3.
19) Apalejus Metam. 8, 213. Achilles Tat. 1, I.
n. a
34
lasgischen Kult und die Mysterienbegriffe zurükführen
lassen. Vorstellungen der Pelasger und Hellenen, der
Mysterien und olympischen Religion greifen so sehr
in einander, die einen bilden dermassen die Grundlage
der andern, die Uebergänge sind oft so schwer be¬
merkbar. dass eine Sonderung kaum möglich erscheint.
Selbst auf die Anfänge und die ersten religiösen Vor¬
stellungen von den fraglichen Gegenständen können
wir hier nicht einmal zurükgehen, wenn wir nicht be¬
fürchten wollen, hier wie dort etwas Zerstükkeltes
und Unverständliches zu geben. Statt dessen ist aber
thunlich an diesem Orte ein Paar Localkulte eigen-
thümlicher Ausbildung der pelasgischen Religion zu
besprechen, welche genügen werden, um die haupt¬
sächlichsten Züge der Göttin klar zu machen, welche
durch die griechische Bevölkerung nach Kypros ka¬
men, und dort in der neuen Heimat mit den hinzutre¬
tenden andern Bestandtheilen den allgemeinen Kult der
Aphrodite ausbildeten. Diese beiden Lokalkulte möch¬
ten hier aber noch aus dem Grunde passender sein,
als gerade von ihnen, wenn der Schein nicht trügt,
viele Erinnerungen auf Kypros sich wiederfinden, und
daher auch diese als besonders bekannt bei den ky-
prischen Ansiedlern vorausgesezt werden müssen. Es
sind die Kulte von Dodona und Theben. Ausser¬
dem hat freilich unter andern noch Arkadien und
Arg OS reichlichen und vielleicht noch grösseren Bei¬
trag als jene beiden für kyprischen Kult und kyprische
Sagenbildung geliefert, allein dieser bezieht sich theils
auf religiöse Vorstellungen, welche uns zunächst noch
nicht in Anspruch nehmen, wie bei Argos, theils las¬
sen sich die nöthigen Bemerkungen auch gelegent¬
lich später geben, wüe bei Arcadieu, so dass es nicht
nöthig erscheint, dem arkadischen und argivischen Aphr^-
ditekult hier eine besondere Betrachtung einzuräumen.
35
D 0 d 0 n a.
Wie die Stämme der Pelasger selbst, zahlreich
und weit verbreitet, unter strenger Bewahrung ihres
allgemeinen Charakters, in ihren verschiedenen Sizen
sich eigenthümlich hervorbildeten, hatten sich auch ihre
Götterdienste unter ihren jedesmaligen Verhältnissen
eigenthümlich gestaltet, jedoch so, dass ihre gemein¬
schaftliche Abkunft überall erkennbar bleibt, und die
Grundzüge gleichmässig hervortreten. Unter den man¬
nigfaltigen Stätten alter pelasgischer Religion war Do-
dona eine der bedeutendsten, in gewisser Zeit viel¬
leicht die bedeutendste, welche aber den Ruf ihrer
Ehrwürdigkeit bis in die spätsten Zeiten bewahrte^*).
In der Mitte pelasgischer Göttersysteme steht ein Göt¬
terpaar erzeugender und empfangender Erdkraft, Axio-
kersos und Axiokersa, Bethauer und Thau, in Samo-
thrake genannt. Wie dies nur ganz allgemeine Aus-
drükke sind, so sind es auch die Namen des hohen
Götterpaares im thesprotischen Dodona. Hier thront
Zeus, der Herrscher, der kraftvoll wirkende Gott
der Lenker der Welt, welcher Segen, Fruchtbarkeit
und Gedeihen über die Erde ausgiesst; ihm zur Seite
als Theilnehmerin seines Tempels steht Dione. Beide
sind anerkannte Erd- und Unterweltgötter. Es ist
natürlich, sagt Gerhard dass jene Naturkraff, die
als Ursache der bestehenden Schöpfung von dem den¬
kenden Menschen zunächst vorausgesezt wird, bei ei¬
ner von Anfang an dualistischen Aufhissung eben so
20) Demosthenes Mid. S. 611. Buttmann Mjthologos
S. 1 , 22. Klausen Aeneas und die Penaten, Die italische Volks -
religion unter dem Einfluss der griechischen S. 409 ff.
21) Ger h ard s Grundzüge der Archäologie in s. hyperbor
röm. Studien S. 35.
3*
36
sehr jeder Erweiternng ia mehrfache Personifikazionen
Raum giebt, als ihre Zweiheit von dem einfachen und
grossartigen Gefühl der ältsten religiösen Naturan¬
schauung leicht auf eine höhere schöpferische Einheit
zurükge wiesen wird. In Samothrake wird sie mit
dem allgemeinen Ausdrukk Axieros bezeichnet; aber
auch für Dodona müssen wir einen solchen ersten Schöp¬
fungsodem, welcher noch über den Göttern der be¬
stehenden Ordnung steht, voraussezen. Vielleicht weist
noch der gemeinschaftliche Stamm der beiden Namen
Zeus und Dione darauf hin. Die alte Form von
Zsvc, ist noch i^n der boiotischen Benennung Ge¬
nitiv Jiögj erhalten, und vom Sanskrit Dju Licht,
Tag, Himmel herzuleiten. Von demselben Stamme ist
auch Jupiter, der lateinische Name des Zeus^ ohne
Abwerfung des D Djupiter, ausgegangen, so wie der
Name Juno, ursprünglich Djiino. Sie entspricht ganz
nach Form und Begriff der griechischen Dione, und
ist die aus dem Wesen des männlichen Gottes her¬
vorgegangene göttliche Weiblichkeir*^). Dass Dione
von Jiöq^ Zsvc, herzuleiten sei, ist klar.
Leber das Wesen der Dione hier nur Nachfolgen¬
des. Sie steht in enger Beziehung zum Feuchten,
waltet in dem quelligen Wiesenboden des Landes, und
verleiht Fruchtbarkeit und Gedeihen. Selbst ihre Weis-
sagungen giebt sie im Rieseln der Quelle und lässt
sie von den Peleiadeu auslegen, während Zeus seine
Zeichen im Klange der Bekken giebt, beides im Ei-
chendikkicht. Anfangs verkündigten Männer das Ora¬
kel '"*3, später Männer und Frauen, wahrscheinlich
22) Etymolog. Juavr; : ^ 9-t6s, ’ano tov Jios lavt}. Vgl. auch
Anm. 27. Fr. Aug. Pott Etymol. Forsch. 1, 98. ff, JiMvrj d.
i. ex coelo oriunda. Dju bedeutet dies u. coelum, u. diw coe-
lum ist mit ihm einerlei. Das Suffix ist twr)?.
23) Strabon 7, .329.
37
seitdem sich die Vorstellung von der männlichen und
weiblichen Gottheit entwikkelthatte; die Frauen, welche
den Namen Tauben führten, gehören dem Orakel der
Dione an, welches zwar unzertrennlich von dem des
Zeus, aber doch nicht dasselbe war. Dione heisst aber
auch Dodona und eine Okeanidin **). Dass die Be¬
ziehung auf das Wasser einen tiefem Grund hat, er¬
hellt auch aus der Sage, dass Deukalion Dodona mit
dem Uebriggebliebenen nach der Ueberschvvemmung
gründet, nachdem die Taube ihm aus der Eiche ge-
weissagt hat, wie bei Proxenos die redende Eiche in
der Sumpfwiese gefunden wird, welche umzuhauen die
Taube verbietet. Diese redende Taube ist hier wie
bei Noah die mit dem Oelblatt, und bei Deukalion ira
Schreie das aphroditische Zeichen der versöhnten
Gottheit.*® )
Die Macht und das Ansehen der Dione als einer
Zeusgemalin sank aber, seitdem durch die frühe Er¬
hebung von Mykenai und Argos der Kult einer andern
Göttin herrschend wurde, der Hera, deren Namen
man bald als Herrin, bald und vielleicht richtiger
als Erde, Allmulter, deutet. Sie wird dadurch in
allgemeinerer Geltung als Dione Gemahn des Him¬
melsköniges, und höchste weiblicheNaturgottheit, welche
durch die Liebe des Zeus Segen bereitet. Alle Früh-
linge schien den Griechen der Segen durch einen wohl-
thätigen Regen vom Himmel herabzuträufeln, die Ver-
mälung der Naturgottheiten wurde gefeiert und ihnen
ein Bett bereitet. Die Dione erhielt sich fortan nur
zu Dodona in ihrer Würde , und hier gebar sie, eine
24) Eudokia S. 127 dtvxaliwv uno tov JhoS xui
fiiui idv ’Slxfuyldioy, Jmdoiyijv n^osny6(>tvaiy, 0Qaavßovi.os
xui ’AxfOzodcjQos icTOQovaty.
25) VgL’Klausen a. a. O.
38
Tochter des Uranos und derCnia, oder nach andern Vor¬
stellungen eine Tochter des Okeanus und der Tethys,
nach dem Berichte des Mythos ihrem Gemale Zeus
die Aphrodite. Wir haben es vorhin ausgesprochen,
dass die Be/.eichnungen Zeus und Dione für das do-
donäische Götterpaar vielleicht nur allgemeine Aus-
drükke sind. Ebenso allgemein ist ursprünglich der
Ausdrukk Hera für Argos, welche auf Archivischer
Stätte das ist, was zu Dodona Dione ist * Die hier
eine Tochter der Dione genannte Aphrodite ist eigent¬
lich nur ein spezieller Name für die Dione, und beide
Gottheiten sind für eins zu erachten j sie sind beide
die Axiokersa von Dodona, vom Mythos aber in ein
Geschlechtsverhältniss gebracht. Ein Wesen waren
beide schon nach der Meinung alter Erklärer, oder
der Philosophen, wie der Lyder Johannes berichtet*’).
26J Scholiast z. Odyssee 3, 91 naQa Jioda>-
27) Apollodor 1,3,1. Diodor 5, 72. Hiernach soll es
kretischer Mythos sein, welcher die Aphrodite zur Tochter der
Dione und des Zeus macht. Die Kultverbindungen, aus welchen
die Richtigkeit dieser Angabe erhellen könnte, sind nicht mehr
nachzuweisen, und der Werth der ganzen Nachricht scheint mir
überhaupt sehr zweifelhaft zu sein. Nach unsern Nachrichten ist
es ein dodonäischer Mythos. Die andern hierher gehörigen Stel¬
len sind; Eustathios zu II. 5, 370 S. 35. Dione ist Mutter
der Aphr. as yaQ ^Axqißios ’AxQiffKüt^, ovrcj ttcjs JioS Z o-
n a r a s im Lex. Aimvi^ .* ^ 'Aifqo^Lttj, äno wv JwS Auüvtj,^ y.ai fxza-
ßiv rov 0 ds 0), on avi^ ytyovs nQWTt] yafisi^ rov Aiog: rj dno rov
Ädw jMptj xttt jKüVTj, dl&ovaa mg ytvtGtm ^dovdg. E u r i p i d.
Hel. 1098. xovqt) Kimqi. Theokrit. 17,36. Dasselbe sagj
es, wenn Aphr. den Beinamen Jmvaia führt. Theokrit.15, 106
Dionys. Perieg. 609. 853. Suidas u. d. W. Virg. Aen. 3,19.
Johannes Laur. v. Lyd. 4, 44. Dione sei die Aphr. Tt^v dm
Tzdyraiy ovacty rmp oyttov (fvßtiv, Ebend. theilt er mit, dass Chry-
sippos die Aphr. nicht Dione, sondern Didone nenne, na^d ro
imdtdoptti jdg t^s yspißmg ^doydg^ wie bei Zonaras. Statius Syl-
39
Servios **) nennt daher auch die beiden Gottheiten von
Dodona g^eradezu Zeus und Aphrodite und dies
mit vollkommenem Rechte, und bei andern fuhrt Aphro¬
dite wie Dione den Namen Dodona *“). Der Gebrauch
aber, Dione für Aphrodite zu sagen, kommt bei Dich¬
tern oft vor®*). Ebenso bedient man sich des Aus-
drukkes dionisch für apbroditisch ® * ), auch ist Dione
schöner wie Aphrodite ® ^ 3? und das beiden geheiligte
vae I, 1, 84. Im Pervigilium Veneris an mehreren Stel¬
len. Symmachus I, 8.
28) Servius z. Aen. 3, 466. Zu Dodona, ubi Jovi etVe-
neri templum a veteribus erat consecratum, circa hoc templum
quercus immanis fuisse dicitur, ex cujus radicibus fons manabat,
qui suo murmure instinctu deorum diversis oracula reddebat; quae
murmura anus P elias nomiue interpretata hominibus disserebat,
29) Homilien des Klemens 4 Kap. 16. ’J(fqo6iTriv, nvtg
Uyovciv. 5 Kap. 13 Kvnqig tjv xal /ioiStävtjp U'yoveiv. Pott.
Etymolog. Forsch, sagt; Jcodwv}] hat jedenfalls seinen Namen von
Zeus. Man muss eine Bedtg. wie Zeus Wohnung, Zeus Siz ver-
muthen.
30) Theokritll. 7, 116 nennt Kypros ^ixv&ks tdog alnv Jim-
vag. Der Schol. sagt z. d. St. Dione sei die Mutter der Aphr-
Bion 1, 93. Suidas Jimvala. Ovid. Fasti 2, 459. 5, 309.
Amores 1, 14, 33. Ars am. 3, 3 und 769. Kalpurnius Ekl. 9,
56 ist die Aphr. v. Eryx Dione genannt. C lau d i an Epithal. Pal¬
lad. et Celer. 102. Ovid ars am. 2, 93 heisst Aphr. als Gattin
des Hephaistos Dione Katull 64, 6. si placet Dionae. C.
Sidonius Apollinaris Paneg. an Antem. Aug. 503. Felici
fratri 170 Papho Dionem. Epithal. 36. Silius Italiens 7, 87.
6, 697. Petronius Arbiter de mutat. reip. Rom. 266 primum
Dione Caesaris acta sui ducit. in Wernsdorf, poet. lat. min. Thl.
2. Ders. adPriapumV. 1. in Wernsdorf, a. a. O. 4 S. 287. Avi-
enus Descript. orb. terr. V. 1080. Claudian. rapt. Proserp.
2. 5. Fraude Dionaea. Papin. Statius Sylvae 2, 7, 1. Lucani
proprium diem frequentet Quisquis collibus Isthmiae Diones. Pap.
Stat. Achill eis 2, 339. Ausonius Epigr. 80. Restingue ignem
. .. alma Dione. Virgil nennt den Caesar dionäisch.
31) Virgil Ekl. 9, 47. Horaz 2, 1, 39.
32) Hesiod. Theog. 17. Der Schol. unterscheidet, was nicht
40
J hier ist die Taube. Das Orakel zu Dodone sollte
nach Herodot durch Tauben eingesezt sein.
Nan wird sich hiernach überzeugen, dass, wenn
man den Mythos und Kult der Aphrodite bis in seinen
Ursprung verfolgen will, man diesen zu Dodona su¬
chen und aus den dodonäischen Mythen ihren Namen
erklären muss. Sie ist nach der naturreligiösen Auf¬
fassung der pelasgischen Zeit eine dodonäische Zens-
Gemalin, und eins mit der erhabenen Herrscherin Dione.
Wie Dione dem feuchten VYiesengrunde und Marsch¬
boden von Dodona angehört, und auf alle Weise mit
dem Feuchten und der Fruchtbarkeit in Verbindung
steht, so kann man auch Aphrodite wieder, wie schon
Fhurnutos®®) andeutet, in ihrer Darstellung als Toch¬
ter der Dione, einen symbolischen Ausdrukk dessel¬
ben Gedankens nennen, welcher in der Mythe von
ihrer Entstehung aus dem Meere ausgedrükkt ist, oder
Dione ist, wie Klausen sagt, nur eine auf physisches
Substrat zurükbezogene Aphrodite, eine Aphrodite in
den Sümpfen®*), iv Usi, welche wir an mehreren
Orten Griechenlands wiederfinden. Wie aber Dione
beides ist, Königin der Lebendigen und der Todten,
so ist auch die dodonäische Aphrodite Lebens-, Lie¬
bes- und Todesgöttin im Reiche der Pflanzen, in der
Thier- und Menschen weit. Von dem hier schon au¬
gedeuteten Standpunkt muss künftig unsere Betrach¬
tung ausgehen.
zu unterscheiden ist; er sezt hinzu: nicht die Mutter derAphr.,
sondern die Titanie. Vgl. 353. ’
33) Phurnutos nsqt a-fwv Kap, 24. ioroxäßavn tovto (die
Gehurt aus dem Meer) xat ot Jmvtig avnjx ^vyaTiqa dvat ilnovrsg.
dnQot' yap TO vyQÖv. —
34) Sümpfe umDodona Strabon 7, 328. Proxenos beim
Schol. zu Odyss. 14, 327.
41
Da ferner die alten Pelasger nach dem Ausspruche
des Sierodot®’) zu den Göttern beteten, welche alle
Dinge und Einrichtungen so wohl und schön geord¬
net hatten, so müssen auch vor allen Dione und Aphro¬
dite zu diesen geistigen Mächten gezählt werden,
welche man sich nach dunkeln Vorstellungen als Ord¬
ner des Lebens dachte. Beide waren ihnen nur ein
Wesen, welches sie mit diesem oder jenem Namen
bezeichnen konnten, oder mit keinem, da ein unmit¬
telbares Gefühl von den Mächten, die ordnend über
dem Leben walten und dasselbe beherrschen, die Brust
der alten Pelasger bewegte. Nur ein allgemeines Ge¬
fühl von dem Walten des Geistes in seinen verschie¬
denen mannigfachen Offenbarungen war es, was in
ihrem religiösen Bewusstsein hervortrat, aber die Son¬
derung der einzelnen Richtungen, von denen es sich
bewegt fühlte, fehlte noch. Da gab aber nach He-
rodot das Orakel den Pelasgern den Rath, bei den
Opfern, welche sie bis dahin den Göttern insgemein
dargebrjicht hatten, verschiedene Namen zu gebrau¬
chen und so die einzelnen verschiedenen göttlichen
Mächte von einander zu unterscheiden. So bildete
sich auch die Trennung der Aphrodite von der Dione,
und ihr war zwar nach der gewöhnlichsten dichteri¬
schen Auffassung nur die Herrschaft des Lebens
und der Liebe zuertheilt, aber, nach alter und äch-
ter religiöser Vorstellung, eben so auch das schweig¬
same Reich der Todten übergeben worden. Als
Gottheit, welche allmächtig über Leben und Geschikk
gebietet, heisst sie noch die ältste der Moiren zu
Athen. Theseus, nachdem er den Staat vereinigt und
geordnet hat, sezt der Aphrodite, der Ordnerin des
35) Herodot. 2, 52. Vgl. Apollodor 3, 14, 1. Stuhr
Relig. d. heidn. Völker. 2, 19.
42
Lebens, der guten Leiterin der Einrichtungen und
liinge, unter dem Namen der gemeinschaftlichen
einen Tempel, und in Theben thront Aphrodite in
göttlicher Erhabenheit als oberste und allmächtige Gott¬
heit, wie KU Dodona, ähnlich der Hera ku Argos®‘).
Auf eine schöne und phantasiereiche VEeise ist
von Hesiodos ^ ’ 3 Geburt der Aphrodite geschil-
3G) Nach der Lehre der Philosophen sind auch Aphrodite
und Hera eins. Plotin. /uuQTVQovvriov tü l,6yo} U^itav ts xai 9so-
Xoybiv ö tls ravTov "Hqav xai ’ AfQodiTTjv ayovat xai tov r»? ’ Acf'QoiiiTrji
aoriqa^H^ag Xiyovav. Lobek Agl. S, 155. In künstlerischer Auf¬
fassung. Kunstblatt 18.35. Nr. 61. Wie die Juno die weibliche
Würde ausdrükkt ohne weisere Besonnenheit, w'elche der Athene
zukoinmt, und wie beiden bei aller Schönheit ihrer Weiblich¬
keit die Anmuth der Liebe fehlt, die durch die ganze Form der
Venus ihre zarten Umrisse webt, so hat jede doch auch wieder
so viel von der andern, dass man sie zu Einer Götterfamilie rech¬
nen müsste, wenn die Mythen auch nichts von ihrer Abstammung
sagten. So hat selbst die Paphische, von den Göttern gsechmükkte
Göttin so viel von der junonischen Würde und der Weisheit der
aus dem Haupte des Zeus entspringenden Göttin, dass wir nur
das Ideal der Schönheit in ihr mit Andacht verehren, und somit
von blosser sinnlicher Berührung abgehalten werden, und sie
auch immer für so weise halten müssen, dass sie den hohen
Zauber der Liebe nicht durch unbesonnenes Benehmen zerstö¬
ren werde, da sie ja die höchste Sinnlichkeit nur mit dem himm¬
lischen Ausdrukke der Liebe ist.
37) Hesiod. Theog. 167 ff. Servius zu Virg. Georg. 2,
406. Makrobius Saturn. 1, 8, Hunc (Saturnum) ajunt Coeli
patris ascidisse pudenda, quibus in mare dejectis Venerem pro-
creatam, quae a spuma, unde evaluit, Aphrodite nomen ac-
cepit. Arnobius 4,24. Ex Coeli genitalibus amputatis Cythe-
reia Veneris concretum coaluisse candorem. Varro de lingua
lat. 5, 62. Venus Coeligena, weil sie aus dem Männlichen
des Coelus geboren. Ebend. 5, 63 Poetae de coelo, quod semen
igneum cecidisse dicunt in mare ac natam e spumis Venerem,
conjunctio ignis et humoris quam habet vim, significant esse Ve¬
neris. Die Verbindung von ignis und humor geht auf die Ge-
43
dert, welche ihre Entstehung als Naturgottheit und
Göttin der Liebe zusammenfasst. Als die Zeit der
alten Götter gekommen ist, empörten sich die Kinder
des Uranos gegen den Vater, von ihrer Mutter Ga ia
angestiftet: Kronos steht an der Spize. Gaia bittet
den Uranos um Herbeiführung der Nacht und ladet
ihn zur Umarmung ein. Uranos folgt der Einladung:
— Aber es fuhr aus dem Halte der 8ohn mit
der Linken
Aufwärts, und mit der Rechten ergriff er die mäch¬
tige Hippe,
Lang und scharf gezahnt, und die Schaam des ei¬
genen Vaters
Mähet er schleunig hinweg, und zurük die ge¬
schwungene warf er
Hinter sich. Jene nunmehr floh nicht aus der Hand
ihm vergebens;
Denn so viel auch Tropfen entrieselten purpurnen
Blutes,
All’ empfing sie die Erd’, und in rollender Jahre
Vollendung
Wuchsen Erinnyen grässlich hervor, und grosse
Giganten,
Hell von Waffen umblinkt, langragende Speer in
den Händen^
schlechtseinheit, weil das Feuer als die männliche Kraft, die
Feuchtigkeit als die weibliche gedacht ist. Nikephoros Chum-
hos in Boissonades Anekd. 3, 383. ’AtfqoifiTrj S'aZ, rmv dukafiniav
üXhav aOTiqmv ngos yy (xaXXop ovffce, t^S d-dXXjiQ doxtl ntas tag
TQog {^tysed-M, fitfiprjfxitni tmp dvi^g mdivmv, xctl /uij ye ßovlo-
(xtvr} TciüTtig noq^tÜTS^ov dnofpotrSp xat dtjv dnaXldTtfad-cei'- Hirne-
rias Ekl. 18, 262. Auf die Ankunft der Kyprier; 1'4 ovQa-
vou liiv ’AffQoJlTriv ^ (XdXaööu. Pausan. 2, 1, 7. BdXaas« dvt“
yoDCa ' A'fqod'ittiv nalda.
44
Auch 3ie man melische Nymphen benamt im un-
eniliichen Weltraum.
Aber die 8chaam, wie er solche, so bald sie ent-
mähet der Demant,
Niederwarf bei Epeiros zum weit aufvvogenden Ab¬
grund,
Also wallte sie lange das Meer durch. Weissdann
erhub sich
8chaum dem unsterblichen Leib ringsum, in wel¬
chem ein Mägdlein
Aufwuchs, Siehe zuerst dem heiligen Lande Ky-
thera
Nahte sie, dorther dann der meerumflossenen Ky-
pros.
Jezo entstieg die schöne, die herrliche Göttin 5 da
Kräuter
Unter dem niedlichen Fuss sie umblüheten. Doch
Aphrodite
Nennen sie Götter sowohl als Sterbliche, weil sie
aus Meerschaum
Aufwuchs; und Kythereia, dieweil bei Kythera sie
antrieb.
Eros begleitete sie, auch Himeros folgte, der schöne,
Als sie, die Neugehorne, zur Schaar der Unsterb¬
lichen hioging.
Doch dies ward vom Beginn ihr Ehrenamt und ge-
loostes
Antheil unter den Menschen und ewig waltenden
Göttern:
Jiingfraunhaftes Gekos% anlächelnder Blikk, und
Bethörung,
Auch holdselige Lust, Liebreiz und schmeichelnde
Anmuth,
In dieser Fabel wird die Liebesgöttin auf kos-
45
mogonische Weise geboren j als Tocliter des UranuSj
indem sie aus seinen Schaaratheilen hervorgeht, und
des Meeres. Sie hat hier also ganz dieselbe Geburt
wie Dione. Dione ist Tochter des Uranos und der
Gaia, der Erde; die Aphrodite zeugte aber Uranos
nicht mit der Erde, sondern mit der salzigen Feuchte,
dem Meere. Dies ist aber im Grunde dieselbe Zeu¬
gung, da die weibliche Gottheit, deren Entstehung es
hier gilt, immer in Verbindung mit dem Wasser steht,
weil durch das feuchte Element Fruchtbarkeit und Fort¬
pflanzung bedingt ist. Erde und Wasser sind die
beiden Elemente , durch welche alle Erzeugnisse ins
Leben gerufen werden. Welchen Antheil aber die
Griechen dem Wasser an der Schöpfung zuschrieben,
erhellt besonders noch aus der homerischen Kosmogo-
nie, wo Okeanus und Thetys an der Spize aller Schöp¬
fung stehen, und Okeanus die Stelle des Uranos bei
Hesiod ausfüllt. Darum ist auch Dione zu Dodona auf
den quelligen Wiesen und Sümpfen erwachsen, und
überall treten ihre Beziehungen zur Feuchtigkeit her¬
vor. Die gewöhnliche Mythe nennt sie aber nicht
Tochter der Feuchte, sondern der Erde; wenn jedoch
nach dieser Mythe Aphrodite aus dem Wasser her¬
vorgeht, so ist es bei der Einheit beider Gottheiten
soviel, als wenn sie die Geburt der Dione nicht aus
dem Schoosse der Erde, sondern nach einer andern
Erzählung aus dem Schoosse des Meeres verkündigte.
Die eine Vorstellung von der Geburt der Göttin mag
so alt wie die andere sein, da sie ihrer Natur nach
eben so gut aus dem Wasser als aus der Erde her¬
vorgehen konnte. Mit Recht wird daher auch ßioo® *3
38) B i o n Id. 9, 1 . "AfiiQi KmiQoytvtm, Jtos tSxos, S'aAda-
Longepiere, den Manso Mer anführt, hatte erinnert, dass
Bion die Aphrodite ganz wider alle sonstige Sage zu einer Toch-
46
die Aphrodite Tochter des Zeus und nicht der Diooe,
sondern des Meeres nennen. Aphrodite müssen wir
daher dem Namen nach für weiter nichts als eine Meer
enttauc hte Dione erkennen, denn das Wort'^cpQodki]
ist ursprünglich nur ein Adjectiv, gedildet durch dcpQog
Schaum und Sva tauchen. Diese Herleitung schien
schon den alten Erklärern*®) die richtige, und sie
giebt sich auf die natürlichste Weise*“). Als Beispiele
ähnlicher Verwandlungen des v in »führen sie an: dig
von (luw, hier ist aber wol nur das u aus dvtg ausge¬
fallen, dann fkvg von ^vta, n%mv von xvoa, [ivöog und
ter des Zeus und des Meeres mache , da Aphr. als Tochter des
Zeus nicht das Meer, sondern die Dione zur Mutter habe. Um
nach seiner Meinung den Dichter richtig zu verstehen, will nun
Manso nicht durch und, sondern durch aber übersezen.
Ich glaube, dass es einer solchen Ausflucht nicht bedarf. Die Vor¬
stellung Bions, nach welcher er die Aphrodite eiue Tochter des
Zeus und des Meeres nennt, ist eine ganz richtige und mogli.
eher Weise konnte selbst eine solche Sage vorhanden sein.
39) Eustath. 11. 3 S. 403. Etymolog. M. Etymolog.
Gud. ix Tov lyy/fü) xcim r^on^p wv o tk v ws iV rw ’A(pQo-
ilrjj *A(fqoämn, fm9am yaq tovto noiity. Choiroboskos Or-
thögr. in Cramers Anekd. 2, 170. Äß wZ ^ äa-
neq dno tov fmip yivsrm qvrqk, xat xam tQonnv roS v tfe».
S Itf» xießos: Xtti uno jo äk ylpiJm ^dfQos, xui jQonp tov v sk *
diffqos, s ioup ««0 TOV Mo ifiQHPt rov avnp rgZnop xat dm to„
uPttMea xal wv dtfQov äpiQyfe&cn, ylvtmdAfqoävttj^ xMxaTutqomjv
€ou V tk » ' Atfqo^ini.
40) Doch anders Klausen a. a. O. Es steht nichts entge¬
gen Dione von dem auch in Aphrodite, Schaumbefruchtete, her-
vortretenden Stamm äl der sonst in d^alvup und Msqk vor¬
kommt, abzuleiten, da die Endung mvn so wenig einen Bestand
theil des Wortstammes in sich hat. wie in 0i>mpn, )
xoo^pn. Aue. Fr. Pott Etymol. Forsch. 1,282 gieht diese Abltg.
Klausens und als Stamm dih (oblinere, inficere). Auf vielen In¬
schriften, wie man aus BoeckhsCorp- Inscr. Gr. ersehen kann,
kommt die Form ^Afqodtlni vor.
47
fitüog, dvxTj und dixri^ iyyvg und ifylg, iyyita. Auch wo
der zweite Theii des Wortes nicht aiisdrükkllch auf
öv(a zurük bezogen wird, ist die Beziehung auf «(pqog
durchgängig * ’ ) . Nur Euripides } leitet ^Affqodkf}
in spielender Etymologie von mpqoövv^ her, weil die
Liebe die Menschen bethöre. Für!^^^odk^ als Name
der Göttin findet sich auch *3), in die etruski¬
sche Benennung der Aphrodite: Frutis ist nach der
Meinung älterer und neuerer Gelehrten nur eine ¥er-
stümmelung des griechischen Wortes^ ^). Spätere hal¬
ten die Beziehung der Göttin auf die Zeugung bei
der Erklärung des Namens ^Aqjqodkii fest, und erklä¬
ren a^^ögals die schaumicbte Beschaffenheit des mensch¬
lichen Saamens * ').
41) S. die Stellen in Amn. 37. Ferner Ovid Fasten 4, 62.
Klemens zu Alex. Paedag, 1, 6 S. 126 und viele A. Ser-
vius zur Aen. 5, 801 giebt die Geburt der Aphr. aus den Zeu-
gungstheilen des Uranos, woher sie heisse ‘AnqoSkrj ano roe «-
(fQov. Er fügt hinzu: Sed hoc habet ratio: omnes viros usu Ve-
nereo debilitantur , qui sine corporis damno non geritur. Unde
lingitur Venus nata per dam n um; de mari autem ideo, quia
dicunt physici, sudorem salsum esse, quem semper elicit coitus.
Johannes v. Lyd. a. a. O. führt die Ansicht eines römischen
Sophisten Cincius an, welcher gesagt hatte, Aphr. sei aus dem
Schaum geboren, weil sie der Frühling sei, und der Frühling
aus der kalten und schneeigen Luft hervorgehe.
42) Euripid. Troer. 982. Choiroboskos Orthogr. in
Cramers Anekd. 2, 170 ’JfQodkti naq« mfqoevvtiv' tvavil« ydq
ianv avTt] q’Qovf,aH.
43) Nie and er Alexiph. 406. Schol. ^ 'Afqoiitri, n
difQoyii/tjg, vnoxoQSony.wg,
44) Festus: Frutinal templum Veneris Fruti. Soliniis
Otfr. Müller Etrusker. Indess Klausen verwirft diese Abltg.
ganz, wir werden unten wieder davon sprechen,
45) Aristoteles De generat. animal. 2, 2. Eudokia S.
l.j. Schol iast zu 11. .5, 370. ’A/ffioifki] imtv ij mvctyove« m uq~
xui n rrilv dkufiig, Au rh tu aniQftata Ä Cww*'
48
^JgjQodkij war also ursprünglich ein Adjectiv, wel¬
ches die meergeborne Göttin bezeichnete, und bedeu¬
tet seiner Entstehung nach nichts anders als andere
Namen, welche sie führt z. B. atfqoysvsia, novToysvHa,
ävadvonivri u. s.w.; es war eine Aphrodite — Di¬
ene, welcher bei Fortbildung des religiösen Bewusst¬
seins der Griechen das Amt einer Liebesgöttin im
olympischen Götterstaate zuertheilt ward. Ihr Thron
als einer solchen stand auf Kypros, wohin sie Hesiod
und der homerische Hymnos nach ihrer physischen
Erzeugung aus dem Meere geleiten, die von dort
aus ihre Aufnahme in den Olymp geschehen lassen.
Nicht die erdgeborne, sondern die wassergebome Ds-
one ist es, welche zur Liebesgöttin erhöht wird, unu
daher steht sie als Liebesgöttin mit dem feuchten Ele¬
ment immerfort in der engsten Verbindung. Nach den
Gesezen der Mythologie werden aber beide wieder
in ein Geschlechtsverhältniss gebracht, und die Lie¬
besgöttin, die wassergebome, die oder Ava-
Svoniv^, Dione, wird eine Tochter der erdgebornen,
der Dione und des Zeus.
üebrigens ist bei dem Mythos des Hesiodos noch
auf einen Punkt zu achten, auf die fetellung, weicht
Aphrodite den Titanen gegenüber einnimrat. Sie ist
nirgends als Titania gefasst, ungeachtet sie eben so
gut für eine solche genommen werden könnte, als
Dione bei Apoilodor. Hier wird Aphrodite schon als
olympische Göttin vorgestellt: als Kind des Uranos,
ans seinem edelsten Theile entsprossen, wird sie durch
die titanischen Zustände hindurch als Olympierin vor-
geföhrt, in welcher Eigenschaft sie an diesem Orte
ganz allein steht. Aber als Olympierin blieben die
rtti,’ Aiqor yäq w Avyqov ’ vyQÖTijWi di rrj? ir rp mvomla m fw«.
Phurnutos Kap. 24.
49
alten Vorstellungen von ihr als der mütterlichen Er¬
nährerin alles Lebendigen, der Ordnerin aller Verhält¬
nisse und Stifterin geregelter geseSsmisfeiger Einrich¬
tungen; nhd in diesem Verhältnisse toüsseh wir sie
uns zu den Titanen denken. Ein durch MaäSs und
Gese^ beschränktes Wirken der ZeügungSkraft kann
nicht eher beginnen, als bis Aphrodite geboren ist* ®).
Alächdem wir die ältsteh Vorstellungen vOn der
Aphrodite als Naturgottheit auf einem iPunkte des grie¬
chischen Bodens erörtert haben, könnten Wir jezt die¬
sen Gegenstand Verlässen, Wenn es nicht nothWendig
für das Versländniss späterer Untersuchungen schiene,
hier gleich noch einen örtlichen Kult äu besprechen,
Welcher mit dem dödönlisChen eng verwandt ist Die¬
selben religiösen Voi^tellungen nnd das dodonäische
Göttetpaar finden wir überall Wieder, wo Pelasger
ihre Size aufgeschlagen hatten, und die geregelte
Mythenforschung neuerer Zeit hat den Zeus und die
Hera von Argos, Hephaistos und Athene, Demeter und
Kora, Hermes und Artemis Arkadiens, Kadmos und
'die Kablren auf jene Vorstellungen zurükkgeföhrt *^).
Mögen auch immerhin die peloponnesischfen Külte auf
Kypros besondern Einfluss ausgeöbl haben, so erläu¬
tert doch kein örtlicher Kult das Verständniss der
Aphrodite im Allgemeinen so sehr als der thebische.
Offenbar knüpfte sich ein grosser Theil ihrer JlIytheA
an die thebischen Sagen.
4) Die Äplirodite von Theben.
Der alte kosmügonische Kult zu Theben war, we¬
nigstens Soweit Wir ihn kennen, ein hiehr ausgebii-
deter, in bestimmte Formen gebrafchter dodonäischer,
46) Vgl. auch Volker Mytholögie der Japelideü S. 283.
47) Otfr. Müllers D6r. i, 13.
ii. ^
50
welcher sich hier Kuerst zu einer wirklichen Lehre
gestaltete und die Quelle der meisten über das übrige
Griechenland verbreiteten pelasgischen Kulte wurde.
Namentlich stehen Theben und Samothrake in der eng¬
sten Yerbindung. Der samothrakische Kadmilos ist
nur ein Sprössling des thebischen Kadmos, welcher
nach seiner deutlichen etymologischen Ableitung von
und als kosmogonisches W esen der erzeugende
Gott ist, der Ordner, der Weltbildner. Daher
bildete sich denn die Fabel aus, dass aus seiner Saat
die Urbewohner, die Autochthonen des Landes, entstan¬
den seien, was so viel heisst als; Kadmos ist für
das Volk der Kadmäer, was Pelasgos für die Pelas-
ger war, Jon für die Jonier, was Thessalos, Danaos,
Kilix, Phönix u. s. w. und ist mithin eben so wenig
eine geschichtliche Person als alle diese Stammheroen.
Es ist so umfassend und gründlich über die Idee
des Kadmos und seine Stellung in den altgriechischen
Beligionen geforscht, dass uns wenig mehr übrig bleibt,
als die hauptsächlichsten Ergebnisse der Forschungen
Anderer mitzutheilen“* • ). Schriftliche Zeugnisse lie-
gen vor, dass Kadmos den ältsten Griechen ein bil¬
dender, ordnender, Verwirrung zur Harmonie führen¬
der, vereinigender H ermes war^ und wie diesem die
Hekate, so stand jenem die Harmonia zur Seite. Das
Etymoiogikum Gudianum sagt, Hermes heisse Kadmos
bei den Tyrrhenern, und Tzelzes sowie Kalliinachos
sagten, Hermes führe bei den Boiotiern den Namen
Kadmilos. Lykophron’*) nennt den Hermes sowol
48) Welk er s Kretische Kolonie in Theben. S.23. ff. Otfr
Müller Orchomenos S. 456. ff. Frolegom. z Myth. S. 148 ff.
49) Tzetzes z, Lyk, 162 und 219. und Kallim. b. SchoL z.
Arist. Vögel, 832.
50) Lykophr. a. a. O.
51
Kadmos als Kadmilos, iitid au8Nonn0s®*) lernen wir,
dass Kadmos dem Hermes und Kadmllos gleich sei,
Kadmilos aber war nach der samothrakischen Myste¬
rienlehre Hermes und der Erzeuger der Kabiren ; sein
Name kündigt ihn schon als ein abgeleitetes Wesen
des thebischen Kadmos an. Auch dies spricht noch
für die hohe Göttlichkeit des Kadmos, dass er zu The¬
ben im Heiligthum der Demeter Thesmophoros ge¬
wohnt haben soll ’ *), denn sie ist in den Kabirischen
Weihen das höchste weibliche Prinzip, dem ihre Toch¬
ter Kora zur Seite steht, und Thebens Erbauerin.
Der kosmogonische Kadmos, um den als Mittel¬
punkt sich alle religiösen Beziehungen drehen, war
M'ie Zeus zu Dodona, in Theben oberster Herr und
Gott, hiess Kddfjbog ßaüilsvg, wie jener Zsvg ßa^tlsvg^
und Zeus als Kadmos gedacht tritt in dem Zeig y.oö-
zu Sparta'®) hervor. In Theben hat Kadmos,
wie seinerseits Zeus, ein Weib gleichen Begriffes als
seine rechtmässige Gemalin an sich gezogen, die
Harmonia. Wie durch die Poesie vom Kadmos
die Philosophie zuerst auf die erhabene Idee des Kos¬
mos im Weltall geleitet war, so wurde auch Har¬
monia zuerst als weltliche Ordnung gefasst, und des
hohen Paares Hochzeit von Pindar nach der ursprüng¬
lichen Lehre zu Theben gefeiert. Eine spätere Er¬
zählung hatte sie nach Samothrake, der neueren Hei¬
mat der Kabiren, verlegt. Ihre göttliche Bedeutung
neben dem Kadmos kann nicht bezweifelt werden
51) Nonnos 4, 89. — Nonnos 13, 409. heisst Kadma
WM
52) Pausan, 9, 16, 3. vgl. 9, 8, 1.
63) Pausan. 3. 17, 4.
54) Hesiod. Theog. 937. 475. Plutärch. Pelop. 19. Hom.
Hymnos auf Pyth, Apollon 195. —Für die Beziehung der Har-
4»
52
in Thel>en ist sie die der Stadt angeborne Göttin and
im Olymp tanzt sie der Aphrodite gleich, mit der Ju¬
gend, der Liebe, den Horen und Chariten gesellt. Eu-
ripides lässt die Musen die HarMoniä in Attika er¬
ziehen Ihre eigentliche Verehrung war aber nur
in Theben und Samothrake. An beiden Orten, mit
Kadmos als Hermes verehrt, bedeutet Harmonia das¬
selbe, was im rohen, nach einer mehr äusserlichen
physischen Ansicht gefassten Symbol Herrn es-Psal-
los und Hekate -Brimo sind, nach einer ideelleren,
späterer Zeit gemässen Anschauung, die Begründung
nämlich und Erzeugung der ewigen und einträchtigen
Geseze der Welt und des Lebens '*). Hermes und
Hekate sind Kinder des Himmels und der Erde 5 Har¬
monias Vater ist Zeus, und Elektra, ein Beiname ur¬
sprünglich öder Nachbildung der samöthrakischen He¬
kate, ihre Mutter. So wie aber Zeus mit dem Kad-
mos zusammenfällt, so Eleclra milder Harmonia, wel¬
che bald ihre Tochter, bald ihre Mutter heisst. Beide
heissen anch wiedeC Schwestern des Kadmos, die der
Gott freit, ähnlich wie Zeus. Diesem Kreise vOn
Gottheiten gehört noch eine andere an, die zu Do-
dona, die zu Theben und Samothrake verehrte Europa;
auch^sie ist Schwester des Kadmos, und ganz gleich
dem Wesen jener Göttinnen, und mit der Harmonia
monia zum Kadmos ist bezeichnend: Be sy chio s: ^
= y.6ßfiovm. dQxn «f i»' int t?? tvxocfilat
twv yvyMxmy,
55) Eürip. Medea 830. ^
56) Völker Kret. Kolon. S. 35. Philolaos bei Dio¬
genes 8, 7, 4. iy rm y.ößfita aqfiöx^n umlQwy n xat
woyrmy, xat oAcff xiepoS, xat rä iy avrm nüvia. Ebend. Jox» d* avt(^
ndym dya)>itfi xat ig^ioyla ytyiß^a,. Die Pythägoräeer sagten nach
Strabon 10, 468. kaff" «gfiovlay roy sfdffjuoi/ffi/vfffrßv«». AeschyloÄ
Prorrt. 532. 'mnort mv Mk ug^ovlav ^varSy nagi^iaßt
53
noch hat sie dies gemein, dass beide ‘za Samothrake
als fliehende Göttinnen, die man sachte, an
den jährlichen Mysterienfeiern verehrt worden. Wie
nun Europa eine Erdmutter ist, sie möge nun hei¬
ssen Demeter oder sonst irgend wie, so wird auch
Hera wieder als Enropeia nach Hesyphios verehrt.
Die verschiedenen Namen, unter denen die alten ka-
hirischen Gottheiten Vorkommen, dürfen uns keinen
Augenblikk irre machen ; es sind immer nur verschie¬
dene Auffassungen desselben Wesens, oder dasselbe
Wesen an verschiedenen Stätten des Kultes, und jene
können um so mannigfaltiger sein, je umfangreicher
der zu Grunde liegende Pegriff eines göttlichen Wp"
gens ist. Was ira Allgemeinen von der Mythologie
gilt, sagt Varro'^), gilt von den samothrakischen
Gottheiten noch besonders: Himmel und Erde sind
die grossen Gottheiten und werden mit vielen Namen
benannt.
Tor Kadmos und Harmonia, so lautet die
JSage, gab es ein anderes Herrscherpaar in Theben,
Ares und Aphrodite oberste Gottheiten,
welche im wesentlichen Sinn für gleichbedeutend mit
jenem andern Paare anzunebmen sind. Ares ist, der
Bedeutung seines Namens Mann gemäss, der
57) Varro de ling. lat. 5, 58. Terra et Coelunj, ut Samo-
thracia initia docent, sunt dii magni et bi, quos dixi, paultis no-
minibus. '
68) Find. Pyth. 4. 87. Photios Kod, 186. Plutarch Isis
u. Os. Kap. 48. Ovid. Metam. 3, 132.
59) Aug. Fr. Pott. Etymol. Forsch. 1, 221 ff. Ares von
der Wurzel wrL piese theilt sich in zwei Hauptbedeutungen 1)
bedekken, eiuhüllen 2) hat es die Bdtg. in seinen Schuz
nehmen, und man gebraucht es für: sich eine Gemalin
nehmen. Der Mann (wir a Held) heisst demnach Schüzer, Wehre
und den Nauen ’Aq*is hat man längst mit Kqikv, a^rnfUi in wel-
54
Äxiokerses, der grosse Befruchter, der Zeus, und
als oberster Gott wurde er vielleicht auch einmal in
Elis verehrt, wo es einen Zeus -Ares, Zsvg Aqnog
gabj der späterhin Hephaistos hiess. Ares ist hier
in vollkommen kosmogonischer Beziehung genommen,
in welcher wir die Aphrodite schon von Dodona her
kennen. Ausser in Theben werden wir dies kosmo-
gonische Herrscherpaar noch in Arkadien nachwei-
sen. Sonst ist uns dasselbe zwar von keinem andern
Lande mehr aufbehalten, und nur in Sparta finden
wir in der Ares-Aphrodite, Acpqoöi'ci] Aqeia noch
Spuren von ihrer Vermälung mit Ares wieder, doch
in der spätem Entwikkelung der Göttin weisen meh¬
rere Beziehungen auf ein solches Verhältniss mit Ares
in alter Religionslehre zurükk. Wir erinnern hier
vorläufig nur an ihre Buhlschaft mit Ares, nachdem
im olympischen Götterstaat Hephaistos ihr rechtmä¬
ssiger Gemal geworden war. ln der römisch -grie¬
chischen Sage stehen Ares und Aphrodite wieder an
der Spize des Iiilischen Geschlechts *"3. — - Wie
kommt es denn, dass die Sage zwei göttliche Her»-
scherpaare in Theben hinstellt, wenn man nicht an¬
nehmen will, das eine sollte eine höhere Stufe der
JSntwikkelung religiöser Vorstellungen bezeichnen.
Höchstwahrscheinlich gehörten sie verschiedenen Volks¬
stämmen an, und beide verbindet die Sage wieder
auf die Weise, dass die Geraaliu des Kadmos eine
Tochter des älteren Paares, des Ares und der Aphro¬
dite, wird®")* Zugleich lässt sich nicht leugnen, dass
aeE~W^ten Thiersch S. 232 die Spur eines Digamma nach¬
weist, zusammengestellt. Bei ‘'Aqn? entscheidet sich Pott mehr
für die’Bdtg. eines Schüzers, als eines Grossen, Männ¬
lichen. Mit 'Avnq nichts gemein, wie Pott angiebt.
60) Ovid Fasti 4, 25. 56 ff.
61) Hesiod Theog. 937. Diodor5,48. Photiosund
P lutarch a a. O.
55
in der Harmonia, als Tochter des Ares und der Aphro¬
dite, dem Bilde der Vereinigung streitender Elemente,
schon eine feinere, geistigere Idee liegt, welche Ae-
schylos **) io den Worten ausspricht, dass in der
Liebe die schönste Harmonie sei. Im Grunde ist aber
Harmonia nur Ein Wesen mit der Aphrodite, und wird
in Geschlechtsverhältniss mit ihr gebracht, hier in
Theben ihre Tochter, anderswo ihre Mutter ®®), und
in diesem Sinne geht auch Ares wieder mit der Har¬
monia eine Verbindung ein und zeugt die Amazone®*).
Bestimmter ist die Einheit beider Wesen noch darin
ausgesprochen, dass wir erfahren, in Delphi habe
Aphrodite den Namen Harma, d. i. Harmonia,
getührt®*). Wenn demnach Harmonia Gemahn des
Kadraos heisst, so sagt dies ursprünglich nichts wei¬
ter, als wenn Aphrodite als die Kadmos-Gemalin uns
genannt wäre, und Harmonia und Kadmos bildeten
dieselbe Ehe, weiche wir zuArgos®®} im phallischen
Hermes und der ihm gesellten Aphrodite finden.
Sie waren aber beide schon früh als besondere We¬
sen aufgefasst, und gehören beide zu den acht The-
bischen Volksgöttern. Was den ethischen Begriff der
Harmonia und der Aphrodite als Herma aus frühster
Zeit anbelangt, so Hesse sich gegen diesen ein wen¬
den, dass äQfitj, wie Hesychios angiebt, und mithin
auch uQfiovia^ die Deutung auf eine körperliche Vereini¬
gung in Liebe,’ o’üj'ddog o’wp.arcd»' ®^), habe, und wenn Je-
62) Ae sch. Hiketiden 1041. cfidbra* d'uQfiovkc ’ AifiqoMitjS
63) Nikephoros Progyranasm. Walz Griech. Rhet. 1 S.
492 *ArfqoSiTtjg Aquovla dtös. Koluthos Raub der Helena.
26. ‘AqfiovittS ^A<fQodkt}.
64) Apollonios v. Rhod. 2j 990.
65) Plutarch Erot. Kap. 23.
66) Pausan. 2, 19, 6.
67) Vgl. Lukrez de rer. nat. 4,1242. Harmoniae Veneris.
r
mand g^gen eine so fr(ihe geistige Beziehung der
Göttin Einspruch thun möchte, so fände sie \ielleicht
auch auf diese Weise ihre Erklärung. Indess deutet
doch vieles darauf hin, dass die ethische Bedeutung
sich schon sehr früh zur physischen gefunden habe,
lind der Begriff der Ordnung und Vereinigung ist ge¬
wiss ein alter und achter,
Nach den Sagen legte das jüngere Geschlecht,
Kadmos und die Harmonia, seine Verehrung gegen
das ältere Götterpaar Ares und Aphrodite, dadurch
an den Tag, dass Kadmos der Aphrodite das dritte
Thor von Theben ®*), und Harmonia ihr die drei ur¬
alten Holzbilder®®) weihte, von denen eine nachhe-
rige Sage berichtete, dass sie aus den Schiffsschnä¬
beln des Kadmos verfertigt worden seien, In der
Bedeutung, welche diesen drei Holzbildern der Aphro¬
dite, ovgavia der himmlischen, nävdrjiiog der gemei¬
nen, und djioöTQQcpia der die Blutschande abwehren-
beigelegt war, müssen wir, da sie doch in das
höchste Altertbum hinaufreichten, ein bedeutendes Merk-:
mal der Geistesbildung erkennen, weil sie schon den
Gegensaz der reineit und unreinen oder der erlaubten
und nicht erlaubten Liebe ausdrükken. Auf diesen
frühen hohen Grad der Geistesbildung jenes Volkes
müssen wir die Auffassung der Aphrodite als Harmo¬
nia zurükkführen. Bezeichnend ist es auch, dass jene
drei Holzbilder sich auch in Arkadien, einem Haupt¬
lande der Pelasger, und zwar in Megalopplis, wie¬
derfanden *®). Wenn hier auch Pausanias das dritte
Bild nicht benennt, weil dessen Name seinem Führer
nicht mehr erinnerlich war, so können wir doch mit
68) N onnos 5, 80. .
69) Pausan. 9, 16, 3.
70) Ders. 8,^32, 1./
{Sicherheit aus der Angabe der beiden ersten, als der
Urania und Pandemos, auf die dritte als die Apo-»
strophia schliessen. Dieser seltne Name war ihm
^tfallen, jene beiden andern waren ihm geläufig, weil
sie allgemein bekannte Formen der Göttin waren.
Uederdies stand daneben der Altar des Ares, zu des¬
sen Ehren jener Tempel erbaut war, und daraus müs¬
sen wir schliessenj dass auch in Arkadien, diesem
rein pelasgischen Lande, jene beiden kosmogonmehen
Gottheiten in alter Zeit Geltung gehabt haben.
Es ist schon gesagt, dass der samothrakische,
Kabirendienst seine Wurzel im thebischen bat; die
Führer desselben waren die Pelasger, und zwar die
tyrrhenischen Pelasger. Diese waren in der Zeit der
Dorerwanderung als Vertriebene von Attika nach Lem-
pos, Samothrake und andern Ortengekommen V), Nach
Attika aber waren diese Pelasger aus Boiotien, und
zwar, wie Ephoros’*) angab, aus der Gegend von
Theben gekommen, Wie überall, wo Pelasger waren,
sich die Vorstellungen von ihrer. Aphrodite theils si¬
cher nachweisen, theils voraussezen lassen, so wird
ihr Name auch nach Samothrake geführt, und wie man
die dortige Gottheit Axieros bald Hekate, Rhea, De¬
meter nennt, so wird sie auch mit Aphrodite vergli¬
chen. Von dem Lemnischen Aphroditedienst wissen
w'ir nur sehr wenig; doch ist ups eine vielfältig er¬
zählte Mythe von der Aphrodite daselbst aufbewahrt,
welche wir gehörigen Ortes geben werden. Hier be¬
gnügen wir uns mit folgendem. An der iSpize des
Lemnischen Kabirenkultes steht Hephaistos, des
Uranos 8ohn, welcher ganz in die Eigenthümlicbkeib
des Zeus übergeht^ und als solcher ist er auch wier
’ 71) Herodot. 2, 57. 6, 137.
72) Bei Strabon 9, 401.
58
der Vater des ithyphallischen Kadmos oder Kadmilos’*).
Ihm zur Seite steht als weibliches Prinzip und Ge-
malin die Aphrodite unter dem allgemeinen Namen Ka-
beira sowol, als auch ausdrükklich unter dem speciel-
len der Aphrodite selbst, wie zu Theben dieselbe Göt¬
tin dem Ares, dem Kadmos die Harmonia u. s. w. Als
der Lemnische Kabirenkult höheres Ansehen erhielt»
und die Mythen von Ares und Aphrodite, schon durch
Kadmos und Harmonia verdunkelt, in den Hintergrund
treten, erhielten sich zwar noch mancherlei Beziehun¬
gen der Aphrodite zum Ares, und gingen in die all¬
gemeinen hellenischen Vorstellungen von der Göttin
über, allein der rechtmässige Gemal wurde nicht Ares
wie in Thebischer Sage, sondern Hephaistos nach
Lemnischen Mythen. Auch diese Ehe ist in ihrem
Ursprünge durchaus physischer Bedeutung, sie ging
aber unter veränderten BegrifiTen in die Götterwelt der
Olympier über, wo Ares nur in der Eigenschaft eines
begünstigten Buhlen wieder hervortritt. Von der wei¬
tern Verbreitung des Kultes der Aphrodite bemerken
wir hier ferner nur noch so viel, dass er mit den tyr¬
rhenischen Pelasgern von diesen Inseln auch in die
Gegenden Troias verpflanzt wurde, in welchen man
viele und enge Verbindungen, namentlich mit dem sa-
mothrakischen Kabirenkult, wahrnimmt.
5) Weitere Entwikkelung des kyprischen
Kultes.
In dem Vorhergehenden sind diejenigen Vorstel¬
lungen der Naturgottheiten entwikkelt worden, welche
die drei hauptsächlichsten auf Kypros zusammentref-
fenden Völker mit sich führten. Aber das Schikksal,
73) Strabon 10, 472.
59
welches die Völker selbst erlitten, ist auch das ihres
Kultes geworden. In der Geschichte des Landes ist
nachge wiesen worden, wie die beiden älteren Völ¬
kerstämme, die Phöniker und Phryger, von dem drit¬
ten, den Griechen, zurükgeschohen w^urden und in ihm
aufgingen. Die Phöniker besassen freilich eine be¬
deutende Macht, als die Griechen nach Kypros kamen,
aber dessenungeachtet gelang es den zahlreichen An¬
siedlern dieser lezteren über jene vielleicht noch frü’
her eine geistige als die politische Uebermacht zu er¬
langen. Ueber die religiösen Zustände der drei haupt¬
sächlichsten phönikischen Städte Kition, Amathus
und Paphos zur Zeit der Ankunft der Griechen
haben wir leider gar nichts Sicheres, so dass wir
auch über die Art, wie die geschichtlichen Zustände
des kyprischen Kultes sich entfalteten, nur wenig Ge¬
wisses vorlegen können. So weit als unsere Vor¬
stellungen reichen, hat in Kition der Kult nichts Vor¬
wiegendes, sein Einfluss und seine Macht geht nicht
über das gewöhnliche Mass hinaus, so dass man hier
von einer vorwiegenden Hierarchie sprechen könnte 5
auch Mythen sind nicht vorhanden, während beides in
Amathus und Paphos vorherrscht. Wie wird diese
Erscheinung zu erklären sein, ungeachtet in jenen
Zeiten doch Kition so wie der ältste, so auch der
mächtigste Staat war? Es scheint mir, als wenn der
Kult und die priesterlich- königlichen Einrichtungen
zu Amathus und Paphos ihre Ausbildung phrygischen
und griechischen Einflüssen verdanken, und dass sie
eher hier als in dem mächtigeren Kition einwirken
konnten. Auf phönikischem Grund wurde allerdings
hier fortgebaut, allein alles Phönikische ist bis zur
Unkenntlichkeit hellenisirt; phönikische 3Iythea giebt
es gar nicht mehr, und am Kinyras ist nichts weiter
eo
Phönil^isches als der Name zu entdekken, Nicht nur
die hierarchischen Einrichtungen, die durch aphroditi-
sche Bevorzugung gegründete königliche Macht der
Priester, sondern auch der Glanz und das Gepränge
des Kultus, der eigenthümliche Orgiasmus im kypri-
scheri Dienste verräth nicht phönikischen, sondern phry-
gischen Ursprung. Entschieden ist aber die Ausbil¬
dung des Adonismythos und Adoniskultes durch phry-
gische Einflüsse bewerkstelligt, wie an einem andern
Orte näher nachgewiesen werdeii wird, und die Ver¬
bindung troischer uud kyprischer Sagen findet eben¬
falls nur hierdurch ihre Erklärung. In dem rein phö¬
nikischen Kition konnte diese geistige Regsamkeit im
Kult und in der Mythenbildung * ) nicht entstehen.
Was den Pbrygern die Einwirkung auf Amathus
und Paphos erleichterte, war nicht minder günstig
für die Griechen. Sie bemächtigten sich allmälig des
ganzen Kultes, Hessen aber das ihnen zusagende und
verwandte Phrygische stehen 5 die Ausbildung des
Aphrftditekultes aber geschah fortan durchaus im hel¬
lenischen Geist und Interesse. Das wahrscheinlich
höhere Alter, mindestens die höhere Bedeutung von
Amathus in den ältsten Zeiten ist oben dargethan;
Paphos , wo^ nur griechische Mythen zu Hause sind,
gewann muthmassHch erst durch die Griechen den
Vorrang. Die Sage nennt allerdings, wie Herodot^)
beriehtef, Askalon in Palästina als den ältsten Ver¬
ehrungsort der Aphrodite, und, wie die Kyprier selbst
behaupteten , betrachtete man den Paphischen Tempel
als ein Nachbild dessen von Askalon, und nicht den
Amathusischen^ allein wer verbürgt es uns, dass diese
1) Vgl. Thl. 1 S. 170 ff.
S) Herodot. 1, 105. Nach ihm Pausan, 1, 14, 6.
6i
l^age nicht erst entstand, nachdem Paphos einen hö-
hern Glanz erlangt hatte, und in so fern behält die
{Sage immer Recht, als auch der Paphische Tempel,
sowie der ilmathusische, ursprünglich von Phöhikischen
Anlagen ausging. Dass man den tri‘spri;lhg an den
Tempel von Askalon, und nicht etwa an Tyrische öder
ISidonische Tempel anknüpfte, machte sich gan^i na¬
türlich, da der Tempel von Askalon der berühmteste
der Astarte war; nur dass sich Paphos anf Kosten von
Amathüs erheben darf, wird bestritten. Homer nennt
die Aphrodite stets schlechtweg Kypiris, kyprische
Göttin, Amathüs erWähnt er gar nicht, ünid nur ein-^
mal, in der btekäniiten Stelle der Odyssee, Paphos. Ob¬
gleich dies an und für sich nichts besagen würde, so
war doch ohne Zweifel Paphos zu Steiner Zeit schon
der berühmteste Ort der Aphrodite. Wenn Homer der
Aphrodite den Namen Kypris als stehenden, nicht als
Beinamen und Paphos als den Mittelpunkt des Kultes
angiebt, so sehen wir daraus siugleich, dass der Kult
lange vor ihm zu seiner völligen Entwikkelung ge¬
kommen sein muss, und von einer phönikiSchen Göt¬
tin bei ihm, weder wenn er Paphos, noch Wenn er
Kythera nennt, die Rede sein kann. Der kyprische
Dienst war der allgemeine Dienst der Göttin, und be¬
sondere örtliche Auffassungen können bei ihr, Wie bei
jeder andern Gottheit sehr wohl bestehen. Homer
aber stellt die Aphrodite nur in einer Form dar, wie
oben schon natehgeWieSen ist , welche in nichts gegen
die allgemeine Auffassung Verstösst, sondern ihr voll¬
kommen entspricht. Dass er auch einige Lökalsagen
aufnehmen musste, lag lediglich im Gegenstände, wel¬
chen er behandelte, von dem er dann wieder zur all¬
gemeinen Auffassung znrükkeWt.
Was von phönikischen Gottheiten auf Kypros id
62
gegchichtlicher Zeit noch übrig; war, beschrünkt sich
lediglich auf den tyrischen Melkart, welcher in Aina-
thus nach Hesychios unter dem Namen Malika ver¬
ehrt wurde. Wir haben dies oben schon unter den
Beweisen für höheres Alter und höhere Bedeutung
von Amathus vor Paphos, welches nur griechische My¬
then hegt, angeführt, und zugleich auf den muthmass-
lichen grossen Sagenvorrath von Amathus aufmerk¬
sam gemacht. Bei dem Zusammenfluss der verschie¬
denen Völker auf Kypros, den vielen religiösen Be-
yjehungen mit andern Ländern, den eigenthümlich
ausgebildeten Kultverhältnissen musste natürlich ein
grosser Sagenschaz entstehen, welchen wir jezt haupt¬
sächlich nur aus den vielen Namen, welche uns als
kyprische Sagenschreiber aufbewahrt sind , kennen.
Diese Verhältnisse mussten aber auch zugleich ein
grosses Sagengewirr herbeiführen, wovon noch die
Mythen von Kinyras Zeugniss ablegen. Im Beson-
dern von Amathus verbürgen zwei Geschichtsbücher
der Stadt einen grossen Beichthum alter Geschichten
und Sagen , die des Paion und des Eratosthenes, von
denen wenigstens die Schrift des lezteren als eine
umfangreiche sich ankündigt. Der Mittelpunkt aller
musste natürlich immer der Kult und die Mythen der
Aphrodite bleiben. Der allgemeine Ruf, den sie als
kyprische Göttin erlangte, verschaffte ihr schon sehr
früh den Namen Kypris, den sie schon bei Homer
führt und durch alle Zeiten behielt. Man liebt es
aber ihn noch mit andern Namen zu verbinden, so Ky¬
pris und Aphrodite^), mehr aber in der Form Ktmqoye-
Kvmqua welches wieder zu dem sonderbaren
3) Hymtsos auf die Aphrodite V. 1,
4) Homer. Hymnos 9. 1.
63
Ausdrukk des kytherischen Kypros®} Veranlas-
süng gab. Mit den Namen der Göttin, ihrer Yerbin-
düng und Anhäufung spielen die Dichter sehr viel,
wie es ihnen gerade gefällt; sehr häufig kommen übri¬
gens auch einfach KvTtQoysv^g und EvnQoyiveta für Kv~
TtQtg vor. Wenn die Etrusker, wie wir erfahren«},
die Hera mit dem Namen Kypra benannten, so kön¬
nen wir nicht umhin, auch diesen Namen mit der
Aphrodite Kypris in Verbindung zu bringen. Aus un-
sern obigen Auseinandersezungeo geht die enge Ver¬
wandschaft der pelasgischen Aphrodite mit der Hera ‘
hervor, und es steht nichts im Wege, dass die eine
bei geringer Modifikazion unter dem Namen der an¬
dern an einem dritten Orte angebetet wurde. Es Ist
nun freilich nicht nachzuweisen, dass die tyrrhenischen
Pelasger, welche den Ort erbaut hatten, auch auf Ky-
pros gewesen waren, allein der Name der Göttin war
zu ihrer Zeit und namentlich auch an den Orten, an
welchen sie sich befanden, bekannt genug, als dass
sie ihn nicht mit in ihre neue Heimat hätten führen
und der etruskischen Himmelskönigin den Namen
der kyprischen Herrscherin beilegen können. Muss
5) Val er Martial. 8, 45. Quum te, Flacce, mihi reddet
Cythereia Cypros Luxuriae fiet tarn bona causa meae.
6) Strabon 5 S. 241. Vgl. Micali l’Italia avanti il domi-
nio dei Romani 2 S. 47. Colucci Cypra maritima. Die meisten
Erklärungen scheinen mir unstatthaft; aber auch Otfr. Müller
in s. Etruskern sucht eine andere Herleitung des Namens. Zu
erwähnen ist noch Böckh Metrologische Untersuchungen S. 380:
„ Nun lag aber in der Nähe der picenischen Hatria die zwiefa¬
che Kypra, montana und maritima. Aber diese Kypra wird als
Juno Moneta selber mit der Kupfermünzung und dem Namen des
Kupfers oder Kyprischen Erzes zusammen gehangen haben: es
ist kaum zweifelhaft, dass Kypra montana von den dortigen be¬
deutenden Kupferminen benannt sei. “
. 64
doch selbst die Verehnmg ies Adonis auf diese Weise
zu den Etruskern gekommen sein. Mir scheint eine
solche Verpflanzung des Namens gar nicht unmöglich^
und ändert An^/eicheh erhäften noch die Wahrschein¬
lichkeit Wir wissen nämlich, dass diese Hera er
Ettter als eine Aphrodite gebildet wurde’), wozu
le Pelasger doch nur die Verwandschaft der Kypris
mit der Hera bewegen konnte. Ferner die btclle
beim Silius Italiens ^ >
Et nuis littoreae fumant altana Cyprae ^
roch gar nicht so bestimmt, dass unter dieser
kypra nur eine Hera 7.« verstehen sei; ich mochte
Wenigstens in dem Dainpteil der Altäre nferh-
■ehen Kypra noch lieber eine meeriifer- und hafenlie-
bende Aphrodite bis eine Hera erkennen. Das forU
danerndc Bewusstsein von einer inhern Verwandschaft
beider Gottheiten bekiindel auch noch die Nachricht,
Ls die Börner die Aphrodite aoeh Hera nannten ).
Dieselbe Sache ist es, wenn, wie bekannt genug, die
Körner die karthagische Göttin ehenFalls Juno nann.
ten, und die Griechen die asiatische Astarte so für
Hera als Aphrodite erkannteti. . i ,
Die Pliöliiker hatten schwerlich eine andere Be-
•„enniin- für die griechische Aphrodite, und noch we-
“L Für die kyprische Herrscherin a s den P^amen
»ftarte erkannten buch Vielleicht dort keinen Unter¬
schied zwischen beiden Göttinnen an. Auf der ersten
phönikischen Insclirift VonKilion
Herrscher, wir Wissen aber nicht was für welche,
■der Astarte einen neuen Tempel erbaut haben, und
7) Eil. GerhardProdromus S.35. Änni. 87. Tat. 2. Anm. 115.
8) Silius Italiens 8, 432.
8) Johaanea V. Lydien Leber die Monate. S. 9».
65
zur Gottheit flehten, dass sie auch ihnen in diesem
gnädig sein möge, wie sie ihre Torfahren in dem al¬
ten 1 empel erhört habe. Zwischen dieser Gottheit
und der i\phrodite, welche auf griechischen Inschrif¬
ten genannt wird, ist schwerlich ein Unterschied an¬
zunehmen. Diese griechischen Inschriften sind ge¬
wiss zum Theil noch älter als jene phönikischen, und
es lässt sich annehmen, dass zur Zeit der Abfassung-
der lezteren auch hier in Kition, wie das Tolk so
auch der Kult schon wesentliche griechische Einflüsse
erfahren hatte. Dies sehen wir auch noch daraus, dass
auf griechischen Inschriften Kitions neben der Aphro¬
dite auch noch rein griechische Gottheiten, wie Zeus
und Hera, genannt w'erden^ und diese Stadt, wxdche
ihre. phönikische Nazionalität so lange bewahrte^ musste
sich endlich auch eine griechische Heroine gefallen
lassen.
^on Sagen, welche Kypros mit den asiatischen
Ländern verbinden, und auf alte religiöse Bande zu-
rükkweisen, sind noch folgende wenige erhalten. Gre¬
gor von Nazianz >“) und Elias von Kreta sagen, dass
die Chaldaeer, oder doch wenigstens die Kyprier das
Opfern eingeführt hätten, weil beides in den Geschichts¬
büchern berichtet wurde. Tatian meint, die Weissa¬
gung hätten zwar die Phryger erfunden, die Kyprier
aber das Verfahren beim Opfern. Georgius Kedre-
nos " ) theilt mit, dass die Araber und Phryger die
Vogelschau erfunden hätten, die Chaldäer oder die
10) Gregor v. Naz. Orat. 47; Suidas u. d. W. OtW Eu-
dokia S. 41 u. 284.
11) Georg. Kedren OS S. 73. Bonn. Ausg. Kra mfe r s Anekd
4, 240. BJach Plinius 30, 2 ist die Magie der Kyprier erst spät
ßufgekommen.
Hi
5
66
Kynrier aber die Magierkonst. Hiermit können «ir
nach den Aassprach des Paueanias'O verbinden, nach
welchem die Wahrsagerknnst dnrch Zicgenbokke,
Lämmer und junge Käiber von den Menschen von A -
ters her getrieben sei, dieKyprier hätten es abernu-
erst aufgebracht, auch aus den Schweinen zu weis¬
sagen. Wir sehen aus diesen Sagen wenigstens so
vid, dass der religiöse Glaube das kypnsche Kiiit-
wesen in das höchste Alterthum hinaufrukkte , und
seine Anfänge mit denen der semitischen und phry-
gischen Vöiker nach Aller und Beschaffenheit z.iisam-
leno-ebracbt wurden. Wie die Magie dort schon in
den 'frühsten Zeiten getrieben sein soll, so ist das
wirkliche Vorhandensein derseiben uns auch noch aus
der geschichtlichen Zeit verbürgt, denn einen Magie
Elymas traf der Apostel Paulus zu
Die -Mythe verbindet auch den karthagischen Kult
mit dem kyprisch-phönikischen; sie
uiEstens unmittelbar von diesem her. Als Dido, so
laftet die Sage, von Pygmalion aus Tyros vertrieben
war ging sin “c'' KyP™*’ empfangt hier ein Ora¬
kel ’ nnd begiebt sich darauf nach Karthago. Ein
kvn’rischer Priester des Zeus, nach Justin ), oder
d« Hera nach Virgil, welches wol ™h‘iger ist, er¬
bietet sich mit Frau und Kindern die Dido ™
ten und Theilnehmer ihres Geschikkes zu bleiben,
unter der Bedingung, dass ihm nnd seinen Aach om-
me« dio Priesterthoms gesi-
-hert werde. Ausserdem begleiten den Zog noch
adlig Jnngfraun. Das Bild der Astarte, welches
1^) PausaH. 8, 5, % Vgl. 1. 14, 6.
13) Apostelgeschichte 13, 4.
14) Justin 18, 5 ff. Virgil Aen. 1, 447.
67
man in Karthago verehrte^ sollte von ihr stammen *
sie selbst aber wurde ebenfalls in Karthago als Göt¬
tin und Schüzerin der Stadt verehrt. Es ist natürlichj
dass die Geschichte der Dido in eine höhere Zeit hin-
aufgerükkt werden muss, als die gewöhnliche Sage
sie darstellt, und wahrscheinlich, dass unter ihr und
ihrem Zuge nur die Astarte selbst und die Ueberfüh-
rung ihres Kultes nach Karthago zu verstehen sei.
Dies leuchtet besonders auch aus ihren Verhältnissen
in Tyros hervor. Die karthagischen Tempel leitete
man ebenso wenig von den tyrischen ab, als die
kyprischen, diese aber von Askalon, weil hier auf
dem Festlande die berühmtesten Tempel waren j jene
wieder von Kypros, weil zu jener Zeit die kyprischen
schon ein hohes Ansehn erlangt haben mochten. Auch
konnte Eifersucht gegen Tyros dabei im Spiel sein.
Heber das Vorhandensein des männlichen Gottes
der Phöniker, des Baal, des Gemales der Astarte,
auf Kypros giebt es zwar nur wenige Anzeichen,
jedoch kann er nicht gefehlt haben. Das scheint we¬
nigstens sicher zu sein, dass unter phönikischen Ky-
priern Baal unter dem Namen Adon bekannt gewe¬
sen ist, welchen die Griechen aufnahmen, und für ih¬
ren phrygisch-griechischen Mythos des Adonis benuz-
ten. Dies ist aber auch alles, was sich mit einiger
Sicherheit über den Baal Vorbringen lässt. Es gab
zwar auf Kypros noch einen berühmten Zeusdienst,
dessen Mittelpunkt Salamis war, aber dieser war,
worüber Zeugnisse hinlänglich vorliegen, entschieden
griechisch und griechischer Abkunft. Dagegen wurde
zu Amathus neben dem dortigen tyrischen Kolonie-
fübrer und Uandelsgott Melkart, Malika genannt, auch
15) Herodiao 5, 6.
68
ein Zeus verehrt. Er führte hier den Namen
hospes, wie Ovid sagt, und erhielt Fremde
zum Opfer. Sein Altar stand vor dem Tempel der
Aphrodite, welche aber diese Opfer verabscheut. Was
gegen den phönikischen Ursprung dieser Opfer zu
sagen wäre, ist folgendes : Die Griechen nennen sonst
den phönikischen Gott, welchem Menschenopfer fallen,
Kronos und nichtZeus, am wenigsten mit dem Bei¬
namen IsVtogi dann sind es Kinder, welche dem Kro¬
nos geopfert werden. Von anderer Seite ist dagegen
einzuwenden, dass Teukros*'), welcher sonst Ein¬
führer des hellenischen Zeus heisst, auch die kypri-
schen Menschenopfer eingeführt habe, und die Frem¬
de nopfer sind, wie allgemein bekannt, eine Sitte der
Taurier. Oben haben wir nachgewiesen, dass die
Kyprier schon sehr früh nicht bloss mit den Phrygi-
eru, sondern auch mit den Bewohnern der nöidliche-
ren Meere in Verbindung gestanden haben müssen,
und dass dadurch wahrscheinlich auch die Iphigenie
und ihr Opfer in die kyprische Mythen hineingekommen
ist. Ein phönikischer Kultusgebrauch wäre wol nicht
leicht an Teukros geknüpft, da er dem Westen ent¬
stammte und aus dem Norden nach Kypros kam. Aus
diesem Grunde spricht manches dafür, dass diese k)---
prischen Fremdenopfern ebenfalls und mit der Iphi-
Metamorph. 10, 224 u. Lu tatius Epitome z. d. St.
Ante fores horum stabat Jovis Hospitis ara,
Lugubris sceleris; quam si quis sanguine tinctam
Advena vidisset, mactatos crederet illic
Lactantes vitulos, Amathusiadesque bideiites:
Hospes erat caesus. Sacris offensa nefandis
Ipsa suas urbes, Ophiusaque arva parabat
Deserere alma Venus.
17) Laktanz de falsa relig. 1, 21. Ders. Epitome ad Pen.
tadium Kap. 23. Junius Phiiargyrius zu Virg. Georg. 3,5.
69
genia aus dem Norden gekommen sind, und dass man
sie in Ämathus, dem ältsten religiösen Hauptsize an
den Namen des wahrscheinlich dort vorhandenen’ Baals¬
dienstes knüpfte. Ich weiss freilich nicht, welchen Werth
die Wendung der Amathusischen Sage hat, dass Aphro¬
dite diese Fremdenopfer verabscheut, und zur Strafe
dafür die Unzucht des semitischen Kultes eingeführt
habe, allein wenn sie alt und acht ist, so wäre der
Widerwille der Uöttin gegen diese Sitte auch noch
für ein Zeugniss mehr gegen den phönikischen Ur¬
sprung dieses Opfers, da sie in Phönikien, M>^eno auch
flicht an Opferung der Fremden, so doch an die der
Kinder gewöhnt sein musste.
Wir gehen zu den griechischen Sagen über. Die '
4rt und Weise, wie Hesiodos die Aphrodite nach Ky-
pros führt, ist oben besprochen worden * ®). Nicht min¬
ier schön schildert ihr Entstehen aus dem Meere, ihr
Landen in Kypros und ihre Aufnahme in den Olymp
ier fünfte homerische Hymnos Von Kythera nach
Kypros wird sie von sanft hauchenden Zephyrn über
iie Wellen des ruhigen Meeres getragen. Sobald
sie aussteigt, schwillt der Basen unter ihren Füssen
18) Noch z. TgL Allegorien zu Hesiod. Theog. 147. eI-
’.6tü)S efi XtytTM m Tov Ovqavov ly rjj Kvnqfa xamßktjd^ym, r)
xtGüv , nuQ ooov 6 Tonos yovi,^(ümtög lan, xal rou xmw noQtgnxoi :
V w xal "Axf Qodlrri dyadod'Haa xal i'iüdovaa , ly rok noalv dyaMo-
dyag lyu nayrodeends nSaC ifUQoeffaa ydq ng ydgtg xal rsQiplS-vfiog,
ny rojy Kvn^toiy If^nsld^st yuqav' xal leyirMaay offot wv jonov tldoy,
ul rf veKjh}yik<aGuv m^l mv Iv uvtm yvvmxay, dt« rl xal
T^og ßvyuvatay tToiuoTUTutt
19) Vgl. noch Ovid Fasti 4, 141. Servius Aen. 5, 72.
) i 0 d 0 r 5, 55. Hiraeriasin d. Rede auf die Kyprier. Q u int u s
. Smyrna 5, /O. Philost. ep. 67. Plin. 35. 36. Apulejus
0 S. 254. 4 S. 157. 2, 122. ep. 4, 8. 11, 34, Claudian de
lupt. Hon. et Mar. 151.
70
empor, und Eros und Hiineros gesellen sich xu ihr.
ln einem Myrtenhain verbirgt sie sich, um ihre Blösse
zu verhüllen, die Horen empfangen und bekleiden sie
mit reizenden goldgewirkten Kleidern, bekränzen ihr
Haupt, zieren sie mit Blumen und schmükken Hals
und Brust mit köstlichem Geschmeide. So führen sie
die Liebliche zu den Unsterblichen hinauf^"), welche
bezaubert von ihrer Holdseligkeit ihr freundlich ent-
gegenkommen, und jeder wünscht die Schmeichlerin
mit den rollenden Augen zu seiner jugendlichen GaU
tin, _ Wir können uns bei diesen Schilderungen der
alten Dichter das Vergnügen nicht versapn, auch
von Hammers ebenso treffende als auch schöne Worte
über die Landung der Göttin mitzutheUen, welche er
auf dem Boden von Paphos ausruft: Hier entstieg sie,
die Göttin der Liebe, die Seele des Weltalls, unter
den Liebkosungen des Frühlings, unter dem Jubel
der ganzen Natur, mit dem süssen Lächeln herz¬
schmelzender Anmuth, mit der Allmacht vollendeter
Schönheit. Hier entstieg sie mit der Fülle unbe¬
schreiblicher Wollust, während die Erde die Schäze
ihres Busens ausgoss, der Himmel mit flammenden
Augen niedersah, und das Meer mit vielfältigem Säu^
sein Stille gebot, während die Sphären einander ent-
""”^07 Als eine bildliche Darstellung, die Einführung der Aphro¬
dite in den Olymp, erwähnen wir das Basrelief einer runden
Brunneneinfassung von Korinth; D o dw eil Alcuni bassir. d Gr.
tav 2 3. 4. Gerhards Antike Bildwerke Cent. ITaf. 14 — 16.
Ein Theil der Götter holt sie ein, ein anderer empfängt sie:
Aphrodite von Charis u. Peitho geführt, Hermes, Hestia, Artemis
u. Apollon. Die empfangenden sind Athene, Herakles u. viel¬
leicht die dem Herakles vermälte Hebe. — - Andere Auffassung
hat Otfr. Müller; Denkmäler der alten Kunst, Heft 1. Nr. 42. —
Aphrodites Einführung in den Olymp schmükkfe das Fussgestell
des Olympischen Zeus von Phidias.
71
gegentanzten, und die lauen Lüfte sich küssten, die
Rosen glühten, die Quellen kosten , die Tauben gicf“
ten, die Haine seufzten, die Palmen sich befruchte¬
ten, die Ulme und Rebe sich umarmten, hier entstieg
sie, die PTohlbekränzte , Zaubenimgürtete , dem gol¬
denen Schaum der schmeichelnden Wogen.
Nach Ailian * ' ) verweilt Aphrodite, ehe sie nach
Kypros kommt, eine Zeit lang im Meere und steigt
von hier in den Himmel. Dort geniesst sie noch der
Liebe des Nerites, eines Sohnes des Nereus und
der Doris. Unter den kleineren Ausschmükkungen
dieser Fabel erwähnen wir noch, dass man sie auch
auf einer MuscheP“*) nach Kypros schwimmen lässt.
Nonnos®®) lässt einen Delphin, welches Thier in der
griechischen Mythologie als Symbol der Humanität im
Abgründe des Meeres zu erscheinen pflegt, die Göt¬
tin emporheben und nach Kypros tragen. Die Geburt
der Göttin aus dem Meere war die gewöhnliche dich¬
terische Vorstellung® im Kult hat aber die dodonä-
ische Sage über die Geburt der Göttin durchweg
Geltung erhalten, und die kyprische Aphrodite
21) Ailian. Thiergeschichte 14, 28. Im grossen Etymologi¬
kon heisst dieser Seeliebling Avnqlrn^'
22) Plautus Rudens 3, 3, 34 u. oft als eine beliebte Vor¬
stellung.
23) Nonnos Dionys. 12, 434 ff.
24) Vgl. die Schilderungen in der Anthologie. Leonidasv.
Tarent 1. S. 164 Nr. 41. Antipater v. Sidon. 2 S. 16 Nr. 32.
welches Ausonius übers. Epigr. 104. Archias 2 S. 83. De¬
mokrit 2 S. 237. Julian v. Aegypten 3 S. 202 Nr. 32 Kunst-
1er benuzen die Fabel, um erhöhten Frauenreiz, nur durch ver-
rätherische Wellen und jungfräuliche Schüchternheit verschleiert,
in den lieblichsten Stellungen des Schwimmens und Auftauchens
zu entfalten. Bei Anakreon schwimmt sie mit durchscheinenden
Gliedern ans Gestade, von frohen, hüpfenden Delphinen und
heranspielenden Fischen umringt. J. H. Voss Mytholog. Br. 2,3£E.
wird Tochter der Dione“^). Der Dione selbst zu
Ehren wird sogar eine 8tadt D io uia gegründet, und
dionäisch für kyprisch gesagt. Kypros ist zwar Siz
der Aphrodite als Liehesgötiin, aber die Idee, w^elche
ihr als pelasgischer Naturgottheit zu Grunde liegt,
und welche überall wieder hervortritt, geht darüber
nicht verloren, und die kyprischen Kultussagen er¬
neuern sogar die dodonäische Ehe der Aphrodite mit
Zeus, so dass sie auch hier wie zu Dodona Gemahn
des höchsten Gottes, Königin der Lebendigen
und der Todten wird. Konnos^®), w’elcher stets
den kyprischen Mythographen zu folgen scheint, er¬
zählt, wie Zeus, der Erzeuger der Kypris, von seh-»
nendem Verlangen zur Neugebornen ob ihrer Schön¬
heit entbrannt sei. Die Göttin sei aber seinen Um¬
armungen ausgew'ichen, und Zeus habe den Liebes-
erguss nicht in das Bett der Aphrodite, sondern auf
die, Erde gegossen. Die Erde aber, den ehelichen
Thau des Zeus empfangend, habe ein fremdgestalte¬
tes, gehörntes Geschlecht Kentauren empor¬
steigen lassen, w'elche sich später unter den Zug des
Bakchos mischten, In dieser Wiederholung der do-*-
25) Theokrit 7, 116. Bion 1, 93 hier ist zwar nicht aus-
drükklich die Göttin von Kypros genannt, aber doch die Ge¬
liebte des Adonis, und diese muss fiir die speziell kyprische Göt¬
tin gelten. Theokrit 15, 106 heisst die Aphrodite v. Kypros
Tochter der Dione, an den beiden vorhergehenden Stellen
heisst sie geradezu Dione. Dionäisch für kyp risch bei
Avienus Descript, ürbis terrarum. V. 681. Cyprus alta cingi-
tur unda Atque Dionaei pulsatur litoris unda.
26) Nonnps 5 zu Ende und 14. 187. Prodi Diadochi
in Platonis Alcibiadem comm. herausgegeb. v. Kreuzer S. 65.
TL ifar ttnofitp rap Isyoi^poiv &ewp, IqSp tmp olxtLup yspp^j/^ci-
mr; äentQ ol fiv&mldnm nomfftp L} lijs xoQtjs yavT^sr^s’^fQo-
dirtis iqmpta tou äitc.
73
donäischen Ehe zeugt Zeus, ähnlich wie Uranos die
Giganten u. s. w,, ein Geschlecht Kentauren, deren
Vermischung mit den Bakchen durch ihren Ursprung
aus chthonischer Ehe gerechtfertigt wird. Die Be«
höinung derselben mag aus der Neigung der kypri-
schen Fabeln zum Seltsamen, oder auch aus jener
oben gegebenen Erzählung von den Kerasten ent¬
sprungen sein ; sie war aber willkommen für die Aus¬
stattung eines Bakchosgefolges.
Wie die vorstehende, so wurden wahrscheinlich
auch noch andere theogonische »lythen von den ky-
prischen Griechen in eigener Weise wiederholt und
umgebildet. Dahin mag auch eine Erzählung zu rech¬
nen sein, welche der kyprische Mythograph Alexan¬
der von Paphos bei Eustathios mittheilt, die doch wohl
nach Kypros selbst gehört. Sie lautet: Pikoloos, ei¬
ner der Giganten, sei aus dem Kampfe gegen Zeus
entflohen, habe die Insel der Kirke eingenommen,
und die Göttin zu vertreiben gesucht. Aber ihr Va¬
ter Helios sei ihr zu Hülfe geeilt, und habe ihn er¬
schlagen, sein Blut sei auf die Erde geträufelt, und
daraus eine Pflanze entstanden, focioXv geheissen we¬
gen des Gefechts ficSXog^ in welchem genannter Gi¬
gant gefallen sei. Der Name des Giganten Pikoioos
kommt nirgends sonst in den allgemein gültigen Fa¬
beln von den Giganten, weder bei Apollodor noch
Hygin, so wie die ganze Erzählung vor; sie muss
daher aus speziell kyprischen Sagen geflossen sein.
Die Fabel vom Zauberkraute Moly, welches Hermes
dem Odysseus als Gegenmittel gegen die Zauber-
kunste der Kirke giebt, ist aus der Odyssee bekannt.
Wie zahlreich und mannigfaltig aber die kyprischen
Sagen und wie bunt das iWythengespinnst gewesen
sein muss, können wir schon aus der Zahl und wahr-
74
scheinlichen Beschaffenheit der Mythographen und Sa¬
genschreiber auf Kypros abnehmen, welche uns im
lilterarischen Abschnitt der Geschichte beschäftigt ha¬
ben. Männer, wie der Kyprier Nikanor u. A., wel¬
chen die Alten neben Euhemeros stellen, werden nicht
ermangelt haben, ein abenteuerliches mährchenbaftes
Sagengebäude für Kypros * ’ ) aufzustellen.
Diese Andeutungen über kosmogonische Bezie¬
hungen und Aphrodite als pelasgische Naturgottheit
mögen hier genügen, um mancherlei Erscheinungen
im Kulte zu erklären, und wir fahren fort, die äusse¬
ren religiösen Zustände auf Kypros, wie sie durch
die Griechen bewirkt wurden, darzulegen. Wie Athen
der Athene, Samos der Hera, Delos dem Apollon,
Lemnos dem Hephaistos, Naxos dem Dionysos, so
war Kypros der Aphrodite geweiht, und Paphos war
ihr Hauptsiz , wie Delphi Apollons * * ). Aischylos
nennt Kypros das waizenreiche Land der Aphrodite,
und Paphos ist auch ihm ihr Hauptsiz, aber bereits Ho-
2") Aeschylos Hiketiden 525. xßiäf noHmvqap
alay. Vgl. den Vers in Anm. 28. Aus diesem lezteren Verse bei
Strabon ersehen wir noch bestimmter, dass Aeschylos in den
Hiketiden auch unter dem Lande der Aphrodite Kypros ver¬
stand. Nur vorgefasste Meinung, wozu auch die des Scholiasten
gehört, kann hier Phönikien verstanden glauben.
28) Aischylos Strabon 8, 341 Kvnqov nüqov Tfxovffa navia
xk^Qoy Lukian nt^i ■SvfftcSic Kap. 10. Laktanz de falsa relig.
1, 15. Horaz
O Venus, regina Gnidi Paphique
Sperne dilectam Cyprum
Virgil :
Est Amathus, est celsa mihi Paphos
Ipsa Paphum sublimis abit, sedesque revisit
Laeta suas, ubi templum illi, centumque Sabaeo
Thure calent arae.
75
mer nennt Paphos in solcher Beziehung? * * ). Kein
Ort der bekannten Erde schien den Dichtern so von
der Natur selbst zum Tempel der Liebesgöttin aus¬
erlesen als Kypros, denn hier duftete ein ewiger
Frühling, hier blühten alle Wonnen des Naturlebens
in stets ungetrübten Beizen, hier schien die Sonne
heiss, wie die Flamme, welche Aphrodite im Gemüth
anfacht, und die Erde war fruchtbar wie die Umar¬
mungen der Liebenden.
Nach Vorstellungen dichterischer Freiheit und des
Pragmatismus nannte man Kypros nicht allein den
Wohnsiz der Göttin*®), man glaubte auch Aphrodite
dort geboren*^) und zeigte zu Paphos ihr Grabmal,
wie Ares in Thrakien lag, Dionysos in Theben**).
Ihren Liebling und Priester Kinyras hatte sie mit könig¬
licher Macht ausgestattet, und bei seinen Nachkommen
war die Verwaltung des Priesterthums in Paphos und
29) AlkmanbeiStrabon8,341. Kvtiqov tfitgtSy hnolffa xat nd-
goy mglgguToy, H o r a z Od. 1, 19, 9 In me tota ruens Venus Cyprum
deseruit. Ders. Od. 3, 26, 9. O quae, beatam, Diva tenes Cyprum
Ailian Versch. Erzähl. 3, 42 heisst Aphrod. ^ Kvngov ßaet^
Xk. Pind. Skolion 1 nennt sie Kvngov dienowu, Xenophon v,
Ephesos 5, 10. 17 ndrgiog KvnqUüv Aristoph. Lysistr. 833,
w nÖTvtu Kvnqov xal Kvd-^qcoy xql Hdgov fuS-iove«, Pap in. S!ta-
tius Silv. J, 2, 101. proh quanta est Paphii reverentia, mater,
Numinis! Priapeia 76. Formosam Venerem Gnidos Paphosque.
Collectana Virgilianea 6. O Paphon, 0 sedes, quae colis Idalias.
Natürlich konnten wir nicht alle Stellen anführen, welche Kj-
pros und Paphos zum Mittelpunkt des Aphroditekultes machen,
die vorstehenden mögen hinreichen, wobei solche gewählt sind,
welche uns etwas Besonderes im Ausdrukk zu haben scheinen.
30) Phurnutos Kap. 24. ^ dlt ndgoe Mwp avr^s oixtjT^qwy
len, Jletgltjg hyofiivi^g, Eustath- z. Dionys, nennt Kypros das
d9vQ/ua der Göttin,
31) Lucan,
32; Klemens v. Alex. Recognit. B. 13 Kap. 24. 0
rayof diUyvjui Iv ndgta.
76
Amathus. Sie ist von Paphos aus die Herrscherin
von Kypros, und alle andern Tempel des Landes schei¬
nen in religiöser Abhängigkeit vom Erzpriester
in Paphos gewesen zu sein. Es scheint, als wenn eine
kirchliche Herrschaft von Paphos aus über alle andern
Tempel des Landes ausgeübt wurde. Selbst die an¬
dern Kulte sind in gewisser Art dem Haupt- und
Nazionalkulte der Kyprier untergeordnet gewesen,
denn einen grossen Theil der übrigen Kulte, welche
sich sonst noch auf Kypros vorfanden, treffen wir auch
in Paphos selbst an, wie Zeus und Hera. Die Erz*
priesterin aller Tempel der Demeter auf dem
Eilande hat ihren Siz in Paphos und ist, wie eine
Inschrift angiebt, eine Verwandte der Kinyraden.
Wenn andere Gottheiten neben Aphrodite auf Inschrif¬
ten genannt werden, so steht ihr Name voran, wie
z. B. in Paphos, wo Aphrodite, Zeus und Hera
zusammengenannt werden; es scheint, als wenn man
daraus auf eine Unterordnung der andern Götter un¬
ter die Aphrodite mit Sicherheit schliessen kann. Fast
in jeder der grossem Städte wird uns die Verehrung
der Aphrodite angeführt, und wo sie uns nicht nament¬
lich angeführt wird, müssen wir sie wenigstens vor-
aussezen und das Fehlen derselben nur der Mangel¬
haftigkeit unserer Nachrichten zuschreiben. In be¬
sonders enger Verbindung scheint auch das etwas
westlich gelegene Neu -Paphos mit dem heiligen Orte
gestanden zu haben, denn von hier aus wuirden an
den festlichen Tagen feierliche Prozessionen die hei¬
lige Strasse entlang unternommen. Die anerkannt
hauptsächlichste Nebenkirche war aber Amathus, wel¬
ches auch in hierarchischer Verfassung ihm am näch¬
sten gekommen ist; in wie weit dies auch bei den
andern Staaten der Fall war, wissen wir aus allge-
77
meinem Mangel an Nachrichten nicht. Vom Zeuskulte
in Salamis wird uns aber berichtet, dass seine erb¬
liche Priesterwürde im herrschenden, den paphischen
Kinyraden durch eine mütterliche Ahnherrin verwand¬
ten Geschlecht des Teukros sich befand. Ich glaube,
man kann annehmen, dass in allen monarchischen Staa¬
ten auf Kypros die Könige, wenn auch nicht immer
eine erbliche Priesterwürde hatten, doch mit dem Frie-
sterthum verbunden waren. Wie die Teukriden in
Salamis sind noch mehrere Herschergeschlechter mit
der Paphischen Priesterfamilie verwandt. Nächst den
genannten Orten finden wir solche Verehrung in Gol-
gos^ ®) und Tamassos ®*), in dessen Gärten die Aep-
fei der Aphrodite reiften; in Jdalion war ihr Kain und
Tempel, auf dem V. G. Pedalion ihr tischformiger
Altar® ^3- Io Kition finden wir sie, und in Salamis
wurden ihr grosse glänzende, namentlich durch mu¬
sische Wettkämpfe ausgezeichnete Kämpfe gefeiert.
Auf dem Olympos hatte sie einen Tempel der Akraia.
Die Städte Urania und Dionia mussten die ihrigen sein.
In Soli wurde sie nach Strabon verehrt und vom
Berge Akamas führte sie den Namen Akamantis nach
Stephanos v. Byzanz.
Alt-Paphos war aber nicht allein der Mittelpunkt
des Kultes für Kypros, er war es für die ganze
Welt, so weit die Macht der Liebesgöttin reichte.
33) Thßokrit 15, 100. JtGTtotv. u roXyw? ts xal ’l(XaXtop l(ft—
XxtGa?. Katull 36, 12. 14. Quae sanctum Idalium — colis, quae-
que Amathunta ; quaeque Golgos 63, 96. Sancte puer — quaeque
regis Golgos, quaeque Idalium frondosum. Papin. Statius
Silvae 1,2, 159. Non secus alma Venus, quam si Paphon aequore
ab alto, Idaliasque domos, Erycinaque templa subiret.
34) Ovid Metam: 10, 645.
^ 35) Strabon 14, 682. Xo<poi vtptjXog, TQuntCott^ijs, i$QoS
78
Jlire Verehrung war an keinen Stamm gebunden ; wo
eine veredelte Menschlichkeit unter den Bewohnern
der Erde zu finden war, so weit reichte auch die
Herrschaft der Liebesgöttin Aphrodite; sie war nach
den Vorstellungen der Dichter die allmächtigste Göt-
tin auf Erden , und im Olymp mehr Herrscherin als
Zeus selbst. Alt-Paphos galt daher auch für den
Mittelpunkt, den Nabel der Erde, 6(npalog ng,
nach Hesychios. Ebenso betrachtete man Delphi von
Seiten des Apollinischen Kultes, und diese beiden
Orte scheinen einen solchen Namen nur in guter
Zeit geführt zu haben, als diejenigen Punkte, von
welchen zwei grosse religiöse Gegensäze ausgingen.
Wie aber die Apollinische Religion sich mit der Bak-
ehischen versöhnte, so auch mit der Aphroditischen,
welche mit jener die grösste innere Verwandtschaft
hatte. Wie die Thyiaden Delphi umschwärmten, so fand
auch Aphrodite unter dem bedeutunsgsvollen Namen
Harma daselbst Verehrung, und Apollon genoss da¬
für wieder einen ausgebreiteten Dienst auf Kypros,
griff sogar in den Kult der Göttin auf Kypros wie
za Lemnos ein als reinigender und sühnender Gott
von aphrodisischer Beflekkung. Auf dem hohen 0 ly m-
pos auf Kypros hatte man ihm ein Pierien und
einen Siz der Musen bereitet; und die Könige von
Kypros suchten durch besondere Aufmerksamkeiten,
welche sie dem Gotte erwiesen, ein Band zwischen
Paphos und Delphi zu schlingen. So hatte König
Euelthon*®) ein kostbares Räucherfass nach Delphi
geweiht, welches sich zu Herodots Zeiten im Schaz-
hause der Korinther befand, und der könig Nikokreon
' schenkt dem Gotte zu Delphi einen prächtigen Hirsch
36') Herodot 4, 162.
79
mit vier Geweihen*’). Nikokles bildete naca uI't?
Apollon auf einem Omphalos sizend auf einer be¬
kannten schönen Älönze ab. Dabei ist doch wol nur
an den Delphischen Omphalos gedacht, da der Pä-
phisebe für Apollon unpassend wäre. — Bedenken
müssen wir aber gegen die Aeusserung eines neuern
griechischen Geographen * *3 hegen, dass auf Kypros
in den ältsten Zeiten keine Todten hätten begraben
werden dürfen. So sehr eine solche Sitte auch mit
der Apollinischen Religion in Einklang steht, für die
Aphroditische würde sie nicht passen, da Aphrodite
Göttin des Lebens und des Todes ist. Vielleicht ist
es daher nur eine Verwechselung mit Delos. Dem
Apollon musste der Anblikk von Leichen verhasst sein,
und seine Insel rein von jeder Beflekkung bleiben.
Sehen wir uns nun danach um, welche griechi¬
sche Stämme es vorzugsweise waren, welche durch
Mythen nnd Kult auf die Gestaltung des kyprischen
Gottesdienstes einwirkten. Die zahlreichste griechi¬
sche Kolonie war die salaminisch- attische; Namen
aus der salaminisch-attischen Sagengeschichte
treffen wir daher mehrere Male auf Kypros wieder.
Dass ein grosser Theil dieser Mythen aber wirklich
dort heimisch gewesen sein muss, sehen wir aus den
Kyprien des Stasinos, wo diese im Vordergrund ste¬
hen, wie Achilles, der nahe Verwandte des Teukros.
In demselben Gedichte kommen demnächst lakedämo-
37) Ailian Thiergesch, 11, 40.
38) Meletios von Athen. Geographie. liyoMty dx/./jt},
Sn uvTtj ^ y^ooS tov nulatox tft iSiytto rä vtx^d dv^Qtömvn
CütfiuTtt, ulX otf« t&anTov yvxra rd Ifta rou
rdf'ov. Bei Meurs findet sich noch eine Erzählung aus Saxo lib.
12. , welche sich auf das Verbot Leichen daselbst zu begraben
bezieht.
80
nische Sagen vor, vor allen Helena, das irdische Ab¬
bild der Kypris selbst, und ihre Brüder, die Dioskti-
ren. Die Kultverbindungen, Avelche wir zwischen
Arg OS und Ar Radien einerseits und Kypros ander¬
seits finden werden, haben zuerst wol ihren Ursprung
in dem alten Naturkult dieser Länder. Im Kulte der
Aphrodite zu Kypros finden sich mehrere Male auf¬
fallende Uebereinstimnungen mit dem Argivischen.
Weil aber, wenn wir sie hier erwähnen wollten, eine
doppelte Anwendung nothwendig wäre, so gedenken
wir des argivischen Ursprungs kyprischer Kulte an
den bezüglichen Orten, und eine allgemeine Erinne¬
rung daran wird hier genügen. Von den arkadischen
und thebischen Kultbestandthteilen muss aber hier der
Teil vorweggenommen werden, welcher für die re¬
ligionsgeschichtliche Entwikkelung you Kypros von
Wichtigkeit geworden ist. Das Uebrige muss eben¬
falls für gelegentliche Bemerkungen anfbewahrt blei¬
ben. Unter den arkadischen Sagen ist uns nichts so
interessant, als die Sage von der Gründung des Aphro¬
ditenkultes Zu Paphos durch Agapenor. Schon in der
Geschichte des Landes ist darauf aufmerksam gemacht
worden, wie die Griechen, und wir werden es noch öf¬
ters sehen, des vorhandenen Sagenstotfes sich bemächtig¬
ten , und als ihren eigenen umgestalteten , um alle
Erinnerungen und Zeugen einer früheren nicht griechi¬
schen Zeit auf Kj'^pros zu vertilgen. Es giebt Wol
kein merkwürdigeres Beispiel hievon als das in Rede
stehende. Pausanias kennt sehr wohl die alte phö-
nikisch-kyprische Sage, welche ganz richtig die Pa-
phischen Tempel von Askalou herleitet; hier sagt er
aber, Agapenor sei auf seiner Bükkehr von Troja
39) Paus an. 8, 5,2 .'Jyani^pwQ — xaia^vtyxiv sls Kvnqo?'xal
näfov n'AyannPfäq ^y^Ptro ohiar^s, xm xancxcvtxOKm
81
mit seinen Ärkndern nach Kypros gesegelt, sei der
Gründer von Paphos, d. h. Neii-Paphos gewor¬
den, lind habe in Alt-Paphos das Heiligt hum
der Aphrodite errichtet^ bis dahin aberhabe
die Göttin bei den Kypriern nur Verehrung
in Golgoi genossen. Hier in dieser Sage wird
also den Pliönikiern nicht einmal mehr die Ehre der
Gründung des Aphroditetcmpels in Paphos gegönnt,
sondern der Arkader Agapenor muss ihn gründen ^
und den Kult entnehmen, nicht aus einer der andern
phönikischen Städte, sondern aus der Sikyonischen
Siedelung Golgoi, welches nach dieser Sage älter
als Neu-Paphos war, und den ältsten Aphrodi¬
tekult auf Kypros gehabt haben sollte; Auf wel¬
chem Grunde diese Sage von der Ueberführung des
Aphroditekultes von Golgoi nach Paphos beruhe,
lässt sich freilich nicht mehr ermitteln, aber unter den
rein griechischen Städten hegte Golgoi den bedeutend¬
sten Aphroditedienst, und ist überhaupt nach Paphos
und Amathus der liebste Wohnsiz der Göttin. Wie
kam Golgoi hierzu? Der hauptsächlichste Gottesdienst
seiner Mutterstadt Sikyon war der Kult der Aphro¬
dite, und in welcher erhabenen Bedeutung sie von
den Sikyoniern aufgefasst sein muss, sehen wir am
besten daraus, dass ihr Bild auf dem Haupte eine
Wel tkugel trug, in der einen Hand einen Mohnsten¬
gel, in der andern einen Apfel hielt“®}. Aus diesem
Grunde scheint es nicht unwahrscheinlich, dass mit
den Sikyoniern, deren Mythen auch in den Kyprien
Vorkommen, ein altgriechischer Aphroditekult nach dem
iv IIa)Mtndrfij} (so Böckh die Hdschr. tp nola IIuif'M) io J,fQo}>' tf-
w? (fi Tj d-tos nuqu KvTi(>imv njA.if.g ip Folyols xcflovjuipoj ym-
' 00). Vgl. Thl. 1 S. 140 ö. 225 ff.
40j Paus an. 2, 10, 4;
ir. B
82
kyprischen Golgoi gekommen ist, und dies die Ür-
Sache ward, dass diese Stadt neben Paplios und Ama-
thus eine so bedeutende Heiligkeit für die Aphrodite
erhielt, und man ihm vorzugsweise die Ehre gönnte
dem Kulte von Paphos im griechischen Sinne seine Ent¬
stehen«^ gegeben zu haben. Es soll damit aber keines-
weo-es^W werden, dass die Sikyonische Kolonie die
einzi«>*e”griechische Trägerin des Aphroditekulles nach
Kypi^s gewesen sei. Bei allen griechischen Ansied¬
lern, namentlich zwar den peloponnesischen, aber selbst
auch von der attisch -salaminischen Kolonie, musste
diese Gottheit als eine altheimische verehrt sein, nur
mochte die kyprisch- griechische Göttin nicht in so
en-e Beziehung mit andern als mit den Sikyoiiischen
Ansiedlern gesezt sein. Neben den Sikyoniern muss¬
ten aber die Arkader besonders die pelasgische Na-
tnrgottheit nach Kypros getragen haben, denn sonst
würde man dem Agapenor nicht die Grundimg des
Tempels in Alt-Paphos überlassen haben. Bie Ar¬
kader, wie sie am längsten pelasgisch blieben, hiel¬
ten auch die pelasgischen Kultvorstellungen am lang-
sen aufrecht, und auf Kypros konnten sie von ihrer
nur anderthalb Meilen von Alt-Paphos entfernten Grün¬
dung Nen-Paphos, welches auf eine enge Kultver¬
bindung mit der alten Stadt hinweist, auf Alt-Paplms
einwirkeii. Wo Golgoi lag, wissen wir leider nicht,
daher auch nicht, ob vielleicht ebenfalls seine Nahe
eine Einwirkung auf Alt-Paphos begünstigte. Nun
wäre es wünschenswerth gewesen zu wissen, ob diese
griechischen Einwirkungen auf den Aphroditekult zu
Paphos dazu beigetragen haben, dass gerade diese
Stadt an Heiligkeit und Bedeutung wuchs, nament-
lieh Amathns den Vorrang abgewann. Aber in An-
sehn müssen vorher schon die Tempel zu Paphos ge-
83
standen haben, sonst wäre den Griechen eine solche
Verherrlichung und Erhebung über Amathus schwer¬
lich gelungen. Sie bemächtigten sich ihrer aber. Es
ist sehr zu bedauern, dass wir gar keine Nachrich¬
ten darüber besizen, wie der Kult auf Kypros beschaf¬
fen war, als die Griechen dahin kamen; wie er uns
vorliegt, ist er ganz aus griechischem Geiste hervor¬
gegangen; allerdings mit orientalischen Bestandthei-
len. Kyprische und asiatische Griechen mussten es
aber vorzugsweise sein, welche die Aphrodite mit al¬
len Gaben der Liebenswürdigkeit ausstatteteii, welche
ihr die eigenthümliche Anmuth, IVeichheit, Zartheit,
die holdselige Freundlichkeit der Liebesgöttin ver¬
liehen. Nirgends hat sich die Phantasie und das schön-
heitstrunkene, dichterische Gemüth der Griechen so
bewährt, als in der Auffassung ihres Lieblingsgegea-
standes, ihres Schoosskindes, der Aphrodite.
Auf eine weitere Verbindung des kyprischen Kul¬
tes mit Arkadien weist die Nachricht hin, welche
wir bei Pausanias a. a. 0. lesen, dass von Kypros
aus der Athene-Alea in Tegea ein Peplos gesandt
worden sei, welche Schenkung man Agapenors Toch¬
ter Laodike zuschrieb, und so verkündigte es auch
die Inschrift:
AaodiY.11^ o8b nsTxXog' dvsS-ijxsv
IlatQiS' ig svqvxoqov Kvnqov dnö ^a^ejjg.
Hier ist Laodike Tochter des Agapenor und stellt von
ihrer neuen Heimat Kypros aus Kultverbindungen mit
! Arkadien her. Eine andere Sage * kehrt das Ver-
hältniss um, macht sie zu einer Tochter des Kinyras,
des kyprischen Königs, und verheirathet sie an den
König von Arkadien, Ela tos, Sohn des Arkas, wel-
41 j Apollodor 3, 9, 1.
6^
84
chem sie den Stymplialos und Pereus gebar, Wahr¬
scheinlich war sie die Tochter des Priamos aus den
troischen Mythen, durch und mit Akaraas, dessen
Geliebte sie war, nach Kypros gekommen. Bei den
Arkadischen Einwirkungen auf den phonikischen Kult
auf Kypros erinnern wir noch an die Verbindung,
in welche sich die Arkader nach einer andern Seite
hin mit dem phonikischen Kulte se/.ten. Durch Anchi-
ses und Aineias wird Arkadien dem Dienste aufEiyx
nahe gebracht, und nimmt Theil an der Hellenisiiung
des dortigen Kultes, wenn anders der Aphroditekult
auf dem Eryx wirklich phönikisch seinem Ursprung
nach war. Umgekehrt geht Psophis, die Tochter des
Eryx, wieder nach Arkadien, um den Kult der Aphro¬
dite vom Eryx dort zu begründen.
Demnächst hat Kypros in Griechenland noch alte
Kultverbindung mit Boiotien und Theben insbe¬
sondere. In Teumessos befand sich ein Tempel
der Athena-Telchinia: kyprische Teichinen soll¬
ten nach Boiotien gekommen sein, und diesen Tem¬
pel gegründet haben Mit dem alten Thebischen
Kulte bestand eine Verbindung dadurch, dass das Hai s-
band, welches, von Hephaistos verfertigt, Aphrodite
der Harmonia am Tage ihrer Vermälung mit Kadmos
geschenkt haben sollte, nicht in Delphi, wie eine Er¬
zählung sagte, sondern zu Amathus, im Tempel der
Aphrodite und des Adonis, niedergelegt w^orden sei
Es besass die Eigenschaft, welche ihm sein Verfer-
42) Paus an. 9, 19, 1.
43) Paus an. 9, 41, 2. Seine Zweifel gegen die Aechtheit
des kyprischen Halsband sind aus sehr unwesentlichen Dingen
hergenomroen. Homer nenne den Schmulck der Eriphyle ganz
von Gold, im kyprischen hätten sich aber noch kostbare Steine
befunden.
85
figer, wie die Sage erzählt, aus Hass gegen Har¬
monia, das Kind seiner Gemalin, vom Ares gegeben
hatte, jeden, der es trug, unglükklich zu machen. Po-
lyneikes entwandte es aus Theben; schenkte es in
Argos der Eryphüe, und bewirkte dadurch den Zug
der Argiver gegen Theben. Nachdem dies Band so
viel Unheil in den Familien zu Theben und Argos
augestiftet, kehrt es endlich, nachdem die Versöhnung
geschehen, zur Urheberin zurük, indem es in ihrem
Tempel, wenn auch nicht zu Theben, so doch auf Ky-
pros , und hier nicht in dem neuen, sondern in dem
ältsten Heiligthum zn Amathus, aufgehängt wird. Ich
glaube, dass diese Sage von der Anwesenheit des be¬
rüchtigten Halsbandes in Amathus in Beziehung
auf Annäherung der kyprischen Zustände an die hei¬
matlich griechische nicht gering anzuschlagen ist. Araa-
thus hatte zur Zeit der griechischen Kolonien durch
Agamemnon und seine Begleiter Archiver, so wie
Kurion erhalten, und die alte Herrschaft war durch
sie zerstört worden; man wird daher die Ueberfüh-
rung der Sage vom Halsbande der Harmonia ledig¬
lich auf die kyprischen Archiver bringen können. Aber
dies erklärt nur noch nicht die übrige boiotische Ver¬
bindung von Kypros, die kyprische Athene- Telchinia
in Teumessos. Kypros muss daher in den ältsten Zei¬
ten noch anderweitig mit Boiotien in Verbindung ge¬
standen haben, die sich aber nicht mehr nachweisen
lässt, und durch welche möglicher Weise ebenfalls
noch alte kosmogonische Anschauungen und Mythen
der Aphrodite von Theben nach Kypros kamen. So
ist in den kyprischen Adonismysterien Ares der recht¬
mässige Gemal der Aphrodite wie in Theben, welcher
den Buhlen Adonis verfolgt. In den Aphrodisien war
vermuthlich der dodonäische Zeus rechtmässiger Ge-
mal, Hephaistos aber wahrscheinlich nach keiner ky-
prischen Mysterienlehre. Eine mehr direkte Verbin-
bindung Thebens mit Kypros könnte höchstens nur
durch Teumessos eröffnet gewesen sein, welches in
sehr frühen Zeiten in Verbindung mit östlichen Ge¬
genden stand **). Auffallende Uebereinstimmungen
zwischen Theben und Kypros, und zugleich die ent¬
schiedenste Gewissheit, dass schon in den frühsten
Zeiten pelasgische Vorstellungen von den Gottheiten
nach Kypros gekommen, erhalten wir dadurch, dass
wir auf Kypros die uralten dodonäischen Kultnamen
wieder entdekken. Das Heiligthum des Zeus xu Do-
dona hiess bekanntlich 'E'kXd, ellol und die Be¬
wohner der Umgegend und die Zeuspriester, die Ge¬
gend '‘Ellonia'^ daher heisst nun bei den Dorern der
alte Hephaistos, welcher gleich Zeus ist, ^Ekadg, Zeus
in Theben aber ^Elaiovg und ElXijztog,
nach Phavorin auch ElX’^tiog der alte pelasgisch-
kyprische Zeus, seine alte Opferstätte auf dem Eilande
- führte den Namen sXa&vßag. Dieser alte Naturzeus
stand aber nicht allein da, sondern auch seine Gema-
lin Hera, welche der Aphrodite gleich ist, heisst auf
Kypros unter welchem Namen sie weiter nicht
vorkommt, aber sicher nach pelasg.is eher Vorstel¬
lung die Zeusgemalin ist. — Es wird sich schwer
nach weisen lassen, an welchem Stamm der kyprischen
Griechen diese Begriffe so hafteten, dass sie durch
dieselben nach dem Eilande hinttbergeführt wurden,
aber sehr wichtig ist dies Götterpaar für das Vor¬
handensein altgriechischer Vorstellungen auf Kypros
und fällt wol im Wesentlichen zusammen mit dem
44> Welker Kretische Kolonie S. 22.
45) Hesychios u. d, W. ihkt,.
87
Paare Zeus und der dodonäisch-kyprischen Aphro¬
dite, welche auf Kypros die Ehe eingehen.
Wichtig für die kyprische Mythologie wird, seit¬
dem Aegypten den Fremden geöffnet wurde, Griechen
und ihnen verwandte Völker dorthin kamen, auch
der Verkehr von Kypros mit diesem Lande. Nach
einer Erzählung von Athenaios * welche aus einer
Schrift über die Aphrodite, von einem Bürger von
Naukratis verfasst, genommen ist, scheint es so, als
w'enn der dortige Aphroditekult von Paphos abgelei¬
tet worden sei. Wahrscheinlich hatten aber die Nau-
kratiten den Kult schon gleich bei der Ansiedlung
von der Mutterstadt Milet empfangen, und sezten sieh
jezt nur in nähere Verbindung mit Paphos selbst; ein
Bürger nämlich von Naukratis, Namens Herostratos,
und Handelsmann, brachte von Paphos ein Bild der
Aphrodite mitT^und bängte es im Tempel der Göttin
in seiner Vaterstadt auf. Aehnliche engere Verbin¬
dungen mit Paphos mögen öfters vorgekommen sein ;
wenigstens finden wir in Sardes und Pergamum eben¬
falls die Pap hi sehe Aphrodite, wie sie ausdrükk-
lich zubenannt ist, und den Paphischen Tempel auf
den Münzen dieser Städte.
Bei der Unterwerfung von Kypros unter ägyp¬
tische Oberhoheit wird Amasis, da er sich sehr an¬
gelegen sein liess, die Kyprier an Aegypten zu fes¬
seln, und Bewohner gegenseitig austauschte, es nicht
unterlassen haben, auch ägyptischen Gottheiten auf
Kypros Eingang zu verschaffen. Wie weit dies ge¬
gangen ist, wissen wir nicht, indess konnte durch
Zwang hier noch nicht viel erreicht werden, da Ky¬
pros für dies Mal nicht lange unter ägyptischer Herr-
46) Athen. 15, 461.
H8
Schaft blieb. Anders wurde es zur Zeit der Plole-
inaeer, in welcher Kypris ein Bestandtheil des Ale-
xandrinischen Staates wurde. Hier musste es sehr
im Interesse der Herrscher liegen, dass auch die ägy[)-
tischen Gottheiten mit den kyprischen verbunden, und
wo möglich, wenigstens an einzelnen Orten, einge¬
führt wurden. So wurde Isis neben der Aphrodite
in Soli laut Strabon verehrt und Osiris wie Adonis
zu Amathus, wie Stephanos von Byzanz berichtet.
Merkwürdig ist das Benehmen des Königs Nikokreon
gegen den Serapis, und die Antwort des Gottes.
Ob Nikokreon vielleicht vom ersten l’tolemaios genö-
thigt worden w'ar den Dienst des Serapis aufzuneh¬
men, darüber erfahren wir nichts, doch scheint es fast
so, denn man sieht sonst nicht ein, w'eshalb er, da er
von religiösen Zweifeln und Gewissenhaftigkeit beküm¬
mert ist, den Gott fragen lässt, wer er sei. Dieser
antwortet ihm “ ’ ) :
EifMi -d^sög zoiögös ixad^sTv olov xäyon tiToa
ovQdwog xuG^og, xscpalri yaor^Q 6a x}-d?MGGaVj
Tata 6s not, 7iö6sg slol zd d^ovaz sv aiOsqi KtZzai,
Zij^avyagj XajjiTtqdv (fdog ^sXioto.
Serapis war ursprünglich ein blosser Beiname des
Osiris; und bezeichnete den Osiris als Todtengott. Zur
Zeit der Ptolemaeer kam Serapis als ein eigner Kult
auf, nachdem eine aus dem Pontos geholte Gottheit
mit dem Serapis verschmolzen war^®). An jene neue
Gottheit ist hier wol noch nicht zu denken, sondern
einfach der Osiris unter diesem Serapis zu versteheUj,
47) Macrobius Saturnal. 1, 20. Serapis — oratus a Ni-
cocreonte Cypriorum rege, quis deorum haberetur, bis versibus
sollicitam religionem regis instriixit.
48) Tacitus Histor, 4, 83. 84. üeber die Verbreitung des
Serapiskultes. Böckh Corp. Inscr. Gr. 1 S. 162,
8§
wie auch des Makrobius Zusammenstellung dieses
CJottes mit der Isis zeigt, und diesen muss Nikokreoni
auf irgend eine Weise genöthigt worden sein anzu¬
nehmen.
Das schon ziemlich früh sehr beliebte Thema der
Griechen, den ägyptischen Busiris in ihre Sagen und
Märchen hineinzuziehen, und den Herakles ihn be¬
zwingen zu lassen, eine Erzählung, die schon Hero-
dot mit grossem Eifer widerlegt *®), hatte auch Ver¬
anlassung gegeben Kypros in die Busirissagen hinein¬
zuziehen. Wie Diodor berichtet, war es Sitte ge¬
wesen am Grabe des Osiris Menschen von röthlicher
Farbe aus den benachbarten Gegenden zu schlachten,
und dadurch die Sage von der Grausamkeit des Men¬
schen Würgers Busiris, welches in der Landessprache
so viel als Grab des Osiris bedeutet habe, ent¬
standen. Aber Herodot hatte schon lange vorher eine
solche Erklärungsart verworfen, weil die Aegypter
me geopfert hätten. Aegypten war das allgemeine
Fabelland der Griechen und aller alten Völker; je we¬
niger man von diesem fremdenscheuen Volke wusste
desto wunderbarer und seltsamer wurden die Fabeln
von ihm. Die Gerüchte und Mährchen von der üblen
Behandlung, welcher die Fremden in Aegypten bis
vor Psammetich ausgesezt waren, haben die Sagen
von der Mordung der Fremden veranlasst, eine Sitte,
welche man zunächst an den Osiris knüpfte, denn der
Name Busiris ist daraus entstanden, indem die Grie¬
chen den Namen des Gottes mit dem Artikel, Pe-
Osiris, hörten. Diesen Namen erfuhren die Griechen
an den Küsten, während ihnen noch das innere ei¬
gentliche Aegypten verschlossen war, vor dem sie '
49) Herod. 2, 45. — Diodor 4, 88.
90
noch wie vor einem wildfremden, sonderbaren Lande
ein geheimes Grauen empfanden“). Die Weise und
den Werth der kyprischen Fabeldichter haben wir
oben kennen gelernt“). Nachdem man sich in Grie¬
chenland einen König Busiris gefabelt, welcher auf
den Rath herbeigerufener griechischer Wahrsager
Menschenopfer eingesez-t hatte, um den Zeus zu re¬
gelmässiger Spendung eines fruchtbaren Jahres zu be¬
wegen, dann aber den Heracles hineingemischt hatte,
welcher als Fremder vom Busiris geopfert werden
sollte, statt dessen aber den Busiris selbst urabrachte,
knüpften auch die Kyprier ihre Erzählungen an die
Busirisfabel an. Ein kyprischer Priester Thrasios,
oder wahrscheinlich richtiger, wie Apollodor sagt, P h r a-
sios, d. h. Sprecher, Wahrsager, Priester, sei nach
gekommen und habe dem Busiiis gerathen,
die Menschenopfer einzuführen, um Zeus zu versöh¬
nen, und Busiris habe auch zugleich mit ihm selbst
den’ Anfang gemacht“)- Wan führte hierdurch die
Fremdenopfer, welche nach einer andern Sage Teu-
kros auf Kypros eingeführt hatte, nach Aegypten und
knüpfte gewiss noch alte Kultverbindungen mit dem
gO) Otfr. Müller Prolegomena %. Mythpl. S. 174.
51) iTO ersten Theile ist gesagt, wahrscheinlich seiPoJyhra-
tes Urheber jener Wendung der Sage, welche die Fremdenopfer
vom kvprischen Wahrsager herleite. Isekrates sagt, Polykrates
habe gedichtet, um den Busiris zu rechtfertigen, Busins habe
die Fremden gefressen, dies liegt in den Worten Hygins. nicht,
und daher ist jene Annahme falsch.
62) Hygin Fab. 56. ln Aegypto apud Busiridem cum es¬
set sterilitas et Aegyptus annis novem siccitate exaruisset , ex
Graeda augu’res convocavit. Thasius (Thrasius) Pygmalionis fra-
tris (Vatis. Heins.) Busiridi monstravLt, immolato hospite, ventu.
ros imbres, promissisque fidem ipse immolatus exhibuit. Apol-
lodor2,5,ll. Servius?.Aeij. 8,300. Ovid Ars amandi 1,649.
zum Wunderlande und zur Heimat selbst der Kia-
dermärchen gewordenen Aegypten an. Phrasios ist
in diesem Berichte des Hygin entweder ein Verwand--
ter des mythischen Königs Pygmalion, oder, wie eine
andere Lesart sagt, Priester des Pygmalion, d. h. der
Aphrodite. Nach einer andern Darstellung der Sage
sollte Pygmalion selbst dem Busiris dies Fremdenop-
fer gerathen haben’*), und der zuerst Geopferte heisst
nicht ein Kyprier, sondern bloss ein Fremder Namens
Thyestes.
Wann der wirkliche Anfang ägyptischen Einflus¬
ses auf Kypros zu sezen ist, haben wir vorher ange¬
deutet. Bedeutend scheint er aber nie gewesen zu sein,
denn wir finden nur die beiden Gottheiten Isis und
Osiris und jede von diesen nur an einem Orte auf Ky¬
pros, und für jede wieder nur ein Zeugniss. Sie wa¬
ren dort dem Kult der beiden hauptsächlichsten Gott¬
heiten der Aphrodite und dem Adonis verbunden. Die
Rükkwirkungen , welche Aegypten von Kypros em¬
pfing, scheinen sich zuerst nur in den griechischen
Städten auf die Aphrodite beschränkt zu haben. Un¬
ter den ersten Ptolemäern aber bekamen die Adonisfeste
zu Alexandrien die glänzendste Aufnahme. Diese
beiden Gottheiten d. h. Aphrodite und Adonis sind
wahrscheinlich auch unter den kyprischen Gott¬
heiten zu verstehen, welche Antiochos Soter in das
neuerb.aute Antiochien einführte **3*
Ungeachtet sich das Christenthum auf Kypros schon
53) JuniusPhilargyriusz. Virg. Georg. 3,5. Busiris Ae-
gypti rex Omnibus annis Jovi hospites immolavit. Nam perocto
annos sterilitate Aegypto laborante, Pygmalion Cyprius finem fu¬
turum non seit, nisi sanguine hospitis litatum fuisset. Primus
autem Thyestes alienigena immolatus originem sacrificiis dedit.
54) Libanios 1 S, 307. Reiske.
92
gehr früh und stark verbreitete, so war doch der
Glaube an die Aphrodite und ihre Herrschaft />u tief
o-ewurzelt, als dass sie sich hätten leicht vertilgen
hissen. Wir haben gesehen, wie vieler Spenden
die Paphischen Tempel von den römischen Kaisern
sich Jahrhunderte hindurch /-u erfreuen hatten. Der
Kult von Paphos stand noch in voller Blüthe, und das
Orakel befestigte sein altes Ansehn , seitdem 1 itus
Vespasian sich von dorther Rath erholte, und die > or-
bedeutungen der Eingeweide der Schlachtopfer und
die Auskunft des hohen Priesters Sostratos, sei
es durch Zufall, sei es durch Verabredung, seinen
W’^ünschen gemäss gefunden hatte. Auch ward au
jenem schimmervollen Tage, an welchem unter Ti-
berius der Senat die Rechte der ZuHuchtsörter , die
Ansprüche der Völker und Städte auf Heiligkeit und
Unverle/dichkeit. die Wohlthateii der Ahnen, die An¬
sprüche der Verbündeten, dieBeschlüsse der Könige und
die Religionsgebüren der Gottheiten untersuchte und
entschied, de”n Kypriern, ihrer Tempel zu Salamis,
Amathus und besonders Paphos wegen, das Recht der
Zuiluchtsörter zuerkannt ^ ® 3*
Allein die innere Kraft der eigenthüralichen re¬
ligiösen Herrschaft Avar vermuthlich schon seit den
Zeiten der Ptolemäer gelähmt worden, als unter die¬
sen das Erzpriesterthum des Landes mit in den Ge¬
schäftskreis des militärischen Statthalters übergegan¬
gen war. Völlens musste erst der Verfall bcAvirkt
werden, seitdem dasselbe Amt als ein Gnadengeschenk
und einträgliche Versorgung an römische Grosse über¬
lassen wurde. Doch ist es wol nur eine rhetorische
1 S. 130. 39 ff.
B6) Tacitus Hist. 4. J. v. Haramer-Purgstall Topograph.
Ansichten u. s. w. S. 135.
93
Phrase, mit welcher Apiilejiis denVerfnll iles P.l-
phischen Tempels schon zu seinerzeit schildert, nnd
die ihm des beabsichtijo-ten Ellektes wegen nachge¬
sehen werden muss. Wunderbarer Weise sind die
kyprischen Mysterien der Aphrodile noch in die äl¬
tere Geschichte von Augsburg verflochten, wohin sie
die kyprische Hilaria, die Mutter der bekannten Augs-
burgischen Heiligen Afra gebracht haben sollte; al>*
lein wol nur den unzüchtigen Thcil derselben, wie
der Name und Ruf der beiden Heiligen zur Genüge
darthut ® ®).
57) Apiilejus Metam. 4^ S. 155. Paphum nemo, Cnidurri
nemo^ ac ne ipsa quidem Cjthera, ad conspectum Veneris navi-
gabant. Sacra deae deseruntur, cerimoniae negligimtur, templa
deforraantur, pulvinaria proteruntur : incoronata simulacra et araö
viduae frigido cinere foedatae.
58 i Conversio et Passio S.S- 3Iartyrum Afrae, Hilariae u.
s.w. quae . . . Augustae Vindelicorum passae sunt, cum commen-
tario Marci Velseri Venedig 1591 heisst es fol. 66: Hilaria, die
Mutter der Afra, respondit parentes mei genere Cyprii fuerunt,
et inde venerunt cum sacris Veneris. Dazu macht Velser fol.
21b die Anm. Cum Veneri diversis locis aliis institutis sacra
fierent, Cypricum cultum tum primum Augustam appulisse intel-
ligendum est. So bei Münter Relig. der Karthager S. 114 und
Reinhard 1, 77.
1
9i
SEWEXTER ABSCHirzW«
K i n y r a s.
KtXa^foimt fxtv ä/urft KivvQttv noXkdxn
tf ufiui, KvTiQloiv, TW 0 xQvaox’aiT« nQo(f^6vM? ItjlXna' 'AnöUMVt
ItQifi xiüot' ’Af^odirai: dyet dt /«pK noiyifios dyit i^yuty
hm^ofitva.
Die Gesänge der Kyprier preisen vielfältig den
Kinyras, welchen der göldgelokkte Apollon von Her¬
zen liebte, ihn, den zartgepflegten Priester Aphrodi*
tes, singt Pindar und wiederum manches wird vom
Kinyras auf mancherlei Weise erzählt *). In der That
hat sich um den Kinyras ein Sagengewirr gezogen, wie
vielleicht um wenig andere Wesen der griechischen My¬
thenwelt und doch müssen wir annehmen, dass uns nur
das Wenigste von ihm aufbehalten ist. Aber es erforderte
auch nirgends die Eigenthümlichkeit der V erhältnisse
eine solche Verflechtung des Verschiedenartigsten, um
die Einheit eines Wesens herzustellen, welches den
Zuständen auf Kyprosj seiner Verschmelzung entge-
1) Pindar Pyth. 2, 15. Scholiast: yoqtwvci, fiiy roP
KtyvQay nokXdxiS ol räy KvnQlojy vfiyot, hyiiva h xq^oxoim^ ny^nri-
aty ^AnöXlay ItQta xat ovyTQofoy xai evy^&tj t^S ’Aq^o-
Sltt]S oyra.
2) Pindar Netil. 8, 16.
vvy rot- ffivnvd-ik olßo; dyS-Qionoyn nuQ fiovdn^oSi
oentq xat Kwiquv (ßquss nXoir^ noyrlcc iy Kvnqa.
iaTit/utti, nooai xovqois, dfinyttov w nqiy rs f/c/ter.
mild ydq nolla Ultxxat,' veaqd diitvqövta cTojutr ßmdyM
is fltyxo^ xiydvPos' oipoP dt löyoi (pHoyfqdiciP.
Scholiastj noUd ovv (fnoi mql rov KiPvqov xrcmßtßlriyTai. icvaqiay
xai dmfoqah *0 aPanPia» nq'ip iinslp. — l/xt pvp, qr^ai,, xoipoloyij-
mt mql Tou KiPvqov nuqwcapra td xoipSs UxToqovfteya xiydvyo)die
iffruk ibP ydq n xaiPovqym, unied-tjöofKxt,
95
gengesezter Volksthömllchkeiten, der Vermittelung der
Mythen so vieler Stämme, den priesterlich- königli¬
chen Einrichtungen des Landes genügend, den höch¬
sten Gegenstand der kypiischen Sagen bilden sollte-
Der Priester der Gottheit wird im Kinyras zum He¬
ros des Landes erhoben, diese beiden Seiten sind es,
welche wir an dem Gegenstände gegenwärtiger üu-
tersuchungen besonders erkennen müssen, wenn wir
zum Verständniss des Ganzen gelangen wollen.
Kinyras war also nach Pindar ein im zarten'
Alter gepüegter Priester der Aphrodite, worunter wir
uns wahrscheinlich ursprünglich nur einen Opferkna¬
ben und Tempel wart der Göttin zu denken haben.
Ein solcher kommt schon beim Hesychios vor 3) 5 nur
ist es bei diesem Phaelhon, welchen die Kypris noch
als tändelndes Kind raubte, und zum nächtlichen Hü¬
ter ihres Tempels machte. Ein ganz ähnlich zu fas¬
sender Priesterknabe ist auch Amarakos, welchen
die Sage zu einem königlichen Knaben, der Salben
trägt, macht uud wieder einen Sohn oder Diener des
Kinyras nennt, ungeachtet er in dieser Beziehung mit
ihm nur ein Wesen ist. Dieser Opferknabe Kinyras
wird nun von der Göttin selbst in ihrem Tempel gc-
pilegt, ähnlich wie in den attischen Mythen der klei¬
nen Erichthonios von der Athene*), welcher als ihr
Beisizer, In einem ähnlichen Verhältnisse
zu seiner Gattin steht, wie Kinyras zur Aphrodite.
Einem Opferknaben, welcher den Dienst der Göttin
vollzieht, muss sie natürlicher Weise wieder ihr Wohl¬
wollen erzeigen, und Kinyras erscheint als ihr Lieb¬
ling, dem sie zu Gefallen lebt, als ihr Genosse
3) H e s i 0 d 0 s Theogon. 989.
4) Homer II. 2, 548.
96
lind Freund, welcher stets in ihrem Sinne handelt^
ist sogar ihr G eliebter, wie Adonis. Anchises, Phae-
thon =). Daher ist er aber auch schön, wie es ei¬
nem Diener der Kypris ge/deral ®). Das ganze Al¬
terthum bewunderte die Schönheit des Kinyras ^).
Lukian ®) stellt den Kinyras mit Sardanapal und dem
Dichter Agathon zusammen, als einen schönen, weich¬
lichen, zierlichen j von Salben glänzenden und ge-
puzten Menschen. ^
Wo ein erbliches Priesterthum ist, stellt die Sag6
einen Ahnherrn auf, welcher den Kult der Gottheit
begründet, seinen Nachkommen den Dienst der Gott¬
heit gelehrt und ihnen die Würde vererbt hat. Ganz
derselbe Fall, den Avir zu Eleusis mit Eumolpos und
den Eumolpiden haben, den Eteobutaden im Dienste
der Athena Polias, den Androkliden zu Ephesos, den
Teukriden zu Olbe in Kilikien u. s. w.j kehrt auf
Kypros und zwar zu Paphos, dem Hauptsize der
Aphrodite, mit Kinyras und den Kinyraden wieder.
Wie Eumolpos die Mysterien der Demeter gelehrt
hatte, Dardanos die der Göttermutter, Eetion die sa-
mothrakischen , Midas die phrygischen u. s. w. , so
führte Kinyras ^ ) die nächtlichen Orgien der Aphro-
5) Klemens v. Alex. Protr. S. 28. Kratinos bei Athen
69. ^ T t.
6) Apollonides in d. Anthol. 2 S. 18 Nr. 9. Fr. Jacobs.
mifxads r'ov Kivvquv 6 nulat ? ’l^QvyaS *
ßvv dt Jtoiv, fjfjiH? xdUßg cuißofjf&a,
xtqzaqidri nt^lßMTi U. s. w. ^ ^
7) Hygin. Fab. 270 stellt den Kinyras seiner Schönheit
Wegen neben Jasion, den Geliebten der Demeter, neben den An¬
chises, Paris, Kephalos, Tithonos, Achilles u. s. w.
8) Lukian Rednerschale Kal. 11.
9) Dies drükken die Kirchenschriftsteller auf ihre Weise
BUS. Klemens v. Alex. Protr. S.12 cvydqiu 6 Kmqws 6 vrf-
97
dite ein. Das gesamte Priestertlium einer Gottheit
personiüzirt sich in dem einen Wesen, welches zum
Ahnherrn der Priesterschaft erhoben worden ist, und
alle die Beziehungen, welche die Priester, den Tem¬
pel und Kult der Gottheit angehn, werden auf die
eine Person zuriikkbezogen. Beim Kinyras ist es vor
allen Dingen der Reichth um, welcher an ihm her¬
vorgehoben nnd gepriesen wird. VYie es in Phry-
gien eine ähnliche Priesterschaft mit königlicher Macht
war, welche sich im Besiz eines ausgedehnten Tem¬
pelgebietes befand, so scheinen auch auf Kypros ähn¬
liche Verhältnisse bestanden zu haben. Wie weit eine
solche Einrichtung in den übrigen kyprischen Städten
statt fand, wissen wir nicht anzugeben, aber in Pa-
phos muss der ganze Länderbesiz der Stadt der Göt¬
tin geweiht und zu eigen gewesen sein, dessen Er¬
trag den Tempeln der Priesterschaft zufloss, da die
höchste und einzige Gewalt bei derselben stand. Von
den übrigen Verfassungen näherte sich die von Ama-
thus am meisten der paphischen, wie aber sich hier
die priesterliche Gewalt mit der königlichen ausglich,
wissen wir nicht, ln den andern Staaten befand sich
die äussere Macht entschieden in den Händen der Kö¬
nige, die vielleicht einen Theil an den Opferhandlun-
lurigen hatten, und zur Ausstattung der Feste das Ih¬
rige beitrugen: in eigentlich kirchlichen Dingen war
iTtwryj? KivvQfc? nüQamlea itor' «»>, tu mql trjp 'ArfQodityjv (layXmvxa
DQyiu i/. pvxTng naoadoupui rok/uriffus , (fdonfiov/ufPoS S-eiaGat
j nÖQPtjP no/Jnd'u, Arnobius 4,25. Quis a rege Cyprio, ciyus no-
I men Cinyras est, dictam tneretriculam Venerem, divorum in nu-
mero consecratara. Firmicus de errore prof. fei. S. 264 Hie-
I ron. Commelin. Audio Cyniram Cyprium templum amicae mere-
! tricae donasse, ei erat Venus nomen. -- Oefter heisst Aphrodite
Kipvqa rflkrj. Vgl. Klemens im Protr. S. 16 u. Theodoret.
II. 7
!
98
die Priesterschaft gewiss von den Königen unabhän¬
gig, aber dem Erzpriester des Landes unterworfen.
Zur^ Erhaltung der Tempel und Bestreitung der Be¬
dürfnisse des Kultes wird ihnen aber auch hier ein
Tempelgut nicht gefehlt haben. Dass die Göttin sonst
noch regelmässige Einkünfte gehabt habe, lässt sich
zwar vermuthen , aber nicht mit Bestimmtheit ange¬
ben. Der grösste Reichthum floss aus den frei¬
willigen Spenden, welche Privatleute und Fürsten
wetteifernd namentlich dem Tempel zu Paphos zukom¬
men Hessen, um sich des Wohlwollens der Göttin zu
versichern, oder politischer Zwekke halber, um da¬
durch dem Lande zu schmeicheln und seine Bewoh¬
ner sich geneigt zu machen. Dies war namentlich
bei Amasis der Fall * “ ). Dadurch konnte die zahl¬
reiche Priesterschaft erhalten, die Pracht und der Glanz
der Feste bestritten, und dabei immer noch ein gro¬
sser Tempelschaz gesammelt werden. Dieser dauerte
selbst noch in spätem Zeiten fort, lokkte die Römer
herbei, welche das paphische Priesterthum an römische
Grosse als besondere Vergünstigung übertrugen. Kato
hatte geglaubt, dass Ptolemaios für den Verlust sei¬
nes Königreiches durch die Schenkung der Erzprie¬
sterwörde von Kypros hinreichend würde entschädigt
werden.
Dieser Reich thum des Paphischen Tempels wird
auf seine Inhaber, die Priester, übertragen, und von
diesen auf den Ahnherren, von welchem beide Theile
dem Glauben nach abstammten, Tempel und Priester.
So war der Reichthum des Kinyras , welcher darum
10) Diodor 1,68 Amasis xal nolXa tmp Uqmv hödfirii^iv ava-
Tacitus Histor. 2. 4 spectata opulentia donis-
que regum zu Paphos nämlich. Vgl. Paus an. 8, 24,. 3.
99
^äTrXovTog heisst^ zum Sprüchwort geworden ’ ‘ ) wie
der Reichthum des Lydischen Gyges’*). Am mei¬
sten wird aber Kinyras mit dem rHidas zusammenge¬
stellt'*): eine Vergleichung, welche um so natürli¬
cher ist, als Kinyras wirklich mit dem Midas in sehr
vielen Stükken übereintrifft, und in der der lydisch-
phrygischen nachgebildeten paphischen Priesterherr¬
schaft trägt Kinyras fast ganz dieselbe Bedeutung,
wie Midas in jener. Midas hatte seine Residenz in
Pessinus, wo er der Kybele einen prächtigen Tempel
erbaute und ihre Festgebräuche ordnete'*)^ dasselbe
that Kinyras der Aphrodite in Paphos. Wie die phry-
gischen und lydischen Tempel dieselben Quellen des
11) Suidas berichtet über KinjTas u. d. W. ^aQ&at'dnalos
Kivi-qa? u. xamyrjqdaais TiB-mvov: Kwvqas nXovra (fucfftq(ai>. Pro¬
verb. e Vatic. Cent. 3,90. Apostol. 19, 40. Vgl. P in dar Nem.
8, 18 in Anm. 2. Julians Br. 69. S. 446. no TiO^mvov ßaqvn-
qovTf y.ul Tov Kn'uqov nXovamrsoov , xai tov JEaq^apandlov rQvrfSQcS-
itqop. Vgl. Leutsch u. S chn ei de win Paroemiogr. gr. 1 S. 316
Diogen. 8, 5.3. Tov Mida nlovwv, xai KqoLüov xai Kvv^qov {Ki-
vÖqov^ : iv vTXfqßoi.tj ravTU. — - Leutsch das. Ta Kiviqov rdkavia
Apostol. 18, 93. Arsen. 441. das. Macarius: xarayi^Qdcai? Kivv-
qov 7ii.ovaiiüTiqov, Liban. Gr. 417. vno aot fxixQa xtqdaivstv tj töv
Kivvqcer' hiqom ßoüi.oii’ uv naqfld-tlv, ebend. 487. rtfioiv df|e-
TUi uv ytvia9-ai fiuklov tj (lij nfiöjv Kivvqas. Ebend. 1217 xai
yuQ 6 IlaxTookcS uvtoj fuxqov xai tu Kivvqov xai td Foyot),
12) Herodot 1, 12. Strabon 14, 680. Leonidas v.Ta-
rent. in Jacobs Delect. Anthol. 8, 10. Libanios Br. 50. dä
de Tvöv röyov /qri^droov ^füv', el fieiXoifiev ixdarq» doiaeiv ßovXofeevoiP
laßelv. Vgl. Manuel Palaiologus in Boisson. Anekd. 2,299.
13) Platons Geseze 2 S. 51. idv cT« dqa nXovrp /uev Kivvga
re xai Mida fiuXXov, y de udixog udXtog ilmi xai äveaqäs 0. Tyr-
taios 9, 6. nXomoltj de Mideo) xae Kivvqao nXeov. Theodulos
Magistros in Boisson. Anekd. 2, 212. Klemens v. Alex.
I Paidag. 3, 6 S. 233 Sylb. — Dion Chrysostomus Rede 8
stellt Kinyras und Jason wegen ihrer Reichthümer zusammen.
14) D io do r 3, 5.
T*
100
Reichthums hatten, so wurde auch-^er Reichthum der
Tempel auf die beiderseitigen Begründer des Kultes
übertragen. Der Unterschied hat sich aber zwischen
beiden durch Sage und Dichtung erzeugt, dass das
Bild des reichen Herrschers illidas durch unverstän¬
dige Goldsucht entstellt wird, während Kinyras mit
Weisheit und Verstand Herr seiner Schäze bleibt.
Dieser Reichthum ist dem Kinyras auch durch eine
besondere Gottgefälligkeit, durch Zuneigung und Be¬
vorzugung der Aphrodite geworden, weil er in gött¬
lichem Sinne gelebt und gewirkt hat' *3- Daher be¬
zeichnet Pindar a. a. 0. den Kinyras als ein Gegen¬
bild des Ixion und hält ihn dem Hieron vor Augen,
um diesem. das Beispiel eines milden, durch das Wohl¬
wollen der Götter begünstigten und glükklichen Man¬
nes vorziiführen 5 wie Kinyras sich die Liebe der Aphio—
dite erwarb, weil er in ihrem Geiste handelte, so solle
er für Demeter und Rora wirken, deren Priester er
war. Als einen reichen und glükklichen Herrscher
stellt Pindar den Kinyras auf, mehr mag er von ihm
aus Furcht vor den Neidern nicht sagen.
Von Kinyras als ihrem Ahnherrn leitete sich die
gesamte Priesterschaft nicht nur in Paphos, sondern
auch inAmathus, die Kiny raden, her’®).
Aus dieser Gleichnamigkeit beider erblichen Priester-
schaften müssen wir auf eine Verwandschaft schlie-
sen, und, wenn, wie es doch scheint, Amathus die äl-
15) Pindar Nem. 8, 16. Scho Hast: cs yvdfiji &(o'v.
q.tjm’, ilßos Tißg €tu»Qüinoig i^uq.vTtv»els xal do9sk fioviuoinQoe kw.
Sang Ußos inloinas xal ddal^uova ntnol>ies tw nkovro) nv Kwüqav
iv TJj vnßm. ^ ^ ^ ^
.16) Schol. Find Pyth. 2, 15. o dl Kwvqag ovrog tenv, aep
oi iv Kvnqfa Kimgädai, »hÖ ävdQcovro, Hesychios Kivvqu-
Sttit kqug ’Aq‘QoSiT)]g u. sonst an angef. Stellen.
101
tore und im Alterthum mächtigere Stadt war. in wel¬
cher auch der Kult ein höheres Ansehn als in Paphos
genoss, auf die Vermuthung kommen, dass dieser Name
von Amathus ausgegangen und auf Paphos übertragen
%\ urde, als der Kult dieser Stadt seine Herrschaft be¬
gründete. Sonst würde Paphos der Amathusischen
1 1 iesterschaft schwerlich diese Ehre gegönnt haben.
Hie Besorgung des ganzen Tempeldienstes lag ihnen
ob. l acitus ' ’ ) erzählt: Nach einer alten Sage hat
König Aerias den Tempel der Aphrodite zu Paphos
erbaut. Eine jüngere Sage meldete aber, der Tem¬
pel sei vom Kinyras geweiht, und die Göttin selbst
sei, aus dem Meere emporgestiegen ^ hier gelandet.
Die Weissagekunst sei aber aus der Fremde einge¬
führt; der Kilikier Tamiras habe sie gebracht, und
so sei es geschehen, dass die Nachkommen beider,
des Kinyras und des Tamiras, dem Kulte vorstanden.
Bald aber wären die Fremdlinge von der Ausübung
der Kunst, welche sie mit sich gebracht, zurükkge-
treten, damit der königliche K^tamm den ausländischen
io allen Würden übertreffe, und seitdem übten nur die
Kinyr'aden die Weissagekunst wie den übrigen
Dienst der Göttin aus. — Wir sehen hieraus, dass
Tacitus über die Gründung des Paphischen Tempels
zwei Sagen gekannt, die eine, welche ihm als die
17) Tacitus Historiae 2, 3. Conditorem templi (Papliiae
Veneris) regem Aeriam vetus memoria, quidam ipsius deae no-
men id perhibent. Fama recentior tradit a Cinyra sacratum
templum, deamque ipsam, conceptam mari, liuc appulsam. Sed
scientiam artemque haruspicum accitam, et Cilicem Tamiram
intulisse; atque ita pactum, ut familiae utriusque posteri caeri-
moniis praesiderent. Mox ne honore nullo regium genus pere-
grinam stirpem antecelleret , ipsa quam intulerant scientia ho-
spites cessere: tantum Cinyrades sacerdos coasulitur.
102
ältere überliefert ist, macht den König Aerias 7.am
Erbauer. Diesen haben wir oben'«) als den gewöhn¬
lichen mythischen Heros aus dem Namen des Landes
hergeleitet. Die jüngere Ueberlieferung nennt den
Kinyras und seine Nachkommen das königliche Ge¬
schlecht. Kinyras ist also auch hier, wie in den frü¬
her gegebenen Mythen, Gründer des Tempels, 1 ne-
ster und König des Landes nach lydisch-phrygi^c en
Vorstellungen. Auf die Unterscheidung des Alters
dieser beiden mythischen Herrscher kann ebenso we
iiig Geschichtliches gegründet werden, wie
ähnliche Erscheinungen in der griechischen ^ y o
lo<^ie, denn beide Sagen haben sich bei demselben
Vdksstamm des Landes ausgebildet, den Griechen, un
stehen als Könige auf gleicher Stufe neben einander,
indem sie nur auf verschiedene We'se gebildet sind^
der eine aus einer Eigenschaft und einem Namen des
Landes, der andere aus einer Kultmusik abstrahir .
Da der Name des Aerias weiter gar nicht vorkommt,
so können wir ihm auch keine grosse Bedeutung zu
schreiben, am wenigsten die des Kinyras, und müssen
es nur für einen Zufall ansehen, dass er zur Kennt-
niss des Tacitus gelangt ist. Wahrscheinlich haben
andere Sagen den Kinyras mit eben demselben Rechte
alter genannt, wenn übrigens Vergleichungen beider
Herrscher noch vorkamen. In Geschlechts Verhältnisse
sind sie beide nicht gebracht.
Aus dem Berichte des Tacitus ersehen wir nun,
dass es vor Zeiten noch ein anderes heiliges Geschlecht
in Paphos gegeben habe, die Tamiraden, welche
auf eine bestimmte Dauer neben den Kinyraden die
Weissagekunst geübt hatten, bald aber dies Geschäft
18) Thl. 1 S. 16.
103
anch jenen abgetreten. Als eine gewisse Art Priester
führt auch Hesychios * *) die Tamiraden an, und ver¬
glichen wir früher die Kinyraden mit den Eumolpi-
den zu Athen, so mögen die Tamiraden neben den
Kinyraden ungefähr die Stelle eingenommen haben,
wie neben diesen die Keryken. In Kilikien hat dies
Geschlecht seinen Ursprung, und dies Land ist es,
welches stets vor allen in dem Rufe grosser Geschikk-
lichkeit in der Weissagekunst stand*“). Auch steht
der Annahme nichts entgegen, dass in frühem Zei¬
ten von Kilikien aus Einfluss auf Kypros ausgeübt
ist, da eine Genealogie des Kinyras ebenfalls dahin
führt. Wie aber die alten Kiliker den phönikischen
Stämmen verwandt sind, so kommt auch der Name
des Tamiras dort wieder vor, indem ein Fluss, wel¬
cher vom Libanon kommt und sich zwischen Sidon
und Berytos ergiesst, ihn führt. Wahrscheinlich ge¬
hört er dort zu Hause. Darnach beruhte die Wirk¬
samkeit der Tamiraden nur noch in der Sage; in ge¬
schichtlicher Zeit sind die Kinyraden diejenige Prie¬
sterschaft, welche Opfer und Weissagung besorgten,
und Kinyras selbst wird unter den griechischen Wahr¬
sagern angeführt, und neben den Kreter Kometes,
den Thessaler Admetos, den Kyrenaier Aristaios, Am-
phiaraos von Athen**) gestellt. Derjenige, welcher
die oberste Leitung der Opferhandlung hatte, hiess
A g e 1 0 r, und dieser Name kehrt unter der Form Age-
19) Tafii^ccdat: Isqhs Tivts iu Kvtiqo). Die Ausleger vermuthen
hier, dass Tafucdäai, zu schreiben sei, wegen der Stadt Tamis-
sos, oder Oa/niGudui, und bringen diesen Namen mit dem Namen
des Gottes Thammüs in Verbindung.
20) Cicero de divinat. 1, 15. 41. 42. 2, .38.
21) Riemens v. Alex. Strom. 1 S. 333 Sylb.
1Ü4
tes für denselben Beamten in den Kameen wie¬
der * *).
In welchem Verhältniss die 'Ayaioiiävun;*^') zu
den Kinyraden standen, ist nicht klar. Sie müssen
einen bestimmten Geschäftskreis im heili/jen Dienst
gehabt haben. Dass sie im Dienste der Aphrodite
oder in ihrem und dem Kulte des Adonis standen, ist
mir nicht zweifelhaft, da es angegeben sein würde,
wenn sie einer andern kyprischen Gottheit angehört
hätten. Wir sehen aber daraus, dass es auch auf
Kypros neben den Kinyraden noch andere Priester¬
familien gab, wie in Athen neben den Eumolpiden.
Aus Kinyras Eigenschaft als eines Ahnherrn der
Priesterschaft zu Paphos bildete sich die Vorstellung
vom Kinyras als eines Königs, nicht bloss von Pa¬
phos, sondern vom ganzen Kypros** j. Wie die ganze
Kinyrassage nur jung ist, insofern sie aus einer Zeit
stammt, welcher der phönikischea nachfolgt, und ein
Erzeugniss griechischer und kleinasiatischer Vorstel¬
steilungen ist, so auch speziell die Sage von seiner
Herrschaft. Mit dem w'aehsenden Ansehen von Pa¬
phos hat sich erst die Hierarchie auf Kypros gebil¬
det. Aphrodite wurde Nazionalgöttin der Kyprier und
Paphos nicht allein ihr Hauptsiz für Kypros, sondern
auch der Hauptsiz des gesammten Aphroditekultes der
22) Hesychios 6 rijs ’AfQodiT>ig ^yovjud'o;
hqfvs iy Kvnqm, —’Ayrjvriqi o UQüi/j.(yoS. "‘AytjTÖqsiov: loqr^. "Ay^rijg:
iy Tolg KttQPsloig 6 ligm/uepog tov d'sov, xat ^ toqr^ ^AyijTuQia. Gehört
dyrjToqtwp auch nach Kypros ?
23) Hesych. 'Axccw/^dyntg: oi Tr/v twv 9iüjy lyom? liQocvvr,v
Iv Kinqta. Js. Voss M'ill lesBn dya^ofidpTHg.
24) Scho Hast Find. Pyth. 2, 16. iyiytro dt (KinjTas) ßa-
atktvg tmv KvtiqIojp xai Uqtvg T^g Kvnqlag AqqodiTtjg, Sc hol. 11.
11, 20. Arnob. 4, 25. 5, 19. 6, 6. Suidas, Plinius, Hesy¬
chios, Steph. v.B. u. Kinqog, in den angef. Stellen u, sonst.
105
Welt. Die Abgeschlossenheit des Landes begünstigte
in solches priesteriiches Land, eine Hierarchie des
Sizes des Nazionalkultes , wie sie auf Kypros statt¬
gefunden zu haben scheint. Mit dem Glauben an ei¬
nen priesterlichen Ahnherrn von ganz Kypros o-e-
staltete sich auch der Glaube an einen alten König
des ganzen Landes, welcher jedoch nie in Wirklich^
keit, sondern nur in Vorstellung und Sage vorhan¬
den gewesen ist. Wie die Gesammtvorstellung vom
Kinyras auch von den Vorstellungen des gesummten
Kypros ausgegangen und gebildet ist d.h. desgriechi-
I sehen Kypros, denn das phönikische hat, bevor es hel-
lenisirt ist, mit Kinyras nichts zu schaffen, bezeugen
noch besonders die Genealogien, in denen sich alle
Griechen, besonders aber die attisch-salaminischen, an¬
brachten. So wurde kein Stamm gekränkt, und Ki¬
nyras konnte mit Recht als ein Herrscher des »"an-
zen Kypros vorgestellt werden, und ein Band*^ um
1 alle Staaten des Landes schlingen, welches sonst in
keiner Weise, weder früher noch später, stattfand.
Als mythischer Herrscher des Landes wird Ki¬
nyras nun diejenige Person, auf welche das erwachende
I Bewusstsein des Volkes die Anfänge der Kultur und
der Gesittung übertrug -3. Er steht am Eingano-e
j der Geschichte, und die geschichtlichen Zustände sind
• von ihm begründet und geordnet. Aber nicht in Er-
I innerung an grosse Thaten und Abenteuer, sondern
auf friedlichem Wege ist er Schöpfer der Ordnuno-
! und der Sitte. Durch Erfindung der Dachziegel, de^
Zange, des Amboss, des Hammers und des Brechei
1 sens, durch EröiTnung des Bergbaues, des für Kypros
I wichtigsten Erwerhzweiges, durch Einführung einer
2d) Vgl. Das kinjräische Zeitalter Theil I, S. 203 ff.
I
106
geregelten Schaafzucht und Belehrung in der Bear-
heituog der Wolle, welche den Grund zu der spätem
Berühmtheit der kyprischer Fabriken legte, vor allen
aber durch Begründung des Kultes der Landesgott¬
heit und ihrer priesterlichen Einrichtungen hat er sich
zum Heros des Landes erhoben, er, der Priester, Ge¬
fährte und Liebling der Göttin. Wie die Kyprier sich
selbst in Verbindung mit der ruhmvollsten Begeben-
lieit des Älterthums und dem grössten Unternehmen
des o-esammteu Vaterlandes, dem troischen Zuge,
brachren, so wird auch ihr König Kinyras mit hui-
eingezogen. Wie die andern Griechenfürsten wird
auch ev zur Theilnahme an dem Zuge aufgefordert.
Palamedes und Menelaos erscheinen auf Kypros, und
das ganze Griechenheer unter Anführung des Aga¬
memnon wird vom Kinyras bewirthet. Kinyras ist
Ao-amemnons Freund und beide ehren einander nac
Heroenweise durch Gastgeschenke. Berühmt ist der
Helm, welchen Kinyras dem Agamemnon schenkt^').
Nur darin schimmert eine dunkle Vorstellung von der
Beendigung einer vorgriechischen Zeit hindurch, dass
Agamemnon bei seiner Bükkkehr von Troja den Ki¬
nyras aus Amathus vertreibt, weil er die versprochene
Hülfe nicht gesendet habe. Indess lässt diese Wen¬
dung der Sage nach andere Deutungen zu. Amathus
ist der einzige von den phönikischen Orten, welchen
die Sage gleich zur Zeit der griechischen Ansied-
lungen hellenisirt werden lässt, nachdem die alten
26) Theodor OS hei Boisson. Anekd. 1, 263. o cTiJ qtjffn' O-
unaos ^cct t'o. nY^i^6va Km^lo^v
vova t'ov Tmy ßamUa , qdotfqovovfiim' ov yaQ nolv-
%-« (<.«t yiq ««; «'“S Ueber
das üebrige s. 1 S. 207.
107
Einwohner vertrieben worden sind, während die übri¬
gen Ansiedler neue Staaten gründen. Ganz ohne ge¬
schichtlichen Grund kann diese Sage nicht sein und
da in Amathus Kinyraden herrschten, knüpfte sich an
die Sage von der Weigerung des Kinyras die ver¬
sprochene Hülfe zu senden und seinem Betrüge, leicht
die andern von der Rache des Agamemnon, seiner
nachmaligen Anwesenheit auf Kypros und der Ver¬
treibung des Kinyras durch ihn.
Kinyras ist ebenso wenig eine geschichtliche Per¬
son als einer der übrigen griechischen Heroen, doch
seine Thaten sind Gegenstand der Geschichte. Auf
einen berühmtem Namen wird alles Rühmliche und
Denkwürdige zurükgeführt, was der Wirklichkeit nach
einem grossem Zeitraum angehört. Ein Kreis von
geistigen Zuständen und äusseren Ereignissen stellt
sich in dem einen Heros dar; auf diesen wird nun
Alles zusammengetragen, was ein Volk in seinen
frühem Zeiten, in den Zeiten seiner Kindheit, äu-
sserlich und innerlich erfahren und durchgemacht hat.
Daher fällt die pragmatische und anthropomorphische
Mythenforschung in der Regel auf die Unterschei¬
dung verschiedener Personen desselben Namens, wie
es z. B. in Kreta beim Minos und auch bei dem Midas
der Fall ist, welcher den kyprischen Zuständen ganz
besonders verwandt ist. Beim Kinyras findet dies, so
weit unsere spärlichen Nachrichten über ihn reichen,
zwar nicht statt, man verlieh ihm aber ein hohes Al¬
ter von hundert und sechzig Jahren®’) nach einem
von den Göttern reich gesegneten Leben. Seinen Tod
27) Anakreon bei Plinius 7, 39., Anacreon poeta Argan-
thonio Tartessiorum regi 150 tribuit anuos , Cynira^ Cypriorum
10 annis amplius, Aegimio 200. üeber Arganthonios vgl. noch
Herodot. 1, 163.
1
108
durch Apollon besprechen wir unten. Nur Hygin’*)
hat die dichterische Erzählung, dass er sich selbst
getödtet habe, nachdem er die Blutschande mit seiner
Tochter Myrrha, deren Frucht Adonis war, erfahren
liatte. Begraben lag er ira Heiligthum der Aphrodite
mit allen seinen Nachkommen^“), d. h. es herrschte
die Sitte die Kinyraden im Tempel der Göttin bei-
zusezen. Neben dem Grabe des Kinyras zeigte man
ein Grab der Aphrodite selbst. So lag Kekrops auf
der Akropolis, Erichthonios im Tempel der Polias,
Immarados, Sohn des Eumolpos und der Daira, in
Eleusis unter der Burg, die 'J'öchter des Keleos wa-
rer ebenfalls in Eleusis begraben, Hyperoche und La¬
odike schliefen im Heiligthum der Artemis zu Delos,
und Leukophryne war im Tempel der Artemis zu
Magnesia beigesezt u. s. w.
In den Gegenden, wohin der Kultus des Adonis
‘sich besonders verbreitete, dahin erweiterte sich nun
auch das Reich des Kinyras. Dieser enge Zusam¬
menhang des Kinyras mit dem Adonis wird uns aber
bald klar werden. In Bezug auf den Kult des Ado¬
nis im gesammten Syrien heisst Kinyras auch König
von Assyrien®“), ungeachtet er in dieser Eigenschaft
auch ein Sohn des Paphos bleibt. Vor allem heisst
Byblos das Reich des Kinyras, weil hier Adonis ganz
vorzüglich verehrt wurde®*). Nach Lukian®“) lag
28) Hygin Fab. 242.
29) Klemens v. Alex. Protr. S, 39. Arnobius 6, 6.
Beide aus dem ersten Buche der Schrift des Ptolemaios, des
Sohnes des Agesarch, über den Philopator. Schol. in Gregor.
Nax. Carm- S. 35.
30) Hygin Fab. 242. Bion 1, 24.
31) Strabon 16, 756.
32) Lukian Syrische Göttin Kap. 9.
109
eine Tagereise von Byblos nach dem Gebirge hinauf
ein altes Heiligthum der Aphrodite von Kinyras er¬
baut, wahrscheinlich Aphaka. In der merkwürdigen
Genealogie des Apollodor, w'elche wir noch näher be¬
sprechen werden, koiomt Kinyras zunächst ans Ki-
likien, um Paphos zu gründen. Da Kinyras nach der
allgemeinsten Vorstellung Gründer von Paphos war,
die Paphischen Tempel aber nach andern Sagen von
Askalon aus gegründet waren , so wird nach diesen
Berichten Kinyras auch als Herrscher von Askalon
gedacht gewesen sein, obgleich uns hierüber keine
Nachricht erhalten \vorden ist. Nördlich erstrekkte
sich das Reich des Kinyras mindestens bis nach Smyrna
welches er seiner Tochter Myrrha oder Smyrna zu’
Ehren so benannte
Um die musische Seite des Kinyras zu verste¬
hen, müssen wir zuerst nach seinen Namen fragen,
oder wie kam man dazu den Priestern der kyprischen
Aphrodite den Namen Kinyraden zu geben. Kinyras
heisst es*^), war ein musischer Künstler, Hess sich
mit dem Apollon in einen Wettstreit ein, und wurde
von diesem überwunden und getödtet. Von seinem
Instrumente Kivvqa^ wird hinzugefügt, erhielt er sei-
33) Hygin Fab. 275. Der Name des kyprischen Heros
kommt m der Form Kinyros bei Lukian Wahre Geschichte B.
2. Kap. 25 vor. Er erzählt: Kinyros, Sohn des Skintharos,
mächtig u. schon, liebte lange die Helena u. wurde wieder ge
hebt. Kinyros raubt sie, u. sie wollen nach einer der Inseln flie¬
hen, nach Phello oder Tyroessa. In der Nacht der Entweichung
wacht Menelaos auf, merkt die Flucht seiner Göttin u macht
Anstalt sie aufzusuchen. Fünfzig Heroen steigen auf ein Schiff
aus Asphodill und treffen sie bei Tyroessa. Kinyros MÜrd von
Rhadamanthys an den SchaamtheUen aufgehängt. Menelaus er-
halt die Helena in Trauer u. Schaam wieder.
34j Suidas a. a. O. Eustath. II. ii, 20.
110
nen Namen Kivvquq. Hesychios und Suidas sa^en ,
dies sei eine Kilher gewesen, welche traurig und
klagend getönt habe^^. Was gegen die Kither ein¬
zuwenden, übergehen wir hier, und hören zuförderst
die übrigen Aussagen. Athenaios*®) berichtet aus
Xenophon: Die Phöniker gebrauchen die Gingrasflö¬
ten, welche die Länge eines Spannes haben, und ei¬
nen scharfen und klingenden Ton von sich geben.
Auch die Karer bedienen sich ihrer in den fhrenen,
welche indess auch Korinna und Bakchylides die phö-
""nikische nennen. Diese Flöten werden aber bei den
Phönikiern von den Gesängen um den Adonis rWYQOi
genannt 5 da dies Volk laut Demokleides den Adonis
G Ingres ri/ygrig nannte. Antiphanes und Menander
hatten die Gingrosflöte angeführt, und aus der Stelle
35) olxTQd u. Vgl. Josephos Jiid. Gesch. 6, 8. S.
333. 7, 12 §. 3. S. 401. , , , „
36) Athen. 4, 174. riyyQatpoiCi ya^ ot ’Polvixt? w? ifjjatv o
Styo<f(Zp, ixQMyrc avkols cnaafiialois , o'io xal yof^ov (fd-tyyofüvoiS.
Tovroig cTi xat KuQfS yquivrai tV lols &Qrivoi^, tl furj aQu xai t] Aagla
•Potrixr; IxkIhto, cag nctQa KoQivvy xal BaxyvMp IgtIp tvQHv.^ Opo-
ua^oPTM ii ol aölot yiyyqoi. mb tup <Poipixcop dnb tup nt^lnpUdto-
vvp rbp yaq^AdcopiP FiyyqnP vfxik ot 4>oipixii. ds
ianotl Jvf^oxUicTris. Mp^j/^opdu t(Sp ylyyqoip uDmp Uvnfdp>i? d’Ia
rqä'' xat Mip«y(kqog ip Kaqipt], "Afiqy tIp AiS-vqdfißa, Uyo)P ovTa)S.
"Eym top rlyyquPTU top aofÜTUTOP.
B. Tts d'fciY b ylyyqag; A. KaiPoP i'itvQrj/^d n
^fxirSQOP, O &(€(TQ(p /^tp Ovd(7l(ü7IOT£
didetxT, ’A^^Ptidt di xaraxfXQVM^PoP
ip cvfinoßioiS ’tfri. B. Aia n dovx ayus
ftS TOP bxkoP avTu ; Aton tf vl^P nsqtfiipo)
ecpbcfqa (f iLoPiixovcap laxjlP tip . OKf« ydq,
in nävxa. nqdy^ai «paTqxaiPMatt xqÖToiS. ,
f£al ’AiioPtxoS ip •PdiVQinldi)
Ovm> ydq int folg früm rols Evqinldov
äfitfo) poßovßiPf Sffit T dkX' «vTols doxtiy
Mipa* fdlfl ytyyqttpm xat xaxop ixiya%
111
des Amphis sehen wir, dass sie für eine fremde Er¬
findung galt, dass man sie zwar nicht auf dem Thea¬
ter gebrauchte, zu Athen aber doch an den Sympo¬
sien. Mit des Athenaios Aussage, dass die Gingros
zwar eine phönikische Erfindung, aber auch für die
Karische Mose passend seien, stimmen auch Pollux
und Eustathios welcher die Stelle des Athenaios
ziemlich wörtlich wiedergiebt. Tryphou im zweiten
Boche nsql '‘Ovonaaiwv ^ ^ ) nannte den Gin gras ein
Flötenstükk mit Tanz, und so auch Pollux®*).
Wie dieser Leztere selsbt hinzufügt, hatte der Tanz
Gingras seinen Namen von dem Gesänge, nach wel¬
chem er aufgeführt wurde. Nach Hesychios^®) hiess
das Flötenstükk yi/ygov, nnd so auch zuw'eilen die
Flöte selbst. Er hat aber auch die Form ytyyQiat für
den Namen der Flöten, welche klein waren, wie Athe¬
naios sagt, von einer Spanne Länge, und zum ersten
Unterricht im Flötenspiel gebraucht wurden. Eine an¬
dere Form für den Namen der Flöte war auch ytyyQtj
indess wird dies richtiger, wie Hesychios selbst an-
giebt, die Benennung für den Klageruf bei den
Körnen sein. Für die Bezeichnung des Spielens
37) Pollux 4, 76. AvXieico? n? yoaidtj xat dqrjvtinxrjv qtovrjv
äquk. Eustath. II. S. 1157,40. Solinus Kap. 8. Gingrinae
quae breviores, subtilioribus tarnen modis insonant. Sie Hessen
sich wie mehrere andere Flötenarten besonders gut aus einem
Sizilischen Rohre machen. VgL Festus: gingrire.
38) Athen. 14, 618.
39) Pollux 4, 14. de ylyyqug naos avloy Imävv-
vov Tov avli^iucaoi.
40) Hesychios reyyqaefiog: yiyyqt. imtfmpijfitt wx«r<J
xtü/Luav leyojufvov ’ xai eldog avlov. yeyy^lui : avlol (xex^ot, ip olg
nquiTov fxttvf^dvowsw. ytyygog: tevltjfid n, ont^ Ivtnt, Tlyyqav, ol de
avlov yivog. Theognost in Bekk. Anekd. S. 1358 ro ytyyqt Int-
tftävtjfid n oy Iv xatafuax^et Ijeyo^vov fl oivverat^ ovx uranop. dna-
QaeytjfidnffToy ydg Istiv.
112
auf dem Gingros, auch wol für den Ton, hatte man
die Form yiyyQccßfiog. Die Lieder, welche abgesungen
■wurden, führten den Namen ytyyqavtä {liXrj. Darnach
ist also der Klageruf yiyYQi, das Spielen yiyygaönog,
die Flöten heissen yiyygoh yiyygiaij yiyygcci^ der Gesang
yiyygag, die Lieder yiyyQca oder yiyygavtä
Die Angabe , dass der Gingros eine schneidend
und klagend klingende Flöte gewesen, dass sie in
Karien gebraucht sei, dass Adonis Gingras“), Gin-
gres, oder Gingris geheissen, dass die Flöte und diese
Gesänge bei der Trauerfeier um ihn angewandt wor¬
den sSn, dass Kinyras im musischen Kampfe vom
Apollon überwunden und getödtet worden sei, muss
uns auf die Erklärung und den Ursprung dieser Flö-
len^ der Gesangesweise und der damit in ^ erbindung
stehenden Kulte und Mythen führen. Mit dem Dienste
des Apollon ist seit alten Zeiten die Kitharmusik ver¬
bunden“) weil sie einfache und ruhige Harmonie aus-
zudrükken am geeignetsten schien, und, um mit Pin-
dar zu reden, friedliches Gesez in das Herz einführt.
Daher ist dem Apollon die Flötenmusik von Anfang
an verhasst, in welcher nach griechischen Begriffen
etwas Aufregendes, Wildes und zugleich Düsties lag.
Hierauf bezieht sich Apollons Kampf mit den Reprä¬
sentanten der verschiedenen Flöten weisen. Der Ge¬
brauch der Flöten fand sich in den altern Zeiten vor¬
nehmlich im Bionysoskult, und im kleinasiatischen der
Kybele; doch wurde sie auch schon früh bei den
Komen angewandt. Die Flöte gehört aber auch we-
^ *4l7Athenaios hat Gingres. Eustath. Gingris; ^ de XQV-
ei? Tols ylyygoi? ix mP neQl top Udwviu dqiivoiv, o»/ Flyyqw ixdlow
oi Pollux 4,10 hat Gingras, r, di ylina riy-
yi)ap TüP "Adiopiy xalel xai tovxm 6 avllg inu)v6^ci<STM.
42) Otfr. iMuiler. Dorier, 1, 343 ff.
113
sentlich xu einem aUeü Naturkulte, welcher sich in
verschiedenen Landschaften von Griechenland und
Kleinasien unter den Landbauern fortgepflanzt hatte
und den stefen Tod alles blühenden Lebens auf eine
ergreifende Weise darstellte. Der Gegenstand der
Klage ist immer ein Gott, welcher in jugendlicher
Blüthe dahingeraift wird, und die Zeit dieser religi¬
ösen Klage trat ein, wann alles blühende Leben in
der Natnr durch die Gluthize des Sommers vernich¬
tet war. Am berühmtesten war dieser Naturkult in
Argos, wo Gott und Gesang den Namen Linos führ¬
ten; in Kleinasien fand sich fast in allen Landschaf¬
ten ein verschiedener Name für den Gesang und den
betrauerten Gott, aber die Hauptzüge des Mythos und
der Grundton der Musik bleibt immer dieselben. Da-^
hin gehört der Klaggesang der Dolionen, der Hylas
bei den Mysern und Bithynern; der schöne Bormos
bei den Myriandrinern, der Lityerses bei denPhrygern,
I das schwermuthige Karikon auf phrygischen Flöten,
j und wenn Herodot“*) sagt, dass der Linosgesang,
I welcher nach den verschiedenen Landschaften ver¬
schiedene Namen führe , sich auch in Phönikien und
Kypros fände, und in Aegypten als Pelusiotisches
Akkerlied Maneros hiesse, so kann damit nur der
i Gingrasgesang, welcher als Klagelied um den Ado-
; nis ertönte, gemeint sein. So zieht sich also diese
1 eigenthümliche Naturreligion, bei welcher Trauer und
eine klagende Musik herrschte, von Argos durch
die kleinasiafischen Landschaften, über Kypros und
i Phönikien bis nach Pelusium. So ist auch Pausanias**)
zu verstehen, wenn er sagt, dass nach Linos Tode
43) H e r 0 d 0 1 2> 79.
44) Pa US an. 9, 29, 3i
II.
8
114
seine Trauer sich bis äu den Barbaren, ja bis Aejryp-
ten verbreitet habe. Ausführlicher können wir hier
über diesen Gegenstand nicht sein ; beim Adonis müs¬
sen wir hierauf noch einmal wieder zuriikkommen.
Auf Kypros nun erneuert sich der Kampf der
verschiedenen Sangesweisen, der Kitharödik gegen
die Auletik, und wie die Repräsentanten der Flöten-
musik in Argos und Phrygien, Linos und Marsyas,
von Apollon überwunden werden, so lässt sich auch
Kinyras In einen Wettstreit mit Apollon ein, wird von
ihm besiegt und getödtet*»). Wenn Pindar in der
an «-eführten Stelle sagt, dass Apollon den Kinyras ge¬
liebt habe, so bezeichnet dies ihn bloss als gesang¬
liebend*®), und ebenso, wenn der Scholiast ihn einen
Sohn des Apollon nennt. Jener Widerstreit wird
aber durch die Flötenmusik erzeugt, weicher Kinyras
huldigt, und als deren Repräsentant für Kypros er zu
betrachten ist. Bass die Flöte das herrschende In¬
strument auf Kypros gewesen ist, leuchtet noch aus
der Angabe des Pindar *0 ein, dass die lydische
Tonart die heliebteste auf Kypros war. Wir besi-
zen auch die bestimmte Nachricht, dass die phrygi-
sche Flöte bei den Kypriern zu Hause gehörte, und
mit ihr muss, wie die übrigen Instrumente für die
verschiedenen Arten dieses Naturkultes, der Gingros
im Wesentlichen zusammengefallen sein. Ware die
Cingrosüöte kein aufregendes Instrument gewesen, so
■ isTsTidas ÖV (kinyras) qMiy tw ^AnoXlwui, ms
,la dnolmUm., ddo huI K^.v^as
uas rtj xjwpn. Eustath. II. H, ^ ,
46) Schol. Find. Pytb. 2, 15. (tyanaß&tti, d* tcpKwvqctv qn-
hno Anaimpos. ovy in avno ÜIX ön rmp fwmp^mp
tynofiuiS/iiPos. Schol. Theokr. 1, 109.
47) Pindar Nem. 4, 46.
48) Athen. 4, 176.
wurde man sie in Athen nicht an den Symposien ge¬
braucht haben. Aus der Stelle des Ämphis ersehen
wir ferner, dass auch bei der Einführung des Gingros
eine ähnliche Besorgniss wie bei der phrygischen
Flöte ira Allgemeinen vorwaltete, nämlich dass sie
durch ihr lautes Geräusch, ihren aufregenden, lei-
denschafüichen Charakter, durch ihre sch wermüthige
Klage nur schädlich auf die Menge wirken und Stö¬
rung in den geordneten Verhältnissen und den beru¬
higten Seelen erregen w^ürde * ® ).
In dieser Erneuerung des NaturkuUes «nd der
ihm zugehörigen Gesangesweise auf Kypros ist nur
noch dies Bemerkenswerthe, dass hier der Gegenstand
der Klage und der Ausüber der Kunst des Gesanges
in zwei verschiedene Personen gespalten ist. Der
Gegenstand der Klage ist der früh hingewelkte Ado¬
nis und Kinyras der Priester ist der Ausüber der Mu¬
sik und Erlinder jener kkagenden Ädoniasmen^ wäh¬
rend z. B. ira Linos, dessen Mythos in den meisten
Stükken sonst genau mit dem des Adonis übereinstimmt,
beides vereinigt ist. Gegenstand der Klage und die
Klage selbst. Aber dies ist nur die herrschend ge¬
wordene Auflassung der beiden kyprischen IVesen,
es gab eine andere, in welcher auch sie^ nach Ueber-
einstimmung der übrigen Abarten des Kultes, alseine
Person gefasst wurden. Es ist schon erinnert wor¬
den, dass Adonis selbst Gingras hiess, und hier
I ist Adonis also eins mit Kinyras, der Gegenstand der
Klage, das Lied, und der Sänger fallen zusammen,
wie beim Linos, Marsyas u. s. w. Darum tödtet auch
Apollon den Adonis, wie wir in seinem Mythos nach-
49) S, Anm. .36. Eustath. 11. 17, 5. Ktvvq^ M inl
, dvdqwnoiv , oi xtvvqcus daiMs int ToiS xup.ivotS iptlnov, o
1 XfH xtrvQta&ttt
8*
116
weisen' weraen, so wie den Kinyras, weil im Ado*
nis der Kinyras enthalten war. Umgekehrt wird nun
Kinyras auch wol einmal als Adonis aufgefasst 3*
Das in der gewöhnlichen Erzählung eine Trennung
beider Wesen stattfand, hat in örtlichen Verhältnis¬
sen seinen Grund, welche aber dem Ganzen keinen
Eintrag thun.
Hiernach glaube ich, können wir es mit ziemli¬
cher Sicherheit aassprechen, dass die Kyprier den in
Rede stehenden Kult und die mit ihm verbundene Ge¬
sangesweise nicht aus Phönikien empfangen haben,
sondern zum Theil aus Argos, zum Theil aus Klein¬
asien, und zwar von liier durch phrygischen Einfluss.
Ausser den Uebereinstimmungen kyprischer Zustände
mit kleinasiatischen, welche sich beim Kinyras zeig¬
ten, werden wir noch auf mehrere bei der Aphrodite
und dem Adonis aufmerksam machen, so dass der be¬
deutende Einfluss, welchen Kypros von dorther em¬
pfangen haben muss^ ausser Zweifel gestellt werden
wird. Von dorther muss auch Phönikien diesen Aa-
turkult, welcher den übrigen religiösen Anschauun¬
gen der Phöniker ganz fremdartig zur Seite tritt.
50) Die beiden Epigramme Julians v. Aegypten. Gr,
AnthoL 3, 197 Nr. 7 u. 8 Jacobs.
Kiy./^>3(aS 7iinov>]x6Ta (ftxTva
ay&STo Tals PvfXfaiS ravTU ytqMV Kivvqag,
ov yaQ in TQOjxtQ^ nalufip nsQiriyia v.öhi'ov
tlyiv KJcoj'rgft*' oiyo/utvow Uvov.
d’ülyov Mqov TiU9si (foGis, ov
(jitfAxpi'S-, intlKivvqov Tav&’ ol.o? foxt ßhs.
Tals pvfJ-rfaiS Kwvqks toSs dixTVOv' ov yc'cq aelQH
y^Qas dxopnaniif jxoyO^ov ix^ißohijS.
dllä vffxoia&t yfyrjd-ons, on
tfmxiP tx^p Kivvqqv yfjQas il^vd'fQl>iP*
117
und wahrscheinlich nur mittelbar durch die Kyprier
« mpfangen haben. Es gab zwar bei jenen Völkern
auch Flöteninstrumente, namentlich hatten die Hebräer
Chalil, (Nechilah) *‘3 aber dies waren keine
Kultinstrumente. Alle Kultuspoesie wurde von jenen
Völkern mit Saiteninstrumenten begleitet, worunter
die Kinnor, die Harfe Davids, die bekannteste ist. Es
war eine zehnsaitige Kither, welche mit einem Plek¬
tron geschlagen wurde, und deren Name eine Verwandt-
i Schaft mit den Kinnaras®*), den himmlischen Musi¬
kern im Indischen Epos, verräth. Diese phönikische
I Kinnor muss auf Kypros aus den Zeiten der Phöni-
j ker bekannt gewesen sein, und sein Name, vielleicht
, nach dem griecjiischen Worte xiPV()6g klagend, von den
i Griechen um«:eformt, und in Beziehung auf die neue
dortige Kultpoesie, und von dieser wieder auf die
Ausüber jener Kunst, auf die Aphroditepriester über-
' tragen worden sein, welche von daher den Namen
Kinyraden Kivvqddai^ erhielten. Wenn demnach,
wie oben angeführt worden ist, Hesych und Saidas
den Namen Kinyras von der xivvqa herleiten, welche
eie, wie auch Josephos, nur als ein Saiteninstrument
kennen, so ist dies nur in sofern richtig, als dem
Worte xivvQa ursprünglich diese Bedeutung zu Grunde
liegt, welche aber in den Kinyraden, und in Kinyras
dem Priester, Heros und Könige von Kypros verlo¬
ren gegangen ist, denn diese stehen nur in Bezie¬
hung zur Flötenmusik. Dies ist die eigentliche Mu¬
sik, welche im Kult der Aphrodite wie in dem des
51) Ewald poet. Bücher d. A, T. 1 S. 175. Ueber die
Stelle Jerein. 48, 36. vgl. Hitzig üb. d. Ps. i S. 3. -- Ma-
schrokitha in Dan. 3, 5 ff.
52) P. V. Bohlen Genesis 4, 21.
US
Adonis stattfand , Saiteninstrumente würden ganz, un¬
möglich sein.
Für die Scheidung des Gingros und der Flöten¬
musik von der phönikischen Kinnor spricht aber auch
noch der Umstand, dass Minnor und Gingros of¬
fenbar ganz verschiedene Worte sind. Dem gingri
liegt ein Naturlaut m Grunde , weshalb iin Lateini¬
schen auch das Schnattern der Gänse gingri re heisst,
und es hängt mit einer Wurzel gri zusammen. Diesem
Stamm ist aber Kinnor freuid, und daraus leuchtet
von neuem ein, dass das Wort Kinnor für die Be¬
deutung der Kinyraden und des Kinyras nur in so¬
fern passt, als beiden Theilen eine musische Bedeu¬
tung zu Grunde liegt, dass aber die Griechen dies
nur auf ein Saiteninstrument passende Wort auf die
Flötenmusik des kyprischen Kultes übertragen haben,
und für g i n g r o s gebrauchten.
Nachdem wir das Wesen des Kinyras als Prie-
, Ster, König und Sänger des Landes kennen gelernt
haben, werden uns auch seine Genealogien verständ¬
lich sein, lieber diese müssen wir uns etwas aus¬
führlicher äussere, damit seine Stellung durch sie wo
möglich noch mehr ins rechte Licht gesezt wird. Wenn
Kinyras auch als der eigentliche mythische Herrscher
und Heros des Landes dasteht, so schliesst die Sage
dadurch aber noch keine gleichstelligen oder frühe¬
ren Herrscher des Landes aus, namentlich da sie der
geschlechtlichen Verhältnisse für einen Heros bedarf,
und oft dasselbe auf verschiedene Art zu sagen liebt.
Wenn die Mytheodichtung einen mythischen Hen-
scher abstrahirt, um auf pragmatischem Wege Namen
oder Begriffe zu erläutern, so wird dieser in der Ke¬
gel allgemein als ein solcher hingestellt, ohne sich
darum zu bekümmern, ob er auch neben andern Vor-
i
J
119
Stellungen sich verträgt. Kinyras gilt allgemein für
den ältesten Herrscher und Heros des Landes, den¬
noch abstrahirt man einen alten König von Ky-
pros, Namens Aerlas, um von ihm den Namen des
Landes Aeria herzuleiten, weichen es von der Ne-
belumhöllung führt, in welcher sich das Land sehr
oft befindet; uud dieser Aerias wird gar noch für äl¬
ter als Kinyras ausgegeben, da des lezteren Geschlecht
i nmerfort blühte, man aber von dem des Aerias nichts
Avusste. Adonis führte den Namen Aoo«, von
der Eos, deren dorische Form ’^ag ist, dies liess
aber die pragmatische Mythenforschung nicht gelten,
sondern sagte: Aoos Avar ein alter König des Lan¬
des, Avelchem ein ganzes Geschlecht, die Aoeii,
in der Herrschaft folgte, und davon stammt Adonis
ab, Avclcher selbst ein alter König des Landes war.
So stehen auch Salaniin und Euryptolemos da*
Theins wird thcils als des Kinyras ¥ater aufgefasst,
theils gänzlich mit ihm identifizirt. Diese tragen sämmt-
lich griechische Namen; ein anderer trägt zwar ei¬
nen phöniUischen Namen, Py gm alioe, ist aber sonst
ganz nach griechischen Ilegrilfen geschaffen. Dieje¬
nige Genealogie des Kinyras, welche ihn aus Kili-
kien, aber von attischen Vorfahren abstammeod, kom- •
men lässt, und noch näher besprochen werden wird,
lässt ihn eine Tochter des Königs Pygmalion,
weiche den griechischen Namen Metharme führt,
heirathen und Paphos gründen. Nach Ovid*®) heisst
aber Pygmalion ein Paphischer Heros, zeugt jedoch
auch den Paphos und zwar mit der Göttin selbst,
53) Ovid Metam. 10, 245 ff. Was den Namen betrifft, so
nennt ihn Joseph os geg. Apion 1, 18 ^PvyfiaUiat' verdorbene
Schreibarten sind fpuyuUuiv u. MvySa'kimv bei Synkell S. 183.
Per Armen. Euseb. hat ‘PhafA.umsf Physwauon.
120
dadurch dass sie ihrem Bilde, dem er seine Liebe
zugewandt hat, auf sein Flehen Leben einhauclit.
Diese überschwängliche Liebe von Jünglingen zu ei¬
nem Bilde der Göttin kommt im AphroditekuUe öf¬
ters vor, und wir müssen daher auch Pygmalions
Liebe im Zusammenhang mit der Liebe anderer Jüng¬
linge behandeln. So bunt wie die Sagen auch in die¬
sen Dichtuugen durch einander gehen, und sie auf
kleine geschichtliche Widersprüche nicht achten, wie
z. B. in Beziehung auf Paphos, welches bald Kiny-
ras gründet, bald Pygmalion, bald der vom Pygma¬
lion erzeugte Paphos, bald Paphos ein Vater des Ki-
nyras u. s. w., so scheint doch aus den Sagen über
Py gmalion hervorzugehen, dass auch er zur Göttin
in religiöser Beziehung gestanden und für einen my¬
thischen König des Landes gegolten habe. Darauf
deuten auch andere Hlärchen von Pygmalion hin. Oben
ist schon erzählt worden, dass entweder er es ge¬
wesen sein sollte, oder sein Priester oder Anverwand¬
ter, welcher dem Busiris die Menschenopfer angera-
then. Mit dieser Sage, welche ihm die Fremden¬
opfer dem Busiris empfehlen lässt, im Widerstreit
haben wir eine Nachricht über die zu seiner Zeit auf-
gekommne Sitte des Fleischessens, welche Porphy-
rios®*3 Kyprier Asklepiades und dem Ne-
anthes von Kyzikos mitgetheilt erhalten. Zuerst sei
man gew'ohnt gewesen den Göttern keine Thiere zu
opfern; auch habe darüber gar kein Gesez bestanden,
weil es die Natur selbst so mit sich bringe. In Zei¬
len aber, in welchen ein Leben das andere fordert,
habe man das erste üpferthier geschlachtet. Bei ei¬
nem solchen sei ein Stükk Fleisch auf die Erde ge-
&4) Porpiiyrios de abstinent. 4, lä.
121
fallen, ein Priester habe es aufgenommen und da er
sich verbrannt, habe er unwillkürlich die Hand an
den Mund gehalten, um den Brand zu lindern. Nach¬
dem er so vom Opferfleische gekostet, verlangte er
danach und genoss seitdem mit seiner Gemalin Fleisch,
Pygmalion aber, nachdem er dies erfahren, habe ihn
zugleich mit seiner Gattin vom Felsen herabgestürzt,
und das Priesteramt einem Andern gegeben. Doch
auch dieser liess sich verführen und erlitt dieselbe
Strafe. Seitdem aber hätten die Menschen ihre Be-^
gierde nach dem Fleische nicht mehr zurükhalten kön¬
nen, und Pygmalion sei genöthigt worden die Strafe
aufzuheben, Aehnlich wie Kinyras erscheint hier
Pygmalion als ein Geliebter der Göttin und priester-
licher Herrscher des Landes, dessen Tochter jener
heirathet. Im Allgemeinen ist die Pygmalionssage
aber dunkel; ihr Kern scheint mir die Liebe eines
Jünglings zu einem Aphroditenbilde gewesen zu sein,
welche die Dichtung auf Kypros reiner und edler hin¬
stellt als an andern Orten, z. B. Knidos Durch
die Belebung des Bildes durch die Göttin muss er
als ein wohlgefälliger Liebling der Aphrodite erschei¬
nen, welcher sich ihrem Dienste weiht. Ihn hat die
dichterische Mythenbildung und Phantasie höher hin¬
an fgestellt und zu einem priesterlichen Herrscher des
Landes wie den Kinyras verherrlicht. In dem er¬
zählten Mährchen steht er als ein Ideal der Sitten-
reiuheit da, welchem nach den Begrilfen von einer
goldenen Zeit und den Zuständen der Unschuld des
3ienschengeschlechts der Genuss des Fleisches sünd¬
haft erschien. Ein Nachkomme von ihm, Namens
Echelcos, befand sich nach Nonnos im Gefolge des
65} Vgl Abschn. 4 Anm, 499 ff.
122
Bakchos; rauthmasslich war er aus einem kyprischen
Königsgjeschlecht, welches sich den Pygmalion als
Ahnherrn aneignete.
Nächst Kinyras scheint aber Theias die höch¬
ste Bedeutung als mythischer Herrscher von Kypros
gehabt zu haben. Er heisst wie dieser König des
Landes und zeugt den Kinyras, welcher wieder Kö¬
nig von Kypros heisst ' ® ). Nach Panyasis war er
König von Assyrien und hatte die Myrrha und den
Adonis zu Kindern'^j, welche sonst Kinder des Ki-
nyras heissen; ähnlich erscheint er unter andern auch
dem Antoninus Liberalis^ ®). Bei ihm hat Theias, weil
er als assyrischer Herrscher gefasst ist, einen phöni-
kischen Vater mit dem allgemeinen Namen Belos,
heirathet aber die Orithyia, welche sonst eine Toch¬
ter des Erechtheus heisst. Mit dieser zeugt er auf
dem Libanon eine Tochter Myrrha, und mit dieser
wieder den Adonis; also ganz wie nach der gewöhn¬
lichen Erzählung Kinyras Vater der Myrrha und des
Adonis wird. König von Assyrien heisst Theias auch
sonst noch Zeilos berichtete nach dem grossen
Etymolügicon, dass des Theias T’ochter Aoa gehei¬
ssen. Wie bereits bemerkt ist, führte Adonis den
Namen Aoos als feohn der Eos. ^ on diesem schuf
mau rükkwärts einen alten König des Landes Aoos,
w^elcher nach Phileas ein Sohn des Kephalos und der
Eos gewesen sein sollte, der sonst P haelhon genannt
wird, und leitete von ihm ein Geschlecht alter kypn-
gcher Könige, die Aoen, her, welche das ki-
iiyreische Zeitalter ausfüllen. Dies möge hier genü¬
gen, das Ausführiiche über den attischen Mythos vom
56) Schol. zu II. 11, 20. S ui das a. a. O.
57) Apollodor 3, 14, 4.
58) Anton. Liber. Kap. 34. Schol. z. Lyk. 829.
59) Oppian Halieut. 3, 404.
123
Kephalos und der Eos theilen wir in dem Abschnitt über
Phaethon mit , kommen aber schon beim Kinyras noch
einmal darauf zurükk. Ein Eoskind gab man nun auch
dem Theias zur Tochter als Aoa. Die Bedeutung
des Theias ergiebt sich leicht. Sein Name kündigt
ihn schon an als oberstes göttliches Wesen von Ky-
pros, als die Gottheit, wie in den attischen Mythen
Pandion der allgöttliche, und ähnliche mythische Per¬
sonen; deshalb heisst er Vater des Kinyras. Mit die¬
sem wird er aber auch ganz wieder identifizirt, und
sein Reich geht so weit als das des Kinyras, indem
auch er zum assyrischen Herrscher gemacht wird. In
den kosmogonischen Dichtungen der Griechen ist Theia
eine Sochter des Uranos und der Gaia ®®), und wird
Mutter der Eos, welche auf Kypros in der Form Aoa
Tochter des Königs Theias wird, nachdem sie selbst
mit ihrem Gemale Kephalos ganz in die kyprischen
Mythen gezogen ist.
Bei Suidas hat Kinyras theils einen Grossvater
Pharnakos, theils einen Vater Pharn ake s; bei
Hesych und Apollodor®*) hat er eine Mutter Phar-
nake. Ohne Zweifel ist dieser Name aus den klein¬
asiatischen Ländern genommen, wahrscheinlich aus
dem pontischen Gottesdienst, in welchem Pharna-
kes Hauptgott war®*). Auf die Verbindungen von
Kypros mit jenen Ländern ist zu wiederholten Malen
aufmerksam gemacht worden, namentlich aber auch
60j Apollodor. 1, 1, 3. 2, 2. H esio d. Theog, 371. Find.
Isthm. 4, 1.
61) Proverb, e Vatic. Append. Cent. 3, 90. o cFi Kivüqas
änöycyos ‘PaQuij ßuaiUiog KvTtQltoy. In dem fehlerhaften <PdQu>}
stekkt die Form 4>itQV(ixog.
62) Strabon 12, 557. Die Könige schwuren bei ihm die
höchsten Eide, üeber den Namen vgl. Pott Etym. Forsch. 1,
Vorr. S. 46.
124
mit Pontos, wo ein kyprisrhes Gewicht einffeführt
war. Der dortige Pharnakes wird hier /.u einem Kö¬
nige der Kyprier.
Hesychios nennt den Kinyras einen Sohn des
Apollon und derPharnake. Weshalb er ein Sohn
des Apollon heisst, ist schon oben verdeutlicht; weil
ijämlich Kinyras als gesangliebend und Sänger ge¬
dacht war, daher liebt ihn auah Apollon. Er heisst
aber auch Sohn des Apollon und der Paphos, oder
Sohn des Eurymedon und einer Paphi sehen Nym¬
phe*®). Nach Hygin ist Kinyras ein Sohn des Paphos,
bei Lutatius und üvid a. a. 0. heisst ein Sohn des
Jiinvras Paphos, welchen nach andern Er/.ähliingen
Pygmalion y.eugt. So wird die Stadt Paphos mit ihm
in Verbindung gebracht. Der Name Eurymedon
kommt öfters in den griechischen Mythen vor: ein
.Sohn des Hephaistos heisst so und ein Sohn des Mi¬
nos: dann führt ein König der Giganten in Si/dlien
diesen Namen*'} “• vielleicht an den
Fiu«=s Eurymedon auf der gegenüberliegenden Küste
Kilikiens gedacht. Bei Pliuius*') heisst Kinyras ein
Sohn der Agriope. Unter den verschiedenen We¬
ssen dieses Namens kann man hier zur Vergleichung
IUI die Tochter des Ageuor denken, oder in Erwäh-
gung der musischen Beziehung des Kinyras kann jene
A«-riope gemeint sein, mit welcher Philammon den
Thamyris zeugt**). Bei Stephanos v. B. hat ei eine
Mutter Araathusa, um Amalhus mit ihm zu verbin¬
den; der ;5>ohn Kureus bei demselben knöpft ihn an
63) Schol z. Find. Pyth. 2, 15. ?*' di oho? (Kinyras) Unh-
)Mtyo? vik y-t‘i nätf ov, x«T Mov? KuQv^uidono? xai nwfia? ijj.
64) Odyssee 7, 58.
65) P 1 i n i u s 7, 57.
66) Apoilodor. 1, 3, 3. Pausaii. 4, 33, 4.
125
die Stadt Knrion und das ganze Land leitete seinen
Namen von seiner Tochter oder seinem Sohne Ky-
pros her®^). Seine Tocliter Eune heirathete laut
Pausanias®®) Teokros und daher betrachtete der ganze
Salaminische Königsstamm bis auf Evagoras und Ni-
kokreon herab sich als Nachkommen des Kinyras.
Eine andere Tochter Laodike wird nach Arkadien
an den König Elatos vermalt®“), um das Geschlecht
I der alten Könige Arkadiens mit dem kyprischen He¬
ros zu verbinden, weil gerade die Kolonie dieses Lan¬
des auf den kyprischen Kult bedeutend eingewirkt
hatte, wie bereits schon früher nachgewiesen wor¬
den ist. Eines Sohnes Araarakos’®) ist schon er¬
wähnt. Er heisst königlicher Knabe und Salbenfilh-
rer, welcher, während er gerade Salben trug, zufäl¬
lig fiel und durch die Ausgiessung einen noch gro¬
ssem Duft als vorher verbreitete: dies war die Ur¬
sache, dass man die besten Salben Amarakinische
nannte. Der Knabe wurde darauf in das Kraut Sain-
psuchon verwandelt, welches man später Amarakos
|i nannte. Die Deutung dieser Fabel ist leicht. Sam-
psuchon oder Amarakos ist der Name eines stark und
wohlduftenden Gewächses, wahrscheinlich einer Art
Majoran. Diese Pflanze, welche aufKypros sehr häu-
I fig vvuchs, wurde neben den Myrrhen am meistert
67) S. Thl. 1 S. 14 ff. vgl. S. 222.
68) Pausan. 1,3,1. 2,29,4. Vgl. Thl. 1, S. 215. Von Pa«^.
I \vird diese Genealogie noch mit ähnlichen griech. GeschleclUerii
verglichen.
69) Apollodor 3, 9, 1. Vgl. Thl. 1, S. 225.
70) Pomponius Sabinus b. Servius z Aen. 1, 697. P.
Platinae Cremon. B. 3. Quod Aegyptiis et Syria Sampsn-
i| cum appellavere, Diocles et Sicula gens Amaracum vocavit. Nar-
1' ratur in fabulis, hunc fuisse puerum regium u. s.w., es folgt die
I Geschichte wie bei Pomp. Sab.
126
beim Opfer der Göttin gebraucht ; auch Salben und
Oele wurden daraus bereitet, welche im Dienste der
Göttin angewendet wurden. Beide Gewächse wer¬
den personifr/.irt: Myrrha w'ard eine Tochter des Ki-
nyras, und die bekannte Mutter des Adonis, Am ara¬
kos ein Sohn des Kinyras, der als ein Opferknabe
in der Weise zu denken ist, wie wir den Kinyras
selbst und den Phaethon kennen gelernt haben, und
ein solcher hatte zu seinen Geschäften mancherlei
wohlduftende Salben nöthig. So entstand jene Fabel.
Gemalinnen werden uns vom Kinyras zwei ge¬
nannt. Die Mutter seiner Tochter Myrrha, mit wel¬
cher es selbst wieder den Adonis zeugte, heisst Ken-
chreis’*)* Dieser Name gehört in die Salaminischen
Mythen. Kenchreus oder Kychreus, wie er auch wol
genannt wird, ist König und Heros der Insel Sala¬
mis, Sohn des Poseidon und der Nymphe Salamis’*),
und herrschte daselbst vor Telamon. Auf Kypros ist
nun dieser Name auf eine Gemalin des dortigen Lan¬
desheros Kinyras übertragen, welche dadurch als eine
Tochter des Kenchreus bezeichnet wird; und beide
Länder w^erden auf diese Weise gleichsam verschwä¬
gert. Von jenem salaminischen Heros führt bekannt¬
lich auch der östliche Hafen von Korinth Kenchreai
seinen Namen, w’O man Aphrodite als Kenchreis
verehrte, welches auf Kypros des Kinyras Gattin ist.
Ebenfolls dem heimischen Sagenkreise von Salamis
gehören die kyprischen Nymphen Ende'ides’^) an,
denn Endeis war die Mutter des Telamon, uud des
71) Oviü. Metam. lO, 438. Hygin Fab. 68. Vgl. die sala-
minische Kolonie Thl. 1 S. 212.
72) Diodor 4, 72.
73) Hesychios ’ÄVdyiü*? : Iv Kinq<a,
127
Aiakos Gemalin ’*). Wir bewegen uns also hier auf
Kypros fortwährend in heimatlichen griechischen Um¬
gebungen. Auch die kyprischen Nymphen Peire«
thoi’'®) müssen von dorther ihre Erklärung finden,
nur ist es schwerer ihnen ihre Herkunft nach/.uwei-
sen, indessen nicht unwahrscheinlich, dass sie ent“
weder mit Peirene der Argivischen Danaos- Tochter,
oder mit der Tochter des Asopos, Peirene, Zusammen¬
hängen» Mit dieser hat Poseidon, welcher seihst Ken-
chreus heisst, einen Sohn Kenchrias gezeugt’®).
Mit seiner andern Gemalin Met har me, welche
eine Tochter des Pygmalion heisst, hatte er die
Söhne Oxypor>os und Adonis, welchen er nach
der gewöhnlichen Erzählung mit seiner Tochter Myr-
rha zeugt, und die Töchter Orsedike, Laogora
und Braisia”3* Apollodor erzählt von ihnen, dass
sie dem Willen der erzürnten Aphrodite gemäss sich
fremden Männern preis gaben und in Aegypten ums
Leben kamen. Dies ist eine Wiederholung ähnlicher
griechischer Fabeln; warum aber Aphrodite erzürnt
gewesen, wird nicht berichtet. Man wird sich aber
einen ähnlichen Grund erzählt haben, wie beim Zorn
der Aphrodite über Myrrha, nämlich dass sie den
Dienst der Göttin vernachlässigten, oder ihre Schön¬
heit über jene erhoben. Ihre Preisgebung an frera<le
Männer hat vielleicht darin ihren Grund, dass im
Dienste der Göttin eine solche Preisgebung ihrer
Schönheit an Fremde von den Jungen Mädchen ge¬
fordert wurde. Kinyras hat aber auch wie andere,
z. B, Danaos, Aegyptos u. s. w., fünfzig Töchter,
74) Pindar Nem. 5, 12 u. Schol. Apollodor 3, 12, 6.
/5) Hesydhios üelQij&oi : vüfiifut iv KvnQta,
76) Pausan. 2, 2, 3- 2, 3, 3.
77) Apollodor 3, 14. 3.
128
BDcf m ihre Sage wird Hera hinein geflochten. Sie
hatten die Hera neben sich verachtet, und wurden
dafür in die fünfzig Stufen ihres Tempels verwan¬
delt, wie auf dem Gewebe der Athena dargestellt ge¬
wesen war"®). Auch die Sage von den Halkyonen
wird auf die Töchter des Kinyras übertragen > indem
von ihnen erzählt wird, sie hätten die Aphrodite be¬
leidigt, und sich ins 3Ieer gestürzt; hier aber seien
sie in Eisvögel, Halkyonen, verwandelt worden, wie
die Töchter des Giganten Ilalkyoneus " ®).
In neue Verhältnisse und Kultverbindungen von
Kypros zur Zeit des Kinyras führt uns seine Ver¬
wandte Pelia. Ein gewisser Melus auf der Insel
Delos geboren, erzählt Servius®“)^ verliess sein Va¬
terland und floh nach Kypros, wo damals Kinyras re*
o-ierte, und einen Sohn Adonis hatte. Kinyras nahm
den Melus zum Genossen seines Sohnes an, und da
er sah, dass er von guten Eigenschaften sei, gab er
ihm seine Verwandte (propinqua), welche ebenfalls
im Dienste der Aphrodite stand, und Pelia hiess, zur
Ehe. Von dieser wurde ein Sohn, ebenfalls Melus
i geheissen, geboren, welchen er deswegen, weil Aphro¬
dite von der Liebe zum Adonis gefesselt wurde, gleich¬
sam als den Sohn des Geliebten am Altäre auferzie*
hen liess®*)» Hies soll doch wol nur so viel hei¬
ssen, dass er ein Priester und Opferknabe wurde, wie
Kinyras selbst vorgestellt wurde, Phaethon und Ama*
rakus, welche alle im Dienste der Göttin standen.
78) Ovid Metam. ö, 89 ff.
79) Eustath. z. II. 11, 20.
80) Zu Virg. Ekl. 8, 37.
81) Ex quibus nascitur Melus , quem pröpterea qubd Venus
Adonis amore teneretur, tamquam amati filium inter aras nutriri
jussit.
129
Nachdem aber Adonis vom Eber getödtet war, konnte
der alle Melos den Schmerz über den Tod des Ado¬
nis nicht überwinden, sondern bängte sich an einen
Baom auf, welcher nach ihm Melos benannt wurde.
An demselben suchte auch Pelia, seine Gattin, ihren
Tod. Aphrodite, aus Mitleiden über den Tod dersel¬
ben , richtete eine beständige Trauer für den Ado¬
nis ein**). Den Melos verwandelte sie in einen
Apfelbaum, welcher daher diesen Namen trägt, und
seine Gaitin Pelia in eine Taube. Den jungen Me¬
los aber, welcher noch allein vom Geschlechte des
Kinyras übrig war, liess sie mit einer auserlesenen
Mannschaft nach Delos zurükkkehren. Als er zur In¬
sel gekommen war, und sich seines Reiches bemäch¬
tigt hatte, gründete er die 8tadt Melos, und da er
zuerst lehrte, die Schaafe zu scheeren, und Kleider
aus Wolle zu verfertigen, so nannte man die ISchaafe
fir/Xa. Obgleich diese Sage nicht ganz rein erhalten
zu sein scheint, so möchten uns doch dadurch alte
Kultverbindungen von Kypros nach den Kykladen hin
gesichert sein. Neben dem Apollonkult auf Delos be¬
stand ein nicht unbedeutender Dienst der Aphrodite
daselbst, und am wichtigsten ist die dortige soge¬
nannte alte Aphrodite. Dann steht Naxos durch The-
seus und der Ariadne Sagen mit Kypros in Verbin¬
dung, wodurch der Dienst der Ariadne- Aphrodite auf
Kypros entstand. Nähere Erläuterungen über diese
Gegenstände geben wir an andern Orten. Aber auf
die Namen müssen wir hier noch aufmerksam machen.
Im Melos und in der Pelia werden die beiden Ge¬
genstände aus dem Thier- und Pflanzenreich zu Per-
82) Adoni luctum continuum praestitit. lieber den Tod;des
Melos u. der Pelia, soll aber wol eigentlich über den Tod des
Adonis sein.
II,
9
13U
«oncn erhoben, welche der Göttin vor allen geweiht
sind, und die Pelia als eine Tochter des Kinyras
erinnert uinvillkörlich an die Peliaden, die weis¬
sagenden Priesterinnen zu Dodona®*}, wo jene im
Dienste der Aphrodite standen, wie die Pelia aufKy-
pros. Wenn der auf Kypros geborne 31yelos bei der
Uebernahrae der väterlichen Herrschaft auf Delos die
Wolle der Scliaufe scheereti und diese künstlich ver¬
arbeiten lehrt, so ist auch dies ein im kinyreischcn
Zeitalter gewonnener Fortschritt in der Kultur auf
Kypros, welchen 31elos hier nach Delos überführt.
Am wichtigsten ist das Geschlechtsregister, wel¬
ches den Kinyras in die attischen 3lythen verflocht,
und zu einem IN’achkoimnen des Kekrops machte. Es
ist an einem andern Orte nachgewiesen worden*^),
wie die kyprischeu Athener den Stammheros und den
Repräsentanten der attischen Urzeit, den Kekrops mit
seinem Geschlecht und Kult in die neue Heimat ver¬
pflanzten. Wie Theseus in der alten Heimat, so musste
auf Kypros, der neuen Heimat, Kinyras von ihm ab¬
stammen; und zwar auf folgende Weise®*). Kekrops
zeugt mit der Agraulos die Kinder Eurysichthon,
Agraulos, Herse, Pandrosos. Herse vermält sich mit
Hermes und gebiert den Kephalos. Den Kephalos
entführt Eos aus Liebe nach Syrien, uud gebar von
ihm den Tithonos. Dieser zeugt den Phaethon, des¬
sen Sohn Astynoos war, der Vater des Sandakos. Der
leztere kam aus Syrien nech Kilikien, gründete die
Stadt Kelendoris, ehlichte die Pharnake, des 3!eges-
83) Servius zu Virg, Ekl. 9, 13. [Lingua thesala Peliadei
et columbae (eO vaticinatrices vocantur.
84) S. Thl. 1 S. 183 ff.
8ä) Apollodor. 3, 14, 2 ff.
131
sares Tochter und zeugte den Kinyias. Dieser ging
mit einem Haufen Volkes nach Kypros hinüber und
gründete Paphos. So erhalten wir folgende Geschlechts¬
tafel des Kinyras.
Kekrops, Gern. Aglauros.
I ,
Erysichthon, Aglauros, Herse Gera. Hermes,
Paudrosos
I
Kephalos Gera. Eos.
I
Tithonos
I
Phaethon
1
Astynoos
I
San dakos Gera. Pharnake.
I
Kinyras Gera. Metharme*
In dieser Genealogie sind drei Mythenkreise verfloch-
iten, das Geschlecht des Kekrops, eine Gruppe grie¬
chischer Lichtwesen mit Kephalos und Eos, und phö-
nikische Namen. Alle stehen in Beziehung auf Ky¬
pros und werden hier unter die Ahnen des Kinyras
gebracht. Das Ausführliche über Kekrops und Ke¬
phalos und Eos müssen wir spätem Orten vorbehal-
Iten ’®). Hier bemerken wir nur, dass die Flucht
der Eos mit Kephalos nach Syrien nur aus dem Grunde
jgedichtet sein kann, um die phönikische Heimat des
Kinyras daran anzuknüpfen, was um so eher gesche-
'hen konnte, als Kinyras auch selbst Herrscher der
Syrischen Länder heisst. Ohne diesen Grund würde
Eos schwerlich weiter als bis Kypros geflohen sein, '
ia diese Genealogie weiter keinen Zwekk hat, als
lie heimatlichen griechischen Mythen mit den kypri-
86) S. unten die Abschnitte Phaethon u. Kekrops,
9^
132
sehen y-a 'verbinden. Aber nicht unöiittelbar von Sy¬
rien geht dies Geschlecht des Kepros nach Kypros
hinüber, sondern erst nach Kilikien, weil durch die
Sage von den Tamiraden Kultverbindungen mit die¬
sem Lande bestanden.
Wie Eos hier den Kephalos aus Liebe raubt und
entführt, so thut dasselbe schon bei Hesiodos Aphro¬
dite mit dem Fhnethon, welcher in dessen Genealogie
wie auch hier fciohn des Kephalos und der Eos heisst,
und bestellt ihn za ihrem Teinpelwart und Opferkna¬
ben, wie den Kinyras. Wie in der Flucht nach Sy¬
rien, so ist auch in dem phöuikischen Namen das Be¬
wusstsein von Verbindungen mit jenen Ländern fest¬
gehalten. aber nur äusserlich , leicht und flüchtig , da
es die ft^ache nicht weiter erforderte, denn die pbö-
nikischen Wesen, welche hier als Vorfahren des Ki-
iiyras erscheinen, sind es nur dem Namen nach, und
auch dies nur zum Theil, sind aber in Wirklichkeit
Nachkommen des Kekrops, des Kephalos und der Eos.
Ästynoos kommt sonst nur noch in den troischen My¬
then als ein Sohn des Priamos vor *’)• 8andakos
erinnert an Sand an, einen Äethiopier, welcher nach
Ammianns MarcelHnus Tarsos gegründet haben sollte,
beide aber an Sandon, den Assyrischen sogenann¬
ten Herakles, welcher auch auf Tarsischen Münzen
oachgewiesen ist. Die Pharnake haben w'ir oben als
87) Ilias 5, 144, Apollo dor 3, 12, 5.
88) üeber diesen Namen u. ähnliche vgl. Au g. Fr ied. Pott
Etymolog. Forschungen S. 54 Einltg: Vielleicht findet Jemand
in: 0 äno Kifi^S AMHoS £ap(fmx>]S 6 &a/xaglov
Herodot 7, 194. Herleitungen von jenem Säpdaxos u. dem
Thamnus (Kreuser 2, 91) wenngleich einer der Herakles- und
der Adonisfeier (Kreuzer 2, 110) nicht günstig ist — Ohne hier¬
über weiter ein ürtheil abgeben zu wollen , bemerke ich nur,
dass Verfolger des Adonis allein der griechische Herakles ist.
I
133
pontische Gottheit bezeichnet. Für Megessares, ihren
Vater, fehlen die Vergleichungen.
Auf eine merkwürdige Weise finden wir den Ki-
nyras in den Assyrischen Oenealogieen der Chrono¬
graphen **) wieder. Kronos überlässt seinem Sohne
Pi kos mit dessen Gemahn Rhea oder Serairamis
Assyrien, und geht selbst ins Abendland. Dort freit
er die Philyra, von weicherer einen Sohn Aphraos
hatte. Dieser heirathet die Astynoiue von der Insel
Lakeria und zeugt eine Tochter A ph r od i te. Diese
war eine Philosophin und heirathete den Adonis, Sohn
des Kinyras, wxlcher ein Athener und selbst ein
Philosoph war. Beide trieben die Philosophie bis an
ihr Ende, — In dieser Genealogie ist für uns wenig¬
stens das interessant, dass auch hier Kypros noch eng
mit Athen verbunden wird, indem Kinyras selbst ein
Athener heisst, während er sonst als Herrscher, He¬
ros und Sänger immer nur unter griechischen oder
phrygisch-Iydischen Umgebungen aufgeführt wird, un¬
ter phöuikischen aber nie. Mit der Insei Lakeria kann
nur Kypros gemeint sein. Die Astynome erinnert au
den Astynoos einer andern Genealogie.
An diese Sagen vom Kinyras schliessen sich die
mythischen Vorstellungen von zwei andern alten Herr¬
schern von Kypros, welche wir zwar nicht mehr in
unmittelbarer geschlechtlicher Verbindung mit Kiny-
ras finden, welche aber doch, wie nicht zu bezwei¬
feln steht, mit ihm in einer solchen gestanden haben,
lind die als mythische Herrscher wenigstens ihm zur
Seite gestellt werden müssen. Andern ähnlichen grie¬
chischen Mythen ist die Sage nachgebildet, welche
89) Chronilcon Paschale S. (37) 66 Bonn. Ausg. Ge¬
orgias Kedrenos Chronogr. S. 28. Bonn, Aus?,
134
berichtet, dass bei dem Orte Alkathos auf Kypros,
dem Mestor ein Knabe g;eboren wurde, welcher aus
Bedenken über eine unregelmässige Zahnbildung aus-
gesezt wird. Eine Ziege soll ihm aber die Brust
gereicht haben und so erzogen soll er zuerst Aigi-
nomos, darauf aber Euryptolemos genannt sein^
und über die Kyprier geherrscht haben®“). Alkalhos
heisst ein Sohn des Pelops, der Aater der Periboia,
mit welcher sich Telamon, der Herrscher von Salamis,
vermalte®*). Mestor kommt sonst im Geschlechte
des Perseus vor®^), oder auch als ein Sohn des Pri-
amos®®). Ein König Mastor wohnte auf Kythera, des¬
sen Sohn Lykophron wegen eines 31ordes zum Ajas
geflohen war ®^).
Das Eiland Salamis hatte von der Nymphe Sa¬
lamis, Tochter des Asopos, mit welcher Poseidon den
Kenchreus zeugte, seinen Namen. In Kypros dich¬
tete man einen König Salamis als Beherrscher der
Kyprier. Seine Tochter hiess Kitia oder Amyke,
welche an Kasos, den Sohn des Inachos^ hinüber
nach Syrien verheirathet wurde®'). Diese Erzählung,
wenigstens der leztere Theil derselben, ist nur sehr
jung. Als man nämlich die Einwohner Antiochiens
als uralte Kolonieen von Athen und Argos herleiten
wollte, und man auch die Io auf ihren Wanderungen
in die Gegenden des Berges Kasos in Syrien kom¬
men liess, muss es für zwekkmässig geschienen ha-
90) Pollux 2, 4.
91) Apoliodor 3, 12, 7.
92) Apoliodor 2, 4, 5.
93) Apoliodor 3, 12, 5.
94) Homer 11. 15, 430 ff.
95) Libanios in d. Rede auf Antiochien. Melalas 8 S.
201. Vgl. Thl. 1 S. 240 ff.
135
ben, die ang-ebüchen Athener und Argiver daselbst
auch an die Kyprier dieser Stämme anzukoupfen, um
sich durch eine solche Verwandschaft mit diesem durch
Kult, Mythen und Urgeschichte so glänzenden Lande
zu verbinden. Die kyprischen Dotter wurden selbst
in Antiochien eingeführt, und den Namen Amyke er¬
hielt Kitia, des Salamis 'rechter, um den Namen der
Gegend Amyke am Berge Kasos , wo sie auch be¬
graben liegen sollte, von ihr herzuleiten.
Ist uns dieser Mythos des Kinyras schon an und
für sich als des Heros von Kypros in seinen priester-
lichen Beziehungen wichtig, so wird er es für uns
noch mehr dadurch^ dass das ganze, um ihn gewobene
Sagengespinnst uns so recht eigentlich in die Werk¬
stätte der kyprischen Mythenbildung und Kultvorstel¬
lungen blikken lässt. Wenn wir nun hier lernen,
welcher Geist im kyprischen Kulte lebte^ so muss uns
dieser Mythos zugleich als Richtschnur in der Beur-
theilung des ganzen Kultes, natürlich namentlich was
die Aphrodite angeht, dienen. Was von vorn herein
nachzuweisen gesucht ist, dass der Kult der Aphro¬
dite mehr durch die Griechen und im Geiste dersel¬
ben ausgebildet ist, als durch die Phöniker, muss hier
noch seine Bestätigung erhalten, da wir uns hier im
Mittelpunkte des Kultes befinden, welcher nach der
gewöhnlichen Ansicht nichts als phönikisch sein und
so dem übrigen Griechenland und der ganzen Welt
sich mitgetheilt haben soll. Deutlich tritt hier hervor,
wie die überwiegenden, die eigentlich lebendigen und
wirkenden Elemente auf Kypros griechisch mit phry-
gischen Bestandtheilen sind, dass das Orientalische
sogar in höherem Masse zurükktritt, als wir es der
Wirklichkeit nach annehmen dürfen, denn hier ist das
Orientalische nur als bloss lokkere und äusseiiiche Ver-
136
biiulKti«: aufgefasüst, wie eine solche wol KwiscUen
IMachharländern stattflndet, es ist nie als wirklich, son¬
dern immer nur als scheinbar orientalisch hingestellt.
SaZTTSB. ABSCHZrZTT.
Kult und Festfeier.
Das Idol, unter welchem die Aphrodite zu Pa-
phos verehrt wurde, war keine menschliche Gestalt,
sondern ein aus der schlichten Natur hergenoininenes
Symbol, unter der Form eines Kegels ’), oder einer
Pyramide von weisser Farbe nach des Maximos von
Tyros*) Meinung. Servius 3 ) vergleicht das Sym¬
bol mit einer Meta, oder einem Nabel, und durch
dies Symbol mag zuerst die Benennung Nabel der
Erde für Paphos entstanden sein, wie es auf ähn¬
liche VFeise in Delphi geschah. Es stand, nach den
Abbildungen zu urtiieilen, iui Adyton des Tempels, von
Kandelabern umgeben. Wir finden dies Symbol in
der Form eines Kegels auf sehr vielen Münzen und
Gemmen, und die wenigen auffälligen Verschiedenhei¬
ten ^), welche mau bemerkt, scheint man auf Bech-
1) Herodian 3, 3. U^os rk ion x(ii(o9ey Xriymp ils
Vgl, 5, 3,
2) Maximos! v. Tyr. Dialexis 38. üaqioig (xiv ij 'A<fQo-
raff n^ug to J« aya\utt ovx dp (Ixüdccig dklco xta ^ nvQu-
filA Xfvxg' j df vX>} dyposlna.
3) Servius z. Virg. .Aen. I, 719. Ajjud Cyprios Venus in
modum urabilici, vel, ut qiiidam volunt, metae colitur. Aehnlich
wurde die Kybele unter einem einfachen Steine verehrt.
4) Munter in d. Abhdlg. über d. Tempel der himml. Göttin
■AU, Paphos S. 14.
137
nuno: (ier Künstler sezen zu müssen, von denen der¬
gleichen Steine geschnitten wurden, ohne dass sie
je das Original gesehen hatten ; oder sie entspringen
aus den verschiedenen Zierrathen, womit das kegel¬
förmige Bild geschmükkt war, wie Halsbändern, Blu¬
mengewinden und dergleichen, auch metallenen Bingen,
einem goldenen Knopf, einem Nimbus, wofür Munter
die Scheibe auf einem geschnittenen Steine hält, und
auch auf einem herkulanischen Wandgemälde zu er¬
kennen glaubt. Die Pergamenische Münze, welche
als Gepräge den Tempel der Paphischen Aphrodite
mit der Aufschrift IIAOIA trägt, hat ebenfalls den
zugespizten Kegel mit einem Kopf oben und zwischen
zwei Pyramiden. Dodwell ’ 3 auch zu Korfu
drei und einen halben Zoll hohe Kegel ausgebrann¬
ter Erde mit der Inschrift 'AtpQodkij,
Was die Bedeutunor dieses einfachen Idols an-
langt, so ist es nicht das hohe Alter, wie Munter a.
a. 0. meint, welches diese rohe Formen schuf, son¬
dern es lag unter diesem Kegel ein tieferer Sinn ver¬
borgen. Der Phallos war lediglich nichts als das pe-
lasgische Symbol der zeugenden Kraft, welche der
Aphrodite als Naturgottheit anhaftete, und durchaus
nichts Anstössiges in ihm, obgleich er später allerdings
ein Zeichen der sinnlichen Liebe und der Unzucht
wurde, in welche der gemeine Dienst der Göttin aus¬
artete. Der Phallos war eine göttliche Form, wie
die Sphäre und der Zylinder, und seine geläuterte
Gestalt war der Kegel ® ). Daher standen auch am
Eingänge des Tempels zu Paphos zwei hohe Phal-
5) Dodwell Reise durch Griechenland !, 1, 8.43. Voyage
pittoresq. d. 1. Grece 2, S. 171. zit. v. Münter a, a. O.
6) Klemens v. Alex, Frotrept, 2, S. 13. Arnobius adv.
gentes 5, 8. iiia.
138
len, oder vielleicht Kandelaber wie auf den Abbil¬
dungen zu sehen ist. Wie dieser Kegel an die hei¬
lige Grundidee der Aphrodite erinnerte, so wurde
sie zu Athen in den Gärten unter vierekkiger Ge¬
stalt verehrt. Dies Bild war ganz einer Herme gleich,
und führte die Aufschrift: Aphrodite die allste der
Mören. Wie der Sinn dieses Namens eine tiefe Be¬
deutung hat, so auch die Form des Bildes. Der sym¬
bolische Sinn des paphischen Bildes ist auch von den
Schriftstellern hinlänglich angedeutet. So sagt Ta-
citus, es liege in ihm eine geheimnissvolle Beziehung,
obscura ratio, und Philostratos ’ ) erzählt, Apol-
lonios von Tyana sei auf seiner Reise auch nach Pa-
phos gekommen, habe dort das bedeutungsvolle Sym¬
bol der Göttin, \4ffqodhng töog. öv^ißohxtSg IdQVfievov,
bewundert, und die Priester eifrig dazu angehalten,
dass sie den Dienst im Tempel heilig und gewissen¬
haft verrichten sollten. Auf den Münzen leuchten im¬
mer zu den Seiten des Symbols zwei Fakkeln, ent¬
weder zur Andeutung der nächtlichen Orgien, und
der nächtlichen Verehrung der Aphrodite, zu wel¬
cher man die Fakkelbeleuchtung liebte, oder weil stets
im Tempel der Göttin ein Nachtlicht brannte. Zur
Besorgung des nächtlichen Dienstes befand sich ein
Hüter*^im Tempel, wie schon von Hesiodos ein nächt¬
licher Tempelwart unter dem Namen eines vrionoXog
vh^og angegeben wird )5 diesen pflegte man sich
als einen Knaben zu denken, zu dessen wesentlichen
Fio-enschaften die Schönheit gehörte, und die mythi¬
schen Repräsentanten eines solchen waren Phaethon,
Kinyras, Amarakos, Melos®). Vielleicht sollten die
philo str. im Leben des Apoll v. T. 3, 16.
8) Hesiod. Theog. 988.
9) s. d. Kinyras Anm. 3. 4 ff. 81.
139
Fakkeln auch zur Erleuchtung des vordem Tempel¬
raums dienen, wahrend das Idol iin dunkeln Adyton,
im Innern ruhte.
Ausserdem wird uns noch eine Art kleiner Aphro¬
ditebilder zu Paphos erwähnt, welche, wie es scheint,
verkauft werden konnten. Wenigstens berichtet Athe-
naios^®) aus einer Schrift des Naukraliten Polychar-
mos über die Aphrodite, dass Heroslratos, ein Bür¬
ger von Nankratis, gegen das Jahr 685 in Handels¬
geschäften nach Paphos gekommen sei, ein spannlan¬
ges Bild der Aphrodite von sehr alter Arbeit gekauft
und mit sich nach Naukratis genommen habe. Mün-
ter *') meldet, dass sich zwei solcher Bilder in Kop¬
penhagen befänden, dass eine von vier Zoll und ei¬
ner Linie, das andere von zwei Zoll und vier und
einer halben Linie, von denen man aber nicht hätte
in Erfahrung bringen können, woher sie gekommen
seien. Aecht wären sie und etwas bauchig, ihr Ma¬
terial sei ein brauner und weiss gestreifter Kalk, Sta¬
laktit genannt, welcher auf Kypros sehr viel vorkomme.
Ausserdem giebt noch Clarke * *) Nachricht von mehr
als fünf und dreissig kleinen Idolen aus Terra cotta,
Kalksteinen und Marmor, die zu Larnika gefunden,
nach England gekommen und alle aus einer sehr frü¬
hen Periode herstammen sollen. Ihrer Gestalt nach
sollen sie sich sehr allgemein halten, und mehr den
Vorstellungen der Demeter als der Aphrodite gleich
kommen. Bei der grossen Annäherung, welche zwi¬
schen Demeter und Aphrodite stattfindet, dürfen wir
wahrscheinlich nicht anstehen, sie der Aphrodite zu-
10) Athenaio s 15, 675.
11) Munter a. a. O. S. 19.
12) Clarkes Travels Tom. 2. 1. S. 316. Bei Munter
a. a. O.
140
zueignen, ungeachtet sonst die Demeter auf Kypros
verehrt wurde 5 allein so viele Bilder von ihr möch¬
ten sich wol nicht an einem Orte daselbst vorfinden.
Ein solches Bild, wie Clarke sie beschreibt, stimmt
nach Material und Grösse mit jenem, welches man
dörgaxig nannte, denn der Name zeigt auf ge¬
brannten Thon. Sonst hiess ein gewchnliches Aphro¬
ditebild '‘Atpqodißiov ' * ) 5 SO nannte man indessen auch
den Tempel der Aphrodite und selbst den Bei¬
schlaf * ®).
Hiermit ist nun aber keinesweges behauptet, dass
diese kleinen Bilder, mit denen sich auch ähnliche
des Bakchos mit mystischer Bedeutung an andern Or¬
ten vergleichen lassen * ^), die einzigen bildlichen Dar¬
stellungen der Göttin gewesen seien. Man wird dort
auch andere grössere Kunstwerke gehabt haben, und
auf ein lebensgrosses Bild der Göttin aus sehr alter
Zeit, und aus Elfenbein, deutet schon die bekannte
Erzählung des Pygmalion, welcher es liebte und durch
sein Flehen ihm Leben einhauchte'®). Doch befindet
sich keins der berühmtesten Aphroditebilder griechi¬
scher Künstler auf Kypros, sondern in Knidos, Kos
und Elis. In Sikyon trug das Bild der Aphrodite
auf dem Haupte eine Weltkugel, in der einen Hand
hielt sie einen Apfel, in der andern einen Mohnkopf.
Die Bedeutung der Fruchtbarkeit und der Fortpflan-
13) Hesychios ’OdTqaxk: äyaXfxdnoy n ’AfQodu^i.
14) Athen. 13, 585. AtfQodictop el nquhiikovg.
15) Bekker Anekd. S. 492. A'fqodiatov XO'wv to t?? 'A'fQodi-
n^s idog 11. oft. , - -
16) Zonaras in Lex. ’dqqoMawv: tqyov Aqqookr,g, ka^^avt-
tm y.ul inl rmp IdyvoiP r.ai mqi tsvpovcias xai Offodqdk
diaxujxivftiv.
17) Lukian Syr. Göttin Kap. 28.
18) Klemens v. Alex. Protr. S. 50..
141
zoD^, welche auf Kyproa der Phallos vorstellt, er¬
kennen wir hier im Apfel und Mohnkopf, dem Polos
auf dem Haupte lie^t aber noch eine höhere und er¬
habenere Idee zu Grunde, welche an ihrem Orte er¬
läutert werden wird.
Die Auwenduns: des Phallos als eines bedeut“
Samen Symbols iia Aphroditekult ist iridess nicht auf
das allgemeine Idol der Göttin beschränkt, sondern
jeder, welcher in die Mysterien der Göttin eingeweiht
wurde, erhielt einen kleinen Phallos '*) und etwas
Salz in die Hand, und musste ein Stükk Geld an
die Göttin erlegen, ln dem Phallos liegt die Be¬
deutung der Fortpflanzung, das Salz zielt entweder
auf das Meerwasser, aus welchem Aphrodite geboren
sein sollte, und die Geburt der Aphrodite aus dem
Meere stellten die Mysterien dar, wie Himerios sagt*
19) Klemens v. Alex. Protr. Kap. 2, S. 13. ‘ff fi'tv ovy
et’ypoyfi'jjf T€ xai xmQoyiy^i, ^ KiyvQu qiiri, T^y’AqQodinjv Uyio, TtjP
qtkofi*)6iu 1 m fitjdicjy i^tqaaydtj, firjdfuiv ixilymy xmv dnoxtxo^iyiov
OvQttvov , TÜjy Xdyymy, rwv fitru rtfy To/u^y To xl'/uk ßtßtao'/^iyoiy. (t)S
dffiliyctiy vfüv /uogluty d^tos 'Aq()odirt] yivtmi. xa{inh? iy lals TiXfTu'k :
juikri? TtfXaylas ^doyrA Tixfx^Qi,oy Tijs yoytji, uXdjy /oydgos xai
qäilog Tois (xvo^voi? Tr,y Ti'/yrjv T>jy f^otytxrjv inididuTM. Nöfufffxn de
tkqiQovßU' avT^ ol fxvo/utyot, tos iralQa iqaerai. Arnobius adv.
gent. 5, 19. Nec non et Cypriae Veneris abstrusa illa initia prae-
tereamus, quoriim conditor indicatnr Cinyras rex fuisse, in qui-
bus sumentes ea certas stipes inferunt, utmeretrici; et referunt
Phallos, propitii numinis signa, donatos. Firmicus de errore
prof. relig. S. 425. Gronov. Audio Cinyram Cyprium templum
amicae meretriciae donasse; ei erat Venus nomen. Initiasse et-
iam Cypriae Veneri plurimos et vanis consecrationibus deputasse.
Statuisse etiam ut quicunque initiari vellet, secreto Veneris sibi
tradito, assem in manum mercedis nomine deae daret,
20) Himerias Rede auf d. Ank. der Kypr. tds de udipae
iumus, aXnyeg noxi eltn, fivaxtxot loyot XQvnxety xelevovet. xat ide»
yetQ lotnoy exxvtjd-i^yae tijv dalfioya. Vgl. Anm. 19,
142
oder es liegt diesem Gebrauch noch eine andere phy¬
sische Aedeutung unter. Das Geld musste an die
Göttin entrichtet werden, weil der durch den Phallos
schon angedeutete Akt des Beischlafes hier in den
Mysterien wirklich vollzogen wurde, um den allge¬
meinen Zeugungsprozess der natürlichen Dinge hier
beim Menschen zu veranschaulichen und zu verwirk¬
lichen. Dass der Beischlaf an den Mysterien wirk¬
lich vollzogen wurde, darüber kann kein Zweifel mehr
sein, und selbst Liebende mussten es thun, welche
sich in die Mysterien einweihen Hessen^ aber die Er¬
legung des Geldes dabei ist eine babylonische Sitte,
welche auf Kypros eingeführt wurde, da Mylitta ei-
o-entlich den Genuss des Beischlafes erforderte, ihre
Stelle aber die dazu gehaltenen heiligen Dienerinnen
vertraten.
Die Hierodulin ist ursprünglich ein durchaus recht¬
licher Zustand und nichts Unreines an ihm. Es wa¬
ren die Diener und Dienerinnen im Tempeldienste ei¬
ner Gottheit, Sklaven und Sklavinnen der Gottheit,
welche geschenkt und geweiht wurden"'); sie konn¬
ten zwar frei gelassen werden, mussten aber ihr Le¬
ben lang dem Tempel dienen. Sie wohnten in den
Vorliöfen und Umgebungen der Tempel, einzelne wur¬
den auch in einzelne Zellen eingesperrt. Ob nun
schon ursprünglich mit den weiblichen llierodulen im
Kult der Aphrodite die Verpflichtnng zur Unzucht ver-
21) Hirt die Hierodulen S. 17ff. Böckh Pindar 2,2 S. 608.
Corp. Inscr. Gr. 1, 1608 S. 783. Müller Dor. 1, 25.S. Heyne
de Babylon, relig instit; ut mulieres ad Veneris templ. prosta-
rent, Com Gotting vol. 16 S. 510. Gewiss ganz unpassend ist
die Ansicht Yon Wiinter Relig. der Karthager, dass diese Ein¬
richtung sei, eine Milderung der ursprünglich rohen Sitte auch
der Natur- u Mondgöttin wie dem Sonnengotte Menschen und
zwar Jungfrauen zu opfern-
143
bunden gewesen jj^darf nicht so ohne Prüfung hinge¬
nommen werden, obgleich es allgemeine Sitte wurde.
Indem Herodot^ *3 babylonische Sitte erzählt, dass
sich jede Frau einmal in ihrem Leben im Tempel der
Göttin preisgeben musste, knüpft er hieran die Er¬
wähnung, dass eine ähnliche Unzucht auch auf Kypros
stattfinde* ^). Näheres darüber berichtet Justin**). Es
sei bei densKypriern die 8itte gewesen, dass die
jungen Mädchen vor ihrer Verheirathung sich an be¬
stimmten Tagen ans Gestade begäben, um durch Preis-
sebung an fremde Männer sich ein Heirathsgut zu
erwerben, und Äthenäos sagt: die lydischen Frauen
seien zwar willig für Jedermann, mehr aber noch die
kyprischen, indem alle Mütter ihre Töchter der Buh¬
lerei widmeten. Genau mit der kyprischen Sitte stimmt
ein etruskischer Gebrauch der Jungen Jlädchen sich
ein Heirathsgut zu erwerben. Es kann nicht bezw ei-
felt werden, dass religiöse Vorstellungen die Veran¬
lassung waren, und die asiatischen Sitten haben hier
nur eine bestimmte Form erhalten. In ihrer Ehe durf¬
ten sie es aber nicht mehr, denn auf den Bruch der¬
selben stand die harte Strafe, dass eine Uebertreterin
der ehelichen Geseze für eine öffentliche Hure erklärt
22) H ero dot 1, 199.
23) Athanas. Orat. d. Cv.^Enmlvourt? Jt vtjP dctßfMv tTsgot,
TiQoqccatt' Tr,s nvTUiv tvQidiog xal iavrutp xaxiag, rr,p ^(fopijp, xai
triP ini9vfxiap, &fonoi,ijaapiig , TtQogxvpovOiP. otog ianp na^' uhnlg
xai ^ ip ndifo) ’A(fQodkt]. Arator Hist Apost. 2. Cyprura
Salaminaque linquens Pergit adire Paphum ; quae fertur Amori-
bus olim Dedita, sacriiegae mansisse libidinis antrum, Aligeros-
que vagos studio coluisse proeaci. Aus Meurs. S. 45.
24) Justin 18, 5. Plautus Cistellaria 2, 3. 20, Non est
hic ubi ex Tusco more Tu tibi indigne dotem quaeras corpore.
25) Athen. 12,516. Was er u. Justin v. d. Kypriern u. Ly¬
dern sagen, berichtet Augustin. Civ.Dei 4. !0 v.d Phönikern.
144
wurde. rJie oft nacho:ewicsene Uebereinstlmmnng
zwischen den Kypriern und lydischen Völkern finden
wir auch hier wieder. Vor der Ehe mussten sich
auch die lydischen jungen Mädchen der Göttin wei¬
hen, nach ihrer Verheirathung war eine Gemeinschaft
mit einem fremden Mann streng verboten*®). Die
Schaara musste der Göttin geweiht werden, nachher
durfte sich ihrer der Mann erfreuen. Diese kyprische
Sitte sticht sehr von der Wichtigkeit und Sorgfalt
ab, mit welcher man sonst im hellenischen Leben auf
die Erhaltung der jungfräulichen Keuschheit bis zur
Schwelle des Brautgemachs bedacht war. Da in den
übrigen griechischen Ländern die Mysterien der Aphro¬
dite ebenfalls gefeiert wurden, und ihnen, wie sicher
anzunehmen ist, überall derselbe Gedanke zu Grunde
liegt, so geräth man in Verlegenheit,' dass man nicht
weiss, wie es dort, ich nenne z. B. auf Kolias, mit
der Keuschheit im Mysteriendienst gehalten wurde,
ob der Beischlaf hier wirklich und an jungen Mäd¬
chen vollzogen wurde; was mit den übrigen Sit¬
ten nicht stimmen will; oder ob die llierodulinnen
hier genügten. Ganz, glaube ich, darf man auch hier
nicht die Vollstrekkung des Beischlafes bei jungen
Mädchen leugnen, namentlich, wenn sich Liebende
einweihen Hessen. Dass mit diesem Mysteriendienst
nicht die allgemeine Ausgelassenheit an den Aphro-
disien vermengt werden darf, versteht sich von selbst.
Mit der allgemeinen Sitte, dass die jungen Mäd¬
chen auf Kypros sich der Göttin weihen mussten, w'iirde
es sich durchaus nicht vertragen, wenn wir die Nach¬
richten von dem Kulte auf dem Berge Olyrapos zu
Kypros so wörtlich nähmen, wie sie von den Bericht-
26) Ailiam. Verschied. Gesch. 4, 1.
145
erstattern gegeben sind. Auf dem Berge Olympus,
in welchen die östliche schmale und gebirgige Land-
spize von Kypros ausläuft, steht, wie Strabon
meldet, ein Tempel der Aphrodite dxgaicc^ weil sie
auf der Höhe verehrt wurde, den aber Frauen weder
beschauen noch betreten durften. Es ist mir sehr
w ohl erinnerlich, dass es anderswo Tempel gab, w’elche
Frauen nicht betreten durften, dennoch bin ich über¬
zeugt, dass hier auf Kypros keine ähnlichen Gründe
für diese Sitte angenommen werden dürfen, Avie an
dersAvo; denn eine Feier und Verehrung der Aphro¬
dite ohne Frauen ist nicht denkbar, ja eine Unmög¬
lichkeit. Unter den Frauen, Avelche von dem Tempel
ausgeschlossen waren, können wir daher nur verhei-
rathete Frauen verstehen, welches nicht allein dem
Gebrauch an den Aphrodisien im Allgemeinen ent¬
spricht, sondern der kyprischen Sitte noch insbeson¬
dere, Amn der die Ehrbarkeit so streng gefordert
wurde. Nur die Hierodulen mögen hier getobt und
die jungen Mädchen ihre Schuldigkeit gethan haben.
Dies stimmt auch ganz mit der Beschreibung des
Klaudian überein. Man braucht diese nur zu ver-
27) Strabon 14, 682. ^ cT’ dxQmQtia xccltlTca "oXvfinoS, ej(ov<t»
'AfQodirtj? 'AxQcdccg va'ov, advrop yvvcu'il y.cd äogamv.
28) Klau di an Nupt. Honor. et Mar 6.i ff. Vgl. Thl. 1 S, 88.
Vivunt in Venerem frondes omnisque vicissim
Felix arbor ainat : nutant ad mutua palmae
Foedera; populeo suspirat populus ictu;
Et platani platanis alnoque assibilat alnus;
Labuntur gemini fontes ; liir dulcis^ amarus
Alter, et infusis corrumpunt mella venenis.
Hic habitant nullo constricta Licentia nodo,
Et flecti faciles Irae, vinoque madentes
Excubiae, Lacrimaeque rüdes, et gratus amantum
Pallor, et in primis titubans Audacia furtis,
II.
10
146
gleichen, um sich ganz von unserer Ansicht zu über¬
zeugen. Kein Schnee und Reif bedekkte die Höhe,
kein Wind und Regen wagte ihn zu bewegen und
zu schlagen, er war ganz der Wollust und der Aphro¬
dite geweiht. Ein ewiger Frühling blühte hier. Die
Felder grünten ohne die Hand des 31enschen, kein
Vogel ausser dem, welcher die Probe des Gesanges
bestanden hatte, fand dort seine Stätte. In Liebe
säuselten sich die Räume entgegen. Zwei Quellen
sprudelten dort, eine süsse und eine bittre, aus denen
für die Liebenden Lust dem einen, Qual dem andern
floss. Dort toben die Leidenschaften der Liebe und
ihre Schrekken, welche Klaudian mit grellen Farben
hinstellt. An diesem Orte stand nach demselben Dichter
die Burg, welche Hephaistos der Aphrodite erbaut
hatte, als er sie als seine Gattin heimführen wollte.
Eine lydische Sitte lässt sich bei diesen Kultgebräu¬
chen wieder zur Vergleichung anführen. Der soge¬
nannten Artemis zu Ephesos, welche ganz aphrodisi¬
scher Natur ist, wurden ähnliche Umzüge wie der
Aphrodite gehalten, und Wallfahrer kamen aus allen
Gegenden der Fremde. Wir haben dort die geräusch¬
volle nächtliche Feier wie bei der Aphrodite überall,
aber ehrbaren Frauen war der Tempel nicht zugäng¬
lich, sondern nur den Männern und Mädchen. Wenn
eine verheirathete Frau hineinkam, so stand der Tod
darauf®®). Die physische Beziehung der jungen Mäd¬
chen, und die Weihe ihrer Jungfrauschaft an die Göt¬
tin geht von neuem noch aus der troischen Sitte her-
Jucundique Metus, et non secura Voluptas;
Et lasciva volant alta cervice Juventas
Excludit Senium luco.
29) Dionys, v. Halic: 4, 25. Achill. Tat. 7, 13. Xe-
noph. ■?. Ephes. 1, 2 u. 3. Pollux I, l.
147
vor. Dort hielten sie ebenfolls Feste und Üm7.üg:e
und einige Tage vor ihrer Verheirathung begaben
sie sich an das Wasser des Skamandros, badeten sich
in ihm und sagten: empfang Skamandros unsere Jung-
fraunschaft ®®).
Demnach hat also der Beischlaf im Dienste der
Aphrodite einen göttlichen und geheiligten Ursprung,
dessen Sinn nur leider durch den allgemeinen Miss¬
brauch und die viehische Ausartung der Mysterien-
zeremonie zu sehr entheiligt wurde. Es ist daher
auch ganz richtig, wenn die fleischliche Gemeinschaft
der Geschlechter auch in ihrer Gesezwidrigkeit als
mystischer] Dienst der Pandemos gefasst wurde,
denn der allgemeine Dienst der Wollust an den Äphro-
disien muss seinen Ursprung in dieser Mysterienzere¬
monie gehabt haben. Die Feier der Aphrodite als
Pandemos ist es auch wieder, mit welcher der mysti¬
sche verbunden war. Die Pandemos ist gewöhnlich
gemeint, wenn von Aphrodisien gesprochen wird, und
auf sie bezieht sich auch alles, was hier an diesem
Orte von den Aphrodisien gesagt ist und gesagt wer¬
den wird, da der geräuschlose und züchtige Dienst
30) Aeschines Brief 10. Iftnlnrnt iv ^ nugiSum»
Tois ydftovs ol n’kticmt tw ^vymigmv , oauv tnirginu 6 rö/uog noislp
Xtti tj (Sga • iytvovTO dt cd yafiovfj.tvttt. Nstfofdufrac de iy
Tgg)ddc y^, ncs yafiov/nfvccs nag^ivov? inl tov Zy.ü^avdgop (gyia&at,
I *ul kovaafxfpag an avTou, ro tnoS tovto, ämtg Ugöp m iniUytcp*
„Außi fxov 2y.äfj.updgt t^p nuq&fpiup.“. Als im Verlauf der Erzäh-
lang Kallirrhoe diese Worte ausgesprochen; fy.9og(üp tx tmp
9dfiPU)P o 2r.uficcpdgog Kifxmp, „^dttuS ((f -u dtyoficu xalka/j.ßdp(i} Kak-' .
kj^QÖriP, JSxdf^uqdgos ap ' xal noilu dya9d noc^am Tavra vfta'
itycop xal dqndccts Tijp ncdda dif ttvtjg ylptmc.
31) Klemens v. Alex. Strom, 3, 523. «ViV ol Ttjp ndvdtjfAop
'A^qodittjp xotpwplap fivonx^p dpctyoqtvovecp, u, T>iP eaqxtx^p xotpajpl&p -
uqof^apTiCovetp.
10»
148
der Urania sich am bequemsten dort besprechen lässt,
wo ihre Bedeutung auseinandergesezt wird.
Im kyprischen Mysteriendienst war nur die Sitte
ungriechisch, dass die Einzuweihenden ein Stück Geld
für die Göttin niederlegen mussten. Ob und wo
sie sonst noch gebräuchlich war, wissen wir nicht,
aber die andere Einrichtung der unzüchtigen weib¬
lichen Hierodulen, wie sie im Dienste der semitischen
Völker stattfand, verbreitete sich an sehr viele Stel¬
len, namentlich aber wo Hafenpläze waren und die
Aphrodite als Meergottheit verehrt wurde. Bei ihr
hielt man solche Einrichtungen für um so unentbehr¬
licher, weil die von langer Seereise ermatteten Rei¬
senden und Schiffsleute im Tempel der Göttin, welche
sie übers Meer geleitete, Erquikkung und Erholung
in den Armen ihrer gastlichen Mädchen suchten und
bedurften. Bekannt im ganzen Alterthum sind die
Schaaren der Mädchen, womit das reiche Korinth den
Kaufleuten, Schiffern u. s. w. so willkommene Unter¬
haltung bot*®). Aber sie waren unverlezlich und ge¬
heiligt, und als Periandros den strengen Sittenrichter
machte, Hess er die zahlreichen Kupplerinnen der üp¬
pigen Stadt ersäufen, während die gastfreundlichen
Mädchen der Aphrodite selbst durch die Religion ge¬
schäht waren. Bei öffentlichen Gebeten wurden sie
als Hiketiden bermzt. Es war Sitte, dass Privatleute,
wenn ihre Gebete zur Güttin in Erfüllung gegangen
32) Auf ähnlichen Dienst bezüglich finden wir auch eine
bildliche Darstellung, welche eine Bnhlerin auf einem Sessel
in der Tempelhalle sizeiid zeigt. Ein Diener kommt herbei u.
bringt ihr die Einladung u. Vorschläge eines Fremden ausser¬
halb der Halle. Er hält einen SUb und eine gefüllte Börse in
der Hand. Sammlungen Durand. Katalog von Witte Nr. 60.
33) Otfr. Müller Dor. I, 166.
J49
waren, der Aphrodite junge gekaufte schöne ;)lödchen
weihten. Im ersten 8kolion Pindars**) w’eiht der
Korinthier ^^enophon der Aphrodite seiner Vaterstadt
hundert solche Mädchen nach seinem Siege in den
Olympien. Was von dem Standpunkte einer andern
Moral und anderer Begriffe ein Frevel sein würde,
ist hier Nothwendigkeit und Gottgefälligkeit^ daher
entschuldigt Pindar eine solche Sitte mit den Worten:
üvv ö'ävdyxq n&v xo^AoV. An den Aphrodisien zu The¬
ben**) führte man den Magistratspersonen , welche
von ihren Aemtern an diesem Tage ruhten, die ange¬
sehensten und schönsten Frauen zu. Sehr bedeutend
war auch das Hieroduleniustitut auf dem Eryx. Das
Nähere darüber geben wir an dem Orte, wo wir im
besondern vom Kulte daselbst sprechen. Eine Stelle
des Cicero *®) giebt uns bestimmteren Aufschluss über
das Verhältniss der Hörigkeit der Hierodulen. Sie
können freigelassen werden, sind sehr reich und wohl¬
habend, aber ihr Vermögen gehört der Göttin, und
dadurch ist es vor Erpressungen und Schmälerungen
der Gewalthaber gesichert. Wie der Korinthier Xe-
nophon uns ein Beispiel gab, wo Hierodulen der Göttin
geweiht wurden, so haben wir ein anderes, wo die
Göttin selbst von ihrem Vermögen, d, h. aus ihrem
Tempelgut, sich Hierodulen kauft welche ihr
gefallen.
.34) TIoLv^ivat, vsaMt?, d/urf lnoXoi Jlit&ovi f» äqviiu
Epod. ’Ü Kvhqov dfffnowa, nop dtZr is äXaoS ffogßaSuip
xov^up dyikuv ixccroyyvtop Stpo^ujp Tfktms
Indyay iVj^QiXul^ iup&ds.
35) Xenophon Hellen: 5, 4, 4. Plutarcb Pelop. 7 ff.
P o lyän 2, 4, .3.
36) Cic. in Caecilium divinatio Kap. 17,
37) PI au tu 8 Budens 3, 4, 22,
150
lieber das ganze Kypros herrschte Aphrodite, ihr
Fest musste also auch eine Feier des ganzen Landes
sein. Alle Bewohner des Eilandes strömten an
jenen festlichen Tagen bei der Wiedergeburt des Jahres
zu Paphos zusammen; fremde Völker und Städte schikk*
teil ihre Gesandtschaften zur Ehre der VVeltkönigin,
und alle, Jung und Alt, Männer und Jünglinge, Frauen
und Mädchen, welche der Göttin in Angelegenheiten
der Liebe und des Herzens sich anvertraiien wollten,
stellten sich an jenen grossen Festtagen des Eilandes
zur Nuchtfeier der Geburt Aphroditens ein. \ on der
nahen Schwesterstadt Neu -Paphos aus zog die ver¬
sammelte Menge in fröhlicher Wallfahrt die heilige
Strasse entlang, welche nach der Hafenstadt des al¬
ten Paphos führte. Von hier zog die andächtige Menge
mit Myrten bekränzt in feierlichem Bittgänge den schat-
tigen gebahnten Weg zur alten Stadt und zum Tempel
der Liebe hinauf**), wo die Panegyris gehalten wurde.
jDa rauchten die Altäre von Paphos vom Weihrauch¬
duft, und die heissen Gebete inbrünstiger Herzen stie¬
gen zur erfreuten Göttin auf.
Feierliche Wallfahrten und Umzüge wurden auch
hei andern Tempeln der Aphrodite gehalten; so pil-
gerte man zu einem Heiligthum, welches an der Land¬
strasse bei Milet lag nach Aphrodisias, Knidos,
dem Eryx, und zahlreiche Massen strömten an solchen
Tagen zusammen. Eine ähnliche Sitte herrschte auch
zu Troas,^*) wo die jungen Frauen vier Tage nach
38) Ovid. Metam. 10, 270. Festa dies Veneris teta cele-
berrima Cypro Venerat.
39) Strabon 14, 683. Vgl. Thl. l S. 135 ff.
.40) Chariten 2, Kap. 2 S. 35. imtf avtjg di lanv ivS^dds ^
9tos xal ov (a.6pov ol ythovig, .«11« xal oi l| dcnog nKqaytvcfxtPot
9iomty amji,
41) Aeschines Br. 10. 'AiXd rimQCw vm^oy itniqan nofin^
151
dem allgemeinen Termälnngstage und dem Bade im
Skamandros einen Umzug halten mussten. Das haupt¬
sächlichste Opfermaterial war der W eihrauch, wel¬
cher in ungeheuren Massen verbrannt wurde, und von
den asiatischen Tempeln herübergenommen scheint*®).
Das Gefäss, in welches der Weihrauch geworfen
wurde, nannten die Kyprier Xißavootog, *’) Aus Plau-
tus lernen wir einen alten Mann kennen, welcher zu
Kyrene am xMeere in der Nähe des Tempels der Aphro¬
dite wohnte, und sagt, dass diejenigen, welche opfern
w'ollten, immer zu ihm kämen, und um Wasser, Feuer,
Gefässe, Messer, Töpfe und dergl. bäten, und was
man zum Opfern gebrauchte. Zum Wasserschöpfen
diente eine besondere heilige Urne der Göttin, welche
gezeichnet und mit dem Stempel der Göttin versehen
war**J, damit sie nicht entwendet, oder zu einem
unheiligen Geschäft gebraucht werde.
Auf dem Hauptaltar sollte es, wie Tacitus be¬
richtet, ungeachtet er im Freien stand, nie regnen.
(xiv riv AffQO(JtTtis. ‘Enofimvoy di ai vsoißtl vergl.
Anm. 30.
42) Tacitus Hist. 2,3. Sanguinem arae offundere yetitum ;
precibus et igne puro altaria adolentur, nec ullis imbribus, quam-
quam in aperto, madescunt. Find. Skolion 1, 2. Vgl. Hero-
dot 1, 183.
43) Hesychios xiytjTos : o kctußdvstat hißavmos, xvnqutv.
44) Plautus Rudens. 1, 2, 45 ff.
setnper petunt
Aquam hinc, aut ignem aut vascula, aut cultrum aut veru
Aut aulara extarem, aut aliquid, quid verba opust?
Veneri paravi vasa et puteum, non mihi,
vgl. 2, 4, 17. 2, 3, 1. 73. 81. — 2, 5, 16 sacra urna Veneris.
2, 5, 18 metuo — ut comprehendar cum .sacra urna Veneria
Nempe optimo me jure in vinculis me enicet
Magistratus, si quis me hanc habere viderit.
Nam haec litterata est; ab se cantat, cuja sit.
152
Plinius“) erzählt dasselbe Wunder, und fügt hinzu,
■dass Aehnliches auch mit dem Athcnetempel zu Nea in
Troas geschehe, indem die übriggebliebeuen Opfer-
slükke nicht in Fäulniss übergingen. Der grösste
Altar der Aphrodite auf dem Eryv befand sich wie
der Paphische unter freiem Himmel, und von ihm er¬
zählt Ailian, dass ungeachtet viele Opfer auf ihm
verbrannt wurden, und er den ganzen Tag über bis
in die Nacht in Flammen stehe, man des Morgens
doch nie Kohlen oder Stükke haibverbrannter Fak-
kein auf demselben fände, sondern dass er nur von
Thau und frischen Kräutern ansefüllt sei. welche dort
jede Nacht frisch aufschossen. Unter andern Wun¬
dern dieser Art, welche man an andern Orten er¬
zählte gehört auch das vom Altäre der lakiuischen
Hera, auf welchem die Asche unbeweglich liegen
bliebj auch wenn der Wind wehe.
Zu den Festtagen wurden die Altäre und Tempel
der Göttin gereinigt und mit Blumen und Kränzen,
namentlich von Kassia und iMyrrhen, geschmükkt.
4.5) Pliniqs 2, 97. Auch Servius z. Aeneis 1,415 sagt:
Varro et plures referunt in hoc tantum Veneris templo (dem
Paphischen), quibusvis maximis in circuitu pluviis, nunquam im-
pluere. Tac. in Anm. 42. Dasselbe ist gemeint von Augu¬
stinus De Civitate Dei 21, 6. Si talia credenda sunt, credite
et vos quod in easdem litteras est relatum, fuisse.vel esse quod-
dam Veneris fanum^ atque ibi candelabrum, et in eo lucernam
sub dio sic ardentem, ut eam nulla tempestas, nullus imber ex-
tingueret, unde sicut ille lapis, ita ista kv^yos aeßtans, id est,
lucerna inextinguibilis nominata est.
46) z. B. Polybios Gesch. 16, 11.
47) Livius 24, 3.
48) Plautus Poenul, 5, 4, 1 ff. Bei .4chill Tat. 2 wird
der Tempel der Aphrodite mit ächtem Purpur gefärbt ; quaque
nunc etiam Veneris templum tingi consuevit. (Ich habe nur eine
lateinische üebersezung zur Hand).
153
liie üöttin wurde gewaschen, wenigstens in Latium/®)
nachdem sie entkleidet war. Dann wurden ihr die
goldenen Binden wieder umgelhan, Blumen und Rasen
gespendet. Die Frauen mussten sich auch selbst unter
grünen Myrten baden. So hatte es die Göttin befoh¬
len, weil sie einstmals beim Trokknen der thauenden
Haare am Gestade von Satyrn belauscht worden war,
und sich in ein Myrtengebüsch gellüchtet hatte, um
sich zu verbergen.
Wenn Tacitus a. a. 0. sagt, dass die kyprische
Aphrodite zu Paphos nur durch Gebete und reines
Feuer %'erehrt worden sei, so kann dies nur von der
Urania gelten dass man dies auf den allgemeinen
Dienst, welcher der der Panderaos ist, beziehen dürfe,
widerlegt er im Verfolg selbst. Nur eine einzige
Stelle ist davon ausgenommen, und dort bringt eine
Hetäre das Opfer der Urania.’*) Weinlose Opfer,
vnifdha wurden ihr als Sühngottheit , wie den
49) Ovid. Fasti 4, 136 ff. tota lavanda est dea.
50) Oder man erkläre die Stelle so, dass man annimmt, die
Thiere wären anderswo geschlachtet, wie Lukian Syr. Gott,
im lezten Kap. diese Sitte von dem Opfer der Göttin zu Bam-
byke erzählt. Man schlachtete dort die Opferthiere zu Hause,
nachdem man zuvor am Altäre die Libazion und das Gebet ver¬
richtet hatte. Oder man stürzte das bekränzte Opferthier über
die Terrasse des Vorhofes, dass der Fall es tÖdtete, Einem
Opfer der Urania entsprechen die Verse des Empedokles bei
Athen. 12, 510
Kvnqi? ßuallfia,
TtjV oXy' tv6(ßhaci,p ayäl^aew ikdaxoprat
yQunrdis di fivqotai re daidahodf^ot?,
Cfivqvrjg T dxqtjTov 9völate, hßuuov n 9v(adovg,
lavbuv re cnovdttS fitlkay qimovtig te ovdas, Vergl. auch
Achill. Tat, 2.
51) S Anm. 121, 59-
154
Eumenlden, Ares, Mosen und Nymphen dargebracht. **)
Im allgemeinen Dienst der Göttin aber tritt die phy¬
sische Beziehung wieder wie beim Symbol des Phallos
hervor. Tacitus ’*) berichtet, dass man die Opfer-
thiere nach Belieben wählen könne, nur müssten es
männliche sein, und die willkommensten wären die
jungen Bökke; und in diese sezte mau bei den
Weissagungen den grössten Glauben. Zu Leninos
erhielt sie Rinderopfer**), und diese treten an
mehreren Stellen wieder hervor. Chariton**) lässt
denDionysios der Aphrodite eine Hekatombe opfern.
Die Beziehung eines solchen Opfers auf Aphrodite
sehen wir auch daraus, dass Klisthenes am Hochzeits¬
tage seiner Tochter hundert Rinder opfert.**) Bei
Ovid *’) sind es auch auf Kypros zu Amathus junge
Kühe, welche man der Göttin bringt. Auch bei Hi-
merios**) wird der Aphrodite ein Kalb geopfert, bei
ILukian*®) aber erhält die Urania ein junges Rind,
die Pandemos eine weisse Ziege. Nach Johannes von
52) Polemon. bei Suidas vrßüha,. VgL auch Schol. zu
Soph. Oed. kol. 101 .
53) Tacit. a. a. O- Hostiae ut quisque vovit, sed mares di-
liguntur. Certissima fides hoedorum fibris. Plautus Poenul-
3 V. 5. Sex immolavi agnos ; nec potui tamen
PropitiaiD Venerem facere uti mihi esset.
54) Val er. Flacc. Argon. 2, 329.
Protinus ingentero procerum sub nomine taurum
Dejicit ; insuetis et jam pia munera templis
Reddit, et hac prima Veneris calet ara juvenca.
551 Charit ou 3, 8.
56) Herodo t 6,‘l29.
57) Ovid. Metam. 10, 272- pandis inductae comibus aurum
Conciderant istae nivea cervice juvencae.
58) Himerios Rede 1, 6. ßoimlog... oxccv (Motf/ov, ov
UQBpfV, vn ‘AfQodlrp Ttlovfitpoy.
59) Hetärengespr. 1.
155
Lydien ®®) wurde ihr im Ganzen geopfert wie d6r
Hera 5 als etwas Besonderes erwähnt er aber noch,
dass man ihr auf Kypros gern ein Schaaf mit einem
w'olligen Fliess opfere, und dieser Gebrauch sei aus
Korinth dorthin gekommen. So galt auch bei den
Etruskern für ein gutes Zeichen, wenn ein Widder
purpurne oder goldgelbe Streifen in seiner Wolle
hatte. Hasen®*) sollten der Aphrodite auch ein
sehr erwünschtes üpferthier wegen ihrer Zeugungs¬
fähigkeit sein, und ebenso die Tauben ®*) wegen
ihrer Fruchtbarkeit. Denselben Grund wird man auch
bei den Rebhühnern ®') annehmen können.
Es ist eine irrige bjeinung, dass der Aphrodite
keine Schweine geople- 1 seien , aber wahr ist es,
dass nicht alle Hellenen es thaten, und wo es nicht
geschah, suchte man den Grund des Äbscheues der
Aphrodite gegen die Schweine darin, dass Adonis
durch einen Eber getödtet war. In Beziehung auf die
60) J o h. V. Lyd. Ueber die Monate. 4, 45.
61) Servius Virg, Ekl. 4, 92. Macrob. 3, 7.
62) Phil ostrat OS Heroika Erot. Uquop ’Affqodk^
ulc^a yaq nov to ntql tov layüi ytvo^tvov , m nolv 'Aqqodkijs
[jiuaxtv avTO). liyitai, ovv ntqi fuv wv u ainv a
irtxe, xul unoTtxTUv ndhv int ravrm ydtuxn’ xal Imxvtaxup di. xul
cvdi sk yqopos ccutm rov töxov xspoSt to di dq^ip cntiqu u mg fvatS
dqqipüjp xal dnoxdtGxu naq‘ S nttfvx^p,
63) Properz 4, 5, 63 ff
Sed cape torquatae, Venus o regina, columbae
Ob meritum ante tuos guttura secta focos.
64) Johannes v. Lyd. 4, 44 als Grund: weil diese Thiere
durch die Stimmen der Frauen sich lokken und fangen Hessen.
— Von den Sarazenen wird der Aphrodite ein Mensch geopfert.
Prokop. Gesch. 1, 182.
65) Schol. Arist. Acharner 800. noUolmp^Eil^pmp oy d-cymb
xolqoug zp 'Afqodk^, mg ßdshirm/upji dtd wp "Admptv umip.
156
Urania giebt aber Feslus**) die Ursache aus einer
ethischen Deutung an, und sagt: Aphrodite hasse diese
Thiere, weil sie unter allen die unreinsten und von
der heissesten Brunst wären. Für die Pandemos müsste
dies gerade ein Grund des Opfers sein. Auf Kypros
wurden der Aphrodite Schweine am zAveiten April
jährlich geopfert,®’} dem angeblichen l'odestage des
Adonis, und bei dieser Verbindung des Todestages
mit dem Sauopfer liegt der Gedanke nahe, dass man
es zugleich als eine Art Sühnopfer für den Adonis,
welcher durch einen Eber gefallen war, betrachtete.
Eigenthümlich wird den Kypriern zugeschrieben, dass
eie es erfunden hätten, auch aus den Schweinen zu
weissagen. ®®) Die Sauopfer der Aphrodite zu Me¬
tropolis in Thessalien lernen wir auch aus Kallima-
chos*®) kennen, und erfahren durch ihn, dass sie in
der Eigenschaft, in welcher ihr diese gebracht wur¬
den, Kastnietis hiess, oder Kastnia, wie andere
sie nennen. ’ ®) Zenodot ’ ') in seinen Denkwürdig-
66) Fest US u. suillum genus.
67) Joh. Laur. r. Lyd. S. 92, 4, 45. über die Monate. Fer¬
ner Antiphanes KoQtp&ia bei Athen. 3, 95 zu Ende
“Entim xux^oxüi.iot'
Stiox , ysXoiop. B. uyvoäs
Ip KvnQtu ovto) Tccis vow
chtf«or«, wart axatotf aytlv anÜQSf
TO ^uiop , Tois dt ßok rjväyxaatv.
68) Paus an. 6, 2, 2. Vgl. Tatian ad Graec. S.3. Oxon.
69) Kallimachos Fragra. 102. bei Strabon 9,438. Kak-
fiiv q'tjsw $y Tot? ia/ußols
Tßff "AfQodkas, in dfk yaQ ov (ila)
T^v xtttnvi'ytnv vntQßfxkta&ia naectS tu (fQoyfly^
70) Ljkophron 1234. o xaßryltts n t^s xot^ädog yoyos.
71) Bei Athen. 3, 96. "0» oytug ’AfQodlr^ vs
KctlU/^axoS n ZnyhdoToi ix ktoQtxois vnofiynfiaeh ypay-wv udt ' ’Aq-
yfm *AfqQdk^ vv »mV* *9» n xahlmt ‘TarnQttt..
157
keiten hatte berichtet, dass die Ärgiver der Aphrodite
Sauopfer brächten, und dies an den Hysterien ge¬
schehe. Dann finden wir die Sauopfer der Aphrodite
mit Bestimmtheit noch an zwei Stellen; nämlich in
Pamphylien zu Aspendus am Euryraedon und in Side
sollen die Einwohner die Aphrodite durch Saiiopfer
versöhnt haben ’*), und hier soll sie Mopsosj König
von Argos und Apollinischer Weissager, eingesezt
haben. Ohne Zweifei führte diese Göttin auch hier
den Namen Kastnia, denn in der Nähe von Aspendos
lag ein Berg Kastuion. Endlich können wir die Sau«
Opfer der Aphrodite noch mit ziemlicher Gewissheit
in Troja anuehmen, wofür wir die Belege beim trei«
sehen Kulte der Aphrodite Aineias geben werden«
Wer auf Kypros asiatische Kulte sucht, wird auch für
die Sauopfer asiatischen Ursprung suchen wollen. Al¬
lein dem ist nicht so. Bei den semitischen Völkern
waren Schweineopfer untersagt, wohl aber bei den
Griechen herkömmlich, indem das Schwein als ein
Symbol der Akkerfrucht betrachtet und in dieser Ei¬
genschaft namentlich der Demeter’’) geweiht war.
Es erhielten aber alle chthonischen Gottheiten Sau¬
opfer, und dadurch sind auch die der Aphrodite schon
gerechtfertigt. Der Ursprung derselben muss aber
Argos sein, denn überall, wo sich Sauopfer der Aphro¬
dite befinden, sind argivische Kolonien vorhanden. Die
argivische Siedelung und der argivische Eintluss auf
72) Eustath. z, Dionys. Per. 852. Vgl. Ekhel Doctr. num.
3, 26. Cicero de divinat. 1, 40. Avienus Descript Orb. terr.
V. 1015 wird von Aspendus gesagt: Sus ibi deformis calidis in
ans saepe Dionaeae Veneris.
73) Vgl. Lobek Aglaoph. 2, 82S Sauopfer an den Eleusi-
nien. Athen. 9, 374. Etym. M. S. 255. Aristoph. Friede 373.
Acharner 747. Platon de rep. 2. 378 u. s.w.
158
Kypros überhaupt ist uns bekannt Ebenso sind die
beiden Pamphylischen Städte und das thessalische Me¬
tropolis argivisch. Von hier konnten sie nach Troas
gekommen sein.
Bekannt sind die Kuchen ’*), welche den Göt¬
tern bei den Opfern dargeboten wurden 5 ein solcher,
den man der Aphrodite vcrsezte, hiess ciQßtjvov.
In Latium mussten die Frauen am Feste der Apostro-
phia, bei ihnen Verticordia genannt, Milch mit gesto-
ssenem Mohn und Honig zu sich nehmen. ’ ®) Dies
sollte nämlich von der Aphrodite selbst genossen sein,
als sie zum sehnenden Gatten geführt ward, hat also
eine physische Bedeutung. Die Beziehungen der Tau¬
ben in der Festfeier traten bei keinem Kulte mehr
hervor, als bei dem auf dem Eryx. Das dortige Fest
bestand aus zwei Theilen, den Anagogien, «myw-
yta, und den Katagogien, Den Na¬
men Anagogien führte der erste Theil des Festes aus
dem Grunde, weil man sich vorstellte, die Göttin ziehe
um diese Zeit nach Libyen hinüber, wie man daraus
wahrnahm, dass die ausserordentliche Menge Tauben,
welche auf dem Eryx zu sein pflegten, zu jener Zeit
gänzlich fehlte, und dann sagten die Erykiner, dass
sie mit der Göttin abwesend in Libyen seien. Neon
Tage wie die Bussfeier auf Lemnos dauerte dies Fest,
und bei Virgil wird noch ein Opfer an die Wetter,
74) Lobek Aglaoph. S. 1079.
75) Hesychios SlQßnt'o^: nönavov n, o naqtri^sto rg 'Afqo-
Mrfi. Aus Theokrit 15, 115 könnte man vermuthen, dass es
an* den Adonien geschehen wäre, aber es steht nicht hier, dass
gerade die ol^ß^uct gemeint seien.
76) Ovid fasti 4, 151 ff.
77) Aelian Thiergesch. 4, 2. 10, 60. Versch. Erzähl. 1,15.
Athen. 9, 394. Virg.Aen. 6, 762. Bei Athen, heisst der erste
Theil des Festes ’Jmycoy^
159
wegen Beziehung der Göttin ftufs Meer lind eine
glükkliche Fahrt, verbunden. Nach der Entfernung
von neun Tagen, sagte man, kehre die Göttin zurükk,
weil die Tauben sich wieder einstellten, und eine
dunkelrothe, durch Gestalt und Schönheit ausgezeich¬
nete Taube flog dem Zuge voran. Bei dieser Bük-
kehr der Göttin feiern die Bewohner des Landes die
Katagogien, eine Panegyris. Mit Schmausereien und
Klappern wurde die Göttin begrusst, und durch den
ganzen Ort war ein Bu’';*' ergeruch verbreitet, wel¬
cher die Gegenwart de/ Göttin andeutete. Jedes Jahr
wurde dies Fest gefeiert, und einen ganzen Tag hin¬
durch opferten die Einheimischen und die fremden Pil¬
grime der Göttin. Der Ordnung dieses Festes liegt
eine wirkliche Naturerscheinung zu Grunde, denn neu¬
ere Reisende erwähnen einer Art Zugtauben auf dem
Eryx, welche gleich andern Zugvögeln jährlich in
grossen Scbaaren die Reise nach Afrika machen, und
zur bestimmten Zeit zurükkkehren.
Bei dieser Gelegenheit erzählt Aelian noch von
der Zaubermacht der Göttin über die ihr geweihten
Thiere. Die Schlachtopfer kämen aus freien Stükken
von der Heerde und stellten sich an den Altar. Es
führe sie ebenso sehr die unsichtbare Gewalt der Göt¬
tin, als der Wille der Opfernden. Wenn man ein
Schaaf opfern will, sagt er, so sieht man auch schon
eines am Altäre bereit stehen, und Weihwasser zu¬
gleich. Wenn man verschwenderischer sein und eine
Kuh opfern will, so verkaufen die Hirten sie für den
richtigen Preis. Dieser darf nie zu hoch sein, da die
Göttin nur auf die Gerechtigkeit der Handlung sieht,
und wenn man sich diese erhält, so ist sie gnädig.
Daher hat auch Jemand, welcher das Opfer unter
seinem Werthe kauft, das Geld umsonst ausgegeben,
160
denn das Thier weicht zurökk, und man kann nicht
opfern.
Der Aphrodite, der Göttin des Lebens, ist die¬
jenige Jahreszeit geweiht^ in welcher das Leben in
der Natur neu erregt wird, und die ganze Schöpfung
von Zeugungslust und dem Triebe Leben zu schaffen
erfüllt ist, der Frühling. Der April ist daher vorzugs¬
weise der Feier der Aphrodite gewidmet; dann er¬
heben sich die Saaten aus dem Boden, der Keim der
Rebe drangt sich aus dem Baste hervor, die Schiffe
wagen sich aus dem Hafen auf das beruhigte Meer
hinaus, und die Schiffahrt wird eröffnet; dann be¬
ginnt die Göttin alles blühenden Lebens’®) und der
Zeugung ihre Herrschaft, dann vollzieht inan gern
die Ehen.®“) Hiervon scheint nur das Fest der The-
bischen Aphrodite eine Ausnahme zu machen, da die
Aphrodisien dort auf das Ende des boiotischen Posei¬
don -Demetrios gefallen zu sein scheinen. Das boio-
tische Jahr begann mit der Wintersonnenwende, die
Polemarchen hatten eben ihr Amt angetreten, und dass
die Kadraea auch im Winter erobert wurde, sehen wir
noch daraus, dass Schnee lag.**) Diese Einrichtung
muss aus Begriffen hervorgegangen sein, welche dem
alten thebisehen Kabirenkulte zu Grunde lagen. Im
Allfferaeioen können wir sicher annehraen, dass das
Fest im Frühling und zwar mit dem Anfang des April
gefeiert wurde. So auch auf Kypros, denn am zweiten
April wurde hier der Göttin das Sauopfer gebracht.
78) Horaz 4, 11, 15. Vgl. im Allg. hierüber Columella
Ir Attin. 93.
79) Ovid fasti 4, 125 ff.
80) Plutarch Rom. Fr. 86.
81) Vgl. Corsini Fasti Att. 3. S. 309 ff. Xe no ph. Hellen.
5, 4, 4. Plut. Pelop. Polyän 2, 4.
161
Mit dem ersten des Monats begann wahrscheinlich das
Fest, wie es Ovid darstellt. Weil aber die Alten den
Tag von der untergehenden Sonne an zu zählen fin¬
gen, so begcinn auch die eigentliche Feier Abends
den lezten März, und darauf beziehen sich die Worte
des Pervigilium Veneris : Cras amet u. s, w. Es en¬
digte mit der untergehenden Sonne des dritten April,
denn drei Tage scheinen die Aphrodisien im All¬
gemeinen gedauert zu haben, auf dem Eryx freilich
neun. Ausserdem war aber der vierte Tag jedes Mo¬
nats der Aphrodite und dem Hermes geweiht.®®)
Die hauptsächlichste Zeit der Feier war aber die
Nacht, denn dann ist die Phantasie am regsten, das
Gemüth begeistert und zur Aeusserung trunkener,
ausschweifender Lust am meisten aufgelegt; dann
konnte der geheime Dienst der Mysterien gefeiert
werden. Dies ist die ndvvvxig^’^) , das Pervigilium,
Aphrodite selbst heisst deshalb oft OdoTtdvvvxog^ und
Plautus ®®) nennt sie wizig Noctuvigila. Drei Tage
und drei Nächte wurden hinter einander gefeiert^ unter
Gastmälern und Gesang, bis zur Wuth gesteigertem
bakchischera Reigen, unter Beten und wilder Begei-
striing. Drei Nächte hindurch tanzten die Feiernden
in ungezügelter Freude mitBlumenkränzengeschmükkt,
in den Hainen herumjubelnd und sezten die Lust unter
dem Schalle der Nachtigallen bis zum lichten Mor¬
gen fort.
82) Pervig. Ven. 42. Jam tribus choros videres feriatos
noctibus.
SS' Prokulos z. Hesiod ErgaSOO. iv cTs mäqzri fitjvos uysed''
lis olxov uy.oynu. ‘H iiQU ’Aff Qodirr;g xul ^EQfxov xal dt« rovro
nqog avvovaiav intTtjÖHa. Klem. v. Alex. Strom. 7, 744. ^ mgag
Eqfxov, f} naquaxtvr} ^Aqqoökrjg inirprifii^tTai.
84) nKvvvyig, navmfxte^o? , ^ dta vvxtoS dyqvnvla,
85) Curculio 1, 3, 40. Noctiluca nennt sie Laevius.
II. 11
162
Die Haine und Gärten, welche in der Nähe der
Aphroditetempel zu sein pflegten, waren der haupt¬
sächlichste Tumraelplaz der Feier. Gemächer und
Lauben waren von Myrten und andern Gebüschen er¬
richtet, um die Liebenden aufzunehmen und sie
dem Auge Ungeweihter zu verbergen.*’) Aus den
Wäldern, sagt der Dichter,**) soll die Artemis wei¬
chen, damit Aphrodite frei darin schalten könne, und
kein Blut der Thiere in ihnen fliesse. **) Blumen und
Puz aller Art gehörten durchaus zum Feste. Wie die
Liebe sich schmükkt, und Wohlgefallen an Blumen
lind Puz hat, so verlangt Aphrodite dasselbe von denen,
welche zu ihren Festen kommen. Blumen und Kränze,
Salben und Oele brachte man der Göttin dar; mit
Blumen und Kränzen geschmükkt, duftend von Wohl¬
gerüchen kamen dieselben, welche der Göttin opfern
wollten, denn Blumen und schöne Mädchen gehören
wesentlich beisammen, wie Sappho sang, und stehen
unter der Obhut der Kypris. Im ganzen Kulte wur-
86) Pervig. Ven. 6. Implicat casas virentes de fiagello myr-^
teo. 43. Congreges inter catervas, ire per saltus tuos Floreas
inter coronas, myrteas inter casas. Tibull Ludit, et ex virgis
exstruit arte casas. Hierauf beziehen sich auch die Aphrodite¬
haine, welche Tiberius errichten liess. Sueton Tiber. Kap. 43.
In silvis quoque ac nemoribus passim Venereos lucos commentus
est , prostantesque per antra et cavas rupes ex utriusque sexus
pube Paniscorum et Nympharum habitu. Näheres über diese
Haine noch unten.
87) Pervig. Ven. 28 ff. Vgl. 26.
88) Pervig. Ven. 38. Cede virgo Delia. Ut nemus sit in-
cruentiim de ferinis stragibus. V. 48. Regnet in silvis Dione ; tu
recede Delia.
89) Papin. Statins. Silv. 1,3, 10. Tum Venus Idaliis unxit
fastigia succis. Sie salbt den -Leib des Hektor mit Rosenöl. H.
23, 185. Sophokles hatte iv xqUsu die Aphr. vorgeführt von
Salben glänzend und sich im Spiegel schauend. Athen. 15, 687,
163
den sehr viele Salben gebraucht j woher denn auch
ein Opferknabe Amarakos aus den Salben und Oelen
des Majoran abstrahirt ist. Niemand durfte sich un-
gesalbt nahen; man schmükkte und salbte sich 5 um
der Reinheit und Schönheit der Göttin ähnlich zu wer¬
den. Mehr waren aber noch Blumen und Grün über¬
haupt am Feste erforderlich, denn die Aphrodisien waren
ganz ein Blumenfest,®®) wie Aphrodite eine Blumen¬
göttin. Daher heisst ein Fest der Göttin zu Amathus
Aa^TTwö'tgj®^) ein anderes, ebenfalls wegen der Spende
der Blumen und des Reichthums an Laub und Zwei¬
gen, namentlich Myrten und Rosen, nach Hesychios
■d^vXXa^ da wir eine Verwandtschaft dieses Wortes mit
d^dXXci) wahrscheinlich annehmen müssen.®®) Was aber
die Namen von einem Paar anderer Feste andeuten
wollen, 2dmd^og und Zaxoqia^^^) vreiss ich nicht zu
sagen. 0va nannten laut Hesychios die Kyprier alles
zum Opfer besonders Passende, weil als Hauptbestand«
theil wohlriechende Hölzer, verbrannt wurden.
Die ganze Feier hatte einen bakchischen Charakter
und das xcofid^eiv^ welches vorzugsweise vom bakchi¬
schen Kulte ausgesagt wird, galt auch vom aphrodi¬
sischen.®*) Heilige Gesänge ertönten an solchen fest-
90) Perv. Ven. 51.
Hybla totos funde flores , quotquot aanus attulit,
Hybla florum rumpe vestes, quantus Ennae campus est.
91) H e s y c h. Kägncoctg : &veta ’AqQoS'mjg iv A^ad-ovm. Kaq-
Ttüi^ivra: rä inl ßm/xov xaS-ayta&iyra, Kä^nm/na: Svala.
92) H e s y c h. xXdSovg ^ ^ io^T>j Affqo^ktje, wie er
erklärt. Vielleicht aber ist 9vU.a nach der bekannten Vertau¬
schung des a mit ff, gleich (fiv)lu, und danach müsste dann die
Glosse verbessert werden.
93) Hesych. ^äntd-og; ^axoQla:
dhtjg.
94) Himerios Rede 1, 5. in Afqodktjp ixd/^aas. Colu-
11^
164
liehen Tagen der Aphrodite, wie sonst die Hymnen
an Apollon und Bakchos. Ein solches Lied muss
der Idalische Päan beim Bares von Phrygien gewesen
sein. Verschieden von diesen Gesängen auf die Aphro¬
dite, welche gewiss in ernster und edler Weise das
Lob derselben verkündigten, waren die Tafel- und
Weinlieder,®®) wie man sie in den heitern Zechge¬
sellschaften an den Aphrodisien sang. Wiz, Scherz,
Zweideutigkeiten, Liebe mochten ihre Würze sein.
Daher hatten wahrscheinlich die vielen Tempel der
Aphrodite auf dem Libanon, und die freche Zügel¬
losigkeit derselben es veranlasst, dass man einen un¬
züchtigen Gesang ^sXog ix Aißdvov nannte. Von der
Flamme des Weines und der Gluth der Leidenschaft
unter der aufgeregten nächtlichen Phantasie wurden
beim Schimmer des Mondes von Jünglingen und Mäd¬
chen Reigentänze aufgeführt.®’) Horaz singt, wie
niella de re rust. 10, 196. Ingenera, nunc sunt genitalia tem-
pora mundi. Nunc amor ad coitus properat, nunc spiritus orbis
Bacchatur Veneri stimulisque cupidinis actus Ipse suas adamat
partes, et fetibus implet. Vgl. Sidonius Felici Domino Pioque
fratri 140. Plutarch Erotinos Kap. 12 heisst die Aphr.
fxcuvdi.
95) Scholien des Ungen. z. Aphthonius bei Walz. Gr. Rhet.
2, 41. Doxopatros zu Aphth. a. a. O. S. 415. o vfjpos AaiQilrai,
tk natavag, tlg Mv^dfißovg, tk iqmnxok, xat naiavag fxiv UahiW
Tovg fk ’Anollbäva , did-vQcc/ußovg rovg fk Jwvvcuv , tqmnxovg rovg ng
Vgl. d. Rhetor. Menander bei Walz a. a.O, 9, 129.
Orph. Hymn. 54, 24 ff.
HT iv Kvnqm, dvaßca, rqocf a ßto. ev9-a xccXccl GS
■nuqd’ipoh VV/XIf CCl T ccvcc nccPT tviavTov
vfivovGiP, cs, [jidxaiQa, xul ctfxßqotop ayvov A&ojvtP.
96) Pervig. V en. 46. De tenente tota nox est pervigilanda
canticis. Milog ix hßdvov bei Themistios Rede 23, S. 301.
97) Horaz. 1, 4, 5.
Jam Cytherea choros ducit, imminente Luna
165
Maximus Paulus ®®) der Aphrodite Feste einrichten
wird, an welchen unter Leier und berekynthischen Flö¬
ten, zweimal des Tages Knaben und 3lägdlein Tänze
nach Salier Art aufführen werden. Sie freut sich über
die blauäugigen Nymphen auf dem heiligen Naxos,
und tanzt wie eine Bakchantin mit leichtem Sprunge
am Ufer des Meeres.®®) Die Göttin hielt sich auf
dem Eryx, und wahrscheinlich ebenso auch anderwärts,
unter ihren Hierodulen auch bestimmte Musiker, ‘ " ®)
welche die Musik an ihren Festen aufführen mussten.
Wir haben darunter zunächst uns eine Art phrygischer
Tonkünstler und Musik zu denken; denn diese wird
am besten zu den Aphrodisien passen.
Eine grössere Schwelgerei und Ausgelassenheit
hat schwerlich an irgend einem andern Feste geherrscht,
als an den Aphrodisien, und dies veranlasste Antigo¬
nes den Ersten sie zu feiern. *) In dem Kolax des
Menander ®) versammelte sich eine Anzahl junger
Männer, welche Tetrad isten hiessen, weil man sol¬
che Gesellschaften am vierten des Monats, welcher
der Aphrodite geheiligt war, zu veranstalten pflegte,
Junctaeque Nymphis Gratiae decentes
Alterno terram quatiunt pede.
Himerios Rede .3, 2. toZ? AfQodirtjg /oQfvew mp ianiqop
onolop fixog f/apr/put.
98) Horaz. 4, I, 21 ff.
99) Orph. Hymn. 55, 22.
^ pvixff uis TiQn^ xvupmniGip Ip }(9opi Aia,
d-viag tn uiytakdig i/jc4iufx(6d'taip til/xan xomf w.
Vgl. Plut. in Anm. 93.
100) Cicero divinat. in Caecil. Kap. 17. Symphoniaoi servi.
1) Athen. 3, 101. 4. 128. Lynkeus erzählt dies in seiner
Beschreibung prächtiger Gastmäler.
2) Athen. 14, 659. Pervig. Ven. 45. Nec Ceres nec
Bacchus absunt.
1
166
5fiu einem gemeinschaftlichen Schmause und fröhlichem
Gelage. Sie vergassen dabei die Zeremonien des Opfers
nicht 5 ihr Koch musste sie verrichten , und für alle
seine Herren von allen Himmlischen zugleich alles
Gute erflehen. Solche Aphrodisienfeier wurde bis zur
Frühe des Morgens fortgesezt, und wer sich bis zu-
lezt wach und tüchtig erhielt, bekam als Siegespreis
den aus geröstetem Waizen mit Honig zubereiteten
Kuchen nvqappvg. ®) Bei solchen Gelagen an den
Aphrodisien sonderten sich zwar die Gesellschaften
nach den verschiedenen Klassen der T. heilnehmer, )
aber es scheint gerade nicht, als wenn der Ton in
den Gesellschaften, an welchen die freien Mädchen
Theil nahmen, von den Hetärengesellschaften sonder¬
lich verschieden waren. Die Hetäre Gnathoina lud
einst den Diphilos zu den Aphrodisien ein 5 er brachte
zwei Flaschen Chierwein mit, vier Flaschen Thasier,
Salbe, Kränze, Bänder, Fische, ein Bökkchen, Nach¬
tisch, einen Koch und eine Flötenspielerin. ‘) Der
grosse Weinverbrauch an den Aphrodisien veranlasste
den Philostratos ®) eine Weinschenke, wo zugleich
viel Unfug getrieben sein mochte, einen Tempel der
Aphrodite zu nennen und Aristophanes ’) hatte den
sJTclTol. zu Arist. Ritter, o AaYQmtpims «w
Ikafißäm tov nvQUfiowm.
4) Aus der Philusa des Alexis bei Athen. 13, 674.
’Jqqodla’ yys Tals kalQuiS n nöhs,
’in^a di /wgfe tffw rals ilev^fQatS.
Tals taimis di i'&oS
iaiiy vö(MS ts ms iralgas ixO-ade
fifd’
6) M a c h o n in seinen Chrieen. A th e n. 13, 580.
6) Philostratos Briefe rvpeetxl xannUA: xal m xanriküov,
'Äf^oAmnv. - Hör. Od. 3, 18, 6. Larga nec desunt Veneris
Bodaü vina craterae.
7) Bei Athen. 10, 444. Auch der Bona dea in Rom wurde
167
Wein mit dem Ausdrakk Milch der Aphrodite, yal«
^^(fQoökijg bezeichnet Der Aphrodite Aioeias wurde
aber der Wein vor dem Tempel ausgegossen, weil
man ihr nüchtern opfern sollte. ®) Es gehörte dazu,
dass man die Feier durch feine Weine und kostbare
Schmausereien zu verherrlichen suchte. Lamia
schreibt ihrem Demetrios, er möge mit ihr an den
Aphrodisien speisen, weiche sie jedes Jahr feiere^ und
jedes Mal heeifere sie sich, dass die neue Feier die
frühere übertreffe. Sie verheisst ihm, ihn der Göttin
würdig zu empfangen, und mit so vielem Glanze als
möglich, wenn er sie dazu io Stand seze. In einem
Fragment des Theopomp * ®) empfiehlt eine Hetäre ihrer
Freundin an den Aphrodisien Tintenfische und Polypen
zu essen. Das Treiben der Frauen, namentlich der
Hetären an jenen Tagen, ihre Gastmäler und der Ton,
welcher dort herrschte, wird uns aus manchen Bruch-
stükken der Komiker klar. Die Hetären waren die
eigentlichen Tonangeberinnen an diesen Festen. Sie
waren dort unter sich, und hatten Männer eingeladen,
welchen Wiz nicht ermangelte, die Scherz verstanden
und Schäkereien erwiedern konnten ; und während der
Wein reichlich floss, spenden sie an jenen ihre Gunst.
Auch in Kleidung“), wie in Worten und Thaten war
Wein unter dem Namen Milch gespendet. Plutarch. Rom.
Fr. 20. H e s y c h. rifsöts Kinqov t fj cnovd^ 7mqa Kmtqlois. Ist
vielleicht für xvtiqov zu lesen, weil der Geburt der Ky-
pris das Fest galt? Dann w’äre es auf Kypros gebräuchlich ge¬
wesen Geburt der Kypris für Trankopfer zu sagen.
8) Plutarch Röm. Fr. 45. iI tiSp Oitvi^aUap ioQT^
noXvv olpov ixj(tovei,p las tov Isqov r?? 'AfQoifk/jS.
9) A Ikiphron 2, 1.
10) Bei Athen. 7, 324.
11) Athen. 13, 668. Ol&as xam t^p EvpoiXot) Havpv^l^a tac
(fiH^üilovQ xfQ/ytdtap nahvTQlas, nmloK Kin^idos i^ridxrifiiPctg.
168
man keinesweges ängstlich, sondern scKte Schaam
und Zucht als ungehörige Dinge an diesen Tagen bei
Seite. Zwängnisse freier Sitte und Laune durften
nicht aufkommen; man wollte nur Spässe, Heiterkeit
und Befriedigung der Lust. Aber alles nur um der
Gottheit wohlgefällig zu sein, denn die unglaubliche
Unzucht und Wüstheit, welche an den Aphrodisien
herrschte, hatte die Göttin selbst durch den Beischlaf
in den Mysterien veranlasst, und dadurch auch diese
Ausartung in den Augen derer, welche Entschuldi¬
gung suchten, geheiligt. Daher erregt auch kein heid¬
nischer Kult so viel Anstoss und Aerger bei den Kir¬
chenschriftstellern als eben die Aphrodisien. Die all¬
gemeine Betäubung der Sinne verursachte, dass man¬
ches junge Mädchen die Aphrodisien mit einem Manne
feiern musste, welcher ihr fremd war, und dem sie
ihre Liebe nicht zugesagt hatte. Selbst Blutschande
blieb nicht aus, wie wir aus der Sage sehen, nach
welcher der Lydische Paktolos an den Mysterien der
yvfAvds int xeQwe nmyfxivag,
ii' XinTonrivoii vff ißiv Iffrcuößf, ot«?
^HQidapoS ctypolg Sdaßi y.rjmvH xoQag.
nuQ mp ßißatmg dßffaXms t BSfari Got
jLiUQov n^iaaQ-ai, xiQ/tiaTaS Trjp ydop^p.
Vergl. auch das folg. Bruchstükk aus Xenarchos Ip nsvrd&Xm.
Plautus Poenul. 1, 1, 63. Aphrodisia hodie sunt. Oculos volo
Meos delectare inunditiis meretriciis. Vergl. 1. 2, 8 ff. u. 26 ff.
lieber noch die ganze Szene, 2. 44. diern pulchrum et celebrem
et venustatis plenum.
12) Plaut. Aulul. Prolog. 36 qui illam stupravit noctu Ve-
neris pervigiliis. Gellius 2 Kap. 23. In pervigilio vitiata est.
Petron. Satir. 21. cum sciatis Priapi genio pervigilium deberi.
Klau di an In Eutrop. Prolog. 63
Insula laeta choris, blandorum mater Amorum
Nulla pudicitiae cura placere potest.
Prospectant Paphiae de rupe puellae.
169
Aphrodite seiner Schwester Demodike Gewalt anthat,
ohne sie zu erkennen. Von ihm erhielt der Fluss
Chrysorrhoa, in w^elchen er sich nach Erfahrung seiner
Schuld gestürzt hatte, den Namen Paktolos. '®) Es ist
nicht zu verwundern, wenn die Aphrodisien den Ko¬
mikern vielfachen Stoff zu ihren Stükken gaben.**)
Wie weit der weibliche Math willen sich unter dem
Schuze der Aphrodite versteigen konnte, sehen wir
unter andern auch aus Aristophanes. In Thessalien
wurde an einem Feste der Aphrodite die Lais von
den neidischen Hetären getödtet. Seitdem sollte die
Göttin dort den Namen der unheiligen, ävoaia, bekom¬
men haben.*®) Ich bezweifle aber, dass die Ausschlie¬
ssung der Männer, von welcher der Berichterstatter
erzählt, so unbedingt zu verstehen ist. Wenn die
Weiber auch den Ton angaben, so können doch die
Männer nicht gut gefehlt haben. Bei den Festen der
Urania ist die Ausschliessiing etwas Anderes und
eher begründet; nur nicht hier.
13) Plutarch v. d. Flüssen. 7, 2. Eine ähnliche Gesch.
17, 1. Die Tempel der Aphr. wurden gern ausserhalb der Stadt
gelegt, Stieglitz Baukunst 2, 1 S. 9.
14) Menander schrieb eine Kom. MeinekeMe-
nander S. 93, Ebenso Theopomp. SchoL z. Arist. Piut, 179.
Athen. 7, 824. Meineke Hist. com. Att. S. 239. '‘Aq.qoSkrjg yövm
hiessen mehrere Komödien, weil in den Mysterien die Geburt
der Aphr. gefeiert wurde. Solche schrieben Philiskos und
Nikophon. Meineke Hist. Com. Att. S. 265 ff. Ebenso An-
tiphanes bei Athen. 1.5, 666. 11, 487. Ein anderes Stükk des¬
selben hiess Idf/Qodiaiog, ein der Liebe ergebener Mensch. Die
Komödien, welche ihren Namen von Hetären führten, mögen
meistens an den Aphrodisien gespielt haben. TheodBergDe
reliqq. com ant. S. 399 vermuthet, nass Eubulos Athen. 2, 65
ein Gastmal von Hetären, welche die Aphrodisien feierten, dar¬
gestellt habe.
15) Schol. zu Arist. Plut. 179.
170
Plautus ' ®) führt uns in einer sehr wizigen Szene
ein Paar feiernde junge Mädchen und einen jungen
Mann vor, welche alle drei die Aphrodisien feiern
wollen. Die beiden jungen Mädchen, fein gepuzt und
gesalbt, wollen verabredeter Massen den jungen Mann
beim Tempel treffen. Die eine räth noch zurökkzu-
bleiben; es sei jezt noch ein zu grosser Schwarm
und Gedränge am Altar; sie werde sich doch nicht
unter die gemeinen Huren begeben, die Geliebten der
Müllerknechte und Bäkkergesellen, schmuzige Dienst¬
mädchen und Frauenzimmer ähnlichen Gelichters, wel¬
che sich mit stinkenden Salben beschmiert hätten, nach
Kneipen und Ställen röchen, so ganz für die niedrigste
Klasse der Knechte geschaffen, welche kein anstän¬
diger und freier Mann berühre und nach Hause führe.
Sie selbst dagegen haben sich gewaschen, gesalbt, ge¬
schminkt, geglättet, gepuzt und so nett gemacht, und
wissen dabei so züchtig und verschämt zu thun, dass
sie glauben, man könne keine schöneren haben , und
werth wären, beim hellen Tageslicht geschaut zu wer¬
den, und dass sie nicht erst auf den Abend zu warten
brauchten. Sie sind überzeugt gerechten Anspruch
auf die feinsten Herren und den grössten Lohn zu
haben. Deshalb waren sie auch schon Morgens früh
herausgeeilt, um das erste Feuer auf dem Altäre an¬
zuzünden.
Buhlerinnen und züchtige Mädchen beten an diesen
Tagen, dass die Göttin ihren Liebhabern Gesundheit
und aphrodisische Küstigkeit geben möge.»') Die He¬
tären pflegten auch einen eignen kleinen Altar m der
Vorhalle ihres Hauses zu haben, auf welchem sie der
16) Plaut. Poen. 1, 2, 51 ff-
17) Plautus Poen. 1, 2, 120. 4, 2, 27.
5, 3, 13 ff.
171
Göttin täglich opferten.**) Sie müssen ihr viele Ge¬
schenke bringen,*®) und ihr auf alle Weise Aufmerk¬
samkeit erweisen. Eine Hetäre reicht ihr eine Sta¬
tue,*“) eine andere, Plaggon, weiht der Aphrodite
Peitsche und Zügel, nachdem sie eine Nebenbuh¬
lerin, die Pbilaieis in der Rennbahn, d. h. in Angele¬
genheiten der Liebe, besiegt hat,**) indem sie ihren
sieggewohnten Kampf in den Geschäften des Beischlafs
sinnbildlich mit dem eines Siegers in der Rennbahn
vergleicht. In einem andern Epigramm des Asklepia-
des **) weiht die Lysidike der Kypris eine Pferde¬
bremse, [ivootp, in ähnlicher Weise. In ihrem Alter
weihte Lais*®) der Aphrodite ihren Spiegel, als
einen lästigen Erinnerer an das, was sie verloren hatte.
Bei Lukian**) räth eine Mutter ihrer im Geschäft noch
unerfahrnen Tochter Musarion, der Pandemos eine
weisse Ziege, der Urania aber und der Aphrodite ip
x^noig jeder ein Kalb zu opfern, wenn sie anständige
und freigebige Liebhaber bekommen wollte. Die Mutter
räth ihr hier gleichsam alle Gestalten und Eigenschaf¬
ten, in welchen die Liebesgöttin sich kundthut, sich
geneigt zu machen, namentlich Zucht, Ehrbarkeit und
Herzensreinheit, wenn auch nur zum Schein, sich an¬
zueignen, wenn sie ihr auch der Urania zu opfern räth.
So werde sie desto mehr Glükk machen. Dagegen
18) Terenz Eunuch. 1, 2, 5 und Eugraph. dazu. Vergl.
Plautus Curculio 1, 1, 71.
19) Plaut. Poen. 5, 4, 1.
20) Nossis in Jakobs Anthol. Ausw. 1, 35.
21) Von Asklepiades oder P os eidippos D’Orvüle z.
Chariton 2, 2 S. 295.
22) D’Orville z. Chariton 2, 2, S. 296.
23) Jakobs Verm. Sehr. 3, 432. Anthol. 6, 1. Br unk
Anal. Vet. Poet. 1 S. 170 Nr. 7.
24) Hetärengespr. 7.
172
erblikken tagendhafte und züchtige Frauen, welche
eine hübsche Tochter haben, einen Tempel der Aphro¬
dite nur mit Besorgniss. **)
Es war Sitte, dass die Liebhaber an den Aphro-
disien ihre Geliebten wie an Geburtstagen beschenk¬
ten 5^®) es kommen aber auch Klagen vor, dass diese
unverschämt sind , oder sich von mehreren zugleich
beschenken Hessen. Ohne Geschenke durfte kein Mann
Gunst weder von der Göttin noch von den Hetären
erwarten. Je mehr Jemand brachte, desto willkom¬
mener war er natürlich, und mancher hatte zu klagen,
dass er arm durch solche Spenden geworden war. So
rechnet Dorion bei Lukian*’) seiner Myrtale vor, dass
er ihr Sikyonische Schuhe ira Werthe von zweiDrach-
. men geschenkt habe^ dann ein phönikisches Salben¬
büchslein aus Alabaster; aus Kypros hatte er ihr
Zwiebeln, ferner einen Korb mit Zwiebakk, einen
Topf voll Karischer Feigen, ein Paar vergoldeter Pan¬
toffeln aus Patara, aus Gythion einmal einen grossen
Käse mitgebracht. Dies rechnet ihm Myrtale nicht
höher als fünf Drachmen an, was für einen Matrosen
dennoch genug ist. Sie giebt aber einem Bithynischen
Kaufmann lieber Gehör, zur grossen Betrübniss des
Dorion, welcher sich jezt mehr als je zurükkgesezt
glaubt, da er Aufseher einer Ruderbank geworden ist,
und neulich erst an den Aphrodisien zu den Füssen
25) Juvenal Sat. 10, 279.
Formam optat modico pueris, majore puellis
Murmure, cum Veneris fanum videt anxia mater.
Vgl. Anm. 12.
26) P r 0 p e r z 4, S, 35 ff.
Iiigerat Apriles Jole tibi: tundat Amycle,
Natalem Maiis idibus esse tuum.
27) Hetärengespr. 14. Vgl. Alkiphron Br. 1, 36.
173
der Aphrodite eine Silberdrachme gelegt habe, damit
die Göttin das Herz des Mädchens erweichen möge 5
auch habe er ihrer Mutter zwei Drachmen zu Schu¬
hen gegeben.
Die Aphrodisien waren auch für die Kuppler
wichtig. An diesen Tagen wurde vor dem Tempel
der Göttin, wodurch der Sache noch eine Beziehung
auf dieselbe gegeben wurde, ein öffentlicher Markt
gehalten,'^®) auf welchem die Kuppler eine reiche Aus¬
wahl schöner junger Mädchen zum Kauf fanden. Kein
Ort war hierin wieder wichtiger als Paphos.^®) Plati-
tiis®®) stellt uns einen Kuppler dar, welcher unwillig
wird, dass er der Göttin schon sechs Lämmer geopfert
habe, sie ihm aber bei seinem Handel dennoch noch
nicht günstig geworden sei, und er beklagt sich über
die Habsucht der Göttin. Opfer der Kuppler kommen
mehrere Male vor. Bei demselben Dichter sehen wir
aber auch, dass sie sich viele i'reiheiten und unge-
sezliche Handlungen herausnahmen. Ob es sonst auch
erlaubt war, im Tempel selbst Schmausereien zu hal¬
ten, möchte an und für sich zu bezweifeln sein, in-
dess scheint es doch vorgekommen zu sein,®*) und
28) Plaut, Poen. 1, 2, 126. vgl. 193.
29) Terenz Adelphi. 2, 2, 21 ff. amplae mulieres
Complures et item hinc alia, quae porto Cyprum
Nisi ad mercatum venio, damnum est maximum.
30) Plaut. Poen. Akt 2 V. 6. Vgl. 4, 2, 25 ff. Rudens 1,
2 7. und 41. Proleg. 60. Zen ob. Paroim. Cent, 1, 31. Leutsch
und Schneid. Paroem. Gr. 1 S. 11. ^Aqnayu tu Kivpuqov. Klvvaqos
iyivtTo no^poßoaxos ^ihuovaws. nXovauoTutos yuvv ix Tij? iqyualas yt-
vöfiivo?, fifp intjyyikkito rtjp ovaiav itquv Tti ’Acf Qodlrjj yMTuhlqim,
rii.ii/r(jjp de tu ovtu nQovd-tjxev eie u{>nayriv.
31) Plaut. Curculio I, 1, 72. Athen. 15, 676. Aus Po-
lyharmos v.Naukratis: Herostratos xakeeu? re xat i<p eerlamp iv
uvTta rm rovs n^oe^xomas xal rovs oixeioTatove,
174
vor allem erlaubt sich ein Kuppler einen jungen Mann
dahin einzuladen. Sicher ungesezlich war es, wenn
ein Kuppler in das Heiligthum der Göttin einbricht,
um ein Paar Junger Mädchen wider ihren Willen und
mit frecher Gewalt vom Altäre zu reissen. Er miss¬
handelt selbst die Priester, verlezt den heiligen Ort
und die Göttin, ® *) welche sich des Geschikkes junger
Mädchen annimmt.®®) Sie fordert einen freiwilligen
und aus eignem Triebe hervorgegangenen Dienst.
Es ist schon oben auf die Aehnlichkeit zwischen
den Bakchischen Festen und den Aphrodisien aufmerk¬
sam gemacht worden. Muthmasslich fanden an den
Aphrodisien auch dionysische Mummereien statt.
Auf Kypros war es an einem Feste Sitte, dass die
Weiber der Aphrodite in Mannskleidern und die Män¬
ner in Frauenkleidern opferten. Dasselbe geschah
auch in Argos an einem Feste Hybristika, *’) von
wo es nach Kypros gekommen sein muss. Auch Phi-
lochoros hatte diesen Gebrauch erwähnt, und von bei¬
den Orten wird hinzugefügt, dass die Verehrung der
mannweiblicheil Aphrodite gegolten habe. Plutarch,
welcher uns den Namen dieses Festes aufbewahrt hat,
giebt uns zugleich eine geschichtliche Entstehung des¬
selben. Als die Spartaner unter Kleomenes zur Zeit
der Telesilla Argos erobert hatten, griffen die Argi-
verinnen zu den Waffen und befreiten das Vaterland
unter Anführung der Telesilla. Zur Erinnerung an
321 Plaut, Rudens Proleg. 61. Akt 1, 2, 64. 2, 3, 12 ff.
33) Plaut. Rudens 2, 7, 12,
34) Ebend. 3, 2, 30 ff. 3, 3, 5 ff. 3, 3, 27 ff. 3, 4, 19.
35) Ebend. 2, 3, 57 ff.
36) Vgl. Welker Nachtr. zur Trilog. S. 220.
37) Servius z.'Virg. Aen. 2, 632. Plutarch rwahxüv
Kapit. Makro b. 3, 8,
175
diese Heldenthat der Weiber sollte jenes Fest der
Aphrodite eingesezt sein. Allein schon Otfr. Müller®®)
hat bemerkt, dass damals dies Fest schwerlich ent¬
standen sein könne, sondern einem alten Naturkulte
von Argos angehören müsse und es ist kein Zweifel,
dass dies Fest der Natiirgöttin Aphrodite angehört
habe und sich hier mit Bakchischen Elementen, wie
z. B. der Oschophorienfeier, vermischt haben mag*
Man kann dabei auch an das Fest der Ariadne- Aphro¬
dite zu Amathus erinnern.
Zur Ergözung und zum Zeitvertreib scheinen an
den Aphrodisien auch belustigende szenische Vorstel¬
lungen aufgeführt worden zu sein, einzelne Auftritte
mit Mimen, welche eine bestimmte Fabel vorsteJIten.
Fabeln aus dem Kreise der Aphrodite lagen hier mir
zunächst, z. B. der Ehebruch des Ares und der Aphro¬
dite, und wie Helios die Sache dem Hephaistos an¬
zeigt. Es gab einen Tanz ^Atfqodi'C'qg j'oVatj®®) auch
liess man die Aphrodite selbst auftreten und unzüch¬
tige Szenen vorstellen. ^®) Unter den Gegenständen
der Unterhaltung befand sich auch das Würfelspiel,
und dadurch, dass man mit demselben das Glükk der
Liebe zu erproben pflegte, mag es gekommen sein,
dass man den besten Wurf den Aphrodite wurf nann¬
te. '“) Auch der Kottabos ist wahrscheinlich unter
die gesellschaftlichen Spiele an den Gelagen der Aphro-
38) Dorier 1 S. 173 und bes. Anm. 2 daselbst.
39) Lukian De saltat. Kap. 37 und 63.
40) Arnobius 4, 35. Sedet cunctus populus et senatus ;
consulatibus functi patriis, Düs proximi atque augustissimi reges:
et quod nefarium est auditu, gentis illa geiiitrix Martiae, regna-
toris et populi procreatrix arnans saitatu Venus, et per affeetus
omnes meretriciae vilitatis impudica exprimitur imitatione bac-
chari. Vgl. Artemidor Oneirokr, 2 S 57.
41) P aut. Asinaria 5, 2, 54. Hör. Od. 2, 7,25. Vet. Schol.
176
disienfeier zu rechnen. Man betrachtete es wenigstens
für ein der Aphrodite geweihtes Spiel wegen seiner
Beziehung auf Liebe und wechselseitige Nekkereien,
und wegen der launigen Scherze, welche es in Ge¬
sellschaften beider Geschlechter veranlasste, passte es
besonders für diese Feier. Nicht minder möchte die
Anwendung dieses Spieles in Antiphanes Geburt der
Aphrodite^*) dafür sprechen, dass es an den Aphro-
disien üblich gewesen sei.
Alles Bisherige, was wir von der Aphrodisien-
feier ausgestellt haben, hat der Mysterienbedeutung,
der muthwilligen Entfesselung der Laune und der
geselligen Unterhaltung gegolten. Ein ^anderes Ele¬
ment, w'elches uns die Gewissheit giebt, dass man
auch, wenigstens theilweise, ernstere und edlere Er-
o-özung mit der Feier in Verbindung zu sezen nicht
verschmähte, haben wir hier noch nachzuholen. Es
sind dies die musischen Bestandtheile der Feste. Sie
lassen sich zwur nur an wenigen Orten nachweisen;
indessen w'aren sie doch vorhanden, und an manchen
andern Orten mögen sie erst mit der Zeit der Aus¬
artung der Feste zurükkgedrängt sein. 8ehr wichtig
für die Feier der Aphrodisien ist die wohlbegründete
Meinung Welkers, “) dass zu Salamis auf Kypros an
den Aphrodisien die Kyprien des 8tasinos ago-
nistischrhapsodirt sein möchten. Die Beziehungen
dieses Gedichtes auf Kypros, seine Geschichte und
seine Mythen, insbesondere auf die Aphrodite selbst,
sind von uns früher an einem andern Orte ausführlich
auseinandergesezt. Es geht daraus hervor, dass sich
Cruq. Veiiereus jactus in talis siimmum numerum habet, id est,
ter senarks. VgL Cicero de Divinat. 1, 13. 2, 21. 2, ,^9.
42) Bei Athen. 15, 666 ff.
43} Welker Epischer Kyklos S. 182.
111
dies Gedicht gmx, vorzüglich zu Vorträgen an den
Festen der Göttin, deren Ruhm es verherrlichte, eig¬
nete. Ein Paar erhaltene Rhapsodienprooimien, von
denen noch dazu das eine sich ausdrükklich als nach
8alamis gehörig ankündigt, und wohin die andern ohne
Bedenken ebenfalls zu ziehen sind, weisen deutlich
genug auf folgende, die Kypris betreffende Gesänge,
höchst wahrscheinlich auf die Kyprien**), hin. Dies
ist das Wenige, welches wir von Rhapsodenvorträgen
auf Kypros überliefert bekommen haben.
Etwas ausführlicher sind wir in dieser Hinsicht
über die Aphrodisienfeier zu Aphrodisias auf den Grän¬
zen von Marien und Lydien durch eine Anzahl In¬
schriften belehrt; aber auch nur durch diese, denn
schriftstellerische Zeugnisse hierüber fehlen ganz. Die
Stadt selbst ist erst in den lezten Zeiten zu einiger
Bedeutung gelangt, und die dortigen Spiele sind erst
sehr spät entstanden. Was für Einrichtungen man
sich hierbei zum Muster genommen hat, ist nicht zu
ermitteln : ebenso wenig die Frage , ob auf. Kypros
dergleichen 8piele bestanden haben. Wenn dies der
Fall war, so wird man wol auch die dortigen Einrich¬
tungen, wie vermulhlich im Allgemeinen es geschah,
so auch in diesem besondern Punkt zur Vorschrift
genommen haben. Es gab in Aphrodisias viererlei
Spiele, **)
I. die Lysimachien. Ein Aphrodisier Lysimachos
hatte testamentlich ein Kapital ausgesezt, welches bis
zu der Summe von 120000 Drachmen an wachsen sollte;
dann aber sollten von den Zinsen alle vier Jahre mu-
Bische Wettkämpfe bestritten werden. Musische
44) Homer. Hymn. 5, 19 ff. 9, 5.
45) Boekh Corp. Inscr. Gr. 2 S. 493--550. Nr, 2737—2851.
Besonders Bökh zu Nr. 2758.
II.
12
178
Wettkämpfe sind ausdrükklich darin bestimmt. Ob
späterhin vielleicht noch andere hinzugefögt seien, ist
nicht sicher nachzuweisen. Wir finden dort eine Ver¬
ordnung des Archiereus von Asien, des M. Ulpius Apu-
lejus Eurykles aus den Zeiten des Antoninus Pius, mit-
getheilt, welchem die Geldverwaltung und Aufsicht
über die Verausgabung sowie die Besorgung der Spiele,
soweit sie die Kostenbewilligung angeht, oblag. Er
theilt den Aphrodisiern mit, dass die Geldsumme nun
zu der bestimmten Höhe angewachsen sei, und die
Spiele gefeiert werden könnten. Agonothet ist ein
Flavins Lysimachos aus der Familie des Erblassers.
Aus den einzelnen weitläufigen Katalogen ersehen wir
die verschiedenen Gegenstände der Kämpfe und die
Preise der Sieger.
2. Die Attalischen Spiele. Näheres über sie
wissen wir nicht, als dass sie von einem Aphrodisier
Ätlalos, welcher in mehreren Inschriften genannt wird,
eingesezt waren, ^ie kommen auch auf Münzen vor.
3. Die Philemonischen Spiele. Sie waren
trieterisch und gymnisch, konnten indess auch zugleich
musisch sein.
4. Die Valeriana. Sie werden auf einer Münze
genannt, und wahrscheinlich galten auch sie der
Aphrodite.*®)
Die gymnischen Spiele und Wettkämpfe.
Diese finden wir ganz besonders hei Hirtenvölkern
und mit der Aphrodite -Aineias verbunden. Berühmt
waren diese Feste bei den Zakynthiern. AufZa-
kynthos wurde ein gemeinschaftliches Fest der Epheben
gefeiert, wobei namentlich ein Wettlauf abgehalten
ward, in welchem den Preis der erhielt, weicher zu-
ioEkhel Doctr. Num. 2 S.§77. Mionaet Descript. des
med. gr. 3, 330.
179
erst den Tempel der Göttin erreichte. Dieser Wett¬
lauf hiess der Lauf des Aineias und der Aphrodite.*’)
und seine Einsezung schrieb man dem bekannten Heros
Aineias zu. Wie in Zakynthos Aphrodite dem Wett¬
lauf vorsteht, so finden wir auch auf Münzen von A m-
brakia die mit der 8iegesbinde bezeichnet© Spiz-.
Säule, das Zeichen des Pferderennens, umgeben
von einem Lorbeerkranz, und einem Frauenkopf mit
8chleier und Lorbeerkranz. Faustkampf findet auch
bei dem der Aphrodite dienenden tlirtenvolke auf dem
Eryx statt. Nach Virgils Darstellung scheint es, als
wenn dem Eryx zu Ehren jährlich mit dem Caestus
gekämpft, und ihm. den man als Gott verehrte, die
Verleihung des Sieges zogeschrieben wurde. Er be¬
zieht aber den Faustkampf augenscheinlich auf den
Dienst der Aphrodite, denn er lässt dem Anchises die
Spiele feiern, und bezeichnet in Beziehung auf diesen
Kampf den Eryx als des Aeneas Bruder.*®)
In Rom feierte August der Venus Genitrix nicht
lange nach Caesars Tode Spiele, welche ihr dieser
bereits geweiht hatte.
Es ist auffallend, dass die Schönheitskämpfe,
Kallisteien, nirgends in unmittelbare Beziehung zur
Aphrodite gesezt sind, da man doch vermutheii könnte,
ihr zu Ehren würden sie gehalten. Der Schönheits¬
streit zwischen Aphrodite, Athene und Hera in den
Kyprien muss wirklichen Kallisteien nachgebOdet sein,
und den beiden hier besiegten Göttinnen finden wir
sie gefeiert, in Lesbos der Hera,*®) in Ells der
47) Dionys, v. Halik. 1, 50.
48) Klausen Ital. Volksrel, unter d. Einfluss der griech.
1 S. 490.
49) Homer. II. 11, 130 scheint schon einem Grammatiker
auf solche Kämpfe anzuspielen. Schol. mtqä Jteßloif ufav uyttm
12*
180
Athene, nach Dionysios von Leuktra Bericht;’*) die 1
Sieger erhielten hier zum Preise Waffen, die Frauen |
aber stritten Jteqt ßmpqoavvrig xal olxopofiiag. In Lesbos i
und Tenedos aber stritten sie nsql xdUovg. In Arka¬
dien jedoch wurden die Kallisteien am Feste der Eleu- ,
sinischen Demeter gefeiert; Kypselos sollte sie beim i
Bau einer Stadt in der Ebene eingesezt haben. Dessen- |
ungeachtet halte ich es nicht für unmöglich, dass Kal¬
listeien auch an den Aphrodisien, namentlich aber auf j
Kvpros, w'^orauf der Sieg der Aphrodite über ihre bei¬
den Nebenbuhlerinnen in der Schönheit bei Stasinos
hinweist, vorgekommen sind. Vielleicht war die Göttin
selbst Scbiedsrichterin. ^
Das der Aphrodite geweihte Naturleben. |
Im Grunde waltet Aphrodite im ganzen Natur- |
leben, soweit sich in ihm eine zur aphrodisischen [
Tüchtigkeit heranblühende Jugendfrische kundthut. i
Aber manche Gegenstände aus dem Thier- und Pflan¬
zenreich sind doch noch in eine unmittelbare Beziehung
zur Göttin gesezt. Obenan stehen die Tauben. Sie
waren in den Tempeln der Naturgottheit ein Symbol
des brünstigen Erdentriebes. Wie sie in Asien der
weiblichen Gottheit heilig sind, so haben sie auch zu
Dodona und anderswo im Naturkult Bedeutung und
Heiligung, Von zwei Seiten her war also den Ky- |
priem die Verehrung der Tauben zugekommen , und I
für Kypros hatten die Tauben diejenige Bedeutung,
welche in Athen den Eulen, in Samos dem Pfau zu-
yvrmxatf tu rm uidvti, Ityofuvos xccXliffreicc. Vgl. j
Eli s tat h. II. 19, 282. i
50) Bei Athen. 13, 609 and 610. Suidas KaUeJa. Mu- j
s a i o s Hero und Leander V, 75 nimmt auch Kallisteien für Sparta j
an, welche aber bezweifelt werden. ,
181
fiel. * 0 Die ausserordentliche Pflege, welche man auf
Kypros den l'aiibeo angedeihen Hess, führte den
grossen Buf derselben herbei, namentlich zu Paphos
sollten sie immer von besonderer Schönheit gewesen
sein.®*) Die Aerzte schrieben sogar dem Miste der¬
selben eine heilsame Wirkung zu. Aus den Abbil¬
dungen des Tempels hat man vermuthet, dass im Tem¬
pel selbst Taubenschläge angebracht gewesen,*®) in¬
dem man die Fenstern über dem Portal dafür hielt.
Lukiao sagt, dass die Tauben im Tempel zu Bambyke
sehr zahm gewesen seien 5 wahrscheinlich waren sie
es auch zu Paphos. Auf Münzen und Gemmen sehen
wir sie im innersten Vorbofe henimspaziereDj ja selbst
auf dem Idole sizen, und um dasselbe fliegen. Die
grossen Tauben, welche zuweilen auf dem Gebäude
sizen, mögen kolossale Nachbildungen aus Metall oder
Stein zum Schmukk der Akroterien gewesen sein. So
findet man auch oft auf den Münzen vom Eryx , von
Sikyon u. s. w. an Orten, wo Aphrodite verehrt ward,
Tauben, bald frei stehend, bald auf der Hand der
{ Göttin. Eine Taube mit phönikischer Umschrift auf
einen Skarabäus eingegraben, ist bei Larnika gefun-
1 5UCustäth. II. 15, 641. Antiphäugs ip tois ofioTtaigloiS
i bei Athen. 14, 655.
I ^Ep ‘HXlov fitp qaGi, yspied-m nolu
^olptxas, iP ^Ad-^paie yXavxas. ‘M Kvngos
I/« mXiiag ifta(f6Qovs’ ^ d’ ip :Säf4i^
"Uqa TO xgvGovp, faaip, ogpi^ap ytpos
tovs xalh^oqtfovs xai mgißUmovs tams,
Vergl. Athen. 9, 395. Alexis Svptgij^ovGip und Pherekrates
ip IZiTalp.
52) Martial Epigr. 8, 28, 13. Spartanus tibi eedet oior,
'Paphiaeque columbae. Nemesianus fragm. de aucupio. V. 22.
Paphiae aves.
53) Munter Tempel zu Paphos S,27.
182
den. ® *) Es war wol an keinem Orte Kult der Aphro¬
dite, wo nicht die Heiligkeit der Tauben hervorge¬
treten wäre 5 so auf Kythera,“) Salamis,'®) zu The¬
ben. Unter den Ruinen des Tempels der Phile-
Aphrodite bei Thria sind auch Votivtaiiben von Marmor
gefunden worden. Es war aber auch nicht bloss die
schwarze grosse Holztaube, welche der Aphrodite ver¬
bunden und geheiligt ist,'®) sondern auch die weisse,
wie der Komiker Alexis, Silius Italiens und andere
angeführte Stellen beweisen ; in der Regel ist es frei¬
lich die schwarze Ringeltaube, besonders zu Dodona.
Wenn es ursprünglich auch nur die Idee der
Fruchtbarkeit gewesen ist, welche man bei den Tau¬
ben sich so stark offenbarend fand, und weswegen
man sie der Aphrodite heiligte,'®) so entdekkte man
an ihnen doch auch noch andere Eigenschaften, durch
welche die Taube ein aphrodisischer Vogel blieb. Man
glaubte nämlich in ihnen ein Bild ehelicher Zärtlich¬
keit und treuer Liebe zu erkennen. In jener ersten
Bedeutung nannte man unzüchtige Frauen auch wol
64) Clarkes Travels 2, 1 S. 320. aus Munter.
65) Ovid Metam. 15, 386.
66) Aeschjlos Pers. 284.
67) Silius Italiens 3, 678. Vgl. 4, 106.
58) Apulej. Met. 6. S. 175. Aelian Thiergesch. 4, 33.
Versch. Erz. 1, 15. Artemidor Traumdeutung 2, 20. Aristot.
De anim. 8, 6, 3. P laut. Bakch. 1, 1, 17. Virg. Ekl. 3, 68.
Lutat. zu Stat, Theb. 4, 226 u.s.w. Burmann z. Petron.
Sat, Kap. 85.
59) Eine andere Veranlassung giebt die Erzählung in Bo des
Mythographi lat. 1, 175. Eros und Aphr. pflükkten Blumen um
die Wette. Die Aphr. wird von einer Nymphe Peristera un-
terstiizt, so dass sie mehr bekommt. Unwillig hierüber venvan-
delt Eros sie in eine Taube, und seitdem soll die Taube unter
dem Schuze der Aphr. stehen. — Ebend. 2, 33 dies. Erzählung
mit dem Zusaz quia ejus generis aves in coitu sunt fervidae.
183
Tauben;*“) in dieser kommt Taube bei Plautus als
Liebkosungswort vor. Einen Unterschied der verschie¬
denen Arten der Tauben in ihrer Beziehung auf das
weibliche Geschlecht, giebt Artemidor a. a. 0. an. Er
sagt : die grosse schwarze Holztaube, yao'o'ß, bezeichne
die Buhlerinnen; die gewöhnliche Taube aber, mqt-
areQcc, die unbescholtenen und keuschen Hausmütter.
An jener haftet also die Bedeutung der Fruchtbarkeit
und Zeugung, an dieser die der Zärtlichkeit und Liebe,
und so wie die Idee der Liebe im gewöhnlichen Le¬
ben bei der Aphrodite vorherrschte, so mag auch die
gewöhnliche Taube im gemeinen Leben verstanden
seiOj wenn von ihr als einem der Aphrodite geweih¬
tem Thiere die Rede ist. Sie konnte auch wol nur
io den Taubenschlägen gehalten werden. In ethischer
Beziehung fasste man die Taube als ein Bild der Rein¬
heit auf und stellte das Schwein als ein Bild der Un¬
reinheit ihr entgegen.®*) Diese Auffassung des Phi¬
losophen ist uns interessant. Er versteht hier natürlich
unter Aphrodite die Urania, welcher die ehrbaren und
züchtigen Frauen opferten, und dass diesen die Haus¬
tauben, welche auch Phurnutos nur im Sinne gehabt
zu haben scheint, geheiligt waren, haben wir schon
aus einem andern Zeugniss gesehen. Der Urania war
nun allerdings nicht das Schwein gewidmet, sondern
der Naturgöttin und derPandemos. So sprechen also
Taube und S ch w e i n die beiden Oegensäze im Aphro¬
ditekult sinnbildlich aus. Wie die Begriffe von der
60) So Helena bei Lykophr. V. 85 r^^Qmp. Der Schol. sezt
kinzu: dß TO Iu](p6v. V. 131. ntltlas und er erkl. es durch niqvt}.
61) Phurnutos Kap. 24. TisQtßTB^u cfi tüSv o^vivop fiä-
hcra, rw xa&uQoP tluat to 0op xal ffihof^ov^Mop ^ da tmp miavil
ävändhv d’ dß ty^p axu&aqal^p dkkotqla ah^s dpm
ßdxä. Die Stelle auch bei Eudokia S. 14,
184
Urania sich mit der Zeit erst entwikkelt haben, so
hat sich auch die Sonderung der verschiedenen Arten
Tauben, und der Eignung der Haustaube für die Ura¬
nia erst mit dieser selbst gebildet. Ursprünglich war
der Aphrodite die Taube im Allgemeinen als Sinnbild
der Fruchtbarkeit und Fortpflanzung geheiligt 5 und
der angegebene, später eingetretene Unterschied wurde
gewiss auch selten nur festgehalten*
Die weissagende Kraft, welche in Dodona der
Taube anhaftet, wird auch auf Gegenstände der Liebe
übertragen, und Tauben weissagen auch hierin.®*)
Bei Homer haben die Tauben nicht bloss weissagende
Kraft, sie bringen auch dem Zeus Ambrosia. Weil
sie für die liebsten Thiere der Göttin galten, so war
es sinnige Idee derselben ein Taubengespann zu ge¬
ben,®®) und Tauben werden als ein Liebesgeschenk
auch der Göttin selbst gebracht,®*) Im Hinblikk auf
die Zärtlichkeit dieser Thiere wird ein heisser und
langer Kuss mit dem Kusse der Tauben verglichen.®*)
Gewöhnlich aber ziehen Tauben den Wagen der Ky-
pris, zuweilen geschieht es aber auch von Schwä¬
nen,®®) welche auf Kypros unter heiliger Hut zu
62) Properz 1, 9, 5.
63) Ovid. Metam 15, 598. Klapdian Epithal. Pallad, et
Celer. 104 u. s. w. Besond. die bildlichen Darstellungen. Apu-
lejus. 6,25. Vier weisse Tauben ziehen ihren Wagen, welchen
sie. von Hephaistos zum Geschenk erhalten, (quem ei Volcanus
subtili fabrica studiose poliverat, et ante thalami rudimentum
puptiale munus obtulerat u. s. w.)
64) Ovid. Metam. 13, 833. Petron. Kap. 85.
65) Martial 12, 66. 11, 105.
66''. Horaz Od. 4, l, 10. Statius Epithal. Stellae. 143
olores Jungit Amor lectumque vehens per nnbila matrem Gem-
mato temone sedet. Ders. Silvae. 3, 4, 22. Molles agitat Venus
aurea cygnos. Häufig findet sich in der alten Kunst eine von
185
weiden pflegten.®’) Seine Eigenschaft als schönster
Wasservogel mag den Schwan der Aphrodite zuge¬
führt haben. Für die Heiligkeit der Gänse weiss
ich auch keinen andern Grund als ihre Beziehung auf
das Wasser ausflndig zu machen.®®) Die Sperlinge
gehörten der Aphrodite wegen ihrer Zeugungslust,
in welcher Beziehung sie gar zum Sprüchwort gewor¬
den sind. *®) Auch diese spannte man zuweilen vor
den Wagen der Göttin. Wegen seiner Fruchtbarkeit
ist auch das Rebhuhn’®) ein aphrodisischer Vogel.
Dagegen war die Schwalbe der Aphrodite wegen
ihrer Häuslichkeit geweiht,’ ‘) gehört also der Urania.
Ausserdem waren der Aphrodite noch das Wasser¬
huhn, Phalaris,”) und der Drehhals, Jynx, ’*)
geweiht. Wie der leztere auch zum Liebeszauber,
um ungetreue Liebhaber zur Pflicht zurukkzuführen,
gebraucht wurde, so schrieb man unter den vierfüssi-
gen Thieren dem Hasen eine ähnliche Kraft zu.’*)
I Für die Heiligkeit des Wasserhuhns suchte man auch
1 eine etymologische Deutung, und sagte, es sei der
I Aphrodite heilig, wegen der Anspielung des Namens
1 einem Schwan durch die Lüfte, über Gewässer, getragene Frau.
Otfr. Müller Archäol. §378, 2.
67) Sidonius Epithal. V. 110.
I 68) Joh. V. Ly d. 4, 44. Isqovqyow cti am^ xal nsq^i-
, oTi al jutv rolg vdaßt {mkayla dl iq ^Atpqodhq') , oi dl
Tulg ff,<x)vaig tmp dyofupoi' äUßxoprat^
69) Eustath. z. II. 2, 308. S. 183.
70) Aristo t N. H. 9, 9, 2. Varro R.R. 3, 11. Plin. 10,
33, 51. Joh. Laur. v. Lyd. üeber d. Monate 4, 44.
71) Ailian Thiergesch, 10, 34, Tt/nSrai, dl q yihdup &eok
uvyiotg xal 'AaqoSkn, uvyia uivTot xal mmri,
72) Eustath, U. 1, 207. S. 74.
73) Hesych. Theokrit 2, 17,
74) Philos tratos Eikones 1, 6 S. 12, 34, 13, 8, Vgl.oben
Anm. 62. S. 165.
!
186
Phalaris auf den Phallos. Aus ähnlichem Grunde hei¬
ligte man ihr auch die Sardelle, äfvfjj weil man
statt äq)V'>j auch ä<pqvv'ii und dg>Q6g schrieb. Die Ver¬
bindung der Aphrodite mit dem Wasser verursachte,
dass ihr die auch mit der grössten Fruchtbarkeit aus¬
gestatteten Fische geweiht waren. ” ) W ahrschein-
lich hatte von Kypros oderKypris der Fisch Kypri-
nos seinen Namen, und war der Göttin geheiligt.
Fünf mal im Jahr laicht er.’®) Dann wird ein anderer
Fisch, Chrysophrys, mit einem goldenen Flekken
über jedem Auge, noch besonders als ihr zugehörig
betrachtet, welcher wegen seiner Schmakkhaftigkeit
beliebt und wegen Fruchtbarkeit bekannt war.”) Ein
aphrodisisches Thier war auch der Delfin,’®) wel¬
chen wir in der Erzählung vom Anlanden der Aphro¬
dite zu Kypros beim Nonnos kennen gelernt haben.
Besonders hielt man die Delfine für Thiere der Aphro¬
dite, wegen der Liebe, welche sie zu einander und
zu den Menschen zu hegen scheinen, indem sie die
Schiffe mit lustigen Sprüngen begleiten ; und man sagte
von ihnen, dass sie die Knaben liebten. Nicht selten
war auch die Verbindung der Aphrodite mit der Mu¬
schel; besonders gern dachte man sie sich auf einer
Muschel fahrend, ’ ®) und bei den Knidiern war daher
die Purpurmuschel geheiligt; ®®) auch scheint es mir
wahrscheinlich, dass die Göttin ihre Benennung Pur-
75) Vgl. Athen. 8, 346 ff.
76) Oppian Halieut. 1, 593.
77) Archippos, Hikesios, Aristoteles bei Athen.
7, S28.
78) Gellius Noct. Att. 7, 8. Delfinos Venereos esse et
amasios non modo historiae veteres sed recentiores quoqueme-
moriae declarant. Vgl. Müller Dor.
79) Tibiill 3, 3, 34.
80) Plinius 9, 41.
187
purissa®^) von ihrer Beziehung auf die Muschel er¬
halten habe. Zunächst war es freilich das Verhält-
uiss der Aphrodite zum Meere, weshalb man ihr die
Muschel eignete, dann verglich man aber auch in un¬
züchtigem 8inne die Gestalt der Muschel mit der
weiblichen Schaam.
Aus dem Pflanzenreich sind hier besonders zwei
Gewächse wichtig, die Myrte und der Apfel. Die
Schriftsteller gaben verschiedene Gründe an, weshalb
der Aphrodite die Myrten so sehr geheiligt gewesen
seien, wie dem Apollon der Lorbeer.*®) Von Servius®*)
wird diese Beziehung der Myrte zur Aphrodite daraus
erklärt, dass sie die Feuchtigkeit und das Wasser
liebe, und andere hoben ebenfalls diesen Grund her¬
vor. ®®) Zum’ Theil mag dies der Fall gewesen sein,
aber die allgemeine Vorliebe für diese Pflanze, welche
sie wegen ihres angenehmen Geruches, der Gefällig¬
keit der Staude, der immer grünen Blätter und der
freundlichen Blüthe wegen zu einer der liebsten Zier¬
den der Gärten machte, gab vielleicht nicht minder
Veranlassung, dass Aphrodite sich diese zu ihrer Lieb¬
lingspflanze auserkor. Auch kann ihre dicht gedrängte
81) Servius zu Virg. Aen. 1, 719.
82) Hierauf bezieht sich der Scherz desTrachalio in Plaut.
Rudens 3, 3, 42. Te ex concha natam esse autumant; cave tu
harum conchas spernas. — Fulgent. Mjth. 2, 4. Concha etiam
mwina pingitur portari, quod hujus generis animal toto corpore
simul aperto in coitu misceatur, sicut Juba in Physiologis refert
83) Vgl. im Allg. Dioskorides 1,133,155. Theophrast
Pflanzengesch. 4, 6 S. 376. Joh. Bodaeus v. Stapel. Petron.
Satir. Kap. 131. Plin. 12, 2. 15,36. Virg. Georg. 1, 28. Phaedr.
Fab. 3, 17, 3. Paphische Myrte Virg. Georg 2, 64. Sta-
tius Theb. 4, 300.
84) Servius z. Virg. Georg. 2, 64.
85) Ovid. Amor. 1, 1, 29. Virg. Georg. 2, 112. 4, 124.
Martial.
188
Bh’ithenpracht eine grosse Fruchtbarkeit verrathen
haben. An Deutungen aus äussern Verhältnissen und
mythischen Erzählungen fehlte es nicht. Die Myrte
sollte der tJöttin heilig sein, weil Adonis daraus ge¬
boren,®®) oder weil sie sich in ein Myrtengebüsch
verborgen, als sie unbekleidet ans Land stieg, oder
in ethischer Auffassung, weil die Zerbrechlichkeit ein
Bild für die Unbeständigkeit der Liebe sei. Nach an¬
dern sollte die Myrte die Kraft haben, aphrodisische
Tüchtigkeit hervorzuriifen, und die Aerzte schrieben
ihr Heilkräfte für weibliche Krankheiten zu. Es gab
auch eine Erzählung, nach welcher eine Priesterin der
Göttin Namens Myrene vor den Verfolgungen eines
Jünglings von der Aphrodite in eine Myrte verwan¬
delt wird, weshalb diese ihr lieb und geweiht worden
sein soll. *^)
In Rom hatte die Beziehung der Myrte zur Aphro¬
dite die Veranlassung zu einer Venus Myrtia, später
Murcia, gegeben, und vielfach, sowie in bedeutsamen
Verbindungen, werden wir im dortigen Kulte die Myrte
finden, sowol als Reinigungsmittel, als in Beziehung
auf die Todtenwelt^ doch waren dies ursprünglich
griechische Begriffe. Dass man von physischen Eigen¬
schaften der Myrte ausging, kann man nicht verkennen,
und diese treten nicht allein im Aphroditekult, sondern
auch in andern Anwendungen dieser Pflanze bei den
Griechen hervor. Herakles trägt unter den Göttern
eine Myrtenkrone, als Zeichen der Kraft, und die Sie¬
ger in den Alkathoen und Asklepien wurden mit Myrten
bekränzt.®*) Was den Kult der Aphrodite anlangt, so
86) Serv. z. Virg. Aen. 5, 72. Zu Ekl. 7, 92-
87) Ser V. z. Virg. Aen. 3, 23. Es ist eine ähnliche Sage,
wie jene von der Myrrha.
88) Vgl. Find. Isthm. 7, 65 und daselbst Dissen.
189
sagt noch der Lydier Johannes:®®) die Myrte sei der
Aphrodite geheiligt, weil sie die Körper der Kinder
stärke. Im Kulte gehört sie daher ursprünglich der
Pandemos an, denn er berichtet weiter; die ehrbaren
Frauen opfern der Aphrodite wegen Eintracht und
züchtigen Lebens, die Masse der Weiber aber badet
sich in den Bädern der Männer, für ihren Dienst mit
Myrten bekränzt. Offenbar werden hier Urania und
Pandemos im Kulte gegenüber gestellt, und erst aus
ihrer physischen Beziehung auf Naturleben und Frucht¬
barkeit ist auch hier die ethische Beziehung hervor¬
gegangen. Der Ausdrukk naqtsvia [ivQTa bei Aristo-
ph.anes deutet an, dass sie schon bei den Griechen
auf Liebe und Jungfräulichkeit bezogen wurde, wie
man diese Pflanze noch jezt als das keusche Sinnbild
der Liebe und Jungfräulichkeit der Braut ins Haar
flicht. Zu Gortyn führte man an einem Feste einen
Myrtenkranz von zwanzig Ellen Umfang auf, vermuth-
lich auch in bräutlicher Beziehung, denn altgriechische
Sitte war es, an der Hausthür des Bräutigams am
j Hochzeitstage einen Kranz von der Grösse der ganzen
Thöre aufzuhängen.®®)
Aphrodite selbst sollte beim Schönheitskampfe einen
Myrtenkranz getragen haben. Alle Frauen, weiche ihre
Feste feierten, mussten mit Myrten bekränzt sein, und
in Myrtenhainen sangen die Jungfrauen gern das Lob
der Göttin.*') In der Nähe der Aphroditeheiligthümer
89) Job. Laur. v. Lyd. üeber die Monate 4, 45.
90) K atu 11. Hochzeit des Pel. und der Th. 294.
91) Phi lostrat o s Eikones. Bd. 2. Aphrodite. Avienus
Descr. Orb. terr. 1080. Crine Dionaeo myrtus diffunditur. An
den Ufern des Hyphasis ein Hain der Aphrodite. Philostr.
Leben des Apollonius 3, 1. Vgl. die Deutung von Phurnuto.s
Kap. 24. TMv ye /xtv ffmmv ^ fiiv fmqtslvtj dia tfilotpQoavvtjv
AffqoJ'iTfjS tlpat ^ulhptTat,
190
befanden sich in der Regel Myrtenhaine und andere
wollüstige Pflanzungen. Am berühmtesten waren die
heiligen Gärten nicht weit von Alt-Paphos, süd¬
östlich nach dem Meere zu, ieqox'qniq^ und auf der
östlichen Seite der Insel der IdalischeBergwald.
Dies sind die beiden grössten der Aphrodite gehei¬
ligten Waldungen, denn jene zu Daphne gehören ei¬
gentlich nicht ihr. Kleinere Haine umgaben die mei¬
sten Heiligthümer der Göttin, wie die in der unmittel¬
baren Nähe von Paphos, Knidos u. s. w., in denen der
Liebe gepflegt wurde, wenn zur Nachtfeier der Göttin
die Nacht das Dunkel jener Lauben und Gebüsche
umhüllte.
Im Apfel, namentlich im Granatapfel, sahen
die Griechen viel Bedeutsames, und weihten ihn ausser
der Aphrodite auch noch der Hera, Kybele, dem Dio¬
nys und der Demeter, deiner vielen Körner wegen
war er ein uraltes Symbol der Fruchtbarkeit,®®) und
auf Kypros sollte Aphrodite ihn selbst gepflanzt ha¬
ben.®*) In einer der schönsten und fruchtbarsten Ge¬
genden von Kypros, im Gebiet von Tamassos, welches
der Göttin von Altersher heilig war, stand der goldene
Baum, von welchem Aphrodite die Aepfel für ihre
Günstlinge pflükkte. Ihm entnimmt Aphrodite die Aep¬
fel, wodurch Atalante, welche mit ihren Freiern zur
Wette lief, und wenn sie sie einholle, tödtete, den
Hippomenes täuschte und besiegte.®®) Nach der ge-
””92) Ovid Amores 2, 18^ 3. ignävae Veneris cessamus in
umbra. Vgl. oben Anm. 86. S. 162.
93) Arnob. adv. gent B. S. 159. Artemidor Traumdtg.
1, 73. Philo str. Leben d. Apoll. 4, 28. Paus. 2, 17.
94) Antiphanes bei Athen. 3, 84.
95) Ovid. Met. 10, 644.
Est ager, indigenae Tamassum nomine dicunt,
Telluris Cyprii pars optima, quem mihi prisci
191
wöhnlichen Sage waren diese Aepfel vom Baum der
Hesperidengepflükkt, aber auch diese waren der Aphro¬
dite heilig.®®) Der Apfel behielt noch in gewöhnlichen
Liebessachen seine Bedeutung als 8innbild der Liebe,
und Liebende warfen sich Aepfel zu: dies Spiel war
ein Zeichen von Liebesgedanken. ®^) Am berühmtesten
ist der Apfel geworden, welcher von Paris der Kypris
verehrt, und den Schönheitsstreit zwischen den drei
Göttinnen auf dem Ida entschied, nachdem ihn Eris
unter die Hochzeitsgäste des Peleus, mit der Auf¬
schrift: der Schönsten, geworfen hatte. Paris reicht
der Aphrodite den Apfel, das Sinnbild der Liebe ; sie
erwidert dies, indem sie ihm ihr irdisches Abbild die
Helena in Liebe entgegenführt, — Dass Hades der
Persephone die Granate zu kosten giebt, bedeutet wahr¬
scheinlich ursprünglich, dass er Liebe mit ihr gepflo¬
gen, und sie durch den Ehebund an sich gefesselt.
Indem in den Mysterien der Apfel nicht vergessen
war, so schreitet auch hier die Bedeutung von der
physischen zur ethischen vor, indem aus einem Sinn¬
bild der Fruchtbarkeit ein Zeichen der Liebe wurde.
Vom Granatapfel, welchen Hera zuArgos in der Hand
hielt, sagt Pausanias: was aber diesen betrifft, werde
mit Stillschweigen übergangen, denn es ist eine Ge¬
heimsage. ® *)
Ausserdem waren der Aphrodite noch eine Menge
anderer Pflanzen geheiligt, welchen man eine Bezie¬
hung auf Liebe beilegte. So vor allen die Rose.®®)
Sacravere senes, templisque accedere dotem
Hane jussere meis, spricht Aphrodite.
96) Servius z. Virg. Aen. 4, 484.
97) Virg. Ekl. 3. 65. 71. Properz 2, 32, 39.
98) Paus. 2, 17, 4. änoQ^are^os ydq hnv d Idyof.
Vgl. Libanios ähfiyri^a ntql tovqedop in Boisson. Anekd.
192
Philostratos sagt; wenn Zeus den Blumen hätte eine
Königin geben wollen, so würde die Bose über die
Blumen herrschen. Die Lilie, ein Bild der Seelen¬
reinheit, heisst die Freude der Kypris."*®) Die Zy¬
pressen waren der Aphrodite wegen der Zeugungs¬
fähigkeit geheiligt, welche man an ihnen wahrzuneh¬
men glaubte, da die Bäume oder Zweige derselben
von neuem wachsen und wieder ausschiessen , wenn
sie abgeschnitten werden. *) Auch die Linde war
ein Baum der Aphrodite, weil sie wegen ihres star¬
ken Duftes gern zu festlichen Kränzen benuzt wur¬
den. ®) So bediente man sich auch der Myrte an den
Bakchanaiien und Aphrodisien, indem man sie sich in
Kränzen ums Haupt flocht, damit ihr starker Duft und
die reinigende Kraft ihrer Ausflüsse die Wirkungen
des Weines dämpfe. ®) Aehnlich muss der sogenannte
gr, 4, 450. Philostratos Briefe '“Eqom xal Msiqaxla: mtncc
QöSa) mmt, taum "AQn dnüvat, mdra ‘'Aduyyw lAa«»' otI-
fivt}aty. T^S i^Ti xcSfiog, qmmv äylaia^ü, of ifccl^oS clv&Uov, UifiSyog
iQvd-ti^a, xdllog uerqtinTov. (Vgl. Neue z. Sappho fragm. 19. 22.
132. 133.) Im Br. Muqaxim heisst es ; w §01!«, tSWfp ntqok, tols
gtvUois Imxovfiiva, UMp na^d ffs inonjeccTo : avm
iv^fvaS 5 w? ’AMviffog vnoßvrifJLCiT«, ^ wff ij us y>ig
opiÄuta. Pervig. Yen. 22. Ipsa jussit, mane ut udae virgines nu-
bant rosae. Das Epigr. auf die Rose in Wernsdorf Poet. lat. min.
6, 181. Est rosa flos Veneris u.s.w. Maximian Eleg. 1,91 ff.
Bode Myth. lat. 2, 31. Fulgent. Mythol. 2, In Venerem :
Huic etiam rosas in tutelam adjiciunt. Rosae enim et rubent et
pungunt, wt etiam libido, Rubel verecundiae opprobrio, pungit
etiam peccati aculeo, et sicut rosa delectat quidem, sed celeri
motu tollitur, ita et libido übet momentaliter, et fugit perenniter.
100) Athen. 19, 681 ‘Af^odk^S,
1) Vgl. Kreuzer Symb. 2, 191.
2) Phurnutos nt^t Kap. 24 ^ de ^tXtrtQicc dtuu wi}yo/4a,
oft TW»' ifiltly naqaxgifityms iityn^tyxrat, xat nqos T«?i enqdyoiv
nUxd? tMS-aeip avr^ pSkloy. ^
3) Athen. 19, 675. 674. 678. 688. Hesychios }(^vQQly>iS
193
Naiikratische Kranz gewesen sein, welcher von fol¬
gender Begebenheit seinen Namen erhielt. Als Hero-
Stratos aus Naukratis *) in Aegypten von Paphos mit
(lern Bilde der Aphrodite heimschiffte, erhob sich auf
dem Meer ein entsezücher Sturm. Die Beisenden fleh¬
ten besorgt zur Göttin, und diese erfüllte plözlich alles
i um sich her voll junger Myrten und süsser Düfte. Der
! Sturm aber legte sich und das Schiff gelangte glükk-
i lieh nach Naukratis. Hier brachte Herostratos das Bild
und die Myrten in den Tempel der Göttin, opferte ihr,
stellte das Bild auf, und lud Freunde und Bekannte
zu einem Gastmal im Tempel, wo er einem Jeden ei-
; nen Myrtenkranz gab, den man seitdem den Naukra-
tischen nannte. Im Grunde war dieser Kranz wahr¬
scheinlich nicht verschieden von denen, welche man
zu Paphos und überall im Aphroditekult zum Schmukk
der Tempel und der Feiernden gebrauchte, welcher
aber von dieser Sage seinen Namen erhielt. Höchstens
mochte er auf eine eigenthümliche Art gewunden sein.
Anderswo w^ar er aber nicht bloss aus Myrten, wie
Polycharmos berichtet, sondern auch aus Eybios, oder
Amarakos, oder Linden. ®)
Ausserdem waren ihr noch eine Menge anderer
Pflanzen geheiligt, welchen man eine besondere Frucht¬
barkeit, oder eine Kräftigung der Zeuguogsfähigkeit
ziischrieb. So war der Mohn wegen seiner vielen
Samenkörner der Aphrodite wie der Demeter geeig-
ni.difot' tj ddif vtjS na^u noiop SMpat roiS xatu-‘
xHfiipois, ix (PiaJ'o/^s vniq tov Saat ävil ßaqßkov. Aristophanes
Frösche .330.
4) Athen. 15, 675 ff. 671 aus Polycharmos v. Naukratis.
5) Hesychios NavxQarktjs OTtqapoi dno Jlyvmias Nav
^qdrms, 6 ßißhvos, ^ 6 ix (pdvqas, t} o eufiipoipvos. Vgl. Poliux
6 Kap. 18. Vgl. Anm. 2. S. 192.
II. 13
I
194
net, die Eriica ®) und der Kohl. ’’) Dagegen ent¬
hielt man sich an den Festen der Göttin des Bnchs-
haums «) und desEpheus; des lezteren wenig¬
stens zu Theben. Wenn hier die Aiisschliessung des
Epheus vom dortigen Aphroditekult nicht ausdrükklich
versichert wäre, so würde man es kaum vermiithen^
und bei der lauten Aphrodisienfeier an anderen Orten
wird der Epbeu gewiss ebenso willkommen und be¬
liebt gewesen sein, wie an den Bakchischen Festen.
VIBaTBil. ABSCKSriTT.
Auslegung des Mythos.
1.
In der Mitte der pelasgischen Göttersysterae’°)
steht ein Götterpaar erzeugender und empfangender
Erdkraft, Axiokersos und Axiokersa, Bethauer
und Thau, dessen Grundzüge an allen Stätten sich
6) Ovid. Rem. Am. 799. Martial 3, 75, 3. Der Verf. des
Moretum V, 85. Coluitiella De R.R. 10, 109. Exiit ut Veneri
tardos eruca maritos. Paula s Aegin. Eriica magnam ex cal-
faciendi vim obtinet, et genituram efficit, et ob id in Venerem
stimulos addit.
7) Columella De R, R. 10, 210. Varro De re rust, 1.
Festus und Coquus und Pistor.
8) Phurnutos mQt S-tmif Kap. 24. ror d* nv^ov ffvhaTovttu
&b3 nfioifiQuv, dfUQmadfUPm m3? in avrois Ttjv nvyfi^v.
9) Plutarcli Rom. Fr. 112. rwy p-iv ’Olvpnlwv liQiSy tt^yemh
Stal ovTt Iv^'HqaS^ A^r}v^(Si>v, oms S^ßfiOiv iy^A(fQot^h>;S »dut ns «r xinöv, \
10) Ed. Gerh. Hyperbor. röm. Studien. Was hier in der j
ganzen Abhdlg. über die Grundzüge der Archäologie und j
die Pelasgischen Religionen von S. 30 bis 84 gesagt ist, haben |
■wir nach unsero Bedürfnissen ausgebeutet und benuzt.
195
gleich, dessen Aushildang nur nach den Bedingiiiigeii
der Oertlichkeiten verschieden ist. Wie einerseits
diese dualistische Aiffassang jeder Erweiterung fähig
ist durch mehrfache Personifikazionen, so weist auch
andrerseits diese Zweiheit religiöser Naturanschaiiung
auf eine höhere schöpferische Einheit zurükk. Beides
ist in dem von uns am vollständigsten gekannten sa-
mothrakischen System geschehen, indem ein erster
Schöpfungsodem Axieros über die CJäötter der be¬
stehenden Schöpfung gesezt, aber auch selbst dieser
bestehenden Schöpfung eine durch das Weltall ver¬
breitete Regsamkeit, ein stets wandelnder Kadmi«
los-Hermes beigeordnet ist, zur sichern Gewähr,
dass die nicht von Anfang her gewesene Schöpfung
fortan ihr Bestehen haben werde. Jener Schöpfuogs-
odem war in Samothrake Axieros genannt worden,
mit einem dem Gotte alles schöpferischen Triebes
eqog) entsprechenden und vielleicht an der Spize eines
oder des andern Göttersystems wirklich ertheilten Na¬
men; so war auch jene dienende Kraft der bestehen¬
den Natur nur mit dem allgemeinen Ausdrukk eines
dienend geschäftigen Ordners, eines Kadmilos bezeich¬
net. Aber auch unter den umfassendsten spätem Göt¬
ternamen ist keiner an und für sich so bezeichnend,
keiner in anerkannter Anwendung so scharf gesondert,
dass er zur alleinigen und allgiütigen Auslegung je¬
ner rein ideellen Namen hätte dienen können; doch
konnten ihnen uns geläufigere Götternaraen gleichge-
sezt werden. So erklärt der Ausleger des samothra-
kischen Systems IRnaseas'-*) den Axieros für die Erd¬
mutter Demeter, wobei Kersos und Kersa dem Dio¬
nysos und der Persephone entsprachen, aber si¬
cherlich mit einer hohem Bedeutung der Demeter, als
11) Beim Schol. zu Apoll, v. Rhodos 1, 917.
13*
196
eine schon in der Dionysosgemalin Ausg:edrükkte ge¬
bärende Erdmutter sie abgäbe. Es muss darunter eine
unvermälte Schöpfungsgöttin als erste Potenz aller
Schöpfung verstanden sein. Aber es scheint auch, dass
Aphrodite als erstePotenz derSchöpfung, als Schöp¬
fungsodem aufgefasst worden, wo wir dann die Aphro¬
dite in einer höheren Bedeutung als eine Demeter und
Axieros, und in einer niedrigeren, als eine Axiokersa,
welches ihre gewöhnliche Auffassung ist, zu betrachten
hätten. Obwol jene erste Auffassung sich nirgend
durch aiisdrükkliche Zeugnisse erhärten lässt, so
scheint man doch einer solchen Ansicht beipflichten
zu müssen, wenn man mehrere Andeutungen und Winke
im Kulte gehörig erwägt und benuzt. Nach Johannes
von Lydien**) ist Aphrodite die Erstgeborne, die Schöp¬
ferin aller sinnüclien Dinge, und Euripides preist sie
als die Katurkraft, welche in jedem Dinge waltet,
durch welche alles ist, was und wie es ist;'®) im
Munde der Orphiker heisst sie ebenfalls die Erdge¬
borne, die Alimutter, welche alles erschaffen hat, das
Weltall hält, über die Moren herrscht, alles auf Er-
12) Job Laiir. V. Lycl. üeber d. Monate 4, 44.
{FJ nt' ng iinoi tijp mv navrog «tffS-jjwS (f'caiv Eiidokia S. 13- Inndij
TiQog TrjV TOM udpTU 'ytvtßQctt «hluv , zi'Pyjosiäg dit xat vyQKolag nrnQ
f/ fi'f oTtQißg äutpüSi xar« ir/p Oalunlar tanv. Cr am e r Anekd. e codd.
Parisinis 1, 31b. dt nv ng ilnr) rtjv tov Tiavxog uiod^r/Tov
(f vaip, Tomionv Ttjv jiQojToysptj vktjp , r/p y.al 'Acreqiav xav OvQnviuv
xnhl rä löyta. Ap ul ejus As. Aur. 4, 41. En reniin natura
))risca pariens , cn elementorum origo iiiitialis, eii orbis totius
alma Venus. Vgl den Anfang des Lukrez.
1.3) Euripides Oidipus. bei Athen. 13, 599. Stobaios Ekl.
1 Rap. 10. 1. T^p IdqQod'lnjp om/ o^Sg, oß>! &i6g;
^p oM' UP tinoig mift ^iT(>>]ßilug up,
ostj nitf'VXi xä(f offop (Fug/iPcii.
ÄvTri TQtfH (St XÜ^Ui Xtti TtäpTUg ßQOToÜg.
197
den, im Himmel nnd im Wasser erzei!<yt imd regiert. ‘
Die mit den Nezen gefischte Aphrodite zu Patrai, “)
die Diktynnis, ist ebenfalls eine Allmutter, und eine
uranfängiiche Weltschöpferin, eine Ordnerin der Na¬
tur möchte auch in dem uralten Holzbiide zu Akake-
sion, * «) wie in der sogenannten alten Aphrodite?
^^tpQodkri auf Delos gemeint sein, welche
auf Theseus zurükkbezogen wurde. Ihr kleines Holz¬
bild war zu Pausanias Zeit an der rechten Hand be¬
schädigt, und nach seiner Aussage hatte es Dädalos
verfertigt. Eine Axieros müssen wir auch in der Idäi-
schen Aphrodite erkennen, welche durch die Ver¬
schmelzung der aus Samothrake ins troische Gebiet
hinübergekommenen Aphrodite mit der Kybele sich
ausbildete. Auf ein weltschafiendes Prinzip in der
Aphrodite möchte auch ihre Mannweiblichkeit hindeii-
ten, unter welcher sie auf Kypros und in Argos vor¬
gestellt wurde, indem die sinnliche Anschauung ein
oberstes fechöpfungspriozip nicht durch geschlechtslose
Darstellung , sondern durch Vereinigung beider Ge¬
schlechter an dem einen Wesen ausdrükkte, und den
Axiokersos und die Axiokersa zu einem Axieros ver¬
band. Varro behauptet zwar, alle samothrakischen Gott¬
heiten seien mannweiblich gewesen, allein vom Axieros
ist es nur zu glauben, von JKersos und Kersa hat es
schwerlich seine Richtigkeit. Indem aber Aphrodite
die Mutter alles Erschaffenen und Wahrnehmbaren
heisst, ist sie auch sogar die Mutter der Götter.*®)
14) Orph. Hymn. 54. nüvta ix ßt&sv igjip, M
re xögfMv^ XM XQCiTfHS TQuxßtSp ytppas äs ta auma, oWa ip
ovQaPM ißn xal ip yciiri mlvxdqn<p ip novrov u ßvS-tS.
15) Paus. 7, 21, 4.
16) Paus. 8, 37, 9.
17) Paus. 9, 40, 2. Kallim Hymn auf Delos. 308.
18) Serv. z. Virg. Aeii. 10, 83.
198
Ob in irgend einem pelasgischen Systeme der
Axieros durch den Namen Aphrodite bezeichnet wor¬
den, wäre freilich interessant zu wissen, indess ge¬
nügt' es, in Erfahrung zu bringen, dass in der That
die Vorstellungen eines Axieros in ihrdagen, wie das
Nämliche bei der Demeter zu Samothrake und bei der
Athene zu Eleusis der Fall war. Die Auffassung, mit
welcher man sie als ßuaiXsta, ösönoivctj ävacca von
ganz Kypros betrachtete, kann ebenfalls nur aus den
^ Begriffen eines Axieros hervorgegangen sein. Als
eine solche muss sie auch allen kyprischen Mysterien
vorgestanden haben, wie es anderswo Demeter und
Athene thaten. Mit diesen beiden obersten Mysterien¬
gottheiten muss daher Aphrodite auch im Allgemeinen
zusammenfallen, und in dieser Beziehung heisst Aphro¬
dite nicht blos Demeter,»») sondern ist auch eine
Athene, wüe ferner Demeter und Athene ursprüng¬
lich identisch waren, und erst später geschieden wur¬
den, so muss auch Aphrodite in ursprünglicher An¬
schauung beiden gleichgesezt werden. Beim Diony¬
sischen Siegesmahle lässt Nonnos-“) den Lesbischen
Sänger Leukos ein wunderbares und seltsames Lied
singen, tief mystischen Inhaltes und auf uralte reli¬
giöse Anschauungen zurükkweisend. Lapathos , der
kyprische Heros und im Zuge des Dionysos Anführer
der kyprischen Mannen, fordert den Sänger beim Ge¬
nüsse des Mahles auf, Jenes Lied von seiner Göttin
zu singen, wie Aphrodite zum Webschiff gegriffen und
die Athene ip Zorn versezt habe. Nachdem der
Sänger gesungen, wie der Titanenkampf gegen die
Olympier und des alten Kronos Sturz gegangen, ver-
19) Schol. au Hes. Theog. 19S. "AfQodir^p xai
tQUP seatoStf*»'.
20) Noanos Diouys. 24, 237 ff.
199
kündigt er, wie Aphrodite einst mit onversochten Hän¬
den zu dem Webstuhl der Athene geschritten und das
Webschiff statt des Gürtels der Liebe geführt, wie sie
einen Peplos zu w^eben begonnen, wie die Kypris
Athene werden wollte. Die Chariten, die Dienerinnen
der Paphischen Göttin, tan/.en nicht mehr um sie, son¬
dern spinnen ihr als hülfreiche Zofen die Fäden in die
Hand. Pasithea dreht in schneller Bewegung die
Spindel, Peitho bearbeitet die Wolle, und den Faden
reicht ihrAglaia. Aber es war eine traurige Arbeit,
i Tag und Nacht arbeitete sie das wieder aufgelöste
' Werk der Pallas und zerrieb sich die Hände an der
ungewohnten Mühsal, denn während des Webens quol¬
len die Fäden ungeheuer, und von selbst zerriss der
Aufzuff an dem verdikkten Gewebe. Dennoch lässt
die Göttin nicht ab von ihrer Arbeit, — Da wird das
Band unter den Geschöpfen zerrissen, die Liebe ent¬
weicht aus der Welt und das Leben der Sterblichen
verfliegt alternd ohne Brautfeier und Hochzeit Die
lieblichen Töne der Syrinx und Phorminx verhallen,
die helle Flöte tönt nicht mehr dem Hochzeitsreigen
und Harmonia seufzt über die unvollzogenen Ehen.
Athene sieht mit spöttischem Lächeln die Bemühungen
der Aphrodite, verklagt die neue Weberin beim Zeus
und verkündigt dies eitle Beginnen der Liebesgöttin
allen Himmlischen. Die Götter versammeln sich, sie
wollen alle die neue Weberin sehen und ihr Werk;
es tritt der spottende Scherzredner Hermes hinzu, und
^ erinnert sie mit Bitterkeit an die alten Binden und Fes¬
seln, in denen sie einst von Hephaistos schimpflich
gefangen worden. Die Scheu vor Athene überwältigt
Aphrodites stolzen Sinn, dass sie das Webschiff aus
den Händen wirft und nach Kypros zurükkeilt, sie,
die Amme des menschlichen Geschlechts, und die Liebe
200
knüpft wieder das buntgestaltete Leben durch den
Gürtel an einander. — Gewiss ein seltsamer Gesang.
Die Aehnlichkeit mit dem Gesänge des Demodokos in
der Odyssee ist nicht zu verkennen, und auf diesen
wird sogar angespielt. Dass er sehr jung ist, verräth
jede Zeile, aber sein Inhalt ist augenscheinlich Myste¬
rienlehre und der Kern unwiderleglich alt. Aphro¬
dite will Athene werden, d. h. die olympische,
die Göttin der Liebe, welche die Bande der Liebe und
der Vereinigung unter den Geschöpfen knüpft, diese
will Athene, die Schöpfungsweberin, werden. Aber
dies gelingt ihr nicht, denn die Olympierinj die leicht-
* fertige, tändelnde Liebesgöttin kann nimmer eine sol¬
che werden. Wie aber dem Gesänge des Demodokos
tiefere Vorstellungen zu Grunde liegen, so auch die¬
sem ; und Aphrodite muss nach bestimmten Lehren und
Vorstellungen als oberste Schöpfungsgöltin haben vor¬
gestellt werden können, denn sonst würde dieser Ge¬
sang, welcher uns in Form eines Mährchens entge¬
gentritt, nicht haben entstehen können. Ihr Unter¬
nehmen gelingt ihr nicht 5 sie unternimmt etwas, was
ihr nach den gangbaren olympischen Vorstellungen
nicht zukommt, und wird von den übrigen Olympiern
deshalb verhöhnt 5 alles wüe im Gesänge des Demo¬
dokos; in beiden sind alte und mystische religiöse
Vorstellungen zu Abenteuern umgeschaffen, weil die
Wirksamkeiten der Gottheit nach olympischer Ansicht
als Thätigkeit der Person erscheinen^ und menschliche
Beziehungen annehmen. Dergleichen Mährchen und
Eritählungen von der Kypris giebt es noch mehrere,
welche aber alle unter ihrem leichten Gewände einen
tiefem Sinn verbergen. Dieser haftet an der Natur¬
gottheit Aphrodite, wird aber zu menschlicheu Hand¬
lungen und Begebenheiten uragestaltet, so dass das
201
ebenfalls menschlich aufgefasste Zurükkgehen in Ver¬
hältnisse, welche Gegenstand der Mysterien waren,
als ein thörichtes und lächerliches Unterfangen dar-
gestellt wird. In dem Gesänge des Demodokos wer¬
den wir sehen, wie Aphrodite nur nach dem Zustande
einer Aresgemalin, einer Axiokersa, gleichsam zurükk-
strebt, hier im Gesänge des Leukos will sie eine
Schöpfangsweberin, ein x4xieros, werden. Das Weben
und Mischen sind aber Bilder der Orphiker für schaf¬
fen, und wir sehen daraus, dass dies Lied aus Orphi-
Bchen Anschauungen hervorgegangen ist. Da derKy-
prier Lapathos es ist, welcher dies Lied vom Sänger
verlangt, und die kyprische Göttin gemeint ist, wie
derSängerausdrükklich erwähnt, so können wir auch
hieraus für unsere bereits ausgesprochene Ansicht,
dass Aphrodite aufKypros als erster Schöpfungsodem,
und oberste Mysteriengottheit, wie Athene zu Athen
betrachtet worden sei, einen genügenden Beweis ent¬
nehmen.
Zum Ausdrukke der obersten Macht der Athene
wurde ihr als konvenzionelles Abbild des Weltkörpers
und Himmelsgewölbes ein Polos verliehen, und einen
solchen trug Aphrodite auch in Sikyon*") auf dem
Haupte, während sie in der einen Hand einen Mohn¬
kopf, in der andern einen Apfel hielt. Wenn jener
Polos die Macht der Aphrodite als einer Schöpfungs—
gottheit und Herrin der Welt ausdrükkt, so wird durch
diese beiden Symbole ihre Zeugungskraft versinnbild¬
licht, obgleich der Apfel auch, wo er allein erscheint,
ein verallgemeinertes Abbild des Polos gewesen sein
kann, in ähnlicher Weise, wie der Polos der Athene
bei einer Nymphe Athene zu einem Ball geworden ist.**)
21j Pausan. 2, 10, 4 ff.
22) Gerhard. Prodrom, mythol. Kunsterkl. Taf. 2. Anm.lOO c.
202
Wir hallen es hier versucht, «liejeni^en Vorstel¬
lungen von der Aphrodite zusammenzustellen, welche
auf eine Auffassung dieser Gottheit als eine Axieros
hinzudeuten scheinen. Dergleichen Begriffe konnten
der Natur der Sache nach nur sparsam und einzeln
hervortreten , und in allgemeiner Auffassung bleibt
Aphrodite nur eine Axiokersa, in nächst niederer Po¬
tenz von Axieros, als Schöpfungslenkerin neben einem
Schöpfungslenker, als weibliches Naturprinzip neben
einem männlichen, dem Axiokersos, als Herrin über
Leben und Tod, wie jener der Herr. Beide bilden
das waltende Götterpaar der bestehenden Natur,
und sie ist die weibliche Macht, in mehreren Götter-
systeuieo wird die Axiokersa mit dem Namen Aphro¬
dite bezeichnet, und dass dies eine durchaus richtige
Auffassung war, wird sich überall zeigen. Wie zu
Dodona Aphrodite als mächtige Herrscherin, und theils
unter dem allgemeinen Namen einer Dione, dem Zeus
zur Seite steht, ist ausführlich oben im ersten Abschnitt
erörtert, ln Samothrake wird öfters die Kersa mit
dem Namen Aphrodite bezeichnet, und namentlich
in dem Dreiverein neben Phaethon als Kersos und
Pothos als Kadmilos. Hier steht also Aphrodite
ganz gleichgestellt der Persephone, welche nach des
Mnaseas Ansicht die samothrakische Kersa ist und als
solche neben Kersos Dionysos-Hades steht. Die Aus¬
bildung beider Gottheiten ist auch von ganz gleichen
Be^’i'iffen ausgegangen, sie waren beide Erd - und
Unterweltsgottheiten, sie begegnen und ergänzen sich
oft, und wo in weiterer Entwikkelung Aphrodite die
Göttin nur des Lebens und der Liebe wird, da wird
ihrer 8cliwester Persephone das schweigsame Reich
23) PI in ins 36, 4, 7. Vgl. Gerhard Frodr, Taf. 10. Anm.
23. vgl. Taf. 41.
203
der Todten xuertheilt. Zu Korintli®*) kommt die Kersa
Aphrodite neben dem Kersos Helios und dem Kad-
milos Eros vorj welcher Drei verein dem auf einem
späten Bildwerke von Liber, Libera und Hermes
gleich zu sezen ist.**) Im Italischen Kabiren- Verein
finden wir Heph.aistos, Aphrodite und Ares.*®)
In Theben Aphrodite neben Ares, in Leineos
Aphrodite neben Hephaistos. In 8ikyon kommt
Aphrodite nebst Hekate neben Dionysos vor;®^)
in Megara Aphrodite mit den Chariten neben
Dionysos naTQwog nni daffdllwc,*®) und einem drei¬
fachen Eros als Kadmilos^ in Lerna Aphrodite
6711 S-aXccaafi neben Dionysos *®) Dies sind
die verschiedenen pelasgischen Göttersysteme, in wel¬
chen Aphrodite uns als eine Kersa auf bewahrt, und
einem entsprechenden Erd- und Unterweltsgott bei¬
geordnet ist. Ausserdem hat Gerhard die Kersa Aphro¬
dite in Itaüsch-pelasgischeii Mysterien noch mehrfach
nachgewiesen: Venus neben einer Fortuna Pri-
migenia als Axieros zu Präoeste, Venus und Ne¬
mesis neben Axieros Fortuna als etruskisch, Ve¬
nus mit zwei Fortunen neben Minerva als Axi¬
eros, ebenfalls etruskisch,, Venus Kersa mit (Amor)
Maxsumus als Kersos neben Axieros Fortuna
equestris zu Antium.®®) Ausserdem kommen noch
24) Pausan. 2, 4, z. Ende. Vgl. Gerb. Taf. 10. Anm.l7. /
25) Gerhard. Antike Bildwerke Taf. 41. Vgl. Hyperb.
röm. Stud. S 45.
26) Vitruv. 1, 7.
27) Pausan 2, 11,8. Vgl. Gerh. Prodr. Taf.2 Anm. 132.191.
28) P ausan. 1, 43, 6.
29) Pausan. 2, 37, 2.
30) Gerhard a. a. O. Taf.2 Anm. 143. — ebdas. Anm. 1.51.
— Taf 2 Anm. 21. — Taf.2 Anm. 210. — Taf. 4, 5. Amn.215.
204
andere Bilder einer Kersa vor, welche der Venus ver¬
wandt sind.
Auf Kypros wiederholen sich nun »war die hei¬
mischen Vorstellungen, doch tritt es eigentlich nirgends
recht deutlich hervor, welcher der pelasgischen Götter
für ihren Beisizer ini Allgemeinen galt. Dies mag
theils daher kommen, weil das Ansehen der weiblichen
Gottheit, der Aphrodite, das des männlichen in der
Weise überragte, wie wir es bei der Kybele finden;
theils hat der gefeierte Name ihres Geliebten Adonis
den des Gemals dermassen verdunkelt, dass dieser
ganz, xurükktritt, theils scheint' aber auch in den ver¬
schiedenen kyprischen Mysterien eine verschiedene
Lehre über den Gemal obgewaltet zu haben. Wir
haben bereits oben riachge wiesen, wie die dodonaische
Ehe zwischen Zeus und Aphrodite auf Kypros er¬
neuert wurde,»') und es hält nicht gar schwer diese
nach Paphos zu beziehen, weil sie mit der Anlan¬
dung der Göttin und den damit verknüpften Sagen zu
Paphos verbunden ist. Hier also möchte Zeus als
Beisizer gedacht sein, und dies war der Hauptsiz der
Aphrodisien, während Amathus der Mittelpunkt der
Adonien war. Leztere waren ebenfalls nur eine an-
deie Form der Aphrodisien, beide unverkennbar pe-
lasgische Mysterien. Jene kyprischen Mysterien,
deren Vorhandensein zu Athen neben den tyrrheni¬
schen Platoo»®) gedenkt, können füglich keine anderen
als die Faphischen Aphrodisien sein, wie wir ihre
Form und Einrichtung im Kult geschildert haben. Wie
31) S. oben Abschnitt 1, 4. Anm. 21. Vgl. diesen Abschn.
Anm. bl. 116. 574,
32) Platon Geseze B,5. S.709. &valas TiXirals
dvfi/J.lxTOVS xaTianjßavm hts inix^iQ^ovs ih’ ovf Tv^Qr^vixas
ttTf KvniylaS ta' ((lh)d-fv u9-imvy.
205
die Adonien mussten auch sie durch Rükkwirkiingen
von Kypros auf Athen dort eiogeführt sein, und nur
der Form, nicht dem Inhalte nach können wir sie uns
von den übrigen Mysterien der Aphrodite zu Athen
selbst, und denen aufKoiias verschieden denken. Für
den mystischen Dienst zu Athen ist auch eine In¬
schrift merkwürdig. Zwar lässt sich nicht sicher
ermitteln, dass diese Inschrift sich wirklich auf die
Aphrodite bezieht, wie denn auch Bökh meint, die
Weihung dieses Aphroditebildes möchte sich auf eine
andere Göttin als die Aphrodite selbst beziehen; in-
dess scheint mir dies doch nicht das Wahrscheinlichere.
Hier wird uns eine Fakkelzünderin der Göttin,
Lychnaptria, genannt, welche zugleich Traum deu¬
te rin ist. üeber die Traumdeutungen im Aphrodite-
kiilt wird an einem andern Orte gesprochen werden.
Der Priester ist 'laxxmyog und ihr Diener ctymipü-
Qog, auch wird der hinzugefügt, welcher die Göttin
anzukleiden pflegte. Die Verbindung des Bakchos
mit der Aphrodite in Athen lässt sich zwar aus an¬
dern Zeugnissen nicht weiter erweisen, indess kann
dies kein Grund sein, die Inschrift nicht auf die Aphro¬
dite selbst beziehen zu dürfen, da ein Dionysos-Hades
33J Corp. Inscr. Gr. S. 470 Nr. 481. und das. Bökh.
r«] adt’ia seal ro ahm/ua
x]rd rüg xivxlldag xai t^p
'‘A]<f qoditrjv ix
tmv idlwy dptß-tjxfp, i
maxiväaaßa xal tiiv avT^p
ovffix xcei kvypdnTQia an
r^g opiigaxgitiS’
SmU^ovmg Al/xlUov
. . . ixov Mthnmg itQat[ev
opiog iaxyutyov Jmpu
nlov Mcegad-mplov ^axo\_Q
evoPTog dymfiOQov Eixagnov.
206
an und für sich als Beisizer der Göttin aufg;efasst sein
konnte. Za den schon vorher angeführten Verbin¬
dungen des Dionysos mit der Aphrodite fügen wir
noch, dass zu Bura in Achaia®*) sich ein Tempel der
Aphrodite und des Dionysos befand, und daneben einer
der Eileithyia. Der Aphrodite Epistrophia in Megara
war ein Tempel des Dionysos Nyktelios, des nächt¬
lichen, geweiht, und ein Orakel der Nacht daselbst®*).
Bei den Orphikern heisst sie die hehre Beisizerin des
Bakchos, oder seine Mutter: sie mischt sich einer Mä-
nade gleich unter die naxischen tanzenden Nymphen,
und umgekehrt weben die Chariten dem Dionysos einen
Peplos. ®®) Aus manchen Andeutungen lässt sich
schliesseii, dass auch auf Kypros Bakchisches der
Aphrodite nicht fremd war, und was namentlich die
von Naxos her durch Theseus gestifteten Feste der
Ariadne-Aphrodite zu Amathus anlangt, so waren
&ie den Oschophorien sehr ähnlich 5 als Gemal dieser
Göttin muss aber ohne Widerrede Dionysos gedacht
tverden. Zur Bestätigung können wir noch die Mise
anführen, welche sich auf Kypros®^) der Aphrodite
in einer Weise gesellt, dass wir sie nach orphischer
Lehre für gleich mit jener halten müssen , wobei es
uns von geringerer Wichtigkeit ist, wo man ihren
Ursprung, ob in Phrygien, oder sonstwo, suchen muss,
als die Gewissheit, dass sie für eine Dionysosgemalin
Kora gilt.
34) Pausan. 7, 25. 5. Vgl. Anm. 27 ff.
35) Paus. 1, 40, 5.
36) Apollon. V. Rh. 4, 425.
37) Orpheus Hymn. 42, 7. ^ KvitQm liqny avv IvauqütKo
Kv3iQtlri. Hesychios Mtsmlg: Mlßa my mgi t^v Mtjrig« ns, >;V
aal oftyvovM (Schneid. vSy ntgi MiddS-ws: d vno Mlda
ßacdtv&ivns Mßwm xal wftyvoy n,u Mlda »sov, TiviS fitinga av-
Tuü kiyovmv.
207
In den Adonien muss Ares als eigentlicher Ge¬
nial der Göttin gefasst worden sein, wie daraus her¬
vorgeht, dass er es ist, welcher den Buhlen Adonis
verfolgt und tödtet. Wie in den etruskischen Myste¬
rien Hephaistos, Aphrodite und Ares zusam-
menstehen, so in den Adonien Ares, Aphrodite
und Adonis. Dort ist Ares der Buhle, hier Adonis.
Ares war aber ursprünglich im Thebischen Kabiren-
kulte der Beisizer der Aphrodite, und dies stimmt sehr'
gut mit der Bachgewiesenen Verbindung einerseits
zwischen Böotien und insbesondere Theben, und Ama-
thiis andrerseits.*®) Von Theben also muss Ares nach
dem Hauptsize des Adoniskultes, Amathiis, gekommen
sein, wie Zeus nebst andern dodonäischen Vorstellun¬
gen*®) von Dodona, wenn auch die Wege, auf wel¬
chen dies geschehen ist, nicht mehr in ein recht klares
Licht zu sezen sind. Dann ist hier noch eine andere
Myslerienfeier zu Amathus zu nennen: die den Bak-
chischen Festen ähnlichen Hermap h ro d isien, wel¬
che aus der zweiten Hauptquelle Amathusischer Kiiltej
aus Argos, hergekommen sind. Es gab zwar noch
Mysterien der Demeter auf Kypros, deren Hauptsiz
Paphos war, allein diese gehen uns hier eicht näher
an. Dagegen dürfen wir hier aber nicht unerwähnt
lassen, in welche Verhältnisse Phaethon, welchen wir
als den Kersos zur Kersa Aphrodite auf Samothrake
laut Plinius Zeugniss kennen gelernt haben, auf Ky¬
pros zur Aphrodite tritt. Ob er auch hier eine My¬
sterienbedeutung hatte, lässt sich bei unserm geringen
A’orrath an Nachrichten nicht entscheiden, aber inte¬
ressant ist es für uns den samothrakischen Gemal der
Aphrodite auf Kypros dem Adonis sehr ähnlich als
88) Vgl. Abschn. 1, 4 Anm. 58 ff,
39) Vgl. Abschn. 1, 4 Anm. 59 und öfter.
208
ihren reizenden Geliebten wiederznfinden. Nach He-
siodos ist er ein nächtlicher Tempelwart und Opfer-
koabe der Göttin, dem Kinyras vergleichbar, und
Aphrodite raubt ihn sich selbst. Ton woher, erfahren
wir nicht. Nach andern Zeugnissen ist er ein Vor-
fehr des Kinyras und in die attisch-kyprische Genea¬
logie des Heros als ein Sohn des Kephalos und der
Eos verflochten. Doch wir müssen auch ihn wie den
Adonis einer besondern Betrachtung unterwerfen, weil
die gi^osse Ausdehnung ihrer Mythen uns hier allen
Zusammenhang zerstören würde.
Unter den Verbindungen der Aphrodite mit einem
männlichen Gotte sind die mit Ares zu Theben und
die mit Hephaistos zu Lemnos am berühmtesten
geworden. Hephaistos ist im olympischen Götterkreise
der rechtmässige Gemal der Aphrodite, Ares nur ihr
Buhle; durch welche Entwikkelung der Mythen und
Beligionsgescliichte der Lemnische Beisizer der Göttin
zu einem Aphroditegemal und zum JSieger über den
Thebischen gehoben wurde, liegt uns im Dunkeln.
Aber wenn auch noch manche üeberreste einer hohen
Bedeutung der Verbindung von Ares und Aphrodite
vorhanden sind, wie vielen Einfluss auch diese Ver¬
bindung auf den ganzen Mult der Göttin gehabt haben
mag, zu einer allgemeinen Geltung ist diese Verbin¬
dung in der hellenischen Religion nicht gekommen.
Es sind hauptsächlich nur örtliche und mystische Kulte,
in welchen sie festgehaltea wurde; bei den Orphikern
blieb Ares der Gatte der Kypris. ln Thrakien waren
Ares und Aphrodite Hauptgottheiteii, und in der
römischen Staatsreügioii wnirde dieses Paar der Mittel¬
punkt alles religiösen Dienstes. Zu Megalopoiis in
Arkadien*®) kehrt zunächst die ganze ThebisclieVer-
40) Paus. 8, 23, i.
(
209
einigung von Aphrodite nud AreSj*‘) and den
dreifachen Bildern der Göttin wieder. Der Altar des
Ares wird n-ns als sehr alt genannt. Aof dem Wege
von Argos nach Mantinea stand ein doppelter Tempelj
der eine nach Osten gewendet, der andere nach We¬
sten, jener gehörte der Aphrodite, dieser dem
Ares.*^) Die Gründung dieses Tempels soll von
Polyneikes und den Argivern ausgegangen sein.
Wie jener deutlich auf einen Thebischen Ursprung zu-
rükkweist, oder doch wenigstens eine Verbindung des
alten Arkadischen mit dem Thebischen zulässt. Es
ist aber gar nicht unmöglich, dass auch der von Po¬
lyneikes und den Argivern gegründete Tempel von
Theben ausgegangen ist, ja dass sogar überall, wo
Ares und Aphrodite vereint Vorkommen, nach einer
uralten Thebischen Quelle gesucht werden muss. ~
Zu Athen standen im Tempel des Ares ebenfalls
zwei Aphroditebilder; nur fehlt hier das dritte. In
Sparta befand sich eine A phrodite - Areia, ««)
welche, wenn sie auch in hellenischer Zeit einer an¬
dern Deutung unterworfen ist, mir doch unzweifelhaft
auf einen alten Verein des Ares mit der Aphrodite
hinzuweisen scheint. Die Schriizbilder in ihrem Tem¬
pel waren so alt, wie Pausanias nur irgend w’o unter
den Hellenen ähnliche gesehen hatte. Diese Ares-
Aphrodite oder Aphrodite des Ares hat in hel¬
lenischer Zeit dieselbe Verwaiidiiing durchgemacht,
welche ihr Gemal Ares ihr vorzeichnete, nachdem er
zum rohen Kriegsgott verwildert w^ar, und die W a f-
fen, welche man ihr aniegte, liessen sie als eine
41) Den Thebischen Kult s. oben Abschn. 1, 3 Anm. 48 ff.
42) Paus. 2, 25, 1.
43) Paus. 1, 8, 5.
44) Paus. 3, 17, 5,
ir.
14
210
Kriegsgöttin erscheinen. In diesem Sinne sagt
auch Plutarch*®) von ihr: als Aphrodite den Eurotas
überschritten, legte sie ihren Spiegel, den Schmukk
und Gürtel ab, und nahm Spiess und Schild. Er er¬
läutert sie hier aus dem Charakter des spartanischen ^
Volkes, wie er an einem andern Orte zu verstehen i
giebt, dass die Spartaner die Aphrodite bewaffnet, I
ivonXiog, verehrten, weil sie alle Gottheiten, weibliche jl
Süwol als männliche, mit Waffen versähen, als wenn
sie insgesamt kriegerische Tugenden besässen. )
Danach würde es also noch gar nichts Auffallendes
haben, wenn sie auch die Aphrodite bewaffnet hätten, •
allein dass diese ihre Bewaffnung ursprünglich auf
eine tiefere Bedeutung zurükkzuführen ist, sehen wir
daraus, dass sich diese Anschauung auch anderwärts
hin verpßanzte und eine sehr allgemeine Vorstellung i
wurde,* ’j wie man dies von den übrigen spartanischen
45) Phitarch Ptüficdiav Tvxn? Kap. 4.
46) Plutarcli Ta nakaia iüjv Auxtdaifiov. lnati<^sv^ara. 27.
47) Vgl. das Epigr. des Ungenannten. Anthol. 4 S. 168. Nr.
249. Auswahl 1, 47 Jacobs. Alexander d. Aetoler. Gr. Anthol.
1 S. 207. Leonidas v. Alexandr. Gr. Anthol. 2, 179. Nr. 24.
^'AQios fVre« TCivTa ili/os V K.vD'iQBa
iififidvßaiy x'ti'iifü Tovio fftQovßa ßÜQoSf
avTov yvfj.v^ yciQ uffißTikiaai. a df Xikuntav
xal 9fog, cw9Q(änoiS on)M ftärnv inaym.
Philippos Gr. Anthol. 2, 210. Nr. 54. Ausw. 1, 46. Julian;
Epigr. 3 S. 101 Nr. 31. Koluthos Raub der Helena, V. 1.59.
Nonnos 34, 55 ff. nennt sie yalxoiAtdtjg und macht sie zur Ge¬
fährtin des Bakchischen Zuges. Diese Aphr. schildert er mäch¬
tiger als Ares. 35, 175.
Mn Snd^Tng inlßnOt fiaxiuong lye noUrat \
Xttlxiop ihSog s/ovat xoQvaffo/Lih'n? 'Afqo^lirj?.
D. IVlagn. Ausonius 42 und 43. Statius Theb. 9, 822- Ar- i
nob, 4, 7. Etiamne militaris Venus castrensibus plagiis !
211
Gottheiten, deren Bewaffnung auf äusserlicher Veran¬
lassung beruhte, nicht sagen kann. Also aus jener
allgemeinen Sitte der Spartaner lässt sich diese An¬
schauung der Aphrodite ebenso wenig erklären, als
man sonst einen genügenden Grund für dieselbe wird
ausfindig machen können, wenn man sie nicht auf ihre
pelasgisch-kabirische Verbindung mit Ares zurükk-
führt, von welcher sie auch den Namen Ar eia führte,
und dass sie nach seinem Vorgänge., und vorzugsweise
in Sparta Waffen anlegte. Auch dürfte noch für diese
Meinung das Zeugniss des Antipater von Sidoe*®)
sprechen, welcher diese geharnischte Aphrodite gerade¬
zu die Gattin des Ares nennt 5 dann wird sie noch
in einem andern Epigramm in dieser Vorstellung aus-
drükklich auf Ares bezogen. Ares ist aber hier ur¬
sprünglich nicht der blosse Kriegsgott, sondern ist als
ein Kersos zu nehmen 5 schwerlich würde sonst die be¬
waffnete Aphrodite den M ö r e n zugesellt erscheinen/ ®)
praesidet et puerorum stupris? Prudentiüs C. Syinm. 2, S34.
armata Venus. —■ Ueber Aphrodite als Rossgöttin s. unten.
48) Antip. in zwei Gedd. Gr. AntlioL 2 S. 15 Nr. 33.
xc(t UBoi CU? Maqln »mQ^icem, n «1« [i«U.oP
«cdf UBop Haqiri, y.at m^oßip. ^»dop thm,
Ebend. 2 S, 15 Nr. 34 Ausw. 1, 49.
xal Kvnqi? Snäqtag. ■ ovx ammv oid t |y dUoiä
tdQvmi, ^ualaxdg imcifitpa eroUiag.
äkXd xum XQcitoS /dtp ijf» zoqvp dm xttXvTtToaif
uvtl de y^qvGtmp dxQSfioPiop xdfxaxa.
ov ydg nvyiaiP ilpat, dlya, tap nu^cvMm
"EpvuUov xal AttX.sdmp,opkiP.
Antiraachos Gr. Anthol. 1, 48.
Tints, jxöS^iap uTkifTog, ’Epvaltoto Mloyyas,
KvTiQi; rk 6 xpivami eivypd x«9-mpB pmtiP
MpTia; col yuQ ^Eqwrag irflfisQM U. S. W.
49) Corp. Inscript. Gr. 1, 3 S. 683 Nr. 1444. Spartaii. Inschr.
Moiqwp AayicfiüP xal A'f qodikrfi iponltoVi
212
Aber wie man sich gewöhnte, diese Eigenschaft der
Göttin aus einem kriegerischen Sinne derselben her¬
zuleiten, leuchtet besonders daraus hervor, dass man
die Errichtung des Bildes der Aphrodite- Areia
an eine Grossthat der spartanischen Frauen aus dem
jllessenischen Kriege anknüpfte. Bei Homer aber
verweist Zeus der Aphrodite gänzlich die Einmischung
in Krieg uud Kampf, und ermahnt sie, dafür an die
Werke der Hochzeit uud Ehe zu denken. Von selbst
gesellte sich die Auslegung dieser geharnischten Aphro¬
dite als einer über alle Macht uud Stärke triumphiren-
den Gottheit hinzu.'")
Ton Sparta ausgehend finden wir diese Ares-
Aphrodite oder bewaffnete Aphrodite zunächst in Ar¬
ges. Die Heldenthat der Argiverinnen unter Anfüh¬
rung der Telesilla gegen die Spartaner gleicht jener
Erzählung von den spartanischen Frauen gegen die
Messenier sehr. Nach derselben errichteten die Ar¬
giverinnen dem Ares eine Bildsäule,'^) und Tele-
sillas Bild ward vor dem Tempel der Aphrodite auf
eine Säule gestellt.'®) Daraus, dass sie vor dem j
Tempel der Göttin steht, und dass sie nicht auf die !
Bücher sieht, w'elche vor ihren Füssen lagen^ sondern
50) Laktanz De falsa relig. 1, 20.
51) Gerhard Hyperb. röm. Stud. Alle jene durch Waffen
und M e e re surspruiig als Herrscher über das Chaos bezeich-
nete Gottheiten, die bewaffnete und ausgefischte Aphrodite Ura¬
nia, Artemis Diktynna, Apollon Delphinios und Artemis Delphi-
nia waren durch ihre fremdartige Gestalt und Bedeutung sehr
geeignet für entfernte Mächte zu gelten, die man versöhnen
musste, ohne ihren unmittelbaren Einfluss auf der Menschen Be-
dürfniss abzuwarten.
52) Plutarch ’AQsral yw. .5.
53) Pausa n. 2, 20, 7 ff. Vgl. Polyän Strateg- 8, 33. Siii-
das TiUmllu, Klem. v, Alex. Strom. 3.
2J3
mit WohIg:efalIen auf einen Helm blikkt, den sie in
der Hand hielt und auf ihr Haupt sezen wollte, erhellt
es zur Genüge, dass es eine sich bewaffnende Aphro¬
dite war, in deren Form hier die kriegerische und
siegreiche Telesilla gefasst wurde. Auf diese Be¬
gebenheit, deren geschichtlicher Werth bereits von
anderer Seite gewürdigt ist,®*) wurde die Errichtung
von Heiligthümern des Ares und der Aphrodite zu-
riikkgeführt, welche ohne Frage viel älter sind, und
als hervorgegangeo aus dem alten Naturkulte von
Argos befrachtet werden müssen. Aber Ares und
Aphrodite scheinen hier in einer ähnlichen Verbindung
wie Zeus und Hera gestanden zu haben, wenn sie
uns in obiger Begebenheit auch nur als einfache Kriegs¬
gottheiten entgegentreten. Die richtige Deutung der
angeblichen Bildsäule der Teiesilia auf eine Aphro¬
dite und zwar auf eine sieghrin gende Kriegs¬
göttin, wird nicht allein durch eine richtige Ansle“
gung des Bildes vor ihrem Tempel und die Würdi-
gung jener Fabel von der Telesilla verbürgt, sondern
j erhält noch durch die Nachricht von einer andern Seite
f her ihre Bestätigung. Hypermnestra,® *) eine der Töch¬
ter des Danaos, hatte von den Söhnen des Aigyptos
den Lynkeiis zum Bräutigam erhalten. Sie tödtete ihn
aber nicht in der Brautnacht, wie ihr befohlen war,
I und der Vater führte sie deshalb vor, Gericht. Die
Argiver sprachen die liebende muthige Tochter des
Danaos frei, und diese, so erzählt die Sage, gründete
darauf der Siegerin Aphrodite, einen
Tempel in der Nähe des Hermes. Wenn auch diese
Erzählung von der liebenden Danaostochter älter als
1 jmievon der Telesilla ist, so bleibt sie doch nichts
54) Otfr. Müller Dor. 1, 173.
55) Pausa 11. 2, 19, 6.
214
desto weniger eine geschicMliche Einkleidong Wr dos
VerstKndniss der Ares - Aphrodite, der neg
sehen, siegreichen Göttin.
Zu Sorinth“) war die Aphrodite, welche
Dreiverein mit Helios und Eros ^tond, bewatrimt nn
ebenso war das berühmte Bild der jy_ßh
thera”) mit Waffen versehen, mnthmasshch d
Einwirknngen von Sparta her auf ''f'"
Kypros führte sie in dieser Eigenschaft den Aamen
Inelg, die Lanzenaphrodite.”) Leider wissen wir
„?cht, ob sie so in einer Stadt der lakedämonischen
Kolonie vorkam, oder wo sonst und m
dehnong sie Geltung hatte auf dem ^1«'" f f
Endlich kommt sie noch in Kn, dos f
und dasNikephoriouzoPergamom, '
dite ‘ •) verelirt wurde, lässt auf eine P
dite, nxi^fOQOQj wie zu Argos schliessen.
56) Paus. 2, 4, 7, änha^tvn.
57) Ders. 3, 23, 1- ,
58) Hesych. tyxmst ^Af^oätn- Rinom.
59) Polybios 17, 2- . .. i a ß Eine siegreich
60) Vgl. V±eschenk de, Sophi-
und marzialisch blikkende Ap i. , photios 242. S, 342.
,teaHerodes,le,chreib,Dama,k.o,be,Jbot.ojJ«^^^
BÖkh Eine sich in Ares Schilde spiegelnd p v7-.i„„:p .
“ Eil selrhe Eigur üud.t m.u a«f deu Muur.a der ,
Koriath, wahrscheinlich f ^ „ „ 4^) die statne 1
ehrte. Damit stimmt nach Mdlmge C ^
V. Capua genau überein, -welche den li
sezt. Winkelm.W 4, 114. derRechten hält'.
auf einen Helm mederschauend, den sie i ^affe
mit dem linken aufgestüzten Arm eine Palme ^
haltend, auf Gemmen. Vielleicht das y w
CaesarDion.Kass.43, 43.
Stat funesta Venus ferroque accincta f“"^e
Adjuvat (linde manus? unde haec Mavprtia divae
Poctora?) I
215
Es ist natürlich nicht nothwendij^, dass wo Aphro¬
dite mit Ares vorkommt, dort auch schon an eine be¬
waffnete Göttin zu denken ist, dies ist vielmehr nur
eine abgeleitete Eigenschaft. Die einfache Auffassung
des Ares und der Aphrodite finden wir in den klein-
asiatischen Ländern zu Ephesos, wohin beide wahr¬
scheinlich von Athen, hingekommen waren. Auch in
den aphrodisischen Mythen Lydiens kommt Ares vor:
Tmolos ist ein Sohn des Ares und der Theogone.®')
Wichtig ist aber die Ehe des Ares und der Aphro¬
dite in dem troischen Mythenkreise geworden. Zwar
sind die Nachrichten und Winke hierüber nur sehr
sparsam, aber die Einwirkungen auf den römischen
Mythenkreis sehr bedeutend. Es muss in jenem Lande
eine Lehre gegeben haben, nach welcher Ares der
Gemal der Aphrodite gewesen war, denn Äeneas,
Aphroditens geliebterSohn, nennt seinen Vater A res.®*)
Diese Verbindung muss aber ganz über das Verhält-
niss der Göttin zum Anchises vergessen sein, in der
Weise, wie auf Kypros der Gemal über das Verhält-
niss der Aphrodite zum Adonis in den Hintergrund
trat und in Vergessenheit gerieth. Bei Homer kommt
nichts hiervon vor, wenn man nicht die flüchtige An¬
deutung einer Neigung zwischen Aphrodite und Ares
hieher rechnen will.®®) Der Dienst des Ares steht
i| dnrchgehens im Interesse der Aeneaden. In der Ilias
ruft er die Troer zur Vertheidigung des Aeneas auf
und geht selbst für den Aeneas um der Aphrodite
! Willeu und auf Apollons Geheiss in den Streit,®*)
; sucht auch dem Aeneas die Ehre der Erlegung dee
61) Plutarch V. d. Flüssen 7, 5.
62) Virg. Aen. 3, 34.
63) Hom. 11. 21, 616 ff.‘
64) Ilias 5, 456. 458. 467.
216
Menelaos zuauwenden. * * ) Spuren des Ares finden
sich auch in Ophrynion, bestimmter aber tritt er noch
in Kyzikos hervor. In Lampsakos finden sich An¬
knüpfungspunkte für die bithynische Sage vom Ares
als Schüler des Priap im Waffentanz.
Ares hatte einen verbreiteten Namen nur in den
Systemen ältester griechischer Götterlehre, und nur
aus dem Andenken früheren Dienstes ist es zu erklä¬
ren, wie er unter die olympische Zwölfzahl aufge¬
nommen werden konnte. Wenn er nun auch neben
Aphrodite und in den italisch-pelasgischen Kulten vor¬
kam, so muss er nach Rom doch noch auf einem an¬
dern Wege, durch den troischen Sagenkreis, gelangt
sein, weil Ares sonst schwerlich eine so hohe Stelle
neben Aphrodite in Rom erlangt haben würde, wenn
er nicht zugleich mit den Mythen gebracht wäre, auf
deren Grund die römische Staatsreligion aufgebaut
wurde. So stehen Ares und Aphrodite an der Spize
\ derselben; sie werden als Urheber des Geschlechtes
des Romuius und der Caesaren betrachtet, ja als Ur¬
heber des ganzen römischen Volkes, dessen Vater
Ares heisst und dessen Mutter die Aphrodite, die Zeu¬
gerin, genitrix, ist.*®) Daher heisst Ares auch noch
bei Ovid der Gemal der Aphrodite,®’) und auch die
Aphrodite vom Eryx wird dem Ares beigesellt.®®)
Mit dem Namen der beiden Gottheiten Hess Romuius
auch das römische Jahr beginnen, Die Auffassung
der bewaffneten Aphrodite musste den Römern sehr
65) Ilias 5, 564.
66) Marrob. Saturn. 1, 12. ut hi potissiinum anni principia
servarent, a quibus esset Romani nominis origo, cum hodieque
ia sacris Martern patrem, Venerem genitricem vocemus,
67) - Ovid Fast! 4, 130.
68) Livius 22, 10.
217
erwünscht kommen und Caesar schrieb gern seine
Siege seiner Mutter zu, welcher er unter dem Namen
der Venus Victrix einen berühmten Tempel weihte.
Aphrodite und Hephaistos.
Weit weniger ausgebreitet als diese Verbindung
des Ares und der Aphrodite ist die des Hephaistos
und der Aphrodite, und diese hat hauptsächlich ihre
Bedeutung nur dadurch erhalten, dass im olympischen
Götterstaate Hephaistos der Gemal der Aphrodite wurde.
Aber dies ist nicht die einzige olympische Verbindung
der Aphrodite, denn zu Sparta bei der Skias stand
ein heiliges Gebäude, in welchem Zeus und Aphro¬
dite als Olympische Gottheiten"®) verehrt wurden.
Offenbar ist sie hier in einer höheren Bedeutung ge¬
fasst, als eine Hephaistosgemalin irgendwo sein konnte.
Sie nimmt hier als Herrscherin des Olyrapos den Siz
der Hera ein, und thront neben Zeus, wie als pehis-
gische Gottheit neben demselben zu Dodona und auf
Kypros. Wenn diese Verbindung auch nur einzeln
dagestanden haben sollte, so darf man nicht unbeachtet
lassen, wie dieselbe auch in ihrer etwaigen Verein-
i zelung für den in der Aphrodite enthaltenen erhabenen
Begriff zeugt, und dies um so mehr, da sie uns in
Sparta als eine Zeusgemalin begegnet. Beide haben
aber auch Kinder, und dies sind Eros und Chariten,
Die Ehe des Hephaistos mit der Aphrodite kann
schwerlich anderswoher als aus dem Lemnischen Kabi-
renkulte henmrgegangen sein. Welche Stellung He¬
phaistos in demselben einnimmt, ist bekannt. Ihm zur
I
69) Paus. 3, 12, 9. Ufos rfi oha6nn^d Im m-
QifffQf?, iv di avT^ Athi xai ^AifQodltifS dyalfiam iniicl^atv’Olvunlmi'.
Vgl. Anm. 31.
218
Seite als eine Kersa steht die Kabeiro,’“) ein all-
o-emeiner Name für die Kabirengöttin, welche sicher-
lich wie als eine Demeter oder Athene, so anch als
eine Aphrodite gedeutet werden kann, und aus dieser
pelasgischen Vereinigung bildete sich die zu allge¬
meiner Geltung gelangte hellenische Ehe zwischen
Hephaistos und Aphrodite hervor. Auf diese Weise
können wir uns nur das unerfreuliche Bild erklären,
welches der russige lahme Schmiedegott als Gatte der
feinen und zarten Göttin der Liebe und Holdseligkeit
bietet. Mit demselben Rechte hätte auch einer der
andern Galten der Aphrodite in den pelasgischen Kul¬
ten zu dieser Ehre erhoben werden können, da ur¬
sprünglich dieselben Elemente dazu Vorlagen. Es ist
keine religiöse Auffassung, sondern eine ethische Deu-
tun«* der Ehe, wenn man in derselben die Verbindung
des^kunstfertigen Werkmeisters Hephaistos, welcher
durch seine Gebilde Werke der Schönheit ins Leben
ruft mit der Göttin der Schönheit findet.”) Ethische
Deutungen werden sich überall auffinden lassen, wo¬
von man sich leicht aus Phurnutos überzeugen kann.
Der Aphroditekult auf Lemnos wird uns nament¬
lich durch das achttägige Sühnungsfest”) verbürgt,
welches man dort der Aphrodite feierte, und durch
jene Sage von den lemnischen Frauen, welche den
Dienst der Aphrodite vernachlässigten, darüber sich
70) Akusilaos und Pherekydes bei Strabon 10, 472.
Vgl. Welker Aesch. Trilogie S. 164 ff. 213^ ff.
71) Pliurnutos &mQicc nsQt rijg twv (fvGsa?. Kap. 29.
Die Aphr. ist s. Gemalin : w? yaq qa^iv i/av m tt/wz«
fpy« oSm xal nva aiwli inaQiyHV Uyofiiv. f, /xr,
JinUoTcammo. Ethische Deutung auch bei Stuhr Religions-
systeine 2, 383.
72) S. die Quellen Abschn. 5 Kult v. Lemnos.
219
aber den Zorn der Göttin zuzogen. Ferner kann
Aphrodite ihre Beziehung auf Feuersgewalt^ wie es
scheint, nur durch Lemnischen Dienst erhalten haben.
Ihr gehorchen die Flamtuen/®) und deriAeneas rettet
sie aus dem Feuer.’ Als er von Zeus die Aphro¬
dite zur Gemalin erhalten hatte, baute er ihr einen
sehr künstlichen ehernen Palast auf Lemnos, ’*) oder
auf dem Olympos zu Kypros. Im Allgemeinen war
aber der Dienst dieses Paares sehr wenig verbreitet s
nur noch zu Athen finden wir einen Tempel des He¬
phaistos und nahe dabei einen andern der Aphrodite
Urania.
Uebrigens heisst Aphrodite schon in der Odys¬
see ”) die Gemalin des Hephaistos, und wenn es int
der Ilias’®) Charis ist, oder bei Hesiod Aglaia,’®)
so sagt dies nicht mehr und nicht minder, als wenn
Aphrodite selbst es ist, da die Chariten erst ausEigen-
73) Virg. Aen. 2, 632 ducente dea (Aphr.) flammam inter
et bestes.
74) Quintos v. Smyrna 13, 328.
75) Ap ollon. V. Rh. 3, 39. ff,
tQXfa cP’ Hffsl&ovffat in alS-uvö^ O-alä/Aota
tenuv, %v ivthvtcSY.i 9-icc )J}(os ^Hfcdamto-
dkl’ 0 [^iv fts xcclxmpa xai axfjcovas ßsß^x$t
p^aoio nkayxT^S tv^iiv ^ivyiv, m f.n ndrrct
dulcSaka ydkxivs Qmp nvQoS. 4 povmj
^ßw fPofio} ^ivmov uvet fpQÖPov, upra d-vqdmp,
76) Klaudian De nupt, Hoiior. et Mar. 87 ff.
Lemnius haec etiam gemmis extruxit et auro,
Admiscens artem pretio, trahibusque smaragdis
Supposuit caesas hyacinthi rupe columnas.
Berylle paries et jaspide lubrica surgiint
Limina, despectusque solo calcatur achates.
77) Od. 8, 266 ff. Servius Virg. Aen. 8, 373.
78) II 18, 382. Phurnutos Kap, 19.
79) Hes. Theog. 945.
220
schäften der Aphrodite abgezogen sind, and nnr au-
sondere Seiten derselben darstellen. Es konnte also k
ohne wesentliche Aenderung des Begritfs eine von h
diesen ihm als Gemahlin genannt sein, und wo dies i
geschieht, ist es vielleicht gar nur dichterische Auf- |
fassiing. Das Verhältniss, in welchem Ares in einer
ganzen Reihe pelasgischer Kulte zur Aphrodite stand, [
bleibt aber in hellenischem Bewusstsein nicht verges¬
sen. Ares tritt jedoch hier nach den Erfordernissen
der religiösen Ansichten in die Stelle eines Buhlen t
zur Aprodite neben dem als rechtmässigen Gemal an- i
erkannten Hephaistos, wie nach kyprischcr Auffassung it
der Buhle Adonis neben dem rechtmässigen Gemal t
Ares steht. Durch jene Auffassung ist das bekannte it
Mährchen von der Buhlschaft des Ares mit der Ky- >
pris im Ehebette des Hephaistos ®“) entstanden, wor- [
auf man allenfalls die leichte und flüchtige Andeutung |
eines zärtlichen Verhältniss des Ares zur Aphrodite I
in der Ilias beziehen kann. Wir müssen also unter •
80) Hom. Od. 8, 266 ff. Ein episches Tanzlied, welches
dazu dient die Heiterkeit des Mahles zu erhöhen. Vgl. Lnkian
üeber den Tanz. K. 63. — Homers Leben in Galis Opusc. :
myth. S. 328. 400. 494. Plutarch. Wie man Dichter 1. m.
Kap. 4. Eudok. S 14 ff. Ovid ars am. 2, 561 ff. Manso
Mytholog. Versuche S. 101 ff. Später ist diese Fabel sehr viel
behandelt worden. Ovid Met. 4, 171 ff. Amor. 1, 9, 39. Trist.
2, 377. Virg. Georg 4, 345, Pap. Stat. Silv. l, 2, 59. Ju-
venal, Sat. 10, 312. Interessant ist noch die Behandlung von .
einem späten, aber nicht geistlosen Dichter Reposianus
Connub. Martis et Ven. Während die andern Dichter den Ehe¬
bruch im Hause des Hephaistos vergehen lassen, dichtet dieser
einen Wald, und man vermuthet bei der Beschreibung desselben
zunächst den Malischen, allein deutlich spricht er es aus, dass
er ihn in die Nähe von Byblos seze. Vgl. 33.
Lucus erat Marti gratus, post vulnera Adonis |
Pictiis amore deae u. s. w.
Die Adoiiissage wird nächst Kypros gegenüber auf das feste Land
verpflanzt, Adonis Tod zum Theil auch dorthin verlegt.
221
der leichtfertigen Hülle ^ unter welcher ung dieses
Währcheu vorgetragen wird, einen tiefem Sinn er¬
kennen. Die heitere uogenirte olympische VFeltan-
sicht betrachtete diesen Ehebruch gjinz anders. Diese
sah im Ares nur den beglükkten Buhlen des^ liebens¬
würdigsten und genusssüchtigsten Weibes, welches
sich über die lästigen Zwängnisse des Ehestandes hin-
wegzusezen verstand, weil sie gerechte Ansprüche auf
Zärtlichkeit hatte, welche der unbehülfliche Ehemann
der schlauen Frau nicht zu leisten vermochte. Der an Er¬
fahrungen dieser Art so reiche Olymp hat nie ein Ereig¬
niss erlebt, welches mehr belustigt hätte, als der Fang des
Ares und der Aphrodite durch Hephaistos im Neze; ein
Schauspiel vor den Augen der versammelten Götter, wel¬
ches der ganze Olymp mit dem lautesten Gelächter be¬
trachtete.
Den Begriff einer zärtlichen Liebe zwischen Ares
und Aphrodite hielt man noch später fest und das
eheliche Verhältniss des Hephaistos zur Kypris wird
ganz aufgehoben, wenn er ihr Gegner heisst **), wo¬
fein diese Auffassung nicht bloss auf den durch seine
eheiiclie Kränkung erzeugten Hass zu beziehen ist.
Im römischen Kult, wo Ares der gesezmässige Gatte
ider Aphrodite ist, wird die Buhlschaft gewissermassen
umgekehrt, und Romulus erbaut des Hephaistos Tem¬
pel ausserhalb der tstadt, weil Ares, dessen Tempel
mit dem der Aphrodite sich innerhalb der Stadt he-
ifand, auf jenen eifersüchtig sei « *). Sage und Poesie
spinnen das heitere olympische Mährchen noch weiter
bU Ovid Heroid. 15, 91.
Hunc Venus in coelum curru vexisset eburno
Sed videt et Marti posse placere suo.
jie meint ihren Geliebten Phaon.
b‘2j Plaut US Rudens 3, 4, 56Volcanum addiicam, is Vene-
Is est adversarius.
b.51 Plutarch Kap. 47.
222
aus. Der Ueberl)ring;er der Nachricht von dem Ver¬
gehen seiner Gattin an den unglücklichen Hephaistos
konnte in der Sage und Poesie natürlich kein anderer
sein als der alles schauende Helios*^), dessen Au¬
genlicht in die verborgensten Gemächer dringt, wel¬
cher die geheimsten Dinge ans Licht zieht. Daiüber
musste Aphrodite erzürnt gewesen sein und sie rächt
sich an dem Störer ihrer Lust dadurch, dass sie des
Helios Töchtern Pasiphae, Medea, Phaidra und Kirke
die Oualen einer heftigen^ zum Theil unnatürlichen
Liehe einhauchte. Indess war diese Vorstellung von
dem Hasse der Aphrodite gegen Helios nicht allge¬
mein*, nach einer andern soll er mit ihr Liebe gepdo-
gen haben, und in Korinth wurden beide zusammen
verehrt. Eine andere Aiisspinnung der Sage ist die,
dass Aphrodite, welche bei Homer einfach nach Paphos
zurükkflieht, sich auf dem Kaukasischen Berge xav-
tämp ÖQogy auf Kypros vor den Augen des Spot¬
tes verborgen gehalten habe®®). Die Götter hätten
mit grossem Bemühen ihr nachgeforscht und eine Alte
gefragt, ob sie nicht wüsste, wo Aphrodite sich ver-
stekkt habe; von dieser sei den Göttern der Schlupf¬
winkel der Beschämten verrathen worden. Aus Zorn
hierüber habe Aphrodite die Alte in eine Marmor¬
säule verwandelt, welche noch zu Tzetzes Zeiten
dort zu sehen gewesen wäre. Es ist nicht unmög¬
lich, dass die Veranlassung zu dieser Erzählung in
einem mystischen Gebrauch auf Kypros gesucht wer¬
den muss. Bekannt ist das an manchen Festen übli¬
che Suchen von Geflohenen oder Geraubten. So su¬
chen die Mariaudyner den Bormos, so wird am Feste
der Demeter die geraubte Kora gesucht, so wurde
”~i47~Övi(l Metam. 4, 172 Videt hic deus omnia primus.
Oft wird dies vom Helios gesagt ; z. B. bei Aeschylos.
85) Scholien z. Lykophr. 825.
223
Dionysios an den Agrionien entlaufen und gesucht
gedacht, so wird Europa gesucht, Harmonia von Kad-
mos in Samothrake geraubt. An den Festen der Hera
verbargen die Samier ein sehr altes Bild der Göttin
unter Gesträuch, und freuten sich, wenn sie es ge*
funden hatten * ®). Es kann sein, dass ähnliche Feste
und Gebräuche auf Kypros bei der Aphrodite statt fanden.
Die Frucht der Vermälung von Ares und Aphro¬
dite waren Harmonia und Deimos und Pho-
bos®^). Wahrscheinlich war aber schon längst Har¬
monia eine Tochter dieses Paares, bevor man 7iWi-
schen ihm einen unehelichen Umgang bildete. Ebenso
ist es auch nur eine dichterische Zugabe, wenn Dei-
mos und Phobos gerade hier von Ares gezeugt wer¬
den. Sie sind seine Begleiter und mögen als solche
schon ziemlich alt sein. Im Allgemeinen konnte der
Dienst abgelöster Begrilfsbildungen mitten in jenem
tiefsinnigen alten Götterglauben der Pelasger nicht
leicht Wurzel fassen. Was wir aber davon in alt¬
griechischen Zeiten anerkennen dürfen, sind schon
nach Gerhards Ausspruch poetisch-plastische Ausfüh¬
rungen des Göttergefolges, wie Tod und Schlaf
I neben Aphrodite, Furcht und Schrekken neben
' Ares. Philosophische und ethische Deutungen, so-
wol der Ehe von Hephaistos und Aphrodite ®®) als
der Vereinigung von Ares und Aphrodite, finden sich
' 86) Athen 15, 672.
j 87) HesiodTheog. 933 ff. Schild des Herakles 191 ff.
I Tlias 13, 299. Pausan 9, 36, 2. Nonnos 3, 375. 4, 210 ff.
I lieber Harmonia yg], Pap. Stat. 3, 270 ff.
88) Lobek Agl. S. 542. dem Orpheus gehört ohne Zweifel,
yvasProklos in Tim. II, 101 anfdhrt : ol &tckoyoi T(p‘H(fjaioiio liiv
"Ar/ Qodizr,}/ cv^ti'^avnq ot-Tw? amiv (fuci, /alztviii' ro nuv. Vom He-
I phaistos und der Aglaia lassen die Orphiker die Eukleia,
Eustheneia, Euphemo und Philophrosyiie erzeugt wer¬
den, alle mit ausgezeichneter Schönheit ausgo.stailot.
221
in Men^e. Man deutete sie auf Hass und Liebe,
auf Streit und Friede, und Harmonia geht aus
beiden hervor als die Versöhnung streitender Ele¬
mente. Phurnutus führt jeden Umstand des homeri¬
schen Mährchens auf eine ethische Auslegung zu-
lükk*®). Kosmische und physische Deutungen der
Verbindung der Aphrodite mit Ares und Hephaistos
finden wir beim Lydier Johannes®*). Er berichtet;
Ajdirodite verbinden die Mythologen mit Hephaistos,
dem irdischen Feuer und mit Ares dem himmlischen,
weil hierdurch die Zeugung aller Dinge bewerkstel¬
ligt wird. An einer andern Stelle: Ares ist der Er¬
finder des Kupfers und des Eisens. Die Physiker
verbinden nun die Aphrodite bald mit ihm, bald mit
Hephaistos, gleichsam das Flüssige mit dem Feuri¬
gen, indem sie auf die Entstehung der natürlichen
Dinge aus Feuchtigkeit und Wärme anspielen. Au¬
sserdem finden sich noch andere Deutungen daselbst.
Hermes und Aphrodite.
An mehreren Orten werden Hermes ® ‘) und Aphro¬
dite zusammen verehrt, zu Megalopolis in Arka¬
dien **), wo wir den Thebischen Dreiverein schon
89) Phurn. ntQt tPfi twv &■ u. s. w. Kap. 19. Vom Ehe¬
bruch des Ares sagt er: on ovtiuvv fiiv ni^vaexar n fidyi-
fjüv xcd ßkaop, im IkuQm xul uiihylm' ovM xaru tov (f vmxov au vö-
lÄOv im nkixemt dpin.noi.ovjUimi’ ds nms ahmy, xalox xat
yii/yaiOTt^oy yipprjfta. tijp i§ dfi'fdip uQfioviay anonkelp tim&i]. Vgl,
Kap. 21. Eustath. z. Od. 1591 u. 1880.
90) Job. Laur. v. Lyd, üeber die Monate 2, 1. S. (18)
17. 4, 27. S. (75j 67.
91) Aug. Fr. Pott. Etym. Forsch 1, 221 ff. erkl. Her¬
mes als Beschüzer, Schirmer in Bezug auf die Heerden, v. d.
W. wri.
92) P aus a n 8, 31, 3.
225
wiedergefunden haben, und in Argos®*)^ in Theben
fällt das Paar Kadraos und Harmonia den Begriff des
Hermes und der Aphrodite aus. ln den ältsten Zei¬
ten muss aber die Verehrung des Hermes und der
Aphrodite allgemeiner gewesen sein, und zswar als
Zeugungsgottheiten »^). Der vierte Tag in federn
Monat war nach Proklos dem Hermes und der Aphro¬
dite geeignet, und wurde für besonders passend zur
Zeugung gehalten. Wichtig war die Stellung des
Hermes in den Kabirenkiilten zu Samothrake, Lern-
DOS und Imbros®’); in den samothrakischen Myste¬
rien war Hermes als Vermittler zwischen Nachtwelt
und Lichtwelt beim Anblikk der Persephone phalliscli
dargestellt®*). Die Vermälung, welche er hier be¬
gehrt, unterscheidet sich wesentlich nicht von der
einer Kersa Aphrodite, mit welcher er io Megalopo-
lis und Argos verbunden ist. Mit der Göttermntter
stand er in einer Verbindung, welche nach einer My*
steriensage nicht verrathen werden durfte®’): wahr-*
I scheinlich ist es die Begierde des Gottes in Widder-
i gestalt, welche ihm wie dem Dionysos die Stierge-
I stalt eignete. Von derselben Begierde getrieben
buhlt Hermes im Hymnos auf die Aphrodite mit den
] Idäischen Nymphen der Tannen und Eichen, welche
I den Aeneas bis zum fünften Jahre erziehen. Die
I 93) Ders. 2, 19, 6. Servius 2, 612.
94) Plutarch Ehevorschr. 1. zul ol nulaiot Tg
(fiig Tov cuyxu&lÖQuffav , mg nfQt rcv yüfMV g(fnv^g ‘ ^läheia
I löyov d'sofxiptjg- diese Deutung ist aber ohne Zweifel neu. Aelin-
' lieh Phurnutos Kap. 24.
95) Otfr. Müller Prolog z. Myth, S. l,i|.
I 96) Cicero de nat. deor. 3, 22, 56. Vgl, Herodot 2,61.
1 Arnob. 4, 14.
97) Pausan 2, 3, 4,
11.
15
226
Liebe des Hermes zur Kypris hat auch ^ eranlassong
zu einer Fabel gegeben, welche Hygin erzählt’*).
Nach Gerhard gab es pelasgische Systeme, in
welchen der Gatte und der ergänzende Buhle der
Erdkraft Kersa, Axiokersüs und Kadmilos, in eine I
einzige Person zusammen gedrängt waren. Diesen
Saz müssen wir entweder auf die Erklärung eines
Hermes mit einer Aphrodite anwenden, oder wir müs¬
sen uns auch der Annahme fügen, dass es Systeme i
gegeben habe, in welchen der Kersos den Namen i
Hermes geführt habe; so in Megalopolis und Argos.
In lezterer Stadt wurden Feste gefeiert, in welchen j
die Frauen in Männerkleidung, die Männer in Frauen- 1
kleidung opferten ® ’), und diese galten der bewaffne-
98) Hygin. Poet astron. 2, 16.
99) Vgl. Ab.schn.3, Anm.37.ff. S. 174. M aerob. 3, 8. Comille
(Virgilius) doctissime dixerit; Ducente deo, non dea. Nam et
apud Calvum Acterianus affinnat legendum, Pollentemque deum
Venerem, non deam. Signum etiam hujus est Cypri barbatum
corpore, sed veste muliebri, cum scepiro ac statura viri. Et pu-
tant eandem marem ac feminam esse. Aristophanes eam dqQÖ-
&nv appellat. Laevius etiam sic ait. Venerem igitur almum
adorant, sive foemina sive mas est, ita ut alma noctiluca est.
Philochorus quoque in Atthide eandem affirmat esse Lunam. Nam
et ei sacrificium facere viros cum veste muliebri, mulieres cum
virili; quod eadem et mas existimatur et foemina. Dass diese
Apbrodisienfeier nun auf Attika, nicht auf Argos (vgl. Abschn.
S, Anm. 37) zu beziehen sei, ist keinesweges gemss, denn bei¬
läufig könnte diese Argivisebe Sitte erwähnt sein Ueber eine
äbiiliche mystische Heraklesfeicr berichtet Job. v. Lyd. Leb. d.
M. 4, 46 aus Nikomachos; aber hier legen nur Männer Frauen¬
kleidung an. Servius z. Virg. Aen. 2, 632 Ac ducente deo;
secundum eos, qui dicunt, utriusque sexus participationem ha¬
bere numina. Nam ait Calvus: Pollentesque deum Venerem.
Est etiam in Cypro simulacrum barbatae Veneris, corpore et
veste muliebri, cum .sceptro ct natura virili, quod vo-
227
ten Aphrodite, der Gattin des Ares, von deren ar-
givischein Kulte wir oben gesprochen haben. Dasselbe
Fest wird auf Kypros wieder gefeiert, nach der oft
erwähnten Uebereinstimmung argivischer und kj'pri-
scher, als von dorther geleiteter Kulte. Hier wdrd
aber das Fest der bärtigen Aphrodite zuge¬
schrieben, welche von männlicher Gestalt, doch mit
weiblichem Gewände angethan war, und ein Szepter
führte: man glaubte von ihr, sie sei Dann und Weib
zugleich. Nach Servius und Aristophanes nannte man
diese bärtige Aphrodite Aphroditos. So giebt auch
Hesychios ’ **) diesen Namen am, Theophrast bei die¬
sem Lexikographen aber Hermaphroditos. Suidas
unter Hermaphroditos sagt: Aphroditos sei mit einem
Dart gebildet, und mit männlichen und weiblichen Ge-
I scblechtstlieilen, w'eil sie die Vorsteherin aller Zeu-
gung sei; die obere Hälfte sei Mann, die untere
Weib, in dieser Art war auch laut Chrysippos ‘)
bei den Pamphyliern die Bartgöttio. Die IJenen-
I nung duplex, w'elche Katull der Göttin von Ama-
I thus giebt, ist auf die Doppelheit der Geschlechter zu
beziehen, ln Rom bildete man die Aphrodite mit einem
oatur, cui viri in veste muHebri, muliebres in veste viriii sacrh
ficantr qnamquam veteres deum pro magno inumine dicebant.
100) Hesychios ’JifQod'aos. 0t6<[iioGws fiitf (vgl. Theophr.
Charaktere 16) tw ‘ EqfxwfQÖd'növ (ftiaw. ^ cTs tu mqi ’Afta9mtna
yiyqtuf Mg JlMitvvcov ät^dqcc rhv iax^fdüTla&m Iv Kmqtp Xiyu.
Die Worte nmüvmuv üvd'qu rov 9iov iaxni^utlad-ui, bedürfen einer
Verbesserung. Ich will hier intless nur so viel bemerken, dass
das Wort Huiüptgov getrennt werden muss in Ilalmp louv. Un¬
zweifelhaft hatte der Schriftsteller über Amalhns, Paion, be-
richtet, die Aphrodite (daher t^p äiov zu sehr.) sei wie ein Mana
igeb'Jdet worden.
1) Job. Laur. v, Lyd. 4, 44 näyoipa
15*
228
Kamm nnd einem Barte *), wodurch man sie als
eine mannweibliche (iotlheit andeuten wollte. Die
Zurülikfühiung dieses Bildes der Göttin auf eine ge¬
schichtliche Begebenheit^ hat nicht mehr Werth als
ähnliche historische Veranlassungen. Bei einer seuch-
artigen Krankheit sollten die römischen Frauen ihr
Haar verloren haben, und der Kamm wurde ihnen
nnnüz. Sie flehten zur Aphrodite ihnen wieder Haar
zu schenken, und gelobten ihr ein Bildniss mit Kamm
und Bart zu verehren.
Der Name Hermaphroditos, als Benennung
derjenigen Gottheit, welcher zu Amathus die Feste
der mannweiblichen Aphrodite gefeiert wurden, deu¬
tet an, dass man sich unter diesem Wesen eine Ver¬
einigung des Hermes mit der Aphrodite dachte. Dies
Paar muss also zusamraenfallen mit Aphrodite und
Ares zu Argos, denn dieser Göttin wurden dort jene
Feste gefeiert, wofern nicht diese Beziehung auf die
Ares-Aphrodite erst durch die erfundene geschicht¬
liche Aeranlassung von der l'apferkeit der Argive-
rinnen, welche sich als Männer zeigten, veranlasst
worden ist, und sie eigentlich jener Aphrodite ge-
hörtCTi, welche dort mit Hermes vermalt war. Wie
sie gebildet war, erfahren wir nicht. Aber daraus,
dass sie zu Amathus und in Paraphyiien, wo sich Ar-
givische Kolonien an beiden Orten befanden, mit ei¬
nem Bart gebildet wurde, können wir annehmen, dass
die Amathiisische Vorstellung der Bartgottheit aus
Argos gekommen sei. So haben wir oben nachge¬
wiesen, wie die Sauopfer aus Argos nach Kypros
und Pamphylien getragen waren. Wenn aber jene
2) Schol. z. Ilias 2, 820. — Die Mannweiblichkeit war
auch bei den phrygiscben Völkern eine religiöse Vorstellung, j
So heisst Adagous bei Hesych. ein Hermaphrodit.
r
229
Ar^ivischen Fesl^e ijr§=prüiiglicli wirklich der Ares-
Aphrodite g^ehört haben sollten, so geht daraus her¬
vor, dass zwischen den Pa.aren Ares und Aphrodite,
und Hermes und Aphrodite ein wesentlicher Unter¬
schied nicht anzunehmen sei. Wäre dies nicht der
Fall, so würde dort die Aphrodite Nikephoros, welche
doch eine Ares- Aphrodite mit ziemlicher Sicherheit
ist, auch nicht dem Hermes beigeordoet sein.
Dieser Vereinigung der Geschlechter bei der
Aphrodite welche man in einer Verschmelzung des
Hermes und der Aphrodite vorstellte, liegt eine alte
natursymbolische Auffassung der Gesfhlechtseiiiheit
zu Grunde. Als einen samathrakischen Begriff hat
Varro * *) diese Mannweibiiehkeit überliefert^ er sagt
sie zwar von allen dortigen Gottheiten aus, doch
möchte sie von Kersos und Mersa bezweifelt wer¬
den. Gewiss können wir sie von dem Axieros an¬
nehmen, und der Ilermaphroditos oder die bärtige
Aphrodite wird die Idee eines Axieros ausgedrükkt
haben^ an dem man die Geschlechtseinheit nicht durch
eine Geschlechtslosigkeit, sondern durch beide Ge¬
schlechter bildlich darstellte. Platon im Symposion
I sagt; es habe ursprünglich drei Geschlechter gege-
' ben, ein männliches, ein weibliches und ein esane-
weibliches, welches aber untergegangen, und nur blos
1 der Name sei übrig geblieben. Dieser Ausspruch des
3) Jo h. Lau r. V. Ly d. üeb. d. M. 2, 10- ^Aq'Qottkijp tfl uv
I a? ihnoi T^v Tou navro? dta&tjTov (f veiv, — - xai änkiSi tlnslv rt
,£ßi S-^lvs tlvat, nttf'Vy.ii <a; y.ai airtj 'AifnoSitri r^v lov a^Q>iv^iS xal mv
• &^Xtü)S tyoMfß (f vmvj xai did wvro nuqu nls &iol6yoiS dQQtjvoSijlvg
xalov/uivt;. P sei los in Boissonade Anekd. 1, ‘232. aovtj^a iatQi-
xov. V. 1374 sagt er; ‘£Q/ua(/^odirmv dfytS-vQog ij (fiien, lieber
die mannweibliche Aphrodite im Allgemeinen vgl._ Photios
Kod. 187.
4) Varro 1, 19.
230
Philosophen bezieht sich wahrscheinlich auf eine my¬
stische Vorstellung. Aus der Deutung der Aphrodite
auf den Mond, und aus der Verbindung beider Ge¬
schlechter in ihr, ist wieder der mystische Begriff
eines deusLunus vornehmlich zu Rom, und der
der Aphrodite als eines männlichen Gottes ®) her¬
vorgegangen. Die Mysterien welche man der
Bartgöttin feierte, können nichts anders als die hohe
Macht der Aphrodite als eines Axieros dem Auge
und Gemüth veranschaulicht, sic als Erzeuger und
Weib, als Phanes, wie sie von den Orphikern ge¬
nannt wird, hinstellt haben.
Aus diesen Vorstellungen von der mannweibli¬
chen Aphrodite ist das bekannte Dichter- und Künst¬
lerbild des Hermaphroditen hervorgegangen, welches
besonders die spätere verweichlichte Kunst beschäf¬
tigte. Der Name des unter diesem Begriffe vorge-
Btellten Wesens hat wahrscheinlich nur in örtlichen
Verhältnissen seinen Grund, indem auch die Vereini¬
gung eines andern männlichen Gottes mit der Aphro¬
dite zur Verdeutlichung dieser Vorstellung hätte die¬
nen können. Da aber einmal, in Argos oder Ama-
thiis, der Name Hermaphroditos zum Träger dieses
Begriffes geworden war, so machte man auch ganz
richtig den Hermes zum Vater des Fantasiegebildes,
des Hermaphroditen, und die Aphrodite zu seiner Mut-
5) Aelius Spartiaaus im Anton. Caracalla. ... Unde
quamvis Graeci vel Aegyptii eo genere, quo feminam hominem,
etiam Lunam Deam dicant, mystive tarnen Deum dicunt.
6) M aerob. 3, 8. Apud Calvum Acterianiis affirroat le-
gendum : PoIIentemqiie deum Venerem, non deam. Vgl. Anm. 99.
— Almus Venus, in der alt-italischen Religion.
7) Petro n ins Satirikon. Kap. 29. Veneris signum mar-
Hjoreum et pyxis aurea non pusilla, in qua barbam ipsius con-
ditam esse dicebant.
231
ter *), eine einfache Auflösung seines Namens. Ton
Hygin ®) wird zwar der Hermaphroditos nicht unter
den Söhnen des Hermes aiifgeführt, aber unter den
Jünglingen, welche die schönsten gewesen. Den
Sohn des Hermes und der Aphrodite nennt dieser
Mythograph Atlantius, nach Hermes ¥ater Atlas
so benannt, diesen giebt er jedoch als einen Herma¬
phroditen an. Wir’ erfahren zwar, dass der Her¬
maphrodit zu Alopeke wirklich als ein Gott ver¬
ehrt wurde *®), aber wir müssen darunter eine Bart¬
göttin, eine hermaphroditische ICypris verstehen, de¬
ren Bild in späterer Zeit leicht mit dem eines Her¬
maphroditen vertauscht werden konnte, oder der Her¬
maphrodit als Künstlergebilde hatte wirklich religiöse
Bedeutung gewonnen. Die dort unter dem Bilde des
Hermaphroditen verehrte Gottheit wurde in aphrodi¬
sischen Angelegenheiten verehrt: Liebende brachten
ihr einen Kranz. Aphrodite wurde zwar auch in Alo¬
peke verehrt^ wir sind aber nicht unterrichtet, ob es
eine bärtige war. Diejenigen Bigenschaften, weiche
schon die Alten an der Bartgöttin zuAmathus, finden
wir auch, nur in anderer Weise, durch die Kunst an
8j Laktanz De falsa relig. 1, 17, 9. Epit. iast, 8. Dio.
dor 4, 6. Ovid Met. 4, 287. Hier befindet sich auch die Fa¬
bel von der Liebe der Nymphe Salmakis zum Hermaphrodi-
ten, welche ihn sah, als er sich in der Quelle Salmakis in Ka-
rien badete. Die Doppelgeschlechtigkeit wird Mer dadurch er¬
klärt, dass die Götter, da er ihre Anträge nicht erhört, die Bit-
ten der Salmakis erfüllen, und beide, als sie ihn umfasst, in
ein einziges doppelgeschlechtiges Wesen verwandeln. Stra-
bon 14, 656. Vgl. die Auslegung des Hermaphr. bei Vitruv
1, 8. — Der chthonische Hermes heisst ein Sohn der Aphrodite
und des Bakchos bei Ausonius Epigr. 100.
9) Hygin Fab. 271. vgl. 160.
10) Alkiphron 3, 37. — Aphrodite in Alopeke Corp.
Inscr. Gr. Nr. 395. .
232
dem Hermaphroditen verwirklicht, er ist mit der An-
miith und Weichheit des Leibes, wie sie dem Weibe
eigen, und mit dem männlichen und kräftigen Anse¬
hen eines Mannes ausgestattet
Aphrodite als Lebens- Liebes - und Todesgöttim
Einen durchaus falschen Weg zur Deutung aller
Eischeinqngen, in welchen sich uns die Aphrodite
offenbart, würden wir einschlagen, wenn auch wir
hier den von den sondernden Theologen bei Cicero '*)
und Johannes von Lydien*^) angezeigten betreten
wollten. Die dort gegebene vierfache Eintheilung ist
nur nach beliebig herausgegriffenen Lokalkulten ge¬
macht, welche aber in dieser Weise wenig Licht auf
das Ganze werfen, uns nur in unentwirrbare Verwikk-
hingen führen würden. Wir werden daher am sicher¬
sten wandeln, und am leichtsten von einer Entwikke-
lung zur andern fortschreiten, wenn wir von dem Be¬
lli Vgl. Welker in den Stadien v. Daub und Kreuzer '
1808 Nr. 2 S. 160 ff. Die Ablidlg. v. Heinrich de Hermaphrod, ‘
origg. et causis habe ich nicht benuzen können.
12) Cicero De nat. deor. 3, 23. Venus prima Caelo et
Die nata, cujus Elide delubrum vidimus; altera spuma pro-
creata, ex qua et Mercurio Cupidinem secundum natum acce-
pimus ; tertia Jove nata et Dione, quae nupsit Vulcano,
sed ex ea et Marte natus Anteros dicitur; quarta Syria Cy-
proque concepta, quae Astarte vQcatur, quam Adonidi ^
nupsisse proditum. |
13) lieber d. M. 4, 44. Erst giebt er Platon? Eintheilung !
in die Urania und Pandemos, dann die, welche wir auch bei CE
cero finden : 1) die Tochter des Uranos und der Hemera, 2) die
schauuigeborne Gemalin des Hermes, 3) d. T. des Zeus und der
Dione, 4) die v. Syrien und Kypros und fährt fort : «Wo» fff
nqmjrjv /utP wv OvQavao zcd OvQapiap xalovfliprjp. fffWf'c«»'
fff xai Ev{wp6fiij? Slxsavov^ xai tqItijp rr)v eupacpd^slcuv
To^ IS o dtirtQoS “’EQcaf o üTrörfrf^o?, TtTaQT^P Jms xai-
iY^jutp ‘'flfUKim, fff avTß avptl^mp i'raxs top
"AprtQmu.
233
griffe einer pelasgischen Kersa ausgehen. Jedes der
vielen verschiedenen pelasgischen Systeme, jede Ge-
sammtheit altgriechischen Götterdienstes stellt die Idee
herrschender Naturkräfte dar ‘ ^). Da aber alle Er-
kenntnissquelle der griechischen Götterlehre in sym¬
bolischen Andeutungen niedergelegt, und diese an die
symbolischen Bilder geknüpft ist, so hängt alle ge-
sezmässige Deutung der Götterlehre von einer ge-
sezmässigen Deutung dieser Bildersprache ab. Den
Polos bei Athene und Aphrodite als Darstellung des
Himmelsgewölbes, und den damit verknüpften Sinn
haben wir erst vor kurzem bei der Aphrodite in der
Eigenschaft eines Axieros besprochen. Nothwendiger
ist es aber für unseren jezigen Zvvekk, wenn wir
uns einige symbolische Bilder aus dem Kulte mit we¬
nigen Worten wieder ins Gedächtniss rufen, auf an¬
deres zurükkweisen. Die uralten 8ymboIe altpelas-
giscben Dienstes, weiche zum ergänzenden Ausdrukk
zeugender und empfangender Erdkraft dienen, sind
der Phallos und die Schlange. Das Paphische
i Kegelsymbol ist nach Fingerzeigen der Alten und der
gewissen Kunde, dass eine derartige Säulenbildung
] überhaupt pelasgisch war*“), als die geläuterte Ge¬
stalt des Phallos gedeutet, und diese Meinung wird
noch dadurch unterstüzt, dass den Eiozuweihenden
! in Paphos neben der Hand voll Salz, wirkliche kleine
j Phallen in die Hand gegeben wurden. Hesychios
! würde auch gewiss das Symbol keinen Omphalos ge¬
nannt haben, wenn er nicht auf eine Vergleichung
mit dem Delphischen Omphalos hätte hinweisen wol¬
len. Paphos würde nicht, wie Delphi, der Nabel der
14) Vgl, Gerhard Hyperb. röm. Studien S. 42. 69 ff. u.
öfter.
15) Gerhard a. a. O.
234
Erde geheissea haben, wenn nicht ähnliche Veranlas- •
sangen dazu Vorgelegen hätten. Wenn wir demnach i
den Paphischen Kegel richtig als ein pelasgisches )
PhjiUossymbol deuten, so sind wir auch zu der An- :
nähme gezwungen, so viel Widerstrebendes sie auch j
hat, dfiss sich dies Symbol nicht aus phönikischen |
Zeiten herschrieb, dass es mindestens zweifelhaft ist, i
ob unter diesem Stein ein Bätylienbild zu verstehen ^
sei, sondern, dass dies Symbol griechischen Ursprungs i
ist, errichtet von den Griechen, welche dort ange¬
siedelt waren, und in Paphos einen ähnlichen religiö¬
sen Mittelpunkt schufen, wie ihn ihre Brüder in der
Heimat zu Delphi hatten. Erleichtert werden könnte
diese Behauptung eiuigermassen noch dadurch, dass
nach erforschten und abgewogenen, nicht gerade nach ;
gezählten und abgehörten Zeugnissen, in der phöni¬
kischen Zeit Amathus der religiöse Mittelpunkt für
Kypros gewesen, Paphos aber erst durch Griechen
und die ihnen verwandten Kleinasiaten zu dieser
Würde erhoben wurde, dass mithin hier leichter als
anderswo ein griechisches Symbol aufgepflanzt >ver-
den konnte. Damit soll aber noch nicht von vorn her¬
ein die Möglichkeit geleugnet werden, dass nicht auch
die Griechen ein phönikisches Symbol, welches sie
auf Kypros etwa vorgefunden, hätten sich aneignen
und in die Gestaltung ihres Kultus hätten hinüber
nehmen können.
Die heilige Lade, in welcher die Mysterien der
Aphrodite verborgen sein sollten, enthielt demnach
Unterpfänder der wiederverjüngten Natur im Zeu-
giingssymbol des Phalios. Dieser ist nicht bloss Sym¬
bol der zeugenden Naturkräfte, sondern ebenso sehr
das des wesentlichsten Bandes zwischen Gottheit und
Menschheit, oder zwischen den Reichen des Todes
1
235
und des Lebens. In den Eleusinieii war er das Zei¬
chen der Liebesverbindung zwischen Zeus und Per¬
sephone, woraus der dionysische Beseliger Jakchos
hervor^eht in anderer Mysteriensage zwischen
Demeter und Keleos. An den Aphrodisien wurde
der Phallos zur Schau getragen, weil man durch dasj
was man zur Schau trägt und ausstellt, sich die Gott#
heit geneigt machen will. Auch zu Rom fehlte die
Bedeutung des Phallos nicht. Er wurde von den Ve¬
stalinnen verehrt*’) und die Matronen dienen ihm in
der Schwangerschaft verhüllten Hauptes*»), als dem
Sinnbilde der zeugenden Kraft, und die Neuvereh-
lichte musste nach ehrbarer und heüigei Sitte am
Hochzeitstage den Phallos berühren*®), da sie in das
Haus ihres Gatten Segen und Fruchtbarkeit bringen
sollte. Zu Lavinium wurde in dem Monat, welcher
dem Liber geweiht war, der Phallos unter Schwänken
und Zoten auf allen Dörfern zur Abwehr alles Zau¬
bers von den Feldern auf einem Wagen herumge¬
führt, endlich in die Stadt und über das Forum an
seine Stätle gebracht*®). Diese Stätte, an welcher
das Symbol verborgen wurde, war nach Klausens
Deutung der Heerd des Staates.
16) Ed. Gerhard a. a. O. Hall. LZtg. 1833 Sept. Nr. 153
S, 6. nach Tertullian adv Valent. S. 289.
17) Plin. 28, 7. illos (infantes) religione tutatur etFasci-
nus, Imperatorum quoque non solum infantium custos, qui deus
inter sacra Romana a Vestalibus colitur.
18) F es tu s S. 172.
19) Augustin de Civ. Dei 6, 9. Priapus nimius mascu-
lus, super cujus immunissiraum et turpissimum fascinum sedere
nova iiupta jubetur more honestissimo ac religiosissimo matrona-
rum. Vgl. 7, 24. Lac tanz 1, 20, 36.
20) Augustin, de Civ. Dei 7, 21. Vgl. Klausen Italische
Volksrel. 2, 755 ff.
I
236
Neben dem Paphischen Phallos war das merk¬
würdigste Bild der Göttin der hermenartige vier-
ekkige Stein, unter welchem Aphrodite zu Athen in i
den Gärten als ältste derMören verehrt wurde
und diese Bildung hatte sie nach uralten griechischen i
Vorstellungen mit Rhea, Hestia, Demeter, Hera und ^
Hermes zur Bezeichnung schöpferischer Erdenkraft i ^
und allseitiger Wirkung auf Zeugung und Leben
gemein. Rohe Steine und Steinpfeiler dienten wie 1^'
Holzpfähle in den ältsten Zeiten griechischen Götter-
dienstes zur einfachem Andeutung der Naturgottheit, 1^'
und da die Chariten und Eros nur Emana/donen der
Aphrodite sind, so müssen w'ir auch ihre hierherge- ^
hörigen Symbole erwähnen. Daher w'enn in Kyzikos l*
den Chariten ein dreiekkiger Stein znr Verehrung ^
aufgestellt war, Eros in Thespiä aber unter einem U
ayQog Aid-og wie zu Orchomenos die Chariten vorge-
stellt wurde, müssen wir auch diese Symbole in den Kreis
der Aphrodite ziehen. Um die Wirksamkeit der Göttin u
vollkommen zu verstehen, müssen wir ferner hier an -
die Gegenstände aus dem Thierreich und der Pflan- n
zenweit erinnern, welche wir als der Göttin geheiligte 1
am Ende des vorigen Abschnittes weitläufiger be¬
sprochen haben, und welche alle die Idee der Zeugung '
und der Fruchtbarkeit, die Eigenschaft einer Leben
gebenden und fortspinnenden Schöpfungskraft der *
Aphrodite deutlich ausdrükken. Vor allem dient zum i'
Symbol des segensreichen brünstigen Erdentriebes ^
die Taube und der Apfel. Ebenso stellte man sie in •
der Kunst gern thronend dar, mit Symbolen blühen- <
der Natur und üppiger Fruchtbarkeit in den Händen. '
— — = — — • ■ 1
21) Pausan 1, 19, 4. Vgl. Joh. v. Lyd. üeber d. M. |
8. 21. ff. 8. 87 ff. Plut. Js. u. Os. 30. Gerhard Prodr.
S. 131.
237
Die pelasgischen Zeugungssymbole des Stieres und
des Bokkes, welche, wenn auch in Vergleich mit
dem Phallos schon in gemildeter, doch immer noch
derber Weise, die zeugende Kraft vorzugsweise im
Bakchoskiilt darstellten, müssen wir hier anschliessen,
weil sie als besonders gefällige Opfer auch der iiphro-
dite dargebracht wurden.
Hierdurch wäre bereits die Bedeutung der Aphro¬
dite als einer Gottheit der Zeugung, des Lebens und
der Liebe symbolisch vollkommen beglaubigt, und wir
könnten ihre Wirksamkeit durch die verschiedenen
Reiche der lebendigen Welt weiter verfolgen, sie
i tritt aber auch, wie es einer Kersa zukommt, als ret¬
tende Gottheit vom ungeregelten Naturzustände, als
j Ordnerin der Verhältnisse auf, und ist nicht allein die
U Gottheit, welche alles Leben giebt, sondern welcher
I auch alles Leben im Tode wieder anheimfällt, ist eine
r Göttin des Todes und der Unterwelt. Es ist jedoch
^ zum Verstäudniss der gesamten Wirksamkeit der
^ Aphrodite noth wendig, dass wir diese Verhältnisse
» zunächst erläutern. Aphrodite gehört zu den Mäch-
ten, zu welchen laut Herodot die Pelasger beteten,
; dass sie alles so schön und wohl geordnet hätten,
ü denn in allem, was den Griechen vor Augen trat,
! nahmen sie einen waltenden und ordnenden Geist
wahr. Dieser s[:richt sich auch in der Thätigkeit
der Aphrodite aus 5 von ihr stammen Ordnungen und
t Sazungen im Natur- wie im Menschenleben. Die
i Idee einer Rettungsgottheit vom chaotischen Zustande
einer gährenden Natur und die einer waltenden Göt¬
tin der bestehenden Schöpfung ist in ihrem Kampfe
mit den Giganten ausgedrükkt. Zu Phanaguria
j hatte man die Sage die Giganten hätten der Aphro-
22) Strafaon 11, 495.
238
I
dite nacligestellt, sie aber hätte den Herakles 7a\
Hülfe g:eriifen, in eine Höhle verstekkt, dieGi/janten
einzeln ergriffen und sie dann dem Herakles zur
Tödtung übergeben; von diesem betrügerischen Ver¬
fahren, aTKXTfig, habe sie den Namen Apatnros t
erhalten. Dass etymologischer Wiz auf diese Weise |
nur ihren Namen erklären konnte, braucht kaum be- j
merkt zu werden ; aber die richtige Herleitung des j
Namens ist auch unschwer gefunden. Der Name
Apaturos*®) gebührte ursprünglich andern Gotthei¬
ten in Athen und hat seinen Stamm in naiijQ. Am
bekanntesten ist in dieser Beziehung Athene, welche
zwar nur in Trözen den Namen Apaturia führte, in
Athen aber in derselben Bedeutung unter dem Namen
(poaxqia vorkam. Die ihr gefeierten Apaturien waren
ein Fest der väterlichen Genossenschaften , der na- ■
töQiai oder nccTQuij Geschlechtsfeierlichkeiten, vorzüg¬
lich bei den ionischen Völkern in Athen und in Asien.
Wie zu Athen an den Apaturien unter den Phratoren
für die mannbaren Mädchen die yafitjha, Opfer für
wohlgefällige Hochzeiten, dargebracht wurden, so war
in Trözen die Sitte, dass die Jungfrau vor der Hoch¬
zeit ihren Gürtel der Athene Apaturia weihte. Von
den Joniern Asiens muss nun dies Fest nach Phana-
goria am Pontos Euxinos gekommen sein, namentlich
durch Milesier und Teer. Ob dies Fest selbst dort
gefeiert wurde, ist nicht berichtet; der Name der
Göttin findet sich wenigstens dort, und war auf die
Aphrodite ohne Schwierigkeit übertragen worden,
denn er bezeichnet eine Gottheit, welche Geschlech¬
ter vereinigt und bürgerliche Ordnung begründet.
23) Otfr. Müller Dor. 1, S. S2. Anm. 3. u. s. Zusäze
dazu in den Proleg. z. Mythol. S. 401. Bökh Corp. Inscr.
Gr. Nr. 2120.
i
239
Dieser Name Äpaturos nämlich, welchem der Begriff
der bürgerlichen Ordnung anhaftet, ging auf eine
Aphrodite über, welche die physische Ordnung durch
Bewältigung der Giganten begründet hatte. Die Ein¬
mischung des Herakles in die Fabel ist erst durch
den dortigen Heraklesdienst herbeigezogen * *). Uebri-
geus findet sich diese Aphrodite Äpaturos nur in Pha-
nagoria und dem gegenüberliegenden Pantikapaion.
Sie ist eine crcoteiga, wie eine solche Artemis zur
Seite des Zeus Soter stand, und wie wir sie selbst
zu Lerna neben einem rettenden Dionjsos, o-awriyg *’),
finden. Rettende Gölter verstand der hellenische
Glaube aber fast ohne Ausnahme von der Rettung zu
einer festen Naturordnung. In dieser Beziehung ist
Aphrodite der Athene sehr ähnlich, auch Athene ist
anfänglich eine Siegerin über die Giganten, und eine
Rettungsgottheit der bestehenden Natur. Die ihr ver¬
liehenen \Faffen deutete man auf dies ihr zuertheilte
Geschäft, und es ist möglich, dass die Waffen der
Aphrodite auf gleiche Weise gedeutet wurden.
Wie die Natur, so steht unter dem Einflüsse der
Aphrodite auch der Mensch, das Volk, der Staat, und
sie begründet die bürgerlichen Ordnungen. Zu Athen
hatte Aegeus die ausgefischte Aphrodite, die Welt¬
schöpferin, welche als furchtbare Macht in der un¬
geordneten Natur waltete, verehrt, Theseus*®) hul-
24) Bökh Corp. I. Gr. Nr. 2120. B.
25) Paus. 2, 37, 2.
26) Harp okration. ’Anoklodwqos iv rw neql B-tmv ir«r-
\irjfxöv if tisiv, ’A^^vTjGi, mol ti'V uqx€>.Ihp
.lyooKV, JV« TO ivTuv^a ndnu tov dij/xoy avpuyiadca ro nulumv iv
i-ßlf ixxhjaiuis, US ixühivv uyoods. Nixuvdqos iv txria KokofuvTu-
\iü)P Sokojvd ff tiGT GtüfxuTu dyoQc/.GuvTu tvTiQfn^, inl Gity^S ßrijacu Jt«
lof? vfovs, xui ix TÜjy mQiytPo^ufPüjp Xii>lf*dTmv iÖQÖaaa&ui, ’jrfioodkrjS
iavdr,fA,ov iiqöv. tari de ndpdtjjuop ndyxowov. — Zu vgl.: Die In-
240
!
digte dagegen, nachdem er die verschiedenen Ge¬
meinden Athens unter ein einziges staatliches Band |
gebracht hatte, der Aphrodite Pandemos, der all- ;
gemeinen. Die Veranlassung verbürgt uns hinläng- [
lieh, welcher Begriff mit derselben verbunden wurde;
sie ist als die ordnende Macht der neuen staatlichen
Verhältnisse gedacht, der xögfiog ira Staate, eine Har¬
monia, die Kadmosgemalin in Theben. Deshalb ist
sie auch selbst eine xocfi^zeiQu. Unter ihrem Schiiz. 1 j
und Beistände sind alle Verhältnisse und Einrichtun¬
gen gut und schön geworden. Passend stand daher i
ihr Bild auf dem Plaxe der öffentlichen Volksversamm- j
lung, zum Zeichen, das sie über die Einigkeit in der j
A"olksversammlung, durch welche das Wohl desStaa- t
tes begründet Avurde, zu wachen hatte. Einen ähn- j
liehen Beruf müssen Zeus und Aphrodite als olym¬
pische Gottheiten in der Skias Sparta gehabt f
haben, weil dies der Ort war, in welchem die Volks- t
Versammlungen gehalten wurden, und in ähnlicher
Auffassung wurde sie auch zu Korinth als Schirm¬
herrin über Stadt und Volk betrachtet; auf der höch¬
sten Spize der Akrokorinthos stand ihr Tempel, wie
auf dem Markte 5 und in den Zeiten der Gefahr rich¬
tete man feierliche Gebete an sie von Staats wegen.
Dies sind aber nicht die einzigen Orte, an welchen 1
sie auf diese Weise gefasst wurde 5 wir treffen sie ^
noch öfters als Burggöttin und Volksherrin, deren 1
Tempel in diesem Palle gewöhnlich auf dem Markte
standen. Wie der Dienst der Aphrodite zu Korinth
Staatskult gewesen sein muss, so war es zu Orcho-
sebrift Nr. 1373 bei Orelli, von Herkulanum: M^elche die Aphr. i
nennt: rerum hnmanarum dranarumque magistra, matrix, serva-
trix, amatrix, sacrificatrix.
27) Vgl. oben Anm. 69.
241
menos * *) der aus jenen abgezogene tCult der Cha¬
riten, an welchem sich an mehreren Orten ähnliche
Vorstellungen ansbildeten, deren Quelle aber im müt¬
terlichen Kulte der Aphrodite gesucht werden muss.
In Athen haben Aphrodite sowol wie die Chariten
diese Bedeutung. Wie Aphrodite die Naturordnung
vor den zerstörenden Mächten schuzt, das Volk und
den Staat erhält, verbindet sich mit ihr auch der Be¬
griff einer Staat und Volk von übermüthiger Un-
;! terdrükkung befreienden Gottheit. Dies sehen wir
i in Korinth deutlich, und nicht weit von Korinth auf
idem Berge Geranna stand ein Tempel des Zeus
! Aphesios, des Befreienden, mit einer Bildsäule der
Aphrodite. Es ist kein Zweifel, dass Aphrodite hier
gefasst sei wie in Korinth selbst, und wie Zeus.
; Aehnliche Vorstellungen waren mit ihr auch ander¬
wärts, wie in Athen und dem davon hergeleiteten
Samischen Kulte, verbunden*
Die Grundlage für Wohl und Ordnung im Volks¬
leben ist aber die Ehe. Die hauptsächlichsten Ehe-
Igöttinnen sind Hera und Pallas, aber Aphrodite ist
jes auch. Ihr liegt zwar zunächst die Fruchtbarkeit
und die Fortpflanzung des Geschlechtes durch die
lEhe, so wie die eheliche Liebe, ob, allein die durch
jdas Band der Ehe herbeigeführfe gesellige Ordnung,
tund das Glükk der Familie war nicht ganz von ihr
1 'ausgeschlossen , wie man eben schon aus ihrer Be¬
iziehung zum Volksleben und dem Staate schliessen
'kann. Diese Beziehung auf die Ehe kam ihr beson-
jders als Urania zu * ®) als welche sie Eheglükk und
Ehesegen bereitet; indess die Hera- Aphrodite ®®)
I 28) Sieh. Anna. 676.
! 29) Vgl. unten Anm. 479 ff. u. 361 ff,
30) Pausan 3, 13, 6. — Ueber die Ehegotth. Paus. 8,
n. 16
I
242
OT SpartSj welcher die Mütter bei der \ erheirathung
ihrer Töchter opferten, schlicsst gewiss die Ehen
nicht ohne Beziehung auf gesellige Ordnung. Das
Heiligthutö der Aphrodite-Ny mp ha in den Ber¬
gen zu Hermione*') halte doch Theseus, als er die
Helena zur Gemahn erhielt, muthmasslich in demsel¬
ben Sinne errichtet, in weichem er die Verehrung
der Pandemos zu Athen verordnete, und als Aphro¬
dite in dem Gesänge des Leukos zum Webstuhl der
Athene greift, werden alle Bande gelöst und Harmo¬
nia seufzt über die uuvollzogenen Ehen.
Die Götter hatten 'den Kreislauf der Natur ge¬
gründet, es waren dieselben Mächte, welche dies Le¬
ben gaben und nahmen, und die, welche dies Leben
vernichteten, trugen auch zugleich die sicherste Ge¬
währ in sich, dass aus dem Tode ein neues Leben
hervörkeimen würde. So gehört also auch Aphro¬
dite als Kersa dem Reiche der Nacht an. Es
ist dieselbe Mutter, welche des Menschen Auge schliesst
und es öffhet, und mit der Scheere in der Hand das
Kind von der Nabelschnur löst und die Lokke des
8terbenden, wie die italische Juno. So finden wir
die Aphrodite neben Schlaf und Tod **) gebildet, d. h.
eine zum Todesschlaf einwiegende Göttin. Für die
Verbindungen der Apollinischen Religion war es wich¬
tig, dass zu Delphi Dionys als Zagreus, welcher auf
Tod, Unterwelt und Erneuerung deutete, verehrt
wurde®*). In ganz ähnlicher Auffassung wurde in
22,2. 8,31, 9* Lukian Charidem : Kap. 10. — Aesch>l-
Eumen. 214 ff.
31) Pausan 2, 32, 7.
32) Pausan 3, 18, !•
33) Plutarch Is. u. Os. 3&,
243
Delphi*^) eine Orabesaphro dite, mit dem Bei¬
namen smtviißia verehrt, welcher man Todtenopfer
brachte. Hiemit mnss Aphrodite mit dem Namen
ßcüQvxog^ als Todesgöttin, vielleicht auch als Befreierin
vom Tode, als eine aus dem Grabe Ins neue Leben
zurükrufende Göttin, zu Argos®*) übereinstimmen.
Sophokles®®) nennt sie geradezu Hades, welches
soviel als Tod, oder Gottheit der Unterwelt bedeuten
wird, und wenn er diesen Ausdrukk auch nurioetlsi-
scher Beziehung nimmt^ und die die menschliche
Seele hinmordende Gewalt der Liebe darunter ver¬
steht, so ist das eben nur seine ethische und poeti¬
sche Auffassung der pelasgischeni und mystischen phy¬
sischen Eigenschaft der Göttin. Es ist also eine ganz
richtige Vorstellung, wenn sich in einem späten
Schriftsteller die Nachricht findet, Aphrodite sei^
wie es andere chthonische und kafachthoriische Gott¬
heiten fhaten, in die Unterwelt gestiegen, um den Ado¬
nis zurükzuholen. Die Aphrodite in Hermione hatte
vermuthlich auch Beziehungen auf die Todtenwelt.
Da Unteritalieu dieselbe Urbevölkerung mit Griechen¬
land hat, nämlich pelasgische Stämme, so begegnen
wir auch dort vielfach denselben Vorstellungen von
34) Plutarch Piafxmr.« Ka.-p. 23. rMi yaQ ip Jüfots Uff .^o-
dhrf "Emtvfißlas ayul^änw leu, n^k o rok xumtxofämvg ini me
yoaS attaxcekovi/Tat.
35) Kl em. V. Alex. Protr. S. 32 im dl "Aqyihve, &
dtT»)v tvfißmqvxop »Qrj&xemmw {"ÄQ-ymot r.ai Adxüim).
36) Bei Plutarch Erotik. 12.
oü Kinqtg fiopov,
IdiX s'ffn nolltSp ovofidnüp Ijjww/ioff,
'Eenv ßv udtje, tcn (f Sf9ms ßia,
Eßttv di Ivßffa ixmväg.
37) Johannes Monachos ßik Baqladfz xul In
Boisson. Anekd. 4, 248 (Aphrod.) liyovei- xal tk ““Adov xamßai-
vup, onms iiceyo^eea^ rov “AdoiPtp dno
214
der Aphrodite. Sie ist dort sowol die Gotfin der
Zeugun»:, als die der Verwesung, und führt in Rom
den^^amen Liber a und Libitina. Der Name^*)
bezeichnet sie zwar nur als eine Gottheit der zeu-
«ungslustigen Natur, aber es war eben die altgrie¬
chische religiöse Vorstellung, dass der Macht, von
welcher das Leben ausgeht, auch alles Lebendige im
Tode wieder anheimfäilt. Nun wird es uns noch aus-
drükküch versichert, dass die Libitina vollkommene
Tüdesgüttin sei^«), und dass ihr Todtenspenden wie
38) Aug. Fr. Pott. Etym. Forsch. 1, 166. vgl. S. 260
Lubere, libere, Libentina von der Wurzel lubh (rapere). Au¬
gustin Civ. Dei 4, 8. Audent aliquas partes deae Cluaci-
nae tribuere, aut Volupiae, quae a voluptate appellata est,
aut Libentinae, cui nonien est a libidine, autCuuiuae, quae
cunas infantum adniinistrat. Cic. nat. deor. 2, 23. Vairo L.
L 5. Prolubiem aut Prolubinem dici ab eo, quod lubet, unde
etiam lucus Veneris Lubentinae. - A lubendo libido, libidmo-
sus ac Venus Libentina et Libitina. Servius z. Aen. 1, 719.
Lubentinae, quae libentiam mentibus novam praestat (also als
Göttin des Vergnügens, der Fröhlichkeit und so kommt Luben-
tia bei Flau s. Asinar. 2, 2, 2 vor), quamvis alii hanc Lubiam
dicant, quod eo nomine consilia in medullas labantur.
39) Plutarch Pw/Aaty-d. 2.> „JkI xi m viqoS tu? xaqds m-
nodßynvow iv x<a rw vofilCoi'm ^.A(f QO(flT>]V that, xr^v
nöuQoP xal won tmp Nov/ua , xov qdwxof^tt-
tuiP IV ienv, 071W? fiRv^dvmci nn ävaxtQtdvHV xd xoiavxu, firjdt iffv-
yHP. ms lÄmofAip; n vn6^pnok Ion nv q.»aQrip dpat rh yf-
pm6p; tüff piSs rdg yiPtaxS xai xdg xeXsvxds imaxo-
noißns. Ueber Libitina als Todesgöttin vgl. Juvenal Sat.
12 122. Martial Epigr. 43. Horaz. Od. 3, 30, 7. u. Schol.
Sat. 2, 6, 19. Sueton Nero 39. Livius 40, 19. 41, 21. Nach
Servius Einrichtung musste in ihrem Tempel für jede Leiche
eine Abgabe geleistet werden, wie in dem der Lucina für die
Gebornen. Die Leute, welchen die Besorgung der Begräbnisse
oblag, hiessen Libitinarii. Diesen Namen libitinarii senes führ¬
ten aber solche auch, welche dem Tode nahe sind. Martia
215
der Epitymbia xu Dfiphi gebracht worden. Der Tem¬
pel, bei welchem Servius Tullius die Leichenkasse
niederlegte, hiess nach Dionysios von Halikarnass
Aphrodite Libitine, und in ihrem Tempel worden
die Todten gemeldet. Ganz einerlei mit der Libi-
tina ist die Libera, und dabei ist nur dies zu be¬
merken, dass diese Göttin Libera in Gesellschaft
und Beziehung auf ihren Gemal Liber heisst. Beide
Gottheiten Liber und Libera bilden in Unteritalien
ein den dodonäischen Gottheiten gleiches Paar, sind
Lebens- und Todesgötter. Ohne dies eheliche ¥er-
hältniss heisst die Göttin stets Libitina. Liber wird
zwar immer mit Bakchos verglichen, aber Zeus von
Dodona, und der samothrakische Dionysos - Hades
lassen sich auch mit Bakchos vergleichen, doch mit
dem mystischen, dem zwar unterirdischen, aber auch
über der Erde mild wirkenden Jakchos. Seine Form
Liber ist daher richtig ein Gatte der Lebens- und
Todesgöttin Aphrodite, Namens Libera, und seine
Feste waren folgerichtig ganz aphrodisischer Natur *“).
Eine Grabesaphrodite findet sich auch zu Ainos
in Thrakien*'), indem der aphrodisische Heros Ai-
neas hier den Schatten des Polydoros versöhnt. Ein
Myrtengebüsch wuchert auf seinem Grabe, weil auch
diese Pflanze mit der Aphrodite, welche über der
Auflösung der Leiber waltet, eine Beziehung zur
8, 43. 11, 97. — Job. Baptist. Pii elegidion amat. V. 20.
Funereum comita Cypris anhela rogum. Lob. Agl. 2, S- 1098.
Lutat Stat. Theb. 4, 526. Pythagoras dicit : duo esse hemi-
spbaeria, quibus proprios deos assignat et facit superioris regen«
lovem et reginam lunonem infernam. Et duas Veneres, unani
supernam et alteram Libitinam, et alios deos binos constituit,
40) Klausen Ital. Volksrelig 2, 7, 55 u. d. Anra.
41) Virgil Aen. 3, 62 ff.
246
Todtenwelt bekommen hatte **)» Ein alter Myrten¬
stamm wurde auf dem Grabhügel des Elpenor bei
Circeji gezeigt*®), und mit Myrten bekränzen sich
Ae'neas und seine Genossen bei dem seinem Vater
dargebrachten Leichenfest **). Virgil*^) dichtetauch
für die, welche Kummer der Liebe und Schwermuth
dahingerafft hat, einen Myrtenhäiu in der Unterwelt,
und auch auf Vasen aus den Gräbern von Canino
kommt der Myrtenkranz zu Tage.
Sehen wir uns nun weiter nach den Formen um,
unter welchen Aphrodite als Göttin der Unterwelt er^
scheint, so verdient sie eine besondere Aufmerksam¬
keit als Höhlengottheit, die mit der Hekate zu-
sammenfäilt. Der hauptsächlichste Kult der Hekate
auf Samothrake war ein liöhlendienst, und die ihr
geweihte Höhle hiess die zerinthische. Eine
solche zerinthische Höhle zeigte man auch auf der
gegenüberliegenden Thrakischen Küste *®), welche
mit der bei Drys daselbst ein und dieselbe sein wird * ’).
Die üblichen Opfer waren Hunde. Nun führt Aphro¬
dite als eine Ilöhlengöttin, ebenfalls
den Namen der Zerinthischen **), erhält wie die
42r"¥ind. Isthm. 3, 87 u. d. Schol. Eurip. Elektr. 32t.
PI in. 16, 44, 85.
43) Plin. 15, 29, 36.
44) Virgil Aen. 6, 7p.
45) Aen. 6, 443 ff. Ausonius Cupido cruci aff. 2. myr-
teus amentes ubi liisus opacat amantes. V. 56.
Eligitur moesto mjrtus notissima luco
Invidiosa Deum poenis. Cruciaverat illic
Spreta olim memorem Veneris Proserpina Adonin.
46) Ovid Trist. 1, 10, 19. Ueber die Höhlengöttiii vgl.
noch Anm. 274.
47) Kikander Ther. 461 u. d. Sehol.
48) Zonaras in Lex. Znqw^ut ^ ’Acf^odlrt;, xal
xfti Z^^wtf-ox upTquv, ip m xovs xvpccg tS-viiv. Vgl. Etym. iVl. 411, 30.
247
Hekate Hundeopfer, und wird selbst als solche in
Thrakien, wo sie mit Ares an der Spijse des Kultes
steht, verehrt*®). Daraus folgt schon die enge Ver¬
wandtschaft beiiler Gottheiten; es kann sogar sein,
dass es dort eine und dieselbe Gottheit war, welche
bald mit dem Namen Hekate, bald mit dem Namen
Aphrodite belegt wurde. Wie alle Formen, zu wel¬
chen die Aphrodite ausgebildet ist, auf Kypros wie¬
derkehren, um den Kult der Göttin in allen seinen
Gestalten auf diesem Eilande' erscheinen zu lassen,
so finden wir auch hier die zerinthische Höhlengöttin
wieder. Sie führt hier den Namen Morpho-Ze-
rinthia®“). Der Name Morpho ist als eine Dun¬
kelschwarze gedeutet'*); laut Gerhard ist es eine
Göttin von irdischer Gestalt und Bedeutung. Nach
Kypros muss dieser Name von Sparta gekommen sein,
denn nur hier finden wir ihn. Pausaoias ® *) theilt es
als etwas ganz Eigenthümliches mit, was er sonst
nirgend gesehen habe, dass ein Tempel, der der
Aphrodite-Morpho, über einem andern, dem der be¬
waffneten Aphrodite, gebaut sei. Sie war sizend ge¬
bildet, hatte den Kopf verhüllt und an den Füssen
Fesseln, die ihr Tyndareus angelegt haben sollte,
weil er mit den Fesseln die Treue der Frauen gegen
ihre Gatten verglichen. Es kann kein Zweifel sein,
dass diese Göttin, deren Name Morpho von andern
auf eine schöne Gestalt bezogen ist, der Erde and
Unterwelt angehört, welche mit heiligem Ernste auch wie
49) Schol. z. Lyk. 449. ip Oqccx^ uvtqov s^mp, iv ^ Ztj-
Qivd'i« ’Atf'^ocfhr] nf^uTca. Lyk. 77. Z^qipS-ov «vtqop xwo&fayovs
Ot«?.
50) Lykophr. 449.
51) Schwenk Etymol. mythol. Andeutgen S. 239.
62) Paus an 3, 15, 9.
248
HeraT^Aphrodite über die Ehe waltet, und welche auf i
Kypros mit der ihr noch verwandten zerinthischen
Aphrodite ’®), einer Hekate, verbunden wurde.
In Makedonien wurde laut Hesych die Aphrodite
als verehrt. Diese Zeirene muss aber so* i
wol dem Wortstamme als nach der Beobachtung, dass
die makedonischen und thrakischen Kulte sich durch¬
gängig erläutern**), ein und dieselbe mit der »erin-
thischen Göttin sein. Der Name wird von her-
kommen, dem makedonischen langen Oberkleide, und
so nähert sie sich auch der spartanischen Morpho, in¬
dem sie vielleicht ebenso wie diese verhüllt war, und !
«war mit einer Zerinthische heisst aber 1
ferner noch die Göttin vom Eryx **), weil Aphrodite
auch hier in einer der Hekate ähnlichen Auffassung I
verehrt wurde, und die Beziehung auf Hunde und
Hundeopfer tritt in dieser sizilischen Sage von neuem
hervor, indem der Sikuler Krimisos die Tochter des
Troers Phänodamas heirathet, und in Hundsgestalt
den Aegestos zeugt, Aphrodite ist es, welche ihm
diese Hundsgestalt verliehen hat, und Aegestos oder
Segestos wird Gründer von Segesta, so wie einer
der Stammväter der Elymer. Wie diese und die
spartanische Morpho in Verbindung mit Vermälung
gesezt ist, so sollte auch der Tempel der zeriutbi-
63) kykophr. 150. MoQqpa nttQotx^covat j^v ZijqwHav,
54) Otfr, Müller Wohnsize der Makedoner S. 57 An¬
merkung 16.
55) Hesych. erkl. auch durch o^aioros. Eustath
11. 11, S. 772, öl. etiiJiaivH xcci /tnum xai
Lohek Agl. 2, S. 1227. Die zerinth. Höhle mag von Dion. Kass.
61, 26 gemeint sein, welche bei ihm aber xdQ>if heisst, und auf
welche die Erzählung von den Giganten in Pantikapaion über¬
tragen wurde.
56) Lykophr. 958.
219
sehen Göttin in Thrakien seine Entstehen»’ der Phal-
o
dra verdanken j welche durch Liebe aufgelöst und
dem Tode ssugeführt war, steht aber auch so noch
mit der hinschmekenden und vertilgenden Todesgöt¬
tin in Verbindung. Diesem Hegriffe nähert sich wie¬
der die Höhlengöttin Aphrodite, zu welcher in Nau-
paktus die Wittwen nach dem Tode ihrer Männer um
neue Verheirathung flehten. Wo wir eine Höhlen¬
gottheit finden, da muss auch eine unterirdische Aphro¬
dite gemeint sein. Jene Apaturos in Pantikapaion
vereinigte in sich auch eine ünterweltsgottheit, konnte
daher auch in einer Höhle, ip verehrt
werden.
Von der Makedonischen Aphrodite Zeirene, und
mithin auch von der thrakischen, kyprischen und ery-
kinischen Zerinthia^ darf man schwerlich die Seire-
nen trennen, deren Mythos ausführlich und gelehrt
von Klausen behandelt ist, so dass wir uns nur dar¬
auf beschränken seine Ergebnisse hier zusammenzu¬
fassen. Die Seirenen, jene süssklagenden, das Herz
j zerschmelzenden, den Leib verwesenden Leichenvö¬
gel, in siziüscher Sage die Dienerinnen der Perse»
phone, gehören wegen ihrer weichlich auflöseoden
; Gewalt und der Beziehung auf den Tod durch aphro-
j disische Verstrikkung ebenfalls in den Kreis der
Aphrodite, und wenn Aphrodite im Frühling nach
: Thessalien zieht, so begleitet sie nebst anderem Ge¬
folge mit Gesang auch die Sirene Deshalb wer¬
den ihnen auf Bildwerken auch die Werkzeuge der
Aphrodite, Weiberpuz und Spiegel, in harpyischer
Bildung beigegeben. Wie nicht blos Odysseus, sondern
der Mensch überhaupt, namentlich der sehnsüchtige,
unter den von I*ersephassa gesendeten, tödtenden,
57) S. Anm. 261.
250
V ehinüthig^en, thränenreichen Sirenenliedern hinstirbt,
ist von Euripides'®) ausgeinalt. In der Sage des
Odysseus sind, indem das Todesthor an den Engpass
des Westmeeres gesezt ist, die Meeresgewalten eins
geworden mit denen des Todes, und die Sirenen sind
der verwesende Tod in dem glühenden Sonnenbrände
auf der See bei gänzlicher Windstille. Es ist die
Gabe der meerherrschenden Aphrodite, dass sie die
Winde einschläfert und heitere Ruhe über das Meer
verbreitet. Diese Wohlthat wird aber zum verzweif-
huigsvoÜsten Unheil, wenn dabei die Kräfte der Ru¬
derer in der Sonnenglut ermatten, so dass diese wie
durch festbannenden Zaubergesang rettungslos ver-
Bchmaciiten und verwesen. Kicht allein die Zauber,
womit Aphrodite den Menschen im Leben umstrikkt,
finden wir in der Gewalt der Sirenen wieder, sie
wiegen den Menschen unter süssen Mädchenstimmen
auch zum Todesschlumraer ein, und häufig sezten die
Griechen Sirenenbilder als Zeichen der Leidtragen¬
den auf die Gräber.
W^enn nun Hekate und Aphrodite als Höhlerbe-
wohnerinnen Gottheiten der Gräber sind, so bannen
sie als solche aber nicht in den Gräbern fest, sondern
vermitteln vielmehr eine Verbindung zwischen Nacht¬
weit und Lichtwelt. Es ist allen göttlichen Wesen
von Samothrake eigenthümlich, dass sie die Gunst
anderer Mächte den Sterblichen zuwenden, und vor
allem tritt eine solche Kraft bei der Hekate hervor,
welche bei Hesiodos auf eine sehr bedeutungsvolle
Weise sich als eine Göttin kund giebt, die in die
Geschikke der Menschen geheimnissreich eingreift.
W en sie von den' Opfernden mit ihrer Huld beschen¬
ken will, den erhebt sic zu Ehren und segnet ihn
5b < Helena 168 ff-
251
mit Gütern welchem sie will, dem giebt sie Bei¬
stand und Hülfe im Staate und Volke, in der Schlacht,
sizt den Richtern zur Seite, steht den streitenden
Parteien bei, die sich an sie wenden; wen sie will,
leitet sie durch die Stürme und Fluthen des Meeres,
bereichert den Fischer, mehrt mit Hermes die Heer-
iden, macht die Armen reich, die Reichen arm^ be¬
fördert Wachsthum und Gedeihen der Jugend. Das
Geschikk ruht in ihrer Hand, sie spendet Glükk und
Unglükk. Solche Kräfte haben sich auch in der
Aphrodite entwikkelt, und wenn sie hierin auch nicht
zu ausschliesslicher und allgemeiner Geltung gelangt
ist, so hat ihre allgemeine Wirksamkeit dadurch aber
vielfache Bestimmungen und Richtungen erhalten.
Die Keime dazu lagen natürlich in der Aphrodite
selbst; aber das Zusammentreffen der Kulte beider
Göttinnen, nicht bloss an den bereits genannten thra-
kischen und saraothrakischen Orten, sondern nament¬
lich auch in Boiotien, mussten ihre Wirkung dabei
aicht verfehlen. Interessant ist noch das Zusammen-
reffen mehrerer in diesem Sinne wirkender ciUhoni-
5cher Gottheiten zu Titane am Asopos ®®), nämlich
ies Dionysos, der Hekate, Aphrodite, Demeter und
Fyche: — Auf diesem Wege hat Aphrodite das Ge¬
schäft des Vermittelns zwischen Gottheit und Men¬
schen erhalten, und hat ihre Freude daran, die Cöt-
erwelt zu den Menschen herabzuziehen, sie ist eine
jJeelengeleiterin ®‘), ipvyßnoiinog^ wenn auch nicht
59) Hesiod Theog. 411 ff. vgl. Orph. Hymn. I.
60) Paus an 2, 11, 8.
61) Tibnll 1, 3, 58 hier den Tibull. Epithalam. M. Liic-
eji 8, V. 27 (Wernsdorf, poet. lat. min. 2 S. 207) den jungen
i.uccejus. Nam me sancta Venus sedes non nosse silentum lus-
it, et in coeli lucida templa tulit.
252
in die Unterwelt, obgleich diese vielleicht nicht ans-
gesclilussen war, so doch ins Elysium und in den
Olymp. Vor allem geleitete sie gern Liebende und'
Jünglinge ins Elysium, und solche betrachtete man
als gottgeliebte Dort spendete sie den auser¬
wählten Leibern die Glükkseligkeit, welche ihnen
nach den Begriffen der Alten nur werden konnte.
Den Hesperos raubt Aphrodite aus dem Chor der
Jünglinge und verseht ihn an den Himmel ®®), em¬
pfängt dort aber auch verdiente Männer **). Gewöhn¬
lich fällt einerseits dem Hermes das Amt des Ver-
mittelns zu, welcher die Gebete der Menschen zu den
Todten hinabträgt, und Seelen in die Unterwelt ge¬
leitet®’), anderseits dem Dionysos, welcher die Men¬
schen wenigstens auf Augenblikke zu der seligei)|
Freude der Götter erhebt.
Als hekatäisch wirkende Gottheit der ünterwelij
herrscht Aphrodite auch in deu unheimlichen Mächten
vermittelst deren sie durch Zauberei und Zerimo-i
nie die in den Gegenständen der sinnlichen Wel ^
schlummernden Kräfte zu übermächtiger Wirksarakci
hervoiTuft. Sie zaubert zwar nur vorzugsweise durcl
die Kraft der Anmuth und der Liebe, allein die wirkli
eben Hexenkünste sind von ihr nicht ausgeschlossen
Den Namen Mandragoritis **) führte sie offenbai
62) Vgl- Wernsdorf poet. lat. min. 2 Exciirs S. 50/.
6J) Elegia in obitum Maecenatis V. 130. Quaesivere chor
juvenem sic Hesperon illum Quem nexum medio solvit in ig»'
Venus.
64) Eleg. de Maecenate morib. V. 33. Cum deus in tem
divis insignis avitis Te Venus in patrio collocet alma -sinu.
65) Hom. Od. 24, 1. Hermes führt die Seelen aber nicb
allein herab, sondern sendet sie bei der Beschwörung auch wie
der hervor. Vgl. Aesch. Pers. 629. Soph. El. 611.
66) Hesych. 3IaydQuyoQlns~
253
ivon dem Alrann, de^^scn man bei den Kiinsfen des
(Zaubers und der Hexerei benöthi^t war, und der
»Zeus Mandragoros, den Hesych erwähnt, ist ihr ver-
hvandt. Sie reicht die Mittel zum Liebeszauber, weiss
Liebe zu erwekken und untreue Liebende zur Treue
zurükzuführen ®^) ; sie bereitet die Mittel aus Kräu¬
tern®*), verwendet namentlich das Kraut Saturei®*)
dazu, und kocht die Zauberspeise in einem ehernen
Kessel^“). Sie hat aber auch den Menschen den
Zaubervogel Jynx zu gebrauchen gelehrt, und be¬
zaubert durch ihn die Mcdea zur Liebe für den Ja-
|?on’'). In der Eigenschaft als zauberkräftig in Din-
it»'en der Liebe kommen Hekate und Aphrodite über-
)3in, und daher lehrt auch Erstere den Zaubervogel
gebrauchen. Sie ist im Allgemeinen Vorsteherinn
aller Zauberkünste, die Angelegenheiten der Liebe
init einbegriffen, vorzugsweise leitet diese aber Aphro-
lite, und ist hierin mächtiger als jene. Bekannt sind
lie beiden abgeleiteten Wesen Medea und Kirke,
gewöhnlich Töchter der Hekate, aber auch der Aphro-
|ite, welche in diesen Künsten erfahren und thätig,
67) Tibull 1, 5, 17.
68) Ovid. Ars. am. 2, 420 ff.
j 69) Ovid. Sunt qui praecipiant herbas, satureia nocentes
umere. Martial 3, 7.i, 3 ff.
Sed nihil erucac faciunt, bulbique salaces.
Improba nec prosunt jam satureia tibi.
70)Properz. 3, 21, 1-3. Correptus saevo Veneris hor-
'?bar aheno Makrob. Sat. 5, 19 führt aus Soph. an,
ie Medea die mit eherner Sichel geschnittenen Kräuter in
lernen Gefässen sammelt. Das Erz wurde vorzüglich unter
in Metallen zu Verrichtungen gebraucht, durch die man auf
lilige Gegenstände eine bestimmte Einwirkung ausüben will,
gl. ausführlich hierüber Klausen Ital. Volksrel. 2, 998.
71) Find. Pyth. 4, 215. Theokr. 2, 16. Mehr über Me-
na Otfr. Müller Orchom. u. die Min. 268 ff.
254
wie keine waren. Es w^ar erforderlich, dass neben p
ihrer Kunst der Zauberei keine ihrer Eigenschaften
mehr hervorstach und so wirksam gepriesen wurde
als die Schönheit, Medea entbrennt vor Liebe zum
Jason und entzieht ihn dem nahen Untergang, Kirke
giebt um ihrer Liebeslust willen dem Odysseus die f
Mittel an die Hand, sich aus dem Todesmeer heraus |
an den Sirenen vorüber zu retten’*). a,
Unter allen Gestaltungen, zu welchen sich die
von uns im Eingänge dieses Abschnittes angedeutete
Macht der Aphrodite hervorgebildet und ausgebreitet
hat, sind die einer Aphrodite-Erinnys und die
Sühngebräuebe zu den merkwürdigsten zu zählen.
Auf die Gefahr hin den Widerspruch des Lesers er¬
fahren zu müssen, unternehmen wir mit den wenigen ;
uns zu Gebote stehenden Mitteln den Beweis und
hoffen, dass man uns um so eher Glauben schenken ,
wird, w'eun man alle bisherigen Gestaltungen der
Göttin zusammenfasst und sie beifällig mit den fol¬
genden verbindet. Der Zwekk aller Sühnungen ist ’*),
die dunkeln Mächte der Unterwelt, welche dem Le¬
ben im Allgemeinen feindlich gegenüber stehen, zu
begütigen und zu versöhnen. Demnach ist es schon
nicht undenkbar, dass auch Aphrodite, welche zu den j.
Mächten gehört, aus denen zugleich Heil, Leben und ^
Gedeihen, wie Tod und Verderben hervorströmt, als
eine ebenso zürnende und grollende, als milde und
freundliche Gottheit erscheine, als ein Strafgeist, wel¬
cher im gerechten Zorn und Unwillen schmerzliche ^
Kränkungen, verlezte Ehrfurcht und Pietätsgefühle ^
72) Vgl. über die Kirke nameatlich in Circeji Klausen li
a. a. O. 2, 838.
73) Otfr. Müller. Die Eumeniden des Aschylos 38 ff.
■88 ff.
I A
{
I
255
ahndet Für die Zulässio^keit einer solchen Annahme
kommt uns die Verbindung zu Statten, in welcher
wir die Aphrodite zur Demeter und Persephone dar¬
gestellt haben , da die Erinnyen ursprünglich nichts
Ials eine besondere PersoniHkazion der grossen Göt¬
tinnen, welche die Erde und Unterwelt beherrschen,
Demeter und Kora, sind. Wie Müller a. a. 0. be-
' merkt, erschien den Menschen der Vorzeit io den ewi¬
gen Naturmächten eine Seite des Furcht und Ej^t-
sezen Erregenden; und wenn in der schönen und
fruchtbaren Jahreszeit alles versöhnt und beruhigrt er-
scheint, so bricht in den Winterstürmen und immer-
! währenden iSchrekknissen der Natur der verhaltene
I Groll von neuem hervor. Und was steht dem ent-
i wenn Aphrodite, die Göttin der blühenden
!und fruchtbaren Natur wie der dunkeln Unterwelt,
ebenfalls als eine grause und feindselige Gottheit ge¬
fasst worden sei? Ausdrükklich weist uns hierauf
• aber eine Glosse des Desychios hin, welche lautet;
^Eqivvvq: dccificov Tcazuy^O^ovioq: ^^iipQOÖhijq std(aXoy.
' Den Erklärern des Lexikographen war der leztere
j Ausdrukk unverständlich, und sie wollten dafür ij jyfi-
»' Qocfoiviq, sidcoXot^ schreiben. ""HsgocpotTiq ist bekannt-
lieh in der Ilias ein Beiwort derErinnys und bezeich-
net die im Dunkeln wandelnde. Aber abgesehen von
i|! der Unstatthaftigkeit, dass Hesyebios das Wort
vvqj nachdem er es schon durch datpeop xarayO^opioq
erklärt hat, noch durch ijeQO(foTnqj sidoaXov erläutert,
so ist diese Ausbülfe doch immer nur ein gewaltsa-
i mes Verfahren, welches vermieden werden muss, so
lange als die überlieferten Worte irgend eine Aus¬
legung zulassen. Mir scheint es, als wenn das
Glossem nicht angetastet werden dürfe, und dass wir
hieraus die Bürgschaft für eine A p h r o d i t e - E r i n n y s
256
entnehmen können, welche der Gesammtentwikkeliinpj 1
der Göttin nicht entp^egenstehen wird. Erfreulich ist
die sich uns darbietende Vergleichung der Demeter-
Erinnys, welche in Griechenland ziemlich verbreitet
war und von der Quelle Tilphusa in Boioticn den
Namen der Tilphossischen oder Thelpusischen
führte. Hier tritt uns nun aber die hohe Wichtigkeit '
und der w'eite Einfluss des Thebischen Kultus vor
Augen, und gerade im Thebischen Aphroditekult las¬
sen sich mehrere Anknüpfungen an die dorügen Vor- (
Stellungen von der Demeter, und zwar der Demeter- ^
Erinnys, machen. Dort galt Aphrodite für eine Gat¬
tin des Ares^ wie viele Verwandtschaft diese mit der
Hekate hafte, sehen wir daraus, dass sie in Thrakien,
wo sie ebenfalls die Beisizerin des Ares war, für eine
Hekate galt, einer der hauptsächlichsten Verehrungs- -i
orte der Hekate aber wiederum Boiotien war. Diese
Thebische Gattin des Ares ist es nun eben, mit wel¬
cher die Demeter-Erinnys in Verbindung steht. Wie
allbekannt ist, haben Demeter und Kora Theben ge¬
gründet, und mit ihnen hat Kadmos. der Hermes, wel¬
cher Gemal der Harmonia ist, der Tochter der Aphro¬
dite %'om Ares, Antheü an der Gründung. Er hat,
um Theben gründen zn können, den Drachen er¬
schlagen müssen, welchen Ares mit der Erinnys- lil-
phosa, d. h. mit der zu Tilphosa verehrten, gekränk¬
ten und grollenden Demeter erzeugt. Nach der all¬
gemeinen Sage im Thebischen Kulte ist aber Ares
Gemal der Aphrodite, und die Ehe, welche er hier
mit der Demeter-Erinnys eingeht, kann von jener mit
der Aphrodite nicht wesentlich verschieden sein. Diese
Verbindung der Demeter-Erinnys mit dem Aphrodite-
gemal Ares tritt aber noch mehrere Male hervor.
Sie sendet gegen Theben den ünentfliebbaren,
257
crrog, und dieser reitet den furchtbaren GauIArnlonj
den Thelpusischen, welcher durch seinen Name« sich
schon als Sohn des Ares anköiidigt. Aber nicht blos
in Theben finden wir diesen Ares neben der Oeme-
ter-Erionys, sondern auch an solchen Orten, wohin
I die verschlagenen Kadmeer den Dienst jener Göttin
r brachten. Vor allen war dies in Athen der Fall.
■ Hier lag ihr Tempel an der einen Seite des Ares«
högel, die Erinnyen standen in Athen mit Ares Kult
und Gericht in Verbindung, und auf Kolonos wurde
Aphrodite neben der Demeter-Erinnys gleich stark
verehrt Dann sind im pelasgischen Arkadien wie¬
der Anknüpfungen an den Thebischen Kult. Zu Me-
galopolis wurde Aphrodite im Thebischen Dreiverein
verehrt, und die bolotische tilphosische Demeter hatte
sich noch zu Pausanias Zeit in dem Orte Thelpusa
in Arkadien erhalten. Diese zürnende Demeter-
Erinnys ist es auch, welche zu Phigalia In Arka¬
dien die schwarze hiess^^}, und wir können nicht
umhin uns mit dieser wieder nach Boiotien zu wen¬
den, um mit ihr die schwarze Aphrodite zu Thes-
Ipiä''») zusammenzustelleri. 8ie führte den Namen
Melainis, und wurde ausserdem noch au einer Quelle
licht beim Arkadischen Orte Melangeia und in
vorinth ”) unter diesem Namen verehrt. Dieser Kult
ler schwarzen Aphrodite in Korinth möchte deshalb
loch besonders auf eine Erinnys hinweisen, weil
ivahrscheinlich sich hier auch Sühnkult der Aphro-
ite vorfand.
^4) Paus. 8, 42, 1. uslalpts.
75) Paus. 9, 27, 4.
76) Paus. 8, 6, 2. Er erklärt sie für eine nächtliche
eugungsgöttin.
//) Athen. 13, 588, Paus. 2, 2, 4
IT
258
Bei allen Lökken und Manj^eln dieser Beweis¬
führung glauben wir doch das Vorhandensein einer
Aphrodite-Erinnys wahrscheinlich gemacht y,u
haben, so dass sich keine erheblichen Einwendungen
dagegen machen Hessen. Wenn^ man nur hiervon
überzeugt ist, dann wird auch die weitere Verfolgung
keiner Schwierigkeit mehr unterliegen. Nachdem
der Zorn der Erinnyen gestillt ist, so erscheinen sie
als wohlwollende, gütige Gottheiten, welche
sich wieder dem Leben und der Freude znwenden,
obgleich sie aber auch schon als Erinnyen der
Liebe nicht gänzlich baar sind ^ und dann führen
sie den Namen Eumeoiden. Laut Hesychios wurde
Aphrodite in Chalkedon als eine solche Wohlwol¬
lende, verehrt, und nach den Vordersäzeu
unserer Behauptung müssen wir diese auf eine Goit-
heit der Eumeoiden deuten. Auf diese Eigenschaft
kann auch die Benennung der Aphrodite als evffgmv
hezoo-en %verden, wie Aeschylos '*) die Eumeniden
evwQovsg nennt. Zur Bestätigung dieser Ansichten
über Aphrodite als eine Eiimenidengottheit, lässt sich
auch die Üebereinstimmung der Opferspenden anfjih-
reo* nämlich den Eumeniden wie der Aphrodite wor¬
den weinlose Opfer gebracht, Honig, Milch, Oele
und blutige Spenden, trächtige Sckaafe, und Blumen
statt der Eränze»®)*, dass die Schaafe, welche man
im Kulte der Aphrodite opferte, trächtig sein mussten,
wird uns freilich nicht berichtet, war aber auch viel¬
leicht nicht durchaus nothwendig. Den Namen
V.
78) Tisiphoae liebt den Kithairon in Boiotien. Plutarcb
4. Flüssen 2, 2.
79) Eumen. 946. 984.
80) Paus an 2, 11, 4.
81) Hesych Vgl. Theo
kr. Adon.
94.
259
erhielt Aphrodite mnthmasslich von dem star¬
ken Verbrauch des Honigs an ihren Festen, wie Per¬
sephone hiess. Honig wurde sehr viel bei
den Todtenopfern und im Kult der unterirdischen
Götter gebraucht**).
Diese weinlosen Opfer, welche im allgemeioen
den ünterwehsgottheiten gespendet wurden, wurden
insbesondere auch den Mören zu Theil, und dies führt
uns auf eine andere Gestalt der Aphrodite, welche
aus der vorhergehenden ebentnissig hervorgeht. Aphro¬
dite wurde auch als Möre verehrt. Unter diesem
Namen wurde sie zu Athen »») in den Gärten, «V
noig angebetet, und ihr Bild war wie die Hermen ein
schlichter vierekkiger Stein mit der Aufschrift : A p h ro-
dite die ältste der Moiren. Die Athener wuss¬
ten über das Bild nichts mehr zu sagen 5 Pausanias
nennt es aber sehr seheriswerth. In der Nähe be¬
fand sich ein ithyphallischer H eriaes,- Hephai¬
stos und Athene waren benachbart. Die Unbe¬
kanntschaft der Athener mit dem Tempel der Göttin
zu Paiisanias Zeit deutet schon darauf hin, dass das *
Bild sehr alt gewesen sein muss, da sein Uerstäodolss
der damaligen nicht mehr klar %var. Abei ihre Figur
und ihre Umgebung bürgen hinlänglich für ihre hohe
Bedeutung, ihre schöpferische Kraft, für eine Göttin,
welche über Leben und Tod waltet. In dieser ruhte
zugleich auch jene dunkle Macht, welche der Men¬
schen Schikksale lenkt. Das ist Aphrodite als Moira,
ein Naturgesez der physischen Welt, während sie als
u. Schot. Antrum Nymplu — Salmas. schreibt im Hesych. Jf».
kvmjs.
82) Eurip. Iph. in Taur. 165. 636. Apollon, v. Rhod.
3, 1034.
83) Paus. 1, 19, 2.
17#
260
Erinnys eio Naturgesez der moralischeu Welt ent¬
hält. Als der Moiren ältesten ruht in ihr der Begriff
der Moiren noch ungetheilt, und sie ist die Inhaberin
des ganzen Begriffes, welcher später in drei getheilt
ist. In orphischer Lehre ist Aphrodite in diesem
8inne ebenfalls Moira, oder die Herrscherin über
die drei Mören, oder die Mutter der Nothwendig-
keit**). Im Kult finden wir die Aphrodite mit den
Moiren nur noch in Sparta * “ ) ; in der Mythe aber
begegnet sie uns noch einmal genealogisch, indem
Epimenides ®®) den Kronos und die Euonyme Aeltern
^ der Aphrodite und der Mören genannt hatte, und sie
dadurch als zusammenwirkende sittliche Mächte des
Lebens, seiner Ordnungen und Geschikke bezeicbnete.
Nach der uralten Metapher des Webens und
Spinnens von der Natur und den Göttern überhaupt,
welche die Dinge weben, und den Faden derselben
fortspinnen, ist die Liebesgöttin Aphrodite als
Weberin Athene gedacht, und sie versieht als Moira
ihren Dienst durch dieselbe Kunst, spinnt allem Le¬
bendigen das Leben und seine Geschikke zu, und
schneidet den Faden des Lebens im Tode wieder ab;
als Erinnys ist sie eine grollende und zürnende Göt¬
tin, doch auch wieder mild und freundlich, wenn die
Strafe über erfahrene Kränkung und verlezte Rechte er¬
füllt ist. Sie wacht über die Geschikke der Ge¬
schöpfe, weil sie von ihr ausgegangen sind ; sie muss
auch auf Sitte und unverbrüchliche Heilighaltung der
moralischen Sazungen, auf gegenseitige Achtung und
Scheu vor den liechten der Andern bedacht sein. So
entwikkelt sich von selbst die Bedeutung der Aphro-
li
84) Kai xQurim r^iseiSv M^t^q dydyxtiS.
h5j S. Anm. 49, S. 211.
86J Be. Schol. z. Lykophr. 406.
261
dite als Nemesis, wie sie zu Rhamnus in Attika
verehrt ward®’) und zu Patrai in Ächaia**), wo
zwei Bilder der Nemesis und der Aphrodite neben
einander standen. Eine ^erechtwaltende und be¬
strafende iSchikksaIsg;öttiD ist Aphrodite auch als
Praxi dike.
Die Aphrodite-Nemesis erinnert uns an die He-
j lena *®), denn die Mutter der Helena soll Nemesis ge¬
wesen sein®“). Es ist oftmals bemerkt worden, dass
I Helena, vom Stamme Licht, Helle, dem Na¬
men nach mit der Selene zusaramenfaUe, und dass
sie sich so als eine Mondgöttin ankiindige. Durch
die physischen Einwirkungen, welche man dem Monde
! zuschrieb, wurde Aphrodite auch auf den Mond be-
i zogen. Man darf aber nicht von vorn herein anneh-
! men, dass Helena aus einer Aphrodite als Mondgöttin
abstrahirt sei 5 denn wenn in der Aphrodite auch Be¬
griffe lagen, welche mit denen übereinstimmen, die
man den M’ irkungen des Mondes zuschrieb, so ist sie
deshalb noch keine Mondgöttin, was auch an und für
sich ein viel zu enger Begriff wäre. Aber die Deu¬
tung fand sich ein, wie die auf den Veousstern. Man
kann deshalb auch nicht behaupten, dass Helena blos
eine Mondgöttin sei. Mondgöttin ist Selene gewor¬
den, und diese gehört dem Kreise des Helios an; aber
der Begriff der Helena ist weiter“^). Alle religiösen
87) Plinius .36, 4, 3, Pap. Stat. Silvae 3, 5, 5. Audiat
in feste licet haec Rhamnusia vultu Vgl. Ovid. Met. 14, 694.
88) Paus an 7, 20, 5
89) Vgl was wir oben im litter. Abschnitt über die Stel¬
lung der Helena in den Kyprien des Stasinos gesagt haben.
90) Paus, 1. 33, 7.
91) Ueber die Wurzel ihres Namens, welche so vielfältig
in den alten Pelasgischen Religionen hervortritt, vgl. Welker
Kret. Kolonie S. ll ff. u, oben Abschn. 1, 4. Anm. 4», S. 86.
262
Vorstellungen von ihr stellen sie als eine Nebenfigur
der Aphrodite hin, welche der Mythos bald zu ihrer
Tochter oder Dienerin, bald wenigstens zu ihrem ir¬
dischen Ebenbilde schuf. Ausser dass sie Nemesis
ist, in kyprischer Sage des Stasinos zeugt Zeus sie
mit der Nemesis, erbaut sie der Eileithyia zu Argos
neben ihren beiden Brüdern, den Dioskuren, einen
Tempel, und dies erklärt sich aus dem Begriff der
Aphrodite als Eileithyia »*). Aus demselben Grunde
steht Helena mit der Artemis io Verbindung, und
Theseus raubt sie aus dem Tempel der Artemis Or-
thia’O, wird sie Mutter der Iphigenie ihre Toch¬
ter Hermione kann man aber mit der Harmonia ver¬
gleichen. Eigene Tempel hatte sie in Sparta und
Therapne. Wie Aphrodite Zaubergöttin ist, so wird
auch Helena eine Bereiterin der Zaubertränke, und
diese Kunst muss sie, seitdem sie als Heroine nach
Aegypten gewandert ist, dort von der Polydamna
lernen*®). Sie konnte auch die Stimmen anderer auf
das Täuschendste nachmachen **). Die Rhodier )
verehrten eine Helena devdQkig^ wie ich vermuthe,
wegen Beziehung auf Fruchtbarkeit und Gedeihen
der Gewächse. Wie diese Bedeutungen sich neben
die Wirkungen der Aphrodite stellen lassen, so auch
jene als Retterin der Schiffe **). Ebenfalls aus aphro¬
disischen Beziehungen wird sie eine Taube und Bak-
chantin * ®).
92) Paus. 2, 22, 6} s. Anm. 354 ff.
S3) Plutarch Thes. 3J.
94) Paus. 2, 22, 7. Otfr. M üller Dor. 1, 381 ff.
95) Hom. Od. 4, 228. Herodot 2, 113.
96) Hom. Od. 4, 278.
97) Paus. 3, 19, 9. Heffter Götterd. aufKhodosS. 72
98) Eurip. Orest 1632.
•99} SchoL z. Lykophr. 511. 143.
ff.
I
263
Dies möchten die hauptsächlichsten religiösen
! Vorstellungen der Helena sein ; die meisten sind dich¬
terische. Sie wird das irdische Ebenbild der Aphro¬
dite, und durch sie in solcher Gestalt giebt sich die
. Göttin ihrem Lieblinge Paris; dafür dass er ihr den
Preis der (Schönheit Äiierkannt hat, wird ihm seihst
;| vk'ieder die höchste irdische Schönheit isom Lohn,
■j Als Heroine gehört sie Sparta an und ist sie Gattin
i des >Ienelaos; die Wanderungen, welche er mit ihr
; macht, sind nicht so sehr nach Stätten des Aphrodite¬
kultes, was bei ihren Wanderungen mit Paris gröss-
, I tentheils der Fall ist, als vielmehr nach den Grän/.en
' der geographischen Kenntnisse angestellt. Daran
knüpfen wieder neue Sagenkreise, namentlich die Fa-
] beln von ihrem Aufenthalt in Aegypten, von denen
j ein grosser Theil erst spät erfunden ist. Die ver-
I schiedenen Mythenmassen aber und Mährcheii dieses
t\ merkwürdigen abenteuerlichen Gegenstandes der Poesie
stehen grösstentheüs im gradesten Widerspruche. — -
Dies wird von der Helena genügen.
Mit der Todtengöttin Aphrodite hängen die Sühn¬
gebräuche zusammen. Aphrodisische Todtenopfer und
Sühnungen wurden in Delphi vorgenommen *®®); zu
Ainos in Thrakien versöhnt Aeneas Polydors Schat¬
ten durch Todtenopfer. Der Widder ist Todtenopfer
und zugleich das eigentliche Sühnopfer, welches der
Mensch an seiner Statt giebt; purpurne oder
schwarze Widder undSchaafe waren besonders
dabei beliebt ‘®*), und eine vorzügliche Kraft schrieb
100) VgL Anm. 34, S. 243.
101) Otfr. Müller Eumeniden des Aesch. a. a. O- u. Or-
chomenos S. 160 ff.Odyssee 10, §27. Paus. 1, 34, 3. 9,39,4.
5, 13, 2. Eurip. Elektr. 92. 516. Diog. v. Laert. 1, HO.
Festes u. Aries.
261
man dabei gerade dem Felle zu. Dies scheint atich
im kyprischen Kulte der Fall gewesen zu sein 5 man
erinnere sich dabei des goldenen Vliesses, da gerade
mit dem korinthisch-iolkischen Sühnkiilt die kypri¬
schen Widderopfer in Verbindung gestanden haben
müssen, denn nach Kypros waren sie von Korinth
herübergetragen ”*), sie müssen also auch in Ko¬
rinth selbst der Aphrodite gebracht sein. Als Tod-
tengottheit haben wir dort die Aphrodite Melainis, die
schwarze, kennen gelernt, und zunächst müssen
wir vermuthen , dass ihr die Schaafe geopfert sein.
Mit diesem Kult steht ein anderer in Thessalien in
Verbindung, wo Aphrodite als Todesgottheit unter dem
Namen dvdqotpovog *”) verehrt wurde. Hierher war
Lais, die Begünstigte der Melainis, von Korinth ge¬
gangen, und wurde in dem Tempel der dvdqmfdmg
von dortigen eifersüchtigen Weibern ermordet. Seit¬
dem sollte Aphrodite daselbst den Namen der un¬
heiligen, dvoaia, führen An und für sich
scheint dies kein Name zu sein, welcher einer Gott¬
heit im Kulte beigeJegt werden konnte, und man
möchte glauben, dass er erst wirklich durch jene Ver¬
anlassung aufgekommen sei^ wie angegeben wird, oder
er wäre ihr io Folge eines sehr unzüchtigen Dienstes
heigelegt. Der Name dvdgocpöpog ist aber gewiss die
alte Kultusbezeichnung und die Vermuthung aufMord-
sühne dabei liegt nicht fern. Die Sage von den män¬
nermordenden Lemnierinnen, und dem neuntägigen * ’ ® *)
174) Job. Laur. V. Lyd. 4, 45; iu/Aan cT* ^ ’A^f^godlnj roli
tivTo'ts, ok y-tti ’Ey d't KvTtQm n q6 ß (ttov xtadlo) iaxsna-
ßjLi ivoy ept'tS'voy ip Aif Qodlt^' o rgonuf ti]S tigccTflccs (p Tp Kvng'ß
tino rsj? KogMov nuQ^l9-i non.
175) Plutarch Erot. 91.
176) Athen. 13, 589.
176a) Neun Tage dauerte auch das Fest auf dein Eryx.
265
Lemnischen Biissfest, bei welchem ohne Fener Tod-
tenopfcr verrichtet wurden, die Insel aber so lan^e
für unrein und unheili^ an^jesehen wurde, bis am
neunten Tage ein nach Delos gesandtes Schiff reines
Feuer brachte, in welchem Moment neues Leben
auf Lemnos begann, ist ohne Zweifel auch auf ein
hierhergehöriges Todten- und Suhnfest zu be¬
ziehen. Die Stieropfer, welche man der Aphro¬
dite auf Lemnos wie zu Amathus brachte, fielen ihr,
wie den Gottheiten der Unterwelt überhaupt. Wie
kommt aber Aphrodite zur Mordsühne? Wenn man
gelten lässt, was oben von einer Aphrodite als Erin-
nys gesagt ist, so wird man auch nicht zweifeln, dass
Mord an ihrem Feste wirklich gesühnt sei, und dass
dieser Brauch zum Theil in den hier angegebenen Kulten
vorausgesezt werden muss. Ares, ihr Gatte, ist es
auch dies Mal, welcher einiges Licht auf diese dunkle
Parthie fallen lässt, üeber die schwersten Mordver¬
gehen wurde in Athen auf dem Areshügel gerichtet,
der Anhöhe, auf welcher Ares, und an deren Fusse
die Erinnyen ihre Heiligthümer hatten. Ares wurde
nach der Sage dort zuerst wegen eines Mordes ge¬
richtet und freigesprochen von den Göttern; er aber
steht mit der Mordsühne in der engsten Verbindung.
Auf Lemnos, wo wir eine Mordsühne vermuthen, wird
auch er neben Aphrodite und Hephaistos verehrt; in
Kolchis spannt Phrixos das Fell des Widders im Hain
des Ares aus, er ist Schuz- und 8tammgott der Mi-
nyer; vielleicht ist auch darauf zu achten, dass er in
Ebergestalt den Buhten der Aphrodite, den Ado¬
nis, tödtet, denn dass durch die Sauopfer an den
Festen der Aphrodite auch Sühnungen im Allgemei-
177) Welker Aeschyl Tril. S. 247 ff. Philostr. He-
roika im Neoptol. Valer. Flacc. Argon. 2, 31ä.
266
nen wenig:stens ^eübt seien, ist mir gewiss, da dies
bei den chthonischen Gottheiten fast aller griechischen
Stämme eingeführt war, und besonders bei der Erd¬
mutter Demeter. Schweineblut war bei allen Reini¬
gungen die Hauptsache.
So viel von der Mordsühne, welche einen Theil
der allgemeinen Sühngebräuche und Reinigungen im
Kult der Aphrodite ausgemacht haben muss. Wie ein
bakchischer Charakter sich in den Festen der Aphro¬
dite vielfältig kund that, so scheinen auch die dabei
vorgenommenen Reinigungen im Ganzen mit den Dio¬
nysischen übereingestimmt zu haben. Reinigungen
durch Schwefel fielen bei den Salaminiern vor
Noch ein besonderes Reinigungsfest auf Mypros scheint
den Namen nsgiogla ”*) geführt zu haben. Es ist
giwar hievon so wie von der Schwefelreinigung nicht
bestimmt überliefert, dass sie auf den Aphroditekult
m beziehen sind, allein unter den dort obwaltenden
Umständen ist es doch wahrscheinlich, und man kann
annehmen, dass es bemerkt wäre, wenn sie zu einem l
andern Kult gehörten. Reinigungen durchs leuer !
kommen in dem obengenannten Sühnfeste aufLemnos
vor. Indem das heilige Schiff neues Feuer von De¬
los holt, so scheint mir der Delische Gott nicht ohne i
Theiinahiue an der Sühnung gewesen zu sein. ~ Lange ;
habe ich erwogen, wie die Aphrodite §sipfj in Mem-
178) Hesych. »ieeyov. ri &fwp, m xcc^algovöw. S erv. z. i;
Virg. Aen. 6, 740. ünde et in sacris tres sunt istae purgationes-
Nam aut taeda purgantur et sulphure , aut aqua abluuntur, aut
aere 'ventilantur. Zu Georg 2, 388 ff. sagt ders. Oinnis autem |
purgatio aut per aquas aut per ignero fit, aut per aerem, sicut i
6, 740 seq. Aeneidos. '
179) Hesych. niQioQia; iogr^ ix Kingio. j
ntQitQtm : xa^agala. Daher unsere Annahme eines
Keinigungsfestes« , '
267
phis ® ») zu fassen sei. Ist sie eine das Gastrecht
beschämende Gottheit, wie man doch wol arinehmen
muss, so wird sie auch chthonisch gefasst und ver¬
söhnt worden sein, wie der Zeus Pwog m. B. Zu He-
rodots Zeiten konnten längst solche Vorstellungen
durch die Griechen in Memphis Eingang gefunden
haben, wie auch Strabon ausdrükklich sagt, dass sie
eine sriechische Gottheit sei. Herodot semt noch
hinzu: wie viele Heiügthümer der Aphrodite es auch
gäbe, eine finde man aber nirgendwo sonst. Sie
muss aber doch einem der griechischen Stämme in
Aegypten angehört haben, und bereichert den Kreis
der Vorstellungen ihres Kultes auf erfreuliche Weise. —
Eine vollständige apollinische Sühnung haben wir aber
auf Leukas. Auf dieser Insel. Akarnanieii gegenüber,
befand sich ein Kult der Aphrodite Aineias, und
auf der südlichen Spize des Eilandes stand der Tem¬
pel des Apollon Leukates. Dieser stand mit jenem
Kulte in der engsten Verbindung, indem hier eine
jährliche Sühnung durch einen Sturz vom Felsen
stattfand, welche zwar ursprünglich, wie Klausen
meint ***), als Läuterung der Seele durch die Todes¬
gefahr im Meere gedacht war, dann vornämlich aber
als Reinigung der Seele von aphrodisischer Verstö-
rung aufgefasst wurde. Diese Reinigung geschieht
unter Apollons, des besten Reinigers, Aufsicht, wel¬
cher wie kein anderer Gott geeignet ist, Rohe, Rein¬
heit und friedliches Gesez in die menschliche Seele
einzuführen, und welcher auch die von der Liebe Gram
I79a) Herodot 2, 112, Strabon 16,807. Mififu mi
itQov, ^ EXKr^MoS' twis d« Stkr^vi/ß %lpa,l tfamv»
Lezteres nach der Deutung der Aphrodite auf den Mond.
180) Aeneas u. die Penaten 1, 400. Otfr. Müller Der.
1, 232.
268
nod Kiimmer zerwühlte Brust versöhnt und zum Frie¬
den führt. Berühmt und von den Frauen zu Leukas
viel besungen war die Liebe der Kalyke, welche
für den Jüngling Euathlos entbrannte, aber verschmäht
wurde, und von der Lebensgefahr und dem Seebade
stärkende Kühlung hoffte ’ * *). So berichtet auch die
Sage, dass Sappho durch den Sprung auf Leben
und Tod gedacht hatte, Aphrodite würde sie von
ihrer gewaltigen Einwirkung und von der Liebe zum
Phaon loslassen. Man erzählte sich das Mährchen,
Aphrodite selbst habe sich nach dem Tode des Ado¬
nis auf Apollons Rath von diesem Felsen gestürzt,
um der Liebe los zu werden und glaubte um
80 sicherer Genesung von der Liebesqual erwarten
zu können. Aehuliche Reinigungen fanden vielleicht
auch auf Kypros statt. Wir erfahren zwar nicht, ob
mit dem Sturze vom Felsen Phriirion, wo der Tem¬
pel des Apollon stand, Reinigungen von Liebesver-
störung stattgefunden, aber auf aphrodisische Sühnung
deutet die Erzählung hin, dass die trauernde Aphro¬
dite der Freude zurükgegeben sei, nachdem sie im
Tempel des Apollon in dem kypriscben Argos den
Adonis wiedergefunden habe.
Poseidonisciie Sühne trifft man auf Zakynthos,
wie daraus ersichtlich ist, dass Aeneas das Opfer der
Aphrodite und die Wettspiele einsezt, als er durch
181) Stesiclioros bei Athen. 14 S. 619. vgl. Aristo-
xenos das-
182) Vgl. Neue z. Sappho S. 6.
183) Ptolem. Hephaist. 7. Joh. Baptists Pii elegi-
dion amator. V. 61. ff.
Propositum est teneri fera vincla resolvere amoris,
Etsi Leucadii mors subeunda maris.
Leiiiat interea sacri mea pagina vatis
Vulnera, cui meritum nonten Apollo dedit.
269
) widrige Winde bei den verwandten und befreatiieten
Zakynthiern ssurökgehalten wird * * *). In Aegina * ® *)
fand ein 8öhnfest des Poseidon statt ^ welches mit
J einem Opfer an die Aphrodite geschlossen w urde.
Die Anwendung der Reinigungen durch Wasser er¬
kennen wir ferner darin, dass Aphrodite ihren Sohn
Aeneas durch das Wasser des Numidus s^ur Unsterb¬
lichkeit reinigen lässt **®). In Latium wurden Rei¬
nigungen am Feste der Aphrodite Epistrophia (Ver-
ticordiä) vorgenommen, damit die Göttin die Herzen
der Frauen unkeuscher Liebe abwenden, ond der rei¬
nen und züchtigen zuwenden möge: eine Zuberei¬
tung aus Milch, Mohn und Honig mussten die Frauen
dabei zu sich nehmen, und so thaten sie auf den Rath
der kumanischen Sybille Dies sind die wein-
losen Opfer, die v^tpdXtUj welche der Aphrodite an
so vielen Orten dargebracht wurden, und im Kulte
des Ares ebenfalls nicht fehlten, ausserdem aber be¬
sonders bei den Eumeniden üblich waren.
! 184) Klausen a. a. O. 1, 393. Dionys v. Halik. Rom.
: Gesch. 1, 50.
185) Plutarch ‘MXlfjmxd 44,
186) Ovid. Metam. 14, 600 —• 605. Vgl Chariton 3,6,
Chaireas hat inbrünstig zur Aphr. gebetet, sie möge ihm Trost
gewähren und ihm seine Kallirrhoe wieder Zufuhren. Darauf
xatimaftf uw exomSiviaaug. S-mea^ivt} M amoy ^ veftoQ
.{^TiQog^vtyxf, xai dvaxrmfuvij wp uvd-^mnov tlne 0«^^», tixvov, xal
I »AAoi/f noU.ovs ^ &t6s Einfache W’asserkühlung von blos
[physischer Betäubung scheint hier nicht gemeint zu sein.
■ 187) O vid fasti 4. 135 ff. — Ich habe Anstand genommen
idie Sikyonische Aphrodite, Pausan 2, 10, 4, deren Priesterin
[Jungfrau und lovrQuffoQos war, hierher zu ziehen, und sie der üra-
inia nach den gewöhnlichen Begriffen des lomgoqoQos bei den
Hochzeitsfeierlichkeiten beigeordnet, wiewol diese Stellung zwei-
I felhaft bleibt. S. Anm. 490. Für die Aufnahme an diesen Ort
iist mir die ausdrükkliche Ausschliessung der Schweineopfer
zu auffallend.
270
Sehr bedeutend war die Reinigung durch Myr¬
tenzweige; genauer sind wir hierüber aber nur aus
dem italischen Kult berichtet. Als die Römer und
Sabiner, so lautet die geschichtliche Einkleidung ***),
kämpfen wollten, aber die Waffen niederlegten, so
wurden sie an dem Orte, wo man die Venus C loa- |
cina verehrte, durch einen Myrtenzweig gereinigt. !
Einstimmig wird der Name dadurch erläutert, dass
cluere oder cluare ein veralteter Ausdrukk für
purgare sei, und es scheint mir am räthlichsten, die
Venus Cloacina einfach für eine Reinigungsgöttin zu
erklären, an welche erst alle Beziehungen zur Cloaca ;
maxima heranwuchsen nach der sichern Erfah-
188) PI in. H. N. 15, 36. traditur myrtea verbena Romanos |
Sabinosque, quum propter raptas virgines dimicare voluissent,
depositis armis purgatos in eo loco, qui nunc signa Veneris Cloa-
cinae habet Cluere enim antiqui purgare dicebaut: et in ea
quoque arbore suffimenti genus habetur; ideo tum electa, quo-
niam conjunctioni et huic arbori Venus praeest Servius z.
Virg. Aen. 1, 71Ö. dicta est Cloacina, quia \ eteres cloare purgare
dicebant Cloare oder cluere griechisch ylvlup.
189) Klausen Aeneas und die Penaten 2 S. 734 ff. handelt
ausführlich und gelehrt, wie immer, hievon; „Auf dem Comituim
kamen Ramnes und Tities, Römer und Sabiner, zusammen: die
Stätte wurde bereitet durch Austrokknung der Schlucht zwi¬
schen dem Palatium und den von den Sabinern eingenommenen
Bergen Quirinal und Kapitol. Diese Austrokknung konnte nur durch
Abführung des von den Bergen her sich sammelnden Gewässers
geschehen; aus der Ueberwölbung der hiezu dienenden Kanäle
gehen die Kloaken hervor: der Begriff der Kloake ist aber der
des Abzugsgrabens für jene Gewässer. -- Venus Cloacina soll
es gewesen sein, unter deren Einfluss Römer und Sabiner sich
nach Niederlegung der Waffen durch einen Myrtenstrauss reini¬
gen! in keinem andern Sinn, als weil bei der Vereinigung der
röm. und sabin. Ansiedlung die zwischen derselben gelegenen
Niederungen durch Abzugsgräben entwässert werden. Weil es
namentlich dabei um die Schlucht des Forum zu thun ist, finden
271
rung, dass die Legende den Grund von Gebräuchen
und Sazunsen in äussern Anlässen, in den Geschieh-
ten des Ortes aufsucht, oder ihn vielmehr in dieselben
hineindichtet, oder nach Müller^ dass der Illythos nie
ohne Einbildung eines Idealen, innerlich Erzeugten,
in ein Reales, äiisserlich Gegebenes ist. le tiefer die
Ideen und Lehren, deren symbolischer Ausdrukk die
Festgebräuche sind, um so schneidender wird der
Kontrast der eigentlichen und wahren Bedeutung und
der mythischen Einkleidung und Herleitung. So ur-
theilt \Felker in seiner tiefen und umfassenden Kennt-
niss, und wie dieser unumstössliche Grundsaz schon
1 oft von uns auf die geschichtliche Entkleidung der
, religiösen Begriffe angewandt ist, so scheinen mir
I auch alle äusserlichen Beziehungen der Cloacina erst
auf diese Weise entstanden zu sein. Sie haben für
II den Verlauf des religiösen Lebens eines Volkes ihr
ij Interesse, sind aber keine ursprünglichen religiösen Be¬
griffe. Am weitesten geht in dem erwähnten Ver-
Ij fahren die sicher ganz werthlose Erfindung, dass
’ Tatius das Bdd der Venus Cloacina in dercloacaraa-
xiraa gefunden und darauf ihre Verehrung eiiigerich-
I tet habe ‘®®). Sie treibt die llerleitung dieses Kul-
i! tes aus der cloaca maxiraa am weitsten, und musste
dem Kirchenschriftseller sich sehr erwünscht darstel«
<; wir den Tempel der Cloacina, bei dem die Reinigung geschehen
sein soll, daselbst an den Novae Tabernae. Bei dieser Ver¬
einbarung steht das Recht der sabinisch altvaterischen Tities
den neu anerkannten Ramnes gegenüber: Venus entfernt in spä¬
terer Auffassung aus ihren Herzen den Eigensinn, wie aus der
trennenden Schlucht die Gewässer.“
190) La k tanz 1,20. Tatius muliebre simulacrum in cloaca
maxima repertam consecravit, et deam Cloacinam nuncui-
pavit
272
lea, um die Nichtigkeit des Kultus vor Augen zu
legen.
Aehnlich verhält es sich mit der Venus Myr¬
ten oder Murtea zu Rom. Wie die Cloacina zwi¬
schen Römern und Sabinern reinigt und versöhnt, so
die Myrtea, von welcher Plinius sagt, dass sie zu
seiner Zeit Murcia genannt sei, zwischen Patriziern
und Plebejern ‘®'). Die ganze Legende geht auch
hier von der Myrtenreinigung aus, und dass der
Name der Göttin daher seinen Ursprung habe, leidet
bei mir gar keinen Zweifel. Zu den ältesten Tem¬
peln gehörte der des Quirinus oder Romulus. Vor
diesem steht von alter Zeit her eine patrizische und
plebejische Myrte, jede zur Zeit des Uebergewichtes
ihres Standes am kräftigsten wachsend und blühend,
zuerst die patrizische, nachher die plebejische. An
diese müssen wir noch eine dritte italische Aphrodite
anschliessenjdie Venus Cal va. Servius führt uns
191) Plin. 15, 36. Haud scio an prima (myrtus) omnium
in locis publicis Romae sata, fatidico quidem et memorabili au-
gurio. Inter antiquissima namque delubra habetur Quirini , hoc
est, ipsius Romuli; in eo sacrae fuere myrti duae ante aedem
ipsam per longum tempus. altera patricia nominata, altera ple-
beja. Patricia multis annis praevaluit, exuberans ac laeta, qiiam-
diu Senatus quoque floruit, illa ingens : plebeja retorrida ae squa-
lida Quae posteaquam evaluit, flavescente patricia, Marsico
bello, languida auctoritas patrum facta est, ac paulatim in ste-
rilitatem emarcuit majostas. Quin et ara vetus fuit Veneri Myr-
teae, quam nunc Murciarn vocant. Klausen a. a. O. 2, 737
deutet hier wie bei der Cloacina. Er erklärt auch Murcia
für den ächten Namen und als eine erschlaffende, erweichende.
Myrtea ist ihm erst umgedeutet.
192) Servius z. V. Aen. 1, 719. Est et Venus calva,
quod cum Galli Capitolium obsiderent, et deessent funes Ro¬
manis ad tormenta facienda, prima Domitia crinem suum , post
ceterae laatronae imitatae eam exsecuerant, unde facta tor-
273
hievon drei Erklärungen an. Die geschichtliche Er¬
zählung ist, dass im Kriege der Gallier die Röme¬
rinnen den bedrängten Männern ihr Haar zur Verfer¬
tigung von Bogensehnen hergegeben hätten, und we¬
gen des Verlustes ihres Haares wäre von ihnen nach
dem Kriege der Venus calva ein Tempel geweiht.
Andere sagten, die Göttin heisse calva, weil sie die
Launen der Verliebten verursache, calvire heisse
so viel als foppen oder schikanieren. Endlich die
dritten sagten: calva heisse soviel als rein, und ich
weiss nicht, ob uns dies nicht auf die richtige Er¬
klärung führe und wir uns unter einer Venus calva
ebenfalls eine reinigende Gottheit zu denken haben.
Hartung bezieht diesen Beinamen auf eine wirk¬
liche oder symbolische Absclieerung der Haare am
Hochzeitstage.
Aphrodite, welche das Leben giebt und wieder
zurükfordert, welche die Ordnungen und Sazungen
auf der Welt gegründet hat, und in welcher als Moire
das 8chikksal der Geschlechter ruht, besizt auch die
Kraft die Zukunft zu enthüllen. Eine alte griechi¬
sche Orakelpoesie auf Kypros lässt sich nicht bezwei¬
feln; der alte einheimische Wahrsager Eukloos
wird als xQ^f^f^^oUrog neben den Athener .^Susaios und
den Boiotier Brakis gestellt, und Paiisanias theilt mit,
dass er von diesen dreien noch Orakelpoesien gelesen
meiita, et post bellum statua Veneri hoc nomine collocata est,
licet alii calvam Venerem quasi puram tradant; aliicalvam,
quod corda amantium calviat i. e. fallat atque eludat. Laktanz
Epit. divin. inst. Kap. 20. Vgl. Julius Capitolinus im Leben
des Maximinius Junior.
19^) Hartung Relig. d. Rom. 2, 251.
196) Paus. JO, 12, 6. 10, 14, 3. 10, 24, 3. Vgl. Theil 1,
wo ausführlich über ihn gesprochen ist.
11.
18
274
tiabe. Eine über die Geburt des Homer auf Kypros
flicht er selbst ein, und eine andere über die Perser¬
kriege erwähnt er nur dem Namen nach. Dass alle
in engster Beziehung zu einem Kulte standen, ver¬
steht sich natürlicher Weise, und wie Musäos zum
Bakchischen Kult stand, so können wir unbedingt
annehmen, stand Eukloos zu dem der Aphrodite. Nun
wird auch Kinyras, der Heros des Landes, dessen
»•anze Wirksamkeit im Sinne der Herrin Aphrodite
ausfäüt, und über welchen die Kyprier selbst wieder
Orakel besassen, ein grosser Wahrsager genannt, und
aus dem Grunde mit dem Kreter Koraetes, dem Thes-
saler Admetos, dem Kyrenäer Arisläos und Amphia-
raos von Athen und andern griechischen religiösen
Sängern verglichen Wie er die prophetische
Kraft von der Aphrodite als ein göttliches Geschenk
erhalten haben wird, so werden die Kinyraden, welche
in Paphüs das Priester- und Seheramt bekleideten,
die Gabe das Orakel zu verkünden mit den übrigen
Kultushandlungen von ihm hergeleitet haben. Welt¬
berühmt war das Orakel zu Paphos, und stärkte sein
Ansehen in spätem Zeiten besonders dadurch wie¬
der, dass Titus Vespasiau sich von ihm Raths er¬
holte '®®). Es waren zwar zu den Weissagungen
keine bestimmten Thiere vorgeschrieben, allein man
wählte doch die Bökke dazu aus. Aus den Einge-
weiden der Schweine zu weissagen war sonst nir¬
gends üblich gewesen, aber die Kyprier sollten die-
197) Klemens v. Alex. Strom. 2 vgl. Absch. 2Anm. 21.
198) Tacit. Hist. 2, 4. Vgl. Abschn. 1. Anm. 56, S. 92.
CliaritoE 8, 3. Nachdem Chaireas geopfert^ hat, befragt er
das Orakel : nollmp evmx^ivrmv thsiluat t^v dTQarlau.^ a/.tn-
rofiivovaknv mqi wv i'Ä oi ol M di il&xai
275
sen Gebrauch zuerst eing'eföhrt haben *^®). Wahr«
scheinlich wurden auch die Tauben zu Weissagm«
gen benuzt» AusdrükkÜche Angaben darüber fehlen,
aber aus der grossen Heiligkeit und der Bedeutung
dieser Thiere zu Paphos können wir es schliessen.
Diese Annahme gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn
wir uns erinnern, wie in Dodona die Tauben zu
Weissagungen dienten, und wie vieles in Kypros von
jenem Kulte aufgenommen ist. Zu dem anderweitig
Bemerkten fügen wir hier noch, dass der Name der
dodonäischeu Weissagerinnen, Pel laden, auf Ky*^
pros wieder Vorkommt, dass es eine Pnesterin Pe*
lia eine Yerwandte desKinyras und Gattin des
Melos gab. Die Göttin verwandelte jene in eine Taube,
diesen in einen Apfel.
Die Weissagekunst muss im Kulte der Äphro^^
dite sehr viel getrieben sein. Wir finden sie nicht
nur in ihren Tempeln bis zu den äiissersten Gegen«
den des \Yestens Aphrodite soll auch die Erfin¬
derin aller Wahrsagung gewesen sein und lässt
sogar in ihrem Kulte Träume deuten *®®). Nicht
blos den Kinyras, sondern auch andere, welche ihr
VYohlwollen und ihre Gunst verdienen, erhebt sie zu
weissagerischer Kraft und besonders hatten sich
Anchises und Aeneas dieser Gunst zu erfreuen. Bci-
199) Pausan 6. 2, 2. Tatlan ad Graecos S. 3.
200) Serv. z. Virg. Eid 8, 37.
201) Avienus Ora marit. V. 3l7. Es ist die Venus ma-
rina.
202) Artemidor Traumdeutung 2 Eap. 37. Aphrodite
ydq fxavtdus nqoypfäem? tvQftk dvat psvöfimm.
203) Corp. inscr. Gr. Nr. 481. S. 470.
204) PI aut US Mil. glor. 4, 6, 42. Quia me amat, propterea
Venus facit eam, ut divinaret,
18 «
276
den eröffnet sie die Zukunft'^**® ‘) , und unter vielen
göttlichen Eigenschaften hatte sie dem Anchises auch
selbst die Kunst die Zukunft zu eröffnen verliehen * ®
Verschieden von den Orakeln ist die Sibyllim-
sche Weissagung, welche Androhungen von Unglükks-
fällen, Vorhersagung von Schrekkenszeichen enthiel¬
ten und damit in Verbindung stehende Gebote von
Götterdiensten zu deren Abwendung empfahlen. So
schreibt die kumanische Sibylle die Einführung der
Aphrodite von Eryx und die Epistroplna in Rom vor;
diese Empfehlung des Aphroditekult geht aus den
Beziehungen der Sibylle zu der Sdäischen Mutter und
dem daraus entwikkelten Aphroditekult hervor. So
unverkennbar sich auch die Verwandtschaft der Si-
byllinischen Weissagung mit dem kleinasiatischen
Kult der Aphrodite äussert, der Kult des Apollon wird
aber namentlich durch sie gefördert; denn auf ihn be¬
zieht sie sich in allen Formen, und wo Apollon den
Klüften und unterirdischen Gewässern eine weissage¬
rische Kraft verleiht, da finden wir auch die Sibylle.
Seitdem Klausen über diesen Gegenstand gelehrt und
erschöpfend geschrieben hat, ist die dahin einschla¬
gende Litteratur um eine kleine Gabe vermehrt wor¬
den, welche aber für uns hier von Interesse ist. Wir
203a) Dionys, v. Halik. 1, 48. Diktys 4, 18.
204a) Servius Virg. Aen. 5, 47. niulta enim aiitiqua lectio
Anchisa futurorum scientem concelebret. Schol. Ver. Virg. Aen.
2, 6S7. Peritum multarum discipliuarum Anrhisen flösse ... Nae-
vius, qui ita de eo dixit: Doctus Anchisa, quem Venus pulcer-
rima divum Fata docet, divinum ut pectus haberet. Servius
zu 2, 687 et hinc et alibi Anchisen divinandi peritum inducit.
Vgl. 3, 538. Probus zu Virg. Ekl. 6, 31. Ennius Anchisen
augurii et per hoc divinum quiddam habuisse praesumit, s.c .
Atque Anchises doctu’ Venus quem pulchra Dearum
Pari donavit divinum pectus habere.
277
erfahren durch die llittheilung eines Ungenannten ®®®),
dass sich auf Kypros ein Exemplar der hebräischen
Sibylle gefunden habe. Darunter kann nichts anders
verstanden werden, als eine sibyliinische Sammlung,
welcher man die Ehre anthat, sie eine hebräische asu
neunen. Der Mittelpunkt aller Sibyllen ist Erythrä
in Lydien, und alle andern haben von hier ihre Ab¬
stammung. Sobald die orientalischen Länder helleni-
sirt wurden, verbreitete sich die sibyliinische Weis¬
sagung auch bis dahin, und ging so in das Christen-
thum über. Aber die Alexandrinischen Juden leiteten
schon die Erythräische Sibylle aus Palästina, Aegyp¬
ten und Babylon her, und nach den by/mntmischea
Grammatikern ist die hebräische, chaldäische oder
babylonische die allste. Weil nun wahrscheinlich si¬
byliinische Thätigkeit und muthmasslich eine Samm¬
lung der Spruche auf Kypros sehr alt war, welche
durch die später eintretenden unzähligen Verfälschun¬
gen, Zusäze, Erneuerungen derartigen Bücher viel¬
leicht sehr viel Aehnlichkeit mit einer hebräischen
Sammlung bekommen hatte, so nennt der Berichter¬
statter die kyprische Sammlung ein Exemplar der
hebräischen. Wenn es nicht besondere Beachtung
verdient hätte, wozu theilte er es sonst überhaupt mit?
und wozu bedurfte es dann einer besondern Inhalts¬
angabe? Zuerst verkündigten diese Bücher den
Thurmbau zu Babylon, die Sprachverwirrung und die
Thaten Alexanders des Grossen. Dies sind die ge¬
wöhnlichen Sachen, welche in den von Alexandrini-
schen Juden verfassten Sammlungen Vorkommen. Dann
tritt eine Lükke ein, und es kommen Weissagungen
205) Cr am er Anekdota gr. e codd. Paris, u. s. w. 1
S. 334.
5278
über Homer, welcher den Krieg der Heroen besingen
würde und der edelsten von ihnen 5 ferner über Ky-
pros und Antiochien, über die Unglükksfälle, welche
Kypros betreffen würden, loh glaube nicht, dass ich
irre, wenn ich annehine, die Weissagungen über Ho¬
mer hätten seine Geburt auf Kypros und seine an¬
gebliche Abfassung der Kyprien enthalten, in welchen
die kyprischen und die mit diesen verwandten Heroen
besungen wurden. Ausführlicher ist hierüber im er¬
sten Theile dieser Schrift abgehandelt worden. Hat¬
ten die Kyprier doch viele Weissagungen über Ho¬
mer, namentlich auch eine vom Eukloos. Von den
geweissaglen Unglükkställen, welche Kypros betref¬
fen sollten, sind uns noch einige in den jez,igen Samm¬
lungen aufbehalten geblieben Da auch Ansied-
lungea durch die Sibylle empfohlen wurden, wie man
namentlich aus der Thätigkeit des Aeneas ersieht, so
vermuthe ich, dass durch die Weissagung, „über Ky¬
pros und Antiocliien^^ die kyprische Kolonie in Antio¬
chien offenbart war Es ist schon bemerkt wor¬
den, dass es von den Göttern besonders Apollon war,
durch welchen die Sibylle wirkte. \ on den beson-
dern Formen des Gottes, welche mit sibyllinischer
Weissaguog in Verbindung stehen, finden wir zwar
weder den thymbräischen, gergiüiischen noch smm-
thischen auf Kypros, aber doch den Erythibios
206) S. Gesch. v. Kypros Thl- !■ S. 38 ff. Sib. Orak. 4,
140. 7, 4 weissagen Verderben für Kypros durch Fluten und
üeberschwemmungen, 3, 395. 4, 125. 5, 450, durch Erderschüt¬
terungen. Die Ausgabe der SibylL Orakel von Mai steht mir
nicht m Gebote, und ich weiss nicht, ob sich darin noch auf
kypros bezügliche Weissagungen befinden.
207) Thl. 1, S. 240 ff.
208) Ptolem. Heph. 7. Es heisst hier und dies
ist sopst kein Beiname des Apollon, auch schwer zu erkl. 'Eqi-
279
Da er hier immer als ein vom Verderben rettender,
heilender Gott erscheint, so ist er als Brythlbios Ab-
wehrer des Getraidebrandes. Oie Sibylle wies die
verödende Gewalt eines Uebels und die Wittd der
Versöhnung nach, welche durch den Gott voll/.ogen
wurde. Es ist der Apollon Brythibios. bei welchem
M'ir oben auch Reinigungen von aphrodisischer
Verstörung nachgewiesen haben, und hier tritt uns
bei ihm eine apollinische und aphrodisich-sibyllinische
Verbindung entgegen, wo Apollon ebenfalls als hei¬
lender und reinigender Gott erscheint. Wenn es uns
auch nicht schriftlich versichert ist, so liegt die An¬
nahme doch sehr nah, dass Apollon auf Kypros auch
als Abwehrer und Befreier von der Heuschrekken-
plage des Landes wie an den andern Orten,
I aufgefasst sei.
Der Weg, auf welchem die sibylünisclie Weis¬
sagung auf Kypros verpflanzt sei, ist leicht zu finden.
Es ist bekannt ^“), wie grossen Einfluss in frühster
Zeit die phrygisch-lydische Bevölkerung auf dem Ei¬
lande ausgenbt hat, wie sorgfältig man die Iroischen
und kyprischen Mythen und Sagen zu verbinden suchte,
wie lebhaft überhaupt der Verkehr zwischen Kypros
und den kleinasiatischen Küstenländern war, und dass
&lßios liegt zu nahe, als dass man nicht glauben sollte, ’EQt9tos
sei nur verschrieben-
209) Anm. 183.
210) S. Thl. 1. S. 70.
211> S. Thl. l S. 186 ff. Wir vmrden auch an diesen
Stellen schon die Nachricht von der Sibyllinischen Weissagung
auf Kypros benuzt haben ; allein die Anekdota von Kramer , in
welchen sie enthalten ist, waren bei der Absenduilg der Hand¬
schrift noch nicht erschienen. Aus demselben Grunde konnte
ich beim ersten Theil Klausens Aeneas und die Penaten nicht
benuzen.
280
selbst die Nachricht von einer kyprischen Kolonie ins *
Gebiet von Kyme vorhanden ist. Das daneben lie¬
gende Erythrai ist 'der Hauptsiz der Sibylle gewor¬
den, ungeachtet ihr Ursprung nicht hier, sondern in
Marpessos und dem troischen Gergis sich findet, woher ;
die engen Verbindungen der Sibylle zu den Äeneaden i
sich schreiben. Eine Gergithische Kolonie treffen wir i
auch auf Kypros, und so konnte also auf doppelten
Wegen die Sibyllinische Weissagung nach Kypros
kommen j früher schon aus dem troischen Lande, oder
aus Kyme und Erythrai, und fand dort so willkom¬
menen Eingang, wie die phrj'gisch-lydischen Vor¬
stellungen von der IdÄischen Göttermutter, welche
wesentlichen Einfluss auf die Ausbildung des Aphro-
ditekuites übten. Durch diese hekatäisch wirkende :
Gottheit, welche noch in besonderer Form den Na¬
men der zerinthischen führt, war ein sehr günstiger
Boden für das Gedeihen der Sibylle vorbereitet,
welche, wenn sie aus Erythrai kam, den ersten Na¬
men von Neu-Paphos, Erythrai, wieder ins Ge-
dächtniss ruft, und manche Vermuthungen über die
erste Bevöikerungsgeschichte dieser von Arkadischen
Ansiedlern bewohnten Stadt erregt.
2.
Die Thätigkeit der Aphrodite als Lebens-, Lie- i
bes - und Todesgottheit äussert sich nun vornehralich i
in den drei Gebieten, der Pflanzenwelt, dem Thier¬
reich und dem Menschengeschlecht. Es ist aber eine
uralte Wahrnehmung, dass all und jede Erdenfrucht i
nur durch das llinzutreten des feuchten Elements ge- i
deiht, und die Gottheit, welche Leben und Gedeihen |
dem Erschaffenen gab, musste auch Urheberin dei
281
Bedingung sein, unter welcher dies geschehen konnte,
d. h. sie musste eine Herrin des feuchten Elements,
der Gewässer sein, und Aphrodite wird dadurch eine
Herrscherin, über der Erde, so wie unter der Erde
und in den Gewässern. Diese Wahrnehmung beruht
auf so unumstösslichen einfiichen, klaren und überall
I in die Augen springenden Gesezen des Natorlebens,
1 dass wir diese Verbindung der Naturgöttin bei allen
I Völkern auf einer bestimmten Stufe der Entwikke-
liing wieder finden, und durchaus falsch ist die An¬
nahme, dass das von dem einen Volke auf das aii-
! dere übertragen sei, was jedes Volk über die ein¬
fachsten und am nächsten auf der Hand liegenden
Geseze der Natur sich selbst sagen konnte und musste,
I bei dem natürlich die Griindzüge in Folge des allge¬
meinen menschlichen Geistes sich gleich bleiben muss¬
ten. Unverkennbar tritt es auch hei den Naturgott¬
heiten der pelasgischen Völker hervor, wie sie Ge¬
deihen durch die Erdenfeuchte geben, und namentlich
sind die samothraklschen grossen Götter Geister des
Segens zu Wasser und zu Lande. Gegenstand un¬
serer Betrachtung ist hier Aphrodite^ wie unzertrenn¬
lich sie vom feuchten Element überhaupt ist, offenbart
sich überall, wo aus ihr Befruchtung und fröhliches
Gedeihen hervorgeht; wie sie sich aber in acht sa-
mothrakischer Weise als eine Segensgottheit auch zu
Wasser, und als eine Herrin des Meeres in eigen-
thümlicher Weise ausbildete, haben wir hier näher
ins Auge zu fassen. Immer ist es aber der Begriff
einer Segensgottheit des Wassers, welcher sich in
allen ihren Beziehungen zum Meere ausspricht.
Es ist daher nicht das Meer in jedem Zustande,
wenn Aphrodite in ihm herrscht sondern es ist
212) Musaios Hero und Leand. 250 xmi növimo^
282
der für die 8c!iiffalirt günstige, gefahrlose Zustand.
Wie die samothrakischen Gottheiten überhaupt, und
die Dioskureu insbesondere die Schiffahrt befördern
und günstigen W^ind senden, so ist auch Aphrodite
die Veranlasserin des nach den W^interstürmen beru¬
higten Meeres und die Verleiherin glükklicher Fahrt,
eine Euploia, evnloia, wie sie namentlich zu Knidos
verehrt wurde. Wenn sie im Frühling die Pflanzen
aus dem Boden hervorlokkt, inThieren und .Menschen
die Liebesliist und den Trieb nach Begattung er-
wekkt, dann fliehen Winde und Wolken von ihr **')
und sie lokkt den Menschen auf die beruhigte See
hinaus, und fordert zum Verkehr und zur Schiffahrt
auf. So oft sie auch als Meerhcrrscherin gepriesen
wird, so wird dadurch nichts weiter angedeutet, als
dass sie die Winde beschwichtigt *‘*>5 die Macht
hat aus dem Sturm zu retten, das Meer sicher zu
machen, und io einen erwünschten Hafen zu leiten " ‘
213) Lukrez 1, 6
Te, dea, te fugiunt venti, te nubila co&li
Adventumque tuum ; tibi suaves daedala tellus
Submittit flores; tibi rident aqiiora ponti,
Placatamque nitet diffuso niimine coelum.
Claudian Nupt. Honor. et Blar. 125. ~ blandoque spi-
rantem Bumine ceston
Ciugitur, iinpulsQS fluviis quo mitigat amnea,
Quo mare, quo ventos, irataque fulmina solvit.
V. 184. Adventu Veneris piilsata recedimt
Nubila; clarescunt puris aquilonibus alpes.
214) Pap. Stat. Silvae 3, 4, 3, Ite, dabit cursus mitis
Cytberea secundos Plaoabit notos u. s. w.
Silius Italiens 17, 290. Horaz. Od. 3, 26, 5.
215) Serv. z. Virg. Aen. 1, 719. quae portubus praeest
Paus 2, 34, 11 zu Hermione ein Tempel der Aphrodite Iloyna
3, 39. Valer. Martial 9. 91,13.
At tu Diva Paphi, remitte nostris
Illaesum Juvenero, remitte voti^.
283
Deshalb ist sie auch geradezu eine Hafengöt-
tin ®*®), weil gute Häfen Bedinguug der Schiffahrt
, sind. Wer sich zur See begiebt, bedarf vornämlich
ihre Geneigtheit und Gunst für eine glOkkliche Fahrt;
Mer Naukratitische Eaiifmann Herosfratos betet j als
jsich auf dem Meere ein Sturm erhebt und ihm den
I Untergang in den Wellen androht, zu dem Bilde der
Aphrodite, welches er in Paphos gekauft hat, und
laugenblikklich gehorchen ihr die Stürme; man opfert
lihr daher gern bei der Abreise, und am liebsten
Gänse und wenn der tiefblaue Himmel in das
I schöne griechische Meer herabsah, die Fahrt fröhlich
Ivon dannen ging, dann schien Aphrodite zu lächeln,
und man nannte sie die meerfreundliche, ya^va^
Als Hafengöttin sind ihre gewöhnlichsten Beinamen
■iksfivseiaj (filoQUKftslQa^ zur Bezeichnung der Aptiro-
*1 dite als Meergöttin dienen besonders die Namen jre-
kayia^ ivaX'm, novzia^ inmovTta^ marina, vor allen
das schon genannte Beiwort sdnlolaj ^
d-s6g Die nsXayia und "‘Avadvo^hti finden wir
auch unterschieden ^*®). Jene ist den Schiffenden
Chariten 8, 4. Bevor Kallirrhoe das Schiff besteigt, betet sie
zur Meerherrscherin Aphrod , dass sie ihr eine günstige Fahrt
von Paphos nach Syrakus gewähre, Virg. Aea. 5, SOO, Ho-
raz l, 3.
216) Philodemon in d. Anthologie.
Kvnqt, ifiloqiAiaTHQu, ffdoQyia, Gm^s fiS Kinqt,
^Pwfdar/.ovg ijiftj dißnora nQos hfispas»
Ovid Heroid, 15, 213. Amor. 2, 8, 19.
217) Achill. Tat. 1. J o h. L aur. v. Ly d. 4, 44.
218) Kal lim ach OS bei Athen. 1, 31H. yaliipali] hnuQ^ 9-ios;
die beiden Gedd. des Kallim. und Poseidippos daselbst für die
Meeraphrodite überhaupt z. vgl.
219) Alkiphr. 1, 19.
220) Artemidor Traumdeutg. 2 Kap, 37.
281
o:ünsti^^, und denen, welche sich in der Fremde auf
Meisen befinden, diese kündigt den Schiffenden Sturm
und Schiffbruch an, rettet aber aus den Gefahren, r
Den Namen ßqvxia führt sie ohne Zweifel auch von (
Brüllen des Meeres, sie ist es aber nicht, die es sen- i
det, sondern welche es stillt * '■' *). Solon bittet i» |
seinem Epigramm an den kyprischen König Philoky- )
pros die Aphrodite, dass sie ihn in seine Hei- i
mat zurükführen, der attischen Kolonie Salamis auf
Kypros aber Wachsthum und Gedeihen schenken '
möge "**). Aus der Seegöttin und Fahrtenlenkerin -
wird sie zugleich eine Koloniebeschüzerin, doch i
kann dieser Theil ihres Wirkungskreises ihr noch aus t
andern Eigenschaften zufallen. Die Tauben der Aphro- i
dite führen den Ansiedler Aeueas übers Meer ****). '
Aphrodite gebietet über die Schmerzen der Liebe,; i
wie über das Meer sie führt von Abydos den
Leander, den Jüngling, welchen zu schrekken für
den Meergott keine Ehre ist durch die Wellen
des Hellespouts zu ihrer Priesterin Hero in Sestos,
sie geleitet zu Ephesos als Automate die eben¬
falls durch die Aeltern getrennte Meliboia, da sie sich
%’om Dach ins Boot gestürzt hat, ohne Ruder übers
Meer zu ihrem Geliebten Der Kult der Aphro¬
dite auf Malea in Lakonien scheint mit den verrufe¬
nen Stürmen an diesen Vorgebirge zusammenzuhan-
221) Non DOS Dionys. 1, 87.
222) Vgl. Thl. 1 S. 256 dieser Schrift.
223) Vgl. die Epigr. des Nossis und .\ntipater. Gr.
Anthol. Ausw. 1, 36 ff.
223a) Virg. Aen. 6,190, Vellej. Paterc. 1, 4.
224) Musaios Hero u. Leand. 245 ff.
225) OvidHeroika 19, 145. Turpe deo pelagi juvenem
terrere natantem.
226) Servius z. Virg. Aen. 1, 724. Automate.
285
gen, ans welchen die meerherrschende Göttin und ihr
Sohn Aeneas wie am Athos in den Hafen retten ^
Auf Zakynthos wirkt Aeneas bei seiner Mutter gün-
,stige Schiffahrt für die Zakynthier aus; als er durch
j widrige Winde daselbst zurükgehalten wird, sezt er
ijOpfer und Wettspiele dort ein und die Zakyn-
lithischen Jünglinge stärken sich durch Kampfspiele
||tur den Kampf mit Wellen und Wind. Aeneas han-
t|Jelt aber in der durch ihn vermittelten Thätigkeit
Mseiner Mutter auch selbst, indem er die Unwetter be-
^ iämpft, die Schiffe von Antandros unv'^ersehrt erhält,
itn Athos und bei Malea in die Häfen rettet
Wie auf Zakynthos Poseidonische Sühne an den Fe¬
igen der Aphrodite geübt wird, so endigt in Äegina
jlas dem Poseidon mit Schweigen und ohne Bedie-
jiung gefeierte Trauerfest von sechzehn Tagen für
jüe im Sturm iimgekommenen Verwandten mit einem
;3pfer an die Aphrodite damit durch sie in Zu-
I itunft ähnliche ünglükksfälle abgewendet, und nur
günstiger heilsamer Wind vermittelt werde. Dieser
|vird von der Aphrodite auch zu Milet in einem tJei-
jigthum des Zeus erbeten
Hieraus findet von selbst die Erscheinung ihre
ji.rklärung, dass wir die Tempel der Aphrodite sehr
I iel an Handelspläzen, Küsten ***), und Vorgebir¬
gen und Inseln finden, überall wo viel Handel
226a) Klausen a. a, O.
227) Dionys, v. Halik. 1, 50.
227a) Klausen a. a. 0.
228) Plutarch. ‘J£k).rjvixa, 41.
229) Theo kr it 28, 4.
2-30) Gr. Anthol, 5, 17 ovqwS dkX’ InlXa^ipov y.al tquin
usTM Jianon xul Salüficoy, Kvngt, xai ijWvmv.
2-31) .Auf dem V. G. Zephyrion, vgl. das Epigr. des Kal-
umachos Athen 7, 318.
286
und Verkehr getrieben wurde. Als Göttin, welche ,
von Vorgebirgen und von Anhöhen in der Nähe der t
See über das Meer schaut, heisst sie zu Argos. Trö-
zen, Knidos und auf Kypros dxqaia; doch Hesse sich i
die leztere auch mit der Kybele als ogsia vergleichen.
In Korinth, bei dessen Kult wir von der Bedeutung
der Aphrodite als MeergÖftin für diese Stadt aus¬
führlicher sprechen werden, wurde nicht sie, sondern >
Hera als Akraia verehrt. Doch hat diese noch einen
andern Sinn ****)• Als Göttin der Inseln wird sie
ivoixstig T(aP genannt. Da sie allen ünterneh- ,
mungen zur See den günstigen Erfolg verleiht, so ,
gehört zu ihrem Geschäft auch, dass sie keinen Man¬
gel während der Fahrt aufkommen lässt, und deshalb
trifft sie in Samischer Sage auch Vorkehrungen gegen
den Wassermangel auf der See durch Dexikreon, um
diesen zu bereichern, und die übrige Mannschaft zn
retten Der Endzwekk ihrer Bestrebungen für
die Meerfahrten ist aber Reichthum und Seegen her¬
beizuführen, und diesen führt sie auch aus dem Meere
selbst den Menschen zu. Deshalb beten die Fischer
zu ihr, dass Aphrodite ihnen einen günstigen Fang
und dadurch Lebensunterhalt gewähren möge
Man glaubte, die Göttin sei gern am Wasser, und
daher stellte man ihr Bild auch dort auf ohne
weitere andere Beziehungen, als um der Liebesgöttin
einen willkommenen Siz anzuweisen. Wo wir sie
aber im Sumpf oder Röhricht, ip Usi, oder ip xaÄd-
231a) Otfr. Müller Orchom. u. d. Min. S. 269.
232) Plutarch. Hellenika 54.
233) Plautus Rudens 2, I, 16. Nunc Venerem hanc ve-
neremus bonam, ut nös lepide adjuvet hodie.
234) Hör. Od. 4, 1, 19. Ein beglükkter Liebhaber stellt
ihr Maamorbild am Albaner See auf.
287
I
■1
i jiwtg, verehrt finden, wie zu Athen, Samos und Milet,
i da ist sie stets als Zeiigiings^ottheit zu fassen, und
' in der mit Mezen, sv dmtvMj gefischten Aphrodite zu
‘I Patrai haben wir eine Schöpfungsgöttin zu erkennen.
■ Hier lässt die Legende sie von den Fischern mit Ne-
Izen aus dem Meere zuziehen, die Geburt dieser gro¬
ssen und höchsten Gottheit aus dem Meere war aber
i auch an andern Orten, und wahrscheinlich auf Kypros,
2 Gegenstand der Mysterienlehre *®®).
Wie einerseits ihre Herrschaft über das Meer von
ihrer Geburt aus demselben hergeleitet wurde ®®®),
so tritt sie auch durch ihre Beziehungen zum Meere
Avieder io mehrere genealogische und andere mythi¬
sche Verbindungen. Weil die Fabel die Aphrodite
aus dem Meere entstehen lässt, so heisst sie auch
ti eine Tochter des Meeres oder der Tethys ®**);
und Poseidon wird ihr Vater. Bevor sie noch
aus dem Wasser emporstieg, gewann des Nereus
Sohn, der schöne Meerjöngling Nerites, ihre Liebe
und lebte mit ihr in vertraulicher Gemeinschaft. Als
aber die Zeit gekommen war, dass ihr Vater Zeus
sie rief, und sie unter die Zahl der Himmlischen auf-
genommen werden sollte, hätte sie gern ihn als Freund
und Gespielen mit sich hinaufgenommen. Er aber
zog das Leben unter seinen Schwestern und AUers-
235) Hi m er io s Ekl. 18, 262 Mptv || ovqaPov ’Aijqo-
äiTtjv fj Qulcmce, mg cTi aiTimg, aXnvig noT dai, f^vartxoi loyoi
mv xdtvovaw. Vgl. Klemens v. Alex. Abschn. 3, Anm. 19.
236) Musaios Hero u. Leander 249 ff.
237) Paus. 2, 1, 7. rw ßd&qm de, i<f>’ ov ro uqfxa, f4tp
imlQyacTai Odlaffffcc, ceysjfovff« 'AifQodktiv naid«. Achill. Tat,
6, S 315. SvyuT^Q ’Atf qodittj d^akdoa^g,
238) Orph. Hymn, 22.
239) Silius Ital. 17, 28.5. 238. Galaneia des Pontos
Kind. Eurip. Hel. 1456.
288
genossen dem Aufenthalt im Olymp vor. Nun er¬
wählte Aphrodite statt seiner den Eros zu ihrem Ge¬
fährten. Es wird noch hinzugesezt: da er von den
Flügeln, welche Aphrodite ihm geschenkt hatte, kei¬
nen Gebrauch machte, zürnte ihm die Göttin und ver¬
wandelte ihn in die schöne Muschel Nerites ***). ln
den zahlreichen bildlichen Darstellungen der Aphro¬
dite als Seegöttin wird die schönste Geburt der feuch¬
ten Tiefe gern mit den grotesken Wesen verbunden
und in Kontrast gestellt, welche die wilde und wech¬
selvolle Natur des Meeres auszudrukken bestimmt
sind ^"0- In Fabeln von der Geburt und dem
Anlanden der Göttin finden wir Seedämonen man¬
cherlei Art in ihrer Umgebung Delfine begleiten
siei einer hebt sie empor, als sie in Kypros anlan¬
den will 5 oder sie sizt auf dem Nakken des Tri¬
ton in Rhodos verhindern Poseisons wilde Söhne
ihre Landung. Die Fische haben wir wegen der ih¬
nen anhaftenden Idee ausserordentlicher Fruchtbarkeit
mit der Aphrodite verbunden gefunden. Daher ent¬
stand die Fabel beim Mythos des Götterkampfes ge¬
gen Typhon, Aphrodite habe, um seiner Verfolgung
zu entgehen, sich in einen Fisch verwandelt. Diese
Verfolgung der Kypris durch Typhon ist aber ganz
in die syrischen Mythen verflochten, da die Verbin¬
dung der Astarte mit den Fischen vielfache Anknüp¬
fungen, namentlich seit der allgemeinen Verfiech-
240) Aili an TMergesch. 10, 50. vgl. Athen. 3. 86. Ly k o p hr.
238. Nach Paus. 7, 21, 4 ist Nerites Geliebter des Poseidon.
241) Otfr. Müller Archäologie §. 37S.
242) Orph. Hymn. 55.
^ xat y.vavioioip oj(oii int novnov oW)uo!
iqyofjivt} yalqus ptnodujy xvxU^fft yoQHciiC
243) Nonnos Dionys. 1, 59. Sidon. Epithal. V. 36.
2S9
tan«: und Verwirrung der Mythen durch die Verbrei¬
tung der Griechen in jene Länder, darboten
Ich weiss nicht, -ob es Silligung verdient, wenn
I ich hier die Aphrodite in ihrer Eigenschaft alsRoss-
i göttin nenne. Man könnte behaupten, Aphrodite
1 würde als Kriegsgöttin und Gemalin des Ares
I in Beziehung auf die Rosszucht gesezt sein; allein
t das Ross kann ihr auch wegen ihrer Wirksamkeit
im Feuchten, also aus ähnlicher Veranlassung wie
Mein Poseidon, geeignet sein; es liebte die feuchten
[ Wiesengründe, und seine Schnelligkeit schuf es zum
; Bilde des Schiffes, auf welchem man durch die Wel¬
len gefördert wird. Für beide Erklärungsarten möch¬
ten gleich viel Gründe sprechen: ich habe mich für
die leztere entschieden, und die Rossgöttin Aphrodite
hierher geordnet. Als solche trägt sie den Namen
Bffmnog oder equestris Die geschichtliche Er¬
klärung, welche eine äusserliche Veranlassung sucht,
jmeldet: als Aeneas nach überwundener Seefahrt sich
I Iwieder des Rosses bedienen kann, und in den Kampf
liziehen muss, weiht er seiner Mutter eine Bildsäule
• jzu Ross Da sie das Ross auch bändigt, wird
lihr die Innoavvr} beigelegt. Den Namen Ititio-
\dcinHa führte sie ohne Zweifel auch daher.
Die Wirksamkeit der Aphrodite erkennt man zu-
nächst in dem Boden, insofern sie die verborgenen
244) M anilius Astronom. 4, 484. vgl. 794. Ovid fasti 2
160 ff. Metam. 5, 331. Hygin Antron. 33.
245) S. oben S. 207.
! 246) Servius z. Virg. Aen. 1, 719.
! Scholien z. Ilias 2, 820. nMxrovat, ds am^v -/.al t'ffm-
lov, on 6 AXi’Ha? o vl'og civT7ß nXevcag (xixQt. diasug f^nä rovm
■nnm avfßtj xctl fz^TfQa toiomm uydkfian.
I 248) Nonnos Diony s. 11, 274.
249) Hesych. ‘Innoddfxiia: ^ B^iatjig xat AffQodirri,
19
290
Kräfte der Erde hervorlokkt und der fröhlichen Pflan¬
zenwelt Gedeihen giebt. Sobald die Gewässer sich
ergiessen, die erstarrte Erde aufthaut, das Innere der¬
selben aufgelokkert und den Einwirkunpn des Son¬
nenlichtes geöffnet wird, dann beginnt die Heirscha
der Aphrodite. Dann vermalen sich unter ihrem Ein¬
flüsse Himmel und Erde sie lässt den Regen
vom Himmel träufeln tränkt die ausgedorrte
durstige Erde, segnet die Gefilde mit Fruchtbai kei ,
und erweist sich gnädig dem Fleisse des
bauers. Sie ist es daher, welche Alles durchdringt,
Alles ernährt, durch welche alle Geschöpfe leben und
wesen, und zur jugendlichen Kraft und Liebe heran-
o-eleitet werden. Als ßtodcoug bei Orpheus giebt sie
das Leben-, die friicht- und nahrung-
gpendende, nennt sie Empedokles, sonst eine Bezmch-
nung der Erde; ^modagocj, die sussspendende, gütige
Mutter, heisst sie bei Stesichoros die
■ 9^0^ Pervig. Ven. 59 ff. Virgil Georg. 2, 324 ft.
Sl) Euripides im Oidipus Hob. 1 , 12. Athen. 13, 600.
Tt]i^ ^AfQoäirrjv ovx vqRi ö(r>i 9f6s;
tjy ow UV tinoiS oyJi fihTqtictiuS cev
oori m'f'VTcs y.a<f ogov MgxiTai..
Avtti TQtqH ff« 5««* ncivra; ßQorovg.
"KqS ^iv ö/jßQov yaV, otuv ^ijqov n^ov
(iy.uQTiov av/f^tp votidoS iydswg ^XV'
iqa d’ o ct^uvoS ovQavosnl>iQovfJivog
ofj-ßqov nsüHv elg yalav ’AqqodiTtjg vno.
mav dt cv/LijuixS^^Tov I? ravTov dvo,
(fiovGiv fi^'iv nüvKt xut XQtqovo afta,
di‘ (üv ßqoTBOv ly ts xccl düllu ytvog.
Artemidor Traumdeutung 2 Kap. 37. Uyady (Aphrodite) «
xccl fimqydk. (fvaig ydq thca xai ftrjTnQ TMV ohov vevoixmat.
252) Bei Plutarch Erotikos Kap. 12.
253) Bei Schol. Eurip. Orest. 249. P r o klo s Hymn. 3, 11-
nänn d’ itjv ßiorocg yu-lyvij-
fruchtbare, oder die befrachtende, nennt sie Sophokles.
Sie bringt aber die Fracht nicht sowol zur Reife,
wie Demeter, sondern nur zum üppigen Wachsthura
und zur Blüthe^ sie legt den Grund alles Daseienden
und kräftigt es zu neuer Zengungsfähigkeit5 das war
ihre Bedeutung in den Mysterien
Älit dem Frühling wekkt sie alle IFesen aus ih¬
rer winterlichen Stumpfheit die Vögel drängt
254) Klemens v. Alex, im Protr. s. Abschn. 3, S. 141.
' cJ? äffsXyup v^lp /hoqIwp ii^tog ^Aqqoäirti ylnmi xa^noS mlg u~
Xnaig. i
1 255) Aeschylos in den Danaiden bei Athen. 13,600
lässt die Aphr. sagen :
"Equ fiiv aypog ovgapvS y^opu,
IqoiS cTJ yalap la/ußccpu yäfMV Tvyup.
o/xßQoS cf'dn tvpdepTos ovqapov ntamv
txves yalap' ij di rlxnxai ßgorols
qiTjhap rs ßo0xds xat ßlop Jijfx^TQiop'
dfpd^wns uQa d'ix potI^optoS ydfiov
riXuos IffiL rwp (flyeH naqalnos-
Lukrez. 1, 10 ff.
Nam simul ac species patefacta est verna diei,
Et reserata viget genitalis Aura Favoni,
Aeriae primum volucres te, diva, tuumque
Significant initum perculsae corda tua vi.
Inde ferae pecudes persultant pabula laeta,
Et rapides tranant amneis: ita capta lepore;
Te sequitur cupide, quo quamque inducere pergis.
Denique per maria ac monteis fluyiosque rapaceis
Frondiferasque domos avium camposque virenteis
Omnibus incutiens blandum per pectora amorem,
Efficis, ut cupide generatim saecla propagent.
Columella de re rust. 10, 210.
Ver agit: hinc hominum, pecudum, volucrumque cupide
Atque amor ignescit menti, saevitque medullis,
Dum satiata Venus secundos compleat artus,
Et generet varias soboles semperque frequenter
Freie nova mundum, vacuo ne torpeat aevo.
19*
292
eine fröhliche Zeugungslust, sie erregt den Trieb
der Begierde im Vieh treibt das Ross in Brunst
über Strom und Geklüft und ist wirksam in den
Fischen des Meeres. Daun kommt auch die Früh¬
lingsunruhe in den Menschen, und wann Aphrodite
den nächtlichen Thau auf die Erde träufelt, wann sie
die Blumen aus der Erde hervorlokkt, dann hebt sie
auch den von Frühlings- und Liebeslust schwellen¬
den Busen der jungen Mädchen und durch die
gestillte Sehnsucht des Mannes schafft Aphrodite ein
neues Geschlecht pflegt es, fördert es uai aphro¬
disischer Tüchtigkeit, und reiht so Geschlecht an Ge¬
schlecht.
Aphrodite erscheint mit dem Frühling, und durch
ihn wirkt sie auf die Welt Der Frühling ist
nur ein Ausfluss der Göttin, und unter den Monaten
war der April ihr geweiht, weil die Wirksamkeit des
Frühlings in diesem sich zunächst und am stärksten
äusserte. Alle Mythen sezen matüilich auch ihre Ge¬
burt im Frühling an; und wir vernehmen, dass sie
256) Vgl. noch Oppian Halieut. I, 473. Kyneget. 1, 377 ff.
257) Virgil Georg. 3, 250 ff.
258) Pervig. Veii. 14. Ipsa surgentes papillas de Favoni
spiritu urget in nodos tepentes. V. 21. Mane virgines papillas
solvit humenti peplo.
259) Eusebios Lobrede auf Konstantin Kap. 7: auch die
Erzeugung der Körper, ^ rtui' <>üj^ßic()ry'f»'6o'tS',Avurde für einen Golt
gehalten, und unter dem Namen Aphrodite in Orgien gefeiert.
Vgl. was oben über die Mysterien und die Bedeutung der Aphro¬
dite als Axieros und Axiokersa gesagt ist. Plutarch. Erot.
Kap, 12.
Ttiv ’AcfQodiTtjv ov/ oQaS, oör] &s6s.
'Hd" iOtiv ti cmtQovGu y.al Mova’ “Epoy,
Ov ndvng iGfxiv ol y.caax^öv sxyovoi.
260) Lukrez, 5, 735. It Ver et Venus u. s, w. Horaz
1, 4, 1 ff. Solvitur acris hiems u. s. w.
293
beim Beginn des Lenzes mit einem grossen Gefolge
i nach Thessalien, doch von woher, erfahren wir nicht,
zog, um Tempe und die beständig grünen Gärten
i daselbst zu bewohnen. Es begleiten sie die Mutter
iVatur, weiche sonst Aphrodite auch selbst ist, ira
leichten Kleide die heitere Charis, mit Gesang be¬
gleitet sie Sirene Eros fehlt nicht, undBak-
< hos, welcher mit seinem Zuge Lydien verlassen hat,
£] gesellt sich zu ihnen Als liebliche Göttin des
Frühlings wird Aphrodite auch, >vie Persephone,
I Blumengöttin, und führt als solche den Namen
Chloris "®^), die Flora der Römern gewöhnlich ge-
A| hört Chloris als ein besonderes abgeleitetes Wesen
mit ihrem Gemale Zephyros, dem Führer des Früh-
j iings, unter das Gefolge der Aphrodite. Eine Blu-
I mengöttin ist ohne Zweifel auch die Aphrodite "‘Av-
t ttsia und diese lässt sich ungezwungen mit dem
I Bakchos "A^iog zusaminensteilen. Auf diese Eigen-
, Schaft der Aphrodite muss auch die Benennung An-
thesphoros, welche auf einer Inschrift von Aphro-
»iisias einer Priesterin der Göttin beigelegt wird,
261) Ueber das Verhältniss der Sirenen zur Aphrodite s.
S. 249.
262) Epithalam. Auspicii et Stellae V. 45 ff.
263) Artemidor Traumdeutg. 2 Kap. 37 und daselbst
Reiff; Hieronymus Aleander in Fabulae Heliacae explicatione ;
■ Mercurius Ver: — Venus itaque eadem quae Lucifer, et quae
' Chloris, seu Flora herbarum fiorumque dea. — Pomponius Sa-
binus ; Venus, quae mane Lucifer, Flora et Venus idem sunt,
264) Hesych. (Hera heisst so in KorinthPaus. 2, 22, 1.)
.\usonius Rosae V. J8. Sideris et floris nam domina una Ve¬
nus. Vgl. auch noch das Pervig. Ven. an mehreren Stellen.
Valer. Cato Dirae 20. 116.
26.5) Corp. Inscr. Gr. No. 2821. Die Inschrift nennt die
! Priesterin t^p a^ioloymTdrr]v y.cil C(/uvordTr,p uvI)-j}<i ü-qov ttj? S-tov
’AtfQodehijg xcci dq'/UQtlav j'^g nuiQidvg.
294
zurükgeführt werden. Den Namen der römischen
Aphrodite Fruti leitet Klausen auch von ihrer Be¬
förderung der Stauden und Gewächse her, und bringt
damit die Benennung des lynx Frutilla in Verbin¬
dung Indem Aphrodite Pflegerin des Gemüses
und des Obstes wird, nähert sie sich der Demeter,
bekommt Antheil an den Herbstfesten und die Vina-
lien Italiens werden Veneralien An diesem
Feste, welches sich schon durch seinen Namen als
ein Weinfest ankündigt, wurde viel Wein vor dem
Heiligthum der Aphrodite ausgegossen; so sollte es
Aeneas gethan haben ^ ®
Ein wie nothwendiger Bestandtheil Laub und
Blumen an den Festen der Aphrodite waren, haben
wir oben kennen gelernt * ® ®) : sie spendet den Schmukk
der schönen Jahreszeit und wird natürlicher Weise
damit wieder geehrt. Die Haine, welche man bei
allen bedeutenden Tempeln der Göttin fand, haben
dieselbe Veranlassung; durch sie werden und gedei¬
hen dieselben, in ihnen lebt sie gern, ihr sind sie
geweiht in ihnen werden ihre Feste begangen.
Zum besondern Vorstand der Wälder hat sie aber
den aphrodisischen, aus ihr abgeleiteten, Dämon Pria-
pos bestellt Um die Anmuth eines Gehölzes
265a) Gloss. Philox, bei Klausen. Vgl. ihn S. 753.
265bl Varro L. L. 6, 20. Vinalia rustica dicuntur ante diem
14 Kal. Sept., quod tum Veneri dedicata aedes et horti eae deao
dicantur ac tum fiiint feriati olitores. Vgl. F estus S. 223. Varro
de re rust. 1, 1, 6.
265c) Pliitarch ‘Pio^iamn 45. — Menippos überschrieb
seine Satire, welche von den Vinalien handelte : ns^t ÖKf^oSusiMV.
266) S. Abschn. 3, S. 152. 162.
267) Pervig. Ven. 47. regnet in silvis Dione. Ti bull 2,
9, 7S. Himer. 1, 20.
268) Petronius Arbiter, ad Priapum 1 u. 2.
295
auszudrükken, nennt ein Schriftsteller einen Wald
den Hain der Aphrodite und der Chariten. Wie der
Phantasie das Bild eines vollkommenen, der Aphrodite
\ wohlgefälligen Haines vorschwebte, sahen wir aus
I dem Gemälde, welches Klaudian vom kyprischen Olym-
pos entwirft.
Als Göttin der Stauden und Gewächse ist der
Aphrodite der Schuz der Gärten anvertraut und
J)erühmt war in Athen eine Aphrodite in den
Gärten die älteste der Mören. Der Be¬
griff einer Zeugungsgöttin, welcher einer Aphrodite
I der Pflanzen und Gärten anhaftet, liegt noch in dem
erhabeneren Begriff der Mörengöttin eingeschlossen,
j und diese konnte sehr wohl und passend in den Gär-
[ len verehrt werden. Wie wir mit der Vorstellung
I eines Gartenlandes die Ansicht einer feuchten, niedrig
rj gelegenen, auch sumpfigen Gegend verknüpfen, so
il bietet sich die Verbindung einer Aphrodite im
B.öhricht, iv xaZaixoigj zu Samos, oder, wie andere
sie nannten, iv sXsi, mit Jener athenischen in den
Gärten von selbst dar. Diese vermuthete Einerleiheit
beider Gottheiten kann durch die Nachricht des Sa-
■ miers Alexis ^”), dass jener Tempel seiner Vater¬
stadt von attischen Hetären, welche den Perikies dort¬
hin begleiteten, gegründet sei, zur Gewissheit erho¬
ben werden. Anstatt dass der unzüchtige Dienst
gegen eine Gemeinschaft mit der hehren xHörengöttin
in den Gärten Athens sprechen sollte, kann er viel-
269) Apulejus As. aur. 4, 20.
270) Plin. N. H. 19, 19, 1. Coluraella de re rust.
10, 286. Varro de re rust. 1, 1, 6.
271) Paus. 1, 19, 2. Plin. 36, 4, .3. Eine Aphrodite in den
Gärten nennt uns auch Petronius Satirikon Kap. 128.
272) hei Athen. 13, 572.
296
mehr dafür zeugen; denn er hat sich nur zur Aphro¬
dite als Zeugungsgöttin gesellt, und eine solche haben
wir in der Gartengöttin vor uns. Eine ganz ähnliche
Göttin im Röhricht besass auch zu Milet
einen Tempel, und in deren Heiligthum wurde gün¬
stiger Wind von Zeus erfleht. Daraus ersehen wir,
dass die Göttin im Röhricht sich an die Meerherr¬
scherin Aphrodite, welche doch für Milet sehr wich¬
tig sein musste, anschliesst, und dass diese Aphrodite
im Röhricht, gleichfalls wie dieSamische iv xcdduoig
oder iv 12«, von der Mutterstadt Athen, und zunächst
von der dortigen Göttin z^'ttojc: herznleiten sei; dar¬
über, dünkt mich, kann kein Zweifel obwalten.
In der Nähe der Aphrodite in den Gärten zu
Athen befand sich ein Plaz mit einer Einfassung,
und von demselben ab führte ein natürlicher unterir¬
discher Gang zu der Akropolis. Zu ihm steigen die
Jungfrauen herab, unten lassen sie, was sie gebracht
haben, und fragen etwas anders, was verhüllt ist,
wieder herauf: dann werden diese entlassen, und an¬
dere Jungfrauen statt ihrer auf die Burg geführt. —
Ein Mysteriengebrauch ist hierin nun zwar leicht zu
erkennen, und die jungen Mädchen werden Zeugungs¬
symbole getragen haben, aber die weiteren Auf¬
schlüsse fehlen. Es erinnert dieser unterirdische Gang
aber an die Höhlengötiin Aphrodite, in welcher wir
eine Hekate und Todesherrscherin erkennen zu müs¬
sen geglaubt haben und somit wäre auch die
Gartenaphrodite, die Herrin der Stauden und Ge¬
wächse, welche im Frühling in allen Geschöpfen die
273) Theokrit. 28, 4. "Onna KvTiQidos Iqov y.ahüfio} ylu)-
Qov i'-p änalm.
274) Paus. 1, 27, 4.
275) S. oben S. 243.
297
Zeugungs- und Liebeslust erwekkt, zugleich wieder
eine Herrin des Todes. Was sie erschaffen, kehrt
nach Vollendung seiner irdischen Laufbahn wieder in
^ ihren mütterlichen Schooss zurük. — Einen unterir-
I dischen Gang hat man auch auf Kypros vom grossen
heiligen Garten, Uqoxrinig^ in der Gegend von
i Paphos aus nach der Stadt führend, erkennen wollen,
1 und einen ähnlichen zu Amathus^ und wir fühlen uns
gedrungen diese mit dem athenischen zu vergleichen,
ihnen eine ähnliche Bedeutung unterzuleo’en.
Eine besondere Aufmerksamkeit erfordert dieje¬
nige Ausbildung des Aphroditekultes, welche bei einer
^ grossen Anzahl griechischer Völker angetrolfen wird,
I deren hauptsächlichster Betrieb Viehzucht und Ak-
k erb au war, und welche, wo sie an das Meer stie-
|Ssen, auch Seefahrt und Handel trieben. In Be¬
iziehung auf Seefahrt und Handel ist uns Aphrodite
nicht mehr neu, und wenn wir sie hier als Gottheit
des Akkerbaues und der Viehzucht zuerst kennen
lernen, so ergiebt sich doch ohne Schwierigkeit und
gleichsam von selbst ein solcher Wirkungskreis der
Göttin aus dem, was wir noch vor kurzem über die
Thätigkeit derselben im Bereiche der ganzen Schöp¬
fung erörtert haben. Die Unterschiede in der Aus¬
bildung des Kultes, welche sich bei so entfernt und
getrennt wohnenden Völkerschaften bilden mussten,
sind verwischt, und den Hauptzügen nach ist es im¬
mer dieselbe Gottheit, weiche diese Hirten- und ak-
kerbauenden Völker Griechenlands verehrten. In¬
dessen lassen sich doch noch zwei Hauptstätten die¬
ser Aphrodite erkennen, welche die zunächst liegen¬
den in ihren Kreis zogen, und, wie es scheint, als
seine Art Vereinigiingspunktc jener betrachtet wurden,
endlich aber durch Mythen und Sagen sich unter ein-
ander verknüpften, und ein Nez über alle ähnlich
beschaffenen zerstreuten Kultusstätten zogen, was
gemeinsamen Ursprung nach weisen, und ein gemein¬
sames Band um alle schlingen sollte. Diese beiden
Hauptstätten sind Epiros und Troas, beides ein Paar
im Alterthum durch Viehzucht und Akkerbau berühmte
Länder; und in der Beschäftigung, auf welche ihr
Sinn vorzugsweise gerichtet war, mussten sie auch
vorzugsweise das Walten ihrer Göttin erkennen. Die
Idee, welche der Aphrodite an beiden Orten zu Grunde
liegt, ist dieselbe, die Ausbildung und die Gestalt des
Kultus und Mythos aber verschieden. Man erkannte
gemeinsam in ihr die Gottheit, welche die Fruchtbar¬
keit und das Gedeihen ihres Akkers und ihrer Heer-
den beförderte, von deren gefälliger Gunst und got -
lieber Gnade ihr Wohlstand und Glükk abhängig sei.
Diese Eigenschaft drükkt auch ganz der Name der
Gottheit an beiden Orten aus; denn sie ist eine
wohlwollende, freundliche, gefällige, vyelche
die Gebote der Menschen erhört und ihnen Seegen
bereitet. In Epiros ist sie selbst die wohlwollende,
Alvsiag welche Benennung wahrscheinlich ihr
lateinischer Name placabilis ganzwiedergiebt,
in Troas wird ihr aber ein Sohn beigeordnet, welcher
diesen Namen Alvs'mg trägt, und in ihrem Sinne han¬
deln muss. Wie dies mit dem ganzen dortigen Ke-
276) Pott. Etymolog. Forsch. 1, 224. Alvdag v. atrr, ''‘e
Aiyda, V. ^EQ,aüa9 u. ähnliche. Klausen von cW n,
welches heisst mit einer Sache zufrieden sein, fast wie ,
indem es von göttlicher Zulassung und Genehmigung gebrauch ,
wird. Aus der Schrift Rieh. Rud. Klausens: Aeneas und,
die Penaten, habe ich, was für meinen Zwekk mir passend schien,
entlehnt.
277) Servius z. Virg. Aen. 1, 719.
299
ligionskreis zusammenhangt, werden wir mittheilen,
nachdem wir vorher über die epeirotische Göttin ge¬
sprochen haben.
Die Weiden und Heerden von Epiros haben im
Alterthum immer in dem höchsten Buhme gestanden.
Von Dodona ab bis ans ionische Meer sind die Wie¬
sen von Rindern voll und südlich bis an Akar-
nanien. üeber die Göttin von Dodona, welche bald
mit dem Namen Dione, bald mit Aphrodite belegt
wurde, und die eigentliche pelasgische Aphrodite, die
Kersa in den Beligionssystemen der alten Griechen
ist, haben wir oben ausführlich gesprochen
Diese Göttin des Lebens und des Todes musste den
Bewohnern des Landes ganz besonders im Vieh wirk¬
sam erscheinen, und ihnen eine Göttin werden, welche
den Heerden vorsteht, denselben Fruchtbarkeit und
Gedeihen schafft, und durch sie den Menschen Reich¬
thum und Wohlstand gewährt. Daher gebietet auch
der Priester des Zeus zu Dodona den Athenern der
Dione wie dem Zeus, dem Dionysos und dem Apollon
Binder Opfer zu bringen, und richtig ist Dione als
Göttin der Rinderhirten gefasst ®®®). Rinderopfer der
Aphrodite finden zwar auch aufLemnos, undzu Ama-
thus statt, allein an lezterem Ort hat schwerlich diese
Sitte einen mütterlichen Boden, und sie ist wahr¬
scheinlich nur mit den altgriechischen Vorstellungen
von der Aphrodite nach Kypros übertragen. Dodona
ist der Mittelpunkt des Kultes der epirotische'n und
mancher benachbarter Länder, und der Name, unter
278) Find. Nem. 4, 52. Hesiod. fr. 39. Arrian Alex,
u. die übrigen Stellen bei Klausen S. 414.
279) Abschn. 1, 3, S. 35,
280) Calpurnius Ekloge 9, 56. Auf Münzen der Stier
dem Bilde des Zeus und der Dione gegenüber.
300
welchem die Göttin Jener Völker daselhst verehrt
wurde, ist Aineias aber die Thesproti-
schen Einwanderer in Thessalien die Mythen AOin
Aeneas kennen gelernt hatten, trugen sie ihn zu
den Molottischen Fürsten um Dodona z.urük, und da
yaigleich die Sagen von ihm aus Sikyon und Stym-
phalos nach Korinth, von hier nach dessen Kolonien
in Akarnanien gekommen waren, und sich so weiter
nördlich verbreiteten, so stellte man ihn auch in Epi-
ros neben seine Mutter die A phrodite - Aineas.
Aeneas ist der im Sinne seiner Mutter handelnde
Dämon, und die Sage hat seine Reisen und Wande¬
rungen immer so eingerichtet, dass er den Kultus¬
stätten seiner Mutter nach/.ieht. und ihr Tempel grün¬
det. Die Aphrodite- Ai ne ias zu Dodona zieht
ihn auch dort hin ; mit den kräftigsten Männern seines
Gefolges wandert er von Ambrak ia aus einen Weg
von zwei Tagen in das Innere des Landes nach Do¬
dona, und gründet dort den Tempel seiner Mutter.
Hier soll er noch den Troer Helenos gefunden, troi-
sche Weihgeschenke, namentlich Mischkrüge mit al¬
ter Aufschrift, dargebracht und Weissagungen über
seine Bestimmung erhalten haben. In Ambrakia be¬
fand sich auch ein Tempel der Aphrodite-Ai-
neias, und wie man den Aeneas den dodonäischen
Tempel gründen liess, so geschah es auch bei diesem.
Hier aber genoss er selbst auch Heroenehre, und in
seinem Heiligthum befand sich ein altes kleines Golz-
biid. Heilige Diener vollzogen alljährig die Opfer )•
Der Troer Helenos gründet Buthrotos, wo An-
chises sich aufgehalten haben soll, während Aeneas
nach Dodona ging. Das nördliciiere Onchesmos
V. Halik. 1, Virg. Aen. 3, 466.
282) Uionys. v. HaÜk. 1, 60.
301
I
I
1
i gründen Aeneas und Änchises zusammen Am-
brakia gegenüber auf der akarnaiiischen Küste lag
I Aktion; auch hier befand sich ein Tempel der Ai-
I neias und ihr Heros muss ihn gründen Dane-
II ben baute er einen Tempel der sogenannten grossen
Götter, welche beide noch zu Dionysios Zeiten be¬
standen. Der Haupttempel auf Aktion ist aber der
des Apollon. Ferner auf Leiikas baut Aeneas den
Tempel der Aineias auf dem kleinen Eilande zwischen
Ider Stadt und dem Kanal AufZakynthos wird
idie Aphrodite als Aineias verehrt und ihr Heros; man
hatte auch hier Ilolzbilder von ihm und feierte ihm
i Spiele.
An allen diesen Orten war zwar ebenfalls die
Göttin wie zu Dodona dionysischer Natur, und be¬
günstigte das Gedeihen der Viehzucht und des Bo¬
dens, allein da alle diese Orte an Küsten lagen, so
trat hier unausbleiblich das poseidonische Element
hinzu, und Aphrodite wurde zugleich Fahrtengöttin.
Aeneas ist in allen diesen Gegenden, in Akarnanien,
Epiros, und, wovon wir gleich sprechen werden, in
iGrossgriechenland, durchaus eine Nebenfigur der
Aphrodite-Aineias, nur der Träger eines Kul¬
tusbegriffes, und so entbehrt das Bild von ihm aller
jiebendigen Persönlichkeit. Mit Verbreitung der ho¬
merischen Poesie, und der troischen Mythen und von
;Jen Sagen, welche sich an den Küsten des Aegäi-
, sehen Meeres gebildet hatten, ist des Aeneas Name
jjrst auf die westlichen Küsten übertragen. Die ko-
I 283) Ders. 1, 51. vgl. Klauseu S. 426.
^ 284) Dionys. 1, 50.
285) Dionys. 1, 50. Varro bei Servius 3, 279. nimmt
ilschlich die südliche Spize Leukates , wo Apollon verehrt
. urde.
302
rinthischen Ansiedler in Lenkas und Akarnanien kann¬
ten wahrscheinlich in ihrer Mutterstadt den Aencas,
und fügten der Aphrodite diesen io ihrem Sinne han¬
delnden Sohn bei. Nach Zakynthos muss der Name
des Aeneas unmittelbar aus Arkadien über Psophis
gekommen sein, und der arkadisch -sikyonische An-
chises gesellte sich da/.u. So fand auch Aeneas den
Weg nach Japygien, dem sikulisclien Chonien ; wurde
nach dem Lande der Elymer durch den Verkehr zwi¬
schen Thyrreon und Aluntion mit der Aphrodite Ai-
neias gebracht, und in die Sagen vom Eryx einge¬
schoben, wie Anchises in die vom Butas.
Es ist bekannt, dass im Süden Italiens die¬
selben Völker wohnten wie in Epiros und den be¬
nachbarten Gegenden. Dadurch sind die dodonäischen
Kultusvorstellungen auch bei den hiesigen pelasgi-
schen Stämmen erzeugt, und die beiden Gottheiten,
welche wir in den hiesigen Gegenden häuüg wie¬
derfinden, sind Liber und Libera auch ist die
Juno daselbst, namentlich die Lakinische Hera, die
dodonäische Göttin. Der Boden ist dem der genann¬
ten griechischen Länder gleich, die Bevölkerung
Achäer und Troer; dieselbe Beschäftigung mit der
Viehzucht Hess in der Aphrodite auch eine Heerden-
göttin erkennen, und bewirkte die Entwikkelung der
auf der benachbarten griechischen Küste verehrten
Beichthum spendenden, gefälligen Aphrodite-Ai-
neias. In Japygien südlich von Hydruntum lag,,
Onchesmos gegenüber, der Hafen der Aphrodite,
wenn diese nicht als eine Heerdengöttin und Schiff¬
fahrt befördernde Aineias gefasst gewesen wäre, sc
würde man nicht den Aeneas hierher geführt haben
Die Lakinische Hera hat ebenfalls Rinder unter ihrea,
286) S. S. 244.
303
Schnz wie die epirotische Göttin, und mehrt die Heer-
den wie diese. Es verträgt sich daher ganz mit ihren
Vorstellungen, wenn in ihrem Heiligthum ein einzelnes
TVeihgeschenk des Aeneas vorgezeigt wurde; eine
j eherne Schaale mit seinem Namen darauf, wodurch er
1 diese Göttin gleichsam als seine Mutter ehrte. Die
j natürliche Beschaffenheit des Landes und die Rinder-
1 Zucht gab den Boden für eine ausgebreitete Vereh¬
rung der Aphrodite und für die Anpflanzung zahlreicher
1 troischer Sagen.
Die ältesten Bewohner des westlichen Siziliens
sind die Elymer, durch die Oenotrer Griechen und
' Pelasger; es ist derselbe Volksstamm, welchen wir
in Unteritalien, Epiros und den benachbarten Gegen¬
den finden. Wie an diese die troischen Sagen an¬
geknüpft, ein Troer Elymos, Repräsentant der Völ¬
kermasse, geschaffen wurde, darüber hat sich Klausen
gelehrt und umfassend verbreitet. Die Sage von
Aeneas war vermuthlich über Korinth nach Syrakus
gekommen, wo er mit der Arethusa, einer Neben¬
gottheit der erykinisch-dodonäischen Göttin, in Ver¬
bindung gesezt ist. So tief die Sagen von den
Troern bei den Elymern auch gewurzelt sind, so
haben sie doch keinen geschichtlichen Grund, und
Aeneas ist hier erst nach üebereinstimmung mit der
dodonäischen und akarnanischen Aphrodite der Göttin
vom Eryx beigeordnet. Die pelasgische Völkerschaft
hatte ihre Vorstellungen von der Aphrodite mitge¬
bracht, und da sie auch hier auf die Beschäftigung
mit Akkerbau und Viehzucht gewiesen war, so ge¬
wann die Aphrodite vom Eryx auf ganz natürliche
Weise dieselbe Gestalt wie in Epiros und Akarna-
nien. So sehen wir denn auf dem Gipfel des Berges
Elymca einen Altar der Aphrodite-Aiaeias errichtet,
304
m Segesta aber ein Heiligthum des Heros Aeneas
Wie in Epiros Riod und Pferd, so ist hier, obgleich
auf dem Eryx das Rind nicht fehlte, gemeinhin der
Hund das Sinnbild der Gewässer, und die Aphrodite
stand in Sizilien mit dem Hunde wie dort mit dem
Rinde in gottesdienstlicher Beziehung. Dass indess
Aphrodite auch hier eine Rindergöttin war, zeigt
schon ihr Liebling Butas, mit welchem Aphrodite 1
den Faustkärapfer Eryx, den Räuber der heraklei-
schen Rinder zeugt. Als eine Rindergöttin fasst sie
auch Kalpurnius und an den Festen der Göttin,
den Katagogien, erkennt man die Gegenwart der
Aphrodite an dem überall verbreiteten Butter ge¬
rn ch. Auf dem Berge Eryx lag das alte Elymische
Heiligihum der Aphrodite mit einer dädalischen Mauer
umgeben die troischen Mythen Hessen ihn aber
von drei troischen Jungfrauen gegründet werden
Aeneas aber, welcher auf die einheimische Gestalt
des Eryx, wie Anchises auf die des Butas, gepfropft
ist, sollte mit seinem Vettern El y mos undAigestos |
die Städte Äegesta (Segesta) undElyma erbaut, den \
Eryx kolonisirt haben
Bevor wtl* zur troischen Ausbildung der Aphro¬
dite Aineias übergehen, müssen wir noch die östliche i
an die epirotische grunzende, die thessalische Rin¬
dergöttin Aphrodite erwähnen, lieber die fruchtrei- ;
eben Ebenen, über den Ruhm der dortigen Viehzucht i
braucht nichts weiter gesagt zu werden; ein blosser
287) Auf einer Münze Mionn. 1 Nr. 651. ein Frauen- ,
köpf mit Thiirmkrone. Aeneas mit Anchises.
288) Kalpurn. Eid. 9,57. vgl. 71, 90.
289) Diod. 4, 78. vgl. Polyb. 1, 55. j
290) L y k 0 p h r. 958. ^
291) Dionys, 1, 52. Cie. Verr. 4, 33, 72. !
I
i
!
305
Wink 7.iir Erinneniiig' daran reicht hin, um sich vor-
Kiistellen, dass Aphrodite gerade in dieser Form dort
erscheinen musste. Zwar nur art einem Orte-, zu
Pharsalos, wird uns die Aphrodite Aineias durch ihren
Sohn verbürgt aber desto öfter kommen Namen
vor, welche auf diesen Begriff anspielen. Ein Ainos
lag in der Nähe des Ossa, wo Aenianen wohnten, und
Ainia beim thessalischeo Dodona, wo ebenfalls Äeoia--^
uen wohnten. Die Haiiptsize der Aenianen in ge¬
schichtlicher Zeit waren im südlichen Thessalien, und
ihre Hauptstadt war Hypata in der Ebene des 8per^
:heios Es . ist sehr lokkend den Namen der
[Aenianen mit der Aphrodite- Aineias in Verbindung
bringen; allein wir unterlassen es, um uns nicht
laus den Gränzen verbürgter Wahrscheinlichkeit zu
[rerlieren, und wohl erwägend, dass dem Mythologen
Inch nur zu leicht das darbietet, was man wünscht,
loie Gottheit der Aenianen ist Aphrodite, und ihre
i Mythen sind mit denen des Herakles verflochten,
I kvelche Volkssagen bei ihnen geworden waren. Der
•Vame Aineias wird uns von ihr nirgends genannt,
aber deutlich kündigt sie sich als eine Göttin des
Gebens und des Todes an, deren aus der dunkeln
: riefe Leben hervortreibende Kraft wie in den Saaten
i ind im Loos der Seelen nach dem Tode angeschaiit
kvird, so auch in der Segnung des Viehes mit Frucht-
aarkeit wirksam ist. Sie führt den Namen Aphro-
Ilite-Persephone, und ihr weihte Herakles im
Lande der Aenianen ein Heiligthum, als er Geryons
Heerde göttlicher Rinder von Erythia hertrieb. Die
iGöttin Pasiphae hatte sie aber durch Liebeslust ge-
292) Tzetz. z. Lykophr. 1263.
293) Otfr. Müller. Dor. 1, 44 n. 260. vgl. 423.
11. 20
306
l)Hndi«'t dem Namen Pasiphae ist Aphrodite
hier bezeichnet, und darunter verstehen wir eine anS
Licht bringende Göttin, welche den Keim der Pflanze
hervortreibt und Fruchtbarkeit befördert. Das ist zu¬
gleich die Göttin, welche mit Zeugungslust be¬
gabt Liebesbrunst der Kinder durch Be¬
friedigung stillt. Es ist ganz eine Lebens-, Licbes-
tind Todesgöttin, wie die Kersa-Aphrodite. Die spal¬
tende hellenische Religionsanschauung erkannte m
der Aphrodite nur eine Göttin des Lebens und der
Liebe, in der Persephone nur eine Göttin des Todes;
die Vereinigung beider Namen zu einer Aphrodite-
Persephone giebt uns den vollständigen ungethed-
ten Begriff der Aphrodite wieder, der Lebens- und
Todesgottheit, zu weicher zur Vervollständigung des
Begriffes noch eine Pasiphae, eine Reizenn zur Lust
tritt. Unter diesem Namen kommt sie an keinem an¬
dern Orte vor, und v es gleichen ^
nur die Ariadne- Aphrodite Zu Ämathus. Sie
waltet hier im Viehstande, und bereichert, indem sie
das den Göttern Vorbehalten gewesene Eigenthum zu
menschlicher Bereicherung verwenden lässt. Aus der¬
selben Heerde hat auch Eryx einen Stier, welchen
die Brunst von Italien nach Sizilien übers Meer ge-
294) Aristot. Mirab. auscult. Kap. 145. Bekman S. 294 bis
300 mit den Kdmmentaren der Gelehrten. Der Text lautet bei
W’estcrm. Paradoxograph. S. 48.
‘HQccxlii]? n/uhno<j£ Kv&^qa HfQffi'f aaeffp
TtiQvoviiu? uyikag tkäiDV "Eqv&smv aywv.
T(t5 d’ida^aGGS nö&M üaCKf asaca &icc.
TTjds Jf |UOi- Tty.vM rm Eqv&ov ts dcifiag.
’Nv^'foyivis ’EqvS-»]. tb} r6d’ Mo»ck nidov
MvafAhavvov (f tUctg, qrjy^ vno axKqn,
295) .loh. V. Lyd. 4, 44 S. 89. znAttzra d'i (Apbro-i
dite) xed nemfatj, n ndaw inwpfusct j^v rjdoviiv.
30/
trieben hatte, unter seine Heerde gemischt um
edleres und göttliches Blut in die Adern derselben
7,11 bringen. Er weigert sich ihn herauszugeben, und
Herakles muss ihn dem Eryx mit Gewalt wieder ab«
gewinnen.
Diese bisherigen Ergebnisse über die Aphrodite
und der ihr hier beigelegte Name fordern uns auf,
einen kurzen Bericht über den mythologischen Ge-
' winn einzuschalten, welchen Gerhard auf archäologi¬
schem Wege sich aneignete. Was hier nämlich im
jVorhergehenden gesagt ist, erhält noch eine Bestäti-
Ignng durch die durchgängig in hieratischer x4lter-
: thümlichkeit ausgeführte Vorstellung eines weiblichen
[Idols, welches hauptsächlich aus der Gruppe S. II-
[defonso bekannt war, ausserdem von Gerhard aber
lin mehr als zwanzig plastischen Vorstellungen nach-
gewiesen ist. Jenes Idol ist durchgängig bekleidet;
es pflegt, mit einem Modios bedekkt und durch diesen
als eine Erdgottheit bezeichnet, neben jener allge¬
meinen Beziehung aber durch zwei ausdrukksvolle
Gebärden zugleich Aphrodite und Persephone zu¬
geeignet zu sein. Die eine jener Gebärden ist die
anzmässige Hebung des Gewandes mit der linken
Gand; eine Bewegung, welche besonders aus den
lieratischen Bildern und AulFassungen der römischen
50 benannten Spes bekannt, und, wie dieser Appel-
ativname selbst, der Aphrodite angehörig ist. Da¬
gegen besteht die andere jener Gebärden in dem
luheu der rechten Hand auf der Brust, wie wir ein
|5olches als symbolischen Ausdrukk eines festen Schlum-
ners auslegen dürfen, und wird überdies durch den
ift derselben Hand zugetheilten Apfel oder Granat-
jipfel unterstüzt. Diese Figur ist noch später von
296) Apollodor 2, 6, 10.
20#
ii
308
Oerlisnl in (len Bildern der drei fachen Hekate
nachgfewiesen worden. Abgesehen von dicker mit
ihrer Geltung als Ai)hi odi(e-l*,erse|)hone sehr wohl zu-
sammenstimraenden Anwendung, ist sie auf jenen von
Gerhard früher nachgewiesenen Bildwerken mit als
Attribut anderer Figuren dargesteüt, welclie den Sinn
jenes Idols genugsam erläutern, neben Schlaf und
Tod, neben dem opfernden Herakles, neben
Bakchos, sterblichen Eingew' ei hte n u. s. w.
Die Stelle, welche dies Idol im alten griechischen
und römischen Gottesdienst einnahm, muss, wie schon
aus unsern Darlegungen des Kultes hervorgeht, sehr
bedeutend gewesen sein, und die Untersuchung bleibt
oSTen, welcher Namen ihr in derselben entsprochen
habe, falls sie überhaupt an allen Orten durch einen
besondern Namen bezeichnet gewesen ist, was mir
nicht einmal wahrscheinlich dünkt. Indess hat Ger¬
hard den Namen Aphrodite -Persephone als
einen mythologisch beglaubigten dafür vorgeschlagen,
ohne selbst behaupten zu wollen, dass dieser aus
einem vereinzelten Zeugniss uns gebliebene Name
die durchgängige Benennung aller jener zahlreichen
Idole dargeboten habe. Er hat auch zugleich die
Vermuthung 'wahrscheinlich gemacht, welche hotfent-
lich durch unsere Untersuchungen noch bestätigt wird,
dass jenes häufige Idol in den meisten Fällen mit der
Idee und Benennung einer Bakchosgemalin, einer
Kora, Ariadne als Göttin Libera und etwa auch mit
der römischen Libitiua zusammengefallen sei, und zn
diesem Behufe die mancherlei Erscheinungen verfolgt,
welche im Teinpeldienst und in Kunstdenkmälern an
297) Archäol. Intellig. Blatt z. Allg. Hall. LZtg. 1836 August.
298) Venere Proserpina illustrata da Odoardo Gerhard.
Poligrafia Fiesolane 1826 u. Kunstblatt 1826.
N
309
tier eplrotischeo Dione die Einheit einei’ Lebens-
Liebes- und Todesgottheit beglaubigen.
Es ist eine Eigeothümlichkeit der samothrakischen
Gottheiten, dass sie den Menschen Segen bereiten,
Segen zu Wasser und zu Lande; und leicht einzu-
sehen ist es, wie nahe Aphrodite- Aineias, welche
im Viehstand waltet und Schiffahrt begünstigt, einer
samothrakischen Gottheit kommt. Wir wissen zwar,
j dass Aphrodite auch eine saraothrakische Gottheit
! war, erfahren aber nicht, ob sie dort als Aineias wirk-
I lieh verehrt wurde; indess ist es für ihre Verehrung
1 daselbst von Wichtigkeit, dass man auch den Aeneas
auf seinen Wanderungen nach Samothrake gelangen^
und ihn dort eine religiöse Zerimonie einrichten liess.
Die epirotische Aphrodite und die samothrakisehe
! sind aber nach den ersten Säzen der pclasgischen
Religionssysteme so verwandt, dass sie nur verschie¬
dene Formen desselben Wesens sind. Indem von
der samothrakischen Aphrodite wieder die troische
abgeleitet ist, die Bewohner der kleinasiatischen, na¬
mentlich der nördlichen, Küstenländer aber ähnliche
Beschaffenheit der Natur besassen ; und auf ähnliche
Beschäftigung des Akkerbaues uhd der Viehzucht
hingewiesen waren, wie die Epiroten und Akarna-
nen, so musste die Aphrodite hier auch im Allgemei¬
nen dieselbe Gestalt, wde bei jenen Völkern die Ai¬
neias, gewinnen. Sie ist hier Jedoch nicht unbedingt
dieselbe Gottheit wie in Epiros; vieles ist zu ihr her¬
angebildet werden, welches der epirotischen Göttin
ganz fremd ist; sie führt auch nicht den Namen Ai¬
neias, sondern sie hat dafür einen Sohn dieses Na¬
mens, in welchem die ihr in dieser Form zu Grunde
liegenden Ideen in ihrer Verkörperung erscheinen.
Bass an beiden Orten unabhängig sich der Name Ai-
310
neias gebildet haben sollte, scheint mii' noch einer
näheren Begründung ku bedürfen. Bei der grössten
Innern Verwandtschaft |)flegen mythische Gestalten,
welche auf verschiedenem Boden erwachsen, auch
verschiedene Benennungen za erhalten, und wo die-,
selbe Benennung wieder vorkommt, ist auch eine
Uebertragung derselben nachweisbar. So scheint es
mir denn auch, dass der Name Aineias nur eine
Heimat habe, und hiebei sich für eine troische zu entr
scheiden fällt nicht schwer. Nur stehen dieser An¬
nahme wieder die Namen der Oerter, wenn sie alle
wirklich auf diese Aphrodite bezogen werden müssen,
entgegen. Dass die Eigenschaft der Aphrodite, wel¬
che durch Aineias ausgedrükkt ist, in Troas auf einen
in ihrem Sinne handelnden Sohn übertragen und in ihm
verkörpert erscheint, während in Epiros diese Wirk- 1
samkeit als an der Aphrodite selbst haftend betrachtet
wurde, scheint mir kein Hinderniss einer üebertra-
gung des Namens zu sein. In dem Worte Aineias
konnten die Epiroten die richtige Bezeichnung auch
ihrer Göttin erkennen, und derselben den Namen ge¬
hen. Indess wollen wir die selbstständige Entste¬
hung desselben Namens zur Bezeichnung desselben
Begriffes an verschiedenen Orten nicht unbedingt ab¬
weisen.
Samothrake soll in ältesten Zeiten Dardania
geheissen haben, und Dardanos ein Sohn der Elek¬
tra und später als Kabir betrachtet, der Beherrscher
des Landes und ilepräsentant des Volksstamraes ge¬
wesen sein. Er zieht, entweder durch eine lieber- ;
schwemmung, oder durch den Zorn der Götter ge-
nöthigt von hier nach Troas. und gründet das dortige |
Reich der Dardaner, deren Palladion sowohl, wie
299} Paus. 7, 4, 3. Diod. 5, 48. Lykophr. 13.
311
i aeren Göttin Pallas ebenfalls aus Samothrake stamm-
i<en. Das Gebiet von Troas gehört zu denjenigen
l.ändern Kleinasiens, welche am frühesten hellenisirt
1 wurden. Man muss dies aber nicht so verstehen, als
j wenn hier früher Völker ganz fremden Stammes ge¬
wohnt hätten; sondern diese waren den Hellenen
I ebenso verwandt, und standen in demselben Verhält-
t-'iiisse zu ihnen, wie die Felasger. Gewiss ist der.
‘ Vergleich Klausens sehr passend, dass man sich die
Hellenisirung Kleinasieiis so vorzustellen habe, wie
[ etwa die Germanisirung Schleswigs. Zunächst soll-
Troas von Lesbos aus kolonisirt sein ®““). Durch
diese Kolonisirung ging’en aber die lieligionsbcgriffe
der alten Teukrer keinesweges unter, aber sie wur¬
den in hellenischer Weise aufgefasst und fortgebil-
liet. Statt der alten Göttin vom Ida, welche vermatli-
lieh dem samothrakischen Axieros entsprach, wurden
tlhea und Aphrodite, welche auf Samotlirake ge-
1 herrscht hatten, mit griechischen Namen auch in Troas
i angeführt; ebenso Athene, Apollon und Poseidon.
Unter diesen griechischen troischen Gottheiten wurde
meiner bedeutender als Apollon, keine berühmter als
!\phrodite. Die frühem Gottheiten sind mit Ausnahme
ler Idäischen Mutter, welche durch die Vermengung
iuit der aus Phrygien und durch das Eindringen der
i?hryger in Troas herübergekomraenen Agdistis einen
lioch festem Bestand erhielt, darüber verdunkelt,
j In dem Kreise der Aphrodite von Troas ziehen
orzugs weise zwei Namen unsere Aufmerksamkeit
Ulf sich. Es sind dies die beiden Heroen Ä nchises
ind Aeneas, von denen der eine ihr Geliebter, der
tulere ihr Sohn heisst. Der, Name des Ancliises,
I 300) Herodot 5, 122, Strabon 13, 582. 599.600.Thu-
312
erklärt sich einfach daraus, dass er ihr Geliebter und
Gunsterapfän^er , der Aphrodite nahe g^ekoinmen
ist Die Analogie zum Jason und die Abstam¬
mung vom samothrakischen üardanos lassen nicht
wohl bezweifeln, dass Anchises ein vermittelnder
Dämon im Dienste der hellespontischen Göttin war,
welche einerseits der dindymenischeu Mutter, ande¬
rerseits der Aphrodite entsprach. Wie die Vorstel¬
lung einer Liebesverbindung zwischen Aphrodite und
einem Sterblichen entstanden sei, ist nicht nachzu¬
weisen, doch muss ein solches von der Göttin vom
Ida ursprünglich überliefert sein. Diese war in die
Aphrodite aufgegangen, welche nun ihren Hauptsiz
auf dem Ida angewiesen erhielt, und aus diesem
Grunde wollen wir sie die Idäische Aphrodite
nennen. Oer Name einer Aphrodite - Aineias,
oder, wie Klausen sie nennt, der äneadischen Aphro¬
dite, scheint uns nicht alles zu sagen, denn sie um¬
fasst die Aphrodite-Aineias und die Vorstellun¬
gen der Idäischen Mutter, wenigstens einen
Theil derselben. — Aus jener Liebesverbindung der
Aphrodite mit Anchises geht Aeneas hervor, welcher
in Troas nicht bios als Heros, sondern laut einer In¬
schrift auch als Gott verehrt wurde. Dieser Aeneas
ist der Geist, welcher die Götter zu gewinnen weiss,
in dem Grade gottgeÜebt erscheint, dass die Götter
sich seiner annehmen, Apollon ihm Stärke giebt
und ihn zum Kampf anspornt, Foseidou ihn vor Achik
301) Efcymol. M. ’Ay/loijg nuQu lo uyyt,, ro iyyvs ytvic&M
A(fQo(Str>jg. Aeschyl. Arm. Jud. frg. 162. "Aanixltiag aaaov
Jlövffog. Ebenso Plut. Fort. Rom. 9. ^toli igäc/iiot
ntjlng xui Ayxißcu. Ae sch. Hikct. 300. u. die übrigeo Steilen
bei Klausen.
302) Ilias 17, 323. 20, 79.
313
les rettet, damit Zeus nicht zürne, wenn Achilles ilin
umbringen sollte, da ihm einmal die Erhaltung be-
scbieden ist, damit Dardanos Geschlecht nicht aus-
I sterbe, sondern Aeneas und seine NacUIiommen über
I die Troer herrsche Anderseits ist Aeneas aber
auch allen Menschen, welchen er sich naht, durch
die Gunst Aphrodites willkommen und erwünscht
so dass ihm das Geschäft eines zwischen Gottheit
und Menschheit vermittelnden Dämons obliegt, und
ihm eine Eigenschaft anhaftet, welche eigentlich seiner
Mutter eigen, er von dieser empfangen hat und in
I ihrem Namen ausübt. Dieser wurde aber von einent
{ Sterblichen gezeugt, damit dadurch der Grund ge-,
I geben war, weshalb die Göttin den Sterblichen so
; gefällig sei.
Die Beschäftigung aller A^ölkerschaften Trojas
fl und der benachbarten Gegenden, über welche diese
I Aphrodite mit ihrem Sohne sich ausbreitete, ist Vieh-
I Zucht, und ihr Sinn vorzugsweise hierauf gerichtet.
In ihren Heerden mussten sie daher auch vorzugs¬
weise das Walten ihrer Göttin erkennen. Deshalb
! kommt Aphrodite schon zum Anchises bei den Rin¬
dern, und sein Grab zeigte man am Ida, wo Rin¬
derhirten und Schaafhirten es jährlich bekränzten
Die tfoische Viehzucht spiegelt sich auch mythisch
wieder in den Heerden des Laomedou; in mehreren
troischen Städten dienen Rinder auf Münzen zum
Zeichen. Auch die Bebryker treiben Rinderzucht.
Aeneas opfert seiner Mutter eine Kuh, weiche sie
303) Ilias 20, 291 ff.
304) Ko non 46, Aineas nuat als
t^s ’Aff Qodutjg,
305) Eustath. z. 11. 12 S. 894.
ihm selbst gegeben und er erfährt durch sie die,
BesebaflFenheit und Behandlungsart des Bodens ^®’).
Im Stier aber, insofern er als Opfer dient, erkennt
der Grieche die Kraft des Dionysos, weleher deshalb
selbst Stiergestalt hat. Diese dionysische Kraft er¬
kennen wir aber überall in der Aphrodite, wo sie in
Bezug auf den Boden erscheint, die Pflanzen hervor- !
lokkt, und den Heerden Fruchtbarkeit und Gedeihen
giebt; wir haben sie in der Freude der Festfeier
wahrgenomtnen , wo der Mensch der Gottheit nahe i
geführt wird. Aphrodite vermittelt hier, hebt die
Gränzen zwischen Gottheit und Menschheit auf, und
übt eine hekatäische Gewalt, wie sie selbst eine He¬
kate ist Dieser hekatäisch vermittelnden Göttin
werden also auch die Stieropfer gefallen sein, welche,
jnan ihr zu Amathus auf Kypros, wo auch die zerin-
thische Aphrodite Verehrung genoss, und aufLemnos I
brachte. Wahrscheinlich fanden aber auch Stieropfer
an allen solchen Orten statt, wo Aphrodite eine Kecr-
dengöttin war, und dadurch Reichthum und Segen
spendete. Erwähnung verdient noch das Verhältniss,
in welchem der Fluss des Landes, Skamandros, zum
Kult der Aphrodite steht. Während auf Kypros die
Jungfraun ihre Jungfraunschaft der Göttin im lempel
weihten, übergaben sie dieselbe in Troas duren ein
Bad dem Skamandros s offenbar in der sittlicheren
Beziehung, welche der troische Kult durch grösseren
Einfluss des Fhrygischen vor dem Kyprischen vor-''
aus hat.
ln andern Landschaften gesellte sich die Pferd e-
306) Ko non 46.
307) Ovid. Matam. 14. 117. didicit quo jura locorum.
308) S. S. 252.
308a) Abscha. 3, Anm. 30 u, 41.
315
Äncht zu diesen Vorstellungen statt der Rinder; sa^
in Arisbe und Abydos. Daneben entwikkelte sich
viel Poseidons Dienst, namentlich an den Küsten, in
der Art wie wir die Vereinigung des Dienstes des
Poseidon mit dem der Aphrodite in Epiros und Äkar-*
I nanien ® ®®) wahrgenommen und aus der Beziehung
! der Aphrodite zum Wasser nachgewiesen haben
In den troischen und benachbarten Gegenden wird
j Aphrodite namentlich sehr viel mit Poseidonischen
Vorstellungen verbunden, welche, wie Klausen ver-
muthet, ganz von Antandros ausgegangen sind, und
an einigen Orten die ersten und ursprünglichen Ver¬
bindungen der Aphrodite mit dem Boden und der
Viehzucht sogar überwogen. Der troischen Aphro¬
dite wurden wahrscheinlich auch Schweine, die Sym¬
bole der Akkerfrucht, zum Opfer gebracht. Diese
Sitte haben wir in Argos, auch Kypros, in Pamphy-
lien und Thessalien angetrolTen *' '), und mussten sie
‘der Aphrodite-Kastnia zueignen. Wenn nun
die Mutter des Aeneas geradezu Kastnia heisst,
so folgt daraus ja schon von selbst eine Aphrodite-
Kastnia für Iroas. Gebräuchlich muss dieser Name
auch sonst hier noch gewesen sein, wie die Heroine
iKastiaueira bekundet, von welcher Priamos den Sohn
Gorgythion hatte Entweder von Thessalien ist
der Name Kastnia nach Troas hinübergekommen, oder
durch den wechselseitigen troischen und kyprischen
Einfluss. Auf troischen Gebrauch des Sauopfers weist
cs zurük, wenn in Lavinium die weisse Sau, welche
309) S. Anm. 281. ff.
310) S. Anm. 245 ff.
311) S. Abschn. 3, Anm. 69 ff.
312) Lykophron. V. 1234.
313) II. 8, 302. Apollodor. 3, 12, 5.
316
mit ihren dreissig Ferkeln den Penaten geheiligt war^
von Aeneas aus Troja mitgebracht und dort geopfert
worden war.
Aus den Poseidonischen Beziehungen der Aphro¬
dite, aus ihrer Beförderung der Seefehrt, ist dem
Aeneas das Geschäft des Ansiedelns und Städtegrün¬
dens zu Theil geworden. Dies gab die Veranlas¬
sung, dass die Mythe den Aeneas fast durch alle
Länder und Meere Griechenlands reisen und Städte
gründen lässt, welche entweder seinen oder seiner
Mutter Namen tragen. Es braucht wol aber kaum
bemerkt zu w'erden, dass die Sage ihn dahin ziehen
lässt, wo bereits der Dienst seiner Mutter in der
Form einer segensreichen, gnädig vermittelnden Gott¬
heit bestand. Wo diese Vorstellungen sich am un¬
gestörtesten entwikkelten, bemerkt Klausen, traten
Geschlechter auf, welche behaupteten, ihnen selbst sei
diese gottgefällige Natur angestammt. Das berühm¬
teste dieser Aeneadengeschlechter ist das von Skep¬
sis am Ida^ ein anderes scheint im kydonischen Land¬
strich von Kreta geblüht zu haben, ein drittes und
viertes können wir vielleicht als einen Zweig der
Anchisiaden in Sikyon und der Jamiden im nordöst¬
lichen Arkadien um Stymphalos annehmen. Wie diese
von einander vernahmen, bildete sich von selbst die
Bleinung einer gemeinschaftlichen Abstammung. Nichts
fesselte aber den Heroen mehr an einen Ort als sein
Grab, und daher behaupteten unzählige Orte, Aeneas
sei bei ihnen begraben Hiebei möchte man aber
nur die Gewissheit haben, dass der Name der Aphro¬
dite als Aineias an allen jenen Orten, wo sie im
Böden oder in den Heerden waltete, oder die Schiff¬
fahrt gelingen Hess, in der That auch, ursprünglich
314) Dionys, v, Halik. 1, 54.
31t
lind elgenthüralicli unter dem Namen Äineias ver«
«hrt, nod dieser nicht vielleicht erst später auf man¬
che Oerter übertragen sei. Ebenso ist es natürlich,
mit dem Heros.
Ueberall wo wir den Aeneas finden, dort müssen
wir also eine Aphrodite voraussezen, welche wie die
Aphrodite Aineias wirkt, d. h. eine hekatäisch wir>ä>
kende Göttin, welche den Keim aus dem Boden treibt^
durch welche die Heerden gedeihen und Schiffahrt
gelingt. In Thrakien nicht weit von der Mündung
des Hebros, und in der Nähe von Troas und Samo-
thrake, liegt der Ort Ainos. Einflüsse von Samothrake
iher auf Thrakien haben wir schon bei der zerinthi-
! sehen Aphrodite kennen gelernt, eine alte Verbindung
zwischen Ainos und Troas wird uns durch die be¬
kannte Sage gesichert, dass Friamos seinen Sohn
|Polydor zum dortigen Könige Polymestor gab, wel¬
cher des Priamos Tochter lliona zur Gemahn hatte
und denPolydoros umbrachte, um sich dessen Schäze
zu bemächtigen. Nun bringt die Mythe auch diese
Stadt mit Aeneas in Verbindung, und lässt diesen den
Schatten des Polydoros durch Todtenopfer versöh¬
nen Weiter gegen Westen finden wir auf der
chalkidischen Halbinsel Makedoniens die Stadt Aineia
und einen Kult der Aphrodite; Aeneas sollte der
Stifter sein und auch auf dem Vorgebirge selbst
den dortigen Tempel seiner Mutter gegründet haben.
Ausserdem wurde ihm ebenfalls in Aineia Heroen¬
ehre bewiesen, und jährlich ihm ein ansehnliches Fest
315) Virg. Aen. 3, 62 ff. mitServius. Amm.MarcelL
27, 3. Pompon. Mela 2, 2. Eximia est Aeuos, ab Aenea pro*
fugo condita.
316) Dionys, v. Halik, 1, 49.
MÖ
hiit einem grossen Sthmause gehalten ®*^). An der
ganzen Küste, wie auch im Innern des Landes in
Pydna nnd am makedonischen Olymp findet man Sa¬
gen von Aeneas und Anchises in Menge , welche
Klausen auf uralte Verbindungen zwischen Troas und
Makedonien gründet, nnd die Thessalischen Sa¬
gen von Aeneas von hier ableitet. Dann kommt
Aeneas südlich nach Delos wo alter und be¬
rühmter Aphroditekult blühte, und durch die Gast¬
freundschaft des alten Sehers und Königs der Insel,
Namens Anios, mit Anchises das Band eng geschlun¬
gen werden konnte. Anios heisst selbst ein Ver¬
wandter des Anchises. Der südlichste Punkt, an wel¬
chem wir den Aeneas finden, ist Kreta Dann
kommt er nach Kythera, muss hier das Heiligthum
der Aphrodite gründen wendet sich dann nörd¬
lich, wo Etis und Aphrodisias an der lakonischen
Küste von ihm stammen ***). ln dieser Gegend sind
inuthmasslich die poseidonischen Beziehungen über¬
wiegend, aber im Innern des Peloponneses, im nord¬
östlichen Arkadien kann man mit Sicherheit die ganze
Wirksamkeit der Aphrodite auf Boden und Gedeihen
der lleerden voraussezen. Dort findet man einen
reichen Sagenvorrath über Anchises und Aeneas. Bei
Orchomenos war ein Berg Anchisia mit einem Grabe
des Anchises au dessen Fuss, ein altes Heiligthum
der Aphrodite stand daneben Die Veredlung
317) Liyiu s 40, 4.
3!8) Strabon. 13, 608. Schol. z. II. 459. '
319) Dionys, v. Halik. 1, 50. vgl, Palaiphatos bei
■Serv. z. Aen, 3, 80.
320) Serviiis z. Virg. Aen. 3, 133.
321) Dionys. 1, 50.
322) Pausa n. 3, 22, 9. 8, 12, 5.
323} Pa US an. 8, 12, 8.
'^er Rosszüchf, in welcher man die Kraft und daö
Gedeihen des Landes erkennt, wird zu Mantinea, Phe-
neos und Sikyon unter Änschises Schuz gestellt. In
Pheneos ist Anchises selbst in Sikyon wohnt
sein Sohn Echepolos und die Sikyonischeo Mün¬
zen geben den Aeneas mit einer Taube. In Orcho«
menos soll Aeneas gewohnt **®), das benachbarte
Kaphyai gegründet und nach seinem Grossvater Kapys
benannt haben In Argos, w'O man das Palla¬
dium zu besizen glaubte stand das Bild des
Aeneas aus Erz auf dem Plaze Delta, dieser war von
Denkmälern umgeben, welche sich auf Aphrodite be¬
zogen: nahe dabei das Gebäude, in welchem die
Frauen den Adonis bew^einten, dann die Gerichtsstätte
der Hypermnestra, Aphrodites eigner Tempel und ein
Heiligthum der Arterais-Feitho, welches Hypermne¬
stra nach ihrer Freilassung ^veiht; dies dem Bilde
des Aeneas zunächst Hier im Peloponnes, und
zwar im Arkadischen Nasos,' glaubt Klausen eine
vierte ursprüngliche Wiege des Aeneas annehmen zu
müssen, wde in Troas, auf der Makedonischen Küste
und auf Kreta die andern.
Das Dardanische Königthum der Troer haftet
allein in der Sage der Ilias am Familienzweige des
Priamos, in der Wirklichkeit aber gebührte dem An-
, chises der Thron. Mit ihm zeugt Aphrodite ihren
geliebten Sohn Aeneas und will ihm dasKönig-
324) V'irgil Aen. 8, 162.
325) Ilias 23, 295.
326) Dionys. 1, 49. Pausan. 8, 13, 1.
327) Strabon 13, 608. Dionys, a, a. O.
328) Pausan. 2, 23, 5.
329) Pausan. 2, 20, 6 ff. 2, 21, 1 ff.
330) II. 5, 378. (f/ilop vlop ÄlpBiap, os i^ot naptmp mü fll-
Taros ian. Vgl. Quint, v. Smyrna 13, 326. Try phiodor 651,
320
llium wieder ziiwCBden. Es war überall in Griecben-
laod die Sitte die königliche Herrschaft einer gött¬
lichen Gunst zuzuschreiben und den Inhabern einen
göttlichen Ursprung zuzusclireiben. Bei den klein-
iiatischen Völkern, den Lydern, Mysern, Phrygern
tind Dardanern^ war es eine durchgängige Ansicht
idas Fürstenthum ihrer königlichen Geschlechter von
einer aphrodisischen Bevorzugung ihrer Ahnherrn her¬
zuleiten. Aphrodite ist diejenige Göttin, welche aut
hekatäische Weise die Götterwelt zu der menschlichen
herabzieht, und die ewigen Gränzen zwischen beiden
aufhebt; sie ist es, welche den Zeus zu Jo, Danae,
Alkmeoe, Semele, Europa herabkommen heisst, und
ihre Freude daran hat die Götter an den Menschen
Wohlgefallen finden zu lassen. Diese Vorstellungen
von der Troischen aus Samothrake stammenden Aphro¬
dite, wurden durch die Vermischung mit derldäischen
Mutter erweitert, welches durch die Bebryker ver¬
mittelt wurde. In Folge des steigenden Buhmes der
von uns so benannten Idäischen Aphrodite kam noch
mehr üebereinstimmung in die schon an und für sich
eng verwandten Kulte der gesamten phrygisch-lydi-
schen Völker; die Sagen von Aeneas werden sogar
bis nach Phrygien hinein verbreitet, und Aeneas auf
die Pessinuntische Göttin bezogen Der Gold-
först Blidas ist der Sohn der Muttergöttin mit dem
Pflüger Gordios wie die vom Sangarios kom¬
mende goldgeschmükkte Aphrodite sich das Lager
eines Sterblichen gefallen lässt, und mit dem Hirten-
fürsten Anchises den Aeneas zeugt, damit ein Königs-
gcschlecht geboren werde. Die Sagen über die haupt¬
sächlichsten Heroen und Gründer der Fürstenge-
33J) 0 vid. Fasti 4, 252. H ero dian 1, 11.
332) Hygin. Fab, 191,
321
schlechter bei diesen Völkerschaften findet man alle
nach grosser Uebereinstioituong und in demselben
Geiste gebildet. Oordias und Gyges erhalten von ihr
das Königthum selbst, Reichthiini an Gold Gyges,
Kroesos, Ridas, Reichthum an Rossen Erichthonios,
Anchises, Askanios. Ihre Cieschlechter sind von der
Aphrodite bevorzugt; sie haben das Königtbumj we!-
1 dies hauptsächlich ein priesterliches ist; sie übenden
• Gottesdienst und geniessen die Göttergiinst Wie in
Troas beim Anchises sind auch beim phrygischeii Gor-
dias Götterliebe und Weissagung verbunden. In Ly¬
dien vereinigt Gyges die beiden phrygischen Perso¬
nen Gordias und Midas: dieser ist Gordias Sohn und
sein Reichthura eine Folge der Göttergiinst, sein Göt¬
terdienst macht ihn mächtig Eine göttliche Jung¬
frau von grosser Schönheit, aus einem Sehergeschlecht^
lehrt dem Gordias die Gebräuche des Opfers, ver-
heisst ihm das Königthumj und trägt sich ihm selbst
■zur Ehe an Das Kind jener Ehe ist eben Mi¬
das. Die grosse Aehnlichkeit dieser Fabel mit der
von Anchises und Aphrodite, wie wir sie im homeri¬
schen Hyninos haben, springt auffällig in die Augen.
Ebenso ist es auch in der lydischen Sage vom Gvges
eine schöne Frau, die reizende Geraalin des Kandau-
les, welche ihm Ehe und Herrschaft bringt ***}. Gy¬
ges ist ein Dämon ganz aphrodisischer Natur und ein
Träger des lydischen Goldreichthums seine
333) Arnob. 2, 73. Post Gordium filius Midas regnavit,
qui ab Orpheo sacrorum solemnibus initiatus, Phrygiam religio-
^ nibus implevit, quibus tutior omni vita quam armis fuit.
334) lustin H, 7. Arrian Feldz, Alex. 2, 3. vgl Gurt. 3, 1.
335) Herodot. 1, 11.
336) Archilochos ov,uot> räFvyia tm nolv/Qvffov uiltt, bei
Arist. Rhet. 3, 17, 30* Schneidewin Delect. epigr. gr. S. 178.
Vgl. das Epigramm des Leonidas w Tarent in Jakobs Ausw.
21
322
Stadt Sardes ist die goldreiche **’). An den Festen
der Aphrodite entfaltete sich der ganze Reichthutu
und Glanz des Volkes, und an einem solchen Feste |
wurde nun Krösos geboren, dessen Reichthum spriieh- i
wörtlich geworden In seiner aphrodisischen
Natur bezieht sich Gyges auf einen See, den gygäi-
schen, welchen schon Homer kennt. Er ist ein Sohn
des Daskylos, und dieser Name folgt der lydischen
Nazion überall hin. Daskylos ist Ges-taltei des Gol¬
des, während die Daktylen Arbeiter in Eisen sind;
dies am Ida, jenes am Tmoios. Der daskylisebe See
hängt wieder mit den Daktylen zusammen, und seine
Umgegend wurde von Aeneas Sohn Askanios, bei j
welchem inan ähnliche Begriffe findet, beherrscht.
Er ist ein phrygischer Wasserdämon, kam mit den
phrygischen Kultusbcgriffen ebenfalls nach l’roja und
wurde dort als ein Sohn des Aeneas eingekindet.
Aber erst nach Homer, denn bei ihm geschieht seiner
keine Erwähnung. Als einen Sohn des Aeneas und |
aphrodisischen Dämon stellt die Sage auch ihn als
Liebling der Aphrodite dar: Veneris nepos, Veneris
justissima cura, wie Virgil ihn bezeichnet. Wie alle
lydisch-phrygisch-troischen Vorstellungen, so wurde
auch sein Name nach Kypros übertragen, und Aphro¬
dite verbirgt ihn dort im Idalischen Hain
Wir wissen, dass in den frühsten Zeiten bereits
Lyder und Fhryger nach Kypros gekommen waren,!
späterhin Gergithier aus Tross, dass durch alle Zeiten
hindurch das Band zwischen Kypros und den kleiii-
Gr. Anth. 8, 10. Gyges der Mermnade und Zeitgenoss des .4r- i
chiioebos ist aber eine historische Person
337) Aeschyl. Pers. 45. ,
338) Ptolem. Heph. 3, S. 148.
339) Virgil Aen. I, 681. 693. 10, 51.
323
asiatischen Kiistenländecn ein sehr en^es wac. Auf
diese Weise kamen früh eine Meno'e religiöser ¥or*
; Stellungen aus Phrygien und Lydien, so wie die ganze
I priesterlich königliche Herrschaft von dort nach Ky-
pros. Kinyras ist durchaus ein solcher Herrscher
wie alle die phrygisch-lydischen Dämonen, fir ist
ein Heros durch und durch aphrodisischer Natur und
seine Herrschaft gründet sich auf eine Bevorzüguog
ider Aphrodite. So spärlich wie die Nachrichten (iher
die kyprischen Sagen auch sind, so reichen sie doch
gerade hin, um durch angedeulete Vergleichungen
(sich die Grnnd/.üge klar zu machen. Wenn man den
Abschnitt von Kinyras und was sonst an Verschiede^
I nen Orten über die enge Verbindung von Kypros mit
j Kleinasien gesagt ist, sich ins LYniächtniss ruft, so
i wird auch die Behauptung von den phrygisch-lydisch-
i troischen Religionsbegriffen auf Kypros noch desto
I ansprechender erscheinen. Kinyras ist der Aphrodite
I wohlgefällig, und ihn lieben die Lotter durch Ver-
t mittelung der Aphrodite; denn auch hier ist sie eine
hekatäische Vermittlerin wie die samothrakische und
troische Göttin. Sein lleichthum ist eine Folge der
Göttergunst wie beim Midas, Änchises u. s. vv. Wahr¬
scheinlich gab es auch eine ächte Sage von der Ver-
mälung der Aphrodite mit Kinyras, welche die Kir¬
chenväter in ihrer Weise verdrehten j und jener von
Änchises und der Aphrodite, von 31idas, Gyges u. s. w.
ähnlich gewesen sein muss. Midas ist der Träger
des phrygischen Reichthums j Gyges des lydischen,
Änchises des troischen, Kinyras des kyprischen. Mi-
das schikkt einen Thron nach Delphi, wie der Sala-
mische König Euelthon ein Aehnliches that als ein Nach-^
340) S. Abschn. 2, S. 99. lieber Phryger und Lyder TW. I,
S. 21 u. 186 ff. 239 ff.
21 «
324
komme des Kinyras. Dieser ist ganz ein Herrscher t
wie Midas, weichlich, weibisch, mächtig nicht durch i
Waffengewalt, sondern durch Götterdienst. Aphrodite J
selbst trägt auf Kypros die phrygische Thurmkroiie A
auf dem Haupte, und der lydische und kypriscbe Kult [f
sind sich so ähnlich, dass in des Gyges Stadt Sardes I
die Paphische Aphrodite verehrt wurde, und dasselbe iti
fand auch nördlich in Pergamum statt. Es ist aber A
auffallend, dass wir den Aeneas nicht hier finden;
entweder ist uns zufällig hier eine Lükke in seinen
Wanderungen entstanden, oder die Poesie hatte ihn
aus einem uns unbekannten Grunde wirklich \on Ky- 't
pros ausgeschlossen. Der Boden für Sagen von ihm i v
war günstig genug. Sonst gingen die phrygisch- j
lydischen Religionsvorstellungen noch über Kypros j
hinaus bis nach Askalon. Askalos heisst ein Sohn
des Hymenaios, Bruder des Tantalos, und wird von,;
dem lydischen Könige Akiamos als Feldherr nach Sy¬
rien geschikkt, wo er eine Jungfrau heirathet und
Askalon gründet ***). Also Herrschaft und Götter¬
dienst durch eine Frau vermittelt, wie in Phrygien,
Lydien, Troas, Kypros. Es muss hiernach einen ly- j
dischen Heros Askalos gegeben haben, auf welchen ^
man das phönikische Askalon bezog. Dieser wird für |
Äskanios erklärt, und heisst dann auch ein Sohn des l
Aeneas .*“). Der Grund für diese Verbindung vonA
Lydien und Äskanios mit Askalon ist nicht schwer A
zu finden; die Vermittlung bildet der Paphische Tempel i •
341) Steph. V. B. "AaxdXmv vgl. Athen. 8, 346. ,
342) Etymol. M. '’AGxüvwi 6 vl6s Äivüov nv Tqioos-
M on Aivdas imyafila an ’AffxdXojyos, vnö tt ’AGy.dXov\
fov WT£ ßmiXfioPToS As ^tpujd-sk, did As ttqoS «vtop qdias
rw t>Üp Uffmhov nqoSnyÖQtveiv, oS A diaXimm AaxdvK>s\
mpojsda&tj^
325
der Aphrodite und die Sage von seinem Verhältaiss
zu dem Askalonidschen »**). Kypros bildet also den
Mittelweg, auf welchem die Sagen von Askanios und
Aeueas nach Askalon kommen, um den dortigen Tem¬
pel von Askanios, oder, wie er sich nennen muss, As«
kalos, gegründet werden zu lassen. Möglicherweise
zeugt auch dies für ein wirkliches Vorhandensein des
Aeueas auf Kypros, wie ja Askanios sich sicher dort
fand; jeden Falls ist nichts Anstössiges darin, wenn
kyprisch-lydische Sagen diesen troischen Heros, wel¬
cher doch Kypros angehören konnte, über dies Eiland
weg nach Askalon trugen, und ihn dort wieder etwa
in lydisch-kyprisch-askalonitische Sagen verflochten»
Ebenso verhält es sich, wenn auch in Berytos Aeneas-
sagen waren.
Die phrygisch-Iydischen Kultusvorstellungen sind
auf die Ausbildung des gesammten Aphroditekultes
vom wichtigsten und entschiedensten Einfluss gewe¬
sen. Man kann wohl behaupten, dass das sinnlich
1' schöne, unglaublich reizende Bild der Göttin haupt-
I 'sächlich unter dem kleinasiatischen Himmel entstan¬
den ist, wo wir aber Kypros natürlich hinzuzählen
i müssen. Aber dies ging mit jenen Ländern hiebei in
lüebereinstimmung, weil ja jene Bestandtheile, welche,
durch den phrygischen Kult in die Aphrodite über-
, gegangen, auch auf Kypros heimisch geworden wa¬
ren, und bei dem in Frage stehenden Punkt muss
man es besonders hoch anschlagen, dass jene phry-
»isch-lydischen Kultusvorstellungen sich eben in dem
Mittelpunkte des gesammten Aphroditekultes mit die¬
sem vereinigt hatten, weil so nur eine wirkliche
Durchdringung und allseitige Verbreitung des so ge¬
wordenen Ganzen möglich wurde. Dass Homer den
343) S. oben Abschn. 1, a S. 32. 67.
326
Dienst der Aphrodite auf Kypros zurflkbey-ieht, ist
ganz in der Ordnung, denn auch er musste dies für
ihren Hauptsiz erkennen. iSs ist aber weiter nichts
aus ihm hier zu gewinnen, weil er nur die allgemein
»en hellenischen Vorstellungen der Aphrodite wieder-
giebt, und ihre Beziehungen zum Aeneas einfiieht,
wie er sie in den Sagen vom Aeneas, die er beiüh»
ren musste, ausgesprochen vorfand. Lin besonderes
Interesse verfolgt er nicht, und sie ist ihm die Toch¬
ter der Dione, wie sie einmal als hellenische Gotwlicit
hingestellt war, Anders ist es mit dem homeiischen
Hymnos anf die Aphrodite. Hier kommen, wie man
deutlich unterscheiden kann, zwei Spezialinteressen
in Frage, das kleinasiatische und kyprische, und der
Verfasser hat, welchem Lande er auch angehören
mag, auf das deutliciiste die I erbindung der Idäischen
Göttin mit der kyprischen hervorgehoben, und es stellt
wenig im TV ege, dass mau nicht die ganze doitige
Auffassung der Aphrodite von der Kybele gelten las¬
sen könnte. Er spricht es aber mit klarem Bewusst¬
sein aus, dass die kyprische Göttin Gegenstand seines
Oediehtes^ er lässt sie von Kypros kommen 5 sie er¬
scheint dem troischen Hirtenfiirsten Anciiises auf dem
Ida, und giebt sich ihm für eine phrygische Königs¬
tochter aus, Nach dent Abenteuer eilt sie nach Pa-»
phos zurük.
Die Zartheit und Holdseligkeit ihres ganzen
Wesens hat Aphrodite also dem Himmel der griechi-:
Inseln und Kleioasiens zu verdanken. Dorther stammte
das orgiasiische Element, der Reichthum und der
Glanz ihres Kultes, welcher nirgends so sehr als aufi
Kypros in Erstaunen sezte, aber an allen Tempelui
sich zeigte Schoo in der ältesten Poesie heisst^
myWvid. ars am. 3, 451. Venus e templis multo radiaiiti-|
l)us aiivo.
327
sie die goldene, die goldreiclie liefit es mit Gold
zu spielen bringt auf der Hochzeit des Peleus
und der Thetis der Braut eine goldene Schaale zum
Geschenk, hat ihre Lust am Puz mit goldenen Span¬
gen, Ringen, Ketten und Knospen, und ihr Gewand
glänzt heiler als Feuerschein Die phrygische
Flöte, Avelche auch auf Kypros im Gebrauch war,
wird an ihren Festen getönt haben; aber nicht blos
«nuf Kypros, sondern allgemein waren ihr die bere-
kynihischen Flöten zugetheilt sie spielt sogar die
Flöte selbst Ebenso war die lydische Tonart
nicht blos auf Kypros heimisch geworden, sondern
überall ihr angenehm. Wie die Musik, so liebt sie
auch den Tanz und hat ihre Freude daran, wenn
die allgemeine Heiterkeit ihrer Feste noch durch Tänze
von Jünglingen und Mädchen erhöht wird; aber züch¬
tig mussten sie sein ^^‘), wie es schon der keusche
Dienst der Kybelc es erforderte.
Unter dem Sch uze der Aphrodite steht endlich
auch das menschliche Geschlecht; sie wacht darüber,
I dass diese Schöpfung in fortdauerndem Bestehen ver-
i bleibe, und steht dem Leben des Menschen zur Seite,
345) H 0 m. 11. 3, 64.' yQvctrig "AffQoiShi^g dmgce. Eustath.
^ r^a/u/nanx^ ’^Ianalu 7tf<Hov slvcd (f tjSt. yqveovv y.alovfxtvov, t;V ipXQ^~
i ffij? ’AffQorMTi]? IsQov y,ttt nfxri. — yQvaoeTiqavog Hom. Hym. 6, l. 6 ff*
346) Tlieokrit 15, 101. yQvco) nalatfois'
347) Hoin. Hymn. auf Aphr. V. 89.
I 348) Hör. Od. 4, 1, 21 ff.
I Duces tura, lyrae et Berecynthiae
I Delectabere tibiae
j Mistis oarminibus non sine fistulis.
349) Eurip. Helena 1350.
350) Ap ul ejus As. aur. 6. S. 125. Venu.s suavi musicae
suppari gressu formosa saltavit.
*351) A pul ejus 10, 2.3.5. Aphrodite ad cantus Lydios
delicatis respondere gestibus.
328
bis sie ihn zur Zeu^ungsfähigkeit herangeführt, und
den Keim der Fruchtbarkeit vollständig in ihm ent-
‘wikkelt hat. Sie heisst daher xovQorgocpog ® ^ *) die
Pflegerin der Jugend, wie Apollon in ähnlicher He-
ziehung diesen Namen führte. Sobald das Kind das
Licht der Welt erblikkt, nimmt sie sich seiner bereits
an, und führte in Rom als solche den Namen Cu*
'nina In der Stunde der Noth steht sie aber
auch den Müttern bei, dass die Geburt eine glükk-
liche sei. Aphrodite wird daher auch zugleich mit
der Artemis als Vorsteherin der Geburten angeru¬
fen Neben der Aphrodite auf Kolias standen
Bilder von Göttinnen, welche G enetyllides hiessen,
d. h. Göttinnen, welche den Gebärenden beistehen
Auf Kolias hatte Aphrodite Mysterien; in den My¬
sterien wurde sie als Zeugungsgöttin und Fortpflan¬
zerin des menschlichen Geschlechts gefasst ***), und
daneben feierte man sie gleich auch als Vorsteherin
der Geburten, ln dieser Eigenschaft hiess sie Ge-
netyll^is •^®), oder es werden Nymphen Genetyl-
""'Sir'Ä'then. 13, 592.
355) Augustin Civ. Dei 4, 8. S, L acta nz. 1, 20. quae in,
lautes in cunis tueri videbatur, et fascinum submovere.
356) Aeschyl Hiketid. 949 — 952.
357) Pausa 11. I, 1, 5. Festus. Cypria Venus, quod ei
primum in Cjpro insula templum sit constitutum, vel quia pa-
rentibus praesideat, quod graece zMty parere sit. Diese
Ableitung ist nun allerdings so schlecht wie möglich, allein sie
würde nicht gemacht sein, w’enn der Aphr. nicht wirklich diese
Eigenschaft eingewohnt hätte, üeber die Genetyllis noch zu
vgl. Aristoph. Thesmoph. 130. Wolken 52.
358) S. S. 232. 141.
359) Schol. zu Ärist. Wolken. 52. yitftnXUs ^ t^s yivtoioiS
fif'OQos ' Afß^QodiTfj. — Joh. V. Lyd. 2, 10. ^AqQodmjv di ät> nitlnot
tou napioS aladtjmv qiaiv wvrian rijp ngtüToytvij vXrjv, iyV xai
'Aen^kiv xal Ohqavlav xaKtl vä kiyiu. o ydq äqtdfios yiypij-
329
lides beigeordnet, welche aus der Aphrodite Gene-
tyllis abstrahirt sind. Pansanias nennt bei der An¬
führung derselben die Gennaides, Fermtdag^ zu
Phokaia in Jonicn, und sagt, dies seien dieselben mit
jenen. Der Name zeigt sie als Geburtsgöttinnen auch
schon an. Die Aphrodite xoäXmzig in Athen ist eben¬
falls eine Göttin der Zeugung, und wurde mit der
Kolias identifizirt, ist aber von xuXop herzuleiten.
Wie Aphrodite das Kind von der Nabelschnur löst,
so nimmt sie auch ferner den Säugling in ihren
i Schuz und lührt ihn wieder zu aphrodisischer
Tüchtigkeit heran. Dadurch wird Aphrodite Vorste-
I herin der Ehe weil ihr die Fortpflanzung des
Geschlechtes obliegt. In dieser Beziehung kommen
i ihr viele Bezeichnungen zu; sie heisst Vorsteherin
I des Ehebettes iutxovqog^ \)'aXd^(av «Vatr-
: Ga auch Telsaaiyaiiog bei Nonnos, Ehebereiterin,
%sQ7TOfist>7j bei Orpheus, /«/tocrroloj , lemxHQa,
nxüJTaTcS Icnv w? uQTioTxtQiTto^j fA.ST(}(o)v xai rtjs ^Quffnxr^s oiffiac hktu
TOP nsQniop xat trfi vkixij^ xcctu top kqtiop, S&sp xaX ol u^^aHoh yw-
(iov xai a Q /HOP icc y umop Ixühtsup.
360j Chariton 3, 8. Dionysios verrichtet sein Gebet zur
Aphr. laut und in Gegenwart aller. Kallirrhoe aber ganz allein-,
sie legt den Säugling in die Arme der Aphrodite,
und erfleht Heil für ihn.
361) Vgl. oben S. 170. Eurip. Iphig. in Aul. 69. onov
npotai (fiqoitp ’A'iQodkijg (fllut. u. sehr oft. Eurip. a. a. O. 381.
ri di y Ekms, ol/iui, 9ios fiinfya'^tp avro /idkkop, av, xat ro acp e&i-
vog. Agam. meint die Aphr., M'elche dem Menelaos die Helena
verschafft. Helena V. 883.
362} KoJythos Raub d. Helena 202. xal ki^toiv inixovqov
if/iario/ÜP)]P AffQodtT^p nollaxtg uxraloiaip Iluaxo/ispog &vhGffip. Vgl.
Musaeos Hero und Leander 141 ff. Bei römischen Dichtern
kommt Aphrod. sehr viel als Vermälungsgottheit vor,
363) Hesych. ■— Odyssee. 20, 74. ‘AfQodtrq — xovq^s
tiköQ d'(zkiQ0lQ ydflOlQ,
330
Schon bei Homer ermahnt Zeus die Aphrodite, sich
nicht in das Kriegs^etümmel zu wagen, sondern an-
muthigen Werken der Ehe nachzugehen. Sie schliesst
aber die Ehen nicht hlos unter den Menschen, son¬
dern auch unter den Göttern; sie vermalt den Apollon
mit der Kyrene u. s. w. Zu Naupaktos wurde
Aphrodite in einer Höhle verehrt, und die Jungfrauen,
besonders aber Wittwen flehten hier zu ihr um eine
Vermälung Dass es eine Höhle war, in wel¬
cher Aphrodite um Vermälung gehelen wurde, hat
darin seinen Grund, weil der Ort hauptsächlich für
Wittwen bestimmt war, und als ülöhlengöttin ist sie
eine Todesgottheit, welche aber zugleich nach dem
Tode neues Leben und neue Liebe schafft. Zu Her-
mione war ein Tempel in welchem die Jung-
fraun und Wittwen, wenn sie die Ehe vollziehen |
wollten, vorher opfern mussten. InTroas hielten die \
jungen Frauen nach der Hochzeit einen feierlichen
Bittgang. Eine Verehrung der Aphrodite als Ehe-
«•ötüo fand auch in Sikyon *") statt, in ihren Tem¬
pel durfte nur eine Tempeldienerin gehen, welcher
nicht mehr verstattet war einem Manne heizuwohnen,
und eine Jungfrau, die das Priesterthum immer auf
ein Jahr verwaltet, und den Namen ^ovzQocpoQog führt,
von dem Bereiten des Badwassers für die, welche die
Ehe vollziehen wollen. Es war Sitte dass die
' 364) Find. Pytk 9, 12. ^ Vgl. Heliodor 2, 33.
TOff tft y.tti ’AqqoähtiV xai nüvTs^ yu^<{kiov ÜUtaov (tnuuxoQrtxlwve;:.
Auf dem Kasten des Kypselos, Paus an 5, 18, 1. befanden sich
Jlason, Medeia und Aphrodite ; die Inschrift lautete : ’/«-
yafim' xtlsmi, d’"AfqodlTti.
365) Paus. 10, 38, 6.
366) Paus. 2, 34, 11.
367) Pausan. 2, 10,4.
368) Athen. 7, 318.
331
Jungfrauen, wenn sie aus den Kinderjahren traten
und mannbar wurden, Spielsachen und Gegenstände
der Unterhaltung in den Kinderjahren der Aphrodite
weihten. Andere thaten es erst bei der Verraälun«*.
Auch Perseus spricht von kleinen Figuren, pu~
pae, welche die jungen Mädchen, wenn sie heirathen
wollten, der Göttin weihten. Ich weiss nicht, ob hier
nicht vielleicht an kleine Phaiiosbilder oder derglei¬
chen, wie man in Paphos der Göttin weihte, zu den¬
ken ist, wofern nicht ganz allgemein Spielsachen der
Kindheit darunter zu verstehen sind. x\ls Brautgöltin
erscheint Aphrodite auch, wenn sie der Androinache
i einen Brautschleier schenkt
Hierher gehört x\phrodite als Göttin der Ueber-
redung, P eit ho, d. h. sie ist eine überredende und
erfüllende Liebes- und Hochzeitsgöttin, welche den
Sinn bethört, das Verlangen anznzünden weiss, eine
Pasiphae-Libitina, und auf diese Weise die Helena
zur Gewährung überredet. Sie ist die P eit ho
entweder selbst, oder diese wird aus der Liebesgöttin
abstrahirt und zu einem besondern Wesen erho¬
ben welche das Amt einer Beisizerin der Ky-
369) Persius 2, 70, Schot. Solebant virgines, antequam
nuberent, quaedam virginitatis suae dona Veneri consecrare. In
his pupae et imagunculae, quas a,bdicabant, tanquanj ineptiis
puellaribus valedicturae. Alexander ab Alexandro 5, 18,
2 S. 193. Romanae puellae, puellare rudimentum, puppas Ve¬
neri Argivae. Schol. Porphyrion zu Horaz. Sat. 1, 5, 65.
virgines renunciantes virginitati, puppas deae Veneri condona-
bant. Vgl. Laktanz De orig, err, Kap. 4.
370) Ilias 22, 470.
371) Pind. Skolion 1. Die Aphr. zu Korinth.
372) Ibykos bei Athen. 13, 564, Eustath. zu Od. 6, 167.
Jakobs Delect, Epigr. gr.4, 13. 29. Antipater v. Sidon. Horaz.
Epist. 1, 6, 38. Ac bene nummatum decorat Suadela Venusque.
Pausan 2, 7, 7.
332
pris verwaltet. Eine nicht so stark anlokkende Ge¬
walt wie die Peitho, sondern eine mehr einschmei¬
chelnde Kraft drükkt in ihrem Namen eine andere
Beisizerin der Aphrodite aus, die Paregoros, und
kommt dem Begriff der TTccQcpaGig nahe, wie Aphrodite
in der Ilias heisst In Megara standen neben
der Aphrodite- Praxis, der den ehelichen Bei¬
schlaf ausübenden^ dieParegoros und Peitho
An dem Fussgestell des olympischen Zeus befand sich
Eros, der die aus dem Meere steigende Aphrodite
empfängt, und Peitho, welche die Aphrodite um¬
kränzt Name Peitho konnte aber auch aus
der Ehegöttin Artemis abstrahirt werden, und eine
Artemis mit dem Beinamen Peitho befand sich zu Ar¬
ges ”®). Was die Aphrodite zur Ehegöttin macht,
ist die Idee der Fruchtbarkeit und Fortpflanzung haupt¬
sächlich^ aus dem Grunde musste nach einem Soloni¬
schen Geseze die Braut mit ihrem Bräutigam einen
Apfel, das Symbol der befruchtenden Aphrodite, ge-
iiiessen ®”), und deshalb flehte man auch zu ihr um
Aufhebung der Unfruchtbarkeit ® W eun Liebende
^lias 14, 217.
374) Paus an. 1, 43, 6. Zwischen der JT«ae5 und HaQrjyö-
Qos haben die Erklärer einen Unterschied darin gesucht, dass
jener die tQytx, yd/j.om) dieser die übertragen gewesen.
375) Pausan. 5, 11,3.
376) Pausan. 2, 21, 1.
377) Plut. Solon 20. Ehevorschriften Kap. 1. Klaudian
Epithai. Pailadii et Celer. V. 15.
Scrutantur nidos avium, vel roscida laeti
Mala legunt, donum Veneris u. s. w.
378) Luk re z. 4, 1229 ff.
Nec divina satum genitalem numina quoiquam
Ästerrent, pater a gnatis ne dulcibus unquam
Appelletur, et ut sterili Venere exigat aevom ;
Quod plerumque putaiit, et multo sanguine maesü
333
nnd Verlobte sich in die Mysterien der Aphrodite ein¬
weihen liessen ®^®)5 so tritt auch hierin die Idee der
Fruchtbarkeit hervor. Als ein Symbol stets sich er¬
neuernder Kraft und jugendlicher Rüstigkeit, somit
der Fruchtbarkeit, wird die Schlange betrachtet.
Eine Schlange von ungeheurer Grösse war in dem
Bette der bisher unfruchtbaren Gemahn des P. Scipio
erschienen, als sie einsam schlief; in Folge dessen
wurde der grosse Scipio geboren An diesem
einzelnen Falle tritt schon die aphrodisische Wirk¬
samkeit dieses Thieres hervor, mehr aber noch, wenn
i man die Thätigkeit desselben durch ganze Landstri¬
che, wie Phrygien und einige andere, oder bei so¬
genannten Schlangenvölkern, wie den Marsen In Ita¬
lien, verfolgt. Sagen von Schlangenbezähmangen,
wie sie z. B. zu Parion **’) Vorkommen, und durch
Ophiogeneis vollzogen wurden, sind mit aphrodi-
sichen Vorstellungen verbunden. Ich glaube, dass
auch die Schlangengebornen auf Kypros hierher
zu ziehen sind, deren Kraft die Schlange zu zähmen
aus der Sage hervorgeht, dass ein solcher zu Bora
von den Konsuln in ein Gefäss mit Schlangen ge¬
worfen unversehrt bleibt und von diesen Thierennur
helfckkt wurde. Den starken Geruch dieser Menschen
zu Frühlingszeiten, und den Gebrauch ihres Schwel«
sses und Speichels zur Heilung, müssen wir ausser-
Conspergunt aras, adolentque altaria donis,
Ut gravidas reddant uxores semine largo.
379) Aristainet. I, 14. 2, 7. — £iebenden beistehend
erscheint Aphr. häufig auf Vasengemälden, thronend oder ste¬
hend, immer aber vollständig bekleidet, Otfr. Müller Ar¬
chäologie §. 378.
380; Gellius N. A. 7. L Livius 26, 19.
381) Strabon 13, 588.
382) S. Thl. 1. S. 22.
dem noch für aphrodisische Kräfte in ihnen erachten, j
Diese Heilkraft der Aphrodite bezieht sich auf die |
Beförderung und Erhaltung kräftiger Jugendfrische
und tüchtiger Zeugungsfähigkeit. Denselben Sinn
kann auch nur die Verbindung der Aphrodite mitAs-
klepius, der olympischen Erneuerung des Hermes 5
haben, welche wir sehr oft, namentlich im Peloponnes,
finden 5 er verleiht die Jugendkraft, wie Apollon den
Jugendreiz. Aphrodite ist die eigentliche Göttin der
Kraft und Blüthe der Jugend, indem hierin die sichere
Gewähr der Erhaltung der Geschlechter liegt, und i
ihr Name Persithea drükkt wahrscheinlich auch
eine Göttin der Jugend aus. Sie hat Wohlgefallen
an aphrodisischer Rüstigkeit und verleiht sie: ist eine •
Alterverscheuchende, Ambo löge ra indem sie i
im Menschen die Jugendkraft nährt und erhält. Ihr i
hatte man in Sparta nach dem Willen des Ora- i
kels einen Tempel gewt iht und daneben Schlaf und
Tod aufgestellt. Die Greise sind ihr verhasst
weil sie ihr nicht melir dienen können; sie vermag
aber selbst noch im Alter die Gluth der Liebe anzu¬
fachen, und Zeugungsfähigkeit zu erregen
383) Hesych- UtQfft&ta: ^ ’AcfQoSkij. Ilioaivov ist gleich
fiftjßov, für niQvßivov.
384) Plutarch Sympos. 3, 6, 4, lässt die Menschen sa¬
gen, welche der Aphr. noch gehorchen: xal ^uas ovnco jrai'rd-
naßiv ^ Aff^oSlrtj nifftvysv, dlld xal n^oSivyouid-a d^nov9ei>
Uyovns it' '’^ols rSu &((Sp vfxvoiS’ Avdßali dvm ro ui
Xultt'ÄffqodlTtj. *
385) Pausan 3, 18, 1.
386) Eurip. im Aiolos. Frg. 19 aus Stob. Tit. 117. "flP
’JfgocWnj tols yiqovaiv aydtmi.
387) Athen. 13, 592. d’o TQayo)dionows, yiQ<oy
my, eewQldot t^S halgaS. ‘ixmiatv ovv tijv ’A(f QoifiT>iP,
KküS-l fttv tv^oßivov, xovQOTQoiff dog dt yvvcäxa
^vd( vimv (xh dvaivto^ax (fdoTifnc xal tvv^v.
335
Die römische Venus Genitrix ist, ahgesehea
von ihrer Bedeutung einer Stammmutter der Caesa-
ren, wahrscheinlich auch eine Göttin der Ehe und
Zeugung und wäre fast nur eine üebersezung
des griechischen Ausdrukkes yevhsiga ^sa. Aus dem
Namen des Brautgesanges, Hymen aios oder Hy¬
men ist ein besonderer Beisizer der Aphrodite ab-
strahirt, welcher in ihrem Namen die Ehen voll¬
zieht Er wohnt auf dem Helikon neben den
Musen, und wird selbst wieder in genealogische Ver¬
bindung mit der Göttin gebracht, indem man ihn einen
Sohn der Aphrodite und der Musen nennt. Beim
Tode des Adonis lässt Bion ihn seine Fakkel verlö¬
schen, und den hochzeitlichen Kranz zerreissen.
3.
Indem wir uns von den alten und reinen reli¬
giösen Vorstellungen von der Aphrodite weg zu der
Olympischen Liebesgöttin und ihren ethischen Deu¬
tungen wenden, können wir die folgenden Untersu¬
chungen passend mit einem Paar Worten Stuhrs be¬
ginnen, welcher uns das Wesen dieses Theiles des
Aphroditekultes richtig zu charakterisiren scheint, in-
37 (TimTiqniaO-o} nohoxQoräqciouit fiqovüiv,
iav lajivg /niv dn^ußhvyrat, 9-vjuos di fisuötvS,
Tumu iiiv iauv IxxSv tWOuriqov üvaifiqo{xivaiv. Martial 11,81,5. '
Supplex illa rogat pro se miserisque duobus,
Hunc (senem) juvenem facias, hunc (spadonem), Cytherea, virum.
388) Pap. Stat. Silvae 1, 2, II.
Ipsa manu nuptam genitrix Aeneia ducit,
Lumina demissam, et dulci probitate rubentem.
Ipsa toros et sacra parat.
389) Servius z. Aen. 4, 127. Katull Ged. 59 und 60.
Klaudian Epithal. Pallad. et Celer, V. 29 ff.
336
dem er sagt *®®): Von der Lehensfölle der Natur in
ihrem ganzen Wesen zwar durchaus erfüllt und durch-
drungen, aber wurzeln bleibend in dem Boden j auf
welchem sie erwuchs, gestaltete sich die Aphrodite
in hellenischer Anschauungsweise durchaus mensch¬
lich um, und als eine von den Hellenen verehrte Gott¬
heit, der Bedeutung nach, welche sie im hellenischen
Bewusstsein gewonnen hatte, kann die Aphrodite nur
io ihrem innersten Wesen, nur wahrhaft verstanden
werden, indem ihre göttliche Macht in der
engsten Beziehung auf das Leben desMen-
schengeistes, auf das, was in der Seele des
Menschen sich regt und bewegt, gedeutet
wird. ~~ Wie nahe nun auch unserm Bewusstsein
der Begriff ewiger Liebe unter dem Bilde einer himm¬
lischen Aphrodite, wie der Hellene seine Göttin be-
zeichnete, liegen mag, so sind wir doch nicht berech¬
tigt, dieselbe auf das religiöse Bewusstsein der Grie¬
chen zu übertragen. Die Aphrodite als Olympische
Göttin ist durchaus ein Erzeugriiss der Reflexion, der
Dichter und Künstler, und unter allen bildlichen Dar¬
stellungen, welche uns überliefert werden, ist auch
nicht eine, welche durch ihren sinnbildlichen Schraukk
auf das Wesen höherer rein geistiger Liebe hinwiese.
Nur erst Philosophen wie Platon und Xenoplion ha¬
ben den Versuch unternommen, das Wesen der Aphro¬
dite geistiger zu deuten. In IVahrheit ist sie, zur
Olympischen Gottheit verklärt, nur eine hold anlä¬
chelnde Liebesgöttin, eine Göttin des Liebreizes und
der Schönheit.
Dennoch ist die Wirkung des Aphroditekultes
auf die Ausbildung der Sittlichkeit des griechischen
Volkes von grossem Einfluss, und der Bedeutung des
39())^tuhr Religionsformen der heidnischen Völker ‘A 385.
337
Dionysoskultes durchaus ähnlich, indem die Liebeslust
die Vermittlerin /.wischen Göttern und Menschen ist,
und der Aphrodite die Vermittlung zwischen Gottheit
und Menschheit zufiel Sse hat ihre Freude
daran die Göttergunst den Menschen ziizueignen, die
ewigen Gränzen, wodurch Himmel und Erde geschie¬
den sind, aufzulösen. Der Dichter hebt es aiis-
drükklich hervor, wie Aphrodite auf Milderung und
Veredlung der Sitten eingewirkt hat. Er sagt: Aphro¬
dite entzog dem Menschen die rauhen Gewänder, und
der Schmukk, so wie die reinliche Pflege des Leibes
stammt von ihr. Durch Bändigung der wild toben¬
den Kraft, durch Milderung und Verschönerung der
Sitten wirkt Aphrodite auch wieder geistig ein auf
das Leben, und es ist nicht zu leugnen, dass die
Ausbildung des Aphroditekultes in dieser Richtung
grösstentheüs ebenfalls den kleinasiatischen Griechen
und verwandten Stämmen, von welchen der Dionysos
ausgcgangen und gefördert wurde, zu verdanken ist.
Was auf einer früheren Entwikkelungsstufe phy¬
sische Macht war, ist auf einer spätem, in helleni¬
scher Auffassungsweise, ethisch gefasst worden, und
Aphrodite ist Urheberin der Liebe, so wie jeder Lei¬
denschaft, welche durch die Liebe im Gemüth des
Menschen angefacht wird. Die Uebergänge von phy¬
sischer und ethischer Auffassung sind oft aber so fein,
dass eine völlige und scharfe Sonderung durchaus
unmöglich ist. Viele neue ethische Deutungen ka¬
men in hellenischer Auffassung hinzu, vieles wurde
ethisch gedeutet, was es ursprünglich nicht war. Wie
die Olympische Götterwelt rein menschlich empfindet
und handelt, rein menschlichen Neigungen und Schwä-
391) S. S. 312.
392) Ovid Fasti 4, 97 ff.
II.
22
338
eben unterliegt, so erfahren auch, gleich den <2c-
schöpfen der Erde, Götter und Göttinnen die Allge¬
walt der Aphrodite, mit Ausnahme der drei jungfräu¬
lichen Göttinnen, Athene, Artemis und Hestia. Na¬
mentlich aber ist es Zeus selbst, an welchem sich die
göttliche Schwäche und die Obmacht der Aphrodite
bewährt diesem Sinne sagen auch die Dich¬
ter, sie sei mehr Herrscherin des Olympos als Zeus
selbst Sie heisst eine allheilige Gottheit, nav-
ayicc. Apollonios von Rhodos führt sie in ihrem
Palaste vor, welchen Hephaistos ihr gebaut hatte, als
er sie von Zeus zur Gemalin erhalten. Sie ruht in
ihrem Gemache auf einem Throne schön geschmükkt,
und als Here und Athene zu ihr treten, erhebt sie
sich ihnen entgegen kommend. Bei der hohen Macht, j
welche Aphrodite im Olymp ausöbt, sind ihre schein¬
bar unwürdigen Rollen und Handlungen nicht miss-
393) S. S. 319.
394) Vornehmlich die erotischen Dichter. Vgl. auch Em-
pedokles bei Athen. 12, 510.
Ovdt ns nv xtivoiGiv "'AQtjS &sos, oids xvdoifxoS,
i - oidi Zik ßttCiltk, ovdt Kqöpos, ovdi JIoCHdüiy,
dHä KinqiS ßaallna.
Ttjp ot y’ svaißitßßw dydlfiaaiv ildaxovrai,
f^amolg di fivQoiai n dccidaUod/xois,
efjitifjvrjs t'uxQ^ov d-valmSj hßdvov rs d-viüdovs,
n anovdds ^tkkmv qlnwvus U ovdas.
395) Apoll. V. Rh. 3, 39. ff.
gQxm d’siSfld-ovffca vn aidovGß daXafioM
ifftap, tv' ivtivmxs &tä ll/o? ‘H^aiOTow.
dll' o fiiv BS xat axfiovas ßeßj^xBi
vrfioM tvqvv (xv^ov, w ivi ndvta
daldalu xdXxtvt qiny nvqoS' ^ d'dqa fxovvr}
^OTo dö^p dtpoirop dyd S-qopoP) dvra &vQd(ay
levxolßi d’ixdrtQd-s xöjxas imHfxtvt] wfioiS
xosfiu xiQTtldi, ^iXh di ßcaxQovs
nloxdjxovs u. s. w.
339
zuversteheii ; sie mosste ebenso empfinden und han¬
deln, nach dem Grundsaze, dass die Olympischen Göt¬
ter allen menschlichen Schwächen und Bedürfnissen
unterliegen, und sie als Liebesgöttin mosste mancher
unwürdigen Stellung sich unterziehen, welcher die
übrigen überhoben waren. So muss sie sich das trau¬
rige Schikksal, welches sie in den Gesängen des
Demodokos und Leukos und andern Mährchen
erfährt, die Nekkereien, den Spott und Hohn darüber
gefallen lassen. Es darf darin etwa durchaus keine
Zurüksezung gesehen werden, wenn sie sich für die
Liebesabenteuer der übrigen Götter gebrauchen lässt,
denn es brachte ihre Bedeutung einmal so mit sich,
j Andere Götter müssen sich im Grunde noch weit mehr
|von ihrer Würde und Erlauchtheit vergeben als Aphro-
idite; es ist wol nicht eine einzige Gottheit, welche
nicht mehr als einmal auf irgend eine Weise verlezt
wird. Wie stark und unentfliehbar die Macht der
Aphrodite, wie fürchterlich die durch sie gewekkten
Leidenschaften des Menschen Busen durchstürmen und
zerreissen, wie Aphrodite das Blut in den Adern durch
Liebeshize kochen lässt, wie die Liebe durch den in-
nern Seelenbrand umbringt, wie weit sie durch alle
Reiche der Schöpfung, und darüber hinaus bis in den
Olymp ihre Wirkung äussert, das schildert Sophokles
in folgenden Versen:
0 hört es, Knaben, Kypris ist nicht Kypris nur,
Nein, viele Namen kommen ihr zusammen zu.
Sie ist der Hades, unbesiegte Stärke sie,
Ist süsse Sehnsucht, ist empörte Raserei,
Sie ist Geseufz und Klagen. Alles ist in ihr,
Der Ernst, die Ruh’ der Seelen und gewalt’ger Trieb.
Denn wessen Busen diese recht durchglühet hat,
396) S. S. 198. ff. 220. ff.
22#
340
Wie wird von dieser seine Seele nicht verzehrt?
Zum Schwimmgeschlecht der Fische dringt sie überall.
Sie füllt auf fester Erde rings vierfüss’ges Volk;
Auch unter Vögeln schwinget hoch ihr Flügel sich;
Bei Thieren, Menschen, Göttern oben auch.
Im Ringerkarapfe, welchen Gott besiegt sie nicht?
Wofern ich darf, und Wahres darf ich sagen wol;
Zeus Busen selbst beherrscht sie, ohne Speeres Macht;
Und ohne Stahl auch schneidet Kypros immer leicht
Der Menschen wie der Götter Rathbeschluss ä*®»).
Als Göttin der Liebe stellte sie die höchste Voll¬
endung weiblicher Schönheit und Liebenswürdigkeit
dar, bald in der Auffassung eines jungen unvermälten
Mädchens bald in der einer jugendlichen Gattin.
Ihr Gemal ist im olympischen Götterstaate Hephai¬
stos, doch tritt das Band der Ehe weniger hervor,
als ihre bloss äusserüch geknüpften Liebesverhältnisse.
Diese erscheinen, wo sie als gesezmässige Gattin des
Hephaistos gefasst ist, als Buhlschaft, wie das Aben¬
teuer mit Ares beweist; in andern Religionssystemen, j
in denen die Idäischen Vorstellungen überwogen, er¬
scheinen sie als reine Liebe der Jungfrau zu einem
Jünglinge. Unter diesen ist keine berühmter gewor¬
den, als ihre Liebe zum Adonis, keine wichtiger als
die zum Anchises |j, jener ist ein Bild dei
höchsten reinsten bräutlichen Liebe zum Geliebten
dargestellt, von welcher aller fleischlicher Genuss aus-i
396a) Vgl. auch in ethischer Auffassung die Worte de?
Eurip. S. 168. ii. Phoeniss. V. 21.
' 397) Sie heisst nuqd-tvog Chariton 1, 1. Aristain. Ep
2, 7. Hym. auf Aphr. 8, 2. A pul ejus B. 10, 233. super ha;
iatrocessit alia, Yisendo decore, et praepollens gratia coloris
ambrosei, designans Venerem, quum fuit virgo. Vgl. 4, 83.
397a) Athen. 13, 566.
341
geschlossen bleibt, und welche ein ähnliches durch¬
aus keusches Verhältniss darbietet, wie das zwischen
Kybele und Attis und einigen andern. In diesem ist
sie ebenfalls bis dahin durciiaus frei von Liebe, ihre
jungfräuliche Blüthe noch unberührt, und Zeus flösst
ihr ® dem züchtigen Mädchen, die Liebe zum
Anchises ins Herz, damit sie, weiche alle Götter be¬
thörte, nicht allein frei von Liebesbanden bleibe. An¬
chises ist nicht mehr in der Jugendblüthe, und sie
gesellt sich ihm auch nur, wie bestimmt hervorgeho¬
ben wird, um ein Herrschergeschlecht zu erzeugen.
Aehnlich sind auch die kyprischen Vorstellungen von
ihren Neigungen zum Kinyras und Phaethon, In meh¬
reren örtlichen Kulten treten noch andere, jedoch auch
eheliche Verbindungen hervor. Im Korinthischen Kult
war Helios derBeisizer der Aphrodite, von ihm sollte
sie die Nymphe Rhodos geboren haben Eiji
rhodischer Mythos kann dies nicht sein, weil Aphro-
jdite auf der Insei sonst nicht vorkommt 5 er muss da¬
her aus Verbindungen von Korinth mit Rhodos her¬
vorgegangen sein. Dem Dionysos ist sie an meh-
ireren Orten beigeordnet; von ihm soll sie den
Bakchos empfangen haben. In Sizilischer Sage zeugt
j Rates mit ihr den Eryx. Laut Hesychios hat sie ohne
i Angabe des Vaters eine Tochter Meligunis. Solche
.Verhältnisse, deren noch mehrere, thcüs sittlich, theils
.unsittlich gefasste, wie es die jedesmaligen religiösen
Vorstellungen des Ortes erforderten, von uns nam¬
haft gemacht werden, stellten die Kirchenschriftsteller
397b) Hom. Hym, auf Aphr. V. 45 ff. 83. naQ&iym d(Ffi^Tr,
— o/mIij.
397c) Vgl. S. 203. Find. 01. 7, 14. Vgl, aber M. W. Heff-
ter: Götterd. v. Rhodos 3, 70.
397d) Vgl. S. 203. 205. ff.
342
in ihrer Weise dar. Klemens sagt, nachdem :
sie den Schimpf wegen des Ehebruches mit Ares er- <
litten hatte, wandte sie sich zum Kinyras, Anchises,
Phaethonund Adonis. Laktanz ««’O: Aus dem Ehe¬
brüche mit Ares gebar Aphrodite die Harmonia, von
Hermes den Hermaphroditen, welcher ein Mann¬
weib ist, von Zeus den Eros, von Anchises den
Aeneas, von Butes den Eryx, von Adonis Niemand,
weil dieser schon als Jüngling getödtet wurde.
Den Rang der Schönheit musste Aphrodite auch
unter den Unsterblichen im Olymp behaupten. Wie
Athene und Hera ihr diesen Rang streitig machen
wollten, lehrt die Sage von dem Wettstreit der drei i
Göttinnen auf dem Ida Diese Verherrlichung j
der kyprischen Herrin war muthmasslich von Stasi- j
nos zuerst nach wirklichen Schönheitskämpfen besun- i
gen Wie im homerischen Hymnos, so ist auch in
den Kyprien der Idäische Kult mit dem kyprischen
eng verbunden: beide sollen gemeinschaftlich geprie¬
sen werden. Aphrodite heisst xa^vx^mg^ die mit dem
Blumenantliz, und ist Göttin alles blühenden Lebens
und der Lust, weshalb ihr unter den Jahreszeiten
der Frühling geweiht ist, jene Zeit, wo zugleich die
Liebesunruhe in den Menschen kommt. Sie heissi
397e) Klemens v. Alex. Protr. S. 29. u. Arnob. adv
g. 4. 27.
397f) Laktanz 1, 17.
398) Silius Italiens. 7, 55 ff.
victoria nostra
Cypron Idumaeas referat de Pallade palmas.^
De Junone Paphos centum mihi fumet in aris.
Dumque hic aligeris instat Cytherea, sonabat
Orone nemus gradiente Dea.
Vgl. die philosophische Deutung des Streites bei Sallastio!
ngqi S-ew xat xki^ov Kap. 4-
343
€Xixoß/.s(faQocj die heiter blikkende. Im Schönheits¬
kampfe, und überall, wo die Reize der Göttin her¬
vortreten sollten, wurde sie nakkt gedacht. Aber in
einem Lande, wo die Schönheit für heilig galt, wo
Feste stattffinden. an denen das weibliche Geschlecht
öffentlich um den Preis der Schönheit stritt, konnte
die Entblössung des Körpers ohne Unsittlichkeit ge-
ischehen; und dies gab zu der Erzählung die Veran¬
lassung, dass Phryne die dem Meere entsteigende
Aphrodite öffentlich vorgestellt habe, indem sie sich
iaus dem Bade erhob. 13er höchste Reiz musste sich
laber mit der Anmuth vergesellschaften, um das zau¬
berische Bild der Holdseligkeit hervorzubringen, wel¬
ches man sich in der Liebesgöttin verkörpert dachte.
Diese Anmuth, welche mit unbeschreiblicher Gewalt
das Gemüth des Menschen fesselt, glaubte man in
einen Gürtel verschlossen, welcher, den xMenschen un¬
sichtbar, ihren Leib umgab. Indem Aphrodite nach
Gefallen Liebreiz spenden kann, wem sie will, lässt
Homer sie auf Heras Bitten ihren Gürtel ablö-
sen, und jener geben. Hera bittet:
Gieb mir den Zauber der Lieb’ und der Sehnsucht,
welcher dir alle
Herzen unsterblicher Götter bezähmt und sterblicher
Menschen.
Aphrodite dagegen:
Sprach und löste vom Busen den wunderköstUchen
Gürtel,
Bunt gestikkt: dort waren die Zaüberreize versammelt;
399) Homer IL 14, 197. Nonnos 32, 5 ff. Vgl. Klau-
äian Nupt. Honor. et Mar. 124. Phurnutos Kap. 24. o cT« xt-
ttc? l/nag, wf otop xtxticfxipov iartp' y o diaxspitjuoS xal noixlltjp d'v-
•fttfiip Tov cTstv xal orflyyHP. Endokia S. 29* Venus für
venustas Hör. Ep. ad Pis. 42. 320.
344
Dort war schmachtende Lieb’ und Sehnsucht, dort
das Getändel,
Dort die schmeichelnde Bitte, die oft auch den Wei¬
sen bethöret.
Den nun reichte sie jener, und redete aisoheginnend:
Da, verbirg in dem Busen den bunt durchschim¬
merten Gürtel,
Wo ich die Zauberreize versammelte. Wahrlich du
kehrst nicht
Sonder Erfolg von dannen, was dir dein Herz auch
begehret.
Vor allem ist Zuneigung und Sehnsucht (pdoTtjg und
tfisQog darin verschlossen, und wegen der dem Gürtel
anheftenden zauberischen Kraft nannte man ihn
ein (pdg^axovj Athene aber nennt die Aphrodite selbst
eine Zauberin, (paqiiaxig. Beim Schönheitskampfe ver¬
langen daher Athene und Hera, sie solle ihren Gürtel
ablegen Wenn man die Aphrodite bei bildlichen
Darstellungen mit einem Gürtel sieht, so ist dies nur
eine künstlerische Andeutung, denn er ist in der Wirk¬
lichkeit dem menschlichen Auge nicht bemerkbar.
Die Beize der Aphrodite treten aber sonst noch
auf jede mögliche Weise wie bei dem Weibe hervor.
Das Haar wird hervorgehoben, das lebhafte Auge,
der süsslächelnde Mund ihr schelmisches, lieb-
400) S. S. 252 ff.
401) Lukian D. D. 20, 11.
402) S a p p h o 2 , 14, fiHdideas äS-aparu ngoßionM, H e s.
Theog. 205. Schild des Her. 7, 8. noUxQvaoe. Ilias 3, 424. 4, 10
und oft (pdofijufkFr;?. Hymnos auf Aphr. yelon^cam, icp’ Ifuqrm
M nQoGoänM all fjuidmit. Anakreon 29, 18. 51, 22. qodiyti -na-
qittl, ntiflt} qodlr, oder qoööxqovs "AffQodkt]. Sil ins Ital. 7, 448.
Venus roseo ore. 7, 451. de forma atque ore certat Venus.
Auson Ekl. Barba Jovi, crines Veneri decor. Apul ej. Met. 10,
S. 234 theilt der Aphr, zu: corpus candidum, quod coelo demeat.
345
kosendes, einschmeichelndes Wesen. Die natürlichen
Reize weiss sie aber noch durch Kunst zu erhöhen,
die Chariten und Horen müssen sie schmükken und
puzen, mit Salben, schönen Gewändern und kostba¬
rem Geschmeide *®®). Athene verklärt das Gesicht
der Penelope mit solcher ambrosischen Schön¬
heit, mit welcher Aphrodite sich selbst iimgiebt, wenn
sie mit den Chariten zum Tanze sich vereinigt Wo
Freude und Lust mit Sitte und Anmuth gepaart herrscht,
dort befindet sich Aphrodite unter ihnen, und ist die
Xagiddotig. Harmonia, ihr Kind, und in gewissem
Sinne sie selbst, tanzt im Olymp. Auf der Hochzeit
der Psyche befindet sich Aphrodite mit den Horen
und Chariten, und tanzt zur Kither des Apollon
Lukrez '‘®®) verlangt von ihr die geistreiche An-
I muth des Ausdrukkes, welche ausser ihr Niemand
1 verleihen kann, und dem Anchises ertheilt sie laut
Ennius die Gabe der Rede und die Schönheit des
mündlichen Vortrages*, auch weiss ich nicht, ob nicht
vielleicht hierher ihr Name Mimnerraia oder Me-
rainia zu beziehen ist, und eine Verleiherin
der Gedächtnisskraft andeutet, wie sie ja in ähnlicher
403) Hymnos auf Aphr. 61. ff. u« öfters. Virg. Georg.
4, 415. Aphr. ambrosium diffudit odorem.
404) Odyssee. 18, 193.
405) A pul ejus 6, 42. 10, 27. Venus vero gaudens et hi-
laris laetitiam saltando toto cum choro professa est, S. S. 327#
406) Lukrez 1, 21 ff.
Quae quoniam rerum naturam sola gubernas,
Nec sine te quidquam dias in luminis oras
Exoritur, neque fit laetum neque anaabil^^^uidquam |
Te sociam studeo scribundis versibus esse.
- aeternum da dictis, diva, leporem.
407) Servius z. Virg. Aen. 1, 719. Alii(Venerem) Mim-
nermiam vel Meminiam ducuat, quod meminerit omomm»
346
Weise mit der Kraft der Weissagung ausrüstet. Die
wiederholt vorkommende Verbindung der Aphrodite
mit den Musen bezieht sich nicht blos auf Tanz und
Gesang, welche ihr angenehm waren, sondern sie
liebt und fördert auch die Dichtkunst doch ist
kein sicheres Beispiel vorhanden, dass sie einer an¬
dern Dichtungsgattung vorsteht als den Liebesge-
sängen. Sie findet sich auch öfters in der Nähe Apol¬
lons ^ ich weiss aber nicht, ob dies nur aus musischer
oder nach physischer Beziehung geschieht.
Da Schönheit und Liebreiz nicht ohne Jugend¬
frische bestehen kann, auch die Jugend nur der äch¬
ten Liebe fähig ist, welche Aphrodite fordert, so ist
der Mensch in der jugendlichen Blüthe ihr geweiht *®*),
und die Jugend geht der Göttin, als Heroldin ihrer
Nähe vorauf, und thront auf den Jungfräulichen Au¬
genliedern der Mädchen, wie denen der Jünglinge
Neben ihr geht als Dienerin die Göttin der Ueberre-
dung, P eit ho mit Geissei und Schlüssel in der
Hand die spröden Herzen zu öffnen. Von einem Mäd¬
chen mit bezauberndem Liebreiz und herzschmelzen¬
der Rede heisst es : die Peitho sass auf ihren Lippen,
und, umschlungen vom Gürtel der Aphrodite, halte sie
die Kypris mit allen Chariten bei sich aufgenommen ^ ‘ ®).
408) Find. Pyth. 6, 1 u. Dissen daselbst.
409) Sc hol. z. Hesiod. W. u. T. 439. Schild 408.
410) Find. Nem. 8, I ff.
nötviu, xixQV^ liffQodiTijS afißQoßiuv (ftkoTÖTOiv
ScTB 7iaQ9^sv>]lioi5 naldü)]/ yXf(f dqoie,
toy fxsv eifitqoig dvdyxag ßaGid^stS, ereQov d trigaiS.
411) Find. Pyth. 4, 219. nsi^ovi. 9, 39- KQVTtmt
xlutdis Iw ßoffus JIft9ovs itQay tfiXomToiv, Servius Aen. 1, <19.
Suada. Horaz. Od. 3, 26, 11. Sublimi flagello Tange Chloen
semel arrogantem. Vgl. S. 331.
412) Alkiphron 1, 38. Lukian Demonax. *at mvta
347
Um das Bild höchster Anmuth und Holdseligkeit in
der Aphrodite zu vollenden, zugleich aber und vor¬
nehmlich als Dienerinnen ihres ganzen Wirkungs¬
kreises gesellen sich Eros, die Chariten und die Ho¬
ren zu ihr, personifizirte Ausflüsse ihres Wesens,
welche aber eine besondere Betrachtung erfordern.
Aphrodite wendet vor allem ihre Fürsorge dem
Weibe zu. Daher ist sie auch schon bei der Er¬
schaffung des Weibes zugegen verleiht ihm Reiz
nnd Liebeszauber, unruhvolle Begier und schmach¬
tende Sorgen der Sehnsucht, aber auch Eitelkeit,
während Hermes ihm unverschämten Sinn, betrüge¬
rische Sitten und lügenhafte Reden eingiebt. Die
Chariten und die Peitho schlangen um das Weib ein
goldenes Busengeschmeide, die Horen wanden um
seine Scheitel einen Kranz von den Blumen des Früh¬
lings. Doch Athene wies ihm zierliche Werke und
Kunstarbeiten des Webstuhls. Fortwährend wendet
Aphrodite dem weiblichen Geschlechte ihre Aufmerk¬
samkeit und ihr Wohlwollen zu, verleiht den Frauen
diejenigen Reize und Eigenschaften, welche sie wür¬
dig und fähig ihres Dienstes machen Zwar ist
ihr irdisches Ebenbild die Helena, steht der Göttin
nahe wie keine Sterbliche, wird für sie als Preis dem
Paris zu Theil, ist auch ihre Dienerin im Umgänge
nüvia /xim y.at ’AfQO(firtig MnqaTis xat thysu, ug ud
TO xüifuxov" ixdvo, xtiv int ro'tg xdUew avmv imxad-^e^au
Eupolis sagte dies vom Perikies, um seine Beredsamkeit zu be-
zeichnen. Eudokia S. 17. sagt: ihreBeisizer sind Peitho, Her¬
mes und die Chariten dio ro nQogdyfOxtat xat loym xat
pKTt mvg iqmixivmg. Aeschylos Hiketiden 1039. r-oivol 9-'at
(flXah fxuxqt ndqicew, nd&og TovdiP anaqpop
413) Hesiod. W. u. T. 65. ff.
414) Schol. z. Hes. W. u. T. 6. ’AfQodhti sfc^oS mvywap-
XiUop xuqiwiP,
348
mit Adonis * * *). Doch versieht ihre Huld alle Frauen,
wofern sie ihnen wohlwill, mit einem Abglanz ihrer
Schönheit * * ®), und diese kommt von ihr. Daher hält
man ein schönes Mädchen wol für Aphrodite, oder
benennt es mit dem Namen der Göttin In den
griechischen Romanschriftstellern kommt es öfters
vor dass, wenn eine schöne, von überirdischer
Anmuth strahlende Jungfrau im Tempel der Aphro¬
dite gefunden wird, man nicht weiss, ob es auch die
Göttin selber ist. Wohl vertr.ägt es sich dabei mit
der Olympischen Göttlichkeit, dass sie über schöne
Frauen selbst wieder Neid empfindet. Man nannte
ein schönes Frauenzimmer nicht blos eine Aphrodite;
berühmte Buhleriunen erhielten auch selbst unter dem
Beinamen der Aphrodite Heiligthümer; so die Aphro-
dite-Lamia, die Pythionike zu Athen und Babylon * ‘ ®),
die Leaina, Kteiesylla auf Keos die Aphrodite-
Stratonikis in 8myrna. Eine Drusilla Venus stand
zu Rom im Tempel der Venus Genitrix; Arsinoe, die
Gemalin Plolemäos Philadelphos, wurde als Aphrodite-
Zephyritis verehrt und andere mehr.
Aphrodite nimmt sich aber überhaupt des Ge-
415) Photios Kod. 190.
416) Hosych. xüüos; to t^s ’Ä(f'Qod‘in]5 fj.6Qop, Eurip. He¬
lena 363. Epitaph. Claudiae Homonoeae V. 5. (Wernsd. poet.
lat. min. 3, 213). Cui formam Paphie, Charites tribuere decorem,
417) Horaz 1, 27, 14s 1, 33, 13. vgl. Catull 61, 16 ff.
Hom. 11. 24, 699. Plaut Rudens 2, 4, 7. Vgl. Apulejus
Äs. aur. 4, 39.
418) CharitoE 2, 2, 5, 31. Achill Tat 4. Longos
Hirtengesch. 2 S. 30. Heliodor 1, 7. 5, 31. Aristainet
J, I u. 15. Vgl. Petro n Kap. 126.
419) Athen. 13, 595.
420) Antonin. Liber. Kap. 1.
421) Kalliaiachos u. Poseidippos bei Athen. 7, 318.
Hygio Poet, astron. 24. Katull Ged. 87.
349
- schikkes der jungen Mädchen an Ihnen steht
es frei von Verfolgungen zu den Altären der Göttin
zu flüchten dort umfassen sie das Bild derselben
und flehen um ihren Schuz, welcher ihnen nicht ver¬
sagt wird Ein Paar auf dem Meere verunglükk-
ter Mädchenj welche sich ohne Obdach und Anhalt
seheoj werden heim Plautus '‘®®) in dem Tempel der
Aphrodite von dem Priester aufgenommen und beher¬
bergt. Ihr eigentliches Geschäft ist aber die Beför¬
derung und Pflege des Liebesbandes zwischen den
Geschlechtern. Wenn zur Zeit der Hachtfeier der
Geburt der Göttin das Dunkel auf den Lauben und
Gebüschen, weiche sich um die Tempel der Liebes¬
göttin befanden, lag, dann nahten sich die Jünglinge
und Mädchen dem Altäre der Göttin, und flehten mit
den Flammenworten der Liebe die Göttin um Erhö-
rung an Dann rauchte von den Altären das
422)
423)
424)
3, 23.
425)
426)
Plautus Rudens 2, 3, 57 ff.
Ebend. 2, 4, 33 ff. 3, 2, 10.
Ebend. 2, 7, 1 ff. 3, 3, 32 ff. Servius z. Virg. Aen.
Plaut, a. a. O. 2, 3, 20 u. 77 ff.
Sapph o.
nomloQ-^op’ f ä9ixpccr‘ ’AfgoSm,
nul Jiog, dolonUxt, llaoofActl e$,
aoaißti fiijd' cvlaißh ifäfipa,
notviu 9v^öy,
’Äklo Tvlä’ il9'\ m nma xatiqmta
tas Ijuas avdms dtoMfoi ntjlvp
'ixlvs?, nmqos dj iö/Aop hmlea
XQvmov il&ts
uQ/ii vno^ivittufa’
fioi r.al vm, ^ultnuv Je kvffop
ix (xtqi^vKv, Sam da ^ot- nliaeui,
Qvfioi Ifxiqqu, nhaov, ah fi’uim
övftfiaxos iffffo.
350
Opfer gKikklicher oder unglükklicher Liebe, und in
den Gesang der Nachtigallen tönten die Gebete, der
inbrünstige Ausruf der Liebe. In lautem Getümmel
drängte sich die ganze Welt zu den Altären der
-Aphrodite Abgeordnete von Städten und Ge¬
meinden fanden sich in Paphos ein, um der Welt¬
göttin ihre Ehrfurcht zu bezeigen, Wallfahrten und
Pilgrime kamen von nah und fern, und zogen in hei¬
ligem Bittgänge zum Heiligthume der Göttin hinauf,
um Dank zu bringen, oder Gnade zu erflehen, oder
aus dem Munde der Göttin die Zukunft und Gebote
in Angelegenheiten des Herzens zu vernehmen : denn
mannigfach sind die Gaben der Aphrodite, spricht Eu-
ripides den einen erfreut sie, den andern be¬
trübt sie. Man rief die Aphrodite zu Zeugen seiner
Gesinnung und Schwüre an 5 unter ihren Augen und
ihrer Vermittlung suchte man die Lösung der Zweifel
und Missverständnisse, hotfte man den Gegenstand
seiner Sehnsucht zu gewinnen. Sizend auf dem
Throne spricht sie das Recht denen, welche zu
' ihr kommen und um die Rechte der Liebe und um
Gnade flehen. Sie hat ihre Lust an dem Liebesge-
tändel, sie erweicht das Herz des Jünglings, und
überwindet die unwissende, scheue und trozige Jung¬
fräulichkeit, den störrischen Sinn des Mädchens, in
dessen Herz das Geheimniss der Liebessehnsucht
noch schlummert, und nur die Erregung von ihrer
Seite bedarf. Aphrodite duldet es nicht, dass Je¬
mand sich der Liebe und ihrer Herrschaft entzieht;
wer sie verehrt, den erhebt sie hoch, stürzt aber den
427) S. S. 150.
428J Im Aiolos frg. 10. _
429) Per?ig. Ven. 7. Cras Dione jura dicit, fulta sublimi
tlirono. V. 50. Praesens ipsa jura dicet, assidebunt Gratiae.
351
in den Staub ***}, oder straft ihn mit unnatürlichen
Neigungen, sogar mit dem Tode, welcher io seinem
üebermuth sie vernachlässigt. Eines der warnend«
sten Beispiele stellt die Sagengeschichte an Phädra
und Hippolyt auf. Aphrodite hasst des Theseus Ge-
malin und Tochter des Minos von der Pasiphae,
Phaidra und flösst ihr die heftigste Liebe zu ihrem
Stiefsohne Hippolytos ein. Sie baute zu Athen auf
der Akropolis, von wo aus sie den Hippolytos sich
in der Bennbahn zu Trözen üben sehen und ihrer
Liebe nachhängen konnte, der Aphrodite einen Tem¬
pel, und einen andern zu Trözen unter dem Namen
nazaGxoniaj der spähenden, sehnsüchtig blik-
kenden. Hippolytos erwiedert aber ihre Liebe nicht,
und erleidet darüber den Tod, dem auch Phädra nicht
entgeht. Wie viele Wendungen diese Sage auch
hat, immer ist es Aphrodite, welche zürnend Kecht
fordert und strafend wirkt. Am gehässigsten tritt sie
da auf, wo sie, um den verhassten Hippolytos zu ver¬
nichten, die von ihr geliebte Phaidra mit ins Verder¬
ben stürzt. — Arkeophon, der Sohn des Minnyridas
in Salamis auf Kypros, liebte die Tochter des Königs
Nikokreon, Namens Arsinoe Seines niedrigen
Standes wegen verachtete das Mädchen ihn, und vor
430) Eurip, Hippolyt. 1. ff. Aphr. spricht:
llokkij fiiv iv ßQowiGi, MiW dvapvfioi
&tc( yJxkrifiKi, Kvngts, oiguvov t’sGoi’
offot TS novrov t’Arkavnxmp
vulovatv iXaoi, qmg ogMvns
Tovs fj.iv aißovTttS TUfxu ngtcßtuoi xgurt],
Gff dkküi 'S“ , oGoi (fgopuvaw slg ^fj.as f^eya.
Vgl, Eurip. Helena 1006 ff. ‘H Kingis di jnot (itj, cv/ußtßtjxe
cf mxfct^ov. migaGo/iat ds nagdipos /uipHP dti.
431) Antonin. Liber Metam. 39. aus Herrn esianax 2tem
Buch der Leontion.
352
Liebesgram machte Ärkeophon seinem Leben freiwillig
ein Ende. Im Uebermuth sah Ärsinoe der Verbren¬
nung des Leichnams zu, Aphrodite aber, welche sol¬
che Sinnesart hasste, verwandelte sie in eine stei¬
nerne Bildsäule, deren Füsse in der Erde wurzelten.
Es ist dies dieselbe Erzählung, welche Ovid von
der Anaxarete und dem Iphis erzählt, aber der Ort
ist derselbe. Abgesehen von den mehr unwesentli¬
chen Ausschmükkungen der Fabel, sezt er hinzu, das
Bild der Anaxarete stehe im Tempel der Venus
Prospiciens, der Hinschauenden, Spähenden,
sehnsüchtig Blikkenden. Mir scheint es als
wenn die kyprische Aphrodite prospiciens bei Ovid,
und die Trözenische naqaöxonia ganz derselben Be¬
deutung sind, und ich glaube nicht, dass die geschicht¬
liche Einkleidung und Anwendung, welche das Blik-
ken hier von der Sehnsucht der Liebe, dort scheinbar
vom Hochmuth auffasste, ein Hinderniss dieser Er¬
klärung sein kann. Man hat auch die Prospi¬
ciens auf Kypros mit der Aphrodite eXs^^icop zu €hal-
kedon ***) in Verbindung gebracht, und sie durch
die Legende einer nicht erhörenden, erst im Hinblikk
auf die Leiche des Liebenden gerührten Schönen er¬
klärt. — Die kyprische Königstochter Myrrha ver¬
achtet ihrer Schönheit wegen die Aphrodite neben
sich; die Göttin flösst ihr aber dafür zur Strafe eine
unnatürliche Liebe zu ihrem Vater Kinyras ein. Po-
lyphonte, eine Enkelin des Ares von seiner Tochter
Thrassa, verschmähte die Werke der Aphrodite und
432) Ovid Metam. 14, 695—770. Die xctraffxonla hei
Eurip. Hipp. 30, Pausan 2, 32, 6. Ueber die hierher gehörige^
Aphrodite naqaxintemtt s. S. 359,
433) Welker Epischer Kyklos S. 300.
434) Bei Hesych.
353
lebte auf den Bergen als Gesellschafterin der Arte¬
mis. Nun erregt Aphrodite eine wahnsinnige Liebe
zu einem Bären in ihr, und sie begattet sich mit ihm.
Bei diesem Anblikk ergreift die Artemis ein heftiger
Abscheu gegen sie, und sie hezt alle Thiere auf sie, dass
sie sich in ihres Vaters Haus flüchten muss, und dort
den Agrios und Oreios gebiert In Skythien be-
ijstraft sie den Tanais welcher allein den Ares
hiverehrte, das weibliche Geschlecht aber hasste, und
' eine Vermälurig für entehrend hielt. Atalante ver¬
schmäht die Liebe des Milanion, wird aber durch die
ausharrende Bemühung desselben besiegt. Die Sin«
iiesbeugung ist jedoch der Aphrodite noch keine ge¬
nügende Strafe 5 sie lässt die Liebe des Milanion, nach¬
dem er in Atalantes Besiz gekommen, erkalten, und
nun die spröde von heftigster Leidenschaft für den
früher Verstossenen entbrennen Nach Argi-
Vischer Sage überwindet Hippomenes mit Hülfe der
Aphrodite und der Aepfel vom goldenen Baume auf
Kypros den jungfräulichen Troz und Starrsinn der
Atalante. Weil aber der Sieger im Rausch seiner
Lust der Aphrodite zu opfern vergisst, so bestraft sie
ihn dadurch, dass sie ihn reizt, die Braut in Kybeles
Heiligthum zu umarmen. Diese über die Entehrung
ihres Tempels entrüstet, verwandelte beide in Lö¬
wen **«1*^. So ist erst Atalantes, nachher Hippome-
435) Antonin. Liber. Metam. 21. aus Boios 2tem Buche
der Oreithogonie.
436) Plutarch V. d. Flüssen. 14, 1.
436a) Musaios Hero und Leander 153. das. Heinrich. Pr op.
1, 1, 9 ff. Ovid Am. 3, 2, 29. Ars am. 2, 185 ff. Theognis
1305 (1291) ff.
436b) Schul. Theokr. 3, 40. 2, 118. Ovid. Metam.
10, 683. ff.
II.
23
354
nes Verpjehen bestraft. Die Lemnierinnen verachten
und vernachlässigen die Aphrodite, und die Göttin '
sendet ihnen einen üblen Geruch, dass ihre Männer!
sie nicht berühren mögen, sondern sich fremde Frauen
beilegen. Die Danaiden müssen ihre Strafe in der
Unterwelt leiden, dass sie ihre Männer getödtet ha-jt
ben Die bekannte Argivische Sage von denjl
Prötiden ist wie so vieles aus Argos auch nach Ky-,
pros gebracht worden. Nur haben sie hier ganz ih¬
ren Charakter verloren, indem von bakchischein Wahn- i
sinn nicht mehr die Rede ist. Ihre kyprische Hei¬
mat ist Amathus; hier verachten sie die Aphrodite,,!
wie in Argos die Hera, und leugnen ihre Göttlich- i
keit. Dafür werden sie gestraft, und zwar ganz auf .
aphrodisische Weise, so dass sie ihren Leib öffent-,i
lieh preis geben müssen während in Argivi-ijj
scher Sage Melampus sie von ihrem bakchischen 1
Wahnsinne hielt. Aphrodite straft aber nicht blosi
Nec mihi tura dedit. Subitam convertor in iram,
Contemnique dolens, ne sim spernenda futuris,
Exemplo caveo, meque ipsa exhortor in ambos.
Etwas anders erzählt Hygin. Tab. 185. Irata Venere in monte'
Parnaso cum sacrificaret lovi victori , cupiditate incensus , cum
ea infans concubuit, quos Jupiter ob id factum in leonem et
leaenam convertit, quibus dii coneuhitum Veneris denegant. —
Vgl. Palaiphatos Kap. 14. Herakleitos Kap. 12.
Wie Hygin erzählt A p o 1 1 o d. 3, 9, 2.
437) Tibull. 1, 3, 79.
438) Ailian Versch. Erz. 3, 42. Ovid. Met. 10, 238. P 1 u ■
tarch Philos. esse cum Princ, Kap. 2. ovyng y fitv’A(fQo(KT>i Tak\
wv Jlqoltov (vgl. Lob. Agl. S. 299.) ^vyaT^daiv ifirjvifv, on Trpiärtu.
fivßsce xara/mv psavlßxoiv, also wie Ovid. die beiden
hesiodischen Fragen. (Nr. 27 u. 28 bei Göttling) beziehen sichi
wahrscheinlich auf die kyprische Sage, denn die Prötiden sind;
hier in Wollust versunken. Vielleicht gab es auch eine Sage,
nach welcher Proitos, von seinem Bruder Akrisios vertrieben ,|
so wie nach Lykien auch nach Amathus gekommen sei.
355
Vernachlässigung der Liebe, sondern auch andere
Vergehen, Verlezungen ihrer Person und Tempel.
Die Scythen, welche ihren Tempel frech entweiht
hatten, belegt sie mit einer weibisch machenden, ver¬
weichlichenden Krankheit *®®). Philoktet tödtet ihren
Liebling Paris ; dafür sendet die Göttin ihm eine aphro¬
disische Krankheit Diomedes verwundet die
Aphrodite, dafür verleitet die Göttin seine Gemalin
Aigialeia während seiner Abwesenheit zur Untreue
Durch den Zorn der Aphrodite wird er überdiess noch
imhergetrieben, und seine Gefährten in Eisvögel ver¬
handelt Auf ähnliche Weise rächt sich Kirke
jtvegen verschmähter Liebe ***). Um die Aphrodite
kn versöhnen, baut Diomedes Venusia in Apulien
Hierher gehört auch die Fabel von den Kerasten auf
jiypros, welche auf dem Altäre des gastlichen Zeus
i lie Fremden opferten, dafür aber von der Aphrodite,
velche solche Opfer verabscheute, in Stiere verwan-
lelt wurden. Die ganze griechische Sagengeschichte
st mit Beispielen angefüllt, welche die verderblich©
dacht der Aphrodite darthun, und auf die mannig-
ächste Art beweisen, wie stark die Macht der Liebe,
vie die Göttin jedes Unrecht, dessen sich der Mensch
I 439) Herodot. I, 105. O-^Xeiay povaoK Hippokrates de
er. aq. et loc. S 293. sagt v. d. Scythen ylvonm, fv
anciia iqydl^ovrai,, (oS ai yvVCitxBg dtaltyourm,
440) Martial 4, 84. SchoL z. Thiik. 1, 12 nennt es eine
voGov.
441) Tzetzes u. d. SchoL z. Lykophr. 610.
442) Ovid Met. 14, 476 ff. antiquo memores de vulnere
oenas Exigit alma Venus.
443) Ovid Metam, 14, 384.
444) Servius z. Virg. Aen. 11, 246. Venusiam (condi-
iit Diomedes) in satisfactionem Veneris, quod ejus ira sedes
atrias invenire non poterat.
23 *
356
gegen sie schuldig macht, rächt. Diejenigen, welche
durch Liebeskummer umgekomraen, finden auch jeo-
seit des Grabes keine Buhe, sondern wandeln noch
im Tode auf einsamen Pfaden in einem Myrtenhain
So erblikkt Aeneas die Phädra, Prokris, Erijthyle
Euadne, Pasiphae, Laodamia in der Unterwelt
Ariadne, Thisbe und andere fügt noch Klaudian
hinzu.
Wer aber im Dienste der Göttin verharrt, dei
belohnt sie wieder auf ihre Weise. Dem Paris gieb
sie die schönste Frau, Kinyras wird tausendfältig voi
ihr bevorzugt und geehrt; dem Pygmalion belebtest
die Bildsäule, den Phaon belohnt sie mit einer Salbe
durch deren Gebrauch er eine solche Schönheit er
hält, dass alle Frauen von Mitylene sich in ihn ver
lieben. Kein Beispiel ist in der griechischen My
thologie berühmter, wo sich Aphrodite derer annimm
welche kühn den Gefahren der Liebe trozen, als da
der Hypermnestra, welche zum Tode verdammt wai
weil sie ihren Bräutigam gegen den Befehl des Va
ters in der Brautnacht nicht getödtet hatte. Die Gö(
lin tritt hier als Richterin auf und entscheidet übt
die Handlungen eines liebenden Herzens. Der re
wen heissen Liebe zu einem Mädchen ist Aphrodil
hold sie hilft dem Leander die Gewalten de
Meeres überwinden, und erbarmt sich der Leiden dt
Herzens *^®). Liebende dürfen nicht das Opfer dt
Aphrodite verabsäumen ***) und ihr Geschenke z
445) Virgil Aen. 6, 444 ff.
446) Cupido cruci affixus 1 ff.
447) Heliodor 4, 18. — Hör. Od. 1, 15, 13. 4, 10,
ist sie dem gliikklichen Liebhaber gnädig.
448) Musaios Hero und Leander 250. xal — ^,<<1
itQiay o^vpüav, '
449) Xenoplion v Eph. 5, 10.
357
bringen müssen sich auch in die Mysterien der
Göttin einweihen lassen Wenn eine Jungfrau
sich nach einem Jüngling sehnt, so opfert sie der
Kypris Kallirrhoe sucht bei ihr Trost im Lei¬
den, umfasst die Füsse der Göttin, und fleht um Er¬
füllung ihrer heissesten Wünsche Ein lieben¬
der Jüngling stellt das Bild seiner Geliebten zur
Seite der Aphrodite, und betet sie an gleich der Göt¬
tin selbst Die Erscheinung der Aphrodite war
•'von guter Vorbedeutung, wie die anderer Gottheiten
k'on verderblicher *®®). An den Festen der Aphro¬
dite dichtete man auch gern die ersten Zusammen-
; künfte der Liebenden denn sie war es, welche
iäie Herzen einander entgegenführte.
! Die Wirksamkeit der Liebesgöttin auf das mensch-
‘ Gliche Herz und seine Leidenschaften thut sich auf
- die mannigfachste Weise kund, und wird in den Bei¬
namen, welche man der Göttin giebt, niedergelegt.
Durch dreihundert Beinamen wird Aphrodite in den
Hymnen verherrlicht, sagt Johannes von Lydien, und
450) Chariton 8,. 3. Chaireas dvaO-^naei. tiiv ’AfQoMtiiv
infitjes.
451) Achill Tat. B. 2 u. 5. Die Ausgabe •von Jakobs
kann ich nicht benuzen, und v.’eiss daher auch nicht, ob er viel-
leicht zu dieser und andern Stellen noch besondere Erläute¬
rungen giebt.
452) Achill. Tat. B. 8.
453) Chariton 2, 2.
454) Chariton 3, 6.
455) Chariton 3, 6. iniff avng yäq ian (Aphrod.), xai Mx-
vvaw iuvT^y iyaQ-ydig. dU.’ dyai^ou ßiydlov wvr stf» etif4$ioy.
456) Chariton 1, 1. 3, 6. 4, 4. 6, 5. Musaios V. 42.
Auch geschah es an den Festen der Artemis. Theo kr. 2, 67
vgl. Xenoph. v. Eph. 1, 1. Bei Heliodor 4, 164. entbren-
nen Theagenes und Charikleia am Feste des Apollon zu Delphi ^
in wechselseitiger Liebe zu einander.
358
bei den Orphikern heisst sie noXvdvvnog wie TioXvvao;. i
Es würde hierbei sich vielleicht kaum der Mühe ver¬
lohnen, wenn man alle Beinamen der Göttin sammeln
w'ollte. Alle weiblichen Eigenschaften, welche im
Stande sind einen Eindrukk auf den Mann zu machen, •
alle Seelenzustände, welche die Liebe erregt, alle .
äusseren Begegnisse in der Liebe, Glükk und Wi¬
derwärtigkeiten, werden auf die Aphrodite zurükge-
führt, und diese als an ihr haftend oder von ihr aus¬
gehend durch Beinamen angedeutet. So erklären sich
leicht alle Namen und Auffassungen der Göttin, wel¬
che am mannigfachsten bei den Erotikern anzutreffen
sind; doch nur einige von den vielen wollen wir
hier nennen, um uns das Bild der Aphrodite noch von ;
mehreren Seiten zu vergegenwärtigen. So heisst die •
Kypris yXvxvfidXixog^ die süsskosende, süssschmei- 1
.chelnde; in ihrem Blikke findet man das vyqov, das
Schmachtende und Zärtliche der Augenlieder; aucl.
heisst siein ähnlicher Beziehung (TTga/Siy und paeta
welches eigentlich das Schielen der Augen bezeich¬
net, hier aber das verliebte Blinzeln mit den Augen
das Liebäugeln. MsXivsta kündigt sie vielleicht ah
die Honigsüsse an; xptd-vqog heisst sie vom heim¬
lichen Liebesgeflüster, inijxoog die Erhörende, ver
wandt mit der bereits genannten Benennung iXs^fim
Sxotvig erleidet mehrere Deutungen, zunächs
457) Vgl. Ovid ars. am. 2, 659. Petronius Satir. Kaj
68 u. oft.
458) Harpokration Hesych, Suidas ipi^vQiomv ‘K^
fiov zut^E^aros xat ’Aq Qodiojs, änsQ n^oSioi' inoirjctp, äs (piict .ZiönvQoi
B^tSivs, iTOtcTij äs qaaiv, iipidvqt^s Brjdtl xam ‘InnoXvTov <Äß
ßdX).ov6tt avTovi ol ds dvdQMmväTiQÖp (f aci yj^SvQUTTrjP nagd ro dv
S-gänove ixsi ewig^ofiipovs rd unöggtjTa cwrld'SS&at, Xttl
ull^loi^S, nfQi mv ßovlopTcei.
459) Lykophroa 832.
359
liegt eine Deutung als Binsen liebende, als Sumpf-
göttin, dann könnte es möglicher Weise auch eine
Bindende, Fesselnde sein, und stimmte mit ihrem la-
einischen Namen Anneta überein. Unter dem Na¬
uen nccQaxvTTvovaa wurde sie besonders auf Ky-
bros verehrt, und wir könnten diese Eigenschaft vom
verstohlenen Blikken nach einem Liebchen auslegen,
imd damit zunächst die xaTadxoma oder (ftqaß^ ver-»
gleichen. In der xataüxoma glauben wir aber eine
( Söttin zu erkennen, welche sich der kyprischeo Ve-
jius prospiciens bei Ovid näherte; dieser lateini-
tche Name scheint mir aber nur eine Uebersezung
1 er Parakyptusa zu sein. Auch diese Benennung
vurde wie jene als der Name eines Mädchens ge-
asst, und von ihr eine Legende ähnlich Jener er«
iählt. Die Deutung des Namens ist in beiden etwas
' erschieden, aber das liegt eben nur in der Abwei-
■ hung, welche die geschichtliche Einkleidung und
Deutung mit sich brachte. Von dieser abgesehen,
vürde vielleicht der griechischen naqaxvmovßa im
lateinischen eine Venus despiciens genauer als
ine prospiciens entsprechen.
In dem namentlich bei Euripides öfters vorkom-
nenden Ausdrukke dsivq liegen die Peinigungen und
Ile gewaltsamen Aeusserungen der Aphrodite auf
as menschliche Gemüth. "Adixog *®') wird sie im
Jnwillen genannt, dass sie Leiden bereitet, dass sie
460) Plutarch Erot. Kap. 20. ?! yäq av liyot ns, Ev^vv-
tTop (?) xcd J $vxo PThda (?) t^p ip Kvnqm n aq axvntov-
ap tu PVP TtQoSccyoQtvofÜp>ip; «AA« t^p FoqyovS notvriP ovx
xjjxöart, T^S xqjjff&tis, naqanl^atu ty HtxQuxvnTQvßfi na&ovßtjS- nl^p
'■flpt] (xip dnfh&(ü9^ nuqaxvfpaea tov iQaßTtjP Wthp ixxofutofisvop.
|. S, 352.
■ 461) Chariton 3, 10. Aphrodite ist falsch und täuscht,
i jloraz Od. 3, 27, 68. Aderat querenti Perfidum ridens Venus.
360
Liebe und Glükk nicht nach Verdienst, sondern nach
Launen dem Menschen zuertheilt. JoUofpQcav
die Trug’gesinnte, weil die Liebesgöttin keine Mittel
und Ränke verschmäht, um zum Zwekk zu gelangen.
Aehnlich sind eine Menge anderer Beinamen: dö/ö-
(irixic listiger Anschläge voll, verschmizt; nav- \
ovQyög, die verschlagene, betrügerische, boshafte; do~
?Mn;X6xog listenknöpfend, ränkespinnend; nrnavlzig zu i
Megalopolis, Kunstgriffe, List und Anschläge gebrau- i
chend ; oldrqotpöqoq^ Wuth erregend, von der Heftige
keit der Leidenschaft; insana die wahnsinnig ma¬
chende.
Von ethischem Standpunkte aus betrachtet, trennte
man allgemein die gesammten Anschauungen, welche
der Aphroditekult darbot, in zwei Seiten, welchen
man alle einzelnen Formen desselben unterordnete,
und benannte sie mit dem Namen einer Aphrouite
Urania und einer Pandemos. Wir können diese
beiden allgemeinen Seiten des Kultes, glaube ich,
nicht richtiger bezeichnen, als wenn wir sagen, sie
drükken in ihren Gegensäzen den Genuss gesezmä-
ssiger und ungesezmässiger, erlaubter und unerlaub¬
ter, reiner und unreiner Liebe aus. Diese Auslegung
erhält durch die Symbole und durch die klaren Deu¬
tungen der Alten selbst ihre Bestätigung. ZuElis
gab es zwei Bilder der Aphrodite; das, welches in
dem aus der korkyräischen Beute errichteten Tempel
stand, führte den Namen der Urania, war aus Gold
und Elfenbein, ein Werk des Phidias und sezte den
462) Eurip. Iph. Aul. 1301. Helena 238. a cT« Tokios «
mluxrovos Kinqis. ■
463) KoluthosSO.
464) Paus. 6, 25, 1. ~ m c)f inl xekdivr] ts xai k t'ov rqci-,
yoy naqtijj/xii wJs S-fkov(fty
361
einen Fuss auf eine Schildkröte^ das Bild der
Häuslichkeit und Sitte *®*). Ausserhalb des Tem¬
pels im geheiligten Bezirk stand ein ehernes Bild
der Aphrodite mit dem Namen Pandemos von Sko-
pas verfertigt und auf einem Bokke, dem Sinnbilde
der Geilheit, reitend. Ursprünglich war das Opfer
der männlichen Thiere nur zur Bezeichnung der Zeu¬
gungsgottheit gewählt, ohne den gesteigerten Neben¬
begriff der unreinsten Begierde und Lust, welche man
im Bokke versinnbildlicht fand. Dies Opfer wurde
einer besondern göttlichen Offenbarung zugeschrieben
und auf geschichtliche Weise mit dem Theseus ver¬
bunden, zu dessen religiösen Einrichtungen man auch
die Gründung des nachweislich ältsten Tempels der
Pandemos zu Athen zählte. Als der Delphische Gott
ihm befohlen hatte, die Aphrodite, ohne Zweifel als
Meergöttin und Fahrtenlenkerin, sich zur Geleiterin
und Führerin der Fahrt zu erwählen, wollte er der
Göttin am Meere eine weibliche Ziege opfern; sie
verwandelte sich aber von selbst in einen Bokk, und
man nannte daher die Aphrodite smtqayia *®®). Die
Unterscheidung, welche wir in den Symbolen der
beiden Bilder der Aphrodite zu Elis angedeutet se¬
hen, finden wir auch wiederholt schriftlich ausgespro¬
chen. Xenophon '‘®’) sagt, der Dienst der Pandemos
465) P lut arch Eheregeln Kap. 32. nennt die Schildkröte
oixovQia? Gv/iißoh)v mls yvvcu^l y.al Gmn^S.
466) Plutarch Theseus Kap. 18.
467) Xenophon Symposion 8, 9. El filv ovv iGxLv
'AqQoSirrj ^ damt Ovqaviu ts xal ndpdtj/xoSj ovx olda’ xai ydq Ztii
6 ttvto? doxmv ilvai nol.ku<; tnmvvfj.ia? tyn' ou ys (jivroi ixet-
riqa ßcjfiol TB BiGt xat puoi xat d-valat, Tg (jilv JlapdgfKg qadwvqyö-
ttqui, Tg ÖB Ovqapla äypotiqui, olda. ElxaGatS d äp xai wie eqüitas
Tgp fiip ndpdgfxop twp GafidTUP Imni/Ami-p , tryp d’OvqaplüP tgS '*pv-
/ge TB xai Tge (f tUas xai tmp xakap Bqyap.
362
ist leichtfertig, der der Urania ist reiner, fügt aber
noch die philosophische Deutung hinzu, in welchem
er den Begriff der Urania von allem Materiellen ent¬
fernt, und sie nur auf rein geistige Liehe, Freund¬
schaft und schöne Thaten bezieht. Himerios im Frag¬
ment aus der Rede auf die Ankunft der Kyprier sagt:
diePandemos hat mit der Urania nichts Gemeinschaft¬
liches. Jene erzeugt die gemeinen und unreinen Lie-
besregungen5 diese hat aber die goldenen Söhne und
deren goldenes Geschoss, ihr Ziel aber sind die er¬
blühten und reinen Seelen *®®). Pausanias giebt
bei Gelegenheit des Thebischen Kultes die ganz phi¬
losophische Auslegung der Urania. Der Kult von
Theben ist uns auch hier wieder und besonders des¬
halb merkwürdig, weil er den beiden gewöhnlichen
Formen der Aphrodite, der Urania und Pandemos,
noch eine dritte, die Apostrophia hinzufügt. Har¬
monia sollte ihrer Mutter Aphrodite diese dreifachen
Bilder geweiht haben. Wenn dies nun nach der Re¬
gel, dass die Götter sich selbst ihren Kult einrichten,
einerseits weiter nichts heisst, als dass Aphrodite sich
selbst den Thebanern in dieser Eigenschaft kund ge-
than, so bürgt andererseits diese Zurükbeziehung auf
468) vsoTilsls xul uxtjquToh. So auch Photios Bibi,
d” "AfQoürrj ngos Tr)V Ovgaplav oväiv xoivov' ^ uiv ßs-
ß^kovs xat oi xa&ttQovs r^p g^vtfhP ytvpa rove tgatras. rjj di xgvaolfUP
oi Ttödes, tfi rä rovToiv xal ßHij. axonol df avwk ipvyal Pionktls
xttt uxfigato!,- Heliodor I, 19. spricht von der Wahl eines Mäd¬
chens von niederm Stande zur Gattin und bezeichnet die Liebe
zu einem solchen mit der Aphr. Pandemos : innd^ ydg t^p ndp~
ätiiioy 'A<fgodlrtiP to ngoft^nxop än/jd^fi ytpo?, oti xad^’^dop^p ypfl«?,
ciÜLa fk dtadoj(ds Gnogag, t^p di i/xavr^ yipiff^M dußxaxpaixtptjp.
469) Paus an. 9, 16, 2 r^p fxip Ovgupiup int igan xa9ccgm,
xkI dn^tJMy/xip^ nd&ov coi/xdrMP. Ildpdii/MP di int rcclg tqI-
jtjp di ’AnoßTQoflap, !pa im9vixlttS ti uyofxov xnt tgyoiy dpoßfwp dno-
ffrgffp TO yiyos twp dp^goinm»
363
die Harmonia für ein sehr hohes Alter der Bilder und
ihrer Aaflfassun^. Aber es steht noch zur Frage, ob
nicht etwa dieser Dreiverein der Aphroditebilder ur¬
sprünglich eine physische Bedeutung gehabt habe,
welche nur erst später io die ethische überging. Von
der Urania wird dies gleich näher nachgewiesen wer¬
den, und Gerhard nimmt auch die Apostrophia in
physischer Beziehung für eine Göttin des Todes. Er
sagt *^®): als Herrin des Todesurtheils heisst sie
nicht blos eine, die es abwendet, dnotftQO(fla, und ver¬
zögert, sondern neben einem nächtlichen Bakchos und
einem Aschenzeus (Zsi)g xdvwg) heisst sie auch eine
sich zuwendende, Gebieterin alles Sterb¬
lichen, das ihr anheimfällt. Diese Epistrophia be¬
fand sich zu IMegara Von dieser giebt Pausa-
;i nias keine ethische Deutung, wohLaber von derApo-
i strophia und sagt; sie entferne das menschliche Herz
von unheiliger und ungesezmässiger Begierde^ sie
ist ihrem Wort verstände nach eine ab wendende, wel¬
che unerlaubte Neigungen und Blutschande abwendet.
Dabei deutet Pausanias selbst auf die unzüchtige und
unerlaubte Neigung der Myrrha zu ihrem Vater Ki-
nyras hin, und auf die Liebe der Phaidra zum Hip-
polytos, ihrem Sohne. Unbedenklich darf man zu
470) Prodromus S. 131. Hyperbor, röm. Studien S. 60. Nä¬
her als Urania stand Aphrodite Pandemos dem Lebens- undi
Liebesbedürfniss, daher trug man auch wol die über irdische Be¬
gier weit erhabene Idee der reinsten Liebe auf jene Götter über.
Unterscheidungen beider, der philosophischen, wie der prakti¬
schen Art, finden sich auch wol gemischt; so scheint das drei¬
fache Aphroditebild der Harmonia zu fassen, indem Urania von
Pandemos philosophisch, in Bezug aber auf der Pandemos zwie¬
fache Lebens - und Todesbeziehung die Pandemos von einer
Apostrophia geschieden ist
471) Paus. 1, 40, 5.
364
dieser Apostrophia die römische Verticordia
stellen, welche eine Herzenslenkerin war, vom ver¬
änderten Sinn so benannt eine Göttin der Zucht,
Schönheit, des guten Rufes der Frauen, und man
flehte KU ihr, dass sie das weibliche Geschlecht mit
reinem Sinn und reinen Sitten segnen möge. Als
die drei Vestalinnen sich vergangen hatten, wurden
nach dem Rath der Sibyllinischen Bücher der Venus
Verticordia ein Tempel geweiht, damit sie die Her¬
zen der Frauen und Mädchen der Stadt der Zucht
zuwenden möge Wie sie eine Umlenke rin
von der schlechten Sitte und eine zur bessern hin¬
wendende Göttin ist, so wird auch die Epistrophia
von Megara eine Hinwendende, die Herzen zur
Zucht hinwendende Göttin gewesen sein, während
lüe Apostrophia eine vom Bösen Abwendende
war. In der Epistrophia liegt zwar der Bedeutung
des Wortes nach der Begriff des ümkehrens von
einem Irrthum und des Hinwendens zum Guten, in-
dess soll nicht geleugnet werden, dass dies Hinwen-
den auch in Beziehung auf das Geneigtmachen eines
Gegenstandes für einen andern gefasst sein mag, und
diese Göttin das Herz dem Liebenden zuwandte.
Denselben Dreiverein von Aphroditebiidern, wel¬
cher uns von Theben beschäftigt hat, finden wir auch
zu Megalopolis in Arkadien Die beiden ersten
hiessen auch hier Urania und Pandemos, die dritte
* 472y^vid. fast! 4, 157 ff. Serv. z. Aen. 1, 719. Plin.
7, 35.
473) Venus verso nomina corde tenet. Ovid.
474) Vater. Max. 8, 16. — Augustin Civ. Dei 4, 10
unterscheidet; An Veneres duae sunt, una virgö, altera mu-
lier? An potius tres, una virginum, quae etiam Vesta est, alia
conjngatarum, alia meretricum ?
475) P aus an. 8, 32, 1.
365
wusste man zwar nicht mehr zu benennen ^ da aber
der gesummte Arkadische Kult ein pelasgischer ist,
der Aphroditekult ins besondere noch mit dem The-
bischen vielfältig iibereinstimmt, so lässt sich nicht
bezweifeln, dass wir dem dritten Bilde den Namen
des Thebischen dritten g*eben müssen. Phurnutos
bat in einem Drei verein die Urania, Pan d emo s,
Pontia; aber diese Dreitheilung gehört eigentlich
hier nicht her, da hier die Namen der Urania und
Pandemos auf die Herrschaft der Aphrodite im Him¬
mel, und auf der Erde gehen, mit Hinzufüguog des
dritten Reiches der Göttin, des Meeres. Auch hier
lassen sich die beiden ersten Namen ethisch auf die
himmlische und irdische Liebe deuten, nur weiss man
nicht recht, wie man diesen die dritte philosophisch
beifügt. Endlich finden wir noch eine dreifache Ver¬
ehrung der Aphrodite zu Knidos unter den Na¬
men Doritis, Akraia und Euploia. Ich Mn nicht
ganz abgeneigt, diese Dreitheilung mit der zulezt
genannten des Phurnutos und Anderer zu vergleichen.
Die strenge dorische Aphrodite möchte einer üra-
476) Phurnutos mqt dtmp Kap. 24. y.aMica «J« ovqavla,
ts xul ndvötj^os y.at novria. Für nonla zu lesen nupaala ist
durchaus nicht angebracht, denn eine Aphr. navaala würde alle
Formen derselben umfassen, und kann nicht als dritte der drei
Seiten hingestellt werden, welche die gesammte Macht der Göt¬
tin aussprechen sollen ; auch weist die folg. Erklärung bestimmt
auf ein vorhergehendes Ttoviice hin : Ji« to zup iS ovqüvüi, sp jp
y.al t^p dvpafxi,p umrfi S-smqtls&m. Ovid. fasti 4, 93. lu-
raque dat coelo, terrae natalibus undis Perque suos initus con-
tinet omne genus. Orpheus xal xqatim rqiaßmp fimqmp — ovqa-
POVJ ytjg, novrov. Eudokia S. 14. r.alHmt M ovqapl« cf« xai ndp-
d>lfxog xai nupunia, cho to xdp tS ovQdum xai ip yf, xai &aXdea^
Tr,p äivafjuv avT>jg &€mQua&m. Dass auch hier nourla für navmttct
gelesen werden muss, kann weiter keine Frage sein.
477) Paus an. 1, 1, 3.
366
nia nicht sehr fern stehen, die auf Vorgebirgen ver¬
ehrte Akraia pflegt eine der Pandemos ähnliche zeu¬
gungslustige Göttin zu sein, die Verwandtschaft der
Euploia mit der Pontia liegt aber auf der Hand.
Philosophen, wie Platon, Xenophon und Plotin,
unterscheiden auch die Genealogie der beiden haupt¬
sächlichsten Formen der Aphrodite, der Urania und
Pandemos. Die Urania heisst die ohne ein Weib
gezeugte, meergeborne Tochter des Uranos, die Pan¬
demos Tochter des Zeus und der Dione. Wie der¬
gleichen Geuealogien zu fassen sind, ist im Allge¬
meinen bekannt, und die der Aphrodite bereits oben
behandelt. Indess ist aus den verschiedenen Ab¬
stammungen, welche die sondernden Theologen und
Philosophen für die verschiedenen Aphroditegottheiten
annahmen, das Geschlecht für die Pandemos und Ura¬
nia nicht so ganz willkürlich ausgewäblt. Bei allen
Abstammungen, welche man von der Aphrodite hatte,
tritt bei der dodonäischen Tochter des Zeus und der
Dione die zeugungslustige Natur und ihre physische
Beschaffenheit am meisten hervor, und wie man diese
im Olympischen Götterstaate die Gattin des Hephai¬
stos und die Buhlerin des Ares sein Hess, so eignete
sie sich auch vor allem dazu für die Pandemos zu
gelten, deren erstes Kennzeichen und eigentliche Be¬
schaffenheit eben die von jener Tochter des Zeus und
der Dione nachgerühmte zeugungslustige Natur war.
Für den reinen und geistigen Begriff der Urania hin¬
gegen passte die Abstammung vom Uranos nicht
blos deshalb, weil sie mutterlos erschien, allein von
einem grossen Gotte, dem Uranos, geboren war, son-
478) Urania Adj. vgl. Orph. Hymnen Evxh Mov-
mmv V. 41. n »mv, Gvp ä’&ftßQorop €iypov ‘'däaww.
367
dem weil diese Gebort der philosophiscbeo and ethi¬
schen Deutong die Anspiel nng auf die reine, himm¬
lische Gottheit so nahe legte, ln der spätem Zeit v
vimrde aber von Geschichtschreibern und Dichtem der
Name der Urania umfassender gebraucht, weil man
gewohnt geworden war, die Vorstellungen weiche in
den beiden Formen enthalten waren, zu verbinden und
zusammen fliessen zu lassen, und dieser Name wurde
theils als Urania, theils in der gewöhnlichen Zusam«
mensezung als Aphrodite-Urania, die allgemeine Be¬
zeichnung der Göttin.
Es lässt sich aber nicht leugnen, dass sich auch
im Kulte schon früh eine Sonderung beider Formen
der Göttin einstellte 5 und wenn sich auch nicht ge¬
schichtlich dieser Zeitpunkt genau angeben lässt, so
muss es doch zu der Zeit geschehen sein , wo der
Aphroditekult zum Theil in ein blosses Frohnen sinn¬
licher Lust ausartete, und Zwekk und Bedeutung des
Mysteriengebrauches, welcher die Ausübung des Bei¬
schlafes in der Feier vorschrieb, ganz verloren ging.
Jezt theilte man den gesezmässigen und erlaubten
Genuss und die ediere Liebe der Urania zu. In die¬
ser Beziehung war der Urania zu Elis die Schild¬
kröte beigegeben als das Sinnbild ehrwürdiger und
züchtiger Häuslichkeit sie ertheilt das Glükk
der Ehe, verhilft zu einer guten, geregelten häusli¬
chen Verwaltung, befördert ein giükkliches, zufrie¬
denes Leben, ziert mit den Tugenden anständiger
Frauen, schliesst so also auch eine Apostrophia in
sich; mit einem Worte, sie stiftet den ganzen See¬
gen eines ehelichen Bandes, und ist die Ursache des
479) Plutarch Eheregeln, Vorrede. Er nennt sie auch
vitxovqös. Vgl. S. 241.
y
368
Clükkes, welches Gatten in ihrer Familie suchen
Das symbolische Zeugniss und die schriftlichen Aus¬
sagen des Plutarch und Artemidor bürgen hinlänglich
für diese edlere religiöse Auffassung der Aphrodite,
und beweisen zur Genüge, dass sie keine blosse phi¬
losophische Deutung war. Es giebt aber auch noch
mehrere iinwiderliche Belege dafür. In einem Epi¬
gramm des Antipater von Sidon weiht eine Bi-
thynierie der Aphrodite ein Standbild, bittet sie dies
kleine Geschenk anzunehmen und dafür ihr gnädig
einen grossen Lohn angedeihen zu lassen, indem sie
ihr häuslkhe Zufriedenheit und des Mannes Eintracht
schenke. In einem andern Epigramm des Theokrit
~~"li80) Artemidor Traumdtg. 'Aqqoiitti fj fiiv nMrjfios uyv^-
rmf- xal nan^lote xal ^vfoerärais xcti Svfith'Xois xai v.ai axj]-
rmoJs n«& xal imlqm? äya9l Fvpaifi M oh.oStmolvaig ahxvp^p
xai ßlttßn» nQoSayoQfoB xmI tok yw^i- nQoS{Qov/j.iPovs xbilvsi., ^ w?
xmvrf ieofiirnS yvpmxii. ‘H efi ovQccvla tu havria
eijuaipu. Muhcra ds dya»^ niqi ya^uövg xal xoivmvlas, y.al nsgi
tixvmv yoväs, cwOfSp^KV imyovmv ianv anla. Lukrez
6, 1008.
Inde casas postquam ac pelles ignemque pararunt
Et muMer conjuDcta viro concessit in unum,
Castaque privatae Veneris connubia laeta
Cognita srait prolemque ex se videre creatam:
Tmn genus hunjanum primum mollescere coepit
481) Gr. AnthoL
Bi9wk KvS-iqi] fiB nk Kmqi,
jÄoqqk tiffoilov Ivy&vov, ev'Stx/xiPT],
äUd ffv T? fifydl^P /äqiu dpnfziql^ov,
ms i'&oS' dqxHTat tT dpdqk 6/j,oif qo<>VPrj.
482) Theo kr. Epigr. Nr. 13.
‘A Kinqie ov Mctvdafios’ lldßxfo mp &iov, (Imop
ovqapluv, äypus ctp^t/xa XQVßoyipaS,
olxm Ip 'Jfiqtxliovs, & xat rixpa xat ßlop tax^
Ivpop' dei difffiP laiop ik STOS ^p
Ix at9fp äqxoftipots, m nörpia' xijtfo/<sw yaq
d&avdmv uvTOi nXmp ixovat ßqoroL
369
dankt Chrysogona der Urania für das Gliikk, das sie
ihr in Gemeinschaft mit ihrem Gatten und ihren Kindern
geschenkt habe, und welches von Jahr zu Jahr ge¬
wachsen sei. Eine solche Liebesgöttin kann es nur
sein, von der Aeschylos *«*) sagt, dass alles Liebste
den Menschen von ihr komme; dies ist die Göttin,
welche man als decens.'^«*) fasst, als casta
welche die venustas ««), Schönheit und Änmutli, giebt,'
als ^vxla *«’) die Häuslichkeit mittheilt; physisch©
und sittliche Natur ist bei ihr in Harmonie gebracht.
Jene Aphrodite, welche dem Bestände des Geschlech¬
tes vorsteht, über dem Hauswesen waltet, muss schon
eine keusche Göttin sein. Sie bewahrt das Ansehen
äes Hausvaters, erhält Ruhe und Frieden, steuert dem
Mangel und der Noth, befördert Eintracht und Liebe
unter den verschiedenen Gliedern des Hauses *«®).
Die verhüllte und an den Füssen gefesselte
Aphrodite-Morpho “*) zu«parta wurde als eine Ehe-
Göttin gedeutet, und die Fesseln sollte ihr Tyndareus
ingelegt haben, weil er mit den Fesseln die Treue
1er Frauen gegen ihre Gatten verglich. Mehr noch
leuchtet die Verbindung von Zucht und Sitte hei den
Vorstellungen der Aphrodite im Sikyoiiischen Kulte
ein, in den dortigen Tempel der Aphrodite ging
483) Aesch. Eum. 216.
484) Hör. Od. 1, 18, 6.
485) M artial 6, 45.
486) Horaz 4, 13, 17.
487) Ailian, Thiergesch. 10, 34.
488) M artial 10, 33, 2.
Sic tibi consoceri claros retinere Penates
Perpetua natae det face casta Venus.
Wernsdorf, poet. lat. min. 4, 502. Concordes regat (Aphrod.
ein Ehepaar) cum majestate benigna.
489) S. S. 247.
490) Pa US an 2, 10, 4. Vgl. S. 269, Anm.
370
nur eine Tempeldienerin, eine zwar verehlichte Frau,
welche aber nicht mehr einem Manne beiwohnen durfte,
und eine Jungfrau, welche den Namen Lutrophoros
führte und jährlich wechselte. Alle andern sahen die
Göttin nur vom Eingänge her, und beteten von da
zu ihr. Die Göttin, ein Bild des Kanachos, war von
Gold und Elfenbein, trug auf dem Kopfe eine Welt¬
kugel, und hielt in der einen Hand einen Mohnsten¬
gel, in der andern einen Äpfel. Ausser den Schwei¬
nen opferte man ihr die übrigen Thiere ; die Schenkel
der Thiere verbrannte man mit Wacholderholz, und
verbrannte mit den Schenkeln zugleich Laub des Pä-
deros. — Wir haben diese Göttin schon als eine er¬
habene Herrin der Welt betrachtet; hier ist sie uns
wegen des keusch und rein gehaltenen Dienstes merk¬
würdig, denn die Frau durfte nicht mehr dem Manne
beiwohnen, und die zweite Dienerin musste eine
Jungfrau sein, welche durch ihren Namen Lutro¬
phoros anzeigt, dass der dortige reine Dienst in
Beziehung aut Hochzeit und Ehe stand. Wir sehen
daraus, dass der Kult der griechischen Aphrodite, der
hehren Herrin des Natur - und Menschenlebens auch
in geschlechtlicher Beziehung ursprünglich durchaus
keusch und rein war. So gross aber war die Scheu
vor der Göttin, dass man nur von fern seine Andaciit
verrichten durfte. Die Schweine waren aber aus dem
Grunde von den Opfern ausgeschlossen, weil diese
dem unzüchtig gewordenen Mysteriendienst angehür-
ten *“*). Festus sagt, Aphrodite hasse die Schweine,
weil sie von allen Thieren die unreinsten und von
der heissesten Brunst wären. Hier kann er nur die
Urania meinen; denn im allgemeinen ist dies nicht
wahr. Nach dem Ausspruch des Johann von Ly-
491) S. S. 183. 265 ff.
371
dien *»>*) opfern die ehrbaren Fraoen der Aphrodite
wegen Eintracht und züchtigen Lebens, die Masse
der Weiber badet sich aber in den Bädern der Män¬
ner für ihren Dienst mit Myrten bekränzt Wir haben
die Schwalbe als einen aphrodisischen Vogel kennen
gelernt; auch er kann nur ein Sinnbild der Häuslich¬
keit sein, wie die Schildkröte. Der Unterschied im
Kultus beider Gottheiten tritt auch noch darin her¬
vor, dass der Urania laut Polemon bei Suidas wein-
lose Opfer, vrupdXia gebracht wurden, der Pandemos
aber sehr viel Wein floss Indess da, die Urania
ursprünglich ebenfalls auf physischen Grundlagen be¬
ruhte, und diese nie ganz in ihr verloren gingen,
wenn sie sich auch auf das Gesezmässige beschrcänk-
ten, so finden wir in der schon früher angezogenen
Stelle des Lukian dass der Urania wie der
Aphrodite in den Gärten ein Kalb geopfert wurde,
während die Pandemos eine Ziege erhielt Dies
möchte aber die einzige Stelle sein, wo wir finden,
dass eine Hetäre der Urania opfert, und ich weiss
nicht, ob die Erklärung genügt, dass die Opfernde,
ein junges unerfahrnes Mädchen, sich einen treuen,
reichen und wohlgesinnten Liebhaber wünscht, und
deshalb der Göttin in beiden Formen mit Hinzufügung
der SV x^'nois Opfer bringt, um desto sicherer ihre
Gunst zu erlangen. Das ist bei diesem Beispiele
noch zu bemerken, dass die Urania der Aphrodite ia
den Gärten zur Seite gestellt wird. Endlich sezt
491a) Joh. V. Lyd. 4, 45. lieber d. Moßate.
492) S. S. J66. Phurnutos S-sdStf Aä tovm (weil der
Wein zum Beischlaf reizt; aber dies ist nur die ethische Er¬
klärung) ivUov notvy f4t9v6tna>p ämvvßta xai IdffQoJk^. Dass hier
die Pandemos gemeint sei, versteht sich,
493) S. S. 154.
24#
372
einen keuschen Dienst der Aphrodite zu Aigira in
Achaja noch das Gebot voraus, dass den Tempel keine
Männer betreten durften Diese Vorstellungen
vom Wesen der Urania treten auch in den bildlichen
Darstellungen ***) der Göttin hervor, indem sie „in
der Aphrodite das Geschlechtsverhältniss in seiner
Heiligkeit und Ehrwürdigkeit darstellt, indem man
dabei mehr an dauernde, für die Zwekke des allge¬
meinen Wohles, als an vorübergehende, für sinnlichen
Genuss geschlossene Verbindungen denkt. Die Bil¬
der der Urania haben alle einen ernsten hohen Cha¬
rakter. So auch die römische Mutteraphrodite, Ve¬
nus Geoitrix. die Göttin der ehelichen und gesezli-
chen Liebe, weiche auf Verlangen nach Nachkommen¬
schaft gegründet ist. Die Bilder der Urania haben
einen mehr frauenartigen Charakter, während sonst
in der Aphrodite die Blüthe der Jungfrau dargestellt
wird. Zur Zeit der neuern attischen Kunst, wo
manche Hetäre einem Künstler eine in die Erschei¬
nung getretene Aphrodite erschien, wurden die Vor¬
stellungen von der Aphrodite mit einem rein sinnli¬
chen Enthusiasmus behandelt Man vergötterte in ihr
nicht mehr eine weltherrschende Macht, sondern die
individuelle Erscheinung der reizendsten Weiblich¬
keit. Die alte Kunst fand sich zu der reinsten Mass-
haltung, zu der tadellosesten Darstellung schöner
Formen aufgefordert, wenn die Göttin völlig enthüllt
erschien; die reife, unberührte Blüthe der jungfräuli¬
chen Formen hält dann die vollkommene Mitte zwi¬
schen den mehr frauenartigen und den etwas stren¬
geren und kräftigeren Umrissen der Aphrodite -Sie¬
gerin; die Kunst erreicht hier, alle Abwege vermei-
494) Pausan. 7, 26, 3.
495) Otfr. Müller Archäologie §. 376,
373
dend, nach der einen Seite hin, das höchste mdlerte
Ziel.“ Eine sehr eigenthümüche Darstellung bietet
die schöne und wohlerhaltene Bronzefigur ausKypros
dar, welche die Aphrodite mit einer Sandale oder
vielmehr einem Pantoffel in der Hand vorstellt, und
vielleicht auf eine Urania zu deuten ist
Die Pandemos ist, wie ihr Name besagt, die
allgemeine, die Gottheit, welcher das ganze Volk
huldigt, und welche schüzend über dasselbe waltet,
dem Staate Ordnung, Gedeihen und Fortbestand si¬
chert. In diesem Sinne hatte auch Theseus ihr den
Tempel geweiht, nachdem er den neuen Zustand des
Staates gegründet. In ganz ähnlichem Sinne ist sie
Hort und Schirmherrin der Stadt, welche in den Zei¬
ten der Noth um Rettung und Schuz angefleht wird.
So unverkennbar und sicher sie auch eine physische
Macht ist, oder die Naturgöttin Aphrodite im eigent¬
lichen Sinne, so war man doch gewohnt sie von ethi¬
scher Seite zu deuten, sie statt der allgeineinea als
die gemeine zu fassen, und sie der Urania entge-
genzustelleo, seitdem die Mysterien und dadurch
die ganze Aphrodisienfeier in einen bloss sinnlichen
Dienst der Wollust ausarteten und die ehrwürdige
Idee, welche dem Mysteriengebrauche des Beischlafes
zu Grunde lag, viehisch entheiligt wurde. Nur auf
diese Weise ist der Ausspruch des Platon ver¬
ständlich, dass die Pandemos jünger als die Urania
sei, nämlich die in ethischem Sinne verstandene Pan¬
demos, die ausgeartete, unzüchtige 5 denn wenn der
496) Im Besize des Hrn. v. Palin in Rom, welcher sie aus
Kypros erhielt. Gerhard in d. Anzeige von Stakkelbergs Grä¬
bern der Hellenen, Allg. LZtg. Ergänzgsbl. Sept. 1838 S. 608.
Er hält sie aber für eine Pandemos.
497) Platon. Sympos. Kap. 8. S. 180.
374
Name der Urania für Bezeichnung des sittlich und
ehrwürdig gehaltenen Dienstes — im Allgemeinen lässt
stell sein Aufkommen geschichtlich nicht bestimmen
auch erst üblich wurde, als die Entheiligung des Dien¬
stes eintrat, so war der ihr zu Grunde liegende Be¬
griff doch der früher dagewesene, und kein neu her¬
eingebrachter. Der Dienst der Urania trat aber im
Kult immer mehr in den Hintergrund, das sinnliche
Element der Pandemos, mit welcher die Mysterien
verbunden blieben, erhielt die Oberhand, und alles
strömte zu den Altären dieser Göttin. Dadurch ent-
wikkelte sich jener allgemeine Charakter der Aphro-
disien, welchen wir oben geschildert haben ; man ge¬
wöhnte sich mit dem Begriff des Aphroditedienstes
nur die Vorstellung eines ausschweifenden, im höch¬
sten Grade unzüchtigen Kultes zu verbinden, und un¬
zählig sind die Vorstellungen, unter denen man theils
die zerstörende und verderbliche Gewalt der Leiden¬
schaft auf das menschliche Gemüth auffasste, theils jene
Gebräuche zulless, bei welchen auch die lezte Bezie¬
hung des Kultes auf seine ursprüngliche Bedeutung
verloren ging, Aphrodite für nichts anders als die
Göttin des Beischlafes und der rohesten Unzucht ge¬
dacht, und dies bis zur widerlichsten Gemeinheit hin-
aufgeschroben wurde
Es kommen mehrere Beispiele von ausserordent¬
licher aphrodisischer Geistesverwirrung vor, welche
besonders deshalb merkwürdig sind, weil auch selbst
dieser Zustand noch für ein geheiligter galt. Be-
498) Die Ausdriikke Aphrodite und Venus wurden viel, na¬
mentlich bei den erotischen Dichtern und Kirchenschriftstellern,
für gleichbedeutend mit Liebesgenuss und Beischlaf gebraucht,
und bildlich wurden auf diese beiden Namen wieder alle Aus¬
driikke des Krieges für die üebung des Beischlafes übertragen.
375
rühmt war die Schönheit der Aphrodite des Praxite¬
les zu Knidos und Lukian erzählt, dass ein gewisser
Charikles von den Reizen der Göttin in dem Grade
entflammt worden sei 5 dass er sie küsste. Bei der
Gelegenheit berichtet Lukian, dass die Dienerin des
dortigen Tempels ihm von der Liebe eines andern
Jünglings zur Göttin gesagt habe, welcher mit dem
Aufgange der Sonne in den Tempel eilte, und bis
zum Niedergang stumm und in Anschauen versunken
sie anstarrte. Seine einzige Beschäftigung war das
Würfelspiel, um zu erfahren, ob die Göttin seiner
Liebe günstig sei. Endlich suchte er des Nachts ein*
geschlossen zu werden, und umarmte in unzüchtiger
Liebcsbrunst die Göttin , an deren Bilde am andern
Morgen die Spuren seiner Handlung zu sehen waren.
Er starb eines unnatürlichen Todes ^®®). Eine an¬
dere ähnliche Geschichte erzählt Philostratos *®®).
Jemand, welcher zur Liebe der knidischen Göttin ent¬
flammt war, hatte durch Geschenke au dieselbe einen
grossen Theil seines Vermögens eingebüsst, versprach
aber noch mehr zu geben, wenn sie sich ihm verma¬
len könne. Die Knidier verhinderten dies nicht, weil
nach den BegritFen der Griechen selbst in der höch¬
sten Aufregung der Sinnlichkeit und Leidenschaft
etwas Göttliches lag, sondern glaubten, es gereiche
ihrer Göttin nur zu desto grösserer Ehre, wenn Je¬
mand sie liebe. Dies trug sich zu, als gerade Apol-
lonios von Tyana dorthin kam. Die Knidier fragten
ihn, ob er vielleicht an den herkömmlichen Gebräu¬
chen und religiösen Einrichtungen etwas zu ändern
49S^ukian Erot. Plin. H. N. 36, 4, 5. Valer. Max
8, 11, Ext. 4. Plin. 7, 39. Cnidia Venns, vesano amore cujus-
, dam juvenis insignis.
600) Philostr. Leben des Apollon. 6, 17.
376
fände. Er antwortete, sie möchten sie lassen, wie sie
wäre 5 den Anblikk ihrer Augen wolle er aber rei¬
nigen. Er rief jenen Liebhaber der Göttin zu sich und
führte ihn durch Belehrung von seiner Thorheit zu-
rök. Ein ganz ähnlicher Vorfall, nur durch die dich¬
terische Behandlung reiner und sittlicher charakteri-
sirt, ist die Erzählung von der Liebe des Pygmalion
zu einem elfenbeinernem Bilde der Aphrodite
Als der Kyprier Pygmalion die Lebensart der PrÖti-
den geschaut hatte, erzählt der Dichter, und sich durch
dieselbe verlezt gefühlt, habe er in seinem reinen
^inn beschlossen, sich der Ehe zu enthalten. Dafür
lebte er sich und der Kunst, und schuf ein Bild seiner
Göttin, ein weibliches Ideal, für welches sein Herz
erglühte. An einem der Festtage der Göttin, als die
Binder geschlachtet waren und der Weihrauch brannte,
trat auch Pygmalion zum Altar, und flehte zu den
Himmlischen um Belebung dieses Bildes. Die Göttin
erhörte sein Gebet; das Bild erwärmte zum Leben
an seinem Busen. Aus der Umarmung entsprosste
der schöne Knabe Paphos. — Klemens von Alexan¬
drien sagt mit bestimmten Worten, dass dies ein
Bild der Aphrodite gewesen sei, und Arnobius
501) Ovid. Met am. 10, 245. vgl. Philostr. Leben des
Apollon. 5, 5. Vgl. S. 119 ff.
502) Klemens v. Alex. Protr. S. 50. ovToS p KvnQtoS
Ilvy^allmv ixilros' ilstfttvrtmv aytH^uaws. To ayaXfici ’d'fqo-
d/rj;? Tjv, y.uv yvfivq tjv' vixarah o KvttqioS tm cy^ficcn xat ewiQyerat
rm dyalfxan' xal rovro 4HloaTt(f<ayos laroQfl, ^AfqoSirt] M alXrj iu
Kvldt^ U9-OS xal xal^ ^p’ tTiQos iQuoS-rj Tavrrjs, xal (xlypmai, rp
Ud-m. Iloßildmnog iamqtlj o fitp n^ongos Ip nsql Kvngm, o de
iiegos Ip tiS mgi Kpldm.
603) Arnobiüs 6, 22 sagt vom Bilde, quod sanctitatis
apiid Cyprios et rcligionis habebatur antiquae adamaste, ut fe-
minam, mente, anima, lumine rationis judiciique caecatis u.s. w.
377
iiezt hinzu .jdass es von Ältersher eine vorzügliche
ileiligkeit besessen habe, auch dass er in Liebes-
jirunst an demselben verging. So von semem dich-
erischen Schmukke entkleidet, haben wir denselben
»Vorfall wie zu Knidos; und mit diesem bringt Kle-
lens auch die kyprische Begebenheit in unmittelbare
Verbindung. Ein ähnliches Ereigniss wurde auch von
Uhen und andern Orten erzählt ®®*).
Den allgemeinen Vorstellungen von der Paode-
los ordnen sich wieder eine Menge einzelner An-
chauiingen unter. Ganz als Göttin der Wollust wird
ie gefasst, wenn sie bei Sophokles ®®*) ein Saifiap
Idov^ heisst, und bei Plutarch ®®«). Ziem-
ch sittlich ist sie noch gehalten, wenn von ihr ge-
agt wird , sie habe am verstohlenen Eiebesgeniiss
ire Freude, als la&qia oder furtiva ®®^). Aber
le soll es gewesen sein, welche, selbst unzüchtig,
ie Unzucht unter den Menschen eiogeführt habe, da-
it sie nicht allein unzüchtig bliebe. So drökken sich
ie Kirchenschriftsteller pragmatisirend aus, und
ersäumen keine Gelegenheit, ihren Unwillen und Ab-
bheu gegen die Mysterien und die Feier der Aphro-
ite an den Tag zu legen. Die beiden wichtigsten
li__ - -
I 504) Ailian-Versch. Erzähl. 9, 39. vgl Athen. 13, 605 und
I '6 vrerden noch mehrere Beispiele dieser Art erzählt.
605) Bei Athen. 15, 687. 12, 510.
. 506) Plutarch Erot. Kap. 12.
1 507) T ihn 11. I, 8, 57. Ovid Heroid. 16, 289. gaudet Ve-
< s aurea furtis. 17, 141 und oft bei Ovid.
i 508) Laktanz. Epitome Divinat. instit. Kap. 8. Venus
i| orum et hominum libidinibus exposita, cum regnaret in Cy-
', 0, artem meretriciam repperit ac mulieribus imperavit, ut
ijaestum facerent, ne sola esset infamis. Kap. 20. Firmicus
t Err. prof. relig. S. 12. Veneris, si tarnen Veneri placuit ali-
4 ando. S. S. 96. 97. die Stelle aus Klemens u. Arnobius.
378
Formen der Pandemos waren die Aphrodite kaiqu
und die Aphrodite srÖQvtj, deren Charakter im Allge¬
meinen durch ihren Namen selbst bezeichnet ist. Wir
halten dafür, dass die Namen erst durch die Unzucht
und Ruchlosigkeit des Kultes entstanden sind, dass
unter der äusserlichen rohen Gestalt des Kultes tie¬
fere und edlere Grundzüge verhüllt lagen. In Ko¬
rinth wurde die Pandemos in den Tagen der Noth
von den öffentlichen Buhlerinnen auf Befehl der Stadl 1'
um Rettung des Vaterlandes angefleht Ara hie¬
sigen Ort davon abgesehen, dass dies Geschäft ge¬
rade von den öffentlichen Buhlerinnen gescheher I'
musste, so kann die Bedeutung der Göttin nicht zwei- 1'
felhaft sein; wir haben sie deshalb schon mit der Pan-
demos verglichen, deren Dienst Theseus in Athen ein
richtete, und als die die Bande des Volkes knüpfend
Göttin, die 8chirmherrin und Beschüzerinn des Staa
tes bezeichnet. Aehnlieh wird nun auch an ander
Orten die Aphrodite als kaiqa und rtögv^ gefasst, un
der Name mag eben der Göttin aus dem Grunde ge
geben sein, weil man die öffentlichen und geheiligte
Buhlerinoen im Sinne der Göttin bei diesen Angele
genheiten wirken zu lassen pflegte. Der Name svmQ
fnnd aber noch um so leichter eine Anwendung ai
diese Form der Aphrodite, weil man in ihm den Be
griff eines gemeinschaftlichen Wirkens zum Beste
des Gemeinwohls erkannte In dieser Weul
Sinn
609) ChamaileoH der Herakleot, Timaios u.
liides bei Athen. 13, 573. ,
610) Athen. 13, 671. n? {»alqus q¥^r
’A9f}mhs rdk mgl »tiöv ovms, halQav ife riv^ An
Mrny tnv wk imlgovg imigas cvyäyoväaymvro d yW.I
ro£ *al qllas kalgas, (k n Sanqa u. 8. W. Pbotios t
379
lasst man geradezu in Athen die Aphrodite-Buh-
erinn kai^a, wie Apoliodor a. a» 0. ausdrükklich
l^ersichert, und diese muss mit der Aphrodite in
len Gärten genau verbunden gewesen eeiiii denn
ler ihr gleiche Tempel der Aphrodite im Böh-
[icht oder im 8umpf zu Samos wurde auf die Athe-
lischen Hetären, welche dem Perikies auf seinem Zuge
|iach Samos gefolgt waren, zurükgeföhrt^®");
jlem Ertrage ihrer Schönheit sollten sie ihn erbaut
laben. Es scheint, als wenn Perikies die Belagerung
unter dem Schuze der Schirmherrin und Erhaiterin
. les Staates Aphrodite unternommen habe, und dass
Ilie Buhlerinnen hier sich im Namen des Volkes wäh-
irend der Belagerung um die Gunst der Aphrodite be¬
warben, wie es die korinthischen Hetären in ähnli-
^chen Fällen thaten. In Lydien errichtet Gyges ***)
der Hetaira einen Tempel, der Sage nach einer He-
|täre, welcher er im Leben mit seiner ganzen Herr¬
schaft gedient hatte, auf dem höchsten Gipfel des Tmo-
los ein Denkmal, welches den Bewohnern des Lan-
ides nach allen Seiten in die Äugen fiel. Ich be¬
zweifle nicht, dass auch dies die Attische Aphrodite
; Hetaira ist, welche nicht allein von Athen selbst, son-
I dem auch vom nahen Samos dort eingefflhrt sein
I konnte, und möglicher Weise noch einige phry gisch-
) lydische Bestandtheile annahm; in w’^ekbem Sinne und
in wie grosser Uebereinstimmung mit der athenischen
Hetaira sie aber auch dort gefasst sein muss, leuch-
I tet zur Genüge aus der Erzählung hervor j sie steht
I Lex. ^Eralqas tiQop dno tov ßwdysw x«*
hul^as.
611) Alexia in s. Samischer Gesch. Athen. 13, 6'<2. vgl.
! S. 293.
612) Klearchos Brot, B. 1, bei Athen. 13, 572.
380
mit der Herrschaft, dem Staate und dem Volke ii
der engsten Verbindung. Diese Hetaira Aphrodite
welche in allgemeiner Fassung mit dem Gyges ver
blinden wird, muss für Lydien ihren Ursprung ir
Ephesos gehabt haben; denn auch hier wurde sh
verehrt Vielleicht kann man auch, wenn nichti
dem Worte, so doch dem Begriffe der Hetaira nach
die sich als eine herrschende, selbsthandelnde Göttir
anköndigende Aphrodite Automate zu Ephe¬
sos in Verbindung bringen; aber ebenso mag sie sich
noch den Vorstellungen der Idäischen Herrscherii
Aphrodite anschliessen. Von der Aphrodite im Röh¬
richt zu Milet ® ‘ wissen wir zwar nichts genauer
wir können indessen auf eine ähnliche Beschaffenheil|
des Kultes und Bedeutung mit den übrigen hier ge¬
nannten Kulten vollkommen schliessen; sie wird auch
eine Hetaira gewesen sein, wie es die Samiscbe
Aphrodite im Röhricht war.
Von der Aphrodite -Buhlerin, iraiga, kann die
Aphrodite-Hure (jtoqvii) nicht wesentlich verschieden
gewesen sein, wenn man nicht annehmen will, dass
im Dienste der lezteren noch eine gröbere und rohere
Unzucht getrieben wurde. Von dieser hatte sie wie
jene nur ihre Bezeichnung erhalten, war aber ur¬
sprünglich ebenfalls einePandemos in wirklichem hö¬
herem Sinne. Diese Bedeutung erkennen wir aus
der angeblichen Gründungsgeschiehte ihres Kultes
zu Abydos da dergleichen Erzählungen immer
513) Eualkes Ephes. Gesch. 6. Athen, a. a. O.
514) Servius z. Virg. Aen. 1, 719. Apud Ephesios Vene-
rem Automaten! dixerunt, vel Epidaetiam. Epidaetia eine
fmga, von imdalofimt
515) S. S. 296. '
516) Pamphilosbei Athen. 13, 562. Ebend. Klean-’
t h e s in tols Mv9txotS^
381
enau dem Bediirfniss und dem Begriffe des Kultes
ifigepasst werden. Die Stadt war unterjocht und
|ine Hure bringt den Bürgern die Schlüssel derBurgj
/ährend die Besazung im Bausche lag; so wird die
dadt befreit, und als Dankbezeuguug gegen die Hure
rrichtet man der Aphrodite-Hure, n6qv% einen Tem-
b1. Ob ein geschichtliches Ereigniss diesem Berichte
u Grunde liegt, ist hier gleichgültig, wir sehen aber
araus, dass die Aphrodite hier als Schirmherrio der
tadt, Erhalterin des Volkes, wie in Korinth und
then gedacht war. Als einer Kolonie von Milet mag
ach Abydos dieser Kult zunächst von der Mutter-
:adt gekommen sein. Io Lydien vergesellschaftet
ch die Aphrodite-Porne mit der Aphrodite -Hetaira.
in Denkmal des aphrodisischen Dämon Alyattes am
ee Koloe soll von den Sardischen Mädchen, ähnlich
ie der Tempel der Hetaira zu Samos, aus dem Er¬
läge ihrer Buhlschaft errichtet worden sein. Der
jämon handelt aber ira Sinne seiner Göttin, ist aus
r abstrahirt, und wenn daher ihm ein Denkmal er¬
lebtet wird, so geschieht es in weiterer Auffassung
{ir Ehre der Göttin; es heisst daher das Denkmal
iich nÖQVtjg *”).
Wenn es hiernach einleuchtet, dass der Dienst
,?r Pandemos selbst unter diesen Formen noch einer
3feren Bedeutung und Idee nicht entbehrte, so kann
3r ihr anhaftende Begriff der äussersten Gemeinheit
|id Rohheit nicht der ursprüngliche sondern nur eine
usartung gewesen sein; aber dieser war es, wel-
ner sie der Urania so scharf gegenüber stellte. Je
ehr sich aber der Dienst verallgemeinerte, und zu
ner bakchiseben Festfeier um wandelte, je fester die
Überzeugung war, dass selbst in diesem höchsten
517) Strabon 13, 627. Herodot 1, 93.
382
Grade der sinnlichen Aufregung noch etwas
ches lag, welches von der Göttin selbst in der My-^
sterienfeier geboten war, desto mehr musste der Diensl
der Urania sich absondern und zuröktreten, zumal zui j
Zeit der äussersten Ausartung des Kultes, und ausi
dieser stammen unsere meisten Nachrichten über den-^
gelben, wo die allgemeinen Sitten der Völker von dei
Art waren, dass ein Dienst der Urania lästig ful.
Was in früheren Zeiten den Dienst der Pandemof
hauptsächlich verdächtigte und in üblen Ruf brachtei;^
war, dass die Bordelle unter ihren Schuz gesteh 1*
waren. Wir haben bereits früher “**) davon gespro-v
eben, dass die Hetären und Huren, und wer es sonsi
leichtfertig mit den sinnlichen Begriffen nahm, di<;
Tonangeberinnen an den Aphrodisien waren. Vo
ihren Häusern hatten die Huren den Altar derAphro
dite, um täglich auf ihm zu opfern und wie fre.
und wenn man will, auch gewissenhaft, sie denDiens,
derselben zu erfüllen suchten, sieht man ausderSith
welche Artemidor und andere '**)augeben, öffentlic
zum Behuf ihres Gewerbes nakkt zu erscheinen. Aphro
dite wacht zwar auch im edleren Sinne über die Eid |l
der Liebenden **^>5 aber allgemein war der Gebraucl|
518) S. S. 167 ff. J
619) Eugraphius i. Terent. Eunuch. 1, 2, S. Sed mij
lius est illud, quod quidem Menander aperte dbdt, meretrictl
juxta domum siiam vel in atrio solitas habere aramVeneris vu I
gariae, cui quotidie sacrificarent. i |
520) Tacit. Ann. 15, 37. scorta visebantur nudis corp< J
ribus. Petron. Satir. Kap. 7. Quum ego negarem, me C( |
gnoscere domum, video quosdam, inter titulos, nudasque men
trices furtim conspatiantes. A r t e m i d o r ^ efl olij (Aphrod
iralQms xm fioP^} ayaS-^, xnt iqyaalas at]fi.ceynxrj,
521) Phönikidas bei Stob. Florileg. 6, 30. Ovid Ai
2, 7, 27. 2, 8, 16 ff.
383
dass die Huren bei ihrer Gottheit, der Pandemos,
schwuren auch der Kuppler muss sie ssum Zeu«*
ij^en seines Eides anrufen Die Hetären erheben
'sich etwas und schwören bei der Urania ®®*). Für
die Bedürfnisse und Betheuerimgen dieser Personen
pochte ein solcher Schwur hinreichend sein, konnte
aber weiter keinen Werth haben, und der Name eines
aphrodisischen Schwures wurde sprüchwörtlich die
Benennung für einen ungültigen Schwur ohne Bechts-
jkraft
I Der Name der Aphrodite ist zwar besprochen,
indess muss hier bei der Pandemos noch erwähnt wer-'
den, dass ihr Dienst wieder Veranlassung zu Deu¬
tungen des Namens gab, welche diesen Begriffen an-
gemessen waren. So wurde der Begriff von aq>Q6g
vom menschlichen Saamen verstanden ®®®). Wegen
S22) Schol. z, Liikian: Lehr. d. Bereds. 25.
] 523) PI aut US Rudens 5, 2, 45 ff.
624) Lukian Hetärengesp. 5. vgl. Nr. II.
525) Photios im Lex- ’AfQodiaias oqxos, ovic ifimivtfios.
iHesych. oQXot;, fr uat dyayQdfovo'ty: 'AfQoA
oQxos ov däxvH. Joh. Stob. 28. oqxos ovx i^nolptfios. —
“Sllioatv, liyovatv, dkk« 9-iaßm wvs ip l'gwr. Paroim. gr. App. Gent.
4, 33. "Oqxo? ^Atf quMßms avyyipmaxerm: naq’ oßov oi l^mmss fvyBqms
o/xpvovaw. Tibull Veneris pequria venti Irrita per terras et
freta summa ferunt. Phurnutos Kap. 24. dyvgovg M ovx
noipifiovs 'ifaßup, rovg dqqoiiaiovg oqxovg’ naq^oeop x&v y qadkt
naqaexct&n^m, oqxmp indytaS-at ffvfißißtjxe wis nuqtSvras. vgl.
Eudokia S. 14.
526) S. S. 47 ff. Fulgentius MythoL 2, 4. Tertiam
Venerem voluptariae vitae in similitudinem posuerant. Vene-
rem dici voluere, aut secundum Epicureos bonam rem, aut se-
cundum Stoicos vanam rem. Epicurei enim voloptatem laudant,
Stoici voluptatem damnant. Isti libidinem colunt, illi libidiaem
nolunt. Unde et Afqodktj dicta est. dfqk enim Graece spuma
dicitur; sive ergo, quod, sicut spuma, libido momentaliter surgat,
et in nihiium veniat : sive quod concitatio ipsa seminis spumosa sit.
384
Aphrodites Bethömng der Sinne, bringt Euripides ”0
ihren Namen mit der dcpQoavvt] in Verbindung. Ihr
Name Kythera gab zn ähnlichen Herleitungen Ver¬
anlassung ***); ebenso auch Paphia Selbst ihre
CJeburt aus dem Meere wurde bildlich gefasst, und
in Beziehung auf ihren Dienst der Lüste und Aus*
Schweifungen gesezt
Ganz aus dem Dienste der gemeinen Aphrodite
ist die rohe und plumpe Vorstellung des aphrodisi¬
schen Dämon Priap hervorgegangen, durch dessen
Verehrung hauptsächlich die hellespontischen Städte
Lampsakos und Priapos berühmt waren. Nach dem
Grammatiker Sophokles gebar Aphrodite zu Lampsa^
kos den Prias heimlich, nachdem Hera durch zaube-
527) Eurip. Troer. 982.
td yccQ narr iffnv ’Ag^Qod'lri] ßqotoiSy
mi tmvofjd oQ^mS dcpQoßvp^S ttqyti &tas>
Sc hol. zu Hesiod. Theog. 196. Aphr. ^ nctQa tov d(fqop y ntxgd
to uqqalvHVy w? EvqmlifijS.
528) Schol. zu Hes. Theog. 192. Kythereia fiqtiTai di ovm,
naga to y.tv9iip xai xqvmBP w aia/gop, ^ nagä to xvhp Ip &iaip.
Zu 196. Kyth. «reo wv xd&itp tok igacids xat Xadga naqayipta&ut.
§ um TOV dtp igam.
529) Von dnoflexa s. S. 30.
630) Schol. z. Hes. Th. 191. ixydqnß Ufgodini,
dta TO vyqöp. ‘H ydq im9vßi« äno r^S vyqötrfcoS yiperat. o9tp xal
vyqois xalovfitp meS «tdXyovS «p&qtonovs, Fulgent. Myth. 2, J.
Hane etiam in mari natantem pingunt, quod oinnis libido rerum
patiatur naufragia. ünde et Porphyrius in epigramniate ait.
Nudus, egens Veneris naufragus in pelago. Ebend. Denique fe-
runt poetae, quod exsectis falce Saturni virilibus, atque in mare
projectis, exiude Venus nata sit. lllud nihilo minus ostendere
Tolens poetica vanitas, quodSaturnus graece xqopoS dicitur; x&
pos enim Graece tempus vocatur. Abscisae ergo vires temporis,
id est, fructus falce quam maxime, atque in humoribus viscerum
veiut in mare projectae, libidinem gignant necesse est. Satiurh
tatis enim abundantia libidinem creat.
385
risches Betasten ihres Leihes die Frucht unförmlicli
^gemacht hatte Sein Vater war Dionysos, auch
, wurde er für Dionysos selbst ausgegeben. Da er der
Gott der männlichen Kraft ist, so wurde ihm jene he-
irflchtigte Bildung mit einem grossen Gliede za TheiL
|Der Esel ist ihm geheiligt, weil bei keinem Thiere
die Brunst so gewaltig und frech auffällt als bei die-
jsem'*®^). Aber wie Priap zum Genüsse ¥erhilft, so
igiebt er auch wieder die Kraft dem Genüsse zu ent-
jsagen und die Flamme der Liebe zu beschwichti¬
gen Besonders wurde er als Gartengott
iverehrt; es gingen aber noch andere Vorstellungen
der Aphrodite auf ihn üben er erscheint als Hafen-
und Rhedegott, räth im Frühling zum Lichten der
Anker und zur Fahrt über das beruhigte Meer. Die
Liebhaber heisst er über das Meer folgen die
Fischer verehren ihn als Küstengott und bringen ihm
Geschenke. Da Priapos auch zu den zwischen Gott¬
heit und Menschheit vermittelnden Dämonen gehört,
50 ist es erklärlich, wieLukian berichten konnte,
Priap gehöre zu den Idäischen Daktylen, und habe,
631) Stejth, V. B. Jdf4xpa3<osu.’'jißa^vos. Pau s an 9, 31, 2.
Ovid fasti 1, 435 ff. Catull 18, 2. Diodor 4, 6- Etymol. M,
'ÄßaqviSu. Schol. z. Apoll v. Rh. 1, 932.
632) Ovid fasti 6, 345 ff. Wüthende Brunst des Esels.
iColum. de re rust. 6, 37. Xenoph. Anab. 5, 8, 3. Hero-
iot. 4, 129- vgl. Plut. ^EKktjpv/M. 2. Vgl. Laktaaz 1, 21.
633) Theokrit Epigr. 4, 13.
634) Virgil Georg. 4, 111.
Invitent croceis halantes floribus horti,
Et custos furum atque avium cum falce saligna
Hellespontiaci servet tutela Priapi.
Vgl, Servius z. d. Stelle. Tibull 1, 1, 16.
835) Tibull 1, 4, 66.
636) Saltat. 21. Klausen Aeneas und die Penaten
I, 82 ff.
11.
25
386
da in der Erhizung der Leidenschaft, Leib und Seele
auch zu künstlerischer Darstellung geschikkt wird,
dem Ares den Waffentanz gelehrt, wofür er den
Zehnten der Kriegsbeute wieder empfangen. Dem
Priap wohnt selbst weissagerische Kraft bei, wie dies
im Priapeischen Apollon hervortritt. Wegen seiner
dionysisch-aphrodisischen Natur heisst er selbst Dio¬
nysos ist Befruchter und Mehrer der Ziegen und
Schaafe, steht der Bienenzucht und den Weinbergen
vor, erhält Fruchtkuchen und Honig zum Opfer
ln den Gärten stand er als eine Art Vogelscheuche,
aus Holz geschnizt, bald als Knabe von unförmlicher
Dikke, bald als bejahrter Mann mit grossem Barte,
in der Hand eine Hippe zum Schneitein oder einen
Knittel haltend
Der ganze nördliche Theil der Bebrykischen
Landschaft am Hellespont hatte den Dienst des Priap
zu seinem Panier erhoben, und hatte jedes edlere Ge¬
fühl in dem Schlamm der Unzucht und Zote erstikkt.
In Lampsakos, Abarnos, Priapos, Parion, Kyzikos wu¬
cherte sein Dienst; dann in Nikaia, in Hypaipa in
Lydien Inseln Imbros, Thasos, Lesbos.
Auf dem europäischen griechischen Festlande war er
nur zu Orneai zwischen Argos und Phlius zu Hause,
und heisst daher bei dem Priapeenschriftsteller Eu-
537) Athen 1 S. 30.
638) Calpurniiis Ekl. 2, 64.
539) Hör. Sat. 2, 1, 1 ff. Heindorf das. u. die Priapeia
insgesamt. Artemidor Oneir. 1, 16. Phurnutos mQi »smy
Kap. 27.
540) Petro n ins ad Priapum V. 3. ff. — Aphrod. soll
den Priap auch von Zeus geboren haben laut Suidas Schob
Theokr. 1, 21 nennt ihn einen Sohn der Nai's oder Chione und
Dionysos.
387
iphronios der Orneatische Gott Ausgegangen
ist der Dienst nach Klausen muthmasslich von der
iStadt 8tiris in Phokis, welches sich vom attischen
iDemos Stiris herleitete. Der Ahnherr der Stinten,
iOrneus, obgleich Sohn des Erechtheus, ist der aner¬
kannte Eponymos von Orneai. Von hier kamen die
Priapeischen Vorstellungen nach Phokäa, und von dort
weiter an die Propontis.
Priapos wird auch Tychon genannt wel-
sher als ein Gefährte und Beisizer der Aphrodite ge¬
fasst wird. Seinem Namen nach ist Tychon der
Schaffende, Wirkende, und steht der Göttin im Zeu-
ijungsgeschäfte zur Seite. Wie Priapos ein Sohn
lies Hermes, als zeugungskräftigen Gottes, ist
ladurch wunderlicher Weise zum Hermaphroditen
vird, so wird Tychon selbst für Hermes gehalten ®*®).
n Uebereinstimmung hiermit sind auch Gigon, Or-
hages, auch Orthannos genannt, Konisalos, pria-
leisch- aphrodisische Dämonen und Diener der Ua-
;ucht
541 Strabon. 8, 382.
^542) Diodor 4, 6. — Etymol. BL Th'iwv nsQi
pv ^A(f QoStrtiv.
! 543) Sc hol. zu Lukian Göttergespr. 23 u. zu Zeus Tra-
oedos 6. Hjgin Fab. 160.
544) Schob z. Lukian a. a. O. Be k k. Anekd.
E^fiaff QÖ^ms ; nuqmüJiam ctJ rowg» uHm dalfiwis, "’OQd-aptjSi Hola-
off. D i o d o r 4, 6. '
545) Hesychios T^xap : lwo» w M t'op ntqi
i 546) Hesychios Gigon: (falfiav n^ianMijs ntqi r^v^Arf^O”
T z e t z. z. Lykophr. 538 ’O^ß-dyt^g, dalftmv nqianwJ'tjg mqt
fp ’AfQodlnjp. ^ Strabon 13, 688. oycT« ydq ‘Holoios oMs Uqlanw,
W rotff ArttKok Oq&app xctt Koviedlm, xal Tv^mpi,^ xal rois
.WVTOH. Konisalos s. den Kom. Platon bei Athen. 10, 441.
chol. zu Arist. Lysistr. 981. Hesychios riyvSv, ol M nymv.
25 #
388
Bis dahin haben wir unter der äusseren Erschei¬
nung der Unzucht immer noch wirkliche religiöse
Vorstellungen zu entdekken vermocht, jezt aber wer¬
den wir auf ein sehr widerliches und schmuziges Ge¬
biet der blossen Zote und viehischer Gemeinheit ge¬
führt, über das wir so rasch als möglich hinwegeileu
werden. Sinnenkizel ist einzige Quelle, alleiniger
Zwekk des Kultes und der Anschauungen, unter wel¬
chen man sich die Göttin vorstellte. Am ersten wird
man noch der sogenannten Kallipygos Aphrodite
zu Syrakus Entschuldigung schenken, von welcher
uns Kerkidos und Archelaos erzählen Dass die
von ihnen gegebene Erzählung von den beiden Sy-
rakusichen Mädchen, welche um den schöneren Hin¬
tern gestritten, nur eine geschichtliche Einkleidung sei
für die Gründung eines Tempels, in welchem eine
Aphrodite verehrt wurde, bei der dieser Theil des
Körpers durch besondere Schönheit bevorzugt war
versteht sich ohne weiteren Nachweis. Diesen Ge-
echmakk sinnlicher Lüsternheit finden wir überall, unc
gelbst ohne die Vorstellung von der damit verknüpf¬
ten Unsittlichkeit; und bei einem Volke, welches du
ndmixos IniTQttmtiog. Eustath. z. Od. 8, 1599. dfQo
iißiaxos welcher dem Ares bei seinem Ehebruch mi
Aphr. behülflich gewesen sein sollte. rlyyQmv dalfimy, diaxovti
ms t]i T^s l4fQo(fiT}]g ^oixslfc. Die Form des Namens Gingroi|
ist wahrscheinlich nicht verschrieben, sondern vielleicht wurd
Kinyras oder Adonis in ähnlicher priapeischer Auffassung ge
nommen, denn diesen kommt der Name zu. S. S. 110 ff. Da
durch, dass man diese beiden auf Phönikien bezog, ist Gigo:
bei Hesych. •wieder ein ndrmxos TQnxiZws genannt; Adonis abej
wird Vater des Priäp. Schol. Apoll, v. Rhod. 1, 932.
547) Bei Athen. 12, 554. Klemens v. Alex. Protr. S. 2l|
Sylb. r.al y.alhnvyio S-iovdt SvQuxovßwt, ijV Nixavdqog b xal',
kiflüVTüi' nov y.ixlrjxip.
I
y
389
iPhryne gleich der Aphrodite aus dem Bade steigen
Isehen konnte, ohne andere Empfindungen als die der
(Schönheit in sich wahrzunehmen, wird auch der Punkt
der Sittlichkeit bei einer Aphrodite Kallipygos seine
Rechtfertigung gefunden haben.
Eudokia sagt Aphrodite ist die Vorsteherin
der Unzucht, und deshalb werden ihr Feste angesteilt
und Ehrenbezeugungen voll Lasterhaftigkeit, Wol¬
lust und Hurerei. Sie heisst die genusssüchtige, V o-
lupia die nächtliche ®®®), vvKtsqia^ die im Dun¬
keln ihr Wesen treibende, üxot'm, die den Beischlaf
vollziehende, ngä^ig^ zu Megara, oder Perfida ®®'),
'die ehebrecherische, iioixiai Ikorog, von der Brunst
des Esels so benannt, die xaatv'm war eine rngnz^'
und fior/aXtg die uinschreitende oder Auseiean-
dersperrende, nsgißaala^ zu Argos Hesychios
nennt sie TtsqißaGeo^ tqv^allng nach Hesych, von tqvp’q
Loch Zu Majuma bei Gaza stand ein Bild, wel-
jches die Aphrodite mit geöffneter weiblicher Schaam
darstellte. Der Peribasia ist die Prema die
I 548) Eudokia S. 13. larl M avt^ Ttoqpsla?
549) Augustin Civ. Dei 4, 8. Varro. 4. Makrob.
, Saturn. 1, 10.
550) In diesem Sinne Horaz 3, 11, 50. dum favet nox et
Venus. Properz 3, 10, 30. Venus noctis sacra instituet.
, 551) Die TtQaiig auch bei Eurip. Hipp. 1000 ff. a. Schol.
I Arnob. 4, 7. Etiamne Perfida una est e populo numinum, quae
obscoenas illas et luteas voluptates exitum perficit dulcedine in
offensa procedere.
; 652) Schol. u. Tzetz. z. Lykophr. 403.
553) Klemens v. Alex. S. 33.
654) Plutarch Erz. d. Kinder Kap. 14. Tov yäq 'Pila-
Sihfov ytjfiapTos triv Mshpriv ^AQaiPotiVs SmdätjS huup: (k ov% ositiv
TQVfMtUtJP TO xivTQOV w5Ä.
555) Augustin Civ. Dei 6, 9. Et dea mater Prema, et
dea Partunda, et Venus et Priapus. Quid est hoc? Si omnino
390
heranpressende, verwandt ; P e r tu n d a ‘ * ®) die durch-
stossende. Diese wurde auch als Gott gefasst, wo
es dann Priap ist, und heisst Pertundus oder
Tutunus. Er führte aber auch die Namen Subi-
gus und Mut onus.
Alle griechische Mysterien haben das Schikksal ge¬
habt, mit der Zeit in Unzucht und blosse Schlemmerei
auszuarten 5 die Aphrodisien scheinen aber darin vor-
angegangen zu sein. Die Veranlassung war in der
unerlässlichen Zeremonie gegeben, welche als ein
heiliger Akt daher frei von aller Anstössigkeit und
ünsittlichlichkeit die Ausübung des Beischlafes in den
Mysterien der Naturgottheit erforderte. Ob diese Hand¬
lung an allen pelasgischen Kultusstätten geboten war,
lässt sich nicht ermitteln, doch wegen des Phallos-
symboles vermuthen. Von der Ansicht durch den Bei¬
schlaf eine heilige und gottgefällige Handlung auszu¬
üben, war der Schritt zur Unzucht nicht weit. Diese
erhielt aber erst ihre vollständige Ausdehnung und
Ausbildung durch die Hinübernahme einer rein asiati-
laborantem in illo opere virum ab düs adjuvari oportebat: non
sufficiehat aliquis unus, aut aliqua una? Numquid Venus sola pa~
rum esset, quae ob hoc etiam dicitur nuncupata, quod sine ejus
vi foemina virgo esse non desinat? Et certe si adest Virginensis
dea, ut virgini zona solvatur; si adest deus Subigus, ut viro
subigatur; si; adest dea Prema, ut subacta, ne se commoveat,
comprimatur, dea Par tun da ibi quid facit?
556) Arnob. a. a. O. etiamne Pertunda, quae in cubiculis
praesto est virginalem scrobem effodientibus maritis? Tertul-
lian adv. nationes 2 Kap. 11. Et dea Pertunda et Subigus
et Prema ... parcite dei impudentes, luctantibus sponsis nemo
intervenit.
557) Augustin de Civ. dei, 4, 11. Ipse si Mutinus (von
muto), etTutunus qui est apud Graecos Priapus. Arnob. a. a. 0.
Tutunus, cujus immanibus pudendis, horrentique fascino, vestras
inequitare matronas et auspicabile ducitis et optatis.
L«
391
j sehen Einrichtung, über deren Verbreitung sich fol-
igende Muthmassungen aufstellen lassen. DerAstarte-
'kult der ältesten Zeiten auf Kypros hatte die Errich-
itung der mit ihm verknüpften Hieroduleoinstitute auf
dem Eilande 'Inr Folge. Diese fanden die Griechen
dort vor, bemächtigten sich zwar des Kultus wie des
Landes, hellenisirten beides, konnten aber, und woll¬
ten w'ol auch nicht, ein so wichtiges Institut für die
bis dahin obwaltenden Ideen der Phöniker hei der
neuen Gestaltung des Kultus ausschliessen. Wie we¬
nig von Mythen und religiöser Vorstellungen aus der
Phönikischer Zeit geblieben war, ist wiederholt nach-
gewiesen worden; in diesen Hieroduleniostituten ist
die einzige erkennbare, wenn auch allein schon wich¬
tige phönikische Einwirkung, der einzige Eest des
phönikischen Kultus in griechischer Zeit mit Äus-
!nahme des Malika zu Amathus wahrzunehmeo.
|Von hier aus, und zugleich wahrscheinlich auch von
|dem phönikischen Kulte auf Kythera, fand diese Sitte
im übrigen Griechenland Eingang. Die Einrichtung
selbst konnte wegen des bis dahin üblichen Myste¬
riengebrauches keinen Anstoss mehr erregen, würde
isich aber auch ohne diesen leicht eingeschmeichelt ha¬
lben, und die Hierodulen, welche, wie bei allen grie¬
chischen Tempeln, so auch bei denen der Arphrodite
einseführt gewesen sein werden, Messen sich leicht
zu dem neuen Dienste uraschaffea.
Weil diese wollüstigen Tempelemricbtungen bei
i der Betrachtung des Aphroditekultus zunächst und zu¬
meist in die Augen springen, so hat man diese von
je her für die Hauptsache des ganzen Knltus gehal-
Iten, nach dem übrigen Kulte aber gar nicht weiter
558) S. 62 u. Thl 1 B. 170.
392
g^efragt. Da nun in ziemlicher Vollständigkeit der ge
sammte Kult der Aphrodite mit möglichster Berükk
sichtigung der unumgänglich nothwendigen geschieht
liehen Entwikkeliing vor uns liegt, müssen wir dies(
wollüstigen Hieroduleninstitute eher für eine Neben¬
sache als den Haupttheil erklären, und haben erfah
ren, dass es viel mehr und wichtigere Fragen bein
Kulte dieser Göttin zu erörtern giebt, als diese. Mai
kann nicht einmal annehmen, dass diese Uierodulh
bei allen Tempeln stattfand; denn sie würde in vielei
Fällen ganz unverträglich mit den herrschenden Ideei
einer Kultusstätte sein, wie man sich leicht durch Er
Wägung der verschiedenen Formen der Göttin über
zeugen kann. Um zum Beispiel an die Urania zu er-j
innern, so wird man sich doch bei ihrem Tempel du
Unzucht unmöglich denken können. Wir dürfen diestj
Institute mit Sicherheit nur dort voraussetzen, wo um
eine Pandemus überliefert ist. Diese schloss aber be¬
sonders häufig die Meergöttin, die Trorrt«, ein, und ai
den Hafenplätzen fand man die Hierodulen der Aphro
dite sehr zahlreich. Oft stehen sie in der engsten Be¬
ziehung zum Gottesdienst und wirken daher in öffent¬
lichen Angelegenheiten die Gunst ihrer Herrin aus
wie in Korinth, und theilweise auch in Athen. Abeij
an vielen Stätten enthalten diese Institute gar keim
eigentlich religiösen Vorstellungen und wirklichen Kuh
mehr, sondern sind lediglich Bordelle, welche man we¬
gen der einer langen Entbehrung ausgesetzt gewe¬
senen Reisenden noch mehr in Seestätten als an an-i
dem Orten als eine noth wendige Einrichtung ansah .i
und diese unter dem Schutz der Pandemos stellte.;
In Athen soll Solon zuerst einen Tempel der Pande-;
mos in diesem Sinne eingerichtet haben, und seine,
weise Fürsorge für die Erhaltung dcrBiüthe. der Jn-|
393
igend und der Förderung der Sitten finden wir auf die¬
sem Punkte gepriesen
4.
Die Genossenschaft der Aphrodite.
' In diesen Kreis der Liebesgöttin gehören, aus-
! ser einigen bereits oben genannten göttlichen We¬
lsen, vorzugsweise Eros, die Horen und Chari-
iten. Sie sind nicht blos ihrem Begriffe nach der
i Aphrodite verwandt ; sie sind vielmehr Ausflüsse ihres
i Wesens, welche, wiewoi zu selbstständigen Gotthei-
I teil erhoben , doch nicht anders als im Dienste und mit
der Aphrodite wirksam sind. Indem sie von beson-
' dem Seiten derselben erst abgelöst sind , so ergänzen
sie die Göttin, und ohne sie wird das Bild und der
Kreis der Fprstellungen der Liebesgöttin nicht voll-
i ständig sein.
Eros.
In der Theogonie des Hesiodos finden sich
559) Athen. 13, 269. Kal d’iv \4Sfhfok nqoS“
i tffroQwy, on n^mroS £okaiv di>a t^p rmv viwp ’axfi^p ttftrjßsp Int otxi}-
txmmv yvvum ttqm/xbvoS ,] r.aO-a xcet NlxavÖQos o Koloffayms
hfftoQil Iv TQliiji Koko(fiwpi,ax(ap ^ (fdexsap uinv %«l JlapA'jfiov
dlTtji KQOP nQiüTop t&Qvaaad'cct I dtp mv ^yyvQlffavto ai ffT^oßTaffat twp
ohrf/uamp. ’All’ oys <t>d^ump ovms
Sv d’ ilg iinapTue svqss dp^qmnovg, Sölav'
; Ct yaq Ifyovßi mm Mslp nqmtop ßqormPi
d^fj,onxop, m ZiVg nqayfia xat emT^Qtov’
xat /not Uyfip tom ieüp aqpioetop, Sölmp'
fABßrtjp oQmma t^p nohv psmtiqojp,
tomovg r tyovtag jfjp dpayxalup (puOiP)
ajj.nqravoi'iai t' uS o nqog^xop ^p,
OT^octt Tiqmfxivov Tot> yvpoixas xard tonovs
xotpds anmt xal xariffxtvaßfAspae.
Eamfft yvfiputs firj ”i«nu&^g, ndpB-'öqu.
.560, Hesiod. Theog, 116 ff. Aristopü. Vögel 697 vgl.
Brandts Gesch. d. Philos. 1 S. 73,
394
als Urwesen €haos mit seinen Ausgeburten, Erde
mit dem Tartaros und Eros.
Siehe vor allem zuerst ward Chaos, aber nach diesem
Ward die gebreitete Erd , wie ein dauernder Sitz der
gesamten
Ewigen, welche bewohnen die Höhn des beschneiten
Olympos,
Tartaros Graun auch im Schosse des weitumwander-
ten Erdreichs.
Eros zugleich, der geschmükkt vor den Ewigen allen
mit Schönheit,
Sanft auflösend, den Menschen gesamt und den ewi¬
gen Göttern
Bändiget tief im Bussen den Geist und bedachtsamen
Rathschluss.
Nach dieser kosmogonischen Auffassung des He-
siodos, welche auf altern kosmogonischen Ueberliefe-
rungen ruht, ist Eros weltbildendes Prinzip Als
solches fasst ihn auch die Orphische Theogonie
welche das gewaltige Chaos und den bewegenden
Aether voranstellt, nnd aus dem zum Weltei zusam¬
mengetretenen Stoff den Phanes, oder Eros oder Me¬
tis sich erheben lässt. Eros tritt in das Chaos zur
Sonderung und Vereinigung der Elemente als die bin¬
dende Kraft hinzu; ähnlich fasst ihn auch Aristo- ;
561) Otfr. Müller Proleg z. Myth. S. 378. Aus diesen
beiden (Chaos undErebos) blüht aber wieder, nach jenem Haupt¬
gesetze, Aether und Tag hervor, und es scheint dies, nach dem
Verfolge der Erzählung zu schliessen, die erste Wirkung des
schönsten Gottes, des Allbezwingers Eros, welchen die alte Dich¬
tung, wahrscheinlich Kultusanfänge benuzend, als das wahre Welt¬
prinzip betrachtet.
562) Orpheus Argon. 13 ff.
395
Iteles ®®*3 die Grundursache aller Dinge* Diese
uralte kosmogonische Bedeutung erscheint im Homer
joicht, welcher egaog überhaupt nur in dem Sinne von
|Liebe als leidenschaftlicher Geschlechtseinigung ge¬
braucht. Zur Ausbildung der kosmogooischen Bedeu¬
tung auf ihre Weise haben die Philosophen von Phe-
rekydes an viel beigetragen. Nach diesem verwandelt
sich Zeus in den Eros, um die Welt in Liebe und
Harmonie zu vereinigen* Herakleitos setzte der ver-
jbindenden Kraft des Eros (ytlta), welche im Anfänge
der Dinge das Gleiche mit Gleichem verband j die
trennende Gewalt 5 nöXs^og^ entgegen. Aehnliche Be«
Igriffe verbindet Parmenides mit dem Eros ®®^). Em-
ipedokles ® ® Q stellt der fiXia den vsimg entgegen. Bei
iden spätem Orphikern wird er zom höchsten Gott^ zom
l^^fiiovQydg und dKxxtwq oXov %ov xogi^ov Doch
lauf die philosophischen Deutungen können wir hier nur
lim Vorbeigehen hinweisend für uns ist besonders und
nur diess wichtig, dass Eros in alter religiöser Lehre
als der harmonische Ordner der Welt gefasst wurde,
ialso ganz, wie es auch natürlich ist, mit der Aphro¬
dite als Harmonie übereinstimmt. Die Ableitung sei¬
nes Namens von sYq€w^ knüpfen, verbinden, ist daher
imuthmasslich die richtige.
Eine ursprüngliche V erschiedenheit des kosmischen
Eros vom Liebesgott darf durchaus nicht angenommen
663) Aristoteles Metaph, 1, 4. uMa ist Eros, ^
xttt evvi^H ta ndvra.
1 564) Bei Platon Sympos. Kap. 6 S. 176. Ueber die Plato-
|nischen Ideen von der Liebe vgl. ausser dem Symposion des Pla¬
ton noch besonders Plotin 5 Kap. 22 ff.
; 565) Vgl. Plutarch Erot. Kap. 12.
' 566) So sagt auch Phurnutos mqt 9-sSp. Kap 25. iVw*
Si y.aX TOP oXop scof/zov po/ulCovffw tqmm elvm, xaHv » mi ina(fqöATW
\x(ct ptctQop oPTu, xal nQtgßlmaxa ä/Aa nänap.
396
werden, und wo sie angetroffen wird, ist sie nur aus
der Spekulazion hervorgegangen. Im Gegentheil liegt
die Ausbildung des weltordnenden verbindenden Eros
zu einem Liebesgott ganz in dem Gange der religiö¬
sen Entwikkelung der Griechen, und stimmt mit der
Weiterbildung der Naturgöttin Aphrodite zu einer Lie¬
besgöttin ganz überein, ln dieser Bedeutung ist da¬
her Eros, das flatterhafte Knäbchen, nicht sowol der
jüngste der Götter ®®^), als vielmehr einer der älte¬
sten und die Auffassung des Hesiodos ist noch
besonders deshalb interessant, weil wir in derselben
gerade wie wir es bei der Auffassung der Aphrodite
bemerkt haben, ältere und jüngere Vorstellungen ver¬
knüpft finden.
Die dem Eros zu Grunde liegenden kosmogoni-
schen Vorstellungen und die Unsicherheit derselben
waren es vornehmlich, welche seine genealogischen
Verhältnisse so verschieden darstellten. Auf die phi¬
losophischen Annahmen bei Platon im Gastraahl dür¬
fen wir uns hier nicht weiter einlassen, da sie mit
den religiösen Vorstellungen zu wenig gemein haben,
und wir begnügen uns nur darauf aufmerksam zu ma¬
chen. Wie dort auseinandergesetzt ist, dass Eros
keine Aeltern habe, sondern durch sich seihst sei, so
sagt Theokrit ähnlich; Niemand kennt seine Ael¬
tern. Nach andern hat er eine Mutter, aber keinen
567) Paus an. 9 27 2. “E^mra cTi ay&Qmnot jxip oi noU^i
psmmTov &€mp nvctt, xat ^AqqoSirrjS nal(^a Die av&Q. oi
mlloi dachten nur an den Liebesgott, und von dem mag man die;
Jugend gelten lassen. Die religiösen Ansichten der alten theolö-i
gischen Sänger lässt Pausanias unmittelbar folgen. |
568) S choliast zu Hes. Theog. H5. TqlanqSnv iyivovto,\
Xüo?, r?, Qvqävws, & xai &ds’ S yäq i| ‘dfQodlVjS äuw'. '
569) Theokrit. 13, %
397
j Vater, und unter seiner Mutter versteht man die Äphro-
dite ”®3* *SjJppho macht ihn zum Sohn des' Uranus
'und der Gaia ®’‘3; sie sang aber vieles über ihn, wel¬
ches mit den gewöhnlichen Ansichten über ihn nicht
übereinstimmte. Wenn Oien aogab, dass er ein Sohn
der Eileithyia sei *^*>5 so ist vielleicht diese Genea-
jlogie aus einer Gleichstellung der alten Aphrodite
auf Delos mit der Eileithyia hervorgegangen , und sagt
fast dasselbe, wie wenn Cicero angiebtj Eros sei
vom Hermes und der Artemis geboren, da auch diese
Göttin eine Eileithyia ist; nur erhält er hier noch einen
Vater. Dies ist aber beim Cicero der ältere Eros; der
jüngere ist nach seinen Quellen ein Sohn derjenigen
Aphrodite, welche nach den dortgetroffenen Einthei-
lungen die zweite, oder eine Tochter des Zeus und
der Dione ist, und auch hier ist Hermes wieder der
Vater des Eros. Nach der gewöhnlichen Auffassung
ist Aphrodite die Mutter des Liebesgottes , Zeus aber
sein Vater **^3? Simonides aber war er ein
Sohn des Ares und der Aphrodite. Nonnos ”*)
endlich giebt das Äelternpaar in ganz dichterischer
Auffassung an, indem er den Eros ein Kind des leich-
570) Schol, z. Apoll, v. Rh. 3, 26. Op plan Halieut. 4,
10 ff. Paus. 9, 27, 2 Themistios Rede 7.
I 571) Schol. z. Apoll, V. Rh. a. a, O. Frgm. 124 Neue.'
j Paus. a. a. O. ,
572) Paus. a. a, O. Müll. Dor. 1, 313.
673) Cicero de nat. deor. 3^ 23. Job. v, Lydien 5,
I S. 288. ff.
i 574) Eurip. Hippol. 534. “ßgag 0 Jik nuk. 538i
d*, rov nquvvov uvS^iaVf mv mS 'AfQo<flms qtdtdmv ^aldftav xl^iov/ov.
675) Simonides beim Schol. z. Apoll, v. Rh. a. a. O.
^ Schneidawün Delect. poes. gr. S. 394.
576) Nonnos 31, 110. Nonnos der Dichter v. Ouwaroff.
S, 76 und das. Gräfe. Schol. z. Ilias 3, 121.
398
ten, flüchtigen, gaukelnden Zephyros und der mit Far¬
ben spielenden ^ schillernden Iris, einer Begleiterin der
Aphrodite, nennt.
Die höchste Verehrung genoss Eros zu Thespiai
in Boiotien , und demnächst bei den Parianern am Hei-
lespont Von Alters her war sein Dienst in Thespiai
eingerichtet, sein Bild ein alter roher Stein; man wusste
aber nicht mehr, welche Herkunft er hatte ® ’’ '). Aber
das Symbol deutet selbst auf ein sehr hohes Alter
auf eine tiefere Bedeutung hin; einen Liebesgott würde
man nicht unter einem rohen Steine verehrt haben;
doch die Pelasger beteten ihre waltenden und ordnen¬
den Götter unter solchen Steinen an. Später empfin¬
gen die Thespier nnch ein Marmorbild des Gottes von
Praxiteles und ein ehernes von Lysippos. Alle fünf
Jahre wurden ihm in Thespiä die Erotidien gefeiert,
welche den wichtigsten und Festen Spielen Griechen¬
lands in ihrer Berühmtheit nichts nachgaben
So sicher auch die Thespischen Vorstellungen vom
Eros auf alter Naturreligion beruhten, so finden wir
doch den Dienst des Gottes daselbst zngleich nach
hellenischen Vorstellungen erweitert und ausgebildet.
Wichtig für diese neue Gestaltung des Eros war die
Verbindung, in welche seine Feste mit den Festen
der Musen auf dem Helikon traten; nun feierten die
Thespier den Musen und dem Eros einen Wettkampf
sehr herrlich und prächtig Tonkünstler und
Athleten traten hierin auf, und in Zwist gerathene
577) Pausan. 9, 27. 1 ff.
578) Athen. 13, 561. Pausan. a, a. O. SchoL zuPind.
01. 7, 30. Plut. Erot. a. a. O. M ans o Mythol. Versuche S.312ff.
578a) PI utarch Erot. Kap. 1. ^Er^EhxSvs, naqa talgMovcaiS
t& iqmmxK Qtanriimp äformv ayovst äympa mvrasTfiQtxov, uoniQ i
xai tms Moiams, xal tS ‘’E^oju, fdori^ug navu x«l la/xrigdis.
399
Eheleute ersuchten durch Opfer den Eros um gütliche
Beilegung des Streites. Die Lakedämonier opferten
dem Eros vor der Schlacht, weil das Olükk des Tref¬
fens von wechselseitiger Liebe und üriterstöteung der
iStreitenden abhing, üeberali ist er ein bindender,
[vereinigender, zur Harmonie und Eintracht und da¬
durch zur Kraft führender Gott. In ähnlicher Absicht
jliessen die Kreter vor einem Angriff durch die Schön-
isten ein Opfer bringen. Bei den Thebaiern bestand
bine sogenannte heilige Schaar aus Liebenden und Ge-
iebten, welche einen ruhmvollen Tod einem schimpf-
icben Leben vorzogen. Die Samier widmeten dem
Eros ein neues Gymnasium, und nannten die ihm za
Ehren gefeierten Feste die Freiheitsfeste
ln vielen Gymnasien stand sein Bild zwischen dem
les Hermes und des Herakles, um die Zöglinge da-
•an zu erinnern, dass Weisheit und Beredsamkeit im
iFereine mit Muth und Stärke alles vermöge. Die
jDhener priesen ihn , wie eine ähnliche Auffassung der
ilphrodite vorkommt, als Gott der Freiheit und Erret-
|:er von den Peisistratiden an, und Platon sagt, dass
|Sros ein Gott sei, welcher Bettung und Wohl des
Staates befördere. Beim Anfang der Dinge, sagt Äpu-
|,ejus®’®), hat Aphrodite durch die Erschaffung des
iSros Verschiedenheit, Widerstand und Hass der Ge-
i5chlechter aufgehoben j und die Fortpflanzung desMen-
ischengeschlechts gesichert. In Lebadeia wur¬
den dem Eros königliche Erotidien oder Erotien
Saa'dsia^ gefeiert. Wahrscheinlich wurde Eros hier
I - - — —
579) Apulejus Metam. Seu tu, coelestis Venus, quae
l'rimis rerum exordiis, sexuum diversitatem , generato Amore,
lociasti et aeterna sobole genere liumano propagato, miiic cir-
i umfluo Paphi sacrario coleris.
579a) Philemon Lex, Technol. S. 42.
400
wie Aphrodite sonst als Herrin und Herrscherin der
Welt, als Herr und Herrscher derselben gefasst. Auf¬
fallend ist es, wie sich Pliitarcli Heimaths-
rechtes des Eros annimmt, und dass er nicht ein frem¬
der Ankömmling sei, wie Attis und Adonis, auch nicht
mann weiblich. Doch war dies nicht die allgemeine
Vorstellung, und wie der Hermaphrodit ein Sohn des
Hermes und der Aphrodite war, zählt ja auch Eros füi
beider Kind , und war der männlichen Aphrodite ähn¬
lich von doppeltem Geschlecht ’®*)f besonders bei der
Orphikern Durchgängig sind die VorstellungeD
i’on ihm mit denen der Naturgöttin Aphrodite überein¬
stimmend , und wenn auch von unzüchtigen Mysteriet
des Eros und der Aphrodite gesprochen wird ***), s(
sind dies wahrscheinlich keine andern, als die gewöhn¬
lichen der Aphrodite, wenn es auch nicht unmöglich ist
dass auch die Erotidien für sich in dieser W eise aus¬
geartet waren, da ja ihnen eine ähnliche physische
Bedeutung zu Grunde lag.
Hier ist die Wirksamkeit des Eros überall phy-
eisch, aber in der Auffassung des gewöhnlichen Le¬
bens ist sie psychisch 5 er wird der Gott der Liebe
€in reines Fantasiebild ®®*). Als solcher ist er aber
S8Ö)~Piutar ch Erot. Kap. 12. ov vvv ahtl nQumv ßufwi
o^EQOiS xai »vdav, owtf’ httjlvs ix nvo? ßaQßoQtx^g duanfaifMvlaS
wmiQ nm xat ltyö(Uvoh rf’ dviqoyvvav xcci yvvat-
my na^aMimt.
581) Alexis bei Athen. 13, 562.
(Eros) ydq ovu Q-tjlvg ovr Sqq>)v’ ndhv
ovTi 5-f Off ovT dvS-Qianos, ovt ußiXttqos
evT «vBtS 'ifXifQmv, «Ala ewvtvrjiitvog
nuvtaxö&iv, Ivi wma n noll’ s’i9-rj <f4mv U. S. W.
682) Orph. Hymn, 57, 4. Vergl. Laktanz 1, 5.
583) E u s e b i 0 s Lobrede auf Konstantin Kap. 7. oQyta
Vgl. S. 144.
684) Vgl. Hymerios Mtlsml in Proklos Biblioth. 43.
401
nicht aus eigner Macht der Erreger der Liebe, son¬
dern hat seine Gewalt mir von seiner Mutter, wirkt
nur in ihrem Namen, ist ihr H^erkzeug, wodurch sie
im Menschen die Liebe anfacht, und es giebt ohne
die Aphrodite keinen Eros ***). Es ist aber die Ura¬
nia, welcher er dient denn die Liebe, welche
Eros befördert, ist eine sittliche, erlaubte. Von ihr
führt er auch den Namen ovqdvmg-, heisst auch der
Idalische Knabe und nach mystischer Lehre ent¬
fernt er fremde und unreine Triebe von den Einge¬
weihten * ® ®). Er wirkt ganz wie die Liebe im mensch¬
lichen Herzen; jeder Begung und Neigung, jeder Lei¬
denschaft, in welche das Gemüth durch die Liebe ver¬
setzt werden kann, Urheber wird er gedacht. Er ist
der schönste Gott, der allgewaltige, siegreiche, all¬
bezwingende, dessen unüberwindlicher List und Macht
keiner zu entrinnen im Stande ist. Er ist Begleiter
der jungen Mädchen ®®®), bezwingt und peinigt, doch
immer nur das Herz. Schon bei seiner Geburt ahnte
Zeus die Unruhe, welche er aostiften würde, und be¬
fahl deshalb der Aphrodite ihn zu tödten; allein sie
verbarg ihn in Wäldern, wo er an den Brüsten wil¬
der Thiere sog. Dadurch, sagen die Dichter, habe
er seine Härte und Grausamkeit eingesogeri, mit wel-
I 585) Plutarch Erot, Kap. 5. Mms “Eqm iariy, ^Aq^oSinjS
Ijuij naQovdtjs, tjy d^tqamiuv ix S-tmy y.al ntqd/fiy, n fti-
Irf/wv xai Svuüfxtm, oaoi ixtlyij Siimdiv; Vgl. Kap. 12.
586) Himerios Rede auf die Ankunft der Kyprier, und
Öfters.
' 587) Pap. Stat, Theb. 2, 286. Non hoc Pasithea Wan-
darum prima sororum, Non decor Idaliusque puer.
j 588) Orph. Hymn. 57, 9 ff. 'AU.u fmxaq,
].fiv(iT^ot cvviqxov, ff nvXovs S’ ixronlovs &’oqfiug dno rmv cf dnönsfim-
' 589) Pervig. Ven. V. 29 ff. It puer comes pueliis u. s. w.
H. 26
I
402
eher die Liebesqoaal sich ins Herz senkt. Zuerst
versnehte er seine Kunst an den Thieren ’**), dann
ging er weiter, und weder im Himmel noch auf Er¬
den ist Jemand sicher vor ihm, selbst seine eigene
Mutter nicht, welche ihm seine Macht gegeben,
und bei Moschos klagt sie über die Streiche des Schal¬
kes. Besonders war es die Liebe zum Adonis, für
deren Urheber Eros angesehen wurde. Hache wegen
unglükklicher Liebe nahmen die Heroinen an Eros in
der Unterwelt, wie des Ausonius Gedicht Cupido cruci
affixus darstellt. Die Dichter nennen ihn einen Menschen¬
verderber, Tyrannen der Götter und Sterblichen
Unerschöpflich sind sie in den Vorstellungen, welche
sie von ihm machen; List und Gewandtheit schreiben
sie ihm zu; eine Menge Nekkereien und schlauer
Streiche kommen auf seine Rechnung; und am erfin¬
dungsreichsten darin ist Anakreon. Indem er das Werk¬
zeug der Kypris, ihre rechte Hand ist, so vollbringt
sie alles, was sie vollbringt, durch ihn. Daher erregt
er nicht allein die Leidenschaften, sondern senkt sich
auch wieder auf der Kypris Geheiss in die Herzen
der Menschen, und beschwichtigt die Seelen
Schon bei Hesiodos ist er der Sorgen-Brecher, Xv(ft{isXijg.
Eros ist stets jugendlich kindlich und im Besitze
690) Ebend. V. 77.
691) Virg. Aea. 1. 664.
Nate, tneae vires, mea tnagna potentia solus,
Nate, patris summi qui tela Typhoia temnis,
At te confugio et supplex tua numina posco.
So Apbr, selbst.
692) Athen, 13, 661.
693) Vgl. den schönen Gesang auf Eros bei Sophokles
Antig, 780 ff. Al km an bei Athen. 13, 600
“EqoS jUf Äfc KvnQt'ifoS txan
ylvxis xtmlßwp xaqMav taly$u
403
I einer nekkischen ünscholdl* Er naht sich unversehens,
wie sich die Liebe unvermerkt ins Herz der Menschen
einschleicht, und wie die Liebe durch den innern See-
ilenbrand umbringt, so heisst auch Eros scherzweise
! wieder Verderber, Vernichter der Menschen, Störer
des Lebensglükkes. Er ist Urheber aller berühmten
I Liebesgeschichten, der Aphrodite und des Adonis, der
Hero und des Leander, Pyramos und Thisbe, Äkontios
und Kydippe, Hermochares und Ktesylla u. s* w.; m
der Unterwelt nehmen die unglükklichen Seelen aber
I noch Bache an ihm. Wie Aphrodite den Werken der
■ Ehe nachgeht, so fehlt auch beim Eros diese Bezie-
' hung nicht, aber nur sofern die Liebe das Band der
jBhe knüpft: er schmükkt die Braut am Hochzeitstage,
I entkleidet sie am Abend 5 löst ihr Gürtel und Sandalen;
I die Vollziehung der Ehe selbst aber überlässt er sei-
:|nem Begleiter und Gespielen, dem llymenaios, des¬
sen Aeltern Aphrodite und Bakchos heissen Wie
. seine Mutter ist auch Eros ein Gott der Freude und
des Frühlings, wird mit den Kränzen der Horen ge-
schmükkt, ist Gott der Gärten *®’), Haine ”«) andFlu-
|ren sind ihm geweiht Ganz wie dieKypris ist auch
I Eros ein Frühlings- und Blumengott ®®®). BeiNonnos ist
I 594) Serv. z. Aen, 4, 127. 1, 651. 4, 29.
595) Das Epigr. Des Ungenannten bei Jakobs Delect. Epigr.
gr. 1, 58.
596j Zu Leuctra an der lakonischen Küste ein Tempel und
Hain des Eros Paus. 3, 26, 3.
597) Marianos bei Jakobs Delect. Anth. gr. 9, 51.
! ‘H y.aloy alm? ' miov xala diydQsa mura
' nQrj'l'S Ininvtlwp dfifidopst ZitfvQos'
-/.ui iQa^uS äfAaQvmtrat' äpü-ißt’ Xitfimv,
novkup hCT&fiäpmv xisfiov aPHS xalvxmp U. s. W.
698; Theognis. V. 1289 (1275)
'SlQaloS y.ui “Eqm innülttm, ^vlxa ntQ j/^
äpOsciv ilaQivoii &cU.lii,
26*
404
er sognr wie Ancliises und Adonis u. a. a. als Hirt
gedacht.
Im Eros trurde die vollendete Schönheit des Kna¬
benalters dargestellt und als Liebesgott hat er
seinen Sita dort, wo seine Mutter ihn hat, zu Paphos,
welches ein Dichter die bekränzte Rhede des üppig-
gelokkten Eros nennt. Als Symbol seiner Gewalt trägt
er Bogen, Pfeile und Fakkel Mit der Binde
vor den Augen pflegt man ihn gern vorzustellen, um
anzudeuten, wie der Reiz sinnlicher Liebe den Blikk
des Geistes verblende. Die Flügel aber, welche ihm
gegeben sind, deuten die Unbeständigkeit, die Flat¬
terhaftigkeit und den Leichtsinn seines Wesens an ')•
Er führt die Zügel des von Schwänen oder Tauben
bespannten Wagens seiner Mutter. Vom Knaben Eros
selbst wird man keine Liebe vermuthen^ auch würde
sich eine solche mit dem ganzen Kreise der religiösen
und dichterischen Vorstellungen über ihn nicht wmhl
vertragen. Freilich ist ein vielseitiger und inhalts¬
reicher Roman des Eros und der Psyche bek.annt
aber dies ist ein Werk der Philosophen, und sgeag
hier ein philosophischer Begriff, das Ganze aber eine
"E^ms HQoXmiap Kmgov, mqntalUa p^eov,
tiaiy bl uv&qt^novs aniq/ja qiqmv xam y>is>
599) Ot fr. Müller Archäol. §. 127. Eros zu Parion von
Marmor. Plin. 36, 4, 5. Zu Thespiä von Pentelischem Marmor
Julian. Or. 2 S. 54. Lukian Erot- II, 17.
600) Vgl. Silius Ital. 7, 144 ff. Moschos Id. 6,
601) Phurnutos Kap. 25. nals fifv Itf» (Eros) cftdrodwl?
ypiüfiijp xat evi^anärtjrop tyuv roüs iqmvrus. tmquitoS tff, on xat (fo-
pov? noitl, tj on luf nqoilntarm Tals StuvolaiS a9qoii)S- roloi);?
<17, iml TiXtjy^ TtPi ofioißp «wo T^S nqosäStfüS oi uhaxofisvoi avT^ nu-
cyovctp, ovrt nhjaittcaPTts ovra^tpot tup xuImp, «Ük fiaxqo&sp avTovS
idipTiS' äpuMSorai <17 X«iätiuS uvi^, nvqovp d'oxovpn raS tpvyas,
602) Apulejus Metam. B. 4. 5. und 6. Fulgentius
Myth. 3. 6.
405
Versiunlichung der Schikksale der menschlicheo Seele,
welche, göttlicheo Ursprungs, dahier im Kerker, dem
Leibe, dem Irrthum unterworfen ist.
Eros wollte nicht wachsen und gedeihen; da be¬
schloss Aphrodite, wie Porphyrios erzählt, ihm einen
Gespielen zu geben, gebar vom Ares den Anteros ***),
und nun gedieh Eros erst recht. In Athen ®®^) war
vor dem Eingänge in die Akademie ein Altar des Eros
mit der Inschrift, dass Charmos unter den Athenern
zuerst dem Eros ihn geweiht habe; der Altar des Ante¬
ros in der ^tadt soll von Metökeo geweiht sein. Der
Athener Melos nämlich verachtete einen Metöken Ti¬
magoras, w'elcher ihn liebte, und hiess ihn sich von
dem Felsen herunterzustürzen , wo er am höchsten
ist. Timagoras, welchem das Leben nichts mehr galt,
und der in allem dem Knaben gefällig sein wollte,
stürzte sich hinunter. Als Melos nun den Timagoras
todt sah, ging er in der Reue so weit^ dass er sich
von demselben Felsen stürzte, und so sein Leben en¬
digte, und seitdem ist es unter den Metöken Gebrauch,
den Anteros als Rächer des Timagoras zu verehren.
Im Gymnasium zu Elis ‘®®) standen Eros und Ante¬
ros; Eros hielt einen Palmzweig, welchen Anteros
ihm zu entreissen suchte. Jene Erzählung und diese
bildliche Darstellung zeigen uns den Anteros als einen
gegen den Eros kämpfenden Gott, als einen wettei¬
fernden Genius der Liebe, welcher verschmähte Liebe
rächt. Es ist eine noth wendige Kehrseite des Eros,
ein Wesen, welches mit Eros vereinigt erst die voll¬
kommene Idee des Liebesgottes ausdrökkt; in ihm ist
die Idee der Gegenliebe personifizirt. In xMegara sah
603i Cicero de nat. deor. 3. 23.
604) Pausan. 1,-30, l.
605) Paus an. 6, 23, 4.
406
man ferner einen Tempel der Aphrodite Praxis
mit den Bildern der Peitho und Par egoros, Wer¬
ken des Praxiteles. Diesem fügte SkopasEros, Hi-
meros und Pothos ®“®) bei, welche drei Stufen der
Gemüthsbeweguugen darstellen^ Eros das Wesen der
Liebe, ihr Gemeinbegriff, Himeros das Liebesverlan-
gen und Pothos die Sehnsucht.
SeitAnakreon wurden dem Eros noch eine Menge
von Brüdern Kugesellt, welche als Erote im Reiche
der Liebe geschäftig sind. Auch ihre Mutter heisst
die Aphrodite, und sie daher bei Nonnos Kvnqidioq^
man nannte sie aber auch Kinder der Nymphen, wäh¬
rend Eros dabei ein Sohn der Aphrodite bleibt
Sie sind Gefährten der Kypris ®®®) und sprechen in
Dingen der Liebe im Ganzen dieselbe Idee aus, welche
im Eros liegt, nur steht Eros immer höher und erha¬
bener da : sie dienen blos dem Liebesgetändel und einer
spielenden Phantasie ähnlich wie die Chariten
606) Pan San. 1 43, 6. « Srj imipoqd ißn xaTa tama rdis ovö-
fiaßt xai rd (()ya Phurnut. Kap. 25. y.aluTai ök t/isQoS,
fjToi, nnQo. TO it(s9ai xal r^v dnoluvaiv tSv (u^alwp (dyo~
fxaa^ivmv. ^ xmd fxluiq&v Tri? iJidvoiav ixretcm?, wS dva^~
ftmQiieS-cei niQt mmijp. Jl69-os cti äno r^s w3f ^thjjj.d'mv
od-tv iay^s T/jy xai o nannSs. $ dno tov nolld nvyd-dvusd-ai ntQ»
Tmv ißofjitymv wvs i^mvras, zal avrmp Ixflvav, no&fv oyrat xai
nov fjßtty.
607) Klaudian Niipt. Hon, etMar. 74. gens mollis Amo-
rum. Philos tr. Bilder 1, S.
608) Bion Id. 1, 80 ff. dnadoi ^AffQoSrni?. Statins SUr.
1, 2, 54. aginen Amorum. Silius Ital. 11,397. turha Veneris,
Kap. 11, 413. exercitus Cupidinum. Valer. Flaccus 6, 457. —
Veneris nati, wozu Eros, die Eroten, Anteros, Himeros und Po¬
thos gehören können, bei Sih Ital, 7, 449. 11, 390.
609) Phurnut OS Kap. ■ 25. xai nleiovs dlj tQCüra? naqaöi-
^ovxat dla r^y nolmqonlay zwy iQioTißy.xai To. noi,iiOiS:.totovtotS ori<rd'6iS
xtyo()iiy7fi9ctt T^v ’ArfqoSittjv. . _ _ _
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407
umtanzen sie die Aphrodite. Ihre Darstellung ist die¬
selbe wie beim Eros; auch sie sind beflügelt
In Verbindung mit dem Eros finden wir noch Bak-
chos als Freudenbringer und Beförderer der Liebe.
Horaz ® ^ 0 hat aber auch noch den J o c u s , den Scherz,
I neben dem Eros als Begleiter derKypris. Unter den
i weiblichen Gottheiten ist die Ty che ihm beigesellt ; so
i stand zu Aigira in Achaja ® ‘ in der Nähe eines Tem-
I pels der Aphrodite eine Ty che und daneben ein Eros.
I Dieselbe Gottheit, männlich gedacht alsTychon, ha-
i ben wir als Beisitzer der Aphrodite kennen gelernt ® * *).
Die Horen und die Chariten,
Den Begriffskreis der Aphrodite helfen besonders
i die Horen und die Chariten vervollständigen: beides
( eng verwandte Wesen, aus einer physischen Quelle
i abgeleitet, in ethischer Ausbildung verschiedene Wege
einschlagend, dessenungeachtetaberoft in einander über¬
greifend und gegenseitig sich ergänzend im Kult, wie
in den Vdrstellungeii der Phantasie. Wir haben die
Aphrodite kennen lernen als die Göttin, welche die
Ordnung im Naturleben heraufgeführt hat, und besonders
in der schönen Jahreszeit thätig ist. Sie ist die Chlo-
ris ®*^), und wann diese in der Natur herrscht, dann
erscheinen die Horen in bunten Gewändern und sam¬
meln die Gaben der Chloris, des Lenzes, welche die
610) Bioa 9, 6. montt^og, Mosch. 6, 16. Sil. Ital. 7,
458. aligeri. Pap. Stat. SilvaeS, 4, 88. Accurrunt teneri Paphia
cum matre volucres. Nonnos 13, 435. Kvuqov, ivnnqvymp &iQ~
diyfMPa v^aop ’EQonav.
611) Hör. l, 2, 33. Sive tu maris, Erjcina ridens — Quam
Jocus circumvolat et Cupido.
612) Paus. 7, 26, 3.
613) S. S. 387.
614) S. S. 293.
408
Chariten za Sträussen und Kränzen flechten ®'‘). Dass i
die Horen ihren Namen von der Jahreszeit cSija ha- |i
hen, welche vorzugsweise die blühende schöne Jah- ;
reszeit, den Lenz, bezeichnet, ist klar 5 und daher zei¬
gen sie sich auch als Göttinnen des Frühlings und |i
Spenderinnen alles dessen, was der Frühling mit sich
bringt, und dem Menschen Genuss gewährt. Sie |«
schmükken die Pandora mit Kränzen und Blumen
sie führen den Adonis, wenn er aus der Unterwelt i
kommt, herauf und der Kypris entgegen sie sind
beim Orphischen Dichter Gespielinnen der Persephone, ,lr
wenn sie als Frühlingsgöttin zu den Menschen zurük- 1
gekehrt ist; sie sind die Pflegerinnen des jungen Dio- i
nysos; sie warten der Keime und Blumen, pflegen die '
Pflanzen und bringen sie zur Frucht ®*®). Denn wenn |
die Horen auch vorzugsweise der schönen Jahreszeit •
angehören, so doch nicht ausschliesslich; sie sind viel- ||
mehr die Göttinnen, welche den Wechsel und die 'i
stets geregelte Ordnung der Natur heraufFühren, wie h
Aphrodite als Naturgöttin und Harmonia ein ähnliches li
Geschäft hat. So werden sie Gottheiten der Jahres- |i
Zeiten überhaupt. Wahrscheinlich die beiden ältesten
Benennungen der Horen, weil sie mit dem allgemei¬
nen Begriff am meisten übereinstimmen, sind Thallo
Blüthe, und Karpo, Frucht ®*®), oder Thallo und
Auxo welche dieselbe Idee aussprechen, und
mit den beiden Chariten Hegemone und Auxo zu
615] Ovid. fasti 5, 127 ff.
616) Hesiod. Erga 75.
617] Theocrit. 15, 102.
618) Orph. Hymnen. 13. Hom. Od. 24, 344. !
61 9j Pa US an. 9, 35, 1.
620j Klemens, v, Alex. Protr. 0I6, Hygin. Fab. 183
und das. Munker.
!
409
Athen, der Führerin des Jahres and der Mehrerin
übereinstimmen. Die Thallo wurde in Athen zugleich
mit der Pandrosos verehrt; eine Zusammenstellung,^
welche nicht minder als der Name der Höre seihst,
auf eine Frühlingsgottheit hinweist. Die Zweizahl
spricht für eine einfache Auffassung des Jahreswech¬
sels; ursprünglich aber vereinigte sich muthmasslich
der ganze Begriff der Horen in eine einzige Hora,
als Göttin des Jahres und Naturlebens wie wir
dies schon aus der Nachricht von einer einzigen Cha¬
ris schliessen dürfen. In der Folge stellte der wahr¬
nehmbare W echsel der Jahreszeiten, erst zwei, dann ■
drei und selbst vier Horen auf, worunter aber nie eine
winterliche genannt wird.
Als Naturgottheiten wurden sie auch in Myste¬
rien gefeiert und es gelingt einige Andeutun¬
gen über ihre Kultvorstelluiigen zu geben. Phiio-
choros hatte berichtet ®**), dass Amphiktyon zu Athen
dem Dionysos im Tempel der Horen einen Altar er¬
richtet habe, weil sie den VZein zeitigten, sie stehen
also mit dem fruchtreichen Herbste inYerbiodung
Von dem Feste der Horäen zu Athen selbst hatte der-
620a) Ot fr. Müller Archäol. §. 390. Anm. 1. Allein
kommt die Frühlingshora, die Squ vorzugsweise, mit dem Schurz
voll Blumen öfters vor. Er zit. noch Gerhard ; Neapels Ant, Bild¬
werke S. 2.
621) Orph. Hjmn. 43, 10 ff.
in' tBlsias oelas vsoftv&mts,
euxdonovs ytpmK iadyovßat dfiSfffpmS-
622) Bei Athen. 2, 38. Kallimachos Epigr. 50, üeber
Dionys und die Horen Vgl. noch Welker, Nachtr. z. Äeschyl,
Tril. S. 188 Anm. 15.
623) Hom. Od. 24, 344. Athen. 5, 289. rimccgis
dxtvaßf/tvai,, xaltxdattj^iQoma tok Miovs xagnovs. ’ü/o/«ra mhmr
»vfuaTk^a Mo ximipa Ix ygmov. Alexis ebend.2,
ti&tj wp londSt
410
/
selbe aber berichtet dass die Athener beim Op¬
fer der Horen das Fleisch nicht brieten, sondern kochten,
weil sie ku diesen Göttinnen beteten, trokkene Dürre
und Hitsüe abzuwehren, dafür aber mit ebenmässiger
Wärme und Nässe die Früchte zur Vollendung zu
bringen. Dem Aristaios lehren die Horen mancherlei
wohlthätige Erfindungen; die Bereitung der Milch, des
Honigs, des Oeles, der Wolle, die Arznei und Weis¬
sagung, und vieles andere auf das richtige Maass in
allen Dingen Bezügliche “0, oder worin sich eine
dionysische Kraft kund thut. Offenbar werden sie
also als Gottheiten gefasst, welche die Geseze und
den harmonischen Gang der Natur und des Lebens
befördern, die Frucht reifen und den Menschen See¬
gen bereiten. Solche Auffassungen mögen Gegenstand
der Mysterien gewesen sein. Zu Argos wurden sie
ebenfalls verehrt wir erfahren aber weder von hie¬
sigen noch von sonstigen Kultgebräuchen etwasNäheres.
Aus der Vorstellung von physisch Gesezlichem ent-
wlkkelte sich ethisch bei den Horen der Begriff des
«reistig Gesezlichen und des Schönen. Bei Hesio-
dos ®”) ist die Vorstellung schon von der Natur los-
i|
!
I
624) Bei Athen. 14, 656.
625) Find. Pyth. 9^ 59 ff. und das. Dissen.
626) Paus an. 2, 20, 4.
627) Hesiod. Theog. 901. Allegor. z.Hesiod. Theog. 886.
lytrm M o Ztk hnaQov xui ahk ms ‘'SlgctS,
ji> Evroftltcp, ähnv nai tnv na^öaop ix nv xam vo(iovs^
rok ßifovs xtuQoi Im^ivovrai, dvofxias xai Sixawavvn?
nSXm, m tSp d »ign fiiy
■.ttomx^vd^oms wk x<iQmk «ti wvsjnoQo^
xul tiiiPUP rr y?»'. P h u r n u 1 0 s mgi »mP ^ s. w. Kap . 29.
'( jio^ea Kinder des Zeus und der Themis m aya»«
ip iuüp oosyemi xm xalsam di ttisrnp ^ (mp Evpo-
'da äno rov Imßddopm n? dlapifAnams. n d« dlxn, ano rov dlya
dn uUjloJP ms dmftQofMPovs, n di E’mvn, «wo
411
gerissen, and auf rein menschliche Yerhältnisse and
ethische Begriffe übergegangen. Ihre Namen sind
Eunomia, Dike und die blühende Eirene. Wie io
diesen Benennungen schon durchaus ethische Begriffe
enthalten sind, so schreibt der Dichter ihnen auch das
! Geschäft zsu, jedes Unternehmen der Menschen in Ob¬
hut zu nehmen and zu befördern. Es sind Gesez,
Gerechtigkeit und Friede, welche in Staaten
I und im menschlichen Leben herrschen müssen , wenn
Ordnung , Glükk und Gedeihen nicht fehlen sollen*
So entsprechen sie, nur 'auf besondere Weise, jener
Aphrodite, welche als Harmonia die Natur, den Staat
und das menschliche Leben ordnet, Uebereinstimmung
und Schönheit befördert bis zur wechselseitigen See-
1 l^nbarmonie , der Liebe, Jene Bedeutung ist auch
i( schon in der Geburt dieser hesiodischen Horen aos-
' gesprochen, indem sie so wie dieMören, w’orauf wie¬
der zu achten ist, Zeus mit der Themis zeugt. So
gehen sie vom höchsten Gotte aus, welcher sie mit
der Göttin aller gesezlichen Ordnung zeugt, und sie
selbst daher wieder zu Gottheiten der Gesezlichkeit,
des Masses, der Wohiordnung macht, deren Leztes
Schönheit und Liebenswürdigkeit ist.
Indem die Horen Symbole der Ordnung in der
ethischen Welt sind, so ist Dike geehrt und geachtet
bei allen Himmlischen, und jeden, der sie unter den
Sterblichen beleidigt hat, klagt sie vor Zeus an ®»*).
Solon schildert in der Dike die Wirkungen der Ge¬
rechtigkeit, in der Eunomia die schönen Früchte wohl-s
Aoyov, xui ou qIwv Aaxqlvm&ui nmfw. hdhvu ydq mv Aövw
I Elqtivtjv. ^
6Z8) Hesiod Erga 257.
412
eingerichteter Staaten ®*®); so macht Pindar ••") die
Ruhe, die Hesychia, ku einer Tochter der Dike,
und Bakchylides «ä‘> preist die Segnungen, welche
Eirene, der friedliche Zustand, über Staat und ein¬
zelne Menschen verbreitet. Die hesiodische Zahl
drei scheint die gewöhnliche in ethischer Auffassung
der Horen gewesen zu sein 5 so viele hat auch Pin¬
dar, welchem sie eine sichere Grundlage der Staaten
und Beglükkerinnen der Menschen sind Jede
Zierde Korinths leitet er von ihnen her; Künste, Er¬
findungen, Geistes- wie Körperbildung. In dieser
Weise erziehen sie den Oien und die Hera ®®®). Am
Throne des Zeus zu Olympia waren oben über dem
Haupte zu je drei die Chariten und Horen ange¬
bracht «**), und zu Megara schwebten über dem Kopfe
des Zeus die Horen und Moiren ®*’). Am Altäre des
Apollon zu Amyklai ***) sah man die Moiren und
Horen mit Aphrodite, Athene und Artemis ; den Thron
629) Solon bei Brunk. poet. gnom. gr. 15. Schneidewin
Delect. poes. gr. Solon Tä t^s nohnlag. 2, 14.
mfipä JUtjg V. dZEvpofila d’tmoeiAu )cat aQua ndyi ano-
^mlpa u. s. w.
630) Pind. Pyth. 8, 1.
631) Bakchylides bei Stob. Floril. 55, 3. Schneidew.
Delect. poes, gr. S. 442. Nr. 10. tIxtb nhimov, fMlpyi-ümmy t dot-
dpB-fa u- s. w. Die Eirene trägt auf einem Bilde den Plu-
ton als Kind. Paus. 1, 8, 3. Die athenische zu Kitnons Zeit ge¬
weiht. Flut. Kim. 13, Eine Eirene TonArgos, später nach Rom
gebracht. Paus. 6, 9, 1.'
632) Pind. Olymp. 13, 6 ff. ßd^Qov noUtav uaqfahg. Ta-
idm dytf^dffi nXovnv. V. 17. noXld yaQ h xuQälaig dv^Quv tßahv.
nülvdyS-efWi eoflofiaS-'. VgL Olymp, 9, 16.
633) Paus. 9. 35, 1. 2, 13, 3.
634) Paus. 5, 11, 2.
635) Paus. 1, 40, 3.
636} Paus an. 3, 19, 4.
413
i stüzen vorn und hinten xwei Chariten «nd zwei
' ren Ans andern abstrahirte, wenn auch selbst-
I ständig gewordene Gottheiten pflegen immer in ein
:( untergeordnetes Verhältniss zu der Macht zu treten,
deren Ausflüsse sie sind. So werden die Horen und
i Chariten Genossinnen und Dienerinnen der Aphrodite.
Dies Geschäft der Horen wird aber noch erweitert,
und als Geister der Ordnung und Schönheit werden
sie als Dienerinnen des Olympos gefasst. Homer ®®*),
welcher keine Namen beifügt, giebt ihnen die Auf¬
sicht über die Thore des Olympos und lässt sie den
iJPalast des Zeus bewachen; den Olymp hüllen sie
i'jbald in finstere Wolken, bald hellen sie ihn wieder
Iauf: ob sie dies als Luftgöttinnen, und nicht vielmehr
als einfache Dienerinnen des Zeus thun, ist mir min¬
destens zweifelhaft. Sie spannen den Streitwagen
der Hera ab und bringen ihn unter Schauer, die Pferde
|io den Stall. Gewöhnlich denkt man sie sich als
leichtgeschürzte, schöngepuzte, heitere Gesellschafte¬
rinnen und Dienerinnen der Kypris, und sie sind überall,
wo man Schönes und Ordnungsmässiges wahreiramt.
Dem Zeus und der Europa schmükken sie das Braut¬
lager *ä®). Ihre Göttin schmükken sie mit Blumen
ond Geschmeide ***), kränzen sie, ziehen ihr schöne
Gewänder an, und führen sie dann zu den Göttern,
wobei es dem Dichter nicht darauf ankommt, sie be¬
reits bei der Geburt der Aphrodite zugegen sein zu
lassen, so wie Eros undHimeros im Augenblikke der
637t Paus an. 3, 18, 7.
638) Homer II. 5, 750 ff. 8, 433 ff.
639) Moschos Id. 2, 160.
640) Hom. Hym. 5, 5 ff. Im juaaso Mjtholog.
:'ers. 382. ff.
414
Gebart sich schon der Aphrodite nach Hesiodos an-
schliessen.
Wir haben es bisher vermieden über die Anzahl
und Namen der Horen zu sprechen, welche ans Hygin
aufbewahrt hat. Er sagt Die Namen der Ho¬
ren, der Töchter des Zeus und der Themis, sind: :
Auxo, Eunomia, Pherusa, Karia, Dike, Euporia, Irene, i
Ortesia, Thallo. Andere Schriftsteller fuhren zehn
unter diesen Namen an: Auge, Anatole, Musia, Gym-
nasia, Nimphes, Mesembria, Sponde, Elete, Akte, und
Hekypris, Dysis. Da die Verbindungspartikel iu ;
der lezten Reihe schon beim vorlezten Namen steht,
auch nicht zehn, wie Hygin v^rheisst, sondern elf
Namen angeführt sind, so ist der Name Dysis ver-
muthlich aus der ersteren Reihe ausgefallen und
schliesslich hier nachgetragen. Betrachten wir aber
die Beschaffenheit sämmtlicher Namen, so sind es
theils die alten, theils dieselben mit geringer Verän¬
derung, theils neu abstrahirte, w elche sich aber leicht
aus den angegebenen allgemeinen Begriffen der Ho¬
ren erklären lassen. Sie sind entweder Jahresgott¬
heiten: Auxo, Pherusa, Euporia, Thallo, Auge, viel¬
leicht auch Akte, wofür man aber Akme, Jugend-
blüthe, verbessern will; oder sie bezeichnen die Ta¬
geszeiten: Anatole, Mesembria, Dysis, oder sie haben
eine ethische Bedeutung, wie Eunomia, Dike, Eirene,
Musia, Gymnasia, Sponde, Orthosia (Ortesia bei Hy¬
gin). Es bleiben noch übrig Karia, Nimphes, Elete,
Hekypris. Ob Karia ethnographischen Ursprungs ist,
oder was für eines sonst, weiss ich nicht, Nimphes
fand der Berichterstatter vielleicht im Genitiv vor und
nahm ihn so auf, während wahrscheinlich nur einfach
Nymphe darunter verstanden ist. Die Ausleger haben
ÜiJ^ygin Fab. 183. — vgl. auch Philostr. Eik. 2,35.
415
an NviKpiiq coQä den Brautstand 5 so wie bei Elete an
Telete die lezte IStunde des Tages oder des Lebens
gedacht, aber die lezte Stunde des Tages ist schon
durch Dysis gegeben. Bei Hekypris hat man ^ Äii-
rtQtg für Kvnqiöog die Stunde der Kypris, Hochzeits«
I stunde, verstanden ; ich zweifle aber an eine solche
1 Möglichkeit. Die Namen sind theilweise so verstüm-
I melt, und sichtbar aus einer später neuerungssüchti-
gen Zeit, dass wir darüber Bedenken tragen, ob der
Name auch wirklich eine Höre an Ort und Stelle be¬
zeichnet habe, andererseits können wir die Möglich¬
keit nicht leugnen, dass ein Dichter mit dem Namen
Kypris auch eine Höre bezeichnet habe. Spät sind
1 diese Namen gewiss erst, und reine Dichtung, welche
|sich eine beliebige Erweiterung der Begriffe erlaubte ;
idie anerkannte Anzahl waren drei, selbst die vierte
bei Atbenaios scheint nicht mehr aus guter Zelt
zu sein.
Die Chariten.
Bei den Chariten, von den Römern Gratiae ge¬
nannt, ist die ethische und philosophische Anschauung
dermassen vorherrschend, dass man sie im ersten Au-
genblikk für abstrakte Wesen halten möchte, für nichts
weiter als für die Göttinnen derAnmuth, Huld und Lie¬
benswürdigkeit, für Schöpferinnen aller Reize und
Genüsse. Dem ist aber nicht so. Auch sie haben
eine physische und acht religiöse Grundlage. In
Athen führten sie den Namen Hegemone und
Auxo, Führerin, nämlich des Jahres, und Mehrerin,
ds fruchtbringende Göttin, und näherten sich sehr
642) P au San. 9, 35, 1. naqa dj avralg vtltttiv uy&msw is
ovs nolioig dnoqq^mp. sie standen Tor der Akropolis.
416
den Begriffen der beiden Horen. Den Dienst dieser
Gottheiten sollte Amphiktyon eingeführt haben, und
von dem der Chariten bemerkt der Berichterstatter,
dass auch sie von Alters her verehrt seien. Ebenda¬
selbst genossen sie auch eine mystische Verehrung.
Neben den Eumeniden kamen sie in Arkadien vor,
und ihnen wurde zugleich neben jenen geopfert ***).
Zu Argos standen sie in der Vorhalle des Heratem-
pels ***) und ihre physische Beziehung kann hier
nicht bezweifelt werden, ungeachtet sie auch noch
in ein neues Verhältniss zur Hera traten. Eine ur¬
alte naturreligiöse Bedeutung der Chariten liegt auch
darin, dass laut Pausanios a. a. 0. der alte Atheni¬
sche Barde des bakchischen und eleusinischen Kultes,
Pamphos, den Athenern den ersten Gesang auf diese
Göttinnen verfertigt haben sollte. Bei den Orphi¬
kern sind sie glükklich und seegenspendend, und
den Mysten stets wohlwollend. Dann haben sie eben¬
falls Weihen in einer Rede des Themistios ***),
scheinen dort auch in Beziehung auf Todtenfeier zu
stehen. Ihr hauptsächlichster Verehrungsort war aber
Orchomenos in Boiotien wo ihren Kult Eteokles
eingerichtet haben sollte, und zwar zuerst unter allen
Menschen. Die Chariten sind der Hauptdienst der
Orchomenier, die sangeswerthen Königinnen der glän-
643)
644)
645)
646)
Pausan 8, 34, 2.
Paus an 2, 17, 3. äyalpum imv
Orph. Hymn, 60, 11. ’ü9on' olßoiomQai, dsi /iv(tTr,Si
Themist. Rede 2 auf d. Tod u. s. w. d«
mmp SadüVVoUtt, xul Xüqms «vt>i»iYfavoy tns
647) Paus. 9. 35, 1 ff. 9, 39, 1. Otfr. Müller Orcho-
^enos 2 die Minjer S. 177 ff. Bökh Corp. Inscr. Gr. 1, 3.
Nr. 1583. 1684. Ders. Staatsh. d. Athen. 2, 362.
417
zenden Orchomeuos ®**), oder^ wie Tlieokrit sie oeeiilj
die göttlichen Jungfrann des Eteokles, dem Minyei-
schen Orchomenos hold ®*®). Hier hatten sie ein al¬
tes Fest, die Charitesien ®^®), welches mit mosischen
Agonen gefeiert wurde. Wir finden darin genannt:
einen Trompeter und Herold, einen epischen Dichter,
Rhapsoden, Flötenbläser, Flötensinger, Kitharspieler
lind Kitharsinger, Tragöden und Komöden, und einen
IComöden an der Siegesfeier. Ungeachtet wir von
iem Aphroditekult in Orchomenos sehr wenig wissen,
30 ist es doch gewiss richtig von Otf. Möller a. a: 0.
bemerkt, dass die Chariten auch liier in Verbindung
mit ihrer Göttin gestanden haben. Der ursprüngliche
Naturdienst der Chariten leuchtet noch aas den rohen
Internen hervor, welche zu Eteokles Zeit vom
I Himmel gefallen sein sollten, und die wir mit dem
[inbehaueuen Stein des Eros in Thespiä vergleichen
iiönnen. Aus dem allgemeinen Dienst der Aphrodite
hatte sich die Seite abgezw^eigt, welche sich als
Selbständiger Kult der Chariten ausbildete, und war
6um 8laatskult von Orchomenos erhoben w'orden.
Eine bedeutsame Feier hatten die Chariten auch auf
Paros Die Mythe erzählt, Minos habe ihnen
lort gerade geopfert, als er den Tod seines Sohnes
Androgeos durch Aegeiis erfuhr. Da habe er den
I -
648) Find. 01. 14, 1 ff. Kaificlum vAhmi/ • — la/otmv une
'ttim xakUnrnkot' td'ouv, ~ el hnvitils uoiiStftoi ßaeiluM ■ — - X{i()ins
nukaiyüvmv Mtyvuv inißxonoti — u. s. w.
649) Theokrit 16, 104. u. d. Schol. Nonnos Dionys.
|13, 94. elf oinotf Idnji, 'Oq^äutvox Mwmo yoqohmoy aloos
l'iQtSimx-
650) S. dies ausführlicher bei Müller a. a. O. vgl. Wel-
jeer Nachtr. z. Aesch. Tril. S. 245.
651) Paus an, 9, 35, i.
652) Apollodor 3, 15, 7.
Tf
27
418
Kranz vom Hanpte gerissen, die Blasinstrumente
schweigen geheissen 5 aber dennoch das Opfer voll¬
endet Deswegen opfere man noch zu Apollodors
Zeiten auf Paros den Chariten ohne Blasinstrumente
und Kränze. Ich glaube, man darf hier einen Na¬
turkult und Mysterien feier der Chariten sicher an¬
nehmen. ^
BeiHesiod *’*) erscheinen die Chariten rein als
ethische Wesen, von Zeus und der Okeanide Eury-
nome geboren. Ihre Benennungen sind Thalia, Eu-
phrosyne und Aglaia, von deren Wimpern ein
süsses, schmelzendes Verlangen träuft, welche hold
aus den Augen blikken, und dem neu geschaflFenen
_Weibe die Anmuth verleihen. Sie sind hier durch¬
aus sittliche Mächte, und von diesem Standpunkte
aus suchte man ihre Wirkungen auf öffentliche und
gesellige Verhältnisse, auf Veredlung der Sitten und
des Herzens durch die Bedeutung ihrer und ihrer
Mutter Namen zu erklären «**). Wie man alle dä¬
monischen Wesen, welche einer Gottheit beigeordnet
waren, unter gewisse bequeme Zahlen brachte, so
nahm man die gewöhnliche Zahl der Chariten auf
drei an ®”), wie bei den Horen und den Mören.
Diese entstanden aus einer allmähligen Erweiterung
des ursprünglich einfachen Begriffes, welchen wir auch
bei den Horen nach Analogie voraussezteii , bei den
653) Hesiod. Theog. 906.Apollod. 1,3, 1. Vgl. Man so
Mytholog. Abhdlgen, S. 426 ff.
654) Aliegor. z. Hes. Theog. 886. Die Chariten sind Töch-i
ter der Eiirynome und führen die Namen Aglaia, Euphrosyne u.
Thalia; ^ Sn iv als tiÖp noltav figiptrai o vöftog, dykut^ov-
lUi amai, xat t vqQit ipopra i y.cti f^dkkovaiv, § dl« n tu Iv
dqtluig po^ak PtPof^tvct Cd>« »üHhp re xaiäylatCM»Mxett yey>j^iv«i-
655) Indess kommt auch ein Chor derselben vor. Gratia-
runa chorus bei Apulej. As. Aur. 2. u. Öfter.
ii
V
419
Chariten aber nachweisen können. Als einzelnes
■ Wesen kennen wir eine Charis aus Homer ®^®) als
< Gattin des Hephaistos. Die gewöhnliche Auffassung
dieses ehelichen Verhältnisses ist die ethische; näm¬
lich im Hephaistos einen kunstfertigen Werkmeister
I edler Gebilde zu erkennen, welchem eine Göttin der
Schönheit, der Eleganz und der Reize zur Seite gestellt
I ist. Eine solche Deutung mag damit verbunden wor-
iden sein, aber ich glaube nicht, dass dies der ur¬
sprüngliche Sinn der Ehe ist. Aphrodite ist dem He¬
phaistos im physischen Sinne vermalt; die Charis ist
nur eine Ablösung, ein Ausfluss von ihr, und eine
I höhere als ethische Bedeutung ist ihr nicht abzuleug-
neo. Daher scheint mir die Ehe der Charis ursprüng¬
lich auch eine physisch-religiöse Bedeutung gehabt
|zu haben, und würde im Ganzen dasselbe sagen, was
idie Ehe mit der Aphrodite aiisdrükkt. Hier betrach¬
ten wir die Charis als den Gesammtbegriff der Gott¬
heiten, denn es steht nirgends, dass eine einzelne
dieser göttlichen Wesen den Namen Charis geführt
habe, wohl aber heisst Aphrodite selbst eine Charis
und die älteste der Chariten; dies ganz richtig, weil
die einzelnen Wesen erst von ihr abgezogen sind.
Wenn nun eine einzelne der Chariten Gattin des He-
iphaistos heisst, wie Äglaia *”), oder Thalia so
schmälert dies natürlich schon die Bedeutsamkeit der
Ehe. Die Charis als Inbegriff der Chariten kommt
jedoch nicht blos als Gattin des Hephaistos vor, son¬
dern zu Smyrna wurde eine solche im Odeion ver-
I— - - — _
656) Hom, 11 18, 382. s. S. 219.
657) Hesiod. Theog. 945.
658) Eustath. %. Od. 18 S. 1118,
27«
420
ehrt «•®)5 «nd in der Poesie wird sie ebenfalls ge-
Znnächst erfolgte auch hier die Spaltung der
Charis in zwei besondere Wesen, wie wir dies an
den Horen sahen, und wie man die Bewunderung des
höchsten Geschikkes in den beiden Nemesissen von
Smyrna darstellte, in deren Tempel die Chariten sich
befanden ® ® * )• Die beiden athenischen Chariten A u x o
lind Hegemone sind schon erwähnt; dazu gesellen
sich aber noch die beiden spartanischen Kleta und
Phaenna, Schall und Schimmer. Die beiden athe¬
nischen tragen in ihren Namen eine physische Be-
deutun«', diese eine ethische, und wenn sie von jeher
so hiessen, so legte man ihnen schon sehr früh einen
ethischen Begriff bei, denn sie sollten von Lakedai-
mon, dem Sohn des Taygetos, stammen. Von beiden
Paaren sao-t aber Pausanias, dass ihre Namen ihrem
Begriffe völlig entsprächen Nach demselben
Gewährsmann sollte man vom Eteokles und den Ur-
chomeniern zuerst gelernt haben drei Chmiten zu
opfern. Die Namen der Orchomenischen Göttinnen
giebt er zwar nicht an, sondern sagt, sie seien nicht
bekannt; man könnte hieraus auf mystisches Verbot
der Namensnennung schliesseii; allein im öffentlichen
Leben und in der Poesie waren sie gewiss benannt,
ond die Namen des Hesiodos müssen die dortigen Be¬
nennungen gewesen sein, denn Pindar nennt die Göt¬
tinnen der Minyer mit eben diesen Namen, Aglaia,
Euphrosyne und Thalia. Dies waren übrigens die
659) Pausan. 9, 35, %
660) Find. 01. 6, 76. 7, 11.
661) Paus an. 9, 35, 2. , , «
662) Paus an. 9, 35, 1. fisv XaQKSw oyofiava *«*
kmra di -ml n«(»’
LJ
421
gewöhnlichen Bezeichnungen geworden; denn so hle-
ssen sie bei Onomakritos, den Orphikern und an¬
dern ®®®). Wie man aber die Dreizahl bei den Ho¬
ren bis auf vier erweiterte, so geschah es auch bei
den Chariten, und schon Homer nennt eine vierte und
ii jüngste der schwesterlichen Chariten, Pasithea,
nach deren Besize sich der Schlaf sehnte, und Hera
jj versprach sie ihm zur Gemalin * ® *)• Von da ab wird
Pasithea ganz in die Reihe der Chariten aofgenom-
I jijgjj «6 5^^ Nonnos hat die Dreizahl unter den Namen
Peitho, Pasithea und Aglaia, ein Scholiast ®®‘)
i die dreiPeitho, Aglaia und Euphrosyne. Schon
! seit Hermesianax ®®’) war die Peitho, die Beisizerin
a und Dienerin der Aphrodite, als Göttin der Zeugung
; zu einer Charis vergeistigt.
Unter der Mutter der Chariten, der Eury nome,
welche sie vom Zeus empfängt, ist Aphrodite zu ver-
i stehen, die jedoch bei Hesiodos zu einem besondera
' Wesen personifizirt ist. Diese Annahme gebietet
schon das ganze Verhältniss, in welchem die Chariten
zur Liebesgöttin stehen. Unter den erhaltenen Bei¬
namen der Aphrodite findet sich zwar uiisers Wis¬
sens der einer Eurynome nicht, allein der Bedeutung
nach konnte er ihr sehr wohl zukommen, und mit
eben dem Rechte wie der Artemis und Hekate. Da-
663) Onomakritos bei Paus. a. a. O. Orph. 50, 3.
S traten Gr. Anth. 3. S. 73. vgl. S- 220.
664) Ilias 14, 267. 275. vgl. Kallimachos Epigr. 55.
665) Pap. Statius. Theb. 2, 286. Non hoc Pasithea blan-
darum prima sororum. Nonnos Dion. 33, 28 ff. ^
6661 Z. Hesiod. Erga 72. Orphika 10, 13.
VVfJ.t üftd-oi. ^ ^
667) Bei Paus an. 9, 35, 1. "E^fin<^Kivaxt$ m iUfHU
y^tixpttvn toßopSt oh xetrd ttjv tmv ngonQOP do§c(P ißHP
vov, wff 1^ llit&ia ya^ltoiP titj xai etdni fdet. ,
422
her heisst sie auch wie Mutter der Chariten, so eben¬
falls Mutter der Aphrodite selbst vom Meerschaum
in den Geschlechtsregistern der Göttin beim Lydier
Johannes. Die ausdrükkliche Nachricht, dass die Cha*
riteii Kinder der Aphrodite sind, fehlt indess nicht
ganz, und dann ist Bakchos ihr Vater ®®®). Wenn
Harmonia ferner ihre Mutter heisst ®®*), so sagt dies
soviel als Aphrodite; ebenso sind ihre Mütter Euan-
the, die schönblühende, und Aglaia ®’“) die Herrli¬
che und Schöne, aus Benennungen der Aphrodite ab¬
gezogen, denn Aglaia, welche gewöhnlich eine der
Chariten heisst, ist auch Aphrodite selbst *'’). Bei
den Orphikern heisst die Mutter Eunomia; diese
Benennung kündigt ebenfalls eine Eigenschaft der
Aphrodite an, und ist uns bereits als Name einer
Hera vorgekommen. Als man die Chariten auch in
ein dienendes Verhältniss zur Hera gebracht hatte,
so nannte man diese ebenfalls ihre Mutter ®’*), wie
die Aphrodite, und suchte davon einen ethischen Grund
auf. Auf gleiche Weise sind aus der ethischen Be¬
deutung der Chariten erst ihre Aeltern Helios und
668) Servius z. Virg. Aen. 1, 720.
669) Luc tat ins z. Stat. Theb. 2, 286.
670) Phurnutos nsgi Kap. 15. hier Alylt/ für
Hylccta schreiben zu wollen, ist unpassend. ~ Die Euphrosyne
nennt er Evq^öy»]. Den Namen ihrer Mutter Eurynome, Mel-
cheii er erklärt, on ^aQusnyMrtQoi nmg tiaiv, ^ o(ftlkovmv dvcu ol
(Asyülovs yX^govs psfin^fvm. nennt Phurnutos auchEurydoni ene,
TW [iäliOTa ano xat fXiaßtßoijfdvmv döfiwp ms dwQfaS '/*-
Ihv dldua&ai, oder Eurymedusa, xvqkva yuQ imv tdlw»' oi iiv-
&Q(i)noi>.
6"]) Noniios 33, 31. Aglaia-Aphrodite, hier ist sic Ge-
^ liebte des Adonis.
672) Phurnutos a. a. O. xtcd-o tvyiricmmi twv tial.
423
Aigle "”) abstrahirt. Oixbomenischea ürspning
hat die Sage, welche die Tochter des Phlegyas Ko-
ronis «’'*) zur Mutter der Chariten vom Bakchos
macht ®”).
Diese zu selbständigen Wesen erhobenen Aus¬
flüsse der Aphrodite treten nun in Sage und Mythos
als Dienerinnen und Gesellschafterinnen der Göttin
auf, und folgen ihr wie der unzertrennliche Eros.
Wo sie in höherer, nicht blos poetischer Bedeutsam¬
keit gefasst sind, finden wir ihre Erklärung, wenn
wir uns verschiedene Formen vergegenwärtigen , in
welchen Aphrodite erschien. Wie wir die Paiide^os
des Theseus zu Athen, die Apaturos in Pantikapeion
und ähnliche Formen, namentlich auch die korinthi¬
sche Berggöttin Aphrodite, die Beschirmerln des Staa¬
tes und des Volkes fanden, wo Aphrodite die staat¬
lichen und geselligen Bande knüpfte und regelte zu
schöner Harmonie und fester Dauer, so bildete zu
Orchomenos der Kult der Chariten den Mittelpunkt
der Staatseinrichtungen, und dieser Kult ist es, wei¬
cher dem Staate Wohlstand und Kraft gegeben
hat ®’®). lieber diese Stellung der Chariten zum
Orchomenischen Staate äussert sich Otfried Müller
a. a. 0. Geselligkeit ist ihr Hauptziig^ sie sind
unter sich ewig unzertrennlich, zugleich aber wahre
Gesellschaftsfräulein der Aphrodite, und auf alles an¬
dere besonders Hervortretende verzichtend, ürspröng-
673) Antimachos bei Paus. a. a. O. Er hatte aber we¬
der ihre Zahl noch Namen genannt.
674) Otfr. Müller. Orchom u. d. M. S. 199. 201.
675) Nonno s Dio nys. 48, 555.
676) Strabon 9, 414. ’EnoxXyS d't, tSp ßamltveäproiv iv
'Og^ofitvm tu;, XaQhup liQov idguffaptpos Ttgmto? ufiffottgtt ^fiffcehPU,
X€ii nlohop xai (füpafup- hg Ht ip Tf kafißävHP X^guag, vk' Ip rm
Möpctt xawQOojp, fm x«l u^ittga , mg &iäg mvms u. s. w-
424
lieh die allcreinfachsfe Geselligkeit, Mann und Weib
in ehlichem Zusammensein; dann die Vereinigung
der Familie (jrdrQo) und der bürgerlichen Phra-
trie in fröhlicher iaitaffig, endlich des Stammes und l
des ganzen Volkes in allgemeiner Festfeier und Wett- >
spielen. „Seihst die Götter beginnen ohne die ehr- j
würdigen Chariten weder Tanze noch Mahle.“ *’*) i
Diese Beziehung zum Staate haben die Chariten nicht
blos in Orchomenos, sondern auch an andern Orten, r
wo ihre Tempel gern, wie Prytaneen, auf dem Markte ^
standen. Auf das Vorhandensein ähnlicher Vorstei- ^
langen zu Athen sind wir schon durch die Aphrodite J
des Theseus geführt, und leicht möglich ist es, dass i
dort die Aphrodite, welche die Familien vereinigte, i
das Volk in Eintracht erhielt, die Bande des Staates i
knüpfte und schüzte, wirklich auch unter dem Namen j
Apaturos verehrt wurden in besonderer Form gingen 1
aber diese Vorstellungen auch dort auf die Chariten e
über, wie wir daraus sehen, dass ihnen und dem ^
Staate zu Athen ein gemeinsames Heiligthum errich¬
tet war Zu Elis hatten die Chariten ®*'*) einen i
eigenen Tempel auf dem Markte, denen zur Rechten
Eros stand. Ihre Bilder waren von Holz und ver¬
goldet; das Gesicht, Hände und Füsse von Marmor,
die eine von ihnen hielt eine Bose, die zweite einen
Würfel, die dritte einen Myrtenzweig. Diese Sym¬
bole erklärt Pausanias selbst, indem er sagt: Bose
und Myrte sind der Aphrodite in Rükksicht auf die
Schönheit eigen, und die Chariten gehören der Aphro-
677) S. 8. 238.
678) Find. 01. 14, 7.
679) Joseph OS Jüd. Gesell. 14, 8, 5. iy rm rtfiiyu nio Jn-
fim r.€(l tmy Xccolrmy.
680) Paus. 6, 24, 5.
\i
425
i dite vorzugsweise an, der Würfel aber erinnert an
i die fröhlichen Spiele der Jugend.
In den gewöhnlichen Vorstelhingen herrscht der
I Begriff von Gesellschafterinnen der Aphrodite vor.
Sie erscheinen bei den Dichtern zärtlich gegen sie
h wie Töchter gegen die Mutter und bereitwillig wie
II Dienerinnen gegen die Herrin, deren Peplos sie we¬
ll ben *®*). Sie verrichten allen Dienst mit Äufopfe-
1 rung, bedienen, salben, puzen sie zu Paphos, damit
i eie reizend und anmuthig vor Anchises erscheine
! Sie sind aber alles nur durch und für ihre Herrin,
I Nicht sie schimmern, sondern Aphrodite durch sie;
I durch sie fesselt ihre Freundin die Herzen. Sie seihst
1 suchen keine Vergnügungen, schliessen sich aber von
i denen ihrer Herrin nicht aus. Wie sie in den Ta-
Igen der Freude Heiterkeit um die Göttin verbreiten,
Reigentänze mit Gesang um sie schlingen ®®®), wie
r ein luftiges Gefolge ihren Zauberwagen in zierlichen
' Tänzen begleiten so theilen sie auch wieder
alles Leid mit ihr, und klagen mit ihr um den Tod
des Adonis. Sie selbst finden in sich keinen Anlass
zu Thränen, aber sie vergessen ihrer ewigen Heiter¬
keit, sobald durch Theilnahme die Ruhe der Freun¬
din bergestellt, oder ihr Schmerz auch nur gemildert
werden kann.
Zu dem reizenden Gefolge, welches man der
Aphrodite gab, genügten die drei Chariten nicht, söii-
681) Ilias 5, 338.
682) Hymn. ^uf Aphr. 61 ff. Odyss. 8, 364. 18, 192.
683) Horaz, Od. 4, 7, 5. Gratia cumNymphis gcminisque
sororibiis audet ducere nuda choros. — Vgl. Eurip. Heien 1341.
Hier sind die Chariten der Kybele gesellt, wegen der Verbin¬
dung dieser Göttin mit der Aphrodite.
684) Sappho bei Himerios 1, 4. Neue frgm. 133. Lu-
kian Meerg. gespr. 15, 3. Pap. Stat Silv. 1, 2, 143.
426
dem man erweiterte sie zu einem ganzen Chor ®**).
IVicht wesentlich verschieden können wol die Idali-
schen Nymphen gewesen sein, welche man der
Aphrodite noch als Gefolge und Dienerinnen bei-
Jeo-te ***). Wenn die Göttin auf ihrem Throne sizt,
stehen diese Idalischen Schwestern zur Rechten und
Linken **’)? hier scheinen sie ganz die Stelle
der Chariten zu vertreten, während sie sonst nur das
Gefolge vergrössern. Diese reizenden, anmuthigen
Dienerinnen werden nun aber nicht blos der Aphro¬
dite beigegeben, sondern auch auf andere Gottheiten
übertragen. Wie Aphrodite der Hera den Gürtel des
Liebreizes überlässt, so werden dieser die Chariten
auch als Dienerinnen beigegeben ®®*). In Mykenai
trug Hera eine Krone, worauf die Chariten und Ho- '
ren abgebildet waren, in der einen Hand hielt sie
einen Granatapfel, in der andern einen Szepter
dass sie auch ihr etwa in physicher Beziehung ge¬
dient haben, scheint mir hieraus noch nicht hervorzu-
■“"^sT^Horaz 4, 7, 5. 1, 4, 5. Aristides de concord.
urb. sagt von Smyrna oI fiovauv x^qoi,, oi dt’ auoyos
T^y noltp i^ßunvovTt?-
ö86) Klaudian Epithal. Pallad et Celer. 8.
Idaliae juxta famulae, triplexque vicissim
Nexa sub ingenti requiescit Gratia quercu.
Epithal. Auspicii et AeUae V. 10 u. 14. (Wernsd. poet. lat. min.
4, 476) Cum Venus Idaliis comitata sororibus exit. Pervig. Ven. 28.
Ipsa Nymphas Diva luco jussit ire myrteo. Vgl. Anm. 683.
687) Klaudian De nupt. Honor. et Mar. V. luü.
Dextra laevaque sorores
Stabant Idaliae. Largos haec nectaris imbres
Irrigat: haec morsu numerosi dentis eburno,
Multifidum discrimen arat; sed tertia retro
Dat varios nexus et justo dividit orbes
Ordine, neglectam partem studiosa relinquens.
688) Hom. 11. 14, 269.
689) Pausan. 2, 17, 4.
427
gehen. Von den Bildern der Chariten in der Vor¬
halle des Heratempels, und von der Hera als Mutter
der Chariten ist bereits gesprochen. Dieses genea¬
logische Verhältniss war eine blosse Folge jenes er-
.stcren. Bei dem Zeus zu Olj'^inpia ®®®)5 dem be¬
rühmten Werke des Phidias, waren auf der Rükk-
Jehne des Thrones die Töchter des Zeus angebracht
zur Andeutung seines allmächtig wirkenden und ord¬
nenden Geistes, durch den alles Beste und Vollkom¬
mene der Welt zu Theil wird: auf der einen Ekke
standen die Chariten, auf der andern die Horen, und
umschwebten gleichsam das Haupt des Vaters. In
ähnlicher Beziehung besassen laut Pausanias die De-
üer ein Bild des Apollon, auf dessen Hand die drei
Göttinnen standen. Die Chariten werden aber auch
den Göttern insgesammt beigegeben ®**), als sittliche,
den Olymp verschönernde Mächte, junge, blühende
weibliche Wesen zur Beglökkung der Tage der Göt¬
ter wie die Aphrodite selbst bestimmt. Unter den
einzelnen Gottheiten finden wir sie noch der Artemis
gesellt, aber nicht in physischer Beziehung, sondern
als blosse Dienerinnen bei ihren Jagdfreuden ®®*),
denn sie giebt ihnen ihre Geschosse, während sie
selbst einer Kreisenden zu Hülfe eilt. Dein Bakchtis
inden wir die Chariten mehrfach zugesellt, und es
scheint auch in physischer Beziehung; wie wenn die
IVeiber von Elis diesen Gott im Geleit der Chariten
erwarten, und ihn im feierlichen Liede begrössten:
lomm, Held Dionysos, in deinen hehren vom Meere
»espülten Tempel mit den Chariten stierfussig einher-
690) Pausan. 5, 11, 2.
691) Hom. Hym. auf Aphr. 96.
692) Nossis. Delect. Epigr. gr. 1, 24. Jakobs,
428
schreitend ®®»)- Besonders aber gesellen sie sich
dem Weingotte zu, bezeichnen den festlichen Glanz,
erhöhen die Freuden des Mahles, den Beiz des ge¬
selligen Lebens, befördern die blühende Lust; daher
heissen sie auch Kinder des Bakchos und der Aphro¬
dite. Zu Olympia in Elis hatten die Chariten mit
dem Dionysos einen Tempel, und darin standen Al¬
täre der Musen und Nymphen ®®*); die Göttinnen
sind auch Liederfreundinnen, Göttinnen der lyrischen,
besonders der dithyrambischen Dichtkunst. Den Mu¬
sen ist die eigentliche Dichtung Vorbehalten ‘“O?
laute Festfeier aber ordnen die Chariten, und stehen
den festlichen Gelagen mit Tanz und Gesang vor ® ® ®).
Der Garten der Chariten wird von den Dichtern an¬
gebaut ““O; von dort pflükken sie ihre Blumen; Pin-
dar nennt seine Gedichte ein Geschenk der Chariten,
und er ruft diese Göttinnen um die Gabe des Gesan¬
ges an ® * *). So verschwistern sich die Chariten eng
693) Plutarch Ktfal. 36. Vgl. Welker Nachtr.
z. Aesch. Tril. 190. Anm. 22.
694) Paus an. 5, 14, 8.
695) Otfr. Müller Orchom. u. die Min. S. 181.
696) Find. 01. 4, 9. 14, 9. oSra ydp &iol etfivuv XaQltmi
meo %o^ovs ourt datras. Onestos. Delect. epigr. gr
4, 75. Jakobs.
MovtfijS pov9'ۧlt]V (fiXonalyfiovot fv^tro Baxye?,
w Xtstiojy, Ip ßot xiDfiop ccyfoy
Vgl. noch W elk er Nachtr. z. Aesch. Tril. S. 188. Anm. 16. Find
OL 13, 26. Tat Jmviißou n&9tv iii(faviP ovp ßo^him XäQini d*
dvq&ixßfä. Vater der Chariten Nonnos 48, 3.i5. xa
fmllpos. Vgl. Straton Delect epigr. gr. 11, 89. Jakobs.
697) Find. Nem. 5, 7. 54. 6, 38. 76. 9. 54. Olymp. 7, H
9, 27. Pyth. 5, 42, 9, 3. Isthm. 4, 21. Parthenia Frg. l.Frosoc:
Frg. 3. ygl. auch Froperz 4, 1, 73.
698) Nem. 10, 1. vgl. Theokrit 16,103. Find. Ol. 9,2V
Pyth. 6, 2 & Dissen zit. hier noch Jakobs z. Anthol. 5, !• P«
5. l. Walken, u. Monk z. Eurip. Hipp. 72.
429
den Musen ; imOlympos wohnen sie neben einander « « 9)s
und werden ©ft mit ihnen zusammen genannt
und Theokrit sezt die Chariten sogar für die Mu¬
sen ^®‘). Hermesianax nennt den Musaios einen
Freund der Chariten Doch bestellen sie nicht
blos die festlichen Gelage und ordnen zur Terherrli-
chuug des Wettsiegers den prachtvollen Chortanz
an, sie verleihen selbst Siege in den Wettkäm¬
pfen Der Pythische Sieger leuchtet nach Pin-
dar in dem Gewühle der Chariten, und noch Kalli-
machos nennt den siegenden Choragen auf dem fFa-
gen der Chariten getragen ^®*).
Indem sie Glanz, Licht und Schönheit verbreiten,
heissen sie Töchter des Helios und der Äigle, wer-
jden sogar zu Dienerinnen des Phoibos Als
j Apollon zum ersten Male das Saitenspiel rührte, tanz-
jten die schönlokkigeo Chariten, die wohlwollenden
Horen, Hebe, Harmonia und Aphrodite im Olymp zu¬
sammen Die Euphrosyne nennt Pindar vorzugs¬
weise tanzliehend, die Thalia aber Freundin des Ge¬
sanges. Die Tänze kamen besonders an dem nächt-
I liehen Feste der Charitesien vor, welche überhaupt
viel Aehnlichkeit mit den Aphrodisien gehabt zu ha¬
ben scheinen. Dem, welcher bei den Gelagen zii-
699) ~ Hesiod Theog. 64.
700) Theognis 15 auf der Hochzeit des Kadmos. Aristl«
des in Anm. 6S5. Hom. Hym. 27. heisst es v. d. Artemis zit
Delphi V. 15. Momimp xal XaQkmp xaXop ^o^op äQWPimaa. Ptu«
tarch Fvpaixup äqtmi Anf. u. sonst oft.
701) Id. 16, 6.
702) Xaqlrmp ^qapog. Delect. epigr. gr. von Sclme^idewift
S. 149.
703) Find. 01. 2, 49. 6, 76. Nem. 5, 54 10, ».
704) Epigr. 60. aqfi&CtP ip XuqkoiV foqt}9-tls»
I 705) Nonnos 34, 38. •Poißom^
706) Hora. Hymn. auf Apolioa 194.
430
lezt wach geblieben war, wurde zum Preise auch der
Pyramüs ausgetheilt
Wie durch Eros und die Horen, so wirkt Aphro¬
dite auch durch die Chariten; sie haben alle ihre
Macht nur durch ihre Göttin, und wenden sie nur im
Dienste derselben an. üeberall im Leben, wo Liebe,
Eintracht, Schönheit, Anmuth, Wohlgefälligkeit, Ueber-
einstimmung und Harmonie herrscht, dort befinden sich
Aphrodite und die Chariten. Man rief sie zu Zeugeu
eines Schwures an ’®*); Peitho und die Chariten sind
den Ehegottheiten Aphrodite und Hermes beigesellt ’®*j,
damit in wechselseitigem Verhalten kein Zank und
Streit unter den Gatten entstehe, sondern Ueberein-
stiramung und Zärtlichkeit im Umgänge herrsche.
Aber ehrbare Frauen, sagt Plutarch, müssen vor allem
den Chariten opfern, damit ihr Umgang nicht durch
ihre Ehrbarkeit herbe und bitter werde. Pindar sagt:
Durch die Chariten wird den Sterblichen alles Erfreu¬
liche und Schöne zu Theil, sie verleihen dem Manne
Weisheit, Schönheit und Thatenglanz, ohne sie füh¬
ren die Götter keinen Reigen auf, ohne sie entbehrt
ihre Tafelrunde der Anmuth. Sie sind auch die
Schaffnerinnen aller Werke im Himmel ’**)} und als
Göttinnen der Schönheit und Anmuth theilen sie diese
707) Eustath. z. Od. 18, 194 tm av l^Xa^lmv ifu-
qofwa. Eustath. navvv)(läts d* Tovm ^atcp (die Charitesien), Iv «fc
nlüßiop oaoy XQopop d'itjyQVTtPovv j(OQtvoyrts, oTi nvQtx fiovs f7ta9loy
0ldoTO tok diuyQvnvtjGttßi, xul nva ni fifiata , xakovfuva xat avra
^aqlam tx rmv dvat^ov/xiputy avrä, (fuai,, u. s. w. The-
mistios Rede 6. S, 83. ix 6f9alfioiS napriyv qtP Xa-
^htap, Athen. 14, 646.
708) Themis tios R. 4. u. 13. Kallim. Epigr. 34.
Eurip. Kyklops. 578,
709) Plutarch. Ehereg. Vorr.
710) OL 14, 9, ßlA« ndpToip tQyiap ix oiguxm.
431
! Eigenschaften auch seslbst sterblichen Töchtern aus *
I oder vielmehr Aphrodite durch sie. Sie stellen die
Reize eines jungen Mädchens dar; hundert Chariten
I blikken aus dem lächelnden Auge der Geliebten ***).
Sie sind reine Huldgöttinnen; die Ausübung der Dank¬
barkeit und des Wohlthuns wurde ihnen erst im spä¬
teren philosophischen Zeitalter beigelegt wo dann
die Wirksamkeit der drei sich im Geben, Empfangen
und Ervviedern von Wohlthun offenbarte
Die Chariten sind jedoch nicht immer nothweiidig
mit der Aphrodite verbunden, wie es ihre Erschei¬
nung neben Bakchos, Nemesis und den Horen bekun-
. det; aber ihr Wirken ist immer aphrodisisch. Sehr
häufig werden die beiden Paare der Gesellschafterin¬
nen der Kypris mit einander verbunden als sich ge-
^lgenseitig ergänzende Wesen. Die Chariten sind
ganz geistiger Natur, über alles Körperliche erhaben,
verleihen aber dem Körper das Geistigste ’ * *). Wie
bei den Horen die Idee von dem physisch Geseziiehen
711} Hom Od 6, 18. vgl. Find. OL 6, 76.
712) M u s a i o s 65.
71.3) Phurnutos. JltQt d-ieuy. Kap. 15. 6^ vff Zv
(iiv deo‘ v<f‘ Zv dt rQtls’ dvo (div, novs dii nQoxamQyHv
.yÜQtng, Tous di (Ifjiüßicd-at' tqüs di, iTiud^ ov y.txlZs wv ituv^
yoTu icfdoißr,? icTupttt, ](aQtanx^i, dXlä ndhv iva «xkt«-
naiGTix)? rovTo ylvt^tat. xtd tovQ'’ on dii ylvtaO-m, je«» cwiSr
ifd'fttivoÖGtjg' iTtQot, d’ ixfacuv, ^iav {div tlvm ydQtPg nfQd vnov^-
youpTti n d'fiUfdMi' iuQup di, rov dfj(6^iv(sy r^v vnovqylavi
xai imrtjQovtna mv xtufdlv u/dodßr/S. jqmjy di, mqi mv dy^vmvQyovyTa,
xar avToy nov tov xaiqoy. HuqZv di thtqyaMV ovGmv, xai iluQovs
noiovciZv ToiiS tviQytwv/dtyove rmy yaqlrmv , nqwioy (div- xmrias uno
r^f yaQus, yccQiTag ZpofdccGdijCay. xai tvfdoqtf'Oh cfi A«j'0»'ra» drm, dtce
ro tvtldtiav xai nidavärtjra yaqi^iG&at.
714) Vgl Chrjsippos b. Seneca de benefic. 1, 3.
715) Theokrit 16, 108. tl yd^ Xaqlmv uyanmov dy&§ü-
lou dnäytvO-iv; dii XaqkiGGtv afd,’ hijp.
432
aaf das geistig Gesezliche übergiog, so bei den Cha¬
riten die Idee von dem physisch Wohlgefälligen auf
das geistig Schöne. Wer die Chariten zuerst nakkt
gebildet habe, wusste man laut Pausanias nicht mehr;
in den ältesten Zeiten bildete man sie völlig beklei¬
det, wie dies bei ihren goldenen Bildsäulen des Bu-
palos in 8myrna, den marmornen des Sokrates vor
dem Eingänge der Akropolis und denen im Tempel
zu Elis der Fall war. Die Horen stehen den Cha¬
riten entgegen wie Ordnung der Natur und mensch¬
liches Leben. Jene zeitigen den Wein, welchen diese
gemessen helfen. Beim Mahle ”«) spendete man den
Chariten, Horen und dem Dionysos den ersten Be¬
cher, den zweiten der Aphrodite und noch einmal dem
Dionysos, den dritten ‘’TßQsi und Den Chariten
liegt die Verfeinerung und Vergeistigung der sinnli¬
chen Freuden ob. Während bei Hesiodos die Horen
das Götterkind Pandora mit Frühlingsblumen kränzen,
schmükken es die Chariten mit goldenen Halsketten.
Jene pflükken oder streuen Blumen, diese winden sie,
und giessen Balsam aus Sie weben den Peplos
derKypris; und überhaupt werden ihnen schöne Klei¬
der und Stikkereien zugeschrieben’*«) Wie im
Eros und Anteros die vollkommene Idee der Liebe
ausgedrükkt war, so die Harmonia der Natur m den
Horen, den Göttinnen der Blüthezeit im Natur- und
7 iß) Panyasis b Athen. 2, 36. vgl. 38.
717) Ap uiejus 6, 41. Horae rosis et ceteris floribus pur-
purabant omuia. Gratiae spargebant balsama. Musae quoque
caiiora persoiiabaut. Eb. 10, 24. Hmc Gratiae gratisaimae, inde
Horae pulcherrimae , quae joculis floribus serti et soluti deam
suam propitiantes, scitissimum construxerunt chorum, domuiae
voluptatem Veneris coma blandientes.
718) Ilias 5, 338, Athen. 15, 682. das Fragtn. aus den Ky-
prien.
433
Menschenleben, die Harmonie der sittlichen Eigen¬
schaften, des Schönen und Liebeswürdigen in den
Chariten. Die Horen geben die körperlichen Reize,
die Chariten die geistige Vollkommenheit: daher die
Vorschrift ’’S2qaig xai XdQM -ß-vap.
riTBKrTEB. ABSCHKSTT.
Ethnographische Üebersicht des Aphro¬
ditekultes.
Der Zwekk des folgenden Abschnittes ist, theils
Ijdie Ausbreitung und Umwandlungen und Verschmel-
fl Zungen des Aphroditekultes mit fremden nicht grie-
»i chischen, aber in der Idee verwandten Kulten über-
fi sichtlich nachzuweisen 5 theils die hauptsächlichsten
Formen der Göttin zusammeozustellen, um auf diese
Weise einen Ueberblikk darüber zu erhalten, wie sich
diese an den verschiedenen Orten gruppireo, in wel¬
che Gestalten und Schattirungen sie übergehen, wel¬
chen geschichtlichen Ursprung sie haben, was für
Einfluss sie auf die geistigen Anschauungen und öf¬
fentlichen staatlichen Verhältnisse eines Volkes aus¬
üben mussten. Es kann aber dies Alles nur andeu-
i tungsweise geschehen, da selbst die geringste Aus¬
führung uns weit in die Geschichte und die gesamm-
ten Kulte und geistigen Vorstellungen der Völker
führen und diese Schrift über die Gebühr anschwei-
len würde. Von Kypros selbst haben wir nun wol
genug gesprochen, und erfahren , dass eigentlich alle
Formen des Kultes sich hier als in ihrem Mittelpunkt
wiederfanden. Von da gehen wir zunächst nach
Asien über.
II.
28
434
Aphrodite in den semitischen Ländern.
Von Asien, und unmittelbar von Phönikien aus
hatte Kypros in den ältesten Zeiten seinen Kult em¬
pfangen. Des Landes Lage, die Bedeutung und der
Glanz seines Kultes bewirkten, dass es auch wieder
mit seinem Kulte Rükkwirkungen auf die asiatischen
Länder ausübte. Doch sind diese nur sehr gering,
und beschränken sich eigentlich und lediglich nur auf
die üebertragung des Namens der Aphrodite auf die
asiatischen weiblichen Gottheiten. Wie und seit wann
dies geschehen, haben wir im ersten Abschnitte er¬
örtert. Wo die unzüchtigen Hieroduleninstitute beider
weiblichen Naturgottheit gefunden wurden, dort sahen
die Griechen die Aphrodite, wie sie überall, wo sie
zu fremden Völkern kamen. Aehnlichkeiten mit ein¬
heimischen Kulten zu erkennen glaubten , und in dem
ihnen eigenthümlichen stolzen Selbstgefühl die frem¬
den Gottheiten mit den Namen der ihrigen benannten.
Verschieden hiervon ist die seit dem Sinken der asia¬
tischen Volkskraft und der Verbreitung der Hellenen
über Asien eintretende allgemeine Rcligions- und
Mythenmengerei, welche desto verderblicher wurde,
je mehr der wirkliche religiöse Glaube, die alten und
ächten Kultusideen sanken. Wir besizen Andeutun¬
gen genug, um uns vergegenwärtigen zu können,
wie die asiatischen Kulte durch Synkretismus und
Pragmatismus, durch Euhemerismus und Spekulazion,
durch Aberglaube, Zauberei und andere magische
Künste, durch Gelehrsamkeit, Poesie und Schwär¬
merei in der Religion, durch Astrologie und Frivolität,
durch Vergötterung von Menschen, durch Fabeln und
Mährchen, durch Affektazion der Gebräuche und Ze-
I
435
1 rimonien, betrügerische Weissaguogen und dahinter
I die Gottvergessenheit und Hohn gegen alles Göttli-
, che *), in spätem Zeiten veranstaltet waren. Wie
die religiösen Zustände im Allgemeinen gewesen sein
mögen, davon giebt uns aber nichts so sehr einen
deutlichen Begriff, als das wunderliche Bild, welches
uns glükklicher Weise von den Syrischen Gottheiten
entworfen und erhalten ist. Liikiau hat sich den
Spass gemacht mit sehr gläubiger und andächtiger
Miene, hinter der aber der Schalk keioesweges za
verkennen ist, die Lächerlichkeiten der Kulte Syriens
darzustellen.
Der grösste Tempel war der zu Hierapoiis oder
iBambyke, und auf seine Erkundigungen, wer die
I Göttin sei, sagt Lukiao, habe er die unverschämtestea
: Erdichtungen erfahren müssen, die er zwar alle mit-
iheilen wolle, aber nicht glauben könne. Die Einen
lerzählten, Deukalion habe ihn der Hera errichtet, andere
meinten, Semiramis habe ihn der Derketo erbaut, noch
ländere, Attys habe ihn der Rhea geweiht, und end-
ilich hörte er die Behauptung, er sei von Bakchos zur
'Ehre der Hera geweiht. Uebrigens war der Tempel
selbst nicht alt und unter den abenteuerliclisfen üm-
!$tänden von Stratonike, welche Lukian mit vielem
Humor beschreibt, nach jonischer Bauart gegründet.
Im Vorhofe standen, berichtet er weiter^ zwei uiige»
iieure Phallen, von dreissig Klaftern, die Bakchos auf-
Ijestellt; die Göttin sei Hera, ungeachtet sie auch
;twas von der Athene, Aphrodite, Selene, Rhea, Ar^
lemis, der Nemesis und den 3Iören hätte. Man sieht,
|lie Gottheiten waren auf alles eingerichtet. Auch
I 1) Stuhr Religformen u. s. w. Im Allg. vgl. für das
plg., was wir oben Abschn. 1. Kap. von den semit, Gottheiten
icsagt haben.
28^
436
viele andere griechische Gottheiten und Heroen befan¬
den sich dort, deren Vorstellungen aber, wie der Be¬
richterstatter bemerkt, die Syrer theilweise verbessert
hatten. Aus der Beschreibung der Festfeierlichkei¬
ten ersehen wir, dass hierbei fast lauter Phrygi-
gisches aufgenommen war, wie denn auch eine Er¬
zählung den Tempel von Attys gegründet werden lässt.
Phrygische Einflüsse finden wir aber auch sonst noch
in diesen Gegenden, wenn sie auch nur jung sein
mögen. So wird Askalon von Lydien hergeleitet,
indem Äskalos, Bruder des Tantalos, es anlegt, und
dabei eine Gründiingsgeschicbte im lydischphrygisch
troischkvprischen Geiste durch eine schöne Frau erzählt
wird Askalos wird aber für Askanios erklärt,
und dadurch auch Äeneas hierhergeführt, welcher auf
dieser Küste ausserdem noch in Berytos vorkommt.
In Askalon sollte der Ursprung der kyprischen Aphro¬
ditetempel sein, und dadurch wurde die dortige Astarte
vor allen als Aphrodite gefasst, hat aber in späterer
5?ieit gewiss auch manche fremde Einflüsse erfahreu,
wie schon die lydischen Sagen beweisen. Ihre Mün-
2) Bei dem grössten Feste ■wurde eine Wallfahrt nachdem
Meere gehalten; ein Jeder brachte ein mit Wasser gefülltes
Terschlossenes Gefäss zurük, welches Niemand selbst öffnen
durfte, sondern ein heiliger Hahn. Dieser besieht das Siegel,
löst den Bindfaden auf, und nimmt das Wachs desselben ab;
dafür erhält er eine gute Bezahlung. — Die Athene Ergane zu
Elis führte einen Hahn auf dem Helm, und auf Etruskischen
Vasen (Micali 25, I. 27, 1), welche zum Schöpfen gebraucht
wurden, dienen öfters Hähne als Dekkel. Dann hatte auch die
Todtengöttin einen Hahn. Ueber Hieropolis vgl. noch Athen.
8, 346. Xaiithos u. Mnaseas daselbst. Plin. 5, 19. 32, 8.
Plutarch Krassus 19. Appian Parth. Gesch,
3) S. S. 324.
437
zen * *) tragen das Bild der Aphrodite, die jedoch oft
der Astarte, wie natürlich, sehr ähnlich sind. Südlich
von Askalon kommt die Aphrodite noch mit sehr unziich-
tigein Dienst zu Majumos bei Gaza, und in Gaza
selbst, vor.
In Phönikien und Syrien wurden wahrscheinlich
alle Heiligthömer der Astarte beliebig mit dem Namen
I der Aphrodite belegt; doch können wir mit Sicherheit
lannehmen, dass sie nichts Wirkliches weiter mit der
Aphrodite gemein hatten, als die Hieroduleninstitute,
welche der Wollust dienten. Laut Hesychios hiessen
.Aphrodite und Hera B'qltiig, nach Berosus die Äphro-
idite B^Xug, und dieser Name röhrt daher, dass man
lin den verdorbenen Zeiten die Baaltis bald Hera, bald
Aphrodite nannte. Bei den Phönikern hiess Aphrodite
auchBlatta *),von der ihr geweihten Purpurschnekke,
hatte aber diesen Namen vielleicht nur durch eine ver¬
dorbene Aussprache erhalten Auf die angegebene
Weise wird die Sidonische Astarte für Aphrodite
erklärt ^). Byblos nimmt uns beim Adoniskiilt ia
Anspruch; wir übergehen es daher hier. Eine Tage¬
reise von Byblos aus in die Gebirgsgegend des Li¬
banon, sagtLukian, liegt ein alter Tempel der Aphro¬
dite, welchen Kinyras erbaut haben soll. Er habe ihn
gesehen und in der That sehr alt gefunden. In Be¬
treff des Reiches des Kinyras in Byblos verweisen wir
auf das, was früher über ihn gesagt ist. Der Ädo-
5) Job. V. Lyd. Ueber die Mooate I, 19.
6) M Unter Rel. der Babyl. S. 22.
7) Zonaras Lex. "Aömqtyi’ ^Aq’Qodkris , Tifitafitvov
TictQ« 2id<jDpkoy, Dione und Rhea zu Töchtern der Astarte ge^
macht, Euseb. praep. ev. 1, 7. Job. v. Lyd. lieber d. M. 4, 44.
• Die Phöniker sagen, dass ihre Astarte die Aphrodite sei. Häufig
nennen späte Dichter die Aphr. assyrisch, so Nonnos Oppian
Kyneget. 1, 7. AaavQttj Kvd-iQita.
438
niskult, dessen Hauptsitz auf dem Festlande in Byblos
war, zo^ ihn an diesem Orte nach sich, und wahr- |
scheinlich fand seine Feier auch auf dem Libanon statt. (
Bort hatte Aphrodite mindestens einen berühmten Tem- |
pel, und dieser verschaffte ihr den Namen Libanitis. |
Es ist wahrscheinlich A phaka gemeint, welches einige |
Meilen nach dem Gebirge zu von Byblos her und an (
den QueHen des Flüsschens Adonis lag. Von allen ,
Tempeln der Aphrodite war dies der berüchtigste, und |
nach allem, was wir über ihn wissen, bestand der ,
Kult lediglich aus dem rohsten und gemeinsten Sin- j
nendienst, wie er nur irgend wo in einem asiatischen |
Tempel zu finden ist. Eusebios ®) sagt von ihm; der j
Tempel liegt nicht an offener Strasse , son^rn abseits
vom Wege und fern vom Verkehr mit Meschen, eine
8) Euseb. Lobrede auf Konstantin Kap. 8. ««r/pw daifioyt
Ders. Leben Konst. 3, 58. Zosimos Gesch. 1. 58. S.
51. Bonn. Aiisg. An den Festtagen sieht man -viele Leute aus i
den benachbarten Gegenden dort zusammenströmen, und unter
brennenden Fakkeln und Feuerkugeln begeht man die Feier. Die¬
jenigen, welche dorthin kommen, bringen der Göttin Geschenke,
goldene, silberne, oder feine Gewebe -von Linnen, Banni-wolle
oder "von andern kostbaren Stoffen. Wenn die in den dabei be¬
findlichen Fischteich geworfenen Geschenke untergehen , so ist
dies ein Zeichen, dass sie angenommen worden; wenn die Göt¬
tin sie aber nicht annahm, sondern zurükwies, so schwammen sie
oben auf dem Wasser, nicht allein die Gewebe, sondern auch
Gold, Silber und andere Stoffe. Die Palmyrener kamen im Jahre
vor seiner Zerstörung zu diesem Tempel, und brachten für die
Gottheit viele kostbare Geschenke. Alles ging unter. Im fol¬
genden Jahre aber kam zur Zeit der Festfeier alles wieder zum
Vorschein, wodurch die Göttin die bevorstehende Zestörung ihres
Tempels andeuten wollte. — Der Tempel scheint zweimal zer¬
stört zu sein. Vgl nach das Etymol. und ^“Aqaxa und Suid.
und X^iffTocfw^oSt Sozom. 2. 5. Der Tempel zu Heliopo-
lis ebenfalls von ihm zerstört, Euseb, Leb. Konst, 3, 56.
Sozom, 5, 10.
439
Stätte der Missethat für solche, welche ihren Körper
auf verruchte Weise verderben wollen. Die Männer
sind Weichlinge und weibisch, keine Männer mehr.
■ Die Ehrwürdigkeit des Geschlechtes achten sie nicht,
i durch viehische Lust ehren sie die Gottheit; frevel-
äjhafter Umgang mit den Frauen, sinnliche Unzucht,
I schmähliche nichtswürdige Thaten werden io dem Tem-
ilpel verübt, einem Orte, wo keine Sitte und Gesez
i! herrscht. Niemand war da, der eine Aufsicht über
iljene Dinge führte, weil es dort keinen ehrbaren und
1| scbaamhaften Menschen gab. Konstantin meinte, die-
|i ser Tempel sei nicht werth, dass ihn die Strahlen der
j Sonne beschienen, und liess ihn aufheben.r seine Trup«
Ij pen mussten den Ort von Grund aus reinigen. Zu
( desselben Kaisers Zeiten war auf der' fiiB Golgatha
|i gehaltenen Stätte zu Jerusalem ein Tempel der Äphro-
|dite erbaut, welchen aber seine Mutier Helena, als
1 sie dahin kam, zerstörte ®*).
Der Tempel zu Emesa der Astarte gehörig,
fi führt auch nur den Namen der Aphrodite. Auf der
.! kleinen Insel Arados lag ein Tempel der Aphro-
;i dite, welcher das Recht eines Zufluchtsortes hatte,
t Chariton nennt ihn selbst ein altes Heiligthum, und
i daraus können wir schon schliessen, dass es ursprüeg-
} lieh ein Tempel der Astarte war. Anders aber ist
«. es mit dem Kulte zu Antiochien. Der gesamte Got-
* tesdienst dieser Stadt hatte einen weichlichen, wol¬
lüstigen Charakter, wenn auch nicht gerade Aphro-
8a) Sozomenos 2, X. pakxat toayalfia. s. Ado¬
nis Note 178,
9) Malalas B. 12 S. 297.
10) Chariton 7, 5. Arados v^doi — nalttwv IsQoPsxovaa trfi
’AtfqoSljtiS' SffniQ ovv iv otx’m, fiim diftlaSs xal fwalxfS ivraSd-a
Gesch, V. Arados Strabon 16, 753 ff.
440
dite Gegenstand der Verehrung ist. Da es eine sehr
spät gegründete, griechische Stadt war, so kann auch
die Aphrodite ^*) daselbst keine Astarte sein; allein
wollüstig war ihr Dienst ira höchsten Grade. Bekannt
aus Horaz sind die Ambubajarum collegia, eigentlich
Syrische Flötenspielerinnen, und vielleicht ölfentliche
Dienerinnen an den Festen Antiochiens. Auf ihrem
Wanderleben stellten sie sich überall ein, wo Luxus
und Ausschweifungen getrieben wurde. So ihren Un¬
terhalt sich erwerbend zogen sie schaarweise durch
alle Länder, und waren namentlich in Rom sehr be¬
liebt. Der Mult von Antiochien, welcher uns hier an¬
geht, bestand theils in den Pannychien der Aphrodite,
theils aus Adouisfesten, und wurde von Kypros her¬
geleitet. Diese Ueberführung des Kultes stand wahr¬
scheinlich mit den kyprischen Ansiedlern in Verbin¬
dung, welche io Antiochien und schon in Antigonia
gewohnt haben sollten“). Daphne^ der Lustort der
Antiochier, war ebenso berühmt durch üppige Feste,
unnatürliche Löste, und durch die unermesslichen Ver¬
schwendungen, welche die Könige von Syrien und
ihre Unierthanen dort um die Wette trieben, als durch
den symbolischen und mystischen Gottesdienst in den
kühlen, reichbewässerten Hainen jener Gegend, welche
an Lieblichkeit mit der zu Bajä wetteiferte. Apollou
wurde als höchster Gott verehrt; seine Feste aber tra¬
gen gar keinen apollinischen, sondern ganz einen aphro¬
disischen Charakter ‘ ®).
11) Malalas B. 10 S. 263 Bonn. Ausg. Lib anio s Antioch.
1 S. 350 Keiske. S. 307. ip Kvnqm d-tol Ttjv Kvnqov
odw mQ nt>, xlnQoxovpTsg , ovra t^s di imdv/atjaay xat
^mlyoPTo fjsToncHv u. s. w.
12) Vgl. TH. 1 S.. 240 ff.
13) Libanios ntQi 2, 456 Reiske mvm
TO fÄ^diPos dmx^adm zwv — t^p tk anavm t^ovdiav-
441
Wenden wir uns landeinwärts, so finden wir zu
iGermanikeia in Kommagene die Aphrodite mit Eros
auf Münzen **). Auf mehreren Mesopotamischen Mün-
izen'‘)aus der Kaiserzeit findet sich Aphrodite ehen-
Ifalls. Während dies Yerehrungsörter der Aphrodite
isind, welche erst in den hellenistischen Zeiten ent¬
standen, so ist dagegennur an eine entschieden semi¬
tische Göttin zu denken, wenn Herodot*®) berichtet,
dass dieAssyrer die Aphrodite Mylitta nannten. Es
sind die unzüchtigen Hierodoleniestitute, welche einen
Griechen, wenn er sich nach einer heimischen Bezeich¬
nung für die babylonische Göttin umsah, keinen An-
genblikk anstehen Messen, ihr den Namen Aphrodite
zu geben. Dasselbe ist der Fall mit der Aphrodite
benannten unzüchtigen Göttin von Kappadokien und
der Arabischen Alitta. Den Gemal jener Arabischen
Aphrodite deutet derselbe Schriftsteller an einem andern
Orte auf Dionysos, was nach unsern obigen An¬
deutungen über das Verhältniss des Dionysos zur Aphro¬
dite auch füglich geschehen konnte, üeberdles war
schon zu Herodots Zeiten der Dionysos eia Gott, der
alles in allem war, wie es w’^eiblich die Aphrodite
wurde. Indess hatten sich in spätem Zeiten auch noch
bis hierher wirklich griechische Vorstellungen ver-
I breitet, und Aphrodite wird in Arabien als Hafengöt-
2 S. 555. rmv uffa^umv nennt er das Fest eine nopr/Qm ioQ-
T^p. — tiv 6i ro ndvra tQÖnoP da^^fiovew. — romo f^s Amfviq<^ poßtjfta.
Vgl. 3. S. 333. Amm. Marcell, 22, 13. Pbilostr. Leb. des Ap.
1, 12. Prokop. 1, 199. Bonn. Ausg.
14) Mionnet. 6, 115.
15) Mionnet. S 638.
16) Herodot. 1, 131.
17) Ders. 3, 8.
442
tin verehrt ‘ *), auf Taprobane aber soll gar die Athe¬
nische Ko lias verehrt sein '*). So geht Apollon bis
nach Babylon *“).
Für den Namen Salambo, welchen Aphrodite
laut Hesychios bei den Babyloniern fuhren sollte, fin¬
det man keine semitische Wurzel **). Rask meinte,
dies Wort sei zusammengesetzt aus dem Sanskritischen
Salam, welches Wasser bedeute, und der Verbal¬
wurzel bhü, durch welche sein, hervorgebracht
werden, ausgedrükkt werde. Hitzig**) sagt: JS"«-
sei das sanskritische Svajamb hu, durch sich
selbst seiend. Aber wie kämen solche Sprach wur¬
zeln nach Babylon? Ganz andern Religionsformen ge¬
hören die Persischen und Armenischen Gottheiten an
und haben mit den Semitischen Religionsansichten durch¬
aus nichts Gemeinschaftliches. Aber Herodot sagt a.
a. 0. des ersten Buches; die Perser haben von den
Babyloniern auch der Urania opfern gelernt. Hätte er
einfach die Persische Gottheit Mithras mit dem Namen
Aphrodite bezeichnet, so dürften wir darin weiter nichts
sehen, als wenn die Griechen sonst fremde Gotthei¬
ten mit griechischen Namen bezeichnen. Er spricht
aber von einer Uebertragung des Kultus, und wir müs¬
sen annehmen, dass in einzelnen an semitische Länder
angrenzenden Gebieten allerdings Mylittadienst, doch
immer eine Kezerei vom Standpunkte der Medisch-
18) Diodor. 3, 39. Strabou 16, 769. Mvos oQfioy xal
*AfQoMT)]S oQfiop xaleleS-m,
19) Dionys. Perieg. 592,
20) Kapitolinus im Verus Kap. 8.
21) Munter Rel. der Babyl. S. 23.
22J Hitzig Kommentar z. Jesaias 17, 9 S. 104. S. Adonis
Anm. 174, Nicoiaus Damascenus Hist. 1. Mölis, ovms nji'
*A(p^oMvijp xttlovm Baßvlmvm., Molis ist nach Münter nur ver¬
schiedene Aussprache von Mylitta.
443
persischen Religion aus, Aufnahme gefunden habe ® ®).
Im reinen Persischen Dienst erforderte der Mithras,
ursprünglich ein Gefährte der Sonne, die höchste Keusch¬
heit. Grössere Einwirkungen hat aber mit der Aus¬
breitung der Semitischen Völker die Armenische Ana-
hid, Anaitis genannt, erfahren. Auch diese ist eine
(durchaus keusche Göttin, und wird gewöhnlich von
den Griechen auf die Artemis gedeutet ® *), doch wa¬
ren die Armenier zwischen Semitische Stämme einge¬
klemmt, und ihre Göttin wurden an einigen südlichen
Orten so unzüchtig aufgefasst, als nur irgend wo die
Mylitta selbst. Agathias in der Geschichte Justinians,
behauptet, dass die Anaitis die Aphrodite sei, und be¬
rief sich dabei auf die Geschichtschreiber der Babylo¬
nischen Alterthümer Berosos, Athenokles und Symma-
chos. Aus Berosos erfahren wir auch®®), dass Arta-
ixerxes Mnemon zuerst der Aphrodite Anaitis in Susa,
Babylon, Ecbatana Heiligthümer errichtet habe, und
den Persern, so wie den Bewohnern von Baktra, Da-
maskos und Sardes in der Verehrung dieser Göttin
mit seinem Beispiele vorangegangen sei. Mao darf
daraus nicht schliessen, dass in allen diesen Gegen¬
den der Kult früher noch gar nicht gewesen sei, son¬
dern dass er damals öffentliche Geltung erhielt.
Kilikien.
Dies Land ist uns wegen seiner frühen religiösen
Verbindungen mitKypros wichtig gewesen, indem das
Priestergeschlecht der Tamiraden in Paphos von hier
23) Aug. Fr. Pott. Etymol. Forsch. 1 S, 47 ff. Eltg. Justin.
10, 2.
24) Stuhr Religformen u. s. w. 2 S. 244 ff., wo auch
die Sagen von Orest in Komana sehr richtig gedeutet sind.
25) Bei Klemens v. Alex. Protr. S. 43 Sylb.
444
gekommen sein sollte, ln den Kästenstädten ist ge¬
wiss viel Kult der Aphrodite gewesen; überliefert ist
er uns aber nur von Nagidos, dessen Münzen **)
alle das Bild der Göttin tragen.
Pamphylien.
Inden beiden Städten Side und Aspen dos fand
sich die Aphrodite mit Sauopfern. Wie die Städte
argivisch waren, so wurde auch die Einführung des
Kultes auf den berühmten Wahrsager Mopsos von
Argos, den Sohn Apollons, zurükgeführt. Dass die
Göttin den Namen Kastnia geführt habe, ist aus den
Sauopfern und dem Berge Kastnion zu schliessen.
Wahrscheinlich waren auch Sühnungen mit ihr ver¬
bunden, und Apollinische Einwirkungen hier ihr nicht
fremd. Zu Per ge wurde Aphrodite mit Adonis ver¬
ehrt, und der Boden dafür mag durch Argivischen Na-
turkult bereitet worden sein.
Lykien.
Aus dem ersten Hymnos des Proklos auf die Aphro¬
dite erfahren wir die hohe Verehrung der Göttin in
Lykien*’)« Sie heisst darin die Königin derLykier,
und dieGebieter vonXanthos, denn von hier stammte
Proklos, hatten ihr ein Heiligthura mit dem Hephaistos
gegründet. Ihr Bild trug die Symbole der Hochzeit.
Wir sehen daraus, dass man sie als Gottheit des Lao-
26) MioEnet. 3, 395 ff. Suppl. 7, 235.
27) Y^vtofMV Avxlmv ßaadtjlda Kovqmf^oMTrjv,
noT dXiitxäxoiO ntqmlrjO-ovTiS
nuTQÜos nfisriqn? »eofQd&fj.ovss nysfiov^ts
hqov IdqieavTO xard nwUt&qoy dyak/^a,
evfißoX’ yoeQolo yd/xov, votqSp vfifpalcov
*H(pulefTov nvQotpros »<?’ oi^ixpltjS A(fQodl‘njs‘
X&t I d'S^P OPÖHUPUP 'OlvflTlM)P , U. S. W.
445
des und Besizerin des Staates betrachtete 5 aber aneh
i hier, namentlich in Xanthos selbst, traf sie mit wich¬
tigem Apollonkult zusammen. Der Hymnos berichtet
uns noch, dass man sie dort die Olympische nannte:
vielleicht von dem Berge Olympos bei Phaselis.
i
I
Karien.
Wenn wir Milet hier ausnehmen, so kann man
1 die Aphrodite dieses Landes eine Dorische nennen,
da der Eult in Knidos, dem aphrodisischen Mittel¬
punkte des Landes, die auffallendste Aehnlichkeit mit
! dem spartanischen hat. Die lakedämonischen Ansied¬
ler in Knidos müssen diese Göttin, welche auch in
ihrer Heimath von Wichtigkeit war, zur Hauptgöt¬
tin des Staates erhoben haben, gewiss durch ihre
Handelslage vornehmlich dazu bewogen. Pausanias
sagt gleich im Anfänge: die Knidier verehren die
Aphrodite sehr stark und besizen drei Heiligthü-
mer von ihr; das älteste ist der dorischen geweiht,
nnd an ihren Kult knüpften sich muthmasslich die mei¬
sten heimathlichen altpeloponnesischen und pelasgischen
Vorstellungen; das zweite gehört der Akraia; die
jüngste nennt man allgemein die keidische, dieKiii-
dier selbst aber E u p 1 0 i a. Die Lage von Knidos auf dem
Vorgebirge Triopion, erklärt uns den Namen Akraia,
welchen sie auch auf Kypros, in Argos, Trözen und
Halikarnassos führte, und wahrscheinlich war hier mit
demselben der Begriff einer Schirmherrin der Stadt
verbunden. Wie die dorische Aphrodite nach unserer
Angabe physischer Natur war, den pelasgischen Vor¬
stellungen gemäss, so war das Gebiet der Eupioia das
Meer und die Schiffahrt. Wir treffen hier aber noch
zwei alte bedeutungsvolle Auffassungen der Göttin;
446
die athenische Iv x^noig ®®)5 und die bewaffnete *®).
Auf die erstere wird auch von Katull ® ®), als anf eine
Göttin im Rohricht hingedeutet, unter welchem Namen
die athenische, die Aphrodite in Samos^ zu Milet und
Ephesos verehrt ward. Auf Münzen kommen auch
Asklepios und Apollon mit ihr verbunden vor^
aber die Idäischen Vorstellungen der Aphrodite, welche
fast im ganzen Kleinasien ihren Charakter bestimmen,
fehlen auch hier nicht ganz Alle Münzen der
8tadt tragen das Bild der Göttin, daneben findet sich
ein Fisch oder Anker; auf der Kehrseite eine Prora,
auch ein Rindskopf, oder Dionysos mit Kantharen und
Thyrsos es kann kein Zweifel sein, dass sie die
eigentliche Staatsgottheit war, doch hat sie eine nicht
mindere Bedeutung für ihren gesammten Kult als für
diese 8tadt allein, denn der Ruhm dieser Göttin war
so gross, dass man Knidos neben Kypros stellte, wo
man den Namen der Aphrodite verherrlichen wollte.
28) Lukian ,th.6v(ov Kap. 8 und 11 ff.
29) S. oben Abschn. 4 Ares und Aphr. Dann auf Münzen
Mionn. 3 Nr. 231. 232 . 233. Aphr. stehend mit Kantharen und
Lanze.
30) Katull. 34, 13.
Quae sanctura Idalium, Uriosque apertos,
Quaeqiie Anconam, Cnidumque arundinosam
Colis, quaeque Amathunta, quaeque Golgos
Quaeque Dyrrhachium Hadriae tabernani.
31) Mionn. 3, .339 — 342. Suppl. 6, 480. — Vgl. im Allg.
Ekhei. Doctr. 2, 579 ff.
32) Ders. 3, 327. Apollonkopf X Rindskopf 6, 236. 3 Nr.
215. 6 Nr. 222— -225 X Dreifuss.
33) Ders, 3 Nr. 219; 6 Nr. 228. Frauenkopf mit Thurm¬
krone X Löwenkopf. Aphr. X ein Löwenkopf 3 S 339. Nr. z02
bis 213. Suppl. 6 S. 480. Nr. 213 bis 225.
31) Ders. 3 Nr. 2.34. bei Aphr. ein Anker: 3 Nr. 211 Fisch.
Nr. 213. X Prora 3 Nr. 218. 6 Nr. 230. Rindskopf: 3 Nr. 229.235.
447
Ein der Göttin geweihter heiliger Hain befand sich
in der Nähe, und Enidos gehört zu denjenigen Städ¬
ten der Aphrodite, zu welchen Wallfahrten unternom¬
men wurden. Auf das Bild der Aphrodite von Praxi¬
teles, welcher darin die höchste sinnliche MeizföIIe
mit einem geistigen Ausdrukke vereinigte, dürfen wir
hier blos aufmerksam machen Die Knidier lehn¬
ten das Anerbieten des Bithynischen "Nikomedes ab,
iie Schulden der Stadt zu bezahlen, wenn man ihm
las Bild der Göttin überlassen wolle ®®).
Neben Knidos erhob sich in jüngern Zeiten Aphro-
lisias als ein Hauptort und Mittelpunkt des Aphro-
litekultus in Karieri und der gesammten Nachbarschaft
Oer Name kündigt sie schon als eine Stadt der Aphro-
lite an, ihr Kult aber erlangte erst, wie es scheint, in
len Römerzeiten seinen Glanz. Früher hiess sie laut
^tephanos von Byzanz unter Meydl'q nohqi Ninoe,
AsXsyuiv TvoXig, und wegen ihrer Grösse habe man sie
larauf Megalopolis genannt. Den Namen Aphrodisias,
können wir annehmen, hat sie von der Ausbreitung
les Aphroditekultes daselbst erhalten. Sie heisst da¬
tier auch ^A(f)Qodh7ig ‘/toXig^ oder M^TQonoXig
35) S. Otfr. Müller Archäol. §. 127: 4. Lukian
’xöt'wj' Kap. 23. Ders. Erot. HimeriosRede 18, 4. Philostr.
i.eb. des Apoll. 6, 17. und A. a. Gr. AnthoL 4 S. 168. Nr. 245
is 248. D. Ged. des Platon AnthoL I S. 104. Nr. 9. Ausw.
’wap. 1, 41. Des Hermodoros I S. 193. Aatipater Aiisw.
.ap. 1, 42. Die beiden Ged. Des Lukianos AnthoL 3 S. 21
ilr. 2 und 3 Ausw. 1 Nr. 43 ff.
Eis TO ip Kpl&(p rrfi ’ArfQoSktjS ayalfim
2ol ftoQff^s avt^v.a n^e ayaluet,
Kvnqt, Ti^s fTOQff^s (f'tQJiQOP otiJtP sjtüP.
Fv^pijp slds ndgis (is, r.ai Ayylß^s, xui AiMaPiS.
Tovs Tgtls oMa /^öpovs. Mga^niltjS M no&SP;
36) Plin. 7, 39; 36, 4, §. 5.
448
und Tacitus *^) nennt sie Civitas Veneris. Ihi
Kult ist uns eigentlich nur durch die zahlreichen In¬
schriften 3®) und Münzen®®) überliefert, doch wissei
wir im Grunde von demselben nichts weiter, als dass
grosse Spiele mit ausserordentlichem Glanz und Prach
daselbst gefeiert seien. Wir haben darüber beim Kul
und bei der Festfeier der Aphrodisien gesprochen
Bökh glaubt, dass Pleurassa, dessen Aphroditekul
ebenfalls angeführt wird, Aphrodisias undTauro
polis ursprünglich drei Oerter gewesen seien, welch
nachher in eine Stadt vereinigt wurden. Auf den In
Schriften kommen Erzpriester und Erzpriesterinnen voi
der erstere scheint aber noch unter dem tij
^jtoiag zu stehen, und die leztere heisst auch Erzprie
Sterin des Vaterlandes. Eine andere ist Erzpriesteri
von Asien, zugleich aber Kosmeteira der Ephesiscbe
Artemis und Erzpriesterin von Aphrodisias. üeber di
hierarchischen Verbindungen der verschiedenen Tem
pel in spätem Zeiten bleibt noch vieles zu erörten
und so auch vorstehendes Vcrhältniss. Der Geschieht
Schreiber Apollonios von Aphrodisias war auch Er/
priester. Zu verschiedenen Malen werden auch di
Neopoien der Aphrodite genannt 5 sie hatten den Ba
und die Aufsicht über die Erhaltung der Tempel; d(
erste von ihnen heisst dQXiVBaTrolög. Eine Inschri
giebt von dem Vermögen der Göttin Nachricht, ud
aus ihreu eigenen Einkünften, welche hauptsächlic
aus liegenden Gründen und Geschenken bestehen moct
ten, liess sie sich Andrianotheken bauen, d. h. Kape
37) Tacit. Ann. 3, 71 und 62. Appian. Bürg. Kr. 1, 9|
38) Corp. Inscr. Gr. 2 8. 494 ff. und Bökh daselbst.
39) Ekhel. Doctr. num. 2, 576. Mionn. 3, 328 ff. »
Eros. 3, 322 ff. Suppl. 6, 456. 1
I
449
len zur Aufstellung ihrer Bilder ^®), Die Aphrodi-
siasischen Tempel hatten auch das Asy liecht: Anto¬
nius hatte es erneuert und Tiberius bestätigte es. Sie
(erhielten dies Recht in dem üinfange wie die Artemis
von Ephesos.
Ferner finden wdr die Aphrodite in Karlen zu
Alinda auf Münzen**); zu Mylassa als Strateia
auf Inschriften **) ; zu Trapezepoiis auf Münzen *®).
Hier ist sie gewiss dorisch, so wie in Halikarnas-
sos die Akreia. Daneben gab es in Karlen aber
noch eine andere Seite des religiösen Lefjens; nämlich
jene schwermüthige Naturreligion, welche das durch die
Sommerhize absterbende Leben der Natur betrauerte,
und sich hauptsächlich in Kleioasien findet, in Grie¬
chenland zu Argos und Theben als Liiios, in Kypros
als Adonis. Diese religiöse Richtung muss am Berge
tmos gewurzelt haben, weil hier Adonis verehrt
(wurde. In dieser Gegend müssen auch die Gingres«
flöten gebraucht, und das schwermüthige Karikon auf
Ipbrygischen Flöten, welche von jenen wesentlich nicht
(unterschieden sind, getönt haben. Denn neben der
(dorischen Aphrodite des übrigen Mariens würde jene
(weichlich klagende Religion nicht gestimmt haben.
Rhodos.
Wir haben oben die Sage berührt, welche an-
igiebt, dass Aphrodite, das aus dem Meere neugeborne
Mägdlein, von Kythera aus habe erst in Rhodos lao-
I 40) Ta? uvdQiamoSi^xas nanffKevacetM, xal tag nuUiag 0ov rotg
nKfiQofiivoK xat avieitjatv x«t llfvxovqYtiatP.
41) Mionn. 6, 445.
42) Corp. Inscr. Gr. 2 S. 476* Nr. 2693. Ein zweites Mal,
'ir. 2712^, kommt Aphrodite vor auf der Basis eines Tempels des
hugustus und der Roma zu Mylassa.
43) Mionn. 3, 388.
II.
29
450
den wollen, bevor sie nach Kypros ging, dass sie aber
von dort durch Poseidons wilde Söhne zurökgewiesen
sei**). Es findet sich in der That keine Spur eines
Aphroditekultes auf Rhodos, und dies gab zu der Er¬
zählung Veranlassung, dass die Göttin abgewiesen sei,
um dadurch wieder jene andere zu begründen, nach
welcher Aphrodite jene Söhne des Poseidon zur rasen¬
den Liebe und Schändung ihrer iRutter aus Bache über
die erfahrene Beleidigung trieb. Der Zwekk des gan¬
zen Mythos war aber, den Grund der Gewaltthat jener
Dämonen aufzusuchen Mit Recht bemerkt Heffler
a. a. 0., dass das Fehlen des Aphroditekultes auf Rho¬
dos ein merkwürdiges Zeugniss für die Sittengeschichte
des Landes sei. Wir sehen aber hieraus von neuem
und an einem sehr auffallenden Beispiel, dass Aphro¬
dite zwar Meergöttin war und selbst den Handel be¬
günstigte, auch Ansiedlungen übers Meer beförderte,
dass dies aber nicht überall und nur unter bestimmten
Umständen geschah. Dann aber, dass die Aufnahme
der Hieroduleninstitute der Astarte, welche man in
Griechenland bei der Uebertragung derselben auf die
Aphrodite gern an den Handelspläzen und an der See
anlegte^ keinesweges durchgängig erfolgte. Weder
ein leichtfertiger, noch ein ernster und erhabener Dienst
der Aphrodite findet sich hier; nur die von ihr abge¬
löste Form der Helena als **), welche wir
44) Diod. 5, 55.
45) M. W. Heffter. Götterd. auf Rhodos S, 64. — Ich
kenne nur eine Stelle, wo Aphr. bei den Rhodiern erwähnt wird;
Aurel. Prudent. c. Symm. 2, 493. Rhodios Cytherea reliquit.
Hier werden aber Götter in ihren Hauptsizen genannt, daher ist
es mir sehr wahrscheinlich, dass Rhodios für Cyprios ver¬
schrieben ist. Konnte Rhodos mit Recht an dieser Stelle genannt
Werden, so müssten wir mehr von der Aphr. daselbst wissen.
46) Ders, a. a. S. 72. S. Deutung ist eine andere; über
451
mit einer Staiidengottin Aphrodite in Verbindong ge¬
bracht haben. Zu Lindos weihte Helena der Atheni
einer Becher nach dem Mass ihrer Brust
Kos.
Auch die Bewohner dieser Insel waren Dorier,
der Hauptgottesdienst war der des Asklepios; neben
ihm kommt aber die Aphrodite vor. Der Kult des
Asklepios stammt ausEpidauros, und dort her mag auch
die Aphrodite stammen, doch scheint ihr dortiger Name
hauptsächlich nur durch das Bild des Apelles berühmt
geworden zu sein. Es war eine Aoadyomene *®); Au-
gustus brachte es nach Kom und weihte es als seine
Ahnmutter dem Cäsar. Zur Vergütigung dafür erliess
er den Koern hundert Talente Steuern. Das Bild
stellte sie dar, wie sie ihr feuchtes aufgelöstes Haar
mit der Hand ausdrükkte.
Nisyros.
Dies Inselchen liegt neben Kos, und hatte eben¬
falls Epidaurische Ansiedler; mit ihnen wird daher auch
der Aphroditekalt *®) gekommen sein, daneben aber
der Dienst des Asklepios nicht gefehlt haben.
den Ursprung derselben, und|ob sie aus Lakonien gekommen, Ist
auch er zweifelhaft.
47) Plin. N. Gesch. 33, 23.
48) Strabon, 14, 6S7. Plinius 35, 36 §. 15. 35, 40 §. 41.
36, 4 §. 5. Sueton. Vespas. 18. Ovid. Ars am. 3, 401. Trist
2, 527. Ep. exPonto 4, 1, 29. üt Venus artiicis laboret gloria
Coi, Aequoreo madidas quae premit imbre comas. Antipater
T. Sid. Delect. epigr. gr. v. Jak. 1, 37. Auson. Epigr. 106.
Ekh. Doctr. num. 2, 5119. Mioün. SuppL 6, 670.
49) Ekh. Doctr. 2, 601.
29*
452
Lydien.
Bei dem Kulte der dorischen Bevölkerung: Ka-
riens und der daneben liegenden Inseln sind wir be¬
rechtigt einen ernsten Charakter anznnehmen ; mit der
Jonischen Bevölkerung Milets aber, durch ganz Lydien,
ändert sie diesen. Einerseits bekommt sie, und dies
namentlich in den Seestädten, ein leichtfertiges An¬
sehen, anderseits aber treten von hier an die religiö¬
sen Elemente hinzu, welche wir oben als dieldäischen
bezeichnet haben: jene phrygischlydischen Vorstellun¬
gen, welche den Grund aller religiösen Anschauungen
des übrigen Kleiuasiens bilden, und zu welchen nur
die Elemente, welche die europäischen Griechen bei
ihren Ansiedlungen in Kleinasien mit sich führten, hin¬
zugetreten sind. Die ganze kleinasiatische Küste des
ägäischen Meeres ist gedrängt voll von Heiligthümern
der Aphrodite, in denen sie als Meergöttin und bahr-
tenlenkerin verehrt wurde, und daher hiess dies Kü-
stenmeer auch das Meer der Aphrodite **)• Lydien
ist noch mehr ein Land der Aphrodite als des Diony¬
sos: Sagen, Geschichte und geistige Stimmungen sind
durchaus aphrodisischer Natur. Der allgemeine religiöse
Charakter der phrygischlydischen Länder ist aber be¬
reits oben angegeben, so dass wir uns hier kurz fas¬
sen können, zumal eine weitere Belehrung über die¬
sen Punkt aus Klausens Schrift: Aeneas und die
Penaten, geschöpft werden kann. Der mythische Kö¬
nig des Landes Gyges ist ein Heros aphrodisischer
Natur, sein Reichthum ist eine Gabe Aphrodites; die
Herrschaft fällt ihm durch wohlwollende aphrosidische
Vermittelung zu, und die Sage lässt ihm durch eine
50) Job. Laur. v. Lyd. n$Qi ^ we>i uilcov Ka.ip.2i. Inlnwv
KvxUimv xm mgaUmp rnS ’^okcS, xai 'AfpoSirnS h
453
schöne KömVin Herrschaft und Ehe zu Theil werden^
t sein Sohn, der Goldfürst Kroisos, wird aber am Fest©
! der Aphrodite geboren. Dies sind die aügemeinea
I Vorstellungen der phrygischlydischen Völker, welche
1 wir auch auf Kypros gefunden haben. Mit diesem
I Lande hat aber Kypros noch in einer besondern Wech-
, selwirkung gestanden. Indem wir darüber auf frühe-
jres an verschiedenen Stellen Gesagte verweisen, er-
j innern wir hier nur an die Gleichnamigkeit beider Län-
jder, an die lydische Harmonie auf Kypros, Kultge¬
lbräuche, religiöse Einrichtungen, sittliche Begriffe,
inamentlich in Bezug auf Ehe und Jungfräulichkeit, und
vieles Andere. Zu dem, was Lydien wieder empfing,
ist ein enges Anschüessen an den Paphischen Kult
zu rechnen, indem Münzen von Sardes **) genau
das Bild des Paphischen Tempels wie er auf kypri-
sehen Münzen vorkommt, mit dem Kopfe der Aphro¬
dite und der Umschrift zeigen.
Altlydische Mythen und Vorstellungen werden mit
ien neuen jonischen verbunden, indem es heisst, dass
Gyges auf dem höchsten Gypfel des Tmolos einer He¬
täre einen Tempel erbaut habe, welcher nach allen
Seiten von den Bewohnern des Landes gesehen wer-
len konnte. Dieser Hetäre sollte er mit dem Volke
min ganzes Leben hindurch gedient haben und das
Jeiligthum führte den Namen t^g''EtaiQag Athe-
laios führt dies bei Gelegenheit der übrigen Tempel
ler iraiqa "‘Aqtqodkri aus Klearchos an, und dass dies©
iiue solche sei, erleidet keinen Zweifel. Aber dies
jvar kein phrygischlydischer religiöser Begriff, sondern
jän Jonischer; doch wird er auf den alten aphrodisi-
chen Dämon übertragen. Mit der jonischen Bevöl-
j.erung war die kaiqa nach Samos und Ephesos
' 51) Mionnet. 4, 137.
454
gekommen, und verband sich mit den alten Mythen.
Ganz dasselbe Verfahren ist es, wenn dem aphrodisi¬
schen Dämon Alyattes am See Koloe von den Sar-
dischen Mädchen ein Denkmal errichtet wird, wel¬
ches den Namen [jip^p,a nogptjg führte: so wurde der
Tempel der Aphrodite zu Samos von den attischen
Hetären geweiht. Damit stimmt auch die Sage, dass
der Flussgott Paktolos seine Schwester an den Aphro-
disien geschändet habe; eine solche Feier der Aphro¬
dite ist nicht die heimische des lydischen Landes; sie
wurde mit dem Versinken der Lyder in Weichheit
und Wollust der allgemeinen Charakter des Kultes.
Zu den eingeführten Mythen der Jonier gehört auch^
wenn der Berggott Tmolos ein Sohn des Ares, des
Gatten der Aphrodite, wird. Wie die allgemeinen Sa¬
gen Lydiens es ganz zu einem aphrodisischen Lande
machen, so lässt sich dieser Kult auch einzeln in allen
grossem Städten nachweisen. Die Münzen von Sar-
des”), Philadelphia"®), Kolophon, Tralles "*),
Mastaura tragen das Bild der Aphrodite. Zu
Temnos"®) befand sich ein Heiligthum der Göttin,
deren Bild aus Myrtenholz verfertigt war. Pelops sollte
es geweiht haben, um sich die Aphrodite geneigt zu
machen, besonders um durch sie in den Besiz der
Hippodameia zu gelangen. Die Stadt Hypaipa be-
sass laut Stephanos v. B. als Geschenk der Aphrodite
die schönsten Frauen. In Milet wurde Aphrodite im
Böhricht, sp xald^mg verehrt, und in ihrem lleilig-
thume srünstiffer Wind von Zeus erfleht. Sie muss
52) Mionn. 4, 126.
53) Ders. 4, 104.
64) Ders. 4, 187.
65) Ders. 4. 87.
56) Paus. 6, 13. 4.
>
I
455
von Athen stammen. Chariton‘0 nennt einen Tem¬
pel ausserhalb der Stadt. Die Bewohner desselben
I und viele Fremde kamen hier m den Festen Kiisam-
Isen. Der Artemiskult ssu Ephesos*®) wird für einen
(Westlich vorg;eschobenen Naturkult der semitischen Völ¬
ker, zunächst von Kappadokien aus, gehalten; indes¬
sen hat diese Annahme doch woi etwas Missliches,
und eine solche Entartung Messe sich vielleicht auch
bei einem ursprünglich griechischen Kult erklären.
iWie sich an diesem sehr viele griechische aphrodi-
jsische Bestandtheile ausbildeten, ist schon oben heim
Kult erwähnt. DieHetaira Aphrodite zu Athen, welche
jmit jener iv xjrcoig so nah verwandt ist, hatte durch
die Jonier auch in Ephesos Aufnahme gefunden, wie
man aus Eualkes Geschichte von Ephesos erfährt. Die
sumpfige Lage der 8tadt gab noch einen günstigen
Boden für die Aufnahme dieser Göttin ab. Als Vater
des Tmolos haben wir den Ares schon erwähnt; hier
in Ephesos wird er nun wirklich der Aphrodite auf
einer Inschrift **), beigeordnet, und diese Vorstellung
kann nur aus Athen, wo wir sie nachgewiesen haben,
mit den Joniern hierher gekommen sein. Ausserdem
finden wir die Aphrodite in Ephesos noch unter dem
Namen Automate oder Epidaetia. In Smyrna hat der
iName der Stadt, die Jonische Bevölkerung, vielleicht
auch alter Verkehr mit Kypros die Sagen von der
Gründung der Stadt durch Kinyras seiner Tochter
57) Chariton 2, 2. SchoL Theokr. 7, 115. ^Ynls sca*
Bvßkis oQtj Mdi^wv xal XQ^vat. "'Ev&a xal itqov "‘Atf^odinjg, Mit
lezterem könnte auch der Tempel in Milet selbst gemeint sein.
Theokr. 28, 4. Ueber die Liebe der Byblis und des M. Par-
theuios 11. Anders Anton. Liber. 30. Areia^ d. Gern, des
Miletos beim SchoL, erinnert an Aphr. Areia.
68) Otfr. Müller Dor. 1, 388 ff.
59) Corp. Inscr. Gr. 2 S. 602 Nr. 2957.
456
Myrrha®“) zu Ehren herbeigeführt. Die attische Ver¬
bindung der Aphrodite mit der Nemesis finden wir
hier in der Art wieder, dass im Tempel der beiden
Nememissen die Chariten standen 5 eine Charis befand
sich im Odeion. Auf Befehl des Apollon ®*) war der
Aphrodite Stratonikis ein Tempel errichtet. InPho-
kaia erkennen wir den Kult der Aphrodite theils aus
den Ceburts^öttinnen, Gennaiden, deren Pausanias bei
den attischen Gennetyllides erwähnt, theils aus den
Gründungssagen der Kolonien von Phokaia®‘®}. An
sie lehnte sich Priap.
Samos.
Der Hauptkult des Eilandes ist der der argivi-
schen Hera.* unter den übrigen Gottheiten tritt be¬
sonders die Aphrodite hervor, welche sehr deutlich
hier als Meergöttin und Fahrtenlenkerin bezeichnet
ist Ein Kaufmann Dexikreon «") unternahm in Ge¬
schaffen eine Heise nach Kypros, wohin sicherlich nicht
geringe Handelsunternehmungen von Seiten der Sa-
mier stattfanden, und Aphrodite befahl ihm sich mit
Wasser zu versehen, die Reise jedoch sobald als mög¬
lich anzutreten. Er gehorchte. Auf der Fahrt trat
eine Windstille ein, die Reisenden drükkte ein empfind¬
licher Durst und nöthigte sie das Wasser jenem um
einen hohen Preis abzukaufen. Dadurch rettete sie
die Mannschaft, wandte ihm aber einen ausserordent-
60) Die Amazone Smyrna als Gründerin der Stadt, Strab.
12, 650. 14, 633, erinnert wieder an Paphos, welches ebenfalls
durch Amazonen gegründet war. Gesch. v. Kjpros 1, 124.
6lj Tacit. Ann. 3, 63. Vgl. Marm. Ox. S. 2, 26 §. 9.
61a) Klausen Aeneas und d. Penaten 2, 605.
62) PIutarcL 54.
457
liehen Gewinn zu, und erhielt dafür von ihm später
aus Dankbarkeit einen Tempel geweiht. Sie hiess
die Aphrodite des Dexikreoa. Andere sagten i sie
führe diesen Namen, weil Dexikreon ihr einen Tem¬
pel gebaut, nachdem er die Samischen Frauen von
ITollust und Unzucht zurükgeführt hatte. An solche
Lebensart und Ausschweifungen knöpfte sich der ur-
|>priinglich edle Dienst der Hetaira Aphrodite, deren
iTempel die attischen Hetären, welche den Perikies
)egleiteten, iv iXei oder iv %aXdp,oi,g gründeten. Zum
|!vreise der Aphrodite gehört ferner der Dienst des
jSros, und die Freiheitsfeste, die Eleutherien, dessel-
!)en; auf eine Art aphrosidischer Sühnung weist die
iVndacht, welche die von Liebeskummer betroffenen am
irabe derBhadier und des Leontiches verrichteten *®).
' Lesbos.
Die Sagen, welche von den Frauen der Insel
Tzählt wurden, lassen schon auf einen Aphroditedienst
chliessen. Erzählungen über den Phaon ®^) deuten
ber darauf hin, dass sie vornehmlich als Meergöttin
erehrt sei. Neben ihr findet sich auch Priap. Die
itphrodite wird sich dem Hauptkulte des Landes, dem,
ilionysos, angeschlossen haben.
I
I Im Süden Mysiens
nden wir zu Pergamos eisen ausgedehnten Äphro-
itekult. Auf einer Inschrift bei Vidiia ist sie mit dem
jieinamen irnixoM geehrt. Besonders merkwürdig ist
63) Paus. 7, 5, 6.
j 64) Palaiphatos n$Qi anlarmp u. s. w. Kap. 49. Ailian
ers. Erz. 12, 18. Sonstvgl. noch Klean t hesbeiSchol.il. 3, 64.
458
uns aber der Kult von Perg:amos deshalb, weil wir
hier wie za 8ardes den Tempel von Paphos mit der
Göttin auf einer Münze finden Dann w'urde hier
die Aphrodite als Nikephoros wie zu Argos verehrt *®),
und besass einen Hain Nikepborion; beide verwüstete
Philipp von Makedonien zur Zeit Attalos des ersten.
Daneben fand sich ein Dienst der Chariten und des
Eros. Zu Perperene kommt Aphrodite auf Mün¬
zen vor; ein Heiligthum derselben stand auch
auf dem kleinen V. G. Pyrrha **) im Adramyttischen
Meerbusen.
Troas.
Bei der Idäischen Aphrodite w’ar es nothwendig
schon die eigenthümlichen Verhältnisse und die reli¬
giösen Vorstellungen des troischen Landes, so wie
seine Verbindungen mit Samothrake einerseits, mit dem
phrygischlydischen Völkern anderseits vorauszuneh¬
men, so dass wir uns hier kürzer fassen können, als
an und für sich erforderlich wäre. Die troische Aphro¬
dite, entstanden aus der Verbindung von samothraki-
schen und phrygischen Begriffen, hat auf dem Ida
ihren Hauptsiz, und wesentlich ist ihr die Eigenschaft,
dass sie den von ihr geliebten Geschlechtern eine prie-
sterlich königliche Herrschaft verleiht, und die Götter¬
welt zur Freude der Sterblichen zu den Menschen
herabzieht, indem ihr, wie den samothrakischen Göt¬
tern im Allgemeinen, das Geschäft des Vermittelns
65) Ekhel. Doctr. num. 2, 463. Mionn. 2, 589 Aphr. mit
Eros, welche einen sizenden Herakles mit sich fortzureissen
suchen. Mionn. Suppl. 5, 444.
66) Polybios 17, 2 Livius 32, 33 und 34.
67) Pausan. 9, 35,2.
68) Mionn. 5, Nr. 1212, SuppL 5, 484.
69) Strabon 13, 606. ,
459
iwischen Gott und Menschheit ganss besonders zufallt,
in königlichen^ von Samothrake stammenden Geschlecht
les Dardanos gab es zwei Linien; die des Ilosj
^aomedon und Priamos soll aussterben j weil sie den
ji^orn der Götter auf sich gezogen hat^ und es soll
Mir noch in der Linie des Assarakos, Kapys und An-
i:hises fortbestehen. Beide Linien standen ursprfing-
ich den Göttern nahe. Auf 2Zeus Geheiss baut Po-
l<eidon dem liaomedon die Mauern Trojas 5 Apollon
lötet ihm die Rinder 5 Eos erhebt den Tithonos zu
hrem Gemahl, des Tithonos Bruder ragt durch seinen
leichthum hen or. Seine Kinder sind alle gottbegun-
itigt; daher ist Aphrodite dem Paris beständig nahej
lind führt ihm das schönste Weib in die Arme. Aber
Inaris und Priamos Geschlecht ist den Göttern ver-
liasst; es erhebt sich dagegen das Geschlecht desAs-
iarakos. Bei Nonnos weissagt Poseidon den Üeber-'
ijang der IleiTschaft der Troer auf die Äeneaden,
^aut Akusüaos^®) ist der troiscbe Krieg von ihrer
\hnherrin Aphrodite absichtlich veranlasst, um zu ihren
iunsten Priamos Geschlecht zu verderben; nur in die-
ier Absicht hatte sie Paris zu Helenas Entführung
mgeregt, und durch scheinbaren Beistand Trojas Un-
ergang herbeigeführt. Eine ähnliche Stelle nahm
iie vielleicht auch in Stasinos Kyprien ein, wo lle-
ena die Tochter der Nemesis heisst. Ein auffallender
5ug in der Sage bei Akusilaos ist, dass Aphrodite
licht sowol durch Liebe, als vielmehr um ein Ge¬
schlecht, welchem die Herrschaft beschieden sei, her-
/orzubringen , zu Anchises, welcher schon über die
lugendfrische hinaus ist, hingezogen wird. Das Rei-
ager findet auf dem Ida, dem Lieblingssitz der Göt-
in, statt. Sie giebt sich für des phrygischen Königs
70) Bei Schol. 11. 20, 307. vgl. Virg, 10, 42.
460
Otreas Tochter aus, und das ganze Liebesverhältnis
ist dem des Attis zur Kybele nachgebildet, nur darii
wesentlich verschieden, dass in dem leztern der kör
perliche Genuss durchaus ausgeschlossen ist. Wii
der homerische Hymnos mit deutlichen Worten au '
eine Verbindung zwischen kyprischen und idäischei
Vorstellungen hinweist, so möchte jene Wendung de
»Sage kyprischen Einflüssen zuzuschreiben sein. Wi
Aphrodite hierselbst dem Geschlecht des Anchises dit
Herrschaft bereitet, so ist es in allen übrigen phry
gischlydischen Ländern eine schöne Frau, welche ent
sprossen aus edlem Blute sich dem gottgeliebten Herr
scher vermählt, um ein königliches Geschlecht zu er
zeugen. Auf Kypros vermählt sich Aphrodite selbs
dem Kinyras und Pygmalion, liebt den Adonis, Phae
thon, Amarakos. Allen Heroen, wie Gordias, Gyges
Midas, Anchises, Kinyras, selbst dem Pygmalion, wolim
eine zauberische Gottgefälligkeit inne; durch Vermitt¬
lung der Aphrodite gewinnen sie die Fürstenthümer.
Als Aphrodite von Paphos kommt, um den An¬
chises aufzusuchen, schmeicheln ihr Löwen, Parder
Wölfe und Bäre, ganz wie der Idäischen Mutter; ihn
nennt sie sich selbst aber eine phrygische Königs¬
tochter. Otreus wohnt laut Homer am 8angarios, dem
Flusse der Agdistis, der Güttin vom Gebirge Didymos
Durch das Vordringen der Phryger hatte sie in Troas
Geltung bekommen, und ging in die Idäische Göttin
über. Dadurch bekommt Aphrodite ganz die Eigen¬
schaften der Kybele, wird von den Völkern, welche
unter ihr stehen, als solche gefasst ’ und diese Ver-
71) Hesych. Kvß^ß»]' ^ OtSv xat ^ ’A(fqoäittj.
Photios; KvßtjßoS' XÖQwr o Jafj,%paxrivoS triv ’AfQodlniv vno
ymp xtti Apdmp Kvß^ß^ liyiö&tti, NouBOS 48, 698. Serv. z. Virg.|
Aeß. 10, 83.
461
luischung beider Gottheiten blieb nicht ohne die we^
«entlichsten Einflüsse auf die Ausbildung des gesamiö“
,ten Aphroditekoltes. In den troischen Mythen der
Aphrodite und in der Stellung des Anchises zur Göt-
lin wiegen nun allerdings die phrygischlydischen Vor-
jitellungen vor, indess sind dadurch nicht alle rein pe-
lasgischen Begriffe verwischt worden; indem Aeneas
pinmal seinen Vater Ares nennt, auch der Dienst des
jlres im Interesse der Aeneaden steht, so ist auch
lies nach dem Ueberrest eines pelasgischen Systems
geschehen, nach welchem Ares als der Gemal Aphro-
lites auch nach dem Ida geführt war, wo er indess
on den überwiegenden A'orstellungen in den Hinter¬
grund geschoben wurde. Der ursprüngliche Kult Tro-
I äs war aber aus Samothrake.
Aeneas ist der gottgeliebte, im Sinne der Aphro-
ite handelnde, gefällige Heros. Seine und seines
jieschlechtes Herrschaft stammt von ihr; ihr Kult und
!ire Verehrung ist aber Beding und Folge derselben,
ilie Fürsten von Gergis, die Könige von Skepsis
ndArisbe leiteten sich als Aeneaden von dem gwtt-
iefälligen Heros her. Dardanos und Ophrynioa
^erehren den Aeneas zwar auch, aber von seinem
Jeschlechte findet sich keine Spur. Auf Münzen der
ttädte dieses Landes finden wir die Aphrodite za
llkepsis, Dardanos»*), Ilion»®), in Alexandria
’roas »*).
I '
Die Bebryker und Dolionen.
Südlich von der Propontis und dem Hellesponfc
issen sich in der ganzen dortigen Landschaft ent-
72) Mionn. 5, 653.
73) Aphr. reicht dem Anchises die Hand, Mionn, 2^ 664.
ir. 288. Pellerin Recueil. 3, 134. 7.
74) Otfr. Müller Archäoi. 377, 1.
462
sprechende Vorstellon^en mit den troisch-äneadischet
mit Bestimmtheit verfolgen. Die Vorstellungen dei
Bebryker und ihrer Umgebung sind es gewesen, welchi
in den Ideenkreis der Aeneaden neben dem Dienst de;
Poseidon, Apollon, des Palladiums, des Zeus, den de
Idäischen Mutter und die eigenthümliche Auffassunj
der Aphrodite als einer hekatäisch zwischen Gott uni
Menschheit vermittelnden Göttin einwurzeln Hessen
Die DoHonen haben aus ähnlichen Begriffen von de
Aphrodite andere mythologische Figuren entwikke!
Dadurch haben sie die entsprechenden Vorstellunger
weiche bei Mysern und Phrygern, ebenfalls in de
Nachbarschaft einer Bebrykischen Völkerschaft, sic
gebildet haben, in den äneadischen Kreis hineingezc
gen, namentlich den Askanios in derselben einge
reiht. Die namhaftesten Städte der Bebryker sin
Arisbe, Abydos und Lampsakos; an den Sagen
kreis dieser lezten beiden Oerter schliesst sich Ger
gis an, Skepsis mehr an das dolionische Ky zikoJ
Damit mag des Askanios Einbürgerung in Skepsis zn
sammenhaogen ; er wird aber auch südlich zu Arisb
ood Antandros gefunden.
Ausser an dem Küstensaum vonTroas am Helles
poot entlang, kommen Bebryker um Ephesos und Mag
nesia vor, dann aber auch östlich inBithynien, süd
lieh von Chalkedon. Von diesen Bithynischen Bebry
kern sind uns mehr Nachrichten als von den troische
erhalten. In Bithynien ist Poseidons Sohn Ainykos ’’
der dem Faustkämpfer Eryx verwandte Hauptheh
und Beziehungen auf Schiffahrt und Viehzucht heri
sehen vor. Butes bei Virgil ist ein Bebrykischc
Faustkämpfer, üeberhaupt stimmen die Sagen voi
Amykos mit denen am Eryx auf eine überraschend
*~~75y~Valer. Flacc. 4, 100. 110.
463
Weise. Der Kult der Aphrodite io den Städten hie-
sißjerGegend: Abydos, Arisbe, Lampsakos, Ko-
lonai, Paisos, Parion, Priapos, Prokonnesos,
Artaka, Kyzikos, stammt wahrscheinlich von der
Mutterstadt Miletj und der Kult dieser Stadt wieder von
Athen. Namentlich stammt der Abydenische Kult der
Aphrodite nogv^ von der Milesischen iv siaXdiJiOig, diese
l5teht aber wieder mit der Athenischen ip x^rvoig und
1er haiqa in der engsten A'erbindung. In den Kreis
!ler Aphrodite von Abydos gehört auch die Sage
;on Hero und Leander. Jene war eine Priesterin der
\phrodite in Sestos, dieser ein Apollinischer Jüngling
n Abydos ’®). Gegen solche anmuthig und sittlich
gehaltenen Sagen finden wir im nördlichen Bebrykien
|üe rohe Vorstellung des Priap hervorgerufeo. Durch
;len Dienst desselben sind besonders Lampsakos
iindPriapos berühmt. „Zwar war es in gan^Grie-
lihenland üblich die Liebesverhindung zwischen Gott-
leit und Menschheit sinnlich aufzufassen . und selbst
las Anstössige herauszukebren, aber den Beweggrund
les göttlichen Wohlgefallens rein in den sinnlichen
iizel zu sezen, diese Auffassung finden wir nirgends
0 eingewurzelt als hier, wo die Zote sich nicht mehr
lils humoristisches Erzeugniss des üebermuthes und
l^estjubels kund thut, sondern wo die Gemeinheit und
Inzucht zum Panier eines ganzen Landstrichs gewor-
len sind.“ Kaum lässt sich vermiithen, dass der Dienst
les Eros zu Parion, welcher hier Hauptgott war und
n der Ausdehnung wie zu Thespiä verehrt wurde,
I 76) Musaios. Der schwimmende Leander auf Kaisermün-
jen: Mionn. 2 S. 637. Nr. 54, 68. 60. 6 S. 306 Nr. 58. 60. Aphr. X
■ros zu Ross. Die Kaisermünzen stellen Hero im Thurm mit
iner Leuchte, den schwimmenden Leander und einen geleiten-
en Liebesgott dar; auf einer autonomen steht der Kopf des
■eander auf der Kehrseite zum Kopf des Apollon.
464
nicht in den gemeinen Dienst des Priap herabge¬
rissen sei.
Der Hanptort der Dolionen ist Kyzikos. Die
Sagengeschichte dieses Ortes hat sich um Namen an-
gesezt, welche an troische Begriffe erinnern. Die Do¬
lionen sind unter Kyzikos Vater Aineus aus Thessaliec
eingewandert Kyzikos Mutter heisst Ainele. Eu
phorion ’*) nennt den Vater des Kyzikos geradezi
Aeneas. Zu diesen aphrodisischen Bestandtheilen triti
noch die dindymenische Mutter, deren Berg Dindy-
mos mit einem Heiligthum der Göttin auf der Inse!
lag In Artaka neben Kyzikos wurde Aphrodite
als iipitstiog verehrt **). Diese erinnert uns an der
Eleus Ephestios und die Aphrodite welcher wii
oben einen Sübnkult zugeschrieben haben.
Bithynien.
Zu Myrlea, dem Hauptort derMygdonen Ander
wir die Aphrodite auf Münzen **); sie ist hier Meer¬
göttin wie überhaupt in den zahlreichen Stätten Bi-
thyniens, an welchen sie verehrt wurde. Ferner lass
“~T7r^oll. v.Rh. 1, 948 vgl. 105S. Orph. Arg. 505. Mym
Phavorin Ki^w.
78) Bei Parthen. Erot. 28. Auch Mer hat manAbeus ver
bessert.
79) Stfabon 12, 695.445.Herodot4,76.Prop.3,22,S
80) Steph. V. B. u. 'Aqtaxtf
B'/jlJ.oe&iytiS ix iyyüm tup Bi^vpmxSv“
pu&ffan d" ' A^raxtoiOiP Ifienos alytahnCtP
«wft» yßg ttmo&t fl xccMitat.
81) Miosn. 5, 40. Aphr. auf einem Delfin mit Steuer uni|
Akrostolium. 6, 48. Aphr. auf einem Delfin mit Eros imd Akro
stolium. Auf Münzen der rÖm. Kolonie daselbst: Aeneas nu
4^chises und Askanios. Bithynische Apbr. im Allgemeinen An
tipater r, S. Ausw. gr. Epigr. v. Jakobs, 1, 39.
465
Aphrodite sich im Prusa ®*) nachwcisen, zu fvios ®'’),
Vikaia ®*), Hadriani*’)? Bithynion ®®)5 Niko-
uedeia®^), Apameia®®), zu Chalcedoo laut He-
iäychios als svfisvijg^ zu Herakleia®®) und Klau-
iiopolis®®). Prokulos®*) sagt, dass die Bithynier
lind die Nachbarn die Aphrodite wie die Mutter der
jjöttin mit vielen und verschiedenen Namen verehrten,
ind neben ihr den Adonis. Dies führt uns wieder auf
:ine Vermischung der phrygischen Agdistis mit der
kphrodite wie in Troja, dann aber auch auf das Ver-
jiältniss der Kybele zum Attis, welches dem der Aphro-
jlite zum Adonis entspricht, und beide Paare werden
i lier in einander übergegangen sein. Die Vorstellun¬
gen des Attis waren in Bithynien besonders in der Form
lies Askanios ausgeprägt, welcher seiner innern Be-
jchaffenheit nach allerdings andern Dämonen näher
jteht; sein Mythos aber hat manches von dem des At-
is angenommen, wenn auch nicht so viel als Adonis,
liskanios wird als Herrscher der Phryger um den As-
'anischen See, an welchem Nikaia liegt, aufgefasst,
ihrt von diesem als ein Wasserdämon seinen Namen,
ind wird auf den daskylitischen See, weicher östlich
ii der Nähe des Kyzikenischen Gebietes liegt, bezo-
82) Mionn. 2, 480. 5, 222. SuppL 4, 227. eine Pelagia.
! 83) Mionn. Aphrodite und Eros, auch Askanios.
84) Ders. Suppl. 5, 135. Aphr. r^t Dionysos und Priap,
I 85) Ders. 5, 21 ff. eine Aphr. Pelä*gia auf einem Hippokamp.
86) Ders. 2, 418.
87) Ders. Suppl. 5, 185, Aphr. auf einem Felsen, ein Ge-
ss in d. R., die L. auf einen Felsen gestüzt. Darauf folgt eine
|idere ähnliche.
88) Ders. 5, 8 ff. Sie sizt mit Eros auf einem Felsen.
ippl. 5, 10.
89) Ders. Suppl. 5, 61.
90) Ders. 5 S. 22 Nr. 115. 117.
91) S. Lobek. Agl. S. 1165.
II.
30
466
gen, indem der Sage nach die Einwohner des dorti¬
gen Landes ihn zum Könige begehren. Hier wohnen
Myser, bei welchen der daskylitische Name dieselbe
Bedeutung wie bei den Phrygern Askanios hat; sie
empfingen ihn von den Lydern, deren Abkömmlinge
sie seien sollen. Bei jenen ist Daskylos Vater des
Gyges und Bereiter des Goldes, bezieht sich aber auch
auf einen See, aus welchem dem Gyges der Reich¬
thum kommt, und in Karien auf einen süssen und hei¬
ssen Quell. Der Name Gyges folgt den Lydern überall.
Mit den Phrygern, welche ihre Size am Ida nahmen,
wurde der Name des Askanios in Troas und in den
Kreis der dortigen Aphrodite eingeführt. Als Folge
davon wird die Idäische Aphrodite auf den Sanga-
rios wo der König Otreus herrscht, dessen Stadt
Otroia am Askanischen See liegt, bezogen. Der San-
garios fliesst nur in geringer Entfernung vom See,
der Gallos aber, dessen Namen die Priester der Ky-
hele tragen, ganz in der Nähe. Die Begrifi’e des As¬
kanischen und Daskylischen haben sich vermischt, wie
Lyder, Myser und Phryger ihre Vorstellungen ausge¬
tauscht haben, wodurch Attis nach Lydien übertragen
ist. Der daskyiische See des Gyges findet auch im
askanischen bei Kelainon und in dem Verhältniss des
Midas zu diesem sein Ebenbild.
Durchgängig bezieht sich Askanios auf ein Ge¬
wässer, welches besonders weich ist und eine reini¬
gende Kraft besizt. Daher wird Uylas, als er Was¬
ser holen will, in den See oder Fluss Askanios, wel¬
cher von diesem aus in den Kianischen Meerbusen
führt, hinabgezogen. Er wird von den Nymphen des¬
selben begehrt, und das Hauptfest in der Umgegend
des Sees ist das des Suchens und Rufens nach Hylas.
So will Bormos den Mariandynischen Schnittern Was-
467
:ser bringen, um ihren Durst zu kühlen und verscfiwin-
idet. An dieselben Vorsteihinjjen eines Verlano^eos
nach Wasser während der Sommergluth schliessen
isich die übrigen Wasserdäinonen dieser Gegend an.
Ausführlicher kommen wir beim Adonis darauf zurükk
dessen Verwandtschaft mit jenen Dämonen es machte
.dass er sehr viel hier mit Aphrodite verehrt wurde,
kvie Prokulos bezeugt. Wenn der askanische Fluss,
iiuch Hylas genannt, trinkbares Wasser bot, und den
(Hylas raubt, so war es in symbolischer Auffassung
i4skanios, durch welchen die Sehnsucht nach Erquik-
iung befriedigt ward, und Aphrodite selbst steht in
jillen Bithynischen Gebieten mit dem Wasser lu der
mgsten Verbindung, selbst in Prusa am Olymp,
IVörtlich drükkt Klausen sich hierüber so aus: Fas¬
sen wir zusammen^ was wir von Askanios wissen,
iO steht allem voran die Gewährung des ernährenden,
irfrischenden, befruchtenden Wassers, welches er so-
^ar den Salzseen abgewiunt. .Da dies Quellwasser
len Durstenden auch von Hhea geboten wird, ordnet
i:r sich hiernach mit der Göttermutter zusammen, und
|;rscheint in dieser Verbindung als Löwenbändiger,
l^us der Göttermutter ist die kleinasiatische Aphrodite
lervorgebildet. Da Askanios als Aeneade durchgän¬
gig von Aphrodite hergeleitet werden muss 5 da er
• Is solcher noch unter ihrer besondern Pflege steht als
jiepos Veneris, als Veneris j u s tissiina cura;
|la die Gestalt des Jünglings, der mit den Biesen der
dürre kämpft, den Ansprüchen dieser Göttin entspricht;
;0 wird sehr wahrscheinlich, dass er nicht erst in
iL'roas, sondern gleich in der Vorstellung der Grie¬
ben, welche die phrygischen Sagen von ihm kennen
lernten, namentlich der Milesier, welche Kios besez-
Im, als Nachkomme derjenigen Aphrodite, welche die
30^
468
Seefahrer mit süssem Wasser versorgen lehrt, aufge¬
fasst wurde. Als Bestätigung diente der aphrodisische
Trieb, mit welchen die Askanischen Gewässer dei
Hylas begehren.
Ausserhalb Bithynien kommt Aphrodite auf Mün¬
zen noch in Paphlagonien zu Germanikopolis
und Tios*®) vor; im Innern von Phrygien zu Lao-
dikeia®*).
Unter den zahlreichen Handelsstädten rings an
schwarzen Meere gab es wahrscheinlich sehr viele
in welchen Aphrodite, wenn nicht in andern Bezie
hungen, so doch als Meergöttin und Fahrtenlenkerii
verehrt wurde, namentlich in den blühenden Pflanz
städten Milets. Aber nur von dem Kult zweier Städt
in dieser Gegend wissen wir etwas Näheres, vo
Pantikapaion und Phanagoria, welche die Strass
zum mäotischen Meerbusen, dem kimmerischen Bos
poros, von beiden Seiten sperrten. Zu Phanagori
wurde Aphrodite laut Strabon und Stephanos v. B. al
Apaturos verehrt, und war verrauthlich der Staats
kult. Münzen und Inschriften vervollständigen di
Nachrichten der beiden Geographen. Der Kult de
gegenüberliegenden Pantikapaion ist ganz derselbe
Durch die Städte dieser Gegend, namentlich durch di
beiden genannten und durch das am Ausflusse de
” 92) Mionn Suppl. 4, 566. eine Anadyomene.
93) Ders. SiippL 8, 268.
94) Mionn. 4, 324,
95) Strabon 11, 495. Steph. v. B. 'Anmovqos. Miom
Suppl. 4, 416.
96) Corp. Inscr. Hgr. Nr. 2120.
eia ’Aq()o\ßlTri Ov]gc4pia. 'AnawvQtj
ovc’^ XgnSTlmv, ß wv Xala ngivxmo?, [eo
Sä^iPOS uptS^sea, “»Xf Sap&txlpd.
Die Inschr. ist aus d. J. 243 n. Chr. Nr. 2125. 2108. g. 2109. B
469
{faDais gelegene Tanais wurde die Bekanntschaft und
er Verkehr der Griechen mit den Szythen gepflo¬
gen. Bei diesen fanden dadurch die griechischen
iottheiten Aufnahme und «mythische Gottheiten war¬
en mit griechischen Namen bey.eichnet, wie in Asien
nd Afrika. Daher sagt Herodot®'^), dass die Szy-
|ien die Aphrodite ^AQupindöri nennen.
Thrakien und Makedonien.
. Die Kulte dieser beider Linder haben sehr ¥iel
liemeinschaftliches und erläutern sich gegenseitig:
l'ir fassen sie daher auch hier zusammen. Sie haben
phr viele religiöse Anschauungen von Samothrake
p empfangen, wie wir schon oben bei derMakedo-
ischen Aphrodite welche in Thrakien Ze-
ynthia hiess, Gelegenheit hatten zu bemerken. Die
(uffassung der samothrakischen Aphrodite alsAioeias
jiden wir in Ainos mit Todtenopfere und Sühnun-
jen wieder, welches Aineas gründen, wie in Samo-
iirake religiöse Zeremonien einsezen muss. Aber den
res als ihren Beisizer finden wir auf der heiligen
isel nicht; er muss also, da er in Thrakien ihr Ge-
al, und beide die Hauptgottheiten dieses Landes
^nd, einen andern Weg dahin gefunden haben. Im
Orden an der Donau kommt Aphrodite zu Nikopo-
s aufMünzen®*) vor; am schwarzen Meere zu An-
hialos®®). Zu Byzanz verehrte man die Aphro-
|ite als die ruhige und die Pandemos *®®). Zu Pe^
97) Herodot. 4, 59. Hesych. Vgl. die Erzählung vom
inais bei Plutarch. V. d. Flüssen 14, 1. Der Name beiHe-
dot wird aber sehr verschieden gelesen.
98) Mionn. Suppl. 2, 135.
99) Mionn. 2, 225.
100) Zosim 0 3 Gesch, 2 Kap. 30 S. 97. Bona, Ausg. Chro-
470
rinth OS, später Herakleia, an der Propoutis, wur¬
den der Aphrodite Pannychien "“’) gefeiert; auch
kommt sie auf Münzen vor. In Sestos Aphrodite
und mit ihr Adonis; zu Kallipolis Aphrodite au!
Inschriften Uranopolis in Makedonien kün¬
digt sich schon durch seinen Namen als Stadt dei
Aphrodite an. Auf den Münzen führt sie theih
den Namen einer Ov^aviag noXamg, theils einer Ovqa
vidautv TToXaoog, Die Göttin findet man auf einem Glo-
bos, vielleicht ähnlich gefasst wie zu Sikyon, auf dei
Kehrseite ein oder zwei Sterne. Auf einer anderi
sizt Aphrodite bekleidet auf der Erdkugel und ihn
Rechte ruht auf einem Szepter; auf der Kehrseiti
befindet sich wieder ein grosser Stern; auch hiervoi
findet sich eine zweite ähnliche. Auf einer Münz
von Skione auf Pallene finden wir die Götti
mit zwei Tauben auf der Kehrseite, sehr ähnlich de
Autfiissung auf Paphischen Münzen. Auf der Halb
inse! Pallene bekunden ferner die Sagen von Aenea
und Anchises einen ausgebreiteten Dienst der Göttir
so wie die Stadt Aineias und ihre Feste. Auf dei
Berge Kissos fand wahrscheinlich auch Aphrodisien
feier statt. Am makedonischen Olympos soll Aenea
gewohnt haben, und in Pydna besass man ein Gr.i
des Anchises. Etwas südlicher in Dion feierte ma
dem Adonis Feste.
nikon Paschale S. (265) 495 Bonn. Ausg. Vgl. das Epigr. d'i
Agathias Gr. Anthol. 4 S. 19 Nr. 47, Otfr. Mülle r Dor. M2
101) Xenophon v. Eph. 3, 2. Mionn. Suppl. 2, 405.
102) Corp. Inscr. gr. Nr. 2011.
103) Mionn. 1, 505, Ekhel Doctr. num. 2, 81. num. vcj
aneed. 1, 69.
104j Mionn. Suppl. 3, 106.
471
Thessalien.
Ohne Bedenken kann man annehmen, dass die
Haoptziig;e des Aphroditekultes in Thessalien aus
der pelasgischen Zeit herstammeo, und wenn durch
Idie Thesprotischen Thessaler der dodoeäische Zeus ’ ® ®)
ioach Thessalien kam, und mit ihm ohne Zweifel die
[dortige Aphrodite, so traten nur dieselben Elemente
iin örtlicher Ausbildung hinzu. Das Thal Tempe
besucht Aphrodite im Frühling^ inPharsalos wurde
lie Aineias verehrt, von den Aenianen die Aphro-
lite-Persephone, welche mit den Heraklessagen ver-
lochten wurde. Die Aphrodite ävdQocpovog zu
Trikka in Hestiäotis war muthmasslich erst in jenen
lusgelassenen Dienst, welcher sich in der Erzählung
les Mordes der korinthischen Lais durch die eifer¬
süchtigen Thessalischen Frauen kund giebt, ausgear-
|et, und hatte dadurch den Kamen Anosia empfan¬
gen. In einem unzüchtigen Dienst erging sich auch
llie Aphrodite Kastnia mit 8auopferu zu Metropolis,
'velcher Argivischen Ursprunges ist.
I Epiros.
Der Mittelpunkt des dortigen Kultes überhaupt,
iud des der Aphrodite insbesondere, war der dodo-
läische, in welchem Aphrodite als Beisizerin des Zeus
hront. Schon hier, aber noch zahlreicher an der
üüste findet sie sich als Aineias, welcher der Heros
105) Wachsmuth Hellen. Alt. 2. 2. 154.
106) Phot. Bibi. Kod. 279. S. 533. Athen. 13, 589. Plut.
''rot 21. Suidas und
!
472
dieses Namens bei^esellt wurde: zuAmbrakia ‘®’),
Buthrotos, Onchesmos, Nikopolis '**). Nörd¬
lich in Illyrien zu Epidamnos, später Dyrrhachium, |ii
muss bedeutender Kult der Aphrodite geherrscht ha¬
ben, denn Katull stellt den dortigen neben Idalion,
Amathus, Golgoi und Knidos. Wahrscheinlich war
er von Korinth gebracht.
Akarnanien.
Hier herrschten im Ganzen dieselben Vorstellun- ^
gen von der Aphrodite, wie in Epiros; ihre Wirk- ^
samkeit wird in der Fruchtbarkeit des Bodens und jj
dem Gedeihen der Heerden angeschaut, an der Küste ^
aber im Gelingen der Seefahrt erkannt. Namentlich
wurde sie zu Aktion verehrt. Hier tritt sie beson¬
ders mit dem apollinischen Kult in Verbindung; mehr
aber noch auf den anstossenden Inseln. Auf Leu-
kas '®®) und Zakynthos finden sich durchaus die¬
selben Vorstellungen der Aphrodite wie in Epiros
und Akarnanien. Auf Leukas wurde die Aineias mit
Apollinischen Sühnungen verknüpft. Zakynthos weist
auf viele religiöse Verbindungen mit Psophis in Ar¬
kadien hin; es gab hier eine Burg Psophis und der
Heros Zakynthos, ein Sohn des Dardanos, wohnt in
Psophis Opfer und Wettspiele waren der Göt¬
tin hier eingesezt, deren Bedeutung als Aineias sich
hier mit jener als Meergöttin verband. Nach Kor-
107) Ausser den oben angef. Stellen bei d. Aineias kommt
Aplir. auch auf Inschriften vor. Corp. Inscr. gr. Nr. 1798 u. 1799*
108) Mionn. Suppl. 3 S. 373. Nr. 99. 155. 218. 351. 352. 354.
109j Aphr. auch auf Münzen: Mionn. 2 Ni-. 42 Suppl. 3i
Nr. 74 u. 50. eine Taube 3 Nr. 76.
110) Paus. 8, 24, 3. Dionys, v. Halik. 1, 50.
i
473
cyra *“) ist der Kult sicher von Korinth gekom-
nen, und mochte auf älteren von Epiros hinüberge-
üommenen Vorstellungen fassen. Sehr merkwürdig
st das dort vorkommende Kegelsymbol mit der Aiif-
ichrift '‘Atfqodivfi “*>5 welches von uns oben mit dem
’aphischen verglichen worden ist«
Aetolien»
In Akarnanien und den anliegenden Inseln fin-
len wir neben dem Apollonkult einen ernsten Dienst
ler Aphrodite 5 auch in Aetolien war wahrscheinlich
IVpollon Landesgottheit 5 hier aber finden wir neben
hm eine sehr ausschweifende, vielbesuchte Aphrodi-
iienfeier in Kalydou welche gegen den übri-
2jen Kult der Stadt sehr abgestochen haben muss, und
ils ein fremdes Element erscheint,
Lokris.
InNaupaktos lernen wir neben dem Kulte der
Vrtemis und des Asklepios die Aphrodite kennen,
jvelche als Göttin des Todes und des Lebens gefasst
Ivurde, indem die Wittwen zu ihr in einer Höhle um
jeue Vermälung beteten. In Oiantheia wurde ne-
i)en Artemis Aphrodite wahrscheinlich als Göt-
iin des Meeres verehrt. Bei den Opuntischen Lo-
,trern wurde dem Ajas, Oiieus Sohn, geopfert, und
, leben ihm ist auf Münzen der Kopf der Aphro-
lite abgebildet.
111) Corp. Inscr. gr. Nr. 1872 u. 1873.
j 112) Dodwell Reise durch Gr. 1, 1 S, 43.
113) Plautus Poen. 1, 62. u. s. w. Besonders ö, 4, 7.
114) Pausan. 10, 38, 5.
115) Mionn. 2 Nr. 18. Suppl. 3 Nr. 27. 2 Nr. 20. 21 ff.
lilausen a. a. 0. 1, 194.
474
Phokis.
Für die Religionsgeschichte der Griechen und
die Versöhnung der stärksten Gegensäze im Kulte
ist es sehr wichtig, dass der dionysische Dienst von
Delphi nicht ausgeschlossen blieb. Grössere Auf¬
nahme als Dionysos batte daselbst noch Aphrodite
gefunden. Wir treffen sie hier nicht allein in ihrer
erhabenen Bedeutung als Harma, Harmonia, sondern
sogar als Grabaphrodite Epitymbia mit Todtenopfern,
und der delphische Gott fordert den Theseus auf die
Aphrodite zu verehren. Üm die Vereinigung von
Paphos und Delphi zu befestigen, wurden auch von
kyprischen Königen Weihgeschenke nach Delphi ge¬
bracht. Von dem Orte Stiris ist wahrscheinlich der
Dienst des Priap ausgegangen.
Boiotien.
Der alte Kult von Theben ist durch die ver¬
schiedenen Einwanderer und durch die Aufnahme der
früheren Kulte bei den Ankömmlingen sehr durch ein¬
ander geworfen, so dass eine klare Anschauung über
das Verhältniss der höchsten Götterpaare zu einander
noch fehlt. Was über Ares und Aphrodite, über
Kadmos und Harmonia sich bis jezt sagen lässt, ha¬
ben wir oben mitgetheilt. Am räthlichsten scheint
mir die Annahme, dass das erstere Paar den ältesten
Pelasgern angehört habe, das andere dem Stamme
der Kadmeer, und dass beide Paare, was bei der in-
nern Verwandtschaft der Völker und der Gottheiten
sehr leicht war, später in ein geschichtliches Ver¬
hältniss gebracht wurden. Die Hauptgottheit war
475
aber nicht Aphrodite, sondern die ihr vielfach ver¬
bundene, und oft mit ihr übereinstimmende Demeter;
in Boiotischer Zeit waren es Dionysos und Apollon.
Harmonia sollte ihrer Mutter die dreifachen Aphro-
• ditebilder Urania, Pandemos und Apostrophia geweiht
I haben. So erhaben und ehrwürdig auch die pelas-
Igische Aphrodite in Theben dastand, so unterlag sie
doch auch hier später einem unzüchtigen Dienste, und
ivermischte sich vernmthlich vielfältig mit dem Dio¬
nysos: an ihren Festen wurden die schönsten Frauen
den Magistratspersonen zugeführt, und nach Pole-
Imons Bericht errichteten die Thebaoer, um dem
Demetrius Poliorketes zu schmeicheln, seiner Gelieb-
iten Lamia einen Tempel. Wichtig für uns sind noch
Jdie mythischen und religiösen Verbindungen, welche
imit Kypros angeknüpft wurden. Das Halsband der
'Harmonia hing im Tempel der Aphrodite und des
Adonis zu Amathus, wo Ares für den rechtmässigen
Gemal neben dem Buhlen Adonis galt. Dann hatten
die kyprischen Tekhinen der Athene Telchinia in
Teumessos einen Tempel errichtet, und Teumes-
!sos war wahrscheinlich der Ort, durch welchen die
Verbindung mit Kypros vermittelt war. Der Kult der
Aphrodite ist im ganzen boiotischen Lande sehr aus¬
gebreitet, und war an manchen Orten Staatskult, be¬
sonders iu der Auffassung der abgelösten Seiten des¬
selben, im Dienste des Eros oder in dem der Chari-
Jten. Berühmt war der Kult des Eros zu Thespiai
und sein Bild in der Gestalt eines rohen Steines;
i alle fünf Jahre wurden ihm hier die Erotidien ge-
^ feiert. Ausserdem gab es hier aber noch ein Hetlig-
thum der Aphrodite Melaiuis In Orchome-
116) B. Athen. 6, 253.
117) Paus. 9, 27, 4.
476
nos biMen die ebenfalls unter rohen Steinen verehr¬
ten Chariten den Staatskult. Der Dienst der Aphro¬
dite selbst ist inOrchomenos ausdrükklich nicht mehr
aufbehalten. Aber bei dieser Stadt war eine Quelle
Akidalia, wo sich Aphrodite mit den Chariten baden
sollte j sie führte daher den Namen Akidalia ‘*®).
Von dem Orte Argennos “®)5 Argynnos, führte
Aphrodite den Namen Argennis; ihr und der Stadt
Namen wird aber von Spätem auf eine geschichtli¬
che Veranlassung zurükgeführt, indem Agamemnon
einen Knaben Argennos so lieb gehabt haben soll,
dass er, als jener nach einem Bade im Kephissos er¬
krankt und gestorben, ihm äu Ehren am Flusse den
Ort Argennos erbaute, die Aphrodite Argennis aber
davon den Namen erhielt. Sie ist, laut Welker, die
Göttin der Knabenliebe. Zu Tanagra stand
im Tempel des Dionysos auch ein Bild der Aphro¬
dite, und in JLebadeia wurde Eros verehrt.
Attika.
Den Kult der Aphrodite zu Athen müssen wir
an die schon oben von uns besprochene Stelle des
118) Virg. Aen. 1, 720. At memor ille Matris Acidaliae.
Servius dazu: dieser hat auch eine etymolog. Erklärung: sie
heisse Akidalia, weil sie die Sorgen dxidas verscheuche. Mar-
tial 6, 13, B. Acidalius nodus der Venusgürtel. Salejus
Bassius Carm. ad Pis. V. 79(Wernsd. poet. lat. min. 4 S. 252).
Festis Acidalia quae condidit alite muros Euboicam referens fe-
cunda Neapolis arcem. Paus. 9, 38, 1. die Quelle Akidusa
Plut. ‘Elbjv. 41.
119) Athen. 13, 603. Klem. v. Alex. S. 24 Sylb. aus
Phanokles Iv “ßpiüfftv ? xalole. Steph. v. B. 'Aqyovvö?. Propert.
4, 6, 22. Otfr. Müller Orchom. S. 215. Welker Aesch.
Trilogie S. 356. Anm. das. eine Göttin der Knabenliebe, deren
Weg aus Lydien nach Griechenland er dort nachweist.
120) Paus. 9, 22, 1.
477
Pansanias '**) ankniipfen. Oberhalb des Kerameikos,
sagt er, ist ein Tempel des Hephaistos. Nahe dabei
ein Heiligthum der Aphrodite Urania. Die Vereh¬
rung dieser Urania haben zuerst die Assyrer bei sich
eingeföhrt, nach den Assyrern die Paphier auf Ky-
pros, und unter den Phönikern die Einwohner von
Askalon in Palästina. Von den Phönikern lernten
sie die Einwohner von Kythera kennen und verehren
sie. Bei den Athenern führte Aigeus ihre Verehrung
ein, weil er meinte, dass wegen des Zornes der Ura¬
nia er selbst keine Kinder habe — - denn er hatte noch
keine Kinder — und seine Schwestern dasselbe ünglükk
'getroffen habe. Die aber noch jezt dastehende Bild-
I Säule ist von Parischem Marmor und ein Werk des
|Phidias. Die Athmoneer sind eine attische Gemeinde ;
diese erzählen, dass Porphyrios noch vor Aktaios re¬
giert, und das Heiligthum der Urania bei ihnen ge¬
stiftet habe. Man erzählt aber in den Gemeinden
auch so manches andere nicht Uebereinstimmeode mit
den Bewohnern der Stadt. ~ Diese Ansicht des
sanias über den Ursprung und die Herkunft des Aphro-
Iditekultes haben wir oben beleuchtet. Er drükkt sich
nicht deutlich aus, woher denn eigentlich Aigeus die
Aphrodite genommen haben sollte, so wie er sich
überhaupt in seinen Ansichten über die Aphrodite nicht
gleich bleibt; doch kann es in Athen eine Sage ge¬
geben haben, welche den dortigen Kult von dem auf
Kythera herleitete, obgleich dies noch nicht geradezu
in Pansanias Worten liegt. Aigeus und Theseus
werden als die Repräsentanten des neuern Volksstam-
ines der Jonier angesehen, welche auf die Pelasger
nlgten, und galten theils für die Eroeuererj thells für
121) Paus. 1, 14, 6.
I
478
die Stifter der attischen Götterdienste. Erneoen konn¬
ten sie nur solche, welche früher unter den Pelas-
gern in Attika Geltung hatten, und einführen füglich
keine andere als jonische Gottheiten. Eine speziell
jonische Gottheit war aber Aphrodite keinesweges.
Die Sage von der Einführung der Aphrodite durch
Aigeus kann also keinen religionsgeschichtlichen Werth
haben, wie denn auch die Sagen der Deinen nach
Pausanias. deutlicher Angabe nicht mit jener überein¬
stimmten. Wie weit die Demen den Kult der Göttin
in die Urzeit hinaufrükkten, das sehen wir nament¬
lich aus der Behauptung der Athmoneer. Wir müssen
die Aphrodite daher für eine Göttin aus pelasgischer
Zeit erklären, deren Bedeutung durch die Göttin der
neuern Zeit, die Athene, verdunkelt wurde. Hier ist
sie mit Hephaistos vereinigt, wie die neuen helleni¬
schen Vorstellungen es erheischten. Daneben treffen
wir aber auch den alten pelasgiscben Beisizer der
Aphrodite, den Ares. In einem Tempel desselben
standen zwei Bilder von ihr ***), und auf sonstige
Spuren seiner Bedeutung neben Aphrodite haben wir
oben beim Sühukult der Göttin aufmerksam gemacht.
Nun erzählt Pausanias ***) weiter: Die Vereh¬
rung der Aphrodite Pandemos und der Peitho hat bei
den Athenern Theseus eingeführt, als er ihre Ge¬
meinden zu einer Stadt vereinigt hatte. Die alten
Bildsäulen waren zu meiner Zeit nicht mehr vorhan¬
den^ weiche ich sah, waren von ausgezeichneten
Künstlern. Auch Ge Kurotrophos und Demeter Chloöi
haben hier ein Heiligthum. — Offenbar war diese Göttin
des Theseus verschieden von jener des Aigeus, und
wie die des lezteren vielleicht eine 8chöpfungsgott-
Paus. I, 8, 5. Aristoph. Acharn. 991 und Schol.|
123) Ders. 1, 22, 3. vgl. Phot, im Lexikon.
479 •
iieit ist, so haben wir in des Theseus Pandemos eine
iJrdnerin der staatlichen ond bürgerlichen Verhilt-
lisse, einer Apaturos sehr ähnlich. Ausserdem ¥er-
jhrt Theseus die Aphrodite aber auch noch als Meer-
Gottheit und Fahrteolenkerin. Als er nach Kreta se-
Ijeln wollte, erhielt er vom delphischen Orakel die
Veisung, die Aphrodite sich zur Führerin und Be¬
gleiterin zu erwählen. Als er ihr am Ufer opferte,
erwandelte sich die weibliche Ziege in einen Bokk,
nd daher nannte man die Göttin Epitragia.
i Die lezte 8tufe der Entwikkelung des Aphrodite-
j.ultes wird von Solon durchgeführt. Er hatte der
l’andemos einen Tempel auf dem Plaze der öffentli-
ihen Volksversammlung errichtet, schöne junge Mäd-
ihen gekauft und sie in einem öffentlichen Hause zu
dnes Jeden Dienste vereinigt, um die Brennbarkeit
I er Jugend auf eine für die Sitten unschädliche Weise
ibzuleiten. Zugleich hatte er sie unter Obhut der
i’andemos gestellt und seitdem wurde Aphro-
ite die Vorsteherin der Bordelle. Aus ihrem Er-
rage war jener Tempel der Fandemos errichtet.
Es gab im ganzen Attika und zu Athen beson-
ers sehr viele Heiligthünier der Aphrodite, denn sie
lebt mit den Musen Attika Eine Aphrodite
lippolytia stand bei der Akropolis, auf demsüd-
ichen oder westlichen Theile des Fusses der Burg,
•on wo man nach Trözen sehen konnte; in jener Ge¬
iend, in welcher des Theseus Tempel lag. Phaidra,
I 124) Plutarch. Thes. 18. Aifooäirtiv xa9ijyi^6pct nouM9-m
jW TiaQc/.yMhlv avpi/^noQop,
'• 125) Nikander undM enand er bei Athen. 13,569. Har-
i 0 k r a t i o u u. nüpiStifdog.
126} Soph. Oid. Kol. 690. Corp. Inscr. gr. Nr. 507 ff.
: 127) Diodor 4, 62. Schol. z. Hom. Od. 11, 320.Eurip.
ipp. 26 ff. u. Schol.
480
Gemalin des Theseus, als sie sich in ihren Stiefsolir
Terliebte, soll ihn erbaut haben, und in der Nähe wai
der Grabhügel des Hippolytos. Die Aphrodite hiesi
i(p’ 'InuoXmep oder Hippolytia, das Heiligthum Hippo¬
lyteion. Tzetzes "**) sagt, dieser Tempel sei Ero¬
tikon genannt worden, üeber den Ort, welcher
Gärten, heisst, wussten die Athener zu Pausaniat
Zeit nichts mehr zu sagen, ebenso wenig ah
über den Tempel der Aphrodite, auch nicht eiuma
über die Aphrodite, welche in der Nähe dieses Tem¬
pels stand. Sie hat eine vierekkige Gestalt, so wi(
die Hermen, mit der Aufschrift: Aphrodite die ältesb
der Moiren. Die Bildsäule war ein Werk des Alka-
menes, und unter dem, was zu Athen erwähnt zi
werden verdiente, sehenswerth. Ein unterirdische
Gang führte von der Akropolis dahin. Ferner beteh
man Aphrodite als Pinthyros *3“) an. Neben eine
Aphrodite des Kalamis '**) stand die Leaina, Geliebh
des Aristogeniton oder Harmodias, welche nach Er
inordung des Hipparchos als Mitwisserin der That voi
Hippias zur Rechenschaft gezogen wurde, und, ohm
etwas auszusagen, auf der Folter starb. Nach Ver
treibung der Peisistratiden beschlossen die Athene
ihr Andenken zu ehren, begnügten sich aber mit einei!
symbolischen Darstellung einer Löwin, welche auf de
Akropolis stand. Der Tempel der Aphrodite Phila
genannt Philaion, soll von einem Schmeichler des De
metrios, dem Lampsakener Adeimautos, gegründe
sein Er stand in Thriai. Der Aphroditi
128) Z. Lykophr. 1329.
129) Paus. 1, 19, 2. PI in. 36, 4, 3.
1.10) Suidas. Eustath. z. II. S. 1881. Seneca Br. 10
131) Paus. 1, 23, 2. Athen. 13, 596. Pliu. 34, 19, 12|
132) Athen. 6, 253. Jakobs. Verm. Sehr. 4 S. 533
481
\
I
l^eafna und Lamia baute Demelrios Tempel Der
kphrodite Pythionike baute Harpalos ku Ehren der
jletäre Pythianike einen Tempel ’®*). Auf Molonos
ivurde Aphrodite gleich stark mit der Demeter Erin-
Ays verehrt Zu Pera am Hymettos befand sich
} ine Quelle, wenn deren Wasser Frauen tranken, so
^ ollten sie leicht gebären, und unfruchtbare fruchtbar
; /erden. Viele nannten die Quelle Kyllopera *^5^,
sm Demos Alopeke wurde Aphrodite, und neben ihr
er Hermaphrodit verehrt. ZuPs-hamnus stand eine
, i.phrodite, deren Bild von Agorakritos war, und den
jiamen Nemesis führte. Varro ydeht sie allen andern
jOr. Mit dem gebogenen und emporgehobenen Arm
jielt sie das Gewand vor der Brust Zu Oro-
|OS befand sich ein Tempel des Amphiaraos, und der
|ierte Theil des Altares war unter andern auch der
iphrodite geweiht ImPeiraios amMeere ***)
|,and ein Tempel der Aphrodite, welchen Eonon
auen Hess, als er bei Knidos die Lakedämonische
lotte besiegt hatte, Pausanias denkt dabei an die
inidische Verehrung der Göttin, allein dies giebt hier
leinen Sinn ; wahrscheinlich geschah es, weil Aphro-
:;te Glükk zur See gewährt. Ein Theil des Pei-
lios, wahrscheinlich dieser, wo das Ileiligthum lag,
iihrte den Namen Aphrodision. Auf dem nahen Vor-
brp. Inscr. gr. Nr. 507. Eökh glaubt, dass es der Tempel ist,
|elchen Paus. 1, 37, 5 erwähnt.
133) Athen, a. a. O.
134) Athen. 13, 595. Corp. Inscr. gr. Nr. 608.
135) S ui das u. y.v)Xov n^()up,
136) Plin. 36, 4, 3. — Virg. Ciris 228.
137) Paus. 1, 34, 2.
138) Ders. 1, i, 4.
II.
31
f
482
g;ebij*ge Kolias befand sich ein sehr berühmt«
Tempel der Aphrodite, nnd eine Bildsäule der Kolii;
nebst Bildern der Göttinnen, welche Genetyllides he,
ssen. Der Dienst dieser Göttin war auf eine völlig
Weise in Unzucht ausgeartet, und die Buhlerinm
riefen sie an. Ein junger Athener sollte den Temp
erbaut haben, als er von Räubern gefangen, dur«i
die Tochter ihres Anführers geliebt und befreit wo
den war. Ganz dieselbe Sage wird von der Aphr
dite Kolotis, icoo?Mrig zu Athen erzählt. Luki;
leitet diesen Namen and t(av xoaXtßv her, weil man
die Lenden die Zeugungsfähigkeit und Fruchtbarin
sezte. Ihr Dienst war ebenso unzüchtig wie der <1
Kolias, und beide scheinen überhaupt für eins g
nommen zu sein, wenn sie auch der That nach nie
denselben Ursprung hatten.
Zu diesen Tempeln der Aphrodite kommt d
Dienst des Eros, der Horen und der Chariten. Er
stand am Eingänge in die Akademie. Die beid
Horen Karpo und Thallo verehrten die Athener b
der Pandrosos, und feierten ihnen die Horäen. B
reits Amphiktyon hatte denHoren einen Altar im Tci
pel des Dionysos errichtet. Der Dienst der Charit
war sehr alt und angesehen; Pamphos sollte den e
sten Gesang auf diese Gottheiten, welche auch
Mysterien verehrt wurden, angefertigt haben. I
Namen der beiden ältesten Chariten waren Hegemo
und Auxo-, die Chariten standen am Eingänge d
Akropolis. Jener Aphrodite Pandemos^ welcher Ih
seus als der Schuzherrin des Staatsbandes und Or
139) Paus. 1, I, 5. Strabon 9, 398. Aristo^
Lysistr. 2. u. Schol. Harpokrat. Etym. M. Steph. v. B
140) Lykophr. 8ö7 u. Tzetz, Eudokia S. 266. L|-
kian Eikon.
483
lierin des Volkes und der inneren Zustände huldigt,
liähert sich jener Begriff der Chariten, welchen wir
'n Orchomenos kennen gelernt haben, und der sich
liier wiederholt, indem den Chariten und dem Demos
'in gemeinsames Heiligthum auf dem Plaze der öf-
entlichen Volksversammlungen errichtet war.
I IMegara.
I Geht man von dem heiligen Bezirk des Zeus
la die Burg hinauf, welche Kar heisst, so ist da ein
Pempel des nächtlichen Dionysos (Nyktelios), ein Hei-
(gthum der Aphrodite Epistrophia, ein Orakel der
liacht und ein Tempel des Zeus Konios. Diesen Gott¬
leiten muss Aphrodite eng verbunden gewesen sein,
'iese Gesammtheit aber die oberste Geltung gehabt
laben, eingeschlossen die Demeter, weil sie auf bei-
en Burgen Megaras einen Tempel hatte. In der
ftadt besass sie ebenfalls einen Tempel. Nach dem
lleiligthum des Dionysos Patroos und Dasyllios zeigte
lan einen Tempel der Aphrodite das Bild der-
lelben ist von Elfenbein und führt den Namen Praxis,
des war das älteste Bild des Tempels. Die Peitho
nd Paregoros waren VPerke des Praxiteles. Des
ikopas Eros, Himeros und Potho^ sind wie dem Na-
len, so auch den Geschäften nach verschieden. Nahe
lem Tempel der Aphrodite befindet sich ein Hcilig-
141) Paus an. 1, 40, 5.
142) Ders. 1, 43, 6. Welker Aesch. Tril. S. 241. Anm. 429.
eht in der Zusammenstellung des Eros, Himeros und Pothos
jine mystische Beziehung, „sie drükken blos eine Stufenfolge
T Liebe aus, völlig gemäss einem Aphroditetempel, worin die
öttin den Beinamen IIqu^is, vom Beischlafe, führte, und worin
ich die Peitho und Paregoros von Praxiteles nichts anders als
nschmeichelnde Liebesbethörung bedeuteten.“
31#
4S4
thum der Tyche, eia Werk des Praxiteles. Sohabei^
wir hier ia Megara den Kult der Göttin in zwei For I
men^ eine düstere und ernste Göttin^ welcher Lebe; i
und Tod, Lenkung des Geschikkes der Welt un
der Gemeinden obliegt, und die heitere Göttin de ,
Zeugungslust und der Liebe, mit ihrer ganzen Um I
gebung, welche aber durch die Nahe des Dionyso |
Patroos als die mütterliche Pflegerin und Erhalten i
des Volkes sich kund thut.
Korinth.
In keiner Stadt des europäischen Griechenland
war der Kult der Aphrodite so ausgedehnt als in Kc
rinth. Ihr Bienst ist der eigentliche Staatskult, w;
er allerdings auch an andern Orten war, nur hat d<
Glanz des. hiesigen Kultes ihm mehr Bedeutung tu
einen grösseren Namen verschafft als anderswo. D
Korinthier erzählten Poseidon sei mit Heli<
über den Besiz des Landes in Streit gerathen, ur
Briareos von ihnen als Vermittler angenommen, hal
den Isthmos und alles daselbst dem Poseidon zug
sprochen, die Anhöhe von Akrokorinth aber dem B
lios «-egeben. Dieser überliess sie jedoch der Aplir
dite.^ Beide, Aphrodite und Helios, stehen oben a
der Höhe, gleichsam als die Schuzgottheiten der Stm
wie Athene auf der Akropolis, welche dort ein'l
Kampf mit Poseidon hatte bestehen müssen, wie hi
Aphrodite, oder, wie der Mythos sagt, Helios für sii
Der Göttin Bild war bewaffnet, und da keine Spur
143) Paus. 2, 1, 6. 2, 4, 7. Stra’oon 8, 379. nennt
ein vci'idiov, Alkipbron 3, 60. nal mys cfcai Ttjp A'fQo<i^TriV
upccßxoißav niv "AzQoy.oiiti'd^op ((andcctcx^ai' H f-ih «!?« >1
liiv yvpcdoi^ UfQodlTi] nokovxo?, rok t)t flpJln'iOiP h Muos xciMQVi\
485
ieines Ares hier mehr vorhanden sind, so ist es zwei-
Ifelhaft, ob dies eine ursprüngliche Yorstellung der
Aphrodite hierselbst war, oder ob nicht vielmehr die¬
selbe aus dem Peloponnes herüber genommen war, da
tnan sie für eine Burggöttin passend finden mochte,
^’eben der Aphrodite befand sich Eros einen Bogen
ührend. Die Münzen der iStadt tragen das Bild der
, jlöttin ; und Euripides nennt Korinth nöXig
: vährend sie in den ältesten Zeiten Heliupolis gehei-
isen haben soll. Unten in der Stadt stand Aphrodite
sebst andern Gottheiten auf dem Markte ‘^*)5 als die-
! enige Gottheit, welclie über der Gesammtheit wal-
1 ete; ihr Bild war von Hermogenes aus Kythera ver-
ertigt. Zu den Seiten standen ein Apollon und zwei
püdsäulen des Hermes. In dem Zypresseohain Kra-
jieion vor der Stadt befand sich ein Tempel der Aphro-
|ite Melainis, und ein Grab der Lais. Spuren eines
fiühnkultes haben wir darin erkannt^ dass das kypri-
Iche Schaafopfer der Aphrodite aus Korinth stammen
ioüte.
i Die Handelstage, der Zusammenfluss vieler Frem-
jlen, die Bekanntschaft und der ausgebreitete Verkehr
nit den östlichen Gegenden, der Reichthum, Glanz
|ind das Wohlleben der Stadt beförderten die Auf¬
nahme des unzüchtigen weiblichen Hieroduleninsti-
uts bei dem Tempel der Göttin, welches wir in kei-
f er griechischen Stadt so gross als hier finden. Diese
Einrichtung lässt sich aber in Griechenland überhaupt,
venn man den der Aphrodite anvertrauten Schuz der
llordelle in Athen, so wie das zügellose Benehmen
ler Hetären an den Aphrodisien, was doch noch von
1cm Hieroduleninstitut getrennt werden muss, aus-
limmt, an keinem Orte weiter nachweisen. Der Tem-'
I 144) Paus. 2, 2, 7.
1
486
pel der Aphrodite ’**) war so reich, dass er über tan-
send Hetären als Hierodulen hielt, welche der Göttir
von Männern und Frauen geweiht worden waren, unc
eine Quelle des Reichthums für den Tempel wurden
welcher, wie im Mittelalter die römische Kirche, vor
den öffentlichen Mädchen eine Steuer bezog. Diesi
wurden theils aus dem Vei’mögen der Göttin gekauft
theils von Gemeinden und Einzelnen derselben ge
schenkt, besonders wenn die Göttin das gewährt
worum man gebeten hat. Dieser Sitte gemäss tha
der Korinthier Xenophon, als er sich zum YFettkamj
nach Olympia begab, der Göttin das Gelübde, ihr wen
er siegte, Hetären zu weihen. Auf diesen Sieg schrie
Pindar ein Skolion, in welchem er die Hetären anif
dete, welche zugleich mit dem Xenophon, als er zi
rükkehrte. der Göttin opferten. Sic sind zu Korinf
die eigentlichen Vermittlerinnen zwischen den iMer
sehen und der Gottheit. Wie Charaaileon aus Hen
kleia berichtete war es ein altes Herkommen i
Korinth, dass, wenn die Stadt sich in wichtigen Ai
gelegenheiten an die Göttin wendete, sie so viele H(
tären als möglich zu dieser Feierlichkeit nahm, da:
diese mit zu der Göttin beteten, und nachher mit b
den Opfern gegenwärtig waren. Als der Perser seii
Heere gegen Hellas führte, begaben sich die kori
thischen Hetären, wie Theopompos und Timaios e
zählen, in den Tempel der Aphrodite und flehten f
die Rettung der Hellenen zu ihr. Die Korinthi
weihten hierauf der Aphrodite eine Tafel und zeici!
145) Strabon 8, 378. 12, 559. oi navros dvÖQo? ik Kooi
&OV tc»’ 6 nlov$. Dion Chrysost nennt Korinth nShv t*
oiisup re xat ysysvtifj.tvmv InntfQod'mrüjriv. Alkiphron 3, f
Jakobs Verm. Schriften. 3, 340 ff.
146) Bei Athen. 13, 573.
487
,eten die Hetären auf, welche damals die (Jebete ver¬
lebtet, und bei dem Opfer gegenwärtig gewesen wa-
pn; Simonides verfertigte ein Epigramm auf dieses
.reigniss
Die andere Seite, welche beim Kulte der Aphro¬
dite in Korinth hervortrat, war sie in ihrer Auffas-
ing als Meergottheit, und als solche konnte sie’ in
einer andern Stadt Griechenlands eine solche Be-
eutung haben; in Korinth aber konnte als solcher
ir kaum eine geringere Macht und Geltung zöge-
•hrieben werden, als sie als Staatsgottheit besass.
ai Tempel des Poseidon auf dem Isthmos befand sich
in kostbarer Wagen des Gottes ÄufdemFuss-
estelle des Wagens ist in der xMitte erhoben gear-
eitet Thalassa, die Aphrodite als Kind in die Höhe
altend, und auf beiden Seiten die NereideiK Es be-
ind sich daselbst auch ein Bild der Galene, In den
eiden Hafenstädten von Korinth fehlte die Aphrodite
icht. Im östlichen Hafen Kenchreai befand sich
in Tempel der Aphrodite, mit einem marmornen Bilde,
ann auf dem Damme, welcher durch das Meer ge-
ogen ist, ein eherner Poseidon; nicht w^eit vom Ila-
3n war ein Bad der Helena. Jene Aphrodite fühlte
en Namen Kenchreis, welches auf Kypros der Name
*iner Gemalin desKinyras war. Von westlichen Ha¬
len Leebaion erwähnt Pausanias zwar des Tempels
es Poseidon, aber nicht dessen der Aphrodite, wel-
I
I - — —
I * .
Il6a) Bei Athen, a. a O.
Ai (S' V7if() rt /.ul noXirßuv
taiucav KvtiqkJi äui^iovkf
ov yc(Q lo'ioff cQoiövv iu^ßaio cJt’ ' A<f Qotfhu
AiijJbiS "Ekkets/tav uxQÖnukw jiQodvfj.tP’.
117) Paus 2, !, 9.
148) Ders. 2, 2, 3.
f
488
dien wir aus Pliitarch kennen lernen. Auf ko¬
rinthischen 31ünzen '®®) findet man die Aphrodite aul
einem W'ag’en, welchen Triton mit einer der Nerei¬
den führt. Ein anderes Mal ziehen zwei Hippokam-
pen den Wagen; auch die Aphrodite Siegerin findet
sich; eine Münze stellt die Göttin mit einem Spiegel
in der Hand dar; ein ander Mal sieht man sie in
einem viersäuligen Tempel. Neben dem Kult dei
Aphrodite muss die angesehene Verehrung der Horen
in Korinth erwähnt werden, und auf dem zum korin¬
thischen Gebiete gehörigen Gebirge Geraneia dei
Tempel des Zeus Äphesios in welchem sich eine
Bildsäule der Aphrodite befand. Klausen macht es
wahrscheinlich, dass auch der Dienst des Aeneas
schon sehr früh in Korinth vorhanden gewesen, und
von hier* nach den westlichen Kolonien dieser Stadl
geführt worden sei.
Sikyon.
Der Hauptkult dieser Stadt ist der des Diony¬
sos; daneben entwikkelte sich aber, grösstentheils
wol auf verwandte Weise, und zum Theil vielleicht
durch Einfluss von Korinth her, der Dienst der Aphro¬
dite, von der Pausanias zwei Tempel anführt. Föi
die Würdigung der Bedeutung, welche Aphrodite für
Sikyon gehabt hat, muss aber wohl auf die Darstel¬
lung derselben geachtet werden, welche uns schor'
früher angelegentlich beschäftigt hat. Es ist jene
Aphrodite mit einer Weltkugel auf dem Kopfe, in dei
149) Tav inm ao(p, <Tv/j.noö. Kap. 2.
150) Ekhe] Doctr. num. 2, 242. Mionnet 2, 186 Suppl
4, 66 ff. 7S.
l&i) Paiisan. 1, 44, 13.
489
einen Hand einen Mohnsteogelj in der andern einen
Apfel, welcher alle Thiere ausser den Schweinen
geopfert wurden, und deren Schenkel mit dem Laube
des Päderos verbrannt wurden, welches in der Ein¬
fassung unter freiem Himmel wuchs, sonst aber nir-
igends, wie Pausanias angiebt, weder in einem andern
Lande, noch in Sikyonien. In den Tempel durfte nur
die Tempeldienerin gehen, welcher nicht mehr ver-
stattet war, einem Manne beizuwohnen, und eine
Jungfrau, mit der Benennung Lutrophoros, welche das
jährlich wechselnde Priesterthum verwaltete. Alle
andern sahen die Göttin nur von dem Eingänge her,
und beteten von dort zu ihr. Danach muss sie als
Weltkönigin und Herrin der Geschlechter gefasst sein,
und es fragt sich, ob wirklich für Sikyon Dionysos
lund nicht vielmehr Aphrodite eine höhere Geltung für
]die Stadt gehabt habe. Die Münzen * ® geben durch-
igängig als Sinnbild die Taube, und viele führen auch
den Aphroditekopf nach einem alten Typos. Der
Kreis der Aphrodite für Sikyon wird aber noch er¬
weitert, indem wir den Eros auf Kaisermünzen ho¬
lden, Anchisiadische Vorstellungen von Klausen nach-
igewiesen sind, Aeneas mit einer Taube auf Münzen
vorkommt, und sich ausserdem hier vielleicht noch
der Kult des Adonis eingebürgert hatte. Für das
Alter und die Verbreitung der Aphrodite von Sikyon
list das aber noch von Wichtigkeit, dass die sikyoni-
sche Siedelung Golgoi auf Kypros auf diesem Eilande
den ältesten Dienst der Aphrodite gehegt haben sollte.
In bedeutungsvoller Umgebung finden wir zu
Titane *’*) die Aphrodite: in der Halle des Tem-
152) Mionn. 2, 199 ff. Suppl. 4, 160.
153} Paus. 2, 11, 8.
490
pels des Asklepios stand die Göttin mit Dionysos,
Hekate, Demeter und Tyche.
Argolis.
Um den Kult der Aphrodite zu Arges richtig
zu verstehen, wäre eine vollständige Aufklärung des
alten Naturkultes dieser 8tadt, seiner Schattirungen
und Verzweigungen höchst wünschenswerth. In do¬
rischer Zeit war die apollinische Religion Staatskult^
daneben bestand aber ein alter sehr angesehener Na¬
turkult der Hera, welcher die Quelle alles alten He-
radienstes zu Samos “*) u. s. w. ist. Daneben be¬
stand aber ein anderer Kult dieser Art, der der Aphro¬
dite, welcher einem andern, aber nicht mehr näher nach¬
zuweisenden Stamme der dort zusammen getroffenen
älteren Völker gehört haben muss, und als ihr Gemal
scheint Ares gedacht gewesen zu sein, welchen wir
freilich nur noch in schwachen Spuren an der bewaff¬
neten Aphrodite erkannt haben, deren Heiligthum ober¬
halb des Theaters stand. Was die in einander über¬
greifenden Vorstellungen dieser bewaffneten Aphro¬
dite und der Nikephoros, der siegenden Aphrodite,
welche einem Hermes zugesellt war, betrifft, so haben wir
oben darüber unsere Ansichten mitgetheilt. Das llei-
ligthnm der lezteren hatte liypermnestra errichtet,
nachdem sie vom Gericht der Argiver freigesprochen
war, dass sie gegen ihres Vaters Befehl ihren Gatten
nicht ermordet hatte. Unter andern Sehenswürdig¬
keiten zu Argos erwähnt Pausanias '“*) auch eines
Tempels des Dionysos, mit dem Beinamen des kreti¬
schen 5 und daneben stand ein Tempel der Aphrodite
154) 2, 23, 8.
491
Urania. Die Benennung des Kretischen hatte Diony¬
sos bekommen, weil er Ariadne, als sie gestorben,
hier begraben habe. Lykeas aber hatte gesagt, dass,
als man den Tempel zum zweiten Male aufbaute, ein
irdener Sarg gefunden worden sei, und dass dies der
Sarg der Ariadne war. Durch diese Zusammenstel-
t lung thut sich Aphrodite als eine Dionysosgemalin kund‘,
und nähert sich sehr den Vorstellungen der Ariadne,
! beide aber verschmelzen auf Kypros zu einer Aria-
jdne-Aphrodite, von welcher wir an einem Orte näher
'sprechen. Daran schliesst sich die Gräberaphrodite,
TV[jißu)QV)rogj das Fest der Hysterien, an welchen Sau—
Opfer gebracht wurden, die Hybristiken mit dionysi¬
schen Mummereien, wo Männer in Frauenkleidung
und umgekehrt opferten. Dies gab die Veranlassung
zu unzüchtigen Auffassungen, aus welchen die Aphro¬
dite nsoißaöia hervorgeht. Dann gab es eine Aphro¬
dite Akraia daselbst; man verehrte die Horen
und die Chariten, und hatte viele troische Vorstellun¬
gen; man glaubte in Argos das Palladium zu besizen,
das Bild des Aeneas stand auf dem Plaze Delta
ans Erz, umgeben von lauter Vorstellungen, welche
sich auf die Aphrodite bezogen; nahe dabei das Ge¬
bäude, in welchem die Frauen den Adonis beweinten,
dann die Gerichtsstätte der Hypermnestra, Äphrodites
eigner Tempel und die Artemis Peitho, welche Hy—
permnestra weiht; dies Heiligthum dem Bilde des
Aeneas zunächst. Der kyprische Adonis schliesst sich
dem uralten Naturkulte des Linos zu Argos an. Be¬
sonders merkwürdig ist uns aber Argos durch seine
vielen Einwirkungen auf Kypros, weiche hier aber
nicht alle wiederholt werden können. Vieles Argi-
155) Paus. 2, 20, 7. 6, 9. 1.
156) Ders. 2, 21, 1 ff.
492
vische wird vollständig aufgenommen, manches muss
sich nothwendigen Veränderungen fügen; so werden
diePrötider in kyprischer Sage auf die Aphrodite be¬
zogen, in Argivischer stehen sie in Verbindung mit
Hera. Die kyprischen Argiver brachten wachschein-
lich ihre Heroengeschichte mit der heimischen in enge
Verbindunsr. Einen König: als Nachkomme des Jasos
glauben wir nachgewiesen zu haben und Jo,
des Jasos Tochter, muss nach Kypros wandern. Aber
nicht blos aphrodisische Vorstellungen gingen von Ar-
gos auf Kypros über, sondern Argivisch war auch
der kyprische Apollon.
Vor dem Thore von Argos auf dem Wege nach
Mantinea ist ein doppeltes Heiligthum erbaut,:
das einen Eingang gegen den Untergang der Sonne
und einen andern gegen den Aufgang hat. Auf dieser
Seite steht ein hölzernes Bild der Aphrodite, gegen
Untergang der Sonne eines des Ares. Es sollen aber
die Bildsäulen Weihgeschenke des Polynikes und
der Argiver sein, welche das ihm zugefügte Unrecht
zu rächen mit ihm zu Felde zogen. — Dieser Tem¬
pel ausserhalb der Stadt kann und muss als Bestäti¬
gung der Annahme dienen, dass in Argos Ares aU
der Beisizer der Aphrodite gedacht sei, und die Ver-
^ Aesch. Hiket, 28ii’
darauf kommen, dass er den Argivischen König sagen lässt, ehei
als Argivischen Geschlechts scheint ihr, die Danaiden, mir von
Nil zu stammen, spricht sich der Kingios /«paznjg in euren Zü¬
gen aus u. s. w. Diese Erwähnung von Kypros zwischen Li
byen und Indien, nimmt sich sonderbar aus, und muss noch einer
andern Grund haben. Eine solche bedeutende , eigenthümliclu
und so fremdartige Bildung kann man für Kj'pros nicht voraus-i
sezen, dass sie neben so ferne Länder -wie Libyen und Indier^
genannt zu werden verdiente, in welcher sich das Entferntesttj
und Fremdeste aussprach.
158) Paus. 2, 25, 1.
493
bindung, in welche die Gründungsgeschichte des Tem¬
pels denselben mit Polynikes seztj wird für dies
Paar noch dadurch inhaltsreicher, dass auch in The¬
ben Ares der Beisizer der Göttin ist.
Zu Lerna befanden sich innerhalb des Hai¬
nes ein Bild der Demeter Prosymne und eines des
Dionysos. In einem andern Tempel aber war ein
sizendes des Dionysos Saotes, und am Meere eine
Bildsäule der Aphrodite von Marmor. Hier ist also
Aphrodite als Dionysosgemalin, weiche als solche auch
zu Megara vorkam, zugleich in Beziehung auf das
iMeer gesezt. Der Hain zog sich bis an das Meer
jhinab. und dies Biidniss der Aphrodite sollte von den
ITöchtern des Danaos, welche in mehreren Verbin-
I düngen mit der Göttin stehen, geweiht sein. Es ist
I dabei namentlich an Amymone, deren Fluss die eine
jSeite des Haines begränzte, gedacht: sie sträubte
sich dem Satyr in jungfräulicher Keuschheit, war aber
iin freier Gesinnung dem göttlichen Besch üzer Posei¬
don zu Wunsche.
Geht man von Lerna ein klein wenig nördlich
Idie Küste entlang, so kommt man nach Teme¬
nion auch hier wurde Aphrodite als Meergott-
heit verehrt, und neben ihr Poseidon.
! ln Epidauros war Asklepios Hauptgott, in sei¬
nem Haine belhnd sich ein Tempel der Aphrodite
so wie ein anderer in der Stadt selbst
Dem chthonischen Kult der Demeter zu Her¬
mio ne *®®) schliesst sich ein Theil des dortigen
159) Ders. 2, 37, 1.
160) Ders. 2, 38, 1.
161) Ders. 2, 27, 6.
162) Ders. 2, 29, 1.
163) Ders. 2, 34, 10 ff. Mionn. Suppl. 4, 263.
494
Aphroditedienstes an: in dem einen Heiligthum der¬
selben mussten die Jungfrauen und die Wittwen,
wenn sie wieder heirathen wolltenj opfern ^ unter den
übrigen Gebräuchen, welche dort noch stattgefunden
haben sollten, sind wahrscheinlich mystische zu ver¬
stehen. Ein anderer Theil fasst sie als Meergöttin
auf, und als solche führte sie den Namen Limenia und
Pontia, diesen vom Meer, jenen vom Hafen. Ausser¬
dem gab es noch einen Hain der Chariten.
ln Trözen haben uns die Sagen der Phädra
mehrfach in ihrer Beziehung zur Aphrodite beschäf¬
tigt. Nicht weit von der Rennbahn des Hippolytos * ®
lag der Tempel der Aphrodite Kataskopia, aus wel¬
chem Phaidra, wenn sich Hippolytos in der Renn¬
bahn übte, auf ihn herab sah. Dort stand ein M}r-
tenbaum mit durchlöcherten Blättern; denn wenn Phai¬
dra sich hülflos fühlte und für ihre Liebe keine Lin¬
derung fühlte, so Hess sie ihren Unmuth au den Blät¬
tern dieser Myrte aus: eine Erzählung, welche viel¬
leicht in Beziehung auf Myrtenreinigungen steht. Am
Meere *“’) auf dem Vorgebirge stand ein Tempel der
Aphrodite Akraia, welchen die Halikarnassier , deren
Mutterstadt Trözen ist, erbaut haben sollten. Auf
dem Wege nach Hermione lag ein Tempel der Aphro¬
dite-Nymphe, welchen Theseus stiftete, als er die
Helena zur Braut erhalten hatte ‘®®).
ZuOrmai zwischen Argös undPhlius war Priap
zu Hause.
164) Ders. 2, 32, 3. vgl. Eustath. II. 2, 287.
165) Ders. 2, 32, 6. , . » . . ,iy„
166) Steph. V. B. Mihva. nohs J^yovs, n?
nfiüua. Avr.ön^P 403 th>'
d-toP.
495
Aigina.
Nahe hei tlem Hafen in welchem die Schiffe
gewöhnlich vor Anker lagen, befand sich ein Tempel
der Aphrodite. Sie ist also hier Hafengöttln, %vie
I eine Beruhigerin der See in jenem Feste des Posei¬
don, welches sich mit einem Gebet an die Aphrodite
endigte. Aus einer Inschrift ersehen wir, dass
die attische Kolias dort verehrt, und mit der gleich¬
falls attischen Hebe angebetet wurde.
i Lakonien.
Durch jonischen Einfluss war hier mit der Zeit
eine Milderung der streng dorischen Sitten eingetre¬
ten, indem die dionysische Bichtung der Entwikke-
lung des religiösen Lebens die apollinische überwand.
Daher stammen auch die vielen Aphroditeheiligthümer
namentlich im südlichen Lakonien, welches noch frö-
jher verweichlichte als Sparta Hier aber finden
jwir eine sehr alte und ehrwürdige Verehrung der
Göttin. Auf der Burg hinter dem Ileiligthume der
Athene C’halkioikos war ein Tempel der Aphro-
'dite Areia, welche wir für eine Gemahn des Ares erklärt
I haben. Pausanias sagt hiervon, wenn irgend wo in
'Griechenland, so sind die Schnis&bilder hier alt. Eben-
167) Paus. 2, 29, 6.
168) Corp. Inscr. gr. Nr. 2138.
169) Martial 4, 54, S, Haec Veneris sedes, Lacedaemone
gratior illi. Himerios 7, 8. von Sparta jfwroj
(fiTijg m eifinavTa. Themistios 6 S. 83. mxQsew txuv
T^p nav^Yvqip XuQkap, xißmp ' AfQoihtjg napiaialup iopA.
170) Paus. 3, 17, 5.
496
!
daselbst nahe bei den Statuen des Pausanias war
eine Bildsäule der Aphrodite Ambologera, der alter-
scheuchenden, nach einem Orakelspruche aufo;esteHt,i
und andere des Schlafes und des Todes. Nicht weit
vom Theater auf einem kleinen Hü^el stand ein alter,
Tempel und ein Schnizbild der bewaffneten Aphro¬
dite Unter den Tempeln war dies, nach Pau¬
sanias Aussage, der einzige, über welchem ein an¬
deres Heiligthum erbaut war, nämlich das der 31ür-
pho. Morpho ist ein Beiname der Aphrodite, sie ist;,
sizend gebildet, hat den Kopf verhüllt und die Füsse
gefesselt. Die Fesseln soll ihr Tyndareos angelegt
haben, weil er mit den Fesseln die Treue der Fraiiein
gegen ihre Gatten verglich ; die andere Deutung, dassJi
nämlich Tyndareos in der Meinung, durch die Aphro-;
dite seien seine Töchter in üblen Huf gekommen, die
Göttin mit Fesseln bestrafte, nehme ich ganz und gat :
nicht an, spricht der Berichterstatter. Denn mard
musste doch einsehen, dass es thöricht wäre, einBili
von Zedernholz zu machen, ihm den Namen def
Aphrodite zu geben, und zu glauben, dass man die
Göttin selbst bestrafe. Diese bewaffnete Aphrodite
ist eine Ableitung aus der Ares-Aphrodite, die Mor
pho gehört aber zu den lakonischen Gottheiten, wel'
che sich auf Kypros wiederfinden. Sie ist eine To j
desgottheit, aus welcher jedoch auch wdeder das Le j
ben hervorgeht, und wird deshalb in Beziehung auj
die Ehe gesezt. Diese wird noch besonders untej
dem Namen Hera-Aphrodite verehrt, von welcher d;
ein altes Schnizbild gab Nach einer loschrii.
ist sie auch hier mit den Mören verbunden, wie snj
171) Ders. 3, 18, 1.
172) Ders. 3, 15, 8.
173) Ders. 3, 13, 6.
497
Athen der Mören älteste heisst. In anderer Auf-
ssan^ als Schuzherrin der Gesaiamtheit, and Wäch-
rin über Ordnung, Einigkeit und Segen der Volks-
irsammlung stand sie neben Zeus, beide als olym-
sche Gottheiten, in der Skias Zum Kreise
jr Aphrodite in Sparta gehören die beiden alten
hariten, Kieta und Phaenna, mit ihrem Tempel am
luss Tiasa; Eros, welcher ausserdem 35a Lenkt ra
1 der Küste einen Hain und Tempel hatte, Helena,
eiche in der spartanischen Mythengeschichte eine
> grosse Stelle einnimmt, besass in Sparta ein Hei«,
^thum. Ihr wurden die Helenien gefeiert, von de¬
in wir aber nichts näheres wissen, als dass ein Zug
ädchen an diesem Feste nach dem Tempel dersei-
snpilgerte. ZuTherapne befand sich ihr Grab
In Amyklai ”®) waren besonders eherne Drei-
isse sehensvverth; an dem ersten war ein Bild der
phrodite eingegraben, ein Werk des Hitiades. Dann
ab es daselbst noch ein anderes Bild von Polyklei-
is, welches den Namen führte? Aphrodite bei dem
myklaios. Dieser Dreifuss und einige andere waren
|is der Beute des Sieges bei Aigospotamos geweiht
i'orden. Von Bathykles *”) waren die Chariten
jearbeitet. An dem Altäre sah man unter andern
jach die Moiren und Horen, und mit ihnen die Aphro-
ite^ sie bringen mit Athene und Artemis den Hya-
inthos und die Polyboia in den Himmel.
I Zu Epidauros Limera ”®) stand Aphrodite
n der Küste; ihre dortige Verbindung mit Asklepios
I 174) Ders. 3, 12, 9.
' 175) Ders. 3, 19, 9. Herodot 6^ 62. Schol, Lyk. 143.
176) Paus. 3, 18, 5.
177) Ders. 3, J9, 4. 4, 14, 2.
178) Ders. 3, 23, 6.
Tir
498
hat ihren Ursprung im Argivischen Epidauros, vo
dem das lakonische abstammte. Von der Mutterstac
waren auch Asklepios und Aphrodite nach Kos gi
führt. Südlich, wo das Land in das Vorgebirge M.‘
lea ausläuft, führt eine Berggegend den Namen ^^(pQ<
Sina und war also der Aphrodite geheiligt. D
Städte Etis und Aphrodisias soll Aeneas gegrüi
det haben. Der Insel Kranae gegenüber zu Cj
thion *®®) ward die Aphrodite Migonitis vcrehi
und hatte dem Gebiet den Namen Migonion gcgebc
Das Heiligthum sollte Paris gegründet haben; nal
bei der Migonitis aber stellte Menelaos, nachdem
Ilion eingenommen hatte, eine Bildsäule der Thei
und eine der Praxidike auf. Auch die Insel Kran:
ist aphrodisisch : Paris sollte hier mit der Helena sc
Beilager gehalten haben. Auf dem Vorgebirge Ta
naron *®®) am Meere stand ein Tempel der Aphr
dite mit einer stehenden Bildsäule von Marmor. A
dem Wege von Oitilos nach Thalamai ‘®‘) befa
sich ein Heiligthum der Ino und ein Orakel dersi
ben. Eherne Bildsäulen standen im Heiligthum uni
freiem Himmel; die eine der Paphia, die andere d
Helios. Das Bild der Ino selbst im Tempelhair
war vor den Kränzen nicht deutlich zu sehen. ^
sses Trinkwasser fliesst aus einer heiligen Quel,
welche Selene hiess. Die Paphia ist keine einh •
mische Gottheit der Thalamaten. Wie dieser At-
drukk desPausanias zu verstehen sei, ist nicht dei-
lieh, da man nicht wissen kann, ob er den Nami
Paphia nur allgemein für Aphrodite gesezt hat, ul
179) Th uk yd. 4, 56. Steph. v. B.
18«) Paus. 3, 22, 2. Aphr. auf einer Münze von Gytln
bei Mionil. Suppl. 4, 232.
181) Paus. 3, 26, 1.
499
(dann kann diese Göttin erst später ein^eführt sein,
jOder er versteht darunter auch die Paphische Aphro¬
dite im engem Sinne, wie Sardes und Pergamos sie
|Verehrten. Die leztere Meinung würde sich sehr em¬
pfehlen, wenn sie nicht dem Helios beigeordnet wäre,
^nd diese Verbindung ist eine sehr vereinzelte, indem
|kYir sie nur von Korinth kennen.
Messenien.
I
In ganz Messenien treffen wir nur einmal die
\phrodite und zwar in Messenien selbst; hier hat
sie aber eine bedeutende Geltung, indem sie ein Hei¬
ligthum neben Poseidon auf dem Markte hat "®®).
lie syrische Göttin in Thuria kann uns hier nicht
ingehen.
Elis.
ln dem heiligen Haine des olympischen Zeus,
tltis befanden sich Altäre der Aphrodite und
ler Horen. Zu Olympia selbst stand eineher¬
ies Bild der Aphrodite, ein Werk des Kleon von
jikyon, im Tempel der Hera; ein nakktes Koäbchen,
US Silber gearbeitet, sah man vor ihr sizend. Auf
em Berge Kronion stand neben dem Tempel
er Eileithyia ein Heiligthum der Aphrodite Urania,
welches zwar zu Pausanias Zeit schon in Trümmern
182) Ders. 4, 31, 5. ^
183) Ders. 5, 15, 3.
184) Ders. 5, 17, 1. Auf dem Kasten des Kjpselos sah
an den Ares die Aphrodite führend, ders. 5, 18, 1. EineAphr.
Iiter den Weihgeschenken des Smikythos, ders. 5, 26, 2.
185) Ders. 6, 20, 3.
32^
500
lag 5 man opferte indess noch dort. In Elis
stand hinter der Halle aas der Korkyräischen Beut
ein Tempel der Aphrodite, und ein heiliger Hain i
der Nähe. Die Göttin im Tempel nannte man Urs
nia; sie war aus Elfenbein, vergoldet und ein Wer
des Phidias; mit dem einen Fass aber stand sie ai
einer Schildkröte. In dem äiissern heiligen Geb«
der Göttin aber, welches mit einer Befriedigung ud
geben war, stand auf einem Sokkel ein ehernes Bi!
der Aphrodite auf einem Bokke, ebenfalls aus Er:
sizend. Dies war ein Werk des Skopas, und ms
nannte die Göttin Pandemos. Aus der Genossenscha
der Aphrodite hatten die Chariten zu Olympia ir
dem Dionysos einen Tempel und darin standen Alt/i
der Musen und Nymphen, ln Elis hatten die Char
ten einen eigenen Tempel auf dem Markte, d
nen zur Rechten Eros stand. Auf dem Markte hab<
wir sie auch zu Athen gefunden, und an diesen 0
ten waren sie ähnlich, wenn auch nicht so ausg
dehnter Geltung wie in Orchomenos gefasst. Hi
in Elis waren sie übrigens noch mit dem Dionyso
kult verbunden, denn die Weiber von Elis erwart
den stierfüssigen Dionysos im Geleit der Charite
Im Gymnasium zu Elis standen Eros und Antert
In der Hafenstadt Kyllene gab es zwei Tei
pel, einen des Asklepios, einen andern, nach der Z
sammenstellung in Epidauros, der Aphrodite, und ei
Bildsäule des Hermes.
Achaja.
ln diesem Lande finden wir noch sehr alten ui[
186) Ders. 6, 25, 2.
1S7! Ders. 6, 24, 5-
188) Ders. 6, 26, 3.
501
I
gewichtigen Kult der Aphrodite. Zu Patrai
tand ein Heiligthum derselben nicht weit vom Tem-
•el des Poseidon; das eine der Bilder hatten die Fi»
Icher mit dem Neze, iv Sixvmi, aus dem Meere gezo¬
gen, und es deutete durch diese ihre Geburt aus dem
jleere an, dass man sie als Schöpfungsgottheit fasste.
\m Hafen standen ein Paar Bilder des Ares und
Ikpollon; Aphrodite selbst hatte dort eine heilige
litätte; das Antliz, Hände und Füsse ihres Bildes
Iraren von Marmor, das üebrige von Holz. Dann war
och ein heiliger Hain der Demeter daselbst, mit Hei-
tgthümern des Apollon und der Aphrodite, deren
itilder aus Marmor sind. Eben so wichtig wie diese
l^erbindungen ist, dass in derselben Stadt *®®) nicht
veit vom Theater zwei Tempel standen, von denen
ler eine der Nemesis, der andere der Aphrodite
i ' •
■ehörte; ihre Bilder waren gross und von weissem
larmor. Das Verhältniss der Aphrodite zur Nemesis
ennen wir namentlich von Rhamnus in Attika her.
Etwas östlich bei Argyra floss das B'lüsschen S e-
emnos, von dem man folgende Erzählung hatte
iirgyra, eine Nymphe des Meeres, liebte einen Hirten
lelemnos, stieg vom Meere zu ihm hinauf und ver-
/eilte bei ihm am Flusse.. Nachdem aber Selemnos
eine Jiigendblüthe verloren hatte, mochte sie nicht
lehr za ihm gehen. Selemnos von der Argyra ver-
issen starb vor Liebe, und wurde von der Aphrodite
1 den Fluss verwandelt. So erzählten die Paträer.
k^ber noch als Fluss liebte er die Argyra, wie Alpheios
ie Arethusa, bis Aphrodite ihm das Vergessen der
krgyra schenkte. Pausanias hörte aber auch noch die
189) Ders. 7, 21, 4.
190) Ders. 7, 20, 5.
191) Ders. 7, 23, 2. Aphrodite auch auf Münzen toh Patrai.
502
Erzählung, dass das W asser des Selemnos ein zoträg
liches Heilmittel der Liebe für Frauen und Männer se
Daraus sehen wir, dass hier Reinigungen durch Was
ser für die von Liebesgram Gebeugten vorgenomme
wurden.
Zu Aigion war ein Tempel der Aphrodi«
am Meere-, und ihm folgte einer des Poseidon. 1
Tempel des Zeus Komagyrios stand auch eine Bih
Säule der Aphrodite. Zu Bura * standen drei Ten
pel, einer der Demeter, ein zweiter dem Dionysr ^
und der Aphrodite gehörig, und der dritte der E fj
leithyia. Zu Aegira genoss die Urania nadti
Pausanias Angabe eine sehr starke Verehrung; in i1^(
ren Tempel durften aber die Männer nicht komme
Daselbst war auch ein Tempel der syrischen Götti *1
in diesen Tempel durften die Männer zu bestimmt i
Tagen kommen. In der Nähe der Aphrodite stai.vj
eine Kapelle mit einer Tyche und einem Eros. 1
I
Arkadien. j
So werthvoll auch die vorstehenden Kulte d'
Aphrodite in Achaja für uns sind, und augenschemli\
für reine und ungetrübte Auffassungen der Göttin at
alter religiöser Zeit zu erachten sind, so muss do;
Arkadien und die Vorstellungen der Aphrodite dasell ;
noch einen höhern Werth für uns haben, weil hier< !
pelasgische Bevölkerung durch keine andere, wet*
dorische noch jonische^ unterdrükkt wurde, sondti
durch alle Zeiten kräftig fortlebte. Wie überhaupt t J
Kulte der Pelasger, so auch der der Aphrodite, brauci 5
192) Ders. 7, 24, 1. j
193) Ders. 7, 25, 5. |
194) Ders. 7, 26, 3. ^
503
sich hier daher auch nicht ganz in die Mysterien zu-
ükzuziehen, sondern behielt eine dauernde Woh-
jiung im Gemüth und Glauben des Volkes. Was wir
jiier antreffen , sind ächte und alte Begriffe des aphro-
lisischen Kultes voll innern Gehaltes. Sie sind daher
iiuch alle physisch, stehen in Beziehung auf Frucht-
arkeit des Bodens und Leben in der Natur. Vor¬
teilungen der Art, in welchen Aphrodite z. B. Be-
chüzerin der Gemeinden, bürgerlicher Eintracht, städ-
^schen Gesammtlebens ist, fehlen hier; ebenso die Be-
jiehungen auf das Wasser, welche wir vorher in
^chaja noch so bedeutend hervortreten s/ihen. Dies
letztere kam aber einfach aus der äussern Lage des
iandes, welches seine Bevölkerung nicht so, wie z.
j{. das benachbarte Achaja, auf das Wasser hin wies»
pie Beziehungen auf dasselbe lagen aber vollständig
1 ihm, und hätten nur der äusseren Anregung bedurft,
m in die Erscheinung zu treten. Daher wird die
Jöttin hier wenigstens durch Quellen im Innern des
iiandes angezogen. Dieser pelasgische Aphroditekult
!»rkadiens erhält nun aber noch eine allgemeinere und
[ eiter greifende Bedeutung für den gesamten Kult der
jlöttin, indem der Gottesdienst des Mittelpunktes des
jesamten Aphroditekultes von Arkadien hergelei-
pt wurde. Als die Griechen sich der Stadt Paphos
nd ihres Heiligthums bemächtigten, und hier einen
plt ausbildeten, welcher vielleicht der glänzendste
ier ganzen griechischen Bevölkerung wurde, soll es
.gapenor gewesen sein, welcher mit seinen arkadi-
iihen Ansiedlern den Kult der Aphrodite von Paphos
jründete Doch dies reicht noch nicht hin Ky-
ros an Arkadien zu knüpfen; es werden noch andere
J95) Ders. 8, 5. 3. vgl. oben Abscim. 1 Kap 4 Tbl. l
|. 225.
504
iin«! wichtige religiöse und mjdhische Verbindungen! it
bewerkstelligt. Des Kinyras Tochter Laodike wird «
an den Arkadischen König Elatos, Sohn des Arkas k
%’erheirathet, und gebiert von ihm den St^^mphalos und i.i
Pereus. Agapenors Tochter aber, ebenfalls Laodike fi
geheissen, %veiht von Kypros ans der Athena-Alea zu| ii
Tegea in Arkadien einen Peplos. der Aphrodite von i
Paphos ‘'’®) aber weiht sie, ebenfalls in Tegea, einen li
Tempel, neben Demeter und Kora. So fanden wir lf
die Paphische Aphrodite in Sardes, in Pergamos und viel- ei
leicht 55uThalamai inLakonien, so wird der kyprische w
Kult auf das sorgfältigste und innigste mit den arka-
dischpelasgischen Kulten verbunden, wie von Theben. C
Ärgos und andern Orten aus. i i
Von den einzelnen A'orstellnngen der Aphrodite
in Arkadien sind uns folgende aufbewahrt, ln The¬
ben, Thrakien, in Athen, Argos, 8paria, Achaja ist j
Ares der Aphrodite beigesellt^ so finden wir ihn auch [
!?iU MegalopoHs in Arkadien. In dem südlichen J
Theüe dieser Stadt '• ') stand ein Tempel der Aphro- j
dite, welcher zu Pausanias Zeiten bereits in Trüin- [
mern lag, aber die Bilder der Göttin w'aren noch vor- i
handen^ es waren drei, das eine war Urania benannt,' [
das andere Panderaos, des dritten Namen wusste man i
nicht mehr. Nicht weit davon stand ein Altar des |
Ares, ebenfalls schon sehr alt. Oberhalb des Tem*i i
pels der Aphrodite lag eine Rennbahn, welche auf der;
einen Seite sich bis ans Theater erstrekkte. Dort be¬
fand sich eine Qneüe, w'elche dem Dionysos heilig war.,
Wir haben schon oben darauf aufmerksam gemacht,!
196) Ders. 8, 53, 3. nlndop M ’AqQoifkijs y.aXovfiiytisJIttgk!‘
mj Ders. 8, 32, I. Ares z. Tegea, Paus. 8, 48, 3. wel-
cbem die Weiber opferten, lässt sich vielleicht auf eine Apluo-
dite Areia beziehen, wohin die Legende schon weist
505
t
ijdass diese Vereinignng des Ares mit der Aplirodite
iund ihre ganze Autfassung auch darin mit der zu The-
Iben übereinstimmt, dass sie hier wie dort drei Bilder
ihat, und dass wir das dritte neben der Urania und
IPandemos, nach dem Vorbilde des Thebischen Kultes
mit Fug Apostrophia nennen dürfen. Ebenso finden
wir im Haine der Despoina ‘®®) einen Tempel der
Aphrodite, aber nur mit zwei Bildern, welche wir
lUrania und Pandemos nennen dürfen, und daselbst
einen Altar des Ares. Das älteste Bild der Göttin
Iwar ein Schnizbild, das andere von Marmor.
Zu Megalopolis iin Gebiet der beiden grossen
iGöttinnen ***), Demeter und Kora, befand sich auch
lein Tempel der Aphrodite; am Eingänge standen alte
iHolzbilder, Hera, Apollon und die Musen. Diese soll-
jten aus Trapezus gebracht sein; die Bilder im Tem-
Ipel verfertigte Damophon; es waren Hermes und
iAphrodite, beide aus Holz; Hände, Füsse und AeÜiz
jder leztern aber von Marmor. So haben wir hier
also auch die andere Vereinigung der Aphrodite mit
iHermes. Die Deutung ihres Namens Mechanitis und
i dieser vielleicht selbst, ist neu. Pausanias sagt, sie
iführe mit Recht den Namen Mechimitis ihrer Werke
I wegen, da die Menschen der Liebesgöttin m'egen sich
vieler Listen und allerlei Kunstgriffe in der üeber-
redung bedienten. Zu Mantiuea ®®®) sah man die
iTrümmer und die Bilder der Aphrodite Symmachia.
iDie Inschrift sagte, dass des Paseas Tochter Nikippe
Idas Bild geweiht habe; das Heiligtham hatten die
ilMantineer gegründet zum Andenken an die Gemein¬
schaft mit den Römern in der Schlacht hei Aktion.
198) Ders. 8, 37, U. ^
199) Ders. 8, 31, 3.
200) Ders. 8, 9, 3. |
5ü6
Diese Aphrodite Symmachia ist also eine Göttin, welche
iia mnthigen Zusammenhalten, in Einigkeit und Ord¬
nung Kraft und Sieg verleiht, wie ähnliche AufFas-
suugen der Göttin öfters, und eben so Eros vorkommt.
Nicht weit von Mantinea, auf dem Wege nach Argos,
wurden von den Meliasten bei Melangeia an einer
Quelle die Orgien des Dionysos gefeiert *“')• Ander
Onelie befand sich eine Kapelle desselben, und ein
Tempel der Aphrodite Me lainis. Wie diese zu fas¬
sen sei, haben wir oben erörtert; w%ahrscheinlich hatte
sie durch die Nähe der dionysischen Orgien selbst
sehr viel von dem Charakter dieser Feier angenom¬
men, so dass Pausanias diesen Namen auf den nächt¬
lichen Beischlaf deutet. Zu Tegea wo der
Hauptdienst der Kult der Athene Alea war, stand auf
dein Markte Aphrodite, genannt iv rcUv^^m^ weil der
Markt diesen Namen von seiner Gestalt führte. Sie
wacht also auch hier über Ordnung, Einigkeit und
Gedeihen des Volkes. Ausserdem befand sich hier
noch das Bild der Göttin von Paphos, welches Lao¬
dike von Paphos aus nach Tegea geweiht hatte. Dann
%var zu Kotylon ***), nicht weit von Phigalia, ein
Tempel der Aphrodite, welcher kein Dach mehr hatte;
einBild der Göttin war noch darin. ZuTeuthis
sah man ein Heiligthum der Aphrodite und der Arte¬
mis; auf dem Wege von Psopbis nach Thelpusa
war ein heiliger Hain der Aphrodite.
Im nordöstlichen Arkadien war besonders ein brei¬
ter Boden für die Aphrodite Aineias gegeben, in Folge
201) Ders. 8, 6, 2.
202) Ders. 8, 48, 1.
203) Ders. 8, 41, 6.
204) Ders. 8, 28, 3.
205) Ders, 8, 25, 1.
507
lessen die Sagen vom Aeneas einen bequemen An¬
schluss fanden *®®). In Mantinea *®^) hatte man an
ler Grenze gegen Orchomenos den Berg Aochisia mit
Mnem Grabe des Anchises an dessen Fiisse und einem
lilten Heiligthum der Aphrodite daneben, welche beide
^'on Aeneas auf seinemZuge hierher nach seiner Lan-
lung in Lakonien errichtet seien. Den Anchises fin-
len wir in Pheneos ®®®) wieder, sein Name ist aber
jiuch sonst im Peloponnes einheimisch ; in Sikyon wohnt
Echepolos, den Zeus mit grossem Beichthum ausge-
itattet, ein Sohn des Anchises, «nd steht mit der Boss-
mcht in Verbindung wie Anchises selbst, und die
losse der Arkadier gehören zu den besten, nament-
ich die von Pheneos. Daher schenkt Anchises da¬
selbst dem Euander goldene Zügel In Orcho-
uenos, wo Aphrodite und Poseidon Tempel besa-
ssen ^'®), soll Aeneas gewohnt haben ®“). Von ihm
sollte das westlich daran grenzende Kaphyai ge¬
gründet und nach seinem Grossvater Kapys benannt
sein namentlich aber gab man den von Flüssen
ind Sümpfen begrenzten Ort Nasos oder Nasoi nord-
ivestlich von Kaphyai für seinen Wohnsiz aus. Der
tiult zu Psophis ist mit Troas, Zakjmthos und Eryx
Inythisch genau verbunden. In Arkadien ist zwar
*^*heneos hauptsächlich Siz des Dardanos, aber in Pso-
)his wohnt sein Sohn Zakynthos, und wahrscheinlich
War er auch selbst dort, wie man dasselbe von Aeneas
Ivegen seines Vorhandenseins auf Zakynthos folgern
j 20(i) Klausen a. a. O. 1, 258 ff.
I 207) Paus. 8, 12, 5.
208) Virg. Aen. 8, 162 ff. Dionys, v. H. 1, 42. 60.
I 209) Virg. Aen. 8, 166.
! ' 210) Paus. 8, 13, 2.
211) Dionys, v. Halle. 1, 49.
212) Strabon 13, 608, Dionys, v. H. a. a. O.
508
kann. Psopliidier müssen nach Zakynthos gekommen
sein, da die Burg daselbst den Namen Psophis führt.
So stehen beide Orte in gegenseitiger Verbindung.
Die Stadt Psophis soll die Nymphe dieses Namens,
eine Tochter des Eryx gegründet und der Aphrodite
den Beinamen der vom Eryx, gegeben haben *' *), wo¬
durch das Band zwischen der Sizilischen Aphrodite
und der Arkadischen, ihr verwandten, vermittelt wurde.
Von den übrigen göttlichen Wesen aus dem Kreise
der Aphrodite Anden wir in Arkadien nur die Chariten.
Die Inseln des Aegäischen Meeres.
Die Wirksamkeit der Aphrodite im Feuchten hatte
ihre Ausbildung als Göttin des Meeres und Fahrten¬
tenlenkerin zur Folge, und dies gab wieder die Ver¬
anlassung zu den zahlreichen Tempeln der Göttin am
Meere und in Häfen. Wie sie dadurch besonders bei
den Küstenvölkern Verehrung genoss, so suchten na¬
türlich noch mehr die Bewohner der Inseln ihre Ge¬
neigtheit, und bei ihnen dachte man sie sich am lieb
sten verweilend. Ihre Benennung als eine ivoixtng tmp
rijöcoy hat sich auf diese Weise gebildet. Im Ver¬
gleich aber mit den zahlreichen Heiligthümern, welche
man auf den Eilanden voraussezen muss, und weicht
im Allgemeinen nachgerühmt werden, lassen sich doch
nur noch wenige bestimmte Tempel aufzäblen. Bit
Nachrichten über ihre Kulte auf den Inseln betreffer
fast insgesamt dortigen alten Naturkult, da dieser ein<
grössere religiöse Wichtigkeit hatte, als ihre einfach«
Verehrung als 8eegöttin, welche aller Orten gewe
sen sein muss. Von den Inseln unmittelbar an deij
213) Paus. 8, 24, 3.
V
509
isiatischen Küste, haben wir schon oben berichtet,
jnd fassen die andern hier zusammen.
Lemnos. So gering auch die Nachrichten von
lern hiesigen Kult sind, so leuchtet doch aus ihnen
5chon ihre Wichtigkeit hervor. Die Hauptfeier ist
!iier ein Buss- und Thränenfest. Wegen des Man-
jiermordes, sagt Philostratos welchen Aphrodite
mter den Lemnierinnen angestiftet hat, wird die In-
el jährlich einmal an einem bestirnten Tage gerei-
igt; alles Feuer wird auf acht Tage ausgelöscht,
i)is am neunten Tage das heilige Schiff von Delos
neues Feuer bringt, und neues Leben auf der Insel
Deginnt. So lange treibt das Schiff auf der Höhe,
ind unter Anrufungen geheimer und unterirdischer
ijötter wird das Feuer in seiner Beinheit bewahrt,
■lie Haupthandlung in diesem Feste ist Mord, welcher
i^esühnt wird, und da vornämlich Aphrodite dabei thä-
ig ist so wird das Fest auch ihrem Kultus an-
:;ehört haben. Die Veranlassung zu der Tbat wird
luf verschiedene Weise erzählt. Die dortigen Wei¬
ter verachteten die Aphrodite und vernachlässigten
hren Dienst. Erzürnt schikkt die Göttin ihnen einen
ieruch zu, welcher nicht unter die Wohlgerüche ge¬
hörte und ihre Männer von ihnen abwendete. Auf
jletrieb der Aphrodite lieben sie Thrakerinnen ; dage¬
gen fassen die Lemnischen Frauen den Entschluss ihre
llänner umzubringen. Nur der König Thoas wird
lurch seine Tochter Hypripyle gerettet, eine Frauen-
214) Heroika 19, 14, Neoptolemos.
215) Man erzählt, dass dieser üble Geruch später noch
ährlich einen Tag von den Frauen ihre Männer und Söhne ab-
■endig gemacht habe ; ein Mährchen, das vielleicht aus der Em-
fänglichkeit der Luft für anstekkende Seuchen hervorgegan-
en ist.
r
510
herrschaft wird eingesezt und Hypripyle Königin.
Da kommen die Argonauten, die Lemnierinnen be¬
freunden sich mit ihnen, und sehen bald wieder Söhne
auf ihrem Schoosse. Hypripyle heirathete den Ja¬
son
2 16
Später, erzählte man, habe Aphrodite ibneo
wegen ihres Gatten Hephaistos verziehen * ). Aul
der Hochzeit des Jason wurden vor allen Hephaistos
und Aphrodite nach Apollonios verehrt. So war dü
Fabel an die Minyer geknüpft, aus welchen ein Thei
der Bewohner der Insel bestand *>*), während dit
andern tyrrhenische Pelasger waren. Der Kult dei
Aphrodite ist ebenfalls dort alt und ächt, wie aus die¬
sem Sühnfest hervorgeht, welches nach den Darstel¬
lungen der Berichterstatter auf die Aphrodite geht
und wird durch die ihr gebrachten Stieropfer bestä
tigt. Dann aber steht nichts entgegen, unter der Ge
mahlin des Hephaistos, der Kabeire, auch eine Aphro¬
dite zu verstehen. Ihr baut er hier, nachdem e
sie von Zeus zur Gemahlin erhalten, einen Pa
last nehmen wir nicht an, dass sich hie
aus der Kabirengöttin die Vorstellung von der Aphro
dite als der olympischen Gattin des Hephaistos
“sierApollodor 1, 9, 17. Papin. Stat. Theb. 5,^68 f
Herodot 6, 138. Schol. z. Find. Pyth. 4, 252. z. Hom. /, 4
z. Apoll. V. Rh. 1, 619.Dion. Chrysost. Red. 33. erste ia
sische: liyovm (Aphrod. den Lemnischen Frauen) ^
Aphr. unter der Gestalt eines Weibes Dr^-yope ve,
führt die Frauen ihre Männer umzubringen, und die Schilderui
der That Val er. Flacc. Argon. 2, 175 ff.
217) Valer. Flacc. 2, 315. Ni Veneris saevas fregiss,
Mulciber iras. Schol. z, Apoll, v. Rhod. 1, 850. H de A'fQ
dkn cvyyvmiAu^v yiveme rals M top on v
WS ^HxfaiSTov kQd, ti de ’Ä<fQodlTn of^evwTf, iofxevyens) U^alatf
218) Otfr. Müller Orchomenos S. 302 ff. 310.
219) Apoll. V. Rh. 3, 40. Sidonius Epithal. V. 15.
220) Valer. Flacc. 2, 97 ff. Hier und an andern Orti
511
gebildet habe, so bleibt kein anderer Ort übrig. Die
mythischen Erzählungen weisen anf eine Verbiodong
mit dem nahen Thrakien hin 5 von dorther heisst
'Aphrodite auch die Lemnier sich Frauen holen. Da¬
durch mochte es erleichtert werden, auch dem haopt-
'sächlichsten pelasgischen Beisizer der Aphrodite, dem
lAres, auch auf Lemnos eine Stätte zu bereiten; und
lin der That war sein Kult hier nicht ausgeschlos-
ijen Im Allgemeinen bleibt noch manches hier
inklar.
! Die kykladischen Inseln werden insgesammt als
iiuserwählte Wohnsize der Aphrodite angesehen “*);
ioch wird sie uns nur noch von wenigen näher an-
gedeutet, so von Melos, Anaphe Kythnos
l?iphnos ***). Auf Paros hatten die Chariten eine
;ehr bedeutsame mystische Feier. AufNaxos mischt
l^ich Aphrodite unter die Nymphen des Landes, und
bchliesst sich wahrscheinlic dort dem Dionysosdienst
mg an. Auf eine alte Verbindung zwischen Naxos
ind Kypros weisst die Ariadne- Aphrodite bei Ama-
hus hin, welche durch Theseus dorthin geführt sein
;ollte und deren Fest ganz Dionysische Gebräuche
mthielt. Ariadne, eine Form derKora, vereinigt sich
Uso hier mit der Aphrodite, wie in Thessalien die
jl*ersephone der Aenianen. Auf Delos befand sich
'st ganz deutlich gesagt, dass die lemnische Aphr. auch Gattin
les Hephaistos sei.
220a) Fulgent. Expos, serm. antiq-, — Ne frendes sues.
221) Hör. Od. 3, 28, 14.
222) Otfr. Müller Dor. 1, 105. Anm, 9.
223) Mionn. Suppl. 4, 389. eine Taube mit Aphr., auf einer
ndern eine fliegende Taube.
224) Mionn. 2, 327. Die Münzen haben durchgängig eine
|raube.
512
die sogenannte alle Aphrodite **’)?
nicht grosses Schni/.bild, dessen rechte Hand beschä¬
digt war. Statt der Füsse ging das Bild m eine
vierekkige Gestalt aus. Pausanias mochte glauben,
dass Ariadne dies von Daidalos empfangen, als sic
dem Theseus folgte. Da dieser sie verliess, habe er
sa»-ten die Delier, dies Bild dem delischen Apolloi
ffeweiht, damit er, nach Hause zurükkgekehrt nich
wieder in das Andenken an die Ariadne xurükfiele
Aphrodite war also als eine Göttin gefasst, weich,
eine vergessende Liebe gewährte. Wie in Delph
die Aphrodite, selbst als Todesgöttin, Aufnahme fand
so auf dem heiligen Eilande Delos; wie er m Delpl
dem Thesens befiehlt die Aphrodite zu verehren, s
weiht er in Delos das Bild der Göttin dem doriige
Apollon. Theseus war befohlen, sich die Aphrodit
56ur Führerin und Begleiterin seiner Fahrt zu ueh
men; wenn sie auch zunächst hiebei nur als Meergoi
tin gefasst war, so schloss diese eine umfassendei
Bedeutung nicht aus, und der delphische Gott kanm
sie selbst in einem weitern Sinn. Bann aber erinne
die Form der alten delischen Aphrodite durchaus i
die hermenförmige Aphrodite, als älteste der Mon
in Athen, und wir müssen annebmen, dass der del
sehe Kult von dorther stamme.
Auf aphrodisische Natur weist der alte Kon
und Seher der Insel Anios hin, selbst Gastficui
und Verwandter des Anchiscs. Seme Mu ter ist na
dem Granatapfel Rhoio benannt, eine ^^hte. d
Staphylos, welcher nach naxischer Sage des Ui
SOS und der Ariadne Sohn ist. Die von Agamei-
uon laut einer Sage nach Troja geholten Tochter d.
9. 40, 2. Kallim. Hymn. auf Del. 307.
513
.nios, fliehen von da, rufen den Dionysos um Bei“
:and an, und dieser verwandelt sie in Tauben, die
ögel Aphrodites »2«). Die Tauben waren aber auf
elos heilig^ und durften nicht getödtet werden
f^ie Naxos hatte auch Delos alte Verbindungen mit
ypros, und tauschte mit diesem seine Vorstellungen
is^ der Delier Melon kommt in die Verwandtschaft
?s Kinyras. Indess haben wir oben weitläuftiger
ivon gesprochen ®*®)5 und brauchen hier nur daran
i erinnern.
Kreta. Wirklicher Aphroditekult begegnet uns
er sehr wenig unter dem grossen Zusammenfluss
|)n Mythen und Kulten. ZuPhaistos soll Aphrö-
ite Skotia verehrt sein, und eine Aphrodite An-
jeia zu Gnossos nennt Hesychios, die man ohne
ijsdenken für eine Blumengöttin der üppigen und
liuchtbaren Niederungen jener Gegend erklären
l'inn **“). Auf weitern Kult der Aphrodite weist die
jachricht hin, dass nach einem kretischen Mythos
•lese eine Tochter der Dione gewesen, aber nach den
Vhandenen üeberresten der kretischen Mythen lässt
!ph jener gar nicht mehr einordneo; wir haben ihn
elmehr für einen dodonäischen Mythos erklären müs-
in. Unter den bekannten kretischen mythischen
'’esen ist die Pasiphae ganz aphrodisischer Natur,
iie Aphrodite Aineias und ein Geschlecht Aeneaden
ar zu Pergamia in der Nähe von Kydonia vorhan-
'l;n. Die Stadt sollte von Aeneas gegründet sein.
226) Ovid. Met. 13, 65? ff. Auf delischen Münzen eine
jjgende Taube. Mionn. Suppl. 4, 390.
227) Serv. z. Virg. Aen. 3, 80.
228) Abschn. 2 Anm. 76 ff. aus Serv. zu Virg. Ekl. 8, 37.
229) Etjm. Magn. Kvd-t^Ha,
2.30) Vgl. Welker z. Theogn. Eltg. S. 88. Anm. 125.
II. 33
514
Nach Klausen muss man hier wie in Troas, Makedo
nie» und Arkadien eine selbständige Wiege diese
Vorstellungen annehmen. Eine allgemeine Verehrun«
durch gan» Ki*eta genoss Eros.
Kythera. Weil man sich den Ruhm diese
Tempels der Aphrodite nicht erklären konnte, so nahi
man hier einen alten phönikischen Kult der Astart
an, und dies lässt sich auch aus der Stelle bei He
rodot^®*) mit ziemlicher geschichtlicher Sicherhe
schliessen. W"ie sich aber auf Kypros die Grieche
der phönikischen Tempel bemächtigten, so gescha
es auch hier auf Kythera, und wahrscheinlich vo
Ärgivern und Lakonen, unter deren Herrschaft sic
die Insel nach einander befand. Das bewaffnete Schniz
hild derselben muss spartanisch sein, denn wir finde
es nur in spartanischen Kolonien. Die Griechen In
ssen aber denPhönikern nicht die Gründung, sonder
Aeneas, welcher aller Orten der Gründer der Aphr
ditetempei ist, muss auch den kytherischen anlege
Afrika.
Unter den ägyptischen Gottheiten wurde von de
Griechen namentlich dieAthor mit dem Namen Aphr
dite bezeichnet *")• l>‘>»P‘sächhc
ste Verehrung in Athribis, einer Stadt und einem n
mos im Delta, in dessen Nähe Aphrodisopolis lag
Anknüpfungspunkte für ihre Gottheiten an fremde fa
“"^^irHerodot. 1, 105. Paus. 3, 23, 1. Eustath. z.Di.
pGT* 499.
*232) Orion im Etym. M. Im Allg. Zoega in s. Abhai;
lungen S. 34. , . ,r •
233) Herodot. 2, 41. nölis ^ÄmQßnX^^-
iQoy i'fJQL'TM. Steph. v. B.
515
den die Griechen auch hier. Ausserdem nannte man
aber auch noch die Nephthys die Tochter der
Athor, und die Isis zuweilen Aphrodite; es ist mög¬
lich, dass man die Aphrodite Skotia, welche laut He-
sychios in Aegypten verehrt wurde, und welche uns
noch kürzlich, auf Kreta begegnete, in der Nephthys
7A\ erkennen glaubte. Seitdem durch die Ptolemäer
die Adonisfeste eingeführt waren, so suchte man in
der Aphrodite und dem Adonis Isis und Osiris wie¬
derzufinden. Zu Chusai sollen ihr Kühe wiegen
der Aeusserungen der heftigen Brunst dieser Tliiere
geopfert sein: Rinderopfer wurden der Aphrodite
»uch nach altgriechischen Gebräuchen gebracht, aber
hier übte vielleicht noch die Isis ihren Einfluss. Die
rielen Städte, welche den Namen der Aphrodite tra¬
gen, kündigen sich als geheiligte l^^ohnsize derGöt-
;in an. Sie hatte die griechischen, besonders joni-
5chen Ansiedler übers xlleer geführt, und ihr baute
nun vorzugsw'eise viele Tempel ®®®). Bekannt ist,
wie seit Psammetich, besonders aber seit Amasis die
Griechen von der Küste an über das Gand sich ver-
preiteten, welches bald mehr ein griechisches als
igyptisches werden sollte, und mit den Griechen wur-
len die griechischen Gottheiten eingebürgert. Die
i\phrodite in Memphis haben wir oben auf
nne Sühngöttin bezogen, sie kann aber auch zugleich
I 234) Plut. Is. u. Os. Kap. 12. ry da ni^m^ Ni''S-vv, Ijy xat
TtXivr^v y.ul " Aq Qodinjv, avwt, da xat Nlxijv ovo^üfyvdw, Miomi. 6, 517.
! 235) Ailian. Thiergesch. 10, 27.
j 236) Hymn. Oiph. 55, 18.
I tixa avy ip nsdioicv cvr aQfiaea yQVöaoTsvXTmS
Aiyvnwv xanyais laQ^g yopi/uaidacc lovr^d.
237) Herodot. 2, 112. Hör. 3, 26, 9. l^trabon 16,807.
3. oben S. 266. 267. Klausen Aeneas und die Penaten
l, 605.
33*
516
als eine Geleiterin, nämlich hier der Jonier, in die
Fremde gefasst sein, und an sie sezten sich die Sa¬
gen von den ägyptischen Wanderungen der Helena
Dann wird die Aphrodite von Theben und fen-
tyris genannt 5 in lezter Stadt befand sich hintei
dem Tempel der Aphrodite ein Heiligthum der Isis
In Momemphis führte sie den Beinamen der golde¬
nen und ist als solche ohne Zweifel aus Klein
asien gekommen; da ihr aber eine Kuh geopfer
wurde, so ist auch hier, wie zu Chusai, eine Vermi¬
schung mit der Isis vorgegangen; und solcher Ver
mischungen mögen noch mehrere stattgefunden haben
Den Kult der Aphrodite zu Naukratis ***) muss raai
von Milet herleiten, er wurde aber noch in nähere Be¬
ziehung zu Paphos selbst gesezt, indem der Bürgeil
Herostratos von Naukratis ein Bild der Göttin auf
Paphos mitbringt, dies, nachdem es ihn über das Meei;
geführt und glükklich vom Untergange errettet hat
in Naukratis aufstellt und seine Verehrung empfiehlt
Seitdem war sie dieser Stadt sehr gewogen. Bei
Tempel der Aphrodite Zephyritis auf demVorgebirg
Zephyrion hatte Ptolemaios Philadelphos gegründet
laut Stephanos v. B., und darin seine Gemahn uni
Schwester Arsinoe begraben, ihre eigene V’'erehriin^;
aber unter dem Namen einer Aphrodite Arsinoe Ze
phyritis befohlen.' In diesem Tempel bängte ihr
238) Sil. Ital. Pun. 3, 683.
239) S traben 17, 815. Letronne Recherches u. s. v
S. 25. 180. 187.
240) Diodor 1, 97. Euseb. praep. evang. 10, 8.^ Stra|
bon 17, 803 ol is MafiffiftTai t^v ’AfQodhtjV xat z^iq^cn
S-yltM ßovs iiQK, xaS-dnsQ Mififu 6 “Ann.
241) Polycharmos aus Naukratis 'AqqoMnfi b'i
Athen. 16, 675 ff.
517
Tochter Berenike ihr Haar auf Ptolemaios haute
»uch, nach dem Zeiigniss des Plutarch , der Hetäre
IBelestia in Alexandrien Heiligthümer, und liess sie
i'inter dem Namen der Aphrodite Belestia verehren.
Kyrene. Pindar lässt die Aphrodite den
4pollon und die Nymphe Kyrene bei ihrer Ankunft
m Lande empfangen, aber das ist nur dichterische
^Vorstellung, zur Ausschmükkung jenes Mythos 5 in der
i^virklichkeit kann sie nur erst mit den Ansiedlern
lorthin gebracht sein. Apollon war Hauptgott und
lie Verehrung der Aphrodite wol nicht sehr hedeu-
end, denn wenn 'Pindar Kyrene auch x^nog
tjg nennt, so bezeichnet er dadurch nur die Anmuth
fees Ortes. Wie die Oöttin hierher von Kythera kom¬
men konnte, ist nicht einzusehen ^ die Ansiedler wer¬
fen sie, wie den übrigen Kult mit aus ihrer Heimat
|;ebracht haben. Der Tempel stand nicht weit vom
[leere, wodurch sie sich also auch hier als Meergöt-
lin und Fahrtenlenkerin kundgiebt.
I Sizilien.
I
I Mit viel weniger Grund als es beim Kulte der
Aphrodite von Paphos geschehen, ist von je her be-
iauptet und ohne Prüfung nachgesprochen worden,
lass der Kult auf dem Eryx ein phönikischer gewe-
|3n sei, bis es neuerdings Klausen durch die Bear-
eitung der Sagen und Mythen, und der ältesten Ge-
jjhichte der Völker jenes Landes mit gründlicher und
imfassender Gelehrsamkeit dargethan, dass der dor-
ge Gottesdienst auf dem Boden des Naziooalkultes
I 242) Hygin Astron. 2, 24. Catull 64, ö6.
j 243) Pind.'Pyth. 9, 9. Pyth. 5, 2». Bökh. Erld. S. 283.
lerodot. 2, 181. Plautus Riid. Prol. 61. Akt 1, 2, 6. 14,34.
518
jener Kiistenstämme steht, welches in Oenotrien die
latinische Hera, in Epiros die Dione, in Akarnaniei
und auf dem (»ipfel des Berges Elymon den Diens
der Aphrodite Aineias, in beiden Gegenden unter die
sein bestimmten Namen, hervorgetrieben hat. Di'!
Elymer sind die ältesten Einwohner, welche wir ic
westlichen, namentlich im nordwestlichen Sizilien ken
nen, und von gemeinschaftlicher Nazionalitüt mit de,
Oenotren. Ihre Hauptstadt war Aegesta oder Se
gesta. Die Gottheit, welche diese Völker verehrter
konnte keine andere sein, als die, welche ihre Stain
mesgenossen in Unteritalien, in Epiros und Akarna
nien verehrten, also die dodonäische Dione und di
besondere Auffassung derselben als Aphrodite Aineias
weiche jenen Völkern hauptsächlich in den Heerde
wirksam erschien, und an den Küsten als Meergöttii
Die troische Aphrodite ist aber im Grunde dieselb
wie jene, und mit der Verbreitung der troischen Sa
gen und homerischen Gedichte genügte die Aehnlicb
keit in Landesbeschalfenheit und Kultus, um bei de
Elymern die Üeberzeiigung troischer Abkunft hervoi
Zurufen, wie bei den verwandten Völkern in Chonu
und Chaonien, und bei den Arkadern von Pheneo
So werden geographische uni nij^4|iJ^fehe Namen ln
Jas bei den ^Elyttrern uuf dem Gipfel ili
Elymon wird ein Altar der Aphrodite Aineias errici’
tet, in Segesta ein Heiligthum des Heros Aeneas ej
baut ***). Die Aeneassagen in Akaruanien und de
benachbarten Gegenden waren von Korinth aus dor
244) Dionys, v. Halik. 1, 53 ... Ag ÄlvtiäSog ’Aff^oöi
6 ßM^k int tJi MfaXTj rov ’EU.uov Wqv^tvog, xat Isqk Ai^tlov i(fq
fiivov iv AlysoTu’ iw /uiy, ccviou xuTaaxivuCavrog Älviiov tg
’AfiqoMrn OvquUa auf einer Inschr. v. SegesU bei D’Orville tj
cula 1, 54. 2, 5b2. von Klausen zit, Cic. divin, in Verr. Kap. I|
519
in gelangt, zu den Elyniern wurden sie wahrsdiein-
ch von hier weiter durch den Verkehr zwischen
’hyrreon und Aluntion gebracht. In die mehr östli-
hen Gegenden kam Aeneas über Syrakus, und wurde
u Ortygia mit Arethusa, einer Nebengottheit der ery-
inisch dionaischen Göttin, in Verbindung gesezt.
Eryx lag auf dem westlichen V. G. Drepantim,
m Fasse des Berges die Stadt, auf dem Gipfel der
’empel der Aphrodite, nicht minder berühmt als die
’empel auf Kythera und Kypros nnd Segesta
1 der Nähe. Auch dies Heiligthum %var ein Elymi-
[clies und die Bewohner dieser Gegend waren
benfalls Elymer wie um Segesta. Der Tempel auf
era Eryx, von einer dädalischen Mauer umgeben, war
oll von Weihgeschenken an Dreifüssen, Rauchfässein
nd einer Menge andern Geschirres, alles von Sil-
jerj Niemand wagte aber aus heiliger Scheu vor der
liottheit diese Schäze anzurühren. Strabon klagt,
lass zu seinerzeit der Tempel sehr an Ansehen vei-
')ren habe, arm an Männern und llierodulen sei, nur
|och den Haufen heiliger Diener fände man dort,
früher war der Tempel eben so reich gewesen wie
244a) Diod. 4, 79. 5, 77. 'Oixotoig <¥ ^Af^oölr^v fvämqUpM
7? (Äiv 2r/.iUag nsql t'ov rSv cT« Kv&nqa sfßt
Idff ov T^g KvnQov, r^g de ’Aaiag nsQt Tr,v SvQiav. Ji>a de
dpiiccv xai t'nv inl nUlov amqg rok iyxaQhvg i'iMCtß&ai,
]v xaloZvTig ’Acpqodktiv xal Kv^iquav xai Jlaif lav,
xalSvQlav. Pap. Stat. Sylv. 3, 3, 2i. Dicitur Idahos
.rycis de vertice lucos Dum petit et molles agitat Venus aurea
ygnos.
245) Thucyd. 6, 2. ^vfxnapng fih "Elvfxm IxX^^fiaau , nomg
i akdjv ‘'Eqv'^ re xut ^Eyeßra. Eryx ist König der Elymer bei
.pollodor 2, 5, 10. Tzetz. z. Lyk. 1232.
246) Strabon 6, 272. Tbuk. 6, 46. Münzen Mionn. l,23n.
puppl. 1, 386.
T
520
der von Paphos und noch im panischen Kriegt
war er der reichste in tSizilien. Von je her, sag
Ailian, waren die Göttin, ihr Tempel, und ihre Schäzt
mit der grössten Ehrfurcht behandelt worden, Hamil
kar beraubte ihn, zog sich dadurch die schwerste)
Strafen zu, und büsste den Frevel zulezt mit den
Tode, wie alle den Tod erlitten, welche sich ein sol¬
ches Vergehen hatten zu Schulden kommen lassen
sein einst so glükkliches Vaterland, in welches di(
Schäze gebracht waren, wurde dafür mit dem Ver¬
luste der Freiheit bestraft. In früheren Zeiten wa
ren eine Menge weiblicher Hierodiilen dort gewesen
welche von den Städten Siziliens und von auswärti¬
gen geweiht waren. Wenn die römischen Feldherrr
und Statthalter nach Sizilien kamen, begaben sie sicii
nach dem Eryx, verherrlichten das Heiligthum durcl;
viele glänzende Opfer und Ehrengeschenke. Dane
legten sie den Ernst ihrer Würde ab, und vertausch¬
ten ihn mit Spiel und Scherz, und dem Umgang mil
Frauen unter vieler Heiterkeit, indem sie glaubten
dass sie nur so der Göttin ihre Gegenwart angenehir
machen würden. Der römische Senat sezte einen
Ehrgeiz in die Verherrlichung dieser Göttin, trugden
siebzehn treusten Städten Siziliens auf Geldgeschenke
der Aphrodite zu machen und den Tempel von zwei¬
hundert Soldaten bewachen zu lassen Uotei
Tiberhis trugen die Segestaner darauf an, dass das
Heiligthum, durch sein Alter bereits verfalleu, wie¬
der hergestellt werden möchte. Tiherius übernahm
sehr bereitwillig die Erfüllung dieser Bitte, da er ja
durch die Bande des Blutes der Göttin nahe stand.i
247) Fans. 8, 24, 6. Polyb. 1, 55. Ailian Thierge-
schichto 10, 50.
248) Diodor 4, 83.
521
ISueton sagt, dass es Elaodius gewesen sei, welcher
jden lempel wieder herstellte. Wahrscheiolich voll-
jendete er nur den Wiederaufbau ®^®),
! Durch die innige Vereinigung der sizilischen Sa¬
iten mit den troischen wird Elyinos, der Repräsentant
der Llymer, zum Troer; Aigestos aber, oder, wie er
jei Virgil heisst, Acestus, beides Vettern des Aeneas,
)leibt zwar ein Sizilier, heisst Sohn des Flusses Kri-
nisos, doch ist seine Mutter eine Troerin. Eine Folge
1er troischen Einwirkungen auf Sizilien ist. dass, wie
vir bereits angeführt haben, Aeneas den Tempel auf
lemElymon gegründet haben sollte 5 ebenso wird die
Erbauung des Tempels auf dem Eryx drei troischen
luDgfrauen zugeschrieben Die mythischen Ge¬
walten aus dem Erykinisclien Kreise haben aber na-
uentlich mit den bithynischen Bebrykern so viel Aelin-
ichkeit, dass Eryx dem Amykos fast gleich ist. Jfadi
1er sizilischen Sage ist Eryx ein Kind der Aphrodite
.nd des Hutes, erweitert das Reich des Vaters und
;ründet seiner Mutter den Tempel auf dem Eryx
rie Aeneas den auf dem Elymon, und hat überhaupt
|ieselbe Stellung zu der Göttin wie dieser. Den Bu-
|2S machen griechische Mährdien zum Argonauten
ind identifiziren ihn mit dem attischen Heros, dem
Üohn des Teleon ,,Deoi Namen wie dem Ver-
lältniss nach entspricht Butes offenbar dem Anchises,
lu dem Aphrodite auch zu den Rindern kommt ^ und
1 249) Sueton. Klaud. 25. Tacit. Ana. 4, 43.
' 250) Lykophr. 958.
I 251) Diod. 4, 83. vgl. 23. Serv. Aen. 1, 574. Eryx
lohn Aphrs. und des Butes auch Steph. v. B. "tepl. Hygiii
b. 250. Serv. a. a. 0. 5, 24. 412. Schol. z. Theokr. 15,101.
j 252) Apollon. 4, 917. vgl. 1, 95. Apoilod. 1, 9, 25.
Idwf cTi nqoi etwas, oi^ dqndama 'Afqodlt>i iv Jt-
ßal(p xuT^xMfs, vgl. 16.
522
so wie Eryx dort geschildert wird, hat dieser, wel¬
cher den Dienst seiner Mutter einrichtet, ganz die¬
selbe Stellung, wie Aeneas, der von den Dichtern
gern sein Bruder genannt wird Dass er als
Ringer und Faustkämpfer berühmt ist, widerspricht
nicht, da auf Zakynthos auch dem Aeneas Kampf¬
spiele heilig sind. Daher heisst es nun eben so häufig.
Aeneas habe den Tempel der erykinischen Aphrodite
gegründet und in der einheimischen Sage wird
er als Erneuerer anerkannt, welcher zuerst nach Eryx
ihn mit vielen Weihgeschenken geschmükkt und ihn
den Sikanern zur Verehrung mit Opfern und Oabec
für viele Geschlechter hinterlassen habe Di«
Meinung, dass Anchises am Eryx begraben sei, wc
sein Name in dem von einem Hain umgebenen An-
chiseum vermuthlich in die Stelle des Butes sich ein
drängte, machte sich so geltend, dass Virgil dagegen
die einheimische latinische zurüksezen konnte )-
Bei dem Hirtenvolke auf dem Eryx ist Aphro¬
dite auch natürlicher Weise eine Heerdengöttin unc
Verleiherin der Fruchtbarkeit. Wie aber an anderr
Orten, wo diese Aphrodite verehrt ward, gesellte siel
auch hier die Beziehung auf das Meer hinzu um
Eryx wird dadurch ein Sohn der Aphrodite, und nich
des Hirten Butes, sondern des Poseidon Ery?
als Sohn des Rinderfürsten zog von selbst eine Zu
' '253)~Tirg- Aen. 5, 24, 412. 630.
254) Cicero Verr. 4, 33. Fest. S. 261. Hygm fab. 261
Virg. Aeii. 5, 759. Mela 2, 7.
255) Diod 4, 83.
256) Hygin fab. 260. in hoc autem monte dicitur etiai
Anchises sepultiis, licet secundum Catonem ad Italiam veneri
Virg. Aeii. 5, 760.
257) Apollod. 2, 5, 10. Serv. Virg. Aen. 1, 574. 6,
10, 551.
523
ammenstellnng mit dem Herakles herbei, weleher in
len önotrisch-sikulischen Landschaften bis nach La-
lum hinauf ein Heros der Einderhirten ist. Ihm will
'üryx wie Lakinios die Binder des Geryon aboehiaeii
nd wird darüber erschlagen ***)♦ Enger als an
^piros, Akarnanien und Zakynthos schliesst sich die
Aphrodite vom Eryx noch an Arkadien, wo eine rechte
'ülle von troischen Sagen und Begriflen, und die eng¬
ten Verbindungen sich eingestellt hatten, und wenn
vir weiter erwägen, dass Herakles zu Arkadien in
er Sage vom Erymantischen Eber eben so heimisch
Is am Eryx ist,- so begreifen wir leicht, wie die
kphrodite vom Eryx mit Psophis verbunden werden
onnte. Die Psophidier verehren nämlich die Eryki-
ische Göttin wegen ihrer Heroine Psophis, einer
.'ocbter des Eryx. Ihr Vater hatte sie, da sie vom
lerakles geschwängert war, dem Lykortas aus Phc-
L’ia in Arkadien übergeben. Dort gebar sie den
Ichephron und Promachos, welche wegen ihrer Mut¬
er die Stadt Phegia fortan Psophis nannten. Zwi-
chen hier und Zakynthos w'ird wieder ein neues
land geschlungen, wie man aus der Burg Psophis
lu Zakynthos ersieht.
I Die elymische Landschaft war der hauptsächlich¬
ste Stüzpunkt der karthagischen Macht auf Sizilien,
dadurch wurden die Einwirkungen der karthagischen
Eadtgöttin auf die Aphrodite- vom Eryx bewerkstel¬
ligt; daher ist die Hochachtung der Karthager vor
lieser Göttin zu erklären. Die Sizilier am Eryx wa-
en es vermuthlich, welche den Aeneas nach Karthago
lommen liessen und auf sein Abenteuer mit der Dido
len unversöhnlichen Hass zwischen beiden Staaten,
I 258') Diod. 4, 23. Hygin fab. 260. Paus. 3, 16, 4.4,36,4.
'/irg. Aeii. 5. 759. Lykopiir. 866 nennt den ii.rjx einen Stier.
524
so wie die Erschütterung der matronalen Unüber»
windiichkeit Karthagos in seiner Grundlage, herlei¬
teten. Die ganze karthagische Sage von Aeneas
von welcher man bei griechischen Schriftstellern, na¬
mentlich Dionysios, nichts findet, ist nur eine Erwei¬
terung der erykinischen, und mochte von den zahl¬
reichen Griechen in Karthago noch gepflegt werden
Die Sage, dass Aphrodite an den Anagogien von:
Eryx nach Libyen ziehe, unterhielt die Verbindung
Eine wirkliche Hinüberführung der erykinischen Göt¬
tin nach Afrika, geschah in sehr späten Zeiten durch
den Bau von Clupea und Veneria von Seiten dei
Sizilier.
Der Aphroditekult zu Syrakus stammte
ohne Zweifel von der Mutterstadt Korinth, und man
kann annehmen, dass er sich mehrfach dem Dienste
Kora in Sizilien angeschlossen habe. Dies dürfen
wir vielleicht aus der Eudoso, Evdoo&co, schliessen.
unter welchem Namen Aphrodite laut Hesychios in
Syrakus verehrt wurde. Durch denselben lernen wir
sie auch als Bamtig daselbst kennen. Berühmt aber
war besonders die Kallipygos. Pindar ®®“) nennt
Äkragas das Land der Aphrodite und der Chariten
indess ist dies bildlich gesprochen und ein Kult der
Göttin folgt daraus noch nicht. Aber auf einer Münze
hat man sie zu erkeimen geglaubt, und Helena mit
den Dioskuren wurde hier verehrt ^®‘). Ziu Enna
lernen wir sie ebenfalls durch eine Münze
nen. Der Kult der Aphrodite zu Selinus *®®), de-
259)*~C'harito n 1, 1. 3, 6. 5, 5. 8, 8.
261») Pyth. 6, 1. Schot. ;
261) Pind. Olymp. 3, 1. Scliol.
262) Mionn. 1, 234.
263) Timaios bei Zenob. Prov. 1, 31. Thukyd. 6, 20.
Otfr. Müller. Dor 1, 406.
525
3n Tempel sehr reich und angesehen waren, stammte
/ahrscheinlich vom nahen Eryx; indess konnte er
lieh schon mit von Megara gekommen sein.
Italien.
Indem die eigenthümliche Gestaltoog des Kultes
er Aphrodite auf römischem Boden nicht in meinem
Jane liegt, kann ich mich hier verhältnissmässig sehr
urz; fassen, und verweise im üebrigen auf Klausen,
a welchem der jedenfalls schreiten muss, welcher
iisführliche und gründliche Belehrung über die itali-
;he Volksreligion sucht. Im südlichen Italien treffen
ir dieselben oder doch verwandte Völkerstämme an,
ie im benachbarten Griechenland, in Epiros, Akar-
inien u. s. w. Daraus können wir mit Sicherheit
if gleiche religiöse Vorstellungen schliessen, und
js dodonäische Götterpaar begegnet uns in diesen
ändern unter den lateinischen Namen Liber und Li-
3ra; leztere heisst auch Libitina, aber hauptsächlich
ol nur ohne Beziehung auf einen Gemal. Die so-
snannte Lakinische Hera ist die dodonäische Göttin t
lannibal verehrte sie wegen ihrer üebereinstimmuDg
|it der Göttin vom Eryx und der Aehnlichkeit dieser
lit der karthagischen Stadtgöttin. Auf Münzen von
larent findet man die Aphrodite ®®*), welche hier den
jamen Baadig laut Hesychios führte. Wie Klausen
leint, entspricht der Fluss Alentas, an welchem
Jphrodite verehrt wird dem Namen der Salen-
i|ier. In den meisten Gegenden ünteritaliens sind
i'Dische Mythen aufgenomraenj in Kalabrien ist An-
-I -
[ 264) Mionn. Suppl. 1 Nr. 530. u. öfter. Aphr. mit Hals-
liid u. Ohrgehänge X Kind Taras knieend mit Spindel u. Rolle.
265) Lykophr. 868. Theokr. 5, 123 u. Schol.
526
chis6s eingebürgertef Heros. Münzen von Hyria
Uria, oder alt Orra tragen die Aphrodite nörd¬
licher war ein angesehener Tempel der Aphrodite anl
dem V. G. Ankona
Der rechte Boden für die Aphrodite in Daher
sind aber Kampanien und Latium, ln Kapua
wird der Kult der Aphrodite zwar namentlich nichi
angeführt; doch können wir ihn voraussezen
zumal da Kapua von einem Troer Kapys gegründet
sein soll, und in Verbindung mit den Aeneassagcn
gebracht wird. Klausen hat die ganze Fülle der Sa¬
gen über Aeneas und Aphrodite in diesen Gegenden
o-esammeit, wir müssen uns auf Einzelnes beschrän¬
ken. Unter den Städten wird der Kult der Göttin
za Neapel und Bajae genannt. Zu Min-
turnae ist mit der Aphrodite die Marica verbunden,
welche Aphrodite auch selbst ist *”). Mit der Ma-
266) Mionn. Suppl. 1 S. 356. Nr. 1106. Katull 34, 11
üriosque apertos.
267) Catull a. a. O. Quaeque Anconam u. s. w. Juvenal
Sat. 4, 40 Ante domum Veiieris, quam Dorica sustiiiet Aiicon.
Ekhel Dictr. 1, 98.
268) Aurelius Symmachus (b. Andr. Rivin. z. Pery,
Ven. 52.) De litt, lacus Luccini et Bajani V. 8 ff. Ubi Corni-
ger Lyaeus Aperit superna vite; Vulcanus aestuosis Media coquit,
cavernis. Tenet ima pisce multo Thetis et Bajae sorores. Si-
mul innatat choreis Amathusia renidens, salis arbitra et vapo-
ris — FIos siderum Diona.
269) Vgl. Silius Ital. 11, 385 ff.
270) Statins Süv. 3, 5, 79. Parthenope, cui mite solum
trans aequora vectae. Ipse Dionea monstravit Apollo columbii.
Also unter Ap. u. Aphr. Schuz gegründet. Salejus Bassus
Carm. ad Pisonem V. 80.
271) Stat. Silv. 3, 1, 150. Lucrina Venus. Mart. Epigr-
li, 80. Litus beatae Veneris aureum Bajas.
272) Scrvius Aen. 7, 47. dicuiit alii per Maricam Vene
i
527
ica ist wieder Kirke im engsten Zasammenliange,
vie Aphrodite selbst dem LiebesMüber vorstebt
>0 entsprachen Marica und Kirke der Aphrodite,
ieit alten Zeiten dient der Kirke die Stadt Circeji^
v’ohin sie von den Kumanern gebracht ist Cnmae
5t der Siz der Sibylle, welche vom äolischen Kyme,
rohin sie durch die Gergithier von Troas gekommen
rar, dorthin und dann weiter nach Rom geführt
rurde. Zugleich kamen durch die K3’^mäer und Clial-
idier reiche troische Erinnerungen und phrjgisch
ydische Begrilfe nach Italien, welche die Kamaoer
ait italischen Vorstellungen vermengten. Von Leu-
as und den Zakynthiern mochte der Name des
teneas nach Italien hinüber gekommen sein. Aber
ange vorher als Leukadier sich im kumanischen Ge-
liet angesiedelt haben können, ist der Name des
^eneas durch die Gergithier von Kyme am askani-
chen Hafen hierher gebracht. Den Verkehr mit dem
'anzen Westen trieben die Phokäer; sie haben vor-
lUgsweise die Ärgonautensagen verbreitet, aber auch
len Äeneas nach Rom gebracht, wie die Komaner
lach Laviniura; doch ist alle phokäische Einwirkung
uf Latium nur ein Auswuchs der kumanischen, zu
reicher noch attisch-chalkidische, leukadische und
jergithische Bestandtheile kommen. Von Kumä ist
lie bajanische Göttin ausgegangen; die Kumaner sind
Srhauer des Tempels der Aphrodite bei Minturnae,
em intelligi debere, cujus fuit sacellum juxta Maricam, in quo
rat scriptum vaos t^s
273) La k tanz 1, 21, 23 nam et Romulus post mortem
Juirinus factus est et Leda Nemesis et Circe Marica. Kirke z.
ürceji Cic, de nat. deor. 3, 19, 48. Dionys, v. H. 4, 63.
Itrabon 5, 232. PI in. 25, 2, 5. u. s. w. Aphr. wird selbst
lirke. Val er. Flacc, 7, 210. 255. Kirke waltet in der Myrte
lin. 15, 29, 36.
528
und von Aphrodisium bei Ardea. Auch zu Alba wurd
die Göttin verehrt und von hier nach Gabii ver
pflanzt Das Bundesheiligthum der Latiner wa
der Tempel der Aphrodite zuLavinium die Vor
Standschaft desselben hatten von Alters her die durc
Reichthum in der Umgegend hervorragenden Ardea
ten» Bei Ardea selbst gab es ebenfalls eine
Tempel der Aphrodite ^ wohin die Latiner gemein
schaftliche Festgesandtschaften schikkten. Zu Lavi
nium befanden sich auch die Heiligthümer der Pe
naten des römischen Volkes der Geister de
Heerdes, und des Hausstandes, der Nahrung und de
Fortpflanzung des Geschlechts. Sie sind die wahren
Penaten von Rom, stammen aus Saraothrake oder au
Troja, die römischen sind nur ihre Abbilder. Si«'
wmreii von Samothrake, wo sie als die grossen See
gensgötter bekannt sind, nach Troja gebracht, um!
blieben die Stammgötter der Dardaner und des Aeneas
welche er aus Troja rettet
Die Vorstellung von Aeneas als Sohn der Aphro
dite hat ihren Mittelpunkt in Ardea; insofern er Pe
naten bringt, in Laurentum. Beide Städte sind di(
274) Orelii Inscr. 1367 Veneri Gabinae et Albanae. 136!
Veneri Gabinae.
275) Strabon 5, 232.
276) Plin. 3, 9.
277) Atticus bei Schol. Veron. Virg. Aen. 2, 71”. Prop erti
4, 1, 39. Ovid, Her. 7, 158. vgl. Virg. Aen. 3, 149. Varrc
Ling. Lat. 5, 144. Oppidiim, quod primum conditum in Lati<
stirpis Romanae, Lavinium : nam ibi dii penates nostri. Hoc .j
Latini filia, quae conjuncta Aeneae, Lavinia appellatum. Pluj
tarch Coriolan. 28. Aaoviviov, mov y-at 9s£v Uqu ‘PM/xctloism
TQmmp Kmseuw xal wv yipovs ^<sctp avmls aQyai dtä ro nQÜrtjv nokitl
ixdp>iv xdtsm w Awilav. Dionys, v. H. 8, 21. Lucan9, 99l|
Serv. Aen. 3, 12. j
278) M aerob. Saturn. 3, 4. Serv. z. Virg. Aen. 7, 207-
529
l’nräsentanfen des plebrjisrhcn, sind paträiselien Prin-
»)s: beide Gegensäxe vereinigt Laviniiiin, die jün-
jtre 8tadt mit grösserer Heiligkeit als beide. Da-
iir wird dies der Haiiptsiz des Aeneas. Die latini-
sben Sagen von ihm dürfen nicht von denen vom
l[yx getrennt werden: die Hörner und Segestaner
siid verwfindt, aber eine trolsche Einwanderung be¬
sieht nur in der Sage sowo! bei den Eiymern als in
liitiiim, und ist geschiehflich nicht nachKisweisen.
liii jedoch die Ueberliefenuigen der Segestaner und
lömer vollens zu .bestäfigenj findet sich Aigestoszu
ijiviniura und Alba wieder. Aeoeas soll die Äphro-
fte gebracht haben, und zwar die Fruli, welches
nn sonst für eine etruskische Verstiiiumelwng des
Pimens Aphrodite gehalten hat, Klausen aber für eine
fcaudengöttin ; aber wenn dies der Fall ist, doch wol
i allgemeinerer Beziehung als eine Gottheit der
ljuchtbarkeit und des Gedeihens, wie es die Apliro-
c!;e auf dem Eryx, zu Dodona u. s. w. war. Er
sidlte das Bild am Latirentinischen Gestade auf
kher muss die allen Latinern gemeinschaftliche Aphro-
i|te zu Lavinium mit Jener übereingestiinmt haben,
tjline dass sich behaupten liesse^ wie von einigen
1 mischen Gelehrten geschehen ist *®®), Aphrodite sei
‘279) Cassius Henina bei Solin. 2, 14.
280) M aerob, Sat. l, J2. Cincius in eo libro, quem de
Istis reliquit, ait, imperite quosdam opiuari Aprilem mensem
iiiquos a Venere dixisse , cum nullus dies festiis nullumque
s rificium insigne Veaeri per hunc mensem a majoribus insti-
lj,um sit, sed ne in carminibus quidem Saliorum Veneris ulla,
i ceterorum coelestium , laus celebretwr Cincio etiam Varro
(lasentit affirmans, nomen Veneris ne sub regibus qiiidem apud
I manos vel Latinum ve! Graecum fuisse . . - Non tarnen ne-
g Verrius Flacciis hoc die postea constitutum, ut matronae
^neri sacrum facerent. Aphrodite des Numa bei Joh, v. Lyd,
Ib d, M. I, 19.
I. 34
53Ü
in der Königszeit gar nicht in Rom verehrt worde«
so ist doch aus ihrer Angabe zu schliessen, dass si
nicht zu den Göttern des eigentlichen Staatskultes ge
hörte. Daher fehlte ihr Name in den Liedern der Sa
Mer, welche ganz patrizisch waren. Dagegen is
Aphrodite, wie Anna Perenna, vorzugsweise eine Göi
tin der Plebejer. Gleich mit Entstehung der Plebt
unter Ancus findet sich, eben bei den Wohnsize
derselben, der Dienst der Murcia oder Murtea. Dt
Aphrodite wohnt eine mildernde, auflösende, veral
gemeinernde Thätigkeit inne^ daher wird die Vere
nigung aller Gegensäze, w'elche in Rom herrschte
unter den Schuz der Venus gestellt: durch sie wi
Roms innere Doppelheit ausgesprochen. Die äiteshii
Feste enthalten Sühnungen und Reinigungsgehiäuc i
auf dem Gebiete der angedeuteten Thätigkeit d ,
Göttin. Die Venus Cioacina soll es gewesen se
unter deren Einfluss Römer und Sabiner sich na
Niederlegung der IVatfen mit einem Myrtenstrai
reinigen. Was Cloaeina zwischen Ramnes und 'Jl
ties, vollbringt Venus iMurcia zwischen Palrizh i
und Plebejern: diese lezteren haben ihre städtisf i
Burg dem Palatium gegenüber auf dem Aventin jt
seit des Heiligthums der Murcia, wie die Tities
ihrige auf dem tarpejischen Felsen jeuseit des le
pels der Cioacina: wie diese sich zur reinigent;
Versöhnung der Myrte bedient, so ist der Name (f
Murcia, Murtea, eben aus der Anwendung der Myi!
entstanden, welche aber Klausen als eine erschlaffen ,
erweichende versteht, deren Name erst in Miirt,
Myrtea umgedeutet worden sei *®‘). Ausdrükklh’
281) üeber Klausens Auffassung habe ich mich oben f-
gesprochen. Er stüzt sich hauptsächlich auf Augustin <|-
Dei 4, 16. Arnob. 4, 9. Fest. S. 101. Aber Plin. 15, 29, |i.
631
I Beziehung der Myrte auf das VerhMItniss der beiden
-Stände tritt beim Heiligthum des Quirinus hervor,
Jessen Name durch Tatius und seine Sabiner in Hom
iinheimisch wird. Vor diesem steht von alter Zeit
I ler eine patrizische und eine plebejische Myrte, jede
{ iur Zeit des Uebergewichts ihres Standes am kräf-
i igsten. Diese Erzählungen sind aber nicht so zu
j rerstehen, als wenn die Einführung der Cloacina und
i dyrtea die von den Geschichtschreibern gegebenen
i Veranlassungen und Beziehungen gehabt hätte, son-
ern dass der Dienst einer Sühngotlheit Cioaetna -und
ttyrtea, über welche beide ich mich oben näher er-
1 därt habe^ von den Plebejern auf örtliche Verhält-
- aisse angewandt und in Verbindung mit den Ziistän-
. den des Volkes durch Legenden und durch Änknüp-
' fung an die Geschichte gebracht worden sei. Ve-
Ls Cloacina, welcher die Plebejer die Ausgleichung
t, wischen den Altstämmen beilegen, befreit durch Be¬
orderung der plebejischen Myrte die Neigung und
iden Trieb des einzelnen Bürgers und führt durch das
jbewilligte Connubium zur Erwerbung aller Ehreii-
jrechte: auf der plebejischen Freiheit beruht hinfort
die Freiheit, die Ehre, die Herrschaft des römischen
Volkes
VäTröTTng. Lat. 5, 32, 154. Plut. ‘jPw^. 20. nehmen Murcia
;für Myrtea. Beide Meinungen bei Serv. Virg. Aen. 8, 636.:
i vallis autem ipsa, iibi circeiises editi sunt, ideo Murcia dicta est,
iquia qiüdam vicinum montem Murcum appeilatiim volunt: alii
I quod fanum Veneris Verticordiae ibi fuerit, circa quod nemus e
I murtetis fuisset, inde mutata littera flluixiam appellatam: alii
I Murciam a Murco, quod est murcidum, dictam volunt: pars a
dea Murcia, quae, cum ibi Bacchanalia essent, furorem sacri ip-
sius murcidum faceret. Ueber die Lage Liv. 1, 33.
281a) Das Bild der Liberias auf röm. Familienmünzen ist
von dem der Venus nicht sehr verschieden, weGhselt auch mit
demselben auf junischeu Münzen.
34»
f
532
Mil den Albanischen Geschlechtern und mit der
Plebes wurde Venus in Rom eingeführt, xuerst in
den Familienkultus, mit der Zunahme plebejischer
Macht auch in den des Staates. Mehrere der ange-
sebnsten Familien leiteten sich von ihr, oder von
Aeneas her 5 am bekanntesten ist das Verhältniss der
Julier zur Venus. Der Ahnherr derselben ist Julus,
ein Sohn des Aeneas, daher Enkel der Venus, eben
so lieblich als rüstig, und früh mit Askanios identifi-
zirt. Durch ihn wird Venus die Ahnberrin der Ju¬
lier ***), die Genitrix, von welcher sie ihre Eigen-
thfimlichkeit herleiteten. Caesar bediente sich ihres
Bildes zum Siegeln und leitete sein Glükk und seine
Tliaten von ihr her. Schon vor ihm prägen die Ju¬
lier die Venus auf ihren Münzen, theils als Genitrix,
theils als Victrix, theüs als Seegensgöttin. Als Ge-
nitrix baut Caesar ihr einen Tempel Oktavian
feiert ihr die berühmten Spiele und stellte in ihrem
Tempel das Bild des Caesar auf mit dem Kometen
über dem Kopfe ***). Diese Venus wird auch be¬
waffnet vorgesteilt, ist Soldatengöttin, und Gemalin
des Mars. Wie diese Verbindung eine alte griechi¬
sche, namentlich auch troische Vorstellung ist, so war
es auch eine altitalische. Jene war mit den sibylli-
schen Büchern nach Rom gekommen, diese findet man
in der Ehe des Mars mit der Nerio wieder, welche
eine Venus ist. Wegen des Trasimenischen Unglükks
wird aus den sibylünischen Büchern unter andern
Feierlichkeiten ein grosses Lectisternium der zwölf
282) Vellej. Paterc. 2, 41. Suet. Caes. 5. Cic. ep.
fam. 8, 15, 2. Ovid. fasti 4, 19 ff. u. s. w.
283) Vitruv. 3, 3, 2. D i on. Kass. 43, 22.Plin. 35, 12, 45.
Tacit. Ann. 16, 27. Arnob. 4, 35. Auf Inschriften.
284) Dion. Kass. 45, 7. 47, 18.
Götter und die Einführung des Dienstes der Aphro¬
dite vom Eryx in Verbiodung mit' der Mens verord¬
net**®). Dabei wird ¥enus:mit Mars verbunden;
der Tempel war vom Diktator Q«. Fabiiis Maximas
gelobt worden, stand vor dem koüinischen Thore, und
in ihm beteten die Iliihlerinnen zur Göttin. Ein we¬
sentlicher Unterschied dieser und der Venus Fruti,
welche Äeneas vom Eryx mitgebracht haben sollte^
fand freilich nicht statt, aber dass man zu jener Zeit
gerade diese Göttin noch zu gewinnen suchte, lag
in dem Namen und Ansehen derselben, und io der
Beziehung Siziliens zur karthagischen Macht.
Indem Aphrodite durch ihre Eigenschaft als
Ahnherrin des Julischen Geschlechts, und mehrerer
anderer angesehener Familien die Staatsgoitheit des
plebejischen Roms wird, heisst sie die Schuzgöttio
1er Römer ***), und die Namen der beiden ersten
Vlonate März und April wollte man nach Mars und
t’enus benannt wissen. Andere bestritten die Mei-
lung, dass der April von der Venus seinen Namen
uhre, und neuerdings ist der Name wol richtiger von
iperire hergeleitet Was den Namen der Ve-
Liv. 22, 9 10. P lut. Fab. Max. v. IVl a er ob. Saturn.
I, 12. ut hi potissimum aniii principia servarent, a quibus esset
lomani nominis origo, cum hodieque in sacris Martern patrem,
/euerem genitricem vocemus. üeber die Aphr. v. Eryx s. noch
Liv. 30, 38. 40, 34. Strabon 6, 272. Ovid fast! 4, 871. SiL
tal. 7, 87.
286) Joh. V. Lyd. Ueb. d. M. 3, 4. 'iffoqo? rmv ^Pmfiutmy
iifqoSitri. Sil. Ital. 4, 133. 12, 324 nennt die Römer gens Ve-
leris. Die Römer nannten die Aphr. auch Hera J|oh. v. L.
t. a. 0, S. 90, wie wir dieser Identifizirung oft begegnet sind.
287) Pott. Etym. Forsch. 2, 179. Er vergleicht die neu-
'riech. Benennung des Frühlings SymSis, Eröffnung. Unter den
Uten leiten den April v. aperire Varro de 1. 1. 6, 33 gegen
^ulvius u. Junius Gracchanus, Joh. v. Lyd. üeb. d. M. 4, 44.
534
nus gelbst anbm^t, so schweijrfin wir über die «1-
beraeo Ableitungen der Alten ***). Schwenk leitet
Venns, Venise von einem Stamm Venere mit
der Bedeotiing des Entstehens, Werdens, Erzengens,
und venustas wieder von Venus, Pott dagegen vom
Stamm wao, verlangen **®),
Ausser den bereits genannten Namen fasste man
die Aphrodite zu Rom noch unter folgenden Benen¬
nungen auf. Die Calva wird auch eine Söhngöttin
sein. Geistige Eigenschaften von allgemeinerer Art
drukken die Beinamen Alma, Conciliatrix
Placida, Suada, übsequens, Verticordia aus.
Letztere war auch auf Befehl der Sibyllioischen Bü¬
cher eiogeführt, und entspricht der griechischen Epi-
strophia, wie die Volgivaga der Pandemos. Aber
Lukrez *®') fasst auch ihren Dienst als einen geisti¬
gen, mit reinigender Kraft ausgerüsteten : er empfiehlt
ihn, damit das Herz von verzehrender Sehnsucht, die
sich an einen einzigen Gegenstand heftet, frei werde.
Die Salacia ist ursprünglich eine Meergöttin
288) Cic. de nat. deor. 2, 27. Quae autem dea ad res
omnes veniret, Venerem nostri iiomiiiaveriuit , atque ex ea po-
tius venustas, quam Venus ex veiiiistate 3, 21. Venus, quia
venit ad omnia.
289) Pott. Etym. Forsch. 1, 254 ff. von wan verlangen
vanita fadamata d. i. lixor) Ahd. wini (amicus, fidus) wunna
(gaudium) venia (erfülltes Begehren, Gunst) Venus (d. i. be¬
gehrlich, anmuthig). Mag Venus nun ein Adj. wie vetus oder
ein urspr, neutruin sein, das nur durch Personifikazion zum fern,
wurde und einen Plural mit persönlicher Endung Veneres
erhielt.
290) Orelli Inscr. 1.362. Man könnte vielleicht die Sym-
machia Aphrodite u. Mantinea vergleichen.
291) Lukrez. 4, 1053 ff.
29^) Serviiis z. Virg Aen. 1, 719. Dicitur et Salacift«
quae proprie meretricum dea appellata est a veterihus.
535
|nd Nebenfigur der Venus, sie wird aber auch aM
|enus selbst gefasst, und von unzüchtiger Seite ge-
jeutet.
Für Etrurien muss die Bedeutung der Aphro-
(te und der Umfang ihres Kultes hauptsächlich aus
en dort zu Tage geförderten Werken der bildeoden
unst geschöpft werden, ßer Name der Aphrodite
■ar Turan Bemerkenswerth ist hier die Wie-
erkehr der kyprischen Sitte, dass die jungen Mad¬
ien durch öffentliche Preisgebung sich ein Heiraths-
jut erwerben mussten Die Gebrauch muss von
|er gewöhnlichen Unzucht sehr wohl unterschieden
i erden, für sie also noch ein besonderer Weg der
jerpflanzung aufgesucht werden. Für eine Verbin-
lung mit Kypros zeigt auch noch die im ersten Ab-
IdiiTitt besprochene Nachricht, dass die Tyrrhener
lie HeraKypra benannten, so wie die Verehrung des
Idonis bei den Etruskern. Dann kommt Helena auf
Itruskischeo Spiegeln häufig vor.
Aeusserster Westen.
I An den Küsten Galliens und Spaniens gab
s mehrere Heiligthümer der Aphrodite, eines oder
las andere vielleicht ursprünglich der phönikischen
kstarte gehörig. Berühmt in diesen Gegenden war
lie sogenannte pyrenäische Aphrodite de-
'en Tempel auf einem hohen Vorsprunge der Pyre-
'äen lag. Es war daher eine Meerherrscherin und
i 293) Vgl. Gori Mus. Etnisc. 1, S. 114. Thaiia Lartial:
1 eilige Königin.
294) Plaut. Cistell. 2, 3, 20. Non enim hic ubi exTusco
jiodo Tute tibi indigne dotem quaeras corpore.
I 295) Markian. Herakl. S. 75. Höschel.
' 296) Strabon 4, 178. Vgl. 181. 182. Plin. 3, ,4.
536
Akraia wie io Knidos o. s. w. Pliniua giebtan, das
es griechischen ITrsprungs gewesen. Auf der West
köste war eine Insel berühmt, w'elche bald Erytheia
bald Aphrodisias, bei den Eingebornen Insel derHen
heisst
fiJBCKSTEH ASSCHSTITT.
Adonis.
Kult und Festfeier.
Die Adonien wurden dem Adonis nicht allein,
sondern dem Adonis und der Aphrodite ‘) gefeiert,
297) Steph. ¥. B. ’ AfQodiams vtjcv?, nqönQuv 'EquS-sta, tu-
tu^v ‘Ißeqias xat raddqtotf. Plin. 4, 36. Insula. Vocatur ab
Ephoro et Philistide Erythia, a Timaeo et Sileno Aphrodisias,
ab Ißdigenis Junoais. R. F. Avienus Ora Maritima (b. Werasd.
poet. lat. min. 5, S. 1220) V. 3!5 ff.
Veneri Marinae consecrata est insula,
Templumque in illa Veneris et penetral eavum,
Orarulumque monte ab illo, quem tibi
Horrere silvis dixeram, in Veneris jugum
Litus recliiie et molie arenarum jacet u. s. w.
I) SchoL z. Ar. Lysistr. 390. ’Aifmviu d-tjkvxias, tUt w
'AMviu nXt/S-umxiSs , foorj} ns na ’Aiftündt xal iTj ’ Affqodini uyu-
fiivij, ’Adhfict^u) , TO TaoTqv rtj)' ioqniv «ym, ucfi' oo xui övofiu q‘ij-
^anxovg 'Aimvm<S}.iis. raum dt met>m ienv , ön tov d-q'^pov, tov
int TW ’MmpuSos S-upurm nowvfupop ä)jh)ü<Si. Schul, z. Ar, Friede
420. ’AMpia tw ' AätipA xal jg 'Aifqodirß. Bekk. Anekd. 1, 3l5.
“Man di r« ’AMpiu ioqr^ : oi fitp if.cmp ds nfrijp ’AduäPKioSj oi di
Tff ’Affiqoäk^. ian dS 4^oiplxmp xcn Kvnqltßp. Musaios H. und
L. 42. Etymol. M. ’AdüpB&t ioqTi] dyo/xiptj ’Afqod'hrj. S ui das
^Admpm . . . *Admpt dyoftip xal rop "AdoupifP xXdofxsp auä P h e r e -
krates. ¥gl. Meiiieke Menand. S. 169 ff. Zonaras ‘Aduipta
uyo/ntp: 0 lat» anqui/uiS-a wd ’AiJuptdoS, ’aMpicc als Name des
Fcitf» Diphilos ip Zmyqdff b. Athen. 7, 292. Plutarch
537
kvie in antiern Festen ähnliche Göfter^nippen Ce^en-
itand der Verehnni^ waren, z. B. in den Eleusinieii
llie Demeter, Kora und Bakchos ii. a. m. W'ie dort
*iber die Kora, so trat hier Adonis in den Vorder¬
grund, denn seine Gottheit muss es sein, deren Kreis
lie übrigen ergänzen. Vielleicht %var aber bei den
\donien auch Ares nicht ausgeschlossen 5 oder auch
iiidere Götter, welche eine Bedeutung in diesem'M}'-
hos haben. Die Feier begehen hiess ädovm^eiv oder
4ö(üVia äyetv.
Ein wie weit verbreitetes Fest dieAdonien auch
varen, so wissen wir im Ganzen doch nur wenig
lienaueres über sie 5 das Meiste aber lernen wir noch
iber die Feier zu Alexandrien ans dem bekannten
Gedichte, den Adoniazusen des Theokrit kennen.
2s ist zwar verhältnissraässig spät eingesezf, aber
»US einer guten Quelle abgeleitet; wir dürfen daher
inch nicht anstehen, gerade dies Gedicht zu unseriii
lauptsächlichsten Haltpuokt zu nehmen. Zwei Syra-
i.a. Aeltere Monographien über diesen Gegenstand sind: Banier
listoire du culte d’Adonis, in Bd. 3 S. 98 ff. der Hist, de Fa-
ad. roy. des Inscript. Paris 1723 , und ist in der Weise jener
ranzös. Gelehrten abgefasst. Maurer dissert. de Adonide u. s. w.
Erlangen 1782 kenne ich nur aus der Anführung Wüstemaaiis
. Theokr. Fikerscher ErkL des Mythos v. Ad. Gotha 1800;
dne Ausgeburt des Pragmatismus und des plattesten Euheme-
ismus, und das Ganze die rührende Geschichte eines Prinzen
im Hofe zu Byblos. Dagegen hat mit Recht die Abhandlg. v.
Jraddek in s. antiq. Versuchen S. 85 ff. als Quelle für diesen
Jegenstand bisher gedient. ' Einen anderen Weg, ob einen rieh-
igeren und vorurtheilsfreieren, bezweifle ich sehr, hat de
Vitte, (Lettre a, M. le Prof. Edouard Gerhard sur quelques
liroirs etrusques, Paris 1838^ eingeschlagen, Zeiten, Völker
nd Kulte, Ansichten der philosophischen Sekten u. s. w. sind
■uf die möglichste Weise zusammengeworfen.
I Id. 15. 'AStavia^om m od J£vqc(Xovaita.
I
kosische Frauen befinden sich in Alexandrien und
and wollen die Adonisfeier mit ansehen. Auf den
Strassen ist ein gewaltiges Getümmel und Gedränge
der Menschen zu Fuss und zu Wagen, dass ihnen
das Durchkommen schwer wird. Mit Mühe arbeiten
sie sich in die Hofburg hinein. Um seinen ganzen
Eleichthum und Glanz zur Schau zu stellen, hatte Pto-
Inmäus Philadeiphos, wahrscheinlich im Jahre 277
V. Ch., mit seiner Gemalin, welche persönlich den
grössten Antheil an dem Feste nahm, die Adonisfeier,
von Kypros her, dem Mittelpunkte des ganzen Kultes,
eingeführt und nun die Begehung derselben vorbe¬
reitet Sie dauerte noch bis zu Kyrillos und Proko-
pios Zeiten. An den Ort angekommen sahen die
Frauen einen herrlichen Teppich ausgebreitet. Darauf
ruht auf einem silbernen Polster Adonis selbst in der
schönsten Jugendblüthe, ungefähr achtzehn Jahr alt.
Neben ihm, wahrscheinlich auf ganz gleiche Weise,
war Aphrodite gebettet. Eine Argivische Sängerin
beginnt die Aphrodite als Herrscherin von Goigoi,
Idalion und Eryx zu preisen, und fügt dem Gesänge
das «Lob der Berenike und Arsiuoe ein. Sie singt,
wie die Horen den Adonis nach Jahresfrist aus dem
Acheron zurückgeführt hätten, wie Arsinoe dies Fest
dem Gotte bereitet, wie frühe Früchte, Lauben und
zierliche Gärtchen in silbernen Körben, Salben in
Krügen um ihn heruragestellt waren, und Kuchen von
Frauen aus Mehl, Honig und Oelen gebakken: wie
man Vögel und andere Thiere in der Umgebung sah,
Eroten uraherüiegen , im Schatten der Bäume ein
Nachtigallennest, aus welchem die Jungen den Flug
mf die Zweige wagen, Sachen aus Gold und Elfen¬
bein in Menge, und wie ein Paar Adler den Gany-
medes zum Zeus emporheben. Jezt, so schliesst die
5a&
iäogerin. möge die Göttin des Geliebten sich er-
■euen^ morgen in der Frühe wollte man ihn unter
Tossera Geleite®) and nnter Änführüng der Königin
um Meere 'tragen, mit aufgelöstem Haare, ^ierrisse-
em Gewände, entblösster Brust, und laut den Gesang
nhebend: komm, theurer Adonis, einzig hier wie am
icheron bevorzugt unter den Ealbgöttern, wie weder
era Agamemnon, noch Ajas, noch Ilektor, Patroklos
nd Pyrrhos, nicht den Lapithen noch den Argivi-
chen Heroen y.u Theil ward? sei uns günstig, Ado-
is, je/t und iui kommenden Jahre, freundlich kamst
u, und sei uns freundlich, wenn du wiederkehrst
lass diese Anrede auf eine Geheimlehre geht, ist an
3) Walkenaer und mit ihm Wiistemaiin z. Theokr. nimmt
n, bei der Freudenfeier hätten zwar die niedrigen Weiber Theil
ehmen dürfen , aber nicht bei der Trauer, denn die Königin
od die Frauen vornehmen Standes würden nicht in Gegenwart
mer ihre Brust entblösst haben. In der Hypothesis des Ged.
tehs freilich, dass nur die Vornehmen das Bild zum Meere
etragen hätten , tS-os yaQ dyou oi iv ' Als'iapiqda tp mTg 'A&iavloig
(dnvfiivoi?, dl lu vntQ rov ’JcWwdoj rdovftitftj^ mSfiäy iUmla
w ’AdüividoS, acd ftfiä jwv msqtxoveSp ini tyjv »älaffffap xoftg»»»,
Hein wir wissen nicht, wie alt diese, und was darauf zu bauen
it. Möglicli ist es, allein im Theokrit selbst findet sich keine
.ndeutung davon, unzweifelhaft ist es mir, ob bei einem diurch
ie Religion gebotenen Kultusgebrauch die Rücksicht auf An-
tand so weit gegangen sei, doch muthmasslich das weibliche
leschlecht nur unter sich war, Walkenaer fügt hinzu: die
ängerin habe den mystischen Ausruf schon hier gesungen, da-
lit die Weiber niederen Standes nicht ganz ohne Theilnahme
n der Weihe blieben. Dass der Gesang am andern Tage wie¬
erholt sei, kann man allerdings aus dem schliessen ;
her jenes folgt daraus noch nicht.
4) V. VW, griF ‘aclI is sv9vfi^aceis.
xcci vvv ^ASiavhy xai, oxx *a(flxy, (flkos rj^üs-
ehnlich sclüiesst auch der Hymnos des Kallimaciios an di#
lemeter.
540
und für sich deutlich, beweist aber auch noch d
Zusa/i der Gorgo: glückkselig ist diese Säuger
über das, was sie weiss: '‘OXßia öaöa löaxi.
Mit dieser Darstellung Theokrits stimmt ein G
brauch nicht überein, welchen Kyrlllos ’) erzählt: d
Frauen legten einen Brief, auf welchem geschriebi
stand, dass Adonis von der Aphrodite gefunden si
in einen irdenen Topf, versiegelten ihn, warfen il
unter Zerimonien ins Meer und nun schwamm er v»
selbst nach Byblos. Wenn die Sache wahr ist, i|
könnte sie nur am ersten Tage geschehen sein, we
sie den Beginn des Freudenfestes nach sich ziel
Da sie aber mit der Darstellung des Theokrit nie
passt, so müssen wir annehmen, dass dieser Gebraiui
erst später eingeführt sei, nachdem man, was hierai
folgt, den Kult zu Byblos mit dem Alexandrinisclu
in üebereinstiuimung gebracht hatte, lieber jem'
berichtet Lukian^): in dem grossen Heiligthum de
Aphrodite wurden die Mysterien des Adonis gefeiei
und diese habe ich selbst kennen gelernt. Sie ei|
5) Kyrill z. Jesaias Kap. 18. Er erzählt d. Fabel v. A
und fährt fort; xm fut/Qt rmu xaiQvSy iy rots /.ar
tfi^nay isgoiS ireMro to nalyvMV vovro. Kiqufxov laßöyns , ttr« ypt
(f'Ovres intcnol^y TtQoS ras ip Bvßlm yvmlxas wf tiv^tj/Mvov tou ’Adu
rtJbS, xat ipS-ipTiS ts «m^p w5 mQu/um, xal ffg^aylffapiK xaS-ltm
tig r^p 9dlamap, Tthrdg npue in airm nonjaiiitvot, xat uisyt (ol nif.
noPTfS Prokop) hf.mxov, avTofiuTiüS hs Bußhtp dmxoftl^fTo xaru fn
Tov mvg oV di xal dnodegd/diPM yvpaixf'g npH n
(filag, tim knßoms« imenk^p, inavuvm row
ms ^oQ^juipov naqd t^s ' AifqoMTtjg tou 'Admviiog. S. Walken. 2
Theokr. Adon. S. 193.
6) Syr. Gott. Kap. 6flF. Strabonlä, 755. ^ ^iv Bißi^i
n mv KiPVQm ßmlkttop, tfQu ianp 'Adüptdog. — Elm furd Tavnj.
''Aimpts nem^os xai o^og. Nonnos 3, 109 ff. 20. 124, xat nor«'
juoS S-vGtPTos ’aMphFos fvyc'.flop vdmQ; man legte ihin also einil
aphrodisische Kraft bei.
541
jählen, die «eschichte vom Adonis und dem wildeo
tber höbe sich auf ihrem Gebiete /oi^etragen , wes¬
iregen sie das Ändetiken an dies ünghlck alljährlich
lurch die Mysterienfeier begehen, wobei sie wehkla-
|en, sich mit Fäusten schlagen, oud grosse Trauer
ber die ganze Gegend verbreiten. B^eoii sie aber
as Wehklagen und Jammern eingestellt haben, so
pfern sie erst dem Adonis als einem Todteo, am
ilgenden Tage aber sagen sie, dass er wieder le-
endig geworden sei, und entsenden ihn gen Hira-
el. Auch schneiden sie sich die Haare ab, wie die
egypter, wenn der Apis gestorben ist. Welche
»'"eiber ihre Haare aber nicht abschoeiden wollen,
iben die Strafe zu erleiden, dass sie einen Tag
ng ihre Schönheit an Fremde öffentlich feilbieten
üssen, und der Erlös ist ein Opfer der Aphrodite,
ndere behaupteten, der ägyptische Osiris liege bei
i|nen begraben, und ihm würden die Mysterien o-e»
liert. Alljährlich käme ein Kopf aus Aegypten in
lyblos angeschwommen, indem ihn die Winde unter
ipttlicher Führung über die Gewässer daher trügen,
lies Wunder trug sich jedes Jahr zu und Lukian
ijgt, er habe den Kopf selbst betrachtet und gese-
im, dass er aus dem Baste der Papierstaude, Bybios,
jemacht sei. Der Fluss Adonis, welcher vom Liba-
*11 kommt und sich bei Bybios ergiesst, sagt er,
'mliert alljährlich seine natürliche Farbe, wird blut-
i|th und dies ist für die Bybiier das Zeichen ihr
’|rauerfest zu beginnen. Denn ihrer Sage nach wird
.|donis in diesen nämlichen Tagen auf dem Libanon
4rwundet, und sein Blut, das in den Fluss rinnt,
Ijrbt dessen Wasser^ daher trage er auch seinen
Ijamen. Dies sei die gewöhnliche Meinung in iSy-
Ls. Ein Mann aber, welcher dem Lukian die Wahr-
542
heit zu sa^en schien, hatte ihm eine andere t'rsac
der Erscheinung^ angegiehen. Das Erdreich des G
birges sei röthlich, und die heftigen Stürme, welc
in jenen Tagen dort herrschten, führten den menni
rothen Staub in den Fluss, und gäben ihm seine b
tige Farbe. So sei also nicht das Blut die ürsac
dieser Erscheinung, sondern der Boden ^).
Dies ist alles, was wir über den Kult zu Byb
wissen. Die verschiedeuen Meinungen, welche l
kian erfuhr, rühren von dein trüben Zustande her,
welchem sich die Kulte jener Gegend zu seiner Z
befanden. Die Sitte, dass die Frauen, welche s
nicht die Haare abschneiden wollten, sich den Fre
den preis geben mussten, ist ein Best des urspriii
lieh dort vorhandenen Astartekuites. ÄegyptiscI
und Griechisches überwiegt 5 daher der dortige K
der Isis und des Osiris. Die Sage von dem Ko :
des Adonis, welcher aus Alexandrien angeschwo'
men kommen sollte, kann natürlich nicht älter s(|
als der Aiexandrische Kult überhaupt, wenn sich !
Zeit ihrer Entstehung auch nicht näher angeben lä;
sie ist jener des bakchischen Kultes nachgebilc i
7) Man knüpfte noch andere Sagen an diesen Fluss. J •
V. Lyd. üeb. d. M. 4, 44, S. 91. Vom Libanon kommen z >
Flusse.« der grössere und reinere heisst Adonis, der kleii.!
und erdigere Ares. Da sich der Adonis ganz mit dem Mt •
vermischt, so scheint er mehr von der Aphrodite, dem Me^.
geliebt zu werden, als Jener. Ares ist vielleicht der Ly •
Sozomenos 2, 5. Von der Spize des Libanon, glaubte n .
schoss an einem bestimmten Tage ein Feuer wie ein Steri 1
den Fluss. Dies hielt man für die Aphr. Dabei liegt die Ij-
tung der Göttin auf den Venusstern zu Grunde. Solche Fabj,
aus Aberglauben, philosophischen und physikalischen Deutun 1
entstanden, gab es vielleicht nirgends in grösserer Blasse alA
den syrischen Tempeln. Vgl, oben Abschu. 5, Aote 1.
543
«acli welcher das Haupt des Orpheus nach Lesbos
»;eschworamen sein sollte. Die sogenannte trauernde
Iphrodite ®) auf dem Libanon, kann keine andere
;ein, als die zu Aphaka. Aus ihrer Trauer sclilie-
isen wir auch einen Adoniskult j ihr Antliz war ver-
nillt, Thränen hatte sie im Auge, den Kopf ver-
ichleiert und mit der Linken ihn stüzend. Der Kult
'Ul Aphaka ist überhaupt erst nach Christus und we¬
lken seiner allen Glauben übersteigenden Unzucht
jerühmt geworden. Ein damit verknüpfter Adonis-
lult wird an keiner Stelle ausdrökküch erwähnt;
»her vom nahen Bybios muss die Vorstellung von
?iner Trauer der Aphrodite herübergekommmen sein.
ann dies geschehen ist, können wir nicht wissen;
iie Trauer konnte aber höchstens nur eine Zerimonie
»eworden sein. Ohne Zweifel war es früher ein
\startetempel ; die Kirchenväter nennen ihn einen
Tempel der Aphrodite ^). Doch dergleichen Entstel-
ungcn und Verstümmlungen des Kultes gehen uns
'ür jetzt nichts an, w'o wir die Stätten und Spuren
les Kultes ans den Zeiten des wirklichen religiösen
[Lebens aufsuchen.
! Ueber den Kult von Antiochien berichtet uns
Amraianus Marceilinus"®): Es trug sich aber in jenen
Tagen zu, dass gerade nach Ablauf des Jahres die
lÄdonien nach altem Brauch gefeiert wurden und es
galt für eine unglükkliche Vorbedeutung, dass von
allen Seiten Heulen, Wehklagen und Trauerlieder
8) Makro b. 1, 21. Suidas "AifoiM? wo/x« xvgioy. Kai
pfrOof Uqov, otoy iv Aißdym to in ’yidwwtJt xal BißXra; mit letz¬
terem wird die Aphr. BvßU>] des Lukian gemeint sein.
9) S. oben Absch. 5, Note 8.
10) Amm. Marc. 22, 10. — Ueber etwaige Adonien in
iSeleukia, s. Note 61.
514
die weite Stadt, so wie den Palast der Fürsten bein
Einziige des Kaiser Julian erfüllte. Mit dieser Nach
rieht müssen wir uns leider begnügen. Dieser Kuli
ist freilich auch nur erst ein später, da er nicht ältei
als die Stadt sein kann, allein er wird seiner Her-
kiinft wegen wichtig. Bei der Gründung der Stadii
war ein Theil des Kultes von Kypros entlehnt, iinc
da die Gottheiten, welche Kypros als Kleros”) innl
hatten, Aphrodite und Adonis sind, so sind sie et
und ihr Fest, weiche von dorther stammen. Aber ir
der Sitte hat es wol schon eine nicht griechischt
Beimischung erhalten, dass die Frauen, welche es feier
ten, einen Stern im Osten anschauten'»)- D«es ge¬
schah im Jahre 362 nachChr., also in einer Zeit, wc;
cs scfnverlich noch irgendwo einen reinen Kult gab
namentlich in jenen Gegenden.
Wir niiissen uns nun nördlich zu den Küslen-i
ländern wenden. Zu Perge in Pamphylien, wc
die Artemis den llauptkult hatte, wurde Adonis un¬
ter dem Namen Abobas laut Hesychios verehrt. Den
Naturkulte ia Marien hatte sich auch der Adonh
zugesellt, und zwar hatte er zu Alexandrien an
Latmos, wo auch die Liebe der Selene zum Endy-
miou”) ihre Stätte fand, einen Tempel**), das Bild'
der Aphrodite war von Praxiteles gearbeitet. Ol
Adonis in Sa;m,os:‘ *) verehrt wurde, ist nicht sicher
11) Libanios Antioch. I, S. 307. Reiske. Iv Kvtiqm »(■
ol nfÄrn/Ätvoi, Kinqop , 15 otroi) mq , y.l>jqo)rodyrt? , ovm
/mqag ini9vfi}]mv xßi jjmMyopm fxtrof/.HP u. s. w.
12) Publicas miratus voces multitudinis magnae, salutare
sidu-s iiiluxisse eois partibus acclamantis.
13) Schol. Theokr. 3, 49.
14) Steph. T. B. 'Aii'idpffqtia.
15) Athen. 10 i 451. giftlos äir iqM Jton
S45
)agegen muss in S es tos nach der Beschreibung des
Jusaios ‘®) ein sehr bedeutend esj. vielbesuchtes j mit
Jlanz und Pracht gefeiertes Fest stattgefunden ha-
en; feiner in Bithynien”) und den benachbarten
(lindern. In Europa finden wir ihn zu D ion ' *) in
iakedonien. Zu Athen lernen wir die Adonien ans
Jutarch*®) und Arisfophanes kennen. Der Feldzag
afiiug (ptjffn' ’A^mvioitn yQKf^iiuv nagä nomp. Dies konnte auch
iderswo, in Athen, vorgegangen sein.
16) Hero u. Leand. V. 42 ff.
Und schon nahete, Völker versammelnd, das Fest Kythereias,
elches der Sestier Stadt dem Adonis und Kyprien darhringt,
'haarweis eilten sie her, zu dem heiligen Tag zu gelangen,
le, so viel die Säume der Meereilande bevvohnten. ■
■ ich von Raunonias Flur und der wogenumflösseneü Kypros ,
id in den Städten Kytheras blieb nicht Eine der Frauen,
)ch auch wer da umschwärmte des Libanons duftigen BergwaM;
id kein Gränzanwohner verfehlte des festlichen Tages,
iiner von Phrygien auch, kein Bürger vom nahen Abydo.s.
17) Proklos Paraphr. 3, S. 98. eißovet fitp ms ini nolv Tr/V
jqoShrjv ms dtmv ^rjriqa cftaf/dgotf y.ai ly^mqiois' opofia&w
vfxäl^oms xcti TOP Tov Aqims } xuhiwTiS ahtov “A^mytp %ai «llmS
•öfiaat xtti ripas M nlmtg ust o^vqfimp ixmlomw avrok. Vgl,
ob. Agl. 2, S. 1165.
18) S c h ol. Theokr. 5, 21. Hesych^ u.Suid. oMiv kqop,
enob. Paroini. 5, 47, Diogen. 7, 13.
19) Nikias Kap. 13. AMvia yuq ^yov al fwtuxig nozs, zdl
lov/.tno nolkayo&i, t^g nokims Hifmka xal tttq-ui ntqi aitd xeti xms--
It- yvvaixmp ^aup , man wvg ip koym noiovfxivovg nvi tu tmavta
t’Gyfqcupiip xai diAipai mqi r^g naqotaxtvrß ixflpijs , xui SwafÄsrns,-
I; kufxnqÖTrjia xai äxfi^p inafapierd^p ayoma ja/Jms
li-kib. Kap. 1 in Note 36. Aris'toph. Lysistr. 389 ff,
j ‘O t’ Ad'mptaa/uvs omos ov "ni rmv ttymp,
I ov ’ym noT mp ijxovp Ip ry ’xxtfiaia^
Ikiysp cFo mQMat JfjiißßTQataS
nküv §s JSiXiXiap ^ yvp^ & oq)(ov(j,iptjf ^
at cü "AdmutP, (ftjatp’ o M JtjfiotSrqaTof'
thytp onklrag xarfkeytp Zttxpp9-ki)p'
II.
546
der Athener gegen Sizilien war im Werke, und dt
Abgang der Flotte fiel gerade mit der Trauer n
den Adonis zusammen. Dies hielt man für eine übl
Vorbedeutung , und weissagte nichts Gutes über dt
Ausgang des Krieges. Leichenbilder sah man übers
ksgestellt, die Weiber klagten, weinten, sangt
Trauerlieder und schlugen sich an die Brust. D
kyprischen Weihen zu Athen*“), deren Platt
neben den tyrrhenischen gedenkt, scheinen mir je
nach erneuerter Ueberlegung eher auf die Adomt
als auf die Paphischen Aphrodisien zn deuten zu sei
Ob in 8ikyon die Adonien gefeiert sein, ist no
zweifelhaft, denn dass die Sikyonische Dichter
Praxllla, den Adonis besang, sichert den Kult no
nicht gerade in dieser Stadt, ungeachtet es mögli
isty und er sich leicht an den Dionysos und den Dier
anderer mystischer Gottheiten daselbst anschliess
konnte. Dieselben Bedingungen lagen in Argos ’
vor, und hier wurde er wirklich neben dem aiisg
dehnten Dienst der Aphrodite, neben Linos und a
dern Naturgottheiten gefeiert. InLakonien, sov
in Sparta selbst, als namentlich im Süden, zeigte sn
viel Empfänglichkeit für den Dienst der Aphrod
und verwandter Gottheiten , z. B. Demeter und D
nysos, theils vordorischer Abstammung; diesen schld
^ cf vnmmaxvV, ^ ywtj 'nt too riyovs
xonrtad-' qfrjolv.
s. auch Friede V. 420. Die unglükkliche Vorbedeutung a i
bei Am m. Marc. a. a. O. Antonin war an einem solchen T?
gestorben.
20) Geseze S, S. 393. ^ ^
21) Paus. 2, 20, 5. xai Ji6g lvrav9a iiQÖy ^iut^oS' '
naqiomw k ro olxti^u, hmv»a tiv "Adkri-y at ywalxtg riSy ’Aqyt’'
Ir ithn öi ko^mi vS Ktfteom nsnoitjrat ro itQoy.
517
sieh Adonss aOj welclver hier unter dem Nameo Kiris
verehrt wurde.
Als alle Kulte in Rom Eingang fanden, wurde
mich Adonis eingeführt. Das älteste Zeugniss Mer-
iber ist das des O'.id **), und viel früher kam er
gewiss nicht vor. Dagegen muss er in Etrurien
'.chon länger vorhanden gewesen sein, indem er auf
, druskischen Bildwerken uns öfters begegnet.
Aus Theokrit sehen wir, dass das Fest zu Alexan-
Irien ans zweiTheileu bestand, von denen jeder, wie
!S scheint, nur einen Tag dauerte. Der erste kön-
ligt sich als ein Freudenfest an, indem Aphrodite
ich im Besize des Adonis befindet^ um dies sinn-
lüdlich darzustellen, ist sie neben ihn gebettet. Um
hn waren Früchte des Jahres gelegt*®) und andere
22) Ovid ars am. I, 75. Nec te praetereat Veneri plo-
atus Adonis Cultaque Judaeo septima sacra Syro. Jul. Fir-
"licus de err. prof. rel. S 424. Gronow: In plurimis Orienüs
ivitatibus, licet hoc malum etiam ad nos traiisitum fecerit,
idonis quasi maritus plangitur Veneris •, et percussor ejus cir-
umstantibiis vulnusque monstratur. Philostr. Leb. d. Apoll.
, 32. Lamprid, Heliog. 7.
23) Die Meinung Böttigers Sab. ! , 263, dass die Früchte
u.s Wachs geformt gewesen seien, ist von denErkl. des Theokr.
. Aa. schon hinlänglich widerlegt Seine angebliche Schwierig-
eit, dass die Adonien im Frühling gefeiert sein, wo man keine
rüchte habe, beseitigen wir unten, und bemerken nur, dass der
nndrukk und dieBdtg. dieser Gegenstände ganz verloren gehen
'r'ürde, wollte man annehnien, sie seien aus Wachs gewe.seii
Vie weit übrigens in .Alex, die Kunst ging, im Winter Laub u.
Irisches Grün zu treiben, darüber belehrt uns der Riiodier
|i allixen OS bei Athen, h, 196. Dagegen mögen die auf den
Zweigen hüpfenden Vögel v. Wachs gewesen sein , so wie das
^üld des Adonis, Schol. z. Ar. I.ys. ^Adtäviop m tov ’ AdcSniJos
lö'ukop U.S nid. Ueber die «xp« in V. 112, welche neben
em Ad. lagen, bemerkt der Schol. nävra r«
MQuildtyrM Ti'j 'Aö'iuptdli dnv nayralui MkiS önmqmp.
35
548
Gegenstände^ welche die schöne Jahreszeit und di
Fröhlichkeit des Lebens andeuteten, wie Lauben, Sal
ben und Vögel. Die übliche, von Frauen bereite!
Götterspeise der Kuchen , ni^iiaTa oder nonavi
wurde auch dem Adonis dargeboten**). Dies war ei
allgemeiner Gebrauch; eigenthümlich dem Adon
waren nur die dort angeführten Gärtchen, welch
den Namen "‘ASmvidog xijnoi^ oder x'^not 0(
Udäpioi führten. Der Scholiast*=) sagt bei diesen Veii
sen, man sei gewohnt gewesen an den Adonien Wa
zen und Gerste in gewisse Gefässe zu pflanzen, un
habe diese Adonisgärten genannt. Die den Adon
Feiernden*®)' pflegten in Körben, oder anderen ird(
24) V, 115 ft. Lobek, welcher im Aglaoph. S. 1050 li
1086 diesem Gegenstände eine ausführliche Behandlg. widmd
rechnet auch die Vögel dahin. Vgl, Athen. 4, 142. Walke
z. Theokr. 15, 118.
25) Schol, z. V. 112. iiwd-afft yaQ iy Tolg^ASavloi?, nvQt
xtti x^id-ics cniiQiiv fP Tißt nQottanlois y xcd tovs ffvrtv&tpras zi/ttci
^ji<fu)vlovs TiQosctyoQtiiip- Man sieht nicht ab, weshalb die Gäi
eben in den Vorstädten. nQoacrtloi?, gesäet sein sollten, '
doch die Tempel des Adonis nicht etwa dort lagen; Wal
wollte deshalb äyytlois lesen; vgl. Bast, ep, or. S, 194. In di!
Vorhöfen (des Tempels) wäre eher denkbar, vgl. Note 2
aber dann würde das nai, nicht passen.
26) Suidas ’Adajpidoi xyjnot ix dgidaxcop xatfiu^d&QWP, an
xmianuqov iv ocrqdxon. Hesychios xtinoi: ip n
’’A(}'uDploig sMmXa i^dyoveip xai xijnovg in oaTQdxuy xal napwdan
o7tü)^ap f olop ix fitxgä&QüiP xal {XgidcixcDP nagaaxtva^ovaiv av\\
tovQ x^novg: xal ydg iv &QKXaxlpoig avTop xaTaxXip&^pai vno’A(fQ
dlnig qaclp. Eudokia S. 1. dlxyjp 'AMptdog x^nov navrodanc
äp&saip tviüdtGt ßQvovTtg. vgl. S. 24. Simplikios z. Aristo,
Phys. 5, S. (213) (230) 403 Bekk. xal alng de did d^eQjutjp jw;j
tjpierai xal av^tTae tv mlg ’Adajptdog xaXov/uiPoig xljnoig, ngo nv
&^pai' xal neXijd^pai ip ty yy- Theophr. Pflanzengesch. 6, /, ■;
Julian Kaiaageg Kap. 24. 1, S. 329. Spanh. xal 6 £edt]v6g: «1!
fovs "Admi'idog xi[novg mg tgya ^fjuv, m Ktop&ravTlve, iavtov ngogrfigu
549
lien, auch wol silbernen Gefässen verschiedene Krau¬
ler, ausser Waizen und Gerste, namentlich Fenchel
|tnd Lattich zu säen und durch eine künstlich erzeugte
Farme in wenigen Tagen dieselben zur Eeife zu
Gingen, und sie dann in das Meer zu stüraen, wie
ies mit dem Bilde des Adonis geschah, zurVersinn-
ildlichung des rasch erblühten und ebenso rasch da¬
in gewelkten Adonis. Wie sie auf der Ausstellung
es grossen Leichenbildes des Gottes neben demsel«
en standen, so wurden sie wahrscheinlich auch auf
er Prozession daneben getragen, dann aber zugleich
IS Meer gestürzt. An Orten, wo die Umstände ei¬
en solchen Zug nach dein Meere nicht erlaubten,
ürzte man sie in Quellen*’), wie aosZeiiobios her-
orgeht: ein Gleiches kann man an solchen Orten
jch vom Adonisbilde voraussezen. Die Aufbewah-
'ing und Pflege der Gärtchen mochte im Vorhofe des
’empels*®), wenigstens theilweise, geschehen. Die
auptzüge bei diesem Kultgebrauche sind ein rasches,
if künstliche Weise beschleunigtes Aufblähen, und
)en so schnelles Vergehen. Daher sagt Simpli-
,os a. a. 0: auch das Getreide gedeiht schnell durch
/"arme und wächst in den sogenannten Adonisgärten
1 ywalxts TW dv^ql (fmemv0iv osrqtty.lois inafiiqm-
\vai lu/apLap. Xlmq^aavra df mvm nqoS iUyop, ahly.a
kouaQttlptrai. Zenob. Paroim. 1, 49. rivotnm ii omot ol
j? ’A&uividog dg ayytla •xsqüfxua axQt xloijg fioy^g Ixye-
\yiat rf« cfjMß TfltvTwipn xai qtmovpna tlg zq^pag.
j 27) Wie man sie auch in die Häuser tragen konnte , ist
ir nicht klar. Sc hol. z. Aristoph. Lysistr. 390. ioqitjp ydq
mXovp Tf ’Adwptdi. al yvpalxsg, zut x^novg wpks ik- t«
■iifitqop. Paroim. Vatic 1, 4 App.
28) Philostr. Leb. d. Apoll. 7, 14. ^ M avl^ (des Adonis-
mpels) ctpS^iwp x^noig, ovg ’.4cFwwdbf 'Aaevqioi, noimPKn
itq öqyloDP 6fibi)qo(fioig a&Tohg »fvttiovtig.
55Ü
schleunitr empor, bevor es seihst noch Wurzeln schlag
und fest wird in der Erde? und Platon*»); sag mir
ob ein verständiger Landmann den Saamen, weichet
er vor andern pSegen und Früchte von ihm habet
möchlej recht eigens im heissen Sommer in ein Ado-
nisgärtchen streuen, und seine Freude daran habet
wird, ihn in acht Tagen schon in die iiöhe geschos¬
sen zu sehen, oder ob er dies nur als ein Spiel um
bei festlichen Gelegenheiten thun wird, wenn er ei
ja thiit. Dadurch war es üblich geworden den Aus
drukk Adonisgärten, xijmi 'Admvidog^ Sprichwort
lieh zu gebrauchen von Dingen, welche einen schnell
aufhlühendcn Heiz haben, aber sich eben so leich
wieder verflüchtigen, welche keine Wurzel, Krat
und Dauer besizen, bald vergehen, nuzlos und nich
tig sind, höchstens eine augenhlikkliche schnell ver
rauschende Freude gewähren®“). Einen Gegensa;
23) Platon Phaidros S. 276 B.
30) D i ogenian Paroim. 1, 14. n’^noi,-. Inl rm> amgiu
■/.al ’Enuä^ yag Zidiam igw/usvos mf , (oi o
'AffgoSkri?, ngorißiji rdsura , ol mbry ogym^oms x^novs sls dyyii
Tivct ffvnvovTK ^ tpüTSVovSm , tccyicui ixilvbnp d*« ro fxrj lggi^u)G9i
g utiTGv^ IxceAow, Eustath. z. Honi. Oc
11 S. 459 (1701). Jm roSro jM«»' nagoijumxms intmv dxfgdwp Int
rlSsmi, ixslvo cFi hü tSv axdgnmp xai mxvfiögojv: xmot, 'Aäta
rtifos (fVTUQm Tecyti upuTälkovmi 'iaa yoTgai' tj dg^lyov xai ohoS xc
(fipov TiPüS, xai qmTÖßSPa xard &aXdffff)jS xai dtf-avi^ofisva xai
i fimbTi]rK wa rov xcad tov mxvfA.oqov "Atfiapip S-aydmv, os dvB^t^eo
rtoT^gtop taxv äni^vS-tjat xamßl>i&fls vno” Aosms xard tov fiod-ov' yuxdi
xic Tok toM&mvs rtifttlodam, xtjnous malovp {mrarflovs ' ASuivt'Sog. Vgl. :
li.lO, 499. Schol. z. Platon a. a. O. S, S8 Rhunken: ’Ad.x.ii
T.ap dmQ'jiv xai ohyo/gopLop xai ulj' iggiiof.isuu)V ijxv/jad-j] de aix
r.ai Mvgmld/jg Mtlavinnri xai hmtuBa IJldrutP. P 1 u t a r C h ntgi ir
mb Tod 9ti!jv ßguifims nuMQovfitPiOP. Kap. 17. ffiXloig naget nXtiaif.
dnoftuQetu'ofÜPißP nayrdnaai, xai ejbhvövToiv iv oHy«) , noitlß^
X'-yop ToesovTOP , diantg ai lous Ird'. xtjnovg in ootgaxotg lan n9tivoi
fiipnt xai Utganfoervoai ycmtlxiS. Eine Anspielung im Nikias
Note 19. Epiktet. Euch, 4, B, 36. dp di nah rov yövov fvc
551
ezu bildete das Spruch worl: die Bäume des Tan-
los®')j Platon®*) soll dies Bild von den Ado-
sgärten von den meisten Schriften gebraucht haben,
eiche nur Werth' für einen Tag haben und bald
jeder verschwinden. Auf einer andern Anschsiuung
»ruht der Gebrauch, die Gärten des Adonis mit de¬
in der Hesperiden und des Aikinoos zosammenÄU-
;ellen®®). Hier muss man sich ihn wie die Aphro-
ite als Gottheit der blühenden Natur und des frischen
;ichen Lebens gedacht haben. Schon oben haben
ir ihn als mystischen Herrscher von Kypros kennen
eiernt 5 der Idalische Bergwald war daselbst sein
lieblingsaufenthalt. Es verträgt sich daher auch sehr
/ohl mit seinen übrigen Vorstellungen, wenn wir
ermuthen, es habe eine Vorstellung gegebeo, weiche
m als einen ähnlichen Herrscher wie etwa den Al-
inoos hioslellte. Der heilige Garten der Kypris In
er Nähe von Paphos, IsQoxfidgj war dem der Hespe-
iden vergleichbar; mehr aber noch jener beiTamas-
os, aus welchem sie die goldenen Aepfel für ihre
jieblinge pflükkte,
w am/w lifwyxjj, ärsXk x^mv ^MmvMxoo. Zeaob. Pa-
oim. i , 49. ’ÄxaQnoTtiQog tl UiwvAs nnnmv. Int mv ff*"
alov nxflp övvciftivmp ttqtjrm ^ naQotftta. Ebenso Suidas. Hie-
■onymos z. Jes. 17 Werke 4, 774. Fertur sapientissimi apud
Iraecos merito celebrata et laudata seiitentia, qiii omnes saeculi
roluptates et pompam mutidi atque luxiiriam celeriter trans-
;untum hortos Adonidis vocat.
31) Suid, Tcipn'dov x^mvg TQvyax. Vgl. Eustath. a. a. O.
iudokia S. 24.
32) Stobaios Ekl. 2, Kap. 6, 4.
33) PI in. Naturgesch. 19, 19, !• Antiquitas nihil priiis
nirata est, quam Hesperidum hortos ac regum Adonis etAlcinoi;
itemque pensiles, sive illos Semiramis, sive Assyriae rex Cjrus
fecit. Suidas xXjnoi. (d. Hdschr. xctQnoi.) l^yotnai oi
jUtnwQoi xtjTiQi. Ebenso Z o n a r a s.
552
An dem Trauertap^e des Morgens früh wurde
das Bild des Adonis za Alexandrien in Prozession,
die Königin ah der Spize, nach dem Meere getragen,
an andern Orten, wie wir verinuthet haben, nach ei¬
nem Brunnen und dort versenkt, und mit ihm die
Gärten. Die Scholien zum Theokrit^^* ) lassen vermu-
tben, dass der Zug zu Dion aus dem Tempel nach
dem Meere ging. Dass das Bild am Meere nicht ver¬
senkt, sondern blos abgespült sei, wie es oft mit den
Götterbildern geschah, und namentlich mit dem Bilde
der Pallas zu Athen der Fall war, scheint nicht zu¬
lässig®^). Die8cholien, Kyrillos, welcher als Alexan¬
driner hiebei eine besondere Beachtung verdient, und
die entsprechende Anwendung der Gärten zeugen
dagegen. Auch würde durch das blosse Abspülen
des Bildes der Sinn der Handlung nicht ausgedrükkt
werden, welchen Theokrit doch selbst bezeichnet, ia-
dem von ihm unmittelbar darauf gesagt wird, er wan¬
dele zum Acheron und kehre im künftigen Jahre
wieder. Die Gärten versinnbildlichten seinen Tod,
indem sie imtdfmi, heissen und versenkt wurden. Es
wird zwar vom Kult in Alexandrien nicht ausdrükk-
lich gemeldet, dass Adonis hier Todtenopfer erhielt,
allein die ganze Zurüstung deutet schon darauf hin,
so wie die Todtenopfer in Byblos®®), welche eben-
33a) z. 5, 21. ‘HoaxX^s iQ^ofitvog sMi nvag qi^oviag xo xo»
Aämpi&oS «yaliÄtt inl Xixavtkc. And. ‘Hq. ildtr (x xtvos Isqov noXXovS^
i^iopras.
34) Wie Walkeu. z. V. 132 meint. Schol. z. V. 132: hl
yaQ Ttjp 9-dlaaettP ixcf'tQopxig xw “A'Xmvhv, e^^mxop in ahxljv Hem-
sterh. verändert t^^mxw in aixTj und dies billigt Walken- seiaerj
Aßsicht wegen. ■
35) Lukian a. a. O. imdp unoxm//tx)pml xe xai dnoxltti-\
fitoWKt, n^mxa fup xa9uyl^ovaif tm ’Admytdx, oxms ioyn vtxvi, V'gl.
S. 24.
553
falls aus Kypros stammten, und die Gebräuche in
Athen nicht minder unmittelbar kyprischen Ursprungs
wie Jene. In Athen®®) wurden an vielen Orten Tod-
tenbilder aiifgestellt, und nach Art einer Leiche be¬
trauert und bestattet. Solche hatte man aber auch,
wegen des gemeinschaftlichen Ursprungs beider Kulte,
jin Alexandrien®’). !m Kriege Julians gegen die
’erser®*) wird der Tod eines Jünglings, des Sohnes
lies Königs der Chioniten, Grambates, welcher vor
Amida gefallen war, nach Art des Adonis betrauert
tind er beerdigt. Auf ein grosses prachtvolles Gerüst
wird er hingelegt, zehn Betten mit den Bildern Ver¬
dorbener um ihn gestellt. Sieben Tage überliessea
sich die Männer dem Gelage und den Todtentänzen,
jnd sangen verschiedene Arten von Traoergesängeri
n den Zelten; die Weiber aber beweinten ihn unter
Liedern der Trauer und Klage, wie es an den Ado-
lisfesten Sitte war. Zu jenen Zeiten, ira vierten
Jahrhundert nach Chr., konnten diese Gebräuche sehr
o'ut bis in jene Länder bekannt geworden sein. Das
l'odtenopfer des Adonis hiess weil das
Leichenbild hiebei ausgestellt war; mit demselhen
LVamen benannte man auch die Trauerfeier nach dem
ll’ode der Angehörigen. Das eigentliche Traaerfest
iiiess dcpaviafiog, weil Adonis hier entschwunden ge¬
dacht wurde, das Freudenfest dagegen svqs&g^ weil
nan den Gott dann wiedergefunden hatte. Von an-
36) Plut. Alkib. 18. ndmla nollc<](ov yixqois ir.xojLuCo/.iii'ois
\,\uoia npouy.HVTo mls yvvm'^l, xat Ta(fius ifÄtptovvTo y.mmiAfvcet xat
ydov.
37) Die Hypothesis z. d. Id. Theokrits. s. in Note 3.
I 38) Amm. Marcell 19, 1.
i 39) H esych xaSidQa: &mk( ’Aifcöxidos. Ku&itSquit nip&ovs
lAfQm int uTthvxöaiv.
554
derweitigeii Kiiltiishandliingeo and feierlichen Gebräu¬
chen können wir noch einzelne anführen. Julius Fir-
loicus a. a. 0. lehrt uns, dass man den Umstehenden
den Mysten, die Wunde des Adonis und seinen Mör
der gezeigt habe^ es muss also, wie ein Bild des
Adonis und der Aphrodite, so auch eines des Ares
ausgestellt gewesen sein. Sauopfer erhielt Aphro¬
dite, zwar nicht von allen Griechen *“), d. h. von de
nen nur, welche sie als chthonische Gottheit verehr¬
ten, während die Fabel sagte, das Schwein sei ihi
als Mörder ihres Geliebten verhasst , und es scheint
dass auch dem Adonis solche gebracht seien, wiewo
es nicht ganz sicher ist*^).
Am meisten trat die Trauer und die Klage un
den Gott hervor, das Weinen und Jammern, da
Schlagen der Brust und Singen der Todtenliedei
war dabei die Hauptsache, mit ihnen aber die Tänz<
verbunden Unter dem Absingen der’Threnen um
Adoniasmen wurde wahrscheinlich auch die Prozessioi
voll führt und Adonis bestattet. Der eigentliche Aus
drukk für dies Jammern und Wehklagen war xÖTiretf
40) Siehe oben beim Kult der Aphr. Wir führen noci
an; Sc hol. z. Hom. II. 19, 197- y.anqo
»in, 5 «f iyr^oixipov nls rol mQi ’Adioy^doS ■
Ti mql Tou jWäj gvYYfYopiyai ojAVVOi, to ipavtlov 9va)P,
41) Dionysios in s. Adonis b. Athen. 9, 401.
Nvfifwv vno mnloyY«' avrcanYov
evRYqov ^xßokeiop fu9>iQov xkvHv,
& nlH(ST Knaqx«? dxQo9mdio/xat.
Vielleicht hat es Adonis gesprochen.
42) Sc hol. Ar. Lysistr. 389. ns ‘Adutnv
«r „..p Arnob. adv. g. 7. 18. oblitteratis offensarj
Venus, si Adonis in habitu gestum agere vident saltatorus
motibus pantomimis.
555
>■«***), weil man sich dabei ao Kopf, Brust und Häf¬
en schlug , und nun sagte man mntsö-9-m
len Gott auf diese Weise betrauern**). Schw^erüch
varen diese aber sehr verschieden von den gewöhn-
ichen Trauerfeierlichkeiten. In einem Paar Versen
ihne Namen des Verfassers heisst es*®): es starb
1er Kythera der zarte Adonis, trauert, Jungfrauen,
ind zerreisst die Gewänder. Für Bybios kam noch
las Schearen der Haare hinzu. Diese Trauer sollte
Iphrodite selbst eingesetzt haben*®), als sie um den
Vdonis klagte, wie die Götter in der Sage sich selbst
hren Kult einrichten; ihr aber werden die Ädonien,
vie wir oben gesehen haben, nicht minder als dem
Vdonis selbst gefeiert. Kyrillos*’) sagt: die Grie-
43) Dioskorides Anthol. 1 S. 246.
’H xlita m yaldxn/, '‘Aiom,
TJji ffp xoijjafjiivfi (ST^d-Ba nappv/tA,
(I dojCft y.dfxot moriqv dnonpivea,
(xij TiQoff atsis, ev^unlow evp fu laßmv anayt. '
)ers. Gr. Anthol. Ausw. 5, 44.
I ‘H m^avri fl (TQtaGip AquSrovaii, ffiX ASmvi,
xoipauiPi] ffp <St^9-(a ndq xalvß^.
Agathias Gr. Anthol. 4, k 5, Nr. 7. Bion 1, 79.... weint
'.tiqdfitvoi, xaimg in ’AMptA,
I 44) Aristoph. Lysistr. 397. s. Anna. 19. n. den Sc hol.
köTitTof, ro niv&os, d-Qtjpoe.
45) Ptolem. Heph. S 59.
Kcf&pdaxti, Kvd-iqrj, dßQo? ’AtfcupiS' tl xs S-üfiBP;
xciirinnad-i, xlqm, xm xajiQslxtsB'S ytimpcts,
jNeue Sappho frgm. 128. schreibt es der S. zu; weil sie nach
Paus. 9, 29, 3 den Ad. besang, und Diosk. Gr. Anth. 7, 407 von
[ihr sagt; KivvQua viov iqpos ddvQofiiptjj’AffQoMT^ evp9-qrjVOS, fiay.aQtop
lUpo»' dkaos
i 46) O V i d Metam. 10, 72.5 ff. . . . Luctus monumenta manebunt
I Semper, Adoni, mei : repetitaque mortis imago
' An mea ])langoris peraget simnlamina nostri.
47) K'yrill a. a. O.
556
eben trauern und jammern mit der Aphrodite, welche
wegen des Todes des Adonis niedergeschlagen ist;
sobald er aber aus der Unterwelt »urükkehrt, und
sobald sie sagt, dass sie den gefunden, welchen sie
suche, so stellen sie sich, als wenn sie ihr glükk-
wünschen, jubeln mit ihr und geben sich ausgelasse¬
nen Freuden hin. .
An dem Freudenfeste herrschte die lauteste Hei¬
terkeit und der fröhlichste Jubel vor; die Adonieo
verfielen aber auch in dieselbe Ausgelassenheit wie
’ die übrio-en Feste, und Hetären trieben an den Gast-
mälern und Gelagen ihr Spiel*«). Diphilos**) hatte
drei Samische Weiber geschildert, welche sich an
den Adonien zum Zeitvertreib Räthsel aufgaben. Zu
den mannigfaltigen Gegenständen der Unterhaltung,
wie man sie an solchen Festen liebte, gehört gemei¬
niglich auch das Würfelspiel. Man hatte laut Hesy-
chios einen Wurf Namens Adonis, und es lässt sich
vermuthen, dass man durch ihn das Glükk der Liebe
erprobte. Mit den festlichen Aufzügen^“) an den Ado-
nien können sowol Feierlichkeiten am Tage der Trauer
als an dem der Freude gemeint sein. Da das Schikk-
sal, welchem alle Mysterien unterlagen, dass sie gänz-
48) Alkiphron 1, 37. ruy ’Atfiüyioiy xai hi-
nou nqk wae xat lyofe schreibt Myrrhiea
V. ihrem Geliebten. Diphilos iy b. Athen. /,
ov de vuv cayoi
no^yäoy Itfw nokvnXuis ’Adoivia
uyovß halQu fu»’ hi^oiy noQvSy /wcfijii/
2ttmoy änoTäitiS roy n xolmv änojqlxoiy.
Aristainetos 1, 8. roi^ y«? UcpqoSlrn^ tq^i^tyoy n
eiillu. _ lA JE»
49) Im Theseus bei Athen. 10, 451. ^ ,
50) No an OS 12, iOO. Mnlow MUxt xiäixov 'AiXwyyT^ xa
557
ich in Sinnenrausch, Ünziucht und ¥öllerei awsarte-
en, wie die übrigen, so auch die Adonien traf, wurde
;;s möglich, dass sich die Adonistrauer mit dem Dien-
[ite zu Aphaka verband, und wenn Adonis zu Perge
|n Pamphylien den Namen ' *) führte, so hatte
ies einen ähnlichen Grund. Dort war seine Auf-
lahme durch den Kult der Aphrodite in Side und
\spendus herbeigeführt, und durch den Argivischen
^aturkult in jenen Gegenden aogezogen und ausge-
lildet, wie in Argos selbst. Nun gab es seit den
ezten Zeiten vor Christus berüchtigte Banden ge-
visser Mädchen welche als Flötenspielerinoen die
iPelt durchzogen, an Festen und Gelagen die Lust
ierbeilVihrten und durch andere Gewerbe nebenher
hren Unterhalt verdienten. Sehr berühmt waren sie
n Rom, und Syrien sollte die grösste Menge liefern.
Jorthin weist auch ihr Name Ambubajea oder Abu-
sajen, welches von am bub oder abub, einer Flöte,
iergeleitet wird Einen sehr weiten und wili-
i;oinmenen Wirkungskreis fanden sie in Antiochien,
ind muthmassiich fanden sie sich auch an den Pam-
ibylischen Festen mit ihrer Musik und ihren Belusti¬
gungen in solcher Masse ein, dass sie den Charakter
1er Adonien in hohem Grade umstempelteii, dass man
lem Adonis nach demselben Instrumente , weiches
I 51) Hesych und Etym. M. "Aßmßu?: 'AStavis vno Msq-
\ctio}v. Die Veränderung in IltQßmmp ist gewiss sehrunniiz; und
Lnn müsste diese Form für ütQmxos doch noch erst nachgewie-
en werden.
52) Horaz Sat. I, 2, I. Ambubajarum collegia. ' Das.
'eindorf. Suet. Nero Kap. 27. luvenal 3, 62. Der Schol. z.
tor ; Ambubajae dicuntur mulieres tibicines lingua Syrorum ;
tenim lingua eorum tibia sive symphonia ambubaja dicuntur.
l'ielmehr abub, ambub, sezt Heindorf hinzu. Ausserdem
^gl. Gesenius Thes. 1, S. 4.
558
ihnen ihren Namen gegeben hatte, Abobas uennei:
konnte. Der dortige chthonische Kult der Aphroditt
besass auch diesen Charakter: dass diese Mädcher
und ihre Instrumente ursprünglich eine religiöse Be¬
ziehung gehabt hätten, wird nirgends gesagt, und
nirgends eine Andeutung gegeben, welche eine solclu
Muthmassung rechtfertigen könnte. Sie waren eher
nur Mädchen, wie sie noch und aller Orten von Stadi
zu Stadt ziehen, und durch Spiel und Stimme u.s.w
öffentliche Belustigung gewähren.
Wie die Adonien einerseits mit den Bakchischei
Festen die grösste Aehnlichkeit hatten, so anderseits
mit denen des Attis. Für jezt nur dies. An deo
Trauertage seines Festes wurde die heilige Pinit
umgehaüen, unter welcher Attis sich entmannt habei
sollte, und io den Tempel der Göttin getragen. Eim
Figur des Jünglings hing unter ihr. Eine ähuliclu
Sitte muss auf Kypros stattgefunden haben, denn wi
erfahren"®), dass für die Aphrodite ein Baum abge-
hauen und ihr am Eingänge ihres lempels aufgestell
53) Hesych ’Aola: diVcf^a xal ävcen»iftsya i
'‘Aff'Qodinj, ms lewQtl NüaaavtfQus , nQos nds tködoie. Den Schrift
steiler Na s sandros kennt Niemand. Wir haben ihn Th. 1
S. 5 in Erwägung des Aphroditekultes, und dass das Wo:
uoia in der Form 'Arnos den mythischen König und Heros vo
Kypros, den Stammvater der mythischen Könige des Landes
der 'jAt, den Kinyras und Adonis bezeichnete , lezteren auc,
in den Formen 'Am oder ’Holos, der Mutter des Ad. den Name
Aoa gab, einem Berge und Flusse die Benennung aAs u. s.n
ganz nach Kypros gehört, und seinen Ursprung in der attische
Eos hat, welche als Stammmutter des Kinyras und Adonis be,
trachtet wurde, für den Alexandros, den Verf. der kypHi
scheu Geschichte erklärt- Verhält sich die Sache so, dan
können wir auch weiter schliessen , dass dies eine kyprisch
Sitte war. Zu den phrygischen Gebräuchen im späteren Syri
sehen Kult müssen wir auch einen ähnlichen wie diesen
559
wurde. Was dort aber die Pinie ist, ist bier die
jZeder ’*), der Stolz, der kyprischen Wälder, und
Iwenn diese Beziehung richtig ist, so wird die Zeder
m Mythos des Adonis dieselbe Bedeutung wie die
Pinie in dem des Attis gehabt haben. Solche Bäume
»iessen dota, wie Adonis selbst in dorischer
Form des Wortes.
Die Adonien wurden alle Jahre gefeiert”). Man
iiat gemeint”), sie wären in Athen nur ein Trauer-
fest gew'esen, weil Flutarch nur von solchem sprectse.
Allein er beschreibt nicht die Adonien, sondern die
Abfahrt der Flotte nach Sizilien, und bemerkt, dass
äiese am Trauertage des Ädonisfestes erfolgt sei 5
man kann nicht erwarten, dass er nun auch das
Lk^brige, was er sonst noch von dem Feste wnisste,
lurch eine unpassende Abschweifung beigebracht ha¬
llen würde. Sie konnten nicht anders als beides sein,
rrauer- und Freudenfeste. Io Alexandrien ging das
Freudenfest voran, und ein Gleiches müssen wir für
Kyp ros und Athen folgern. In Byblos begann die
'Feier dagegen mit der Trauer, wenigstens zu Lu-
Lians Zeit, und wir können nicht wissen, ob diese
jOmkehrung nicht ' erst sich seit der Einführung der
iZeremonien , welche den Kopf mit dem Briefe und
jier Nachricht, dass Adonis gefunden sei, von Alexan-
'Irien kommen lässt, gebildet bat, damit der Zusani-
menhang zwischen beiden Orten hfergestelit würde.
lierapolis zählen. Doch werden hier nur Opferthiere an die
^äume gehängt. Luk. a. a. O. Kap. 49.
54) Hesych ’fiw«: jJ xüqus, Aus den Torher an-
'efühxten Gründen vermuthe ich, dass es eben kyprische Sprach-
veise war.
55) Theokrit 15,143. Bion L98- Lukian. Ovid a. a. O.
! 56) Corsini fasti Att, 2, 297 ff.
560
Die Dauer des Festes betrug zwei Tage, wenigstens
lässt sich dies mit Sicherheit von Alexandrien schhe-
ssen und in Folge dessen auch für Kypros und Athen,
ln Byblos war es wahrscheinlich nicht anders, denn
Lukian sagt: sie jammern und klagen um den Ado¬
nis und opfern ihm als einem Todten, am folgender
Tage ® ® 0 aber sagen sie, dass er wieder lebendig
o-eworden sei. Ebenso wenig kann man aus detr
Aramianus schliessen, dass bei Amida das Fest sicher
Tage gedauert habe; die Leute feiern dort keim
Adonien, sondern bestatten den Jüngling nur wie ei¬
nen Adonis; und selbst wenn es wäre, kann man mch
wissen, was zu einer dortigen Feier und zu jeneij
Zeit für fremdartige Dinge aufgenommen seien. End
lieh wenn man die Adonisgärten acht Tage pflegte
so ist dies ein von Platon in runder Zahl gebrauch
ter Ausdrukk für eine Zeit, in welcher man wol n
künstlicher Weise Sämereien emportreiben konnte
Die Feiernden waren zwar vorzugsweise die Frauen
56a) &ß)S iötm vimV fism ctl itiQti twnv ts fiiv fii
^üloyiovm xai sk tov nsQtt m/xnovai,. Dass das Fest hier siebe
"age gedauert habe, ist bloss erfunden. Denn Luk. sagt mch
ass der Kopf sieben Tage lang v. Alexandrien hergeschwoir
aen sei, sondern dass er eine siebentägige Fahrt zurnkgele['
labe. S. Worte sind: nlmoma my (Ätmlv nXoov inm
al uiv of avtfxoi foqtovav 9-dt] pavnUj}, d. h. die Fahrt (^^\ische
»eiden Orten) von sieben Tage, unter göttlicher Führung,
chnell er geschwommen, sagt L. gar nicht Sie werden auc,
licht auf einen Kopf aus Alex, gewartet, sondern ihn in d(|
^ähe ins Wasser geworfen haben. Gesezt auch, was aber nie
ler Fall ist, man hätte sich eingebildet, der Kopf schwannr
ieben Tage, so würde hieraus noch gar nicht auf eine gleic i
3auer de! Festes zu schliessen sein. Sieben Tage dauerte
gewöhnliche Fahrt von Alexandrien nach Byblos.
561
loch nicht ausschliesslich ^*6 ^©i den“Trieteri-
;en, sondern j^emischt wie bei den Thesmophorien,
nd andern Bakchischen. Des Aristophanes Lysistrata
annte man auch Adoniazusen wegen ihrer Beziehung
um Adonisfeste
! Jezt die Beantwortung der Frage, wann die
kdonien gefeiert wurden. Aus dem Bisherigen leuch -
?t schon ein, dass wir es hier mit einem chthonischen
itilt zu thun haben. Bei andern dieser Art war es
litte die Trauerfeste im Herbste, die Freudenfeste
n Frühling zu feiern. Ersteres fand z. B. bei den
jilensinien und Thesmophorien statt gerade \ier
llonate nach den Thesmophorien wurde das Freu-
lenfest der Anthesterien gefeiert, wo Kora wieder
US der Unterw elt heraufsteigt und dem Bakchos ver-
ält würd. Eine solche Trennung, so ähnlich die
este und die Idee derselben auch sonst sind , fand
si den Adonisfesten nicht statt. Aber auch war das
reudenfest nicht bei allen Trauerfesten der chthoni-
;hen Gottheiten ganz ausgeschlossen. Besonders
ssen sich indess die verwandten phrygischen Feste
jesÄttis hierin vergleichen, sie wurden zwar im Be-
inn des Frühlings gefeiert, aber beide Theile folg-
;n unmittelbar auf einander. Vieles hat zwar Adonis
lom Attis aufgenommen, indess tritt dies vornehmlich
äim Mythos und in einzelnen Zügen des Koitus her-
' 57) S. Diogenian in Anm. 30. u. Stellen wie Schol. z.
'leokr. in Anm. 35a Musaios H. u. L. 48 ff.
58) Schol. z. Lysistr. 390. w« cFtfe
afoiJo'«? ini/yQccrfovcti/ ov ruclms- na^ä noUols tUs oqyut^optü m yv‘
ov d/j/xonleiSj ov cfi ttrayfiivovs.
! 59) Natalis Comes 4, 13 nimmt die Feier der Adonien
ii Herbste an. — Die Rolle, welche Arsinoe an den Adonieu
i'ielte, lässt sich einigermassen niit der der Gemalin des Ar-
l»on Basileus zu Athen an den Anthesterien vergleichen.
II. 36
562
vor, dem Inhalte nach ist er verwandter mit de
Zweigen eines andern griechischen Natnrkultes, wel
chen wir erst unten besprechen, seine Feier rükli
der Zeit nach näher mit dem Feste der vvehklagen
den Demeter in Boiotien zusammen, welches schon i
den Aerntemonat fiel, und mit den sogenannten Ko
reien, hauptsächlich in Sizilien, an welchen dieK«
thodos der Kora schon beim Reifen des Getraides gi
feiert wurde, indem man das Reifen des Getraidt
als ein Sterben der Kora betrachtete. Die Kirchei
Väter sezen nun die Adonien in den Juni an; es i:
aber richtiger der Juli. Corsini a. a. 0. nimmt nac
Analogie anderer griechischer Kulte an, dass sie i
Frühling um die Zeit der Tag- und Aachtgleicl
gefeiert sein und stiizt sich dabei auf Plutarch. D
Sizilischen Gasaudten kamen freilich mit dem Frül
ling nach Athen®®); aber Plutarch spricht von d(
Abfahrt der Flotte, und diese erfolgte erst in dt
Mitte des Sommers ®‘). Auch zu Antiochien wurc
60) Thukyd. 6, 8 mv if imyiyvojj.ipov Sficc S, W. A
Bekker Charikles. Bilder altgriech. Sitte 1 S. 227.
61) Thukyd. 6, 30. Mm M ravm, &i^ovs fuaövyro?
«raywyjJ iylyptm ss t^v StxrjUav. — Die Paphier hatten einij
Monat Aphrodisios. Sollte der Anfang des Jahres, denn
%var der erste Monat, bloss äusserlich. der Göttin zu Ehren
benannt sein? oder fiel eins ihrer Feste in denselben.^ Dai
gab es auch Herbstfeste der Aphrodite, denn dieser Monat b
gann mit dem 23sten Sept. Ich finde aber nirgends eine Nac
richte welche die Vermuthung derselben rechtfertigte. Ihm gii|
als lezter des Jahres der Romaios vorher, für den eine Le
art JS102 hat, welchen schon Ideler für den Rest eines ältei|
Kalenders hält, und ich vermuthete oben daraus einen Adoni
monat Aoos, welcher die zweite Hälfte des August und d
erste des Sept. gebildet hätte. Einige Bestätigung erhält di
durch den Adonisios von Seleukia, welches ebenfalls di
563
is Fest in der grössten Hlze des Sommers begao-
jn. Damit stimmen auch die Angaben über die Zeitj
ann die Adonisgärten gepflanzt wiirden. Dies ge-,
hah nicht etwa in einer Zeitj wann man etwa keine
ewächse hätte haben können, denn dies war nicht
e Ursache des Pflanzens. Der alleinige Zw^ekk da»
li war ein schnelles Aufblühen nnd ein eben so ra-
hes Verwelken zu veranschaulichen. Es geschah
!cht eigens im heissen Sommer ®* *), denn dies
;isst &sQOg in der gewöhnlichen Bedeutung, und die-
n Sinn will auch Platon haben, w^emi er sagt, um
ese Zeit wird kein vernünftiger Landmann säen,
i auch Theophrasl. Namentlich fielen also die Ado-
?n um dieselbe Zeit, wann man in Griechenland
d andern Ländern die Liiiodien feierte und die ver-
hiedenen Formen dieses weitverzweigten Natar-
iltes.
Der Mythos.
Kypros nannte man die Insel des Adonis
'er Adonis war, wessen Sohn, und was alles die
igust war, und die Adonien würden um so sicherer in diese
it des Sommers gefallen sein;
62) Platon Phaidros Kap. 61. S. 276, 'O vmv Ixmv ys&q-
mv antQficiTwv xi^doi-w xal t-yxaQna ßovlotm yfvie&m, nore^a «.p
)ovs ds ’Admpidog x^novs aQWP 9-emQmp; Theophrast
anzengesch. 6, 7. (n aßgoropop) ip oaT^dxo$s di, tSme^ ot ’Adm-
*bf x^noi, omlQccmt tou 9-iQovSt Aus B i o n 1 , 32 bis 35 lässt
ih wenigstens schliessen, dass die Natur zur Zeit der Feier
Ider Blüthe stand.
IV. 70, 7Jffr mßds ienp ’Atfaiwt& (pvUds imiftec,
iifXTQop I/«, KvMqhu, to (Svp rocfc ptn^oS ^AdaPtS^
J Natur verwelkt schon wieder.
V. 76. Bdils d’ipi an(fdpoiet xal dpS-ifft' nuvta avp etfew,
(oS TYfliog jid-vaxs, xal upS'ia ndn' ip.aqdvQ'»]
P. 98. Jü €SB ndhv xkamm^ ndhp dt itos ällo daxQvffa/'.
62a) Tzetz. z. Lykophr. 830, Man vergegenwärtige sich
36»
564
Dichter von ihm erzählt haben, ist wie ich glaub
sagt ein Grammatiker Niemanden unbekannt. J
glükklich sind wir nicht mehr, dies sagen zu kö
nen; im Gegentheil müssen wir uns die Mythen stökl
weise und mühsam sammeln; indess reicht das M
terial auch hier hin, um uns den Sinn desselben d
Hauptsache nach erkennen zu lassen. Wir seh<
aber aus dieser Aeusserung, wie bekannt und reic!
haltig die Mythen gewesen sein müssen, so da
der Scholiast es nicht für werth hält, ein Wc
darüber zu verlieren. Für die Dichter gab es vii
leicht keinen beliebteren Gegenstand als die Lie
der Aphrodite zum Adonis. Die gewöhnlichste Erzä
hing über die Geburt desselben ist diese: Kinyras '
Gründer von Paphos, und Heros der Kyprier, vf
mählt sich mit Metharme, einer Tochter des kypit
sehen Königs Pygmalion, und zeugt den Oxypor'
nnd Adonis; ausserdem die Töchter Orsedike, La
gora und Braisia. Diese gaben sich, dem Willen d
erzürnten Aphrodite gemäss, fremden Männern pre
und kamen in Aegypten ums Leben. Kinyras ist (
Heros durchaus aphrodisischer Natur, und sein ti'
schikk mit der Aphrodite eng verflochten, deren Lie
ling und Geliebter er heisst, durch welche er sei
Herrschaft über Kypros empfangen. Dieselben 1
genschaften haften an seinem Geschlecht; sein So
Uber die Stellung des Ad. z. Kypros den Abschnitt von Kiny '•
S. das Orakel über den Ad. in Note 86.
631 Schol. z. Ar. Lysistr. 390. Paus an. 9, 16, 2. no,:
yaq m fisp BaQßaQoi? ^nlßTan n ‘A^fiovia, la de y-ai naQ’ ‘E}.h„'
§(% moXfitva, onola xal vffTf^ov int ’Jduimdog i? *
dqav Tt Ttjp MIpo}, xal is top &Qnxa TtjQea ndexae.
64) Apollodor 3, 14, 3. OvicL fasti 6, 227.
565
jdonis tritt daher in dasselbe Verhäitoiss z.ur Göttin
jie er, hat sich aber zu einem eigenthömlichen We»
;|n ausgebildet. Der Grund zu der Blutschande, in
(elcher Adonis gezeugt wird, kann in einer inysti-
ihen Vorstellungsvveise liegen, nach welcher bedeu-
l|ide chthonische Gottheiten nur durch einfache Zeu-
gng ans Licht treten, oder aber auch diese Geburt
^!1 die Schuld aussprechen, welche in einem aphro-
i|jisclien 3Iythos auf aphrodisische Weise verdeut-
ijht wird. Diese selbe Idee des Verhängnisses,
vdches auf dem Adonis ruht, und weswegen er so
Fjh dem Tode heim gegeben wird, ist noch stärker
i! dem Falle ausgesprochen, wo ihm nicht unmittel-
bir die Myrrha zur Mutter gegeben wird, sondern
i|:en Tochter Moira®-), welche ihn von ihrem Va»
t(i Kinyras gebiert. Myrrha ist dann eine recht-
ajssige Gemahn des Kinyras.
Am gewöhnlichsten führt die Gemalio des Kiny-
rij. den Namen Ken ehreis, und heisst sie dieMut-
M des Jünglings. Myrrha, oder nach der äolischen
lirm Smyrna, war beider Tochter ® ®)j entbrennt von
: 65) Schol. z. Theokr. 1, 109.
i 66) Hygin fab, 58. üeber die Form Smyrna für Myrrha
Ellokia S. 298. Munker z. Hyg. a. a. O. und Müller z. Tzetz.
Liophr. 829. — Diese Fabel dichterisch weiter ausgeführt durch
Tieodoros bei Plutarch Parall. 22 u. Stob. Serm. 62. Ovid
Hjtam JO, 298 ~ 503. Ibis 360. Izetz. z. Lyk. a. a. O. Xe-
nphon der Kyprier hatte in s, Gesch. v. Kypros die Erzäh*
lu|; von Kinyras, Myrrha u. Ad. behandelt. S. TM. 1, 9. u. die
k)r, Mythographen wahrscheinlich oft. Laktanz fab. 10, 9.
Ainus die solemni Cereris ... deducit ad Cinyram. Das
F t der Demeter, an welchem die Zeugung geschehen sein
scte, nennt auch Ovid in d. Metam. a. a. O. — Fuigent- 3, 8,
Hjgin 164. 271. Ovid Her. 4, 97. remed. am. 100. Aiison
Ctido cruci aff. 73. Stob. Ekl 62. Oft heisst Ad. Kinyreischer
H^os. Bion 1, 92 Kivvqm mlrrn xalis Schol.
566
der heftigsten' Liebe äu ihrem Vater und stillt i
Verlangen durch Vermittelung der Wärterin, oh
Wissen des Vaters, welcher eine Fremde zu uma
Find. Pyth. 2, 27. Sappho in Anm. 45. Ovid u. andere Se
vius z. Aen. 5, 72. Kyrill z. Jes. a. a. O. Nikephor
Progymn Gr. Rhet. v. Walz 1, 430. vgl. S. 485. Nonnos 13,4:
£drQu}(oS od-i' noXXdxiS old/ua Xaßovßa, KvrtQi? «w/lolvi
XtXovf^Bi'op viiu Mv^QtjSw Satrachos, Stadt und Fluss auf fc
pros, wahrsch. auf d. Idalischen Bergrükken von dem Bei
Aoos kommend, s. Thl. 1. S. o8. 159. Myrrha verachtet seil
die Aphr bei Schol. z. Theokr. 1, 109. Bei Eudokia S. 2
fleht Myrrha z. d. Göttern, und diese verwandeln sie. Avi
nus Descr. Orb. terr. V. 1114 in Wernsd. p. 1. min. 5, 8.
Prorumpit lacrimoso stipite myrrha, Myrrha furor quondain <;
nyreius. Columella de r. r. 10, 172. Et lacrimas iniit
tuas, Cinyreia virgo. Pap, Stat. Silv. 5, 1, 24. Cinyreaq
germina. Propert. 3, 19, 15. Crimen et illa fuit patria si|
censa seneeta Arboris in frondes condita myrrha nova. üel
die Pflanze Myrrha Joh. Bad. v. Stapel z. Theophr. Pflanzt
geschichte 9, 4 S, 976 ff. Ein Eber rizt den Baum auf, aus \v
chem Ad hervorgeht, Serv. z. Virg. Ekl. 10, 18. Kinyras h.*
mit dem Schwerte den Baum entzwei, Ap oll o d., Hygin, Fi
gent a. a. 0 0. Ausonius au den Theon, an mehreren
Bei Ovid hilft Lucina, die Myrrha aber lässt er Arabien, P.
chäa, Sabäa u. s. w. durchirren wegen der Myrrhen; vgl. ai
Virg. Ciris 238 ff. Laktanz Sympos. 48. lässt d. Myrrha sagt
De lacrimis et per lacrimas mea coepit origo.
Ex oculis fluxi, sed nunc ex arbore nascor,
Laetus honor frondis, tristis sed imago doloris.
'Die erste Thräne, welche M. nach d. Beilager vergoss, s
fivQoy geheissen haben und daher /ÄVQojuai entstanden se
Eustath. u. Schol. z. II. 18, 6. Nach Hesychios ist es
fxvqlxri, welche v. d, Tochter des Kinyras den Namen trägt, t
derer dichterischer u. romanhafter Erweiterungen u, Ausschmi
kungen erwähnen wir nicht. Aber Kinyras sollte sich au
Hygin Fab. 242, nachdem er die Blutschande mit seiner Tot
ter erfahren hatte, ermordet haben, und diese Fabel wurde
Drama behandelt. Josephos Jüd. Gesch. 19, 1. erzählt, dv
boi der Ermordung des Kaligula dies Stülck gegeben sei, u|
567
len glaubt. Nachdem ihr Veibrechen offenkuodig
e worden ist, verbirgt Myrrha sich in den Wäldern,
phrodite hatte ihr diese unzüchtige Liebe einge-
össt, weil sie selbst ihre Schönheit, oder ihre Mut-
l;r die Tochter über die Aphrodite erhoben hatte.
!o hatte sie sich bereits an den andern Töchtern des
doyras wegen eines ähnlichen Verbrechens auf eine
iiniiche Weise gerächt, und so haben wir ihre Wir-
ungen öfters kennen gelernt, indem sie selbst und
ir Zorn den Grund für ein von Liehe verstörtes Ge-
lüth abgiebt. Sie ist es aber auch, welche das Herz
es Menschen wieder von seiner Verstörung reinigt,
lUi den Frieden von Neuem zuführt, und als Apo«
.rophia Blutschande abwehrt. Pausanias selbst wxist
ei der Anführung derselben zu Theben auf das Bei-
)iel der Myrrha hin. Auf den Antrieb der Göttin
jatte sie die Blutschande begangen; sie erbarmt sich
[rer wieder in ihrem trostlosen Zustande, und ver-
jandelt sie in den Baum, aus weichem fortan das
ästliche Harz der Myrrhen hervorquiUt. Aus ihm
eht Adonis hervor, welcher das Leiden der Mutter
ie Aphrodite selbst wieder empfinden liess, indem
ie Göttin für ihn erglühen musste, wie Myrrha für
liren Vater ®’). Eine andere Fabel®®) sagte, He-
)iss man den doppelten Tod des Kinyras und der Myrrha für
n böses Vvahrzeichen gehalten habe.
67) Hygin a. a. O. cui Venus postea miserta est, et in
leciem arboris eam commutavit, unde myrrha iuit, ex qua na-
|s est Adonis, qui matris poenas a Venere est inse-
luutus. Munker erklärt: Quia editus, cum jam mater a Ve-
|;re mutata esset in arborem, und ähnlich Scheffer. Vgl. aber
laktanz. fab. 10, 10. Aus dem Baume wurde Ad. nach der
|lutschande geboren, quem Venus non minus dilexit, quam puella
iitiem Cinyram dilexerat, beneficio cupidinis. Ovid. Met, 10, 5121.
atrisque ulciscitur ignes.
I 68; Servius z. Virg. Ekl. 10, 18.
568
lios habe aus Zorn die Myrrha zur Liebe für ihrei
Vater entstündet.
lieber das Verhältniss des Theias als König!
von Kypros, dessen Reich aber ebenfalls wie das des
KinyraSj auf das feste Land ausgedehnt wurde, is
oben das Nöthige gesagt ®®). Wie dieser zum Va
ter des Kinyras gestempelt wurde, aber auch di(
Stelle des Kinyras selbst vertritt, so wird nun and
Adonis sein Sohn; wahrscheinlich zuerst durch Pa-
nyasis, denn dieser hatte ihn laut Apollodor a. a. 0
so genannt. Der kühne Mythenneuerer Panyasis er¬
weitert die griechischen Mythen gern durch Hinein
flechtung asiatischer und ägyptischer Bestandtheile '*)
und nennt hier auch den Theias einen Assyrischen
König, Ihm folgt darin Antoninus Liberalis nui
69) S. oben b, d. Aphr. Abschn. 2 Anm. 29 ff.
70) S. Otfr. Müller Dor. 2, 474.
71) Anton. Lib. Metam, 34. Die Geburt ist auf dem
Libanon. Eine ähnliche Verfrühung der Geburt wie beim Bak-
chos, indem Myrrha durch den Schrekken über das von Theias
in der Nacht verbreitete Feuer entbunden wird, dann erst ent¬
flieht sie und wird von Zeus in den Baum verwandelt. Ernennt
den Namen der Amme Hippolyte, und dieser erinnert wie¬
der an die attischen Mythen, wie die Oreithyi a. Lykop hr. 829.
Den Tzetzes verleiteten diese Genealogien zwei verschiedene
Adonis anzunehmen, einen kyprischen und einen byblischen, weil
Byblos der hauptsächlichste Kultort auf dem Festlande war.
Lykophron sagt. von Menelaos.
Giptrm eff rl^^uopo?
iQv/uvop affrv, tov ^syoaromvs
’Slö7ms iSilvffi (ftPffQujdijs r.lddos.
Oppian Halieiit. 3, 404. ... di mvQrjg
JüxQvov ' jiddvoiijg &siavMo?, w nori (f aßt
Harpe? iqaßßufiiprjp i'^yop upvßßat
iX9-äp t k ffilÖTijTa, xolü)ßafieP)]S AffQodktjS-
Assyrisch nach dem Sprachgebrauch für Syrisch. Der Srliol.
»chreibt Thya« und fährt fort : umqoö» Tomov top /uv^op ip nio-
569
I
neoDt er denTheias in allgemeiner Bezeichnung; einen
Sohn des Belos. Doch Myrrha Meibt zwar Mutter,
wird hingegen eine Tochter der durch die attischen
Mythen nach Kypros gelangten Oreithyia. Auf
tdemselben Wege waren Kekrops, Ägraulos, Herse,
Kephalos und Eos nach Kypros und in das Ge¬
schlechtsregister des Kinyras gekommen* So ent¬
steht ein Geschlecht mythischer Könige ¥Oii Kypros
Aiaok, von ihrer Ahnmotter Eos so heoannt, und Nach¬
kommen des ersten Königs Aoos, dessen Söhne auch
Kinyras und Adonis unmittelbar heissen, indem man
ebenfalls den Adonis zu einem mythischen Herrscher des
Landes personifizirte und in die Stelle des Kinyras
einschob. Ganz der Ordnung gemäss bekommt nun
auch Adonis den Namen Äoos, und seine Mutter den
Namen Aoa”), denn so biess nach Zoilos des Theias
Tochter, und nicht Myrrha. Uebrigeos wird nun die
Liebe der Myrrha zum Theias mit denselben Um¬
ständen und demselben ¥erlauf erzählt, wie wenn
Kinyras der Vater heisst. Beim Anton. Liber, ist es
aber Zeus, welcher die Myrrha verwandelt; Panya-
sis nennt die Götter.
Hesiodos'*®) hatte den Adonis einen Sohn des
acas yivta9ui. So erweitert sich das Gebiet der Fabel mit Ent¬
fernung der Zeiten.
I 72) Etymol. M. ’^aos, mm/nk Kvnoov. A(S S
(äPOflÜ^tW, XCCi U7l CCVTOV 01/ KvMQOV ßKfftkfV0CCVWSS‘
|o KiSqaem xal ahop äno lavwv ^stqo? xl^9^pm. yuQ 9slap-
To? (Miitqa {&vyaTtQa7) ov Sp.vQP'qp, «Ai' ^Amap xaloveh. •Pilias
nQMTop ßaßtkfcc ’A(Sop, ’Hovs ovrct xcei Ksipalov. G. J. Vossius de
hist. gr. 1, 15 S. 94. Felix quoqae PMladelpM saeculum infe-
jlicem Zoilum vidit; ein Schüler des Polykrates, des armseligen
Rhetor von Kypros. Hesych. ’Holtip: iop ’^Atfioptp, IlapvaffK-
jVVenn beim Hesych wirklich eine weibliche Form gestanden hat,
ISO bezieht sie sich vielleicht auf die Mannweiblichkeit des Adonis.
I 73) Apollodor a. a. O. Vgl. Welker Kret. Kol. in The-
570
Phoinix und der Alphesiboia genannt. Dies ist
auch nur einfach eine kyprische Sage, und wie Ki-
nyras zuweilen, wenigstens von einer Seite her, von
phönikischer Abkunft heisst, so nimmt den Adonis
sein Vater Phoinix eben dafür in Anspruch, um Pliö-
nikien an Kypros heranzuziehen. Alphesiboia ist aber
eine Tochter des Alkmaion und der Arsinoe, einer
Tochter des Phegeus; doch über Thebische und Ar¬
kadische Mythen auf Kypros wiederholen wir hier
nichts weiter. Dieselbe Ansicht wie beim Phoinix
liegt beim Agenor als V^^ier zu Grunde. Endlich
hatte er auch, wie andere Mysteriengottheiten nur
einen Erzeuger, und in dieser Eigenschaft hiess er
Sohn des Zeus. Da diese Nachricht aus Philoste-
phanos ist, so wird sie in seiner Geschichte von Ky¬
pros gestanden haben und also eine kyprische My¬
steriensage gewesen sein.
Aus den Fabeln über das fernere Geschikk des
Adonis ist leicht die Mysteriensage zu erkennen; und
diese hat Panyasis aufbewahrt. Aphrodite gewinnt
das Kindiein lieb, und verbirgt ihn von den Göttern
ungesehen, wie Athene den kleinen Erechtheus, in
^iner mystischen Kiste; so übergiebt sie ihn (Iw vjf-
mog) der Persephone zur Pflege.' Da auch diese Ge¬
fallen an ihm findet und zögert ihn wieder herauszu-
ben S. 58. Probus z. Virg. Ekl. 10, 18. Et formosus Ado¬
nis, ut Hesiodus ait, Phoenicis et Alphesiboeae ; Agenoris et
Choantis (so!), qui Syriam Arabiamque tenuit iraperio, ut Anti-
inachus ait; regnavit in Cypro, ut Philostepbanus (Tbl. I S. 8)
libro, quo quaestionis poeticae reddidit causas; ex Jove sine
Tillius feminae accubitu procreatum u. s. w. Für Choantis ist
wol Theiautidis zu lesen, s. Oppian in Anm. 71. Dies könnte
eben so gut in Antimachos Thebais als Episode, wie in der Lyde
gestanden haben ; Schellenbergs Meinung hierüber kann ich nicht
nachsehen.
571
p^ebeiij weudet Aphrodito sich an ISciie, und nach sei¬
nem schiedsrichterlichen Ausspruch sollte der Knabe
einen Theil des Jahres bei der Aphrodite^ den zwei¬
ten bei der Persephone bleiben 5 wo er den dritten
izubringen wollte, hatte er ihm freigestelit. Diesen
weiht er ebenfalls der Aphrodite. Für die ursprüng¬
liche Sage müssen wir aber die erklären, nach wel¬
cher Adonis das Jahr zwischen Aphrodite und Per¬
sephone gleichmässig theilt ^ *}, denn diese beruht auf
der einfachsten Eintheilung des Jahres in einen som¬
merlichen and einen winterlichen ’Jheil. Doch die
Anschauung, dass die schöne Jahreszeit die schlechte
an Dauer übertreffe, stellte auch den Jahresgott als
acht Monate bei der Aphrodite, d. h. auf der Erde,
vier hingegen bei der Persephone, d. h, in der Un¬
terwelt verweilend vor. Dieselbe Vorstellung herrschte
von der Persephone in den Eleusioien.
Die gewöhnliche poetische Sage müssen wir eine
phrygisch-lydische nennen, weil sie ganz im Geiste
der Mythen dieser Völker ist. Adonis reift zu einem
Jüngling heran, welcher zu den schönstengehörte”),
wie Endymion, Ganymedes, Hyakintb, Hylas 1. s. w.,
während Kinyras mit Jasion, Arichises, Paris, Kepha-
los, u. s. w. in dieser Eigenschaft verglichen wird.
Aphrodite entbrennt von der heftigsten Liebe zu ibin,
' 74) Sc hol. Theokr. 3, 48. ^As oMi rdetfnjmmu rcy "AJat-
viv mvUiov ium^g /j,a<nov all’ dd avim xai idsvr^mvn (fvfi--
\nccQ(an. doxd 6 ‘'Adum i’S naqd IIsqei(f4p^ noidv, w? xul naq
'"AffQodkri aptv roh (fvyxa&ddetp xal nQoöu^pi^fad-m: liyovai, M mql
roh "AwviSog, ow xai dno&aymp f| /i^pag inolrißsp Ip ralg dyxdktug
\r‘^g IIiQCfrf öprjg, rovto de w Ityofisvop roiohrov Isnp dkt]9-&. Lukian
Göttergespr. 11. Perseph. liebt den Ad. Klem. ¥. Alex. Protr.
S. 21. Sylb.
75) Virg. Ekl. 10, 18. Hygin. fab. 271, u. b. allenDich-
tern, welche den Ad. besingen.
572
und raubt ihn nach einer Sage, wie der Adler den
Ganymedes ’ Nach der gewöhnlichen Erzählung
treibt er die Jagd und wird von einem Eber getöd-
tet’^). Zum Andenken an den Tod des Geliebten,
76) Plautus Menaech. 1, 2, 34.
Die mihi iiunquam tu vidisti tabulam pictam in pariete,
übi aquila Catamitum, aut ubi Venus Adoneum?
Vgl. Phaethon Note 19.
77) So bei allen Dichtern. Vgl. Theokr. 30. Bion 1.
Ovid Met. 10, 503 ff. 710 ff. Prop. 2, PS, 52. Ausonius
Epist. 4, 142 ne sis Cingreia proles Accedasque iterura Veneri
plorandus Adonis. Ders. Cup, er. aff. 57 verfolgt Persephone
den Ad., weil er die Aphr. bevorzugt, Ders, Grabschr. auf d.
Glaucia
Verum aut Persephonae Cinyreius ibis Adonis
Aut Jovis Elysii tu catamitus eris,
Klaudian. Fescinina in nupt Hon. et M. 16 Venus reversum
spernat Adonidem. Epitaph. M. Lucceji V. 31 (Wernsd. p. 1. m.
3, 210)
Die nepos, seu tu turba stipatus Amorum
Laetus Adoneis lusibus insereris.
Grat. Faliscus Kyneget. 66. Ovid ars am. 1, 512, wie The-
seus die Ariadne, Hippolyt die Phädra, so Cura deae silvis ap-
tus Adonis erat. Heroid 4, 89. Aphr. u. Ad. in einer Eiche ver¬
borgen, ars am. 3, 85. Nonnos 32, 219, beim Tode des jun¬
gen Echeloos
Ix Kinqoia (piqtiS yivoS. mxviAoqov yaq
"Afjfjg xal ffi Mfiaaetv o^ol'ioy vlti Mv§^^S.
Arards in s. Adonis b. Athen. 3, 95. sagt 6 yäg 9iog oQvyxos
i5s ^fius arqffu. Es ist Ares gemeint. Bei Diodoros Zonas
aus Sardes Gr. Anth. 2, 69 Nr. 7. Ausw. Kap. 8, 118. muss
Charon sich des zarten Ad, in der Unterwelt annehmen. Eu-
phorion sang im Hyakinthos bei Ptolera. Heph. aus Photios
S. 242: Kmxvtos /lovms ä(p ilxia vliptv “Admyty. ■ — miovröv (an.
Kmy.moS opofia, Xdqmpog (nt, ry /xaS-^nig (9(Qdn€vat rov “'Adot-
nr, aber richtiger, dass nur der Tod vermögend sei, den Schmerz
über den Verlust zu stillen. Inst in. Mart Apolog. 1, 25. Job.
Monachos Boisson. Anekd. 4, 248. Servius z. Virg. Ekl.
8, 37. Eustath. u. Schol. z. Hom. 11. 5, 385. Eudokia
573
welcher ihr über alles theaer wfir, sezt Aphrodite die
Trauerfeier ein, und freut sich, wenn sie ihn wieder
in ihren Armen half. Mit dem Tode tritt der Besiz
der Persephone und ihre Liebe zu ihm ein. Diese
wird mit der der Eos zum Tithonos, der Selene zum
|Endymion , der Demeter zum Jasion verglichen ’ ®).
Im Frühling kehrt er wdeder und verweilt hei der
Aphrodite. Dies ist die Zeit der Liebe und des Glük-
kes; jenes die des Leidens und der Trauer. Nach
dem Berichte Einiger hat Aphrodite selbst den Ado¬
nis aus der Unterwelt heraufgeholt ^®), und der .Eber,
welcher den Adonis verfolgt, ist Ares®®), welcher
über die Untreue seiner Gattin erzürnt, den Buhlen
verfolgt.
Schon das Alter des Adonis würde die Annahme
eines ehelichen Verhältnisses zwischen ihm und Aphro¬
dite verbieten; es ist aber auch durchweg und in
allen Auffassungen des Mythos die Idee eines bräut¬
lichen und keuschen Verhältnisses ausgesprochen, mit
|s. 24. Georg io s Progjmn. Walz. Gr. RheL I, 558. Aplitho n.
*ebend. 1, 61. Bei den sondernden Theologen bei Cicero und
Job. V. Lyd. ist es die vierte Aphrodite, 'welche den Ad. .liebt,
j 78) Klem. v, Alex. Protr. S. 21 Sylb.
' 79) Kyrill z. des. a. a. O. J oh. M o n achos Boiss. Aaetd.
4, 248.
80) Die Vorstellung des Ares unter dem Bilde eines Eber
fasst ihn auch als Uebelthäter, wie in den Versen des S o p h.
Tv'fXog yaQ w yvvalxas, ovJ" oqmv £vös nqosmnm nuvra rvQ-
ßd^ti xaxci. Vgl. die Entschuldigung des Ebers vor Aphrodite
bei Theo kr. 30, 28. Deinen Geliebten vt’ollie ich nicht töd-
ten; d)!’ los ityal^ dgCiSov Mit der Adonissage wird auch die
von den Aloiden und Ares verbunden. Ad. stellt sich unter den
Schuz des Otos und Ephialtes, dafür nimmt Ares am Aloeus
Rache und tÖdtet ihn, als er auf dem Libanos jagt. Darauf wird
er von den Aloiden gefesselt, doch durch Hermes befreit flieht
er nach Naxos. Schol. II. 5, 385.
1
I
574
dem selbst der Gedanke einer Störung desselben und
Entweihung der Reinheit und Zartheit des Umgangs
unverträglich sein würde. Diese Vorstellung ist so
tief geivurzelt, dass selbst die Kirchenscliriftstellei
sie anerkennen müssen, welche doch sonst der Aphro¬
dite Böses genug nachsagen, und wenn sie die übri¬
gen Buhlereien der Göttin durch noixevsiv, yafjuiv
u. s. w. bezeichnen, so den Umgang mit Adonis im¬
mer nur durch ein sqäv. Ein völlig entsprechendes
Verhältniss finden wir nur in deh Sagen der phry-
gisch-lydischen Völker, deren Hauptpaar und Vorbild
der übrigen Attis und Kybele sind, und wo die Göt¬
tin als erste Bedingung des Umgangs mit ihm und
ihrer Meigung die Keuschheit hinstellt. Auch die
Auffassung des Adonis ist von jenem Kreise religiö¬
ser A’orstellungen entlehnt, dass er als Hirt ge¬
dacht wird, wie die übrigen Geliebten der Göttin An-
chises, Paris, Butes u. s. w. Nach Philostratos in
seinen Briefen liebt Apollon die Ziegenhirten, Aphro¬
dite aber die Rinderhirten; als Göttin der Heerden
haben wir sie aber an vielen Orten angetroffen und es
fielen ihr zu Amathus und auf Lemnos Rinderopfer.
Nor um ein genealogisches Band zu knüpfen, wird
der argivische Heros Golgos auf Kypros ein Sohn
81) Theokrit 1, 105, 109. Ov Uyimv tav Kvnqiv 6 ßmo-
los — iQTis noT “Mav, iq7it noT ‘SlQaloS y "Adoivis, ind
%ai lÄtjXa pofitiev, 3, 46. pula pojusvoi)r,f u. Sc hol. 20, 34.
Ow iypm cT, oti Kvngts tn avigv ßojr^,
itai ‘Pgvyiois ipü^ivatv iv mgfffiP. aviop ^Adtüpip
Ir (fllaae, xcd iv dgvfidiGiv 'ixlavetv.
AhcIi bei Mosch os Id. 5, 35 ist Ad. Hirt, denn sonst passte
er als Beispiel nicht. Virg. Ekl. 10, 18. Et formosus oves
ad flumina pavit Adonis. Kalpurn. Eid. 9, 72 hütet Ad. diei
ITeerden, wie Apollon u. Pan. Ad, als Hirt auch auf der Spie-,
gelzeiclinung Nr. 1. i
575
les Adonis und der Aphrodite ®*). Aber Nonnos
lichtet eine Tochter Beroe®*).
Ganymedes, Adonis und Aa. wurden ihrer Schön-
)eit wegen von den Göttern geliebt®“). Zeüs®®)^
velcher in mystischer Geburt sein Erzeuger ohne
fiVeib heisst, liebt ihn wie den Ganymedes, und als
‘r beim Streite der Persephone und Aphrodite um
len Besiz des Ado";3 die Dreitheilung den Göttinnen
erschlug, wünschte er den lezten Theil für sich,
velchen aber Adonis selbst der Aphrodite zuwandte.
82) Schol. z. Theokr. 15, 100. Er kennt aber auch die
llgemeine Vorstellung sehr wohl ; s. Anm. 74.
83) Nonnos 41, 155. 42, 40. 345. , 420 ff. Onwaroff
i. 91 sagt: die Tochter der Kypris u. des Ad. Beroe ist wahr-
cheinlich erst eine Erfindung des Nonnos. Der Ruhm der Stadt
Jeroe- unter Roms Herrschaft, als hoher Schule des Rechts,
ah dem Dichter Anlass, alle Sagen über ihren Ursprung zu
ammein, um wahrscheinlich die Bilder seiner eigenen Phan-
asie zugleich mit des röm. Angustus Lob damit zu verweben.
Lypris befiehlt ihrem Sohne zugleich Dionysos ii. Poseidon,
leide sehnen sich nach ihrem Besize, und sie wird der Lohn
ines Kampfes, in welchem Zeus (43, 373) den Sieg dem Po-
eidon giebt. — Mehr Werth als die Meinung eines Schol , dass
kd. in Persien gewohnt habe, hat auch die Nachricht nicht, wei¬
he Athen. 13, 575 aus der Geschichte Alexanders von Chares
Mitylene mittheilt, dass die Brüder Hystaspes und Zariadres,
»ohne der Aphr. u des Ad. waren, denn sie gehören einer sehr
päten Zeit und einem Volke an, zu welchem die Namen der
jlottheiten höchstens durch Hörensagen gelangt sein konnten:
kxvQlfvfft (f o fttv ’^YamanfjS MijMcts xai j^s moxdtiü o efj Za-
ItdcT^)?? tmu vTtfQccvoi Kaantap nvlmv fifXQ* TavatJ’os. üeber
i'riap Schol. z. Apoll, v. Rh. 1, 432. s. oben Aphr. Abschn. 4
lote 546.
' 84) Dem-osthenes Erotikos 30.
85) Den Ausdr. TQKf^l&ws sehr geliebter Ad. h.
'"heokr. 15, 86. deutete man auf die Liebe dreier zu ihm.
jichol. ^ 0» mo tQimv äm xai eV «<%.
i
576
Dann liebt Bakchos®*) den schönen Jüngling um
sollte ihn auch geraubt haben®’). Am wichtigste!
86) Bei Athen. 10, 456 lesen wir ein- räthselhaftes Orakel , i
welches dem Kinyras über s. Sohn Adonis gegeben war; au
des Komikers Platon Adonis.
Kipv^a, ßaeiliv Kvrtqlmv dvSqmv ddffVTiQUXTmy,
nats ffm xdXhffmS fifv i<f<v &avixttGmmTo? ts
nttPTmv up9-q<xmmp, dao cT avrov Sal^ov oXilvop,
‘II jutv ikixvpofifp}] kad^Q^oiS IgiTfiols, 6 cf ikavPfOP.
Jlly» di AfQoMnjp xal ätovvaov' dfiffÖTiQot ydg ^qmp tov ’AMputoi
Des Komikers Platon Adonis wird noch öfter erwähnt: Sc hol
Ar. Wespen 1350. Bekk. Anekd. 1, 472. Photios. Pollux 10
Kap. 24, Ausserdem wählten noch andere Komiker den Adoni
zum Stoff ihrer Stükke: Antiphanes s. Bekk Anekd. Antiatt
und Axkriglap und ^Av« juteop. Ara ros bei Bekk. Anekd. a. a- 0
S. 104. 81. 113. Suidas. Athen. 3, 85. s. Note 77. u. Meineke
Hist, com. gr. S. 344. Philiskos b. Suidas. DasNikophoii
Adonis stritt mit Aristoph. Plutos, s. Meineke a, a. 0. 256, au.'
ihm sind aber keine Fragmente mehr vorhanden. Sotadesj
Hephaist. S 8. Gaisf. Mein. a. a. O. 426. vgL 315. Philip pi
des schrieb ’ Aimplalovem. Pollux 5, 100. Bekk. Anekd. 86. 104
Darin kam eine Versammlung von Weibern vor^ welche die
Adonien feierten. Vgl. Aristoph. Lysistr. in Anm. 58. üebei
Philaiteros s. Meineke a. a. O. S. 349. Alexis ^schrieh
eine Kjpris. Bekk. Anekd. S. 86. Zu einer Tragödie wurde
Adonis nur v. Dionysios d. älteren Athen. 9, 401. henuzt
Nachher behandelte Ptolemaios Philopator denselben Ge¬
genstand s. Schol. z. Ar. Thesmoph. 10, 59. ifjJAwtr« de akh
(den Eurip. in s. Andromeda) Jlmltixalos o 4>ilondTa)Q ip p ne-
ndnxs rgaymUa^ ntqi rfi o lqm[UPoi ahm 'Aya^oxlkje ytyQuiptv.
Ptolemaios d. S. des Agesarchos berichtete in seiner Schrifi
über Ptolem. Philop. bei Klem. v. Alex. Protr. S. 29 Sylb,, dass
Kinjras u. s, Nachkommen im Tempel z. Paphos ruhten. Dies;
war wahrscheinlich aus der Tragödie entnommen oder bei Ge¬
legenheit ders. erwähnt.
87) Plutarch Sympos. 4, 5, 3. oi de (pofxiCovai) naidixd
wu Atopitfov ytyoviptth Phanokles das.
EtdmS ^sSp ‘’Admpw oqtupolTi^S Aiopvöos ,
‘'BqnaatP, ^ya&eiiP KingiP inmxöfupop. j
57f
»Ird Herakles und Apollons Verhaltoiss mm
jlonis. Herakles liebt ihn ®®), und tödtet ihn. Apol-
l|i heisst Vater des Adonis*®) wie des Kinyras,
l'bt®*) beide als schöne Jünglinge, und tödtet auch
llide. Mytiseh wird Apollons Zorn gegen Adonis
i durch hergeleitet, dass Aphrodite seinen Sohn Ery-
nnthos, welcher sie beim Bade geschaut, geblendet
Itte; um ihn zu rächen, verwandelt Apollon sich in
(U Eber, und tödtet den Adonis *')• Später findet
E5 ihn im Tempel des Apollon zu Argos auf Kypros
ich vielem ümhersuchen wieder®®). Sie hob ihn
£f und flösste nun auch dem Apollon Liebe zumAdo-
u ein. Mit dem -Kreise der apollinischen Vorstel-
ngen hängt Adonis Tod durch die Musen zusam-
rjQ, indem sie ihn auf die Jagd lokken und den
i es gegen ihn anstiften 5 oder sie zerreissen ihn auch
sibst ®®). Den äusserlichen Grund für den Zorn der
liisen fand man aber darin, dass Aphrodite die Liebe
i ihren Gemüthern angefacht und sie gezwungen
88) Ptolem. Heph. S. 244. & cf** ’Jtf'mmv tev
c'!j; T€ y.ttl ’^H.qaxliov? iQäfÄtpoy, s.foA. durch Herakles s. Ahhi, 169.
89) Ptolem. Heph. l S. 303.
90) Pt olem. Heph S. 306. "Aieom ävi^oywoS ftPefis-
) T<? jUfi' äpdQtux TtQos ’ A(f‘Qudln]p jtQuoöthV IMyiWj tu <fs
tBj ’AtioJJmpu- S. Anm. 156.
, 91) Ebend. S. 243. ’E^v^av&os o nute ^JnoUwms kvfMS-ti,
(|in tcfo« "kovo^ivriv ’AqQoMrriv dno tov ^ASavtSos xai 'An6l-
hv fitjvlßas, tavTov tk ciayQov xai tok ciovßt
TOV ^AdoiPtv. Der arkadische Erymanthos , Sohn des Ar-
;is, ist hier in kyprischen Mythen als Sohn Apollons eingekin-
<lt. Nach Hesychios gab es ein Fest Apollons ’EmS-qMMa,
]|.t es vielleicht Zusammenhang mit dem Adonismythos, denn
^|e kommt Apollon sonst zum Lattich?
92) Ptolem. Heph. S. 253.
93) Tzetz. z. Lykophr. 830. u. die Paraphrase. Dagegen
liklagen die Musen bei Bion 1, 94 s. Tod.
II.
37
578
1
hatte ihre JuDgfräulichkeit an Stei bliche zum Opf<
zu bringen®*). Nach einer andern Erzählung: hat
nicht Zeus selbst beim Streite der beiden GöUinnt
um den Adonis das Schiedsrichteramt übernoinrae i
sondern damit die Muse Kall io p e beauftragt. Aphr
dite darüber erzürnt, dass diese ihr für den Bes
nur die Hälfte des Jahres zuspricht, flösst den thr
kischen Frauen -Liebe zu Kalliopes Sohne Orphe
ein, so dass sie ihn im Streite um seinen Besiz ze
reissen®®). Apollodor aber berichtet a. a. 0., da
Artemis ihn auf der Jagd getödtet habe®®). En
lieh sind es aber auch Zeus und Hermes, welc
den Tod des Adonis befördern; doch Hermes fül
ihn auch wieder aus der Unterwelt herauf®’;. Fi
94) Eudokia S. 24.
95) Hygin. poet. astron. 2, 7.
96) Eurip. HippoL 1410. u. Schol. Artemis verspricht d
Hippolytos ihn an der Aphrodite zu rächen.
97) Dies finden wir in einer wunderlich zusammengesez
und abenteuerlichen Erzählung bei Serv. z. Virg. Ekl. 10, .
Aus Aegypten kommen die beiden Brüder Epiviostaterios l
Yon nach Kypros und nehmen sich dort Frauen. Aus dien
Geschlecht wird Celes geboren, welcher Erinona (and. ha i
Erittoma) zur Tochter hatte. Wegen ihrer grossen Keuschit
ward sie von Athene und Artemis geliebt, ■^on Aphr. aber -
hasst. Deshalb reizt sie den Zeus zur Liebe für das Mädc i
an. Ueber die Untreue des Gemals wird Hera entrüstet, 1
bittet die Aphrodite, sie möge auch den Adonis zur Liebe für i
Erinona entflammen, um den Zeus dadurch in ünannehml -
keiten zu verwikkeln. Da das keusche Mädchen aber di !i
keine üeberlistung zur Gewährung gebracht werden kann, fi|t
Aphr. den Ad. in Nebelwolken gehüllt in das Gemach der Ji,-
frau. Darüber geräth wieder Artemis in Zorn, und verwan t
das Mädchen in einen Pfau, circa Cisseum flumen. Ad. alf,
da er das Mädchen geschändet hatte, floh aus Furcht vor Z s
in die Kasischen Berge (auf der gegenüberliegenden Küste -
riens), und lebte dort unter den Landleuten. Da sendet Her s
579
'ichhaltiger i^ind die Todesarten des Adonis als tei
en andern Naturgottheiten; chthonische und mosi-
;he Elemente vereinigen sich, finden aber alle auf
e einfachste Weise ihre Auflösung.
Mit dem Tode des Adonis stehen besonders drei
flanzen in Verbindung. Die Anemone, die Eose
4d der Lattich. Die Kyprier und Phöeiker be-
lUpten ®®), dass, als Aphrodite bei der Kunde von
em ünglükk des Adonis ihm über die Felder zu
lülfe geeilt wäre, die weisse Rose von dem Blute
er zarten Füsse der Göttin rolh gefärbt sei. Die
.nemone sollte aus dem Blnte des Adonis entstaii-
t;n sein®®), und ist als Sinnbild rascher Vergäng-
Berge einen Eber. Dieser bedrängt Um hart, aber Ad. be-
s gt ihn. Nun sendet Zeus einen Bliz und tödtet den Ad. (der
/ chisessage nachgebildet. Servius z. Virg. Aen. 2, 649 Zeus
sileudert einen Bliz auf Anchises, als er dessen Beilager mit
/hr, erfahren; diese aber entzieht ihn dem Bliz.) Als Aphr.
dl Tod ihres Geliebten erfahren und beklagte, erbarmte sich
t rmes, und hiess ihn zu den Seinigen zurükkehren. Hera ab er
tmrkte von Zeus, dass Ad. sein Leben in den väterlichen Ber-
gi verbringe (ut Adonis in lucis patriis aevum degeret), dar-
a' gab auch Artemis der Erinona ihre frühere Gestalt wieder;
dbh diese gebar vom Adonis den Taleus, (andere haben Talus
u!l Teleos) und sie verblieb bei ihrem Gatten.
98) Philostr. Br. 37. Theodor. Hyrtak. in Boiss.
Aj?kd. 1, 279. Aphthon. Progjmn. S. 4. Philostr. Br. 4
^ yuQ ttxaud-a cuiv na^mvßap ttjv ’AfQoifhijp expt-
u], (üs KvTiQiot xal 4>olptxts liyovöip. Diese Rose entsteht aus
sjdlut: Ovid Metam. 10, 728. fasti 5, 227. Quid Crocon aut
A>in referam, Cinyraque creatum, De quorum per me vulnere
slgit honor, sagt Chloris. Bei Bion 1, 6ö entkeimen die Ro-
si' dem Blut, die Anemonen den Thränen. Vgl. Eudokia
S!24 u. Kass. Bass. 11 Kap. 19 bei Joh. Bod. v. Stapel z.
TImphr. Pflanzengesch. S. 647.
99) Schol. Theokr. 5, 92. Nikander daselbst. Schol.
zjjykophr. 830. Auson. Cup. er. aff, 11. nennt die Anemone
37»
580
iichkeit eben so wenig wie der Lattich ohne Bezie
hung in den Mythos des Adonis verflochten, wäh
rend die Rose nur ein einfaches Dichterbild ist. E
war ein kyprischer Mythos dass Adonis vor dei
Eber in den Lattich geflohen sei. Nach Kallinu
chos **‘) hatte Aphrodite den Adonis in den Latth
verborgen, welches, wie Athenaios hinzufügt, ein bilc
lieber Ausdrukk der Dichter sei, indem der Geom
des Lattichs unfähig zum Beischlaf mache. Bei de
Frauen hiess er deshalb a(ftvtig oder svvovxog, «i
Adonis starb, bevor er zeugungsfähig wurde. Es i
daher keine Speise für Lebende, sondern für Todte
Auslegung des Mythos.
Die Bedeutung, welche dem Adoniskulte zu Grün
liegt, wird von den alten Erklärern schon mehr od
Adonis (et murice pictus Adonis). Ueber die Anemone im /
gnmeinen Job. Bo d. v. Stapel z. Theophr. a. a. O. S. 6,
S. 702.
100) Eustath. z. Höm. II. 22, 499. Nach Nikander
Koloph. nannten die Kyprier den Lattich nicht sond i
HesyCh. 'A4mvn"K: »qläal. Ueber den Lattich auf.
s. TM. 1 S. 62. Ausserdem Cölum. 10, 187. Cypros item •
phio quam pinguis nutrit in arvö Punica depexa coma sed lat i
crere est.
101) Bei Athen. 2, 69. Eudok. S. 25. Dioskoridi
2, 164. Vgl. Lob. Vgl. S. 903. u. die Schriftst. b. Athen.
102) Eubuios Iv ’Aötrdrotsr bei Athen, a. a. O.
Mn naqarl9u [loi &qi6axipas, m yvm,
inl TQämiay, ^ ßiccvT^P ainm.
^Ev tM luyKvm wvtia yiuq, w? ö loyoS, nors
tov '“Atfwvw änö^avovra nqov&tjxtv Kvnqtf
SoT Itr» Pixvuy ßquifiu.
Es gab auch eine Adonispflanze. PI in. 21, 34. alsiosa enitn *
modum sunt et sole tarnen nimio aimis laeduntur ; sed ubi c *
valuere rutae vice fruticant.
581
jreniger richtig getroffen. Bald ist Adonis das Bild
er reif gewordenen Frucht bald, und
war nach Porphyrios, das Mähen der gereiften
'rächt ^ach andern ‘®®) bedeutet sein Tod
0 viel als der in die Erde gestreute Saamen; seine
iiuferstehung so viel als die frische grüne Saat;
echs Monate hindurch liege das Saatkorn, welches
|ine neue künftige Frucht verheisst, in der Erde ver-
orgen, die andern sechs Monate stehe die Pflanze,.
103) Etymol. M. ''Aämpis KvqwS' cfwam* yaq © xuq-
os ttvah, olov ^ xctqnos, a^ißxmp, Amm. Marcell. 19, 1. .. •
nod simulacrum frugum adultarum r©iigianes mysticae docent
useb. praep. ev. ovta rot vovv ämiAi-iiva Ko^ frtp rj rmu
mqifxMV, JtovvaoS ds ^ rwj* äx^otf^voiv SvmifM?, xt4 tmv (dp ia^t-
Zv äv&mp ^ b "Ams, t<Zp tf« rtkdatp xa^nmu b *j4.cfc»wf 0v(i.ßolop*
Jemens v. Alex. Homil. 6, IJ. lufAßdvmßt dJ zai “Atfmvm «’?
^ulovs zaqnovg, ^AtfQodlrtjP ttS r.ul ytpmp, els
.ö^tjv ilg ßntqfiaru, xai Jtopvaop ftg «(tmlov.
104) Euse-b. praep. ev. 3,. 4. "Ams di xosi ^Aiam, rp rSv
i^Ticoy tliP dvaloyia, TtQogr/Xoyng' b (äIp “Atng, mp zarä m 1«^
wfMPOfiiPOJP dp9wp, xat nqlv rshßtyov^sas, itaq^iivmp' oStP xai
v t(Zp aiefolcop dnoxon^p cevrm nQogtxpfS-^ßap-, qSmdprmx il&fip
tp, xccqtkZp (ig rijP eniqjxanxrjP- uldmetp. b de "AifuiPt? w rmp re-
l(op xa(in<5p ixroft^g av(ißokop. Bald darauf ‘’Aimptp #« xtti Jtopv-
<y Tovg xuqnohg ^riluAn- Leider kann ich. gerade diese der Schrif-
■n des Eusebios nicht selbst einsehen, und bin daher nicht si¬
lier, ob Alles für den Ado^nismythog daraus und ayf die rechte
l'^eise geschöpft ist.
' 105) Sohol. z. Theokr. 3, 48. © “‘A&mm, n ywp b tfms b
titqb/MPog, t| (t^pag ip rp noul unb t^g omqug^ xai l'| (4.^pug
tt avTOP »7 ' Aif'qodtrtj,. 17 iixqaßla mv d(Qog‘ xai ix lou lafißdpowtp
irop oi ccp&qoinot. Hieronymus z. Ezech. 8, 4, Nachdem er
m Mythos des Adonis erzählt hat; Et quia eadem geatilitas
ijuscemodi fabulas poetarum, quae habent turpitudineiri, inter-
'retatur subtiliter interfectionem et resurrectionem Adonidis
lanctu et gaudio prosequens ; quorum alterum in seminibus, quae
oriuntur in terra, alterum in segetibus, quibus mortua semina
mascuutur, ostendi putaL
h
582
welche die Frucht bringet, über der Erde. Diese Vor
Stellungen stehen in enger Verbindung und greife
sehr in einander über; es sind die religiösen An
schauungen, welche so vielfältig und auf verschiedec
Weise in den Mysterien ausgesprochen werden. Phui
nutos als Philosoph behält diese Auslegung i
Allgemeinen bei, und stellt den Adonis ganz richti
mit Demeter und Kora zusammen; und von den Oi
phikern wird Adonis angerufen den Mysten d
Früchte der Erde zu bringen. Diesen Deutungf
fügen wir noch ein Paar andere der Philosophen ur
Physiologen hinzu^ Der Lydier Johannes '“®) sag
106) Phurnutos /4sqi 9tö)v Kap. 28. ä^näffat d" 6 ^An
tnv »vyuTiqa JrjfifjTQk ifiv»sv»ti , tw yivofxtvov Inl yqöv
nva rmv miQfJLKTMV xam yk dqttviGfiöv' . . . oniQ dy« ^'pof nc
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miqfA.«- dianTdx9ai di iSds nuQu %i Ty ’Aq^odiry, roy laoyxqöyov
vuv TOV "Admviy nagd Ty nt^at(f hvy, di’ ^ ilnofifv ainav.
107) Orph. Hymn. 56, 13 /xiaryai g:fQu}v xuQnok dno yal
Sal lustlos ntql ^euv Kap. 4. ^Adoiviv dt xu^novg..
108) lieber d. Monate 4, 44. S. 88. Wir fügen noch ei
ähnliche Deutung des ganzen Mythos bei, aus Fulgenti
3, 8. Myrrha genus est arboris, de qua succus ipsa exsud;
haec patrem amasse dicitur. Istae enim arbores in India sm
quae solis caloribus crementantur. Et quia patrem omnium i
rum solem esse dicebant, cujus opitulata cuncta germinum ado
seit maturitas ; ideo et patrem amasse dicitur- dumque grandio
jam fuerit roboris, solis ardoribus crepans, rhagades (fissun
efficit, per quas succum desudat, quod myrrha dicitur; et red
lentibus lacrimosa guttulis fletus suaves scissuris hiantibus jac
latur, unde et Adonem genuisse fertur. Adon enim graece si
vitas dicitur. Et quia haec species odore suavis est, Adonc
dicitur genuisse. Ideo autem eumVenerem amasse dicunt, qu
hoc g®nus pigmenti sit valde fervidum.
583
i>ie Physiologen nennen den Frühling die Aphrodite
ijid behaupten, sie, welche den April bezeichnet,
’jende sich ab vom Ares, dem März, dem Adonis aber^
5^, dem Mai. Dieser wird von dem in ein Schwein
’^rwandelten Ares getödtet, der Frühling gleichsam
’|.m Sommer, denn die Natur des Schweines ist heiss,
i|id die Mythologen nehmen ihn für den Sommer,
tiler, wie es andern scheint; Adonis ist die Frucht,
.^es das Schwein, dies Thier ist aber den Früchten
lindselig.“ Es ist bekannt, dass Makrohius in Folge
(js philosophischen Systems, welchem er huldigt, alle
tbttheiten auf die Sonne bezieht, und diese Theorie
flirt er denn auch folgerecht beim Adonis ’®®) durch,
yn dem er sagt, dass er aus Assyrien stamme, und
le Phöniker sich ihn angeeignet hätten. Hat man
(ese Theorie erst, so bietet sich die Anwendung des
Ivthos des Adonis auf die Ab- und Zunahme der
Snnenwirkungen leicht; aber die Behandlung der
iK'then durch die philosophischen Sekten gehört mehr
i* die Geschichte der Philosophie und der Kultur
Oerhaupt, als in die Darstellung der religiösen Tor-
ijellungen, da dergleichen Vorstellungen nicht aus
Im religiösen Gefühl und lebendigen Glauben lier-
i _ _
I
I 109) Makr. Saturn. 1, 21. Manso z. Bion Id. 1 S. 185.
Obgleich es gewiss ist, dass 'die Sjrer die Astarte als den Mond
iid den Adon als die Sonne verehrten, so hat dessenungeachtet
lese Erklärung sehr viel wider sich. Bannier erinnert mit
bcht, die Verschwindung der Sonne habe allenfalls in den Län-
;rn am Nordpol eine solche Feier veranlassen können, nicht
|er in Phönizien, wo die Sonne so wenig als bei uns, den
I inter hindurch unsichtbar und unthätig werde, und die rauhere
lihreszeit angenehmer sei als der Sommer; auch falle die Feier
I keine der beiden Aequinokzien, sondern in einen der Som-
lermonate.“
584
vorgißgen, und nichts weiter waren als das Eigenthoin
spekiilirender Gelehrten.
Auf den richtigen Weg sind wir schon durch
einzelne Auslegungen selbst geführt, und die Betrach¬
tung des Kultes lehrt, dass wir es hier mit einer
Form des chthonischen Kultes zu thun haben, und
dass wir auch im Adonis, so wie in andern Natur¬
gottheiten, den Ausdrukk des verlorenen und wie¬
dergefundenen Natursegens zu erkennen ha¬
ben, Ein bekannter Mythos, um uns der Worte Ed.
Gerhards '*®) zu bedienen, sagt, dass die Göttin der
Unterwelt mit der neu erwachten Hoffnung des Früh¬
lings wieder bei den Lebendigen erscheine 5 ein an¬
derer, dass der Frühlingsjüngling Adonis sein Dasein
zwischen Aphrodite und Persephone theile; der älte¬
ren Götterlehre schien in derberem Ausdrukk der
Bettungsgott der bestehenden Natur ermordet und
wieder verjüngt zu werden, die Rettungsgöttin aber
in der Zeit unfruchtbarer Erdkraft jener neuen Reg¬
samkeit zu bedürfen, welche sie von der 8onnenkraft
des ithyphaliischen Hermes erhielt. Beide Ansichten,
Jene aus kabirischen Verbrüderungen, diese aus Sa-
mothrake, beide aus Äeligionen tyrrhenischer Pelas-
ger nachweislich, sprechen in verschiedenen Aus¬
drucksweisen dieselbe Idee des verlorenen und vvie-
dergefundenen Natursegens aus.
Es ist oft von uns darauf hingewiesen worden,
wie Mythen und Legenden aus dem heimatlichen
Griecheniande auf Kypros, wenn auch nicht selten in
anderer Stellung, sich wiederholen. Dazu kam noch
die Verschiedenheit der griechischen 8tämme, welche
sich hier zusammen fanden, und hier ihre Nazionali-
110) In dossen Hyperb. röm. Studien S. 48.
585
jäten, so wie ihr übriges geistiges Eigenthum,
rheil wenigstens, zu einer Einheit verschmolzen.
iDies treffen wir denn beim Adonis wie beim Kinyras
n reichlichem Masse an, und zu zeigen,- wo alle Ky-
iprischen Sagen und Vorstellungen ihrem Ursprünge
Kiach hingehören, ist nicht das am wenigsten Inter¬
essante bei einer Geschichte von Kypros. Als|der
kleine Erechtheus aus der Erde geboren war, nahm
ihn Athene ohne Wissen der Göttin auf, in der Ab-
Idcht ihn unsterblich zu machen 5 und in eine Kiste
belegt, übergab sie ihn der Pandrosos, des Kekropg
Tochter, zur Verwahrung, verbot ihr aber die Kiste
zu öffnen. Ganz dieselbe Mysteriensage -haben wir
nun beim Adonis. Was aber Athene in den atfeclen
Mythen ist, das ist Aphrodite in den kyprischea, und
die Rolle der Kekropstochter übernimmt, dem Erfor¬
derniss gemäss, Persephone. Erechtheus wurde in
idem Heiligthiim der Athene erzogen und herrscht©
später über Athen so Kinyras, Adonis, Phaethon
iu* s. w. in Kypros. Wie Kinyras und Adonis völlig
lizusammenfallen, so wurde auch Adonis als Heros und
imythischer Herrscher von Kypros gefasst, Erech-
itheus lag im' Heiligthum der Athene begraben, wie
iKinyras in dem der Aphrodite zu Paplios schlief; bei-
ider Nachkommen verwalteten an ihrem Orte das Prie-
sterthnm. Die Kiste ist in den Mysterien der pelas-
igischen Naturreligionen ein heilig Aevertrautes. Alle
Iheiligen Kisten enthielten Unterpfänder der wieder¬
lverjüngten Naturordnung, im Zeugungssymbol des Phal-
ilos oder im fruchtbaren Erdsymbol der Schlange * * *),
Adonis in der heiligen Lade, oder naQam-d’^x^,
111) Apollod. 3, 14, 6.
112) Gerhard a. a. O. S. 42.
T
586
ist. wie der kleine Erechtheus ‘ * *), dasselbe, was die
Schlange oder das Kindlein Sosipolis im Tempel der
Eileithyia zu Olympia, dasselbe, was die Lade der
Demeter und Aphrodite, die Bakchische und Kabiri-
Bche enthielten, was in Patrai, wo Dionysos Aisym-
netes, der Obmann, genannt wurde, den, welcher es
schaute, rasend machte, eben wie Erichthonios die
Schwestern der Pandrosos. Vielleicht gar, dass aphro¬
disische Verstörungen auf Kypros in ähnlicher Be¬
ziehung gestanden haben. Jene heilige Kiste des
Adonis finden wir nicht blos in der Legende, sondern
auch auf etruskischen Bildwerken, welche den Adonis
auf Spiegelzeichnungen darstellen.
Das Wesen des Adonis kann wie das dei Kora ' ' *)
nicht anders gedeutet werden als auf die in Blüthe
und Frucht sich entfaltende Erde^ welche im Herbste
zwar abdorrt und verschwindet, aber im Frühling
wieder von neuem erwacht. Sie sind Gottheiten der
Blüthenwelt und des in die Erde gelegten Saamen-
korns. Während der vier Wintermonate in der Un¬
terwelt, Adonis als Geliebter der Persephone, Perse¬
phone als Gattin des Hades, Bedeuten sie die in den
Schooss der Erde verborgene und des Aufblühens
harrende Saat, während der acht Sommermonate, Ado¬
nis als Geliebter der Aphrodite, Persephone als Gat¬
tin des Dionysos, zeigen sie die Entfaltung und Blfi-
the des Naturlebens, die gereifte und nährende Frucht
an. Die Orphiker rufen den Adonis daher als Eu-
bulos, den Wohlwollenden, an, welches ein
euphemistischer Name eines mit den M3’sterien ver¬
knüpften Ünterweltsgottes ist, welcher freundlich wie¬
derkehrt. Diese Benennung gilt sowol für den zwi-
113) Welker Aeschyl. Trilogie S. 285.
114) Preller-Demeter und Persephone S 128.
587
|5chen Aphrodite nnd Persephone auf und niederwal-
j enden Frütilingsgott Adonis, als auch für den Heils-
iind Seegensknaben Jakchos-Plutos ***)♦ Sie nen-
len ihn ferner Kind der Persephone und der Aphro-
lite, rufen ihn an den Mysten die Früchte der Erde
:5U bringen, als den Allernährer, den Allen ewig kei»
inenden Blüthenspross, welcher verlischt und leuchtet
init dem Wandel des Jahres, welcher der Ober- und
iJnterwelt angehört. Es sind sehr viele Züge und
dythen aus den verwandten Mysterien derKora und
les Dionysos auf Adonis übertragen, so dass eine
ilurchgrcifende Sonderung, eine völlige Zurukführung
■luf den einen oder die andere nicht mehr möglich
st, wenn die Hauptsache auch immer klar bleibt.
|fPahrscheinlich haben verschiedene Kultusstätten an
dieser Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit der Le¬
benden Theil, welche in unsern Nachrichten zu einer
pusammenfliessen. Eine ähnliche Unklarheit herrscht
Iselbst über das Verhältniss des Dionysos zu Demeter
ind Kora denn während er als erwachsener
ijemal der Kora mit ihr und Demeter verbunden ist,
wird er andere Male entweder weggelassen, oder
jlurcb einen Knaben ersezt, dessen Bedeutung neben
1er sonstigen Dionysosgemalin räthselhaft bleibt. So
l*vie er bald Bräutigam der Kora ist, so erscheint er
loald wieder als Beisizer der Demeter. Aber es sind
auch die pelasgischen Systeme bald abgekürzt, bald
vollständiger, worüber Eerhard überzeugend sich ver¬
breitet hat.
Der Grundcharakter der Eleusinien bestand in
einer innigen Klage über das Jährliche Verschwinden
und Vergehen der Natur, wofür der Trost in dem
116) Ed. Gerhard. Prodromus myth. S. 82.
116') Ders. Hyperbor. röm. Studien S. 48 ff.
I
588
Glauben lag, dass diese Vernichtung nur eine vor¬
übergehende sei, dass eben jene Mächte, welche dies
Leben aufzulösen schienen, zugleich die Quelle alles
Lebens seien; daher das Düstere und Traurige, das
Heitere und Jauchzende der Feier. Den Faden des
Ganzen bildete dabei der Mythos vom Raube der Kora
wie bei den Adonien der Tod und die Wiederkehi
des Adonis. Es ist aber keine Spur davon vorhan¬
den, dass seine Feier in Frühlings- und Herbstfeste
getheilt gewesen seien, wie bei den attischen dei
Kora. Wie dies kam, darüber theilen wir unsere An¬
sicht weiter unten mit. Die Thesmophorien rükkter
als Fest der Trauer und Freude den Adonien näher
näher aber noch möchten die vorzugsweise sizilischer
Koreien den Adonien in dieser Beziehung gestandet
haben, wie die Zeit derselben fast zusammenfällt
Beide Gottheiten, Adonis und Kora, führen ein zwei
theiliges Leben <*äs eine in der Oberwelt, da;
andere in der Unterwelt. Doch verlassen beide da;
blühende Naturlehen nicht freiwillig, ungeachtet sh
in der Unterwelt auf neue Liebe zu hoffen haben " ’ ')
Das blühende Kind Kora wird beim Blumenpllükkei
geraubt 5 Adonis geht der Beschäftigung des Jung
lings, dem Jagen nach, und wird hier dem Tode an
heim gegeben. Durch ein ewiges Geschikk sind beid(
117) Ad. lebte von zwei Gottheiten, über und unter de
Erde, geliebt. So nannte man seines doppellebigen Dasein
wegen einen Fisch Adonis, welcher sich bei heiterem und Stil
lern Wetter auf die Felsen legte. Er hiess auch l|wzotnf. Ai
lian Thiergesch. 9, 36 u. das. Jakohs. Opp ian Halieut. 1, 158 fl
Klearchos b. Athen. 8, .332. Kallistratos Stat. 1 S. 68(J
Plin. 9, 19, 34. Hesych, Vgl. Note 128.
117a) Bei Auson. Cup. er. aff. 11 befindet sich Adonis i)
.der Unterwelt unter den unglükklich Liebenden, neben Narkis
SOS, Hyakiathoa u, ß. w.
I
589
|;u Gatten der Unterweltsgottheiten hestimmt, woge¬
gen kein Sträuben hilft, denn menschlich FüMen, das
;ennen die Unterirdischen nicht. Indem non aber in
lern einen Mythos die leidende Gottheit eine weib¬
liche, in dem andern eine männliche ist, so gerathen
|)eide in eine wunderbare Verwikkelung. Persephone,
jivelche das blühende Leben mit so vielem Wider-
iträuben verlässt, ist es in dem andern, welche den
Besiz des Adonis fordert. Dagegen ist in jedem My-
,hos der Hades, welcher das blühende Kind Kom
•aubt, gleich dem Adonis als ünterweltsgott.
I Das Hinabsteigen der chthonischen Gottheiten
|in die Unterwelt wurde jährlich um die Saateeit ge¬
dacht, wobei man sich erinnern muss, dass die alten
Griechen früher säten, als wir, und nach Plutarch seihst
früher, als die späteren Griechen. Wenn nun die
Adonien schon während der Äernte gefeiert wurden,
so stört dies wol nicht die Vorstellungen, giumal wenn
man erwägt, dass selbst die Koreien schon während
der Aerntezeit gefeiert wurden. Sobald sie abge-
'schieden sind, werden beide auf der Oberwelt beweint
und gesucht, Kora von der Demeter, Adonis von der
I Aphrodite: mit ihnen trauert die Schöpfung. Aber
iaus dem Hades ist keine Kükkehr; die Unterirdischen
beharren bei dem, was Hecht ist. Beide trauernde
I Göttinnen steigen selbst in die Unterwelt, um die
! Unterirdischen zu erweichen , wie einige Mythen be-
! richten. Als diese eine ethische Wendung bekamen,
wird Demeter zürnend im Winter gedacht, und als
gäbe sie ihre Gaben nicht immer in gleicher Fülle.
Der Aphrodite wird der Geliebte von der Seite ge¬
rissen; sie klagt und die Welt klagt mit ihr. Alle
! irdische Lust, jeder Genuss, selbst der schönste und
I
590
reinste, ist nur vorübergehend, and fällt der Vernich
tung anheim, wird von den Mächten, welche übei
diesem Leben stehen, kein dauerndes Glükk, wel
ches nur ihnen beschieden ist, auf Erden dulden
den Sterblichen gewaltsam entrissen. Diesen sittli
chen Schmerz spricht zugleich die Auflösung de
Bandes zwischen Aphrodite und Adonis aus. Äbe
wie das Leben in seiner unerschöpflichen Quelle siel
stets verjüngt, und aus dem Tode immer wieder neue^
Leben aufbricht, so kehrt auch Freude, Genuss und
beseligende Liebe zurük, um dem erneuten Geschlechl
wieder das ihm beschiedene Theil der Freuden und
Leiden zu spenden. Mit der Aphrodite trauern unt
weinen die Sterblichen; nach Beendigung der Trauei
aber, in gewisser Zuversicht eines frohen Wiederse¬
hens, freuen sie sich und jubeln mit der Göttin. Di(
Eingeweihten aber werden Stärkung, Beruhigung
und den Trost, welcher über das traurige Hieniedei
erhebt, aus der Feier geschöpft haben, denn hier
musste es ihnen deutlich werden, dass der Tod nui
der üebergang zu einem^ neuen Leben sei. Diesi
Bürgschaft des neuen Lebens übernimmt Adonis auct
in bildlichen Darstellungen auf Sarkophagen. Er ge¬
hört zu den Haupttodten, welche heraufkommen, und
dies Heraufkommen derselben wird mit dem Heraufkom-
men der Seelen verbunden gedacht, indem der Menset
für seine Zustände in allen Religionen göttlicher Vorbil¬
der bedarf. Der Hades ist der Siz der zeugendeci
Kraft der Natur und seine Gottheiten sind die Spen¬
der der Fülle und des Reichthums. Diese Vereini¬
gung lehrt die Natur selbst, welche aus demselben
Boden, der die Reste des Entseelten aufnimmt, auch
die Nahrung für die Lebenden hervorkeimen lässt.
So sind die Unterirdischen die Reichthum Schaffenden,
591
die Nahrung Reichenden, die Seegen Spendenden ; sie
werden auch alle hervorwallen, wenn der Schooss
der Erde sich zur Fruchtbarkeit erschliesst, um ihr
Geschäft zu verwalten, bis die Äeriite reift, und sich
wieder zurükziehen, wann Laub und Gras absterben,
die Saat in den Boden gesenkt wird, und die Zeii-
gungskraft der Erde rastet. Dass die Gottheiten
sterben und doch fortleben, das ist eben das Tiefste
in diesen Mythen: Herauf and Herabsteigen ist der
Grundgedanke aller chthonischen ¥orstel!uagen. Sö
ist auch das Verschwinden und die Wiederkehr des
Adonis mit dem allgemein geglaubten Heraufkommen
der unterirdischen Geister im Frühling In der engsten
Verbindung, und führt Leben und Freude in die Na¬
tur zurük. Sie waren Rettungsgottheiten der beste¬
henden Natur, welche immer einer neuen Regsamkeit
zu bedürfen schien, und die Unterwelt dachte man
sich als die Quelle aller Verjüngung alles Naturse-
jgens. In völliger üebereinstimmung hiermit steht es
j daher, wenn wir auf einem Sarkophage neben Adonis
leinen Hahn, das Sinnbild der Zeugungsiust, erblikken.
{Wenn die unterirdischen Gottheiten im Frühling her¬
aufsteigen, feiern sie ihre Vermäiuog mit den Gatten,
welche Gottheiten des Lebens und der Liebe sind;
I Adonis kehrt in die Arme seiner Geliebten ziirük,
iweil der Mythos zwischen ihnen nicht ein eheliches,
I sondern nur ein bräutliches Verhältniss ausgebildet
, hatte. Er kommt im Geleite der Horen, der Jahres-
Igottheiten, zur blühenden Erdgöttin Aphrodite. Da
Isie aber nach alter Lehre Lebens-, Liebes- und To¬
desgöttin ist, so wird Persephone in Eleusioisclie^n
und Same thrakischen Göttervereioen folgerecht, wie
1 mit andern entsprechenden Namen, so auch Aphrodite
I benannt. Ursprünglich Eins, wurden jene Gottheiten
592
in der alles spaltenden Mythologie zu zwei verschie¬
denen Wesen getrennt, und Aphrodite wird die Früh¬
lingserscheinung der winterlichen Persephone, odei ||
mit andern Worten, als wiederkehrender Erdensegei
wird Persephone Aphrodite. ji
Von dem Augenblikk an, wo Adonis in die t'n
terwelt tritt und Gott der Unterwelt wird, ist seine
Geliebte nicht mehr Aphrodite, sondern Persephone
welche ihn an sich zieht und fesselt, ihn zum Herrer
jenes Reiches erhebt, wie dieselbe nach einem anderi
Mythos vom Unterweltsgott geliebt und geraubt, un(
zur Herrin der Schatten erhoben wird. Doch da
Reich der Unterwelt ist ein freudenleeres, und beid
Lebensgottheiten sehnen sich zurück. Die Sikyoni
sehe Dichterin Praxilla hatte in einem Gedicht de
Adonis in der Unterwelt auf die Frage, was es i
der Oberwelt als das Schönste gäbe, antworten las
sen; das Licht der Sonne, die glänzenden Sterne
das Antliz des Mondes, Birnen, Kürbis und Aepfe
Diese Antwort hatte die Veranlassung zudemSprüch
Worte ”*) gegeben: ‘i^Xi^m'csQog %m IIqa%iXXrig
wdog, von einem einfältigen und albernen Mensche
gesagt. Aber die Dichterin hatte gewiss dem Ade
118) Praxilla Delect. poes. gr. u. s. w. ed. Schneiden
B. 438 u. ders. in der Gott. Gel. Anz. 1837. S. 855 ff. 859 ff.
KaRunos fiiv iym hlntö (ptios ^tUow,
itvrtQop afftqte tfctum Gtlrjpctltis n nQosatnor.
y.M wQcctovS aixvovs xai xai oy/vaS-
Apostol. Paroim. 9, 81. Diogen. 5, 12. Zenob. 4, 21. 1,8
TOV nquSlRvS 'AdiOPidos. nQu^lUa nv '^cTww»’ Iv r,
fAfUmp ikayts iQmTmfitPop vrto rmv xaru), ti xaRitnoP vnohni
ijxtt, äTtoxQlpao^ai ijXtop xai ffiXjjpfjp xat atxvovs xat fiijXu o3
ik naqmulav nqonX^n ö ioyor rßdi^p ydq ro iw naqaßaiXi
(Hxvovs. So Plutarch unter d. Sprüchwörtera der Alexaudrin«
Nr. 08. Suidas.
593
is keine Albernheit in den Mond gelegt. Die Nai-
etät des in der Jugendblüthe verblichenen Natiirgot-
;s konnte nur durch Unverstand und Spott, oder in
.er Plattheit der Volkssprache und im Kopfe trokke-
jer Grammatiker zur Albernheit werden.
I Den chthonischen Gottheiten eng verwandt Ist
ionysos, und auf seine daraus folgende Verwandt-
;haft mit Adonis ist schon vorläufig hingewiesen.
s lässt sich aber die Vergleichung noch weiter füh-
;n. Auch Dionysos ist ein Gott der in Pracht stets
311 aufblühenden Natur, welche aus allen Gefahren
ttd Bedrängnissen stets siegreich hervorgeht, und
t zugleich ein Gott des Lehens und des Todes. An
3n in düsterer Stimmung gefeierten Winterfesten
lurde Dionysos verfolgt und getödtet, oder ins W’as-
ir gefallen gedacht; so wird auch Adonis verfolgt
W getödtet, und dass er auch als ins Wasser ge-
lllen vorgestellt wurde, sehen wir aus dem Gebrau-
ie, das Bild des Adonis und die Gärtchen, welche
'in kurzes Leben andeuteten, ins Meer oder in
Irunnen zu senken. Des Zagreus Tod und dessen
ierreissung stimmt ganz mit der Adonismythe. Nach-
|;m er zerrissen worden, wird er wiederaufgekocht,
id kehrt im Frühling wieder; auf die mannigfachste
^eise ist Untergang und Erneuerung in seinen My-
ien ausgesprochen, und er war daher vor allem
Iseignet Gegenstand einer über das Menschengeschikk
jiekulirenden Religion zu werden. So haben die
irphiker auch den Adonis behandelt; er heisst zwei-
j3hörnt bei ihnen, dixtgog, auch nolvp,oqipog ’ * ®). Or-
jieus, der Priester und Stifter der dionysischen Wei-
! 119) Hieher ist aucb wol die Glosse des Hesychios,
fQiqos (^o/ytog?) zu beziehen Auch hat Ad. auf dem
- ide Nr. 12 den Panther mit Dionysos gemein. Auf den Etrusk.
31. 38
1
594
hen ist, wie bekannt, der chthonische Bakchos. NacI
dem er zerrissen ist, spülen die Wogen sein Hau
an die Küste von Lesbos Dieser alten Sa^
ist die sehr junge alexandrinisch-byblische vom Haup
des Adonis nacbgebildet, denn sie kann doch nie
älter sein als Alexandrien selbst. Es konnten dah
Dionysos und Adonis für völlig gleich geachtet we
den, und ihre Mysterien viel Aehnliches haben ’’
So finden wir auch wahrscheinlich den Sinn der Lie
des Bakchos zum Adonis und für den Raub desselb
als oQsiqtoiT^g, indem er vielleicht als Hades den BI
thengott liebt und raubt. Wie Bakchos liebt ab
auch Zeus den Adonis, und w^ir glauben, dass di
der chthonische Zeus ist, der Gott der Unterwt
welcher begraben und neugeboren wird, der furcl
bare und verschlingende, der Verleiher des Seege
Seine mystische Geburt durch Zeus ohne Weib rük
ihn noch besonders dem chthonischen Gotte nahe, u
Ist der des Dionysos nachgebildet.
Wer den Adonis verfolgt und lödtet, ist Art
und wie hinzugesezt wird, aus Eifersucht gegen d
Buhlen. Wir wiederholen hier nicht, was oben "t
über den Ares als Gemal der Aphrodite in pelas*-
sehen Beligionssystemen gesagt ist, sondern erinnt
Spiegelzdc^ungen Nr. 3 und 4 erscheint Ad. auch beflügelt
Bakchos. • t,
120) Näheres über Orpheus neuerdings bes- bei Bot,
im Abschn. über die orphische Vorzeit, in dessen Gesch. d. h •
Dichtkunst 1, S. 80 — 190. ^ ^
121) Plutarch. Sjrapos. 4, 3. «’ d« xat ra
nooelaßflp, Mysrai fitp 6 ^'ASmv^s mo rov ßvk dia(f&ccpyat. ^ '
d’ ’'Ädmviv ovx InqoP j älXä Awvvgw hpm pofilgoim' xai nolXa '
nlovidpm Ixmiqta ntqi ms hqms ßtßmol mp i.6yop. S. Note '•
und unten Nr, 141.
122) S. 207 ff.
595
nur an die Vermuthung, dass Ares auch auf Kypros
in den Adonien als rechtmässiger Geinal gegolten
nabe. Weiter tritt er im Mythos nicht hervor, sondern
dient nur dazu, um den Verfolger und Vertilger des
leidenden Naturgottes abzugeben, wobei seine Ver-
Uandlung in einen Eber auf einer alten foildli-
ihen Vorstellung, den furchtbaren und verwüstenden
Sott, welcher „mit Eberschnauze alles Unheil auf-
^ählt”, als Eber zu fassen, beruht. Das Schwein
st aber auch ein Bild der Aekkerverwöstoog. Dass
\donis Jäger wird, kann auf der einfachen Jüng--
ingsbeschäftigung beruhen, wie die Kora Blumen
)flükkt; es kann aber auch gedichtet sein, um Adonis
lern Eber auszusezen. Es ist klar, wie sehr dieser
Vres, dessen Demalin dann jedesmal Aphrodite ist,
n die frühsten Götterdienste Griechenlands eiiigriff,
veim ihn auch der spätere griechische Götterdienst
mum kannte und die meisten Heiligthümer,Sn
lenen er vorkommt, rührten von den früheren Volks¬
tämmen her, welchen er ein Landesgott war. Indem
lun das Zusammentreffen verschiedener Völker des¬
selben Stammes oft den einen oder den andern Gott
liegen diesen oder jenen verdunkelte, entstand ein
jleroenkult nach seinem Äbbilde, und führte zu einer
lUmwandliing, welche Religionskämpfe unter Sektirem
Idnes und desselben Götterglaubens veranlasste. Der
l'hebische und Thrakische Ares, um uns hier an diesen
|Iott zu halten, buhlt mit der Lemnischen^ Aphrodite,
jils Gattin des Hephaistos, Adonis mit der Amathusi-
chen Aphrodite als Gattin des Ares. Der Kadmilos
jkadmos und der pelasgische Jason haben eine Schlange
jm bekämpfen, welche Ares sandte; die pelasgische
123) Ed. Gerhard Hyperb. röm. Studien S. 56.
38 *
596
Pelarge übergab ihre kabirischen Heiligthümer einem
Aresabwender Alexiares. So kämpft Adonis gegen
einen Eber, welchen Ares sandte. Danach bleibt kein
anderer Ausweg, als dass Adonis von den Griechen,
welche sich in Amathus niederliessen, zu einem My-
sterienbeisizer, oder zu einem Heros, welcher dessen
Stelle vertrat, erhoben sei, gegen welchen Ares, der
Gatte der Göttin bei einem andern Stamme, kämpft,
wie anderswo Hephaistos gegen Ares, wo dann Ares
der Buhle ist, wie in Amathus Adonis. Die Griechen
aber, welche sich in Amathus ansiedelten und in der
Heimat den Ares verehrten, waren Argiver und The-
baner. Eine eigentliche Thebanische Kolonie haben
wir freilich in Amathus nicht nachgewiesen, aber doch
thebanische Vorstellungen und die eigentliche Argi-
vische Kolonie ging nicht unmittelbar nach Amathus,
sondern liess sich nur in der Nähe nieder , aber die
spätem Amathusier leiteten sich von den Nachkom¬
men des Agamemnon her. Wie in der Mythe des
Adonis Ares der rechtmässige Gatte ist, so fehlt er
auch nicht in den Mysterien, denn sein Bild wurde
wie das des Adonis den Eingeweihten gezeigt, und
wir können daher auf einen ähnlichen -pelasgischen
Dreivereio in Kypros schliessen, welcher aus Ares,
Aphrodite und Adonis bestand, wie in einem italischen
Kabirensystem Hephaistos, Aphrodite und Ares zu¬
sammenstanden. Der Hanptort für die Adonismyste¬
rien auf Kypros ist Amathus und östlich davon
124) P^ausaii. 9, 41, 2. "Eaii, M 'AfxaO-ovs iv Kvnqanohi'
Admuidos iv ahy xcd "AqqoSkrj? isqöv ^Gnv äq/alov. Steph. T. B.
’Afia&ovg nöXig Kvnqov äqxtimrdzri , iy ^ "'Adiapig "Oßtqtg iniiam, ov
’Aiyvnnop ovra Kinqm xul »l^olyrxsg iJ'ionoiovvTca. S. Aiim. 183.
Ovid. Met, 10, 520 ff. verlegt den Schauplaz der Mythe auch
nach Amathus, und der Knabe Paplios wird hier geboren.
597
auf dem Idalischen Bergwalde der Lieblingsidaz des
jugendlichen Gottes. Wie hier Ares der rechtmäs¬
sige Gemal der Aphrodite war, so haben wir es oben
w'ahrscheinlich gemacht, dass zu Paphos in den Aphro-
disien Zeus ihr Beisizer war. Mit Erweiterung des
Reiches des Kinyras und Hiimberführung des Adonis
auf das asiatische Festland wurde Bybios der Haupt¬
ort des. dortigen Kultes und die Mythen des Adonis
dort mit ziemlicher Vollständigkeit wiederholt, wenn
sie auch keinen recht natürlichen Boden finden wol¬
len, indem in Syrien die griechischen, namentlich at¬
tischen Genealogien, Mythen und Kultusbegriffe, ohne
den geschichtlichen Boden, wie sie ihn auf Kypros
haben, und aus weichem sie hervorgegangen sind,
hier keinen Halt haben. Aber das nahe Kypros ge¬
nügte, und für spätere Verbreitung und Vermischung
der Kulte bedarf es solcher Stüzen nicht mehr. Dann
sind die Kulte aber auch nicht mehr aus dem religiö¬
sen Bedürfniss entsprungene, mit der Geschichte und
Volksthum unzertrennlich und auf das innigste ver¬
webte, lebendig und kräftig im eigensten Geiste der
Völker fortwirkeude Vorstellungen, sondern äusser-
liche, unvollkommene und unverständlich angeeignete
I Zeremonien.
Die Griechen müssen auf Kypros, und wahr¬
scheinlich zu Amathus den phönikischen Gott Baal,
i unter dem Namen Ado u verehrt, vorgelimden haben,
jobgleich es nicht mehr naebzuweisen ist, von wel-
! ehern der semitischen Stämme, die bekanntlich ihre
obersten Gottheiten mit verschiedenen Namen benann¬
ten, und in welcher Gegend der Gott unter dieser
Benennung verehrt worden sei. Aber die Juden be¬
dienten sich ja desselben Wortes zur Bezeichnung
des höchsten Wesens. Indem der phönikische Kult
598
zu Amatluis unterging, müssen die Griechen den vor
handenen Namen des Gottes festgehalten und siel
desselben zur Ausbildung ihrer Kultusbegriffe in grie¬
chischer Form bedient haben Wie in der Zu¬
sammenstellung bei Theokrit mit den griechische!
Heroen Agamemnon, Ajas, Hektor, Patroklos, Pyr-
rhos, den Lapithen und Deukalionen, wird Adonis io
^lytlios und Kult durchaus ein griechischer Myste
riengott, und die Adonien ein Zweig des ausgebrei
teten Naturkultes, welcher nach Kypros verpflanzt
durch die örtlichen Verhältnisse bestimmt, sichandei
Namen Adon knüpfte. Die griechischen Herleitungei
des Namens taugen nicht viel, und sind von Gram-
125) Für Adonis sagte man auch Adon. Niketas üeb. d
Wärter, welche ein w im Genit. wie im Nom. bewahren, ii
Boiss. Anekd. 3, 328. Hesych ’'AJwya: tov ^Adwyiv, Den Ak
kus. "Adcora gebrauchten besond. die Dorier. Martian. Ca
pella hat Byblius Adon. mit I Serv. z. Virg. Ekl. 10, 18
Adonis: a habet accentum, quia graecum est nomen, tamei
etiam latine sic dicimus. Nam Adon nusquam lectum est. For
cell. zit. für Adon als Nominat. Venant.Fortun. 1. 7, carm. 122
V. 18. Platon, Kratinos, Aristofihanes und Pherekrates gebrauch¬
ten den Genit. ’Adojvios für und ’AMytov für ’Admnp
Bekk. Anekd. I, S. 346. Choiroboskos das. S. 1228. 1216
Priscian 6, 13, S. 263. Theo dos Canon S. 980. 1003. Ser
vius gebraucht fast immer den Genit. Adonis. Propert. 2
13, 53. Adonem und Adonim Hdschr. Für "Afftoy hatte mau
auch ^A(Pils nach Hesych. Plutarch Erot. Kap. 1 2 hat ’AM-
ralos füT^A^wvis, Plaut. j>ren. 1, 2, 35 hat Adoneus. Sonst is(
'Admvalog Adj. so wie ’Adiuriws, bei Suid. und Etymol. M.
‘ Adtiivld'nos. Es kommt auch 'Adojyios und ^Aöwi/iaxos vor. Arr.,
Diss. 4, 8, 36, wo die Hdschr. ^Adtavixoe haben. Stob. Ekl. 2, 6.
S. Henr. Steph. v. Dindorf. sagte ni. für jKwTr^tf. Nonn.
Dionys. 33, 25. 'Adiavrjis oder ’AdeoPHS hiess der Lattich nach
Hesych. und nach d. Etym. M. zugleich auch die Schwalbe,
wahrsch. weil sie mit d. Rükkehr des Ad. erschien, s. Verkiin-i
digerin war. Doch ist dMp dorisch für dtjdüy. Mosch. 2, 9.
599
;
atikern aus seinen Eigenscliaften erst hinterher er-
ünstelt. Nach Pimrnutos a. a. 0. soll er von
ättigen herkoTumen, weil Adonis das Getreide sei.
ald soll der Name von ijSsw erfreuen, ergözen,
ald von widrig ‘ * ’) herkommen ; jene Ahleitüng soll
in als reizenden Jüngling und wohlgefälligen Ge-
ebten darstellen, diese als Unter weltsgott, ungeach-
doch ^iäfig eine ganz andere Entstehung, ans a
nd IdstVj hat. Man hielt sich dahei nur am Klange,
iid übersah das Jota subscriptum. So falsch auch
iese Verbindungen mit Hades sind, so würde man
ie doch nicht gebraucht haben, wenn Adonis nicht
uch als Unterweltsgott vorgestellt gewesen wäre,
(er Name KvQig, oder mit Uebergang des v und t
iQig und KiQQig ‘"Oj bei den Uakonen und Kypriern,
126) F XI lg ent. 3, 8. Adon enim graece snavitas dicitur.
chol. und Eustath. z. 11. 5, 203. "Atfayrts m TgL
Od. 23, 326. 11. 11, 88. Etym, M. Adams nuqa fo Sda m
«aw- (hierüber unten Anm. 157 ff.) ? m vfo
y.ttt y.aqnls tlvai “Adams, olop adavHoS xaQnoS, aQStfxmv,
1 127) S ui das "‘Adavcaos: 6 vno tov Sdijy. ’Jtdaymos? Zo-
'aras ’AdapldtioS xaqnös: o tov ‘AdändoS, o Ißny rov ^Idbi;. He-
ych "Aöapaios: noGudav. xat ßolos. ^ vno mp ädtjy. Auch
havorin. BöAo? erinnert an einem Adoniswurf, wie es einen
j'enuswurf gab. Sancti Caesaris Dialog. 2, 112. ^vqoi, oi fi-
\ävviMoi Gvq<f tTol t'ov rov adov inävvfxop “Adapw t^s&äaßav xaxuS.
128) Hesych. Ki^k: Ivyms. ö^vtop- tj 'Adams. Jaxapss.
)ers. Kv^cs: “Adapts. Etymol. M. o iy»k o/xotoff rfl Al-
\,ra, naqä Kvnqlovs KIq^^S o “AdavK' naqu Jdxaßi, di 6 Uypos.
:hoirob. b. Bekk. Anekd. u. Cramer Anekd. xlgü: tßndeddos
i(>ay.os- Aiyarat di naqd KmqhiS o “Adams, Jaxme^p o Ivypos.
)ass die Abltg. des v. Kvqios richtig sei, sieht mau auch
US d. Benennung des i’sQal Aber die Bdtg. Uy^os wird einem
ndern Stamm angehören, wenn es überhaupt hierher gehört,
iun nannte man auch den Adonisfisch, den zweilebigeu iiäxoms
Note 117), wieder KIqis nach d. Etym. M. und umgekehrt den
xd. iltüxoxroff. Hesych. iläxomst tldos lyUoi xaV’Adapis.
600
ist, wie auch schon andere bemerkt haben, ohne Zwe
fei von Kvqiog herzuleiten, eigentlich also eine eii
fache Uebersezung des fremden Namens W
diese Benennung zuerst, ob bei den Lakonen im Pt
loponnes, welche den Adonis stark verehrten, odt
bei den kyprischen Lakonen, entstanden sei, wir
schwerlich zu ermitteln sein. Nach dem Etymol. M. if
die Form EiQQig blos kyprisch. Einige andere Benei
nungen des Adonis sind dunkel. Nach Hesychios hies
er ^Ixaioq\ vielleicht v^on ixsa^ Weide, weil die
den als fruchtlose Bäume betrachtet, und gerade dies
Eigenschaft beim Adonis hervorgehoben wird, dahe
ist sie zugleich auch eine Pflanze der Unterwelt, we!
eher ja Adonis angehört, und aus Homer sehe
wir bereits, dass sie dem Reiche der Persephone eig
iieten. Den Namen OeosxX^g ***) führt er wol alj
grosser Mysteriengott. Auf Kypros hiess er auc
nvyixaioov^ ‘ ® ^). Dies erinnert einerseits an den aphro
disischen Heros Pygmalion auf Kypros, von dem e
nur eine einfachere Form ist, und könnte also auc
füglich auf den Adonis übertragen sein; anderseit
erinnert es an ein kleines Götterbild , von myfii,
nvyixaioc, wie dergleichen ausgestellt wurden, endlic
auch an die Opferknaben, Kinyras, Phaethon, Amara
129) H e s y ch. dtcnortii vno 'Poivixoiv. xal ßolovwojuo^
i'en cf« xat xvqiov. J oseph. Jüd. Gesch. 5, 2, 2. 'Adtavl yaQ t
’EßQamv yXciTTp xvoioi ISytrai. vgl. Boiss. Anekd. 4, S. 460. Zo
naras ^Adweä: diös.
130) Odyssee 10, 510. iriai lohaixccQnoi.
131) Hesych. <Pf(}fxi.ia : rov 'Adhrny.
132) Ders. üvyfKdioy : 6 “Aderig nuou Kingtoig. Is. Voss wil
TIvyuaUbiv lesen. — Auch die Fabel von Pygmalion wird nacl
Amathus verlegt. Otfr. Müller Archäol, 5, 241. vgl. dieseij
Namen mit den phönik. Patäken, welche zw'ergartig waren ; abe
es ist nirgends eine Spur einer ähnlichen Auffassung des Ad.
601
:os 5 mit welchen Adonis identificirt sein kann j nid
n jenen lallenden KnabeUj sup^mog^ welchen Aphro-
lite der Persephone, zum Verwahrsam ühergiebt.
§ehr schwierig ist der Name Gauas *^ *) für Adonis
ei den Kypriern.
Die äussern Verhältnisse der Aphrodite zum Ädo-
iis werden zwar mit manchen andern Beispielen der
;riechischen Mythen verglichen, wie mit Demeter und
asion; allein wenn sich solche Zusammenstellungen
uch von gewisser Seite rechtfertigen lassen, wie der
lythos uns jezt vorliegt, ist er durchaus eine Nach-
ildung der phrygischen Mythe von Attis und Kybele,
nd Jenen andern Liebesverhältnissen, weiche in den
hrygisch-lydischen Ländern überliefert werden. Es
st dies nur eine Folge der übrigen phrygischen Ein-
/irkungen auf Kypros, zu welchen auch die gehört,
ass Kinyras durch Gunst und Bevorzugung der
phrodite seine königliche Herrschaft erlangt hat,
'ie Gyges, Gordias u. s. w. Aphrodite erscheint in
em Mythos des Adonis in der vollen Blüthe der ge-
jeiften, aber unberührten Jungfräulichkeit, fähig die
anze Glut und die heftigsten Leidenschaften' der
iiiebe zu empfinden; das Verhältniss zum Adonis ist
iin durchaus keusches, reines und edles, fern von
'‘der Stillung fleischlicher Lust, und die innigste
'räutliche Zärtlichkeit findet zwischen ihnen statt,
aber ist auch dies Verhältniss immer ein Vorbild
’üer Liebesgeschichten geblieben. Aus der Göttin
i^ard eine Nymphe, aus dieser ein Mädchen, und das
, 1 33) Tzetz, z. Lykophr. 829, Favas, Faiavros^ Icli dachte
inmal an des Ad. Namen ’Auus und an ein in y iibergegan-
jmes Digamma des äolischen aviag, doch überlasse ich diese
'■age billig einem Grammatiker. Nach einem semitischen Stamme
|ibe ich umsonst bei den Orientalisten geforscht.
602
Stiikk spielte in bürgerlichen Verhältnissen. Die C(
schichte wurde ein gewöhnliches Liebesmährchen, w
das von Pyramos und Thisbe, von Hero und Leande:
Adonis wurde ein gewöhnliches Liebkosungswort ”
lind Buttmann ‘ * ‘) se/.t hin/.u : und so glaube ich keii
gewagte Hypothese auszusprechen, wenn ich glaub
dass alle unsere Novellen und Romane, sie mögt
mit froher Hochzeit endigen, wie die Geschichte d<
Kydippe, oder mit tragischem Tode, wie die d«
Ktesylla^ ihren ersten Ursprung haben in der uralh
Liebesgeschichte von Aphrodite und Adonis.
Dieser hohe sittliche Bestandtheil der Adoni:
mythe ist ihr durch den phrygischen Einfluss aufK;
pros zugeführt worden. Denn während die Gott
der semitischen Völker, die Astarte, die Unzucht
einem solchen Grade will, dass sie dieselbe von de
ganzen weiblichen Geschlechte als noth wendige B
dingung ihrer Gunst fordert, und ihr Dienst der d
Fleisches ist, so ist im geraden Gegensaze bei d
Kybele und in den Religionsvorstellungen der phr
gisch-lydischen Völker überhaupt die Keuschh«
134) Alkiphron 1, 39. Lukian de merc. cond. Kap..
Ht-tärerigespr. 7, Epigr. des Markos Argent. Gr. Anthol.
24.1. Nr. 15. Julian Epigr. 3, 198, Nr. 13. Aristain. J
Eustath. Erot. Ism. und Ism. 6. 7.
135) lieber d. .Kydippe im Mythologos 2, 14.3.
136) BeimAnchises ist die Verlezung der Zucht nur sehe;
bar. Der Hymnos giebt an, Aphr. habe nur aus dem Grur,
das Beilager mit ihm, welcher schon über die Jugendblüt
hinaus war, gesucht, „weil sie ein Herrschergeschlecht erzeug
wollte.” S. Abschn 4, Anm. 396- Im Allgem. muss man ül
reli„. Begriffe der phiyg. 1yd. Völker Klausen: Aeneas u. <
Peniten Bd. 1 vgl. Vom Kinyras sagen nur die Kirchenschri
Steller die Unzucht aus, weil sie ihn in ihrer pragmatisch
Auffassungsweise für den Begründer der unzüchtigen Mysteri
aiisgeben Vom Ad. giebt es selbst Laktanz 1, 17 zu, d;
603
id die Reinheit der Liebe eine so onerlässliche Be-
ngiing, dass Attis, wie die Sage ansdrikklich her-
irhebt, sich entmannen muss, um ailen Yersuchungen
•s Fleisches desto sicherer widerstehen za können 5
U seinem Beispiel folgen die Priester. Die so strenge
Ölkerscheide zwischen Vorderasien und der söge-
mnten kleinasiatischen Halbinsel ist auch auf das
. stimmteste in dem geistigen Erbtheil beider Völ-
ij rmassen ausgeprägt. So stehen sich denn auf Ky-
i|os zwei Gegensäze gegenüber, welche ihre Mittel-
jnkte in Paphos und Amathus habeai der Dienst
«|r Aphrodite, welcher die Einwirkungen des uozüch-
l;en Dienstes der Astarte erfahren hat, in Paphos,
td die reine und keusche Gottes Verehrung, weiche
<1 rch die phrygischen Bewohner auf Kypros und durch
c3 steten Verbindungen des Landes mit Kleioasien
ijsgebildet ist, in Amathus Beides waren die
ijuTschersize der Kinyraden. Wie die semitische
iittin die Wollust gebietet, so die phrygische die
l'iuschheit. Darum finden wir auch schon bei den
iiten die Zusammenstellung beider Paare, Kybele
i d Attis, und Aphrodite und Adonis, dessen Tod vor
i!r Reife, in der Blüthe erfolgt. Vom Attis werden
ich die Vorstellungen von der Manmveiblichkeit auf
c Liebe ohne fleischlichen Genuss gebliehen sei, weil er schon
a. Jüngling gestorben sei. So fest wurzelte diese Vorstellung.
Siauch Klem. v. Alex. Protr. S. 28 u. Aa.
i 137) Als ein Zug der Sittenreinheit der Göttin v. Amathus
r|ss auch beachtet werden, wie sie sich durch die Unzucht der
Iiitiden, welche von Argos her in Amathus emgefdbrt sind, ver~
l|t fühlt. Ovid. Met. 10. 228.
i — sacris offensa nefandis,
. Ipsa suas urbes, Ophiusaque arva parabat
j Deserere alma Venus; sed quid loca grata, quid urbes
1 Peccavere meae? quod crimen, dixit, in iilis?
604
den Adonis **®) übertragnen sein, obg;leich auch dio
Vorstellung ohne solche Einwirkungen wie beim Di«-'
nysos entstanden sein könnte. Die phrygische Miv
kommt dem Adonis wie dem Attis zu. Wie Attis if ■
die Ausbildung des Adonismythos einwirktOj so bU
auch Adonis nicht ohne Einfluss auf Attis. Nach !'■ t
discher Sage gelangt Attis durch seine Weihen i
einer solchen Ehre, dass Zeus aus Abgunst ihn don <
einen Eber tödten lässt So zieht Adonis st ^
seinen Untergang durch Zorn des Ares oder
Zeus u. s. w. zu. Die Schweine sind derAphrods i
verhasst; nur aus diesem Grunde, meldet die Sa;',
werden die Sauopfer gebracht, als Strafe für a
Vergehen des Ebers. So musste man sich helf, '
um die Sauopfer der Aphrodite als chthonischer Gc- ;
heit mit der Adonismythe in Einklang zu bring , t
Die Phryger dagegen hatten keine Sauopfer eiir 1
chthonischen Göttin zu rechtfertigen, und von ihn :
meldete die Sage, sie enthielten sich der Schweii*
Opfer, weil Attis durch den Eber seinen Tod geh-
den hatte. In mystischer Lehre werden Attis il
Adonis für Frucht und Saamenkorn gefasst tl
Attis, Adonis und Bakchos sind eins '**). Die Trau -
und Freudenfeste des Adonis haben wir nicht wie i
138) Plutarch Erot Kap. 12. ovJ' inrjUs ix nm ß«^-
^smdcu/j.oriag, iSantQ “ATmt nvts xat ’Aämvaloi, äi ■
AQoyüviov xul yvvmxSv noQudtigrai: Ad. heisst in keinem and i
Sinne barbarisch als Attis. Die Orpb. rufen den Ad. an s
XOVQt} Xttl XOQS.
139) Paus an. 7, 17, 5.
140) Jul. Firm, de err. prof. rel. Augustin civ. i
7, 25. Porphyr. 6. Euseb. Praev. so. 3, 11. ^ i
141) Sokrates Kirchengesch. 3, 23. Podloi^
mtomw Idöa«? onmg üv x'w <pQvyMV 'Amv, nv Uoia r?«/ -
vtxTfi iv qyqtiw TÜ.tT7ii, 9tqiintvmai,v' 'iyu di o yQtjcni? lodf
605
•j*n chthonischen Gottheiten getrennt gefiinden, son-
t|rn verbunden wie bei den Festen des Attis. Mur
«B Zeit ist bei beiden verschieden: die Feste des
|tis fielen in den Frühling zur Zeit der Tag- und
]|ichtgleiche, wo die phrygischen Götter nach phry-
jjscher Vorstellung aus ihrem Schlafe erwachten, die
.jilonien aber zu Ende Sommers. Indem wir den
ijrund hievon aufzufinden suchen, kommen wir auf
«jn lezten Bestandtheii der Adonien, den man den
ijisischen oder apollinischen nennen kann, indem sich
s| ihm noch ein anderer Zweig altgriechischen Ma-
tj'kultes gesellte.
j Zu diesem Zwecke müssen wir aber von
<jr Seite des Apollinischen Kultes ausgehen, in
’Arnv iXäaxted-ai B-sop fxiyay &ypw^Äi&pt.v,
Evßwp, okßiodüjQop, imlöxccfiop Jwpvßßp.
’<\uip 6ri ‘Atup TOP ix (4C4Plae iQ&jixtji iamop unoxiipapm,
ri "AdtüPip xut Aiopvgop (Ipm gtjolp. Damaskios Hdschr. b.
Fpuzer Symb. 2, 107. amlxa nQoi to nqSrop t^oßsp xal na^a
ri|' Bfokiyoiij on tict Btot ip vnsQTfQa fiip Tai» t^p l^itp ligvod/dipoi
Ti (ff ii^s diuxößfxov nQuiernfj-iPot, xai i&ortjTa' ohv o ^Amsipr^ee-
Aj«/« xuB^fitPoS mtt dt]fiK)VQyfi to ytmtyriiv. oSms fX^na xat top
“.jwwv ivQiaxofxiP ip änoQQj^rois, ovrat TtoUovff Btovs aa^ ’OQfü
x\ rot? O-fovQyols-
C| p h e u s ÜQoi Movßaiop 40.
Mt^TiQa X dd-apaxoip, “Amp xai Mypa xtxl^ßxm,
Ongapltjp TB Btdp, &tP d" apßQOTop äypop ^Adaptp.
Floklos. Auf Helios 24 ff.
fff xXvTOP vfiptlovät Jtmpvaoio lox^a'
vkijg d" av psdxais tpi ßipBtCiP sviop ’‘Atnp,
dlXot d’ dßQop ^AdoiPtP insvqi^fTteüap äoidal.
V|. Lob. Agl. S. 460 ff. 2, S. 1098. S. oben Note 121. Die
Schmelzung aller Hauptgottheiten, auch des Adonis, späterer
C in eine, s. Epigr. des Auson. 30. Bakchos , Osiris,. Phana-
, Dionysos, Liber, Adonis, üeber 'die Gleichheit der My-
stjien des Attis und Ad. vgl. Lanzi Saggio di lingua Etrusca
2,1;. 226.
7
606
welcher der Gott als Gegner der chthonischen , d
thrakischphry gischen orgiastischen Kulte und als Bi
kärapfer der Flötenmusik auftritt ‘ * ®). Diese ist ih
von Anfang an verhasst, weil in ihr etwas Aufregei
des, eine Wildheit und Düsterkeit lag, welche ihm d
Leidenschaften aufzuregen, den Frieden und die Rul
der Seele zu stören schien. Die orgiastischen Kult
in welchen der Tod alles blühenden Lebens auf :
ergreifende Weise dargestellt wurde, will er verti
gen, jene Kulte, in Avelchen man den Naturgott ha
leidend und zerfleischt, bald siegend und strahlet
erblikkte. Dieser Widerstreit des Apollinischen Kn
tes, welcher das Eigenthum und der Spiegel der (
gentlich hellenischen Zeit ist, mit den in die Myst
rien zurükgedrängten pelasgischen Naturkulten, i
bildlich dargestellt durch den Widerstreit, in welch«!
die Musik des Apollinischen Kultes mit der Flötet
musik geräth, und durch den Kampf des Apollon n
den Repräsentanten der entgegengesezten Gesänge
weise. Der erste und hauptsächlichste Kampf i
gegen den Linos ***) gerichtet. Der Linosgesar
gehörte zu den ältesten Volksliedern der Grieche
und wurde besonders von den Landbauern gern ui
oft gesungen. Der Gegenstand des Gesanges Jiv
ist ein Gott jener Naturreligionen^ in welchen d
Tod des blühenden Naturlebens betrauert wurde; d
Gott ist der Repräsentant jenes Gesanges und il
tödtet Apollon aus Eifersucht über seinen Ruhm t
141a) Otfr. Müller. Dor. 1, 343 ff. 354.
142) Ders. a. a. O. Orchom. S. 293. Proleg. z. My
S. 108. Vor allen Welker über d. Linos, Schulzeitung !«•
Jan. u. Febr. Ambro sch De Lino habe ich aller Bemühung
ungeachtet nicht erhalten können. Bode Gesch. der helh
Dichtkunst 2, 1 S. 77 bis 101.
607
Sesan^e. Der Älythos erzählt: von den Lämmeni
uferzogen , wurde er von den Hundea der Heerde
errissen. Lämmer und Hunde wurden ihm in der
Jluthitze des Sommers geopfert, und die Mittelpunkte
eines Kultes waren Argos Jiod Boiotien. Wegen
lerTödtung der Hunde hiess das Fest icwoyomg
ilie Klagegesänge, mit ■welchen Lioos von den Frauen
Ind Jungfrauen betrauert wurde, waren dieLinodien.
ke Argiver nannten den Monat, in welchen Linos
luter den Lämmern umkam, Arneios. In Argos lag
!r auch begraben. Nach Argiviseher Sage war Li-
os Apollons Sohn nach boiotischer hat er sich
juf dem Helikon mit Apollon in seiner Kunst gemes-
len, und liegt in Theben. Hesiodos nennt den
liinos einen Sohn der Urania welchen die sterb-
chen Sänger und Kitharspieler an Gelagen und in
‘hören beklagen, und Lioos rufen am Anfänge und
!nde. Er war also selbst der Gegenstand des Ge-
anges und das Lied eine Todtenklage. Deshalb
ennt Hesiod das Klagen auch ■d-qtivslv. Der myl hi¬
ebe Sänger Pamphos **’)5 welcher den Athenern
ie ältesten Lieder auf die chthonischen Gottheiten
emacht hatte, nannte schon den Linos Oitolioos, ent-
ianden aus ohoq viivov, Unglfikksiieos , so wie aus
iem Klagerufe oä dl Aivov^ weh, weh Linos, die Be-
lennung Ailiaos für ihn und als 'gewöhnlicher Klage-
i _ _
i 143) Athen. 3, 99.
145) Bei Eustath. 11. S. 1222, 48. Klem. v. Alex. Strom,
S, 330 Sylbiirg. GötÜing. Hes. fragm. 8j 97 u. 98.
146) Nach diesem Vorgänge heisst Aphrod. auch Mutter
3S Adonis.
147) Paus. 9, 29, 3. Neue Sapph. fragm. 128.
608
ruf entstand. Es diente auch dieser Ausruf zur Be-
sseichnung jedes Jammers.
üeber die Verbreitung dieses Zweiges der äl¬
testen griechischen Naturreligion und des mit ihm
iwbundenen Volksliedesj giobt Herodot “*) Auf¬
schluss, indem er sagt: die Aegypter “haben auch ei¬
nen Gesang Linos, welcher in Phönikien und Kypros
und anderswo gesungen wird, nach den Völkern aber
verschiedene Namen hat. Es ist jedoch derselbe, wel¬
chen die Griechen Linos nennen. Woher ihn aber
die Aegypter bekommen haben, darüber bin ich sehr
neugierig. Sie scheinen ihn jedoch immer gesungen
zu haben, und nennen ihn Maneros. lieber den Gang
des Kultes nach Aegypten, welchen Herodot nicht
gesteht zu wissen, erfahren wir das Nähere von an¬
derer Seite Nachdem Apollon den Linos ge-
tödtet hatte, erzählt Pausanias, verbreitete sich die
Trauer um ihn sogar bis in das Land der Barbaren,
so dass auch die Aegypter einen Linos haben, wel¬
chen sie Maneros nennen. Die Geschichte desselben
war hauptsächlich der des Bithynischen Borra os
nachgebildet; daher wird er zum Sohne des ältesteu
Königs des Landes gemacht, wird wie die andern
Sänger Erfinder der Melodie und endlich für den Osi¬
ris erklärt. Er heisst aber auch Pelusios, nicht
nur weil dies Lied in Pelusium zu Hause war,
sondern auch nur allein in dieser Seestadt, weitei
aber nicht verbreitet war, und ist daher unter dem
148) ■ Herodot. 2, 79.
149) ’ Paus. 9, 29, 3.
150) Nymp'his bei Athen. 14, 620.
151) Plutarch Is. und Os. 17.
152) Pollux 4, 10, 76. Klearch b. Hesych- Peius In-i
sei b. Chios. Steph. v. B.
609
Manien des Pelusiotischen Akkerliedes bekannt, weil
:s von den dortigen -Landleuten gesungen wurde.
)ie Verbreitung dahin war aber durch diö griechi-
eben Ansiedler *"*) sehr leicht und brauchte nicht
irst mittelbar von Kypros und Phöoikien ® dorthin
gebracht zu sein, denn das Gebiet von PeluSion hatte
»ereits Psammetich den Joniern aus Dankbarkeit über¬
leben. Aon hier bis zu Herodot lag ein Zeitraum
^ross genug, um den Gegenstand des Gesanges Ma¬
ieros schon längst zum Sohn des ältesten ägyptischen
iönigs gestempelt zu haben, wie die dortigen Grie-
rhen alle ihre Mythen an die ägyptischen knöpften.
Aus dem europäischen Griechenland gehört wahr-
icheinlich Aktaion hierher, w'elcher von seinen eig-
len Hunden zur Sommerzeit zerrissen ward. Den
fod zieht er sich zu, weil er die Artemis im Bade
geschaut hatte, wie Apollons Sohn Erymaothos die
\phrodite, oder sich gerühmt hatte die Göttin imJa-
^en zu übertreffen. Suchen und Klagen war der
lauptsächlichste Bestandtheil auch seiner Verehrung.
Dann gehört unter andern Hyakinthos zu dieser
Aaturreligion, und die ihm geheiligte Blume stand in
Verbindung mit Tod und Unterwelt. Er starb durch
Apollon und seine Feste fielen in die Zeit der läng¬
sten Tage. Nirgends war jedoch dieser Kult so sehr
verbreitet als in Kleinasien ? fast jede Landschaft be-
sass ihn und verehrte den Gott unter einem besondern
153) üeber Argivischen Götterdiensl zuPelusion, s. Achill,
rat. b. 3. Also auch Einfluss aus Argos her, der Heimat des
inos.
154 Aber auf eine Anknüpfung an den Gesang in dortigen
|3egenden weist der Name Palaistinos, welchen auch Maneros
ührte.
II.
39
610
Namen. Besonders muss unter diesen Hy las ”
genannt werden, welcher in den Askanischen See
Bithynien hinabgezogen wurde; er verschwand, (
er dem Telamon und Herakles Wasser bringen sollt
wird indess auch von den Nymphen geraubt, od'
kommt auf der Jagd um, wie Attis, Adonis u. s. ^
Sein Fest fiel in den Sommer, um dieselbe Zeit n
den Hyakinthien, und dann wurde er in Wäldern in
Gebirgen gesucht und gerufen. Ha Hylas nun au(
als Name des Sees und Flusses genannt wurde, e
klärt sich der Gebrauch am natürlichsten als eiuAu;
drukk des Verlangens nach Wasser, während d'
Sommerzeit, ln Prusias buchte man noch zu Str.
hons * ® ®) Zeiten den Hylas unter dem Schalle kl:
gender Lieder, und seinen Namen erklärt Klaust
onomatopoetisch, zusammenhängend mit IXaUj vXaxtfi
welches laut Ilesychios gleich ■d-Qijvstv ist. Um dt
schönen Jüngling Bormos oder Borimos, Sohn c
nes reichen Mannes, klagten die Mariandynisclu
Schnitter zur Flöte, da er verschwunden war, als t
ihnen zu trinken bringen wollte. Die dortigen Jäg
klagen ebenfalls nm den Mariandynos. Den L
tyerses, dessen Name sich einfach aus dem Geb
um Thau erklärt, wieHyagnis vom Regen benaii
ist, rufen die phrygischen Schnitter an, nachdem i
seinen Tod durch Herakles im Mäander erlitten hf
„Der Gesang der Schnitter ist der Ausdrukk ihr;
Sehnsucht nach Erquikkung; weil die Quellen vei]
siegten, schien sich der Genius der blühenden Nati
selbst in die Quellen, in die Erde zurükgezogen 'j
haben.” Die phrygische Flöte ertönte auch bei dfi
155) Klausen Aeneas u. d. Penaten 1, S. 220 ff. Er zie
auch den Daphnis Siziliens hierher.
156) Strabon 12, 564.
ii
arern, und das schwermüüiige Karikon gekörte
>*raselben Kulte, derselben Musik an. Des M ari a n-
ynos Lehrer auf der Flöte ist Hyagnis, Vater
;sMarsyas gewesen. Diese gehören alle demsel-
ni Zweige der Natorreligion an, und büssen alle
if verwandte Weise. Marsyas, der erste und
id hauptsächlichste Tonkünstler, übernimmt den Kampf
it Apollon, fordert ihn heraus und zieht dadurch sem
erderben herbei. Dasselbe geschieht aber auch auf
ypros, und hier wiederholt sich der Mythos vom
inos und der ganze Kampf in einer Vollständigkeit
ie nirgends weiter, lieber die Flötenmnsik, und die
iiryo-isch-lydische Melodie auf Kypros, über den Kl¬
imas, welchen Apollon als einen Sänger liebt,
;s solchen ihn erzeugt hat, als Flötenspieler ihn aber
asst, und sich in einen Kampf mit ihm einlässt, in
' elchem der Kyprier besiegt und getödtet wird,
lauben wir bei seinem Mythos genug gesagt zu
abeu. . , j
Apollon heisst des Kinyras Vater, liebt An und
idtet ihn, ganz wie beim Linos, ersteres beides als
msischen Künstler, lezteres aber als Ausüber einer
lim verhassten Musik. Linos ist der Ausüber der
iusik und zugleich Gegenstand der Klage; auf
liypros ist Adonis Gegenstand der Klage, Kinyras
jer Künstler. Der Name des Kinyras ist oor umge-
liodelt, entweder nach dem phönikischen Kinnor,
Ider richtiger nach dem griechischen xivvgog, xivvqe(t-
invvqoQ, ix,vvQsö&at, in denen der Begriff des
Vimmerns und Klagens liegt, und so schon bei Ho-
I 156a) Find Pyth. 2, 15. u. Sdiol. s. oben S. 94. Klemens
Alex. Homil. 5, 15. Auch hier steht Kinyras mit Zakyn-
|ios, Hyakinthos, Hylas, Admet u. s. w. als Geliebte Apollons
lisammen.
' .19
612
mer vorkommt. Dies ist aber nur der Name deslb
ros, seine eigentliche Kultusbenennung ist Gingra
welches von der Wurzel gri, und dem dadurch bt
zeichneten Naturlaute herkomint. Der Klageruf ui
Gesang waren Gingri und Gingrasmos d
Flöten, eine Art der phrygischen, hiessen Gingr
oder Gingriai. Klage und Gesänge ertönten ni
nach den oben gegebenen Zeugnissen um den Adoni
welcher deshalb den Namen Gin gras führte; ui
der beim Kulte übliche Adonistanz wird ebenfalls ke
anderer als der Gingrastanz gewesen sein. Im Ku
tus fällt also Adonis mit Kinyras völlig zusamme
in der Mythe sind sie aber auf selbstständige Wei
ausgebildet, und Adonis wird des Kinyras und d
Myrrha Sohn , d. h. ein Kind des Weihrauchs ut
der Klagetöne. Die Myrrha ist nur wegen des Wci
rauchs hineingebracht, welcher auf den Altären d
kyprischen Göttin in ungeheuren Massen verbran
^vurde, ist also aus dem Kulte der Aphrodite ei
abstrahirt. Im Mythos vergeht sie sich aphrodisisc
erleidet eine aphrodisische Züchtigung, wird ab
wieder gereinigt und gesühnt. Adonis ist aber
Kultusbeziehung nicht allein völlig eins mit Kinyrf
sondern auch in gänzlicher Uebereinstimmung mit l
nos. Daher liebt auch Apollon den Adonis und tödi
ihn. Auf einem etruskischen Spiegel findet sich neb
Aphrodite und Adonis Apollon und eine Moira, ’/a
Zeichen, dass das Verhängniss, welches über Adoi
und diesem Glükke schwebt, durch Apollon vollfüt
werden wird. Die Moira war auch der Myrrha Mu
tter. Wie fast alle thrakischen Sänger, selbst 0
pheus, Söhne des Apollon heissen, so auch Kinyr
157) Vgl. S, 110 ff. PiyyQl reduplixirtes y^l.
613
tid Adonis. Für alle diese Verhältnisse des Adonis zum
pollon wäre aber gar kein Grund, wenn nicht Adonis
ji der engsten Beziehung auf jenen Kult undjeneMu-
;k stände, wenn Adonis nicht Gingras wäre. Daher
iin man auf die falsche Ableitung seines Namens
)n ßd®, so viel als ipdlXm. Seine andern Beziehun-
3n treten hier zuruk, wo Adonis lediglich als ju-
,indlicher Naturgott gefasst wird, welchen man um
• e Zeit der Sommergluth beklagt, wann die Erde
iistirbt, und dessen Feier mit Flöten begleitet wurde,
deshalb fielen seine Feste auch etwas früher als die
jßisten übrigen Trauerfeste der chilionischen Gott-
1 iten, und nur die Koreieo fielen schon io diese Zeit,
.jch wird Adonis ins Wasser gefallen gedacht, wie
lionysos und die phrygisch-lydischen Dämonen.
Sappho, welche nach Pausanias Bemerkung den
.lonis aus des alten athenischen Sängers Painphos
ledern kennen gelernt hatte, stellte den Oitoiinos
lit dem Adonis zusammen und Dioskorides führt
i' seiner Grabschrift auf Adonis die Sängerin ein,
’!ic sie, zugleich mit Aphrodite des Kinyras jungen
Ibross beweinend, im heiligen Hain der Seeligen
'landelt. Auf einem Sarkophage bläst ein Eros ne¬
in dem todten Adonis den Gingras. Bions Gesang
j'f den Tod des Adonis scheint den Klageliedern des
ljultiis nachgebildet zu sein. Wie beim Linosgesange
I den wir hier immer bei jedem Muhepunkt des Ge-
( nkens die Wiederkehr des Atisdrukkes ai al %6v'"Adm-
weh, weh dem Adonis. Schon das Gedicht be-
jiinet:
' Alci^oo Tov ^Aduiviv' äntaXsto xaXog 'ASmvtg
'liXsTO xaXog ’Adoavig^ inatd^ovGiv '"Eqmtsg.
^iich diese Worte wiederholen sich beständig. Man
158) Pausa n 9, 29, 3.
614
muss das Gedieht aber ganz. lesen, am denselb
Eindrakk zu erfahren, welcher ans von den Luiosg
sängen beschrieben wird, und in den nachgebildet
Linodien noch vorkommt. Besonders auffallend trt
feil sich in Argos Linos und Adonis zusammen, l
viel EinOass auch sonst noch einerseits Thebeu u
anderseits die kleinasiatischen Länder aufKyprosai
übten, so müssen wir doch die grosse Uebereiasti!
luiiiig zwischen den Mythen ties Linos und Adoi
dem Einflüsse von Argos und dem dortigen Nah
kalte welcher in einer Beziehung wenigstens gross
als alle andern war, zuschreiben. Bei den viel
Formen des dortigen Naturkultes konnten auch At
nis und Linos neben einander stehen. Endlich we
lierodot den Linos auf Kypros zu erkennen glau
so kann dies kein anderer sein als der Adonisgesai
Dieser hiess Adoniasmos ein Ebern
wird der Gingrasmos erklärt, und beide sinddasseü
Lied. Nichts anders war auch bei den Mariandym»
der Adonimaoides Adonisgesang, wie Ae
ntasmos^ und dieser wird ausdrükklich wieder t
dem Borimos der Mariandyner, mit Lityerses und di
Manerös verglichen. Daher fand in Bithynien aU
159] Hesych. 0 In» EbeJ
Etym. M. und wo sonst die Adonislieder erwähnt werden.
160) Pollux 4, 7. y.al BojQifios Maqm-
vmv ucixa, m? At’ymTioyv Marsqm? r.ccl AaviQ^Sr,?
Lityerses ein Sohn des Midas, wie Adonis des Kinyras. fidfr'«
h niQi nk cikuis xal r'o QiqoS inl Mid'uv nctqa/xvMa. 'Ad.-
lucioidis ist eine einfache Zusammensezung aus und
Adonisgesang , mit euphonisch eingeschaltetem u. Daher fu«
diesen Namen das Lied wol nicht blos bei den Manandyn t
sondern er scheint mir gewöhnlicher gewesen und hier vie e ^
nur zufällig von Pollux bei den Mariandyneru angewandt zu s j-
Hemsterh. liest aber bei Pollux, o dl aduu ifictoidös- H.
615
ie Verehrung des Adonis so leichten Eingang, indem
hm dort so nah verwandte Elemente entgegeoka-
aen. Merkwürdiger Weise vertauschen inBithynien
nd den benachbarten Ländern Ares und Adonis ihre
dollen, denn yres soll es eigentlich gewesen sein,
ivelchen die Bewohner durch Weihen und Klagen
erehrten, er aber nur mit dem Namen des Adonis
nd anderer verehrt sein. Vielleicht wurde hierdurch
ie besondere Auffassung des Ares in jenen Ländern
erbeigeführt. Vater der Amazonen von der Aphro-
,ite konnte er freilich als blosser Gemal der
kphrodite nach Aufnahme der semitischen Hierodulen
V erden, indem die Sage von den Amazonen sich durch
liese ausbildete, und sich selbst bis nach Paphos er-
trekkte Wie dort im Norden Kleinasiens, fia-
!en wir auch im Süden in Karien am Latmos den
msammengesezteren und bedeutungsvolleren Kult des
idonis als chthonischer Gottheit neben jenem einfa-
heren des Linos und seiner Sippen, welche auf Ky-
,ros verschmolzen waren. Unter den europäischen
"’ormen kommen noch Hyakinthos und Narkissos in
■ine merkwürdige Verbindung mit Adonis, indem es
on Achilleus, in seiner Vorstellung als eines alten
Wiechischen Barden; heisst, er habe seine Zeitgenos-
l'en, den Hyakinthos, Narkissos und auch den Adonis
liesungen i, •
t Es ist schon wiederholt von Andern nachgewie-
|;en worden, dass die Adonisiieder, welche bei den
Ißl'i S. Aphr. Abschn. 5, Anm. 91, und im Ad. Arnn. 17.
162) Gesch. V. K. Thl. 1, S. 124. Schol. II. 3, 189. Völ¬
ker Rb. Mus. 1, S. 203. Nonnos 35, 160. 43, 350 ff. Klau-
I en a a O. 1, S. 87. Lukias Ueb. d. Tanz. 21, 135.
r 163)’ Philo str. Heroika. Achill, ps (Achilleus) tok %-
lahvi z'op^dxip^oy xm rhv Ndqxmop, xal si n ‘äSMgs.
616
Alten -d-Qijpoi heissen, einen Theil der ältesten grie
chischen Volksdichtung ansmachen, und namentlic
eine Todtenklage aussprechen. Weniger Klarhei
herrscht aber über eine andere Gattung Adonisliedei
welche Adoriidia heissen, und unter den Gal
tungen der Dithyramben aufgezählt werden, namenl
lieh aber wie ein Adonislied zu einem Lakedämoni
sehen MarschUede werden konnte Unter de;
Lakonen müssen die Vorstellungen vom Adonis seh
frühe und tiefe Wurzeln gefasst, die Ausbildun'
derselben aber zwei verschiedene Wege genommei
haben. Hätten sie ihn nicht als hohen Gott verehr!
sie würden ihn vielleicht nicht x'i,Qi,g genannt habec
Dann wird noch eine andere Art Lieder Ado na
ria angeführt, und endlich gab es noch eineji
Hymnos auf Adonis *®’).
So, glaube ich, findet das Verhältniss Apollon
zu Adonis in allen Auffassungen eine genügende Er
klärung. Eng hängt aber damit zusammen, wenn dii
Musen ihn beklagen, was in Adonis Eigenschaf
als eines Gottes des Gesanges geschieht, und wie
derum, wenn sie es sind, welche ihn verfolgen um
tödten, so bekämpfen sie als Apollons Dienerinnen ii
164) Proklos b. Phot. Hbl. Kod. 239. S. 320. Bekk
‘‘AJ'mMta df Myirai m tls "Admpi’p uva(fsqöfuva.
165) Hesych. Adiävi.ov: to naga tok Adxaßiv ailtjd-sp Imßa
Ttj^top. onsQ vßTtQop naQa Amß'ms mpo/4«(s9-t}. Vgl. Korais z
Heliod. 5, 16, S. 193. Otfr. Müll. Dor. 2, 334.
166) Prokop. Epist. 37, S. 262. 'ASrnvaqtamnipa? d^QV&ixa
a dm qilov xahlv. H. Steph.
167) Proklos a. a. O. S. 380. xul tls rovS 9-iove äpafi-
Qidd-at v/^POP iTQoSmSmp, nuiapu, dtS-v^afißoP , vofiov,
''Eupst. '‘Apimyqäqm nvos Cramer Anekd. 3, 139. rtg de ^ fxthxi
noltjdig, xal dg nöm M^qrftai, xal nola ^iv njg fiihx^g tlg &iovgdpa-
qfQiTKi, xat Uytmi vfipog ‘Aimpiiog.
617
liüi die Flöteninusik, wie beim Thamyris o. s.'w. Als
in Beispiel der Verwandtschaft dieses Gottes mit
ieser Musik kann man auch aiiführen, dass ein phry-
i:ischer Flötenspieler in Griechenland Adon liiess
ikrtemis tödtet den Adonis wol nicht bloss alseinen
itebenbuhler in der Jagd^ denn dass er gerade dieser
leschäftigung nachgeht , ist unwesentlich, sondern
ielleicht ebenlalls in apollinischer Begehung. Unter
en Heroen ist aber keiner so eng mit dem apoliini-
chen Kulte verbunden als Herakles; seiner Thaten
oneres Motiv ist der Apollonkult und er vollführt sie
n Namen des Gottes. Wenn also Herakles gegen
en Adonis kämpft ‘®®)5 so thut er dies aus keinem
ndern Grunde, als weil er Vollstrekker des Willens
Lpollons, und Feind der chthoaischen und orgiasti-
chen Kulte ist. Deshalb tödtet er den Linos, Kiny
as u. a. m. Zu Dion * ’ *) in Makedonien hatte wahr-
cheinlich Adonis eine sichere Stätte durch den dortigen
usgebreiteten chthonischee Kult. Man erzählte, He¬
iakies sei einmal nach Dion gekommen, und da er
ins einem Heiligthume Viele heraiiskommeo sehen,
(0 wollte er auch hioeiogehen und seine Andacht
l’errrichten , fragte aber, wessen lleiligthum es sei.
|)a er erfuhr, dass es des Adonis sei, habe er voll
IJnvvillen ausgenifen, das sei kein Heiligthum, einen
mlcben Gott gäbe es nicht. Daher sei der Aus-
I -
I 168) Alkman b. Athen. 14, 624.
109) Schol. z, 11. 24, 33. .. wf «» mi uymy l^om
“jtdiavtv.
170) Schol. z. Theokr. 5, 21. und dort Kleandros
Klearchos) ncqi nccQoiftiay. OiMtf ttQÖv. Hesych. mit. OMip Isqöv
indSuidasZenob. 5, 47. Apostol. Diogenian in Anm. 18.
’hotios. ‘HQuyl^? tlmv Mmv loapov, us töSp evi^yt~
tlGÜvTOip Toos (xp&Qämvs fAwoy wf'nkövKäP, nftäß&m' ^ on oi xaiaffu-^
■/övTia tis avTo cJo'Ao* ddtiap ovx et/®»'.
618
f
!
sprach des Herakles Uqov zu einem Sprfich
wort für eine unnüze, werthlose Sache geworden.
Adonis steht aber noch in einer andern Bezie
hung zum Apollon. Als Aphropite in ihrem Schmerzi
trostlos umherirrte, und den Adonis suchte, fand si'
ihn in ApoHons Tempel zu Argos auf Kypros wie
der Dieser führte sie zu dem Leukadischei
Felsen, und befahl ihr von demselben sich herabzu
stürzen. Nachdem sie diess g'ethan, genas sie voi
der Liebe. So kommen wir zu der Vermuthung, dass
an den Adonien auch Apollinische Sühne *”) für di(
von Schmerz Beladenen und in Liebesverstörung Be
fangenen geübt worden sei. Apollons Geschäft ist e:
detT Frieden des Gemüthes wieder herzustellen, um
er lässt auch den Menschen von der Liebe genesen
Durch ihn w'ird nun Aphrodite der Liebe los un(
nach ihr alle Sterblichen, welche von jenem Felsei
sprangen. Dass es gerade Argos ist, wo Aphrodit
den Adonis im Apollontempel wieder findet, ungeach
tet auf dem Vg. Phnirion auf Kypros ein berühmtere
Sühnkult des Apollon stattfand, erinnert an das Zu
saramentreffen der Kulte des Apollon and Adonis i:
der Heimath des kyprischen Ortes, dem peloponnesi
sehen Argos, und daher mögen auch dort solche Rei¬
nigungen vorgenommen sein.
Hiernach ist klar, dass die Adonien dem altgrie
chtschen Naturkulte angehören, w elcher in hellenische
Zeit in vielen Sippen den Mysterien verblieb, und ii|
welchen der jugendliche Gott des Naturlebens stirb
und wieder ins Leben zurükkelirt. Den vorgefunde
nen Namen haben die kyprischen Griechen, wie mai,
171) Ptolem. Heph. Kod. 190.
172) Vgl. Aphr. Abschn. 4, S», 268.
icht umhin kann anzunehmen 5 auf diesen Gott üher«
ragen, an welchem aber sonst ebenso wenig etwas
■fremdartiges als an dem Kinyras, dem Heros des
^andes, ist. Mit diesem Kulte war die orgiastische
rlötenmusik der griechischen Voikspoesie verbunden,
!nd daher tritt Apollon gegen dieselbe auf, Von den
mtsprechenden Dämonen ist Adonis aber darin unter-
chieden, dass er in einem Liebesverhältniss zur Göt-
in steht, welches dem des Attis und der Kybele nach-
j;ebildet ist. Dadurch erhält dieser Kult noch einen
>'anz eigenthümlichen ßestandtheil ^ und dies ist die
i'pezieU kyprische Gestaltung des Kultus und Mythos,
lerbeigeführt durch die verschiedenen Volksbestaiid-
;heile, welche auf Kypros zusammentrafen, nämlich
der verschiedenen griechischen Stämme uodderphry-
gisch-lydischen Völker, deren geistiges Eigenthum in
1er Geschichte und Religion von Kypros uns so oft
segegnet ist. In jeder Natiirreligion kommt das Lei-
ien eines Gsottes vor; in der nordischen Mythologie
ist es Baldur. Aber durch den Tod eines Gottes,
welcher als Jüngling stirbt, bevor er Mann gewor¬
den, aus dem Leben im Vollgemisse seines Glükkes
!o-erissen wird, entsteht ein Bruch im menschlichen
iLeben, ein Widerspruch mit den Gesezeii der Natur,
•welcher das Gemüth zu ungemessener Klage stimmt,
lindem er auf Erden seine Ausgleichung nicht findet,
und den Schmerz nur die Iloühutig auf ein neues
Lehen beschwichtigt
' Nachdem alles vorliegt, was über diesen Gegen-
istand überliefert ist, muss noch ein Wort über die
•Ansicht hinzugefügt werden, dass der Adonis asiati¬
schen Ursprungs, und zwar den semitischen Völkern
173) Hegel. Phüos. d. Gesch. S. 200.
620
ang'ehörig sei. Man frage sich doch nur wenigstens,
ob sein Kult mit semitischen Religionsbegrilfen über¬
einstimmt. Es kommt dabei auf das Wesen,. nicht au(
Namen und Aeusserlichkeiten an. Wie der Kult uns
vorliegt, ist er einer der vielen und mannigfaltigen
chthonischen Kulte Crieclienlands, welcher seine Aus¬
bildung in einer der Kolonien erfahren hat. Demge¬
mäss sind auch alle Mythen, indem sie durchaus aut
griechischem Boden, in griechischer Umgebung ste¬
hen, und das Verhältniss, in welchem Aphrodite zum
Adonis steht, läuft den semitischen Vorstellungen
schnurstrakks entgegen ; man weise doch nur ein ähn¬
liches Band bei jenen Gottheiten nach! Es kann daher
auch nicht Byblos der Ursprungsort des Adonis sein,
davon zu geschweigen, dass nur der kleinste Theil
der Mythen dahin passt. Wie sollte auch diese Stadt
dazu kommen einen so ganz fremdartigen Kult aus-
zubilderi, seine Nazionalität so ganz zu verleugnen?
Aus keiner Zeit ist auch nur die geringste Spur vor¬
handen , dass die hauptsächlichsten Kultusörter jener
Gegend den Adonis verehrt hätten; wir finden ihn
weder in Tyros, noch 8idon, noch zu Askalon, von
dem man doch sonst die semitischen Tempel des
Westens herleitete. Auch in den Kolonien, nament¬
lich in Karthago, ist nichts zu entdekken, was darauf
schliessen Hesse. Bei Karthago ist aber noch dies
zu beachten, dass der dortige Kult unmittelbar von
dem zu Kypros hergeleitet wurde, aber dass der Dienst
des Adonis mit weggeführt sei, hören wir nicht. Al¬
les dies sind sehr auffallende Erscheinungen, welche
nicht übergangen werden dürfen. Byblos aber ist
eine Stadt, weiche theils frühere, theils stärkere, und
später in weit grösserem Maasse als die andern phö-
nikischen Städte Einflüsse vom Westen her empfing.
621
n Folge der phrygisch-lydischen Einwirkungen musste
Iskalon sich einen lydischen Gründer Askalos gefal-
en lassen und Byblos wurde von einem Heros Mile¬
os und der ionischen 8tadt hergeleitet, nahm aber
jiuch von anderer Seite den Dienst der Isis und des
)siris auf. Bei der frühen Verwischung und Ver-
älschung des Volksthümlicheo in Byblos ist es auch
löglich, dass der Adonis schon sehr früh dort Ein-
;ang gefunden hat, und dass er von hier aus sich
reiter verbreitete. Im ganzen Asien wird der Ado-
is erst von Schriftstellern genannt, welche die Spi¬
eren hellenistischen Zeiten behandeln, nicht eininal
ie nächsten nach Alexander. Nach Antiochien war
r bereits bei der Gründung von Kypros herüberge-
ihrt, also um 300 v, Chr., und der dortige Kult, so
i'ie die Herrschaft der Seleuziden, that dem Adonis
iir seine spätere Verbreitung nach dem Osten gewiss
grossen Vorschub, und in der alten Hauptstadt Ba-
jylon treffen wir ihn wieder, wenn .auch nur erst
iach sehr späten Zeugnissen Nach Babylon
lusste aber selbst Apollon wandern. Mit ausdrükk-
174) Lam prid. Heliog. 7. Omnia fecit, quae Galli facere
Slent. Salambonem etiam omni planctu et jactatione Syriaci
lultiis exhibuit. Man zieht auch Baruch 6, 31 hierher. He-
lych. SuXafxßüi: naqa BaßuXmylmS, Etymol. M. Sa-
\(fißa?, 4 daifj.(OP naq« ro asl nsQift^iaO-m xal tp &«lm drat, X€U
ft TK^UqyjTai, &q^povgcc xov “AJ'ojptp. lieber die Deutungen des
Jamens s. Aphr. Abschn. 5, Note 21. Sollte aber d. griechische
Ibltg., welche das Etym. angiebt, von cr«te Trauer^ Sorge, nicht
'ie richtige sein? Man denke nur daran, welcher Zeit dies Wort
|ngehört. SaXatCoi ist gleich 9Qt}Puv , ealdüs/uös die Wehklage.
^'(ddfißt] hat freilich eine andere Bdtg. — In Elymaia , AiMan
hiersesch 12, 25., ein Tempel des Ad. mit gezähmten LÖM en;
lein von andern wird ’Apuhidos für ’Ad'mpuf&s gelesen ; weil
lin. dort einen T. der Anaitis nennt.
622
lieber Nennung wird uns Adonis für diese Gegendei
zwar nur noch in Palmyra ’’=) angeführt; dieVer
'ehrung muss aber doch noch allgemeiner gewese
sein, denn sonst hätte Makrobius wol nicht so zuver
sichtlich behaupten können, Assyrien sei Adonis Va
terland. Indess ist Makrobius in diesen Dingen kci
Gewährsmann, und Assyrien wird oft auch nur bi
Syrien gebraucht Zur Zeit der grössten Aus
dehnung der persischen Herrschaft, namentlich durc
Artaxerxes, war eine Vereinigung und Vermischuti;
aller Religionen der unterworfenen Völker durclige
führt: eine neuere und grössere Religionsmengen
tritt aber erst mit Alexander ein, sowol in Lurop
als in Asien. Das eigentliche religiöse, innerlich
Leben ist aber erstorben, und an dessen Stelle tiete
Politik, Aberglaube, Philosophie, Mystik und Priester
betrug und alle Gottheiten verschwinden in ein tni
bes allgemeines Grau, aus dem die Einheit derGoti
heiten abgezogen wurde, namentlich als es darai
ankam das Heidenthum gegen die Christen zu vei
theidigen. Da verschwamm auch Adonis mit dem Os
ris. Aber in dieser Zeit kann keine Gottheit meh
einzeln behandelt werden, sondern die ganze Myth-
logie nur als ein Ganzes. Die philosophischen Schrif
steiler haben dann aber noch den Werth, dass s
philosophische Deutungen, wenn auch keine religiöst
geben, indem sie die Mythen für ihre Systeme benuze
Aus kleinen Anfängen und provinzieller Bedeutun
gelangte oft ein Dämon zu grosser Geltung.
175) Flavius Vopiscus im Aurelian.
176) Lukian üeb. d. Tanz. 58. xai ocrai, Ix yvvcaxwv
iyii'ovTo, tiv Kcavia\Uy(ü, xol jlvTH^tolav xalnkTOioinvi. x
iv d« Mv^üttv, xat to "Jcal'Qwv Ixüpo mi'&og /usQiiofim
Verbindung und Ausdrukk haben etwas AufTallendes.
623
j Schon vor der Zeit der eigentlichen Theokrasie
j'erden einzelne griechische und verwandte phry-
jisch-lydische religiöse Vorslelhingen zu den semiti-
i hen Völkern übertragen, wie ein omgekehrtes Ver-
hren stattfand. Es soll hier nicht von den griechi-
';hen Kulten in Aegypten u. s. w. die Rede sein,
'indem nur von den Folgen des Adoniskultes in
yblos, und von der Verbreitung der phrygischen
löte und Kultusrausik überhaupt in Jene Länder. Bei
3r Rüge über die Abgötterei und den Gözendienst
3r Juden sagt der Prophet Ezechiel dass die
rauen vor dem Tempel gesessen und den Tham-
uz beweint hätten. Ohne Weiteres erklären die
usleger diesen Gott für den Adonis. Wer sind aber
,re Gewährsmänner dafür? Niemand als die Kir-
lenväter. Diese können aber nur dann eine Stimme
aben, wenn sie eine einfache Thatsache berichten;
n Urtheil in Mythen und fremden Religionen abzu-
eben ist aber keine Klasse alter Schriftsteller un-
higer als sie. Wir wissen hier weiter nichts, als
ass ein Gott betrauert wurde. Das ist aber noch
icht hinreichend, um ihn nun für den Adonis zu er-
177) Ezechiel 8, 14. Hitzig z. les. Kap. 27, 9. Kyrill
Hoseam 48. 'xitl &Qrjvov6as rop os ißnv ‘El-
piy.^ (fojv^. So auch Hieronymos u. erzählt dann die ganze
»schichte v. Ad. Prokop. Gaz. z. Jes. 18. Theodoret.
hron. Pasch. S. (131) 243 Bonn. Ausg. Chr o n. Al e x. S. 130.
Iner schreibt es immer dem andern nach. Miln t er Relig. d.
iibyl. S. 27. sagt : Ad. würde auch in den Religionssdiriften
r Sabier genannt und zit. Norbergi Onomasticon S. 145. In
i r Ztschr. f. histor. Theologie, v. lügen Bd. 7. S. 88. 11.5. 1837.
3ht eine Abhdlg. v. Ferd. Chr. Baur; der Prophet Jonas
a assyr. Babyl. Symbol; worin er zu beweisen sucht, die Gesch.
js Jonas sei dem Adonismythos nachgebildet. Ich w'eiss nicht,
I es Beifall findet
624
klären, denn Trauerfeste kommen in allen Religioni
vor, und hier wissen wir nicht einmal, ob Freudei
feste damit verbunden waren. Zu beachten ist dab(
dass die Septuaginta den Gott noch nicht durch Ad
nis, sondern Tamuz übersezt, wohl aber dieVulgat
Nun ist es allerdings möglich, dass hier der Adoni
-kult zu Grunde lag, wenn es auch nur ein Bruchstül
desselben gewesen sein sollte ; dass schon zu Ezechie
Zeit von Byblos her derselbe sich einen Weg bis s
den Juden gebahnt habe, und der Name wäre dai
Byblischen Ursprungs, aber mit Gewissheit wage ii
dies nicht auszusprechen. Mystische Wünsche gen'
gen mir nicht, und in keiner Wissenschaft bietet si
leichter das dar, was man wünscht, als in der M
thologie. Corsini a. a. 0. leugnet die Gleichheit d
Thamuz und des kyprisch attischen Adonis gleichfal
nur scheinen seine Gründe nicht hinzureichen, den
worauf er seine Zweifel stüzt, die Zeit derFestfek
war wahrscheinlich nicht verschieden. Die eigei
liehe Verbreitung des Adonis geschah auch hier ei
in späteren Zeiten. Auf der Stelle, welche man
Konstantins Zeiten fälschlich für das heilige Grab n
Golgatha hielt, standen seit Hadrians Wiederaufbauu
von Jerusalem die Bildsäulen und Tempel der Aphr
dite und des Adonis und Zeus. Von der Kaisei
Helena aber ward diese Stelle von den Gözenteinpe
gereinigt ”*)• Hieronymus Zeit war d
Thal, die Gärten der Könige geheissen, am Fus
des Moria, am Ouell Siloe, wieder zum Hain d'
Aphrodite- und Adonisdienstes geworden, und d*
178) Hierüber Ritter Geogr. Iste Auflage 2, 417. zit|t
Theodoret. 1, 18. Aber b. S o z ome uos 2, 1 ist es nur i
T, der Aphrodite. Vgl. Abschn. 5. ISote 8a.
625
1
i|imiiielplaz des Volkes zu Fest und Gelag-en *^®).
Ijcht blos in Jerusaleiü, auch zu Bethleera und an
fdern Orten wurde Adonis gefeiert *®®).
Die Kirchenväter sagen zum Theil * * *), der Tha-
tiz sei aus Aegypten gekommen und der Sohn
liaraos gewesen. Theils denkt man dabei an den
B|ineros, theils spukt hier der Osiris. Dieser wurde
iijder That mit Adonis, wenn auch nur nach mysti-
sjier Theokrasie, verschmolzen In Alexan-
d|en soll es zuerst geschehen sein, wie es sich auch
n)ht anders erwarten lässt; und Jag gewiss im In-
tiesse der Ptolemäer, war aber um diese Zeit ein
Ichtes. Bei Kypros Abhängigkeit von Alexandrien,
179) R it t e r a. a. O. Hieron. com. z. Jes, 32. z. Malach. 10.
180) Ritter a. a. O. Hieron. Epist. ad Paul. 564. Beth-
!e|n in specu ubi quondam Christus parvulus vagiit, Veneris
aiisius plangebatur. Dessen Werke 4, 664.
181) Kyrill a. a. O. Philastrios de Haeres. Kap. 23.
182) Benfey u. Sternüeb, einige Monatsnamen d. alten
ker, leiten d. Wort aus dem Persischen, und nehmen di©
P'sische Todtenklage beim Thamuz an. Aber Bournouf bei
V te. Lettre ä M. le Prof. Ed. Gerhard S. 37 zweifelt an der
Ribtigkeit der Zendabltg. u. meint, es sei semitischen, wenn
aijli nicht mehr eines bekannten Stammes.
j 183) S ui das Jtaypoi/uay und ‘H^cc'ttixos aus Damaskos nach
X'ter; ovTü) ddyyoi to d^QtiToP äyaX^a tov Ampog vno rou d-sov
xc\y6/utPop, o AXt^ctPcf^üs hi^nidav ^Odi^iv ovra , secet “Idifüipip dfiou
zt]' fivßnxtjp Q-toxqaelap, A i o n j hauptsächlich der orph. Gott,
splte in d. Aberglauben der Jahrhunderte, als die Mysterien
d«| Mithras blühten, bei d. Orphikern und Neuplatonikern des
31 1 u. 4ten Jahrh. nach Chr., eine grosse Rolle. Zoega Abhdig.
S.|i88. Weiter geht noch folg. Ausspruch der Orphiker (Lob.
Ai S. 461).
(/Qcc^so TOP ndyrmp vnccTOP &(op ’ldm
yilfxan fxtp t ’AtiStjp, Jla r duQos uqyofiipmo.
’HiXiop df fXiTonwQov d’ aßQOP “Adoinp.
V* Note 124.
IL 40
/
626
wurde auch Adonis zu Amathus zu einem Osir
Adonis und die Aphrodite zu Soli auf Kypros
einer Isis Aphrodite. Dieselbe Vermischung fa
zu Byblos statt. DennLukian sagt ***): einige Mä
ner, welche er gesprochen, hätten auch gemeint, nii
dem Adonis, sondern dem Osiris gehöre dies Hcili
thum. Daher sagt auch Stephanos v. B., den Adoi
Osiris, welcher ein Aegypter ist, haben sich die K
prier und Phöniker angeeignet. In Aegypten find
wir weiter keine Adonistempel , ausser vielleicht
Kanopos '®’)-
Anhang.
Die Adonisbilder.
Bei einem Mythos, welcher wie Adonis einer •'
beliebtesten Gegenstände der Dichter war, muss e;
verhältnissmässige sehr geringe Benuzung von Sei i
der bildenden Kunst auffallen. Doch mögen die Grüi J
dafür, wenn es nicht zufälligen Umständen zuziischi-
ben ist, schwer aufzufinden sein. Die hieratiscii
Bilder machen die Hauptsache aus. Eine kurze Üeb •
sicht über sieben Darstellungen hat schon Welker ’ )
nach Zoega mitgetheilt, und diese zu vervollstär*
gen ist hier unsere Absicht.
184) Luk. Syr. Gött. 9. Plut Is. u. Os. 15. ff. Frei r
in Demeter u. Persephone sagt: das Suchen der Isis nacH.
Osiris und ihre Einkehr in Byhlos sei blos von griech. Exeg n
der griech. Mythe v. d. Kora nachgebildet.
185) Steph. V. B. u. BoQV(sS^tv>i?: xaviüTÜxri?, o '“ASuiviSi:«
naq&tvim. Indessen lässt sich aus dieser abgerissenen Nachnt
nicht viel folgern.
186) In den Annalen des archäolog. Instit. Bd. 6. S. 1-
627 .
1. Skalptnr-
Adonisstatuen. Viskonti hat zoerst eine
I iher für Narkissos gehaltene Statue für einen Ado-
ijs erklärt. Allein es ist kein Grund vorhanden, diese
^kkte, ohne alle besondere Kennzeichen dastehende
jjhöne Jünglingsgestalt für einen Adonis zu halten.
Jbreits Gerhard ^®®) hat die Unwahrscheinlichkeit die-
jjr Annahme dargethan, weil die Bewegung weder
ft' einen Verwundeten spricht, noch die Wunde durch
tjn Einschnitt des Marmor gesichert ist und zieht da-
Ijr die frühere Benennung vor. Eine zweite schöne
^atue *®®) ist Visconti geneigt ebenfalls Adonis zu
nennen. Doch auch diese scheint nicht minder zwei¬
haft als jene. „Der Körper der Statue, sagt Vis-
nti, ist weniger schlank als Apollons und weniger
jich als des Bakchos, die Binde, weiche das Haar
Ut, passt für einen kyprischen Königssohn. Eine
gwisse Kräftigkeit j welche Stärke mit Schönheit
jart, so wie eine anmuthige Neigung des Kopfes
aiichnen ihn aus.“ Allein diese Kennzeichen reichen
ij^ht hin, zumal der Kopf aufgesezt ist, das rechte
H in und der Schenkel neu sind. Es wird aber über-
l'upt schwer halten, eine schöne Jünglingsgestalt
c'ne Bezeichnung der Wunde, vor andern ähnlichen,
X )ollon, Eros, Narkissos, selbst Endymion, Ganyme-
t;s und A. zu erkennen.
H - - — - —
1 187) Visconti Opere Bd. 2 S. 195 ff. taf. 31.
i 188) Beschreibung v. Rom Bd, 2 S. 172, Uebrigens ist
d Kopf in einem Marmor des Berliner Museums Nr, 87 wie-
dlholt.
I 189) Visconti a. a, O, Taf. 32. Mus. Franc, ,3^ 3. Bouillon
212. Vgl. Gerhard Beschr. v. Rom. 2, 201. Otfr. Müller
d. Archäol. Abschn. v. EroSj hält ihn für einen Eros.
40 ^
628
Zahlreicher sind dagegen die Reliefs.
1. Ein Sarkophag in der Villa Pamfili vonau
gezeichneter Arbeit.
2. Ein Sarkophag im Garten Ros pigliosi. Bei
ohne nähere Angabe bei Welker a. a. 0.
Abschied und Tod des Adonis :
3. Ein Sarkophagfragment aus der Villa Bo-
ghese. a) Ad. nimmt Abschied von Aphr., wobei d i
andere Figuren zugegen sind, wahrscheinlich dies -
ben, welche sich in dieser Szene bei Clarac find(
nebst Eros und dem Hunde, h) Ad. befindet s i
allein und ist auf die Erde gefallen.
4) Ein Sarkophag aus der Galleria Giusi-
niani. tom. 2 Nr. 116. Aphr. ruht auf einem schön
Sessel, und eine Taube auf der Lehne sizend schmbt
sich an sie. Zu ihrer Rechten steht ein Eros, d*
seinen Köcher mit den Pfeilen neben sie gestellt h.
Zwischen beiden befindet sich ein Hahn; vor d*
Göttin Ad. im Begriff auf die Jagd zu reiten und •
schied von ihr nehmend. Mit der einen Hand ht
er den einen Zügel des Pferdes, den andern hat »
Diener gefasst, zu dessen Füssen ein Paar Hur 5
springen. Zwischen Ad. u. Aphr. steht etwas h •
terwärts ein alter bärtiger Mann, welchen ich für 1 1
Kinyras halte. In den Mythen kommt er zwar so t
nicht weiter vor, als dass er sein Vater heisst, alli
es giebt in ihnen auch keinen anderen, auf den si
diese Figur beziehen Hesse. Wirtreffen ihn hier air
noch einige Male. Hinter der Aphr. steht eine d*
nende weibliche Person und damit ist diese Sz<s
abgeschlossen, wie auch äusserlich dadurch angedc
tet ist, indem der am meisten rechts stehende DieiT
des Ad. sich an einen Baum anlehnt, von dem ee
Trennung der Figuren ausgeht. Wie sich in diesa
629
1 Ide zur Liuken Alles auf den Abschied des Ad,
lohtet, so bezieht sich in der andern Szene Alles
iif seinen Tod. In der Mitte des Ganzen liegt er
rkkt und verwundet auf der Erde; mit dem obern
l'irper wird er aufrecht gehalten, seine Arme hangen
shlafF auf die Erde herab und sein Kopf ist auf die
l'ust gesunken; er hat ganz das Ansehen eines Hiu-
Eirbenden. Zwei Eroten sind im Begriff ihn zu um-
lllen. Links etwas hinterwärts vom Ad. rennt ein
(jfährte mit hochgehobenem Schwerte auf den von
dr rechten Seite anspringenden Eber los. Zugleich
l^mmt auch schon von rechts her ein anderer mit
^hild und gezükktem Schwert, um es dem Eber
s twärts in den Nakken zu stossen. Ein Hund springt
a, um ihn in die Kehle zu greifen, ein zweiter pakkt
ili am Leibe. In der Mitte des Bildes im Hinter-
linde hält ein Diener das scheu sich bäumende Pferd
^5 Ad., und links steht wieder der alte Mann, Ki-
nras. Er steht betrübt und trokknet sich die Äu¬
gln, Zwei Szenen sind hier eigentlich verbunden:
E;r Angriff des Ebers und der Tod des Ad. Das
Ginze ist höchst lebendig und schön aosgeführt. Doch
u rkwürdiger Weise, während sich Alles in der höch¬
st Thätigkeit und Spannung befindet, steht ganz
a der rechten Seite in ruhigster Gelassenheit ein
E jner, seinen Spiess auf die Erde gestellt, als wenn
ei zum Zusehen da wäre.
>) Ein Sarkophag aus der Villa Giustiniahi.
s: Welker a. a. 0. a) wie im Bilde bei Clarac.
b Ad. mit seinem Pferde und einem Jagdgefährteii.
ciAd. Tod durch den Eber. Jäger umgeben ihn.
ii) Ein Sarkophag aus der Galleria Lapida-
ril zu Belvedere a) Aphr. sizt bekleidet vor
* 190) Ed. Gerhard Beschr. v. Rom. 2 S, 32.
630
ihrem Geliekten, den sie vor der Jagd zu warm
scheint und Eros dabei, b) Ad. im Begriff auf d
Jagd zu gehen, c) Ad. vom Eber getödtet.
7) Ein Sarkophag aus dem Casino Bospigliof
s. Welker a. a. O. a) Ad. und Aphr. auf eim
ThroUj umgeben von Eroten und einem Alten, J
nyras, nebst einem Jäger, b) Ad. steht vor seini
Pferde im Begriff auf die Jagd zu gehen, beglei
von Kinyras und einem Jäger. Hinter dem von Et
ten geführten Pferde folgt Aphr., die Hand ausstre
kend zum Abschied, c) Ad. fällt auf die Erde v
einem Eber verwundet, welcher aus seiner Hol
rennt, Jäger und Hunde, d) Ad. verwundet her£
gesprungen, wird von einer Frau getröstet j ein Ma
verbindet ihn. e) Ad. sizt ohnmächtig auf ein i
Stein, Aphr. steht liebkosend bei ihm, Eroten weiti
zu seinen Füssen. Hinter Aphr. befindet sich e ;
Frau.
8) Bei Clarac im Louvre pl. 116 Nr. 426 m
Bouillon: Musee des Antiques. tom. 3 pl. 19.11 •
ker a. a. 0. unsere Auffassung weicht sehr von C •
rac S. 364 ab.
a) Ad. nimmt Abschied von Aphr. Zwei b-
ter ihm stehende Männer betrachten aufmerksam )
Trennung: ein dritter weint, hinter welchem ein alr
Mann vorschaut, wahrscheinlich Kinyras, wie soi,
wo er vorkommt, b) Ad. liegt auf der Erde und ; ■
gen ihn anspringt der Eber. Hinter ihm stehen ci
Bewaffnete, von denen zwei einen runden Cegenst ii
in der Hand halten. Einen Stein, mit dem sie 'H
Eber werfen wollen? c) Aphr. sizt klagend in eii u
Sessel und zur Seite befindet sich ein Eros. Vor .r
steht ein junger Mann, welcher durch seine Steliig
und Bewegung mit der Hand, gleich wie sie du b
631
e Theilnahme, welche sie ihm za beweisen scheint,
rind ffiebt, dass er mit ihr von dem Unglükk spricht,
elleicht ihr die Botschaft bringt. Ein anderer steht
r zur rechten Seite und stüzt seine Rechte aaf einen
ikränzten Altar.
j9) Aus dem Museo Chiaramonti.
er a. a. 0. , «
Man sieht einen Eber in der Mitte der Szene.
d verwundet und verbunden sizt leidend auf einem
eisen. Aphr. hat die Rechte gegen ihn ausgestrekkt,
in ihn noch einmal zu umarmen.
10) Aus dem Museo Chiaramonti Nr. 453.
eschrbg. v= Rom. 2 S. 67.
Ein nakkt dasizender junger Mann mit verbue-
enem Schenkel wird von einem hinter ihm stehen«
en bärtigen Manne, Kinyras, nnterstüzt, welcher von
ewaltigem Schmerz ergriffen, die rechte Hand und
en Kopf zum Himmel erhebt. Hinter ihm ist zwi-
chen einem Eichbaum und der Ekke der Platte im
iintergrunde ein Vorhang aufgehängt. Vor dem Al-
en, zur Seite des Verwundeten, und sich etwas über
iesen herüberneigend, steht eine Fiau, um wec e
ler Verwundete seinen rechten Arm geschlungen ha .
Bit seiner Linken, von dem in der Mitte ein Stukk
ehlt, stüzt er sich auf die Erde. Sein Gesicht ist
knz unkenntlich. Von der weiblichen Figur fehlen
iiände und Kopf.^ An der linken Seite des ^erw»«“
leten liegt ein Eros gleichsam wie todt oder ^oeh m
hnmacht hingestrekkt. Seine Extremitäten fehlen
lienfalis. — Es ist eine Szene, wo Aphr. und Kmy-
IS dem Verwundeten hüifreiche Hand leisten.^
U) Aus dem Mus. Chiaramonti Nri,4j>ö. Ger-
ard. a. a. 0. S. 61.
Dies Sarkophag enthalt in zwei Szenen, cu
s
632
Tod des Ad. und die Trauer derAphr., welche bei
durch eine dritte getrennt sind, die den Kampf ein
Ebers mit einem Hunde darstellt, und über demselb
die Inschrift enthält. Zur Linken des Beschauers b
findet sich ein sizender Mann, welcher von einem hi
ter ihm stehenden, als wäre er in Ohnmacht gesu
ken, unter die Arme gegriffen wird. Er ist nakl*
nur über dem linken vorgestrekkten Arme hängt (
Gewand; von diesem Arme fehlt die Hand. V(
rechten fehlt sie ebenfalls und zwar bis zum Ellnb
gen. Ingleichen fehlt der Kopf und der rechte Sehe
kel ist durchbrochen. Zur Rechten des Beschaue
sizt eine bekleidete Frau ohne Kopf und rechten An
eie scheint ebenfalls in Ohnmacht gesunken und hie
sich rükklings über. Eine hinter ihr stehende Di
nerin hält sie und eine beflügelte Figur, wahrschei
lieh ein Eros, hat sich mittrauernd auf ihr Knie g
stüzt. Zwischen diesen beiden Gruppen zurRechb
und Linken wird ein Hund von einem Eber gepakk
lieber demselben hängt eine Tafel mit der Inschri
D. M.
A. C. A. E. CILIO
ANIC. ETO. LIB
BENEMERITO. A. CAECILIÜS.
PHASION FECIT.
12) Ein Sarkophag von merkwürdiger und eigei
thümlicher Auffassung,
Ein Jüngling von edler Bildung liegt inderMiti
der Szene in halb aufrechter Stellung vor uns. De
rechten Arm hat er über den Kopf geschlagen, wät
rend er ihn mit dem linken leicht stüzt. Der rechl
Fuss liegt über dem andern. Ein langes Gewaii
bedekkt den unteren Theil des Körpers, und ziel
sich, den obern Theil unverhüllt lassend, an den Sei
633
en bis an die Arme hinauf. Eine Wunde kann man
licht erkennen und er könnte eben so gut in tiefen
Schlaf verfallen sein, wenn nicht seine Umgebungen
iiuf ein beklagenswerthes Ereigniss hindeuteten. Zehn
Eroten umgeben ihn in sinnreichen und anmathigen
(Stellungen. Links aus einer niedrigen Grotte springt
Iiin Panther, nur dem vorderen Theii nach sichtbar,
Ulf ein mit Aepfeln gefülltes Gefäss zu. Ein Korb
luf gleiche Weise gefüllt steht neben der Grotte,
lechts vom Gefässe und diesem den Eükken kehrend
kommt ein Eros mit beiden Händen einen andern
j*'ruchtkorb aufzuheben im Begriff. Auf der Grotte
leibst steht ein mit einer Chlamys bekleideter Eros,
Ivelcher zwei Flöten bläst, eine gebogene und eine
j;erade; neben ihm schwebt ein anderer Eros mit
liner Leier, und noch weiter rechts von ihm, eben-
alls wie jene beiden auf den Adonis zufliegend, ein
iros, welcher einen Kranz in den Händen hält. Auch
wischen den beiden ersten Eroten über der Grotte
teht ein Fruchtkorb, so wie oberhalb der Füsse des
lidonis. Ueber diesem selbst schwebt ein Eros mit
jiner Fakkel in der Rechten, und mit der andern
iland berührt er den über den Kopf geschlagenen
irm des Ad. gleichsam als wenn er ihm ins Gesicht
Chanen wollte. Ein Eros mit einer brennenden Fak-
lel schwebt ebenfalls von der rechten Seite her über
em Haupte des Jünglings und berührt mit der Lin¬
ien die Hand des Ad. Weiter rechts erblikkt man
or einem Pinienbaum an einem brennenden Altar auf
iinem Felsen sizend einen jungen Eros, welcher in der
kecbten einen Gegenstand zum Opfern, vielleiclit
linen Pinienapfel, über dem Altäre hält. Unterhalb
ind zwei Eroten um einen Fruchtkorb beschäftigt,
men im Rükken, links in der Nähe des Ad. drükkt
634
ein auf einem Felsen sizender Eros den Tod dei
Hauptperson aus, indem sein Haupt auf die Recht«
gestüxt, und diese wieder auf dem erhobenen rechtet
Fusse ruhend, den Ausdrukk der Ruhe des Schlafes
bezeichnet. Links am äussersten Ende des Bildes
hängt ein Köcher am Pinienbaum, welcher ohne Zwei¬
fel dem entschlummerten göttlichen Jäger gehört
dessen Todesschlaf den Gegenstand dieses Bildwer
kes ausmacht. — Wenn wir hier und auf mehrerei
andern Bildwerken den Adonis zu Pferde und au
die Jagd reitend finden, so ist dies keine griechi
sehe Vorstellung mehr. Apollon und Pan ziehen aucl
auf die Jagd, aber nicht reitend 5 wie man überhaup
die Götter schwerlich je zu Pferde sehen wird, woh
aber die Sterblichen. Adonis ist daher in solche);
Vorstellungen bereits zu einem Heros erniedrigt, uiii
nähert sich namentlich sehr dem Hippolytos, dessei
Bilder mit der Phaidra früher häufig auf Adonis uni
Aphrodite gedeutet wurden *®‘). Aber diese Vor
19t) Auch das Relief ausGuattaiii Monum. ined. tav. 21.
1 805 kann für keinen Ad. u. Aphr. gelten. Aphr. sizt auf einei
scliönen gepolsterten Ruhesessel, nakkt und das linke Bein het
iinterhangend, während das rechte untergeschlagen ist. Indei
sie auf diese Weise sich mehr auf die linke Seite, halb in hol
kender Stellung, hinüber neigt, mit dem linken Arm sich hii
terwärts stüzt, sizt auf ihrem rechten Schenkel ein Eros , ui:
befestigt ein Band oder eine Kette, welche unter den link«
Arm durchgezogen ist, auf der rechten Schulter. Vor ihr ui
in vorgebogener Stellung steht ein nakkter junger Mann, hint'
dessen Rükken nur ein leichtes Gewand flattert. 3Iit dem lii|
ken Fusse kniet er ebenfalls auf dem Polster, und eine gleici
Kette wie Aphr. ist ihm um den Körper geschlungen , dessi
eines Ende ein zur Seite des Sessels sizender Eros hält. U
verkennbar ist der junge Mann im Begriff die Göttin zu uma
men. Schon dies würde gegen einen Adonis sprechen, so vi
der Helm neben dem Sessel. Entschiedene Kennzeichen fehlcl
635
tellung: des Ad. ist wol vorzogsweise eine römisclie,
idem sie uns an den Tross und Aufwand der rönii-*
eben Grossen erinnert,
Vo diese fehlen, ist es überhaupt schwer, den Adonis vor so
ielen ähnlichen zu erkennen, und eine blosse Szene der Zärt-
iohkeit kann einen Ad. haben vorstellen sollen, ohne dass wir
■s ahnen. Sollte hier vielleicht, da das Beilager unverkennbar
5t, ein jugendlicher Ares gemeint sein? vgl. Mus, Borbon. voL 1
av. 18. — Thiers ch brachte eine Thongruppe mit aus Grie-
■henland, heschr. im Progr. Ludovico primo — grataiatur Univers,
Uonac. 1835, Nr, 5, auf der wir eine männliche und eine weib-
iche Figur sehen, diese sizend, jene neben dieser stehend, un¬
gefähr von derselben Grösse, welche jene im Sizen hat. Ein
veites schleierartiges Gewand ist über den unteren Theil des
:iörpers geschlagen, lässt aber Leib und Brust unverhüllt. Von
lintea her hat sie es über den Kopf gezogen und mit derrech-
;en Hand breitet sie es in einer höchst anmuthigen Haltung
■eitwärts weit aus auf eine Weise, wie man sonst wol zierliche
w eibliche Haltungen, namentlich der Aphr , findet. Der neben
ihr stehende Knabe hat sich auf ihre Schultern gelehnt. Die
vordere Seite ist unverhüllt und nur über seine Schultern fällt
der Peplos seitwärts herab. Thiersch hat diese schöne Gruppe
für Aphr. ii. Ad. erklärt Aber von der heiteren Fröhlichkeit
findet sich hier keine Spur , indem beide voll trauriger Weh-
muth, in tiefes Nachdenken versunken scheinen. An den Ab¬
schied auf die Jagd könnte gedacht werden, wenn Andeutungen
für diese Beschäftigung da wären. Weil aber die weibliche
Figur ganz einer Aphr. entspricht, so müsste man sich nach
einem andern Liebling der Göttin umsehen, und es könnte Phae-
'thon, ihr Liebling, Tempelwart und Opferknabe sein, nur fcMeii
aus seinem Mythos die Beziehungen auf eine so wmhmüthigc
Szene. Indess war er durchaus dem Ad. nachgebildet, und die
Verbergung des Ph, durch .4phr. in den Lattich deutpn auch bei
ihm auf Verfolgung und Verlust Das Bild ist hier noch sehr
knabenhaft, so dass man deshalb schon fast einen Ad. bezwei¬
feln müsste, und an Anchises, welcher schon über die Jugend-
blüthe hinaus war, . ist gar nicht zu denken. Vgl. Phaethoji
Note 16.
Ö36
2. Gemmen.
Die Gemmen sind grösstentheils zweifelhaft, weil
sie, den Ad. in der Regel bloss als Jäger vorstellend.
so viele Deutungen zulassen.
Tassie. Catalogue raisonne de pierres gravöes
n. s. w.
Nr. 2170. bis 2173. Jäger, welche zweifelhaft mi(
Endymion sind.
Nr. 6481, ein Onyx. Ad. stüzt sich anmuthig mit sei¬
nem' linken Arm auf einen Pfahl. Er führt einen
Spiess und zu seinen Füssen befindet sich ein Hund.
Nr. 6483 — 85. Karneole mit einfachen Jägervorstel¬
lungen.
Nr. 6486 — 88. Ad. geht mit einem Speer und einem
Hund an der Leine auf die Jagd. Auf der zwei¬
ten sieht man ihn an einem Felsen ruhen und den
Hund zu seinen Füssen sizen.
Nr. 6495. Ein Karneol. Ad. hat in der Rechten einen
Spiess, mit dem linken Elinbogen lehnt er sich auf
einen Baumstamm, auf welchen ein Eros klettert,
der seinen Köcher über dem unglükklichen Jäger
hält. Zu seinen Füssen befindet sich ein Hund.
Nr. 6500. Ad. sizt auf einem Felsen und wird von
Eroten geliebkost, von denen zwei auf seine Schul¬
tern klettern.
Nr. 6501, Aphr. umarmt den Adonis.
Nr. 6502. Aphr. und Ad. auf der Erde im Freien,
und Eros schiesst einen Pfeil auf sie ab.
Nr. 6503. Tod des Ad., beweint von Aphr. und den
Eroten. Eine ländliche Szene.
Millins Mythologische Gallerie Nr. 170 Taf. 49.;
Ad. auf einem Felsen sizeud, verwundet} in seinem
637
linken Arm steht ein Spiessj aur Rechten ein Hiind.
Aphrodite etwas höher sizend, schlingt ihren rech¬
ten Arm um ihn.
.jippert. Daktyliothek. Nr. 293 ff, Aphrod. umfasst
den Ad. und küsst ihn. — Beide halten sich zärt¬
lich umschlungen. Die Göttin mit einem zarten
Gewände bedekkt, hält noch den herumflatternden
Theil desselben oben mit der einen Hand, und wen¬
det ihr Gesicht von ihm weg, indess sein Blikk
sie sehnsuchtsvoll sucht.
Zweifelhafte Gemmen könnte man noch mehr ae-
ühren; allein damit wäre nichts gewonnen, und wir
iahen hier vielleicht schon zu viel gegeben, da man-
:he von diesen, namentlich die blossen Jäger vorstel-
ungen, auch auf Endymion u. s. w. gehen können.
'Diejenigen, auf welchen ein Schweinskopf zur Seite
ibgebildet ist, möchten alle dem Meleager gehören;
;o auch diejenigen, auf welcher ein Held sieh als Be¬
weger des Ebers errathen lässt.
3. Etruskische Spiegelzeicimungen.
i 1 . L a n z i : Saggio di lingua Etrusca tom. 2 S. 226. ff.
l’nghirami Mon. Etr. 1, 263 ff.
i Dies Bild besteht aus drei Figuren, von denen
ilie mittlere, eine weibliche, als Hauptfigur die hei¬
klen andern um sich gruppirt hat. Den Kopf hat sie
isanft nach der rechten Seite gebogen, die Füsse ver-
ichränkt^ und ruht auf dem rechten, indem sie sich
'luf die ihr zur Linken seitwärts hinter ihr stehende
]'igur, welche beflügelt ist, lehnt. Das Haar ist lose
In einen Scheitel gestrichen, und der Chiton mit hal-
len Aermeln vom Halse bis an die Ellobogen zuge-
iinöpft. Das Oberkleid fällt von der linken Schulter
1
G3S
lim die rechte Hüfte hemm und bedekkt den untern
Tlieil des Körpers bis an die Knöchel. Im rechter
vorgestrekkten Arm hält sie einen Zweig, den sit
der zur Linken sizenden Figur zu reichen scheint
Diese ist nakkt bis auf das leichte Gewand, welchem
sie um die Hüften bis an das Knie gewunden hat
Das linke Bein ist zurükgestellt. Dass es ein jungei
Mann ist, und keine Frau, scheint mir unverkennbar
Das Haar ist einfach an die Seite herumgestrichen,
Das Gesicht ist gegen die mittlere stehende Figur
hinaufgerichtet. ln der Linken hält er einen Stab,
und mit der Rechten scheint er die ausgestrekktt
Hand der weiblichen Figur leicht zu berühren. Zwi¬
schen beiden hängt eine mystische Kiste. Zu beider
Seiten derselben stehen die Namen Turan undAtu-
nis5 jener nach der weiblichen mittleren Figur zu,
dieser nach dem Jüngling zu. Turan ist ein etrus¬
kischer Name für Aphrodite 5 Atunis wird Adonis sein
Hinter dem Rükken des Adonis stehen die Buchsta¬
ben DVM, von der Rechten zur Linken.
Die zur rechten Seite beflügelte Figur halte ich
für einen Eros. Hinter dem Rükken desselben an
Rande des Bildes steht von der Rechten zur Linker
VASASrrMICA, (Lasa Sitmica?}^ welche Work
vielleicht eine Familienbeziehung haben, wie dies of-
ter auf Grabinschriften vorkommt.
2) Aus der Sammlung von Durand Nr. 1913 **’)
192) S. Witte: Lettre ä M. le Prof. Ed. Gerhard sm
quelques miroirs etrusques. Extract des nouvelles annalespiibl
par la section frangaise de l’institut Archeologique. — Das Va
senbild aus der Dürandschen Sammlung Nr. 115 güt wol mil|
Unrecht für einen Adonis. Denn neben einem nakkten die Aphr
umarmenden Adonis einen Satyr mit einer Nymphe in einer un¬
anständigen Lage zw finden^, dabei einen Bakchos und einen Si-
len, welcher jene Gruppe mit Wohlbehagen betrachtet, scheint|
639
Zur Rechten sizt Ad. und hat die Aphrodite auf
dem Schooss, den linken Arm um ihren Hals «-e-^
schlangen. Sie sehen sich beide an, er ernst, in An-
schaun versunken und sie fast anslierend. Aphr. da¬
gegen thut schalkhaft freundlich. Mit der Rechten
hat er ihre Linke gefasst. Zwischen deU Häuptern
beider steht Turan, von der Rechten zur Linken, und
Atunis, von der Linken zur Hechten. Die Göttin^ hat
einen leichten Chiton an, welcher sich um die linke
Schulter und den halben Arm erstrekkt. Die rechte
Seite und die Brust scheint entblösst Der Peplos
reicht ihr bis an die Knöchel; der linke Fuss ist
eingezogen und zurükgeslellt, das Haupt lait einem
Diadem versehen. Ad. ist nakkt, ein Mantel verhüllt
nur seine Knie, und eine Myrtenkrone befindet sich
auf seinem Haupt. Ein Myrtenzweig zieht sich an
der Seite einer jeden Figur hinauf. Neben dem des
Ad. befindet sich noch ein Vogel, vielleicht ein lynx,
denn die Annahme einer Taube verbietet seine Ge-
jsalt. Den ganzen Spiegel umgiebt ein Epheukranz.
I 3) Zur Rechten des Beschauers '®®) befindet sich
iAphr. auf einem Sessel, unter welchem eine mysti-
jsche Kiste steht. Sie ist ganz bekleidet; den linken
iArm hat sie auf die Seite des Sessels leicht gestüzt,
lauf dem Haupte ein Diadem, den rechten Arm etwas
ivor und in die Höhe gestrekkt, zwischen den Fin¬
gern hält sie an den äussersten Flügelspizea eine
' mir sehr wenig auf die dem Adonismythos zu Grunde liegende
1 Vorstellung zu passen. Doch könnte man schwerlich auf einen
. andern Gefährten der Göttin rathen, mit welchem sie auf einem
I mit Schwänen bespannten Wagen einherfährt ; aber man wird
I das ganze Bild anders benennen müssen-, vielleicht Liber und
1 Liber a.
i 193) Die drei folgenden bisher unveröffentlichten Bilder
I sind nach Zeichnungen beschrieben, -welche Gerhard besizt
640
flatternde Taube, welche mit den Füssen die ausge-
strekkte Hand eines vor ihr stehenden Ad. zu errei¬
chen sucht. Dieser Ad. steht in gebükkter Stellung,
den linken Fuss zurükgezogen, und den linken Arm,
mit dem er sich stüzt, hat er zwischen die Kniee der
Aphr. gestellt, so dass dadurch das darüber gedekkte
Gewand straff angezogen wird. Den Kopf hat er
ganz in denNakken zurükgeworfen, und schaut, wie
sie, die flatternde Taube an. Er ist nakkt und be¬
flügelt, welches Zweifel gegen ihn erregen könnte,
allein die Erklärung wird durch den hinter seinem
Rükken stehenden, von der Rechten zur Linken ge¬
schriebenen Namen ATVNEM gesichert. Zwischen
beiden Figuren steht eine Myrte, welche an seinem
vorgestrekkten rechten Fusse aufsprosst. Hinter der
Aphr. steht ein Name, welcher noch der Enträthse-
lung bedarf: TIFANATI.
4) Eine sizende Aphr. bis an die Kniee bekleidet.
Auf der Rükklehne des Sessels sizt eine Taube; auf
dem Haupte hat die Göttin ein Diadem. In den vor-
gestrekkten Armen hält sie einen nakkten Knaben,
welchen sie mit Wohlgefallen betrachtet. Mit der
linken Hand hat sie sein rechtes Bein gefasst, und
das andere schlägt er wieder über ihren Arm. Mit
der rechten Hand fasst sie ihn unter die linke Schul¬
ter. Eine Scheibe, Spiegel, oder Schaale sieht man
in seiner Hand. — Es könnte möglicher Weise ein
Eros sein, da kein Name dabei steht. Aber es scheint
gcrathener, das Kindlein Adonis hier anzunehmen,
welches Aphr. in mystischer Kiste der Persephone
zum Verwahrsam übergab. Eine mystische Beziehung
verbürgt auch die Schaale oder der Spiegel, und die
Beflflgelung kann nach dem vorigen Bilde kein Hin¬
derniss mehr sein.
641
5) Der Spiegel enthält vier Figuren. Die beiden
i der Mitte stehenden sind Aphr. und Ad. Sie ist
i ein doppeltes Gewand gehüllt und umschlingt mit
im rechten Arm den Ad., welcher bis unter die Brust
I tblösst ist. Seinen linken Arm schlingt er um ih-
in rechten und diesen schmiegt er an ihre Brost.
1 der linken Hand , die sie nach hinten umgedreht
It, so dass die Fläche oben ist, hält sie zwischen
ivei Fingern einen runden Gegenstand, der für einen
t-anatapfel gelten mag. Sie scheint ihn einer neben
iir sizenden Figur zu zeigen, oder ihn dem Adonis
1 herzend verbergen zu wollen. Die neben ihr si-
:j!ode weibliche Figur, bekleidet und mit einem Hals-
li;nde versehen, hat man für eine Moira zu erken-
denn in der einen Hand hält sie einen Griffel,
L der andern einen länglich runden Gegenstand, den
!an ohne Bedenken für das Tintenfass der Lachesis
darf. Die von der Rechten zur Linken ge**
ihriebene Inschrift heisst: SNEN^©. Ihr gegen-
jer zur Seite des Ad. sizt eine andere Figur, deren
ewand um die Hüften und die linke Schulter ge-
ihlagen ist. Mit der Linken hält sie eine Leier,
nd giebt sich als Apollon Moiragetes kund. Diese
eiden zu den Seiten stehenden Figuren sehen zu
.enen in der Mitte und in Liebkosungen begriffenen
jinauf. Hinter ihnen zeigen sich ein Paar Schwäne,
feber dem zur linken Seite und zugleich über dem
iopfe der dort befindlichen Figur steht von der Rech-
jsn zur Linken rYLOlSß. Zu den Füssen sieht
|ian ein Paar Fische. — Es ist dies ein Bild, auf
velchem der Tod des Ad. und die Störung seines
Liebesglükkes durch Apollon angedeutet ist; die Moira
kündigt das Verhängniss an.
642
T
Hieran reihen wir einige andere Gemälde it
Adonisvorstellungen.
6) Ein Wandgemälde zu Pompeji. Mus. Borbo
vol. 4 taf. 17.
Auf einem Felsen findet man Aphr. sizend ui
mit einem Nimbus versehen. Ad. liegt am link«
Bein verbunden, rükklings übergesunken auf ihre
Schoosse und hat zwei Speere in der Linken. Hi
ter ihm zur Rechten sieht man Eros, ebenfalls n
zwei Speeren, und links am Boden sizt ein zweit
Eros auch mit zwei Speeren. Diesem gegenüber ;
den Füssen des Ad. liegt ein Hund.
7) Ein gleiches daher. Bulletini des archäol. Inst
1833. S. 142.
Apollon mit Ad. ohne nähere Angabe.
8) Ein drittes zu Pompeji im J. 1836 entdekkt
Aphrodite und Adonis. Ad. ist verwundet. Vi
Eroten sind um ihn versammelt; ein Eros legt de
Ad. eine Binde um die Wunde; ein anderer bad
einen Schwamm in einer Vase. Die Figuren sii
kolossal, ungefähr neun Palmen hoch. Das gan:
Gemälde ist sehr schön komponirt, gezeichnet ui
gemalt. Das Bild scheint von demselben Künstl
herzurühren, welcher das bekannte Bild des Herakl
und Tclephos in Herkulanum gemalt hat.
9) Stakkelberg. Gräber der Hellenen: Taf. i
Nr. 5. *®«).
194) Eia Wandgemälde schon bei Plautus erwähnt s. A
merkimg 76.
195) S. Berl. Baude u. Spenersche Ztg. 1836. 11. Nov.
196) S. Gerhard. Hall. AU. Lit Ztg. Ergänzgsbl. Se)^
S. 594. Stakkelberg bezieht noch ein anderes Bild auf den Ad
nis, ein Hochzeitsbild, welches eine korbflechtende Aphr. d£
stellt, wobei ein Flügelknabe hilft : Kästchen und heilige Bind
bei den umgebenden Frauen. Gerhard bezweifelt aber diel
I
643
I Ein Bild einer schiffenden Aphr. Eaploia von acht
[riechischer Lebensfrische dorchdrongen. Auf einem
'aiim angedeuteten Siz, dessen schwellendes Segel
e lenkt, von zwei Tauben umflattert, denen eine ge¬
iigelte Götterbotin Alke oder Iris voraoeilt, scheint
'ie Liebesgöttin den Göttern zugewandt zu sein,
j'ährend ihr Geliebter, vermuthlich Adonis, am Ufer
jrükbleibt.
10) Endlich erwähnt Welker a. a. O. auch noch
iner Mosaikarbeit, welche eine Adonisvorstei hing
hthalte, ohne dabei von besonderem Werthe zu sein.
SZEBEXTTISB. ABSCHNITT.
Phaethon.
j Hesiodos sang bereits von Aphrodite als Herr-
pherin von Kypros, sang von Adonis, kennt aber
[ich noch einen andern Liebling der Göttin, den
{eutung; Jenes Flechtwerk wird auf die Einspeming des Ad.,
le von den umstehenden Frauen gehaltenen Kästchen werden
if Gebräuche der Adonien bezogen. Jedoch hat eine solche
Lziehung auf die Adonisfeste im sonstigen Vorrath zahlreicher
liechischer und grossgriechischer Hochzeitsvasea bisher keine
bstätigung gefunden. — Bei solchen Bildern, dünkt mich, muss
|an darauf achten, dass die Tändelei mit dem geliebten Jüng-
ige Ad. eine andere als die mit dem Knaben Eros sein wird,
le Einsperrung des Ad. in einen Käficht ■würde unpassend sein.
De Witte a. a. O. will beweisen, dass das Spiegelbild des
|itikan Ann. des archäoL Institut- 8 S. 282 ff , welches Bimsen
!|r einen von den Musen überwundenen Thamyris erklärt hat,
i]ch ein Adonis sei, indem in dem Namen Thamu nicht Tha-
ii,^ris sondern Thamuz angedeutet sei. Aber, um des Himmels
'dien! ■wie sollte Thamuz nach Etrurien kommen! anderer Un-
ijiublichkeiten und Unmöglichkeiten in dieser Abhdlg. gar nicht
gedenken.
41*
614
Phaethon ’), welchen sie als Kind geraubt, un
zum Tempel wart erkoren hatte. Kinen solchen Ten
pelwart und Opferknaben von zarter Jugendblütl
und reizender «estalt haben wir im Kinyras und Am;
rakos kennen lernen 0, «»d es kann nicht bezwe
feit werden, dass Phaethon in eben dieser Eigenscbs
nach Kypros gehörte. Zum Geschäftskreise desse
ben muss wie beim Kinyras auch das Wahrsagen
gehört haben. Woher Aphrodite ihn raubte, erfahn
wir nicht. Aber zu Samothrake stand Phaethon d
Aphrodite und Pothos in einem Kabirischen Dreive
ein *), und wird nach Kypros als Opferknabe \e
sezt, wie der römische Kamillus dem samothrakisch
1) Hesiod. Theogon. 972 ff.
Eos gebar dem Tithonos den erzgerüsteten Metnnon,
König der Aethiopen, Emathion auch, den Gebieter,
Auch dem Kephalos brachte sie dar den edelen Sprössling
Phaethon, mächtiger Kraft, Unsterblichen ähnlich an Bildung.
Dieser da zart in der Blüthe der üppigen Jugend er aufvuclv
Ward als tändelndes Kind von der hold anlächelnden Kypris
Weg im Schwünge gerafft, und im Heüigthume der Tempel
Zum nachtfeiernden Hüter bestellt, ein göttlicher Dämon.
Ueber Phaethons Schönheit Lucian nsgl ux6»(ay 2. Ploion .
hier heisst er ein Thier und wird mit Hyakinthos und Hy las
sammengestellt. Eos Liebe z. Tithonos s. auch bei Ho.
Hymn. auf Aphr. 219. Eos liebt den Kephalos, Kleitos und Dt ■
nos Demeter den Jasion, Aphrodite den Anchises und Ado ,
so vergleicht Athen. 13, 566. So auch Herakleitos nsgi o-
ormr in’ Gale Opusc. Myth. S. 79.
2) S. Abschn. 2 Anm. 3. 82 ff. 56 ff
3) Schol. Hes. Theog. 991. yi^o7^dl,o^^ w/to»'; rourföti»',
k{(9p(üc(P. ’AgxlloxoS df ygdqu: fj.lxwV oiov ivw fxvx^
nQ0(f'€tiP0PTa Trj Kiingm {Kmgidi,). “AUtag: vvnnQivöv. r« ?
’A(fQod'lT>ig fivoT^giu wxtfgivd. So machte Demeter den S. -
minischen Heros Kychreus zu ihrem Diener in Eleusis, wieA} ■
den Phaethon.
4) Plinius 36, 4, 7.
645
liadmilos entspricht. Dort wird er nun aber ÄUgleich
IQ die mythische Herrscher familie eingeordnet. Nach
'iesiodos gebiert Eos vom Tithonos den Meranoa und
limathion, vom Kephalos aber den Phaethon. Nach
i er attischen Genealogie aber hatten Herse und Her¬
nes einen Sohn Kephalos =), welchen Eos aus Liebe
ach Syrien entführte, wie Aphrodite den Phaethon
ach Kypros, und Eos gebar von ihm den Tithonos.
Heser zeugt den Phaethon, dessen Sohn Astynoos
/ar der Vater des Sandakos. Der leztere kam aus
lyrien nach Kilikien, gründete Kelenderis und zeugte
lit der Pharnake den Kinyras. Die attischen Kolo-
isten führten den Stammbaum der Ahnherrn Attikas,
Ind das Geschlecht des Kekrops nach Kypros. In
ies Geschlecht wird Phaethon, ein Lichtgeiims zu den
ttischenLichtkindern eingefügt, und Kmyras wird
in Spross des Kekrops. So kommen ausser lezterem
Ls, Kephalos, Tithonos, Phaethon, und nach der he-
liodischen Genealogie : Eos, Tithonos, Memnon, Ema-
liion, Kephalos, Phaethon, nach Kypros; jene in den
'itammhaum der kyprischen Ahnherrn, diese nur in
l)serer Verhindung, mit Ausnahme der Eos und des
“haethon, welche auch dort stehen.
1 Auf Kypros ist von diesen attischen Lichtkindern,
lelche, wie auch in andern griechischen Reiigionssy-
,temen, auf die Befreiung vom chaotischen Zustande
nd die Herrschaft des befruchtenden Sonnenlichtes:
Fohlthaten, deren Gewinnung man auf die ordnen-
en Stammhelden zurükführte, zu deuten sind, ist
eines berühmter geworden als Eos. Nicht allem,
iass sie vom Kephalos Stammmutter des Kinyras und
..donis wird, sie wird von demselben auch die Mutter
5) Apollodor 3, 14, 2 ff.
6) Ed. Gerhard. Hyperb. röm. Stud. .S. 66.
646
1
des Aoos, des von ihr so benannten ersten kyprischi
Königes, nach Phileas ’). Dieser Aoos oderAowii
nun wieder mit Adonis identißZiirt, und von ihm eii
Reihe mythischer Könige von Kypros, die sogenan:
ten Aooi, hergeleitet ®), natürlich eine andere Gene
logie als jene erstgegebene, in welcher Kinyras di
sein Sohn Adonis stehen. Sie gab auch der Mutt
des Adonis den Namen Aoa, einem Berge und eine
Flusse die Benennung Aoos. Ein ihr auf Kypros g
feiertes Fest hiess Eoa ihre Flucht mit Kephal
wäre aber wol schwerlich über Kypros hinaus I
nach Syrien ausgedehnt worden, hätte man dies G
biet nicht auch unter die kyprische Herrschaft d
Kinyras gezogen gehabt; denn die Verknüpfung v
Kypros mit den attischen Mythen ist doch nur d
Ziel der Flucht.
Das Spiel der Mythen ist wunderbar. Nach d
Theogonie des Hesiodos raubt Aphrodite aus Lie
den Phaethon; den schönen Sohn der Eos und d
Kephalos, und macht ihn zum Tempelwart. Nach A ■
deren raubt Eos den Tithonos aus Liebe und flh;
mit ihm gen Kypros. Im Katalog der Weiber **) al‘
7) S. beim Adonis Anm. 72.
8) Man vgl. auch Hesych. ’Awoi- 9tot ix J^öfxov fim-
HUS^ivtiS Bis SafMd-QuxtjU (? A^fj-vov Lobek Agl. 2 S. 12J .
xat Kihxts, dno ^A<üov mv xstf dkov rov TitQtQiovTos nomfiov.
Glosse ist verdorben und unvollständig; auch vielleicht Kin^
für KihxiS.
9) Hesych. iEw«: ... xai dvalct iv Kvnqip.
10) Bei Paus, 1, 3, 1. Völker Rh. Mus. 1 S. 215 .
Staveren schrieb im Paus, aber ov xat ‘Aif^odiTtj cfvkaxa ino 't
rov vmv. So sind allerdings beide Aussagen der hesiodisc a
Gedichte in üebereinstimmung; aber konnten nicht verschied ®
Sagen darin aufgenommen sein? Man kennt zu wenig von c-
sem Gedicht, um über die Beschaffenheit desselben ein ürtH
abgeben zu können.
617
i|te Hesiodos gemeldet; Hemera, nicht Eosj aher so
wie diese, habe den reizenden Kephalos aus Liebe
^^aubt, von ihm den Phaethon geboren, und zu ih-
Tempelhuter gemacht. Derselbe Gedanke wird
1 Mythen, welche nur ein Ganzes ausmachen, auf
unnigfache Weise ausgesprochen, und dieselbe Idee
tjischen eng verwandten Wesen bald auf das eine,
[)ld auf das andere bezogen. Man sieht, wie noch
jl attischen Lichtgottheiten, namentlich Eos, mit Ky-
plis und dem Aphroditekult verbunden sind. Dazu
gifiört auch, das Eos heimlichen Umgang mitAphro-
d|e’s Gemal Ares“) genoss, dafür ihr aber wieder^
d' Liebe zum Orion eiiigellösst wurde, welchen sie
vje den Tithonos entführte.
So gewinnen wir also auch für Kypros als Stamm-
h den eine Anzahl Lichtwesen, welche, wenn es auch
njr die wiederholten attischen sind, nach altgriechi-
siien Begriffen als Befreier vom chaotischen Katur-
zjstande, als Begründer einer geregelten Ordnung
ii Naturleben nach dem Zurüktreten des feuchten
l^mentes, und als Spender des befruchtenden Son-
nnlichtes aufgefasst wurden. Für den Kephalos “)
Jb es aber noch eine besondere Veranlassung ihn
i' die kyprischen Mythen zu verflechten, denn durch
8 ne Ueberführung wird zugleich die Verpflanzung
c'r Apollinischen Sühngebräuche dargestellt, und die
I rbindung der Eos mit Kephalos ist vielleicht erst
d reh die Uebertragung beider nach Kypros bewerk-
8 lügt worden ‘ ®). Von den andern Söhnen der Eos
K g auchEmathion auf Kypros eingebürgert gewesen
e n, wir wissens aber nicht. Doch soll Memnon in
.j. -
11) Apollodor 1, 4, 4.
I 12) Vgl. Welker Kadmos S. 76.
13) Vgl. Otfr. Müller Dor. 1, 232.
I
648
Paphos begraben worden sein ’*), nnd er diente 7
gleich zur Verknfipfung troischer und kyprischer S
gen. Syrien ist, wie schon bemerkt, in alle die
3lythen erst durch Kypros hinein gezogen worde
denn hier haben sie einen festen Boden, dort ab
nicht, für Kypros einen Sinn, für Syrien keinen.
Kephalos steht zwar auch im Verhältniss 7
Aphrodite; näher aber doch noch Phaethon. Als re
zender Tempelknabe stimmt er genau mit Kinyr
überein, als Geliebter der Aphrodite rükkt er gai
in die Stelle des Adonis ein und dessen Mythen we
den auf den Phaethon übertragen. Kratinos hatte b
richtet*®), dass Aphrodite eben so den Phaon, w
den Adonis, in den Lattich verborgen habe; nach de
Jüngern Marsyas in junge Gerste, Er muss also eii
gleiche Verfolgung wie dieser zu erdulden geha
haben, denn Phaon ist kein anderer als Phaetho
Dasselbe lesen wir auch bei Ailian*^), welch'
14) Diktys v. Kreta 6. Etiam de reliquiis Memno;
cognitum mihi, uti tradita ossa ejus apud Paphum his, qui ci
Phallante duce Memnonis ari in Trojam profecti, ductore inte
fecto, ablataque praeda ibidem morabantur; utque Himera, qu;
nonnulli materno nomine Hemeran appellabant, soror Memnoi,
ad investigandum cadaver fratris eo profecta, postquam reliqui:
repperit. üeber Memnon s. Jakobs Verm. Sehr. 4 S. 1.
V ölker a. a. O. -warnt vor der Verwechselung mit dem ägy
tischen Memnon.
15) Vgl. Nonnos 42, 186 ff. Tithonos ist Hirt wie And
ses, Adonis u. s. w. Nonnos 15, 280.
16) Bei Athen 2, 69. Klemens v. Alex. Protr. S.
Sylb. cpai9oPTc( llo/«. Vgl. Adonis Note 191. Der Komiker PI >
ton hatte einen Phaethon wie einen Adonis geschrieben.
17) Ailian Versch. Gesch. 12, 18. Lukian Müiy xai
nvet^ mantQ 6 •Pdeap t>ip ’Acf Qodhijp ix Xlov dunoQd-fj.svaaS , tlid «
tviaftivia idmxB vtw ilvah, xal xaXw V% vnaQ/^? xai d'^UQaOrop. P*
laiphatos mgl dnksmp Kap. 49. Serv. Aen. 2, 379, dass di
noch die Erzählung mittheilt , dass Phaon nach Än¬
dern ein Fährmann gewesen sei, und die Aphrodite
1 einstinal gern und willig übergesezt habe. Dafür
I schenkte die Göttin ihm ein Salbenfläschchen mit köst-
1 lichem Oel, womit sich Phaon salbte, und so schön
1 wurde, dass sich alle Frauen von Mitylene in ihn
verliebten, lieber einen Ehebruch aber ertappt, wurde
er getödtet. Der Tod des Phaethon wird Ursprung“
lieh eine andere Wendung gehabt haben; aber in
j dieser Erzählung liegt die später erfolgte Verwech-
: selung des Phaethon mit Phaon, dem Geliebten der
I Sappho, zu Grunde, und dies veranlasst© wieder füi
I Phaethon auch die Form Phaon zu gebrauchen. ^ ie
Tithonos war Phaethon aber auch ein Greis und Aphro¬
dite sollte ihn verjüngt haben ‘®). Die Sage *^®), dass
Aphrodite den Adonis raubte, ist wahrscheinlich der
des Phaon erst nachgebildet. Auch in der Liebe des
I Zeus kommt Phaethon mit Adonis überein. Prome¬
theus^“) hatte den Phaethon schöner als die übrigen
Menschen geschaffen und Zeus verlangte nach seinem
Umgänge, mit dem Versprechen ihn unsterblich zu
machen. Darauf versezt er ihn an den Himmel
jXach der andern bekannten Sage iödtet er ihn. Die
Schönheit ist ein Hauptzug des Phaethon wie bei
allen Geliebten der Aphrodite.
derselbe mit dem Geliebten der Sappho sei, wird ausdrükkhch
gesagt. 1, ü 1 *
18) Nämlich zum Lohn für seine Ueberfahrt nach Faiai-
phatos. u. Lukian. u. dem Schol zu Lukian.
19) S. Adonk Note 76.
20) Herakliuv’ o N hei Hygin Poet. astr. 2, 42.
Die
übrigen Gottheiten.
Demeter.
Das Fest der Demeter *)? die Thesmophorien, wie
wir sie zu nennen berechtigt sind^ dauerte auf Ky-
pros neun Tage. Wahrend dieser Zeit mussten sich
die Frauen, w'elche es feierten, des LIebesgenusses
und jeder Berührung mit den Männern enthalten. Zum
Zeichen ihrer Reinheit waren sie in weisse Kleider
gehüllt, und brachten die Erstlinge ihrer Früchte,
Aehrenkränze 5 dar. Doch diese Sitte will zu den
Thesmophorien, welche ein Saatfest waren, nicht recht
passen, und Verwandtes mag hier vom Dichter ver¬
mischt sein. An einem solchen Feste sollte Kinyras
sein Beilager mit der Myrrha gehalten habend wäh¬
rend dessen seine Demaiin Kenchreis abwesend mit
der Feier der Demeter beschäftigt war ^). Dies ge¬
schah in Araathus. Aus einer Inschrift von AJt-Pa-
phos lernen wir eine Erzpriesterin aller Tem¬
pel der Demeter aufKypros kennen; diese nennt
1) Ovid Metam. 10, 434 ff. Wegen der neun Tage erin¬
nern St. Croix 2, 7. und Kreuzer 4, 452. ihm beipflichtend, an
die neuntägige Ungewissheit der Demeter über den Aufenthalt
ihrer Tochter. Hymn. auf Demet, 47.
2) S. Adonis Anm. 66.
3) S. Theil 1, 134, Nr.5.
654
sich eine Tochter des Teukros, und weiht eine Statue
der Aphrodite. Dies führt auf eine Verbindung bei¬
der Kulte. Wie zu Paphos das Oberpriesterthuir
aller Tempel der Aphrodite war, so w'ohnt dort auch
die Erzpriesterin der Demeter von Kypros, denn Pa¬
phos ist die religiöse Haupt- und Bundesstadt des
gesammten Landes, und leitete alle kirchlichen An¬
gelegenheiten. Da die Kinyraden ebenfalls mit den
€eschlechte des Teukros in Verbindung standen , sc
war die Erzpriesterin der Demeter möglicherweise
selbst aus dem Geschlechte der Kinyraden, da au
diese Weise die kirchliche Einheit, welche man docl
für Kypros nicht leugnen kann, noch sicherer erreich
wurde. Auch ist in Amathus die Gemahn des Kinv
ras selbst beim Feste betheiligt. Ein solches
beneinander der Aphrodite und Demeter finden wi
freilich auch sonst noch *) und beide Kulte wirktet
auf einander offenbar ein, allein auf Kypros werdet
alle übrigen Kulte, welche auch nicht srphrodisisci'
sind, in Verbindung mit dem Kult der Aphrodite, al
dem Mittelpunkt alles religiösen und kirchlichen Le
bens, gebracht.
Eine grössere Ausdehnung des Demeterkulte
können wir freilich aus der Inschrift entnehmen, al
lein nachweisen lässt er sich von keinem andern Ort
weiter. Dass er mit den attischen Kolonien gekom
men sei, können wir nicht bezweifeln.
Dionysos.
Aus Euripides *) lernen wir zuerst den Dien;
des Dionysos auf Kypros kennen, und erfahren dai
4) Paus. 2, 34, 11. 7, 21, 4. Preller Ztschr. f. Altert
Aug. 1835.
ä) Eurip. Bakchai 379 ff.
655
aus zugleich, dass der Olympus seio Hauptsiz war;
Inächstdem Paphos. Hieraus erhellt schon eine Ver-
jbinduDg mit Aphrodite, wenn die Festfeier beider
iCottheiten nicht schon auf Annäherung und Einwir¬
kung hindeutete. Ein Fest zu Salamis, die poiocpa--
\Yia ®) lässt sich mit ziemlicher Sicherheit als ein bak-
jchisches deuten, indem sein Name auf die bakchische
iSitte des Rohessens, Blut und Zerfleischnngen hin-
iweist; eigentlich wol ein Fest, an welchem man
Scharpie, Wundfäden verschlukkte, und erinnert zu¬
nächst an die Omophagien. Eine ausgedehntere ¥er-
lehrung des Dionysos auf Kypros lernen wir durch
iNonnos kennen. Wir dürfen zwar auf ihn nicht viel
bauen, allein wir haben öfters bemerkt, dass er ky-
prischen Mythographen zu folgen scheint, und dam»
haben ihm oft die Bassarika des Periegeten Diony-
isios zur Grundlage gedient. In diesem Gedicht wer¬
den schon mehrere kyprische Städte genannt, was
schwerlich in einer andern Beziehung geschehen
konnte, als weil Dionysoskult in denselben war. Der
Ixolfictp non mv KmQop,
vaoov ’AfQoMms
%va pifuop-
TM &vammy
näff.ov ö-’, Sy läfßTOffrOjUO»
Ba)xdqov nomfiov Qoai
xa^ni^ovffty uPofjißQov
X Snov xakheuvoufycc
tlnqia ftovßHoS Mga,
0Bfiya xhms 'Olvfinov ,
ixild uys fts, Björns,
nqoßaxy^U cfai/ior.
ixtl Xdqin?, ixel nö&os’
ixti di BdxyuKSt &ffus ogytäCstP^
6) S ui das ftontfayla : Q-mia ne iy 2alu^lyt z>jS Kvnjioy
-imkovfnyti. l’ h o t i 0 s Lex. H e s y c h. Leiit. sehr. Monot/yyln-
656
Dionysos Bassareus war aber der trieterische Likni-
tes. Nonnos ’) lässt 7-11 dem Zuge des Bakchos so-
wol die von Zeus und Aphrodite auf Kypros gezeug¬
ten und gehörnten Kentauren als auch eine au¬
sserordentliche Schaar anderer kyprischer Mannen
unter Anführung des mannhaften Litros und desschön-
lokkigen Lapathos stossen. Sie waren aus dem Ge¬
biete des Apollon Hylates gekommen, aus der Ge¬
gend von Sestos, aus Tamassos, fembros, Eiyslheia
Panarktos, viele aus Soli und Lapathos, welches spä¬
ter nach dem Heros benannt wurde, als er im Thyr-
sosgetümmel seinen lod gefunden hatte- Andere ka
men aus Kinyreia, Urania, Kremaseia, Salamis, Se
strachos und Paphos. Aus der Aufzähluug diese
Namen lässt sich aber weiter nichts folgern als ei:
ziemlich ausgebreiteter Dienst des Bakchos, und die
ser steht mit einem Mittelpunkte seines gesammte
Kultes in alter Verbindung, mit Naxos.
Paion von Amathus hatte berichtet, Theseu
sei auf seiner Fahrt von Kreta durch einen Sinn
nach Kypros verschlagen, und habe die Ariadn
schwanger und von den Besch\verden der Reise ar
gegriffen, dort ans Land gcsezt, er selbst sei ab<
wieder weggesegelt. Einheimische Frauen hätti
sie aufgenomraen und über ihre unglükkliche Verlai
senheit getröstet, hätten ihr erdichtete Briefe gebracl
als wären sie vom Theseus geschrieben, bei ihr
Entbindung aber treulichen Beistand geleistet, ui
7) Nonn. Dionys. 1% 432. ff. vgl. auch die Inschr. Thl
S 97. Nr. 1 zu Atnmochostos S. 134. Nr. 2. Alt-Paplios.
junge Echelaos aus Kypros wird durch den gewaltigen M';-
rheus getödtet. Nonnos 32, 199 ff.
7a) S. offen Abschn. 1, 4. Anm. 18.
Plutarch Thes. 20.
657
;hher begraben, da sie noch vor ihrer wirklichen
tbindung gestorben wäre. Nachdem Theseus 2u-
Igekehrt, sei er sehr betrübt gewesen, und habe
ji Einwohnern Geld zurük gelassen, und der Ariadne
Ifer zu bringen befohlen. Auch habe er ihr zwei
Inne Bilder geweiht, das eine von Silber, das an-
Jre von Erz. An ihrem Feste, weiches auf den
ij/eiten des Monats Gorpiaios fiel, lege sich ein jun-
II r Mann nieder, schreie und bewege sich wie ge-
irende Frauen. Den Hain aber, in welchem sich
[|s Grab der Ariadne befinde, nannten die Amathu-
5!!r den Hain der Ariadne Aphrodite. Aus die-
fr geschichtlichen Einkleidung des Kultes sehen
’lr, dass derselbe aus einem Trauer- und Freiiden-
ht bestanden haben müsse, und dies entspricht dem
lilte der Ariadne auf Naxos, wo ihr nach Plutarchs
listimmtem Bericht ein Trauer- und ein Freudenfest
,,jfeiert wurde, welche aber die pragmatische Auf-
’ssuno- auf zwei verschiedene Ariadnen zurükführte.
h habe an einem andern Orte ®) zu beweisen ge-
icht, dass die Ariadne nicht aus kretischem Staod-
mkte, sondern aus naxischem, erklärt werden müsse,
ieil sie stets auf das Engste mit Dionysos verbun-
'3n erscheint, dagegen ihre Verbindung mit demkre-
Sehen Kulte nur eine ganz äusserliche, pragmati-
che ist, dass sie als eine Dionysosgemalin riiditsm-
ers als eine Form der Kora sein kann. Dadurch
rhält auch die Araathusische Zeremonie von der Ent-
indong einer Schwangeren ihre Erklärung, indem
adurch auf Leben, Fruchtbarkeit und Zeugung hin-
ewiesen ist, das Sterben der Göttin aber eine Tod-
mbeziehung hat. Diese A riadne Aphro dite muss
9) S. Meine Quaestiones Naxiae bes. S. 40 ff. 5! Hef -
r. Jahns Jahrbh. Bd. 16. S. 63. 1836. Hoek Kreta 2, 133 ff.
II.
1
658
also eine Lebens-, Liebes- und Todes;^öttin sein, v
wir eine solche oben unter dein Namen einer Pe • i
sephone .Aphrodite kennen gelernt haben: ui .
Gemal dieser Göttin ist Dionysos, Wann der Gi-
piaios in Ainathiis fiel, ist nicht genau y-u bestimmi.
gewiss aber in die zweite Hälfte des Sommers, En;
August oder Anfang des September; nicht viel s[-
ter also als die Adonien, und zugleich mit einem Tlil
der Korafeste. Die Vereinigung der Ariadne i;l
Aphrodite erblikken wir wahrscheinlich auch auf eii’
Münze des Pnytagnras. Andererseits kann man vi*
leicht auch einen Gebrauch auf Tenedos vergleich',
wo man an den Festen des Dionysos eine Kuh v;
eine schwangere und gebärende Frau behandelte ' .
Die Verkleidung des Jünglings auf Kypros aber t
Verwandtschaft ntit der Sitte an dem dionysisch»
Feste der Oschophorien, welches von Naxos aus m i
Athen gebracht worden sein sollte, und an welch»
sich Jünglinge wieMänchen, Mädchen wieJüngliii;
verkleideten. Aehnliche Mummereien fanden al'
auch an einem Feste der Aphrodite zu Amathus statt '
So greift überall Dionysisches und Aphrodisisches e j
in einander über. Wie Aphrodite und Persephös
dui’ch die alles spaltende Mythologie erst verscb*
dene Wesen gewoi-den sind, welche sich aber w •
der einander ergänzen, so finden wir auch die Aph -
dite neben Dakchos und Ariadne auf Kypros be¬
sehen, und in dem Mythos beider beschäftigt, h»
mischt sich unter die naxischen Nymphen zum Tai,
10) Oben Abschn. 4 Anm. 17 ff. Anm. 25 ff. AbschiiJ
Anm. 154 ff. 224 ff.
11) Ailian Ihiergesch. 12 ^ 34. Meine Quaest. A'aJ-
S. 23.
12) S. oben Abschn. 3. Anm. 134 ff.
659
ostet die von Thesens verlassene Ariadne, verheisst
r lluhiu und das eheliche Bett des Dionysos. Die
hariten weben diesem Gotte einen Peplos, und von
(?r Aphrodite erhält er die Krone, welche er seiner
'raut schenkt; sie aber, Ariadne, reicht wieder dem
Iheseus das Bild der Aphrodite 'O5 welches er auf
eios weiht, und klaget um Theseus Verlust, wie
phrodite um den Adonis.
ln der Si^ge, daU Theseus nach Kypros vcr-
hlao’cn sei, müssen wir eine Üeberführung- des KuD
s der Ariadne von Naxos, wo der Dionysoskult von
hrakern eingese/.t war, nach Kypros erkennen, wie
len eine andere Kultverbindiing von Delos und Ky-
ios nachgewiesen ist. Dass wir diesen Kult in
.tnathus und nicht in Paphos finden, mag theils von sei-
im hohen Alter herrühren, theils weil er sich hier
lichter an die Adonien und andere che t
Ute anschmiegen mochte. Durch den einzigen Zug
(s Theseus' aber suchten die Athener die verschie-
(bsten Kultverbindungen zu verknüpfen utid zu er-
liren. welche zwischen iiirer fetadt einerseits, und
l eta, Delos, Naxos und Kypros andererseits statt-
iiden, ohne sich an die widersprechenden Züge zu
fitssen, welche die Verbindung aller zu einer einzi-
jn nothwendig mit sich bringen musste ).
Zeus und Hera.
Wenn irgend eine kyprische Gottheit sich on-
M’kcimbar als eine altgriechische und pelasgische
13) Dies Eild stammt nicht etwa aus Kreta, denn hier sind
n ganz schwache Spuren des Aphroditekultes, ist aber auch
a| andern Gründen nicht glaublich.
14) Vgl. Hök. Kreta 2, 133 ff.
ankundigt so ist es Zeus. Er führt hier seine pe-
lasgischen Benennungen '‘EXmovg ElXi^riog und
EveXid'^g ' ®) 5 EXaS-vdag hiess seine Opferstätte,
aber Hera. Dieser Gott ist jedoch ein Herrscher ir
der Ober* und Unterwelt, und in dieser Eigenschafi
begegnet er uns noch mehrere Male. Der Zeus
Eilapinastes*®), ElXamvaüTijg ^ kann freilich aiiij
einen Gott des Hauses und des Heerdes und der Ge¬
selligkeit bezogen werden, es kann aber auch ein
furchtbarer und verschlingender Zeus sein, wie de«
Laphystios ‘ ®) des Minyervolkes, ein Meilichios, wel¬
cher versöhnt werden musste. Dieselbe doppelte Deu-' i
tung auf einen Gott des Mahles und den chthonischer '
Zeus lässt der Zeus S plan chnoto mos *'’), '2nXaYi" \
Vötopjog^ der die Eingeweide zerfleischt, zu; bei bei- i
den würden wir aber den lezteren Sinn vorzieheo >
Der chthonische Gott, welcher versöhnt w^erden musste ■
ist auch Zeus ^eviog^ zu Amathus**); ihm wurderi :
15) Hesych. 'Elmovs Zivi Iv Kvnqip. Nach dems. hiessl ,
Hephaistos bei den Doriern 'Eluog, M’elches ebenfalls Zeus ist ' ,
Otfr, Müll. Dor. 1, 308.
16) Hesychios. Ell^no;: Ztvs iv Kvnqm, oder Eü^ewf
Giese äol. Dial. S. 233. Zeus in Theben 'Einig. Auch Zu
tkivofuvog iv Kvqrjv^ ist ein Gott, welcher versöhnt werden muss
Evijlogi Jicg It^ov iv Msyd^oig xal iv KoqIv&(o. Bei Hesych
auch ' Elfxd-veag : Jiog tfQov iv Kin^m "Ela: Jihg Uqov iv Jiodoiv’
u. s. w.
17) Hesych. 'Eltla. vgl. Welker Kadmos S. 12.
Argos hiess sie Eilt]9-vla. Für 'Elda sagte man auch "Ela. Die
selben Namen führte auch Artemis in Messenien.
18) Eustath. z. Od. 1, 225. S. 53. '
19) Otfr. Müller. Eumeniden S. 139.
20) Der Delpher Hegesander b. Athen. 4, 174, iv Ki\
UQiü ... diu tllanivadriiv rs xal ßnlay/vorS/uov.
2!) Ovid. Met. 10, 224. Jupiter Hospes. DieFremden
Opfer lassen allenfalls auch eine oben gegebene andere Deuj
t
661
Menschenopfer gebracht, wie bei den Minyern, und
iem kretischen Zeus, welcher noch //.u Platons Zei-
;en Menschenopfer forderte. Worauf der Zeus Ze¬
ter®*) 5&U deuten sei, ist mir aber nicht klar. Da-
iregeo kann wieder über den schö/.enden und rächen-
ien Zeus zi/fAooQOQ eben so wenig ein Zweifel sein,
wie über den imxo'mog Eine mystische Ehe geht
jZeus mit Aphrodite ein, indem er mit ihr die gehörn¬
ten Kentauren zeugt. Im kyprischen Gedicht des
IVheopompos®“), hatte auch gestanden, dass Zeus di©
iHera gefesselt habe, war also vermutlilich ein kypri-
kcher Mythos. In Alt-Paphos wurde Zeus als
Ipolieus mit Hera und Aphrodite verehrt. Zu Ama-
Ithus finden wir neben dem Zeus auch die Hera,
denn auf einer Inschrift heisst es; „vom Heraion
bis zum Mosaikwege, Xid-oatQUiTOP ^ hat Aisimos die
Bäume gepflanzt, und den Göttern den 1 eoipel er¬
lrichtet. Wer hiervon etwas zer-tört, dem mögen die
Götter keine Stüze sein.“ In Kitioo wurde Zeus als
Keraunios verehrt. Die Inschrift lautet: Zeusdem
iponnerer, Aphroditen, der Stadt, dem Volke und der
Eintracht haben Aviana und Avianus die Hallen und
|Alles darin aus Eigenem geweiht. Auf einer Münze
ivon Marion findet sich das Bild des Zeus. Bei Arsinoe, in
der Gegend von Soli hatte Zeus einen berühmten Hain.
itung zu. Lutat. z. Ovid. ad aram Jovis hospitis, quae proxima
erat Veneris.
22) Hesych. Zivs iv Kmqa.
2'i) Klemens V. Alex Protr. 24 Sylb. Zik
rf cd(ix()k iv "jQyBi, nfxcoQÖg dt älkos Ip Kvn^a ^
24) Hesych. ’ Emxüino?: Zsk iv Zala^uvt. Es ist aber
i nicht” ausgemacht, ob nicht vielleicht auch die Insel Salamis
hier gemeint sei.
2^) BeiFulgent. 1, 2. Ebenso bei Hellanikoa das.,
I welcher ebenfalls über Kypros schrieb. Horn. 11. 15» 18.
26j Inschr. Thl. l S. 134.
662
Ich führe hier diesen Kult nicht weiter aus; nllj
einzelnen Formen ergeben sich leicht aus dem g(
samten. Man sieht aber, wie mannigfaltig derselfc
war. und dass Zeus an jedem nur irgend bedeuter
den Orte verehrt worden sein muss. Der llaupto
desselben war aber Salamis. Hier war Zeus di
höchste Gott®’) und Teukros selbst sollte ihn mit ai
seiner Heimat Salamis gebracht haben®®). Dies«
stand mit Teukros’ Familie seit Aiakos her in d<
engsten Verbindung; es war ein Familienkult, m
die j^’^achkoramen verwalteten sein Priesterthum. Aiu
der Zeuskult zu Olbe in Küikien wurde von dt
Ts'iikrideri eingesezt und erblich besorgt. Ein Gle
ches dürfen wir auch von Kypros annehmen: Dal
tanz berichtet es: überdies war es griechischem He
kommen gemäss, und beide Kulte hatten einen ü
Sprung, standen in enger V'erbindung. Isokrates war
den Kikokles, er solle nicht so leichtsinnig mit di
Herrschaft umgehen, wie wenn er ein Priestertim
ve''waite. Des Zeus Ansehn und Verbreitung wurö
gewiss durch die Herrschaft von Salamis und die a
tischen lölker befördert, und sein Kult ist unstreiti
der wichtigste nächst der Aphrodite. Aber diese i
Gottheit des Landes und obgleich Zeus in Salam
als Stadt die höchste Geltung hatte, und sein Ansel,
durch die Teukriden gesichert war, muss doch aut,
jene in Salamis verehrt werden. Von den Aphrod
siee daselbst haben wir oben gesprochen ; eine Müni
2”) Amm. Marcel], 14, 7. Salamis et Paphus: altei
Jovis delubris, altera Veneris templo insignis: Auf einer Mün.
gehen wir den Stierkopf, einen fliegenden und einen size
den Adler auf den Münzen der Kleidesinseln,
28J Tacit. Ann. 3, 62 ... et Jovi Salaniinio Teucer, Tel.
monis patris ira profugiis, posuissent.
663
Sigt das Bild des Zeus und der Aphrodite. Was
)er noch wichtiger ist; eine Mün’/x zeigt das Bild
3S Zeus und auf der Kehrseite die Aphrodite mit
’3in Paphischen Tempel, und die Inschrift von Pa¬
tios stellt die Aphrodite voran, lässt Zeus Polieus
id Hera folgen. Hier ira religiösen Mittelpunkt, wo
!ir auch Demeter und Bakchos fanden, wird der Kult
3S Zeus und der Hera ebenfalls beigeordnet; da er
jer als Polieus verehrt wird, muss er doch neben
iphrodite eine besondere Auszeichnung genossen ha-
en. In Amathus besteht er ebenfalls neben Aphro-
ite, aber dort fühlt sich die Göttin durch seine 5len-
thenopfer verlezt. Diese erhielt er auch in Sala^
lis; von Teukros selbst sollten sie eingesezt und bis
ufWdrlau gedauert haben ®®). Von der Abschaf-
ing der Menschenopfer durch Hadrian auf Kypros
j^efss aber weder Dion Kassios noch andere Ge-
Ichichtscbreiber etwas. Porphyrios sagt, dass Ha-
rian alle Menschenopfer im ganzen römischen lleiche
erboten habe, und hieraus mag Laktanz dasselbe für
ie Zeusopfer auf Kypros geschlossen haben. Dass
ie aber wahrscheinlich früher abgeschaffl wurden,
iverden wir bei der Athene sehen. Ein untergeord-
.etes Interesse erhalten diese Menschenopfer noch
llurch ihre Einflechtung in die oben berührte kyprisch-
,,gyptische BusirisfabeP“). Aber aus späterer reh-
“l^n^ktanz de falsa relig. 1, 21. Apud Cyprios Iiuma-
\am hostiam Jovi Teucer inimolavit; idque sacrificium posteris
iradidit: quod est nuper Hadriano imperante sublatum. g •
'ipit. ad Pentad. Kap. 13. Ueber die griech. Menschenopfer
'm Allg. verbreiten ^vir nns hier nicht weiter, erinnern ladess
|m die 3Ienschenopfer des Dionysos auf Chios undTenedos, des
liresbei den Lakedäinoniern , die Meuschenzehnten, in Athen
h. s. w. Ueber leztere vgl. Müller Eumcmd. S. 14i.
1 30) Junius Philargyrios z. Virg. .Ueorg. 3, 5. Hygin
iFab. 56.
I
664
giöser Lehre der Orphiker müssen wir hier erwäh
nen, dass die Kyprier dem Zeus und Helios zu¬
sammen Altäre errichteten®*)*
Athene und Agraulos.
Auf dem eigensten Boden Attikas sind die Vor
Stellungen vom Kekrops und seinem Kulte erwach¬
sen; dem erdgebornen Sohn nach pelasgischen Re
ligionsideen, welcher, wie der Mythos meldet, der
Athenern ihre Athene zuführte. Ihn und seine ganz»
Sippschaft haben wir zu wiederholten Malen in dei
kyprischen Mythen, wo sie eine Nothwendigkeit ge
worden waren, kennen gelernt. Das Alles könnei
wir hier aber nicht wiederholen, sondern sprechet
nur von dem durch ihn eingesezten Kulte der Athemj
und A graulos, welche wie in Athen, so auch auf Ky
pros zusammengehören, indem der kekropische Diens
ein Bestandtheil des Athenekultes ist. In Salami:
waren die Tempel der A thene, A graulos und de
Diomedes von Einem Gehege eingeschlossen. Ke
krops®^) sollte seiner Tochter den Kult eingerichte
31) Julian Rede A. Elg rov Bacili«"Hhov. S. 135 Spanl
Mc'QTVQovfUvoi, TovS Tt Kvn^lwv itqiag, oi xotvovs anof/aivovot ßtofioi
'Elim y.cet Jit tiqo xoinrnv di tn tov ’Anölho awid^svovra im O-a
rmds naQKxalißavTiS juc'cQrvq«' frjßl yaQ 6 d-fos:
Eis Zivs, tls “Atd/is, fis “Eltög icn Sdqantg.
XotpijV vTtoldßm/usv' fiallov di filav 'Hllov xat Aiös iv nls voiqo
9(ols dvvaatsiav. S. 143. cvvrqsyst, di avTm (dem Helios) xal tj n
Jios dTjuovqyiXTj dvvufMS’ r^v i(f a.fxsv xai nqortqov idqucdai ts avro
iv Kinqtp, xat «nodtdilydut xotp^ id ' nfjiivrj xat tov ’Anollmva (j
auTov ifiaQTvqSfifd-a no köyio.
32) Porphyr io s De abst. 2, 54. 4, 8. u. s. w. S. Thl.
S. 184. Eiiseb. Auf Konst. Kap. 13. Der Ort am Meere, w
dies Opfer vollbracht wurde, soll Dineuterion geheissen habenl
vgl. Thl. 1, 93. Welker Trilog. S. 286: „In Athen stürze
665
, haben, und im Monat Aphrodisios wurde ihr jährlich
lein Mensch geschlachtet. Wer geschlachtet wurde,
musste von Jünglingen geführt dreimal um den Altar
herumlaufen, und nachdem ihm vom Priester ein Speer
in die Kehle getrieben, wurde er auf einen Scheiter¬
haufen geworfen und verbrannt. Als Diomedes nach
Kypros gekommen, sollte man die Bestimmung des
Opfers umgeändert und diesem den Menschen darge-
Ibracht haben. Aber seit dem Könige Diphilos*®),
iwelcher zu den Zeiten des Seleukos Theologos lebte,
[soll statt des Menschen ein Rind geopfert sein. —
iüass dieser Kult mit dem des Teukros zusamraenge-
jstellt werden muss, scheint mir nicht zweifelhaft zu
[sein. Nur die Verbindung mit Diomedes ist mir nicht
iklar. Vielleicht aber ist er durch die troischen My¬
then, und weil Athene seine Schuzgöttin war, oder
Isich die Schwestern der Pandrosos von der Burg, dies deutet
lauf eine ehemalige Opferung, verschieden von der in Salamis
'auf Kypros, wo, wenigstens späterhin, das Opfer der Agraulos
und mit ihr des Diomedes aus einem Jünglinge bestand, wel¬
cher mit der Lanze durchbohrt ward.
33) Wie es mit dem Könige Diphilos steht, ist schw.er
zu sagen, mithin auch diese ganze Zeitbestimmung für uns ver-
loren^ Ist Seleukos Theologos der Alexandrinische Magier
; (Fahriz. Bibi. gr. 1 S. 86 Karl. Röhr z. Porphyr, zit. Gal. z.
Jambl. de Myst. S. 297 u. Virg. z. Euseb. pr. ev. 5 S. 297, wo
er »av^aßrog 5-foioyoff und rmv äm^q^iToip heisst), so weiss
man nicht, wie ein König Diphilos in dieser Zeit geherrscht
haben kann, da es keine mehr gab. Hätte er sich vorüberge¬
hend als Tyrann aufgeworfen, so Hesse sich glauben, dass wür
auch von anderer Seite her etwas über ihn wüssten. Röhr
a a. 0. bemerkt, dass beim Euseb. Jitcfilog stände. Hieraus
möchte ich zweifeln, ob überhaupt der Name eines Königs da¬
gestanden habe, und die Aufhebung in eine früiiere Zeit unter
einem andern König falle, üeberdies wird jener Seleukos ganz
so gefasst wie Orpheus, Linos u. aa. alte iheologen, Daun
aber gab es auch mehrere und ältere dieses Namens.
066
durch Arpvische Mythen, aufgenommen. Oder sollte
hier gar an den König der I3istonen zu denken sein,
welcher Menschenblut forderte? Aber dieser steht
zu fern, wenn er auch ein Sohn des Ares heisst.
Von der Athene finden wir ausserdem noch die
Formen einer Athene Telchinia welcher die
kyprischen Teichinen einen Tempel zu Teumessos in
Büiotien weihten, und die einer Athene Alea; we¬
nigstens sendet Agapenors Tochter Laodike von Pa-
phos aus nach Tegea jener einen Peplos. Doch auch
sie kommt auf kyprischen Münzen öfters mit Aphro¬
dite vereinigt vor.
Apollon und Artemis.
Die Ausirreitung des Apollinischen Kultes hatte-
von Kreta aus über das Meer den freiesten Spiel¬
raum, und man baute an den Küsten des ägäischen
Meeres überall dem Gotte Heiligthümer auf. So ent¬
stand nach Müllers Auffassung seine Verehrung
in Troas, Klares, Milet, Lykien u. s. w. Im Landei
der Magnesier war ein Ort Hylai und daselbst dem
Apollon eine Höhle geweiht. Ihm zu Ehren spran¬
gen heilige Männer von steilen Abhängen und Fel-i
sen, rissen übergrosse Baumstämme aus den Wurzeln
und gingen auf den steilsten Fussgängen mit diesen
Lasten. Mit diesem Hylai muss das Hylai oder Hyle
auf Kypros ® ®) verwandt sein , wo ebenfalls Apolioui
34) Paus. 9, 19, I.
35) Otfr. Müll. Dor. 1, 215 ff. 232, 259. '
36) Thl. 1 S. 119. Steph. v. B. "YAi?, nölis Kvuqov, in aj
'‘Anihliov nfÄUTcci, ‘'Ylar^js, Ders. ^ Afj,afj.aa6u?, n. K., iv Jj naami\
''YkanjS 'Anöllmv, Ders. Ti^ßQog, n. K., nnuijna "Ylciiiis ’An,\
667
iverehrt iin<l daher Hylates benannt wurde. Unter
jilieseui Namen wurde er aber noch an einigen andern
kyprischen Orten, za Tembros, Erystheia «nd Ama-
raassos verehrt. Daraus sehen wir, dass Hyie ein
iHauptort des Apollonknites gewesen sein muss, und
wahrscheinlich lag dieser Ort etwas westlich von der
Halbinsel Kurias auf dem V. G. Phrurion ® ^). Theils
iwird diese Lage von den Alten selbst bestimmt, theils
istiramen auch die Kultgebräuche auf dem V. G. Phru-
■rion mit dem übrigen Sühnkult. Wer den Altar des
Gottes berührt hatte, wurde von dem Felsen herab-
gestürzt. In dieser Sitte sind Sühnopfer zu erken-
inen, wie sie an den Attischen Thargelien staüfanilen,
zu Hylai, und auf dem Lenkadischen Felsen, von
welchem Kephalos zuerst den Sprung gethan haben
sollte, als er mit dem Blute der Prokris bellekkt, sich
als Flüclitling dem erzürnten Familiengotte zum Opfer
anbot. Gerade ihn haben wir schon aufKypros wie¬
der angetroffen, und zwar mit dem Mythos der Eos ® ®)
verbunden, in welchen dadurch ein Apollinisches Ele¬
ment eingefügt wiid, denn diesem Kulte gehört Ke-
phalos an 5 und es unterliegt keinem Zweitel, dass
mau nicht auch die kyprischen Sühngebräuche auf ihn
zurükführte. Ein anderer Sühnkult war in Argos
aufKypros, und dass wir auch hier den Apollon wie-
1 derfinden, führt uns zu der Verrnuthung, dass Apol¬
lon theils mit den Argivischen Ansiedlern nach Ky-
Ders. ’Kqvg&hu, n. K., iv J] ’An. ufxumi "Ylärrfi. Jmviaiog Baß-
cci^iumv TQirri.
ol' r t/^ov 'yAdrßo dsou i'cJbff 'AnvklaroS,
Ti^ßqov, ^EQva9siav rs xat iwuU>]t> ‘ A^iafiuctsöv.
L-ykophron. V. 448. ical Sdi^ay^ov ßkuj'^ai'ifS, ‘TAftrow n
Eustath. z. Hom. Il 5, 710. 2 S. 63 Leipz.
37) Strabon i4 S. 683.
38) Adonis Anni. 72.
668
pros geführt sei. wenn auch die oben angegebene
Verbindung, wie Müller sie im Allgemeinen aufstellt,
niclit ganz, geleugnet werden soll , zumal auch Ku¬
rion, wo ein bedeutender Apollonkult stattfand, und
die umliegende Geejend argivisch war. ln Argo^
wurde Apollon als verehrt^®). Da indesser
dies Wort nicht zu verstehen ist, so habe ich oben
vennuthet, es möchte damit der Apollon ^EqiO^vßioc
oder reqyid-ioq gemeint sein. Der Erithybios ist eir
abwehrender, reinigender und heilender Gott, nament¬
lich wird er verehrt als Abwender des Kornbrände?
in mehreren Gegenden des asiatischen Gricchenlan-
des, und könnte einerseits mit der sibyllinischen Weis¬
sagung auf Kypros verbunden gewesen, oder aiicl
als Reiniger von aphrodisischer Verstörung gefass
sein. In seinem Tempel nämlich findet Aphrodite den
Adonis wieder, und er befiehlt ihr sich vom leuka
dischen Felsen herabzustürzen, um in den Weller
Kühlung zu suchen und der Liebe los zu werden
So wird die Apollinische Sühnung auf den Aphrodite
kult angew'andt wie Kephalos denselben Sprung wagt;
Ein Apollon Gergithios könnte aber durch die troi
sehen Gergithier auf Kypros eingeführt sein.
Den Apollon zeigt auch eine Münze von Ida
lion. Die Städte Tembros, Erystheia und Amamasso
müssen in der Gegend von Hylai, dem V. G. Phru
rion und der Stadt Kurion gelegen haben, vielleicl
dort auch Argos, weil die Argivische Kolonie in dies
Gegend ging, und wegen des Apoiionkultes lasse
sich auch die ersten drei Städte als Argivisch vet
muthen. Daselbst muss man auch den Hain de'
Apollon suchen. In Kurion trat besonders die He
ligkeit der Apollinischen Thiere, der Hirsche, hervo
30) S. Adonis Anm. 92.
40; S. Abschn, 4 Anm, 208.
669
Die Epeirctischen Hirsche sollten das Meer durch
nach Korkyra schwimmen. Eine ähnliche Erschei¬
nung berichtete man von Kypros. Die Syrischen
Hirsche kommen, erzählt Ailian **), zu Schaaren ans
il'fer, warten dort günstigen Wind ab und werfen
'dann sich vertrauensvoll ins Meer, indem die hinler-
foigenden ihren Kopf auf den Eükken der vorderen
liegen, und sie so in geordneter Reihe hinüberschwim-
imen. Der Führer wird, wenn er ermüdet ist, da er
Isich nicht stüzen kann, durch den folgenden abgelost,
lund beschliesst dann den Zug; und so geht es die
Reihe durch. Sie schwimmen aber nach Kypros, der
ifetten Weide, des hohen und schönen Falters wegen.
!Von der Heiligkeit der Hirsche um Kurion oder auf
der Halbinsel Kurias erzählt derselbe noch, dass die
Jäger vergeblich auf sie Jagd machen, feie flöhen
in den Hain des Apollon, welcher sehr gross sei, und
hier wagten ihnen die Hunde nicht nachzukommen.
Unerschrokken und furchtlos weideten sie auf der
Trift, und durch einen geheimnissvollen Naturtrieb
vertrauten sie ihre Rettung dem Gotte an.
Als ein Band, welches Kypros mit Delphi, oder
die Aphrodisische Religion mit der Apollinischen zu
knüpfen suchte, muss man nicht allein die Autnahme
41; Thiergesch. 5, 56- 11, Oppian- Kyneg. 2, 217.
PI in 8, 50 erzählt es von den kilikischen Hirschen. Ebenso
sagtHedj-los, oder wer sonst der Verf. der Verse ist:
TW •Poißo), noXkov dtu zZfUi O-tovaat,
"'Ak&oufv ai rce/ipat rol« (fvyitp
Istrab. a. a, O. fügt hinzu: dass er das kilik. Vg. Korykion meine.
iZu dieser Auffassung mochte der dortige Apolionkult Veranlas¬
sung gegeben haben, so dass dieser mit dem kjprischen inVer
bindimg tritt. Von den sizilischen Hirschen ähnliches beiMaxim.
V. Tyros 12, 3,
670
der Aphrodite in Delphi sondern auch die Vereh¬
rung betrachten, welche die kyprischen Könige Del¬
phi /.ollten. Euelthon weihte ein lläiicherfass nach
Delphi Nikokles bildete den Apollon auf einem
Omphalos sizend auf einer Münze ab. Zunächst liegt
dabei an den Delphischen Oinphaios zu denken ; zieht
man den Paphischen vor, so ist auch hier eine Ver¬
bindung beider Gottheiten. Nikokreon **) schenkte
dem Delphischen Gotte einen schönen Hirsch mit vier
Hörnern und den Versen:
2rjg tvsxsv, Arjwvg xo^aXy.sxa y.ovq\ irtivoiag
Trivd' &Xs Niy.oxqsmv TerqdxeqcüV sXaffOV.
Die 8alaminischen Könige hatten indess noch einen
andern Grund den Apollon zu verehren, denn Teu-
kros hatte die Gründung von Salamis auf Kypros auf
Befehl d es Delphischen Gottes unternommen Hier
ist er also Kolonienführer. Die hauptsächlichste Auf¬
fassung bei den Kypriern ist aber die, den Apollon
als Eeiniger und Sühngott zu nehmen. Dazu kommt
noch jene andere, in welcher er auch auf Kypros die
chthonischen Kulte und die phrygische Flötenmusik
bekämpft. Zu den vorhergenannten Verbindungen,
welche er mit Aphrodite eingeht, muss auch noch die
gezählt werden, dass er ebenfalls wie die übrigen
nicht aphrodisischen Gottheiten in den Bereich der Lan-
42) Abschn. 5. Delphi.
44) Abschn. 1, 4- Anm. 29. Herodot. 4, 162.
44) Ailian Thiergesch. 11, 40.
45) Horaz, I, 7, 15. Certus eiiim promisit Apollo Ambi-
guam tellure nova Salamina futuram. Serv. Virg. Aen. 1, 619.
ex responso Apollinis.
671
des^ottheit gezogen wird, und auf Münzen öfters mit
der Aphrodite verbunden vorkommt. Zu seinem Kreise
gehört die Artemis, welche vornehmlich zwar nur
im Adonismythos eine Rolle spielt, auf Münzen aber
auch mit Aphrodite zusammengestellt wird.
Verbesserungen und Zusaze.
Seite 6, Zeile 4. von unten lies phrygischen für griechischen.
S. 7, Z. 15. V. u. 1. Naturleben.
S. 18 Z. 7. V. u. 1. aphrodisischen, und wo sonst aphroditisch
für aphrodisisch steht.
S. 22, Note 1 zu streichen.
S. 27, Z. 2. Geppert. üeb. den ürspr. der homer. Gesänge
1, 124. meint, in der Ilias sei Kypros das Land der Aphro¬
dite, in der Odyssee Kythera. Sollte man, auch abgesehen
von dem Gesänge des Demodokos, so weit gehen dürfen?
S, 37, Z. 15- 1. Schrein für Schreie.
S. 38, Z. 8. 1. Argivisch.
S. 39, Z. 8. 1. schön wie.
S. 47, Z. 7. 1. und f. in.
S. 52, Z. 9. 1. Hermes-Phallos f. Psallos.
S. 52, Z. 23. 1. wie f. die.
S. 55, Z. 23. 1. Harma f. Herma.
S. 75, Note 31. vgl. Schol. z. Lysistr. 651.
S. 77, Z. 18. 1. Feste f. Kämpfe.
S. 77, Z. 19. als f. der.
S. 81, Z. 14. Nach einer andern Nachricht gehörte auch Ta-
massos zu den ältesten Kultusstätten. Ovid. Met. 10, 645.
quem (d. Gebiet v. Tamassos) mihi prisci Sacravere senes.
S. 83, unten. Wichtig für die Verbindung von Kypros mit Ar¬
kadien ist es ferner, dass Laodike ein Bild der sogenannten
Pap hi sehen Aphrodite nach Tegea von Paphos aus weiht,
wie man eine solche in Sardes und Pergamos hatte. Deme¬
ter und Kora, genannt xa^no(f6qoi, waren benachbart; inglei¬
chen Dionysos. Paus. 8, 63, 3.
673
85, Z. 18. 1. Argiver.
S. 89, Z. 19. 1. nie Menschen geopfert hätten.
S. 95, Z. 14. 1. Hesiodos f. Hesychios.
S. 95, Z. 25. 1. kleine.
S. 95, Z. 27. Göttin f. Gattin.
S. 97, Z. 18. Ein solches heiliges Gebiet der Göttin und Tem¬
pelgut lässt sich mit einiger .Sicherheit auch von Tainassos
angeben. Ovid. Met. 10, 645. Est ager, indigenae Tama-
seum nomine Teiluris Cypriae pars optima: quem mihi prisci
Sacravere sehes, templisque accedere dotem Hane jussere
meis.
S. 105, Z. 2. 1. Band f. Land.
S. 107, Z. 8. 1. nochmaligen für nachmaligen.
S. 113, Z. 18. 1. Mariandyeern.
S. 121, Z. 1. T. u. 1. Echeloos.
S. 122, Z. 21. 1. Zoilos.
S. 126, Z. 13 1. er f. es.
S. 1.30, Z. 6. 1. Melos.
S. 130, Z. 1. V. u. 1. Kelenderis.
S. 132, Z. 2. Kekrops f. Kepros.
S. 142, Z, 2. 1. Bedeutung.
S. 142, Z. 17. 1. Hierodulie f. Hierodulin.
S. 146, Z. 3. 1. wagte den Ort zu bewegen.
8. 156, Z. 11. Einzuschalten: Es beruht also nur auf einer Ver¬
wechselung, was Porphyrios Htqi 1, 14
von den Kypriern berichtet. Nachdem er gesagt: die Grie¬
chen ässen die Schweine, fährt er fort: ‘^^olvtxsi Je xal ’lov-
Julov dnie/oi'ro, Sn ov d” elco? ip tols TonmS Itpvsto’ inti ovJs vvp
ip AlS^Ktnia (f aclp o^atfd-ett ro ^aop wvm. w? olop WfÄTjlop ^ eks-
q‘apja ‘EkkrjVbiP ovJtk d-tols eS-vffep, netq’ oßop ovJ’ ^peyteer ^ El¬
las lavra m fw« , ovrms ovJ“ ip Kvn^m ^ 4>mpiiCff 9-tois
TO ^Mop wvTo, nag’ oaop ov'd irtimop. oMs Alymtnm 9to2s 9-6-
mcip vp naga j^p avTfjP alnap' ro d'olms ■dmyia9-ai' rov fwow »-
rds, o/uoiop ianv rm /xi] J’ uv ^f{as i9il7fi(u xufi^h« ied-ktp. Ich
führe diese Stelle hier ausführlich an, damit man urtheilen
möge, ob es wahr sei, was Movers Phönizier S. 218 hier¬
aus folgert : dass die Kyprier keine Schweine gegessen hätten.
Ich finde hierin nur, dass man „in Kypros oder Phönikien den
Göttern keine Schweine dargebracht habe.“ Von Phönikien
mag es wahr sein, von Kypros aber nicht, Porphyrios selbst
43
671
1
stellt ein ^ dazwischen, zum Zeichen, dass ihm die Sache
nicht klar gewesen sei. Die Enthaltung gewisser Thiere bei |
verschiedenen Völkern erklärt er jedes Mal daraus, dass sie
bei ihnen nicht vorhanden gewesen. Es ist aber umgekehrt.
S. 162, Z. 16 1. die selbst f. dieselben.
S. 163. Anm. 94. Aphrod. unter d. Mainaden s. Otfr. Müller
Archäolog. §. 374. 3.
S. 166, Z. 15. 1. Gnathaina.
S. 166. Anm 7. Man vgl. die Benennung des deutschen Weines
Liebfrauenmilch, eig. Milch unserer lieben Frauen. '
S. 167, Z. 2. V. u. 1. an jene.
S. 170, Z 2. streiche: feiernde.
S. 171, Z 3. 1. errichtet f. reicht.
S. 171, Z. 6. 1 Philainis.
S. 171, Z. 2. V. u. 1. dadurch dass f. wenn.
S. 175, Z. 15. 1. nun f. nur. l
S. 190, Z. 1. V, u. 1. von Hippomenes getäuscht und besiegt ward. |
S. 194, Note- 7. 1. Festus unter Coquus. '
S. 203, Z. 2. Helios und Aphrodite finden sich auch zu t
Thalamai in Lakonien beisammen. Paus. 3, 26, 1.
S. 203 Z. 6. Zu Patrai in Achaia stand nicht weit von Posei¬
don ein Heiligthum der Aphrodite. Beim Hafen standen ^
Ares und Apollon; daran befand sich ein Temenos der
Aphrodite. Im Haine standen ein Paar Tempel des Apol¬
lon und der Aphrodite. Wir finden also hier als neue
Beisizer der Aphrodite Poseidon und Apollon. Paus. 7, 21,4.
S. 203, Z. 13. D i on y so s und Aphrodite Melainis bei Me-
langeia in Arkadien. Paus. 8, 6. 2.
S. 207, Z. 15. 1. von Dodona nach Paphos.
S, 211. Note 48. hinziizuf. Koluthos V. 159. no»o>v oit
oWa-yti yuQ ßuHtmu |
S. 224, Note 90. Serv. z. Virg. Aen. 8, 389. ideoVulcanus ma- |
ritus fingitur Veneris, quod Venerium officium non nisi calore ^
coiistitit. Arnob. 3, 27. Venus amoris flammas, sicut perhi- w
betis et creditis, cogitationibus subdit humanis. ^ ,
S. 240, Z. 9. Hierher muss auch die Aphrodite Symmachia i
in Mantinea gerechnet werden, denn es ist eine Göttin, welche i
Kraft und Sieg durch Ordnung und tüchtiges Zusammemvir- ^
ken verleiht. Paus. 8, 9, 3. j.
S. 240, Z. 2, V. u. So stand eine Aphrodite zu Tegea auf dem P
Markte. Paus. 8, 48, 1.
675
S. 253, Note 71. Im Epigram de.s üiigeii: Jakobs. .4usw. 1, 5<l,
weiht eine Thessaliei-in der Aphr. einen Zauberkreisel.
"i«y| 4 Ntxovs, ^ t.ttl f^H'.nömoi' 'ilxtip
«*'(!(>« X€(i ix 9-aldiÄtap natifas inusmfiipii,
XQtxf*? notxdd^tieaj Aavyiog i'§ üf.itS-iavov
ylvnr^, aot xfma, K.mQi, tfilov xukpop
no^if VQttjg dyivou fialaxy rqtyt fiiaau dtS-M.a,
T^g MiQUfcedtjS iflvm ifttQfiaxidhs.
S. 257, Z. I. 1. Areion f. Arnion.
S. 259, Z, 7. V. u. 1. den damaligeij.
S. 261, Z. 1. Auf dem Haupte hatte die Nemesis eiiica Kranz,
in Melchern Hirsche und kleine Mkebilder eingefasst waren;
i in der einen Hand hielt sie einen Zweig eines Apfelbaums,
in der Rechten eine Schaale. Di^se hatte keine Flügel, aber
die beiden Nemissen zu Smyrna, welche waturscheinlich von
hier stammten und die heiligsten Gottheiten der Sta# waren,
hatten Flügel. Diese gab man ihr wie dem Eros, well man
' meinte, dass sie sich vorzüglich in der Liebe wirksam zeige.
So Pausan. I, 33, 7. Suidas: '‘Pafipoiom WififSiS’ ‘Iif^ägato
\ dt avT^p "“Eqfx&tvs fdijrtQfc iaviov ovßuv. VgL Hesy ^h, und im
Allg. Welker in Zoegas Abhdlgen S. 417,
S. 263, Z. 14. 1. knüpfen sich wieder u. s. w.
S, 267, Z. 13. Sicher kann man annehmen, dass di& Aphro¬
dite ifftßnos eine Gottheit war, welche Sühnopfer erhielt:
eine Schirmherrin Rechte des Haiises und des Heerdes,
So wurde sie zu Artaka neben Kyzikos, verehrt, und steht dem
Zeus (Otfr. Müller Eumeniden S, 147) zur Seite,
wie man die mit dem Zeus ^imog vergleichen kann,
i S. 269, Z. 8. Wasserreinigungen wurden ganz besonders
I im Flusse Selemno.s bei Patrai in Achaia vorgenommen. Der
schöne Knabe Selemnos wird von Liebesgram um die schöne
Wassernymphe Argyra verzehrt. Aphr. verw'andelt ihn nach
I seinem Tode in einen Fluss. Da er aber auch noch nicht als
solcher seine untreue Geliebte vergessen konnte, so schenkte
sie dem Flusse die Kraft Argyra zu vergessen. Das Wasser
des Selemnos diente aber den Männern und Frauen als Heil-
I mittel der Liebe^ und wenn sie sich in dem Flusse badeten,
wurde ihnen Vergessen der Liebe und Genesung zu Theü.
ü* dt fxixtanp dkijdtlag im koyrn, u/MMTtQOP XQ>ifiÜTüßv nokkmp ißnv
üvd^Mnon th rdiop xw StUfivov. Paus. 7, 23, 2.
43 *
676
S. 273, Z. 2. V. u. 1. Bakis. ^
8, 279, Note 208. Ich sehe zu spät, dass meine Verbesserung
des Apollon ’Eq19ws in ’Egvnßws anf Kypros bereits von Otfr.
Müller unter s. Zusäzen zu den Doriern in den Prolegom, zur
Mythol, S. 417 (zu S. 231 der Dor.) gemacht ist.
S. 287, Z. 14. Zu Patrai Aphrodite mit Poseidon verbunden. S.
Zus. zu S. 203, 6.
S. 293, Z. 18. 1.
S. 294, Z. 4. V. u. Ein solcher heiliger Hain der Aphrodite be¬
fand sich auf dem Wege von Psophis nach Thelpusa in Ar¬
kadien.
S. 297, Z. 16. Als Göttin der Viehzucht und des Akkerbaues nährt
Aphrodite die Töchter des Pandareos mit Käse, Wein und
Honig. Odyssee 20, 66 ff.
S. 300, Z. 10. hinter Mutter ein Komma.
S. 320, Z. 4. 1. einen göttlichen Ursprung anzueignen.
S. 329. Note 360. hinter „aller“ ein Komma zu sezen.
S. 330, Z. 7. Odyss. 20, 66 ff. geht Aphrod. in den Olymp und
fleht zu Zeus, dass er den Frauen Männer geben möge. ,
S. 342. Note 398. 1. 7, 455.
S. 344, Z. 17. Geppert. üeber den ürspr. der homer. Ge¬
sänge 1. S. 124 Note f. bemerkt, dies sei ein Band der Aphro¬
dite gewesen, kein Gürtel, denn Hom. II. 14, 214 nenne es
tfids und nicht fan'f Deshalb löse es Aphr. von ihrer Brust
und reiche es der Hera, welche einen Gürtel bereits habe.
S. 356, Z. 10. vgl. den Zus. z. S. 460, 11. Sonst bestanden die
Gaben an ihre Günstlinge in den Reizen der Gestalt und der
Kleidung.
S. 376, Z. 2. 1. wären.
S. 377, Z. 3. 1. sich verging.
S. 382, Z. 14. 1. sittlichen f. sinnlichen.
ebd.* Note 519. die puellae vulgares beten zur Aphr. des Ge¬
winnes halber. Ov. fästi 4, 865.
S. 384, Z. 14. 1. Priapos.
S 392 Z. 18. 1- eine Pandemos in unsittlicher Auffassung.
S. 393, Z. 1. 1- auch in f. auf.
S. 400, Z. 8. I. gilt f. zählt.
S. 402, Anm. 593. Da Eros wie Aphr. (S. 268) ein Vergessen
der Liebe bereitet, so heisst er bei Ovid. Rem. am. 54»
Lethaeus Amor.
677
Est prope Collinam templum venerabii© portaön
Iiüposuit templo nomina celsus Eryx.
Est illic Lethaeus Amorj qui pectora sanat.
In quo suas gelidam lampadas addit aquairt.
Illic et juvenes votis oblivia poscunt,
Etsi qua est duro capta puella virö.
S. d06, Z. 9. 1. Eroten.
S. 423, Z. 15. 1. Burggöttin.
S. 433. Die in diesem Abschn. fehlenden Zitate wird man leicht
im vorhergehenden auffinden können. Der üeberfüliung we¬
gen habe ich selten ein Zitat mehr als einmal angezogen.
S. 452, Z. 5. 1. beide Male er f. sie.
S. 457, Z. 15. 1. der Rhadine.
S. 460, Z. II. 11. 3, 401. fragt Helena die Aphr. mit Unwillen,
ob sie sie noch weiter nach Phrygien oder Mäonien führen
wolle, wenn auch dort etwa noch ein Liebling ihre Gunst
hesässe.
.S. 464, Z 7. 1. Ainete.
S. 465, Z. 7. 1. Götter.
S. 4H1, Z. 3. 1. Pythioniko.
S. 485, Z. 21, 1. Handelslage.
ebd. Z. 5. V. u. Dieser Saz Ist dahin zu verbessern, dass die
Hierodulen der Aphr. tmlQu in Athen und die davon abgelei¬
teten Kulte in Kleinasien wenig verschieden von den korin¬
thischen gewesen sein mögen. Wenn man auch die Bordelle
unter den Schuz der Aphr. stellte, und sie Tempel der Aphr.
nannte, so dürfen sie uns, und vom Standpunkt des Kultus
aus, doch nicht für wirkliche Tempel der Aphr. gelten.
S. 509, Z. l. v. u. und 510, Z. 1. I. Hypsipyle.
8. 512, Z. 13. 1. wie Apollon in Delphi.
8. 537, Z. 9. 1. «dwwdf*»»'.
8. 539, Anm. 3. Z. 13. 1. und zweifelhaft für unzweifelhaft.
8. 543, Z. 5. 1. auf f. auch.
8. 551, Z. 11. 1, mythisch f. mystisch.
8. 553, Z. 11. streich er.
8. 5.58, Anm. 53. Z. 8. 1. dass es der Mutter. Zeile 10. 1. dass
es endlich ganz nach Kypros gehört u, s. w.
8. 572, Anm. 77, Z. 3. 1. Cinyreia.
8. 589, Z. 9. 1. jenem L jedem.
8. 599, Z. 14. 1. in f. und.
678
S. 601. Movers Phönizier 1 S. 545. meint der Name de* Ad. ^
G alias hange mit ’/kw zusammen und wäre durch unrichtige
Rede- oder Sprachweise mit 'lavctg verwechselt.
S. 617, unten. Die engen Kultusbeziehungen Attikas mit
pros, namentlich so weit sie den Siihnkult des Apollon und
die Mythen der Eos betreffen, gehen auch noch aus folg.
Glosse des Hesychios hervor. &oqixos: r/js Jixafiav-
jitfos (avofiäod'ri dt ano QoqIxov KvtiqIov. Thorikos an der
südöstlichen Küste Attikas besass Apollonkult , und Kephalos
wohnte hier; seine Nachkommen aber, die Kephaliden, halten
erbliche Gentilsakra des Gottes. Nun gründet Kephalos auch
auf dem V. G. Leukatas d. Heiligthum des Ap. und die leu-
kadischen, den Thargelien ähnliche Sühngebräuche, kommen
durch Verkehr mit Kypros nach diesem Eilande. Wie Leukas
Verkehr mit Kypros pflog, so muss es noch mehr und früher
Thorikos gethan haben, und zwar in einem solchen Grade,
•dass durch Rükkwirkungen der Stadtheros Thorikos ein Ky-
prier wurde. — Thorikos gehörte zur Phyle Akamantis. Diese
hatte aber einen grossen Theil der attischen .Ansiedler nach
Ky^pros gesendet und durch sie müssen also auch die in Rede
stehenden Kulte und Mythen vorzugsweise nach Ky-pros ge-
bracht sein; und ebenso wahrscheinlich ist es, dass aus dem
Demos Thorikos selbst Ansiedler nach Kypros gegangen sind.
Thorikos hatte viel Seeverkehr, namentlich auch nach Kreta
hin. (Dieser Nachtr. gilt zugleich als Zusaz zu 1, 221.)
Zum ersten Theil,
S. 111, Z. 1». 1. Vorarbeiten.
S. IV, Z. 20. 1. Viele kummervollen Herzens.
S. Vll, Z. 9. v. u. l. italischen.
S. IX, V. u. 1. W'erkstükken f. Werkstätten.
S. 45. Die Bemerkung Note 5. soll nicht heissen, als wenn ich
den dort angeführten Gelehrten für alles, was von mir auf
den Erzbau und die Erze Bezügliche gesagt ist, verantwort¬
lich machen wollte.
S. 47, Z. 4. coXoiTvnos. Die gewöhnliche Erkl. von oökof s. V. als
fÄvdQog ist vielleicht die richtigere.
S. 220. vgl. den Zusaz zu 2, 647.
Register
über di© vorzüglichsten Namen.
Ä.
Abobas Ad. 2, 557,
' Axawjuäyms 2, J04,
Adonis 209. 2, 13. 18. Absch. 6.
Ad. im Verhältniss z. Hera¬
kles u. Apollon. 577. 606 ff
Ad. xi(Jis 600. ‘Iraios, Gauas,
Ilvyfialuiv ^’tQtxkl^g ebd. Ad.
z^j7lo^ 548 ff. Ad. Fl. 38 Ado-
nien Zt. der Feier 559 ff.
Aeria N. v. K. 16. Aerias König
16. 209. 2, 101.
Aerosa N. v, K- 16.
Aetit 55.
Aphrodisia N. v. K. 17.
Aphrodision St. auf K. 83.
Aphrodisias in Karien 2, 177.
Aphrodite landet auf K. 2, 43. 69.
in Paphos geb. u. begr. 2, 75.
Aphr. Athene 198 ff. Aphr.
Demeter 198. Aphr. Hera
241. 369. Aphr. ini d^akfleafj
203. Aphr. Moira 211. 236.
259. Beisizer Ares 203. 207
ff. bis 217. 256 ff. 478, Bll.
Beis. Dionysos 203. 206. 502
u. Nachtr. Beis. Helios 2Ö3
u. Nachtr, Hephaistos 203.
217 bis 224. Hermes 224 ff.
Phaethon 202. Zeus 204. 217.
240r 241. 285. Aphr. Rettungs¬
gottheit. Kampf mit d. Gigan¬
ten 237 ff- Begründerin bür¬
gerlicher Ordnungen 240.
Höhlengotth. 246. 296. See¬
lengeleiterin 251. bei den
phryg. 1yd. Völkern 310 ff.
Aineias 267. 298 ff Akidalia
'476 dxQula 145. 286. Ambo-
logera 334. upJqofovos 264,
üpMa 293. Anneta .359. an-
iiosia 169. 264. üotia Kriegsg.
209 ff. aQXttla 197. 512. Ar-
gennis 476. dnoßi^oqla 362.
Automate 284. 380. bärtig;
Aphroditos 227. ßmämts 290.
ß^v/la 284. calva 272. cloa-
cina 270. cunina 328. decens
369 Ifxms 214. Ehegöttin
329 ff. 332. ip i'kii, ip xakd-
fioig 287. 295. Ti^.lnnxoog 358.
377. immqwfla 363.
initQayia 361. Epidaetia 380.
Anm. 514. Grabaphr.
243. Erinnys 254 ff. imlQu
680
378 ff. i'fioTwi 2G'l- Nachtr.
464. ifftnms 289. tuxKt^noQ 290.
258. ivTilola 282. so-
<fqmv 258. 377. ijrnöO'M-
Qos 290. ^sl(>'(xif}oS 290. SHfitivt]
248. gefischt 239. 287. Gene-
tyllis 328. Genitrix 21(i 335.
golden 327. Hades 243. Ha-
fengöttin, üvut^vofxivyj, yalemt»;,
itjUtw«, nti-ayl«, novüci 282 ff
iv xtjno^c; 295 ff. 379. xamaxo~
nla 351. 359. KmUus, xwlüins
.329. xovQoT^öif os 328. ka9Qk(,
furtiva 377. fiai>dQuyoQlm2h2.
Melainis 264. ^(Uri}g 259. Mi-
gonitis 498. Mimnermia oder
Meminia 345. fttj^avlne 360.
Morpho 247. 369. Myrtea,
Murcia 272. ^otyki 389. fAvyla
369. Nemesis 261. 501. Nym¬
phe 242. 267. Pandemos
280. 360 ff. naQctxvnwvßa 359.
ntQißaakf u. 389. Per»
sithea 331. nÖQt'r; 378. pro-
spiciens 352. Salacia 534.
schwarz 259. Siegerin,
tf'hqog 213. paeta 358.
cyolytS 358. TQV.uullng 389. rvfi-
ßioQvyos 243. Urania 360 ff.
Verticordia 367. Victrix 217.
Zerinthia 296.
Agamemnon 228.
Ägapenor 225. 2, 80.
Agesilaos Feldh. des Antigonos
363.
Ägetor 2, 103.
Agias 414.
Agoranomoa 482.
Agriope 2, 124.
Aegyi>tischer Einfluss auf K.
Aegyptens Oberhoheit über ^
K. 249 ff. Kult 2, 87 ff.
Agyris König 300.
Aiginomos 192. 2, 134.
Aipeia St. auf K. 75.
Akamas Heros 217. Berg. 72
35. Akaraantis N. v. K. 17. s.
Nachtr. zu 2, 647.
Akesas 513 u. Nachtr-
Akoris 311.
Akra St auf K. 156.
Akragas St. auf K. 156.
Alaun 55.
Alexandrien St. auf K. 74.
Alexandros Geschichtschr. 4.
702. 2, 73.
Aledros 220.
Alkathoos 192.
Araainassos 1 19.
Amasis 252 ff.
Amathus 44. 112. Gesch. 171
232. 228. 266. 270. 296. Verf.
479. Kult 2, 59. 76 ii öfter.
Amathusa 2, 124.
Amathusia N. v. K. 17.
Ammochostos 94.
Amyke 210.
Amyrtaios 278.
Anagogien 2, 158,
Anakten 475.
Anaxagoras v. Soli 297.
Anaxarchos 498.
Androkles v. Amathus 352.
Andromachos 413.
Ankyra-523.
Antalkidas 304.
Antigonos 360. 370.
Antiochien , Kyprier daselbst
240.
. Aoo8 Berg 35. Fl. 38. König
681
209, 2, 569. ’Jcoo?2, 119. 123;
vgl. Absch. 6 u. 7.
«oto» Bäume der Aphr. 558.
Aepfel 2, 190.
Apollodoros v. Kition 713.
Apollonides 715.
Apollonios V. Kition 714.
Apollon 2, 112. Apollinische
Sühnung 267. 667. 279. Absch.
V. Apollon.
Apries 251 ff.
Archias 416.
Arclielaos 704.
Argyra 2, 601,
Argiver 222. 229. 230. Argivi-
scher Kult auf K, 2, 80 ff.
503 und sonst,
Argos St. auf K. 156,
Argaios 368.
Ariadne 2, 658.
Aristarchos 419.
Aristides 274.
Aristokreon 695.
Aristokratie 469 ff. 493.
Ariston 400. Pyth. Sieger 509.
Aristokles 715.
Aristo s 707.
Aristokypros von Soli 269.
Aristophaaes v. Athen 302.
Arkader 225. Arkad. Kult auf
K. 2, 80 ff. 503 ff. u. sonst
Arkeophon 499.
Arsinoe St. auf. K. 73. 97. 136 ff.
Tochter des Nikokreon 357.
499.
Artabazos 279.
Artaxerxes 296. 345.
Asbest 55.
Asklepiades 5.
Aspeiia N. v. K. 17.
Asine 158. .224.
Askalon 2, 13.
Asse 46.
Astarte 2, 11 u. Absch. 5,
Astyiiomos 6.
Asteria T. des Teukros 215.
“jtßif'aS Volk auf K. 23.
Athener auf K. 275 ff.
Aethiopier auf K. 254.
Autophradates 301.
Axiothea.289, 48JJ.
B.
Baal, Baaitis, 2, 11. 67.
Belos 209.
Bilder der Aphr. 2, 139.
Blumenfest 2, 163.
Böotischer Kult auf K. 2, 84 ff.
Bokaros Fl. 37. 126.
Bökke geopfert 2* 154. 361.
Bole 39.
Boosura 120.
Braisia 2, 127.
Brutus 441. 449.
Bule 482. 484.
Busüris 182. 698. 2, 89 ff.
9
C. Ch.
Cato auf. K,. 436.
Chabrias 303.
Chaireas 431.
Chalkanor 209.
Chersis v. Salamis 265.
Chrysophrys 2, 186.
Chytroi 147. 232.
Chytros 220.
682
Clodius 436.
Colinia N, v. K. 18.
D.
Dades V. Q. 99.
Dagon 2, 12.
Daktylen 194.
Darius Hystaspes 242.
Deimos 2, 223.
Deinomenes v, Gela stammt
aus K. 243.
Demeterkult 480. 2, 653.
Demetrios Geschichtschr. 6, 708.
Demetrios Feldli. 371 ff.
Demetrios S. d. Philodoros 715.
Demonassa 488.
Demonoos K. v. Paphos 272.
Democharos 707.
Demonax 712.
Demos 482. 484.
I Demonikos 325. 696.
Delfin 2, 186. 288.
Derketo 2, 10. 12.
Diamant 54.
Diagoras 714.
Dido 2, 66.
Dionia St. auf K. 156,
Dione 2, 35. 72.
Dinaretum 88.
Dionysios v. Sizilien 302.
Dionysos s. Aphr. u. d. Absch.
V. Dionysos 2, 654.
Diphilos K. 716.
Diphryge 48 ff.
Dioskorides 712.
Dodona 2, 35 ff.
Dorion 497.
Drebhals 2, 185.
Drepanoa V. G. 120.
Eirene T. des Ptol. Lagi 361.
Eisen 53.
Elaia V. G. 89.
Elatos 226.
Elmaion, St. auf K. 157.
Elulaios V. Tyros 247.
Endeides 2, 126.
Eos 2, 131 ff. 645 ff.
Eratosthenes, Geschichtschr- v.
Amathus 10.
Erdbeben 39. 124. 91.
Erember 236.
Erystheia 119.
Epidaron St. 1.57.
Eurymedon 2, 124.
Eryx 2, 152, 158,
Esel 2. 385.
Euagon 22.
Euagoras 1. 286 bis 329. Eua-
goras 2, 325. 244. 346.
Eudemos 712.
Euelthon K. v. Salamis 263.
Eulalios 714.
Eune T. des Kinyras 215. 2,
125.
Eunoraos 302.
Eunostos y. Soli 361.
Euklos 596.
Europa 2, 53,
Euryptolemos 192, 2, 134.
F. Ph.
Fabel kyprische 687.
Phaethon 2, 644 ff.
Famagosta 95.
ß83
Phaleros 2T9 ff.
Pharnakos 3, 123.
Philaon 272.
Philios 7 1.“».
Philoloas 713.
Philokrates 303.
Philokypros 257.
Philostephanos Feldh, 427.
Pheidippos 228.
I Feuerreinigiing 2, 266.
Flöte 191. 2, 17. 165. 114.
! Phokion 346.
Phöniker 165 ff.
Phrasios Wahrs. 182. 698, 2, 90.
Fremdenopfer 2, 68.
Phobos 223.
I Phrurion, V. G. 119.
Phryger auf K. 186 ff. 2, 15 ff,
G.
2, 167.
Gans 2, 185. 2a3.
Gärten 2, 190. die heiligen 1.36.
Geistige Bildung 594.
Gerandron St. auf K. 157.
Gergithier 239. 474»
Gerusia 481.
Geseze 486.
Gewerbe 510.
I Gingres 2, 110 ff. 612 ff.
Gold 54.
Golgoi St. 145 ff. Kult 2, 81.
Golgos 227.
Gordias v. Chytri 363.
Gordia.s Heros 2, .321.
Gorgos K. V. Salamis 265. 272.
Grammateus 484.
Gymnasiarch 482. 508. Gymn.
Spiele 2, 178.
If.
Haine 2, 162. 294.
Handel 516,
Harmonia 2, 51. 85. 223.
Hasen 2, 185. 155.
Helena 2, 261.
Hermaphroditos 2, 227 Herma-
phrodisien 2, 207.
Hetären 2, 167.
Helios 2, 222. s, Äphr.
Hegesander 704.
Hegcsias 603. 680.
Hekatomnos 301«
Helikon 51.3.
Hellanikos 6.
Hemikypron 521.
Herakleides olymp. Sieger 509.
Hermeias Dichter 683.
Hermesianax 705.
Hermias K. v. Kypros 56. 716.
Hesiodos über d. Aphr. 2, 26 ff,
Heuschrekken 70.
Hierodulen 2, 14. 142 ff.
Hipponikos 326. 695.
Hiram K. v. Tyros 246.
Homer 597 ff. über die Aphr
2, 24 ff. 31.
Hybristika 2, 174.
Hymenaios 2, 335.
Hysterien 2, 157.
I.
Idalion 153. Idalischer Berg¬
wald 35.
Jason Lehrer der ßingschule
508.
684
. ! -
Idol ZU Paphos 2, 136 ff.
«Ionier mit den Kypriern im
Blinde 267.
Isigonos 706.
Isokrates 331 ff.
Istros Geschichtschr. 7.
K,
Kadmia 45. 47.
Kadmos 2, 50 ff.
Kalamos, ein Maass 622.
Kallikrates .368.
Kallinusa V. G. 74.
Kallippos, Erzpriester 420.
Kambyses 260.
Karer auf K. 199 ff.
Karpasia, St. auf K. 83. 174.
r.aqimats 2, 16.3.
Kastnia, Aphr. 2, 156.
Katagogien 2, 158.
Kekrops 183. 2, 130.
Kenchrejs 2, 126. 565.
Kentauren 2, 72.
Kephalos 2, 648.
Kepheus 221.
Kerastis N. v. K. 18.
Kerkuren 517.
Kermia, St auf K. 77, 158.
Kerynia, St. auf K. 80. 222.
Kimon 275 ff.
KinjTas 169. 477. 203 ff. 2, 94
ff. 274. 333.
Kiliker 177.
Kinyrela, St. auf K. 167.
Kitia 210. 240. 245. 2, 134.
Kition 12. 13. 100 ff. 168. 296.
367. 550. Wissensch. Leben
713. Kult 173. 278. 2, 59,
Kittim 12. 165.
Klarios Fl. 38.
Klearohos 708.
Kleon, Dichter 682.
Kleides Ins. 88.
Knidos, St. auf K. 157,
Königreiche 36. 231, 469.
Konon 294 ff.
Korinth 2, 148.
Korion, Berg 189.
Koronitis 81. ‘
Korybanten 189 ff. !
Kremaseia 157, I
Kiesion, St. auf K. 158. 201.
Kreter auf K. 199 ff.
Krommyon 44. 77.
Krösos 259. 322.
Kryptos N. v. K. 20.
Kuchen, Opferk. 2, 158.
Kupfer 42 ff.
Kureten 189 ff.
Kureus 2, 124. «,
Kurion 44. 118. Kurias 117.
Kunst 513.
Kuppler 2, 163.
Kyanos 53.
Kybele 2, 16.
Kyme, Kyprier das. 240.
Kypros 13. Staude 64, Nilei-
land 186. 254. Maass 521.
Münze 523. Kypros unter d.
Ptolemäern 389 ff. K. röni.
Provinz 447. 458. Kyprische
Kriege gegen Persien 264 ff.
Ky^irische Inseln 244,
Kyprien, d. Gedicht 596 ff. 2,
176.
Kyprinos 2, 186.
Kypris, Name 2, 61.
Kypranor v. Soli 254.
685
Kyrene, St anf K. 158.
Kythera, St. auf K. 154.
Kytiieier 224.
L.
Lakedaimon, St auf K. 158.
Lamieus Statthalter 413.
Laodike 226.
Laogora 2, 127.
Lapathos Fl. 37. Stadt 78. 174.
222. 364. 507.
Larnika 58.
Latium 2, 153.
Lattich 62.
Lathyros 422 ff.
Ledron 152.
Leiturgien 482.
Lemnos 2, 158.
Lentulus, Prokonsul 447.
Lepis 48.
Leto, Gern, des Euag. 326.
Leukolla, Hafen 97.
Leukosia 150.
h,ßavo)i6s 2, 151.
! Liber u. Libitina 2, 242. 302.
I Lieder 2, 164.
Lilie 2, 192.
Limasol, Limisso Ul. 116.
Limenia 77.
Linde 2, 192.
Lydien 187. im Bunde mit K.
259. Lyd. Tonart 683.
Lykos FL 37.
Lysias 302.
M.
Magierkunst der Kypr. 2, '66.
Mass und Gewicht 521.
Makärta, K v. K. 21. St. m.
Malika 2, 62. 67.
Marion 109. 23'2. 219.-364. 367.
Mamaor .56.
Meerhemchafifc der-K. 238.
Megabyzos 279.
Meionis N, v.' K. 21. 187. Mio-
nes. Meiones. ebd.
Melakteria 47.
Melankomas Feldk 421.
Melos 2, 128.
Memphitis 419.
Menedemos 498.
Menandros Schriftst. 7.
Menelaos 229. Brd. des Ptol.
365. 370. .397.
Mestor, ein Kjpr. 192. 2, 134.
Metharme 2, 119.
Messarea, Ebene 36.
Mirte 2, 187 ff. 245 ff.
Mirtenreinigung 270 ff,
Misy 47.
Mohn 2, 193.
Moira, Aphr. 2, 138. T. der
Myrrha 2, -565.
Münzen 522 ff.
Muschel 2, 186.
Musische Kämpfe 673. 2, 176 ff.
Myrikai St. 158.
Myrmidon 365.
N.
Naukratitischer Kranz 2, 172.
Naxischer .'Stein 67., ■
Nea in Troasi2, 152«
Nerites 2, 71,
Nikaner 409.
Nikanor oder Nikagoras 706.
I
686
Nikoldes, S. des Euagoras 322.
330 ff.
Nikokles von Soli 356.
Nikokles von Paphos .38.3.
Nikokreon 322, 354» 367 ff.
496 ff.
Nikophemos 304.
Nikosia 150.
Nithaphon v. Salamis 356.
Numenios 518.
o.
Oefen, Schmelzöfen 51.
Ophiusa N. v. K. 21.
Oele 66.
Olympos 33 ff.
Onesimos 711.
Onesilos v. Salamis 265. 270.
Orithyia 2, 122.
Opfer, bei d. Kypr. erfunden
2, 65.
Orsedike 2, 127.
’OtfTQaxk 2, 140.
Oxjporos 2, 127.
P.
Paideros 56.
Paion V. Amathus 11. 70b.
Palaiphatos, Geschichtschr. 7.
Palaiste, ein Maass 522.
Palamedes 665.
Palme 63.
Panakron, St. auf K. 158.
Paphianos v. Paphos 716.
Pannychis 2, 161.
Alt-Paphos 121 ff. 234 ff. Verf.
477. 483. Kult 2, 75 ff.
Neu - Paphos 135 ff. 140 ff
225.
Paphos, Herrscher 209.
Parabystos 503.
Paregoros 2, 322.
Pasikrates v. Kurion 352.
Pasikrates v. Soli 355.
Pasikypros v. Kition 353-
Pausanias 274.
Pausanias über Aphr. 2, 32.
Purpurissa (.\phr.) 2, 187.
Pedalion V. G. 98.
Pedios, Fl. 38.
Pegai 81.
Peiretboi 2, 127.
Peitho 2, 331.
Pelia 2, 128. j
Penthylos, K. v. Paphos 272. (.
nfQio^itc, Fest 2, 266.
Persaios 7 12. |
Perseus V. Paphos 226.
Persien erob. K. 257.
Pflanzen 58 ff. )
Platane 63.
Plieus, Fl. 38.
Pnytagoras 317. 352. , i
Polykleitos 365.
Polykrates, Rhetor. 696 ff. i
Polykrates, Statth. 403. > \
Pompholyx 48. 50. ij
Poseidippos 397. I
Poseidonische Sühne 2, 269. I
Praxagoras 397. ^
Praxandros 221. I
Praxippos v. Lapathos 367. |
Priapos 2, 384. |
Promalangen 474. ■
Pronoetes 482. i
Protagoras, S. des Euag. 31j
344.
687
I PsammeticB 2S0.
I Ptolem. Makron. Statth. 404.
I Prylis, Tanz. 191.
' Pygmalion 175. 209. 2, 119 ff.
1 376.
j| Pygmalion v. Kition 354. 364.
I 367.
| Pyinatos v. Kition 353.
Pyrites 49,
jlPythagoras 325. 344. 348.
I
fi
|;flebliiihner 2, 155. 185.
Jllioikos V. Amathus 303.
KÜnderopfer 2, 154. 159. 265.
299. 313.
^ingkampf, kyprischer 608,
^osen 2, 191.
* s.
S; Salamis 89 ff. Herrscher 210,
^ 240 ff. Schlacht 279. 393.
Ebene 36.
^ialmanassar 247,
Salpeter 38.
j,ialz 57.
i'Sandakos 2, 132.
rdni&oi, Fest 2, 163.
l ardelle 2, 186.
atrachos, Fl. 38. St. 158. 222.
chaafe 2, 155, 159. 263.
chiffbau 511.
chlangenmenschen 22. 69 ff.
I 2, 333.
childkröte 2, 361.
ichleifstein 57.
a
Schmeichler 474 ff. 500.
Schwäne 2, 184.
Schwalbe 2, 185. 371.
Schwefelreinigung 2, 266.
Schweine 2, 155. 183. 265. 315.
Selemnos, FL in Achaja 2,501.
675.
Selene, Fisch 70.
Seleukos 365. Statth. 420,
Semixamis 2, 9 ff.
Senat 481.
Serapion Statth. 457.
Sestos, kypr. St. 158.
Siedelung der Salaminier 212.
Siedelung der Athener 217. vgl.
Nachtr. zu 2, 647.
Siedelung der Lakedämonier 221.
Siedelung der Achäer ebd.
Siedelung der Argiver 222.
Siedelung der Dryoper 224.
Siedelung der Arkader 225.
Siedelung der Sikyonier 227.
Siedelung der Koer 228.
Siedelungen der Kyprier 239 ff.
Silb ergruben 63.
GtQß^voy 2, 158.
Siromos, K. v. Salamis 265.
Sittlichkeit 489 ff.
Sphekeia N. v. K. 23. Sphekes.
die Kypr.
Skaptius 449 ff.
Smaragd 55.
Soli 44. 47. 60. 63. 74 ff. 219.
256. 270.
Solon 254.
Sopatros v.' Paphos 684.
Sory 47.
Sostratos, Statth. 406.
Sperlinge 2, 185.
Spodion 48, 50,
44
Sprache 549 ff.
Staat u. Verf. v. K. 467 ff.
Stasanor K. v. Kurion 269.
Stasanor K, v. Soli 357. 360.
362.
Stasandros 358. 360. 362.
Stasinos 601 ff. 680.
Stasioikos v. Marion 364. 366.
Stiria, Insel 72.
Stratonikos, Kitharspieler 496.
Stypax, Erzgiesser 514.
Syennesis 714.
Sühnopfer 2, 156.
Synkellos 711.
T.
Tamassos 44. 149.
Tamiraden 178. 2, 101 ff.
Tänze 2, 164. 175.
Tharsos, N. des Landes 24. St.
auf K. 159.
Tauben 2, 180 ff. 2, 155.
Tegessos 159. f
Teichinen 196 ff.
Telos, Insel 243.
Tembros, St. auf K. 119.
Tetios, Fl. 37. 108.
Teretina, eine Phyle 485.
Tetradisten 2, 165.
Teukros 212. 473.
Thebischer Kult 2, 49 ff.
Theias 209. 123. s. Abschn. v.
Kinyras u. Ad.
Themison 400. Th. König 694.
Th. Feldh. 365.
Theodoros, Statth. 420.
Theopompos, Verf. eines kypr.
Ged. 10.
Thorikos, s. Nachtr. zu 2, 647.
Throdos, Berg 34.
Theten 485.
Thrasydaios, Eunuch 323.
Thronoi V. G. u. St. 99.
&v)la. Fest 2, 163.
Fest. ebd.
Timagoras v. Amathus 272.
Timios 456.
Timokreon 690.
Timomachos, Geschichtschr. 9.
Timonax v. Amathus 272.
Tiribazos 310.
Todtenopfer 2, 263.
Traumdeutungen 2, 205. 275.
Treta 120.
Trimethus 148.
Troas 2, 147.
Tychon 2, 387.
TjTrhia 44. Anm. 159.
V.
Urania, St. 87.
Volusius 447.
Verfassungen 467.
w.
Waizen 68.
Wallfahrten 2, 150.
Wasserhuhn 2, 185.
Wasserreiirigung 2 , 269. und
Nachtr.
Weberei 612.
Wein 66 ff.
W’einlose Opfer 2, 153. 258.
269. 371.
Weissagungen 2, 275 ff. W. aus
689
Schweinen erfinden die Ky-
prier 2, 66.
X.
Xenagoras Schriftst. über K. 9.
Xenophon Schriftst. über K, 9,
z.
Zaxoqla, Fest 2, 163.
Zedern 63.
Zephyrion V. G. 136.
Zenon 711.
Zenon, Arzt 714.
Zeus, s. Aphr. |mos 2, 68. 660.
und den Abschn. über Z,
Zoilos Pyth, Sieger 509.
Zoilos V. Paphos ebd.
Zoilos, Waffenschmied 611.
Zypressen 2, 192.
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Gedruckt bei C. Feister.
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