UNIVERSITY OF ILLINOIS
LIBRARY
Book Volume
Heyne Library 1909
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3
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Lebens
Dr. J. H.
-Erinnerungen
von
ß
von Hefner-Alteneck.
Unser Leben
Sei ein Streben
Nach Klarheit
Und nach Wahrheit.
München.
Kgl. Hofbuchdruckerci Kästner & Lossen.
1899.
in eincp Jpamilie,
meinen freunden und Jpachgenossen
gewidmet.
177831
Vorwort.
Schon in meinen jüngeren Jahren und noch viel-
mehr jetzt in meinem hohen Alter wurde ich oft und
dringend von Freunden und Bekannten aufgefordert,
meine Erlebnisse niederzuschreiben. Ich konnte mich
lange nicht dazu verstehen, da ich annehmen musste,
dass die Sache für Fernerstehende zu wenig Interesse
habe ; allein, durch mein eigenes Schaffen im Gebiete
der Kunst- und Kulturgeschichte sah ich immer mehr
ein, wie oft selbst unscheinbare Ereignisse im öffent-
lichen, wie im häuslichen Leben von Werth sind, um
von Zeit und Volksleben ein klares Bild zu geben.
Auch glaubte ich dabei doch Manches von Interesse
bieten zu können, weil ich in meinem Leben mit
Menschen aller Klassen, darunter auch mit solchen,
welche jetzt der Geschichte angehören , in Berühr-
ung kam.
Der erste Theil dieser Erinnerungen mag wohl
einigen Werth für diejenigen besitzen , welche für
Familienleben und den Zeitgeist am Schlüsse des
achtzehnten und am Beginne des neunzehnten Jahr-
hunderts sich interessiren.
Das Wesentliche aber dieser Aufzeichnungen ist
für jene berechnet , welche sich mit Studien der
Kunst und ihrer Geschichte befassen und die aus Be-
ruf oder Neigung Sammler von Kunstwerken sind.
Mögen diese Erinnerungen , die uns leider nicht
immer die Menschen im schönsten Lichte zeigen,
eine wohlwollende Aufnahme finden !
München, im Juli 1 899.
Dr. J. H. von Hefner- Alteneck.
Inhalts -V erzeichniss,
Seite
I. Meine Familie und deren Umgebung 1
II. Künstler in Mainz 12
III. Meine Kindheit 19
IV. Der Fürst Primas und seine Zeit 32
V. Das Schloss zu Aschaffenburg und die Geschmacks-
richtung am Ende des 18. und im Anfang unseres
Jahrhunderts 43
VI. Lehre und Selbstunterricht 48
VII. Reisen mit meinem Vater an den Rhein, nach
Wien, nach Offenburg. Freiburg und Strassburg . 69
VIII. Beginn und Fortsetzung meiner Berufsthätigkeit 84
IX. Meine Frau und deren Familie 91
X. Beginn meiner Werke 94
XI. Das Jahr 1848 108
XII. Die Burg Tannenberg 112
XIII. Die königliche Familie 116
XIV. Reise nach Berlin und Aufenthalt daselbst . . . 122
XV. Reise nach München und Niederlassung daselbst 139
XVI. Beginn des Nationalmuseums 151
XVII. Die königlichen vereinigten Sammlungen . . . 154
XVIII. Kunstbarbarei 156
XIX. Fürst Karl Anton von Hohenzollern 162
XX. Die Münsterkirche zu Kloster Heilsbronn . . . 167
XXI. Arbeit für das bayerische Nationalmuseum . . 179
XXII. Die Cholera 188
XXIII. Ostende und Brügge 193
XXIV. Fortschritt in der Museumsangelegenheit . . . 198
XXV. Brand des königlichen Hofbaustadels 200
XXVI. Reise mit glücklichem Erfolg 201
Seite
XXVII. Zeichnungen von Diirer in Bamberg 218
XXVIII. Die Frauenkirche in München 219
XXIX. Hohenaschau und Erwerbungen für das National-
museum 225
XXX. Drohende Gefahr 228
XXXI. Der Undank 230
XXXII. Aufenthalt in Köln, Antwerpen, Gent und Paris 231
XXXIII. Kupferstich- und Handzeichnungskabinet . . . 245
XXXIV. Künstlerfest in Weimar 258
XXXV. Tod des Königs Max II. und sein Nachfolger
Ludwig II 263
XXXVI. General-Conservator der Kunstdenkmale und Alter-
thümer Bayerns 267
XXXVII. Die Kunstgewerbemuseen zu Wien und Berlin . 2/7
XXXVIII. Ernennung zum Direktor des bayerischen National-
museums 281
XXXIX. Bauliche und menschliche Erbärmlichkeit . . . 284
XL. Zweck und Einrichtung des Nationalmuseums . 317
XLI. Das Jahr 1870 und die folgenden Jahre . . . 353
XLI1. Die Wiener Weltausstellung 1873 358
XL11I. Kaiser Friedrich und seine Gemahlin 361
XLIV. König Ludwig II 369
XLV. Ende, Schluss und Rückblick 372
Namen- und Ortsregister 381
Zusätze 404
I. Meine Familie und deren Umgebung.
Meine Voreltern gehörten einer alten bürgerlichen
Familie an , sie war in Mainz wie im Rheingau be-
gütert und leistete dem kurmainzischen Staate manche
Dienste, weshalb mehrere Mitglieder derselben in den
erblichen Adelstand erhoben wurden. — Mein Ur-
grossvater Johann, geboren 1674, erreichte das Alter
von 100 fahren, mein Grossvater Ludwig, geboren 1/25,
das Alter von 90 Jahren ; beide waren Rechtsgelehrte
und Hofräthe. Mein Vater Franz Ignaz Heinrich von
Hefner, früher grossherzoglich-Frankfurtischer, später
königlich-bayerischer Staatsrath, geboren zu Mainz
1756, in den erblichen bayerischen Adelstand er-
hoben 22. November 1814, starb zu Aschaffenburg
1846 im 90. Jahre als der letzte Kommandeur des
grossherzoglich Frankfurtischen Concordienordens.*)
Bei Auflösung des Kurfürstenthums zog er mit dem
letzten Kurfürsten Friedrich Karl Joseph, aus der
Familie der Freiherren von Erthal, von Mainz nach
Aschaffenburg , der kurfürstlichen Sommerresidenz
und verblieb daselbst unter dem Fürstprimas Karl von
Dalberg, dem späteren Grossherzog von Frankfurt.
Meine Mutter Margarethe, geborene Göbhardt, war
die letzte Erbin der alten Göbhardt’schen Buchhand-
*) Vergl, : Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst.
Dritte Folge. Bd. 1. Frankfurt 1891. 8°. Seite 12.
1
2
lung zu Bamberg und jener zu Würzburg, sie starb
1825. Ich bin geboren den 20. Mai 1811 zu Aschaffen-
burg; aus der Taufe hob mich mein Grossonkel. Heinrich
Göbhardt, geboren zu Bamberg 1742, der letzte Abt
von Bronnbach in Baden bei Wertheim,*) der nach
Aufhebung des Klosters in Bamberg 1816 gestorben ist.
Bei meiner Taufe vertrat ihn mein Onkel Jakob Hefner,
welcher nach einem Schreiben des letzten Kurfürsten
Friedrich Karl, das ich noch besitze, i. J. 1800 zum
„Stabskapitän wegen seiner geleisteten Dienste“ ernannt
wurde. Alan rief mich, nach damaliger Sitte, Jacques
Henri, was mir in der Jugend öfter Verdruss bereitete,
denn die Dienst- und andere Leute nannten mich
„Schackeri“; jetzt heisse ich Jakob Heinrich. Den
Beinamen „Alteneck“ erhielt ich erst 1856 für mich
und meine Nachkommen durch König Maximilian II.
zur Verhütung störender Namensverwechslung.
Es waren mir schon vier Geschwister voraus-
gegangen, welche ich überlebte, mein ältester Bruder
Ludwig, königlich bayerischer Ulanenlieutenant, meine
ältere Schwester Philippine starb in jungen Jahren,
die zweite Margaretha war mit Freiherrn von Sensburg,
die jüngere Therese mit Forstmeister Dr. Daniel Ernst
Alüller vermählt; alle übten, so weit es Alter und Ver-
hältnisse zuliessen, Zeichnen und Malen, besonders
Therese wurde eine geschickte Landschaftsmalerin.
*) „Am 30. April 1803 verliess Göbhardt. der 52. und letzte
Abt von Bronnbach die altehrwürdige Stätte im Taubergrund. ‘‘
Siehe: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden. IV, 1. Kreis
Mosbach, Amtsbezirk Wertheim, bearbeitet von Adolf von Oechel-
häuser. Freiburg 1896. 8°. Seite 22.
3
Auf einen älteren Bruder meines Vaters , den
kaiserlichen Rath Peter Joseph von Hefner, und auf
den jüngeren Jakob, kurmainzischen Ingenieur-PIaupt-
mann, komme ich später noch zu sprechen.
Was ich von meinen Gross- und Urgrosseltern
sagen kann, beruht auf Notizen von der Hand meines
Grossvaters, und besonders auf dem, was ich von
meinem Vater und älteren Verwandten vernommen habe.
Meine Grosseltern, wie schon deren Eltern, zogen
gewöhnlich mit Familie im Herbst zur Weinlese von
Mainz nach Geisenheim am Rhein, wo sie ein Haus
mit grossem Weingarten und einen Theil des berühmten
Rothenberg besassen. — Das Familienleben daselbst
war, ungeachtet der Nachwehen des dreissigjährigen
und des noch wüthenden siebenjährigen Krieges, ein
patriarchalisches, gemüthliches und heiteres, dabei
ging auch ein gewisser poetischer Zug durch das
Ganze, wohl veranlasst durch den herrlichen Rhein-
strom, die vielen Burgen und Klöster, die rheinischen
Sagen etc. Auch erhielt damals der Rheingau
eine besondere Belebung dadurch, dass sich daselbst
ein grosser Theil des rheinischen Adels aufhielt , aus
welchem manche Kurfürsten hervorgingen, es waren
die Grafen Ingelheim, Ostein, Elz, Bassenheim u. A.,
welche besonders in Geisenheim, Rüdesheim, auf dem
Niederwald, in Eifeld etc. Besitzungen hatten.
Erst in späten Jahren, als das Gut längst an andere
Verwandte übergegangen war, fand ich in Geisenheim
unter dem Dachgebälk die Bildnisse meines Urgross-
vaters und meines Grossvaters lebensgross in Halbfigur;
ersterer erscheint darauf im Rock von blauem. Seiden-
1*
4
damast, herabhängendem Spitzenhalstuch, rothemMantel,
das Haupt geziert durch eine auf beiden Seiten lang
herabhängende Allongeperücke. Dieselbe wurde alle
Samstag durch den Perückenmacherjungen abgeholt,
und dagegen die neuhergerichtete gebracht. Das
Herrichten bestand u. A. darin, dass die Perücke in
Brodteig gebacken wurde. Einmal kam der arme
Perückenmacherjunge weinend in das Haus, weil ihn
die Schusterjungen „Perückenkrustenfresser“ geschimpft
hatten. Auf dem zweiten Bilde erscheint mein Gross-
vater in seinem 12. Jahre in einem violetten, reich
geblümten Seidendamastrock, dem langen ärmellosen
rothen Unterkleid, der späteren Weste, und Spitzen-
tuch; er trägt ebenfalls schon eine Perücke, jedoch
nur von weisser Wolle, gelockt und nicht auf beiden
Seiten herabhängend. Kamen die Jungen aus der
Schule, so warfen sie sich oft mit den Perücken und
liefen mit dem kahlgeschorenen Haupte, das durch
den Modewahn so verunstaltet wurde.
Zu den Begebenheiten in meinem urgrossväter-
lichen und grossväterlichen Hause in Mainz und im
Rheingau, welche durch Erzählungen in der Familie
erhalten blieben, gehört u. A. Folgendes.
Auf dem Gute zu Geisenheim kam öfter ein
älterer Herr, Vetter Junker von Wolfaden, Schloss-
hauptmann auf dem Schlosse Schönstein am Rhein, zu Be-
such, ein Charakterbild aus den letzten Jahren des
dreissigjährigen Krieges. Wie ihn mein Vater noch im
Bilde gesehen, trug er einen zugespitzten 1 lut mit rother
Feder, hohe Halskrause, Lederkoller, braune Schlapp-
stiefel mit rothen Absätzen, ein breites mit Silber ge-
5
sticktes Bandelier um die Schultern als Träger des Degens.
Er hatte in einem Kampfe gegen eine Räuberbande
eine Kopfwunde erhalten, die ihm oft Schmerzen ver-
ursachte, welche nur durch starke Getränke gelindert
wurden. Ein anderer Ueberrest aus alten Zeiten war
eine Base Jungfrau von Sahn, sie erzählte gerne von
ihren Jugenderlebnissen und von den Festen, die sie
bei Verwandten und Bekannten auf deren Schlössern
mitgefeiert hatte. Die Jagd ging gewöhnlich voraus,
dann folgte der Schmaus. Wenn die Tafel zu Ende
ging, entfernten sich die Damen , und es begann das
eigentliche Saufgelage ; es verlangte die Ehre des
Hauses, dass ein jeder Gast unter dem Tische lag,
blieb noch einer sitzen , so bliesen die Jäger mit den
Jagdhörnern, bis er als der Letzte vom Wein und
Schall betäubt, vom Stuhle sank; dann war das Fest
vollständig. Das waren die guten alten Zeiten.
Eine tragische Geschichte kam im Hause meiner
Urgrosseltern zu Mainz vor. Mein Vater erinnerte
sich, noch als Kind, eine alte verkrüppelte Frauens-
person gesehen zu haben, welche öfter in sein väter-
liches Haus kam; wann sie erschien, stellte man ihr
Wein vor und suchte ihr nur Angenehmes zu erzeigen.
Die Geschichte derselben ist folgende :
Sie war in dem Hause meiner Urgrosseltern eine
junge schöne, brave Hausmagd; ein Soldat verfolgte
sie mit Liebesanträgen, wurde jedoch nicht erhört.
Eines Abends stand sie mit anderen Mägden am
Brunnen und hielt in der Hand einen Apfel auf dem
Rücken, da kam jener Soldat hinterher, nahm ihr den
Apfel aus der Hand, biss hinein, Hess ihn fallen und
6
zeigte durch Pantomime, er sei stumm. Zeugen waren
gegenwärtig, der Apfel kam von ihr, der Soldat war
stumm — also kein Zweifel, sie war eine Hexe! Sie
wurde elend gefoltert, in den Schmerzen gestand sie,
nahm wieder zurück und wurde durch fortgesetztes
Foltern zum Krüppel gemacht. Endlich zum Tode ver-
urtheilt, war schon der Scheiterhaufen errichtet, da kam
in der elften Stunde ein anderer Soldat und gab an, er
habe im Spital des Nachts jenen Stummen im Traume
sprechen gehört. Man ergriff den Stummen, legte ihn über
und zählte ihm von hinten so lange auf, bis ihm von vorne
die Sprache wieder kam. Er gestand, dass er sich wegen
der verschmähten Liebe rächen und zugleich vom
Militär frei machen wollte.
Meine Urgrosseltern waren fromm, und soweit es
die Zeitverhältnisse zuliessen, auch sehr gescheit; jene
Geschichte ging ihnen auch sehr zu Herzen, allein wo
der Teufel im Spiele war, da konnte man nichts
machen ! !
Meine Grossmutter war, im Geiste jener Zeit, eine
tüchtige Hausfrau mit vielen Kindern, sie betete viel
und hielt auch die Kinder dazu an, doch ging ihr
Pflichterfüllung über Alles. Das oft nicht geistliche
Leben am geistlichen Hofe zu Mainz hatte auf das
Familienleben, zum Glück, keinen Einfluss.
Jeden Abend musste der älteste Sohn Peter in
Gegenwart der Mutter, aller Geschwister und der
Dienstleute ein Gesetz des Rosenkranzes vorbeten.
Hatten sich die Geschwister zufällig des Tages mit
dem älteren Bruder entzweit, so dauerte der Rosen-
kranz lange. standen sie aber gut mit ihm, so flüsterten
O O
7
sie ihm öfter zu: „Peter schlag ab.“ Da liess er einige
Rosenkranzperlen fallen und das Beten hatte früher
ein Ende, so dass die Mama öfter in Verwunderung
sagte: „Aber heute war das Beten schnell fertig“.
In allen Familien, in welchen Wohlstand herrschte,
war es Sitte, dass zur Winterzeit im Hause, d. h. im
Hofe, wenigstens zwei Schweine geschlachtet, Schinken,
Würste etc. hergerichtet wurden; eine Veranlassung,
bei welcher Verwandte und Hausfreunde kamen, um
die Hausfrau bei den vielen Geschäften zu unter-
stützen. Dabei spielte die sogenannte Metzelsuppe eine
Rolle.*)
Es hatte meine Grossmutter eines Tages die alte
Lisbeth mit der Metzelsuppe zu Verwandten geschickt,
sie trug dieselbe in einem Topf, welcher in dem
Henkelkorb stand, an ihrer Seite ging der älteste Sohn
Peter, damals 7 Jahre alt. Nun war in Mainz ein
verkommenes Subjekt, in der ganzen Stadt unter dem
Namen „Vetter Hungrig“ bekannt, der wollte immer
„fressen“; wenn er nichts bekam, wurde er furchtbar
zornig; dieser kam von hinten her, roch die gute Suppe,
und da er nichts davon haben konnte, versetzte er,
aus Zorn, dem unschuldigen kleinen Peter eine tüchtige
Ohrfeige.
So unbedeutend diese Geschichte an und für sich
ist, so musste ich doch in meinem Leben oft daran
denken , denn auch ich lernte noch viele „Vetter
Hungrig“ kennen, besonders in der Klasse der soge-
nannten „Streber“, welche mir, wenn auch in anderer
:) Siehe Uhlands Gedicht „Metzelsuppenlied.“
8
Form, manche Ohrfeige zudachten, und zwar nur, weil
mir Frau Fortuna öfter huldvoll war.
Es war auch die alte Lisbeth, welche alle nöthigen
Vorkehrungen traf, wenn ein Gewitter heranzog, sie
hing einen geweihten Rosenkranz an das Fenster,
zündete geweihte Kerzen an und läutete mit dem
„Lorettoglöckchen“, das sich damals fast in allen christ-
katholischen Haushaltungen befand, es war in St. Loretto
geweiht und trug das Bildniss der Jungfrau Maria,
auch warf sie „Palmenkätzchen“ in das Feuer, welche
auf Palmsonntag geweiht waren. Das hatte auch sicher
geholfen, ein Beweis dafür ist, dass, als der Blitz doch
einmal einschlagen musste, er nicht das bewohnte Haupt-
gebäude, sondern den unbewohnten Hinterbau traf;
unter dem Dach war ein Taubenschlag, von diesem
Augenblick an waren alle Tauben für immer ver-
schwunden, man fand auch keine todte. Darunter war
eine Kammer, in derselben stand ein Bündel eiserner
Vorhangstangen , diese wurden durch den Blitz
schraubenartig zusammengedreht.
In Mainz war Kapuziner-Pater Kasimir, eine ehr-
würdige Erscheinung, gesucht als Vertrauensmann und
Rathgeber in vielen Familien; er war vernünftig und
menschenfreundlich, aber auch nach damaliger Art sehr
derb und witzig, wie es in unsern 'Pagen kaum denkbar
ist, er war auch Freund in meinem grossväterlichen
Hause. Einst begegnete ihm meine Grossmutter auf
der Strasse und sagte: „Wollen uns Euer Ilochwiirden
morgen zu Mittag die Ehre schenken?“ „O ja, ich
werde schon kommen.“ — „Aber Hochtvürden wissen,
dass morgen Fasttag ist, da bedaure ich, nicht mit
9
Fleisch aufwarten zu können.“ „Ja, das ist schon
„recht, gute katholische Christen müssen schön die
„Kirchengebote halten, aber wissen Sie, da gibt es
„so böse Leute, die lassen unter dem Kraut eine
„Wurst platzen, das nimmt der liebe Gott nicht so
„genau.“ Da platzte natürlich eine Wurst unter dem
Kraut.
Nach damaliger Sitte hat dieser Pater bei seinen
Reden lateinische oder französische Worte angebracht.
Mein Vater hörte in seiner Jugend eine Predigt von
ihm, er sprach darin über die Verdorbenheit der
Menschen, dass alle Bemühungen der Seelsorger ver-
gebens seien etc. und schloss mit den Worten: „Wenn
„ihr aber doch dem Teufel in den hinein fahren
„wollt, ä la bonne heure! im Namen des Vaters, des
„Sohnes und des heiligen Geistes. Amen“.
Kaum glaublich, aber doch wahr; man denke nur
an Pater Abraham a Santa Clara, Pater Martin von
Cochem u. A.
In seinen hinterlassenen Aufzeichnungen spricht
mein Grossvater auch noch von einem andern geist-
lichen Hausfreund in Anerkennung und Dankbarkeit,
es war Domprobst Dumetz, er war fein gebildet, klug
und menschenfreundlich, was sich auch deutlich in
seinem Bildniss ausspricht, welches ich noch besitze.
Es war im Jahre 1/23, da lag meine Grossmutter,
welche schon viele Kinder hatte, in schweren Kindes-
nöthen, man hielt sie für verloren, selbst der sehr be-
rühmte kurfürstliche Leibarzt Dr. Strack war rathlos.
Da sagte eine Tante meinem Grossvater, „die Herren
Franziskaner besässen ein eigenhändiges Schreiben des
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heiligen Ignatius, welches in ähnlichen Fällen schon
Wunder gethan habe“. Mein Grossvater eilte zi i
diesen Herren und bat um Hülfe, sie erschienen mit
Crucifix, Kerzen, Weihwasser, legten den Brief auf,
beteten, segneten, die ganze Umgebung kniete betend
nieder, und alles ging glücklich vorüber.
Manche Aerzte sagten mir: ,, Hätten wir ähnliches
Mittel, um in solchen Fällen Muth, Vertrauen und
Hoffnung zu erwecken, so würden wir auch oft als
Wundermänner angesehen.“
Eine Begebenheit machte auf meinen Vater tiefen
Eindruck. Als derselbe in seinen jungen Jahren als
Assessor in Mainz beauftragt war, mit einem Collegen
Gefängnisse zu besichtigen , trafen sie in einem der-
selben zwei Strassenräuber und Mörder in Ketten,
diese glaubten, dass die Herrn in schwarzer Kleidung
mit Degen etc. das Todesurtheil verkünden sollten,
sie krochen auf dem Bauch, wollten die Schuhe ab-
lecken und schrieen : „Lassen Sie uns in Eisen schmieden,
Zeit Lebens in den tiefsten Kerker werfen, hauen alle
Tage, nur lassen Sie uns das Leben! Das Leben! !“
Von da an war mein Vater, noch mehr als vorher,
empört, und zwar bis in sein hohes Alter, wenn er
von Abschaffung der Todesstrafe hörte. Oft sagte
er: „Welche Strafe gibt es noch für solche Kanaillen,
welche andere Menschen kaltblütig morden, und dann
um ihr eigenes elendes Leben so jammern!“
Im fahre 1793 wurde Mainz belagert und be-
schossen, die näheren Umstände sind durch die Ge-
schichte bekannt.*)
*) Klein, Carl. Geschichte von Mainz 1/92 — 93. Mainz
1861. 8°. Seite 493 u. ff.
11
Nur anführen will ich, dass mein Grossvater
während der Beschiessung bei Tag und Nacht Männer
anstellte, welche auf dem Dache, in dem Hause und
im I lotraum mit Wasserkübeln und nassen Tüchern
bereit standen, die Zünder der einfallenden Bomben
zu löschen.
Von jenen , welche als Zeit- und Amtsgenossen
mit meinem Vater in Berührung kamen, erwähne ich
nur Folgende: Christian Ernst Graf von Bentzel-Sternau,
geb. zu Mainz 1767, er bekleidete hohe Aemter und
wurde fürstlich primatischer Staatsminister, er war
vielseitig gebildet und als Schriftsteller thätig ; ich er-
innere mich noch, in meiner Jugend den Grafen im
elterlichen Hause bei Tische gesehen zu haben, wo
ich seinen Worten mit Aufmerksamkeit folgte und
wenig davon verstand.
Ein besonderer Freund meines Vaters war Nikolaus
Vogt, geboren zu Mainz 1756, Lehrer des Fürsten
Metternich, Archivar und Bibliothekar des Fürstprimas,
1816 Senator in Frankfurt a/M., 1831 Schöff daselbst;
er gab verschiedene Werke, meistens politischen Inhalts,
heraus, auch schrieb er die rheinischen Sagen nieder.
Metternich, dessen Gesinnungsgenosse er zwar nicht
war, liess ihn nach seinem am 19. Mai 1836 zu
Frankfurt erfolgten Tode auf dem Johannisberg be-
graben. Sein Flerz wurde auf seinen Wunsch in den
Fluthen des Rheins versenkt.*)
*) Schrotzenberger, Robert. Francofurtensia, Aufzeich-
nungen zur Geschichte von Frankfurt a. M. 2. Aufl. Frankfurt
1884. 8°. Seite 262.
<r
12
Heinrich Freiherr von der Tann, Vater des be-
kannten bayerischen Feldherrn, war dem König Ludwig I.
sehr befreundet, er war auch unter verschiedenen
Verhältnissen Amtsgenosse meines Vaters, auch mir
war er noch in späten Jahren Freund und Rathgeber.
Ebenso kam mein Vater mit dem fürstlich primati-
schen Minister Franz Joseph Freiherrn von Albini,
geboren 1 7 4<S zu St. Goar, dienstlich vielfach in Be-
rührung. Albini spielte in der Politik jener Periode eine
wichtige Rolle, u. A. bei dem Rastatter Kongress, wie
bei der Organisirung des bekannten Mainzer Land-
sturmes i. J. 1799.*) Ich besitze noch Schreiben von
seiner Hand an meinen Vater.
II. Künstler in Mainz.
Trotz der politischen Wirren war Mainz nicht
ohne Künstler und Kunstfreunde. Auch mein Vater
übte das Zeichnen schon in jungen Jahren, so weit es
sich mit seinen sonstigen Studien vertrug, und kam
fast mit allen in Mainz lebenden Künstlern mehr oder
weniger in Berührung. Er nahm Unterricht bei dem
Italiener Joseph Appiani, welcher in der Mitte des
achtzehnten Jahrhunderts aus Mailand nach Deutsch-
*) Rothenbücher, Karl. Der Kurmainzer Landsturm in den
Jahren 1/99 und 1800. Augsburg 1878. 8°. Seite 18 u. ff,
Mainzer Landsturm- Almanach auf das Jahr 1800.
13
land zog, von mehreren deutschen Fürsten Aufträge
erhielt und besonders mit Geschick viele Decken-
gemälde in Kirchen fertigte.
Er liess sich in Mainz nieder, wo er den Titel
eines Kurfürstlichen Hofmalers erhielt. In Nagler’s
Künstlerlexikon sind seine Werke sehr heruntergesetzt,
und zwar mit Unrecht. Nagler hat nie eine Arbeit
von ihm gesehen und wohl die Notizen durch einen
Feind Appiani’s erhalten, und dass er deren viele hatte,
ist natürlich, denn er war sehr hochmüthig und ver-
achtete dabei stets die Werke deutscher Künstler.
Es lebte auch in Mainz Gottlieb Welte*), Sohn
und Schüler des Malers Anton Welte, seine Gemälde
und Radirungen, besonders Gesellschaftsstücke, sind
geistreiche Charakterbilder des Lebens im achtzehnten
Jahrhundert.
Ein anderer Maler in Mainz war Birgi , dessen
Name ich noch in keinem Lexikon gefunden; derselbe
fertigte besonders in Deckfarben, sehr naturgetreue und
fleissig ausgeführte Landschäftchen , deren ich viele
gesehen und einige besessen habe.
Zu den Künstlern ersten Ranges zählt Johann
Peter Melchior**), Bildhauer, Modelleur, Zeichner und
Maler, geboren 1742 zu Lintorf im Herzogthum
*) „Gottlieb Welte ist einer der genialsten deutschen Künstler
des vorigen Jahrhunderts." Siehe: Gwinner, Ph. Friedrich. Zusätze
und Berichtigungen zu Kunst und Künstler in Frankfurt a. M.
1867. Seite 94.
**) Vergl. Zais, Ernst. Die kurmainzische Porzellan-Manu-
faktur zu Höchst. Mainz 1887. 4°. Seite 109 — 114. — Collection
Georg Hirth. I. Abtheilung. München 1898. 4°. Seite XXXVIII
bis LVI.
14
Berg. Dieses Meisters muss ich hier, wenn auch nur
in kurzen Zügen gedenken, da er lange nicht genug
gekannt und geschätzt war. Seine Jugend verlebte
er in Armut und traurigen Verhältnissen. Er musste
sogar eine Zeit lang das Vieh hüten ; er arbeitete sich
nur durch die Kraft seines eigenen ' Genies empor.
Bessere Tage und ein grosses Feld für seine Thätigkeit
wurde ihm geboten, als er 1770 kurfürstlich main-
zischer Hofbildhauer und Modelleur an der kurfürst-
lichen Porzellanmanufaktur zu Höchst bei Frankfurt
wurde. Im Jahre 1 770 siedelte Melchior nach Franken-
thal über als Modellmeister der dortigen Fabrik und
1795 wurde er Inspektor der Porzellanfabrik zu
Nymphen bürg. Die plastischen Werke dieses Meisters
bestehen in grossen und kleinen Figuren, ganzen Gruppen,
Bildnissen, in Büsten, Basreliefs und zwar in Marmor,
xMabaster und vorzüglich in weissem und bemaltem
Porzellan, in Biscuit etc.
Obwohl viele seiner Werke im Laufe der Zeit
zu Grunde gegangen sind, erwarb ich doch noch in
späterer Zeit eine grosse Anzahl derselben für das
bayerische Nationalmuseum. Nach damaliger Kunst-
richtung erschienen die früheren Werke im Rokoko-,
die späteren im Fmpire-Stil, bei ersterem herrscht noch
Ueppigkeit und Pracht, bei letzterem Nüchternheit
vor, wenn auch die technische Geschicklichkeit dabei
zu bewundern ist. Da es auch in jener Zeit sogenannte
Kenner und Kritiker gab, welche ohne selbst etwas
zu leisten, nicht im Stande waren, das wirklich Schöne
einer jeden Stilart zu erkennen, so musste Melchior,
der niemand kränkte , manche Kränkung erfahren.
15
Wenn er während seines Wirkens in Nymphenburg
nicht mehr auf der ersten Höhe seiner Kunst stand,
so ist doch mit seinem Ableben 1825 die dortige
Manufaktur in auffallender Weise gesunken; während
in Nagler’s Künstlerlexikon gerade das Gegentheil zu
lesen ist.
In der Regel werden die Porzellanfiguren und
Gruppen von Sevres, Meissen und Wien, besonders
im Kunsthandel, den Werken Melchior’s vorgezogen,
indess ein unbefangener Vergleich zeigt klar, dass
letztere selten erreicht und noch seltener übertroffen
sind.
Im Jahre 1828 besuchte ich mit meinem Vater
Landolin Ohmacht, den berühmten Bildhauer und
Schüler des Melchior, von dem sich auch im Nym-
phenburger Park einige Statuen befinden, in seinem
Atelier zu Strassburg.
Ausser so manchen anderen mehr oder weniger
geschickten Künstlern in Mainz, muss ich der Ge-
brüder Schneider gedenken; sie waren Söhne eines
armen Kurmainzischen Leibgardisten. Der ältere war
Wächter auf dem Stephansthurm, fast alle Fremden
bestiegen diesen höchsten Punkt der Stadt, um die
herrliche Umgebung von Mainz und auch den originellen
Thürmer kennen zu lernen. Wenn auch der zweite
Bruder Johann Kaspar*) den ersten Unterricht bei
*) Geb. 19. April 1753. gest. 24. Kebr. 1839 zu Mainz. Ein
seiner Zeit hochgeschätzter Künstler. Nach seinen Bildern und
Zeichnungen ist viel gestochen worden von Kuntz , Reinheimer,
Rücker u. a. Er war ein Schüler von Haiklof. Siehe: (Schneider
Friedrich) Darstellungen der Stadt Mainz und ihrer Denkmäler.
Mainz 1879. 8°. Seite 120.
16
einem Maler erhielt, so war diess gewiss kein bedeuten-
der, er hat sich selbst durch Fleiss und Studium der
Natur herangebildet, und war vorzüglich Landschafts-
maler, doch lieferte er auch viele Bildnisse und Still-
leben. Mein Vater besass von seiner Hand zwei vor-
zügliche Landschaften. Ich besitze von ihm noch
das lebensgrosse Bildniss meiner Mutter, welches er
im fahre 1780 malte. — Der Kurfürst unterstützte
diesen Künstler, verschiedene Fürsten gaben ihm zahl-
reiche Aufträge; selbst Napoleon I. schätzte ihn sehr
und schmückte Gallerien und Gemächer mit Land-
schaften von seiner Hand.
Georg Schneider,*) um 6 Jahre jünger als Kaspar,
erhielt von dem älteren Bruder nur spärlichen Unter-
richt. Um etwas zu verdienen, ging er als Gehilfe
zu einem Dekorationsmaler, bei welchem er sich bald
besonders im Blumen- und Transparentmalen als brauch-
bar erwies.
Georg fand auch bei einem Kunstliebhaber eigener
Art, Namens Winterheld, Verdienst. Derselbe kaufte
massenhaft Gemälde, ganz gleich, ob gut oder schlecht ;
sein Vergnügen bestand darin, dass er ein Bild auf
die Staffelei stellte, den Georg kommen Hess und
z. B. sagte: „Hier in dieser Landschaft geht ein Mann,
der könnte auch einen Hund bei sich haben, male
mir also einen Hund dahin.“ Das geschah auch so-
*) Landschaftsmaler. Seine Darstellungen sind vornehmlich
den Rhein- und Main-Gegenden entnommen, er behandelte seine
Bilder nicht mit so grossem Fleiss, wie sein Bruder Kaspar, aber
mit nehr malerischem Talente. Siehe: (Schneider Friedrich) Dar-
stellungen der Stadt Mainz und ihrer Denkmäler. Mainz 18/9. 8".
Seite 120/1.
17
gleich ; dann wurde ein anderes Bild hingestellt und
ein Haus oder ein anderer Gegenstand hineingemalt,
— und so ging es weiter. Winterheld hatte die Uhr
neben sich, sobald eine Stunde herum war, bekam
Schneider ein Sechskreuzerstück.
Es kam nun ein Jubiläumstag des Kurfürsten mit
grossen Festlichkeiten, u. A. wurde im Theater ein
Ballet aufgeführt, und Schneider musste zur Verherr-
lichung Blumen, Opferaltäre etc. transparent malen.
Der hohe Herr fand Wohlgefallen daran und befahl,
dass der Maler zu ihm ins Schloss kommen solle.
Schneider war dabei in grossen Sorgen, denn er stand
noch nie vor einem hohen Herrn. Man gab ihm an-
ständige Kleidung, der Theaterfriseur belockte und
puderte ihn gehörig ; der Tanzmeister lehrte ihn gründ-
lich, wie er seine Komplimente zu machen habe. Er
kam in das Schloss, die Flügelthüren öffneten sich
schnell, der Kurfürst stand schon vor ihm, er wollte
die gehörige Reverenz anbringen , allein die Distanz
war zu kurz, er stiess mit dem gepuderten Kopf dem
hohen Herrn auf den Bauch , so dass das weisse
Toupet auf der schwarzen Sammetweste abgeklatscht
war. Im Schrecken war Schneider besinnungslos und
wusste nicht mehr , wie er hinausgekommen ; als er
wieder zu sich kam, schwebte er in grosser Angst,
er werde wegen seines Verbrechens von der Polizei
abgeholt, jedoch statt dessen kam ein Röllchen mit
Dukaten, und Georg war überglücklich, denn so viel
Geld hatte er noch nie gesehen.
Georg Schneider fand an dem Grafen Franz von
Kesselstadt zu Mainz einen Freund und Gönner; der
18
Graf war nicht nur ein eifriger Sammler, sondern auch
Zeichner und Malier. Wir verdanken ihm eine Anzahl
von Abbildungen hervorragender Gebäude aus dem
alten Mainz, die nun längst verschwunden sind. Diese
von ihm gezeichneten und gemalten Ansichten liess er
von Friedrich Ludwig Neubauer und dessen Sohn
Johann Kaspar (in Frankfurt a. M.), von J. Linden-
schmit und H. W. Eberhard radiren; sie sind dann
kolorirt worden. Ein Exemplar mit 1/ Abbildungen
befindet sich im Münchener Kupf erstichkabinete. *)
Unter diesen Ansichten befindet sich auch die des
merkwürdigen Kaufhauses, welches unter Kaiser Ludwig
dem Bayern 1314 — 1317 erbaut und 1812 — 1813 unter
der französischen Herrschaft niedergerissen wurde.
In dem Zinnenkranz dieses gothischen Prachtbaues
befand sich das über lebensgrosse Bildniss Ludwig
des Bayern in Basrelief, unter denen der Kurfürsten,
das einzige gleichzeitige Werk, in welchem der Kaiser
in Waffentracht erscheint; es wurde zum Glück er-
halten und befindet sich jetzt im städtischen Museum
zu Mainz.**)
*) Dieses Exemplar trägt auf dem Vorsatzblatte von alter
Hand folgende Aufschrift: „Ansichten Mehrerer Gebäude In und
bey der Stadt Maynz, welche seit 177-4 bis 1814'1'Iieils abgerissen,
Theils zerstört wurden, gezeichnet- von Franz Graf von Kesselstatt.
Capitular des 1802 aufgelösten Erzhohen Domstifts zu Maynz.“
Kesselstadt war am 18. Sept. 1/53 zu Trier geboren und
ist am 18. Nov. 1841 zu Mainz gestorben.
**) Abgebildet in: J. H. von 1 1 einer- Alteneck , Trachten,
Kunstwerke und Geräthschaften vom frühen Mittelalter bis Ende
des achtzehnten Jahrhunderts. 2. Aull. Band 3. Frankfurt a. M.
1882. Fol. Tafel 1/0.
19
Graf Kesselstadt machte öfter Ausflüge mit
Schneider, um nach der Natur zu malen.
Graf Ostein besass auf dem Niederwald am Rhein
ein Schloss mit grossen Garten- Anlagen , in welchem
er durch Schneider Gemächer, Gartensalettchen etc.
ausmalen liess. Schneider sprach oft davon, als von
der schönsten Zeit seines Lebens.
III. Meine Kindheit.
Die ersten Eindrücke, die ich in meiner frühen
Jugend hatte und die jetzt noch klar vor meiner Seele
stehen, gehen bis zum Beginn meines dritten Jahres
zurück, sie bestehen natürlich nur in einzelnen Licht-
bildern , deren Zusammenhang mir erst später durch
Erzählungen klar wurde. So z. B. wie wir am 30. und
31. Oktober 1813 zu Aschaffenburg den Kanonendonner
der Schlacht bei Hanau hörten, darauf Verwundete
in unser Haus gebracht wurden, Eltern und Kinder
in den Dachkammern wohnten, da das Haus voll Ver-
wundeter lag; wie ein Kosak, welcher am Fenster
klopfte und nur Brod haben wollte, mich sehr er-
schreckte; wie meine Mutter Lebensmittel austheilte,
und ich mit wichtiger Miene dabei geholfen; wie mir,
als ich unartig war, ein Baschkire die Knute zur Thüre
herein zeigte, worauf ich sogleich brav wurde.
Vor allem machte mir es den tiefsten Eindruck,
als am 7- November 1813 Abends alle Räume erleuchtet
waren, meine Kindswärterin schrie und hereinstürzte,
2*
20
mich in ein Tuch wickelte und hinunter in den Rückbau
trug, wo ich einem verwundeten Hauptmann anem-
pfohlen wurde. Ich erblickte, auf einem Stuhl stehend,
über meines Vaters Garten hinweg das nahe gelegene
Kapuzinerkloster in vollen Flammen stehen, in den-
selben sah ich noch das Glöckchen in Bewegung und
hörte dessen Schall, gleich einem Hülferuf, bis das
Glockenthürmchen (Dachreiter) einstürzte und an dessen
Stelle ein Feuerstrom, wie aus Raketen bestehend, sich
gegen den Himmel erhob, wobei die Flammen, zu meinem
Staunen, in verschiedenen Farben wechselten. Dann
erinnere ich mich noch, dass die Herren Patres, welche
auf einige Zeit obdachlos waren, öfter bei uns ein-
kehrten. Besonders ist mir noch erinnerlich, dass diese
Herren mir schöne Heiligenbildchen schenkten, und
als Ostern kam, vom Hasen schöne Eier legen Hessen.
Als ich etwas älter, aber doch noch dumm genug war,
sagte ich: ,,es ist wahr, der Hase legt Eier, denn die
geistlichen Herren haben es gesagt“.
Zu den schon späteren Bildern meiner Kindheit gehört
die allgemeine Hungersnoth nach den Kriegen in den
[ähren 1816 und 181/? die mir der Armen wegen tief zu
Herzen ging. Ich kam mir wie ein reicher Herr vor, wenn
ich ein Stück Brod verabreichte, welches mir die Eltern
in die 1 land steckten. I lochst segensreich wirkte die von
Rumford erfundene Knochensuppe, welche viele vom
Ilungertode rettete. Täglich kam der „Knochenbu“,
um diek Knochen abzuholen, ich streckte mich, um in
seine Butte zu schauen , ob die Armen auch genug
Knochen erhielten. Meine Mutter Hess diese ( xelegenheit
nicht vorübergehen, um in mir das Mitgefühl für Noth
21
und Armuth zu erwecken, was bei mir verwöhntem
jungen auch einen bleibenden Eindruck hinterliess.
Nicht lange vorher war es folgendes Ereigniss,
welches auf mein ganzes Leben nicht ohne Einfluss blieb.
Als ich an einem Ilerbstabend bei meiner Mutter spielend
sass, kam Lorenz Freund, der Diener meines Bruders,
und sagte, er wolle den kleinen „Schackeri“ zu sich
auf das lammfromme Pferd nehmen. Meine Mutter,
den Lorenz und das Pferd wohl kennend, gestattete
es nach kurzem Bedenken zu meiner grossen Freude.
Klar sind mir noch alle Kleinigkeiten dieses Rittes.
Als es im Schritt durch die Platanenallee ging, warf
die untergehende Sonne den Schlagschatten vom Pferd,
von dem grossen und dem kleinen Reiter auf die „Thal-
mauer“. Ich fragte, was ist das? Lorenz sagte, das
ist der Schatten , welchen die Sonne auf die Mauer
malt; das gab meinem kleinen Gehirn Stoff zum Nach-
denken. Der Ritt war glücklich vollbracht; wir kamen
in die Einfahrt des Hauses, Lorenz stieg ab, hielt mich
noch mit der linken Hand, griff mit der Rechten nach
dem Stallschlüssel , in diesem Moment machte das
Pferd einen Satz über eine Hecke in den Garten und
schleuderte mich an die Mauer des Hinterbaues; ich
stand wieder auf und lief schreiend zu Lorenz, der
mich zu meiner Mutter trug. Vater und Geschwister
eilten herbei, Nachbarsleute liefen ins Haus und riefen:
„Was ist dem armen Schackeri geschehen?“ Es wurde
der berühmteste Arzt Aschaffenburg’s Dr. G. geholt,
dieser erschien mit einem Gehilfen, er erklärte den
rechten Arm als gebrochen, derselbe wurde geschindelt
und fest eingebunden. Als der Arzt die Binde abnahm,
22
war der Brand daran kurirt In Bestürzung sagte der
Doctor: „Das Kind ist scrophulös, da können alle
Aerzte der Welt nicht mehr helfen.“ Meine armen
Eltern in schrecklichem Jammer Hessen sogleich Pferde
mit Wagen nach Frankfurt jagen , um den Geheimen
Rath Dr. Creve zu holen, der auch noch zum rechten
Moment eintraf, er tobte wie wüthend gegen den
Aschaffenburger Arzt und sagte: „Wenn Ihre Be-
hauptung wahr wäre, dann könnte ich auch nicht mehr
helfen, allein das ist nicht der Fall“. Fr bestrich den
Arm mit einer Salbe, worauf sich das brandige Fleisch
von dem gesunden trennte, der brandige Theil wurde
von dem Knochen abgestreift, welchen man direkt
unter dem Ellenbogen absägte.
Die Heilung ging ziemlich schnell vor sich. Alle
Schmerzen, welche ich bei dem ganzen Hergang em-
pfand, waren nicht so gross, als jene meiner armen
Eltern; der Gedanke daran schmerzt mich jetzt noch
in meinem Alter. Nach und nach erschien es mir uner-
träglich, immer so bedauert zu werden, ich zeigte daher
bald, dass ich keinen Verlust empfand und auch das
leisten könnte, was andere Menschen mit zwei Händen
vollbrachten. Aber auch dann begnügte ich mich nicht
mehr mit dem Gewöhnlichen und Notlügen, sondern
jugendlicher Uebermuth und Eitelkeit trieben mich
auch dazu an, mehr als das Gewöhnliche zu leisten,
als grosse Lasten zu heben und zu balanciren, hohe
Bäume zu erklettern, mit Kanonenkugeln Ball zu
spielen u. s. w. , wobei oft mein Schutzengel mein
treuer Begleiter war.
Es kommt bisweilen vor, dass Ereignisse oder
23
Unglücksfälle gleicher oder ähnlicher Art sich in
Familien wiederholen, wodurch oft der Glaube an ein
durch höhere Macht bestimmtes Fatum Unterstützung
findet.
Ein Sohn meines Onkels, des schon erwähnten
Ingenieur-Hauptmanns, Ludwig war nach dem Tode'
seines Vaters in dem Hause des meinigen; er be-
suchte in Würzburg die Universität, studirte das
Bau- und Ingenieurfach und war ein geschickter
Zeichner, 21 fahre alt. Dieser wurde eines Tages von
Freunden zu einer Jagd eingeladen, ermüdet stützte
er sich auf sein Gewehr, dieses ging los und zer-
schmetterte ihm den rechten Arm. Mein Vater Hess
wieder in Eile den Geheimen Rath Creve aus Frankfurt
kommen, welcher mir, wie schon gesagt, in ähnlichem
Falle das Leben gerettet hatte, doch hier konnte er
nicht mehr helfen, denn schon auf dem Transport
nach Hause war der Brand zu sehr vorgeschritten.
Ich war zwar noch sehr jung, empfand aber doch
tiefen Schmerz über den Verlust des so lieben Vetters.
Der Jammer seiner, ebenfalls sehr talentvollen, Schwester
Margaretha war grenzenlos.
Als ich in dem Alter angekommen war, in welchem
ich begann, die Erscheinungen der Natur, wie jene
der Kunst, wenn auch noch wie unter einem Schleier
mit Interesse zu betrachten und darüber nachzudenken,
war meine ganze Umgebung dazu angethan, meine
Phantasie anzuregen und mir eine Richtung zu geben,
welche mich bis in das Alter nicht mehr verliess. Ja
schon ganz früh , als ich noch wegen Heilung meines
Armes im Bette lag, war ich von liebenden Eltern
24
und Geschwistern umgeben, welche alles aufboten, mir
Zerstreuung zu verschaffen, so z. B. wurde ein Taber-
nakel über meinem Bettchen erbaut, ausgeschmückt
mit allem möglichem Bildwerk. Als Weihnachten kam,
errichtete meine Mutter neben meinem Bett eine Krippe,
die heilige Familie, die drei Könige etc. erschienen
darauf in Pracht und Glanz, wobei auch der Teufel
nicht fehlte, welcher den Herodes holte.
Das Haus, in welchem ich das Licht der Welt
erblickte, hat mein Vater, nicht lange nachdem er
nach Aschaffenburg gezogen, erbaut, alle Räume des-
selben enthielten mehr oder weniger Kunstwerke; es
musste meinem Vater schmeicheln, als es der Fürst
Primas, bei mancher Gelegenheit, einen Musentempel
nannte. Das Haus war klein, mein Vater konnte es
nach beiden Seiten nicht erweitern, da die Nachbarn
keinen Raum dazu abtratem er vergrösserte es daher
durch einen Hinterbau, mit Einfahrt, Stallung und
Remise. Der kleine Hausgarten war reizend schön;
beim Eintritt in das Haus sah man zwischen Rosen-
bäumchen und Blumenständen den hellen Strahl eines
Springbrunnens auf dem dunkelgrünen Hintergrund
einer Epheuwand. An diesen Hausgarten anstossend
schenkte Dalberg meinem Vater einen grossen Theil
des ehemaligen Stadtgrabens zum Zweck einer Garten-
anlage.
In Bezug auf diese Schenkung des hohen Herrn
muss ich noch Folgendes erwähnen. Dalberg ging
damit um, in seinem Fürstenthum ausser Kunst und
Wissenschaft auch die Industrie zu fördern, zu solchem
Zweck gab er den anderen anstossenden Theil des
25
Stadtgrabens dem Hofrath Nau, welcher als Sach-
verständiger eine Zuckerfabrik anlegte, wodurch auch
das einheimische Produkt, die Runkelrüben, eine Ver-
werthung linden sollte. Es entstand dabei wegen
Grenzeziehung zwischen beiden Nachbarn ein Streit.
Der Plan wurde dem Grossherzog zur Entscheidung
vorgelegt; zufällig stand gerade damals Nau bei dem
hohen Herrn nicht in Gnaden, weil bei dessen Fabri-
kation nicht viel herauskam; ärgerlich stiess Dalberg
die Feder in die Tinte, zog durch den ganzen Plan
einen dicken Strich als Grenzlinie und schrieb auf die
eine Seite „dem Zuckerwasser“ auf die andere „meinem
Hefner“, Unterschrift „Karl“, wobei mein Vater am
Besten wegkam. Diesen unregelmässigen Raum wusste
mein Vater, unterstützt durch seinen Bruder, den schon
genannten Ingenieur- Hauptmann, und durch den da-
maligen Hofgärtner Seitz, in eine prachtvolle Anlage
zu verwandeln, es entstanden darin Terrassen mit
Obstbäumen, Blumenstauden, Laubgängen etc., die
Rückwand des Ganzen war durch hohe Tannen,
Akazien, Platanen etc. hergestellt, welche die Nach-
barhäuser deckten.
Einige Jahre darauf erwarb mein Vater den dieser
Anlage gegenüber gelegenen Weinberg, genannt „im
Schutz“, welcher sich nach oben bis an die Mauern
des Kapuzinerklosters erstreckte. Terrassenanlage und
Weinberg waren in ihrer Tiefe durch einen schmalen
Weg getrennt, welcher zu dem Main führte. Auf
Alle, welche Sinn für das Schöne hatten, machten diese
Anlagen einen tiefen Eindruck.
ö
Als ich später, nachdem ich längst meine Vater-
26
stadt verlassen hatte, wieder durch Aschaffenburg kam,
sah ich zu meinem Schmerz, dass nicht nur die
Terrassenanlage wieder als Schutthaufen dalag, sondern
auch, dass in der Stadt gar Manches von historischem
und malerischem Werthe verschwunden war.
Zu den frühen Eindrücken meiner Jugend kam
die Strömung der Zeit, welche das häusliche wie das
öffentliche Leben durchdrang. Es war kurz nach
den Befreiungskriegen die Hoffnung der Jugend ein
einiges, grosses deutsches Vaterland; die getäuschten
Hoffnungen, die Verehrung für Napoleon, der uns mit
Füssen getreten, — dabei in Aschaffenburg ein Fürst,
welcher gehofft hatte, nur durch die Freundschaft Na-
poleons Regent zu bleiben.
Obgleich ich nach Beendigung der Befreiungs-
kriege noch ein Kind war, trug ich nach Art der
„Teutschthümler“ ein sogenanntes altdeutsches Röck-
lein, darauf einen grossen weissen Kragen, ein Barett-
chen mit silbernem Kreuzchen und laueres Haar. Ich
erinnere mich noch deutlich, wie man sagte, es sei
nicht mehr Mode, oder verboten, und wie man mir das
lange Haar abschnitt und das silberne Kreuzchen durch
eine bayerische Kokarde ersetzte, wobei ich fürchterlich
heulte.
Mit Zunahme der Jahre und des Verständnisses
machte mir jenes Kinderspiel immer mehr den Ein-
druck, als sei es ein in mir glimmender Funke der
Liebe und Begeisterung für das deutsche Vaterland
gewesen, welcher mehr und mehr bis in mein Alter
zur Flamme angefacht wurde.
27
Es war auch schon vorher die krankhafte Kunst-
und Geschmacksrichtung der Zeit entstanden, in welcher
ein jeder, der als gebildet erscheinen wollte, alles
verachten musste, was nicht dieser Richtung angehörte.
Man wollte das alte Griechenthum, das man allein
klassisch nannte, mit Gewalt in eine Zeit und auf einen
Hoden verpflanzen, wo es niemals Wurzel fassen konnte;
es war der sogenannte Empirestil, den ich nicht anders
bezeichnen kann, als das schwindsüchtige Griechen-
thum. Mein Vater war, wie ich in Wahrheit sagen
kann, im Kunstverständnis seiner Zeit voran geeilt,
doch konnte er sich dem nicht ganz entziehen , was
damals zum Ton und dem Ansehen einer besseren
Familie gehörte, besonders da er öfter schon vom
letzten Kurfürsten und noch mehr von Karl von Dalberg
beauftragt wurde, Kunst zu fördern und mit Künstlern
zu unterhandeln. Es lässt sich denken, was man unter
Künstler verstand, Maler, Dichter, Musiker, Schau-
spieler etc. und was für Leute ?
Meine Schwestern machten im Zeichnen und Malen
Fortschritte, dabei hätte es wohl verbleiben sollen,
allein sie mussten überdies musiciren, singen, dekla-
miren, auch tanzen, aber nicht im jetzigen Sinne,
sondern solo Shawltanz, auch Tanz mit Tamburinen
und Castagnetten. Ich erinnere mich noch, wie eine
alte Tante meines Vaters, Franziska Bolz, eingeladen
war, die Tanzkunst meiner Schwestern anzusehen. Sie
sass neben meiner Mutter, der Tanzmeister Herzog
Hess seine Geige ertönen , die Damen machten ihre
Sprünge, die Tante, noch aus alter guter Zeit, wrar
darüber entsetzt, schlug die Hände zusammen und
28
hielt eine Strafpredigt: „Fasst sich das in eine
christliche Familie, sollen die Töchter Seiltänzerinnen
oder Schauspielerinnen werden etc.“ Meine Mutter
stimmte ihr vollständig bei. Auch hatten meine
Schwestern im Deklamiren Unterricht bei Charlotte
Pfeiffer, der nachmaligen berühmten Birch-Pfeiffer,
und im Singen bei deren Schwester Anna, von den
andern Künstlern und Künstlerinnen nicht zu reden.
Die beiden Schwestern Pfeiffer figurirten auf dem
Theater in Aschaffenburg, welches, noch aus den
Kurfürstenzeiten stammend, nach damaligen Begriffen,
vorzüglich war. Ich erinnere mich noch lebhaft eines
Abends, an welchem Charlotte Pfeiffer nach einer
Aufführung von meinem Vater zum Souper eingeladen
war, wir fuhren vom Theater nach Hause, die Tafel
war glänzend hergerichtet, ich hatte Hunger, durfte
mich aber noch nicht setzen, denn der Wagen wurde
wieder zurückgeschickt, um die Gefeierte abzuholen.
Als sich die Pforte öffnete, die I )ame mit ihren Gesten
eintrat, da hatte ich dummer Junge den Eindruck
einer Erscheinung aus der Feenwelt! Meine Phantasie
war schon sehr gross, aber mein Geist noch klein.
Von allem diesem Kunststreben war noch das
Beste der Zeichenunterricht; ich sass oft im Atelier
meiner Schwestern und versuchte mich in Strichen.
Meine ältere Schwester zeichnete unter der Leitung
des Professors Berg, welcher sich seiner Künstlergrösse
sehr bewusst war , nach ( Gipsabgüssen der berühm-
testen Antiken, welche man damals aus Italien bezog.
Meine jüngere Schwester führte Landschaften aus,
zu welchen sie Naturstudien gemacht hatte, angeleitet
29
durch den schon früher erwähnten Georg Schneider;
später malten beide Schwestern in Oel. In diesem
A-telier ereignete sich zwar nichts Bedeutendes, doch
manches Komische, so •/.. B. erschien daselbst der
Kunstfreund Graf Pocci, der Vater des bekannten
Grafen Franz Pocci, der wie auch später sein Sohn,
eine der höchsten Hofstellen bekleidete, er war damals
mit dem Kronprinzen, dem nachmaligen König Ludwig I.,
in Aschaffenburg. Einmal erschien auch zu gleicher
Zeit in diesem Atelier Frau Urlaub, Blumenmalerin,
welche der Grossherzog schon für die künftige Kunst-
schule ausersehen hatte, diese gerieth mit dem Künstler
Berg in einen Kunststreit, und sagte dabei nach ihrer
Gewohnheit oft: „Wissen Sie“. Berg wurde zornig
und sagte : „ja ich weiss, aber Sie wissen einen D . . . . !“
Der Graf nahm meine Schwestern am Arm und sagte:
„Meine Damen, wir gehen in den Garten, es ist nicht
mehr schön hier.“
Ein anderes Ereigniss an dieser Stelle ging nicht
in solcher Stille vorüber. Meine Schwestern sahen
durch das Fenster den jungen Baron Gruben mit
einem prachtvollen Bouquet ankommen, das war gerade
störend, sie versteckten sich und Hessen sagen: „Nicht
zu Hause“. Der Baron verlangte nur Einlass in das
Atelier, steckte daselbst das Bouquet in eine Vase,
trat zurück, um zu sehen, wie es sich von der Ferne
ausnehme, stiess rückwärts an das hohe Gestell mit
der Kolossalbüste des Apollo von Belvedere. Diese
stürzte aus ihrer Höhe, zerschellte mit einem Kanonen-
knall in tausend Trümmern, zugleich erscholl der
Schreckensschrei der nicht zu Hause sein wollenden
30
Damen. Er stürzte ins Freie und ward nicht mehr
gesehen.
In Begleitung des Kronprinzen Ludwig befand
sich auch Oberst von Fick, welcher öfter unser Haus
besuchte, wo er sich stets gut unterhielt und mit mir
kleinem Jungen oft Spässchen machte. Er erzählte
uns manches von der kronprinzlichen Familie, so z. B.,
als er einmal den kleinen Prinzen Otto, nachmaligen
König von Griechenland, spazieren führte und mit
ihm durch den Schlosshof ging, rief die Schlosswache:
„Unters Gewehr!“ Der Oberst winkte ab, der Prinz
sagte: „Fick, warum hast Du denn abgewunken?“
Der Oberst antwortete: „Weil die Wache wegen mir
und nicht wegen Ihnen unter das Gewehr gerufen
hat“. Auf dem ganzen Weg sprach dann der Prinz
kein Wort mehr. Nach der Tafel nahm die Kron-
prinzessin Therese den Obersten auf die Seite und
fragte: „Was ist denn vorgegangen? Otto sagte:
Heute war mir Fick aber recht grob, sonst nichts“.
Der Oberst erklärte den Hergang, die Kronprinzessin
belobte sein Verhalten und sagte: „Wollen .Sie in
ähnlichem Falle immer dasselbe thun.“
Eine eigenthümliche Scene wurde durch Fick
veranlasst. Alle, welche bei derselben zugegen waren,
sind, ausser mir, längst nicht mehr am Leben, daher
verletze ich wohl kein Zartgefühl , wenn ich jetzt
davon spreche. Ich fühle mich besonders dazu ver-
anlasst, als ich später zeigen werde, dass König Ludwig
bis in das hohe Alter seine Eigenart nicht änderte.
Der Oberst von Fick machte meiner älteren
Schwester Margaretha, der nachmaligen Freifrau von
31
Sensburg, einen Heirathsantrag, allein, besonders wegen
des grossen Altersunterschiedes hatte die Bewerbung
keinen Erfolg. Eines Tages waren Vater, Mutter,
meine zwei Schwestern und ich unter einem grossen
Publikum in dem berühmten „schönen Busch“. Da
kam der Kronprinz Ludwig durch die Menge, den Fick
am Arm haltend, und sprach ganz laut: „Wo ist sie?
wo ist Fräulein von Flefner? führen Sie mich zu ihr.“
Er stellte sich vor unsern Tisch und sprach überlaut:
„Fräulein, Sie wollen den Fick nicht heirathen , da
„haben Sie sehr unrecht, er ist ein braver Ehrenmann,
„auch mein Freund, er ist Oberst und kann es auch
„noch weiter bringen, einen Hauptmann oder Major
„können Sie alle Tage haben ; ich wäre dabei Braut-
führer, das müssen Sie doch auch in Anschlag bringen“.
Die Verlegenheit war grenzenlos; meine Schwester
einer Ohnmacht nahe. Ich verstand schon alles, war
jedoch noch zu jung, um die Grösse der Verlegenheit
zu begreifen.
Zu meiner sehr erregbaren Phantasie kam noch,
dass mich mein allzu guter Vater zu oft in das Theater
gehen Hess. Es war gerade die Zeit der Romantik,
die bekannte Epoche des „Versenkens ins deutsche
Alterthum“. Besonders gefielen mir die Ritterstücke,
in welchen der edle Ritter stets Sieger blieb ; u. A.
sah ich einmal den Ritter von den drei Rosen toben,
das gefiel mir ausnehmend. Des andern Morgens
holte ich mir in der Schreibstube meines Vaters einen
Pappendeckel, machte einen Schild daraus, pappte
drei grosse rothe Oblaten darauf, das waren die drei
Rosen, setzte einen Helm von Pappendeckel auf, nahm
32
ein hölzernes Schwert und ging in den Garten. Es
war Frühjahr und Thauwetter, die hohen Stauden
waren noch in Stroh eingebunden, eine derselben er-
kannte ich als den Wütherich, welcher das Burgfräulein
geraubt hatte, ich hieb auf ihn los, rutschte dabei aus und
fiel als edler Ritter in eine Lacke von Schneewasser
und schwarzer Gartenerde. Diesen Unfall hätte ich noch
ertragen, allein der Bediente meines Vaters schaute
aus der Mansarde und lachte mich fürchterlich aus;
das empörte mich als edlen Ritter. Bemerken muss
ich noch dabei, dass ich erst sieben Jahre alt war.
* IV. Der Fürst Primas und seine Zeit.
Ehe ich mich wieder zu der mitunter wunderlichen
Laufbahn meines Lebens wende, will ich einige Epi-
soden aus dem Leben des Fürsten Primas Karl Freiherrn
von Dalberg mittheilen. Wenn ich mich gleichwohl
nur erinnern kann, dass man mir den Fürsten in meiner
Kindheit zeigte, so darf ich doch sagen, dass ich vieles
von ihm durch seine nächste Umgebung erfahren habe,
denn ausser meinem Vater, welcher alle seine Zeit-
und Amtsgenossen überlebte, waren noch geraume
Zeit manche Herrn in meiner Umgebung, welche viel-
fach mit dem Fürsten in direktem Verkehr gestanden
hatten.
Da manche der Episoden aus dem Leben dieses
Fürsten Beweise von Edelmuth geben, fühle ich mich
um so mehr zu deren Mittheilung verpflichtet, als wir,
d. h. ich und meine deutschen Gesinnungsgenossen,
— 33 -
uns über das undeutsche Wesen dieses Fürsten oft
sehr hart aussprachen. Seine nichtdeutsche Gesinnung
entstand jedoch erst dann, als er glaubte, das deutsche
Reich sei nicht mehr zu retten, und er könne sich nur
durch Napoleon’s Freundschaft als Regent erhalten ;
derselbe hatte ihn schon 1806 zum Grossherzog von
Frankfurt ernannt und 1810 dessen Gebiet erweitert.
Als der letzte Kurfürst Friedrich Karl 1802 zu
Aschaffenburg verschieden war, plante Karl von Dal-
berg ein Denkmal für ihn. Es war schon die Rüste des
Kurfürsten ausgeführt. Die Ansicht meines Vaters
war, man solle die Büste auf ein entsprechendes Posta-
ment von schwarzem Marmor mit passenden Attributen
setzen, was durch edle Einfachheit die gehörige
Wirkung erzielen würde. Allein Dalberg wollte seinem
Vorgänger ein grossartiges Denkmal gesetzt wissen,
benahm sich mit meinem Vater darüber und übertrug
ihm die Besorgung des Ganzen. Es wurde vielfach
besprochen; nach dem Geiste der Zeit konnte natürlich
nur etwas schwülstiges, allegorisches, klassisches ent-
stehen, was sich weder für einen geistlichen Fürsten,
noch für die katholische Kirche, in welcher es aufgestellt
wurde, eignete. Das Ganze besteht aus drei kolossalen
Figuren in halbkniender Stellung aus Alabaster auf
einem abgestuften Piedestal von schwarzem Marmor,
darstellend den Kurfürsten in römischem Gewände,
aufwärts blickend, rückwärts in den rechten Arm des
Genius der Ewigkeit sinkend, welcher über ihm den
Schleier der Zukunft lüftet. Dieser Genius trägt in
seinem Diadem ein Auge, den Blick in die Zukunft
allegorisirend. Der Genius der Geschichte reicht dem
3
— 34 —
sterbenden Fürsten mit der Linken die Sternenkrone,
während er mit dem Griffel in der Rechten die Ge-
schichte des Verewigten auf eine Tafel niederschreibt.
Auf den Stufen des Piedestals liegen Trümmer einer
weiblichen Statuette, auf deren Haupt eine Mauerkrone,
in der Hand ein zerschlagenes Rad, darstellend das
zertrümmerte Kurfürstenthum Mainz; wohl nicht leicht
zu errathen.
Der Meister des Werkes war Philipp Friedrich
Sommer, Hofbildhauer in Kassel. Mein Vater nahm
mich noch als Kind mit in die Bildhauerwerkstätte,
welche sich in der erst neu erbauten Kaserne befand;
es machte Eindruck auf mich, dass mein Vater zankte,
weil die Arbeit so langsam vor sich gehe, und komisch
erschien es mir, dass Meister wie Gesellen mit papierenen
Kappen herumgingen. Später ward das Denkmal in
der Stiftskirche aufgestellt, wo es von Joseph Scholl,
Hofbildhauer in Mainz, überarbeitet wurde. Dalberg
erlebte die Vollendung nicht mehr, sie geschah auf
Kosten des Königs Maximilian I., nachdem Aschaffen-
burg an Bayern übergegangen war.
Es ist bekannt, dass der geistliche Fürst Primas
oft vergass, dass er Geistlicher sei. Als er einen aus
dem Rhein Gezogenen sterbend sah, rief er aus: „Ist
denn kein Geistlicher da?“ Als man sagte: „Kurfürst-
liche Gnaden sind es ja selbst“, griff er an die Stirne
und sagte: „Ach ja!“
Karl von Dalberg stand fast mit allen Gelehrten
seiner Zeit in Verkehr. Er schätzte Jean Paul sehr
hoch, dem er eine Jahrespension von 1000(1. aussetzte;
auch hielt er auf den berühmten Herder sehr viel.
Als dieser krank war und sein Ende voraussah, welches
am 18. Dez. 1803 erfolgte, hatte er schwere Sorgen um
seinen jüngstenSohn; Dalberg liessihmschreiben, er solle
sich keine Sorgen um ihn machen, er werde Vaterstelle
an dem jungen Mann übernehmen. Der junge Herder
kam nach Aschaffenburg, wo ihn der Grossherzog sehr
verwöhnte.
Eines Tages kam der Polizeikommissär Molitor
zu meinem Vater und sagte: „Der hohe Herr nimmt
mir es immer übel, wenn ich etwas gegen den jungen
leichtsinnigen Herder sage, er erblickt in mir immer
nur den Polizeimann. Diesmal hat der Junge wieder
einen Skandal angestellt, welcher, des öffentlichen
Beispiels wegen, nicht ungestraft bleiben darf. Haben
Sie die Gefälligkeit, das dem hohen Herrn beizubringen.“
Mein Vater kam dem Wunsche nach; Dalberg rief
ärgerlich aus: „Das habe ich von meiner Güte und
von meinem gegebenen Versprechen ! — Lassen Sie
mir den Jungen kommen, Sie sollen dabei sein und
hören, wie ich ihm den Kopf zurechtsetze.“ Nun
standen der hohe Herr, mein Vater und der Sünder
beisammen. Dalberg begann in Aufregung : „Du machst
Deinem Vater, dem ich Gutes erzeigen wollte, im
Grabe Schande und gehest darüber selbst zu Grunde,
und dazu helfen noch meine Wohlthaten; das ist der
Dank, den ich ernte etc.“ Herder heulte fürchterlich,
der Fürst aber sagte: „Gehe hin, bessere Dich, zahle
Deine Schulden“, und gab ihm ein Goldröllchen in
die Hand. Als mein Vater sagte: „Eure Kurfürstliche
Gnaden machen so das Unheil nur noch grösser“,
erwiderte Dalberg: „Machen Sie mir nicht auch noch
Vorwürfe, jene, welche ich mir selbst mache, sind
schon gross genug.“
Herder wurde später noch Forstmeister und ent-
sagte dem Becher nie.
Dalberg hatte eine Nichte, welcher er stets auf
ihren Namenstag ansehnliche Geschenke schickte; aus
bestimmten Gründen fing er an, an ihrer guten Ge-
sinnung und Dankbarkeit zu zweifeln. Als nun wieder
ihr Namenstag kam, schickte er ihr ein schlichtes
Körbchen mit schönen Blumen, was sie ihm mit Indig-
nation zurücksandte. Unter den Blumen lag aber ein
Papier, das ein bedeutendes Legat enthielt, Dalberg
zerriss es mit den Worten: „Sie scheint es nicht zu
verdienen.“
Mayer Anselm Rothschild, genannt Amschel, der
Stammvater des grossen , einflussreichen Hauses der
Rothschild, kam oft mit dem Fürst Primas wie mit
andern hohen Herren in Berührung. Der Fürst rühmte
ihn öfter als einen reellen, zuverlässigen Mann.
Amschel hatte wohl einmal vor, sich in Mainz
niederzulassen, denn als ihm Dalberg rieth, nach
Aschaffenburg zu ziehen, sagte er: „In Mainz ist nur
eine Gaugasse, in Aschaffenburg aber ist alles Gau-
gasse“, d. h. bergig.
Als Amschel einmal aus dem Schloss zu meinem
Vater kam, sagte er: „O wie ist doch unser aller-
gnädigster Herr so lieb, so gut.“ Als mein Vater
fragte: „Was hat er Euch denn gethan?“ war die
Antwort: „Er hat gesagt: Rothschild setze Er sich
einmal!“ Tempora mutantur.
37
Mein Vater nannte mir oft den Amschel als ein
Beispiel von dem, was der Mensch durch Verstand,
Fleiss und Rechtlichkeit zu erreichen vermag. —
Den Kammerlakai Korn, welcher bei Dalberg in
Gnaden stand, ersuchte sein Neffe, er möge ihm bei
dem hohen Herrn eine Stelle in der Ilofkanzlei er-
wirken. Der Onkel sagte: „Für einen Verwandten
darf ich nicht bitten, damit würde ich die Sache nur
verderben, aber folge mir, morgen früh acht Uhr
stehest Du am Ausgang des Laubganges im Schloss-
garten“; das geschah. Der Onkel kam und zankte
den Neffen tüchtig herunter: „Ich habe Dir es schon
oft gesagt, dass ich nichts für Dich thue, ich verbitte
mir diese Zudringlichkeit und Keckheit etc.“ Da kam
Dalberg von hinten her und rief: „Was gibt es da
für einen Spektakel!“ Korn kehrte sich erschrocken
um, bat um Verzeihung und sagte: „Mein Neffe da
hat mich in Aufregung gebracht, es ist schon wahr,
er ist brav, fleissig und geschickt, er will aber immer,
dass ich bei Eurer Kurfürstlichen Gnaden mich für
ihn verwende, was ich doch grundsätzlich nicht thue,
er soll mir meine Ruhe lassen!“ Dalberg sprach:
„Aber warum da gleich so grob sein, ich bin auch
noch da und habe ein Wort zu reden; der junge
Mann bringe mir sein Anliegen selbst vor.“ Das geschah,
und Dalberg sagte: „Er soll es haben.“ So wollen
es hohe Herren oft gemacht haben !
Wenn auch das Wohlwollen Dalbergs für Künstler
und Gelehrte oft missbraucht wurde oder auf unfrucht-
baren Boden fiel , so bewirkte es doch direkt oder
indirekt, dass Männer in allen Zweigen der Kunst und
38
Wissenschaft aus dem kleinen Aschaffenburg hervor-
gingen.
Hier gedenke ich des berühmten Franz Bopp,
des Begründers der vergleichenden Sprachforschung.
In seiner Kindheit zog er mit seinem Vater dem „kur-
fürstlichen Hof- Futterschreiber“ von Mainz nach
Aschaffenburg. Was er als Gelehrter und Schrift-
steller geleistet, ist hinlänglich bekannt.
Ein junges Talent, besonders von Dalberg be-
günstigt, welches sich gegen die Geschmacksrichtung
der Zeit und gegen den Sinn des Protektors Bahn
brach, war Peter Cornelius. Folgendes mag dafür
sprechen. Der Empirestil wurde dem jungen Mann
bald zuwider, er empfand Sinn für das Seelenvolle
der damals verachteten altdeutschen Kunst und machte
den Versuch, eine heilige Familie im Geiste der Alten
zu komponiren, welche sich noch in der städtischen
Gemäldesammlung zu Frankfurt a. M. befindet. Allein
er mag wohl bald erkannt haben, dass er nur an den
äusseren Formen hängen blieb und nicht in das Wesen
der Sache eingedrungen war. Um in den Geist und
besonders auch auf die Technik der Alten mehr ein-
zugehen, kopirte er das Bildniss der Frankfurter Patri-
zierin Margaretha Stalburg von 1504 in der Gallerie
des Städel’schen Instituts zu Frankfurt a. M., und zwar
nur als Brustbild, während sie dort in ganzer Figur
erscheint. Cornelius schickte diese Kopie an Dalberg,
welcher sehr ärgerlich darüber war und zu meinem
Vater sagte: „Lassen Sie mir dieses Bild auf eine
Staffelei stellen, neben daran jenes des Hofmalers
Kaufmann, die Fusswaschung darstellend, und lassen
Sie mir den jungen Cornelius dazu kommen, Sie sollen
hören, welche Lektion ich ihm gebe.“ Das geschah.
Dalberg sagte: „Wenn Du so fortfährst, Dich nach
jenem alten läppischen Zeug zu richten und auf solche
Abwege zu gerathen, dann kann ich nichts mehr für
Dich thun. Hier, sieh auf das Kunstwerk von Kauf-
mann, das steht auf der Höhe unserer Zeit, nach
solchen Werken hast Du Dich zu richten etc.“ Cor-
nelius sagte: „Wenn ich nicht mehr malen darf, wie
mir es von Herzen kommt, dann bedaure ich, auf die
Wohlthaten Eurer kurfürstlichen Gnaden verzichten zu
müssen.“ Dalberg sagte: „Du junger Trotzkopf!“
entzog ihm aber darum sein Wohlwollen doch nicht.
Zum erstenmal kam ich mit Peter von Cornelius selbst
im Jahr 1850 in Berlin zusammen, ich erzählte ihm
jene Geschichte, er staunte und sagte: „Sie entrollen
mir da ein Traumbild meiner Jugend.*)
Zu meiner Zeit waren mehrere Mitglieder der
Familie May in Aschaffenburg; sie hatten ansehnliche
Stellen inne. Der Stammvater Carl Mav war bei dem
Fürsten Primas Hofkonditor und Phelloplastiker , er
fertigte mehrere römische Ruinen treu und malerisch
aus Kork, sie dienten als Tafelaufsätze, und befinden
sich jetzt in der Schlossbibliothek zu Aschaffenburg.
Im Auftrag Königs Ludwig I. von Bayern, damals
*) Hier sei bemerkt, dass jenes Rildniss der Stalburgerin, wie
das lebensgrosse Bild Napoleons I. zu Pferd von Charbon und
ein Rundgemälde, den Kopf Napoleons en face als Sonnengott
im Mittelpunkt einer Sonne darstellend, von David nebst circa
30 andern Gemälden als Privateigenthum Dalbergs von dessen
Erben aus der Schlossgallerie genommen wurden.
40
noch Kronprinz, fertigte May in ziemlich grossem
Massstabe das Schloss von Heidelberg, welches nach
des Vaters Tod dessen Sohn, Bauinspektor Georg May
vollendete.*)
Letzterer wurde einst auf einem Balle von einer
adelichen Dame zugleich mit seinem Vater beleidigt.
Der Vater klagte das dem Fürsten, welcher sagte:
„Ich werde Ihnen Genugthuung verschaffen.“ Tags
darauf gegen Schluss der Tafel rief er : „May,
zwei Champagnergläser , füllen Sie, nehmen Sie das
eine, stossen Sie mit mir an; Sie sind mein alter treuer
Diener, als solchen ehre ich Sie, sind auch Künstler,
als solchen ehre ich Sie noch mehr, wer Sie beleidigt,
der beleidigt mich.“
Dalberg fand Wohlgefallen an der Gräfin Cou-
denhove; sie mag ungefähr eine Lady Milford gewesen
sein, auch sie war wohlwollend und wohlthätie-. Eine
zweite Dame, welche der geistliche Fürst gerne sah,
war Fräulein von Ferett, diese beiden Damen geriethen
einmal fürchterlich hintereinander, wie es dabei zuging,
kann man sich denken, wenn man den Ton kennt,
welcher damals sogar in der Damenwelt der haute-
volee herrschte. Bei solcher Gelegenheit kam manches
zur Sprache , was dem hohen Herrn nicht gefallen
konnte. Vertrauensmänner wurden beauftragt, die Ver-
söhnung herzustellen, was auch gelang.
Gerade damals liess Dalberg den „schönen Busch“
bei Aschaffenburg, eine der schönsten Gartenanlagen
*) Vergl. Nagler, Künstlerlexikon Bd. VIII, S. 485/6. Die
Nachbildung des I leidelberger Schlosses befindet sich jet/.t im
bayerischen Nationalmuseum.
41
Deutschlands, welche der Kurfürst Friedrich Karl
Joseph von Erthal in den 1770 er Jahren angelegt
hatte, aufs Möglichste verschönern und Abwechslung
darin anbringen. Nun gab ihm jene Versöhnungs-
geschichte einen erwünschten Stoff dazu, er liess zum
Andenken daran den kleinen „Freundschaftstempel“
errichten. Das vorspringende Portal wird von jonischen
Säulen getragen, durch dasselbe schaut man in dem
Innern Attribute der Freundschaft, als Hände, welche
sich Palmen reichen etc. Das Ganze ist umgeben von
einem Tannenwäldchen, einem murmelnden Bächlein
und allenthalben von Epheu und Immergrün umzogen.
Obschon ich kein Freund der süsslichen antiken Alle-
gorie war, so verweilte ich doch oft in meinen jüngeren
wie späteren Jahren gerne an dieser Stelle und hatte
stets den wohlthuenden Eindruck der Ruhe, Freund-
schaft und des Friedens.
Aus der Zeit des letzten Kurfürsten von Mainz,
wie aus jener des Fürsten Primas zu Aschaffenburg
kannte ich noch viele Menschen, welche uns jetzt als
wunderliche Originale erscheinen würden, sie bildeten
den Uebergang der Menschheit des achtzehnten Jahr-
hunderts zu dem neunzehnten, sie glaubten, durch ihr
Festhalten an ihren Sitten und Trachten, den Lauf
der Zeit aufzuhalten.
Das Tragen eines Ilaarbeutels sah ich nicht mehr.
Mein Grossvater trug noch einen. Den letzten, welchen
mein Vater noch in natura sah, trug der Hofnarr des
vorletzten Kurfürsten Emmerich Joseph, namens Bartel
Bubu, und der war von rothem Sammet. Ich sah die
Menschen wohl mit einfacher und doppelter sogenannter
42
Wurstperrücke und gepudert mit langem Zopf, am
Anfang desselben eine schwarze breite Masche von
Sammet oder Seide, bekleidet mit einem dreieckigen
Hut, kurzen Beinkleidern, Schuhen mit Schnallen. hohem
Stock mit silbernem Knopf. Jene, welche ich noch
in solchem Kostüme sah. lebten bis gegen das fahr
1820, es waren der Maler Pechtold, der Hof-Fecht-
meister Hill und der kurfürstliche Ilof-Silberschliesser
Münzenberger und dessen Gemahlin, geborne Helene
Klarwasser, die ebenfalls ihre alterthümliche Tracht bei-
behalten hatte. Diese, wie noch manche ähnliche Per-
sönlichkeiten erreichten fast das hundertste Lebensjahr.
Was den hohen Adel jener Zeit betrifft, welcher
mit dem letzten Kurfürsten nach Aschaffenburg über-
siedelte, so war derselbe doch so ziemlich von manchen
Vorurtheilen, welche ihn früher beherrschten, zurück-
gekommen. Doch eines Mannes als Ueberrestes des
deutschen Adels, wie ihn Voltaire in seinem „Candide,
oder die beste Welt“ schildert, muss ich gedenken.
Es war Freiherr von Wambold von Umstadt, er lebte
von der Menschheit fast abgeschlossen und war ein
guter wohlwollender Mann, doch bestand bei ihm die
höchste Menschenwürde nur in dem Adel; er jammerte
sehr, dass derselbe immer mehr an Ansehen und Einfluss
verliere; hörte er von einer Mesalliance, so rief er
händeringend: „Mais mon Dieu , encore une famille
4<Vaprtee!“
Zwei Original-Menschen muss ich als Urbild von
„Bürger und Junker“ erwähnen; es war 1 Iofmarschall
von Ferett, das Muster eines damaligen Hofmarschalls;
stolz, gebieterisch, aber in guter Laune auch gnädig
— 43
herablassend. Im Gegensatz dazu Stubenmaler Meister
Eisentraut, ehrlich, bieder, witzig, schlagfertig, sehr
grob und stolz auf sein Bürgerthum.
Einstens arbeitete Letzterer mit Gesellen bei
Ersterem. Der Hofmarschall erschien dabei, war un-
zufrieden und wurde dem Meister grob, letzterer wurde
noch gröber. Da sagte Ferett: ,,Hör’ Er, Meister
Eisentraut! mit mir führt man keine solche Sprache,
Er muss wissen, ich habe einen langen Arm.“ Der
Meister zitternd und bebend: „O! da könnten mir
Excellenz einen unendlichen Gefallen erzeigen“. Die
Excellenz: „Wie so? Der Meister: „Heute früh ist
mir meine Taschenuhr in den Ab . . . ., gefallen.“ . . .
V. Das Schloss zu Aschaffenburg und die Ge-
schmacksrichtung am Ende des 18. und im An-
fang unseres Jahrhunderts.
I )as Schloss zu Aschaffenburg ist, in der Stilart seiner
Zeit, ein Kunstwerk ersten Ranges; es wurde unter Erz-
bischof Johann Schweickhard aus der Familie der Cron-
berg durch den, in seinen Diensten stehenden, geschickten
Baumeister Georg Ridinger (Rüdinger) aus Strassburg,
Schüler des bekannten Wendel Dietterlin, erbaut und
1614 vollendet. Die Reichhaltigkeit der Ornamentik
dieses Prachtbaues schliesst sich allenthalben wirkungs-
voll den Grundformen der Architektur an. — Allein
dazu stand die Geschmacksrichtung der Zeit des letzten
Kurfürsten Friedrich Karl Joseph und seines Nach-
folgers des Fürsten Primas in direktem Gegensatz,
44
fast jede Ornamentik und alles, was in der Kunst das
Menschenherz erwärmt , musste der langweiligen so-
genannten edeln antiken Einfachheit weichen — und
so gingen beide Fürsten darauf aus, so viel als mög-
lich, alles, was dem Stil jener früheren Periode an-
gehörte, im Aeusseren wie im Inneren zu vernichten.
In der Front gegen den Main zu befand sich in
den obersten Räumen der sogenannte Kaisersaal, der
bestimmt war, den Kaiser aufzunehmen, wenn er den
Mainzer Kurfürsten in seiner Sommerresidenz besuchte.
Dieser Saal nahm in der Höhe zwei Stockwerke ein. Da
das Deckengewölbe desselben die Seitenmauern nicht Zu-
sammenhalten konnte, hatte Ridinger ein eisernes Häng-
werkbis in das Dachgebälk construirt. Wände wie Decke
dieses Saales waren durch ausserordentlich reiche Dar-
stellungen aus der Geschichte des Kaiserreiches plastisch
in Stucco geziert. Besonders dieser Saal und das
I längwerk waren der Stolz des Meisters, was schon
aus dem Titel des Werkes hervorgeht, welches Ridinger
selbst herausgab, er lautet: ,, Architectur des Maintz-
ischen Churfürstlichen neuen Schlossbawes St. Johanns-
purg zu Aschaffenburg sampt dessen gründen , auf-
zügen, gehenckhwerckh, gibeln vnd figuren von alten
Römischen Kaysern Innerhalb des bawes , einem
ufzug der Stadt Aschaffenburg, und gantzen Schloss-
bau durch Georg Ridingern Maintzischen Churfürst-
lichen Bawmeister etc. Maintz 1616.“
Diesen Saal mit seiner ganzen Pracht hat Friedrich
Karl Joseph vollständig ruiniren und in einzelne Zimmer
umbauen lassen.
Der in der Front der Hauptfacade gelegene
Speisesaal hatte in der Decke und an den Wänden
45
zierlich geschnitzte Vertäfelungen, in den Fenstern
mit Butzenscheiben an einzelnen Stellen schöne Glas-
gemälde mit Wappen und Attributen des Kurthums
Mainz, der Obertheil der Wände zeigte eine Reihen-
folge von lebensgrossen Bildnissen der Kurfürsten.
Mein Vater hörte selbst noch Dalberg sagen:
,,Ich mag nicht in dieser Todtenkammer sitzen, da
verginge mir aller Appetit“, was ja von dem Lebemann
nicht anders zu erwarten war. Diese Kurfürstenbilder
wurden in Gängen und Vorhallen angebracht. Der
Saal wurde um ein halbes Stockwerk erhöht, wodurch
alle darüber liegenden Zimmer wie jeder Schmuck,
welcher noch von Ridinger herstammte, ruinirt wurden.
Die übrigen Räume des Schlosses waren mehr oder
weniger Prachtgemächer mit in Holz geschnitzten,
theilweise vergoldeten Plafonds. Die Wände waren
mit Gobelins nach Bildwerken der o-rössten Meister
O
des sechzehnten und Anfang des siebenzehnten Jahr-
hunderts überzogen. In späteren Jahren sah ich noch
unter dem Dache des Schlosses Reste der pracht-
vollsten Gobelins, welche als Fussteppiche und Putz-
lumpen benutzt und dadurch ruinirt waren. Im Hof-
raum befanden sich fast ringsum Bogenhallen auf
Säulen ruhend in zierlichem Renaissancestil, darauf
eine Balustrade, von welcher aus die Herren und
Damen den Komödien zuschauen konnten, welche in
dem grossen Hof aufgeführt wurden. Man hat jene
in so roher Weise hinweggerissen, dass jetzt noch
Trümmer zu sehen sind, welche an der Mauer hängfen
blieben.
Das Hauptportal des Schlosses erscheint jetzt im
Verhältniss zu der Ausschmückung des ganzen Baues
viel zu einfach. Nach Ridinger’s Plan befand sich
über dem Thor ein reiches plastisches Bildwerk, welches
die Höhe eines Stockwerkes einnahm, und das Wappen
des Kurthums, von allegorischen Figuren umgeben,
darstellte. Dieses musste einem unschönen und un-
passenden Balkon weichen.
Direkt von dem Thor aus führt jetzt noch eine
Brücke über den Schlossgraben. Am Anfang der-
selben stand gewissermassen ein zweites vorgeschobenes
Portal (porta triumphalis), welches das ganze Ansehen
des Schlosses erhöhte und mit dessen reicher Orna-
mentik in Einklang stand. Es hatte in der Mitte die
Durchfahrt und auf jeder .Seite einen Durchgang. Es
war reich geschmückt durch Figuren, Lisenen, Karya-
tiden. Die thurmartige Bekrönung in der Mitte zeigte
auf der Vorderseite in Hautrelief den heiligen Martinus
zu Pferd, den Mantel mit dem Armen theilend, als
Patron der Stadt Aschaffenburg; auf den beiden Neben-
seiten, wie auf der Rückseite erschienen stark erhaben
die Wappen von Kurmainz und Cronberg. Mitten
auf dem Giebel befand sich freistehend Johannes der
Täufer als Patron des Schlosses, der ,, Johannisburg“.
Dieses Prachtwerk wurde niedergerissen und ein
Theil der Trümmer desselben in einem Gewölbe in
der Nähe des Schlosses vermauert. — Als der grössere
Theil des ehemaligen Stadtgrabens nebst anstossenden
Räumen zu einer Gartenanlane um^ewandelt wurde,
wofür man damals, ungeachtet der sonstigen schlechten
Geschmacksrichtung, Sinn hatte, verwendete man jenen
Obertheil mit dem hl. Martin nebst andern Trümmern,
um in dieser Anlage eine malerische Gruppe her-
47
zustellen, welche an die alten römischen ruinösen Grab-
denkmale Italiens erinnern sollte.
Bei einem späteren Besuch in Aschaffenburg fand
ich auch dieses bis zur Unkenntlichkeit verwittert. In
der Nähe stand die noch wohlerhaltene schöne gfothische
Klosterkirche. Wenn auch diese Dalberg in eine
römische Ruine umwandeln wollte, so darf man sich
nicht wundern, denn die herrliche Gothik war damals
ein verachtetes Zeug, wozu schon Voltaire und Zeit-
genossen den Ton angaben,*) hatte doch in Köln unter
der französischen Herrschaft der französische Gouver-
neur sich dahin ausgesprochen, dass der Kölner Dom ein
geschmackloses Machwerk sei, welches einigen maler-
ischen oder poetischen Werth erhalten könne, wenn
es einmal mehr verfallen, ruinirt und mit Bäumen
und Schlingpflanzen überwachsen wäre. Sonach wurde
auch in diesem Sinne mit dieser schönen gothischen
Kirche im „schönen Thal“ verfahren.
Diese Vorkommnisse schildere ich hier nicht nur
allein in Bezug auf Dalberg und Aschaffenburg, sondern
vorzüglich , um dadurch ein sprechendes Beispiel der
Geschmacksrichtung und Kunstverkommenheit jener
Periode, d. h. von circa 1760— 1830, im Allgemeinen
zu geben. Von da an begann man wohl allmählich
das Schöne in einer jeden Kunstrichtung zu schätzen;
dem ungeachtet werden wir noch bis in unsere Tage
*) Eine rühmliche Ausnahme machte Goethe, der schon 1 7/2.
entzückt über das Strassburger Münster, den Manen Erwins von
Steinbach einen Aufsatz : „Von deutscher Baukunst“ widmete und
der seit 1810, durch die Gebrüder Boisseree dazu veranlasst, sich
sehr für den Kölner Dom interessirte.
48
durch Unverstand und Zerstörungslust der Menschen
nicht nur um Schätze der Kunst, sondern auch der
Wissenschaft gebracht. Was letztere betrifft, so muss
ich wieder, um ein Beispiel zu geben, auf meine Vater-
stadt zurückkommen. In den grossen Schlosskellern
zu Aschaffenburg war das ganze kurmainzer Archiv
von frühester Zeit an bis zur Aufhebung des Kurthums
in Fässern und Kisten untergebracht. Um das Jahr
1836 wurde ein Kommissär aus München dorthin ge-
schickt, um den Werth der Sache zu beurtheilen. Da
dieser das Ganze als unnütz erklärte, wurde Alles auf
vielen Wagen hinausgeschafft und vertilgt. So ging
uns, besonders für das Studium der vaterländischen
Geschichte, ein eminenter Schatz von unberechenbarem
Werthe auf immer verloren.
Wie oft muss ich noch hören: „Die Kriege, be-
sonders der dreissigjährige, haben uns fast alle Schätze
der Kunst und Wissenschaft geraubt.“ Es ist schon
wahr, dass durch diesen Krieg vieles zu Grunde ging,
jedoch steht dasselbe zu dem, was auf obige Art
vertilgt wurde, noch nicht im Verhältniss wie 1 zu 20.
VI. Lehre und Selbstunterricht.
Nun komme ich wieder zur Schilderung meines
eigenen Lebenslaufes.
Mit meinem siebenten Jahr begann die Zeit, in
welcher ich lernen sollte. Ich muss dabei bemerken, dass
damals alles, was in das Gebiet der Anschauung der
Natur oder gar der Kunst gehörte, wohl als schöne
Liebhaberei und Spielerei angesehen wurde, jedoch von
49
dem Begriffe des Lernens, der .Schule und der Wissen-
schaft vollständig ausgeschlossen war, und ich daher
nur nebenbei mit Hindernissen den Weg gehen konnte,
auf welchem ich etwas erreichte.
Man holte Herrn Stoll , einen alten guten Mann,
Schullehrer in dem nahen Dörfchen Damm. Bei ihm
ging mein Lernen sehr schwer und zwar nicht nur.
weil ich sehr zerstreut war, da ich stets an die schönen
Gemälde im Hause, an den poetischen Garten und
meine, meistens selbst fabricirten, Spielsachen dachte,
sondern auch weil damals die Pestalozzische Lehr-
methode aufkam, welche der Lehrer selbst noch nicht
recht verstand, so dass er mich theils nach der alten,
theils nach der neuen Methode das Lesen lehrte. Dabei
belebte dieser Mann meine aufgeregte Phantasie noch
mehr durch alle Arten von Geschichtchen, welche weit
über das hinausgingen, was man naiv nennt; auch
erklärte er mir die Bibel so, dass sie für das dümmste
Kind noch zu dumm war, so z. B. schilderte er den
lieben Gott, wie er öfter Adam und Eva im Paradiese
besuchte, ihnen gute Lehren gab, dass sie schön ge-
schickt und brav sein sollten; so dass ich mir den-
selben genau so vorstellte, wie meinen Papa, wenn er
des Morgens zu uns mit guten Ermahnungen in das
Kinderzimmer kam , und zwar in langem geblümten
Schlafrock, farbigen Pantoffeln, einem Käppchen mit
Quaste und einer langen Pfeife.
Als Adam und Eva gesündigt hatten, Hess er den
lieben Gott schimpfen wie einen Bauern aus seinem
Dörfchen Damm.
4
50
Damit es besser gehe, gab man mir nach dem
Stoll den Herrn Noll, Lehrer an der untersten deutschen
Stadtschule. Er gab mir im Hause Unterricht, stellte
aber meinem Vater vor. dass der öffentliche Unterricht
vieles für sich habe. Mein Vater gab nach, und ich
ging- auch in die Schule des Herrn Noll. Hier war
aber der Unterricht, wie er, Gott sei Dank! heutzutage
nicht mehr denkbar ist. Die Ruthe spielte die Haupt-
rolle. Für einen Fehler, welchen ein Junge machte,
musste er herausknien, dann kam die Execution, der
Reihe nach musste ein jeder vortreten, und erhielt für
einen jeden Fehler auf die flache Hand mit einer
grossen starken Ruthe einen fürchterlichen Hieb. So
wurde oft eine halbe Stunde lang gehauen und es
entstand dabei ein furchtbares Geheul, so dass die
Leute auf den Strassen zusammenliefen. Ich staune
jetzt noch, dass es kein grösseres Unglück absetzte
und das Publikum, besonders die Eltern der Kinder,
die Sache so ruhig hingehen Hess.
Ich erhielt nie Schläge, welche ich so gut wie
die Anderen verdient hatte, da mein Vater Herrn Noll
als Hauslehrer gut honorirte und traktirte, ja bei der
öffentlichen Preisvertheilung erhielt ich sogar einen
schönen Schulpreis, welcher mich aber nicht freuen
konnte, indem ich an meine Portion Schläge dachte,
welche Andere bekamen. Es war ein Glück, dass
mir eine solche Schule nicht schadete. Von mir war
es ein grosser Fehler, dass ich nicht von vorneherein
alles meinem Vater erzählte, der mich gewiss sogleich
aus dieser Schule genommen hätte ; wie ich überhaupt
jetzt noch in Aerger daran denke, dass ich meinem
51
Stuten Vater so manches verschwieg, was mir als zu
krass oder als zu unglaublich erschien.
Noch in jenem Schuljahre erscholl die Schreckens-
nachricht, es erscheine als Prüfungskommissär Staats-
rath Freiherr von Asbeck aus Würzburg. Die Schul-
jungen dachten, wenn der Herr Lehrer schon so
dreinschlägt, wie wird erst so ein vornehmer Herr
donnern und wettern ? Das Schullokal wurde gefegt
und geputzt , was sehr Noth that , die Thüre wurde
mit Tannenreis dekorirt , auf den Tisch ein grosser
Blumenstrauss gestellt; die Jugend war gewaschen und
gekämmt, wie es wohl nicht oft geschah. Der hohe
Herr erschien in Begleitung zweier geistlichen Herren,
Herr Noll an deren Seite mit süsslichster Miene und
vielen Bücklingen. Als sich der Gestrenge niederliess,
ertönte ein Gesang der Jugend, dessen Text vielleicht
so gewesen sein mag wie: „Es ist schon lange her“.
Darauf erklärte Herr Noll seine Lehrmethode und
die liebevolle Art, mit welcher er die Jugend behandle.
Dann wurden von den Schülern einige auswendig
gelernte Gesetzchen hergeplappert und die Schön-
schreibproben vorgelegt. Der Schultyrann erhielt
grosses Lob als vorzüglicher Pädagoge und väterlicher
Freund der Jugend ; aber alles blieb beim Alten, die
Schulbuben wurden gehauen wie zuvor. Damit soll
aber nicht gesagt sein, dass alle ähnlichen Lehr-
anstalten meiner Vaterstadt von solcher Art ge-
wesen sind.
Wie fast alle Notabilitäten, welche nach Aschaffen-
burg kamen, wurde auch Herr von Asbeck von meinem
Vater zur Tafel geladen. Der Tafelaufsatz, ein Genius
4*
mit Blumenkorb , welcher vor dem hohen Herrn zum
ersten Mal figurirte , steht noch in meinem Wohn-
zimmer, fällt mein Blick darauf, so denke ich öfters:
,,0 Zeiten, o Menschen !“
Darauf erhielt ich Hausunterricht bei Herrn Reider,
welcher damals auf dem Lyceum in Aschaffenburg
studirte, und später Professor der Mathematik an der
Universität zu Würzburg wurde. Er hatte seine liebe
Noth mit mir, da ich im Elementarunterrichte sehr
vernachlässigt und dabei sehr zerstreut war. Da seine
Geduld auch nicht immer ausreichte, schlug er einen
andern Weg ein, er begann mit mir Hofmanns An-
schauungslehre: Was ist ein Punkt? was eine Linie?
was ein Winkel ? u. s. w. Dabei führte er mich oft
spazieren und machte mich auf die Erscheinungen der
Natur aufmerksam. Das war endlich etwas für mich,
da es mir Stoff zum Nachdenken gab, und dafür bin
ich Reider Dank schuldig, wenn ich gleichwohl in
manchem Wichtigen noch zurückblieb.
Nachdem Herr Reider Aschaffenburg verlassen
hatte, war es meines Vaters Bestreben, dass ich nicht
nur guten Unterricht erhalten, sondern auch unter guter
Aufsicht stehen sollte, da ich ein verwegener Junge war.
Er zog daherHerrnGeistlichenRathAnderloherzu Rathe,
der schon vorher meinen Schwestern und mir Religions-
unterricht ertheilte und in grossem Ansehen stand.
Dieser empfahl, in bestem Glauben, einen jungen
Theologen Valentin Glanzner aus Bensheim als muster-
haft. Mein Vater nahm ihn ins Haus; es ging auch
eine Zeitlang gut, obwohl mit mir nicht so leicht
zurechtzukommen war. Einmal kam unser alter Haus-
freund Ilauptmann Hacke, später Generallieutenant,
welcher im 96 sten Jahr als der älteste Offizier der
bayerischen Armee in Bamberg- gestorben ist, er sagte
meinen Eltern: „Den frommen Mann, welchen Sie im
Hause haben, sah ich gestern zu meinem Staunen mit
der berüchtigten N. N. auf einem Feldwege bei Obernau
gehen.“ Meine Eltern glaubten, der alte Freund habe
doch vielleicht nicht recht gesehen. Als nun darauf Herr
Gleisner, ich wollte sagen Glanzner, zu Tische kam, suchte
er das Gespräch auf die Verdorbenheit der Jugend zu
bringen. Anknüpfend sagte er: „ich erhielt Kenntniss
von einem Mädchen, das auf üblem Wege sei; ich
suchte mit ihm zusammenzukommen, redete ihm ins
Gewissen, stellte ihm die Gefahren für sein zeitliches
wie ewiges Wohl vor und bot alles auf, es auf den
Weg der Tugend zurückzuführen; ich hoffe, dass mir
es mit Gottes Hülfe gelungen ist.“
Einst sagte mir der Bediente, dass Herr Glanzner
oft von den Bäumen im Garten das Obst hole und
damit am Gartenzaun junge Burschen belohne, welche
ihm verdächtige Geschäfte besorgten. Aus jugendlicher
Dummheit wagte ich nicht, dieses meinem Vater zu
sagen. Als ich darauf Glanzner an einem Baum
schütteln sah, zog ich ihn, statt vernünftig zu sprechen,
an seinem langen schwarzen Rock von dem Obstbaum
hinweg. Er wollte mir eine Ohrfeige geben, diese
ging aber in die Luft. Ich, körperlich sechsmal so
stark als geistig, gerieth in Wuth; das rechte Bein
gegen die Anhöhe stemmend , den linken Arm vor-
wärts, gab ich ihm einen Stoss, dass er in mehreren
Purzelbäumen über drei hohe Terrassen hinunterfuhr.
54
Als ich ihn in der Tiefe liegen sah , kam mir die
Angst , ich glaubte, er habe den Hals gebrochen, aber
er erhob sich, die Augen, welche sonst in christlicher
Demuth niedergeschlagen waren, leuchteten wie jene
eines Tigers, er ergriff einen dicken Kieselstein und
schleuderte ihn dicht an meinem Ohr vorüber. Des
andern Tags gab er mir wieder Untericht und that,
als wäre nichts vorgefallen, und auch ich schwieg im
Bewusstsein, nicht ganz richtig gehandelt zu haben.
Von da an wurde die Sache des frommen Mannes
immer verdächtiger. Das hatte aber nichts zu sagen;
er erhielt die Priesterweihe Seine erste Predigt hielt
er in dem nahen Dörfchen Glattbach; ich war dabei,
die Bauersleute bewunderten diesen Heiligen auf Erden.
Darauf erhielt er eine Stelle zu Bensheim an der
Bergstrasse. Nach einiger Zeit kam von ihm ein
klägliches Schreiben an meinen Vater, er sei durch
Neid und Verleumdung in Unglück gerathen und habe
seine Stelle verloren; sich der vielen Wohlthaten er-
innernd, wage er um Schutz und Obdach zu bitten.
Mein Vater Hess ihn wohl kommen, traute der Ge-
schichte aber gar nicht und richtete ein Schreiben an
den Herrn Bischof von Wrede in Mainz, mit dem
Ersuchen, er möge, wenn thunlich, für Unterkunft
dieses Mannes sorgen, wenn auch seine Fehler gross
seien, damit er nicht so verkomme und vor den Augen
des Volkes das geistliche Ansehen schädige. Der
Inhalt der Antwort lautete : „Euer etc. Es gereicht
Ihnen zur Ehre, dass Sie sich, wenn auch nur noch
halb in gutem Glauben, jenes Menschen annehmen.
So gerne ich, wo thunlich, über verzeihliche Fehler
den Mantel christlicher Liebe decke , so kann ich in
diesem Falle nichts thun. So gross auch die Laster
dieses Mannes sind , so ist doch seine Kunst zu lügen
und seine grenzenlose Heuchelei noch grösser. W enn
wir solche Leute in Schutz nehmen, so wird dadurch
das geistliche Ansehen nur geschädigt etc.“
Es war nun mein Vater in Verlegenheit, denn er
konnte doch nicht den Mann ins Elend stossen. Da
kam Forstmeister Sündermahler, dessen Kinder früher
bei Glanzner, zur Zufriedenheit der Eltern, Unterricht
erhalten hatten. Er war sogleich bereit, den Armen,
vom Schicksal Verfolgten, in sein Haus aufzunehmen.
Dort gab dann Glanzner wieder Unterricht und las jeden
Morgen in der Stiftskirche die heilige Messe ; das war
schön, aber an einem Sonntag Nachmittag schleppten
zwei Taglöhner den geistlichen Herrn, welchen sie auf
der Strasse besoffen fanden, in das Haus. Des andern
Tages wurde der Sünder mit Spannung bei Tische
erwartet; Alle sassen schon, da schob sich die schmale
schwarze Gestalt zum Thürspalt herein und begann :
„Ich habe schwer gesündigt, und zwar sowohl als
Mensch, wie besonders als Priester, ich erkenne die
Grösse meiner Schuld, ich werde alles aufbieten, um
wieder Gnade bei Gott zu finden. Ich danke für
Speise und Trank, und werde den ganzen Pag nur
mit Beten und Fasten zubringen.“ Er schob sich wieder
zur Thüre hinaus.
Nun ein launiges Spiel des Schicksals.
Nach Tisch verfolgte der Jagdhund im Hofe eine
Ratte , dieselbe sprang in das Zimmer des Herrn
Glanzner, der Forstmeister mit seinen Kindern eilten
56
nach, um zu sehen, wie die Ratte erwischt werde,
diese sprang ins Bett, der Hund nach und warf
das Oberbett herunter, da lag eine Flasche Wein,
Wurst, Käse, Brot etc. Der Bi'tsser stand daneben,
der Forstmeister warf einen wüthenden Blick auf ihn
und auf den Fastenapparat, entfernte sich und schlug
im Zorne die Thüre zu. Nun traute der Hausherr
selbst dem Landfrieden nicht mehr; er wendete sich
an Herren, welche in geistlichen Dingen Einfluss hatten;
aber da wurde das Mäntelein der christlichen Liebe,
gegen den Sinn des Herrn Bischofs, über das Haupt des
Sünders so sehr ausgespannt, dass es in Fetzen ging.
Er las wieder die heilige Messe , wurde aber bald in
ein kleines Dörfchen im Spessart versetzt. Von da
an schwieg die Geschichte über ihn.
Die Tartuffes sterben nicht aus!
Als jene Geschichte vorüber war, gelang es meinem
Vater, Herrn Professor Ilocheder, welcher die oberste
Gymnasialklasse unter sich hatte, als Lehrer für mich
zu gewinnen. Von da an hatte ich einen pünktlichen
geregelten Unterricht im Latein, und als ich dazu
kam, Klassiker zu übersetzen, gewann ich erst Interesse,
indem ich zugleich mit den Worten auch bildliche
Vorstellungen hatte. Bei Titus Livius dachte ich an
die schönen Holzschnitte des Tobias Stimmer, die
Stiche des Georg Pencz u. A., bei Ovidius an jene
des Virgilius Solis , Heinrich Goltzius und unzählige
Bildwerke grosser Meister. Auch Griechisch musste
ich lernen, halte es aber für gut, darüber zu schweigen.
Ich erlangte dabei an klassischer Gelehrtheit wenigstens
so viel als nöthig ist, um zur gebildeten Menschheit
iierechnet zu werden. Dass ich auch französisch lernen
o
musste , ist besonders nach damaligen Verhältnissen
selbstverständlich , jedoch ging es da bei meinem
deutschen Gemüthe nicht glänzend, zumal da in jener
Zeit die Sprachlehrer meistens ohne Bildung waren.
Unter Andern hatte ich einen, welcher, so oft ich
eine Dummheit machte, sagte: „comme c’est allemand!“
Das musste ja mein deutsches Blut in Wallung bringen.
Später ging es besser , als ich einen Lehrer erhielt,
welcher verstand, mit den Worten auch Gedanken zu
verbinden. Dazu kam noch, dass damals alles, was in
Kunst für ein grösseres Publikum geschrieben wurde,
französisch sein musste. Auch besuchte ich noch die
zwei Curse des Lyceums in Aschaffenburg, welches
den ersten Cursen der Universität gleichgestellt war.
Wenn ich auch nicht alle Curse einer Universität
durchwanderte, wie es nöthig war, um eine Stelle im
Staate zu erhalten, so darf ich doch sagen, dass mein
ganzes Leben einer Universität glich, indem meine
Freunde und späteren Collegen Männer der Wissen-
schaft nach allen Richtungen waren, deren heitere
Unterhaltung und ernste Vorträge zureichten, mir eine
Universität zu ersetzen.
Mein Schul- und klassisches Studium, welches mir
wohl für das ganze Leben unentbehrlich blieb, konnte
ich doch nicht zu dem direkt benutzen, was später
den Beruf meines Lebens bildete, sondern schon von
vorneherein und gleichen Schrittes# strebte ich es an,
und zwar auf unebenem, fast unbekanntem Wege. Die
Werke bildender Kunst der Vorzeit jeder Art sprachen
zu mir wie Geisterstimmen aus nebelgrauer Ferne, sie
wurden mir mit Zunahme meiner Jahre Lern- und Lehr-
mittel und zwar vom Abc bis zu dem, was ich Philo-
sophie nennen darf. Es ist gewiss , dass aus dem
tiefsten Dunkel der Vorzeit die Gebilde der Menschen-
hand höherer und niederer Art oft mächtig1 zu uns
sprechen, wo Worte und Schriften schweigen, wenn
man dabei vorurtheilsfrei zu Werke geht.
Die Geschichte der Menschheit, ohne jene der
Kunst gleicht einem grossen Schauspiel, welches man
hört und liest, von dem man aber nichts sieht.
Ich suchte mir ein Urtheil dadurch zu bilden,
dass ich stets Kunstwerke der verschiedensten Meister,
Zeiten und Länder mit einander verglich , um zu er-
kennen, welchen Antheil, Talent und Geschick des
Künstlers oder die Geschmacksrichtung der Zeit und
des Landes daran habe.
Die Kunstlitteratur, welche damals noch sehr
mangelhaft war, sah ich vorher selten an; nur später,
als ich glaubte, mir schon ein Urtheil gebildet zu
haben, las ich nach, wie andere Menschen darüber
dachten. Stimmte deren Urtheil mit dem meinigen
überein, dann war ich befriedigt, wenn nicht, dann
ging ich nochmals an die Quelle, um mich zu über-
zeugen, ob ich mich oder jene sich geirrt hätten. So
wurden die Kunstwerke verschiedenster Richtung für
mich lebende, sprechende Wesen.
Es kam mir im Leben öfter vor, dass Menschen,
welche auf diesem Gebiet etwas erreichen oder vor-
stellen wollten, vor Allem die Litteratur über Kunst,
die Kunstgeschichte , Aesthetik und alles Zubehör
59
studirten und dann vor den Kunstwerken selbst als
peregrini in Israel standen.
Mein Streben galt bis zu meinem Mannesalter
nur als etwas Absonderliches ohne Werth für das
praktische Leben und ich für einen Sonderling, aus
dem niemals etwas werden könne. Für mein Schaffen
existirte noch nicht einmal eine entsprechende Be-
nennung, erst in neuerer Zeit tauchte der jetzt so
beliebte Namen „Kulturgeschichte“ auf, welcher auch
meiner Sache eine gewisse Geltung verschaffte. Wenn
ich bei manchem der jetzigen Kulturhistoriker auszu-
setzen habe, dass sie dabei öfter die Bedeutung der
Kunst zu wenig schätzen, so muss ich mir auch ge-
fallen lassen , wenn sie mir manche Einseitigkeit
vorwerfen. Das Gebiet ist gross und kann nur durch
Zusammenwirken und gegenseitiges Ergänzen gefördert
werden.
Schon frühzeitig von Kunst und schöner Natur
umgeben , erschien mir bald als höchstes Ziel des
Lebens, Maler von Fach zu werden; allein ich hatte
schon zu früh die Höhe und Bedeutung der Kunst
erkannt, so dass es mir als Verwegenheit erschien,
ein so hohes Ziel anzustreben. Die meisten Anfänger
schauen auf der Stufenleiter zur Kunst mehr abwärts
als aufwärts, sonst würde ihnen oft der Muth vergehen,
die schwindelnde Höhe zu erklimmen.
Das Zeichnen übte ich mit Vorliebe, wenn auch
anfangs mit schwacher Kraft, wohl aus dem Drange,
einen Gedanken oder eine Erscheinung zu Papier zu
bringen, jedoch alsbald noch viel mehr, um die Werke
bedeutender Meister besser zu verstehen, denn es kam
60
mir oft vor, dass ich Schönheit und Charakteristik
eines Gemäldes oder einer Sculptur wohl zu begreifen
glaubte; aber erst dann, als ich versuchte mit Linien
nur in die Hauptumrisse der Sache einzugehen, tauchten
vor meinen Augen Eigenthümlichkeiten und Schön-
heiten auf, welche ich vorher kaum ahnte.
Es gehörte besonders in der letzten Periode der
Kurfürsten von Mainz zum guten Ton, dass die Herren
vom Hof und höhere Beamte Gemäldesammlungen
besassen ; da dieselben, der Natur der Sache nach,
nicht immer Kenner sein konnten , so waren wohl
selten Werke von besonderer Bedeutung darunter.
V on meinem Vater kann ich aber ganz vorurtheilsfrei
sagen, dass er nicht aus Modesucht, sondern aus wirk-
licher Erkenntniss des Guten und Schönen, eine kleine,
aber ausgezeichnete Gemäldesammlung zusammen-
gebracht hatte. Dabei besass er auch Kupferstiche
und Handzeichnungen bedeutender Meister und, da
er meine Liebe zur Sache billigte, unterstützte er
mich im Weitersammeln.
Schon frühzeitig erkannte ich, dass die Kunst
nicht nur in der Malerei oder Plastik, wie man zu
meiner Zeit gewöhnlich glaubte, sondern auch in dem
Kunsthandwerk besteht, mit welchem sich die Mensch-
heit in den verschiedenen Perioden umgab.
Dadurch wurde ich veranlasst, mein Sammeln wie
Studieren auf ein grösseres Gebiet, auf alle Erschein-
ungen im menschlichen Leben auszudehnen. Ich
sammelte daher auch alsbald Erzeugnisse des Kunst-
handwerkes, wie Trachten, Geräthschaften, Waffen etc.
Dass dieses für meine Jugend und für meine schwachen
61
Kräfte ein zu grosses Feld der Thätigkeit war, ist
natürlich. Wenn ich aber auch dabei noch viel im
Nebel herumtastete, so liess ich doch nicht davon ab.
Mein erster Lehrer im Zeichnen war der schon
genannte Georg Schneider. Ein gründlicher Unterricht
konnte von demselben nicht erwartet werden, er war
ein Talent von Natur, besass aber nicht die nöthige
Vorbildung ; doch erhielt ich manche nützliche An-
regung durch ihn , es blieb vorderhand mein Selbst-
unterricht die Hauptsache, wozu mir nicht nur die
Kunstwerke im väterlichen Hause, sondern vorzüglich
auch jene in der Schlossbibliothek der Vaterstadt
reichen Stoff boten. Letztere bestanden in den wunder-
baren Pergament-Manuscripten mit Miniaturen der
grössten Meister aus karolingischer Periode bis in das
16. Jahrhundert; darunter das grosse Missale, welches
Kurfürst Albrecht von Brandenburg durch Nikolaus
Glockendon unter der Leitung des Albrecht Dürer
ausführen liess , ferner zwei kleinere Gebetbücher
mit Miniaturen des Hans Sebald Beham von wunder-
barer Schönheit und der besonders für das Kunstge-
werbe so eminent wichtige „Mainzer Domschatz“,
welchen Kurfürst Albrecht von Brandenburg um 1520
durch die bedeutendsten Künstler in Pergamentmalerei
hersteilen liess.*) Ausserdem war eine unschätzbare
Kupferstichsammlung vorhanden. Da kopirte und stu-
*) Eigentlich die Heiligtümer des Domstiftes Halle. Vergl.
Gabriel von Terey, Albrecht von Brandenburg und das Hallische
Heiligthumsbuch von 1520. Strassburg 1892. 80, Siehe auch
die zweite Auflage meines Werkes : Trachten, Kunstwerke, Ge-
rätschaften etc. Bd. VII. Frankfurt a. M. 1886. Tafel 484 u. 485.
62
clirte ich viel, was mir durch die Gefälligkeit des da-
maligen Bibliothekars Professor Dr. Joseph Merkel er-
leichtert wurde. Die genannten Pergament-Manuscripte
mit Malereien stammten schon aus älterer Zeit von den
Kurfürsten her; die eigentliche Bibliothek und beson-
ders die überaus kostbare Kupferstichsammlung stiftete
Lothar Franz Freiherr von Erthal, Staatsminister und
Obersthofmeister, Bruder des letzten Kurfürsten von
Mainz, bekannt unter dem Namen „Chevalier Erthal.“
Der Stifter bestimmte diese Schätze für das „Fürsten-
thum Aschaffenburg“; da ein solches von dem Jahre
1814 an nicht mehr existirt, so gehören nach der
Intention des Erblassers diese Schätze wohl zweifellos
der Stadt Aschaffenburg. Ich erwähnte bereits das
geringe Y erständniss für Kunst in damaliger Zeit,
um so mehr müssen wir den Mann bewundern, der
in seinen edlen Bestrebungen fast verlassen , diese
herrliche Kupferstichsammlung zusammenbrachte. Nach
jetzigem Stande der Dinge kann man diese Sammlung
ohne Uebertreibung auf Millionen schätzen.
Wenn dieses alles meine Landsleute nach Gebühr
zu schätzen wüssten , dann hätte Chevalier Erthal
ausser seiner eigenen Schöpfung auch ein Denkmal
von Stein oder Erz.
Es besteht noch in Aschaffenburg der „Friede-
ricianische Fond“, eine Stiftung Dalberg’s aus dem Nach-
lasse des letzten Kurfürsten Friedrich Karl, aus wel-
chem verdienstvolle Künstler und Gelehrte unterstützt
werden, indem den ernsten Studien und den schönen
Künsten sich widmenden Jünglingen Vorschub geleistet
werden solle. Dieser Fond, für das „Fürstenthum
Aschaffenburg“ bestimmt, blieb, obwohl Aschaffenburg-
kein Fürstenthum mehr ist, doch mit Recht der Stadt
und deren Umgebung-. Ebenso verhält es sich mit der
Bibliothek als Erthal’scher Stiftung-; allein der Biblio-
thekar Merkel schrieb auf die Thüre „Königliche
Bibliothek“, ob auf höheren Befehl, weiss ich nicht;
er gebrauchte auch nicht mehr den. durch den Stifter
bestimmten .Stempel mit dem Kurmainzer Rad , son-
dern schrieb auf die Titel der Bücher K. B., ein Ver-
fahren, das zu Erörterungen Anlass gab, durch welche
die Bibliothek und die Kunstsammlung beinahe der
Stadt entzogen worden wären.
Der erste Bibliothekar daselbst war Wilhelm
Ileinse vom Jahr 1786 bis 1803, welcher sich
durch seinen „Ardinghello“ ein geistreiches, aber
jugendverderbendes Denkmal schuf. König Ludwig I.
setzte ihm an der Agathenkirche zu Aschaffenburg
einen Grabstein und Hess später seine Büste in der
Walhalla aufstellen. Auf Heinse folgte Nikolaus Vogt,
der schon genannte Jugendfreund meines Vaters. Dann
Professor M. Engel bis 1813 und Karl Windischmann
von 1813 bis 1818, darauf der schon erwähnte Joseph
Merkel, ferner mein früherer Lehrer Hocheder. Im
Jahre 18J6 wurde Professor Georg Englert mit dieser
Stelle betraut, welcher mit Liebe diese segensreiche
Anstalt verwaltete. Noch in München danke ich diesem
meinem Landsmanne werthvolle Mittheilungen; nach-
dem sich derselbe in den Ruhestand versetzen Hess,
folgte ihm Professor Ludwig Harrer.
Ich kann nur wünschen, dass den Herren Pro-
fessoren diese wichtige Stelle nicht im Nebenamt
64
übertragen bleibe, sondern dass ihnen die nöthige Müsse
und Mittel gegeben werden, wie es für die Verwaltung
einer so bedeutenden Anstalt nöthig ist.
Ausser diesen Kunstschätzen, welche mir zu meinem
Studium schon die nächste Umgebung bot, war es
der Besitz des Freiherrn von Mergenbaum auf seinem
Gute in Nilkheim. Abgesehen von Vielem, was mich
daselbst schon in meiner Kindheit erfreute, als Affen.
Papageien, Pfauen, Federvieh jeder Art etc. befand
sich daselbst eine reiche Gemälde-Gallerie, eine be-
deutende Anzahl vortrefflicher Glasgemälde aus dem
Schlüsse des 15. bis in den Beginn des 17. Jahrhunderts.
Ich bildete davon später manches in meinen Werken
ab. Mergenbaum war ein eigenthümlicher Mann , dem
ich viel verdanke ; nach seinem Tode wurde sein ganzer
Besitz durch entfernte Erben mittels einer Versteiger-
ung in Nilkheim in alle Gegenden zerstreut.
Unschätzbar für meine Zwecke war der sogenannte
Rittersaal, d. h. die Sammlung von Prachtrüstungen
und Waffen jeder Art, des Grafen Erbach-Erbach zu
Erbach im Odenwald.*) — Auch fand ich daselbst noch
manche andere Kunstschätze von hohem Werthe, z. B.
den Doppelpokal, welcher nach dem darauf belind-
lichen Wappen von dem Grafen Theodorich von
Erbach, von 1434 bis 1459 Erzbischof zu Mainz,
stammt. Dieser Pokal, der aus zwei Achatschalen in
*) Vergl. Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen.
Provinz Starkenburg, Kreis Erbach, von Georg Schaefer. Dann-
stadt 1891. 8Ü. Seite 55—90.
vergoldetem Silber besteht, ist aufs kunstvollste gravirt
und emaillirt.*)
Da mein Vater mehrfach in Frankfurt am Bundes-
tag beschäftigt war, kam ich öfters mit ihm da-
hin und erfreute mich besonders an der vortreff-
lichen Gemälde-Gallerie des Städel’schen Instituts und
machte Studien darin, so weit es meine Jahre zuliessen.
Schon im Jahre 1822 hielt sich mein Vater 6 Monate
in Bamberg auf; ich erhielt in dieser kurzen Zeit
Zeichenunterricht bei dem geschickten Maler Karl
Rupprecht, dem wir manche schöne Ansichten Bam-
bergs zu danken haben. Dabei hielt mir mein Vater
auch Lehrer für Deutsch und Latein.
Der Dom daselbst mit seinen herrlichen Monu-
menten erweckte in mir Erinnerungen an Kaiser
Heinrich II. und seine Gemahlin Kunigunde, wie die
Altenburg solche an Adalbert von Babenberg, die mich
mit einem heiligen Schauer durchrieselten; später
nannte ich dieses Gefühl das Alterthumsfieber. Es
lässt sich denken, welchen Pfindruck es auf mich machte,
wenn ich nicht nur meine Jugendgenossen , sondern
auch meinen Lateinlehrer durch diese, mir heiligen
Räume, wie durch einen Kuhstall wandeln sah.
Ich fühle mich hier veranlasst, eine tragische Ge-
schichte mitzutheilen, welche sich im Beginne unseres
Jahrhunderts zutrug, da ich wohl jetzt noch der Einzige
bin, welcher sagen kann, dass er sie von Zeitgenossen
und der Sache Nahestehenden vernommen hat.
*) Abgebildet und beschrieben in der zweiten Auflage meines
Werkes: Trachten, Kunstwerke und Geräthschaften etc. Bd. IV.
Frankfurt a. M. 1883. Seite 26 und Tafel 274.
Es ist bekannt, dass das Faustrecht und Raub-
ritterwesen im Mittelalter, ungeachtet aller Bemüh-
ungen der Fürsten, der verschiedenen Städtebündnisse
im 13. Jahrhundert, des Niederbrennens der Raub-
schlösser und der vielen Hinrichtungen sich nicht aus-
rotten liess und es sich gewissermassen als Gewohn-
heit oder ererbtes Recht mitunter bis zur neueren
Zeit fortsetzte.
Als grossartiges Beispiel der Art erscheint die
Geschichte der Burg Eisberg in Franken, nicht weit
von Bamberg, im Besitze einer alten mehrfach um
das Vaterland verdienten Familie. Ein Mitglied dieses
Namens übte noch bis in den Beginn unseres Jahr-
hunderts dieses edle Handwerk in grossartigem Stil,
er beherbergte öfter eine Räuberbande, ein Mann
Namens Loderer, welcher einer solchen Bande ange-
hörte, stand in seinem Dienste ; unter Anderem raubte
er die junge Frau eines reichen Holzhändlers Namens
Baier. Ein Ehepaar in seinen Diensten waren soge-
nannte Gängler (Elausirer) , sie durchwanderten die
Umgegend und besorgten für ihren Herrn böse Ge-
schäfte ; als sich der Burgherr mit ihnen entzweite,
und sie ihm als gefährlich erschienen, liess er sie ein-
kerkern und später, wie man sicher glaubte, ermorden.
Diese Dinge wurden wohl theilweise ruchbar, allein
der Arm der Gerechtigkeit war in Folge der Kriegs-
unruhen schwach, auch drohte der Burgherr, sich für
den Fall eines Angriffes bis auf das Aeusserste mit
seinen Feuerwaffen zu vertheidigen und im schlimmsten
Falle, die Burg in die Luft zu sprengen. Da erbot
sich einer seiner ehemaligen Freunde, ihn auszuliefern.
Derselbe nahte sich vor Tagesanbruch der Burg, ver-
steckte in dem Gebüsche Bewaffnete, und rief zu dem
ehemaligen Freunde hinauf: „Komme schnell herab,
ich habe Dir etwas sehr Wichtiges mitzutheilen und
muss diesen Ort sogleich wieder verlassen !“ Als der
Getäuschte vor seinem Thor erschien, wurde er fest-
genommen und dem Gerichte überliefert. Der un-
ruhigen Zeit Verhältnisse wegen wurde er an verschie-
denen Orten nacheinander gefangen gehalten und in
Verhör genommen ; wegen Mangel einer öffentlichen
Gerichtsbarkeit und wohl auch aus anderen Gründen
hat man aber von der Sache nichts weiter mehr er-
fahren. Man nahm an. dass er in der Stille hingerichtet
wurde.
Später gegen das Jahr 1830 wurde ein Schäfer
in sehr hohem Alter auf dem Schub in seine Heimath
nach Bamberg verbracht ; im Spital verlangte er nach
den Sterbesakramenten und gestand dem Geistlichen,
er habe seiner Zeit , in dem Schlosse Lisberg , auf
Befehl des Herrn, den erwähnten Gängler in einer
Grube mit Schwefeldampf erstickt und dessen Frau
erdrosselt. Nach Aufforderung des Priesters gestand
er dieses auch vor einer Gerichtskommisson, welche
unter dem damaligen Präsidenten von Schrottenberg
stand, dabei befand sich u. A. als Assessor der nach-
malige k. b. Justizminister Freiherr von Kleinschrod :
derselbe war später mit meiner Familie in Aschaffen-
burg befreundet, wo ich in meinen jungen Jahren diese
Geschichte von ihm selber erfuhr. Ebenso war diese
unserem Hausfreunde, dem schon genannten nach-
maligen Generallieutenant Hacke, bekannt, der als
68
geborener Bamberger die ganze Geschichte mit erlebt
hatte.
Auch verdanke ich wichtige Notizen über diesen
Gegenstand dem Freiherrn Marschalk von Ostheim in
Bamberg, dessen Vorfahren Besitzungen in der Nähe
des Schlosses Lisberg hatten.
Von dem bekannten Kunstschriftsteller Joseph
Heller erschien im Jahre 1837 ein Buch unter dem
Titel „Oer Burg Lisberg Beschreibung und Geschichte“,
ln gerechter Weise hebt er darin die Verdienste jenes
alten Geschlechtes hervor, aus welchem jener Besitzer
der Burg stammte, er übergeht aber dabei jene
Schreckensgeschichte und zwar auf Seite 97. indem
er nur erwähnt, dass die Gegend um Lisberg durch
den Ausbruch des französischen Krieg'es so Manches zu
erdulden gehabt hätte, und dann mit den Worten weiter-
fährt: ,,Es hier weiter auszuführen, würde die Grenze
dieser Schrift überschreiten, und ist, weil grösstentheils
noch im Andenken der Mitwelt schwebend, für die
Geschichte nicht reif genug.“ Auf Seite 98 gesteht
Heller zu , dass die Herausgabe seiner Schrift von
einem Nachkommen jenes Burgherrn durch „sorgfältige
und rückhaltlose Unterstützung“ gefördert wurde. Heller
lässt demnach das, was er aus Gründen nicht sagen
will, deutlich genug zwischen den Zeilen lesen.
Erst gegen mein 16. Jahr erhielt ich gründ-
lichen Unterricht in der Linearzeichnung, der Per-
spective, der geometrischen und Bauzeichnung durch
Professor Louis, was mir für das ganze Leben von
Nutzen war, zumal da später ein Theil meiner W erke
auch für den Schulgebrauch berechnet war.
VII. Reisen mit meinem Vater an den Rhein, nach
Wien, nach Offenburg, Freiburg und Strassburg.
Mein Vater machte mit mir in meinem sechzehnten
Jahre nach damaliger Art, mit eigenem Wagen und
Pferden, eine Rheinreise nach Düsseldorf, wo ich unter-
wegs durch diese gemüthliche Reiseart Müsse fand,
eine grosse Anzahl der rheinischen Burgen und Ruinen
aufzunehmen. Die Städte am Rhein mit ihren reichen
Kunstschätzen in den Kirchen und historischen Er-
innerungen hinterliessen in mir Eindrücke von bleiben-
dem Werthe, wie sie das Alter nicht mehr bieten kann.
Sie waren mir Fingerzeige für Vieles, was ich auf
späteren Reisen mit grossem Nutzen für meine Zwecke
verwenden konnte.
Im Winter 1830 kam ich eines Abends mit heftigem
Kopfweh nach Hause, der Hausarzt verordnete nach
der damaligen sogenannten Browne’schen Methode
schwarzen Kaffee und starken rothen Wein. Da ich
darauf in Delirium verfiel, holte mein Vater noch drei
Aerzte, welche nach gleicher Methode verfuhren, es
kam so weit, dass mein Zustand als hoffnungslos
erklärt wurde. Mein Vater darüber aufs Aeusserste
bestürzt, liess Dr. Reuss holen, welcher schon längst
Gegner dieser Heilmethode war und daher viele
Feinde hatte. Er verordnete auf der Stelle entgegen-
gesetzte Mittel, d. h. frische Luft, kaltes Wasser,
Eis, und ich war gerettet. Dieser Mann war seiner
Zeit vorausgeeilt. Erst später , als noch Viele der
Browne’schen Methode zum Opfer gefallen waren,
erhielt die seinige allgemeine Anerkennung.
70
Im Frühjahr 1831 reiste mein Vater mit mir,
meiner Schwester Therese, meiner Cousine Margaretha
und einem alten Bedienten nach Wien auf Besuch zu
seinem Bruder Peter, meinem Onkel, derselbe war
schon im Jahr 1801 als kaiserlicher Rath von Mainz
nach Wien berufen worden und hatte am 27- Juni
1806 vom Kaiser Franz II. den erblichen Reichsadel
erhalten. *)
Nach damaliger Art reisten wir in erneuern Wa=*en
mit Extrapost von Aschaffenburg nach Wien, dazu
brauchten wir 14 Tage, was nicht allein von der da-
maligen Langsamkeit überhaupt herrührte, sondern
auch von dem Aufenthalt, den wir in einigen Städten
unterwegs nahmen. Diese Reise von Aschaffenburg
nach Wien , welche heutzutage nicht mehr der Rede
werth ist, war für mich eine Kunst- und Forschungs-
reise. Nürnberg machte mir den Eindruck einer
Geisterwelt; ich fühlte mich auf Schritt und Tritt von
den deutschen Meistern früherer [ahrhunderte umgeben.
Diese, wie deren Werke, hier zu schildern kann nicht
meine Absicht sein.**)
*) Wenige Wochen darauf, am 6. August 1806, legte Kaiser
Franz II. die deutsche Kaiserkrone nieder, und das deutsche Reich
hatte nach tausendjährigem Bestände aufgehört.
**) Jenen, welche Nürnberg vorübergehend als Kunstfreunde
besuchen, empfehle ich unter den vielen bis jetzt erschienenen
Handbüchern das mit Abbildungen versehene meines verstorbenen
Freundes Ralf von Retberg „Nürnbergs Kunstleben, in seinen
„Denkmalen dargestellt, ein Führer für Einheimische und Fremde.
„Stuttgart 1854.“ Im Vorwort spricht der Verfasser die trefflichen
Worte aus: „Eine Kunstgeschichte ohne Bilder gleicht Noten ohne
Musik, will man diese hören, so will man jene sehen.“
71
Unter manchen interessanten Bekanntschaften,
welche ich damals an der Seite meines Vaters in
Nürnberg machte , war es jene des geschickten Bild-
hauers und Broncegiessers Burgschmiet, bekannt durch
das Standbild Albrecht Dürer’s und vieles Andere.
Er war gerade damit beschäftigt, das Wachsmodell
für den Bronceguss herzustellen, welchen er für sein
einstiges Grabdenkmal bestimmte, es zeigte in dem
offenen Thor einer Burg einen Schmied am Ambos
arbeitend als sprechendes Wappen. Als ich in späteren
Jahren wieder auf den Johanniskirchhof kam, machte
mir es einen traurigen Eindruck , daselbst auf dem
grossen Stein, welcher die Gruft dieses Meisters deckte,
jenes Bildwerk eingesetzt zu sehen.
Es freute meinen Vater sehr, als Herr von Holz-
schuher, ohne eine jede Veranlassung, in unserem
Gasthaus, dem rothen Ross, erschien, um uns zur Be-
sichtigung des berühmten Bildnisses seines Ahnherrn
Hieronymus Holzschuher von Albrecht Dürer abzuholen.
Dieses Meisterwerk , welches ich unter verschiedenen
Verhältnissen später noch öfter sah, machte schon
damals einen tiefen Eindruck auf mich. *)
Bei dem damaligen Kunsthändler Löchner in
Nürnberg kaufte mir mein Vater schöne Holzschnitte
und Kupferstiche von Albrecht Dürer, Heinrich Goltzius
u. A., welche mich jetzt noch im Alter erfreuen.
*) Wie bekannt, befindet sich jetzt dieses Bildniss im alten
Museum zu Berlin. Es war seiner Zeit von der Familie dem
bayerischen Staate unter dem Ministerium Lutz zu einem ent-
sprechend billigen Preise angeboten worden, man hatte aber dafür
kein Geld.
72
Von da kamen wir unter Anderen nach Regens-
burg, wo mich so Vieles überraschte und erfreute, vor
allem der herrliche Dom mit seinen Monumenten.
Auf meinen Vater wirkte daselbst besonders das
Grabdenkmal des Fürsten Primas Karl von Dalberg
ergreifend, dem er im Leben so nahe gestanden hatte.
Dieses Denkmal besteht aus einem Basrelief in
weissem Marmor von dem damals massgebenden
Canova, darauf ein sitzender Genius, welcher die
Thaten des Verewigten mit dem Griffel auf eine Tafel
einschreibt , darüber stehen die letzten Worte des
Fürsten: „Leben, leben, lieben, lieben!“ Dieses Mo-
nument stand damals an einem Pfeiler des Mittelschiffes,
später bei der Wiederherstellung des Domes Hess es
König Ludwig I. in das Seitenschiff versetzen, weil
es als ein Werk im Empirestil den Totaleindruck des
gothischen Baues beeinträchtigte. In späterer Zeit
besuchte ich diesen Dom noch eingehend an der Seite
meines Freundes, des Oberbaurathes Joseph Denzinger,
welcher die letzte Restauration des Domes in sehr
gelungener Weise ausführte.
Auch die an Kunstwerken wie an historischen
Erinneruimen so reiche Emmeramskirche nahm mich
sehr in Anspruch. Unter den vielen Denkmalen daselbst
erblickte ich schon in der Vorhalle jenes des berühmten
bayerischen Geschichtsschreibers Johannes Thurmayr,
(f 1534) nach seinem Geburtsorte Abensberg Aventinus
genannt, mit dessen Bildniss in Solenhofer Stein. In
späteren fahren Hess ich es für einige Museen abformen.
Die St. fakobs- oder Schottenkirche in Regensburg
ist ein Unicum und gehört zu den merkwürdigsten
73
Bauwerken Deutschlands. Ich komme noch darauf zu
sprechen.
Wir besuchten in Regensburg auch Herrn Krenner,
einen reichen Mann, Kunstfreund, Sammler und Be-
sitzer einer Wachsbleiche. Er zeigte uns mit grosser
Freundlichkeit vieles Schöne und Merkwürdige, darunter
viele werthvolle alte Oelafemälde. In seiner reichen
Kupferstichsammlung sah ich zum erstenmal vollständig
die Werke der Gebrüder Daniel , Hieronymus und
Lambert Hopfer aus Augsburg . welche durch ihre
Radir- und Aetzarbeiten auf Eisen einen so grossen
Einfluss auf das Kunstgewerbe im ersten Drittel des
16. Jahrhunderts ausübten. Später erwarb ich aus
der Verlassenschaft des Herrn Krenner ein höchst
interessantes kleines Portal mit Wappenschilden alter
Patriciergeschlechter Regensburg’s, es stammte aus
der dortigen ehemaligen Minoritenkirche. Ich stellte
es in dem Garten des Nationalmuseums auf.
Von Regensburg gelangten wir nach Augsburg
und besuchten daselbst vor Allem die Gemälde-Gallerie
in dem ehemaligen Katharinenkloster. Stets gedenke
ich noch jenes ersten Eindrucks, welchen diese Ge-
mäldesammlung auf mich machte, in welcher die Werke
des älteren Hans Holbein und Hans Burgkmair’s oben-
anstehen.
Unter dem vielen Schönen, was sich mir in Augs-
burg darbot, war es für mich in jungen Jahren von
grossem Nutzen Baudenkmale der verschiedenen
Perioden und Stilarten, wie zum Vergleich bestimmt,
nahe beisammen zu sehen. Der Dom mit seinen Denk-
malen, darunter jenes prachtvolle des kunstliebenden
74
und hochbegabten Bischofs Friedrich Graf von I Iohen-
zollern (f 1505), dann die St. Ulrichskirche, die Gold-
schmiedskapelle und noch so manche im früh- wie in
spätgothischem , wie im Renaissance-Stil, dabei das
pompöse Rathhaus mit seinem goldenen Saal und die
übrigen Gebäude des Elias Holl im beginnenden
Barockstile.
Als ich die Strassen Augsburgs durchwanderte
und die vielen damals noch vorhandenen Ueberreste
der Wandbemalungen fast aller Gebäude übersah, bekam
ich besonders von der ornamentalen und dekorativen
Kunst Augsburgs grosse Achtung. Die Bemalung des
Hauses der Welser war damals fast noch ganz er-
halten , sie stellte in mehreren Abtheilungen die Ge-
schichte der Stadt dar. ein Werk des berühmten Hans
Burgkmair des älteren, welcher so vieles für Kaiser
Maximilian I. arbeitete. Wie kaum zu zweifeln, war
auch Hans Burgkmair der jüngere dabei beschäftigt,
welcher besonders für die Fugger bis in das Jahr 1553
thätig war. Diese Gemälde sind bereits bis auf die
letzten Spuren verschwunden. Aus der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts sah ich noch manche geniale
Wandgemälde von Tobias Stimmer, welchen schon
Rubens hochschätzte. Noch eine Reihe von Künstlern
Augsburgs waren in dieser Richtung thätig, darunter
Johann Georg Bergmüller, der auch vieles in Kupfer
gestochen und radirt hat. Ein grosses Talent im
Geiste seiner Zeit war Johann Evangelist Holzer. Zu
allen dekorativen Arbeiten des 18. Jahrhunderts lieferte
Johann Esaias Nilson, Direktor der Kunstschule in
Augsburg, die reichhaltigsten Muster.
Von da kamen wir nach München, welches damals
in allem, was zum bequemen Leben und der Gesundheit
nöthig ist, noch auf einer sehr niederen Stufe stand;
mit dem jetzigen München würde es keinen Vergleich
aushalten. Die Bauten, welche König Ludwig I. auf-
führen Hess, waren entweder nicht begonnen, oder
noch im Entstehen begriffen. Der eine Theil der
Gemäldegallerie befand sich in den oberen Räumen
der Arkaden, der andere in dem Schloss zu Schleiss-
heim. Damals wTar auch noch die Leuchtenbergische
Gemäldesammlung in München. Die Herzog-Maxburg
enthielt das Elfenbeinkabinet und viele andere Kunst-
schätze. Bei allem dem und vielem Andern, was die
Kunst betraf, begleitete uns mit grosser Freundlichkeit
der Kupferstecher und bis jetzt nicht ersetzte Kupfer-
stichrestaurator Ludwig Albert von Montmorillon *).
Endlich gelangten wir nach Wien dem Ziel unserer
Reise. Das Wiederzusammentreffen meines alten Vaters
mit seinem noch älteren Bruder Peter von Hefner,
war ein herzliches, dabei aber auch ein sehr schmerz-
liches. Mein Onkel war nämlich 10 Jahre vorher bei uns
in Aschaffenburg auf Besuch und zwar mit seiner Ge-
mahlin, einer geborenen Freiin von Tinti, seiner älteren
Tochter Elisabeth und der jüngeren Josepha gewesen ;
leider waren unterdessen die Gemahlin, meine Tante,
und die jüngere Tochter Josepha zu unserem grossen
Schmerz gestorben. Elisabeth war mit dem k. k. Sec-
tionsrath Ritter von Mitis verheirathet und bereits
*) Begründer der späteren Montmorillon’schen Kunsthandlung.
Geboren zu Erlangen 1794, seit 1820 in München, gestorben den
30. April 1854 in Stuttgart.
— 7b —
Mutter von drei Kindern, zwei Söhnen Peter und
Ferdinand und einer Tochter Xaverine, ausserdem
waren noch zwei Stieftöchter Jenny und Lina da. Die
ganze Familie war überaus freundlich gegen uns und
bot alles auf, uns den Aufenthalt angenehm zu machen.
Für mich ging daselbst eine neue Welt auf. Was die
meisten jungen Leute in meinen Jahren vorzüglich
ansprach, hatte wenig Reiz für mich. Dagegen war
ich überglücklich in der Gemäldegallerie des Belvedere,
in denen der Fürsten von Liechtenstein und Esterhazy,
in der Sammlung des Erzherzogs Karl (jetzt Albertina)
mit den herrlichsten Ilandzeichnungen und Kupfer-
stichen, in der Schatzkammer, dem Antikenkabinet etc.
Eine besondere Anziehungskraft hatte für mich die
Ambraser-Sammlung, ebenso das damalige kaiserliche
und bürgerliche Zeughaus. Letztere Anstalten boten
mir noch ein bedeutendes Feld für mein künftiges
Schaffen , denn die Waffenkunde mit dem Harnisch-
wesen und noch so manchem dazu Gehörigen lagen
damals sehr im Argen. Die Inspektoren jener Samm-
lungen erklärten noch das lächerlichste Zeug. Freiherr
von Leber war der Erste, der versuchte, Licht in die
Geschichte der Harnische zu bringen.*)
Der herrliche Stephansdom musste natürlich einen
tiefen Eindruck auf mich machen; von dem Vielen,
was mich im Innern desselben sehr in Anspruch nahm,
erwähne ich nur das prachtvolle Grabdenkmal (IIocli-
*) Fr. von Leber. Wien’s kaiserliches Zeughaus. Zum ersten-
male aus historisch-kritischem Gesichtspunkte betrachtet, für
Alterthumsfreunde und Waffenkenner beschrieben. 2 Theile. Leip-
zig 1846. 8°.
grab) des Kaisers Friedrich III. (f 14()3), ein Werk
des vortrefflichen Meisters Anton Pilgram , der so
wenig genannt wird und, wenn auch von weniger
Kunstwerth, den Grabstein des Konrad Celtes, poeta
laureatus , welcher mit Maximilian I. und Albrecht
Dürer mehrfach in Berührung kam.*)
Die Kapuzinergruft berührte mich als jungen lebens-
frohen Mann eigenthümlich ; ringsum die Särge fürst-
licher Persönlichkeiten, welche mir aus der Geschichte
bekannt waren. Ich staunte daselbst über das Pracht-
monument, welches die Kaiserin Maria Theresia für
sich und ihren Gemahl Franz I. ganz in ihrem Sinne,
bei Lebzeiten durch den genialen Meister Balthasar
Moll in Bronceguss ausführen Hess. Auf dem kolossalen
Sarkophag mit reichem allegorischen Bildwerk , er-
scheint das Kaiserpaar in Lebensgrösse halb liegend,
halb sitzend wie im Gespräche begriffen, eine Dar-
stellung, welche das Flerbe des Todes mildert.
Unter so manchem Schönen in der Umgebung
Wien’s gefiel mir sehr Schönbrunn mit dem Schloss,
der grossartigen Gartenanlage und den vielen Erinner-
ungen an die späte Kaiserzeit.
Laxenburg, im Beginn unseres Jahrhunderts erbaut,
einer Periode, welche fast durchaus einen romantischen,
theatralischen Anflug hatte, als Ritterschloss mit Ritter-
saal, Waffenkammer, Trinkstube, Burgverliess etc. her-
gerichtet, hätte in meiner Kindheit wohl sicher einen
tiefen Eindruck auf mich gemacht, allein jene Zeit
war für mich vorüber.
*) Siehe Mittheilungen des Wiener Alterthums - Vereins.
XVII. Band. 1878.
7b
Unter anderen Personen lernte ich auch den Gustos
der Gemäldegallerie, Sigmund von Perger kennen,
welcher als geschickter Maler das Prachtwerk über
die Gallerie herausgab. Ferner sah ich öfter Friedrich
von Bartseh, den Vorstand des Kupferstichkabinets,
den Nachfolger seines durch das Werk „Peintre-
graveur“ weltberühmten Vaters. Auch sah ich noch
den Kaiser Franz II., seine Tochter Louise, die zweite
Gemahlin Napoleon’s I., deren Sohn den Herzog von
Reichstadt und manche andere bedeutende Persön-
lichkeit , die bereits längst von der Erde verschwun-
den ist.
Von Wien aus besuchten wir unter Anderem die
Abtei Mölk und Klosterneuburg , wo wir von den
geistlichen Herren sehr freundlich aufgenommen wurden,
und wo ich vieles von den noch vorhandenen Kunst-
schätzen sehen konnte.
Es kam nun die Zeit, in welcher mein Onkel
jährlich den Sommeraufenthalt in Baden bei Wien
bezog, auch wir verweilten daselbst während des
Monats August. Mir zeigte sich daselbst wieder eine
neue Welt, das grosse schöne Ilelenenthal , auf der
einen Seite in Felsenhöhe die grosse Ruine des Schlosses
Rauheneck, gegenüber die von Rauhenstein, dazwischen
in dem breiten Thal der Palast des Erzherzogs Karl.
Jene beiden Ruinen nahm ich von innen und von
aussen genau auf.
Vetter Mitis geleitete mich nach Gutenstein in
Niederösterreich, wo ich von der Schönheit und Gross-
artigkeit der Natur überrascht wurde. Hie noch
ziemlich erhaltene Schlossruine Gutenstein liegt auf
79
hohen steilen Felsenspitzen; ich erkletterte sie nicht
ganz ohne Lebensgefahr, niemand folgte mir. Wie
die früheren Bewohner hinaufkamen, blieb mir räthsel-
haft. Ich zeichnete, von Eulen und Fledermäusen in
Wirklichkeit, von Burggeistern in der Phantasie um-
geben, die inneren Räume der Burg. In der Umgebung
dieses ehemaligen Bergschlosses liegt zwischen Bergen
und Tannenwäldern ein bedeutendes Servitenkloster,
was die Romantik der Gegend noch erhöhte.
In Baden wohnte als Badearzt Dr. Rollet, er war
mit der Familie meines Onkels sehr befreundet, besass
■eine „technologische“ Sammlung; das Wort „kunstge-
werblich“ kannte man damals kaum. Dieser freundliche
Mann erfreute mich durch vieles Schöne. Er verehrte
mir aus seiner Naturaliensammlung das Wiener Pfauen-
auge, einen Schmetterling, welcher nur in der Um-
gegend Wiens vorkommt.
Als wir in Baden beisammen waren , kam die
Schreckensnachricht, die Cholera sei in Wien aus-
gebrochen. Mein Onkel wollte mit der Familie in Baden
bleiben, aber sein Schwiegersohn Mitis bestand darauf,
dass Alle nach Wien gehen, weil er dort dienstlich
sein müsse und daselbst die Familie am besten über-
wachen könne. In Wien trennten wir uns in schweren
Sorgen und Schmerz von dieser lieben Familie und
reisten nach Aschaffenburg zurück. Nur wenige Tage
nach unserer Ankunft erhielt mein Vater die Trauer-
botschaft, dass mein Onkel und dessen Tochter, Frau
von Mitis, an der Cholera gestorben seien. Unser
aller Schmerz, besonders der meines alten Vaters war
grenzenlos. Es kränkte ihn um so mehr, als mein
80
Onkel gegen seinen Willen nach Wien zurückreiste,
wo die Cholera fürchterlich wüthete , während in
Baden nicht ein Cholerafall vorkam.
Im Jahr 1832 reiste ich nach Darmstadt zu Dr.
Franz Hubert Müller, dem dortigen Galleriedirektor,
um bei demselben Unterricht zu nehmen. Er war ein
gründlicher Zeichnungslehrer und wirkte ganz in jener
Kunstrichtung, von welcher ich mich schon frühzeitig
angezogen fühlte ; er ist auch der Herausgeber des
grossen Prachtwerkes über die Katharinenkirche zu
Oppenheim und des, leider nicht vollendeten Werkes:
„Beiträge zur deutschen Kunst- und Geschichtskunde*.
Dieser verdienstvolle Mann hatte vier Söhne , von
denen der älteste, Johannes, Professor der Physik an
der Universität zu Freiburg war und sich als Verfasser
eines bekannten physikalischen Handbuches , des
„Müller - Pouillet“ , einen wissenschaftlichen Ruf er-
erworben hat ; die drei anderen widmeten sich der
Kunst, Konstantin wurde ein geschickter Kupferstecher,
Andreas und besonders Karl waren hervorragende
Künstler im religiösen Fach. Leider entriss mir der
Tod diesen vortrefflichen Lehrer zu früh; er starb
im Jahre 1835*).
In demselben Jahre fuhr mein Vater mit mir nach
Offenburg zum Besuch meiner Schwester und meines
Schwagers , der Direktor des damaligen badischen
Kinzigkreises war. Unter dem vielen Schönen, was ich
daselbst in der Umgebung sah, sprach mich besonders
*) Siehe die vortreffliche Schrift „Carl Müller, sein Leben
und künstlerisches Schaffen von Dr. Heinrich Finke. Köln 1896.“
Diese Schrift handelt auch von der ganzen Familie Müller.
81
die nahe gelegene Ruine des Schlosses Ortenberg an,
sie war grossartig und malerisch, hatte einen gesprengten
Thurm, ähnlich jenem auf dem Heidelberger Schlosse,
und bot hohes Interesse für unsere vaterländische Ge-
schichte. Auch dieses Schloss war ein Opfer der
Scheusslichkeit Ludwigs XIV. Während in der Pfalz
Melac das Mordbrennerwesen betrieb , war es hier
Crequi, welcher wie eine Bestie hauste.
Als ich im Jahr 1833 wieder nach Offenburg kam,
nahm ich diese Burgruine mit möglichster Genauigkeit
von zwei Seiten auf und führte sie in Aquarell aus ;
was jetzt für mich besonderen Werth hat, weil diese
Ruine nicht mehr vorhanden ist. Ein Herr von Berk-
holz kaufte die Ruine, liess sie aber nicht wieder her-
scellen, sondern niederreissen, und an deren Stelle ein
Schloss in moderner Gothik aufbauen.
Von da reisten wir nach Freiburg im Breisgau.
Wenn ich auch später wieder dahin kam, so vergesse
ich doch nicht den ersten Eindruck, welchen mir das
dortige herrliche Münster machte. Daselbst manche
Kunstschätze aufsuchend, kamen wir in die Werkstätte
der Glasmaler Gebrüder Andreas und Lorenz Heimle.
Ich staunte über ihre Geschicklichkeit und freute mich,
diese edle Kunst, welche nach damaligen Begriffen
eine verlorene war, wieder aufleben zu sehen; daselbst
kaufte mir auch mein Vater zwei schöne Glasgemälde.
Dann kamen wir nach Strassburg. Wie das Münster,
das grossartigste Werk , das ich bis dahin gesehen,
auf mich wirkte, lässt sich nicht beschreiben!
Jetzt gehöre ich zu den sehr Wenigen, die noch
mit Interesse die im Jahr 1870 in Flammen aufge-
6
82
gangene städtische Bibliothek besucht hatten. Diese
nahm alle meine Sinne in Anspruch, den berühmten
Codex der I Ierracl von Landsperg sah ich genau durch,
und in späteren Jahren musste ich oft mit Bedauern
an das Material denken , welches ich noch für meine
Arbeiten daraus hätte gewinnen können. Es ist mir
aber auffallend, dass ich bei den Klagen über den
Verlust dieser Bibliothek fast nur von jenem Codex
sprechen höre, während eine grosse Menge pracht-
voller Pergamentmanuscripte mit Miniaturmalereien,
Inkunabeln und anderer Druckwerken von unschätz-
barem Werthe sich darunter befanden. Ja es war auch
noch eine grosse Anzahl verschiedener Kunstwerke
daselbst, welche eigentlich nicht in eine Bibliothek
gehören, wie silberne Pokale, Werke von Bronce und
Elfenbein, Schwerter aus dem 16. Jahrhundert, mit
Silber eingelassen, Glasgemälde, darunter eines nach
Martin de Vos, Kinderspiele darstellend, vor 1560,
römische Ausgrabungen , von denen ich nur das be-
rühmte Glas, fast freistehend, in einer Netzumgebung
aus einer Masse geschliffen, hervorheben will. Das
zweite gleiche Exemplar befindet sich in Berlin, das
dritte, welches König Ludwig I. erworben hat, in
München. Es hätte alles leicht gerettet werden können,
denn es waren feuerfeste Gewölbe vorhanden, darin
aber waren, wie man mir sagte, die elenden Möbel
des Bürgermeisters geborgen, die auf diese Weise ge-
rettet wurden.*)
*) Grosses Lob verdienen, ganz im Gegensatz zu den Biblio-
thekbeamten, die Archivbeamten, welche mit Lebensgefahr die
ihnen anvertrauten Schätze in die Keller schafften und sie so vom
Untergang retteten.
83
Damals bestand noch das Gebäude „Aubette“ am
Kleberplatz, welches ebenfalls im Jahre 1870 in Flammen
aufging. In demselben befand sich eine nicht grosse
Gemäldesammlung, meistens Werke aus der Schule
und in der klassischen Richtung des Jacques Louis
David, welche ich noch hätte verschmerzen können;
allein es war daselbst eine ganze Reihenfolge vor-
trefflicher Glasgemälde aus dem 17- Jahrhundert auf-
gestellt, gleich den allerbesten schweizer Glasge-
mälden aus dem 16. Jahrhundert, auf welchen der
Name Lorenz Link stand ; von diesem vortrefflichen
Meister hatte ich damals nie etwas gelesen oder ge-
hört*). Erst später fand ich in Hermann Meyer’s Buche:
Die schweizerische Sitte der Fenster- und Wappen-
schenkungen vom XV. bis XVII. Jahrhundert. Frauen-
feld 1884, Seite 259/60, dass Lorenz Lingk (Lingg) zu
Strassburg im Jahre 1582 geboren wurde; sein Vater
war der aus Zürich stammende Glasmaler Bartholomäus
Lingk, der am 8. Mai 1582 in Strassburg das Bürger-
recht erworben hatte. Die unwiederbringlich verlorenen
Glasgemälde enthielten Darstellungen aus dem alten und
neuen Testamente und aus der Geschichte verschiedener
Heiligen ; sie stammten aus der Karthause Molsheim
im Eisass.
*) Auch Wilhelm Füssli bedauert in seinem Buche: Zürich
und die wichtigsten Städte am Rhein. Zürich und Winterthur
1842, Bd. I, Seite 487, dass er über diesen Künstler weder in
Füssli, Nagler noch Gessert Aufschluss gefunden habe. Er erwähnt
übrigens dort noch einen Leonhard Link, den es nicht gegeben hat.
6*
84
VIII. Beginn und Fortsetzung meiner Berufs-
tätigkeit.
Schon lange vorher sah mein Vater, dass ich das
mit weniger Lust betrieb, was man damals allein Brot-
studium nannte, und mehr Freude am Kunststudium
hatte. Das erfüllte ihn mit Sorgen; er sagte oft: „Du
weisst, dass mich Dein Streben freut und ich Antheil
daran nehme, aber bedenke, dass dieses keine Stelle
im Staate bietet, und Dein Vermögen leicht ein Raub
des Unglückes werden kann.“ Anders konnte damals
ein kluger und wohlwollender Vater nicht sprechen.
Da er erkannte, dass sich mein Interesse nicht nur
der Kunst und deren Geschichte, sondern auch ins-
besondere dem Kunsthandwerke zuwandte , ging er
schon längst damit um, mir einen Wirkungskreis zu
verschaffen , in welchem ich Kunst mit materiellem
Nutzen vereinen könnte, und er war deshalb einem
Vorschlag leicht zugänglich, nach welchem ich Mit-
besitzer einer Porzellanfabrik nahe bei Aschaffenburg
wurde. Ich erhielt dabei die Leitung alles dessen,
was in das Kunstfach einschlug, vorzüglich die Kupfer-
stecherei zum Ueberdruck und Einbrennen von Orna-
menten und bildlichen Darstellungen jeder Art. Ich
hatte dabei zwei Kupferstecher an meiner Seite, Charles
Regnier aus Metz, welcher grosse Geschicklichkeit in
Führung des Grabstichels besass, und Johann Klipp-
han , der in früher Jugend durch mich den Zeichen-
unterricht erhalten hatte und besonders im Radiren
und Aetzen sehr geschickt wurde, ln späteren Jahren
haben beide ihre Geschicklichkeit allein meinen selb-
85
ständigen Werken zugewendet und sich dabei als
Stecher und Radirer Namen und Anerkennung er-
worben. Ich betrieb dieses Fach, welches sich zwischen
Kunst und Handwerk bewegte, mit Lust, besonders
da ich dabei auch mein Sammeln und Studiren in der
Kunst fortsetzen konnte.
Um diese Zeit war Fürst Ludwig von Oettingen-
Wallerstein Minister des Innern in Bayern, ein Mann
von grossem Talent und vielseitigem Wissen, er war be-
geistert für Bildung des Volkes, Hebung der Gewerbe
und der Landwirtschaft; dadurch angeregt gründete
er in Bayern die Gewerbeschulen. Da er sich aber in
seinen idealen Bestrebungen öfter überstürzte und zu
wenig Finanzmann war, hatte er das Loos so vieler
grosser Männer ; das gemeine Volk und besonders
seine Neider hoben stets seine Schwächen hervor, um
seine Verdienste herunterzusetzen.
Dieser Minister machte im Jahr 1833 eine Rund-
reise durch Bayern , bei welcher er seine Aufmerk-
samkeit besonders den Fabriken und Lehranstalten
zuwendete. Bei dieser Gelegenheit lernte er auch
mich kennen. Ich hatte gerade die Radirung einer
Kupferplatte mit einem Triumphzug des Bacchus nach
Annibale Caracci ausgeführt und einige Zeichnungen
für die Kupferstecher entworfen, woran der Fürst grosses
Wohlgefallen fand. Er besichtigte die Fabrik, in
welcher ich arbeitete, genau und sprach sich ausführlich
darüber aus, dass Kunst und Handwerk nicht geschie-
dene Dinge bleiben dürfen, dass an Kunst und Wissen-
schaft auch das Volk und das praktische Leben seinen
Antheil haben müsste u. s. w. Ideen, die zwar nicht
8b
ganz neu, allein dama's bei lins so gut wie zu Grabe
getragen waren. Da der Fürst mir ganz aus der Seele
sprach, so fiel es ihm leicht, mich für seine Sache zu
begeistern, und da ich sah, dass er miL seinen Plänen
verlassen dastand, ja von der geleimten Welt oft Hohn
und Spott erfuhr, und daher auch iiber keine Mittel
zu verfügen hatte, so Hess ich mich bewegen, an der
im August 1833 eröffneten Gewerbeschule, den Zeich-
nungsunterricht selbst und zwar unentgeltlich zu leiten,
eine Liebhaberei, welche Keiner mit mir theilen wollte.
Um diese Zeit nahm Wal'erstein einen Akt vor,
weicher mit dem Obigen nichts zu thun hatte, er ent-
setzte zu memem und allgemeinem Bedauern, den
Professor Aschenbrenner , bei dem ich am Lyceum
Philosophie gehört hatte, ohne Weiteres seines Amtes.
Die Leichtofleub/okeit des Fürsten und böse Ein-
flüsterungen mögen wohl die Ursache gewesen sein.
Von da an versah ich den Zeichnungsunterricht
an der neu gegründeten Gewerbeschule, jetzt Real-
schule, nach der Methode, welche schon in den
zwanziger Jahren von Berlin ausgehend unter dem
Namen ,,die Schmitiisclie“ und später mit Verbesser-
ungen als Dupuis’sche, von Paris her, bekannt wurde.
Das Wesentlichste derselben bestand darin , dass mit
der Linie beginnend, aufsieigend ois zu komplicirten
Formen direkt lach der Natur gezeichnet, und dann
erst, wenn ein Naturkörper lichtig gesehen und auf-
gefasst war, die Erklärung der Regeln, besonders jene
der Perspektive, angeschlossen wurde. Da es oft an
Vorbedingungen fehlte, oina der Fortschritt natürlich
nicht immer schnell, doch verlor ich die Geduld nicht,
87
denn ich dachte oft: „Durch Lehren lernen wir.“ Weil
meine pfanze Sache auf das Selbstsehen und Selbst-
denken angewiesen war, so hatte es für mich auch
ein psychologisches Interesse, denn ich sah, wie manche
Jungen, welche man für dumm hielt, das Gegentheil
waren , wenn es zum Selbstsehen und Selbstdenken
kam , und dass dagegen solche , welche für gescheit
galten, indem sie nur an das Auswendiglernen gewöhnt
waren , sich öfter als nicht hervorragende Geister
erwiesen.
Was ich lehrte, war die freie Handzeichnung mit
ihrem Zugehör, während an meiner Seite der schon
genannte Professor Louis das Bau- und Linearzeichnen
lehrte.
Im Jahr 1835 gegen Oktober erging der Befehl
vom Ministerium, dass sich alle Rektoren der Gewerbe-
schulen des ganzen Königreichs, mit Jenen, welche
den Zeichenunterricht ertheilten, nach München be-
geben und daselbst Proben dessen ausstellen sollten,
was bis dahin im Zeichnen geleistet wurde.
Von Aschaffenburg aus reiste ich mit Rektor
Kittel und Professor Louis nach München. Daselbst
erschienen wir, zu einer bestimmten Stunde, circa 60
an der Zahl, im Ministerium. Wir standen in einem
Kreise, in dessen Mitte der Herr Minister, der uns
eine eingehende Rede über den Werth des Zeichen-
unterrichtes hielt. In dieser wies er nach, wie viel
in älterer Zeit geleistet wurde, als noch Kunst und
Handwerk eins waren, welch’ grosser Schaden für
unser Vaterland entstanden, als die Ansicht geltend
ward, dass Wissenschaft, Kunst und Handwerk von
einander geschiedene Sachen seien u. s. w.
88
Ich muss gestehen, dass von da an bis zur neueren
Zeit in dieser Richtung nichts erdacht oder geschrieben
wurde, was Wallerstein damals, wenigstens dem Wesen
nach, nicht schon berührt hätte.
In diesem Kreise zeichnete der Fürst besonders
Professor Heicleloff und mich aus. Mir trug er ins-
besondere auf, dass ich vor meiner Abreise noch allein
zu ihm kommen möge.
Nach Jener grossartigen Audienz gingen wir alle
zur Ausstellung der Zeichnungen der Gewerbeschüler,
wo die Lehrer schriftlich ihre Lehrpläne vorg-elegt
hatten. Der anwesende Geheimrath von Klenze sprach
sein Urtheil darüber aus. Meine Lehrmethode erhob
er mit Lob.
Bei dieser Gelegenheit hatte der Minister auch
eine kleine Ausstellung von gewerblichen und kunst-
gewerblichen Erzeugnissen veranstaltet und dabei er-
klärt, wie nützlich es für den Fortschritt sei, wenn
solche Ausstellungen sich öfter wiederholten und ver-
grösserten. Auch dieses beweist, dass der Fürst vieles
voraussah und richtig erkannte.
Spott und Hohn musste er erdulden, als er auf
dem Lande die Obstbäume, den Viehstand u. s. w.
zählen Hess; und jetzt ist es in der Statistik von
grosser Wichtigkeit.
Wir alle verweilten 14 Tage in München, da
Vorkehrungen getroffen waren, dass uns nach Möglich-
keit das Wichtigste von dem gezeigt wurde, was auf
Schule. Fabriken, Mechanik u. s. w. Bezug hatte, wobei
wir abwechselnd von dem Oberbaurath Pauli und
Professor Heindel begleitet wurden. Mich interessirte
89
natürlich das am meisten, was direkt auf alte und
neue Kunst Bezug hatte; auch in dieser Hinsicht kam
ich nicht zu kurz und lernte Manches kennen , was
mir nützlich war. Es waren damals die Bauten, welche
König Ludwig I. aufführen liess, im Entstehen; wir
stiegen auf die Gerüste, sahen die Pläne u. s. w.,
Dinge, welche jetzt allbekannt sind. Wir wurden unter
Anderem in das Hof- und Nationaltheater geführt,
um die Einrichtungen daselbst kennen zu lernen. An
einem Abend führte man den Verschwender von Rai-
mund auf, wobei Raimund selbst, als Gast, die Rolle
des Valentin spielte ; in den Zwischenakten gingen wir
auf die Bühne, wo es uns Spass machte, wie Raimund
die Statisten wegen ihrer Dummheit in seinem Wiener
Dialekt herunterzankte.
Der Tag unserer Abreise nahte. Ich ging in das
Ministerium, ersuchte den Diener, mich anzumelden,
der würdigte mich indess keines Blickes und sagte :
„Es kann nicht sein.“ Ich dachte: „O du Flegel“,
wusste aber, wie man ihm beikommen konnte. Des
andern Tages kam ich wieder, aber die Thiire des
Herrn Ministers war bereits dicht mit schon Ange-
meldeten umstellt; ich drückte dem höflichen Diener
einen Kronenthaler in die Hand; nach einer Minute
schaute er aus der Thiire des Herrn Ministers und
hiess mich eintreten ; es entstand ein allgemeines
Murren. Einige beriefen sich auf die Worte des Herrn
Ministers; der Bengel sagte: „Der Herr Minister sagt
gar viel, was er zuletzt sagt, das gilt!“ und zog mich
an der Hand, andere Herren auf die Seite stossend,
hinein.
90
Bei dem Herrn Minister verweilte ich eine volle
Stunde, er sprach mit Ausführlichkeit, dass die Kunst
für die allgemeine Bildung der Menschheit, und zwar
auf allen Stufen des Lebens, von hoher Wichtigkeit sei;
dass das allgemeine Geschichtsstudium ohne jenes der
Kunstgeschichte , immer eine mangelhafte Seite be-
halten werde; dass die jetzt neu gegründeten Gewerbe-
schulen für das gewöhnliche bürgerliche und gewerb-
liche Leben ausreichen, aber auch zugleich für die
höheren polytechnischen Anstalten, welche bei uns bis
jetzt noch sehr mangelhaft seien, eine entsprechende
Grundlage bilden müssten. Daraus hervorgehend
würden noch ausser den Museen für Kunstwerke auf
der höchsten Stufe , auch Museen für Industrie und
Kunstgewerbe entstehen , aber alle diese Museen
müssten nicht nur als Am bewahrungsorte für Kostbar-
keiten und Seltenheiten, oder als Schaubuden, sondern
ais Lehranstalten verwaltet werden. Auch sprach er
viel mit grosser Sachkenntniss über den Stand der
Künste und Gewerbe im Mittelalter im Vergleich zu
jenem in unseren Tagen.
Der Fürst begleitete mich bis ins Vorzimmer unter
Händedruck und Segenswünschen, was den so lange
Harrenden natürlich nicht gefallen konnte.
Von München zurückgekehrt, arbeitete ich mit
Eifer für die Gewerbeschule, die Fabrik und meine
Kunstsammlungen, und machte manche kleinere Reisen
zum Zweck meiner Arbeiten.
Nach jedem Jahresabschlüsse war eine Ausstellung
der Gewerbeschiilei arbeiten, und ich erhielt dabei
stets von der Regierung ein grosses Anerkennungs-
<)1
schreiben , aut’ Anderes rechnete ich nicht. Im Jahr
1836 bekam ich das Dekret als k. Professor der
Zeichnungskunde. Vier Jahre darauf wurde ich auch
von der Universität Giessen zum Doctor philosophiae
ernannt; dass mich dies als noch jungen Mann freute,
ist wohl natürlich , doch fühlte ich mich oft tief be-
schämt, wenn ich auf das Wenige zurückblickte, was
ich bis dahin geleistet hatte.
König Ludwig I. verweilte eine Reihe von Jahren
hindurch jeden Sommer in Aschaffenburg, sein treuer
Begleiter war der schon erwähnte Freiherr Heinrich
von der Tann, der vieles Interesse für mein Treiben
hatte und den König veranlasst«, meinen Vater und
nach dessen Ableben auch mich öfter zu besuchen.
Auch die Königin Therese, wie die königlichen
Prinzen und Prinzessinnen beehrten mich einige Male
mit ihrer Gegenwart in meiner Wohnung.
IX. Meine Frau und deren Familie.
Im Jahre 1837 den 8. August vermählte ich mich
mit Elise Pauli, der zweiten Tochter des königlich
bayerischen Geheimen Rathes Anton Pauli. Sie hatte
mir alles geboten, was ich in meiner Jugend nur von
einer vortrefflichen Frau und einer glücklichen Ehe
träumen konnte. Ich lebte mit ihr 50 Jahre weniger
2 Monate in glücklicher Ehe und kann nur sagen, ihr
Besitz war das grösste Glück, und ihr Verlust das
grösste Unglück und der grösste Schmerz meines
Lebens.
Wie ich Eingangs dieser Zeilen der Beziehungen
meines Vaters zu den letzten Kurfürsten von Mainz
gedachte, so will ich auch hier der Verwandten meiner
Frau gedenken.
Es waren zwei Brüder Pauli, sie stammten aus
einer angesehenen bürgerlichen Familie in Mainz, er-
langten viele Ehrenämter und siedelten, wie mein
Vater, mit dem letzten Kurfürsten nach Aschaffenburg
über. Der Vater meiner Frau wurde von diesem und
noch mehr von dessen Nachfolger , dem Fürsten Primas
Karl von Dalberg, zuerst als Hofrath , dann als
Geheimer Rath in vielen Dingen und besonders in
Finanzangelegenheiten zu Rath gezogen. Die Mutter
meiner Frau war eine geborene Freiin Philippine
von Hagen, von mütterlicher Seite die Nichte des
vorletzten Kurfürsten von Mainz Emrich Joseph, aus
der Familie der Freiherren von Breidbach-Bürresheim.
Der Onkel meiner Frau, Staatsrath von Pauli, war
ein vielseitig gebildeter Mann, dem Karl von Dalberg
die oberste Leitung des Schulwesens in Aschaffenburg
und später im Grossherzogthum Frankfurt übertragen
und den er schon als Rector magnificus der Universität
bezeichnet hatte, welche er in Aschaffenburg zu gründen
gedachte. Pauli war Leibarzt des letzten Kurfürsten
Friedrich Karl; da ihn Dalberg nicht als solchen an-
nahm, entstand das Gerücht, als sei er bei dem hohen
Herrn in Ungnade gefallen. Darauf hat das eigen-
händige Schreiben Dalbergs Bezug, welches ich noch
besitze und als Charakterbild hier wiedergebe :
„Geheimderath pauli ist einer meiner besten
Freunde; auch habe ich ihm den Gegenstand anver-
93
traut, der mir am meisten am Herzen liegt: Die Geistes
Bildung der hiesigen Jugend.
Meinem freund Pauli eröfne ich hiermit in Freund-
schaft 1 mo-, dass Dr. Knod mein Arzt und Lorum (?)
mein Wund-Arzt hier sind.
2do-, dass ich mit ihm ausser diesen dahier in
meinemLeben von meiner Gesundheit nie sprechen
werde.
Feyerlich erkläre ich hiermit: dass ich den G. R.
pauli für einen grosen Arzt halte ; der Geist, Wissen-
schaft, Rechtschaffenheit mit der Weissheit des Hypo-
crates vereinigt : Medicus non nisi vocatus. Denen guten
Aschaffenburgern bin ich von Herzen ergeben. Sollte
meine unabänderliche Entschlüssung zu schiefem Urtheil
Anlass geben? dann erkläre ich: dass wer meinen
Freund pauli beleidigt? der beleidigt mich — und Carl
von Dalberg lässt sich das Recht nicht nehmen , das
jedem Bürger und Landmann zustehet : Seinen Arzt
und Wundarzt selbst zu wählen.
Ich bin mit groser Hochachtung
des Hr. Geheimde Rath Pauli
aufrichtiger Freund
Von Herzen Carl.
Aschaffenburg 1/. april 1809.“
Als Pauli in seinen letzten Jahren viel an Gicht
litt, besuchten ihn fast täglich seine besten Freunde,
Döllinger, der später so berühmte Gelehrte, und der
schon erwähnte Professor der Philosophie Aschen-
brenner.
94
X. Beginn meiner Werke.
Im Jahre 1839 kam Joseph Maria von Radowitz,
damals kgl. preussischer Militärbevollmächtigter am
Bundestag zu Frankfurt a. M., nach Aschaffenburg,
um sich dem König Ludwig I. vorzustellen. Sein Sohn
ist der jetzige deutsche Botschafter in Madrid. Jener
besass ein vielseitiges Wissen und war für Kunst und
Geschichtsstudium sehr begeistert , Heinrich von der
Tann führte ihn zu mir. Er fand grosses Wohlgefallen
an meinem Schaffen und Sammeln und sprach zu mir
ein Wort zur rechten Zeit und am rechten Orte, indem
er sagte, dass ihn mein ganzes Wirken sehr freue,
jedoch, wenn ich etwas schaffen wolle, was Bedürfniss
der Zeit sei und eine Zukunft habe, wäre es ein Werk
über die Trachten des Mittelalters, aber nur direkt
nach gleichzeitigen Kunstdenkmalen und Kunstwerken
jeder Art. welche noch nicht veröffentlicht seien. Es
würde dadurch nicht nur Werth für die Geschichte
des Kostüms, sondern auch für das Kunst- und Ge-
schichtsstudium im Allgemeinen erhalten und sich weit
von den bisherigen Trachtenbüchern unterscheiden, die
nur für 'Theater, Maskeraden etc. berechnet seien.
Diese Gedanken waren mir wohl einleuchtend,
jedoch musste ich besorgen, dass meine Kräfte zu
einem solchen Unternehmen nicht ausreichen würden,
und dass ein solches Werk, das in Lieferungen mehrere
Jahre hindurch erscheine, und wofür der Verleger
einen hohen Preis fordern müsse, wohl geringen Absatz
finden werde u. s. w. Radowitz suchte mir diese Be-
denken zu beseitigen und sagte unter Anderem, ich
hätte die Vorbedingungen zu einem solchen Werke
schon erfüllt , dieselben beständen in Liebe zu dem
Fache, in Fleiss, Geschicklichkeit im Zeichnen und
Ausdauer, ich dürfte meine Kräfte nur nicht zer-
splittern u. s. f.
In Frankfurt hatte ich schon manche Freunde
und Bekannte im Fache der Kunst und fand durch
Radowitz deren noch mehr, mit welchen ich mich
berathen konnte. Da ich auf meinen Namen und meine
Kräfte allein wenig Vertrauen hatte, ersuchte ich
M änner wie Graf Pocci, Philipp Veit, Eduard Steinle,
Friedrich Hoffstadt, Krieg von Hochfelden u. A. ihre
Namen als Mitwirkende auf den Titel zu setzen, doch
waren dieselben durch ihren Beruf zu sehr in Anspruch
genommen , auch lag ihnen dieses Gebiet , das bisher
wohl als eine schöne Liebhaberei, aber nicht als ein
ernstes Fachstudium betrachtet wurde, zu ferne, sie
sahen daher nicht ungern ihre Namen nach den ersten
Lieferungen auf dem Titel verschwinden ; sie hatten
auch den Zweck erreicht, mir durch ihre Namen den
W eg zu bahnen. Daher war ich bald genöthigt, mich
auf meine eigenen Kräfte zu verlassen.
Schon bald nach den ersten Berathungen hatte
ich den Prospekt, Proben des Textes und der Ab-
bildungen angefertigt. Es handelte sich nun um einen
Verleger; als der beste in Deutschland wurde mir
Artaria in Mannheim empfohlen ; ich reiste zu ihm
und legte ihm die Sache vor, er erkannte alles als
vortrefflich und nannte es ein wahres Bedürfniss der
Zeit etc., aber leider müsse er mir aus Erfahrung
sagen, dass ein solches WTerk zu hohem Preis, in Lie-
— 96 -
ferungen 10 Jahre hindurch erscheinend, nur von
England ausgehen dürfe, und ein deutscher Verleger
es nicht übernehmen könne, wenn ich nicht statt meines
deutschen Namens einen englischen darauf setze und
es durch einen deutschen Verleger von England aus-
gehen lasse; erst wenn eine Reihe von Lieferungen
erschienen seien, und das Werk Beifall gefunden habe,
dann könne ich mit meinem deutschen Namen hervor-
treten. Das Ausland habe auf ein deutsches Werk
dieser Art kein Vertrauen, und am allerwenigsten der
Deutsche selbst. Diese bittere Wahrheit, für welche
ich danken musste, machte mir einen Eindruck, als
hätte man mir ins Gesicht geschlagen , weil ich ein
guter Deutscher bin. Ich erklärte, dass ich nie meinen
deutschen Namen verleugnen würde , und ersuchte
Artaria, mir eine Persönlichkeit zu nennen, bei welcher
ich mir noch Rath erholen könnte, er nannte mir seinen
Kollegen Heinrich Hoff in Mannheim. Diesem legte
ich meinen Plan vor, nach kurzem Ueberlegen sagte
er: „Ich will Ihr Verleger sein; wenn Sie für deutsche
Ehre arbeiten, so will ich es auch thun!“
Das Werk war berechnet auf drei starke Gross-
quartbände, welche in Lieferungen erscheinen sollten,
mit deutschem und französischem Text, Abbildungen
in Kupferstich, einer aus freier Hand kolorirten
Prachtausgabe zu dem Preis von 600 Gulden, und
einer unkolorirten , mit Beschreibung der Farben im
Texte, zu 60 Gulden; zur Vollendung des Ganzen
waren 10 |ahre berechnet. Ich nenne hier Geld und
Zeit nur um zu zeigen , welche Schwierigkeiten der
Arbeit entgegen standen.
97
Schon am 20. Mai 1840, an meinem 29. Geburtstag-,
Unterzeichneten wir, d. h. Hoff und ich, den Vertrag,
und zugleich erschienen die drei ersten Lieferungen
miteinander.
Dieses Werk unter dem Titel: „Trachten des christ-
lichen Mittelalters, nach gleichzeitigen Kunstdenk-
malen“, nahm von da an seinen geregelten Fortgang
und fand gute Aufnahme , jedoch nicht ohne grosse
Mühen und Sorgen von meiner, wie von des Verlegers
Seite. Die sehr sparsame Hülfe, welche ich Anfangs
bei Künstlern und Gelehrten fand , wurde immer ge-
ringer, und ich hatte bald das Gefühl, als sei mir der
Roden unter den Füssen hinweggezogen. Das Material,
das ich zu meinem Zwecke nöthig hatte, musste ich
meistens in der Ferne suchen, weshalb ich oft auf
Reisen sein musste, und doch durfte auch die Arbeit
zu Hause für Verleger , Kupferstecher, Koloristen
Drucker u. s. w. nicht ins Stocken n-erathen. Natürlich
musste ich auch meine Thätigkeit und Betheiligung
an der Fabrik wie an der Gewerbeschule aufgeben.
Die mannigfachen Erfindungen, welche mir das
Reisen und meine Arbeit überhaupt erleichtert hätten,
kannte man damals noch nicht.
Im Jahr 1840, als die ersten Lieferungen dieses
meines ersten Werkes vom .Stapel liefen, besuchte ich in
Konstanz meine Schwester, deren Gemahl Regierungs-
direktor daselbst war. Dieses alte Costniz, mit seinen
Denkmalen und historischen Erinnerungen , bot mir
für mein Denken und Schaffen unschätzbares Material.
Die Münsterkirche daselbst nahm mich zuerst in An-
spruch. In der anstossenden St. Mauritiuskapelle
zeichnete ich die Figuren der Ritter, die als Wächter
einer Nachbildung des heiligen Grabes, aus dem 13.
Jahrhundert stammend, dort aufgestellt sind.*) Eben-
so in der damit verbundenen Margarethakapelle das
Bildniss Wilhelms I., Markgrafen von Baden, f 1473,
in voller Rüstung, das sich als Wandgemälde über dem
prachtvollen Grabdenkmal Otto III., Markgrafen von
Hochberg, Bischofs von Konstanz, f 1434. befindet.**)
Ausser dem noch so vielen Merkwürdigen daselbst
sah ich auch in dem ehemaligen Kapitelsaal des
Münsters die unschätzbare Privatsammlung von Vincent.
Sie bestand vorzüglich aus den prachtvollsten schweizer
Glasgemälden des 16. Jahrhunderts, leider wurde sie im
Jahre 1 883 durch Versteigerung in alle Weltgegenden zer-
streut und ist für uns in Deutschland für immer verloren.
Das Rathhaus von Konstanz war mir schon als
Bau von Interesse , aber noch viel mehr durch seinen
Inhalt an wichtigen Urkunden, darunter in erster Linie
das weltberühmte Tagebuch, welchesUlrich von Richen-
tal (Reichenthal) über das Concilium in Konstanz 1414
führte ; es ist zwar mit rohen, aber für Zeit und Sitte
klar sprechenden kolorirten Federzeichnungen ver-
sehen***). Ich kopirte mehreres daraus für meine Ver-
*) Vergl. zweite Auflage meines Werkes: Trachten, Kunst-
werke und Geräthschaften etc. Band II. Frankfurt a. M. 1881.
Tafel 122/3.
**) Ebenda. Bd. V. Frankfurt a. M. 1884. Tafel 296.
***) Im Jahre 1869 in photographischer Nachbildung durch
den Hofphotographen Wolf in Konstanz herausgegeben, auch sind
die Holzschnitte der 1483 und 1536 in Augsburg erschienenen Be-
schreibungen des Konstanzer Concils nach diesen I landzeichnungen
gefertigt.
öffentlichungen. Der damalige Bürgermeister Hüetlin
hatte die Güte, die für mich wichtigsten Stellen der
I Iandschrift mit diplomatischer Genauigkeit selbst ab-
zuschreiben. Jetzt befindet sich dieses geschichtliche
Kleinod in dem städtischen Museum, genannt „in dem
Rosgarten.“
Ein Mann von besonderer Bedeutung war um
diese Zeit in Konstanz Ignaz Heinrich Karl Freiherr
von Wessenberg , ehemaliger Bisthumsverweser von
Konstanz, berühmt durch seine grosse schriftstellerische
Thätigkeit, durch sein Streben, eine nationale deutsche
Kirche zu gründen, und durch seine Kunstliebe. Seine
Bibliothek und Kunstsammlung waren mir von grossem
Interesse. Wessenberg war mit dem bereits mehrfach
genannten Fürst Primas Karl von Dalberg sehr be-
freundet und war von diesem im Jahre 1814 zu seinem
Koadjutor im Bisthum Konstanz berufen worden, er
erhielt aber von der römischen Kurie nicht die Be-
stätigung. Als er nach Dalberg’s Tode von dem
Domkapitel zum Bisthumsverweser gewählt wurde,
verwarf der Papst auch diese Wahl. Nichts desto-
weniger wurde er von dem Grossherzog von Baden
in der Ausübung- seines Amtes geschützt, bis er es
o o
im Jahre 182/ durch die Gründung der rheinischen
Kirchenprovinz verlor, wodurch das Bisthum Konstanz
aufgelöst wurde.
Die berühmte Malerin Maria Ellenrieder zu Kon-
stanz war mit meiner Schwester sehr befreundet. Gerade
um diese Zeit wurde sie als berühmte Constanzerin
erwählt, an einem neuen Dampfschiff auf dem Boden-
see die Taufe zu vollziehen, welches den Namen
100
Constanzia erhielt. Auch lernte ich dort den ge-
schickten Glasmaler Dr. Stanz aus Bern kennen.
Nachdem mir Konstanz so Vieles von Wichtigkeit
geboten hatte, folgte ich der Einladung des Freiherrn
Joseph von Lassberg und verweilte bei demselben
auf seinem schönen alten Schlosse zu Meersburg am
Ufer des Bodensees 8 Tage als Gast. Lassberg stand
damals in seinem 70. Lebensjahr; er war durch die
Herausgabe verschiedener altdeutscher Lieder, darunter
die des Nibelungenliedes, nach den in seinem Besitze
befindlichen Original-Handschriften, sowie durch seine
historischen Kenntnisse sehr bekannt. Seine Gemahlin
war die Nichte des Freiherrn Clemens August von
Droste zu Vischering, Erzbischofs von Köln, der um
jene Zeit durch seinen Streit mit der preussischen
Regierung viel von sich reden machte. Lassberg's
zwei Töchterchen, Zwillingsschwestern, waren damals
7 Jahre alt.
Der Umgang mit Lassberg bot mir manche werth-
volle Belehrung. Ausser vielen mittelalterlichen Kunst-
werken besass er eine höchst werthvolle Bibliothek,
in welcher ich Studien machte und Kopien anfertigte.
Von den vielen Pergamentmanuscripten mit Miniatur-
gemälden erwähne ich nur das französische Minne-
gedicht „Les voeux du Paon“, da dieses ganz beson-
deren Werth für die Geschichte der Sitten, Waffen,
Trachten etc. vom Beginne bis zum Schlüsse des
14. Jahrhunderts besitzt.*)
*) Vergl. die zweite Auflage meines Werkes: Trachten, und
Geriithsrhaften etc. Bd. III. Frankfurt a. M. 1<S82. Tafel 167.
101
Zu derselben Zeit war auch Professor Beaute, der
frühere Hotmeister des jungen Louis Napoleon, als
Gast bei Lassberg. Es war am 29. August, dem
Geburtstage des Grossherzogs Leopold von Baden, da
sassen wir im Kreise der Familie an der Tafel in dem
Saale des runden Thurms , von wo aus man den
Bodensee nach verschiedenen Richtungen überblickte;
dem hohen P'este zu Ehren wurde auf den Schiffen
kanonirt.
Kurze Zeit vorher hatte Louis Napoleon seinen
zweiten Erhebungsversuch in Boulogne ausgeführt und
befand sich damals in Folge dessen in Gefangenschaft.
Bekanntlich war er nach seinem ersten verunglückten
Versuche in Strassburg (1836) nach Amerika geschafft
worden, von wo er aber nach wenigen Monaten auf
die Nachricht von der Erkrankung seiner Mutter nach
Europa zurückkehrte. Der zweite Versuch in Boulogne
trug ihm lebenslängliche Haft in der Citadelle Ham
ein, aus der er am 25. Mai 1846 entwich.
Dieses Ereigniss gab dem alten Hofmeister vielen
Stoff zur Erzählung; er sagte unter Anderem : „Napoleon
ist talentvoll, muthwillig und gutmüthig ; ich habe ihn
sehr lieb gewonnen. Leider hat er die fixe Idee, er
sei von der Vorsehung berufen, Kaiser von Frankreich
zu werden, wovon er nicht abzubringen ist, und darüber
wird er sicher zu Grunde gehen , denn es kann ja
gewiss kein vernünftiger Mensch glauben, dass er
jemals Kaiser von Frankreich wird. Er thut mir
sehr leid.“ —
Von Meersburg aus machte ich einen Abstecher
auf das Schloss Heiligenberg; dasselbe war früher eine
102
grossartige Abtei und damals im Besitze des Fürsten
Karl Egon von Fürstenberg, bei welchem ich sehr
gute Aufnahme fand. Ich lernte auch dessen Kammer-
herrn Pfaff von Pfaffenhof und den Hofmaler L. Frank
kennen. Man zeigte mir den ehemaligen Kapitelssaal,
jetzt Ahnensaal des Fürsten, derselbe gehört zu dem
Prachtvollsten, was ich in der Art gesehen hatte. Der
Plafond zeigt in den Architekturformen der Renaissance
schwebende Genien mit Blumenguirlanden in reicher
Phantasie. Unter den lebensgrossen Ahnenbildnissen
an den Wänden sprach mich besonders jenes des
kriegerischen Grafen Wilhelm von Fürstenberg, f 1549,
an. Als der Fürst erfuhr, dass ich dasselbe gerne für
mein Werk kopiren möchte, liess er mir es durch den
genannten Hofmaler Frank in Aquarell vortrefflich
hersteilen.*) Ich kehrte nach Meersburg zurück, ver-
abschiedete mich bei Lassberg, dem ich viel zu danken
hatte und von welchem ich später noch manche inter-
essante Schreiben erhielt.
Ehe ich den Bodensee verliess ; besuchte ich das
reizend gelegene Ueberlingen, dessen schöne Kirche,
das prachtvolle Rathhaus mit seinem wunderbaren
Saal im gothischen Stil mit Tafelwerk, Ornamenten,
Figuren und Wappen in Lindenholz geschnitten mir unge-
mein gefielen, ln baulicher Hinsicht bietet Ueberlingen
noch gar manches Interessante. In einem späteren Jahr
durchsuchte ich mit meinem Freund Ferdinand von Quast
diesen schönen Ort gründlich, ebenso noch andere Orte
in der Umgebung von Konstanz, darunter das nahe-
*) Heiner- Alteneck, Trachten, Kunstwerke und Gerät-
schaften etc. 2. Aull. Bd. VIII. Frankfurt a. M. 1887. Tafel 552.
103
liegende Kreuzlingen mit seiner alten Klosterkirche,
darin die reichhaltige Darstellung des Leidens Christi
in ungefähr 400 freistehenden in Holz geschnitzten
Figuren, aus dem 17. Jahrhundert stammend.*)
Von den vielen Reisen, die ich unternehmen
musste, um historische Denkmale, welche bis dahin
unbekannt geblieben waren, aufzunehmen, muss ich
jene nach Aachen erwähnen, weil sie mir besonderen
Nutzen brachte. Es war daselbst Arthur Martin aus
Paris eingetroffen, ein Geistlicher, geschickter Zeichner
und Kunstforscher, bekannt durch sein mit Charles
Cahier herausgegebenes Werk: „Melanges d’archeo-
logie, d’histoire et de litterature“. Er hatte schon
einige Tage in der Schatzkammer des Münsters Auf-
nahmen gemacht, bei denen stets der Schatzmeister
und französische Prediger Weidenhaupt zugegen sein
musste. Dieser war in Folge dessen sehr erschöpft
und hielt deswegen die Schatzkammer für andere
Menschen verschlossen; Stadtbaumeister Ark, an den
ich mich wandte, war empört darüber, dass man mir
als Deutschen das versagte, was man einem Ausländer
gestattete, doch fiel es ihm nicht schwer, mir den
Zutritt zu verschaffen. Der Schatzmeister hatte nun
auch noch Geduld für mich, und an Martin fand ich
einen sehr freundlichen Mann, von dem ich Manches
lernte. Dazu kam noch, dass gerade zu derselben
Zeit Ferdinand von Quast von Berlin eintraf, der in
*) Siehe die Veröffentlichung unter dem Titel „Passionswerk,
genannt der Oelberg in der Pfarrkirche zu Kreuzlingen bei Konstanz.
30 photographische Aufnahmen in 30 grossformat Blättern von Her-
mann Wolf, Hofphotograph in Konstanz. 1895.
104
seiner neuen Stelle als Conservator der Kunstdenkmale
und Älterthümer Preussens seine erste Dienstreise
machte. Ich konnte daselbst nicht nur für meine
Zwecke werthvolle Zeichnungen anfertigen, sondern
auch an der Seite dieser beiden Männer das ganze
Münster genau untersuchen.
Ein Theil der Säulenschafte, welche Karl der
Grosse aus Ravenna hatte bringen lassen, standen noch
in Kisten verpackt da, nachdem sie Napoleon I. nach
Paris geschleppt und die Alliirten sie wieder zuri'ick-
•Teholt hatten. Wir fanden auch noch die dazu-
gehörigen Sockel. Von besonderem Interesse für mich
war der von Friedrich Barbarossa gestiftete kolossale
Kronleuchter mit emaillirtem Bildwerk, das Missale
Otto III., die heidnischen Kunstschätze, in Cameen
und Elfenbeinarbeiten bestehend, welche Karl der
Grosse als christlichen Kirchenschmuck verwendete.
Vergebens suchten wir aber nach der Gruft, in welcher
Karl der Grosse einbalsamirt in vollem Ornate bei-
gesetzt worden sein soll.
Quast reiste von da mit mir in gleichem Interesse
nach Köln , wo ich kurz vorher schon war. Ich traf
daselbst wieder den Dombaumeister, Regierungsrath
Zwirner. Eingehend untersuchten wir daselbst den
Dom und verglichen damit die noch vorhandenen
Original-Baupläne. Mit Quast kam ich auch noch
öfter bei mehreren Gelegenheiten zusammen, er blieb
mir bis an sein Ende ein wohlwollender Freund ; bei
vielen Gelegenheiten wiederholte er mir die Worte:
,,Sie sollten dieselbe Stelle in Bayern haben, welche
ich jetzt in Preussen besitze, denn Sie haben schon
alle Eigenschaften dazu.“ —
Günstige Recensionen haben nicht immer einen
Werth, es kommt darauf an, von wem sie ausgehen
und unter welchen Umständen sie geschrieben werden.
Die zwei ersten jedoch, welche über meine Arbeit
erschienen, mussten mich den Umständen nach über-
raschen und erfreuen. Es war jene von Franz Kugler,
dem Manne von so bedeutendem Ansehen in der
Kunstwelt, welchem ich damals persönlich noch ganz
unbekannt war, im Stuttgarter Kunstblatt 1843 Nr. 73
und 74. Er setzte darin den Zweck und vielseitigen
Nutzen meines Werkes gründlich auseinander, lobte
meine Arbeit über die Massen , deren Mängel wohl
niemand besser kannte als ich selbst, und schloss mit dem
Wunsche, „dass es nicht wie so manch’ schönes deutsches
Unternehmen als unvollendeter Tors'o abbrechen werde.“
Kugler sah noch, dass es nicht so kam. Wie sehr
hätte es mich gefreut , wenn er noch erlebt hätte,
dass dieses Werk später noch eine zweite und grössere
Auflage erhielt, welche auch vollendet wurde.
Eine zweite Kritik oder vielmehr eine ausführliche
Abhandlung über mein Werk ging zu meiner grossen
Ueberraschung von England aus, d. h. von der britischen
archäologischen Gesellschaft in „The Archaeological
Journal 1845“. Hier war meine Arbeit viel mehr, als sie
es verdiente, gelobt, während ich besorgen musste, dass
sie gerade von da aus in Schatten gestellt werde. Es
ist darin gleich Anfangs gesagt, dass ich an der Spitze
vieler, in Europa zerstreuter Künstler und Gelehrter
ein Werk geschaffen habe, welches alles in dieser
Richtung bisher erschienene übertrifft, (,,a work superior
in interest and artistic character to any which have
hitherto appeared on the subject of costume“).
106
Das machte einen eigenen Eindruck auf mich, da
doch die ganze Last fast allein auf meinen schwachen
Schultern ruhte. Auch ist dabei gesagt, dass man
durch meine Arbeit viele historische Denkmale kennen
gelernt habe, wie sie bis jetzt in England unbekannt
waren. Um dieses durch Beispiele nachzuweisen, sind
in dieser Zeitschrift drei Ritter und ein Kaiser auf
Seite 215, 217 bis 219 in guten Holzschnitten aus
meinem Werke nachgebildet.
jene beiden ersten Kritiken mussten mich um so
mehr freuen, als dabei ein jeder Verdacht einer per-
sönlichen Rücksicht ausgeschlossen war, denn die Ver-
fasser derselben kannten damals weder mich noch
meinen Verleger. Es folgten darauf über dieses, wie
über meine andern Werke, welche 50 (ahre hindurch
erschienen, noch viele und stets günstige Recensionen.
Den Verfassern derselben danke ich allen und will
unter ihnen nur diejenigen nennen , die nicht mehr
unter den Lebenden weilen, nämlich: Geheimen Rath
von Sotzmann, Wilhelm von Lübke, August von Heyden,
Arthur Pabst.
Nachdem jenes erste Werk einen guten Fortgang
genommen hatte, erkannte ich. dass es sehr nützlich
sei, wenn ausser diesem, das die nächste Umgebung
des Menschen, d. h. Trachten, Waffen, Schmuck etc.
behandelt, noch ein zweites nebenher erscheine, welches
einen Schritt weiter gehe und auch die fernere Um-
gebung des Menschen, als Utensilien jeder Art, zum
täglichen Gebrauch wie zum Luxus, in verschiedenen
Jahrhunderten, treu wiedergebe. Es erhielt den 'Titel:
„Kunstwerke und Geräthschaften des Mittelalters und
107
der Renaissance. * Meine Zeit und Kräfte, wie jene
meines Verlegers, waren aber durch das erste Werk,
welches noch im Erscheinen begriffen war, so sehr in
Anspruch genommen, dass ich mich um einen andern Ver-
leger und um einen Mitarbeiter umsehen musste. Ersteren
fand ich in Heinrich Keller zu Frankfurt a. M., den
letzteren in Karl Becker , welcher zwar Alterthums-
kenner, aber nicht selbst Zeichner war. Er Hess mir
durch geschickte Künstler von den alten Originalen
Zeichnungen hersteilen, wobei der grössere Theil der
Arbeit auf mir ruhen blieb.
Im Jahre 1846 machte ich durch Antiquar Leo
Kronacher in Bamberg eine für mich und mein
Schaffen unschätzbare Erwerbung. Sie bestand in
einem Theil der prachtvollen Pergament-Malereien,
welche Herzog Albrecht V. von Bayern und seine
Gemahlin Anna von Oesterreich durch den überaus ge-
schickten Maler Hans Mielich (Müelich) nach ihren durch
künstlerische Ausführung wie durch ihren Werth an
Gold und Edelsteinen Staunen erregenden Kleinodien
hersteilen Hessen. Diese Abbildungen in Gold und
Farbenpracht waren wohl, dem Bibliothekzeichen nach,
als Geschenk in den Besitz der Kurfürstin Magdalena
Sibylla von Sachsen (f 1659), der zweiten Gemahlin
des Kurfürsten Johann Georg I. übergegangen und
geriethen dann auf unerklärte Weise in rohe Hände,
welche sie schändlich misshandelten, bis sie in den
Besitz Kronacher’s gelangten. Dieser sandte sie an
König Ludwig I. nach München, der König schickte
sie zur Begutachtung an die Herren der Staatsbiblio-
thek , dieselben sagten , diese Dinge haben keinen
108
wissenschaftlichen Werth und solche Malereien haben
wir genug; das war mein Glück. Als ich dem König
im fahre 1847 zu Aschaffenburg in meinem Hause
diese Kunstwerke vorlegte, betrachtete die Majestät
sie mit grossem Interesse und bedauerte , dass man
diese Dinge früher so wenig geschätzt habe. Tags
darauf liess er mir durch den Kabinetsrath von
Schilcher sagen , ich solle ja nicht glauben . dass er
beabsichtigt habe, mich direkt oder indirekt zu be-
wegen, diese Dinge wieder abzugeben, indem sie ja
jetzt in der besten Hand seien, und er wünsche, dass
ich diese Kunstwerke gleich meinen andern Arbeiten
veröffentliche. Dazu kam ich aber erst im fahre 1800
indem ich vorher andere Arbeiten vollenden musste.*)
XI. Das Jahr 1848.
Als meine beiden ersten Werke noch lange nicht
vollendet waren, kam das für Kunst und Wissenschaft
so traurige fahr 1848; ich war sehr entmuthigt und
hatte nur schwache Hoffnung auf bessere Zeiten. Ich
besuchte oft das Parlament in der Paulskirche zu
Frankfurt und folgte den Verhandlungen mit Auf-
merksamkeit, dabei lernte ich alle Mitglieder, theils
nur vom Sehen, theils durch näheren Umgang kennen,
*) Deutsche Goldschmiedearbeiten des sechzehnten Jahr-
hunderts von Dr. J. H. von Hefner - Alteneck. Mit 30 Tafeln in
Farbendruck. Frankfurt a. M. 1800. Fol. — . Siehe auch: Zimmer-
mann, Max t jg. Die bildenden Künste am Hofe Herzog Albrecht’s V.
von Bayern. Strassburg 1895. 8°. Seite 86/87.
1()()
uncer ihnen mehrere, deren Namen längst der Ge-
schichte angehören z. B. den alten „Vater Jahn“. Noch
lange darnach waren Gombart, Robert Mohl undLasaulx,
Mitglieder unserer „zwanglosenGesellschaft“ in München.
Der geistreiche und witzige ehemalige Minister Dr. J. H.
Detmold besuchte mich öfter in Aschaffenburg. Fall-
merayer war noch mit mir Mitglied der Akademie
der Wissenschaften, und mit Professor Sepp verkehrte
ich später vielfach in München. ZurZeit des Barrikaden-
kampfes und der grauenhaften Ermordung des Fürsten
Lichnowsky und des Generals Auerswald war ich nicht
in Frankfurt; diese Ereignisse sind zureichend bekannt.
Was Lichnowsky betrifft, so hatte mein Freund Eduard
von der Launitz, der Schöpfer des Frankfurter Guten-
berg-Denkmals, von der Herzogin von Sagan den
Auftrag erhalten, eine Todtenmaske von ihm anzu-
fertigen, von der ich auch Baron von Fechenbach auf
seinen Wunsch hin ein Exemplar besorgte.
Da meine Werke ruhten, gedachte ich nur meinen
beiden Kupferstechern und den Koloristen Arbeit und
Unterhalt zu verschaffen. Dem kam Folgendes zu
Statten. Schon vorher hatte ich mir ein Stamm- oder
Erinnerungsbuch angelegt. Die Wappen und Attribute
malte ich selbst nach Art der Alten und bat Freunde,
wie Persönlichkeiten, welche mir wohlwollend waren,
um ihre Unterschrift. Dieses gefiel dem mir befreun-
deten Baron Friedrich Karl von Fechenbach-Lauden-
bach sehr, dadurch angeregt, ersuchte er mich, die
Herstellung eines Geschlechtsbuches seiner Familie,
welche aus dem 12. Jahrhundert stammt, zu besorgen,
was auch zu Stande kam. Die Zeichnungen zu dem
I 10
Ganzen entwarf ich, und durch die Ausführung konnte
ich in jener misslichen Zeit meinen Leuten Verdienst
verschaffen. Es erschienen darin alle Wappen der
Fechenbach, ursprünglich „ Vechinbach“ , männlicher
wie weiblicher Seite, dabei, so weit als thunlich, die
Bildnisse, Grabdenkmale, Burgen, Schlösser und Bio-
graphien, alle Blätter mit entsprechenden Randver-
zierungen in chronologischer Reihenfolge, so weit als
möglich in Stil und Charakter der betreffenden
Perioden, vom romanischen Stil bis in die Verkom-
menheit des „Empire“.
Dieser starke Folioband mit 500 Tafeln, in Aquarell
ausgeführt, hat nicht nur für die betreffende Familie,
sondern auch für die Geschichte im Allgemeinen einen
Werth. Baron Fechenbach folgte der Arbeit, welche
fast zwei fahre in Anspruch nahm , mit grossem
Interesse , öfter auch mit Ungeduld , denn solche
Herren wissen selten, wie viel Zeit eine solche Arbeit
verlangt. Mit dem Jahre 1850 war das Ganze als
Unicum vollendet; der edle Stifter dieses Familien-
denkmals hatte sich noch der Vollendung dessen er-
freut, als zu meiner grossen Betrübniss die Nachricht
seines Ablebens von Wien eintraf. Dieses Familien-
ßuch befindet sich jetzt im Besitze seines Sohnes Karl
auf dem Schloss Laudenbach am Main.
Im Jahre 1849 war ich einige Tage auf dem
Schlosse Mainberg bei Schwein furt*) als Gast des Fa-
brikanten Wilhelm Sattler und seiner Frau Katharina
*) Vergl. (Sattler , Wilhelm) Das alte Schloss Mainberg bei
Schweinfurt und seine früheren Bewohner. Mit 12 Tafeln Abbil-
dungen. (). O. 1836. 8”.
geb. Geiger, die mir nicht nur während meines Auf-
enthaltes die Kunstschätze ihres Besitzes für meine
Zwecke auf’s freundlichste zur Verfügung stellten,**)
sondern auch noch nachher mir bereitwilligst Mit-
theilungen zukommen Hessen. Dieses alte Schloss war
ehemals Eigenthum der Grafen, später Fürsten von
1 lenneberg , gelangte 1542 durch Kauf an Würzburg:
Anfangs des 19. Jahrhunderts kam es an Bayern und
war dem gänzlichen Verfall nahe, als es im Jahre
1S22 von dem Kaufmann Wilhelm Sattler aus Schwein-
furt erworben wurde, der es, soweit als möglich, stil-
gerecht hersteilen Hess. Besonders sehenswerth war
die Schlosskapelle. Ausserdem fand ich daselbst vieles
Merkwürdige an Kunst- und Alterthumsgegenständen,
u. A. Waffenstücke aus verschiedenen Zeiten und
über 100 Stück alte Trinkgefässe in den mannig-
faltigsten Formen.
Zu manchem interessanten Andenken, welche ich
von dieser verdienstvollen Familie besitze, gehört eine
kunstvolle Broncemedaille , welche die Kinder und
Enkel zur goldenen Hochzeit dem Jubelpaare widmeten,
dieselbe ist vom Graveur Staudigl.
Auf dem Avers ist das Bildniss des Ehepaares
mit der Inschrift: Wilhelm Sattler, geh. 13. Mai 1734,
Cath. Sattler, geb. Geiger, geb. 4. Februar 1/89.
Auf dem Revers das Schloss Mainberg mit der
Umschrift:
Zur goldenen Hochzeit von 15 Kindern und 25
Enkeln. Mainberg d. 14. Febr. 1859.
**) Siehe: Trachten. Kunstwerke und Geräthschaften. 2. Auf-
lage, Hd. II. Frankfurt 1881. Tafel 106 u. 121 und Bd. V. Frank-
furt 1884. Tafel 329.
Ehe ich über diese Jahre der Unruhe hinweggehe,
muss ich erwähnen, dass schon vorher im Jahre 1846
mein guter Vater im 90. Lebensjahre zu meinem
namenlosen Schmerz starb; auch er war ein Mann in
hohem Grade vom Glück begünstigt, dabei aber auch
von schweren Schlägen des Schicksals heimgesucht.
Abgesehen von dem oben schon Erwähnten, verlor er
noch in seinem hohen Alter seine beiden, längst ver-
heiratheten, Töchter; ich war noch sein einziger Sohn;
es gereichte mir zu einigem Frost, dass ihm noch
seine Schwiegertochter, seine drei Enkel (meine Söhn-
chen) wie auch der glückliche Fortgang meiner Arbeiten
Freude machten.
XII. Die Burg Tannenberg.
Noch in dem jahre 1849 beabsichtigte S. Iv. 11.
der Grossherzog Ludwig von Hessen auf dem Tannen-
berg bei Jugenheim in der Bergstrasse eine Garten-
anlage als Ruhepunkt für seine Gemahlin Mathilde
von Bayern anzulegen. Man hatte von da aus eine
prachtvolle Aussicht. An dieser Stelle stand bis in
das fahr 1399 die Tannenburg. Mauertrümmer der-
selben ragten noch aus dem Schutt hervor, welche
läimst mit hohen Eichen und Tannen überwachsen
waren. Bei dem Hinweg räumen des Schuttes fand
man, theils noch erhalten, theils in Trümmern, über
1000 Utensilien, mit welchen die Burg ausgestattet
war, als Handwerkzeug, I lacken, Beile, Meisel, Schaufeln,
Schlösser, Schlüssel, Leuchter. Lampen, Feuerstahle,
Messer, Scheren, Schnallen, Pfannen, Kessel, zwei
steinerne Handmühlen, Läufe von Handbüchsen, Lanzen-
und Pfeilspitzen, Pferdegebisse, Trensen, Sporen, Steig-
bügel, Schwerter, Dolche, Harnischtheile, Helme, Hand-
schuhe, Gürtelbeschläge, Spangen mit Nietnägel, welche
den Brustharnisch bildeten, Kettenhemden in Rost-
klumpen. Ferner eine grosse Anzahl gebrannter Thon-
arbeiten, als Fussbodenplatten mit Ornamenten, Ofen-
kacheln in maurisch-gothischem Stil; Töpfe und Krüge
waren theilweise noch mit Früchten gefüllt, als Waizen,
Korn, Aepfeln, Birnen, Nüssen etc., wenn auch ver-
kohlt, so doch noch erkenntlich. Merkwürdigerweise
waren dieTöpfe und Krüge, erhalten oder in Scherben,
der Form nach genau wie jene der römischen
Töpfereien.
Als ein seltener Glücksfall ist es zu betrachten,
dass die auf die Burg Bezug habenden Urkunden sich
in den Archiven von Darmstadt, Heidelberg und
München vorfanden. Das Aufsuchen und Zusammen-
stellen derselben wie die Bearbeitung des geschicht-
lichen Theils übertrug der hohe Herr dem fleissigen,
sehr erfahrenen Dr. J. W. Wolf, und ich wurde zur
Untersuchung, Erklärung, Abbildung und Beschreibung
der Ausgrabungen berufen.
Es war tief im Winter; den Zeitumständen nicht
trauend, säumte ich nicht und eilte nach dem Tannen-
berg, um mich vor einer Besprechung mit der König-
lichen Hoheit von der Sache zu informiren. Die
Eisenbahn ging bis in die Nähe, aber von da musste
ich bei grosser Kälte noch eine halbe Stunde, fast bis
an die Knie im Schnee auf den Tannenberg wandern.
Die Trümmer der Burg nahm ich, wenn auch mit
8
114
fast erstarrten Fingern, auf. Die Fundstücke selbst
waren bereits zum grössten Theil in das nahe Alexander-
schlösschen, Eigenthum des Kaisers von Russland,
gebracht, wo ich sie vorderhand überschaute. Nachdem
der Grossherzog sicli mit mir über den Plan der Sache
huldvoll und mit grosser Rücksicht besprochen hatte,
wurde das Werk als Monographie unter folgendem
Titel in Angriff genommen :
„Die Burg Tannenberg und ihre Ausgrabungen.
Im Auftrag Seiner Königlichen Hoheit des Grossherzogs
von Hessen und bei Rhein von Dr. J. H. von Hefner
und Dr. J. W. Wolf. Frankfurt a. M. Verlag von
Heinrich Keller 1850. 4°.“
Nach Feststellung von Plan und Titel begab ich
mich sogleich wieder auf das Alexanderschlösschen
und nahm einen Theil der Gegenstände in Original-
grösse auf; als dies der Grossherzog erfuhr, gab er
den Auftrag, dass alles mir noch Nöthige verpackt
und nach Aschaffenburg geschickt werde.
Meine Arbeit bestand, ausser dem Text über die
Ausgrabungen, in 10 Kupfertafeln mit 1 60 Abbildungen
der wichtigsten Funde, einer elften mit Abbildungen
verschiedener Monumente des 14. Jahrhunderts, um
auch bildlich klar nachzuweisen, in welchem Zusammen-
hang jene Funde auf dem Tannenberg mit dem mensch-
lichen Leben standen und zu welchen Zwecken sie
dienten, und einer zwölften Tafel mit Darstellung der
Burgruine in ihrem jetzigen Zustande und dem Grund-
plane der ganzen Burg. Die Geschichte jener Burg
eingehend zu erzählen, würde hier zu weit führen ;
das Wesentlichste davon besteht in Folgendem :
— 115 —
Es war unter der erbärmlichen Regierung- des Kaisers
Wenzel 1378 — 1400, als das Faustrecht im höchsten Flor
stand. Die Ritter von Cronenberg (Cronberg) machten
von mehreren Burgen aus die Gegend unsicher. Der
Besitzer von Tannenberg war Hartmud von Cronenberg.
Um dem Unwesen ein Ende zu machen, traten die
Erzbischöfe von Mainz und Trier und der Pfalzgraf
Rupprecht mit dem wetterauischen Bunde zusammen.
Der erste Sturm auf Tannenberg erfolgte am 1. Juli
1399, der Kampf wurde von beiden Seiten mit grösster
Erbitterung geführt ; es kamen dabei alle Geschütz-
gattungen, welche uns aus dem 14. Jahrhundert be-
kannt sind, in Anwendung: Die grosse „Steinbusse“
der Stadt Mainz, die Riesen-Steinbüchse von Frankfurt,
von 20 Pferden gezogen, kleinere Kanonen mit Stein-
kugeln, Handbüchsen, dabei die grössten Schleuder-
maschinen von Worms und Speier, Ilandbogen, Arm-
brüste, Fussbogen genannt. Nach 20tägigem Kampfe
wurde die Burg eingenommen und mit Wuth zerstört.
Der Bergfried wurde mit Pulver gesprengt, unter
dessen Trümmern, wie unter jenen der eingerissenen
Mauern und dem Brandschutte, blieben jene vielen
Gegenstände, welche nicht mehr hinweggeschafft werden
konnten, vergraben. Von den 50 Reisigen, welche
die Burg vertheidigten, waren noch 48 am Leben,
und unter diesen nur 5 unverwundet.
-8*
116
XIII. Die königliche Familie.
Als das Werk, oder vielmehr die Monographie,
über Tannenberg durch den Buchhandel verbreitet
wurde, erschien der Grossherzog mit seiner Gemahlin
in meinem Hause zu Aschaffenbum und überreichte
O
mir das Ritterkreuz 1. Klasse seines Hausordens Philipps
des Grossmüthigen, die erste Auszeichnung der Art,
welche mir zu theil wurde. Kurze Zeit nachher er-
schien daselbst auch König Ludwig 1. Die hohen Herr-
schaften besichtigten mit grosser Theilnahme die Vor-
arbeiten zu meinen anderen Werken.
Bald darauf theilte ich dem Grossherzog, welcher
sich noch in Aschaffenburg aufhielt, mit, dass in der
Kirche zu Babenhausen, zwischen Aschaffenburg und
Darmstadt auf hessischem Gebiete, sich werthvolle
Grabsteine der Grafen von Hanau befinden, welche
bis tief in das 15. Jahrhundert zurückgehen, und dass,
wie nicht zu zweifeln, eine Familiengruft daselbst vor-
handen sei. Ich erbat mir die Erlaubniss , sie öffnen
und untersuchen zu dürfen. Der hohe Herr gestattete
nicht nur dies, sondern erklärte auch, dass ihn die
Sache sehr interessire und er selbst dabei erscheinen
wolle.
Ich begab mich mit V. Hofmann, Lehrer des
Modeilirens an der Gewerbeschule in Aschaffenburg,
nach Babenhausen, nahm daselbst zwei Arbeiter und
liess die Gruft öffnen. Eine Treppe führte hinab zu
einer mit Eisen beschlagenen Thiire von Eichenholz,
welche bei der Berührung in Staub zerfiel. Vor uns
zur Linken lag auf einem aufgemauertem Postament
ein Skelett und in demselben viele kleine Goldlitzen
zerstreut , der 1 lolzsarg und alles andere war längst
in Staub zerfallen. Zur Rechten stand auf gleichem
Postamente ein kolossaler, reich ornamentirter Ziun-
sarg, dessen Verlöthung ich aufsägen und den Deckel
heben Hess. Es fand sich darin nichts mehr von einer
Leiche, als zwei kleine Knochensplitter und ein schönes
Frauenkleid nebst Mieder von gelbem Seidenstoff mit
Goldfäden durchwirkt und durchaus mit Silberborten
besetzt. Das Mieder hatte einen Stehkragen, auf den
Schultern erhöhte Wulste und war mit kleinen
zierlichen, mit Gold übersponnenen Knöpfchen be-
setzt. Dabei fanden sich schwarzseidene Strümpfe,
während in der Gegend des Halses zwei Schnüre von
schwarzer Seide lagen, an denen die Perlen, welche
niemals der Verwesung trotzen, bis auf kaum erkenn-
bare Spuren verschwunden waren. Hier überzeugte
ich mich zum erstenmal , dass in hermetisch ver-
schlossenen Metallsärgen sich die Leichen, sogar deren
Gebeine , aullösten , während da , wo die Luft noch
einjgermassen Zugang fand, sich wenigstens die Gebeine
erhielten. Seidenstoffe widerstanden der Auflösung
am längsten.
Graf Johann Philipp von Hanau-Lichtenberg, ge-
boren 162b, gestorben 1669, Hess diese Gruft für sich
und seine Gemahlin Susanna Margaretha, geborene
Prinzessin von Anhalt-Dessau, geboren 1610, gestorben
1663, herrichten. Da dieser Graf als der letzte seines
Stammes, sechs fahre nach seiner Gemahlin, starb,
lässt es sich erklären, dass er keinen zinnenen Sarg
mehr erhielt.
118
Nun kam auch der Grossherzog an, ich begleitete
ihn in die Gruft, welche mit Kerzen beleuchtet wurde,
und er fand alles interessant, aber unheimlich. Das
Kleid liess ich herauf bringen, es gefiel ihm. Ich schlug
vor, es in das Museum zu Darmstadt zu bringen, wo
schon andere alte merkwürdige Kostümstücke seien;
der hohe Herr meinte aber, da es aus dem Grabe
komme, so solle man es wieder hinein legen. Der
Grossherzog merkte aber, dass mir mein, für Alterthum
begeistertes, Ilerz wehe thue , er sagte deshalb:
„Schneiden Sie sich ein Stück als Andenken herunter !“
Aus Bescheidenheit, oder vielmehr aus Dummheit, nahm
ich nur ein kleines Stückchen davon.
Hernach führte ich den hohen Herrn in den Hof
des Pfarrhauses und zeigte ihm, wie daselbst der mit
gothischem Masswerk gezierte obere Theil des Tauf-
steins, aus der Kirche entfernt, als Gänsetrog benutzt
sei, er sprach „das schicke sich freilich nicht, wenn
gleichwohl früher auch manches Gänschen darin getauft
wurde“, und erklärte, den Taufstein wieder hersteilen
und an seinen früheren Ort setzen zu lassen, wobei er
fragte, ob ich die fehlenden Untertheile als Schablone
für den Steinmetz zeichnen wolle, was ich auch bald
besorgte. Darauf sagte der Grossherzog: „Auch ich
will Ihnen jetzt etwas Merkwürdiges zeigen“, und
führte mich an das Schloss, welches früher die Grafen
von Hanau bewohnten, und damals ein Militärgefängniss
war. Den Eingang bildet ein Thurm, über dessen
Thor befindet sich ein wunderliches Bildwerk von
Stein aus dem 16. Jahrhundert, fast freistehend; eine
Frauengestalt mit nichts weiter bekleidet als mit Schuhen
und einem kleinen Barett mit Feder, an einem Vor-
sprung über ihr befinden sich zwei Ringe, an diesen
hält sie sich mit den Händen schwebend in sitzender
Stellung über einem Stühlchen mit Stacheln, kann sie
sich nicht mehr in der Höhe erhalten, so muss sie
sich in die Stacheln setzen, d. h., wenn sie nicht von
Stein wäre. Der hohe Herr fragte mich nach der
Bedeutung dieser sonderbaren Darstellung. Ich sagte,
dass ich nichts anderes glauben könne, als, es sei das
Zeichen des ehemaligen Folterthurms, sowie man auch
vor den kleinsten Städtchen Galgen und Rad als
Zeichen der Macht über Leben und Tod als Ab-
schreckungsmittel gesehen habe. Diese Erklärung
genügte dem Grossherzog; seinem Wunsche gemäss
fertigte ich eine Zeichnung danach.
Um jene Zeit war auch König Otto von Griechen-
land in Aschaffenburg. Nachdem ich in einer Audienz
huldvolle Aufnahme bei ihm gefunden hatte, erlaubte
ich mir eine Bitte, die in Folgendem bestand.
Im Jahre 1841 waren nämlich in einer Cisterne
der Veste Chalkis auf der Insel Euboea (Negroponte)
gegen 100 Helme nebst verschiedenen Waffenstücken
aus dem 14. Jahrhundert gefunden worden, die in dem
Schlosse zu Athen aufbewahrt wurden. Als in den
vierziger Jahren mein Schwager Karl von Mayenfisch
in Athen war, zeichnete er einige dieser Helme nur
flüchtig ab. Ich erlaubte mir daher die Frage, ob die
Majestät nicht etwa im Stande und gewillet sei, einige
jener Helme, welche für die Geschichte der späteren
Kreuzzüge von besonderem Werthe seien, nach Bayern
senden zu lassen, wo sie in den „Vereinigten Samm-
120
langen“ zu München autgestellt werden könnten. Der
König erklärte, dass jene Stücke nicht sein, sondern
Eigenthum der Stadt Athen seien, er versprach jedoch
mit grosser Freundlichkeit, dass er sein Möglichstes in
der Sache thun werde. Daraus wurde aber nichts,
wie es bei den damaligen Wirren in Griechenland
nicht anders zu erwarten war; doch reute mich es
nicht, diese Bitte gestellt zu haben , indem ich dabei
die Art und das freundliche Wesen des Königs kennen
lernte. —
Es war um jene Zeit die ganze königliche Familie
in Aschaffenburg. Die Kasino-Gesellschaft daselbst
veranstaltete zu Ehren derselben am 21. September
1850 einen Festball, und ich wurde ersucht, die De-
korirung des Ballsaales zu besorgen, was ich auch
an der Seite des Vorstandes, Herrn von Axfhelm,
ausführte. Da bei einer solchen Dekorirung die bayer-
ischen, hessischen und griechischen Landesfarben und
Wappen in Anwendung kamen, fühle ich mich ver-
anlasst, an dieser Stelle eine Mittheilung zu machen,
welche vielleicht liir Heraldiker nicht ohne Interesse
ist. Als vorher König Ludwig I. die Beflaggung der
Stadt besichtigte und fand, dass bei einem Theil der
Fahnen weiss oben und blau unten war, sprach er
in ärgerlichem Tone: „Es ist doch arg, dass die Leute
ihre Landesfarben nicht kennen, blau oben und weiss
unten ist Bayern, umgekehrt, ist Griechenland.“*)
*) Da aber dennoch diese Verwechselungen bis zur Zeit
unseres Königs Ludwig 11. vorkamen, so wollte derselbe Klarheit
haben, und seine Frage wurde beantwortet: „Hävern hat weiss
oben, blau unten. •“ Ich wurde auch befragt, allein zu spät. So
121
Nun kehre ich wieder zu dem Balle zurück; die
Herrschaften schienen vergnügt und waren nach allen
Richtungen hin sehr freundlich. König Otto liess meine
Frau zur Francaise engagiren.
Als ich 28 Jahre später als Direktor des bayer-
ischen National -Museums dasselbe Pracht-National-
kostüm, welches König Otto Bei jener Francaise in
der heitersten Stimmung getragen hatte, neben den
Kostümen seines Grossvaters Maximilian Joseph I.,
seines Vaters Ludwig I. und seines Bruders Max II.
in Glasbehältern aufstellte, überfiel mich ein Gefühl
tiefster Wehmuth, indem ich ein sprechendes Bild
menschlicher Pracht und Herrlichkeit, wie menschlicher
Vergänglichkeit vor Augen hatte.
Ich komme nun wieder zu meinen Arbeiten nach
dem Jahre 1849. Wie gesagt, war mir der Muth
gesunken. Mein Verleger Heinrich Hoff hatte sich
in den politischen Strudel begeben und musste nach
Amerika flüchten; sein ganzer Verlag und Besitz
kam in Concurs. Ehe er sein Vaterland auf immer
verliess, sprach er zu seinem Bruder in Mann-
heim und seinem Schwager Hofmann, Buchhändler
in Stuttgart: „Für mich ist alles verloren; was
haben wir jetzt die Farbe in den Flaggen gleich mit Griechenland
und zwar gegen jede heraldische Regei. Eine jede Landesfarbe
erscheint oben. Gelb und Weiss d. h. Gold und Silber wird nicht
als Farbe gerechnet, sondern als Metall, die Waffe bezeichnend.
Daher auch in den heraldischen Helmdecken die Farbe oben (aussen),
Gold oder Silber aber unten (innen) ist. Die Ausnahmen davon,
die wohl aus besonderen Gründen bestehen, wie die päpstlichen
Farben weiss und gelb, die genannten griechischen etc. verhalten
sich wie 1 zu 200.
122
meine Autoren betrifft, so haben sie schon durch
mich gewonnen, wenn sie auch jetzt verlieren; nur
für einen wäre mir es leid, das ist Hefner, denn er
hat aus Liebe zur Sache und nicht des Geldes wegen
gearbeitet. Wäre das Unglück nicht über mich ge-
kommen, so hätte er meinem Geschäfte Glück und Ehre
gebracht. Thuet das Möglichste, dass sein Werk in
gute Hände kommt, welche es zum glücklichen Ab-
schluss bringen.“
Hoch muss ich das anschlagen, denn selten wird
ein Mann so sprechen , wenn für seine Person alles
verloren ist.
Iloff’s beide V erwandte haben sich auch der Sache
treulich angenommen. Verlagsrecht und Vorräthe
kamen in Frankfurt zur Versteigerung, und ich hatte
grosse Sorge, dass das Werk in Besitz von Antiquaren
komme, welche es als unvollendet in den Handel
bringen würden. Zum Glück erhielt es Heinrich Keller,
welcher schon länger mein zweites Werk „Kunstwerke
und Gerätschaften“ im Verlag hatte. Dadurch kamen
nun wieder meine Werke in Gang.
XIV. Reise nach Berlin und Aufenthalt daselbst.
Um für die Fortsetzung meiner Arbeiten Material
zu suchen und Studien zu machen , reiste ich im
Oktober 1X50 nach Berlin. Ich gedachte nur einen
Monat daselbst zu bleiben, und das schon wäre ein
grosses Opfer gewesen, indem ich eine junge Frau
und drei Söhnchen zu Hause hatte; trotzdem verblieb
ich daselbst aus nachstehenden Gründen fast ein
halbes Jahr.
Wie bekannt, ging1 damals das Reisen noch nicht
so schnell; ich hielt mich unterwegs in manchen
grösseren und kleineren Städten auf, in welchen ich
Zeichnungen, besonders von interessanten Grabsteinen,
fertigte und Notizen sammelte. Darüber eingehend
zu sprechen, würde hier viel zu weit führen ; ich will
nur den Aufenthalt in einigen Städten schildern, und
zwar zuerst in Marburg, einer höchst interessanten,
malerischen Stadt, in deren Mitte das grosse, imposante
mittelalterliche Schloss sich erhebt. Dasselbe ist un-
geachtet, dass ein Theil davon damals als Zuchthaus
verwendet war*), noch in seltener Weise erhalten und
gibt in allen Theilen das treue Bild einer fürstlichen
Burg des 15. und 16. Jahrhunderts; ich konnte mich
nur schwer davon trennen.
Die Elisabethenkirche daselbst ist bekanntlich eines
der merkwürdigsten mittelalterlichen Baudenkmale,
welches den Uebergang des romanischen Stils in den
gothischen zeigt.**) Nicht lange vorher war bei einer
Ueberschwemmung Wasser in die Kirche gedrungen,
wobei mehrere Grüfte eingestürzt waren.
Die noch sichtbare Feuchtigkeit machte den
Aufenthalt daselbst sehr unangenehm, was mich aber
doch nicht abhielt, den reichen Inhalt dieser Kirche
*) Gegenwärtig befindet sich in ihm das hessische Landes-
Archiv der preussischen Provinz Hessen-Nassau.
**) Vergl. Bickell , L. Zur Erinnerung an die Elisabethen-
kirche zu Marburg und zur sechsten Säcularfeier ihrer Einweihung.
Marburg 1883. 4°.
124
möglichst für meine Zwecke zu benützen. Es war
durch den damaligen Kurfürsten von I lessen streng-
stens verboten , diese Kirche zu besuchen oder sicli
darin aufzuhalten; ich gewann aber den dortigen
Kantor, welcher zugleich Kirchendiener war, dass er
sich mit mir sechs Tage hindurch Vor- und Nach-
mittags darin heimlich einsperrte. Von den dortigen
Kunstwerken und Denkmalen aus dem 13. und 14. Jahr-
hundert, die mir von grossem Nutzen waren, erwähne
ich nur den silbernen Sarkophag der heiligen Elisabeth,
den Grabstein des Ivonrad von Thüringen, f 1241,
jenen des Landgrafen Heinrich, f 1298, und vor Allem
drei Kampfschilde, cl. h. solche, welche wirklich von
den Rittern getragen wurden. Diese sind nicht mit
den „Todtenschilden“ zu verwechseln, welche nur zur
Erinnerung an Verstorbene in den Kirchen aufgehängt
worden sind. Nur einer dieserKampfschilde hing noch an
seiner ursprünglichen Stelle über 30 Fass in der Höhe.
Mein Begleiter hatte nicht den Muth, die alte Leiter
zu erklimmen, mir allein blieb dieses Wagstiick ; auf
der Höhe angekommen, fasste ich den Schild, der mir
sogleich in der Hand blieb, da der alte Schildfessel
wie Zunder zerriss. Dieser Schild des 13. Jahrhunderts,
ein Prachtexemplar seiner Art, zeigt in wenig erhabener
Modellirung das heraldische Bildwerk, den thüringer
Löwen, querüber in rothen und silbernen Abtheilungen
auf blauem Felde, letzteres ist gebildet durch 13 I Lachen,
von denen 4 Frauenköpfe haben ; die kleinen Zwischen-
räume der blauen Drachen, wie jene der Locken des
Löwen zeigen eine blank vergoldete Unterlage. Das
Ganze muss in seiner ursprünglichen Frische durch
125
Feinheit der Ornamentik und Farbenpracht einen
wunderbaren Eindruck gemacht haben. Ich zeichnete
diesen Schild auf das Genaueste in Originalgrösse und
formte einzelne Theile davon ab, um die Verkleinerung
davon zu Hause auf das »Sorgfältigste für den Kupfer-
stecher herzustellen. Ausser diesem Schilde fand ich
daselbst noch zwei, der eine davon war sehr be-
schädigt , er zeigte auf der Rückseite noch einige
Ueberreste ehemaliger Bemalung auf Goldgrund, nach
welcher, wie nicht zu zweifeln ist, es der Schild des
Hochmeisters Konrad von Thüringen, eines Schwagers
der heiligen Elisabeth, war; ich veröffentlichte ihn.*)
Es waren noch mehrere Schilde des 13. Jahrhunderts
in der Kirche versteckt, wovon mir der Kirchner
nichts sagte, indem er fürchtete, meiner sonst nicht
mehr so bald los zu werden, jedoch grundlos; denn
auch ich hätte die eingesperrte Luft so wenig wie er
länger ertragen. Zum Glück waren auch jene drei
Schilde die wichtigsten für meinen Zweck.
Von Marburg kam ich nach Weimar, wo ich die
huldvollste Aufnahme bei dem Grossherzosf und dessen
Gemahlin fand. Derselbe Hess mich in Begleitung des
Herrn Hof rath Schöll nachdem Schloss Ettersburg fahren,
damit ich die dortige Sammlung von Kunstschätzen
meistens aus dem 10. und 12. Jahrhundert besichtige.
Des Abends war ich bei Hof eingeladen, wo auch die
Frau Herzogin Bernhard mit ihren beiden Töchtern
zugegen war. Die Unterhaltung bewegte sich vielfach
*) Siehe: Trachten. Kunstwerke und Geräthschaften. 2. Aufl.
Kd. II. Frankfurt a. M. 1881. Seite 22 und Tafel 116.
126
in Kunst und Geschichte. Die Frau Grossherzogin
sagte unter Anderem, es sei ein glücklicher Zufall,
dass ich gerade hier sei, sie habe aus der Verlassen-
schaft ihres Vaters des Königs der Niederlande eine
Kiste mit Kunstschätzen erhalten, die sie morgen
öffnen lasse, und da sollte ich dabei sein. Ich kam
zu der Eröffnung und war von der Pracht der Kunst-
schätze sehr überrascht. Darunter befanden sich Studien
zu den Köpfen der zwölf Apostel auf dem Abendmahl
von Leonardo da Vinci. Ferner ein prachtvoller
Nautiluspokal, damals, wie fast alles Aelmliche, für
ein Werk des Benvenuto Cellini ausgegeben, jedoch
aus einer Augsburger Goldschmiedewerkstätte; Fuss
der Nautilusschnecke aus vergoldetem Silber, be-
stehend in einer Schildkröte, darauf ein Triton,
der die Nautilusschnecke trägt, auf höchster Stelle
eine Amorette, auf einem Seeungeheuer reitend. Die
Frau Grossherzogin gab mir diesen Pokal sogleich mit
in meine Wohnung, damit ich ihn ungestört ab-
zeichnen könne.*) Der Grossherzog zeigte mir in
mehreren Gemächern des Schlosses bedeutende Kunst-
schätze, darunter eine vollständige Prachtriistung eines
Herzogs von Sachsen aus der Mitte des 10. Jahr-
hunderts, von Kopf bis zu Fuss von Meisterhand ge-
ätzt und vergoldet. Durch Herrn Ilofrath Schöll,
welcher grossherzoglicher Bibliothekar war, erhielt
ich viele hervorragende Schätze der Litteratur und
Kunst zu sehen.
*) Siehe : Trachten, Kunstwerke und Gerätschaften. 2. Aufl.
Hd. IX. Frankfurt a. M. 1888. Tafel 582.
127
Auch lernte ich damals den genialen Künstler
Friedrich Preller kennen. Eine andere interessante
Bekanntschaft machte ich an Herrn Dr. Christian
Schuchardt, welcher ehemals Sekretär von Goethe
war und mir vieles Wissenswerthe von diesem er-
zählte, unter Anderem Folgendes: Goethe diktirte
gerade dem Schuchardt an Wilhelm Meister’s Lehr-
jahren, da kam die Haushälterin mit den Worten:
„Ein junger Herr wünscht seine Aufwartung zu
machen“, Goethe sagte ärgerlich: „Schon wieder
ein Affe, der mich nur angaffen will“, doch ging er
hinaus, der junge Mann trat ein, verneigte sich ein-
mal und zum zweitenmal tief; Goethe in Ungeduld,
sagte: „Nun haben Sie jetzt das Wunderthier ge-
sehen?“ Der junge Mann nahm stillschweigend aus der
Westentasche einen Vierundzwanziger, legte ihn auf
den Tisch, machte wieder eine Verbeugung und ging
hinter sich hinaus. Goethe kam zu Schuchardt zurück
und sagte: „Ein frecher Bursche, der Kerl hat mir
aber doch gefallen, er hat mich gut mit Witz bedient.“
Durch Schuchardt sah ich auch Goethe’s Privat-
sammlung, deren Conservator er war und über welche
er ein Buch hat erscheinen lassen. Da überzeugte
ich mich , wie Goethe in Kunstverständnis und Ge-
schmacksrichtung seiner Zeit voran geeilt war; er
besass Werke in Elfenbein, Bronce, Email. Terrakotta
etc. aus dem 14. bis in das 17. Jahrhundert, Gegen-
stände , welche zu seiner Zeit kaum beachtet waren
und jetzt in ausserordentlichem Werthe stehen.
Von dem vielen Schönen und für mein Schaffen
so Nützlichen , das mir in Weimar zu theil wurde,
128
will ich nur noch das Grabdenkmal des Lukas Cranach
erwähnen. Es ist von rothem Marmor und befand sich
damals auf dem Jacobskirchhof *) unter freiem Himmel,
der Meister erscheint darauf in Haustracht und ganzer
Figur. Wenn auch die Inschrift darauf bereits in
Werken über Kunst wiedergegeben ist , so verdient
sie docli wegen ihrer Bedeutung noch in weiteren
Kreisen bekannt zu werden, sie lautet: „AnnoChri.
1.5. 5. 3 . Octob : 16 . Pie. Obiit. Lvcas. Cranach. I. Pictor.
Celerrimus. Et. Consvl. Witeberg: Qui. Ob. Virtvtt.
Trib. Saxonie. Electorib. Dvc. Fvit. Carissimus. Aetatis.
Sue. 81.“ „Celerrimus“ bezeichnet hier den gewandten,
geschickten Künstler. Dieser Meister gewann bedeu-
tend an Ansehen, seitdem man die grosse Masse seiner
Fabrik- und Gesellenarbeiten von jenen seiner eigenen
Hand zu unterscheiden verstanden hat. Während ich
in Weimar war, vollendete Schuchardt sein verdienst-
liches Werk „Lucas Cranach des Aelteren Leben und
Werke, nach urkundlichen Quellen bearbeitet. 2 Bände.
Leipzig 1851.“ **)
Als ich mich bei den hohen Herrschaften dank-
sagend verabschiedete, entliess mich der Grossherzog
mit herzlichen Glückwünschen auf die Reise und zum
Glücklichen Erfolg meiner Arbeiten.
O ö
*) Jetzt in der „Stadtkirche'' aufgestellt . wo sich sein be-
rühmtes Bild, die Kreuzigung, befindet.
**) Ein dritter Band erschien nach dem am 10. August 18b9
erfolgten Tode Christian Sclnichardt’s, von seinem Sohne heraus-
gegeben, in Leipzig lSJl.
129
Mit den angenehmsten Erinnerungen verliess ich
Weimar, nicht ahnend, dass ich zwölf Jahre später
wieder dahinkommen würde.
Von da ging ich nach Eisenach und auf die
Wartburg, welche schon von früher Jugend an meine
Phantasie so sehr beschäftigte. Diese herrliche Burg
mit den historischen Erinnerungen in prachtvoller Land-
schaft gelegen, mit der schönen und merkwürdigen
Sammlung von Waffen , Prachtrüstungen etc. machte
einen mächtigen Eindruck auf mich. Der Kommandant
der Wartburg Bernhard v. Arnswald empfing mich über-
aus freundlich, ich erfuhr durch ihn vieles Werthvolle :
er blieb mir ein Freund bis an sein Ende. Sein Bruder
kam nach ihm an seine Stelle und ist ihm bereits auch
in den Tod nachgefolgt. Ich komme später auf die
Wartburg zurück, da ich sie im Jahrl863 nochmals
besuchte.
In Erfurt fand ich für meine Zwecke vieles Werth-
volle. Zunächst besuchte ich daselbst den Herrn von
Radowitz , nachdem ich ihn zuletzt als Parlaments-
mitglied in der Paulskirche zu Frankfurt gesehen hatte.
Darauf begab ich mich in den Dom , wo sich mir
vieles Wichtige darbot, vor allem der Grabstein des
Grafen Ernst von Gleichen (f 1264) mit seinen beiden
Frauen, ich zeichnete denselben für mein Werk.*)
Dieses interessante Denkmal befand sich ursprünglich
in der Peterskirche auf dem Petersberge, die im An-
fänge unseres Jahrhunderts, als hinderlich für den
Festungsbau, niedergerissen wurde; sie enthielt die
*) Siehe: Trachten, Kunstwerke und Geräthschaften. 2. Aufl.
Bd. II. Frankfurt a. M. 1881. S. 27/28 und Tafel 129.
9
130
schönsten uud merkwürdigsten Grabsteine, mit denen
man Strassen pflasterte, wie ich zu meinem Herzeleid
noch aus manchen Spuren erkennen konnte. Nur
dieses Grabmal des Grafen Gleichen wurde in dem
Dom aufgestellt , wohl deswegen , weil um jene Zeit
das Märchen vom Grafen Gleichen mit seinen zwei
Frauen viele Köpfe ausfüllte. Ich sah hier, was mir
noch bei keinem Grabstein vorkam, dass die Inschrift
ringsum sorgfältig- herausgemeisselt war, wohl um
jene schöne Illusion zu bewahren, denn es standen
Gewiss die Namen der zwei christlichen Frauen
darauf, die der Graf nacheinander besessen hatte.
Von grossem Interesse war für mich das ehemalige
Augustinerkloster. Ausser mehreren Kunstwerken be-
fand sich darin das Stübchen, welches I)r. Martin Luther
als Mönch bewohnt hatte, ferner 56 Oelgemälde mit lebens-
grossen Figuren, einen Todtentanz darstellend. Er
wurde im Jahre 1736 begonnen und 17/6 vollendet.
Die besten darunter waren von Jakob Samuel Beck.
Leider ist dieser Bau im Jahre 1872 abgebrannt.
Ausser diesem Todtentanz und jenem von Chodowiecki,
in 12 Radirungen aus dem fahre 1791, kenne ich
keinen von künstlerischem Werthe aus dem 18. Jahr-
hundert, während aus dem 16. Jahrhundert ausser
jenem von Hans Holbein viele bekannt sind. Alle
diese Todtentänze haben für die Geschichte ihrer
Periode grossen Werth.
Von Erfurt aus kam ich dann nach Berlin, dem
ersehnten Ziel meiner Reise. Das Wetter war trübe
und ebenso meine Stimmung. Maler Eberhard, mein
Freund, verschaffte mir eine Privatwohnung. Mein
131
erster Gang war zu dem Mann, der für mich der
wichtigste war, zu Excellenz von Olfers, dem Gene-
raldirektor sämmtlicher Museen Preussens. Er empfing
mich schon an der Treppe mit den Worten : „Lernen
wir Sie doch endlich auch persönlich kennen !“
Er führte mich in sein Arbeitszimmer. Als ich
meine Bitte anbrachte, die Kunstanstalten für meine
Zwecke benutzen zu dürfen, erwiderte er: „Das ver-
steht sich von selbst, denn Sie tragen ja durch Ihre
Arbeiten dazu bei, dass der wahre Zweck der Mu-
seen erfüllt wird.“
Olfers erste Frage war: „Werden Sie zum König
gehen?“ Ueberrascht sagte ich: „Daran darf ich wohl
jetzt, nach den traurigen Zeitereignissen, nicht denken.“
Er erwiderte: „Der König kennt Ihre Arbeiten, hat
Freude daran und sucht besonders jetzt Zerstreuung
darin.“ Dadurch veranlasst, erbat ich eine Audienz
und erhielt die Antwort, der König sei im Umzug
nach Charlottenburg begriffen, wohin ich bald eine
Einladung erhalten würde.
Eine gleiche freundliche Aufnahme wurde mir
in der Königlichen Bibliothek durch deren Direktor
zu theil.
Inzwischen fand ich in meiner Wohnung die
Karte des Oberceremonienmeisters Excellenz Freiherrn
von Stillfried, des nachmaligen Grafen von Alcan-
tara, der mich besuchen wollte, was mich überraschen
musste, da er mich noch nicht persönlich kannte. Als
ich zu ihm kam, empfing er mich aufs freundlichste:
er versprach, mich in meinen Bestrebungen nach
Kräften zu unterstützen.
9*
Bei Alexander von Humboldt wurde ich in gleicher
Weise aufgenommen.
Nun erhielt ich die Einladung zur Tafel nach
Charlottenburg und wurde daselbst durch Stillfried
dem Könige vorgestellt, welcher mir viel Schönes
über meine Arbeiten sagte. An der Tafel war mein
Platz der Majestät gegenüber, neben mir sass Still-
fried; zur Linken des Königs Prinz Friedrich, der
nachmalige Kaiser, damals 19 Jahre alt, zur Rechten
Alexander von Humboldt am Platze der Königin,
welche an diesem Tag unwohl war; entfernter sass
der Prinz von Preussen , später Kaiser Wilhelm I.
Der König erzählte manches lustige Geschichtchen,
doch mit einem Anflug' von Melancholie. Zu mir
sagte er: „Ich greife Ihnen in das Handwerk, Sie
geben die alten Kunstwerke in Abbildungen heraus,
ich führe sie in natura aus. Ihr „Bierkandel“ des
Herzogs Albrecht V. von Bayern*) habe ich für die
Königin, welche eine Bayerin ist, durch den ge-
schickten Goldarbeiter Netto ausführen lassen, Olfers
soll es Ihnen zeigen.“ Nach der Tafel fragte mich
der König u. A. : „Was macht Ihr von der Pfordten,
der Preussenfeind?“ **)
Von da an erhielt ich vom König noch manche
Beweise besonderen Wohlwollens.
Zum Galleriedirektor von Waagen kam ich ölter,
ich habe ihm viel zu verdanken, er, wie der zweite
Direktor Ilotho unterstützten mich ott bei meinen
*) Kunstwerke und Geräthschaften des Mittelalters und der
Renaissance. 1. Aufl. Bd. 1. Tafel 6.
**) Von der Pfordten war damals in Bayern Ministerpräsident.
133
Studien im Museum. Waagen führte mich auch bei
dem Prinzen Karl, dem Bruder des nachmaligen
Kaisers Wilhelm I. ein. Der Prinz zeigte mir ausser
seinem prachtvollen Waffensaal ganz hervorragende
Kunstschätze und übergab mir manche Kleinodien
zum Kopiren. Nachdem er mein Interesse für diese
Dinge erkannt und gesehen hatte, dass ich etwas da-
von verstand, gewann er eine besondere Zuneigung
zu mir. Es schien mir, dass es ihn oft kränke,
Menschen zu sehen, welche für Dinge, die ihn be-
sonders freuten, keinen Sinn hatten. An der Tafel,
zu welcher er mich geladen hatte, machte er mich mit
manchen bedeutenden Persönlichkeiten bekannt. Diese
Zuneigung bewahrte mir der Prinz bis an sein Ende.
In den Freitagsabend-Gesellschaften des Herrn
von Olfers traf ich manche hervorragende Männer.
An dem Geheimen Rath von Sotzmann, Kunst-
freund , Sammler und Kunstschriftsteller von grossem
Verdienst, fand ich ebenfalls einen sehr wohlwollenden
Freund, der später im deutschen Kunstblatt vom
11. Oktober 1851 einen Artikel über meine ersten
Werke erscheinen Hess.
Als einer meiner besten Freunde erwies sich mir
der Direktor des k. Kupferstich- und Handzeich-
nungskabinets Schorn, ein Neffe des bekannten Kunst-
schriftstellers Ludwig Schorn. Er war mir durch seine
reichen Erfahrungen, wie durch das vielfache Kunst-
material, welches er unter seiner Verwaltung hatte,
vom grossen Nutzen; bei ihm lernte ich den damals schon
als hervorragenden Künstler geschätzten Adolf Menzel
und den Bildhauer Christian Friedrich Tieck kennen.
134
Auf Anrathen des Herrn von Olfers besuchte ich
den Bildhauer Christian Rauch. Es war ein Glück
für mich , dass ich zu dieser Zeit den grossen Künstler
kennen lernte , denn er war gerade vollauf mit der
Herstellung' des prachtvollen und grossartigen Denk-
mals Friedrich des Grossen beschäftigt. Mit grösster
Liebenswürdigkeit zeigte er mir die schon vollendeten
Modelle und erklärte mir eingehend, welche Vorstu-
dien er für dieses Monument gemacht habe, wobei
ich über den Geist und die Geschicklichkeit dieses
Mannes staunen musste.
Auch machte ich für mich sehr interessante und
lehrreiche Bekanntschaften an dem Geschichtsschreiber
Friedrich von Raumer und an Karl Ritter, dem be-
rühmten Geographen.
Peter von Cornelius lernte ich auch erst dort per-
sönlich kennen, wo ich ihn in dem Raczynski’schen
Palais besuchte. Er erklärte mir den ganzen Ideen-
gang der Wandgemälde für den geplanten Campo
santo, an welchen er damals gerade arbeitete und zwar
an dem Karton der drei apokalyptischen Reiter. Ich
erhielt von ihm eine Einladung auf den Abend, wo ich
auch seine zweite Frau, eine Römerin, kennen lernte,
nicht ahnend, dass ich später auch noch seine dritte
sehen würde.
Oberbaurath Stüler, mit dem besonderen 'Titel
„Architekt des Königs“, war bemüht, mich mit älteren
und neueren Bauwerken Berlins vertraut zu machen.
Oet'ter traf ich des Abends mit dem Schüler von
Rauch, dem Bildhauer Bernhard Afinger, mit dem
Maler Sixtus Jarwart, mit dem ich später noch in
135
Berührung kam , mit dem vortrefflichen Goldarbeiter
Netto , mit dem Maler und Professor Hermann Weiss
in einem Lokal zusammen. Letzterer, durch meine
Arbeit angeregt, gab ebenfalls ein Werk über Trachten
heraus , jedoch in anderer Richtung.
Was mir meinen Aufenthalt in Berlin besonders
lehrreich machte und verlängerte, war u. A. die Ver-
legung der „Kunstkammer“ in das noch nicht vollendete
k. Museum ; dieselbe befand sich noch in den Dach-
räumen des k. Schlosses, wo Freiherr von Ledebur,
auch Direktor am k. Museum, sie unter seiner Ver-
waltung hatte. Durch die Vereinigung dieser Kunst-
kammer mit dem neuen Museum, welche Olfers be-
trieb, gewann letzteres sehr an Bedeutung. Jene
Kunstkammer bestand vorzüglich in geschichtlichen
Erinnerungen, als Kleider, Orden, Waffen etc. des
grossen Kurfürsten, des Königs Friedrich II. u. A.,
in Geschenken von auswärtigen Höfen , als prachtvolle
Limousingeschirre, Venetianergläser, Majoliken u.s.w.,
wobei ich für mich vieles Wichtige erfuhr und da-
gegen manchen Dienst leisten konnte.
So wechselte mein Aufenthalt in Berlin mit Ar-
beit und angenehmer, belehrender Gesellschaft. Ich
konnte meiner Frau nach Aschaffenburg nur Gutes
und Beruhigendes schreiben. Die Zeit verging schnell;
das neue Jahr nahte , ich musste an die Heimkehr
denken.
Aber Stillfried, der beauftragt war, neue Kostüme
für die Herolde bei dem bevorstehenden Ordensfeste
herzustellen, hielt mich zurück und übertrug mir diese
Angelegenheit. Ich fertigte zu diesem Zwecke eine
136
kolorirte Skizze nach Art der Herolde des 16. Jahr-
hunderts, Ueberwurf vorne und hinten herabhängend,
auf beiden Seiten offen, von Silberstoff, darauf der
schwarze Adler , Aermel und Strümpfe hochroth wie
die Kniebänder mit langen Schleifen, schwarze Schuhe
mit rothen Bandrosetten , weisse Stulphandschuhe mit
Silber besetzt, schwarzes Barett mit weissen Federn
garnirt, in der Linken einen mannshohen goldenen
Stab. Stillfried legte meinen Entwurf dem König vor,
welcher ihn gut fand, doch verlangte er, dass Aermel
und Strümpfe statt roth , schwarz würden. Das war
mir leid, denn gerade schwarz, silber und roth* die
nachmaligen deutschen Farben, nahmen sich sehr mit
aus. Stillfried Hess mich zu Sticker und Schneider
fahren , damit ich die Ausführung der Sache über-
wache.
Es kam nun am 18. Januar das alljährliche Ordens-
fest, wozu auch ich geladen wurde. Es begann mit
einem Gottesdienste in der durch Stiller neu herge-
richteten Schlosskapelle, der König und die Königin
knieten im Königsornate vor dem Altar, von dem
Hofstaat umgeben. Darauf ging der ganze Zug in
den weissen Saal, wo die Ordensverleihung vor sich
ging, auch ich bekam ein rothes Vögelein am weissen
und orangegelben Bande. Darauf machten die mit
Orden Geschmückten vor dem König und der Königin,
welche vor dem Throne standen, im Vorbeigehen
ihre Verbeugungen.
Die von mir neu bekleideten Herolde, an beiden
Seiten des Thrones, nahmen sich sehr gut aus, unge-
achtet mir der König die rothe Farbe gestrichen
hatte. Ich wurde theils durch Stillfried, theils durch
den Hofmarschall Grafen Keller, den Prinzen und
Prinzessinnen, wie manchen anderen bedeutenden Per-
sönlichkeiten vorgestellt , darunter durch Stillfried auch
dem Fürsten Karl Anton von Hohenzollern, mit welchem
ich später noch vielfach in Berührung kam. Die
königliche Familie nahm an einer Tafel Platz, während
für die einzelnen Stände besondere Tafeln hergerichtet
waren. Ich kam an jene der Künstler und Gelehrten,
worunter ich manche Bekannte antraf.
Nachdem ich noch einige Zeit benutzte, um Ber-
lin noch näher kennen zu lernen, musste ich an meine
Abreise ernstlich denken. Ich ersuchte den Hofmar-
schall Grafen Keller, mir bei der Majestät eine Au-
dienz zu verschaffen, damit ich meinen Dank für die
vielen Beweise besonderer Huld aussprechen könne.
Statt der Gewährung einer Audienz erhielt ich
eine Einladung zu einem der glänzendsten Hofbälle.
Ich sah den König dabei in heiterster Stimmung; es
schien ihn die neue Ausschmückung des weissen Saales
sehr zu freuen ; auch liess er es nicht an freundlichen
Worten, bei welchen auch ich nicht zu kurz kam,
fehlen; ja, ehe er den Ball verliess, sprach er mir
noch in huldvollster Weise seine Wünsche zur Pflück-
liehen Heimkehr und zu dem Fortgange meiner
Arbeiten aus.
Unter manchem Interessanten , das sich mir aut
diesem Ball darbot, war auch Alexander von Hum-
boldt, der mit seinen 81 Jahren in der steifen, mit
Orden beladenen Uniform, an Rührigkeit und Auf-
merksamkeit den jüngsten Kammerherrn übertraf. Er
verweilte daselbst bis weit über Mitternacht.
Ich verliess Berlin mit den angenehmsten Ein-
drücken ; mein Lebensmuth und Selbstvertrauen stiegen
von da an.
Ein Mann der Politik war ich damals noch weniger
als ich es jetzt bin, gewann aber trotzdem die Ueber-
zeugung, Preussen gehe einer grossen Zukunft ent-
gegen; so weit mein Blick reichte, erkannte ich in
allen Einrichtungen Klarheit und Bestimmtheit.
Mein Heimweg ging über Dresden, ich hielt mich
acht Tage dort auf und studirte die Kunstschätze,
soviel in dieser Zeit möglich war. Regierungsrath
Schulz, der besonders in Kunstangelegenheiten das
Vertrauen des Königs besass , nahm sich meiner sehr
an, ebenso Herr von Langen, Präsident des obersten
Gerichtshofes. Letzterer führte mich nach Meissen,
um mir das dortige Schloss zu zeigen , welches der
König und namentlich der Herzog Johann , der nach-
malige König , wieder in seiner ursprünglichen Pracht
herzustellen gedachten. Ich werde noch darauf zurük-
kommen.
Sehr befreundet wurden mir auch Hotrath Klemm,
Bibliothekar und Ethnograph, wie Archivar Erbstein.
Durch diese Herren wurde ich u. A. in eine Sitzung
des Alterthumsvereins geführt, wo ich dem Vorstand
desselben, dem Herzog Johann, vorgestellt wurde.
Ich komme auf Dresden, das ich im folgenden
Jahre wieder besuchte, nochmals zu sprechen.
Von Dresden führte mich mein Weg über Leipzig,
das mir ebenfalls vieles Wichtige bot, z. B. die Kunst-
schätze im „Gewandhaus“, die Universitätsbibliothek
mit den prachtvollen Manuscripten und Miniaturge-
— 139 —
mftlden, darunter das überaus merkwürdige jüdische
Gebetbuch für den Gottesdienst, Machsor, in zwei
starken Bänden, aus den Jahren 1240 bis 1300*), bei
deren Benützung mir besonders der Bibliothekar Hof-
rath Gersdorf in grosser Freundlichkeit behülflich war.
Reichlichen Genuss bot mir auch die Privatsammlung
von Kupferstichen und Handzeichnungen der Kunst-
händler Gebrüder Rudolf und Oswald Weigel.
Von da kam ich nach Kassel, wo in mir manche
traurige geschichtliche Erinnerungen auftauchten, da-
gegen hatte ich auch hohen Genuss an den dortigen
wunderbaren Kunstschätzen, welche mir besonders
durch die grosse Freundlichkeit des Herrn Direktors
von Ruhl zugänglich gemacht wurden.
Auf einigen Umwegen gelangte ich endlich wieder
in meiner Heimath Aschaffenburg bei meiner Frau
und meinen drei Söhnchen an ; mit welchen Gefühlen,
nach so langer Abwesenheit und so vielem Erlebten
lässt sich wohl denken.
XV. Reise nach München und Niederlassung
daselbst.
Schon nach dem Tode meines Vaters hatte ich
den Entschluss gefasst, meine Vaterstadt zu verlassen,
und an dessen Ausführung dachte ich jezt um so
ernstlicher, da ich von der Ueberzeugung durch-
drungen war , dass für mich , wie für die Meinigen,
eine grössere Stadt durchaus nöthig sei.
*) Darstellungen daraus in der zweiten Auflage meines
Werkes: Trachten u. s. w., Hand II, Frankfurt 1881, Tafel 120
und 125.
140
Im Winter 1851 reiste ich vorerst allein nach
München , um mich nach den dortigen Verhältnisse®
umzusehen.
In Nürnberg besuchte ich zwei mir längst be-
kannte Persönlichkeiten, den Professor Karl Heideloff
und den Baron Hans von Aufsess. Ersterem zeigte
ich die neuesten Lieferungen meines zweiten Werkes
der „Kunstwerke und Geräthschaften etc.“ Da mir
Heideloff öfter als ein eitler Mann geschildert worden
war , der nur seine eigenen Arbeiten für das Beste
halte, so muss ich erwähnen, was dem direkt wider-
sprach. Er hatte Freude an meiner Arbeit, lobte sie,
redete mir sehr zu, nicht nach München, sondern nach
Nürnberg zu ziehen, und sagte dabei: „Wenn wir
beide ein hohes Alter erreichen und unsere Werke
lange fortsetzen, so bietet uns Nürnberg allein Material
genug dazu; abgesehen davon sind unsere Werke
doch in verschiedener Richtung, Sie geben die Schöpf-
ungen unserer Vorfahren mit grösster Genauigkeit
tale quäle wieder; ich dagegen halte mich mehr an
die Grundideen der alten Meister und gebe mehr das,
was in ihrer Absicht lag.“
Darauf begab ich mich zu Aufsess, der mit Friedrich
Mone schon damals die Zeitschrift für deutsches Mittel-
alter herausgegeben und den Gedanken gefasst hatte, ein
germanisches Museum zu gründen, welches Eigenthum
der deutschen Nation werden sollte; ein Gedanke,
der unter den damaligen Verhältnissen als Wahnsinn
erschien. Zu diesem Zwecke hatte Aufsess schon mit
einem Theile seines Vermögens Werke mittelalterlicher
Kunst angeschafft, welche die Grundlage zu dem
141
M useum bilden sollten. Er hatte dieselben vorläufig
im Thurm des Thiergärtner Thores und in einem Theile
des anstossenden Wehrganges untergebracht.
Auch Aufsess rietli mir dringend ab, nach München
zu ziehen, und wünschte, dass ich in Nürnberg bliebe
und mit ihm Gründer des Germanischen Museums
würde. Er hatte auch schon ein altes schönes Patri-
zierhaus ausgesucht, das ich erwerben sollte, und bot
dabei seine ganze Beredsamkeit auf, um mir vorzu-
stellen , dass man in München wohl meine Kräfte
gebrauche, weil daselbst in meiner Richtung bisher
wenig geschehen sei , dass man mich aber nur aus-
beuten werde , und ich bloss Undank ernten würde.
Indem ich für die wohlgemeinten und viele Wahrheit ent-
haltenden Worte des Freundes dankte, setzte ich
ihm dagegen auseinander, dass Nürnberg bei allem ’
dem für mich und die Meinigen doch nicht der ge-
eignete Ort sei.
Ungeachtet dessen erhielt ich später am 10. Mai
1852 ein Schreiben von Aufsess, in welchem er mir
in noch höherem Grade auseinander setzte, wie vieles
Unangenehme mich in München treffen würde, was
sich leider theilweise auch bewahrheitete.
V on Nürnberg ging ich nach München ; obschon
mir dasselbe nicht den günstigen Eindruck, wie Berlin
machte, entschloss ich mich aus vielen Gründen doch
diese Stadt als Wohnort zu wählen. Ich kehrte nach
Aschaffenburg zurück und traf die Vorbereitungen
zum Umzug. Um nicht Heimweh zu bekommen,
musste ich das Haus mit Garten und Weinberg um
jeden Preis hinweggeben und trennte mich von dem,
142
was mein Vater, gewissermassen aus einem Nichts,
geschaffen , wo ich liebende Eltern und Geschwister
besessen und verloren, und wo ich, wie meine Kinder
das Licht der Welt erblickt hatten. Im Mai 1852 reiste
ich mit den Meinigen von Aschaffenburg ab. Mein
Schmerzgefühl war gross, aber noch grösser das meiner
guten Frau, denn sie liess noch Mutter und Geschwister
zurück, während ich in Aschaffenburg keine mir so
nahe stehende Angehörigen mehr besass. Mein Um-
zug war durch die damals noch mangelhaften Ver-
kehrs- und Transportanstalten sehr erschwert und die
Unterbringung meines nicht geringen Besitzes an
Kunstwerken und Alterthümern keine kleine Arbeit.
Noch ehe ich mich mit den Meinigen in München
gehörig eingerichtet und eingewöhnt hatte , erhielt ich
* die Einladung zu dem im August 1852 zu Dresden
stattfindenden Kongresse der deutschen Geschichts-
und Alterthumsforscher unter dem Präsidium des
Herzogs Johann von Sachsen. Ich wurde dort mit
vielen bedeutenden Männern aus verschiedenen Gegen-
den bekannt, u. A. mit John Mitchell Kemble, der
Geschichtsforscher , Hofkavalier und Intendant des
k. Hoftheaters zu London war, und der noch einige Tage
nach der Versammlung mit mir in Dresden verweilte.
Ich erfuhr von ihm Manches für mich Lehrreiche
und Interessante.
Was mich aber am meisten bewegte, war Freund
Hans von Aufsess, der dabei mit dem festen Ent-
schluss erschien, alles daran zu setzen, um zu er-
wirken, dass das bereits durch ihn geplante und mit
Grundlage versehene germanische Nationalmuseum
143
von der anwesenden Gesellschaft einflussreicher deut-
scher Männer, mit dem deutschen Fürsten und Ge-
lehrten an ihrer Spitze, als ein wirkliches Eigenthum
der deutschen Nation anerkannt und als solches unter-
stützt werde. Ich befand mich dabei in einer eigen-
thümlichen Laefe. Als ich kurz vorher bei Aufsess
in Nürnberg war, musste ich ihm versprechen, wenn
immer thunlich. seine deutsch-patriotische Idee zu
unterstützen; denn auch ich stand an deutschem Ide-
alismus ihm nicht nach. Andrerseits ward ich von
Verwandten und Freunden desselben aufgefordert,
das Möglichste zu thun, um ihn von solchem Wahn,
durch den er sich ins Unglück stürze, abzuhalten.
Doch Aufsess liess sich durch nichts abschrecken; er
setzte es durch, dass seine Sache als ein nationales
Gut durch Unterschriften der Anwesenden anerkannt
und allen deutschen Patrioten zur Unterstützung an-
empfohlen wurde. Wenn dabei auch noch Manche
über die Sache als etwas Schwindelhaftes spöttelten,
so hatte Aufsess für’s Erste doch erlangt, was er wollte.
Ich erhielt mit Aufsess eine Einladung zur könig-
lichen Tafel nach Pillnitz, Aufsess war aber schon
abgereist , um seine Pläne weiter zu verfolgen. In
Pillnitz sah ich den König Friedrich August, seine
Gemahlin Marie , geborene Prinzessin von Bayern,
den Herzog Johann und seine fünf Töchter als
Bild einer glücklichen Familie. Das Unglück, das
so bald über sie hereinbrach, bleibt mir daher immer
eine traurige Erinnerung.*)
*) Bekanntlich starb der König Friedrich August am 9. Aug.
1854 in Folge eines Sturzes von dem Wagen zwischen Imst und
Wenns in Tirol.
144
Am letzten Tage der Versammlung wurde eine
gemeinschaftliche Fahrt auf dem Dampfschiff nach
Meissen unternommen. Dem Herzog Johann war es
eine Herzensangelegenheit, dass das alte Schloss, die
Albrechtsburg,*) daselbst, der frühere Sitz der Her-
zoge von Sachsen, wieder in seiner ursprünglichen
Art hergestellt werde. Da aber seit 17 10 die berühmte
Porzellanfabrik in dem Schloss errichtet worden war,
konnte vor deren anderweitiger zweckmässiger Unter-
bringung an eine Restaurirung des Schlosses nicht ge-
dacht werden.
Der Herzog, der wusste, dass ich schon vorher
das Schloss untersucht hatte und auch für die Por-
zellanfabrik Interesse habe , holte mich aus der Ge-
sellschaft und durchwanderte mit mir alle Räume des
Schlosses, wobei die eingehende Theilnahme und die
vielseitige Fachkenntniss des hohen Herrn mir wahre
Freude machten.
Nach München zurückgekehrt, habe ich vorzüglich
die drei Familien Thiersch, Ringseis, Martins zu nennen,
die mir wie meiner Frau zuerst den dortigen Aufent-
halt verschönerten.
Geheimer Rath Friedrich Wilhelm von Thiersch.**)
der berühmte Philologe und die höchste Autorität im
*) Von den gemeinschaftlich regierenden Herzogen, den
Brüdern Ernst und Albert nach den Plänen des „Meisters Arnold
aus Westfalen“ erbaut. Die Wiederherstellung erfolgte erst seit
1863.
**) Thiersch, d. 1 7. Juni 1784 zu Kirchscheidungen b. Freiburg a. d.
Unstrut geboren, wurde 1809 als Gymnasialprofessor nach München
berufen. „hier entwickelte er die ihm eigenthümliche Kraft, durch
welche er der Begründer der philologischen Studien in Bayern (prae-
145 —
Schulwesen, wie seine Familie nahmen sich unserer
aufs Freundlichste an; er machte uns auch in seinen
geselligen Abenden mit manchen hervorragenden Per-
sönlichkeiten bekannt, darunter die um diese Zeit vom
König Max II. Berufenen, wie Liebig, Jollv. Boden-
stedt, Geibel, Riehl , Ileyse , Carriere u. a.
In der Familie des Geheimen Raths von Ringseis
fanden wir die liebenswürdigste Aufnahme; sie gehörte
der streng katholischen Richtung an , war aber dabei
fern von jeder Intoleranz. Wir kamen in deren Abend-
gesellschaften mit bedeutenden Persönlichkeiten der
verschiedensten Richtungen zusammen, wir trafen u. A.
den Herrn Erzbischof von München-Freising von
Scherr und den Oberkonsistorial-Präsidenten von Har-
less. Auch waren wir einmal daselbst zu einer Theater-
aufführung eingeladen, bei welcher König Ludwig I.
mit seinen Töchtern, der Grossherzogin Mathilde von
Hessen und der Herzogin Adelgunde von Modena,
anwesend waren, und wo die drei Töchter des Hauses
Maria, Emilie und Bettina ein selbstverfasstes Lust-
spiel aufführten , wie diese überhaupt die geselligen
Abende durch ihre Talente in Deklamation, Musik
und Gesang verschönerten. Wir lernten da auch Graf
Montalembert kennen , der in Paris als eine Stütze
des Katholizismus galt, jedoch sich von seiner Partei
ceptor Bavariae) geworden ist.“ Später wirkte er als Universitäts-
lehrer in hervorragender Weise. Vielfach litterarisch thätig, wurde
er 1848 Präsident der Akademie der Wissenschaften. Er starb am
25. Febr. 1860. Seine Nachkommen zählen ebenfalls zu berühmten
Vertretern von Wissenschaft und Kunst.
10
abwendete, als die päpstliche Unfehlbarkeit als Dogma
erklärt wurde.*)
Ferner verlebten wir schöne Abende in der Fa-
milie des Geheimen Rathes Karl Friedrich Philipp
von Martius des bekannten Reisenden und Natur-
forschers.**)
Die Aufnahme, welche ich in der Kunstgenossen-
schaft zu München fand, war freundlich. Ich wurde
in ihr mit Künstlern von Bedeutung und mit vortrefflichen
Menschen bekannt. Das Lokal der Künstler war noch
in dem seiner Zeit berühmten „Stubenvoll“ am Anger.
Als Mitglied aufgenommen machte ich manche frohe
Künstlerfeste mit; das erste der Art war ein Empfang
des Peter von Cornelius, der auf Besuch nach München
kam. Bald darauf wählten wir als Künstlerlokal das
Hotel Schafroth in der Dienersgasse.
Wollte ich die Künstler, mit denen ich dabei zu-
sammenkam, und die Künstlerfeste alle erwähnen, so
würde das allein ein Buch ausfüllen.
Ich besuchte diese Gesellschaft regelmässig bis
zum Jahre 18/4, wo die Cholera den Vorstand der
Gesellschaft, den geschickten Landschaftsmaler
Eduard Schleich, und den Direktor der Akademie,
Wilhelm von Kaulbach, der mir immer ein wahrer
Freund war, hinwegraffte, nachdem schon viele meiner
Freunde aus diesem Kreise mit Tod abgegangen
waren. Von da an besuchte ich die Künstlergesell-
schaft nicht mehr, blieb aber Mitglied derselben.
*) J. N. von Ringseis, Erinnerungen, gesammelt, ergänzt und
herausgegeben von Emilie Ringseis. 4 Bände. Regensburg 1886 92.
**) Am meisten bekannt durch das mit seinem Reisegelährten
Spix herausgegebene Werk: Reise nach Brasilien. 3 Bände.
München 1824 — 31
147
Schon als ich mich kaum in München niederge-
lassen hatte , besuchte mich Oberbaurath von Voit,
führte mich in den „Verein zur Ausbildung der Ge-
werke“, dessen V orstand er war, und stellte mich da-
selbst den Mitgliedern vor, die mich alsbald zum
Ausschussmitglied wählten. In den regelmässigen Zu-
sammenkünften wurden Zeichnungen und Entwürfe
für kunstgewerbliche Gegenstände vorgelegt und da-
rüber berathen. Ich zeigte dabei, soviel in meinen
Kräften stand, Entwürfe und ausgeführte Gegenstände
des Kunstgewerbes alter Meister vor.
Nach damaliger Anschauungsweise durfte nur
das als schön gelten, was der Antike oder der Gothik
angehörte, jede andere Stilart war von dem Begriff
des Schönen ausgeschlossen. Es war daher nicht leicht,
selbst in diesem Verein, der Renaissance und andern
Stilarten Geltung zu verschaffen. Von den Ausschuss-
mitgliedern, mit denen ich zusammenwirkte, will ich
nur nennen: Staatsrath von Zenetti und dessen Sohn,
den späteren städtischen Oberbaurath, Ferdinand von
Miller, Inspektor der k. Erzgiesserei , Dr. Ernst Förster,
Maler und Kunstschriftsteller, den Maler Hermann
Dyck, die Gebrüder Eugen und Gottlieb Neureuther,
Franz Seitz, die Bildhauer Knabl und Sickinger, die
Architekten Gottgetreu , Berger, Ludwig Foltz, Ober-
baurath Degen. Als sich nach 16 Jahren meine Ge-
schäfte zu sehr mehrten, trat ich aus dem Ausschuss
dieses Vereins, blieb aber Mitglied desselben, der noch
unter dem Namen „Kunstgewerbeverein“ fortbesteht.
Schon in früherer Zeit existirte in München ein
Verein unter dem Namen „die Zwanglose Gesell-
10*
148
schaft“, die aus Dichtern und Litteraten bestand, sich
aber im Jahre 1848 in Folge politischer Meinungsver-
schiedenheiten auflöste. Ich hatte mich noch nicht
lange in München niedergelassen, als Dr. Ernst Förster,
der mir stets ein Freund blieb, den Entschluss fasste,
diese Gesellschaft mit anderen Statuten wieder in’s
Leben zu rufen ; zu diesem Zwecke lud er einen
kleinen Kreis von Bekannten ein, zu welchem auch
ich gehörte, und es wurde beschlossen, dass nicht bloss
Persönlichkeiten eines bestimmten Faches, sondern
Männer aus allen Gebieten der Kunst und Wissen-
schaft zugezogen werden sollten. Man entwarf in
diesem Sinne die Statuten. Es erschienen alsbald da-
bei Geheimer Rath von Thiersch, Wilhelm von Kaul-
bach , Justus von Liebig, Professor Lasaulx, Graf
Pocci , Franz von Kobell , Professor von Siebold,
Professor von Jolly, Friedrich von Bodenstedt, Paul
Heyse, Emanuel Geibel, Dingelstedt, Carriere, von
Eltzholz, I)r. Scherer und andere, welche den Stamm
der Gesellschaft bildeten, und an die sich bald andere
anschlossen. Die Zusammenkünfte begannen mit dem
Monat Oktober, an einem jeden Mittwoch Abend,
wobei jedesmal über ein beliebiges Thema ein Vor-
trag gehalten wurde. Am Dreikönigstage war ein
Festessen, ein zweites im Mai, zum Schluss der Zu-
sammenkünfte, meistens am Starnberger See. Den
Vorträgen in dieser Gesellschaft, an welche sich öfter
Diskussionen anschlossen , wobei auch ich veranlasst
wurde, Mittheilungen aus meinem Fache zu machen,
verdanke ich nicht nur interessante Unterhaltung,
sondern auch viele Belehrung. Manche Mitglieder,
140
die uns der Tod entrissen hat, sind bereits durch
würdige Söhne in unserer Gesellschaft vertreten.
Ein fahr nach meiner Niederlassung in München,
1853, wurde ich durch mehrfach unterstützten Vor-
schlag des Präsidenten der k. Akademie der Wissen-
schaften, Geheimen Rathes von Thiersch, erst ausser-
ordentliches, dann i. J. 1868 ordentliches Mitglied
dieser gelehrten Körperschaft und zwar in der histo-
rischen Klasse, in der ich jetzt wie in der zwanglosen
Gesellschaft der Aelteste bin. Als ich aufgenommen
wurde, war Thiersch Präsident, ihm folgte Liebig, dann
Döllinger und darauf bis heute Pettenkofer. Da Döl-
linger vorzugsweise Historiker war, so erschien er auch
stets bei den Sitzungen unserer Klasse. Die Mitglieder,
deren Hinscheiden ich besonders in der letzteren Zeit
zu beklagen habe, sind ausser Döllinger Giesebrecht,
Gregorovius, Druffel, Preger, Lossen und Stieve.
Es ist hier nicht der Platz, auf die Vorträge in den
monatlichen Klassensitzungen, wie auf jene der öffent-
lichen Festsitzungen näher einzugehen, indem für alle,
welche sich dafür interessiren , das Wesentliche im
Druck erschien.
Nur erwähnen muss ich hier noch die grossartige
Jubiläumsfeier des hundertjährigen Bestehens der k.
Akademie der Wissenschaften, am 28. März 1859,
die mit einer Zusammenkunft in dem alten grossen,
aber wenig bekannten Ilörsaal des ehemaligen Jesu-
itenkollegiums begann. Es erschienen dabei zahlreich
auch die auswärtigen und korrespondirenden wie die
Ehrenmitglieder, darunter selbst König Ludwig I.
Festreden hielten Staatsrath von Maurer, in Vertretung
des Präsidenten von Thiersch, und die Sekretäre der
drei Klassen Marc. Jos. Müller, von Martius und von
Rudhart. Im Gedränge bei dem Hinausgehen entstand
eine Stockung, deren Ursache war, dass unterwegs
König Ludwig I. auf den Fürsten Wallerstein gestossen
war. Beide standen sich mit einer sichtlich erzwungenen
Freundlichkeit gegenüber, für uns alle eine merk-
würdige Erscheinung; denn Wallerstein stand in früherer
Zeit bei dem König in hohen Gnaden, was natürlich
nach den Vorkommnissen im Jahre LS48 nicht mehr sein
konnte, und beide hatten sich seit jener Zeit nicht mehr
gesehen.
Nachdem wir sämmtlich in der Residenz der
Majestät vorgestellt waren, wurden wir zur Tafel ge-
führt, bei welcher der König auf das Gedeihen der
Akademie und auf das Wohl ihrer Mitglieder sein
Glas erhob. Darauf erhielten wir Medaillen mit dem
Bildnisse des Königs, vortrefflich ausgeführt, als Er-
innerung an dieses Stiftungsfest. Des Abends war
glänzende Festvorstellung im Residenztheater. Auch
die Stadt gab uns ein Fest im alten grossen Rathhaus-
saale. Den Schluss bildete ein Diner im Bayerischen
Hof, bei welchem Fürst Wallerstein mich als einen
der noch lebenden Zeugen erinnerte, wie er im Jahre
1833 die Gewerbeschulen mit so vielen Hindernissen
in’s Leben gerufen hatte. Dadurch fühlte ich mich
veranlasst, bei dieser Gelegenheit, wo es sich nur
um Akademie und Hochschule handelte, in einigen
Worten der unvergänglichen Verdienste zu gedenken,
die sich der Fürst schon vor 25 Jahren durch Erricht-
ung der Gewerbeschulen als einer Grundlage für Volks-
bildung erworben hatte.
XVI. Beginn des Nationalmuseums.
Bei meinen vorübergehenden Aufenthalte zu
München, iin Winter bis zum Frühjahr 1851/2, be-
suchte ich den Grafen Franz Pocci, Oberstcere-
monienmeister, später Oberstkämmerer, den ich zwar
noch nicht persönlich, aber doch schon durch Brief-
wechsel kannte , indem er an dem Entstehen und
der Veröffentlichung meiner Arbeiten vielen Antheil
nahm; er blieb mir bis zu seinem am 7. Mai 1876
erfolgten Tode ein wahrer Freund. Derselbe rieth mir,
eine Audienz bei dem König nachzusuchen. Ich er-
hielt sie am 15. März 1852 und wurde auf’s Huld-
vollste empfangen; der König sagte u. A., dass er
manche Ideen habe, welche in mein Fach einschlagen,
z. B. eine Ahnengallerie in Schleissheim , Herstellung
eines illustrirten Werkes zum Studium der bayerischen
Geschichte u. s. w. Ich bemerkte, dass aus dem Material,
das zu solchen Zwecken gesammelt werde, leicht ein
Museum entstehen könnte, und erwähnte dabei den schon
gefassten Plan des Freiherrn von Aufsess. Indess schien
es mir, dass die Majestät wenig Vertrauen dazu habe,
hingegen besonders an Werke und Sammlungen denke,
die das bayerische Regentenhaus verherrlichen. Ich
hatte bereits schon so viel gelernt, dass ich mir nicht
erlaubte , dagegen zu sprechen , und gedachte zur
rechten Zeit an die guten Gedanken und den guten
Willen des Reg'enten anzuknüpfen und weiter zu spinnen.
Darauf theilte mir Pocci mit, der König habe
vor, nach Art des Werkes über Hohenzollerische
Kunstdenkmale von Stillfried, ein Werk über Kunst-
denkmale des bayerischen Herrscherhauses heraus-
geben zu lassen , er habe bereits auch schon über
einen solchen Plan mit Künstlern und Historikern ge-
sprochen, allein erstere verständen von Geschichte zu
wenig und seien keine Schriftsteller, und bei letzteren
mangele das Verständniss für die Kunst; König Max II.
habe daher den Freiherrn Karl Maria von Aretin,
zu Rathe gezogen, der Direktor des Hausarchives
sei und die Geschichte des Kurfürsten Maximilian I.
von Hävern in drei Bänden geplant habe , die aber
nach dem ersten Bande nicht mehr fortgesetzt worden
sei. Pocci glaubte , dass ich dabei einen schönen,
ganz in mein Fach einschlagenden Wirkungskreis
finden könnte; er sagte: „Was Aretin kann, kannst
Du nicht, und ebenso umgekehrt; ich will Dich mit
ihm bekannt machen“. Das geschah zu meinem
Unglück. Aretin war über meine Bekanntschaft sehr
erfreut und stellte dem König vor, dass er an mir
die richtige Kraft gefunden habe , um ein solches
Werk durchzuführen. Die Majestät ertheilte darauf,
in der Voraussetzung, dass ich den künstlerischen
Theil übernehme, Aretin den Auftrag, ein Werk
über Kunstdenkmale des bayerischen Herrscherhauses
u. s. w. herauszugeben, wobei er auch demselben die
Feststellung des Titels überliess. Dieser erschien mit
dem Prospekt im September 1853, er lautete : „Alter-
thümer und Kunstdenkmale des bayerischen Herrscher-
hauses. Auf Befehl Seiner Majestät des Königs Maxi-
milian II., herausgegeben von dem Kämmerer und
Geheimen Rath Karl Maria Freiherrn von Aretin,
unter Mitwirkung (für den artistischen Theil) von Dr.
J. H. von Ilefner, Professor etc.“
Ich machte dabei sogleich aufmerksam, dass das
unnöthig grosse Format das Ansehen nicht erhöhe und
153
das Werk nur vertheuere, wodurch die Verbreitung
sehr erschwert werde, zumal bei einem Unternehmen,
von dem das Publikum annehme, dass es vorzüglich
nur zur Verherrlichung eines hohen Hauses entstanden
sei, und dass man es daher auch leicht als Geschenk
erhalten könne, ferner dass, mit meinem Wissen, noch
kein ähnliches Werk ohne bedeutende Zuschüsse des
Staates geglückt sei. Das war aber alles umsonst;
Aretin glaubte, dass der imponirende Titel mit dem
„ Refehl der Majestät“ und so manches ähnliche der
Sache den Weg bahne.
Statt , dass ich mir vorher von der Majestät
meinen Wirkungskreis direkt hätte anweisen lassen und
gefragt hätte; wer stellt den künstlerischen Theil her.
von welchem ich „Mitwirkender“ sein soll, — Aretin
konnte das ja nicht, — erklärte ich mich im Eifer
für eine patriotische Sache bereit, zu helfen, Denk-
male aufzusuchen, die Zeichnungen darnach anzu-
fertigen, den Stich in Kupfer und das Kolorit zu
überwachen und das zwar, ohne gehörig zu überlegen,
welchen Schaden ich dadurch meinen eigenen Werken,
die schon seit 12 Jahren im Gange waren, zufüge.
Ich hatte die Ueberzeugung, dass dadurch ein Wittels-
bacher, Bayerisches oder Deutsches Museum entstehe.
Wenn ich auch in Bayern schon Vieles aufge-
funden hatte, so wusste doch Aretin aus den „Monu-
menta boica“ und ähnlichen Werken, in welchen
Gegenden Denkmale der Herzoge von Bayern anzu-
treffen seien. Um solche näher zu bestimmen und
Zeichnungen herzustellen , musste ich zweimal mit
Aretin nach verschiedenen Richtungen hin Bayern
154
durchreisen. Was ich fand und darüber sprach, no-
tirte Aretin sorgfältig. Dass er mein Können und
Wissen gering schätzte, kann ich nicht sagen, im
Gegentheil, er überschätzte es öfter. Doch auf diese
für mich lolgenreiche Angelegenheit komme ich später
zurück und gehe auf ein gleichzeitiges Ereigniss über.
XVII. Die königlichen vereinigten Sammlungen.
Ich hatte mir in einer mich überraschenden Weise
Wohlwollen und Vertrauen des Ministers Theodor von
Zwehl erworben , der mir als Minister bis zum Jahre
1864 in vielen Fällen eine stützende und schützende
Hand blieb und mir noch Theilnahme und freundliche
Gesinnung als Regierungspräsident bis zu seinem Ab-
leben am 17. Dezember 1875 bewahrte.
Er selbst erschien im Jahre 1852 den 10. Juni mit
seinem Referenten, dem Ministerialrath von Volk, in
meiner Wohnung und überbrachte mir das Dekret als
Conservator der „königlichen vereinigten Sammlungen“
und erklärte, das geschehe nur, um durch diese, wenn
auch kleine Stelle, meine Kräfte auch noch für andere
Zwecke in München zu erhalten.
Die „vereinigten Sammlungen“ entstanden dadurch,
dass man die, durch Verlegung der Gemäldegallerie
in die neuerbaute Pinakothek, frei gewordenen Säle
an der Galleriestrasse wieder zu einem Zweck für
Kunst und Wissenschaft verwenden wollte, weshalb
man Folgendes darin aufstellte: das berühmte „Elfen-
beinkabinet“, früher in der Herzog - Maxburg , die
Vogelbergische Sammlung, aus altgriechischen Terra-
cotten bestehend, einen Theil des Antiquariums und der
(ievvehr- und Sattelkammer, wie eine Sammlung alt-
japanischer Broncearbeiten.
Ueber diese Sammlungen wurde Heinrich von 1 Iess,
der bedeutende Maler auf religiösem Gebiete, als
Direktor gesetzt und zwar als Entschädigung dafür,
dass die Direktorstelle an der Akademie der bildenden
Künste, auf die er Anspruch machte, Wilhelm von Kaul-
bacli erhalten hatte. Am Schlüsse der Reihe von Sälen
hatte Hess ein grosses Atelier, während sich das mehlige
am Anfang befand. Da in dieser Anstalt nichts verändert,
verstellt , vermehrt oder verbessert werden durfte und
alle Gegenstände unter Glasverschluss sich befanden,
so gab es für den Direktor wie für den Conservator
nichts zu thun; zwei Aufseher, die in den Sälen auf-
und abgingen , waren eigentlich die wichtigsten Per-
sonen.
Hess führte daselbst in seinem Atelier zwei gross-
artige Gemälde aus, welche jetzt die neue Pinakothek
zieren. Auch ich war in meinem Atelier nicht müssig
und konnte da in ungestörter Ruhe für meine Werke
arbeiten, von welchen ich annehmen konnte, dass sie
auch dem \ aterlande Nutzen bringen. Ausserdem
erhielt ich öfter von Seiner Majestät wie von dem
M inisterium einen Auftrag, mein Urtheil über Kunst-
sachen abzugeben und Reisen zu machen , um Ma-
terial für ein künftiges Museum aufzusuchen , wobei
mich oft viel Glück begleitete.
Von da an erhielt ich durch das Vertrauen des
Königs Maximilian II., wie später durch Ludwig II.,
aufsteigend bis in mein Alter Stellen und Vertrauens-
O
posten im Gebiete der Kunst und der Kunstsamm-
lungen. Ich wurde dadurch in den Stand gesetzt,
manchen tiefen Blick in die Kunstverwaltungen zu
werten und mitunter sehr traurige Beobachtungen zu
machen.
Es ist gewiss, dass die Sammlungen des Staates
nur in dem ihren Werth besitzen, was sie zum geist-
igen wie zum materiellen Wohl des Staates beitragen.
Um die Museen in solchem Sinne, gewissermassen als
Schulen nutzbar zu machen , müssten Männer an die
Spitze gestellt werden, welche zu solchem Fache die
nöthigen Studien gemacht haben , wie es bei einer
jeden andern Staatsanstellung verlangt wird. Für alle
Stellen im Staate existiren Schulen, Hochschulen,
Staatsexamen etc. etc., nur nicht für Stellen an Mu-
seen und Kunstsammlungen. Die Folge davon ist,
dass nur zu oft solche , die als Künstler kein Glück
machten, nur oberflächlich in jenes Gebiet geschaut
oder sich aus Liebhaberei mit Kunst- und Alterthums-
sammeln befassten, sich für solche Stellen als befähigt
erachten und sie auch häufig erhalten.
Ich glaube nicht durch Schweigen den gefähr-
lichen Glauben unterstützen zu dürfen, dass nur auf
diesem Gebiete so vieles im Stillen hingehen oder
für alle Zeiten verschwiegen bleiben kann, was bei
einer jeden anderen Stelle untersucht und an’s Tages-
licht gezogen wird.
XVIII. Kunstbarbarei.
Schon als ich im Winter 1851 allein in München
war, um mich vor meiner Niederlassung daselbst um-
157
Zusehen, hörte ich, dass dort eine grosse Versteiger-
ung von Gemälden stattfinden werde, die man als zu
gering aus der Gallerie in München und besonders
aus jener in Schleissheim ausgeschossen habe.*) Ich
kümmerte mich so wenig, wie viele andere Kunst-
freunde darum, da man annehmen musste, dass in
München, der Kunststadt, in welcher so viele Fach-
leute an der Spitze stehen , gewiss nichts von Bedeut-
ung zur Versteigerung komme.
Bald nach meiner Niederlassung in München er-
hielt ich durch Ministerialrescript den Auftrag, mit
Zuziehung des Professors Johann von Schraudolph
das Gemälde zu besichtigen, welches der Kunsthändler
Entres in jener Versteigerung um geringen Preis er-
worben hatte, und das nachträglich von Vielen als ein
Originalgemälde des Albrecht Dürer erklärt wurde.
Wir beide, Schraudolph und ich, erkannten dieses
Bild sogleich, wie auch nach der genauesten Unter-
suchung als ein Meisterwerk von der Hand Dürer’s
und gaben auch in diesem Sinne unser Gutachten
schriftlich an das Ministerium ab. Auf diesem Bilde
erscheint die Mutter Anna in faltenreichem, weissem,
auch den Kopf umhüllendem Gewände, auf den Händen
trägt sie das Jesuskind, nach Nürnberger Art in der
Wickelschnur, ihr zur Linken erscheint Maria, sehr
jugendlich, tief geneigt mit gefalteten Händen in
rothem Kleide.
*) Oie Titel des Kataloges dieser berüchtigten Versteigerung
lautete: „Verzeichniss einer bedeutenden Sammlung von Gemälden
aus allen Zeiten und Schulen, welche am 13. April 1852 und die
folgenden Tage Vormittags von 9—12 Uhr und Nachmittags von
2 5 Uhr zu München im k. Kunstausstellungsgebäude gegen
Haarzahlung an den Meistbietenden öffentlich versteigert werden.
München, gedruckt bei Gg. Franz, 1852. u
1 58
Dieses Gemälde hatte der Kunsthändler Entres
um 50 Gulden ersteigert und verkaufte es für 21,000
Gulden; es soll sich jetzt im Besitze eines Herrn von
Kou risse zu Odessa befinden.*) Der Käufer kam zu
mir und fragte nach unserem schriftlichen Gutachten,
um in der Sache ganz sicher zu sein, jedoch nachdem
er bereits den Kauf abgeschlossen hatte.
Dieser unersetzliche Verlust ist um so mehr zu
beklagen, als schon so viele Werke dieses grossen
Meisters zu Grunde gegangen waren, darunter das aus-
nehmend hervorragende Gemälde, die Himmelfahrt
Mariä vom Jahre 1500, das Herzog, später Kurfürst,
Maximilian I. 1013 von den Dominikanern in Frank-
furt am Main erworben hatte und das im April 1074
durch den Residenzbrand ein Raub der Flammen ge-
worden ist.**) Eine alte Kopie davon von Jobst Harrich
befindet sich in der städtischen Gemäldesammlung des
historischen Museums zu Frankfurt am Main.***)
Der jetzige Galleriedirektor Dr. Franz v. Reber
hielt bei der öffentlichen Festsitzung der Akademie
der Wissenschaften am 10. November 1802 einen \ or-
*) Vergl. Thausing, Mofiz. Dürer. Band II. Leipzig 1884.
Seite 135. Eine ganz schlechte Kopie dieses Bildes befindet sich im
bayerischen Nationalmuseum.
**) Zu diesen beiden Bildern Dürer’s, die für Bayern auf ge-
nannte Weise verloren gingen , gesellt sich als drittes das oben
S. 71 erwähnte Bildniss 1 Iolzschuher’s , das i. J. 1869 längere Zeit
in München in der „Ausstellung von Gemälden älterer Meister,
die sich in Süddeutschland im Privatbesitze befinden“, zu sehen war.
***) Vergl. Cornill , Otto. Jakob Heller und Albrecht Dürer.
Neujahrsblatt des Frankfurter Alterthumsvereins. Frankfurt a. M.
1871. 4n und Mittheilungen an die Mitglieder des Frankfurter
Alterthumsvereins. Bd. VI. Frankfurt 1881. 8°. Seite 196 — 198.
trag über „Kurfürst Maximilian I. von Bayern als Ge-
mäldesannnler“ , der in Druck erschien. Es ist nicht
zu verkennen, dass er dabei keine leichte Aufgabe
hatte, nämlich die Wahrheit nicht zu verschweigen,
und doch in seiner Stellung gegen die Vorgänger in
seinem Amte nicht zu rücksichtslos zu verfahren , er
löste diese Aufgabe so gut als möglich.
Bei der erwähnten Versteigerung erwarb der
Kunsthändler und Bildhauer Otto Entres noch manche
andere gute Gemälde um geringen Preis, die er um
hohe Summen wieder verkaufte.
Es waren im Ganzen 981 Gemälde, welche
versteigert wurden, werthlose waren keine dar-
unter. Jene, welche ich später selbst im Besitze von
Privaten und Händlern gesehen, waren meistens um
5 bis 20 Gulden versteigert worden und hatten durch-
schnittlich den Werth von 300 bis 2000 Gulden, viele
darunter von Meistern ersten Ranges. Im Ganzen wurden
8000 Gulden dafür erlöst, demnach für je ein Gemälde
ungefähr 8 Gulden 10 Kreuzer. Ich will davon nur
noch folgende erwähnen : zwei lebensgrosse Bildnisse
von Tobias Stimmer, den Rubens schon hochgeschätzt
hatte, einen Schweizer Landamann und seine Frau
in ganzer Figur darstellend, in prachtvollem Kolorit
und genauester Ausführung des reichen Kostüms und
des Schmuckes; diese hatte Karl Waagen um eine
Kleinigkeit damals ersteigert und um eine hohe Summe
an die städtische Gemäldegallerie zu Basel verkauft,
wo sie jetzt als Perlen anerkannt sind. Von diesem
bedeutenden Meister befindet sich jetzt in der Pinako-
thek zu München nicht ein .Stück. Bei dem ehemaligen
160
Bedienten des kunstliebenden Staatsraths von Kirsch-
baum war ich überrascht, zwei prachtvolle Landschaften
von Salomon Ruysdael zu sehen, die derselbe in dieser
sogenannten Schleissheimer Versteigerung um 50 Gulden
ersteigert hatte, die aber im geringsten Anschlag den
Werth von 6000 Gulden hatten. Bei Ferdinand von
Miller, dem Inspektor der königlichen Erzgiesserei,
sah ich zwei wunderschöne Gemälde von Melchior
I Iondekoeter , die um 30 Gulden versteigert worden
waren ; wie bekannt, kam schon damals ein Gemälde
dieses Meisters auf 3000 bis 6000 Gulden, u. s. w.
Wir besitzen von der älteren bis zur neueren
Zeit Listen der Preise, um welche Gemälde solcher
Meister in Paris, London . Köln etc. versteigert wurden.
Demnach kann man mit Sicherheit annehmen, dass
durch jene unglückselige sogenannte Schleissheimer
Versteigerung der Staat wenigstens um eine Million
geschädigt wurde.
Wie hätte man die Kunstsammlungen von Augs-
burg, Nürnberg, Bamberg, Aschaffenburg heben
können, wenn man die kleineren Gallerien daselbst
durch diese Schätze vermehrt hätte.
Wer trug nun die Schuld an jener Kunstbarbarei ."
Es war damals Clemens Zimmermann, Galleriedirektor,
wesshalb ihm oft die ganze Schuld in die Schuhe ge-
schoben wurde, jedoch mit Unrecht. Derselbe hatte
sich nie für einen besonderen Gemäldekenner ausge-
geben, und er erhielt jene .Stelle, ohne dass er sich
darum beworben hatte; er war auch ein Mann, der
sich leicht leiten liess. Das Ministerium wendete sich
in dieser Angelegenheit an den Direktor der Aka-
161
demie der bildenden Künste, Wilhelm von Kaulbach.
Dieser sagte: „Meine Sache ist es nicht, aber Pro-
fessor Philipp Foltz ist der Mann, welcher alles weiss
und versteht.“ Daher führte derselbe auch bei jener
Versteigerung das grosse Wort ; wer sonst noch mehr
oder weniger dabei betheiligt war , vermag ich nicht
zu sagen.
Ungeachtet dessen wurde Philipp Foltz später
Direktor der Central-Gemäldegallerie. Die Folge da-
von war, dass er in einigen Jahren gegen 60 wohler-
haltene Gemälde der grössten Meister in der Pina-
kothek übermalte oder stellenweise hinein malte, so
z. B. übermalte er an einem Bildniss von Rubens den
Hintergrund; in der Mitte eines Blumenkranzes von
Daniel Seghers war ein Marienbild grau in grau , statt
des letzteren malte er eine Landschaft hinein ; in dem
Bildniss der Frau des Rubens, der geborenen Helene
Fourment, von diesem selbst gemalt, hatte der Meister
ihr nur eine Perlenschnur um den Hals gegeben, Foltz
malte eine zweite dazu; in dem Hintergrund eines
Gemäldes von Heinrich Roos malte er ein Haus, wo
vorher keines vorhanden war; in den Bauernscenen
von Brouwer konturirte er die Figuren u. s. w. Er
behauptete, dass er dadurch diese alten Meister erst
zu Ehren gebracht habe.
Nach dem Tode von Foltz wurde der überaus
geschickte Professor Aloys Hauser als Restaurator an
der Pinakothek angestellt. Dieser hatte noch eine
Reihe von Jahren damit zu thun, jene Uebermalungen,
die unter dem Namen „Foltzerei“ bekannt wurden,
mit Vorsicht hinwegzuschaffen. Es war dabei noch
1 1
162
ein Glück, dass Foltz, mit der Technik nicht bekannt,
auf den alten verhärteten Firniss malte, wodurch das
Ilinwegnehmen der Uebermalung ohne Verletzung des
Ursprünglichen erleichtert war.
Bei allem dem ist es merkwürdig, dass Foltz, be-
sonders für seine Zeit, ein geschickter Künstler war,
man sehe z. R. das grosse Gemälde von seiner Hand,
die Blüthezeit Athens unter Perikies, in dem Maxi-
milianeum zu München; ferner die junge Bauersfrau
mit ihrem Kinde im Kornfeld spielend in der Schleiss-
heimer Gallerie. Wir erkennen darin wieder , dass
nicht immer die Künstler das richtigste Urtheil
über Kunst haben. Das kann wohl sein, doch eine
Regel ist es nicht, denn ein schaffender Künstler
wendet häufig sein ganzes Sinnen und Trachten einer
bestimmten Richtung zu, in welcher er schafft, und
er darf seine Kräfte nicht zersplittern. Auch werden
Künstler niemals die kritische Objektivität besitzen,
wie die Kunstgelehrten, womit aber nicht gesagt sein
soll, dass auch diese Herren keine Fehler begehen können.
XIX. Fürst Karl Anton von Hohenzollern.
Oefter war ich in Sigmaringen, wo mein Schwager
Karl von Mayenfisch bei dem Fürsten Kammerherr,
später Hofmarschall war. Der Fürst besass schon von
alten Zeiten her eine prachtvolle Sammlung von
Kunstschätzen jeder Art, welche noch bedeutend da-
durch vergrössert wurde, dass mein Schwager seinen
Besitz an Prachtwaffen und anderen Kunstwerken,
die er besonders in der Schweiz gesammelt hatte, dem
163
Fürsten abtrat. Die fürstliche Familie zeigte stets für
mich und meine Arbeiten grosses Interesse.
Der Fürst übergab mir zur Veröffentlichung ein
unschätzbares Prachtwerk und Unikum: „Ilans Burgk -
mair’s Turnierbuch“ ; mit meinem Wissen das einzige
der Art, bei welchem der Meister beabsichtigte, die
Turniere so darzustellen, wie sie in zwei Jahrhun-
derten gehalten wurden. Es ist vollendet durch Hans
Burgkmair den Jüngeren 1553. Meine Ausgabe in
Kupferstich und freiem Handkolorit erschien bei Hein-
rich Keller in Frankfurt am Main 1853 und ist bereits
längst im Kunsthandel vergriffen.
Im Jahre 1869 war ich wieder als Gast bei dem
Fürsten Karl Anton in Sigmaringen. Des Abends
sass ich öfter vor dem Souper bei ihm auf der Ter-
rasse, er sprach sich dabei freier aus, als er es viel-
leicht bei der Tafel gethan hätte. Diesen geistreichen
Mann über so manche Erlebnisse zu hören , war für
mich von hohem Wert, he ; er erzählte u. A. von seinen
Studien auf der Universität zu Göttingen, wie er noch
mit den drei letzten Königen von Bavern zusammen
gekommen und wie er sie beurtheilte. So sagte er
z. B. von König Ludwig I. : „Dieser Regent konnte
doch öfter recht unartig sein; hören Sie, was ich mit
ihm erlebte. Im Jahre 1867, bei Gelegenheit der
Pariser Weltausstellung, war König Ludwig wie auch
ich vom Kaiser Napoleon eingeladen. Als wir im
Schlosse zu Compiegne bei Tafel sassen, wurde die
Unterhaltung in französischer Sprache lebhaft geführt.
Während einer Pause rief mir Ihr König laut über
die Tafel auf Deutsch zu: „Nicht wahr, Sie sind der
11*
164
Fürst, welcher sein Fürstenthum an Preussen verkauft
hat?“ Da ich schon auf Aehnliches gefasst war, ant-
wortete ich mit den gleichen Worten: „Ja, ich bin
der Fürst, welcher sein Fürstenthum an Preussen ver-
kauft hat, aber noch zur rechten Zeit.“ Nach der
Tafel trat Napoleon zu mir und sprach auf Deutsch
in schwäbischem Dialekt: „Lieber Vetter, das hat
mich recht gefreut, wie Sie den Bayere König so gut
bedient hawe.“ Zur Erklärung diene, es war damals
die Meinung- ziemlich verbreitet, dass Preussen die
kleineren deutschen Staaten annektiren werde.
Bei meinem Sommeraufenthalt zu Tegernsee 18/2
kam ich mit dem Freiherrn von Jeetze, dem ehe-
maligen Adjutanten des Königs Ludwig I., zusammen,
ich erzählte ihm jene Geschichte, worauf er sagte: , Ich
war dabei und beobachtete, wie der König dem
Fürsten etwas über die Tafel zurief, der Fürst ihm
antwortete und dann von Napoleon angesprochen
wurde, allein um was es sich handelte, habe ich der
Entfernung wegen nicht verstanden, das erfahre ich
jetzt erst durch Sie; allein eine dazu gehörige Ge-
schichte sollen Sie nun durch mich erfahren. Als ich
damals mit dem König im Schlosse von Compiegne an-
kam, standen oben auf der Marmortreppe der Kaiser
und die Kaiserin, den König von Bayern erwartend:
auf beiden Seiten der Stufen die Gardes du Corps
mit blanker Waffe. Der König ging nicht hinauf, er
sprach mit dem Gardisten rechts: „Ein alter Krieger,
schön dekorirt etc.“, dann wandte er sich zu jenem
links und so hinüber und herüber, dabei war meine
Verlegenheit grenzenlos, denn ich hätte den König
165
nicht zum Ilinaufgehen bewegen können. Endlich
kam Napoleon allein die Treppe herunter, Kaiser und
König begrüssten sich freundlich und gingen mit ein-
ander hinauf, wo sie die Kaiserin erwartete. Es hatte
sicli nämlich König Ludwig I. bei seiner Thronentsagung
die Ehrungen und Rangstellung eines regierenden
Königs Vorbehalten, wonach ihn Napoleon unten an
der Treppe hätte empfangen sollen, daran dachte
derselbe aber nicht sogleich.“ —
Im Jahre 1856 hatte der Fürst Karl Anton von
Hohenzollern die Absicht, seinen reichhaltigen Besitz
an Werken der Kunst und Wissenschaft in gediegenen
Herausgaben durch den Buch- und Kunsthandel all-
gemein nützlich zu machen. Da seine Kunstschätze
sehr vielseitig waren, so musste er deren Herausgabe
verschiedenen Fachleuten übertragen. Zu diesem
Zwecke berief er zu einer Berathung im Jahre 1858
nach Düsseldorf, wo er Gouverneur war und das
Schloss Jägersburg bewohnte , Ludwig Lindenschmit
den Direktor des römisch-germanischen Museums in
Mainz, Professor Andreas Müller, Maler in Düssel-
dorf, meine Wenigkeit und Dr. Franz Bock, welcher
damals noch in keinem so üblen Geruch stand. Linden-
schmit wurde mit Herausgabe der römischen Aus-
grabungen und Pfahlbautenfunde beauftragt, die in
einem sehr verdienstlichen Werke erschienen.*)
Mir wurde die Aufgabe, ein Werk unter dem
Titel „Die Kunstkammer S. K. H. des Fürsten Karl
*) Die vaterländischen Alterthümer der fürstlich Ilohen-
zollerischen Sammlungen zu Sigmaringen von L. Lindenschmit,
Mainz, bei Viktor von Zabern, 1860. Es enthält über 1000 Ab-
bildungen und einen auf gründlichen Forschungen beruhenden Text.
166
Anton von Hohenzollern“ herauszugeben, welches
im Jahre 1866 bei F. Bruckmann in München er-
schien und mit der zehnten Lieferung vollendet war.
Es enthält eine Anzahl von Werken der Kunst und
des Kunsthandwerkes, aus dem 10. bis in das 17-
Jahrhundert, mit 60 Tafeln und 100 Darstellungen in
Kupferstich und freiem Ilandkolorit; der nur sachlich
gehaltene Text ist deutsch und französisch. Der Fürst
hatte grosses Wohlgefallen daran. Es wurde nicht
ohne besondere Anstrengung von meiner Seite wie
von der der Kupferstecher hergestellt , denn alle diese
Dinge haben keinen Werth ohne die grösste Ge-
nauigkeit.
In Sigmaringen erlebte ich als Gast noch manches
Interessante z. B. im Jahr 1869 den 29. August bei der
feierlichen Enthüllung des Denkmals für den Fürsten Karl,
den Vater des Karl Anton. Im Jahre 1875 war ich wieder
in Sigmaringen und von da als Gast in dem nahen
Krauchenwies, dem .Sommeraufenthalte der Herrschaft.
Ich traf daselbst hohe Gäste, den Grossherzog Fried-
rich von Baden mit Gemahlin , den Grafen von Flan-
dern mit Gemahlin Maria von Hohenzollern, Tochter
des Fürsten Karl Anton, den Herzog von Anhalt-
Dessau mit Gemahlin und Tochter und den zuletzt an-
gekommenen Kronprinzen des deutschen Reiches, den
nachmaligen Kaiser Friedrich. Sämmtliche 1 lerr-
schaften besuchten vor ihrer Abreise die „Kunsthalle“
bei dem Schlosse Sigmaringen, wobei mir das Amt
eines Erklärers übertragen wurde ; von da aus fuhren
dieselben nach dem Bahnhof, wohin sie der Fürst be-
gleitete, leider konnte derselbe nicht mehr gehen, er
167
wurde auf dem Lehnstuhl in den Wagen gehoben,
von welchem aus er aber noch selbst Hott kutschirte ;
seinen freundlichen Abschiedsgruss konnte ich nur in
tiefer Wehmuth erwidern , es war auch zum letztenmal,
dass ich ihn sah; er starb den 2. Juni 1885.
Nach dem Wunsche des Grossherzogs von Baden
und seiner Gemahlin besuchte ich auf der Heimreise
nach München das Schloss auf der Insel Mainau im
Bodensee , den schönen Sommeraufenthalt der gross-
herzoglichen Familie. Dasselbe, in herrlicher Umgeb-
ung, war vor Zeiten ein Sitz des Deutschherren-
ordens. Die hohen Herrschaften zeigten mir daselbst
viele, besonders in neuerer Zeit angesammelte, Kunst-
schätze, und ich sah dabei mit Vergnügen, wie das
Fürstenpaar Freude und Interesse für alles Schöne
und grossen Eifer für Hebung der Kunst und des
Kunsthandwerkes zeigte
Auch später blieb mir noch der Grossherzog über-
aus freundlich gesinnt, wie er sich auch meines 80. Ge-
burtstages erinnerte, indem er mich zu diesem Tage,
wie schon früher, mit einem hohen Ehrenzeichen be-
dachte.
XX. Die Münsterkirche zu Kloster Heilsbronn.
Die alte Klosterkirche Heilsbronn, zwischen Nürn-
berg und Ansbach gelegen, war die Begräbnissstätte
der Burggrafen von Nürnberg und der Markgrafen
von Brandenburg- Onolzbach (Ansbachi wie mancher
Ritter des Schwanenordens und anderer adeliger Ge-
schlechter. Die Kirche auf bayerischem Boden ist
168
bayerisches Eigenthum , während in den Gräbern die
Ahnen des preussischen Regentenhauses ruhen. Schon
in dem dreissigjährigen Kriege wurden viele Gräber
geplündert und Grabsteine vernichtet; daher sprach
im Jahr 1853 der König von Preussen Friedrich Wil-
helm IV. den Wunsch aus, dass der Bau der Kirche
und besonders die Gräber darin genau untersucht und
bestimmt würden. Zu diesem Zwecke wurden von
preussischer Seite der schon genannte damalige Ober-
ceremonienmeister von Stillfried, und ich von Bayern
dahin beordert. Minister von ZwTehl befand sich auf
einer Reise, sein Vertreter, Staatsrath von Pelkhoven,
sagte mir: „Der Excellenz von Stillfried gegenüber
werden wir Ihnen, der Courtoisie wegen, einen Hof-
kavalier gleichen Ranges beigeben.“ Ich dachte da-
bei an den Grafen Pocci odef an die Grafen Moy
und Castell, allein als ich dort war, erschien zu
meiner Ueberrasclnmg Baron Aretin, der den Weg
gefunden hatte , welchen ein aktiver Hofkavalier be-
treten sollte. In der Begleitung von Stillfried war der
geschickte Hofmaler Sixtus Jarwart aus Nürnberg,
den ich in Berlin kennen gelernt hatte, als er Zeich-
nungen für das Hohenzollerische Werk herstellte.
In Folge unserer Untersuchungen erschien erst im
fahr 1877 das Werk unter dem Titel „Kloster Heils-
bronn. Ein Beitrag zu den Hohenzollerischen Forsch-
ungen von Dr. R. G. Stillfried. Berlin 1877.“ Von den
Ergebnissen unserer Untersuchungen will ich hier nur
Einiges hervorheben, was nach meiner Ansicht Still-
fried in jenem Werke nur viel zu leicht behandelte,
indem er vor allem Anderen die Genealogie der
Hohenzollern im Auge hatte.
169
Das erste Grab, welches wir öffneten, war jenes
des Ritters vom Schwanenorden Georg von Sack,
f 1483. Dessen Figur erscheint fast freistehend an
der Wand des rechten Seitenschiffes in voller Rüstung
mit blossem, reichbelocktem Haupte, darauf die Sendel-
binde mit hohem Reiherbusche, auf der Brust den
Schwanenorden an der um die Schultern laufenden
Kette. Direkt vor diesem Grabstein ist auf dem
Boden eine über 7 Fuss lange Steinplatte mit dem
Wappen des Ritters eingelassen , ohne Zweifel musste
unter derselben das Grab des Ritters sein, und zwar
noch unberührt. Stillfried, wie ich konnten kaum
zweifeln, dass jener vornehme Flerr nicht ohne reichen
Schmuck in das Grab gelegt wurde; wir äusserten
schon unsere Freude, dass wir daselbst sicher ein
Original des Schwanenordens finden würden, worauf
der König einen grossen Werth legte, da, wie ange-
nommen wurde, nur noch ein Exemplar davon existirt.
Wir Hessen die Steinplatte heben und 7 Fuss in die Tiefe
graben , dann erschien eine weisse Masse Gips oder
Kalk. Da ich das weitere Aufdecken, mit gehöriger
Vorsicht, keinem Arbeiter zutraute, stieg ich selbst
hinab ; in den aufgehobenen Gipsschichten zeigte
sich der Abdruck einer Leinwandumhüllung, in welcher
sich genau die Textur des Stoffes erkennen Hess; mit
einer Malerspachtel entfernte ich die Masse von einem
gut erhaltenen 7 Fuss langen männlichen Skelett mit
zwei Reihen weisser Zähne ; weiter nichts. Wir waren
sehr enttäuscht, ersahen aber bald aus den Annalen,
dass dieses Grab in eine Periode fiel, in der häufig die
Leichen zwar mit grossem Prunk in die Kirche ge-
170
bracht, aber dort ohne alles Weitere nur mumien-
artig in Leinwand eingebunden in die Plrde gelegt
wurden, und zwar, wie man mir sagte, gemäss eines
Bibelspruches, nach welchem man das der Erde wieder-
geben soll , was von der Erde kam. Aehnlich ver-
hielt es sich mit den meisten Gräbern dieses Zeitraums,
welche sich unter der Erde und nicht über derselben
in Ilochgräbern befanden. Wir öffneten deren gegen
hundert. Bei der Mehrzahl derselben musste ich den
Maulwurf machen.
Während wir aus vielen Gründen annehmen dürfen,
dass durchschnittlich die Menschen im Mittelalter, wenn
auch stärker, so doch kleiner, als in unseren Tagen
waren, so machte doch das Geschlecht der Ilohen-
zollern sichtlich eine Ausnahme. Die Länge der Ske-
lette, welche ich gemessen habe, war nie unter 61ji
Fuss, aber meistens darüber, selbst jene der Frauen
nicht ausgenommen ; entsprechend stark waren die
Knochen, merkwürdig die Zähne, fast ausnahmslos
regelmässig und blendend weiss.
Eine besondere Angelegenheit war es uns , das
Grab der Gemahlin des Kurfürsten Friedrich I., Elisa-
beth von Bayern, der sogenannten schönen Else, gestor-
ben 13. November 1443. aufzufinden. Da man aus ver-
schiedenen Gründen schliessen musste, dass sich das-
selbe in dem äussersten rechten Seitenschiff befindet,
und da vor dem Altar eine Steinplatte in der Grösse
eines Grabes in den Boden eingelassen war, so sprach
ich mich Stillfried P'eg'enüber aus . dass ich annehmen
könne, die schöne Else ruhe unter jener Steinplatte
und zwar mit den Füssen gegen den Altar, und da
171
verschiedene Zeichen einer Frau fürstlichen Standes
vorhanden sein könnten, wie der Mantel mit der
Pelzverbrämung- (Kleinspalt), daran an den Enden
des Mantels, in der Gegend der Schultern, eine Agraffe
verbunden mit Spangen oder Schnüren , in denen
möglicherweise die Finger der linken Hand eingelegt
seien u. s. w., so gäbe ich die, wenn auch etwas
gewagte, Hoffnung auf einen glücklichen Fund noch
nicht auf. Stillfried sagte: „Sie sind sehr phantasie-
reich!“ Die Platte wurde aufgehoben und 6 1 /2 Fuss
in die Tiefe gegraben. Da zeigten sich die kaum
noch kenntlichen Spuren eines ehemaligen Sarges,
wohl aus Holz und Eisen bestehend; ich stieg hin-
unter und begann mit aller Vorsicht zuerst den Schutt
von einem weissen Schädel mit weissen Zähnen zu
entfernen; sogleich darunter kam ich auf Finger der
linken Hand. Diese lagen hinter der Binde , die aus
feinen aneinandergehäkelten Silberblechstreifen be-
standen und von einer bis zur anderen Schulter liefen.
An beiden Enden dieser Spangen zeigten sich, wenn
auch zertrümmert, kleine Bouquetchen, bestehend aus
Golddraht mit farbigen Sternchen. Von dem fürst-
lichen Mantel selbst war vor der Hand nichts zu sehen.
Ich war aber sehr überrascht, dass meine allerdings
sehr gewagte, nur auf allgemeiner Erfahrung beruhende,
Behauptung als Wahrheit vor meinen Augen lag. Still-
fried, Aretin , Jarwart und Andere standen am Rand
der Grube. Ich konnte mich nicht enthalten , hinauf-
zurufen: „Meine Phantasie ist Wahrheit!“ Als ich
das S1/^ Fuss lange Skelett bis zu den Füssen frei
gelegt hatte und aus der Tiefe steigen wollte , trat
172
ich unter den Füssen des Skeletts auf einen weichen
Gegenstand, und es wurde mir unheimlich. Ich ver-
liess die Grube. Man holte jene Masse mit Hacken
herauf und entwickelte den Knäuel ; es war ein Rest
der Schleppe des Mantels von dunkelgrünem Sammt
mit weissem Pelz schuppenartig besetzt : gegen Er-
warten noch ein Zeichen des fürstlichen Standes.
Die Gebeine der schönen Else , wie alle jene, welche
wir noch unberührt in der Erde fanden, Hessen wir
in neu gefertigten Holzsärgen wieder an derselben
Stelle versenken. Jarwart fertigte bei dieser Gelegen-
heit vortreffliche Zeichnungen nach hohenzollerischen
Denkmalen für das Stillfried’sche Werk und ich bildete
deren für mein Werk ab. Ausserdem untersuchte
Jarwart mit mir noch manche Sarkophage und Grüfte,
wobei wir ungeachtet der früheren Plünderungen noch
manches Interessante fanden, u. A. in dem Zinnsarg
der Emilie von Sachsen (f 1591), der dritten Gemahlin
des Markgrafen Georg des Frommen , den goldenen
Verlobungs- wie den Trauring.*) Eine der letzten
Arbeiten, welche wir Vornahmen, war die Unter-
suchung der anstossendcn „ Ritterkapelle“. Der Boden
in ihr war aus späterer Zeit einen Fuss hoch
mit Schutt überdeckt, darauf eine Ueberlage von
Steinplatten; beides wurde entfernt, der ursprüngliche
Boden kam zum Vorschein, der durchaus mit Grab-
steinen belegt war, auf denen sich, schwach erhaben
*) Diese Ringe erhielt König Max 11., der sie seinem Oheim,
dem Könige Friedrich Wilhelm IV. von l'reussen, übergab. Sie
sind abgebildet in der 2. Auflage meiner Trachten etc. Hd. VIII.
Tafel 563.
oder nur in Umrissen eingehauen, die Wappen der
darunter ruhenden Ritter zeigten. Diese Grabsteine
waren in Bezug auf Genealogie und Heraldik von
hohem Werthe, sie stammten aus dem 13. bis in den
Anfang des 15. Jahrhunderts. Es war jene Zeit, in
der die Heraldik noch nicht, wie später, in das Or-
namentale überging, sondern, wo sie vom Ritter bei
dem Kampfe zum Schutze und als nöthiges Erken-
nungszeichen getragen wurde ; der dreieckige Schild
schief stehend , wie er am linken Arm getragen wurde,
darüber der topfartige Helm (Heaume), der über die
Beckenhaube (Bassinet) gesetzt wurde, darauf die
Helmdecke, ursprünglich nur um g'egen Sonnenhitze
zu schützen, und auf dieser die hohe Helmzierde.
Die Gebeine , die wir unter den Grabplatten
fanden , waren ohne jede Beigabe. In den letzten
Abendstunden zeichnete ich mehrere dieser Grabsteine
für meine Zwecke, soweit es noch das Tageslicht
und meine erschöpften Kräfte zuliessen.
Am 27. September war unsere Arbeit abge-
schlossen, und das darüber aufgenommene Protokoll
wurde von den anwesenden Zeugen Stillfried, Aretin,
mir, wie vom Pfarrer Muck und dem Landrichter
Förster unterschrieben.
Für die Geschichte der Architektur mag Folgen-
des von Werth sein. Der Haupt- und Mittelbau der
Kirche ist, wie bekannt, in romanischem Stil, das
südliche Seitenschiff, ein späterer Anbau, ist mit grossem
Verständniss in gothischem Stil durchgeführt. Eine
*) In Bezug auf Grabplatten der Oettingen und der Hohen-
lohe siehe die 2. Auflage meines Werkes Bd. 111. Tafel 155.
174
Säulenreihe trennt es vom Mittelbau, wodurch eine
Abwechslung in der Geschmacksrichtung oder Stilart
entsteht, ohne dass Eines das Andere beeinträchtigt.
Damals war die Meinung verbreitet, dass König
Max II. schon vor unseren Untersuchungen durch den
cj
Oberbaurath von Gärtner die fehlenden oder unpassen-
den Theile der Münsterkirche wieder stilgerecht her-
stellen lassen wolle. Dass dies der Wille und Beschluss
des Königs war, ist richtig; auch war bereits schon
das nördliche Seitenschiff in romanischem Stil fast
vollendet. Aber über den südlichen gothischen Bau,
in welchem wir das Grab der schönen Else und gar
manches Interessante fanden, war schon vom König,
der nur auf Gärtner’s Berichte gehen konnte, das
Todesurtheil unterzeichnet. Gärtner wollte an dessen
Stelle einen neuen romanischen Bau setzen. Ein
Maurerpalier Namens Magd, der mir bei meinen Ar-
beiten mehrmals zur Seite stand und der Gefühl wie Ver-
ständniss für alles Schöne zeigte , wie mir es bei einem
Manne dieser Klasse noch nie vorkam , zog mich in
seiner Feierstunde ins Vertrauen; er zeigte mir, wie
der Oberbaurath verboten hatte, dass die Schäden,
die sich an dem Baue zeigten , nicht ausgebessert
würden , weil er ihn zum Abbruch bestimmt hatte.
Wir sorgten dafür, dass unser Ilülferuf zum König
von Bayern , wie zu jenem von Preussen drang, und
dass das schöne Denkmal deutscher Kunst und Ge-
schichte gerettet wurde.
Wenn Gärtner hier in keinem günstigen Lichte
erscheint, so wird doch jeder, der Kunstverständniss
besitzt, nicht zweifeln, dass er ein bedeutender
175
Architekt und Künstler war. Ich erwähnte schon, wie
selten ein in seiner Richtung tüchtiger Künstler viel-
seitig sein kann. Gärtner hat im romanischen Stil Hervor-
ragendes geleistet ; ist er einmal genöthigt worden,
im gothischen Stil zu arbeiten , so ist es unglücklich
ausgefallen. Was will man aber in dieser Beziehung
über Leo von Klenze, den weltberühmten Architekten
sagen? Ich habe aus seinem eigenen Mund vernommen :
„Die klassische und altgriechische Kunst hat nur allein
Schönheit ; sobald dieselbe aber in den byzantinischen
und romanischen Stil übergeht, ist es mit der Schön-
heit vorbei!“ Ferner hörte ich von ihm bei einer ße-
rathung über die Frauenkirche unter dem Vorsitze
des Herrn Erzbischofs von Scherr sagen: „Die Frauen-
kirche zu München ist ein Bau, wie ihn ein Maurer-
palier aufführen kann.“ Auch wollte Klenze das Re-
sidenztheater, eine Kunstperle Münchens, niederreissen,
was aber auf Befehl König Ludwigs I. nicht geschehen
durfte, wiewohl derselbe kein Freund des Rokoko-
stils war. Schon theilweise ruinirt, Hess es Maxi-
milian II, durch den Architekten Professor Ludwig
Foltz wieder hersteilen. Jedenfalls aber hat Klenze
uns die Antike in ihrer edlen Einfachheit vor Augen
geführt, während bis dahin die missverstandene Antike,
das sogenannte Empire , Mode war. —
Nahe bei der Klosterkirche zu Heilsbronn steht
die sogenannte Primizkapelle aus dem 12. Jahrhundert
in edelstem romanischem Baustil, die leider schon vor
langer Zeit im Privatbesitz zu einer Bierbrauerei um-
gewandelt war. Olfers nahm mich mit in dieselbe,
weil er aus ihr einzelne architektonische Theile für
1/6
das k. Museum in Berlin abformen lassen wollte ; er
hatte zu diesem Zwecke den Formator Rotermundt
aus Nürnberg kommen lassen. Ich konnte dabei be-
hülflich sein , da ich noch leicht beweglich war und
über russige Balken und Bretter in alle Ecken kriechen
konnte, um die schönsten Kapitale, Gesimsornamente
etc. herauszufinden, was ich auch mit Freuden, der
guten Sache wie der Person zulieb , that. Da diese
Kapelle nicht für den Staat zu erwerben war, so
wurde später durch Vermittlung des nachmaligen
Kaisers Friedrich das schöne romanische Portal her-
ausgebrochen und dem germanischen Museum in
Nürnberg geschenkt.
Unsere Geschäfte in Heilsbronn begannen am / . und
dauerten, wie schon gesagt, bis zum 27. September 1853,
dazwischen machten wir vom 1 0. bis zum 1 6. eine Pause ; in
diesem Zeitraum war die Zusammenkunft der deutschen
Geschichts- und Alterthumsforscher zu Nürnberg; wie
im vorhergehenden Jahre, so auch diesmal, unter dem
Vorsitze des Herzogs Johann von Sachsen. Ich fand
auch bei dieser Versammlung viele alte Freunde und
Bekannte wieder; auch lernte ich damals u. A. kennen,
den nassauischen Archivar Habel, einen eifrigen Alter-
thumsfreund, der durch Ankauf fünf Burgruinen
vor vollständiger Zerstörung gerettet hatte, ferner den
später so berühmten Gustav Freytag , der sich für
meine Arbeiten und Thätigkeit sehr interessirte. Ich
war mit ihm und dem grössten Theil der Festtheil-
nelmier auf der Veste Coburg , da der Herzog Ernst II.
es gerne gesehen hätte, wenn dorthin das ger-
manische Museum gelegt würde.
Da unsere Untersuchungen in Heilsbronn viel Ge-
rede machten, wollten einige die Sache in der Nähe
ansehen ; es waren Generaldirektor von Olfers, Hans
von Aufsess, mein Schwager Karl von Mayenfisch,
Ralf von Retberg, Ferdinand von Quast, Baurath
Döbner , alle diese reisten nach Heilsbronn. Graf
Wilhelm von Württemberg, der nachmalige Herzog
von Urach, der an der Sache so vielen Antheil
nahm, kam erst später nach Nürnberg. Dieser hohe
Herr trat mir auch ferner noch äusserst wohlwollend
entgegen, und es ist für mich eine grosse Freude, dass
auch sein Sohn, der in naher verwandtschaftlicher Be-
ziehung zu dem herzoglichen Hause in Bayern steht, mir
diese Zuneigung bewahrt hat. Ich blieb noch einen
Tag in Nürnberg zurück und hielt daselbst am Schlüsse
der Versammlung einen ausführlichen Vortrag über die
Nothwendigkeit der Gründung, Organisirung und Nutz-
barmachung der Museen , u. A. erwähnte ich dabei
auch die Worte, welche der König am 15. März 1852
zu mir in Bezug darauf gesprochen hatte, denn oft
wirkt ein königliches Wort am allermeisten.
Kurze Zeit darauf, noch während ich mich in
Kloster Heilsbronn befand, erhielten Oberbaurath von
Voit und ich am 23. September 1853 vom Ministerium
den Auftrag, uns nach Nürnberg zu begeben und
zwar ersterer , damit er die alte merkwürdige Kar-
thause, die schon zum Abbruch bestimmt war, unter-
suche und sein Urtheil darüber abgebe, und ich, um
über die Verwendung derselben zu einem Museum,
wie über das dazu vorhandene Material Bericht zu
erstatten.
12
Aufsess hatte nämlich schon die Theilnahme und
das Interesse unseres Königs Maximilian II. tür seine
Sache zu gewinnen gewusst, und rettete dadurch die
Karthause, ein Kleinod der Stadt Nürnberg. Er
konnte auf dem Schlosse seiner Ahnen sein eigener
Herr sein und verschmähte nicht, für eine vater-
ländische Ehrensache, gleich einem Bettler, zu Hoch
und Nieder zu gehen, und musste dabei oft bitteren
Spott und Hohn ertragen; er zeigte, was in Begeister-
ung für eine gute Sache durch Willenskraft, Zähigkeit
und Ausdauer zu erreichen ist.
Bei jenem Kongress in Nürnberg war mein Freund
Dr. Könrad Dietrich Hassler, Studienrath und Landes-
conservator von Württemberg, Sekretär. Dieser legte auf
meine Worte einen grossen Werth, er glaubte später
Grund gefunden zu haben, als Zeuge und Schrift-
führer mir über meinen Vortrag und dessen Folgen
eine Urkunde, in aller Form mit Amtssiegel versehen,
auszustellen, was er unter dem 16. Mai 1864 aus-
führte.
Das Zusammensein mit jenen, meinen lebhaft an-
geregten und gleichgesinnten Freunden in Ileilsbronn
vor den Grabsteinen und den zum Theil noch offenen
Gräbern stellte mir sprechend den Gegensatz von
froher Gegenwart zur Vergangenheit vor Augen.
Blicke ich jetzt auf jene läge zurück, so ist alles
Vergangenheit , denn auch diese meine Freunde, wie
alle jene, die ich damals in Nürnberg zurückgelassen,
deckt bereits längst das Grab. Die Zukunft bestand
damals für mich in Hoffnung und Plänemachen, jetzt
im Alter ist fast alles für mich nur Erinnerung'!
179
XXL Arbeit für das bayerische Nationalmuseum.
Vor meiner Rückreise nach München hatten mich
Stillfried und Jarwart dem Herrn von Aretin gegenüber
zur Vorsicht ermahnt; beide riethen mir in Bezug auf das
früher erwähnte Werk, Kunstdenkmäler des bayer-
ischen Herrscherhauses, mit Aretin einen rechtsgiltigen
Vertrag abzuschliessen. Auch sah sich Stillfried schon
vorher einmal veranlasst, dem dortigen Pfarrer Muck
meinen königlichen Auftrag vorzulegen, um zu zeigen,
dass ich in keiner von Aretin abhängigen Stelle da
sei. Ich nahm mir auch vor, dem guten Rathe zu
folgen, dachte aber, es eilt nicht so sehr, und ging
nochmals mit Aretin auf eine Reise, um Aufnahmen
für die zweite Lieferung zu machen. Leider muss
ich mir dabei selbst das Zeugniss ausstellen, auch hier
nichts weniger als klug gehandelt zu haben, obwohl
mich schon vorher auch Minister von Zwehl , Graf
Pocci und Ministerialrath von Volk zur Vorsicht er-
mahnt hatten.
Ich hatte nur die schöne Arbeit und die interes-
santen Auffindungen im Auge, worüber ich alles
Andere vergass; und das kam in meinem Leben nicht
zum ersten- und nicht zum letztenmale vor.
Als Aretin meinConcept zu einem Vertrage, welches
ich vorlegte, korrigirte, sah ich klar, dass ich bei der
Sache nur ein Handlanger sein sollte, den man nach
Belieben herbeirufen oder hinwegschicken konnte.
Dieses und Aehnliches veranlasste mich, zu erklären,
dass ich an jenem Werk nicht mehr Mitarbeiter sein
könne, jedoch für mich allein stets bereit sei, mit
allen Kräften für ein künftiges Museum das Möglichste
12*
zu thun. Aretin fand noch Leute, die ihm, unter
anderen Verhältnissen, auch gute Arbeit lieferten,
jedoch traf dabei ein, was ich schon aus einfachen
Gründen vorausgesagt hatte. Abgesehen von dem zu
hohem Preis bot der Text des Werkes zu wenig für
die Geschichte Bayerns, wie für die Geschichte im
Allgemeinen, was ich bedauern musste, indem doch
so manches Schöne darin enthalten ist. Es hatte sich
eine Zeit lang besonders dadurch fristen können, dass
dessen Anschaffung den Staatsbehörden befohlen war:
es ist aber mit der 8. Lieferung nach Aretin’s Tode
unvollendet «'eblieben.
c~>
Nachdem ich mich von jenem Werke zurückge-
zogen hatte, trat für mich eine angenehme Periode
ein. Ich machte Reisen, bei welchen ich für das
künftige Museum interessante Gegenstände, besonders
mittelalterliche Grabsteine, auffand, und hatte dabei
noch Zeit, an meinen Werken, die im Gange waren,
zu arbeiten, und für jene, welche ich vorbereitet
hatte , Material zu sammeln. Dabei musste ich aber
doch besorgen, dass der König mein Zurückziehen
von jenem Werke übelnehme, jedoch gab mir Staats-
rath von Pfistermeister die Versicherung, dass dieses
nicht der Fall sei und sich die Majestät vollkommen
in meine Lage denke.
Nachdem nun der König erkannte, dass das
Material für ein Museum ausreichen werde, sprach
er sich für ein solches aus und wies dazu als Interims-
lokal die Herzog-Maxburg an. Aretin, dem bisher
nur sein Werk über die Alterthümer und Kunstdenk-
male des bayerischen Herrscherhauses die 1 lauptsache
181
war, arbeitete und sammelte von da an mit allen
Kräften für jene Anstalt, die vorerst den Namen
Wittelsbacher Museum erhielt, und er ging, da er
eine königliche Vollmacht hatte, oft beim Erwerben
von Kunstgegenständen rücksichtslos zu Werke,
was mitunter grosse Erbitterung erregte. Dagegen
muss ich aber auch bemerken, dass Vorstände von
kleineren Städten, Kirchen, entlegenen Schlössern etc.
oft selbst dazu beitrugen, dass Kunstwerke ruinirt
oder im Stillen durch Händler ins Ausland geschafft
wurden, ohne dass sich irgend eine Stimme dagegen
erhoben hätte.
Zugleich ging ich auf anderen Wegen auf Er-
werbungen für das Museum aus, wobei ich stets Rath
und Stütze bei dem Minister von Zwehl fand; auch
begleitete mich dabei stets ein Glück, über welches
ich selbst jetzt noch staunen muss.
In jene Periode des Sammelns und Arbeitens fällt
auch mein Aufenthalt auf dem reizend gelegenen
Schlosse Thurnau im Jahre 1858, wohin ich einer Ein-
ladung Sr. Erlaucht des Grafen Franz Friedrich Karl
von Giech gefolgt war. Ich fand bei ihm und seiner
Familie die freundlichste Aufnahme, er führte mich in
seine Schlösser Giech, Kröttendorf, Buchau, Feesten
und Wiesenfels, wo ich überall nur Interessantes fand.
Von den dort vorhandenen Gegenständen will ich nur
herausheben eine Sammlung- altvenetianer Gläser und
o
eine prachtvolle Mustersammlung von italienischen ge-
pressten Ledertapeten in Gold und Farben schillernd.
Dann fand ich dort u. A. auch eine wichtige Mittheilung
über die erste Anwendung von flachen Fensterscheiben
182
von ungefähr 6 Zoll Höhe und Breite an Stelle der
Butzenscheiben, ferner Aufzeichnungen von Ausgaben
für Silberarbeiten wie Gehänge, Taschenbeschläge,
Bestecke u. s. w. Höchst werthvoll war für mich ein
Verzeichniss von Kleinodien, die am 25. April 1 (>28
in dem Grabe einer Frau Barbara von Giech in der
Pfarrkirche zu Thurnau vorgefunden worden waren.
Unter den 59 Gegenständen befanden sich ausser
Münzen und Ringen, — unter letzteren ein silberner
Gichtring in Form eines Petschaftringes, — hauptsäch-
lich in Gold und Silber gefasste Halbedelsteine und
dergleichen, die als Amulete gedient haben müssen,
nämlich :
„3 Malagitten*) in Gold gefasst, in Hertzlinform,
3 Chrysolith in Gold gefasst,
1 Augstein Herz in Gold gefasst,
1 Krottenstein in Gold gefasst,
2 Plauerstein**) in Gold gefasst,
1 Elen Klauen in Gold gefasst, darauff ein Crucifix,
1 Weisser Augstein, Herz in Gold gefasst; darauffein
Crucifix,
1 Gulden Täfflein darinnen charactern geschrieben,
1 Otterzunge in Gold gefasst,
1 Luchsklauen in Silber gefasst,
1 Weiss Corallen Zenken in Silber gefasst,
2 Cristalien in der gross einer zimblichen Hasselnuss,
6 Rotte Corallen,
I Sternstein in Gold gefasst,
1 Korallen Hendlin in Gold gefasst."
*) Malachite.
**) Wahrscheinlich lapis lazuli.
Der letzte Gegenstand, wie die anderen Korallen
mag zur Abwendung des „bösen Blicks“ gedient haben,
wie noch heute in Italien, während die dem Thier
reich entnommenen Gegenstände zur Abwendung von
Krankheiten angehängt wurden. Die meisten dieser
Gegenstände wurden, wenn auch nicht von Gold, so
doch von Silber, bei uns bis in die neueste Zeit hinein
als Miederschmuck von der weiblichen Landbevölkerug
getragen.
In demselben Jahre 1 <S5<S theilte mir der Direktor
von Zimmermann mit , er habe in den Kellerräumen
der alten Pinakothek elf Kisten gefunden, gefüllt mit
Kunstschätzen aus dem ehemaligen Elfenbeinkabinet,
welche in Vergessenheit gerathen waren. Er übergab
sie mir für die vereinigten Sammlungen.
Gleich nach dem am 13. November 1841 erfolgten
Tode der Königin Karoline, Wittwe des Königs Maxi-
milian I., wurde der Befehl gegeben, das Elfenbein-
kabinet binnen 24 Stunden zu räumen, da für die
Verwandten des königlichen Hauses, die zur Leichen-
feierlichkeit kamen, in der Ilerzog-Maxburg Logis
geschafft werden musste.
Derjenige, der den Inhalt des Elfenbeinkabinetes
kannte, wie ich ihn noch im Jahre 1831 beisammen
sah, kann sich eine Vorstellung machen, wie dabei
verfahren wurde. Es waren darin nicht nur Elfenbein-
arbeiten der grössten Meister, Statuetten, ganze
Gruppen Haut- und Basreliefs etc., sondern auch
Kunstwerke der verschiedensten Art, indem man früher
alles, was man sonst nirgends unterzubringen wusste,
daselbst in Schränken und Schubladen verschloss.
In diesen erwähnten elf Kisten befanden sich
Kunstwerke von ganz unschätzbarem Werthe, so
z. B. die zwei Pergamentgebetbücher, überreich mit
wunderbaren Miniaturgemälden von I laus Memling
geschmückt, welche Johanna, die Mutter Karls V.,
besessen haben soll. Dieselben gehören zu den grössten
Kostbarkeiten, die München besitzt. Wie mich ältere
Männer Münchens versicherten, waren dieselben in
früherer Zeit unter dreifachem Verschluss und durften
nur in Gegenwart von drei Beamten gezeigt werden.
Ferner befanden sich unter diesen vergessenen Kunst-
schätzen: zwei kleine, oben abgerundete Oelgemälde
von Hans Memling von ausserordentlicher Schönheit,
das eine Christus und Maria, das andere Maria mit
dem Kinde darstellend, dann eine Judith mit dem
Haupte des Holofernes, freistehende Figur in Alabaster
mit der Inschrift auf dem Postament: „Konrad Meit
aus Worms“. Diese Arbeit ist von wunderbarer natur-
alistischer Schönheit. Ich kann annehmen, dass manche
Werke dieses Meisters in Alabaster und Solenhofer Stein
dem Albrecht Dürer zugeschrieben werden. Ferner ein
ovales Emailbild, die Grablegung Christi von Adrian
van der Werff, und ein kleines Oelgemälde, Christus am
Kreuze, auf Holz in Kreuzform, von demselben ehe-
dem so hoch geschätzten Meister; dann bei 50 Email-
bildnisse, meistens fürstliche Personen darstellend, von
grosser Pracht, darunter zwei kleine Bildnisse Lud-
wig XIV. in verschiedenen Lebensaltern von dem
überaus hoch geschätzten Emailmaler Jean Petitot.
Alsdann eine grosse Anzahl von Skulpturen in Elfen-
bein, Buchsbaum, Solenhofer Stein, Marmor, Alabaster,
185
Wachsmodellirungen und vieles Andere, darunter
Meisterwerke ersten Ranges.
In früherer Zeit kamen auch Handzeichnungen,
Skizzen, Kupferstiche der ersten Meisterin das Elfen-
beinkabinet; man hatte sie aber schon vor jener Räum-
ung dem Kupferstich- und Handzeichnungskabinet
übergeben, das sich vor Entstehung der Pinakothek
in der alten Akademie befand. Darauf komme ich später
noch zu sprechen.
Ich knüpfe nun da wieder an, wo ich bei der
Entdeckungsreise mit Aretin stehen blieb. Auf jener
Reise bemerkte ich schon so manches, was mir nicht
gefallen konnte. Ich erkannte immer mehr, wie Aretin
besorgt war, ich könnte bei dieser Gelegenheit auch
etwas für meine Zwecke zeichnen und notiren; das
trat besonders bei dem Grabdenkmal der Agnes
Bernauerin in der Altstadt bei Straubing zu Tage.
Ich hatte ihm gesagt, dass ich schon seit fahren
dieses Denkmal für mein Werk im Auge habe, und
dass ich es auch nicht für jenes bayerische Werk als
geeigneterachte, weil die damit verbundene Geschichte
immer ein schwarzer Punkt bleibe. Dennoch wollte
es Aretin in sein Werk aufnehmen. Ich erbot mich
daher, es in grösserem Massstab für das Aretinische
Werk zu zeichnen und es dann, ein Jahr später , ver-
kleinertin anderer Zusammenstellung in meinem Werke
zu geben. Ersteres war ihm recht, doch Letzteres
gönnte er mir nicht.
In Folge dessen trüb gestimmt, stand ich doch
alsbald in der von Herzog Ernst zur Versöhnung mit
seinem Sohne Albrecht erbauten Kapelle, vor dem
186
Grabdenkmal der Bernauerin, mit ihrem Bildniss in
ganzer Figur. Die Umhüllung des Kopfes das Rissen-
tuch, die Pelzverbrämung des Mantels „Kleinspalt“,
die Ringe an den Fingern, die zwei Hündchen zu
ihren Füssen zeigen den hohen Stand und die Treue
einer vermählten Frau an. Die kurze lateinische Um-
schrift in deutschen Buchstaben lässt zu denken übrig:
„Anno domini MCCCCXXV. VI. die octobris obiit
agties. bernauerin. requiescat in pace.“
In allem erkannte ich , dass der Bildhauer die
Leiche der Unglücklichen vor Augen hatte. Als ein
Strahl der sinkenden Sonne die Geistergestalt streifte,
und ich mit den Linien in ihre Gesichtszüge einging,
dabei die dumpfen Töne einer Kirchenmusik aus der
Ferne vernahm, überfiel mich ein Gefühl tiefster
Melancholie, so dass mich die Thränen mitunter am
Zeichnen hinderten. Viel früher, als verabredet war,
erschien Aretin mit dem Wagen vor der Kapelle, um
mich zur Weiterreise abzuholen, indem er für sicher
annahm, dass ich mit der Zeichnung noch nicht fertig
sein könne; doch zum Glück war sie vollendet, da
ich, A eheliches vermuthend, bis zur Erschöpfung meine
Kräfte zusammengenommen hatte. Aretin staunte
darüber, verglich die Zeichnung mit dem Original und
lobte die Genauigkeit, aber mit einer Miene, welche
nichts Gutes verrieth.
Demungeachtet stellte ich noch eine Reihe von
Abbildungen her, welche theils für die erste, theils
für die folgenden Lieferungen des Werkes von Aretin
bestimmt waren.
Auf einem Theil der zweiten Reise begleitete uns
187
Graf Pocci und machte dabei Beobachtungen, die ihm
auch nicht gefielen; er bedauerte, mich in diese Hände
geliefert zu haben. Aber trotzdem dachte er, wie
auch ich, dass es doch von Wichtigkeit sei, wenn die
Majestät erkenne, wie reich das Bayernland an Kunst-
schätzen ist, welche noch wenig oder gar nicht be-
kannt waren, und dass dadurch jenes Werk, das nur
Bezug auf das bayerische Regentenhaus haben sollte,
zugleich eine Veranlassung zur Gründung eines bayer-
ischen Nationalmuseums werden könne.
Schon in den ersten Tagen, als ich nach München
gekommen, erhielt ich eine Einladung zu einem Stift-
ungsfest der Museumsgesellschaft in der Promenade-
strasse. König Ludwig I. war auch zugegen; alle
Räume waren reich dekorirt, in dem Tanzsaal erblickte
ich zu meinem Entsetzen unter Flitterdekorirung auf
der Brüstung des Orchesters einen der prachtvollsten
burgundischen oder llandrischen Gobelins aus dem
15. Jahrhundert angenagelt; ein Werk an Kunstwerth,
in Zeichnung wie in Kolorit ganz den Arbeiten eines
Jan van Eyck oder eines Hans Memling würdig. Die
Musikanten legten sich mit den Ellenbogen darauf:
zwei der angesehensten Künstler rühmten sich bei mir,
wie sie das alles so schön dekorirt hätten. Mir war
der ganze Abend verdorben; ich dachte: O München,
du Kunststadt! und klagte das meinem Freunde Pocci,
der nachforschte und mich bald darauf in das „Zer-
wirkgewölbe“ (Wildpretkammer) der Ilerzog-Maxburg
führte, wo jenes unschätzbare Kunstwerk unter einem
hohen Haufen von Gobelins , alle von sehr hohem,
wenn auch nicht von gleichem Werthe lag. Wir
188
führten Aretin dahin und zeigten ihm diese Kunst-
schätze, die allein schon zureichten, die Grundlage
eines Museums zu bilden.
Ich zeigte ferner Aretin , wie ich von Berlin aus
ersucht und ermächtigt sei, von historisch oder künst-
lerisch wichtigen Denkmalen in Bayern, für das kgl.
Museum in Berlin Gipsabgüsse hersteilen zu lassen,
wobei stets ein zweiter Abguss für Bayern billig er-
worben werden könne. Dann übergab ich ihm No-
tizen über meine Beobachtungen, die ich in den
Museen zu Wien, Berlin, Dresden und in Kunst-
sammlungen kleinerer Städte gemacht hatte, und eine
Liste verschiedener grösserer wie kleinerer Kunstwerke,
welche noch rechtzeitig für den Staat zu erwerben
seien.
Obgleich Pocci dafür war, dass ich nach Wunsch
des Königs Aretin unterstütze, sagte er doch, dass
ich mit meinen mühsam erworbenen Erfahrungen
Aretin gegenüber unklug gehandelt habe; auch musste
ich dasselbe alsbald vom Minister von Zwehl selbst
hören, welcher der guten Sache wie meiner Person
stets aufrichtig zugethan war.
Diese Geschichte war für mich in der That noch
folgenreich , doch muss ich jetzt hier abbrechen und
auf ein tragisches Ereigniss übergehen.
XXII. Die Cholera.
Mit dem Frühjahr 1854 war in München der Glas-
palast für die erste Industrieausstellung vollendet, bei
welcher auch ich mehrfach in Anspruch genommen
wurde als Ausschussmitglied des „Vereins zur Aus-
bildung der Gewerke“ und auch, weil es sich gerade
traf, dass die erste Auflage meines ersten Werkes:
„Trachten des christlichen Mittelalters etc.“ nach lang-
jähriger, mitunter sehr schwerer, Arbeit als vollendet
im Glaspalaste aufgelegt war, was nicht ohne Gemiiths-
bewegung für mich bleiben konnte.
An einem Morgen der ersten Tage des August
kam der Direktor Heinrich von Hess in mein Atelier
in den vereinigten Sammlungen und sagte, es
gehe das Gerücht, die Cholera sei ausgebrochen ,
sein Freund Staatsrath von Heres habe, wie er ge-
hört, diese Nacht einen Anfall gehabt, er wolle ihn
sogleich besuchen. Darauf dachte ich an die Meinen
und eilte nach Hause. Als ich auf den damaligen
„Dultplatz“ kam, begegnete ich einem Leichenwagen
mit Kondukt und Posaunenschall , darauf sah ich das
Wappen und die Worte „Staatsrath von Heres“. Nach
diesem ersten Todesfall folgten bald nacheinander viele
in rascher Reihenfolge. Am 16. August ergriff mich
selbst die Cholera in optima forma. Mein Hausarzt
Dr. Schanzenbach gab mir kleine Stücke Eis zum
Schlucken und löffelweis Champagner, doch war mein
Zustand so, dass jede Hoffnung für mein Leben auf-
gegeben war, ja ich stand schon auf der Todtenliste,
die gerade in die Druckerei getragen werden sollte.
Des Nachts trat jedoch eine Besserung ein und nach
drei Tao-en war ich ausser Gefahr. Meine arme Frau
o
und mein ältester Sohn Franz hatten mich mit grösster
Hingeburg Tag und Nacht gepflegt, meine beiden
jüngeren Söhne, Emil und Friedrich, schickten wir so-
gleich mit dem Kupferstecher Klipphan, der für mich
arbeitete, in unsere Heimath Aschaffenburg, wo die
Grossmutter noch lebte. Nach 16 Tagen hatte ich
mich soweit erholt, dass ich auch mit Frau und Sohn
nach Aschaffenburg reisen konnte.
Damals war die königliche Familie, die der Cho-
lera wegen München verlassen hatte, in Aschaffen-
burg. Schon am ersten Tag meines dortigen Auf-
enthaltes schickte die Königin Therese ihren I lof-
marschall von Laroche zu mir, mit dem Wunsche, ich
möchte in das Schloss kommen und Mittheilung über
mein Ergehen machen. Da ich aber noch übel aus-
sah, erbat ich mir die Erlaubniss, erst am Tage vor der
Abreise der königlichen Familie erscheinen zu dürfen.
Da kam ich zu dem König Ludwig I., der mich sehr
huldvoll empfing und mir seine Theilnahme aussprach,
darauf zur Königin Therese, welche sich schon vor-
her, als ich noch in München war, nach dem Ver-
lauf meiner Krankheit erkundigt hatte. Sie erschien
mir angegriffen und betrübt, ich musste ihr alle Kleinig-
keiten erklären, die auf die Cholera Bezug hatten;
wenn ich versuchte, von diesem Thema abzulenken,
so kam sie immer wieder darauf zurück. Sie sagte
u. A.: „Ich war so oft in dem schönen Aschaffenburg,
habe mich aber nie so schwer davon trennen können,
wie diesmal.“ Als ich mich verabschiedete und durch
dasselbe Vorzimmer ging, durch das ich herein ge-
kommen war, sah ich eine schwarze Dame vor dem
Ofen stehen, ich sah durch den schwarzen Schleier hin-
durch Augen glänzen und glaubte, sie grüssen zu
müssen. Da sie sich aber nicht bewegte, ging ich weiter.
An demselben Abend besuchte ich die Kasino-
gesellschaft, in welcher ich noch manche Bekannte
aus früherer Zeit antraf. Ich erzählte von meinem
Empfang im Schlosse und auch von der schwarzen
Dame. Ich, wie alle Anwesenden sagten: „Kein ver-
nünftiger Mensch glaubt an die Dame, welche in
Bayern und Oesterrreich schwarz und in Preussen
weiss erscheinen soll ; aber wenn jetzt das Unglück
wollte, dass ein Trauerfall in der königlichen Familie
vorkäme, so würde das dumme Volk aufs Neue fest
an die Mission dieser Dame glauben.“
Des andern Morgens, als die Herrschaften schon
abgereist waren , erfuhr ich in dem Schlosse noch
Folgendes. Als ich hinausgegangen war, ging der
Grossherzog von Hessen durch dasselbe Vorzimmer
zur Königin, wo die ganze Familie beim Thee ver-
sammelt war, und sagte, ohne etwas besonderes da-
bei zu denken : „Da draussen sah ich eine schwarze
Dame, ich habe sie eingeladen, mit hereinzukommen,
sie ist aber verschwunden.“ Der Leibhusar der Kö-
nigin nahm den Grossherzog auf die Seite und sagte,
zitternd und bebend : „Als ich über den Kurfürsten-
gang ging und das Theebrett trug, schwebte die
schwarze Dame an mir vorüber und verschwand in der
Ferne.“
Vierzehn Tage darauf erhielten wir die Nachricht
durch Telegramm : ,,Die Königin ist den 26. Oktober
an der Cholera gestorben“ ; wie ein Blitz ging es durch
alle Köpfe, den meinigen nicht ausgenommen : ,,Die
Königin todt, die schwarze Dame.“
Drei Tage hernach begegnete mir Oskar von
192
Redwitz auf der Strasse, der mich gerade aufsuchen
wollte, um Näheres über jenen Vorfall zu erfahren ;
denn damals interessirte ersieh sehr für solche mystische
Geschichten. Ich führte ihn in die Schlossbibliothek
zum Professor Merkel, holte den Schlossverwalter Noe,*)
der auch die schwarze Dame gesehen hatte und die
Erscheinung furchtbar schauerlich ausmalte.
Da diese Geschichte viel Gerede verursachte,
musste ich sie oft bis zum Ueberdruss erzählen. Dabei
machte ich häufig die Beobachtung, dass, wenn ich
am Schlüsse versuchte, die Sache auf natürliche Weise
als ein wunderliches Zusammentreffen von Umständen
zu erklären, es missliebig aufgenommen wurde. Ich
hatte dabei den Eindruck, als hätte ich über die er-
hitzte Phantasie und das wohlthuende Gruseln kaltes
Wasser gegossen, und machte dabei aufs Neue die
Erfahrung, dass ein grosser Theil der Menschen, und
dabei nicht immer die gewöhnlichsten, wenig oder gar
keinen Sinn für die grossartigen Wunder der Natur
und deren Herrlichkeit besitzt, daher die erbärmliche
Gespenstermacherei, zu welcher der liebe Gott seinen
Namen hergeben soll. Mag man nun die Erscheinung
der schwarzen Dame für irdisch oder überirdisch halten,
so bleibt es doch immerhin sehr auffallend, dass sie
gerade am letzten Abend des Tages, an welchem
die Königin zum letztenmal in Aschaffenburg weilte,
gesehen wurde.
*) Dieser war der Vater des bekannten Schriftstellers Dr.
Heinrich Noe.
— 193 —
XXIII. Ostende und Brügge.
Im Jahre 1856 den 16. August überfiel mich wieder
ein choleraartiges Leiden. Die Aerzte waren rathlos,
indem kein Mittel wirkte, sie verordneten zuletzt das
.Seebad in Ostende. Es reiste um diese Zeit die
Wittwe des ehemaligen Bundestagsgesandten Baron
von Oberkamp mit ihrem geistlichen Sohne ebendahin,
ein braver Diener, der mit seinem früheren Herrn, dem
Baron von Fechenbach, schon öfter die Reise nach
Ostende gemacht hatte , begleitete sie ; Oberkamps
boten sich an , mich unter ihrer Obhut mitzunehmen,
durch welche grosse Freundlichkeit sie meiner guten
Frau schwere Sorgen abnahmen. Wenn auch sehr
schwach, so kam ich doch glücklich in Ostende an.
Hier sah ich zum erstenmal die offene See, die ich bis da-
hin nur durch Beschreibungen kannte und noch vielmehr
durch die Meisterwerke eines Ludolf Bakhuysen,
Simon de Vlieger, des Bonaventura und Jan Peeters,
Willem van de Velde und ähnlicher Künstler. Wel-
chen Eindruck musste mir daher die Natur selbst
machen ! Jede Viertelstunde bot sie mir einen neuen
Reiz. Wenn auch jene Künstler vor 200 Jahren
lebten, hatte ich doch den Eindruck, als ob sie mich
hier noch im Leben umgäben. Eine Dame hohen
Standes , welche zugleich angekommen war , sagte
schon am zweiten Tag , sie könne den Anblick der
See nicht mehr länger ertragen, das Einerlei, nichts
als Wasser und Luft, sei doch zu langweilig ; sie zog
sich in ihre Wohnung zurück und schloss die Fenster.
Dieses nur ein Beispiel von dem Vielen , das ich in
der Art erlebte ; wie müssen wir solche Menschen, bei
13
194
ihrem hohen Stand und vielem Gelde, ihrer Armuth
wegen bedauern !
Der Anblick der See hätte mich nie ermüdet,
jedoch ohne Beschäftigung wäre mir ein längerer Auf-
enthalt daselbst nicht möglich gewesen. In dieser Hin-
sicht war das nahe Brügge (Bruges) ein Glück für
mich ; des Morgens, nachdem ich das Bad genommen,
konnte ich mit dem Bahnzug dahin fahren und des
Abends wieder in Ostende sein.
Brügge bot mir so viel Interessantes wie nicht
leicht eine andere Stadt, es machte mir den Eindruck
eines mittelalterlichen Museums, in welchem alle Zweige
der Kunst vertreten sind. Unter dem Vielen, was
mich daselbst anzog, waren es vor allem die Gemälde
des Hans Memling in dem ehemaligen Kapitelsaal
des St. Johannisspitals, darunter der berühmte Reliquien-
schrein der heiligen Ursula. Die Bemalung desselben
zeigt in mehreren Abtheilungen und reichen Kompo-
sitionen die Legende dieser Heiligen.
Obgleich ich diesen Meister längst kannte und
hoch schätzte, so musste ich mir doch vor letztge-
nanntem Werke sagen : Dieser Meister war ein über-
irdisches Wesen, denn er gab nicht nur die Natur
mit Treue wieder, sondern er malte auch den Genius
derselben, der dem gewöhnlichen Menschen stets ver-
borgen bleibt, — es war ein Seelenmaler. Mit grosser
Freude erfüllte mich, in letzter Zeit zu erfahren, dass
jetzt durch die Forschungen erwiesen ist. dieser grosse
Maler stamme aus Deutschland und zwar aus dem
Gebiete der Kurfürsten von Mainz.
W ie diese Werke der Malerei, so überraschten
195
mich in der Liebfrauenkirche (Notre Dame) andere
der Plastik, so vor allem die Grabdenkmale der Maria
von Burgund (f 1482), der ersten Gemahlin des Erz-
herzogs, späteren Kaisers Maximilian I. , und ihres
Vaters Karls des Kühnen, des letzten Herzogs von
Burgund. Die Erzherzogin ruht auf einem kolossalen
Sarkophag von schwarzem Marmor in Bronceguss mit
dem Haupt auf einem Kissen , in fürstlichem Pracht-
ornate von wunderbarer Schönheit, und bei aller Natur-
wahrheit von idealer Auffassung und technischer
Vollendung. Die Seitenwände des Sarkophags sind
mit reichem plastischem Bildwerk in Bronceguss über-
deckt, das in reichem Ast- und Laubwerk den kaiser-
lichen Stammbaum zeigt, in welchem Engel die vielen
Wappenschilder halten, deren heraldische Färbung
durch Emaillirung, Vergoldung und Versilberung her-
gestellt ist. Der Grund dieser reichhaltigen Orna-
mentik ist durchbrochen und zeigt den schwarzen
Marmor des Sarkophags. Mit Sicherheit kann ich be-
haupten, dass dieses Denkmal zu den vorzüglichsten
gehört, welche existiren. Ich staunte, dass es mir bis
dahin unbekannt geblieben war. Später erfuhr ich,
dass der Meister desselben Pieter de Beckere, ein
Goldschmied und Giesser von Brüssel war, der dieses
eminente Werk in der Zeit von 1495 bis 1502 vollendete.
Wie gesagt wird , hatte dieser wunderbare Meister
schlechten Lohn davon. Obgleich er noch nicht die
bedungene Zahlung erhalten hatte, musste er mit sei-
nem Vermögen das Gold anschaffen, um die Feuer-
vergoldung des grossen Werkes herzustellen, bei wel-
cher er durch die Quecksilberdämpfe seine Gesund-
13*
heit und bald auch sein Leben verlor. Dass der Er-
richter dieses Denkmals Maximilian I. sein muss, ist
zweifellos, obschon in der Beschreibung von Brügge
und Umgebung von James Weale 1864 als solcher
dessen Sohn, der Erzherzog Philipp, angegeben ist,
der bei dem Tode seiner Mutter erst sechs Jahre alt
war. Neben dem Grabdenkmal der Maria von Bur-
gund steht jenes ihres Vaters, Karls des Kühnen, der
in der Schlacht bei Nancy 1477 gefallen ist und dessen
Leiche zuerst dort in der St. Georgenkapelle beigesetzt
war. Sein Urenkel Karl V. Hess sie 1550 nach Brügge
bringen, wo ihm sein Ururenkel Philipp II. im |ahre 1558
dieses Denkmal errichten Hess, das durch den Bildhauer
Jakob Jongelincx 1559 bis 1562 ausgeführt wurde. Dieses
Denkmal ist, in der Hauptform, jenem der Maria von
Burgund ähnlich, doch kommt es ihm an Pracht und
Kunstwerth nicht gleich und hat auch als Porträtfigur
wenig Werth, da es erst über 80 Jahre nach Karl’sTode
gefertigt wurde.
In dieser Kirche bewunderte ich auch die lebens-
grosse Marmorgruppe Maria mit dem Kinde , von
wunderbarer Schönheit, ein Kunstwerk von Michel-
angelo, das Peter Moscron, ein reicher Kaufmann
und Bürger der Stadt Brügge, dorthin gestittet hatte.
Unter den übrigen Kirchen von Brügge, in denen
ich viele interessante Gemälde der niederländischen
Schule aus dem 16. Jahrhundert sah, war es die
Kathedrale (St. Sauveur), die mir einen neuen von
mir bis dahin nicht gesehenen Meister bot, es war
dies Lancelot Blondeei, der von 1520 bis 1561 in itali-
sirendem Stile malte. Ursprünglich Maurer, behielt er
197
die Maurerkelle als Künstlerzeichen bei und fügte
den Schild der Malerzunft an, drei silberne Schilde
in einem grösseren blauen Schilde. In der genannten
Beschreibung von Brügge und Umgebung ist das
Märchen wiederholt, nach welchem dieses das Wappen
sei, welches Maximilian I. dem Albrecht Dürer ver-
liehen habe. Schon vom 13. Jahrhundert an ist das
Wappen der Maler (Schilderer) drei silberne Schildchen,
in Frankreich und in den Niederlanden in einem
grösseren blauen und in Deutschland in einem rothen
Schilde.*)
In dieser Kathedrale sah ich noch manches für
meine Arbeiten höchst Werthvolle u. A. einen Bischof-
stab aus dem 12. Jahrhundert vergoldet, blau emaillirt
mit der Legende der heil. Valeria. **)
Unter den vielen mit Kunstwerken angefüllten
Prachtbauten der Stadt sprach mich besonders das
Palais de Justice an, das ehemalige Rathhaus der „Frei-
heit Brügge“ (le Franc de Bruges, der freien Landbe-
wohner, der buitenpoorters) , und darin der wunder-
schöne Gerichtssaal , (Chambre echevinale) mit den
herrlichen Ilolzskulpturen nach Zeichnungen von Lan-
celot Blondeel durch den Bildhauer Karel Hendrik
Geerts 1850 ausgeführt, darunter freistehend inLebens-
*) Vergl. Lisch, G. C. F. Das Amt und Wappen der Maler
und Glaser und das Künstlerwappen, in den Jahrbüchern des
Vereins für mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde.
XXIII. Jahrgang. Schwerin 1858. 8° Seite 3/7' — 384 und Warnecke.
Friedrich. Das Künstlerwappen. Berlin 18/7. 4°.
**) Trachten, Kunstwerke und Geräthschaften. 2. Aull. Bd. II.
Frankfurt a. M. 1881. Tafel 108.
J
1%
grosse die Standbilder Karl V., Maximilian I., Maria
von Burgund, Ferdinand von Aragonien, Isabella von
Castilien, dabei die Medaillon-Bildnisse der übrigen
kaiserlichen Familie und deren Wappenschilde in Bas-
relief von den geschmackvollsten Ornamenten umgeben.
Auf meiner Heimreise fand ich noch vieles Interes-
sante in Antwerpen, Mecheln, Brüssel und andern
Städten, worauf ich zurückkomme, wenn ich von
meiner späteren Reise in den Niederlanden spreche.
XXIV. Fortschritt in der Museumsangelegenheit.
Nach München zurückgekehrt, fühlte ich mich in
Folge des Seebades sehr gekräftigt, obwohl erst gegen
Neujahr meine Gesundheit wieder vollständig herge-
stellt war. Ich konnte wieder mit Lust arbeiten. Die
erste Auflage meiner Trachten und das Turnierbuch
waren vollendet, der zweite und dritte Band der
„Kunstwerke und Geräthschaften“ beschäftigten mich
noch, andere Werke bereitete ich vor. Dabei machte
ich auch mit Glück manche AuHinduimen und Er-
Werbungen für das künftige Museum.
Der König hatte sich unterdessen schon mehr mit
dem Gedanken, ein Museum zu gründen, beschäftigt,
nachdem er gesehen hatte, wie jetzt schon das Material
dazu herangewachsen war.
Eines Tages kam Graf Bocci in Aufregung zu
mir und machte mir folgende Mitthei hing : „Staats-
rath von Pfistermeister war bei mir und sagte im
Auftrag des Königs, ich solle, als Dein Freund, alles
aufbieten, Dich zu bewegen, dass Du in irgend einer
amtlichen Stellung bei Errichtung und Verwaltung
eines Museums Aretin unterstützest. Darauf erwiderte
ich, was ich schon früher mit Deiner Uebereinstimmung
erklärte, nämlich, dass Du nicht in einer Stellung
neben oder gar unter Aretin arbeiten könntest, aber
stets als selbstständig für die gute Sache Dein
Möglichstes thun würdest. Ich erwähnte dabei noch
melirereGründe, welche diese Erklärung rechtfertigten.“
Obschon mir Pfistermeister versichert hatte , dass
die Majestät nichts übel genommen habe, so war ich
doch noch nicht ganz überzeugt, da hohe Herren es
selten gut aufnehmen, wenn man ihren Wünschen
nicht entspricht.
Bald erhielt ich aber volle Beruhigung. Am
Neujahrstag 1857 wurde ich auf früh 9 Uhr in die
Residenz befohlen, ich stand vor dem König, der
auf das Huldvollste meine Arbeit und meinen Pleiss
lobte und mit den Worten schloss: „Ich bedaure nur,
dass Sie nicht mehr Ihre Kräfte meiner Lieblingsidee
widmen.“ Nun glaubte ich sprechen zu müssen und
begann „Wenn ich nur für die Lieblingsidee Euerer
Majestät direkt, . . .“ da unterbrach mich der König mit
den Worten: „Seien Sie beruhigt, mir ist alles bekannt.
Ich weiss, dass Ich für jetzt nicht mehr von Ihnen
verlangen kann, es freut Mich nur, Ihnen hiermit das
längst verdiente Zeichen Meiner Anerkennung zu über-
reichen“, und dabei übergab er mir den Michaelsorden.
Auch ausserdem erhielt ich von der Majestät noch
manche Beweise besonderer Huld. Unter dem Wort
„Lieblingsidee“ verstand der König aber nicht das
200
künftige Nationalmuseum, denn in Bezug darauf war
er schon mit mir zufrieden, sondern das Werk : „Alter-
thümer und Kunstdenkmale des bayerischen Herrscher-
hauses“, von Aretin.
XXV. Brand des königlichen Hofbaustadels.
In der Nacht des 4. August 1858 ertönte zu
München Feuerlärm, der damalige Hofbaustadel an
der Isar stand in Flammen. Da zu jener Zeit da-
selbst noch keine organisirte Feuerwehr bestand, fühlte
sich ein jeder Staatsbürger verpflichtet:, zu rennen,
retten und löschen ; auch ich blieb nicht zurück, zu-
mal ich schon ötter bei Aehnlichem thätisr war. Als
o
ich dabei nach Kräften half, sauste eine Feuerspritze
heran, auf welcher, zu meinem Staunen, meine zwei
ältesten Söhne sassen. Es erschienen auch sogleich
aus dem nahen Franziskanerkloster Patres et Fratres,
die mit Eifer mich und meine Söhne im Füllen, Pumpen
und Dirigiren der Spritze aufs Kräftigste unterstützten.
Vom Fackelschein beleuchtet bot das ein Bild, das
mir unvergesslich bleibt. Zur höchsten Ueberrasch-
ung erschienen unter dem brennenden Balken- und
Bretterwerk, das mit Hacken hinweggeschleift wurde,
mehrere Theile eines prachtvollen Plafonds und der
dazu gehörigen Wandvertäfelungen , in Gold- und
Farbenpracht schillernd, reich an Ornamentik in Holz-
sculptur, theilweise mit eingesetzten Oelgemälden von
Meisterhand. Sie zierten einst, von der Zeit des Kur-
fürsten Max Emanuel an, Prachtgemächer der Resi-
201
denz, waren aber beim Beginne des Neubaues daselbst
i. J. 1832 von Klenze mit vielen anderen hinausge-
worfen worden, sie sollten vertilgt werden. Gewöhn-
liche Arbeiter erbarmten sich ihrer, bedeckten und
versteckten sie unter dem Baumaterial, und sie wurden ,
wie durch ein Wunder, gerettet. Das darf uns nicht
wundern, es war in derselben Periode, in welcher
der ebenfalls sehr berühmte Schinkel in Berlin, bei
Restaurirung des königlichen Schlosses eine Masse
der unschätzbarsten Gobelins hinausschaffen und per
Stück um 5 Thaler verkaufen Hess. Das lag im Geiste
jener Zeit, dem sich nicht leicht ein Künstler entziehen
konnte. Ich machte sogleich Herrn Minister von Zwehl
Anzeige davon , worauf sie in Verwahr gebracht
wurden bis zur Errichtung des bayerischen National-
museums, wo sie dann später als grosse Prachtwerke
bewundert worden sind..
XXVI. Reise mit glücklichem Erfolg.
Im Jahre 1859 machte ich wieder allein eine
Reise im Interesse des künftigen Nationalmuseums ;
neben manchen vergeblichen Versuchen begleitete
mich auch dabei ungewöhnliches Glück. Zunächst
reiste ich nach Nürnberg und ging daselbst zu dem
Antiquar Pickert, da ich erfahren hatte, dass derselbe
eine vollständige Rüstung für Mann und Pferd aus der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunders, in der Art der
ersten vollständigen Plattenrüstungen, von einem Frei-
herrn von Freyberg stammend, besitze, die auf dem
Schlosse Hohen-Aschau in Oberbayern verschleudert
worden war. Allein die Forderung von 7000 Gulden
dafür war nach damaligen und besonders nach unseren
Verhältnissen so hoch, dass ich sie leider nicht er-
werben konnte; jetzt wäre der Preis von 100 000 Mark
dafür noch ein massiger. Später fand ich diesen
seltenen Ueberrest deutschen Mittelalters in Paris; ich
komme noch darauf zurück.
Alsdann besuchte ich in Nürnberg die noch wenig
bekannte reformirte Kirche, ehemals der heiligen Martha
geweiht, in welcher eine grosse Anzahl höchst interes-
santer Glasgemälde aus dem 14. Jahrhundert in ein-
zelnen nicht grossen Abtheilungen, darauf die Donatoren
betend, mit ihren Wappen dargestellt, sich befanden.
Die Gemeinde wollte nur jene im Chor behalten, da-
gegen die im Fangschiff, besonders wegen der schon
zu sehr verwitterten Bleifassung, veräussern. Ich be-
nahm mich darüber mit dem Vorstand der Gemeinde,
Freiherrn von Buirette, um vielleicht später, wenn
auch nicht sogleich, diese Kunstwerke für den .Staat
zu erwerben; aber auch hier erschien für damalige
Verhältnisse der Preis zu hoch.
Dann begab ich mich auf den wenig besuchten
Rochuskirchhof, der für die Geschichte des bürger-
lichen Lebens von ganz besonderem Werthe ist. Es
ruhen daselbst die Handwerker, darunter auch manche
Künstler, wie Peter Xischer, Lorenz Strauch; alle
Gräber sind, wie auf dem Johanniskirchhof , mit grossen
Steinen bedeckt, darauf in Bronceguss eingelassene
Wappenschilde mit Hausmarken, ITandwerksgeräthen
und sonstigen Attributen. Es ist hier rührend zu
203
sehen, wie Handwerker und deren Familien einen
Stolz in ihre Arbeit und Pflichterfüllung' setzten. Später
Hess ich mehrere dieser Handwerkerattribute für das
Nationalmuseum abformen. Auf diesem Gottesacker
errichtete im Jahre 15 IS die Patricierfamilie der Imhoff
ihre Begräbniss- Kapelle*) , in der sich noch manches
schöne Kunstwerk befindet, wie die Geburt der Jungfrau
Maria und der Tod der Crescentia Pirkheimer, der
Frau des Willibald, auf der sogenannten Di'irer’schen
Stiftungstafel, von Albrecht Dürer oder doch in der
Art desselben, ein Rosenkranzschnitzbild, wohl von
Veit Stoss**), in den Fenstern noch Ueberreste von
prachtvollen Glasgemälden des Veit Ilirsvogel des
Aelteren.
Von Nürnberg fuhr ich nach Würzburg, und dort
wurde mir mitgetheilt, dass in dem Keller des nicht
weit davon gelegenen Schlosses Reichenberg, Eigen-
thum der Freiherren von Wolfskeel, Grabsteine auf-
einander geschichtet liegen. Ich ging dahin, Hess mir
dieselben durch Arbeiter aufrichten, damit ich das
Bildwerk derselben erkennen konnte. Wenn auch aus
der Zeit der späten Renaissance, erschienen sie mir
doch als sehr wichtig für die Geschichte des deutschen
Adels und für die Kostüm- u. Stilkenntniss ihrer Periode.
Diese Grabsteine befanden sich ursprünglich in einer
Begräbnisskapelle, die niedergerissen worden war. Sie
stammten aus den Jahren 1590 bis 1631 und zeigten
*) Vergl. Stegmann, Hans. Die Rochus-Kapelle zu Nürnberg
und ihr künstlerischer Schmuck. Nürnberg 1885. 4°.
**) Stegmann gibt zwar als dessen Meister einen Thomas
Hebendanz an, den aber weder Neudörfer noch Doppelmayr kennen.
204
in erhabenem Bildwerk Männer und Frauen, umgeben
von Inschriften und Wappen, theilvvei.se von beson-
derer Schönheit. Dem in Würzburg lebenden Frei-
herrn von Wolfskeel stellte ich vor, wie diese Denk-
male nicht leicht an einem andern Orte mehr ge-
schätzt und besser zur Ehre der Familie aufbewahrt
werden könnten, als in dem Museum, welchem der
König mit besonderer Liebe zugethan sei. Nach Be-
rathung mit seinen Verwandten machte der Freiherr
in anerkennensvverther Weise diese höchst interessanten
Denkmale der Majestät zum Geschenke.
In Würzburg besuchte ich ferner die alte Deutsch-
ordenskirche, in welcher ich schon im Jahre 1S44
Monumente der Deutschordensritter aufnahm. Dieser
prachtvolle Bau im edelsten gothischen Stil war schon
damals zu einem Magazin des Artillerie-Regimentes ver-
wendet und mit Balken, Palissaden etc. angefüllt. Ich
konnte nur bedauern, dass dadurch schon manche der
unschätzbaren Monumente beschädigt waren. Schon im
Jahre 1844 übergab ich dem dortigen historischen
Vereine meine Abbildung des Priors des Johanniter-
ordens Berthold von Henneberg (*j* 1330), dessen Denk-
mal aus der früher bestandenen Johanniterkirche
dorthin gebracht worden war, und jenes des Ritters
Kunz Haberkorn (f 1421) mit der dringenden Bitte,
das Möglichste zu thun, um diese unschätzbaren
Monumente, acht an der Zahl, zu erhalten und sie
der gebildeten Welt zunfäufdich zu machen; es «re-
Schah aber nichts! Als ich nun nach 16 Jahren wieder
dahin kam, sollte gar diese herrliche Kirche im Innern
verbaut werden. Der dortige freundliche Artillerie-
Hauptmann erklärte mir mit Bedauern, dass ihm
keine Mittel geboten seien, diese Monumente zu er-
halten, um sie aber gegen gänzliche Vertilgung zu
schützen, hätte er sie übermauern lassen, ich käme
zum Glück noch zur rechten Zeit, sie zu retten. Nach-
dem ich durch Telegramm von München die ministerielle
Ermächtigung erhalten hatte, liess ich durch den
dortigen Bildhauer Hehl das Ausbrechen und Trans-
portieren dieser Grabsteine auf die Eisenbahn besorgen.
Aber bald darauf schrieb mir Hehl, ich möge ihn für
alle Zukunft mit ähnlichem Auftrag verschonen, er
sei beinahe gesteinigt worden, weil er diese kostbaren
Schätze der Stadt entführe ; er habe das nicht nur
vom gemeinen Volk, sondern auch von manchen Vor-
nehmen der Stadt hören müssen. Natürlich war ich
dabei der Haupträuber. Hundertmal hätten diese
Kunstschätze an jenem Ort verschwinden können, und
kein Hahn hätte darnach gekräht. Schon vorher und
auch nachher ist mir es an anderen Orten ebenso
ergangen.
Darauf begab ich mich in das nahegelegene
Rimpar, da ich gehört hatte, auf wrelche schmach-
volle Weise bei dem Umbauen und Vergrössern der
dortigen alten Kirche die unschätzbaren Grabmonumente
behandelt wurden. Es waren dort 14 ausgezeichnete
schöne Denkmale mit lebensgrossen Bildnissen von
Männern und Frauen der Familie von Grumbach. die
der Architekt oder Bauinspektor Markart hinauswerfen
und zertrümmern liess, indem er erklärte, dass sie
nicht mehr in seinen schönen neuen Bau passten,
dieser aber w'ar eher einem missglückten Eisenbahn-
206
wartsaal als einer Kirche ähnlich. Ich fand darin das
einzige wieder hineingebrachte oder darin gebliebene
Denkmal des Eberhard von Grumbach (f 1487), Vater
des unglücklichen Wilhelm von Grumbach, ein vor-
treffliches Werk des berühmten Tilmann Riemen-
schneider. Eberhard erscheint darauf in voller Rüstung,
die bedeutendsten Ritterorden seiner Zeit an einer
Kette um den Hals. Nachdem man diese schändliche
Kunstbarbarei ungestört eine Zeitlang hingehen liess,
erhoben sich einige Stimmen dagegen, in Folge dessen
kam von der Regierung der Befehl, dass die Denk-
male aus dem Bauschutt hervorgesucht und wieder in
die Kirche gebracht werden sollten. Es geschah, aber
wie ? Sechs prachtvolle Ritter in Maximiliansrüstungen
sah ich. mehrfach beschädigt, nicht in der Kirche,
sondern in dem offen stehenden Glockenthurm, in
welchem jeden Tag zweimal die Gassenjungen die
Glockenseile anziehen und sich allen Unfug erlauben.
In derselben Kirche hatte ich noch um das Jahr 1847
das schöne Denkmal der Dorothea, Tochter des Wil-
helm von Grumbach, abgezeichnet. *) In den vier
Ecken dieses Grabsteins von grauem Sandstein , be-
fanden sich, wie gewöhnlich, die Wappenschilde
der Ahnen; die Unterschrift lautete: „An. 1560. a.
Andre . Oster tag . verschid . die . Edele . tugentreiche .
Jungfrau Dorothe . von . Grumpach . W. v. G.**) .
eheliche dochter . d . G . g.“ ***) Nun erblickte ich,
*) Trachten, Kunstwerke und Geräthschaften. 2. Aull. Bd. VIII.
Frankfurt 1887. Tafel 573.
**) Wilhelm von Grumpach.
***) Der Gott genade.
207
zu meinem Entsetzen, den Kopf der Jungfrau Doro-
thea auf dem Rumpf einer alten Frau von Grumbach.
Von dem einen Grabstein war der untere Theil,
von dem andern der obere vertilgt.
Solche Rohheit empörte mich aufs Höchste; der
dortig'e Pfarrer, dem ich darüber klagte, sagte, es
sei alles recht schön und habe auch so zu verbleiben ! ?
Jene herrlichen Grabmonumente in der Deutsch-
ordenskirche konnte ich noch für das Nationalmuseum
retten, aber hier konnte ich nichts mehr thun.
Schon auf meinen Untersuchungsreisen mit dem
Jahre 1840 beginnend bis zur neueren Zeit machte
ich oft die traurige Beobachtung, wie wenig Menschen
für die Kunst und das Schöne Sinn besitzen, und
zwar selbst gebildete Kreise, bei denen es doch zum
guten Ton gehört, über Kunst zu sprechen. |a, wie
oft sah ich, dass Freunde der Geschichte und Forscher,
die ihr Wissen nur aus Büchern und Urkunden schöpften,
gleichgültig vor einem Denkmal standen, welches der
Repräsentant einer ganzen Zeitperiode ist, und auf
welchem eine Persönlichkeit gewissermassen wie aus
ihrem Jahrhundert heraufgestiegen vor unseren Augen
steht. Wie oft hörte ich Hochadelige mit Vorliebe
über ihre Ahnen, ihren Stammbaum und ihre Wappen
sprechen, während sie nicht ein kleines Opfer bringen
wollten, um ein Denkmal ihrer Familie zu retten !
Bis zur neueren Zeit kamen Ahnengallerien auf den
Tändelmarkt !
Nach diesen traurigen Beobachtungen in Rimpar
begab ich mich wieder nach Würzburg, wo ich noch
manche interessante Erwerbungen für das Museum
machte, davon erwähne ich nur folgendes. Schon
208
einige Jahre früher wurde die dortige Marienkapelle,
ein Prachtwerk der Späthgothik ersten Ranges,
restaurirt. Nach meiner Ansicht ist man dabei öfter
zu weit gegangen. Der Bildhauer oder Steinmetz
hatte nämlich Theile des Baues , die noch nicht zu
sehr durch Zeit und Verwitterung gelitten, ausge-
wechselt, d. h. durch neue ersetzt; von diesen ausge-
wechselten Theilen konnte ich eine grosse Anzahl
erwerben, wie Fialen, Krappen, Giebel und Kreuz-
blumen, Masswerke, Gesimstheile, Wimberge etc. Sie
bildeten im Nationalmuseum eine Separatsammlung
sehr lehrreicher Modelle besonders für Architekten.
Von Würzburg fuhr ich nach Gössenheim, nahe
bei Gemünden. Diese beiden Orte sind von besonderem
Interesse und zwar geschichtlich wie malerisch wegen
des Mainstroms und der Burgen auf den Bergen. Bei
Gössenheim befinden sich die Ruinen zweier grosser
Burgen , die sich über zwei Berge hinzogen und sich
vereinigten, wodurch sie eine grosse Burg bildeten;
es war die Hohenburg später Ilomburg ; man erkennt
noch , dass sie von grosser Stärke und Schönheit war.
Auch hier sah ich wieder, dass Krieg und Zeit lange
nicht soviel vertilgten , als der Zerstörungstrieb der
Menschen späterer Zeit : auch hier überliess man die
Burg, aus der nur das Holzwerk herausgebrannt war,
den Bauersleuten als Steinbruch. Es befand sich noch
bis in unser Jahrhundert in der Ruine vollkommen
erhalten die schöne gothische Burgkapelle. Wie man
mir sagte, sollte der frühere Pfarrer von Gössenheim,
in Folge eines Vermächtnisses, alle Sonntage in jener
Kapelle eine Messe lesen ; da ihm das zu lästig
— 209 —
wurde, erklärte man die Kapelle als baufällig, obgleich
sie noch so felsenfest war, dass man sie theilweise
mit Pulver sprengen musste. In dieser Kapelle standen
mehrere höchst interessante Grabsteine der ehemaligen
Burgbesitzer; später wurden vier derselben von dem
Berg herabgeschleift, und lagen lange im Freien, bis
sie ein Landmann und Tünchermeister, ganz nahe bei
der Kirche als Rückwand für seine Ställe verwendete.
Ich hatte sie schon b Jahre vorher dort gesehen. Drei
dieser Grabsteine zeigen in Lebensgrösse, stark er-
haben, die Gestalten der Ritter in vollem Waffen-
schmuck auf Löwen stehend, nämlich: Heinricus de
Bickenbach f 1403, Conradus de Bickenbach f 1429,
Dieter de Hochberg f 1381. Der vierte Grabstein
in derselben Grösse enthält nur das Wappen des letzt-
genannten Llochberg und hatte ursprünglich die
Bestimmung, die (Trabstelle auf dem Boden zu be-
zeichnen ; derselbe ist besonders für die Geschichte
und Entstehung der Heraldik von Bedeutung, er zeigt
nur Schild, Hehn und Helmzierde, wie sie der Ritter
in Wirklichkeit trug, nebst der Inschrift: „anno dom.
MCCCLXXXI in die feria quarta post gangolti *)
obiit dominus dieter bohenberg cujus anima requiescat
in pace amen.“**) I )er Besitzer, den Pfarrer Jörg kommen
Hess, gab die Steine sogleich unentgeltlich ab, als
er hörte, für welchen Zweck sie bestimmt seien, und
stellte nur die so billige Bedingung, dass ihm seine
Mauer wieder hergestellt werde. Als ich ihm 8 blanke
*) 15. Mai.
**) Trachten, Kunstwerke und Gerätschaften. 2. Aufl. Bd. III.
Frankfurt 1882. Tafel 210.
14
210
bayerische Geschichtsthaler als Andenken an unseren
König gab, war seine ganze Familie sehr erfreut.
Diese Monumente gehören jetzt zu den interessantesten
Sculpturen des Nationalmuseums. In der Maingegend
machte ich noch manche erfreuliche Erwerbung für
das Museum und nebenbei Studien für mich, wobei
mir Herr Landrichter Treppner und I Ierr Rentamtmann
Kühlmann in Gemünden sehr behilflich waren.
Da mir bis dahin bei dieser Forsclmngs- und
Erwerbungsreise das Glück so günstig war, gedachte
ich auf meiner Rückreise über Bamberg das zu
versuchen, was bisher Manche schon versucht hatten,
aber noch keinem gelungen war.
Es wohnte in Bamberg Martin von Reider, Zeichen-
lehrer an der dortigen Gewerbeschule, ein höchst
origineller Mann, den ich schon in meiner Jugend
kannte. Er besass ein von seinen Eltern stammendes
Haus, dem Theater gegenüber, schmal und hoch,
weshalb man es das Handtuch nannte. Seine Liebe
zur Kunst und allem Schönen war bei ihm, dem
Hochbetagäen, in Sammelmanie übergegangen. Schon
bald nach Aufhebung der Klöster und Abteien, in
der Periode, in der so viele Kunstschätze verschleudert
wurden, hatte er zu sammeln begonnen. Sein Haus
war bis unter das Dach mit Kunstschätzen und Alter-
thümern angefüllt ; er hatte aber auch noch Vieles,
darunter kolossale Gemälde und Sculpturen in Speichern
und Scheunen der Stadt untergebracht. Er ging wie
ein armer Mann gekleidet, versetzte öfter seine
Kleider und sonstige Habe , nur um wieder ein Kunst-
werk anzuschaffen, und lebte mit seiner alten Haus-
211
hälterin, einem Erbstück seiner Eltern, und einem
schwarzen Kater, wie kaum zu glauben ist, täglich
für 18 Kreuzer. Vergebens versuchten Händler und
Kunstfreunde, ihm etwas abzukaufen, denn er ge-
dachte, seinen Besitz seiner Geburtsstadt Bamberg,
der er mit Liebe zugethan war, zu vermachen. Schon
früher klagte er mir, dass man ihn und seinen Besitz
nicht zu schätzen wisse, ihn oft einen alten Hansdampf
und Aehnliches nenne; u. A. erzählte er mir, dass
er einmal dem historischen Verein mehrere gute Ge-
mälde aus verschiedenen Perioden zum Vergleich und
Studium überschickt habe, worauf man ihm hatte
sagen lassen, wenn er seinen Trödel nicht bald wieder
abholen lasse , so würde man denselben auf die Gasse
legen. Ich stellte Reider vor, wie kümmerlich er
lebe, und nicht wisse, was einmal mit seinen mühe-
sam gesammelten Schätzen geschehe ; wenn er sie aber
jetzt noch zur rechten Zeit an den Staat abtrete, so
könne er nach München ziehen und daselbst die
Schätze, die er sein Leben hindurch gesammelt, ferner
sorgenfrei gemessen und das Bewusstsein haben , sein
Leben lang für einen wichtigen, nützlichen und nationalen
Zweck gelebt und gewirkt zu haben. Das alles sah
er wohl vollständig ein , aber der Gedanke , sich von
dem Besitz, der mit seinem ganzen Sein verwachsen
war, trennen zu sollen, erschien ihm unerträglich.
Doch endlich siegte die Vernunft bei ihm. Ich ver-
langte, dass er seine Forderung stelle, und er forderte
eine Leibrente von jährlich 1500 Gulden. Ich liess
mir das Versprechen geben , dass er dabei bleibe,
wenn ich die höchste Genehmigung dazu erhalte. Der
14*
212
Minister von Zwehl vernahm das Ergebniss meiner
Verhandlung mit grossem Wohlgefallen und ertheilte
mir die nöthige Vollmacht, das Geschäft abzuschliessen.
Als ich aber wieder in Hamberg erschien und Reider
den Vertrag mit den Worten vorlegte : „Unterschreiben
Sie, dann wird morgen die Uebernahme Ihres Kunst-
besitzes beginnen“, gerieth er in Zittern und Beben,
sowohl aus Freude, ein sorgenfreies Alter vor sich
zu sehen, als auch aus Schmerz, sich von seinem Besitz
trennen zu müssen. Er konnte sich nicht entschliessen
und versuchte nur noch Aufschub zu gewinnen , indem
er seine Sachen erst ordnen und das Inventar vollenden
wolle, woran er aber schon 60 fahre arbeitete, ohne
etwas zu stände zu bringen. Ich sagte mit Ernst :
„fetzt oder nie“; so oft ich gehen wollte, hielt er
mich wieder fest. Da ich aber doch Rücksicht auf
den alten, wunderlichen Mann nehmen musste, ertrug
ich durch dessen Unentschlossenheit des Vor- wie
des Nachmittags bis zum Abend peinliche Stunden.
Endlich unterschrieb er. Man muss sich dabei in di<?
Lage und Gefühle eines alten Mannes denken, welchem
der Abschluss eines solchen Vertrages denselben Ein-
druck wie der Abschied vom Leben machte. Darauf
erklärte ich; „Seine Majestät hat in Anbetracht, dass
Sie, zum Zweck einer guten Sache, bis in Ihr Alter
Opfer gebracht und aus Liebe zu ihrem Vaterland
Ihre Kunstschätze nicht ins Ausland gegeben, sich
bewogen gefühlt, Ihnen das Ritterkreuz des heiligen
Michael I. Klasse zu verleihen.“ Das hat seine Wirkung
nicht verfehlt : Reider war zu Thränen gerührt. Auf
ein Telegramm nach München erschien Aretin mit
213
dem Notar und Sekretär. Ich erhielt zugleich vom
Kultusminister ein höchst huldvolles Anerkennungs-
schreiben.
Es begann nun die Uebergabe zuerst in der
Reider’schen Wohnung. Es wurden Kisten aufge-
stellt; einen jeden Gegenstand, der verpackt wurde,
gab ich eine Nummer als vorläufiges Inventar. Obgleich
Reider über das ganze Geschäft vergnügt war. ging
ihm doch bei der Uebergabe eines jeden Gegenstandes
aufs Neue ein Stich durch das Herz, er wollte die
Sache noch immer etwas aufhalten und Erklärungen
dazu geben. Ich war schon an Geduld gewöhnt , nicht
so Aretin , der dabei öfter aufbrauste , ich musste mich
in die Umständlichkeit des Einen, wie in die Erreg-
barkeit des Andern finden. Bei dieser Uebergabe
kamen manigfach wunderliche Dinge vor, so z. B.
öffnete Reider aus dem Münzschrein ein Schublädchen,
ganz mit fürstlich bambergischen Dukaten belegt, alle
von gleichem Gepräge, die er aus Anhänglichkeit
an seine Vaterstadt nie ausgegeben hatte. Ich erklärte
ihm , dass dieses nicht zur Kunstsammlung , sondern
zu seinem Vermögen gehöre, und ich nur ein Exemplar
für unsere Münzsammlung herausnehme. Darauf zog
er wieder ein Schublädchen heraus, ganz belegt mit
Bamberger 24 Kreuzer-Stücken von gleichem Ge-
präge, und es wiederholte sich dieselbe Scene. Er
schob sie mit aller Gemiithsruhe wieder hinein. Das
war derselbe Mann, der sein ganzes Leben bis da-
hin in Noth zugebracht hatte ! Nach acht Tagen
musste eine Pause eintreten, denn die Sammlung war
so reichhaltig, dass vorerst ein grosser Transport nach
214
München geschafft und in der Herzogmaxburg unter-
gebracht werden musste. Als ich wieder nach Bamberg
reiste, wohin Aretin nachkam, begann die Uebernahme
von dem, was Beider an verschiedenen Orten ausser-
halb seines Hauses untergebracht hatte. Es waren
hauptsächlich kolossale Gegenstände : einzelne gothische
Bautheile, eine reich geschnitzte Kanzel, grosse
byzantinische Crucifixe, Altargemälde etc.
Hinter dem Dom befindet sich ein Hol mit einer
grossen Scheune, die mit Alterthümern Reider’s ange-
füllt war. In Erwartung, dass derselbe den Schlüssel
dazu bringe, sass ich in Geduld auf einem I lolzklotz,
und Aretin ging in Ungeduld mit kleinen Schrittchen
rasch auf und ab. Es war am 4. Juni 1860. Da kam
ein Telegramm an Aretin, das ihn in Schrecken ver-
setzte. Auf meine Frage brachte er nur heraus:
„Donnerwetter eingeschlagen. Museum.“ Ich gerieth
auch in Schrecken und dachte, die Herzogmaxburg
stehe in Flammen ; doch stellte es sich anders heraus.
Es waren nur die Fenster vom Wind eingeschlagen,
eine grosse Meissener Vase und einige Kleinigkeiten
zertrümmert worden. Ich erhielt auch bald zur Be-
ruhigung ein Schreiben meiner Frau aus München.
Den Meinigen war kein Unfall begegnet, nur die
Fenster in unserer Wohnung waren zertrümmert und
die Stubenböden mit Wasser überströmt : im englischen
Garten wurden die grössten Tannen und Linden nicht
nur einzeln, sondern in ganzen Gruppen mit ihren
kolossalen Wurzeln aus dem Boden gerissen u. s. w.
Aretin reiste sogleich ab und überliess mir,
allein die Arbeit zu besorgen, die noch 8 Tage in
215
Anspruch nahm und für mich sehr anstrengend und
abspannend war.
Reider zog nach München, wo er noch einen
Bruder, der Polizeirath gewesen war, besass, lebte
dort ganz vergnügt, besuchte Vereine, Kunstanstalten etc.,
bis er am 5. Februar 1862 sanft verschied. Die beiden
Reider hörten öfter von dem hohen Werthe der
Sammlung, blieben aber doch zufrieden. Ja, der
Bruder Reider’s sagte mir bei einer Gelegenheit :
„Mag der Besitz meines Bruders noch so werthvoll
sein , so bleiben wir Ihnen doch stets zu grossem
Danke verpflichtet, denn mein Bruder hätte mit seinen
Schätzen bis an sein Ende in Sorgen und Noth ge-
lebt, jetzt ist er sorgenfrei.“ Das gereichte mir zur
Beruhigung. Reider erhielt, was er verlangte, hätte
ich um die Summe gehandelt, so würde ich mir ein
Gewissen daraus machen, denn den Werth jenes Be-
sitzes kann man nach jetzigen Verhältnissen, ohne
eine jede Uebertreibung, auf vier Millionen Mark
schätzen ; dem Staat kam sie auf ungefähr 3000 Gulden.
Aus der grossen Masse der Reider’schen Samm-
lung will ich nur Folgendes hervorheben, indem es
von besonderem Werth für das Studium der Geschichte
ist. Ein Kästchen , wohl für Schmuck bestimmt , aus
früh- oder vor-karolingischer Periode in quadratischer
Form von Elfenbein, durchaus in reicher Ornamentik
geschnitzt mit vergoldeten Broncebeschlägen, im
Charakter der Fibeln des /. und 8. Jahrhunderts. Es
gehört zu dem Merkwürdigsten, was irgend ein
Museum besitzt.
216
Eine Pergamentschrift in goldenen Buchstaben
sie ist eine Verherrlichung des Kaisers Maximilian I.
als Sieger und Herr über ganz Italien, verfasst von
dem Römer Marcellius Polonius. Auf dem ersten
Blatt erscheint Maximilian auf einem weissen Pferde
in Kaisertracht der alten Römer, davor eine weibliche
Figur knieend: „Italia supplex“, das Ganze in einer
Randverzierung mit Blumen, Kleinodien, Edelsteinen
etc. Dem gegenüber zeigt das zweite Blatt den Titel
mit der Schrift in ähnlicher Randfassung. Das besonders
Merkwürdige dieses Manuscripts besteht aber darin,
dass diese Prachtarbeit dem Kaiser überreicht werden
sollte, wenn er als Sieger in Italien einziehe, was
aber nie der Fall war, da durch Meuterei in seinem
Heere sich der Kaiser im Jahre 1516 aus Italien
zurückzog und er einen zweiten Feldzug nicht unter-
nahm: bekanntlich starb er schon am 12. Januar 1519.
Das kolossale Altargfemälde mit Thürllügreln aus
der ehemaligen Franziskanerkirche in Bamberg, Christus
am Kreuz mit Umgebung darstellend, mit der Jahr-
zahl 1410, ein grossartiges Werk der mittelfränkischen
Schule, besonders für die deutsche Kunstgeschichte
von unschätzbarem Werthe. Eine Sammlung von
höchst werthvollen Tempera- und Oelgemälden aus
dem Anfang des 14. bis in das 16. Jahrhundert.
Eine Anzahl prachtvoller Elfenbein-Basreliefs aus
dem 11. und 12. Jahrhundert, ferner Originalmodelle
alter Dombaumeister in Alabaster für Strebepfeiler
und Gewölbeansätze und Holzmodelle für Decken-
und Netzgewölbe aus dem 14. und 15. Jahrhundert.
Architektonische Entwürfe von der Hand des Roritzer,
Baumeisters des Domes zu Regensburg. Unter den
217
Holzmodellen befand sich auch das der am 26. Februar
17H4 durch Hochwasser weggerissenen Seesbrücke in
Bamberg, die unter dem Fürstbischof Johann Philipp
Anton von Frankenstein i. J. 1752 erbaut worden war.
Eine Menge prachtvoller Miniaturgemälde auf
Pergament aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Das
Bildniss des Karl Lothar von Schönborn, Fürstbischofs
von Würzburg und Bamberg, Stifters des Schlosses
und der vortrefflichen Gemälde-Gallerie zu Pommers-
felden, ein Meisterwerk der Miniaturmalerei auf Elfen-
bein, in Etui aus Fischhaut mit Silber beschlagen.
Mehrere prachtvolle gewirkte Teppiche mit reichen
Darstellungen aus dem 15. und 16. Jahrhundert,
interessante Messgewänder aus dem 14. bis in das 16.
Jahrhundert.
Ausser noch so vielem Unschätzbaren befand
sich dabei auch eine reichhaltige Bibliothek, ent-
haltend Missale, Chroniken, seltene Holzschnitt- und
Kupferwerke, Bücher über Baukunst, darunter das
Werk des Wendel Dietterlin aus Strassburg etc. Sie
bildet die Hauptgrundlage der jetzt so bedeutenden
Bibliothek des Nationalmuseums, zu welcher König
Ludwig II. in der edelsten Absicht die Bibliothek des
Baron von Aretin ankaufte. Ich erwähnte hier nur
jene Gegenstände, von denen ich annehmen muss,
dass sie für Geschichts- und Kunstforscher von be-
sonderem Werthe sind.
Am 1. März 1862 hielt ich dem Martin von Reider
eine Gedenkrede (Nekrolog), welche in dem XXI Yr.
und XXV. Jahresbericht des historischen Vereins für
Oberbayern 1864 erschienen ist.
218
XXVII. Zeichnungen von Dürer in Bamberg.
Schon vor langer Zeit hatte mir eine Sammlung
von Handzeichnungen Albrecht Di'irer’s im Kopfe
gelegen, die seiner Zeit der bekannte Kunsthistoriker
Joseph Heller der Bibliothek seiner Vaterstadt Bam-
berg vermachte. Diese besteht in Bildnissen berühmter
wie unbekannter Männer und Frauen, welche Dürer
auf seiner Reise in die Niederlande mit der Kohle
nach dem Leben „gerissen“ haben soll; niemand hatte
die Originalität derselben bezweifelt. Ich hatte vor,
sie in Photographie , welche damals noch nicht lange
bekannt war, zu veröffentlichen, und ging wieder
nach Bamberg, um die Erlaubniss dazu vom Magistrat
einzuholen. Trotz eines Schreibens des Ministers von
Zwehl, in welchem er die Gewährung meiner Bitte
besonders anempfahl, schlug man mir dieselbe ab.
und zwar aus dem Grunde, weil ich der Stadt die
herrliche Reider’sche Sammlung entführt hätte. (!?)
Ich war so ungeschickt, mir dies zu Herzen zu nehmen :
doch das launige Glück hatte es diesmal mit mir so
gut gemeint. Als ich später nach Wien kam, hat
mich Dr. Thausing, welcher als besonderer Kenner
die grösste Handzeichnungsammlung von Dürer in der
„Albertina“ unter sich hatte, gründlich überzeugt, dass
jene Zeichnungen in Bamberg nicht von Dürer’s Hand
stammen. Als ich sie darauf wieder mit anderen
Augen anschaute , konnte ich nicht begreifen , wie
ich mich so sehr irren konnte ; es ärgerte mich um
so mehr, als ich auf das (Jrtheil der damaligen söge
nannten Kenner, an deren Spitze Heller, mehr ver-
traute, als auf mein eigenes, während es doch schon
219
in der Jugend mein Grundsatz war, mich durch kein
fremdes Urtheil irre machen zu lassen, sondern vor
Allem ohne Beeinflussung mein eignes zu prüfen.
Der Magistrat von Bamberg wollte mich strafen
und hat mir eine grosse Wohlthat erzeigt, denn hätte
ich jene Zeichnungen als Originale veröffentlicht, so
hätte ich mich blamirt; später hat sie mit anderen
Zeichnungen der Kunsthändler Soldan in Nürnberg,
bei Gelegenheit des 400jährigen Dürer-Jubiläums, in
Photolithographie herausgegeben. Bei jenen Zeich-
nungen befindet sich auch ein Original von Dürer, der
Flügel eines Eisvogels in Aquarell ausgeführt, man
sieht daran, was ein grosser Meister auch im Kleinen
vermag.
XXVIII. Die Frauenkirche in München.
Wer sich vor dem Jahre 1860 in München auf-
hielt, dem ist wohl die Frauenkirche vor ihrer Restau-
ration in Erinnerung. Um jene Zeit beschloss der
Erzbischof von München-Freising, Herr von Scherr,
das Innere dieser Kirche in seiner ursprünglichen Ge-
stalt wieder hersteilen zu lassen , was stets eine be-
denkliche Sache ist, indem das später Geschaffene
häufig auch seine Berechtigung hat, und das Ursprüng-
liche im Geiste einer andern Zeit nicht leicht wieder
ins Leben gerufen werden kann.
Zur Berathung darüber wurde ein grosses Konnte
ernannt, welches vorzüglich aus Geistlichen und
Magistratspersonen bestand; auch ich wurde dazu
berufen. Die Berathungen wurden im erzbischöflichen
220
Palais unter dem Vorsitz des Erzbischofs abgehalten.
Da wegen der verschiedenartigen Zusammensetzung
dieses Komites kein endgültiger Beschluss zustande
kam, ernannte man nebenbei noch ein kleineres, soge-
nanntes Kunst-Komite, aus 6 Mitgliedern bestehend ;
auch dazu wurde ich gewählt. Dasselbe kam im
Hause des Grafen Pocci zusammen und war alsbald
in allen Punkten einig. Wir glaubten sicher, dass
unsere Beschlüsse unwiederrullich angenommen würden,
statt dessen wurden die einzelnen Punkte derselben
zur Abstimmung dem gröseren Rathe , dessen Mehr-
zahl von der Sache wenig oder gar nichts verstand,
zur Abstimmung vorgelegt. Man kann sich wohl
denken, was dabei herauskam. Wir waren brave
Leute und brummten nicht, wenigstens nicht laut,
weil der Herr Erzbischof an der Spitze stand.
Dazu kam noch, dass der Architekt, welchem
die Restauration übertragen war, weder nach den
Beschlüssen des grösseren noch des kleineren Rathes
viel fragte, sondern alles entfernte, was nach seiner
Ansicht nicht zur Gothik des 15. Jahrhunderts passte,
und es durch Werke ersetzte, welche er im Geiste
jener Zeit geschaffen glaubte.
Dass dabei auch manches Gute entstand, ist
richtig ; so z. B. der Hochaltar mit der Himmelfahrt
der Jungfrau Maria von Joseph Knabl in Holzsculptur,
als Mittelbild des reichen gothischen Aufbaues von
Matthias Berger, ferner die Altarbilder von Moriz
von Schwind. Aber von dem vielen Unersetzlichen,
das vertilgt wurde, will ich nur einiges nennen.
221
Die Frauenkirche gehört zu jener Art von Domen,
deren gewöhnliche Strebepfeiler zum Tragen der
Kreuz- und Netzgewölbe nicht nach aussen, sondern
nach Innen gestellt sind, wodurch eine Reihe von
Seitenkapellen gebildet wird, in denselben sind Altäre,
an denen an verschiedenen Tagen im Jahr Messe
gelesen wird. Diese Kapellen waren Eigenthum ver-
schiedener adeliger Familien, deren Begräbnisse, Grab-
denkmale, Gedenktafeln, Wappen etc. sich darin be-
fanden.
Die Kapelle der gräflichen Familie von Preysing,
in der Nähe des Chores, gegen Norden gelegen,
zeigte während der Restauration bei Entfernung einer
früheren, unsinnigen Uebertünchung eine durchgehende
Wandmalerei; es waren einzelne Votivbilder der
Preysing sichtbar, Ritter meistens in Harnisch und
Frauen mit ihren Patronen, knieend, betend, fast
alle auf Goldgrund. Sogar die schmalen Flächen der
Pfeiler, welche dem Schiff der Kirche zugewendet
sind, waren bemalt; auf einem derselben sah ich noch
einen Preysing knieend mit blossem Haupte, über
dem Harnisch einen langen vorne offenen Aermel mit
den baverischen Wecken. Ich erkannte aus den
Trachten und Waffen dieser Preysing, dass sie ihrer
Mehrzahl nach, zur Zeit des Herzogs Sigismund von
Bavern, des Stifters der Frauenkirche, um 1472 ge-
lebt, und, wie nicht zu zweifeln ist, durch den Herzog
selbst diese Kapelle zugewiesen erhalten hatten.
Ich freute mich, dass in Folge der Restauration
diese unschätzbare Entdeckung gemacht wurde. Als
ich aber vor Vollendung der Restauration die Kirche
222
wieder besuchte, waren alle diese Malereien aufs
Neue übertüncht! Ich bin ein guter Christ, sonst
hätte ich !
Diese Seitenkapellen waren alle mit höchst kunst-
vollen Eisengittern abgesperrt, durch sie konnte man
den bedeutungsvollen Inhalt sehen, der dadurch gegen
Unfug geschützt war; wurde Messe darin gelesen, so
waren die Gitterthore geöffnet. Alle diese Gitter
waren von einer wunderbaren Technik, das Flecht-
werk der Spangen und des eingefügten Astwerkes
zeigte bei allen diesen Kapellen eine stete Abwechs-
lung und reiche Phantasie. .Sie waren ein Gegenstand
allgemeiner Bewunderung ! Obschon sie nicht mehr
der späten Gothik , wie die Kirche, sondern schon
der Renaissance angehörten, so harmonirten sie doch
mit dem ganzen Bau und gaben demselben eine dem
Auge wohlthuende Fülle.
<■>
Als im fahre 1861 in München die V ersammlung
deutscher Geschichts- und Alterthumsforscher stattfand,
ging ich mit Ferdinand von Quast, dem Landes-
conservator von Preussen , und mit Dr. Friedrich
Lange, Professor. Architekt und Restaurator der
Flisabethenkirche zu Marburg, in die Frauenkirche,
da lagen schon die herausgerissenen Prachtgitter auf
dem Boden. Wir alle drei ersuchten den macht-
habenden Architekten aufs Dringendste, dass er die
Gitter an ihrem Platze lasse, ja, wir ilehten ihn
wahrhaft an, — allein alles war vergebens. Alles
verschwand als altes Eisen. ( iraf Wilhelm von Württem-
berg , der nachmalige Herzog von Urach, Vorstand
unserer Versammlung, war empört, als er sich von
dieser Kunstbarbarei überzeugte. Erst später gelang
es mir, nur als Bruchstücke zwei einzelne Theile dieser
Gitter für das Nationalmuseum zu erwerben.*) Jetzt
sind diese Kapellen blos durch niedere Ilolzbrüstungen
abgeschlossen. Die meisten dieser Prachtgitter wurden
durch den berühmten Hans Metzger, Schlosser und
Bürger zu München, hergestellt; dass dieser Meister
in hohem Ansehen stand, geht daraus hervor, dass
ihn, seiner Geschicklichkeit wegen, der prachtliebende
Herzog Albrecht V. von Bayern an Erzherzog Fer-
dinand in Innsbruck empfahl.
Aus diesen Seiten- und Familienkapellen wurden
auch viele Familiendenkmale hinausgeworfen, aus
jener der Freiherren Barth von Harmating verschwand
ein wahres Prachtwerk, bestehend in einem Meter
hohen Basrelief von kelheimer Stein, darstellend die
Anbetung der Hirten, theil weise mit Benutzung einer
Zeichnung von Albrecht Dürer, im Vordergründe als
Hauptfigur ein Domherr von Barth knieend und betend,
ungefähr aus dem Jahre 1520. Dasselbe tauchte in
dem Hof eines Bildhauers auf, wo es einen Winter
hindurch in Schnee und Eis auf dem Boden gestanden
hatte, so dass der untere Theil sich abblätterte!!
Als der jetzige Baron von Barth Kenntniss davon er-
hielt. kaufte er es und schenkte es dem Bayerischen
Nationalmuseum, wo es unter den Grabsteinen als
werthvolles Fragment aufgestellt wurde.
Herzog Wilhelm V. Hess seinem berühmten Leib-
arzt Dr. Thomas Mermann von Schönburg f 1612 zu
*) Abgebildet in meinem Buche : Eisenwerke oder Ornamentik
der Schmiedekunst: Band 1, Tafel 7-t und 83.
224
Ehren und aus Dankbarkeit ein Grabdenkmal errichten,
es bestand in einem meisterhaften Broncerelief von
Hubert Gerhard aus den Niederlanden, darstellend
den Doctor knieend und betend, gegenüber seine
Frau mit ihrem Töchterlein. Bei der Restauration
der Kirche wurde dieses Denkmal versetzt, wobei der
Untertheil desselben mit der vom Herzog selbst be-
stimmten Inschrift verschwand, jetzt befindet sich
an dessen Stelle der Untertheil eines andern Denk-
mals, jenes des Benno Ligsalz f 1721, dessen Ober-
theil ebenfalls verschwunden ist.*)
Das prachtvolle Chorgestühl, ein bedeutendes
Meisterwerk, dessen architektonische, wie figürliche
Ausschmückung den geschicktesten Bildschnitzern des
15. Jahrhunderts zugeschrieben wird, wurde der Breite
nach um */4 verkürzt; wohin die abgeschnittenen Theile
kamen, weiss ich nicht, ungeachtet aller Bemühungen
konnte ich nichts davon für das Nationalmuseum er-
halten.
Nur ein, besonders für die Geschichte und das
Volksleben Münchens höchst interessantes V otivbild
konnte für diese Sammlung erworben werden, dasselbe
war von der Zunft der „Trockenlader“, welche Güter-
transport besorgten, in die Frauenkirche gestiftet, es
stammte aus dem 15. Jahrhundert, sonach aus der
Zeit, als die Frauenkirche erbaut wurde.
Professor Ludwig Foltz. Architekt und Bildhauer
vollendete die Restauration der Frauenkirche. Was
*) Vergl. Specht F. A. Die Frauenkirche in München.
München 1894. 8°. Seite 34.
225
verschwunden war , konnte er nicht wieder schaffen,
von seiner Hand stammen die 12 Apostel, im Stil
des 15. Jahrhunderts, an den Gewölbepfeilern des
Mittelschiffes.
XXIX. Hohenaschau und Erwerbungen für das
Nationalmuseum.
Das grosse Bergschloss oder die Burg Hohen-
Aschau, in prachtvoller Gebirgsgegend Oberbayerns
gelegen, war schon vom frühen Mittelalter an im Be-
sitze der Herren von Freyberg und gelangte durch
Heirath mit dem jahre 1610 in den Besitz der
Grafen von Preysing. Es befand sich dort eine
reichhaltige Rüstkammer, die, wie ich noch aus
den Resten derselben ersehen konnte, aus dem
14. Jahrhundert stammte und bis in das 18. fortge-
setzt wurde. Erst in der Periode der höchsten Ver-
kommenheit, vom Ende des 18. bis hoch in das 19.
Jahrhundert hinein , ward vieles Unersetzliche daraus
als altes Eisen hinweggeschafft. Gegen Neujahr
1861 wurde bekannt gemacht, dass der Inhalt jener
Rüstkammer nebst leeren Bierfässern versteigert
werde. Ich wandte mich an den Minister von Zwehl mit
der Bitte, mich zu beauftragen, daselbst für das
Nationalmuseum mit zu steigern. Da derselbe aber
zu seinem Bedauern keine Mittel zur Verfügung
stellen konnte , erklärte ich aus eigenen Mitteln steigern
zu wollen, und dass dann nach den Verhältnissen die
Rückzahlung erfolgen könne , worauf Zwehl gerne
einging und mir den Auftrag dazu gab.
15
— 226
Es schien, als sollten die noch vorhandenen grossen
Kostbarkeiten absichtlich verschleudert werden, da
der Verkauf erst kurz vorher und nicht genügend
bekannt gemacht wurde und um Neujahr bei hohem
Schnee und grosser Kälte auf dem Bergschloss statt-
linden sollte, ein Verfahren, das mir bis zur Stunde
ein Räthsel geblieben ist. Ich kam des Nachts in
Niederaschau an, des Morgens watete ich bei 21
Grad Kälte bis an die Kniee im Schnee den Berg
hinauf und kam in dem Schlosse an, als gerade die
Versteigerung begann, so dass ich nicht mehr im
Stande war, die Gegenstände vorher zu besichtigen.
Die Steigerer bestanden nur aus 8 jüdischen Anti-
quaren, einer Gesellschaft, die zusammenhielt, und
einen nicht dazu gehörigen sogleich vorneherein so
überboten hätte, dass ihm das Weitersteigern nicht
mehr möglich gewesen wäre. Ich war daher ge-
zwungen, mich anzuschliessen, weil ich sonst zu nichts
gekommen wäre. Eine solche Gemeinschaft, in der
Handelswelt unter dem Namen „Kippe“ bekannt, er-
hält auf solche Weise, weil sie sich nicht überbieten,
oft die kostbarsten Gegenstände um eine Bagatelle,
die hierauf unter sich versteigert werden, wobei dann
wieder die erlöste Summe unter den Betheiligten ge-
theilt wird. So war es auch hier der Fall. Obschon
ich dadurch sehr billig zu höchst werthvollen Gegen-
ständen gelangte, so war es doch das erste und letzte
Mal in meinem Leben , dass ich mich einer solchen
Gesellschaft anschloss. Mein Gewissen konnte ich
dabei beruhigen, denn auf den mir unbekannten,
pietätlosen Besitzer hatte ich keine Rücksicht zu
227
nehmen, und ich hielt es für Pflicht und Ehrensache, dem
Staat, so viel als möglich, unwiederbringliche Schätze
zu erhalten; so erwarb ich für das Nationalmuseum
noch kostbare Dinge , von welchen ich nur nennen
will ; eine prachtvolle vollständige Rüstung mit dem
Wappen der Preysing auf der Brust, welche jene
Familie aus ihrem früheren Besitz in das Schloss
brachte, denn sie stammt aus der Mitte des 16. Jahr-
hunderts, während diese Familie erst 1610 das Schloss
bezog. Einzelne Helme und Handschuhe , Pfeilköcher,
bemalte Schilde, eine Rossstirne mit dem Wappen
der Freyberg, einen burgundischen Panzer mit rothem
Sammet überzogen, ein altes Schiffsmodell der unüber-
windlichen Armada mit dem Wappen Philipps II. auf
dem Segel. Ein bei jener unglücklichen Expedition be-
theiligter Freyberg bewahrte dieses Modell als An-
denken auf seiner Burg.
Wenn ich von den vielen Auffindungen und Er-
werbungen spreche, die ich, von besonderem Glück
begleitet, für das Nationalmuseum machte, und zwar
meistens noch ehe der Name desselben durch den
König sanctionirt war, so bin ich dabei weit ent-
fernt, Aretin’s Thätigkeit und Verdienste verdunkeln
zu wollen. Von dem Augenblick an , da er die
Wichtigkeit und Möglichkeit eines Nationalmuseums
erkannt hatte, war auch er rastlos, stets in fieberhafter
Aufregung, dafür thätig ; er schaffte enorme Schätze
herbei, besonders aus der königlichen Residenz, aus
verschiedenen Schlössern Bayerns, aus dem damaligen
königlichen Zeughaus, wozu ihm, vermöge seiner
15*
228
Aemter und Würden, er war Reichsrath und Ilaus-
Afchivdirektor, Mittel zu Gebote standen, deren ich
mich nicht rühmen konnte.
XXX. Drohende Gefahr.
Das in der Herzogmaxburg aufbewahrte Material
für ein Museum hatte sich so vermehrt, dass sich
bald ein Museumsbau als nothwendig erwies. Der
König erkannte wohl, dass die Erinnerungen an das
bayerische Regentenhaus nicht der einzige Zweck
eines Museums sein sollen, doch hielt er noch immer
dieselben für das Wichtigere, daher konnte Herr von
Klenze den König für seine Idee gewinnen , nach
welcher das Museum , gleichsam als Lockvogel für
das Publikum, das verödete Schloss Schleissheim mit
Umgebung wieder beleben sollte. Dieser Plan, welchen
ich besitze, wurde aber von Künstlern und Gewerbe-
treibenden lebhaft beklagt.
Der Hauptzweck des Museums für Lehre und
Bildung, für Kunst, Gewerbe, Geschichtsstudium etc.
hätte jeden Falls im höchsten Grade darunter gelitten.
Vergebens hatte sich Aretin mit Vorstellungen an den
König gewendet. Klenze’s Idee schien durchzudringen;
da führte ich auf Rath des Herrn Ministers von
Zwehl die Ausschussmitglieder des Vereins zur Aus-
bildung der Gewerke, wozu ich selbst gehörte, in die
Ilerzogmaxburg und demonstrirte ihnen ad oculos die
Wichtigkeit , dass eine solche Anstalt in Mitte einer
grossen Stadt sein müsse, wo sie stets, ohne Zeitver-
lust, besucht und benützt werden könne. Die anwesenden
229
Herren, in diesem Punkte alle meine Gesinnungs-
genossen , unterstüzten mich kräftig. Eine schriftliche
Bitte um Belassung des Museums in München wurde
von allen Mitgliedern des Vereins unterzeichnet und
vom Minister unterstützt dem Könige vorgelegt. Sie
machte auf diesen , der gewiss immer das Beste wollte,
auch Eindruck, doch konnte er vorerst noch keinen
Entschluss fassen. Da trat ein neues Ereigniss ein.
Die Maximiliansstrasse , eine Schöpfung des Königs,
näherte sich ihrer Vollendung; das Gebäude für das
Taubstummeninstitut war schon hergestellt, erwies sich
aber für seinen Zweck als unbrauchbar ; da gelang es
durch die Bemühungen des Ministerialraths und
Generalsekretärs von Giehrl, welcher dem Museum
wie mir stets wohlwollend war, dass sein Vorschlag,
diesen Bau nebst dem anstossenden noch freien Raum
zu dem bayerischen Nationalmuseum zu verwenden,
die königliche Genehmigung erhielt.
Nun wurde der Museumsbau in grosser Ueber-
eilung hergestellt. Klenze war zwar in keiner Weise
bei dem Baue betheiligt, doch konnte es nicht ohne
Einfluss bleiben, dass er sagte, man solle den Bau
so hersteilen , dass er auch noch zu einem andern
Zweck dienen könne, da die Liebhaberei des Königs für
solche Alterthümer doch nur eine vorübergehende sei.
Aretin aber, welcher kurz vorher definitiv zum
Direktor des Nationalmuseums ernannt worden war,
bezog in Eile den neuen , zum Theil noch nicht
vollendeten, Bau, ohne dass er die Gebrechen desselben
erkannt hätte.
230
XXXI. Der Undank.
Jetzt kommt ein Theil des Dankes, welchen ich mir
seit Jahren durch rastlose Thätigkeit für das National-
museum erworben hatte. Als ich noch in meinem
Bureau der vereinigten Sammlungen beschäftigt war,
erschien Aretin und untersagte mir, jene vier Kunst-
schätze in der reichen Kapelle, welche er erst durch
mich kennen gelernt hatte , für mein Werk zu zeichnen,
da er sie für seine Ausgabe des bayerischen Herrscher-
hauses benutzen wolle, und sein Werk im königlichen
Auftrag dem meinigen vorgehe ; auch verbot er mir,
die Gegenstände des Nationalmuseums zu benutzen,
darunter auch jene, die ich selbst für den Staat
erworben hatte. Da musste sich natürlich mein Innerstes
empören, und zwar weniger, weil mir ein Schaden
dadurch entstanden wäre , als weil das meinem ganzen
Denken und Schaffen für ein Museum, welches eine
gemeinnützige , allen offenstehende Anstalt sein sollte,
direkt entgegenstand, und weil ich gedachte, mit
welcher Freundlichkeit mir so viele Vorstände aus-
wärtiger Museen entgegenkamen , ja wie sie es gewisser-
massen als ihre Pflicht erachteten, meine Arbeiten
durch ihre Museen zu unterstützen. Ich klagte dies
dem Herrn Minister von Zwehl, der mir sogleich ein
schriftliches Ersuchen an den Schatzmeister der reichen
Kapelle, den geistlichen Rath Angermaier gab, dass
er mir das Kopiren jener Gegenstände gestatten und
erleichtern möge. Angermaier sagte, dass er dieses
schon aus eigenem Antrieb und Rechtsgefühl gethan
hätte ; er gab mir die Gegenstände in die Sakristei der
Allerheiligen-Hofkirche, wo ich ungestört zeichnen
konnte.
231
Von da an zog ich mich von Aretin möglichst
zurück und hielt mich besonders an meine eigenen
Werke , zumal ich auch um diese Zeit meine
„Ornamentik der Schmiedekunst“ begonnen hatte ;
nur noch einigemal machte ich Reisen auf Wunsch
des Herrn Ministers von Zwehl, darunter jene nach
Würzburg, um aus der Verlassenschaft des Regierungs-
rathes Martinengo Kunstwerke auszusuchen, zu deren
Uebernahme Aretin auch dahin kam.
XXXII. Aufenthalt in Köln, Antwerpen, Gent
und Paris.
Im Jahre 1861 war in Köln, darauf in Antwerpen
und dann in Gent eine internationale Künstlerver-
sammlung. Ich reiste dahin mit der Münchener
Künstlerschaft, unter welcher ich viele Freunde be-
sass, die ich längst überlebte. Obschon ich bei dieser
Gelegenheit zum vierten Mal in Köln war, so nahmen
mich doch wieder der Dom, die übrigen Kirchen
und die sonstigen Kunstdenkmale noch mehr in An-
spruch, als alle die vielen, grossartigen Festlichkeiten.
Es schloss sich mancher der jüngeren Künstler mir an,
um das berühmte Dombild , die Anbetung der heiligen
drei Könige , den Petrus von Rubens in der Peters-
kirche etc. zu besichtigen. Bürgermeister und
Magistrat, wie viele Privatpersonen Köln’s erwiesen
uns hohe Ehren. Nach den sechs Festtagen zog die
Künstlergesellschaft nach Antwerpen, wo sie auch
mit grossen Feierlichkeiten empfangen wurde. Wie
bereits erwähnt , sah ich früher Antwerpen schon
232
einmal auf meiner Heimreise von Ostende, jedoch,
zu meinem Bedauern, nur flüchtig, jetzt konnte ich
die Herrlichkeiten daselbst mit mehr Ruhe gemessen.
Das Bedeutendste daselbst blieb mir immer die
Gemäldegallerie. Die Feste daselbst waren so
grossartig und glänzend, wie sie nur da möglich sind,
wo Kunst, Wissenschaft und Handel in Bltithe stehen.
Zu gleicher Zeit war auch eine grosse Gemälde-
ausstellung vorzüglicher niederländischer Meister
neuerer Zeit veranstaltet ; und ich staunte über die
Fortschritte, welche die Kunst in den letzten 20
Jahren daselbst gemacht hatte.
Als ich eines Morgens früh in den Dom ging,
um ohne Gesellschaft die Kunstwerke nochmals in
Ruhe anzuschauen, bemerkte ich von Ferne im Chor
den König Max II. mit Baron Wendland, ich wollte
mich ferne halten, allein der König hatte mich be-
merkt und liess mich hinaufrufen, um mit ihm durch
die Kathedrale zu wandern und sich mit mir über
die einzelnen Kunstwerke zu besprechen. Besondere
Aufmerksamkeit schenkte der König den weltberühmten
Gemälden von Peter Paul Rubens.
Die schönen Momente kann ich nicht vergessen,
in welchen ich beim Frühstück unter einem Zelte auf
dem Marktplatz von Künstlern fast aller gebildeten
Nationen umgeben war, wobei ich manches für mich
Wichtige erfuhr.
Unter den vielen interessanten Bekanntschaften,
welche ich in Antwerpen machte, waren es vorzüg-
lich die beiden Freunde und vortrefflichen Maler
Godfroid Guffens und janSwerts, welche mir besonders
233
zugethan waren, sie verehrten mir auch schöne Nach-
bildungen ihrer Cartons zu den Wandgemälden, die
sie in P'resko ausgeführt hatten und zwar in Kirchen
der Niederlande und in der Börse zu Antwerpen, mit
Darstellungen aus der Geschichte dieser Stadt. Leider
waren letztere im Jahr 1858 durch einen Brand zu
Grunde gegangen.
Unter dem Vielen , was in Antwerpen von
besonderem Interesse für mich war, befand sich der
von Eisen geschmiedete Lieberbau des ehemaligen Zieh-
brunnens vor dem Dom, ähnlich einem Tempel oder
einer Laube in gothischem Stil, ein Werk, welches
dem berühmten Maler Quentin Massvs, der in seiner
Jugend Schmied war, zugeschrieben wird. Dieses
Kunstwerk war für mich von hohem Werthe, da
gerade der erste Band meines Werkes „Ornamentik
der Schmiedekunst etc.“ der Vollendung nahe war,
bei welchem es einen würdigen Abschluss bildet.
Ich reiste darauf mit der Künstlergesellschaft
nach Gent, wo uns ähnliche Feste erwarteten. Diese
merkwürdige Stadt mit ihren vielen altersgrauen, ehr-
würdigen Baudenkmalen im Schmuck von frischem
Grün und bunten Fahnen, dazu Musik und Gesang,
machte, als sprechendes Bild ernster Vergangenheit
im Gegensatz zur heiteren Gegenwart, auf mich einen
ergreifenden Eindruck. Von dem Vielen, was sich
mir da für Auge und Herz darbot, erwähne ich nur
das grosse unter dem Namen „Der Genter Altar“ von
den Gebrüdern Hubert und Jan van Eyk bekannte
Kunstwerk , von welchem 6 Theile , darunter der
mittlere Theil, die Anbetung des Lammes, noch in
234
der Kathedrale St. Bavo vorhanden sind, während
die andern durch Verkauf nach Berlin kamen, wo
sie eine Perle der dortigen Gallerie bilden.*) Im
fahre 1350 hatte ich sie daselbst zum erstenmal ge-
sehen und sehnte mich daher längst, auch diese dazu
gehörigen Theile kennen zu lernen. Dieses grossartige
Kunstwerk ist in verschiedenen Kunstgeschichten der
neueren Zeit abgebildet und beschrieben. Die Künstler
zeigten mir daselbst auch ein Stübchen, in welchem
die Gebrüder van Evk dieses grosse Werk gefertigt
haben sollen.
Auch fand ich in Gent an dem Direktor der
Akademie der bildenden Künste, Theodor Canneel,
einen wohlwollenden Freund, er schrieb sich im Jahre
1862 mit den freundlichsten Worten zu München in
mein Stammbuch ein.
Von Gent aus begab ich mich allein nach Paris
und zwar zum erstenmal , da ich vorher zu viele Zeit
nöthig hatte, um mein Material in deutschen Städten
zusammen zu suchen. Daselbst war August Demmin,
der vielseitige Schriftsteller, den ich schon in München
kennen gelernt hatte, von grosser Gefälligkeit gegen
mich und gab mir manche nützliche Anleitung. Die
Zeit suchte ich möglichst zu benützen, um für meine
Zwecke Studien zu machen, und zwar vorzüglich im
Louvre, im Hotel de Cluny, im Musee d’artillerie
und in den dortigen Kirchen. In ersterem besuchte
ich die Gemäldegallerie 6 Tage nacheinander von
früh 10 Uhr bis Abends 5 Uhr. Das Musee des Souve-
*) Zwei noch fehlende Tafeln, Adam und Eva, waren bis
1861 in Gent verborgen und kamen dann in das Brüsseler Museum.
235
rains im Louvre und Musee d’artillerie waren für
meine Zwecke von höchstem Werth, in beiden er-
kannte ich manche Prachtwerke deutschen Ursprungs.
In letzterem stand in der Mitte des grössten Saales
die Prachtrüstung für Mann und Pferd des Herzogs
Wilhelm V. von Bayern schwarz mit breiten einge-
schliffenen blanken Streifen, in denselben eingeätzte
Ornamente von Meisterhand. An deren Seite befand
sich die Rüstung des kunstliebenden Pfalzgrafen Otto
Heinrich von Bayern , blank, stellenweise gravirt und
vergoldet, auf der Brust der Orden des goldenen
Vliesses, auch gravirt und vergoldet.
Ausserdem waren daselbst, manche Prachtwaffen
von Nürnberger Patriciern, so z. B. ein Turnierschild,
(Tartsche) aus dem 15. Jahrhundert, eines Herrn von
Imhoff, darauf gemalt der Besitzer knieend und
betend, vor ihm sein bekanntes Wappen mit dem
Seelöwen.
Ich wendete mich an den V orstand des Museums
„Perguilly l’Haridon, Chef d’Escadron, Conservateur
du Musee d’artillerie“ , welcher von grosser Gefälligkeit
gegen mich war und mich in den Stand setzte, für
meinen Zweck wichtige Dinge in Originalgrösse ab-
zubilden, darunter die merkwürdigen grossen Topf-
helme des 14. Jahrhunderts, welche vorzüglich in der
Heraldik eine so bedeutende Rolle spielen. Er sagte :
„Ich bedaure, dass der Kaiser gerade nicht in Paris ist,
sonst würde ich Sie ihm vorstellen, da er für Ihre
Arbeiten besonderes Interesse hat, allein ich werde
Ihnen dessen Privatsammlung in den Tuilerien zeigen.“
236
Das geschah. Er führte mich in einen Saal , in
dessen Mitte der Arbeitstisch des Kaisers stand, um-
geben von grossartigen Kunstwerken, vorzüglich von
prachtvollen Waffen, darunter 4 deutsche Turnier-
rüstungen mit dem Stempel von Nürnberg, Schwerter,
Radschlossbüchsen mit Tauschirarbeit in Gold und
Silber, gravirten Einlagen von Elfenbein und Perl-
mutter etc. Daneben befanden sich auch grossartige
Vasen und Löwen, Kriegsbeute aus dem Palast von
Peking. Zu meiner Ueberraschung sah ich daselbst
eine Halbrüstung, schwarz mit blanken Streifen, bei
deren Anblick ich sogleich sagte : „sie stammt von
dem Nürnberger Patricier Christoph Fiirer von Haimen-
dorf, Kriegsrath, Ritter des Ordens vom heiligen
Grab und vom St. Katharinaorden.“
L’Haridon staunte und bemerkte, der Kaiser habe
sie wohl als solche gekauft, traue aber der Sache
doch nicht und hätte dem Herrn von Fürer in Nürn-
berg schreiben lassen, aber keine Antwort erhalten.
Ich war im Stande alle Auskunft zu geben, da ich
den Gegenstand von Nürnberg her kannte. Herr von
Fürer hatte diese Rüstung unter dem Dach seines
alten Stammhauses rrefimden und an Baron Bibra
verkauft, der sie wiederum an den Kunsthändler
Geuder veräusserte. Es war demnach leicht zu er-
klären, warum an jener aufgefundenen Rüstung Theile
fehlten, die wohl an einem andern Orte verschwunden
sind. Ich besitze das Bildniss jenes Christoph Fürer
gestochen von Peter Isselburg, auf diesem erscheint
er in Sammetkleidung, vom Harnisch trägt er jedoch,
nach damaliger Sitte, als ritterliches Abzeichen, nur
23 7
den Halsberg und die obersten Armschienen. Auf
Wunsch des Herrn Geuder Hess ich diese Theile nach
jenem Bildniss in der richtigen Grösse durch den sehr
geschickten Spänglermeister Ilugel in München her-
stellen , was ich l’Haridon dadurch beweisen konnte,
dass ich jene Obertheile abhob und sie ihm von der
Rückseite zeigte. Er dankte mir für diese Aufklärung
und sagte, dass sie auch den Kaiser sehr interessiren
werde.
Ich verabschiedete mich dankend von dem so
freundlichen Mann und musste der Zeit, besonders
nach dem Jahr 1870, so oft daran denken, was ist
unterdessen aus ihm und den Kunstschätzen des
Kaisers geworden ?
Das „Musee Sauvageot“, eine Sammlung kunst-
gewerblicher Gegenstände verschiedener Jahrhunderte,
welche Sauvageot, ein kunstsinniger Privatmann, in
der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts, aus seinen
Privatmitteln anlegte und sie durch Testament dem
Louvre vermachte, wo sie unter seinem Namen mit
seiner Büste aufgestellt ist. Ich fand darin manches
Wichtige für meine Zwecke. *) Einen Gegenstand
daraus will ich sowohl wegen seiner Bedeutung für
die Geschichte Bayerns, wie wegen der eigenthüm-
lichen Art seiner Auffindung hier erwähnen. Sauvageot
sah einst auf der Strasse in Lyon ein Kind mit einem
Wägelchen spielen, welches es durch den Koth zog,
er ging mit dem Kinde zu dessen Eltern, welche sehr
erstaunt waren, als er für dieses Spielzeug ein Gold-
*) Zierliche gravirte, ciselirte und tauschirte Eisenwerke in
„Eisenwerke von Hefner-Alteneck. Band I Tafel 3/. 42. 56.“
238
stück gab, das Kind führte er in einen Spielwaaren-
laden und kaufte ihm ein schönes neues Wägelchen,
worüber dasselbe sehr erfreut war. Sauvageot erkannte
in jenem Gegenstand ein vorzügliches Meisterwerk
des 16. Jahrhunderts aus Alabaster circa ISCentimeter
hoch, es stellt den Pfalzgrafen Otto Heinrich von Bayern
dar, in einem Thronsessel mit pelzverbrämtem Rock,
dem goldenen Vliess und einem Barett. Der Vater
jenes Kindes hatte den Sessel durchbohrt und darin eine
Achse mit zwei Rädern angebracht, so war es ein
Wagen und der Pfalzgraf stellte den Kutscher vor.
Ich stand mit eigenthümlichem Gefühl vor diesem
nicht nur deutschen sondern auch insbesondere bayer-
ischen Kunstwerk und dachte an manchen ähnlichen
Glücksfall, der mir beschieden war.
Die Kathedrale Notre Dame bot mir vieles
Wichtige, schon im Aeussern die reiche Ornamentik
von Schmiedeeisen, noch im romanischen Stil, mit
der die Thürflügel der beiden Seitenportale überdeckt
sind.*) Als ich danach für mein Werk der Schmiede-
kunst Zeichnungen fertigte, befand ich mich mitten
unter den Marktfrauen , welche sehr artig gegen mich
waren, dennoch musste ich im Stillen mit Grauen an
die ehemaligen Dames de la halle denken.
Herr A. Demmin führte mich u. A. auch in die
weltberühmte Porzellanfabrik Sevres und zwar in die
Abtheilung der historischen , chronologischen Samm-
lung der Keramik, der Conservator derselben gab
mir viele interessante Aufschlüsse. Es war daselbst
ein Haufen Fussbodenplatten (Fliessen) aus stark ge-
*) „Eisenwerke etc.“ Band I. Tafel 61. 62.
239
brannter grauer Thonerde, mit eingelassenen Orna-
menten von Schwarzloth. Sie stammten aus einem Palast,
den Ilenri II. für Diana von Poitiers erbaute, der
aber unter Napoleon III., einer Strassenerweiterung
wegen, abgebrochen wurde. Diese Platten zeigen
dieselbe Technik im Grossen, wie die so hoch ge-
schätzten sogenannten I lenri-deux-Gefässe oder Oiron-
faience im Kleinen und Feinen. Da Vieles dabei
doppelt vorhanden war, verehrte mir der Herr Con-
servator drei Stücke davon.
Den Aufenthalt in Paris wollte ich u. A. auch
dazu benutzen, im Interesse meines Verlegers , wenn
thunlich, Klage wegen Nachdrucks gegen Lacroix
und Sere zu stellen, welche in einem grossen, ober-
flächlichen und planlosen Werk unter dem Titel „Le
moyen-äge et la Renaissance etc. par Paul Lacroix
et Ferdinand Sere“ viele meiner Auffindungen, Ab-
bildungen und Beschreibungen unter anderen Namen
und ohne Angabe der Quellen veröffentlicht hatten.
Ich wandte mich deshalb an die bayerische Gesandt-
schaft in Paris und hatte zu diesem Zwecke ein
Schreiben meines Herrn Ministers von Zwehl an den
damaligen bayerischen Gesandten Pergier von Perglas.
Da derselbe aber nicht anwesend war, wendete ich
mich an den Gesandtschafts- Attache Baron von
Gassner, der mir, in Freundlichkeit und Theilnahme,
eine Karte an Dr. Levita, den Rechtsanwalt der
bayerischen Gesandtschaft übergab. Nachdem dieser
meine Angelegenheit geprüft hatte, theilte er mir mit,
dass erst zwei Jahre das Gesetz gegen Nachdruck
existire und ich daher nur auf das mit Erfolg klagen
240
könne , was in dieser letzten Zeit nachgedruckt sei.
Das war aber nur der kleinere Theil, der mir doch als
zu gering erschien, um deswegen Klage zu stellen.
Dabei konnte ich mich umsomehr beruhigen, weil dies
doch eher die Sache meines Verlegers gewesen wäre,
und weil auch so manche Pariser Autoren und Ver-
leger meine Leistungen über Verdienst erhoben haben
und mir überaus freundlich waren. Ich nenne da-
von nur Jules Labarte, Didron aine, Louis Courajod,
Georges Lafenestre und Marius Vachon.
Ich konnte in Paris, bei den hohen Preisen der
Kunstwerke und Alterthümer, nichts erwerben. Herr
Demmin machte mich auf einen Metzger in der Vor-
stadt, vor der „barriere blanche“ aufmerksam, bei
welchem die Antiquare um Billiges einkauften. Der-
selbe erwarb nämlich bei seinen Vieheinkäufen Kunst-
sachen der verschiedensten Art ; und in der That er-
hielt ich bei ihm werthvolle Dinge, als Bruchstücke
von Prachtrüstungen, welche unter den Eisenvorräthen
auf dem Lande durch Zufall dem Umschmieden zu
Sensen, Schaufeln u. s. w. entgangen waren, auch
Prachtgeräthe, die in Bauernhäusern und Ställen ge-
meinen Zwecken dienen mussten. Wie schon durch
viele ähnliche Fälle fand ich aufs Neue bestätigt, dass
es auch da weniger die Kriege waren, als Dummheit
und Verkommenheit besonders am Schlüsse des vorigen
und im Beginn des jetzigen Jahrhunderts, welche uns
fast um alle Kunstschätze der Vorzeit brachten.
Von da reiste ich nach München zurück mit
reichem Material für meine Arbeiten.
241
Da ich diese meine Memoiren doch nicht in ge-
nauer chronologischer Reihenfolge geben kann und
da ich gerade von Paris gesprochen habe, so greife
ich um sechs Jahre vor und gebe einiges von dem,
was ich daselbst bei meinem zweiten Aufenthalt er-
lebte.
Im Jahre 1867, als die grossartige Weltausstellung
in Paris war, reiste ich mit meinem ältesten Sohn
Franz, der damals Rechtspraktikant war, dahin. Es
wrar die Zeit, in welcher Napoleon III. die schönen
Worte sprach : „Ich unterstütze die Ausstellung aufs
Möglichste, weil die verschiedenen Völker, wenn sie
sich einander näher kennen lernen, einsehen, dass sie
mehr Ursache haben, sich zu lieben, als zu hassen.“
Ueber das viele Grossartige und Merkwürdige dieser
Weltausstellung habe ich hier nichts zu sagen, da
alles durch den Druck bekannt wurde. Ich bemerke
nur, wie ich mich freute, zu sehen, dass manche
Kunst- und Industriezweige, welche fast verschwunden
gewesen , wieder in Aufnahme gekommen waren, und
besonders, dass alles was sich durch Schönheit und
feinen Geschmack auszeichnete und einen Preis er-
halten konnte , sichtlich mehr oder weniger auf V er-
ständniss und Studium der Werke unserer Vorfahren
beruhte; es war dieselbe Beobachtung, die ich später
1873 auf der Wiener Weltausstellung machte.
Wir besuchten darauf den Baumeister Destailleur,
der von den Handzeichnungen besass, die zu jenen
Entwürfen bayerischer Künstler für Prachtrüstungen
der Könige von Frankreich gehörten, welche ich in
München aufgefunden hatte. Dieser vielseitig gebildete
16
242
Künstler erklärte sie ebenfalls für Werke deutschen
Ursprungs, die er hoch schätzte, und bot mir in
seiner reichhaltigen Sammlung einen Vergleich mit
italienischen und französischen Zeichnungen zu ähn-
lichen Zwecken.
Wir gingen auch zu dem Grafen Nieuwenkerke,
dem Generaldirektor der Museen Frankreichs. Seine
Privatwohnung war im Louvre, wo er uns in einem
grossen mit Kunstschätzen angefüllten Saal empfing;
wir trafen daselbst den Grafen Benedetti, der damals
schon Botschafter am Berliner Hofe war und der drei
Jahre später eine gewisse Berühmtheit erlangte. Er
war ein nicht grosser Mann mit bräunlicher Gesichts-
farbe, klugem Ausdruck und feinen Manieren. Wir
verbrachten daselbst eine angenehme und lehrreiche
Stunde. Mitten im Saal erblickte ich die blanke
Rüstung für Mann und Pferd aus der zweiten Hälfte
des 15. Jahrhunderts aus dem Schlosse Hohenaschau
und aus dem Besitze der Freiherren von Freyberg,
welche ich, wie schon gesagt, seiner Zeit von Pickert
in Nürnberg, zu meinem Kummer, um 7000 Gulden
für das noch im Entstehen begriffene bayerische
Nationalmuseum nicht erwerben konnte, während sich
deren Werth jetzt auf das Sechsfache beliefe.
Nieuwenkerke besass mehrere meiner Werke,
darunter die zwei Jahre vorher erschienenen „Entwürfe
deutscher Meister für Prachtrüstungen der Könige
von Frankreich.“ Er stimmte mir nicht nur in allein
bei, was ich im Texte gesagt hatte, sondern gab mir
auch noch Belege dazu und zeigte mir u. A. Pracht-
waffen, wie Degen, Radschlossbüchsen, die für den
243
Kurfürsten Maximilian I. von Bayern gefertigt waren.
Sie gaben Zeugniss für eine hohe Blüthe der Kunst
und technischen Geschicklichkeit, welche in Bayern,
sogar noch zur Zeit des dreissigjährigen Krieges , zu
finden war. Leider besitzt jetzt Bayern selbst von
diesen Kunstschätzen sehr wenig. Da ich bei so
manchem Kunstwerk, das bisher französischen Künst-
lern zugeschrieben war, den deutschen Ursprung
nachwies, musste ich besorgen, mich nicht beliebt
zu machen, umsomehr freute es mich, dass Männer
der Art bei ihrem, sehr anzuerkennenden, National-
stolz sich so vorurtheilsfrei aussprachen.
Wir gingen darauf in die Kathedrale zu St. Denis,
die mir ebenfalls, ungeachtet der Verwüstungen in
der ersten Republik, vieles Schöne und Grossartige bot.
Ueber die Plünderung und Zerstörung der Königsgräber
hatte ich schon Manches, fast noch aus direkter Quelle,
durch Karl Becker im Jahre 1843 gehört; derselbe
war noch als Militär 1814 mit den Alliirten in Paris
und kam mit dem verdienstvollen Alexandre Lenoir*)
in Berührung, welcher jene Schreckenszeit der Revo-
lution mitgemacht hatte und bei jener Königsgräber-
Verwüstung als Protokollführer zugegen gewesen war.
Er hatte eine solche Stelle gesucht, um seine histo-
rischen Kenntnisse zu erweitern und um vielleicht in
späterer Zeit noch Manches zu retten. Er durfte nicht
die geringste Pietät für die Königsgräber zeigen, da
er sonst verloren gewesen wäre. Es war eine Rotte
*) Lenoir, Alexandre. Musee royal des monumens francais
ou memorial de l’histoire de France et de ses monumens. Paris
1815. kl. 8°.
16
244
von besonderen Königshassern, welche noch ihre
Wuth an den Leichen ausübten. Es wurde vor der
Kirche ein tiefes Loch gegraben, um die Leichen
und Gebeine hinein zu werfen, nachdem man jeden
Schmuck abgerissen hatte. Einem Beamten der Münze
wurde alles, was Gold oder Silber war, nachdem man es
zusammengeschlagen hatte, übergeben, ebenso die Gold-
brokate zum ausbrennen. In gleicher Weise einem andern
Beamten vom Arsenal alles, was von Blei, Zinn, Eisen und
Kupfer war u. s. w. Viele der Leichen waren noch
kenntlich ; Heinrich IV. sogar noch ganz erhalten. Ein
roher Bursche riss ihm den Bart aus und hängte ihn
sich an, indem er schrie: „Je suis le roi Henri!“
Unter den vielen für mich so wichtigen Baudenk-
malen wi'l ich hier nur die Sainte Chapelle ei wähnen,
welche mir im Allgemeinen noch nicht nach Gebühr
gewürdigt zu sein scheint. Sie wurde in den Jahren
1245 — 48 durch Ludwig IX. dem Heiligen, König von
Frankreich, erbaut, der in ihr nach seinem Tode bei
Tunis (1270) beigesetzt ward. Als ich sie diesmal bei
meinem zweiten Aufenthalt in Paris wieder besuchte,
war deren höchst gelungene Restaurirung durch den
berühmten Architekten Viollet-Le-Duc vollendet, auch
w^ar der in jener Schreckenszeit vernichtete freistehende
Ciborienaltar streng im Stile wüeder hergestellt. Dieser
Bau im Uebergang des Romanischen zum Gothischen
zernt grosse Pracht in einfachen architektonischen
Formen, wie in dem reichsten Farbenschmuck der
Gewölbe, der Wände und Glasgemälde; alle die
grellsten Farben werden bei einem jeden Wechsel
des von aussen einfallenden Lichtes durch einen
245
leichten Generalfarbenton, der sich über alles erstreckt,
zu einem harmonischen Ganzen verbunden.
Ich erwähne dies hier besonders , weil das höchst
merkwürdige und schöne Denkmal vielen Freunden
der Kunst nur durch eine Veröffentlichung in Farben-
druck bekannt ist, welche durch Disharmonie der
Farben eine ganz falsche Vorstellung davon gibt. —
Ehe wir Paris verliessen, besuchten wir noch den
Friedhof Pere la Chaise und suchten daselbst einige
Monumente bedeutender Persönlichkeiten älterer und
neuerer Zeit auf; wir trafen gerade den Zeitpunkt,
als der sehr geschätzte Finanzminister Fould, der am
5. Oktober gestorben war, mit militärischen und
andern Ehren beerdigt wurde.
XXXIII. Kupferstich- und. Handzeichnungs-
kabinet.
Nachdem ich neun Jahre die Stelle an den ver-
einigten Sammlungen bekleidet hatte, erhielt ich im
Jahre 1861 jene als Conservator des königlichen
Kupferstich- und Handzeichnungskabinets. Ich fühlte
mich daselbst ganz an meinem Platz, indem ich schon
von früher Jugend an Iland/.eichnungen und Kupfer-
stiche zum Studium der Kunst und ihrer Geschichte
benützte, wozu ich auch stets von reichem Material
umgeben war.
Ich glaubte in der Kunststadt diese so wichtige
Kunstanstalt in dem besten Zustand und der strengsten
Ordnung anzutreffen, das war aber nicht der Fall.
246
Ich halte es für nöthig, mich über das auszusprechen,
was vor meiner Verwaltung im Kupferstichkabinet
geschah, damit nicht später mir oder einem meiner
Nachfolger, deren ich jetzt schon drei habe, eine
Schuld daran gegeben werde.
Fast bei der Hälfte der Blätter fehlte der vor-
schriftsmässige Stempel auf der Rückseite. In einer
grossen Anzahl von Umschlägen, mit der Aufschrift
„Doubletten oder Ausschuss“ lagen nur Stiche hervor-
ragender Meister , wie Martin Schongauer, Hans Sebald
Beham, Heinrich Aldegrever, Georg Pencz, Albrecht
Altdorfer, Rembrandt, Marc Anton etc., sie waren
zum Verkauf oder zum Verschleppen bestimmt. Nicht
ein Blatt davon war Ausschuss oder Doublette, zum
Beleg dafür habe ich von jenen Umschlägen mit den
Aufschriften einige aufbewahrt. Aus den alten Ver-
zeichnissen ersah ich, dass fast alle Werke dieser
Meister vollständig vorhanden waren und sie erst
später lückenhaft gemacht wurden. Der grössere Theil
davon war schon verschwunden ; was ich noch vor-
fand, legte ich wieder in die Mappen der betreffen-
den Meister. Zur Ergänzung der fehlenden Blätter
haben meine Nachfolger noch genug zu thun.
Bei den Handzeichnungen waren als zmückgelegt
und unbrauchbar grosse Packete oder Ballen mit den
Aufschriften versehen: „Köpfe, Architektur, Land-
schaften, Ornamente, Arabesken und Ausschuss.“ In
allen diesen dicken Packeten waren aber Meisterwerke
ersten Rangs, vermischt mit ganz schlechtem Zeug.
Wie ich sicher weiss, wurden von Zeit zu Zeit solche
Ballen als unnütz verkauft, wohl ohne, dass man sie
247
vorher gehörig durchgesehen hatte. Viele Zeit ver-
wendete ich auf Durchsuchung des noch Vorhandenen.
In einem Packet mit der Ueberschrit't „Köpfe“ fand
ich unter Schmieralien von Schuljungen, zu meinem
Staunen und Schrecken, das Originalbidniss Heinrich
VIII. von England, von der bland des Hans Holbein.
Es ist nicht zu verkennen, dass dieser Meister, während
der flüchtigen Aufnahme, dem König in das Auge
geschaut hat. Gerade dieses Hauptbildniss fehlt auf-
fallender Weise unter den Stücken in der bekannten
Handzeichnungsammlung von Windsor Castle, be-
stehend aus den höchst geistreichen Bildnissen und
Skizzen, die Holbein nach verschiedenen Persönlich-
keiten, meistens am englischen Hofe, fertigte und die Prinz
Albert in dankenswerther Weise durch photographische
Nachbildungen der gebildeten Welt zugänglich machen
Hess. Dieses Bildniss ist gegenwärtig als Gegenstück
zu einem ähnlichen Werke Albrecht Dürer’s in dem
Handzeichnungskabinet unter Glas aufgehängt.
Eine noch grössere Ueberraschung war mir Vorbe-
halten. In den Packeten mit der Aufschrift: „Orna-
mente, Arabesken und Ausschuss“ fand ich die Original-
entwürfe für die prachtvollen Ciselirungen der Rüst-
ungen Franz I. und Heinrich II. von Frankreich, wie
für Kaiser Rudolf II. von der Hand des Hans Mie-
lich, Christoph Schwarz, Hans Bol und anderen
Meistern, welche erstere in München vorzugsweise für
die Herzoge Albrecht V. und Wilhelm V. arbeiteten.
Diese Zeichnungen dienten den deutschen Waffen-
schmieden, Plattnern, die in ihrer Art selbst Künstler
waren, als Muster und Schablonen für ihre Arbeiten, an
248
denen wir Kunst wie Technik in hohem Grade bewun-
dern müssen. Als ich mich gerade dieses Fundes er-
freute, kam Wilhelm von Liibke nach München zu
mir ins Kupferstichkabinet , der von diesen Kunst-
schätzen überrascht und erfreut war. Er erkannte
darin einen entschiedenen Beweis, dass bisher eine
bedeutende Kunstrichtung, die in Deutschland zu
1 lause war , stets Italien und Frankreich zugeschrieben
w urde, und er erklärte sich bereit, sogleich einen Artikel
darüber in die Augsburger Allgemeine Zeitung zu
schreiben. Ich hielt ihn davon ab, indem ich sagte,
dass alle Kunstkenner an der Sache gewüss nicht
zweifeln würden, da für sie die Kunst schon an und
für sich sprechendes Dokument sei, dass man aber
damit dem grossen Publikum nicht beikommen könne,
weil dieses nur schriftlichen Urkunden Glauben
schenke. Er stimmte mir bei und sagte, dass er im
Begriff sei, nach Innsbruck zu reisen, um daselbst
unter Mitwirkung des Archivdirektors Dr. von Schön-
herr Untersuchungen über das grosse Denkmal Kaiser
Maximilian I. anzustellen, bei welcher Gelegenheit er
vielleicht auch Notizen über Kunstwerke finden werde,
die in Deutschland für Frankreich gefertigt wurden.
Dies gelang in hohem Grade. Es zeigte sich , dass
Kaiser Ferdinand I., damals König von Böhmen, für
Franz I. und Heinrich II. von Frankreich Prachtrüst-
ungen als Geschenke anfertigen liess, welche bis zur
neueren Zeit in der „Gallerie des Souverains“ im
Louvre und im Musee d’artillerie zu Paris als italienische
Arbeiten bewundert wurden. Jene Vorgefundenen
Entwürfe bestanden in Federzeichnungen mit leichter
249
Schattirung in Tusche, manche waren zerschnitten,
beschmutzt und mit anderen Zeichnungen überklebt.
Zum Glück waren sie in echt chinesischer Tusche
ausgeführt, die schon im 16. Jahrhundert bei uns in
Gebrauch war, so dass ich die Zeichnungen ohne Ge-
fahr in heissem Wasser reinigen konnte. Sie waren alle
in Grösse und Form für eine jede einzelne Schiene des
betreffenden Harnisches berechnet. Während zu einem
Harnisch 140 bis 200 solcher Theile gehörten und dem-
nach ursprünglich deren über 8000 gewesen sein mussten,
waren für einen nur noch ein bis höchstens sechs Stück
vorhanden. Es waren manche davon in den Besitz
des kunstliebenden Staatsraths von Kirschbaum ge-
kommen, die nach dessen Tod im Versteigerungs-
katalog seines Kunstbesitzes unrichtig angegeben waren.
Viele davon kamen an den Kunsthändler Prestel in
Frankfurt am Main, und später fand ich sie, wie bereits
erwähnt, bei Destailleur, architect du gouvernement,
und dem Museumsbesitzer Spitzer in Paris, alle in
derselben Art zugeschnitten, auf demselben Papier und
mit demselben Stempel des Kurfürsten Karl Theodor
von Bayern versehen.
Wilhelm von Kaulbach fand ausserordentliches
Wohlgefallen an diesen geist- und phantasiereichen
Arbeiten, in welchen sich Genien, Tritonen, Ner-
eiden, Nymphen, Satyre etc. in schwungvollen Zweig-
und Laubornamenten bewegen. Er berief sogleich,
aus eigenem Antrieb, eine Plenarversammlung an der
Akademie der bildenden Künste, welche mir unter
dem 26. Mai 1863 ein Gutachten in aller Form mit Amts-
siegel ausfertigte, worin auch der Wunsch ausgesprochen
250
ist, dass diese Entwürfe als deutsche und besonders
als bayeriche Ehrensache, auf Staatskosten veröffent-
licht würden. Davon machte ich aber, ebenso wenig
wie bei meinen andern Werken, einen Gebrauch und
liess die erste Auflage dieser Kunstwerke unter dem
"Eitel : „Entwürfe deutscher Meister für Frachtrüst-
ungen französischer Könige“ bei Friedrich Bruckmann
in München 1865 erscheinen. Das Wenige darin gibt
immerhin eine Idee des ehemals Vorhandenen. In
diesen einzelnen Theilen erscheint das H mit der
Krone Frankreichs mehrmals mit den drei ver-
schlungenen Halbmonden , Bogen und Pfeil , sich auf
Heinrich II. und Diana von Poitiers beziehend , wie
das F und die Krone, dabei der Salamander, als
persönliches Abzeichen Franz I.
Wenn ich mich auch sehr freute, etwas zu Ehren
unseres deutschen Vaterlandes, obgleich mehr durch
Glück als Verstand, beigetragen zu haben , so blieb
ich auch gewiss nicht darin zurück, mich immer zu
bemühen , auch die Vorzüge und Verdienste in der
Kunst unserer Nachbarländer kennen und schätzen
zu lernen. Es musste mich auch freuen , zu sehen,
dass gebildete Männer, besonders Museumsvorstände
in Frankreich, in dieser Sache mir Wohlwollen und
Anerkennung zeigten, wie ich bereits vorausgreifend
bei Schilderung meines Aufenthaltes in Paris im Jahre
186/ mitgetheilt habe.
In der Ausgabe jener Entwürfe sagte ich u. A. :
„Da es sonach sicher stehe, dass diese Prachtwerke
in Deutschland für Frankreich entworfen und ausge-
führt seien, so dürfte ich wohl annehmen, dass auch
251
deren in gleicher Weise auf deutschem Boden für
Spanien entstanden seien.“
Damals war Freiherr, später Graf, Georg von
Werthern preussischer Gesandte in Madrid ; derselbe
schrieb mir am 13. April 1866, dass ihn jene Stelle
in meiner Veröffentlichung bewogen habe, die Ge-
schichtsforscher Bergenroth und Friedemann, welche
Forschungen für englische Geschichte in Spanien an-
stellten, zu veranlassen, in den Archiven von Madrid
und Simancas nachzuforschen, ob nicht vom spanischen
Hofe aus auch Bestellungen auf Prachtrüstungen und
andere Kunstwerke nach Deutschland ergangen seien.
Diese Nachforschungen waren von Erfolg be-
gleitet, Werthern sandte mir vollgültige Beweise für
das, was ich nur als Vermuthung ausgesprochen hatte.
Sie bestehen in vidimirten, mit Stempel versehenen
Auszügen aus Bestellbriefen Karl’s V. und Philipp’s II.
von Spanien im Archive zu Simancas.
Diese Mittheilung-en waren für mich von höchster
Wichtigkeit; es zeigte sich, dass diese spanischen
Bestellungen an bedeutende deutsche Meister, vorzüg-
lich in München, Augsburg und Landshut gelangten,
die bei uns noch nicht, oder doch noch viel zu wenig
bekannt waren. Aber leider sind sie bei diesen Be-
stellungen manchmal nur mit den Vornamen genannt,
wie Meister Peter in München, Meister Hans in Augs-
burg u. A. Unter den bekannten steht obenan Desi-
derius Colmann in Augsburg. Karl V. schickte einen
Kavalier zu diesem, um ihn zu bewegen, dass er nach
Madrid ziehe ; der Meister erklärte , er könne dies
nicht, habe Familie, sei auch mit Aufträgen hoher
252
Herren so überhäuft, dass er dieselben unter zwei
Jahren nicht befriedigen könne, er wünsche aber, dass
ihm der Kaiser das genaue Mass seines Körpers, be-
sonders des Fusses, zukommen lasse, er hoffe als-
dann für ihn einen Prachtharnisch herzustellen, an
welchem die Majestät Wohlgefallen haben werde.
Ausser diesem arbeiteten für verschiedene hohe Herren
Georg Sigman, (aurifex), Thomas Rücker, letzterem
stellte Kaiser Rudolf II. einen Wappenbrief aus, in
welchem er ihm grosses Lob spendet , ihn den Gott
der Schmiede nennt und ihm daher den Vulkan in
das Wappen gibt. Dieser Originalwappenbrief mit
Unterschrift des Kaisers befindet sich im bayerischen
Nationalmuseum zu München.
In Folge dieser Mittheilungen des Herrn von
Werthern liess ich später eine zweite vermehrte Auf-
lage in grösserem Format erscheinen unter dem Titel :
„Originalzeichnungen deutscher Meister des 16. Jahr-
hunderts zu Kunstwerken für Könige von Frankreich,
Spanien und anderen Fürsten. Frankfurt a. M., Heinrich
Keller, 1889.“
Schon nach meiner ersten Aullage, erhielt Freiherr
von Werthern die Stelle als preussischer Gesandte in
München und war mir von da an während der 22
Jahre, in welchen er diese Stelle inne hatte, ein auf-
richtiger, wohlwollender Freund, der mir bei manchen
frohen wie schmerzlichen Ereignissen des Lebens theil-
nehmend zur Seite stand. Auch später nach seinem
Rücktritte, als er sich auf seinem Gute und Schloss
Beichlingen in Thüringen aufhielt, ist er mir ein treuer
Freund geblieben, starb aber daselbst zu meinem
253
grossen Schmerz am 2. Februar 1895, nachdem er
mich noch kurz vorher in München besucht hatte.
Ebenso freundschaftlich gesinnt war er meinem Col-
legen in der Akademie der Wissenschaften, dem be-
rühmten Historiker Ferdinand Gregorovius, dessen
Asche er in einer Nische der Schlosskirche zu Beich-
lingen beisetzen und mit einer Platte von Solen-
hofener Stein versehen liess, auf der sich folgende von
Robert- tornovv, dem inzwischen ebenfalls verstorbenen
Privatbibliothekar des Kaisers, verfasste Inschrift be-
findet: „Hier ruht, was sterblich war an Ferdinand
Gregorovius, deutschem Geschichtsschi eiber, Bürger
der Stadt Rom, p-eboren am 19. fanuar 1821, f am
1. Mai 1891.“
Als Vorstand des k. Kupferstichkabinets wäre
ich für mein ganzes Leben zufrieden gewesen, denn
obschon mir die Pflege der vernachlässigten Anstalt
viele Arbeit verursachte , stand mir auch viel Material
zu Gebote, um meine Kunststudien fortzusetzen ; auch
beschäftigte mich gerade damals der erste Band
meiner „Ornamentik der Schmiedekunst des Mittel-
alters“ und der Beginn der „Kunstkammer des Fürsten
Karl Anton von Hohenzollern.“ Es konnte mir incless
nicht genügen , dass das Publikum nur die Mappen
mit den Werken jener Meister vorgelegt erhielt, nach
welchen es mit deren Namen verlangte, denn in den
meisten Fällen kannte es nicht einmal diese Namen
und hatte ;o der Regel nur Verlangen nach Dar-
stellungen bestimmter Gegenstände oder solcher aus
gewissen Zeitperioden. Um daher Anhaltspunkte für
bedeutende Meister oder Kunstperioden vor Augen
254
zu stellen, traf ich eine Auswahl von Blättern der
hervorragendsten Meister und zwar nur jener, welche
man peintres graveurs nennt, d. h. welche nach eigenen
Erfindungen gestochen , radirt oder in Holz ge-
schnitten hatten ; diese stellte ich unter 42 grossen
Glastafeln, mit den Namen der Meister und Jahrzahlen
versehen, in chronologischer Reihenfolge auf, begin-
nend mit den Incunabulen des Holzschnittes aus Tegern-
see von ungefähr 1380, welche daselbst die Mönche
gefertigt hatten, und schliessend mit den geistreichen
Radirungen des Adam Klein aus Nürnberg (geb. 1/92,
j- 1875).*) Gerne hätte ich auch eine chronologische
Uebersicht von Werken der vorzüglichsten Kupfer-
stecher hergestellt, welche nicht nach eigener Erfind-
ung sondern nach den grössten Meistern, wie Rafael,
Rubens etc., gestochen haben, allein dazu war kein
Raum vorhanden.
Von meinen Anschaffungen erwähne ich hier nur
folgende, weil diese, abgesehen von der Kunst, be-
sonderen Werth für Geschichtstudium besitzen und
weil damit meine Fachgenossen und Künstler darauf
aufmerksam gemacht werden.
Für das Ilandzeichnungskabinet erwarb ich
u. A. eine grosse Aquarellmalerei von Jost Amman,
das Turnier (Gesellenstechen) der Nürnberger Patri-
cier vom Jahre 1561. Sie war gestiftet als ewiges
Andenken für das Rathhaus. Ich habe sie von
dem Antiquar Schreiber in Nürnberg für 100 Gulden
gekauft. Dieses reichhaltige Gemälde ist nicht nur
*) Vergl. Jahn, C. Das Werk von Adam Klein. München
1863. 8°.
255
für die deutsche Geschichte im Allgemeinen, sondern
auch insbesondere für jene Nürnberg’s und dessen
Patricierfamilien, wovon die Meisten noch existiren,
wie für das Volksleben selbst von grossem Werthe.
Bis dahin fand ich noch kein Bildwerk, das in so
sprechender Weise alle Einzelheiten der Turniere
und des „Gesellenstechens“ vor Augen stellt. Jost
Amman, (geb. 1539), dem wir so viel wie keinem
anderen Meister an Darstellungen des Volkslebens jener
Zeit zu verdanken haben , zog im Jahre 1560 von Zürich
nach Nürnberg, wo er 1591 starb. Wenige Jahre
nach seiner Niederlassung daselbst trat er in Verbind-
ung mit dem rührigen Frankfurter Buchhändler Sig-
mund Feyerabend, in dessen Verlag eine Menge Holz-
schnittwerke erschienen sind, zu denen der ungemein
vielseitige und schöpferische Künstler die Zeichnungen
geliefert hatte.*)
Auf dem breiten schwarzen Rahmen des genannten
O
Aquarellgemäldes steht mit goldenen Buchstaben ge-
schrieben: „Den Tritten Martij als da war, fünfzen-
hundert sechzig einjar, Ein löbliche geselschafft hatt,
Solch gstech gehalten in der statt , Nürenberg auf
*) Becker, C., Jobst Amman, Zeichner und F’ormschneider,
Kupferätzer und Stecher. Leipzig 1854. 8°. — Andresen , Andreas.
Der deutsche Peintre-Graveur oder die deutschen Maler als Kupfer-
stecher nach ihrem Leben und ihren Werken. Bd. 1. Leipzig 1864.
8° Seite 99 — 448. — Hefner-Alteneck, J. H. von. Ueber den Maler.
Kupferstecher und Formschneider Jost Amman. In den Sitzungs-
berichten der k. bayer. Ac.ademie der Wissenschaften , Historische
Klasse. Sitzung vom 2. März 1878. — Pallmann, Heinrich. Sig-
mund Feyerabend. Sein Leben und seine geschäftlichen Verbind-
ungen. Frankfurt a. M. 1881. 8°.
256
dem markt so frey, Wie es hie Conterfet da bey
Gewesen sein volgende gschlecht, wurde erkent also
zu recht, Das den danck erlangt lobesan, Moritz
fi'irer der kühne man , Die andern Stecher waren die,
Philip Geuder vnd sunst alhie, Matthes Löffelholtz,
ChristoffScheurl, EndresSchmittmer, Balthasar Christoff
Gugel. Philip Lux Wilhelm Trauer. Wie nun das
gstech volent und aus, Ward gehalten auf dem Rat-
hauss Ein herrlicher ehrlicher Tantz , Zuvor hat ghabt
den gsellen krantz, Gabriel Baumgartner, den er Auf-
setzt dem Gabriel Tücher. Solch Ritterspiel durch
die genent, Ist so in lob vnd freudt vollent.“
I fiesem Stücke , sowohl nach Entstehungszeit als
auch dem Gegenstand nach ganz entgegengesetzt,
jedoch ebenfalls historisch wichtig, ei warb ich für das
Handzeichnungskabinet eine grosse Sammlung der Ori-
ginalaufnahmen, welche der berühmte Schlachtenmaler
Albrecht Adam während der napoleonischen Kriege
auf den Schlachtfeldern hergestellt hatte.
Von den Stichen, die ich ebenfalls mit besonderer
Rücksicht auf den historischen Werth für das Kabinet
anschaffte, nenne ich nur das Holzschnittwerk des
Melchior Lorch*) (1527 — nach 1590), das uns zuerst
eine richtige und vielseitige Vorstellung der Sitten,
Trachten und Gebräuche in der Türkei verschafft.
Ferner erwarb ich die, einer ganz anderen Richtung
angehörigen Stiche und Radirungen des Johann Esaias
Nilson aus Augsburg (1721 — 1788). Eine Zusammen-
*) Vergl. meinen Vortrag über diesen Künstler in der histori-
schen Classe der k. bayer. Akademie der Wissenschaften. Sitzung
vom 5. Februar 1876.
Stellung der Werke dieses Meisters mit jenen des
Daniel Chodowiecki (1/26 — -1801), die schon reichlich
in dem Kabinete vertreten waren, geben eine genaue
Vorstellung des Lebens und der Geschmacksrichtung
des 18. Jahrhunderts in Deutschland.
Als ich i. J. 1868 diese mir liebgewordene Stelle
in Folge einer Beförderung verlassen musste, schied
ich nicht gern von ihr, weil ich meinem Nachfolger
noch viele Arbeit hinterlassen musste und weil ich
während meiner Amtstätigkeit und auch schon früher
an solchen Kabineten des Auslands erkannt hatte,
wie ungemein wichtig eine derartige Sammlung für
das Studium und für die Pflege der Kunst ist.
Die übliche Bezeichnung Kupferstich- und Hand-
zeichnungs-Kabinet, noch aus den Zeiten herstammend,
wo Fürsten sich solche Sammlungen ebenso wie Curiosi-
täten- und Raritätenkabinete anlegten, aus denen zum
Theil unsere Museen entstanden sind, diese Bezeich-
nung deckt durchaus nicht den Begriff, der damit
verbunden werden muss. Denn, wie Bibliotheken die
Sammelstätten wissenschaftlicher Hilfsmittel und da-
durch die Fundgruben für Arbeiten der Wissenschaft
sind, so sollen und müssen es die Kupferstichkabinete,
oder, wie man sie vielleicht besser nennen könnte,
die graphischen Museen, für Arbeiten der Kunst sein.
In ihnen muss der Künstler, der Kunstforscher
und Kunstliebhaber alles das vereinigt finden können,
wenn auch nicht in Originalen, so doch in guten
Nachbildungen, was die verschiedenen Kunstperioden
hervorgebracht haben. Dazu gehört aber auch das
Kunstgewerbe, denn dieses ist, wie schon mehrfach
17
258
erwähnt, durchaus nicht von der bildenden Kunst im
engeren Sinne zu trennen. Haben ja doch die grössten
Meister ihrer Zeit, ein Rafael, Dürer und Holbein,
wie auch hervorragende Künstler der Neuzeit, unter
welchen ich nur Moritz von Schwind nennen möchte,
sich nicht gescheut, für das Gewerbe zu arbeiten und
damit für Verbreitung des Schönheitssinnes im Volke
beizutragen.
Und gerade in der Gegenwart , in der das Kunst-
gewerbe eine so bedeutende Stellung bei allen Völkern
einnimmt, darf kein Kupferstichkabinet sich dessen
entziehen wollen.
Eine eben so grosse Bedeutung haben aber auch
die Kupferstichkabinete für das Studium der Kultur-
geschichte, das jetzt ein allgemeines Bedürfniss der
ganzen gebildeten Welt geworden ist, weil in ihnen
das wichtigste und reichhaltigste Material dazu ruht.
XXXIV. Künstlerfest in Weimar.
Im fahre 1863 veranstalteten der Grossherzog von
Sachsen- Weimar und dessen Gemahlin einen Kongress
der deutschen Kunstgenossenschaften in Weimar und
scheuten keine Opfer und Mühen, die Sache recht
glänzend zu gestalten. Gerade um diese Zeit fand
unerwartet der bekannte Fürstenkongress in Frankfurt
a. M. statt, der Grossherzog musste dahin reisen; es
ruhte daher das Protektorat, das Ordnen des Geschäfts-
ganges, der vielen grossartigen, sinnigen F'este und
Feierlichkeiten in Weimar, wie hernach auf der Wart-
burg allein auf der Frau Grossherzogin.
259
Unter den Künstlern von nahe und ferne traf ich
manche alte Freunde und Bekannte ; auch wurde mir
freundliche Aufnahme zutheil, besonders in dem
Ilause des Grafen Kalkreuth , des damaligen Direktors
der Kunstschule zu Weimar. Als wir am 6. Tag in
Eisenach ankamen und in festlichem Zuge zur reich-
geschmückten Wartburg den Berg hinanzogen,
empfingen uns Böllerschüsse. Die V ersammlung war
so zahlreich, dass sie den ganzen Burghof füllte.
Die Frau Grossherzogin erschien auf den Stufen,
welche zum Elisabethensaal führten, und begrüsste uns,
in freiem Vortrag mit weithin schallender Stimme,
mit poesievoller Ansprache, den Becher zum Will-
kommen der deutschen Künstler erhebend. Nachdem
auch der junge Erbprinz einige herzliche Worte im
Namen seines abwesenden Vaters gesprochen hatte,
begab sich die Gesellschaft in den Elisabethensaal
und in jene Räume der Burg, in denen bereits die
Wandgemälde von Moritz von Schwind und anderen
Künstlern vollendet waren. In dem Elisabethensaal,
in welchem der berühmte „Sängerkrieg“ einst statt-
gefunden hatte, wurden, in Anwesenheit der Frau
Grossherzogin, durch die vorzüglichsten Sänger und
Musiker deutsch-patriotische Lieder vorgetragen. Nach
dem, was ich bereits über die früheren Eindrücke
meiner Jugend mitgetheilt habe und dem, was gerade
um diese Zeit unser Hoffen für das deutsche Vater-
land aufs Neue belebte , kann man sich wohl denken,
welche Gefühle mich in diesen Momenten überwäl-
tigten. In gehobenster Stimmung begaben wir uns in
das wundervolle Helenenthal, wo in buntem Wechsel
17*
260
für Unterhaltungen der verschiedensten Art, Theater,
Tanz, Maskeraden etc. gesorgt war.
Als die Festlichkeiten vorüber waren, und ich
mich auf der Rückreise noch einen Tag in Weimar
aufhalten wollte, wurde ich von der Frau Gross-
herzogin nach ihrem Sommeraufenthalt Wilhelmsthal
zur Tafel geladen und traf sie daselbst, nach allen
jenen Anstrengungen, im Kreise ihrer Familie in
heiterer Stimmung. Ihre Mittheilungen bewegten sich be-
sonders auf dem Gebiete der vaterländischen Geschichte
und Kunst ; sie hörte mit Interesse auf das , was ich
in dieser Richtung mittheilen konnte. Als ich Wil-
helmsthal verliess, sprach die hohe Dame den Wunsch
aus, dass ich auf dem Rückweg nach Weimar die
Wartburg nochmals besuche und daselbst auch die
einzelnen Gemächer besichtige, die bei jenem Feste
nicht zugänglich sein konnten und die kurz vorher
von dem sehr geschickten Dekorationsmaler Weiter
aus Köln ausgemalt waren. Ich traf daselbst wieder
meinen Freund von Arnswald. Wiewohl derselbe nach
jenen Festlichkeiten sehr ruhebedürftig war, zeigte er
mir doch wieder in lebhaftester Weise die grösste
Theilnahme. Als ich die kleineren Gemächer und
das Lutherstübchen wieder betrat, gedachte ich eines
Ereignisses, das mich kurz vorher betroffen hatte
und das ich hier folgen lasse, da ich Arnswald nur
Einiges davon mittheilte, was für die Wartburg nicht
ohne Bedeutung blieb.
In Nürnberg auf dem Egydienplatz stand das
alte Patricierhaus der Imhoff, es war, wie ich noch
aus Ueberresten ersehen konnte, in seinem Innern
261
eine Perle feinen Geschmacks aus der Zeit der spä-
teren Gothik.
Zur Geschichte dieses Hauses und seiner ehe-
maligen Bewohner sei Folgendes erwähnt. Eine Tochter
des Willibald Pirkheimer Felicitas heirathete den Johann
Imhoff, welcher bald starb. Die Pirkheimerin blieb
im Besitze des Hauses und heirathete später den
Hans Kleeberger, der früher in Diensten der Imhoff
gestanden und sich später in Lyon niedergelassen
hatte. Bald nach seiner Verheirathung wollte er wieder
dahin zurückkehren, wogegen sich indess sein Schwieger-
vater erklärte. Als aber Felicitas im Jahre 1530 starb,
ging Kleeberger nach Lyon zurück, erwarb sich dort
ein grosses Vermögen und ward einer der ersten
Finanzmänner des 16. Jahrhunderts. Er stiftete viel
Gutes, so dass man ihn „le bon allemand“ nannte,
mit welchem Namen man ihm daselbst auch einen
Grabstein gesetzt haben soll.
In jenem Imhoff’schen Hause war ein grosser Saal,
daran anstossend ein kleines Gemach durchaus von Holz-
vertäfelung und Schnitzwerk, in der Breite nur zwei,
in der Länge vier Meter, auf der einen Schmalseite
das einzige Fenster, auf der entgegengesetzten eine
eiserne Thüre mit zierlichen gothischen Bändern kreuz-
weis beschlagen ; ausserhalb derselben führte eine
steinerne Wendeltreppe hinab in die Hauskapelle, welche
in der Höhe zwei Stockwerke durchragte ; auf der
einen Langseite führte aus dem grossen Saal in dieses
kleine Gemach eine Thüre, deren vorspringende
Umfassung mit gothischer Profilirung oben in einen
sogenannten Eselsrückenbogen mit Krappen und
262
Giebel- oder Kreuzblume abschloss. Das Schloss
und die Bänder dieser Thüre waren, wie alle Eisen-
arbeiten des ganzen Hauses, meisterhaft ausgeführt.
Der Holzplafond dieses Stübchens bestand in einem
Netzgewölbe, mit zierlich gothisch prölilirten, sich
durchstossenden, Rippen. Die Holzwände waren oben
ringsum in Abwechslung mit fein geschnitztem Mass-
werk abgegrenzt.
Dass Pirkheimer sich oft in diesem Gemach auf-
gehalten hatte, wohl um darin ungestört zu arbeiten,
geht daraus hervor, dass in dem kleinen Raum, zwischen
jener Eisenthüre und der Wendeltreppe, um die Mitte
des 18. Jahrhunderts ein vermauerter Schrank aufge-
funden wurde,*) in welchem sich Schriftstücke von Pirk-
heimer, wie Correspondenzen mit Kaiser Maximilian I.,
Rechtsgutachten, Briefe von Albrecht Dürer etc. be-
fanden. Im Jahre 1781 veröffentlichte Christoph Gott-
lieb von Murr die Briefe Dürer’s aus Venedig an Pirk-
heimer.**) Dass Pirkheimer dieses Stübchen bewohnt
hat, wurde aber noch mehr dadurch bestätigt, dass
auf beiden Seiten des Arbeitstisches, der früher am
Fenster stand, verschiedene Dinge aus dem Besitz
Pirkheimer’s zum Vorschein kamen, wie Notizen-
*) Aufgefunden von dem kurfürstlich bayerischen Geheimen
Rath und Senator Christoph Joachim von Haller, dem durch
Heirath mit einer Imhoff dieses Haus zugefallen war. Im Jahre
1861 wurden die Briefe Dürer’s von der Familie Haller an die
Stadt Nürnberg verkauft. Vergl. Dürer’s schriftlicher Nachlass
herausgegeben von K. Lange und F. Fuhse. Halle 1893. 8°. Seite 18.
**) In dessen Journal zur Kunstgeschichte und zur allge-
meinen Literatur. Bd. X. Später in Campe, Dürer Reliquien,
Nürnberg 1828. 16° und in Lange und Fuhse wieder abgedruckt.
263
Blätter, Adressen, Schreib- und Zeichenfedern, meh-
rere, nach damaliger Art in Leder gefasste, Brillen
u. s. w. Diese Dinge steckte* zweifellos Pirkheimer
hinter den Vorsprung einer Vertäfelung, wo sie hinab-
rutschten und nicht wieder in die Hände des Be-
sitzers kamen.
Im Jahre 1860 kaufte ein Porzellanhändler dieses
Imhoff’sche Haus, der es für seine Zwecke umbauen
und jenes Stübchen herausreissen Hess. Schreiner
wollten das Holz davon kaufen, um gothische Möbel
daraus zu machen. Da kaufte es noch im letzten
Moment der schon genannte Kunsthändler Geuder,
um es zu retten. Auf mein Ersuchen bot er es in
München Aretin für das Nationalmuseum an, der es
aber nicht nahm, ungeachtet alles meines Zuredens;
worauf ich es erwarb, ohne zu wissen, wo ich es
unterbringen könne.
Nachdem ich es in allen seinen Theilen wieder
hatte zusammensetzen lassen, wünschte es Fürst Karl
Anton von Hohenzollern zu erwerben, gleich darauf
auch die Frau Grossherzogin von Sachsen- Weimar.
Ersterer verzichtete darauf , aus Rücksicht für die
Frau Grossherzogin, welche beabsichtigte, ihren Ge-
mahl auf Weihnachten damit zu überraschen. Es
wurde auf der Wartburg neben dem berühmten
Lutherstübchen aufgestellt, wo es von Besuchern oft
bewundert wird.
XXXV. Tod des Königs Max II. und
sein Nachfolger Ludwig II.
AF wir uns am Abend des 9. März 1864 :o der
„Zwanglosen Gesellschaft" heiter unterhielten, traf
die Nachricht ein, König Max sei plötzlich schwer
erkrankt. Wir alle eilten in die Residenz, wo schon
Viele in bangen Sorgen auf nähere Nachricht harrten.
Am nächsten Morgen waren die Räume der Residenz
bis in das Vorzimmer des Königs mit Menschen aus
allen Ständen angefüllt, von Viertelstunde zu Viertel-
stunde trat Graf Moy aus dem Zimmer des Königs,
um Nachricht zu bringen, welche immer schlimmer
lautete ; zuletzt sprach er unter Thränen die Worte :
„Der gute König ist verschieden.“ Lauter Jammer
ertönte durch alle Räume.
Ganz Bayern trauerte um das Ilinscheiden dieses
Königs. Auch ich war tief ergriffen, verlor ich doch
überdies den hochherzigen Schirmherrn meines Wirkens
und Ärbeitens für das Nationalmuseum zu München,
wie auch direkt und indirekt für mein übriges Schaffen.
Ludwig II. bestieg 18 Jahre alt am 10. März 1864
den Thron. Alle, die den jugendlichen Monarchen
kennen lernten, rühmten sein einnehmendes Wesen,
seine rasche geistige Auffassung, das gründliche Er-
wägen ihn interessirender Angelegenheiten mannig-
faltiger Art. Unerwartet konnte ich mich selbst
von der Richtigkeit der letzteren Behauptung über-
zeugen. Der König liess im Spätherbst 1867 von
Hohenschwangau aus durch den Kabinetschef , Herrn
von Lipowsky, der mir gleich Herrn von Eisenhart,
dem damaligen zweiten Kabinets-Sekretär , in Folge
meines Wirkens freundschaftlich zugethan war, folgende
von selbständigem , ernstem Denken zeugende Fragen
an mich ergehen :
„Ist das, was man in der Kunst Stil nennt, aus
der Eigenthiimlichkeit, Phantasie und Erfindung eines
Künstlers hervorgegangen, oder aus dem Geiste einer
Zeitperiode, eines Volkes, oder aus den materiellen
Bedürfnissen der Völker ? Hat man schon in den
verschiedenen Jahrhunderten Namen für solche Stil-
arten gekannt ? Woher entstanden die Namen byzan-
tinisch, romanisch, gothisch, Renaissance, Rokoko etc.?“
Ich beantwortete diese Fragen so gut als ich im
Stande war. Darauf erhielt ich durch Lipowsky ein
Schreiben im Namen des Königs äusserst huldvoll,
anerkennend und ehrend ; er liess mir darin sagen,
dass er mir in München noch selbst seinen Dank aus-
sprechen werde und einstweilen als Zeichen seiner
besonderen Iluld und Gnade sein Bildniss sende, das-
selbe stellt ihn in ganzer Figur und in dem Ornat
als Grossmeister des Georgenordens dar.
An der Aufrichtigkeit dieser Worte konnte ich nicht
zweifeln , doch musste ich annehmen , dass dieses jugend-
liche Feuer auch bald wieder gedämpft werde. Es war
aber nicht so. Während der König noch einige Zeit in
Hohenschwangau verweilte, richtete er noch öfter solche
Fragen an mich, er liess sich einige meiner Werke
von der Hof- und Staatsbibliothek schicken und mir
wieder, nach deren genauer Durchsicht, viel Aner-
kennendes darüber schreiben. Ich musste auch noch
viele Werke über Architektur, Kostüme, Volksleben
etc. besorgen. Vorzüglich sprach ihn das Werk von
Jakob von Falke „Deutsche Trachten und Modenwelt“
sehr an; wie man mir schrieb, verweilte er fünf Stun-
den dabei. Ganz besonderes Wohlgefallen hatte er
266
ferner an dem grossen Kupferstich von Edouard Girardet
nach Leon Geronie, darstellend Louis XIV. an der
Tafel mit Meliere allein sitzend, auf beiden Seiten
die Grossen des Reiches stehend , welche der König
höhnisch anblickt. Als ich diesen Stich auf Verlangen
zum drittenmal zuschickte, öffnete er die Rolle in
solcher Hast, dass er ihn mitten entzwei riss.
Ob der König in Hohenschwangau oder in Mün-
chen weilte, stets musste ich ihm ausserordentlich viel
Material senden und, obgleich das meine Schuldigkeit
war, niemals blieb der schönste Dank aus. Einmal
liess der König sagen, nach einer Beschreibung habe
Louis XIV. in der Jugend eine Bettstelle besessen,
umgeben von vielen Göttern Griechenlands , und wenn
sich der Baldachin des Morgens öffnete, seien darüber
in Wolken Venus, Apollo, Diana u. s. w. erschienen.
Was so beschrieben sei, habe auch existirt, und sei
auch in Kupfer gestochen worden ; ich hätte bisher
alles der Art verschafft, und würde daher auch das
auffinden. Mit Bedauern erwiderte ich, niemals etwas
davon gehört oder gesehen zu haben. Die Antwort
lautete wieder, ich hätte bis dahin alles gefunden, so
würde ich auch das finden. Schon nach 8 Tagen
kam die Anfrage, ob ich noch nichts gefunden. Ich
musste wieder mit „noch nicht“ antworten, all’ mein
Nachforschen war vergebens. Nach drei Wochen
erfolgte abermals dieselbe Anfrage; dann glaubte ich,
dass die Sache vergessen sei, aber nach einem Jahre
wurde die Frage nochmals gestellt.
267
XXXVI. General-Conservator der Kunstdenk-
male und Alterthümer Bayerns.
Als der König wieder nach München zurückge-
kehrt war, erhielt ich am 27- Januar 1868 das Dekret
als „General-Conservator der Kunstdenkmale und Alter-
thümer Bayerns.“ Das Wort „General“ setzte der
König nur als Ausdruck besonderen Wohlwollens für
meine Person voraus, wiewohl es bei gleichen Stellen
des Auslandes bis dahin nicht vorkam.
Ich erbat mir eine Audienz, um der Majestät
meinen Dank auszusprechen. Als ich vor derselben
stand, begann der König, ehe ich sprechen konnte,
mit den Worten : „Ich wollte Sie nicht eher sehen, als
bis Ich Meinen Dank nicht nur mit Worten, sondern
durch eine That aussprechen konnte; es freut Mich
in Ihnen den rechten Mann für die rechte Stelle ge-
funden zu haben.“ Darauf kam er auf meine Arbeiten,
die Kunstschätze Bayerns und auf die Baudenkmale
zu sprechen, und stellte die Frage: „Wen halten Sie
jetzt für den besten Baumeister?“ — Als ich sagte:
„Ich glaube, dass ihn Eure Majestät bereits gefunden
haben“, sprach er: „Ich weiss, wen Sie meinen. Ich
schätze sehr seine Kunst, allein Ich habe Mich näher
nach ihm erkundigt, nennen .Sie Mir den Namen nicht
mehr.“ Das überraschte mich sehr.
Zur Erklärung dieser Worte des Königs diene
Folgendes: Nicht lange vor jener Audienz war ich in
Zürich, um meinen Sohn Friedrich zu besuchen, der
dort auf dem Polytechnikum studirte, an welchem
auch Gottfried Semper Professor war. Bei einem
Besuch zeigte dieser mir das grosse Modell zu dem
Wagnertheater, wie zu der dazu führenden projek-
tirten neuen Strasse und den dazu gehörigen Plänen,
was er alles bereits im Auftrag unseres Königs
angefertigt hatte. Er erkundigte sich auch nach
den Verhältnissen in München, äusserte grosse Freude
darüber, dass ihn der König so viel Vertrauen
geschenkt und sagte: „Ich weiss wohl, dass ich
nach meiner Vergangenheit keine Stelle in Bayern
erhalten werde, aber es ist für mich genug, dass mir
der König schon so manche schöne Aufträge zuge-
dacht hat.“ Umsomehr war ich durch jene Worte
der Majestät überrrascht. Später erfuhr ich, dass
Semper sich vielfach darüber aussprach, wie sein
Freund Richard Wagner ihn bei dem König einge-
führt und empfohlen habe, dass aber, als der Fürst
zu viel Wohlgefallen an Semper’s Arbeiten gefunden
hatte, und zu besorgen war, er würde die Architektur
der Musik vorziehen, sein Freund Wagner ihn bei
dem König in die Tinte gesetzt hätte. Wie man
mir sagte, soll Semper darauf Bezug habende Briefe
von Wagner vorgezeigt haben.
.Bald nachdem ich die Stelle eines Generalcon-
servators erhalten hatte, wurde ich vom König auf-
gefordert, über gar vieles, das in mein Fach ein-
schlug, zu berichten. Mit meinen Antworten war er
stets zufrieden, und ich staunte dabei über das klare
Denken des Königs.
Vorerst brachte mir diese neue Stelle keine wesent-
liche Veränderung, da ich nach wie vor die Ver-
waltung des königlichen Kupferstichkabinets hatte und
dabei nur mit mehr Eifer das Aufsuchen und Auf-
269
zeichnen von Denkmalen, die im Lande zerstreut
lagen, verfolgte. Der König hatte auch noch so
manche Wünsche, die ich stets mit Freuden erfüllte.
Einigemale schickte er mir prachtvolle Kleinodien,
bestehend in schönen Emailgemälden, geschmackvoll
in Gold und Edelsteinen gefasst, zur Ansicht. Wie
mir später Ivabinetschef Düfflipp mittheilte, war dies
eine besondere Auszeichnung, da es Dinge waren,
an welchen der König besonderes Wohlgefallen hatte,
weil sie nach seiner eigenen Idee in gelungener Weise
ausgeführt waren.
Ich erwähnte bereits Manches von glücklichen,
wie von unglücklicken Erfolgen meiner Bemühungen
um Erhaltung der Kunstdenkmale, dem will ich noch
Folgendes hinzufügen.
Das erste, was ich als definitiver „Generalconser-
vator“ unternahm, war, dass ich mich nach meiner
Vaterstadt Aschaffenburg begab, um Vorschläge zu
machen, nach welchen das alte Herstallthor, des
grösseren Verkehres wegen, nicht niedergerissen werden
müsse.
Zwischen zwei vorgerückten kleinen runden Thür-
men führte eine Brücke über den ehemaligen Stadt-
graben durch das Thor eines breiten viereckigen
Thurmes der Stadtmauer, der zur Vertheidigung be-
stimmt war. Das frische Grün der Linden und sonst-
iger Bäume, welches das graue Gemäuer allenthalben
umspielte, erhöhte den malerischen, wie poetischen
Werth des Ganzen. Dieses Bild einer nie wieder-
kehrenden Vergangenheit im Gegensatz zu der sich
stets erneuernden Natur machte auf mich in meinen
270
frühen und auch noch in späteren Jahren tiefen E:n-
druck, wie auf alle Menschen, welche nur einigen
Sinn für das Schöne und Malerische hatten.
Nachdem ich die nöthigen Masse genommen, war
mir es leicht, einen Plan herzustellen, nach welchem
eine zweite einfache Brücke dicht daneben zur Ein-
fahrt dienen und alles Bestehende zur Ausfahrt bleiben
konnte. Man hatte bereits an anderen Orten, wo grös-
sere Schwierigkeiten vorhanden waren, solche Auf-
gaben gelöst, wie z. B. bei der Durchfahrt des alten
Rathhausthurmes zu München. Sogar bei neuen An-
lagen von Thoren , besonders bei Eisenbahnbrücken,
hat man schon der grösseren Sicherheit wegen für
getrennte Ein- und Ausfahrt gesorgt.
Bald nach mir kam auch der königliche Ober-
hofgartendirektor von Effner zu gleichem Zweck und
vorzüglich im Interesse der Gartenanlage des „Schönen-
thals“ nach Aschaffenburg. Ohne, dass er von mei-
nem Plan etwas wusste, fertigte er auch einen solchen,
der ganz mit dem meinigen übereinstimmte.
Diese beiden Pläne, meine Bitten, alle Vorstel-
lungen, wie die ausgesprochenen Wünsche des da-
maligen Herrn Ministers von Gresser halfen nichts ;
es wurde nicht nur das Herstallthor, sondern auch,
mit den letzten Resten der alten Stadtmauern, der
hohe runde sogenannte „Hexenthurm“, der schon frühe
die Phantasie meiner Kindheit so sehr belebt hatte,
und der viereckige „Kostthunn“ niedergerissen; so-
nach schwand der letzte Rest der Abzeichen einer
alten Stadt, die Jahrhunderte hindurch in der deut-
schen Geschichte eine Rolle gespielt hatte. Es war
271
auch wohl nicht die Mehrzahl meiner Landsleute, welche
für solche Barbarei stimmte, aber traurig genug, dass
dieselbe von jenen überstimmt, vielmehr .überschrieen
wurde, die stets die Worte gebrauchen „Licht, Fort-
schritt, praktisches Leben etc.“, dabei für jedes höhere
Interesse der Menschheit keinen Sinn haben, und
nicht begreifen, dass die Pflege der geistigen Inter-
essen auch auf das materielle Leben rückwirkend ist.
Bei meinem Suchen nach Denkmalen in Regens-
burg unterstützten mich im Jahre 1868 besonders Haupt-
mann Woldemar Neumann und Hauptmann Weininger,
beide hatten sich in hohem Grade um die Geschichte
Regensburg’s verdient gemacht. Bei vielen Erwerb-
ungen für das Nationalmuseum waren sie mir sehr
förderlich, besonders bei den höchst interessanten
Grabsteinen der herrlichen, längst als Mauthhalle pro-
fanirten , Minoritenkirche. Ersterer führte mich nach
dem nahen Dechbetten, da stand ein breiter viereck-
iger Thurm aus dem 15. Jahrhundert, ehemals mit
einem Weiher umgeben, ein sogenanntes Weiherhaus.
Er befand sich früher im Besitze der alten Regens-
burger Patricierfamilie Paulsdorf und wurde im 16.
Jahrhundert eine Zeit lang während der Sommer-
monate von einer aus diesem Geschlechte stammenden
Aebtissin bewohnt. Dieser Thurm, verbunden mit
einem kleinen Landgut, kam in den Besitz eines Land-
manns und erhielt den Namen „der sinkende Thurm“,
da in seiner Umgebung Schilf und andere Wasser-
pflanzen immer höher wuchsen , was ihm den An -
schein gab, als wäre er in die Erde gesunken. Auch
erklärte man ihn als baufällig, wiewohl ich und mein
272 —
Begleiter sich überzeugten, dass er noch felsenfest
sei, trotzdem schon einmal der Blitz hineingeschlagen
hatte. Man suchte nur Gründe zum Niederreiss.en.
Dieser verlassen dastehende Thurm mit seiner
einfachen gothischen Ornamentik, umgeben von Men
sehen, die ihn nur als ein unnützes Ding hinweg-
wünschten, um auf diesem kleinen Raum Futter für
Menschen und Vieh zu pllanzen, machte auf mich
einen melancholischen Eindruck, ich fühlte mich wie
von einem Hauch mittelalterlicher Poesie angeweht
und das zwar in der profansten Umgebung.
Ich berichtete die Sachlage an das k. Ministerium
und führte Gründe an, aus welchen es sehr wünschens-
wertli sei, dass dieses interessante Denkmal erhalten
bleibe. Allein unter dem <30. Juli 1869 wurde mir
vom k. Ministerium eröffnet: „Nach geptlogenen Er-
hebungen hat der alte Thurm etc. zwar einigen künst-
lerischen, jedoch, nach dem Gutachten des historischen
Vereins der Oberpfalz, keinen sonderlichen historischen
Werth, und dieser seit langer Zeit schon schadhafte
Thurm ist nunmehr so baufällig geworden, dass seine
Einlegung in sicherheitspolizeilichem Interesse geboten
erscheint etc.“
So traf dieses schöne Werk das schon längst vor-
bereitete Loos, es wurde niedergerissen, wenn man
auch den zarten Ausdruck „Einlegen“ gebrauchte.
Nur gemeines Interesse hat dabei gesiegt.
Es musste mich besonders schmerzen, sogar am
historischen Verein keine Stütze zu finden. — Ich
möchte fragen, hat nur das historischen Werth, was
in einem Buch oder einer Urkunde geschrieben steht?
273
und nicht auch das, was durch Formen und Stil den
Charakter eines bestimmten Jahrhunderts an sich trägt
und dabei an eine alte verdienstvolle Familie erinnert?
Leider bin ich nicht dazu gekommen , die genaue
Abbildung, welche ich darnach herstellte, zu veröffent-
lichen. Dieser Thurm hatte ein Erdgeschoss, das als
Stiegenhaus und, im Falle der Noth, zur Vertheidigung
diente, und darüber ein Wohnzimmer, dessen Fenster
in Abwechslung gothisches Masswerk zeigten. Das
Dach, wie dessen vorspringende Fenster waren mit
grünglasirten Thonplatten gedeckt und hatten an allen
Kanten gothische Krappen und auf allen Dachspitzen
Giebel- oder Kreuzblumen. *)
Ein Jahr darauf hatte ich denselben Misserfolg
zu verzeichnen bei einem nicht minder werthvollen
Baudenkmal, obgleich ich zu einer gutachtlichen
Aeusserung vom Ministerium veranlasst worden war.
Ich wurde nämlich von dieser hohen Stelle beauf-
tragt, mich nach dem in Mittelfranken, nicht weit
von Langenzenn, gelegenen Orte Wilhermsdorf **) zu
begeben, um das dortige Schloss Burg-Milchling zu
untersuchen und darüber Bericht zu erstatten.
Auf der Hinreise besuchte ich das herrliche,
wichtige Cadolzburg mit dem Ilohenzollern-Schlosse,
ö O
*) Diese Thonarbeiten wären in der Sammlung mittelalter-
licher Dachbedeckungen des germanischen Museums von hohem
Werth gewesen.
**) Vergl. Wibel, Johann Christian. Historische Beschreib-
ung von Wilhermsdorff , darinnen von des Orts Nahmen, Lage,
Erbauung , Ab- und Aufnahme , Besitzern und andern Umständen
etc. zulängliche Nachricht gegeben wird. Nürnberg 1/42. 8°.
18
27 4
erbaut in seiner jetzigen Gestalt von dem Kur-
fürsten Friedrich I. von Brandenburg, dessen Wappen
und das seiner Gemahlin, der schönen Else von
Bayern, und seines Sohnes Albrecht Achilles an
der äusseren Schlossthormauer noch sichtbar sind.
Von beiden ersteren befanden sich dort auf einem
Altarbilde aus der dortigen Pfarrkirche werthvolle
Bildnisse, welches Gemälde einige fahre später von
der Kirchengemeinde Cadolzburg dem Kronprinzen
des deutschen Reiches, dem nachherigen Kaiser Fried-
rich, zum Geschenke gemacht wurde. Nicht weniger
als Cadolzburg interessirte mich auch Langenzenn
mit seiner damals noch wohlerhaltenen Stadtmauer,
seinen Thor- und Mauerthürmen, mit dem ehe-
maligen Augustinerkloster und der dreischiffigen
gothischen Kirche.
Das Schloss in Wilhermsdorf , die Burg Milchling,
eine sogenannte Wasserburg, d. h. eine in der Ebene
stehende, von allen Seiten mit Wasser umgebene und
dadurch in der Vertheidigung geschützte Burg, ge-
hörte ehedem dem Geschlechte der Herren von Wil-
hermsdorf, das im Jahre 1569 ausgestorben ist. Drei
fahre vor seinem Tode hatte der Letzte seines Namens,
Wolfgang von Wilhermsdorf, seine Besitzungen an die
aus I Iessen stammenden Herren Schutzbar (Schutzpere)
genannt Milchling verkauft, welche das 1560 abge-
brannte Schloss wieder aufbauten, es Burg Milchling
nannten und, als sie 1569 in den Freiherrnstand er-
hoben wurden, sich danach Freiherren von Milchling
schrieben. Nach ihrem Aussterben i. |. 1656 kam das
Schloss mit allem dazu Gehörigen in verschiedene
275
Ilände, bis es 1666 von dem Grafen Wolfgang Julius
von Hohenlohe erworben wurde, der es einige Jahre dar-
auf umbauen liess. Im Besitze der Familie I lohenlohe
blieb es lange Zeit; Ende vorigen Jahrhunderts er-
warb es die Familie von Wurster, nach deren Er-
löschen es in unserm Jahrhundert an den Staat fiel.
Ich erkannte bald, dass der Bau für die Ge-
schichte deutscher berühmter Geschlechter von be-
sonderem Werthe war, wie die darin befindlichen
Wappen und Gedenktafeln der Herren von Milchling,
der Grafen und Fürsten von Hohenlohe, von Styrum*)
u. s. w. bewiesen. Unter diesen Denksteinen fiel mir
besonders der einer Gräfin Hohenlohe, „Sophia Eleo-
nora, geb. Herzogin zu Schleswig-Holstein, Erbin von
Norwegen etc.“ auf. Es war dies die erste Gemahlin
des oben genannten Grafen Wolfgang Julius, General-
Feldmarschall, Obrister etc.
Ebenso sah ich aber auch, dass das Schloss
wahrhaft barbarisch behandelt wurde, was bei einem
werthvollen Staatsgut gewissenlos und unverantwort-
lich war. Es wurde an Bewohner der Umgegend ver-
miethet, welche Früchte, Ackergeräthe etc. darin aufbe-
wahrten, Holz darin klein machten, Thüren und
Fenster zerschlugen. Man sagte mir, der Miethertrag
sei 60 Gulden, der dafür angerichtete Schaden be-
trug reichlich das Zehnfache. Eingeschlagene Fenster-
scheiben wurden nicht mehr ersetzt, ganze Kreuz-
*) Von 1/66 — 69 hatte dort der prachtliebende Fürst Ferdi-
nand von Limburg-Styrum residirt. Vergl. Götz , Willi. Geo-
graphisch-historisches Handbuch von Bayern. II. Band. München
1898. 8n. Seite 405.
18*
27b
stocke mit alten Fensterscheiben wurden durch daran
gebundene Waschseile eingerissen und nicht mehr
vom Boden aufgehoben, ja nicht einmal die Fenster-
öffnungen gegen Regen und Schnee mit Brettern ge-
schlossen.
Es geschah aber noch Anderes, was den Mieths-
leuten nicht zur Last gelegt werden konnte. Wie
mir Augenzeugen versicherten , wurde wenige Jahre
vorher ein Wagen werthvoller Gobelins, die man
herausgerissen hatte, fortgeschafft, auch wurden viele
zierliche Schlösser von noch gut erhaltenen Tlniren
abgebrochen.
Es sollte zwar von Seiten des Staates jährlich
ein Beitrag zur Erhaltung des Schlosses verwendet
werden, doch scheint dies nicht ausgereicht zu haben,
denn in den vier Eckthürmen, den schwächsten Theilen
des Baues, konnte man den blauen Himmel durch
das Dach sehen, gerade an den Stellen, wo durch Ein-
dringen des Wassers die Baufällmkeit am meisten
herbeigeführt wurde.
Von den Bewohnern des Ortes wurde ich aufs
inständigste gebeten, dahin zu wirken, dass das Schloss
erhalten bleibe; mit seinem Verschwinden würde jedes
Ansehen und jede Bedeutung des Ortes verloren gehen;
überdies wisse man ja nicht, wie durch Veränderung
der Verhältnisse oder des Verkehrs noch ein Landsitz
oder ein Fabrikgebäude daraus gemacht werden könne.
Obgleich nun mein Bericht alles dies genau schil-
derte, und ich die eindringlichste Bitte um Erhaltung
des Schlosses stellte, da der Staat bei allen ähnlichen
Zerstörungen niemals gewonnen, sondern jedesmal
verloren habe, so war es doch vergebens, das denk-
würdige Schloss wurde dem Erdboden gleich gemacht.
Ich konnte nichts mehr davon retten, als die
Marmortafeln mit den erwähnten Namen und Wappen
der Besitzer, die sich im Ilofe des Schlosses befanden,
und die ich in dem Garten des Nationalmuseums in
die Mauer einsetzen Hess, ferner von der reichen
Ornamentik im Innern schöne einzelne Theile für die
Sammlung der Holzornamente des Museums und
ausserdem mehrere Werke der Schmiedekunst, darunter
ein kunstvolles Balkongitter.
XXXVII. Die Kunstgewerbemuseen zu Wien
und Berlin.
Der Gedanke, den ich von jeher als den leiten-
den bei Museen betrachtete, nämlich, dass sie Lehr-
anstalten zur Bildung des Geschmackes und Vorbilder-
Sammlungen für Gewerbetreibende sein müssten, tauchte
auch an anderen Orten auf und wurde dort zur That
umgewandelt.
Als Eitelberger von Edelberg- noch Professor der
Kunstgeschichte in Wien war, verweilte er einige
Male bei mir in München. Wir waren in so Vielem
gleicher Ansicht und beklagten gemeinschaftlich , dass
die vielen Kunstwerke unserer Vorfahren, wohl als
Kostbarkeiten aufbewahrt würden , jedoch noch zu
wenig Einfluss auf Kunst und Kunsthandwerk unserer
Tage ausübten.
Es fand nun im Jahre 1862 in London die zweite
Weltausstellung in den Räumen des Kensington-
278
Museums statt, bei welcher Eitelberger als Mitglied
der österreichischen Kommission für bildende Kunst
thätig war. Hier regte sich in ihm die Frage, woher
es komme, dass Oesterreichs Industrie in allem, was
Technik und die einschlagenden Wissenschaften an-
belange, von keinem andern Staat übertroffen sei,
jedoch in dem, was Geschmack und Stilisirung be-
treffe, den Werken Frankreichs und Englands weit
nachstehe.
Die Ursache davon erklärte Eitelberger in einem
gründlichen Gutachten dahin,*) dass in früheren Jahr-
hunderten Kunst und Handwerk stets verbunden waren,
und die Kunst von den Werkstätten ausgehend ein
Bedürfniss des Lebens wurde, während in unseren
Tagen Kunst und Kunsthandwerk, aus dem öffent-
lichen und bürgerlichen Leben zurückgezogen, fast
nur als Luxusartikel die Museen und Paläste der
Reichen zieren.
Kaiser Franz Joseph erkannte die Wahrheit dieser
Worte und gab durch ein Handbillet den Befehl ein
Kunstgewerbemuseum oder wie die officielle Bezeich-
nung lautete ein „Oesterreichisches Museum für Kunst
und Industrie“ zu errichten. Weil dazu aber noch kein
Bau vorhanden war, und der Kaiser die Sache als
dringend erachtete, stellte er vor der Hand das alte
kaiserliche Ballhaus zur Verfügung und ordnete an,
dass ausser den mustergültigen Werken, die zu solchen
Zwecken anzuschaffen seien , auch Kunstschätze des
kaiserlichen I Iauses und des Staates leihweise abgegeben
*) Vergl. Eitelberger von Edelberg, R. Gesammelte Kunst-
historisehe Schriften. Wien 18/9. 8°. Rand II. Seite 81 — 117-
270
werden, mit dem Bemerken, dass er mit Zuversicht
von dem bewährten Patriotismus der Gemeinden, ins-
besondere der Stadt Wien , des Adels und des übrigen
besitzenden Publikums erwarte, man werde in gleicher
W eise dem Museum geeignete Kunstwerke zeitweise
einverleiben.
Es wurde dieses Museum bald als praktische Lehr-
anstalt mit Kopirsaal, Fachbibliothek, Kupferstich-
sammlung etc. versehen. Dazu kamen eine Gipsgiesserei
und eine galvanoplastische und photographische Anstalt,
wodurch die besten Werke der verschiedenen Perioden
durch Reproductionen jeder Art als Vorbilder, wie
besonders als Anregung zum freien und selbstständigen
Schaffen, in alle betreffenden Lehranstalten und Werk-
stätten gelangen konnten.
Wenn es auch ausser Eitelberger schon Männer
gab, die ähnliche praktische Ideen anregten, so fehlte
es dabei doch meistens an dem Machtwort eines hohen
Herrn, das solchen Gedanken die Lebenskraft verlieh.
Einige Jahre später hat unser talentvoller und
nachher so unglücklicher König Ludwig II. die Nutz-
barmachung des Nationalmuseums für kunstgewerb-
liche Zwecke gleichfalls in einem Handschreiben be-
fohlen. Ich werde noch in ausführlicher Darstellung
darauf zurückkommen und wende mich nun zu der
Gründung des Kunstgewerbemuseums in Berlin.
Mit dem Jahre 1867 traten in Berlin Männer
zusammen, welche beschlossen, dahin zu wirken, dass
ausser den schon existirenden Museen noch ein solches
für Kunstgewerbe entstehe. Man dachte dabei , die
Sammlung, die schon früher Herr von Minutoli zu
280
Liegnitz in diesem Sinne zusammengebracht hatte, als
Grundlage zu erwerben. Mit dem Beginne des ge-
nannten Jahres wurde ich von Berlin aus ersucht, dem
Comite beizutreten, welches in Liegnitz die Sammlung
nach jeder Richtung hin prüfen und deren Werth be-
stimmen sollte. Ich traf am 16. April in Liegnitz ein;
das Comite bestand aus Gropius, Professor und
Landesbaumeister, Hermann Weiss, Maler und Pro-
fessor, Ehester, Fabrikbesitzer, Sussmann -Hellborn,
Bildhauer, Friedrich Mayer, Antiquar und mir, dem
einzigen , der nicht aus Berlin dazu gekommen war.
Die acht Tage, welche wir mit Untersuchung der
Sammlung, Austausch unserer Ansichten und Erfahr-
ungen zubrachten, waren für mich werlhvoll, belehr-
end und angenehm. • Wir konnten aber nicht unbe-
dingt für die Anschaffung der Sammlung stimmen, da
100000 Thaler dafür verlangt wurden. Ich erkannte
damals auch, mit welchem Glück und wie billig ich
für mich bis zum Jahre 1850, und, von da an,
für den Staat Kunstwerke und Alterthümer erworben
hatte.
Von Liegnitz reisten wir zusammen nach Berlin, um
daselbst über Gründung des jetzt in grosser Bltithe
stehenden Kunstgewerbemuseums zu berathen.
Obgleich ich die meisten meiner Freunde, welche
ich vor 17 Jahren dort getroffen hatte, nicht mehr an-
traf, fand ich doch auch jetzt wieder die freundlichste
Aufnahme. Bald nach meiner Rückkehr nach München
trat jenes Museum ins Leben. Man zeigte mir an,
aus welchen Männern sich die Vorstandschaft gebildet
hatte, es waren: der Herzog von Ratibor, Ministerial-
direktor von Delbrück, Professor Gropius, Geheimer
Rath Waagen, Assessor Lehfeld, Geheimer Rath
Wehrmann, Bildhauer Sussmann - Hellborn , Architekt
Grunow, Professor Reuleaux, Maler Ewald, Kommer-
zienrath Kuhnheim, Dr. Rosenthal und Dr. Schwabe.
XXXVIII. Ernennung zum Direktor des bayeri-
schen Nationalmuseums.
Bald darauf, im Jahr 1868 am 29. April, kam
von Berlin die Nachricht, dass Aretin daselbst plötz-
lich gestorben sei. Als dem König dieses berichtet
wurde, war derselbe sogleich entschlossen , mir dessen
Stelle zu übergeben. Wenige Tage darauf erhielt ich
das Decret.
Nachdem ich mein Amt als Direktor angetreten hatte,
wurde ein Comite des Generalconservatoriums berufen,
das aus den Herren Oberbaurath von Voit, Graf Pocci,
Baurath Denzinger, Direktor Essenwein, Graf Hundt
und Direktor Philipp Foltz bestand. Dessen erste und
letzte Zusammenkunft fand im Juli unter dem Vorsitze
des Herrn Ministers von Gresser und zweier Ministerial-
räthe statt.
In dieser Sitzung brachte ich in Vorlage, was
ich in diesen drei Monaten aufgefunden hatte, und
machte Vorschläge zur Erhaltung mancher Denkmale.
Gegen Schluss der Sitzung traf ein Kabinets-
schreiben ein, welches, durch Minister von Gresser
vorgelesen, alle Anwesenden in hohem Grade über-
raschte, es wurde mir darauf im Ministerialrescript
zugestellt, das ich hier folgen lasse, weil es für das
282
klare Verständniss des Monarchen Zeugniss gibt. Es
lautete :
„Seine Majestät haben dem unterfertigten k.
Staatsministerium Allerhöchst den Auftrag zu ertheilen
geruht, im Benehmen mit Fachmännern in reifliche Er-
wägung zu ziehen, in welcher Weise zur Vervielfältig-
ung der Schätze des bayerischen Nationalmuseums
und anderer Kunstsammlungen Münchens, durch Ab-
bildung und Abformung ein photographisches Institut
und eine Gipsgiesserei etwa in Verbindung mit dem
Nationalmuseum errichtet werden könnte, um hiedurch
die Sammlungen und ihre Schätze für das vaterländ-
ische Kunstgewerbe und die bayerische Industrie mög-
lichst nutzbar zu machen. Ebenso soll eine Fachbiblio-
thek in das Leben gerufen werden, in welcher tüch-
tige auf Kunst und Kunstindustrie bezügliche Bilder
und Druckwerke älterer und neuerer Zeit zu finden
sind. Die jüngst versammelte Commission für Erhalt-
ung der Kunstdenkmale und Alterthümer des Landes
hat unter Bezugnahme auf die in anderen Ländern
bereits bestehenden derartigen Einrichtungen die Er-
richtung solcher Anstalten auch für die bayerischen
Kunstsammlungen für höchst wünschenswerth erachtet
und sich für möglichst baldige Verwirklichung der
Allerhöchsten Absichten ausgesprochen. Da die be-
absichtigte photographische Anstalt und Gipsgiesserei,
sowie die kunstgewerbliche Fachbibliothek in thun-
lichste Verbindung mit dem Nationalmuseum gebracht
werden soll, so erhält die Direktion des Bayerischen
Nationalmuseums den Auftrag, in einem wohlmotivirten
Berichte gutachtlich sich darüber auszusprechen :
283
1. ob die dem Museum zur Verfügung stellenden
Räume die Errichtung solcher Anstalten im Gebäude
und auf dem Areale des Museums gestatten,
2. welcher Kostenaufwand hiefür und zwar so-
wohl für die erstmaligen Einrichtungen als für den
späteren Betrieb an Personal- und Realexigenz nach
einem annähernd gegriffenen Voranschläge erwachsen
würde ,
3. welche Summe alljährlich zu den Anschaffungen
für die kunstgewerbliche Fachbibliothek erforderlich
und zu verwenden wäre ?
Bei der Begutachtung sind die drei Anstalten ge-
trennt zu behandeln und, soweit in baulicher Bezieh-
ung Voranschläge zu machen sind, mit der k. Baube-
hörde München II. das entsprechende Benehmen ein-
zuleiten.
Da durch die Berichterstattung der Direktion der
Vollzug eines Allerhöchsten Auftrages bedingt ist, so
wird thunlichster Beschleunigung entgegengesehen.
München, den 29. Juli 1868.
Auf Seiner Königlichen Majestät allerhöchsten Befehl.
v. Gresser.
An die Direktion des
Bayerischen Nationalmuseums. “
Aus Gründen musste ich besorgen, dass der in
dem Kabinetsschreiben berührte Kostenpunkt von irgend
einer Seite benützt werde, um der guten Sache Steine
in den Weg zu werfen; deshalb erklärte ich, dass
die Sache kostenfrei hergestellt werden könne, weil
die Reproductionsanstalten keine Kosten verursachten,
284
wenn man dem Reproducenten , nach vorgeschriebenen
massigen Preiskouranten unter Ueberwachung von
Seite des Museums und der Beifügung des Stempels
desselben, die Einnahme überliesse. Was die anderen
Bedürfnisse betreffe, so glaubte ich, dass die wenigen
Mittel fürs Erste ausreichen würden.
Diese meine Erklärung war dem Herrn Minister
von Gresser sehr angenehm, weil er dadurch man-
chem Unangenehmen entging, zumal schon Unberufene
ihre Hand im Spiel hatten.
XXXIX. Bauliche u. menschliche Erbärmlichkeit.
Als ich mein Amt als Direktor des National-
museums antrat, begann für mich ein Leben wie
Himmel und Hölle nebeneinander; der Himmel,
weil ich Ideale meiner Jugend verwirklicht sah, und
weil ich hoffte, noch manches Schöne und Nützliche
schaffen und mich dessen an der Seite theilnehmender
Freunde erfreuen zu können. Die Hölle war Bosheit,
Neid und Dummheit einer bestimmten Menschenklasse,
wodurch der Museumsbau schon vorneherein unter-
minirt war, und mir das Leben sauer gemacht wurde.
Es ist wohl natürlich, dass Aretin, mein Vor-
gänger in diesem Amte, der selbst kein Bauverständiger
war, und der auch nicht einmal bei den Bauarbeiten,
so wenig wie ich, zugelassen wurde, nach so vielen
Sorgen und Mühen, in Ueberstürzung den Bau über-
nahm und mit den enormen Schätzen bezog.
Es zeigten sich die baulichen Gebrechen in er-
schreckender Weise. In den Kellerwerken waren alle
285
Gewölbe gespart; sie waren nur mit Balken bedeckt,
darauf feuchter Schutt und schlecht gebrannte Thon-
platten. Da die untersten Räume keinen Luftzug
hatten, waren alle Balken schon in der kürzesten Zeit
verfault. Bereits in der ersten Woche meiner Ver-
waltung entstand ein grosses Lärmen, ein fremder
Besucher des Museums war durchofebrochen und in das
Souterrain gestürzt, aus welchem Fäulniss- und Moder-
dunst aufstieg. Er wurde herausgezogen, ich eilte
hinzu, um ihm mein Bedauern auszusprechen; allein
er war verschwunden und hat wohl eine schöne Er-
innerung für sein ganzes Leben aus der Kunststadt
München mit in seine Heimath genommen.
Die Fussböden der dreissig Säle des ersten Stockes,
oder der mittleren Etage, bestanden aus Balken von
nicht gehörig getrocknetem Holze , zwischen ihnen war
nur der sogenannte Fehlboden lückenhaft eingesetzt,
darüber noch nicht ausgetrockneter Schutt; darauf
hatte man nicht den nöthigen Blindboden, sondern
schlechtgebrannte Thonplatten gelegt, die bei jedem
Tritte schwankten und veranlassten , dass der Schutt
und das Steingeröll in die unteren Räume fiel. Es
gingen daher die Balken, besonders da, wo sie an
beiden Enden in die Mauer eingelassen waren, in
Fäulniss über. Alle Balken, Schutt etc. mussten mit
vielem Verdruss von meiner Seite hinausgeschafft
und durch neues Material, mit Parketböden ersetzt
werden.
Zur Zeit, als schon ein Theil der Säle mit neuen
Böden versehen war, aber ein anderer Theil nur die
freistehenden faulen Balken zeigte, zwischen denen
286
man in die Tiefe schaute, wurde mir der Kaiser von
Oesterreich angemeldet.
Schon vor meiner Uebernahme waren die von
König Max angegebenen 150 Wandgemälde mit Scenen
aus der bayerischen Geschichte fast vollendet, die den
Kaiser sehr interessirten. Die Thüren zu jenen Sälen,
welche nur die faulen Balken zeigten , hatte ich aus
Vorsicht mit Brettern schliessen lassen. Nachdem der
Kaiser die schon hergestellten Säle durchwandert hatte,
wollte er auch die Gemälde jener versperrten Säle
sehen. Ich liess die Bretter von den Thüren hinweg-
nehmen und glaubte, der Kaiser würde nur durch die
Thüren hineinsehen, allein ehe ich ein Wort sprechen
konnte, stieg er mit grossen Schritten von einem Bal-
ken auf den andern. Ich, im grössten Schrecken, hatte
noch die Besinnung, keinen Ton von mir zu geben,
sondern in raschen Schritten nachzueilen, jedoch ohne
mit dem Kaiser auf denselben Balken zu treten, doch
erreichte er glücklich den nächsten Saal.
Als sich Se. Majestät entfernt hatte, und ich mir
den Angstschweiss abtrocknete, rief ich meine Leute,
nahm einen Hammer und schlug auf einen Balken,
der sogleich in die Tiefe stürzte, wodurch ich zeigte,
welche Gefahr vorhanden war.
Während ich mit dem Einrichten dieser dreissig
Säle sehr in Anspruch genommen war, zeigte sich,
unter dem Bewurf, dass alle breiten Thüren, die von
einem Saal in den andern führten , in ihren oberen
horizontalen Abschlüssen keine Wölbung, kein I Iolz oder
Eisen hatten , sondern dass die Backsteine ohne jeden
Halt mit Mörtel an einander geklebt waren. Es
287
stellte sich heraus, dass diese Steine schon vor
meinem Amtsantritt herabzustürzen drohten, weshalb
man Eisenkeile in ihre Fugen eingeschlagen hatte,
um vor der Hand durch eine gewisse Spannung das
Herabstürzen hinzuhalten. Um die liederliche Arbeit
zu verbergen, hatte man sie mit Mörtel überstrichen.
Die grösste Sorge machte mir aber die Feuer-
gefährlichkeit des Baues, denn bis zum zweiten Stock
oder bis zur dritten Etage führte nur eine Stiege,
zwar von Stein, aber die Fortsetzung bis unter das
hölzerne Dachwerk bestand nur in einer verborgenen
hölzernen Treppe, und der Dachraum selbst lief über
die ganze Länge des Baues hin, ohne irgend eine
Zwischen- oder Brandmauer. Die Feuerwehr und
deren Vorstand erklärten, dass bei Ausbruch eines
Brandes das Ganze unrettbar verloren sei, zumal kein
Mann unter das Dach oder die obersten Räume ge-
langen könne, ohne zu ersticken. Ich machte den
Vorschlag, steinerne Wendel- oder Nothtreppen an
beiden Enden der Rückseite des Baues anzubringen,
auf denen man schnell in ein jedes Stockwerk, unter
das Dach, wie auf dasselbe, und ebenso zurück ge-
langen könne. Allein die Baubehörde beschloss bei
einer Berathung in dem Museum, die Wendeltreppen
nur bis in den ersten Stock zu führen ; nach meiner
Ueberzeugung eine nutzlose Arbeit. Ich war zwar
selbst bei dieser Kommission zugegen, konnte aber
nicht mitreden, da mich, in Folge der vorausgegange-
nen Anstrengung und Aufregung, eine Ohnmacht
überfiel. Ich muss indessen bemerken, dass Oberbau-
rath von Voit und Baudirektor von Hermann nicht
288
dabei waren. Als ich Gegenvorstellungen machte, be-
deuteten mir zwei Herren Ministerialräthe mit ernster
Amtsmiene, ich solle wohl bedenken, was das heisse,
einem bereits gefassten Beschluss des königlichen Mi-
nisteriums entgegenzutreten. Ich dachte aber , die Un-
gnade des Ministeriums ist leichter zu ertragen, als
der Vorwurf, gegen Gewissen und Ueberzeugung ge-
handelt zu haben.
Ich klagte meine Noth dem Herrn Regierungs-
präsidenten von Zwehl, der sich, da er nicht mehr
Minister war, in Ministerialangelegenheiten nicht ein-
mischen konnte, er gab mir jedoch den Regierungs-
und Baurath Klumpp als Experten an die Seite, der
meinen Plan billigte und durch ein ausführliches Gut-
achten bekräftigte. Das Ministerium fand es nun doch
für gut, meinen Plan prüfen zu lassen und ihn schliess-
lich zu genehmigen.
Mit Mühe erreichte ich, dass der Raum über
dem Treppenhaus in Mitte des ganzen Baues auf
beiden Seiten mit Brandmauern abgeschlossen wurde.
Da ich aber bei Vollendung derselben auf einer kleinen
Reise war, führte man die Mauern nicht durch das
Dach, sondern nur bis unter dasselbe, so dass es
keine Brandmauern waren, indem das Bretter- und
Balkenwerk darüber hinweglief. Mit Verdruss musste
ich nun wieder erwirken, dass das Dach durchschnitten
und die Mauern darüber hinausgeführt wurden. Auch
manches andere setzte ich zur Sicherstellung nur mit
Unannehmlichkeiten durch, wie eiserne Thüren an
einigen I Iaupteingängen , Hydranten in mehreren
Sälen *u. s. w.
2<S«)
'Trotz Allem hatte der Bau schon von vorneherein
doch grosse Vorzüge vor gar manchen anderen Mu-
seen, wie z. B. dem berühmten Hotel de Cluny in
Paris und dem Germanischen Museum in Nürnberg.
Dies sind Gebäude, welche ursprünglich nicht für
Museen , sondern für kirchliche und klösterliche Zwecke
bestimmt waren; sie sind an und für sich historisch
interessante Baudenkmale, jetzt aber muss man in
ihnen durch Aufschrifttafeln und Wegweiser dem
Vorwurf eines Labyrinthes möglichst begegnen. Was
das Germanische Museum betrifft, so kann man dem
Freiherrn von Aufsess nicht genug danken , dass er
die Karthause vom Abbruch errettet und dadurch das
Germanische Museum ermöglicht hat.
Die Umfassungsmauern des Nationalmuseums in
München haben sich als zureichend stark erwiesen,
die Säle sind hell und laufen, fast ohne Ausnahme,
geradlinig in einander, was die Uebersicht ganzer
chronologischer Reihenfolgen und dadurch das Stu-
dium, wie die Ueberwachung sehr erleichtert. Das
Ganze hat eine Facade, an deren Ornamentirung wohl
manches auszusetzen ist, deren Totaleindruck aber
schon von Ferne den inneren Zweck für Sammlungen
in Kunst und Wissenschaft deutlich ausspricht, wie
es auch bei der Staatsbibliothek in München der Fall
und bei allen ähnlichen Gebäuden eine Ilauptbeding-
ung ist.
Die schon erwähnten 150 grossen Wandgemälde
mit Darstellungen aus der Geschichte Bayerns,
bis auf sieben ausgeführt, waren die Lieblingsidee des
König Max II. und gaben die Veranlassung zu dem
19
290
Nationalmuseum. Mag man über den Kunstwerth
jener Wandgemälde sagen, was man will, so würden
sie unter ähnlichen Verhältnissen in unseren 'Pagen
nicht besser hergestellt ; es waren viele der nam-
haftesten Küntler jener Zeit dabei beschäftigt.*) Diese
Gemälde waren indess auch oft für den Hauptzweck
des Museums von Nutzen, denn ein grosser Theil des
höheren wie des niederen Publikums hat wenig In-
teresse für das Wesentliche des Nationalmuseums und
wurde nur durch diese ins Auge fallenden Gemälde
angezogen, wobei oft der Blick auf manches Andere
gelenkt wurde, was für das ganze Leben Interesse
bot oder auch einen Lebensberuf bilden konnte, wo-
für ich manche sprechende Beweise anführen könnte.
Der König gab auch in seiner edlen und wohlwollen-
den Gesinnung dem Museum die Aufschrift „Meinem
Volk zu Ehr’ und Vorbild.“ Das Ganze liegt nicht
nur in der günstigsten Lage der Stadt, sondern auch
in der Strasse, welche derselbe König gegründet hatte,
und deren Abschluss das schöne Broncedenkmal dieses
Königs bildet.
Ich war damit beschäftigt, einen Plan herzustellen,
nach welchem der oberste Aufbau, durch Fortsetzung
nach beiden Seiten, die Breite des ganzen Museums
*) Unter ihnen wären besonders zu erwähnen: Max Adamo,
Franz Xaver Barth, Feodor Dietz, Karl Emil Doepler, Michael
Echter, Joseph Flüggen, Wilhelm 1 lauschild, August von Heckei.
Anton Muttenthaler, Ferdinand Piloty, Theodor Pixis, Ludwig
Thiersch , Alexander Wagner und Richard Zimmermann.
Vergl. Spruner, Carl von , Charakterbilder aus der bayerischen
Geschichte. Zur Erläuterung der Wandbilder des bayerischen
Nationalmuseums. München 18/8. 8°.
261
erhalten hätte und ein Anbau oder eine Fortsetzung
nach der Seitenstrasse in gleicher Höhe mit dem
ganzen Museum hergestellt und dadurch das ganze
Nationalmuseum um 36 geräumige helle Säle erweitert
und unter ein eisernes Dach gebracht worden wäre.
Nach allem dem konnte ich nicht glauben, dass man
jemals ein neues Museum in München bauen werde,
trotzdem dass später, als ich meine Stelle als Direktor
des Nationalmuseums verlassen hatte, mehr als je von
den Gebrechen des Museumsbaues gesprochen wurde,
als ob diese noch so beständen, wie ich sie bei der
Uebernahme vorgefunden hatte. Auch musste es
mich als einen guten Bayern tief schmerzen, der die
hochherzig-e Schöpfung des seinem Volke so wohlge-
sinnten Königs von ihren Anfängen an verfolgt hatte,
dass diese ohne Rücksicht auf den Stifter und auf die
seinen Namen tragende und sein Andenken ehrende
Umgebung bei Seite geschoben wurde. Wenn ich
über Alles, was nach Niederlegung meiner Stelle ge-
schah, nicht mehr spreche, so geschieht dies nur, weil
es nie gut ist , sich direkt oder indirekt in ein Amt
einzumischen, das man einmal selbst bekleidet hat.
Als ich die Verwaltung des Nationalmuseums
übernahm, befand sich an der Rückseite desselben,
der ganzen Länge nach, ein grosser freier Raum, als
Ablagerungsort für Bauschutt und Baumaterial, ein
Zustand der so bleiben sollte. Wenn aber bei einem
jeden Museum der Art ein übersichtlicher Garten
dringend geboten ist, so war es hier doppelt der
Fall, denn abgesehen von den in erster Linie für das
Studium des Mittelalters so wichtigen Grabsteinen und
19*
292
sonstigen Denkmalen, ist ein Hauptkunstschatz des
M useums die kolossale Broncegruppe , einen Mann,
eine Frau und einen Knaben in voller Lebenskraft dar-
stellend, von Hubert Gerhard, um 1590 entstanden.
Diese Gruppe musste in einem freien Raum in der Nähe,
wie aus der Ferne von allen Seiten gesehen werden
können, wozu dieses Werk auch ursprünglich bestimmt
war. Ehedem befand es sich in dem Fuggerischen
Schloss zu Kirchberg, wo es den Mittelpunkt des grossen
Schlosshofes bildete, später war es im Besitze des
Bankiers und bayerischen Finanzrathes Johann Lorenz
Freiherrn von Schaezler (f 1826) in Augsburg, dessen
Erben es veräusserten. Ferdinand von Miller senior
errettete es vom Einschmelzen; Minister von Zwehl
erwarb es für den Staat, es war in einzelne Theile
zerlegt aufbewahrt, bis ich es in dem Museumsgarten
aufstellen liess.
Später liess ich dort noch eine andere Merk-
würdigkeit aufstellen. Es war dies eine der so-
genannten „Heun- oder Flunnensäulen.“
Schon in meiner Kindheit hörte ich von diesen
Säulen, die auf einer Anhöhe bei Miltenberg im
Walde lagen, wo sie aus den Felsen gehauen waren.
Da über ihren Ursprung, Zweck und Bestimmung
nichts bekannt war, gehörten sie bei den gewöhnlichen
Menschenkindern in das Reich der Geisterwelt und
wurden mit den in der Erinnerung des Volkes sagen-
haft fortlebenden Hunnen in Verbindung gebracht.
Es waren Säulenschafte 7 J/a Meter hoch und im Durch-
messer unten 1,10 und oben 0,90 Meter. Im Ganzen
lagen 5 solcher Säulen da, nur drei davon waren
293
noch ganz erhalten, von den anderen hatten die
Bauern schon Stücke abgelöst, die sie als Mühlsteine
verwendeten.
Man kann wohl mit Sicherheit annehmen, dass
sie von den Römern herrühren, die in jener Gegend
zahlreiche Ansiedelungen hatten, und dass sie für
korinthische Säulen zu einem grossartigen Tempel
oder Palast bestimmt waren. Schon der letzte Kurfürst
von Mainz Friedrich Karl von Erthal, wie sein Nach-
folger Karl von Dalberg, gingen mit dem Gedanken
um, zwei dieser Riesensäulen in dem, damals im Ent-
stehen begriffenen, „schönen Busch“ bei der sogenannten
„rothen Brücke“ aufzustellen, was aber bei den da-
maligen Transportverhältnissen als eine Unmöglichkeit
erschien.
Als ich Direktor des bayerischen Nationalmuseums
wurde, reiste ich, durch meine Jugenderinnerungen
angeregt, nach Miltenberg, um eine dieser Säulen für
das Nationalmuseum zu erwerben. Durch die freund-
liche Unterstützung des dortigen Sektionsingenieurs
Scherer gelang es, nach Ueberwindung vieler Schwierig-
keiten , diesen Koloss, der 16800 Kilogramm wiegt,
nach München zu schaffen, wo ich ihn im Museums-
garten aufstellen Hess. Ein zweites Exemplar Hess
Direktor Essenwein im germanischen Museum zu
Nürnberg aufstellen.
Es muss uns vor der Hand das Wenige genügen,
was wir von diesen Säulen wissen. Hoffnung haben
wir jedoch, dass noch weiterer Aufschluss darüber
werden wird, und das zwar um so mehr, da in der Um-
gebung meiner Vaterstadt durch tüchtige Geschichts-
294
forscher und Fachleute die Untersuchungen und Aus-
grabungen in Betreff des „limes romani imperii“ mit
Eifer betrieben werden.
Ausser so vielem Wichtigen hatte ich auch schon
eine grosse Anzahl Gartenstatuen aus den ehemaligen
Abtei- und Schlossgärten zu Ebrach, Seehof, Bam-
berg und Würzburg erworben, die in jener Zeit ge-
schaffen wurden, als die Gartenkunst in höchstem Flor
stand. Sie bilden den Gegensatz zu dem ernsten
Mittelalter. Ich hatte es doch so weit gebracht, dass
dieser Garten, besonders von Fremden, häufig ein
zweites Museum unter freiem Himmel genannt wurde.
Die Chikanen und Widerwärtigkeiten, welche ich
bei Uebernahme und Einrichtung des Nationalmuseums
zu ertragen hatte, wiederholten sich in höchstem Grade
bei der durch Vernunft und Nothwendigkeit gebotenen
Herstellung des Museumsgartens, obschon mein zu
demselben entworfener Plan von der Majestät mit
Wohlgefallen aufgenommen und für dessen Beginn
eine Summe aus der Kabinetskasse bewilligt war.
Die Frage liegt wohl nahe, wie war das, besonders
bei der bekannten Liebe und dem hohen Interesse der
beiden letzten Könige für die gute, edle Sache, mög-
lich? Die Beantwortung derselben muss ich jenen
Männern überlassen, welche mit den darauf Bezug
habenden Verhältnissen besser bekannt sind als ich.
In letzter Zeit der Verwaltung des Baron von
Aretin wurde Dr. Messmer als erster und Dr. K. als
zweiter Conservator ernannt, beide waren Geistliche,
letzterer wurde Aretin gegen seinen Willen aufge-
nöthigt. Dr. K. war Lehrer und Professor an der
295
k. Pagerie und wurde daselbst, aus guten Gründen,
seiner vStelle enthoben. Da er kein zureichendes Ein-
kommen mehr hatte , lebte er besonders vom Bilder-
handel und von verschiedenen Handelsgeschäften.
Schon in der kurzen Zeit unter Aretin entwickelte er
eine unerhörte Anmassung, so dass der erste Conser-
vator, Professor Dr. Messmer, ein im Fache der kirch-
lichen Kunstgeschichte sehr tüchtiger Mann, gar nicht
aufkommen konnte und ihm alles überliess.
Aretin sann auf Mittel, diesen zweiten Conser-
vator, der immer unerträglicher wurde, hinwegzu-
schaffen, konnte ihm aber in der kurzen Zeit nicht
beikommen, besonders da K. ein durchtriebener, ge-
fährlicher Mensch war. Mir blieb diese schöne Erbschaft.
In den ersten Tagen meiner Vorstandschaft ge-
langte ein anonymes Schreiben, in welchem Dr. K. sehr
schlimmer Dinge beschuldigt wurde, an das k. Mini-
sterium, dasselbe wurde mir von da zur Begutachtung
zugeschickt. Obschon mir längst nichts Gutes ahnte,
so hielt ich doch den Jnhalt jenes Schreibens, beson-
ders weil es anonym war, für übertrieben, und musste
ich ihn sogar noch theilweise in Schutz nehmen.
Es waren die Kunstschätze des Museums noch
nicht gehörig untergebracht, und ich hatte nach dem
Tode von Aretin’s meine Direktorstelle noch nicht ange-
treten , da hatte Dr. K. eiligst einen Katalog oder
Führer verfasst. Als ich begann, das Museum zu
organisiren und vor allem an die einzelnen Gegen-
stände, die durchaus nöthigen kurzen Erklärungen
mit Namen, Jahrzahlen u. s. w. anzuheften, fürchtete
Dr. K., dass sein Katalog, von welchem er Ge-
296
winn hatte, keinen Absatz mehr fände: daher ent-
wickelte er eine infernale Bosheit gegen mich, er
suchte mich durch Lüge, Verleumdung, Pamphlete
etc. unmöglich zu machen , bewahrte aber mir gegen-
über stets eine freundliche Miene.
Im Jahre 1872 wurde Dr. von Lutz Cultusminister,
es standen demnach die Museen und alle Anstalten
für Kunst und Wissenschaft unter ihm.
Ich ging zu dem Herrn Minister und empfahl
das Nationalmuseum seinem Wohlwollen und seiner
Fürsorge; seine Antwort war: „Lassen Sie doch die
Sache ruhen, es ist ja einerlei, ob das Museum so
oder anders ist. Die Fremden besuchen es und
sagen, es sei schön, mehr braucht es nicht, plagen
Sie sich und mich nicht damit.“ Ich erwiderte: „In
der Sache, für welche ich schon von Jugend an
lebte, und für welche zu sorgen ich jetzt verpflichtet
bin, müssig sein, das vermag ich nicht.“ Der Minister
sagte darauf: „Eine solche Antwort habe ich erwartet,
Sie sind eben ein Idealist, befassen sich mit Dingen,
welche wohl schön sind, aber keinen praktischen Zweck
haben. So machen Sie denn, was Sie wollen: nur so
viel kann ich Ihnen sagen, dass ich für solche Ge-
schichten kein Geld bewillige.“
Als der Direktor Essenwein in gleicher Absicht
bei dem Herrn Minister erschien, um demselben auch
das germanische Nationalmuseum zu empfehlen, er-
hielt er ganz dieselbe Antwort wie ich und als er
später wiederkam, um den Minister zu ersuchen, er
möge, wie es bis dahin jährlich geschah, nur das
Protokoll des Verwaltungs - Ausschusses des german-
297
ischen Museums unterzeichnen, wurde er mit den
Worten empfangen: „Was wollen Sie? Glauben Sie,
ich hätte nichts Wichtigeres zu thun, als für Ihre
Kunst- und Alterthumsliebhaberei zu sorgen, da gibt
es für den Staat wichtigere Dinge u. s. w.“ Essen-
wein entgegnete hierauf: „Demnach hätte ich nicht
gewusst, wie dumm ich bin.“ Darauf der Minister:
„Wenn es Ihnen nicht recht ist, so raisoniren Sie
über mich, so viel wie Sie wollen, ich gebe Ihnen,
wie Ihrem Freund Heiner, die Erlaubniss dazu.“
So sprach ein Cultusminister.
Von dieser mir gegebenen Erlaubniss mache ich
keinen anderen Gebrauch, als dass ich Thatsachen
sprechen lasse, wobei ich mich eines jeden eigenen
Urtheils enthalte.
Die so grossen, allgemein anerkannten Verdienste
des Ministers von Lutz in Politik und Jurisprudenz
unterschätze ich gewiss nicht, ich habe aber das
Recht, über ihn als Vorstand der Kunstsammlungen
des Staates zu berichten.
Minister von Lutz war ein sogenannter Dutzfreund
des Dr. K., was wohl seiner Zeit bei dem Kartenspiel
entstanden sein mag, nichtsdestoweniger schimpfte er
über ihn, als er zum erstenmal auf Dr. K. bei mir zu
sprechen kam, wie ich es bis dahin noch von keiner
Excellenz gehört hatte.
Als der Herr Minister von Lutz einmal, d. h.
zum ersten und zum letzten Mal, auf meine Bitte, ins
Nationalmuseum kam, wo ich ihn nur allein zu führen
und zu sprechen hatte, drängte sich Dr. K. hinzu und
fiel, mit grenzenloser Unverschämtheit, dem Herrn
298
Minister wie mir immer in das Wort und machte fort-
während von dem „Du“ Gebrauch, damit die um-
stehenden Diener hören sollten, auf welchem freund-
schaftlichen Fusse er mit dem Herrn Minister stehe.
Ich staunte, dass sich dieses die Excellenz gefallen Hess.
Ministerialrath von Bezold, der Referent in Kunst-
angelegenheiten war, sagte mir öfter: „Wenn wir nur
eine greifbare Thatsache hätten, damit wir ihn hinaus-
schaffen könnten, was nicht so leicht ist, weil er prag-
matische Rechte besitzt.“ Ich sagte: „Er treibt offen-
kundig Handel mit Kunstsachen und Alterthümern,
was besonders an dieser Stelle verboten ist, er hat
Angestellte im Museum aufs Unwürdigste behandelt,
leiht öfter von den Untergebenen Geld, empfängt
in seinem Bureau unsaubere Besuche etc., ist das nicht
genug?“ Ich erhielt aber darauf keine Antwort.
Da die Anmassung des Dr. K. aufs Neue stieg,
begab ich mich selbst zum Herrn Minister, theilte
ihm Alles mit und bat abermals um Abhülfe. Der-
selbe schimpfte wieder über Dr. K. und sagte das-
selbe wie sein Referent: „Es ist schwer, etwas zu
machen, weil er pragmatische Rechte besitzt“, fügte
aber hinzu: „Ich will sehen, was zu thun ist.“ — Es
geschah aber wieder nichts.
Die Geschichte wurde noch ärger, Dr. K. ging
nach Landshut, wendete sich an die Verwaltung der
dortigen St. Martinskirche, wie an jene von St. Jodo-
cus, suchte eine grosse Anzahl Kunstschätze aus, die
nicht mehr zum Gottesdienst verwendet wurden, kaufte
sie, angeblich für das Nationalmuseum um eine Baga-
telle, Unterzeichnete den Empfang als Vertreter des
Museums, behielt sie aber für sich und verkaufte sie
für hohe Summen zum grössten Theil in das Ausland.
Die Herren Pfarrer daselbst hatten keinen Regriff
von dem Werthe solcher Dinge, nahmen es auch nicht
so genau damit, weil sie dachten, die Sache bleibt ja
doch Eigenthum des Staates. Auch fiel diese Ge-
schichte in die Periode, in der man die Kirchen
restaurirt hatte; da sagte man, alles was nicht goth-
isch ist, passt nicht hinein.
Ich erfuhr lange Zeit nichts von allem dem, wäh-
rend es schon einem Abgeordneten des Landtages
und dem Herrn Minister angezeigt war. Letzterer
Hess die Sache in Landshut durch den dortigen Bür-
germeister Gehring untersuchen, aber nicht gerichtlich,
und Hess sich durch denselben das Protokoll und das
Inventar der betreffenden Gegenstände geben. Jenes
Inventar wurde mir erst nach geraumer Zeit zur Be-
gutachtung vom Ministerium zugestellt ; später Hess
ich mir es auch von Gehring selbst geben, ich ersah
daraus, dass von den Hauptsachen nichts an das Mu-
seum gelangt war, ausser einigen Fragmenten von
Kirchenornaten, die von Unterhändlern des Dr. K.
für die textile Sammlung des Nationalmuseums ange-
kauft waren.
Von jenen Dingen, welche in dem Verzeichniss
genannt waren, will ich nur Folgendes erwähnen : ein
schöner Christus am Kreuz, ziemlich gross, von Elfen-
bein. Dr. K. hatte denselben als sein Eigenthum an
die Herzogspitalkirche in München verkauft, wo er
auf den Altar gestellt wurde, an welchem Dr. K. fast
täglich die heilige Messe las. Ferner ein Exemplar
300
des geschichtlich so merkwürdigen, ungemein seltenen
Drachenordens, gestiftet von Kaiser Sigismund 1414;
zwei grosse Vasen von Elfenbein im Rococostil ; pracht-
volle in Gold und Silber gepresste Ledertapeten, mit
denen früher bei Festen der ganze Chor der Kirche
umstellt wurde; ein schöner Traghimmel von Seiden-
stoff mit Stickereien; mehrere schöne Messgewänder
u. s. w. Es geschah aber auch darauf wieder nichts.
In einer Eingabe vom 27. Mai 1880 machte ich
die Anzeige, dass Dr. K., nachdem er ohne Urlaub
und ohne Angabe einer Ursache ein Vierteljahr lang
nicht mehr in das Museum gekommen war, er er-
schienen sei, als wäre nichts vorgegangen und sich
nach mir, als dem Vorstand, mit keinem Wort erkundigt
habe. Ich stellte dabei vor, dass mir dieses meine
Stellung unmöglich mache. Auch das war fruchtlos.
Es hatten sich schon früher tüchtige Männer um
eine Conservatorstelle beworben. So oft ich einen
vorschlug, erhielt ich keine Antwort.
An 6. Juli 1883 stellte ich in einer Eingabe an
das Ministerium die Bitte, die ich schon öfter münd-
lich vorgebracht habe, mir bei der Verwaltung des
Nationalmuseums ein Comite von Fachleuten an die
Seite zu geben, welches bei allen wichtigen Dingen,
Aenderungen, Fortbildung, Anschaffungen etc. zu
Rathe zu ziehen sei, wie es bei allen ähnlichen
Anstalten im In- und Auslande der Fall ist. Ich
hatte dafür eine Reihe der wichtigsten Gründe ange-
führt, erhielt aber auch hierauf keine Antwort.
Im Jahre 1876 war Ferdinand von Miller, der
Aeltere , Inspector der k. Erzgieserei etc., Urheber
301
einer grossartigen Ausstellung von Werken der Kunst
und des Kunsthandwerkes der Vorzeit wie unserer
Tage im Glaspalast zu München. Es war keine kleine
Aufgabe, die er sich stellte. Ich erkannte, dass er
dabei mit ähnlichen Hindernissen und Widerwärtig-
keiten zu kämpfen hatte, wie ich bei meinem Schaffen
für das Nationalmuseum; ich ersah aber auch, dass
Miller dabei mit mehr Welt- und Menschenkenntniss
zu Werkeging als ich; er wusste schon, dass es eine Klasse
von Menschen gibt, die glaubt, sich bei einer solchen Ge-
legenheit am leichtesten Ansehen und Nutzen zu ver-
schaffen. Miller musste daher auf gar manche Persön-
lichkeiten Rücksicht nehmen, er wusste sie für seine
Pläne zu gewinnen oder in anderer Art unschädlich
zu machen, weil sie sonst in sein schönes Werk Stör-
ungen und Hemmnisse gebracht hätten.
Selbstverständlich war von Miller, als Schöpfer des
Ganzen , erster Präsident dieser Ausstellung , auf sein
Ersuchen wurde Ministerialrath von Bezold zweiter
Präsident. Mich ernannte man zum Direktor der
Kunstwerke älterer Zeit. Ich war im Stande, Notizen
zu geben, nach welchen man Kunstschätze in Museen,
im fürstlichen, wie im Privat-Besitz zur Ausstellung
erbitten konnte. Zu solchem Zweck machte ich einige
Reisen. Ich will davon nur jene nach Stuttgart er-
wähnen. Wohlwollend kamen mir der König, das
Ministerium, wie die Vorstände der Sammlungen
und der Bibliothek entgegen. Ich traf daselbst
Herrn von Steinbeis , der als Minister in Württem-
berg so "rosse Verdienste um Hebung der Kunst-
industrie und des Schulwesens hatte, er war auch um
302
diese Zeit mit besonderem Eifer für die Ausstellung- in
München thätig. Auch kam ich mit meinem bewährten
Freund Wilhelm von Lübke zusammen. Als ich mich
in Stuttgart umsah. wurde ich lebhaft an meinen ersten
Aufenthalt daselbst, im Jahre 1840, erinnert; als ich
dort ankam und im damaligen Gasthof zum Kronprinzen
einkehrte , traf ich den Hofmaler Joseph Anton von
Gegenbaur und den durch seine Schriften bekannten
Wilhelm Hackländer, beide Herren interessirten sich sehr
für meine Arbeiten. Ersterer führte mich alsbald in
das königliche Schloss und zeigte mir seine, gerade
um diese Zeit vollendeten, Wandgemälde mit den
Scenen aus der Geschichte Württembergs. Von den
vielen, unschätzbaren Kunstwerken, die mir für die
Ausstellung zugesagt wurden, nenne ich nur die
grosse Broncebüste Philipp’s des Guten, Herzogs
von Burgund, Stifters des goldenen Vliesses. Den
Umständen nach kann ich kaum zweifeln, dass sie
Kaiser Maximilian I. als Duplikat für einen Herzog
von Württemberg anfertigen Hess.
Alles, was ich bis dahin für jene Ausstellung in
München thun konnte, freute mich, wenn es auch mit
Mühen und Opfer an Zeit verbunden war. Allein es
traf wieder in Wirklichkeit ein , was man nicht für
möglich halten konnte. Nach allem Vorgegangenem
erhielt bei dieser Ausstellung Dr. K. wieder einen
Vertrauensposten, er wurde nach Dresden gesandt^
um zu erwirken , dass auch von daher Kunstschätze
zur Ausstellung geschickt würden. Er erschien vor
dem Herrn Ilofrath Dr. Grässe, dem Vorstand des
grünen Gewölbes, gab sich ein grosses Ansehen und
303
stellte eine Weibsperson als seine Gemahlin vor. Wie-
wohl dem Herrn Hofrath die Persönlichkeiten durch
Rohheit und Anmassung auffallend erschienen, ahnte
er doch nicht, einen katholischen Geistlichen vor sich
zu haben, und lud das Pärchen auf die Brühl’sche
Terrasse zum Kaffee ein. Die Frau Hofrath empfing
in aller Hochachtung das edle Paar. Der flerr Hof-
rath war durch einen glücklichen Zufall verhindert,
dabei zu erscheinen. Als er die saubere Geschichte
erfuhr, durch die er in noch grössere Verlegenheit
hätte gerathen können, machte er in Indignation sogleich
die Anzeige davon bei unserem Ministerium; es ge-
schah aber auch in dieser Sache wieder nichts.
Ich hatte mich im Stillen von den Geschäften für
die Ausstellung zurückgezogen, von Miller fand noch
andere Kräfte, welche ihn unterstützten. Dr. K. er-
hielt den Auftrag „über die Kunst unserer Väter“
einen Katalog oder Führer anzufertigen, wobei es
ihm nicht auf dessen wissenschaftlichen Inhalt ankam,
sondern nur darauf, in kurzer Zeit ein dickes statt-
liches Buch, nach Bädeker’s Art roth gebunden, her-
zustellen. Er machte bei den höchsten und aller-
höchsten Herrschaften den liebenswürdigsten Führer
und Erklärer und bat, sein grosses Werk überreichen
zu dürfen. Die hohen Herrschaften , welche auf Reisen
waren, hatten nicht Zeit und Lust, in diesem grossen
Werk zu studiren. Er sagte wohl nicht, dass er
auch der Schöpfer dieser grossen Abtheilung sei, ge-
bärdete sich aber so, dass man nicht daran zweifeln
konnte. Die Folge davon war, dass Dr. K. in wenig
Tagen sieben Orden erhielt.
304
Der Direktor des Kensington-Museums M. Conliffe
Owen beschickte ebenfalls die Ausstellung mit einer
Gruppe ausgezeichneter mittelalterlicher Kunstschätze
und erschien dabei selbst ; auch besuchte er das bayer-
ische Nationalmuseum und sprach sich höchst aner-
kennend über die systematische und übersichtliche Auf-
stellung wie über die zweckmässigen Lokalitäten aus.
Von meinen durchsichtig konstruirten Glasbehältern
Hess er in München die Modelle anfertigen, um sie
danach für das Kensington-Museum, wie für andere
Museen herstellen zu lassen. Aus der Gipsgiesserei,
die er als besonders wichtig für ein Museum erklärte,
bestellte er eine grosse Anzahl von Abgüssen für Eng-
land, welche er als unübertroffen erklärte. Owen
verehrte mir eine Reihe illustrirter Kataloge über
verschiedene Zweige des Kensington-Museums ; unter
diesem bescheidenen Titel sind sie durch ihre Aus-
stattung und ihrem reichen Bilderschmuck wahre
Prachtwerke.
Es kam nun die Zeit, in welcher der Geist des
mir so wohlwollenden Königs immer mehr umnachtet
wurde. Die mir mit wahrer Freundschaft zugethanenen
Männer Eisenhart und Lipowsky waren nicht mehr im
Kabinet, es war nun mein einziger und höchster Vor-
gesetzter Minister von Lutz, für welchen das National-
o
museum wie meine Person und alles darauf Bezug
Habende unangenehme Gegenstände waren.
Ich hoffte an den beiden Ministerialräthen, die
in meinen Angelegenheiten unter Lutz Referenten
o o
waren, Freunde und Stützen zu linden, es war aber
das Gegentheil der Fall.
305
Infolge meiner schon erwähnten Veröffentlichung
der „Entwürfe deutscher Künstler für Prachtrüstungen
der Könige von Frankreich und Spanien“, sprach Graf
Werthern schon öfter den Wunsch aus, dass ich nach
Madrid reise, um daselbst in der Armeria real Forsch-
ungen für deutsche Kunst und Ehre anzustellen. Kron-
prinz Friedrich interessirte sich auch sehr dafür, und
Werthern hatte schon Vorkehrungen getroffen, dass
ich daselbst gute Aufnahme fände. Er wendete sich
in dieser Angelegenheit persönlich an Minister von
Lutz, damit er meine Reise begünstigen möge, dieser
zeigte sich auch geneigt und sagte, dass er die Geld-
mittel dazu beschaffen werde. Ich erklärte , dass es
sich dabei nicht um Geld handle, sondern darum, dass
ich in den Stand gesetzt werde, das Museum auf einige
Zeit zu verlassen, was ja nicht sein könne, wenn Dr. K.
allein darin walte, und wenn nicht ein zuverlässiger
Conservator angestellt werde. Es geschah aber auch
da wieder nichts, und ich kam nicht nach Spanien;
erhielt aber sprechende Beweise, dass ich bei dem
jungen König Alfons XII. von Spanien, wie beim
Grafen Valencia, Direktor der Armeria real, gute
Aufnahme gefunden hätte. Dass mich das sehr kränkte,
ist wohl natürlich. Wäre mir das Museum nicht so
sehr am Herzen gelegen , so hätte ich es seinem
Schicksal überlassen.
Auch konnte ich einer Einladung zur feier-
lichen Eröffnung des neuen Gebäudes des Kunst-
gewerbemuseums in Berlin am 21. November 1881,
dem Geburtstag der Kronprinzessin Friedrich, nicht
folgen, weil ich wieder keinen Stellvertreter erhielt.
20
306
Das nachmalige Kaiserpaar Friedrich vollzog die Feier-
lichkeit, auch Prinz Wilhelm, der jetzige Kaiser und
Prinz Heinrich waren anwesend. Das kaiserliche Kron-
prinzenpaar sprach mir durch Schreiben vom 24. No-
vember sein Bedauern über mein Nichtkommen aus.
Kronprinz Friedrich hob bei dieser Feierlichkeit wie-
der mit Wärme den Zweck und die hohe Bedeutung
eines Kunstgewerbemuseums hervor.
Früher war ich, unter günstigeren Verhältnissen,
bei der feierlichen Eröffnung des K. K. Kunstgewerbe-
museums in Wien, wie bei jener in Nürnberg gewesen.
Nun verlangte ich meinen gesetzlichen Urlaub,
den ich meiner Gesundheit wegen nöthig hatte. Darauf
erhielt ich in der letzten Stunde einen jungen Mann,
den ich nicht kannte, als meinen Stellvertreter zuge-
wiesen, aber auch Dr. K. blieb noch immer an seiner
.Stelle, und hatte die Schlüssel zu allem. Mein Stell-
vertreter hatte die Weisung, gar nicht mit ihm zu
verkehren, ein Verhältnis, welches, wenigstens mit
meinem Wissen , noch nicht vorkam.
Ministerialrath von Volk, dessen ich schon ge-
dachte, war früher unter dem Ministerium von Zwehl
in allen Kunst- und Museumsangelegenheiten Referent;
da er als solcher mein Streben und Mühen vom Be-
ginn an kannte, blieb er mir bis zu seinem, im Jahre
1883 erfolgten, Tode ein treuer F'reund und Rath-
geber. Er war in seinem ganzen Wesen sanft und
friedliebend, wo es sich aber um Recht und Wahr-
heit handelte, ohne jede Rücksicht auf eigenes Inter-
esse, ernst und entschieden. Volk musste jenes Referat
schon am Schlüsse des Jahres 1863 niederlegen, als
307
er Schwiegersohn des Direktors der Akademie der
bildenden Künste Wilhelm von Kaulbach wurde.
Nicht lange vor seinem Tode kam Volk zu mir
und gab mir den Rath, den Kauf des „ Wittislinger
Fundes“ so schnell als mö.crlich abzuschliessen , ohne
die vorschriftsmässige Geldbewilligung des Ministeriums
abzuwarten. Ich folgte sogleich, jedoch ohne die Ur-
sache zu begreifen. Nachträglich erfuhr ich auf an-
derem Wege, dass Intriguen gegen mich gesponnen
waren, nach welchen man plante, mein Verdienst, den
Werth jenes Schatzes erkannt und ihn erworben zu
haben , einem andern zuschieben wollte.
In Wittislingen an der Donau bei Lauingen sah
ich diesen Fund und schloss mit dem Besitzer den
Kauf desselben insoweit ab, als ich noch die Bewil-
ligung der Geldsumme von dem Ministerium einholen
musste. Jener Schatz wurde in einem, tief in den
Felsen gehauenen, Grab durch Steinbrucharbeiter auf-
gefunden ; er gehörte, wie ich nicht zweifeln konnte,
einer Frau hohen Standes, einer Fürstin aus früher
karolingischer Periode an. Er besteht in einer Anzahl
von grösseren und kleineren Schmuckgegenständen aus
Gold, Silber und Edelsteinen, reich durch Gravirung,
Emaillirung, Ciselirung in geschlungenem Bandwerk,
Schlangen und Drachen. Es sind dabei viele genau
geschliffene Edelsteine in Gold eingesetzt, während
noch weit bis in die Zeit der Ottonen die Edelsteine
ungeschliffen in Gold erscheinen. Auf der Rückseite
der grossen prachtvollen Fibula wurde, wohl erst nach
dem Tode der Besitzerin, die Schrift eingegraben,
welche, nicht ohne Versetzung einiger Buchstaben, mit
20*
308
den Worten beginnt: „UfHla vivat in deo felix“ etc.
In Uebersetzung mag das Ganze wohl lauten: „Uffila
möge in Gott glücklich leben. — Unschuldig bin ich
vom Tod erfasst, weil ich, so lange ich konnte, dem
Manne die Treueste gewesen.“ Die noch beigefügten
einzelnen Buchstaben werden in Abkürzung1 eine Weihe-
formel andeuten. Ausser so Manchem befanden sich
in diesem Grabe noch Ueberreste eines Skelettes und
ein ßroncebecken mit Kohlen, das wohl bei der Be-
gräbnissfeierlichkeit gedient hat.*)
Da mir meine Stelle , die für mich die höchste
Freude hatte sein können, unerträglich gemacht wurde,
kam ich am 7- April 1883 zum ersten Mal um meine
Quiescirung ein, am 18. desselben Monats erhielt ich
den Bescheid , dass ich wohl in meinem 73. Lebens-
jahr nach §§ 22 lit. C der Beilage IX zur Verfassungs-
urkunde berechtigt sei, meinen Ruhestand zu verlangen,
aber mit dem Zusatz:
„Da jedoch in Folge der unterm 14. d. M. er-
gangenen Allerhöchsten Entschliessung über die
Dienstesverhältnisse am bayerischen Nationalmuseum
der k. Conservator Dr. K . . . des Dienstes ent-
lassen wurde, und die dienstlichen Funktionen der
beiden neu ernannten Conservatoren G. und S. erst mit
dem 1. Mai d. J. beginnen, somit eine Extradition des
Museums an einen pragmatisch angestellten Beamten der
Anstalt und Uebernahme der Geschäfte von denselben in
dem gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt nicht ausführ-
*) In den Kunstschätzen des Nationalmuseums in Lichtdruck
von Obernetter Band IV Blatt 2.15 und 236 gab ich diese Gegen-
stände mit kurzer Beschreibung heraus.
309
bar erscheint, so wird von Ihrem bewährten Pflichteifer,
mit welchem Sie der Aufgabe des Museums sich bis-
her gewidmet haben, erwartet, dass Sie die von Seiner
Majestät dem König Allerhöchst neu ernannten Conser-
vatoren jeden Falls in ihre Dienstesfunktionen vor-
schriftsmässig einweisen und nach Ihrer reichen Er-
fahrung mit der gestellten Aufgabe thunlichst bekannt
zu machen bereit sein werden.“
Da durch diese Entschliessung dieser unwürdige
Beamte endlich entfernt wurde, so kann ich meine
mit ungeschminkter Wahrheit gegebene Schilderung
dieses Menschen schliessen, indem ich dabei nur noch
an die Worte erinnern möchte, die seinerzeit der
Bischof Wrede von Mainz meinem Yrater geschrieben
hatte: „Wenn wir solche Leute in Schutz nehmen,
so wird dadurch das geistliche Ansehen nur ge-
schädigt.“
Ich hielt in Folge der ministeriellen Zuschrift
noch einige Zeit aus, konnte noch manche glückliche
Erwerbungen machen und benützte die Zeit, um
manche Gegenstände des Museums für meine Werke
abzubilden und Notizen zu sammeln.
Ehe ich die Geschichte meines Museumselendes
abschliesse, will ich nur noch Einiges über meine
Thätigkeit als Generalconservator der Kunstdenkmale
Bayerns erwähnen und an einigen Beispielen zeigen,
wie man mir diese Stelle zu einer freude- und frucht-
losen machte.
Durch die Akademie der bildenden Künste wurde
ich im Jahre 1871 aufgefordert, Vorschläge zu machen,
nach welchen die Wandgemälde von Karl Rottmann
310
in den Arkaden des Hofgartens zu München erhalten
blieben , da sie immer mehr durch Einfluss der Tem-
peratur von aussen wie von innen, wie durch rohe
Menschen, ihrem Untergange entgegengingen. Es
wurde dazu ein Comite von 7 Mitgliedern , unter
welchen auch ich mich befand , ernannt , dieses sollte
endgültig entscheiden. In meinem ausführlichen Gut-
achten vom 4. Dezember 1871 sprach ich meine Ueber-
zeugung aufs Entschiedenste dahin aus, dass das einzige
Rettungsmittel im Abnehmen von der Mauer bestehe
und zwar durch das längst bekannte Absagen, wie
besonders durch das damals neu aufgetauchte Ab-
wickeln und Uebertragen an eine andere Stelle.*)
Dabei erklärte ich, wie man durch Vereinigung dieser
Arkadengemälde mit den Bildern desselben Meisters
in der neuen Pinakothek in einer einfachen Halle mit
Oberlicht, ein Rottmann- Museum bilden könne, durch
welches nicht nur für den in seiner Art unübertroffenen
Künstler, sondern auch für den hochherzigen Stifter
ein bleibendes Denkmal geschaffen werde. Dabei be-
rief ich mich auf mehrere Beispiele, wie man im Aus-
lande durch ähnliche Schöpfungen vaterländische
Künstler ehrte.
Was die Absicht des Königs Ludwig 1. betrifft,
diese Kunstwerke in der liberalsten Weise dem Volke
*) Einige Jahre später wurde dieses Verfahren mit Erfolg
bei dem bekannten Wandgemälde von Philipp Veit, „die Einführ-
ung des Christenthums in Deutschland“ ausgeführt. Dieses grosse
Gemälde wurde in der genannten Weise aus dem Gebäude des
Städel’schen Kunstinstituts in Frankfurt a. M. in den Neubau
übertragen, so dass heute Niemand merkt, das Bild sei dort nicht
vom Künstler selbst auf die Wand gemalt worden.
311
zugänglich zu machen, so ist er bald selbst davon ab-
gekommen, als diese herrlichen Werke durch Rohheit
der Menschen so häufig beschädigt wurden , und hat
er die Geschichte des griechischen Befreiungskampfes
nicht mehr nach seinem ersten Plane in den an-
stossenden Arkaden im Grossen ausführen, sondern nur
die schon vorhandenen Skizzen dazu im Kleinen hoch
oben anbringen lassen.
Es tauchte der Gedanke auf, diese Gemälde Rott-
mann’s des Nachts durch eiserne Läden zu schützen,
die von unten hinauf geschoben würden. Dieses er-
klärte ich mit Anführung mehrerer Gründe als Unsinn.
In jenem Comite waren Karl von Piloty wie
Arthur von Ramberg mit Feuer und Flammen auf
meiner Seite, doch blieben wir in der Minderheit.
Landschaftsmaler Karl Ebert ersuchte mich um
mein schriftliches Gutachten, das autographirt worden
war, er trug es in die Gesellschaft der Kunstgenossen
und brachte mir es schon am zweiten Tag mit den
Unterschriften von 63 Künstlern zurück; leider waren
dieselben nicht in dem Comite und daher nicht stimm-
berechtigt. *)
Die eisernen Läden wurden hergestellt und zwar,
wie man mir sagte , mit einem Aufwande von 30 000
*) Es folgen diese Namen der Künstler, welchen Kunst-
freunde gewiss ein ehrendes Andenken bewahren : Steffan, H. Hein-
lein, Emil Kirchner, R. v. Poschinger, J. F. Hennings, C. Boss-
hardt , Grünenwald , Ch. Mali , J. B. Hafner , Aug. Müller,
G. Majer, W. Lindenschmit. Jos. Watty, F. Vogel, F. Seidel,
J. Brandt, Wenglein, K. Ebert, Gerhardt, Conrad Hoff. Langko,
O. Fröhlicher, C. Willich, A. Lier , Malchus, Erich Correns,
L. Linder, M. Lotze, Conr. Reinherz, Wilh. Boshart, Ferd. Petzei,
312
Gulden, die Gemälde sind aber bereits ruinirt, so dass
sie nicht mehr restaurirt oder ersetzt werden können.
Mein Gewissen ist dabei beruhigt , aber es
schmerzt mich sehr, dass solche Kunstwerke, welche
zur Ehre des Vaterlandes, wie des hohen Stifters da-
standen, zu Grunde gehen mussten.
Mehr Glück, wiewohl mit einigem körperlichen
Nachtheil für mich verbunden, hatte ich bei einer
späteren Gelegenheit.
Zu Lauingen an der Donau befindet sich in der
schönen gothischen Kirche die Familiengruft der Pfalz-
grafen von Bayern-Neuburg. Da man die Särge be-
schädigt glaubte, wurden sie im Jahre 1/81 auf kur-
fürstlichem Befehl durch eine Kommission geöffnet,
die darin gefundenen Kleinodien brachte man in das
Münzkabinet, später gelangten sie in das National-
museum. Der Werth derselben ist unschätzbar, sowohl
an Gold, Diamanten, Rubinen, Saphiren , Smaragden,
wie noch mehr an künstlerischer Ausführung und fein-
ster Stilisirung.
Damals legte man wenig Werth auf ähnliche Dinge,
es wurde in Folge dessen jene Untersuchung auch sehr
oberflächlich behandelt, daher entschloss ich mich im
|ahre 187/ den Inhalt der Gruft nochmals, aber gründ-
W. Malecki, H. Haiscli , Fried. Bodenmüller, E. Willers, Ernst
Reiniger , Heinr. Schaumann , Ortlieb , Th. Kutsch , J. Jäger,
W. Schütze, Carl Rohde, J. Zügel, Wilh. Diez, O. Gebier,
L. Hartmann, Cäsar Metz. Josef Miller, Alphons Bodenmüller,
J. Zimmermann , G. Schönleber , Malchus , Käppis , Stieler,
L. Vollmar, Jul. Köckert , K. lieilmayer, W. Forn, Ed. Heinel,
A. Eberle, G. Dehrn. A. Gräfle. L. Epp.
313
lieh zu untersuchen. Von zwei Arbeitern unterstüzt,
durchsuchte ich die 20 Zinnsärge. Wenn auch der
reiche Schmuck fehlte, so fand ich doch noch manche
interessante Einzelheiten, besonders Kostümstücke in
Sammet und Seidendamast, welche der Verwesung
getrotzt hatten. In Folge ihrer geschmackvollen
Musterung und wunderbaren Technik könnte man zur
Ansicht kommen, dass in dieser Richtung die mensch-
liche Geschicklichkeit, ungeachtet aller neueren Er-
findungen, in den letzten 300 Jahren keine sonder-
lichen Fortschritte gemacht habe. Durch diese Stoff -
theile konnte ich der Textil- wie Kostümsammlung
des Nationalmuseums einen lehrreichen Zuwachs ver-
schaffen.
Als die bedeutendste dieser meiner Auffindungen
muss 'ich das vollständige Kostüm der Pfalzgräfin
Dorothea Sabina fgeb. 1576 f 1598) hervorheben, es
besteht aus einem offenen Ueberkleid mit langer
Schleppe und Mieder von dunkelgrünem Sammet, mit
Stehkragen und mit Wülsten auf den Achseln, langen
offenen Hängeärmeln, die mit gelbem „verhacktem“
Seidenstoff gefüttert sind. Das Unterkleid von starkem
gelben Seidenstoff hat vielfach gepuffte Aermel und
ist durchaus mit Silberlitzen besetzt. Alle Theile von
Leinwand existirten nicht mehr.
Ausserdem fand ich noch das Glied einer pracht-
vollen breiten goldenen Kette, einer sogenannten Um-
lege, und unter den Kleidern in der Gegend der
Brust ein kleines Herzchen von Gold, in dessen Mitte
ein S auf durchsichtigem Grunde eingesetzt war, es
hing an einem schwarzen Seidenschnürchen, wahr-
314
scheinlich hatte dieses die Pfalzgräfin bei ihrer Taufe
erhalten. Diese Gegenstände legte ich zu dem Schmuck,
der schon früher aus demselben Grabe gekommen war.
Die Zinnsärge waren meistens von kolossaler Grösse
und reich ornamentirt, auf jeder der zwei Seiten be-
fanden sich drei Löwenköpfe mit Ringen in den Ra-
chen zum Tragen des Sarges ; ausserdem waren sie
mit Gravirungen von Meisterhand versehen, bestehend
in Inschriften mit den Namen, Titulaturen, Crucifixen
und in reichhaltigen Wappen, welche an ähnliche Ar-
beiten von Lukas Kilian und Mathias Merian sehr er-
innern. Die Kostüme, der Schmuck, wie auch diese
Särge geben sprechendes Zeugniss für die Pracht- und
Kunstliebe, durch welche die Menschheit hohen, und
nach Verhältniss auch niederen Standes im Leben wie
auch über das Leben hinaus sich verherrlichte. Daher
stellte ich auch von diesen Särgen 12 in dem National-
museum auf.
Mein Drang, über wie unter der Erde Erinner-
ungen an unsere Vorfahren aufzusuchen, wäre mir
diesmal beinahe theuer zu stehen gekommen. Die
Gruft war seit 1781 nicht mehr eröffnet, ich Hess die
grosse Steinplatte heben, unter welcher die Treppe
in die Gruft führte, durch diesen einzigen Eingang
konnte keine Luftströmung geschafft werden. Ich ver-
brachte darin von früh 10 bis l und den Nachmittag
von 2 bis 8 Uhr mit Untersuchen der Leichen zu,
ohne dabei an etwas anderes zu denken.
Nach Waschen und Kleiderwechsel begab ich
mich in das Gastzimmer, wo eine Gesellschaft, be-
sonders von geistlichen Herren, mich erwartete, welche
315
von mir Neues aus alten Zeiten erfahren wollten ;
wenn ich auch Manches bieten konnte, so erfuhr auch
ich Dinge von Interesse über Land und Leute, wie
man es fast nur in einer solchen gemüthlichen Gesell- *
schalt eines kleinen Städtchens erfahren kann. Nach-
dem ich bis 1 1 Uhr in dieser heiteren Gesellschaft
und in bestem Wohlsein zugebracht hatte und mich
zu Bette begeben wollte, überfiel mich ein Sturm
gleich dem vollständigen Ausbruch der Cholera. Ich
dachte an Frau und Kinder zu Hause, wollte tele-
graphiren, war aber zu schwach dazu, ich schlief er-
mattet ein, erwachte des Morgens, fand mich wohl
und frühstückte con amore. Als ich mich aber wieder
in die Gruft begab, um das Werk fortzusetzen, über-
fiel mich nach kaum zwei Minuten eine grosse Uebel-
keit, während ich fast den ganzen Tag vorher darin
zugebracht hatte. Die kleineren noch nicht unter-
suchten Särge Hess ich herauftragen, den Rest meines
Geschäftes besorgten die Herren Bürgermeister und
Physikus und deren Frauen ; letzteren gruselte es nicht
mehr davor, nachdem sie mich über Zweck und Wich-
tigkeit der Sache sprechen gehört hatten. Aerzte,
welche von der Geschichte erfuhren , lobten meine
gute Natur, die sich selbst geholfen und ohne welche
eine Blutvergiftung eingetreten wäre.
Im Uebrigen habe ich wenig Erfolge von meiner
Stellung als Generalconservator der Kunstdenkmale
Bayerns zu verzeichnen. Das Comite, welches mir,
oder welchem ich , zur Berathung beigegeben wurde,
Hess der Minister nach der ersten Sitzung nie wieder
Zusammenkommen, auch Hess er es nicht ergänzen.
316
obgleich es bis auf einen Mann ausgestorben war.
So oft ich wegen Erhaltung von Kunstdenkmalen
einen Bericht an das Ministerium gelangen Hess, er-
hielt ich entweder keine oder eine unpassende und
unwürdige Antwort, so z. B., als ich berichtete, dass
gegen geistliches und weltliches Verbot aus einer
Kirche ein höchst merkwürdiger Kelch , vom Her-
zog Arnulf stammend, verkauft worden sei , den
man noch rechtzeitig zurückfordern könne, war die
Antwort: „Was einmal fort ist, kann man nicht
wieder haben, und ich sei Schuld daran, weil ich es
nicht rechtzeitig für das Museum angekauft habe“,
während ich diesen Kelch vorher nie sah und über-
haupt kein Recht hatte, der Kirche etwas feil zu
machen.
Einst berichtete ich, man gehe damit um, auf
der Burg zu Nürnberg einen alten malerischen IIolz-
und Fachwerkbau aus dem 16. Jahrundert, welchen
schon Albrecht Dürer aufgenommen hatte, abzubrechen,
darauf erhielt ich die Antwort, er muss hinweg, weil
er aus dem 16. Jahrhundert stammt.“ (! ?)
Durch alle diese Dinge wurde mir meine Stelle
immer mehr verleidet.
Als ich meine zweite Eingabe um Quiescirung
am 28. Februar 1884 selbst in das Ministerium trug,
rieth mir daselbst der betreffende Referent mit freund-
lichster Miene, an meiner Stelle zu verbleiben, es sei
dem Herrn Minister, der meine Verdienste hoch-
schätze (?), sehr unangenehm, wenn ich mein Amt
niederlege, ich solle nur mit Energie Denjenigen ent-
gegentreten, welche mir in meiner Stellung Wider-
317
wärtigkeiten bereiten u. s. w., und zwar das alles, wäh-
rend ich wusste , dass man schon das Möglichste ge-
than, mir meine Stelle unmöglich zu machen, und
sich schon umgesehen hatte, einen Nachfolger zu fin-
den, und man mich nur noch so lange hinhalten wollte,
bis man einen solchen gefunden habe. Ich erhielt
meine Quiescirung unter dem 2. April 1885 in meinem
75. Lebens- und 33. Dienstjahre. Damit wurde zu-
gleich mit meiner Direktorstelle die eines Generalcon-
servators der Kunstdenkmale Bayerns meinem Nach-
folger übergeben, wiewohl vorher beide Stellen in
keinem direkten Zusammenhang standen.
Dass es mir schwer fiel, mich von dem zu tren-
nen, wofür ich viele Jahre hindurch mit Liebe, glück-
lichem Erfolg und so vielen Anstrengungen wirkte,
ist wohl natürlich, doch was meine Person betrifft,
so hatte ich keine Ursache, mich darüber zu grämen,
denn, abgesehen von dem Gewinn meiner Zeit, wurde
mir in der Nähe und besonders aus der Ferne weit
mehr Lob, Anerkennung und Dank zu Theil, als ich
verdiente und als ich hätte erwarten können.
XL. Zweck und. Einrichtung des National-
museums.
Wenn ich hier versuche, einen kurzen Ueberblick
dessen zu geben, was ich bei Organisirung des Natio-
nalmuseums erreichte, oder auch nur plante, so bin
ich weit entfernt, mich eines besonderen Talentes zu
rühmen. Ich möchte nur damit bezwecken, dass das,
was mir gelungen ist und sich bisher als praktisch er-
318
wiesen hat, auch noch fernerhin, wie bisher, Nutz-
anwendung linden möge. Auch will ich jener Männer
gedenken, welche schon vor mir in dem Museumsfach
viel geleistet und mir Zweck und Nutzen desselben
besonders dadurch klar und einleuchtend gemacht
haben, dass sie mir durch ihre Museen, Bibliotheken
etc., wie durch ihre Kenntnisse so vieles Material und
so reiche Belehrung boten und mir, oft unter misslichen
Verhältnissen, Muth und Kraft aufrecht erhielten.
Als ich die Direktion des Nationalmuseums über-
nahm, waren die 30 Säle des Mittelstockwerkes leer,
sie sollten auch so bleiben und nur die Geschichte
des bayerischen Herrscherhauses repräsentiren. 1 )ie
Wandmalereien zeigten Scenen aus der bayerischen
Geschichte, und nur in der Mitte eines jeden Saales
sollte die lebensgrosse Statue eines bayerischen Fürsten
aufgestellt werden : eine Anzahl derselben war schon
im Gipsmodell vollendet. Die schon vorhandene ausser-
ordentlich grosse Masse der unschätzbarsten Kunst-
werke war in dem Erdgeschoss und dem obersten
Stockwerke, das nicht einmal die Breite des ganzen
Baues einnahm, zusammengedrängt, so dass ich ge-
zwungen war, diese 30 Säle zur Aufstellung der
Sammlungen ohne Beeinträchtigung der Wandgemälde
zu benutzen. Ich erkannte darin einen wesentlichen
Vortheil, dass die Säle einer jeden der drei Etagen
mit nur ganz wenig Seitengemächern in gerader Linie
aufeinander folgten, wodurch ganze Rubriken in ihrer
Zusammengehörigkeit überblickt wurden, und Studien
daran leicht gemacht werden konnten, was auch in
einem jeden Museum rasche Orientirung und leichtere
319
Ueberwachung ermöglicht. Solche Vortheile vermisst
man leider nur zu sehr im Musee de Cluny zu Paris
und in dem Germanischen Museum in Nürnberg, in
denen man durch Anheften von Wegweisern und
Aufschriften den Klagen über ein Labyrinth nach
Möglichkeit entgegenzuwirken sucht. Bei diesen Mu-
seen war aber auch die Sachlage eine ganz andere,
denn hier sind die Gebäude selbst interessante ge-
schichtliche Denkmale, die nicht für Museen berechnet
waren.
Durch meine Studien, welche ich an so manchen
älteren, wie neueren Museen für den Zweck meiner
eigenen Arbeiten machte, musste ich wohl schon längst
mit mir über Zweck und Nutzen eines Nationalmuseums
im Reinen sein; denn es ist menschlich, dass alles,
was man in seinem eigenen Interesse als nützlich oder
schädlich erkannt hat, am besten im Gedächtniss
bleibt. Meine Freunde, wie ich selbst, glaubten da-
her, dass ich ein leichtes Spiel haben würde, meine
Erfahrungen in Anwendung zu bringen, das wäre aber
nicht ohne das Handschreiben des Königs Ludwig II.
vom Juli 1868 möglich gewesen.
Es existirten bisher wenige Museen , die allen
jetzigen Anforderungen entsprachen ; sie bestanden
meistens in sogenannten Kunstkammern auf Burgen
und Schlössern, in welchen man allerlei Curiositäten
zur Unterhaltung der Freunde und Gäste aufbewahrte,
in Salons , die man mit Kunstsachen dekorirte , oder
Raritätenkabinetchen , in denen der Arrangeur die
Kunstgegenstände zur malerischen und dekorativen
Ausschmückung benutzte.
320
Jetzt sind dieses nicht mehr Spielsachen und
Unterhaltungsgegenstände . sondern Dinge für ernstes
Studium , welche uns einen Blick über menschliche
Befähigung durch Jahrhunderte hindurch gewähren.
Um den jetzigen Anforderungen zu genügen, ist
bei Ordnung und Aufstellung in einem Museum in
erster Linie die chronologische Reihenfolge zu be-
achten , denn alles menschliche Bilden und Schaffen
ist durch den Geist der Zeit beeinflusst. Doch sind
die Werke der Kunst, wie jene des Handwerkes in
gleicher Periode und gleicher Geschmacksrichtung
nach Material, Zweck und Bestimmung oft sehr ver-
schieden. Wollte man daher ohne Zwischenabtheil-
ungen nur allein auf die Zeitfolge sehen, so würden
oft sehr verschiedenartige Dinge in störender Weise
neben einander zu stehen kommen. Ungeachtet solcher
Abtheilungen, die in der zeitlichen Reihenfolge neben
einander herlaufen, bietet das ganze bayerische National-
Museum, dem Wesen nach, eine ununterbrochene Ueber-
sicht über Wirken und Schaffen vom frühesten Mittel-
alter bis zur neueren Zeit, wodurch etwas hergestellt
wurde, wie es vorher in München nicht zu linden
war. Dem gegenüber muss ich lebhaft bedauern, dass
die herrlichen Schätze des Griechen- und Römer-
thums, welche für sich eine ebenso abgeschlossene
Kulturperiode, wie das christliche Mittelalter bilden,
in München noch unter verschiedenen Verwaltungen
und an verschiedenen Orten untergebracht sind.
Obenan steht die Glyptothek, eine grossartige Schöpf-
ung Königs Ludwig 1. Als wesentlicher Bestandtheil
dazu gehört das jetzt noch weit davon entfernt ge-
321
legene „Gipsmuseum“, welches unter so bescheidenem
Titel durch den bedeutenden Archäologen Heinrich von
Brunn ins Leben gerufen wurde. Es ersetzt, besonders
zum Zweck des Studiums, die klassischen Sculpturen,
die in Original um keine Summen mehr zu haben
sind. In gleicher Weise die unschätzbare Vasensamm-
lung, auch durch das hohe Interesse des Königs Lud-
wig I. herbeigeschafft, die einen tiefen Blick in das
Volksleben und die Geschmacksrichtung des klassischen
Alterthums gewährt, ebenso das davon entfernte
Antiquarium, so reich an Lehrmitteln durch herrliche
Terrakotten und Broncearbeiten. Auch wäre dabei
die antike Münzsammlung von höchster Wichtigkeit
zum Studium der griechischen und römischen Ge-
schichte und Kunst.
Mein Vorgänger im Amte, Aretin, dem darum
zu thun sein musste, in kurzer Zeit das Nationalmuseum
möglichst reichhaltig zu gestalten, hatte in demselben
eine sogenannte römische Abtheilung hergestellt, wo-
zu das Material meistens dem ehemaligen Antiquarium
in der alten Residenz entnommen wurde. Ich glaubte
nicht, dass dadurch das Studium der klassischen Kunst
und Kultur, oder das Ansehen des Nationalmuseums
gehoben werde, und benahm mich daher mit dem
Kabinetsrath des Königs Ludwig I., Hüther, der die
Glvptothek zu verwalten hatte, um vielleicht für die
Zukunft eine Vereinigung der klassischen Kunstschätze
anzubahnen. Dieser war auch bereit, das Seinige
dazu beizutragen ; er zeigte mir in der Glvptothek
geräumige Säle, welche fast noch leer standen, einen
geräumigen Hof, der, mit Glas überdeckt, noch viele
21
322
Kunstschätze hätte aufnehmen können. Ausserdem
wäre noch leicht an der Rückseite der Glyptothek
eine Kunsthalle anzubauen, so dass hier alle auf die
Antike bezüglichen Kunstwerke untergebracht werden
könnten. Wie ich schon voraus wissen konnte, wurde
aus der Sache nichts, doch reute es mich nicht, dazu
beigetragen zu haben, dass vielleicht in der Zukunft
eine solche Idee wieder aufgegriffen werde.*) Ich ver-
wendete daher das so schwach vertretene Römerthum,
von dem auch vieles dem frühen Mittelalter angehörte,
zur Einführung in die Sammlung der Terrakotten,
der Glasfabrikation u. s. w. Dass mir dieses von
manchen Seiten als Missachtung der Antike ausgelegt
wurde, darauf konnte ich g’efasst sein.
I >ie umfangreichste Abtheilung im Nationalmuseum
ist die der häusliche n Ei n rieht ungen, wobei alles das
inbegriffen ist, was in Wohnungen, Rurgen, Schlössern,
I lauskapellen etc. zum Gebrauch wie zur Ausschmück-
ung diente. Dabei ist auch die religiöse oder kirch-
liche Kunst reich vertreten; denn im Mittelalter ist
nicht eine Wohnung ohne I lausaltärchen und Heiligen-
bilder. in Sculptur wie in Malerei, zu denken, was
gegen Schluss des 1(>. Jahrhunderts allmählich abnahm.
In dieser Abtheilung befinden sich Kunstwerke ersten
Rangs, darunter, wie in allen Abtheilungen, auch Ge-
schenke von Privaten, denen man zum Dank ver-
*) Auch Heinrich von Brunn hatte später den (jedanken
angeregt, alle antiken Kunstsammlungen mit der Glyptothek zu
vereinigen, ebenso sein Schüler Dr. Paul Arndt. Vergl. die Bro-
schüre des Letzteren : Münchener Kunstsammlungen. Pläne und
Vorschläge. München 189/. 8".
323
pflichtet ist, und deren Namen ich an betreffender
Stelle anheften Hess.
Die zweite grosse Abtheilung ist jene der Trachten,
Waffen und des Schmuckes; sie besitzt einen be-
sonderen Werth für Geschichte, denn man hat in ihr die
unmittelbare äussere Erscheinung der Menschheit ver-
schiedener Jahrhunderte vor Augen. Ich hatte immer
den Eindruck, als könne sich ein Freund des Ge-
schichtsstudiums nicht allein mit den geschichtlichen
Thatsachen begnügen, sondern müsse auch das Ver-
langen haben, eine bildliche Vorstellung der damit
verbundenen äusseren Erscheinungen zu gewinnen.
Besonders zu solchem Zwecke stellte ich diese Sepa-
ratsammlung her, die mit der frühchristlichen Periode
beginnt und sich bis in das Jahr 18/1 erstreckt.
Die Waffen, vorzüglich Harnische, welche Aretin
aus dem ehemaligen Militärzeughause holte, und jene,
welche ich auf dem Schlosse Hohenaschau erwarb,
sie waren zwar sehr kostbar, reichten jedoch nicht
aus, um ihre Entwicklungsgeschichte anschaulich zu
machen. Ich stellte daher die Bitte , dass der Inhalt
des alten bürgerlichen Zeughauses in das National-
museum gegeben werde, worauf der Magistrat, an
dessen Spitze der vortrellliche Bürgermeister Erhardt,
in der dankenswerthesten Weise, mit Vorbehalt des
Eigenthumsrechtes, einging. Dadurch ward der Be-
sitz der Stadt, wie der des Museums um das Dop-
pelte an Werth erhöht, denn es wurde etwas Grosses
und Lehrreiches geschaffen.
Von dem, was durch den Besitz der Stadt Mün-
chen im Allgemeinen gewonnen wurde, will ich vor-
2 1 *
324
erst nur das erwähnen, was besonders bei den Aeltesten
unserer Zeitgenossen interessante Jugenderinnerungen
wachrufen kann. Möge dabei an das gedacht werden,
was damals unser Vaterland war, und was wir den
Männern zu danken haben , welche ein einiges deut-
sches Vaterland geschaffen !
Es ist die Gruppe der Erinnerungen aus dem
Schlüsse des vorigen Jahrhunderts bis zum Entstehen
des neuen deutschen Reiches. Sie wurde besonders
dadurch ermöglicht, dass König Ludwig I., schon in
jungen Jahren den Werth solcher Erinnerungen er-
kennend, Material dazu aufbewahrte. Ich hatte es
schon als Conservator der vereinigten Sammlungen
in Verwahr, konnte es aber damals in Befürchtung
mancher moquanter Bemerkungen noch nicht öffent-
lich aufstellen, was mir alsdann im Nationalmuseum
gelungen ist. Ich will hier nur die eigenthümlichen
und eigenhändigen Aufschriften des Königs erwähnen :
„Dieses rothe goldgestickte Kleid trug Herzogin
Therese von Sachsen - Hildburghausen , als Bayerns
Kronprinz Ludwig (der ihr Gemahl, später König
wurde und sie Königin) sie das erste Mal sah, was
stattgefunden zu Ilildburghausen, wenige Tage vor
Weihnachten 1809.“
„Dies rothe silbergestickte Kleid trug die 1 lerzogin
Therese von Sachsen-Hildburghausen bei ihrem feier-
lichen Empfang in München als Braut des Kronprinzen
Ludwig von Bayern den 10. Oetober 1810.“
„Das ist das Hochzeitkleid gewesen meiner viel-
geliebten. verewigten Gemahlin, der Königin Therese,
geb. Prinzessin von Sachsen. München, den 8. April
1855.“
„Diese rothen Schuhe meiner Braut Therese,
nachmalige Königin von Bayern, welche ihre Amme
an unserer Vermählung übergab.“
„Diese Mappe trug unterm Arm in Collegien
gehend in Göttingen der Churprinz von Pfalzbayern,
der unter dem Namen eines Grafen von Werdenfels
im October 1803 diese Universität bezog, sie gegen
Ende August 1804 verliess.“
„Degen, welchen Napoleon bei Ulm trug, dem
Kronprinzen Ludwig von Bayern im Jahr 1806 in
München gab.“
„Uniform, von Kronprinz Ludwig von Bayern
bei der Schlacht von Eckmühl den 22. April 1809
getragen.“
„Diesen Feldmarschallwaffenrock nebst den dazu
gehörigen langen blauen Hosen trug Ludwig I., König
von Bayern, im 1. Fünftheil des 19. Jahrhunderts.“
„Diese Uniform für das bayerische Leib-Infanterie-
Regiment trug Ludwig L von Bayern während der
Empörung im März 1848, äls derselbe am 6. ob-
genannten Monats die Proklamation Unterzeichnete,
welcher diese eigenhändig schrieb.“
„Mit dieser Feder Unterzeichnete Ludwig, König
von Bayern, im fahr 1848 am 6. März die Prokla-
mation , am 20. des nehmlichen Monats seine an die
Bayern gerichtete, dessen Kronentsagung begleitenden
Worte und diese selbst, was derselbe hiemit schrieb.“
Dabei befinden sich ferner manche Gegenstände,
wie Hüte, Kappen etc. der wunderlichsten Form, mit
326
welchen ich mich noch, aus meiner Kindheit, erinnere,
den König gesehen zu haben. Diese Gruppe der
Erinnerungen an jene für uns so wichtige Zeit wurde
noch durch nachstehende Gegenstände zureichend er-
gänzt :
„Uniform eines Todtenkopfhusaren, Regiment des
Herzogs von Braunschweig. 1813 — 14, Geschenk des
Freiherrn von Bothmer.“
„Uniform des Feldmarschalls Fürst Wrede, welche
derselbe in der Schlacht bei Wagram den 6. Juli 1809
trug, mit sichtbarer Stelle, an welcher ihn eine Kugel
traf.“
„Uniform König Max Joseph I.“
„Uniform König Max II., des Gründers desNational-
museums.“
Letztere drei Gegenstände mit den dazu gehörigen
Waffenstücken sind Eigenthum der Stadt München.
Das Prachtnationalkostüm des Königs Otto von
( mechenland, wie dessen goldgesticktes Pferdegeschirr,
ein Geschenk des türkischen Sultans.
liier will ich auch bemerken, dass sogleich nach
dem Tode der Königin von Griechenland zwei
griechische Hofdamen sämmtliche Kostümstücke der
Königin , darunter auch den Thronornat, an einen
Juwelenhändler, den sie von München nach Bamberg
kommen Hessen, verkauften. Leider konnte ich, da
mir nur wenige Mittel zu Gebote standen , nur einen
kleinen Theil davon für das Nationalmuseum erwerben,
den ich in einer Gruppe dem Kostüm des Königs Otto
gegenüber aufstellte.
327
Eine Uniform unseres bayerischen Feldherrn Lud-
wig Freiherrn von der Tann-Rathsamhausen (f 1881),
die ich mir von dessen Gemahlin erbat, habe ich auch
in dieser historischen Reihenfolge aufgestellt
Zum Schluss dieser Serie stellte ich zwei reich-
haltige Gruppen französischer Waffen verschiedenster
Art aus dem deutsch-französischen Krieg auf, wie es
damals noch leicht war und jetzt kaum noch mög-
lich wäre.
Wie wir durch solche Zusammenstellungen das
Bild aus einer, uns noch nahestehenden Periode ge-
winnen konnten, so musste es auch unser Streben
sein , ein gleiches aus früheren Jahrhunderten zu
erhalten. Dass uns das Material dazu nicht mehr so
reichlich erhalten blieb , ist wohl natürlich ; wir müssen
deshalb zu gleichzeitigen Bildwerken jeder Art greifen,
um den Zusammenhang des uns noch in Original Er-
haltenen zu erkennen. Dazu dienen in erster Linie
als die sichersten Anhaltspunkte die Grabsteine ; denn
wir wissen, wie es in jenen Zeiten der Stolz und die
Pietät der Familie verlangte, dass sogleich nach dem
Ableben des Angehörigen dessen Bildniss mit der
möglichsten Genauigkeit in Stein ausgeführt wurde.
Deshalb erscheinen uns in den Grabmonumenten des
Mittelalters auch Ritter, Frauen, Geistliche und andere
Stände in ihrer ganzen äusseren Erscheinung. Da sie
auch mit Inschriften, Namen, Jahrzahlen und Wappen
versehen wurden , bieten sie uns sichere Belege und
viele Anhaltspunke zum Forschen in Kunst- und Kul-
turgeschichte. Das Aufsuchen derselben brachte auch
mir bei meinen Arbeiten schon vielen Nutzen. Es
328
kommt wohl auch in seltenen Fällen vor, dass Grab-
denkmale erst geraume Zeit nach dem Tode des Be-
treffenden errichtet wurden, diese können uns jedoch
nicht irre führen, da nur wenig Erfahrung dazu ge-
hört, um dieselben als nicht massgebend zu erkennen.
Die wichtige und lehrreiche Abtheilung der
Waffen, Trachten und des Schmuckes be-
gann mit der Alba des Kaisers Heinrich II. des Hei-
ligen, einer Inful des 11. Jahrhunderts und dem
Schmuck der frühesten christlichen Perioden und er-
streckte sich bis zur Uniform König Max II. und den
Gruppen der Waffen aus dem Krieg 1870/71. Sie
erhielt manche werthvolle Beiträge durch Geschenke,
von denen ich nur nenne den Helm eines Dogen von
Venedig aus dem 1(>. Jahrhundert von Herrn Felix
von Pausinger, eine Turnierlanze zum „Rennen im
Krönlin“ von dem Grafen Vieregg, von einem seiner
Vorfahren stammend, zwei deutsche Stechhelme aus
dem 16. Jahrhundert von Herrn Bouton, Seidenfabrik-
Besitzer in Lyon.
Eine höchst merkwürdige Sammlung von Kostü-
men vornehmer Frauen erhielt ich von dem hervor-
ragenden Juristen und Universitätsprofessor Paul Roth.
Sie zeigt noch die Prachtliebe und die Ueppigkeit
aus der ersten I lälfte des 18. Jahrhunderts im Gegen-
satz zu der darauf folgenden Nüchternheit und Ge-
schmacklosigkeit in der zweiten Hälfte desselben
Jahrhunderts.
In der Geschichte menschlicher Thätigkeit ist die
Keramik von besonderer Bedeutung, da sie als ge-
meines Töpferhandwerk zu allen Zeiten der Mensch-
329
heit diente und dabei auch mit dem Fortschritt der
Kultur zu Kunstwerken und Luxusartikel ausgebildet
wurde.
Wenn ich auch gewiss die grossartigen Leistungen
des Auslandes auf diesem Gebiete nicht unterschätze,
so waren es doch besonders die Werke unseres deutschen
Vaterlandes, denen ich eine besondere Berücksichtig-
ung zuwendete, und zwar nicht nur, weil ich ein guter
Deutscher bin, sondern, weil ich längst die Ueber-
zeugung gewonnen hatte, dass unser Vaterland auf
diesem, wie auf so manchen anderen Gebieten bis
jetzt zu wenig Anerkennung gefunden hat.
Es freute mich besonders, zu sehen, wie im 16.
Jahrhundert unsere bedeutendsten Künstler Muster-
blätter für Ornamentirung der Krüge, Fokale, Humpen.
Ofenkacheln etc. nicht nur für Deutschland, sondern
auch weithin für das Ausland fertigten.
Die Technik der Keramik gipfelt besonders in
der Porzellanfabrikation verschiedener Länder. Es
machte mir grosse Freude, noch zur rechten Zeit im
Stande gewesen zu sein, eine reichhaltige Gruppe der
schönsten Arbeiten des schon genannten vortrefflichen
Künstlers Johann Peter Melchior aus den Porzellan-
fabriken blochst und Frankenthal für das bayerische
Nationalmuseum zu erwerben.
Hier möchte ich noch eine Bereicherung des
Nationalmuseums erwähnen, die, wenn sie auch keine
eigene Abtheilung bildete, doch für diese Anstalt von
höchstem Werthe war. Es sind Limoges-Geschirre
in Maler-Email auf Kupfer, welche König Ludwig 1.
seiner Zeit in Nürnberg von der Familie Tücher er-
330
worben hatte. Ich hatte sie, die Privateren thum des
Königs blieben, schon als Conservator der vereinigten
Sammlungen in meinem Verwahr, damals war es
schon, dass Anselm von Rothschild eine hohe Summe
dafür bot. Aretin konnte sie vom Könige nicht für
das Nationalmuseum erhalten. Nach des Königs Tode
hielt es Hofrath Hüther für seine Pflicht, sie im Interesse
der königlichen Familie zu veräussern. Mit Aufwand
meiner ganzen Beredsamkeit gelang es mir (1871 ), dass
dieser grosse Schatz dem Nationalmuseum zugewiesen
wurde.
Abgesehen von der Technik, die gerade hier in
München viel weniger als an anderen Orten vertreten ist.
haben diese Stücke für Bayern ein ganz besonderes Inter-
esse, weil sie der Nürnberger Losunger Lienhart Tücher*)
von dem berühmten Kmailleur Pierre Reymond (Rexmon)
in Limoges anfertigen und mit seinem und seiner Frau,
einer geborenen Nützel, Wappen schmücken Hess. Wie
mir ein Nachkomme des für die Nürnberger Stadtge-
meinde bedeutsamen Mannes, Herr Ch. Freiherr von
Tücher, mittheilte, wurde das zu Gefässen verarbeitete
Kupfer von Nürnberg nach Limoges gesandt, um es dort
mit Darstellungen nach italienischen, deutschen und
niederländischen Kupferstichen emailliren zu lassen.
Darunter befindet sich eine Platte mit der Schöpfungs-
geschichte nach Lukas von Leyden; die dazu gehörige
*) Die Losunger, deren es immer zwei waren, hatten die
grösste Gewalt und die höchste Würde in der Republik. — Siehe
hierüber wie über Lienhart Tücher: Sieben und dreissigster Jahres-
bericht des historischen Vereins von Mittelfranken LS69 und 1K70
Ansbach 4°. Seite 53 und 125.
331
Kanne, mit Jagdscenen nach niederländischen Meistern,
wurde in Nürnberg von Wenzel Jamnitzer mit Henkel
und Schnauze versehen.
In der Sammlung der Glasfabrikation, be-
ginnend mit Werken der Römerzeit, des frühen Mittel-
alters und aufsteigend bis zur neuen Zeit, ist jede
Technik des Glasblasens, -Schleifens und -Malens ver-
treten. Der Uebergang zur neuesten Zeit ist besonders
durch Geschenke der Herren Salviati in Venedig und
Lobmevr in Wien u. a. anschaulich gemacht.
Die Sammlung der textilen Arbeiten, d. h.
dessen, was in jeder Richtung mittelst der Nadel und
des Webstuhls gefertigt wurde, beginnt mit den Werken
des neunten Jahrhunderts und geht bis zur neueren
Zeit ; sie nimmt acht Säle ein und besteht in Stoffen aus
Leinen, Wolle, Seide von dem Einfachsten bis zur
höchsten Pracht, zu verschiedenen Zwecken des
Lebens aus den verschiedenen Ländern. Zu dieser
Sammlung' erhielt ich als Geschenk Seiner Durchlaucht
dem Fürsten Leopold von Fugger-Babenhausen ein
Stück Leinwand, das 1461 in der Weberei von Marx
Fugger gefertigt wurde. Damit verbunden ist eine
reiche Sammlung von Spitzen in Leinen, Gold und
Silber. Auch sie wurde durch Freunde der guten
Sache reich beschenkt.
Es hat sich alsbald erwiesen, dass diese Abtheilung
des Museums in der Jetztzeit besondere Nutzanwendung
fand. Zeichner, und noch mehr Zeichnerinnen, kopirten
stets daraus zu Zwecken für Schulen, Seiden-, Teppich-
und Tapetenfabriken, Stick- und Nähanstalten u. s. w.
Es war daher zweckmässig, dass sämmtliche Stoff-
332
muster unter Glas in chronologischer Reihenfolge über-
sichtlich aufgestellt wurden, wodurch man das zu
einem bestimmten Zweck Dienende leicht auffinden und
zum Kopiren herausnehmen konnte.
Die Sammlung der Werke der Schmiedekunst
und des Schlosserhandwerkes, wofür kaum nennens-
werthes Material vorhanden war, als ich das National-
museum übernahm, erhielt bald durch Vielseitigkeit
und Reichthum eine besondere Bedeutung. Um dafür
gehörig zu wirken, fand ich schon frühzeitig den Weg
dadurch, dass ich in den verschiedensten Gegenden
Material für meine Publikation Eisenwerke etc. auf-
gesucht hatte. Dieses Kunsthandwerk zeigt uns, wie
man, besonders im Mittelalter, praktischen Zweck mit
Schönheit der Formen zu vereinigen wusste.
Der kunstsinnige König Ludwig II. machte bei
Anlage dieser besonderen Sammlung, in Folge meiner
Bitte, ein Prachtwerk zum Geschenk, nämlich einen
kolossalen Schlüssel mit reichhaltiger Ornamentirung
aus dem 1“. Jahrhundert, der einst die Zunftstube
der Schlosser in Nürnberg geziert hatte.
Ebne andere Separatsammlung, bei welcher ich keine
Mühe scheute, weil ich deren Wichtigkeit erkannte,
ist jene der Ornamentik in Holzsculptur. Als (Grund-
lage dazu benützte ich Trümmer der reichgeschnitzten
Wandvertäfelungen aus den Prachtgemächern der alten
Residenz, welche bei dem Neubau hinausgeschafft
worden waren, alles andere fügte ich aus Geschenken
und glücklichen Erwerbungen dazu. Diese Abtheilung
enthält 800 Gegenstände. Ich stellte sie in chrono-
logischer Reihenfolge, 40 Gruppen vom Jahre 1450
333
bis 1820 enthaltend, auf, und jeder Gegenstand er-
hielt einen schwarzen Hintergrund, damit die Umrisse
gehörig ins Auge fielen. Um diese Sammlung in
weiteren Kreisen bekannt zu machen, Hess ich sie aut'
photographischem Wege vervielfältigen und gab sie
im Buchhandel heraus.*) Diese Publikation erhielt
eine grosse Verbreitung, da sie von mehreren Regier-
ungen empfohlen und für Schulen wie Werkstätten als
Bedürfniss anerkannt wurde.
Eine nicht minder werthvolle Abtheilung besteht
in ungefähr 3000 Originalmodellen aus Silber, Kupfer,
Messing und Blei für Gold- und sonstige Metall-
arbeiter aus der Zeit von 1550 bis 1820; sie war
in einer alten Augsburger Goldschmiedefamilie Jahr-
hunderte hindurch angesammelt worden. Se. Durch-
laucht Fürst Leopold von Fugger-Babenhausen , der
schon mehrfach ein Wohlthäter des bayerischen National-
museums gewesen war, erwarb sie und machte sie dem
Museum zum Geschenke. Sie enthält Modelle für
Miederhacken, Schnallen, Kettenglieder, Fassungen
für Edelsteine, Buchbeschläge, Messerstiele, Scheiden
für Messerbestecke, Rosenkranzanhängsel u. s. w. Ich
heftete sie auf kleine schwarz überzogene Tafeln, und
stellte sie in möglichst chronologischer Reihenfolge in
zwei Gruppen unter Glas auf. Auch diese Sammlung
Hess ich in Lichtdruck veröffentlichen. **)
*) Ornamente der Holzsculptur von 1450 bis 1820 aus dem
bayerischen Nationalmuseum. Frankfurt a. M. , Heinrich Keller.
1881. Fol.
**) Original-Modelle in Silber, Kupfer, Messing, Blei, einer
Goldschmiedewerkstätte in Augsburg aus den Jahren 1550 bis 1800.
München, bei Obernetter.
Eine andere Abtheilung besteht in Werken der
Zinngiesse rei von 1500 bis zur neueren Zeit. Sie ent-
hält als besonders hervorragend die Werke des Kaspar
Enderlein, Modelleur, Graveur und Zinngiesser aus
Nürnberg. Ferner vier (Truppen von Kinderspiel-
vvaaren von 1560 bis 1820. So kindlich hier auch die
Bezeichnung lautet, so bietet diese Aufstellung doch
für die Geschichte des häuslichen und öffentlichen
Gebens manches Interessante, da sich die Sitten und
Moden verschiedener Zeiten häufig in den Spielsachen
der Kinder abspiegeln.
Eine Sammlung von Werken der Nürnberger
Becken sch läge rei aus dem Zeitraum von 1400 bis
1650. Es sind grössere und kleinere Becken und
Schüsseln mit erhaben getriebenem Bildwerk, häufig
die Verkündigung Mariae, den heiligen Georg, eine
Jungfrau mit dem Einhorn, Simson mit, dem Löwen
u. A. darstellend. Randverzierungen und Buchstaben
sind meistens mit Stempeln eingeschlagen. Ein Haus
in einer deutschen Reichsstadt ist kaum ohne jenen
Artikel zu denken, wo er zu verschiedenem Ge-
brauch und besonders zur Ausschmückung der soge-
nannten Schauküchen diente ; nicht weniger häufig
fanden die Becken aber auch ihre Verwendung als
Kirchengeräthe.
Zwei reiche Gruppen von Werken der Nürnberger
„ Wismuthmalerei“, ein Industriezweig von grosser
Verbreitung. Er besteht in verschiedenartigen be-
malten Arbeiten aus Buchenholz; als Ersatz für Gold
und Silber wurde Wismuth angewendet, um den
Grund für die Malerei zu bilden, wodurch die Farben
335
eine eigenthümliche Leuchtkraft erhielten. Sollte das
weis.se Wismuth nicht Silber, sondern Gold vorstellen,
so wurde es mit einer gelben Lasurfarbe überzogen.
Das reichhaltige, figürliche und ornamentale Bildwerk
darauf war mit einer handwertes- oder fabrikmässigen
Fertigkeit hergestellt, wozu besonders die Holzschnitte
und Kupferstiche von der Zeit Albrecht Dürer’s bis
)ost Amman benutzt wurden. Diese Erzeugnisse der
Nürnberger Industrie bildeten ebenso wie die der
Beckenschlägerei weithin verbreitete Handelsartikel.
Eine höchst interessante Sammlung ist jene der
Musikinstrumente vom 14. Jahrhundert an bis
zur neueren Zeit. Sie enthält grosse Seltenheiten und
ist für die Geschichte der Musik von hohem Werthe.
Eine wichtige Abtheilung stellte ich in zwei
( iruppen auf und gab ihr die Aufschrift „U t e n s i 1 i e n
zum israelitischen Gottesdienst.“ Es er-
scheinen darunter höchst bedeutsame Dinge aus dem
frühen Mittelalter bis zur neuen Zeit. Früher wären
sie nicht leicht in christlichen Besitz gekommen. Es
unterstützte mich aber dabei der sehr gelehrte Rab-
biner Dr. Perles, dem ich besonders die erklärenden
Aufschriften zu danken hatte. Durch glücklichen
Zufall konnte ich die daraul Bezug- habenden , schön
gestochenen Blätter aus dem berühmten Werke von
Bernard Picart *) erhalten, die ich als beste Erklärung
bei dieser Gruppe aufheftete.
*) C'eremonies et coutumes religieuses de tous les peuples
du monde, representees par des figures dessinees par Bernard
Picart. 8 tomes. Amsterdam 1723 — 43. Fol. — Picart, der überaus
geschickte und Heissige Zeichner und Kupferstecher, ist geboren
zu Paris 16/3 und gestorben zu Amsterdam 1733.
Dieses ist das Wesentlichste der verschiedenen
Gruppen oder Rubriken, das ich hier nur deshalb er-
wähnte, um dadurch vielleicht bei Anlagen von grösseren
oder kleineren Sammlungen für praktische Zwecke eine
Anregung zu geben.
Wenn solche Anstalten ihren Zweck erfüllen
sollen, so muss der Zutritt aufs Möglichste erleichtert
und das Kopiren nicht nur erlaubt, sondern auch auls
Möglichste gefördert werden. Ausserdem ist es
dringend nöthig , dass alle Kunstwerke in möglichst
genauen Reproductionen, durch Stiche, Photographien
oder plastischen Abtormungen in der Anstalt bei den
Originalen selbst zu beziehen sind.
Wie überhaupt in der Kunstgeschichte, so stehen
auch hier die Werke der Sculptur oben an. Ich er-
wähnte bereits, dass ich schon bei meinem Umzug
nach München vom Generaldirektor von Olfers in
Berlin ersucht wurde, für das dortige Museum gute
Abgüsse von grösseren oder kleineren plastischen
Werken zu besorgen. Dem stand leider damals noch
c>
entgegen, dass fast an allen Sammlungen des Staates
das Kopiren, und um so mehr das Abformen, verboten
war. Ich konnte daher vorerst nur an Dinge im
Privatbesitz und an wichtige Grabdenkmale in Kirchen
denken; allein wie erstaunt war ich, in München keinen
Formator zu finden , der seiner Zeit entsprach. Sie
formten alle nicht mit der feineren und testen Gips-
masse und meistens noch in der alten Art mit Stück-
und Keilformen, wobei der Gips direkt auf das
Original gebracht wurde und häufig die Gussnähte
sichtbar blieben. Als ich mir erlaubte, dies zu tadeln,
musste ich mir manche unhöfliche Worte gefallen
lassen, nur der Formator Kreittmayr gestand zu, dass
er nicht mit den Abformungen, die ich ihm aus Frank-
furt und Paris zeigte, konkurriren könne. Auf seine
Frage, wo er noch lernen könne, empfahl ich ihn an den
Bildhauer Sommer in Frankfurt a. M. Er erhielt von dem-
selben mit grosser Bereitwilligkeit im Formen mit elast-
ischer Masse Unterricht, und er brachte es hernach darin
zu einer ausserordentlichen Geschicklichkeit.
Als Vorstand des Museums hielt ich es für dringend
nöthig, dass in einem Lokal daselbst eine permanente
Ausstellung von Abgüssen der bedeutendsten Kunst-
werke des Museums veranstaltet wurde, aus welcher von
Künstlern wie Gewerbetreibenden das zu ihrem Zwecke
Brauchbare jeder Zeit bezogen und das noch nicht
Vorhandene bestellt werden konnte. Nothwendig
damit verbunden war die Werkstätte des Formators
im feuerfesten Souterrain des Museums. Sämmtliche
Abgüsse, die von dem Museum ausgingen, trugen den
Stempel dieser Anstalt.
Andere Museen ähnlicher Richtung lassen die
Reproductionen in Abgüssen und Photographien auf
eip-ene Kosten anfertmen und deren Verkauf oder
o o
Austausch durch ihre eigene Verwaltung besorgen,
was aber bei uns nicht thunlich erschien, einmal, weil
es sich mit den vielen Verwaltungsgeschäften des
Museums nicht wohl vereinen Hess, und ferner, weil
wir in diesem Punkte nur das einzige Interesse des
Museums darin erkannten, dass die Reproductionen
der Kunstschätze durch hohe Vollendung, wie durch
Billigkeit der Preise die möglichste Verbreitung er-
22
hielten ; dies wäre aber in solchem Masse nicht möglich
gewesen, wenn das Museum selbst das Verkaufsgeschäft
übernommen hätte. Die Verwaltung stellte sich nur die
Aufgabe, das Reste und Nützlichste zur Reproduction
auszusuchen, über gute Arbeit und niedere Preise, wie
darüber zu wachen, dass beständig eine übersichtliche
Ausstellung aller Reproductionen im Nationalmuseum
unterhalten wurde.
Ueber solche Grundsätze in Betreff des Kopirens,
Vervielfältigens, Verbreitens u. s. w. wird wohl mancher
Privatbesitzer von Kunstsachen und Alterthümern , wie
Antiquar und Kunsthändler ausrufen : „Da werden ja
die Kunstschätze etc. nacho-ebildet und verlieren da-
durch ihren hohen Werth der Seltenheit.“ W as aber un-
richtig ist, denn je mehr ein Meisterwerk durch
Kopien und Beschreibungen bekannt wird, umso-
mehr steigt der materielle, d. h. der Geldwerth des
Originals. Der Vorstand eines Staatsmuseums oder über-
haupt einer Staatsanstalt hat die Verpflichtung, nur für
das zu sorgen, was der Menschheit im Allgemeinen
zur Bildung- und zum Fortschritt nützlich sein kann.
Es bleibt hier nur noch die bei allen Museen und
Sammlungen so wichtige Frage eines gründlichen, be-
lehrenden Katalogs zu besprechen übrig
Ein Katalog, welcher nachträglich gelesen wird,
prägt die Sache nicht so sehr ins Gedächtniss ein,
als wenn mit der Betrachtung der Sache selbst zur
gleichen Zeit das Wichtigste der Erklärung auf einem
beigefügten Täfelchen ins Auge fällt. Ein Katalog
mit sachgemässer Erklärung alles Einzelnen ist von
Wichtigkeit, jedoch würde er bei einem grossen
— 339 —
Museum so umfangreich sein, dass er von den Be-
suchern des Museums nicht leicht gekauft würde, zu-
mal da die meisten derselben sich vorzugsweise nur
für die eine oder andere Abtheil uns1 des Museums
speziell interessiren. Daher habe ich es für wichtig
gefunden, ausser einem allgemeinen „Führer“, den ich
im Jahre 1881 herausgab, und der alsbald mehrere
Auflagen erlebte und der auf alle Ilauptgegenstände
des Museums in chronologischer Reihenfolge aufmerk-
sam machte, noch Monographien, d. h. ausführliche
Beschreibungen der einzelnen Sammlungen, herstellen
zu lassen, welche separat von den Besuchern zu be-
ziehen waren, und zusammengefasst, einen Katalog
des Ganzen gebildet hätten; eine Arbeit, deren Durch-
führung natürlich geraume Zeit in Anspruch nimmt.
Etwas ganz Anderes als ein Führer oder be-
schreibender Katalog ist das Inventar; es ist nicht
für das Publikum bestimmt, verbleibt bei den Akten
der Vorstandschaft oder auch an einer höheren Stelle.
Das Inventar hat keinen anderen Zweck, als den Be-
sitz des Museums zu sichern, und ermöglicht, dass
man an der Hand desselben jeden Gegenstand an
seinem bestimmten Orte rasch auflinden, und jede
Lücke, welche durch Entwendung oder Umstellen
entsteht, leicht entdeckt werden kann. In demselben
muss der Gegenstand nur insoweit bezeichnet sein,
dass ihn jeder Aufseher erkennt. Jeder Saal beginnt
mit Nr. 1, jede Gruppe darin ist nummerirt; so z. B. :
„Saal 16, Gruppe 6, Nr. 11, ein Glaspokal“; diese
Bezeichnung reicht aus ; eine wissenschaftliche Be-
schreibung ist hier vollständig überflüssig. Und da
22*
340
der Inhalt eines jeden Saales mit Nr. 1 beginnt, so
kann eine jede neue Erwerbung an die letzte Nummer
des betreffenden Saales angefügt werden. Ein der-
artiges Inventar einer Kunstsammlung unterscheidet
sich in nichts von jenem eines kaufmännischen Maga-
zins, eines Militärdepots etc. etc. Das Inventar des
Nationalmuseums ist unter meiner Leitung, besonders
durch den Fleiss des Oberaufsehers und einiger Auf-
seher, vollständig hergestellt worden.
Am Beginn des Jahres 1882 übersandte ich nach
der vorgeschriebenen Dienstordnung dem 1 Ierrn Minister
die Glückwünsche nebst Inventar. Seine Antwort darauf,
die am 12. Januar erfolgte, hat mich, nach seinem
sonstigen Benehmen, in hohem Grade überrascht, wes-
halb ich mich gedrungen fühle, sie hier wieder zu geben :
„München den 12. Januar 1882. Euer Hochwohl -
geboren haben in Ihrem geschätzten Schreiben vom
1. dieses Monats mir Ihre freundlichen Glückwünsche
zum neuen Jahre ausgesprochen und bei dieser Ge-
legenheit zugleich nähere Mittheilung über den gegen-
wärtigen Stand der Inventar- und Katalogsarbeiten bei
dem Nationalmuseum beigefügt.
Ich habe aus dieser Veranlassung durch meinen
Ministerialreferenten, wie Ihnen bekannt, unmittelbar
Einsicht und Kenntniss über den Stand dieser Arbeiten
nehmen lassen und aus dem Ergebniss dieser Einsicht-
nahme mit Befriedigung die Ueberzeugung gewonnen,
dass das so wichtige Inventar des Nationalmuseums
in der Hauptsache vollständig durchgeführt, dass die
Bibliothek des Museums geordnet und katalogisirt, und
dass auch die Geschäftsregistratur nunmehr eingerichtet
341
und geordnet ist, sowie ferner durch den von Ihnen
bearbeiteten „Führer“, wie durch die für einzelne
Fächer bereits hergestellten Spezialkataloge die Be-
nützung der Sammlung für jeden Besucher nunmehr
ermöglicht erscheint.
Unter Anerkennung dieser Leistungen drücke ich
Ihnen meinen Dank für die mir zum Jahreswechsel
dargebrachten Wünsche aus und verbinde hiermit die
Versicherung ausgezeichnetster Hochachtung, mit der
ich die Ehre habe zu sein
Euer Hochwohlgeboren ergebenster
Dr. von Lutz.“
Schon vor Jahren wurde ich durch den Minister
des Innern Freiherrn von Pfeufer aufgefordert, die
auf das bayerische Nationalmuseum Bezug habenden
Stellen des Protokolls der Wiener Weltausstellung von
1873 zu veröffentlichen, da ihm viel daran lag, dass
dieses Museum durch die gewonnene Anerkennung
auch weiterhin Nutzen stifte, und weil er sich auch
besonders bemüht hatte, dass jene grossartige Aus-
stellung von Bayern aus gefördert und reichlich be-
schickt wurde. Dass das segensreiche Gewerbemuseum
zu Nürnberg ins Leben trat, ist auch hauptsächlich
das Verdienst dieses Ministers.
Bei der Wiener Weltausstellung 1873 führte die
Gruppe 22 den Titel: „Die Wirksamkeit der Museen.“
Das bayerische Nationalmuseum war dabei nur durch
seine Reproductionen in Abgüssen und Photographien
und durch Vorlage seines Organismus vertreten. Die
Jury stellte die Wirksamkeit desselben nach jener des
342
South-Kensingtonmuseums in erste Linie und hätte ihm
das grosse Ehrendiplom, d. h. den ersten Preis, zuer-
kannt, wenn nicht dessen Vorstand selbst Jurymitglied,
und daher das bayerische Nationalmuseum hors Con-
cours gewesen wäre.*)
Eines der Jurymitglieder, Hofrath Dr. von Baum-
hauer aus Haarlem, besuchte infolge dessen gleich
nach der Wiener Weltausstellung unser Museum in
München, nahm genaue Ivenntniss von allen Einricht-
ungen und stellte diese für andere Museen, besonders
für solche, welche im Entstehen begriffen sind, als-
bald in Rede wie in Schrift als Muster auf.
Die Photographien unseres Museums erhielten auf
Jener Weltausstellung grosse Anerkennung, der Photo-
graph selbst wurde in einer anderen Gruppe prämiirt.
Die Werke des Formators des Nationalmuseums
wurden in Anbetracht ihrer Reinheit und Schärfe, wie
der vollständigen Gefahrlosigkeit für die Originale,
allen anderen Leistungen dieser Art des In- und Aus-
landes vorgezogen, und der Formator Joseph Kreitt-
mayr erhielt den höchsten Preis, welcher für reprodu-
cirende Künste ertheilt wurde. Seine Majestät König
Ludwig II. von Bayern ehrte ihn ausserdem noch durch
eine Ordensverleihung.
Im Jahre 1878 wurde Herr Lucien Solvay als Ex-
perte von dem Kultusministerium in Brüssel nach
Deutschland und Oesterreich gesandt, um Einsicht in
den verschiedenen Museen zu nehmen und seinem
Ministerium über Zweck und Einrichtung derselben
*) Protokoll der neunten Jurysitzung, Gruppe 22 , am 4. Juli
1873.
zu berichten. Wir theilen aus seinem Bericht, der
uns im Separatdruck zugesandt wurde, wörtlich das
mit, was er über das bayerische Nationalmuseum
sagte :
„A tous egards, le Musee bavarois de Munich
est le plus parfait et celui qui peut fournir le plus
d'indications en cette matiere. C’est un modele d’ordre,
d’organisation, d’installation, de richesse, et il ne s’en
trouve nulle part qui soit aussi complet.
Ce musee occupe le rez-de-chaussee et les deux
etages superieurs d’un vaste et magnifique bätiment,
ou il est löge dans la Maximilianstrasse. On a probte
de cette disposition pour etablir dans le musee une
triple division logique des objets qui y sont conserves.
Et, pour que le visiteur trouve immediatement sa
direction, on a place sous le portique d’entree un plan
general de l’etablissement, avec ses grandes divisions
et ses subdivisions. Le visiteur embrasse ainsi d’un
coup cl’oeil tout l’ensemble, dont la clarte eclate ä ses
yeux des le premier pas qu’il fait. Puis, ä mesure
qu’il avancera dans les salles du musee, il trouvera
d’autres indications generales et speciales , qui seront
pour lui un guide sür et un maitre precieux.
L’aile gauche du rez-de-chaussee et le deuxieme
etage tout entier nous presentent, pour ainsi dire,
vivante et palpable , l’histoire complete des arts de
l’ameublement et de la decoration interieure civils et
religieux, depuis les premiers temps du Christianisme
jusqu’ä nos jours. L’aile droite du rez-de-chaussee
et le premier etage sont reserves aux branches speciales
des „arts industriels“, ä celles qui, dans tous les musees
.■544
de ce gen re, occupent chacune une place distincte
c’est-a-dire aux ouvrages de serrurerie et de fer forge,
aux armes et armures, aux instruments de musique,
ä la ceramique et ä la verrerie.
Examinons en detail ces differentes parties du
Musee bavarois.
}e ne parlerai tout d'abord que pour memoire de
deux petites salles ofi sont conservees, en dehors de
de cet ordre general, quelques antiquites romaines,
dont le nombre est relativement tres restreint. II im-
porte cependant de ne pas les oublier, car elles for-
ment en realite la premiere etape dans la route a
parcourir a travers l'histoire des arts appliques ä l’in-
dustrie, et c’est ici , avant tout le reste, qu’elles ont
leur place marquee.
Comrae j'ai eu rhonneur de vous le dire. Mon-
sieur le Ministre, la partie reservee aux arts de l’ameub-
lement et de la decoration commence au rez-de-chaussee
et continue au second etage. II est necessaire de
suivre cette marche pour se rendre bien compte de
l’ordre dans lequel on a dispose les collections et pour
que le public retire un probt reel de ses visites. C'est
ä quoi precisement ont vise les organisateurs du Musee
bavarois; ils n’ont neglige aucun moyen de mise en
scene pour que la lecon presentee soit aussi prompte,
aussi nette et aussi pratique que possible.
L’ordre general adopte ici et dans chacun des
subdivisions speciales est l’ordre chronologique. Le
public en est immediatement averli par des ecriteaux
suspendus ä l’entree de chaque salle et qui, en quel-
cj lies mots, signalent les specimens qui s’y trouvent et
l’epoque ä laquelle ils appartiennent.
C’est a la grande periode du moyen age, du VIC au
XVe siede exclusivement, comprenant le style des
premiers temps du Christianisme et les s t y 1 e s
b y z a n t i n , romanetgothique, que les salles du rez-
de-chaussee sont consacrees. Les premieres contiennent
les travaux les plus anciens datant du VIe siede :
sculptures, fresques, ivoires, bronzes, mosai'ques; puis,
dans les suivantes, ce sont des pierres tumulaires, des
manuscrits, des ivoires, des vitraux, des sculptures sur
bois, des tapisseries, des meubles, des joyaux; puis,
enfin, des retables, des autels, des Stalles d’eglise, des
ornements religieux, etc., dont les moins anciens ne
datent que de la fin du XV7Ie siede. Naturellement,
dans cette partie du musee ce sont surtout les arts
religieux qui sont representes, la societe ecclesiastique
avant pratique presque seule, pendant la plus grande
partie de cette periode, la culture des arts.
Ces dix salles du rez-de-chaussee forment donc
un enseignement graduel et complet de cette brauche
de „l’art industriell au moyen äge, dans son ensemble
et dans ses details. Dans ses details, dis-je : en effet,
chaque objet porte une etiquette soigneusement et
minutieusement redigee, disant quelle est sa nature,
le nom de l’auteur, s’il est connu, la date et le lieu
de provenance. Ce n'est pas tont : pour que la lecon
soit plus frappante encore, l’architecture et l’ornemen-
tation des salles sont eiles- niemes en rapport avec
l'epoque dont eiles abritent les richesses. La forme
des voütes, des portes, des fenetres, le dallage meine,
346
rappellen t successivement les differentes phases du style
roman et du style gothique.
Cette mise en scene est encore plus scrupuleuse-
ment reglee au deuxieme etage , qui contient les tra-
vaux de la Renaissance et des temps modernes.
Chacune des dix-neuf salles dont il se compose, porte
dans son architecture, dans ses boiseries, dans sa de-
coration , le caractere exact et iidde , non-seulement
de l’epoque en general, mais aussi des nombreux styles
qui ont lleuri les uns apres les autres depuis le XVIC
siede.
Des ecriteaux avertissent le visiteur du chemin
qu’il doit suivre et le mettent brievement au fait de
tout ce qu’il va voir dans les dix-neuf salles de ce
deuxieme etage. Ces dix-neuf salles sont subdivisees,
non plus en une seule periode, comme celles du moyen
äge, mais en quatre periodes distinctes.
Dans les salles I ä VII, disent les ecriteaux, se
trouvent les objets d’art industriel (Kunst und Ge-
werbe) appartenant au X\rIe siede (1500 — 1600),
c’est-ä-dire ä la premiere periode du style Renaissance,
depuis le „retour de l’antique“ ou l’imitation des oeuvres
de l’art grec et de l’art romain, qui se substitua au
style gothique.
Puis, plus loin : Dans les salles VIII ä XV se trou-
vent les objets „d’art industriel“ appartenant au XVIP
siede (1600 — 1/00), c’est-ä-dire ä la deuxieme periode
de la Renaissance et ä l’avenement du style Rococo
ou Rocaille.
Plus loin encore: Les salles XVI ä XVIII com-
prennent les annees 1726 ä 1799, c’est-ä-dire la deuxieme
347
periode du style Rococo et le commencement du style
Empire.
Et cnfin : La salle XIX comprend les annees 1800
a 1825, dans lesquelles la mode s’inspira des goüts en
vogue pendant le regne de Napoleon Ier, et crea le
stvle Empire.
Ainsi, quelques mots suffisent pour instruire le
public et guider ses recherches. Les details relatifs
aux objets exposes se trouvent en outre resumes d’une
facon aussi complete que possible sur les etiquettes
dont ils sont tous munis. De plus , les gardiens des
salles sont tenus de fournir tous les renseignements et
toutes les explications qu’on leur demande; il ne leur
faut pour cela qu’un peu d’intelligence et un peu de
memoire.
Quant au classement, il est simple et naturel.
Les meubles sont ranges generalement autour des salles
affectees a l’epoque ä laquelle ils appartiennent. Au
milieu, dans des armoires vitrees de tous cötes, sont
reunis, ordinairement d’apres la matiere dont ils sont
faits ou l’usage auquel ils sont destines, les objets
precieux ciseles en or, en argent, en ivoire, les emaux,
les bijoux, les manuscrits , les objets de parure et de
toilette, et mille autres menues curiosites. Enfin, le
long des murs pendent les tentures historiees, les ta-
pisseries de haute et de basse-lisse, ainsi que des por-
traits et des tableaux interessants sous le rapport des
costumes ou de l’amenagement interieur des habi-
tations.
Fassons au premier etage du Musee bavarois.
348
Cet etage renlerme les armes et amures, les In-
struments de musique, les tissus, la ceramique,
la verrerie et quelques autres objets d'un interet
principalement historique.
La ceramique et la verrerie sont rangees par
ordre de lieu de fabrication et, en meine temps, au-
tant que possible, par ordre chronologique, c’est-ä-dire
que les produits des fabriques qui ont prospere dans
un temps plus eloigne figurent les premieres; les plus
recentes sont les dernieres. Ainsi, les poteries romaines,
grecques et etrusques viennent d’abord ; puis les faiences
de Nuremberg, les faiences rhenanes (1500 — 1600), les
majoliques italiennes, les porcelaines de Delft, de Co-
logne , de Saxe, de Nymphenbourg, de Sevres, de
Paris, de Berlin et enfin de Vienne. Chacune de ces
collections occupe separement une ou plusieurs vitrines,
et dans chacune d’elles les specimens sont disposes ä
leur tour dans l’ordre chronologique. De meine pour
la verrerie: les verreries romaines sont les premieres,
puis celles de la Renaissance , puis celles de Venise,
puis les verreries bavaroises.
Le classement des armes et arm u res, des i nstr u-
ments de musique et des arts textiles pouvait etre
soumis a un ordre chronologique plus rigoureux.
C’est ce qui a ete fait. Dans la premiere salle , on
voit, par exemple, des dalmatiques des epees, des
casques, des fers de lances, etc., du IX1' siede
jusqu’au Xl\re , et l’on passe ainsi successivement,
a mesure que l’on avance dans les sallcs suivantes,
par toutes les varietes d’armes et d’amures qui ont
precede et suivi l’invention de la poudre jusqu’au
XIXe siede. Les canons sont representes par de
petites reductions en bois et en fer.
Les instruments de musique occupent une
salle du musee. Les produits des arts textiles en
occupent plusieurs ; les plus anciens sont des tapisseries
et des habits sacerdotaux, soit entiers, soit en frag-
ments, datant de 1380 ä 1400. Ensuite viennent des
echantillons de tapissseries , d’etoffes et d’autres tissus,
toujours disposes chronologiquement et conserves
chacun sous verre comme une simple gravure. La
serie se termine par les broderies d’or et enfin par
les dentelles, dont il y a des pieces originales ou des
photographies.
C’est principalement dans les collections du premier
etage que le mobilier qui sert ä la Conservation et ä
l'exposition de toutes ces richesses merite une attention
speciale, non pour leur luxe, mais pour leur simplicite,
leur confortable et , par cela meine, leur utilite pratique.
Les objets de petites dimensions, les objets precieux,
nous l’avons vu dejä, sont places dans de petites
armoires ou vitrines, ouvertes aux regards de tous
cotes, tres- legeres, tres-simples et tres-pratiques. Ces
trois conditions ont ete partout, en cette matiere, la
regle absolue. Toutes les pieces du mobilier, quelle
que soit leur forme, sont en bois, blaue, peint en
imitation de chene, sans sculptures ni ornements, et
il s’en degage comme un parfum de proprete et de
confortable qui plait. On a tenu avec raison ä ce
que les frais du mobilier n’absorbassent point les res-
sources mieux employees ä augmenter les collections;
on a voulu aussi que ce mobilier füt facilement trans-
350
portable d’un Heu ä un autre, quand les besoins
frequents de deplacement l’exigeraient.
Ainsi , les casques, les cuirasses, les dalmatiques
sont accroches le long des barres transversales de
grands chässis places contre les murs. Au milieu des
salles, les lances et les epees, puis plus loin, les Instru-
ments de musique et les echantillons de tissus, encadres
comme je Hai dit plus haut, sont poses sur des especes
de chevalets non moins simples et non moins legers.
Seuls, les armes de luxe et les tissus riches reposent
dans les armoires vitrees.“
In gleichem Sinne sprach sich Herr Marius Vachon
in Paris aus, der in amtlichem Aufträge unser Museum
im fahre 1881 besuchte.
In welcher Weise die wichtigsten Kunstwerke
unseres Museums, welche in Sculpturen und plastischen
Arbeiten jeder Art bestehen, nach allen Gegenden
ihre Wirksamkeit entfalteten, zeigen die Namen der
Bildungs- und Lehranstalten, welche sie bereits in
grösseren, mitunter sehr bedeutenden Sendungen be-
zogen haben. Der Raum würde nicht ausreichen, auch
die Kunstwerkstätten zu erwähnen, welche sie eben-
falls zu Zwecken des Studiums anschafften.
Die Wirksamkeit eines Museums ist ferner aus der
Stärke seines Besuches zu ermessen. — Das nur ober-
flächlich schaulustige Publikum bildete hier, wie bei
allen ähnlichen xUistalten, den grösseren Theil. Doch
ist auch dieses nicht zu unterschätzen; denn wir sehen
in auffallender Weise, wie oft die niedere Volksklasse
durch den Besuch des Museums von gemeinen Unter-
haltungen abgezogen und dem Interesse für das Schöne
351
und der Achtung vor dem , was menschlicher Geist
und Fleiss leistet, zugeführt werden. Selbst unter
jener Masse ist es besonders die Jugend, bei welcher
durch Betrachtung des Vielen und Vielseitigen oft
schlummernde Talente geweckt werden, die für den
künftigen Lebensberuf entscheidend sein können.
Der andere Theil der Besucher besteht in jenen,
welche studiren und kopiren, theils in den Sälen der
Sammlung, theils im Kopirzimmer, oder in der Fach-
bibliothek. Diese Klasse, nach Verhältnis auch in
grosser Zahl, ist die wichtigste, weil sie nicht nur den
Nutzen aus dem Museum schöpft, sondern ihn auch
weiterhin verbreitet. Ausserdem ist es für die Besucher
des Museums eine oft wiederkehrende Erscheinung,
dass ganze Kurse von der Universität und den Militär-
lehranstalten beginnend bis zu den Elementarschulen
herab unter Leitung der Professoren und Lehrer ihre
Studien in dem Nationalmuseum durchmachen, und
häufig werden auch Schüler und Schülerinnen aus-
wärtiger Lehranstalten durch die Sammlungen geführt.
Ferner hat es sich schon oft wiederholt, dass her-
vorragende Industrielle aus manchen deutschen Städten,
und insbesondere aus Frankreich, England und Russ-
land, wie auch auswärtige Verleger von Kunstjournalen,
Zeichner auf längere Zeit zu uns schickten, um gute
Muster für ihre Zwecke zu erhalten.
Da nach der oben beschriebenen Aufstellung die
Kunstgegenstände leicht an Ort und Stelle zu kopiren
waren, so konnte man selten durch die Räume gehen,
ohne Kopisten anzutreffen; es war daher die geringste
Zahl , welche sich die Gegenstände in das dafür be-
stimmte Zimmer bringen liess, und dennoch stand das-
selbe selten leer.
Alle Einrichtungen waren nur darauf berechnet,
ein solches Resultat zu erzielen , doch dachten wir
dabei nicht, dass diese Einrichtungen , welche wir als
Mittel zum Zwecke betrachteten, selbst eine Wirk-
samkeit nach aussen erhalten würden. Aber es wurden
Organisation und Pläne unseres Museums vielfach von
grösseren und kleineren Museen des In- und Auslandes
verlangt, und was die von mir konstruirten Glasbehälter
und Gestelle zum Aufstellen und Ordnen der einzelnen
Gruppen betrifft, so begnügten sich die meisten Museen
nicht mit deren Aufzeichnung oder Skizzirung allein,
sondern es mussten für sie die Modelle zu München in
Orififinalsfrösse und Ilolz zum Auseinandernehmen, Zu-
sammenlegen und Versenden, angefertigt werden.
Wir nennen hier : South-Kensingtonmuseum und
Fabrik Elkington in London, Industriemuseum in Haar-
lem, Museum in Darmstadt, Museum in Philadelphia, in
Moskau, Stockholm, Cincinnati, Dresden, Frankfurt
am Main, Hanau, das paläontologische Museum in
Wien und noch eine Reihe kleinerer Städte und
Privatsammlungen.
Da sonach Einrichtungen und Pläne unseres Natio-
nalmuseums schon vielfach von auswärtigen Museen
und ähnlichen Anstalten in Anerkennung und Wohl-
wollen als Vorbild benutzt wurden, so möchte ich
doch noch Folgendes hervorheben. Bei einem Museum,
welches künstlerischen und wissenschaftlichen Zwecken
dienen soll, ist es Hauptsache, dass man schon beim
Eintreten den Eindruck erhält, dass alles darauf be-
— 353 —
rechnet ist, in erster Linie dem Zweck zu dienen, dass die
Kunstschätze klar übersichtlich, zugänglich, nach Mög-
lichkeit im günstigsten Licht aufgestellt sind, dabei aber
ein jeder Anschein dekorativer Wirkung oder künst-
lerischer Genialität vermieden wird. Der Zweck und die
Aufgabe eines Museums, wie einer jeden Lehranstalt,
ist Lehren und Lernen, Wahrheit und Klarheit zu
fördern. Wie das daraus Gewonnene und Erlernte der
Geschichts- und Kunstforscher, der Künstler und Ge-
werbsmann für seine Zwecke benutzt, das ist seine
Sache.
Nach dieser sachlichen Abschweifung kehre ich
wieder zu meinen persönlichen Angelegenheiten zurück.
XLI. Das Jahr 1870 und die folgenden Jahre.
Bei Herannahen des Krieges war ich in grosser
Aufregung zwischen Hoffen und Fürchten für das
theuere Vaterland und meine Familie. Mein ältester
Sohn Franz war Jurist, mein zweiter, Emil, Ober-
lieutenant bei der 8. Batterie des 2. Artillerie-Regiments
„Brodesser.“ Mein dritter Sohn Friedrich war damals,
als Leiter der Konstruktions- Abtheilung der Firma
Siemens und Halske in Berlin, vielfach in der Her-
stellung von Apparaten für Vaterlandsvertheidigung
thätig.
Mein Sohn Emil war bei Anfang des Krieges mit
seiner Batterie in der Reserve ; viel lieber hätte er in
vollem Feuer gekämpft, als das Elend und den Jammer
auf den Schlachtfeldern anzusehen, über welche er
ziehen musste, ohne viel helfen zu können.
23
Hei dem Schlusskampfe vor Sedan griff die ganze
bayerische Artillerie des zweiten Armeecorps auf das
Wirksamste ein. Mein Sohn kommandirte dabei die
achte Batterie, da sein Hauptmann Hausmann krank war.
Napoleon ergab sich. I )ie Zusammenkunft zwischen
König Wilhelm und Napoleon fand im Schlosse Bel-
levue bei Donchery vor Sedan statt. Mein Sohn rief
seinen Leuten zu: „Eilet herbei. Ihr werdet sehen,
was keiner mehr .sehen oder erleben kann.“
Sogleich nach diesem grossartigen historischen
Ereigniss schrieb mein Sohn u. A. : „Vom höchsten bis
zum gemeinsten Mann hat bei uns die Verehrung und
Begeisterung für König Wilhelm keine Grenzen mehr.“
Obschon der Krieg damit noch nicht beendet war,
stieg in mir ein Gefühl auf, wie ich es bisher noch
nicht kannte, da ich fast von meiner Kindheit an bis
in mein Alter in dem Jammer über mein misshandeltes
Vaterland lebte, wobei ich immer mehr begriff und
fühlte, was es sein könnte und sein sollte. Ich konnte
die Wahrheit des Geschehenen kaum fassen. König
Wilhelm mit Bismarck und allen seinen Bundesgenossen
und Helden, welche ihn mit der Macht des Geistes
und des Schwertes unterstützten, schwebten mir Tag
und Nacht als überirdische Retter vor Augen.
Es folgte darauf die Belagerung von Paris; die
Bayern lagen im Süden der Stadt und besonders vor
den Forts Issy, Vanves, Montrouge und Bicetre, mein
Sohn hatte sein Quartier in Chatilion. Die Belagerung
war anfangs sehr Nerven aufregend, denn last täglich
flogen einige Granaten aus Paris, welche von Seiten
der Unserigen noch nicht erwidert werden konnten.
355
Erst mit dem 5. Januar 1871 begann die allgemeine
Beschiessung von Paris; mein Sohn hatte dabei den
Schmerz, einen Kameraden und Landsmann, den
Oberlieutenant Helfreich aus Aschaffenburg betrauern
zu müssen , dem am 17- Januar eine Granate den
Kopf zerschmetterte.*) Die Uebergabe erfolgte am
28. Januar. Nachdem der Friede geschlossen war,
blieb mein Sohn vorläufig bei der Besatzung in Frank-
reich, zuletzt verweilte er in Sabloniere. Bei Rück-
kehr der Truppen war er so nervenleidend, dass er
sein Pferd nicht mehr besteigen konnte ; sein älterer
Bruder, der stets mit inniger Liebe an ihm hing, kam
ihm in Wiirzburg entgegen und brachte ihn zu uns
nach München.
Die Bayern, an deren Spitze Friedrich, der Kron-
prinz des deutschen Reiches, zogen am 16. Juli 18/1
in Triumph mit Jubel empfangen zu München ein.
Von nun an führte das von König Ludwig I. er-
baute Siegesthor mit Recht seinen Namen.
Der Anblick war für mich erhebend und ergreifend ;
dabei die schweren Sorgen um meinen Sohn , es war
mir, als verliere ich meine Sinne; die Hoffnung, welche
die Aerzte gaben, wurde schwächer. Generallieutenant
Excellenz vonBrodesser, Inhaber des zweiten Artillerie-
regiments, in seinem 76. Jahr noch aktiv, erschien in
voller Uniform bei meinem Sohne und verkündete ihm,
dass er das eiserne Kreuz 2. Classe erhalten habe.
Das war meines Sohnes letzte Freude; er starb den
*) Vergl. Schlaginweit, Geschichte des königlich bayerischen
2. Fuss - Artillerie-Regiments und seiner Stamm - Abtheilungen
München 1892. Seite 162.
23*
356
11. August 1871 in seinem 32. Lebensjahre an einge-
tretener Lungenlähmung. Um diesen Jammer noch zu
vergrössern, starb auch mein ältester Sohn drei Jahre
später, an einem Lungenleiden, als Landgerichts-Assessor
in Aiblino-. Nur wer Kinder besitzt, oder war Aehn-
liebes erlebte, kann sich meinen und meiner armen
Frau jammer vorstellen.
Wir hatten Erholung dringend nöthig und reisten
daher, in Begleitung einer Nichte, nach Tirol, ln
Bruneck hielten wir uns einige Tage auf und be-
suchten von da aus manche schöne Gegend und be-
stiegen gegen 20 Burgruinen, welche mir viel Interes-
santes boten. Die wenigen noch darin erhaltenen
Räume sind meistens von ganz armen Leuten bewohnt ;
ich nenne davon nur Sonnenburg, Georgenburg, Lam-
brechtsburg, Täufers. Letztere überraschte mich in
hohem Grade, sie gab mir vielen Stoff zum Nach-
denken und zwar in architektonischer wie geschicht-
licher und malerischer Hinsicht. Ich war im Stande,
zur Erinnerung einzelne Bautheile aus den verschie-
denen Entstehungsperioden zu skizziren. Der Eindruck
der Burgen und Schlösser, einst in Glanz und Bracht
von stolzen Geschlechtern bewohnt, jetzt in Trümmern
und ringsum Todesstille, stimmte ganz mit den Ge-
fühlen, von welchen unser Innerstes durchdrungen war.
Das Schloss Edelsberg, nahe bei Franzensfeste,
blieb in dem Besitz einer alten adeligen Familie er-
halten. Den jetzigen Besitzer Grafen Kinigl besuchte
ich und fand freundliche Aufnahme, er ist im Besitz
sehr wichtiger Urkunden für die Geschichte 'Tirols.
357
Eine für mich sehr interessante Bekanntschaft
machte ich in Innsbruck an Grafen Enzensberg, einen
Mann mit vielen Kenntnissen, er war K. K. Conser-
vator der Alterthümer und Kunstdenkmale von Nord-
tirol. Derselbe lud mich mit Frau und Nichte auf
sein herrliches Schloss Tratzberg nahe bei Jenbach
ein. Auch dieses Schloss war schon dem Verfall an-
heimgegeben, der Graf stellte es aber mit vieler Sach-
kenntniss in seinem ursprünglichen Zustande wieder
her, es enthält manche mittelalterliche Kunstschätze
und gewährt einen wundervollen Blick in die Ferne;
es bildet einen Glanzpunkt Tirols. Auf dieser Burg
fühlte ich mich ganz in das Mittelalter versetzt, jedoch
nur in die poetische Seite desselben, da ringsum Ruhe
und Friede herrschte. Graf Enzensberg besuchte mich
später im Nationalmuseum, wo er an meinem Schaffen
grossen Antheil nahm.
Von hoher Wichtigkeit für mich war Brixen,*)
daselbst der Dom mit seinen merkwürdigen Decken-
malereien aus dem 14. Jahrhundert, die vielen für
tiroler Ritterthum und Heraldik so interessanten Grab-
steine, unter ihnen der des Oswald von Wolkenstein.
Besonders sprach mich auch der Domschatz an, dar-
unter der „Adlerornat“ aus dem 10. Jahrhundert, der-
selbe besteht in einem Messgewand („Casula oder pla-
neta“), von starkem violettem Seidenstoff mit 4 grossen
eingewirkten schwarzen Adlern, der Schnitt in Rad-
form ; bei den kirchlichen Verrichtungen wurde es
auf beiden Seiten in die Höhe gezogen und bildete
*) Vergl. Riehl, Berthold. Die Kunst an der Brenner-Strasse.
Leipzig 1898. 8°. Seite 126—156.
358
dann reichen, malerischen Faltenwurf. Die sehr ge-
fällige Geistlichkeit gab mir diese Kostbarkeit mit in
das Gasthaus, wo ich sie in voller Ruhe mit grösster
Genauigkeit kopiren konnte.*)
Ebenso war für mich von grösstem Interesse Neu-
stift, Kloster und Burg zugleich, für die Geschichte
Tirols von hohem Werth. Es befinden sich daselbst
höchst merkwürdige Grabsteine, mit dem 14. Jahr-
hundert beginnend. In dem Gartenraum daselbst steht
eine gothische Kapelle wohl aus dem Anfang des 14.
Jahrhunderts, und zwar in Form einer Rotunde, in
baulicher Hinsicht eine grosse Seltenheit. Ich sah auch
in dem Kloster Rüstungstheile und Waffenstücke aus
dem 14. Jahrhundert, welche jetzt sehr selten sind
und zu den historischen Kostbarkeiten gehören ; sie
dienten im Mittelalter der Mannschaft, welche Kloster
und Burg zu vertheidigen und zu schützen hatte.
XLII. Die Wiener Welt-Ausstellung 1873.
Was ich früher von der Wiener Weltausstellung
gesagt habe, betrat nur das bayerische Nationalmuseum,
dem füge ich noch Anderes bei. Ein Jahr vor jener
Weltausstellung wurde eine Versammlung von Fach-
leuten nach Berlin berufen, die über eine Kunstge-
werbe-Ausstellung des deutschen Reiches in Wien zu
berathen hatte. Diese sollte entweder in einem be-
*) Trachten, Kunstwerke und Gerathschaften. 2. Aull. Bd. 1.
Frankfurt a. M. 18/9. Tafel 20. Ebenda Tafel 40 das Chorgewand
des Mainzei Erzbischofs Willegis.
359
sonderen Raum der allgemeinen Ausstellung oder in
einem eigens zu erbauenden Glaspalast stattfinden.
Vorsitzender dieser Versammlung war Oberregier-
ungsrath und Ministerialdirektor Moser, welcher auch
das Jahr darauf bei der deutschen Jury in Wien einen
Vorsitz erhielt. Die Vertreter ihrer Staaten waren
a) für Preussen: die Direktoren des Kunstgewerbe-
museums in Berlin, Grunow und Dr. Julius Lessing;
b) für Bayern : meine Wenigkeit ; c) für Nürnberg
allein: Direktor Dr. Essenwein ; d) für Sachsen: Hof-
rath Dr. Zahn; e) für Württemberg: Dr. Wilhelm
Lübke. Bei den Berathungen betonte ich die deutschen
Erfindungen, welche zu oft dem Auslande zugeschrieben
werden, und sprach den Wunsch aus, dass man an
diese die einzelnen Zweige der Kunstindustrie an-
schliessen möge, wobei ich lebhaft unterstützt wurde.
Die Beschlüsse der Sitzungen waren mir von hohem
Interesse, wenn sie auch auf andere Weise in An-
wendung kamen, da in Wien weder ein eigener Raum
vorhanden war, noch die Kürze der Zeit es zuliess
einen besonderen Palast zu bauen.
Bei jenen Sitzungen und Berathungen war auch der
reiche Kunstfreund Ravene betheiligt, derselbe lud
uns vor der Abreise von Berlin in seinem Palais zu
einem glänzenden Souper ein. Wir sahen daselbst in
allen Räumen Kunstschätze. In einem Salon befand
sich eine Sammlung von Gemälden moderner Meister.
Ich erwähne davon nur „Die Weinprobe“ von Hasen-
clever, sie erinnerte mich an frühere Zeiten, wo ich
dieselbe bald nach ihrem Entstehen in Düsseldorf sah.
360
Als ich nach Wien z.ur Ausstellung reiste, be-
gleitete mich meine Frau dahin, wir kamen daselbst
mit unserem Sohne Friedrich zusammen, welcher da-
mals Vorstand der Konstruktionsabtheilung der gross-
artigen Anstalt von Siemens und Ilalske in Berlin war.
In der Gruppe dieser Firma stellte er auch Produkte
seiner eigenen Erfindungen aus und erhielt er von der
Jury, die aus Vertretern aller Nationen zusammenge-
setzt war, hohe Anerkennung und Ehren. Der Professor
der Physik an der technischen Hochschule in München,
Dr. von Jolly, war auch Juror bei dieser Gruppe, der-
selbe interessirte sich schon von früher Zeit an für
das Studium meines Sohnes und gab bei dieser Ge-
legenheit der Freude über den Erfolg desselben in
Begeisterung Ausdruck. Ich musste dieses um so mehr
in Dankbarkeit und Rührung anerkennen, als Jolly
selbst einen Sohn verloren hatte, der Fachgenosse
meines Sohnes gewesen war, was doch bei dieser
Veranlassung schmerzliche Erinnerungen in dem Vater-
herzen wachruten musste. Ich hoffe, dass man mir
es nicht verübeln wird, wenn ich bei dieser Gelegen-
heit noch eine andere Ehrung meines Sohnes erwähne,
die ihm bei der internationalen elektro- technischen
Ausstellung in Paris im Jahre 1881 zu Theil wurde.
Hier waren ebenfalls seine Erfindungen von der Firma
Siemens und Ilalske ausgestellt. Nach den Statuten
konnten aber nur die Aussteller und nicht die Erfinder
prämiirt werden. Da dieses die französische Jury als
ungerecht erkannte, bemühte sie sich, einen Modus
zu finden, durch welchen mein Sohn als deutscher
Erfinder den ersten Preis, d. h. die grosse goldene
361
Medaille, erhielt. Ich sah also auch hier aufs Neue,
wie Männer von Bedeutung- in Kunst und Wissen-
schaft, das Verdienst ihrer Fachgenossen einer jeden
anderen Nation vorurtheilsfrei und wohlwollend an-
erkennen.
Ich komme nun wieder auf Wien zurück. Nicht
nur in meiner Jury der Gruppe 22, sondern auch in
der allgemeinen, machte ich in hohem Grade interes-
sante Bekanntschaften und Beobachtungen. Vieles
Merkwürdige boten mir auch die Feste in der Kaiser-
burg, in dem Schlosse zu Schönbrunn und bei einigen
Erzherzogen. Auch diesmal gab Ravenc der Jury für
Kunst und Museen ein Abschiedsfest, an dem auch
die Damen theilnahmen ; ich traf daselbst Karl von
Piloty aus München, Ludwig Knaus aus Berlin, Pro-
fessor Reuleaux und Andere.
Viele Jurymitglieder besuchten mich auf ihrer
Heimreise über München im Nationalmuseum, darunter
ein Japaner und Perser, die in ihrer Ileimath Minister-
stellen einnahmen. Besonders als mich die beiden
Letzteren mit „mon eher College“ ansprachen, empfand
ich aufs Neue , wie die Weltausstellungen die Völker
einander näher führen.
XLIII. Kaiser Friedrich und Gemahlin.
Einem jeden guten Deutschen sind die hohen Ver-
dienste und edlen Eigenschaften unseres Kaisers Fried-
rich wohl bekannt; ich will daher nur Einiges von
dem berichten, was ich in seiner und seiner Gemahlin
nächster Umgebung erlebte.
362
Schon von dem Jahre 1SJ0 an zeigte mir das hohe
Fürstenpaar grosse Theilnahme und herzliches Wohl-
wollen, und erwies mir nur Angenehmes und Ehrendes,
wohl auch in Folge seines hervorragenden Interesses
für Kunst und Kunstgewerbe aller Zeiten, insbesondere
für deren Nutzanwendung in unseren Tagen. Mit
Vorliebe besuchten sie das bayerische Nationalmuseum.
1 Iauptsächlich war der Kaiserin daran gelegen , dass
das reiche Material als Lehrmittel für die weibliche
lügend verwendet, und diese dadurch in den Stand
gesetzt werde, sich, ihren verschiedenen Befähigungen
angemessen, eine Existenz zu verschaffen. Das war
ein Thema, welches die hohe Frau vielfach beschäftigte,
auch trug sie Sorge , dass die Prinzen und Prinzess-
innen des kaiserlichen Hauses Interesse an Museen,
oder vielmehr an menschlicher Thätigkeit der Gegen-
wart wie der Vergangenheit, gewannen.
Als Prinz Wilhelm, unser jetziger Kaiser, das
Nationalmuseum zum ersten Mal besuchte , zeigte er
grosses Interesse und verliess es nicht vor einbrechen-
der Dunkelheit. Er forderte mich besonders auf, in
meinem Streben , deutsche Kunst , Erfindungen und
Gewerbe zu Geltung zu bringen, nicht nachzulassen.
Ich war sehr überrascht, als er später, noch daran
denkend, mich durch eine hohe Auszeichnung an
meinem 80. Geburtstag ehrte.
Kaiser Friedrich bewies auch grosse Theilnahme
an meiner Stellung als Landesconservator und zeigte
mir durch Beispiele, wie er in eigener Person erfahren
habe, mit welchen Schwierigkeiten man dabei gegen
Dummheit, Zerstörungswut!! und Modesucht zu kämpfen
363
habe. Er hörte auch oft darüber die Klagen meines
Freundes und Kollegen Ferdinand von Quast, mit
welchem er sich über Vieles und besonders über die
Restaurirung der berühmten Marienburg benahm.*)
Einst wünschte Kaiser Friedrich Notizen über
Kunstwerke in Bezug auf Brandenburg in meiner
Vaterstadt Aschaffenburg, da er dahin reise. Ich er-
füllte diesen Wunsch; als er wieder nach München
zurückkam, staunte ich. dass er in so kurzer Zeit so
viel gesehen hatte, nicht minder war ich aber auch
über dessen ausserordentliches Gedächtniss erstaunt. Er
bewunderte die schönen Monumente der Stiftskirche, das
des Kurfürsten Albrecht von Brandenburg, des Georg
von Liebenstein, des Brendel von Ilomburg, des Melchior
von Grönroth, des Künstlers Hieronymus Hack und
untersuchte den Sarkophag (Reliquienschrein) der
heiligen Margaretha, der auf einem Unterbau von vier
Säulen ruht, eine Gussarbeit des Hermann Vischer,
eines Sohnes des Peter Vischer. In der Schlossbibliothek
interessirten ihn besonders unter den vielen Pergament-
Manuscripten mit Miniaturen von dem 10. bis in das
16. Jahrhundert das grosse Missale des Albrecht
von Brandenburg mit den Gemälden des Nikolaus
Glockendon und die beiden Gebetbücher desselben
Kurfürsten mit wunderbaren Gemälden des Hans Se-
bald Beham.
*) Vergl. Stein brecht: die Wiederherstellung des Marien-
burger Schlosses 1896; Tepsdorf: die Wiederherstellung der
Marienburg 1895; Pederzani: die Marienburg 1886; Hergau:
das Ordenshaupthaus Marienburg 1 87 1 : Witt : Marienburg etc. 1854.
364
Unter dem 5. November 1875 wurde ich durch
Ministerialrescript aufgefordert, ein Gutachten über
einen Plan zur Restaurirung der Stiftskirche zu
Aschaffenburg, welchen ein Architekt Dr. Schwarz
entworfen hatte, abzugeben. Nach diesem Plane wäre
die schöne Stiftskirche vollständig ruinirt worden, da
der Architekt nach demselben vor hatte , die ganze
Kirche in romanischem Stil, von welchem verhältniss-
mässig nur noch wenige Reste in ihr vorhanden sind,
herzustellen und alle Monumente, welche aus späterer
Zeit stammen und in denen der Hauptwerth und die
Bedeutung dieses Bauwerkes besteht, hinauszuschaffen.
Mein Gutachten, in welchem ich mich mit aller Ent-
schiedenheit gegen diese Barbarei aussprach, Hess ich
autographiren und schickte ein Exemplar an Ferdi-
nand von Quast, der in allem Aehnlicheti mein Ge-
sinnungsgenosse war, derselbe erklärte, dass es auch
anderwärts Anwendung fände, und übergab es daher
in Berlin dem Kronprinzen Friedrich, der mir, als er
wieder nach München kam, grosse Befriedigung darüber
äusserte und den Wunsch aussprach, dass es veröffent-
licht werde, weil man nicht oft und eindringlich ge-
nug die darin enthaltenen Wahrheiten wiederholen
könne. In gleichem Sinne sprachen sich Quast, wie
die geschickten Architekten Gottlieb Neureuther und
Denzinger in München aus. Das Wesentlichste meines
Gutachtens gegen jenen Ruinirplan habe ich bereits
in Bezug auf die Kirche in Rimpar bei Würzburg
und die Restauration der Frauenkirche in München
ausgesprochen. Das vollständige Gutachten lasse ich
im Archiv meiner Vaterstadt aufbewahren.
365
Im Jahre 1879 war ich mit meiner Frau in Berlin
auf Besuch bei unserm Sohne Friedrich. Es waren
die Feierlichkeiten zur goldenen Hochzeit des Kaisers
Wilhelm I. Kurz vorher war der 12jährige Prinz
Waldemar gestorben. Das Elternpaar, Kronprinz
Friedrich und Gemahlin, war in tiefer Trauer.
Als mich der Hofmarschall Graf Seckendorf in
Potsdam zur Tafel geleitete, fragte ich, ob ich den
Trauerfall berühren dürfe, worauf er erwiderte : „Sorgen
Sie nicht dafür, das hohe Paar nannte oft ihren Namen,
indem es sagte: „nur ein Mann, der ähnlichen Jammer
erlebte, kann unsern Schmerz begreifen.“ Ich wurde
in grosser Rührung empfangen. Nach der Tafel lud
mich die Kronprinzessin ein, ihre Kunstsammlung im
Prinzenpalais anzusehen, sie werde nächsten Freitag
nach Berlin fahren und mir dieselbe zeigen. Sie hatte
diese Räume seit dem Tode des Prinzen Waldemar
nicht mehr betreten und sagte, wenn sie mich daselbst
empfange und über Kunst mit mir spräche, so würde
ihr der erste schmerzliche Eindruck gemildert.
Als sie erfuhr, dass auch meine Frau in Berlin
sei, lud sie dieselbe ebenfalls zu der Kunstbeschauung
ein. Nachdem wir eine Stunde daselbst verbracht
hatten und uns verabschiedeten, übergab sie meiner
Frau ihre Photographie, worauf sie in Trauer erscheint,
mit den Worten: „Wenn Sie an Ihren schmerzlichen
Verlust denken, so schauen Sie dieses Bildniss an und
denken, unter allen Verhältnissen des Lebens gibt es
Mütter, welche ähnlichen Jammer erlebt haben.“
Während dieses meines Aufenthaltes in Berlin traf
ich auch wieder mit dem Kommandanten des könig-
liehen Zeughauses, Excellenz Generallieutenant von
Ising, zusammen. Dieser hatte im Feldzuge des
Jahres 1864 den linken Arm verloren, und zeigte
sich später als ungemein rühriger und thätiger Vor-
stand dieser reichen Sammlung in dem herrlichen Bau
des berühmten Architekten und Bildhauers Andreas
Schlüter. Ich hatte ihn bei einem früheren Aufent-
halte in Berlin kennen gelernt, wo er äusserst freund-
lich gegen mich war und mir seinen werthvollen
Katalog der Sammlungen des Zeughauses verehrte.
Er blieb mir bis zu seinem Ende freundschaftlich
gesinnt. Zwei Jahre vor seinem Tode, im Jahre 1896,
traten wir noch in nähere Beziehungen zu einander und
zwar in dem damals von ihm neu gegründeten Verein
für historische Waffenkunde, dessen erster Vorstand
er wurde, während man mich als einen der ersten,
der sich ernstlich mit der Geschichte der Waffenkunde
beschäftigt habe, über Verdienst so hoch ehrte, dass
ich zum Mitglied der Direktion und zum ersten Ehren-
mitglied ernannt wurde. Ising hatte sich als Vor-
sitzender bei der Hauptversammlung dieses Vereins
im Jahre 1898 sehr angestrengt, so dass er bald
darauf starb. Ich hatte ihm noch Zeichnungen von
Waffenstücken des 14. Jahrhunderts gesandt, um
Näheres darüber zu erfahren, leider aber konnte er
nichts mehr darüber schreiben.
Später im Jahre 1885 kam ich wieder nach Ber-
lin zu meinem Sohn. Mein erster Gang war in das
Kunstgewerbemuseum, an dem ich stets vielen Antheil
nahm. Es war gerade daselbst in dem Parterre-Raum
eine Ausstellung von Zeichnungen und Aquarellen der
Schüler, welche die Vorbilder dieses Museums zu ihren
Studien und Kompositionen benützt hatten. Da sah
ich schon von Ferne den Kronprinzen Friedrich; er
durchwanderte mit mir die Räume, um die Kunst-
schätze zu besichtigen. Als ich mich verabschiedete,
sprach der hohe Herr; „Diesmal werden Sie nicht
mich, aber doch meine Frau in Potsdam sehen, denn
ich werde nach Sigmaringen reisen, da der Fürst
Karl Anton von Hohenzollern im Sterben liegt.“ Ich
konnte mich eines Ausrufes des Schmerzes nicht ent-
halten. Bald darauf erhielt ich mit meinem Sohne
von der Kronprinzessin Friedrich eine Einladung nach
Potsdam, wir trafen daselbst auch den Direktor des
Kupferstichkabinets , Dr. Friedrich Lippmann, den ich
schon in Wien kennen gelernt hatte , wo er für das
dortige Kunstgewerbe-Museum thätig war.
Wie die Kaiserin schon von früh an Theilnahme
und Interesse für Erfindungen zum Nutzen der Mensch-
heit und deren Fortschritt zeigte, so bewies sie auch
grosse Theilnahme an dem Schaffen meines Sohnes.
Es wurde nun gerade um diese Zeit die elektrische
Beleuchtung der Leipziger Strasse und des Potsdamer
Platzes nach dem System und unter der Leitung meines
Sohnes hergestellt. Als die hohe Frau bald darauf
nach München kam, sprach sie uns Eltern ihre grosse
Freude au dem Gelingen jenes bedeutenden Werkes
aus und sagte unter Anderem: „er macht uns ja allen
Ehre“, denn sie wusste, dass dieses den Elternherzen
wohlthun musste.
Im September des Jahres 1885 kam Kronprinz
Friedrich wieder nach München, er wünschte bei
dieser Gelegenheit die Abformungen deutscher Meister-
werke aus Spanien zu sehen , welche Kreittmayr ge-
fertigt hatte.
Der junge König Alfons XII. von Spanien hatte
den Formator bei seiner Arbeit, für welche er viel
Interesse zeigte, zweimal besucht und ertheilte ihm
die Erlaubniss, auch Kunstschätze in seinen Wohn-
zimmern abzuformen ; er ehrte ihn durch den Isabellen-
orden und sagte zu ihm: „Sie werden gewiss in Ihrer
1 leimath mit Freuden und Ehren empfangen, weil Sie
so viel zur Ehre Ihres Vaterlandes mitbringen.“
Nun war ich dem Kronprinzen Friedrich gegen-
über in Verlegenheit ; meine Stelle als Direktor des
Nationalmuseums hatte ich kurz vorher nieder (feiert,
und Kreittmayr musste seine Werkstätte im Museum
verlassen und durfte nicht mehr, wie bisher, jeder
Zeit auswärtige Museumsvorstände und Kunstfreunde
zu seinen Werken führen, und zwar nachdem er, wie
bereits gezeigt, so viel zur Zweckerfüllung und Ehre
des Museums beigetragen hatte , auch wurde ihm nicht
gestattet, die herrlichen Werke, welche er aus Spanien
mitgebracht hatte, im Museum aufzustellen. Er war
gerade damit beschäftigt, diese Abgüsse in den Keller-
räumen, des Auszuges wegen, zu verpacken. Dessen
ungeachtet führte ich den Kronprinzen durch den
Garten zu den Kellerräumen ; Kreittmayr wollte, des
Staubes und des Schmutzes wegen, die Abgüsse ins
Freie schaffen. Der hohe Herr aber sagte: „Da bin
ich, einer guten Sache halber, schon über anderen
Schmutz gestiegen.“ Er zeigte grosses Wohlgefallen
an den schönen Werken und sprach seine Verwunder-
369
ung darüber aus, dass man bisher von diesen deutschen
Meistern bei uns so wenig gehört habe und dass
deren Werke noch so häufig den Italienern, Franzosen
oder Spaniern zugeschrieben würden.
Das letzte Mal weilte Kaiser Friedrich noch als
Kronprinz in München bei der Beerdigung unseres
unglücklichen Königs Ludwig II. Damals ahnte er
o o ö
wohl nicht, dass man ihn selbst zwei Jahre später in
der Gruft seiner Väter beisetzen werde. Sein früh-
zeitiger Tod erweckte in mir die tiefste Trauer.
Schmerzlich berührt, wie auch freudig bewegt, war
ich, als mir an meinem SO. Geburtstage zum Andenken
an den edlen Verstorbenen die Kaiserin mit einem
ausserordentlich liebenswürdigen Schreiben zwei Me-
daillen zusandte, die sein und ihr Bild von Künstler-
hand gefertigt trugen.
XLIV. Ende König Ludwig II.
Wie ich bereits geschildert, war der grossartig
angelegte König für Kunst, Geschichte und alles
Schöne noch geraume Zeit empfänglich, als sein (Geist
für so manches Andere schon umnachtet war. Ueber
sein tragisches Ende habe ich nichts mehr zu berichten,
da Allen, welchen es in dieser Sache um die Wahr-
heit zu thun ist, die darauf Bezug habenden Umstände
längst bekannt sind.
Im Mai 1886 hielt unsere „zwanglose Gesellschaft“,
wie alljährlich, in Feldafing am Starnbergersee ein
Frühlingsfest zum Schlüsse unserer Zusammenkünfte,
welche im Winter stattgefunden hatten. Vorstand der
Gesellschaft war um diese Zeit Dr. Gudden. Direktor
24
370
der Irrenanstalt; bei der Heimfahrt sass ich an seiner
Seite, er, wie die ganze Gesellschaft war in der
heitersten Stimmung.
Es erschütterte uns alle aufs Tiefste, als bald
darauf am 13. Juni die Kunde von dem beklagens-
werthen Ende des Königs und Gudden’s zu uns drang.
Der traurige Zustand des Königs hatte uns schon längst
mit schmerzlicher Betrübniss erfüllt. Tief zu Herzen
ging uns der Verlust Gudden’s, er war noch in vollster
Lebenskraft, ein Mensch der edelsten Art, mit grossem
Wissen, ein wahrer Freund und Wohlthäter der Mensch-
heit, der aus Pflichtgefühl in den Tod ging.
Bald nach jenem unglückseligen Ereigniss befragte
ich Professor Dr. Rüdinger, der die Sektion der könig-
lichen Leiche in Gegenwart mehrerer Aerzte vorge-
nommen hatte, nach dem Resultat. Er sagte: „Ich
bin mit grosser Bangigkeit an das Werk gegangen,
denn es kam schon oft vor, dass man bei vollständig
Wahnsinnigen gar kein Symptom ihres Zustandes in
dem Gehirn fand; wäre das hier der Fall gewesen,
so hätte Dummheit und Bosheit aufs Neue das Gerücht
verbreitet, der König sei nicht irrsinnig gewesen,
sondern man habe ihn erst dazu gemacht. Statt
dessen habe ich aber im Gehirn und an der Hirn-
schale fünf Symptome gefunden, wovon eines schon
hinreichend gewesen wäre, einen Menschen wahnsinnig
zu machen.“ Dadurch erhielt ich den, wenn auch trau-
rigen 'Frost, dass durch keine andere Lebensweise, wie
durch keine menschliche Kunst und Weisheit, das
geistige Unglück des Königs hätte ferne gehalten
werden können.
371
Ich fühle mich hier veranlasst , über das Kunst-
verständnis und den Kunstsinn des Monarchen meine
Ansicht auszusprechen, zumal nur zu oft falsche Ge-
rüchte darüber verbreitet werden, und zwar von
Menschen, welche von Kunst nichts verstehen, oder,
auch glauben, es müsse Alles, was von dem unglück-
licken König ausgehe, absonderlich sein. In seinem
Kunststreben nahm erst nach und nach die Vorliebe
für die Periode Ludwig XIV. zu. Wenn ihn auch
dabei der Luxus und Glanz eines absoluten König-
thums zu sehr anzog, so erkannte er doch auch in
dieser Richtung das wirklich Schöne. In der Stilart
einer jeden Periode unterscheidet man wohl, was nur
nach einer Modeschablone der Zeit oder unter Ein-
fluss eines bedeutenden Künstlers seinerZeit geschaffen
wurde. Dass der König bei seinen Kunstschöpfungen
nicht einseitig war, zeigt, dass er auch Kunstwerke
älterer Zeit anschaffte, welche ebenso in einem Museum
sein könnten, dafür spricht ferner das Schloss Neu-
Schwanstein , wobei ihm die Poesie des deutschen
Mittelalters und die Romantik einer Ritterburg vor-
schwebte. *)
Für die vielseitige Kenntniss des Königs in Kunst
und Geschichte spricht auch vorzüglich die kolossale
Masse kleinerer Kunstwerke in einer jeden Stilart
*) Siehe „Romanische Wandmalereien der k. b. Burg Neu-
sehwanstein, nach den Entwürfen von Julius Hofmann, k. Ober-
baurath. 40 Tafeln in Lichtdruck von J. Albert, Kunstverlag,
München. Ferner „König I.udwig 11. und die Kunst“ von Louise
von Kobell. München 1898. 8".
24 *
jeder Technik, wie in einem jeden Material, welche
er durch vorzügliche Künstler und Gewerbetreibende
ausführen liess.*) Es ist auch gewiss nicht zu ver-
kennen, dass die vielen Aufträge, welche der König
ertheilte, wesentlich zur Hebung des Kunstgewerbes
beitrugen. Ich konnte nichts Anderes erwarten, als
dass nach dem Ableben des Königs diese Meister-
werke eine Fortsetzung des Nationalmuseums oder ein
Museum, etwa unter dem Namen Ludovicum, bilden
würden, was für den unglücklichen König, den wir
ebenso bewundern wie bedauern müssen, ein bleibendes
geistiges Denkmal gewesen wäre, allein es geschah,
was ich nicht für möglich gehalten hätte; Alles bis
auf ein Minimum wurde aufs Eiligste verkauft. Ich
wie Andere, konnten nicht erfahren , ob diese Schätze
vorher einem Fachmann zur Begutachtung oder Schätz-
ung vorgezeigt wurden. Bis heute werden fortgesetzt
damit im Auslande grosse Geschäfte gemacht.
XLV. Schluss und Rückblick.
Im Jahre 1881 besuchten wir manche Städte Ober-
italiens, wobei uns unser Sohn aus Berlin begleitete. Es
war gerade um diese Zeit in Venedig der internationale
geographische Congress, wobei ich, wie mein Sohn
manche Bekannte trafen. Auf das viele Herrliche, das
wir in Kirchen, Museen und Gallerien mit grossem
Interesse sahen, hier näher einzugehen, wäre nicht der
*) Vergl. hierüber das vortreffliche Buch von Louise von
Kobell, König Ludwig II. und die Kunst.
3 73
Platz; auch sind mir darin schon bedeutende Fach-
leute vorausgegangen. Ich konnte wohl noch meine
Erfahrungen bereichern, aber doch nicht mehr, wie in
früheren Jahren, Vieles davon für meine Arbeiten be-
nützen.
Als natürliche Folge der vielen Drangsale und
Unglücksfälle, welche über mich hereingebrochen waren,
überfiel mich eine schwere Krankheit, welche im Nach-
lass aller Kräfte bestand; vier Monate konnte ich das
Bett nicht verlassen , die Aerzte betrachteten meinen
Zustand als sehr bedenklich. Meine Frau hatte ein
schweres Herzleiden, dem sie am 31. Mai 1887 zu
meinem namenlosen Jammer erlag.
Mein einziger mir gebliebener Sohn Friedrich,
der mir durch sein Schaffen Freude und Ehre macht,
wohnt in Berlin, wo er seinen Wirkungskreis und sein
Haus besitzt, mit seiner Frau Johanna, Tochter des
verstorbenen Direktors der Akademie der bildenden
Künste, Karl von Piloty und seinen vier Kindern, drei
Mädchen und einem Knaben.
Wenn ich auch meine amtlichen Stellen aufgegeben
habe, so bin ich doch in München durch meinen Wirkungs-
kreis so eingewöhnt, dass ich es nicht mehr leicht
verlassen könnte. Leider ist das Zusammensein mit
meinen Kindern und Enkeln nur jährlich auf kurze
Zeit beschränkt, wo ich mich alsdann an deren Ge-
deihen und Fortschritten erfreue.
Für mich in meinem hohen Alter sorgt die Tochter
eines Freundes meiner Familie; sie war schon die treue
Pflegerin meiner Frau; sie ist mir jetzt Stütze und nimmt
warmen Antheil an meinen Interessen und Arbeiten.
3/4
Nach meiner Wiedergenesung arbeitete ich mit
verdoppeltem Eifer, wobei mich auch die Sorge an-
trieb, dass mein Werk über mittelalterliche Kunst un-
vollendet bleiben könnte ; glücklicherweise gelang es
mir, dasselbe im Jahr 1889 mit dem 10. Bande ab-
zuschliessen, wie auch den 2. Band meiner Eisenwerke
des Mittelalters und die Goldschmiedwerke der Renais-
sanse, welche einen Band umfassen.
Ich empfand dabei aufs Neue , dass Arbeit das
Einzige ist, was Kummer und Schmerz erträglich
machen kann.
Minister von Lutz starb im Jahre 1890, sein Nach-
folger wurde Ludwig August von Müller. Bald nach-
dem derselbe das Kultusministerium übernommen hatte,
und ich ihn persönlich noch gar nicht kannte, über-
raschte er mich durch einen Besuch. Er zeigte vieles
Interesse an meinen Arbeiten und sprach sich überaus
günstig über mein langjähriges Wirken für das bayer-
ische Nationalmuseum aus. Ich erkannte darin, dass
er sich mit dem. was schon vor seiner Amtsthätigkeit
geschehen war, in der kurzen Zeit bekannt gemacht
hatte, was nicht genug anzuerkennen ist. Sogleich nach
diesem Besuche wurde ich zu meiner Ueberraschung
am 3. Februar 1891 von S. K. II. dem Prinz-Regenten
zum k. Geheimen Rath ernannt.
Am 20. Mai 1891 war mein 80. Geburtstag; da
ich so vieles Traurige erlebt und die meisten meiner
Freunde überlebt hatte, dachte ich, diesen Tag im
Stillen zuzubringen, allein er wurde durch die Eeder
des Freundes Carriere bekannt. Einige hohe I lerren,
375
welche sich schon früher für mein Schaffen interessirt
hatten, ehrten mich durch hohe Auszeichnungen, und
viele Freunde und Bekannte erfreuten mich durch den
Ausdruck herzlicher Theilnahme.
An dem Abend des 20. Mai erhielt ich in der
,, Zwanglosen Gesellschaft“, deren ältestes Mitglied ich
bin, ein prachtvolles Album mit den Bildnissen der
60 Mitglieder mit Namensunterschriften , sinnigen
Mottos und guten Wünschen. Der Einband dieses
Albums ist ein Meisterwerk feinsten Geschmackes,
auf demselben steht in goldenen Buchstaben : „Ihrem
lieben Hefner- Alteneck zum 80. Geburtstag die zwang-
lose Gesellschaft.“ Diese einfache Widmung, besonders
von solchen Männern ausgehend, musste mich aufs
Innigste erfreuen.
Am 1. Januar 1804, nachdem ich schon 42 Jahre
Aschaffenburg verlassen hatte, wurde ich zum Ehren-
bürger dieser meiner Vaterstadt ernannt. Das Diplom
ist ein wahres Kunstwerk in der Form eines Trip-
tychons, in der Mitte die Schrift, d. h. das Dekret,
daran hängend das Stadtsiegel, darüber die Total-
ansicht der Stadt Aschaffenburg, auf der einen Seite
die Ansicht der Stiftskirche , in welcher ich oft ge-
arbeitet, auf der andern mein Wappen mit dem Ritter
Georg von Liebenstein als Schildhalter, in den beiden
Seitenflügeln rechts das kurfürstliche Schloss, auf-
genommen von dem Fenster meines ehemaligen
Arbeitszimmers, links das frühere alte malerische
Ilerstallthor. Die vortreffliche Aquarellmalerei auf
Pergament ist ein Werk von der Hand meines ge-
schickten Landsmannes Adalbert Hock, der Einband
376
in gepresstem Leder u. s. w. mit dem Stadtwappen
ein Meisterwerk des Buchbindermeisters Friedrich,
der sich schon viele Verdienste um die Denkmale und
Geschichte meiner Vaterstadt erworben hat. Das
Ganze begleitete ein sehr ehrendes Schreiben des
Herrn Bürgermeisters Hofrath Medicus. Abgesehen
von der Ehre, welche mir dadurch erwiesen wurde,
freute es mich sehr , dass meine Vaterstadt solche
Kräfte besitzt.
Am Ende meiner Darstellung angelangt, möchte
ich nur noch in einem kurzen Rückblick verschiedener
Männer gedenken. In meine Jugendzeit zurückgehend,
sei bei dem schon genannten Dompropst Dumetz
(Dumeix) erwähnt, dass dieser würdige Mann derselbe
ist, mit welchem, als er noch Propst des Leonhard-
stiftes in Frankfurt a. M. war, der junge Goethe ver-
kehrte.*) Johann Peter Melchior hat von ihm ein
Medaillonportrait angefertigt, dessen Thonmodell sich
jetzt im Kunstgewerbemuseum zu Berlin befindet.**)
Von meinen Freunden aus früherer Zeit möchte
ich noch nennen meinen Landsmann Kaspar Braun,
den nachmaligen Mitbegründer der ,, Fliegenden Blätter,
ferner Christian Brentano, den Bruder von Clemens
und Bettina. Letzterer war mir während meines Auf-
enthaltes in Aschaffenburg ein wahrer und wohlwollen-
der Freund, der mir in vielen Angelegenheiten treu
zur Seite stand. Durch ihn lernte ich in Frankfurt
noch andere Angehörige dieser genialen Familie
*) Goethe’s sämmtliche Werke. Berlin, Hempel. Bd. XXII.
Seite 130 und 381.
**) Zais, Ernst. Die Porzellan-Manufaktur zu I lochst. Seite 111.
377
kennen , die mir mit ausserordentlicher Liebens-
würdigkeit Einblick in ihre reichen Kunstschätze
gewährten. Unter diesen sind namentlich die herr-
lichen 40 Miniaturen zu nennen*), die Jean Fouquet
von Tours, Hofmaler des Königs Ludwig XL, für den
Schatzmeister Estienne Chevalier gemalt hatte. Be-
kanntlich wurden „diese Perlen altfranzösischer Kunst“
vor einigen Jahren von Dr. Louis Brentano an den
Herzog von Aumale um eine hohe Summe verkauft.
In Frankfurt lernte ich ausserdem noch kennen
den Kupferstecher Eugen Schäffer , ferner Johann
David Passavant , den verdienstvollen Inspektor des
Städel’schen Kunstinstituts , und dessen Nachfolger
Gerhard Malss. Von den dortigen Malern zählten zu
meinen Bekannten und Freunden Alfred Rethel, Moritz
Oppenheim, Otto Cornill, der jetzige Conservator
des städtischen historischen Museums , der originelle
Karl Ballenberger, und Carl Theodor Reiffenstein.
Letzterer war ein um Frankfurt’s Topographie hoch
bedeutsamer Künstler; seine mit grösster Genauig-
keit, dabei aber auch mit künstlerischem Verständ-
nisse , aufgenommenen Zeichnungen und Aquarelle
von Bauten und Bautheilen aus dem alten Frankfurt
bilden heute einen werthvollen Bestandtheil des oben
genannten Museums. In weiteren Kreisen machte
er sich durch seine „Bilder zu Goethe’s Dichtung
und Wahrheit“ bekannt, von denen er auch mir ein
Exemplar in freundschaftlicher Gesinnung zusandte.
*) Vergl. Gwinner , Ph. Friedrich. Kunst und Künstler in
Frankfurt am Main etc. Frankfurt a. M. 1862. 8°. Seite 544.
378
Von den dortigen Kunstfreunden wären zu nennen
der bekannte Dürer-Sammler Heinrich Anton Cornill-
d’Ürville, der Vater des oben erwähnten Otto Cornill,
ferner Georg Wittemann und Karl Anton Milani.
Unter anderen hervorragenden Persönlichkeiten,
die ich im Laufe meines langen Lebens kennen lernte,
möchte ich vor allen noch den Dichter Ludwig Uhland
erwähnen, dessen Bekanntschaft ich der Versammlung
deutscher Geschichtsforscher in Ulm im Jahre 1857
zu danken hatte.
Von denjenigen, die ich zu meinen Fachgenossen
zählen konnte, nenne ich den Verwalter der Waffen-
sammlung des Prinzen Karl von Preussen, den sehr
kenntnissreichen Schauspieler und Romanschriftsteller
Georg Iiiltl, der mir die Beschreibung der Waffen des
Prinzen Karl in einer Prachtausgabe verehrte. Dann
wären noch die beiden hervorragenden Wiener Quirin
von Leitner und Wendelin Boeheim zu nennen. Von
weiteren Freunden, denen ich zu Dank verpflichtet
bin, möchte ich den Grafen von Meran und den
Grafen Hanns von Wilczek erwähnen. Beide hohe
Herren sind Freunde und Kenner des Lebens der
deutschen Vorzeit , von denen der Erstere es durch
seine Beschreibung des Landes-Zeughauses zu Graz
und der Letztere durch Wiederaufbau der Burg
Kreuzenstein bewiesen hat. Beide übersandten mir
in freundlichster Weise die darüber erschienenen Ver-
öffentlichungen.*)
*) i)ie Waffen , des Landes-Zeughauses zu Graz von F. G. v. M.
(Grafen von Meran). Graz 1880. 4". — I’aukert, Johann. Kretizen-
stein. Historisch -topographische Skizze. Wien 1899. 8°.
379
Zu den angenehmsten Erinnerungen meines Lebens
rechne ich, dass es mir vergönnt war, den Traum
meiner Jugend, ein einiges deutsches Vaterland, ver-
wirklicht zu sehen, ferner zähle ich dazu die fort-
schreitende Entwicklung des germanischen National-
museums in Nürnberg, das ich unter Leiden und
Sorgen seines Gründers Hans von Aufsess entstehen
sah. Zu meiner grossen Freude konnte ich noch
erleben , dass es nicht nur nach dem Wunsche
seines Stifters ein wirklich germanisches Museum ge-
worden ist, dass es von allen deutschen Staaten unter-
stützt und erhalten wird , sondern auch , dass man es
jetzt ein Museum für die ganze gebildete Welt nennen
kann. Seit seinem Entstehen dem Verwaltungsaus-
schuss angehörend, bin ich alljährlich zu dessen Sitz-
ungen erschienen und habe dort viele bedeutende
Männer kennen gelernt, unter ihnen in den letzten
Jahren einen, welchen ich schon längst als einen her-
vorragenden Freund aller Kunstbestrebungen rühmen
hörte, den ehemaligen preussischen Kultusminister und
jetzigen Oberpräsidenten von Gossler, der als eines
der thätigsten Mitglieder im Ausschüsse waltet. Ebenso
wie ich dem germanischen Nationalmuseum noch meine
Dienste widmen kann, freue ich mich, noch im Stande
zu sein , soweit als thunlich manchem Vereine, trotz
meiner hohen Jahre, meine Thätigkeit zuwenden zu
können.
Obwohl ich in meinem Leben gar manchmal die
trübsten Blicke in die Abgründe der Menschheit werfen
musste, habe ich doch bei allem dem Traurigen und
Schmerzlichen, das ich erlebte, die Beruhigung, dass
380
ich stets als Freunde Männer von Bedeutung- gefunden
habe; denn die wahre Freundschaft entsteht nur durch
Arbeit, wie auch das höchste Verdienst, das sich der
Mensch erwerben kann, nur durch Arbeit zu erringen
möglich ist. Arbeit ist der Genuss des Lebens, ohne
Arbeit ist das Leben todt.
Meinen Enkeln und Enkelkindern möchte ich
deshalb als Merkwort Zurufen:
„Arbeit gibt Muth, verscheucht alle Sorgen,
Fleiss schafft die Lust, am Leben sich zu freu’n.“
Namen- und Ortsregister.
Aachen
Abensberg
Adam. Albrecht ....
Adamo, Max
Adelgunde, Herzogin von
Modena
Afinger, Bernhard . . .
Aibling
Albert, Herzog von Sachsen
— Prinz-Gemahl
Albini, Franz Joseph Frei-
herr von
Albrecht Achilles . . .
III., Herzog von Bayern
— V'., Herzog von Bayern
107, 108, 132, 223,
— von Brandenburg, Kur-
fürst von Mainz . 61,
Alcantara. Graf . . . .
Siehe auch: Stillfried,
R. Freiherr von.
Aldegrever, Heinrich .
Alexanderschlösschen bei
Jugenheim
Alfons XII., König von
Spanien .... 305.
Altdorfer, Albrecht
Altenburg bei Bamberg .
Amalie, Königin von Grie-
chenland 326
Amman, Jost . 254, 255, 335
Anderloher, geistlich. Rath 52
Angermaier, geistlich. Rath 230
Anna von Oesterreich . . 107
Ansbach 167
Antwerpen . . 198, 231 — 233
Appiani, Joseph . . 12, 13
Aretin , Karl Maria von
152—154, 168, 171, 179
bis 181, 185. 186, 188,
199, 200, 212—214. 217,
227—231, 263, 281,284,
294, 295, 321, 323, 330
Ark, Stadtbaumeister . . 103
Arndt, Paul Dr 322
Arnswald, Bernhard von,
Kommandant . . 129, 260
Arnulf, Herzog von Bayern 3 1 6
Artaria, Verlagsbuchhänd-
ler . 95
Asbeck, Freiherr von,
Staatsrath 51
Aschaffenburg 1,2, 19 — 21,
24, 26, 28, 33, 35, 36,38.
39, 41—43, 46—64, 67,
70, 75, 79,84, 87, 91—93,
103
72
256
290
145
134
356
144
247
12
274
185
247
363
131
246
114
368
246
65
1 08, 1 09, 1 1 4,
116, 119.
Babenhausen
1 16
120. 135, 139.
141. 142,
Baden bei Wien . 78. 79,
80
160, 190, 192,
269. 270.
Baier, Holzhändler .
66
355.
363, 375,
376
Baisch, Hermann
312
Aschaffenburg .
Agathen-
Bakhuvsen, Ludolf .
193
kirche
63
Ballenberger, Karl . .
377
— Gaugasse
36
Bamberg 1. 2, 53, 65 — 68,
1 lerstallthor
269, 270.
375
107. 160, 210—212. 214.
Hexenthurm
270
216—219, 294.
326
Kapuzinerkloster 20,
25
— Dom
65
— Kostthurm
270
Barbarossa
104
Lyceum
37
Barth, Franz Xaver
290
Schloss
. 43- 48,
375
— von, Domherr .
223
Schlossbibliothek 39,
— von Harmating. Frei-
61.
62
herr
223
Schöner Busch . 31,
40
Bartsch, Adam von
78
Schönthal
47
Friedrich von .
78
Stiftskirche 34, 55, 364.
375
Basel, Gemäldegallerie
159
Aschenb enner,
Professor
Bassenheim, Grafen
3
86.
93
Baumgartner. Gabriel .
256
Athen
119, 120.
162
Baumhauer, Dr. von
342
Auerswald, General
109
Bayern - Neuburg . Pfalz-
Aul'sess, Hans Freiherr von
grafen von ....
140 -143, 151. i 77, 178.
289.
Augsburg 73.74. 160,251
292
Dom
Goldschmiedskapelle
— Katharinenkloster
Rathhaus
— St. Ulrichskirche .
Weiserhaus .
Aumale, Herzog von
Aventinus (Thurmayr)
Axthelm, von
Babenberg, Adalbert von
379
333
73
74
73
7 4
74
74
377
72
120
65
Beaute, Professor . . . 101
Beck, Jakob Samuel . . 1 3q
Becker, Karl . . . 107, 243
Beckere, Pieter de . . . 195
Beham, 1 lans Sebald 61,246. 363
Beichlingen in Thüringen
252, 253
Bellevue, Schloss bei Sedan 354
Benedetti, Graf .... 242
Bensheim an der Berg-
strasse .... 52, 54
Bentzel-Sternau, Christian
Ernst Graf von ... 11
Berg. Professor . . 28, 29
— 383 —
Hergen roth , Geschichts-
forscher 25
Berger, Matthias . 147, 220
Bergiilüller, Johann Georg 74
Berkholz, von .... 81
Berlin 39, 86, 122, 130,
l.U—138. 141, 168. 1/6,
188, 201, 234. 242, 279
bis 281, 336, 353, 358
bis 361, 364—366, 372. 373
— Bibliothek ; . . . 131
— Kunstgewerbemuseum
277,279,280,305.359,366 376
— Leipzigerstrasse . . 367
— Museum . . . 71» 135
— Potsdamerplatz . . 367
— Raczynski'sches Palais 134
— Schlosskapelle . . . 136
Bern 100
Bernauer, Agnes . . 185, 186
Bernhard, Herzogin . 125. 126
Bezold. von, Ministerial-
rath 298, 301
Bibra. Baron von . . . 236
Bicetre 354
Bickenbach, Conradus de 209
Heinricus de 209
Birch-Pfeiffer Charlotte . 28
Birgi, Maler 13
Bismarck 354
Blondeel, Lancelot . 196. 197
Bock, Franz 165
Bodenmüller, Alphons . 312
— Friedrich 312
Bodensee 167
Bodenstedt, Friedrich von
145, 148
Boeheim, VVendelin . . 378
Boisseree, Gebrüder . . 47
Bol, Hans 247
Bolz, Franziska .. . 27, 28
Bopp, Franz, Professor . 38
Boshart, Wilhelm, Maler . 311
Bosshardt, C., Maler . . 311
Bothmer, F reiherr von . 326
Boulogne 101
Bouton, Seidenfabrikant . 328
Brandt, Joseph von . . 311
Braun. Kaspar . . . . 376
Breidbach-Biirresheim,Em-
rich Joseph Freiherr von 92
Brendel von Homburg . 363
Brentano, Bettina . . . 376
— - Christian 376
— Clemens 376
— Louis, Dr 377
Brixen, Dom 357
Brodesser, von, General-
lieutenant 355
Bronnbach 2
Brouwer, Adriaen . . . 161
Bruckmann, Friedrich 166 250
Brügge 193, 194, 196. 197
— Kathedrale (St. Sau-
veur) 196, 197
— Liebfrauenkirche
(Notre Dame) .... 195
— Palais de Justice . . 197
— St. Johannisspital . . 194
Brüssel . . .195, 198, 342
Bruges, siehe Brügge.
Bruneck . 356
Brunn, Heinrich von 321, 322
Bubu, Bartel . ... 41
384
Huchau, Schloss .
181
Cronberg. Joh. Schweick-
Huirette, Freiherr von
202
hard von
43
Burgkmair, 1 lans . 73
74,
163
— Hartmud von . . .
1 15
Burg-Milchling
273,
274
Dalberg, Karl Freiherr von
Burgschmiet, Bildhauer ,
71
1, 11, 24, 27, 29, 32-41,
Burgund, Maria von
195,
198
43—45, 47, 62, 72, 92,
Cadolzburg
273,
274
93, 99,
293
Cahier, Charles . .
103
Damm bei Aschaflfenburg
49
Canneel, Theodor .
234
Darmstadt . 80, 113, 116,
118
Canova, Bildhauer .
72
— Museum
352
Caracci, Annibale
85
David, Jacques Louis .
83
Carriere, Moritz 145,
148,
374
Dechbetten b. Regensburg
271
Castell, Gustav Graf
ZU .
168
Degen, Oberbaurath
147
Cellini, Benvenuto .
126
Dehrn, G
312
Celtes, Konrad
77
Delbrück, von Ministerial-
Chalkis, Veste . .
119
direktor
281
Charlottenburg . .
131,
132
Demmin, August 234, 238,
240
Chatilion ....
354
Denzinger, Joseph 72, 281,
364
Chevalier, Estienne .
377
Destailleur, Baumeister 24 1 .
249
Chodowiecki, Daniel
130,
257
Detmold, J. H. Dr. .
109
Cincinnati. Museum
352
Diana von Boitiers . 239,
250
Coburg. Veste
176
Didron, aine
240
Colmann, Desiderius
251
Dietterlin, Wendel . 43,
217
Compiegne
163,
164
Dietz, Feodor ....
290
Constanz, siehe Konstanz.
Diez, Wilhelm ....
312
Cornelius, Beter von 38, 39,
Dingelstedt. Franz .
148
134,
146
Döbner, Baurath
» 77
Cornill, Otto .
377,
378
Döllinger, Ignaz von 93,
149
-d’Orville, Heinrich
Doepler, Karl Emil
290
Anton ....
378
Donchery bei Sedan
354
Correns. Erich
31 1
Dorothea Sabina , I’falz-
Costniz
07
grätin von Bayern-Neu-
Coudenhove Gräfin
40
bürg
Courajod, Louis .
240
Dresden . 138, 142, 188,
302
Cranach, Lukas .
128
Museum
352
Crequi
81
Droste zu Vischering, Cie-
Creve, Dr. . . .
22,
32
; mens August Freiherr
385
von , Erzbischof von
Köln 100
Druffel, August von . . 149
Düfflipp, Kabinetschef . 269
Dürer, Albrecht 61, 71, 77,
157, 158, 184, 197, 203,
218, 219, 223, 247, 258,
262, 316, 335
Düsseldorf . . 69, 165, 359
Dumetz (Dumeix), Dom-
probst 9, 376
Dyck, Hermann .... 147
Eberhard, H. W. ... 18
— Maler 130
Eberle, A.dolf . . . . 312
Ebert, Karl 311
Ebrach 294
Echter, Michael .... 290
Edelsberg 356
Effner, von, Oberhofgarten-
direktor 270
Eisenach . . 129, 130, 259
Augustinerkloster . . 130
— Peterskirche . . . 129
Eisenhart, von, Kabinets-
sekretär .... 264, 304
Eisentraut, Stubenmaler . 43
Eitelberger von Edelberg,
Rudolf .... 277 — 279
Eifeld (Eltville) .... 3
Elisabeth , Königin von
Preussen 136
— Kurfürstin von Bran-
denburg , geb. Herzogin
von Bayern . 170 — 172, 274
Ellenrieder , Maria , Ma-
lerin 99
Else, die schöne, siehe Eli-
sabeth, Kurfürstin.
Eltester, Fabrikbesitzer . 280
Eltzholz, von 148
Elz, Grafen zu ... . 3
Emilie von Sachsen, Ge-
mahlin des Markgrafen
Georg des Frommen . 172
Emmerich Joseph, Kurfürst
von Mainz . . 41, 92
Enderlein, Kaspar . . . 334
Engel, H., Professor und
Bibliothekar .... 63
Englert, Georg, Professor
und Bibliothekar . . 63
Entres, Otto . . . 157 — 159
Enzenberg, Graf von . . 357
Epp, L 312
Erbach im Odenwald . . 64
Theodorich von . . 64
— -Erbach, Graf zu . . 64
Erbstein, Archivar . . . 138
Erfurt 129, 130
Erhardt, Bürgermeister . 323
Erlangen 75
Ernst, Herzog von Bayern 185
— Herzog von Sachsen 144
— II., Herzog von Sach-
sen-Coburg 176
Erthal , Friedrich Karl
Joseph Freiherr von 1,
41, 62, 293
— Lothar Franz Frei-
herr von 62
Essenwein, Direktor .281,
293, 296, 297, 359
Esterhazy, Fürst ... 76
Ettersburg ....
125
Ewald, Maler .
281
Eyk, van Gebrüder .
234
— Hubert van .
233
— Jan van .
187.
233
Falke, Jakob von
265
Fallmeraver, Jakob
UPP
Phi-
109
Fechenbach - Laudenbach
Friedrich Karl Freiheri
von ... 109. 110, 193
— Karl Freiherr von . 110
Feldafing am Starnberger-
See 369
Ferdinand von Aragonien 198
— I., König von Böhmen 248
Erzherzog .... 223
Ferett, von, Fräulein . . 40
von, Hofmarschall 42, 43
Feyerabend, Sigmund . . 255
Fick von, Oberst . . 30, 31
Flandern, Graf und Gräfin
von 166
, »
flüggen, Joseph .... 290
Förster, Ernst . . 14“. 148
Foltz, Ludwig 14“. 175, 224
— Philipp . . 161, 162, 281
Forn, W 312
Förster, Landrichter . . 1/3
Fould, Finanzminister . . 245
Fouquet, Jean .... 37“
Fourment. Helene . . . 161
Frank, L., Hofmaler . . 102
Frankenstein, Johann Phi-
lipp Anton von, Fürst-
bischof 21"
Frankcnlhal ... 14, 329
Frankfurt am Main 11, 14,
22. 23, 33, 38, 65, 92,
94, 95, 10“, 109, 115.
122, 158, 163, 249, 252
258, 337, 377
— Gutenberg-Denkmal . 109
— Historisches Museum
352. 377
— Leonhardstift . . . 376
— Paulskirche . . 108. 129
— Städel’sches Kunstin-
stitut . . 38, 65, 310, 377
— Städtische Gemälde-
sammlung 158
Franz I., Kaiser .... 77
— II., Kaiser . . . 70, 78
— 1., König von Frank-
reich . . . 247, 248. 250
Joseph, Kaiser . . . 278
Franzensfeste 356
Freiburg i. Br. . . .80, 81
Münster 81
Freund, Lorenz .... 21
Freyberg, Freiherr von . 201
2 — Herren von 225, 227, 242
Frey tag, Gustav . . . . 176
Friedemann, Geschichts-
forscher 251
Friedrich 111., deutscher
Kaiser (f 1493) ... 77
111., deutscher Kaiser,
König von Preussen 132,
166, 176, 274, 305, 306,
355, 361 — 369
der Grosse . 134, 135
1., Kurfürst von Bran-
denburg . . . .170, 274
387
Friedrich, Grossherzog von
Baden .... 166, 1 67
— August , König von
Sachsen .... 138, 143
— Buchbindermeister . 3/6
— Karl Joseph, Kurfürst
von Mainz 1, 2, 16, 1/,
27, 33, 35, 41, 43, 44,
92, 93
(Siehe auch : Erthal)
Leopold, Herzog von
Anhalt-Dessau . . . 166
Wilhelm IV. 136, 168,
169, 1/2
Fröhlicher, Otto . . . 311
Fürer, Moritz .... 256
— von Haimendorf, Chri-
stoph 236
Fürst Primas des Rhein-
bundes. Siehe: Dalberg.
Fürstenberg, Karl Egon
Fürst von 102
— Wilhelm Graf von . 102
Fugger, die /4
— Marx 331
— -Babenhausen. Leopold
Fürst von . . .331, 333
Gärtner, von, Oberbaurath 1/4
Gassner, Baron von . . 239
Gebier, Otto 312
Geerts, Karel Hendrik . 197
Gegenbaur, Joseph Anton
von 302
Gehring, Bürgermeister . 299
Geibel, Emanuel . . 145, 148
Geisenheim .... 3, 4
Gemünden .... 208, 210
Gent . . . .231, 233, 234
Kathedrale, St. Bavo . 234
Georg der Fromme. Mark-
graf von Brandenburg 172
Georgenburg 356
Gerhard, Hubert . . 224. 292
Gerhardt, Eduard . . . 311
Gerome, Leon .... 266
Gersdorf, Hofrath . . . 1.39
Geuder, Kunsthändler 236,
237, 263
— Philipp 256
Giech, Barbara von . . 182
Franz Friedrich Karl
Graf von 181
— Schloss 181
Giehrl, von, Ministerialrath 229
Giesebrecht, Wilhelm von 149
Giessen 91
Girardet, Edouard . . . 266
Glanzner, Valentin . . 52 — 56
Glattbach 54
Gleichen , Ernst Graf von
129, 130
Glockendon, Nikolaus 61, 363
Göbhardt, Heinrich . . 2
— Margaretha .... 1
(Siehe auch : Hefner)
Gössenheim 208
Goethe . . . 47, 127, 376
Göttingen .... 163. 325
Goltzius, Heinrich . 56, 71
Gombart 109
Gossler, v., Cultusminister 379
Gottgetreu, Gottfried . . 147
Gräfle, Albert . . . . 312
Grässe, Dr., Hofrath . . 302
'25*
388
Graz, Landes-Zeughaus
Gregorovius, Ferdinand
149.
Gresser, von, Cultusmi-
nister . 270. 281. 283,
Grönroth. Melchior von .
Gropius, Martin . . 280,
Gruben, Baron . . . 29.
Grünenwald, Jakob .
Grumbach. Familie von
Dorothea von . 206,
Eberhard von
Wilhelm von
Grunow, Karl . . 281,
Gudden, Bernhard von 369,
Guffens, Godfroid .
Gugel, Balthasar Christoph
Gutenstein in Niederöster-
reich 78,
I laarlem
— Industriemuseum .
Habel, Archivar ....
Haberkorn, Kunz
Hack, Hieronymus .
Hacke , Generallieutenant
53, 67,
Hackländer. Wilhelm .
Hafner. Siehe: Hofner.
Hagen. Philippine Freiin
von
(Siehe auch : Pauli)
Hairidl (1 leindel) , Profes-
sor
Haller Christoph Joachim
von
Ham, Citadelle . . * .
Hanau
Hanau, Museum .... 352
— Grafen von . .116, 118
— -Lichtenberg, Johann
Philipp Graf von. . 117
— Susanna Margaretha
Gräfin von 117
Hans, Meister von Augs-
burg 251
Harless, von, Ober-Kon-
sistorial-Präsident . . 145
Harrer, Ludwig, Professor
und Bibliothekar ... 63
Harri ch, Jobst .... 158
Hartmann, Ludwig . . . 312
Hasenclever, Johann Peter 359
Hassler, Konrad Dietrich 178
Hauschild, Wilhelm Ernst 290
Hauser, Aloys . . . 161
Hausmann, Hauptmann . 354
Heckei, August von . . 290
Hefner, Elisabeth von . . 75
(Siehe auch : Mitis)
Elise von , geb. Pauli
91, 189, 360, 365. 372, 373
— Emil von . 189, 353 — 356
— Franz von 189, 241,353, 356
— Franz Ignaz Heinrich
von 1, 10, 16. 20—25,
27, 28, 31.32,35,38,45.
49 — 55, 60,65, 69, 70 — 72,
75,79—81,84,112, 139
— Frau von, geb. von
Tinti 75
Friedrich von 189. 267,
353, 360, 365, 367, 373
Jakob ... 2, 3, 23, 25
Johann 1
378
253
284
36.3
281
30
31 1
205
207
206
206
359
370
232
256
79
342
352
176
204
363
68
302
92
88
262
101
19
389
Hefner, Johanna von. geh.
Piloty 373
Josepha von ... 75
— Ludwig (Grossvater)
1, 3, 41
— Ludwig (Vetter-) . . 23
— Ludwig von (Bruder) 2
— Margaretha, geb. Göb-
hardt 1, 2, 16, 19, 20.
21, 24, 27, 31
— Margaretha (Cousine)
23, 70
— Margaretha von
(Schwester) 2, 28 — 31, 52
(Siehe auch: Sensburg)
— Peter, Joseph von 3, 6,
7, 70, 75, 78, 79
— Philippine von ... 2
— Therese von 2, 28, 29,
31, 52, 70
Hehl, Bildhauer .... 205
Heidelberg .... 40, 1 1 3
— Schloss 81
Heideloff, Karl von . 88, 140
Heiligenberg, Schloss . . 101
Heilmayer, Karl . . . . 312
Heindel. Siehe : Haindl.
Heinel, Eduard . 312
Heinlein Heinrich . . . 311
Heinrich II., Kaiser . 65, 328
— II., König von Frank-
reich . 239, 247, 248, 250
— IV., König von Frank-
reich 244
— VIII., König von Eng-
land 247
— Landgraf v. Thüringen 124
Heinrich. Prinz von Preus-
sen 306
Heinse, Wilhelm .... 63
Helfreich, Oberlieutenant 355
Heller, Joseph . . . 68, 218
Heimle, Andreas .... 81
— Lorenz 81
Henneberg, Berthold von 204
— Fürst von . . . . 111
Hennings, Johann F riedrich 3 1 1
Herder, Johann Gottfried
von 35
— von, Forstmeister 35, 36
Heres, von, Staatsrath. . 189
Herrad von Landsperg . 82
Herrmann, v.. Baudirektor 287
Herzog, Tanzmeister . . 27
Hess, Heinrich von 155, 189
Heyden, August von . . 106
Heyse, Paul .... 145, 148
Hill, Hof-Fechtmeister . . 42
Hiltl, Georg 378
Hirsvogel, Veit .... 203
Hochberg, Dieter von . 209
Hocheder, Professor 56, 63
Hock, Adalbert .... 375
Höchst am Main . 14, 329
Hoff, Conrad 311
— Heinrich 96, 97, 121, 122
Hoffmann, V., Lehrer . . 116
Hoffstadt, Friedrich . . 95
Hofmann, Buchhändler . 121
Hofner, J. B 311
Hohen- Aschau 202, 225,
242, 323
Hohenburg bei Gössenheim 208
Hohenlohe, Familie . . 275
Hohenlohe , Sophia Ele-
onora, Gräfin von, geh.
Herzogin zu Schleswig-
Holstein . .... 275
- Wolfgang, Julius, Graf
von 2/5
Hohenschwangau . 264 — 266
Hohenzollern , Friedrich
Graf von, Bischof von
Augsburg
74
— Siehe auch: Karl und
Karl Anton, Fürst von
Hohenzollern.
Holbein, Hans, der ältere
73
• — der jüngere 130, 247.
258
Holl, Elias
7-4
Holzer, Johann. Evangelist
74
Holzschuher Hieronymus .
71
von
71
1 lom bürg. Siehe: Hohen-
bürg.
Hondekoeter, Melchior
160
Hopfer, Daniel ....
73
Hieronymus ....
73
Lambert
73
Hotho, Direktor ....
132
Hüther, Kabinetsrath 321,
330
Hüetlin, Bürgermeister
99
Hügel, Spänglenneister
23 7
Humboldt, Alexander von
132,
137
Hundt, Graf von
281
Jäger, J., Maler ....
312
Jägersburg,' Schloss bei
Düsseldorf
165
Jahn, Friedrich Ludwig .
109
Jamnitzer, Wenzel .
331
Jarwart, Sixtus 124, 168,
171, 1/2 178
Jean Paul 34
Jeetze, Freiherr von . . 164
Jenbach 357
Imhoff, von, Familie 203,
235, 260
— Johann von .... 261
Imst in Tirol 143
Ingelheim, Grafen von . 3
Innsbruck . . 223, 248, 357
Jörg, Pfarrer 209
Johann, Herzog von Sachsen
(später König) 138, 142
bis 144, 176
— Georg I., Kurfürst von
Sachsen 107
— Schweickhard v. Cron-
berg , Erzbischof von
Mainz 43
Johanna, Königin von Ca-
stilien 184
Johannisberg, Schloss . . 11
Johannisburg (Schloss zu
Aschaffenburg) ... 40
Jollv, von, Professor 145,
148, 360
Jongelincx, Jakob . . . 196
lsabella von Castilien . . 198
Ising, von, Generallieute-
nant 366
Isselburg, Peter .... 236
lssy 354
Jugenheim 112
Kalkreuth, Graf, Direktor 259
Käppis, Albert . . . 312
Karl der Grosse .... 104
Karl V., Kaiser 184.1 96, 1 98, 25 1
— der Kühne . . 195. 196
Erzherzog ... 76, 78
— Fürst von Hohenzollern 166
— Prinz von Preussen 133, 378
— Alexander, Grossher-
zog von Sachsen-Weimar
125, 126, 128, 258
Anton Fürst von
Hohenzollern 137, 162
bis 167, 263, 367
— Theodor, Kurfürst von
Bayern 249
Karoline, Königin von
Bayern 183
Kasimir, Kapuzinerpater 8, 9
Kassel 34, 139
Kaufmann, Hofmaler . . 38
Kaulbach, Wilhelm von
146, 148, 155, 161, 249, 307
Keller, Graf, Hofmarschall 137
— Heinrich, Verlagsbuch-
händler . 107, H4, 122, 163
Kemble, John Mitchell . 142
Kesselstadt, Franz Graf
von 17 — 19
Kilian, Lukas 314
Kinigl, Graf von . . . 356
Kirchberg 292
Kirchner, Emil, Maler . 311
Kirchscheidungen bei Frei-
burg a. d. Unstrut . . 144
Kirschbaum, von, Staats-
rath 160, 249
Kittel, Rektor .... 87
Klarwasser. Helene . . 42
Kleeberger. Hans . . . 261
Klein, Johann Adam 254
Kleinschrod, Freiherr von,
Justizminister .... 67
Klemm, Hofrath .... 138
Klenze, Leo von 88, 175,
201, 228, 229
Klipphan, Johann . 84. 190
Kloster Heilsbronn . 167 — 178
— Münsterkirche . 167—175
— Primizkapelle . 1/5, 1"6
— Ritterkapelle . . . 172
Klosterneuburg „ . 78
Klumpp, Regierungs- und
Baurath 288
Knabl, Joseph . . 147, 220
Knaus, Ludwig .... 361
Knod, Dr 93
Kobell, Franz von . . . 148
Köckert Julius . . . . 312
Köln . 47, 104, 160, 231, 260
Konrad , Landgraf von
Thüringen . . . 124, 125
Konstanz . . 97 — 100. 102
— Margarethakapelle . 98
— Münsterkirche ... 97
— Rathhaus 98
— Rosgarten-Museum . 99
— St. Mauritiuskapelle . 97
Korn, Kammerlakei . . 37
Kotsch, Theodor . . . 312
Kourisse, von . . . . 158
Krauchenwies . . .- . 166
Kreittmayr , Joseph 337,
342, 368
Kreimer in Regensburg . 73
Kreuzenstein. Burg . . . 378
Kreuzlingen 103
392
von 100
— Freifrau von. geb. Freiin
zu Droste- Vischering
Laudenbach am Main .
Lauingen . . 307, 312
— Kirche ....
Launitz, Eduard von der
Laxenburg
Leber, Freiherr von
Ledebur, Freiherr vo
Direktor
Lehfeld, Assesor
— 102
100
110
-3 1 5
312
100
77
76
135
281
Krieg von Hochfelden
95
Leipzig, Gewandhaus
138
Kröttendorf, Schloss
181
Universitätsbibliothek
138
Kronacher, Leo, Antiquar
107
Leitner, Quirin von
378
Kronberg
46
Lenoir, Alexandre
243
Kühlmann. Rentamtmann
210
Leopold, Grossherzog
von
Kugler, Franz ....
105
Baden ....
101
Kuhn heim . Kommerziell-
Lessing, Julius Dr. .
359
rath
281
Levita, Dr., Rechtsanwalt
239
Kunigunde, Gemahlin Kai-
Leyden. Lukas von .
330
ser Heinrich II.
65
Lichnowskv, Fürst .
109
Labarte, Jules ....
240
Liebenstein . Georg
von
Lacroix, Paul
239
363.
375
Lafenestre, Georges
240
Liebig , Justus von
145,
Lambrechtsburg ....
356
148,
149
Landshut . . 251, 298,
299
Liechtenstein, Fürst von .
76
— St. Jodocuskirche .
298
Liegnitz ....
280
St. Martinskirche . .
298
Lier, Adolf . .
311
Lange, Friedrich, Dr. Pro-
Ligsalz, Benno
224
fessor
222
Limburg - Styrum , F
erdi-
Langen von
138
nand Fürst von
275
Langenzenn . . . 273,
274
Limoges ....
Langko, Dietrich
311
Lindenschmit, Johann
18
Laroche, von, Hofmarschall
190
— Ludwig
1 65
Lasaulx, Ernst von . 109,
148
— Wilhelm . . .
31 1
Lassberg. Joseph Freiherr
Linder, L„ Maler
311
Lingg und Lingk , siehe
Link.
Link, Bartholomäeus
Leonhard . . . .
— Lorenz
Lintorf im Herzogthum
Berg 13,
Lipowsky, von, Kabinets-
chef . . . 264, 265,
Lippmann, Friedrich Dr. .
T
I
Lisberg. Burg
-obmeyer .
66
83
83
83
14
304
367
-68
331
— 393 —
Loderer 66
Löchner, Kunsthändler .
LötTelholtz, Matthes . 256
London . . . 142, 160, 277
— Fabrik Elkington . . 352
Kensington - Museum
277, 278. 304, 342. 352
Lorch, Melchior .... 256
Lorum, Wundarzt ... 93
Lossen, Max 149
Lotze, Moritz . . . . 311
Louis, Professor . . 68, 87
Louise, Gemahlin Napo-
leons 1. Siehe: Marie
Louise.
— Grossherzogin von Ba-
den 166, 167
Ludwig der Bayer, Kaiser 18
— I., König von Bayern
12, 29—31, 39, 63. 72,
75, 82, 89, 91, 94, 107,
116, 120, 121, 145, 149,
150, 163 — 165, 175, 187,
190. 310, 320, 321, 324.
325, 329, 355
— II., König von Bayern
120, 155, 217, 263, 264.
279, 319, 332. 342, 369-72
— Grossherzog von Ba-
den 99
— III., Grossherzog von
Hessen 112, 116, 118,
119, 191
— Ludwig IX., d. Heilige 244
— XL, König von Frank-
reich 377
— XIV. . 81, 184, 266, 371
Liibke, Wilhelm von 106,
248, 302,
359
Luitpold, Prinzregent von
Bayern
374
Luther, Martin Dr. .
130
Lutz, Freiherr v., Minister
71, 296, 297, 304, 305,
341,
374
Lux, Philipp
256
Lyon .... 237, 261,
CO
to
OO
Madrid . .94,250, 251,
305
Magd, Maurerpalier
174
Magdalena Sibylla, Kur-
fürstin von Sachsen .
107
Majer, Gustav ....
311
Mailand
12
Mainau. Insel im Bodensee
167
Mainberg bei Schweinfurt
110,
1 1 1
Mainz 1, 3—8, 10 — 13, 15
bis 18, 34, 36, 38, 54, 60,
64, 70. 92, 115, 165, 194,
293,
309
— Kaufhaus
18
— Stephansthurm . . .
15
Malchus, Karl Freiherr v.
311
Malecki, W
312
Mali, Christian ....
31 1
Malss, Gerhard ....
377
Mannheim . . . 95, 96,
121
Marburg in Hessen . 123,
125
— Elisabethenkirche 123
bis 125,
222
Marc Anton
246
Maria von Hohenzollern.
Gräfin von Flandern
166
— Königin von Sachsen
143
Maria Theresia, Kaiserin . 77
Marie Louise , Gemahlin
Napoleon 1 78
Marienburg 363
Markart, Bauinspektor . 205
Marschalk von Ostheim.
Freiherr von .... 68
Martin, Arthur .... 103
Martinengo, Regierungs-
rath 231
Martins, Karl Friedrich
Philipp von . . 146. 150
Massys, Quentin .... 233
Mathilde, Grossherzogin
von Hessen . . 112, 145
Maurer von, Staatsrath . 149
Max I., Kaiser 74, 77, 195
bis 198, 216, 248, 262,
— I.j König von Bayern
34, 121, 183,
— II,, König von Bayern
2, 121. 145, 150 — 153,
155, 172, 174, 175, 178,
180, 232, 263, 264, 286,
289, 326,
Maximilian I., Kurfürst von
Bayern 152, 158, 159,
— Emanuel, Kurfürst von
Bayern
May, Karl .... 39. 40
— Georg 40
Mayenfisch, Karl von 119,
162, 177
Mayer, Friedrich, Antiquar 280
Mecheln 198
Medicus, Bürgermeister . 376
Meersburg .... 100 — 102
Meissen 1 38,
Albrechtsburg . 138,
Meit, Konrad . . 184.
Melac
Melchior, Johann Peter 13,
bis 15, 329.
Memling, Hans 184, 187.
Menzel, Adolf . . . .
Meran, Graf von
Mergenbaum, Freiherr von
Merian, Mathias ....
Merkel, Joseph, Professor
und Bibliothekar 62, 63,
Mermann, Thomas . 223,
Messmer, Dr. . . 294,
Metternich, Fürst Lothar
Metz
Metz, Cäsar
Metzger, Hans, Schlosser
Michelangelo
Mielich, Hans. . . 107,
Milani, Karl Anton
Milchling, Freiherren von
274,
Miller, Ferdinand von, In-
spektor d. k. Erzgiesserei
147, 160, 292, 300,
Joseph
Miltenberg . . . 292,
Minutpli, von . . . .
Mitis, Ritter von, k. k. Sek-
tionsrath . . 75, 78,
— Elisabeth von , geh.
von llefner . . 75,
Ferdinand von . .
— Jenny von .
Lina von ...
302
3'26
328
243
144
144
404
81
376
194
133
378
64
314
192
224
295
11
84
312
223
196
247
378
275
301
312
293
279
79
79
76
76
76
395
Mitis, Peter von
76
214. 215, 219. 222—
224,
— Xaverine von . . .
76
229. 234, 237, 240,
241.
Molk, Abtei
78
247, 248, 250—253,
263
Mohl, Robert
109
bis 268, 270, 277.
280.
M obere
266
282, 283, 285, 291,
293,
Molitor, Polizeikommissär
35
301, 302, 304, 320,
323.
Moll, Balthasar ....
77
325, 326, 330, 336,
342,
Molsheim i. Eis
83
352, 355, 361, 363,
364,
Mone, Friedrich ....
140
367,
369,
373
Montalembert, Graf
145
— Akademie der bilden-
Montmorillon. Ludwig Al-
den Künste . . .
249.
307
bert von
75
— Akademie der Wissen-
Montrouge
354
schäften 149, 150,
158,
253
Moscron, Peter ....
196
— Antiquarium
1 55
Moser, Ministerialdirektor
359
Bayerischer Hof
150
Moskau, Museum
352
— Dienersgasse
146
Moy, Graf Karl von 168,
264
Elfenbein-Kabinet
75,
Muck, Pfarrer . . 173,
179
154,
183
Müelich, siehe Mielich.
— Frauenkirche 175,
219,
364
Müller, Andreas . . 80,
165
Galleriestrasse .
1 54
— August, Maler . . .
311
Gewehr- und Sattel-
— Daniel Ernst Dr. .
2
kammer ....
1 55
— Franz Hubert Dr.
80
— Glyptothek . .
320-
322
— Johannes, Professor .
80
— Herzog Maxburg
75,
Karl
80
154, 180, 183, 187,
214,
228
Konstantin ....
— Ludwig August von,
Cultusminister
Marcus Joseph . .
— Therese , geb. von
Hefner
München 48, 63, 75. 82,
87, 88, 90, 109, 113, 120.
139 — 142, 144, 145. 156
bis 158. 166, 167, 175,
179, 183, 187, 188. 190,
198, 200, 205, 211, 212,
80
374
150
Herzogspitalkirehe . 299
Technisch. Hochschule 360
Hofgarten . . . . 310
Hof- und Staatsbiblio-
thek 265, 289
Hoftheater .... 89
- Hotel Schafroth . 146
Ehemaliges Jesuiten-
kollegium 149
Kunstgenossenschaft
146, 311
Kunstgewerbeverein . 147
— 3% —
München, Kupferstich- und
Handzeichnungs-Kabinet
18, 185, 243, 245—248,
253—258, 268
— Leuchtenbergische
Gemäldesammlung . 75
- Maximilianeum . . 162
Maximiliansstrasse 229, 343
- Miinzkabinet . . . 312
— Nationalmuseum 14,
73, 121, 151, 179, 252,
263, 264, 271, 277, 279,
281—284, 289 —294 , 293,
294. 296—299. 301, 304,
308, 312—314, 317—322,
324, 326, 329, 330, 332,
333, 338, 340—344, 347,
351, 352, 357, 358, 361,
362, 368, 372, 374
Alte Pinakothek 154,
159, 161, 183
Neue Pinakothek 155, 310
— Rathhaus .... 254
Rathhaussaal . . . 150
Rathhausthurm . . 270
— Residenztheater. 150, 175
— Königliche vereinigte
Sammlungen . 154, 155. 324
— Stubenvoll . . . . 146
Verein zur Ausbildung
der Gewerke .... 147
— Vogelbergische Samm-
lung 154
Zwanglose Gesell-
schaft . 147 — 149, 369, 375
Münzenberger, Hot’-Silber-
schliesser 42
Münzenberger , I lelene
(Siehe auch : Klarwasser) 42
Murr, Christoph, Gottlieb
von 262
Muttenthaler, Anton . . 290
Nagler, Georg Kaspar 13, 15
Nancy 196
St. Georgskapelle . . 196
Napoleon I. 16, 26, 33, 78,
104, 325, 347
— Louis (Napoleon 111.)
101, 163—165, 239, 241, 354
Nau, Hofrath 25
Netto, Goldarbeiter 132, 135
Neubauer, Friedrich Lud-
wig 18
— Johann Kaspar ... 18
Neumann, Woldemar . . 271
Neureuther, Eugen . . . 147
Gottfried . . . 147, 364
Neuschwanstein .... 371
Neustift 358
Nieder-Aschau .... 226
Niederwald .... 3, 19
Nieuwenkerke, Graf . . 242
Nilkheim 64
Nilson , Johann, Esaias
74, 256, 257
Noe, Heinrich, Schrift-
steller 192
Schlossverwalter . . 192
Noll, Lehrer . . . 50, 51
Nürnberg 70, 7L 140, 141,
143, 160, 167, 1 68, 176 bis
178,201—203, 219, 236,
242, 254—256. 316, 329
bis 335,
359
— 397 -
Nürnberg, Egydienplatz .
— Gewerbemuseum 306,
— Germanisches National-
museum 140 — 142, 1/6
bis 1/8, 289, 293, 296,
297, 319,
— Johanniskirchhof 71>
— Karthause 177, 178,
— Reformirte Kirche
— Rochuskirchhof
— Thiergärtner Thor
Nymphenburg . . .14,
Oberkamp, Baronin von,
Gesandtenwitwe .
Obernau
Odessa
Oettingen- Wallerstein, Fürst
Ludwig von 85 — 88, 90,
Offenburg
Ohmacht, Landolin . .
01fers,von, Generaldirektor
131 — 135, 175, 177.
Oppenheim, Katharinen-
kirche
Oppenheim, Moritz . .
Ortenberg 80,
Ortlieb, Friedrich . . .
Ostein, Graf .... 3,
Ostende . . . 193, 194,
Otto 111.. Kaiser ....
— König von Griechen-
land . . 30, 119, 121,
— III., Markgraf von Ba-
den-Hochberg, Bischof
von Konstanz ....
— Heinrich, Pfalzgraf von
Bayern .... 235,
260
341
379
202
289
202
202
141
15
193
53
158
150
80
15
336
80
377
81
312
19
232
104
326
98
238
Owen, Conliffe, Direktor
Pabst, Arthur
Paris 86, 104. 145, 160,
202, 231, 234, 235, 239.
240, 241, 243—245. 249.
250, 337, 350, 354, 355,
— Kathedrale Notre
Dame
— Kathedrale in St. Denis
— Louvre 234. 235, 23 7,
242.
— Musee d’artillerie 234,
— Musee de Cluny 234,
289.
— Musee Sauvageot .
— Musee des Souverains
234,
— Pere la Chaise . . .
— Sainte Chapelle
— Tuilerien
— Weltausstellung 1867.
163,
Passavant, Johann David
Pauli, Anton . . . 91.
— von, Dr. med.. Staats-
rath .... 92.
— Elise
(Siehe auch : Hefner,
Elise von, geb. Pauli.)
— Philippine . . . .
— Oberbaurath ....
Paulsdorf, Familie .
Pausinger, Felix von .
Pechtold. Maler .
Peesten, Schloss .
Peeters, Bonaventura .
— Jan
304
106
360
238
243
248
248
319
237
235
245
244
235
241
377
92
93
91
92
88
271
328
42
181
193
193
Peking 236
Pelkhoven, von, Staatsrath 168
Pencz, Georg . . . 56, 246
Perger, Sigmund von . . 78
Pergier von Perglas . . 239
Perguillv l’Haridon, Con-
servateur du Musee d’ar-
tillerie .... 235 — 237
Penkles 162
Perles. Dr„ Rabbiner . 335
Peter, Meister von Mün-
chen 251
Petitot, Jean 184
Pettenkofer, Franz von . 149
Petzl, Ferdinand . . . . 311
I’faff von Pfaffenhofen . 102
Pfeiffer, Anna .... 28
— Charlotte .... 28
Pfeufer, Freiherr von, Mi-
nister 341
Pfistermeister, von, Staats-
rath . . . 180, 198, 199
Pfordten, von der, Minister-
präsident 132
Philadelphia. Museum . . 352
Philipp II., von Spanien
196, 227, 251
— Erzherzog, später Kö-
nig von Castilien . . 196
— der Gute, Herzog von
Burgund 302
Picart, Bernard .... 335
Pickert, Antiquar . 201, 242
Pilgram, Anton .... 7,7
Pillnitz 143
Piloty, Ferdinand . . . 290
— Karl von . 311, 361, 373
Pirkheimer, Crescentia
203
— Felicitas
261
— Willibald . 203, 261
-263
Pixis, Theodor . . . .
290
Pocci, Graf Franz 29, 95.
148, 151. 152, 168. 179,
187, 198. 220,
281
— Graf, der Vater
29
Polonius, Marcellius
216
Pommersfelden . . . .
217
Poschinger, Richard von
311
Ij’otsdam .... 365,
367
Preger, Wilhelm ....
149
Preller, Friedrich
127
Prestel, Kunsthändler .
249
Preysing, Grafen von 22 1,
225.
227
Quast, Ferdinand von 102
bis 104, 177, 22 2, 363,
364
Radowitz , Joseph Maria
von .... 94, 95.
129
Rafael 254,
258
Raimund, Ferdinand
89
Ramberg , Arthur von
31 1
Rastatt
12
Ratibor, Herzog von
280
Rauch, Christian
134
Rauheneck, Schloss
78
Rauhenstein. Schloss
78
Raumer, Friedrich von
134
Ravene 359,
361
Ravenna
104
Reber. Franz von
158
Redwitz, Oskar von . .
1 92
Regensburg . 72, 73, 216,
271
— Dom
72
— St. Fmmeramskirche .
72
Regensburg, St. Jakobs-
oder Schottenkirche .
— Minoritenkirche . 73,
Regnier, Charles
Reichenberg bei Würzburg
Reichenthal, siehe Richen-
thal.
/ &
271
84
203
Rosenthal, Dr
Rotermundt
Roth, Paul Dr.. Universitäts-
professor
Rothenberg, der. bei Gei-
senheim
Rothschild. Anselm von .
281
176
328
330
Reichstadt, Herzog
von .
78
— Mayer Anselm . 36.
37
Reider, Martin von
. 210-
-215
Rottmann. Karl . . 309-
-311
— Professor
52
Rubens. Peter Paul 74, 159,
Reiffenstein, Carl Theodor
377
161, 231, 232,
254
Reinherz, Conrad
311
Rücker, Thomas
252
Reininger. Ernst
312
Rudhart, von
150
Rembrandt . . . .
246
Rudolf II.. Kaiser . 247,
252
Retberg. Ralf von
70,
177
Rüdesheim
3
Rethel, Alfred
377
Rüdinger, Dr., Professor .
370
Reuleaux, Professor
281,
361
Ruhl. von, Direktor
139
Reuss, Dr. med. . .
69
Rumford, Graf ....
20
Reymond (Rexmon) Pierre
330
Rupprecht, Karl ....
65
Richenthal. Ulrich von 98,
99
— UI., Pfalzgraf .
115
Ridinger (Riidinger),
Joh.
Ruysdael, Salomon .
160
43
-45
Sabloniere
355
Riehl, Wilh. Heinr.
von .
145
Sack, Georg von
169
Riemenschneider, Tilmann
206
Sagan, Herzogin von .
109
Rimpar bei Wiirzburg 205.
Salm, von
5
207,
364
Salviati
331
Ringseis, J. N. von
145,
146
St. Goar
12
— Bettina
1 45
Sattler, Katharina, geh.
— Emilie
145
Geiger
1 10
— Marie . . . .
145
— Wilhelm , Fabrikant
Ritter, Karl . . .
134
1 10,
1 1 1
Robert-tornow . .
253
Sauvageot .... 237,
238
Rohde, Carl . . .
312
Schaffer, Eugen ....
377
Rollet, Dr. med.
79
Schaezler, Johann Lorenz
Roos. Johann Heinrich
161
Freiherr von ...
292
Rom
253
Schanzenbach, Dr. .
189
Roritzer, Baumeister
216
Schaumann, Heinrich .
312
400
Scherer. Georg Dr. . . 148
— Sektionsingenieur . . 293
Scherr, Ignaz von, Erz-
bischof . . 145, 175, 219
Scheurl, Christoph . . . 256
Schilcher von, Kabinets-
rath 108
Schinkel, Karl Friedrich . 201
Schleich, Eduard
146
Schleissheim 75, 151.
157,
162,
228
Schlüter, Andreas .
366
Schmittmer, Endres.
256
Schneider, Georg 16,1/
, 19,
29,
61
— Johann Kaspar .
15,
16
Schöll, Hofrath
125,
126
Schönborn, Karl Lothar
von, Fürstbischof
217
Schönbrunn bei Wien
77,
361
Schönburg ....
223
Schönherr. von. Dr., Archiv-
direktor ....
248
Schönleber, Gustav
312
Schönstein am Rhein
4
Scholl, Joseph
34
Schongauer, Martin
246
Schorn. Ludwig, Kunst-
schriftsteiler
133
— Direktor .
133
Schraudolph, Johann von .
157
Schreiber, Antiquar
254
Schrottenberg, von .
67
Schuchardt, Christian
Dr.
127,
128
Schütze, W.
312
Schulz, Regierungsrath . 138
Schutzbar, genannt Milch-
ling Familie .... 274
Schutzpere, siehe Schutz-
bar.
Schwabe, Hermann Dr. . 281
Schwarz, Christoph . . 24?
Dr., Architekt . . 364
Sehweinfurt 111
Schwind, Moritz von 220.
258, 259
Seckendorf, Graf von, Hof-
marschall 365 •
Sedan 354
Seehof 294
Seghers, Daniel . . . . 161
Seidel, Franz 311
Seitz. Franz 147
— Hofgärtner .... 25
Semper, Gottfried . 267, 268
Sensburg, Freiherr v. 2.80, 97
— Margaretha von. geh.
von Hefner . . 2, 30, 97
Sepp, Professor .... 109
Sere, Ferdinand .... 239
Sevres, Porzellanfabrik . . 238
Sickinger, Bildhauer . . 147
Siebold, von. Professor . 148
Siemens und Halske 353. 360
Sigismund, Kaiser . . . 300
— Herzog von Bayern . 221
Sigman, Georg .... 252
Sigmaringen 162. 163, 166, 367
Simancas 251
Soldan, Kunsthändler . . 219
Solis, Virgil 56
Solvay, Lucien .... 342
Sommer, Philipp Friedrich 34
401
Sommer, Philipp Friedrich,
dessen Sohn . . .
Sonnenburg
Sophie, Grossherzogin von
Sachsen . . 258 — 260,
Sotzmann, von, Geheimer
Rath 106,
Speier
Spitzer, Kunstsammler
Spix, Johann Baptist von
Stalburg, Margaretha .
Stanz Pr., Glasmaler .
Starnberger See . . .
Staudigl, Graveur .
Steffan, Johann Gottfried
Steinbach, Erwin von
Steinbeis, von
Steinle, Eduard . . .
Stieler, Eugen . . .
Stieve, Felix ....
Stillfried Freiherr Rudolf
von 131, 132, 135 — 137,
151, 168—173,
337
356
263
133
115
249
146
38
100
148
111
311
47
301
95
312
149
179
Stuttgart, Bibliothek .
Styrum, Fürsten von .
Sündermahler , Forst-
meister .... 55,
Sussmann-Hellborn , Bild-
hauer 280,
Swerts, Jean, Maler
Tann , Heinrich Freiherr
von der . . . 12, 91,
— Ludwig, Freiherr von
der 12,
Tannenberg . 110, 112
Täufers
Tegernsee .... 164.
Thausing, Moritz Pr. .
Therese, Königin v. Bayern
30, 91, 190—192, 324,
Thiersch, Friedrich Wil-
helm von 144, 145. 148-
— Ludwig ....
Thurmayr, Johannes
Thurnau, Pfarrkirche .
— Schloss ....
Stimmer, Tobias 56,
74,
159
Tieck, Christian Friedrich,
Stockholm, Museum
352
Bildhauer
133
Stoll, Schullehrer.
49,
50
Tinti, Freiin von . . . .
75
Stoss, Veit . . .
203
Tours
3 77
Strack, Pr. . . .
9
Traner, Wilhelm ....
256
Strassburg i. Eis. 15,
43,
Tratzberg
357
81—83,
101,
217
Treppner, Landrichter .
210
— Aubette
83
Trier
115
— Bibliothek
82
Tücher, Familie ....
329
— Kleberplatz .
83
— Gabriel
266
— Münster .
81
— Lienhart
330
Straubing ....
185
— — dessen Frau, geb.
Strauch, Lorenz .
202
Nützel
330
Stüler, Oberbaurath .
134,
136
Tücher, Ch. Freiherr von
330
Stuttgart . 75, 121,
301,
302
Tunis
244
301
275
56
281
232
94
327
-115
356
254
218
325
-150
290
72
182
181
26
402
Ueberlingen
Uhland, Ludwig ....
Ulm 325,
Urach, Herzog von. Siehe :
Wilhelm, Graf von Würt-
temberg.
Urlaub, Frau
Vachon, Marius . . 240,
Valencia, Graf, Direktor
der Armeria real
Vanves
Veit, Philipp . . . 95,
Velde, Willem van de
Venedig . . 262, 331,
Victoria, deutsche Kaiserin
361, 362, 365, 367,
Vieregg, Graf von .
Vincent, Kunstsammler
Vinci, Leonardo da . .
Viollet-Le-Duc , Architekt
Vischer, Herrmann .
— Peter .... 202,
Vlieger, Simon de f .
Volk, von, Ministerialrath
154, 179, 306,
Vogel, Friedrich . ...
Vogt, Nikolaus . . II,
Voit, von, Oberbaurath
147, 177, 281,
Vollmar, Ludwig
Voltaire .... 42,
Vos, Martin de ...
Waagen, G. F.von, ( fallerie-
direktor .... 132,
— Geheimer Rath . .
— Karl
Wagner, Alexander . . .
— Richard
Wagram 326
Waldemar, Prinz von Preus-
sen 365
Walhalla bei Regensburg 63
Walhalla bei Regensburg 63
Wallerstein , Fürst von.
Siehe : Oettingen - Wal-
lerstein.
Wambold von Umstadt,
Freiherr
42
Wartburg . 129. 258—260,
263
Watty, Joseph . . . .
311
Weale, James
196
Wehrmannn, Geheim. Rath
281
Weidenhaupt, Prediger
103
WTeigel, Oswald . . . .
139
— Rudolf
139
Weimar 125, 127 — 129, 258-
-260
Weininger, Hauptmann
271
Weiss, Herrmann, Maler
und Professor . . 1 35,
280
Welte, Gottlieb ....
13
Weiter, Dekorationsmaler
260
Wendland, Freiherr von .
232
Wenglein, Joseph
311
Wenns in Tirol ....
143
Wenzel, Kaiser ....
115
Werdenfels, Graf von .
325
Werff, Adrian van der
184
Wertheim
2
Werthern, Georg Freiherr
(Graf) von . 251, 252,
305
Wessenberg Ignaz Hein-
rieh Karl Freiherr von
99
Wien 70, 75, 79, 80, 1 10,
188, 218, 277. 279, 331,
358—361,
367
Albertina
76
— Ambraser Sammlung
76
102
378
378
29
350
305
354
310
193
372
369
328
98
126
244
363
363
193
307
311
63
287
312
47
82
133
281
159
290
268
403
Wien, Antikenkabinet .
76
— Gemäldegallerie des
Belvedere
76
— Gemäldegallerie des
Fürsten Esterhazy . .
76
— Gemäldegallerie des
Fürsten v. Liechtenstein
76
— Kapuzinergruft . . .
77
— Kunstgewerbemuseum
277-279, 306,
367
— Paläontologisches
Museum
352
— Schatzkammer . .
76
— Stephansdom . . .
76
— Weltausstellung 241,
341, 342,
358
— Bürgerliches Zeughaus
76
— Kaiserliches Zeughaus
76
Wiesenfels, Schloss . .
181
Wilczek, Hanns Graf von
378
Wilhelm I., deutscher Kaiser
132, 133, 354,
365
— II., deutscher Kaiser
306,
362
— V., Herzog von Bayern
223, 235,
247
— I., Markgraf von Baden
98
— Graf von W ürttemberg
(Herzog von Urach) 177,
222
Wilhelmsthal
260
Wilhermsdorf . . . 273—
-277
— Herren von ....
274
— Wolfgang von .
274
Willers, Ernst ....
312
Willich, Cäsar ....
311
Windischmann, Karl, Bib-
liothekar
63
Windsor Castle . .
247
Winterheld ....
16,
17
Wittemann, Georg .
378
Wittislingen . .
307
Wolf, J. W. Dr.
113,
114
Wolfaden, Junker von
4
Wolfskeel, Freiherr
von
203,
204
Wolkenstein, Oswald
von
357
Worms
115,
184
Wrede, von, Bischof
von
Mainz ....
54,
309
— Fürst, Feldmarschall .
326
Württemberg. Siehe : Wil-
helm, Graf von Württem-
berg.
Würzburg 2, 23, 51, 52,
111, 203—205, 207, 208.
231, 294, 355
— Deutschordenskirche . 205
— Marienkapelle . . . 208
Wurster, Familie von . . 275
Zahn, Dr., Hofrath . . 359
Zenetti, Oberbaurath . . 147
— Staatsrath .... 147
Zimmermann, Clemens 160, 183
— Julius 312
— Richard 290
Zügel, Johann Heinrich . 312
Zürich .... 83, 255, 267
Polytechnikum . . . 267
Zwehl, Theodor von, Mi-
nister 154, 168, 179, 181,
188, 201, 212, 218, 225,
228, 230, 231. 239, 288,
292, 306
Zwirner, Dombaumeister 104
Zusatz e.
Zu Seite 181 wäre als Anmerkung hinzuzufügen :
Lebschee, G. A. Thurnau und seine Umgebungen. 40 Blätter
in Lithographie. München, gedruckt bei S. Minsinger. Quer
Folio.
Zu Seite 184 ebenso:
Vergl. Bode, W. Geschichte der deutschen Plastik, Berlin
1885, gr. 8° Seite 214, wo Konrad Meit zu Mainz (sic!) erwähnt,
und dabei bemerkt wird : „Die gleiche Behandlung und dieselbe
Formengebung (wie dessen Judith im Nationalmuseum) zeigen
die mit Recht so berühmten, früher dem Dürer zugeschriebenen
Buchsbaumstatuetten von Adam und Eva im Museum zu Gotha,
die ich deshalb für Arbeiten desselben Meisters halte.“