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Full text of "Lehrbuch der Baumkrankheiten"

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Lehrbuch 


der 


Baumkrankheiten. 


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OTAMICAL 


Lehrbuch 


der 


Baumkrankheiten. 


Von 


Dr.  Robert  Hart  ig'. 

Professor    an    der    Universität   München. 


Zweite  verbesserte  und  vermehrte  Auflage. 


Mit  137   Textabbildungen   und  einer   Tafel  in  Farbendruck. 


Berlin. 

Verlag    von    Julius     Springer. 
1889. 


Das  Recht  der  Uebersetzung  bleibt  vorbehalten. 


Vorrede. 


Es  ist  nunmehr  ein  Decennium  verflossen,  seit  ich  mich  der 
Erforschung  der  Krankheiten  der  Waldbäume  zugewendet  habe. 
Ueberblicke  ich  das,  was  mir  vergönnt  war,  mit  meinen  geringen 
Kräften  zur  Förderung  der  wissenschaftlichen  Erkenntniss  dieser 
Erscheinungen  beizutragen,  so  glaube  ich,  dass  es  auch  einem 
weiteren  Leserkreise  nicht  uninteressant  sein  dürfte,  in  der  Kürze 
die  wichtigsten  Ergebnisse  dieser  Untersuchungen  kennen  zu  lernen. 
Die  erste  Veröffentlichung  der  Arbeiten  rnusste  in  einer,  allen 
wissenschaftlichen  Anforderungen  entsprechenden  Ausführlichkeit 
erfolgen.  Daraus  erklärt  es  sich,  dass  die  Resultate  derselben  noch 
nicht  zum  Gemeingut  der  Forstwirthe  geworden  sind.  Ich  glaube 
nicht  zu  irren,  wenn  ich  annehme,  dass  der  Wunsch,  dieselben 
kennen  zu  lernen,  ein  allgemein  verbreiteter  sei.  Wollen  wir  bei 
dem  mit  Verwaltungsgeschäften  reichlich  belasteten  Forstwirthe 
Interesse  und  Verständniss  für  eine  wissenschaftliche  Disciplin  er- 
wecken, so  erreichen  wir  dies  sicherlich  nicht  dadurch,  dass  wir 
ihm  dickleibige,  vielbändige  Werke  offeriren.  Selbst  der  junge, 
noch  ganz  dem  wissenschaftlichen  Studium  sich  widmende  Forst- 
mann wird  seinen  Enthusiasmus  für  das  eine  oder  andere  Wissens- 
gebiet nicht  nach  dem  Umfange  der  ihm  dargebotenen  Lehrbücher 
abstimmen.  Die  Zahl  all  der  heterogenen  Disciplinen,  mit  denen 
er  sich  während  seiner  Studienzeit  vertraut  machen  muss,  ist  so 
gross,  dass  für  den  Lehrer  die  heilige  Pflicht  daraus  erwächst, 
Haus  zu  halten  mit  der  Zeit,  mit  der  Lernkraft  und  —  mit  den 
Geldmitteln  seiner  Zuhörer. 

Von  diesem  Gedanken  und  von  der  Ueberzeugung  ausgehend, 
dass  unter  Beobachtung  der  strengsten  Wissenschaftlichkeit  es  doch 
möglich  sei,  das  Wissenswertheste  aus  einer  Disciplin  so  zusammen- 


Vi  Vorrede. 

zustellen,  dass  das  volle  Verständniss  für  dieselbe  erreicht,  das  In- 
teresse für  selbständige  Beobachtung  und  Forschung  erweckt  werde, 
habe  ich  in  diesem  Lehrbuche  einen  Ueberblick  über  unsere  Kennt- 
uiss  von  den  Erkrankungen  der  Bäume  zu  geben  versucht.  Vieles 
ist  darin  enthalten,  was  ich  in  meinen  früheren  Werken  noch  nicht 
veröffentlicht  habe.  Von  den  Ergebnissen  anderer  Forscher  habe 
ich  nur  das  in  das  Lehrbuch  aufgenommen,  was  ich  auf  Grund 
eigener  Untersuchungen  und  Beobachtungen  zu  vertreten  im 
Stande  bin  und  mich  nur  hier  und  da  auf  Mittheilung  nicht 
selbst  geprüfter  Thatsachen  eingelassen,  wenn  mir  der  Name  des 
Autors  volle  Garantie  für  deren  Richtigkeit  darbot.  Das  Bestreben 
nach  grösster  Vollständigkeit  verleitet  gar  zu  leicht  zur  Aufnahme 
von  oberflächlichen,  bei  näherer  Prüfung  sich  als  unrichtig  ergeben- 
den Angaben.  Ich  glaubte  mehr  Werth  auf  Zuverlässigkeit  als  auf 
Vollständigkeit  legen  zu  sollen.  Die  Beigabe  zahlreicher  Holz- 
schnitte, insbesondere  vieler  Habitusbilder,  wird  gewiss  allgemein 
willkommen  geheissen  werden.  Es  schien  mir  zweckmässig  zu 
sein,  aus  meinen  früher  veröffentlichten  Werken  einige  Tafeln 
diesem  Lehrbuche  beizufügen,  um  aus  jeder  grösseren  Pilzgruppe 
einen  oder  einige  Repräsentanten  eingehender  beschreiben  und 
durch  mikroskopische  Bilder  erläutern  zu  können.  Nur  Tafel  II 
und  III  wurden  neu  angefertigt.  Von  den  Krankheiten  der  land- 
wirtschaftlichen Culturpflanzen  wurden  nur  die  bedeutsamsten 
kurz  erwähnt  im  Interesse  derjenigen  meiner  Leser,  die  in  Erman- 
gelung der  einschlägigen  Literatur  doch  den  Wunsch  haben,  das 
Wichtigere  daraus  zu  erfahren. 

Möchte  durch  dieses  Lehrbuch  das  Interesse  und  Verständniss 
für  die  Krankheitserscheinungen  der  Bäume,  insbesondere  der  Wald- 
bäume gefördert  und  allgemein  verbreitet  werden;  möchte  aber 
auch  dadurch  der  Anstoss  zu  neuen  Forschungen  und  zum  weiteren 
Ausbau  der  in  wissenschaftlicher  und  praktischer  Richtung  gleich 
interessanten  Pflanzenkrankheitslehre  gegeben  werden. 

München,  März  1882. 

R.  Hartig. 


Vorrede  zur  zweiten  Auflage. 


Seit  dem  Erscheinen  der  ersten  Auflage  dieses  Lehrbuches  hat 
sich  unsere  Kenntniss  von  den  Krankheitserscheinungen  der  Bäume 
nach  vielen  Seiten  hin  erweitert  und  war  mein  Bemühen  darauf 
gerichtet,  die  vorliegende  neue  Auflage  dem  gegenwärtigen  Stande 
des  Wissens  entsprechend  umzuarbeiten.  Da  der  wissenschaftliche 
Forscher  bei  seinen  Studien  immer  auf  die  Originalarbeiten  zurück- 
greifen wird,  habe  ich  die  lithographirten  Tafeln,  die  ich  der  ersten 
Auflage  beigegeben  hatte,  fortgelassen  und  mich  darauf  beschränkt, 
die  wichtigsten  Figuren,  welche  vorzugsweise  Habitusbilder  er- 
krankter Pflanzentheile  darstellen,  in  den  Text  aufzunehmen.  Das 
Studium  der  Krankheitsprocesse  wird  dadurch,  wie  ich  hoffe,  wesent- 
lich vereinfacht.  Nur  eine  colorirte  Tafel,  welche  eine  Zusammen- 
stellung der  häufigsten  Zersetzungsarten  des  Fichten-  und  des  Eichen- 
holzes giebt,  war  nothwendig. 

Zur  schnellen  Auffindung  und  Bestimmung  der  Krankheits- 
erscheinungen, die  in  dem  Lehrbuche  beschrieben  worden  sind, 
habe  ich  ein  nach  Pflanzenart  und  Pflanzentheil  geordnetes  Ver- 
zeichniss  derselben  aufgestellt. 

Der  Verlagsbuchhandlung  bin  ich  zu  Dank  verpflichtet,  dass 
dieselbe  nicht  allein  auf  die  Ausstattung  des  Werkes  alle  erdenk- 
liche Sorgfalt  verwendete,  sondern  auch  den  Preis  des  Buches  gegen 
früher  verminderte,  obgleich  dasselbe  an  Umfang  bedeutend  zuge- 
nommen hat. 

Möchte  das  Lehrbuch  in  der  neuen  Gestalt  den  gleichen  Beifall 
sich  erringen,   dessen  sich  die  erste  Auflage  zu  erfreuen  hatte. 

München,  November  1888. 

R.  Hartig. 


Inhaltsverzeichniss. 


Seite 
Einleitung. 

§    1.    Entwicklung  der  Pflanzenkrankheitslehre 1 

§    2.    Krankheitsursachen 4 

Kränkeln.    Natürlicher  Tod.    Altersschwäche.    Eintheilung  der  Krank- 
heiten nach  den  Ursachen.   Krankheitsanlagen.    Erblichkeit  der  Krank- 
heiten. 
§    3.    Verfahren  bei  Untersuchung  der  Krankheiten 16 

I.  Abschnitt.     Beschädigungen  durch  Pflanzen. 

§    4.    Phanerogame  Gewächse 23 

Lonicera  Periclyrnenum.  Triticuni  repens.  Scrophulariaceae.  Lathraea. 
Orobanche.     Loranthaceae.     Cuscuteae. 

Kryptogame  Gewächse. 
§    5.    Unächte  Parasiten 35 

Thelephora  laciniata.     Flechten. 
§    6.    Bacterien 36 

Gelber  Rotz  der  Hyacinthen.     Nassfäule  der  Kartoffeln. 
$    7.    Die  Myxomyceten.    Schleinrpilze 38 

Plasmodiophora  Brassicae.     Schinzia  Alni. 

§    8.    Die  Pilze.    Allgemeines  über  Bau  und  Leben  der  Pilze 39 

Mycelium.  Fruchtträger.  Sporen.  Gonidien.  Lebensweise  und  Lebens- 
bedingungen. Parasiten.  Saprophyten.  Verbreitung  der  Pilze.  An- 
griffsweise der  Parasiten.  Wirkungen  der  Pilze  auf  die  Gewebe  der 
Wirthspflanzen.     Prophylactische  und  therapeutische  Maassregeln. 

a)  Phycomycetes. 

§    9.    Peronosporeae 56 

Phytophthora.     Peronospora.     Pythium.     Cystopus. 
§  10.   Ustilagineae 65 

Tilletia.     Ustilago.     Urocystis. 

b)  Ascomycetes. 

§  11.   Erysiphei.     Die  Mehlthaupilze 68 

Erysiphe.     Oidium. 
§  12.    Tuberacei.     Die  Trüffelpilze 70 

Elaphomyces.     Tuber.     Mycorhiza. 


Inhaltsverzeiehniss.  IX 

§  13.    Pyrenomycetes.     Die  Kernpilze 71 

Trichosphaeria.  Herpotrichia.  Rosellinia.  Dematophora.  Cucurbitaria. 
Sphaerella.  Stigmatea.  Gnomonia.  Valsa.  Nectria.  Polystigma. 
Claviceps.     Piowrightia. 

§  14.    Discomycetes.     Die  Scheibenpilze 97 

Rhytisnia.     Hysterium».     Peziza.     Sclerotinia.     Botrytis. 

§  15.    Gymnoasceae 117 

Exoascus. 

§  16.    Unvollständig  bekannte  Schlauchpilze 121 

Cercospora.     Pestalozzia.     Phoma.     Gloeosporium. 
<•)  ßasidiomycetes. 

§  17.    Uredineae.     Rostpilze 127 

Puccinia.  Phragmidium.  Gymnosporangium.  Melampsora.  Coleo- 
sporium.     Cronartiura.     Chrysomyxa.     Isolirte  Aecidiumformen. 

§  18.    Hymenomycetes.     Hutpilze 157 

Exobasidium.  Trametes.  Polyporus.  Hydnum.  Thelephora.  Stereurn. 
Agaricus.  Zerstörungen  des  Bauholzes  durch  Pilze.  Trockenfäule. 
Merulius.     Grünfäule.     Blauwerden  des  Holzes. 

II.  Abschnitt.    Verwundungen. 

§  19.    Heilung  und  Reproduction  im  Allgemeinen 197 

Wundkork.  Füllzellen.  Vernarbungsgewebe.  Ueberwallung.  Ver- 
harzung. Gummibildung.  Wundfäule.  Wundbehandlung.  Präventiv- 
knospen.    Adventivknospen. 

§  20.    Verwundungsarten 213 

Schälen  durch  Wild.  Mäuse.  Beschädigung  durch  Holzrücken. 
Viehtritt.  Menschenhand.  Quetschwunden.  Harznutzung.  Ring- 
wunden. Trockenästung.  Grünästung.  Fichtenzwillinge.  Stamm- 
abhieb.    Wurzelbeschädigungen.     Stecklinge.     Veredelung. 

III.  Abschnitt.    Erkrankungen   durch   Einflüsse  des  Bodens. 

§  21.    Wasser-  und  Nährstoffgehalt  des  Bodens 240 

Gipfeldürre.     Verscheinen.     Zersprengen  der  Rinde. 
§  22.    Ungenügender  Luftwechsel  im  Boden 245 

Wurzelfäule.     Uebererden  der  Bäume.     TieÜage  des  Samen. 
§  23.    Giftstoffe  im  Boden 250 

Salzlösungen.     Langen.     Leuchtgas. 

IV.  Abschnitt.    Erkrankungen  durch  atmosphärische  Einflüsse. 

§  24.    Wirkungen  des  Frostes 253 

§  25.    Rindenbrand.     Sonnenriss.      Vorzeitiger   Blattabfall.     Ueberfluss    und 

Mangel  an  Licht 265 

§  26.    Mechanische    Verletzungen.      Hagelschlag.      Schneedruck.      Sturmbe- 
schädigungen      269 

§  27.    Feuer.  Steinkohlenrauch  und  Blitzbeschädigungen 270 

§  28.    Verzeichniss  der  in  dem  Lehrbuche  besprochenen  Pfianzenkrankheiten 

nach  der  Pflanzenart  geordnet 276 

Register 287 


Einleitung. 


§  1.    Entwicklung  der  Pflanzenkrankheitslehre. 

Die  Umwandlung  der  natürlichen  Bewaldungsverhältnisse 
Deutschlands,  die  Begründung  gleichartiger  Bestände  derselben 
Altersstufe  und  Holzart  an  Stelle  der  aus  verschiedenartigen  und 
verschiedenaltrigen  Bäumen  zusammengesetzten  Plänter-  und  Mittel- 
waldungen, insbesondere  die  Verdrängung  des  Laubholzes  durch 
reine  Nadelholzbestände  hat  in  unserem  Jahrhundert  und  ganz  be- 
sonders in  den  letzten  Decennien  Gefahren  für  den  Wald  herauf- 
beschworen, welche  in  solchem  Umfange  früher  unbekannt  waren. 
Besonders  sind  es  die  Feinde  aus  dem  Thier-  und  Pflanzenreiche, 
die  in  unseren  modernen  Waldungen  günstige  Bedingungen  zu 
massenhafter  Entwicklung  vorfinden,  so  dass  die  Klagen  über  zu- 
nehmende Waldverwüstungen  keineswegs  unbegründet  erscheinen. 
Bekannt  waren  schon  den  Forstwirthen  des  vorigen  Jahrhunderts 
sehr  viele  Feinde  und  Krankheiten  der  Bäume;  es  zeugt  hierfür  ein 
im  Jahre  1795  erschienenes  Werk1),  welches  wohl  die  erste  Zu- 
sammenstellung der  in  der  älteren  Literatur  zerstreuten  Beobach- 
tungen über  Pflanzenkrankheiten  enthält.  Wir  können  daraus  ent- 
nehmen, dass  eine  grosse  Zahl  der  erst  in  den  letzten  Jahren 
aufgeklärten  Krankheiten,  z.  B.  die  Buchenkeimlingskrankheit,  der 
Kienzopf  der  Kiefer,  die  Rothfäule  der  Fichte  u.  s.  w.  vor  100  Jahren 
den  Forstleuten  wohl  bekannt  war,  wenn  auch  die  Erklärung  der 
Ursachen  selbstredend  dem  damaligen  Standpunkte  der  botanischen 
Wissenschaft  entsprechend  ausfallen  musste. 

Vor    etwa  50  Jahren   wandte  sich   eine  Anzahl   tüchtiger  For- 
scher, Saxesen,  Th.  Hartig,  Ratzeburg  seien  hier  nur  genannt,  dem 


*)   Schreger,  Erfahrungsmässige  Anweisung  zur  richtigen  Kenntniss  der  Krank- 
heiten der  Wald-  und  Gartenbäume  etc.     Leipzig,  1795.     518  Seiten. 

Hartig,   Baumkrankheiten,  2.  Aufl.  X 


2  Einleitung. 

Studium  der  Insecten  zu.  Das  Leben  der  Forstinsecten,  ihr 
Schaden  oder  Nutzen  wurde  bald  das  Lieblingsstudiuni  vieler  prak- 
tischer Forstwirthe  und  den  gemeinsamen  Bemühungen  zahlreicher 
Kräfte  gelang  es,  in  einigen  Decennien  die  Forstinsectenkunde  zu 
einer  geachteten  wissenschaftlichen  Disciplin  zu  erheben,  die  ein 
Gemeingut  aller  gebildeten  Forstwirthe  geworden  ist. 

Anders  stand  es  mit  denjenigen  Pflanzenkrankheiten,  die  sich 
nicht  auf  Thierbescbädigungen  zurückführen  Hessen.  Ihre  Erfor- 
schung blieb  der  jüngsten  Zeit  vorbehalten,  denn  erst,  nachdem 
die  botanische  Wissenschaft  mit  ihrer  Hauptwaffe,  mit  dem  Mikro- 
skop einen  klareren  Einblick  gewonnen  hatte  in  den  normalen  Bau 
und  in  die  normalen  Lebenserscheinungen  der  Pflanzen,  nachdem 
insbesondere  das  Studium  der  Pilze  in  den  letzten  Jahrzehnten 
durch  eine  Reihe  der  hervorragendsten  Forscher  gefördert  war, 
konnte  die  Untersuchung  der  krankhaften  Erscheinungen  des  Pflan- 
zenlebens mit  Aussicht  auf  Erfolg  in  Angriff  genommen  werden. 

Zwar  waren  in  den  Jahren  1833  bis  1841  drei  Lehrbücher 
der  Pflanzenkrankheiten  erschienen,  nämlich  von  Fr.  Unger2),  von 
Wiegmann3)  und  von  Meyen4),  welche  Zeugniss  dafür  ablegen, 
dass  die  Fortschritte  in  der  Erkenntniss  des  Baues  und  Lebens  der 
Pflanze  bei  den  Versuchen,  die  krankhaften  Erscheinungen  des 
Pflanzenlebens  zu  erklären,  nicht  unbenutzt  geblieben  waren,  die 
irrige  Anschauung  über  das  Wesen  der  Pilze,  die  völlige  Unkennt- 
niss  ihrer  Entwicklungsgeschichte  standen  jedoch  dem  klaren  Ver- 
ständniss  der  Krankheitsprocesse  hindernd  im  Wege.  Insbesondere 
wurde  die  unbefangene  Forschung  durch  den  Umstand  gestört,  dass 
man  die  wissenschaftlichen  Errungenschaften,  welche  besonders 
durch  J.  v.  Liebig  auf  dem  Gebiete  der  Agriculturchemie  gewonnen 
wurden,  in  irriger  Weise  auch  auf  die  Erkrankungen  der  Pflanzen 
anzuwenden  suchte.  Nachdem  man  erkannt  hatte,  welche  hohe 
Bedeutung  für  das  Gedeihen  der  Pflanzen  die  Menge  und  Be- 
schaffenheit   der    im    Nährboden    vorhandenen   mineralischen  Stoffe 


2)  Fr.  Unger,  Die  Exantheme  der  Pflanzen  und  einige  mit  diesen  verwandte 
Krankheiten  der  Gewächse.     Wien  1833. 

3)  Wiegmann,  Die  Krankheiten  und  krankhaften  Missbildungen  der  Gewächse. 
Braunschweig  1839. 

4)  Meyen,  Pflanzenpathologie.    Lehre  von  dem  krankhaften  Leben  und  Bilden 
der  Pflanzen.     Berlin  1841. 


Einleitung.  3 

besitze,  und  wie  eine  unwirtschaftliche  Behandlung  des  Bodens, 
insbesondere  eine  Raubwirthschaft  im  Wald-,  Feld-  und  Gartenbau 
eine  Erschöpfung  desselben  an  dem  einen  oder  anderen  Nährstoffe 
mit  sich  bringen  könne  oder  müsse,  die  in  Trägwüchsigkeit  der 
Culturpflanzen  zum  Ausdruck  gelange,  da  glaubte  man  auch  ohne 
vorgängige  exacte  Untersuchungen  berechtigt  zu  sein,  einen  Schritt 
weiter  zu  gehen  und  auch  die  acuten  Erkrankungen  der  Cultur- 
pflanzen, insoweit  sie  nicht  sofort  auf  äussere  Ursachen  sich  zurück- 
führen Hessen,  als  Folgen  des  Mangels  an  dem  einen  oder  anderen 
Nährstoffe  im  Boden  betrachten  zu  dürfen.  Die  Thatsache,  dass 
ebenso  häufig  Erkrankungen  auf  sehr  fruchtbarem  wie  auf  magerem 
Boden  auftreten,  führte  zu  der  Annahme,  dass  auch  ein  Ueber- 
schuss  an  Nahrung  die  Veranlassung  zur  Entstehung  von  Pflanzen- 
krankheiten sein  könne.  Bahnbrechend  für  die  Erforschung  der 
Pflanzenkrankheiten  waren  erst  die  Arbeiten  von  de  Bary5)  und 
Tulasne6),  und  es  beginnt  hiermit  eine  neue  Periode  für  die  Er- 
forschung der  Pflanzenkrankheiten,  indem  man  von  nun  an  dem 
Leben  und  Wirken  der  parasitären  Pilze  die  grösste  Aufmerksam- 
keit zuwendete.  Die  bisherige  Anschauung,  demnach  alle  Pilzbil- 
dungen nur  im  Gefolge  bereits  vorhandener  Krankheitsprocesse  oder 
gar  als  Symptome  bereits  eingetretenen  Todes  der  bewohnten  Pflan- 
zentheile  auftreten,  war  als  irrig  erwiesen  und  wendete  sich  nunmehr 
die  Forschung  in  erster  Linie  den  Krankheiten  der  landwirtschaft- 
lichen und  gärtnerischen  Culturgewächse  zu.  Unter  anderen  war 
es  vorzugsweise  Jul.  Kühn7),  der  die  Wissenschaft  um  eine  Reihe 
der  werthvollsten  Untersuchungen  bereicherte.  Eine  sichere  Basis 
gewann  die  weitere  Forschung  mit  dem  Erscheinen  von  de  Bary's8) 
Morphologie  und  Physiologie  der  Pilze. 

Bis    dahin    war    die   Aufmerksamkeit   der  Forscher  fast   allein 
den    landwirtschaftlichen    Culturgewächsen    zugewendet    gewesen, 


5)  De  Bary,  Untersuchungen  über  die  Brandpilze  und  die  durch  sie  veran- 
lassten Krankheiten  der  Pflanzen  mit  Rücksicht  auf  das  Getreide  und  andere  Nähr- 
pflanzen.    Berlin  1853. 

6)  Tulasne,  Selecta  fungorum  carpologia.     Paris  1861. 

7)  Julius  Kühn,  Die  Krankheiten  der  Culturgewächse,  ihre  Ursachen  und 
Verhütung.     Berlin  1858. 

8)  De  Bary,  Morphologie  und  Physiologie  der  Pilze  .  .  Leipzig  1866  und 
Vergleichende  Morphologie  und  Biologie  der  Pilze.     Leipzig  1884. 


Einleitung; 


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und  erklärt  sich  dies  genügend  aus  dem  Umstände,  dass  ja  nur 
wenigen  botanisch  Gebildeten  die  Gelegenheit  geboten  war,  auch 
im  Walde  zu  forschen  und  den  Krankheiten  der  Bäume  ihre  Auf- 
merksamkeit zuzulenken.  Es  ist  das  unzweifelhafte  Verdienst  von 
M.  Willkomm9),  nach  dieser  Richtung  hin  zuerst  anregend  gewirkt 
zu  haben.  Der  Versuch  Hallier's,  das  zerstreute  Material  in 
einem  Lehrbuche10)  zusammenzustellen,  wurde  später  mit  glück- 
licherem Erfolge  durch  P.  Sorauer11)  und  durch  Frank12)  wieder- 
holt. Deren  Handbücher  sind  verdienstvolle  Sammelwerke,  in  welchen 
systematisch  geordnet  die  in  zahllosen  Zeitschriften  und  Werken 
zerstreuten  Arbeiten  zusammengestellt  worden  sind.  Meine  eigenen 
Arbeiten  sind  theils  in  Zeitschriften,  theils  in  selbständigen  Schriften13) 
veröffentlicht. 

§  2.   Krankheitsursachen. 

Es  ist  nicht  wohl  möglich,  bei  dem  heutigen  Stande  der  Wis- 
senschaft eine  scharfe  Definition  für  die  Zustände  des  Pflanzenor- 
ganismus aufzustellen,  die  man  einerseits  als  gesunde,  andererseits 
als  kranke  bezeichnen  will.  Die  Entwicklung  einer  jeden  Pflanze 
hängt  von  einer  Reihe  äusserer  Ernährungsfactoren  ab,  welche  wie 
das  Licht,  die  Wärme,  die  Art  und  Menge  der  Nährstoffe,  des 
Wassergehaltes  und  Sauerstoffgehaltes  des  Bodens,  der  Gehalt  der 
Luft  an  Kohlensäure  u.  s.  w.  der  Pflanze  in  sehr  verschiedener 
Menge  dargeboten  werden.  Wirken  alle  diese  äusseren  Einflüsse 
in  günstigster  Weise  auf  die  Entwicklung  der  Pflanze  ein,  so  wird 
sich  dieselbe  kräftig  ernähren  und  ein  üppiges  Gedeihen  zeigen. 
Es    tritt    nun    aber    vielleicht    nie    der    Fall    ein,    dass    alle    diese 


9)  M.  Willkomm,  Die  mikroskopischen  Feinde  des  Waldes.  Dresden 
1866,  1868. 

10)  E.  Hallier,  Phytopathologie.  Die  Krankheiten  der  Culturgewächse. 
Leipzig  1868. 

n)  P.  Sorauer,  Handbuch  der  Pflanzenkrankheiten.  Berlin  1874.  II.  Auf- 
lage 1886. 

12)  B.  Frank,  Die  Krankheiten  der  Pflanzen.     Breslau    1880. 

13)  R.  Hartig,  Wichtige  Krankheiten  der  Waldbäume.  Berlin  1874.  Ders., 
Die  Zersetzungserscheinungen  des  Holzes  der  Nadelholzbäume  und  der  Eiche. 
Berlin  1878.  Ders.,  Untersuchungen  aus  dem  forstbotanischen  Institute  zu  München. 
I.  Berlin  1880.  III.  Berlin  1883.  Ders.,  Der  echte  Hausschwamm,  Merulius 
lacrymans.     Berlin  1885. 


Einleitung.  5 

Lebensfactoren  gleichzeitig  in  denkbar  günstigster  Weise  zusammen- 
wirken, vielmehr  wird  immer  an  einem  oder  einer  Mehrzahl  der- 
selben ein  Mangel  oder  ein  Ueberfluss  vorhanden  sein,  der  dahin 
führt,  dass  die  Entwicklung  der  Pflanze  mehr  oder  weniger  beein- 
trächtigt wird.  Wir  nennen  solche  Pflanzen  noch  nicht  krank  und 
erst  dann,  wenn  das  Gedeihen  derselben  auf  eine  gewisse  sehr 
niedere  Stufe  herabsinkt,  nennen  wir  sie  „kränkelnd". 

Derartige  kränkelnde  Pflanzen  erholen  sich  in  der  Regel,  wenn 
der  Mangel  an  Licht,  Wärme,  Nährstoffen  oder  was  nun  die  Ursache 
des  Kränkeins  sein  mochte,  beseitigt  wird.  Es  ist  die  Aufgabe  der 
Physiologie,  zu  erforschen,  welche  Verhältnisse  das  beste  Gedeihen 
der  Pflanzen  bedingen.  Die  Erscheinungen  des  Kränkeins  zu  er- 
forschen, betrachte  ich  nicht  als  Aufgabe  der  Pathologie.  Erst 
dann,  wenn  das  Kränkeln  zu  einem  theilweisen  Absterben  der 
Pflanze  führt,  wird  man  von  einer  wirklichen  Erkrankung  reden 
müssen.  Wird  z.  B.  durch  Streurechen  der  Boden  eines  Bestandes 
verschlechtert,  so  tritt  eine  Wuchsverminderung  ein,  die  noch  nicht 
ein  Erkranken  ist;  zeigt  sich  aber  ein  Absterben  der  Baumgipfel, 
so  haben  wir  die  Erkrankung  der  „Zopftrockniss"  oder  „Gipfel- 
dürre" vor  uns.  Dies  Beispiel  erläutert,  wie  allmälig  der  Zu- 
stand des  Kränkeins  in  den  der  Erkrankung  übergeht  und  als 
äusseres  Merkmal  der  letzteren  nur  das  partielle  Absterben  der 
Pflanze  bezeichnet  werden  kann. 

Ebenso  schwierig  ist  es,  die  Grenze  zu  ziehen  zwischen  gesund 
und  krank,  zwischen  normal  und  abnorm  auf  dem  Gebiete  der  Er- 
scheinungen, die  wir  als  Missbildungen  zu  bezeichnen  pflegen.  Es 
liegt  in  der  Natur  der  Organismen  der  Hang  nach  einer  Variation 
in  morphologischer  und  physiologischer  Beziehung  und  beruht  ja 
hierauf  die  Fortentwicklung  der  organischen  Welt. 

Das  Variiren  ist  also  eine  normale  Erscheinung  und  beruht 
auf  Ursachen,  die  fast  stets  im  allerfrühsten  Lebensstadium  des 
Organismus  vor,  während  und  unmittelbar  nach  der  Befruchtung 
der  Eizelle  wirksam  sein  dürften. 

Die  Grenze  zwischen  normaler  Variation  und  Missbildung  fest- 
zustellen, ist  unmöglich  und  hat  man  auch  das  Gesammtgebiet  der 
hierher  gehörenden  Erscheinungen,  die  wir  nicht  zu  erklären  im 
Stande  sind,  zu  einer  besonderen  Lehre,  der  Teratologie  zusammen- 
gefasst  und  von  der  Pathologie  abgezweigt. 


(j  Einleitung. 

Wir  werden  somit  in  diesem  Lehrbuche  uns  im  Wesentlichen 
darauf  beschränken,  solche  Erscheinungen  zu  beschreiben  und  zu 
erklären,  welche  die  Pflanze  oder  einen  wenn  auch  noch  so  kleinen 
Theil  derselben  zu  vorzeitigem  Absterben  bringen. 

Es  führt  uns  diese  Definition  zur  Beantwortung  der  Frage,  ob 
die  Pflanzen  sämmtlich  dem  natürlichen  Tode  unterliegen  oder 
wenigstens  theilweise  nur  durch  äussere  Einflüsse  untergehen,  also 
nur  dem  accidentiellen  Tode  unterworfen  sind. 

Die  Erfahrung  lehrt,  dass  wenigstens  unter  den  höher  ent- 
wickelten Pflanzen  jedes  Individuum  früher  oder  später  dem  Tode 
verfällt,  dass  die  Ursache  des  Absterbens  aber  bei  den  perennirenden 
Pflanzen,  insbesondere  den  Bäumen  und  Sträuchern,  stets  in 
äusseren  ungünstigen  Einflüssen  zu  finden  ist.  Bei  den  niederen  Or- 
ganismen, die  sich  lediglich  durch  Theilung  vermehren  und  noch 
keine  sexuelle  Vermehrung  erkennen  lassen,  kann  man  nicht  wohl 
von  einem  natürlichen  Tode  sprechen,  da  ja  jeder  Theil  so  alt  ist 
wie  der  Mutterorganismus,  durch  dessen  Spaltung  u.  s.  w.  derselbe 
sich  gebildet  hat.  Wäre  einer  bestimmten  Pflanzenart,  die  sich 
nur  durch  Theilung  zu  vermehren  im  Stande  ist,  eine  natürliche 
Lebensgrenze  gesetzt,  so  müssten  mit  Erreichung  derselben  auch 
alle  Theile  derselben,  also  auch  die  durch  Theilung  aus  ihr  her- 
vorgegangenen Nachkommen  zu  Grunde  gehen,  was  bekanntlich 
nicht  der  Fall  ist.  Bei  denjenigen  Pflanzen,  die  sich  auch  auf 
sexuellem  Wege  vermehren,  treten  sehr  verschiedene  Verhältnisse 
hervor.  Bei  den  annuellen  Pflanzen  stirbt  der  vegetative  Theil 
alljährlich  ab  und  es  erhalten  sich  nur  die  aus  den  befruchteten 
Eizellen  hervorgegangenen  Embryonen  am  Leben.  Wenn  sich  aus 
diesen  samentragende  Pflanzen  entwickelt  haben,  so  erhält  sich  von 
ihnen  wiederum  nur  das  aus  den  Sexualzellen  hervorgegangene 
Bildungsproduct.  Der  vegetative  Theil  jeder  Pflanze  stirbt  also 
aus  inneren  Ursachen  ab,  wenn  solche  auch  zum  Theil  nur  in  der 
Erschöpfung  beruht,  die  eine  Folge  der  Ausbildung  der  Samen  ist. 
Es  tritt  also  ein  natürlicher  Tod  aus  inneren  Ursachen  ein,  wo- 
gegen die  Sexualzellen  derselben  nur  dann  absterben,  wenn  sie 
nicht  befruchtet  werden  oder  das  Befruchtungsproduct  aus  äusseren 
Ursachen  nicht  zur  Entwicklung  einer  neuen  Pflanze  gelangt.  In 
der  unbegrenzten  Lebensdauer  dieses  Theiles  der  Pflanze,  d.  h.  der- 
jenigen Sexualzellen,  die  nicht  dem  accidentiellen  Tode  anheimfallen, 


Einleitung 


&• 


beruht  ja  die  Continuität  in  der  organischen  Welt,  die  Entwicklung 
und  Erhaltung  der  Pflanzen-  und  Thierwelt. 

Bei  den  perennirenden  Pflanzen  sind  es  nur  einzelne  Theile, 
welche  dem  natürlichen  Tode  alljährlich  unterliegen,  so  bei  den 
Stauden  die  oberirdischen  Wurzeltheile,  bei  den  sommergrünen 
Bäumen  und  Sträuchern  die  äusseren  Rindengewebe,  die  Blätter 
u.  w.  s. 

Das  eigentliche  Pflanzenindividuum  geht  aber  nur  in  Folge 
äusserer  ungünstiger  Einflüsse  zu  Grunde.  In  der  That  verjüngt 
sich  jeder  Baum  alljährlich  in  seiner  Peripherie  durch  Neubildung 
aus  dem  Cambium  und  durch  neue  Triebe  und  Knospen.  Er- 
fahrungsgemäss  ist  die  Lebensdauer  eines  jeden  Baumes  begrenzt, 
doch  ist  nicht  erwiesen,  ob  dies  auf  innere  Ursachen  zurückzu- 
führen oder  die  Folge  der  zahllosen  Einflüsse  ist,  die  mehr  oder 
weniger  nachtheilig  von  aussen  auf  die  Pflanze  einwirken.  Wenn 
wir  sehen,  dass  das  Längenwachsthum  eines  Baumes  nach  Er- 
reichung eines  gewissen  Maximum  immer  langsamer  wird  und 
schliesslich  ganz  aufhört,  so  würde  man  dies  auf  ein  Nachlassen 
der  Ernährungsfactoren,  insbesondere  wahrscheinlich  darauf  zurück- 
führen müssen,  dass  die  Kräfte,  welche  Wasser  und  Nährstoffe  zur 
Gipfelknospe  des  Baumes  emporleiten,  beschränkte  sind,  die  nach 
der  specifischen  und  individuellen  Natur  der  Pflanze  früher  oder 
später  nicht  mehr  ausreichen,  um  das  Längenwachsthum  fortzu- 
setzen. Würde  man  von  einem  alten  Baume  einen  Steckling 
schneiden,  so  würde  dieser  denselben  Entwicklungsgang  durch- 
machen wie  der  Mutterbaum,  und  dadurch  beweisen,  dass  durch 
vegetative  Vermehrung  das  Leben  einer  Pflanze  auf  unbegrenzte 
Zeiten  ausgedehnt  werden  kann.  Bisher  ist  noch  keine  Erscheinung 
bekannt  geworden,  aus  der  man  mit  Sicherheit  entnehmen  kann, 
dass  innere,  natürliche  Todesursachen  allen,  also  auch  den  peren- 
nirenden Pflanzen  eigenthümlich  seien.  Damit  wird  zugleich  die 
Frage  angeregt,  ob  „Altersschwäche"  ein  Factor  sei,  der  bei  Be- 
trachtung der  Pflanzenkrankheiten  ins  Auge  gefasst  werden  muss. 
Wir  werden  bei  der  Besprechung  der  Krankheitsanlagen  nach- 
weisen, dass  hohes  Lebensalter  ebensogut  wie  jugendliches  Alter 
einer  Pflanze  für  die  eine  oder  andere  Erkrankung  disponiren  kann. 
An  und  für  sich  ist  aber  Altersschwäche  nicht  ein  natürlicher, 
aus    inneren    Ursachen    abzuleitender,    sondern    ein    durch    äussere 


3  Einleitung. 

Einflüsse  herbeigeführter  Zustand.  Je  älter  ein  Baum  ist,  um  so 
zahlreicheren  Gefahren  war  derselbe  im  Laufe  der  Zeit  ausgesetzt, 
um  so  mehr  Verletzungen  und  Wunden  trägt  derselbe,  durch 
welche  Parasiten  oder  Saprophyten  Eingang  in  das  Innere  finden; 
je  älter  der  Baum,  um  so  enger  ist  der  Jahrring  und  um  so 
schwerer  und  langsamer  geht  die  Ueberwallung  jeder  Wunde  von 
Statten;  je  älter  der  Baum,  um  so  langsamer  ist  die  Ernährung, 
da  einestheils  der  Erdboden,  in  welchem  der  Baum  wurzelt,  sich 
verdichtet  und  dadurch  den  Luftzutritt  erschwert,  anderenteils  an 
dem  einen  oder  anderen  Nährstoff  stellenweise  erschöpft  wird. 

Mit  der  Verminderung  der  Nährstoffzufuhr  zu  der  Krone  des 
Baumes  tritt  ein  Verkümmern  derselben  und  partielles  Absterben 
ein,  was  wiederum  Krankheiten  zur  Folge  hat,  die  schliesslich  den 
Tod  herbeiführen. 

Immer  sind  es  aber  nachweisbare  äussere  Einflüsse,  die  dabei 
wirksam  sind,  so  class  die  Frage,  ob  Altersschwäche  ein  an  sich 
naturgemässer  Zustand  sei,  der  sich  z.  B.  in  einer  Schwächung  der 
Organisation  einer  Cambialzelle  oder  einer  von  dem  Baume  abge- 
lösten Knospe  äussern,  zur  Zeit  verneint  werden  muss.  Wenn 
man  also  von  der  natürlichen  Lebensdauer  einer  Pflanzenart  redet, 
so  ist  damit  zu  verstehen  der  Zeitraum,  welchen  eine  Pflanze  zu 
durchleben  vermag,  ohne  den  ungünstigen  äusseren  Einwirkungen 
des  Bodens,  des  Klimas  und  den  mannigfachen  Angriffen  para- 
sitisch und  saprophytisch  lebender  Organismen   zu   unterliegen. 

Damit  haben  wir  dann  zugleich  die  naturgemässe  Eintheilung 
der  Erkrankungsarten  gefunden,  die  wir  in  dem  Nachstehenden  nach 
den  äusseren  Einflüssen,  durch  welche  sie  hervorgerufen  werden,  be- 
trachten wollen. 

1.  Erkrankungen  durch  phanerogame  Pflanzen. 

2.  Erkrankungen  durch  cryptogame  Pflanzen. 

3.  Verwundungen. 

4.  Erkrankungen  durch  ungünstige  Bodeneinflüsse. 

5.  Erkrankungen    durch    ungünstige   atmosphärische  Einflüsse. 
Bei  den  meisten  Erkrankungsarten  kann  man  die  Wahrnehmung 

machen,  dass  nicht  alle  Individuen  einer  Pflanzenart,  welche  be- 
stimmten schädlichen  Einflüssen  ausgesetzt  sind,  in  gleicher  Weise 
diesen  Einflüssen  unterliegen,  dass  vielmehr  einzelne  Individuen 
oder  Varietäten    ganz    oder    fast    völlig    widerstandsfähig    sich    er- 


Einleitung.  9 

weisen,  während  andere  schnell  erkranken  oder  absterben.  Diese 
Beobachtungen  zeigen,  dass  die  von  aussen  kommenden  Ursachen 
nicht  allein  bestimmend  sind  für  die  Entstehung  einer  Krankheit, 
dass  vielmehr  eine  Pflanze  nur  unter  bestimmten  Voraussetzungen 
erkrankt,  dass  eine  Prädisposition,  eine  Krankheitsanlage  vor- 
handen sein  muss,  dass  also  gewissermassen  das  Entstehen  einer 
Krankheit  durch  das  Zusammentreffen  zweier  Factoren  bedingt  wird. 
Der  eine  Factor  ist  die  in  der  Regel  leicht  nachweisbare  äussere 
Krankheitsursache.  Der  zweite  Factor  dagegen  ist  begründet  in 
einer  dem  Pflanzenorganismus  eigenthümlichen  Beschaffenheit,  die 
entweder  nur  zu  gewissen  Zeiten  vorhanden  oder  nur  einzelnen 
Individuen  eigenthümlich  und  angeboren  ist  oder  endlich  durch  be- 
stimmte äussere  Einflüsse  von  den  Pflanzen  erworben  wurde. 
Alle  diese  Eigenthümlichkeiten  in  der  Organisation  der  Pflanze 
können  durchaus  normaler  Natur  sein,  d.  h.  an  und  für  sich  den 
Pflanzenorganismus  völlig  gesund  erscheinen  lassen,  in  welchem 
Falle  man  die  Prädisposition  als  „normal"  bezeichnet.  Anderer- 
seits kann  aber  die  Krankheitsanlage  auch  eine  „abnorme"  sein, 
wenn  nämlich  der  Pflanzenorganismus  erst  dadurch  für  eine  Er- 
krankung prädisponirt  wird,  dass  er  bereits  von  einer  anderen  Er- 
krankung heimgesucht  ist.  Abnorme  oder  krankhafte  Prädisposition 
kann  z.  B.  in  der  Gegenwart  einer  Verwundung  bestehen,  durch 
welche  einem  Parasiten  erst  der  Eingang  in  den  Pflanzenorganis- 
mus ermöglicht  wird.  Die  ganze  Gruppe  der  infectiösen  Wund- 
krankheiten  kann  hierher  gezählt  werden. 

Unter  normaler  Prädisposition  versteht  man  also 
jeden,  wenn  auch  nur  vorübergehenden  Zustand  im  ana- 
tomischen Bau,  in  der  chemischen  Constitution  oder  in 
den  Lebensfunctionen  eines  Organismus,  der  an  sich  noch 
keinerlei  Nachtheil  für  das  Individuum  in  sich  schliesst, 
der  aber,  wenn  noch  ein  zweiter,  und  zwar  äusserer  Factor, 
der  für  sich  allein  ebenfalls  ohne  Nachtheil  für  die  Pflanze 
ist,  hinzukommt,  zu  einer  Erkrankung  führt. 

Neben  dieser,  dem  Organismus  innewohnenden  normalen  und 
abnormen  Disposition  kann  man  aber  auch  von  einer,  in  der  Oert- 
lichkeit  gelegenen  Prädisposition   für  Krankheiten  reden. 

Es  giebt  eine  grosse  Anzahl  solcher  Pilze,  die  nur  dann  eine 
bestimmte  Holzart    befallen    können,    wenn  in  der  Nähe  noch  eine 


10  Einleitung. 

andere  Pflanzenart  auftritt,  auf  der  dieser  Pilz  zu  gewissen  Jahres- 
zeiten seine  Entwicklung  findet.  Oertlichkeiten  mit  vielen  Aspen 
zeigen  eine  Prädisposition  für  die  Kieferndrehkrankheit,  Alpenrosen 
verleihen  einer  Gegend  eine  Anlage  für  Fichtenblasenrostkrankheit, 
Berberitzenhecken  disponiren  zur  Erzeugung  von  Getreiderost.  Schon 
in  dem  Auftreten  zusammenhängender  Bestände  von  einer  und  der- 
selben Holzart  liegt  eine  Gefahr,  durch  welche  grosse  Epidemien 
entstehen  können.  Reine  Lärchenbestände  ausserhalb  der  Alpen  gehen 
fast  immer  am  Krebs  zu  Grunde,  wogegen  zwischen  anderen  Holz- 
arten eingesprengte  Lärchen  sich  gesund  erhalten.  Klimatische 
Eigentümlichkeiten  einer  Gegend  können  dieselbe  im  hohen  Grade 
für  das  Auftreten  von  Erkrankungen  geeignet  machen.  So  findet 
man  im  Alpengebiete  die  Umgebung  der  Seeen  und  enge  Schluch- 
ten für  gewisse  Pilzkrankheiten  besonders  prädisponirt,  da  hier  die 
Pilzfrüchte  in  der  feuchten  Luft  besonders  gut  gedeihen.  Im 
Walde  kommen  bestimmte  Oertlichkeiten  vor,  die  das  Auftreten 
von  Frostbeschädigungen  begünstigen,  sogenannte  Frostlagen.  In 
der  Beschaffenheit  des  Erdbodens  kann  eine  Disposition  für  gewisse 
Erkrankungen  liegen,  sei  es,  dass  z.  B.  in  ihm  unterirdische  Pilz- 
parasiten besonders  gutes  Gedeihen  finden,  oder  unter  gewissen 
Verhältnissen  Wurzelfäule  zum  Vorschein  tritt.  Man  wird  in  zahl- 
losen Fällen  von  vornherein  Oertlichkeiten  als  disponirt  für  gewisse 
Krankheiten  bezeichnen  können,  die  dann  eintreten  müssen,  wenn 
der  eine  oder  andere  äussere  Factor  hinzukommt,  der  in  anderen 
Oertlichkeiten  schadlos  für  die  Pflanzenwelt  ist.  Diese  an  die 
Oertlichkeit  gebundene  Disposition  bildet  allerdings  nur  einen  Theil 
der  mannigfachen  ausserhalb  des  Pflanzenorganismus  gelegenen, 
das  Auftreten  und  die  Entwickelung  von  Krankheiten  fördernden 
Umstände  und  darf  mit  dem  Begriff  der  Krankheitsanlage  im  en- 
geren Sinne  nicht  verwechselt  werden. 

Die  normale  Prädisposition  der  Pflanzen  kann  zunächst  in 
solchen  natürlichen  Entwickelungszuständen  derselben  be- 
stehen, die  bei  jeder  Pflanze  zeitweise  vorhanden  sind.  Dahin 
gehört  das  jugendliche  Alter  der  Pflanze  und  der  jugendliche 
Zustand   ihrer  neuen  Triebe,  Blätter  und  Wurzeln. 

Diese  sind  anfänglich  nur  von  einer  zarten,  wenig  oder  gar 
nicht  verkorkten  Oberhaut  bekleidet,  welche  den  Angriffen  parasi- 
tärer   Pilze    keinen    Widerstand    zu    leisten    vermag,    wogegen    im 


Einleitung.  XX 

höheren  Lebensalter  mit  der  Cuticularisirung  der  äusseren  Epidermis- 
zellwand  und  weiter  mit  der  Bildung  von  Korkhäuten  und  Borke 
an  den  Axentheilen  die  Disposition  für  eine  Menge  von  Erkran- 
kungsformen verloren  geht. 

Andererseits  kann  auch  das  höhere  Lebensalter  eine  Prä- 
disposition für  gewisse  Erkrankungen  mit  sich  bringen.  Junge 
Nadelholzbäume  mit  Harzkanälen  sind  gegen  Infection  durch  Holz- 
pilze fast  völlig  geschützt,  wenigstens  insoweit  solche  von  Astwunden 
aus  eindringen,  da  jede  frische  Astwunde  durch  ausströmendes  Ter- 
pentinöl alsbald  mit  einer  schützenden  Substanz  sich  bekleidet.  Erst 
von  der  Zeit  an,  wo  sich  ein  Kernholz  bildet,  welches  kein  liquides 
Wasser  mehr  führt,  tritt  eine  Prädisposition  für  Holzerkrankungen 
ein,  da  bei  Astbrüchen  der  innere  Holztheil  nicht  mehr  durch 
ausfliessendes  Terpentinöl  sich  selbst  gegen  Angriffe  schützt,  son- 
dern nur  im  wasserreichen  Splinte  Terpentinöl  und  Harz  aus  den 
Harzkanälen  gewaltsam  hinausgepresst  wird.  Mit  dem  höheren 
Lebensalter  ist  bei  den  Bäumen  in  der  Regel  auch  geringere  Jahr- 
ringsbreite verbunden  und  die  Folge  davon  ist,  dass  Wunden  nicht 
so  schnell  durch  Ueberwallung  sich  schliessen,  als  an  jungen 
wuchskräftigen  Bäumen.  Es  ist  leicht  einzusehen,  dass  damit  die 
nachtheiligen  Folgen  von  Verwundungen  im  höheren  Lebensalter 
sich  steigern.  Von  einer  Altersschwäche  und  damit  wachsender 
Empfänglichkeit  für  äussere  Gefahren  kann  nur  in  diesem  Sinne 
gesprochen  werden. 

Einen  grossen  Einfluss  auf  die  Widerstandsfähigkeit  der  Pflanze 
gegen  Gefahren  hat  der  mit  der  Jahreszeit  in  Beziehung  stehende 
Vegetationszustand  der  Pflanze.  Bekannt  ist,  wie  hohe  Kälte- 
grade eine  Pflanze  im  Ruhezustande  des  Winters  vertragen  kann, 
während  sie  im  Frühjahre  nach  Beginn  der  Vegetationsthätigkeit 
und  vor  Abschluss  derselben  im  Herbste  wenigen  Kältegraden 
erliegt. 

Auch  die  Widerstandsfähigkeit  der  Zellgewebe  gegen  die  An- 
griffe parasitärer  Pilze  ist  nach  der  Jahreszeit  sehr  verschieden. 
Zwischen  der  lebenden  Zelle  der  Wirthspflanze  und  der  Pilzzelle 
des  Parasiten  besteht  ein  Kampf,  in  welchem  bei  vielen,  das  Rinden- 
und  Cambialgewebe  bewohnenden  Parasiten  die  letztere  nur  dann 
die  erstere  zu  tödten  vermag,  wenn  diese  im  Zustande  der  vege- 
tativen   Ruhe    sich    befindet,    also    ausserhalb    der   Vegetationszeit. 


12  Einleitung. 

Finden  im  Zellgewebe  der  Wirthspflanze  selbst  lebhafte  Processe  des 
Stoffwechsels  statt,  dann  ist  sie  befähigt,  die  Angriffe  des  Pilzes 
abzuwehren.  Die  auf  Ferraentausscheidung  der  letzteren  beruhende 
Einwirkung  auf  das  Zellgewebe  des  Wirthes  ist  nur  dann  eine  nach- 
theilige, wenn  diese  gleichsam  wehrlos  ist  durch  den  Ruhezustand,  in 
dem  sie  sich  befindet.  Diese  Rindenpilzc  wachsen  nur  vom  Herbste 
bis  zum  Frühjahre  und  werden  mit  Beginn  der  vegetativen  Thätig- 
keit  der  Wirthspflanze  in  ihrer  Weiterentwicklung  gehemmt.  Ein 
ähnliches  Yerhältniss  besteht  bei  einigen  Pilzen,  welche  im  Holz- 
theile  der  Bäume  iederzeit  üppig  wuchern  und  auch  die  lebenden 
Zellen  desselben  tödten,  aber  nicht  im  Stande  sind,  in  das  lebende 
Rindengewebe  einzudringen,  welches  sie  erst  dann  durchwuchern, 
wenn  nach  dem  Absterben  des  Holzes  dasselbe  durch  Vertrocknung 
getödtet  wurde.  Dem  Holz-  und  Rindengewebe  steht  offenbar  ein 
verschiedenes  Widerstandsvermögen  gegen  den  Parasiten  zu  Gebote. 

Auch  der  durch  die  Witterung  bedingte  Wassergehalt  der 
Pflanzen  ist  von  Einfluss  auf  die  Entwicklung  der  Parasiten  im 
Innern  derselben.  In  regenreichen  Zeiten,  in  denen  die  Pflanzen- 
gewebe wasserreicher  sind,  als  in  Trockenperioden,  vegetiren  manche 
im  Innern  der  Pflanze  perennirende  Pilze  weit  üppiger,  als  in 
Trockenperioden.  Es  tritt  dies  besonders  bei  der  Kiefern drehkrank- 
heit  und  bei  dem  Eichenwurzeltödter  hervor. 

Gegenüber  den  vorstehend  besprochenen,  gewissermassen  nur 
periodisch  auftretenden  Dispositionserscheinungen  giebt  es  eine 
zweite  Kategorie  von  Eigenthümlichkeiten,  die  nur  einzelnen  In- 
dividuen oder  Varietäten  gleichsam  angeboren  sind  und 
diese  für  gewisse  Krankheiten  besonders  disponiren.  Die  Variation 
im  Pflanzenreich  kann  in  morphologischen,  chemischen  und  physio- 
logischen Eigenthümlichkeiten  zum  Ausdruck  gelangen  und  nach 
jeder  dieser  Richtungen  hin  können  Formen  eintreten,  die  für  die 
eine  oder  andere  Erkrankung  mehr  oder  weniger  empfänglich  sind. 

In  morphologischer  Beziehung  sei  nur  daran  erinnert,  dass  es 
Kartoffelsorten  giebt,  die  eine  sehr  zarte  Haut,  andere,  die  eine 
dicke  Korkhaut  besitzen  und  dass  es  leicht  erklärlich  ist,  wie  jene 
gegen  die  Angriffe  des  Kartoffelfäulepilzes  weit  weniger  geschützt 
sind,  als  die  Dickhäuter. 

Von  der  Douglasfichte  giebt  es  eine  blaubereifte  Varietät,  deren 
Nadeln  durch  den  reichlichen  Wachsüberzug  gegen  die  Trockenheit 


Einleitung.  \% 

der  Luft  viel  mehr  geschützt  sind,  als  die  rein  grüne  Form.  Dass 
letztere  eine  Prädisposition  für  das  Vertrocknen  im  continentalen 
Klima  besitzt,  geht  schon  daraus  hervor,  dass  sie  auf  die  west- 
lichen Küstengebiete  Nordamerikas  beschränkt  ist. 

Dass  individuelle  Verschiedenheiten  bezüglich  der  chemischen 
Zusammensetzung,  insbesondere  des  Wassergehaltes  der  Pflanzen 
vorkommen,  ist  zweifellos  und  lässt  sich  von  vornherein  annehmen, 
dass  damit  auch  ein  verschiedenes  Verhalten  gegen  die  schädlichen 
äusseren  Einflüsse  verknüpft  sei.  Zur  Zeit  ist  uns  aber  nur 
sehr  wenig  in  dieser  Beziehung  bekannt  und  können  wir  nur 
erst  vermuthen,  dass  die  individuellen  Verschiedenheiten  im  Ver- 
halten der  Pflanze  gegen  Frost,  Trockniss,  wohl  auch  gegen  Pilz- 
angriffe zum  Theil  in  solchen  chemischen  Verschiedenheiten  ihre 
Erklärung  finden. 

Um  so  auffallender  treten  Verschiedenheiten  im  physiologischen 
Verhalten  der  Pflanzen  als  Krankheitsanlagen  hervor.  Es  ist  be- 
kannt, zu  wie  verschiedenen  Zeiten  sonst  völlig  gleichartige  Indi- 
viduen desselben  Bestandes  aus  der  Winterruhe  hervortreten  und 
ergrünen.  In  einer  jungen  Fichtenschonung  wird  man  zwischen  dem 
Knospenausbruch  der  verschiedenen  Individuen  leicht  zwei  oder  gar 
drei  Wochen  Differenz  wahrnehmen,  was  vorzugsweise  aus  einem 
verschiedenen  Wärmebedürfniss  der  Pflanzen  abgeleitet  werden 
muss.  Frühzeitiger  Laubausbruch  schliesst  offenbar  eine  Disposition 
für  Beschädigung  durch  Spätfröste  in  sich,  kann  aber  auch  die 
Ursache  zur  Entstehung  von  Pilzkrankheiten  sein.  Wenn  z.  B.  der 
Fichtennadelrost  im  Frühjahre  in  das  Stadium  der  Sporenausstreuung 
getreten  ist,  so  werden  alle  die  Fichten,  deren  Knospen  noch  nicht 
zur  Triebbildung  gelangt  sind,  völlig  frei  vom  Pilz  bleiben,  da  dieser 
nur  in  die  zarten  Nadeln  der  neuen  Triebe  einzudringen  vermag. 
Den  frühzeitig  ergrünten  Individuen  haftet  also  eine  Disposition 
für  diese  Erkrankung  an.  In  anderen  Jahren  können  die  zuerst 
ergrünten  Individuen  dann,  wenn  die  Chrysomyxa  ihre  Sporen  aus- 
streut, schon  soweit  in  der  Entwicklung  vorgeschritten  sein,  dass 
die  Nadeln  bereits  zu  alt  sind,  um  noch  inficirt  werden  zu  können. 
Dann  sind  es  vielleicht  gerade  die  Spätlinge,  welche  erkranken. 

Die  Wahrnehmung,  dass  unter  den  Individuen  einer  Pflanzen art 
immer  solche  vorkommen,  welche  ein  geringeres  oder  grösseres 
Wärmebedürfniss  besitzen,  als  die  anderen,  also  mehr  oder  weniger 


14  Einleitung. 

disponirt  sind,  durch  Kältegrade  zu  leiden,  dass  ferner  auch  die 
Ansprüche  an  die  Luftfeuchtigkeit  und  andere  Wachsthumsfactoren 
individuell  verschieden  sind,  hat  ja  auf  die  Bedeutung  der  Provenienz  der 
Sämereien,  die  wir  bei  Anbauversuchen  mit  fremdländischen  Pflanzen- 
arten verwenden,  hingeführt.  Unser  Bestreben  geht  dahin,  Säme- 
reien aus  solchen  Gegenden  zu  beziehen,  in  denen  sich  von  selbst 
im  Laufe  der  Zeit  Varietäten  ausgebildet  haben,  deren  Widerstands- 
kraft entweder  gegen  Frost  oder  aber  gegen  Lufttrockniss  eine  ge- 
steigerte ist. 

Eine  weitere  Gruppe  von  Krankheitsanlagen  umfasst  alle  die 
erst  im  Entwickelungsverlaufe  der  Pflanze  erworbenen  Eigen- 
schaften, welche  zu  einer  Erkrankung  führen  können,  wenn  gewisse 
äussere  Einflüsse  hinzutreten. 

Werden  Pflanzen  in  feuchter  Luft,  z.  B.  im  Gewächshause,  er- 
zogen, so  entwickelt  sich  das  Oberhautsystem  entsprechend  der  um- 
gebenden feuchten  Luft,  so  dass  dieselbe  nur  wenig  cuticularisirt. 
Kommen  solche  Pflanzen  in  trockene  Luft,  z.  B.  in  die  Luft  der 
geheizten  Wohnzimmer,  so  erkranken  sie,  weil  die  Transpiration 
der  Blätter  eine  allzu  gesteigerte  wird. 

Sind  Bäume,  zumal  glattrindige,  im  dicht  geschlossenen  Be- 
stände erwachsen  und  werden  sie  im  späteren  Lebensalter  plötzlich 
frei  gestellt,   so  tritt  der  Rindenbrand  bei  ihnen  ein. 

Derartige  Bäume  besitzen  eine  Prädisposition  für  Bindenbrand, 
welche  den  von  Jugend  auf  im  freien  oder  lichten  Stande  erwach- 
senen Pflanzen  derselben  Art  fehlt.  Diese  Anlage  beruht  auf  einer 
weniger  stark  entwickelten  Hautbildung.  Pflanzen,  die  im  Schatten 
erwachsen  sind,  zeigen  sich  auch  empfindlich  gegen  directe  Sonnen- 
wirkung, indem  ihr  Chlorophyll  in  der  oberen  Zelllage  der  Blätter 
zerstört  wird. 

Eichen,  welche  im  geschlossenen  Buchenbestande  aufgewachsen 
sind  und  eine  schwache  Krone  haben,  erlangen  eine  Prädisposition 
für  Gipfeldürre,  wenn  sie  frei  gestellt  werden,  während  unter  ähn- 
lichen Verhältnissen  Bäume  mit  vollen  Kronen  an  dieser  Krankheit 
nicht  leiden. 

In  den  ersten  Jahren  nach  der  Verpflanzung  besitzen  viele 
Bäume  eine  Anlage  dazu,  leichter  zu  erfrieren,  die  mit  der  Aus- 
bildung eines  kräftigen  Wurzelsystems  wieder  verloren  geht.  Auf 
flachgründigem  Boden    sind  die  immergrünen  Gewächse,    insbeson- 


Einleitung.  15 

dere  also  die  Nadelhölzer,  weit  empfindlicher  gegen  die  Beschä- 
digung durch  Steinkohlenrauch,  als  auf  tiefgründigem  Boden,  weil 
ihr  Wurzelsystem  ein  mehr  oberflächlich  laufendes  ist  und  im 
Winter  nicht  mehr  im  Stande  ist,  Wasser  aufzunehmen.  Das  Ver- 
trocknen der  Nadeln  in  Folge  der  schwefligen  Säure  tritt  bei  ihnen 
leichter  ein,  als  an  Bäumen,  die  auch  im  Winter  aus  grösseren 
Tiefen  Wasser  aufzunehmen  vermögen. 

Alle  die  vorbesprochenen  Krankheitsanlagen  können  als  nor- 
male bezeichnet  werden,  da  die  bezeichneten  Eigenthümlichkeiten  an 
sich  durchaus  für  den  Pflanzenorganismus  naturgemässe  sind,  die 
eben  nur  dann  nachtheilig  werden,  wenn  noch  ein  anderer  äusserer 
Umstand  hinzukommt,   der  als  Krankheitsursache  bezeichnet  wird. 

Nun  giebt  es  aber  noch  zahlreiche  abnorme  oder  krank- 
hafte Krankheitsanlagen,  zu  denen  alle  Verwundungen  der  Pflanzen 
gehören,  in  deren  Gefolge  die  eine  oder  andere  Erkrankung  des 
Pflanzeninneren  eintreten  kann. 

Wird  ein  Baum  geästet,  so  erhält  er  dadurch  eine  abnorme 
Prädisposition  für  eine  Reihe  von  Wundkrankheiten  infectiöser  oder 
nicht  infectiöser  Art,  deren  Beseitigung  durch  rechtzeitigen  und  an- 
gemessenen, d.  h.  antiseptischen,  Verband  erfolgen  kann.  Eine 
Wurzelbeschädigung,  z.  B.  das  Abschneiden  eines  Wurzelstranges,  ist 
an  sich  schon  eine  Schädiguug;  wenn  sie  dahin  führt,  dass  von 
dort  aus  Fäulniss  im  Stamm  sich  verbreitet,  so  bezeichnen  wir 
jene  Beschädigung  als  eine  abnorme  Disposition. 

Insecten  verschiedener  Art  leben  in  der  Rinde  gesunder  Bäume, 
verletzen  diese  und  öffnen  parasitären  Pilzen  gleichsam  die  Pforten 
des  Bauminnern,  so  dass  sie  nunmehr  getödtet  werden. 

Ein  Hagelkorn  trifft  die  Rinde  eines  Baumes  und  verletzt  die- 
selbe. Damit  ist  eine  abnorme  Anlage  geschaffen,  die  zu  infectiöser 
Rindenerkrankung  führen  kann,  wenn  gewisse  Pilze  sich  an  der 
Rinde  ansiedeln. 

Sind  Bäume  oder  Sträucher  in  einem  Jahre  verpflanzt  und 
hierbei  so  sehr  in  ihrer  Entwickelung  zurückgebracht,  dass  die 
neuen  Triebe  bis  zum  Eintritt  des  Frostes  noch  nicht  völlig  ent- 
wickelt sind,  d.  h.  die  Holzbildung  noch  nicht  zum  Abschluss  ge- 
langt ist,  so  besitzen  sie  eine  abnorme  Disposition  für  Frostbe- 
schädigung. In  milden  Wintern  erhalten  sie  sich,  tritt  aber  strenge 
Kälte  ein,  so  können  die  Pflanzen  völlig  zu  Grunde  gehen. 


16  Einleitung. 

Nach  dem  Vorstehenden  wird  es  verständlich  geworden  sein, 
wie  unendlich  mannigfaltig  die  Erscheinungen  der  Krankheitsanlagen 
sind,  wie  aber  auch  nur  eine  Gruppe  derselben  die  „angeborenen 
Anlagen"  den  Charakter  der  Erblichkeit  besitzen.  Die  zuerst  be- 
sprochenen natürlichen  Entwicklungszustände,  welche  zeitweise  bei 
jeder  Pflanze  auftreten,  können  bei  der  Yererblichkeitsfrage  ausser 
Betracht  bleiben.  Die  erworbenen,  sowie  die  krankhaften  Anlagen 
können  aber  nicht  von  den  Eltern  auf  die  Nachkommen  übertragen 
werden,  wenigstens  ist  bisher  nichts  bekannt,  was  auf  eine  solche 
Vererbung  hindeutet.  Es  gilt  dies  nicht  allein  für  die  Anlagen, 
sondern  auch  für  die  Krankheiten  selbst. 

Eine  Vererbung  der  Krankheiten  auf  die  Nachkommen  ist  im 
Pflanzenreich  unbekannt.  Ohne  Bedenken  kann  man  den  Samen 
der  von  allen  erdenklichen  Krankheiten  heimgesuchten  Pflanzen  zur 
Erziehung  neuer  Pflanzen  benützen. 

Insbesondere  wird  man  ohne  Bedenken  den  Samen  auch  von 
solchen  Bäumen  sammeln  können,  die  auf  schlechtem  Boden  nur 
zu  krüppelhaftem  Wüchse  gelangt  sind.  In  der  That  geschieht 
dies  ja  z.  B.  bei  der  Kiefer,  deren  Zapfen  man  mit  Vorliebe  von 
solchen  Bäumen  sammelt,  die  auf  verödeten  Haiden  erwachsen  so 
geringwüchsig  sind,  dass  mit  Leichtigkeit  das  Zapfensammeln  ohne 
Besteigen  der  Bäume  erfolgen  kann.  Nur  dann,  wenn  es  sich  um 
individuelle  Eigenthümlichkeiten  handelt,  die  in  Geringwüchsigkeit, 
Drehwuchs  oder  anderen  unerwünschten  Eigenschaften  bestehen, 
welche  der  Pflanze  angeboren  sind,  tritt  das  Gesetz  der  Vererb- 
lichkeit  zur  Geltung,  und  hierauf  wird  der  Pflanzenzüchter  die 
grösste  Rücksicht  zu  nehmen  haben. 

§  3.     Verfahren  bei  Untersuchung  der  Krankheiten. 

In  der  Kürze  soll  hier  auf  die  Untersuchungsmethoden  hinge- 
wiesen werden,  die  wir  zu  befolgen  haben,  wenn  wir  die  Ursachen 
von  Erkrankungen  feststellen  wollen. 

Bei  Erkrankungen  der  Menschen  oder  der  Thiere  wird  die 
Diagnose  dadurch  sehr  erschwert,  dass  in  den  weitaus  meisten 
Fällen  die  Erkrankung  eines  einzelnen  Organes  oder  Körpertheiles 
secundäre  Erscheinungen  zur  Folge  hat,  welche  die  Auffindung  des 
eigentlichen  Krankheitssitzes  erschweren.     Im  Pflanzenkörper,    dem 


Einleitung.  J  7 

das  Nervensystem  fehlt,  bleibt  eine  Erkrankung  in  der  Regel  zu- 
nächst localisirt.  Die  Arbeitstheilung  ist  noch  nicht  soweit  ausge- 
bildet, wie  im  Körper  der  höher  entwickelten  Thiere,  bei  denen 
die  Erkrankung  irgend  eines,  oft  nur  kleinen  Organs  den  ganzen 
Körper  in  Mitleidenschaft  zieht.  Ein  grosser  Theil  des  Pflanzen- 
körpers kann  erkrankt  und  getödtet  sein,  ohne  dass  desshalb  die 
Pflanze  in  ihrem  Allgemeinbefinden  merkbar  geschädigt  ist.  Gelingt 
es  insbesondere,  die  Erkrankung  in  ihrem  ersten  Stadium  zu  beob- 
achten, so  bietet  die  weitere  Untersuchung  verhältnissmässig  wenig 
Schwierigkeiten  dar.  Schwieriger  wird  es  in  der  Regel,  an  schon 
getödteten  Pflanzen  die  wahre  Ursache  der  Erkrankung  und  des 
Todes  festzustellen,  obgleich  es  dem  geübten  Pflanzenpathologen 
nur  selten  misslingen  wird,  den  wahren  Charakter  einer  Krankheit 
mit  Sicherheit  zu  erkennen. 

Handelt  es  sich  um  Beschädigungen  durch  Thiere  oder  Pflanzen, 
so  werden  wir  diese  selbst  oder  doch  deren  Spuren  im  Anfangs- 
stadium der  Erkrankung  am  sichersten  auffinden  und  erkennen. 
Es  genügt  auch  bei  Thier-  resp.  Insectenbeschädigungen  sehr 
oft  nicht,  dass  wir  den  Feind  bei  der  Arbeit  ertappen,  ihn  und 
seine  Lebensweise  in  der  Natur  zu  beobachten  suchen,  wie  das 
bisher  meist  geschah,  vielmehr  muss  man  bei  Insectenbeschädigungen 
prüfen,  ob  die  beschädigten  Pflanzen  nicht  schon  eine  krankhafte 
Prädisposition  besassen,  bevor  sie  von  den  Insecten  angegriffen 
wurden.  Dies  gilt  insbesondere  für  die  grosse  Familie  der  Borken- 
käfer, die  vielfach  nur  im  Gefolge  anderer  nachtheiliger  Einwir- 
kungen, insbesondere  der  Beschädigung  durch  parasitäre  Pilze  auf- 
treten. Auch  bei  pflanzlichen  Parasiten  ist  aus  der  Gegenwart 
eines  Pilzes  im  abgestorbenen  Gewebe  noch  nicht  der  Schluss  zu 
ziehen,  dass  derselbe  das  Absterben  bewirkt  habe.  Wo  wir  aller- 
dings Pilzmycelien  im  scheinbar  völlig  unveränderten  lebenden 
Gewebe  einer  Pflanze  vegetirend  finden,  da  ist  es  zweifellos,  dass 
wir  es  mit  einem  Parasiten  zu  thun  haben.  Auch  in  letzterem 
Falle  muss  das  Bestreben  zunächst  dahin  gerichtet  sein,  durch 
geeignete  Infections versuche  die  Krankheit,  die  wir  zu  erforschen 
suchen,  auf  gewissermaassen  künstlichem  Wege  willkürlich  an  ge- 
sunden Pflanzen  hervorzurufen. 

Stehen  uns  Sporen  oder  Gonidien  des  verdächtigen  Pilzes  zu 
Gebote,    so    haben   wir   diese   nach   vorgängiger  Prüfung  der  Keim- 

II artig,   Baumkrankheiten,  2.  Aufl.  2 


lg  Einleitung. 

fähigkeit  derselben  zur  Ausführung  des  Versuches  zu  verwenden. 
Fehlt  es  an  keimfähigem  Material,  so  ist,  wenn  möglich,  durch 
künstliche  Cultur  im  feuchten  Räume  das  Reifen  oder  selbst  die 
Entstehung  von  Fruchtträgern  abzuwarten.  Je  nach  dem  Charakter 
der  Krankheit  erfolgt  die  Infection  durch  Ausstreuen  auf  die 
Blätter  oder  in  eine  künstlich  hergestellte  Wunde  der  Wirths- 
pflanze.  Bei  Rindenkrankheiten  genügt  ein  feiner  Schnitt  mit  der 
Spitze  eines  Scalpells,  an  der  ein  Tropfen  Wasser  mit  darin  sus- 
pendirten  Sporen  haftet,  bei  Erkrankungen  des  Holzkörpers  muss 
dieser  verwundet  werden  und  lässt  man  dann  den  sporenhaltigen 
Wassertropfen  von  der  Holzwunde  aufsaugen. 

Bei  Erkrankungen  des  Rinden-  oder  Holzkörpers  sind  in  der 
Regel  Mycelinfectionen  weit  sicherer.  Nachdem  man  aus  einem 
erkrankten  Baume  ein  Stückchen  Rinde  von  der  Stelle  entnommen 
hat,  wo  das  Mycel  noch  jung  und  kräftig  ist,  also  von  der  Grenze 
des  todten  und  lebenden  Gewebes,  setzt  man  dieses  an  die  Stelle 
eines  ebenso  grossen  und  ebenso  geformten,  der  Rinde  eines  ge- 
sunden Baumes  entnommenen  Rindenstückchens.  Man  kann  dabei 
ganz  ähnlich,  wie  beim  Oculiren  der  Rosen  verfahren,  doch 
ist  es  im  Allgemeinen  besser,  wenn  die  Ränder  des  pilzhaltigen 
Rindenstückchens  genau  mit  den  Rändern  des  unmittelbar  zuvor 
angefertigten  Rindenausschnittes  zusammenpassen. 

Man  muss  dann  noch  das  Vertrocknen  durch  Verkleben 
mit  Baumwachs  oder  anderweiten  Verband  zu  verhindern  suchen. 
Will  man  den  Holzstamm  durch  Mycel  inficiren,  so  entnimmt 
man  mit  Hilfe  des  Pressler'schen  Zuwachsbohrers,  der  zu 
solchen  Zwecken  ganz  vortrefflich  sich  eignet,  einen  Bohrspan  von 
der  Grenze  des  gesunden  und  kranken  Holzes,  da  nur  hier  das  im 
Holze  enthaltene  Mycel  noch  so  wuchskräftig  zu  sein  pflegt,  dass 
es  über  die  Oberfläche  des  Spanes  hinauswächst,  fertigt  dann  mit 
demselben  Bohrer  ein  Loch  in  den  gesunden  Baum,  ersetzt  den 
aus  diesem  herausgezogenen  Span  durch  den  kranken  und  schliesst 
das  Loch  äusserlich  durch  Baumwachs. 

Handelt  es  sich  endlich  um  unterirdisch  vegetirende  Pa- 
rasiten, dann  genügt  es  in  der  Regel,  wenn  man  eine  erkrankte 
Pflanze  in  die  nächste  Nähe  gesunder  Exemplare  derselben  Art 
pflanzt,  wobei  man  etwa  noch  in  der  Weise  nachhelfen  kann,  dass 
man  eine  Wurzel  des  erkrankten  Individuums   mit   ersichtlich  noch 


Einleitung.  19 

lebendem,  wachsthumfähigem  Mycel  in  unmittelbare  Berührung  mit 
einer  Wurzel  der  zu  inficirenden  Pflanze  bringt. 

Es  wäre  nun  unrichtig,  wenn  man  die  Frage,  ob  ein  Pilz 
wirklich  Parasit  sei  oder  nicht,  nach  dem  Misslingen  eines  oder 
weniger  Infectionsversuche  beantworten  wollte.  Man  denke  nur 
daran,  von  wie  zahlreichen  Factoren  das  Gelingen  einer  Saat 
oder  Pflanzung  bei  unseren  Waldbäumen  abhängt,  deren  Lebensbe- 
dingungen uns  doch  einigermaassen  bekannt  sind.  In  der  Regel 
wissen  wir  von  den  zu  untersuchenden  Pilzen  aber  fast  noch  nichts; 
wir  kennen  nicht  die  äusseren  Bedingungen  der  Keimung,  wissen 
oft  kaum,  ob  die  Sporen  schon  reif,  ob  sie  zu  feucht  oder  zu  trocken 
gebettet  sind,  ob  ihnen  genügender  Sauerstoff  zugeführt  wird, 
ob  die  Jahreszeit  die  richtige  zur  Aussaat  war,  da  die  Sporen 
verschiedene  Zeiten  der  Ruhe  nach  dem  Reifen  gebrauchen,  ehe  sie 
keimen,  wie  die  Samen  unserer  Waldbäume.  Das,  was  oben  über 
die  mannigfaltigen  Krankheitsanlagen  der  Pflanze  gesagt  ist,  wird 
zur  Genüge  darthun,  wie  auch  bei  dem  besten  Infectionsmaterial 
die  Versuche  oft  genug  mit  negativen  Resultaten  enden  können. 
Wenn  es  schon  dem  geübten  Pilzforscher  und  Pathologen  oft  erst 
nach  zahllosen  missglückten  Versuchen  gelingt,  die  Bedingungen 
kennen  zu  lernen,  unter  denen  die  Infection  einer  Pflanze  vor  sich 
geht,  so  wird  es  erklärlich  werden,  wie  es  geradezu  als  ein  Zufall 
bezeichnet  werden  muss,  wenn  dem  Laien  einmal  ein  Infections- 
versuch  glückt. 

Ist  die  Infection  geglückt,  dann  handelt  es  sich  nicht  allein 
darum,  den  Verlauf  der  Krankheit  durch  die  verschiedenen  Stadien 
zu  verfolgen,  wobei  selbstredend  die  Beobachtung  der  im  Walde 
auftretenden  Erkrankungen  von  grösster  Bedeutung  ist,  sondern  es 
ist  noch  zu  erforschen,  welche  äusseren  Einflüsse  hemmend  oder 
fördernd  auf  die  Entwicklung  der  Krankheit  einwirken. 

Dieser  Theil  der  Untersuchung  ist  der  schwierigste,  er  bean- 
sprucht vor  allen  Dingen  eine  sehr  geschärfte  Beobachtungsgabe, 
die  Berücksichtigung  der  anscheinend  unbedeutendsten  Nebenum- 
stände und  vor  allen  Dingen  einen  möglichst  häufigen  Besuch  des 
Waldes.  Die  Erforschung  der  Krankheiten  unserer  Waldbäume 
wird  selten  zum  Ziel  führen,  wenn  wir  nicht  sorgfältige  und  ausge- 
dehnte Beobachtungen  und  Untersuchungen  im  Walde  selbst  aus- 
führen.    Noch   viel   weniger  Aussicht    auf  Erfolg  hat  allerdings  die 

2* 


20  Einleitung. 

Beobachtung  der  Krankheiten  im  Walde,  wenn  sie  nicht  durch 
exacte  wissenschaftliche  Untersuchungen  geleitet  und  unter- 
stützt  wird. 

Ergiebt  die  Untersuchung,  dass  weder  Thiere  noch  pflanzliche 
Organismen  die  erste  Ursache  der  Erkrankung  sind,  dann  kann 
diese  nur  in  Einflüssen  der  anorganischen  Natur  beruhen.  Ver- 
muthet  man,  dass  ungünstige  Eigenschaften  des  Bodens  die  Krank- 
heit veranlassten,  dann  wird  womöglich  an  der  Stelle,  wo  ein  er- 
krankter Baum  steht,  nach  Rodung  desselben  ein  Bodeneinschlag 
bis  zu  der  Tiefe  vorgenommen  werden  müssen,  bis  zu  welcher  die 
Wurzeln  hinab  gedrungen  sind.  Es  ist  dabei  auf  die  Festigkeit 
und  den  Wassergehalt  der  Bodenschichten  zu  achten,  insbesondere 
auf  die  grössere  oder  geringere  Zugänglichkeit  desselben  zu  der 
atmosphärischen  Luft.  Im  Walde  wird  eine  Veränderung  im  Gewalt 
an  mineralischen  Nährstoffen,  welche  so  bedeutend  ist,  dass  dadurch 
ein  bisher  gesunder  Baum  oder  Bestand  erkrankt,  nur  unter  Ver- 
hältnissen eintreten,  die  dem  sachkundigen  Beobachter  sofort  auf- 
fallen. So  kann  z.  B.  Gipfeldürre  nach  Streurechen  oder  Bloss- 
stellung  des  Bodens  eintreten,  Erkrankung  oder  Tod  kann  durch 
Zufuhr  schädlicher  Stoffe  aus  Fabriken,  durch  Ueberfluthung  mit 
Seewasser  u.  s.  w.  bedingt  sein.  Es  wird  eine  chemische  Unter- 
suchung äusserst  selten  nothwendig  werden.  Häufiger  handelt  es 
sich  um  Einflüsse  der  Atmosphärilien,  vor  allen  der  Temperatur, 
der  Luftfeuchtigkeit,  der  Niederschläge,  des  Blitzes,  nachtheiliger 
Gase  u.  s.  w.  Lässt  sich  feststellen,  wann  die  Krankheit  zuerst 
auftrat,  dann  wird  durch  Einziehung  von  Erkundigungen  und  durch 
Ermittelung  der  äusseren  Verhältnisse  oft  schneller  die  Aufgabe  zu 
lösen  sein,  als  durch  Untersuchung  der  erkrankten  Pflanze.  Oft 
wird  aber  auch  diese  zu  dem  gewünschten  Ziele  führen. 

Im  Allgemeinen  sind  die  durch  Thiere  und  Pflanzen  erzeugten 
Krankheiten  dadurch  charakterisirt,  dass  diese  zunächst  an  einigen 
Pflanzen  oder  Pflanzentheilen  auftreten  und  sich  dann  succes- 
sive  ausbreiten,  während  jene  in  Einflüssen  des  Bodens  oder  der 
Atmosphäre  begründeten  Krankheiten,  gleichmässig  und  gleich- 
zeitig auf  grösseren  Flächen  aufzutreten  pflegen,  da  selten 
jene  Einflüsse  im  Walde  eng  begrenzt  und  nur  auf  einzelne  Pflanzen 
beschränkt  zu  sein  pflegen. 

Am  leichtesten  treten  Täuschungen  ein,  wenn  einer  Erkrankung 


Einleitung.  21 

eine  abnorme  Prädisposition  vorausgeht,  weil  dann  oft  nur  diese 
nicht  aber  die  dadurch  ermöglichte  Krankheit  ins  Auge  gefasst 
wird.  Oft  genug  treffen  wir  auch  an  demselben  Baume  ver- 
schiedene Krankheiten  an,  von  denen  jede  für  sich  selbst- 
ständig arbeitet  und  darf  man  desshalb  nicht  sofort  mit  der 
Untersuchung  aufhören,  wenn  man  auch  eine  Krankheitsursache 
aufgefunden  hat.  Sehr  oft  begegnen  wir  z.  B.  in  dem  norddeutschen 
Flachlande  verwüsteten  Kiefernbeständen,  in  denen  viele 
Bäume  durch  Trametes  radiciperda  getödtet  sind.  Eine  genauere 
Untersuchung  ergiebt  dann  oft,  dass  in  demselben  Bestände  die 
Wurzelfäule  in  Folge  mangelhaften  Luftwechsels  im  Boden  weit 
verderblicher  eingetreten  ist,  als  jener  Wurzelparasit. 

Nur  die  sorgfältigste  Untersuchung,  unterstützt  durch  gründliche 
Kenntniss  der  so  mannigfach  verschiedenen  Erkrankungsformen, 
vermag  uns  vor  Irrthümern  zu  schützen. 


1.  Abschnitt. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 

Es  kann  nicht  unsere  Aufgabe  sein,  hier  auf  alle  jene  mannig- 
faltigen Beziehungen  hinzuweisen,  die  der  Kampf  um's  Dasein,  der 
Kampf  um  den  Raum,  um  Nahrung,  Wasser  und  Licht  sowohl 
zwischen  ungleichartigen  wie  gleichartigen  Pflanzen  hervorruft. 
Jede  Pflanze  kann  unter  Umständen  einer  anderen  nachtheilig 
werden,  wenn  sie  mit  dieser  gleiche  oder  ähnliche  Ansprüche  an 
den  Boden  macht.  Der  Sieg  zwischen  zwei  Concurrenten  wird 
nicht  allein  entschieden  durch  die  der  Art  eigenthümliche  Schnell- 
wüchsigkeit auf  dem  vorliegenden  Standorte,  sondern  hängt  in 
hohem  Maasse  von  der  individuellen  Wuchsgeschwindigkeit 
der  Pflanzen  ab  und  diese  ist  es,  die  im  gleichartigen  Bestände  in 
erster  Linie  den  Ausschlag  giebt.  Es  ist  eine  altbekannte  Sache, 
dass  schon  im  jugendlichsten  Lebensstadium,  ja  zuweilen,  z.  B.  bei 
der  Eiche  schon  in  der  Grösse  der  Früchte1)  die  individuelle 
Wuchskraft  zum  Vorschein  tritt  und  dass  es  desshalb  von  der 
grössten  Bedeutung  ist,  nicht  nur  bei  der  Auswahl  der  Samen  mit 
Sorgfalt  zu  verfahren,  sondern  auch  beim  Verschulen  und  Ver- 
pflanzen alle  Schwächlinge  zu  entfernen.  Bei  dichtem  Pflan- 
zenstande muss  ein  Kampf  aller  Gewächse  mit  ihren  nächsten 
Nachbarn  eintreten,  ich  halte  es  aber  nicht  für  die  Aufgabe  der 
Pflanzenpathologie,  auf  diese  Erscheinungen  näher  einzugehen,  glaube 
mich  vielmehr  darauf  beschränken  zu  sollen,  nur  diejenigen  Be- 
schädigungen näher  zu  betrachten,  welche  in  directen  An- 
griffen einer  Pflanze  auf  Leben  und  Gesundheit  einer  anderen 
bestehen. 


3)  Von  Th.  Hartig  ist  dies  schon  vor  30  Jahren  durch  Versuche  im  Braun- 
schweiger Forstgarten  dargethan. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


23 


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Phanerogame  Gewächse. 
§4. 

Eine  scharfe  Grenze  zwischen  solchen  Pflanzen,  die  nur  in- 
direct,  d.  h.  nur  durch  ihre  Nähe  und  durch  ihre  Concurrenz  im 
Genuss  der  Nährstoffe,  des  Lichtes  u.  s.  w.  anderen  Pflanzen  schäd- 
lich werden,  sowie  andererseits  den 
ächten  Parasiten  besteht  nicht.  Jenen 
ersteren  reihen  sich  vielmehr  solche 
Pflanzen  an,  welche,  ohne  von  der 
Substanz  einer  anderen  zu  leben,  doch 
dieselben  direct  angreifen  und  an 
ihnen  pathologische  Erscheinungen  her- 
vorrufen. 

Es  sei  z.  B.  auf  Lonicera  Pericly- 
menum  hingewiesen,  deren  Stämme  ge- 
legentlich junge  Bäume  umschlingen  und 
dann  einige  Jahre  später  die  Abwärts- 
wanderung der  Bildungsstoffe  im  Bast- 
gewebe in  eine  begrenzte  spiralige  Bahn 
zwingen.  Mit  zunehmender  Dicke  des 
Baumes  tritt  bald  ein  directer  Druck 
des  Schlingstrauches  auf  denselben  ein, 
und  die  Wanderung  der  Bildungsstoffe 
in  senkrechter  Richtung  wird  dadurch 
verhindert.  Der  unmittelbar  unterhalb 
des  Geisblattstammes  befindliche  Stamm- 
theil  wird  oft  gar  nicht  mehr  ernährt 
und  kann  die  dortige  Cambialregion  in 
Folge  dessen  allmälig  absterben,  wäh- 
rend die  oberhalb  des  passiv  ein- 
schnürenden Geisblattstammes  befind- 
liche Baumregion  einestheils  einen  sehr 
kräftigen  Zuwachs  zeigt,  anderentheils 
sich  in  den  jüngeren  Theilen  durch 
spiraligen  Verlauf  aller  Organe  der 
ändert. 

Unterliegt  es  auch  keinem  Zweifel 


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Gefässbündel     abnorm    ver- 


dass    die   nächste  Ursache 


24  I-  Abschnitt. 

der  Wanderung  der  Bildungsstoffe  im  Bastgewebe  der  Verbrauch 
dieser  Stoffe  am  einen,  die  Erzeugung  derselben  am  anderen  Orte 
ist,  wodurch  eine  Wanderung  vom  Orte  der  Entstehung  zum  Orte 
des  Gebrauches  hervorgerufen  wird,  so  spricht  doch  neben  vielen 
anderen  Erscheinungen  auch  die  vorliegende  in  Fig.  1  illustrirte 
Thatsache  für  die  Annahme,  dass  die  Bildungsstoffe  im  Bastgewebe 
des  Stammes  weit  leichter  und  schneller  abwärts  wandern  als  seit- 
wärts; ja  dass  die  seitliche  Bewegung  so  sehr  erschwert  wird,  dass 
zuweilen  die  Ernährung  des  unter  dem  Geisblattstamme  befindlichen 
Cambiumstreifens  ganz  aufhört. 

Es  verdient  hier  auch  Triticum  repens  erwähnt  zu  werden, 
dessen  Rhizome  mit  ihren  scharfen  Spitzen  dann,  wenn  sie  un- 
mittelbar auf  fleischige  Wurzeln  anderer  Pflanzen  stossen,  diese 
durchbohren  und  durchwachsen.  Dies  ist  besonders  in  Eichensaat- 
beeten beobachtet,  doch  ist  zu  bemerken,  dass  die  Durchbohrung 
der  Wurzeln  den  Eichen  keinen  erkennbaren  Schaden  zufügt. 

Den  Uebergang  zu  den  ächten,  d.  h.  den  ausschliesslich  von 
den  Bildungsstoffen  anderer  Pflanzen  lebenden  Parasiten  bildet  eine 
Gruppe  von  Pflanzen,  denen  man  es  zunächst  nicht  ansehen  kann, 
dass  sie  einen  parasitären  Lebenswandel  führen,  da  sie  mit  chloro- 
phyllhaltigen  Blättern  versehen  sind  und  mit  ihren  Wurzeln  aus 
dem  Boden  Wasser  und  anorganische  Nährstoffe  aufnehmen.  Sie 
bereiten  sich  Bildungsstoffe  durch  Assimilation,  haften  aber  mit 
einzelnen  ihrer  Wurzeln  vermittelst  eines  Saugapparates,  eines 
Haustoriums,  an  den  Wurzeln  anderer  phanerogamer  Pflanzen  und 
entziehen  diesen  organische  Substanz.  Dahin  gehören  die  Rhinan- 
thaceen,  eine  Unterfamilie  der  Scrophulariaceen.  Der  Feldwachtel- 
weizen (Melampyrum  arvense),  der  Klappertopf  (Rhinanthus  Crista 
galli),  die  Gattung  Läusekraut  (Pedicularis)  und  Augentrost  (Eu- 
phrasia)  sind  bekannte  Beispiele  für  diese  Lebensweise.  Auf 
eine  nähere  Besprechung  dieser  Pflanzen  kann  hier  nicht  einge- 
gangen werden,  da  sie  nur  auf  Krautpflanzen  der  Wiesen  schma- 
rotzen. Auch  die  Gattung  Lathraea  mit  der  bei  uns  sehr  häufigen 
Art  Lathraea  squamaria,  Schuppenwurz,  ist  noch  nicht  lediglich 
auf  den  Parasitismus  angewiesen.  Ihre  Wurzeln  haften  zum  Theil 
auf  den  Wurzeln  sehr  verschiedenartiger  Pflanzen,  unter  denen  sich 
mehrere  Holzgewächse,  Buchen,  Hainbuchen,  Haseln  und  Erlen  be- 
finden. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  25 

Obgleich  auch  in  den  Orobanchen  noch  Spuren  von  Chlorophyll 
nachgewiesen  sind,  zählen  dieselben  doch  schon  zu  den  zweifellos 
ächten  Parasiten,  die  ihre  Nahrung  ausschliesslich  den  Wirths- 
pflanzen  entziehen,  auf  deren  Wurzeln  sie  sich  entwickeln.  Unter 
den  zahlreichen  Arten  treten  einige  auf  CulturpÜanzen  in  so  massen- 
hafter Entwicklung  auf,  dass  sie  ihnen  bemerkbaren  Schaden  zu- 
fügen, so  z.  B.  die  Orobanche  ramosa  auf  Taback  und  Hanf,  Orob. 
lucorum  auf  Berberitze  und  Brombeere,  Orob.  Hederae  auf  Epheu, 
Orob.  rubens  auf  Luzerne  und  Or.  minor  auf  Rothklee.  Zweifel- 
haft ist  noch  der  Parasitismus  des  Fichtenspargels  (Monotropa 
Hypopitys),  doch  da  die  Wurzeln  der  letzteren  den  Wurzeln  von 
Nadelholzbäumen  und  auch  Buchen  aufsitzen,  so  erscheint  ein 
Uebergang  von  Nährstoffen  sehr  wahrscheinlich,  wenn  auch  die 
Hauptnahrung  in  Humusstoffen  bestehen  wird.  An  den  Fichten- 
spargel schliessen  sich  die  chlorophylllosen  Orchideen  an,  die  ledig- 
lich  saprophytischer  Natur  sind. 

Auch  die  Loranthaceen  sind  noch  nicht  im  eigentlichen  Sinne 
als  Parasiten  zu  bezeichnen,  da  sie  den  Bäumen  und  Sträuchern, 
auf  denen  sie  wohnen,  doch  im  Wesentlichen  nur  Wasser  und  an- 
organische Nährstoffe  und  nur  in  sehr  beschränktem  Maasse  auch 
organische  Stoffe  entziehen.  Sie  besitzen  chlorophyllhaltige  Blätter 
und  verhalten  sich  zu  ihren  Wirthen  ganz  ähnlich  wie  das  Edel- 
reis sich  zur  Unterlage  verhält.  Sie  geben  sogar  einen  Theil  der 
selbst  bereiteten  Bildungsstoffe  an  die  Wirthspflanze  ab,  welche 
diese  zum  eigenen  Wachsthum  verbraucht.  Ob  allerdings  dies  bei 
allen  oder  auch  nur  den  meisten  Loranthaceen  geschieht,  ist  zweifel- 
haft, bei  Loranthus  europaeus  findet  aber  eine  solche  wechselseitige 
Ernährung  statt.  Die  Art  und  Weise,  wie  die  einzelnen  Arten 
dieser  Familie  durch  ihr  Wurzelsystem  den  Pflanzen,  welche  sie 
bewohnen,  das  Wasser  und  die  Nährstoffe  entziehen,  ist  eine  unge- 
mein verschiedene,  wenn  man  besonders  auch  die  ausserdeutschen 
Arten  ins  Auge  fasst2). 

Die  bekannteste  und  durch  ganz  Europa,  Asien  bis  nach 
Japan  verbreitete  Art  ist  Vi  sc  um  album,   die  gemeine  Mistel.    Die- 

2)  cf.  Solms  Laubach  in  Pringsheim's  Jahrbüchern  f.  wiss.  Bot.  VI.  p.  57511*. 
R.  Hartig,  Zur  Kenntniss  von  Loranthus  europaeus  u.  Viscuni  album  mit  1  Taf. : 
Zeitschrift  für  d.  Forst-  u.  Jagd -Wesen.  1876  Seite  321  ff.  Dr.  C.  v.  Tubeuf,  Bei- 
träge zur  Kenntniss  der  Baumkrankheiten,  Seite  9—28.    Springer  Berlin.    1888. 


26  I.  Abschnitt. 

selbe  bewohnt  fast  alle  Laub-  und  Nadelholzbäunie,  bevorzugt  aber 
einige  Holzarten,  z.  B.  die  Tanne,  Kiefer,  die  Pappeln  und  Obst- 
bäume, während  sie  auf  anderen  Bäumen  wieder  sehr  selten  oder  gar 
nicht  auftritt,  so  z.  B.  auf  der  Fichte,  Eiche,  Buche,  Kastanie,  Erle 
und  Esche3).  Bezüglich  der  Gestalt  dieser  allgemein  bekannten  Pflanze 
sei  nur  bemerkt,  dass  schmal-  und  breitblättrige  Formen,  nach  der 
Holzart  verschieden  vorkommen.  Ihre  Verbreitung  findet  die 
Mistel  durch  Verschleppung  der  Beeren,  welche  von  den  Drosseln 
(besonders  Turdus  viscivorus)  verzehrt  werden,  wobei  die  dem 
Schnabel  anhaftenden  klebrigen  Samen  vom  Vogel  an  die  Zweige, 
auf  denen  er  sitzt,  abgestreift  und  dadurch  festgeklebt  werden. 
Die  im  Frühjahr  keimenden  Samen  entwickeln  zuerst  eine  Art 
Saugscheibe,  aus  deren  Mitte  dann  eine  feine,  das  Bindegewebe 
durchbohrende  Wurzel  hervortritt.  Diese  Hauptwurzel  dringt  bis 
zum  Holzkörper  des  Zweiges  oder  Stammes  vor,  ohne  bei  ihrer 
zarten  Beschaffenheit  im  Stande  zu  sein,  in  diesen  selbst  hineinzu- 
wachsen. Ihr  Längenwachsthum  an  der  Spitze  ist  damit  beendigt, 
dagegen  ist  sie  befähigt,  durch  ein  hinter  der  Spitze  gelegenes 
theilungsfähiges  Gewebe,  welches  in  der  Cambialregion  des  Zweiges 
der  Wirthspflanze  gelegen  ist,  sich  zu  verlängern  in  demselben 
Maasse,  als  der  Zweig  sich  durch  einen  Holz-  und  Bastring  verdickt 
(Intermediäres  Längenwachsthum).  Der  Holzring  umschliesst  die 
Spitze  der  Mistelwurzel,  die  mit  jedem  Jahre  tiefer  in  den  Holz- 
körper einzudringen  scheint,  thatsächlich  aber  nur  durch  das  Dicken- 
wachsthum  des  Stammes  umschlossen  wird.  Das  Längenwachsthum 
dieser  Wurzel  wie  aller  später  an  den  Rindenwurzeln  entstehenden 
„Senker"  hat  also  die  grösste  Aehnlichkeit  mit  dem  Längenwachsthum 
eines  Markstrahles,  der  sein  eigenes  Cambium  im  Cambiummantel 
des  ganzen  Stammes  besitzt  und  sich  dadurch  jährlich  nach  der  Holz- 
und  nach  der  Rindenseite  zu  verlängern  befähigt  ist.  An  dem  in 
der  Rinde  gelegenen  Theile  der  Keimwurzel  entstehen  nun  mehrere 
Seitenwurzeln,  welche  bald  in  der  Längsrichtung  des  Zweiges  und 
zwar  sowohl  aufwärts  als  abwärts  fortwachsen  und  „Rkizoiden" 
oder  „Rindenwurzeln"  genannt  werden.  Sie  wachsen  mit  ihrer 
pinselförmigen  Spitze  im  jugendlichen  Siebtheile,    ohne    jedoch    die 


3)  Ueber  die  Mistel,  ihre  Verbreitung,  Standorte  und  forstl.  Bedeutung  von 
Nobbe  in  Tharander  forstl.  Jahrbuch  1884. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


27 


Canibiumzone  selbst  zu  berühren  oder  zu  alteriren.  Vor  der  Spitze 
werden  die  Organe  des  Siebtheiles  aufgelöst  und  jedenfalls  darf 
angenommen  werden,  dass  die  Auflösungsproducte  auch  von  der 
Rindenwurzel  aufgenommen  und  zu  eigenem  Wachsthum  verbraucht 
werden.  Das  jährliche  Längenwachs- 
thuni  der  Rindenwurzeln,  die  ein  fort- 
gesetztes Dickenwachsthum  nicht  zu 
besitzen  scheinen,  beträgt  nach  Mes- 
sungen an  der  Kiefer  etwa  0,75  mm, 
nach  Messungen  an  der  Tanne  1,7  cm. 
Entweder  alljährlich  einmal,  sehr 
selten  zweimal,  oftmals  nur  ein  Jahr 
um  das  andere  entsteht  nahe  der 
Spitze  der  Rindenwurzel  auf  der  In- 
nenseite ein  „Senker",  cl.  h.  ein  keil- 
förmiger Auswuchs  von  der  Breite 
der  Rindenwurzel,  aber  von  sehr  ver- 
schiedener Grösse,  welcher  die  Cam- 
bialzone  durchdringt  und  genau  bis 
auf  den  Holzkörper  der  Wirthspflanze 
gelangt  und  nun  dieselbe  eigenthüm- 
liche  Verlängerung  zeigt,  die  schon 
für  die  Keimwurzel  oben  beschrieben 
wurde.     Legt  man  die  Rindenwurzel 

mit  den  an  ihr  entstandenen  Senkern 

r.  ■       t        T-1-ir»  ii  •,  Wurzeln    von    Viscum    album    in 

frei,    wie    dies   .big.  2   geschehen   ist,  Pinus  silvestris.   Die  Rindenwurzel 

so    kann    man    von    der    Spitze    der  wächst  mit  ihrer  Spitze  c  im  Bast- 

W,  t        ,  P        ,   ,,  gewebe  b,  zeigt  nach  innen  8  Sen- 

urzel  c  ausgehend  genau  feststellen,  ker?  nach  aussen  Wurzelbrutknos- 

vor    wie    viel   Jahren    die    einzelnen     pen  und  Ausschläge.    Der  älteste 

Si  -,  •     1      i      t       -n  Theil    der    Rindenwurzel    ist    der 

enker  entstanden  sind,  da  dieselben    todten    Borkeregion    a  a    schon 

mit  jedem  Jahre  von  einem  Holzringe    n.aüe  gerückt.    Bei  e  sind  Senker 
!  -,  a       i      •         i  einer    bereits    in   die  Borkereeion 

umwachsen    werden.       Auch    m     den  eingetretenen  Rindenwurzel 

neuesten   Beschreibungen   der   Mistel 

findet  man  meist  noch  die  Schacht'sche  Abbildung  reproducirt, 
welche  irrthümlich  zwischen  älteren  Senkern  derselben  Rinden- 
wurzel  jüngere  darstellt.  Die  ganze  Reihe  der  Senker  nimmt  nun 
an  ihren  Seitenflächen,  mit  denen  sie  unmittelbar  den  wasserleiten- 
den Organen    des   Holzkörpers   anliegen,    Wasser   und   anorganische 


Fig.  2. 


28 


I.  Abschnitt. 


Nährstoffe  auf,  die  sie  zunächst  der  Rindenwurzel  und  durch  diese 
der  beblätterten  Mistelpflanze  zuführen.  Aus  der  eigenthümlichen 
Art  des  Längenwachsthums  der  Senker  geht  schon  hervor,  dass 
sich  dieselben  nicht  allein  nach  der  Holzseite,  sondern  auch  nach 
der  Rindenseite  zu  verlängern.    Mit  der  Neubildung  von  Bast-  oder 

Siebgeweben  rücken  auch  die  Rinden- 
wurzeln immer  mehr  vom  Cambium- 
mantel  nach  aussen,  wie  dies  schon  in 
Fig.  3  zu  erkennen  ist.  Bei  Bäumen, 
deren  Rinde,  wie  z.  B.  die  der  Weiss- 
tanne, viele  Jahrzehnte  hindurch  glatt 
bleibt,  bevor  Borkebildung  eintritt,  ist 
dieses  Entfernen  der  Rindenwurzeln  von 
dem  Cambiummantel  ohne  irgend  wel- 
chen Nachtheil  möglich.  Es  können 
dieselben  40  Jahre  alt  werden  und  dem 
entsprechend  erlangen  auch  die  Senker 
Fig.  3.  ein  so  hohes  Alter,    mit   dem   eine  ent- 

Querschnitt durch  einen  Stamm     sprechende  Länge  verbunden  ist.    Bäume 


von  Abies  pectin.  mit  Viscum 
album.  a  Todte  Borke  mit 
abgestorbenen  Rindenwurzeln. 
b  Lebendes  Bastgewebe,  c  Cam- 
bialregion.  d  Durchschnitt  einer 
Rindenwurzel  mit  6  jährigem 
Senker,  e  Desgl.  18jährig,  die 
Rindenwurzel  soeben  in  die 
Borkeregion  eintretend,  während 
die  Spitze  des  Senkers  im 
Kernholz  vertrocknet.  /  Die 
Rindenwurzel  und  der  Bast- 
theil  des  Senkers  seit  2  Jahren 
todt.  g  Rindenwurzel  seit  6 
Jahren  todt.  h  h  Grenze  zwi- 
schen Splint  und  Kern,  x  Zwei 
Senker,  deren  im  Splint  lie- 
gende Region  noch  lebend  ist. 


nur    kurze    Senker    von 
und   12  — 15  jährigem 


dagegen,    bei    denen    frühzeitig   Borke- 
bildung eintritt,  wie  z.  B.  bei  der  Kiefer, 
zeigen     immer 
3 — 4  cm    Län_ 

Alter.  Dies  erklärt  sich  dadurch,  dass 
mit  der  in  der  Regel  lebhafteren  Neubil- 
dung von  Innenrinde  auch  ein  schnel- 
leres Hinwegrücken  der  Rindenwurzeln 
vom  Cambiummantel  verknüpft  ist.  Die 
äusseren  Rindentheile  verfallen  der 
Borkebildung  und  sobald  ein  Rinden- 
theil, in  welchem  eine  Rindenwurzel  der 
Mistel  enthalten  ist,  der  Borkebildung 
verfällt,  vertrocknet  auch  der  darin  enthaltene  Theil  der  Mistelwurzel 
und  der  Zusammenhang  mit  den  Senkern  wird  unterbrochen.  Dies 
wird  durch  Fig.  3  deutlich  gemacht  werden.  Der  Senker  hört  nun  auf 
zu  wachsen  und  wird  oft  sehr  bald,  oft  erst  nach  längeren  Jahren  von 
den  neuen  Holzringen  aussen  geschlossen.  Das  Absterben  einer 
Rindenwurzel    erfolgt    naturgemäss    nicht    im   ganzen  Yerlaufe   der- 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


29 


selben  gleichzeitig,  sondern  zuerst  im  ältesten,  d.  h.  am  weitesten  nach 
aussen  liegenden  Theil  derselben,  während  die  jüngeren  Theile, 
soweit  sie  noch  im  lebenden  Rindengewebe  eingeschlossen  sind, 
lebend  bleiben.  Diese  befinden  sich  nun  aber  in  der  Lage  der 
Wurzel  eines  abgehauenen  Baumes,  d.  h.  sie  können  die  aufge- 
nommenen Nährstoffe  nicht  mehr  der  beblätterten  Mistelpflanze  zu- 
führen, welche,  wenn  alle  ihre  zuleitenden  Wurzeln  in  der  Borke 
liegen,  absterben  muss.     An  deren  Stelle  treten  nun  zahllose  Wur- 


Fig.  4. 

Weisstann eDstammstück  mit  Viscum  album- Bestand, 

auf  der  einen  Seite  entrindet,  um  den  Verlauf  der  Rindenwurzeln 

und  Senker  zu  zeigen. 


zelbrutausschläge,  indem  auf  der  Aussenseite  des  noch  lebenden 
Theiles  der  Rindenwurzeln  Wurzelbrutknospen  entstehen,  die  zu 
Ausschlägen  sich  heranbilden.  Auch  die  in  Fig.  2  dargestellte 
Mistelpflanze  ist  nur  ein  solcher  Wurzelausschlag.  Diese  Aus- 
schläge, welche  Fig.  4  dargestellt  sind,  bilden  für  sich  nun  wieder  ein 
neues  Wurzelsystem,  und  so  kommt  es,  dass  ein  von  der  Mistel  be- 
fallener Stammtheil  im  höheren  Alter  mit  zahllosen  jungen  und 
älteren  Rindenwurzeln,  mit  alten  und  jungen  Senkern  durchsetzt 
ist.     Es  bildet   sich   auf  dem  Baume    gleichsam    ein  Mistelbestand, 


30  I-  Abschnitt. 

der  durch  fortwährend  neu  entstehende  Wurzelbrut  sich  verjüngt 
und  dabei  einen  immer  grösseren  Theil  des  Baumes  für  sich  in 
Anspruch  nimmt.  An  älteren  Tannen  und  Kiefern  sind  Mistelbe- 
stände von  1  m  Länge  und  lj2  m  Breite  nicht  gerade  selten.  Es 
mag  noch  darauf  hingewiesen  wrerden,  dass  auch  die  noch  lebenden 
Senker  von  der  Spitze  aus  absterben  (Fig.  3),  sobald  diese  in  die 
von  innen  nach  aussen  vorrückende  Kernholzregion  des  Baumes 
kommen.  Auch  bei  Tanne  und  Fichte  ist  nur  der  äussere  Holz- 
theil  wasserleitend  und  die  Region,  welche  liquides  Wasser  ent- 
hält, ist  selten  mehr  als  40 — 50  Jahrringe  breit,  ja  in  den  Aesten 
viel  schmaler. 

Der  Schaden,  welchen  die  Mistel  im  Walde,  sowie  an  den  Obst-, 
Park-  und  Alleebäumen  anrichtet,  ist  keineswegs  unerheblich.  In 
der  Nähe  von  Nürnberg,  im  Reichswalde,  sah  ich  mittelalte  Kiefern- 
bestände, in  denen  kaum  ein  Baum  verschont  ist  und  die  Belaubung 
durch  Mistelblätter  mit  der  natürlichen  Benadelung  in  Concurrenz 
tritt.  Wo  es  praktisch  ausführbar  ist,  wie  in  Obstgärten  u.  s.  w., 
muss  man  die  befallenen  Aeste  rechtzeitig,  noch  ehe  eine  allge- 
meine Verbreitung  der  Mistelpflanze  stattgefunden  hat,  ganz  ab- 
schneiden. Ein  Abbrechen  der  Mistelpflanze  allein  veranlasst  nur 
kräftige  Wurzelausschlagbildung  an  derselben  Stelle. 

Mit  wenigen  Worten  sei  hier  auch  die  Gattung  Arceuthobium 
erwähnt,  von  welcher  eine  Art  Arceuthobium  Oxycedri  in  Süd- 
Europa  und  zwar  schon  in  Oesterreich  vorkommt  und  auf  Juniperus 
Oxycedrus  dicht  gedrängte  Büsche  bildet,  während  in  Nordamerika 
eine  grössere  Anzahl  von  Arten  auf  den  Waldbäumen,  besonders 
den  Abietineen  bekannt  ist.  Dieselben  wachsen  ähnlich,  wie  die 
europäische  Form  oder  veranlassen  die  Entstehung  von  Hexenbesen, 
indem  die  in  der  Rinde  lebenden  Rhizoiden  eine  erhebliche  Streckung 
der  befallenen  Zweige,  aus  deren  Rinde  zerstreut  zahlreiche  1 — 2  cm 
lange  Sprossen  hervorbrechen,  veranlassen,  wie  dies  bei  Arceuthobium 
Douglasii  der  Fall  ist4).  Die  Nahrungsaufnahme  erfolgt  auch  bei 
diesen  durch  einfache  Senker,  welche  aus  einer  Zellreihe  bestehen  oder 
durch  solche,  welche  Gefässe  besitzen.  Die  Beschädigungen  der 
Waldbäume  durch  diese  Arceuthobien  sind  sehr  erhebliche,  doch  ist 
nicht     anzunehmen,     dass    diese    Parasiten    mit    dem    Anbau    der 


*)  cf.  C.  v.  Tubeuf  1.  c. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


31 


nordainerikanischen    Nadelhölzer     in    Europa     hierher     übersiedeln 
werden. 

Grösseres  Interesse  bietet  noch  der  Loranthus  europaeus 
die  Riemenblume,  welcher  Parasit  besonders  in  Oesterreich  ver- 
breitet ist,  aber  auch  vereinzelt 
in  Sachsen  gefunden  wurde,  zu- 
mal die  A»t  seiner  Wurzelbil- 
dung von  der  der  vorbeschrie- 
benen Loranthaceen  vollständig 
abweicht. 

Die  Riemenblume  befällt 
vorzugsweise  unsere  Eichen  und 
wird  desshalb  auch  wohl  Eichen- 
mistel genannt,  dann  aber  auch 
noch  Castanea  vesca  und  hat 
sich  in  den  Mittelwaldungen 
Oesterreichs,  insbesondere  im 
Wiener  Walde,  dadurch  sehr 
nachtheilig   erwiesen,    dass   sie  p;0-  5 

durch    Tödten    der   Gipfel    das    Maserkropf  einer  Quercus  Cerris  ß?  mit 
Höhenwachsthum     der    Eichen-  einer  alten  Loranthuspflanze  b  h. 


Fig.  6. 

Loranthus  europ.  auf  Zweig  von  Quercus  Cerris. 

a.   Junge   Pflanze,     b.   5jährige   Loranthuspflanze. 

c.  Wucherung   der  Eiche,     d.   Längsschnitt   durch 

eine  Wurzel  der  Loranthuspflanze.   x.  Wurzelspitze. 

e.  Querschnitt  einer  Wurzel.    /.  Samenkorn. 

überhälter  beeinträchtigt.  An  Stelle  des  Gipfelastes  tritt  oft  eine 
maserige  Anschwellung  von  der  Grösse  eines  Menschenkopfes,  wie 
Fig.  5  zeigt.  Die  Pflanze  ist  sommergrün,  ihre  länglichen  Samen 
(Fig.  6  f)  werden,    wie  bei  Viscum,    durch  Drosseln  an  die  Zweige 


32 


I.  Abschnitt. 


geklebt,  keimen  dort,  und  wenn  die  jungen  Mistelpflanzen  (Fig.  6  a) 
wenige  Jahre  alt  geworden  sind,  so  .  sieht  man  schon  an  deren 
Basis  eine  lebhafte  Anschwellung  der  Eichenpflanze  hervortreten, 
welche  den  unteren  Theil  des  Schmarotzers  ganz  einschliesst  (Fig.  6  c). 
Das  Wurzelsystem  unterscheidet  sich  von  dem  der  vorbe- 
sprochenen Loranthaceen  einmal  darin,  dass  die  wenigen  an  der  Keim- 
wurzel entstehenden  Rhizoiden  «  stets  nur 
abwärts,  d.  h.  dem  Wasserstrom  entgegen  wach- 
sen, dass  diese  Rhizoiden  es  sind,  welche, 
ohne  Senker  zu  bilden,  Wasser  und  Nähr- 
stoffe direct  aus  dem  Holze  aufnehmen. 

Die  keilförmige  Wurzelspitze  (Fig.  7x) 
wächst  nicht  ausserhalb  der  Cambiumzone, 
sondern  im  Jungholze,  d.  h.  dem  noch  nicht 
völlig  verholzten  inneren  Holztheile  des  Astes 
und  zwar  immer  genau  parallel  mit  dem 
Längsverlaufe  der  Organe  des  Holzes.  Mit 
der  flachen  Innenseite  der  Wurzelspitze  gleitet 
sie  so  lange  in  einer  bestimmten  Region  des 
Jungholzes  vorwärts,  mit  der  gewölbten  Aus- 
senseite  die  noch  unverholzten  Elemente  nach 
aussen  drückend,  abspaltend  und  auflösend, 
bis  dem  Weiterwachsen  in  der  bisherigen 
Richtung  dadurch  ein  Ziel  gesetzt  wird,  dass 
die  ausserhalb  der  Spaltungsfläche  gelegenen 
Theile  des  neuen  Holzes  durch  Verholzung 
zu  widerstandsfähig  geworden  sind,  um  noch 
durch  die  in  der  Wurzelspitze  liegende  Wuchs- 
kraft abgespalten  und  aufgelöst  zu  werden. 
Die  Wurzelspitze  sitzt  dann  gleichsam  in 
einer  Sackgasse  und  ist  gezwungen,  in  einer 
gewissen  Entfernung  hinter  der  Spitze,  näm- 
lich da,  wo  die  gewölbte  Aussenseite  die  Cambialzone  berührt 
(Fig.  7y),  einen  neuen  Scheitelpunkt  zu  bilden,  in  welchem  ein 
erneutes  Längenwachsthum  in  einer  weiter  aussen  gelegenen  Wachs- 
thumszone  beginnt.  Während  der  Entwicklung  eines  Jahrringes 
tritt  für  die  Mistelwurzel,  die  naturgemäss  nur  in  derselben  Zeit 
zu    wachsen  vermag,    in    der    die    Cambialthätigkeit    Jungholz    er- 


Fig.  7. 

Jüngster  Theil  einer 
"Wurzel  von  Loranthus 
europ.  a  Rinde  und  Bast. 
b  Cambialregion.  cb  Jung- 
holz, d  Fertiges  Holz 
des  letzten  Jahrringes. 
e  Vorjähriger  Holzring. 
z  Loranthus'wurzel.  x 
Deren  Spitze,  y  Der  Ort, 
wo  eine  neue  Wurzel- 
spitze sich  bildet. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  33 

zeugt,  in  der  Regel  dreimal  die  Notwendigkeit  hervor,  die  Wachs- 
thumsricktung  weiter  nach  aussen  zu  verlegen,  und  entstehen  da- 
durch auf  der  Innenseite  eben  so  viele  stufenförmige  Absätze,  die 
mit  entsprechenden  Vorsprüngen  des  Holzes  correspondiren,  wie 
dies  aus  den  Fig.  6  u.  7  zu  ersehen  ist.  Die  Entfernung  zweier 
Absätze  beträgt  etwa  5 — 8  mm,  das  Längenwachsthum  der  Wurzel 
jährlich  etwa  1,5  cm.  Da  die  Wurzeln  dem  Wasserstrome  des  Stam- 
mes entgegenwachsen,  so  ergiesst  sich  dieses  aus  den  leitenden  Or- 
ganen des  Holzes  direct  an  den  Absätzen  in  die  Mistelwurzel. 
Letztere  zeigt  nun  die  Eigenthümlichkeit,  dass  sie  auch  ein  leb- 
haftes Dickenwachsthum  besitzt,  wobei  sie  eine  Reihe  von  Jahren  mit 
dem  Dickenwachsthum  des  Eichenastes  gleichen  Schritt  hält  und  sich 
dadurch  gegen  das  Einwachsen  schützt.  Selten  schon  nach  4,  meist 
erst  nach  8  Jahren  und  später  hört  ihr  Dickenwachsthum  auf  und 
sie  wird  nun  von  den  begrenzenden  Holztheilen  durch  einen  Ueber- 
wallungsprocess  eingeschlossen;  während  sie  an  der  Spitze  weiter 
wächst,  liegen  also  die  älter  als  8jährigen  Theile  im  Holze  einge- 
schlossen, functioniren  aber  vollständig  und  können  die  Nahrung 
aufnehmen,  so  lange  sie  noch  nicht  in  die  Kernholzregion  gerathen, 
in  welcher  keine  Wasserleitung  mehr  stattfindet.  Die  aufgenommenen 
Nährstoffe  können  aber  auch  dann  noch  der  Loranthuspflanze  zu- 
geführt werden.  Von  den  im  Holzkörper  verborgenen  Wurzeln  ver- 
laufen hier  und  da  den  Markstrahlen  ähnliche  Verbindungen  bis 
zur  Rinde  und  von  hier  können,  wenn  dies  auch  nur  selten  ge- 
schieht,  durch  Adventivknospen  Wurzelbrutausschläge  entstehen. 

Sehr  auffallend  ist  die  maserige  Anschwellung  derjenigen  Stelle 
des  Eichenastes,  auf  der  eine  Loranthuspflanze  haftet.  Während 
der  höher  gelegene  Theil  des  Eichenastes  schliesslich  ganz  abstirbt, 
verdicken  sich  die  Maserkröpfe,  welche  den  ganzen  unteren  Theil 
der  Mistelpflanze  mit  ihren  Verästelungen  umschliessen;  es  verdickt 
sich  auch  der  Theil  des  Eichenastes,  welcher  die  Maserknollen  trägt, 
ohne  eigene  Blätter  zu  besitzen,  und  unterliegt  es  keinem  Zweifel, 
dass  die  Assimilationsproducte  der  Schmarotzerpflanze  auch  zur 
Ernährung  der  Wirthspflanze  verwendet  werden. 

Da  es  nicht  durchführbar  ist,  die  Drosseln  wegen  der  Ver- 
breitung des  Mistelsamens  abschiessen  zu  lassen,  so  wird  man  auch 
hier  so  viel  als  möglich  beim  Auftreten  der  Riemenblume  durch 
Abschneiden  der  befallenen  Aeste  dem  Uebel  begegnen  müssen. 

Hartig,   Baumkrankheiten,  2.  Aufl.  3 


34  I-  Abschnitt. 

Die  Cuscuteen6)  „Flachsseide"  sind  chlorophyllose  ächte 
Schmarotzer,  die  zwar  vorwiegend  nur  auf  krautartigen  Gewächsen 
schädlich  sind,  doch  auch  oft  genug  auf  Holzgewächsen  gefunden 
werden,  so  dass  eine  kurze  Erwähnung  derselben  hierher  gehört.  Die 
Samen  derselben  keimen  im  Frühjahr  auf  der  Erde.  Die  jungen 
Pflänzchen  gehen  alsbald  wieder  verloren,  wenn  der  lang  fadenförmige 
Stengel  nicht  eine  geeignete  Wirthspflanze  gefunden  hat,  in  welchem 
Falle  er  den  Stengel  derselben  spiralig  umwindet  und  in  die  Rinde  zahl- 
reiche Saugwürzelchen,  Haustorien  genannt,  einbohrt.  Während 
die  ursprüngliche,  in  der  Erde  haftende  Wurzel  verloren  geht,  er- 
nährt sich  die  Seide  dadurch,  dass  sie  der  umschlungenen  Pflanze 
durch  ihre  bis  in  die  Gefässbündel  der  Wirthspflanze  eingedrun- 
genen und  dort  sich  oft  in  einzelne  Zellfäden  gleichsam  pinselförmig 
zertheilenden  Saugwurzeln  die  Nährstoffe  entzieht.  Sind  dies 
schwächere  Pflanzen,  dann  können  sie  frühzeitig  getödtet  werden; 
grössere  Pflanzen  werden  nur  in  der  Entwicklung  beeinträchtigt, 
an  Holzgewächsen  habe  ich  einen  irgend  beachtenswerten  Schaden 
noch  nie  bemerkt. 

Die  Cuscuteen  verbreiten  sich  durch  die  zahllosen  Samen, 
welche  in  den  reichidüthigen  kugelförmigen  Blütheständen,  die  in 
geringen  Abständen  übereinander  stehen,  erzeugt  werden,  doch  hat 
man  neuerdings  auch  erkannt,  dass  die  Pflanze  selbst  zu  über- 
wintern im  Stande  ist.  Die  einzigen  praktisch  anwendbaren  Mittel 
gegen  den  Parasiten  bestehen  in  Verwendung  seidefreien  Saatgutes. 
Soclann  ist  aber  auch  die  Vertilgung  der  so  vielfach  in  Hecken 
und  an  Zäunen  wuchernden  Seidepflanzen  vorzuschreiben.  Dies  sind 
die  Standorte,  wo  wir  am  häufigsten  und  insbesondere  auch  an 
verschiedenen  Holzgewächsen  die  Seide  antreffen,  und  zwar  in  erster 
Linie  Cuscuta  europaea,  die  gemeine  Seide.  Sie  schmarotzt  auf 
fast  allen  Holzgewächsen,  so  z.  B.  Corylus,  Salix,  Populus,  Prunus 
spinosa,  dann  insbesondere  auf  Humulus,  Urtica,  Galium.  Die 
gefährlichste  Art  ist  die  Kleeseide,  Cuscuta  Epithymum,  da 
sie  vorzugsweise  auf  Klee  und  Luzerne  schädlich  wird.  Neben 
zahlreichen    anderen  Wirthspflanzen,  z.  B.   Thymus,    Genista,    Cal- 


5)  cf.  Sorauer,  Handbuch.     IL  Auflage.     II.  Theil,  S.  32—48. 
v.  Solms- Laubach,   Ueber  den  Bau  und  die  Entwicklung  parasitischer  Pha- 
nerogamen,  in  Pringsheim's  Jahrb.  Bd.  IV. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


35 


luna  u.  s.  w.,  ist  sie  selbst  auf  Vitis  gefunden  worden.  Cuscuta 
Epilinum  ist  vorzugsweise  auf  Linum  usitatissimum  angewiesen, 
andere  Species  treten  seltener  auf. 


Kryptogame  Gewächse. 
§  5.     Unächte  Parasiten. 

Auch  unter  den  kryptogamen  Pflanzen  giebt  es  solche,  die, 
ohne  Parasiten  im  engeren  Sinne  zu  sein,  durch  ihre  Angriffe  direct 
nachtheilig  für  andere  Pflanzen  werden  können.  Dahin  gehört 
Thelephora  laciniata,  der  zerschlitzte  Warzenpilz1),  dessen 
vegetativer  Pilzkörper  in 
den  oberen  Bodenschichten 
von  humosen  Bestandtei- 
len lebt,  dessen  Frucht- 
träger, wie  Fig.  8  zeigt, 
an  den  jungen  Pflanzen 
emporwachsen.  Sieschlies- 
sen  Blätter,  Nadeln  und 
Zweige  von  unten  auf  so 
vollständig  ein,  dass  diese 
ersticken  und  absterben. 
Die  rostbraunen,  unge- 
stielten, mehr  oder  weni- 
ger zusammenfliessenden, 
am  Hutrande  zerschlitzten 
Fruchtträger  fand  ich  be- 
sonders oft  an  jungen 
Fichten,  Tannen  und  Wey- 
mouthskiefern, seltener  an 

Rothbuchen,    bis    zu    einer   Höhe    von   20  cm    vom   Boden    empor- 
wachsend. 

In  weit  geringerem  Grade,  aber  doch  aus  ähnlichen  Ursachen 
kann  ein  übermässiger  Flechtenwuchs  den  Bäumen  nachtheilig 
werden.  Wo  sich  im  Walde  reichlicher  Flechtenwuchs  an  den 
Stämmen    und    Zweigen    findet,    ist    dies    ein  Symptom    anhaltend 


Fig.  8. 
Thelephora  laciniata. 


J)  cf.  R.  Hartig  in  Unters,  aus  d.  forstbot.  Inst.  I  S.  164.    Berlin  1880. 


36  I.  Abschnitt. 

feuchter  Luft.  Es  steht  aber  auch  in  Beziehung  zu  der  Bodengüte 
und  Schnellwüchsigkeit  der  Bäume,  und  ist  es  ja  bekannt,  wie 
Buchen  auf  den  besten,  zumal  kalkreichen  Böden  glatte,  flechten- 
arme  Rinde,  auf  minderen,  insbesondere  auf  sandigen  Böden  flechten- 
reiche Rinde  zeigen.  Ist  das  Dickenwaehsthum  einer  Buche  sehr 
schnell,  dann  muss  auch  das  Periderm  einer  schnellen  Neubildung 
unterworfen  sein  und  die  todten  Korkzellen  auf  der  Aussenseite 
der  Rinde  werden  bald  abschülfern  und  abgestossen  werden.  Eine 
belangreiche  Flechtenentwicklung  ist  unmöglich.  Bei  sehr  lang- 
samem Dickenwaehsthum  werden  die  todten  Korkzellen  viel  län- 
ger auf  der  Rinde  verbleiben,  es  können  sich  somit  zwischen 
ihnen  die  Flechten  länger  und  kräftiger  entwickeln,  zumal  selbst- 
redend auch  die  Feuchtigkeit  länger  erhalten  wird.  Aehnliches 
gilt  für  solche  Bäume,  welche,  wie  die  Fichte,  die  äusseren  Periderm- 
schichten  als  Schüppchen  abstossen  oder  in  späterem  Alter  die  ab- 
sterbenden Rindenschichten  als  Borkeplatten  abwerfen.  Je  träger 
der  Baumwuchs,  um  so  langsamer  ergänzen  sich  die  äusseren 
todten  Hautschichten,  um  so  günstiger  sind  diese  dem  Flechten- 
wuchse.  Ist  somit  der  Flechtenwuchs  mehr  ein  Symptom  anhaltend 
feuchter  Luft  oder  träfen  Baumwuchses,  so  soll  damit  nicht  be- 
hauptet  werden,  dass  derselbe  nicht  in  geringem  Maasse  dem  Leben 
des  Baumes  nachtheilig  werden  kann.  Im  Sommer  athmet  der 
Baum  auch  an  seinen  älteren  Stammtheilen  durch  Vermittelung 
zahlloser  Lenticellen  Sauerstoff  ein,  der  zu  den  Processen  des 
Stoffwechsels  im  Innern  unbedingt  nothwendig  ist.  Wird  nun  durch 
einen  dichten,  üppigen  Flechten-  oder  Mooswuchs  der  Zutritt  des 
Sauerstoffes  zu  den  Lenticellen  der  Rinde  erschwert,  so  darf  man 
annehmen,  dass  dies  nicht  ohne  Nachtheil  für  den  Baum  ist.  Es 
lässt  sich  darin  wohl  eine  Erklärung  finden  für  die  Erscheinung, 
dass  mit  einem  sehr  üppigen  Flechtenwuchs,  z.  B.  an  Fichten  und 
Lärchen,  das  Absterben  vieler  Zweige  der  innern  Krone  verbunden  zu 
sein  pflegt. 

§  6.    Die  Bacterien  oder  Schizomyceten. 

Die  Bacterien  sind  erst  seit  einigen  Jahren  auch  als  Pflanzen 
bewohnende  Parasiten  erkannt,  jedoch  sind  die  Fälle,  in  denen  diese 
niederen  Organismen  zweifellos  als  Krankheitserreger  im  Pflanzen- 
körper  auftreten,  nur  sehr  vereinzelt. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  37 

Während  bekanntlich  die  Fäulnissprocesse  und  die  meisten 
ansteckenden  Krankheiten  der  Menschen  und  Thiere  auf  die  Wir- 
kung der  Spaltpilze  zurückgeführt  werden,  wird  der  Pflanzenorga- 
nismus  schon  durch  die  Eigentümlichkeit  seines  Aufbaues,  insbe- 
sondere durch  den  Mangel  offener  Strombahnen,  in  denen  eine 
Fortbewegung  der  Nahrungsflüssigkeit  und  damit  eine  Verbreitung 
der  in  ihr  etwa  befindlichen  niederen  Organismen  stattfinden  könnte, 
gegen  diese  geschützt.  Nur  durch  die  Gefässe  und  Intercellular- 
räume  können  sie,  sich  reichlich  vermehrend,  in  dem  Pflanzen- 
körper sich  ausbreiten,  ohne  die  ihren  Angriffen  grossen  Wider- 
stand leistenden,  aus  Cellulose  oder  Holz  bestehenden  Wandungen 
passiren  zu  müssen. 

Es  kommt  hinzu,  dass  die  meist  saure  Reaction  der  Pflanzen- 
säfte ihrem  Wachsthum  und  ihrer  Vermehrung  ungünstig  ist.  In 
der  That  sind  Bacterien  bisher  nur  im  Gewebe  solcher  Pflanzen  vor- 
gefunden, deren  Zellen  parenchymatischer  Natur  und  sehr  zartwandig 
sind,  wie  in  Zwiebel-  und  Knollengewächsen.  Sorauer1)  bezeichnet 
die  durch  Bacterien  hervorgerufenen  Erkrankungen  mit  dem  Collec- 
tivnamen  „Rotz"  (Bacteriosis).  Diese  Erkrankungen  zeichnen  sich 
dadurch  aus,  dass  die  befallenen  fleischigen  Pflanzentheile  in  eine 
schleimig-schmierige,  höchst  übelriechende  Breimasse  verwandelt 
werden.  Durch  die  von  den  Gefässen,  in  denen  sich  die  Bacterien 
schneller  verbreiten,  ausgehende  Spaltpilzvegetation  werden  die 
zarten  Zellwände  aufgelöst  und  mit  dem  plasmatischen  Inhalte  zur 
Bacterienernährung  und  -Vermehrung  verwendet,  während  oft  das 
Stärkemehl  erhalten  bleibt. 

Der  gelbe  Rotz  der  Hyacinthenzwiebeln  (Bacterium 
Hyacinthi)  ist  eine  häufige  Erkrankung,  bei  welcher  schleimige  gelbe 
Bacterienmassen,  von  Wakker  B.  Hyacinthi  genannt,  in  den  Ge- 
fässen auftreten  und  von  hier  aus  die  Gewebe  völlig  verjauchen. 

Die  Bacterien  greifen  vollkommen  gesunde,  ausgereifte  Zwiebeln 
unter  normalen  Verhältnissen  nicht  an.  Es  sind  irgend  welche  Ver- 
wundungen nöthig,  wie  sie  beim  Herausheben  der  Zwiebeln  und 
Einschlagen  derselben  an  einem  anderen  Orte  leicht  vorkommen, 
oder  es  sind  die  Zwiebeln  schon  von  Fadenpilzen  angegriffen, 
unter    denen    besonders    ein    Hyphomycet    fast    ständiger   Begleiter 


:)  Sorauer,  Handbuch.    IL  Auflage.    S.  74 — 112. 


38  I-  Abschnitt. 

der  Rotzkrankheit  ist.  In  feuchter  Lage  dringen  die  Bacterien 
in  die  Wunde  ein  und  veranlassen  die  Fäulniss  derselben. 

Auch  die  Nassfäule  oder  der  Rotz  der  Kartoffel,  die  in  den 
meisten  Fällen  als  Folge  der  durch  Phytophthora  infestans  hervor- 
gerufenen Kraut-  oder  Zellenfäule  auftritt,  ist  eine  durch  Spaltpilze 
erzeugte  Krankheit. 

Neuerdings  wird  von  J.  Burrill  in  Urbana  Illinois  eine  mit 
blight  bezeichnete  Krankheit  der  Birn-  und  Apfelbäume  beschrie- 
ben, deren  Ursache  dieser  Forscher  auf  Invasion  eines  Bacteriums 
zurückführt.  Die  Krankheit  scheint  Aehnlichkeit  mit  dem  durch 
Nectria  ditissima  erzeugten  Baumkrebs  zu  haben  und  da  bei  diesem 
Pilz  in  der  Rinde  kleine  Bacterien- ähnliche  Gonidien  in  grosser 
Menge  erzeugt  werden,  so  dürfte  zunächst  noch  zu  prüfen  sein,  ob 
nicht  diese  Erkrankung  nur  irrthümlicherweise  einem  Spaltpilze 
zugeschrieben  wird. 

§  7.    Die  Myxoniyceten,  Schleiinpilze. 

Unter  den  Myxomyceten  führt  eine,  wenn  auch  geringe  Anzahl 
ein  parasitäres  Leben,  indem  sie  in  den  Wurzeln  der  von  ihnen 
bewohnten  Pflanzen  eigenartige  Anschwellungen  veranlassen.  Dahin 
gehört  Plasmodiophora  Brassicae1),  welche  die  Hernie  der  Kohl- 
pflanzen verursacht.  Wurzel  und  Stengelbasis  der  Kohlpflanzen, 
welche  von  diesem  Parasiten  befallen  sind,  zeigen  kleinere  und 
grössere,    oft  faustgrosse  Anschwellungen,    die  bald  verfaulen.    Der 

Ernteertrag  der  geschwächten  Pflanze  fällt  oft 
ganz  aus.  Zur  Bekämpfung  der  Krankheit 
wird  man  alle  erkrankten  Kohlstrünke  ver- 
brennen, damit  sich  der  Parasit  nicht  im  Boden 
verbreitet  und  wird  andererseits  auf  Böden,  auf 
denen  die  Krankheit  auftrat,  mit  dem  Anbau  des 
Fie-  9  Kohls  einige  Jahre  aussetzen. 

Wurzelwucherung  An   den  Erlenwurzeln   treten   ganz  allge- 

der     Eller,      durch    mein  verbreitet  und  schon  in  sehr  jugendlichem 
Schinzia    Alni     her-      ,  .  tii  •  i  •  i  i     i 

vorgerufen.  Alter    die     bekannten     sich    reich    verästelnden 

knolligen  Wucherungen    auf  (Fig.  9),    in   deren 

Zellen   Woronin    einen   Pilz    nachgewiesen   hat,    den   er    Schinzia 

Alni  benannte. 


!)  Woronin  in  Pringsheim's  Jahrb.  1878.  Bd.  XI,  S.  548. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  39 

Neuerdings  hat  Möller2)  die  in  den  Zellgeweben  der  Erlen- 
wurzelknollen  auftretenden  plasmodienartigen  Gebilde  einem  der 
Gattung  Plasmodiophora  angehörigen  Schleimpilz,  den  er  als  Plas- 
modiophora  Alni  bezeichnet,  zugeschrieben.  Ob  dieser  mit  Schinzia 
Alni  identisch,  oder  von  ihm  noch  verschieden  und  gleichzeitig  mit 
ihm  auftretend  sei,  bedarf  weiterer  Untersuchung. 

Der  weiteren  Untersuchung  harren  auch  die  Wurzelknollen  der 
Leguminosen  und  der  Elaeagneen,  in  deren  parenchymatischen  Zellen 
plasmodienartige  Gebilde  auftreten. 

§  8.    Die  Pilze. 

Allgemeines  über  Bau  und  Leben  der  Pilze. 

An  jeder  Pilzpflanze  unterscheidet  man  das  Mycelium  und 
den  Fruchtträger.  Ersteres  nimmt  die  Nährstoffe  auf,  verarbeitet 
dieselben  und  dient  allen  vegetativen  Verrichtungen,  während  die 
Fruchtträger  der  Erzeugung  von  Fortpflanzungsorganen  dienen, 
mögen  diese  nun  auf  vegetativem  Wege,  durch  Theilung  und  Ab- 
schnürung entstehen,  also  den  Knospenbildungen  höherer  Pflanzen 
analog  sein,  oder  auf  sexuellem  Wege  zur  Ausbildung  gelangen. 
Die  Entwicklung  des  Myceliunis  beginnt  durch  Auswachsen,  d.  h. 
durch  Keimen  einer  Pilzzelle,  die  unter  Aufnahme  von  Wasser  und 
in  der  Regel  auch  gleichzeitiger  Nährstoffaufnahme  sich  zu  einem 
Pilzfaden,  Pilzschlauch,  „Hyphe"  genannt,  ausbildet.  Das  Wachs- 
thum  des  Pilzschlauches  ist  ein  Spitzenwachsthum,  verbunden  mit 
dem  Hervortreten  seitlicher  Aeste,  wodurch  ein  sich  immer  reich- 
licher verästelndes  System  von  Pilzschläuchen  entsteht,  das  man 
irrthümlich  bildlich  so  dargestellt  hat,  wie  einen  Strom  mit  seinen 
Nebenflüssen  und  Quellen.  Dieser  Vergleich  ist  desshalb  nicht  zu- 
treffend, weil  alle  Pilzhyphen  fast  gleich  dick  sind  und  ein  nach- 
trägliches Dickenwachsthum  des  ältesten  Theiles  eines  Mycelfaden- 
systems  nur  in  beschränktem  Grade  einzutreten  pflegt. 

Die  Pilzfäden  oder  Hyphe n  bleiben  zwar  bei  manchen 
Arten  völlig  ungetheilt,  in  der  Regel  bilden  sich  aber  in  einiger 
Entfernung  von  der  Spitze  Querwände,  durch  welche  der  Innen- 
raum   in   Kammern    eingetheilt    wird.      Eine    solche    Hyphe    nennt 

2)  H.  Möller,  Plasmodiophora  Alni.  Ber.  d.  deutsch,  bot.  Ges.  1885.  Heft  3, 
S.  102. 


40  I-  Abschnitt.    - 

man  dann  „septirt".  Der  Inhalt  derselben  bestellt  in  der  ersten 
Jugend  aus  meist  farblosem  Plasnia,  erst  in  einer  gewissen  Ent- 
fernung von  der  Spitze  treten  Körnelungen  ein,  die  vorwiegend  der 
Bildung  von  Fetttröpfchen  zuzuschreiben  sind.  Oft  füllen  sich  die 
Mycelzellen  mit  grossen  Fetttropfen,  und  zwar  vorzugsweise  dann, 
wenn  das  Mycel  Ruhezustände  annimmt,  in  denen  es  bis  zu  spä- 
teren Vegetationsperioden  verharrt,  ähnlich  wie  die  Kartoffelknolle 
sich  mit  Reservestoffen  anfüllt,  die  erst  im  nächsten  Jahre  zu  Neu- 
bildungen verwendet  werden  sollen.  Nicht  selten  ist  das  Oel  ge- 
färbt, insbesondere  giebt  die  goldgelbe  Farbe  des  Oels  vieler  Rost- 
pilze den  Blatt-  oder  Rindengeweben,  in  denen  das  Mycel  wuchert, 
eine  gelbe  Färbung.  Im  Plasma  treten  auch  meist  sehr  bald  Zell- 
safttropfen, sogen.  Vacuolen  auf,  welche  das  Plasma  zum  grossen 
Theil  an  die  Wand  drängen  und  dadurch  dem  Inhalt  ein  schau- 
miges Ansehen  geben. 

Nur  dann,  wenn  reiche  Stickstoff  nähr  ung  vorhanden  ist,  also 
in  Mycelien,  welche  zwischen  oder  in  dem  vorwiegend  aus  paren- 
chymatischen  Zellen  bestehenden  Rinden-Bast-  oder  Blattgewebe 
der  Pflanzen  vegetiren,  erhält  sich  der  Inhalt  der  Hyphen  lange 
Zeit;  er  verschwindet  dagegen  frühzeitig,  wenn  das  Mycel  in  sehr 
nahrungsarmem  Gewebe,  also  insbesondere  im  Holzkörper  der  Bäume 
vegetirt.  Verbreitet  sich  ein  Pilzmycel  im  Inneren  eines  Baumes, 
dann  findet  dasselbe  im  Inhalte  der  Markstrahlzellen,  sowie  der 
Zellen  des  Holz-  oder  Strangparenchyms  reichliche  Stickstoffnahrung, 
es  entwickelt  kräftige  Hyphen,  wenn  es  auch  im  inhaltlosen  Lumen 
der  Tracheiden,  Holzfasern  oder  Gefässe  fortwächst.  Die  Spitzen 
der  Hyphen  werden  gleichsam  von  rückwärts  mit  Plasma  versehen, 
während  sie  proteinfreie  Gewebstheile  zu  passiren  haben.  Das 
Plasma  wandert  hinter  der  Spitze  her  und  zwar  auf  Kosten  der 
älteren  Hyphentheile,  die  sich  bald  entleeren  und  mit  Luft  füllen. 
Die  leeren  Mycelhyphen  erhalten  sich  zwar  noch  eine  Zeit  lang, 
werden  aber  unter  dem  zersetzenden  Einflüsse  des  Pilzes  selbst 
wieder  aufgelöst,  und  findet  man  desshalb  oft  nichts  mehr  von  dem 
Pilze,  während  doch  zahlreiche  Bohrlöcher  in  den  Wandungen  der 
Zellen  zweifellos  darthun,  dass  derselbe  früher  in  dem  Gewebs- 
theile vorhanden  gewesen  ist.  In  demselben  Maasse,  als  in  einem 
Holzkörper  das  Mycel  sich  vermehrt,  steigert  sich  der  Protein- 
mangel   zur  Erzeugung    neuen  Pilzplasmas    und    dies  giebt  sich  in 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  41 

der    abnehmenden  Dicke    der   neu  entstehenden  Pilzhyphen  in  auf- 
fallendster Weise  zu  erkennen. 

Die  Wandung  der  Pilzhyphen,  aus  Pilzcellulose  bestehend, 
ist  anfänglich  sehr  zart,  erreicht  aber  mitunter  nachträglich  eine 
Dicke,  dass  das  Lumen  fast  völlig  verschwindet.  Es  wird  dadurch 
ein  aus  solchen  dickwandigen  Hyphen  bestehender  Pilzkörper  zu- 
weilen steinhart.  Umgekehrt  verwandelt  sich  die  Wandung  ganz 
oder  nur  in  ihrem  äusseren,  seltener  inneren  Theile  in  eine  Gallerte, 
und  gewisse  Wandungszustände  z.  B.  des  Mycels  von  Hysterium,  der 
Askenspitzen  von  Rosellinia  quercina  färben  sich  dann  durch  Jod 
so  blau,  wie  das  Stärkekorn. 

Anfänglich  sind  die  Pilzhyphen  fast  immer  farblos,  in  späterem 
Alter  nimmt  die  Wandung  recht  oft  eine  heller  oder  dunkler  braune 
Färbung  an,  seltener  sind  andere  Farben,  z.  B.  die  blaugrüne  der 
Peziza  aeruginosa,  welche  die  sogenannte  Grünfäule  todten  Eichen-, 
Buchen-  oder  Fichtenholzes  veranlasst.  Zuweilen  beschränkt  sich 
die  Färbung  auf  die  äusseren  oder  inneren  Wandungsschichten. 

Das  durch  seitliche  Aussprossung  sich  verästelnde,  durch 
Spitzenwachsthum  vergrössernde  Mycel  bleibt  in  der  Regel  ein 
einfach  fädiges,  d.  h.  die  Mycelfäden  bleiben  isolirt  und  ver- 
wachsen höchstens  hier  und  da,  wo  sie  sich  gerade  kreuzen.  Vege- 
tirt  dasselbe  äusserlich  auf  Blättern,  Früchten  u.  s.  w.,  wie  z.  B. 
bei  den  Mehlthaupilzen  (Erysiphe),  dann  nennt  man  es  epiphy- 
tisch;  vegetirt  es  im  Inneren  der  Pflanzen,  ist  es  also  endophy- 
tisch,  dann  wächst  es  entweder,  die  Wandungen  durchbohrend, 
von  Zelle  zu  Zelle,  ist  somit  intracellular,  oder  es  wächst  zwischen 
den  Zellen,  ist  intercellular  und  sendet  dann,  in  der  Regel  ähn- 
lich den  meisten  Epiphyten,  kurze  Zweige,  Saugwarzen  oder 
Haustor ien  genannt,  in  das  Innere  der  Zelle,  um  aus  diesem  die 
Nahrung  zu  entnehmen. 

Wenn  das  fädige  Mycel  Gelegenheit  hat,  sich  ausserhalb  des 
Nährsubstrates  kräftig  zu  entwickeln,  wie  das  insbesondere  häufig 
der  Fall  ist  bei  holzbewohnenden  Hymenomyceten,  dann  bildet 
es  häutige  Lager  von  oft  mächtiger  Entwicklung  oder  es  füllt 
Spalten  oder  andere  Hohlräume  im  .Holzstamme  aus.  Am  bekann- 
testen sind  solche  Häute,  Krusten  und  Pilzmassen  von  Polyporus 
sulphureus,  vaporarius,  borealis,  Hydnum  diversidens,  Trametes  Pini, 
Merulius  lacrymans  u.  A. 


42  I-  Abschnitt. 

Oftmals  nimmt  das  Mycel  auch  die  Form  von  sich  verästelnden 
Strängen  an,  die  dann  geeignet  sind,  den  Pilz  zur  Wanderung 
durch  nahrungsarme  Substrate  zu  befähigen.  Es  handelt  sich  dabei 
entweder  nur  um  lockere  Vereinigung  gleichartiger  Pilzhyphen, 
Rhizoctonien  genannt,  oder  die  Stränge  zeigen  einen  eigenartigen 
Bau  mit  Organen  verschiedener  Natur.  Die  Stränge  des  ächten 
Hausschwammes  z.  B.  führen  gefässartige  Organe  mit  weitem  Lumen 
und  perforirten  Querwänden,  daneben  sclerenchymatische,  dünne 
Fäden  und  drittens  zarte,  plasmareiche  Hyphen  mit  Schnallenzellen. 
Diesen  Strängen  schliessen  sich  dann  die  sogenannten  Rhizomorphen 
an,  die  in  ihrem  Aeusseren  grosse  Aehnlichkeit  mit  Wurzelfasern 
höherer  Gewächse  und  je  nach  der  zugehörigen  Pilzart  einen 
ganz  eigenartigen  inneren  Bau  zeigen.  Am  bekanntesten  sind  die 
Rhizoniorphen  des  Agaricus  melleus,  welche  bei  freier  Entwicklung 
eine  rundliche  Gestalt  annehmen,  im  Rindengewebe  der  lebenden 
Bäume  sich  fächerförmig  verbreiten.  Ihr  innerer  Bau  zeigt  charak- 
teristische Merkmale,  durch  welche  sie  sich  von  den  Rhizomorphen 
anderer  Pilze,  z.  B.   der  Dematophora  necatrix  sofort  unterscheiden. 

Aehnliche  Bedeutung,  wie  den  Knollen  und  anderen  Rhizomen 
höherer  Pflanzen  ist  den  sogen.  Sclerotien  zuzuschreiben.  Es 
sind  eigenartig  gebaute  Mycelmassen,  in  denen  reiche  Yorräthe  an 
Nährstoffen,  besonders  an  Plasma  und  Oel  niedergelegt  sind,  und 
die,  oft  lange  Zeit  ruhend,  beim  Eintritt  günstiger  Bedingungen 
keimen  und  dann  entweder  neues  fädiges  Mycel  oder  zunächst 
Fruchtträger  des  betreffenden  Pilzes  hervorbringen. 

Die  einfachste  Form  solcher  Dauermycelkörper  wird  durch  die 
Zellnester  der  Cercospora  acerina  dargestellt;  es  schliessen  sich 
daran  die  Sclerotien  der  Rosellinia  quercina  und  die  allgemein  be- 
kannten Sclerotien  der  Claviceps  purpurea. 

Die  Fruchtträger  entspringen  dem  Mycelium  und  dienen  zur 
Erzeugung  der  Reproductionsorgane,  d.  h.  der  Keime,  aus  denen 
neue  Individuen  hervorgehen.  Dieselbe  Pilzart  erzeugt  oft  ver- 
schiedene Arten  von  Fortpflanzungsorganen,  die  auf  oder  in  ver- 
schiedenartig gestalteten  Fruchtträgern  sich  entwickeln.  Die  Gestalt 
der  Fruchtträger  ist  für  die  Pilzart  viel  charakteristischer,  als  das 
Mycelium,  und  da  die  oft  massig  entwickelten  Fruchtträger  fast 
stets  ausserhalb  des  Nährsubstrates,  das  Mycelium  dagegen  in  der 
Regel  in  diesem  verborgen  sich   entwickelt,    so    wird    vielfach    von 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  4a 

dem  Laien  der  Fruchtträger  als  der  ganze  Pilz  angesehen,  dem 
Myeelium  wenig  oder  gar  keine  Beachtung  geschenkt. 

Bestehen  die  Fruchtträger  nur  aus  einzelnen,  dem  Mycel  ent- 
springenden Pilzfäden,  so  bezeichnet  man  sie  als  Fruchthyphen 
oder  Fruchtfäden,  wogegen  man  die  zusammengesetzten  Pilzkörper 
Fruchtkörper  nennt.  Bei  der  grossen  Mannigfaltigkeit  in  Gestalt 
und  Bau  der  Fruchtträger  kann  es  nicht  unsere  Aufgabe  sein,  hier 
näher  auf  deren  Betrachtung  einzugehen.  An  oder  in  den  Frucht- 
trägern werden  in  der  einen  oder  anderen  Weise  Zellen  abge- 
gliedert, welche  Sporen  genannt  werden  und  durch  Keimung  zu 
neuen  Individuen  sich  fortentwickeln.  Diejenigen  Zellen,  aus  denen 
die  Sporen  zunächst  hervorgehen,  werden  Sporenmutterzellen  ge- 
nannt. Diese  erzeugen  die  Sporen  entweder  in  ihrem  Inneren  (in 
den  Sporangien  der  Phycomyceten,  in  den  Schläuchen  oder  Asken 
der  Ascomyceten)  oder  durch  Abschnürung  an  der  Spitze,  in 
welchem  Falle  die  Mutterzelle  als  Basidie  bezeichnet  wird. 

Bei  den  meisten  Pilzgruppen  sind  Sexualprocesse  nachgewiesen 
und  gliedert  sich  der  Entwicklungsgang  derselben  wie  bei  den 
anderen  Pflanzen  in  zwei  Abschnitte,  Generationen,  von  denen  die 
eine,  als  geschlechtslose  Generation  bezeichnete  mit  der  Keimung 
einer  sexuell  befruchteten  Zelle  beginnt  und  zur  Erzeugung  von 
Sporen  (Carposporen)  führt.  Aus  der  Keimung  dieser  Sporen  geht 
die  zweite  Generation  hervor,  die  sich  durch  Gestalt  und  Ent- 
wicklung wesentlich  von  der  geschlechtslosen  Pflanze  unterscheidet. 
Sie  schliesst  mit  der  Entstehung  männlicher  und  weiblicher  Sexual- 
apparate und  Sexualzellen  ab  und  wird  desshalb  die  geschlechtliche 
Generation  genannt.  Solche  Sporen,  welche  nicht  als  Abschluss 
der  geschlechtslosen  Generation  entstehen,  sondern  ähnlich  den 
Knospen,  Brutzellen  und  anderen  vegetativen  Vermehrungsorganen 
dieselbe  Pflanzenform  erzeugen,  wie  die  war,  aus  welcher  sie  her- 
vorgingen, werden  Gonidien  genannt.  Dem  Vorschlage  de  Bary's 
folgend,  mag  diese  Bezeichnung  an  Stelle  des  von  Fries  eingeführten 
Ausdruckes  Conidien  treten. 

Die  Gonidien  dienen  hauptsächlich  dazu,  innerhalb  der  Vege- 
tationszeit eine  Pilzform  massenhaft  zu  verbreiten,  während  im  All- 
gemeinen die  Carposporen  dazu  dienen,  die  Pflanzenart  von  einem 
Jahr  aufs  andere  zu  übertragen. 

Ich  gehe  nun   über  zu    einer  kurzen  Darstellung  der  Lebens- 


44  I-  Abschnitt. 

weise  und  Lebensbedingungen  der  Pilze.  Gerade  so  ver- 
schiedenartig wie  bei  den  Sämereien  der  Phanerogamen  die  Dauei 
der  Keimfähigkeit,  die  Abhängigkeit  der  Keimung  von  äusseren 
Factoren  ist,  ebenso  sehen  wir  bei  den  Sporen  und  Gonidien 
nach  Pilzart  verschieden  die  Keimfähigkeit  entweder  sofort 
nach  der  Reife  oder  nach  einer  langen  Sporenruhe  eintreten. 

Andererseits  geht  z.  B.  bei  den  Gonidiensporen  der  Rostpilze 
die  Keimfähigkeit  schon  wenige  Tage  nach  der  Reife  wieder  ver- 
loren, während  die  Eisporen  der  Phytophthora  omnivora  min- 
destens vier  Jahre  lang  im  Boden  ruhen  können,  ohne  dieselbe  ein- 
zubüssen. 

Die  Ansprüche  an  die  Wärme  sind  nicht  so  gross,  wie  die- 
jenigen, welche  die  höheren  Pflanzen  erheben,  wir  sehen  desshalb 
noch  im  Spätherbst  die  üppigste  Pilzvegetation  eintreten  zu  einer 
Zeit,  in  welcher  die  Vegetation  der  Bäume  bereits  eingeschlafen  ist. 
Das  Wärmeoptimum  liegt  auch  bei  den  Pilzen  sehr  verschieden 
hoch,  doch  fehlen  darüber  noch  zuverlässige  Untersuchungen.  Für 
diejenigen  Pilze,  die  uns  hier  angehen,  sind  Temperaturen  über 
100°  C.  zweifellos  immer  tödtlich. 

Eine  ungemein  wichtige  Lebensbedingung  für  die  Pilze  ist 
hohe  Feuchtigkeit  der  Luft  oder  des  Substrates,  in  welchem 
sich  dieselben  entwickeln.  Es  erklärt  sich  dies  nicht  allein  aus 
dem  grossen  Was  s  erbe  darf e,  sondern  viel  mehr  noch  aus  der  Leich- 
tigkeit, mit  welcher  die  Pilzmycelien  oder  jugendlichen  Frucht- 
träger in  trockener  Umgebung  durch  übermässige  Verdunstung  ab- 
sterben. Nur  sehr  selten  wird  es  desshalb  dem  Pilzmycel  möglich, 
sich  in  freier  Luft  zu  entwickeln,  die  Fruchtträger,  welche  meist 
ausserhalb  des  Pflanzenkörpers  ihre  Sporen  ausstreuen  müssen, 
werden  desshalb  bei  allen  Rost-  und  Brandpilzen,  ja  auch  bei 
sehr  vielen  Scheibenpilzen  unter  dem  Schutze  der  Oberhaut  des 
WTirthes  gebildet,  die  dann  erst  nach  der  Sporenreife  durch- 
brochen wird. 

In  wie  hohem  Maasse  die  Entwicklung  der  ganz  ausserhalb 
des  Substrates  sich  entfaltenden  Fruchtträger  von  beständiger  Luft- 
feuchtigkeit abhängt,  das  ist  am  besten  daran  zu  erkennen,  dass 
ja  im  Sommer  trotz  günstigster  Temperatur  weit  weniger  sogenannte 
„Schwämme"  dem  Boden  entwachsen,  als  in  dem  durch  grosse 
relative    Luftfeuchtigkeit    ausgezeichneten   October.      Die    colossale 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  45 

Verbreitung,  welche  der  Lärchenpilz,  Peziza  Willkommii,  im  deut- 
schen Flachlande  gefunden  hat,  erklärt  sich,  fast  ausschliesslich, 
durch,  die  reiche  Entwicklung  völlig  ausgereifter  Früchte  und  Sporen 
in  der  feuchteren,  zumal  stagnirenden  Luft  der  geschlossenen  Nie- 
derungsbestände, während  in  der  Zugluft  der  Alpen  die  Früchte 
fast  stets  vertrocknen,   ehe  sie  reif  geworden  sind. 

Die  Luftfeuchtigkeit  ist  nicht  allein  bestimmend  für  das  Reifen 
der  Früchte  und  für  das  Keimen  der  Sporen  ausserhalb  der  Pflanze, 
sondern  scheint  auch  von  grossem  Einflüsse  zu  sein  auf  die  Ent- 
wicklung der  Pilze  im  Inneren  der  Pflanze  selbst.  Die  Thatsache, 
dass  das  in  den  Trieben  der  Kiefer  perennirende  Caeoma  pinitor- 
quum  geradezu  verheerend  auftritt,  wenn  der  Monat  Juni  regnerisch 
ist,  umgekehrt  kaum  erkennbaren  Schaden  bei  trockenem  Wetter 
anrichtet,  berechtigt  mindestens  zu  dieser  Annahme.  In  Rücksicht 
der  Ernährungsweise  unterscheidet  man  zunächst  zwei  Haupt- 
categorien  von  Pilzen.  Parasiten  oder  Schmarotzer  werden  die- 
jenigen Pilze  genannt,  die  sich  von  lebenden  Organismen,  Sapro- 
phyten  oder  Fäulnissbewohner  dagegen  solche,  die  sich  von  todten 
Körpern  ernähren.  Eine  scharfe  Trennung  aller  Pilze  in  diese 
beiden  Categorien  ist  aber  nicht  durchführbar.  Zunächst  kann  oft 
darüber  gestritten  werden,  ob  man  einen  organischen  Körper  als 
todt  oder  lebend  bezeichnen  will.  Der  Holzkörper  der  Bäume  be- 
steht zum  weitaus  grössten  Theile  aus  abgestorbenen  Zellen,  von 
denen  nur  noch  die  Wandungen  zurückgeblieben  sind  und  nur  ein 
verhältnissmässig  kleiner  Theil,  die  Zellen  des  Strang-  und 
Strahlenparenchyms,  sind  lebend  und  protoplasmahaltig.  Da  es 
viele  Holzpilze  giebt,  die  nur  an  alten  Baumstöcken  und  an  seit 
längerer  Zeit  gefällten  oder  abständigen  Bäumen  ihre  Thätigkeit 
entwickeln,  während  andere  Holzpilze  am  lebenden  stehenden 
Baume  ihre  Zerstörungen  ausüben,  so  erscheint  es  zweifellos,  dass 
man  den  gesunden  Holzkörper  des  lebenden  Baumes  auch  als 
lebend  bezeichnen  muss,  wenn  auch  nur  ein  Theil  seiner  Zellen 
Lebenserscheinungen  zeigt.  Schwer  wird  es  in  vielen  Fällen, 
zu  entscheiden,  ob  ein  Holzkörper,  z.  B.  der  Kern  mancher  Bäume, 
noch  lebend  war,  als  er  vom  Pilzmycel  ergriffen  wurde,  oder  ob 
dessen  Parenchymzellen  bereits  abgestorben  waren.  Von  diesen 
zweifelhaften  Fällen,  in  denen  es  schwer  wird,  sofort  zu  erkennen, 
ob  ein  Pilz  als  Parasit  oder  als  Saprophyt    lebt,    abgesehen,    giebt 


46  I-  Abschnitt. 

-es  nun  aber  zwischen  den  streng  saprophytisch  und  den  streng 
parasitisch  lebenden  Pilzen  mannigfache  Uebergänge.  Zahlreiche 
Pilze  sind  im  Stande,  ihre  volle  Entwicklung  als  Saprophyten 
durchzumachen,  unter  Umständen  aber  auch  rein  parasitisch  zu 
leben.  Als  Beispiele  dienen  Agaricus  melleus  und  die  Nectrien. 
Diese  Pilze  bezeichnet  man  als  facultative  Parasiten.  Andere 
Pilze  machen  ihren  ganzen  Entwicklungsgang  in  der  Regel  in  pa- 
rasitärer Lebensweise  durch,  besitzen  aber  die  Fähigkeit,  wenigstens 
in  bestimmten  Stadien  saprophytisch  zu  vegetiren.  Man  hat  sie 
.als  facultative  Saprophyten  bezeichnet.  Dahin  gehört  z.  B. 
Phytophthora  omnivora  und  Cercospora  acerina.  Wir  haben  dem- 
nach vier  Gruppen  zu  unterscheiden:  1.  reine  Saprophyten;  2.  fa- 
cultative Parasiten;  3.  facultative  Saprophyten  und  4.  reine,  d.  h. 
streng  obligate  Parasiten,  welche  nur  parasitisch  wachsen  können, 
z.  B.  die  Uredineen. 

Die  Verbreitung  einer  infectiösen  Krankheit  kann  in 
zweifach  verschiedener  Weise  vor  sich  gehen,  nämlich  entweder 
durch  Mycelinfection  oder  durch  Sporen  resp.  Gonidieninfection. 

Die  Mycelinfection  kommt  in  der  Natur  besonders  bei 
-unterirdisch  wachsenden  Parasiten  vor,  da  die  wechselnde  Luft- 
feuchtigkeit eine  oberirdische  Mycelentwicklung  ausserhalb  der 
Pflanze  nur  ausnahmsweise  zu  Stande  kommen  lässt,  wie  bei  Her- 
potrichia  und  Trichosphaeria. 

Bei  der  Mycelinfection  ist  es  gewissermaassen  ein  und  dasselbe 
Pilzindividuum,  welches  sich  von  Wurzel  zu  Wurzel,  von  Zwreig  zu 
Zweig  weiter  verbreitet  und  ausdehnt;  es  ist  desshalb  ein  solches 
Fortschreiten  der  Erkrankung  in  einem  Waldbestande  ein  relativ 
langsames,  dafür  aber,  wenigstens  bei  dichtem  Pflanzenstande,  in 
der  Regel  dadurch  charakterisirt,  dass  alle  oder  die  meisten  In- 
dividuen innerhalb  des  localen  Verbreitungsbezirkes  erkranken.  Es 
entstehen  dadurch  allmälig  mehr  oder  weniger  grosse  Lücken  im 
Pflanzenbestande. 

Bei  Trametes  radiciperda,  dem  gefährlichsten  Feinde  der 
Fichten-  und  Kiefernbestände,  ist  Contact  der  kranken,  pilzhaltigen 
Wurzel  mit  der  gesunden  Wurzel  eines  Nachbarbaumes  nöthig, 
wenn  das  zwischen  den  Rindenschüppchen  hervortretende  Mycel  in 
letztere  hineinwachsen  soll.  Bei  Agaricus  melleus  entspringen  den 
kranken  Wurzeln  Mycelstränge    in  Gestalt    der  Rhizomorphen,    die 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  47 

dann  nach  verschiedenen  Richtungen  unter  der  Oberfläche  der  Erde 
fortwachsend  die  ihnen  auf  ihrem  Wege  begegnenden  Wurzeln  ge- 
sunder Nadelholzbäume  umklammern,  mit  ihrer  conisch  geformten 
Spitze  zwischen  die  Rindenschuppen  eindringen,  diese  absprengen 
und  in  das  lebende  Gewebe  sich  einbohren. 

Bei  Rosellinia  quercina,  dem  Eichenwurzeltödter,  ist  es  das 
zarte  fädige,  hier  und  da  zu  Rhizoctonien  zusammentretende  Mycel, 
welches  bei  feuchtwarmer  Witterung  von  der  erkrankten  Pflanze 
aus  in  den  oberen  Bodenschichten  sich  verbreitet  und  in  der  später 
ausführlicher  zu  schildernden  Weise  die  Wurzeln  der  Nachbarpflanze 
ergreift  und  tödtet.  Dadurch,  dass  das  Mycel  an  den  Eichen- 
wurzeln Dauermycel  in  Gestalt  kleiner  rundlicher  Sclerotien  bildet, 
wird  der  Parasit  befähigt,  sein  durch  vorübergehende  Bodentrock- 
niss  oder  durch  Kälte  unterbrochenes  Wachsthum  wieder  fortzu- 
setzen. 

In  ähnlicher  Weise  verbreitet  sich  Dematophora  necatrix  in 
den  Weinbergen. 

Die  Verbreitung  eines  Parasiten  durch  Sporen  und  Goni- 
dien  ist  nicht,  wie  die  Mycelinfection  auf  die  nächsten  Nachbaren 
beschränkt,  wenn  diese  auch  der  Ansteckungsgefahr  am  meisten 
ausgesetzt  sind,  es  können  vielmehr  durch  sie  weit  entfernt  ste- 
hende Bäume  inficirt  werden,  während  nahe  benachbarte  Individuen 
gesund  bleiben.  Wie  mannigfach  verschiedene  Verhältnisse  hierbei 
maassgebend  sind,  wie  insbesondere  die  Verschleppung  durch  Thiere 
und  Menschen  das  Auftreten  einer  Epidemie  bedingen  kann,  werden 
wir  im  speciellen  Theile  hervorzuheben  haben.  Hier  mögen  einige 
Beispiele  auf  diese  Verhältnisse  hinweisen. 

Phytophthora  omnivora  entwickelt  in  Folge  vorhergegangener 
sexueller  Befruchtung  im  Inneren  der  Keimpflanzen  Sporen,  hier 
speciell  Eisporen  genannt;  diese  gelangen  mit  den  verfaulenden 
Pflanzen  in  den  Boden,  können  dort  eine  Reihe  von  Jahren  ruhen 
und  erzeugen  aufs  Neue  die  Krankheit,  wenn  sich  geeignete  Keim- 
pflanzen dort  entwickeln.  Daneben  erzeugt  der  Parasit  aber  auch 
zahllose  Gonidien  auf  der  Aussenseite  seiner  Blätter.  Diese  sind 
sofort  keimfähig  und  werden  durch  den  Wind  auf  die  Nachbar- 
pflanzen geführt,  oder  durch  Thiere  und  Menschen  verschleppt, 
-so  dass  in  Folge  davon  neue  Infectionsheerde  sich  bilden. 

Das  Auftreten  neuer  Infectionsheerde  der  Trametes  radiciperda, 


48  I.  Abschnitt. 

welche  ihre  Fruchtträger,  wenigstens  bei  der  Fichte,  fast  immer 
nur  unterirdisch  und  zwar  in  Höhlungen  zur  Entwicklung  gelangen 
lässt,  dürfte  vorzugsweise  der  Verschleppung  durch  Mäuse  zuzu- 
schreiben sein. 

Der  Getreidebrand  entsteht  in  der  Regel  dadurch,  dass  man 
Saatgut  benutzt,  welchem  äusserlich  Brandsporen  anhaften,  kann 
aber  auch  durch  den  Stalldünger  veranlasst  werden,  wenn  brandiges 
Stroh  zum  Unterstreuen  benutzt  worden  ist. 

Höchst  interessant  gestalten  sich  diese  Verhältnisse  bei  den 
heteröcischen  Rostpilzen,  d.  h.  bei  den  parasitischen  Pilzen,  welche 
ihre  verschiedenen  Entwicklungsphasen  nicht  auf  derselben,  sondern 
auf  zwei  verschiedenen  Pflanzenarten  durchleben.  Es  sei  hier  nur 
auf  den  Zusammenhang  des  Berberitzenpilzes  und  des  Getreide- 
rostes, oder  des  Fichtenblasenrostes  und  des  Alpenrosen-  und  Kien- 
porstpilzes, oder  endlich  des  Weisstannenblasenrostes  und  des 
Preisselbeerpilzes  hingewiesen.  Das  Auftreten  der  Krankheit  ist  bei 
diesen  Parasiten  durch  die  Gegenwart  beider  Wirthspflanzen  bedingt, 
doch  hat  de  Bary  zunächst  für  den  Alpenrosenpilz  nachgewiesen, 
dass  dieser  im  Nothfalle  auch  ohne  Fichte  bestehen  kann,  und 
scheint  es  mir  zweifellos  zu  sein,  dass  der  Preisselbeerpilz  auch 
ohne  Weisstanne  sich  zu  entwickeln  vermag.  Für  eine  Reihe  von 
Rostpilzen  kennen  wir  nur  das  eine  oder  andere  Entwicklungs- 
stadium und  bleibt  noch  zu  ermitteln,  mit  welchen  anderen  Pilz- 
formen dieselben  im  Zusammenhange  stehen. 

Auch  die  Angriffsweise  der  Parasiten  bietet  die  mannig- 
fachsten Verschiedenheiten  dar.  Während  die  Epiphyten,  deren 
Mycel  äusserlich  auf  der  Epidermis  der  Blätter,  Früchte  und  Stengel 
vegetirt,  nur  zarte  Saugorgane  in  das  Innere  der  Oberhaut  senden, 
müssen  die  Endophyten  die  Keimschläuche  ihrer  ausserhalb  kei- 
menden Sporen  oder  ihre  entwickelten  Mycelien  in  das  Innere  der 
Pflanzen  einbohren. 

Man  kann  nach  der  Angriffsart  zwei  grosse  Gruppen  unter 
ihnen  bilden,  von  denen  die  erste  solche  Parasiten  umfasst,  die 
unverletzte  Pflanzen  angreifen  können,  während  die  zweite  Gruppe 
nur  an  schon  vorhandenen  Wundstellen  einzudringen  vermag,  also 
die  infectiösen  Wundkrankheiten  erzeugt.  Die  ersteren  sind 
theilweise  auf  sehr  jugendliche  Entwicklungsstadien  der  Pflanze 
oder  der  Triebe,  Blätter  und  Wurzeln  angewiesen,  seltener  dringen 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  49 

ihre  Pilzkeiine  auch  in  die  Spaltöffnungen  und  Lenticellen  älterer 
Blätter  und  Stengel  ein.  Nur  sehr  kräftige  Mycelbildungen,  wie 
die  des  Agaricus  melleus  und  der  Trametes  radiciperda  bohren  sich 
auch  in  verkorkte  Hautschichten,  indem  sie  zwischen  die  Borke- 
schuppen der  Wurzel  eindringend  diese  auseinander  drängen. 

Zu  den  interessantesten  Vorgängen  dieser  Art  gehört  die  An- 
griffsweise der  Rosellinia  quercina. 

Die  Hauptwurzel  der  jungen  Eiche  ist  durch  einen  ziemlich 
derben  Korkmantel  gegen  Angriffe  von  aussen  geschützt,  das  Mycel 
der  Rosellinia  vermag  somit  nur  dadurch  in  das  Innere  zu  gelangen, 
dass  es  zunächst  die  feinen  Seitenwurzeln  tödtet  und,  da  diese 
jene  Korkschicht  durchsetzen,  gleichsam  eine  Bresche  in  den 
schützenden  Korkmantel  legt.  Da,  wo  die  Seitenwurzeln  den 
Korkmantel  durchsetzen,  entwickelt  sich  das  Mycel  zu  fleischigen 
Knollen,  die  dann  einen  oder  mehrere  Zapfen  durch  die  Bresche 
in  das  Innere  der  Wurzel  hineintreiben.  Erst  an  der  Spitze  dieser 
Zäpfchen  bildet  sich  einige  Zeit  darauf  das  verderbliche  fädige 
Mycel. 

Verwundungen,  welche  dem  Parasiten  Eintritt  in  das  Baum- 
innere gewähren,  entstehen  in  mannigfacher  Weise  durch  Thiere 
und  Menschen,  durch  Hagelschlag,  Windbruch,  Schneedruck  u.  s.  w., 
auf  welche  Verhältnisse  hier  nur  hingewiesen   werden  mag. 

Die  Wirkungen,  die  von  den  Parasiten  auf  die  Gewebe  der 
Wirthspflanzen  ausgeübt  werden,  lassen  sich  nur  erklären  durch 
die  Annahme  einer  jeder  Pilzart  eigenthümlichen  Fermentsub- 
stanz, die,  im  Pilzplasma  gebildet,  von  den  Hyphen  ausge- 
schieden wird  und  den  benachbarten  Zellen  sich  mittheilt. 

Recht  oft  vegetirt  das  Mycel  in  lebenden  parenchymatischen 
Geweben,  ohne  die  geringste  erkennbare  Veränderung  in  diesen 
hervorzurufen,  zumal  wenn  die  Zellen  bereits  in  den  Dauerzustand 
übergegangen  waren,  als  das  Mycel  in  oder  zwischen  sie  hineinwuchs. 

Das  Mycel  der  Calyptospora  übt  auf  die  fertigen  Gewebe  der 
Preisseibeere  gar  keine  ersichtliche  Wirkung  aus,  veranlasst  da- 
gegen in  noch  sehr  jugendlichen  Trieben  eine  Vergrösserung  der 
Parenchymzellen  der  Rinde,  die  zu  höchst  auffälligen  Anschwellun- 
gen des  Stengels  führt. 

Beschleunigung  der  Zellvermehrung  gehört  zu  den  häufigen 
Folgen  der  Pilzwirkung.    Es  seien  erwähnt  die  Stammanschwellun- 

Hartig,    Baumkrankheiten,  2.  Aufl.  4 


50  I-  Abschnitt. 

gen  der  Weisstanne,  in  deren  Rindengewebe  Aecidium  elatinum 
wuchert,  ferner  die  Starnmanschwellungen  der  Wachholderstämme 
(Gymnosporangium)  u.  s.  w.  Häufiger  noch  werden  die  bewohnten 
Pflauzentheile  zu  abnormen  Wachstkurusersch  einungen  angeregt. 
Blüthen,  Früchte  und  Stengeltheile  verschiedener  Pflanzenarten 
werden  durch  Pilze  aus  der  Gattung  Exoascus  ganz  eigenartig  um- 
gewandelt, ohne  immer  in  ihrer  Lebensdauer  dadurch  beeinträchtigt 
zu  werden  (Hexenbesen  der  Weissbuche  etc.). 

Ersichtliche  Veränderungen  des  Zelleninhaltes  können  oft  auf 
indirectem  Wege  durch  Pilze  veranlasst  werden,  so  z.  B.  durch 
das  Mycel  des  Hysterium  macrosporum,  wenn  solches  die  Bast- 
organe an  der  Basis  der  Fichtennadel  bereits  getödtet  und  damit 
deren  Leitungsfähigkeit  für  Bildungsstoffe  vernichtet  hat,  während 
der  übrige  Theil  der  Fichtennadel  noch  lebend  und  assimilirend 
ist.  Es  füllen  sich  dann  alle  Zellen  strotzend  mit  Stärkemehl  an, 
da  ja  die  neugebildeten  Kohlenhydrate  nicht  aus  dem  Blatte  ent- 
führt werden  können. 

Der  im  Zellsaft  gelöste  Gerbstoff  ist  eine  vortreffliche  Nahrung 
für  das  Mycel  des  Polyp,  igniarius  und  wird  von  den  in  das 
gesunde  Eichenholz  eindringenden  Pilzhyphen  zuerst  aufgenommen 
und  schon  in  den  jüngsten  Theilen  des  Mycels  verarbeitet  und 
umgewandelt.  Mit  dem  Auftreten  von  Pilzmycel  im  Eichenholze 
verschwindet  desshalb  auch  der  Gerbstoffgeruch,  der  längst  für 
den  Praktiker  als  Beweis  der  gesunden  Beschaffenheit  des  Holzes 
gegolten  hat.  Interessant  ist  auch  die  Umwandlung  eines  Theiles 
des  Zellinhaltes,  wie  der  Zellwandungen  unter  der  Einwirkung 
der  Hyphen  von  Peridermium  Pini  in  Terpentinöl.  —  Während 
oftmals,  z.  B.  bei  der  Buchenkeimlingskrankheit,  die  Stärkekörner 
aus  dem  Zelleninhalte  sehr  bald  verschwinden,  widersteht  die 
Stärke  dem  zersetzenden  Einflüsse  verschiedener  Holzparasiten 
oft  länger,  als  die  dicken  verholzten  Wandungen  der  Zellen,  in 
denen  sie  lagern.  Im  Uebrigen  ist  die  Zersetzungsart  der  Stärke- 
körner nach  Art  der  Pilze,  die  auf  sie  einwirken,  ungemein  ver- 
schieden. —  Dasselbe  gilt  für  die  Zellwandungen.  Die  auflösende 
Wirkung  der  lebenden  Pilzhyphen  ist  eine  zweifach  verschiedene. 
Wo  eine  Hyphe  der  Wandung  unmittelbar  anliegt,  löst  sie  die 
in  derselben  befindlichen  Körnchen  Oxalsäuren  Kalkes  auf,  gerade 
so,    wie    ein   Wurzelhaar    die    mit    ihm    in    unmittelbaren    Contact 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


51 


tretenden  Kalktheilchen  durch  seine  kohlensäurehaltige  Flüssig- 
keit auflöst.  Diese  Wirkung  ist  beschränkt  auf  die  direct  vorn 
Pilzfaden  berührte  Zellwandfläche.  Jeder  para- 
sitische Pilz,  welcher  im  Holzkörper  lebender 
Bäume  sich  verbreitet,  hat  aber  daneben  noch 
eine  ihm  eigentümliche  Art  der  Holzzerstörung, 
und  wenn  eine  und  dieselbe  Pilzspecies  z.  B. 
Polyporus  sulphureus  in  ganz  verschiedenen 
Baumarten  wie  Eiche,  Weide  und  Lärche  vege- 
tirt,  so  wandelt  sie  in  kurzer  Zeit  den  Holz- 
körper so  gleichartig  um,  dass  es  auf  den 
ersten  Blick  schwer  hält,  die  genannten  im 
gesunden  Zustand  so  auffällig  verschiedenen 
Holzarten  von  einander  zu  unterscheiden.  Es 
lässt  sich  dies  nur  durch  den  Einfluss  eines 
ungemein  kräftigen  und  für  die  Pilzspecies  cha- 
rakteristischen Fermentes  genügend  erklären, 
welches  die  Wandungen  auf  grössere  Entfernung 
hin  durchdringt  und  in  vielen  Fällen  zunächst 
nur  die  incrustirenden  Substanzen,  insbesondere 
den  Holzgummi  auflöst. 

In  nebenstehender  Fig.  10  ist  der  obere 
Theil  der  Wandungen  noch  verholzt,  während 
der    untere   Theil    aus   reiner   Cellulose   besteht. 


Fig.  10. 


Tracheide  von  Pinus 
silvestris,  durch  Tra- 

Die  Mittellamelle,    die    am   meisten  verholzt  ist,    metes  Pini   zerstört. 

,  .   .  ,-,  TT         i      •     n  i        t  •       •         Die  primäre  Zellwand 

löst    sich   nach    dem   Verschwinden    des   Limins 


ist  bis  zu  a  a  völlig 
aufgelöst.  Die  se- 
cundäre  und  tertiäre 
Wandschicht  ist  im 
unteren  Theile  nur 
noch  aus  Cellulose 
bestehend,  in  welcher 


am  frühesten  auf,  und  dadurch  werden  die  ein- 
zelnen Organe  völlig  isolirt,  ähnlich  wie  dies 
bei  Behandlung  gesunden  Holzes  mit  chlor- 
saurem  Kali   und  Salpetersäure   geschieht.     Die 

Pilzhyphen    durchbohren    mit    ihrer    Spitze    die    die       Kalkkörnchen 
,„       ,  l-ni  ..  i  -i  deutlich      erkennbar 

Wandungen,    verschwinden    aber   spater   wieder,    werden  b.    Pilzfäden 

indem    sie    selbst    der    Auflösung    anheimfallen.    c    durchbohren    die 
„   ,  ,      .   -.       x       ,  ,        „.       ,  .  Wände    und    hinter- 

Zahlreiche  Löcher  m  den  Wandungen  verratnen    lassen  Löchert unde. 

deren  frühere  Gegenwart.    In  Fig.  1 1   sieht  man, 

wie    die    Organe    des    Eichenholzes    durch    Fermentwirkung    völlig 

isolirt  und  aufgelöst  werden. 

Bei  anderen  Holzparasiten  findet  die  Zersetzung  in  der  Weise 

4* 


52 


I.  Abschnitt. 


statt,  dass  vom  inneren  Lumen  der  Organe  aus  zuerst  eine  Zone  in 
Cellulose  umgewandelt  wird  durch  Extrahirung  der  incrustirenden 
Substanzen,  bevor  eine  völlige  Auflösung  der  Wand  eintritt.  Die 
Wandungen    werden   also  immer  dünner,    bis  schliesslich  nur  noch 


/     9 


Fig.  11. 

Zersetzung  des  Eichenholzes  durch  Thelephora  Perdix. 
a  Tracheiden  mit  einzelnen  Pilzfäden  und  Pilzbohrlöchern. 
b  Holzparenchym  mit  Stärkekörnern,  die  zum  Theil  in  der  Auf- 
lösung begriffen  sind,  indem  die  Granulöse  von  aussen  nach  innen 
verschwindet,  c  Gefäss  mit  Pilzhyphen.  d  Sclerenchymfaser 
mit  Pilzfäden  und  Bohrlöchern,  e  u.  /'  Tracheiden,  deren  pri- 
märe Wand  aufgelöst  ist,  so  dass  die  Isolirung  vollständig  ist. 
Die  verdickten  Scheiben  der  Hoftipfel  liegen  ebenfalls  isolirt 
zwischen  den  Tracheiden.  Eine  Kreuzung  der  Hoftipfelspalten 
ist  nicht  mehr  vorhanden,  weil  die  Organe  isolirt  sind,  g  Völlig 
isolirte  und  der  völligen  Auflösung  nahe  Holzparenchymzellen. 
h  Tracheide  vor  völliger  Auflösung,  i  Sclerenchymfasern  stark 
zersetzt,  k  Tracheide,  deren  Wandung  vor  der  Auflösung  in 
Spalten  sich  getrennt  hat. 


die  Ecken  übrig  bleiben  da,  wo  drei  Tracheiden  zusammenstossen 
Fig.  12.  Mehrere  Holzparasiten,  z.  B.  Polyporus  mollis  und  sul- 
phureus  veranlassen  eine  Zersetzung,  durch  welche  die  Wandung 
mit  Ausschluss  der  Mittellamelle  so  stark  schwindet,  dass  zahl- 
reiche von  rechts  nach  links  aufsteigende  Spalten  in  derselben  ent- 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


53 


stehen.  Selbstredend  sieht  man  bei  einer  gewissen  Einstellung  des 
Mikroskopes  gleichzeitig  die  ebenso  aufsteigenden  Spalten  der 
Wandungshälfte,  die  der  Nachbarfaser  angehören,  so  dass  eine  schein- 


Fig.  12. 

Zersetzung  des  Fichtenholzes  durch  Polyporus  borealis. 
a  Tracheide  mit  üppig  entwickeltem  Mycel  in  einer  aus  den 
Markstrahlen  stammenden  braungelben  Flüssigkeit,  b  u.  c  Die 
Pilzfäden  sind  noch  bräunlich  gefärbt  und  sehr  kräftig  entwickelt. 
d  u.  e  Die  Wände  sind  schon  sehr  verdünnt,  vielfach  durch- 
löchert. Die  Pilzfäden  sind  schwächer  ernährt  und  sehr  fein. 
/.  Die  Tipfei  sind  fast  völlig  zerstört,  g  u.  h  Von  den  Wan- 
dungen sind  nur  noch  Reste  vorhanden.  Die  Zerstörung  der 
Hoftipfel  ist  von  i  bis  r  zu  verfolgen.  Bei  i  ist  der  Hoftipfel 
noch  intact,  bei  k  ist  die  eine  Wandung  des  Linsenraumes  schon 
grÖsstentheils  aufgelöst,  und  durch  eine  Kreislinie  deren  innere 
Begrenzung  zu  erkennen.  Bei  /  ist  die  eine  Seite  des  Hoftipfels 
ganz  aufgelöst.  Bei  m  bis  n  sieht  man  eine  Reihe  von  Tipfein, 
die  nur  noch  auf  einer  Seite  und  zwar  auf  der  mit  der  Schliess- 
haut  versehenen  eine  sehr  zarte  Wandung  zeigen,  auf  welcher 
bei  Anfertigung  des  Präparates  ein  Riss  entstanden  ist.  Von 
o  bis  r  sieht  man  Tipfei,  deren  beide  Wände  ganz  oder  theil- 
weise  aufgelöst  sind  und  nur  noch  bei  p  und  q  die  verdickten 
Theile  der  Schliesshaut  zu  finden  sind.  Bei  s  erkennt  man 
deutlich  die  streifige  Structur  der  beiden  Zellwände,  welche  unter 
einander  verbunden  die  gemeinsame  Tracheidenwand  darstellen. 
Bei  t  sieht  man  Pilzhyphen,  welche  die  Tracheiden  in  verticaler 
Richtung  durchziehen. 


54 


I.  Abschnitt. 


bare  Kreuzung  der  Spalten  zu  Stande  kommt.  Die  Wandungen 
sind  gebräunt  und  sehr  koklenstoffreich.  Fig.  13.  Auf  die  ander- 
weiten, für  jede  Pilzart  charakteristischen  Zersetzungsformen  werden 
wir    im    speciellen  Tkeile    aufmerksam    zu   machen   haben.     Es  sei 

hier  nur  noch  bemerkt,  class  die  Frage,  ob  alle 
organischen  Bestandtheile  der  Holzwandung  vor 
ihrem  Zerfall  in  Kohlensäure  und  Wasser  zuvor 
vom  Pilzmycel  aufgenommen  sein  müssen,  oder 
ob  dieselben  theilweise  direct  mit  Sauerstoff  zu 
Kohlensäure  und  Wasser  oxydirt  werden,  noch 
nicht  zu  beantworten  ist.  —  Die  Schnelligkeit 
der  Zersetzung  hängt  bei  der  grossen  Menge  von 
Sauerstoff,  die  dabei  verbraucht  werden  muss, 
in  hohem  Grade  von  dem  Zutritte  der  Luft  zu 
dem  Bauminneren  ab.  Ein  gewisser  Vorrath  an 
Luft  ist  in  jeder  Holzfaser  vorhanden.  Bei  Laub- 
hölzern würde  man  die  fernere  Zuleitung  durch 
die  Gefässe  und  Intercellularräume  sich  erklären 
können,  bei  den  harzführenden  Nadelholzbäumen 
durch  die  Harzkanäle;  bei  der  Weisstanne  und 
anderen  Nadelholzbäumen  ohne  Harzgänge  bleibt 
die  Art  der  Luftzufuhr  zu  inneren  Baumtheilen 
noch  unerklärt.  Die  entstehende  Kohlensäure 
kann  auf  demselben  Wege  entweichen,   auf  dem 


Fig.  13. 

Tracheide  von  Pinus, 
durch  Polyporus  mol- 
lis  zerstört.  Die  Cel- 
lulose  ist  meist  extra- 
hirt  und  die  Wände 
bestehen  meist  aus 
Gummi.  Im  trocknen 


der    Sauerstoff    zugeführt    wird.      In    wie    weit 


Kohlensäure    oder    Sauerstoff  im  Wasser   gelöst 

Zustande  erhalten  sie     die  Wanderung  vollziehen  können,  ist  noch  fest- 
Eisse,   die   sich  aber  ■., 

nicht  auf  die  primäre     zustellen. 

Wand  a  b  erstrecken.  Es    bleibt    mir    nun    zum   Schlüsse   meiner 

^TÄp?eW    allgemeinen  Besprechung  noch  die  Frage  zn  er- 

und  den  Bohrlöchern     örtern  übrig,    ob   und  welche  Mittel  uns  zu  Ge- 

' U* e"  ten^bei  f    ^ "     böte    stehen,    den   Beschädigungen   durch   Pilze 

entgegenzutreten.  Ich  bin  der  Ueberzeugung, 
jeder  wissenschaftlich  gebildete  Forstmann  mit  voll- 
Interesse  Kenntniss  nehmen  würde  von  der  Aufklärung 
das  Wesen  und  die  Ursachen  der  Baumkrankheiten  auch 
dann,  wenn  es  nicht  möglich  sein  sollte,  denselben  in  der  Praxis 
entgegenzutreten.     Ist    es    doch   durchaus    nicht   die  Aufgabe   der 


dass 
stem 
über 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  55 

Wissenschaft,  zunächst  die  Gedanken  zu  lenken  auf  eine  prak- 
tische Verwerthung  der  gefundenen  Wahrheiten  oder  wohl 
gar  die  Forschung  in  erster  Linie  solchen  Gebieten  zuzuwenden, 
auf  denen  in  baarem  Gel  de  zu  berechnende  Ergebnisse 
in  Aussicht  stehen.  Die  Aufgabe  der  Wissenschaft  ist  eine 
edlere  und  höhere.  Kommen  wir  aber  in  unserem  Streben,  die 
Geheimnisse  der  Natur  zu  ergründen,  nebenbei  auch  zu  Ergeb- 
nissen, deren  Verwerthung  im  Nutzen  der  Menschheit  liegt,  dann 
haben  wir  die  Pflicht,  auf  diese  hinzuweisen.  Ich  habe  dies 
nie  versäumt,  und  wenn  ich  auch  die  vielfachen  Hindernisse 
nicht  unterschätze,  welche  dem  ausführenden  Beamten  noch  lange 
Zeit  im  Wege  stehen  werden,  wenn  er  die  Ergebnisse  der  wissen- 
schaftlichen Forschung  in  der  Praxis  zu  verwerthen  gedenkt,  so 
glaube  ich  doch,  dass  die  Forstwirthe  als  Pfleger  des  Waldes 
mindestens  die  Verpflichtung  haben,  von  den  Ergebnissen  der  wis- 
senschaftlichen Forschung  Kenntniss  zu  nehmen  und  mit  Sorgfalt 
die  Gesundheit  ihrer  Pflegebefohlenen  überwachen  und  nicht  allein 
alles  thun  sollen,  was  die  Entstehung  von  Krankheiten  zu  ver- 
hindern vermag,  sondern  auch  sofort  energische  Mittel  zu  ergreifen 
haben,  um  eine  entstehende  Krankheit  im  Keime  zu  ersticken  und 
deren  Weiterverbreitung  zu  verhindern. 

Es  kann  hier  nicht  näher  auf  eine  Darstellung  der  Maassregeln 
eingegangen  werden,  denn  diese  sind  für  jede  Krankheit  selbst- 
redend verschieden,  aber  gerade  so,  wie  es  gewisse  allgemeine  Vor- 
schriften und  Verhaltungsmassregeln  giebt,  deren  Befolgung  zur 
Erhaltung  der  menschlichen  Gesundheit  rathsam  erscheint,  so  giebt 
es  auch  allgemeine  Maassregeln  für  die  Behandlung  der  Waldungen, 
durch  deren  Befolgung  wir  die  Gesundheit  derselben  schützen 
können. 

Die  beste  prophylactische  Maassregel  gegen  Entstehung  und 
Verbreitung  von  Epidemien  ist  Erziehung  gemischter  Waldbe- 
stände. Unterirdische  und  oberirdische  Ansteckung  wird  dadurch 
am  meisten  beeinträchtigt,  wenn  jeder  Baum  durch  andersartige 
Nachbarbäume  gleichsam  isolirt  wird.  Wechsel  der  Holzart 
auf  Böden,  welche  von  Wurzelparasiten  eingenommen  sind  oder  in 
denen  Dauersporen  von  vieljähriger  Lebenszeit  ruhen,  kann  unter 
gewissen  Umständen  gerathen  erscheinen.  Vermeidung  der 
Einschleppung   von   Pilzsporen  durch  Menschen   und  Thiere   ins- 


5ß  I.  Abschnitt. 

besondere  beim  Handelsverkehr  mit  jungen  Bäumchen  ist  ge- 
boten. 

Die  therapeutischen  Maassregeln  nach  Ausbruch,  einer  Krank- 
heit werden,  wenn  es  sich  um  Wurzel parasiten  handelt,  theilweise 
im  rechtzeitigen  Ausreis sen  oder  Ausroden  der  erkrankten 
Pflanzen,  theils  in  Isolirung  des  inficirten  Terrains  durch  schmale 
Stichgräben  bestehen.  Als  gemeinsame  und  wichtigste  Maass- 
regel ist  aber  die  sofortige  und  schleunige  Entfernung  aller 
pilzkranken  Pflanzen  aus  dem  Walde  zu  rathen,  damit  nicht 
von  ihnen  aus  die  Ansteckung  durch  Sporen  ausgehen  kann. 
Sauberkeit  im  WTalde  ist  die  Vorbedingung  für  die  Gesundheit 
desselben. 

Nachdem  vorstehend  die  wichtigeren  allgemeinen  Gesichtspunkte 
zusammengestellt  sind,  welche  beim  Studium  der  parasitischen  Pilze 
ins  Auge  zu  fassen  sind,  werde  ich,  dem  Plane  dieser  Schrift  ent- 
sprechend, nur  die  auf  Holzgewächsen  auftretenden  Parasiten  in 
systematischer  Reihenfolge  vorführen.  Nur  solche  auf  landwirth- 
schaftlichen  oder  gärtnerischen  Culturpilanzen  schmarotzende  Pilze, 
die  eine  allgemeinere,  praktische  Bedeutung  erlangt  haben,  werde 
ich  kurz  erwähnen.  Im  Uebrigen  muss  ich  demjenigen,  der  einen 
Ueberblick  auch  über  die  in  dieser  Schrift  nicht  aufgeführten 
Pflanzenparasiten  sich  zu  verschaffen  wünscht,  auf  die  Handbücher 
von  Frank  oder  Sorauer  verweisen. 

Indem  ich  mich  dem  neuesten  Pilzsystem  anschliesse,  nach 
welchem  drei  Gruppen,  nämlich  Phycomyceten  (Algenpilze),  Asco- 
myceten  und  Basidiomyceten  unterschieden  werden,  beginne  ich 
mit  der  ersten  Gruppe.  Dieselbe  umfasst  5  Ordnungen,  nämlich 
Zygomycetes,  Entomophthoreae,  Saprolegniaceae,  Peronosporeae, 
Chytridiaceae  und  Ustilagineae. 

Von  diesen  Ordnungen  sind  es  nur  zwei,  die  hier  näher  ins 
Auge  gefasst  werden  sollen. 

§  9.   Peronosporeae. 

Die  Peronosporeen  sind  ächte  Pflanzenparasiten,  deren  My- 
celium  meist  intercellular,  seltener  auch  intracellular  die  Ge- 
webe höherer  Pflanzen  bewohnt,  durch  besondere  Saugorgane, 
Haustorien,  aus  den  lebenden  Zellen  die  Nahrung  entnimmt  und 
dieselben  hierdurch  sofort  oder  erst  nach  längerer  Zeit  tödtet.    Dem 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  57 

Mycelium  entspringen  Fruchthyphen,  welche  entweder  durch  die 
Spaltöffnungen  herauswachsen,  oder,  die  Oberhaut  von  innen  durch- 
brechend, hervorkommen  und  in  verschiedener  Weise  Gonidien  er- 
zeugende Sporangien  bilden. 

Die  Gonidien  entwickeln  ihren  Keimschlauch,  nachdem  sie 
zuvor  in  einen  Wassertropfen  gelangt  einige  Zeit  umhergeschwärmt 
sind  (Schwärmsporen),  doch  können  die  Sporangien  auch  direct 
keimen,   ohne  zuvor  Schwärmzellen  im  Inneren  erzeugt  zu  haben. 

Im  Gewebe  der  Wirthspflanze,  selten  auch  ausserhalb  derselben 
entstehen  an  dem  Mycelium  weibliche  Sexualapparate,  Oogonien, 
an  die  sich  bei  der  Befruchtung  die  männlichen  Sexualapparate, 
Antheridien  genannt,  anlegen.  Letztere  entsenden  einen  kleinen 
Fortsatz,  Befruchtungsschlauch,  in  das  Innere  des  Oogoniums,  durch 
welchen  ein  kleiner  Theil  des  Inhaltes  des  Antheridiums  in  den 
Protoplasmakörper  des  Oogoniums  übertritt  und  letzteres  befruchtet. 
Es  entsteht  hierdurch  die  sich  mit  einer  dicken  Zellhaut  umgebende 
Eispore,  Oospore. 

Während  die  Gonidien  im  Laufe  des  Sommers  die  schnelle 
Weiterverbreitung  der  Parasiten  vermitteln,  da  sie  leicht  abfallen 
und  durch  Wind  oder  Thiere  verschleppt  werden,  gelangen  die  Ei- 
sporen mit  den  abgestorbenen  und  verfaulenden  Pflanzentheilen  in 
die  Erde,  überwintern  dort,  können  auch  eine  Reihe  von  Jahren 
(Phytoph.  omnivora)  sich  hier  keimfähig  erhalten,  und  keimen  ent- 
weder direct  aus  oder  entwickeln  zunächst  Sporangien  mit  Schwärm- 
gonidien. 

Phytophthora  omnivora  Syn.:  Phytophthora  Fagi1)  und 
Peronospora  Sempervivi. 

Die  Krankheit,  welche  dieser  Parasit  hervorruft,  ist  schon  vor 
100  Jahren  als  Buchenkeimlingskrankheit  in  der  forstlichen 
Literatur    erwähnt    worden    und    dürfte    keinem    in  Buchenrevieren 


J)  Dieser  Parasit  ist  von  mir  im  Jahre  1875  unter  dem  Namen  P.  Fagi 
in  der  Zeitschrift  für  Forst-  und  Jagdwesen  Seite  117 — 123  beschrieben,  eine 
ausführliche  Bearbeitung  der  Entwicklungsgeschichte  desselben  und  der  durch 
sie  erzeugten  Krankheit  habe  ich  in  den  Untersuchungen  aus  dem  forstbot.  Inst. 
1880  Seite  33 — 57  unter  Beigabe  einer  Figurentafel  gegeben.  Unter  dem  Namen 
P.  Sempervivi  ist  derselbe  Pilz  von  Schenk  im  Jahre  1875,  also  gleichzeitig  mit 
mir,  beschrieben.  Zur  Erledigung  der  Prioritätsfrage  hat  de  Bary  (Beiträge  zur 
Morph,  u.  Phys.  der  Pilze  1881  S.  22)  den  Namen  Phyt.  omnivora  vorgeschlagen. 


58 


I.  Abschnitt. 


wirtschaftenden  Forstmanne  unbekannt  geblieben  sein.  Sie  tritt 
fast  jedesmal,  wenn  nach  einem  Buchensamenjahre  reichlicher 
Aufschlag  sich  einfindet,  durch  ganz  Deutschland  auf  und  zwar 
um    so    verheerender,    je    regnerischer    der    Monat    Mai    und   Juni 

ist.  Ebenso  allgemein  verbreitet 
zeigt  sich  der  Parasit  in  den 
Saatbeeten  an  Nadelholzkeimlin- 
gen jeder  Art.  Es  werden  aber 
auch  andere  Laubholzpflanzen,  z.B. 
Acer,  Fraxinus,  Robinia,  sowie 
Fagopyrum,  Clarkia,  Sempervivum 
u.  s.  w.  von  dem  Pilz   befallen. 

Die  Krankheit  äussert  sich 
an  den  Buchenkeinilingspflanzen 
dadurch,  dass  diese  entweder  schon 
während  der  Keimung  im  Boden 
von  dem  Keimwürzelchen  an 
schwarz  werden  und  absterben 
oder  erst  nach  der  Entfaltung  der 
Samenlappen  am  Stengel  oberhalb 
und  unterhalb  oder  am  Grunde 
dieser  selbst  dunkelgrün  und  miss- 
farbig werden  Fig.  14  a,  b,  oder 
derartige  Flecken  auf  den  Samen- 
lappen Fig.  14  c,  oder  den  ersten 
Laubblättern  Fig.  14  d,  erkennen 
lassen.  Bei  anhaltend  feuchtem 
Wetter  ergreift  diese  Fäulniss 
schnell  die  ganze  Pflanze,  bei 
trockenem  Wetter  werden  die 
Pflanzen  rothbraun  und  trocken, 
wie  von  Feuer  versengt.  Junge 
Ahorn-,  Eschen-  und  Bobinien- 
pflänzchen  zeigen  ähnliche  Krankheitssymptome,  insbesondere  geben 
oft  von  der  Basis  der  Samenlappen  aus  tiefschwarze  Striche  am 
Stengel  auf-  oder  abwärts.  Oft  wird  nur  die  Spitze  des  Stengels 
mit  den  Blättern  geschwärzt  und  erholt  sich  dann  die  Pflanze, 
wird    dagegen   der   untere  Stengel   befallen,    so   geht   die  Pflanze  zu 


Fig.  14. 

Erkrankter  Buchenkeimling. 
Stengel      unter      den      Samenlappen 
schwarzgrün     a,       Samenlappen      am 
Grunde  b   oder  fleckenweise  c  krank. 

Erste  Lanbblätter  fleckig  d. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


59 


Grande.  In  Nadelholzrillensaaten  geht  oft  schon  ein  grosser 
Theil  der  Pflanzen  zu  Grunde ,  bevor  dieselben  sich  über  die 
Bodenoberfläche  erhoben  haben,  meist  verfault  die  Wurzel  und  der 
Stengel,  und  die  jungen  Pflanzen  fallen  um  oder  vertrocknen,  ohne 
dass  irgend  welche  mechanische  Ver- 
letzungen zu  erkennen  wären.  Dabei 
ist  bemerkenswerth,  dass  hier  und  da 
sämmtliche  Keimlinge  zu  Grunde  gehen 
und  verschwinden,  so  class  Lücken  von 
Handbreite  und  mehr  in  den  Saatrillen 
entstehen. 

Der  ansteckende  Charakter  der 
Krankheit  kennzeichnet  sich  durch  die 
auffälligen  Verbreitungserscheinun- 
gen. Eine  erkrankte  Pflanze  ist  bald 
von  kranken  Nachbarn  umgeben  und 
so  schreitet  die  Krankheit  in  Vollsaaten 
centrifugal,  in  Pullensaaten  zweiseitig 
vorwärts.  Führt  durch  eine  Buchen- 
schonung ein  begangener  Fusssteig,  dann 
erkranken  und  sterben  auf  diesem  und 
zu  beiden  Seiten  desselben  sämmtliche 
Pflanzen  in  kurzer  Frist.  Es  ist  ferner 
beobachtet,  dass  in  Saatbeeten,  in  denen 
einmal  die  Krankheit  auftrat',  in  den 
Folgejahren  die  Epidemie  meist  in  viel    Zellgewebe  au&s'  einem  erkrank. 

stärkerem  Maasse   wiederkehrt.     Als  in    ten  Buchensamenlappen.     Das 
,     ,  n       -i       t     tt-        ,  i     .,    n..    i         j  •   ,     Protoplasma  der  Zellen  hat  die 

hohem  Grade  die  Krankheit  fordernd  ist    Stärk£körner  verloreri  und  sich 

regnerisches  Wetter,   zumal  bei  höherer    von    der    Zellwand    zurückge- 
T     P.  -oi  •    i         a  zogen  a.  Die  theils  dicken,  theils 

Lufttemperatur,    Beschattung  jeder  Art,    fei|en  Pilzfäden  bb  siad'inter- 

also  sowohl  durch  Schutzbäume,  als  auch     cellular    und    mit  sehr  kleinen 

n        i       i  ..      ,v   i         -oni  i  Saugwarzen  versehen.    Befruch- 

durch     künstliche    Bedeckung    erkannt.    ^  Oogonien    mit   je    einer 

Die  ersten  Erkrankungen  in  einem  Jahre  Oospore  c  c. 

können   nur    dadurch   entstehen,    dass 

Eisporen    des    Parasiten,    welche    im   Erdboden   geruht    haben,    die 

keimenden    Pflänzchen    inficiren.     Das    Mycel    verbreitet    sich    im 

Gewebe  der  Samenpflanze  und  zwar   bei  der  Rothbuche  sowohl  im 

Stengel  als  auch  in  den  Samenlappen,   die  ja  während  des  Empor- 


60 


J.  Abschnitt. 


steigens  aus  dem  Boden  befallen  werden  können.  Es  ist  in  dem 
Gewebe  der  Samenlappen  fast  nur  intercellular  Fig.  15  b  und  ent- 
nimmt durch  sehr  kleine  rundliche  Saugwarzen  aus  dem  Zellinneren 
seine  Nahrung,    infolge  dessen   die  Stärkekörner   bald  verschwinden 

und  das  Plasma  getödtet 
wird,  so  dass  es  sich  von 
den  Zellwänden  zurückzieht 
Fig.  15  a.  Während  der  Pilz 
sich  in  der  Pflanze  noch 
weiter  verbreitet,  durchbre- 
chen zahlreiche  Hyphen  von 
innen  die  Oberhaut,  Fig.  16, 
und  werden  zu  Sporangien- 
trägern.  Die  Spitze  der- 
selben schwillt  an  Fig.  16  f, 
zu  einem  citronenförmigen  an 
der  Spitze  papillösen,  an  der 
Basis  kurz  gestielten  Sporan- 
gium  Fig.  16  g.  Nach  dessen 
Abschnürung  vom  Träger 
verlängert  sich  letzterer  aufs 
Neue,  um  dann  noch  einmal 
ein  zweites  Sporangium  zu 
bilden  Fig.  16  g,  h,  während 
inzwischen  das  erstere  in  der 
Regel  abfällt.  Fig.  16  i.  Ge- 
langen die  Sporangien  in 
Wasser,  also  z.  B.  in  einen 
Regen-  oder  Thautropfen,  der 
auf  oder  zwischen  den  Samen- 
lappen sich  erhalten  hat, 
dann  keimen  dieselben  direct 
mit  einem  oder  mehreren  Keimschläuchen,  die  dann  in  der  Regel  in 
die  Oberhaut  der  Wirthspflanze  sich  einbohren,  oder  der  plasmatische 
Inhalt  der  Sporangien  bildet  eine  grosse  Anzahl  von  sehr  kleinen, 
sich  lebhaft  bewegenden  Gonidien  —  Schwärmsporen,  Zoosporen, 
Fig.  17  c,  —  die  sich  nach  Auflösung  der  Sporangienspitze  ins  Freie 
begeben  und  einige  Stunden  hindurch  lebhaft  wie  Infusorien  im  Regen- 


Fig.  16. 

Oberhaut  eines  erkrankten  Buchensamen- 
lappen, a  Aussenwand  der  Epiclermiszelle. 
b  Cuticula.  c  Pilzhyphe,  welche  zwischen 
Wand  und  Cuticula  wachsend,  letztere 
durch  Anschwellung  abhebt  <7,  dann  durch- 
bricht e,  und  als  Sporangien  träger  hervor- 
wächst /.  Nach  Ausbildung  des  ersten 
Sporangiums  bildet  sich  durch  Auskei- 
mung g  ein  zweites  />,  während  das  erste 
abgestossen  wird  i.  Bei  k  eine  Spalt- 
öffnung, aus  welcher  Sporangienträger 
hervorgewachsen  sind. 


Beschädigungen  durch  Ptlanzen. 


61 


tropfen  umherschwärnien,  bis  sie  sich  auf  der  Oberhaut  der  Wirths- 
pflanze  festsetzen  und  mit  einem  oder  selbst  vier  Schläuchen  aus- 
keimen Fig.  17  a,  b.  Zuweilen  erfolgt  das  Schwärmen  schon  im 
Inneren  des  Sporangiums  und  die  Keimschläuche  durchbohren  theils 
die  Seitenwände,  theils  drin- 
gen sie  aus  der  offenen  Sporan- 
giumspitze  hervor,  Fig.  17  c, 
um  dann,  eine  Zeitlang  auf 
der  Oberhaut  der  Wirths- 
pflanze  hinkriechend  vorzugs- 
weise an  solchen  Punkten  in 
das  Innere  einzudringen, 
wo  sich  eine  Wandung 
der  Oberhautzellen  befindet. 
Fig.  17  b,  d.  Seltener  bohren 
sich  Keimschläuche  auch  an 
solchen  Stellen  in  das  In- 
nere ein,  wo  sie  zunächst  in 
das  Innere  einer  Epidermis- 
zelle  gelangen.  Fig.  17  e. 
Schon  3 — 4  Tage  nach  der 
Infection  kann  unter  günsti- 
gen Verhältnissen  die  Ent- 
wicklung des  Parasiten  in 
der  inficirten  Pflanze  wieder 
soweit  vorgeschritten  sein, 
dass  aufs  Neue  Sporangien- 
träger  zum  Vorschein  kom- 
men. 

Die  Sporangien  und 
die  in  ihnen  entstehenden 
Schwärmzellen  dienen  der 
Verbreitung  der  Krank- 
heit während  der  Monate  Mai,  Juni,  bis  in  den  Monat  Juli 
hinein.  Sie  fallen  entweder  direct  auf  Nachbarpflanzen  oder  werden 
durch  den  Wind  fortgeführt.  Grossen  Antheil  an  der  Verbreitung 
tragen  die  Thiere,  z.  B.  Mäuse  in  den  Saatcämpen,  das  Wild  und 
sehr    auffällig    die   Menschen.      Das    Absterben    aller    Pflanzen    an 


Fig.  17. 

Oberfläche  eines  Buchenkeimlings  mit 
Schwärmzellen  a  b,  welche  keimen  und 
ihren  Keimschlauch  da  einbohren,  wo  im 
Inneren  zwei  Epidermiszellen  ihre  gemein- 
same Wand  haben.  Ein  Sporangium  c 
mit  Schwärmzellen,  welche  schon  im  In- 
neren ausgekeimt  sind  d  f.  Ein  Keim- 
schlauch e  ist  direct  in  eine  Epidermiszelle 
gewachsen.  Bei  g  ist  ein  Keimschlauch 
wieder  nach  aussen  hervorgewachsen. 


ß2  I-  Abschnitt. 

Wegen  ist  die  Folge  davon,  dass  an  den  Beinkleidern  resp.  Röcken 
der  Passanten  die  Sporangien  und  Sckwärmzellen  haften  bleiben 
und  im  weiteren  Verlaufe  des  Weges  successive  abgestreift  werden. 

Aus  dem  Gesagten  erklärt  sich  hinlänglich  der  fördernde  Ein- 
fluss  des  Regens,  der  Beschattung  u.  s.  w.  In  dichten  Saaten 
wachsen  unterirdisch  die  Hyphen  auch  direct  von  einer  Pflanze  zur 
anderen  und  erklärt  sich  daraus  sehr  leicht  die  vollständige  Ver- 
nichtung aller  Pflanzen  auf  einzelnen  Stellen  des  Saatbeetes. 

Die  Eisporen  entstehen  im  Gewebe  der  Wirthspflanze  nach 
vorangegangenem  Sexualacte,  indem  im  Blattparenchyrn  der  Buche 
intercellular  zahlreiche  kurze  Hyphenzweige  an  der  Spitze  kugel- 
förmig anschwellen  zu  den  Oogonien,  während  kleinere  sogenannte 
Antheridien  ebenfalls  an  der  Spitze  besonderer  Hyphen  oder  aber  nahe 
dem  Grunde  des  Oogoniums  am  Träger  dieses  Organes  entstehen 
und  sich  wie  jene  durch  eine  Querwand  von  ihren  Trägern  ab- 
grenzen. Fig.  15  c,  c.  Nachdem  sich  das  Antheridium  schon  sehr 
frühzeitig  der  Aussenwand  des  Oogoniums  angelegt  und  der  grösste 
Theil  des  Plasmas  zu  einer  Eizelle  sich  zusammengeballt  hat, 
entwickelt  dasselbe  einen  kurzen  in  das  Innere  des  weiblichen 
Organes  bis  zur  Eizelle  vordringenden  Fortsatz,  den  Befruchtungs- 
schlauch und  wandert  nun  ein  Theil  des  Antheridiuminhaltes  in 
das  Innere  der  Eizelle  hinüber,  wodurch  diese  befruchtet  wird  und 
sich  zur  Eispore  ausbildet. 

In  den  Wurzeln  der  Nadelholzkeimlinge  bilden  sich  die  Ei- 
sporen sowohl  im  Rindenparenchym  als  auch  im  Inneren  der 
Tracheiden  aus,  woselbst  sie  oft  in  Folge  des  beschränkten  Ent- 
wicklungsraumes eine  längliche  Gestalt  annehmen. 

Mit  den  verfaulenden  Pflanzentheilen  gelangen  die  Eisporen  in 
den  Boden  und  können  dort  mindestens  vier  Jahre  hindurch  sich 
keimfähig  erhalten.  Etwas  Erde  aus  einem  Buchensaatcampe,  in 
welchem  1875  die  Krankheit  aufgetreten  war,  in  Wasser  fein  zer- 
theilt  und  auf  ein  Buchensaatbeet  ausgegossen,  hatte  sowohl  1876, 
als  auch  1878,  ja  selbst  1879  noch  das  Erkranken  und  Absterben 
-der  keimenden  Pflanzen  zur  Folge. 

Aus  dem  Gesagten  resultiren  die  praktischen  Maassregeln, 
die  uns  gegen  die  Krankheit  zu  Gebote  stehen.  Zur  Verhütung 
des  Auftretens  einer  Epidemie  haben  wir  Saatcämpe,  in  denen 
xlie   Krankheit    einmal   verderblich    geworden   ist,    nicht   wieder   als 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  £3 

solche  zu  verwenden,  wohl  aber  können  wir  sie  zur  Verschulung 
von  Pflanzen  benutzen.  Die  im  Boden  ruhenden  Eisporen  werden 
nur  Keimlingspflanzen  verderblich.  Zeigt  sieh  die  Krankheit  in 
einem  Saatbeete,  so  sind  alle  künstlichen  Beschattungsvorrichtungen, 
durch  welche  die  schnelle  Verdunstung  des  Wassers  auf  den  Samen- 
lappen verhindert  wird,  zu  beseitigen.  Alle  getödteten  und  sicht- 
lich erkrankten  Pflanzen  sind  zu  entfernen.  Stehen  viele  nahe 
zusammen,  dann  ist  durch  Uebererden  am  schnellsten  der  Sporan- 
gien-  und  Gonidienverbreitung  entgegenzutreten.  Bei  vereinzeltem 
Auftreten  der  kranken  Pflanzen  sind  diese  vorsichtig  auszuziehen 
und  in  eine  dichte  Schürze  zu  legen,  um  das  Ausstreuen  der 
Sporangien  zu  verhüten.  Es  muss  auch  das  Verschleppen  der 
Krankheit  beim  Betreten  der  Beete  möglichst  vei'mieden  werden 
dadurch,  dass  der  Arbeiter  die  gesunden  Pflanzen  nicht  mit  den 
Schuhen  berührt.  Die  Revision  der  Saatbeete  hat  täglich  zu  er- 
folgen. 


'Ö 


Phytophthora  infestans.     Der  Kartoffelfäulepilz. 

Dieser  Pilz  ist  der  Erzeuger  der  Kartoffelkrankheit,  die  zwar 
wohl  schon  früher  aus  Nordamerika  nach  Europa  verschleppt,  doch 
vorzugsweise  erst  seit  1845  hier  verheerend  aufgetreten  ist  und 
seitdem  in  nassen  Jahren  immer  wieder  grosse  Verluste  herbeiführt. 
In  der  Art  ihrer  Verbreitung  und  Abhängigkeit  von  nasser  Witterung 
ist  sie  der  Buchenkeimlingskrankheit  sehr  ähnlich;  sie  äussert  sich 
durch  das  Auftreten  schwarzer  Flecken  auf  dem  Kraute,  die,  an  Um- 
fang zunehmend  und  auch  den  Stengel  ergreifend,  das  frühzeitige 
Absterben  der  oberirdischen  Pflanze  zur  Folge  haben  können.  In 
der  Regel  zeigen  sich  die  Knollen  der  befallenen  Pflanzen  ebenfalls 
mehr  oder  weniger  erkrankt,  zuweilen  nur  in  geringem  Maasse, 
indem  beim  Durchschneiden  einzelne  braune  Flecken  zu  erkennen 
sind.  In  nassen  Jahren  verfaulen  die  Knollen  oft  schon  grössten- 
theils  auf  dem  Felde,  die  von  der  Krankheit  weniger  befallenen 
Knollen  verfaulen  im  Keller  oder  in  den  Gruben  während  des 
Winters,  wobei  Spaltpilze  eine  hervorragende  Rolle  mitspielen 
(Nassfäule). 

Das  Mycel  der  Phytophthora  infestans  überwintert  in  den 
Knollen  und  wächst  nach  Auspflanzung  derselben  in  die  sich  ent- 
wickelnden   Triebe,    das    Gewebe    der   Stengel    und  Blätter   durch- 


(34  I-  Abschnitt. 

ziehend.  Untersucht  man  die  Umgebung  der  schwarzen  Flecken, 
so  erkennt  man  schon  mit  unbewaffnetem  Auge  eine  Zone,  welche 
durch  schimmelartigen  Anflug  ausgezeichnet  ist.  Hier  wachsen  die 
zahlreichen  Sporangienträger  besonders  aus  den  Spaltöffnungen  her- 
vor, ähnlich  gestaltet  und  mit  ähnlichen  aber  zahlreicheren  Sporan- 
gien  ausgestattet,  wie  die  der  Phyt.  omnivora.  Die  Sporangien 
verbreiten  die  Krankheit  auf  gesunde  Pflanzen,  werden  durch  den 
Wind  selbst  auf  Nachbarfelder  geführt  und  zweifelsohne  auch  durch 
Thiere,  z.  B.  Hasen  verschleppt.  Ihre  Keimung  resp.  Schwärm- 
sporenbildung gleicht  der  der  verwandten  Art.  Die  Sporangien 
gelangen  aber  auch  in  grosser  Zahl  in  den  Erdboden  und  mit 
dem  Regen wasser  tiefer  geführt  auf  die  Knollen,  die  sie  bei  an- 
haltender Bodennässe  nach  Entwicklung  der  Keimschläusche  infi- 
ciren.  Man  glaubt  die  Thatsache,  dass  dickschalige  Kartoffelsorten 
der  Krankheit  weniger  erliegen,  als  dünnschalige  dem  Umstände 
zuschreiben  zu  dürfen,  dass  letztere  leichter  von  den  Keimschläuchen 
der  Pilze  durchbohrt  werden. 

Die  Eisporenbildung,  wie  ich  sie  für  Ph.  omnivora  nachge- 
wiesen habe,  ist  für  den  Kartoffelpilz  noch  nicht  aufgefunden 
worden  und  vielleicht  überhaupt  fehlend.  Durch  das  Perenniren 
des  Mycels  in  den  Knollen  ist  sie  für  die  Existenz  des  Pilzes  nicht 
nothwendig.  Den  grössten  Einfluss  auf  die  Entstehung  und  Ver- 
breitung der  Krankheit  übt  die  Feuchtigkeit  der  Luft  und  des 
Bodens  aus,  insoferne  bei  feuchter  Umgebung  reichliche  Sporangien- 
bildung  auf  den  Blättern  erfolgt  und  die  Keimung  der  Sporangien 
und  Gonidien  oberirdisch  und  unterirdisch   sehr   begünstigt  wird. 

Bei  feuchter  Aufbewahrung  im  Winter  entstehen,  zumal  an 
etwaigen  Wundstellen  der  Knollen,  oder  an  den  Knospen  reichliche 
Sporangienträger,  und  es  kann  durch  die  daran  sich  bildenden 
Sporangien  die  Krankheit  im  Winterlager  auf  bisher  gesunde  Knollen 
übertragen  werden. 

Peronospora   viticola. 

Seit  einem  Jahrzehnt  etwa  ist  der  vorstehend  benannte  Parasit 
des  Weinstockes  aus  Amerika  zu  uns  eingewandert  und  hat  sich  in 
dieser  Zeit    durch   die  Weinbaudistricte  Europas   schnell  verbreitet. 

Die  Bezeichnung  der  Krankheit  in  Amerika  als  Mildew  oder 
grape   vine  Mildew  ist  in  Frankreich   zu   Mildiou    umgestaltet.     In 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  ß5 

Deutschland  hat  man  sie  als  falschen  Mehlthau  der  Reben  be- 
zeichnet. 

Die  Erkrankung  äussert  sich  durch  das  Auftreten  grosser 
Schimmelflecke  auf  der  Unterseite  der  Blätter,  während  auf  der 
Oberseite  diese  Pilzstellen  gelbe  oder  rothe  Färbung  bekommen. 
Die  kranken  Stellen  vertrocknen  und  die  Blätter  fallen  vorzeitig 
ab.  Bei  regnerischer  Witterung  breitet  sich  die  Krankheit  rapid 
aus,  durch  trockene  Witterung  wird  die  Weiterverbreitung  sofort 
beeinträchtigt.  Der  Pilz  überwintert  in  Form  von  Oosporen,  welche 
in  den  erkrankten  Blättern  sich  bilden.  Die  Verbreitung  im  Som- 
mer erfolgt  in  ähnlicher  Weise,  wie  bei  Phytophthora  durch  Spo- 
rangien  und  Schwärmsporen.  Die  Infection  erfolgt  vorwiegend  nur 
an  den  jungen  Trieben  und  Blättern,  deren  Oberhaut  noch  wenig 
cuticularisirt  ist.  Je  frühzeitiger  im  Jahre  die  Erkrankung,  durch 
nasse  Witterung  begünstigt,  auftritt,  um  so  nachtheiliger  wird  sie 
für  den  Stock  und  für  die  Entwicklung  der  Trauben. 

Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  noch  andere  Arten  der 
Gattungen  Peronospora  und  Pythium  auch  an  jungen  Pflanzen  der 
Waldbäume  schädlich  werden,  und  wäre  insbesondere  zu  prüfen,  ob 
Pythium  de  Baryanum,  welches  das  Umfallen  engstehender  Säm- 
linge vieler  landwirtschaftlicher  Culturpflanzen  veranlasst,  auch  in 
Saatbeeten  der  Laub-  und  Nadelholzpflanzen  schädlich  wird.  Zu 
den  Peronosporeen  gehört  auch  die  Gattung  Cystopus.  Am  be- 
kanntesten ist  Cystopus  candidus,  der  Erzeuger  des  weissen  Rostes 
der  Kreuzblüther. 

§  10.    Ustilagineae. 

Die  Ordnung  der  Brandpilze  enthält  zwar  nur  Parasiten  der 
Krautpflanzen  und  zwar  vorzugsweise  der  grasartigen  Pflanzen, 
doch  sind  die  durch  sie  erzeugten  Krankheiten  so  bedeutungsvoll, 
dass  eine  kurze  Erwähnung  derselben  hier  Platz  finden  mag. 

Als  Brand  hat  der  Sprachgebrauch  der  Praktiker  eine  Reihe 
der  verschiedenartigsten  Krankheitserscheinungen  der  Pflanzen  be- 
nannt, im  engern  Sinne  verstehen  wir  aber  unter  Brand  nur  solche 
Krankheiten,  bei  denen  gewisse  Pflanzentheile  und  zwar  vorzugs- 
weise Blüthen  und  Früchte,  seltener  Blätter,  Stengel  oder  gar 
Wurzeltheile  zu  einer  schwarzbraunen  Sporenmasse  sich  umwandeln. 
Dieses  Sporenpulver  entsteht  im  Gewebe  der  betreffenden  Pflanzen- 

H  artig,    Baumkrankheiten,  2.  Aufl.  5 


(36  I.  Abschnitt. 

theile,  welche  von  reichlichem  Mycel  der  Brandpilze  durchsetzt 
sind,  durch  Abschnürung  oder  Zergliederung  massenhaft  entwickelter 
Pilzfäden,  während  das  Gewebe  der  Pflanzentheile  selbst  fast  voll- 
ständig zerstört  wird. 

Die  Sporenmassen  treten  entweder  frei  zu  Tage,  oder  bleiben 
von  der  äusseren  Haut  der  Pflanzentheile  umschlossen  und  er- 
scheinen als  schwarz  durchschimmernde  Anschwellungen. 

Die  Brandsporen,  deren  Keimfähigkeit  sich  mehrere  Jahre 
hindurch  erhält,  entwickeln  beim  Eintritt  günstiger  Keimbedin- 
gungen in  der  Regel  einen  kräftigen  Schlauch,  der  oft  schon  nach 
Erreichung  der  doppelten  oder  dreifachen  Länge  des  Sporendurch- 
messers an  seiner  Spitze  oder  seitlich  eine  Mehrzahl  von  kleineren 
Sporen,  Sporidien  genannt,  bildet  und  als  Yorkeim,  Promycelium, 
bezeichnet  wird. 

Oftmals  zergliedert  sich  das  Promycelium  direct  in  eine  Mehr- 
zahl von  Sporidien.  Bei  solchen  Arten,  deren  Promycelium  die 
Sporidien  wirteiförmig  auf  der  Spitze  entwickelt,  findet  ein  Copu- 
lationsprocess  zwischen  je  zwei  Nachbarsporidien  statt,  und  fallen 
diese  dann  paarweise  ab. 

Befindet  sich  eine  keimende  Brandspore  oder  Sporidie  in  un- 
mittelbarer Nähe  einer  geeigneten,  jugendlichen  Nährpflanze,  dann 
bohrt  sich  der  Pilzschlauch  durch  die  Oberhaut  in  das  Gewebe  der- 
selben ein  und  gelangt  so  in  den  Stengel,  in  welchem  das  Mycelium 
vorherrschend  intercellular  aufwärts  wächst,  ohne  erkennbare  Nach- 
theile hervorzurufen.  Erst  in  demjenigen  Pflanzentheile,  in  wel- 
chem die  Sporenbildung  vor  sich  geht,  tritt  eine  Zerstörung  der 
Gewebe  ein. 

Die  Brandsporen,  welche  schon  vor  oder  während  der  Ernte 
ausfallen  und  in  den  Ackerboden  gelangen,  werden  in  der  Regel 
alsbald  keimen  und  in  Ermangelung  geeigneter  junger  Wirths- 
pflanzen  zu  Grunde  gehen.  Die  Uebertragung  von  Jahr  zu  Jahr 
erfolgt  desshalb  meist  durch  Verwendung  solchen  Saatgutes,  dem 
äusserlich  Brandsporen  anhaften,  und  schon  beim  Dreschen  des 
Getreides  bietet  das  Verstäuben  der  Sporen  aus  brandigen  Pflanzen 
reichliche  Gelegenheit  zur  Verunreinigung  der  Saatkörner  mit 
solchen  Brandsporen.  Es  wird  aber  oftmals  auch  durch  Verwen- 
dung brandigen  Strohes  als  Stalldünger  der  Transport  der  Brand- 
sporen auf  das  Feld  herbeigeführt. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  gj 

Die  Keimung  der  Brandsporen  ist  in  hohem  Grade  abhängig 
von  Luft  und  Bodenfeuchtigkeit  und  ein  Boden,  der  seiner  physi- 
kalischen Beschaffenheit  nach  von  Natur  oder  durch  Beimengung 
reichen  Mistdüngers  eine  hohe  wasserhaltende  Kraft  besitzt,  fördert 
die  Keimung  der  Brandsporen  und  somit  das  Auftreten  der  Krankheit. 

Aus  dem  Gesagten  ergiebt  sich,  dass  vor  allen  Dingen  der 
Transport  der  Brandsporen  auf  das  Feld  vermieden  werden  muss, 
dass  mithin  möglichst  reines  Saatgut  zu  verwenden  ist.  Wo  solches 
nicht  zu-  haben  ist,  da  muss  durch  12 — 16  stündiges  Einweichen  der 
Saatkörner  in  einer  halbprocentigen  Kupfervitriollösung  der  Tod  der 
anhaftenden  Brandsporen  herbeigeführt  werden.  Es  ist  ferner  die 
Verwendung  brandigen  Strohes  im  Dünger  zu  vermeiden. 

Die  wichtigsten  Brandarten  sind: 

Der  Steinbrand  auch  Schmier-  oder  Stinkbrand  des  Weizens 
(Tilletia  Caries  und  laevis),  welcher  ausser  Weizen  auch  Quecke, 
Mäusegerste  und  WTiesengras  (Poa  pratensis)  befällt  und  zwar  da- 
durch charakterisirt  ist,  dass  das  im  frischen  Zustande  übel 
riechende  Sporenpulver  noch  zur  Erntezeit  in  den  Körnern  einge- 
schlossen ist.  Die  Brandkörner  werden  erst  beim  Dreschen  zer- 
schlagen und  wird  dadurch  ein  Verstäuben  der  Sporen  veranlasst, 
die  den  gesunden  Körnern  anhaften,  mit  diesen  ausgesät  werden 
und  dadurch  die  neue  Pflanze  wieder  brandig  machen. 

Der  Staubbrand,  Ustilago,  ist  die  artenreichste  und  schäd- 
lichste Gattung.  Ustilago  Carbo  befällt  nicht  nur  Hafer,  Weizen 
und  Gerste,  sondern  auch  eine  grosse  Anzahl  Wiesengräser,  zer- 
stört die  Fruchtknoten  und  meist  auch  die  Spelzen  vollständig,  so 
dass  das  braune  Sporenpulver  schon  auf  den  Halmen  verfliegt. 
Ustilago  destruens,  Hirsebrand,  zerstört  die  noch  in  der  obersten 
Blattscheide  eingeschlossene  Rispe  der  Hirse.  Ustilago  Maydis, 
der  Maisbrand,  erzeugt  an  den  Stengeln,  Blättern  und  Kolben  der 
Maispflanzen  grosse  Beulen,  welche  ganz  von  schwarzbraunem 
Sporenpulver  erfüllt  sind.  Zahlreiche  andere  Arten  treten  noch  an 
Gräsern,  Kräutern  und  Zwiebelgewächsen  auf. 

Der  Stengelbrand,  Urocystis,  ist  besonders  durch  den  Rog- 
genstengelbrand, Urocystis  occulta,  häufig  vertreten.  Er  ist  da- 
durch sehr  auffällig,  dass  das  oberste  Halmglied  der  Roggenpflanze 
rinnenartig    aufplatzt     und     das    schwarze    Sporenpulver    zu    Tage 

treten  lässt. 

5* 


68  I-  Abschnitt. 

Urocystis  Violae,  Anernonis,  Cepulae  sind  andere  oft  auf- 
tretende Formen. 

Ascomycetes.     Schlauchpilze. 

Die  zweite  Gruppe  der  Pilze  hat  ihren  Namen  daher  be- 
kommen, dass  die  Sporen  im  Inneren  von  Schläuchen  (Asken) 
gebildet  werden  und  die  Sporenfrüchte  in  vielen  Fällen  als  Resul- 
tate vorangegangener  Geschlechtsvorgänge  erkannt  wurden.  Die 
sehr  zahlreichen  hierhergehörigen  Pilze  zerfallen  in  4  Ordnungen, 
die  Erysipheen,   Tuberaceen,  Pyrenomyceten    und  Discomyceten. 

§  11.    Die  Mehlthaupilze.  Erysiphei. 

Alle  Mehlthaupilze  sind  ächte  Parasiten,  deren  Mycel  auf 
der  Oberfläche  der  Pflanzen,  nämlich  auf  der  Epidermis  der  Blätter, 
Früchte  und  Stengel  vegetirt,  durch  Saugwarzen  (Haustorien)  den 
Nahrungsbedarf  aus  dem  Inneren  der  Oberhautzellen  bezieht,  welche 
dadurch  gebräunt  und  getödtet  werden.  Auf  dem  Mycelium  ent- 
wickeln sich  die  meist  kugelförmigen,  mit  unbewaffnetem  Auge  als 
kleine  dunkle  Punkte  erkennbaren,  völlig  geschlossenen,  also  mün- 
dungslosen Perithecien,  die  überwintern  und  den  Pilz  auf  das  nächste 
Jahr  verpflanzen,  während  im  Laufe  des  Sommers  an  zahlreichen 
einfachen,  aufrechtstehenden  Hyphen  die  Gonidien  durch  Ab- 
schnürung sich  bilden,  die  sofort  keimfähig  sind  und  die  Krankheit 
während  der  Vegetationsperiode  weiter  verbreiten.  Da  das  Mycel- 
gespinnst  und  die  Gonidienträger  bei  reichlicher  Entwicklung  einen 
feinen  grauen,  mehlartigen  Ueberzug  auf  der  Blattoberfläche  dar- 
stellen, heisst  die  Krankheit   „Mehlthau". 

Man  hat  als  Verhütungsmaassregel  das  Verbrennen  der  von 
den  Mehlthauperithecien  besetzten  Blätter  im  Herbste  empfohlen, 
dagegen  nach  dem  Auftreten  des  Mehlthaus  im  Sommer  das  Be- 
streuen der  erkrankten  Pflanzentheile  mit  Schwefel  als  wirksam  be- 
zeichnet. Leider  fehlt  es  noch  völlig  an  einer  wissenschaftlichen 
Untersuchung  der  Wirkung,  die  von  dem  Schwefelpulver  auf  das 
Pilzmycel  ausgeübt  wird. 

Die    zahlreichen  Arten    der   Mehlthaupilze    sind  neuerdings   in 

mehrere  Gattungen    vertheilt,    welche   einestheils  nach  der  Zahl  der 

Asken  im  Perithecium,  anderentheils  nach  der  Zahl  der  Sporen  im 

•Ascus,    sowie    endlich   nach  dem  Bau   der    sogenannten  . Stützfäden, 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  ßQ 

das  beisst  eigenartiger  fadenförmiger  Auswüchse  einzelner  Wan- 
dungszellen  des  Peritheciums  nach  aussen  gebildet  worden  sind. 
Wir  haben  nur  wenige  Arten  hier  hervorzuheben. 

Erysiphe  (Phyllactinia)  guttata  bildet  Mehlthau  auf  Fagus, 
Carpinus,  Corylus,  Quercus,  Betula,  Alnus,  Fraxinus,  Lonicera, 
Pirus  communis  und  Crataegus.  Die  Perithecien  besitzen  unver- 
zweigte, gerade,  am  Grunde  zwiebeiförmig  verdickte  Stützfäden  und 
im  Inneren  mehrere  zweisporige  Schläuche.  In  Rothbuchenbestän- 
den veranlasst  dieser  Parasit  zuweilen  ein  frühzeitiges  Vertrocknen 
der  Blätter. 

Erysiphe  (Uncinula)  bicornis  (Aceris)  schädigt  recht  oft  die 
Blätter  und  jungen  Triebe  von  Acer.  Mir  ist  diese  Art  besonders 
auf  Acer  platanoides  und  campestre  bekannt  geworden.  Sie  bildet 
grauweisse  grosse  Flecke  oder  ganze  Ueberzüge  auf  einer  Seite  oder 
auf  beiden  Seiten  der  Blätter,  während  die  schwarzen  Flecke  durch 
Rhytisma  acerinum  entstehen.  Die  Perithecien  besitzen  mehrere 
achtsporige  Schläuche  und  die  Stützfäden  sind  an  der  Spitze  einmal 
gabelig  getheilt.  Die  Gonidien  sind  elliptisch.  Schon  im  August 
sind  oft  die  Blätter  des  Ahorn  völlig  von  weissen  Flecken  bedeckt. 

Erysiphe  Tulasnei  ist  der  vorigen  Art  nahe  verwandt,  kommt 
nur  auf  der  Oberseite  der  Spitzahornblätter  vor.  Die  Gonidien  sind 
kugelförmig.  Erysiphe  (Uncinula)  adunca  erzeugt  den  Mehlthau 
auf  Weiden-  und  Pappelblättern. 

Erysiphe  (Sphaerotheca)  pannosa  bildet  den  bekannten  Mehl- 
thau der  Zweige  und  Blätter  der  Rosen.  Rechtzeitiges  Pflücken 
der  befallenen  Blätter  und  Verbrennen  derselben  ist  zumal  in  nassen 
Jahren  nothwendig. 

Oidium  Tuckeri  ist  der  Pilz  der  Weintraubenkrankheit. 
Die  Traubenkrankheit  hat  sich  seit  dem  Jahre  1845,  in  welchem 
sie  zum  ersten  Male  in  England  beobachtet  wurde,  über  alle  wein- 
bauenden Länder  Europas  verbreitet.  Das  Mycel  entwickelt  sich 
auf  Blättern,  Stengeln  und  Trauben.  Soweit  letztere  befallen  wer- 
den, stirbt  die  Oberhaut  ab  und  verliert  ihr  Ausdehnungsvermögen, 
so  dass  mit  dem  Wachsthum  der  Beere  ein  Aufplatzen  der  Ober- 
haut und  damit  das  Verderben  der  Weinbeere  eintritt.  Bisher  sind 
nur  die  Gonidien  dieses  Pilzes  aufgefunden  worden,  und  ist  noch 
die  Frage  zu  beantworten,  wie  der  Pilz  überwintert. 


7Q  I.  Abschnitt. 

§  12.    Die  Trüffelpilze.     Tuberacei. 

Die  Trüffelpilze  sind  ausgezeichnet  durch  unterirdische  rund- 
liche Fruchtkörper,  in  welchen  die  schlauchtragenden  Hymenien 
die  Oberfläche  labyrinthischer  Gänge  auskleiden.  Gonidien  und 
Sexualorgane  sind  nicht  bekannt. 

Durch  die  Untersuchungen  von  Rees1)  wurde  zuerst  festgestellt, 
dass  die  Hirschtrüffel,  Elaphonryces  granulatus,  ihr  Mycel  parasitisch 
an  Kiefernwurzeln  entwickelt.  Es  ist  ferner  bekannt,  dass  die  ess- 
baren Trüffelarten  der  Gattung  Tuber  an  den  Wurzeln  der  Eiche  und 
Rothbuche  schmarotzen.  Neuerdings  hat  Frank  das  Auftreten  von 
Pilzgebilden  an  den  Wurzeln  phanerogamer  Pflanzen,  insbesondere 
der  Nadelholzbäume  und  der  Cupuliferen,  eingehender  studirt  und 
die  grosse  Verbreitung  von  Mycelbildungen  an  den  zarten  Wurzel- 
spitzen der  Bäume  constatirt.  Die  Aussenwände  der  jungen  Wurzeln 
werden  vomPilzmycel,  welches  in  und  zwischen  deren  Zellen  eindringt, 
so  dicht  überzogen,  dass  sich  ein  geschlossener  Pilzmantel  bildet. 
Die  befallenen  Wurzeln  zeigen  zum  Theil  abnorme  Gestaltungen 
durch  reiche  Verästelung  und  Wucherung  der  Gewebe,  indem  sich 
eine  Art  symbiotischen  Verhältnisses  herstellt,  wie  wir  es  bei 
manchen  anderen  Pflanzenparasiten  in  ähnlicher  Weise  beobachten. 
Das  vom  Pilz  durch  wucherte  Gewebe  der  Wurzelrinde  stirbt  nach 
einiger  Zeit,  und  wenn  die  Pilzfäden  in  die  inneren  Gewebe  der 
Wurzel  eindringen,  so  sterben  diese  Wurzeln  ganz  und  gar  ab. 
Frank  hat  diesen  Erscheinungen  den  Namen  Mycorhiza,  Pilzwurzel, 
gegeben.  Welche  verschiedenen  Pilzarten  sich  an  dieser  Erschei- 
nung betheiligen,  ob  insbesondere  ausser  den  Tuberaceen  auch  Pilze 
aus  anderen  Gruppen  Mycorhizen  bilden,  ist  noch  nicht  festgestellt. 
Frank  ist  der  Ansicht,  dass  diese  Wurzelpilze  eine  wichtige  Rolle 
im  Leben  der  Bäume  spielen,  indem  sie  die  Ernährung  derselben 
gleichsam  vermitteln  und  auch  organische  Nährstoffe  den  Bäumen 
aus  dem  Boden  zuführen. 

Ob  diese  Ansicht  in  der  Folge  ihre  Bestätigung  finden  wird, 
bleibt  abzuwarten,  ist  aber  zur  Zeit  sehr  zu  bezweifeln,  nachdem 
zunächst  die  Aufnahme  organischer  Nährstoffe  durch  die  Baum- 
wurzeln  noch  nicht  bewiesen,    andererseits  festgestellt  ist,    dass  die 


!)  Dr.  M.  Rees  und  Dr.  K.  Fisch,  Untersuchungen  über  Bau  und  Leben  der 
Hirschtrüffel,  Elaphomyces  1888. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  71 

Bäume  sich  ohne  Pilzwurzel  sehr  gut  zu  ernähren  im  Stande  sind 
und  neben  den  verpilzten  Wurzeln  jeder  Zeit  ein  sehr  grosser  Theil 
der  Wurzeln  völlig  frei  von  Pilzen  ist. 

§  13.    Die  Kernpilze.     Pyrenomycetes. 

Bei  den  Kernpilzen  kleidet  das  die  Asken  tragende  Hymenium 
die  Innenfläche  kuglicher  oder  flaschenförmiger  Behälter  aus,  welche 
Perithecien  genannt  werden  und  durch  eine  die  Sporen  entlassende 
Oeffnung  an  der  Spitze  ausgezeichnet  sind.  Die  zahlreichen  hierher 
gehörenden  Gattungen  kann  man  in  zwei  Gruppen  theilen,  in  solche, 
deren  Perithecien  einzeln  stehen  (simplices),  und  in  solche,  deren 
Perithecien  in  grösserer  Anzahl  auf  einem  gemeinsamen  Polster 
vereinigt,   oder  in  einem  Stroma  vertieft  stehen  (compositi). 

Als  beachtenswerthe  Parasiten  sind  folgende  Arten  näher  zu 
besprechen. 

Trichosphaeria  parasitica2). 

Dieser  Parasit  bewohnt  vorzugsweise  die  Tanne,  nach  v.  Tubeuf 
auch  die  Fichte  und  Hemlockstanne.  Er  ist  überall  verbreitet, 
wo  die  Weisstanne  zu  Hause  ist,  sein  farbloses  Mycel  perennirt 
auf  der  Unterseite  der  Zweige,  von  wo  aus  er  auf  die  Unter- 
seite der  Tannennadeln  wächst,  diese  an  den  Zweig  gleichsam 
festspinnend.  Die  später  absterbenden  Nadeln  fallen  desshalb  nicht 
ab,   sondern  bleiben  an  den  Zweigen  hängen.     Fig.  18. 

Die  an  der  Oberseite  der  Zweige  entspringenden  Nadeln  Fig.  18a 
bleiben  wenigstens  im  ersten  Jahre  meist  lebend,  weil  das  Mycel 
auf  die  Unterseite  der  ZwTeigaxe  beschränkt  ist.  Mit  der  Ent- 
wicklung der  neuen  Triebe  wächst  das  Mycel  auf  diese  und  tödtet 
die  jungen  noch  nicht  völlig  ausgebildeten  Nadeln  der  Trieb- 
basis sofort,  die  dann  zusammenschrumpfen.  Die  erst  später  vom 
langsam  nachwachsenden  Mycel  erreichten  Nadeln  der  Mitte  und 
Spitze  des  Triebes  bewahren  ihre  Schwertform. 

Das  Pilzmycel  bildet  auf  der  Nadelunterseite  anfänglich  weisse, 
später  bräunlich  werdende  Polster,  Fig.  19  bb,  welche  die  blauen 
Streifen  der  Tannennadelunterseite  nur  theilweise  überziehen.     Auf 


2)  R.  Hartig,    Ein  neuer  Parasit  der  Weisstanne,   Trichosphaeria  parasitica. 
Allgem.  Forst-  u.  Jagd-Zeitg.    Januar  1884. 


72 


I.  Abschnitt. 


diesen  Polstern  entstehen  in  der  Folge  die  sehr  kleinen  Perithecien. 

Fig.  20. 

Das   Pilzpolster    entsteht    dadurch,    dass  von    den    die   Nadeln 

überziehenden  Hyphen  Fig.  21  a  nach  der  Blattoberfläche  zu  zahl- 
reiche Verästelungen  b  aus- 
gehen, welche  ein  aus 
parallelen  unter  einander 
verwachsenden  Pilzhyphen 
^  bestehendesfleischieresPol- 

ster  c  bilden.  Jede  Hyphe 
entsendet  da,  wo  sie  die 
Oberhaut    der   Nadel    be- 


Fig.'  18. 

"Weisstannenzweig  mit  Trichosphaeria  para- 
sitica.  a  Die  gesunden  Nadeln,  b  Die  ge- 
testeten braunen  Nadeln,  welche  am  Grunde 
durch  Pilzfäden  an  dem  Zweig  befestigt  sind. 
Im  untersten  Theile  jedes  Triebes  sind  die 
vom  Pilz  getödteten  Nadeln  zusammenge- 
schrumpft, da  sie  zur  Zeit  des  Pilzangriffes 
noch  nicht  ausgebildet  waren. 


Fig.  19. 
Unterseite  einer  Tan- 
nennadel mit  Tricho- 
sphaeria parasitica. 
Das  farblose  Mycel 
wächst  bei  a  von  der 
Zweigaxe  auf  der  Na- 
delunterseite und  bil- 
det auf  dieser  weisse 
Pilzpolster  b  b. 

rührt  d,  ein  feines  stab- 
förmiges  Saugwärzchen  in 
die  Aussenwand  e  der 
Oberhautzellen,  durch  des- 
sen Fernientausscheidung 
die  Oberhautzellen  und 
Spaltdrüsen  f  getödtet  und 
gebiüunt  werden.  Die 
chlorophyllhaltigen  Zellen 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


73 


des  Blattinneren  g  werden  erst  später  durch  das  hier  und  da  eindrin- 
gende Mycel  h  getödtet.  Der  Vorhof  der  Spaltöffnungsapparate,  dessen 
Wandung  mit  Wachskörnchen  ausgekleidet  ist,  lässt  keine  Saugwärz- 
chen eindringen  i.  Die  schwarzbraunen  Perithecien  Fig.  22,  welche 
auf  dem  Pilzpolster  später  entstehen,   sind  mit  unbewaffnetem  Auge 


Fig.  20. 

Theil  einer  Tannen- 
nadel ,  auf  welcher 
das  Pilzpolster  der 
linken  Seite  zahl- 
reiche kleine  Perithe- 
cien trägt. 


Fig.  21. 


kaum      erkennbar     und    Mycelpolster  der  Trichosphaeria  par.  auf  der  Unter- 

seite  der  lannennadel.  a  Das  fadige  Mycel,  das 
zeichnen  sich  durch  die  bei  b  sehr  reich  sich  verästelnde  Zweige  nach  unten 
in     ,loi.     Aüran     ITslfY^     aussendet,  die  ein  aus  parallel  verlaufenden  Hyphen 

bestehendes   Polster   c    entwickeln.     Wo    diese   die 

entspringenden  borsten-    Blattoberfläche   treffen,   entsenden   sie  je   ein   stab- 

fönnig  abstehenden    förmiges    Saip-ärzchenc/  in   die  Aussenwand    der 

°  Üpidermiszellen    e  e.     Bei    d   ist    das   Polster    em 

Haare  aus.    Im  Inneren    wenig  von  dem  Blatt  abgehoben,  wobei  ein  Theil  der 

Stäbchen  aus  der  Epidermis  herausgezogen  worden 
ist.  Die  Epidermiszellen  /  /  werden  gebräunt. 
Die  chlorophyllhaltigen  Blattparenchymzellen  y  g 
färben  sich  erst  später  braun,  wenn  auch  fädiges 
Mycel  h  eingedrungen  ist.  In  den  Vorhof  der  Spalt- 
öffnungen i  wächst  das  Mycelpolster,  ohne  Stäbchen 
zu  bilden,  ist  dagegen  mit  den  dort  angehäuften 
Wachskörnchen  bekleidet. 


der  Perithecien  finden 
sich  oft  kleine  stabförmi- 
ge  Organe  a,  neben  den 
Asken  b,  die  je  8  meist 
vierkammerige  rauch- 
graue Sporen  enthalten. 
Diese  Sporen  sind  es,  die  leicht  keimend,  die  Krankheit  hervor- 
rufen, wenn  sie  in  geeigneter  Weise  auf  Tannenzweige  gelangen. 
Das  Mycel  verbreitet  sich  schmarotzend  von  der  Infectionsstelle  aus 
nach  allen  Richtungen  und  kann  schliesslich  grosse  Tannenzweige 
völlig  entnadeln;  in  dichten  Verjüngungen  wächst  es  auch  von  Zweig 
zu  Zweig,  daneben  durch  Sporeninfection  neue  Heerde  erzeugend. 


74 


I.  Abschnitt. 


Da  natürliche  Verjüngungen;  zumal  solche  unter  Mutterbestand, 
in  hohem  Grade  erkranken  können,  ist  Abschneiden  der  erkrankten 
Zweige  zu  empfehlen  und  hat  sich  im  Grossen  schon  bewährt. 


Herpotrichia  nigra3). 

Dieser  Parasit  bewohnt  Vorzugs- 
weise  die  Fichte,  Krummholzkiefer 
und  den  Wachholder  in  den  höheren 
Gebirgslagen.  In  den  Knieholzbe- 
ständen entstehen  grosse  Fehlstellen, 
die  auf  den  ersten  flüchtigen  Anblick 
den  Eindruck  hervorrufen,  als  habe  ein 


Fig.  22. 

Perithecium  der  Trichosphaeria 
parasitica.  Die  schwarzbraune 
Kugel  zeigt  an  der  Spitze 
eine  runde  Oeffnung  und  in 
der  oberen  Hälfte  abstehende 
Borstenhaare.  Links  unten  ist 
ein  Theil  der  Wandung  weg- 
geschnitten, um  den  aus  Asken 
und  Paraphysen  gebildeten 
hellen  Kern  zu  zeigen.  Diese 
sind  stärker  vergrössert  dar- 
unterstehend  gezeichnet,  und 
zwar  bei  a  oft  vorkommende 
stäbchenartige  Gebilde,  bei  b 
Asken  mit  Sporen,  bei  c  iso- 
lirte  Sporen. 


Fig.  23. 

Fichte  mit  Herpotrichia  nigra. 
7a  der  natürl.  Grösse. 


Feuer  alles  verkohlt.  In  Fichtensaat-  und  Fichtenpflanzkämpen  der 
höheren  Lagen  werden  oft  sämmtliche  Pflanzen  im  Winter  und 
Frühjahr    unter   Schnee    und    unmittelbar  nach   Abgang    desselben, 


3)  R.  H  artig,  Herpotrichia  nigra  n.  sp.  Allgem.  Forst-  u.  Jagd-Zeitg.  Januar  1888. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


75 


zumal    wenn    sie    auf    die   Erde    niedergedrückt    waren,     von    dem 
schwarzbraunen  Mycel  überwuchert  und  getödtet. 

In  den  Fichtenbeständen  des  Bayerischen  Waldes  findet  man 
auf  grossen  Gebieten  den  jungen  Fichtennachwuchs  ganz  oder  bis 
zur  Kniehohe  hinauf  durch  den  Pilz  getödtet. 

Das  schwarzbraune  Mycel  überwuchert  die  ganzen  Zweige  und 
Pflanzen,   deren  Nadeln  völlig  eingesponnen  werden.    Fig.  23. 

Das  Mycel  bildet  keine  anliegenden 
Polster,  sondern  überspinnt  regellos  die 
Nadeln,  Fig.  24  b,  auf  denen  auch  die 
Perithecien  entstehen  a.  Es  bildet  über 
den  Spaltöffnungen  schwarzbraune  Knöll- 
chen,    Fig.  25,    überzieht    aber    in   gekör- 


50 

A 

PSS^" 

— =~p3SSBpBWF: 

sS==^- 

Fig.  24. 

a  b  Fichtennadeln  mit  Her- 
potrichia  nigra,  zweimal  ver- 
grössert.  Das  braune  Mycel 
bildet  in  den  Spaltöffnungen 
schwarze Knöllchen,  die  aber 
viel  kleiner  sind  als  die 
schwarzen  Perithecien,  von 
denen  eins  unten  50  fach 
vergrössert  dargestellt  ist. 


Fig.  25. 

Mycelbildung  von  Herpotrichia  nigra. 
a  Das  fädige  Mycel  entwickelt  auf 
der  Nadeloberfläche  gekörneltes  Mycel, 
welches  knollenförmig  die  Spaltöff- 
nungsapparate bedeckt.  Stäbchenför- 
mige Haustorien  werden  in  die  Aussen- 
wand   der   Epidermiszelle   eingebohrt. 


nelter  Form  auch  die  Nadeloberfläche  und  entsendet  stabförmige 
Saugwarzen  in  die  Aussenwand  der  Epidermiszellen,  die  dadurch 
getödtet  und  gebräunt  werden.  Auch  die  tiefer  liegenden  Parenchym- 
zellen  werden  durch  den  Pilz  getödtet,  schon  bevor  fädiges  Mycel 
an  anderen  Stellen  der  Nadel  durch  die  Spaltöffnungen  in  das  Innere 
eingedrungen  ist. 

Die  schwarzbraunen,  verhältnissmässig  grossen  Perithecien 
Fig.  24  zeigen  an  ihrer  Oberfläche  zahlreiche,  sich  vorzugsweise 
nach  unten  an  das  Mycel  anlegende,  verästelte  Hyphen.  Oft  sind 
die    schwarzen   Kugeln    vom   Mycel    grösstentheils    verdeckt.     Die 


76  t  Abschnitt. 

Asken  enthalten  zweizeilig  stehende  anfänglich  und  scheinbar  noch 
zur  Reifezeit  zweikammrige,  endlich  aber  grösstentheils  vierkammrige 
Sporen,  die  sehr  leicht  keimen. 

Biologisch  interessant  ist,  dass  der  Pilz  vorzugsweise  bei  nie- 
derer Temperatur  noch  unter  dem  Schnee  oder  beim  Abgange  des 
Schnees  wächst,  da  dann  die  Luft  mit  Feuchtigkeit  völlig  gesättigt  ist. 
Sein  allgemeines  Auftreten  in  den  höheren  Gebirgslagen  hat  bereits 
zu  der  allgemeinen  Maassregel  geführt,  die  Fichtenkämpe  in  tieferen 
Lagen  anzulegen.  Es  hat  sich  ferner  als  nützlich  erwiesen,  sofort 
nach  Abgang  des  Schnees  die  Pflanzkänipe  u.  s.  w.  zu  besichtigen 
und  alle  zu  Boden  gedrückten  Pflanzen  aufzurichten,  damit  sie  dem 
Winde  exponirt  werden.  Man  wird  auch  gut  thun,  bei  Fichten- 
culturen  die  jungen  Pflanzen  nicht  in  Mulden  und  Vertiefungen, 
sondern  auf  Hügel  und  sonstige  Erhebungen  zu  setzen. 

Rosellinia  quercina4). 

Der  Eichenwurzeltödter,  Rosellinia  quercina,  gehört 
zu  den  interessantesten  Parasiten  insbesondere  dess wegen,  weil 
sein  Mycel  dieselbe  Mannigfaltigkeit  der  Formen  zeigt,  wie  das 
Mycel  des  Agaricus  melleus.  Dasselbe  gehört  zu  jenen  para- 
sitisch lebenden  Mycelbildungen,  die  früher  in  eine  besondere 
Gattung  Rhizoctonia  zusammengestellt  wurden. 

Die  durch  Rosellinia  quercina  erzeugte  Krankheit  scheint  nur 
die  Wurzeln  junger  1  —  3jähriger  Eichen  zu  befallen,  ist  aber 
zumal  im  Nordwesten  Deutschlands  sehr  verbreitet.  In  Eichensaat- 
beeten äussert  sich  dieselbe  durch  Verbleichen  und  Vertrocknen  der 
jungen  Pflanzen  zumal  in  nassen,  regenreichen  Jahren.  Es  ver- 
trocknen zuerst  die  Blätter  nahe  der  Triebspitze,  später  auch  die 
unteren,  und  zieht  man  solche  Pflanzen,  welche  die  ersten  Sym- 
ptome der  Erkrankung  zeigen,  aus  dem  Boden,  so  erkennt  man  an 
der  Hauptwurzel  hie  und  da  schwarze  Kugeln  von  Stecknadelknopf- 
grösse,  Fig.  26,  besonders  an  solchen  Stellen,  wo  feine  Seiten- 
wurzeln der  Hauptwurzel  entsprungen  sind.  Auch  erkennt  man 
äusserlich  der  Wurzel  anhaftend  und  diese  gleichsam  umspinnend 
hier  oder  da  zarte,  den  Zwirnfäden  ähnliche  sich  verästelnde  Stränge, 
die  Rhizoctonien,  die  auch  zwischen  die  umgebenden  Erdschichten 


*)  R.  Hartig,  Untersuchungen  aus  d.  forstbot.  Institut  I   S.  1—32. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


77 


dringen  und,  wie  wir  sehen 
werden,  die  Krankheit 
unterirdisch  von  Wurzel 
zu  Wurzel  verbreiten.  In 
der  Umgebung  jener 
schwarzen  Knollen  und 
soweit  die  Rhizoctonien 
der  Wurzeloberfläche  eng 
anliegen,  ist  das  Rinden- 
gewebe der  Wurzel  ge- 
bräunt. Die  Spitze  der 
Pfahlwurzel  ist  oft  voll- 
ständig verfault,  doch 
zeigen  auch.  Pflanzen, 
deren  Wurzeln  bis  zur 
Spitze  lebend  sind,  die  zu- 
vor beschriebenen  Krank- 
heitssymptome. 

An  älteren,  bereits 
getödteten  Pflanzen  sind 
die  Rhizoctonien  nicht 
mehr  weiss,  sondern  braun 
gefärbt  und  die  schwarzen 
Körner  oft  in  grosser 
Menge  wahrzunehmen. 
Zuweilen  findet  man  diese 
auch  am  unteren  Theile 
des  Stengels,  d.  h.  ober- 
halb der  Samenlappen, 
und  am  besten  sind  sie 
zu  finden,  wenn  man 
die  Eichenpflänzchen  recht 
sauber  abwäscht,  da  dann 
diese  schwarzen  Knöllchen 
durch  ihren  Glanz  scharf 
hervortreten.  Bei  feucht- 
warmem Wetter  verbreitet 
sich     das    Absterben     in 


78  I.  Abschnitt. 

Rillensaaten  nach  beiden  Richtungen,  in  Vollsaaten  centrifugal  allseitig 
so,  dass  endlich  Plätze  von  1  in  Durchmesser  und  mehr  verdorrt  sind. 
Wenn  trockenes  Wetter  eintritt  oder  der  Herbst  naht,  hört  die  Ver- 
breitung der  Krankheit  auf,  doch  wird  man  an  den  scheinbar  noch  ge- 
sunden Pflanzen  in  der  nächsten  Nachbarschaft  der  getödteten  die  ge- 
schilderten Krankheitssymptome  bei  Untersuchung  der  Wurzeln  noch 
reichlich  beobachten  können.  Werden  solche  Pflanzen  mit  inficirten 
Wurzeln  im  nächsten  Jahre  verschult,  so  werden  sie  je  nach  den 
Witterungsverhältnissen  noch  absterben  und  unter  Umständen  die 
Krankheit  auf  ihre  Nachbarn  übertragen,  oder  sie  erholen  sich 
langsam  nach  mehrjährigem  Kümmern  und  bilden  eine  neue  Pfahl- 
wurzel,  wenn  deren  Spitze  der  Krankheit  erlegen  war. 

Bringt  man  eine  getödtete  Pflanze  in  einen  feuchtwarmen  Raum 
oder  pflanzt  sie  im  Juli  mitten  in  ein  Beet  gesunder  diesjähriger 
Eichenpflanzen,  so  entwickelt  sich  aus  jenen  schwarzen  Knollen, 
die  wir  als  Dauermycelien  (Sklerotien)  bezeichnen  wollen,  an 
verschiedenen  Stellen  die  Rinde  durchbrechend,  sehr  bald  ein  Mycel, 
welches  in  feuchter  Luft  ein  dichtes  weissgraues  schimmelartiges 
Gewebe  bildet  und  auch  auf  der  Oberfläche  des  Bodens  radial  sich  ver- 
breitet. Fig.  28.  Es  besteht  aus  septirten,  anfänglich  farblosen,  später 
sich  bräunenden  Hyphen,  die  nach  einiger  Zeit  sich  zusammenlegen, 
hier  und  da  seitlich  verwachsen  und  feine  Stränge,  Rhizoctonien 
bilden,  die  aus  zahlreichen,  unter  einander  kaum  verwachsenen 
Einzelhyphen  zusammengesetzt  sind.  Gelangt  dies  Mycel,  sei  es 
in  isolirten  Hyphen  oder  in  Form  von  Rhizoctonien,  an  eine  ge- 
sunde Wurzel  einer  Nachbarpflanze,  so  umspinnt  es  diese  und  dringt 
in  die  Rindenzellen  direct  ein,  soweit  solche  noch  lebend  sind, 
d.  h.  also  nahe  der  Spitze  der  Pfahlwurzel  und  in  die  zarten  Seiten- 
wurzein.  Es  dringt  bis  in  die  Markröhre,  wo  solche  vorhanden  ist 
und  tödtet  die  Wurzel  in  kurzer  Frist.  Im  lebenden  Rindenparen- 
chym  der  Hauptwurzel,  welches  nur  noch  am  untersten,  jüngsten 
Theile  zu  finden  ist,  füllt  es  die  Parenchymzellen  mit  einem  üppigen 
Gewebe,  einem  Pseudoparenchym  aus,  das  durch  Auftreten  reicher 
Fetttropfen  sich  als  ein  Dauermycel  charakterisirt.  Wir  können 
derartige,  unter  günstigen  Verhältnissen  auskeimende  Bildungen  als 
gefächerte  Sklerotien  bezeichnen.  Der  ältere  Theil  der  Haupt- 
wurzel ist  nun  aber  durch  den  in  ihrer  Rinde  zur  Ausbildung 
gelangten  Korkmantel  gegen  die  directen  Angriffe  des  Parasiten  ge- 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


79 


schützt.  Die  äusseren  Rindenzellen  sind  theils  zusammengeschrumpft, 
theils  abgestossen,  und  es  bleibt  nur  ein  Weg,  in  das  Innere  der 
Wurzel  zu  gelangen.     Da,  wo  die  feinen  Seitenwurzeln  den  Kork- 


Fig.  27. 

Infectionsstelle  der  Rosellinia  quercina, 
20 mal  vergrössert.  Die  vom  fädigen 
Mycel  getödtete  feine  Seitenwurzel  a 
zeigt  da,  wo  sie  den  Korkmantel  der 
Pfahlwurzel  durchbricht,  fleischige  In- 
fectionsknollen  b  c,  welche  Zapfen  (d) 
in  das  Gewebeinnere  senden.  Die  an- 
grenzenden Zellgewebe  e  sind  gebräunt, 
aber  frei  vom  Mycel.  An  den  oberen 
Knollen  hat  sich  ein  Rhizoctonien- 
strang  /  entwickelt,  durch  dessen 
Keimung  und  Ernährung  ein  Theil 
des  Knollengewebes  verzehrt  ist. 


Fig.  28. 

Eichenwurzel    mit    Mycelium  der 

Rosellinia    quercina   (a),    auf  dem 

bei    b    die    Perithecien    sich  ent- 
wickelt haben. 

mantel  durchsetzen,  wird,  nach- 
dem erstere  durch  den  Para- 
siten getödtet  sind,  gleichsam 
eine  Lücke,  eine  Bresche  ge- 
bildet,  woselbst  der  Parasit  ein- 


zudringen vermag  und  dies  Ein- 
dringen erfolgt  in  eigenartigerweise.  Fig.  27.  An  solcher  Stelle  bilden 
sich  zunächst  feine  weisse  Mycelknäuel,  oft  oberhalb  und  unterhalb  der 
Basis  der  getödteten  Seitenwurzel;  dieselben  werden  zu  fleischigen, 
aussen  sich  mit  einer  schwarzbraunen  Rinde  bekleidenden  Knollen, 


80  I-  Abschnitt. 

die   nach  innen  in  das  Gewebe  der  Eichenwurzel  mehrere  fleischige 
Zapfen  senden,  Fig.  27  c  d. 

Das  benachbarte  Rindengewebe  wird  getödtet  und  gebräunt 
Fig.  27  e.  Tritt  nunmehr  trockenes  oder  kaltes  Wetter  ein,  dann 
gewinnt  die  Wirthspflanze  Zeit  zur  Bildung  einer  neuen  Wund- 
korkschicht auf  der  Grenze  des  lebenden  Gewebes  in  der  Um- 
gebung jener  Infectionsknöllchen  und  die  Pflanze  ist  für  dies  Mal 
gerettet.  Bleiben  die  Vegetationsbedingungen  für  den  Pilz  günstig, 
so  entsprosst  dem  Zapfen  ein  feinfädiges  Mycel,  das  nunmehr  sich 
durch  alle  Gewebe  der  Wurzel  verbreitet  und  diese  tödtet. 

Der  Parasit  besitzt  in  den  Sklerotien  ein  Mittel,  sich  von 
einem  Jahr  aufs  andere  zu  verpflanzen  und  während  des  Sommers 
Trockenperioden  zu  überstehen,  die  alles  fädige  Mycel  mit  den 
daran  etwa  in  der  Entwicklung  begriffenen  Fruchtträgern  tödten. 

Das  oberflächlich  vegetirende  Mycelium  entwickelt  im  Sommer 
Gonidien  auf  quirlförmig  verästelten  Trägern  und  diese  können, 
durch  Mäuse  u.  dgl.  verschleppt,  neue  Infectionsheerde  erzeugen. 
Es  entstehen  aber  ausserdem  schwarze,  kugelförmige  Perithecien 
von  Stecknadelknopfgrösse  entweder  an  der  Oberfläche  der  kranken 
Eichenpflanzen  selbst  oder  in  der  Nähe  derselben  auf  der  Oberfläche 
des  Erdbodens.    Fig.  27  b. 

Die  in  den  Perithecien  entstehenden  Sporen  dürften  in  der 
Regel  wohl  erst  im  nächsten  Jahre  durch  Keimung  die  Krankheit 
neu  erzeugen. 

Grösseren  Schaden  veranlasst  der  Parasit  meist  nur  in  nassen 
Jahren.  Er  ist  zu  bekämpfen  durch  Isolirgräben,  welche  um  die 
erkrankten  Stellen  in  den  Saatkämpen  anzulegen  sind.  Die  Ver- 
wendung kranker  Pflanzen  zur  Verschulung  in  Pflanzkämpe  ist  zu 
vermeiden. 

Die  Rhizoctonia  violacea,  welche  den  sog.  Safrantod  und 
Luzernetod  veranlasst,  ist  noch  nicht  wissenschaftlich  in  ihren 
verschiedenen  Entwicklungsstufen  untersucht,  und  es  bleibt  der 
Folgezeit  vorbehalten,  festzustellen,  ob  diese  parasitischen  Mycel- 
bildungen  einer  dem  vorigen  Pilze  verwandten  Pflanzenform  ange- 
hören. Die  von  Fuckel  mitgetheilten  Angaben,  demnach  dies 
Mycel  einer  Pilzform  Byssothecium  circinnans  angehören  solle, 
tragen  das  Gepräge  der  Unwahrscheinlichkeit  in  so  hohem  Grade 
an  sich,   dass  es  nicht  der  Mühe  werth  ist,   davon  Notiz  zu  nehmen. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  Q1 

Dagegen    glaube    ich  an  dieser  Stelle  den  nachstehenden  wichtigen 
Parasiten  des  Weinstockes  besprechen  zu  müssen: 

Dematophora  necatrix5).     Der  Wurzelpilz  des  Weinstockes. 

Unter  den  zahlreichen  Feinden  des  Weinstockes  nimmt  der 
Wurzelpilz,  Dematophora  necatrix  eine  hervorragende  Stelle  ein.  Die 
durch  ihn  erzeugte  Krankheit  wird  als  Wurzelpilz,  Weinstockfäule, 
Pourridie  de  la  vigne,  Pourriture,  Blanc  des  racines,  Blanquet, 
Champignon  blanc,  Aubernage,  Mal  nero,  Morbo  bianco  bezeichnet 
und  ist  in  Frankreich,  Italien,  Schweiz,  Oesterreich  und  im  Süd- 
westen Deutschlands  verbreitet. 

Unter  den  Wurzelerkrankungen  des  Weinstockes  ist  die  durch 
Phylloxera  vastatrix  erzeugte  allgemein  bekannt.  Ganz  dieselben 
Krankheitssymptome  an  oberirdischen  Pflanzentheilen  hat  auch  der 
Wurzelpilz  zur  Folge  und  oft  genug  kommen  Verwechselungen  vor. 

Ob  auch  Agaricus  melleus  am  Weinstock  schädlich  wird,  wie 
behauptet  worden  ist,  kann  ich  nicht  sagen,  da  mir  bisher  kein 
Material  zugesandt  wurde,  an  dem  dieser  Pilz  thatsächlich  sich  zeigte. 
Es  scheint  dagegen,  als  ob  in  sehr  nassen  Jahren  und  auf  schweren 
Böden  auch  die  „Wurzelfäule"  als  Folge  des  Erstickens,  d.  h.  durch 
Luftmangel  im  Boden,  entstehen  könnte.  An  solchen  erstickten 
Stöcken  tritt  dann  oft  ein  Pilz:  Roesleria  hypogaea  auf,  dessen 
saprophytischer  Charakter  mir  sehr  wahrscheinlich  ist.  Der  Pa- 
rasit, mit  dem  wir  uns  hier  zu  beschäftigen  haben,  verbreitet  sich 
durch  sein  Mycel  unterirdisch  in  den  Weinbergen  von  Stock  zu 
Stock,  so  dass  grosse  Verheerungen  zu  beklagen  sind.  Dabei  werden 
auch  andere  Pflanzen,  die  in  den  Weinbergen  cultivirt  werden, 
Obstbäume,  Kartoffeln,  Bohnen,  Runkern  u.  dgl.  von  dem  Pilz  ge- 
tödtet.  Bei  meinen  Versuchen  tödtete  das  Mycel  sofort  junge  Ahorne, 
Eichen,  Buchen,  Kiefern,  Fichten  u.  s.  w. 

An  solchen  Pflanzen,  an  denen  das  Mycel  in  üppiger  Ent- 
wicklung ist,  wie  an  dem  Rebstocke,  Fig.  29,  und  dem  jungen  Ahorne, 
Fig.  30,  bildet  dasselbe  üppige,  schneeweisse  Massen,  wolliger  oder 
strangartiger  Natur,  die  sich  den  Pflanzen  äusserlich  anschmiegen, 
aber    auch    im  Boden    auf    grössere  Entfernungen  verbreiten.     Wo 


5)  R.  Hartig,    Dematophora    necatrix   n.  sp.     Untersuchungen   a.  d.  forstbot 
Institut  in  München.    III  1883. 

II artig,    Baumkrankheiten,  2,  Aufl.  Q 


82 


I.  Abschnitt. 


Fig.  29. 

Durch  Dematophora  necatrix  getödteter 
Weinstock  nach  längerem  Aufenthalt 
im  Feuchtraum.  Das  fädige  Mycel  a 
geht  in  weisse  Rhizoctonienstränge  b 
über,  die  sich  verästeln  c  c.  Bei  d 
und  e  wachsen  Rhizomorphen  aus  dem 
Inneren  hervor. 


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Fig.  30. 

Ahornpflanze,  durch  Demato- 
phora necatrix  inficirt.  Der  ober- 
irdische Theil  ist  um  14  Tage 
früher  gezeichnet  als  der  unter- 
irdische. Das  weisse  wollige 
Mycel  (a)  überwuchert  die 
Pflanze.  Unterirdisch  zeigen  sich 
Rhizoctonien  b  b  aus  dunklerem 
Mycel.  Aus  der  Rinde  brechen 
zahlreiche  Sclerotien  (c)  hervor. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


83 


dieses  Mycel  feine  Faserwurzeln  anderer  Pflanzen  erreicht,  tödtet 
es  diese  und  dringt  an  deren  Basis  in  das  Innere  der  stärkeren 
Wurzeln    ein;   Fig.  31  a,    und  verbreitet  sich  nun  in  deren  Innerem 


Fig.  31. 

Längsschnitt 
durch  die  Wur- 
zel eines  "Wein- 
stockes ,  der  im 
oberen  Theile  bis  b 
durch  die  Rhizo- 
morphen  der  De- 
matophora  neca- 
trix getödtet  ist, 
im  unteren  Theile 
eine  Infections- 
stelle  bei  a  zeigt. 


Fig.  32. 

Grenze  des  ge- 
sunden und  kran- 
ken Wurzeltheiles 
a.  Die  Rhizomor- 
phen  verästeln 
sich  seitlich  und 
nach    aussen,    so 

dass  einzelne 
Zweige  b  bis  zur 
Oberhaut  reichen 

7,. 


Fig.  33. 

Kräftige  Weinstock- 
wurzel, durch  Dema- 
tophora  inficirt.  Das 
Rindengewebe  ist 
zum  Theil  sorgfältig 
wegpräparirt,  so  dass 
die  Rhizoniorphen, 
welche  von  a  aus  sich 
entwickelt  haben,  zu 
erkennen  sind.  Bei  b 
bilden  sich  die  scle- 
rotienartigen  Mycel- 
knollen,  auf  denen 
später  die  Gonidien- 
träger  entstehen.   5/i- 


in  Form  eigenartiger  Rhizoniorphen,  Fig.  32,  alle  benachbarten 
Gewebe  tödtend.  Im  weichen  Rindengewebe  der  Weinstockwurzel 
bleiben  sie  strangartig  und  verästeln  sich  seitlich  und  nach  aussen, 

6* 


84 


I.  Abschnitt. 


so    dass    die  Wurzel    gleichsam    von    einem  Netz  von  Strängen  um- 
sponnen ist,  Fig.  33. 

Diese  Rhizomorphen    sind    völlig    verschiedenartig   gebaut  von 
denen  des  Agaricus  melleus.     Ich  gebe  eine  etwas  schematisch  ge- 


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haltene  Spitze    dieser  Rhizomorphen    in  Fig.  34    und   verweise  auf 
die  Figurenerklärung. 

Die  nach  aussen  abzweigenden  Rhizomorphenäste  durchbrechen 
die  Rinde   von  innen  und  bilden  neues  fädiges  Mycel,   das  sich  im 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


85 


Boden  verbreitet,  oder  sie  schwellen  unter  der  Wurzelrinde  zu 
knolligen  Sklerotien  an,  Fig.  33  b,  die  zuweilen  in  Reihen  angeord- 
net aus  der  Rinde  hervorbrechen,  Fig.  35. 

Auf  diesen  Knollen  entstehen  nun  die  Gonidienträger  in  grosser 
Anzahl  in  Form  von  Borsten,  an  deren  Spitze  die  Gonidien 
abgeschnürt  werden,  Fig.  36. 

Sehr  häufig  entstehen 
aber  auch  diese  Frucht- 
träger auf  dem  fädigen 
Myeel,  welches  in  Form 
von  Rhizoctonien  und 
Ueberzügen  die  kranken 
Pflanzen  oder  fremde 
Gegenstände  bekleidet. 

Perithecienbildung  konn- 
te ich  bisher  nicht  beob- 
achten trotz  mehrjähriger 
Cultur  des  Parasiten. 

Es  ist  zu  prüfen,  ob 
in  den  Weinbergen  durch 
Imprägniren  der  Rebpfähle 
mit  Creosotöl  dem  Weiter- 
schreiten der  Erkrankung 
begegnet  werden  kann, 
nachdem  das  anfänglich 
von  mir  in  Vorschlag  ge- 
brachte Aushungern  durch 
Isolirgräben  u.  s.  w.  doch 
zu  langwierig  sein  dürfte. 


Fig.  35.  Fig.  36. 

Wurzel  eines  Weinstocks  Ein  Theil  von  Fig.  35, 

mit    zahlreichen    sclero-  nach  Ausbildung  der 

tienartigen  Knollen,  auf  Gonidienträger    ver- 

denen      hier      und      da  grössert  5/i- 
borstenförmigeGonidien- 
träger  sich  entwickeln. 


Cucurbitaria  Laburni6). 

An  Wundstellen  des  Cytisus  Laburnuni  dringt  häufig  der  vor- 
genannte Parasit  ein  und  veranlasst  das  Absterben  der  Rinde  und 
Zweige  auf  grösserer  Ausdehnung  oder  selbst  das  Absterben  der 
ganzen  Pflanze.  Neben  den  schwarzbraunen  kuglichen  Perithecien, 
welche  heerdenweis  zusammenstehen,  kommen  sehr  verschiedenartige 


6)  Cucurbitaria  Laburni,  auf  Cytisus  Laburnum.    Freiherr  v.  Tubeuf,  Cassel, 
Fischer  1886. 


86  I.  Abschnitt. 

Gonidienfornien  vor,  die  entweder  frei  auf  dem  Stroma  oder  im 
Inneren  von  Höhlungen  des  Stromas  oder  in  Pycniden  sich  ent- 
wickeln. Bei  der  leichten  Keimfähigkeit  aller  dieser  Vermehrungs- 
organe kann  der  Parasit  häufig  grosse  Ausbreitung  erlangen. 

In  ähnlicher  Weise  scheint  Cucurb.  Sorbi  die  Rinde  von  Sorbus 
Aucuparia  zu  befallen. 

Hier  ist  mit  wenigen  Worten  der  „Fleckenkrankheiten" 
auf  den  Blättern  zahlreicher  Bäume,  Sträucher  und  Krautpflanzen 
zu  erwähnen,  welche  namentlich  im  Herbste  oft  in  ausgedehntem 
Maasse  auftreten,  indem  die  Blätter  von  zahlreichen  scharf  um- 
grenzten, meist  kreisförmigen  braunen,  oft  roth  eingefassten  Flecken 
bedeckt  werden.  Es  sind  meist  Pilze  aus  der  Familie  der  Sphae- 
relloiden,  insbesondere  der  Gattungen  Sphaerella  und  Stigmatea. 

Die  Gonidien  bilden  sich  schon  auf  den  lebenden  Blättern,  die 
Perithecien  erst  auf  den  abgestorbenen  Pflanzentheilen  und  zwar 
meist  erst  im  Frühjahr  nach  Abfall  der  Blätter. 

Sphaerella  Fragariae  erzeugt  die  Fleckenkrankheit  der  Erd- 
beerblätter. 

Sphaerella  punctiformis  und  maculiformis  veranlasst 
braune  Flecken  auf  den  Blättern  der  Eichen,  Linden,  Haseln. 
Sph.  Fagi   erzeugt  Flecken  auf  Buchenblättern  u.  s.  w. 

Stigmatea  Mespili  veranlasst  die  Blattbräune  der  Birnen- 
blätter, Stigmatea  Alni  Flecken  auf  Erlenblättern. 

Einer  verwandten  Familie  gehört  Gnomonia  an  und  ist 
Gnomonia  erythrostoma  der  Erzeuger  der  Blattbräune  der  Süss- 
kirschen.  Die  inficirten  Blätter  sterben  schon  frühzeitig  ab,  ohne 
abzufallen.  Auf  denselben  entwickeln  sich  die  Perithecien  mit  den 
einzelligen  Schlauchsporen.  Entfernung  alles  an  den  Bäumen  hän- 
genden Laubes  während  des  Winters  ist  anzurathen. 

An  Aprikosen,  Pfirsich  und  Schlehe  tritt  ein  Parasit,  Yalsa 
Prunastri,  häufig  schädlich  auf,  indem  derselbe  das  Absterben  von 
Zweigen  veranlasst,  deren  Rinde  von  dem  Pilz  bewohnt  wird.  Die 
Spermazienform  tritt  zuerst  auf  und  entsendet  in  Ranken  die  Sper- 
matien,  während  später,  d.h.  erst  im  nächsten  Frühjahr,  die  Perithecien 
in  der  abgestorbenen  Rinde  sich  entwickeln. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  87 

Nectria. 

Die  Gattung  Nectria  umfasst  eine  Mehrzahl  parasitischer 
Pilze,  die  ihre  meist  roth  gefärbten  Perithecien  in  grösserer  Anzahl 
zusammenstehend  auf  der  Oberfläche  eines  warzenförmigen,  aus 
Pseudoparenchym  bestehenden  Stromas  entwickeln.  Vor  deren  Ent- 
stehung dient  dasselbe  Stroma  der  Erzeugung  zahlloser  Goniclien. 
Dieses  Gonidien  tragende  Stroma  wurde  früher  als  besondere  Gat- 
tung Tubercularia  bezeichnet. 

Die  nachstehend  aufgeführten  drei  Arten  dieser  Gattung  sind 
facultative  Parasiten,  die,  wie  so  viele  andere  Parasiten,  auch  als 
Saprophyten  leben  können. 

Nectria  Cucurbitula7). 

Die  Nectria  Cucurbitula  gehört,  wie  alle  Nectrien,  zu  den- 
jenigen Parasiten,  die  in  der  Regel  nur  an  vorgebildeten  Wund- 
stellen in  das  Innere  der  Wirthspflanzen  einzudringen  vermögen, 
und  als  solche  ist  vorzugsweise  die  Fichte,  seltener  die  Tanne, 
Kiefer  u.  s.  w.  zu  bezeichnen.  Im  Walde  sind  es  meist  die  Frass- 
stellen  der  Grapholitha  pactolana,  Fig.  37,  seltener  Hagel- 
schlagstellen oder  die  Basis  eines  durch  Schneeanhang  herabge- 
bogenen Zweiges,  dessen  Rinde  im  oberen  Winkel  ein  wenig  ein- 
gerissen ist,  welche  als  Eingangspforten  vom  Parasiten  benutzt 
werden. 

Die  keimenden  Ascosporen  oder  Gonidien  senden  ihre  Mycel- 
schläuche  in  das  Rindengewebe  und  sind  es  besonders  die  Sieb- 
röhren des  Weichbastes  (Fig.  38  b)  oder  die  Intercellularräume 
zwischen  diesen  (Fig.  38  c),  in  welchen  das  ästige  Mycel  schnell 
vorschreitet.  Man  trifft  das  Mycel  in  dem  anscheinend  noch  voll- 
ständig gesunden,  frischen  Bastgewebe,  die  Bräunung  der  Gewebe 
erfolgt  erst  einige  Zeit  darauf.  Das  Wachsthum  des  Pilzes  scheint 
meistens  nur  im  ruhenden  Rindengewebe  stattzufinden.  Es  hört 
dasselbe  für  gewöhnlich  auf,  wenn  die  Pflanze  und  deren  Cambiurn 
zu  erneuter  Lebensthätigkeit  erwacht,  und  müssen  wir  somit  an- 
nehmen, dass  die  Widerstandsfähigkeit  der  lebenden  Gewebe  der 
Wirthspflanze  im  vegetativen  Zustande  eine  grössere  sei,  als  im 
ruhenden  Zustande.     Wie  die  Fig.  37    zeigt,    kann  das  Wachsthum 


7)  R.  Hartig,  Untersuchungen  I,   Seite  88. 


88 


I.  Abschnitt. 


in  der  Längsrichtung  in  einer  Wuchsperiode  10  cm  überschreiten. 
In  seitlicher  Erstreckung  übersteigt  die  absterbende  Stelle  selten 
mehr  als  3 — 4  cm.  Das  von  dem  Pilz  getödtete  Gewebe  wird  von 
den  lebenden  Pflanzentheilen  durch  eine  Korkhaut  abgesondert 
und  in  der  Regel  verhindert  diese  Korkschicht  das  Weiter- 
wachsen des  Parasiten  im  nächsten 
Jahre. 

Ist  der  getödtete  Rindentheil  dem 
Winde  und  der  Sonne  exponirt,  dann 
trocknet  er  schon  im  Anfange  des 
Sommers  aus,  ist  der  befallene  Pflan- 
zentheil noch  nicht  stark,  so  ver- 
trocknet   auch    der    Holzkörper    und 


Fig.  37. 

Fichte  mit  Nectria  Cucurbitula. 
a  Eine  überwallte  Hagelschlagstelle 
ohne  Infection.  /;  Frassstelle  einer 
Larve  der  Grapholitha  pactolana, 
welche  überwallt,  aber  nach  2  Jahren 
inficirt  ist.  Das  Mycel  hat  sich 
von  c  bis  c  im  Cambium,  bis  d  d 
in  der  Rinde  verbreitet.  Auf  der 
getödteten  Rinde  sind  zahlreiche 
Gruppen  von  Perithecien  erschienen. 


Fig.  38. 

Querschnitt  durch  Rinde  und 
Holz  einer  vor  Kurzem  inficirten 
Fichte,  a.  Holz.  bb.  Siebröhren 
mit  einem  oder  mehreren  Mycel- 
fäden  im  Innern,  c.  Mycel  in 
den  Intercellularräumen.   420/i 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  39 

der  Gipfel  der  Pflanze  stirbt  ab,  wird  gelb  und  dürr.  Recht 
oft  findet  man  in  den  jungen  Fichtenbeständen  solche  dürre 
Gipfel,  ohne  eine  Spur  von  den  Schlauchfrüchten  zu  bemerken, 
die  nur  zur  Reife  gelangen  können,  wenn  der  Rindenkörper,  in 
welchem  das  Mycel  verborgen  ist,  stets  feucht  erhalten  bleibt.  Ist 
dies  der  Fall,  wie  wir  es  oft  an  unteren,  durch  den  Schatten  und 
Schutz  der  Zweige  gedeckten  und  feucht  erhaltenen  Rindentheilen 
beobachten,  dann  entwickelt  sich  aus  der  getödteten  Rinde  eine 
grosse  Anzahl  von  weissen  und  gelblichen  Fruchtpolstern,  welche 
etwa  in  Stecknadelknopfgrösse  die  äusseren  Rinden-  und  Kork- 
schichten durchbrechen,  oder  auch  zwischen  den  lockeren  Rinden- 
schüppchen  verborgen  bleiben.  Diese  Fruchtpolster  erzeugen  zuerst 
zahllose  Gonidien,  später  dagegen  bilden  sich  auf  ihnen  zahlreiche 
rothe  Perithecien  von  rundlicher  Kürbisform,  deren  Ascosporen 
meist  im  Winter  oder  Frühjahr  ausgestossen  werden  und  dann 
an  die  Frassstellen  des  Fichtenrinden wicklers  oder  an  andere  Wunden 
gelangen. 

Mit  dem  Verschwinden  des  Wicklers,  wie  z.  B.  im  Gefolge  des 
strengen  Winters  1879/80,  in  welchem  die  Räupchen  zum  grössten 
Theile  erfroren,  vermindert  sich  selbstredend  auch  die  Beschädigung 
durch  die  Nectria,  weil  dieser  die  Gelegenheit  zur  Infection  ent- 
zogen wird.  Fichten,  welche  nur  von  der  Motte,  nicht  aber  vom 
Pilz  befallen  werden,  gehen  fast  niemals  zu  Grunde,  sondern  er- 
holen sich  nach  einigen  Jahren  des  Kümmerns  vollständig.  Solche 
Fichten,  welche  von  der  Nectria  nur  einseitig  befallen  sind,  können 
sich  ebenfalls  wieder  erholen,  da  die  getödtete  Rindenstelle  im 
Laufe  der  Jahre  wieder  überwallt.  Der  Schaden,  welcher  durch 
das  Absterben  der  Gipfel  in  den  Fichtenschonungen  veranlasst 
wird,  ist  aber  ein  ungemein  grosser  und  erscheint  es  desshalb 
rathsam,  durch  Aushieb  und  Verbrennen  der  vom  Pilz  befallenen, 
getödteten  Gipfel  den  Parasiten  in  Schranken  zu  halten. 

Nectria  ditissima8). 

Die  Laubholzbäume  werden  vorzugsweise  durch  die  Nectria 
ditissima  heimgesucht  und  sind  es  mancherlei  gestaltete,  meist 
als   Krebs   bezeichnete  Erkrankungsformen,    die   durch   diesen  Pilz 

8)  R.  Hartig,  Unters uchun gen  I,   Seite  209  Taf.  VI. 


90 


I.  Abschnitt. 


hervorgerufen  werden.  Der  Pilzkrebs  tritt  am  häufigsten  auf  an 
Rothbuchen,  Eichen,  Haseln,  Eschen,  Hainbuchen,  Ellern,  Ahorn, 
Linden,  Apfel,  Faulbaum  und  Traubenkirschen. 


Fig.  39. 

Rothbuchenzweig 
mit  2  Hagel- 
schlagwunden, 
von  denen  die 
obere  b  durch 
Nectria  inficirt, 
die  untere  a  da- 
gegen ohne  Infec- 
tion  durch  Ueber- 
wallung  geschlos- 
sen ist. 


Fig.  40. 

Rothbuchenkrebsstamni  mit 
zahlreichen  Krebsstellen ,  die 
sich  aber  nur  an  wenigen 
Stellen  vergrössern,  Avoselbst 
dann  auch  die  rothen  Perithe- 
cien  der  Nectria  ditissima  allein 
zu  finden  sind.     l/2  Natürl.  Gr. 


Fig.  41. 

Querschnitt  desselben  Stückes  am  un- 
teren Ende   entnommen.     Natürl.  Gr. 


Dieser  Parasit  gelangt  zwar  in  der  Regel  nur  durch  Wund- 
stellen in  das  Rindengewebe  der  Bäume,  doch  konnte  ich  auch 
junge    Blätter    durch    Gonidien     und     Ascosporen     inficiren.       Die 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  91 

häufigste  Art  der  Verwundung  ist  wohl  die  durch  Hagelschlag 
(Fig.  39).  Erfolgt  keine  Infection  einer  Hagelstelle,  so  überwallt 
diese  in  kurzer  Zeit  (Fig.  39  a),  wird  sie  durch  Gonidien  oder 
Ascosporen  der  Nectria  inficirt,  so  verbreitet  sich  das  Absterben 
und  die  Bräunung  von  der  Infectionsstelle  aus  allseitig,  am  schnell- 
sten in  der  Längsrichtung  des  Stamrutheils.  Doch  wandert  das 
Mycel  selten  schneller  nach  einer  Richtung  als  etwa  1  cm,  selten 
bis  3  cm  jährlich.  Dass  die  erkrankte  Stelle  im  Laufe  der  Jahre 
vertieft  erscheint,  erklärt  sich  daraus,  dass  die  gesunde  Umgebung 
nicht  allein  ungestört  sich  verdickt,  sondern  sogar  eine  Zuwachs- 
steigerung erkennen  lässt.  Diese  erklärt  sich  schon  daraus  zur 
Genüge,  dass  die  in  den  Blättern  assimilirten  Bildungsstoffe  bei  ihrer 
Wanderung  im  Bastgewebe  selbstredend  auf  die  gesunde  Seite  des 
Stammtheils  beschränkt  siud  und  bei  dem  Ausweichen  der  Krebs- 
stelle vorzugsweise  an  deren  Rande  wandern  werden,  der  dadurch 
besonders  kräftig  ernährt  wird  und  als  Wulst  stark  hervortritt. 
Es  entstehen  dadurch  im  Laufe  der  Jahre  Verunstaltungen  auf- 
fälligster Art. 

Oftmals  ist  auch  die  Basis  eines  Seitenzweiges,  welcher  im 
oberen  Winkel  eine  Rindenverletzung  besass,  die  Infectionsstelle 
(Fig.  42),  von  der  aus  das  Absterben  alljährlich  fortschreitet.  Ins- 
besondere kommt  beim  Haselstrauch  das  Einreissen  in  der  Gabel 
zweier  Aeste  oftmals  vor,  wenn  beim  Ernten  der  Nüsse  ein  gewalt- 
sames Herabbiegen  der  Aeste  erfolgt.  Hier  ist  dann  die  Ausgangs- 
stelle für  eine  fortschreitende  Krebskrankheit,  wie  sie  in  Fig.  43 
dargestellt  ist. 

Ich  glaube  annehmen  zu  dürfen,  dass  unter  gewissen,  mir 
noch  nicht  bekannten  Umständen  das  Pilzmycel  aus  dem  Rinden- 
körper in  den  Holzstamm  gelangt,  in  welchem  es  aufwärtswandernd 
hier  und  da  von  innen  in  das  Rinden-  und  Cambiumgewebe  ge- 
langt und  auf  diesem  Wege  Krebsstellen  erzeugt,  ohne  dass  jedes- 
mal eine  Verwundung  von  aussen  stattfindet  (Fig.  44).  Die  be- 
kannte Erscheinung,  dass  einzelne  Baumindividuen  mit  Krebsstellen 
übersät  sind,  während  Nachbarbäume  derselben  Art  ziemlich  ver- 
schont bleiben,  lässt  sich  kaum  anders  erklären,  als  durch  die 
Annahme  einer  Pilzwanderung  im  Holzkörper  des  Baumes.  Es 
wird  die  Forschung  dieser  Frage  sich  noch   zuzuwenden  haben. 

Das   Pilzmycel    verbreitet    sich    im   Rindengewebe   der   Bäume 


92 


I.  Abschnitt. 


unter  Entwicklung  zahlloser  äusserst  kleiner,  den  Spaltpilzen  ähn- 
licher Gonidien,  die  dem  Anscheine  nach  wesentlich  dazu  beitragen, 
dass    sich    das    Gewebe    der    Rinde    mit   Ausschluss    der    äusseren 


Fig.  42. 

Hainbuche    mit    Nectria 
ditissima,      welche      im 
Zweiggelenke  eingedrun- 
gen ist.    Natürl.  Gr. 


Fig. 


43. 


Haselstrauch  mit  Infection 
und  Krebs  der  Nectria  di- 
tissima, deren  Sporen  an 
einer  eingerissenen  Zweig- 
gabel gekeimt  haben,  a,  b,  b 
Grenze  der  Krebsstelle  mit 
rothen  Perithecien  besetzt. 
c  c  Gesunde  Seite  des  Astes. 
V2  Natürl.  Gr. 


Ä 


Fig.  44. 

Rothbuchenzweig  mit 
zahlreichen  Krebs- 
stellen ohne  erkenn- 
bare Wundstellen  in 
der  Rinde. 


Korkschichten  fast  ganz  auflöst.  Nur  in  denjenigen  Rindentheilen, 
die  seit  dem  letzten  Jahre  getödtet  wurden,  mithin  in  der  Peripherie 
der  Krebsstelle,  treten  weisse  Gonidienpolster  zum  Vorscheine,    die 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  93 

auch  von  Willkomm  in  dessen  Bearbeitung  des  Buehenkrebses 
bereits  gesehen  und  als  Fusidium  candidum  bestimmt  wurden.  Auf 
ihnen  entstehen  dann  die  tiefrothen  Perithecien,  welche  sehr  klein 
sind  und  nur  bei  sorgfältiger  Nachforschung  erkannt  werden.  Sie 
sitzen  theils  gruppenweise,  theils  einzeln  auf  der  todten  Rinde  oder 
mit  Vorliebe  in  den  feinen  Rindenrissen  (Fig.  42).  An  älteren 
Krebsstellen  sucht  man  sie  oft  lange  Zeit  vergeblich,  da  diese 
nicht  mehr  an  allen  Theilen  des  Umfanges  sich  vergrössern.  Fig.  40 
zeigt  nur  oben  links  eine  Zunahme  des  Krebses  und  zahlreiche 
rothe  Kügelchen. 

Beim  Rothbuchenkrebse  habe  ich  mehrfach  die  Beobachtung 
gemacht,  class  der  Weiterverbreitung  des  Pilzmycels  früher  oder 
später  stellenweise  eine  Grenze  gesetzt  wird,  in  Folge  dessen  die 
Gestalt  der  Krebsstelle  eine  sehr  unregelmässige  wird.  Hier  und 
da  vergrössert  sich  der  Krebs  noch  eine  Reihe  von  Jahren,  schliess- 
lich kann  aber  durch  eine  Art  Ueberwallungsprocess  die  Krebsstelle 
völlig  zuwachsen  (cf.  Fig.  40  und  Fig.  41). 

Es  sei  noch  bemerkt,  class  der  Parasit  durch  ganz  Deutschland 
verbreitet  ist,  dass  insbesondere  die  Buchenkrebskrankheit  von  der 
Insel  Rügen  bis  in  den  südlichen  Theil  Bayerns,  z.  B.  sehr  heftig 
nahe  bei  München,  aufgetreten  ist,  dass  junge  Pflanzen  von  5  bis 
lOjährigem,  sowie  Bäume  von  140jährigem  Alter  von  der  Krank- 
heit befallen  werden  können,  diese  aber  im  letzteren  Alter  auf  die 
Zweige  und  Aeste  der  Krone  beschränkt  bleibt. 

Klimatische  Verhältnisse,  insbesondere  Frost  sind  vollständig 
indifferent,  dasselbe  gilt  bezüglich  des  Bodens.  Obgleich  der 
Schaden  nicht  gering  ist,  der  durch  diesen  Parasiten  veranlasst 
wird,  so  ist  es  mir  doch  zweifelhaft,  ob  in  der  Praxis  mit  Erfolg 
etwas  gegen  ihn  unternommen  werden  kann.  Die  beschädigten 
Stämme  bleiben  in  der  Regel  doch  am  Leben  und  geben  Brenn- 
holz. Ein  Aushieb  derselben  bei  den  Durchforstungen  ist  aller- 
dings anzurathen,  soweit  nicht  eine  schädliche  Blosslegung  des 
Bodens  dadurch  herbeigeführt  wird.  In  Eichenbeständen  wird  man 
ebenfalls,  sobald  es  sich  um  Durchforstungen  und  um  Lichtungen 
behufs  Unterbaues  handelt,  in  erster  Linie  die  Krebsstämme  weg- 
hauen. Dass  man  aber  soweit  gehen  solle,  alle  Krebsstämme  zu 
entfernen,  wenn  dadurch  der  Bestand  auch  stark  durchlöchert 
werden  würde,  möchte  ich  nicht  anrathen. 


94 


I.  Abschnitt. 


Sehr    oft    kommt    die   Nectria    ditissima    in   Gemeinschaft    mit 
Baumläusen9)     vor.      Lachnus    exsiccator    erzeugt    grosse    Cambial- 

gallen  an  Rothbuche,  welche  später 
aufplatzen  und  zur  Infection  durch 
den  Pilz  Gelegenheit  darbieten. 
Im  Zellengewebe  verbreitet  sich 
das  Mycel  mit  rapider  Geschwin- 
digkeit. Auch  die  Buchenwoll- 
laus, Chermes  Fagi,  welche 
weisse  wollige  Ueberzüge  auf  der 
Buchenrinde  bildet,  verbindet  sich 
oft  mit  dem  Pilz,  der  dann  das 
schnelle  Absterben  der  Rinde  her- 
beiführt, ohne  Krebsstellen  zu  er- 
zeugen. 

Nectria  cinnabarina10). 

Diese  Nectria  ist  wohl  einer 
der  verbreitetsten  Pilze,  der  sich 
auf  fast  allen  Laubholz-Bäumen 
und  Sträuchern  ansiedelt,  wenn 
diese  durch  Frost  getödtet  sind. 
Neben  seiner  saprophytischen 
Lebensweise  tritt  er  auch  als  Pa- 
rasit  auf  und  zwar  am  häufigsten 

Ahornholz    mit    Mycel    von    Nectria     an  Ahorn,  Linde  und  Rosskastanie. 

cinnabarina.     Das   kräftige  Mycel  a  a      J)je  Infection  erfolgt  an  Astwunden, 

sehr  oft  auch  von  Wurzelwunden 
aus,  welche  bei  dem  Verpflanzen 
in  Gärten  und  Baumschulen  nicht 
zu  vermeiden  sind.  Das  Mycel 
dieses  Pilzes  wächst  in  den  Ge- 
fässen  des  Holzkörpers  schnell 
aufwärts,    dringt    in    alle    Organe 


Fig.  45. 


durchbohrt  die  Wandungen  der  Holz- 
fasern, löst  die  Stärkekörner  b,  c  auf, 
indem  es  zunächst  die  Granulöse  ex- 
traliirt.  Mit  der  zerfallenden  Cellu- 
lose  und  den  sich  ebenfalls  wieder 
auflösenden  Mycelfäden  d  entsteht  eine 
grün  gefärbte  Flüssigkeit  im  Inneren 
der  Organe.  Bohrlöcher  in  den  Wan- 
dungen e  e  zahlreich  vorhanden. 
120%  (Nach  H;  Mayr). 


des  Holzes    ein,    zersetzt   das  Stärkemehl   und  lässt  im  Inneren  der 
Organe    eine    grüngefärbte    Substanz    zurück.     Fig.  45.     Hierdurch 

9)  Untersuch,  a.  d.  forstb.  Inst,  zu  Münch  B.  I,  S.  151—163. 
10)  H.  Mayr,     Ueber    den    Parasitismus    von    Nectria    cinnabarina    1882    in 
Unters,  a.  d.  forstb.  Insl.  B.  III. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  95 

wird  der  Holzkörper  geschwärzt,  während  Cambium  und  Rinden- 
gewebe sich  gesund  erhalten.  Der  Holzkörper  verliert  seine  Saft- 
leitungsfähigkeit, die  Blätter  vertrocknen  vorzeitig  im  Sommer 
oder  fallen  ab  und  die  Rinde  der  jüngsten  Triebe  vertrocknet, 
wenn  deren  Holzkörper  vollständig  abgestorben  ist.  Im  Herbste 
oder  erst  im  nächsten  Frühjahre  treten  aus  der  Rinde  der  abge- 
storbenen Theile  die  zinnoberfarbigen  Gonidienpolster  in  grosser 
Zahl  nebeneinander  zum  Vorschein  und  machen  sich  durch  ihre 
Grösse  und  Färbung  schon  von  weitem  bemerkbar.  Die  später 
entstehenden  Perithecien  sind  viel  dunkler  roth  gefärbt,  gross  und 
mit  rauher  Aussenseite  versehen. 

Es  ist  interessant,  dass  dieser  Pilz  dem  lebenden  Cambium 
und  Rindengewebe  nichts  anzuhaben  vermag,  vielmehr  erst  dann 
sich  in  diesem  entwickelt,  wenn  dasselbe  entweder  durch  Frost 
oder  dadurch  getödtet  wurde,  dass  der  Holzkörper  von  innen  aus 
durch  das  Mycel  des  Parasiten  zum  Abtrocknen  gebracht  wurde. 

Abschneiden  und  Verbrennen  der  mit  den  Gonidienpolstern 
und  Perithecien  besetzten  Zweige  und  Aeste  ist  das  einfachste 
Mittel  gegen  die  Verbreitung  desselben.  Sofortiges  Theeren  oder 
Beschmieren  mit  Baumwachs  bei  allen  Verwundungen  der  Bäume 
ist  das  beste  Schutzmittel  gegen  Infection. 

Polystigma. 

Die  Arten  der  Gattung  Polystigma  veranlassen  die  Entstehung 
rother,  fleischiger  Flecken  auf  Blättern  der  Gattung  Prunus.  Po- 
lystigma rubrum11)  kommt  auf  Pflaumen-  und  Schlehdornblättern 
vor.  Die  im  Sommer  entstehenden  grossen  tiefrothen  fleischigen 
Flecken  zeigen  auf  der  Unterseite  der  Blätter  zahlreiche  kleine  Punkte, 
die  Mündungen  der  in  der  Blattsubstanz  verborgenen  Spermogonien, 
aus  denen  hakenförmig  gebogene  farblose  Spermatien  hervortreten. 
Die  Perithecien  entstehen  auf  den  Flecken  erst  nach  dem  Abfallen 
der  Blätter  bis  zum  nächsten  Frühjahre.  Durch  Aussaat  der  Asco- 
sporen  auf  junge  Pflaumenblätter  erhält  man  nach  6  Wochen  neue 
Spermogonien.  Beseitigung  des  inficirten  Laubes  durch  Zusammen- 
rechen und  Verbrennen  oder  durch  Umgraben  ist  das  beste  Vor- 
beugungsmittel. 


n)  .Tulasne.  Selecta  Fungorum  Carpologia  II,  pag.  76. 


96  I-  Abschnitt. 

Polystigma  fulvum  veranlasst  gleiche  Flecken  auf  Prunus 
Padus  und  eine  dritte  Art  Pol.  o-chraceum  solche  auf  Sauer- 
kirschen. 

Claviceps  purpurea12).     Mutterkorn. 

In  wenig  Worten  soll  hier  auch  der  Getreidekrankheit  Er- 
wähnung geschehen,  welche  nach  dem  Auftreten  eigenartiger  Skle- 
rotien  oder  Mycelknollen  als  Mutterkorn  bezeichnet  worden  ist. 

Jene  bekannten,  auf  zahlreichen  Gramineenarten  beobachteten 
schwarzen  Mutterkornbildungen  fallen  bei  der  Ernte  zur  Erde,  über- 
wintern daselbst  und  keimen  auf  feuchtem  Boden  im  nächsten 
Frühjahre  in  der  Weise,  dass  aus  jedem  Sclerotium  in  der  Regel 
eine  Mehrzahl  von  langgestielten,  kugelförmigen  Fruchtträgern  zur 
Entwicklung  gelangt.  Die  röthlichen,  kugelförmigen  Köpfchen 
zeigen  in  der  ganzen  Oberfläche  eingesenkt  zahlreiche  flaschenför- 
mige  Perithecien,  deren  Mündungen  etwas  nach  aussen  hervortreten. 
Die  Asken  zeigen  je  8  fadenförmige  Schlauchsporen,  welche  durch 
die  Mündung  hinausgestossen  in  die  Luft  gelangen.  Wenn  diese 
fadenförmigen  Sporen  zufällig  an  Getreideblüthen  kommen  und 
daselbst  keimen,  so  dringt  der  Keimschlauch  in  den  Fruchtknoten 
ein  und  das  Mycel  entwickelt  sich  nun  im  Gewebe  desselben, 
welches  fast  vollständig  verzehrt  wird.  Auf  der  Oberfläche  zeigt 
der  ganz  in  Pilzmycel  umgewandelte  Fruchtknoten  gehirnför- 
mige  Vertiefungen  und  Erhebungen,  die  das  Gonidienpolster  dar- 
stellen. Die  Gonidien  sind  sehr  klein,  oval,  einzellig  und  farblos 
und  in  eine  von  dem  Gonidienpolster  ausgesonderte  klebrige,  süss- 
schmeckende  Flüssigkeit  gebettet,  die  zwischen  den  Blüthentheilen 
tropfenweise  hervortritt  und  als  Honigthau  bezeichnet  wird.  Jene 
Gonidienform  des  Parasiten  wurde  früher  Sphacelia  segetum  be- 
nannt. Erst  nach  Beendigung  der  Gonidienbildung  entsteht  das 
eigentliche  Mutterkorn  und  zwar  im  Grunde  des  Fruchtknotens 
völlig  unabhängig  von  diesem  und  morphologisch  wesentlich  ver- 
schieden von  der  Sphacelia  segetum  durch  die  eigenartige  pseudo- 
parenchymatische  Gewebebildung.  Das  ursprüngliche  Gewebe  der 
Sphacelia  segetum  mit  den  etwaigen  Ueberresten  des  Fruchtknotens 
stirbt  völlig  ab  und  findet  sich  noch  kurze  Zeit  auf  der  Spitze  des 
Mutterkornes  sitzend. 


12)  Tulasne,  Ann.  des  sei.  nat.  3  ser.  t.  XX,  p.  56. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  97 

Die  Verbreitung  der  Krankheit  geschieht  demnach  einmal 
durch  das  überwinternde  Sclerotium  von  Jahr  zu  Jahr  und  ferner 
durch  die  Gonidien,  die,  in  der  Flüssigkeit  des  Honigthaues  in 
zahlloser  Menge  suspendirt,  durch  Insecten  mancherlei  Art  ver- 
schleppt werden  und,  an  gesunde  Grasblüthen  gelangend,  keimen 
und  diese  inficiren. 

Zur  Verhütung  der  Krankheit  sucht  man  reines  Saatgut  zu 
verwenden,  da  auch  die  mit  der  Saat  auf  den  Acker  gelangenden 
Sklerotien  noch  im  Frühjahre  keimen.  Ferner  lässt  man  vor  der 
Ernte  das  Mutterkorn  einsammeln,  wodurch  wenig  Kosten  desshalb 
entstehen,   weil  das  Mutterkorn  sehr  hoch  bezahlt  wird. 

Plowrightia  morbosa13)  (Cucurbitaria  morbosa). 
Schwarzer  Krebs  der  Steinobstgehölze. 

Obgleich  die  vorgenannte  Krankheit  bisher  nur  in  Nord- 
Amerika  unter  dem  Namen  Black-Knot  verheerend  aufgetreten  ist, 
möge  sie  hier  Erwähnung  finden,  da  die  Erfahrung  gelehrt  hat, 
dass  die  Krankheiten  der  Culturpflanzen  so  leicht  von  einem 
anderen  Erdtheil  zu  uns  übertragen  werden,  Sie  äussert  sich  in 
dem  Hervortreten  halbkuglicher,  etwa  1  cm  hoher,  meist  gruppen- 
weis  gehäufter  Anschwellungen  der  Zweige  an  Pflaumen-  und 
Kirschbäumen. 

Die  Oberfläche  der  Geschwülste  ist  von  den  Gonidien  des 
Parasiten  bedeckt.  Die  Schlauchfrüchte  reifen  im  Januar  und  sind 
kuglich  hervorragende  schwarze  Kapseln.  Die  mit  Knoten  ver- 
sehenen Zweige  sind  möglichst  vollständig  abzuschneiden  und  zu 
verbrennen. 

§.  14.    Die  Scheibenpilze.    Discomycetes. 

Die  Scheibenpilze  sind  von  den  Kernpilzen  im  Wesentlichen 
dadurch  unterschieden,  dass  die  Asken  nicht  auf  der  Innenwand 
eines  geschlossenen  kugel-  oder  flaschenförmigen  Organes  (Perithe- 
cium),  sondern  auf  der  Oberfläche  eines  scheibenförmigen  offenen 
Fruchtkörpers  (Apothecium)  gebildet  werden  und  höchstens  von 
einer  nicht  zu  diesem  selbst  gehörigen,  theilweise  aus  der  Epidermis 


I3)  W.  H.  Farlow,    The    black-knot.     Bull,   of   the  Bursey  Institution  Bot. 
articles  1876,  S.  440. 

Hartig,   Baumkrankheiten,  2.  Aufl.  7 


98 


I.  Abschnitt. 


der  Wirthspflanze  gebildeten  Schicht  vor  der  Sporenreife  be- 
deckt sind. 

Die  Scheibenpilze  zerfallen  in  mehrere  Unterfamilien,  von  denen 
die  Phacidieen  dadurch  ausgezeichnet  sind,  dass  die  Fruchtschicht 
nicht  an  der  Oberfläche  der  Pilzkörper,  sondern  im  Inneren  der- 
selben entsteht  und  längere  Zeit  oder  dauernd  vom  Pilzgewebe  be- 
deckt bleibt. 

Es  gehören  dahin  besonders  die  Gattungen  Rhytisma  und 
Hysterium. 

Pthytisma  acerinum14). 

Eine  der  bekanntesten  Blattfleckenkrankheiten  des  Ahorn  wird 
durch  den  Runzelschorf  hervorgerufen.  Es  leiden  vorzugs- 
weise Acer  platanoides,  in  geringerem 
Maasse  auch  Acer  pseudoplatanus  und 
campestre  durch  diesen  Parasiten.  Auf 
den  Blättern  beobachtet  man  im  Juli 
zuerst  gelbe,  rundliche  Flecken  von 
1 — 2  cm  Grösse.  Im  August  schwärzen 
sich  dieselben  (Fig.  46)  und  die  Blätter 
fallen  meist  etwas  vorzeitig  ab,  so  dass 
Ende  September  die  Bäume  grössten- 
teils entlaubt  sind. 

Erst  im  Laufe  des  Winters  und 
nächsten  Frühjahres  entstehen  auf  den 
schwarzen  Flecken  des  verfaulenden 
Laubes  zahlreiche,  etwas  hervortretende, 
wurmartig  gekrümmte  Apothecien,  die 
sich  durch  einen  Längsspalt  bei  feucht- 
warmer Witterung  öffnen.  Es  ist  sehr 
leicht,  künstlich  die  Krankheit  zu  er- 
zeugen, wenn  man  bei  Regenwetter,  oder 
im  Feuchtraume  im  Mai  solche  schwarze  Blattstellen  vorjähriger 
Blätter  auf  junge  Ahornblätter  legt.  Die  fadenförmigen  Sporen 
fallen  aus,  keimen  und  erzeugen  neue  Flecken.  Die  Entstehung  der 
Perithecien,   sowie  die  Entwicklung  des  schwarzen  Stromas  hat  viel 


Fig.  46. 


Rhytisma  aeerinum  auf  einem 
Stück  Spitzahornblatt.  Die 
schwarzen  Flecken  sind  von 
einer  todten,  hellbraunen  Zone 
umgeben. 


u)  Cornu,  Compt.  rend.  LXXXVII  (1878)  S.  178. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  99 

Aehnlichkeit    mit    der   nächsten    Gattung   Hysteriuni ,    wesshalb   ich 
nicht  weiter  darauf  eingehen  will. 

Der  Schaden  besteht  in  Verminderung  der  Assimilations- 
thätigkeit  der  Blätter,  doch  ist  derselbe  nicht  so  gross,  dass  die 
Kosten  von  Gegenmaassregeln  sich  verlohnen  würden.  Diese  würden 
darin  bestehen,  dass  man  das  Laub  im  Herbste  zusammenkehren 
und  entfernen  liesse. 

In  Gärten  und  Parkanlagen,  wo  dies  aus  anderen  Gründen 
geschieht,  z.  B.  im  Englischen  Garten  bei  München,  trifft  man  nie 
ein  Rhytisma,  während  in  der  nächsten  Umgebung  Münchens  an 
den  Landstrassen  und  Waldwegen,  wo  das  Laub  in  Gräben  und 
Vertiefungen  liegen  bleibt,  die  Krankheit  in  höchster  Intensität 
auftritt. 

Rhytisma  salicinum. 

Aehnliche  schwarze  Flecken  entstehen  oftmals  auf  Salix  pur- 
purea,  nigricans,  Caprea,  aurita  u.  s.  w.,  die  durch  Rhytisma  sali- 
cinum erzeugt  werden,  aber  von  relativ  geringer  Bedeutung  sind. 

Hysteriuni.     (Hypoderma.) 

Die  Gattung  Hysterium  besitzt  schwarze,  elliptische  bis  lineale 
Fruchtkörper,  die  als  schwarze,  glänzende  Wülste  aus  der  Blatt- 
substanz hervortreten. 

Die  Sporen  sind  lineal,  ihre  Wandung  ist  aussen  gallertartig 
gequollen.  Ihr  Keimschlauch  dringt  bei  den  nachstehend  aufge- 
führten drei  Arten  wahrscheinlich  immer  in  die  Spaltöffnungen  ein. 
Das  Mycel  verbreitet  sich  intercellular  im  Parenchym  der  Nadeln, 
tödtet  und  bräunt  dasselbe.  Erfolgt  die  Erkrankung  einer  Nadel 
nahe  der  Basis  zu  einer  Zeit,  wo  die  oberen  Theile  der  Nadel 
noch  gesund  sind  und  unter  dem  Einflüsse  des  Lichtes  assimiliren, 
und  wird  die  Fortführung  der  Assimilationsproducte  aus  der  Nadel 
durch  Töcltung  der  Bastorgane  verhindert,  dann  sammeln  sich  die 
Bildungsstoffe  in  Form  von  Stärkekörnern  in  so  grosser  Menge  in 
den  Nadeln  an,   dass  diese  damit  vollgestopft  erscheinen. 

Das  sich  zunächst  mattgrün  färbende  Blattgewebe  wird  später 

gebräunt    und    oft    erst    nach  Jahr  und  Tag  entstehen  die  Frucht- 

körper    auf    ihnen.     Den  Ascosporen    erzeugenden  Früchten    gehen 

oft  Spermogonien  voraus,   die  bei  der  Weisstannennadel  (Fig.  49) 

7* 


100 


I.  Abschnitt. 


auf  der  Oberseite  in  zwei  wellig  gekräuselten  Längswülsten  liegen, 
während  die  Aseosporen  erzeugenden  Apothecien  auf  der  Unter- 
seite der  Nadel  in  einem  Längswulst  vereinigt  sind.  Sie  entstehen 
dadurch,  dass  das  Mycel  ins  Innere  der  Epidermiszellen  eindringt, 
diese  sprengt  und  durch  üppige  Wucherung  einen  im  Querschnitt 
linsenförmigen  Pilzkörper  bildet,  der  sich  später  tiefbraun  färbt. 

Unter  diesem  mit  der  Aussenwand  der  Epidermiszellen  innig 
verwachsenden  Mycelkörper  entsteht  das  Stroma,  welches  zunächst 
Paraphysen  und  später  die  Asken  entwickelt. 


Fig.  47. 

Hysterium  macrosporum,  Querschnitt  durch  ein  reifes  aufgeplatztes 

Fruchtlager. 

Die  Sporen  reifen  um  so  schneller,  je  feuchter  die  Witterung 
ist  und  fliegen  nur  aus,  wenn  ein  länger  anhaltendes  Regenwetter 
die  todten  Nadeln  mit  Wasser  durchsättigt  hat,  so  dass  von  innen 
aus  durch  Wasserzufuhr  ein  Quellen  der  Paraphysen  und  Sporen- 
wandungen stattfindet.  Diese  Quellung  führt  zum  Platzen  des  Or- 
ganes  in  einem  Längsrisse,  der  sich,  sofort  wieder  schliesst,  wenn 
trockenes  Wetter  eintritt  oder  die  Sporen  ausgeflogen  sind  (Fig.  47). 


Hysterium  nervisequium15). 

Der  Weisstannenritzens  chorf  ist  soweit  verbreitet,  als  die 
Tanne  vorkommt;  in  entschieden  schädlicher  Form  sah  ich  ihn  nur 
im  Erzgebirge,  woselbst  grössere  Tannenbestände  auch  höheren  Alters 

15)  R.  Hartig,  Wichtige  Krankheiten,  S.  114  ff. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


101 


die  überwiegende  Mehrzahl  ihrer  Nadeln  verloren  hatten.  Die 
Bräunung  beobachtet  man  immer  erst  im  Mai  bis  Juli  an  den  zwei- 
jährigen, ins  dritte  Lebensjahr  eintretenden  Nadeln.  Nach  der 
Bräunung  erfolgt  dann  wenige  Monate  darauf  die  Entwicklung 
der  Spermogonien  auf  der  Oberseite  der  Nadeln,  woselbst  zwei 
wellig  gekräuselte  schwarze  Längswülste  erscheinen  (Fig.  49  rechts). 
Später  treten  die  Apothecien  in  einem  Längswulst  auf  der  Mittel- 
rippe der  Unterseite  hervor,  die  dann  im  April  des  nächsten  Jahres, 
also    an    den    dreijährigen  Trieben    reifen.     Ein    grosser  Theil  der 


Fig.  48. 

Weisstannenzweig  von  unten  gesehen, 
die    Perithecien    in    schrägem   Längs- 
wulst vereint. 


Fig.  49. 

Tannennadel  mit  Hy- 
sterium  nervisequi- 
um.  Links  die  Unter- 
seite mit  dem  Apo- 
thecium,  rechts  Ober- 
seite mit  Spermogo- 
nium. 


Nadeln  fällt  aber  schon  zuvor  ab  und  nur  ein  kleiner  Theil  ent- 
wickelt seine  Perithecien  auf  den  am  Baume  festsitzenden  Nadeln. 
Es  sei  noch  bemerkt,  dass  auch  noch  ältere  Nadeln  neu  erkranken 
können. 

Hysterium  macrosporum16). 

Der  Fichtenritzenschorf  erzeugt  die  Fichtennadelröthe, 
die  in  10 — 40jährigen  Beständen  in  manchen  Jahren  ungemein 
intensiv  auftritt. 

Sie  äussert  sich  darin,  dass  die  Nadeln  der  vorjährigen  Triebe 
schon    im  Mai    oder    erst    im  Herbste   sich  bräunen,    dass  vor  der 


16 


)  R.  Hartig,  Wichtige  Krankheiten,  S.  101. 


102 


I.  Abschnitt. 


Bräunung  schon  immer  ein  reiches  Mycel  in  ihnen  nachzuweisen 
ist.  Nadeln,  die  schon  im  Frühjahr  sich  verfärben,  zeigen  im  Juli 
desselben  Jahres  die  Anfänge  der  Perithecienbildung  und  diese 
reifen  dann  im  nächsten  Frühjahre  im  April  und  Mai.  Sie  be- 
finden sich  alsdann  an  den  zweijährigen  Trieben.  Diesen  schnellen 
Entwicklungsgang  beobachtete  ich  im  feuchten  Klima  des  Erzge- 
birges, während  bei  Eberswalde  die  Bräunung  erst  im  October  an 
den  Nadeln  der  zweijährigen  Triebe  auftritt,  die  erste  Anlage  der 
Früchte  im  Juni  des  nächsten  Jahres  an  den  dreijährigen  Nadeln 
erfolgt,    wonach    dann   die  Sporenreife   im  März  und  April  des  fol- 


Fig.  50. 

Fichtenzweig  mit  gebräunten  Nadeln 

an   den   oberen  zweijährigen  Trieben, 

mit  Apothecien    an    den    dreijährigen 

Trieben. 


Fig.  51. 

Apothecien 

auf 
Fichtennadel. 


genden  Jahres  eintritt.  Die  Apothecien  erscheinen  meist  nur  aut 
den  beiden  unteren  Seiten  der  Nadeln  als  lange,  gerade,  glänzend 
schwarze  Wülste  (Fig.  51).  Die  Sporen  sind  um  das  Doppelte 
länger  als  die  des  Weisstannenritzenschorfes.  Es  ist  wünschens- 
werth,  dass  diesem  und  dem  zuvor  beschriebenen  Weisstannenritzen- 
schorf  noch  die  Aufmerksamkeit  der  Forscher  zugelenkt  werde,  da 
manche  Einzelnheiten  aus  der  Entwicklung  des  Parasiten  mir  noch 
nicht  völlig  klar  geworden  sind.  Insbesondere  ist  die  Erscheinung 
noch  unerklärt,  wesshalb  manche  Fichten  schon  die  Nadeln  des 
ersten  Jahrestriebes  im  Herbste  nach  eingetretener  Bräunung  ver- 
lieren, fast  vollständig  „schütten".     Auf  solchen  Nadeln  entwickeln 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  JQ3 

sich  keine  langen  Apothecienwülste,    sondern  kleine,     isolirte  Apo- 
thecienhöcker,   ähnlich  denen  des  Hysterium  Pinastri. 

Hysterium  Pinastri. 

Der  Kiefer nritzenschorf  ist  eine  überall  in  Kiefernbestän- 
den auftretende  Pilzart,  die  bereits  von  Göppert17)  als  die  Ursache 
der  Kief ernnadelschütte  bezeichnet  worden  ist.  Unter  dem 
Namen  Kiefernschütte  versteht  man  sehr  verschiedenartige  Krank- 
heiten, denen  jüngere  und  ältere  Kiefern  unterliegen  und  die  sich 
durch  eine  Bräunung  der  Nadeln,  in  der  Regel  auch  durch  ein 
vorzeitiges  Abfallen  derselben  auszeichnen.  Die  Ursachen  dieser 
Erkrankungen  sind  sehr  verschieden. 

Was  zunächst  den  Frost  betrifft,  so  können  junge  Kiefern- 
nadeln in  der  That  durch  ihn  getödtet  werden.  Am  23.  Juli  1878 
wurden  im  Revier  Turoscheln  ältere  Kiefern  zumal  die  Randbäume 
vom  Froste  so  schwer  betroffen,  dass  die  neuen  Nadeln  ausserhalb 
der  Scheiden  abstarben. 

Da  die  Kiefer  aber  erst  Anfang  Juni  ihre  Nadeln  aus  der 
Scheide  hervortreten  lässt,  so  sind  es  doch  nur  ganz  seltene  Fälle 
und  beschränkte  Oertlichkeiten,  in  denen  der  Spätfrost  Schaden 
anzurichten  vermag.  Ein  gleichmässiges,  oft  nur  auf  eine  Seite, 
besonders  die  Ostseite  der  Pflanze  beschränktes  Braunwerden  aller 
Nadeln  der  jüngsten  Triebe,  von  dem  nur  der  unterste  in  der 
Scheide  steckende  Theil  ausgenommen  ist,  beobachtet  man  in 
manchen  Jahren  an  dem  Winde  sehr  exponirten  Bäumen.  Ob  in 
solchen  Fällen  immer  wirklicher  Frost,  oder  ob  schon  starke  Ab- 
kühlungen schädlich  eingewirkt  haben,  bin  ich  nicht  in  der  Lage, 
zu  entscheiden. 

In  vielen  Fällen  ist  die  Bräunung,  der  Tod  und  das  Abfallen 
der  Nadeln  Folge  des  Vertrocknens18).  Wenn  im  Winter  die  Kie- 
fernsaatbeete  mit  Schnee  bedeckt  waren  und  nach  einigen  sonnigen 
warmen  Tagen  der  Schnee  verschwindet,  ohne  dass  der  Boden  auf- 
thaut,  so  tritt  bald  darauf  Bräunung  der  Nadeln  ein,  die  Kiefern 
bekommen    die   „Schütte".     Untersucht   man  solche  sich  bräunende 


17)  Göppert,  Verhandl.  d.  schlesischen  Forstvereins  1852,  S.  67. 

18)  Ebermayer,   Die   physikalischen  Einwirkungen   des  Waldes  auf  Luft  und 
Boden  1873. 


104  !•  Abschnitt, 

Nadeln  unmittelbar  nach  dem  Auftreten  der  Krankheit,  so  findet  man 
oftmals  keine  Spur  von  Pilzmycel.  Es  ist  auch  charakteristisch, 
dass  die  Bräunung  gleichmässig  über  die  ganze  Nadel  sich  ver- 
breitet oder  von  der  Spitze  aus  mehr  oder  weniger  weit  herab 
gleichmässig  vorschreitet.  Wir  haben  es  in  solchen  Fällen  mit 
einem  Vertrocknen  der  Nadeln  zu  thun,  die  aus  dem  gefrorenen 
Boden  nicht  genügende  Wassermengen  zugeführt  erhielten,  um  den 
Verlust  durch  Verdunstung  bei  klarem,  trockenem  Winterwetter  zu 
ersetzen.  Es  ist  dieselbe  Ursache,  die  auch  an  Pinus  Strobus,  an 
Fichte  und  anderen  Nadelhölzern,  sowie  an  immergrünen  Laub- 
hölzern, die  irrthümlich  als  Frosterscheinung  aufgefasste  Beschä- 
digung der  Belaubung,  nämlich  deren  Vertrocknen  auf  der  dem 
Winde  oder  der  Sonne  ausgesetzten  Pflanzenseite  zur  Folge  hat. 
Sicherlich  wird  man  nicht  das  Vertrocknen  der  Fichtennadeln  im 
Winter  auf  der  Sonnenseite  für  Frost  halten,  ebensowenig  aber  das 
Braunwerden  der  jungen  Kiefern  in  Folge  directer  Insolation  und 
starken  Luftzuges  bei  gefrorenem  Boden. 

Im  Hochsommer  tritt  genau  dieselbe  Erscheinung  im  Monat 
Juli  bei  trockener  Witterung  dann  ein,  wenn  auf  Sandböden  Kiefern 
im  Rillensaatbeete  ein  zweites  Jahr  stehen  geblieben  sind.  Es  er- 
halten sich  nur  diejenigen  Kiefern  völlig  gesund,  welche  zu  beiden 
Seiten  der  Wege,   d.  h.  am  Rande  der  Beete  stehen. 

Im  Frühjahre,  so  lange  der  Boden  noch  frisch  ist  und  die 
jungen  vorjährigen  Kiefern  noch  nicht  ausgetrieben  haben,  sind 
dieselben  völlig  gesund.  Sie  treiben  auch  oberirdisch  und  unter- 
irdisch, jedoch  weniger  kräftig  als  die  Randpflanzen,  deren  Wurzeln 
auch  aus  den  Wegen  Wasser  und  Nahrung  beziehen  können. 
Steigert  sich  im  Juli  theils  in  Folge  der  trockenen  und  warmen 
Luft,  theils  durch  Ausbildung  der  neuen  Triebe  und  Blätter  die 
Verdunstung  der  Pflanzen  bedeutend,  hat  andererseits  der  Boden 
seine  Winterfeuchtigkeit  verloren,  dann  vertrocknen  die  Kiefern 
gerade  so,  wie  sie  im  Winter  bei  gefrorenem  Boden  und  klarem 
Himmel  vertrocknen.  Es  bleiben  nur  die  Pflanzen  grün,  die  den 
Wegen  oder  überhaupt  dem  Beetrande  zunächst  stehen. 

Nach  einem  heftigen  Frühfroste  im  October  war  der  Boden 
der  Kiefernsaatbeete  des  Eberswalder  Forstgartens  noch  um  die 
Mittagszeit  da  festgefroren,  wohin  die  Sonne  nicht  geschienen  hatte, 
dagegen    war    schon    vor  Mittag    der  Boden    völlig  aufgethaut  und 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  105 

durch  wärmt,  soweit  die  Sonne  ihn  hatte  treffen  können.     Die  Saat- 
beete waren  durchweg  sehr  schön  grün  und  gesund. 

Wenige  Tage  nachher  waren  särnnitliche  Kiefernsaatbeete,  so- 
weit sie  im  Schatten  gelegen  hatten,  roth,  während  die  insolirten 
Flächen  völlig  gesund  geblieben  waren.  Diese  Erscheinung  vermag 
ich  mir  nur  zu  erklären  aus  dem  Umstände,  dass  der  gefrorene 
Boden  die  Wasseraufnahme  durch  die  Wurzeln  behinderte,  während 
der  klare  Himmel  und  die  relativ  warme  Luft  die  Verdunstung 
der  Nadeln  beförderte. 

Beschattung  hatte  in  diesem  Falle  schädlich  gewirkt. 

In  den  weitaus  häufigsten  Fällen  trägt  die  Kiefernnadel- 
schütte  einen  parasitären,  epidemischen  Charakter  und  wird 
durch  das  Hysteriuni  Pinastri  hervorgerufen. 

Wo  die  Schüttekrankheit  eine  Calamität  geworden  ist,  die  all- 
jährlich in  Saatbeeten  und  Verjüngungen  Verheerungen  anstellt, 
da  darf  man  schon  von  vornherein  annehmen,  dass  es  sich  um 
diese  schlimmste  Form  der  Krankheit  handelt. 

Sie  giebt  sich  an  jungen  Kiefernkeimlingen  oft  schon  im 
Herbste  des  ersten  Jahres  dadurch  zu  erkennen,  dass  die  einfachen 
Blätter  braunfleckig  werden,  wobei  der  übrige  Theil  oft  purpurrothe 
Färbung  annimmt. 

In  den  braunen  Flecken  findet  man  stets  schon  das  charak- 
teristische Mycel  des  Parasiten.  Auf  den  erkrankten  Nadeln  tritt 
ebenfalls  oft  schon  im  ersten  Herbste  eine  grosse  Zahl  sehr  kleiner 
schwarzer  Spermogonien  auf  (Fig.  52  d,  e),  deren  Spermatien  nicht 
keimfähig  zu  sein  scheinen.  Nach  nassen  Sommern  fand  ich 
im  Herbste  sogar  schon  völlig  reife  Apothecien  an  den  Nadeln 
eines  jungen  Kiefernsämlings.  In  der  Regel  entwickeln  sich  die 
schwarzen  Apothecien,  welche  weit  grösser  als  die  Spermogonien 
sind  (Fig.  53  x),  erst  im  nächsten  Jahre.  Es  hängt  dies  alles  sehr 
von  der  Witterung  ab.  Die  Entwicklung  des  Pilzes  und  seiner 
Fruchtkörper  findet  nur  bei  nassem  Wetter  statt,  da  die  trockene 
Nadel  dem  Pilz  keine  Nahrung  bieten  kann.  Trockene  Sommer  und 
kalte  Winter  hemmen  die  Entwicklung  und  Ausbreitung  des  Pilzes 
in  hohem  Grade.  Regnerische  Sommer  und  feuchtwarme  Winter 
fördern  sie  in  höchstem  Grade.  In  milden  Wintern  entwickelt  sich 
die  Schüttekrankheit  in  den  Kämpen  und  Schlägen  oft  in  rapider 
Weise.     An  den  Nadeln    zweijähriger   und   älterer  Kiefern   sah   ich 


106 


I.  Abschnitt. 


die  Apothecien  nie  im  ersten,  meist  erst  im  dritten  Jahre  zum 
Vorschein  kommen,  nachdem  die  Nadeln  in  der  Kegel  bereits  abge- 
fallen  sind,  doch  reifen  die  Apothecien  oftmals  auch  an  der  noch 
an  der  Pflanze  haftenden  Nadel.     Für  die  Art  der  Verbreitung  des 


Fig.  52. 

Einjährige  Kiefer  im  Frühjahre,  durch 
Hysterium  Pinastri  befallen,  a  Gesunde 
grüne  Nadel,  b  Nadel,  deren  Spitze  braun, 
deren  Basis  noch  grün  ist.  c  Grüne  Nadel 
mit  vielen  braunen  Flecken,  d  Nadel, 
deren  obere  Hälfte  schon  im  "Winter 
sich  bräunte  und  nun  Spermogonien  des 
Hyster.  Pin.  trägt,  während  die  Basis  erst 
kürzlich  gebräunt  ist.  e  Völlig  getödtete 
und  mit  Spermogonien  besetzte  Nadel. 


-y 


x~\\ 


'V 


Fig.  53. 

a  Einjährige  Kiefern- 
nadeln    im     April     mit 

braunen  Infections- 
tlecken,  die  Basis  noch 
grün.  b  Zweijährige 
Kiefernnadeln,  abgestor- 
ben mit  reifen  Perithe- 
cien  x  und  entleerten 
Spermogonien y  im  April. 


Schüttepilzes  ist  noch  benierkenswerth,  dass  ein  Aufplatzen  der 
reifen  Apothecien  nur  nach  längerem  Regen  erfolgt,  nachdem  das 
Gewebe  der  Nadel  durchweicht  ist  und  von  innen  eine  reichliche 
Wasserzufuhr  zum  Apothecium  hat  stattfinden  können,  durch  welche 
eine  Aufquellung  der  Asken  und  Sporen    und    damit    eine    gewalt- 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  JQ7 

sanie  Sprengung  der  Apotheciumdecke  herbeigeführt  wird.  Länger 
dauernde  Regen  pflegen  aber  nur  bei  Westwind  einzutreten,  seltener 
bei  Nord-  oder  Südwind.  Dies  ist  zu  berücksichtigen  bei  den 
gegen  die  Schütte  zu  ergreifenden  Vorsichtsmaassregeln.  Die  er- 
krankten Nadeln  an  Kiefernsämlingen  sterben  im  Frühjahr  in  der 
Regel  ganz  ab,  ohne  jedoch  abzufallen.  Dagegen  beobachtet  man  an 
den  Nadelbüscheln  zweijähriger  Kiefern  im  März  oder  April  nach 
dem  Eintritt  wärmerer  Witterung  ein  plötzliches  Braunwerden  aller 
erkrankten  Nadeln,  dem  dann  ein  „Schütten"  d.  h.  Abfallen  der 
Kurztriebe  folgt.  Dieses  oft  in  wenig  Tagen  eintretende  Schütten 
ist  nicht  als  die  Folge  einer  unmittelbar  vorausgegangenen  ungün- 
stigen Witterung  anzusehen,  sondern  eine  Folge  davon,  dass  mit 
dem  Erwachen  neuer  Vegetationsthätigkeit  zunächst  die  kranken 
Kurztriebe  durch  Korkbildung  am  Grunde  derselben  abgestossen 
werden.  Schüttekranke  Sämlinge  gehen  meist  zu  Grunde  und  nur 
dann,  wenn  etwa  die  Hälfte  der  Nadeln  grün  geblieben  war, 
können  sie  sich  erholen,  falls  nicht  neue  Infectionen  hinzukommen. 
Erkrankte  Sämlinge  zur  Ausführung  der  Culturen  zu  benutzen,  ist 
durchaus  nicht  anzurathen.  Zweijährige  und  ältere  Kiefern  im 
schüttekranken  Zustande  zu  verwenden,  ist  ebenfalls  nicht  an- 
zurathen, da  sie  durch  die  Verpflanzung  meist  so  geschwächt 
werden,  dass  sie  nach  kurzer  Zeit  zu  Grunde  gehen.  Auf  Schlägen 
erkrankte  Pflanzen  können  sich  unter  günstigen  Umständen  von  der 
Krankheit  erholen.  Dies  erfolgt  übrigens  nie,  wenn  das  Pilzmycel 
aus  den  Nadeln  in  die  Gewebe  der  Axe  selbst  eingedrungen  ist. 
Erscheint  insbesondere  die  Markröhre  der  Pflanze  vom  Pilzmycel 
gebräunt,  so  geht  sie  zu  Grunde,  wenn  auch  die  Knospen  im  Früh- 
jahre ganz  gesund  aussehen. 

Infection  erfolgt  oftmals  durch  abfallende  Nadeln,  wenn  in  der 
Krone  älterer  Kiefern  pilzkranke  Nadeln  sich  finden.  Entweder 
inficiren  die  auf  die  jungen  Pflanzen  fallenden  kranken  Nadeln, 
wenn  deren  Apothecien  sich  öffnen,  oder  es  können  auch  Sporen 
durch  die  von  den  kranken  Nadeln  abfallenden  Regentropfen  auf 
die  Pflanzen  gelangen.  Es  ist  desshalb  im  Allgemeinen  nicht 
rathsam,  Kiefernsaatbeete  unter  der  Traufe  eines  älteren  Kiefernbe- 
standes anzulegen. 

Vorzugsweise  erfolgt  die  Infection  durch  den  Regenwind,  wenn 
dieser    über    erkrankte   Culturflächen    hingestrichen    ist,    zahlreiche 


108  I-  Abschnitt. 

Pilzsporen  aufgenommen  hat  und  diese  nun  auf  gesunde  Pflanzen 
führt.  Die  Erfahrung,  dass  die  Pilzschütte  in  höherem  Maasse  nur 
ganz  junge  Pflanzen  und  ältere  nur  bis  zu  einer  Höhe  von  etwa 
1/2  m  über  dem  Boden  befällt,  findet  ihre  Erklärung  darin,  dass 
eben  nur  die  dicht  über  dem  Erdboden  hinströmende  Luftschicht 
Gelegenheit  hat,  Pilzsporen  aufzunehmen  und  auf  die  Pflanzen  ab- 
zulagern. 

Zur  Erziehung  gesunden  Pflanzenmateriales  ist  anzurathen, 
Saatbeete  von  Kiefern  in  Laubholzbeständen  oder  doch  möglichst 
weit  entfernt  von  schüttekranken  Culturflächen  anzulegen.  Aeltere 
Saat-  und  Pflanzgärten,  in  denen  einmal  schüttekranke  Kiefern  sich 
gezeigt  haben,  sind  für  neue  Saaten  nur  dann  zu  benutzen,  wenn 
alles  erkrankte  Pflanzenmaterial  im  Kampe  selbst  und  in  dessen 
Nähe  vernichtet  worden  ist. 

Ist  man  gezwungen,  Saatbeete  in  Schütterevieren  anzulegen, 
so  wähle  man  solche  Lagen  aus,  die  wenigstens  nach  der  West- 
seite hin  nicht  an  junge  schüttekranke  Culturen  grenzen.  Kann 
man  die  Kämpe  so  an  den  Waldrand  verlegen,  dass  der  sie  tref- 
fende Westwind  zuvor  über  eine  grössere  Feldmark  wehen  musste, 
so  ist  dies  empfehlenswerth.  Man  fasse  die  nicht  zu  grossen  Saat- 
beete nach  den  Waldseiten  zu  mit  2  m  hohen  völlig  dichten  Bretter- 
wänden ein.  Stehen  ältere  Fichtenpflanzkämpe  zur  Verfügung  mit 
dichten  und  hohen,  von  Norden  nach  Süden  verlaufenden  Pflanz- 
beeten, so  lege  man  die  Kiefernsaatbeete  zwischen  die  Fichten- 
pflanzbeete,  so  dass  letztere  einen  Schutz  gegen  das  Anfliegen  der 
Sporen  mit  dem  Westwinde  bilden.  Das  Einkellern  der  Pflanzen  in 
tiefe  Gruben  während  des  Winters  hat  durch  Abschluss  des  Sauer- 
stoffs der  Luft  oft  ein  völliges  Ersticken  der  Kiefern  zur  Folge.  Eine 
leichte  Decke  von  Laub  bildet  dagegen  einen  guten  Schutz  gegen 
das  Anfliegen  der  Sporen  im  Winter. 

Um  die  Schläge  gegen  Pilzschütte  zu  schützen,  ist  unter 
Umständen  horstweise  Verjüngung  von  bestem  Erfolge.  Lücken 
in  geschlossenen  Kiefernbeständen  verjüngen  sich  ausgezeichnet 
auch  da,  wo  die  Schütte  auf  grösseren  Schlägen  alles  vernichtet.  Hier- 
bei ist  wohl  zunächst  der  Schutz  gegen  den  Sporen  führenden 
Wind  wirksam.  Bei  der  Hiebsrichtung  wird  man  möglichst  ver- 
meiden müssen,  dass  der  Westwind  über  grosse  Schütteflächen 
wehen    kann,    ehe   er   den   Schlag   trifft.     Sehr  grosse,  sich  an  ein- 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  109 

ander  reihende  Schlagflächen  fördern  überhaupt  die  epidemische 
Verbreitung  der  Krankheit.  Wo  Streifensaaten  oder  -pflanzungen 
ausgeführt  werden,  ist  es  anzurathen,  die  Streifen  mit  dem  Pfluge 
von  Norden  nach  Süden  zu  ziehen,  den  Auswurf  auf  die  Westseite 
zu  bringen.  Letzterer  schützt  die  Pflänzchen  in  der  Furche  gegen 
den  directen  Westwind.  Verlaufen  die  Furchen  von  Westen  nach 
Osten,  so  führt  der  Westwind  die  Sporen  der  kranken  Pflanzen  der 
Furche  entlang  mit  Sicherheit  auf  die  gesunden  Pflanzen.  Wo 
Fichten  und  Douglastannen  gedeihen,  dürften  Streifen  dieser  Holz- 
arten, von  Nord  nach  Süd  laufend  und  mindestens  10  Jahre  vor 
dem  Anhiebe  der  Kiefernbestände  theils  am  Waldrande,  theils  in 
bestimmten  Entfernungen  coulissenartig  im  Bestände  angebaut,  die 
Verbreitung  der  Pilzschütte  hemmen. 

Völlig  verschüttete  Schläge  sind  mit  Weymouthskiefern  oder 
anderen  schüttefreien  Holzarten  je  nach  der  Bodenart  anzubauen. 

Die  Weymouthskiefer  leidet  hin  und  wieder  an  einer  Erkran- 
kung der  Nadeln,  welche  durch  einen  verwandten  Parasiten,  Hy- 
sterium  brachysporum,  hervorgerufen  wird.  Ob  auch  das  auf 
der  Lärche  in  den  Alpen  hier  und  da  in  massenhafter  Entwicklung 
beobachtete  Hysterium  laricinum  ein  ächter  Parasit  ist,  vermag 
ich  noch  nicht  zu  entscheiden. 

Die  Unterfamilie  der  Pezizeen  zeichnet  sich  durch  becherför- 
mige oder  scheibenförmige  Fruchtkörper  aus,  welche  die  Hymenial- 
schicht  frei  auf  der  Oberfläche  entwickeln. 

Peziza   (Helotium)  Willkommii19). 

Der  Lärchenkrebspilz  ist  die  Ursache  einer  der  verderb- 
lichsten und  weit  verbreitetsten  Lärchenkrankheiten.  Er  wurde 
zuerst  von  Willkomm20)  beschrieben,  jedoch  verkannt  und  als  Cor- 
ticium  amorphum  bestimmt. 

Das  Corticium  hat  aber  nur  eine  äussere  Aehnlichkeit  mit  der 
Peziza  und  gehört  zu  den  Basidiomyceten.  Ebenfalls  nur  auf  Grund 
einer  makroskopischen  Aehnlichkeit  wurde  er  dann  uls  Peziza  ca- 
lycina  bestimmt,  bis  ich  erkannte,  dass  es  sich  bei  vorliegendem 
Pilz  um  eine   neue  noch    unbenannte  Art   handelt.     Von  Peziza  ca- 


19)  R.  Hartig,  Untersuchungen  aus  dem  forstb.  Inst.  I,  S.  63 — 88. 

20)  Willkomm,  Mikroskopische  Feinde  d.  Waldes  II,  S.  167  ff. 


HO  I.  Abschnitt. 

lycina  unterscheiden  sich  die  Fruchtkörper  sofort  durch  den  sehr 
kurzen  Becherstiel.  Dies  nur  zur  Aufklärung  der  beklagenswerthen 
Namen  Veränderungen. 

Die  Lärche  ist  ein  Waldbaum,  der  überall  in  Deutschland 
herrlich  gedeiht,  keine  nennenswerthe  Beschädigungen  durch  Frost 
erleidet,  wenigstens  nicht  mehr  als  unsere  einheimischen  Holzarten, 
dessen  Verbreitung  aber  von  Haus  aus  auf  die  höheren  Gebirgs- 
lagen der  Alpen  beschränkt  blieb,  weil  er  nur  dort  seinen  Feinden 
erfolgreichen  Widerstand  zu  leisten  vermag.  Zu  diesen  Feinden 
gehört  bekanntlich  eine  Mehrzahl  von  Insecten,  unter  diesen  in 
erster  Linie  die  Lärchenmotte,  Coleophora  laricella.  Dieses 
Insect  findet  man  auch  in  den  Alpen  bis  zu  bedeutender  Höhe 
(1250  m)  in  so  grosser  Verbreitung  und  so  massenhaft  auftreten, 
dass  es  zunächst  auffällt,  wesshalb  dasselbe  dort  kaum  irgend 
welchen  Schaden  veranlasst.  Es  erklärt  sich  das  in  einfacher  Weise 
aus  dem  Umstände,  dass  in  den  Hochlagen  der  Alpen  der  Ueber- 
gang  vom  Winter  zum  Frühjahre  ein  sehr  schneller  ist,  und  die  Ent- 
wicklung der  Nadelbüschel  nur  kurze  Zeit  in  Anspruch  nimmt.  Im 
Flachlande  beginnt  die  Lärche  schon  Ende  März  grüne  Knöspchen 
za  zeigen,  die  dann  oft  sehr  lange  Zeit  in  der  Entwicklung  stehen 
bleiben,  bis  Anfang  Mai  das  Wachsthuni  der  Nadeln  schneller  fort- 
schreitet. Diese  Periode  ist  für  die  Lärche  die  gefährliche,  weil 
auch  die  Räupchen  aus  dem  Winterschlafe  Ende  März  erwachen 
und  an  den  grünen  Knöspchen  zu  fressen  anfangen.  Bei  langsamer 
Entwicklung  der  Vegetation  werden  die  Knospen  zum  grossen  Theile 
ausgefressen,  die  Bäume  grösstenteils  entnadelt,  bei  schneller  Ent- 
wicklung der  Nadelbüschel  genügt  dagegen  ein  geringer  Theil  der  Be- 
laubung zur  Ernährung  der  Raupen.  Der  kurze  Frühling  schützt  in 
den  Alpen  die  Lärche  vor  der  völligen  oder  allzustarken  Entnadelung, 
die  zumal  nach  öfterer  Wiederholung  das  Kümmern  und  Absterben 
der  Bäume  zur  Folge  hat.  Auch  die  Lärchenblattlaus,  Cher- 
mes  Laricis,  schädigt  die  Benadelung  der  Lärche  in  hohem  Grade, 
wenn  auch  bei  weitem  nicht  so  sehr  wie  die  Motte.  Ganz  ver- 
schieden von  diesem  Hinsiechen  der  Lärchen  in  Folge  der  Be- 
schädigungen durch  Motte  oder  Blattlaus  u.  s.  w.  ist  die  durch 
Peziza  Willkommii  veranlasste  Krankheit.  Dieser  Parasit  ist  in 
den  Hochlagen  der  Alpen  einheimisch  und  erzeugt  dort  dieselbe 
Krankheit,  welche  den  Untergang  zahlloser  Bestände  in  Deutschland, 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


111 


Dänemark  und  Schottland  zur  Folge  gehabt  hat,  aber  nur  unter  be- 
sonderen äusseren  Verhältnissen  tritt  sie  in  den  Alpen  verderblieh 
für  ganze  Bestände  auf.  Um  dies  richtig  beurtheilen  zu  können, 
müssen  wir  zunächst  auf  den  Entwicklungsgang  des  Parasiten  um- 
blicken. 

Die  Sporen  desselben,  welche  in  den  weiter  unten  zu  be- 
schreibenden schüsseiförmigen  Früchten  entstehen,  keimen  bei  ge- 
nügender Feuchtigkeit  bald,   aber  nicht  an  der  unverletzten  Pflanze, 


Fig.  54. 

Junge  Krebsstelle  einer  8jährigen  Lärche 
aus  Tyrol  aus  dem  oberen  Stainmtheile. 
Die  Infection  hat  oberhalb  des  Zweiges 
bei  b  stattgefunden,  wo  durch  Schnee- 
anhang ein  Herabziehen  und  Einreissen 
des  Gewebes  im  Gelenke  stattgefunden 
hat.  Auf  der  getödteten  Rinde  sind  schon 
zahlreiche  unreife  Fruchtträger  c  zur  Ent- 
wicklung gekommen. 


Fig.  55. 

Durchschnitt  durch  einen  von 
Peziza  Willkommii  befallenen 
älteren  Lärchenast.  Die  Infec- 
tion erfolgte  vor  10  Jahren  von 
dem  Kurztriebe  («)  aus.  Das 
Mycel  rückte  jährlich  beider- 
seits weiter  vor,  obgleich  sich 
jedesmal  mit  Beginn  der  Som- 
merthätigkeit  eine  Korkschicht 
bb  auf  der  Grenze  des  lebenden 
Gewebes  bildete.  Im  letzten 
Jahre  ist  nur  noch  ein  sehr 
kleiner  Holzkörper  gebildet. 


sondern  nur  an  irgend  einer  Wundstelle  derselben.  Solche  Wund- 
stellen entstehen  sehr  oft  durch  das  Herunterbeugen  der  Zweige 
bei  Schnee  oder  Duftanhang  im  oberen  Winkel  an  der  Basis  des 
Zweiges  (Fig.  54  b),  durch  Hagelschlag,  oder  durch  das  Ausfressen 
der  Kurztriebe  im  Frühjahre,  wovon  vorher  gesprochen  wurde. 
"Von  solchen  Wundstellen  aus  entwickelt  sich  das  kräftige,  reich 
verästelte,  septirte  Mycel  im  Weichbaste  theils  intercellular,  theils 
intracellular  in  den  Siebröhren  fortwachsend,    die   Gewebe    tödtend 


112  I.  Abschnitt. 

und  bräunend.    Das  Mycel  wächst  auch  in  den  Holzkörper  hinein 
und  zwar  bis  zur  Markröhre  vordringend. 

Soweit  im  ersten  Jahre  das  Rindengewebe  getödtet  wird,  ver- 
trocknet es  und  erscheint  zumal  nach  dem  Eintritt  des  neuen 
Dickenwachsthums    des   gesunden  Pflanzentheiles   vertieft   (Fig.  54). 

Im  Sommer  hört  das  Wachsthum  des  Pilzmycels  auf  und  es 
entsteht  auf  der  Grenze  des  gesunden  und  kranken  Gewebes  eine 
ungemein  breite  Korkschicht  zum  Schutze  der  Pflanze.  Diese 
Korkschichten  (Fig.  55  b  b),  welche  sich  zwischen  todter  und 
lebender  Rinde  bilden,  veranlassen,  dass  äusserlich  die  Rinde  auf 
der  Grenze  der  Krebsstelle  hier  und  da  aufplatzt  (Fig.  56)  und 
dadurch  das  Ausfliessen  von  Terpentin  aus  dem  Inneren  des  Baumes 
ermöglicht  wird.  Alljährlich  vergrössert  sich  die  Krebsstelle  in  der 
ganzen  Peripherie  und  zwar  in  der  Längsrichtung  des  Stammes 
etwas  schneller,  als  in  horizontaler  Richtung  und  ist  es  wahrschein- 
lich die  Lebensthätigkeit  des  Rindengewebes,  welche  im  Sommer 
eine  periodische  Unterbrechung  im  Fortschreiten  des  Parasiten  ver- 
anlasst. Das  Pilzmycel  gelangt  entweder  durch  die  Cambialregion 
oder  durch  Vermittelung  des  Holzkörpers  im  Herbste  wieder  in  die 
lebende  Bastschicht,  so  dass  die  Korkschicht  in  der  That  nur  ge- 
ringen Nutzen  gewährt.  In  demselben  Maasse,  als  die  Wanderung 
der  Bildungsstoffe  auf  die  eine  Seite  des  Stammtheiles  gedrängt 
wird,  steigert  sich  dort  auch  der  Zuwachs  einerseits  des  Holz- 
körpers, andererseits  des  Basttheiles  (Fig.  55).  Es  kann  dadurch 
der  Kampf  zwischen  Parasit  und  Wirthspflanze  lange  Zeit  unent- 
schieden bleiben,  und  fand  ich  in  Tyrol  lebende  Lärchenstämme  mit 
Krebsstellen  von  lOOjährigem  Alter. 

Rückt  der  Parasit  relativ  schnell  vor  und  ist  andererseits  der 
Zuwachs  des  Baumtheiles  ein  langsamer,  dann  umfasst  die  Krebs- 
stelle frühzeitig  den  ganzen  Stamm  oder  Zweig  (Fig.  55),  der  ober- 
halb dieser  Stelle  abstirbt. 

Durch  künstliche  Mycelinfection  kann  man  fast  ausnahmslos 
an  jeder  Stelle  einer  gesunden  Lärche  eine  Krebsstelle  erzeugen. 

Auf  der  Krebsstelle  entstehen  bald  nach  dem  Tode  des  Rin- 
dengewebes die  Fruchtpolster  des  Parasiten  in  Gestalt  kleiner  gelb- 
weisser  Pusteln  von  Stecknadelkopfgrösse  (Fig.  54  c,  Fig.  56  a).  Im 
Innern  dieser  Polster,  theilweise  auch  auf  deren  Oberfläche,  ent- 
stehen wurmförmige  Gänge  oder  rundliche  Höhlungen,   deren  Ober- 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


113 


fläche  mit  zahllosen  pfriemenförmigen  Basidien  besetzt  ist,   an  deren 

Spitzen   äusserst   kleine   Zellchen  entstehen .     Ob    diese  Organe,   die 

keirnunfähig  zu  sein  scheinen,   verkümmerte  Gonidien  sind  oder  den 

als    Spermatien     bezeichneten    Organen 

zugezählt  werden  müssen,   bleibt  vorerst 

unentschieden.    Hier  ist  es  insbesondere 

wichtig,  zu  betonen,    dass  sie  nicht  zur 

Verbreitung    des   Parasiten    beizutragen 

vermögen. 

Die  kleinen  Fruchtpolster  sind  sehr 
empfindlich  gegen  Lufttrockniss  und 
Luftzug,  sie  vertrocknen  leicht  und 
sterben  ab.  Nur  dann  entwickeln  sie 
sich,  wenn  sie  von  anhaltend  feuchter 
Luft  umgeben  sind.  Es  erscheinen  dann 
auf  ihnen  die  bekannten  Schüsselfrüchte 
(Fig.  56  bb),  deren  Hymenialschicht  eine 
schöne  rothe  Farbe  besitzt.  Die  Hy- 
menialschicht besteht  aus  zahllosen  von 
fadenförmigen  Paraphysen  umgebenen 
Asken,  in  deren  Inneren  je  8  farblose 
Sporen  sich  bilden.  Der  Umstand,  dass 
das  Mycelium  auch  in  den  Holzkörper 
eindringt  und  diesen  tödtet,  erklärt, 
wesshalb  eine  oder  wenige  kleine  Krebs- 
stellen den  Wuchs  des  ganzen  Stammes 
in  hohem  Grade  zu  beeinträchtigen  ver- 
mögen. An  abgestorbenen  Baumtheilen 
treten  dann  zahlreiche  Schüsselfrüchte 
auch  ohne  Krebsbildung  aus  der  Rinde 
hervor. 

In  dumpfen  Lagen  erkranken  die 
Lärchen  schnell  und  sterben  ohne  grosse 
Krebsstellen  in  wenig  Jahren  ab.  Aus  der  Rinde  treten  die 
Schüsselfrüchte  des  Parasiten  hervor.  Es  scheint,  dass  der  grosse 
Wassergehalt  solcher  in  der  Transpiration  beeinträchtigter  Lärchen 
die  Entwicklung  und  Verbreitung  in  Holzkörper  ungemein  befördert, 
wesshalb    die   Erkrankung   durch    die  ganze  Pflanze  sich  verbreitet. 

Hartig,   Baurokrankheiten,  2.  Aufl.  8 


Fig.  56. 

Zweijährige  Krebsstelle,  nahe 
über  dem  Wurzelstocke,  im 
Grase  versteckt.  Die  Frucht- 
polster im  oberen,  dem  Luftzuge 
exponirten  Theile  a  unversehrt, 
im  unteren,  feucht  gehaltenen 
Theile  b  zu  kräftigen  Schüsseln 
entwickelt. 


114  I.  Abschnitt. 

Aus  dem  vorstehend  kurz  zusaniniengefassten  Ergebnisse 
meiner  Untersuchung  lassen  sich  die  bekannten  Thatsachen  des 
Auftretens  und  der  Verbreitung  der  Krankheit  erklären. 

Die  Krebskrankheit  ist  in  den  Hochalpen  von  jeher  zu  Hause 
gewesen,  sie  tritt  in  auffälliger  Intensität  nur  in  feuchten,  dumpfen 
Thälern,  in  der  nächsten  Umgebung  der  Seen  (z.  B.  Achensee  in 
Tyrol  u.  s.  w.)  auf,  tödtet  aber  auch  in  Freilagen  hier  und  da  ein- 
zelne Stämmchen.  In  den  Freilagen  und  Thalgehängen  gelangen 
in  Folge  des  ständigen  Luftzuges  die  Früchte  des  Pilzes  nie  zur 
Reife.  Nur  an  solchen  Krebsstellen,  welche  dicht  über  der  Erde 
am  Fusse  der  Stämme  sich  finden  oder  an  krebsigen  Aesten, 
wenn  solche  am  Erdboden  liegen,  reifen  die  Schüsselfrüchte,  weil 
der  umgebende  hohe  Graswuchs  den  Luftzug  abhält  und  die  jungen 
Früchte  feucht  bleiben. 

Als  in  den  ersten  Decennien  dieses  Jahrhunderts  die  Lärche 
versuchsweise  hier  und  da  in  Deutschland  angebaut  wurde,  war  der 
Feind  in  der  Heimath  zurückgeblieben  und  die  Lärche  gedieh  aufs 
Beste.  Wohl  jeder  ältere  Forstmann  kennt  einzelne  Lärchenhorste 
des  herrlichsten  Wuchses,  aus  jener  Zeit  herstammend.  Die  glück- 
lichen Resultate  hatten  einen  allgemeinen  Anbau  der  Lärche  durch 
ganz  Deutschland  zur  Folge.  Man  konnte  sehr  schöne  Resultate 
des  Anbaues  erkennen  auch  da,  wo  geringe  Bodengüte  nur  wenig 
Hoffnung  gewährte. 

Nachdem  aber  kleinere  und  grössere  Bestände  vom  Fusse  der 
Alpen  bis  zu  den  Küsten  der  Nord-  und  Ostsee  entstanden  waren, 
begab  sich  aus  den  Alpen  herniedersteigend  der  Pilz  auf  die  Wan- 
derung und  überall  fand  er  die  günstigsten  Bedingungen  zu  seiner 
Entwicklung. 

Diese  waren  junge,  reine  Bestände  bei  dichtem  Pflanzenstand, 
Nachbesserungshorste  in  vorwüchsigen  Buchenbeständen,  feuchte, 
stagnirende  Luft,  Verwundungen  durch  Mottenfrass  u.  s.  w.  Dazu 
trat  der  Handel  mit  kranken  Lärchen  von  Seiten  der  Baumschulen 
und  Versendung  kranker  Lärchen  von  Revier  zu  Revier. 

Unter  diesen  Verhältnissen  gelangten  die  Pilzfrüchte  an  den 
Krebsstellen  zu  üppiger  Entwicklung  und  zur  Sporenreife,  die 
Sporen  fanden  im  geschlossenen  reinen  Bestände  leicht  Gelegenheit 
zum  Keimen  und  Eindringen  u.  s.  w.  Heute  ist  von  der  grossen 
Zahl    hoffnungsreicher    junger   Bestände   nicht   viel   mehr   übrig  ge- 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  115 

blieben.  Am  ehesten  haben  sich  die  Lärchen  noch  in  solchen  Be- 
ständen erhalten,  wo  sie  vorwüchsig  eingesprengt  wurden;  der 
Luftzug  in  den  frei  entwickelten  Kronen  hat  nicht  nur  die  Erkran- 
kung,  sondern  auch  an  den  erkrankten  Exemplaren  die  Sporenreife 
verhindert. 

Haben  wir  einen  erkrankten  Lärchenbestand  vor  uns,  so 
kommt  es  zunächst  darauf  an,  festzustellen,  ob  wir  es  lediglich  mit 
Beschädigungen  durch  Mottenfrass,  oder  ob  wir  es  mit  Pilzkrebs 
zu  thun  haben. 

Oft  grenus:  wird  beides  neben  einander  auftreten.  Handelt  es 
sich  lediglich  um  ein  Kümmern  in  Folge  von  Mottenfrass,  dann 
kann  eine  Ausästung  der  Krone  bis  zu  dem  kräftigeren  oberen 
Theile  hin  von  bleibend  gutem  Erfolge  sein.  Die  oberen  Zweige 
treiben  kräftig  und  können,  zumal  die  Motte  mehr  die  untere  Krone 
befällt,  zur  Ausbildung  einer  gesund  bleibenden  guten  Krone  führen. 

Handelt  es  sich  um  Pilzbeschädigung,  dann  kann  Ausästung 
nur  dann  etwas  helfen,  wenn  der  Schaft  im  Ganzen,  zumal  in  der 
Krone,  gesund  ist.  Kleinere  Krebsstellen  unten  am  Baume  tödten 
trotz  ihrer  Yergrösserung  bei  gutem  Zuwachse  des  Baumes  erst 
in  hohem  Alter. 

Krebsstellen  an  den  Aesten  sind  an  sich  von  geringer  Bedeu- 
tung, bringen  nur  die  Gefahr  der  Weiterverbreitung  der  Krankheit 
durch  Sporen  mit  sich. 

Was  den  zukünftigen  Anbau  der  an  sich  so  werthvollen  Holz- 
art im  Flachlande  und  Hügellande  betrifft,  so  ergiebt  sich  aus  dem 
Mitgetheilten,  dass  sie  nur  in  einzelnem  Stande,  womöglich  etwas 
vorwüchsig,  in  andere  Holzarten  einzusprengen,  nur  in  freien  Lagen 
und  nie  in  reinen  Beständen  zu  erziehen  sein  dürfte,  dass  da,  wo 
kranke  Bestände  in  nächster  Nähe  sich  befinden,  besser  auf  den 
Anbau  Verzicht  geleistet  wird,  dass  grösste  Vorsicht  anzuwenden 
ist  beim  Bezug  fremder  Pflanzen,  dass  in  Saat-  oder  Pflanzbeeten 
etwa  erkrankende  Pflanzen  sofort  beseitigt  und  verbrannt  werden 
müssen.   — 

Die  Vacciniumarten  werden  von  Parasiten  der  Gattung  Scle- 
rotinia21) befallen,  deren  Gonidienfructification  im  Frühjahre  auf 
den  jungen   sich    bräunenden  Blättern  und  Stengeln  in  Form  eines 


21)  Woronin,   Ueber  die  Sclerotienkrankheit  der  Vaccinienbeeren  1888. 


116 


I.  Abschnitt. 


schimmelartigen  Anfluges  von  Mandelgeruch  erscheint.  Die  dadurch 
angelockten  Insecten  übertragen  die  Gonidien  auf  die  Narben  der 
Vaccinium- Blumen.     In   den  Beeren    entsteht    ein  Sclerotium.     Sie 

werden  braun  und  trocken,  „mumificiren 
sich",  fallen  ab,  und  im  nächsten  Früh- 
jahre entwickeln  sich  aus  ihnen  1  oder  2 
langgestielte,  kastanienbraune  Becher- 
früchte. Die  ejaculirten  Ascosporen  in- 
ficiren  die  jungen  Triebe  und  erzeugen 
die  Gonidienform. 

Sclerotinia  Vaccinii  schmarotzt  auf 
Vacc.  Vitis  Idaea;  Scler.  Oxycocci  auf 
Vacc.  Oxycoccos-,  Scler.  baccarum  auf 
Vacc.  Myrtillus;  Scler.  megalospora  auf 
Vacc.  utiginosum. 

Landwirthschaftlich  von  hoher  Be- 
deutung ist  noch  Peziza  ciborioides 
(Sclerotinia  Trifoliorum),  der  Kleekrebs 
oder  die  Sclerotienkrankheit  des  Klees. 
Dieser  Parasit  ist  dadurch  interessant, 
dass  sich  an  den  vom  Pilzmycel  durch- 
wucherten Kleepflanzen  Sclerotien  von 
0,1 — 1  cm  Grösse  bilden,  die  dann  im 
nächsten  Jahre  im  Juli  oder  August  zu 
Becherfrüchten  aus  wachsen. 

Einen  ähnlichen  Entwickelunsfs- 
gang  zeigt  Peziza  Sclerotiorum 
(Sclerotinia  Libertiana),  durch  welche 
die  Sclerotienkrankheit  der  Rüben  und 
Mohrrüben  veranlasst  wird. 

Am  bekanntesten  ist  PezizaFucke- 

liana  durch  die  Gonidienform  Botrytis 

cinerea,    den   Traubenschimmel,    der   sich   in   Feuchträumen   und    in 

den  Glashäusern   an   verschiedenen  Pflanzen    ansiedelt,    grauflockige 

Anflüge  bildet  und  die  Zweige  tödtet. 

Eine  Botrytis  Douglasii22)  ist  seit  einer  Reihe  von  Jahren  an 

22)  Botrytis   Douglasii   n.  sp.  C.  Freiherr  v.  Tubeuf,   Beiträge    zur   Kenntniss 
der  Baumkrankheiten.    Berlin.     Springer  1888. 


Fig.  57. 

Zweig  der  Douglastanne,  deren 
junge  Triebe  durch  Botrytis 
Douglasii  getödtet  sind.  Auch 
die  Spitze  des  vorjährigen  Zwei- 
ges ist  getödtet. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  117 

den  in  Deutschland  allgemein  zum  Anbau  gelangten  Douglastannen 
schädigend  aufgetreten.  Besonders  in  Saat-  und  Pflanzkämpen,  wo 
die  gegenseitige  Ansteckung  erleichtert  ist,  bemerkt  man  vielfach 
die  jungen  noch  nicht  völlig  ausgebildeten  Triebe  absterben  und 
sich  bräunen.  Auch  der  vorjährige  Trieb  stirbt  wohl  bis  zu  einer 
gewissen  Tiefe  ab  (Fig.  57). 

Sowohl  an  den  Nadeln  als  Trieben  bemerkt  man  dann  später 
kleine  schwarze  Sclerotien  nicht  über  Stecknadelknopfgrösse,  die  im 
Feuchtraume  zu  Botrytis-Gonidienträgern  auskeimen.  Die  Gonidien 
keimen  leicht  und  inficiren  die  zarten  Triebe  der  Douglastanne.  Nach 
den  Tubeuf  sehen  Untersuchungen  werden  auch  Tannen,  Fichten 
und  Lärchen  von  diesem  Pilz  inficirt  und  bleibt  festzustellen,  ob 
nicht  auch  im  Walde  Erkrankungen  durch  diesen  Pilz  vorkommen. 

§  15.    Gymnoasceae23). 

Bei  den,  dieser  Unterfamilie  der  Scheibenpilze  angehörenden 
Parasiten  fehlt  ein  eigentlicher  Fruchtkörper.  Die  Hymenialschicht 
ist  ein  flaches,  auf  dem  Pflanzentheil  ausgebreitetes  Lager,  be- 
stehend aus  frei  stehenden  Schläuchen,  welche  zwischen  den  Epi- 
dermiszellen  oder  zwischen  Epidermis  und  Cuticula  zur  Entwicklung 
gelangen. 

Alle  Arten  erzeugen  charakteristische  Hypertrophien  der  be- 
fallenen Pflanzentheile. 

Exoascus  Pruni24). 

Ein  allgemein  verbreiteter  und  durch  die  Erzeugung  der  soge- 
nannten „Narren,  Taschen,  Hungerzwetschen  u.  s.  w."  hin- 
länglich bekannter  Parasit.  Das  Mycelium  desselben  perennirt  in 
den  Zweigen  von  Prunus  domestica,  Pr.  spinosa  und  Padus  und 
zwar  im  Weichbaste  derselben  intercellular  vegetirend,  gelangt  in 
die  neuen  Laubtriebe,  dieselben  deformirend,  sowie  in  die  Blüthen, 
in  denen  schon  Anfang  Mai  eine  Missbildung  der  Fruchtknoten 
erkennbar  wird.  Vom  Weichbast  ausgehend^  verbreitet  sich  das 
Mycel  durch  das  Parenchym  des  Fruchtfleisches  und  hat  einestheils 
das  Unterbleiben  der  Steinkern-  und  Samenbildung,  anderntheils 
die    Längsstreckung    und    bekannte    Umgestaltung    der    Frucht    zur 

23)  Sadebeck,  Untersuchungen  über  die  Pilzgattung  Exoascus.  Hamburg  1884. 

24)  De  Bary,  Beiträge  zur  Morphologie  der  Pilze  I,  pag.  33. 


118  I.  Abschnitt. 

Folge.  Zahlreiche  Mycelzweige  drängen  sich  zwischen  Oberhaut- 
zellen und  Cuticula,  woselbst  sie  durch  Queräste  in  kurze  Kammern 
sich  theilen.  Es  entsteht  dadurch  eine  fast  geschlossene  Schicht 
von  Pilzmycel  unter  der  Cuticula.  Jede  Pilzzelle  wächst  nun  nach 
aussen  zu  einem  kurzen,  cylindrischen  Askus  aus,  und  die  anfangs 
abgehobene  Cuticula  wird  hierbei  zerrissen,  so  dass  die  Asken- 
schicht  völlig  frei  wird. 

Jeder  Askus  grenzt  sich  durch  eine  Querwand  von  dem  unteren 
Theile,  dem  „Stiele"  ab  und  erzeugt  durch  freie  Zellbildung  im 
Inneren  6 — 8  rundliche  Sporen,  die  aus  der  aufplatzenden  Spitze 
herausgeschleudert  werden.  Die  Sporen  keimen  oder  bilden  durch 
Sprossung  eine  Art  von  Hefe. 

Die  Taschen  verwelken  unter  Auftreten  zahlreicher  sapropky- 
tischer  Pilzbildungen. 

Exoascus  deformans  ist  dem  Vorstehenden  nahe  verwandt, 
lebt  aber  theils  in  den  Blättern  und  Trieben  von  Persica  vulgaris 
und  Amygdalus  communis,  theils  in  Blättern  und  Trieben  von  Prunus 
avium,  Cerasus  und  Chamaecerasus,  domestica,  auf  diesen  Holzarten 
nach  den  Untersuchungen  von  Rathay25)  die  sogenannten  Hexeu- 
besen  hervorrufend.  Ob  der  auf  Kirschen  vorkommende  Exoascus 
in  der  That  eine  neue  Art  (Exoascus  Wiesneri)  ist,  wie  Rathay 
annimmt,  und  die  aufgeführten  Verschiedenheiten  nicht  etwa  durch 
die  Verschiedenheit  der  Wirthspflanzen  bedingt  sei,  dürfte  zunächst 
bis  zur  Ausführung  von  Infectionsversuchen  zweifelhaft  bleiben. 
Auf  den  Blättern  werden  eigentümliche  Kräuselungen  hervorge- 
rufen, ähnlich  solchen,  wie  sie  zuweilen  durch  Blattläuse  entstehen; 
die  vom  Pilz  bewohnten  Zweige  zeigen  reiche  Verästelungen,  meist 
ausgesprochen  negativen  Geotropismus  und  oft  hypertrophisch  ent- 
wickelte untere  Zweigtheile.  Es  sind  die  Donnerbesen  oder  Hexen- 
besen. Die  Zweige  dieser  Hexenbesen  sind  im  unteren  Theile  oft 
um  das  Mehrfache  dicker  als  die  Zweige,  denen  sie  entspringen, 
werden  dagegen  nach  ihrer  Spitze  zu  normal,  und  dürfte  diese  Er- 
scheinung dadurch  zu  erklären  sein,  dass  das  Mycel  beim  lang- 
samen Nachwachsen  in  die  jungen  Triebe  nur  an  deren  Basis  noch 


25)  Rathay,  Ueber  die  Hexenbesen  der  Kirschbäume  und  über  Exoascus 
Wiesneri  Rath.  im  Sitzber.  d.  Wien.  Akad.  d.  Wissensch.,  Bd.  LXXXHT,  Abb.  I. 
Märzheft  1881. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


119 


ein  unfertiges  Gewebe  antrifft,  welches  unter  der  Einwirkung  des 
Parasiten  abnorm  sich  vergrössert  oder  vermehrt,  während  es  zu 
spät  in  die  Triebspitze  gelangt,  um  auch  hier  noch  wirksam  sein 
zu  können. 

Exoascus    Insititiae    erzeugt   auf  Prunus   insititia   Hexenbesen. 

Exoascus  bullatus  veranlasst  auf  Birnbäumen  blasige,  später 
unterseits  mehlige  Blattanschwellungen,  auf  Weissdorn  hexenbesen- 
artige  Bildungen   und  Blattauftreibungen   von  röthlicher  Farbe. 

Exoascus  alnitorquus  (Ascomyces  Tosquinetii)  tritt  sowohl 
auf  den  Blättern  von  Alnus  glutinosa,  als  auch  an  den  Schuppen 
der  weiblichen  Kätzchen  von  Alnus  incana  und  glutinosa  oft 
in  massenhafter  Entwicklung  auf. 
An  den  Blättern  veranlasst  er 
nicht  allein  ein  Kraus-  und  Wellig- 
werden, sondern  auch  eine  Ver- 
größerung überhaupt,  an  den  Erlen- 
zäpfchen taschenartige,  in  frischem 
Zustande  leuchtend  roth  gefärbte 
Auswüchse,  die  etwas  an  die 
Taschen  der  Pflaumen  erinnern 
(Fig.  58). 

Exoascus  flavus  (Sadebeckii) 
veranlasst  ebenfalls  auf  den  Blät- 
tern  von  Alnus  glutinosa  und  in- 


Fig.  58. 
Fruchtzapfen  von  Alnus  incana  durch 


Exoascus  Alni  verunstaltet. 


cana  Flecke,   die  sich  durch  gelbe 
Farbe  auszeichnen. 

Exoascus  epiphyllus,  auf  Blät- 
tern   von   Aln.    incana    und   Alnus    glutinosa,    ist   von   der   vorigen 
Art    nur    schwer    durch    breitere   Stielzellen   zu   unterscheiden.     Er 
veranlasst   wellige   Kräuselungen   der  Blätter,    deren   Auftreibungen 
meist  auf  der  Oberseite  der  Blätter  erscheinen. 

Exoascus  borealis  veranlasst  auf  Alnus  incana  Hexenbesen. 
Diese  sind  bei  München  und  an  anderen  Punkten  Bayerns  sehr 
häufig.     Er  ist  mit  dem  Ex.  epiphyllus  wahrscheinlich  identisch. 

Exoascus  turgidus  (Taphrina  betulina)  erzeugt  sehr  oft  Hexen- 
besen auf  der  Birke. 

Exoascus  Betulae  (Ascomyces  Betulae)  veranlasst  blasige  Auf- 
treibungen  auf  der  Blattoberseite  der  Birken. 


120 


I.  Abschnitt. 


Fig.  59. 

Blatt  von  Po^ralus  nigra  mit 
Exoascus  Populi. 


Fig.  60. 

Früchte  von  Populus 
tremula  durch  Exoas- 
cus    Populi     verun- 
staltet. 


Fig.  61. 

Hexenbesen  von  Carpinus  Betulus,  durch  Exoascus  Carpini  hervorgerufen. 

V,  Natürl.  Gr. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  121 

Exoascus  carnea  veranlasst  kuglich-blasige  Stellen  auf  Birken- 
blättern. 

Exoascus  aureus  (Taphrina  aurea,  T.  populina)  veranlasst 
blasige,  goldgelb  gefärbte  Auftreibungen  auf  den  Blättern  der 
Schwarzpappel  (Fig.  59)  und  taschenartige  Auftreibungen  an  den 
Fruchtknoten  der  Populus  trernula  und  alba  (Fig.  60). 

Exoascus  Carpini  veranlasst  den  Hexenbesen  der  Hainbuche 
(Fig.  61). 

Exoascus  coerulescens  (Ascomyces  coerulescens)  erzeugt  auf 
Eichenblättern  blasige  Stellen. 

Exoascus  Ulmi  veranlasst  Auftreibungen  auf  der  Oberseite  der 
Ulmenblätter. 

§  16.    Unvollständig'  bekannte  Schlauchpilze. 

Die  Zahl  derjenigen  Pilzformen,  die  wir  noch  nicht  in  allen 
Entwicklungsformen  kennen,  ist  eine  ungemein  grosse.  Es  ist  uns 
insbesondere  eine  grosse  Zahl  von  Pilzen  bekannt,  deren  Gonidien, 
sei  es  auf  Fruchthyphen,  sei  es  in  geschlossenen  Organen  (Pycniden, 
Spermogonien),  wir  wohl  kennen,  von  denen  uns  aber  die  Schlauch- 
früchte  nicht  bekannt  sind,  so  dass  wir  sie  nicht  in  das  System 
einzureihen  vermögen. 

Einige  wichtigere  auf  Bäumen,  insbesondere  Waldbäumen  para- 
sitisch auftretende  Arten  sollen  hier  noch  aufgezählt  werden. 

Cercospora  acerina26).     Ahornkeimlingspilz. 

An  Ahornkeimlingen  sowohl  der  Saatbeete  als  auch  des  natür- 
lichen Anfluges  tritt  in  regnerischen  Jahren  hier  und  da  in  auf- 
fallendem Maasse  eine  Erkrankung  ein,  die  sich  durch  Schwarz- 
werden und  Verfaulen  der  Samenlappen  und  ersten  Laubblätter, 
sowie  der  Triebaxen,  bei  geringerer  Intensität  nur  durch  Schwarz- 
fleckigwerden  der  Blätter  zu  erkennen  giebt.  Schon  mit  unbe- 
waffnetem Auge  erkennt  man  oft  einen  grauen  Ueberzug  an  den 
kranken  Blättern. 

Bei  genauerer  Untersuchung  bemerkt  man  eine  üppige  Mycel- 
bildung  im  Gewebe  der  erkrankten  Theile,  von  der  aus  zahllose 
kurze  Gonidienträger   nach   aussen   hervorwachsen.     Diese  erzeugen 


26 


3)  R.  Hartig,  Untersuchungen  I,  S.  58. 


122  I.  Abschnitt, 

Büschel  von  langen,  geschweiften,  mehrzelligen  Gonidien.  Dieselben 
keimen  in  feuchter  Luft  schon  nach  wenigen  Stunden,  bohren  ihren 
Keimschlauch  direct  in  die  Oberhaut  der  Ahornblätter  und  bräunen 
dieselbe. 

Das  intercellular  wachsende  Mycel  schwillt  zu  kräftigen  mit 
Oeltropfen  versehenen  braunen  Dauermycelzellen  und  Zellcomplexen 
an,  welche  überwintern  und  die  Krankheit  aufs  nächste  Jahr  über- 
tragen. Der  Pilz  vermag  auch  saprophytisch  von  humosen  Sub- 
stanzen im  Erdboden  zu  leben. 

Pestalozzia  Hartigii27). 

Die  durch  diesen  Pilz  veranlasste  in  eanz  Deutschland  vielfach 
beobachtete  Krankheit  tritt  besonders  in  Fichten-  und  Tannensaat- 
und  -pflanzkämpen  auf  und  wurde  von  mir  schon  1883  in  der 
Allgem.  Forst-  und  Jagd-Zeitung  beschrieben,  damals  als  eine  Folge 
von  Glatteisbildung  und  dadurch  herbeigeführte  Quetschung  des 
Cambialmantels  angesehen.  Ich  stellte  damals  jene  Hypothese  auf, 
deren  Bestätigung,  wie  ich  ausdrücklich  hervorhob,  noch  zu  erfol- 
gen habe.  Nunmehr  hat  v.  Tubeuf  nachgewiesen,  dass  es  sich 
auch  hierbei  um  eine  parasitäre  Krankheit  handelt.  In  Fichten- 
und  Tannenkämpen  bemerkt  man  im  Sommer  eine  mehr  oder  weniger 
grosse  Anzahl  Pflanzen  zunächst  bleich  werden  und  dann  absterben. 
Zieht  man  die  Pflanzen  heraus,  so  sieht  man,  dass  an  dem  un- 
mittelbar über  dem  Erdboden  gelegenen  Theile  die  Kinde  vertrocknet 
ist,  weiter  oben  der  Stamm  dagegen  eine  Anschwellung  besitzt, 
welche  eine  natürliche  Folge  fortgesetzten  Wachsthums  ist  (Fig.  62). 

Mit  dem  Vertrocknen  oder  Absterben  des  Holzkörpers  an  der 
Stelle,  wo  die  Rinde  zunächst  abgestorben  war,  muss  die  Pflanze 
zu  Grunde  gehen.  An  der  Rinde  der  Einschnürungsstelle  findet 
man  das  Mycel  des  Pilzes  und  zahlreiche  Gonidienpolster,  welche 
theils  in  kuglichen  Pycniden,  theils  auf  flach  ausgebreitetem  Stroma 
im  Gewebe  der  Rinde  zur  Entwicklung  gelangen. 

Die  charakteristischen  Gonidien  (Fig.  63)  stehen  auf  kurzen 
oder  langen  Stielen,  sind  anfangs  hyalin,  schmal,  eiförmig  und 
einzellig,    später    durch    wiederholte    Quertheilung    vierzellig.      Die 


2r)  C.  v.  Tubeuf,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Baumkrankheiten.    Seite  40—51, 
Tafel  V.    Berlin.    Springer  1888. 


Tannenzweig,   durch  Phoma  abietina  inficir 
Auf  der  getödteten  Uinde  treten  zahlreicl 
schwarze  Knöllchen  hervor. 


Fig.  62. 
Junee  Fichte    durch   Pestalozzia   Hartiaii   dicht 


124 


I.  Abschnitt. 


beiden  mittleren  Zellen  sind  gross  und  dunkel  gefärbt,  die  kleine 
Stielzelle  und  die  Endzelle  sind  farblos.  Letztere  wächst  in  einen 
verästelten  Faden  aus,  der  aber  nicht  mit  einem  Keimschlauch  ver- 
wechselt werden  darf.  Nur  von  den  drei  unteren  Zellen  keimt  die 
eine  oder  andere,  am  häufigsten  die  untere  der  beiden  braunen 
Mittelzellen. 

Bei  der  allgemeinen  Verbreitung  dieser  Krankheit  und  der 
dadurch  herbeigeführten  Verluste  an  Pflanzenmaterial  erscheint  es 
rathsam,  in  den  Kämpen  sorgfältig  alle  kranken  und  todten  Pflanzen 
ausziehen  und  verbrennen  zu  lassen. 


Fig.  65. 

a  Eine  Pycnide  von 
Phoma  abietina,  welche 
die      Korkhaut      durch- 
brochen hat  2%.     b  G-o- 
nidien  42%. 

Fig.  63. 

Gonidienpolster  von  Pestalozzia 
Hartigii  (nach  v.  Tubeuf). 

Aehnliche  Krankheitserscheinungen  hat  man  auch  an  jungen 
Rothbuehen-,  Eschen-  und  Ahornpflanzen  beobachtet.  Es  wäre  mir 
erwünscht,  derartige  Pflanzen  zugesendet  zu  erhalten,  um  zu  prüfen, 
ob  und  welche  Parasiten  dabei  betheiligt  sind. 


Phoma  abietina  n.  sp.     Der  Tannenrindenpilz. 

Eine  Krankheit,  die  bisher  nicht  beschrieben  worden  ist,  aber 
im  Bayerischen  Walde  an  jungen  und  alten  Bäumen  ungemein 
häufig  auftritt,  wird  durch  einen  Parasiten  veranlasst,  welcher 
vorläufig  Phoma  abietina  benannt  werden  mag.  Die  Krankheit 
äussert  sich  durch  das  Bleichwerden  und  Vertrocknen  schwächerer 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  J25 

und  stärkerer  Tannenzweige,  ja  in  einzelnen  Fällen  beobachtete  ich 
auch  an  armesdicken  Tannen  Erkrankungen  der  Rinde  des  Stammes 
von  5  cm  Durchmesser.  In  der  Regel  tritt  die  Erkrankung  nur 
an  Zweigen  oder  den  Hauptaxen  jüngerer  Tannen  auf  und  äussert 
sich  im  Absterben  der  Rinde  rings  um  den  Zweig  herum,  wie 
Fig.  64  zeigt. 

Auf  der  abgestorbenen  Rinde  treten  zahlreiche  kleine,  die  Haut 
durchbrechende  schwarze  Pycniden  hervor,  die  entweder  klein  rund- 
lich, sind  oder  vielkammrig,  und  in  unregelmässiger  Gestalt  als 
schwarze  sclerotienartige  Knollen  hervortreten  (Fig.  65a).  In  den 
Höhlungen  dieser  Organe  entstehen  auf  der  die  Wände  bekleidenden 
Hymenialschicht  zahllose  kleine,  einzellige,  farblose  kurzspindel- 
förmige Gonidien,  welche  im  Wasser  alsbald  auskeimen  (Fig.  65  b). 

Trotzdem  ich  seit  dem  Jahre  1885  die  Krankheit  alljährlich 
beobachtet  und  nach  dem  Auftreten  von  Schlauchfrüchten  gesucht 
habe,  konnte  ich  bisher  solche  nicht  finden.  Bemerkt  soll  nur 
werden,  dass  fast  immer  bei  meinen  Culturen  an  den  Tannen- 
zweigen die  Schüsselfrüchte  der  Peziza  calycina  in  üppiger  Ent- 
wicklung zu  beiden  Seiten  der  erkrankten  Stelle  aus  der  Rinde 
hervorbrachen.  Diese  Thatsache  genügt  aber  noch  nicht  den  Zu- 
sammenhang beider  Pilzformen  zu  beweisen.  Versuche,  die  eine 
Form  aus  der  anderen  durch  Cultur  zu  gewinnen,  schlugen  bisher  fehl. 

Die  Pycniden  streuen  die  Gonidien  wahrscheinlich  besonders 
bei  Regenwetter  im  Sommer  und  Herbste  aus. 

Es  scheint  nicht  nothwendig  zu  sein,  dass  dem  Eindringen 
der  Parasiten  eine  mechanische  Verletzung  der  Rinde  vorangeht, 
wenigstens  konnte  ich  nie  eine  solche  bemerken.  An  alten  Bäumen 
ist  oft  ein  grosser  Theil  der  Zweige  und  Aeste  braun,  was  mir  im 
Bayerischen  Walde  bei  meiner  ersten  Bereisung  sofort  auffiel.  Auch 
im  Schwarzwalde  und  an  einigen  Orten  der  bayerischen  Alpen  tritt 
die  Krankheit  auf.  An  stärkeren  Aesten  kann  nach  dem  Absterben 
der  Rinde  die  Ernährung  durch  den  Holzkörper  noch  einige  Jahre 
fortgesetzt  werden,  so  dass  das  Dickenwachsthum  oberhalb  der  ab- 
gestorbenen Stelle  in  auffälliger  Weise  sich  fortsetzt  und  zu  einem 
Absprengen  der  Rinde  an  der  Grenze  des  lebenden  und  abgestor- 
benen Theiles  führt.  Mit  dem  Absterben  und  Vertrocknen  des 
Holzkörpers  unter  der  todten  Rinde  hört  die  Wasserzuleitung  auf,, 
und  der  Ast  stirbt  oberhalb  der  kranken  Stelle  ab. 


126  !•  Abschnitt. 

Ist  die  Riude  nur  an  einer  Seite  des  Astes  vom  Pilz  getödtet, 
so  wird  sie  abgestossen  und  tritt  eine  Ueberwallung  vom  gesunden 
Rande  aus  ein. 

Gloeosporium  nervis  equium28).     Der  Platanenpilz. 

Die  Platanen  leiden  sehr  häufig  an  einer  Krankheit,  die  sich 
in  einem  Braunileckigwerden  und  Absterben  der  Blätter  äussert. 
Yon  Mitte  Mai  an  sieht  man  an  beliebigen  Stellen  das  Absterben 
beginnen  und  sich  längs  der  Blattnerven  fortsetzen.  Auf  den  ab- 
gestorbenen Stellen  sieht  man  dann  kleine  schwarze  Punkte  hervor- 
treten,  die  Gonidienpolster  des  Gloeosporium  nervisequium. 

Leider  wissen  wir  über  die  Entwicklung  dieses  Pilzes  noch 
sehr  wenig,    da  selbst  Infections versuche  noch  nicht  geglückt  sind. 

Der  Schwarzkiefernpilz29). 

Durch  ganz  Deutschland  und  im  Süden  Norwegens  ist  seit 
einer  Reihe  von  Jahren  eine  Erkrankung  der  Schwarzkiefer  beob- 
achtet und  hat  immer  mehr  um  sich  gegriffen,  die  noch  nicht  ein- 
gehend untersucht  und  bearbeitet  worden  ist.  Schon  vor  einer 
Reihe  von  Jahren  wurden  mir  erkrankte  Zweige  durch  Dr.  C.  v.  Fisch- 
bach zugesandt,  und  im  Freisinger  Forstamt  bei  München  bot  sich 
Gelegenheit  zur  Beobachtung  der  Krankheit,  doch  fand  die  Unter- 
suchung noch  keinen  befriedigenden  Abschluss.  Nachdem  insbe- 
sondere die  Beschreibung  der  Krankheit  von  Dr.  Brunchorst  vor- 
liegt, sei  diese  Krankheit  hier  erwähnt.  Im  kräftigsten  Wüchse 
stehende  Schwarzkiefern  zeigen  ein  Erbleichen  der  Nadeln  der 
letztjährigen  Triebe,  deren  Knospen  nicht  mehr  austreiben,  sondern 
abgestorben  sind.  Die  Erkrankung  geht  vom  Gewebe  der  Triebe 
aus  und  zwar  zunächst  vom  Rindengewebe.  Hier  erfolgt  die  In- 
fection,  wie  es  mir  scheint,  sehr  oft  unter  der  Assistenz  einer 
kleinen  Pflanzenmilbe,  welche  sich  durch  die  Oberhaut  der  Triebe 
auf  1 — 2  mm  tief  in  das  Rindengewebe  einbohrt,  doch  mag  auch 
von  dem  zarthäutigen  Nadelgrunde  aus  die  Infection  leicht  erfolgen. 
Am  Grunde  der  absterbenden  Nadeln   sowie  auf  den  nach  dem  Ab- 

2S)  Dr.  Fr.  v.  Tayel,  Botanische  Zeitung  1886  Xo.  49. 

29)  Dr.  C.  v.  Fischbach,  Eine  neue  Krankheit  der  Schwarzkiefer.  Zentralbl. 
f.  d.  ges.  Forstwesen  1SS7  S.  435. 

Dr.  Brunchorst,  Ueber  eine  neue,  verheerende  Krankheit  der  Schwarzföhre. 
Bergen  1888. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  127 

fall  des  Nadelbüscheltriebes  entstehenden  Wunden  entwickeln  sich 
schwarze  Pycniden  mit  Fusidium  ähnlichen  Gonidien. 

Perithecien  wurden  auch  von  Dr.  Brunchorst  noch  nicht  beob- 
achtet und  glückte  demselben  auch  die  Infection  bisher  nicht,  In  vielen 
Fällen  wurde  nicht  nur  das  Absterben  einzelner  Kiefern,  sondern, 
zumal  in  Norwegen,  die  Verwüstungen  grosser  Bestände  beobachtet. 

Sobald  in-  Schwarzkiefernj imgorten  diese  Erkrankung  auftritt, 
dürfte  ein  sofortiges  Ausschneiden  und  Verbrennen  aller  kranken 
Triebe  dringend  anzurathen  sein. 

Basidiomycetes. 
Die  Basidiomyceten    bilden   die   dritte  Gruppe    der  Pilze.     Bei 
ihnen  entstehen  alle  Sporen  durch  Abschnürung. 

§  17.    Uredineae.    Rostpilze. 

Die  Rostpilze  gehören  zu  den  ächten  Parasiten,  die  ihr  Myce- 
lium  im  Blatt-  und  Rindengewebe,  seltener  auch  im  Holzkörper 
(Coleosporium  Senecionis)  phanerogamer  Pflanzen  meist  intercellular 
entwickeln  und  ihre  Nahrung  durch  Haustorien  aus  dem  Innern 
der  Zellen  entnehmen.  Ihr  Entwicklungsgang  zeichnet  sich  dadurch 
aus,  dass  bei  den  meisten  Arten  Sporenfrüchte  von  meist  becher- 
förmiger Gestalt,  die  Aecidien,  gebildet  werden.  Der  Grund  der- 
selben ist  mit  einer  Hymenialschicht  ausgekleidet,  welche  aus  zahl- 
reichen meist  keulenförmigen  Basidien  besteht,  von  denen  jede  an 
ihrer  Spitze  eine  Reihe  meist  röthlichgelb  gefärbter  Sporen  ab- 
schnürt. Diese  sind  unter  einander  durch  sogenannte  Zwischen- 
zellen verbunden,  welche  vor  der  völligen  Ausbildung  der  Sporen 
sich  auflösen.  Die  in  der  Peripherie  des  Hymeniums  stehenden 
Basidien  bilden  keine  Sporen,  sondern  die  untereinander  verwach- 
senen Zellen  der  Hülle,  Peridie  genannt,  die  sich  an  der  Spitze 
oder  durch  Längsspalten  öffnet,  aber  auch  ganz  fehlen  kann. 

Vor  Ausbildung  der  Aecidien  pflegen  Spermogonien  mit  Sper- 
matien  zu  entstehen,  welche  letztere  wahrscheinlich  die  Rolle  männ- 
licher Sexualzellen  spielen.  Es  ist  wahrscheinlich,  dass  das  Aecidium 
das  Ergebniss  eines  vorausgegangenen  Sexualactes,  also  eine  ächte 
Sporenfrucht  ist,  wie  das  Perithecium  und  Apothecium  der  Asco- 
myceten.  Uebrigens  giebt  es  auch  Rostpilze,  denen  das  Aecidium 
ganz  fehlt  (Chrysomyxa  Abietis). 


128  I-  Abschnitt, 

Ausser  den  Aecidien  bildet  sich  fast  immer  eine  Form  von 
Gonidien  aus,  welche  die  Pilzart  von  einem  Jahr  auf  das  andere 
zu  verpflanzen  bestimmt  und  desshalb  von  grosser  Keimfähigkeits- 
dauer ist.  Dieselben  werden  Dauersporen  oder  Teleutosporen  ge- 
nannt und  keimen  nicht  direct  zu  einem  Mycelfaden  aus,  sondern 
bilden  zunächst  ein  Promycelium,  an  dem  sich  mehrere  kleine 
Zellen,  Sporidien  genannt,  entwickeln,  die  erst  im  Stande  sind,  die 
Krankheit  durch  Infection  neuer  Wirthspflanzen  hervorzurufen.  Die 
Teleutosporen  sind  hierzu  nicht  befähigt,  weil  sie  mit  der  Substanz 
ihrer  Nährpflanzen  so  innig  verwachsen  zu  sein  pflegen,  dass  eine 
Verbreitung  derselben  durch  die  Luft  fast  ausgeschlossen  sein  würde. 
Das  aus  den  Sporidien  sich  entwickelnde  Mycel  erzeugt  wieder 
Spermogonien  und  (nach  vorgängiger  Befruchtung)  Sporenfrüchte, 
Aecidien.  So  stellt  sich  also  ein  Generationswechsel  zwischen 
Aecidien-  und  Teleutosporenform  her,  der  aber  bei  vielen  Rostpilzen 
noch  dadurch  complicirt  wird,  dass  aus  den  keimenden  Aecidien- 
sporen  nicht  direct  eine  Teleutosporenform  hervorgeht,  sondern  oft 
zahllose  Generationen  von  Gonidien  anderer  Art,  die  Ureclosporen, 
entstehen.  Diese  keimen  alsbald,  ohne  Promycelbildung,  erzeugen 
wieder  die  Ureclosporen  tragende  Form  und  dienen  während  des 
Sommers  der  schnellen  Ausbreitung  des  Pilzes,  bis  dann  meist  im 
Herbste  aus  dem  Mycel  die  Teleutosporen  hervorgehen.  Der  Ent- 
wicklungsgang mancher  Rostpilze  wird  dadurch  interessant,  dass 
sowohl  die  Uredoform,  als  auch  die  Aecidienform  einen  fakultativen 
Charakter  besitzen  kann,  d.  h.,  dass  diese  Formen  sich  nur  unter  ge- 
wissen günstigen  Bedingungen  entwickeln,  beim  Fehlen  derselben  aber 
ganz  ausbleiben,  ohne  dadurch  die  Existenz  des  Parasiten  zu  gefährden. 

Die  Aecidien  bildende  und  diejenige  Generation,  welche  Te- 
leutosporen erzeugt,  finden  sich  nun  entweder  auf  derselben  Wirths- 
pflanze  (autöcische  Parasiten),  oder  es  tritt  mit  dem  Wechsel  der 
Generation  auch  ein  Wechsel  der  Nährpflanzenart  ein  (heteröcische 
Parasiten),  und  die  Auffindung  der  zusammengehörigen  Rostpilz- 
formen einer  und  derselben  Pilzart  bei  den  heteröcischen  Rost- 
pilzen bietet  naturgemäss  grosse  Schwierigkeiten  dar,  wesshalb  es 
leicht  erklärlich  ist,  dass  wrir  zur  Zeit  von  manchen  Teleutosporen- 
fornien  noch  nicht  die  zugehörigen  Aecidien  kennen  und  anderer- 
seits von  manchen  Aecidienformen  noch  nicht  wissen,  zu  welchen 
Teleutosporenformen  sie  gehören. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  129 

Wie  bei  den  Ascomyceten  werden  wir  desshalb  genöthigt  sein, 
zum  Schluss  eine  Anzahl  unvollständig  bekannter  Rostpilze  aufzu- 
führen, denen  wir  dann  je  nach  der  Entwicklungsform  den  provi- 
sorischen Namen  Aecidium,   Caeoma,  Uredo  geben. 

Die  Rostpilze  zerfallen  in  mehrere  Familien,  von  denen  uns 
hier  nur  die  Puccinieen  und  Melampsoreen  interessiren.  Erstere 
sind  dadurch  charakterisirt,  dass  die  Teleutosporen  einzeln  oder  zu 
mehreren  auf  einem  Stiele  stehen,  während  bei  den  letzteren  die 
Teleutosporen  in  grösserer  Anzahl  zu  einem  festen  Lager  pallisaden- 
artig  untereinander  verbunden  sind. 

Pucciniae. 

Die  artenreiche  Gattung  Puccinia  ist  dadurch  charakterisirt, 
dass  die  Teleutosporen  zweizeilig  sind  und  mit  ihren  Basidien  ver- 
bunden bleiben,  die  gleichsam  den  Stiel  darstellen.  Sie  erscheinen 
als  kleine  braune  oder  schwarzbraune  Häufchen  von  rundlicher  oder 
länglicher  Gestalt. 

Puccinia  graminis  ist  die  häufigste  Art  des  Getreide- 
rostes, welche  nicht  nur  an  unseren  Getreidesorten,  sondern  auch 
an  vielen  Wiesengräsern  überall  verbreitet  auftritt.  Die  strichför- 
migen  Teleutosporenhäufchen  überwintern  auf  den  gewöhnlichen 
Gräsern,  bleiben  aber  auch  auf  den  Stoppelfeldern  zurück,  wenn 
sie  an  den  unteren  Halmtheilen  der  Getreidepflanzen  zur  Ent- 
wicklung gelangten.  Wenn  die  im  Frühjahr  an  den  Promycelien 
entstehenden  Sporidien  auf  junge  Blätter  des  Sauerdorns,  Berberis 
vulgaris,  gelangen,  so  veranlassen  sie  die  Entstehung  des  Berbe- 
ritzenpilzes Aecidium  Berberidis.  Die  Aecidienform,  deren 
Sporen  wiederum  auf  Getreide  und  anderen  Grasarten  keimen  und 
den  Getreiderost,  Uredo  linearis,  hervorbringen,  unterscheiden 
sich  von  den  später  auftretenden  schwarzen  Teleutosporenhäufchen 
der  Puccinia  graminis  durch  die  rothbraune  Färbung. 

Durch  Ausrottung  des  Sauerdorns  ist  dem  verderblichen  Ge- 
treiderost am  wirkungsvollsten  entgegenzutreten,  doch  darf  diese 
Maassregel  nicht  auf  engere  Gebiete  beschränkt  bleiben,  da  durch 
den  Wind  eine  Verbreitung  der  Berberitzenpilzsporen  leicht  erfolgen 
kann. 

Puccinia  striaeformis  (straminis)  erzeugt  einen  der  vorigen 
Krankheit    sehr    ähnlichen    Getreiderost    auf  Roggen,    Weizen    und 

H  artig,   BaumkrankheiteD,  2.  Aufl.  9 


J30  !•  Abschnitt. 

Gerste,  verschieden  durch  die  kleineren,  weniger  lang  gestreckten 
Häufchen  und  dadurch,  dass  die  sehr  kurz  gestielten,  keulen- 
förmigen Teleutosporen  von  der  Epidermis  bedeckt  bleiben.  Das 
Aecidium  ist  Aecidium  asperifolii,  das  auf  den  Blättern  von 
Anchusa  officinalis,  Borago,  Echium  u.  s.  w.  sich  entwickelt. 

Puccinia  coronata  erzeugt  einen  Getreiderost,  zumal  auf 
Hafer,  dessen  Teleutosporen  an  dem  Scheitel  gleichsam  mit  einer 
Krone  von  zackigen  Verdickungen  der  Sporenmembran  besetzt  sind. 
Das  Aecidium  ist  allgemein  bekannt  durch  die  eigenartigen  hoch 
goldgelben  Anschwellungen  der  Blätter,  Blüthen  und  Stengel  von 
Rhamnus  cathartica  und  Frangula,  auf  denen  es  sich  entwickelt;  es 
ist  das  Aecidium   Rhamni. 

Aus  der  grossen  Zahl  der  Pucciniaarten  sei  hier  nur  noch  die 
Puccinia  Asparagi  hervorgehoben,  die  ihren  Entwicklungsgang 
auf  der  Spargelpflanze  allein  vollendet.  Der  Spargelrost,  der 
grosse  Verheerungen  auf  Spargelfeldern  anzurichten  vermag,  wird 
am  besten  durch  Verbrennen  des  Spargelstrohes  im  Herbste  und 
durch  rechtzeitiges  Ausschneiden  der  ersten  erkrankenden  Zweige 
bekämpft. 

Phragmidium. 

Die  Arten  dieser  Gattung  sind  durch  gestielte  vielzellige  Te- 
leutosporen von  den  Pucciniaarten  unterschieden.  Den  Teleutosporen- 
haufen,  die  auf  der  Unterseite  der  Blätter  entstehen,  gehen  Uredo- 
sporen  voraus,  deren  orangerothes  Pulver  oft  in  grosser  Menge 
die  Unterseite  der  Blätter  bedeckt.  Ihr  Entwicklungsgang  ist  noch 
nicht  genügend  studirt. 

Phragmidium  incrassatum.  Der  Rost  der  Brombeer- 
sträucher auf  Rubus  fruticosus  und  caesius  veranlasst  die  Entstehung 
rother  Flecken  und  frühzeitiges  Absterben  der  Blätter. 

Phragmidium  Rubi  Idaei  erzeugt  ähnliche  Erkrankungen 
auf  den  Blättern  des  Rubus  Idaeus. 

Phragmidium  subcorticium  erzeugt  den  Rost  der  Rosen. 

Gymnosporangium1). 
Die    bekannten  Arten    dieser  Gattung    perenniren    im  Rinden- 
gewebe verschiedener  Juniperusarten,  veranlassen  einelocale  Zuwachs- 


x)  Oersted,  Botan.  Zeitung  1865  S.  291  u.  a  a.  0. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  J3J 

Steigerung,  die  sich  in  eigenthümlichen  Anschwellungen  der  be- 
fallenen Aeste  oder  Stanirotheile  äussert  und  entwickeln  alljährlich 
ihre  Teleutosporen  im  Herbste  unter  den  äusseren  Rindenschichten, 
die  dann  im  Frühjahr  und  Vorsommer  als  kegelförmige  oder  wurst- 
förmige,  gelbe  oder  braune  gallertartige  oder  knorplige  Fruchtkörper 
in  grosser  Anzahl  aus  der  Rinde  hervorbrechen.  Diese  Fruchtkörper 
bestehen  aus  den  sehr  langen,  fadenförmigen  Basidien,  deren  Aussen- 
wand  zu  Gallerte  umgewandelt  ist,  und  den  von  ihnen  an  der  Spitze 
getragenen  zweizeiligen  Dauersporen.  Die  Bildung  der  Promycelien 
und  Sporidien  geht  schon  in  der  Gallertmasse  vor  sich,  die  schliess- 
lich durch  Regenwasser  vollständig  aufgelöst  wird.  Die  Sporidien 
gelangen  auf  die  Blätter  verschiedener  Kernobstgehölze  und  erzeugen 
auf  diesen  die  Aecidienform  der  Gattung  Roestelia. 

Wünschenswerth  erscheint  mir  eine  weitere  Prüfung  der  bisher 
bekannten  und  beschriebenen  Formen,  da  die  einzigen  controliren- 
den  Versuche,  die  ich  anstellte,  sofort  zu  Resultaten  geführt  haben, 
die  mit  dem  in  der  Wissenschaft  Angenommenen  nicht  überein- 
stimmen. Ich  lasse  zunächst  eine  kurze  Beschreibung  der  drei  an- 
genommenen Species  folgen,  ohne  jedoch  für  die  Richtigkeit  dieser 
Angaben   auf  Grund   eigener  Untersuchungen   einstehen  zu  können. 

Gymnosporangium  conicum  (juniperinum). 

Teleutosporenfruchtlager  auf  Juniperus  communis,  halb- 
kuglig  oder  kegelförmig,  später  zu  sehr  grossen,  verschieden  gestal- 
teten (kugligen,  birn-,  eiförmigen  etc.)  Körpern  aufquellend,  gold- 
gelb; Sporen  spindelförmig,  die  einen  braun,  mit  dickem  Endospor, 
durchschnittlich  75  Mikrom.  lang,  27  Mikrom.  breit,  die  anderen 
gelb,  mit  dünnerem  Endospor,  ca.  66  Mikrom.  lang  und  17  Mikrom. 
breit.  Die  Aecidienform  ist  als  Roestelia  cornuta  auf  Sorbus 
Aucuparia,  torminalis,  Aronia  und  anderen  Pomaceen  beob- 
achtet. Dieselben  stehen  auf  orangegelben  oder  rothen,  ange- 
schwollenen Flecken  in  verschiedener  Zahl  zu  rundlichen  oder  läng- 
lichen Gruppen  vereinigt.  Die  Peridie  ist  von  der  Gestalt  einer 
sehr  langhalsigen  Flasche,  gelblich  oder  gelbbraun,  hornartig  ge- 
krümmt, bis  8  mm  lang,  am  Scheitel  offen,  gezähnelt,  seitlich  nicht 
oder  erst  spät  wenig  und  regellos  zerschlitzt. 


9* 


"L32  I..  Abschnitt. 

Gymnosporangium  clavariaeforme. 
Teleutosporenfruchtlager  auf  Juniperus  communis,  cylin- 
clrisch  zungen-  oder  bandförmig,  oft  gabiig  getheilt,  gekrümmt  und 
gebogen,  mehr  knorplig,  gelb,  bis  12  mm  lang.  Sporen  spindel- 
förmig, in  der  Mitte  eingeschnürt,  hellgelbbraun,  70 — 120  Mikrom. 
lang,  14 — 20  Mikrom.  dick.  DasAecidium,  Roestelia  lacerata,  kommt 
auf  Crataegusarten  vor,  zahlreich  in  kleineren  oder  grösseren 
Gruppen  auf  orangegelben,  angeschwollenen  Flecken,  oft  auch  weite 
Strecken  (besonders  die  Früchte)  überziehend,  meist  von  Verkrüm- 
mungen und  sonstigen  Verunstaltungen  begleitet.  Peridien  in  der 
Jugend  flaschenförmig,  später  cylindrisch-becherförmig,  schmutzig 
weisslich,  bis  zu  verschiedener  Tiefe  längsgespalten  in  zahlreiche 
aufrechte  oder  etwas  auswärts  geneigte  Lappen. 

Gymnosporangium  Sabinae  (syn.  fuscum). 
Teleutosporenlager  auf  Juniperus  Sabina,  virginiana,  phoe- 
nicea,  Oxycedrus  und  Pinus  halepensis,  frisch  stumpf  kegelförmig 
oder  cylindrisch,  oft  seitlich  etwas  zusammengedrückt  und  nach 
oben  schwach  verbreitert,  mitunter  kammartig  getheilt,  rothbraun 
8  — 10  mm  lang.  Sporen  breit  elliptisch,  in  der  Mitte  nicht  oder 
kaum  merklich  eingeschnürt,  kastanienbraun,  38 — 50  Mikrom.  lang, 
23 — 26  Mikrom.  dick.  Die  Aecidien,  bekannt  als  Roestelia  can- 
cellata,  bilden  sich  auf  Pirus  communis,  Michauxii,  tomentosa. 
Auf  orangegelben,  rundlichen  oder  unregelmässigen,  polsterförmig 
angeschwollenen  Flecken  zu  mehreren  beisammenstehend,  von  der 
Form  sehr  kurzhalsiger  Flaschen  ca.  2 — 2^2  mm  hoch.  Pseudoperidie 
gelblichweiss,  am  Scheitel  geschlossen,  seitlich  von  zahlreichen 
Längsspalten  durchsetzt,  die  bis  zur  Blattfläche  sich  erstrecken. 
Die  so  entstehenden  Längsspalten  sind  durch  kurze  Querstäbchen 
verbunden,  wodurch  die  ganze  Peridie  gitterförmig  erscheint.  Ich 
bemerke  hierzu,  dass  ich  den  Birnenrost  wiederholt  in  massenhafter 
Verbreitung  beobachtet  habe,  wo  von  den  vorhin  angeführten  Wirths- 
pflanzen  der  Teleutosporenform  in  weitem  Umkreise  kein  Exemplar 
zu  finden  war. 

Gymnosporangium  tremelloides. 

Zu  den  drei  vorstehend  aufgeführten  Arten  tritt  eine  vierte 
hinzu,  deren  Aecidium  ungemein  häufig  in  den  bayerischen  Alpen 
auf    Sorbus    Aria    und    Chamaemespilus    anzutreffen    ist    und 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


133 


bereits  als  eigene  Form  Aecidium  penicillatuin  beschrieben  wor- 
den ist  (Fig.  68). 

In  gleicher  Häufigkeit  trifft  man  auf  Juniperus  communis 
daselbst  eine  Teleutosporenform  an,  die  mit  keiner  der  vorgenannten 
Arten    übereinstimmt,    deren  Zusammenhang   mit  der  Aecidienform 


Fig.  66. 

Gymnosp.  tremelloides  auf 
Juniperus  communis,  aa  Te- 
leutosporenfruchtlager.  b  b 
Narben  derselben  nach  dem 
Abfall  der  Gallertmassen. 


Fig.  67. 

Teleutosporen  von  Gym- 
nosp. tremelloides.  a  Prä- 
sidien, b  Ausgekeimte 
Spore,  c  Noch  unge- 
keimte  Spore  mit  Ein- 
schnürung, d  Desgl.  mit 
getrennten  Zellen,  e  Aus- 
gekeimte Teleutospore 
mit  Promycelium  und 
Sporidie.  /Teleutospore 
vom  Stiel  aus  gesehen 
mit  drei  Keimsporen,  von 
denen  die  mit  Keim- 
schlauch durch  ein  Ver- 
sehen geschlossen  dar- 
gestellt ist. 


Fig.  68. 

Aecidien  des  Gym- 
nosp. tremelloides  auf 
Blatt  von  SorbusAria. 


auf  Sorbus  Aria    durch  Infectionsversuche   im  Garten    des   hiesigen 
forstbotanischen  Instituts  erwiesen  ist. 

Die  Teleutosporenfruchtlager  erschienen  auf  Juniperus  com- 
munis im  Mai  als  halbkuglige,  dem  Nostoc  communes  ähnliche,  auf- 
quellende, gallertartige  Massen  von  dunkel  orangegelber  bis  gelb- 
brauner Farbe  (Fig.  66 aa).  Sie  fallen  bei  Erschütterung  der  Zweige 
leicht    ab    und    erscheinen    dann   die    oft    1  cm   grossen  hellgelben, 


134  .1.  Abschnitt. 

glatten  Narben  (Fig.  66  bb).  Die  Sporen  sind  alle  ziemlich  gleich 
gross,  nämlich  etwa  40  bis  45  Mikrom.  lang  und  20  —  25  Mikrom. 
breit;  theilweise  sind  die  beiden  kurzen,  stumpf  kegelförmigen 
Zellen,  deren  Höhe  etwa  gleich  dem  grössten  Durchmesser  ist,  mit 
ihrer  ganzen  Basis  untereinander  verwachsen,  die  Wandungen  etwas 
dunkel  rauchgrau  gefärbt,  theils  sind  sie  mehr  oder  weniger  durch 
Einschnürung  von  einander  getrennt,  ja  recht  oft  zerfallen  die 
beiden  Theile  einer  Teleutospore  vollständig.  Die  meisten  Zellen 
besitzen  drei  Keimsporen,  die  nahe  der  Querwand  stehend  mit 
denen  der  zweiten  Zelle  oft  alterniren  (Fig.  67). 

Die  Aecidien  erscheinen  auf  Sorbus  Aria,  Chamaemes- 
pilus,  Pirus  Malus,  (Sorbus  torminalis?). 

Die  Polster,  auf  denen  die  Aecidien  oft  kreisförmig  angeordnet 
hervorkommen,  sind  sehr  dick  und  üppig  entwickelt.  Die  Pseudo- 
peridien  etwas  becherförmig,  bis  zur  Basis  in  eine  grosse  Zahl 
etwas  nach  aussen  gebogener  Fäden  von  1  mm  Länge  zerspalten. 
Die  Aecidienöffnung  deutlich  und  durch  die  dunklen  Sporen  schwarz 
gefärbt.  Diese  Art  kommt  nach  einer  Zusendung  des  Herrn  Nawaschin 
in  Moskau  auch  in  Russland  vor  und  zwar  entwickelt  sich  dort  die 
Teleutosporenform  nicht  bloss  in  der  Rinde,  sondern  auch  auf  den 
Nadeln  des  Juniperus  communis  in  länglichen,  etwa  die  Hälfte  der 
Nadel  erreichenden  Polstern.  Die  Aecidien  treten  dort  auf  den 
Blättern  der  Apfelbäume  auf. 

Melampsora  (Calyptospora)  Goeppertiana2). 

Der  Preisselbeerpilz  und  dessen  Aecidienform,  der  Weiss- 
tannensäulenrost,  Aecidium  columnare,  sind  überall  da  zu  Hause, 
wo  sich  Weisstannen  befinden,  ja  die  erstere  Form  kommt  auch 
in  Gebieten  vor,  denen  die  Tanne  fehlt,  so  dass  schon  hierin  ein 
Beweis  dafür  liegt,  dass  die  Aecidienform  nur  einen  facultativen 
Charakter  besitzt. 

Die  von  den  Parasiten  befallenen  Exemplare  des  Vaccinium 
Vitis  Idaea  zeichnen  sich  sofort  durch  Wuchsform  und  Habitus 
von  den  gesunden  Pflanzen  aus. 

Während  letztere  nur  wenig  vom  Boden  sich  erheben,  wachsen 
die  vom  Pilz  besetzten  Exemplare  gerade  empor,    zeigen  ein  unge- 

2)  Hartig,  Lehrbuch  1.  Auflage.  Seite  56 ff.,  Tafel  II. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


135 


mein    kräftiges  Längenwachsthurn,    entwickeln    auch    wohl  in  dem- 
selben  Jahre   noch    zweite  Triebe.     Einzeln    oder   horstweise   ragen 
die    erkrankten   Pflanzen    über    den   ge- 
sunden  Bestand    empor,    bis   zu   0,3  m 
Höhe  erreichend.     Sie  zeigen  dabei  ein 
auffallendes  Aussehen,   indem  der  grös- 
sere  Theil    des   Stengels    zu   Federspul- 
dicke   angeschwollen    ist    und    nur   der 
oberste    Theil    eines   jeden   Triebes    die 
normale   Stengeldicke    behält   (Fig.  69). 
Der  verdickte,   schwammige  Stengeltheil 
hat   anfänglich   eine   weisse    oder   schön 
rosarothe  Farbe,    die   aber   bald  in  eine 
braune,  später  schwarzbraune  Farbe  sich 
verändert.     Die   untersten  Blätter  jedes 
Triebes  verkümmern,  die  oberen  kommen 
zur  normalen  Entwicklung.    Inficirt  man 
eine  gesunde  Preisselbeerpflanze  mit  den 
gleich    zu    erwähnenden   Aecidiensporen 
des   Tannensäulenrostes,    so   bleibt    der 
Stengel    im    ersten    Jahre    unverändert, 
obgleich    sich    das    Mycel    im    Rinden- 
gewebe   verbreitet.     Im   nächsten  Jahre 
werden    aber   die   neuen   Triebe   in    der 
vorbeschriebenen  Form  beeinflusst.    Das 
Pilzmycel   wächst   in   die  neuen  Triebe, 
veranlasst    durch    Fermentausscheidung 
eine  Vergrösserung    aller    Rindenzellen, 
kann    diese    Einwirkung    aber    nur    so 
lange  ausüben,  als  die  Zellen  der  neuen 
Triebe    noch    jung    sind.      Da   nun    das 
Mycel     langsam     im     Triebe     aufwärts 
wächst,   erreicht  es  die  Spitze  desselben 
erst  zu  einer  Zeit,  in  welcher  die  Zellen 
der  Rinde  schon  völlig  ausgebildet  sind 
und    vermag    sie    nicht    mehr  zur  Ver- 
grösserung anzuregen. 

Das    Mycel    wächst    aber    bis    zur 


Fig.  69. 

Eine  Pflanze  von  Vacciuiuin 
Vitis  Idaea,  durch  Melampsora 
Goeppertiana  inficirt.  a  Der 
inficirte  Stengel  mit  Mycel. 
b  Die  neuen  Triebe  im  Jahre 
nach  der  Infection  werden  unter 
dem  Einflüsse  des  Mycels  dicker 
und  nur  die  Spitze  wird  nicht 
deformirt.  c  Jüngster  Trieb. 
d  Abgestorbener  Trieb. 


136 


I.  Abschnitt. 


obersten  Knospe  empor  und  kann  schon  in  demselben  Jahre  deren 
Austreiben  veranlassen.  Das  intercellular  perennirende  Mycel  ent- 
nimmt durch  Haustorien  die  Nahrung  aus  den  Parenchymzellen 
(Fig.  70),  wächst  sodann  gegen  die  Oberhaut  hin,  unter  den  Epi- 
dermiszellen  keulenförmig  sich  verdickend  (Fig.  70  aa). 

Auch  in  die  Epidermiszellen 
sendet  es  Saugwarzen  b,  die  sich 
durch  ihre  Gestalt  sofort  unter- 
scheiden von  den  in  die  Epidermis- 
zellen hineinwachsenden  jungen  Spo- 
renmutterzellen  cc. 


al» 


Fig.  70. 

Rindenparenchym  und  Epidermiszellen  aus  dem 
Stengel  von  Vaccinium  Vitis  Idaea.  Das  Mycel 
ist  intercellular  und  legt  kurze,  an  der  Spitze 
anschwellende  Aeste  an  die  Aussenwand  der 
Zellen,  die  durch  einen  feinen  Fortsatz  durch- 
bohrt wird,  worauf  sich  im  Innern  der  Zelle 
eine  sackartige  Saugwarze  entwickelt.  Unter  den 
Oberhautzellen  erweitern  sich  dieHyphen  keulen- 
förmig a  a.  Saugwarzen  b  und  Teleutosporen- 
mutterzellen  cc  entwickeln  sich  in  den  Epidermis- 
zellen.   42%. 


Fig.  71. 

Oberhaut  und  Rinde  des  Preisselbeer- 
stengels  mit  reifen  und  keimenden 
Dauersporen  der  Melampsora  Goep- 
pertiana.  a  Die  in  4  Dauersporen 
getheilten  Mutterzellen  stehen  meist 
zu  6  in  einer  Epidermiszelle.  b  Pro- 
mycelium  einer  keimenden  Dauerspore, 
an  dem  nach  Entstehung  von  drei 
Querwänden  meist  4  Sporidien  auf 
kleinen  Sterigmen  sich  entwickeln,  c. 
Vergr:  42%. 


In  jeder  Epidermiszelle  wachsen  etwa  4  bis  8,  meist  6  solcher 
Mutterzellen,  welche  sich  vergrössernd  den  ganzen  Innenraum  ein- 
nehmen, sich  dann  in  je  4  Teleutosporen  theilen,  die  pallisaden- 
förmig    nebeneinander    stehen  (Fig.  71  a).      Im    Mai    des    nächsten 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


137 


Jahres  bei  feuchter  Witterung  keimt  jede  Teleutospore  zu  einem 
Promycel  aus  b,  an  dem  auf  kurzen  Sterigmen  die  Sporidien  sich 
entwickeln  (Fig.  71  c).  Gelangen  diese  auf  die  jungen  Nadeln  der 
Weisstanne,  so  dringt  ihr  Keimschlauch  ein  und  aus  dem  Mycel 
entstehen  nach  4  Wochen  auf  der  Unterseite  der  Nadeln  je 
zwei  Reihen  von  Aecidien,  die  durch  eine  sehr  lange  Peridie  aus- 
gezeichnet sind  (Fig.  72).  Die  Peridien  platzen  an  der  Spitze  in  ver- 
schiedener Weise  auf  und  entlassen  die  Sporen  (Fig.  73).  Diese 
sind  dadurch  ausgezeichnet,  dass  die  Zwischenzellen,   welche  die  ein- 


Fig.  72. 

a  Weisstannenzweig,  dessen 
Nadeln  auf  der  Unterseite  zwei 
Reihen  Aecidien  der  Melamp- 
sora  Goeppertiana  (Aecidium 
columnare)  entwickeln,  b  Die 
Aecidien  vergrössert. 


Fig.  73. 

a  Ein  Aecidium  von  Mel.  Goep- 
pertiana, stärker  vergrössert  im 
Gewebe  der  Tannennadel,  b  Aeci- 
diensporenreihe  mit  den  Zwischen- 
zellen, c  Keimende  Aecidiensporen. 


zelnen  Sporen  von  einander  trennen,  sehr  lang  gestreckt  sind.  Ge- 
langen die  Aecidiensporen  auf  die  Epidermis  einer  Pflanze  von 
Vaccinium  Vitis  Idaea,  so  keimen  sie  und  zwar  entweder  in  einem 
gleichmässig  dick  bleibenden,  zuweilen  sich  verästelnden  Schlauche, 
oder  mit  einem  gegen  das  Ende  hin  sackartig  sich  verbreiternden 
Keimschlauche.  Die  Infection  erfolgt  durch  eine  feine  von  dem 
Sporenkeimschlauche  ausgehende  Hyphe. 

Die  Tannennadeln  erhalten  sich  noch  ziemlich  lange  Zeit  völlig 
grün  und  fallen  erst  im  Laufe  des  Sommers  ab,  doch  habe  ich 
noch  im  August  grüne  Nadeln  mit  den  vertrockneten  Aecidien 
gefunden. 


138 


I.  Abschnitt. 


Eine  bemerkenswerthe  Beschädigung  tritt  nur  dann  ein,  wenn 
junge  Weisstannenwüchse  in  einem  stark  erkrankten  Preisselbeer- 
bestande  stehen  und  der  grössere  Theil  der  Nadeln  erkrankt.  Die 
Aecidienform  hat  einen  facultativen  Charakter,  d.  h.  sie  kann  fehlen, 
ohne  die  Existenz  des  Parasiten  zu  gefährden,  dessen  Sporidien 
auch  direct  auf  den  Preisseibeeren  zu  keimen  und  diese  zu  inficiren 
im  Stande  sind. 

Wo  Beschädigungen  zu  be- 
fürchten sind,  also  bei  beabsich- 
tigten Verjüngungen  der  Bestände, 
würde  man  durch  Ausreissen  der 
sehr  leicht  erkennbaren  kranken 
Preisselbeerpflanzen  das  Auftreten 
des  Tannensäulenrostes  beschrän- 
ken können. 


Melampsora   Tremulae. 

Unter  dem  Namen  Melamp- 
sora populina,  Pappelrost,  bezeich- 
net man  die  auf  verschiedenen 
Pappelarten  auftretenden,  dieser 
Gattung  angehörenden  Pilzformen, 
die  noch  einer  genaueren  gründ- 
lichen Erforschung  harren. 

Es  giebt  solche  auf  Populus 
Tremula,  deren  Polster  sich  durch 
geringe  Grössen  von  denen  unterscheiden,  die  auf  Populus  balsamifera 
(Mel.  Balsamifera  Thüm.)  vorkommen  und  es  scheint,  dass  auch  die 
auf  Populus  nigra  oft  in  massenhafter  Entwicklung  auftretende 
Form  (Mel.  populina  Jacq.)  von  den  beiden  ersteren  verschieden 
ist.  Die  Pappeln  leiden  an  diesem  Rost  zuweilen  in  so  hohem 
Grade,  dass  schon  im  September  eine  völlige  Entblätterung  ein- 
getreten sein  kann,  nachdem  das  Laub  durch  die  im  Laufe  des 
Sommers  zur  Entwicklung  und  Vermehrung  gelangten  Uredosporen 
schon  im  August  ganz  goldgelb  erschienen  ist. 

Die  Teleutosporenlager  sind  von  der  Oberhaut  des  Blattes  be- 
deckt und  treten  als  anfangs  bräunlich  gelbe,  später  schwarzbraune 
glatte  Polster  über  die  Blattoberfläche  hervor  (Fig.  74),  während  die 


Fig.  74. 


Aspenblatt     mit     den    Teleutosporen- 
lagern  von  Melampsora  Tremulae. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  J39 

gelben  Uredopolster  nach  Durchbrechung  der  Oberhaut  als  lockere 
Sporenhäufchen  sich  zu  erkennen  geben. 

Es  scheint  nun  wünschenswerth,  dass  diese  verschiedenen 
Pappelrostformen  einer  genaueren  Untersuchung  unterworfen  werden, 
da  die  zugehörigen  Aecidienformen  noch  nicht  mit  Sicherheit  fest- 
gestellt sind. 

Ich  habe  zunächst  nur  die  auf  Popnlus  Tremula  vorkommende 
Melampsora  untersucht.  Schon  1874 3)  machte  ich  darauf  aufmerk- 
sam, dass  in  den  von  Caeoma  pinitorquum  befallenen  Kiefernscho- 
nungen fast  ausnahmslos  Aspen  auftreten  und  dass  ein  Zusammen- 
hang zwischen  dem  Caeoma  und  einem  auf  der  Aspe  vorkommenden 
Pilz  möglicherweise  bestehe. 

Die  Melampsora  Tremulae  bezeichnete  ich  desshalb  als  zweifel- 
haft, weil  dieser  Pilz  auch  in  solchen  Gegenden  auftritt,  wo  Caeoma 
pinitorquum  nicht  bekannt  ist.  Inzwischen  ist  aber  doch  zunächst 
durch  Rostrup  der  Zusammenhang  beider  Pilze  experimentell  be- 
wiesen und  dann  auch  von  mir  bestätigt.  Gleichzeitig  wies  ich 
nach,  dass  die  Melampsora  Tremulae  auf  der  Lärche  das  Caeoma 
Laricis  hervorruft. 

Dann  hat  Rostrup  auch  Caeoma  Mercurialis  durch  Infection 
mit  Melampsora  Tremulae  erhalten.  Rathay  glaubt  auch  Aecidium 
Clematitis  auf  Clematis  vitalba  durch  Infection  mit  Sporen  der 
Mel.  populina   gewonnen  zu  haben. 

Was  zunächst  Caeoma  pinitorquum  und  Laricis  betrifft,  so 
hatte  ich  beide  Aecidien  durch  Infection  mit  den  Sporidien  des- 
selben Aspenblattes  bekommen  und  ferner  Teleutosporen  der 
Melampsora  zur  Infection  von  Pinus  benutzt,  die  ich  durch  Caeoma 
Laricis  auf  der  Aspe  erzogen  hatte. 

Wenn  mir  desshalb  die  Uebereinstimmung  der  beiden  genannten 
Caeomaarten  sicher  bewiesen  erscheint,  so  bleibt  eine  Controle  auch 
nach  dieser  Richtung  hin  wünschenswerth,  nothwendiger  ist  aber 
noch  die  Prüfung  der  Frage,  ob  auch  Caeoma  Mercurialis  von 
derselben  Melampsoraart  entstammt,  oder  ob  schon  auf  der  Aspe 
verschiedene  Species,  welchen  jene  Aecidienformen  angehören,  vor- 
kommen. Weiter  ist  zu  untersuchen,  ob  die  auf  Populus  nigra,  alba 
und  balsamifera  vorkommenden  Arten  identisch  sind  mit  jener  der 


3)  Wichtige  Krankheiten  der  "Waldbäume  Seite  91. 


140 


I.  Abschnitt. 


Aspe  und  endlich  ist  festzustellen,  ob  die  Aecidien  facultativen 
Charakter  besitzen,  was  mir  sehr  wahrscheinlich  ist.  Nachfolgend 
schildere  ich  die  beiden  auf  Nadelhölzern  durch  Melampsora  Tremulae 
erzeugten  Krankheiten. 


Erste  Form  auf  Pinus  silvestris  mit  Caeoma  pinitorquum.     Die  Kieferndreh- 
krankheit.    Melampsora   Tremulae  pinitorquum. 

Diese  Krankheit  ist  durch  ganz  Deutschland,  vorzugsweise 
aber  im  Norden  verbreitet  und  hat  sich  zumal  in  den  Jahren 
1870 — 73  dort  in  verheerender  Weise  gezeigt.    Die  Krankheit  kann 


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coocnoT> 


Fig.  76. 

Durchschnitt    durch    ein   Sporenlager    von   Caeoma 

pinitorquum  vor  dessen  Aufplatzen.    Zwei  Spermo- 

gonienhöcker  in  der  Epidermis. 


Fig.  75. 


schon  junge,   soeben  zum  Vorschein  gekommene 

Spitze    eines    jungen  °  .  . ö 

Kieferntriebes       mit    Kielemkeimlmge    betallen    und   treten    dann 

aufgeplatztem    Caeo-    am  Stengel    oder  an  den  Nadeln  längliche  hell- 

ma  pinitorquum  opo-  D 

renlager  im  Rinden-    gelbe  öporenlager  aus  der  aufplatzenden  Oberhaut 

gewebe  Vi-  zum  Vorschein.     Am  häufigsten  beobachtet  man 

sie  an  jungen  Kiefernculturen  von  1  —  lOjährigem 

Alter,    weil    die   Infection    von   den    am   Erdboden   liegenden,    mit 

den    Teleutosporen     von    Mel.    Tremulae    besetzten    Aspenblättern 

ausgeht.      Die    Krankheit    äussert    sich    darin,    dass    Anfang   Juni, 

seltener   schon   Ende  Mai,    zu   der   Zeit,    in   welcher   an    den   neuen 

Jahrestrieben    die    grünen    Nadelbüschel    mit    ihren    Spitzen    schon 

ein    wenig    aus    der  Nadelscheide    hervorgekommen    sind,    an   dem 

grünen   Rindengewebe   der   Triebe   blassgelbe  Stellen   von   1 — 3  cm 

Länge  und  xj2 — 1  cm  Breite  (Fig.  75)  auftreten,    auf  denen  mittelst 

Lupe  zahlreiche  kleine,    etwas  tiefer  gelb  gefärbte  Höckerchen,    die 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  J4J 

Spermogonien,  zu  erkennen  sind.  Diese  entstehen  theils  in  den 
Epidermiszellen,  theils  zwischen  diesen  und  der  Cuticula,  die  von 
letzterer  abgehoben  wird  und  das  Spermogonium  bekleidet  (Fig.  76). 
In  der  zweiten  oder  dritten  Rindenzellschicht  entsteht  das  Caeoma- 
lager,  indem  sich  das  intercellulare  Mycel,  aus  dem  Inneren  des 
Stengels  nach  aussen  wachsend,  in  dieser  Zelllage  zu  einer  Frucht- 
schicht entwickelt,  welche  dann  auf  der  Spitze  der  Basiclien  nach 
aussen  hin  die  Aecidiensporen  in  gebräuchlicher  Weise  abschnürt. 
Mit  der  Ausbildung  dieses  inneren  Sporenlagers  färbt  sich  eines- 
theils  die  betreffende  Rindenstelle  äusserlich  immer  tiefer  goldgelb, 
anderntheils  erhebt  sich  dieselbe  etwas  polsterförmig,  bis  die  äussere 
Rindenschicht  in  einem  Längsrisse  aufplatzt  (Fig.  75)  und  die 
Sporen  verstäuben.  Das  Gewebe  der  Rinde  bis  zum  Holzkörper 
stirbt  alsdann  unterhalb  des  Fruchtlagers  ab  und  überwallt  im 
günstigen  Falle  binnen  Jahr  und  Tag. 

Da  während  der  Entwicklung  des  Fruchtträgers  und  noch  einige 
Zeit  nachher  die  normale  Längenstreckung  des  jungen  Triebes  fort- 
dauert, diese  aber  an  der  kranken  Stelle  gestört  ist,  so  krümmt 
sich  der  kranke  Trieb  an  der  vom  Fruchtlager  eingenommenen 
Stelle  ein  wenig,  vielfach  müssen  aber  die  eintretenden  Trieb- 
krümmungen, welche  dem  Parasiten  die  Bezeichnung  Kieferndreher, 
C  pinitorquum,  verschafft  haben,  auf  die  Schwere  der  jungen 
Triebe  zurückgeführt  werden,  welche  bei  einseitiger,  erheblicher 
Verletzung  eine  Senkung  der  oberhalb  der  Wunde  liegenden  Trieb- 
spitze an  Quirlzweigen  zur  Folge  haben  muss.  Später  wächst  die 
Spitze  wieder  nach  oben  und  entstehen  so  s-förmige  Krümmungen. 
Ist  die  Witterung  normal,  dann  entstehen  alljährlich  an  den  neuen 
Trieben  einige  wenige  solcher  Fruchtlager,  ist  das  Wetter  sehr 
trocken,  dann  verkümmern  die  Sporenlager  in  ihrer  ersten  Ent- 
stehung, ein  Schaden  ist  äusserlich  nicht  wahrnehmbar;  ist  der 
Monat  Mai  und  Anfang  Juni  sehr  regenreich,  dann  entstehen  zahl- 
reiche Fruchtlager  und  diese  in  solcher  Ueppigkeit,  dass  die  Triebe 
mit  Ausschluss  der  Basis  ganz  absterben  und  vertrocknen  (Fig.  77). 
Eine  heftig  erkrankte  Kiefernschonung  erscheint  Ende  Juni  so,  als 
ob  ein  Spätfrost  alle  neuen  Triebe  getödtet  und  gekrümmt  hätte. 
Im  nächsten  Jahre  entwickeln  sich  alsdann  aus  den  an  der  Trieb- 
basis noch  verbliebenen  Nadelbüscheln  die  Scheidenknospen  zu 
Scheidentrieben,    die    allerdings   in  der  Folge  wiederum  erkranken. 


142 


I.  Abschnitt. 


Der  Umstand,  class  eine  einmal  vom  Pilz  befallene  Kiefer  Jahr- 
zehnte hindurch  alljährlich  wieder  von  der  Krankheit  zu  leiden 
hat,  berechtigt  zu  der  Annahme,  dass  das  Pilzmycel  in  den  Trieben 
perennirt.  Von  dem  zuerst  erkrankten  Theile  eines  Kiefernbestan- 
des, vom  Krankheitsheerde,  verbreitet  sich  dieselbe  mit  jedem  Jahre 
fortschreitend  in  centrifugaler  Richtung.  Es  ist  noch  hervorzuheben, 
dass    ganz    junge  1 — 3jährige  Schonungen  der  Krankheit  meist  er- 


Fig.  77. 

Gipfel    einer    durch    Caeoma    pinitorquum    erkrankten   Kiefer.      Der 

Gipfeltrieb  ist  bis  nahe  der  Basis  ganz  vertrocknet.    Die  Quirltriebe, 

sowie  der  Schaft  zeigen  alte  Pilzstellen  und  Krümmungen. 

liegen;  im  späteren  Alter  erkrankende  Kiefern  verkrüppeln  oft  so  arg, 
dass  sie  wenig  Hoffnung  auf  einen  gesunden  Bestand  übrig  lassen, 
in  der  Regel  treten  dann  aber  einmal  einige  Jahre  Ruhe  ein,  in 
denen  ein  trockenes  Frühjahr  die  Pilzentwicklung  zurückhält  und 
die  Pflanzen  erholen  sich  dann  allmälig,  wenn  sie  auch  in  ungün- 
stigen Jahren  wieder  beschädigt  werden.  Mit  dem  dreissigsten  Jahre 
etwa  verschwindet  die  Krankheit  von  selbst.  Aushieb  der  Aspen  aus 
den  Kiefernverjüngungen  ist  das  sicherste  Mittel  gegen  die  Krankheit. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


143 


Zweite  Form   auf  Larix  europaea  mit  Caeoma  Laricis*).     Melampsora 

TremuJae  Laricis. 

Der   Lärehennadelrost    ist    durch    ganz    Deutschland   verbreitet 
und  oft  so  häufig,   dass  ein  grosser  Theil  der  Benadlung  durch  den 
Pilz    zerstört    wird.      Er    wird    vielfach    übersehen,     weil    die    Be- 
schädigung   eine    gewisse    Aehnlich- 
keit    mit  der  durch  Chermes  Laricis 
hervorgerufenen  hat.    Im  Monat  Mai 
treten    zunächst    zahlreiche    Spermo- 
gonien    auf    den    Nadeln    auf,    unter 
denen     die     Caeomalager    als     lange 
oder    kurze   gelbe   Polster   die    Ober- 
haut der  Nadel  durchbrechen. 

Nach  dem  Abstäuben  der  Sporen 
vertrocknen  die  Nadeln  und  fallen  ab. 
Aushieb  der  Aspen  aus  der  Nähe  der 
Lärchenculturen  schützt  diese  gegen 
die  Krankheit. 


Fig.  78. 
Lärchennadeln      mit      Caeoma 

Laricis. 


Melampsora  salicina5).  Der  Weidenrost. 
Auch  auf  den  verschiedenen  Weidenarten  kommen  mehrere 
Arten  von  Melampsora  vor,  die  bis  vor  kurzer  Zeit  unter  dem  ge- 
meinsamen Collectivnamen  M.  salicina  zusammengefasst  wurden. 
Nun  hat  zunächst  Thümen  nach  der  Form  der  Teleutosporen  und 
Uredosporen  eine  Reihe  von  Arten  unterschieden,  deren  Prüfung 
vollste  Beachtung  verdient.  Einstweilen  ist  es  Rostrup6)  gelungen, 
für  zwei  Arten  auch  die  Aecidien  nachzuweisen  und  diese  beiden 
Arten  sollen  nachstehend  näher  beschrieben  werden. 

Melampsora  Hartigii. 
Die  Uredosporen  erscheinen  zuweilen  schon  Ende  Mai  oder  An- 
fang Juni  als  kleine  rothgelbe  Häufchen  auf  der  Unterseite,   seltener 
auch  auf  der  Oberseite  der  Blätter  von  Salix  pruinosa,   daphnoides, 

4)  Wichtige  Krankheiten   der  Waldbäume  1874,   S.  93.   u.  Allgem.  Forst-  u. 
Jagd-Ztg.  1885,  S.  326. 

5)  v.  Thümen,  Mittheilungen  aus  dem  forstl.  Versuchswesen  Oesterreichs  II, 
S.  41  ff.     Hartig,  Krankh.  d.  Waldb.  S.  119  ff. 

6)  Rostrup,     Fortsatte    Undersogelser    over    Snyltesvampes     Angreb    par 
Skovtraeerne  Kjobenhaven  1883. 


144 


I.  Abschnitt. 


viminalis  u.  A.;  sie  vermehren  sich  schnell,  einestheils  durch  inneres 
Mycelwachsthum,  welches  durch  die  Blattstiele  auch  in  die  Rinde  der 
Triebe  eindringt,  anderntheils  durch  die  Uredosporen  selbst,  welche, 
durch  den  Luftzag  weiter  geführt,  sehr  bald  keimen  und  durchschnitt- 
lich schon  am  achten  Tage  nach  der  Aussaat  auf  ein  gesundes  Blatt  das 
Hervortreten  zahlreicher  neuer  Uredohäufchen  veranlassen.  Es  werden 

die  befallenen  Blätter  schon  frühzeitig  schwarz- 
neckig  und  fallen  ab.  Schon  vor  dem  Abfallen 
resp.  Absterben  der  Blätter  entstehen  besonders 
im  Nachsommer  und  Herbste  zahlreiche,  etwa 
stecknadelknopfgrosse  Teleutosporenlager  unter 
der  Obei'haut  des  Blattes  (Fig.  79).  An- 
fänglich hellbraun,  später  tief  schwarzbraun 
gefärbt,  überwintern  diese  kleinen  Polster  in 
der  Substanz  der  am  Boden  liegenden,  ver- 
wesenden Blätter  und  entwickeln  dann  im 
Frühjahr  Promycelien  und  Sporidien.  Diese 
Sporidien  gelangen  durch  den  Luftzug  auf  die 
Blätter  der  neuen  Weidentriebe  und  rufen  die 
Krankheit  aufs  Neue  hervor.  Auf  den  Blättern 
von  Ribes  alpinum,  Grossularia,  rubrum, 
nigrum  erzeugen  sie  das  Caeoma  Ribesii. 
Diese  Aecidienform  dürfte  aber  lediglich  facul- 
tativen  Charakter  besitzen,  denn  wir  finden 
alljährlich  üppige  Entwicklung  der  Krankheit 
zumal  nach  dem  Reif  werden  auch  da,  wo 
weit  und  breit  keine  Ribespflanzen  sind. 

In  verheerender  Weise  habe  ich  den 
Pilz  bisher  nur  auf  der  Salix  pruinosa  (syn. 
caspica,  acutifolia)  angetroffen  und  wurden 
zahlreiche  Weidenheger  durch  wiederholte 
frühzeitige  Entblätterung  völlig  getödtet.  Die  besten  Yorbeugungs- 
maassregeln  bestehen  im  Zusammenrechen  und  Untergraben  oder 
Verbrennen  des  abgefallenen,  pilzhaltigen  Laubes  im  Spätherbst 
bis  Frühjahr,  sowie  im  sorgfältigen  Revidiren  der  Weidenheger 
während  des  Sommers.  Sobald  der  Rost  sich  auf  einzelnen  Pflanzen 
zeigt,  ist  das  Abschneiden  und  Eingraben  der  befallenen  Ruthen 
rathsam.      An    Stelle    der    nacktblättrigen    Salix    pruinosa,    welche 


Fig.  79. 

Melampsora  Hartigii  auf 
Salix  pruinosa.  a  Leben- 
des Blatt  mit  Sporen- 
polster, b  Stellenweise 
bereits  vertrocknet.  c 
Sporenlager  nahe  der 
Blattstielbasis  imStengel. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


145 


am  meisten  durch  den  Pilz  zu  leiden  hat,  empfiehlt  sich  der 
Anbau  des  Bastardes  Salix  pruinosaxdaphnoides,  welcher  behaart 
und  dadurch  gegen  Infection  mehr  geschützt  ist. 

Melampsora  Caprearum. 
Dieser  Weidenrost  ist  sehr  verbreitet  auf  Salix  Caprea,   cinerea 
aurita,    longifolia,   repens,   reticulata.     Er    entwickelt  auf  Evonymus 
die  Aecidien  von  Caeoma  Evonymi. 

Es  kommt  ferner  vor  Melampsora  epitea  auf  Salix  alba, 
incana,  purpurea,  nigricans,  retusa;  Mel.  mixta  auf  S.  triandra, 
hastata,  silesiaca. 

Melampsora  betulina  auf  verschiedenen  Betulaarten. 
Carpini     -      Carpinus  Betulus. 
Sorbi         -     Sorbus  Aucuparia  und  torminalis. 
Ariae         -     Sorbus  Aria. 
Padi  -     Prunus  Padus. 

Vaccinii   -     Vaccinienarten. 

Coleosporium  Senecionis. 

Die  Gattung  Coleosporium  unterscheidet  sich  von  der  vorher- 
gehenden dadurch,  dass  die  Teleutosporen  aus  mehreren  überein- 
ander stehenden  Zellen  gebildet  sind,  von  denen  jede  ein  einzelliges 
Promycel  mit  nur  einem  Sporidium  erzeugt. 

Das  Col.  Senecionis,  welches  seine  Teleuto- 
sporen und  Uredosporen  auf  Senecio  vulgaris, 
viscosus,  silvaticus,  vernalis  und  Jakobaea 
entwickelt,  hat  nach  den  Untersuchungen  von 
Wolff7)  in  dem  Peridermium  Pini,  dem 
Kiefernblasenrost,  seine  Aecidienform.  Die 
als  Kienzopf,  Brand,  Krebs  oder  Räude 
bezeichnete  Krankheit  der  Kiefer  habe  ich  schon 
im  Jahr  1874  beschrieben8),  und  lasse  ich  hier 
das  Wichtigste  folgen. 

Die  Aecidien  und  Spermogonien  kommen 
in  verschiedener  Form  vor,  einmal  in  den 
Nadeln  verschiedener  Kiefernarten,    wo  der  Pa- 


Fig.  80. 

Peridermium  Piui 

acicola  mit  Aecidien 

u.  Spermogonien  auf 

Kiefernnadeln. 


7)  Botanische  Zeitung  1874. 

8)  R.  Hartig,    Wichtige    Krankheiten    der    Waldb.     pag.  66—80.    Taf.  XI. 
Berlin  1874. 

II  artig,   Baumkrankheiten,  2.  Aufl.  10 


146  I-  Abschnitt. 

rasit  als  Periderniiuni  Pini  acicola  bezeichnet  wird,  und  als- 
dann im  Rindengewebe  von  Pinus  silvestris,  Pinus  Strobus  und 
anderen  Kiefernarten,  besonders  Pinus  Laricio  und  Pinus  montana, 
in  welcher  Form  der  Parasit  als  Peridermium  Pini  corticola 
bezeichnet  wird. 

Die  erstere  Aecidienform  beobachtet  man  in  den  Monaten 
April  und  Mai  oft  in  ungeheurer  Menge  auf  den  1  und  2jährigen 
Nadeln  zumal  jüngerer  Kiefern,  selten  auch  an  alten  Bäumen. 
Zwischen  den  nur  wenige  Millimeter  grossen  rothgelben  Blasen 
finden  sich  die  Spermogonien  zerstreut,  die  im  Alter  braun  gefärbt 
werden  und  somit  als  kleine  schwarze  Flecken  äusserlich  er- 
scheinen. Das  Mycel  entwickelt  sich  im  Innern  der  Nadel,  peren- 
nirt  daselbst  und  kann,  ohne  die  Nadel  zu  tödten,  im  nächsten 
Jahre  nochmals  Aecidien  erzeugen.  Der  Schaden,  den  diese  Pilz- 
form hervorbringt,  ist  gering,  denn  die  vou  Aecidien  besetzten 
Nadeln  sterben  nicht  oder  nur  stellenweise  vorzeitig  ab.  Es  ent- 
stehen nur  missfarbige  Stellen  auf  den  Nadeln. 

Um  so  gefährlicher  kann  die  Form  Per.  Pini  corticola  für 
jüngere  und  ältere  Kiefernbestände  werden.  Auf  welchem  Wege 
die  Infection  derselben  erfolgt,  ob  immer  eine  Verwundung  des 
Rindengewebes  durch  Insect,  Specht,  Hagelschlag  oder  dgl.  voraus- 
gegangen sein  muss,  bleibt  noch  zu  erforschen.  Aeltere  als  20 
bis  25jährige  Stammtheile  scheinen  nicht  inficirt  zu  werden.  Das 
Mycelium  des  Pilzes  verbreitet  sich  intercellular  zwischen  den 
Zellen  der  Rinde  und  des  Bastgewebes  und  wächst  von  hier  aus 
durch  die  Markstrahlen  bis  etwa  10  cm  tief  in  den  Holzkörper 
hinein. 

Ueberall,  wo  das  Mycel  hingelangt,  verschwindet  das  Stärke- 
mehl und  der  anderweite  Zellinhalt  und  an  Stelle  davon  tritt  Ter- 
pentinöl tropfenweise  auf  der  Innenseite  der  Wandungen  auf, 
durchtränkt  auch  die  Wandungssubstanz  selbst.  Es  wird  dadurch 
selbstredend  das  Leben  der  Zelle  getödtet,  ohne  jedoch  den  Eintritt 
der  Bräunung  der  Gewebe  nach  sich  zu  ziehen.  Auch  der  ganze 
Holzstamm  bis  zu  ca.  10  cm  Tiefe  verkient  völlig,  und  lässt  eine 
Holzscheibe  von  3 — 5  cm  Dicke  noch  die  Lichtstrahlen  durch- 
dringen. Da  das  Mycelium  auch  in  die  Harzkanäle  eindringt  und 
das  sie  umgebende  Gewebe  tödtet,  so  ist  ja  zweifelsohne  ein  Theil 
des  Terpentins  von  den  höher  gelegenen  Stammtheilen  zugewandert. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


147 


Die  völlige  Verharzung  und  oftmals  ein  massenhaftes  Ausströmen 
des  Terpentins  aus  der  nach  dem  Absterben  aufspringenden  Rinde 
berechtigt  aber  zu  der  Annahme,  dass  eine  directe  Umwandlung 
des  Zellinhaltes  und  der  Zellwandungssubstanz  der  Parenchymzellen 
zu  Terpentin  stattfinde. 

Das  Mycelium  wächst  alljährlich  über  die  kranke  Rindenstelle 
hinaus  und  zwar  in  der  Längsrichtung  des  Stammes  meist  etwas 
schneller,  als  in  horizontaler  Richtung;  die  Wanderung  der  Bil- 
dungsstoffe wird  in  demselben  Maasse  mehr  auf  die  noch  gesunde 
Seite  des  Baumes  gedrängt  und  steigert  sich  hier  desshalb  die 
cambiale  Thätigkeit  so  sehr,  dass  eine  auffällige  Verdickung 
der  Jahresringe  eintritt.  Fig.  81 
zeigt  einen  Stammquerschnitt, 
welcher  im  15.  Jahre  bei  a  in- 
ficirt  wurde  und  erst  im  85  sten 
Jahre  mit  der  darüber  befindlichen 
Stammkrone  abgestorben  war.  Das 
Absterben  des  Gipfels  erfolgt  an 
kranken  Stämmen  besonders  in 
trockenen  und  heissen  Sommern, 
weil  dann  der  grösstentheils  in 
Kien  umgewandelte  Holzkörper 
nicht    genügend    Wasser    passiren 


Fig.  81. 

Querscheibe  aus  dem  oberen  Schaft- 
theile  einer  Kiefer,  welche  vor  70 
Jahren  bei  a  durch  Periderm.  Pini 
corticola  inficirt  worden  ist.  Die 
Krone  des  Baumes  war  im  letzten 
Jahre  abgestorben,  nachdem  nur  noch 
der  bei  b  belegene  Splinttheil  nicht 
verharzt,  resp.  verpilzt  war.  Der  ver- 
harzte Holztheil  ist  schraffirt.  Vio  nat- 
Grösse. 


lässt,  um  den    starken  Wasserver- 
lust der  Krone  zu  ersetzen. 

Aecidien  bilden  sich  der 
Hauptsache  nach  nur  in  der  Rindenregion,  die  im  Laufe  des 
letzten  Jahres  neu  erkrankte.  Sie  durchbrechen  als  halbkugel- 
förmige, längliche  und  wurstförmige  gelbweisse,  mit  rothgelbem 
Sporenpulver  erfüllte  Blasen  die  äusseren  todten  Rindenschichten  im 
Monat  Mai  und  Juni  (Fig.  82).  Zwischen  denselben  erkennt  man 
nur  schwer  die  etwa  erbsengrossen  flächenförmig  entwickelten  Sper- 
mcgonien,  welche  aus  einer  zwischen  der  innersten  Korkschicht  und 
dem  lebenden  Rindengewebe  gelagerten,  aus  zahllosen  rechtwinkelig 
zur  Korkschicht  gestellten  feinen  Basidien  gebildet  sind,  an  deren 
Spitzen  die  kleinen  Spermatien  abgeschnürt  werden. 

Aeste    und    Zweige    aus   der  Krone   älterer  Bäume    sterben  oft 
schon  nach  wenig  Jahren  ab,    und   geht  dann    abwärts    vorrückend 

10* 


148 


I.  Abschnitt. 


der  Parasit  von  der  Astbasis  oft  auf  den  Hauptstamm  über  (Fig.  83). 
Stirbt  dieser  ab  und  sind  unterhalb  der  Krebsstelle  noch  kräftig  be- 
nadelte Aeste  und  Zweige,  so  bleibt  der  Stamm  am  Leben;  jene 
Aeste  erzeugen  eine  Art  von  Ersatzgipfel,  die  todte  Krone  bildet  den 
Kienzopf  oder  Kiengipfel  (Vogelkien),  der  von  Ratzeburg  als 
Folge  des  Frasses  der  Kieferneule  betrachtet  und  als  Spiess  be- 
zeichnet wurde. 


Fig.  82. 

Stammabs chnitt  einer  jungen 
Kiefer,  aus  deren  Rinde  die 
blasigen  Aecidien  des  Perider- 
mium  Pini  corticola  hervorge- 
brochen sind.  An  drei  dunkler 
gezeichneten  Stellen  befinden 
sich  unter  der  Korkschicht 
die  Spermogonien.  Natürl. 
Grösse. 


Fig.  83. 

Kiefernast,  von  Periderm.  Pini  corticola 
seit  mehreren  Jahren  befallen.  Die  zuerst 
befallenen  Zweige  auf  der  linken  Seite  sind 
bereits  getödtet;  von  da  aus  ist  das  Mycel 
abwärts  auf  den  Hauptast,  resp.  Neben- 
äste übergegangen.    y5  der  natürl.  Grösse. 


Die  Krankheit  ist  von  diesem  Beobachter  auch  als  Motten- 
dürre, d.  h.  als  eine  Folge  des  Frasses  der  Phycis  abietella 
(Tinea  sylvestrella  Ratzeb.)  beschrieben  worden. 

Die  Sporen  des  Kiefernblasenrostes  senden  ihren  Keimschlauch 
in  die  Spaltöffnung  der  Senecioblätter  und  erzeugen  auf  diesen  zu- 
nächst die  Uredoform,  später  die  Teleutosporenlager  des  Coleo- 
sporium  Senecionis. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  149 

Es  ist  bemerkenswert!],  dass  auch  bei  diesem  Rostpilz  das 
Aecidium  facultativ  ist,  da  das  Coleosporium  Senecionis  auch  ohne 
Entwicklung  der  Aecidien  auf  Pinus  unter  Bildung  von  Uredo- 
sporen   und  Teleutosporen  auf  Senecio  sich  fortpflanzen   kann. 

Ausrottung  der  Seneciopflanzen  ist  unter  gewissen  Verhältnissen 
zu  empfehlen. 

Neuerdings  wurde  durch  Cornu  festgestellt,  dass  die  Aecidien- 
sporen  des  Peridermium  Pini  corticola  auf  Cynanchum  Vincetoxi- 
cum  und  Gentiana  asclepiadea  keimend  eindringen  und  eine 
andere  Pilzform,  das  Cronartium  asclepiadeum,  erzeugen.  Es 
ist  damit  nachgewiesen,  dass  auf  den  Kiefern  zwei  verschiedene 
Pilzarten  im  Stande  sind,  Aecidien  ähnlicher  Art  zu  erzeugen.  Ein- 
gehende Untersuchungen  werden  noch  festzustellen  haben,  welchen  An- 
theil  die  beiden  Pilzarten  an  der  Krebskrankheit  der  Kiefer  nehmen. 

Chrysomyxa. 
Die  Gattung  Chrysomyxa  ist  der  vorigen  nahe  verwandt, 
insofern  die  Teleutosporen  ebenfalls  aus  Reihen  von  Zellen  be- 
stehen, von  denen  die  oberen  ein  mehrzelliges  Promycelium  mit 
vier  Sterigmen  und  Sporidien  entwickeln.  Die  Sporenlager  stellen 
orangegelbe  dichte  Polster  von  verschiedener  Gestalt  vor.  Uredo- 
und  Aecidienlager  sind  der  Gattung  Coleosporium  ähnlich. 

Chrysomyxa  Abietis9).     Der  Fichtennadelrost 

ist  ein  durch  ganz  Deutschland,  mit  Ausnahme  der  höheren  Alpen- 
regionen, verbreiteter  Feind  der  Fichte,  der  auch  an  älteren  Fichten 
auftritt  und  oft  genug  in  so  grosser  Menge  auf  den  Nadeln  der 
einjährigen  Triebe  sich  entwickelt,  dass  ein  grosser  Theil  derselben 
getödtet  wird  und   abfällt. 

Der  Pilz  ist  autöcisch  und  entbehrt  vollständig  der  Uredo-  und 
Aecidienlager,  entwickelt  vielmehr  nur  seine  Teleutosporenlager  an 
den  Fichtennadeln.  Die  Sporidien  keimen  auf  den  zarten  Nadeln 
der  neuen  Maitriebe,  entwickeln  in  deren  Innerem  ihr  mit  gelben 
Oeltropfen  reich  versehenes  Mycelium,  so  dass  schon  Ende  Juni 
<3er  vom  Pilz  durchwucherte  Nadeltheil  durch  eine  mattgelbe  Fär- 
bung sich  zu  erkennen  giebt.  Der  erkrankte  Theil  kann  die  Basis, 
Mitte    oder    Spitze    der    Nadel    einnehmen,    färbt    sich    gegen    den 

9)  Reess,  Botanische  Zeitung  1865  Nr.  51  u.  52  und  Willkomm,  Die  mikro- 
skopischen Feinde  d.  W.  1868  S.  134—166. 


150 


I.  Abschnitt. 


Herbst  zu  immer  intensiver  citronengelb,  während  der  übrige  Theil 
der  Nadel  grün  bleibt.  Schon  im  Herbst  beginnt  auf  den  beiden 
unteren  Seiten  der  Nadel  die  Entwicklung  des  Teleutosporenlagers 
in  Gestalt  länglicher,  etwas  anschwellender  Polster,  die  alsbald 
durch  ihre  mehr  goldgelbe  Färbung  sich  zu  erkennen  geben.  In 
diesem  Zustande  überwintert  der  Pilz  auf  dem  Baume,  und  im 
nächsten  Frühjahre  entwickelt  sich  das  Teleutosporenlager  immer  mehr 
(Fig.  84),  so  dass  es  schliesslich  die  Epidermis  in  einem  Längsrisse 
sprengt  und  nun  frei  als  goldgelbes  Polster  hervortritt.  Nunmehr 
entwickeln  sich  auf  den  Zellen  der  Teleutosporen  die  Promycelien 
mit  ihren  Sporidien,  ähnlich  wie  dies  Fig.  86  für  Chr.  Rhoclodendri 
zeigt,  und  da  dies  im  Monat  Mai  zur  Zeit  der  neuen  Triebbildung 
der  Fichte  geschieht,  so  können  die  Sporidien  direct 
auf  den  jungen  Nadeln  zur  Keimung  gelangen. 

Es  ist  ersichtlich,  dass  solche  Fichten,  die  zur 
Zeit  der  Sporidienreife  noch  sehr  weit  in  der  Ent- 
wicklung zurück  sind,  vor  Infection  geschützt  sein 
werden  und  erklärt  es  sich  auf  diese  Weise,  dass 
manche  Individuen  eines  Bestandes  völlig  frei  vom 
Pilz  bleiben,  andere  dagegen  sehr  stark  befallen 
werden.  Derartige  Erscheinungen  haben  bei  den 
Laien  oft  genug  den  Glauben  erweckt,  als  hänge 
Chryso-  die  Pilzerkrankung  von  einer  krankhaften  Prädis- 
myxa  Abietis,  position  der  Fichtenindividuen  ab.  Nach  dem  Ab- 
elbe  Sporen-  fallen  der  Sporidien  vertrocknen  die  Teleutosporen- 
polster  noch  iager>  c]ie  Nadeln  selbst  sterben  bald  nachher  und 
fallen    vom  Baume   ab.     Der   Nadelverlust  ist   in    der 


Fig.  84. 
Fichtennadel 


gelbe  Sporen- 

>olster     nocl 

licht      aufge 

platzt  sind. 

Regel  für  den  Baum  nicht  von  grossem  Nachtheile,  da 
immerhin  an  den  älteren  Zweigtheilen,  sowie  an  den  neu  sich  ent- 
wickelnden Trieben  ein  reicher  Yorrath  von  Nadeln  zurückbleibt.  Nur 
sehr  selten  tritt  die  Krankheit  eine  längere  Reihe  von  Jahren  hinter- 
einander in  gleicher  Heftigkeit  auf,  da  die  Witterungsverhältnisse 
dem  Keimen  der  Sporidien  nicht  immer  gleich  günstig  sind,  und  da& 
Auskeimen  der  Teleutosporen  in  eine  Zeit  fallen  kann,  in  welcher 
die  meisten  Fichten  schon  zu  weit  oder  umgekehrt  noch  nicht  weit 
genug  in  der  Triebbildung  vorgerückt  sind,  um  von  den  Sporidien 
inficirt  werden  zu  können.  Mit  Ausnahme  eines  Fichtenbestandes 
im  sächsischen  Erzgebirge  habe  ich  denn  auch  noch  nie  einen  sehr 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  151 

empfindlichen  Schaden  durch  Chrysomyxa  Abietis  beobachtet,  viel- 
mehr kommen  immer  wieder  Jahre,  in  denen  die  Krankheit  nur 
sehr  schwach  auftritt,  die  Fichten  einen  vollen  Jahrgang  von 
Nadeln  sich  zu  beschaffen  vermögen.  Ich  kann  mich  desshalb 
auch  nicht  für  die  von  Willkomm,  Frank  u.  A.  empfohlenen 
Maassregeln  zur  Bekämpfung  des  Pilzes  aussprechen,  da  ein  Aus- 
hieb der  erkrankten  Pflanzen  u.  dgl.  schlimmer  wäre,  als  das 
Uebel  selbst. 

Nicht  uninteressant  dürfte  die  Beobachtung  sein,  dass  in  dem 
strengen  Winter  1879/80  die  erkrankten  Nadeln  in  vielen  Gegen- 
den vertrockneten  und  die  Pilze  somit  nicht  zur  Entwicklung  ge- 
langten. Es  ist  ferner  nicht  selten  gleichzeitig  mit  der  Chryso- 
myxa das  Hysterium  macrosporum  auf  den  Nadeln  anzutreffen, 
wodurch  letztere  ebenfalls  in  der  Entwicklung  gestört  und  schwarz- 
fleckig  werden. 

Chrysomyxa  BJiododendri10). 

Der  Alpenrosenrost  ist  insofern  von  besonderem  Interesse, 
als  er  heteröcisch  ist,  seine  Teleutosporen-  und  Uredolager  in  Ge- 
stalt rundlicher  und  länglicher  kleiner  Polster  gruppenweise  auf 
den  Alpenrosenblättern  entwickelt,  während  die  Aecidien  (Aeci- 
dium  abietinum,  Fichtenblasenrost)  auf  den  Nadeln  der 
neuen  Fichtentriebe  zur  Entwicklung  gelangen. 

Das  Auftreten  der  Fichtenkrankheit  ist  somit  an  die  Gegen- 
wart der  Alpenrosen  Rhododendron  hirsutum  und  ferrugineum  ge- 
bunden, wenn  auch  selbstredend  durch  Regen  und  Wind  eine 
Verbreitung  der  Sporidien  aus  den  Hochlagen  in  die  Thäler  nicht 
ausgeschlossen  ist.  De  Bary,  dem  wir  die  Kenntniss  des  Ent- 
wicklungsganges dieses  Parasiten  verdanken,  hat  aber  auch  den 
Nachweis  geliefert,  dass  die  Aecidienform  entbehrlich  ist,  dass  da, 
wo  Fichten  fehlen,  die  Sporidien  auf  den  Blättern  der  Alpenrosen 
direct  keimen  und  Uredolager  erzeugen,  die  den  Pilz  im  Sommer 
erhalten  und  ausbreiten,  bis  im  Herbste  wiederum  Teleutosporen- 
lager  auf  den  Blättern  der  jüngsten  Alpenrosentriebe  entstehen. 
Diese  überwintern  und  im  nächsten  Frühjahr  erfolgt  durch  Aus- 
keimen der  Teleutosporen  ein  Sprengen  der  Blattepidermis 
(Fig.  86). 


in 


)  De  Bary,  Botanische  Zeitung  1879. 


152 


I.  Abschnitt. 


Die  Entwicklung  des  Parasiten  in  der  Fichtennadel  hat  an- 
fänglich Aehnlichkeit  mit  der  der  Chrysomyxa  Abietis,  doch  schon 
im  Juli  und  August  bemerkt  man  auf  dem  gelb  gefärbten  Nadel- 
theile  zuerst  zahlreiche  kleine  Pünktchen,  die  Sperrnogonien,  und 
bald  darauf  die  die  Epidermis  sprengenden  gelben  Blasen  der 
Aecidien,  welche  mit  denen  des  Kiefernblasenrostes  auf  den  Kiefern- 
nadeln grosse  Aehnlichkeit  besitzen  (Fig.  85).  Wenn  die  Peridien 
an  der  Spitze  aufplatzen,  dann  stäuben  im  August  und  September 
die  Aecidiensporen  in  so  grosser  Masse,  dass  beim  Schütteln  einer 
kranken  Fichte  eine  dichte  Sporenwolke  die  Luft  erfüllt.  Schon 
im    Laufe    desselben    Jahres    sterben    die    erkrankten    Nadeln    und 


Fig.  85. 

Fichtennadel  mit 
Sperrnogonien       und 
Aecidien  der  Chryso- 
myxa    Rhododendri. 


Fig.  86. 

Teleutosporenlager  von  ChrysomyxaRhododendri 

auf  Rhododendron  hirsutum,  nach  der  Sprengung 

der  Blattoberhaut  mit  sich  entwickelnden  Promy- 

celien  (nach  de  Bary). 


fallen  ab.  Dadurch  unterscheidet  sich  dieser  Parasit  sofort  von  der 
Chrysomyxa  Abietis,  die  auf  dem  Baume  im  unreifen  Zustande  über- 
wintert. An  den  Seitenzweigen  erkranken  meist  nur  die  der  oberen 
Seite  entspringenden  Nadeln.  Die  Nadeln  der  Unterseite  bleiben 
gesund,  weil  sie  durch  die  oberen  gegen  Infection  geschützt  waren. 

Chrysomyxa  Ledi11). 

Dieser  Parasit  erzeugt  auf  der  Fichte  dieselbe  Krankheitser- 
scheinung, wie  der  vorige,  seine  Teleutosporen  und  Uredosporen 
entwickeln  sich  dagegen  auf  den  Blättern  von  Ledum  palustre. 
Nach  brieflichen  Mittheilungen  tritt  der  Pilz    in  Russland  in  colos- 


ii 


)  De  Bary,  Botanische  Zeitung  1879. 


1 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  1&3 

saler  Verbreitung  auf,  neuerdings  wurde  er  mir  auch  aus  dem 
Regierungsbezirke  Königsberg  zugesandt.  Auch  in  anderen  Gegenden 
Deutschlands,  mit  Ausnahme  des  südlichen  Theiles,  ist  er  mehrfach  be- 
obachtet, selbstredend  nur  da,  wo  Kienporst  in  nächster  Nähe  auftritt. 
Von  den  nun  folgenden  Parasiten  sind  bisher  nur  die  Aecidien- 
formen  bekannt  und  bleibt  mithin  noch  die  Erforschung  des  Ent- 
wicklungsganges der  wohl  sämmtlich  heteröcischen  Pilzformen  der 
Folgezeit  vorbehalten. 

Isolirte  Aecidiumformen. 

Unter  denjenigen  Aecidienformen,  von  denen  uns  zur  Zeit  noch 
nicht  bekannt  ist,  zu  welchen  Teleutosporenformen  sie  gehören,  soll 
hier  nur  auf  die  an  Waldbäumen  auftretenden  Arten  aufmerksam 
gemacht  werden. 

Aecidium  (Peridermium)  elatinum12). 

Dieser  Parasit  bewohnt  und  erzeugt  die  sogenannten  Hexen- 
besen und  Krebsbeulen  der  Weisstanne,  die  überall  da  in 
Deutschland  zu  beobachten  sind,  wo  die  Weisstanne  in  Beständen 
auftritt.  Da  ich  an  1-  und  2-jährigen  Hexenbesen  immer  in  der 
nächsten  Nähe  der  Ansatzstelle,  wo  dieser  aus  einer  Knospe  der  Weiss- 
tanne sich  entwickelt  hatte,  kleine  Verwundungen  beobachtet  habe, 
darf  vorläufig  angenommen  werden,  dass  die  Infection  an  solcher 
Wundstelle  erfolgt.  Das  Mycelium  des  Pilzes  perennirt  im  Rinden- 
und  Bastgewebe  des  Stengels,  wächst  selbst  in  die  Cambialschicht 
und  in  den  Holzkörper  hinein  und  hat  einen  das  Wachsthum 
ungemein  fördernden  Einfluss.  Findet  die  Infection  an  einem 
Stamme  oder  Zweige  statt,  wo  keine  entwicklungsfähige  Knospen 
vorhanden  sind,  so  entsteht  daselbst  durch  die  gesteigerte  Wuchs- 
geschwindigkeit des  Cambiums  eine  beulenförmige  Anschwellung, 
die  sowohl  auf  gesteigertem  Holzwuchs  als  auf  stärkerer  Rinden- 
entwicklung beruht  (Fig.  87).  Mit  der  Verbreitung  des  Mycels  ver- 
grössern  sich  die  Beulen  oder  Krebsstellen  und  können  gewaltige 
Dimensionen  annehmen,  wenn  sie  am  Stamme  kräftiger  Bäume 
sich  befinden.  Das  Rinden-  und  Bastgewebe  erhält  an  solchen 
Stellen  aber  frühzeitig  Risse  (Fig.  88),  vertrocknet  auch  hier  und 
da  bis  auf  den  Holzkörper  und  es  wird  dadurch  im  Laufe  der  Zeit 


12 


)  De  Bary,  Botanische  Zeitung  1867. 


154 


I.  Abschnitt. 


dem  Eindringen  der  Holzparasiten  das  Thor  geöffnet.  Einer  der 
häufigsten  ist  der  Polyporus  fulvus,  der  eine  Weissfäule  hervor- 
ruft. Abbrechen  des  Stammes  bei  Sturm  und  Schneeanhang  sind 
oftmals  Folgen  dieser  Holzzersetzimg.  Man  findet  nicht  selten 
Beulen,    die    mit  Hexenbesen  in  keinem  Zusammenhang  gestanden 


Fig.  87. 

Weisstannenbeule  ohne  Hexen- 
besen.    Natur  1.  Gr. 

haben  (Fig.  87),  und  nie 
kommt  es  an  ihnen  zu  irgend 
welcher  Sporenentwicklung. 
Häufiger  erfolgt  die  In- 
fection  an  oder  in  nächster 
Nähe  einer  Knospe,  und  diese 
bildet  dann  nach  dem  Aus- 
treiben einen  jungen  Hexen- 
besen, d.  h.  einen  Zweig,  in 
dessen  Rinde  das  nachwach- 
sende Pilzmycel  eine  Wucherung,  und  in  dessen  jugendlichen  Nadeln 
der  Parasit  eine  solche  Veränderung  hervorruft,  dass  sie  viel  kleiner 
bleiben,  einen  mehr  rundlichen  Durchschnitt  und  fast  gar  kein 
Chlorophyll  zeigen.  Sie  bleiben  gelblich  und  auf  ihrer  Unterseite 
entstehen  Anfangs  August  zwei  Reihen  Aecidien,  die  Ende  August 
sich    öffnen    und    ihre    Sporen    ausstreuen    (Fig.  89).      Bald  darauf 


Fig.  88. 

Längsschnitt  durch  eine  31jährige  Weiss- 
tannenbeule, die  im  4  jährigen  Alter  durch 
Infection  entstanden  ist;  auf  der  rechten  Seite 
ist  der  Rindenkörper  in  der  Mitte  seit  3  Jahren 
abgestorben,  vertrocknet  und  abgebröckelt. 
Rinde  und  Holzkörper  des  inficirten  Theiles 
mit  gesteigertem  Wachsthum.    ljz. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


155 


sterben    die    Nadeln    und    fallen    ab.     Der    Hexenbesen    ist 
sommergrün.     Alljährlich    wandert    nun    das   Mycel    in    die 
Triebe    nach   und  ruft  dieselben  zuvor  geschilderten  Erschein 
hervor.     Die  Zweige  dieser  eigenthümlichen  Doppelwesen  ver 
sich    reichlich    und    streben    meist    aufwärts, 
so  dass  sie  als  völlig  selbstständige  Organis- 
men   den  gesunden  Tannenzweigen  aufsitzen, 
ähnlich  etwa  den  Mistelpflanzen.     Das  Mycel 
wandert    im   Rinden-    und   Bastgewebe    auch 
langsam   rückwärts    und    so    entsteht   an  dem 


somit 
neuen 


ungen 


Fig.  89. 

Tannenzweig  mit  2  jährigem  Hexenbesen  (a). 
Die  Fortentwicklung  des  Mycels  im  Gewebe 
des  Zweiges  hat  bei  b  eine  schlafende  Knospe 
ein  Jahr  später  zum  Austreiben  veranlasst. 
Der  vom  Mycel  bewohnte  Theil  des  Tannen- 
zweiges zeigt  starke  Anschwellung. 


Fig.  90. 

Siebenjähriger  Weisstannen- 
hexenbesen  im  Winterzu- 
stande, also  nadellos.  Der 
Tannenzweig,  auf  dem  er 
entstanden  ist,  ist  oberhalb 
der  Ansatzstelle  fast  ganz 
verkümmert. 


Stamme  oder  Zweige,  dem  der  Besen  aufsitzt,  eine  ebensolche  Beule 
oder  Krebsstelle,  wie  ich  sie  zuvor  beschrieben  habe  (Fig.  90).  Diese 
vergrössert  sich  selbstständig  auch  dann  noch,  wenn  der  Hexen- 
besen bereits  abgestorben  ist,  was  zuweilen  erst  nach  20  und  mehr 
Jahren    eintritt.     Es    ist   schon  in    jungen  Beständen    jeder  Baum, 


156 


I.  Abschnitt. 


an  dessen  Schaft  sieb  Krebsbeulen  zeigen,  bei  den  Durchforstungen 
zu  beseitigen  auch  dann,  wenn  er  zu  der  dominirenden  Stamni- 
klasse  gehört. 

Aecidium  strobilinum13). 

Dieses  Aecidium  entwickelt  sein  Mycelium  in  den  grünen, 
lebenden  Zapfen  schuppen  der  Fichte,  zerstört  die  Blüthentheile  und 
entwickelt    vorzugsweise    auf   der   inneren,    theilweise  auch  auf  der 


Fig.  91. 
Aecidien    von    Aeci- 
dium strobilinum  auf 
der    Oberseite    einer 
Fichtenzapfen- 
schuppe. 


/Z2r 

1      f* 

% 

7 

E 

u 

1 '.; 

f ': 

Fig.  92. 

Fichtenzapfen- 
schuppe ,  an  deren 
Aussenseite  sich  zwei 
helle  Narben  finden, 
auf  denen  die  Aeci- 
dien aus  Aec.  cono- 
rum  Piceae  gesessen 
haben. 


Fig.  93. 

Fichtenzweig,  an  dem  ein  Trieb  a  sich  normal 
entwickelt  hat,  zwei  Triebet  dagegen  durch  Aeci- 
dium coruscans  befallen  sind.  Alle  Nadeln  der 
erkrankten  Triebe  sind  kurz  und  fleischig  und 
zeigen  auf  den  beiden  oberen  und  unteren  Seiten 
die  Aecidien.  c  Die  Unterseite,  d  die  Oberseite 
einer  erkrankten  Nadel  mit  den  Aecidien,  deren 
Peridie  bei  c  noch  vorhanden,  bei  d  meist  abge- 
stossen  ist.    (c-  u.  d  doppelte  Grösse.) 


äusseren  Seite  der  Schuppen  dicht  gedrängt  die  halbkugeligen  dun- 
kelbraunen Aecidien,  die  sich  meist  durch  einen  Querriss  öffnen 
(Fig.  91).  Fallen  solche  Zapfen  zur  Erde,  so  geben  sie  sich  leicht  da- 
durch zu  erkennen,  dass  sie  auch  bei  feuchter  Witterung  „sperren", 
während  die  gesunden  Zapfen  dicht  geschlossen  bleiben.  Diese 
Zapfenkrankheit  kommt  überall  von  Norddeutschland  bis  in  die 
Vorberge  der  Alpen  vor. 

JS)  Reess,  Die  Rostpilzformen  der  deutschen  Coniferen. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


157 


Aecidium  conorum  Piceae13). 

Dieser  Zapfenpilz  ist  von  dem  vorigen  dadurch  verschieden, 
dass  auf  der  Aussenseite  der  Fichtenzapfenschuppen  nur  je  zwei 
grosse  Aecidien  stehen,  die  nach  dem  Aufplatzen  der  hellen  Peri- 
dien  und  nach  dem  Verstäuben  helle  Stellen  zurücklassen  (Fig.  92). 

Aecidium  coruscans14): 

Dieser  in  Schweden  und  Finnland  häufig  auf  der  Fichte 
vorkommende  Rostpilz  befällt  sämmtliche  Nadeln  junger  Triebe, 
welche  auf  ihrer  ganzen  Länge  oder  nur  stellenweise  aufplatzen, 
eine  goldgelbe  Farbe  zeigen,  mit  einer  Peridie  bekleidet  sind  und  in 
ihrer  Gesammtheit  den  Trieb  als  fleischigen  Zapfen  erscheinen  lassen 
(Fig.  93).  Diese  Zapfen  werden  unter  dem  Namen  „Mjölkomlor" 
in  Schweden  gegessen. 


Caeoma   Abietis   pectinatae15) 

hat  mit  dem  Blasen-  oder  Säulenrost,  Aecid.  colum- 
nare  (Melampsora  Goeppertiana)  grosse  Aehnlich- 
keit,  unterscheidet  sich  von  ihm  durch  das  Vor- 
kommen zahlreicher  Spermogonien  und  durch  das 
Fehlen  der  Peridie  und  tritt  auf  der  Unterseite 
der  Tannennadeln  in  Gestalt  meist  länglicher, 
gelber  Sporenlager  zu  beiden  Seiten  der  Mittelrippe  Fig.  94. 

auf  (Fig.  94).      Er   ist   in    den   bayerischen   Alpen        Weisstannen- 

,    .       ,         „,  .  ,  i     •    T-»  l  i       •.  nadelrost.Caeoina 

und  in  den   Waldungen  bei  rassau  sehr  verbreitet     Abietis  pectinatae 

und    wohl    überall    da   zu   finden,    wo    die   Weiss-     auf  Tannennadel. 

tanne  zu  Hause  ist. 

Abfallen    der    erkrankten  Nadeln    im    ersten  Jahre   ist  der  an 

sich  nicht  erhebliche  Schaden,   der  durch  ihn  veranlasst  wird. 


§  18.    Hymenoniycetes.     (Hutpilze.) 

Die  Hutpilze  gehören  zum  grössten  Theile  zu  den  Fäulniss- 
bewohnern und  entwickeln  ihr  Mycelium  in  der  humusreichen  Boden- 
schicht   oder  im  Innern  abgestorbener  Pflanzentheile,    insbesondere 


u)  Reess,  Die  Rostpilzformen  S.  100. 
,5)  Reess,  Die  Rostpilzformen  S.  115. 


|58  I-  Abschnitt. 

auch  in  todtem  Holze,  während  die  Fruchtträger  oft  in  gewaltiger 
Grösse  auf  der  Bodenoberfläche  oder  ausserhalb  der  Pflanze  zum 
Vorschein  kommen.  Nur  eine  relativ  geringe  Anzahl  der  Hutpilze 
ist  zweifellos  parasitären  Charakters  und  für  eine  grosse  Anzahl 
wird  erst  die  genauere  Untersuchung  ergeben,  ob  sie  zu  den  Para- 
siten oder  Saprophyten  zu  zählen  sind.  Das  Charakteristische  in 
der  Sporenbildung  besteht  darin,  dass  diese  zu  je  vier  auf  der 
Spitze  von  Basidien  simultan  erzeugt  werden  und  diese  Basidien 
eine  mehr  oder  weniger  dicht  gedrängte  Schicht  (Hymenium) 
auf  einem  Theile  oder  auf  der  ganzen  Oberfläche  des  Fruchtträgers 
darstellen. 

Exobasidium. 

Die  Gattung  Exobasidium  erzeugt  charakteristische  Gallen- 
bildunffen  auf  Blättern,  Blüthen  und  Stengeln  verschiedener  Holz- 
pflanzen,  und  die  Basidien  des  vorwiegend  intercellularen  Mycels 
drängen  sich  zwischen  die  Epidermiszellen  nach  aussen,  um  hier 
auf  der  Oberfläche  eine  Hymenialschicht  zu  bilden.  Ein  eigent- 
licher Fruchtträger  kommt  gar  nicht  zu  Stande. 

Exobasidium   Vaccinii16). 

Dieser  Parasit  erzeugt  auf  Vaccinium  Vitis  idaea,  Vaccinium 
Myrtillus  und  uliginosum  Anschwellungen  der  Blätter,  Blüthen  und 
Stengel,  die,  theils  schön  weiss,  theils  hellrosafarben,  von  den  durch 
Melampsora  Goeppertiana  verursachten  Anschwellungen  sich  da- 
durch unterscheiden,  dass  sie  von  den  Sporen  weiss  bereift  er- 
scheinen, während  bei  jenen  die  glänzende  Oberhaut  das  Sporen- 
lager bedeckt,  dass  sie  ferner  mehr  an  der  Unterseite  der  Blätter 
oder  an  der  Blüthentraube  als  am  Stengel  entstehen  (Fig.  95).  Die 
mikroskopische  Untersuchung  lässt  sofort  erkennen,  dass  an  der 
Spitze  der  keulenförmigen  Basidien  auf  vier  zarten  Sterigmen  die 
langen  etwas  gekrümmten  Sporen  stehen. 

Auf  den  Blättern  der  Alpenrosen  bildet  derselbe  Pilz,  der 
früher  als  besondere  Art  Exob.  Rhododendri  beschrieben  wurde,  die 
bekannten  „Alpenrosenäpfel"  (Fig.  96).  Sie  haben  die  grösste 
Aehnlichkeit  mit  manchen  Cynipsgallen  der  Eichenblätter  und  sind 
im  ganzen  Alpengebiet  verbreitet,  soweit  die  Alpenrosen  vorkommen. 

16)  YVorcmin,  Verhandl.  der  naturf.  Gesellsch.  zu  Freiburg  1867  IV. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


159 


Traraetes  radiciperda17). 

Der  gefährlichste  Parasit  der  Nadelholzbestände  ist  zweifellos 
die  Traraetes  radiciperda,  insofern  sie  nicht  allein  die  am  meisten 
gefürchtete  Art  der  Rothfäule,  sondern  auch  vorzugsweise  das 
Lückigwerden  der  Nadelholzwaldungen  in  jüngerem  oder  höherem 
Alter  veranlasst.  Sie  ist  von  mir  bisher  an  verschiedenen  Kiefern- 
arten, insbesondere  Pinus  silvestris  und  Strobus,  dann  vorzüglich 
an  Picea  excelsa,  Abies  pectinata,  Juniperus  communis  etc.  beobachtet 
worden.     Zwar  fand  ich  auch  zuweilen  Fruchtträger  an  den  Wurzeln 


Fig.  95. 

Zweig  von  Vacciniuni  Vitis  idaea  mit 
Fruchtlagern  von  Exobasidium  Vaccinii 
auf  den  Blättern  a  a  und  im  Stengel. 


Fig.  96. 

Alpenrosenäpfel     auf    Rhododendron 
hirsutum. 


alter  Stöcke  von  Betula,  an  von  Mäusen  beschädigten  Rothbuchen, 
doch  ist  mir  noch  zweifelhaft,  ob  sie  an  Laubhölzern  als  Parasit  auftritt. 
Die  Krankheit  tritt  nicht  selten  schon  in  5 — 10jährigen  Scho- 
nungen, doch  auch  noch  in  100jährigen  Beständen  auf,  und  sieht 
man  hier  und  da  einzelne  Pflanzen  blassgrün  werden  und  plötzlich 
nach  freudigem  Wüchse  absterben.  Wir  werden  sehen,  dass  ganz 
ähnliche  Symptome  der  Erkrankung  bei  den  durch  Agaricus  melleus 

17)  R:  Hartig,   Zersetzungserscheinungen   des  Holzes  pag.  14ff.  Taf.  I — IV. 

Unter  dem  Namen  Polyp,  annosus  Fr.  ist  eine  Mehrzahl  verschiedener  Pilz- 
arten, darunter  auch  die  Trametes  radiciperda  beschrieben.  Diese  Beschreibung 
ist  aber  erst  in  der  2.  Auflage  von  Fries  Systema,  welche  einige  Jahre  später 
erschien,  als  ich  die  Tr.  radiciperda  beschrieben  hatte,  in  genügender  Genauigkeit 
enthalten.  Dem  Namen  Tr.  rad.  gebührt  desshalb  auch  die  Priorität  und  ist  vor- 
zuziehen, weil  jede  Verwechselung  ausgeschlossen  ist. 


160 


I.  Abschnitt. 


inficirten  Pflanzen  zu  beobachten  sind.  In  der  Nähe  einer  ge- 
tödteten  Pflanze,  mag  diese  auf  dem  Stocke  verblieben  oder  gefällt 
worden  sein,  sterben  bald  darauf  andere  Bäume  ab  und  so  greift 
im  Laufe  der  Jahre  in  centrifugaler  Richtung  das  Absterben  weiter 
um  sich.  Es  entstehen  grosse  Lücken  und  Blossen  in  dem  zuvor 
völlig  geschlossenen  Bestände.  In  der  Regel  zeigt  sich  anfänglich 
in    einem  Bestände    nur    eine    oder    eine    sehr  geringe  Anzahl  von 


Fig.  97. 

Fichtenwurzel    mit   Fruchtträger    der 
Trametes  radiciperda.    Vi- 


Fig.  98. 

Mycelbildungen  der  Trametes 
radiciperda  auf  Fichtenwurzel, 
deren  äussere  Rindenschuppen 
im  unteren  Theile  entfernt  sind, 
so  dass  das  häutige  Mycel  bei 
aa  erkennbar  ist,  während  im 
oberen  Theile  nurMycelpolster/» 
zwischen  den  Schuppen  hervor- 
stehen.   2/i  • 


kranken  Stellen,  haben  diese  einige  Jahre  sich  vergrössert,  dann  sieht 
man  überall  zerstreut  im  Bestände  neue  Krankheitsheerde  entstehen. 
Untersucht  man  die  abgestorbenen  Bäume  an  den  Wurzeln, 
so  findet  man  bei  den  Kiefern  meist  nahe  der  Bodenoberfläche  am 
Wurzelstocke  oder  auch  an  tiefer  eingedrungenen  Wurzeln,  bei  der 
Fichte  vorherrschend  nuir  an  den  Wurzeln  die  auf  der  Hymenial- 
fläche  schneeweissen  Fruchtträger  (Fig.  97),  die  als  sehr  kleine  gelb- 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  161 

weisse  Pilzpolster  zwischen  den  Rindenschuppen  hervortreten,  mit 
ähnlichen  Nachbarpolstern  zu  eins  verschmelzen  und  ausnahmsweise 
zu  30 — 40  cm  Grösse  heranwachsen.  Zwischen  den  Rindenschüpp- 
chen  erkennt  man  sich  verästelnde  Mycelhäute,  die  von  den 
Mycelbildungen  des  Agaricus  melleus  durch  äusserste  Zartheit  sich 
unterscheiden  (Fig.  98).  Sie  erreichen  kaum  die  Stärke  des  feinsten 
Seidenpapiers  und  nur  da,  wo  sie  zwischen  den  Rindenschuppen 
hervorwachsen,  schwellen  sie  zu  gelbweissen  Pilzpolstern  von  Steck- 
nadelknopf- bis  Erbsengrösse  an.  Die  Wurzeln,  und  von  ihnen 
ausgehend  das  Stamminnere  bis  zu  bedeutender  Höhe  hinauf 
ist  verfault  (rothfaul)  (Taf.  Fig.  1).  Nur  bei  der  gemeinen  Kiefer 
steigt  die  Fäulniss  über  die  Stockhöhe  im  Stamme  nicht  weiter 
empor. 

Die  Lebensweise  des  Parasiten  ist,  in  der  Kürze  dargestellt, 
folgende.  Die  in  der  Hymenialschicht  der  unterirdischen  Frucht- 
träger entstehenden  Sporen  werden  in  der  Regel  nur  dann  weiter 
sich  verbreiten,  wenn  sie  verschleppt  werden.  Da  Fruchtträger 
vorzugsweise  da  entstehen,  wo  Mäusegänge  an  kranken  Wurzeln 
vorübergehen,  so  liegt  der  Gedanke  nahe,  dass  die  Mäuse  oder 
andere  in  Erdhöhlungen  lebende  Thiere  in  ihrem  Pelze  die  Sporen 
verschleppen  und  gelegentlich  an  gesunde  Wurzeln,  vielleicht  weit 
entfernt  von  dort,  abstreifen.  Die  Sporen  keimen  leicht  in  feucht- 
warmer Luft  und  das  Mycel  kann,  zwischen  Rindenschuppen  ein- 
dringend, hier  oder  da  in  das  lebende  Rindengewebe  gelangen. 
Von  nun  an  schlägt  es  einen  zweifachen  Entwicklungsgang  ein. 
Es  dringt  in  den  Holzkörper  und  wächst  mit  grosser  Geschwindig- 
keit in  diesem  stammaufwärts.  Eine  violette  Färbung  des  Holzes 
ist  das  äussere  Symptom  für  den  Zersetzungszustand,  in  welchem 
der  Inhalt  der  parenchymatischen  Zellen  durch  die  Fermentwirkung 
des  Mycels  getödtet  und  gebräunt  wurde.  Diese  verschwindet  mit 
dem  Verlust  des  plasmatischen  Zellinhalts  und  eine  hellbräunlich- 
o-elbe  tritt  an  deren  Stelle,  wobei  einzelne  schwarze  Flecken  zu- 
rückbleiben.  Diese  umgeben  sich  später  mit  einer  weissen  Zone, 
und  gleichzeitig  wird  das  Holz  immer  leichter  und  schwamm- 
artiger. Zuletzt  entstehen  zahlreiche  Löcher,  das  Gewebe  zerfasert, 
ist  wasserreich  und  hellbraungelb,   nie  schwarzbraun. 

Die  Pilzhyphen  wachsen  im  Innenraum  der  Holzelemente  auf- 
wärts,  durchbohren  mit  Leichtigkeit  die  Zellwandungen  und  indem 

11 


162  I-  Abschnitt. 

sie  sich  seitlich  verästeln,  gelangen  sie  auch  in  die  Markstrahl- 
zellen und  in  die  Nachbarfasern.  Die  erste  wahrnehmbare  Verän- 
derung des  Holzes  äussert  sich,  wie  schon  oben  gesagt,  in  Bräunung 
und  theilweisem  Verbrauch  des  Inhaltes  der  lebenden  Zellen,  so- 
dann erfolgt  eine  vom  Lumen  nach  aussen  fortschreitende  Umwand- 
lung der  Holzwandung  in  Cellulose,  die  schnell  völlig  aufgelöst 
wird,  bis  zuletzt  auch  das  zarte  Skelett  der  Mittellamelle  ver- 
schwindet. Stellenweise  erfolgt  dieser  Process  mit  grösserer  Ge- 
schwindigkeit. Es  finden  sich  nämlich  hier  und  da  in  unmittelbarer 
Nachbarschaft  der  Markstrahlen  die  Tracheiden  mit  einer  braunen 
Flüssigkeit  erfüllt,  die,  wahrscheinlich  aus  den  Markstrahlen  stam- 
mend, das  Pilzmycel  sehr  üppig  ernährt  und  bräunt,  so  dass  ein 
Mycelnest  von  brauner  Farbe  entsteht.  Von  diesem  wird  dann 
eine  so  energische  Fermentwirkung  ausgeübt,  dass  die  incrustiren- 
den  Substanzen  aus  den  benachbarten  Tracheiden  vollständig  ver- 
schwinden und  diese  auf  mehrere  Millimeter  Entfernung  hin  völlig 
in  Cellulose  umgewandelt  und  dadurch  farblos,  d.  h.  weiss  werden. 
Es  löst  sich  dann  fast  unmittelbar  nach  der  Umwandlung  in  Cellu- 
lose die  Mittellamelle  vollständig  auf  und  die  einzelnen  Holzor- 
gane werden  isolirt,  so  dass  sie  wie  Asbestfäden  bei  Berührung 
mit  einer  Nadel  zerfallen.  Sie  werden  allmälig  aufgelöst  und  es 
entstehen  immer  grösser  werdende  Löcher  in  der  mürben  Holz- 
substanz. 

Während  in  vorstehend  dargestellter  Weise  die  Zersetzung  des 
Holzes  zuweilen  bis  in  einer  Höhe  von  8  m  und  mehr  durch  das 
Holzmycel  herbeigeführt  wird,  wandert  der  Parasit  im  Rinden- 
gewebe weit  langsamer  vorwärts  und  hat  hierselbst  drei  ver- 
schiedene Erscheinungen  zur  Folge.  Indem  das  Mycel  von  der 
Infectionsstelle  aus  sowohl  der  Wurzelspitze  als  dem  Stamme  zu- 
wächst, tödtet  es  die  Rinde  und  damit  die  Wurzel,  und  wenn  es 
nach  Verlauf  einiger  Jahre  den  Stamm  erreicht  hat,  tritt  es  vom 
WWzelstock  aus  auch  an  die  bisher  gesund  gebliebenen  Wurzeln. 
Sobald  diese  nun  von  der  Krankheit  ebenfalls  ergriffen  worden 
sind,  stirbt  der  Baum  ab.  Eine  zweite  Function  des  Rindenmycels 
besteht  in  der  Bildung  der  Fruchtträger,  die  hier  und  da  an  den 
Wurzeln  oder  am  Wurzelstock  zwischen  den  Rindenschuppen  her- 
vortreten und  zur  Entstehung  neuer  kranker  Stellen  im  Walde 
führen,  wie  das  bereits  zuvor  dargestellt  wurde. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


163 


Fig.  99. 

Infection  einer  gesunden  Fichtenwurzel 
durch  eine  schwächere,  dieselbe  berüh- 
rende, welche  von  Trametes  radiciperda 
getödtet  worden  ist.  Von  der  Contact- 
stelle  ist  beiderseits  die  Erkrankung  so- 
weit vorgeschritten,  als  die  Figur  dunkel 
gezeichnet  worden  ist.    1/s  der  natürl.  Gr. 


Eine  dritte  Function  ist  die  Verbreitung  der  Krankheit  unter 
der  Erde  durch  Mycelinfection.  Da,  wo  eine  kranke  Wurzel  in 
Berührung  mit  einer  gesunden  Wurzel  eines  Nachbarbaumes  tritt 
(Fig.  99)  oder  wohl  gar  mit  dieser  verwachsen  ist,  was  ja  im  ge- 
schlossenen Waldbestande  ungemein  oft  beobachtet  werden  kann, 
da  wächst  das  Mycel,  welches  zwischen  den  Schuppen  in  Gestalt 
kleiner  Polster  hervortritt,  in  die  Rinde  des  Nachbarbaumes  hin- 
ein, und  ist  es  leicht,  einen 
Baum  künstlich  zu  inficiren, 
wenn  man  ein  Rindenstück  mit 
lebendem,  noch  zuwachsfähigem 
Mycel  auf  dessen  Wurzelrinde 
auflegt  und  festbindet. 

Durch  unterirdische  Ver- 
breitung des  Mycels  von  Stamm 
zu  Stamm  entstehen  jene  Blossen 
in  den  Waldungen,  die  sich  all- 
jährlich,   durch    Absterben    der 

Randbäume  vergrössern,  ohne  dass  man  früher  irgend  eine  Ursache 
dieser  Erscheinung  angeben  konnte.  Die  Krankheit  gehört  desshalb  zu 
den  gefährlichsten  Formen  der  „Rothfäule",  weil  die  Holzverderbniss 
schnell  und  weit  im  Stamm  aufwärts  steigt  und  zugleich  den  Tod  der 
Bäume  nach  sich  zieht.  Sie  ist  in  den  Kiefernwaldungen  Norddeutsch- 
lands ebenso  verbreitet,  wie  in  den  Fichtenbeständen  zumal  der  Vor- 
berge, jedoch  mit  dem  Unterschiede,  dass  die  Kiefern,  wenn  sie  vom 
Parasiten  getödtet  werden,  meist  nur  in  den  Wurzeln  todt  und  faul 
sind,  dass  aber  der  Stamm  mit  Ausschluss  des  Wurzelanlaufes  keine 
Zersetzungserscheinungen  erkennen  lässt.  Im  Wurzelstock  pflegt 
das  Holz  stark  verharzt  zu  sein,  und  glaube  ich  nicht  zu  irren, 
wenn  ich  in  dem  reichen  Harzgehalte  der  Kiefer  gerade  im  unteren 
Stammtheile  ein  Hemmniss  für  das  Emporwachsen  des  Pilzmycels 
erblicke.  Bei  der  harzärmeren  Weymouthskiefer  steigt  die  Holz- 
zersetzung hoch  im  Stamme  empor. 

Es  erscheint  nothwendig,  schon  von  Jugend  auf  in  den  Nadel- 
holzbeständen die  kranken  oder  getödteten  Pflanzen  zu  entfernen. 
In  älteren  Beständen  kann  man  die  erkrankte  Stelle  durch  schmale 
Stich  graben  isoliren,  indem  man  in  diesen  Gräben  alle  Wurzeln 
durchsticht  oder  durchhaut.    Selbstredend  wird  man,  um  den  Zweck 

11* 


1(34  I-  Abschnitt. 

zu  erreichen,  den  Graben  soweit  von  der  Blosse  in  den  Bestand 
verlegen,  dass  voraussichtlich  alle  bereits  erkrankten  Bäume  mit 
eingeschlossen  werden.  Es  genügt  in  der  Regel,  wenn  man  die 
nächsten  Randbäume  der  Blosse  mit  einschliesst.  Bemerkt  der 
Arbeiter,  dass  eine  todte  Wurzel  den  Graben  kreuzt, 
dann  muss  an  dieser  Stelle  der  Graben  etwas  weiter  in 
den  Bestand  verlegt  werden,  weil  sonst  die  Arbeit  ver- 
geblich sein  würde.  So  unfehlbar  dieses  Verfahren  ist,  wenn 
es  correct  ausgeführt  wird,  so  schwer  ist  es,  die  correcte  Aus- 
führung im  Grossen  zu  überwachen,  so  dass  ich  Bedenken  trager 
dieses  Verfahren  als  im  wirthschaftlichen  Betriebe  ausführbar  noch 
weiter  zu  empfehlen.  Der  Einwand,  dass  im  Graben  sich  die 
Fruchtträger  entwickeln,  erscheint  nicht  stichhaltig,  da  es  ein 
Leichtes  ist,  alljährlich  einmal  die  Gräben  zu  revidiren  und  die 
Fruchtträger  zu  beseitigen.  Ist  in  einem  Bestände  der  Pilz  schon 
an  vielen  Stellen  zu  bemerken,  dann  hilft  auch  die  sorgfältigst 
durchgeführte  Isolirung  nicht  mehr.  Die  Blossen  sind  entweder 
mit  Laubholz  aufzuforsten,  oder  wo  dies  aus  irgend  einem  Grunde 
unthunlich  erscheint  und  man  zum  Nadelholz  greifen  muss,  da  sind 
die  jungen  Aufforstungen  im  Auge  zu  behalten,  um  rechtzeitig 
neuen  Erkrankungen  durch  Ausreissen  der  inficirten  Pflanzen  zu 
begegnen. 

Trametes  Pini20). 

Dieser  Parasit  ist  in  den  Kiefernbeständen  Norddeutschlands 
ungemein  verbreitet,  in  Süddeutschland  ist  er  weniger  häufig  und 
tritt  hier  besonders  in  Fichtenbeständen  auf.  Er  kommt  ferner  in 
den  Fichtenbeständen  des  Harzes,  Thüringerwaldes,  Schlesiens 
und  endlich  auch  in  Lärchen-  und  Tannenbeständen  des  Riesenge- 
birges vor. 

Er  erzeugt  die  sogenannte  Rindschäle,  Ringschäle  oder 
Kernschäle,  die  fast  immer  von  den  Aesten,  also  meist  von  der 
Krone  der  Bäume  ausgeht. 

Die  braunen,  holzigen,  ein  Alter  von  50  Jahren  erreichenden 
Fruchtträger  kommen  bei  der  Kiefer  und  Lärche  nur  an  Ast- 
stellen   (Fig.    100),    bei    den   Fichten    und  Tannen   auch  direct  aus 


'-'°)  R.   Hartig,    Wichtige    Krankheiten    d.  Waldbänme    S.  43.     Zersetzungs- 


erscheinungen S.  32  Taf.  V  u.  VI. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


165 


der  Rinde    hervor,    und   variirt   ihre  Gestalt   zwischen  Krustenform 
und  Console. 

Die  an  diesen  Fruchtträgern  alljährlich  entstehenden  Sporen 
werden  durch  den  Wind  zerstreut,  und  wenn  sie  auf  eine  frische 
Astwundstelle  gelangen,  welche  durch  Harzüberzug  nicht  geschützt 
ist,  so  dringt  der  Keimschlauch  ein  und  wächst  in  den  Holzstamm, 


Fig.  100. 

Kiefern  stammstück  mit  Fruchtträger  von  Trametes  Pini. 
a  Gesundes  Splintholz,    b  Verkientes  Holz  in  der  Nähe  des  Frucht- 
trägers,    c  Zersetztes  Holz,     d  Sporenerzeugende  Kanäle,     e  Zuge- 
wachsene  ältere   Kanäle.    /  Gezonte   Oberseite.     '/2   natürl.  Grösse. 

theils  aufwärts,  theils  abwärts  wandernd.  Jüngere  Bäume  sind 
desshalb  vor  Infection  gesichert,  weil  etwaige  Verwundungen  sehr 
schnell  durch  austretendes  Terpentinöl  geschützt  werden.  Erst  von 
dem  Alter  an,  in  welchem  ein  wasserarmes  Kernholz  sich  bildet, 
tritt  dasselbe  nicht  mehr  aus  dem  mittleren  Theile  einer  Astwunde 
hervor,    derselbe    wird    angriffsfähig    für    Pilzsporen    und    desshalb 


166 


I.  Abschnitt. 


sieht    man    diese    Zersetzung    meist    erst    nach    dem   50  sten   Jahre 

auftreten. 

Das  Mycel  wächst  mit  Vorliebe  in  der  Längsrichtung  des 
Stammes,  die  Verbreitung  in  horizontaler  Rich- 
tung erfolgt  mit  grösserer  Geschwindigkeit  inner- 
halb derselben  Jahresringe  und  so  kommt  es, 
dass  oftmals  die  Zersetzung  als  Kingschäle 
auftritt,  d.  h.  in  peripherischen  Zonen  um  einen 
Theil  oder  um  den  ganzen  Stamm  stärker  vor- 
geschritten ist.  Das  Holz  färbt  sich  zunächst 
etwas  tiefer  rothbraun,  sodann  treten  hier  und 
da  weisse  Flecke  oder  Löcher  auf,  die  zumal 
bei  der  Kiefer  gern  im  Frühjahrsholze  desselben 
Jahresringes  bleiben  und  sich  in  der  Längs- 
achse des  Stammes  vergrössern,  so  dass  die 
harzreichen  Herbstholzzonen  lange  Zeit  hindurch 
allein  übrig  bleiben,  bevor  auch  sie  der  Zer- 
setzung anheimfallen.     (Taf.  Fig.  2.) 

Auf  der   Grenze   zwischen   Splint   und   zer- 
setztem Holze  bildet  sich  eine  harzreiche  Zone, 
die  dem  Vorrücken  des  Pilzmycels  nach  aussen 
hindernd  entgegentritt.     Nur  bei  der  harzarmen 
Fig.  101.  Tanne  und  an  Fichtenästen  fehlt  diese  Zone  an 

Tracheide  von  Pinus  den   mir   vorliegenden  Objecten,    wesshalb    auch 

silvestris,  durch  Tra-  -i         -n-i       i  •  o*     n  i  v  l  •    „• 

metes   Pini    zerstört.  der    Pllz     bis     zur    Rmde     imd     m     diese     hinein 

Die  primäre  Zellwand  leicht  vorzudringen  vermag.    Die  Fermentwirkung 

ist  bis   zu  a  a  völlig  i       t>  ••  •      •   u    j  •  „„  Di„u 

aufgelöst      Die    se-  des  " arasiten  äussert  sich  da,   wo  wTeisse  fetellen 

cundäre  und  tertiäre    auftreten,  ähnlich  der  bei  Tram,  radicip.  beschrie- 
Wandschicht    ist   im     ,  t\       ti   ^         &       •    l  i        xxt       i 

unteren    Theile    nur    benen-     Der  Holzstoff  wird   aus    der   Wand  ex- 

noch    aus    Cellulose    trahirt  und  reine   Cellulose   bleibt   zurück.     Die 
die  C  ^Kaikkörnchen    Mittellamelle   löst  sich  alsbald  nach  Verlust  des 

deutlich      erkennbar    Holzstoffes   völlig   auf,    so    dass    die    Tracheiden 
werden  b.    Pilzfäden  -,  ..,,.  s.    a-  •     v  ;  ^ 

c    durchbohren    die    vor      der     völligen     Auflosung     isolirt     werden 

Wände    und  hinter-    (Fig.  101  aa — b).     Die    das  Lumen   begrenzende 

lassen  Löcher d und e.     .  t  n  i  »ii.       •   u  i-        j.  i 

innerste   Lamelle    erhalt    sich   am   längsten    und 

zeigt    vor    der   Auflösung    eine    feine   Körnelung,    welche    von    den 

Aschenbestandtheilen  der  Wandung  herrührt. 

Zur    Fruchtträgerbildung    kann    es    erst   dann    kommen,    wenn 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  Jß7 

sich  der  Pilz  im  Innern  des  Baumes  reich  entwickelt  hat;  es 
wandert  dann  das  Mycel  an  solchen  Stellen,  wo  todte  Aststutzen 
die  Splintschicht  durchsetzen,  nach  aussen  und  entstehen  dort  die 
Fruchtträger,  nach  deren  gewaltsamer  Entfernung  sich  in  der  Regel 
eine  Mehrzahl  neuer  Fruchtträger  in  kurzer  Zeit  bildet. 

Es  ist  desshalb  auch  mit  der  Beseitigung  dieser  nicht  gedient, 
vielmehr  müssen  die  „Sehwammbäume"  bei  den  Durchforstungen 
und  „Totalitätshauungen"  immer  entfernt  werden.  Man  beseitigt 
damit  die  Gefahr  der  Infection  und  nützt  den  Stamm  noch,  bevor 
er  völlig  durch  die  fortschreitende  Zersetzung  entwerthet  ist.  Oft- 
mals ist  die  Krankheit,  wenn  schon  „Schwämme"  am  oberen 
Schafte  zum  Vorschein  kommen,  in  den  unteren  werthvollen  Stamm- 
theil  nicht  hinabgestiegen  und  kann  nach  Ablängung  des  oberen 
Theiles  noch  ein  gutes  Nutzende  liegen  bleiben.  Wartet  man  mit 
der  Wegnahme  der  Schwammbäume  bis  zum  Abtriebe  des  Be- 
Standes,  dann  erhält  man  nur  sehr  geringwerthiges  Anbruchholz. 
Selbstredend  ist  auch  dem  frevelhaften  Abreissen  oder  Absägen 
grüner  Aeste  zu  steuern,  um  die  Möglichkeit  der  Infection  zu  ver- 
mindern. Alte,  von  selbst  abgestorbene  Aeste  können  von  dem 
Pilze  nicht  angegriffen  werden. 

In  der  Nähe  der  Städte  und  Dörfer,  wo  viel  gefrevelt  wird, 
zeigt  sich  diese  Krankheit  am  häufigsten,  ebenso  in  Bestandeslagen, 
welche  dem  Winde  stark  exponirt  sind  und  somit  häufige  Ast- 
brüche zeigen. 

Polyporus  fulvus21). 

Der  Polyporus  fulvus  erzeugt  eine  Art  von  Weissfäule  an 
Tannen  und  Fichten,  und  tritt  besonders  gern  in  Verbindung 
mit  der  Weisstannenkrebskrankheit  auf.  Offenbar  erfolgt  die 
Infection  in  der  Natur  mit  Vorliebe  an  solchen  Stellen  der 
Krebsbeulen,  wo  die  Rinde  aufgeplatzt  ist  und  der  Holzkörper 
frei  liegt.  Das  Mycel  ist  anfänglich  sehr  kräftig,  hat  eine  gelbliche 
Farbe  und  entwickelt  zahlreiche  kurze  Seitenäste,  die  darmartig 
verschlungen  sind  und  gern  den  Hofraum  der  Tracheiclentüpfel  aus- 
füllen. Von  diesem  kräftigen  Mycel  entspringen  einzelne  äusserst 
zarte  Seitenhyphen,  welche  sehr  feine  Bohrlöcher   in  den  Wandun- 


21)  R.  Hartig,  Die  Zersetzungserscheinungen  des  Holzes.    Seite  40  ff. 


Jß3  I-  Abschnitt. 

gen  veranlassen.  Erst  in  höheren  Zersetzungsstadien  sieht  man, 
dass  die  Mittellamelle  zuerst  verschwindet  und  dann  die  inzwischen 
schon  sehr  verdünnten  inneren  Wandungen,  die  einige  Zeit  hindurch 
isolirt  sind,  aufgelöst  werden.  In  diesem  Stadium  ist  das  Mycel 
von  äusserster  Feinheit.  Das  "Weisstannenholz  erscheint  gelblich 
und  zeigt  bei  genauer  Betrachtung  auf  glattem  Schnitte  längliche 
helle  Flecken.  Auf  der  Grenze  gegen  das  gesunde  Holz  veranlassen 
die  kräftigen,  gelbgefärbten  Hyphen  die  Entstehung  dunkler  schmaler 
Linien.     (Taf.  Fig.  4.) 

Da  das  Weisstannenholz  nicht  im  Stande  ist,  durch  Bildung 
einer  stärkeren  Harzzone  das  Vordringen  des  Mycels  in  die  jüngsten 
Holzschichten  zu  verhindern,  so  wächst  dasselbe  auch  leicht  nach 
aussen  in  den  Rindenkörper  hinein  und  treten  auf  diesem  durch 
gleichmässiges  Hervorwachsen  des  Mycels  die  Fruchtträger  zum 
Vorschein.  Anfänglich  halbkugelförmig,  nehmen  sie  im  Laufe  der 
Jahre  immer  mehr  Consolenform  an.  Sie  sind  äusserlich  auf  der 
Hymenialfläche  gelbbraun,  im  Uebrigen  aschgrau,  fast  glatt,  ohne 
Zonen  und  nur  mit  äusserst  zarten  Punkten  oder  Grübchen  über- 
säet. Das  Innere  ist  löwengelb,  glänzend,  zeigt  deutliche  Zonen 
mit  Ausnahme  der  Porencanäle,  welche  alljährlich  sich  nach  unten 
verlängern,  ohne  irgend  welche  Zonen  zu  zeigen.  Die  Erfahrung, 
dass  Weisstannen  mit  Krebsbeulen  früher  oder  später  bei  Schnee- 
druck oder  Sturm  an  der  Krebsstelle  brechen,  hat  in  vielen  Re- 
vieren, z.  B.  im  württembergischen  Schwarzwalde,  dahin  geführt, 
bei  jeder  Durchforstung  alle  Krebsstämme,  auch  wenn  dies  dorni- 
nirende  Bäume  sind,  zu  fällen.  Dadurch  wird  der  Verbreitung  des 
Polyporus  fulvus  am  sichersten  entgegen  getreten. 

Polyporus  borealis22). 

Der  Polyporus  borealis  erzeugt  eine  höchst  eigenartige 
Weissfäule  der  Fichte,  die  ich  auch  im  Harze  beobachtete, 
die  in  den  Salzburger  und  bayerischen  Alpen  und  in  den  Fichten- 
beständen bei  München  die  verbreitetste  Zersetzungsform  der 
Fichte  ist.  Infection  und  Fruchtträgerbildung  erfolgen  oberirdisch. 
Die  Fruchtträger  fallen  durch  die  weisse  Färbung  schon  von  weitem 
auf,    sind    annuell,    mehr    oder    weniger  consolenförmig,    oft  in  der 


22)  R.  Hartig,  Zersetzungserscheinungen,  Seite  54  ff. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


169 


Mehrzahl  übereinander  stehend  und  untereinander  verwachsen.     Sie 

sind  sehr  wasserreich,  auf  der  Oberfläche  etwas  zottig,   ohne  Zonen. 

Das  Holz    verändert   seine  Farbe  in  Folge  der  Zersetzung  nur 


Fig.  102. 

Zersetzung  des  Fichtenholzes  durch  Polyporus  borealis. 
a  Tracheide  mit  üppig  entwickeltem  Mycel  in  einer  aus  den 
Markstrahlen  stammenden  braungelben  Flüssigkeit,  b  u.  c  Die 
Pilzfäden  sind  noch  bräunlich  gefärbt  und  sehr  kräftig  entwickelt. 
d  u.  e  Die  Wände  sind  schon  sehr  verdünnt,  vielfach  durch- 
löchert. Die  Pilzfäden  sind  schwächer  ernährt  und  sehr  fein. 
/  Die  Tipfei  sind  fast  völlig  zerstört,  g  u.  lt  Von  den  Wan- 
dungen sind  nur  noch  Reste  vorhanden.  Die  Zerstörung  der 
Hoftipfel  ist  von  i  bis  r  zu  verfolgen.  Bei  i  ist  der  Hoftipfel 
noch  intact,  bei  k  ist  die  eine  Wandung  des  Linsenraumes  schon 
grösstentheils  aufgelöst,  und  durch  eine  Kreislinie  deren  innere 
Begrenzung  zu  erkennen.  Bei  /  ist  die  eine  Seite  des  Hoftipfels 
ganz  aufgelöst.  Bei  in  bis  n  sieht  man  eine  Reihe  von  Tipfein, 
die  nur  noch  auf  einer  Seite  und  zwar  auf  der  mit  der  Schliess- 
haut  versehenen  eine  sehr  zarte  Wandung  zeigen,  auf  welcher 
bei  Anfertigung  des  Präparates  ein  Riss  entstanden  ist.  Von 
o  bis  r  sieht  man  Tipfei,  deren  beide  Wände  ganz  oder  theil- 
weise  aufgelöst  sind.  Nur  bei  p  und  q  sind  noch  die  ver- 
dickten Theile  der  Schliesshaut  zu  finden.  Bei  s  erkennt  man 
deutlich  die  streifige  Structur  der  beiden  Zellwände,  welche  unter 
einander  verbunden  die  gemeinsame  Tracheidenwand  darstellen. 
Bei  t  sieht  man  Pilzhyphen,  welche  die  Tracheiden  in  verticaler 
Richtung  durchziehen. 


170  I-  Abschnitt. 

wenig.  Es  wird  bräunlichgelb,  und  in  dem  Frühjahrsholze  eines 
jeden  Jahrringes  entstehen  in  senkrechten  Abständen  von  1  —  llj2m.m 
über  einander  horizontal  verlaufende,  von  Mycelium  erfüllte  Lücken, 
die  dem  Holze  ein  Ansehen  gewähren,  das  einigermaassen  dem 
feinsten  Schriftgranit  ähnelt.     (Taf.  Fig.  8.) 

Das  Holz  wird  dabei  immer  leichter  und  mürber,  zeigt  aber 
noch  im  letzten  Stadium  der  gänzlichen  Auflösung  jene  eigenartige 
Structur.  Wird  das  Holz  im  Anfange  seiner  Zersetzung  freigelegt, 
ohne  auszutrocknen,  dann  wächst  das  Mycel  nach  aussen  hervor 
und  bildet  weisse  Pilzhäute,  deren  Mycelfäden  vorwiegend  in  hori- 
zontaler Richtung  verlaufen. 

Wachsthum  und  zersetzende  Wirkung  ist  in  mehrfacher  Rich- 
tung charakteristisch.  Die  im  ersten  Stadium  der  Zersetzung  gelb 
gefärbten  kräftigen  Hyphen  (Fig.  102  a,  b)  werden  mit  vorschrei- 
tender Zersetzung  durch  immer  zartere  Fäden  ersetzt,  bis  zuletzt 
Hyphen  sich  bilden,  die  nur  bei  sehr  starken  Vergrösserungen  noch 
deutlich  erkennbar  sind.  Das  Mycel  hat  ein  ausgesprochenes  Be- 
streben, theilweise  in  horizontaler  Richtung  rechtwinklig  zur  Längs- 
axe  der  Organe  zu  wachsen  (Fig.  102  t),  und  hat  dies  insbesondere 
zur  Folge,  dass  jene  horizontalen  Lücken  im  Holze  entstehen. 
Wesshalb  diese  nur  in  bestimmten  Abständen  von  einander  sich 
bilden,  vermochte  ich  nicht  zu  ergründen.  Die  Auflösung  der 
Zellwände  erfolgt  vom  Lumen  aus,  nachdem  schichtenweise  eine 
Umwandlung  der  Holzsubstanz  in  Cellulose  vorangegangen  ist.  Die 
feine  Mittellamelle  widersteht  am  längsten  und  wird  erst  in  Cellu- 
lose verwandelt  und  aufgelöst,  nachdem  die  inneren  Wandungstheile 
völlig  verschwunden  sind. 

Polyporus  vapor arius23). 

Dieser  und  der  folgende  Parasit,  Pol.  mollis,  erzeugen  eine  Zer- 
setzung, welche  die  grösste  Aehnlichkeit  mit  der  durch  den  Haus- 
schwamm, Merulius  lacrymans,   hervorgerufenen  Zerstörung   besitzt. 

Polyp,  vaporarius  kommt  an  Fichten  und  Kiefern  ungemein 
häufig  vor,  inficirt  sowohl  Wurzeln  als  oberirdische  Wundflächen 
und  dringt  zumal  gern  an  Schälstellen  des  Rothwildes  ein.  Das 
Holz  wird  rothbraun,  trocken,  rissig  und  immer  ähnlicher  dem  halb 


23 


)  R.  Hartig,  Zersetzungserscheinungen,  Seite  45  ff.  Taf.  VIII. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


171 


(Taf. 


Fig. 


5).      Zwischen     den 


Fingern     ge- 


verkohlten Zustande 
rieben  zerfällt  es  in  ein  gelbes  Mehl.  Das  Pilzmycel  entwickelt 
sich  in  den  Spalten  oder  zwischen  todtem  Holz 
und  Rinde  gern  in  Gestalt  schneeweisser,  reich 
verästelter,  wollig  filziger  Stränge;  ähnlich  man- 
chen Mycelbildungen  des  Hausschwammes,  und 
vermuthe  ich,  ohne  jedoch  directe  Beobachtungen 
gemacht  zu  haben,  dass  diese  an  den  todten 
Wurzeln  und  Stöcken  wuchernden  Mycelstränge 
eine  unterirdische  Infection  der  Nachbarbäume 
auszuführen  vermögen.  Die  Fruchtträger  sind 
völlig  weiss,  bilden  Krusten  und  niemals  Con- 
solen.  Sie  entstehen  auf  dem  zersetzten  Holze, 
auf  todter  Rinde,  oder  an  den  üppigen  Mycel- 
wucherungen  und  Strängen.  Dieser  Pilz  tritt 
sehr  häufig  am  Bauholz  in  den  Gebäuden  auf 
und  wird  wegen  seiner  mächtigen,  oft  fächer- 
förmig, oft  strangartig  ausgebildeten  Mycel- 
massen  meist  mit  dem  ächten  Hausschwamm, 
Merulius  lacrymans,  verwechselt,  dessen  Mycel- 
bildungen immer  in  kurzer  Zeit  eine  aschgraue 
Farbe  bekommen.  Was  seine  Bedeutung  als 
Hauszerstörer  betrifft,  so  verweise  ich  auf  die 
kurzen  Angaben  bei  Besprechung  des  Merulius 
lacrymans. 

Polyporus   mollis24). 

Dieser  Parasit  ist  von  mir  nur  an  Kiefern 
beobachtet.  Er  erzeugt  eine  der  vorigen  sehr 
ähnliche  Zersetzungsart,  doch  fehlen  jene  weissen, 
verästelten  Mycelstränge  und  wächst  das  Mycel 
höchstens  als  feine  kalkartige  Kruste  aus  den 
Spaltenwänden  hervor.  Höchst  eigenartig  und 
intensiv  ist  der  Geruch  des  Holzes,  der  an 
Terpentingeruch  erinnert,  ohne  damit  völlig 
identisch  zu  sein. 


103. 

Tracheide  von  Pinus, 
durch  Polyporus  mol- 
lis zerstört.  DieCellu- 
lose  ist  meist  extra- 
hirt  und  die  Wände 
bestehen  vorzugswei- 
se aus  Holzgummi. 
In  trockenem  Zustan- 
de entstehen  Risse 
in  der  secundären 
Wand,  wogegen  die 
primäre  Wand  (a  b) 
unverändert  bleibt. 
Die  spiralige  Structur 
der  secundären  Wand 
veranlasst  Kreuzung 
der  Spalten  beider 
benachbarten  Zell- 
wände an  den  Hof- 
tipfeln  c  und  den 
Bohrlöchern  de.  Wo 
keine  Tipfei  und 
Bohrlöcher  vorhan- 
den siud,  zeigen  sich 
einfache  Spalten  /. 


24)  R.  Hartig,  Zersetzungserscheinungen,  Seite  49  ff.  Taf.  IX. 


172  I-  Abschnitt 

Die  Fruchtträger  erscheinen  am  todten  Holze  oder  aus 
Borkenrissen  der  stehenden  lebenden  Bäume  in  Gestalt  rothbrauner 
Polster,  die  sich  später  zu  undeutlichen  Consolen  entwickeln.  Die 
Porenschicht  ist  jung  gelbgrün,  färbt  sich  aber  bei  der  leisesten 
Berührung  tiefroth. 

Die  Tracheiden  zeigen  bei  höherer  Zersetzung  spiralige  Risse 
und  Spalten  (Fig.  103).  Offenbar  sind  diese  Spalten  Folge  des 
Schwindens  der  immer  ziemlich  trocken  bleibenden  Substanz.  Sie 
sind  auch  die  Ursache  der  leichten  Zerreiblichkeit  des  Holzes. 

Der  Pol.  vaporarius  zeigt  auch  Risse  und  Spalten  in  den  Zell- 
wänden, doch  verlaufen  sie  nicht  im  ganzen  Umfange  des  Zell- 
lumens, sondern  sind  klein  und  in  grosser  Zahl  senkrecht  über- 
einanderstehend. 

Polyporus  sulphureus25). 

Einer  der  verbreitetsten  Parasiten  der  Eiche,  Robinie,  Erle, 
der  Baumweiden,  Pappeln,  Nussbäume  und  Birnbäume  ist  Poly- 
porus  sulphureus.  Derselbe  kommt  auch  auf  Larix  europaea 
als  Parasit  vor. 

Die  Infection  erfolgt  an  Astwunden  und  das  Mycelium  ver- 
breitet sich  schnell  im  Holzkörper,  denselben  rothbraun  färbend 
und  austrocknend.  Das  Holz  erhält  zahlreiche  Risse,  in  welche 
hinein  das  Mycel  wächst  und  colossale,  aus  verfilzten  Hyphen  be- 
stehende Häute  (Taf.  Fig.  11)  bildet.  Bei  den  Laubhölzern  füllen 
sich  die  Gefässe  schon  in  frühem  Zersetzungsstadium  mit  dichter 
Pilzmasse,  sodass  die  Poren  im  Querschnitt  als  weisse  Punkte,  in 
der  Längsansicht  als  weisse  Linien  erscheinen.  Die  Wandungen 
der  Holzelemente  werden  gebräunt,  sehr  kohlenstoffreich,  schrumpfen 
stark  zusammen,  quellen  aber  bei  Behandlung  mit  dünner  Kalilauge 
und  lösen  sich  fast  auf;  die  spiraligen  Risse,  die  immer  im  Innern 
der  Faser  von  rechts  nach  links  aufwärts  steigen,  dringen  niemals 
in  die  Mittellamelle  vor. 

Da,  wo  alte  Aststutzen  oder  Baumwunden  anderer  Art  dem 
Mycel  ermöglichen,  nach  aussen  zu  gelangen,  wächst  alljährlich 
eine  Gruppe  von  fleischigen,  unterseits  hellschwefelgelben,  oberseits 
hellrothgelben  Fruchtträgern    hervor,    die    durch    ihre    Grösse    und 


25)  R.  Hartig,  Zersetzungsersclieinungen,  Seite  110  ff. 
De  Seynes:  Recherches  pour  servir  ä  l'histoire  naturelle  des  vegetaux  inferieurs  1888. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  173 

weithin  leuchtende  Farbe  die  Aufmerksamkeit  des  Beobachters 
leicht  auf  sich  lenken.  Die  Hutsubstanz  zeigt  eine  weisse  Farbe 
und  käsige  Beschaffenheit.  Die  Porencanäle  zeigen  eine  Hymenial- 
schicht  mit  keulenförmigen  Basidien.  Das  Mycelium  dieses  Para- 
siten entwickelt  im  Holze  selbst  sehr  häufig  runde  Gouidien  in 
grosser  Anzahl,  die  ich  bei  meiner  Bearbeitung  dieses  Parasiten 
zunächst  als  einer  fremden  Pilzart  angehörend  betrachtete.  Er- 
krankte Bäume  sterben,  bevor  sie  vom  Sturm  gebrochen  werden, 
recht  oft  auf  der  einen  oder  anderen  Seite  bis  zur  Rinde  hin  ab, 
diese  vertrocknet,  fällt  ab  und  das  rothbraune  faule  Holz  fällt  dann 
aus  dem  Bauminnern  heraus.  Es  ist  somit  nicht  ausgeschlossen, 
dass  durch  das  Verstäuben  dieses  faulen  Holzes  auch  die  Gonidien 
in  die  Luft  gelangen  und  zur  Verbreitung  des  Parasiten  beitragen. 

Polyporus  igniarius26). 

Der  gemeinste  Parasit  der  meisten  Laubholzbäume  ist  der 
falsche  Feuerschwamm,  dessen  holzzerstörende  Wirkung  ich 
insbesondere  bei  Eichen  genauer  untersucht  habe. 

Die  Infection  erfolgt  theils  an  Aesten,  theils  an  Rindenwunden 
und  das  Mycelium  verbreitet  sich  schnell  von  da  aus  im  Holzkörper. 
Zunächst  färbt  sich  das  Holz  tief  braun  und  dann  folgt  eine  hell- 
gelbweisse  Zersetzung,  die  häufigste  Art  der  Weissfäule  der  Eiche 
(Taf.  Fig.  9).  Das  gelbweisse  Holz  wird  immer  leichter,  weicher 
und  ähnelt  in  seinen  Eigenschaften  in  etwas  der  zur  Papierfabri- 
cation  hergestellten  Cellulosemasse.  Die  anfänglich  sehr  kräf- 
tigen, späterhin  äusserst  zarten  und  die  Organe  ganz  ausfüllenden 
Hyphen  veranlassen  eine  Zersetzung,  bei  welcher  zunächst  die 
inneren  Wandungsschichten  in  Cellulose  umgewandelt  und  aufgelöst 
werden,  bevor  auch  die  Mittellamelle,  die  als  zartes  Skelett  sich 
lange  Zeit  erhält,  in  Cellulose  verwandelt  und  aufgelöst  wird. 

Der  Process  hat  mithin  grosse  Aehnlichkeit  mit  dem  für  Polyp, 
borealis  beschriebenen.  Die  Fruchtträger,  welche  meist  unmittelbar 
aus  der  vom  Pilzmycel  durchwachsenen  Rinde  hervorkommen,  sind 
anfänglich  halbkugelförmig,  später  nehmen  sie  mehr  oder  weniger 
die  Hufform  an.  Sie  sind  bekannt  genug  und  sei  nur  noch  be- 
merkt,  dass  sie  im  Gegensatz  zu  Pol.  fulvus,   dessen  äussere  Gestalt 


26 


)  R.  Hartig,  Zersetzungserscheinungen,  Seite  141  ff.  Taf.  XV  und  XVI. 


174  I-  Abschnitt. 

eine  ähnliche  ist,  concentrische  Zonen  und  oft  noch  Risse  in  der 
Oberfläche  zeigen,  während  im  Innern  die  Zonen  auch  durch  die 
Porencanalschichten  sich  fortsetzen. 

Polyporus  dryadeus27). 

Dieser  Eichenpilz  veranlasst  eine  Zersetzungsforrn  (Taf.  Fig.  12), 
bei  welcher  längliche,  theils  weisse,  theils  gelbliche  Flecken  mitten 
im  festen,  die  ursprüngliche  Kernholzfarbe  bewahrenden  Holze 
auftreten.  Die  weissen  Flecken  bestehen  aus  Elementen,  die  in  Cellu- 
lose  umgewandelt  und  durch  Auflösung  der  Mittellamelle  isolirt 
sind.  Die  gelblichen  Stellen  dagegen  zeigen  eine  Zerstörung  der 
Zellen,  die  der  durch  Polyp,  igniarius  sehr  ähnlich  und  durch 
längste  Widerstandsfähigkeit  der  Mittellamelle  ausgezeichnet  ist. 
Die  weissen  Stellen  werden  am  ehesten  aufgelöst  und  entstehen 
dadurch  Löcher,  eingefasst  von  sehr  harten  Wandungen.  Unter 
lebhaftem  Luftzutritt  färbt  sich  das  Holz  zimmetbraun  und  ver- 
wandelt sich  in  eine  aus  braunen,  derben  Hyphen  bestehende 
Pilzmasse. 

Die  grossen  hufförmigen  annuellen  Fruchtträger  sind  zimmet- 
braun und  kommen  an  alten  Aststellen  oder  aus  der  Rinde  hervor. 
Sie  sind  von  geringer  Dauer  und  findet  man  nur  selten  intacte 
Exemplare. 

Wenn  Pol.  dryadeus  und  igniarius  gleichzeitig  in  einer 
Eiche  sich  verbreiten  und  ihre  Hyphen  sich  begegnen,  so  entsteht 
auf  der  Grenze  eine  eigenartige  Zersetzungsform,  indem  das  Holz 
gelblichweiss  und  ähnlich  dem  von  Pol.  igniarius  allein  zersetzten 
Holze  wird,  sämmtliche  grössere  Markstrahlen  aber  schnee- 
weisse  Bänder  darstellen,  deren  Untersuchung  ergiebt,  dass  sie 
oft  nur  aus  völlig  unveränderten  Stärkemehlkörnern  bestehen, 
während  die  Zellwandungen  fast  völlig  aufgelöst  und  verschwunden 
oder  in  Cellulose  umgewandelt  sind. 

Hydnum  diversidens28). 

An  Eichen  und  Rothbuchen  findet  sich  häufig  ein  Parasit, 
dessen  Fruchtträger  gelbweiss,  theils  krusten-,  theils  consolen- 
förmig    und  dadurch  ausgezeichnet  sind,    dass  die  Hymenialschicht 

27)  R.  Hartig,  Zersetzungserscheinungen,  Seite  124  Taf.  XVII. 

28)  R.  Hartig,  Zersetzungserscheinungen,  Seite  124  ff.  Taf.  XII. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  175 

auf  ungleichlangen  abwärts  gerichteten  Stacheln  sich  befindet.  Die 
Hymenialschicht  ist  anfänglich  eine  einfache.  Periodisch  verdickt 
sich  dieselbe,  indem  die  Hyphen  zwischen  die  letzte  Schicht  hin- 
durchwachsen und  ein  neues  Hymenium  bilden.  Dieser  Process 
wiederholt  sich  zumal  an  dem  unteren  Theile  der  Stacheln  5 — 8  mal, 
wodurch  diese  sich  stark  verdicken  und  die  Hymenialschicht 
5  —  8  mal  geschichtet  erscheint. 

Die  Zersetzung,  welche  von  den  inficirten  Wundstellen  des 
Stammes  ausgeht,  veranlasst  ebenfalls  eine  Weissfäule.  Die  Fär- 
bung ist  eine  gelblich  aschgraue,  anfänglich  streifenweise  abwech- 
selnd mit  einer  hellbräunlichen  Farbe,  die  insbesondere  längere 
Zeit  den  Markstrahlen  verbleibt  (Taf.  Fig.  10).  In  höheren  Zer- 
setzungsstadien entstehen  schneeweisse  Mycelhäute  an  Stelle  ein- 
zelner stark  zersetzter  Frühjahrsschichten. 

Das  Eigenthümliche  in  der  Fermentwirkung  besteht  darin, 
dass  die  inneren  Zellwandschichten,  ohne  in  Cellulose  sich  zu  ver- 
wandeln, zu  einer  Gallerte  aufquellen,  bevor  sie  völlig  aufgelöst 
wrerden,  während  die  Mittellamellen  am  längsten  der  Auflösung 
widerstehen. 

Thelephora   Perdix29). 

Eine  durch  ganz  Deutschland  weit  verbreitete  Erkrankungs- 
form des  Eichenholzes  ist  die,  welche  ihrer  eigenartigen  Färbung 
wegen  Rep huhnholz  genannt  wird,  indem  man  dieselbe  verglich 
mit  dem  weiss  gesprenkelten  Gefieder  bestimmter  Körpertheile  des 
Rephuhnes.  Das  kranke  Holz  färbt  sich  zunächst  tief  rothbraun, 
und  dann  kommen  in  einem  gewissen  Zusammenhange  mit  grossen 
Spiegelfasern  weisse  Flecken  auf  dunklem  Grunde  zum  Vorschein, 
die  sich  in  weiss  ausgekleidete  scharf  umgrenzte  Höhlungen  um- 
wandeln. Mit  zunehmender  Grösse  der  Höhlungen,  die  von  ein- 
ander durch  feste  braune  Holzwände  getrennt  sind,  erhält  das  Holz 
Aehnlichkeit  mit  manchen  durch  Ameisen  zerfressenen  Hölzern 
und  in  der  That  wird  es  oft  mit  solchen  verwechselt  (Taf.  Fig.  7). 
Es  ist  hervorzuheben,  dass  jede  Höhlung  für  sich  in  der  Regel  ge- 
schlossen bleibt,  bis  die  völlige  Zerstörung  eintritt.  Das  Mycelium 
veranlasst  im  Eichenholz  zuerst  eine  Bräun unsr  des  Inhaltes  der 
parenchymatischen  Organe.     Die  Stärkekörner    verlieren    die  blaue 


29 


)  R.  Hartig,  Zersetzungserscheinungen,  Seite  103  ff. 


176 


I.  Abschnitt. 


Reaction  auf  Jod  allmälig  von  aussen  nach  innen  fortschreitend  und 
bleiben  in  den  mittleren  Markstrahlenreihen  farblose  Hüllen  zurück, 
die  zuletzt  ebenfalls  zerstört  werden  (Fig.  104). 

Da,  wo  die  weissen  Flecken  entstehen,   sowie  in  der  Wandung 
der    weissen    Höhlungen    werden    sämmtliche    Organe    in  Cellulose 


Fig.  104. 

Zersetzung  des  Eichenholzes  durch  Thelephora  Perdix. 
a  Tracheiden  mit  einzelnen  Pilzfäden  und  Pilzbohrlöchern. 
h  Holzparenchym  mit  Stärkekörnern,  die  zum  Theil  in  der  Auf- 
lösung begriffen  sind,  indem  die  Granulöse  von  aussen  nach  innen 
verschwindet,  c  Gefäss  mit  Pilzhyphen.  d  Sclerenchymfaser 
mit  Pilzfäden  und  Bohrlöchern,  e  u.  /  Tracheiden,  deren  pri- 
märe Wand  aufgelöst  ist,  so  dass  die  Isolirung  vollständig  ist. 
Die  verdickten  Scheiben  der  Hoftipfel  liegen  ebenfalls  isolirt 
zwischen  den  Tracheiden.  Eine  Kreuzung  der  Hoftipfelspalten 
ist  nicht  mehr  vorhanden,  weil  die  Organe  isolirt  sind,  g  Völlig 
isolirte  und  der  völligen  Auflösung  nahe  Holzparenchymzellen. 
h  Tracheide  vor  völliger  Auflösung,  i  Sclerenchymfasern  stark 
zersetzt,  k  Tracheide,  deren  Wandung  vor  der  Auflösung  in 
Spalten  sich  getrennt  hat. 


verwandelt,  die  Mittellamelle  aufgelöst  und  dadurch  Isolirung  der 
einzelnen  Elemente  des  Holzes  bewirkt  (Fig.  104  e  —  k).  Auffälliger- 
weise verändert  sich  der  Zersetzungsprocess  in  der  Umgebung 
der  Höhlungen,     wenn    solche    grösser    geworden    sind.     Diese    er- 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  177 

scheinen  dann  nicht  mehr  weiss,  sondern  graugelb,  zeigen  reich- 
lichen Mycelfilz,  welcher  die  Wandungen  an  zahllosen  Stellen 
durchbohrt.  Eine  Umwandlung  in  Cellulose  findet  nicht  statt, 
vielmehr  erfolgt  die  Auflösung  der  Substanz  theils  durch  Ver- 
größerung der  Bohrlöcher,  theils  durch  Verdünnung  der  Wandungen 
vom  Lumen  aus. 

Wo  sich  Spalten  oder  andere  Hohlräume  im  kranken  Holze 
befinden,  oder  auf  der  Aussenseite  getödteter  Aeste  entstehen  die 
Fruchtträger  des  Parasiten  als  1  mm  bis  1  cm  grosse  Krusten  auf 
dem  Holze.  Dieselben  sind  braungelb  gefärbt  und  bestehen  aus 
einer  Schicht  rechtwinkelig  zur  Oberfläche  stehender  Hyphen,  die 
in  etwas  keulenförmig  gestaltete,  mit  eigenthümlichen  haarförmigen 
Verdickungen  besetzte  Basidien  enden.  Nur  ein  Theil  derselben 
erzeugt  je  4  Sporen,  die  steril  bleibenden  wachsen  in  einer  folgen- 
den Vegetationsperiode  zu  einer  neuen  Hymenialschichte  aus,  wobei 
sie  sich  hier  und  da  durch  Seitensprossung  verästeln.  Ein  Frucht- 
träger zeigt  im  Durchschnitt,  je  nach  seinem  Alter,  mehr  oder 
weniger  Schichtungen,  von  denen  nur  die  jüngste  eine  helle  Fär- 
bung besitzt,  die  älteren  dagegen  tiefbraun  gefärbt  sind.  Nach 
dem  schliesslichen  Absterben  erscheinen  die  Fruchtträger  völlig 
dunkelbraun. 

Stereum  hirsutum30). 

Eine  sehr  auffällige  und  charakteristische  Zersetzungsform  der 
Eiche  ist  die  durch  Stereum  hirsutum  hervorgerufene.  In  der 
Praxis  wird  solches  Holz  als  „gelb-  oder  weisspfeifig"  bezeichnet. 
Meist  in  bestimmt  concentrischen  Zonen,  die  anfänglich  einseitig, 
später  um  den  Stamm  geschlossen  sind,  tritt  zunächst  Bräunung 
ein,  worauf  dann  stellenweise  schneeweisse  oder  gelbliche  Streifen 
im  Längschnitte,  weisse  Punkte  im  Querschnitte  (Fliegenholz) 
(Taf.  Fig.  8)  auftreten.  Oft  wird  auch  das  ganze  Holz  gleich- 
massig  in  eine  gelbliche  Masse  verwandelt  und  zwar  dann,  wenn 
dem  Sauerstoff  der  Luft  der  Zutritt  sehr  erleichtert  ist,  wie  im 
Splintholz,  an  Aststutzen  u.  s.  w.  Es  scheint  auch  kaum  zweifel- 
haft zu  sein,  dass  dieser  Pilz  als  Saprophyt  eine  grosse  Rolle 
spielt  und  an  natürlich  absterbenden  Aesten  sich  ansiedelt.  Das 
Mycel    verändert    in    den    weissen   Streifen    das  Holz   in  Cellulose, 


30)  R.  Hartig,  Zersetzungserscheinungen,  S.  129  ff.  Taf.  XVIII. 

Hart  ig,    Baumkraukheiten,  2.  Aufl.  12 


178  I-  Abschnitt. 

die  Mittellamelle  verschwindet  bald,  so  dass  die  Organe  isolirt 
werden;  in  den  gelblichen  Holzpartien  dagegen  schreitet,  wie  bei 
Pol.  igniarius,  die  Auflösung  vom  Lumen  aus  vor  und  eine  Um- 
wandlung in  Cellulose  geht  nicht  voraus.  Die  Fruchtträger  ent- 
wickeln sich  meist  auf  der  Rinde  anfänglich  als  Krusten,  später 
mit  deutlich  horizontal  abstehendem  oberen  Rande,  welcher  auf 
der  Aussenseite  rauh  behaart,  braun  und  schwach  gezont  ist. 

Polyporus  fomentarius. 

Der  bekannte  Zunderschwamm,  welcher  an  Rothbuchen  und 
Eichen  auftritt,  veranlast  eine  Weissfäule  und  sein  Mycel  tritt  gern 
in  Spalten  des  zerstörten  Holzes  in  üppiger  Entwicklung  lappen- 
und  hautartig  auf.     Eine  genauere  Untersuchung  fehlt  noch. 

Polyporus    betulinus31). 

An  Birken  zeigt  sich  hier  und  da  in  reicher  Entwicklung  der 
Polyp,  betulinus,  dessen  unterseits  weisse,  oben  braungrau  gefärbte 
behaarte  Fruchtträger  kugelförmig  zum  Vorschein  kommen,  und 
dann  zu  umgekehrten,  oben  gewölbten  Consolen  heranwachsen. 
Die  durch  diese  Parasiten  veranlasste  Zersetzung  ist  eine  Roth- 
fäule. 

Polyporus  laevigatus31). 

Dieser  Parasit  veranlasst  an  den  Birken  eine  Weissfäule.  Seine 
Fruchtträger  erscheinen  als  dunkelbraune  porenreiche  Krusten  auf 
der  Rinde. 

Unter  den  Polyporusarten  treten  zweifellos  noch  zahlreiche 
Formen  als  Parasiten  im  Holze  der  Bäume  auf,  doch  wurden  sie 
noch  keiner  Untersuchung  unterworfen.  An  Weymouthskiefern, 
Kiefern  und  Lärchen  kommt  nach  P.  Magnus  Polyporus  Schweinitzii 
vor  und  scheint  parasitisch  zu  leben. 

Erwähnenswerth  sind  noch  Daedalea  quercina,  ein  an  alten 
Eichenstöcken  überall  verbreiteter  Pilz  mit  grossen  Consolen,  die  auf 
der  Unterseite  die  Hymenialschicht  theils  in  Poren,  theils  auf 
Lamellen  tragen.  Die  Zersetzung  ist  eine  solche,  welche  das  Eichen- 
holz graubraun  färbt.     Nachdem  ich  den  Pilz  an  Astwunden  älterer 


31)  D.  H.  Mayr,  Botanisches  Centralblatt  1885. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  J79 

Eichen  kräftig  entwickelt  fand,  verrnuthe  ich  in  ihm  ebenfalls  einen 
Parasiten. 

Fistulina  hepatica,  der  Leberpilz,  veranlasst  eine  tief  rothbraune 
Zersetzung  des  Eichenholzes. 

Gegen  alle  die  vorgenannten,  an  oberirdischen  Wundstellen 
eindringenden  Holzparasiten  kann  nur  in  der  Weise  angekämpft 
werden,  dass  einerseits  alle  Veranlassungen  zur  Entstehung  von 
Baumwunden  soviel  als  möglich  vermieden  werden,  worüber  noch 
in  dem  Abschnitt  über  die  Verwundungen  zu  sprechen  ist,  dass 
andererseits  da,  wo  Verwundungen  dem  Baume  absichtlich  zugefügt 
werden,  wie  bei  der  Baumästung,  hierbei  die  nöthigen  Vorsichtsmaass- 
regeln  angewendet  werden,  insbesondere  die  Herstellung  eines  antisep- 
tischen Verbandes  in  Form  von  Theeranstrich  sofort  ausgeführt  wird. 

Säuberung  des  Waldes  von  anbrüchigen,  mit  den  Frucht- 
trägern der  Parasiten  besetzten  Bäumen  ist  dabei  im  Auge  zu  be- 
halten, womit  nicht  gesagt  sein  soll,  dass  man  alle  alten  Eichen, 
die  schon  faul  sind,  rücksichtslos  zu  fällen  habe.  In  der  Nähe  der 
frequenteren  Wege,  an  geeigneten  Punkten  wird  der  Forstmann  aus 
Gründen  der  Waldschönheit  alte  Bäume  und  schöne  Waldpartien 
stehen  lassen,  wenn  auch  der  Nutzen  dieser  Maassregel  sich  nicht 
sofort  in  Geldwerth  baar  nachweisen  lässt. 

Agaricus  melleus32).     Der  Hallimasch  oder  Honigpilz. 

Zu  den  verbreitetsten  und  verderblichsten  Parasiten  gehört  der 
Hallimasch  oder  Honig pilz,  Agaricus  melleus.  Derselbe 
lebt  als  solcher  an  sämmtlichen  Nadelholzbäumen  Europas,  tödtet 
auch  die  aus  Japan,  Amerika  u.  s.  w.  bei  uns  eingeführten  Coni- 
feren  und  ist  von  mir  sogar  im  verkieselten  Holze  des  Cupres- 
sinoxylon  erkannt  worden.  Unter  den  Laubholzbäumen  scheint  er 
auf  Prunus  avium  und  Pr.  domestica  als  Parasit  aufzutreten,  da- 
gegen kommt  er  überall  als  Saprophyt  nicht  nur  an  todten  Wurzeln 
und  Stöcken  sämmtlicher  Laub-  und  Nadelholzbäume,  sondern  auch 
an  verbautem  Holze  an  Brücken,  in  Wasserleitungsröhren,  Berg- 
werken u.  s.  w.  vor.  Mehrfach  ist  angegeben  worden,  dass  der- 
selbe auch  am  Weinstock  als  Parasit  auftrete,   doch  hatte  ich  noch 


32)  R.  Hartig,  Wichtige  Krankheiten  d.  Waldbäume  1874  S.  12 ff.  Taf.  I  u.  IL 
R.  Hartig,  Zersetzungserscheinungen,  S.  59ff.  Taf.  XI  Fig.  1 — 5. 


I 


o* 


180 


I.  Abschnitt. 


keine  Gelegenheit,  mich  von  der  Richtigkeit  dieser  Angaben  zu 
überzeugen.  Die  am  Weinstock  auftretenden  Rhizomorphen,  die 
ich  bisher  gesehen  habe,  gehörten   der  Dematophora   necatrix  an. 

Die  Krankheit  tritt  oft  schon  an  3 — 5jährigen  Pflanzen  auf, 
tödtet  aber  auch  100jährige  Fichten,  Kiefern  u.  s.  w.;  und  erkennt 
man  sie  daran,  dass  nach  Entfernung  der  Rinde  am  Wurzelstock 
und  an  den  Wurzeln  ein  schneeweisses  derbes  Mycelium  (Fig.  106,  cc) 
zum  Vorschein  tritt,  welches  an  älteren  Stämmen  zuweilen  3  m  und 

höher  unter  der  Rinde 
der  noch  lebenden  Bäu- 
me emporsteigt.  An 
den  Wurzeln  sieht  man 
mehr  oder  weniger  zahl- 
reiche ,  schwarzbraune, 
glänzende,  hier  und  da 
sich  verästelnde  Stränge 
von  1 — 2  mm  Durch- 
messer haften,  welche 
in  Verbinduna;  mit  den 
weissen  Mycelflächen 
unter  der  Rinde  stehen, 
die  Wurzeln  aber  auch 
hier  und  da  nur  äusser- 
lich  umklammern. 
Yicr  105  Den  stärkeren  Wur- 

Junge  Kiefer  von  Agaricus  melleus    getödtet,  mit  zeln     haltet     ausserlich 

vielen  Fruchtträgern,  welche  aus  der  Riude  des  0£^  eine  grosse  Meno-e 
Wurzelstockes  hervorgebrochen  sind.    An  den  War-  . 

zeln    finden    sich    verästelte    Rhizomorphenstränge.  von      lerpentmol      und 

Harz  an,  das  mit  den 
Erdtheilchen  vermengt  eine  feste  Masse  um  den  Wurzelstock  bildet 
(Fig.  105).  Die  erkrankten  Pflanzen  sind  selten  früher  als  ein  Jahr  vor 
ihrem  schnell  eintretenden  Tode  durch  bleiche  Färbung  oder  kurze 
Triebe  zu  erkennen.  Gräbt  man  aber  eine  scheinbar  völlig  gesunde 
Pflanze  aus  unmittelbarer  Nähe  einer  sichtbar  erkrankten  oder  todten 
Pflanze  sorgfältig  aus,  so  wird  man  in  der  Regel  an  deren  Wurzeln 
eine  oder  mehrere  Infectionsstellen  entdecken,  woselbst  ein  schwarzer 
Rhizomorphenstrang  sich  in  die  Rinde  eingebohrt  hat  (Fig.  106  a), 
und    wenn    man    die    Rinde    sorgfältig    abhebt,     so    erkennt    man, 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


181 


dass  sich  von  der  Einbohrungsstelle  (Fig.  106  b)  aus  jener  Strang 
zu  einem  schneeweissen  Körper  verbreitert,  welcher  im  lebenden 
Rindengewebe  sich  weiter  entwickelt  hat  und  soweit  dies  gesche- 
hen, eine  Bräunung,  also  Tödtung  desselben  bewirkte  (Fig.  106  cc). 


Fig.  106. 

Lebende  Fichtenwurzel  mit  zwei 
frischen  Infectionsstellen ,  an 
denen  der  Rhizomorphenstrang 
a  b  in  die  Rinde  eingedrungen 
ist.  An  der  stärkeren  Wurzel 
ist  die  Rinde  von  d  bis  d  ent- 
fernt, um  das  bei  b  eingedrun- 
gene Mycel  c  c  zu  zeigen. 


Fig.  107. 

Fruchtträger  von 
Agaricus  melleus  auf 
einem  Rhizomorphen- 
strang entstanden,  wäh- 
rend ein  Seitenzweig  nur 
verkümmerte  Frucht- 
träger trägt. 

Das  in  der  lebenden  Rinde 
wachsende  Mycel  ist  durch 
fächerförmige  Ausbreitung  und 
hautartige  Gestalt  ausgezeichnet. 
Es  geht  sehr  leicht  wieder  in 
jene  rundliche  Strangform  über, 
die  einerseits  aus  den  Wurzeln 
hervorwächst,     anderseits    zwi- 


schen Holz  und  Rinde  sich 
weiter  entwickelt,  wenn  der  Baum  getödtet  und  durch  Zusammen- 
schrumpfen der  Rinde  Platz  für  die  Entwicklung  dieser  Stränge 
gegeben  ist,  die  sich  dann  reichlich  und  zweigartig  verästelnd,  den 
todten  Holzstamm  netzartig  umspinnen.    Die  den  Wurzeln  entsprin- 


132  I-  Abschnitt. 

genden  Rhizomorphen  verbreiten  die  Krankheit  unterirdisch  von 
Stamm  zu  Stamm,  indem  sie  selten  tiefer  als  10  cm  unter  der  Ober- 
fläche fortwachsend  sich  in  gesunde  Nadelholzwurzeln  einbohren,  wenn 
sie  auf  diese  stossen  (Fig.  106).  Im  Herbste,  von  Ende  August  bis 
October,  sieht  man  an  den  im  Boden  frei  wachsenden  Rhizomorphen, 
sowie  aus  der  Rinde  der  durch  den  Parasiten  getödteten  Bäume, 
zumal  am  Wurzelstock  (Fig.  105)  die  grossen  bekannten  Fruchtträger 
(Fig.  107)  zur  Entwicklung  gelangen  und  verweise  ich  auf  das,  was  ich 
hierüber  an  dem  bezeichneten  Orte  veröffentlicht  habe.  Die  weissen 
Sporen  dieser  Hutpilze  werden  durch  den  Wind  verbreitet  oder  ver- 
schleppt, entwickeln  zunächst  ein  fädiges  Mycel  und  aus  diesem  geht 
sodann  die  als  Rhizomorpha  bezeichnete  Mycelforrn  hervor,  wie  sehr 
leicht  durch  Sporenaussaat  in  Zwetschenextract  zu  beweisen  ist.  Die 
Krankheitserscheinungen  sind  nur  erklärbar  aus  der  eigenthümlichen 
Organisation  der  im  Rindengewebe  lebenden  Mycelbildungen.  Die 
Rhizomorphenspitze  (Fig.  108)  besteht  aus  zartem  Scheinparenchym, 
welches,  durch  Zelltheilungs-  und  Zellwachsthumsprocesse  sich  ver- 
längernd, in  gewisser  Entfernung  von  der  Spitze  nach  innen  zu 
zarten  Hyphen  auskeimt  und  dadurch  ein  filzartiges  Gewebe  im 
Innern,  Mark  genannt,  entstehen  lässt.  Die  äusseren  Theile  des 
Scheinparenchyms  (Fig.  108  c)  dagegen  verschmelzen  untereinander 
zu  der  sogenannten  Rinde  (Fig.  109  d),  der  im  jugendlichen  Alter 
zahllose  zarte  Hyphen  entsprossen,  die  durch  Vermittlung  der 
Markstrahlen  in  den  Holzkörper,  zumal  mit  Vorliebe  in  die  etwa 
vorhandenen  Harzkanäle  eindringen  und  in  diesen  aufwärts  wachsen. 
Dieses  fädige  Mycelium  eilt  im  Innern  des  Holzstammes  den  in 
der  Rinde  wachsenden  Rhizomorphen  schnell  voraus  und  zerstört 
das  in  der  Umgebung  der  Harzkanäle  befindliche  Parenchym  voll- 
ständig, wobei  allem  Anscheine  nach  eine  theilweise  Umwandlung 
des  Zelleninhalts  und  der  Zellwandungen  in  Terpentinöl  stattfindet 
(Fig.  109).  Das  Terpentinöl  senkt  sich  durch  eigene  Schwere  ab- 
wärts und  strömt  im  Wurzelstocke,  woselbst  die  Rinde  durch  die 
Rhizomorpha  getöcltet  und  vertrocknet  ist,  nach  aussen  hervor,  er- 
giesst  sich  theils  zwischen  Holz  und  Rinde,  theils  an  Stellen,  wo 
letztere  beim  Vertrocknen  zerplatzt  ist,  frei  nach  aussen  in  die 
umgebenden  Erdschichten.  Die  Krankheit  wurde  desshalb  früher 
als  „Harzsticken",  „Harzüberfülle"  bezeichnet.  In  den  oberen 
Stammtheilen,     soweit    Cambium    und    Rinde    noch    gesund    sind, 


Beschädigungen  durch  Pflanzen. 


183 


strömt  das  Terpentinöl  aus  den  zerstörten  Kanälen  auch  seitwärts 
durch  Vermittlung  der  Markstrahlkanäle  dem  Cambium  und  der 
Rinde  zu.  In  letzterer  veranlasst  dieser  Zudrang  die  Entstehung 
grosser  Harzbeulen;  im  Cambium;  wenn  dieses  im  Sommer  die  neue 


Fig.  108. 

Längsschnitt  durch  eine  Rhizo- 
morphenspitze,  deren  äusseren 
Hyphen  zahlreiche  haarartige  Fä- 
den a  a  entspringen,  während  im 
Inneren  die  centralen  Zellen  sich 
in  geringer  Entfernung  von  der 
Spitze  stark  vergrössern  b,  während 
die  in  der  Peripherie  stehenden 
Hyphen  c  enger  bleiben  und  zu 
dem  Rindenscheinparenchym  ver- 
schmelzen, d  d  ist  die  Grenze  der 
den  Strang  umgebenden  Gallert- 
schicht. 


Fig.  109. 

Querschnitt  durch  Rinde  und  Holz  einer  von 
Rhizomorpha  getödteten  Kiefernwurzel,  a  Ge- 
todtetes  Bastgewebe,  b  Getödtete  Cambial- 
region.  c  Rhizomorphenmark.  d  d  Rinden- 
scheinparenchym des  Rhizomorphenstranges. 
e  e  Hyphenfäden,  welche  von  den  Rhizo- 
morphen  in  den  Holzstamm  wachsen.  /  Ge- 
tödtete, unfertige  Holzzellen,  g  Völlig  zer- 
störter Harzgang,  dessen  parenchymatische 
Nachbarzellen  ebenfalls  aufgelöst  sind. 


Jahrringsbildung  vermittelt,  veranlasst  es  die  Entstehung  zahl- 
reicher, ungemein  grosser  und  abnorm  gebildeter  Harzkanäle,  durch 
welche  der  Holzring  des  Krankheitsjahres  sehr  auffällig  charakteri- 
sirt  wird. 

Aus  den  Markstrahlzellen  und  den  Harzkanälen  verbreitet  sich 


134  I.  Abschnitt. 

allmälig  das  Mycel  auch  in  die  leitenden  Organe  des  Holzkörpers 
und  veranlasst  eine  Zersetzungsform,  die  als  eine  Art  Weissfäule 
zu  bezeichnen  ist.  Bei  der  von  der  Oberfläche  des  Stammes  nach 
innen  fortschreitenden  Zersetzung  tritt  ein  bestimmtes  Stadium  ein, 
welches  für  die  Entwicklung  des  Mycels  in  hohem  Grade  fördernd 
ist.  Dasselbe,  welches  zuvor  einfach  fädig  und  mit  reichlichen 
Seitenhyphen  versehen  ist,  entwickelt  alsdann  grosse  blasenförmige 
Anschwellungen,  ja  die  Hyphen  verwandeln  sich  gleichsam  in  ein 
grossmaschiges  Parenchym,  welches  ähnlich  den  Thyllen  in  den 
Gefässen  mancher  Laubholzbäume  das  Lumen  der  Tracheiden  voll- 
ständig ausfüllt.  Da  in  diesem  Zustande  das  Mycel  eine  braune 
Färbung  annimmt,  erscheint  die  Region  des  kranken  Holzes,  in 
welcher  derartiges  Mycel  sich  befindet,  dem  unbewaffneten  Auge 
als  eine  schwarze  Linie.  Meist  ist  nur  eine  3 — 4  Tracheiden  breite 
Zone  mit  solchem  Mycel  erfüllt,  denn  bald  stirbt  dasselbe  ab,  wird 
aufgelöst  und  ein  einfach  fädiges,  zartes  Mycel  tritt  an  die  Stelle. 
Die  Wandungen  der  Holzelemente  zeigen  nunmehr  Cellulosereaction 
und  lösen  sich  vom  Lumen  aus  schnell  auf. 

Da  die  Bäume  vertrocknen,  nachdem  die  Rhizomorphen  von 
der  inficirten  Stelle  der  Wurzel  aus  den  Stamm  erreicht  und  von 
hier  aus  diejenigen  Wurzeln,  welche  bisher  gesund  geblieben  waren, 
ergriffen  haben,  so  wird  der  Zersetzung  des  Holzstammes  durch 
das  Dürrwerden  desselben  in  der  Regel  eine  Grenze  gesetzt,  bevor 
das  Mycel  aus  den  Splintschichten  in  den  Kern  vorgerückt  ist. 
Nur  an  Stöcken  und  Wurzeln  verbreitet  sich  dieselbe  schnell  über 
das  ganze  Stamminnere. 

Was  die  praktischen  Maassregeln  betrifft,  die  wir  gegen  diesen 
Parasiten  ergreifen  können,  so  sind  diese  dieselben,  die  ich  gegen 
Trametes  radiciperda  empfohlen  habe  (cf.  S.  163). 

Die  Zerstörungen  des  Bauholzes  durch  Pilze. 

Wenngleich  die  Krankheiten  des  gefällten  Holzes  streng  ge- 
nommen nicht  in  einem  Lehrbuch  der  Baumkrankheiten  zu  be- 
sprechen sind,  so  mag  doch  eine  kurz  gedrängte  Zusammenstellung 
meiner  diesbezüglichen  Arbeitsresultate  hier  Platz  finden33). 

33)  Der  ächte  Hausschwamm  (Merulius  lacrymans).  Berlin.  Springer  1885; 
und  Die  Rothstreifigkeit  des  Bau-  u.  Blochholzes  und  die  Trockenfäule.  Allg. 
Forst-  u.  Jagd-Zeitg.  November  1887. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  ISb 

Blicken  wir  auf  die  Behandlung  des  Bau-  und  Bloeliholzes 
vor  der  Verwendung,  d.  h.  im  Walde  und  auf  den  Transport  zur 
Baustelle,  so  ist  zunächst  zu  constatiren,  dass  bei  der  Fällung  in 
der  Regel  nur  gesundes  Holz  als  Bau-  und  Nutzholz  ausgehalten 
wird.  Immerhin  kann  es  vorkommen,  dass  einmal  ein  Bloch  oder 
Balken  abgegeben  wird,  der  bei  der  weiteren  Verarbeitung  sich  als 
krank  herausstellt.  Es  kann  das  seinen  Grund  darin  haben,  dass 
■ein  an  einer  Aststelle  eingedrungener  Parasit  sich  nach  oben  und 
unten  noch  nicht  bis  zu  der  Schnittfläche  ausgebreitet  hatte  und 
somit  bei  der  Abgabe  des  Holzes  das  Zerstörungswerk  dieses  Pilzes 
unmöglich  erkannt  werden  konnte.  Recht  oft  werden  aber  von  er- 
krankten  Bäumen  die  sichtlich,  d.  h.  durch  Bräunung  u.  s.  w.  er- 
kennbaren Theile  abgeschnitten,  bis  der  Sägeschnitt  für  das  unbe- 
waffnete Auge  völlig  gesund  erscheint.  Der  scheinbar  gesunde 
Baumtheil  wird  dann  als  Bloch  u.  dgl.  abgegeben.  Da  kann  es 
nun  wohl  vorkommen,  dass  der  Parasit  schon  in  den  als  gesund 
betrachteten  Baumtheil  eingedrungen  war  und  somit  ein  inficirter 
Stammtheil  als  gesund  verkauft  wird.  Bewahrt  ein  solches  Holz 
längere  Zeit  einen  Theil  seines  Wassergehaltes,  so  wächst  der  Pa- 
rasit weiter  und  zerstört  nicht  allein  das  bei  der  Fällung  des 
Baumes  bereits  von  Pilzfäden  behaftete  Holz,  sondern  oft  sehr  be- 
deutende Theile  des  anfänglich  gesunden  Bauholzes. 

Am  häufigsten  und  verderblichsten  ist  Polyporus  vaporarius, 
welcher  in  Fichte  und  Kiefer  schon  am  lebenden  Baume  auftritt 
und  von  mir  schon  S.  170  beschrieben  ist.  Unter  den  Fällen,  in 
denen  ich  „Hausschwammbeschädigungen"  zu  untersuchen  Gelegen- 
heit hatte,  war  sehr  häufig  die  Ursache  nicht  Merulius  lacrymans, 
sondern  Polyporus  vaporarius,  dessen  Mycel  schneeweisse  Ueber- 
züge  über  Balken  und  Dielen  bildet  und  sich  zu  weissen,  derben 
Strängen  von  vielen  Metern  Länge  entwickelt.  Findet  Holz  Ver- 
wendung im  Bau,  welches  von  diesem  Parasiten  behaftet  ist,  und 
trocknet  es  nicht  schnell  genug  aus,  dann  entwickelt  sich  der  Pilz 
mehr  oder  weniger  üppig  und  zerstört  alles  Holzwerk  in  kurzer 
Zeit  vollständig.  Besonders  in  Kellerräumen  und  am  Fussboden  nicht 
unterkellerter  Parterrewohnungen  findet  sich  dieser  Pilz  sehr  häufig. 

Das  völlig  gesunde  Bloch-  und  Bauholz  kann  nun  aber  noch 
während  des  Lagerns  im  Walde  inficirt  werden.  Diese  Gefahr  ist 
besonders  gross  bei  solchem  Holze,  welches  im  geschälten  Zustande 


186  I.  Abschnitt. 

unmittelbar  auf  dem  Erdboden  aufliegt.  Verschiedene  Holzpilze 
und  unter  diesen  auch  der  ächte  Hausschwamm,  Merulius  lacrymans, 
können  das  gefällte  Holz  im  Walde  krank  machen,  wenn  dasselbe 
längere  Zeit  auf  dem  Erdboden  lagert.  Bei  dem  Erscheinen  meiner 
Schrift  über  den  Hausschwamm  stellte  ich  es  noch  als  zweifelhaft 
hin,  ob  dieser  Pilz  heutzutage  noch  im  Walde  vorkomme.  Seitdem 
sind  mir  aus  Sachsen  bei  Königstein  durch  Herrn  W.  Krieger  Ob- 
jecte  zugeschickt,  die  ich  zweifellos  als  echten  Hausschwamm  er- 
kannte. Auf  Unterlagen  dem  Luftzuge  allseitig  ausgesetzt,  ist  das 
geschälte  Holz  gegen  Infection  weitaus  mehr  geschützt,  weil  die 
oberflächlichen  Holzschichten  schnell  austrocknen  und  das  Ein- 
dringen der  Pilze  unmöglich  machen.  Am  freiliegenden  Holz- 
stamme, wTenn  derselbe  entrindet  ist,  bilden  sich  aber  nach  einigen 
Wochen  durch  das  Austrocknen  die  Splintrisse,  welche  in  einer  Ent- 
fernung von  Daumenbreite  von  einander  entstehend  bis  zu  einer  Tiefe 
von  mehreren  Centimetern  eindringen.  In  diese  Trockenrisse  ge- 
langt das  Regenwasser  mit  den  darin  enthaltenen  Pilzsporen.  Die 
Risse  schliessen  sich  nach  längerer  Regenzeit,  wenn  das  Holz 
durch  Wasseraufnahme  wieder  quillt  und  in  regenreichen  Jahren, 
sowie  bei  längerer  Lagerung  im  Walde  kann  schon  hier  eine  Zer- 
störung eintreten,  indem  die  in  die  Risse  gelangten  Pilzsporen 
keimen  und  zu  beiden  Seiten  des  Spaltes  das  Holz  bräunen. 

In  der  Regel  kommen  aber  die  in  die  Splintrisse  gelangten 
Sporen  im  Walde  nicht  zur  Keimung,  weil  mit  dem  Aufhören  des 
Regens  das  Holz  schnell  oberflächlich  wieder  austrocknet  und  die 
Risse,  falls  sie  überhaupt  sich  geschlossen  hatten,  sich  wieder 
öffnen.  Wird  solches  Holz  im  trocknen  Zustande  aus  dem  Walde 
auf  den  Bauplatz  oder  vor  die  Sägemühle  geschafft,  so  ist  und 
bleibt  es  gesund,  wTenn  auch  die  Sporen  in  den  Rissen  sich  lange 
Zeit  keimfähig  erhalten.  Wird  dagegen  das  Holz  getriftet  und  hat 
Gelegenheit,  wieder  ganz  mit  Wasser  sich  vollzusaugen,  dann  tritt 
eine  höchst  widerwärtige  Krankheitserscheinung  auf,  die  als  „Roth- 
streifigkeit"  bei  den  Sägemüllern,  Holzhändlern  u.  s.  w.  bekannt 
ist  und  das  erste  Stadium  der  sogenannten  „Trockenfäule"  bildet. 

Es  ist  bekannt,  class  zwischen  dem  im  Winter  und  dem  im 
Sommer  gefällten  Nadelholze  kein  wesentlicher  Unterschied  besteht 
hinsichtlich  der  Dauer  oder  Widerstandsfähigkeit  gegen  Haus- 
schwamm   und    andere    Holzpilze.     Die    von    anderer  Seite    ausge- 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  lg 7 

führten  Versuche,  in  dem  chemischen  Gehalte  des  Sommer-  und 
des  Winterholzes  an  Kali,  Phosphorsäure  u.  s.  w.  die  Ursache  der 
Hausschwammbeschädigungen  zu  finden,  muss  ich  als  total  verfehlt 
bezeichnen.  Andererseits  ist  die  Thatsache  zweifellos,  dass  das  im 
Sommer  gefällte  Holz  viel  mehr  an  Trockenfäule  leidet,  als  das  im 
Winter  gefällte  Holz.  Dieser  scheinbare  Widerspruch  ist  leicht  zu 
erklären.  Die  Winterfällung  findet  im  Flachlande  und  in  den  nie- 
deren Gebirgen  statt.  Das  Holz  wird  in  diesen  Gegenden  vor- 
wiegend per  Axe  aus  dem  Walde  geschafft,  nachdem  es  kürzere 
oder  längere  Zeit  geschält  oder  ungeschält  darin  gelegen  hat.  Das 
Holz  ist  sporenfrei  oder,  wenn  es  trocken  geworden  ist  und  in  den 
Splintrissen  Sporen  führt,  bleibt  es  in  der  Folge  trocken  und  dess- 
halb  gesund,  weil  die  Sporen  im  trocknen  Holze  nicht  keimen 
können.  In  allen  höheren  Gebirgen  dagegen  erfolgt  die  Fällung 
im  Sommer,  das  Holz  wird  sofort  geschält,  kommt  auf  Unterlagen, 
wird  im  Winter  bei  Schnee  an  die  Flossbäche  geschafft,  um  dann 
im  Frühjahr  getriftet  zu  werden.  Die  Hölzer  sind  im  ersten  Sommer, 
d.  h.  bald  nach  der  Fällung  und  Schälung  abgetrocknet,  bekommen 
Risse  und  diese  werden  durch  Pilzsporen  inficirt.  Beim  Triften 
saugen  sich  die  Bloche  wieder  voll  Wasser,  die  Risse  schliessen 
sich.  Die  nassen  Bloche  kommen  an  die  Sägemühle  und  werden 
hier  zu  Tausenden  aufeinander  gelagert,  um  im  Laufe  des  Sommers 
verschnitten  zu  werden.  Die  im  Mai  zersägten  Bloche  sind  in  der 
Regel  völlig  gesund,  aber  schon  vom  Juni  an  tritt  immer  mehr 
rothstreifige  Waare  auf,  und  im  Herbste  ist  oft  mehr  als  die 
Hälfte  aller  Bloche  so  krank,  dass  wenig  brauchbare  Bretter  daraus 
zu  gewinnen  sind.  Dies  erklärt  sich  nun  leicht,  wenn  man  erwägt, 
dass  die  mit  Wasser  durchtränkten  Bloche  durch  dichtes  Aufeinan- 
derliegen am  Austrocknen  verhindert  sind,  dass  die  hohe  Sommer- 
temperatur das  Keimen  der  in  den  Splintrissen  vorhandenen  Pilz- 
sporen und  die  holzzerstörende  Entwicklung  der  Pilze  begünstigt. 
Der  Verlust,  welchen  die  Sägemüller  im  Bayerischen  Walde 
durch  das  Rothstreifigwerden  der  Bloche  erleiden,  wird  von  diesen 
auf  33  °/0  der  Gesammtwaare  beziffert.  Ich  habe  seit  einigen  Jahren 
sowohl  bei  Zwiesel  im  Bayerischen  Walde,  als  auch  bei  Marquard- 
stein  und  Freising  ausgedehnte  Versuche  theils  zur  Ergründung  der 
Ursachen  des  Rothstreifigwerdens,  theils  zu  dem  Zwecke  angestellt, 
Mittel  ausfindig  zu  machen,    dieser  Calamität  zu  begegnen.    Es  ist 


188  I-  Abschnitt. 

liier  nicht  der  Ort,  auf  die  Ergebnisse  dieser  mühevollen  Versuche 
näher  einzugehen.  Die  Ursachen  der  Erscheinung  habe  ich  vor- 
stehend kurz  dargelegt.  Was  die  Verhütung  der  Krankheit  betrifft, 
so  ist  es  allerdings  geglückt,  völlig  gesundes  Blochholz  zu  erzielen, 
wenn  man  die  Bloche  gegen  das  Beregnen  schützt  durch  ein  Dach 
von  Fichtenrinde  oder  Brettern.  Leider  tritt  dann  nur  ein  anderer 
Uebelstand  hervor,  nämlich  das  übermässige  Reissen  des  Holzes, 
wodurch  der  Ausfall  an  guten  Brettern  ein  sehr  grosser  wird.  Die 
rothstreifigen  Bretter  bilden  Ausschusswaare,  welche  in  den  Häusern 
als  Blind-  und  Fehlbodenbretter  Verwendung  finden.  Da  nun  sehr 
oft  die  in  dem  Holze  enthaltenen  Pilzbildungen  noch  nicht  durch 
Austrocknen  getödtet  sind,  so  findet  bei  feuchter  Lagerung  ein 
Weiterwachsen  der  Pilze  und  eine  weitere  Zerstörung  des 
Holzes  statt. 

Die  geflössten  Balken  leiden  in  gleichem  Maasse  an  Roth- 
streifigkeit,  wie  die  Sägebloche.  Da  nun  heutzutage  wohl  niemals 
mehr  völlig  trockenes  Holz  bei  den  Bauten  Verwendung  findet,  so 
ist  die  Gefahr,  dass  die  sogenannte  „Trockenfäule"  in  schädlicher 
Form  auftritt,   naheliegend. 

Am  meisten  gefährdet  sind  die  in  dem  Mauerwerk  einge- 
schlossenen Balkenköpfe,  da  das  in  demselben  enthaltene  Wasser  sich 
dem  Holze  mittheilt  und  auch  die  ziemlich  trockenen  Balken  wieder 
so  nass  macht,  dass  die  in  den  Splintrissen  des  Holzes  ruhenden 
Pilzkeime  sich  entwickeln  und  das  in  völlig  gesundem  Zustande 
eingebrachte  Holz  zu  zerstören  im  Stande  sind.  Waren  die  Balken- 
köpfe schon  rothstreifig,  so  ist  die  Gefahr  des  völligen  Verfaulens 
natürlich  um  so  grösser.  Soviel  als  möglich  sollte  man  desshalb 
dahin  trachten,  rothstreifige  Balken  nicht  zu  verwenden  oder  doch 
nur  etwa  im  obersten  Stockwerke  des  Hauses,  wo  ja  ein  Austrocknen 
des  Mauerwerkes  schneller  stattfindet,  als  in  den  unteren  Etagen 
mit  ihrem  stärkeren  Mauerwerke.  Unter  allen  Umständen  sollte  es 
aber  nie  versäumt  werden,  die  Balkenköpfe  auf  ein  Meter  Länge  mit 
Creosotöl  (gewöhnliches  Steinkohlentheeröl),  mit  dem  Carbolineum 
von  Avenarius    oder    mit    dem  Diehl' sehen  CarburinoP4)   mehrmals 


3i)  Die  Desinfektions-  und  Konservirungsanstalt  von  Diehl  in  München 
liefert  ein  sehr  enipfehlenswerthes  Mittel  gegen  Hausschwamm  und  Trockenfäule, 
welches  nicht  feuergefährlich  ist,  sehr  lange  wirksam  bleibt  und  das  Holz  nicht 
schwarz  färbt. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  1£9 

zu  bestreichen,  bevor  sie  in  das  Mauerwerk  eingelegt  werden.  Ein 
Tbeeren  ist  abzurathen,  weil  der  Tbeerüberzug  das  Austrocknen  der 
Balken  bindert  und  der  Tbeer  aucb  nicbt  tief  ins  Holz  eindringt. 

Weniger  gefährdet  sind  die  übrigen  Theile  der  Balken.  Selbst 
dann,  wenn  dieselben  rothstreifig  sind,  wodurch  übrigens  ihre  Trag- 
fähigkeit in  demselben  Maasse  geschwächt  wird,  als  Theile  der- 
selben erkrankt  sind,  pflegt  bei  solid  aufgeführten  Bauten  das 
Holzwerk  so  rechtzeitig  auszutrocknen,  dass  eine  weitere  Zerstörung 
desselben  durch  die  darin  enthaltenen  Pilze  nicht  stattfinden  kann. 

Der  Namen  „Trockenfäule"  ist  insofern  ungeschickt  gewählt, 
als  dieser  Process  dadurch  charakterisirt  wird,  dass  er  nur  im 
nassen  oder  feuchten  Holze  stattfindet,  in  dem  die  Pilze  das  ge- 
nügende Wasser  zum  Wachsthum  linden,  wogegen  der  Hausschwamm 
völlig  trockenes  Holz  zerstören  kann,  indem  er  das  zum  Wachsthum 
erforderliche  Wasser  aus  anderen  Theilen  des  Hauses  aufnimmt, 
mit  sich  führt  und  entweder  dem  Holzwerk  mittheilt  oder  in 
Tropfen  (Thränen)  ausscheidet.  Trockenfäule  heisst  die  Erschei- 
nung wohl  desshalb,  weil  sie  im  Bau  meist  erst  dann  bemerkt 
wird,  wenn  der  Bau  selbst  und  somit  auch  das  Holzwerk  völlig 
ausgetrocknet  ist. 

Die  Trockenfäule  tritt  aber  oft  genug  in  den  Neubauten  in 
einem  Grade  auf,  dass  nicht  allein  die  Balken,  sondern  auch  die 
Fehlböden  und  Fussbodenbretter  verfaulen.  Ist  dies  der  Fall,  dann 
liegen  wohl  immer  grobe  Verstösse  gegen  die  solide  Bauausführung 
vor.  Am  häufigsten  wird  der  Fehler  begangen,  dass  nasses  Füll- 
material auf  die  Fehlböden  geschüttet  und  zu  frühzeitig  entweder 
mit  den  Blindbodenbrettern  oder  den  Fussbodenbrettern  zugedeckt 
wird.  In  meiner  Schrift  über  den  Hausschwamm  habe  ich  ein- 
gehend über  das  Füllmaterial  gesprochen.  Dasselbe  muss  möglichst 
trocken  und  frei  von  humosen  oder  anderen,  Wasser  anziehenden 
Bestandtheilen  sein.  Am  besten  ist  reiner  Kies  oder  grober, 
trockener  Sand.  Die  sogenannte  Steinkohlen-Lösche  ist  durchaus 
zu  verwerfen. 

Ein  grober  Fehler  besteht  darin,  dass  die  Fussböden  zu  früh- 
zeitig mit  Oelfarbe  gestrichen  oder  mit  Parkett  belegt  und  dadurch 
verhindert  werden,  die  in  den  Brettern  enthaltene,  sowie  die  aus  der 
Füllung  zugeführte  Feuchtigkeit  frei  zu  verdunsten.  Das  in  den  Füll- 
massen und  im  Holzwerke  enthaltene  Wasser  kann  jetzt  nach  oben 


190  I-  Abschnitt. 

gar  nicht  mehr  entweichen,  und  bleibt  nur  nach  unten,  d.  h.  durch  die 
Zimmerdecken,  eine  sehr  langsame  Verdunstung  möglich.  Zwischen 
dem  Fehlboden  und  der  Verschalung  der  Plafonds  bildet  sich  ein  mit 
Wasserdunst  gesättigter  Luftraum,  welcher  für  Pilzcultur  äusserst 
geeignet  ist.  Die  Fussbodenbretter,  welche  von  der  Füllung  aus 
sich  mit  Wasser  sättigen,  verfaulen  unter  der  Einwirkung  der  aus 
dem  Walde  mitgebrachten,  d.  h.  in  den  Trockeni-issen  enthaltenen 
Pilzkeime.  Wenn  dann  aber  nach  2  Jahren  der  Bau  völlig  aus- 
getrocknet ist,  geht  auch  das  in  den  Brettern  enthaltene  Wasser 
verloren,  und  da  auf  der  Unterseite  der  Bretter  das  zerstörte  Holz 
beim  Trocknen  sehr  stark  schwindet,  die  obere,  von  der  Oelfarbe 
durchtränkte  oder  der  Luft  ausgesetzte  Seite  nicht  zerstört  werden 
konnte,  so  biegt  sich  jedes  Brett  in  der  Mitte  nach  oben,  zieht 
aus  den  zerstörten  Balken  die  Nägel  leicht  heraus  und  es  entstehen 
Fugen,  welche  die  Breite  eines  Fingers  erreichen. 

Die  damit  nothwendig  werdenden  Reparaturen  sind  höchst 
kostspielig  und  geben  Veranlassung  zu  den  unerquicklichsten  Pro- 
cessen zwischen  Bauherren,  Baumeister,  Zimmermeister  und  Holz- 
lieferanten. Dabei  wird  dann  in  der  Hegel  nicht  mit  genügender 
Sicherheit  zwischen  dieser  Trockenfäule  und  dem  Hausschwamm 
unterschieden,  obgleich  die  letztere  Calamität  nach  den  von  mir 
veröffentlichten  Arbeiten  mit  Leichtigkeit  erkannt  werden  kann. 

Während  man  mit  Trockenfäule  diejenigen  Zerstörungen  des 
Bauholzes  zu  bezeichnen  pflegt,  bei  denen  die  zerstörenden  Pilze 
dem  unbewaffneten  Auge  nicht  sichtbar  sind,  weil  sie  nicht  die 
Eigenschaft  haben,  über  den  Holzkörper  hinaus  in  die  Risse  und 
Spalten  des  Holzes  oder  zwischen  Holz  und  Mauerwerk  zu  wachsen, 
sondern  ihre  feinen  Hyphen  im  Holzkörper  selbst  verbreiten,  giebt 
es  eine  Reihe  von  Zerstörern  des  Bauholzes,  welche  mehr  oder 
weniger  üppige  Mycelwucherungen  ausserhalb  des  Holzes  entwickeln, 
und  diese  sind  es,  die  im  Allgemeinen  als  „Hausschwamm"  be- 
zeichnet werden.  Es  sind  dies  verschiedene  Pilzarten  von  sehr 
verschiedenem  Aussehen  und  abweichender  Lebensweise.  Der  wich- 
tigste und  verderblichste  ist  Merulius  lacrymans.  Daran  schliesst 
sich  der  schon  besprochene  Polyporus  vaporarius  und  eine  Mehrzahl 
anderer  Pilze,   mit    deren  Bearbeitung   ich  zur  Zeit  beschäftigt  bin. 

Ich  gehe  nun  zur  Befrachtung  des  echten  Hausschwammes, 
Merulius   lacrymans,    über. 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  191 

Der  Hausschwamm  ist  eine  Culturpflanze,  die  aber  auch  im 
Walde  noch  nicht  ganz  ausgestorben  ist,  vielmehr  an  alten  Nadel- 
holzstöcken, bisher  allerdings  nur  einmal,  augetroffen  worden  ist. 
Es  ist  aber  wahrscheinlich,  dass  er  allgemeiner  verbreitet  ist,  aber 
nur  bisher  im  Walde  nicht  beachtet  wurde.  Nadelholz  ist  seine 
Hauptnahrung,  doch  wächst  er  auch  an  Eichenholz  und  sind  eichene 
Parquettbodenbretter  der  Inficirung  ausgesetzt. 

Die  im  Innern  des  Holzes  wachsenden,  für  das  unbewaffnete 
Auge  nicht  sichtbaren  Pilzfäden  entnehmen  dem  Holze  die  Eiweiss- 
stoffe,  welche  sie  zum  Wachsthuni  nöthig  haben,  lösen  aber  vor- 
zugsweise das  Coniferin  und.  die  Cellulose  der  Holzwandungen  auf, 
so  dass  eine  aus  Holzgummi,  Gerbstoff  und  oxalsaurem  Kalk  be- 
stehende braun  gefärbte  Substanz  zurückbleibt,  welche,  so  lange 
das  Holz  reichlich  Wasser  enthält,  das  ursprüngliche  Volumen  des 
Holzes  beibehält,  aber  nach  dem  Verluste  des  Wassers  so  stark 
schwindet,  dass  rechtwinklig  auf  einander  stossende  Risse  ent- 
stehen, durch  welche  das  Holz  reichlich  zerklüftet  wird  und  oft  in 
regelmässige  würfelförmige  Stücke  zerfällt. 

Mit  der  Zerstörung  des  Holzes  geht  eine  Braunfärbung  Hand 
in  Hand,  die  einer  höheren  Oxydation  des  Gerbstoffes  im  Holze 
zuzuschreiben  sein  dürfte.  Im  frischen  Zustand  weich,  bekommt 
das  Holz  im  trockenen  Zustand  mehr  die  Eigenschaften  der  Holz- 
kohle und  lässt  sich  zwischen  den  Fingern  in  ein  äusserst  feines 
gelbes  Pulver  zerreiben.  Wichtig  ist  die  Eigenschaft,  Wasser  mit 
grösster  Begierde  aufzusaugen,  ähnlich  einem  Badeschwamm.  Dies 
beruht  vorzugsweise  darauf,  dass  die  Pilzfäden  im  Innern  die  Zell- 
wände durchlöchert  haben  und  damit  ein  Entweichen  der  Luft  vor 
dem  capillar  zuströmenden  Wasser  stattfinden  kann.  Holzwerk, 
welches  von  Hausschwamm  ergriffen  ist,  bekommt  dadurch  die 
Fähigkeit,  sehr  leicht  Wasser  aufzusaugen  und  weiter  zu  transpor- 
tiren.  Es  kann  damit  aus  einem  tieferen  Theile  des  Hauses 
liquides  Wasser  vermöge  der  Capillarität  des  erkrankten  Holzes 
nach  oben  wandern  und  hier  verdunstend  die  Wohnräume  feucht 
machen.     Soweit  ähnelt  das  zerstörte  Holz  dem  der  Trockenfäule. 

Der  Hausschwamm  hat  aber  nun  die  Befähigung,  aus  dem  er- 
nährenden Holz  hinauszuwachsen,  wenn  nur  die  umgebende  Luft 
constant  feucht  genug  ist,  so  dass  die  hervorwachsenden  Pilzfäden 
nicht    vertrocknen.     Wo    also   stagnirende   feuchte  Luft  sich  findet, 


192  !•  Abschnitt. 

wachsen  die  Pilzfäden  aus  dem  Holze  hervor  und  zwar  zunächst 
als  schneeweisse,  lockere,  wolleartige  Bildungen,  die  das  Holz  über- 
ziehen und  auf  dessen  Oberfläche  sich  ausbreitend  weiterwachsen. 
Diese  weissen  Pilzmassen  breiten  sich  auch  über  andere  Gegen- 
stände, aus  denen  sie  keine  Nahrung  beziehen  können,  aus,  wenn 
solche  in  der  Nähe  des  Holzwerkes  sich  finden,  kriechen  also  am 
Mauerwerk  in  die  Höhe,  überziehen  den  feuchten  Erdboden,  Stein- 
platten u.  s.  w.  In  den  wolligen  Pilzmassen  entstehen  später  sich 
verästelnde  dichtere  Stränge  von  gleicher  Farbe,  die  bis  Fingerdicke 
erreichen  können  und  für  die  Lebenserscheinungen  des  Haus- 
schwammes  eine  hervorragende  Bedeutung  besitzen. 

Ehe  ich  auf  deren  Beschreibung  eingehe,  sei  noch  erwähnt, 
dass  das  wollige  Pilzmycel  im  Alter  zusammenfällt  und  seiden- 
glänzende aschfarbene  Häute  bildet,  die  man  von  der  Unterlage 
abheben  kann.  Durch  die  aschgraue  Farbe  unterscheidet  sich 
dieses  Pilzmycel  von  dem  immer  schneeweiss  bleibenden  Mycel  des 
Polyporus  vaporarius,    von  dem  ich  schon  vorher  gesprochen  habe. 

Die  Mycelstränge  des  echten  Hausschwammes  bestehen  aus 
festen  Fasern,  welche  dieselben  bis  zu  einem  gewissen  Grade  un- 
zerreissbar  machen,  aus  zarten,  plasmareichen  Fäden,  die  in 
feuchter  Luft  allseitig  auskeimen  können  und  aus  gefässartigen  Or- 
ganen mit  grossem  Innenraum,  in  welchem  reichlich  Eiweissstoffe 
sich  befinden.  In  diesen  gefässartigen  Organen  wird  offenbar  von 
dem  ernährenden  Substrate,  d.  h.  dem  Holzwerke  aus  dem  ausser- 
halb wachsenden  Mycel  nicht  allein  Wasser,  sondern  auch  Nahrung 
in  reichlicher  Menge  zugeführt,  und  da  diese  Stränge  viele  Meter 
Länge  erreichen,  die  Fugen  im  Mauerwerk  benützend,  vom  Keller 
zum  Parterregeschoss,  von  hier  in  die  oberen  Stockwerke  hinauf- 
wachsen, so  erklärt  es  sich,  dass  der  Pilz,  ohne  unterwegs  Nah- 
rung, d.  h.  Holz  zu  finden,  in  Theilen  eines  Gebäudes  auftritt,  in 
denen  gar  kein  Holzwerk  sich  befindet.  Allerdings  sind  es  nicht 
jene  Stränge,  welche  als  solche  wachsen,  vielmehr  wächst  das  aus 
feinen  Fäden  bestehende  Mycel,  jede  Ritze  und  Fuge  benutzend, 
durch  Mauerwerk,  durch  Erdschichten  u.  s.  w.  und  wird  dabei  von 
den  weiter  rückwärts  gelegenen  Strängen  mit  Wasser  und  Nahrung 
versorgt.  Eine  Mauerritze,  welche  anfänglich  von  dem  zarten, 
wolligen  Mycel  durchwachsen  wurde,  enthält  später  einen  dicken 
Strang,    der    aber    erst    nachträglich   aus    dem   wolligen  Mycel  sich 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  193 

entwickelt  hat.  Gelangt  das  Mycel  bei  seiner  Wanderung  wieder 
an  Holzwerk,  dann  bietet  dieses  wieder  Gelegenheit  zur  kräftigeren 
Entwicklung,  denn  nun  dringen  die  zarten  Pilzfäden  in  dasselbe 
ein,  entnehmen  demselben  die  Nahrung  und  zerstören  es.  Als 
charakteristisch  für  den  Hausschwamm  muss  bezeichnet  werden, 
dass  er  im  Stande  ist,  auch  trockenes  Holzwerk  zu  zerstören,  in- 
dem er  durch  seine  Stränge  soviel  Wasser  aus  andern,  feuchten 
Theilen  des  Gebäudes  nachführt,  class  er  das  an  sich  trockene 
Holz  zunächst  nass  und  dadurch  der  Zerstörung  zugänglich  macht. 
In  dumpfen  Räumen  scheidet  er  das  Wasser,  wenn  er  nicht  im 
Stande  ist,  es  an  Holz  abzugeben,  in  Form  von  Tropfen  und 
Thränen  ab,  wesshalb  er  der  thränende  Hausschwamm  ge- 
nannt wird. 

Wo  sehr  üppige  Pilzwucherungen  stattfinden  und  ein  genügen- 
der Raum,  in  der  Regel  auch  mehr  oder  weniger  Lichtwirkung, 
die  aber  nicht  absolut  nothwendig  ist,  vorhanden  ist,  entwickeln 
sich  die  bekannten,  meist  tellerförmig  ausgebreiteten,  übrigens  auch 
anders  gestalteten  Fruchtkörper.  Die  anfänglich  weisse  lockere 
Pilzmasse  färbt  sich  hier  und  da  röthlich,  zeigt  wurmartige  Fal- 
tungen, die  bald  mit  rostfarbigen  Sporen  so  bedeckt  werden,  dass 
die  ganze  Oberfläche  eine  tiefbraune  Färbung  annimmt.  Die 
bräunlichen  Sporen,  deren  Grösse  so  gering  ist,  dass  etwa  4  Millio- 
nen in  einem  Cubikmillimeter  Raum  haben  würden,  zeigen  an 
einem  Ende  eine  Keimöffnung  in  der  dicken  Wandung,  die  aber 
durch  ein  hellglänzendes  farbloses  Zäpfchen  verschlossen  ist. 

Die  Keimung  der  Hausschwammsporen  kann  nur  dann  ein- 
treten, wenn  dieses  Zäpfchen  erweicht  oder  aufgelöst  wird  und  dies 
scheint  nur  unter  der  Einwirkung  irgend  welcher  Alkalien  stattzu- 
finden. Keimungsversuche  glückten  mir  nur  dann,  wenn  ich  der 
Lösung,  in  welcher  die  Sporen  lagen,  etwas  Ammoniak  oder  Kali- 
oder Natronsalze  zusetzte.  Die  Wirkung  dieser  Salze  ist  nicht  als 
eine  ernährende,  sondern  lediglich  die  Sporenhaut  an  der  Keim- 
öffnung erweichende  zu  denken.  Jedes  Samenkorn  und  jede  Spore 
besitzt  eine  gewisse  Menge  von  der  Mutterpflanze  stammender  so- 
fort verwerthbarer  Nahrung  in  sich.  Erst  dann,  wenn  diese  bei 
der  Keimung  verbraucht  ist,  wird  die  weitere  Entwickelung  abhän- 
gig von  der  Zufuhr  neuer  Nahrung  aus  der  Umgebung.  Ich  will 
die    Möglichkeit    nicht    bestreiten,     dass    auch     einmal    eine   Haus- 

Hartig-,   Baumkrankheiten,  2.  Aufl.  13 


194  I-  Abschnitt. 

schwanimspore  auf  Holz  direct  keimen  kann,  da  dieses  ja  minimale 
Spuren  von  Alkalien  in  sich  schliesst,  doch  gelang  sie  mir  auch 
auf  Holz  nur  unter  Zusatz  geringer  Spuren  von  Alkalien.  Es 
erklärt  sich  hieraus,  wesshalb  Hausschwammbeschädigungen  gern 
an  Oertlichkeiten  auftreten,  wo  Urin,  Humus,  Asche,  Steinkohlen- 
lösche  u.  dgl.  lagern  oder  verschüttet  werden. 

Das  Holz  ist  die  eigentliche  Nahrung  des  Hausschwammes  und 
zwar  ist  das  im  Sommer  gefällte  Holz  genau  ebenso  gute  Nahrung, 
wie  das  im  Winter  gefällte  Holz.  Ueber  die  Ursachen  der  häu- 
figen Klagen,  das  Sommerholz  betreffend,  ist  vorher  schon  ge- 
sprochen. 

Sehr  humusreiche  Böden  bieten  dem  Hausschwamm  ebenfalls, 
wenn  auch  nur  geringe  Mengen  von  Nahrung  dar.  Es  ist  wahr- 
scheinlich, wenn  auch  nicht  erwiesen,  dass  das  Pilzmycel  bei  seiner 
Wanderung  im  Mauerwerk  geringe  Spuren  von  Kalk  auflöst  und 
in  sich  aufnimmt,  doch  ist  dies  jedenfalls  so  wenig,  dass  man 
nicht  annehmen  kann,  es  werde  hierdurch  directer  Schaden  ver- 
anlasst. 

Der  Hausschwamm  hat  im  frischen,  lebenden  Zustande  einen 
sehr  angenehmen  Geruch  und  feinen  Geschmack,  dem  allerdings 
ein  etwas  zusammenziehender  Geschmack  nachfolgt.  Wenn  zumal 
grössere  Fruchtkörper  verfaulen,  verbreiten  diese  einen  höchst 
widerwärtigen,  sehr  charakteristischen  Geruch  und  ist  es  zweifellos, 
dass  die  Entwicklung  der  Gase  aus  dem  verfaulenden  Haus- 
schwamme  für  die  Gesundheit  der  Menschen,  die  in  solchen 
Räumen  wohnen,  höchst  nachtheilig  ist.  Es  kommt  noch  hinzu, 
dass  der  Pilz  grosse  Wrassermengen  ausdunstet  und  dadurch  die 
Wohnräume  feucht  macht. 

Der  Hausschwamm  kann  auch  unter  den  günstigsten  Bedin- 
gungen nur  da  entstehen,  wo  eine  Infection  durch  Sporen  oder 
durch  Mycel  eintritt,  und  ist  es  desshalb  wichtig,  festzustellen,  auf 
welchem  Wege  die  Verbreitung  und  Einschleppung  von  Sporen  oder 
Mycel  stattfindet. 

Dass  Sporen  unter  Umständen  auch  aus  dem  Walde  mit  dem 
Holze  eingeführt  werden  können,  habe  ich  schon  oben  hervorge- 
hoben, doch  dürfte  dies  wenigstens  unter  den  geordneten  forst- 
lichen Verhältnissen  in  Deutschland,  wo  selten  grössere  Mengen 
von    Lagerholz    im   Walde    die    Entwickelung    des   Hausschwamms 


Beschädigungen  durch  Pflanzen.  J95 

fördern  und  derselbe  bisher  nur  einmal  beobachtet  worden  ist,  zu 
den  seltenen  Ausnahmen  gehören.  Dass  Bloch-  und  Bauholz  durch 
längeres  Lagern  im  Walde  schon  inficirt  und  mit  Hausschwamm- 
pilz behaftet  werden  kann,  folgt  aus  dem  Gesagten  von  selbst.  In 
der  Regel  dürfte  aber  die  Infection  erst  in  den  Städten  erfolgen 
und  zwar  entweder  auf  den  Holzlagerplätzen  der  Zimmerleute, 
Tischler  u.  s.  w.  oder  in  den  Häusern.  Auf  den  Holzlagerplätzen 
wird  oft  genug  Holz  von  alten  Häusern,  welches  noch  eine  Ver- 
wendung gestattet,  neben  dem  noch  gesunden  Holz  gelagert,  so 
dass  der  Regen  die  etwa  anhaftenden  Sporen  und  Myceltheile  auf 
das  gesunde  Holz  abschwemmt.  In  Neubauten  schleppen  Arbeiter, 
insbesondere  Zimmerleute,  leicht  die  Sporen  ein,  wenn  sie  etwa 
von  einer  Hausschwammreparatur  kommend  dieselbe  Kleidung,  das- 
selbe Schuhwerk  und  Handwerkszeug,  welches  zuvor  nicht  gereinigt 
wurde,  tragen  und  benützen. 

Soll  Hausschwamm  entstehen,  dann  gehört  aber  nicht  nur  die 
Gegenwart  von  Sporen  und  Mycel  dazu,  sondern  es  müssen  auch 
die  Entwickelungsbedingungen  für  diese  günstige  sein.  Die  Sporen 
keimen  nur  bei  Gegenwart  von  Alkalien.  Daraus  erklärt  sich  die 
Schädlichkeit  der  Verunreinigung  der  Bauten  durch  das  Uriniren 
der  Arbeiter,  durch  Verwendung  von  humosen  Füllsubstanzen, 
von  Asche  und  Steinkohlenasche.  Das  weitere  Wachsthum  und 
die  kräftige  Entwickelung  des  Hausschwammes  werden  aber  vor- 
zugsweise gefördert  durch  Verwendung  nasser  Baumaterialien,  d.  h. 
nassen  Holzes,  nasser  Füllungen,  nasser  Bruchsteine  u.  dgl.,  denn 
Feuchtigkeit  ist  für  das  Wachsthum  jeder  Pflanze  und  somit  auch 
des  Hausschwammes  nötliig. 

Ein  näheres  Eingehen  auf  die  vorbeugenden  Maassregeln 
beim  Häuserbau  dürfte  hier  ebensowenig  am  Platze  sein,  als  eine 
Schilderung  der  Maassregeln,  die  zu  ergreifen  sind,  wenn  in  einem 
Gebäude  der  Hausschwamm  aufgetreten  ist. 

In  meiner  citirten  Schrift  habe  ich  alle  diese  Maassregeln  ein- 
gehend beschrieben. 

Ein  allgemeineres  Interesse  beanspruchen  unter  den  sapro- 
phytischen  Holzpilzen  noch  die  Peziza  aeruginosa,  welche  zu 
den  Discomyceten  gehörend,  doch  hier  noch  erwähnt  werden  möge, 
da  sie  die  sogen.  Grünfäule  des  Holzes  veranlasst.  Insbesondere 
Eichen-  und  Rothbuchenholz,  seltener  auch  Fichten-  und  Birkenholz, 

13* 


196  I-  Abschnitt. 

welches  in  stark  zersetztem  Zustande  und  anhaltend  durchfeuchtet 
auf  dem  Waldboden  längere  Zeit  gelegen  hat,  erhält  oftmals  eine 
intensiv  spangrüne  FärbuDg  dadurch,  dass  das  Mycel  des  genannten 
Pilzes,  welches  nebst  den  schüsselförmigen  Fruchtträgern  intensiv 
grün  gefärbt  ist,  den  Holzkörper  durchzieht  und  in  den  Wandungen 
der  Holzelemente  ebenfalls  jenen  grünen,  extrahirbaren  Farbstoff 
erzeugt. 

Es  soll  derselbe  wegen  seiner  Unzerstörbarkeit  eine  technische 
Verwendung  finden,  und  neuerdings  sind  Versuche  angestellt,  durch 
künstliche  Züchtung  grünfaules  Holz  in  grösserer  Quantität  zu 
erzeugen. 

Das  sogenannte  „Blauwerden"  des  Nadelholzes,  das  beson- 
ders in  den  Kiefernbeständen  an  abständigen  Bäumen,  nach  Raupen- 
frass  oder  auch  erst  in  feuchten  Holzgelassen  am  Brennholz  auf- 
tritt, wird  durch  Ceratostoma  piliferum  (syn:  Sphaeria  dryina) 
veranlasst,  einen  Pyrenomyceten,  dessen  Mycelium  braun  gefärbt 
ist  und  durch  die  Mark  strahlen  sehr  schnell  von  aussen  bis  zum 
Mittelpunkte  der  todten  Stämme  vordringt.  Das  Kernholz  wird 
mehr  von  ihm  gemieden,  wahrscheinlich  des  geringen  Wassergehaltes 
wegen,  während  das  Splintholz  oft  schnell  von  dem  Pilzmycel 
durchzogen  und  zersetzt  wird. 


IL  Abschnitt. 


Verwundungen. 


Zahllose  Verwundungen  des  Pflanzenkörpers  entstehen  alljähr- 
lich im  normalen  Lebensprocesse  der  Pflanzen  beim  Abfall  der 
Blätter  im  Herbste,  beim  freiwilligen  Abstossen  einzelner  Zweige 
(Absprünge  der  Pappeln  und  Eichen),  beim  Absterben  der  äusseren 
Rindetheile.  Alle  diese  freiwillig  entstehenden  Wunden 
werden  geraume  Zeit  vor  ihrer  Entstehung  schon  von  der  Pflanze 
vorbereitet,  so  class  in  dem  Augenblicke,  in  welchem  die  Wunde 
entsteht,  die  Heilung  bereits  als  vollendet  zu  betrachten  ist.  Diese 
Vorbereitung  besteht  darin,  dass  sich  da,  wo  später  die  Wund- 
fläche entsteht,  durch  das  Gewebe  hindurch  eine  Hautschicht,  cl.  h. 
eine  Korkhaut  bildet,  die  in  ihrer  Entstehungsart  und  in  ihrem 
Bau  völlig  übereinstimmt  mit  dem  Hautgewebe  unverletzter  Stengel- 
theile  oder  jener  Hautschichten,  die  sich  auf  unfreiwillig  entstan- 
denen Wunden  nachträglich  bildet.  In  vielen  Fällen  wird  der 
Verschluss  der  Wrunden  schon  vorher  durch  Gummibildung  vor- 
bereitet und  tritt  erst  nachträglich  eine  Korkhautbildung  ein.  Nur 
die  durch  äussere  mechanische  Ursachen  veranlassten  Wunden, 
durch  welche  innere  lebende  Gewebe  blossgelegt  und  den  nach- 
theiligen Einflüssen  der  Aussenwelt  preisgegeben  werden,  gehören 
zu  den  pathologischen  Erscheinungen. 

§  19.    Heilung  und  Reproductiou  im  Allgemeinen. 

Um  die  Processe  der  Heilung  und  Reproduction  zu  ver- 
stehen, müssen  wir  zunächst  die  verschiedenen  Gewebsarten  und 
deren  Befähigung  zu  Neubildungen  ins  Auge  fassen. 

Das  Hautgewebe  wird  an  jugendlichen  Pflanzentheilen  ledig- 
lich   durch    die    meist    einschichtige  Oberhaut  repräsentirt.      Schon 


198  n.  Abschnitt. 

bevor    diese    ihre  Ausdehnungsfähigkeit    völlig    einbüsst    und  nach 
weiterem  Dickenwachsthum    des  Stengels    zerreisst,    entsteht   unter 
ihr  ein  neues  Hautgewebe,    durch  welches  das  innere  lebende  Rin- 
dengewebe vor  dem  Vertrocknen  geschützt  wird.     Diese  Korkhaut, 
auf    deren  Bau    und    auf  deren  Verschiedenheiten  näher  einzugehen 
hier    nicht    der  Ort  ist,    entsteht  dadurch,    dass  entweder  die  noch 
lebenden  Oberhautzellen  selbst,   oder  eine  mehr   oder  weniger  nahe 
unter  ihr  liegende  Rindenzellenschicht  durch  Theilung  in  tangentialer 
Richtung  zur  Phellogenschicht  (Korkmutterschicht)  wird.    Die  durch 
fortgesetzte    Theilung     entstehenden,     radial     angeordneten    Zellen 
sterben  ab,  verkorken  und  bilden  so  eine  mehr  oder  weniger  dicke 
schützende  Hülle  im  äusseren  Umfange   der  lebenden  Gewebe,    die 
sich    durch    fortgesetzte  Theilung    der  Phellogenschicht    von    innen 
aus  verjüngt,    während  die  ältesten  Korkzellen  auf  der  Aussenseite 
durch    Abschülfern     oder    Loslösen    zusammenhängender    Korkzell- 
schichten verloren  gehen.     Bei  den  meisten  Bäumen  entsteht  früher 
oder  später  die  Borke  dadurch,   dass  die  älteren  Rinden-  und  Bast- 
schichten   ihre  Ausdehnungsfähigkeit    verlieren.     Es    entstehen  als- 
dann   im    Innern    der    Rinde    neue    Korklagen,    durch    welche    die 
äusseren   Rindenschichten    unmittelbar    vor   ihrem   Absterben,    Ver- 
trocknen   und    Aufplatzen   von    den   inneren   Rindenschichten   abge- 
grenzt werden. 

Selbstverständlich  ist  eine  Verletzung  der  todten  Korkhaut 
und  der  Borke  ohne  irgend  welche  nachtheiligen  Folgen  und  kann 
nur  insofern  von  Einfluss  auf  die  Wachsthumserscheinungen  des 
Baumes  werden,  als  die  Verminderung  des  Rindendruckes  eine 
locale  Zuwachssteigerung  des  Cambiums  an  solchen  Stellen  nach 
sich  zieht.  Kiefern,  die  vor  längerer  Zeit  „geröthet"  waren, 
d.  h.  bei  denen  behufs  Anbringung  von  Theerringen  zum  Abfangen 
der  Raupen  die  todten  Borkeschichten  in  einem  breiten  Ringe  um 
den  Stamm  grösstentheils  entfernt  waren,  zeigten  von  der  Zeit  an 
einen  unverkennbar  stärkeren  Zuwachs  an  der  entborkten  Stelle, 
als  unter-  und  oberhalb  derselben.  Wird  die  lebende  Phellogen- 
schicht verletzt,  so  bildet  sich  aus  den  darunter  liegenden  unver- 
letzten Zellen  der  Rinde  oder  des  Phelloderms  eine  neue  Phellogen- 
und  Korkschicht  im  Anschlüsse  an  die  Korkschicht  des  Wundrandes. 

Das  unter  der  Haut  liegende  Rindenp  arenchym  (Fig.llOb,c) 
besitzt    ein    beschränktes  Zelltheilungsvermögen,    durch   welches  es 


Verwundungen. 


199 


befähigt  ist,  der  zunehmenden  Verdickung  des  Stammes  entsprechend 
sich  zu  vergrössern.  Die  Fähigkeit  zu  Neubildungen  im  Falle 
einer  Verwundung  beschränkt  sich  aber  auf  Entwicklung  einer 
Korkhaut  nahe  unter  der  Oberfläche  des  blossgelegten  Gewebes. 
Man  nennt  diese  Korkschicht,  die  auch  bei  Rindenerkrankungen 
durch  Parasiten  pflanzlicher  Art  auf  der  Grenze  des  gesunden  und 
todten  Gewebes  entsteht,  „Wundkork"  (Fig.  110  i).  Die  Ent- 
stehung   desselben    ist  nicht  an  die  Jahreszeit  gebunden,    vielmehr 


Fig.  110. 

Callusbildung  am  Wnndrande  eines  Esclienzweiges. 
a  Korkhaut,     b  Collenchym.     c  Aussenrinde.     d  Primäre  Bastfaser- 
bündel,    e  Rindenparenchym.    /  Weichbast,     g  Cambium.     h  Holz. 
i  "Wundkorb   der  Aussenrinde.     k   Callus.     /   Grenze   zwischen  dem 
Weichbast  und  dem  cambialen  Wundgewebe. 


erfolgt  dessen  Ausbildung  schon  bei  massigen  Temperaturen  im 
Winter  bald  nach  dem  Eintritte  der  Verwundung. 

Nur  die  innersten  Theile  des  Rindenparenchyms,  der  Weich- 
bast, oder  in  anderen  Fällen  auch  nur  die  innersten,  jugendlichsten 
Organe  des  Weichbastes  nehmen  an  den  weiter  unten  zu  bespre- 
chenden Neubildungen  Theil. 

Der  Holzkörper  besitzt  nur  eine  sehr  beschränkte  Reproduc- 
tionsfähigkeit,   da  er  ja  überwiegend  aus  leeren  Zellhüllen,   d.  h.  aus 


200 


II.  Abschnitt. 


Fasern,  Trackeiden  und  Gefässen  besteht.  Die  noch  lebensthätigen 
Zellen  des  Holzes,  theils  dem  Strahlenparenchym  (Markstrahlen), 
theils  dem  Strangparenchyni  (Holzparenchymzellen)  angehörend, 
sind  von  den  erstgenannten  Organen  in  der  Weise  umgeben,  dass 
auch  die  beschränkte  Reproduction  sfähigkeit  derselben  kaum  zur 
Geltung  gelangen  kann.  Sie  äussert  sich  nur  in  zweierlei  Gestalt, 
nämlich  einmal  in  der  Bildung  von  Thyllen  oder  Füllzellen  in 
den  Gefässen  des  Holzes,  sobald  dieses  verwundet  ist,  und  ferner 
in  der  Entwicklung  des  sogenannten  intermediären  Gewebes 
(Kittgewebes)  bei  Veredelungsprocessen1).  Werden  die  Schnitt- 
flächen des  Edelreises  und  Wildlinges  frisch  genug  mit  einander 
verbunden,  so  füllt  sich  der  noch  verbleibende  Raum  zwischen  den 
beiden  Holztheilen  mit  einem  parenchymatischen  Gewebe  an,  welches 
seinen  Ursprung  in  den  genannten  Parenchymzellen  des  Holzes 
selbst  findet. 

Der    blossgelegte  Holzkörper    einer  Wunde    besitzt   die  Fähig- 
keit   der  Reproduction    von  Rinde    und  Holz    nur  dann,    wenn  die 

Rinde  zur  Zeit  der  cambialen  Thätigkeit  ab- 
gelöst  und  die  Cambialschicht  oder  die 
Region  des  Jungholzes  vor  dem  Ver- 
trocknen geschützt  wird.  Es  tritt  sodann 
die  Reproduction  der  „Bekleidung"  ein. 
Die  zartzellige,  plasmareiche  Cambialregion, 
welche  in  den  Monaten  Mai  bis  August  aus 
den  Initialzellen,  den  durch  Theilung  daraus 
hervorgegangenen  Gewebemutterzellen  und 
den  jugendlichen  noch  lebensthätigen  Ge- 
webezellen (Jungbast  und  Jungholz)  besteht, 
vertrocknet  unter  dem  Einflüsse  der  Luft  sehr 
leicht,  und  nur  bei  Regenwetter  oder  über- 
haupt bei  mit  Feuchtigkeit  gesättigter  Luft 
bleibt  dieses  Gewebe  erhalten  und  verwandelt 
sich  durch  Quertheilung  der  langgestreckten 
Cambialorgane  in  ein  parenchymatisches,  aus  isodiametrischen  Zellen 
bestehendes  Vernarbungsgewebe.  Durch  lebhafte  Zelltheilung 
entsteht  aus  diesem  in  wenigen  Tagen  eine,  unter  dem  Einflüsse  des 
Lichtes  sich  grün  färbende  Bekleidungsschicht  (Fig.  111).     Oft  ver- 

J)  Göppert,  Ueber  innere  Vorgänge  bei  dem  Veredeln,  Kassel  1874. 


Fig.  111. 

Oberfläche   eines  entrin- 
deten      Buchenstammes 
mit    theilweiser    Beklei- 
dung.    Natürl.  Gr. 


Verwundungen. 


201 


trocknet  das  die  Wundfläche  bedeckende  cainbiale  Gewebe  mit  Aus- 
schluss des  Markstrahlcambiums  und  erfolgt  die  Bekleidung  der 
Wundfläche  fast  ausschliesslich  von  dem  letzteren  aus,  so  dass  diese 
Erscheinung  den  Eindruck  hervorruft,  als  ob  die  Markstrahlen  aus 
dem  Holze  hervorwüchsen.  Das  ursprünglich  gleichartige  Vernar- 
bungsgewebe  zeigt  im  Innern  bald  eine  Differenzirung  insofern,  als 
im  Anschluss  an  den  alten  Holzkörper  die  Organe  in  Holzzellen  sich 
verwandeln,    während    nach    aussen   hin  unter  den  zu  parenchyma- 


11 K  15 


Fig.  112. 

Querschnitt  eines  zwei  Jahre  vor  der  Fällung  in  Folge  sehr 
gesteigerten  Zuwachses  an  vielen  Stellen  aufgeplatzten  Eichen- 
stanimes.  x  u.  y  zwei  Stellen,  an  denen  die  Rinde  aufgeplatzt  war. 
a — b  Neubildung  durch  Bekleidung,  c  Ueberwallungswulst.  d  Rinde 
des  Bekleidungsgewebes,  e — e  Unterseite  der  losgelösten  Rincle, 
deren  Cambium  ebenfalls  Neubildungen  hervorgerufen  hat.    Nat.  Gr. 


tischem  Rindengewebe  sich  verwandelnden  Zellschichten  eine  neue 
Bastregion  entsteht.  Zwischen  Holz  und  Bast  erhält  sich  ein  Theil 
des  Gewebes  als  theilungsfähiges  Cambium,  und  auf  der  Oberfläche 
des  Rindengewebes  entsteht  eine  neue  Hautschicht. 

In  vorstehendem  Holzschnitte  (Fig.  112),  welcher  den  Quer- 
schnitt einer  zwei  Jahre  vor  der  Fällung  durch  Sprengung  der 
Rinde  beschädigten  Eiche  darstellt,  ist  der  zwischen  bb  gelegene 
Theil    der    Wundfläche    vertrocknet.       Beiderseits    ist    unter    dem 


202  n.  Abschnitt. 

Schutze  der  abgesprengten  Rinde  (cc)  auf  dem  Holze  eine  Neu- 
bildung durch  Vernarbung  erfolgt  (a,  b),  die  bereits  ein  zweijähriges 
Alter  (1876  und  77)  erreicht  hat, 

Selbstredend  kann  auch  auf  der  Innenseite  des  Rindenkörpers, 
auf  welcher  ja  ebenfalls  cambiales  Gewebe  haften  bleibt,  eine  Ver- 
narbung eintreten,  wenn  die  losgelöste  Rinde  mit  dem  Baume  in 
Verbindung  bleibt  und  ernährt  wird.  Das  Cambium  setzt  dann 
seinen  Theilungsprocess  in  normaler  Weise  fort,  nachdem  es  zuvor 
ebenfalls  in  kurzzeitiges  Cambium  sich  umgewandelt  hat.  Auf 
diese  Weise  ist  in  Fig.  112  in  den  beiden  Jahren  nach  der  Los- 
lösung der  Rindenlappen  e  —  e  eine  Neubildung  entstanden. 

Der  Holzkörper,  welcher  auf  der  Oberfläche  des  blossgelegten 
Holzstammes  und  derjenige,  welcher  auf  der  Innenseite  des  losge- 
lösten Bastes  entsteht,  unterscheidet  sich  durch  abnormen  Bau, 
insbesondere  durch  Kurzzelligkeit,  durch  das  Fehlen  oder  die  ge- 
ringe Zahl  der  Gefässe  von  dem  normalen  Holze,  und  H.  de  Vries2), 
der  zum  ersten  Mal  auf  diese  Abnormität  aufmerksam  gemacht  hat, 
bezeichnet  derartiges  Holz  mit  dem  Namen   „Wundholz". 

Vertrocknet  das  Cambium  auf  einem  von  Rinde  entblössten 
Holzstamme,  bevor  dasselbe  zur  Entwicklung  von  Vernarbungsge- 
webe  schreiten  konnte,  oder  fehlt  auf  der  Wundfläche  das  Cam- 
bium überhaupt,  z.  B.  bei  Astwunden  u.  s.  w.,  dann  bleibt  als  ein- 
ziger Reproductionsprocess  die  Ueberwallung  vom  Wundrande 
aus  übrig. 

Der  Ueberwallungsprocess  geht  aus  von  dem  Weichbaste 
und  dem  Bildungsgewebe,  dem  Cambium  des  Wundrandes  (Fig.  110g) 
und  erklärt  sich  rein  mechanisch  aus  der  Verminderung  des 
Rindendruckes  auf  dieses  Gewebe.  Das  jährliche  Dicken  wachs- 
thum  des  Stammes  veranlasst  eine  Ausdehnung  des  Rinden-  und 
Bastmantels,  die  zwar  dadurch  im  Wesentlichen  ausgeglichen  wird, 
dass  die  noch  lebenden  Zellen  dieser  Gewebe  durch  Zelltheilung 
und  Zellwachsthum  sich  der  Zunahme  des  Stammumfanges  ent- 
sprechend ausdehnen,  während  die  todten  äusseren  Theile  Längs- 
risse bekommen,  es  bleibt  aber  immerhin  eine  Spannung  des  Rin- 
denmantels bestehen,  welche  einen  bedeutenden  Druck  auf  das 
cambiale  Gewebe  ausübt.     Wird  nun  durch  eine  bis  auf  den  Holz- 


2)  Hugo  de  Vries,  Ueber  Wundholz  (Flora  1876). 


Verwundungen.  203 

körper  eindringende  Verwundung  dieser  Druck  auf  das  Bildungs- 
gewebe local  vermindert,  so  erfolgt  ein  beschleunigter  Zellenthei- 
lungs-  und  Wachsthumsprocess,  der  nicht  nur  unmittelbar  am  Wund- 
rande selbst,  sondern  noch  auf  weitere  Entfernung  von  da  wahrzu- 
nehmen ist  (Fig.  110  bis  g).  Soweit  die  Druck  Verminderung  einge- 
treten ist,  also  in  Fig.  112  noch  auf  mehrere  Centimeter  von  den 
Punkten  aa  entfernt,  verwandelt  sich  das  normale  Cambium  in 
kurzzelliges  Wundcambium,  aus  dem  ein  üppig  wucherndes  Wund- 
holz ohne  Gefässe  und  deutliche  Markstrahlen  hervorgeht.  Am 
lebhaftesten  ist  der  Zellentheilungsprocess  nach  der  Wundfläche 
selbst  hin,  wo  ja  überhaupt  kein  Gegendruck  erfolgt,  und  man 
sieht  den  Callus  oder  Ueberwallungswulst  zwischen  Holz  und 
Rinde  hervortreten.  Entweder  schon  in  demselben  Jahre  oder 
erst  später  nimmt  das  Wundholz  wieder  einen  normalen  Charakter 
an,  doch  bleibt  das  Rindengewebe  des  Ueberwallungswulstes  noch 
eine  Reihe  von  Jahren  dünner  und  ausdehnungsfähiger  und  übt 
somit  auch  einen  geringeren  Druck  aus,  wie  die  alte  Rinde  oder 
Borke.  Die  Wuchssteigerung  beschränkt  sich  somit  nicht  auf  das 
erste  Jahr,  sondern  erhält  sich  oft  so  lange,  bis  endlich  die  von 
den  verschiedenen  Wundrändern  ausgehenden  Ueberwallungswülste 
zusammentreffen   und  miteinander  verwachsen. 

Diese  Verwachsung  wird  erschwert  oder  gar  unmöglich  ge- 
macht bei  solchen  Bäumen,  die  bald  auch  auf  den  Ueberwallungs- 
wülsten  mit  einer  todten  Borke  sich  bekleiden. 

Ist  das  Rindengewebe  der  aufeinander  stossenden  Neubildungen 
dünn,  lebend  und  nicht  von  starker  todter  Borke  bekleidet,  so  wird 
bei  weiterem  Dickenwachsthum  das  die  beiden  Wülste  bekleidende 
Rindengewebe  gleichsam  herausgequetscht  und,  nachdem  Cambium- 
region  auf  Cambium  gestossen  sind,  erfolgt  völlige  Verwachsung. 
Starke  Borke  kann  diese  Verwachsung  viele  Jahrzehnte  verhindern, 
wie  z.  B.  bei  der  Kiefer  (Fig.  116). 

Berücksichtigt  man,  dass  der  Rindendruck  als  Folge  der  Um- 
fangsvergrösserung  des  Stammes  vorzugsweise  in  horizontaler 
Richtung,  also  ähnlich  wirkt,  wie  ein  Fassreif  auf  die  Fassdauben 
drückt,  so  erklärt  sich,  wesshalb  ein  Längsschnitt  in  der  Rinde 
einen  weit  lebhafteren  Ueberwallungsprocess  nach  sich  ziehen  muss, 
als  ein  Querschnitt.  Die  eigenartige  Ueberwallung  der  Astwunden  vor- 
zugsweise von  den  Seitenrändern  aus  erklärt  sich  hieraus  hinlänglich. 


204  H-  Abschnitt. 

Wird  der  Rindendruck  bei  einer  Verwundung  nicht  oder  nur 
wenig  vermindert,  wie  dies  der  Fall  ist  bei  Quetschwunden, 
z.  B.  Baumschlag  u.  dgl.,  dann  tritt  gar  keine  oder  nur  eine  sehr 
langsame  Ueberwallung  ein.  Die  todte  Rinde,  welche  über  der 
gequetschten  und  getödteten  Stelle  erhalten  bleibt,  und  von  den 
gesunden  Rindentheilen  nicht  getrenut  wird,  lässt  es  nicht  zu  einer 
Druckverminderung  am  Wundrande  kommen  und  so  unterbleibt  die 
Ueberwallung. 

Es  mag  schliesslich  noch  darauf  aufmerksam  gemacht  werden, 
dass  die  Gestalt  der  Wunde  viele  Jahrzehnte  sich  auf  der  Aussen- 
fläche  des  Baumes  erkennen  lässt,  da  ja  die  Grenze  der  alten  und 
der  jungen  Rinde  sich  lange  Zeit  zu  erhalten  pflegt. 

Dass  eine  Verwachsung  des  blossgelegten  Holzkörpers  der 
Wunde  mit  dem  sich  später  darüber  lagernden  Holze  des  Ueber- 
wallungsgewebes  unmöglich  ist,  bedarf  kaum  der  Erwähnung,  zu- 
mal die  äusseren  Holzschichten  der  Wunde  zuvor  absterben,  ver- 
trocknen und  mehr  oder  weniger  tief  sich  zersetzen. 

Es  führt  uns  dies  zur  Betrachtung  der  Veränderungen,  die 
in  dem  durch  Verwundung  blossgelegten  Holzkörper  eintreten.  Bei 
den  Nadelhölzern,  soweit  solche  mit  Harzkanälen  ausgestattet  sind, 
schützt  sich  die  Wfundfläche  mehr  oder  weniger  erfolgreich  durch 
„Verharzung"   der  äusseren  Holzlagen. 

Die  Harzgänge,  in  welche  das  mit  Harz  vermischte  Terpen- 
tinöl aus  den  umgebenden  parenchymatischen  Zellen,  in  denen  es 
gebildet  wurde  (Harzbildungszellen),  ausgeschieden  wird,  verlaufen 
bekanntlich  im  Holzkörper  sowohl  in  lothrechter  wie  in  horizontaler, 
d.  h.  radialer  Richtung.  Die  letzteren,  die  wir  Markstrahlkanäle 
nennen,  stehen,  wie  ich  zuerst  nachgewiesen  habe,  mit  den  loth- 
rechten  Kanälen  hier  und  da  in  offener  Communication  dadurch, 
dass  die  parenchymatischen  Auskleidungszellen  an  den  Stellen,  wo 
beide  Kanäle  sich  berühren,  seitlich  nicht  aneinander  schliessen, 
sondern  weit  auseinander  treten  (Fig.  113  e). 

Durch  diese  Intercellularräume  kann  das  Harz  des  lothrechten 
Kanals  mit  Leichtigkeit  in  den  Markstrahlkanal  gelangen,  und  wird 
letzterer  durch  eine  äussere  Verwundung  des  Holzstammes  geöffnet, 
so  kann  das  Harz  sich  frei  nach  aussen  ergiessen.  So  erklärt  sich 
der  reiche  Harzerguss  aus  dem  Nadelholzstamm,  wenn  behufs  Harz- 
nutzung   der  Rindenkörper    stellenweise  abgeschält  wird.     Das  aus 


Verwundungen. 


205 


der  Wundfläche  ausgetretene  Harz  bildet  eine  unter  dem  oxydiren- 
den  Einflüsse  der  Luft  bald  erstarrende  Schicht.  Selbstredend 
trägt  auch  die  theil- 
weise  Verflüchtigung    des 


Terpentinöls  zur  Erstar- 
rung der  ausgeflossenen 
Mischung  von  Harz  und 
Terpentin  bei. 

Auf  der  Abhiebsfläche 
eines  Stammes  oder  Astes 
sieht  man  im  Sommer  und 
Winter  sehr  bald  reich- 
lichen Harzerguss  aus  dem 
Splinttheile  hervortreten, 
während  die  älteren  Holz- 
schichten bei  Kiefer, 
Fichte  und  Lärche  die- 
sen Harzausfluss  nicht  er- 
kennen lassen,  obgleich 
diese  Theile  oft  harz- 
reicher sind,  als  die 
Splintschichten. 

Ich  glaube,  dass  sich 
diese  Erscheinung  leicht 
dadurch  erklären  lässt, 
dass  im  Splinte  nicht  nur 
die  Holzwandungen  mit 
Wasser  voll  gesättigt,  son- 
dern auch  die  Innenräume 
der  Tracheiden  zur  Hälfte 
und  mehr  mit  Wasser  er- 
füllt sind.  Das  in  den 
Harzkanälen  befindliche 
Terpentinöl  kann  sich 
trotz  seiner  flüchtigen  Be- 
schaffenheit nicht  weiter 
im  Holzkörper  verbreiten  und  wird  bei  Verwundungen  aus  den 
Kanälen  herausgedrängt.    Verliert  der- Holzkörper  im  höheren  Alter 


Offene  Verbindung  eines  lotbrechten  Harzkanals  a 
mit  einem  Markstrahlharzkanal  b  aus  der  Fichte. 
Die  Auskleidungszellen  beider  Kanäle  sind  meist 
sehr  dickwandig  und  leer,  die  Wandungen 
zwischen  je  zwei  Auskleidungszellen  reich  ge- 
tüpfelt c  c.  Nur  eine  geringe  Zahl  derselben 
bleibt  dünnwandig,  zeigt  Zellkern  und  Plasma 
und  dient  der  Terpentinbereitung  d  d.  Da,  wo 
der  vordere  lothrechte  Kanal  a  mit  seiner  Rück- 
wand den  hinterliegenden  horizontalen  Kanal  b 
berührt,  sind  die  Auskleidungszellen  der  beiden 
sich  berührenden  Kanalwände  sehr  zart  und 
durch  grosse  Intercellularräume  e  e  von  einander 
getrennt,  und  diese  letzteren  vermitteln  den 
Uebergang  des  Terpentins  aus  dem  einen  Kanal 
in  den  anderen. 


206  H.  Abschnitt. 

seine  Wasserleitungsfähigkeit,  gleich,  ob  damit  Verkernung  ver- 
bunden ist  oder  nicht,  wird  dasselbe  also  wasserarm,  dann  ist 
der  Verbreitung  des  Terpentinöls  im  Holzkörper  kein  solches  Hin- 
derniss  in  den  Weg  gestellt.  Dasselbe  dringt  nicht  nur  in  die 
Holzwände  selbst  ein  und  verkient  dieselben,  sondern  es  schlägt 
sich  auch  tropfenweise  auf  den  Wandungen  im  Lumen  der  Tra- 
cheiden  nieder;  ja  oft  genug  füllen  sich  dieselben  vollständig  mit 
Terpentin,  resp.  Harz  an.  Aelteres  Kiefernholz  wird  dadurch  nicht 
selten  so  vollständig  verharzt,  dass  selbst  Holzscheiben  von  Finger- 
dicke das  Licht  durchscheinen  lassen.  Wird  älteres,  nicht  mehr 
der  Wasserleitung  dienendes  Holz  durchschnitten,  so  tritt  kein  Ter- 
pentinöl mehr  hervor,  denn  dieses  ist  ein  Bestandtheil  der  Holz- 
wandungen geworden  oder  im  Lumen  der  Tracheiden  abgelagert. 

So  erklärt  es  sich  nun  auch,  dass  der  Splintkörper,  wenn  er 
in  Folge  von  Verwundungen  blossgelegt  wird  und  in  seiner  äusseren 
Lage  vertrocknet,  völlig  verkient.  An  Stelle  des  durch  Verdunstung 
verloren  gegangenen  Wassers  tritt  alsbald  das  Terpentinöl,  das  ja 
in  reichlicher  Menge  durch  die  Harzkanäle  von  anderen  Orten  zu- 
geführt wird.  Diese  verkienten  Aussenschichten  bilden  einen  wei- 
teren Schutz  gegen  äussere  Nachtheile. 

Höchst  eigenartig  ist  die  Verharzung  der  alten  Nadel- 
holzstöcke und  die  Wanderung  des  Terpentins  bei  Bäumen, 
deren  Holz  durch  parasitische  Pilze  zerstört  wird.  Aus  den  zer- 
setzten Holztheilen  wandert  das  Terpentinöl  an  die  Grenze  des  ge- 
sunden und  erkrankten  Holzes.  Man  möchte  zu  der  Annahme  sich 
versucht  fühlen,  es  werde  mit  der  Zerstörung  der  Zellwände  durch 
das  Pilzmycel  das  Terpentinöl  in  den  Micellarinterstitien  derselben 
wieder  frei,  flüchtig  und  durchdringe  solche  Zellwände,  die  noch 
nicht  oder  nur  in  geringem  Grade  von  der  Zersetzung  angegriffen 
sind.  Thatsache  ist,  dass  solche  Holzpartien,  welche  am  längsten 
vor  den  Angriffen  der  Pilze  geschützt  waren,  sich  vollständig  mit 
Harz  sättigen,  während  in  den  zersetzten  Theilen  nur  wenig  Harz- 
reste zu  finden  sind.  Der  Kern  alter  Kiefernstöcke  ist  desshalb 
sehr  harzreich,  wenn  der  Splint  zerstört  worden  ist.  Für  die  An- 
nahme, dass  die  Zellwände  bei  der  Zersetzung  des  Holzes  sich  in 
Harz  umwandeln,  fehlt  zur  Zeit  noch  der  Beweis. 

Wenn  Laubhölzer  in  der  Weise  verwundet  werden,  dass  der 
Holzkörper    blossgelegt    wird,    also     bei    Aestungen,     Schälverwun- 


Verwundungen.  207 

düngen  u.  s.  w.,  so  schützt  sich  das  Innere  des  Baumes  auf  zweier- 
lei Weise  gegen  die  ungünstigen  Einflüsse  der  Aussenwelt.  Eines- 
theils entstehen  in  den  Gefässen  Thyllen,  durch  welche  diese  völlig 
verstopft  werden,  so  dass  kein  Tagewasser  eindringen  kann  und 
das  Verdunsten  des  in  den  Gefässen  befindlichen  Wassers  ver- 
hindert wird,  anderentheils  bildet  sich  in  der  Nähe  der  Wundfläche 
eine  reiche  Menge  von  Gummi,  welches  den  Innenraum  der  Organe 
besonders  der  Gefässe  ausfüllt,  verstopft  und  dadurch  gegen  die 
nachtheiligen  Einflüsse  der  Aussenwelt  einigermaassen  schützt. 
Die  directe  Einwirkung  des  Sauerstoffs  der  Luft  dürfte  es  sein, 
welche  die  Bräunung  des  unter  der  Wundfläche  liegenden  Holzes 
veranlasst,  indem  insbesondere  die  Gerbstoffe  bei  höheren  Oxyda- 
tionsstufen braune  Färbung  annehmen. 

Die  vorangeführten  Schutzmittel  sind  aber  nicht  genügend,  um 
den  blossgelegten  Holzkörper  vor  der  Zerstörung  und  Zersetzung 
zu  schützen.  Bei  den  Laubholzbäumen  treten  desshalb  auch  viel 
leichter  Wundkrankheiten  auf,  als  bei  den  harzreichen  Nadel- 
hölzern. 

Auf  die  parasitären  Wundkrankheiten  ist  schon  im  vorange- 
gangenen Abschnitt  aufmerksam  gemacht  und  werde  ich  noch  bei 
der  nachfolgenden  Besprechung  der  Baumästung  hierauf  zurück- 
kommen. Nun  giebt  es  aber  ausser  diesen  parasitären  Wundfäulen 
Zersetzungen  des  Holzes,  bei  denen  parasitäre  Pilze  nicht  betheiligt 
sind,  bei  denen  vielmehr  saprophytische  Pilze  unter  Mitwirkung 
der  Atmosphärilien  eine  Reihe  verschiedenartiger  Holzzerstörungen 
veranlassen.  Ich  habe  in  Vorschlag  gebracht,  diese  verschieden- 
artigen, noch  nicht  untersuchten  Zersetzungsformen  einstweilen  mit 
dem  Collectivnamen   „Wundfäule"3)  zu  belegen. 

Eine  wissenschaftliche  Bearbeitung  der  zahlreichen,  hierher  ge- 
hörenden Zersetzungsformen  hat  noch  nicht  stattgefunden.  Wird 
ein  grösserer  Stammtheil  in  Folge  eintretender  Functionslosigkeit 
zum  Absterben  geführt,  wie  das  der  Fall  ist  bei  knospenlosen 
Aststummeln,  bei  den  Wurzelstöcken  gefällter  Bäume,  an  grösseren 
durch  Wild,  Sonnenbrand  u.  dgl.  entrindeten  Baumtheilen,  die 
durch  Vertrocknen  schnell  auf  grössere  Tiefe  hin  absterben,  so 
kann    die    Zersetzung    unter     dem    Einflüsse     saprophytischer,    den 


3)  Zersetzungserscheiuungen  etc.  Seite  63. 


208  n-  Abschnitt. 

Hymenomyceten  oder  den  Ascomyceten  angehörender  Pilze  schnell 
von  Statten  gehen,  zumal  wenn  der  ungehinderte  Zutritt  des 
Regenwassers  die  Pilzvegetatiou  fördert.  Ist  die  Aufsaugung 
von  Wasser  und  der  Zutritt  der  Luft  durch  die  Wundfläche  er- 
möglicht und  erleichtert,  wie  dies  der  Fall  ist  bei  Wurzelverwun- 
dungen oder  an  nicht  getheerten  Astwunden,  dann  verbreitet  sich  die 
Wundfäule  zwar  weitaus  nicht  so  schnell  wie  die  parasitäre  Wund- 
fäule im  Stamm,  doch  dringt  die  Zersetzung  in  der  Richtung, 
welche  das  aufgenommene  Wasser  in  den  leitenden  Organen  ein- 
schlägt, ziemlich  schnell  vor.  Der  sogenannte  falsche  Kern  der 
Rothbuche  geht  immer  von  Wundstellen  aus  und  unter  dem  Ein- 
fluss  der  Luft  sind  nicht  nur  alle  Gefässe  mit  Füllzellen  verstopft, 
sondern  es  hat  auch  eine  Veränderung  des  Gerbstoffs  stattgefunden, 
welche  zu  der  Braunfärbung  des  Kernes  Veranlassung  giebt.  Von 
den  Wunden  dringen  langsam  saprophytische  Pilze  nach,  welche 
dann  den  falschen  Kern  in  Faulkern  umwandeln.  Je  schneller 
eine  Wundfläche  geschlossen  wird,  sei  es  auf  künstlichem  Wege, 
sei  es  durch  natürliche  Reproductionsvorgänge,  je  besser  für  den 
Baum.  Die  Wundfäule  schreitet  dann,  wenn  Luft  und  Wasser 
abgeschlossen  sind,  so  langsam  vor,  dass  an  einem  seit  100  Jahren 
überwallten  Eichenaste  meiner  Sammlung  diese  Fäulniss  nach 
Wundenschluss  nur  um  1  cm  weit  vorgerückt  war. 

Die  Behandlung  der  Wunden  ergiebt  sich  aus  dem  vor- 
stehend Mitgetheilten.  Sie  hat  zweierlei  ins  Auge  zu  fassen,  ein- 
mal den  Heilungsprocess  und  zweitens  die  Verhütung  von  Wund- 
krankheiten infectiöser  und  nicht  infectiöser  Art. 

Was  den  Heilungsprocess  betrifft,  so  ist  die  vollkommenste 
Form  desselben,  nämlich  der  Bekleidungs-  oder  Vernarbungsprocess, 
nur  dann  zu  erhoffen,  wenn  die  Wunde  in  einem  Abschälen  der 
Rinde  zur  Zeit  der  cambialen  Thätigkeit  bestand  und  sofort  nach 
deren  Entstehung  ein  Verband  angelegt  werden  kann,  der  das  Ver- 
trocknen des  Cambiums  verhindert,  ohne  mit  demselben  in  Be- 
rührung zu  treten. 

Ein  Umwickeln  des  Stammes  mit  zuvor  angefeuchtetem  Wachs- 
tuch, Strohseilen  u.  dgl.  ist  das  einzige  uns  zur  Verfügung  stehende 
Mittel. 

Ist  eine  Vernarbung  nicht  zu  erhoffen,  dann  ist  der  Ueber- 
wallungsprocess    möglichst   zu   fördern  dadurch,    dass    man    alle 


Verwundungen.  209 

todten  und  gequetschten  Rindentheile,  welche  einen  nachteiligen 
Druck  auf  den  Wundrand  ausüben  könnten,  mit  scharfem  Schnitte 
entfernt  und  nur  solche  Rindentheile  sorgfältig  schont,  die  etwa 
auf  der  Wundfläche  unverletzt  geblieben  sind  und  mit  dem  Wund- 
rande so  im  Zusammenhange  stehen,    dass  sie  ernährt  werden. 

Von  ihnen  aus  schreitet  der  Ueberwallungsprocess  ebenso 
schnell  vor,   wie  von  dem  eigentlichen  Wundrande. 

Zur  Verhütung  der  Wundkrankheiten  dient  ebenfalls  die 
Beseitigung  aller  von  dem  Holzkörper  getrennten  Rindentheile  des 
Wundrandes,  da  zwischen  ihnen  und  dem  Holzkörper  sich  die 
Feuchtigkeit  lange  Zeit  erhält  und  vom  Holze  eingesogen  wird,  wo- 
durch die  Processe  der  Wundfäule  begünstigt  werden,  weil  ferner 
hier  am  liebsten  die  Sporen  der  Infectionspilze  keimen  und  in  das 
Innere  des  Baumes  eindringen. 

Bei  den  Nadelholzbäumen,  welche  Harzkanäle  besitzen,  ist 
ein  Schutz  der  Wunde  nur  dann  nöthig,  wenn  ein  stärkerer  Ast 
mit  Kernholz  abgeschnitten  oder  abgebrochen  ist,  und  .  wenn  im 
Sommer  die  Rinde  vom  Holzkörper,  z.  B.  bei  Sommerästung, 
Sommerschälen  des  Wildes,  abgelöst  ist.  Die  Fichte  ist  gegen 
derartige  Verwundung  im  höchsten  Grade  empfindlich. 

Laubhölzer  bedürfen  jederzeit  eines  Schutzes,  und  be- 
kanntlich bedient  man  sich  des  Baumwachses  in  der  Gärtnerei,  des 
Steinkohlentheers  im  Forstbetriebe,  um  eine  wasserdichte  Schutz- 
schicht auf  der  Wunde  herzustellen.  Die  wiederholt  von  Prak- 
tikern behauptete  nachtheilige  Wirkung  des  Theers  auf  die  Gewebe 
habe  ich  nie  bemerkt,  vielmehr  kann  ich  constatiren,  dass  der 
Theer  nur  in  die  geöffneten  Organe  eindringt  und  deren  Zellwände 
imprägnirt,  dass  Zellen  in  unmittelbarster  Nachbarschaft  solcher 
mit  Theer  erfüllten  Gefässe  und  Holzfasern  noch  nach  einer  Reihe 
von  Jahren  völlig  gesund  und  lebend  waren. 

Zu  den  Reproductionserscheinungen,  die  nach  Verwundungen 
der  Bäume  auftreten  und  den  Ersatz  verloren  gegangener  Theile 
liefern,  gehören  noch  —  die   „Praeventivknospen". 

Von  den  Blattachselknospen  eines  Jahrestriebes  entwickelt  sich 
im  Folgejahre  immer  nur  eine  beschränkte  Zahl  zu  neuen  Trieben. 
Die  Mehrzahl  und  zwar  besonders  die  am  Grunde  der  Triebe  über 
den  Knospenschuppen  und  den  unteren  wenig  entwickelten  Blättern 
stehenden  Axillarknospen  bleiben  auf  einer  niederen  Entwicklungs- 

II  artig,    Baumkrankheiten,  2.  Aufl.  14 


210 


II.  Abschnitt. 


stufe  stehen  und  treiben  im  nächsten  Jahre  in  der  Regel  nicht  aus. 
Sie  liefern  vielmehr  die  schlafenden  Augen,  welche  im  Gegen- 
satz zu  den  unter  Umständen  neu  entstehenden  Knospen,  den 
Adventivknospen,  von  Th.  Hartig  Prae ventivknospen  ge- 
nannt sind,  weil  sie  schon  vom  ersten  Lebensjahre  des  betreffen- 
den Stammtheiles  an  vorhanden 
sind  und  nur  unter  gewissen  Ver- 
hältnissen hervorkommen,  d.  h. 
zu  neuen  Trieben  (Wasserreiser, 
Räuber  u.  s.  w.)  sich  entwickeln. 
Diese  ruhenden  Blattachsel- 
knospen können  sich  100  Jahre 
und  länger  am  Leben  erhalten, 
zumal  bei  glattrindigen  Bäumen, 
wie  der  Rothbuche  u.  s.  w. 

Die  Praeventivknospen  (Fig. 
114  a)  ruhen  nur  in  Bezug  auf 
ihr  Spitzenwachsthum,  zeigen  aber 
ein  eigenes  Längenwachsthum, 
welches  als  intermediäres  von 
Th.  Hartig  bezeichnet  worden  ist. 
Alljährlich  verlängert  sich  näm- 
lich der  zarte  Gefässbündelkreis, 
welcher  von  der  Markröhre  des 
Stammtheiles,  dem  sie  aufsitzen, 
zu  ihnen  verläuft  (Fig.  114  b),  um 
die  Länge  des  jährlichen  Dicken- 
zuwachses dieses  Baumtheiles. 
Dieses  Wachsthum  ist  völlig  analog 
dem   der    Senkerwurzeln   von  Vis- 


Fig.  114. 

Längsschnitt  durch  einen  12jährigen 
Buchenstamm.  Bei  a  zwei  schlafende 
Blattachselknospen,  deren  Knospen- 
stämme b  rechtwinklig  zur  Hauptaxe 
stehen.  Ein  drittes  Auge  c  ist  seit 
zwei  Jahren  zum  Ausschlag  entwickelt. 
d  Ein  Kurztrieb,  der  durch  Entfaltung 
einer  Knospe  am  einjährigen  Trieb 
entstanden  ist.  e  Ein  seit  4  Jahren 
abgestorbener  Trieb.     Natürl.  Gr. 


cum     album    oder    dem    Längen- 


wachsthum der  Markstrahlen,  d.  h. 

der  innere  Knospenstamm  besitzt 
ein  eigenes  Cambium  da,  wo  er  die  Cambialregion  des  Stammes 
durchsetzt. 

Hier  schiebt  sich  durch  Zelltheilung,  welche  mit  der  Zell- 
theilung  des  allgemeinen  Cambiums  gleichen  Schritt  hält,  ein  dop- 
peltes Stück  ein,    nämlich    ein    grösseres    von  der  Länge  des  Holz- 


Verwundungen. 


211 


ringes  nach  innen,  ein  kleineres  von  der  Länge  des  Bastzuwachses 
nach  aussen;  zwischen  beiden  Stücken  bleibt  eine  Cambialregion 
zurück,  bis  endlich  das  schlafende  Auge  abstirbt  und  nun  der 
rechtwinklig  zur  Hauptaxe  stehende  und  jedes  eigenen  Dickenzu- 
wachses entbehrende  Knospenstamm  von  dem  weiterhin  entstehen- 
den Holzzuwachse  überwachsen  und  eingeschlossen  wird. 

Zahlreiche  Knospenstämme  durchsetzen,  den  Markstrahlen 
gleich,  den  Holzstamm  der  Laubholzbäume.  Gelangen  sie  zum  Aus- 
treiben (Fig.  114c),  dann  producirt  von  da  an  der  Trieb  einen  eigenen 
kräftigen  Holzkörper,  der  mit  seiner  Markröhre 
spitzwinklig  zur  Hauptaxe  des  Stammes  steht. 

Einen  eigenartigen  Entwicklungsgang  schlägt 
bei  einzelnen  Holzarten,  insbesondere  oft  bei 
der  Rothbuche,  ein  Theil  der  schlafenden  Augen 
nach  dem  Aufhören  des  intermediären  Zuwachses 
ein.  Es  entstehen  durch  concentrisches  Dicken- 
wachsthum  des  im  Rinden-  und  Bastgewebe 
liegenden  Holztheiles  des  Knospenstammes  jene 
bekannten  Holz  kugeln  (Sph  aeroblasten) 
(Fig.  115),  die  oftmals  in  der  Grösse  einer 
Büchsenkugel  und  darüber  über  die  Oberfläche 
der  Baumrinden  hervorragen  und  leicht  aus  der- 
selben herausgedrückt  werden  können,  da  sie 
völlig  ausser  Zusammenhang  mit  dem  Holz  des 
Stammes  stehen. 

Schlafende  Augen  sind  bei  unseren  Nadelholzwaldbäumen  sehr 
sparsam,  da  fast  alle  vorhandenen  Blattachselknospen  sich  zu  Kurz- 
trieben zu  entwickeln  pflegen.  Bei  den  Kiefern  bleiben  im  höheren 
Alter  nur  1  oder  2  Knospen  in  jedem  Quirl  schlafend,  äusserst 
selten  sieht  man  am  Grunde  der  Triebe,  woselbst  die  Kurztriebe 
(Nadelbüschel)  fehlen,  eine  schlafende  Knospe  zur  Entwicklung  ge- 
langen. Wird  eine  Kiefer  durch  wiederholten  Raupenfrass  so  be- 
schädigt, dass  nicht  allein  alle  Nadelbüschel  mit  den  zwischen 
ihnen  ruhenden  Knospen  (Scheidenknospen),  sondern  auch  die 
jüngsten  Triebe  mit  den  Quirlknospen  vertrocknen,  dann  besitzt 
der  Baum  nur  noch  jene  schlafenden  Quirlknospen  der  mehr- 
jährigen Triebe,   die  zu  sogenannten  Rosettentrieben  aussprossen, 


Fig.  115. 

Kugeltrieb  einer 
Rothbuche  aus  schla- 
fendem Auge  entstan- 
den, nachdem  dieses 
von  seinem  Knospen- 
stamm abgetrennt 
worden  war.   Nat.Gr. 


ohne    im    Stande    zu    sein, 


das    Leben    des    Baumes    zu    erhalten. 

14* 


212  H-  Abschnitt. 

Diese  Rosettentriebe  bestehen  entweder  nur  aus  den  einfachen 
Blättern,  die  dann  breit  schwertförmig  zum  Vorschein  kommen, 
oder  es  kommen  auch  einzelne  Nadelbüschel  zwischen  diesen  zur 
Entwicklung. 

Bei  der  Lärche  besitzen  nur  etwa  10°/0  der  Nadeln  des  ein- 
jährigen Triebes  Blattachselknospen  und  diese  entwickeln  sich 
sämmtlich  zu  Kurztrieben  (Nadelbüscheltriebe)  oder  Langtrieben. 
Eine  Reproduction  kann  nur  durch  kräftigere  Entwicklung  der 
Kurztriebe  erfolgen. 

Fichte  und  Tanne  sind  ebenfalls  nur  sparsam  mit  Blattachsel- 
knospen ausgestattet,  von  denen  aber  ein  kleiner  Theil  schlafend 
bleibt,  bis  er  durch  besondere  Umstände  zum  Leben  erweckt  wird. 
Diese  schlafenden  Augen  befinden  sich  oft  kranzförmig  am  Grunde 
jedes  Jahrestriebes. 

Die  Verhältnisse,  unter  denen  schlafende  Augen  zur  Entwick- 
lung kräftiger  Triebe  veranlasst  werden,  sind  verschiedenartiger 
Natur,  die  aber  gemeinsam  haben,  dass  eine  kräftigere  Nährstoff- 
zufuhr  zu  den  Knospen  erfolgt.  Beispielsweise  führe  ich  an: 
Aestung,  Stammabhieb,  Freistellung,  Entlaubung  durch  Insecten- 
frass,   Spätfrost  u.  s.  w. 

Adventivknospen  sind  alle  die,  im  Allgemeinen  seltener 
auftretenden  Knospenbildungen,  die  in  ihrer  ersten  Anlage  nicht  in 
den  Achseln  der  Blätter  entstanden  sind,  sondern  an  anderen  Punkten 
des  Stengels,  der  Wurzel  oder  Blätter  erst  in  späterem  Alter  des 
betreffenden  Pflanzentheils  neu  entstehen,  also  zu  den  Axillarknospen 
„hinzukommen".  Nur  selten  entstehen  solche  Adventivknospen 
oberirdisch  an  unverletzten  Pflanzentheilen,  während  an  den  Wurzeln 
mancher  Holzarten  ganz  regelmässig  Knospen  endogenen  Ursprungs 
(Wurzelbrut)  sich  bilden.  Dagegen  gehört  ihre  Entstehung  im 
Wundgewebe  des  Ueberwallungswulstes  oder  der  Vernarbungs- 
schicht  zu  den  häufigen  Erscheinungen  (Fig.  129).  Sie  entstehen 
hier  nahe  unter  der  Oberfläche  im  noch  theilungsfähigen,  callösen, 
parenchyniatischen  Gewebe,  bilden  ihren  Gefässbündelkreis,  der 
nach  innen  sich  fortsetzend  mit  dem  Holzkörper  des  Ueberwallungs- 
wulstes in  Verbinduno;  tritt. 

Ganz  ähnliche  Entstehung  zeigen  die  Adventivwurzeln,  die 
endogen  sowohl  aus  unverletzter  Rinde,  wie  aus  dem  Wundgewebe 
hervorgehen  können. 


Verwundungen. 


213 


§  20.    Die  Verwundungsarten1). 

Bei  der  unendlichen  Mannigfaltigkeit  der  Verwundungsarten 
kann  es  unsere  Aufgabe  nur  sein,  eine  Reihe  der  allgemeiner  in- 
teressanten Beschädigungen  zu  besprechen. 

Schälen  des  Wildes. 

Das  Rothwild  schält  meist  nur  Nadelholzbäume,  seltener  auch 
Laubliolz,  z.  B.  Rothbuchen;  wogegen  das  Damwild  die  meisten, 
vielleicht  alle  unsere  Waldbäume  schält,   wenn  auch  einzelne  Holz- 


Fig.  116. 

Kiefernstamm  querscbnitt 

mit  überwallter  Rothwildschäl- 

wunde,    die    nach    24    Jahren 

noch    nicht    völlig   geschlossen 

ist.     y3  Natürl.  Gr. 


Fig.  117. 

Fichteustammquerschnitt    mit   drei  Wildschäl- 
wunden.    V-2  Natürl.  Gr. 


arten,  z.  B.  die  Esche,  bevorzugt  werden.  Auch  Rehe,  Hasen  und 
Kaninchen  schälen  gelegentlich.  Das  „Fegen"  der  Rehe  besteht 
dagegen  bekanntlich  im  Abreiben  der  Rinde  jüngerer  Pflanzen  mit 
dem  soeben  ausgebildeten  Gehörne. 

Im  Winter  schält  das  Wild  aus  Noth,  indem  es  die  mehl- 
reichen Rinden  glattrindiger  Bäume  abknabbert  zur  Stillung  des 
Hungers,  im  Sommer,  zur  Zeit,  in  der  die  Rinde  sich  leicht  los- 
löst, erfolgt  mehr  ein  Losreissen  grösserer  Rindenlappen  oft  bis  zu 
beträchtlicher  Höhe  hinauf.  Die  Ansichten  über  das  Motiv  des 
Sommerschälen  s    sind    getheilt.     Am  wahrscheinlichsten  ist  mir, 

')  R.  Hartig,  Zersetzungserscheinungen,  S.  67  ff. 


214  II.  Abschnitt, 

dass  der  reiche  Zuckergehalt  der  Rinde  dem  Wilde  eine  ange- 
nehme Leckerei  ist.  Es  ist  von  anderer  Seite  auf  den  Gerb- 
stoffgekalt der  Rinde  hingewiesen  und  die  Vermuthung  ausge- 
sprochen, dass  in  ihm  dem  Wilde  ein  wichtiges  Arzneimittel  für 
die  Verdauung  sich  darbiete.  Andere  wieder  erkennen  in  dem 
Soninierschälen  nur  die  Fortsetzung  der  in  der  Noth  des  Winters- 
erlernten Ernährungsweise.  Das  Wild  schäle  somit  aus  Ange- 
wöhnung auch  im  Sommer,  wenn  anderweite  Aesung  in  hin- 
reichendem Maasse  vorhanden  ist. 

Fichte  und  Weisstanne  sind  der  Gefahr  des  Schälens  am 
längsten  ausgesetzt,  weil  ihre  Rinde  in  Brusthöhe  lange  Zeit  glatt 
bleibt  und  erst  in  späterem  Alter  Borkebildung  zeigt.  Bei  ihnen 
wiederholt  sich  desshalb  auch  oft  nach  mehrjährigen  Zwischenräumen 
die  Verwundung  (Fig.  117),  und  kann  man  nicht  selten  Stämme 
rinden,  welche  bis  fünfmal  in  verschiedenen  Altersstadien  geschält 
wurden. 

Kiefer  und  Lärche  sind  nur  in  einem  kurzen  Zeiträume  dem 
Schälen  ausgesetzt,  zumal  die  Kiefer,  da  frühzeitig  Borkebildung 
bei  ihnen  eintritt.  Bei  der  Kiefer  werden  nur  die  3-  bis  5jährigen 
Schafttheile  geschält,  vorher  stört  in  Kopfhöhe  die  Benadelung, 
später  die  Borke. 

Der  Schaden,  welcher  durch  das  Schälen  veranlasst  wird,  ist 
verschieden  nach  Holzart,  Jahreszeit  und  nach  der  Ausdehnung  der 
Wunde.  Die  harzreiche  Kiefer  leidet  sehr  wenig,  wenn  nicht  etwa 
die  Schälung  rings  um  den  Stamm  erfolgt,  also  eine  Ringwunde 
wird.  Die  blossgelegten  Holztheile  vertrocknen  und  füllen  sich  mit 
Terpentin  und  Harz  so  reichlich  an,  dass  dadurch  weitere  Zer- 
setzung verhindert  und  das  Vertrocknen  der  inneren  Theile  verlang- 
samt wird.  Dagegen  schliesst  sich  die  Wunde  sehr  schwer,  da  die 
frühzeitig  eintretende  Borkebildung  das  Verwachsen  der  Ueberwal- 
lungswülste  verhindert. 

Die  Fichte  ist  dagegen  weit  empfindlicher  gegen  das  Schälen, 
nicht  allein  weil  dasselbe  bei  ihr  erst  in  späterem  Alter  beginnt 
und  weit  grössere  Wundflächen  entstehen,  sondern  vor  allem  dess- 
halb, weil  die  Wunde  nicht  in  dem  Maasse  verkient  wie  bei  der 
Kiefer.  Das  Winterschälen  ist  weniger  nachtheilig  als  das  Sommer- 
schälen, weil  einestheils  die  Verwundung  weniger  gross  zu  sein 
pflegt,    weil    ferner    bis    zu   der   Zeit,    wo    höhere  Wärmegrade    die 


Verwundungen. 


215 


Entstehung  der  "Wundfäule  oder  das  Keimen   parasitischer  Pilze  be- 
fördern,  die  Verharzung  der  Wundfiäche  erfolgen   kann. 

Dringen  Parasiten  ein,  dann  verbreitet  sich  die  Zersetzung 
schnell  nach  allen  Richtungen  und  hat  die  Zerstörung  des  Baumes 
zur  Folge.  Andernfalls  beschränkt  sich  die  Wundfäule  darauf,  den 
inneren  Holzkörper  zu  bräunen,  ohne  dass  die  in  den  Jahren  nach 
der  Verwundung  entstandenen  Holz- 
theile  angegriffen  würden.  Bleibt 
die  Wunde  lange  offen,  dann  kann 
die  Wundfäule  sehr  bedeutende 
Intensität  erreichen,  in  der  Regel 
erstreckt  sie  sich  aufwärts  im 
Stamm  nur  wenige  Meter,  so  dass 
bei  dieser  Art  von  „Rothfäule" 
der  Stamm  nach  Entfernung  einiger 
Scheitlängen  gesund  ist.  Dass  bei 
eintretendem  Schneedruck  an  den 
Schälwundstellen  die  geringste 
Widerstandskraft  sich  findet,  dort 
also  am  ehesten  Bruch  erfolgt,  ist 
leicht  erklärlich. 


Schälwunden  der  Mäuse. 
Besonders  die  Waldmaus,  Mus 
silvaticus,  und  die  Feldmaus,  Ar- 
vicola  arvalis,  schädigen  die  Laub- 
holzschonungen durch  Benagen 
der  Rinde  während  des  Winters. 
Insbesondere  leiden  Buchenscho- 
nungen oft  in  hohem  Grade. 
Lässt  man  die  beschädigten  Pflan- 
zen    stehen,     so     entwickeln    sich 

die  meisten  derselben  im  Frühjahre  scheinbar  völlig  normal,  da  ja  der 
Holzkörper  noch  die  Saftleitung  nach  oben  zu  verrichten  im  Stande  ist. 
Im  Laufe  des  Sommers  vertrocknet  der  blossgelegte  Holzkörper  von 
aussen  nach  innen  fortschreitend,  es  tritt  auch  noch  Wundfäule  hinzu, 
und  mit  dem  Verluste  der  Saftleitungsfähigkeit  der  beschädigten  Stelle 
über  dem  Wurzelstocke  vertrocknet  die  Pflanze,   wenn  das  Benagen 


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216 


IL  Abschnitt. 


die  Rinde  im  ganzen  Umfange  des  Stämmchens  entfernt  hat.  Wenn 
man  erst  dann  dieselbe  über  dem  Boden  absehneidet,  so  pflegt  kein 
Ausschlag  mehr  zu  erfolgen.  Wenn  man  dagegen  vor  Laubaus- 
bruch die  Schonungen  durchsuchen  und  alle  beschädigten  Pflanzen 
über  dem  Boden  abschneiden  lässt,  dann  erfolgt  unter  der  Beihilfe 
der  noch  in  den  Wurzeln  vorhandenen  Reservestoffvorräthe  ein 
kräftiger  Ausschlag,  der  in  kurzer  Zeit  den  Schaden  nahezu  ver- 
schwinden lässt.  Stärkere 
Pflanzen  erhalten  sich  wohl 
mehrere  Jahre  am  Leben 
und  zeigen  selbst  Adventiv- 
wurzelbildung über  der  Ring- 
wunde, wie  an  dem  Fig.  118 
dargestellten  Exemplare. 

Schälwunden 
durch  Holzrücken,  Vieh- 
tritt, Wagenräder  etc. 

Zu  den  häufigsten  Ver- 
wundungen der  Stämme  am 
Wurzelanlaufe  und  an  den 
flachstreichenden  Wurzeln  ge- 
hören die  Abschälungen, 
welche  beim  Transport  des 
Langholzes  besonders  an 
Bergabhängen  erzeugt  wer- 
den. Beim  Schleifen  der 
Stämme  wird  die  Rinde  am 
Fusse  der  stehenden  Bäume, 
zumal  wenn  das  Holzrücken 
an  die  Wege  nach  Eintritt  der  Saftzeit  erfolgt,  auf  grossen  Stellen 
abgeschält.  Auf  Viehtriften,  Viehlagerstätten,  auf  Wegen  werden 
die  flachstreichenden  Wurzeln  mannigfach  verletzt  und  dringt  von 
solchen  Stellen  die  Wundfäule  bei  der  Fichte  um  so  höher  im 
Stamme  aufwärts,  je  reichlicher  die  Bodenfeuchtigkeit  zu  der  Wunde 
Zutritt  findet  (Taf.  Fig.  6).  Die  mit  Moos  oder  Humus  bedeckten 
Wundstellen  sind  desshalb  viel  gefährlicher,  als  völlig  frei  liegende 
Stellen. 


Fig.  119. 

Fichtenstock  von  einem  Zwilling. 
Der  eine  Stamm  a  ist  in  der  Durchforstung 
abgehauen,  inzwischen  verfault  und  die  Wund- 
fäule steigt  bei  I>  in  dem  gesunden  Stamme 
aufwärts.  Bei  c  c  sind  Schälwunden  durch 
Holzschleifen  und  bei  e  steigt  die  Wundfäule 
einerbeschädigtenWurzel  im  Stamme  aufwärts. 
Vio  Natürl.  Gr. 


Verw  un  dungeii .  217 

Die  meisten  braunen  (rothfaulen)  Stellen,  die  auf  den  Abhiebs- 
flächen der  Fichtenstäninie  zu  sehen  und  nach  dem  Abschneiden 
eiuer  oder  zweier  Scheidungen  vom  unteren  Stammende  verschwun- 
den sind,  entstammen  solchen  Wurzel-  oder  Wurzelstockverwun- 
dungen (Fig.  119).  Gelangt  das  Mycel  von  Agaricus  melleus  in  solche 
Wurzelwunden,  dann  rückt  die  Fäulniss  weit  schneller  vor  und  der 
Stamm  kann  im  unteren  Theile  ganz  ausfaulen. 

Siedeln  sich  an  einer  solchen  Wundstelle  Waldameisen, 
Formica  herculeana  oder  ligniperda,  an,  dann  fressen  diese 
ihre  Gänge  oft  hoch  in  dem  gesunden  Stamme  aufwärts,  höhlen 
den  Stamm  aus  und  veranlassen  die  schnelle  Zersetzung  des  Holz- 
stammes. 

Menschenhand  ruft  absichtlich  oder  unabsichtlich  die  mannig- 
fachsten Schälwunden  hervor,  so  z.  B.  bei  Einzeichnung  von  Fi- 
guren oder  Schriftzeichen.  Werden  diese  unmittelbar  in  die 
Rinde  eingegraben,  so  besitzt  die  Schälwunde  die  Gestalt  der  Figur, 
welche  sich  auch  nach  der  Ueberwallung  noch  viele  Jahrzehnte  durch 
die  Begrenzung  der  alten  Rinde  gegen  die  Neubildung  erhält. 
Wurde  dagegen  zunächst  eine  grössere  Holzfläche  von  Rinde  ent- 
blösst  und  die  Figur  in  den  Holzkörper  eingegraben,  dann  ver- 
schwindet sie  mit  dem  Schluss  der  Wunde.  Es  erhält  sich  nur 
die  Grenze  der  alten  Rinde  gegen  die  zuvor  abgeschälte  Stelle. 

Unabsichtlich  wird  bei  dem  „Röthen"  der  Kiefern  behufs 
Anlage  von  Theerringen  nicht  nur  die  todte  Borke  abgeschält, 
sondern  oft  auch  der  lebende  Bast,  ja  selbst  der  Holzkörper  ver- 
letzt. Wenn  dann  der  Theerstrich  ausgeführt  ist,  dringt  nachträg- 
lich von  innen  noch  Terpentin  und  Harz  aus  der  Wunde  und 
bildet  einen  weisslichen  Belag  auf  dem  schwarzen  Theer.  Irr- 
thünilich  hat  man  aus  dieser  Erscheinung  ableiten  wollen,  class  der 
Theer  stellenweise  die  Rindengewebe  aufgelöst  und  jene  Wunde 
veranlasst  habe. 

Ganz  ähnliche  Wunden  entstehen  in  Folge  der  Borkenschälung 
an  alten  Kiefern,  wie  sie  hier  und  da  behufs  Gewinnung  von  Borke 
zum  Bügelfeuer  in  der  Nähe  der  Städte  vorgenommen  wird.  Auch 
das  Besteigen  der  Bäume  mit  Steigeisen  veranlasst  vielfache  Ver- 
wundungen. Beim  Gewinnen  der  Zapfen  und  der  Fichtenhackstreu 
entstehen   sie  am  häufigsten. 


218  II-  Abschnitt. 

Quetschwunden. 
Bei  der  Baumfällung  im  geschlossenen  Bestände  kommt  es  oft 
vor,  dass  der  stürzende  Stamm  oder  ein  Ast  desselben  die  Nachbar- 
bäume trifft,  deren  Rinde  streift  und  quetscht  (Baumschlag).  Bei 
Aestungen  quetscht  die  oberste  Sprosse  der  augelegten  Leiter  die 
Rinde,  bei  Insectenvertilgungen  wurden  früher  oftmals  die  Bäume 
geprallt,  d.  h.  mit  dem  Rücken  der  Axt  kräftig  getroffen,  damit 
in  Folge  der  Erschütterung  die  Raupen  erschrecken  und  herabfallen 
sollten.  In  Folge  solcher  Quetschungen  stirbt  zwar  die  Rinde  ab 
und  der  Zuwachs  hört  auf  der  beschädigten  Stelle  auf,  aber  die 
Rinde  erhält  sich  lange  Zeit  in  Verbindung  mit  der  lebenden,  nicht 
verletzten  Rinde  und  kann  eine  Ueberwallung  nicht  erfolgen,  weil 
ja  die  Wachsthumssteigerung  am  Wundrande  nur  bei  aufgeho- 
benem Rindendruck  erfolgt.  Unter  der  erst  nach  vielen  Jahren 
völlig  verwesenden  todten  Rinde,  die  durch  ihr  Zusammentrocknen 
hier  und  da  Risse  bekommt,  sammelt  sich  Wasser  und  fördert  die 
Entstehung  von  Wundfäule. 

Verwundungen  bei  der  Harznutzung. 

Die  Nutzung  des  Terpentins  resp.  Harzes  bei  den  Nadelbolz- 
waldbäumen geschieht  in  verschiedener  Weise.  Bei  der  Weiss- 
tanne  beschränkt  sie  sich  auf  die  Nutzung  des  Oeles,  welches 
sich  in  den  gelegentlich  bis  zu  Taubeneigrösse  anwachsenden  Rinden- 
beulen ansammelt  (Strassburger  Terpentin). 

Bei  der  Lärche  bohrt  man  umfangreiche  Löcher  in  den  Stamm, 
spundet  diese  zu  und  gewinnt  so  das  aus  den  senkrecht  im  Holz- 
stamm verlaufenden  Harzgängen  nach  unten  ausfliessende  „Vene- 
tianische  Terpentinöl".  Bei  der  Schwarzkiefer  wird  der 
Rindenkörper  in  ziemlicher  Breite  vom  Stamme  abgelöst  und  das 
aus  den  Markstrahlharzgängen  reichlich  ausströmende  Terpentinöl 
theils  in  einer  unterhalb  der  Wundfläche  in  den  Holzstamm  einge- 
hauenen Pfanne  gesammelt,  theils  nach  der  Verharzung  von  der 
Wundfläche  abgescharrt.  Da  bald  der  blossgelegte  Holzkörper 
völlig  verkient,  die  Markstrahlgänge  durch  Verharzung  verstopft 
werden,  so  werden  successive  immer  höher  liegende  Stammtheile 
geschält. 

Bei  der  Fichte  werden  Rindenstreifen  von  2 — 4  cm  Breite  in 
senkrechter    Richtung    von    etwa    2  m   Höhe    bis    zum    Fusse    des 


Verwundungen. 


219 


Stammes  vom  Holze  abgelöst,  und  zwar  an  schwächeren  Bäumen 
nur  auf  einer  Seite;  mit  zunehmender  Dicke  des  Baumes  erfolgt  die 
Ilarznutzung  später  auf  vier  Seiten  (Fig.  120). 

Wenn  das  Harz  genutzt  wird,  dann  schneidet  man  an  beiden 
Seiten  der  Lachte  den  seit  der  letzten  Nutzung  entstandenen 
Ueberwallungswulst  ab  und  öffnet  dadurch  neue  Harzkanäle,  aus 
denen  wiederum  Harz  auszuströmen  vermag. 


Fig.  120. 

Durchschnitt  eines  Fichtenstammes,  der  an  4  Seiten  seit 
10 — 15  Jahren  geharzt  ist.  Die  zwischen  den  4  Lachten  gelegenen 
ausserhalb  der  Grenzlinie  gelegenen  Splinttheile  a  sind  allein  wasser- 
leitend.  Das  Holz  innerhalb  der  beiden  oberen  Lachten  b  ist  stark 
wundfaul,  während  die  beiden  anderen  Lachten  c  innerhalb  gesundes 
Holz  zeigen.  Zahlreiche  Sirexgängee  gehen  von  den  oberenLachten  aus. 

V8  Natürl.  Gr. 


Der  blossgelegte  Körper  trocknet  im  Laufe  der  Jahre  aus  und 
es  treten  Zersetzungserscheinungen  ein,  welche  dadurch  sehr  be- 
fördert werden,  dass  Sirex-Larven  von  den  Wundstellen  aus  tief 
in  den  Holzstamm  eindringen  und  das  Tas;ewasser  durch  sie  in  das 
Innere  des  Baumes  gelangt.  Die  Wundfäule  dringt  oft  hoch  in 
den  Baum  empor  und  entwerthet  die  Stämme  so  sehr,  dass  in  ge- 
harzten Beständen  die  Nutzholzausbeute  von  70  auf  20 — 30°/0  herab- 


220  ll'  Abschnitt. 

sinken  kann.  Eine  Zuwachsverininderung  der  geharzten  Stämme 
ist  bisher  nicht  nachgewiesen  und  von  vornherein  nicht  wahrschein- 
lich, da  ja  der  Terpentin  kein  für  das  Wachsthum  des  Baumes 
verwendbarer  Stoff  ist.  Durch  Harzentziehung  wird  dagegen  der 
Werth  des  Holzes  selbst  sehr  beeinträchtigt,  weil  die  Güte  dessel- 
ben in  hohem  Maasse  vom  Harzgehalt  bedingt  wird. 

Ringwunden, 

wie  solche  oftmals  durch  Wildschälen  und  Mäusefrass  entstehen, 
wie  sie  aber  auch  durch  Menschenhand  hier  und  da  ausgeführt 
werden,  wenn  es  sich  darum  handelt,  in  gemischten  Beständen 
edlere  Holzarten  gegen  dominirende  Nachbaren  zu  schützen,  zeigen 
nicht  immer  den  gleichen  Einfluss  auf  den  geringelten  Stamm.  Es 
ist  bekannt,  dass  durch  eine  den  Umfang  des  Stammes  umfassende, 
wenn  auch  schmale  Entrindung  die  Ernährung  des  Cambiums  unter 
der  Ringwunde  und  damit  das  Dickenwachsthum  daselbst  aufgehoben 
wird.  Da  der  Holzstamm  seine  Saftleitungsfähigkeit  nach  oben 
auch  in  dem  geringelten  Theile  bewahrt,  so  bleibt  derselbe  in  der 
Regel  noch  mehrere  Jahre  am  Leben.  Es  ist  aber  noch  keines- 
wegs völlig  erwiesen,  von  welchen  Verhältnissen  die  Lebensdauer 
des  oberhalb  der  Ringwunde  gelegenen  Pflanzentheils  bedingt  wird2). 
Von  15  gleich  starken  und  nahe  zusammenstehenden  Kiefern  im 
120jährigen  Alter,  die  ich  im  Juni  1871  bis  auf  2  m  Höhe  völlig 
entrindete,  starben  einzelne  schon  im  Jahre  1872  ab,  mehrere  Ver- 
suchsstämme dagegen  waren  noch  1877  völlig  gesund.  Da  hier- 
nach der  Tod  nicht  allein  durch  das  Austrocknen  des  entblössten 
Stammtheiles  von  aussen  nach  innen  bedingt  sein  kann,  dürfte  die 
Frage  näher  zu  prüfen  sein,  ob  nicht  etwa  das  Aufhören  des 
Zuwachses  unterhalb  der  Ringwunde  einen  Nachtheil  auf  die 
Wasseraufnahmefähigkeit  der  Wurzeln  ausübt. 

Jene  Fälle,  in  denen  trotz  Ringelung  das  Leben  sich  noch 
lange  Zeit  erhält,  könnten  vielleicht  durch  Wurzel  Verwachsung 
erklärt  werden,  durch  welche  die  Wurzeln  des  geringelten  Baumes 
von  Nachbarstämmen  ernährt  werden. 


2)  Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  um  auf  die  Fälle  näher  einzugehen,  in  denen 
eine  Wanderung  der  Bildungsstoffe  nach  unten  in  niarkständigen  Bastorganea 
erfolgen  kann. 


Verwundungen.  221 

Aestung3). 

Das  Aesten  der  Bäume  ist  eine  in  der  forstlichen  Literatur  so 
viel  besprochene  Maassregel,  die  Ansichten  über  dessen  Zulässig- 
keit  sind  so  sehr  auseinandergehend,  dass  eine  etwas  eingehendere 
Besprechung  dieser  Operation  hier  am  Platze  sein  dürfte. 

Der  natürliche  Ausästungsprocess  der  Bäume  wird  durch 
Beschattung  und  in  Folge  davon  durch  eintretende  Functionslosig- 
keit  der  Zweige,  welche  den  Tod  derselben  nach  sich  zieht,  herbei- 
geführt. Die  absterbenden  Zweige  und  Aeste  werden  durch  sapro- 
phytische  Pilze  mehr  oder  weniger  schnell  zersetzt. 

Die  Schnelligkeit  der  Zersetzung  und  des  Abfalles  der  Aeste 
ist  in  hohem  Grade  bedingt  durch  die  Beschaffenheit  ihres  Holzes. 
Nur  aus  Splintholz  bestehende  Zweige  der  Laubbäume  fallen  früher 
ab,  als  solche  mit  Kernholz;  die  Kiefer  reinigt  sich  weit  früher 
als  die  Fichte  und  Tanne,  weil  die  unterdrückten  Zweige  junger 
Kiefern  aus  lockerem,  breitringigem  Holze  bestehen,  während  sich 
Tannen-  und  Fichtenzweige  durch  zähes,  festes,  widerstandsfähiges 
Holz  auszeichnen.  Die  stärkeren,  harzreichen  und  feinringigeren 
Aeste  aus  den  höheren  Schafttheilen  der  Kiefer  erhalten  sich  da- 
gegen sehr  lange  und  werden  mehr  oder  weniger  vom  Stamme  um- 
wachsen. Das  Einwachsen  der  todten  Aeste  ist  bei  der  Tanne 
und  Fichte  eine  allgemeine  Regel  und  fallen  an  Brettern,  wenn 
deren  Holz  beim  Trocknen  schwindet,  die  Hornäste  heraus,  da 
sie  ausser  organischer  Verbindung  mit  den  benachbarten  Holz- 
schichten stehen. 

Das  Einwachsen  toclter  Aeste  würde  viel  allgemeiner  statt- 
finden, wenn  nicht  die  Eigentümlichkeit  bestände,  dass  dieselben 
nicht  bis  zur  Basis  absterben,  sondern  diese  sich  immer  auf  einen 
und  bei  stärkeren  Aesten  oft  bis  auf  4  cm  Länge  am  Leben  er- 
halten (Fig.  121). 

Die  Zweigbasis  wird  vom  Schafte  aus  ernährt,  am  Leben  er- 
halten und  zu  eigenem  Dickenwachsthum  befähigt,  und  wenn  dann 
nach  einigen  Jahren  der  Schaft  des  Baumes  durch  sein  jährliches 
Dickenwachsthum  um  so  viel  an  Durchmesser  zugenommen  hat, 
als  die  Länge  der  am  Leben  erhaltenen  Astbasis  betrug,    dann  ist 


3)  K.  Hartig,  Zersetzungserscheinungen,  S.  68  ff.,  S.  133  fl. 


222 


II.  Abschnitt. 


inzwischen  der  todte  Zweig  so  sehr  zerstört,    dass   er  durch  Wind, 
Schneeanhang  u.  s.  w.  abgestossen  wird  (Fig.  122). 

Die  Wunde  schliesst  sich  und  nur  ein  kleiner,  schwarzbrauner 
Fleck  bezeichnet  auch  für  die  Folge  im  Innern  des  Baumes  die 
Grenze  des  eingeschlossenen  Zweigstutzes. 


Fig.  121. 

Durch  den  natürlichen  Ver- 
dämm ungsprocess  abgestorbe- 
ner Eichenzweig,  dessen  Basis  l> 
seitlich  vom  Hauptstamme  er- 
nährt wird. 


Fig.  122. 

Durch  natürlichen  Verdämmungsprocess 
getödteter  Eichenzweig  nach  dem  Abfall 
desselben.  Die  ursprünglich  hervorste- 
hende am  Leben  erhaltene  Zweigbasis  b 
ist  umwachsen,  die  schwarzbraune  Grenzet 
zwischen  dem  lebenden  und  völlig  zer- 
setzten Holze  a  bleibt  nach  dem  Ueber~ 
wallungsprocesse  unverändert  im  Inneren 
erhalten,  wie  dies  Fig.  d  für  einen  kleinen 
Zweig  zeigt,  e  zeigt  den  Knospenstamm 
eines  schlafenden  Auges. 


Der  Baum  schützt  sich  durch  die  vorstehend  besprochene  Ein- 
richtung gegen  das  Einwachsen  todter  Aststutzen.  Nur  bei  stärkeren 
Aesten  tritt  das  Abfallen  oft  erst  so  spät  ein,  dass  auch  ein  Theil 
des  todten,  bei  den  Nadelhölzern  verkienten,  bei  den  Laubhölzern 
mehr    oder    weniger    zersetzten    Asttheiles    einwächst.      Fällt    dann 


Verwundungen. 


223 


später  der  völlig  zersetzte  Ast  ab,  dann  entsteht  ein  Astloch, 
welches  nur  theilweise  von  den  Ueberwallungsschichten  ausgefüllt 
wird  und  selbstredend  die  technische  Brauchbarkeit  des  Baumes 
sehr  beeinträchtigt  (Fig.  123). 

Es  ist  desshalb  unter  allen  Umständen  empfehlenswerth,  die 
durch  den  natürlichen  Unterdrückungsprocess  zum  Absterben  ge- 
langten grösseren  Trockenäste  beim  Nadelholz  und  Laubholz 
möglichst  rechtzeitig  zu  entfernen.  Auf  das  Technische  der  Ope- 
ration gehe  ich  nicht  ein,  nur  bemerke  ich,  dass  die  Kosten  selbst- 
redend nur  für  solche  Baum- 
individuen zu  verausgaben 
sind,  welche  voraussichtlich 
als  Nutzholzstämme  Verwen- 
dung finden  werden.  Es  un- 
terliegt keinem  Zweifel,  dass 
mit  fortschreitender  Forst- 
wirtschaft die  Trocken- 
ästung  in  dieser  Beschrän- 
kung allgemeinen  Ein- 
gang finden  wird.  Der 
Einwand,  die  Aestung  koste 
zu  viel,  hat  jedenfalls  nur 
dann  Berechtigung,  wenn 
nachgewiesen  wird,  dass 
die  Werthdifferenz  zwischen 
einem     astreinen     Sägeblock 


Fig.  123. 

Ueberwallter  todter  und  wundfauler  Eichenast. 
2/3  Natürl.  Gr. 


und  einem  ästigen  Stamme  nicht  gleich  komme  den  Aestungskosten 
nebst  Zinsen. 

Gehen  wir  nun  zur  Betrachtung  der  Grün  ästung  über,  wo- 
runter wir  die  Entnahme  lebender,  noch  belaubter  Aeste  oder 
Zweige  verstehen,  gleichviel,  ob  diese  durch  Menschenhand  oder 
durch  Sturm,  Schneeanhang  u.  s.  w.  ausgeführt  wird,  so  dürfte  mit 
Ausnahme  einiger  näher  zu  bezeichnender  Fälle  immer  ein  Zu- 
wachs verlust  mit  dieser  Operation  verbunden  sein.  Vermindert 
man  die  Summe  der  assimilirenden  Organe,  so  wird  auch  für  ge- 
wöhnlich die  Summe  der  assimilirten  Producte  abnehmen.  Nur 
bei  völlig  frei  erwachsenen  Bäumen,  die  bis  unten  beastet,  eine 
sehr  grosse  Blattmenge  erzeugt  haben,  kann  eine  beschränkte  Auf- 


224  II.  Abschnitt. 

ästung  ohne  Zuwachsverlust  stattfinden,  wie  ich  dies  bestimmt 
nachgewiesen  habe4).  An  solchen  Bäumen  finden  sich  mehr  Blätter, 
als  nothwenclig  sind,  um  die  von  den  Wurzeln  zugeführten  Nähr- 
stoffe, von  deren  Menge  ja  die  Grösse  des  Zuwachses  wesentlich 
bedingt  wird,  zu  verarbeiten.  Eine  Verminderung  der  Laubmenge 
hat  dann  nur  eine  gesteigerte  Assimilationsthätigkeit  der  verblei- 
benden Blätter  zur  Folge. 

In  der  weitaus  überwiegenden  Zahl  der  Fälle,  in  welchen 
Aestungen  in  der  Praxis  vorkommen,  wird  mit  denselben  eine  mehr 
oder  weniger  erkleckliche  Zuwachsverminderung  verbunden  sein. 
Dieselbe  äussert  sich  namentlich  durch  Verminderung  des  Zu- 
wachses im  unteren  Baumtheile,  und  kann  bei  weitgehender 
Ausästung  der  Zuwachs  in  den  unteren  Stammtheilen  ganz  auf- 
hören, wie  ich  dies  auch  bei  stark  unterdrückten  Bäumen 
nachgewiesen  habe. 

Man  wird  sich  also  bei  der  Ausführung  der  Aestungen  immer 
darüber  klar  bleiben  müssen,  dass  diese  Operation  an  sich  in 
der  Regel  eine  das  Wachsthum  des  Baumes  schädigende  ist, 
dass  gewichtige  Gründe  zur  Vornahme  derselben  vorliegen  müssen, 
um  den  Verlust  an  Zuwachs  verschmerzen  zu  lassen. 

Als  solche  sind  einerseits  Formverbesserung  des  Baumschaftes 
behufs  Erziehung  astreiner  Schäfte,  anderseits  Rücksichten  auf  das 
Lichtbedürfniss  eines  unterständigen  Baumwuchses  zu  bezeichnen. 

Will  man  behufs  Gewinnung  glattschäftiger  Stämme  sich 
nicht  auf  die  Wegnahme  einzelner  Aeste  beschränken,  sondern  eine 
tiefer  eingreifende  Ausästimg  vornehmen,  dann  ist  aber  nicht  bloss 
der  Zuwachsverlust  als  solcher  zu  berücksichtigen,  sondern  es  sind 
auch  die  indirecten  Nachtheile  dieser  Zuwachsschwächung  ins 
Auge  zu  fassen. 

Zu  diesen  gehört  zuerst  die  Verzögerung  der  Wunden- 
heilung.  Der  Ueberwallungsprocess  der  Astwunden  hängt  selbst- 
redend von  der  Zufuhr  an  Bildungsstoffen  zum  Cambium  des 
Wundrandes,  resp.  des  Ueberwallungswulstes  in  hohem  Maasse  ab. 
Eine  sehr  starke  Ausästung  wird  den  Ueberwallungsprocess  und 
damit  den  Schluss  der  Wunde  sehr  beeinträchtigen.  Es  ist  mit 
Rücksicht    darauf    in  Erwägung    zu    ziehen,    ob   nicht  die   Aestung 


4)  Das  Holz  der  Rothbuche.    Berlin,  Springer,  1888. 


Verwundungen.  225 

bis  zu  der  aus  technischen  Gründen  festgestellten  Schafthöhe  lieber 
in  zwei  Malen  unter  Einschiebung  einer  mehrjährigen  Ruhepause 
stattfinden  soll.  Nimmt  man  zunächst  die  untere  Hälfte  der  zu 
entfernenden  Aeste  fort,  dann  ist  die  Verminderung  der  Bildungs- 
stoffproduction  noch  nicht  so  nachtheilig  für  die  Ueberwallung  und 
in  einigen  Jahren  können  die  Astwunden  geschlossen  sein.  Wieder- 
holt man  dann  die  Operation,  dann  hat  sich  durch  kräftigere  Ent- 
wicklung der  oberen  Krone  der  Verlust  einigermaassen  ausgeglichen 
und  auch  die  neu  entstehenden  Astwunden  werden  schneller  sich 
schliessen,  als  sie  gethan  haben  würden,  wenn  die  ganze  Operation 
mit  einem  Male  ausgeführt  worden  wäre. 

Durch  eine  solche  Theilung  verhindert  man  auch  weit  besser 
die  Entstehung  allzu  zahlreicher  Stammausschläge. 

Die  Ausschläge  entstehen  theils  aus  adventiven  Knospen  des 
Ueberwallungswulstes  des  Wundrandes,  theils  aus  schlafenden 
Augen  und  zwar  vornehmlich  solchen,  die  der  bereits  eingewachsenen 
Basis  des  abgeschnittenen  Astes  selbst   angehören. 

An  aufgeschneidelten  Fichten  entstehen  die  zahlreichen, 
scheinbar  aus  der  Rinde  des  Hauptstammes  hervorkommenden 
Ausschläge,  vorwiegend  durch  kräftige  Entwicklung  der  schwäch- 
lichen, dünnen  Kurztriebe,  die  am  Grunde  der  Aeste  schon  im 
einjährigen  Alter  entstanden  und  mit  der  Verdickung  des  Haupt- 
stammes eingewachsen  sind.  Eine  zweifellose  Adventivknospen- 
bildung  vermochte  ich  nicht  nachzuweisen. 

Wird  bei  der  Grünästimg  ein  Aststutz  (Stummel)  ohne 
eigene  Belaubung  am  Stamme  belassen,  dann  stirbt  derselbe  wie 
bei  dem  natürlichen  Ausästungsprocesse  bis  auf  eine  geringe,, 
wenige  Centimeter  lange  Basis  ab  und  wird  der  Ueberwallungs- 
process  entweder  unmöglich  gemacht  oder  doch  so  sehr  erschwert 
und  so  weit  hinausgeschoben,  dass  inzwischen  der  todte  Aststummel 
völlig  verfault. 

Wäre  der  Aststutz  bis  zur  Basis  entrindet  worden,  dann 
wären  die  Bedingungen  der  Ueberwallung  schon  günstigere,  und 
der  Ast  würde  vom  Grunde  aus  leichter  überwachsen  werden,  als 
das  möglich  ist  unter  der  mit  dem  Tode  des  Aststutzes  vertrock- 
nenden Rinde.  In  Fig.  124  habe  ich  den  Ueberwallungs Vorgang 
eines  starken  Aststummels  dargestellt  und  zur  Klarlegung  des  Vor- 
ganges   die  Borke    grösstenteils    entfernt.     Die  Rinde    des    todten 

llartig,    BaumkraDklicitea,  2.  Aufl.  15 


226 


II.  Abschnitt. 


Aststutzes  drückt  fest  auf  den  Holzkörper,  und  die  bereits  bis  über 
die  Hälfte  desselben  vorgerückte  Neubildung  a,  b  ist  nur  dadurch 
zu  Stande  gekommen,  dass  diese  durch  ihr  Dickenwachsthum  die 
todte  Borke  gleichsam  wie  ein  Keil  von  dem  todten  Holze  abspaltet 
und  der  dünne  anfangs  gefässlose  Rand  der  lebenden  Gewebsschich- 
ten  in  den  dadurch  entstehenden  Raum  hineinwächst.  Rückt  die 
Neubildung    nicht    gleichmässig  vor,    was   besonders  dann  der  Fall 

ist,  w7enn  eine  un- 
regelmässige Bruch- 
fläche überwächst  (Fig. 
124  oben**),  dann  ent- 
stehen die  bekannten 
maserwüchsigen  Ast- 
knollen. 

Ein  functionsloser 
Aststutz  ist  ein  Hinder- 
niss  der  Heilung,  und 
gilt  desshalb  die  allge- 
mein anerkannte  Regel, 
bei  der  Aestungmög- 
lichstnahe  am  Stam- 
me und  parallel  mit 
diesem  den  Schnitt  zu 
führen. 

Die  Ueberwal- 
lung  erfolgt  dann  aus 
den  zuvor  entwickelten 
Gründen  und  zwar  am 
lebhaftesten  in  der 
Regel  von  den  Seiten 
aus.  Die  Rinde  ist 
hier  aus  naheliegenden  Gründen  am  leichtesten  abzuheben,  leichter 
wie  am  oberen  und  unteren  Rande.  Der  obere  ist  aber  noch 
sehr  bevorzugt  gegenüber  dem  unteren  Wundrande,  da  ersterem 
die  Bildungsstoffe  bei  ihrer  Wanderung  von  oben  nach  unten  direct 
zugeführt  werden,  am  unteren  Wundrande  dagegen  gleichsam  ein 
todter  Winkel  entsteht,  der  nur  sehr  spärlich  mit  Bildungsstoffen 
versorgt   wird. 


Fig.  124. 

Abgebrochener  Eichenast,  welcher  unter  der  nach- 
träglich entfernten  starken  Rinde  langsam  von  unten 
auf  überwallt.  Die  Neubildung  zeigt  bei  a  niaser- 
artige  Unregelmässigkeiten,  bei  b  rückt  sie  gleich- 
mässig mit  dünnem,  gefässlosem  Rande  vor.  c  ist 
der  todte  Holzkörper.    V4  Natürl.  Gr. 


Verwundungen. 


227 


Ein  weit  wichtigeres  Moment  zur  Erklärung  der  Thatsache, 
dass  die  Wunde  unten  sehr  schlecht  zu  überwallen  pflegt,  ist 
der  Umstand,  dass  hier  in  der  Regel  der  Rinden körp er  vom 
Holzkörper  bei  der  Operation  der  Aestung  losgedrückt  wird. 
Zur  Zeit  der  cambialen  Thätigkeit  ist  diese  Loslösung  ganz  unver- 
meidlich und  wird  schon  durch  die  Reibung  des  Sägeblattes  er- 
klärlich, sie  wird  aber  besonders  dadurch  bewirkt,  dass  der  sinkende 
Ast,  nachdem  er  zuvor  von  unten  eingeschnitten  war,  damit  die 
Rinde  des  Stammes  nicht  vom  Aste  abgerissen  werde,  auf  den 
unteren    Wundrand    einen    gewaltigen    Druck    ausübt.     Die    Rinde 


Fig.  125. 

Halb     überwallte     Eichenast- 
wunde. 


Fig.  126. 

UntererAstwundrand,  ein 
Jahr  nach  der  Aestung. 
Der  beim  Sinken  des 
Astes  gequetschte  Rin- 
denkörper a  stirbt  bis  b 
ab,  von  wo  dann  erst 
die  Neubildung  c  be- 
ginnt und  die  Rinde 
nachträglich  vom  Holze 
abdrängt.      Natürl.    Gr. 


des  unteren  Wundrandes  bildet  den  Drehpunkt  des  sich  senkenden 
Astes,  und  wenn  dies  auch  nicht  sogleich  erkannt  wird,  so  erleidet 
doch  das  Cambium  an  dieser  Stelle  eine  tödtliche  Quetschung  und 
Zerreissung.  Dasselbe  stirbt  auf  ein  oder  mehrere  Centimeter  Ent- 
fernung vom  unteren  Wundrande  ab  und  die  Neubildung,  d.  h.  der 
Callus  bildet  sich  selbstredend  nicht  am  Wundrande,  sondern  unter 
der  Rinde  verborgen  in  grösserer  Entfernung  davon  (Fig.  126). 
Dadurch  aber  wird  der  anfänglich  noch  fest  aufliegende  Rinden- 
körper vom  Holze  abgedrängt  und  es  entsteht  unterhalb  der  Wunde 
ein  Raum    zwischen  Holz    und    todter  Rinde,    in  welchem  das  von 

15* 


228  P-  Abschnitt. 

der  Wundiläche  abfliessende  Wasser  wie  in  einer  Senkgrube  sich  an- 
sammelt, selbstredend  mit  all  den  Organismen,  die  durch  das 
Regenwasser  von  der  Schnittfläche  abgespült  wurden.  Hier  ist  der 
geeignetste  Raum  für  die  Keimung  parasitischer  Pilze,  von  hier 
aus  sinkt,  durch  Vermittlung  der  Markstrahlen  nach  innen  geleitet, 
das  Wasser  mit  den  darin  gelösten  Zersetzungsproducten  in  das 
Holz.  Dieser  Raum  ist  eine  Senkgrube  im  eigentlichen  Sinne  des 
AVortes  und  zugleich  der  Angriffspunkt  der  Pilze.  Hat  man  auch 
unmittelbar  nach  der  Aestung  die  Wundiläche  mit  Theer  bestrichen, 
so  bleibt  doch  diese  Stelle  unbeschützt,  denn  sie  entsteht  ja  erst 
später,  wenn  durch  die  Neubildung  der  Rindenkörper  vom  Holze 
abgedrängt  wird.  Sie  bildet  somit  gleichsam  die  Achillesferse 
der  Ast  wunde. 

Sie  zu  vermeiden,  muss  die  Hauptaufgabe  der  Aestung  sein, 
sie  kann  aber  nur  vermieden  werden,  wenn  man  zur  Zeit  der 
Vegetationsruhe,  d.  h.  im  Herbst  und  Winter  ästet,  weil  dann 
die  Lostrennung  der  Rinde  vom  Holz  am  wenigsten  leicht  erfolgt. 
Wenn  man  dann  noch  die  Vorsicht  anwendet,  den  Ast  beim  Ab- 
sägen zu  unterstützen  und  im  Momente  der  Lostrennung  etwas 
von  der  Wundfläche  abzustossen,  dann  ist  die  Gefahr  auf  das  ge- 
ringste Maass  beschränkt. 

Die  Schnelligkeit  des  Ueberwallungsprocesses  hängt 
ganz  und  gar  von  der  Zu wachsgrösse  des  Baumes,  andererseits 
von  der  Wundengrösse  ab. 

Junge  Räume  mit  relativ  breiten  Jahresringen  überwallen 
schneller  als  alte  Bäume,  und  diese  um  so  schneller,  je  höher  am 
Stamm  die  Wunde  sich  findet,  da  die  Jahrringbreiten  mit  seltenen 
Ausnahmen  von  unten  nach  oben  zunehmen.  Ebenso  selbstver- 
ständlich ist  es,  dass  auf  gutem  Standorte  die  Heilung  sich 
schneller  vollzieht,  als  auf  schlechtem.  Bei  Laubhölzern,  insbe- 
sondere der  Eiche,  auf  welche  ich  meine  Untersuchungen  bisher 
beschränkt  habe,  dürften  Astwunden  über  10 — 12  cm  Durchmesser 
nicht  zulässig  sein. 

Die  Folgen  der  Aestung  in  Rücksicht  der  Gesundheit 
des  Baumes  hängen  bei  Laub-  und  Nadelholz  in  erster  Linie 
von  der  Jahreszeit  ab,  in  welcher  die  Operation  ausgeführt 
worden  ist. 

Soweit  meine  Beobachtungen  reichen,   ist  die  Sommerästung 


Verwundungen.  229 

bei  der  Fichte  immer  sehr  gefährlich  und  hat  fast  immer  eine 
schnell  vorschreitende  Wundfäule  zur  Folge;  in  den  von  mir 
untersuchten  Fällen  waren  allerdings  mit  der  Aestung  immer 
Rindenbeschädigungen  verbunden  gewesen.  Bei  Winter-  resp. 
Herb stästun gen  können  diese  vermieden  werden,  und  da  die 
Schnittflächen  sich  alsbald  mit  ausgepresstem  Harz  bekleiden,  so 
bleibt  die  Wunde  fast  ganz  frei  von  Wundfäule.  Nur  an  älteren 
Aesten  tritt  aus  dem  Kernholze  kein  Terpentin  aus  und  hier  ist 
desshalb  Infection  durch  Parasiten  leicht  möglich. 

Für  Nadelhölzer  scheint  mir  somit  die  Herbst-  und  Winter- 
ästung  zulässig  zu  sein,  wenn  bei  stärkeren  Aesten,  die  ja  nur  sehr 
selten  an  Nadelholzbäumen  fortgenommen  werden,  noch  Theerung 
der  Wundfläche  erfolgt. 

Bei  den  Laubhölzern  tritt  dann,  wenn  die  Wundfläche  nicht 
getheert  wird,  zunächst  eine  Bräunung  auf  einige  Centimeter  Tiefe 
und  in  der  Regel  nach  einigen  Jahren  Wundfäule  auf,  die  mit  dem 
Schlüsse  der  Wunde  aber  nicht  weiter  schreitet  (Fig.  127).  Findet 
die  Aestung  zur  Sommerzeit  statt,  dann  tritt  unterhalb  des 
Wundrandes  im  letzten  Jahresringe  eine  Bräunung  hervor,  die 
oft  4 — 5  m  tief  im  Stamm  abwärts  sich  erstreckt.  Das  Unter- 
lassen der  Theerung  steigert  selbstredend  auch  die  Gefahr  der  In- 
fection durch  parasitische  Pilze,  die  aber  auch  in  getheerte  Ast- 
wunden eindringen,  wenn  solche  im  Frühjahr  oder  Sommer 
entstanden  sind,  weil  sie  dann  unterhalb  des  unteren  Wundrandes 
eindringen  können  (Fig.  128). 

Die  Theerung  hat  den  gewünschten  Erfolg  nur  dann,  wenn 
die  Aestung  im  Spätherbste  und  Winter  ausgeführt  wurde,  denn 
nur  dann  dringt  der  Theer  in  die  Wundfläche  ein.  Es  scheint, 
dass  einestheils  geringerer  Wassergehalt  des  Holzes  im  Herbste, 
anderentheils  die  damit  im  Zusammenhang  stehende  negative 
Spannung  der  Luft  im  Baume  das  Einsaugen  des  Theeres  bewirkt. 

Bei  Frühjahrs-  und  Sommerästungen  dringt  einerseits 
der  Theer  gar  nicht  ein,  die  Schnittfläche  trocknet  trotz  oberfläch- 
licher dünner  Theerschicht  aus,  bekommt  Risse,  in  welche  Wasser 
und  Pilze  einzudringen  vermögen,  andererseits  vereitelt  die  Ab- 
hebung der  gequetschten  Rinde  von  dem  unteren  Wundrande  den 
Zweck  der  Theerung. 

Es    geht    aus    dem  Gesagten    hervor,    dass  man  Laubhölzer 


230 


II.  Abschnitt. 


am  z weckmässigsten  in  den  Monaten  October,  November, 
December  (vielleicht  auch  noch  Januar  und  Februar)  ästet  und 
dass  sofort  die  Wunde  mit  Steinkohlentheer  gut  gestrichen 
werden  muss. 

Die    meisten  Aestungen  wurden  bisher  im  Sommer  ausgeführt 
und    erklärt    sich    daraus    der  immense  Schaden,    der  insbesondere 


Fig.  127. 

Eichenästung  im  Juli. 
Die  Wandfäule  ist  von  der  ge- 
theerten  Wundfläche  und  unter- 
halb   der  Wunde   weit   in    den 
Stamm  vorgedrungen.  1/3  Nat.Gr. 


Fig.  128. 

Ueberwallter  Eichenast 

durch  Hydnutn  diversideus  inficirt. 

V,  Natürl.  Gr. 


den  Eichen  dadurch  zugefügt  worden  ist.  Es  ist  aber  unter  allen 
Umständen  wünschenswerth,  dass  weitere  wissenschaftliche  Aestungs- 
versuche  insbesondere  auch  mit  mehreren  Holzarten  zur  Ausführung 
gelangen,  da  die  von  mir  ausgeführten  Versuche  nur  die  Eiche  be- 
treffen und  auch  noch  nicht  alt  genug  waren,  um  die  vorliegenden 
Fragen  allseitig  befriedigend  beantworten  zu  können5). 

°)  Es  wäre  sehr  zu  wünschen,  dass  die  von  mir  1875  in  dem  Eberswalder 
Institutsforste  ausgeführten  c.  240  Aestungsversuche  in  der  Folge  weiter  verwerthet 
werden  möchten. 


Verwundungen.  231 


Das  Beschneiden 


der   jüngeren  Pflanzen  (Lohden    oder  Heister)   unterscheidet  sich 
von    der  Aestung    nur    in   Hinsicht    der  Zweigstärke    und    gilt  das 
Meiste,  was  dort  gesagt  wurde,    auch  für  das  Beschneiden.     Es  ist 
mithin  jedes  Beschneiden  ein  Uebel,   das  nur  durch  gewichtige 
Gründe  entschuldigt  werden  kann.     Am  ehesten  ist  das  Beschneiden 
jüngerer  Pflanzen    statthaft    nach    dem  Versetzen    derselben,    wenn 
hierbei    eine    bedeutende    Verminderung    der    Wurzeln    stattfinden 
musste.     Im  Frühjahre,    so    lange    die    ergrünenden  Pflanzen   noch 
wenig    verdunsten,    reicht   die  Wurzelmenge  wohl  aus,   im  Sommer 
dagegen  kann   das  geschwächte  Wurzelvermögen  ungenügend  werden 
zur  Ernährung  der  ungeschwächten  Krone,  so  dass  diese  ganz  ver- 
trocknet.      Stellt    man     durch     Beschneiden,     insbesondere     durch 
Kürzung    der    längeren    Zweige,    von    vornherein    ein  Gleich- 
gewicht zwischen  Wurzelmenge  und  Laubmenge  her,   dann  ist  diese 
Gefahr  vermieden  und  die  Pflanze  ersetzt  den  Verlust  in  kurzer  Zeit. 
Ein    zweiter  Grund    des  Schneidens  ist    Form  Verbesserung 
der  Pflanzen    im  Pflanzgarten    oder    im    Bestände.      Ich    will    hier 
nicht  auf  das  Technische  der  Frage  eingehen,    möchte   nur  die  ge- 
bräuchliche Sommerzeit  als  die  für  den  Zuwachs  der  Pflanze  selbst 
unpassendste    bezeichnen.      Beschneidet    man    im    Frühjahre    oder 
Herbste,   dann  entzieht  man   dem  Individuum  im  Wesentlichen   nur 
die  Zweige,   während  die  im  Stamm  abgelagerten  Reservestoffe  ihm 
erhalten    bleiben.     Schneidet   man  im  Sommer,    dann   sind  die  Re- 
servestoffe   des  Stammes  theilweise  zur  Triebbildung  und  Blattent- 
wicklung   verbraucht    und    gehen    verloren.      Würde    man    bis  zum 
Herbste    warten,    dann    würden    die  Blätter    der  Zweige   bis  dahin 
noch  Bildungsstoffe  für  das  nächste  Jahr  producirt    und  zum   Theil 
im  Schafte  abgelagert  haben.     Es    erscheint  wünschenswerth,    class 
nach    dieser  Richtung    hin  Versuche   ausgeführt  werden.     Eine  an- 
dere Frage,   welche  noch  der  wissenschaftlichen  Beantwortung  harrt, 
ist  die,    ob    die  Zweigwunden  gegen  parasitische  Pilze,   z.  B.   gegen 
Nectrien    im  Sommer    oder    im  Herbst    resp.  Frühjahre    mehr    ge- 
schützt sind.     Insbesondere  kommt  dieser  Gesichtspunkt    für  Acer, 
Tilia,    Aesculus    in    Frage,    welche    Holzarten    am    meisten    durch 
Nectria  cinnabarina  zu  leiden  haben  und  dessbalb  auch  durch  Baum- 
wachs an  kleineren  Zweigwunden  geschützt  werden  müssen. 


232  n-  Abschnitt. 

Das  Belassen  knospenloser  Zweigstutzen  am  Hauptschafte 
wird  mit  Recht  getadelt;  denn  dieselben  sterben  ab,  vertrocknen 
und  werden  bei  schnellem  Dickenwachsthum  theilweise  umwachsen 
oder  ganz  eingeschlossen. 

Unrichtig  ist  dagegen  die  Behauptung,  dass  von  solchen  Ast- 
stutzen aus  noch  in  später  Zeit  die  Fäulniss  im  Innern  des  Holz- 
stammes ausgehe,  denn  selbst  an  in  der  Jugend  geköpften  oder 
auf  den  Stock  gesetzten  Eichen  habe  ich  das  nicht  beobachten 
können. 

Da  die  Wundengrösse  gering  ist,  der  Ueberwallungsprocess  in 
der  Regel  schnell  die  Wunden  schliesst,  so  ist  mit  Ausnahme  der 
oben  genannten,  durch  Nectria  cinnabarina  gefährdeten  Holzarten 
kaum  ein  Theeren  nothwendig.  Die  kleinen  gebräunten  Wunden  im 
Centrum  des  Stammes  mindern  die  technische  Brauchbarkeit  des 
Holzes  nicht,  da  ja  auch  der  natürliche  Ausästungsprocess  zahllose 
ähnliche  Wunden  erzeugt. 

Dass  an  Aststutzen  und  Astwunden  zuweilen  parasitische  Pilze, 
insbesondere  die  Nectrien  eindringen  und  krebsartig  sich  erweiternde 
Krankheiten  erzeugen  können,   ist  früher  schon  bemerkt. 

Beseitigung  der  Fichtenzwillinge. 

Die  Fichte  besitzt  die  Eigentümlichkeit,  bei  einzelnem 
Stande  im  Pflanzcampe  etwa  mit  dem  dritten  oder  vierten  Jahre 
einen  doppelten  Höhentrieb  zu  entwickeln.  Anstatt  eines 
Stammes  erwächst  ein  Zwilling,  und  wenn  in  der  ersten  Durch- 
forstung einer  von  den  beiden  Stämmen  weggenommen  wird,  dann 
verhält  sich  dessen  Basis  genau  wie  ein  Aststummel,  d.  h.  er  stirbt  ab 
und  verfault  (Seite  216  Fig.  119),  während  der  andere  Stamm  ihn 
mehr  oder  weniger  einschliesst.  Die  Wundfäule  des  abgehauenen 
Stammes  überträgt  sich  leicht  auf  den  anderen  Stamm  und  steigt 
in  diesem  auf  Stock-  oder  Brusthöhe  empor. 

Will  man  diese  Beschädigung  vermeiden,  dann  entferne  man 
schon  in  früher  Jugend  den  zweiten  Höhentrieb,  was  mit  Hülfe 
eines  langgestielten  gebogenen  Messers  leicht  ausführbar  ist.  In 
seltenen  Fällen  wiederholt  sich  die  Zwillingsbildung  auch  in 
höherem  Lebensalter  und  schädigt  dadurch  die  technische  Brauch- 
barkeit des  Holzes.  Diese  doppelte  Gipfelbildung  dürfte  aber  nur 
bei   sehr   lichter  Stellung    und  auch  da  nicht  allzu  häufig  auftreten. 


Verwundungen.  233 

Geringeren  Nachtheil  hat  die  Entfernung  derjenigen  Fichten- 
stämrne  in  der  ersten  Durchforstung,  welche  mit  ihren  Nachbar- 
stämmen in  Folge  dichten  Standes  am  Wurzelstock  verwach- 
sen sind. 

Insbesondere  kommen  solche  Verwachsungen  häufig  in  Be- 
ständen vor,  welche  aus  der  Büschelpflanzung  hervorgegangen  sind. 
Da  bis  zum  20.  oder  30.  Jahre,  also  der  Zeit  der  ersten  Durch- 
forstung, die  Verwachsung  nur  eine  scheinbare  zu  sein  pflegt,  indem 
die  Nachbarn  noch  durch  ihre  Rinde  innerlich  von  einander  getrennt 
sind,  so  wird  durch  den  Abhieb  des  einen  Stammes  der  Nachbar 
fast  gar  nicht  geschädigt. 

Stammabhieb   über  der  Erde. 

Werden  Bäume  über  der  Erdoberfläche  abgeschnitten,  oder  wie 
man  zu  sagen  pflegt,  „auf  den  Stock  gesetzt",  dann  treten  mannig- 
fache Reproductionserscheinungen  auf,  die  nach  Holzart  und  Alter 
verschieden  sind.  Bei  den  Nadelholzbäumen  erfolgt  ein  Stock- 
ausschlag durch  schlafende  Augen  nur  im  jugendlichsten  Alter  der 
gemeinen  Kiefer,  in  welchem  noch  die  Blattachselknospen  über  den 
Primärblättern  am  Leben  sind.  Mit  dem  Eintritt  der  Borkebildung, 
also  im  ca.  5.  Lebensjahre,  gehen  diese  zu  Grunde  und  die  Aus- 
schlagsfähigkeit  geht  verloren. 

Die  dreinadeligen  amerikanischen  Kiefern,  z.  B.  Pinus  rigida, 
bewahren  ihre  Ausschlagsfähigkeit  bis  zu  höherem  Alter,  indem  sie 
theils  im  Quirl,  theils  zwischen  demselben  in  der  Mitte  des  Haupt- 
triebes kurze  Triebe  entwickeln,  die  sich  alljährlich  entsprechend 
der  Stammverdickung  verlängern  und  nur  wenige  Nadelbüsche 
bilden.  Von  diesen  geht  ein  reichlicher  Stockausschlag  aus.  Die 
Reproductionsfähigkeit  der  Nadelholzstöcke  ist,  von  vorstehenden 
Fällen  abgesehen,  eine  sehr  beschränkte,  und  zwar  desshalb,  weil 
es  an  schlafenden  Knospen  fehlt,  die  zur  Ausschlagbildung  gelangen 
könnten.  Auch  ist  die  Fähigkeit  der  Adventivknospenbildung  im 
Callus  des  Wundrandes  eine  sehr  geringe,  und  nur  in  Ueberwal- 
lungswülsten  von  Weisstannenstöcken  sah  ich  ausnahmsweise  neue 
Knospen  und  Ausschläge  entstehen.  Dahingegen  zeigen  viele 
Stöcke  zumal  bei  Weisstannen,  Fichten,  Lärchen,  selten  bei  Kiefern, 
eine  nach  mehreren  Decennien  zählende  Lebensdauer,  während 
welcher    sie    am   Wundrande    der   Abhiebsfläche    einen    mehr    oder 


234 


IL  Abschnitt. 


weniger  lebhaften  Ueberwallungsprocess  zeigen,  so  class  die 
ganze  Hiebsfläche  zuwachsen  kann.  Wenn  auch  wahrscheinlich 
diese  Stocküberwallung  für  gewöhnlich  aus  der  Wurzelverwach- 
sung des  gefällten  Stammes  (Zehrstamm)  mit  Wurzeln  eines  Nach- 
barstammes (Nährstamm)  zu  erklären  ist,  so  bleibt  doch  immerhin 
der  von  Th.  Hartig  nachgewiesene  Fall,  in  welchem  ein  Lärchen- 
stock Ueberwallung  zeigte,  während  eine  Ernährung  durch  einen 
Nachbarstamm  völlig  ausgeschlossen  war,  weil  jene  Lärche  auf 
einer  grossen  Wald  blosse  gestanden  hatte,  nur  erklärbar  durch  die 
Annahme,  dass  die  in  den  Wurzeln  und  im  Wurzelstock  vorhan- 
denen Reservestoffvorräthe  erst  im  Laufe  der  Jahre  aufgelöst  und 
zur  Ernährung  des  Cambiums  verwendet  werden. 

Die  Laubholzstöcke  entwickeln,  falls  nicht  Rinde  und  Cam- 
bium  von  der  Hiebsfläche  aus  mehr  oder  weniger  tief  durch  Ver- 
trocknen des  Holzes  und  durch  Zersetzungsprocesse 
getödtet  sind,  im  Jahre  nach  dem  Hiebe  einen 
Callus,  aus  welchem  reiche  Adventivknospenbildung 
hervortritt.  Es  können  diese  Adventivknos- 
pen oftmals  kräftigen  Stockausschlag  liefern 
(Fig.  129),  der  aber  sich  nicht  selbständig  be- 
wurzelt und  unter  der  fortschreitenden  Zersetzung 
des  Mutterstockes  zu  leiden  hat.  Weit  erwünschter 
und  auch  häufiger  ist  der  Stockausschlag  aus 
Praeventivknospen.  Je  tiefer  diese  am  Stocke 
Fig.  129.  entspringen,    um   so    besser   ist   es,    da    eine    selb- 

Adventiv-  ständige  Bewurzelung  derselben  sehr  erwünscht 

knospenausschlag     .  ,.  -„,,  ,        ^  ,,     .      , 

aus  liähr.  Callus    1s^j    um    die   neue  rnanze   von   der  (jesundheit  des 

eines  Buchen-  Mutterstockes  unabhängig  zu  machen.  Desshalb 
haut  man  die  Stöcke  im  Niederwaldbetriebe  mög- 
lichst tief  „aus  der  Pfanne",  verkohlt  im  Eichenschälwaldbe- 
triebe  durch  das  „Ueberlandbrennen  "  den  oberirdischen  Stock, 
wobei  die  zu  hoch  entstandenen  Ausschläge  verloren  gehen  und 
die  Entstehung  tiefer  Ausschläge  befördert  wird. 

Da  die  Lebensdauer  der  schlafenden  Augen  eine  beschränkte 
ist,  so  ist  von  alten  Stöcken  kein  Ausschlag  zu  erwarten.  Aeltere 
Birken  liefern  am  Stock  anfänglich  reichen  Ausschlag,  der  aber 
meist  nach  einem  oder  zwei  Jahren  wieder  abstirbt.  Es  erklärt 
sich  dies  aus  der  steinharten  Borke,  welche  dem  Dickenwachsthum 


Verwundungen.  235 

der  in  ihr  liegenden  Basis  des  Ausschlages  nicht  nachgiebt.  Die 
im  Frühjahre  entstandenen  Ausschläge  vertrocknen  im  Hochsommer, 
wenn  dem  gesteigerten  Verdunstungsprocesse  die  Wasserzufuhr 
durch  die  in  der  Borke  eingeklemmte  Ausschlagbasis  nicht  schnell 
genug  folgen  kann. 

Werden  jüngere  schlecht  wüchsige  Laubholzpflanzen  über 
der  Erde  abgeschnitten,  so  zeigen  die  neuen  Ausschläge  oft 
einen  so  vorzüglichen  und  nachhaltigen  Zuwachs,  class  diese  Maass- 
regel schon  vielfach  in  der  Praxis  als  Culturmaassregel  mit  Erfolg 
angewandt  worden  ist.  Eine  wissenschaftliche  Untersuchung  dieser 
Erscheinung  ist  bisher  nicht  ausgeführt,  doch  ist  es  wahrscheinlich, 
dass  der  in  den  Wurzeln  und  im  Wurzelstock  befindliche  Reserve- 
stoffvorrath  nach  dem  Abschneiden  des  oberirdischen  Pflanzentheils 
zunächst  einem  lebhafteren  Wurzelwachsthum  zu  Gute  kommt,  und 
wenn  dadurch  die  Wurzeln  in  eine  tiefere,  frische  und  nahrungs- 
reiche Bodenschicht  gelangen,  dann  wird  das  Wachsthum  der 
Pflanze  nachhaltig  ein  freudiges  werden.  Kümmernde  Eichenwüchse 
auf  oberflächlich  verwildertem  und  verheidetem  Boden  sind  durch 
Abbrennen  des  ganzen  Bestandes  oft  zum  freudigen  Ausschlag  und 
nachhaltig  kräftigen  Wachsthum  angeregt  worden. 

Wurzelbeschädigungen, 

welche  theils  durch  Thiere  z.  B.  Mäuse,  am  meisten  aber  durch 
den  Menschen  beim  Culturbetriebe  ausgeführt  werden,  sind  stets 
nachtheilig  für  die  Pflanzen.  Es  muss  desshalb  sowohl  während 
des  Aushebens,  als  auch  beim  Transport  und  beim  Einpflanzen 
der  Erhaltung  der  Wurzeln  die  grösste  Sorgfalt  gewidmet  werden. 
Ein  Beschneiden  der  Wurzeln  ist  stets  ein  Uebel- 
stand,  der  nur  in  zwei  Fällen  nicht  zu  umgehen  ist.  Einmal 
dann,  wenn  Wurzeln  beim  Ausheben  gequetscht,  geknickt  oder 
abgebrochen  sind.  Ein  glatter  Schnitt  unmittelbar  über  der  be- 
schädigten Stelle  fördert  die  Entstehung  eines  Ueberwallungswulstes 
und  in  diesem  die  Neubildung  von  Adventivwurzeln,  er  verhindert 
oder  vermindert  das  Faulen  der  Wurzeln.  Ausserdem  ist  ein 
Kürzen  der  Wurzeln  nur  noch  zulässig,  wenn  die  Kosten  des  Aus- 
hebens und  Verpflanzens  bei  Conservirung  des  ganzen  Wurzel- 
systems allzuhoch  werden  würden.  Sehr  viele  Pflanzen  leiden 
zudem  weniger  durch  ein  Kürzen  der  Wurzeln,    als    durch  ein  Um- 


236  H.  Abschnitt. 

biegen  derselben  beim  Verpflanzen.  Auch  zur  Erziehung  stär- 
keren Pflanzenrnaterials  kann  ein  wiederholtes  Kürzen  der 
Wurzeln  nothwendig  werden,  um  dadurch  zahlreiche  Wurzeln  in 
der  Nähe  des  Wurzelstockes  hervorzurufen  und  einen  dichten 
Wurzelballen  zu  erzielen. 

Das  zwecklose  Beschneiden  der  Wurzeln,  wie  es  leider  noch 
so  oft  geschieht,  ist  in  hohem  Grade  verwerflich.  Andere  Wurzel- 
beschädigungen kommen  vor  beim  Streurechen,  Wurzelreissen,  En- 
gerling- und  Mäusefrass  u.  s.  w. 

Stecklinge. 

Das  Anwachsen  völlig  entwurzelter  Pflanzentheile,  Stecklinge, 
Setzstangen  u.  s.  w.,  sowie  das  fernere  Gedeihen  derselben  hängt 
im  Wesentlichen  davon  ab,  dass  vor  der  Wiederherstellung  einer 
reichen  Bewurzelung  die  Verdunstung  der  Pflanze  auf  das  ge- 
ringste Maass  beschränkt  wird.  Desshalb  unterdrückt  man  die 
Laubentwicklung  anfänglich  dadurch,  dass  man  die  Stecklinge  bis 
zur  oberen  Schnittfläche  in  den  Erdboden  steckt,  so  dass  nur  die 
oberste  Knospe  einen  Ausschlag  zu  liefern  vermag,  oder  man 
bringt  die  unbewurzelten  Stecklinge  in  einen  mit  Feuchtigkeit  ge- 
sättigten Luftraum,  wie  das  die  Gärtner  insbesondere  zu  thun  pflegen. 

Das  so  oft  zu  beobachtende  Absterben  scheinbar  völlig  ange- 
wachsener Stecklinge  der  kaspischen  Weide  auf  Sandboden  im 
Laufe  des  Hochsommers  oder  Herbstes  des  ersten  Jahres  erklärt 
sich  dadurch,  dass  im  Frühjahre  Adventivwurzeln  sowohl  aus  der 
Rinde  des  im  Boden  befindlichen  Stecklinges,  als  auch  aus  dem 
Callus  der  unteren  Schnittfläche  entstehen.  Geht  nun  durch  Aus- 
trocknen der  oberen  Bodenschichten  des  lockeren  Sandbodens  der 
grössere  Theil  der  aus  der  Rinde  hervorgekommenen  meist  hori- 
zontal sich  ausbreitenden  Wurzeln  verloren,  dann  genügen  die  dem 
Callus  der  Wundfläche  entsprungenen,  immer  schräg  in  den  Boden 
dringenden  Wurzeln  oftmals  nicht,  den  ganzen  Wasserbedarf  der 
belaubten  Ausschläge  im  Hochsommer  zu  liefern,  und  letztere  ver- 
trocknen. Durch  tiefes  Umarbeiten  des  Bodens  ist  in  Weidenan- 
lagen desshalb  die  Entwicklung  der  Wurzeln  in  die  Tiefe  zu  be- 
günstigen. 


Verwundungen.  237 

Veredelungsprocesse. 

Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  um  auf  das  Technische  der  verschie- 
denen Operationen  einzugehen,  vermittelst  deren  man  ein  lebendes 
lieis  oder  eine  Knospe  auf  ein  anderes  Pflanzenindividuum  überträgt, 
vielmehr  kann  hier  nur  der  inneren  Vorgänge6)  kurz  gedacht 
werden,  die  hierbei  vorkommen.  Nehmen  wir  den  Process  der  Ab- 
lactirung  aus,  bei  welchem  zwei  nebeneinanderstehende  Pflanzen 
an  einer  oder  mehreren  Stellen  so  miteinander  verbunden  werden, 
dass  gleichgestaltete  Schälwunden  beider  Pflanzen  eng  vereint  werden, 
und  so  lange  miteinander  verbunden  bleiben,  bis  sie  völlig  unter- 
einander verwachsen  sind,  so  beruhen  alle  Veredelungsoperationen 
darauf,  class  man  einen  mit  Knospen  versehenen  wurzellosen  Pflanzen- 
theil, das  sogenannte  Edelreis  oder  nur  ein  Rindenstück  mit  einer 
Knospe  (Schild  mit  Auge)  mit  einer  bewurzelten  Pflanze,  dem  Wild- 
linge oder  der  Unterlage  so  verbindet,  dass  eine  solche  Verwach- 
sung beider  Theile  eintritt,  dass  einerseits  Wasser  und  Nährstoffe 
vom  Wildling  in  das  Edelreis  und  umgekehrt  die  Bildungsstoffe  aus 
letzterem  in  die  Unterlage  übertreten  können. 

Die  Operation  gelingt  in  der  Regel  nur  dann,  wenn  einerseits 
der  Wildling  schon  oder  noch  in  cambialer  Thätigkeit  sich  be- 
findet, so  dass  von  dem,  aus  dem  Cambium  hervorgehenden  callösen 
Gewebe  sofort  die  Verwachsung  mit  der  Cambialregion  des  Edel- 
reises ausgehen  kann,  wenn  andererseits  das  Edelreis  oder  Auge 
bei  der  Operation  sich  im  Ruhezustande  befindet.  Es  erfordert 
nämlich  die  Verwachsung  eine  gewisse  Zeit.  Entwickelt  sich  vor 
Eintritt  der  Verwachsung  das  Edelreis,  oder  sind  gar  die  Knospen 
desselben  bei  der  Operation  schon  geschwollen,  so  vertrocknet  das- 
selbe in  Folge  der  Verdunstung  der  jungen  Blätter,  bevor  es  aus 
dem  Wildlinge  den  Wasserbedarf  zu  beziehen  vermag.  Desshalb 
schneidet  man  die  Pfropfreiser  schon  im  Februar  und  bewahrt  sie 
so  auf,  dass  ihre  Vegetation  möglichst  zurückgehalten  wird  und 
noch  ruht,  wenn  der  Wildling  bereits  ergrünt  ist.  Das  Oculiren 
findet  bekanntlich  meist  im  Sommer  statt,  nachdem  bereits  die 
neuen  Blattachselknospen  sich  gebildet  haben,  die  dann  mit  dem 
Wildlinge  vereinigt  werden,  dessen  Cambialschicht  noch  im  Zu- 
stande der  Zelltheilungsthätigkeit  ist. 

G)  Göppert,  Innere  Zustände  der  Bäume  nach  äusseren  Verletzungen, 
Breslau  1873. 


238 


II.  Abschnitt. 


Man  vereint  Edelreis  und  Wildling  so,  dass  die  Cambialsckicht 
beider  in  möglichst  innige  Berührung  tritt,  aber  auch  zwischen  den 
Holzschnittflächen  kein  grösserer  Zwischenraum  verbleibt.  Die 
Verwachsung  ist  nach,  den  Untersuchungen  Göppert's  eine  zweifach 
verschiedene,  indem  nicht  nur  die  Cambialschichten  resp.  die  aus  den- 
selben hervorgehenden  callösen  Gewebe,  sondern  auch  die  Holz- 
schnittflächen   unter  einander  verwachsen. 

Das  Markstrahlparenchym  und  wohl  auch  das  Strangparenchym 
des  Holzes  wird  zu  neuer  Zelltheilung  befähigt  und  bildet  ein 
Verbindungsgewebe    oder    intermediäres     Gewebe,     welches 

den     Raum      zwischen     den 

oll- 


v 


beiden     Schnittflächen 
ständig  ausfüllt. 

Ist  die  Operation  ge- 
glückt und  das  Edelreis  an- 
gewachsen, dann  wird  das- 
selbe in  der  Folge  durch 
den  von  den  Wurzeln  des 
Wildlinges  aus  dem  Boden 
aufgenommenen  rohen  Nah- 
rungsstoff ernährt.  Die  im 
Edelreis  erzeugten  Bildungs- 
stoffe andererseits  ernähren 
das  Cambium  des  Edelreises 
und  des  Wildlinges.  Selbst- 
redend erzeugen  die  Cambial- 
zellen  des  Edelreises  neue 
Organe  derselben  Art,  ebenso 
erzeugt  das  Cambium  des 
W7ildlinges  auch  die  charakteristischen  Organe  des  Wildlinges.  Die  im 
Edelreis  erzeugten  Bildungsstoffe  repräsentiren  eine  beiden  Pflanzen- 
formen verdauliche  Nahrung  und  ebenso,  wie  die  Kuhmilch  nicht  nur 
zur  Ernährung  des  Kalbes,  sondern  auch  eines  Menschenkindes  dienen 
kann,  ohne  dass  letzteres  desshalb  die  Eigenschaften  der  Kuh  an- 
nimmt, ebenso  ernährt  sich  der  Wildling  von  den  Bildungsstoffen  des 
Edelreises,  ohne  dessen  Eigenschaften  anzunehmen.  Ist  den  Cambial- 
zellen  des  Wildlinges  eine  grössere  Theilungsgeschwindigkeit  als  dem 
Cambium  des  Edelreises  eigen,   dann  verdickt  sich  in  der  Folge  die 


Fig.  130. 

Querschnitt  durch  eine  Veredelungsstelle  von 
Sorbus  Aria  auf  Sorbus  Aucuparia.  Die 
Grenze  zwischen  der  langsamwüchsigen  Aria 
und  der  schnellwüchsigen  Aucuparia  ist  a  a 
als  innere  Demarkationslinie  bezeichnet. 
V,  Natürl.  Gr. 


Verwundungen.  239 

Unterlage  mehr  und  umgekehrt.  Die  äussere  Grenzlinie,  in  welcher 
der  schnell  uud  der  langsam  wachsende  Stammtheil  zusammen- 
stossen,  die  oft  auch  durch  die  Verschiedenheit  der  Rinde  und 
Borke  gekennzeichnet  wird,  nennt  Göppe.rt  die  äussere  Demar- 
kationslinie: dieser  entspricht  selbstredend  eine  innere  De- 
markationslinie, in  welcher  das  oft  auch,  verschieden  gefärbte 
Holz  des  Wildlinges  und  Edelreises  aneinander  grenzt  (Fig.  130). 
Es  sind  übrigens  viele  Fälle  bekannt,  in  denen  eine  Beeinflussung 
des  Edelreises  auf  die  Unterlage  angenommen  werden  muss.  Man 
hat  z.  B.  bei  panachirten  Edelreisern  beobachtet,  dass  dann,  wenn 
am  grünblättrigen  Wildlinge  nachträglich  Ausschläge  entstehen, 
diese  in  einzelnen  Fällen  ebenfalls  Panachirung  zeigen.  Man  muss 
hieraus  wohl  folgern,  dass  die  in  den  panachirten  Blättern  des 
Edelreises  erzeugten  Bildungsstoffe  eine  chemische  Eigenthümlich- 
keit  besitzen,  welche  auch  auf  die  Cambialzellen  des  Wildlinges  einen 
solchen  Einfluss  ausübt,  dass  die  Blätter  der  neuen  Triebe  bunt 
werden.  Auf  die  neuerdings  in  einzelnen  Fällen  beobachtete  noch 
tiefer  eingreifende  Beeinflussung  des  Wildlinges  durch  das 
Edelreis  will  ich  hier  nicht  wreiter  eingehen  und  nur  bemerken, 
dass  es  gelang,  durch  Pfropfung  verschiedener  Kartoffelsorten  auf 
einander  hybride  Formen  zu  erziehen. 


III.  Abschnitt. 


Erkrankungen  durch  Einflüsse  des  Bodens. 

Nachdem  in  der  Wissenschaft  erkannt  worden  ist,  dass  alle 
Infectionskrankheiten  von  der  chemischen  Constitution  des  Bodens 
völlig  unabhängig  auftreten,  beschränkt  sich  das  Gebiet  der  Krank- 
heiten, welche  in  Eigenthümlichkeiten  des  Bodens  begründet  sind, 
auf  eine  sehr  geringe  Zahl. 

§  21.    Wasser-  und  Nährstoffgehalt  des  Bodens. 

Wasser  und  Nährstoffgebalt  des  Bodens  bedingen  in  hohem 
Maasse  die  Zuwachsgrösse  einer  Pflanze,  erzeugen  aber  nur  sehr 
selten   Krankheiten  in   dem  Seite  5  beschränkten  Sinne. 

Zu  solchen  Krankheiten  gehört  zuerst  die 

Gipfeldürre  oder  Zopftrockniss, 

welche  Erscheinung  im  Allgemeinen  auf  eine  bedeutende  Ver- 
minderung des  Wasser-  oder  Nährstoffgehaltes  des  Bodens  zurück- 
zuführen ist,  durch  welche  der  unter  günstigeren  Verhältnissen 
entstandene  Pflanzenwuchs  nicht  mehr  genügend  ernährt  werden 
kann. 

In  Rothbuchenbeständen  tritt  diese  Krankheit  besonders  dann 
und  zwar  oft  schon  im  Stangenholzalter  auf,  wenn  die  Bestände 
der  Streunutzung  unterworfen  sind.  Die  Bodenverschlechterung 
äussert  sich  zunächst  in  einer  allgemeinen  Wuchsverminderung,  oft 
aber  auch  im  Vertrocknen  der  oberen  Baumkrone,  während  die 
unteren  Theile  der  Krone  sich  grün  erhalten. 

In  Ellernbeständen  hat  eine  übertriebene  Entwässerung  Zopf- 
trockniss zur  Folge.  Eichen,  die  im  vollen  Bestandesschlusse  eines 
Rothbuchenbestandes  erwachsen  sind  und  in  Folge  dessen  nur  eine 


Erkrankungen  durch  Einflüsse  des  Bodens.  241 

schwache  Krone  besitzen,  entwickeln  nach  dem  Abtriebe  des  Buchen- 
bestandes in  der  Freistellung  reichliche  Wasserreiser  am  Schafte. 
Diese  und  die  Baumkrone  gedeihen  einige  Jahre  vortrefflich,  dann 
aber  stirbt,  zumal  auf  leichteren,  schnell  austrocknenden  und  ver- 
wildernden Böden,  ein  Theil  der  obersten  Aeste  der  Baumkrone 
ab,  die  Eiche  wird  gipfeldürr.  Erhält  der  Boden  durch  das  Herauf- 
wachsen des  jungen  Bestandes  rechtzeitigen  Schutz,  dann  tritt  ent- 
weder gar  keine  Gipfeldürre  ein  oder  diese  sehreitet  nach  den 
ersten  Anfängen  nicht  weiter  vor.  Durch  Abwerfen  der  trockenen 
Aeste  kann   die  Gipfeldürre  sich  wieder  ganz  verlieren. 

Es  ist  schwierig,  auf  experimentellem  Wege  die  Ursachen  dieser 
Erscheinungen  zu  ermitteln,  doch  ist  es  wohl  gestattet,  sich  diese 
Krankheit  in  nachstehender  Weise  zu  erklären. 

Unmittelbar  nach  Freistellung  der  Eiche  steigert  sich  durch 
beschleunigte  Zersetzung  der  Humusdecke  die  Summe  der  löslichen 
Nährstoffe  des  Bodens,  die  gesteigerte  Lichtwirkung  befähigt  die 
Blätter  der  Baumkrone  schneller  zu  assimiliren;  beides  vereint, 
veranlasst  eine  bedeutende  Steigerung  der  Production  von  Bildungs- 
stoffen und  somit  eine  Zuwachssteigerung,  durch  welche  auch  die 
schlafenden  Blattachselknospen  zur  Entwicklung  von  Stammsprossen 
befähigt  werden. 

Der  erste  Anstoss  zum  Erwachen  der  schlafenden  Augen  dürfte 
in  der  gesteigerten  Bildungsstoffzufuhr  liegen,  die  Möglichkeit  der 
weiteren  Entwicklung  zu  Stainmsprossen  liegt  in  der  gesteigerten 
Lichtwirkung.  Nach  einigen  Jahren  kräftigen  Wachsthums  der 
Krone  und  der  Stammsprossen  ist  der  Humusvorrath  verzehrt,  die 
oberen  Bodenschichten  sind  ihres  Schutzes  beraubt  und  trocknen 
im  Sommer  tief  aus.  Die  Processe  der  Nährstoffaufschliessung 
leiden  hierunter  und  der  Vorrath  an  aufgeschlossenen  Bodennähr- 
stoffen vermindert  sich,  oder  wie  man  zu  sagen  pflegt,  der  Boden 
„verwildert". 

Den  Jahren  der  gesteigerten  Nährstoffzufuhr  folgt  nunmehr 
eine  Periode  des  Mangels,  und  dieser  Mangel  an  Wasser  und  Nähr- 
stoffen lässt  die  obere  Baumkrone  verhungern,  da  die  unteren 
Zweige  den  Wasser-  und  Nährstoffvorrath  für  sich  allein  bean- 
spruchen. 

Bessert  sich  der  Boden  mit  dem  Heranwachsen  eines  jungen 
Bestandes    wieder,    dann    kann    sich  mit  der  Steigerung  der  Nähr- 

Hartig,   Bauvnkrankheiten,  2.  AuH.  16 


242  ni-  Abschnitt. 

stoffzufukr  die  Krone  erholen,  wenn  diese  nicht  bereits  all- 
zusehr beschädigt  war.  Bäume,  die  vor  der  Freistellung  schon 
eine  kräftige  Krone  besassen,  entwickeln  wenige  oder  keine  Wasser- 
reiser und  bleiben  frei  von  Gipfeldürre,  weil  in  den  ersten  Jahren 
der  Nahrungssteigerung  die  Krone  für  sich  allein  im  Stande  ist, 
durch  kräftigere  Entwicklung  die  Mehrzufuhr  zu  verarbeiten.  Es 
entstehen  keine  Wasserreiser  und  diese  können  also  in  den  Jahren 
der  Nahrungsnoth  die  Krone  nicht  beeinträchtigen.  Letztere  zeigt 
wohl  ein  allgemeines  Kümmern,  nicht  aber  ein  Vertrocknen  des 
Gipfels. 

Aus  dem  Gesagten  folgt,  dass  zur  Vermeidung  der  Gipfeldürre 
der  temporären  Boden vermagerung  vorgebeugt  werden  müsse.  Sache 
des  Waldbaues  ist  es,  die  Mittel  zu  finden,  durch  welche  dem 
Boden  Schutz  und  Pflege  zu  Theil  wird. 

Bekanntlich  giebt  es  eine  Reihe  von  Krankheitserscheinungen 
an  landwirtschaftlichen  Gewächsen,  welche  insbesondere  durch 
Bodentrockniss  herbeigeführt  werden,  und  nenne  ich  hier  nur  das 
Verscheinen  des  Getreides,  d.  h.  das  Vertrocknen  der  Halme 
vor  dem  Fruchtansätze,  und  die  Nothreife  des  Getreides,  d.  h.  das 
Vertrocknen  der  Getreidepflanzen  nach  dem  Körneransatze  aber 
vor  vollendeter  Ablagerung  der  Bildungsstoffe  in  Form  von  Mehlen 
im  Samenkorn. 

Ausnahmsweise  kann  auch  ein  Uebermaass  von  Nähr- 
stoffen Erscheinungen  im  Pflanzenleben  hervorrufen,  welche  nach- 
theiliger Art  sind,  doch  möchte  ich  hier  wiederholt  davor  warnen, 
krankhafte  Erscheinungen  in  Ermangelung  einer  auf  wissenschaft- 
licher Forschung  beruhenden  Erklärung  kurzer  Hand  dem  Boden 
zuzuschreiben. 

Eine  plötzliche  Steigerung  der  Nährstoffzufuhr  und  die  dadurch 
herbeigeführte  bedeutende  Zunahme  der  Bildungsstoffproduction  kann 
unter  Umständen  eine  Zersprengung  äusserer  Gewebstheile 
zur  Folge  haben,  wenn  sich  diese  nicht  schnell  genug  dem  Wachs- 
thum  innerer  Gewebstheile  entsprechend  auszudehnen  vermögen. 

Bäume,  welche  durch  irgend  welche  Betriebsoperationen  plötzlich 
im  Wüchse  bedeutend  gefördert  werden,  zeigen  zuweilen  auf  allen 
Seiten,  zumal  am  eigentlichen  Schafte,  ein  Aufreissen  der  Rinde, 
welche  durch  gewaltsames  Zersprengen  von  innen  aus  herbeige- 
führt wird. 


Erkrankungen  durch  Einflüsse  des  Bodens. 


243 


Hainbuchen1)  in  einem  Rothbuchenbestande  wurden  mit  der 
Besamungsschlagstellung  plötzlich  freigestellt  und  ihr  Zuwachs 
steigerte  sich  auf  Brusthöhe  von  1,2  Dem  Querflächenzuwachs  in 
wenigen  Jahren   auf  13,7  cm  jährlich   und  darüber. 

Der  äussere  Kork  mantel  wurde 
dadurch    so    stark  elastisch  ausge- 
spannt,   dass   er   endlich    an    zahl- 
reichen    Stellen     in     Längsrissen  Fio   131 
zersprengt  wurde.    Die  Zusammen-     Schematische    Darstellung     der    Ver- 
ziehung,   die  hierauf  erfolgte,    hatte      schiedenheiten     beim    Aufplatzen    der 
07                                              .                 runde      nach      plötzlicher      Zuwachs- 
nun  entweder  ein  Aufreissen  bis  zum                          Steigerung. 


m 18  nie  11  \ 51  in    31  n  11 
ei 


', 


Fig.  132. 

Querschnitt  eines  Hainbuchenstammes,  dessen  Rinde  durch 
plötzliche  Zuwachssteigerung  im  Jahre  1876  gesprengt  wurde. 
a  Rindenrisse,  die  nicht  auf  das  Holz  reichten,  b  Ueberwallte 
Risse,  c  Noch  nicht  völlig  verwachsener  Riss.  Die  Jahrringszahlen 
zeigen  die  Jahresringgrenzen  an,  die  besonders  in  den  Jahren 
1861  —  71  sehr  eng  waren.     i/2  Natürl.  Grösse. 


Holzkörper  zur  Folge  (Fig.  131a),  oder  es  wurde  sogar  zu  beiden 
Seiten  des  Risses  der  ganze  Rindenkörper  in  der  Cambialregion  auf 
eine  Strecke  weit  vom  Holzkörper  abgelöst  (Fig.  131b).  Es  tritt  so 
eine  Krümmung  des  ganzen  Rindenkörpers  ein,  ähnlich  einem  ein- 
seitig   trocken    gewordenen    Brette.      Die    zahlreichen   Wundstellen 


')  Untersuchg.  a.  d.  forstbotan.  Inst.  Bd.  III,  S.  141—144. 


16' 


244 


III.  Abschnitt. 


verwachsen  meist  sehr  schnell  nach  einem  Jahre,  zuweilen  erst 
später  (Fig.  132).  Die  Rinde  der  Hainbuchen  bekommt  aber  eine 
sich  lange  Zeit  erhaltende  ungewöhnliche  Gestalt  (Fig.  133). 

Aehnliche  Rindenspren- 
gungen habe  ich  an  Eichen2) 
in  verschiedenen  Beständen 
beobachtet,  die  lange  Zeit 
sehr  dicht  gedrängt  bei  ver- 
säumter Durchforstung  oder 
unter  dem  Drucke  höherer 
Bäume  erwachsen  waren  und 
dann  plötzlich  freigestellt 
wurden. 

Die  gesteigerte  Boden- 
thätigkeit  und  Lichtwirkung 
hatte  eine  so  gewaltige  Zu- 
wachssteigerung zur  Folge, 
dass  am  ganzen  Schafte  Risse 
verschiedener  Grösse  entstan- 
den. Fig.  134  zeigt  den 
Querschnitt  durch  eine 
solche  100jährige  Eiche  mit 
den  interessanten  Reproduc- 
tionserscheinungen,  die  im 
Gefolge  der  Zersprengung 
eingetreten   sind. 

Diese  Verwundungen 
sind  nicht  nur  insofern 
nachtheilig,  als  durch  die 
darnach  eintretenden  Vernar- 
bungs-  und  Ueberwallungs- 
processe  die  Gradspaltigkeit 
der  Stämme  geschädigt  wird, 
sondern  weil  auch  an  diesen  Stellen  parasitische  Holzpilze  einzu- 
dringen vermögen.  Sie  können  wohl  immer  vermieden  werden, 
wenn  der  beabsichtigten  Lichtung  eine  stärkere  Durchforstung  um 
einige  Jahre  vorangeschickt  wird. 

2)  Untersuchg.  a.  d.  forstbotan.  Inst.  Bd.  I,  S.  145—150. 


Fig.  133. 

Hainbuche  mit  zersprengter  Kinde,  a  Riss 
nicht  bis  zum  Holzkörper  gehend,  b  Ein 
bis  zum  Holz  gehender  Riss,  der  wieder 
überwallt  ist  (c)  (Fig.  12b).  c  Riss,  der  nur 
im  oberen  Theile  bis  zum  Holzkörper  reichte. 
]/2  Natürl.  Grösse. 


Erkrankungen  durch  Einflüsse  des  Bodens. 


245 


Als  selbstverständlich  bedarf  es  keiner  weiteren  Ausführung, 
dass  übergrosse  stagnirende  Bodennässe,  wenn  durch  sie  der 
Luftzutritt  zu  den  Wurzeln  verhindert  wird,  ein  Verfaulen  dieser 
und  ein  Absterben  der  ganzen  Pflanze  zur  Folge  haben  kann,   dass 


ff  %  15 


157611 


Fig.  134. 

Querschnitt  eines  zwei  Jahre  vor  der  Fällung  in  Folge  sehr 
gesteigerten  Zuwachses  an  zwei  Stellen  x  und  y  aufgeplatzten 
Eichenstammes.  An  den  drei  mit  a  b  bezeichneten  Stellen  hat  Ver- 
narbung vom  Cambiummantel  der  Holzfläche  aus  stattgefunden. 
Das  Vernarbungsgewebe  hat  seine  eigene  Rinde  d  d.  Die  losge- 
sprengten Rindenlappen  haben  auf  der  inneren,  cambialen  Fläche 
neues  Holz  oberhalb  e  e  gebildet.  Dieses  hat  eine  Art  Ueber- 
wallungswulst  c  gebildet,  welcher  nach  einwärts  den  Wundrand 
bildet.  Der  im  Jahre  1876  unter  der  Rinde  nach  dem  Zersprengen 
gebildete  Jahrring  zerfällt  in  zwei  Theile/  </,  von  denen  der  innere 
im  Frühjahre  vor  der  Sprengung  schon  einen  Gefässkreis  gebildet 
hatte,  welchem  nach  Entstellung  einer  fast  gefässlosen  Zone/  noch- 
mal eine  gefässreiche  Zone  folgte. 

sie  ferner  zur  Entstehung  nachtheiliger  Humussäuren  führt,  dass 
sie  die  Empfindlichkeit  mancher  Pflanzen  gegen  den  Frost  steigert,  das 
Ausfrieren  und  Ausziehen  der  Pflanzen  im  Saatbeete  vermittelt 
u.  s.  w. 

§  22.    Ungenügender  Luftwechsel  im  Boden1). 

Die  Processe    des  Stoffwechsels   in   den  Wurzeln  erfordern  ein 
lebhaftes  Zuströmen    des  Sauerstoffs.     Die   Wurzeln    ersticken    und 


')  R.  Hartig,  Zersetzungserscheinungen,  S.  75  ff. 


246  nI-  Abschnitt. 

sterben  ab,  wenn  ihnen  andauernd  die  Sauerstoffaufnahme  unmöglich 
gemacht  wird.  Nicht  nur  die  Wachsthumsprocesse  selbst,  sondern 
auch  die  Processe  der  Reservestoffbildung  und  der  Auflösung  der- 
selben, die  ja  in  den  Wurzeln  besonders  lebhaft  stattfinden,  sind 
an  Sauerstoffzufuhr  gebunden,  und  um  diese  Sauerstoffmenge  ver- 
mindert sich  die  Bodenluft.  Unter  normalen  Verhältnissen  wird 
der  Verlust  reichlich  ersetzt,  theils  durch  die  Temperatur- 
schwankungen in  den  oberen  Bodenschichten,  theils  durch 
Diffusionsprocesse,  theils  durch  das  Eindringen  sauerstoff- 
haltigen Wassers.  Je  grösser  die  täglichen  und  jährlichen 
Temperaturschwankungen  der  oberen  Bodenschichten  sind,  je 
tiefer  diese  stattfinden,  um  so  lebhafter  ist  der  Luftaustausch  oder 
der  sogenannte  Athmungsprocess  des  Bodens.  Bekanntlich  hängt 
die  Durchwärmung  des  Bodens  in  hohem  Grade  von  dessen 
Wärmecapacität  ab,  denn  der  Boden  wird  sich  um  so  schneller 
erwärmen  oder  umgekehrt  abkühlen,  je  geringer  dessen  Wärme- 
capacität ist.  Wasser  und  Humusbestancltheile  besitzen  eine  hohe 
specifische  Wärme  und  je  reicher  ein  Boden  an  diesen  Bestand- 
theilen  ist,  um  so  mehr  Wärme  gehört  dazu,  seine  Temperatur 
zu  steigern.  Ein  Waldboden,  der  von  einem  Bestände  nicht  ge- 
schützt wird,  der  in  Folge  seiner  Freilage  leichter  austrocknet,  und 
der  seinen  Humusgehalt  zum  grössten  Theile  verloren  hat,  erwärmt 
sich  mithin  leichter,  als  ein  von  dichtem  Bestände  bedeckter,  immer 
frisch  bleibender,  humusreicher  Boden. 

Es  ist  ferner  selbstverständlich,  dass  ein  der  directen  Inso- 
lation ausgesetzter  Waldboden  sich  weit  leichter  durchwärmt,  aber 
auch  durch  Wärmeausstrahlung  sich,  weit  leichter  wieder  abkühlt, 
als  ein  unter  dem  doppelten  Schutze  der  Baumkronen  und  der 
Laub-  und  Humusdecke  liegender  Boden. 

Was  den  Diffusionspr  ocess  der  Bodenluft  betrifft,  so  wissen 
wir,  dass  derselbe  nur  in  lockerem  Boden  ein  beträchtlicherer  ist, 
wenn  dieser  nicht  zu  sehr  mit  Wasser  durchsättigt  ist.  Bei  dichtem, 
festem  und  wasserreichem  Boden  ist  der  Gasaustausch  ein  äusserst 
langsamer.  Unter  gewissen  Verhältnissen  kann  nun  der  Luftaus- 
tausch im  Boden  auf  ein  so  geringes  Maass  sich  beschränken,  dass 
die  Pflanzenwurzeln  in  demselben  ersticken  und  verfaulen.  Im 
Gegensatz  zu  den  infectiösen  Wurzelkrankheiten  habe  ich  das  durch 
Erstickungstod  herbeigeführte  Absterben  der  Wurzeln  als 


Erkrankungen  durch  Einflüsse  des  Bodens.  247 

Wurzelfäule2) 
bezeichnet.  Diese  Krankheit  tritt  in  verheerendem  Grade  besonders 
in  den  jüngeren  Kiefernbeständen  Norddeutschlands  auf.  Sie 
beginnt  selten  vor  dem  zwanzigsten,  meist  erst  mit  dem  dreissigsten 
Lebensjahre  und  äussert  sich  darin,  dass  nach  kurzem  Kümmern 
die  noch  völlig  grün  benadelten  Bäume  umfallen,  wenn  Schneean- 
hang oder  starker  Wind  den  äusseren  Anstoss  dazu  giebt.  Die 
Pfahlwurzel  ist  bis  nahe  dem  Wurzelstocke  nassfaul,  alle  oder 
die  meisten  flach  streichenden  Seitenwurzeln  dagegen  sind  völlig 
gesund.  Nur  selten  veranlasst  das  mit  dem  Abfaulen  der  Pfahl- 
wurzel hervortretende  Verharzen  des  Wurzelstockes  ein  völliges 
Vertrocknen  des  Baumes.  Von  der  oft  gleichzeitig  in  den  Kiefern- 
beständen auftretenden  Erkrankung  durch  Trametes  radiciperda 
unterscheidet  sich  die  Wurzelfäule  durch  das  Abfaulen  der  Pfahl- 
wurzel und  das  Gesundbleiben  der  Seitenwurzeln,  während  jener 
Parasit  sich  durch  die  Seitenwurzeln  verbreitet  und  die  Bäume 
tödtet,  ohne  dass  sie   umfallen. 

In  Fichtenbestänclen  tritt  sie  auf  ganz  tlachgründigen  Böden 
mit  stagnirender  Nässe  ebenfalls  auf,  ist  aber  weniger  schädlich, 
weil  ja  das  nachstreichende  Wurzelsystem  die  Fichte  unabhängiger 
macht  von  dem  Verfaulen  der  wenigen  in  die  Tiefe  gehenden 
Wurzeln. 

Die  Wurzelfäule  tritt  in  Kiefernbeständen  nur  auf  solchen 
Böden  auf,  wo  in  geringer  Tiefe,  meist  in  0,5  m  unter  der  Boden- 
oberfläche eine  Bodenschicht  vorhanden  ist,  welche  dem  Eindringen 
der  Hauptwurzel  in  der  Jugend  des  Bestandes  kein  Hinderniss 
bereitet,  aber  dabei  so  beschaffen  ist,  dass  die  Processe  des  Luft- 
wechsels nur  so  lange  in  ausgiebiger  Weise  stattfinden,  als  der 
Bestandesschluss  noch  nicht  eingetreten  ist.  Meist  besteht 
diese  Bodenschicht  aus  thonreichem  Lehm  oder  äusserst  fein- 
körnigem Quarzmehl  (Flottlehm),  und  leistet  der  Bearbeitung  mit 
dem  Spaten  Widerstand,  so  dass  die  Spitzhacke  nöthig  wird. 
Recht  oft  finden  wir  solche  Bodenschichten  da,  wo  früheres 
Ackerland  der  Waldcultur  und  zwar  desshalb  übergeben  wurde, 
weil  solche  Bodenverhältnisse  auch  der  landwirtschaftlichen  Cultur 
widrig    sind.     Irriger  Weise  hat  man  dann    das   spätere  Erkranken 


2)  Zersetzungserscheinungen,  S.  74  ff. 


248  HI-  Abschnitt. 

der  Kiefern  der  früheren  Ackercultur  zugeschrieben.  Auf  solchen 
Böden  gedeihen  die  Kiefernculturen  anfänglich  vortrefflich.  Die 
Pfahlwurzeln  dringen  in  die  Tiefe,  bis  zu  welcher  ja  auch  noch 
der  Luftwechsel  reicht.  Erst  mit  dem  Eintritte  des  Bestandes- 
schlusses, der  Ausbildung  eines  dichten,  Sommer  und  Winter  den 
Boden  schützenden  Kronendaches,  der  Entstehung  einer  dichten 
Nadel-  und  Humusschicht  vermindert  sich  der  Luftwechsel  im 
Boden.  Die  Insolation  hört  auf,  die  Durchwärmung  wird  ebenso 
erschwert,  wie  die  Abkühlung,  die  Diffusionsprocesse  vermindern 
sich,  weil  der  Boden  ständig  frisch  bleibt  und  bei  sehr  dichtem, 
thonreichem  oder  festem  Quarzmehlboden  die  Luft  grösstentheils 
verdrängt  wird.  Wenn  auch  erst  nach  Jahrzehnten  kann  diese 
Störung  des  Luftwechsels  dahin  führen,  dass  die  in  die  Tiefe  ge- 
wachsenen Wurzeln  nicht  mehr  ihren  Sauerstoffbedarf  völlig  be- 
friedigen können  und  ersticken. 

Die  Thatsache,  dass  die  Wurzelfäule  an  Laubholzbäumen  gar 
nicht  und  auch  an  in  Laubholz  eingesprengten  Kiefern  nur  sehr 
selten  auftritt,  lässt  sich  vielleicht  aus  dem  Umstände  erklären, 
dass  während  der  Hälfte  des  Jahres  der  Schutz  des  Bodens 
durch  das  Kronendach  auf  ein  Minimum  beschränkt,  mithin  der 
Luftwechsel  des  Bodens  doch  ausgiebiger  ist  als  in  Nadelholz- 
beständen. 

Dies  führt  mich  unmittelbar  auf  die  angemessensten  Vor- 
beugungsmittel, die  immer  dahin  gerichtet  sein  müssen,  die 
Bodendurchlüftung  zu  fördern.  Erziehung  gemischter  Laub- 
und Nadelholzwaldungen,  oder,  wo  dies  nicht  ausführbar  ist,  Er- 
satz der  Kiefer  durch  die  flachwurzelnde  Fichte,  frühzeitige  Durch- 
forstungen, Entfernung  allzugrosser  Laubanhäufungen  in  Thal- 
mulden, Entwässerungen  zur  Beseitigung  stagnirender  Bodenfeuch- 
tigkeit sind  die  in  jedem  Einzelfalle  näher  in  Erwägung  zu  ziehenden 
Maassregeln. 

Gewissermaassen  als  eine  Art  Wurzelfäule  ist  das  Absterben 
der  tieferen  Wurzeln  an  zu  tief  versetzten  Pflanzen  zu  bezeich- 
nen. Je  schwerer  der  Boden,  um  so  nachtheiliger  wirkt  das  allzu 
tiefe  Einpflanzen.  Im  günstigsten  Falle  stirbt  ein  solcher  Baum 
bald  ab,  meist  aber  kümmert  derselbe  Jahrzehnte  hindurch,  ohne 
im  Stande  zu  sein,  an  Stelle  des  erstickten  Wurzelsystems  ein 
neues    zu    bilden        Nur    wenige    Bäume,    z.   B.    Weiden,    Pappeln 


Erkrankungen  durch  Einflüsse  des  Bodens.  249 

u.  s.  w.,  häufiger  aber  Sträucher  entwickeln  nahe  der  Bodenober- 
fläche zahlreiche  Adventivwurzeln,  durch  welche  sie  sich,  wie  völlig 
wurzellose  Stecklinge,   ein  neues  Wurzelsystem  bilden. 

Aehnliehe  Verhältnisse  liegen  vor,  wenn  ältere  Bäume  stark 
üb  er  erdet  werden,  wie  dies  bei  Wegeanlagen,  Bergwerken  u.  s.  w. 
öfters  vorkommt. 

Kann  in  solchen  Fällen  die  Luft  seitlich  an  die  Wurzeln  ge- 
langen, wie  dies  meist  geschieht,  wenn  die  Bäume  an  Böschun- 
gen stehen,  dann  schadet  dies  weniger,  wird  aber  der  Luftzutritt 
zu  den  Wurzeln  in  hohem  Grade  erschwert,  dann  sterben  die 
Bäume  ganz  ab,  oder  kümmern  doch.  Bei  glattrindigen  Bäumen, 
z.  B.  Rothbuchen,  Hainbuchen  u.  s.  w.  von  20  cm  Stammdurch- 
messer fand  ich  noch  lebhafte  Adventivwurzelbildung  aus  un- 
verletzter Rinde  nahe  der  Oberfläche  des  aufgeschütteten  Erd- 
reiches. 

Wo  die  Erhaltung  werthvoller  Bäume  wünschenswerth  erscheint, 
soll  die  Ringelung  oder  doch  stellenweise  Verwundung  bis  auf  den 
Holzkörper  nicht  weit  unter  der  Bodenoberfläche  zu  günstigen  Re- 
sultaten geführt  haben,  indem  sich  an  dem  dort  entstehenden 
Callus  reichliche  Wurzeln  entwickelten,  welche  nahe  unter  der 
neuen  Bodenoberfläche  fortwachsend  das  Leben  des  Baumes 
erhielten. 

Es  bedarf  kaum  der  Erwähnung,  dass  das  Missglücken  der 
Buchenverjüngungen  sehr  oft  begründet  ist  in  der  noch  ungenügen- 
den Durchlüftung  des  von  starken  Humusmassen  bedeckten  Bodens, 
dass  ferner  die  zu  tiefe  Aussaat  besonders  mancher  feinerer 
Sämereien  missglückt,  weil  der  Luftzutritt  zu  dem  keimenden  und 
Kohlensäure  ausscheidenden  Samen  nicht  genügt. 

Die  bekannte  Thatsache,  dass  die  Keimproben  des  Ellern-  und 
Birkensamens  im  Zimmer  fast  immer  unbefriedigende  Resultate 
geben,  wogegen  derselbe  Samen,  im  Freien  ausgesäet,  herrlich 
keimt,  ist  vielleicht  dem  Umstände  zuzuschreiben,  dass  nur  im 
Freien  der  tägliche  Temperaturwechsel  des  Bodens  eine  beständige 
Luftveränderung  in  der  Umgebung  des  Samenkornes  herbeiführt, 
während  die  gleichförmige  Temperatur  des  Zimmers,  verbunden 
mit  der  relativen  Ruhe  der  Zimmerluft  die  bei  der  Keimung  aus- 
geschiedene Kohlensäure  nicht  schnell  genug  aus  der  Nähe  des 
Samenkornes  fortführt. 


250  m.  Abschnitt, 

Bei  Anhäufung  keimender  Samen  tritt  das  Verderben  aus 
ähnlichen  Gründen  ein.  Auch  das  Verfaulen  der  Wurzeln  unserer 
Zimmerpflanzen,  wenn  solche  in  glasirten  und  desshalb  dem 
leichten  Luftwechsel  verschlossenen  Töpfen  cultivirt  werden,  ist  der 
vorbeschriebenen  Wurzelfäule  verwandt. 

§23.    Giftstoffe. 

Als  Giftstoffe  im  engeren  Sinne  bezeichnet  man  nur  solche 
im  Boden  vorkommende,  oder  vielmehr  demselben  in  der  Regel 
zugeführte  Stoffe,  welche  direct  für  die  Pflanzenzellen  schädlich 
sind  und  dieselben  tödten.  In  der  Regel  erweitert  man  den  Be- 
griff und  zählt  auch  andere  unschädliche  lösliche  Stoffe,  ja  selbst 
werthvolle  Pflanzennährstoffe  dahin;  wenn  diese  in  einem  zu  con- 
centrirten  Grade  sich  im  Boden  finden.  Da  die  Wasseraufnahme 
der  Wurzeln  ein  endosmotischer  Process  ist,  der  nur  vor  sich 
gehen  kann,  wenn  im  Boden  eine  Lösung  von  so  geringer  Concen- 
tration  sich  findet,  dass  der  Zellsaft  der  Wurzelzellen  erheblich 
concentrirter  ist  und  desshalb  das  Wasser  von  aussen  in  die  Pflanze 
hineinzieht,  so  wird  jede  Bodennährlösung  von  höherer  Concen- 
tration  schädlich  wirken  und  den  Wurzeln  sogar  noch  Wasser  ent- 
ziehen. Es  tritt  ein  Vertrocknen  ein.  Dies  hat  man  oft  genug 
zu  beobachten  Gelegenheit,  wenn  leicht  lösliche  Mineraldünger  in 
zu  reichlichem  Maasse  zur  Verwendung  kommen.  Aber  auch 
andere  an  sich  unschädliche  lösliche  Salze  können  ein  Vertrocknen 
der  Pflanzen  zur  Folge  haben. 

Das  Chlornatrium  als  Bestandtheil  des  Seewassers  ist 
schon  oft  in  hohem  Grade  verderblich  geworden,  wenn  bei  Spring- 
fluthen  die  hinter  den  Dünen  gelegenen  Bestände  überfluthet  wurden 
und  das  Wasser  nicht  wieder  zurückfliessen  konnte,  sondern 
langsam  in  den  Boden  einsickern  musste1).  Kiefern,  Erlen,  Eichen 
und  Rothbuchen  litten  am  meisten  und  starben  ganz  ab,  während 
die  Birke  sich  am  widerstandsfähigsten  erwies.  Im  Juli  1874 
stellte  ich  im  Verein  mit  dem  Chemiker  Schütze  zu  Eberswalde 
Versuche    mit    Kochsalzlösungen     von     procentischem     Gehalt    der 


1)  Schütze,  Untersuchung  von  Boden  und  Holz  aus  Beständen,  welche  durch 
SturmÜuthen  der  Ostsee  beschädigt  sind.  Zeitschrift  für  Forst-  und  Jagdwesen 
1876  p.  380. 


Erkrankungen  durch  Einflüsse  des  Bodens.  251 

Ostsee  (2,7  %)  und  der  Nordsee  (3,47  °/0)  an.  Es  wurden  Saat- 
und  Pflanzbeete  der  Kiefer,  Fichte,  Akazie  und  Rothbuche  mit 
diesem.  Salzwasser  so  begossen,  dass  einmal  nur  ein  Quantum  von 
14  Liter  auf  eine  Fläche  von  1  qm  vertheilt  wurde.  Es  starben 
die  1-  und  3jährigen  Fichten  sowohl  durch  Ostsee-  als  durch 
Nordseewasser  ab,  sechsjährige  Fichten  starben  nur  durch  Nordsee- 
wasser, bräunten  sich  theilweise  durch  Begiessen  mit  Ostseewasser. 
Mannshohe  Fichten,  von  denen  jede  eine  Giesskanne  (14  Liter) 
Nordseewasser  erhielt,  starben  zum  Theil,  während  andere  nur 
vorübergehend  braune  Nadeln  erhielten  und  sich  später  wieder  er- 
holten. Einjährige  Akazien  starben  auch  durch  Ostseewasser  zum 
grösseren  Theil  ab,  drei ssigj ährige  Rothbuchen  Hessen  auffälliger- 
weise einige  Zeit  nachher  lediglich  an  der  Spitze  eines  jeden 
Blattes  ein  Absterben  erkennen.  Die  Kiefer  zeigte  sich  dagegen 
bei  diesen  Versuchen  am  unempfindlichsten,  vielleicht  in  Folge  der 
tiefgehenden  Bewurzelung. 

Allgemein  bekannt  ist  auch  der  nachtbeilige  Einfluss  des 
Urins  auf  die  Pflanzen,  der  sich  schon  aus  dem  Salzgehalt  zur 
Genüge  erklären  dürfte. 

Als  echte  Giftstoffe  wirken  mannigfache  Säuren  und  Laugen, 
welche  mit  dem  Abfallwasser  der  Fabriken  zuweilen  in  grösserer 
Menge  dem  Boden  zugeführt  werden.  Sie  sind  erfahrungsmässig 
in  hohem  Grade  nachtheilig,  doch  ist  hier  nicht  der  Ort,  auf  alle 
möglicherweise  in  Frage  kommenden  Giftstoffe  solcher  Abfallwässer 
näher  einzugehen. 

Nicht  uninteressant  ist  auch  der  schädliche  Einfluss  nachhal- 
tiger Kohlensäureexhalationen  im  Boden  auf  die  Vegetation. 
Im  Badeorte  Cudova  in  Schlesien  sind  im  dortigen  Parke  manche 
Quellen  kohlensäurereichen  Wassers  verschüttet.  An  solchen 
Stellen  gedeiht  kein  Strauch,  sondern  nur  Graswuchs,  vermuthlich 
desshalb,  weil  die  daselbst  frei  werdende  Kohlensäure  sich  so 
reichlich  im  Boden  verbreitet,  dass  der  Athmungsprocess  der 
Wurzeln  unmöglich  gemacht  wird.  Graswuchs  ist  möglich,  weil 
nahe  der  Bodenoberfläche  der  Luftwechsel  ausgiebig  genug  ist,  die 
Graswurzeln  am  Leben  zu  erhalten. 

Dass  Leuchtgas,  wenn  es  in  grösserer  Menge  aus  Gasröhren 
im  Boden  sich  verbreitet,  den  Baumwurzeln  schädlich  wird,  ist 
nachgewiesen,    doch    darf  man   das    Kümmern    oder  Absterben   der 


252  HI-  Abschnitt. 

Alleebäume  in  Städten  nicht  auf  diese  Beschädigung  allein  zurück- 
führen wollen,  vielmehr  hat  der  Abschluss  des  Wassers  und 
selbst  des  Luftwechsels  bei  sorgfältiger  Pflasterung  der  Strassen 
und  Trottoire  ein  Vertrocknen  oder  Ersticken  der  Baumwurzeln 
zur  Folge. 

Es  mag  hier  kurz  erwähnt  werden,  dass  das  Leuchtgas 
auch  der  Blumenzucht  in  unseren  Wohnzimmern  erheblichen  Ab- 
bruch thut  auch  dann,  wenn  wenig  Gas  verbrannt  wird,  da  ja 
doch  immer  geringe  Gasmengen  der  Röhrenleitung  entweichen. 
Camellien,  Azaleen,  Epheu  sind  sehr  empfindlich,  Palmen  und 
Dracänen  am  unempfindlichsten  gegen  Gas. 


IV.  Abschnitt. 


Erkrankungen  durch  atmosphärische 

Einflüsse. 

§  24.     Wirkungen  des  Frostes. 

Die  Erscheinungen  des  Gefrierens  und  des  Erfrierens  der 
Pflanzen  lassen  sich  nur  dann  verstehen,  wenn  man  sich  über 
die  Wärmequellen,  die  den  Pflanzen  zur  Verfügung  stehen, 
klar  ist. 

Die  Processe  des  Stoffwechsels,  welche  höher  entwickelte 
Thiere  mehr  oder  weniger  unabhängig  von  den  äusseren  Wärme- 
einflüssen machen,  sind  im  Pflanzenreich  nicht  ausgiebig  genug, 
um  einen  irgend  beachtenswerthen  Factor  auszumachen  im  Ver- 
gleich zu  der  Einwirkung  der  Wärme  der  umgebenden  Medien  auf 
die  Pflanze. 

Die  Bodentemperatur  beeinflusst  bei  allen  älteren  Holz- 
arten, insbesondere  bei  den  mit  einer  stärkeren  Borke  bekleideten 
Bäumen,  vorzugsweise  die  Temperatur  der  unteren  und  inneren 
Baumtheile.  In  den  Aesten  und  Zweigen  überwiegt  der  Einfluss 
der  Temperatur  der  Aussenluft. 

Zur  Zeit  der  Vegetationsthätigkeit  und  überhaupt  dann,  wenn 
der  Verdunstungsprocess  ein  lebhafterer  ist,  überträgt  das  aus  dem 
Boden  aufgenommene  Wasser  die  dort  herrschende  Temperatur  auf 
das  Innere  der  Pflanze.  Man  hat  dies  auf  das  Unzweifelhafteste 
dargethan,  indem  man  zwei  gleiche,  von  der  Sonne  beschienene 
Bäume,  von  denen  der  eine  zuvor  entästet  war,  untersuchte.  Man 
fand,  dass  in  dem  voll  belaubten  Baume  die  Temperatur  um  10° 
niederer  stand,  als  in  dem  entästeten.  Als  man  dann  jenen  eben- 
falls    ästete     und     dadurch     die     Wasserströmung     zum     Aufhören 


254  IV.  Abschnitt. 

brachte,  stieg  sofort  die  Temperatur  urn  10°  in  die  Höhe.  Ist  der 
Boden  gefroren,  so  dass  kein  Wasser  von  den  Wurzeln  aufge- 
nommen wird,  dann  erwärmt  sich  der  Baum  vom  Boden  aus  allein 
durch  directe  Wärmeleitung,  die  aber  immer  bedeutungsvoll  genug 
ist,  um  zu  erklären,  dass  das  Bauminnere  auch  bei  anhaltender 
Kälte  sich  von  unten  auf  durchwärmt  und  ein  tiefgründiger 
Boden,  in  welchem  die  Baumwurzeln  sich  tief  hinab  erstrecken, 
für  die  Durchwärmung  der  Bäume  vortheilhafter  ist,  als  ein  flach- 
gründiger. 

Der  Yortheil  einer  natürlichen  oder  künstlichen  Bodenbe- 
deckung für  die  Widerstandsfähigkeit  der  Obst-  und  Zierbäume 
gegen  Winterkälte  ist  dadurch  erklärlich.  Es  ist  aber  auch  ver- 
ständlich, dass  das  sogenannte  Härterwerden,  das  heisst,  die  Er- 
scheinung, dass  solche  Bäume,  die  in  der  Jugend  oft  erfrieren,  mit 
dem  höheren  Alter  scheinbar  unempfindlicher  werden,  auf  die  gün- 
stigere Durchwärmung  der  in  grösserer  Tiefe  wurzelnden  Pflanzen 
zurückzuführen  ist. 

Das  auffallend  schnelle  Ergrünen  der  Sträucher  und  Bäume 
nach  einem  ausgiebigen  warmen  Frühlingsregen  ist  ebenfalls  der 
Durchwärmung  vom  Boden  aus  zuzuschreiben,  sowie  endlich  das 
frühzeitigere  Ergrünen  schwächerer  Bäume  gegenüber  den  dorni- 
nirenden  Stämmen  eines  Bestandes  darauf  zurückzuführen  ist,  dass 
die  Bodenschichten,  in  denen  jene  vorzugsweise  ihre  Bewurzelung 
ausgebreitet  haben,  schon  durchwärmt  sind,  wenn  in  grösserer 
Tiefe,  aus  welcher  die  stärker  und  kräftiger  entwickelten  Wurzeln 
ihre  Wärme  beziehen,   der  Boden  noch  die  Winterkälte  zeigt. 

Die  Temperatur  der  Aussenluft  bestimmt  vorwiegend  die 
Innenwärme  der  Zweige  und  Aeste,  wie  überhaupt  aller  feineren 
Pflanzentheile.  Stammtheile  mit  sehr  dicker  Korkhaut  und  Borke- 
schicht lassen  die  Wärme  nur  sehr  langsam  von  aussen  in's  Innere 
eindringen.  Nur  bei  directer  Insolation  steigert  sich  die  Er- 
wärmung der  von  den  Sonnenstrahlen  getroifenen  Baumseite  auf 
ein  hohes  Maass,  so  dass  selbst  Krankheitserscheinungen,  wie  „Rin- 
denbrand" und  „Sonnenriss"  dadurch  hervorgerufen  werden  können. 
Der  Durchwärmung  der  Pflanzen  steht  der  Wärmeverlust  gegen- 
über, den  dieselben  erleiden  bei  dem  Processe  der  Wasserver- 
dunstung, durch  welchen  den  verdunstenden  Geweben  zunächst 
Wärme    entzogen  wird,    und  bei   dem  Processe   der  Assimilation. 


Erkrankungen  durch  atmosphärische  Einflüsse.  255 

In  ganz  hervorragendem  Maasse  wirkt  aber  die  Ausstrahlung  ab- 
kühlend, die  um  so  grösser  ist,  je  feiner  die  Pflanzentheile,  je 
grösser  also  die  Oberfläche  im  Vergleich  zur  Körpermasse  ist.  Die 
Abkühlung  durch  Wärmeausstrahlung  erklärt  ja  nicht  allein  die 
Erscheinungen  des  Reifes,  Thaues  u.  s.  w.,  sondern  auch  die  meisten 
Spätfröste,  die  oft  genug  bei  stillem,  klarem  Wetter  dann  schon 
eintreten,  wenn  die  Lufttemperatur  noch  über  dem  Gefrierpunkte 
steht.  Aus  dem  Gesagten  erhellt  zur  Genüge,  dass  die  Zahlen,  die 
man  durch  Ablesung  der  Baumthermometer,  welche  in  Bohrlöcher 
beliebiger  Bäume  eingelassen  sind,  bekommt,  aus  einer  Mischung 
verschiedenartiger  erwärmender  und  abkühlender  Factoren  hervor- 
gehen. Die  Ermittelung  dieser  inneren  Baumtemperaturen  auf  den 
forstlich  meteorologischen  Versuchsstationen  hat  für  die  Wissen- 
schaft absolut  keinen  Werth  und  ist  ein  Missbrauch  der  Zeit  der 
Beobachter,   der  sich  nicht  rechtfertigen  lässt. 

Wenn  die  Temperatur  eines  Pflanzentheiles  unter  dasjenige  Mini- 
mum hinabsinkt,  welches  zur  Erregung  und  Fortführung  der  che- 
mischen Processe  des  Stoffwechsels,  also  zur  Hervorrufung  der 
Lebensprocesse  nothwendig  ist,  dann  tritt  ein  Ruhezustand  ein,  der 
erst  beendet  wird,  sobald  wieder  die  erforderliche  Wärmeeinwirkung 
auf  das  Gewebe  ausgeübt  wird.  Sinkt  die  Temperatur  erheblich 
unter  ±  0°,  dann  gefriert  die  Pflanze,  d.  h.  es  scheidet  ein  Theil 
des  Imbibitionswassers  der  Zellwandune;en  und  ein  Theil  des  Zell- 
saftwassers  zu  Eiskrystallen  aus,  während  eine  concentrirte  Lösung, 
deren   Gefrierpunkt  tiefer  liegt,    im   flüssigen  Zustande  zurückbleibt. 

Im  Holzkörper  der  Bäume,  deren  Organe  grösstentheils 
keine  Intercellularräume  besitzen,  kann  das  Wasser  der  Zellwan- 
dungen nur  nach  innen,  also  in's  Lumen  der  Zellen  zu  Eiskry- 
stallen ausgeschieden  werden,  die  trockener  werdende  Wandung 
selbst  gefriert  nicht.  Da  das  Lumen  der  Holzzellen  neben  Wasser 
auch  reichlich  Luft  führt,  so  ist  hinlänglich  Platz  vorhanden  zur 
Ausdehnung  des  Wassers  beim  Uebergang  in  den  Eiszustand.  Je 
tiefer  die  Temperatur  sinkt,  um  so  mehr  Wasser  verlässt  die  Wan- 
dungen,  um  so  trockener  werden  diese. 

So  erklärt  es  sich,  dass  bei  intensiven  Kältegraden  die  Bäume 
ganz  ähnliche  Erscheinungen  des  Schwindens  zeigen,  wie  gefälltes 
Holz  beim  Trocknen. 

Die  wasserarmen  Wandungen   vermindern  entsprechend  ihr  Vo- 


256 


IV.  Abschnitt. 


lumen  und  der  Stamm  reisst  in  der  Längsrichtung  auf;  er  bekommt 
Frostrisse  oder  Frostspalten.  Diese  sind  meist  auf  der  Nordostseite 
der  Stämme  gelegen  ,  weil  intensive  Kältegrade  meist  bei  Nordost- 
wind eintreten.  In  der  Regel  setzt  die  Entstehung  von  Frostspal- 
ten voraus,  dass  die  starke  Kälte  plötzlich  eintritt  und  die  inneren 
ßaumtheile  noch  relativ  warm  sind,  das  Schwinden  des  Holzes  nur 
in  den  äusseren  Holzlagen  sehr  stark  ist. 

Es  ist  bekannt,  dass  solche  Frostspalten,  nachdem  sie  sich 
mit    wiederkehrender    höherer    Temperatur    geschlossen    haben,    im 

darauffolgenden  Jahre 
von  den  Neubildungen 
des  Spaltenrandes  über- 
wachsen werden  und 
zwar  der  Art,  dass  der 
verminderte  Rinden- 
druck eine  Zuwachs- 
steigerung zu  beiden 
Seiten  des  Risses  ver- 
anlasst, die  als  Frost- 
leiste hervortritt. Schon 
geringe  Kältegrade  sind 
in  den  Folgejahren  im 
Stande,  den  Spalt  wie- 
der zu  öffnen,  da  die 
schwache  äussere  Ver- 
wachsungsschicht leicht 
zerreisst.  Oft  wieder- 
holtes Oeffnen  und 
Ueberwallen  erzeugt  zu- 
weilen sehr  weit  vorstehende  Frostleisten.  Folgen  mehrere  milde 
Winter  auf  einander,  dann  kann  eine  Frostspalte  wieder  völlig 
zuwachsen,   wie  in  Figur   135  zu   sehen  ist. 

An  alten  Eichen  beobachtete  ich  im  Innern  zuweilen  zahl- 
reiche radiale  und  peripherische  Risse,  die  nicht  bis  zur  Peripherie 
des  Stammes  sich  erstreckten  und  sich  auch  bei  ihrer  Entstehung 
nicht  bis  dorthin  erstreckt  haben.  Ob  diese  Risse  ebenfalls  der 
Frostwirkung  zuzuschreiben  sind  und  unter  welchen  Umständen  sie 
entstehen  können,  ist  zunächst  noch  nicht  klargestellt. 


Fig.  135. 

Frostriss  in  einem  Eiehenstamme.  Derselbe  ist 
entstanden  im  Winter,  bevor  der  Jahrring  a  ge- 
bildet wurde  und  erstreckt  sich  von  a  bis  d.  Neun 
Jahre  hintereinander  ist  der  Spalt  alljährlich  neu 
aufgesprungen,  so  dass  sich  die  Frostleiste  a  —  b 
bildete,  welche  dann  bei  c  eine  seitliche  Verletzung 
erlitt,  aber  in  den  letzten  5  Jahren  nicht  wieder 
aufgesprungen  ist.     1/i  Natürl.  Gr. 


Erkrankungen  durch  atmosphärische  Einflüsse.  257 

Blatt-  und  Rindengewebe,  wie  überhaupt  alle  parenchy- 
matischen  Gewebe  scheiden  beim  Gefrieren  reines  Wasser  in  die 
umgebenden  Intereellularräume  aus,  ohne  in  der  Regel  selbst  zu 
gefrieren.  Die  Zellen  verlieren  dabei  ihren  Turgor,  welken  gleich- 
sam und  erklärt  sich  daraus  die  bekannte  Erscheinung,  dass  vom 
Spätfrost  betroffene  Lilien,  Hyacinthen  u.  s.  w.  platt  an  der  Erde 
liegen,  bis  sie  nach  dem  Aufthauen  des  Wassers,  wenn  solches 
von  dem  Zellinneren  wieder  aufgesogen  ist,  sich  erheben  und  tur- 
gesciren. 

Zellen  mit  concentrirten  Lösungen  scheiden  übrigens  erst  bei 
hohen  Kältegraden  Wasser  aus  und  ich  habe  oft  gefunden,  dass 
Bäume,  deren  Holz  stark  gefroren  war,  in  der  Rinde  und  Bast- 
schicht völlig  frostfrei  waren. 

Gefrieren  sehr  wasserreiche,  lebende  Pflanzengewebe,  insbeson- 
dere junge  Blätter  und  Triebe  bei  Spätfrösten,  dann  scheiden  sich 
in  der  Regel  grössere  zusammenhängende  Eismassen  an  bestimm- 
ten Gewebstheilen,  besonders  gern  unter  der  Oberhaut  der  Blätter 
und  Triebe  oder  im  Markgewebe  aus,  während  die  Gewebe  ganz 
frei  von  Eis  bleiben  und  nur  entsprechend  dem  Wasserverlust 
zusammenschrumpfen.  Diese  Eismassen  bestehen  aus  prismatischen 
Krystallen,  welche  unter  sich  parallel  und  rechtwinklig  auf  dem 
Gewebe  stehen,  aus  welchem  das  Wasser  ausfriert.  Das  Rinden- 
parenchym  der  Stengel  zeigt  meist  reichliche  Intereellularräume, 
besonders  da,  wo  das  collenchymatisehe  äussere  Rindengewebe  auf- 
hört und  hier  kann,  ohne  grossen  Nachtheil  für  die  Pflanze  selbst, 
eine  Trennung  des  Rindengewebes  durch  Bildung  der  Eisschicht 
erfolgen.  Nach  Spätfrösten  sah  ich  an  Blättern  des  Bergahorns  die 
Epidermis  der  Blattunterseite  an  zahllosen  Stellen  blasig  abgehoben. 
Erst  nach  vielen  Wochen  übte  diese  gewaltsame  Trennung  einen 
nachtheiligen  Einfluss  auf  die  Gesundheit  der  Blätter  aus. 

Das  Schwammparenchym  der  Blattunterseite  mit  den  reich- 
lichen, grossen  Intercellularräumen  ist  offenbar  zur  Bildung  der 
Eiskrusten  besonders  geeignet. 

Im  Blattstielgelenk  der  Akazie  und  anderer  Bäume,  welche 
im  Herbste  beim  Eintritt  des  ersten  Frostes  noch  grün  sind,  bildet 
sich  in  der  vorgebildeten  Trennungsschicht  eine  Eisplatte,  durch 
welche  das  Blatt  gleichsam  abgesprengt  wird,  so  dass  dann  am 
nächsten  Morgen  ein  allgemeiner  Blattabfall  erfolgt. 

Hartig,    Baumki-ankheiten,  2.  Aufl.  17 


258  IV-  Abschnitt. 

Wenn  gefrorene  Pflanzentheile  wieder  aufthauen,  dann  stellen 
sich  meist  die  Zustände  im  Zellgewebe  wieder  her,  welche  vor 
dem  Gefrieren  bestanden  haben.  Das  Wasser  wird,  so  wie  es  aus 
dem  Eiszustande  frei  wird,  langsam  wieder  von  den  Zellwandungen 
und  dem  Zellinhalte  aufgesogen.  In  vielen  Fällen  aber  erweisen 
sich  die  Pflanzentheile  als  getödtet.  Die  chemischen  Processe,  die 
unter  der  Einwirkung  der  rückkehrenden  Wärme  ius  Leben  treten, 
veranlassen  nicht  die  normalen  Processe  des  Stoffwechsels,  sondern 
führen  zu  chemischen  Zersetzungen.  Es  ist  nun  über  den  Zeit- 
punkt, in  welchem  der  Frosttod  eintritt,  die  Ansicht  in  der  Wis- 
senschaft getkeilt.  Während  Göppert  annimmt,  der  Tod  trete 
bereits  ein  während  des  gefrorenen  Zustandes,  ist  Sachs  der 
Ansicht,  der  Tod  trete  erst  beim  Auftbauen  der  Gewebe  ein  und 
hänge  insbesondere  von  der  Art  und  Geschwindigkeit  des  Auf- 
thauens  ab. 

Es  lassen  sich  wohl  beide  Ansichten  insofern  mit  einander 
vereinen,  als  der  Frosttod  im  Erstarrungszustand  bei  dem  Er- 
frieren im  Winter,  der  Frosttod  im  Augenblicke  des  Aufthauens 
dagegen  bei  Spätfrösten  eintreten  dürfte. 

Das  Erfrieren  im  Winterzustand  hat  eine  grosse  Aehn- 
lichkeit  mit  dem  Vertrocknen  der  Gewebe.  Mag  der  Verdunstungs- 
process  bei  mangelhaftem  Ersatz  des  Wassers  durch  die  Wurzeln 
die  Gewebe  wasserarm  machen  oder  das  Gefrieren,  in  beiden  Fällen 
ist  das  Austrocknen  über  ein  gewisses  Maass  hinaus  tödtlich  für 
die  Zelle,  indem  eine  Veränderung  der  molecularen  Eigenschaften 
des  Plasmas  sich  zu  erkennen  giebt,  welche  besonders  in  der  Unfähig- 
keit besteht,  grössere  Wassermengen  in  sich  festzuhalten.  Diese 
Veränderung  macht  eine  Umgruppirung  der  Substanztheilchen 
beim  Austrocknen  wahrscheinlich.  Im  lebenden  Zustande  sind  die 
Micellen  der  Substanz  von  Wasser  umgeben,  welches  von  den  Mi- 
cellen  festgehalten  wird  mittelst  jener  Art  von  Molecularattraction, 
die  in  ihrer  Wirksamkeit  in  der  organischen  Substanz  als  Imbi- 
bitionskraft  bezeichnet  wird.  Es  lässt  sich  wohl  denken,  wenn 
auch  nicht  beweisen,  dass  das  Lagerungsverhältniss,  die  Gruppirung 
der  kleinsten  Theile  der  Substanz  bei  allzustarkem  Austrocknen 
eine  Aenderung  erleidet,  und  dass  bei  erneuter  Wasserzufuhr  nicht 
wieder  die  frühere  Lagerung  zurückkehrt.  Der  welke  Zustand  geht 
in    den   turgescirenden   über,    wenn  jene  Grenze  nicht  überschritten 


Erkrankungen  durch  atmosphärische  Einflüsse.  259 

worden  ist;  eine  Zelle  ist  dagegen  vertrocknet,  vermag  nicht  wieder 
in  den  normalen,  lebenden  Zustand  zurückzukehren,  wenn  das 
Maass  der  zulässigen  Austrocknung  überschritten  wurde.  Dasselbe 
gilt  für  den  Wasserverlust  beim  Gefrieren.  Eine  Zelle  kann  einen 
gewissen  Kältegrad  ungefährdet  ertragen  und  nur  dann,  wenn  der 
Wasserverlust  durch  Frost  über  ein  gewisses  Maass  hinausschreitet, 
tritt  jene  moleculare  Veränderung  ein,  die  auch  beim  Vertrocknen 
der  Pflanzen  den  Tod,  d.  h.  die  Veränderung  der  normalen  Eigen- 
schaften der  Substanz  mit  sich  führt. 

Es  giebt  keinen  besseren  Vergleich,  um  jene  moleculare  Um- 
gruppirung  der  Substanz  zu  erläutern,  wie  der  Hinweis  auf  die  be- 
kannte Veränderung  des  Stärkekleisters  nach  dem  Froste.  Ge- 
friert Kleister,  dann  scheidet  ein  mehr  oder  weniger  grosser  Theil 
des  Wassers  aus,  der  wasserarme  Rückstand  erleidet  eine  molecu- 
lare Veränderung,  die  ihn  nicht  mehr  befähigt,  das  frühere  Was" 
serquantum  in  sich  aufzunehmen.  Nach  dem  Wiederaufthauen  bleibt 
das  klare  Wasser  ausserhalb  des  veränderten  Kleisters  und  dieser 
hat  seine  klebende  Eigenschaft  eingebüsst. 

Im  Zustande  der  Vegetationsruhe  sind  die  perennirenden 
Pflanzen  unserer  Zone  befähigt,  auch  die  tiefsten  Kältegrade  unserer 
W'inter  zu  ertragen,  ohne  zu  erfrieren;  mit  anderen  Worten,  der 
Kältegrad,  bei  dem  unsere  Walclbäume  jene  verderbliche  moleculare 
Umänderung  ihrer  Zellsubstanz  erleiden,  wird  bei  unseren  Wintern 
nicht  erreicht. 

Südländische  Bäume  dagegen,  und  zu  diesen  gehören  ja  auch 
die  meisten  Obstbäume,  erleiden  den  Frosttod  bei  uns  in  unge- 
wöhnlich strengen  Wintern,  wie  ja  der  Winter  1879/80  in  trauri- 
ger Weise  bewiesen  hat.  Der  Härtegrad  der  exotischen  Pflanzen 
ist  in  allen  Abstufungen  verschieden  bis  zu  der  niedrigsten  Stufe, 
d.  h.  zu  derjenigen,  die  auch  in  unseren  milderen  Wintern  erreicht 
zu  werden  pflegt,  womit  die  Möglichkeit  des  Ueberwinterns  im 
Freien  aufhört.  Individuelle  Verschiedenheiten  treten  neben  den  Art- 
verschiedenheiten auf  und  darin  liegt  die  Möglichkeit  begründet, 
Pflanzen  bei  uns  zu  acclimatisiren.  Eine  Acclimatisation  em- 
pfindlicher Pflanzen  ist  möglich,  wenn  wir  durch  Züchtung  harte 
Varietäten  zu  erziehen  suchen,  denn  die  Widerstandsfähigkeit  gegen 
Frost  variirt  unter  den  Individuen  einer  Pflanzenart  ebenso,  wie 
jede    andere    physiologische  und   morphologische  Eigenthümlichkeit. 

17* 


2ßO  IV.  Abschnitt. 

Es  ist  auch  wahrscheinlich,  dass  an  den  Grenzen  der  natürlichen 
geographischen  Verbreitung  der  Pflanzen,  da,  wo  denselben  durch 
kälteres  Klima  Halt  geboten  worden  ist,  schon  im  Kampf  ums  Da- 
sein härtere  Varietäten  gezüchtet  worden  sind;  woraus  a  priori  ge- 
folgert werden  darf,  dass  bei  Anbau  versuchen  der  Bezug  gewisser 
Sämereien  aus  solchen  Grenzdistricten  vortheilhaft  sein  muss. 

Einheimische  Waldbäume  und  Sträucher  leiden  durch  Winter- 
frost nur  unter  ganz  besonderen  Umständen.  Jüngere  Pflanzen, 
insbesondere  Eichensämlinge  und  Lohden  bis  zu  4jährigem  Alter, 
können  in  den  Wurzeln  erfrieren,  wenn  starker,  anhaltender  Frost 
ohne  Schneedecke  in  unbedeckten  leichteren  Boden  eindringt.  Die 
Wurzeln  sind  einestheils  weniger  geschützt  durch  dickere  Kork- 
häute als  der  Stengel,  und  die  Vegetationsprocesse  kommen  in  den 
Wurzeln  viel  später,  oft  erst  Mitte  Winter  zur  Ruhe,  so  dass  die 
Gewebe  nicht  in  dem  Ruhezustande  sich  befinden,  welcher  sie  wi- 
derstandsfähiger gegen  Frostschaden  macht.  Solche  Pflanzen  trei- 
ben dann  im  Frühjahr  ihre  Knospen  aus,  vertrocknen  aber  alsbald, 
nachdem  durch  Verdunstung  der  zarten  Triebe  der  Wasservorrath 
der  Pflanze  erschöpft  ist. 

Nicht  völlig  zum  Entwicklungsabschlusse  gelangte  Triebe,  ins- 
besondere Johannistriebe  der  Eiche,  leiden  durch  Winterfrost.  Es 
gehört  diese  Erscheinung  aber  zu  der  zweiten  Gruppe,  d.  h.  zu  den 
Frosterscheinungen  von  in  der  Vegetationsthätigkeit  begriffenen 
Pflanzen. 

Der  Tod  insbesondere  der  immergrünen  Laub-  und  Nadelhöl- 
zer im  Winter  kann  dadurch  auch  bei  unseren  einheimischen  Pflan- 
zen herbeigeführt  werden,  dass  diese  ihres  Wassergehaltes  nicht 
durch  Kälte,  sondern  durch  Verdunstung  beraubt  werden1). 

Friert  der  Boden  bis  zu  einer  Tiefe  aus,  bis  zu  welcher  die 
Wurzeln  der  jungen  Pflanzen  reichen,  so  hört  die  Wasseraufnahme 
durch  letztere  auf.  Sind  sie  oberirdisch  durch  Schnee  oder  andere 
Schutzmittel  vor  Verdunstung  geschützt,  so  schadet  ihnen  das 
nichts.  Sind  sie  aber  Monate  lang,  wie  z.  B.  im  Winter  1879/80 
der  Einwirkung  der  Luft  und  Sonne  ausgesetzt,  so  sterben  sie 
ab.  —  Es  ist  in  diesem  Falle  lediglich  ein  Vertrocknen  eingetreten. 
Aeltere  Fichten  und  Tannen  zeigten  schon  im  Verlauf  des  Winters 


J)  R.  Hartig,  Untersuchungen  I,   S.  133. 


Erkrankungen   durch  atmosphärische  Einflüsse.  261 

1879/80  Bräunung  und  Tod  der  Benadelung  da,  wo  an  süd- 
lichen Bestandesrändern,  an  Eisenbahnböschungen,  an  Fichtenhecken 
u.  s.  w.  die  Sonne  direct  die  Benadelung  traf  und  der  ständige  Luft- 
wechsel die  Verdunstung  förderte.  Es  sollen  selbst  alte  Tannen- 
bestände in  den  Alpen  völlig  erfroren  sein  in  Lagen,  welche  dem 
warmen  Südwinde  am  meisten  exponirt  waren.  Es  erklären  sich 
meines  Erachtens  diese  Erscheinungen  allein  aus  dem  Umstände, 
dass  die  directe  Insolation  im  Laufe  des  meist  klaren  Winterwet- 
ters, beziehungsweise  der  warme  Südwind  ein  wiederholtes  Auf- 
thauen  und  gesteigerte  Verdunstung  der  Benadelung  herbeiführte, 
und  dass  die  Nadeln,  welche  aus  den,  nach  lang  dauernder  starker 
Kälte  gefrorenen  Stammtheilen  kein  Wasser  zugeführt  erhielten, 
vertrockneten.  Viele  Erscheinungen  der  Kiefernschütte  erklären 
sich  aus  dem  Vertrocknen  der  Nadeln.  Die  nachtheiligen  Folgen 
des  wiederholten  Aufthauens  und  Gefrierens,  der  langen 
Frostdauer  und  des  starken,  trockenen  Windes  erklären  sich  durch 
den  gesteigerten  Wasserverlust  bei  unterbrochener  oder  doch  ver- 
minderter Wasserzuleitung. 

Noch  nicht  völlig  aufgeklärt  ist  die  bekannte  Thatsache,  dass 
insbesondere  ausländische  Coniferen  auf  nassen  Standorten  leich- 
ter erfrieren,  als  auf  trockenen,  dass  überhaupt  die  saftreicheren 
Pflanzengewebe  dem  Frosttode  mehr  exponirt  sind,  als  wasserarme 
Pflanzentheile. 

Hat  der  Winterfrost  die  Bäume  beschädigt,  so  äussert  sich 
dies  in  verschiedener  Weise,  und  ist  hier  zu  betonen,  dass  die 
vorkommenden  Verschiedenheiten  noch  keineswegs  zur  Genüge  un- 
tersucht worden  sind.  Nach  sehr  strenger,  anhaltender  Winter- 
kälte sieht  man  Rinde,  Bast  und  Cambium,  sowie  die  parenchy- 
matischen  Zellen  des  Holzkörpers  absterben  und  sich  bräunen. 
Die  Bäume  werden  überhaupt  nicht  wieder  grün,  oder  sie  schlagen 
noch  aus,  blühen,  können  selbst  noch  Früchte  tragen,  aber  im 
Laufe  des  Sommers  oder  Herbstes  vertrocknen  sie  ganz.  Es  er- 
klärt sich  das  Ergrünen  der  vom  Frost  geschädigten  Bäume  aus 
dem  Umstände,  dass  die  Säfteleitungsfähigkeit  des  Holzes  anfäng- 
lich noch  nicht  erloschen  ist  und  erst  allmälig  in  dem  Maasse 
schwindet,  als  die  Zersetzung  der  parenchymatischen  Zellen  den 
leitenden  Organen  sich  mittheilt  oder  der  Holzkörper  von  aussen 
nach     innen     vertrocknet.       Zuweilen     wird    Rinde     und     Basthaut 


262  IV-  Abschnitt. 

nur  stellenweise  getödtet  und  überwallen  diese  Stellen  nach- 
träglich. 

In  anderen  Fällen  und  insbesondere  bei  exotischen  Nadelhöl- 
zern, doch  auch  bei  Laubhölzern  bleiben  Rinde,  Bast  und  Cambium, 
oft  auch  die  jüngsten  Jahresschichten  des  Holzes  vom  Froste  ver- 
schont und  nur  das  Parenchym  des  Holzkörpers  insbesondere  nahe 
der  Markröhre  wird  getödtet.  Bei  Nadelhölzern  tritt  dann  Anfang 
Mai  der  Tod  durch  Vertrocknen  meist  plötzlich  ein:  bei  Laubhöl- 
zern, deren  cambiale  Thätigkeit  bereits  während  des  Laubausbru- 
ches beginnt,  wird  oft  das  Leben  der  Pflanzen  erhalten,  indem 
sich  schon  vor  dem  Verluste  der  Säfteleitungsfähigkeit  des  vom 
Froste  betroffenen  alten  Holzkörpers  ein  neuer  Holzring  aus  dem 
gesund  gebliebenen  Cambiurn  bildet  oder  die  jüngsten  Jahresringe 
nicht  erfroren  sind  und  zur  Saftleitung  genügen.  Wenn  hierdurch 
auch  nur  eine  kümmerliche  Ernährung  der  Triebe  und  Blätter  in 
den  ersten  Jahren  nach  dem  Frostjahre  möglich  gemacht  wrird,  so 
vermögen  sich  doch  solche  Stämme  wieder  zu  erholen.  Es  ist  in 
solchen  Fällen  eine  stärkere  Aestung  oft  sehr  nützlich,  da  hier- 
durch die  Verdunstungsmenge  entsprechend  der  Wasserleitungs- 
fähigkeit des  Holzes  vermindert  wird.  In  sehr  trockenen  Jahren 
allerdings  gehen  wohl  noch  später  manche  Bäume  an  den  Nach- 
wirkungen  des  Frostes  zu  Grunde. 

Im  Zustande  der  Vegetationsthätigkeit,  also  zur  Zeit  des 
Eintrittes  der  Spät-  oder  Frühfröste,  hängt  der  Frosttod  nicht  mehr 
von  dem  Härtegrade  der  Pflanze,  sondern  von  der  Art  des  Auf- 
thauens  ab.  Unsere  einheimischen  Waldbäume,  die  im  Ruhezu- 
stande von  der  strengsten  Winterkälte  nicht  leiden,  erfrieren  nach 
Laubausbruch  bei  wenigen  Graden  unter  dem  Nullpunkte  und  gilt 
hier  sicherlich  der  Satz,  dass  der  Frosttod  erst  beim  Aufthauen 
erfolge.  Gefriert  ein  in  voller  Vegetation  begriffenes  Gewebe,  dann 
treten  die  früher  dargestellten  Zustände  ein;  thaut  die  Pflanze  ganz 
allmälig  wieder  auf,  dann  wird  das  Eiswasser  successive,  sowie  es 
mit  allmäliger  Wärmezufuhr  aus  den  Eiskrystallen  hervorgeht,  wie- 
der in  die  Zellwände  und  in  den  Zellinhalt  aufgesogen,  und  wenn 
die  Zelle  die  Temperatur  erreicht  hat,  die  aufs  Neue  chemische 
Processe  ins  Leben  ruft,  dann  sind  auch  die  normalen  Imbibitions- 
verhältnisse  in  derselben  wieder  hergestellt,  die  Wärme  veranlasst 
die  Fortsetzung    der   zeitenweise   gestörten   Processe    des    Stoffwech- 


Erkrankungen  durch  atmosphärische  Einflüsse.  263 

sels.  Anders  gestaltet  sich  dies,  wenn  solche  Pflanzentheile  schnell 
wieder  aufthauen,  z.  B.  in  ein  warmes  Zimmer  gebracht,  mit  den 
warmen  Fingern  berührt  oder  von  der  Sonne  plötzlich  durchwärmt 
werden.  Die  schnelle  Wärmezufuhr  veranlasst  ein  schleuniges 
Aufthauen  der  Eiskrusten  in  den  Intercellularräuruen,  und  das  Eis- 
wasser, das  nur  langsam  von  den  Zellwänden  resp.  dem  Plasma 
wieder  aufgesogen  werden  kann,  ergiesst  sich  in  die  Intercellular- 
räume,  verdrängt  die  Luft  aus  denselben,  so  dass  solche  plötzlich 
aufgethaute  Blätter  durchscheinend  werden.  Die  normalen  Imbibi- 
tionsverhältnisse  sind  noch  nicht  wiederhergestellt,  wenn  die  Wärme 
aufs  Neue  chemische  Processe  hervorruft.  Diese  können  nicht 
die  normalen  Processe  des  Stoffwechsels  sein,  sie  führen  vielmehr 
in  dem  noch  wasserarmen,  gleichsam  welken  Zellgewebe  zu  Pro- 
cessen der  chemischen  Zersetzung,  zum  Frosttode.  Es  ist  desshalb 
dringend  zu  rathen,  vom  Spätfrost  betroffene  Pflanzen  vor  dem  zu 
schnellen  Aufthauen  zu  schützen. 

Nach  nasskalten  Sommern  sind  oftmals  selbst  an  unseren  ein- 
heimischen Waldbäumen,  z.  B.  der  Eiche,  die  kräftigen  Johannis- 
triebe noch  nicht  im  Zustande  der  Winterruhe,  wenn  die 
ersten  Frühfröste  eintreten.  Exotische  Holzgewächse,  die  zur  nor- 
malen Entwicklung  ihrer  Lebensprocesse  grössere  Wärmeeinwirkung 
erfordern,  als  in  unserem  Klima  ihnen  geboten  wird,  gehen  all- 
jährlich in  unfertigem  Zustande  in  unseren  Winter  hinein.  Die 
jüngsten  Organe  der  Jahrestriebe  sind,  zumal  wenn  diese  bis  in 
den  Nachsommer  hinein  sich  verlängerten  (Ailanthus  etc.),  noch 
nicht  fertig,  die  jüngsten  Elemente  des  Jahrringes  befinden  sich 
noch  im  cambialen  Zustande,  ihre  Wandungen  sind  noch  nicht 
verholzt,  die  Bildungsstoffe  noch  nicht  in  Reservemehle  umge- 
staltet etc.  Es  tritt  dann  dieselbe  Empfindlichkeit  gegen  Frost 
ein,  wie  im  Frühjahre  bei  Spätfrösten.  Die  unterbrochenen  che- 
mischen Processe  führen  nach  dem  schnellen  Wiederaufbauen  zur 
Zersetzung. 

Dem  Froste  werden  unberechtigterweise  zahllose  Krankheits- 
erscheinungen an  Pflanzen  zugeschrieben,  insbesondere  hat  man  den 
sogenannten   Baumkrebs   gern   auf  Frostwirkung  zurückgeführt. 

Die  meisten  Krebsbildungen  gehören  zu  den  Infectionskrank- 
heiten  und  ich  habe  nur  in  einigen  exquisiten  Frostlagen  Krebs- 
bildungen    an     den     verschiedenartigsten    Laubholzwaldbäumen     zu 


264 


IV.  Abschnitt. 


beobachten  Gelegenheit  gehabt,  die  zweifelsohne  dem  Froste  zuzu- 
schreiben sind,  welche  Krankheit  ich  desshalb  als  Frostkrebs2) 
von  den  verschiedenen  Pilzkrebsbildungen  unterscheide. 

Der  Frostkrebs  entsteht  immer  am  Grunde  eines  durch  inten- 
siven Spätfrost  getödteten  Seitenzweiges.  Die  erste  Anlage  wird 
gleichsam  repräsentirt  durch  den  Ueberwallungswulst,  welcher  den 
todten  Zweig  an  der  Basis  umgiebt.  Wiederholen  sich  die  Spät- 
fröste eine  Reihe  von  Jahren  an  solchen  Oertlichkeiten  (Frost- 
löchern),   dann    wird    der    noch    nicht  von  fester,   derber  Korkhaut 

geschützte  Ueberwallungswulst  getödtet,  wenn 
in  seinem  Gewebe  bereits  vegetative  Thätig- 
keit  eingetreten  ist,  also  bei  Frösten  im 
Mai.  Oft  auf  1  cm  oder  grössere  Entfernung 
von  der  Basis  des  Zweiges  stirbt  das  Ge- 
webe ab,  und  es  entsteht  in  der  Folge  ein 
neuer  Ueberwallungswulst  unter  der  todten 
und  bald  der  Zersetzung  anheimfallenden 
Rinde.  Bleiben  die  Pflanzen  mehrere  Jahre 
hintereinander  frei  von  Spätfrösten,  dann 
können  solche  Krebsstellen  völlig  wieder 
zuwachsen.  Wiederholen  sich  dagegen  die 
Fröste,  dann  erweitert  sich  mit  jedem  Spät- 
frostjahre die  Krebsstelle.  Zum  Unterschiede 
vom  Pilzkrebs,  der  alljährlich  sich  ver- 
grössert,  nimmt  der  Frostkrebs  nur  in  Frost- 
jahren an  Grösse  zu.  Ferner  tödtet  der  Spät- 
frost von  der  blossgelegten  Stelle  aus  auch  den  Holzkörper 
l}is  zur  Markröhre.  Die  Zersetzungsproducte  des  getödteten  Zell- 
inhalts verbreiten  sich  auch  mehr  oder  weniger  in  dem  Stamm 
aufwärts  und  abwärts,  während  beim  Pilzkrebs  der  blossgelegte 
Holzkörper  meist  nur  äusserlich  gebräunt  wird. 

Dass  kleinere,  durch  die  Kälte  entstandene  Risse  der  Rinde 
die  erste  Ursache  des  Krebses  seien,  wie  behauptet  worden  ist, 
habe  ich  nie  Gelegenheit  gehabt,  zu  beobachten,  bezweifle  auch  die 
Richtigkeit  dieser  Angabe. 


Fig.  136. 

Rothbuchenzweig  mit 
Frostkrebsstelle    in    der 
Umgebung    eines    erfro- 
renen Zweiges.  Der  Holz- 
körper   ist    im    Inneren 

gebräunt.    Natürl.  Gr. 


2)  R,  Hartig,  Untersuchungen  I,  Seite  135  Taf.  VII. 


Erkrankungen  durch  atmosphärische  Einflüsse.  265 

§  25.    Rindenbraiid,  Sonnenriss,  Lichtmangel. 

In  Wissenschaft  und  Praxis  werden  zwei  ganz  verschiedenartige 
Erscheinungen  unter  den  vorstehend  aufgeführten  Namen  zusammen- 
geworfen. 

Die  häufigere  Krankheitserscheinung,  die  ich  speciell  als  Rin- 
denbrand bezeichnen  möchte,  ist  Folge  ungewöhnlich  intensiver 
Sonnenwirkung  während  der  Monate  Juli  und  August  auf  die  Rinde 
solcher  glattrindiger  Bäume,  welche  im  Bestandesschlusse  erwachsen 
plötzlich  freigestellt  worden  sind. 

Am  meisten  leiden  unter  Rindenbrand  die  Rothbuche,  Hain- 
buche, Fichte,  Weymouthskiefer  und  Tanne,  und  in  der  Regel  ist 
die  Veranlassung  solcher  Freistellungen  eine  Wegeanlage,  ein  Eisen- 
bahndurchhieb, eine  Schneisenanlage  oder  das  Ueberhalten  ein- 
zelner Bäume  als  Samenbäume  oder  zur  Erziehung  von  Ueberhältern. 

Die  Erkrankung  der  Rinde,  d.  h.  das  Vertrocknen  und  Ab- 
blättern derselben  erfolgt  fast  stets  auf  der  Süd-West-Seite  und 
zwar  desshalb,  weil  diese  zur  Zeit  der  höchsten  Luftwärme  von  den 
Sonnenstrahlen  getroffen  wird. 

Es  wäre  wünschenswerth,  wenn  noch  eine  eingehendere  Unter- 
suchung dieser  Krankheit  vorgenommen  würde,  welche  die  Frage  zu 
lösen  hätte,  ob  das  Absterben  der  Rinde  der  durch  intensive  Er- 
hitzung abnorm  gesteigerten  Verdunstung,  d.  h.  dem  Vertrocknen 
oder  der  directen  Erhitzung  bis  zu  einer  Temperatur  zuzuschreiben 
ist,  welche  das  Plasma  tödtet.  Es  ist  ferner  dabei  zu  untersuchen, 
welches  die  Verschiedenheiten  im  anatomischen  Bau  resp.  in  der 
Dicke  der  Rindenschichten  sind,  die  es  erklären,  dass  Bäume  der- 
selben Art,  wenn  sie  von  Jugend  auf  in  freiem  Stande  erwachsen 
sind,  völlig  widerstandsfähig  gegen  die  Sonnen  Wirkung  sind, 
während  im  dichten  Bestände  erwachsene  Bäume  eine  Rindenbe- 
schaffenheit besitzen,  welche  die  Sonnenwirkung  nicht  zu  ertragen 
vermag. 

Bei  Ueberhältern,  welche  vereinzelt  in  Schonungen  stehen  ge- 
blieben sind,  beginnt  die  Krankheit  meist  am  Wurzelanlauf  nahe 
über  dem  Boden.  Es  ist  anzunehmen,  dass  es  die  Hemmung  des 
Luftzuges  durch  hohen  Graswuchs  oder  den  vorhandenen  Jungwuchs 
dicht  über  dem  Boden  ist,  die  das  Uebel  steigert,  resp.  schneller 
herbeiführt,  und  oft  genug  tritt  der  Rindenbrand  an  solchen  Stämmen 


266  IV.  Abschnitt. 

in  demselben  Maasse  auch  weiter  am  Stamme  aufwärts  auf,  je  höher 
der  Jungwuchs  in  der   Umgebung  des  Stammes  emporwächst. 

Es  ist  selbstredend,  dass  von  den  entblössten  Stellen  des 
Baumes  aus  das  Verderben  schnell  ins  Innere  dringt.  Abwechseln- 
des Austrocknen  des  unbeschützten  Holzkörpers  und  Durchtränkung 
des  dadurch  auch  in  seinem  parenchymatischen  Bestandteile  ge- 
tödteten  Baumtheils  mit  von  aussen  eindringendem  Wasser  veran- 
lassen die  schnelle  Zersetzung,  die  entweder  den  Charakter  der 
Wundfäule  beibehält  oder  auch  den  schnellen  Tod  des  Baumes  nach 
sich  ziehen  kann,  wenn  parasitische  Baumpilze  eindringen. 

Dem  Rindenbrand  verwandt  und  doch  von  ihm  verschieden  ist 
eine  Erkrankung,  die  ich  an  einem  etwa  40jährigen  Weyniouths- 
kiefernbestancle  untersucht  und  beschrieben  habe1).  Sie  kann  als 
Rindentrockniss  bezeichnet  werden.  Die  ausserordentliche  Trock- 
niss  des  Jahres  1876  hatte  in  einem  Bestände,  welcher  auf  trockenem, 
mit  Ortsand  untermischtem  Boden  stand,  den  Wassergehalt  der 
Bäume  so  herabgedrückt,  dass  die  dem  trocknenden  Winde  expo- 
nirten  Rindetheile  besonders  in  der  Höhe  von  1  —  2  m,  aber  auch  dar- 
unter und  darüber  auf  der  Süd-  und  Westseite  vollständig  vertrockneten. 
Die  Weymouthskiefer,  deren  heimathlichen  Standort  sumpfige  Lagen 
bilden,  ist  diesem  natürlichen  Standorte  entsprechend  mit  einer 
dünnen,  durch  Korkhaut  und  Borke  nur  schlecht  geschützten  Rinde 
versehen  und  es  ist  leicht  erklärlich,  dass  auf  trockenen  Böden  in 
trockenheissen  Jahren  der  Holzkörper  nicht  im  Stande  ist,  ge- 
nügende Wassermengen  an  Cambium  und  Rindengewebe  abzugeben. 

Diese  Holzart  ist  desshalb  nicht  auf  allzu  trockenen  Böden,  zu- 
mal solchen,  die  vom  Untergrunde  keine  Wasserzufuhr  zu  erwarten 
haben,   anzubauen. 

Eine  ganz  andere  Krankheitserscheinung  ist  diejenige,  die 
zweckmässig  mit  Sonnen riss2)  bezeichnet  wird  und  zuweilen  im 
Nachwinter  oder  Frühling  an  Buchen,  Hainbuchen,  Ahorn  und 
Eichen  auftritt.  Sie  besteht  darin,  dass  im  Frühjahre  die  Rinde 
der  Bäume  auf  geringere  oder  grössere  Länge  aufreihst  und  zu 
beiden  Seiten  des  Risses  sich  auf  mehrere  Centimeter  Breite  vom 
Holzstamme  loslöst,  bei  der  dünnrindigen  Buche  auch  abstirbt.    Ein 


>)  Untersuchg.  a.  d.  forstb.  Inst.  Bd.  III,  S.  145—149. 
2)  R.  Hartig,  Untersuchungen  S.  141. 


Erkrankungen  durch  atmosphärische  Einflüsse. 


267 


solcher  Sonnenriss  ist  oft  schon  nach  wenigen  Jahren  wieder  durch 
den  lebhaften  Ueberwallungsprocess  verheilt,  während  Rindenbrand 
meist  gar  nicht  wieder  überwallt.  Fig.  137  giebt  in  halber  Grösse 
den  Querschnitt  aus  der  südlichen  Hälfte  eines  Eichenstammes  in 
dessen  oberem  Theile.  Der  fragliche  Stamm,  etwa  170  Jahre  alt,  an 
einem  ziemlich  steilen  Nordhange  im  lichten  Buchenstangenholze 
stehend,  zeigte  zahlreiche  Sonnenrisse  am  ganzen  Stamm  von 
Jugend  auf. 

Der    kalte,    von    den  Sonnenstrahlen  im  Frühjahre  auch  unter 
Mittag    kaum    getroffene  Boden    musste    den  Holzkörper  der  Eiche 


Fig.  137. 
Eichenstammdurchschnitt  mit  zahlreichen  Sonnenrissen.     '/2  Nat.  Gr. 


noch  sehr  kühl  erhalten  zu  Zeiten,  wo  der  Stamm  von  den  Sonnen- 
strahlen bereits  intensiv  erwärmt  wurde. 

Es  ist  wahrscheinlich,  dass  die  Insolation  den  Rindenkörper 
partiell  so  erwärmt,  dass  dieser  sich  stark  ausdehnt  und  somit  von 
dem  Holzkörper  ablösen  muss.  Experimentell  ist  die  Frage  aber 
noch  nicht  erledigt,  nur  ist  es  leider  kaum  möglich,  auf  dem  Wege 
des  Versuches  Klarheit  über  die  Factoren  zu  erhalten,  welche  bei 
der  Entstehung  der  Sonnenrisse  zusammenwirken. 

Als  weitere  Folgen  übermässiger  Sonnenhitze  und  Lufttrockniss 
mag  hier  noch  das    verfrühte    Vertrocknen    und   Abfallen   der 


2(38  IV  Abschnitt. 

Blätter  hervorgehoben  werden,  wie  ich  solches  in  auffälligster 
Weise  im  Jahre  1876  in  allen  Buchenbeständen  des  nördlichen 
Harzes  an  südlichen  und  westlichen  Berghängen  beobachtete.  Schon 
Ende  August  waren  die  Buchenstangenhölzer  nahezu  entblättert, 
also  beinahe  2  Monate  vor  dem  normalen  Blattabfalle.  Diese  Er- 
scheinung zeigte  sich  auch  auf  ziemlich  frischen  Böden,  es  muss 
desshalb  wohl  die  abnorm  gesteigerte  Verdunstung  der  Blätter  in 
dem  trockenheissen  Sommer  gewesen  sein,  für  welche  ein  Ersatz 
durch  Wasserzufuhr   aus    dem  Boden   nicht  schnell  genug  stattfand. 

Pflanzen,  deren  Blätter  und  Triebe  sich  in  feuchter  Luft  ent- 
wickelt haben,  also  etwa  in  künstlichen  Feuchträumen,  Gewächs- 
häusern oder  unter  dem  Schutze  eines  dichten  Bestandes,  besitzen  die 
Eigentümlichkeit,  dass  die  Oberhaut  der  unter  solchen  Verhältnissen 
entstandenen  Pflanzentheile,  insbesondere  der  Blätter  wenig  verkorkt 
und  somit  auch  wenig  geeignet  ist,  die  allzugrosse  Verdunstung  der 
Pflanze  zu  verhindern,  wenn  diese  durch  Luftzug  und  Trockenheit 
der  Luft  begünstigt  wird.  Solche  Pflanzen  welken  oder  verlieren 
einen  Theil  ihrer  Blätter  vorzeitig. 

Ungünstigen  Einfluss  auf  die  Gesundheit  der  Pflanze,  insbeson- 
dere der  Blätter  und  Nadeln  der  Bäume,  hat  auch  eine  plötzlich 
eintretende  allzugrosse  Lichtsteigerung.  Die  Chlorophyllkörner 
schützen  sich  schon  unter  normalen  Verhältnissen  gegen  die  allzu 
intensive  Lichtwirkung,  welche  eine  Zerstörung  des  Chlorophyllfarb- 
stoffes herbeiführen  würde,  dadurch,  dass  sie  in  den  Blattzellen  bei 
intensivem  Lichteinfall  eine  solche  Stellung  einnehmen,  dass  nur 
ihre  schmale  Seite  von  Lichtstrahlen  getroffen  wird.  Werden 
Pflanzen,  die  im  Schatten  erzogen  wurden,  plötzlich  der  directen 
Sonnenwirkung  ausgesetzt,  so  wrerden  die  insolirten  Blattflächen 
gelblich  oder  braun.  Es  ist  dabei  allerdings  schwer,  immer  zu  be- 
stimmen, in  wie  weit  an  dieser  Beschädigung  auch  die  durch  in- 
tensive Sonnenwirkung  beschleunigte  Transspiration  und  ein  damit  in 
Zusammenhang  stehendes  Vertrocknen  der  Zellen  die  Schuld  trägt. 

Andererseits  kann  bekanntlich  Lichtmangel  auch  Krankheits- 
erscheinungen hervorrufen.  Eine  Pflanze,  welche  im  Lichte  erzogen 
wurde,  besitzt  einen  gewissen  Vorrath  an  noch  nicht  zum  Zellbau 
verbrauchten  Bildungsstoffen,  sei  es,  dass  diese  als  Reservestoffe 
in  ihr  abgelagert  oder  als  plastische,  active  Baustoffe  in  den  Blättern 
und  Axengebilden    vertheilt    sind.      Vermöge    dieser  Bildungsstoffe 


Erkrankungen  durch  atmosphärische  Einflüsse.  269 

kann  eine  Pflanze  eine  gewisse  Zeit  lang  auch  ohne  Licht  wachsen, 
bis  jene  Stoffe  verbraucht  sind  und  Erschöpfung  eingetreten  ist. 
Die  im  Dunkel  erzeugten  Triebe  und  Blätter  sind  aber  nicht  nor- 
mal ausgebildet,  sondern  zeigen  die  Erscheinungen  des  Verspillerns, 
Vergeilens,  das  sogenannte  Etioliren.  Triebe  und  Blätter  bleiben 
unentwickelt  und  gelblich,  da  das  Nährmaterial  ungenügend  ist, 
Chlorophyll  nur  unter  Einwirkung  des  Lichtes  entstehen  kann. 
Die  Triebe  verlängern  sich  abnorm,  da  der  retardirende  Einfluss  des 
Lichtes  nicht  zur  Wirkung  gekommen  ist.  Solche  verspillerte  Triebe 
siud  nicht  im  Stande,  dann,  wenn  die  Pflanzen  wieder  dem  vollen 
Lichte  ausgesetzt  sind,  zu  normalen  Trieben  sich  umzubilden,  da 
sie  beim  Mangel  einer  ausgebildeten  Haut  vertrocknen  oder  auch 
anderen  Einwirkungen  leicht  erliegen. 

Das  Lagern  des  Getreides  ist  eine  Folge  der  Beschattung 
der  unteren  Internodien  bei  dichtem  Stande  und  kräftiger  Düngung. 
Bei  dichten  Rillensaaten  werden  Fichten,  Kiefern  und  andere 
Pflanzen  zwar  durch  Lichtmangel  zu  bedeutendem  Längenwuchs 
angeregt,  jedoch  auf  Kosten  der  Entwicklung  der  Seitentriebe  und 
der  Wüchsigkeit  der  Pflanzen. 

§  26.    Mechanische  Verletzungen. 

Mit  wenig  Worten  mag  hier  auch  der  mechanischen  Ver- 
letzungen gedacht  werden,  welche  durch  atmosphärische  Nieder- 
schläge oder  intensive  Luftbewegungen  hervorgerufen  werden,  zumal 
dieselben  oft  zu  der  Entstehung  anderer  Krankheiten  Veranlassung 
geben. 

Starker  Hagel  schlag  verletzt  Blüthen  und  Blätter,  beschädigt 
aber  auch  die  Rinden  insbesondere  der  glattrindigen  Bäume  in 
hohem  Maasse.  Es  entstehen  Quetschwunden,  oder  die  Rinde  wird 
an  den  getroffenen  Stellen  ganz  abgeschlagen.  In  der  Regel  über- 
wallt zwar  die  Hagelwunde  in  kurzer  Zeit,  oft  aber  hat  sie  auch 
den  Tod  des  beschädigten  Stammtheiles  zur  Folge.  In  jüngeren 
Fichtenbeständen  nahe  bei  München  waren  die  vom  Hagelschlag 
betroffenen  Gipfel  abgestorben,  da  der  Holzkörper  vielfach  auf 
2 —  3  cm  Länge  einseitig  entrindet  und  desshalb  durch  übermässige 
Verdunstung  vertrocknet  war. 

Sehr  oft  bilden  die  Hagelschlagstellen  die  Eingangspforten  für 
parasitäre  Pilze,   und  insbesondere  ist  es  die  Nectria  ditissima,    die 


270  IV-  Abschnitt. 

an  solchen  Wundstellen  keimt  und  den  Buchenkrebs  erzeugt  (Fig.  39 
Seite  90).  Auch  die  Peziza  Willkonimii  benutzt  oft  solche  Stellen 
zur  Infection   der  Lärchen. 

Ueber  die  Beschädigungen  durch  Schneedruck,  die  aus  nahe- 
liegenden Gründen  fast  nur  in  immergrünen  Nadelwaldungen  vor- 
kommen und  entweder  als  Gipfel-  und  Astbruch  auftreten  oder 
wohl  auch  im  Zusammenbrechen  jüngerer  Stangenhölzer  bestehen, 
ist  wenig  zu  sagen.  Beachtenswerth  mag  noch  sein,  dass  durch 
das  Herabziehen  der  mit  Schnee  belasteten  Zweige  recht  oft  Ver- 
wundungen im  Zweiggelenke  entstehen.  Sind  die  Zweige  mit  ihren 
herabgebogenen  Spitzen  in  dem  oberen  Theile  der  den  Boden  be- 
deckenden Schneeschicht  eingefroren,  dann  werden  sie  wohl  beim 
allmäligen  Schmelzen  und  Zusammensinken  der  Schneedecke  ganz 
aus  dem  Gelenke  herausgerissen.  Auch  diese  Wunden  sind  für 
obengenannte  Parasiten  häufige  Eingangspforten. 

Sturmbeschädigungen,  durch  welche  Bäume  gebrochen  oder 
ganz  mit  dem  Wurzelballen  umgeworfen  werden,  sind  Beschädi- 
gungen, deren  Besprechung  weniger  Aufgabe  einer  Krankheitslehre 
als  des  Waldbaues,   der  Betriebseinrichtung  u.  s.  w.  sein  kann. 

§  27.    Feuer,  Steinkohlenraucli  und  Blitzbeschädigungen. 

Es  mag  hier  darauf  aufmerksam  gemacht  werden,  dass  die 
nachtheiligen  Folgen  eines  am  Boden  hinlaufenden  Feuers  für  den 
Bestand  nicht  allein  von  der  Intensität  und  der  Zeitdauer  des- 
selben, sondern  auch  von  Baumart  und  Baumalter,  das  heisst 
von  der  Beschaffenheit  der  schützenden  Rinde  und  Borke  ab- 
hängt. Es  ist  bekannt,  dass  in  älteren  Kiefernbeständen  die 
unteren  Borketheile  ganz  schwarz  und  verkohlt  sein  können,  ohne 
dass  die  Cambialschicht,  welche  durch  die,  die  Wärme  schlecht 
leitende  Borke  geschützt  ist,  getödtet  wird.  Ist  keine  Bräunung  in 
den  jüngeren  Bastlagen  zu  beobachten,  dann  hat  das  Feuer  selbst- 
redend keinen  Schaden  gethan.  Dagegen  sind  dünnrindige  Bäume 
in  hohem  Maasse  empfindlich  gegen  Feuer  und  kann  man  sich 
durch  wenige  Einschnitte  in  die  Rinde  überzeugen,  ob  diese  ge- 
tödtet ist.  Man  darf  sich  nicht  durch  das  Ergrünen  solcher  im 
unteren  Theile  der  Rinde  geschädigten  Bäume  täuschen  lassen. 
Selbst  jüngere  armesdicke  Stangen,  deren  Rinde  unten  ringsherum 
verbrannt,   resp.  vertrocknet  ist,  werden  im  Frühjahre  wieder  grün, 


Erkrankungen  durch  atmosphärische  Einflüsse.  271 

trocknen  aber  später  völlig  ab,  gerade  so  wie  Buehenlobden  nach 
Mäuseschaden  anfänglich  ergrünen.  Die  jungen  Bäume  verlieren 
im  Laufe  des  Sommers  unterhalb  der  getödteten  Rinde  ihren  Gehalt 
an  Stärkemehl,  das  dem  Innern  durch  das  von  oben  nicht  mehr 
ernährte  Cambium  zur  Jahrringbildung  entzogen  wird,  und  wenn 
dann  die  Bäume  im  Laufe  des  Sommers  absterben,  hat  der  Stock 
seine  Ausschlagsfähigkeit  aus  Mangel  an  Reservestoffen  eingebüsst. 
Weit  besser  schlagen  solche  Bäume  aus,  die  völlig  verbrannt  sind 
oder  die  man  sofort  über  der  Erde  abgehauen  hat,  nachdem  die 
Beschädigung  eingetreten  war.  Die  in  dem  unterirdischen  Bauin- 
theile  vorräthigen  Bildungsstoffe  kommen  dann  den  neuen  Aus- 
schlägen unvermindert  zu  Statten.  Ein  Abwarten  und  Verzögern 
des  Abhiebes  kann  daher  nur  von  Schaden  sein,  falls  der  ge- 
schädigte Ort  noch  so  jung  ist,  dass  von  einer  Verjüngung  aus  dem 
Stock  überhaupt  Erfolg  zu  erwarten  ist. 

Schweflige  Säure   im  Steinkohlen-    und  Hüttenrauch3). 

In  der  Nähe  grösserer  Hüttenwerke  oder  solcher  industrieller 
Anlagen,  in  denen  grosse  Mengen  Steinkohlen  verbrannt  werden, 
hat  sich  von  jeher  ein  nachtheiliger  Einfluss  des  Rauches  auf  die 
Vegetation  zu  erkennen  gegeben  und  zwar  in  dem  Maasse,  dass  in 
industriereichen  Städten,  wie  z.  B.  in  Essen,  kaum  eine  Vegetation 
sich  zu  erhalten  vermag,  dass  oft  in  Va  Stunden  Entfernung  von 
Hüttenwerken  unter  der  herrschenden  Windrichtung  die  Folgen  in 
verderblichstem  Maasse  zu  erkennen  sind.  Die  früher  bestehende 
Annahme,  es  seien  die  metallischen  Gifte  im  Hüttenrauche  (Arsen, 
Zink,  Blei)  oder  es  sei  der  schwarze  Russ,  der  sich  aus  dem  Stein- 
kohlenrauch auf  die  Blätter  ablagere,  der  den  schädlichen  Einfluss 
ausübe,  hat  sich  als  irrig  erwiesen;  die  Untersuchungen  Stöck- 
hardt's4)  und  Schröder's5)  haben  gezeigt,  dass  lediglich  dem  Ge- 
halt des  Rauches  an  schwefliger  Säure  nachtheiliger  Einfluss 
zuzuschreiben  sei.  Es  ist  experimentell  festgestellt,  dass  die 
schweflige  Säure  von  der  Blattoberfläche  aufgenommen  wird,  dass 
dadurch  die  Gewebe  theilweise   getödtet   und  gebräunt   werden.     In 

3)  Hasenclever,  Ueber  die  Beschädigung  der  Vegetation  durch  saure  Gase 
Berlin  1879. 

*)  Stöckhardt,  Tharander  forstl.  Jahrbuch  1871  p.  218. 
5)  Schröder,  Landwirthschaftl.  Versuchsstation  1872,  1873. 


272  IY-  Abschnitt. 

der  Nähe  der  stärkeren  Blattrippen  erhält  sich  das  Gewebe  noch 
am  längsten  widerstandsfähig.  Wenn  auch  die  Nadeln  weniger 
schweflige  Säure  aufnehmen,  als  Laubblätter,  so  leiden  sie  doch 
im  Allgemeinen  mehr,  weil  sie  längere  Zeit  den  nachtheiligen  Ein- 
flüssen exponirt  sind,  während  die  Laubblätter  alljährlich  neu  er- 
zeugt werden.  Untersucht  man  in  der  Nähe  von  Hüttenwerken 
die  am  meisten  exponirten,  noch  lebenden  Fichten,  so  sieht  man, 
dass  sie  nur  an  den  letztjährigen  Trieben  noch  grüne  Nadeln  haben, 
je  weiter  man  sich  von  dem  Heerde  des  Uebels  entfernt,  um  so 
mehr  Jahrgänge  Nadeln  zählt  man  an  den  Fichtenzweigen;  die 
Lebensdauer  derselben  hängt  mithin  in  hohem  Grade  von  der  In- 
tensität der  Rauchwirkung  ab.  Unter  den  Laubhölzern  ist  die 
Rothbuche  am  empfindlichsten,  dann  folgen  Eiche  und  Ahorn, 
während  Ulme,  Esche  und  Vogelbeere,  sowie  unter  den  Nadelhölzern 
die  Schwarzkiefern  zu  den  unempfindlichsten  gehören.  In  solchen 
Städten,  in  denen  viel  Steinkohlen  zur  Heizung  im  Winter  ver- 
braucht werden,  leiden  nur  die  Nadelhölzer.  Im  Sommer  ist  die 
Luft  fast  rein  von  schwefliger  Säure  und  erst  mit  eintretender 
Kälte,  zur  Zeit,  wo  das  Laub  abgefallen  ist,  äussert  sich  der  schäd- 
liche Einfluss,  der  naturgemäss  nur  die  Nadelholzbäume  betreffen 
kann.  Lagert  lange  Zeit  Schnee  auf  denselben,  so  sammelt  sich 
in  demselben  eine  grosse  Menge  von  schwefliger  Säure  und  Schwe- 
felsäure,  die  den  Pflanzen  schädlich  wird. 

Da  die  schweflige  Säure  leicht  zu  Schwefelsäurehydrat  oxydirt, 
so  ist  damit  nicht  nur  erklärt,  wie  aus  der  Luft  selbst  immer  wieder 
dieses  Pflanzengift  entfernt  wird,  es  ist  auch  der  Weg  angezeigt, 
auf  dem  wir  in  den  Hüttenwerken  resp.  anderen  industriellen 
Etablissements  die  schweflige  Säure  aus  dem  Rauche  entfernen 
können.  Es  ist  dies  in  der  Praxis  theilweise  schon  zur  Ausführung 
gelangt,  indem  man  die  Schwefelgase  durch  mit  Wasser  benetzten 
Kalk  leitete,  wobei  90  °/0  unschädlich  gemacht  sind,  oder  diese  Gase 
durch  lange  Canäle  führte,  auf  deren  Sohle  sich,  der  Richtung  des 
Dampfes  entgegen,  fliessendes  Wasser  bewegte.  Es  findet  dabei 
die  Umwandlung  in  Schwefelsäurehydrat  statt. 

Neuerdings  sind  auch  Beobachtungen  gemacht,  demnach  Chloi- 
gas  und  Natrondämpfe,  wo  solche  in  Fabriken  erzeugt  werden,  für 
die  Vegetation  schädlich  werden. 


Erkrankungen  durch  atmosphärische  Eintlüsse.  273 

Einwirkungen  des  Blitzes. 

Unaufgeklärt  sind  zur  Zeit  noch  die  Einwirkungen  des  Blitzes 
auf  die  Gesundheit  der  Bäume. 

Die  Folgen  des  Blitzschlags  beschränken  sich  entweder  auf 
einen  einzigen  Baum,  oder  es  werden  grössere  Baumgruppen 
dadurch  in  Mitleidenschaft  gezogen.  Was  die  ersteren  Fälle  be- 
trifft, so  hat  sich  herausgestellt,  dass  alle  unsere  Baumarten  vom 
Blitz  heimgesucht  werden  können,  dass  aber  einzelne  Holzarten 
bevorzugt  werden.  Am  häufigsten  scheinen  Eichen  und  Pyramiden- 
pappeln, sehr  oft  auch  Kiefern,  selten  dagegen  Rothbuchen  be- 
troffen zu  werden.  Die  Beschädigungsart  ist  auch  bei  derselben 
Holzart  eine  sehr  verschiedenartige.  In  der  Regel  beschränkt  sie 
sich  darauf,  einen  2 — 3  cm  breiten  Rindenstreifen  bis  zum  Holz- 
körper abzulösen.  Diese  Blitzrinne  setzt  innerhalb  der  Baumkrone 
schon  an,  überspringt  oft  längere  Stammtheile,  erscheint  auf  einer 
anderen  Seite  des  Stammes,  springt  wohl  wieder  auf  die  andere  Seite 
über,  bei  Stämmen  mit  geradem  Faserverlauf  gerade  verlaufend, 
bei  solchen  mit  spiraliger  Faserung  dieser  folgend.  Unten  am  Stamme 
hört  die  Blitzrinne  zwischen  zwei  Wurzeln  nahe  der  Bodenober- 
fläche auf  oder  läuft  an  der  Unterseite  einer  starken  Seitenwurzel 
noch  eine  Strecke  fort,  um  dann  plötzlich  zu  verschwinden.  Die 
Gesundheit  des  Baumes  wird  dadurch  in  keiner  Weise  geschädigt. 
Der  schmale  Holzstreifen,  der  entweder  gar  nicht  verletzt  ist, 
oder  in  der  Mitte  einen  schmalen  Spalt  zeigt,  bräunt  sich 
äusserlich  nur  wenig  und  überwallt  nach  einer  Reihe  von  Jahren 
vollständig. 

In  anderen  Fällen  zeigen  die  vom  Blitz  betroffenen  Bäume 
(Kiefern)  äusserlich  dieselbe  Beschädigung.  Der  ganze  Rinden- 
körper ist  aber  schon  wenige  Tage  nach  dem  Blitzschlage  abge- 
storben und  gebräunt,  mit  Ausschluss  des  Wurzelstockes,  der 
Wurzeln  und  der  oberen  Baumkrone.  Solche  Stämme  vertrocknen 
entweder  nach  Monaten  oder  binnen  Jahr  und  Tag,  können  aber 
noch  4 — 5  Jahre  sich  lebend  erhalten,  worauf  sie  dann  erst  ver- 
trocknen. Zuweilen  entrindet  der  Blitzschlag  den  Baum  in  dem 
Maasse,  dass  der  Schaft  fast  nackt  dasteht,  oder  er  zerspaltet  den 
Stamm  der  Länge  nach  in  mehrere  Theile,  zerfasert  ihn  wohl  voll- 
ständig und  schleudert  grosse  Splitter   auf  100  Schritte  Entfernung 

H artig,    Baumkrankheiten,  2.  Aufl.  18 


274  IV-  Abschnitt. 

fort.  Es  sieht  in  einzelnen  Fällen  nur  noch  ein  kurzer  Stumpf  aus 
dem  Boden  hervor. 

Entzündung  findet  nur  dann  statt,  wenn  der  Baum  ganz 
trocken  war  oder  trockene  Aeste  oder  doch  trockenfaules  Holz 
besass.  Lebendes  frisches  Holz  wird  durch  den  Blitz  nicht 
entzündet. 

Völlig  räthselhaft  erscheint  zur  Zeit  noch  das  Absterben 
grösserer  Waldparthien  nach  erfolgter  Blitzbeschädigung,  wie 
ich  ein  solches  mehrfach  in  jüngeren  und  älteren  Kiefernbeständen 
beobachtet  habe6).  Es  ist  dabei  auffällig,  dass  das  Absterben  nicht 
gleichmässig,  sondern  von  einem  Punkte  beginnend  in  radialer 
Richtung  fortschreitet  und  oft  erst  nach  5  Jahren  und  später  auf- 
hört. Die  Untersuchung  der  Bäume  ergab,  dass  nur  ein  oder 
wenige  Stämme  Blitzspuren  erkennen  Hessen,  dass  aber  die  Rinde 
dieser  Bäume  sowie  einer  grossen  Zahl  von  Kiefern  in  der  Nach- 
barschaft derselben  zwischen  Baumkrone  und  Wurzelstock  getödtet 
war.  In  einem  älteren  Kiefernbestande  hing  die  todte  Rinde  an 
den  Schäften  herab,  während  die  Baumkronen  völlig  grün  benadelt 
waren.  In  einem  jüngeren  ca.  30jährigen  Bestände  fand  ich  am 
Rande  der  seit  5  Jahren  immer  grösser  gewordenen  Blosse  noch 
o  Stämme  mit  Blitzspuren.  Der  eine  davon  war  im  letzten  Jahre 
vertrocknet,  der  zweite  hatte  noch  eine  grüne  Krone,  zeigte  aber 
den  Binden-  und  Bastkörper  von  xj2 — 2xj2  m  Höhe  abgestorben;  der 
dritte  Stamm  war  in  allen  Theilen  völlig  gesund,  trotzdem  ein 
breiter  Rindenstreif  vom  Blitz  abgetrennt  war.  Ich  gestehe,  dass 
ich  diesen  Beobachtungen  gegenüber  darauf  Verzicht  leiste,  eine 
Erklärung  über  die  Wirkungsweise  des  Blitzes  zu  geben.  Das 
zuweilen  erst  nach  5  Jahren  eintretende  Absterben  der  von  der 
Blitzwirkung  betroffenen  Stämme  erklärt  sich  ebenso,  wie  das  zu- 
weilen erst  nach  Jahrzehnten  erfolgende  Absterben  entrindeter 
Kiefern.  Im  Holzkörper  wandern  Wasser  und  Nährstoffe  aufwärts 
und  die  Bildungsproducte  werden  in  der  gesund  gebliebenen  Krone 
zu  Neubildungen  verwendet.  Das  Absterben  erfolgt  erst,  wenn  der 
nackte  Holzstamm  allmälig  von  aussen  nach  innen  soweit  ausge- 
trocknet ist,    dass   kein  genügendes  Wasserquantum  nach  oben  ge- 


6)  R.  Hartig,  Zeitschrift  für  das  Forst-  und  Jagdwesen,  1876,  p.  330ff. 


Erkrankungen  durch  atmosphärische  Einflüsse.  275 

langen  kann.  Dass  ein  Stamm  mit  Blitzrinne  völlig  gesund  bleibt 
während  der  Nachbarstamm  ohne  solche  abstirbt,  Hesse  sich  allen- 
falls so  erklären,  dass  im  ersteren  Falle  der  elektrische  Strom  sich 
auf  eine  enge  Bahn  zusammengezogen,  im  letzteren  Falle  über 
die  ganze  Oberfläche  resp.  Rindenschicht  des  Stammes  ausge- 
breitet hatte. 


18* 


§  28.    Verzeichniss 

der  in  dem  Lehrbuche  beschriebenen  Krankheiten, 
nach  der  Pflanzenart  geordnet. 


Ahorn : 

Die  Sämlinge  zeigen  schwarze  Stellen  auf  den  Blättern  und 
Stengeltheilen  oder  verfaulen:  Cercospora  acerina,  Phytophthora  om- 
nivora   121,    57. 

Die  Blätter  bekommen  weisse  Flecke:  Erysiphe  bicornis.  Tu- 
lasnei   69. 

Die  Blätter    bekommen    schwarze  Flecke:    Rhytisma  acerina   98. 

Die  Zweige  vertrocknen  und  zeigen  im  Holzkörper  schwarz- 
grüne Flecke    auf   dem  Querschnitte:    Nectria  cinnabarina  94. 

Die  Zweige  oder  Stämme  sterben  ab  und  zeigen  zinnoberfär- 
bige  Polster  auf  der  Rinde:   Nectr.  cinnabarina   94. 

Die  jungen  Pflanzen  zeigen  Einschnürung  des  Stammes  über 
der  Wurzel   124. 

Die  Zweige  zeigen  Krebsstellen:   Frostkrebs  264. 

Die   Zweige  mit  Mistelbüschen:   Yiscum  25. 

Akazie : 

Das  Holz  ist  rothfaul.  Aus  der  Rinde  brechen  schwefelgelbe 
Fruchtträger  hervor:   Polyporus   sulphureus    172. 

Alpenrose : 

Die  Blätter  mit  grossen  Gallen.  Alpenrosen äp fei :  Exobasidium 
Vaccinii.   159. 

Die  Blätter  zeigen  braune  Flecken:  Chrysomyxa  Rhododendri  151. 

Apfel : 

Die  Blätter  zeigen  gelbe  Anschwellungen  mitAecidien:  Gymno- 
sporangium  tremelloides    132. 

Die   Zweige   zeigen  Krebsstellen:   Nectria  ditissima   89. 

Am  Stamme  kommen  hufförmige  braune  Fruchtträger  hervor: 
Polyporus  igniarius   173.      Frostkrebs   264. 

Die   Zweige  mit  Mistelbüschen:   Viscum  25. 


Verzeichniss  der  beschriebenen  Krankheiten.  277 

Berberitze : 

Die  Blätter    zeigen   goldgelbe  Flecke:    Puccinia   graminis   129. 

Birke: 

Die  Blätter  zeigen  gelbe  kleine  Pilzpolster:  Melampsora  be- 
tulina   145. 

Die  Blätter  zeigen  blasige  Ausstülpungen:  Exoascus  carnea, 
Betulae  119. 

Die  Zweige  bilden  Hexenbesen:    Exoascus  turgidus    119. 

Am  Stamm  kommen  grosse  hufförmige  Fruchtträger  hervor: 
Polyporus  betulinus   178. 

Am  Stamm  bilden  sich  braune,  krustenförmige  Fruchtträger: 
Polyp,   laevigatus   178. 

Birne : 

Die  Blätter  zeigen  gelbe  Anschwellungen  mit  Aecidien:  Gymno- 
sporangium  Sabinae   132. 

Die  Blätter  zeigen  blasige  Anschwellungen:  Exoascus  bullatus 
119. 

Am  Stamm  kommen  hufförmige  Fruchtträger  hervor:  Polyporus 
igniarius    173. 

Die   Zweige   zeigen   Mistelbüsche:   Viscum  25. 

Blaubeere : 

Die  jungen  Triebe  sterben  ab.  Die  Beeren  mumificiren  sich: 
Sclerotinia  baccarum   116. 

Die  Blätter  zeigen  kleine  braune  Flecke:  Melampsora  Vaccinii 
145. 

Buche : 

Die  Keimlinge  bekommen  dunkle  Stellen  auf  den  Blättern 
und   Stengeln,   verfaulen   oder  vertrocknen:   Phytophthora  omnivora   57. 

Die  jungen  Pflanzen  in  den  Pflanzschulen  werden  von  brau- 
nem Pilz  überwuchert:     Thelephora  laciniata   35. 

Die  Blätter  bekommen  weisse  Flecke:   Erysiphe  guttata   69. 

Die  Blätter  bekommen  braune   Flecke:   Sphaerella  Fagi  86. 

Die  Rinde  zeigt  Krebsstellen :  Nectria  ditissima  89.  Frostkrebs  264. 

Die   Rinde  zeigt  weissen,   wolligen  Ueberzug:    Chermes   Fagi  94. 

Die  Rinde   zeigt  pockenartige  Narben:   Chermes   Fagi   94. 

Die  Rinde  zeigt  an  den  Zweigen  lange,  aufspringende  Wunden: 
Lachnus   exsiccator   94. 

Die  Rinde  des  Stammes  vertrocknet  auf  der  Südseite:  Rinden- 
brand.     Sonnenriss   265. 

Der  Stamm  zeigt  grosse  hufförmige  Fruchtträger:  Polyp,  fomen- 
tarius   178. 

Das  Holz   zeigt  spangrüne  Farbe:   Peziza  aeruginosa   195. 


278  Verzeichniss  der  beschriebenen  Krankheiten. 

Douglastanne : 

Die  jungen  Triebe  sterben  ab  imd  werden  braun:  Botrytis 
Douglasii   116. 

Die  Zweige  mit  Mistel  und  zu  Hexenbesen  gestaltet:  Arceu- 
thobium  Douglasii  30. 

Eberesche : 

Die  Blätter  zeigen  grosse  goldgelbe  Flecke  mit  Aecidien:  Gymno- 
sporangium   conicum   131. 

Die  Blätter  zeigen  kleine  gelbe  Pilzpolster :  Melampsora  Sorbi  145. 

Die  Rinde  mit  abgestorbenen  Stellen  und  kleinen  Pilzfrücbten : 
Cucurbitaria  Sorbi  86. 

Die  Zweige  zeigen  Mistel:  Viscum  25. 

Eiche : 

Keimlinge  und  2jährige  Pflanzen  werden  trocken  und  zeigen  an 
den  Wurzeln  Pilzstränge  und  schwarze  Knollen:   Rosellinia  quercina  76. 

Die  Blätter  zeigen  blasige  Stellen:   Exoascus   coerulescens   121. 

Die  Blätter  bekommen  runde   braune  Flecke:    Sphaerella  86. 

Die  Rinde  zeigt  Krebskrankheit:  Nectria  ditissima  89.  Frost- 
krebs  264. 

Der  Stamm  zeigt  trockene  Rothfäule:  Polypor.  sulphureus  172. 
Fistulina  hepatica  und  Daedalea  quercina   178. 

Der  Stamm  zeigt  Weissfäule:  Polyp,  igniarius  173.  Hydnum 
diversidens   174. 

Der  Stamm  zeigt  Rothfäule  mit  weissen  Streifen:  Stereum  hir- 
sutum   177. 

Der  Stamm  zeigt  Rothfäule  mit  weissen  Flecken  und  Höhlen: 
Thelephora  Perdix   175. 

Der  Stamm  zeigt  Roth-,  Weiss-  und  Gelbfäule  in  länglichen 
Stellen  durcheinander:   Polyporus  dryadeus   174. 

Die  Zweige  mit  sommergrüner  Mistel  und  knolligen  Auswüchsen: 
Loranthus   europaeus   31. 

Eisbeere : 

Die  Blätter  zeigen  gelbe  Flecke  mit  Aecidien:  Gymnospor. 
conicum   131. 

Erle: 

Die  Blätter  der  Schwarz-  und  Weisserle  zeigen  gelbe  blasige 
Stellen:    Exoascus  flavus   119. 

Die  Blätter  der  Schwarz-  und  Weisserle  zeigen  grauweisse  wollige 
Kräuselung:   Ex.   epipnyllus   119. 

Die  Blätter  der  Schwarzerle  zeigen  blasige  Erweiterungen:  Ex. 
alnitorquus   119. 

Die  Blüthe zäpfchen  zeigen  taschenähnliche  Auswachsungen : 
Ex.  alnitorquus   119. 


Verzeichniss  der  beschriebenen  Krankheiten.  279 

Die  Zweige  der  "Weisserle  werden  zu  Hexenbesen:  Ex.  bo- 
realis   119. 

Die  Zweige  zeigen   Krebsbildungen:   Nectria  ditissima   89. 

Der   Stamm   zeigt  Rothfäule:   Polyp,  sulphureus   172. 

Die   Wurzeln  mit  fleischigen  Auswüchsen:    Schinzia  Alni  38. 

Esche : 

Die   Rinde   platzt  in   Krebsstellen   auf:    Nectria  ditissima   89. 

Faulbaum : 

Blätter   und    Triebe    mit   goldgelben  Anschwellungen:    Puccinia 

coronata   130. 

Fichte : 

Die  Keimlinge  fallen  bald  nach  der  Keimung  um:  Phytoph- 
thora   omnivora   57. 

Ein-  und  mehrjährige  Pflanzen  in  Saat-  und  Pflanzbeeten 
werden  gelb  und  sterben.  Ueber  dem  Boden  eine  Einschnürung: 
Pestalozzia  Hartigii   122. 

Junge  Pflanzen  oder  Zweige  alter  Bäume  mit  den  Nadeln 
werden  durch  ein  schwarzbraunes  Mycel  überwachsen:  Herpotrichia 
nigra   74. 

Junge  Pflanzen  werden  durch  die  Fruchtträger  eines  Pilzes  um- 
hüllt:   Thelephora  laciniata   35. 

Die  Nadeln  der  Fichte  zeigen  goldgelbe  Blasen:  Chrysomyxa 
Rhododendri  und  Lecli   151. 

Die  Nadeln  werden  gelb  und  zeigen  auf  der  Unterseite  goldgelbe 
Längswulste:   Chrysomyxa  Abietis   149. 

Die  Nadeln  eines  jungen  Triebes  verbreiten  sich  sämmtlich  und 
platzen   auf  vier  Seiten   auf:   Aecidium  coruscans    157. 

Die  Nadeln  werden  roth,  später  gelbbraun  und  erhalten  schwarze 
Längs wulste   oder  fallen  frühzeitig   ab:   Hysterium  macrosporum   101. 

Die  Zapfen  schuppen  zeigen  auf  der  Oberseite  zahlreiche  braune 
Kugeln:  Aecidium  strobilinum   156. 

Die  Zapfenschuppen  zeigen  auf  der  Unterseite  zwei  grosse 
Aecidien:   Aecidium  conorum  Piceae   156. 

Die  Rinde  zeigt  todte  Stellen  mit  rothen  Kugelhäufchen:  Nectria 
Cucurbitula  87. 

Die  Rinde  zeigt  unten  am  Stamm  Harzfluss:  Trametes  radici- 
perda  159. 

Die  Rinde  zeigt  auf  der  Innenseite  weisse  fächerförmige  Pilz- 
ausbreitungen:  Agaricus  melleus    179. 

Die  Wurzel  ist  abgestorben  und  zeigt  kleine  gelbweisse  Pilz- 
polster oder  grosse  weisse   Fruchtträger:   Trametes  radiciperda   159. 

Die  Wurzel  zeigt  Rothfäule  und  weisse  Pilzstränge:  Polyporus 
vaporarius    170. 


280  Verzeichniss  der  beschriebenen  Krankheiten. 

Die  Wurzel  ist  abgestorben  und  zeigt  schwarze  Mycelstränge, 
welche  zwischen  Rinde  und  Holz  weisse  Ausbreitungen  zeigen:  Aga- 
ricus  melleus   179. 

An  Aststellen  kommen  braune  Pilzfruchtträger  hervor:  Trametes 
Pini   164.      Polyp,   fulvus   167. 

An  Wunds teilen  kommen  grosse  weisse  Fruchtträger  hervor: 
Polyp,  borealis   168. 

Das  Holz   ist  weissfaul:   Polyporus  fulvus   167. 

Das  Holz  ist  weissfaul  mit  ganz  weissen  Flecken,  in  deren  Mitte 
meist  eine  schwarze   Stelle   sich  findet:    Trametes  radiciperda   159. 

Das  Holz  ist  weissfaul,  und  hat  zahlreiche  Höhlungen:  Trametes 
Pini   164. 

Das  Holz  ist  weissfaul  und  zerfällt  in  sehr  kleine  "Würfel:  Polyp, 
borealis   168. 

Das  Holz   ist  rothfaul:   Polyp,  vaporarius    170. 

Das  Holz  zeigt  schwarzbraune  Flecke  oder  Höhlungen:  Wund- 
fäule  207,   216. 

Das  Holz  ist  grünfaul:   Peziza  aeruginosa   195. 

Gentiane : 

(Gentiana  asclepiadea)  mit  gelben  Pilzpolstern :  Cronartium  ascle- 
piadeum   149. 

Getreide  und  Gräser: 

Halme  und  Blätter  zeigen  gelbe,  später  braune  Pilzpolster: 
Puccinia   129. 

Getreide  und  Gräser  zeigen  an  den  Blüthetheilen  eine  süssliche 
Flüssigkeit  oder  schwarze  Pilzknollen:    Claviceps   96. 

Getreide  und  Gräser  zeigen  an  den  Blüthetheilen  schwarz- 
braunes Sporenpulver:   Staubbrand  65. 

Gleditschie : 

Zweige  mit  Mistel:   Viscum  25. 

Goldregen : 

Die  Rinde  und  die  Zweige   sterben  ab:   Cucurbitaria  Laburni   85. 

Hasel  imss: 

Die  Blätter   zeigen  kleine  braune   Flecke:    Sphaerella  86. 
Die  Blätter  zeigen  weisse  mehlartig  bestäubte  Flecke :   Erysiphe 
guttata  69. 

Die   Zweige   zeigen  Krebsstellen:   Nectria  ditissima  89. 

Hainbuche : 

Blätter  mit  goldgelben  kleinen  Pilzpolstern:  Melampsora  Car- 
pini   145. 


Verzeickniss  der  beschriebenen  Krankheiten.  281 

Zweige  mit  Hexenbesen:   Exoascus   Carpini   121. 

Zweige    und    Stamm    mit    Krebsstellen:     Nectria    ditissima    89. 

Frostkrebs   264. 

Hemlockstanne : 

Nadeln  und  Zweige  von  weissem  Mycel  übersponnen.  Nadeln 
sterben   ab:    Trichosphaeria   71. 

Hyacinthe : 

Die  Zwiebeln     zeigen    schleimige,    übel     riechende    Erweichung: 

Bacterium   37. 

Johannisbeere : 

Die  Blätter  zeigen  gelbe  Pilzanschwellungen:  Melampsora  Har- 
tigii   143. 

Kartoffeln : 

Blätter  und  Triebe  werden  schwarzfleckig:  Phytophthora  in- 
festaDS  63. 

Die  Knollen  sind  erkrankt:   Phyt.  infestans  63  und  Bacterium  38. 

Kastanien : 

Die    Zweige    zeigen    knollige    Verdickungen    und    Mistelbüsche: 

Loranthus   31. 

Klee  und  Luzerne: 

"Wurzeln  mit  violetten   Rhizoctonien:   Rhizoctonia   80. 
Nahe   dem  Wurzelhalse    weisse  Pilzrasen    und    schwarze  Dauer- 
mycelien:   Peziza  ciborioicles    116. 

Kohlgewächse : 

Wurzeln  mit  fleischigen  Auswüchsen:  Plasmodiophora  brassicae  38. 

Kiefer  (gemeine): 

1.  Die  Keimlinge  fallen  um  und  sterben  ab:  Phytophthora  ornni- 
vora  57. 

2.  Ein-  und  mehrjährige  Pflanzen  werden  fleckig  xmd  zeigen 
später  kleine   schwarze  Pilzhöcker:   Hysterium  Pinastri   103. 

3.  Ein-  und  mehrjährige  Pflanzen  werden  gleichmässig  oder 
von  der  Spitze   aus   gelb  und  braun:    Trokenschütte    103. 

4.  Junge  Pflanzen  werden  von  braunen  Fruchtträgern  von  unten 
auf  überwuchert:   Thelephora  laciniata   35. 

5.  Die  Nadeln  Averden  plötzlich  im  Sommer  braun:  Frost- 
schütte  103. 

6.  Die  Nadeln  zeigen  goldgelbe  blasige  Pilzfrüchte:  Coleosporium 
Senec.   145. 

7.  Junge  Triebe  zeigen  Ende  Mai  goldgelbe  Stellen  in  der  Rinde, 
die  aufplatzen.  Die  Triebe  sterben  dann  entweder  ab  oder  zeigen 
Krümmungen:   Melampsora  Tremulae   140. 


282  Verzeichniss  der  beschriebenen  Krankheiten. 

8.  Die  Rinde  entwickelt  goldgelbe  mit  Sporen  erfüllte  Blasen: 
Coleosporium   Senecionis   145. 

9.  Die  Rinde  stirbt  immer  mehr  ab  und  zeigt  Harzfluss:  Coleosp. 
Sen.  145. 

10.  Die  Rinde  stirbt  ab  und  zeigt  auf  der  Innenseite  grosse 
weisse  Pilzbildungen:   Agaricus  melleus   179. 

11.  Aststellen  zeigen  braune,  consolenförmige  Fruchtträger:  Tra- 
metes  Pini   164. 

12.  Wund  stellen  zeigen  grosse  rothbraune  Polster:  Polyporus 
mollis   171. 

13.  Ueber  der  Erde  brechen  aus  der  Rinde  hutförmige  Frucht- 
träger  hervor:   Agaricus  melleus    179. 

14.  Ueber  der  Erde  treten  aus  der  Rinde  Aveisse  knollige  Pilz- 
fruchtträger hervor:   Trametes  radiciperda   159. 

15.  Ueber  der  Erde  treten  am  Holze  und  in  Rindetheilen 
weisse,   poröse  Pilzkrusten  hervor:   Polyporus  vaporarius   170. 

16.  Die  Wurzeln  sind  getödtet  und  zeigen  gelbweisse  Pilzpolster: 
Tram,   radicip.    159. 

17.  Die  Wurzeln  sind  getödtet,  zeigen  Harzausfluss,  weisse  Pilz- 
häute zwischen  Holz  und  Rinde,  sowie  schwarze  Mycelstränge:  Aga- 
ricus melleus   179. 

18.  Die  Wurzeln  sind  getödtet  und  zeigen  weisse,  flockige  Mycel- 
stränge:  Polyp,  vaporarius   170. 

19.  Die  Gipfel  oder  Aeste  sterben  oberhalb  eiuer  schwarzen 
mit  Harzfluss  versehenen  Stelle  ab:   Coleosp.   Senecionis   145. 

20.  Das  Holz  zeigt  Weissfäule  mit  zahlreichen  kleinen  runden 
oder  länglichen   Löchern:    Trametes  Pini   164. 

21.  Das  Holz  zeigt  Rothfäule  ohne  intensiven  Geruch  mit  flockigen 
Mycelbildungen  und   Strängen:   Polyp   vaporarius   170. 

22.  Das  Holz  zeigt  Rothfäule  mit  intensivem  Terpentin-Geruch 
und   dünnen  weissen  Mycelkrusten  in   den   Spalten:   Pol.   mollis    171. 

23.  Das  Holz   zeigt  Löcher,   die  Zweige  Mistelbüsche:   Viscum  25. 

24.  Das  Holz  zeigt  schwarzblaue  Färbung  im  Splinte:  Cera- 
tostoma  piliferum    196. 

25.  Die  Wurzeln  zeigen  Wucherungen  mit  Pilzmycel:  Elapho- 
myces   70. 

Kiefer  (Berg-): 
Zeigt  die  sub  1.  6.  8.  10.  13.  16.  17  aufgezählten  Krankheiten. 

Die  Zweige  mit  allen  Nadeln  werden  in  ein  schwarzbraunes 
Mycel   eingesponnen  und  getödtet:   Herpotrichia  nigra   74. 

Kiefer  (Weymouths-) : 

Zeigt  die  sub  1.  4.  8.  9.  10.  13.  14.  16.  17.  19  aufgeführten  Krankheiten 

der  gem.  Kiefer. 

Die  Nadeln  sterben  ab  und  zeigen  schwarze  Pilzpolster:  Hy- 
sterium  brachysporum   109. 


Verzeichniss  der  beschriebenen  Krankheiten.  283 

Der    Stamm    zeigt    Fruchtträger    an    Aststellen:     Polyp.    Schwei- 

nitzii   178. 

Die  Rinde  vertrocknet  am    ganzen   Stamm    unterhalb    der  Krone. 

Rindentrockniss   266. 

Kiefer  (Zirbel-): 

An   den  Wurzeln   zahlreiche  Mycorhizen   70. 

Kirschen : 

Die  Blätter  sind  gekräuselt  und  häufig  carminroth  verfärbt: 
Exoascus  Wiesneri   118. 

Die  Blätter  werden  vorzeitig  gelb,  sterben  ab  und  bleiben  im 
Winter   am  Baume  hängen:    Gnomonia   86. 

Die  Zweige  bilden  sich  zu  Hexenbesen  um:  Exoascus  Wiesneri  118. 

Aus    der   Rinde    brechen    braune  Pilzfruchtträger   hervor:     Polyp. 

igniarius    173. 

Kreuzdorn : 

Blätter   und    Triebe    mit    goldgelben  Anschwellungen:    Puccinia 

coronata   130. 

Kreuzkraut: 

Blätter  und   Stengel   mit  rothgelben  Pilzpolstern:    Coleosporium 

Senecionis   145. 

Lärche : 

Die  Keimlinge  fallen  um  und  sterben  ab:  Phytophthora  oinni- 
vora  57. 

Die  Nadeln   zeigen   gelbe  Pilzpolster:    Melampsora  Tremulae  173. 

Die  Nadeln  bräunen  sich  und  bekommen  schwarze  Pilzpolster: 
Hysteriurn  laricinum    109. 

Die  Rinde  zeigt  Krebsstellen:    Peziza  Willkommii   109. 

Die  Rinde  zeigt  auf  der  Innenseite  weisse  Pilzhäute:  Agaricus 
melleus    179. 

Aus  der  Rinde  brechen  braune,  krustenförmige  Fruchtträger  her- 
vor:   Trametes  Pini   164. 

Aus  der  Rinde  brechen  schwefelgelbe  grosse  Fruchtkörper  hervor: 
Polyp,   sulphureus    172. 

Aus  der  Rinde  brechen  hutförmige  Früchte  hervor:  Agaricus 
melleus   179. 

Die  Wurzeln  sind  abgestorben  und  zeigen  Rhizomorphen:  Agari- 
cus melleus    179. 

Das  Holz   ist  zersetzt  und  weissfleckig:     Trametes  Pini   164. 

Das  Holz  ist  rothfaul  und  zeigt  üppige  weisse  Pilzmycelwucherun- 
gen:    Polyp,   sulphureus   172. 

Linde : 

Die  Zweige  und  Aeste  sterben  und  bekommen  zinnoberrothe 
Pilzpolster:     Nectria  cinnabarina   94. 

Die  Rinde   zeigt   Krebsstellen:     Nectria  ditissima  89. 


234  Verzeichniss  der  beschriebenen  Krankheiten. 

Mehlbeere : 

Die  Blätter   zeigen  Polster  mit  Aecidien:    Gymnosporangium  tre- 

melloides   132. 

Mais: 

Stengel,  Blätter  und  Blüthen  zeigen  mit  schwarzen  Sporen 
erfüllte  Beulen:     Ustilago   Maydis   67. 

Nussbauni : 

Zweige  mit  Mistelbüschen:     Viscum   25. 

Der  Stamm  mit  schwefelgelben  Fruchtträgern.  Das  Holz  roth- 
faul:    Polyp,  sulphureus   172. 

Pappeln : 

Die  Blätter  mit  kleinen  gelben,  später  schwarzbraunen  Flecken: 
Melampsora  138. 

Die  Blätter  mit  blasigen  gelben  Anschwellungen:  Exoascus 
aureus    121. 

Die  Blüthen  zeigen  goldgelbe,  stark  vergrösserte  Fruchtknoten: 
Exoasc.   aureus    121. 

Die  Zweige  mit  Mistelbüschen:    Viscum  25. 

Platane : 

Die  Blätter  und  jungen  Triebe  sterben  ab  oder  werden  an  den 
Nerven  braun:   Gloeosporium  nervisequium   126. 

Pflaumen : 

Die    Blüthen     zeigen    gelbrothe    fleischige    Flecke:     Polystigma 

rubrum  95. 

Die  Früchte  werden  zu  Taschen:    Exoascus  Pruni  117. 

Die    Zweige    werden    zu   Hexenbesen:     Exoascus   insititiae,    de- 

formans   118. 

Die  Zweige  zeigen  schwarze,  knollige  Anschwellungen:  Plowrightia 

morbosa  97. 

Preisseibeere : 

Die  Stengel  werden  sehr  lang  und  erhalten  die  Dicke  einer 
Federspule:    Melampsora  Goeppertiana  134. 

Blätter,  Blüthen  und  Stengel  schwellen  an  und  sind  von 
weissen   Sporen  bestäubt:     Exobasidium  Vaccinii   158. 

Blätter,  junge  Triebe  und  Früchte  werden  braun:  Sclero- 
tinia Yaccinii   116. 

Rosskastanie: 

Die  Zweige  und  Aeste  sterben  ab.  Die  Rinde  mit  zinnober- 
farbigem Polster:    Nectria  cinnabarina  94. 

Rüster: 

Die  Blätter  mit  blasigen  Flecken:    Exoascus  ülmi   121. 


Verzeichniss  der  beschriebenen  Krankheiten.  285 

Schwalbenwurz : 

Die  Blätter  mit  kleinen  gelben  Pilzpolstern:  Cronartium  ascle- 
piadeum   149. 

Schlehdorn : 

Die  Blätter  mit  gelbrotheu ,  fleischigen  Flecken:  Polystigma 
rubrum   96. 

Die  Früchte  bilden   Taschen:     Exoascus   Pruni   117. 

Suinpfporst: 

Die  Blätter  sind  braunfleckig  und  zeigen  kleine  gelbe  Pilzpolster: 
Chrysomyxa  Ledi   152. 

Tanne : 

Die  Keimlinge  fallen  um  und  sterben:  Phytophthora  omni- 
vora  57. 

Die  jungen  Pflanzen  in  Saat-  und  Pflanzbeeten  werden 
gelb  oder  sterben.  Ueber  der  Erde  zeigen  sie  eine  Einschnürung: 
Pestalozzia  Hartigii   122. 

Die  jungen  Pflanzen  werden  von  braunen  Pilzmassen  über- 
wuchert:    Thelephora  laciniata  35. 

Die  Nadeln  entwickeln  unterseits  zahlreiche,  säulenförmige  Aeci- 
dien :     Melampsora  Goeppertiana   134. 

Die  Nadeln  entwickeln  unterseits  lange,  aufplatzende,  gelbe 
Rostlager:    Caeoma  Abietis  pectinatae   157. 

Die  Nadeln  sind  deformirt,  hellgelb  mit  Aecidienlager.  Die 
Zweige   sind  Hexenbesen:     Aecidium  elatinum   153. 

Die  Nadeln  sind  gelbbraun,  zeigen  auf  der  Mittelrippe  unter- 
seits  einen   schwarzen  Längswulst:     Hysterium  nervisequium   100. 

Die  Nadeln  sind  gelb,  hängen  am  Zweige  durch  farblose  Pilz- 
fäden festgesponnen:   Trichosphaeria  parasitica   71. 

Die  Zweige  oder  Stämme  bauchig  verdickt:  Aecidium  elatinum  153. 

Die  Zweige  mit  Mistelbüschen,  der  Stamm  krebsig  durchlöchert: 
Viscum  25. 

Die  Rinde  der  Zweige  ringsherum  abgestorben,  mit  schwarzen 
Knöllchen  besetzt:    Phoma  abietina   124. 

Der  Stamm  mit  buckligen  oder  hufförmigen  Fruchtträgern,  die 
sehr  feine  Poren  haben:   Polyporus  fulvus    167. 

Der  Stamm  mit  grossporigen  Fruchtträgern:    Trametes  Pini   164. 

Der  Stamm  mit  hutförmigen  Fruchtträgern,  die  von  Rhizomorphen 
entspringen:    Agaricus  melleus    179. 

Die  Wurzel  mit  weissen  Fruchtträgern:     Tram,   radiciperda   159. 

Die  Wurzel  mit  Rhizomorphen:     Agaricus  melleus  179. 

Xordmannstanne  und  Griechische  Tanne: 

Zweige  mit  Hexenbesen:     Aecidium   elatinum   153. 


286  Verzeichniss  der  beschriebenen  Krankheiten. 

Traubenkirsche : 

Die  Früchte   bilden   Taschen:   Exoascus  Pruni   117. 
Die   Rinde   zeigt  Krebsstellen:   Nectria  ditissima   89. 

Vogelbeere,  siehe  Eberesche: 

Wachholder,  gemeiner: 

Nadeln  und  Zweige  mit  schwarzbraunem  Mycel  überwuchert: 
Herpotrichia  nigra   74. 

Zweige  mit  Anschwellungen,  aus  denen  im  Frühjahr  gelbe  oder 
bräunliche  Sporenmassen  hervortreten:  G-yrnnosporangium  conicum,  tre- 
melloides,   clavariaeform.  130. 

Wurzeln  mit  weissen  Fruchtträgern:     Trametes   radiciperda   159. 

Wachholder,  spanischer: 

Zweige  mit  Anschwellungen,  aus  denen  im  Frühjahr  gelbe  Spo- 
renmassen hervorkommen:     Gymnosp.   Sabinae   132. 

Wachholder,  Oxycedrus: 
Zweige  mit  Mistelbüschen:     Arceuthobium   Oxycedri   30. 

Weide: 

Die  Blätter  mit  kleinen  gelben,  im  Herbst  braunen  Polstern: 
Melampsora   143. 

Die  Blätter  mit  grossen  schwarzen  verdickten  Stellen:  Rhytisma 
salicinum   99. 

Die  Blätter  mit  weissen,  mehlartig  bestäubten  Stellen:  Erysiphe 
adunca   69. 

Der  Stamm  mit  schwefelgelben  Fruchtträgern,  das  Holz  rothfaul: 
Pol.   sulphureus  172. 

Wein: 

Blätter,  Stengel  u.  Trauben  mit  Mehlthau:   Oidium  Tuckeri  69. 

Blätter  oben  gelbfleckig,  unten  Schimmelflecke:  Peronospora  viti- 
cola  64. 

Wurzeln  sind  getödtet  durch  Rhizoctonien  und  Rhizomorphen : 
Dematophora  necatrix   81. 

Weissdorn: 

Die    Blätter    zeigen    goldgelbe    Anschwellungen,    auf   denen    sich 
Aecidien   entwickeln:    Gymnosporangiuni  clavariaeform.    132. 
Die   Zweige  mit  Hexenbesen:   Exoascus   bullatus    119. 


Register. 


Abfallwasser  251. 
Ablactirung  237. 
Abschneiden  von  Pflanzen  235. 
Acclimatisation  259. 
Ackerland  247. 
Adventivknospen  212. 
Adventiv  wurzeln  212. 
Aecidiensporen  127. 
Aecidium  abietinum  151. 

Asperifolii  130. 

Berberidis  129. 

columnare  134. 

conorum  Piceae  157. 

coruscans  157. 

elatinum  153. 

Rhamni  130. 

strobilinum  156. 
Aestung  221. 
Agaricus  melleus  179. 
Ahornfleckenkrankheit  98.  69. 
Ahornkeimlingspilz  121. 
Alpenrosenäpfel  158. 
Alpenrosenrost  151. 
Altersschwäche  7. 
Angriffsweise  der  Pilze  48. 
Antheridium  62. 
Arceuthobium  Douglasii  30. 
Oxycedri  30. 
Ascomyces  Tosquinetii  119. 
Ascomycetes  68. 
Aststutz  222. 
Astüberwallung  224. 
Aufthauen  der  Pflanzen  262. 
Aussetzen  der  Jahrringbildung  224. 
Autöcische  Pilze  128. 

Bacterien  36. 
Bacterium  hyacinthi  37. 
Basidiomycetes  127. 
Baumschlag  218. 
Behandlung  der  Wunden  208. 
Bekleidung      -  -         200. 

Berberitzenpilz  129. 


Beschneiden   der  Heister  231 

der  Wurzeln  235. 
Birkenrost  145. 
Birkenstockausschlag  234. 
Blauwerden  des  Holzes  196. 
Blitz  273. 

Bodendurchlüftung  246. 
Bodennässe  245. 
Botrytis  cinerea  116. 

Douglasii  116. 
Brandpilze  65. 
Brutzellen  43. 

Buchenkeimlingskrankheit  57. 
Buchenkrebs  89. 

Caeoraa  Abietis  pectinatae  157. 

Evonymi  145. 

Laricis  143. 

Mercurialis  139. 

pinitorquura  140. 

Ribesii  144. 
Callus  243. 
Calyptospora  134. 
Carposporen  43. 
Ceratostoma  piliferum  196. 
Cercospora  acerina  121. 
Chlornatrium  250. 
Chrysomyxa  Abietis  149. 
Ledi  152. 
Rhododondri  151. 
Claviceps  purpurea  96. 
Coleosporium  Senecionis  145. 
Conidien  43. 

Corticium  amorphum  109. 
Cronartium  asclepiadeum  149. 
Cucui'bitaria  Laburni  85. 

Sorbi  86. 
Cuscuta  34. 
Cystopus  65. 

Daedalea  quercina  178. 
Dauermycelium  42. 
Dauersporen  128. 


288 


Register. 


Demarcationslinie  238. 

Dematophora  necatrix  81. 

Discomycetes  -97. 

Disposition  9. 

Durchwärmung  der  Pflanzen  253. 

Eichenrothfäule  172. 
Eichenweissfäule  173. 
Eichenwurzeltödter  76. 
Einwachsen  der  Aeste  222. 
Eisporen  57. 

Elaphomyces  granulatus  70. 
Ellernwurzelknollen  38. 
Endophytes  Mycel  41. 
Epiphytes  -       41. 

Erfrieren  258. 
Erysiphe  adunca  69. 

bicornis  69. 

guttata  69. 

pannosa  69. 

Tulasnei  69. 
Etioliren  269. 
Euphrasia  24. 
Exoascus  Alni  119. 

alnitorquus   119. 

aureus  121. 

Betulae  119. 

borealis  119. 

bullatus  119. 

carneus  121. 

Carpini  121. 

coerulescens  121. 

deform  ans  118. 

epiphyllus  119. 

flavus  119. 

Insititiae  119. 

Populi  121. 

Pruni  117. 

Sadebeckii  119. 

turgidus  119. 

Ulmi  121. 

Wiesneri  118. 
Exobasidium  Rbododendri  158. 
Yaccinii  158. 

Eädiges  Mycel  41. 
Feuer  270. 

Fichtenblasenrost  151. 
Fichtennadelrost  149. 
Fichtennadelschütte  101. 
Fichtenrindenpilz  87. 
Fichtenritzenschorf  101. 
Fichtenzapfenpilz  156. 
Fichtenzwillinge  232. 
Fistulina  hepatica  179. 
Flechten  35. 
Fleckenkrankheit  86. 


Fliegenholz  177. 
Formica  herculeana  217. 
ligniperda  217. 
Frostkrebs  264. 
Frostleiste  256. 
Frostrisse  256. 
Frostspalten  256. 
Frosttod  258. 
Frostwirkungen  255. 
Fruchtträger  42. 
Füllzellen  200. 
Fusidium  candidum  89. 

CJ-efrieren  255. 
Geschneidelte  Fichte  225. 
Getreiderost  129. 
Giftstoffe  im  Boden  250. 
Gipfel  dürre  240. 
Gnomonia  erythrostoma  86. 
Gloeosporium  nervisequium  126. 
Gonidien  43. 

Grapholitha  pactolana  87. 
Grünästung  223. 
Grünfäule  195. 
Gymnoasceae  117. 
Gymnosporangium  130. 

Härtegrad  259. 
Hagelschlag  269. 
Hallimasch  179. 
Hartwerden  der  Bäume  259. 
Harznutzung  218. 
Harzsticken  182. 
Hausschwamm  190. 
Haustorien  41. 
Herpotrichia  nigra  74. 
Herbstästung  229. 
Hernie  38. 

Heteröcische  Pilze  128. 
Hexenbesen  der  Hainbuche  121. 

der  Kirschbäume  118. 

der  Weisstanne  153. 
Hirschtrüffel  70. 
Hirsebrand  67. 
Holzkugeln  211. 
Holzrücken  216. 
Honigpilz  179. 
Honigthau  97. 
Hornäste  221. 
Hüttenrauch  271. 
Hungerzwetschen  117. 
Hutpilze  157. 
Hyacinthenkrankheit  37. 
Hydnum  diversidens  174. 
Hymenomycetes  157. 
Hyphe  39. 
Hypoderma  99. 


Register. 


289 


Hyphomycetes  56. 
Hysterium  brachysporum  109. 

Laricinum  109. 

macrosporum  101. 

nervisequium  100. 

Pinastri  103. 

Individuelle  Wuchskraft  22. 
Intercellulares  Mycel  41. 
Intermediäres  Gewebe  200.  238. 
Intermediäres  Längenwachsthum  210. 
Intracellulares  Mycel  41. 
Isolirgräben  163. 

Kartoffelfäule  38.  63. 
Keimfähigkeit  der  Sporen  44. 
Keimlingskrankheit  57. 
Kernpilze  71. 
Kernschäle  164. 
Kiefernastschwamm  164. 

blasenrost  145. 

dreher  140. 

-  krebs  147. 
ritzenschorf  103. 

-  rothfäule  170.  171. 

-  schütte  103. 
Kienzopf  148. 
Kittgewebe.  200. 
Kochsalz  250. 
Kohlensäureexhalation  251. 
Korkhaut  197. 
Kränkeln  5. 
Krankheitsanlage  9. 
Krankheitsdefinition  4. 

Iiärchenkrankheiten  110. 

krebs  109. 

motte  110. 

nadelrost  143. 

pilz  109. 

rothfäule  172. 
Lagern  des  Getreides  269. 
Lathraea  24. 
Laubholzkrebs  89. 
Laugen  251. 
Leuchtgas  251. 
Lichtmangel  268. 
Lichtüberfluss  268. 
Lonicera  Periclymenum  23. 
Loranthaceen  25. 
Loranthus  europaeus  31. 
Luftfeuchtigkeit  268. 
Lufttrockenheit  268. 
Luftwechsel  im  Boden  245. 
Luzernetod  80. 

Mäuseschälen  215. 
Maisbrand  67. 

Hartig,    Baumkrankheiten,  2.  Aufl. 


Markstrahlharzkanal  205. 
Mehlthaupilz  68. 
Melampsora  Ariae  145. 

betulina  145. 

Caprearum  145. 

Carpini  145. 

Göppertiana  134. 

Hartigii  143. 

Padi  145. 

populina  138. 

salicina  143. 

Tremulae  138. 

Vaccinii  145. 
Melampyrum  24. 
Merulius  lacrymans  190. 
Missbildungen  5. 
Mistel  25. 
Monotropa  24. 
Mutterkorn  96. 
Mycelinfection  18.  46. 
Mycelium  39. 
Myxomyceten  38. 
Mycorhiza  70. 

Xadelholzkeimlingskrankheit  57. 

Narren  der  Pflaumen  117. 

Nassfäule  38. 

Natürliche  Ausästung  221. 

Natürlicher  Tod  6. 

Nectria  cinnabarina  94. 

Cucurbitula  87. 

ditissima  89. 
Nothreife  142. 

Oidium  Tuckeri  69. 
Oogonium  57. 
Oospore  57. 
Orobanche  24. 

Pappelrost  138. 
Parasitismus  46. 
Pedicularis  24.  . 
Perideiunium  Pini  145. 
Peronospora  64. 
Peronospora  Sempervivi  57. 

Viticola  64. 
Pestalozzia  Hartigii  122. 
Peziza  aeruginosa  195. 

eiborioides  116. 

Fuckeliana  116. 

Willkommii  109. 
Phoma  abietina  124. 
Phragmidium  130. 
Phytophthora  Fagi  57. 

infestans  63. 
omnivora  57. 
Pilzferment  49. 

19 


290 


Register. 


Pilzwirkung  49. 
Plasmodiophora  Brassicae  38. 
Platanenpilz  126. 
Plowrightia  morbosa  97. 
Polyporus  annosus  159. 

betulinus  178. 

borealis  168. 

dryadeus  174. 

fomentarius  178. 

Mvus  167. 

igniarius  173. 

laevigatus  178. 

mollis  171. 

sulphureus  172. 

vaporarius  170. 
Polystigma  fulvum  96. 
rubrum  95. 
Prädisposition  9. 
Prallen  218. 
Präventivkuospen  209. 
Preisselbeerpilz  116.  134. 
Puccinia  Asparagi  130. 
coronata  130. 
graminis  129. 
straminis  129. 
striaeformis  129. 
Pyrenomycetes  71. 
Pythium  de  Baryanum  65. 

Queckenwurzeln  24. 
Quetschwunden  204.  218. 

Rephuhnholz  175. 
Rhinanthus  24. 
Rhizoctonia  violacea  80. 
Rhizornorpha  84.  182. 
Rhytisma  acerinum  98. 
salicinutn  99. 
Rindenbrand  265. 
Rindentrockniss  266. 
Rindschäle  164. 
Ringschäle  164. 
Ringwunden  220. 
Roesleria  hypogaea  81. 
Roestelia  131. 
Röthen  der  Kiefer  217. 
Rosellinia  quercina  76. 
Rosettentriebe  211. 
Rostpilze  127. 

Rothstreifigkeit  des  Bauholzes  185. 
Rothfäule  159. 

Rothfleckigkeit  der  Pflaumen  95. 
Rotz  37. 
Russbrand  67. 

Safrantod  80. 
Saprophytismus  46. 


Saugwarze  41. 
Saugwurzeln  34. 
Scheibenpilze  97. 
Schinzia  38. 
Schizomyceten  36. 
>  Schlafende  Augen  210. 
Schlauchpilze  68. 
Schleimpilze  38. 
Schmierbrand  67. 
Schneechnck  270. 
Sclerotinia  baccarum  116. 

megalospora  116. 

Oxycocci  116. 

Vaccinii  116. 
Schriftzeichen  217. 
Schüttekraukheit  103. 
Schwarzkiefernpilz  126. 
Schwärmsporen  57. 
Schweflige  Säure  271. 
Sclerotien  42. 

Sclerotienkrankheit  der  Vaccinieen  116. 
Seewasser  251. 
Seidenpflanzen  34. 
Senkerwurzeln  27. 
Septirung  40. 
Sommerästung  229. 
Sonnenriss  266. 
Spätfrost  262. 
Spaltpilze  36. 
Spargelrost  130. 
Sphaerella  Fagi  86. 

punctiformis  86. 
Sphäroblast  211. 
Spiralwunden  23. 
Sporeninfection  17,  47. 
Stammabhieb  233. 

ausschlag  225. 
Staubbrand  67. 
Steckling  236. 
Steinbrand  67. 
Stereum  hirsutum  177. 
Stichgräben  163. 
Stigmatea  Alni  86. 

Mespili  86. 
Stockausschlag  234. 
Stocküberwallung  234. 
Stummelästung  225. 
Sturmbeschädigung  270. 

Xaphrina  aurea  121. 
Taschen  der  Pflaumen  117. 
Teleutosporen  128. 
Theeren  der  Wunden  229. 
Theerringe  217. 
Thelephora  laciniata  35. 
Perdix  175. 
Thyllen  200. 


Register, 


291 


Tilletia  Caries  67. 

Trametes  Pini  164.   .  » 

radiciperda  159. 
Trichosphaeria  parasitica  71. 
Triticum  repens  24. 
Trockenästung  223. 
Trockenfäule  185. 
Tuberacei  70. 
Trüffeln  70. 

U ebererden  der  Bäume  249. 
Ueberwallung  202. 
Unterlage  237. 
Uredineen  127. 
Urcdo  linearis  129. 
Uredosporen  128. 
Urocystis  occulta  67. 
Ustilagineen  65. 
Ustilago  Carbo  67. 

destruens  67. 

Maydis  67. 

Valsa  Prunastri  86. 
Verbindungsgewebe  238. 
Verbreitungsmittel  der  Pilze  46. 
Veredelungsprocess  237. 
Vererblichkeit  16. 
Verfrühter  Blattabfall  267. 
Verharzung  204. 

Verhütung  der  Wundkrankheiten  209. 
Verkienung  der  Stöcke  206. 
Verkohlen  der  Stöcke  234. 
Vernarbungsgewebe  200. 
Verscheinen  des  Getreides  242. 
Vertrocknen  im  Winter  260. 
Verwundungsarten  213. 


Viehtritt  216. 
Viscum  album  25. 

Wachholderpilz  130. 
Wärmebedürfniss  der  Pilze  44. 
Wärmeverlust  der  Pflanzen  254. 
Waldameise  217. 
Warzenpilz  35. 
,  Weidenfleckenkrankheit  99. 
Weidenrost  143. 
Weidenrothfäule  172. 
Weintraubenkrankheit  64.  69. 
Weisspfeifiges  Holz  177. 
Weisstannenbeule  153. 

krebs  153. 

nadelrost  157. 
-     schütte  100. 

ritzenschorf  100. 

säulenrost  134. 

weissfäule  167. 
Wildling  237. 
Wildschälen  213. 
Winterästimg  229. 
Winterfrost  258. 
Wundenheilung  208. 
Wundfäule  207. 
Wundholz  202. 
Wundkork  199. 
Wundkrankheiteu  48. 
Wurzelbeschädigung  235. 
Wurzelbrut  212. 
Wurzelfäule  247. 
Wurzelpilz  des  Weinstockes  81. 

Zersprengen  der  Rinde  243. 
Zopftrockniss  240. 


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Zersetztes  Fichtenholz, 
i.  Trametes  radiciperda.  2.  Trametes  Pini. 

3.  Pol}-porus  borealis.  4.  Polyporus  fulvus. 

5.  Polyporus  vaporarius.  6.  Wundfäule.' 


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Zersetztes  Eichenholz. 
7.  Thelephora  Perdix.  8.  Stereum  hirsutum. 

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Privatdozent  an  der  Universität  München. 

Mit  5  lithographirten  Tafeln.  —  Kart.    Preis  M.  4,—. 

Anatomie  der  Baumrinden. 

Vergleichende    Studien 

von 

Dr.  J.  Moeller, 

Professor  an  der  Universität  Innsbruck. 

Mit   146    Originalabbildungen   in   Holzschnitt. 

Preis  M.  18,  —  . 

Waldbesehädiguiigeii  dureh  Thiere 

und   Gegenmittel. 

Von 

Dr.  Bernard  Altum, 

Professor  der  Zoologie  an  der  Königl.  Forstakademie  Eberswalde  und  Dirigent  der  zoologischen 
Abtheilung  des  forstlichen  Versuchswesens  in  Preussen. 

Mit  81  in  den  Text  gedr.  Holzschnitten. 

Preis  M.  5,—  ;  geb.  M.  6,  —  . 

Die  Schälbeschädig,ung'  durch  Hochwild 

speciell    in    Fichtenbeständen. 

Ihre   Ursache,   ihre   wirthschaftlich- finanzielle   Bedeutung   und 

die  Mittel  zu  ihrer  Abwendung. 

Von 

H.  Reuss  jun., 

Forstmeister. 

Preis  M.  5,—. 
Zu  beziehen  durch  jede  Buchhandlung. 


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