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Lehrbuch
der
Baumkrankheiten.
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OTAMICAL
Lehrbuch
der
Baumkrankheiten.
Von
Dr. Robert Hart ig'.
Professor an der Universität München.
Zweite verbesserte und vermehrte Auflage.
Mit 137 Textabbildungen und einer Tafel in Farbendruck.
Berlin.
Verlag von Julius Springer.
1889.
Das Recht der Uebersetzung bleibt vorbehalten.
Vorrede.
Es ist nunmehr ein Decennium verflossen, seit ich mich der
Erforschung der Krankheiten der Waldbäume zugewendet habe.
Ueberblicke ich das, was mir vergönnt war, mit meinen geringen
Kräften zur Förderung der wissenschaftlichen Erkenntniss dieser
Erscheinungen beizutragen, so glaube ich, dass es auch einem
weiteren Leserkreise nicht uninteressant sein dürfte, in der Kürze
die wichtigsten Ergebnisse dieser Untersuchungen kennen zu lernen.
Die erste Veröffentlichung der Arbeiten rnusste in einer, allen
wissenschaftlichen Anforderungen entsprechenden Ausführlichkeit
erfolgen. Daraus erklärt es sich, dass die Resultate derselben noch
nicht zum Gemeingut der Forstwirthe geworden sind. Ich glaube
nicht zu irren, wenn ich annehme, dass der Wunsch, dieselben
kennen zu lernen, ein allgemein verbreiteter sei. Wollen wir bei
dem mit Verwaltungsgeschäften reichlich belasteten Forstwirthe
Interesse und Verständniss für eine wissenschaftliche Disciplin er-
wecken, so erreichen wir dies sicherlich nicht dadurch, dass wir
ihm dickleibige, vielbändige Werke offeriren. Selbst der junge,
noch ganz dem wissenschaftlichen Studium sich widmende Forst-
mann wird seinen Enthusiasmus für das eine oder andere Wissens-
gebiet nicht nach dem Umfange der ihm dargebotenen Lehrbücher
abstimmen. Die Zahl all der heterogenen Disciplinen, mit denen
er sich während seiner Studienzeit vertraut machen muss, ist so
gross, dass für den Lehrer die heilige Pflicht daraus erwächst,
Haus zu halten mit der Zeit, mit der Lernkraft und — mit den
Geldmitteln seiner Zuhörer.
Von diesem Gedanken und von der Ueberzeugung ausgehend,
dass unter Beobachtung der strengsten Wissenschaftlichkeit es doch
möglich sei, das Wissenswertheste aus einer Disciplin so zusammen-
Vi Vorrede.
zustellen, dass das volle Verständniss für dieselbe erreicht, das In-
teresse für selbständige Beobachtung und Forschung erweckt werde,
habe ich in diesem Lehrbuche einen Ueberblick über unsere Kennt-
uiss von den Erkrankungen der Bäume zu geben versucht. Vieles
ist darin enthalten, was ich in meinen früheren Werken noch nicht
veröffentlicht habe. Von den Ergebnissen anderer Forscher habe
ich nur das in das Lehrbuch aufgenommen, was ich auf Grund
eigener Untersuchungen und Beobachtungen zu vertreten im
Stande bin und mich nur hier und da auf Mittheilung nicht
selbst geprüfter Thatsachen eingelassen, wenn mir der Name des
Autors volle Garantie für deren Richtigkeit darbot. Das Bestreben
nach grösster Vollständigkeit verleitet gar zu leicht zur Aufnahme
von oberflächlichen, bei näherer Prüfung sich als unrichtig ergeben-
den Angaben. Ich glaubte mehr Werth auf Zuverlässigkeit als auf
Vollständigkeit legen zu sollen. Die Beigabe zahlreicher Holz-
schnitte, insbesondere vieler Habitusbilder, wird gewiss allgemein
willkommen geheissen werden. Es schien mir zweckmässig zu
sein, aus meinen früher veröffentlichten Werken einige Tafeln
diesem Lehrbuche beizufügen, um aus jeder grösseren Pilzgruppe
einen oder einige Repräsentanten eingehender beschreiben und
durch mikroskopische Bilder erläutern zu können. Nur Tafel II
und III wurden neu angefertigt. Von den Krankheiten der land-
wirtschaftlichen Culturpflanzen wurden nur die bedeutsamsten
kurz erwähnt im Interesse derjenigen meiner Leser, die in Erman-
gelung der einschlägigen Literatur doch den Wunsch haben, das
Wichtigere daraus zu erfahren.
Möchte durch dieses Lehrbuch das Interesse und Verständniss
für die Krankheitserscheinungen der Bäume, insbesondere der Wald-
bäume gefördert und allgemein verbreitet werden; möchte aber
auch dadurch der Anstoss zu neuen Forschungen und zum weiteren
Ausbau der in wissenschaftlicher und praktischer Richtung gleich
interessanten Pflanzenkrankheitslehre gegeben werden.
München, März 1882.
R. Hartig.
Vorrede zur zweiten Auflage.
Seit dem Erscheinen der ersten Auflage dieses Lehrbuches hat
sich unsere Kenntniss von den Krankheitserscheinungen der Bäume
nach vielen Seiten hin erweitert und war mein Bemühen darauf
gerichtet, die vorliegende neue Auflage dem gegenwärtigen Stande
des Wissens entsprechend umzuarbeiten. Da der wissenschaftliche
Forscher bei seinen Studien immer auf die Originalarbeiten zurück-
greifen wird, habe ich die lithographirten Tafeln, die ich der ersten
Auflage beigegeben hatte, fortgelassen und mich darauf beschränkt,
die wichtigsten Figuren, welche vorzugsweise Habitusbilder er-
krankter Pflanzentheile darstellen, in den Text aufzunehmen. Das
Studium der Krankheitsprocesse wird dadurch, wie ich hoffe, wesent-
lich vereinfacht. Nur eine colorirte Tafel, welche eine Zusammen-
stellung der häufigsten Zersetzungsarten des Fichten- und des Eichen-
holzes giebt, war nothwendig.
Zur schnellen Auffindung und Bestimmung der Krankheits-
erscheinungen, die in dem Lehrbuche beschrieben worden sind,
habe ich ein nach Pflanzenart und Pflanzentheil geordnetes Ver-
zeichniss derselben aufgestellt.
Der Verlagsbuchhandlung bin ich zu Dank verpflichtet, dass
dieselbe nicht allein auf die Ausstattung des Werkes alle erdenk-
liche Sorgfalt verwendete, sondern auch den Preis des Buches gegen
früher verminderte, obgleich dasselbe an Umfang bedeutend zuge-
nommen hat.
Möchte das Lehrbuch in der neuen Gestalt den gleichen Beifall
sich erringen, dessen sich die erste Auflage zu erfreuen hatte.
München, November 1888.
R. Hartig.
Inhaltsverzeichniss.
Seite
Einleitung.
§ 1. Entwicklung der Pflanzenkrankheitslehre 1
§ 2. Krankheitsursachen 4
Kränkeln. Natürlicher Tod. Altersschwäche. Eintheilung der Krank-
heiten nach den Ursachen. Krankheitsanlagen. Erblichkeit der Krank-
heiten.
§ 3. Verfahren bei Untersuchung der Krankheiten 16
I. Abschnitt. Beschädigungen durch Pflanzen.
§ 4. Phanerogame Gewächse 23
Lonicera Periclyrnenum. Triticuni repens. Scrophulariaceae. Lathraea.
Orobanche. Loranthaceae. Cuscuteae.
Kryptogame Gewächse.
§ 5. Unächte Parasiten 35
Thelephora laciniata. Flechten.
§ 6. Bacterien 36
Gelber Rotz der Hyacinthen. Nassfäule der Kartoffeln.
$ 7. Die Myxomyceten. Schleinrpilze 38
Plasmodiophora Brassicae. Schinzia Alni.
§ 8. Die Pilze. Allgemeines über Bau und Leben der Pilze 39
Mycelium. Fruchtträger. Sporen. Gonidien. Lebensweise und Lebens-
bedingungen. Parasiten. Saprophyten. Verbreitung der Pilze. An-
griffsweise der Parasiten. Wirkungen der Pilze auf die Gewebe der
Wirthspflanzen. Prophylactische und therapeutische Maassregeln.
a) Phycomycetes.
§ 9. Peronosporeae 56
Phytophthora. Peronospora. Pythium. Cystopus.
§ 10. Ustilagineae 65
Tilletia. Ustilago. Urocystis.
b) Ascomycetes.
§ 11. Erysiphei. Die Mehlthaupilze 68
Erysiphe. Oidium.
§ 12. Tuberacei. Die Trüffelpilze 70
Elaphomyces. Tuber. Mycorhiza.
Inhaltsverzeiehniss. IX
§ 13. Pyrenomycetes. Die Kernpilze 71
Trichosphaeria. Herpotrichia. Rosellinia. Dematophora. Cucurbitaria.
Sphaerella. Stigmatea. Gnomonia. Valsa. Nectria. Polystigma.
Claviceps. Piowrightia.
§ 14. Discomycetes. Die Scheibenpilze 97
Rhytisnia. Hysterium». Peziza. Sclerotinia. Botrytis.
§ 15. Gymnoasceae 117
Exoascus.
§ 16. Unvollständig bekannte Schlauchpilze 121
Cercospora. Pestalozzia. Phoma. Gloeosporium.
<•) ßasidiomycetes.
§ 17. Uredineae. Rostpilze 127
Puccinia. Phragmidium. Gymnosporangium. Melampsora. Coleo-
sporium. Cronartiura. Chrysomyxa. Isolirte Aecidiumformen.
§ 18. Hymenomycetes. Hutpilze 157
Exobasidium. Trametes. Polyporus. Hydnum. Thelephora. Stereurn.
Agaricus. Zerstörungen des Bauholzes durch Pilze. Trockenfäule.
Merulius. Grünfäule. Blauwerden des Holzes.
II. Abschnitt. Verwundungen.
§ 19. Heilung und Reproduction im Allgemeinen 197
Wundkork. Füllzellen. Vernarbungsgewebe. Ueberwallung. Ver-
harzung. Gummibildung. Wundfäule. Wundbehandlung. Präventiv-
knospen. Adventivknospen.
§ 20. Verwundungsarten 213
Schälen durch Wild. Mäuse. Beschädigung durch Holzrücken.
Viehtritt. Menschenhand. Quetschwunden. Harznutzung. Ring-
wunden. Trockenästung. Grünästung. Fichtenzwillinge. Stamm-
abhieb. Wurzelbeschädigungen. Stecklinge. Veredelung.
III. Abschnitt. Erkrankungen durch Einflüsse des Bodens.
§ 21. Wasser- und Nährstoffgehalt des Bodens 240
Gipfeldürre. Verscheinen. Zersprengen der Rinde.
§ 22. Ungenügender Luftwechsel im Boden 245
Wurzelfäule. Uebererden der Bäume. TieÜage des Samen.
§ 23. Giftstoffe im Boden 250
Salzlösungen. Langen. Leuchtgas.
IV. Abschnitt. Erkrankungen durch atmosphärische Einflüsse.
§ 24. Wirkungen des Frostes 253
§ 25. Rindenbrand. Sonnenriss. Vorzeitiger Blattabfall. Ueberfluss und
Mangel an Licht 265
§ 26. Mechanische Verletzungen. Hagelschlag. Schneedruck. Sturmbe-
schädigungen 269
§ 27. Feuer. Steinkohlenrauch und Blitzbeschädigungen 270
§ 28. Verzeichniss der in dem Lehrbuche besprochenen Pfianzenkrankheiten
nach der Pflanzenart geordnet 276
Register 287
Einleitung.
§ 1. Entwicklung der Pflanzenkrankheitslehre.
Die Umwandlung der natürlichen Bewaldungsverhältnisse
Deutschlands, die Begründung gleichartiger Bestände derselben
Altersstufe und Holzart an Stelle der aus verschiedenartigen und
verschiedenaltrigen Bäumen zusammengesetzten Plänter- und Mittel-
waldungen, insbesondere die Verdrängung des Laubholzes durch
reine Nadelholzbestände hat in unserem Jahrhundert und ganz be-
sonders in den letzten Decennien Gefahren für den Wald herauf-
beschworen, welche in solchem Umfange früher unbekannt waren.
Besonders sind es die Feinde aus dem Thier- und Pflanzenreiche,
die in unseren modernen Waldungen günstige Bedingungen zu
massenhafter Entwicklung vorfinden, so dass die Klagen über zu-
nehmende Waldverwüstungen keineswegs unbegründet erscheinen.
Bekannt waren schon den Forstwirthen des vorigen Jahrhunderts
sehr viele Feinde und Krankheiten der Bäume; es zeugt hierfür ein
im Jahre 1795 erschienenes Werk1), welches wohl die erste Zu-
sammenstellung der in der älteren Literatur zerstreuten Beobach-
tungen über Pflanzenkrankheiten enthält. Wir können daraus ent-
nehmen, dass eine grosse Zahl der erst in den letzten Jahren
aufgeklärten Krankheiten, z. B. die Buchenkeimlingskrankheit, der
Kienzopf der Kiefer, die Rothfäule der Fichte u. s. w. vor 100 Jahren
den Forstleuten wohl bekannt war, wenn auch die Erklärung der
Ursachen selbstredend dem damaligen Standpunkte der botanischen
Wissenschaft entsprechend ausfallen musste.
Vor etwa 50 Jahren wandte sich eine Anzahl tüchtiger For-
scher, Saxesen, Th. Hartig, Ratzeburg seien hier nur genannt, dem
*) Schreger, Erfahrungsmässige Anweisung zur richtigen Kenntniss der Krank-
heiten der Wald- und Gartenbäume etc. Leipzig, 1795. 518 Seiten.
Hartig, Baumkrankheiten, 2. Aufl. X
2 Einleitung.
Studium der Insecten zu. Das Leben der Forstinsecten, ihr
Schaden oder Nutzen wurde bald das Lieblingsstudiuni vieler prak-
tischer Forstwirthe und den gemeinsamen Bemühungen zahlreicher
Kräfte gelang es, in einigen Decennien die Forstinsectenkunde zu
einer geachteten wissenschaftlichen Disciplin zu erheben, die ein
Gemeingut aller gebildeten Forstwirthe geworden ist.
Anders stand es mit denjenigen Pflanzenkrankheiten, die sich
nicht auf Thierbescbädigungen zurückführen Hessen. Ihre Erfor-
schung blieb der jüngsten Zeit vorbehalten, denn erst, nachdem
die botanische Wissenschaft mit ihrer Hauptwaffe, mit dem Mikro-
skop einen klareren Einblick gewonnen hatte in den normalen Bau
und in die normalen Lebenserscheinungen der Pflanzen, nachdem
insbesondere das Studium der Pilze in den letzten Jahrzehnten
durch eine Reihe der hervorragendsten Forscher gefördert war,
konnte die Untersuchung der krankhaften Erscheinungen des Pflan-
zenlebens mit Aussicht auf Erfolg in Angriff genommen werden.
Zwar waren in den Jahren 1833 bis 1841 drei Lehrbücher
der Pflanzenkrankheiten erschienen, nämlich von Fr. Unger2), von
Wiegmann3) und von Meyen4), welche Zeugniss dafür ablegen,
dass die Fortschritte in der Erkenntniss des Baues und Lebens der
Pflanze bei den Versuchen, die krankhaften Erscheinungen des
Pflanzenlebens zu erklären, nicht unbenutzt geblieben waren, die
irrige Anschauung über das Wesen der Pilze, die völlige Unkennt-
niss ihrer Entwicklungsgeschichte standen jedoch dem klaren Ver-
ständniss der Krankheitsprocesse hindernd im Wege. Insbesondere
wurde die unbefangene Forschung durch den Umstand gestört, dass
man die wissenschaftlichen Errungenschaften, welche besonders
durch J. v. Liebig auf dem Gebiete der Agriculturchemie gewonnen
wurden, in irriger Weise auch auf die Erkrankungen der Pflanzen
anzuwenden suchte. Nachdem man erkannt hatte, welche hohe
Bedeutung für das Gedeihen der Pflanzen die Menge und Be-
schaffenheit der im Nährboden vorhandenen mineralischen Stoffe
2) Fr. Unger, Die Exantheme der Pflanzen und einige mit diesen verwandte
Krankheiten der Gewächse. Wien 1833.
3) Wiegmann, Die Krankheiten und krankhaften Missbildungen der Gewächse.
Braunschweig 1839.
4) Meyen, Pflanzenpathologie. Lehre von dem krankhaften Leben und Bilden
der Pflanzen. Berlin 1841.
Einleitung. 3
besitze, und wie eine unwirtschaftliche Behandlung des Bodens,
insbesondere eine Raubwirthschaft im Wald-, Feld- und Gartenbau
eine Erschöpfung desselben an dem einen oder anderen Nährstoffe
mit sich bringen könne oder müsse, die in Trägwüchsigkeit der
Culturpflanzen zum Ausdruck gelange, da glaubte man auch ohne
vorgängige exacte Untersuchungen berechtigt zu sein, einen Schritt
weiter zu gehen und auch die acuten Erkrankungen der Cultur-
pflanzen, insoweit sie nicht sofort auf äussere Ursachen sich zurück-
führen Hessen, als Folgen des Mangels an dem einen oder anderen
Nährstoffe im Boden betrachten zu dürfen. Die Thatsache, dass
ebenso häufig Erkrankungen auf sehr fruchtbarem wie auf magerem
Boden auftreten, führte zu der Annahme, dass auch ein Ueber-
schuss an Nahrung die Veranlassung zur Entstehung von Pflanzen-
krankheiten sein könne. Bahnbrechend für die Erforschung der
Pflanzenkrankheiten waren erst die Arbeiten von de Bary5) und
Tulasne6), und es beginnt hiermit eine neue Periode für die Er-
forschung der Pflanzenkrankheiten, indem man von nun an dem
Leben und Wirken der parasitären Pilze die grösste Aufmerksam-
keit zuwendete. Die bisherige Anschauung, demnach alle Pilzbil-
dungen nur im Gefolge bereits vorhandener Krankheitsprocesse oder
gar als Symptome bereits eingetretenen Todes der bewohnten Pflan-
zentheile auftreten, war als irrig erwiesen und wendete sich nunmehr
die Forschung in erster Linie den Krankheiten der landwirtschaft-
lichen und gärtnerischen Culturgewächse zu. Unter anderen war
es vorzugsweise Jul. Kühn7), der die Wissenschaft um eine Reihe
der werthvollsten Untersuchungen bereicherte. Eine sichere Basis
gewann die weitere Forschung mit dem Erscheinen von de Bary's8)
Morphologie und Physiologie der Pilze.
Bis dahin war die Aufmerksamkeit der Forscher fast allein
den landwirtschaftlichen Culturgewächsen zugewendet gewesen,
5) De Bary, Untersuchungen über die Brandpilze und die durch sie veran-
lassten Krankheiten der Pflanzen mit Rücksicht auf das Getreide und andere Nähr-
pflanzen. Berlin 1853.
6) Tulasne, Selecta fungorum carpologia. Paris 1861.
7) Julius Kühn, Die Krankheiten der Culturgewächse, ihre Ursachen und
Verhütung. Berlin 1858.
8) De Bary, Morphologie und Physiologie der Pilze . . Leipzig 1866 und
Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze. Leipzig 1884.
Einleitung;
&•
und erklärt sich dies genügend aus dem Umstände, dass ja nur
wenigen botanisch Gebildeten die Gelegenheit geboten war, auch
im Walde zu forschen und den Krankheiten der Bäume ihre Auf-
merksamkeit zuzulenken. Es ist das unzweifelhafte Verdienst von
M. Willkomm9), nach dieser Richtung hin zuerst anregend gewirkt
zu haben. Der Versuch Hallier's, das zerstreute Material in
einem Lehrbuche10) zusammenzustellen, wurde später mit glück-
licherem Erfolge durch P. Sorauer11) und durch Frank12) wieder-
holt. Deren Handbücher sind verdienstvolle Sammelwerke, in welchen
systematisch geordnet die in zahllosen Zeitschriften und Werken
zerstreuten Arbeiten zusammengestellt worden sind. Meine eigenen
Arbeiten sind theils in Zeitschriften, theils in selbständigen Schriften13)
veröffentlicht.
§ 2. Krankheitsursachen.
Es ist nicht wohl möglich, bei dem heutigen Stande der Wis-
senschaft eine scharfe Definition für die Zustände des Pflanzenor-
ganismus aufzustellen, die man einerseits als gesunde, andererseits
als kranke bezeichnen will. Die Entwicklung einer jeden Pflanze
hängt von einer Reihe äusserer Ernährungsfactoren ab, welche wie
das Licht, die Wärme, die Art und Menge der Nährstoffe, des
Wassergehaltes und Sauerstoffgehaltes des Bodens, der Gehalt der
Luft an Kohlensäure u. s. w. der Pflanze in sehr verschiedener
Menge dargeboten werden. Wirken alle diese äusseren Einflüsse
in günstigster Weise auf die Entwicklung der Pflanze ein, so wird
sich dieselbe kräftig ernähren und ein üppiges Gedeihen zeigen.
Es tritt nun aber vielleicht nie der Fall ein, dass alle diese
9) M. Willkomm, Die mikroskopischen Feinde des Waldes. Dresden
1866, 1868.
10) E. Hallier, Phytopathologie. Die Krankheiten der Culturgewächse.
Leipzig 1868.
n) P. Sorauer, Handbuch der Pflanzenkrankheiten. Berlin 1874. II. Auf-
lage 1886.
12) B. Frank, Die Krankheiten der Pflanzen. Breslau 1880.
13) R. Hartig, Wichtige Krankheiten der Waldbäume. Berlin 1874. Ders.,
Die Zersetzungserscheinungen des Holzes der Nadelholzbäume und der Eiche.
Berlin 1878. Ders., Untersuchungen aus dem forstbotanischen Institute zu München.
I. Berlin 1880. III. Berlin 1883. Ders., Der echte Hausschwamm, Merulius
lacrymans. Berlin 1885.
Einleitung. 5
Lebensfactoren gleichzeitig in denkbar günstigster Weise zusammen-
wirken, vielmehr wird immer an einem oder einer Mehrzahl der-
selben ein Mangel oder ein Ueberfluss vorhanden sein, der dahin
führt, dass die Entwicklung der Pflanze mehr oder weniger beein-
trächtigt wird. Wir nennen solche Pflanzen noch nicht krank und
erst dann, wenn das Gedeihen derselben auf eine gewisse sehr
niedere Stufe herabsinkt, nennen wir sie „kränkelnd".
Derartige kränkelnde Pflanzen erholen sich in der Regel, wenn
der Mangel an Licht, Wärme, Nährstoffen oder was nun die Ursache
des Kränkeins sein mochte, beseitigt wird. Es ist die Aufgabe der
Physiologie, zu erforschen, welche Verhältnisse das beste Gedeihen
der Pflanzen bedingen. Die Erscheinungen des Kränkeins zu er-
forschen, betrachte ich nicht als Aufgabe der Pathologie. Erst
dann, wenn das Kränkeln zu einem theilweisen Absterben der
Pflanze führt, wird man von einer wirklichen Erkrankung reden
müssen. Wird z. B. durch Streurechen der Boden eines Bestandes
verschlechtert, so tritt eine Wuchsverminderung ein, die noch nicht
ein Erkranken ist; zeigt sich aber ein Absterben der Baumgipfel,
so haben wir die Erkrankung der „Zopftrockniss" oder „Gipfel-
dürre" vor uns. Dies Beispiel erläutert, wie allmälig der Zu-
stand des Kränkeins in den der Erkrankung übergeht und als
äusseres Merkmal der letzteren nur das partielle Absterben der
Pflanze bezeichnet werden kann.
Ebenso schwierig ist es, die Grenze zu ziehen zwischen gesund
und krank, zwischen normal und abnorm auf dem Gebiete der Er-
scheinungen, die wir als Missbildungen zu bezeichnen pflegen. Es
liegt in der Natur der Organismen der Hang nach einer Variation
in morphologischer und physiologischer Beziehung und beruht ja
hierauf die Fortentwicklung der organischen Welt.
Das Variiren ist also eine normale Erscheinung und beruht
auf Ursachen, die fast stets im allerfrühsten Lebensstadium des
Organismus vor, während und unmittelbar nach der Befruchtung
der Eizelle wirksam sein dürften.
Die Grenze zwischen normaler Variation und Missbildung fest-
zustellen, ist unmöglich und hat man auch das Gesammtgebiet der
hierher gehörenden Erscheinungen, die wir nicht zu erklären im
Stande sind, zu einer besonderen Lehre, der Teratologie zusammen-
gefasst und von der Pathologie abgezweigt.
(j Einleitung.
Wir werden somit in diesem Lehrbuche uns im Wesentlichen
darauf beschränken, solche Erscheinungen zu beschreiben und zu
erklären, welche die Pflanze oder einen wenn auch noch so kleinen
Theil derselben zu vorzeitigem Absterben bringen.
Es führt uns diese Definition zur Beantwortung der Frage, ob
die Pflanzen sämmtlich dem natürlichen Tode unterliegen oder
wenigstens theilweise nur durch äussere Einflüsse untergehen, also
nur dem accidentiellen Tode unterworfen sind.
Die Erfahrung lehrt, dass wenigstens unter den höher ent-
wickelten Pflanzen jedes Individuum früher oder später dem Tode
verfällt, dass die Ursache des Absterbens aber bei den perennirenden
Pflanzen, insbesondere den Bäumen und Sträuchern, stets in
äusseren ungünstigen Einflüssen zu finden ist. Bei den niederen Or-
ganismen, die sich lediglich durch Theilung vermehren und noch
keine sexuelle Vermehrung erkennen lassen, kann man nicht wohl
von einem natürlichen Tode sprechen, da ja jeder Theil so alt ist
wie der Mutterorganismus, durch dessen Spaltung u. s. w. derselbe
sich gebildet hat. Wäre einer bestimmten Pflanzenart, die sich
nur durch Theilung zu vermehren im Stande ist, eine natürliche
Lebensgrenze gesetzt, so müssten mit Erreichung derselben auch
alle Theile derselben, also auch die durch Theilung aus ihr her-
vorgegangenen Nachkommen zu Grunde gehen, was bekanntlich
nicht der Fall ist. Bei denjenigen Pflanzen, die sich auch auf
sexuellem Wege vermehren, treten sehr verschiedene Verhältnisse
hervor. Bei den annuellen Pflanzen stirbt der vegetative Theil
alljährlich ab und es erhalten sich nur die aus den befruchteten
Eizellen hervorgegangenen Embryonen am Leben. Wenn sich aus
diesen samentragende Pflanzen entwickelt haben, so erhält sich von
ihnen wiederum nur das aus den Sexualzellen hervorgegangene
Bildungsproduct. Der vegetative Theil jeder Pflanze stirbt also
aus inneren Ursachen ab, wenn solche auch zum Theil nur in der
Erschöpfung beruht, die eine Folge der Ausbildung der Samen ist.
Es tritt also ein natürlicher Tod aus inneren Ursachen ein, wo-
gegen die Sexualzellen derselben nur dann absterben, wenn sie
nicht befruchtet werden oder das Befruchtungsproduct aus äusseren
Ursachen nicht zur Entwicklung einer neuen Pflanze gelangt. In
der unbegrenzten Lebensdauer dieses Theiles der Pflanze, d. h. der-
jenigen Sexualzellen, die nicht dem accidentiellen Tode anheimfallen,
Einleitung
&•
beruht ja die Continuität in der organischen Welt, die Entwicklung
und Erhaltung der Pflanzen- und Thierwelt.
Bei den perennirenden Pflanzen sind es nur einzelne Theile,
welche dem natürlichen Tode alljährlich unterliegen, so bei den
Stauden die oberirdischen Wurzeltheile, bei den sommergrünen
Bäumen und Sträuchern die äusseren Rindengewebe, die Blätter
u. w. s.
Das eigentliche Pflanzenindividuum geht aber nur in Folge
äusserer ungünstiger Einflüsse zu Grunde. In der That verjüngt
sich jeder Baum alljährlich in seiner Peripherie durch Neubildung
aus dem Cambium und durch neue Triebe und Knospen. Er-
fahrungsgemäss ist die Lebensdauer eines jeden Baumes begrenzt,
doch ist nicht erwiesen, ob dies auf innere Ursachen zurückzu-
führen oder die Folge der zahllosen Einflüsse ist, die mehr oder
weniger nachtheilig von aussen auf die Pflanze einwirken. Wenn
wir sehen, dass das Längenwachsthum eines Baumes nach Er-
reichung eines gewissen Maximum immer langsamer wird und
schliesslich ganz aufhört, so würde man dies auf ein Nachlassen
der Ernährungsfactoren, insbesondere wahrscheinlich darauf zurück-
führen müssen, dass die Kräfte, welche Wasser und Nährstoffe zur
Gipfelknospe des Baumes emporleiten, beschränkte sind, die nach
der specifischen und individuellen Natur der Pflanze früher oder
später nicht mehr ausreichen, um das Längenwachsthum fortzu-
setzen. Würde man von einem alten Baume einen Steckling
schneiden, so würde dieser denselben Entwicklungsgang durch-
machen wie der Mutterbaum, und dadurch beweisen, dass durch
vegetative Vermehrung das Leben einer Pflanze auf unbegrenzte
Zeiten ausgedehnt werden kann. Bisher ist noch keine Erscheinung
bekannt geworden, aus der man mit Sicherheit entnehmen kann,
dass innere, natürliche Todesursachen allen, also auch den peren-
nirenden Pflanzen eigenthümlich seien. Damit wird zugleich die
Frage angeregt, ob „Altersschwäche" ein Factor sei, der bei Be-
trachtung der Pflanzenkrankheiten ins Auge gefasst werden muss.
Wir werden bei der Besprechung der Krankheitsanlagen nach-
weisen, dass hohes Lebensalter ebensogut wie jugendliches Alter
einer Pflanze für die eine oder andere Erkrankung disponiren kann.
An und für sich ist aber Altersschwäche nicht ein natürlicher,
aus inneren Ursachen abzuleitender, sondern ein durch äussere
3 Einleitung.
Einflüsse herbeigeführter Zustand. Je älter ein Baum ist, um so
zahlreicheren Gefahren war derselbe im Laufe der Zeit ausgesetzt,
um so mehr Verletzungen und Wunden trägt derselbe, durch
welche Parasiten oder Saprophyten Eingang in das Innere finden;
je älter der Baum, um so enger ist der Jahrring und um so
schwerer und langsamer geht die Ueberwallung jeder Wunde von
Statten; je älter der Baum, um so langsamer ist die Ernährung,
da einestheils der Erdboden, in welchem der Baum wurzelt, sich
verdichtet und dadurch den Luftzutritt erschwert, anderenteils an
dem einen oder anderen Nährstoff stellenweise erschöpft wird.
Mit der Verminderung der Nährstoffzufuhr zu der Krone des
Baumes tritt ein Verkümmern derselben und partielles Absterben
ein, was wiederum Krankheiten zur Folge hat, die schliesslich den
Tod herbeiführen.
Immer sind es aber nachweisbare äussere Einflüsse, die dabei
wirksam sind, so class die Frage, ob Altersschwäche ein an sich
naturgemässer Zustand sei, der sich z. B. in einer Schwächung der
Organisation einer Cambialzelle oder einer von dem Baume abge-
lösten Knospe äussern, zur Zeit verneint werden muss. Wenn
man also von der natürlichen Lebensdauer einer Pflanzenart redet,
so ist damit zu verstehen der Zeitraum, welchen eine Pflanze zu
durchleben vermag, ohne den ungünstigen äusseren Einwirkungen
des Bodens, des Klimas und den mannigfachen Angriffen para-
sitisch und saprophytisch lebender Organismen zu unterliegen.
Damit haben wir dann zugleich die naturgemässe Eintheilung
der Erkrankungsarten gefunden, die wir in dem Nachstehenden nach
den äusseren Einflüssen, durch welche sie hervorgerufen werden, be-
trachten wollen.
1. Erkrankungen durch phanerogame Pflanzen.
2. Erkrankungen durch cryptogame Pflanzen.
3. Verwundungen.
4. Erkrankungen durch ungünstige Bodeneinflüsse.
5. Erkrankungen durch ungünstige atmosphärische Einflüsse.
Bei den meisten Erkrankungsarten kann man die Wahrnehmung
machen, dass nicht alle Individuen einer Pflanzenart, welche be-
stimmten schädlichen Einflüssen ausgesetzt sind, in gleicher Weise
diesen Einflüssen unterliegen, dass vielmehr einzelne Individuen
oder Varietäten ganz oder fast völlig widerstandsfähig sich er-
Einleitung. 9
weisen, während andere schnell erkranken oder absterben. Diese
Beobachtungen zeigen, dass die von aussen kommenden Ursachen
nicht allein bestimmend sind für die Entstehung einer Krankheit,
dass vielmehr eine Pflanze nur unter bestimmten Voraussetzungen
erkrankt, dass eine Prädisposition, eine Krankheitsanlage vor-
handen sein muss, dass also gewissermassen das Entstehen einer
Krankheit durch das Zusammentreffen zweier Factoren bedingt wird.
Der eine Factor ist die in der Regel leicht nachweisbare äussere
Krankheitsursache. Der zweite Factor dagegen ist begründet in
einer dem Pflanzenorganismus eigenthümlichen Beschaffenheit, die
entweder nur zu gewissen Zeiten vorhanden oder nur einzelnen
Individuen eigenthümlich und angeboren ist oder endlich durch be-
stimmte äussere Einflüsse von den Pflanzen erworben wurde.
Alle diese Eigenthümlichkeiten in der Organisation der Pflanze
können durchaus normaler Natur sein, d. h. an und für sich den
Pflanzenorganismus völlig gesund erscheinen lassen, in welchem
Falle man die Prädisposition als „normal" bezeichnet. Anderer-
seits kann aber die Krankheitsanlage auch eine „abnorme" sein,
wenn nämlich der Pflanzenorganismus erst dadurch für eine Er-
krankung prädisponirt wird, dass er bereits von einer anderen Er-
krankung heimgesucht ist. Abnorme oder krankhafte Prädisposition
kann z. B. in der Gegenwart einer Verwundung bestehen, durch
welche einem Parasiten erst der Eingang in den Pflanzenorganis-
mus ermöglicht wird. Die ganze Gruppe der infectiösen Wund-
krankheiten kann hierher gezählt werden.
Unter normaler Prädisposition versteht man also
jeden, wenn auch nur vorübergehenden Zustand im ana-
tomischen Bau, in der chemischen Constitution oder in
den Lebensfunctionen eines Organismus, der an sich noch
keinerlei Nachtheil für das Individuum in sich schliesst,
der aber, wenn noch ein zweiter, und zwar äusserer Factor,
der für sich allein ebenfalls ohne Nachtheil für die Pflanze
ist, hinzukommt, zu einer Erkrankung führt.
Neben dieser, dem Organismus innewohnenden normalen und
abnormen Disposition kann man aber auch von einer, in der Oert-
lichkeit gelegenen Prädisposition für Krankheiten reden.
Es giebt eine grosse Anzahl solcher Pilze, die nur dann eine
bestimmte Holzart befallen können, wenn in der Nähe noch eine
10 Einleitung.
andere Pflanzenart auftritt, auf der dieser Pilz zu gewissen Jahres-
zeiten seine Entwicklung findet. Oertlichkeiten mit vielen Aspen
zeigen eine Prädisposition für die Kieferndrehkrankheit, Alpenrosen
verleihen einer Gegend eine Anlage für Fichtenblasenrostkrankheit,
Berberitzenhecken disponiren zur Erzeugung von Getreiderost. Schon
in dem Auftreten zusammenhängender Bestände von einer und der-
selben Holzart liegt eine Gefahr, durch welche grosse Epidemien
entstehen können. Reine Lärchenbestände ausserhalb der Alpen gehen
fast immer am Krebs zu Grunde, wogegen zwischen anderen Holz-
arten eingesprengte Lärchen sich gesund erhalten. Klimatische
Eigentümlichkeiten einer Gegend können dieselbe im hohen Grade
für das Auftreten von Erkrankungen geeignet machen. So findet
man im Alpengebiete die Umgebung der Seeen und enge Schluch-
ten für gewisse Pilzkrankheiten besonders prädisponirt, da hier die
Pilzfrüchte in der feuchten Luft besonders gut gedeihen. Im
Walde kommen bestimmte Oertlichkeiten vor, die das Auftreten
von Frostbeschädigungen begünstigen, sogenannte Frostlagen. In
der Beschaffenheit des Erdbodens kann eine Disposition für gewisse
Erkrankungen liegen, sei es, dass z. B. in ihm unterirdische Pilz-
parasiten besonders gutes Gedeihen finden, oder unter gewissen
Verhältnissen Wurzelfäule zum Vorschein tritt. Man wird in zahl-
losen Fällen von vornherein Oertlichkeiten als disponirt für gewisse
Krankheiten bezeichnen können, die dann eintreten müssen, wenn
der eine oder andere äussere Factor hinzukommt, der in anderen
Oertlichkeiten schadlos für die Pflanzenwelt ist. Diese an die
Oertlichkeit gebundene Disposition bildet allerdings nur einen Theil
der mannigfachen ausserhalb des Pflanzenorganismus gelegenen,
das Auftreten und die Entwickelung von Krankheiten fördernden
Umstände und darf mit dem Begriff der Krankheitsanlage im en-
geren Sinne nicht verwechselt werden.
Die normale Prädisposition der Pflanzen kann zunächst in
solchen natürlichen Entwickelungszuständen derselben be-
stehen, die bei jeder Pflanze zeitweise vorhanden sind. Dahin
gehört das jugendliche Alter der Pflanze und der jugendliche
Zustand ihrer neuen Triebe, Blätter und Wurzeln.
Diese sind anfänglich nur von einer zarten, wenig oder gar
nicht verkorkten Oberhaut bekleidet, welche den Angriffen parasi-
tärer Pilze keinen Widerstand zu leisten vermag, wogegen im
Einleitung. XX
höheren Lebensalter mit der Cuticularisirung der äusseren Epidermis-
zellwand und weiter mit der Bildung von Korkhäuten und Borke
an den Axentheilen die Disposition für eine Menge von Erkran-
kungsformen verloren geht.
Andererseits kann auch das höhere Lebensalter eine Prä-
disposition für gewisse Erkrankungen mit sich bringen. Junge
Nadelholzbäume mit Harzkanälen sind gegen Infection durch Holz-
pilze fast völlig geschützt, wenigstens insoweit solche von Astwunden
aus eindringen, da jede frische Astwunde durch ausströmendes Ter-
pentinöl alsbald mit einer schützenden Substanz sich bekleidet. Erst
von der Zeit an, wo sich ein Kernholz bildet, welches kein liquides
Wasser mehr führt, tritt eine Prädisposition für Holzerkrankungen
ein, da bei Astbrüchen der innere Holztheil nicht mehr durch
ausfliessendes Terpentinöl sich selbst gegen Angriffe schützt, son-
dern nur im wasserreichen Splinte Terpentinöl und Harz aus den
Harzkanälen gewaltsam hinausgepresst wird. Mit dem höheren
Lebensalter ist bei den Bäumen in der Regel auch geringere Jahr-
ringsbreite verbunden und die Folge davon ist, dass Wunden nicht
so schnell durch Ueberwallung sich schliessen, als an jungen
wuchskräftigen Bäumen. Es ist leicht einzusehen, dass damit die
nachtheiligen Folgen von Verwundungen im höheren Lebensalter
sich steigern. Von einer Altersschwäche und damit wachsender
Empfänglichkeit für äussere Gefahren kann nur in diesem Sinne
gesprochen werden.
Einen grossen Einfluss auf die Widerstandsfähigkeit der Pflanze
gegen Gefahren hat der mit der Jahreszeit in Beziehung stehende
Vegetationszustand der Pflanze. Bekannt ist, wie hohe Kälte-
grade eine Pflanze im Ruhezustande des Winters vertragen kann,
während sie im Frühjahre nach Beginn der Vegetationsthätigkeit
und vor Abschluss derselben im Herbste wenigen Kältegraden
erliegt.
Auch die Widerstandsfähigkeit der Zellgewebe gegen die An-
griffe parasitärer Pilze ist nach der Jahreszeit sehr verschieden.
Zwischen der lebenden Zelle der Wirthspflanze und der Pilzzelle
des Parasiten besteht ein Kampf, in welchem bei vielen, das Rinden-
und Cambialgewebe bewohnenden Parasiten die letztere nur dann
die erstere zu tödten vermag, wenn diese im Zustande der vege-
tativen Ruhe sich befindet, also ausserhalb der Vegetationszeit.
12 Einleitung.
Finden im Zellgewebe der Wirthspflanze selbst lebhafte Processe des
Stoffwechsels statt, dann ist sie befähigt, die Angriffe des Pilzes
abzuwehren. Die auf Ferraentausscheidung der letzteren beruhende
Einwirkung auf das Zellgewebe des Wirthes ist nur dann eine nach-
theilige, wenn diese gleichsam wehrlos ist durch den Ruhezustand, in
dem sie sich befindet. Diese Rindenpilzc wachsen nur vom Herbste
bis zum Frühjahre und werden mit Beginn der vegetativen Thätig-
keit der Wirthspflanze in ihrer Weiterentwicklung gehemmt. Ein
ähnliches Yerhältniss besteht bei einigen Pilzen, welche im Holz-
theile der Bäume iederzeit üppig wuchern und auch die lebenden
Zellen desselben tödten, aber nicht im Stande sind, in das lebende
Rindengewebe einzudringen, welches sie erst dann durchwuchern,
wenn nach dem Absterben des Holzes dasselbe durch Vertrocknung
getödtet wurde. Dem Holz- und Rindengewebe steht offenbar ein
verschiedenes Widerstandsvermögen gegen den Parasiten zu Gebote.
Auch der durch die Witterung bedingte Wassergehalt der
Pflanzen ist von Einfluss auf die Entwicklung der Parasiten im
Innern derselben. In regenreichen Zeiten, in denen die Pflanzen-
gewebe wasserreicher sind, als in Trockenperioden, vegetiren manche
im Innern der Pflanze perennirende Pilze weit üppiger, als in
Trockenperioden. Es tritt dies besonders bei der Kiefern drehkrank-
heit und bei dem Eichenwurzeltödter hervor.
Gegenüber den vorstehend besprochenen, gewissermassen nur
periodisch auftretenden Dispositionserscheinungen giebt es eine
zweite Kategorie von Eigenthümlichkeiten, die nur einzelnen In-
dividuen oder Varietäten gleichsam angeboren sind und
diese für gewisse Krankheiten besonders disponiren. Die Variation
im Pflanzenreich kann in morphologischen, chemischen und physio-
logischen Eigenthümlichkeiten zum Ausdruck gelangen und nach
jeder dieser Richtungen hin können Formen eintreten, die für die
eine oder andere Erkrankung mehr oder weniger empfänglich sind.
In morphologischer Beziehung sei nur daran erinnert, dass es
Kartoffelsorten giebt, die eine sehr zarte Haut, andere, die eine
dicke Korkhaut besitzen und dass es leicht erklärlich ist, wie jene
gegen die Angriffe des Kartoffelfäulepilzes weit weniger geschützt
sind, als die Dickhäuter.
Von der Douglasfichte giebt es eine blaubereifte Varietät, deren
Nadeln durch den reichlichen Wachsüberzug gegen die Trockenheit
Einleitung. \%
der Luft viel mehr geschützt sind, als die rein grüne Form. Dass
letztere eine Prädisposition für das Vertrocknen im continentalen
Klima besitzt, geht schon daraus hervor, dass sie auf die west-
lichen Küstengebiete Nordamerikas beschränkt ist.
Dass individuelle Verschiedenheiten bezüglich der chemischen
Zusammensetzung, insbesondere des Wassergehaltes der Pflanzen
vorkommen, ist zweifellos und lässt sich von vornherein annehmen,
dass damit auch ein verschiedenes Verhalten gegen die schädlichen
äusseren Einflüsse verknüpft sei. Zur Zeit ist uns aber nur
sehr wenig in dieser Beziehung bekannt und können wir nur
erst vermuthen, dass die individuellen Verschiedenheiten im Ver-
halten der Pflanze gegen Frost, Trockniss, wohl auch gegen Pilz-
angriffe zum Theil in solchen chemischen Verschiedenheiten ihre
Erklärung finden.
Um so auffallender treten Verschiedenheiten im physiologischen
Verhalten der Pflanzen als Krankheitsanlagen hervor. Es ist be-
kannt, zu wie verschiedenen Zeiten sonst völlig gleichartige Indi-
viduen desselben Bestandes aus der Winterruhe hervortreten und
ergrünen. In einer jungen Fichtenschonung wird man zwischen dem
Knospenausbruch der verschiedenen Individuen leicht zwei oder gar
drei Wochen Differenz wahrnehmen, was vorzugsweise aus einem
verschiedenen Wärmebedürfniss der Pflanzen abgeleitet werden
muss. Frühzeitiger Laubausbruch schliesst offenbar eine Disposition
für Beschädigung durch Spätfröste in sich, kann aber auch die
Ursache zur Entstehung von Pilzkrankheiten sein. Wenn z. B. der
Fichtennadelrost im Frühjahre in das Stadium der Sporenausstreuung
getreten ist, so werden alle die Fichten, deren Knospen noch nicht
zur Triebbildung gelangt sind, völlig frei vom Pilz bleiben, da dieser
nur in die zarten Nadeln der neuen Triebe einzudringen vermag.
Den frühzeitig ergrünten Individuen haftet also eine Disposition
für diese Erkrankung an. In anderen Jahren können die zuerst
ergrünten Individuen dann, wenn die Chrysomyxa ihre Sporen aus-
streut, schon soweit in der Entwicklung vorgeschritten sein, dass
die Nadeln bereits zu alt sind, um noch inficirt werden zu können.
Dann sind es vielleicht gerade die Spätlinge, welche erkranken.
Die Wahrnehmung, dass unter den Individuen einer Pflanzen art
immer solche vorkommen, welche ein geringeres oder grösseres
Wärmebedürfniss besitzen, als die anderen, also mehr oder weniger
14 Einleitung.
disponirt sind, durch Kältegrade zu leiden, dass ferner auch die
Ansprüche an die Luftfeuchtigkeit und andere Wachsthumsfactoren
individuell verschieden sind, hat ja auf die Bedeutung der Provenienz der
Sämereien, die wir bei Anbauversuchen mit fremdländischen Pflanzen-
arten verwenden, hingeführt. Unser Bestreben geht dahin, Säme-
reien aus solchen Gegenden zu beziehen, in denen sich von selbst
im Laufe der Zeit Varietäten ausgebildet haben, deren Widerstands-
kraft entweder gegen Frost oder aber gegen Lufttrockniss eine ge-
steigerte ist.
Eine weitere Gruppe von Krankheitsanlagen umfasst alle die
erst im Entwickelungsverlaufe der Pflanze erworbenen Eigen-
schaften, welche zu einer Erkrankung führen können, wenn gewisse
äussere Einflüsse hinzutreten.
Werden Pflanzen in feuchter Luft, z. B. im Gewächshause, er-
zogen, so entwickelt sich das Oberhautsystem entsprechend der um-
gebenden feuchten Luft, so dass dieselbe nur wenig cuticularisirt.
Kommen solche Pflanzen in trockene Luft, z. B. in die Luft der
geheizten Wohnzimmer, so erkranken sie, weil die Transpiration
der Blätter eine allzu gesteigerte wird.
Sind Bäume, zumal glattrindige, im dicht geschlossenen Be-
stände erwachsen und werden sie im späteren Lebensalter plötzlich
frei gestellt, so tritt der Rindenbrand bei ihnen ein.
Derartige Bäume besitzen eine Prädisposition für Bindenbrand,
welche den von Jugend auf im freien oder lichten Stande erwach-
senen Pflanzen derselben Art fehlt. Diese Anlage beruht auf einer
weniger stark entwickelten Hautbildung. Pflanzen, die im Schatten
erwachsen sind, zeigen sich auch empfindlich gegen directe Sonnen-
wirkung, indem ihr Chlorophyll in der oberen Zelllage der Blätter
zerstört wird.
Eichen, welche im geschlossenen Buchenbestande aufgewachsen
sind und eine schwache Krone haben, erlangen eine Prädisposition
für Gipfeldürre, wenn sie frei gestellt werden, während unter ähn-
lichen Verhältnissen Bäume mit vollen Kronen an dieser Krankheit
nicht leiden.
In den ersten Jahren nach der Verpflanzung besitzen viele
Bäume eine Anlage dazu, leichter zu erfrieren, die mit der Aus-
bildung eines kräftigen Wurzelsystems wieder verloren geht. Auf
flachgründigem Boden sind die immergrünen Gewächse, insbeson-
Einleitung. 15
dere also die Nadelhölzer, weit empfindlicher gegen die Beschä-
digung durch Steinkohlenrauch, als auf tiefgründigem Boden, weil
ihr Wurzelsystem ein mehr oberflächlich laufendes ist und im
Winter nicht mehr im Stande ist, Wasser aufzunehmen. Das Ver-
trocknen der Nadeln in Folge der schwefligen Säure tritt bei ihnen
leichter ein, als an Bäumen, die auch im Winter aus grösseren
Tiefen Wasser aufzunehmen vermögen.
Alle die vorbesprochenen Krankheitsanlagen können als nor-
male bezeichnet werden, da die bezeichneten Eigenthümlichkeiten an
sich durchaus für den Pflanzenorganismus naturgemässe sind, die
eben nur dann nachtheilig werden, wenn noch ein anderer äusserer
Umstand hinzukommt, der als Krankheitsursache bezeichnet wird.
Nun giebt es aber noch zahlreiche abnorme oder krank-
hafte Krankheitsanlagen, zu denen alle Verwundungen der Pflanzen
gehören, in deren Gefolge die eine oder andere Erkrankung des
Pflanzeninneren eintreten kann.
Wird ein Baum geästet, so erhält er dadurch eine abnorme
Prädisposition für eine Reihe von Wundkrankheiten infectiöser oder
nicht infectiöser Art, deren Beseitigung durch rechtzeitigen und an-
gemessenen, d. h. antiseptischen, Verband erfolgen kann. Eine
Wurzelbeschädigung, z. B. das Abschneiden eines Wurzelstranges, ist
an sich schon eine Schädiguug; wenn sie dahin führt, dass von
dort aus Fäulniss im Stamm sich verbreitet, so bezeichnen wir
jene Beschädigung als eine abnorme Disposition.
Insecten verschiedener Art leben in der Rinde gesunder Bäume,
verletzen diese und öffnen parasitären Pilzen gleichsam die Pforten
des Bauminnern, so dass sie nunmehr getödtet werden.
Ein Hagelkorn trifft die Rinde eines Baumes und verletzt die-
selbe. Damit ist eine abnorme Anlage geschaffen, die zu infectiöser
Rindenerkrankung führen kann, wenn gewisse Pilze sich an der
Rinde ansiedeln.
Sind Bäume oder Sträucher in einem Jahre verpflanzt und
hierbei so sehr in ihrer Entwickelung zurückgebracht, dass die
neuen Triebe bis zum Eintritt des Frostes noch nicht völlig ent-
wickelt sind, d. h. die Holzbildung noch nicht zum Abschluss ge-
langt ist, so besitzen sie eine abnorme Disposition für Frostbe-
schädigung. In milden Wintern erhalten sie sich, tritt aber strenge
Kälte ein, so können die Pflanzen völlig zu Grunde gehen.
16 Einleitung.
Nach dem Vorstehenden wird es verständlich geworden sein,
wie unendlich mannigfaltig die Erscheinungen der Krankheitsanlagen
sind, wie aber auch nur eine Gruppe derselben die „angeborenen
Anlagen" den Charakter der Erblichkeit besitzen. Die zuerst be-
sprochenen natürlichen Entwicklungszustände, welche zeitweise bei
jeder Pflanze auftreten, können bei der Yererblichkeitsfrage ausser
Betracht bleiben. Die erworbenen, sowie die krankhaften Anlagen
können aber nicht von den Eltern auf die Nachkommen übertragen
werden, wenigstens ist bisher nichts bekannt, was auf eine solche
Vererbung hindeutet. Es gilt dies nicht allein für die Anlagen,
sondern auch für die Krankheiten selbst.
Eine Vererbung der Krankheiten auf die Nachkommen ist im
Pflanzenreich unbekannt. Ohne Bedenken kann man den Samen
der von allen erdenklichen Krankheiten heimgesuchten Pflanzen zur
Erziehung neuer Pflanzen benützen.
Insbesondere wird man ohne Bedenken den Samen auch von
solchen Bäumen sammeln können, die auf schlechtem Boden nur
zu krüppelhaftem Wüchse gelangt sind. In der That geschieht
dies ja z. B. bei der Kiefer, deren Zapfen man mit Vorliebe von
solchen Bäumen sammelt, die auf verödeten Haiden erwachsen so
geringwüchsig sind, dass mit Leichtigkeit das Zapfensammeln ohne
Besteigen der Bäume erfolgen kann. Nur dann, wenn es sich um
individuelle Eigenthümlichkeiten handelt, die in Geringwüchsigkeit,
Drehwuchs oder anderen unerwünschten Eigenschaften bestehen,
welche der Pflanze angeboren sind, tritt das Gesetz der Vererb-
lichkeit zur Geltung, und hierauf wird der Pflanzenzüchter die
grösste Rücksicht zu nehmen haben.
§ 3. Verfahren bei Untersuchung der Krankheiten.
In der Kürze soll hier auf die Untersuchungsmethoden hinge-
wiesen werden, die wir zu befolgen haben, wenn wir die Ursachen
von Erkrankungen feststellen wollen.
Bei Erkrankungen der Menschen oder der Thiere wird die
Diagnose dadurch sehr erschwert, dass in den weitaus meisten
Fällen die Erkrankung eines einzelnen Organes oder Körpertheiles
secundäre Erscheinungen zur Folge hat, welche die Auffindung des
eigentlichen Krankheitssitzes erschweren. Im Pflanzenkörper, dem
Einleitung. J 7
das Nervensystem fehlt, bleibt eine Erkrankung in der Regel zu-
nächst localisirt. Die Arbeitstheilung ist noch nicht soweit ausge-
bildet, wie im Körper der höher entwickelten Thiere, bei denen
die Erkrankung irgend eines, oft nur kleinen Organs den ganzen
Körper in Mitleidenschaft zieht. Ein grosser Theil des Pflanzen-
körpers kann erkrankt und getödtet sein, ohne dass desshalb die
Pflanze in ihrem Allgemeinbefinden merkbar geschädigt ist. Gelingt
es insbesondere, die Erkrankung in ihrem ersten Stadium zu beob-
achten, so bietet die weitere Untersuchung verhältnissmässig wenig
Schwierigkeiten dar. Schwieriger wird es in der Regel, an schon
getödteten Pflanzen die wahre Ursache der Erkrankung und des
Todes festzustellen, obgleich es dem geübten Pflanzenpathologen
nur selten misslingen wird, den wahren Charakter einer Krankheit
mit Sicherheit zu erkennen.
Handelt es sich um Beschädigungen durch Thiere oder Pflanzen,
so werden wir diese selbst oder doch deren Spuren im Anfangs-
stadium der Erkrankung am sichersten auffinden und erkennen.
Es genügt auch bei Thier- resp. Insectenbeschädigungen sehr
oft nicht, dass wir den Feind bei der Arbeit ertappen, ihn und
seine Lebensweise in der Natur zu beobachten suchen, wie das
bisher meist geschah, vielmehr muss man bei Insectenbeschädigungen
prüfen, ob die beschädigten Pflanzen nicht schon eine krankhafte
Prädisposition besassen, bevor sie von den Insecten angegriffen
wurden. Dies gilt insbesondere für die grosse Familie der Borken-
käfer, die vielfach nur im Gefolge anderer nachtheiliger Einwir-
kungen, insbesondere der Beschädigung durch parasitäre Pilze auf-
treten. Auch bei pflanzlichen Parasiten ist aus der Gegenwart
eines Pilzes im abgestorbenen Gewebe noch nicht der Schluss zu
ziehen, dass derselbe das Absterben bewirkt habe. Wo wir aller-
dings Pilzmycelien im scheinbar völlig unveränderten lebenden
Gewebe einer Pflanze vegetirend finden, da ist es zweifellos, dass
wir es mit einem Parasiten zu thun haben. Auch in letzterem
Falle muss das Bestreben zunächst dahin gerichtet sein, durch
geeignete Infections versuche die Krankheit, die wir zu erforschen
suchen, auf gewissermaassen künstlichem Wege willkürlich an ge-
sunden Pflanzen hervorzurufen.
Stehen uns Sporen oder Gonidien des verdächtigen Pilzes zu
Gebote, so haben wir diese nach vorgängiger Prüfung der Keim-
II artig, Baumkrankheiten, 2. Aufl. 2
lg Einleitung.
fähigkeit derselben zur Ausführung des Versuches zu verwenden.
Fehlt es an keimfähigem Material, so ist, wenn möglich, durch
künstliche Cultur im feuchten Räume das Reifen oder selbst die
Entstehung von Fruchtträgern abzuwarten. Je nach dem Charakter
der Krankheit erfolgt die Infection durch Ausstreuen auf die
Blätter oder in eine künstlich hergestellte Wunde der Wirths-
pflanze. Bei Rindenkrankheiten genügt ein feiner Schnitt mit der
Spitze eines Scalpells, an der ein Tropfen Wasser mit darin sus-
pendirten Sporen haftet, bei Erkrankungen des Holzkörpers muss
dieser verwundet werden und lässt man dann den sporenhaltigen
Wassertropfen von der Holzwunde aufsaugen.
Bei Erkrankungen des Rinden- oder Holzkörpers sind in der
Regel Mycelinfectionen weit sicherer. Nachdem man aus einem
erkrankten Baume ein Stückchen Rinde von der Stelle entnommen
hat, wo das Mycel noch jung und kräftig ist, also von der Grenze
des todten und lebenden Gewebes, setzt man dieses an die Stelle
eines ebenso grossen und ebenso geformten, der Rinde eines ge-
sunden Baumes entnommenen Rindenstückchens. Man kann dabei
ganz ähnlich, wie beim Oculiren der Rosen verfahren, doch
ist es im Allgemeinen besser, wenn die Ränder des pilzhaltigen
Rindenstückchens genau mit den Rändern des unmittelbar zuvor
angefertigten Rindenausschnittes zusammenpassen.
Man muss dann noch das Vertrocknen durch Verkleben
mit Baumwachs oder anderweiten Verband zu verhindern suchen.
Will man den Holzstamm durch Mycel inficiren, so entnimmt
man mit Hilfe des Pressler'schen Zuwachsbohrers, der zu
solchen Zwecken ganz vortrefflich sich eignet, einen Bohrspan von
der Grenze des gesunden und kranken Holzes, da nur hier das im
Holze enthaltene Mycel noch so wuchskräftig zu sein pflegt, dass
es über die Oberfläche des Spanes hinauswächst, fertigt dann mit
demselben Bohrer ein Loch in den gesunden Baum, ersetzt den
aus diesem herausgezogenen Span durch den kranken und schliesst
das Loch äusserlich durch Baumwachs.
Handelt es sich endlich um unterirdisch vegetirende Pa-
rasiten, dann genügt es in der Regel, wenn man eine erkrankte
Pflanze in die nächste Nähe gesunder Exemplare derselben Art
pflanzt, wobei man etwa noch in der Weise nachhelfen kann, dass
man eine Wurzel des erkrankten Individuums mit ersichtlich noch
Einleitung. 19
lebendem, wachsthumfähigem Mycel in unmittelbare Berührung mit
einer Wurzel der zu inficirenden Pflanze bringt.
Es wäre nun unrichtig, wenn man die Frage, ob ein Pilz
wirklich Parasit sei oder nicht, nach dem Misslingen eines oder
weniger Infectionsversuche beantworten wollte. Man denke nur
daran, von wie zahlreichen Factoren das Gelingen einer Saat
oder Pflanzung bei unseren Waldbäumen abhängt, deren Lebensbe-
dingungen uns doch einigermaassen bekannt sind. In der Regel
wissen wir von den zu untersuchenden Pilzen aber fast noch nichts;
wir kennen nicht die äusseren Bedingungen der Keimung, wissen
oft kaum, ob die Sporen schon reif, ob sie zu feucht oder zu trocken
gebettet sind, ob ihnen genügender Sauerstoff zugeführt wird,
ob die Jahreszeit die richtige zur Aussaat war, da die Sporen
verschiedene Zeiten der Ruhe nach dem Reifen gebrauchen, ehe sie
keimen, wie die Samen unserer Waldbäume. Das, was oben über
die mannigfaltigen Krankheitsanlagen der Pflanze gesagt ist, wird
zur Genüge darthun, wie auch bei dem besten Infectionsmaterial
die Versuche oft genug mit negativen Resultaten enden können.
Wenn es schon dem geübten Pilzforscher und Pathologen oft erst
nach zahllosen missglückten Versuchen gelingt, die Bedingungen
kennen zu lernen, unter denen die Infection einer Pflanze vor sich
geht, so wird es erklärlich werden, wie es geradezu als ein Zufall
bezeichnet werden muss, wenn dem Laien einmal ein Infections-
versuch glückt.
Ist die Infection geglückt, dann handelt es sich nicht allein
darum, den Verlauf der Krankheit durch die verschiedenen Stadien
zu verfolgen, wobei selbstredend die Beobachtung der im Walde
auftretenden Erkrankungen von grösster Bedeutung ist, sondern es
ist noch zu erforschen, welche äusseren Einflüsse hemmend oder
fördernd auf die Entwicklung der Krankheit einwirken.
Dieser Theil der Untersuchung ist der schwierigste, er bean-
sprucht vor allen Dingen eine sehr geschärfte Beobachtungsgabe,
die Berücksichtigung der anscheinend unbedeutendsten Nebenum-
stände und vor allen Dingen einen möglichst häufigen Besuch des
Waldes. Die Erforschung der Krankheiten unserer Waldbäume
wird selten zum Ziel führen, wenn wir nicht sorgfältige und ausge-
dehnte Beobachtungen und Untersuchungen im Walde selbst aus-
führen. Noch viel weniger Aussicht auf Erfolg hat allerdings die
2*
20 Einleitung.
Beobachtung der Krankheiten im Walde, wenn sie nicht durch
exacte wissenschaftliche Untersuchungen geleitet und unter-
stützt wird.
Ergiebt die Untersuchung, dass weder Thiere noch pflanzliche
Organismen die erste Ursache der Erkrankung sind, dann kann
diese nur in Einflüssen der anorganischen Natur beruhen. Ver-
muthet man, dass ungünstige Eigenschaften des Bodens die Krank-
heit veranlassten, dann wird womöglich an der Stelle, wo ein er-
krankter Baum steht, nach Rodung desselben ein Bodeneinschlag
bis zu der Tiefe vorgenommen werden müssen, bis zu welcher die
Wurzeln hinab gedrungen sind. Es ist dabei auf die Festigkeit
und den Wassergehalt der Bodenschichten zu achten, insbesondere
auf die grössere oder geringere Zugänglichkeit desselben zu der
atmosphärischen Luft. Im Walde wird eine Veränderung im Gewalt
an mineralischen Nährstoffen, welche so bedeutend ist, dass dadurch
ein bisher gesunder Baum oder Bestand erkrankt, nur unter Ver-
hältnissen eintreten, die dem sachkundigen Beobachter sofort auf-
fallen. So kann z. B. Gipfeldürre nach Streurechen oder Bloss-
stellung des Bodens eintreten, Erkrankung oder Tod kann durch
Zufuhr schädlicher Stoffe aus Fabriken, durch Ueberfluthung mit
Seewasser u. s. w. bedingt sein. Es wird eine chemische Unter-
suchung äusserst selten nothwendig werden. Häufiger handelt es
sich um Einflüsse der Atmosphärilien, vor allen der Temperatur,
der Luftfeuchtigkeit, der Niederschläge, des Blitzes, nachtheiliger
Gase u. s. w. Lässt sich feststellen, wann die Krankheit zuerst
auftrat, dann wird durch Einziehung von Erkundigungen und durch
Ermittelung der äusseren Verhältnisse oft schneller die Aufgabe zu
lösen sein, als durch Untersuchung der erkrankten Pflanze. Oft
wird aber auch diese zu dem gewünschten Ziele führen.
Im Allgemeinen sind die durch Thiere und Pflanzen erzeugten
Krankheiten dadurch charakterisirt, dass diese zunächst an einigen
Pflanzen oder Pflanzentheilen auftreten und sich dann succes-
sive ausbreiten, während jene in Einflüssen des Bodens oder der
Atmosphäre begründeten Krankheiten, gleichmässig und gleich-
zeitig auf grösseren Flächen aufzutreten pflegen, da selten
jene Einflüsse im Walde eng begrenzt und nur auf einzelne Pflanzen
beschränkt zu sein pflegen.
Am leichtesten treten Täuschungen ein, wenn einer Erkrankung
Einleitung. 21
eine abnorme Prädisposition vorausgeht, weil dann oft nur diese
nicht aber die dadurch ermöglichte Krankheit ins Auge gefasst
wird. Oft genug treffen wir auch an demselben Baume ver-
schiedene Krankheiten an, von denen jede für sich selbst-
ständig arbeitet und darf man desshalb nicht sofort mit der
Untersuchung aufhören, wenn man auch eine Krankheitsursache
aufgefunden hat. Sehr oft begegnen wir z. B. in dem norddeutschen
Flachlande verwüsteten Kiefernbeständen, in denen viele
Bäume durch Trametes radiciperda getödtet sind. Eine genauere
Untersuchung ergiebt dann oft, dass in demselben Bestände die
Wurzelfäule in Folge mangelhaften Luftwechsels im Boden weit
verderblicher eingetreten ist, als jener Wurzelparasit.
Nur die sorgfältigste Untersuchung, unterstützt durch gründliche
Kenntniss der so mannigfach verschiedenen Erkrankungsformen,
vermag uns vor Irrthümern zu schützen.
1. Abschnitt.
Beschädigungen durch Pflanzen.
Es kann nicht unsere Aufgabe sein, hier auf alle jene mannig-
faltigen Beziehungen hinzuweisen, die der Kampf um's Dasein, der
Kampf um den Raum, um Nahrung, Wasser und Licht sowohl
zwischen ungleichartigen wie gleichartigen Pflanzen hervorruft.
Jede Pflanze kann unter Umständen einer anderen nachtheilig
werden, wenn sie mit dieser gleiche oder ähnliche Ansprüche an
den Boden macht. Der Sieg zwischen zwei Concurrenten wird
nicht allein entschieden durch die der Art eigenthümliche Schnell-
wüchsigkeit auf dem vorliegenden Standorte, sondern hängt in
hohem Maasse von der individuellen Wuchsgeschwindigkeit
der Pflanzen ab und diese ist es, die im gleichartigen Bestände in
erster Linie den Ausschlag giebt. Es ist eine altbekannte Sache,
dass schon im jugendlichsten Lebensstadium, ja zuweilen, z. B. bei
der Eiche schon in der Grösse der Früchte1) die individuelle
Wuchskraft zum Vorschein tritt und dass es desshalb von der
grössten Bedeutung ist, nicht nur bei der Auswahl der Samen mit
Sorgfalt zu verfahren, sondern auch beim Verschulen und Ver-
pflanzen alle Schwächlinge zu entfernen. Bei dichtem Pflan-
zenstande muss ein Kampf aller Gewächse mit ihren nächsten
Nachbarn eintreten, ich halte es aber nicht für die Aufgabe der
Pflanzenpathologie, auf diese Erscheinungen näher einzugehen, glaube
mich vielmehr darauf beschränken zu sollen, nur diejenigen Be-
schädigungen näher zu betrachten, welche in directen An-
griffen einer Pflanze auf Leben und Gesundheit einer anderen
bestehen.
3) Von Th. Hartig ist dies schon vor 30 Jahren durch Versuche im Braun-
schweiger Forstgarten dargethan.
Beschädigungen durch Pflanzen.
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Phanerogame Gewächse.
§4.
Eine scharfe Grenze zwischen solchen Pflanzen, die nur in-
direct, d. h. nur durch ihre Nähe und durch ihre Concurrenz im
Genuss der Nährstoffe, des Lichtes u. s. w. anderen Pflanzen schäd-
lich werden, sowie andererseits den
ächten Parasiten besteht nicht. Jenen
ersteren reihen sich vielmehr solche
Pflanzen an, welche, ohne von der
Substanz einer anderen zu leben, doch
dieselben direct angreifen und an
ihnen pathologische Erscheinungen her-
vorrufen.
Es sei z. B. auf Lonicera Pericly-
menum hingewiesen, deren Stämme ge-
legentlich junge Bäume umschlingen und
dann einige Jahre später die Abwärts-
wanderung der Bildungsstoffe im Bast-
gewebe in eine begrenzte spiralige Bahn
zwingen. Mit zunehmender Dicke des
Baumes tritt bald ein directer Druck
des Schlingstrauches auf denselben ein,
und die Wanderung der Bildungsstoffe
in senkrechter Richtung wird dadurch
verhindert. Der unmittelbar unterhalb
des Geisblattstammes befindliche Stamm-
theil wird oft gar nicht mehr ernährt
und kann die dortige Cambialregion in
Folge dessen allmälig absterben, wäh-
rend die oberhalb des passiv ein-
schnürenden Geisblattstammes befind-
liche Baumregion einestheils einen sehr
kräftigen Zuwachs zeigt, anderentheils
sich in den jüngeren Theilen durch
spiraligen Verlauf aller Organe der
ändert.
Unterliegt es auch keinem Zweifel
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Gefässbündel abnorm ver-
dass die nächste Ursache
24 I- Abschnitt.
der Wanderung der Bildungsstoffe im Bastgewebe der Verbrauch
dieser Stoffe am einen, die Erzeugung derselben am anderen Orte
ist, wodurch eine Wanderung vom Orte der Entstehung zum Orte
des Gebrauches hervorgerufen wird, so spricht doch neben vielen
anderen Erscheinungen auch die vorliegende in Fig. 1 illustrirte
Thatsache für die Annahme, dass die Bildungsstoffe im Bastgewebe
des Stammes weit leichter und schneller abwärts wandern als seit-
wärts; ja dass die seitliche Bewegung so sehr erschwert wird, dass
zuweilen die Ernährung des unter dem Geisblattstamme befindlichen
Cambiumstreifens ganz aufhört.
Es verdient hier auch Triticum repens erwähnt zu werden,
dessen Rhizome mit ihren scharfen Spitzen dann, wenn sie un-
mittelbar auf fleischige Wurzeln anderer Pflanzen stossen, diese
durchbohren und durchwachsen. Dies ist besonders in Eichensaat-
beeten beobachtet, doch ist zu bemerken, dass die Durchbohrung
der Wurzeln den Eichen keinen erkennbaren Schaden zufügt.
Den Uebergang zu den ächten, d. h. den ausschliesslich von
den Bildungsstoffen anderer Pflanzen lebenden Parasiten bildet eine
Gruppe von Pflanzen, denen man es zunächst nicht ansehen kann,
dass sie einen parasitären Lebenswandel führen, da sie mit chloro-
phyllhaltigen Blättern versehen sind und mit ihren Wurzeln aus
dem Boden Wasser und anorganische Nährstoffe aufnehmen. Sie
bereiten sich Bildungsstoffe durch Assimilation, haften aber mit
einzelnen ihrer Wurzeln vermittelst eines Saugapparates, eines
Haustoriums, an den Wurzeln anderer phanerogamer Pflanzen und
entziehen diesen organische Substanz. Dahin gehören die Rhinan-
thaceen, eine Unterfamilie der Scrophulariaceen. Der Feldwachtel-
weizen (Melampyrum arvense), der Klappertopf (Rhinanthus Crista
galli), die Gattung Läusekraut (Pedicularis) und Augentrost (Eu-
phrasia) sind bekannte Beispiele für diese Lebensweise. Auf
eine nähere Besprechung dieser Pflanzen kann hier nicht einge-
gangen werden, da sie nur auf Krautpflanzen der Wiesen schma-
rotzen. Auch die Gattung Lathraea mit der bei uns sehr häufigen
Art Lathraea squamaria, Schuppenwurz, ist noch nicht lediglich
auf den Parasitismus angewiesen. Ihre Wurzeln haften zum Theil
auf den Wurzeln sehr verschiedenartiger Pflanzen, unter denen sich
mehrere Holzgewächse, Buchen, Hainbuchen, Haseln und Erlen be-
finden.
Beschädigungen durch Pflanzen. 25
Obgleich auch in den Orobanchen noch Spuren von Chlorophyll
nachgewiesen sind, zählen dieselben doch schon zu den zweifellos
ächten Parasiten, die ihre Nahrung ausschliesslich den Wirths-
pflanzen entziehen, auf deren Wurzeln sie sich entwickeln. Unter
den zahlreichen Arten treten einige auf CulturpÜanzen in so massen-
hafter Entwicklung auf, dass sie ihnen bemerkbaren Schaden zu-
fügen, so z. B. die Orobanche ramosa auf Taback und Hanf, Orob.
lucorum auf Berberitze und Brombeere, Orob. Hederae auf Epheu,
Orob. rubens auf Luzerne und Or. minor auf Rothklee. Zweifel-
haft ist noch der Parasitismus des Fichtenspargels (Monotropa
Hypopitys), doch da die Wurzeln der letzteren den Wurzeln von
Nadelholzbäumen und auch Buchen aufsitzen, so erscheint ein
Uebergang von Nährstoffen sehr wahrscheinlich, wenn auch die
Hauptnahrung in Humusstoffen bestehen wird. An den Fichten-
spargel schliessen sich die chlorophylllosen Orchideen an, die ledig-
lich saprophytischer Natur sind.
Auch die Loranthaceen sind noch nicht im eigentlichen Sinne
als Parasiten zu bezeichnen, da sie den Bäumen und Sträuchern,
auf denen sie wohnen, doch im Wesentlichen nur Wasser und an-
organische Nährstoffe und nur in sehr beschränktem Maasse auch
organische Stoffe entziehen. Sie besitzen chlorophyllhaltige Blätter
und verhalten sich zu ihren Wirthen ganz ähnlich wie das Edel-
reis sich zur Unterlage verhält. Sie geben sogar einen Theil der
selbst bereiteten Bildungsstoffe an die Wirthspflanze ab, welche
diese zum eigenen Wachsthum verbraucht. Ob allerdings dies bei
allen oder auch nur den meisten Loranthaceen geschieht, ist zweifel-
haft, bei Loranthus europaeus findet aber eine solche wechselseitige
Ernährung statt. Die Art und Weise, wie die einzelnen Arten
dieser Familie durch ihr Wurzelsystem den Pflanzen, welche sie
bewohnen, das Wasser und die Nährstoffe entziehen, ist eine unge-
mein verschiedene, wenn man besonders auch die ausserdeutschen
Arten ins Auge fasst2).
Die bekannteste und durch ganz Europa, Asien bis nach
Japan verbreitete Art ist Vi sc um album, die gemeine Mistel. Die-
2) cf. Solms Laubach in Pringsheim's Jahrbüchern f. wiss. Bot. VI. p. 57511*.
R. Hartig, Zur Kenntniss von Loranthus europaeus u. Viscuni album mit 1 Taf. :
Zeitschrift für d. Forst- u. Jagd -Wesen. 1876 Seite 321 ff. Dr. C. v. Tubeuf, Bei-
träge zur Kenntniss der Baumkrankheiten, Seite 9—28. Springer Berlin. 1888.
26 I. Abschnitt.
selbe bewohnt fast alle Laub- und Nadelholzbäunie, bevorzugt aber
einige Holzarten, z. B. die Tanne, Kiefer, die Pappeln und Obst-
bäume, während sie auf anderen Bäumen wieder sehr selten oder gar
nicht auftritt, so z. B. auf der Fichte, Eiche, Buche, Kastanie, Erle
und Esche3). Bezüglich der Gestalt dieser allgemein bekannten Pflanze
sei nur bemerkt, dass schmal- und breitblättrige Formen, nach der
Holzart verschieden vorkommen. Ihre Verbreitung findet die
Mistel durch Verschleppung der Beeren, welche von den Drosseln
(besonders Turdus viscivorus) verzehrt werden, wobei die dem
Schnabel anhaftenden klebrigen Samen vom Vogel an die Zweige,
auf denen er sitzt, abgestreift und dadurch festgeklebt werden.
Die im Frühjahr keimenden Samen entwickeln zuerst eine Art
Saugscheibe, aus deren Mitte dann eine feine, das Bindegewebe
durchbohrende Wurzel hervortritt. Diese Hauptwurzel dringt bis
zum Holzkörper des Zweiges oder Stammes vor, ohne bei ihrer
zarten Beschaffenheit im Stande zu sein, in diesen selbst hineinzu-
wachsen. Ihr Längenwachsthum an der Spitze ist damit beendigt,
dagegen ist sie befähigt, durch ein hinter der Spitze gelegenes
theilungsfähiges Gewebe, welches in der Cambialregion des Zweiges
der Wirthspflanze gelegen ist, sich zu verlängern in demselben
Maasse, als der Zweig sich durch einen Holz- und Bastring verdickt
(Intermediäres Längenwachsthum). Der Holzring umschliesst die
Spitze der Mistelwurzel, die mit jedem Jahre tiefer in den Holz-
körper einzudringen scheint, thatsächlich aber nur durch das Dicken-
wachsthum des Stammes umschlossen wird. Das Längenwachsthum
dieser Wurzel wie aller später an den Rindenwurzeln entstehenden
„Senker" hat also die grösste Aehnlichkeit mit dem Längenwachsthum
eines Markstrahles, der sein eigenes Cambium im Cambiummantel
des ganzen Stammes besitzt und sich dadurch jährlich nach der Holz-
und nach der Rindenseite zu verlängern befähigt ist. An dem in
der Rinde gelegenen Theile der Keimwurzel entstehen nun mehrere
Seitenwurzeln, welche bald in der Längsrichtung des Zweiges und
zwar sowohl aufwärts als abwärts fortwachsen und „Rkizoiden"
oder „Rindenwurzeln" genannt werden. Sie wachsen mit ihrer
pinselförmigen Spitze im jugendlichen Siebtheile, ohne jedoch die
3) Ueber die Mistel, ihre Verbreitung, Standorte und forstl. Bedeutung von
Nobbe in Tharander forstl. Jahrbuch 1884.
Beschädigungen durch Pflanzen.
27
Canibiumzone selbst zu berühren oder zu alteriren. Vor der Spitze
werden die Organe des Siebtheiles aufgelöst und jedenfalls darf
angenommen werden, dass die Auflösungsproducte auch von der
Rindenwurzel aufgenommen und zu eigenem Wachsthum verbraucht
werden. Das jährliche Längenwachs-
thuni der Rindenwurzeln, die ein fort-
gesetztes Dickenwachsthum nicht zu
besitzen scheinen, beträgt nach Mes-
sungen an der Kiefer etwa 0,75 mm,
nach Messungen an der Tanne 1,7 cm.
Entweder alljährlich einmal, sehr
selten zweimal, oftmals nur ein Jahr
um das andere entsteht nahe der
Spitze der Rindenwurzel auf der In-
nenseite ein „Senker", cl. h. ein keil-
förmiger Auswuchs von der Breite
der Rindenwurzel, aber von sehr ver-
schiedener Grösse, welcher die Cam-
bialzone durchdringt und genau bis
auf den Holzkörper der Wirthspflanze
gelangt und nun dieselbe eigenthüm-
liche Verlängerung zeigt, die schon
für die Keimwurzel oben beschrieben
wurde. Legt man die Rindenwurzel
mit den an ihr entstandenen Senkern
r. ■ t T-1-ir» ii •, Wurzeln von Viscum album in
frei, wie dies .big. 2 geschehen ist, Pinus silvestris. Die Rindenwurzel
so kann man von der Spitze der wächst mit ihrer Spitze c im Bast-
W, t , P , ,, gewebe b, zeigt nach innen 8 Sen-
urzel c ausgehend genau feststellen, ker? nach aussen Wurzelbrutknos-
vor wie viel Jahren die einzelnen pen und Ausschläge. Der älteste
Si -, • 1 i t -n Theil der Rindenwurzel ist der
enker entstanden sind, da dieselben todten Borkeregion a a schon
mit jedem Jahre von einem Holzringe n.aüe gerückt. Bei e sind Senker
! -, a i • i einer bereits in die Borkereeion
umwachsen werden. Auch m den eingetretenen Rindenwurzel
neuesten Beschreibungen der Mistel
findet man meist noch die Schacht'sche Abbildung reproducirt,
welche irrthümlich zwischen älteren Senkern derselben Rinden-
wurzel jüngere darstellt. Die ganze Reihe der Senker nimmt nun
an ihren Seitenflächen, mit denen sie unmittelbar den wasserleiten-
den Organen des Holzkörpers anliegen, Wasser und anorganische
Fig. 2.
28
I. Abschnitt.
Nährstoffe auf, die sie zunächst der Rindenwurzel und durch diese
der beblätterten Mistelpflanze zuführen. Aus der eigenthümlichen
Art des Längenwachsthums der Senker geht schon hervor, dass
sich dieselben nicht allein nach der Holzseite, sondern auch nach
der Rindenseite zu verlängern. Mit der Neubildung von Bast- oder
Siebgeweben rücken auch die Rinden-
wurzeln immer mehr vom Cambium-
mantel nach aussen, wie dies schon in
Fig. 3 zu erkennen ist. Bei Bäumen,
deren Rinde, wie z. B. die der Weiss-
tanne, viele Jahrzehnte hindurch glatt
bleibt, bevor Borkebildung eintritt, ist
dieses Entfernen der Rindenwurzeln von
dem Cambiummantel ohne irgend wel-
chen Nachtheil möglich. Es können
dieselben 40 Jahre alt werden und dem
entsprechend erlangen auch die Senker
Fig. 3. ein so hohes Alter, mit dem eine ent-
Querschnitt durch einen Stamm sprechende Länge verbunden ist. Bäume
von Abies pectin. mit Viscum
album. a Todte Borke mit
abgestorbenen Rindenwurzeln.
b Lebendes Bastgewebe, c Cam-
bialregion. d Durchschnitt einer
Rindenwurzel mit 6 jährigem
Senker, e Desgl. 18jährig, die
Rindenwurzel soeben in die
Borkeregion eintretend, während
die Spitze des Senkers im
Kernholz vertrocknet. / Die
Rindenwurzel und der Bast-
theil des Senkers seit 2 Jahren
todt. g Rindenwurzel seit 6
Jahren todt. h h Grenze zwi-
schen Splint und Kern, x Zwei
Senker, deren im Splint lie-
gende Region noch lebend ist.
nur kurze Senker von
und 12 — 15 jährigem
dagegen, bei denen frühzeitig Borke-
bildung eintritt, wie z. B. bei der Kiefer,
zeigen immer
3 — 4 cm Län_
Alter. Dies erklärt sich dadurch, dass
mit der in der Regel lebhafteren Neubil-
dung von Innenrinde auch ein schnel-
leres Hinwegrücken der Rindenwurzeln
vom Cambiummantel verknüpft ist. Die
äusseren Rindentheile verfallen der
Borkebildung und sobald ein Rinden-
theil, in welchem eine Rindenwurzel der
Mistel enthalten ist, der Borkebildung
verfällt, vertrocknet auch der darin enthaltene Theil der Mistelwurzel
und der Zusammenhang mit den Senkern wird unterbrochen. Dies
wird durch Fig. 3 deutlich gemacht werden. Der Senker hört nun auf
zu wachsen und wird oft sehr bald, oft erst nach längeren Jahren von
den neuen Holzringen aussen geschlossen. Das Absterben einer
Rindenwurzel erfolgt naturgemäss nicht im ganzen Yerlaufe der-
Beschädigungen durch Pflanzen.
29
selben gleichzeitig, sondern zuerst im ältesten, d. h. am weitesten nach
aussen liegenden Theil derselben, während die jüngeren Theile,
soweit sie noch im lebenden Rindengewebe eingeschlossen sind,
lebend bleiben. Diese befinden sich nun aber in der Lage der
Wurzel eines abgehauenen Baumes, d. h. sie können die aufge-
nommenen Nährstoffe nicht mehr der beblätterten Mistelpflanze zu-
führen, welche, wenn alle ihre zuleitenden Wurzeln in der Borke
liegen, absterben muss. An deren Stelle treten nun zahllose Wur-
Fig. 4.
Weisstann eDstammstück mit Viscum album- Bestand,
auf der einen Seite entrindet, um den Verlauf der Rindenwurzeln
und Senker zu zeigen.
zelbrutausschläge, indem auf der Aussenseite des noch lebenden
Theiles der Rindenwurzeln Wurzelbrutknospen entstehen, die zu
Ausschlägen sich heranbilden. Auch die in Fig. 2 dargestellte
Mistelpflanze ist nur ein solcher Wurzelausschlag. Diese Aus-
schläge, welche Fig. 4 dargestellt sind, bilden für sich nun wieder ein
neues Wurzelsystem, und so kommt es, dass ein von der Mistel be-
fallener Stammtheil im höheren Alter mit zahllosen jungen und
älteren Rindenwurzeln, mit alten und jungen Senkern durchsetzt
ist. Es bildet sich auf dem Baume gleichsam ein Mistelbestand,
30 I- Abschnitt.
der durch fortwährend neu entstehende Wurzelbrut sich verjüngt
und dabei einen immer grösseren Theil des Baumes für sich in
Anspruch nimmt. An älteren Tannen und Kiefern sind Mistelbe-
stände von 1 m Länge und lj2 m Breite nicht gerade selten. Es
mag noch darauf hingewiesen wrerden, dass auch die noch lebenden
Senker von der Spitze aus absterben (Fig. 3), sobald diese in die
von innen nach aussen vorrückende Kernholzregion des Baumes
kommen. Auch bei Tanne und Fichte ist nur der äussere Holz-
theil wasserleitend und die Region, welche liquides Wasser ent-
hält, ist selten mehr als 40 — 50 Jahrringe breit, ja in den Aesten
viel schmaler.
Der Schaden, welchen die Mistel im Walde, sowie an den Obst-,
Park- und Alleebäumen anrichtet, ist keineswegs unerheblich. In
der Nähe von Nürnberg, im Reichswalde, sah ich mittelalte Kiefern-
bestände, in denen kaum ein Baum verschont ist und die Belaubung
durch Mistelblätter mit der natürlichen Benadelung in Concurrenz
tritt. Wo es praktisch ausführbar ist, wie in Obstgärten u. s. w.,
muss man die befallenen Aeste rechtzeitig, noch ehe eine allge-
meine Verbreitung der Mistelpflanze stattgefunden hat, ganz ab-
schneiden. Ein Abbrechen der Mistelpflanze allein veranlasst nur
kräftige Wurzelausschlagbildung an derselben Stelle.
Mit wenigen Worten sei hier auch die Gattung Arceuthobium
erwähnt, von welcher eine Art Arceuthobium Oxycedri in Süd-
Europa und zwar schon in Oesterreich vorkommt und auf Juniperus
Oxycedrus dicht gedrängte Büsche bildet, während in Nordamerika
eine grössere Anzahl von Arten auf den Waldbäumen, besonders
den Abietineen bekannt ist. Dieselben wachsen ähnlich, wie die
europäische Form oder veranlassen die Entstehung von Hexenbesen,
indem die in der Rinde lebenden Rhizoiden eine erhebliche Streckung
der befallenen Zweige, aus deren Rinde zerstreut zahlreiche 1 — 2 cm
lange Sprossen hervorbrechen, veranlassen, wie dies bei Arceuthobium
Douglasii der Fall ist4). Die Nahrungsaufnahme erfolgt auch bei
diesen durch einfache Senker, welche aus einer Zellreihe bestehen oder
durch solche, welche Gefässe besitzen. Die Beschädigungen der
Waldbäume durch diese Arceuthobien sind sehr erhebliche, doch ist
nicht anzunehmen, dass diese Parasiten mit dem Anbau der
*) cf. C. v. Tubeuf 1. c.
Beschädigungen durch Pflanzen.
31
nordainerikanischen Nadelhölzer in Europa hierher übersiedeln
werden.
Grösseres Interesse bietet noch der Loranthus europaeus
die Riemenblume, welcher Parasit besonders in Oesterreich ver-
breitet ist, aber auch vereinzelt
in Sachsen gefunden wurde, zu-
mal die A»t seiner Wurzelbil-
dung von der der vorbeschrie-
benen Loranthaceen vollständig
abweicht.
Die Riemenblume befällt
vorzugsweise unsere Eichen und
wird desshalb auch wohl Eichen-
mistel genannt, dann aber auch
noch Castanea vesca und hat
sich in den Mittelwaldungen
Oesterreichs, insbesondere im
Wiener Walde, dadurch sehr
nachtheilig erwiesen, dass sie p;0- 5
durch Tödten der Gipfel das Maserkropf einer Quercus Cerris ß? mit
Höhenwachsthum der Eichen- einer alten Loranthuspflanze b h.
Fig. 6.
Loranthus europ. auf Zweig von Quercus Cerris.
a. Junge Pflanze, b. 5jährige Loranthuspflanze.
c. Wucherung der Eiche, d. Längsschnitt durch
eine Wurzel der Loranthuspflanze. x. Wurzelspitze.
e. Querschnitt einer Wurzel. /. Samenkorn.
überhälter beeinträchtigt. An Stelle des Gipfelastes tritt oft eine
maserige Anschwellung von der Grösse eines Menschenkopfes, wie
Fig. 5 zeigt. Die Pflanze ist sommergrün, ihre länglichen Samen
(Fig. 6 f) werden, wie bei Viscum, durch Drosseln an die Zweige
32
I. Abschnitt.
geklebt, keimen dort, und wenn die jungen Mistelpflanzen (Fig. 6 a)
wenige Jahre alt geworden sind, so . sieht man schon an deren
Basis eine lebhafte Anschwellung der Eichenpflanze hervortreten,
welche den unteren Theil des Schmarotzers ganz einschliesst (Fig. 6 c).
Das Wurzelsystem unterscheidet sich von dem der vorbe-
sprochenen Loranthaceen einmal darin, dass die wenigen an der Keim-
wurzel entstehenden Rhizoiden « stets nur
abwärts, d. h. dem Wasserstrom entgegen wach-
sen, dass diese Rhizoiden es sind, welche,
ohne Senker zu bilden, Wasser und Nähr-
stoffe direct aus dem Holze aufnehmen.
Die keilförmige Wurzelspitze (Fig. 7x)
wächst nicht ausserhalb der Cambiumzone,
sondern im Jungholze, d. h. dem noch nicht
völlig verholzten inneren Holztheile des Astes
und zwar immer genau parallel mit dem
Längsverlaufe der Organe des Holzes. Mit
der flachen Innenseite der Wurzelspitze gleitet
sie so lange in einer bestimmten Region des
Jungholzes vorwärts, mit der gewölbten Aus-
senseite die noch unverholzten Elemente nach
aussen drückend, abspaltend und auflösend,
bis dem Weiterwachsen in der bisherigen
Richtung dadurch ein Ziel gesetzt wird, dass
die ausserhalb der Spaltungsfläche gelegenen
Theile des neuen Holzes durch Verholzung
zu widerstandsfähig geworden sind, um noch
durch die in der Wurzelspitze liegende Wuchs-
kraft abgespalten und aufgelöst zu werden.
Die Wurzelspitze sitzt dann gleichsam in
einer Sackgasse und ist gezwungen, in einer
gewissen Entfernung hinter der Spitze, näm-
lich da, wo die gewölbte Aussenseite die Cambialzone berührt
(Fig. 7y), einen neuen Scheitelpunkt zu bilden, in welchem ein
erneutes Längenwachsthum in einer weiter aussen gelegenen Wachs-
thumszone beginnt. Während der Entwicklung eines Jahrringes
tritt für die Mistelwurzel, die naturgemäss nur in derselben Zeit
zu wachsen vermag, in der die Cambialthätigkeit Jungholz er-
Fig. 7.
Jüngster Theil einer
"Wurzel von Loranthus
europ. a Rinde und Bast.
b Cambialregion. cb Jung-
holz, d Fertiges Holz
des letzten Jahrringes.
e Vorjähriger Holzring.
z Loranthus'wurzel. x
Deren Spitze, y Der Ort,
wo eine neue Wurzel-
spitze sich bildet.
Beschädigungen durch Pflanzen. 33
zeugt, in der Regel dreimal die Notwendigkeit hervor, die Wachs-
thumsricktung weiter nach aussen zu verlegen, und entstehen da-
durch auf der Innenseite eben so viele stufenförmige Absätze, die
mit entsprechenden Vorsprüngen des Holzes correspondiren, wie
dies aus den Fig. 6 u. 7 zu ersehen ist. Die Entfernung zweier
Absätze beträgt etwa 5 — 8 mm, das Längenwachsthum der Wurzel
jährlich etwa 1,5 cm. Da die Wurzeln dem Wasserstrome des Stam-
mes entgegenwachsen, so ergiesst sich dieses aus den leitenden Or-
ganen des Holzes direct an den Absätzen in die Mistelwurzel.
Letztere zeigt nun die Eigenthümlichkeit, dass sie auch ein leb-
haftes Dickenwachsthum besitzt, wobei sie eine Reihe von Jahren mit
dem Dickenwachsthum des Eichenastes gleichen Schritt hält und sich
dadurch gegen das Einwachsen schützt. Selten schon nach 4, meist
erst nach 8 Jahren und später hört ihr Dickenwachsthum auf und
sie wird nun von den begrenzenden Holztheilen durch einen Ueber-
wallungsprocess eingeschlossen; während sie an der Spitze weiter
wächst, liegen also die älter als 8jährigen Theile im Holze einge-
schlossen, functioniren aber vollständig und können die Nahrung
aufnehmen, so lange sie noch nicht in die Kernholzregion gerathen,
in welcher keine Wasserleitung mehr stattfindet. Die aufgenommenen
Nährstoffe können aber auch dann noch der Loranthuspflanze zu-
geführt werden. Von den im Holzkörper verborgenen Wurzeln ver-
laufen hier und da den Markstrahlen ähnliche Verbindungen bis
zur Rinde und von hier können, wenn dies auch nur selten ge-
schieht, durch Adventivknospen Wurzelbrutausschläge entstehen.
Sehr auffallend ist die maserige Anschwellung derjenigen Stelle
des Eichenastes, auf der eine Loranthuspflanze haftet. Während
der höher gelegene Theil des Eichenastes schliesslich ganz abstirbt,
verdicken sich die Maserkröpfe, welche den ganzen unteren Theil
der Mistelpflanze mit ihren Verästelungen umschliessen; es verdickt
sich auch der Theil des Eichenastes, welcher die Maserknollen trägt,
ohne eigene Blätter zu besitzen, und unterliegt es keinem Zweifel,
dass die Assimilationsproducte der Schmarotzerpflanze auch zur
Ernährung der Wirthspflanze verwendet werden.
Da es nicht durchführbar ist, die Drosseln wegen der Ver-
breitung des Mistelsamens abschiessen zu lassen, so wird man auch
hier so viel als möglich beim Auftreten der Riemenblume durch
Abschneiden der befallenen Aeste dem Uebel begegnen müssen.
Hartig, Baumkrankheiten, 2. Aufl. 3
34 I- Abschnitt.
Die Cuscuteen6) „Flachsseide" sind chlorophyllose ächte
Schmarotzer, die zwar vorwiegend nur auf krautartigen Gewächsen
schädlich sind, doch auch oft genug auf Holzgewächsen gefunden
werden, so dass eine kurze Erwähnung derselben hierher gehört. Die
Samen derselben keimen im Frühjahr auf der Erde. Die jungen
Pflänzchen gehen alsbald wieder verloren, wenn der lang fadenförmige
Stengel nicht eine geeignete Wirthspflanze gefunden hat, in welchem
Falle er den Stengel derselben spiralig umwindet und in die Rinde zahl-
reiche Saugwürzelchen, Haustorien genannt, einbohrt. Während
die ursprüngliche, in der Erde haftende Wurzel verloren geht, er-
nährt sich die Seide dadurch, dass sie der umschlungenen Pflanze
durch ihre bis in die Gefässbündel der Wirthspflanze eingedrun-
genen und dort sich oft in einzelne Zellfäden gleichsam pinselförmig
zertheilenden Saugwurzeln die Nährstoffe entzieht. Sind dies
schwächere Pflanzen, dann können sie frühzeitig getödtet werden;
grössere Pflanzen werden nur in der Entwicklung beeinträchtigt,
an Holzgewächsen habe ich einen irgend beachtenswerten Schaden
noch nie bemerkt.
Die Cuscuteen verbreiten sich durch die zahllosen Samen,
welche in den reichidüthigen kugelförmigen Blütheständen, die in
geringen Abständen übereinander stehen, erzeugt werden, doch hat
man neuerdings auch erkannt, dass die Pflanze selbst zu über-
wintern im Stande ist. Die einzigen praktisch anwendbaren Mittel
gegen den Parasiten bestehen in Verwendung seidefreien Saatgutes.
Soclann ist aber auch die Vertilgung der so vielfach in Hecken
und an Zäunen wuchernden Seidepflanzen vorzuschreiben. Dies sind
die Standorte, wo wir am häufigsten und insbesondere auch an
verschiedenen Holzgewächsen die Seide antreffen, und zwar in erster
Linie Cuscuta europaea, die gemeine Seide. Sie schmarotzt auf
fast allen Holzgewächsen, so z. B. Corylus, Salix, Populus, Prunus
spinosa, dann insbesondere auf Humulus, Urtica, Galium. Die
gefährlichste Art ist die Kleeseide, Cuscuta Epithymum, da
sie vorzugsweise auf Klee und Luzerne schädlich wird. Neben
zahlreichen anderen Wirthspflanzen, z. B. Thymus, Genista, Cal-
5) cf. Sorauer, Handbuch. IL Auflage. II. Theil, S. 32—48.
v. Solms- Laubach, Ueber den Bau und die Entwicklung parasitischer Pha-
nerogamen, in Pringsheim's Jahrb. Bd. IV.
Beschädigungen durch Pflanzen.
35
luna u. s. w., ist sie selbst auf Vitis gefunden worden. Cuscuta
Epilinum ist vorzugsweise auf Linum usitatissimum angewiesen,
andere Species treten seltener auf.
Kryptogame Gewächse.
§ 5. Unächte Parasiten.
Auch unter den kryptogamen Pflanzen giebt es solche, die,
ohne Parasiten im engeren Sinne zu sein, durch ihre Angriffe direct
nachtheilig für andere Pflanzen werden können. Dahin gehört
Thelephora laciniata, der zerschlitzte Warzenpilz1), dessen
vegetativer Pilzkörper in
den oberen Bodenschichten
von humosen Bestandtei-
len lebt, dessen Frucht-
träger, wie Fig. 8 zeigt,
an den jungen Pflanzen
emporwachsen. Sieschlies-
sen Blätter, Nadeln und
Zweige von unten auf so
vollständig ein, dass diese
ersticken und absterben.
Die rostbraunen, unge-
stielten, mehr oder weni-
ger zusammenfliessenden,
am Hutrande zerschlitzten
Fruchtträger fand ich be-
sonders oft an jungen
Fichten, Tannen und Wey-
mouthskiefern, seltener an
Rothbuchen, bis zu einer Höhe von 20 cm vom Boden empor-
wachsend.
In weit geringerem Grade, aber doch aus ähnlichen Ursachen
kann ein übermässiger Flechtenwuchs den Bäumen nachtheilig
werden. Wo sich im Walde reichlicher Flechtenwuchs an den
Stämmen und Zweigen findet, ist dies ein Symptom anhaltend
Fig. 8.
Thelephora laciniata.
J) cf. R. Hartig in Unters, aus d. forstbot. Inst. I S. 164. Berlin 1880.
36 I. Abschnitt.
feuchter Luft. Es steht aber auch in Beziehung zu der Bodengüte
und Schnellwüchsigkeit der Bäume, und ist es ja bekannt, wie
Buchen auf den besten, zumal kalkreichen Böden glatte, flechten-
arme Rinde, auf minderen, insbesondere auf sandigen Böden flechten-
reiche Rinde zeigen. Ist das Dickenwaehsthum einer Buche sehr
schnell, dann muss auch das Periderm einer schnellen Neubildung
unterworfen sein und die todten Korkzellen auf der Aussenseite
der Rinde werden bald abschülfern und abgestossen werden. Eine
belangreiche Flechtenentwicklung ist unmöglich. Bei sehr lang-
samem Dickenwaehsthum werden die todten Korkzellen viel län-
ger auf der Rinde verbleiben, es können sich somit zwischen
ihnen die Flechten länger und kräftiger entwickeln, zumal selbst-
redend auch die Feuchtigkeit länger erhalten wird. Aehnliches
gilt für solche Bäume, welche, wie die Fichte, die äusseren Periderm-
schichten als Schüppchen abstossen oder in späterem Alter die ab-
sterbenden Rindenschichten als Borkeplatten abwerfen. Je träger
der Baumwuchs, um so langsamer ergänzen sich die äusseren
todten Hautschichten, um so günstiger sind diese dem Flechten-
wuchse. Ist somit der Flechtenwuchs mehr ein Symptom anhaltend
feuchter Luft oder träfen Baumwuchses, so soll damit nicht be-
hauptet werden, dass derselbe nicht in geringem Maasse dem Leben
des Baumes nachtheilig werden kann. Im Sommer athmet der
Baum auch an seinen älteren Stammtheilen durch Vermittelung
zahlloser Lenticellen Sauerstoff ein, der zu den Processen des
Stoffwechsels im Innern unbedingt nothwendig ist. Wird nun durch
einen dichten, üppigen Flechten- oder Mooswuchs der Zutritt des
Sauerstoffes zu den Lenticellen der Rinde erschwert, so darf man
annehmen, dass dies nicht ohne Nachtheil für den Baum ist. Es
lässt sich darin wohl eine Erklärung finden für die Erscheinung,
dass mit einem sehr üppigen Flechtenwuchs, z. B. an Fichten und
Lärchen, das Absterben vieler Zweige der innern Krone verbunden zu
sein pflegt.
§ 6. Die Bacterien oder Schizomyceten.
Die Bacterien sind erst seit einigen Jahren auch als Pflanzen
bewohnende Parasiten erkannt, jedoch sind die Fälle, in denen diese
niederen Organismen zweifellos als Krankheitserreger im Pflanzen-
körper auftreten, nur sehr vereinzelt.
Beschädigungen durch Pflanzen. 37
Während bekanntlich die Fäulnissprocesse und die meisten
ansteckenden Krankheiten der Menschen und Thiere auf die Wir-
kung der Spaltpilze zurückgeführt werden, wird der Pflanzenorga-
nismus schon durch die Eigentümlichkeit seines Aufbaues, insbe-
sondere durch den Mangel offener Strombahnen, in denen eine
Fortbewegung der Nahrungsflüssigkeit und damit eine Verbreitung
der in ihr etwa befindlichen niederen Organismen stattfinden könnte,
gegen diese geschützt. Nur durch die Gefässe und Intercellular-
räume können sie, sich reichlich vermehrend, in dem Pflanzen-
körper sich ausbreiten, ohne die ihren Angriffen grossen Wider-
stand leistenden, aus Cellulose oder Holz bestehenden Wandungen
passiren zu müssen.
Es kommt hinzu, dass die meist saure Reaction der Pflanzen-
säfte ihrem Wachsthum und ihrer Vermehrung ungünstig ist. In
der That sind Bacterien bisher nur im Gewebe solcher Pflanzen vor-
gefunden, deren Zellen parenchymatischer Natur und sehr zartwandig
sind, wie in Zwiebel- und Knollengewächsen. Sorauer1) bezeichnet
die durch Bacterien hervorgerufenen Erkrankungen mit dem Collec-
tivnamen „Rotz" (Bacteriosis). Diese Erkrankungen zeichnen sich
dadurch aus, dass die befallenen fleischigen Pflanzentheile in eine
schleimig-schmierige, höchst übelriechende Breimasse verwandelt
werden. Durch die von den Gefässen, in denen sich die Bacterien
schneller verbreiten, ausgehende Spaltpilzvegetation werden die
zarten Zellwände aufgelöst und mit dem plasmatischen Inhalte zur
Bacterienernährung und -Vermehrung verwendet, während oft das
Stärkemehl erhalten bleibt.
Der gelbe Rotz der Hyacinthenzwiebeln (Bacterium
Hyacinthi) ist eine häufige Erkrankung, bei welcher schleimige gelbe
Bacterienmassen, von Wakker B. Hyacinthi genannt, in den Ge-
fässen auftreten und von hier aus die Gewebe völlig verjauchen.
Die Bacterien greifen vollkommen gesunde, ausgereifte Zwiebeln
unter normalen Verhältnissen nicht an. Es sind irgend welche Ver-
wundungen nöthig, wie sie beim Herausheben der Zwiebeln und
Einschlagen derselben an einem anderen Orte leicht vorkommen,
oder es sind die Zwiebeln schon von Fadenpilzen angegriffen,
unter denen besonders ein Hyphomycet fast ständiger Begleiter
:) Sorauer, Handbuch. IL Auflage. S. 74 — 112.
38 I- Abschnitt.
der Rotzkrankheit ist. In feuchter Lage dringen die Bacterien
in die Wunde ein und veranlassen die Fäulniss derselben.
Auch die Nassfäule oder der Rotz der Kartoffel, die in den
meisten Fällen als Folge der durch Phytophthora infestans hervor-
gerufenen Kraut- oder Zellenfäule auftritt, ist eine durch Spaltpilze
erzeugte Krankheit.
Neuerdings wird von J. Burrill in Urbana Illinois eine mit
blight bezeichnete Krankheit der Birn- und Apfelbäume beschrie-
ben, deren Ursache dieser Forscher auf Invasion eines Bacteriums
zurückführt. Die Krankheit scheint Aehnlichkeit mit dem durch
Nectria ditissima erzeugten Baumkrebs zu haben und da bei diesem
Pilz in der Rinde kleine Bacterien- ähnliche Gonidien in grosser
Menge erzeugt werden, so dürfte zunächst noch zu prüfen sein, ob
nicht diese Erkrankung nur irrthümlicherweise einem Spaltpilze
zugeschrieben wird.
§ 7. Die Myxoniyceten, Schleiinpilze.
Unter den Myxomyceten führt eine, wenn auch geringe Anzahl
ein parasitäres Leben, indem sie in den Wurzeln der von ihnen
bewohnten Pflanzen eigenartige Anschwellungen veranlassen. Dahin
gehört Plasmodiophora Brassicae1), welche die Hernie der Kohl-
pflanzen verursacht. Wurzel und Stengelbasis der Kohlpflanzen,
welche von diesem Parasiten befallen sind, zeigen kleinere und
grössere, oft faustgrosse Anschwellungen, die bald verfaulen. Der
Ernteertrag der geschwächten Pflanze fällt oft
ganz aus. Zur Bekämpfung der Krankheit
wird man alle erkrankten Kohlstrünke ver-
brennen, damit sich der Parasit nicht im Boden
verbreitet und wird andererseits auf Böden, auf
denen die Krankheit auftrat, mit dem Anbau des
Fie- 9 Kohls einige Jahre aussetzen.
Wurzelwucherung An den Erlenwurzeln treten ganz allge-
der Eller, durch mein verbreitet und schon in sehr jugendlichem
Schinzia Alni her- , . tii • i • i i i
vorgerufen. Alter die bekannten sich reich verästelnden
knolligen Wucherungen auf (Fig. 9), in deren
Zellen Woronin einen Pilz nachgewiesen hat, den er Schinzia
Alni benannte.
!) Woronin in Pringsheim's Jahrb. 1878. Bd. XI, S. 548.
Beschädigungen durch Pflanzen. 39
Neuerdings hat Möller2) die in den Zellgeweben der Erlen-
wurzelknollen auftretenden plasmodienartigen Gebilde einem der
Gattung Plasmodiophora angehörigen Schleimpilz, den er als Plas-
modiophora Alni bezeichnet, zugeschrieben. Ob dieser mit Schinzia
Alni identisch, oder von ihm noch verschieden und gleichzeitig mit
ihm auftretend sei, bedarf weiterer Untersuchung.
Der weiteren Untersuchung harren auch die Wurzelknollen der
Leguminosen und der Elaeagneen, in deren parenchymatischen Zellen
plasmodienartige Gebilde auftreten.
§ 8. Die Pilze.
Allgemeines über Bau und Leben der Pilze.
An jeder Pilzpflanze unterscheidet man das Mycelium und
den Fruchtträger. Ersteres nimmt die Nährstoffe auf, verarbeitet
dieselben und dient allen vegetativen Verrichtungen, während die
Fruchtträger der Erzeugung von Fortpflanzungsorganen dienen,
mögen diese nun auf vegetativem Wege, durch Theilung und Ab-
schnürung entstehen, also den Knospenbildungen höherer Pflanzen
analog sein, oder auf sexuellem Wege zur Ausbildung gelangen.
Die Entwicklung des Myceliunis beginnt durch Auswachsen, d. h.
durch Keimen einer Pilzzelle, die unter Aufnahme von Wasser und
in der Regel auch gleichzeitiger Nährstoffaufnahme sich zu einem
Pilzfaden, Pilzschlauch, „Hyphe" genannt, ausbildet. Das Wachs-
thum des Pilzschlauches ist ein Spitzenwachsthum, verbunden mit
dem Hervortreten seitlicher Aeste, wodurch ein sich immer reich-
licher verästelndes System von Pilzschläuchen entsteht, das man
irrthümlich bildlich so dargestellt hat, wie einen Strom mit seinen
Nebenflüssen und Quellen. Dieser Vergleich ist desshalb nicht zu-
treffend, weil alle Pilzhyphen fast gleich dick sind und ein nach-
trägliches Dickenwachsthum des ältesten Theiles eines Mycelfaden-
systems nur in beschränktem Grade einzutreten pflegt.
Die Pilzfäden oder Hyphe n bleiben zwar bei manchen
Arten völlig ungetheilt, in der Regel bilden sich aber in einiger
Entfernung von der Spitze Querwände, durch welche der Innen-
raum in Kammern eingetheilt wird. Eine solche Hyphe nennt
2) H. Möller, Plasmodiophora Alni. Ber. d. deutsch, bot. Ges. 1885. Heft 3,
S. 102.
40 I- Abschnitt. -
man dann „septirt". Der Inhalt derselben bestellt in der ersten
Jugend aus meist farblosem Plasnia, erst in einer gewissen Ent-
fernung von der Spitze treten Körnelungen ein, die vorwiegend der
Bildung von Fetttröpfchen zuzuschreiben sind. Oft füllen sich die
Mycelzellen mit grossen Fetttropfen, und zwar vorzugsweise dann,
wenn das Mycel Ruhezustände annimmt, in denen es bis zu spä-
teren Vegetationsperioden verharrt, ähnlich wie die Kartoffelknolle
sich mit Reservestoffen anfüllt, die erst im nächsten Jahre zu Neu-
bildungen verwendet werden sollen. Nicht selten ist das Oel ge-
färbt, insbesondere giebt die goldgelbe Farbe des Oels vieler Rost-
pilze den Blatt- oder Rindengeweben, in denen das Mycel wuchert,
eine gelbe Färbung. Im Plasma treten auch meist sehr bald Zell-
safttropfen, sogen. Vacuolen auf, welche das Plasma zum grossen
Theil an die Wand drängen und dadurch dem Inhalt ein schau-
miges Ansehen geben.
Nur dann, wenn reiche Stickstoff nähr ung vorhanden ist, also
in Mycelien, welche zwischen oder in dem vorwiegend aus paren-
chymatischen Zellen bestehenden Rinden-Bast- oder Blattgewebe
der Pflanzen vegetiren, erhält sich der Inhalt der Hyphen lange
Zeit; er verschwindet dagegen frühzeitig, wenn das Mycel in sehr
nahrungsarmem Gewebe, also insbesondere im Holzkörper der Bäume
vegetirt. Verbreitet sich ein Pilzmycel im Inneren eines Baumes,
dann findet dasselbe im Inhalte der Markstrahlzellen, sowie der
Zellen des Holz- oder Strangparenchyms reichliche Stickstoffnahrung,
es entwickelt kräftige Hyphen, wenn es auch im inhaltlosen Lumen
der Tracheiden, Holzfasern oder Gefässe fortwächst. Die Spitzen
der Hyphen werden gleichsam von rückwärts mit Plasma versehen,
während sie proteinfreie Gewebstheile zu passiren haben. Das
Plasma wandert hinter der Spitze her und zwar auf Kosten der
älteren Hyphentheile, die sich bald entleeren und mit Luft füllen.
Die leeren Mycelhyphen erhalten sich zwar noch eine Zeit lang,
werden aber unter dem zersetzenden Einflüsse des Pilzes selbst
wieder aufgelöst, und findet man desshalb oft nichts mehr von dem
Pilze, während doch zahlreiche Bohrlöcher in den Wandungen der
Zellen zweifellos darthun, dass derselbe früher in dem Gewebs-
theile vorhanden gewesen ist. In demselben Maasse, als in einem
Holzkörper das Mycel sich vermehrt, steigert sich der Protein-
mangel zur Erzeugung neuen Pilzplasmas und dies giebt sich in
Beschädigungen durch Pflanzen. 41
der abnehmenden Dicke der neu entstehenden Pilzhyphen in auf-
fallendster Weise zu erkennen.
Die Wandung der Pilzhyphen, aus Pilzcellulose bestehend,
ist anfänglich sehr zart, erreicht aber mitunter nachträglich eine
Dicke, dass das Lumen fast völlig verschwindet. Es wird dadurch
ein aus solchen dickwandigen Hyphen bestehender Pilzkörper zu-
weilen steinhart. Umgekehrt verwandelt sich die Wandung ganz
oder nur in ihrem äusseren, seltener inneren Theile in eine Gallerte,
und gewisse Wandungszustände z. B. des Mycels von Hysterium, der
Askenspitzen von Rosellinia quercina färben sich dann durch Jod
so blau, wie das Stärkekorn.
Anfänglich sind die Pilzhyphen fast immer farblos, in späterem
Alter nimmt die Wandung recht oft eine heller oder dunkler braune
Färbung an, seltener sind andere Farben, z. B. die blaugrüne der
Peziza aeruginosa, welche die sogenannte Grünfäule todten Eichen-,
Buchen- oder Fichtenholzes veranlasst. Zuweilen beschränkt sich
die Färbung auf die äusseren oder inneren Wandungsschichten.
Das durch seitliche Aussprossung sich verästelnde, durch
Spitzenwachsthum vergrössernde Mycel bleibt in der Regel ein
einfach fädiges, d. h. die Mycelfäden bleiben isolirt und ver-
wachsen höchstens hier und da, wo sie sich gerade kreuzen. Vege-
tirt dasselbe äusserlich auf Blättern, Früchten u. s. w., wie z. B.
bei den Mehlthaupilzen (Erysiphe), dann nennt man es epiphy-
tisch; vegetirt es im Inneren der Pflanzen, ist es also endophy-
tisch, dann wächst es entweder, die Wandungen durchbohrend,
von Zelle zu Zelle, ist somit intracellular, oder es wächst zwischen
den Zellen, ist intercellular und sendet dann, in der Regel ähn-
lich den meisten Epiphyten, kurze Zweige, Saugwarzen oder
Haustor ien genannt, in das Innere der Zelle, um aus diesem die
Nahrung zu entnehmen.
Wenn das fädige Mycel Gelegenheit hat, sich ausserhalb des
Nährsubstrates kräftig zu entwickeln, wie das insbesondere häufig
der Fall ist bei holzbewohnenden Hymenomyceten, dann bildet
es häutige Lager von oft mächtiger Entwicklung oder es füllt
Spalten oder andere Hohlräume im .Holzstamme aus. Am bekann-
testen sind solche Häute, Krusten und Pilzmassen von Polyporus
sulphureus, vaporarius, borealis, Hydnum diversidens, Trametes Pini,
Merulius lacrymans u. A.
42 I- Abschnitt.
Oftmals nimmt das Mycel auch die Form von sich verästelnden
Strängen an, die dann geeignet sind, den Pilz zur Wanderung
durch nahrungsarme Substrate zu befähigen. Es handelt sich dabei
entweder nur um lockere Vereinigung gleichartiger Pilzhyphen,
Rhizoctonien genannt, oder die Stränge zeigen einen eigenartigen
Bau mit Organen verschiedener Natur. Die Stränge des ächten
Hausschwammes z. B. führen gefässartige Organe mit weitem Lumen
und perforirten Querwänden, daneben sclerenchymatische, dünne
Fäden und drittens zarte, plasmareiche Hyphen mit Schnallenzellen.
Diesen Strängen schliessen sich dann die sogenannten Rhizomorphen
an, die in ihrem Aeusseren grosse Aehnlichkeit mit Wurzelfasern
höherer Gewächse und je nach der zugehörigen Pilzart einen
ganz eigenartigen inneren Bau zeigen. Am bekanntesten sind die
Rhizoniorphen des Agaricus melleus, welche bei freier Entwicklung
eine rundliche Gestalt annehmen, im Rindengewebe der lebenden
Bäume sich fächerförmig verbreiten. Ihr innerer Bau zeigt charak-
teristische Merkmale, durch welche sie sich von den Rhizomorphen
anderer Pilze, z. B. der Dematophora necatrix sofort unterscheiden.
Aehnliche Bedeutung, wie den Knollen und anderen Rhizomen
höherer Pflanzen ist den sogen. Sclerotien zuzuschreiben. Es
sind eigenartig gebaute Mycelmassen, in denen reiche Yorräthe an
Nährstoffen, besonders an Plasma und Oel niedergelegt sind, und
die, oft lange Zeit ruhend, beim Eintritt günstiger Bedingungen
keimen und dann entweder neues fädiges Mycel oder zunächst
Fruchtträger des betreffenden Pilzes hervorbringen.
Die einfachste Form solcher Dauermycelkörper wird durch die
Zellnester der Cercospora acerina dargestellt; es schliessen sich
daran die Sclerotien der Rosellinia quercina und die allgemein be-
kannten Sclerotien der Claviceps purpurea.
Die Fruchtträger entspringen dem Mycelium und dienen zur
Erzeugung der Reproductionsorgane, d. h. der Keime, aus denen
neue Individuen hervorgehen. Dieselbe Pilzart erzeugt oft ver-
schiedene Arten von Fortpflanzungsorganen, die auf oder in ver-
schiedenartig gestalteten Fruchtträgern sich entwickeln. Die Gestalt
der Fruchtträger ist für die Pilzart viel charakteristischer, als das
Mycelium, und da die oft massig entwickelten Fruchtträger fast
stets ausserhalb des Nährsubstrates, das Mycelium dagegen in der
Regel in diesem verborgen sich entwickelt, so wird vielfach von
Beschädigungen durch Pflanzen. 4a
dem Laien der Fruchtträger als der ganze Pilz angesehen, dem
Myeelium wenig oder gar keine Beachtung geschenkt.
Bestehen die Fruchtträger nur aus einzelnen, dem Mycel ent-
springenden Pilzfäden, so bezeichnet man sie als Fruchthyphen
oder Fruchtfäden, wogegen man die zusammengesetzten Pilzkörper
Fruchtkörper nennt. Bei der grossen Mannigfaltigkeit in Gestalt
und Bau der Fruchtträger kann es nicht unsere Aufgabe sein, hier
näher auf deren Betrachtung einzugehen. An oder in den Frucht-
trägern werden in der einen oder anderen Weise Zellen abge-
gliedert, welche Sporen genannt werden und durch Keimung zu
neuen Individuen sich fortentwickeln. Diejenigen Zellen, aus denen
die Sporen zunächst hervorgehen, werden Sporenmutterzellen ge-
nannt. Diese erzeugen die Sporen entweder in ihrem Inneren (in
den Sporangien der Phycomyceten, in den Schläuchen oder Asken
der Ascomyceten) oder durch Abschnürung an der Spitze, in
welchem Falle die Mutterzelle als Basidie bezeichnet wird.
Bei den meisten Pilzgruppen sind Sexualprocesse nachgewiesen
und gliedert sich der Entwicklungsgang derselben wie bei den
anderen Pflanzen in zwei Abschnitte, Generationen, von denen die
eine, als geschlechtslose Generation bezeichnete mit der Keimung
einer sexuell befruchteten Zelle beginnt und zur Erzeugung von
Sporen (Carposporen) führt. Aus der Keimung dieser Sporen geht
die zweite Generation hervor, die sich durch Gestalt und Ent-
wicklung wesentlich von der geschlechtslosen Pflanze unterscheidet.
Sie schliesst mit der Entstehung männlicher und weiblicher Sexual-
apparate und Sexualzellen ab und wird desshalb die geschlechtliche
Generation genannt. Solche Sporen, welche nicht als Abschluss
der geschlechtslosen Generation entstehen, sondern ähnlich den
Knospen, Brutzellen und anderen vegetativen Vermehrungsorganen
dieselbe Pflanzenform erzeugen, wie die war, aus welcher sie her-
vorgingen, werden Gonidien genannt. Dem Vorschlage de Bary's
folgend, mag diese Bezeichnung an Stelle des von Fries eingeführten
Ausdruckes Conidien treten.
Die Gonidien dienen hauptsächlich dazu, innerhalb der Vege-
tationszeit eine Pilzform massenhaft zu verbreiten, während im All-
gemeinen die Carposporen dazu dienen, die Pflanzenart von einem
Jahr aufs andere zu übertragen.
Ich gehe nun über zu einer kurzen Darstellung der Lebens-
44 I- Abschnitt.
weise und Lebensbedingungen der Pilze. Gerade so ver-
schiedenartig wie bei den Sämereien der Phanerogamen die Dauei
der Keimfähigkeit, die Abhängigkeit der Keimung von äusseren
Factoren ist, ebenso sehen wir bei den Sporen und Gonidien
nach Pilzart verschieden die Keimfähigkeit entweder sofort
nach der Reife oder nach einer langen Sporenruhe eintreten.
Andererseits geht z. B. bei den Gonidiensporen der Rostpilze
die Keimfähigkeit schon wenige Tage nach der Reife wieder ver-
loren, während die Eisporen der Phytophthora omnivora min-
destens vier Jahre lang im Boden ruhen können, ohne dieselbe ein-
zubüssen.
Die Ansprüche an die Wärme sind nicht so gross, wie die-
jenigen, welche die höheren Pflanzen erheben, wir sehen desshalb
noch im Spätherbst die üppigste Pilzvegetation eintreten zu einer
Zeit, in welcher die Vegetation der Bäume bereits eingeschlafen ist.
Das Wärmeoptimum liegt auch bei den Pilzen sehr verschieden
hoch, doch fehlen darüber noch zuverlässige Untersuchungen. Für
diejenigen Pilze, die uns hier angehen, sind Temperaturen über
100° C. zweifellos immer tödtlich.
Eine ungemein wichtige Lebensbedingung für die Pilze ist
hohe Feuchtigkeit der Luft oder des Substrates, in welchem
sich dieselben entwickeln. Es erklärt sich dies nicht allein aus
dem grossen Was s erbe darf e, sondern viel mehr noch aus der Leich-
tigkeit, mit welcher die Pilzmycelien oder jugendlichen Frucht-
träger in trockener Umgebung durch übermässige Verdunstung ab-
sterben. Nur sehr selten wird es desshalb dem Pilzmycel möglich,
sich in freier Luft zu entwickeln, die Fruchtträger, welche meist
ausserhalb des Pflanzenkörpers ihre Sporen ausstreuen müssen,
werden desshalb bei allen Rost- und Brandpilzen, ja auch bei
sehr vielen Scheibenpilzen unter dem Schutze der Oberhaut des
WTirthes gebildet, die dann erst nach der Sporenreife durch-
brochen wird.
In wie hohem Maasse die Entwicklung der ganz ausserhalb
des Substrates sich entfaltenden Fruchtträger von beständiger Luft-
feuchtigkeit abhängt, das ist am besten daran zu erkennen, dass
ja im Sommer trotz günstigster Temperatur weit weniger sogenannte
„Schwämme" dem Boden entwachsen, als in dem durch grosse
relative Luftfeuchtigkeit ausgezeichneten October. Die colossale
Beschädigungen durch Pflanzen. 45
Verbreitung, welche der Lärchenpilz, Peziza Willkommii, im deut-
schen Flachlande gefunden hat, erklärt sich, fast ausschliesslich,
durch, die reiche Entwicklung völlig ausgereifter Früchte und Sporen
in der feuchteren, zumal stagnirenden Luft der geschlossenen Nie-
derungsbestände, während in der Zugluft der Alpen die Früchte
fast stets vertrocknen, ehe sie reif geworden sind.
Die Luftfeuchtigkeit ist nicht allein bestimmend für das Reifen
der Früchte und für das Keimen der Sporen ausserhalb der Pflanze,
sondern scheint auch von grossem Einflüsse zu sein auf die Ent-
wicklung der Pilze im Inneren der Pflanze selbst. Die Thatsache,
dass das in den Trieben der Kiefer perennirende Caeoma pinitor-
quum geradezu verheerend auftritt, wenn der Monat Juni regnerisch
ist, umgekehrt kaum erkennbaren Schaden bei trockenem Wetter
anrichtet, berechtigt mindestens zu dieser Annahme. In Rücksicht
der Ernährungsweise unterscheidet man zunächst zwei Haupt-
categorien von Pilzen. Parasiten oder Schmarotzer werden die-
jenigen Pilze genannt, die sich von lebenden Organismen, Sapro-
phyten oder Fäulnissbewohner dagegen solche, die sich von todten
Körpern ernähren. Eine scharfe Trennung aller Pilze in diese
beiden Categorien ist aber nicht durchführbar. Zunächst kann oft
darüber gestritten werden, ob man einen organischen Körper als
todt oder lebend bezeichnen will. Der Holzkörper der Bäume be-
steht zum weitaus grössten Theile aus abgestorbenen Zellen, von
denen nur noch die Wandungen zurückgeblieben sind und nur ein
verhältnissmässig kleiner Theil, die Zellen des Strang- und
Strahlenparenchyms, sind lebend und protoplasmahaltig. Da es
viele Holzpilze giebt, die nur an alten Baumstöcken und an seit
längerer Zeit gefällten oder abständigen Bäumen ihre Thätigkeit
entwickeln, während andere Holzpilze am lebenden stehenden
Baume ihre Zerstörungen ausüben, so erscheint es zweifellos, dass
man den gesunden Holzkörper des lebenden Baumes auch als
lebend bezeichnen muss, wenn auch nur ein Theil seiner Zellen
Lebenserscheinungen zeigt. Schwer wird es in vielen Fällen,
zu entscheiden, ob ein Holzkörper, z. B. der Kern mancher Bäume,
noch lebend war, als er vom Pilzmycel ergriffen wurde, oder ob
dessen Parenchymzellen bereits abgestorben waren. Von diesen
zweifelhaften Fällen, in denen es schwer wird, sofort zu erkennen,
ob ein Pilz als Parasit oder als Saprophyt lebt, abgesehen, giebt
46 I- Abschnitt.
-es nun aber zwischen den streng saprophytisch und den streng
parasitisch lebenden Pilzen mannigfache Uebergänge. Zahlreiche
Pilze sind im Stande, ihre volle Entwicklung als Saprophyten
durchzumachen, unter Umständen aber auch rein parasitisch zu
leben. Als Beispiele dienen Agaricus melleus und die Nectrien.
Diese Pilze bezeichnet man als facultative Parasiten. Andere
Pilze machen ihren ganzen Entwicklungsgang in der Regel in pa-
rasitärer Lebensweise durch, besitzen aber die Fähigkeit, wenigstens
in bestimmten Stadien saprophytisch zu vegetiren. Man hat sie
.als facultative Saprophyten bezeichnet. Dahin gehört z. B.
Phytophthora omnivora und Cercospora acerina. Wir haben dem-
nach vier Gruppen zu unterscheiden: 1. reine Saprophyten; 2. fa-
cultative Parasiten; 3. facultative Saprophyten und 4. reine, d. h.
streng obligate Parasiten, welche nur parasitisch wachsen können,
z. B. die Uredineen.
Die Verbreitung einer infectiösen Krankheit kann in
zweifach verschiedener Weise vor sich gehen, nämlich entweder
durch Mycelinfection oder durch Sporen resp. Gonidieninfection.
Die Mycelinfection kommt in der Natur besonders bei
-unterirdisch wachsenden Parasiten vor, da die wechselnde Luft-
feuchtigkeit eine oberirdische Mycelentwicklung ausserhalb der
Pflanze nur ausnahmsweise zu Stande kommen lässt, wie bei Her-
potrichia und Trichosphaeria.
Bei der Mycelinfection ist es gewissermaassen ein und dasselbe
Pilzindividuum, welches sich von Wurzel zu Wurzel, von Zwreig zu
Zweig weiter verbreitet und ausdehnt; es ist desshalb ein solches
Fortschreiten der Erkrankung in einem Waldbestande ein relativ
langsames, dafür aber, wenigstens bei dichtem Pflanzenstande, in
der Regel dadurch charakterisirt, dass alle oder die meisten In-
dividuen innerhalb des localen Verbreitungsbezirkes erkranken. Es
entstehen dadurch allmälig mehr oder weniger grosse Lücken im
Pflanzenbestande.
Bei Trametes radiciperda, dem gefährlichsten Feinde der
Fichten- und Kiefernbestände, ist Contact der kranken, pilzhaltigen
Wurzel mit der gesunden Wurzel eines Nachbarbaumes nöthig,
wenn das zwischen den Rindenschüppchen hervortretende Mycel in
letztere hineinwachsen soll. Bei Agaricus melleus entspringen den
kranken Wurzeln Mycelstränge in Gestalt der Rhizomorphen, die
Beschädigungen durch Pflanzen. 47
dann nach verschiedenen Richtungen unter der Oberfläche der Erde
fortwachsend die ihnen auf ihrem Wege begegnenden Wurzeln ge-
sunder Nadelholzbäume umklammern, mit ihrer conisch geformten
Spitze zwischen die Rindenschuppen eindringen, diese absprengen
und in das lebende Gewebe sich einbohren.
Bei Rosellinia quercina, dem Eichenwurzeltödter, ist es das
zarte fädige, hier und da zu Rhizoctonien zusammentretende Mycel,
welches bei feuchtwarmer Witterung von der erkrankten Pflanze
aus in den oberen Bodenschichten sich verbreitet und in der später
ausführlicher zu schildernden Weise die Wurzeln der Nachbarpflanze
ergreift und tödtet. Dadurch, dass das Mycel an den Eichen-
wurzeln Dauermycel in Gestalt kleiner rundlicher Sclerotien bildet,
wird der Parasit befähigt, sein durch vorübergehende Bodentrock-
niss oder durch Kälte unterbrochenes Wachsthum wieder fortzu-
setzen.
In ähnlicher Weise verbreitet sich Dematophora necatrix in
den Weinbergen.
Die Verbreitung eines Parasiten durch Sporen und Goni-
dien ist nicht, wie die Mycelinfection auf die nächsten Nachbaren
beschränkt, wenn diese auch der Ansteckungsgefahr am meisten
ausgesetzt sind, es können vielmehr durch sie weit entfernt ste-
hende Bäume inficirt werden, während nahe benachbarte Individuen
gesund bleiben. Wie mannigfach verschiedene Verhältnisse hierbei
maassgebend sind, wie insbesondere die Verschleppung durch Thiere
und Menschen das Auftreten einer Epidemie bedingen kann, werden
wir im speciellen Theile hervorzuheben haben. Hier mögen einige
Beispiele auf diese Verhältnisse hinweisen.
Phytophthora omnivora entwickelt in Folge vorhergegangener
sexueller Befruchtung im Inneren der Keimpflanzen Sporen, hier
speciell Eisporen genannt; diese gelangen mit den verfaulenden
Pflanzen in den Boden, können dort eine Reihe von Jahren ruhen
und erzeugen aufs Neue die Krankheit, wenn sich geeignete Keim-
pflanzen dort entwickeln. Daneben erzeugt der Parasit aber auch
zahllose Gonidien auf der Aussenseite seiner Blätter. Diese sind
sofort keimfähig und werden durch den Wind auf die Nachbar-
pflanzen geführt, oder durch Thiere und Menschen verschleppt,
-so dass in Folge davon neue Infectionsheerde sich bilden.
Das Auftreten neuer Infectionsheerde der Trametes radiciperda,
48 I. Abschnitt.
welche ihre Fruchtträger, wenigstens bei der Fichte, fast immer
nur unterirdisch und zwar in Höhlungen zur Entwicklung gelangen
lässt, dürfte vorzugsweise der Verschleppung durch Mäuse zuzu-
schreiben sein.
Der Getreidebrand entsteht in der Regel dadurch, dass man
Saatgut benutzt, welchem äusserlich Brandsporen anhaften, kann
aber auch durch den Stalldünger veranlasst werden, wenn brandiges
Stroh zum Unterstreuen benutzt worden ist.
Höchst interessant gestalten sich diese Verhältnisse bei den
heteröcischen Rostpilzen, d. h. bei den parasitischen Pilzen, welche
ihre verschiedenen Entwicklungsphasen nicht auf derselben, sondern
auf zwei verschiedenen Pflanzenarten durchleben. Es sei hier nur
auf den Zusammenhang des Berberitzenpilzes und des Getreide-
rostes, oder des Fichtenblasenrostes und des Alpenrosen- und Kien-
porstpilzes, oder endlich des Weisstannenblasenrostes und des
Preisselbeerpilzes hingewiesen. Das Auftreten der Krankheit ist bei
diesen Parasiten durch die Gegenwart beider Wirthspflanzen bedingt,
doch hat de Bary zunächst für den Alpenrosenpilz nachgewiesen,
dass dieser im Nothfalle auch ohne Fichte bestehen kann, und
scheint es mir zweifellos zu sein, dass der Preisselbeerpilz auch
ohne Weisstanne sich zu entwickeln vermag. Für eine Reihe von
Rostpilzen kennen wir nur das eine oder andere Entwicklungs-
stadium und bleibt noch zu ermitteln, mit welchen anderen Pilz-
formen dieselben im Zusammenhange stehen.
Auch die Angriffsweise der Parasiten bietet die mannig-
fachsten Verschiedenheiten dar. Während die Epiphyten, deren
Mycel äusserlich auf der Epidermis der Blätter, Früchte und Stengel
vegetirt, nur zarte Saugorgane in das Innere der Oberhaut senden,
müssen die Endophyten die Keimschläuche ihrer ausserhalb kei-
menden Sporen oder ihre entwickelten Mycelien in das Innere der
Pflanzen einbohren.
Man kann nach der Angriffsart zwei grosse Gruppen unter
ihnen bilden, von denen die erste solche Parasiten umfasst, die
unverletzte Pflanzen angreifen können, während die zweite Gruppe
nur an schon vorhandenen Wundstellen einzudringen vermag, also
die infectiösen Wundkrankheiten erzeugt. Die ersteren sind
theilweise auf sehr jugendliche Entwicklungsstadien der Pflanze
oder der Triebe, Blätter und Wurzeln angewiesen, seltener dringen
Beschädigungen durch Pflanzen. 49
ihre Pilzkeiine auch in die Spaltöffnungen und Lenticellen älterer
Blätter und Stengel ein. Nur sehr kräftige Mycelbildungen, wie
die des Agaricus melleus und der Trametes radiciperda bohren sich
auch in verkorkte Hautschichten, indem sie zwischen die Borke-
schuppen der Wurzel eindringend diese auseinander drängen.
Zu den interessantesten Vorgängen dieser Art gehört die An-
griffsweise der Rosellinia quercina.
Die Hauptwurzel der jungen Eiche ist durch einen ziemlich
derben Korkmantel gegen Angriffe von aussen geschützt, das Mycel
der Rosellinia vermag somit nur dadurch in das Innere zu gelangen,
dass es zunächst die feinen Seitenwurzeln tödtet und, da diese
jene Korkschicht durchsetzen, gleichsam eine Bresche in den
schützenden Korkmantel legt. Da, wo die Seitenwurzeln den
Korkmantel durchsetzen, entwickelt sich das Mycel zu fleischigen
Knollen, die dann einen oder mehrere Zapfen durch die Bresche
in das Innere der Wurzel hineintreiben. Erst an der Spitze dieser
Zäpfchen bildet sich einige Zeit darauf das verderbliche fädige
Mycel.
Verwundungen, welche dem Parasiten Eintritt in das Baum-
innere gewähren, entstehen in mannigfacher Weise durch Thiere
und Menschen, durch Hagelschlag, Windbruch, Schneedruck u. s. w.,
auf welche Verhältnisse hier nur hingewiesen werden mag.
Die Wirkungen, die von den Parasiten auf die Gewebe der
Wirthspflanzen ausgeübt werden, lassen sich nur erklären durch
die Annahme einer jeder Pilzart eigenthümlichen Fermentsub-
stanz, die, im Pilzplasma gebildet, von den Hyphen ausge-
schieden wird und den benachbarten Zellen sich mittheilt.
Recht oft vegetirt das Mycel in lebenden parenchymatischen
Geweben, ohne die geringste erkennbare Veränderung in diesen
hervorzurufen, zumal wenn die Zellen bereits in den Dauerzustand
übergegangen waren, als das Mycel in oder zwischen sie hineinwuchs.
Das Mycel der Calyptospora übt auf die fertigen Gewebe der
Preisseibeere gar keine ersichtliche Wirkung aus, veranlasst da-
gegen in noch sehr jugendlichen Trieben eine Vergrösserung der
Parenchymzellen der Rinde, die zu höchst auffälligen Anschwellun-
gen des Stengels führt.
Beschleunigung der Zellvermehrung gehört zu den häufigen
Folgen der Pilzwirkung. Es seien erwähnt die Stammanschwellun-
Hartig, Baumkrankheiten, 2. Aufl. 4
50 I- Abschnitt.
gen der Weisstanne, in deren Rindengewebe Aecidium elatinum
wuchert, ferner die Starnmanschwellungen der Wachholderstämme
(Gymnosporangium) u. s. w. Häufiger noch werden die bewohnten
Pflauzentheile zu abnormen Wachstkurusersch einungen angeregt.
Blüthen, Früchte und Stengeltheile verschiedener Pflanzenarten
werden durch Pilze aus der Gattung Exoascus ganz eigenartig um-
gewandelt, ohne immer in ihrer Lebensdauer dadurch beeinträchtigt
zu werden (Hexenbesen der Weissbuche etc.).
Ersichtliche Veränderungen des Zelleninhaltes können oft auf
indirectem Wege durch Pilze veranlasst werden, so z. B. durch
das Mycel des Hysterium macrosporum, wenn solches die Bast-
organe an der Basis der Fichtennadel bereits getödtet und damit
deren Leitungsfähigkeit für Bildungsstoffe vernichtet hat, während
der übrige Theil der Fichtennadel noch lebend und assimilirend
ist. Es füllen sich dann alle Zellen strotzend mit Stärkemehl an,
da ja die neugebildeten Kohlenhydrate nicht aus dem Blatte ent-
führt werden können.
Der im Zellsaft gelöste Gerbstoff ist eine vortreffliche Nahrung
für das Mycel des Polyp, igniarius und wird von den in das
gesunde Eichenholz eindringenden Pilzhyphen zuerst aufgenommen
und schon in den jüngsten Theilen des Mycels verarbeitet und
umgewandelt. Mit dem Auftreten von Pilzmycel im Eichenholze
verschwindet desshalb auch der Gerbstoffgeruch, der längst für
den Praktiker als Beweis der gesunden Beschaffenheit des Holzes
gegolten hat. Interessant ist auch die Umwandlung eines Theiles
des Zellinhaltes, wie der Zellwandungen unter der Einwirkung
der Hyphen von Peridermium Pini in Terpentinöl. — Während
oftmals, z. B. bei der Buchenkeimlingskrankheit, die Stärkekörner
aus dem Zelleninhalte sehr bald verschwinden, widersteht die
Stärke dem zersetzenden Einflüsse verschiedener Holzparasiten
oft länger, als die dicken verholzten Wandungen der Zellen, in
denen sie lagern. Im Uebrigen ist die Zersetzungsart der Stärke-
körner nach Art der Pilze, die auf sie einwirken, ungemein ver-
schieden. — Dasselbe gilt für die Zellwandungen. Die auflösende
Wirkung der lebenden Pilzhyphen ist eine zweifach verschiedene.
Wo eine Hyphe der Wandung unmittelbar anliegt, löst sie die
in derselben befindlichen Körnchen Oxalsäuren Kalkes auf, gerade
so, wie ein Wurzelhaar die mit ihm in unmittelbaren Contact
Beschädigungen durch Pflanzen.
51
tretenden Kalktheilchen durch seine kohlensäurehaltige Flüssig-
keit auflöst. Diese Wirkung ist beschränkt auf die direct vorn
Pilzfaden berührte Zellwandfläche. Jeder para-
sitische Pilz, welcher im Holzkörper lebender
Bäume sich verbreitet, hat aber daneben noch
eine ihm eigentümliche Art der Holzzerstörung,
und wenn eine und dieselbe Pilzspecies z. B.
Polyporus sulphureus in ganz verschiedenen
Baumarten wie Eiche, Weide und Lärche vege-
tirt, so wandelt sie in kurzer Zeit den Holz-
körper so gleichartig um, dass es auf den
ersten Blick schwer hält, die genannten im
gesunden Zustand so auffällig verschiedenen
Holzarten von einander zu unterscheiden. Es
lässt sich dies nur durch den Einfluss eines
ungemein kräftigen und für die Pilzspecies cha-
rakteristischen Fermentes genügend erklären,
welches die Wandungen auf grössere Entfernung
hin durchdringt und in vielen Fällen zunächst
nur die incrustirenden Substanzen, insbesondere
den Holzgummi auflöst.
In nebenstehender Fig. 10 ist der obere
Theil der Wandungen noch verholzt, während
der untere Theil aus reiner Cellulose besteht.
Fig. 10.
Tracheide von Pinus
silvestris, durch Tra-
Die Mittellamelle, die am meisten verholzt ist, metes Pini zerstört.
, . . ,-, TT i • n i t • • Die primäre Zellwand
löst sich nach dem Verschwinden des Limins
ist bis zu a a völlig
aufgelöst. Die se-
cundäre und tertiäre
Wandschicht ist im
unteren Theile nur
noch aus Cellulose
bestehend, in welcher
am frühesten auf, und dadurch werden die ein-
zelnen Organe völlig isolirt, ähnlich wie dies
bei Behandlung gesunden Holzes mit chlor-
saurem Kali und Salpetersäure geschieht. Die
Pilzhyphen durchbohren mit ihrer Spitze die die Kalkkörnchen
,„ , l-ni .. i -i deutlich erkennbar
Wandungen, verschwinden aber spater wieder, werden b. Pilzfäden
indem sie selbst der Auflösung anheimfallen. c durchbohren die
„ , , . -. x , , „. , . Wände und hinter-
Zahlreiche Löcher m den Wandungen verratnen lassen Löchert unde.
deren frühere Gegenwart. In Fig. 1 1 sieht man,
wie die Organe des Eichenholzes durch Fermentwirkung völlig
isolirt und aufgelöst werden.
Bei anderen Holzparasiten findet die Zersetzung in der Weise
4*
52
I. Abschnitt.
statt, dass vom inneren Lumen der Organe aus zuerst eine Zone in
Cellulose umgewandelt wird durch Extrahirung der incrustirenden
Substanzen, bevor eine völlige Auflösung der Wand eintritt. Die
Wandungen werden also immer dünner, bis schliesslich nur noch
/ 9
Fig. 11.
Zersetzung des Eichenholzes durch Thelephora Perdix.
a Tracheiden mit einzelnen Pilzfäden und Pilzbohrlöchern.
b Holzparenchym mit Stärkekörnern, die zum Theil in der Auf-
lösung begriffen sind, indem die Granulöse von aussen nach innen
verschwindet, c Gefäss mit Pilzhyphen. d Sclerenchymfaser
mit Pilzfäden und Bohrlöchern, e u. /' Tracheiden, deren pri-
märe Wand aufgelöst ist, so dass die Isolirung vollständig ist.
Die verdickten Scheiben der Hoftipfel liegen ebenfalls isolirt
zwischen den Tracheiden. Eine Kreuzung der Hoftipfelspalten
ist nicht mehr vorhanden, weil die Organe isolirt sind, g Völlig
isolirte und der völligen Auflösung nahe Holzparenchymzellen.
h Tracheide vor völliger Auflösung, i Sclerenchymfasern stark
zersetzt, k Tracheide, deren Wandung vor der Auflösung in
Spalten sich getrennt hat.
die Ecken übrig bleiben da, wo drei Tracheiden zusammenstossen
Fig. 12. Mehrere Holzparasiten, z. B. Polyporus mollis und sul-
phureus veranlassen eine Zersetzung, durch welche die Wandung
mit Ausschluss der Mittellamelle so stark schwindet, dass zahl-
reiche von rechts nach links aufsteigende Spalten in derselben ent-
Beschädigungen durch Pflanzen.
53
stehen. Selbstredend sieht man bei einer gewissen Einstellung des
Mikroskopes gleichzeitig die ebenso aufsteigenden Spalten der
Wandungshälfte, die der Nachbarfaser angehören, so dass eine schein-
Fig. 12.
Zersetzung des Fichtenholzes durch Polyporus borealis.
a Tracheide mit üppig entwickeltem Mycel in einer aus den
Markstrahlen stammenden braungelben Flüssigkeit, b u. c Die
Pilzfäden sind noch bräunlich gefärbt und sehr kräftig entwickelt.
d u. e Die Wände sind schon sehr verdünnt, vielfach durch-
löchert. Die Pilzfäden sind schwächer ernährt und sehr fein.
/. Die Tipfei sind fast völlig zerstört, g u. h Von den Wan-
dungen sind nur noch Reste vorhanden. Die Zerstörung der
Hoftipfel ist von i bis r zu verfolgen. Bei i ist der Hoftipfel
noch intact, bei k ist die eine Wandung des Linsenraumes schon
grÖsstentheils aufgelöst, und durch eine Kreislinie deren innere
Begrenzung zu erkennen. Bei / ist die eine Seite des Hoftipfels
ganz aufgelöst. Bei m bis n sieht man eine Reihe von Tipfein,
die nur noch auf einer Seite und zwar auf der mit der Schliess-
haut versehenen eine sehr zarte Wandung zeigen, auf welcher
bei Anfertigung des Präparates ein Riss entstanden ist. Von
o bis r sieht man Tipfei, deren beide Wände ganz oder theil-
weise aufgelöst sind und nur noch bei p und q die verdickten
Theile der Schliesshaut zu finden sind. Bei s erkennt man
deutlich die streifige Structur der beiden Zellwände, welche unter
einander verbunden die gemeinsame Tracheidenwand darstellen.
Bei t sieht man Pilzhyphen, welche die Tracheiden in verticaler
Richtung durchziehen.
54
I. Abschnitt.
bare Kreuzung der Spalten zu Stande kommt. Die Wandungen
sind gebräunt und sehr koklenstoffreich. Fig. 13. Auf die ander-
weiten, für jede Pilzart charakteristischen Zersetzungsformen werden
wir im speciellen Tkeile aufmerksam zu machen haben. Es sei
hier nur noch bemerkt, class die Frage, ob alle
organischen Bestandtheile der Holzwandung vor
ihrem Zerfall in Kohlensäure und Wasser zuvor
vom Pilzmycel aufgenommen sein müssen, oder
ob dieselben theilweise direct mit Sauerstoff zu
Kohlensäure und Wasser oxydirt werden, noch
nicht zu beantworten ist. — Die Schnelligkeit
der Zersetzung hängt bei der grossen Menge von
Sauerstoff, die dabei verbraucht werden muss,
in hohem Grade von dem Zutritte der Luft zu
dem Bauminneren ab. Ein gewisser Vorrath an
Luft ist in jeder Holzfaser vorhanden. Bei Laub-
hölzern würde man die fernere Zuleitung durch
die Gefässe und Intercellularräume sich erklären
können, bei den harzführenden Nadelholzbäumen
durch die Harzkanäle; bei der Weisstanne und
anderen Nadelholzbäumen ohne Harzgänge bleibt
die Art der Luftzufuhr zu inneren Baumtheilen
noch unerklärt. Die entstehende Kohlensäure
kann auf demselben Wege entweichen, auf dem
Fig. 13.
Tracheide von Pinus,
durch Polyporus mol-
lis zerstört. Die Cel-
lulose ist meist extra-
hirt und die Wände
bestehen meist aus
Gummi. Im trocknen
der Sauerstoff zugeführt wird. In wie weit
Kohlensäure oder Sauerstoff im Wasser gelöst
Zustande erhalten sie die Wanderung vollziehen können, ist noch fest-
Eisse, die sich aber ■.,
nicht auf die primäre zustellen.
Wand a b erstrecken. Es bleibt mir nun zum Schlüsse meiner
^TÄp?eW allgemeinen Besprechung noch die Frage zn er-
und den Bohrlöchern örtern übrig, ob und welche Mittel uns zu Ge-
' U* e" ten^bei f ^ " böte stehen, den Beschädigungen durch Pilze
entgegenzutreten. Ich bin der Ueberzeugung,
jeder wissenschaftlich gebildete Forstmann mit voll-
Interesse Kenntniss nehmen würde von der Aufklärung
das Wesen und die Ursachen der Baumkrankheiten auch
dann, wenn es nicht möglich sein sollte, denselben in der Praxis
entgegenzutreten. Ist es doch durchaus nicht die Aufgabe der
dass
stem
über
Beschädigungen durch Pflanzen. 55
Wissenschaft, zunächst die Gedanken zu lenken auf eine prak-
tische Verwerthung der gefundenen Wahrheiten oder wohl
gar die Forschung in erster Linie solchen Gebieten zuzuwenden,
auf denen in baarem Gel de zu berechnende Ergebnisse
in Aussicht stehen. Die Aufgabe der Wissenschaft ist eine
edlere und höhere. Kommen wir aber in unserem Streben, die
Geheimnisse der Natur zu ergründen, nebenbei auch zu Ergeb-
nissen, deren Verwerthung im Nutzen der Menschheit liegt, dann
haben wir die Pflicht, auf diese hinzuweisen. Ich habe dies
nie versäumt, und wenn ich auch die vielfachen Hindernisse
nicht unterschätze, welche dem ausführenden Beamten noch lange
Zeit im Wege stehen werden, wenn er die Ergebnisse der wissen-
schaftlichen Forschung in der Praxis zu verwerthen gedenkt, so
glaube ich doch, dass die Forstwirthe als Pfleger des Waldes
mindestens die Verpflichtung haben, von den Ergebnissen der wis-
senschaftlichen Forschung Kenntniss zu nehmen und mit Sorgfalt
die Gesundheit ihrer Pflegebefohlenen überwachen und nicht allein
alles thun sollen, was die Entstehung von Krankheiten zu ver-
hindern vermag, sondern auch sofort energische Mittel zu ergreifen
haben, um eine entstehende Krankheit im Keime zu ersticken und
deren Weiterverbreitung zu verhindern.
Es kann hier nicht näher auf eine Darstellung der Maassregeln
eingegangen werden, denn diese sind für jede Krankheit selbst-
redend verschieden, aber gerade so, wie es gewisse allgemeine Vor-
schriften und Verhaltungsmassregeln giebt, deren Befolgung zur
Erhaltung der menschlichen Gesundheit rathsam erscheint, so giebt
es auch allgemeine Maassregeln für die Behandlung der Waldungen,
durch deren Befolgung wir die Gesundheit derselben schützen
können.
Die beste prophylactische Maassregel gegen Entstehung und
Verbreitung von Epidemien ist Erziehung gemischter Waldbe-
stände. Unterirdische und oberirdische Ansteckung wird dadurch
am meisten beeinträchtigt, wenn jeder Baum durch andersartige
Nachbarbäume gleichsam isolirt wird. Wechsel der Holzart
auf Böden, welche von Wurzelparasiten eingenommen sind oder in
denen Dauersporen von vieljähriger Lebenszeit ruhen, kann unter
gewissen Umständen gerathen erscheinen. Vermeidung der
Einschleppung von Pilzsporen durch Menschen und Thiere ins-
5ß I. Abschnitt.
besondere beim Handelsverkehr mit jungen Bäumchen ist ge-
boten.
Die therapeutischen Maassregeln nach Ausbruch, einer Krank-
heit werden, wenn es sich um Wurzel parasiten handelt, theilweise
im rechtzeitigen Ausreis sen oder Ausroden der erkrankten
Pflanzen, theils in Isolirung des inficirten Terrains durch schmale
Stichgräben bestehen. Als gemeinsame und wichtigste Maass-
regel ist aber die sofortige und schleunige Entfernung aller
pilzkranken Pflanzen aus dem Walde zu rathen, damit nicht
von ihnen aus die Ansteckung durch Sporen ausgehen kann.
Sauberkeit im WTalde ist die Vorbedingung für die Gesundheit
desselben.
Nachdem vorstehend die wichtigeren allgemeinen Gesichtspunkte
zusammengestellt sind, welche beim Studium der parasitischen Pilze
ins Auge zu fassen sind, werde ich, dem Plane dieser Schrift ent-
sprechend, nur die auf Holzgewächsen auftretenden Parasiten in
systematischer Reihenfolge vorführen. Nur solche auf landwirth-
schaftlichen oder gärtnerischen Culturpilanzen schmarotzende Pilze,
die eine allgemeinere, praktische Bedeutung erlangt haben, werde
ich kurz erwähnen. Im Uebrigen muss ich demjenigen, der einen
Ueberblick auch über die in dieser Schrift nicht aufgeführten
Pflanzenparasiten sich zu verschaffen wünscht, auf die Handbücher
von Frank oder Sorauer verweisen.
Indem ich mich dem neuesten Pilzsystem anschliesse, nach
welchem drei Gruppen, nämlich Phycomyceten (Algenpilze), Asco-
myceten und Basidiomyceten unterschieden werden, beginne ich
mit der ersten Gruppe. Dieselbe umfasst 5 Ordnungen, nämlich
Zygomycetes, Entomophthoreae, Saprolegniaceae, Peronosporeae,
Chytridiaceae und Ustilagineae.
Von diesen Ordnungen sind es nur zwei, die hier näher ins
Auge gefasst werden sollen.
§ 9. Peronosporeae.
Die Peronosporeen sind ächte Pflanzenparasiten, deren My-
celium meist intercellular, seltener auch intracellular die Ge-
webe höherer Pflanzen bewohnt, durch besondere Saugorgane,
Haustorien, aus den lebenden Zellen die Nahrung entnimmt und
dieselben hierdurch sofort oder erst nach längerer Zeit tödtet. Dem
Beschädigungen durch Pflanzen. 57
Mycelium entspringen Fruchthyphen, welche entweder durch die
Spaltöffnungen herauswachsen, oder, die Oberhaut von innen durch-
brechend, hervorkommen und in verschiedener Weise Gonidien er-
zeugende Sporangien bilden.
Die Gonidien entwickeln ihren Keimschlauch, nachdem sie
zuvor in einen Wassertropfen gelangt einige Zeit umhergeschwärmt
sind (Schwärmsporen), doch können die Sporangien auch direct
keimen, ohne zuvor Schwärmzellen im Inneren erzeugt zu haben.
Im Gewebe der Wirthspflanze, selten auch ausserhalb derselben
entstehen an dem Mycelium weibliche Sexualapparate, Oogonien,
an die sich bei der Befruchtung die männlichen Sexualapparate,
Antheridien genannt, anlegen. Letztere entsenden einen kleinen
Fortsatz, Befruchtungsschlauch, in das Innere des Oogoniums, durch
welchen ein kleiner Theil des Inhaltes des Antheridiums in den
Protoplasmakörper des Oogoniums übertritt und letzteres befruchtet.
Es entsteht hierdurch die sich mit einer dicken Zellhaut umgebende
Eispore, Oospore.
Während die Gonidien im Laufe des Sommers die schnelle
Weiterverbreitung der Parasiten vermitteln, da sie leicht abfallen
und durch Wind oder Thiere verschleppt werden, gelangen die Ei-
sporen mit den abgestorbenen und verfaulenden Pflanzentheilen in
die Erde, überwintern dort, können auch eine Reihe von Jahren
(Phytoph. omnivora) sich hier keimfähig erhalten, und keimen ent-
weder direct aus oder entwickeln zunächst Sporangien mit Schwärm-
gonidien.
Phytophthora omnivora Syn.: Phytophthora Fagi1) und
Peronospora Sempervivi.
Die Krankheit, welche dieser Parasit hervorruft, ist schon vor
100 Jahren als Buchenkeimlingskrankheit in der forstlichen
Literatur erwähnt worden und dürfte keinem in Buchenrevieren
J) Dieser Parasit ist von mir im Jahre 1875 unter dem Namen P. Fagi
in der Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen Seite 117 — 123 beschrieben, eine
ausführliche Bearbeitung der Entwicklungsgeschichte desselben und der durch
sie erzeugten Krankheit habe ich in den Untersuchungen aus dem forstbot. Inst.
1880 Seite 33 — 57 unter Beigabe einer Figurentafel gegeben. Unter dem Namen
P. Sempervivi ist derselbe Pilz von Schenk im Jahre 1875, also gleichzeitig mit
mir, beschrieben. Zur Erledigung der Prioritätsfrage hat de Bary (Beiträge zur
Morph, u. Phys. der Pilze 1881 S. 22) den Namen Phyt. omnivora vorgeschlagen.
58
I. Abschnitt.
wirtschaftenden Forstmanne unbekannt geblieben sein. Sie tritt
fast jedesmal, wenn nach einem Buchensamenjahre reichlicher
Aufschlag sich einfindet, durch ganz Deutschland auf und zwar
um so verheerender, je regnerischer der Monat Mai und Juni
ist. Ebenso allgemein verbreitet
zeigt sich der Parasit in den
Saatbeeten an Nadelholzkeimlin-
gen jeder Art. Es werden aber
auch andere Laubholzpflanzen, z.B.
Acer, Fraxinus, Robinia, sowie
Fagopyrum, Clarkia, Sempervivum
u. s. w. von dem Pilz befallen.
Die Krankheit äussert sich
an den Buchenkeinilingspflanzen
dadurch, dass diese entweder schon
während der Keimung im Boden
von dem Keimwürzelchen an
schwarz werden und absterben
oder erst nach der Entfaltung der
Samenlappen am Stengel oberhalb
und unterhalb oder am Grunde
dieser selbst dunkelgrün und miss-
farbig werden Fig. 14 a, b, oder
derartige Flecken auf den Samen-
lappen Fig. 14 c, oder den ersten
Laubblättern Fig. 14 d, erkennen
lassen. Bei anhaltend feuchtem
Wetter ergreift diese Fäulniss
schnell die ganze Pflanze, bei
trockenem Wetter werden die
Pflanzen rothbraun und trocken,
wie von Feuer versengt. Junge
Ahorn-, Eschen- und Bobinien-
pflänzchen zeigen ähnliche Krankheitssymptome, insbesondere geben
oft von der Basis der Samenlappen aus tiefschwarze Striche am
Stengel auf- oder abwärts. Oft wird nur die Spitze des Stengels
mit den Blättern geschwärzt und erholt sich dann die Pflanze,
wird dagegen der untere Stengel befallen, so geht die Pflanze zu
Fig. 14.
Erkrankter Buchenkeimling.
Stengel unter den Samenlappen
schwarzgrün a, Samenlappen am
Grunde b oder fleckenweise c krank.
Erste Lanbblätter fleckig d.
Beschädigungen durch Pflanzen.
59
Grande. In Nadelholzrillensaaten geht oft schon ein grosser
Theil der Pflanzen zu Grunde , bevor dieselben sich über die
Bodenoberfläche erhoben haben, meist verfault die Wurzel und der
Stengel, und die jungen Pflanzen fallen um oder vertrocknen, ohne
dass irgend welche mechanische Ver-
letzungen zu erkennen wären. Dabei
ist bemerkenswerth, dass hier und da
sämmtliche Keimlinge zu Grunde gehen
und verschwinden, so class Lücken von
Handbreite und mehr in den Saatrillen
entstehen.
Der ansteckende Charakter der
Krankheit kennzeichnet sich durch die
auffälligen Verbreitungserscheinun-
gen. Eine erkrankte Pflanze ist bald
von kranken Nachbarn umgeben und
so schreitet die Krankheit in Vollsaaten
centrifugal, in Pullensaaten zweiseitig
vorwärts. Führt durch eine Buchen-
schonung ein begangener Fusssteig, dann
erkranken und sterben auf diesem und
zu beiden Seiten desselben sämmtliche
Pflanzen in kurzer Frist. Es ist ferner
beobachtet, dass in Saatbeeten, in denen
einmal die Krankheit auftrat', in den
Folgejahren die Epidemie meist in viel Zellgewebe au&s' einem erkrank.
stärkerem Maasse wiederkehrt. Als in ten Buchensamenlappen. Das
, , n -i t tt- , i ., n.. i j • , Protoplasma der Zellen hat die
hohem Grade die Krankheit fordernd ist Stärk£körner verloreri und sich
regnerisches Wetter, zumal bei höherer von der Zellwand zurückge-
T P. -oi • i a zogen a. Die theils dicken, theils
Lufttemperatur, Beschattung jeder Art, fei|en Pilzfäden bb siad'inter-
also sowohl durch Schutzbäume, als auch cellular und mit sehr kleinen
n i i .. ,v i -oni i Saugwarzen versehen. Befruch-
durch künstliche Bedeckung erkannt. ^ Oogonien mit je einer
Die ersten Erkrankungen in einem Jahre Oospore c c.
können nur dadurch entstehen, dass
Eisporen des Parasiten, welche im Erdboden geruht haben, die
keimenden Pflänzchen inficiren. Das Mycel verbreitet sich im
Gewebe der Samenpflanze und zwar bei der Rothbuche sowohl im
Stengel als auch in den Samenlappen, die ja während des Empor-
60
J. Abschnitt.
steigens aus dem Boden befallen werden können. Es ist in dem
Gewebe der Samenlappen fast nur intercellular Fig. 15 b und ent-
nimmt durch sehr kleine rundliche Saugwarzen aus dem Zellinneren
seine Nahrung, infolge dessen die Stärkekörner bald verschwinden
und das Plasma getödtet
wird, so dass es sich von
den Zellwänden zurückzieht
Fig. 15 a. Während der Pilz
sich in der Pflanze noch
weiter verbreitet, durchbre-
chen zahlreiche Hyphen von
innen die Oberhaut, Fig. 16,
und werden zu Sporangien-
trägern. Die Spitze der-
selben schwillt an Fig. 16 f,
zu einem citronenförmigen an
der Spitze papillösen, an der
Basis kurz gestielten Sporan-
gium Fig. 16 g. Nach dessen
Abschnürung vom Träger
verlängert sich letzterer aufs
Neue, um dann noch einmal
ein zweites Sporangium zu
bilden Fig. 16 g, h, während
inzwischen das erstere in der
Regel abfällt. Fig. 16 i. Ge-
langen die Sporangien in
Wasser, also z. B. in einen
Regen- oder Thautropfen, der
auf oder zwischen den Samen-
lappen sich erhalten hat,
dann keimen dieselben direct
mit einem oder mehreren Keimschläuchen, die dann in der Regel in
die Oberhaut der Wirthspflanze sich einbohren, oder der plasmatische
Inhalt der Sporangien bildet eine grosse Anzahl von sehr kleinen,
sich lebhaft bewegenden Gonidien — Schwärmsporen, Zoosporen,
Fig. 17 c, — die sich nach Auflösung der Sporangienspitze ins Freie
begeben und einige Stunden hindurch lebhaft wie Infusorien im Regen-
Fig. 16.
Oberhaut eines erkrankten Buchensamen-
lappen, a Aussenwand der Epiclermiszelle.
b Cuticula. c Pilzhyphe, welche zwischen
Wand und Cuticula wachsend, letztere
durch Anschwellung abhebt <7, dann durch-
bricht e, und als Sporangien träger hervor-
wächst /. Nach Ausbildung des ersten
Sporangiums bildet sich durch Auskei-
mung g ein zweites />, während das erste
abgestossen wird i. Bei k eine Spalt-
öffnung, aus welcher Sporangienträger
hervorgewachsen sind.
Beschädigungen durch Ptlanzen.
61
tropfen umherschwärnien, bis sie sich auf der Oberhaut der Wirths-
pflanze festsetzen und mit einem oder selbst vier Schläuchen aus-
keimen Fig. 17 a, b. Zuweilen erfolgt das Schwärmen schon im
Inneren des Sporangiums und die Keimschläuche durchbohren theils
die Seitenwände, theils drin-
gen sie aus der offenen Sporan-
giumspitze hervor, Fig. 17 c,
um dann, eine Zeitlang auf
der Oberhaut der Wirths-
pflanze hinkriechend vorzugs-
weise an solchen Punkten in
das Innere einzudringen,
wo sich eine Wandung
der Oberhautzellen befindet.
Fig. 17 b, d. Seltener bohren
sich Keimschläuche auch an
solchen Stellen in das In-
nere ein, wo sie zunächst in
das Innere einer Epidermis-
zelle gelangen. Fig. 17 e.
Schon 3 — 4 Tage nach der
Infection kann unter günsti-
gen Verhältnissen die Ent-
wicklung des Parasiten in
der inficirten Pflanze wieder
soweit vorgeschritten sein,
dass aufs Neue Sporangien-
träger zum Vorschein kom-
men.
Die Sporangien und
die in ihnen entstehenden
Schwärmzellen dienen der
Verbreitung der Krank-
heit während der Monate Mai, Juni, bis in den Monat Juli
hinein. Sie fallen entweder direct auf Nachbarpflanzen oder werden
durch den Wind fortgeführt. Grossen Antheil an der Verbreitung
tragen die Thiere, z. B. Mäuse in den Saatcämpen, das Wild und
sehr auffällig die Menschen. Das Absterben aller Pflanzen an
Fig. 17.
Oberfläche eines Buchenkeimlings mit
Schwärmzellen a b, welche keimen und
ihren Keimschlauch da einbohren, wo im
Inneren zwei Epidermiszellen ihre gemein-
same Wand haben. Ein Sporangium c
mit Schwärmzellen, welche schon im In-
neren ausgekeimt sind d f. Ein Keim-
schlauch e ist direct in eine Epidermiszelle
gewachsen. Bei g ist ein Keimschlauch
wieder nach aussen hervorgewachsen.
ß2 I- Abschnitt.
Wegen ist die Folge davon, dass an den Beinkleidern resp. Röcken
der Passanten die Sporangien und Sckwärmzellen haften bleiben
und im weiteren Verlaufe des Weges successive abgestreift werden.
Aus dem Gesagten erklärt sich hinlänglich der fördernde Ein-
fluss des Regens, der Beschattung u. s. w. In dichten Saaten
wachsen unterirdisch die Hyphen auch direct von einer Pflanze zur
anderen und erklärt sich daraus sehr leicht die vollständige Ver-
nichtung aller Pflanzen auf einzelnen Stellen des Saatbeetes.
Die Eisporen entstehen im Gewebe der Wirthspflanze nach
vorangegangenem Sexualacte, indem im Blattparenchyrn der Buche
intercellular zahlreiche kurze Hyphenzweige an der Spitze kugel-
förmig anschwellen zu den Oogonien, während kleinere sogenannte
Antheridien ebenfalls an der Spitze besonderer Hyphen oder aber nahe
dem Grunde des Oogoniums am Träger dieses Organes entstehen
und sich wie jene durch eine Querwand von ihren Trägern ab-
grenzen. Fig. 15 c, c. Nachdem sich das Antheridium schon sehr
frühzeitig der Aussenwand des Oogoniums angelegt und der grösste
Theil des Plasmas zu einer Eizelle sich zusammengeballt hat,
entwickelt dasselbe einen kurzen in das Innere des weiblichen
Organes bis zur Eizelle vordringenden Fortsatz, den Befruchtungs-
schlauch und wandert nun ein Theil des Antheridiuminhaltes in
das Innere der Eizelle hinüber, wodurch diese befruchtet wird und
sich zur Eispore ausbildet.
In den Wurzeln der Nadelholzkeimlinge bilden sich die Ei-
sporen sowohl im Rindenparenchym als auch im Inneren der
Tracheiden aus, woselbst sie oft in Folge des beschränkten Ent-
wicklungsraumes eine längliche Gestalt annehmen.
Mit den verfaulenden Pflanzentheilen gelangen die Eisporen in
den Boden und können dort mindestens vier Jahre hindurch sich
keimfähig erhalten. Etwas Erde aus einem Buchensaatcampe, in
welchem 1875 die Krankheit aufgetreten war, in Wasser fein zer-
theilt und auf ein Buchensaatbeet ausgegossen, hatte sowohl 1876,
als auch 1878, ja selbst 1879 noch das Erkranken und Absterben
-der keimenden Pflanzen zur Folge.
Aus dem Gesagten resultiren die praktischen Maassregeln,
die uns gegen die Krankheit zu Gebote stehen. Zur Verhütung
des Auftretens einer Epidemie haben wir Saatcämpe, in denen
xlie Krankheit einmal verderblich geworden ist, nicht wieder als
Beschädigungen durch Pflanzen. £3
solche zu verwenden, wohl aber können wir sie zur Verschulung
von Pflanzen benutzen. Die im Boden ruhenden Eisporen werden
nur Keimlingspflanzen verderblich. Zeigt sieh die Krankheit in
einem Saatbeete, so sind alle künstlichen Beschattungsvorrichtungen,
durch welche die schnelle Verdunstung des Wassers auf den Samen-
lappen verhindert wird, zu beseitigen. Alle getödteten und sicht-
lich erkrankten Pflanzen sind zu entfernen. Stehen viele nahe
zusammen, dann ist durch Uebererden am schnellsten der Sporan-
gien- und Gonidienverbreitung entgegenzutreten. Bei vereinzeltem
Auftreten der kranken Pflanzen sind diese vorsichtig auszuziehen
und in eine dichte Schürze zu legen, um das Ausstreuen der
Sporangien zu verhüten. Es muss auch das Verschleppen der
Krankheit beim Betreten der Beete möglichst vei'mieden werden
dadurch, dass der Arbeiter die gesunden Pflanzen nicht mit den
Schuhen berührt. Die Revision der Saatbeete hat täglich zu er-
folgen.
'Ö
Phytophthora infestans. Der Kartoffelfäulepilz.
Dieser Pilz ist der Erzeuger der Kartoffelkrankheit, die zwar
wohl schon früher aus Nordamerika nach Europa verschleppt, doch
vorzugsweise erst seit 1845 hier verheerend aufgetreten ist und
seitdem in nassen Jahren immer wieder grosse Verluste herbeiführt.
In der Art ihrer Verbreitung und Abhängigkeit von nasser Witterung
ist sie der Buchenkeimlingskrankheit sehr ähnlich; sie äussert sich
durch das Auftreten schwarzer Flecken auf dem Kraute, die, an Um-
fang zunehmend und auch den Stengel ergreifend, das frühzeitige
Absterben der oberirdischen Pflanze zur Folge haben können. In
der Regel zeigen sich die Knollen der befallenen Pflanzen ebenfalls
mehr oder weniger erkrankt, zuweilen nur in geringem Maasse,
indem beim Durchschneiden einzelne braune Flecken zu erkennen
sind. In nassen Jahren verfaulen die Knollen oft schon grössten-
theils auf dem Felde, die von der Krankheit weniger befallenen
Knollen verfaulen im Keller oder in den Gruben während des
Winters, wobei Spaltpilze eine hervorragende Rolle mitspielen
(Nassfäule).
Das Mycel der Phytophthora infestans überwintert in den
Knollen und wächst nach Auspflanzung derselben in die sich ent-
wickelnden Triebe, das Gewebe der Stengel und Blätter durch-
(34 I- Abschnitt.
ziehend. Untersucht man die Umgebung der schwarzen Flecken,
so erkennt man schon mit unbewaffnetem Auge eine Zone, welche
durch schimmelartigen Anflug ausgezeichnet ist. Hier wachsen die
zahlreichen Sporangienträger besonders aus den Spaltöffnungen her-
vor, ähnlich gestaltet und mit ähnlichen aber zahlreicheren Sporan-
gien ausgestattet, wie die der Phyt. omnivora. Die Sporangien
verbreiten die Krankheit auf gesunde Pflanzen, werden durch den
Wind selbst auf Nachbarfelder geführt und zweifelsohne auch durch
Thiere, z. B. Hasen verschleppt. Ihre Keimung resp. Schwärm-
sporenbildung gleicht der der verwandten Art. Die Sporangien
gelangen aber auch in grosser Zahl in den Erdboden und mit
dem Regen wasser tiefer geführt auf die Knollen, die sie bei an-
haltender Bodennässe nach Entwicklung der Keimschläusche infi-
ciren. Man glaubt die Thatsache, dass dickschalige Kartoffelsorten
der Krankheit weniger erliegen, als dünnschalige dem Umstände
zuschreiben zu dürfen, dass letztere leichter von den Keimschläuchen
der Pilze durchbohrt werden.
Die Eisporenbildung, wie ich sie für Ph. omnivora nachge-
wiesen habe, ist für den Kartoffelpilz noch nicht aufgefunden
worden und vielleicht überhaupt fehlend. Durch das Perenniren
des Mycels in den Knollen ist sie für die Existenz des Pilzes nicht
nothwendig. Den grössten Einfluss auf die Entstehung und Ver-
breitung der Krankheit übt die Feuchtigkeit der Luft und des
Bodens aus, insoferne bei feuchter Umgebung reichliche Sporangien-
bildung auf den Blättern erfolgt und die Keimung der Sporangien
und Gonidien oberirdisch und unterirdisch sehr begünstigt wird.
Bei feuchter Aufbewahrung im Winter entstehen, zumal an
etwaigen Wundstellen der Knollen, oder an den Knospen reichliche
Sporangienträger, und es kann durch die daran sich bildenden
Sporangien die Krankheit im Winterlager auf bisher gesunde Knollen
übertragen werden.
Peronospora viticola.
Seit einem Jahrzehnt etwa ist der vorstehend benannte Parasit
des Weinstockes aus Amerika zu uns eingewandert und hat sich in
dieser Zeit durch die Weinbaudistricte Europas schnell verbreitet.
Die Bezeichnung der Krankheit in Amerika als Mildew oder
grape vine Mildew ist in Frankreich zu Mildiou umgestaltet. In
Beschädigungen durch Pflanzen. ß5
Deutschland hat man sie als falschen Mehlthau der Reben be-
zeichnet.
Die Erkrankung äussert sich durch das Auftreten grosser
Schimmelflecke auf der Unterseite der Blätter, während auf der
Oberseite diese Pilzstellen gelbe oder rothe Färbung bekommen.
Die kranken Stellen vertrocknen und die Blätter fallen vorzeitig
ab. Bei regnerischer Witterung breitet sich die Krankheit rapid
aus, durch trockene Witterung wird die Weiterverbreitung sofort
beeinträchtigt. Der Pilz überwintert in Form von Oosporen, welche
in den erkrankten Blättern sich bilden. Die Verbreitung im Som-
mer erfolgt in ähnlicher Weise, wie bei Phytophthora durch Spo-
rangien und Schwärmsporen. Die Infection erfolgt vorwiegend nur
an den jungen Trieben und Blättern, deren Oberhaut noch wenig
cuticularisirt ist. Je frühzeitiger im Jahre die Erkrankung, durch
nasse Witterung begünstigt, auftritt, um so nachtheiliger wird sie
für den Stock und für die Entwicklung der Trauben.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass noch andere Arten der
Gattungen Peronospora und Pythium auch an jungen Pflanzen der
Waldbäume schädlich werden, und wäre insbesondere zu prüfen, ob
Pythium de Baryanum, welches das Umfallen engstehender Säm-
linge vieler landwirtschaftlicher Culturpflanzen veranlasst, auch in
Saatbeeten der Laub- und Nadelholzpflanzen schädlich wird. Zu
den Peronosporeen gehört auch die Gattung Cystopus. Am be-
kanntesten ist Cystopus candidus, der Erzeuger des weissen Rostes
der Kreuzblüther.
§ 10. Ustilagineae.
Die Ordnung der Brandpilze enthält zwar nur Parasiten der
Krautpflanzen und zwar vorzugsweise der grasartigen Pflanzen,
doch sind die durch sie erzeugten Krankheiten so bedeutungsvoll,
dass eine kurze Erwähnung derselben hier Platz finden mag.
Als Brand hat der Sprachgebrauch der Praktiker eine Reihe
der verschiedenartigsten Krankheitserscheinungen der Pflanzen be-
nannt, im engern Sinne verstehen wir aber unter Brand nur solche
Krankheiten, bei denen gewisse Pflanzentheile und zwar vorzugs-
weise Blüthen und Früchte, seltener Blätter, Stengel oder gar
Wurzeltheile zu einer schwarzbraunen Sporenmasse sich umwandeln.
Dieses Sporenpulver entsteht im Gewebe der betreffenden Pflanzen-
H artig, Baumkrankheiten, 2. Aufl. 5
(36 I. Abschnitt.
theile, welche von reichlichem Mycel der Brandpilze durchsetzt
sind, durch Abschnürung oder Zergliederung massenhaft entwickelter
Pilzfäden, während das Gewebe der Pflanzentheile selbst fast voll-
ständig zerstört wird.
Die Sporenmassen treten entweder frei zu Tage, oder bleiben
von der äusseren Haut der Pflanzentheile umschlossen und er-
scheinen als schwarz durchschimmernde Anschwellungen.
Die Brandsporen, deren Keimfähigkeit sich mehrere Jahre
hindurch erhält, entwickeln beim Eintritt günstiger Keimbedin-
gungen in der Regel einen kräftigen Schlauch, der oft schon nach
Erreichung der doppelten oder dreifachen Länge des Sporendurch-
messers an seiner Spitze oder seitlich eine Mehrzahl von kleineren
Sporen, Sporidien genannt, bildet und als Yorkeim, Promycelium,
bezeichnet wird.
Oftmals zergliedert sich das Promycelium direct in eine Mehr-
zahl von Sporidien. Bei solchen Arten, deren Promycelium die
Sporidien wirteiförmig auf der Spitze entwickelt, findet ein Copu-
lationsprocess zwischen je zwei Nachbarsporidien statt, und fallen
diese dann paarweise ab.
Befindet sich eine keimende Brandspore oder Sporidie in un-
mittelbarer Nähe einer geeigneten, jugendlichen Nährpflanze, dann
bohrt sich der Pilzschlauch durch die Oberhaut in das Gewebe der-
selben ein und gelangt so in den Stengel, in welchem das Mycelium
vorherrschend intercellular aufwärts wächst, ohne erkennbare Nach-
theile hervorzurufen. Erst in demjenigen Pflanzentheile, in wel-
chem die Sporenbildung vor sich geht, tritt eine Zerstörung der
Gewebe ein.
Die Brandsporen, welche schon vor oder während der Ernte
ausfallen und in den Ackerboden gelangen, werden in der Regel
alsbald keimen und in Ermangelung geeigneter junger Wirths-
pflanzen zu Grunde gehen. Die Uebertragung von Jahr zu Jahr
erfolgt desshalb meist durch Verwendung solchen Saatgutes, dem
äusserlich Brandsporen anhaften, und schon beim Dreschen des
Getreides bietet das Verstäuben der Sporen aus brandigen Pflanzen
reichliche Gelegenheit zur Verunreinigung der Saatkörner mit
solchen Brandsporen. Es wird aber oftmals auch durch Verwen-
dung brandigen Strohes als Stalldünger der Transport der Brand-
sporen auf das Feld herbeigeführt.
Beschädigungen durch Pflanzen. gj
Die Keimung der Brandsporen ist in hohem Grade abhängig
von Luft und Bodenfeuchtigkeit und ein Boden, der seiner physi-
kalischen Beschaffenheit nach von Natur oder durch Beimengung
reichen Mistdüngers eine hohe wasserhaltende Kraft besitzt, fördert
die Keimung der Brandsporen und somit das Auftreten der Krankheit.
Aus dem Gesagten ergiebt sich, dass vor allen Dingen der
Transport der Brandsporen auf das Feld vermieden werden muss,
dass mithin möglichst reines Saatgut zu verwenden ist. Wo solches
nicht zu- haben ist, da muss durch 12 — 16 stündiges Einweichen der
Saatkörner in einer halbprocentigen Kupfervitriollösung der Tod der
anhaftenden Brandsporen herbeigeführt werden. Es ist ferner die
Verwendung brandigen Strohes im Dünger zu vermeiden.
Die wichtigsten Brandarten sind:
Der Steinbrand auch Schmier- oder Stinkbrand des Weizens
(Tilletia Caries und laevis), welcher ausser Weizen auch Quecke,
Mäusegerste und WTiesengras (Poa pratensis) befällt und zwar da-
durch charakterisirt ist, dass das im frischen Zustande übel
riechende Sporenpulver noch zur Erntezeit in den Körnern einge-
schlossen ist. Die Brandkörner werden erst beim Dreschen zer-
schlagen und wird dadurch ein Verstäuben der Sporen veranlasst,
die den gesunden Körnern anhaften, mit diesen ausgesät werden
und dadurch die neue Pflanze wieder brandig machen.
Der Staubbrand, Ustilago, ist die artenreichste und schäd-
lichste Gattung. Ustilago Carbo befällt nicht nur Hafer, Weizen
und Gerste, sondern auch eine grosse Anzahl Wiesengräser, zer-
stört die Fruchtknoten und meist auch die Spelzen vollständig, so
dass das braune Sporenpulver schon auf den Halmen verfliegt.
Ustilago destruens, Hirsebrand, zerstört die noch in der obersten
Blattscheide eingeschlossene Rispe der Hirse. Ustilago Maydis,
der Maisbrand, erzeugt an den Stengeln, Blättern und Kolben der
Maispflanzen grosse Beulen, welche ganz von schwarzbraunem
Sporenpulver erfüllt sind. Zahlreiche andere Arten treten noch an
Gräsern, Kräutern und Zwiebelgewächsen auf.
Der Stengelbrand, Urocystis, ist besonders durch den Rog-
genstengelbrand, Urocystis occulta, häufig vertreten. Er ist da-
durch sehr auffällig, dass das oberste Halmglied der Roggenpflanze
rinnenartig aufplatzt und das schwarze Sporenpulver zu Tage
treten lässt.
5*
68 I- Abschnitt.
Urocystis Violae, Anernonis, Cepulae sind andere oft auf-
tretende Formen.
Ascomycetes. Schlauchpilze.
Die zweite Gruppe der Pilze hat ihren Namen daher be-
kommen, dass die Sporen im Inneren von Schläuchen (Asken)
gebildet werden und die Sporenfrüchte in vielen Fällen als Resul-
tate vorangegangener Geschlechtsvorgänge erkannt wurden. Die
sehr zahlreichen hierhergehörigen Pilze zerfallen in 4 Ordnungen,
die Erysipheen, Tuberaceen, Pyrenomyceten und Discomyceten.
§ 11. Die Mehlthaupilze. Erysiphei.
Alle Mehlthaupilze sind ächte Parasiten, deren Mycel auf
der Oberfläche der Pflanzen, nämlich auf der Epidermis der Blätter,
Früchte und Stengel vegetirt, durch Saugwarzen (Haustorien) den
Nahrungsbedarf aus dem Inneren der Oberhautzellen bezieht, welche
dadurch gebräunt und getödtet werden. Auf dem Mycelium ent-
wickeln sich die meist kugelförmigen, mit unbewaffnetem Auge als
kleine dunkle Punkte erkennbaren, völlig geschlossenen, also mün-
dungslosen Perithecien, die überwintern und den Pilz auf das nächste
Jahr verpflanzen, während im Laufe des Sommers an zahlreichen
einfachen, aufrechtstehenden Hyphen die Gonidien durch Ab-
schnürung sich bilden, die sofort keimfähig sind und die Krankheit
während der Vegetationsperiode weiter verbreiten. Da das Mycel-
gespinnst und die Gonidienträger bei reichlicher Entwicklung einen
feinen grauen, mehlartigen Ueberzug auf der Blattoberfläche dar-
stellen, heisst die Krankheit „Mehlthau".
Man hat als Verhütungsmaassregel das Verbrennen der von
den Mehlthauperithecien besetzten Blätter im Herbste empfohlen,
dagegen nach dem Auftreten des Mehlthaus im Sommer das Be-
streuen der erkrankten Pflanzentheile mit Schwefel als wirksam be-
zeichnet. Leider fehlt es noch völlig an einer wissenschaftlichen
Untersuchung der Wirkung, die von dem Schwefelpulver auf das
Pilzmycel ausgeübt wird.
Die zahlreichen Arten der Mehlthaupilze sind neuerdings in
mehrere Gattungen vertheilt, welche einestheils nach der Zahl der
Asken im Perithecium, anderentheils nach der Zahl der Sporen im
•Ascus, sowie endlich nach dem Bau der sogenannten . Stützfäden,
Beschädigungen durch Pflanzen. ßQ
das beisst eigenartiger fadenförmiger Auswüchse einzelner Wan-
dungszellen des Peritheciums nach aussen gebildet worden sind.
Wir haben nur wenige Arten hier hervorzuheben.
Erysiphe (Phyllactinia) guttata bildet Mehlthau auf Fagus,
Carpinus, Corylus, Quercus, Betula, Alnus, Fraxinus, Lonicera,
Pirus communis und Crataegus. Die Perithecien besitzen unver-
zweigte, gerade, am Grunde zwiebeiförmig verdickte Stützfäden und
im Inneren mehrere zweisporige Schläuche. In Rothbuchenbestän-
den veranlasst dieser Parasit zuweilen ein frühzeitiges Vertrocknen
der Blätter.
Erysiphe (Uncinula) bicornis (Aceris) schädigt recht oft die
Blätter und jungen Triebe von Acer. Mir ist diese Art besonders
auf Acer platanoides und campestre bekannt geworden. Sie bildet
grauweisse grosse Flecke oder ganze Ueberzüge auf einer Seite oder
auf beiden Seiten der Blätter, während die schwarzen Flecke durch
Rhytisma acerinum entstehen. Die Perithecien besitzen mehrere
achtsporige Schläuche und die Stützfäden sind an der Spitze einmal
gabelig getheilt. Die Gonidien sind elliptisch. Schon im August
sind oft die Blätter des Ahorn völlig von weissen Flecken bedeckt.
Erysiphe Tulasnei ist der vorigen Art nahe verwandt, kommt
nur auf der Oberseite der Spitzahornblätter vor. Die Gonidien sind
kugelförmig. Erysiphe (Uncinula) adunca erzeugt den Mehlthau
auf Weiden- und Pappelblättern.
Erysiphe (Sphaerotheca) pannosa bildet den bekannten Mehl-
thau der Zweige und Blätter der Rosen. Rechtzeitiges Pflücken
der befallenen Blätter und Verbrennen derselben ist zumal in nassen
Jahren nothwendig.
Oidium Tuckeri ist der Pilz der Weintraubenkrankheit.
Die Traubenkrankheit hat sich seit dem Jahre 1845, in welchem
sie zum ersten Male in England beobachtet wurde, über alle wein-
bauenden Länder Europas verbreitet. Das Mycel entwickelt sich
auf Blättern, Stengeln und Trauben. Soweit letztere befallen wer-
den, stirbt die Oberhaut ab und verliert ihr Ausdehnungsvermögen,
so dass mit dem Wachsthum der Beere ein Aufplatzen der Ober-
haut und damit das Verderben der Weinbeere eintritt. Bisher sind
nur die Gonidien dieses Pilzes aufgefunden worden, und ist noch
die Frage zu beantworten, wie der Pilz überwintert.
7Q I. Abschnitt.
§ 12. Die Trüffelpilze. Tuberacei.
Die Trüffelpilze sind ausgezeichnet durch unterirdische rund-
liche Fruchtkörper, in welchen die schlauchtragenden Hymenien
die Oberfläche labyrinthischer Gänge auskleiden. Gonidien und
Sexualorgane sind nicht bekannt.
Durch die Untersuchungen von Rees1) wurde zuerst festgestellt,
dass die Hirschtrüffel, Elaphonryces granulatus, ihr Mycel parasitisch
an Kiefernwurzeln entwickelt. Es ist ferner bekannt, dass die ess-
baren Trüffelarten der Gattung Tuber an den Wurzeln der Eiche und
Rothbuche schmarotzen. Neuerdings hat Frank das Auftreten von
Pilzgebilden an den Wurzeln phanerogamer Pflanzen, insbesondere
der Nadelholzbäume und der Cupuliferen, eingehender studirt und
die grosse Verbreitung von Mycelbildungen an den zarten Wurzel-
spitzen der Bäume constatirt. Die Aussenwände der jungen Wurzeln
werden vomPilzmycel, welches in und zwischen deren Zellen eindringt,
so dicht überzogen, dass sich ein geschlossener Pilzmantel bildet.
Die befallenen Wurzeln zeigen zum Theil abnorme Gestaltungen
durch reiche Verästelung und Wucherung der Gewebe, indem sich
eine Art symbiotischen Verhältnisses herstellt, wie wir es bei
manchen anderen Pflanzenparasiten in ähnlicher Weise beobachten.
Das vom Pilz durch wucherte Gewebe der Wurzelrinde stirbt nach
einiger Zeit, und wenn die Pilzfäden in die inneren Gewebe der
Wurzel eindringen, so sterben diese Wurzeln ganz und gar ab.
Frank hat diesen Erscheinungen den Namen Mycorhiza, Pilzwurzel,
gegeben. Welche verschiedenen Pilzarten sich an dieser Erschei-
nung betheiligen, ob insbesondere ausser den Tuberaceen auch Pilze
aus anderen Gruppen Mycorhizen bilden, ist noch nicht festgestellt.
Frank ist der Ansicht, dass diese Wurzelpilze eine wichtige Rolle
im Leben der Bäume spielen, indem sie die Ernährung derselben
gleichsam vermitteln und auch organische Nährstoffe den Bäumen
aus dem Boden zuführen.
Ob diese Ansicht in der Folge ihre Bestätigung finden wird,
bleibt abzuwarten, ist aber zur Zeit sehr zu bezweifeln, nachdem
zunächst die Aufnahme organischer Nährstoffe durch die Baum-
wurzeln noch nicht bewiesen, andererseits festgestellt ist, dass die
!) Dr. M. Rees und Dr. K. Fisch, Untersuchungen über Bau und Leben der
Hirschtrüffel, Elaphomyces 1888.
Beschädigungen durch Pflanzen. 71
Bäume sich ohne Pilzwurzel sehr gut zu ernähren im Stande sind
und neben den verpilzten Wurzeln jeder Zeit ein sehr grosser Theil
der Wurzeln völlig frei von Pilzen ist.
§ 13. Die Kernpilze. Pyrenomycetes.
Bei den Kernpilzen kleidet das die Asken tragende Hymenium
die Innenfläche kuglicher oder flaschenförmiger Behälter aus, welche
Perithecien genannt werden und durch eine die Sporen entlassende
Oeffnung an der Spitze ausgezeichnet sind. Die zahlreichen hierher
gehörenden Gattungen kann man in zwei Gruppen theilen, in solche,
deren Perithecien einzeln stehen (simplices), und in solche, deren
Perithecien in grösserer Anzahl auf einem gemeinsamen Polster
vereinigt, oder in einem Stroma vertieft stehen (compositi).
Als beachtenswerthe Parasiten sind folgende Arten näher zu
besprechen.
Trichosphaeria parasitica2).
Dieser Parasit bewohnt vorzugsweise die Tanne, nach v. Tubeuf
auch die Fichte und Hemlockstanne. Er ist überall verbreitet,
wo die Weisstanne zu Hause ist, sein farbloses Mycel perennirt
auf der Unterseite der Zweige, von wo aus er auf die Unter-
seite der Tannennadeln wächst, diese an den Zweig gleichsam
festspinnend. Die später absterbenden Nadeln fallen desshalb nicht
ab, sondern bleiben an den Zweigen hängen. Fig. 18.
Die an der Oberseite der Zweige entspringenden Nadeln Fig. 18a
bleiben wenigstens im ersten Jahre meist lebend, weil das Mycel
auf die Unterseite der ZwTeigaxe beschränkt ist. Mit der Ent-
wicklung der neuen Triebe wächst das Mycel auf diese und tödtet
die jungen noch nicht völlig ausgebildeten Nadeln der Trieb-
basis sofort, die dann zusammenschrumpfen. Die erst später vom
langsam nachwachsenden Mycel erreichten Nadeln der Mitte und
Spitze des Triebes bewahren ihre Schwertform.
Das Pilzmycel bildet auf der Nadelunterseite anfänglich weisse,
später bräunlich werdende Polster, Fig. 19 bb, welche die blauen
Streifen der Tannennadelunterseite nur theilweise überziehen. Auf
2) R. Hartig, Ein neuer Parasit der Weisstanne, Trichosphaeria parasitica.
Allgem. Forst- u. Jagd-Zeitg. Januar 1884.
72
I. Abschnitt.
diesen Polstern entstehen in der Folge die sehr kleinen Perithecien.
Fig. 20.
Das Pilzpolster entsteht dadurch, dass von den die Nadeln
überziehenden Hyphen Fig. 21 a nach der Blattoberfläche zu zahl-
reiche Verästelungen b aus-
gehen, welche ein aus
parallelen unter einander
verwachsenden Pilzhyphen
^ bestehendesfleischieresPol-
ster c bilden. Jede Hyphe
entsendet da, wo sie die
Oberhaut der Nadel be-
Fig.' 18.
"Weisstannenzweig mit Trichosphaeria para-
sitica. a Die gesunden Nadeln, b Die ge-
testeten braunen Nadeln, welche am Grunde
durch Pilzfäden an dem Zweig befestigt sind.
Im untersten Theile jedes Triebes sind die
vom Pilz getödteten Nadeln zusammenge-
schrumpft, da sie zur Zeit des Pilzangriffes
noch nicht ausgebildet waren.
Fig. 19.
Unterseite einer Tan-
nennadel mit Tricho-
sphaeria parasitica.
Das farblose Mycel
wächst bei a von der
Zweigaxe auf der Na-
delunterseite und bil-
det auf dieser weisse
Pilzpolster b b.
rührt d, ein feines stab-
förmiges Saugwärzchen in
die Aussenwand e der
Oberhautzellen, durch des-
sen Fernientausscheidung
die Oberhautzellen und
Spaltdrüsen f getödtet und
gebiüunt werden. Die
chlorophyllhaltigen Zellen
Beschädigungen durch Pflanzen.
73
des Blattinneren g werden erst später durch das hier und da eindrin-
gende Mycel h getödtet. Der Vorhof der Spaltöffnungsapparate, dessen
Wandung mit Wachskörnchen ausgekleidet ist, lässt keine Saugwärz-
chen eindringen i. Die schwarzbraunen Perithecien Fig. 22, welche
auf dem Pilzpolster später entstehen, sind mit unbewaffnetem Auge
Fig. 20.
Theil einer Tannen-
nadel , auf welcher
das Pilzpolster der
linken Seite zahl-
reiche kleine Perithe-
cien trägt.
Fig. 21.
kaum erkennbar und Mycelpolster der Trichosphaeria par. auf der Unter-
seite der lannennadel. a Das fadige Mycel, das
zeichnen sich durch die bei b sehr reich sich verästelnde Zweige nach unten
in ,loi. Aüran ITslfY^ aussendet, die ein aus parallel verlaufenden Hyphen
bestehendes Polster c entwickeln. Wo diese die
entspringenden borsten- Blattoberfläche treffen, entsenden sie je ein stab-
fönnig abstehenden förmiges Saip-ärzchenc/ in die Aussenwand der
° Üpidermiszellen e e. Bei d ist das Polster em
Haare aus. Im Inneren wenig von dem Blatt abgehoben, wobei ein Theil der
Stäbchen aus der Epidermis herausgezogen worden
ist. Die Epidermiszellen / / werden gebräunt.
Die chlorophyllhaltigen Blattparenchymzellen y g
färben sich erst später braun, wenn auch fädiges
Mycel h eingedrungen ist. In den Vorhof der Spalt-
öffnungen i wächst das Mycelpolster, ohne Stäbchen
zu bilden, ist dagegen mit den dort angehäuften
Wachskörnchen bekleidet.
der Perithecien finden
sich oft kleine stabförmi-
ge Organe a, neben den
Asken b, die je 8 meist
vierkammerige rauch-
graue Sporen enthalten.
Diese Sporen sind es, die leicht keimend, die Krankheit hervor-
rufen, wenn sie in geeigneter Weise auf Tannenzweige gelangen.
Das Mycel verbreitet sich schmarotzend von der Infectionsstelle aus
nach allen Richtungen und kann schliesslich grosse Tannenzweige
völlig entnadeln; in dichten Verjüngungen wächst es auch von Zweig
zu Zweig, daneben durch Sporeninfection neue Heerde erzeugend.
74
I. Abschnitt.
Da natürliche Verjüngungen; zumal solche unter Mutterbestand,
in hohem Grade erkranken können, ist Abschneiden der erkrankten
Zweige zu empfehlen und hat sich im Grossen schon bewährt.
Herpotrichia nigra3).
Dieser Parasit bewohnt Vorzugs-
weise die Fichte, Krummholzkiefer
und den Wachholder in den höheren
Gebirgslagen. In den Knieholzbe-
ständen entstehen grosse Fehlstellen,
die auf den ersten flüchtigen Anblick
den Eindruck hervorrufen, als habe ein
Fig. 22.
Perithecium der Trichosphaeria
parasitica. Die schwarzbraune
Kugel zeigt an der Spitze
eine runde Oeffnung und in
der oberen Hälfte abstehende
Borstenhaare. Links unten ist
ein Theil der Wandung weg-
geschnitten, um den aus Asken
und Paraphysen gebildeten
hellen Kern zu zeigen. Diese
sind stärker vergrössert dar-
unterstehend gezeichnet, und
zwar bei a oft vorkommende
stäbchenartige Gebilde, bei b
Asken mit Sporen, bei c iso-
lirte Sporen.
Fig. 23.
Fichte mit Herpotrichia nigra.
7a der natürl. Grösse.
Feuer alles verkohlt. In Fichtensaat- und Fichtenpflanzkämpen der
höheren Lagen werden oft sämmtliche Pflanzen im Winter und
Frühjahr unter Schnee und unmittelbar nach Abgang desselben,
3) R. H artig, Herpotrichia nigra n. sp. Allgem. Forst- u. Jagd-Zeitg. Januar 1888.
Beschädigungen durch Pflanzen.
75
zumal wenn sie auf die Erde niedergedrückt waren, von dem
schwarzbraunen Mycel überwuchert und getödtet.
In den Fichtenbeständen des Bayerischen Waldes findet man
auf grossen Gebieten den jungen Fichtennachwuchs ganz oder bis
zur Kniehohe hinauf durch den Pilz getödtet.
Das schwarzbraune Mycel überwuchert die ganzen Zweige und
Pflanzen, deren Nadeln völlig eingesponnen werden. Fig. 23.
Das Mycel bildet keine anliegenden
Polster, sondern überspinnt regellos die
Nadeln, Fig. 24 b, auf denen auch die
Perithecien entstehen a. Es bildet über
den Spaltöffnungen schwarzbraune Knöll-
chen, Fig. 25, überzieht aber in gekör-
50
A
PSS^"
— =~p3SSBpBWF:
sS==^-
Fig. 24.
a b Fichtennadeln mit Her-
potrichia nigra, zweimal ver-
grössert. Das braune Mycel
bildet in den Spaltöffnungen
schwarze Knöllchen, die aber
viel kleiner sind als die
schwarzen Perithecien, von
denen eins unten 50 fach
vergrössert dargestellt ist.
Fig. 25.
Mycelbildung von Herpotrichia nigra.
a Das fädige Mycel entwickelt auf
der Nadeloberfläche gekörneltes Mycel,
welches knollenförmig die Spaltöff-
nungsapparate bedeckt. Stäbchenför-
mige Haustorien werden in die Aussen-
wand der Epidermiszelle eingebohrt.
nelter Form auch die Nadeloberfläche und entsendet stabförmige
Saugwarzen in die Aussenwand der Epidermiszellen, die dadurch
getödtet und gebräunt werden. Auch die tiefer liegenden Parenchym-
zellen werden durch den Pilz getödtet, schon bevor fädiges Mycel
an anderen Stellen der Nadel durch die Spaltöffnungen in das Innere
eingedrungen ist.
Die schwarzbraunen, verhältnissmässig grossen Perithecien
Fig. 24 zeigen an ihrer Oberfläche zahlreiche, sich vorzugsweise
nach unten an das Mycel anlegende, verästelte Hyphen. Oft sind
die schwarzen Kugeln vom Mycel grösstentheils verdeckt. Die
76 t Abschnitt.
Asken enthalten zweizeilig stehende anfänglich und scheinbar noch
zur Reifezeit zweikammrige, endlich aber grösstentheils vierkammrige
Sporen, die sehr leicht keimen.
Biologisch interessant ist, dass der Pilz vorzugsweise bei nie-
derer Temperatur noch unter dem Schnee oder beim Abgange des
Schnees wächst, da dann die Luft mit Feuchtigkeit völlig gesättigt ist.
Sein allgemeines Auftreten in den höheren Gebirgslagen hat bereits
zu der allgemeinen Maassregel geführt, die Fichtenkämpe in tieferen
Lagen anzulegen. Es hat sich ferner als nützlich erwiesen, sofort
nach Abgang des Schnees die Pflanzkänipe u. s. w. zu besichtigen
und alle zu Boden gedrückten Pflanzen aufzurichten, damit sie dem
Winde exponirt werden. Man wird auch gut thun, bei Fichten-
culturen die jungen Pflanzen nicht in Mulden und Vertiefungen,
sondern auf Hügel und sonstige Erhebungen zu setzen.
Rosellinia quercina4).
Der Eichenwurzeltödter, Rosellinia quercina, gehört
zu den interessantesten Parasiten insbesondere dess wegen, weil
sein Mycel dieselbe Mannigfaltigkeit der Formen zeigt, wie das
Mycel des Agaricus melleus. Dasselbe gehört zu jenen para-
sitisch lebenden Mycelbildungen, die früher in eine besondere
Gattung Rhizoctonia zusammengestellt wurden.
Die durch Rosellinia quercina erzeugte Krankheit scheint nur
die Wurzeln junger 1 — 3jähriger Eichen zu befallen, ist aber
zumal im Nordwesten Deutschlands sehr verbreitet. In Eichensaat-
beeten äussert sich dieselbe durch Verbleichen und Vertrocknen der
jungen Pflanzen zumal in nassen, regenreichen Jahren. Es ver-
trocknen zuerst die Blätter nahe der Triebspitze, später auch die
unteren, und zieht man solche Pflanzen, welche die ersten Sym-
ptome der Erkrankung zeigen, aus dem Boden, so erkennt man an
der Hauptwurzel hie und da schwarze Kugeln von Stecknadelknopf-
grösse, Fig. 26, besonders an solchen Stellen, wo feine Seiten-
wurzeln der Hauptwurzel entsprungen sind. Auch erkennt man
äusserlich der Wurzel anhaftend und diese gleichsam umspinnend
hier oder da zarte, den Zwirnfäden ähnliche sich verästelnde Stränge,
die Rhizoctonien, die auch zwischen die umgebenden Erdschichten
*) R. Hartig, Untersuchungen aus d. forstbot. Institut I S. 1—32.
Beschädigungen durch Pflanzen.
77
dringen und, wie wir sehen
werden, die Krankheit
unterirdisch von Wurzel
zu Wurzel verbreiten. In
der Umgebung jener
schwarzen Knollen und
soweit die Rhizoctonien
der Wurzeloberfläche eng
anliegen, ist das Rinden-
gewebe der Wurzel ge-
bräunt. Die Spitze der
Pfahlwurzel ist oft voll-
ständig verfault, doch
zeigen auch. Pflanzen,
deren Wurzeln bis zur
Spitze lebend sind, die zu-
vor beschriebenen Krank-
heitssymptome.
An älteren, bereits
getödteten Pflanzen sind
die Rhizoctonien nicht
mehr weiss, sondern braun
gefärbt und die schwarzen
Körner oft in grosser
Menge wahrzunehmen.
Zuweilen findet man diese
auch am unteren Theile
des Stengels, d. h. ober-
halb der Samenlappen,
und am besten sind sie
zu finden, wenn man
die Eichenpflänzchen recht
sauber abwäscht, da dann
diese schwarzen Knöllchen
durch ihren Glanz scharf
hervortreten. Bei feucht-
warmem Wetter verbreitet
sich das Absterben in
78 I. Abschnitt.
Rillensaaten nach beiden Richtungen, in Vollsaaten centrifugal allseitig
so, dass endlich Plätze von 1 in Durchmesser und mehr verdorrt sind.
Wenn trockenes Wetter eintritt oder der Herbst naht, hört die Ver-
breitung der Krankheit auf, doch wird man an den scheinbar noch ge-
sunden Pflanzen in der nächsten Nachbarschaft der getödteten die ge-
schilderten Krankheitssymptome bei Untersuchung der Wurzeln noch
reichlich beobachten können. Werden solche Pflanzen mit inficirten
Wurzeln im nächsten Jahre verschult, so werden sie je nach den
Witterungsverhältnissen noch absterben und unter Umständen die
Krankheit auf ihre Nachbarn übertragen, oder sie erholen sich
langsam nach mehrjährigem Kümmern und bilden eine neue Pfahl-
wurzel, wenn deren Spitze der Krankheit erlegen war.
Bringt man eine getödtete Pflanze in einen feuchtwarmen Raum
oder pflanzt sie im Juli mitten in ein Beet gesunder diesjähriger
Eichenpflanzen, so entwickelt sich aus jenen schwarzen Knollen,
die wir als Dauermycelien (Sklerotien) bezeichnen wollen, an
verschiedenen Stellen die Rinde durchbrechend, sehr bald ein Mycel,
welches in feuchter Luft ein dichtes weissgraues schimmelartiges
Gewebe bildet und auch auf der Oberfläche des Bodens radial sich ver-
breitet. Fig. 28. Es besteht aus septirten, anfänglich farblosen, später
sich bräunenden Hyphen, die nach einiger Zeit sich zusammenlegen,
hier und da seitlich verwachsen und feine Stränge, Rhizoctonien
bilden, die aus zahlreichen, unter einander kaum verwachsenen
Einzelhyphen zusammengesetzt sind. Gelangt dies Mycel, sei es
in isolirten Hyphen oder in Form von Rhizoctonien, an eine ge-
sunde Wurzel einer Nachbarpflanze, so umspinnt es diese und dringt
in die Rindenzellen direct ein, soweit solche noch lebend sind,
d. h. also nahe der Spitze der Pfahlwurzel und in die zarten Seiten-
wurzein. Es dringt bis in die Markröhre, wo solche vorhanden ist
und tödtet die Wurzel in kurzer Frist. Im lebenden Rindenparen-
chym der Hauptwurzel, welches nur noch am untersten, jüngsten
Theile zu finden ist, füllt es die Parenchymzellen mit einem üppigen
Gewebe, einem Pseudoparenchym aus, das durch Auftreten reicher
Fetttropfen sich als ein Dauermycel charakterisirt. Wir können
derartige, unter günstigen Verhältnissen auskeimende Bildungen als
gefächerte Sklerotien bezeichnen. Der ältere Theil der Haupt-
wurzel ist nun aber durch den in ihrer Rinde zur Ausbildung
gelangten Korkmantel gegen die directen Angriffe des Parasiten ge-
Beschädigungen durch Pflanzen.
79
schützt. Die äusseren Rindenzellen sind theils zusammengeschrumpft,
theils abgestossen, und es bleibt nur ein Weg, in das Innere der
Wurzel zu gelangen. Da, wo die feinen Seitenwurzeln den Kork-
Fig. 27.
Infectionsstelle der Rosellinia quercina,
20 mal vergrössert. Die vom fädigen
Mycel getödtete feine Seitenwurzel a
zeigt da, wo sie den Korkmantel der
Pfahlwurzel durchbricht, fleischige In-
fectionsknollen b c, welche Zapfen (d)
in das Gewebeinnere senden. Die an-
grenzenden Zellgewebe e sind gebräunt,
aber frei vom Mycel. An den oberen
Knollen hat sich ein Rhizoctonien-
strang / entwickelt, durch dessen
Keimung und Ernährung ein Theil
des Knollengewebes verzehrt ist.
Fig. 28.
Eichenwurzel mit Mycelium der
Rosellinia quercina (a), auf dem
bei b die Perithecien sich ent-
wickelt haben.
mantel durchsetzen, wird, nach-
dem erstere durch den Para-
siten getödtet sind, gleichsam
eine Lücke, eine Bresche ge-
bildet, woselbst der Parasit ein-
zudringen vermag und dies Ein-
dringen erfolgt in eigenartigerweise. Fig. 27. An solcher Stelle bilden
sich zunächst feine weisse Mycelknäuel, oft oberhalb und unterhalb der
Basis der getödteten Seitenwurzel; dieselben werden zu fleischigen,
aussen sich mit einer schwarzbraunen Rinde bekleidenden Knollen,
80 I- Abschnitt.
die nach innen in das Gewebe der Eichenwurzel mehrere fleischige
Zapfen senden, Fig. 27 c d.
Das benachbarte Rindengewebe wird getödtet und gebräunt
Fig. 27 e. Tritt nunmehr trockenes oder kaltes Wetter ein, dann
gewinnt die Wirthspflanze Zeit zur Bildung einer neuen Wund-
korkschicht auf der Grenze des lebenden Gewebes in der Um-
gebung jener Infectionsknöllchen und die Pflanze ist für dies Mal
gerettet. Bleiben die Vegetationsbedingungen für den Pilz günstig,
so entsprosst dem Zapfen ein feinfädiges Mycel, das nunmehr sich
durch alle Gewebe der Wurzel verbreitet und diese tödtet.
Der Parasit besitzt in den Sklerotien ein Mittel, sich von
einem Jahr aufs andere zu verpflanzen und während des Sommers
Trockenperioden zu überstehen, die alles fädige Mycel mit den
daran etwa in der Entwicklung begriffenen Fruchtträgern tödten.
Das oberflächlich vegetirende Mycelium entwickelt im Sommer
Gonidien auf quirlförmig verästelten Trägern und diese können,
durch Mäuse u. dgl. verschleppt, neue Infectionsheerde erzeugen.
Es entstehen aber ausserdem schwarze, kugelförmige Perithecien
von Stecknadelknopfgrösse entweder an der Oberfläche der kranken
Eichenpflanzen selbst oder in der Nähe derselben auf der Oberfläche
des Erdbodens. Fig. 27 b.
Die in den Perithecien entstehenden Sporen dürften in der
Regel wohl erst im nächsten Jahre durch Keimung die Krankheit
neu erzeugen.
Grösseren Schaden veranlasst der Parasit meist nur in nassen
Jahren. Er ist zu bekämpfen durch Isolirgräben, welche um die
erkrankten Stellen in den Saatkämpen anzulegen sind. Die Ver-
wendung kranker Pflanzen zur Verschulung in Pflanzkämpe ist zu
vermeiden.
Die Rhizoctonia violacea, welche den sog. Safrantod und
Luzernetod veranlasst, ist noch nicht wissenschaftlich in ihren
verschiedenen Entwicklungsstufen untersucht, und es bleibt der
Folgezeit vorbehalten, festzustellen, ob diese parasitischen Mycel-
bildungen einer dem vorigen Pilze verwandten Pflanzenform ange-
hören. Die von Fuckel mitgetheilten Angaben, demnach dies
Mycel einer Pilzform Byssothecium circinnans angehören solle,
tragen das Gepräge der Unwahrscheinlichkeit in so hohem Grade
an sich, dass es nicht der Mühe werth ist, davon Notiz zu nehmen.
Beschädigungen durch Pflanzen. Q1
Dagegen glaube ich an dieser Stelle den nachstehenden wichtigen
Parasiten des Weinstockes besprechen zu müssen:
Dematophora necatrix5). Der Wurzelpilz des Weinstockes.
Unter den zahlreichen Feinden des Weinstockes nimmt der
Wurzelpilz, Dematophora necatrix eine hervorragende Stelle ein. Die
durch ihn erzeugte Krankheit wird als Wurzelpilz, Weinstockfäule,
Pourridie de la vigne, Pourriture, Blanc des racines, Blanquet,
Champignon blanc, Aubernage, Mal nero, Morbo bianco bezeichnet
und ist in Frankreich, Italien, Schweiz, Oesterreich und im Süd-
westen Deutschlands verbreitet.
Unter den Wurzelerkrankungen des Weinstockes ist die durch
Phylloxera vastatrix erzeugte allgemein bekannt. Ganz dieselben
Krankheitssymptome an oberirdischen Pflanzentheilen hat auch der
Wurzelpilz zur Folge und oft genug kommen Verwechselungen vor.
Ob auch Agaricus melleus am Weinstock schädlich wird, wie
behauptet worden ist, kann ich nicht sagen, da mir bisher kein
Material zugesandt wurde, an dem dieser Pilz thatsächlich sich zeigte.
Es scheint dagegen, als ob in sehr nassen Jahren und auf schweren
Böden auch die „Wurzelfäule" als Folge des Erstickens, d. h. durch
Luftmangel im Boden, entstehen könnte. An solchen erstickten
Stöcken tritt dann oft ein Pilz: Roesleria hypogaea auf, dessen
saprophytischer Charakter mir sehr wahrscheinlich ist. Der Pa-
rasit, mit dem wir uns hier zu beschäftigen haben, verbreitet sich
durch sein Mycel unterirdisch in den Weinbergen von Stock zu
Stock, so dass grosse Verheerungen zu beklagen sind. Dabei werden
auch andere Pflanzen, die in den Weinbergen cultivirt werden,
Obstbäume, Kartoffeln, Bohnen, Runkern u. dgl. von dem Pilz ge-
tödtet. Bei meinen Versuchen tödtete das Mycel sofort junge Ahorne,
Eichen, Buchen, Kiefern, Fichten u. s. w.
An solchen Pflanzen, an denen das Mycel in üppiger Ent-
wicklung ist, wie an dem Rebstocke, Fig. 29, und dem jungen Ahorne,
Fig. 30, bildet dasselbe üppige, schneeweisse Massen, wolliger oder
strangartiger Natur, die sich den Pflanzen äusserlich anschmiegen,
aber auch im Boden auf grössere Entfernungen verbreiten. Wo
5) R. Hartig, Dematophora necatrix n. sp. Untersuchungen a. d. forstbot
Institut in München. III 1883.
II artig, Baumkrankheiten, 2, Aufl. Q
82
I. Abschnitt.
Fig. 29.
Durch Dematophora necatrix getödteter
Weinstock nach längerem Aufenthalt
im Feuchtraum. Das fädige Mycel a
geht in weisse Rhizoctonienstränge b
über, die sich verästeln c c. Bei d
und e wachsen Rhizomorphen aus dem
Inneren hervor.
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Fig. 30.
Ahornpflanze, durch Demato-
phora necatrix inficirt. Der ober-
irdische Theil ist um 14 Tage
früher gezeichnet als der unter-
irdische. Das weisse wollige
Mycel (a) überwuchert die
Pflanze. Unterirdisch zeigen sich
Rhizoctonien b b aus dunklerem
Mycel. Aus der Rinde brechen
zahlreiche Sclerotien (c) hervor.
Beschädigungen durch Pflanzen.
83
dieses Mycel feine Faserwurzeln anderer Pflanzen erreicht, tödtet
es diese und dringt an deren Basis in das Innere der stärkeren
Wurzeln ein; Fig. 31 a, und verbreitet sich nun in deren Innerem
Fig. 31.
Längsschnitt
durch die Wur-
zel eines "Wein-
stockes , der im
oberen Theile bis b
durch die Rhizo-
morphen der De-
matophora neca-
trix getödtet ist,
im unteren Theile
eine Infections-
stelle bei a zeigt.
Fig. 32.
Grenze des ge-
sunden und kran-
ken Wurzeltheiles
a. Die Rhizomor-
phen verästeln
sich seitlich und
nach aussen, so
dass einzelne
Zweige b bis zur
Oberhaut reichen
7,.
Fig. 33.
Kräftige Weinstock-
wurzel, durch Dema-
tophora inficirt. Das
Rindengewebe ist
zum Theil sorgfältig
wegpräparirt, so dass
die Rhizoniorphen,
welche von a aus sich
entwickelt haben, zu
erkennen sind. Bei b
bilden sich die scle-
rotienartigen Mycel-
knollen, auf denen
später die Gonidien-
träger entstehen. 5/i-
in Form eigenartiger Rhizoniorphen, Fig. 32, alle benachbarten
Gewebe tödtend. Im weichen Rindengewebe der Weinstockwurzel
bleiben sie strangartig und verästeln sich seitlich und nach aussen,
6*
84
I. Abschnitt.
so dass die Wurzel gleichsam von einem Netz von Strängen um-
sponnen ist, Fig. 33.
Diese Rhizomorphen sind völlig verschiedenartig gebaut von
denen des Agaricus melleus. Ich gebe eine etwas schematisch ge-
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haltene Spitze dieser Rhizomorphen in Fig. 34 und verweise auf
die Figurenerklärung.
Die nach aussen abzweigenden Rhizomorphenäste durchbrechen
die Rinde von innen und bilden neues fädiges Mycel, das sich im
Beschädigungen durch Pflanzen.
85
Boden verbreitet, oder sie schwellen unter der Wurzelrinde zu
knolligen Sklerotien an, Fig. 33 b, die zuweilen in Reihen angeord-
net aus der Rinde hervorbrechen, Fig. 35.
Auf diesen Knollen entstehen nun die Gonidienträger in grosser
Anzahl in Form von Borsten, an deren Spitze die Gonidien
abgeschnürt werden, Fig. 36.
Sehr häufig entstehen
aber auch diese Frucht-
träger auf dem fädigen
Myeel, welches in Form
von Rhizoctonien und
Ueberzügen die kranken
Pflanzen oder fremde
Gegenstände bekleidet.
Perithecienbildung konn-
te ich bisher nicht beob-
achten trotz mehrjähriger
Cultur des Parasiten.
Es ist zu prüfen, ob
in den Weinbergen durch
Imprägniren der Rebpfähle
mit Creosotöl dem Weiter-
schreiten der Erkrankung
begegnet werden kann,
nachdem das anfänglich
von mir in Vorschlag ge-
brachte Aushungern durch
Isolirgräben u. s. w. doch
zu langwierig sein dürfte.
Fig. 35. Fig. 36.
Wurzel eines Weinstocks Ein Theil von Fig. 35,
mit zahlreichen sclero- nach Ausbildung der
tienartigen Knollen, auf Gonidienträger ver-
denen hier und da grössert 5/i-
borstenförmigeGonidien-
träger sich entwickeln.
Cucurbitaria Laburni6).
An Wundstellen des Cytisus Laburnuni dringt häufig der vor-
genannte Parasit ein und veranlasst das Absterben der Rinde und
Zweige auf grösserer Ausdehnung oder selbst das Absterben der
ganzen Pflanze. Neben den schwarzbraunen kuglichen Perithecien,
welche heerdenweis zusammenstehen, kommen sehr verschiedenartige
6) Cucurbitaria Laburni, auf Cytisus Laburnum. Freiherr v. Tubeuf, Cassel,
Fischer 1886.
86 I. Abschnitt.
Gonidienfornien vor, die entweder frei auf dem Stroma oder im
Inneren von Höhlungen des Stromas oder in Pycniden sich ent-
wickeln. Bei der leichten Keimfähigkeit aller dieser Vermehrungs-
organe kann der Parasit häufig grosse Ausbreitung erlangen.
In ähnlicher Weise scheint Cucurb. Sorbi die Rinde von Sorbus
Aucuparia zu befallen.
Hier ist mit wenigen Worten der „Fleckenkrankheiten"
auf den Blättern zahlreicher Bäume, Sträucher und Krautpflanzen
zu erwähnen, welche namentlich im Herbste oft in ausgedehntem
Maasse auftreten, indem die Blätter von zahlreichen scharf um-
grenzten, meist kreisförmigen braunen, oft roth eingefassten Flecken
bedeckt werden. Es sind meist Pilze aus der Familie der Sphae-
relloiden, insbesondere der Gattungen Sphaerella und Stigmatea.
Die Gonidien bilden sich schon auf den lebenden Blättern, die
Perithecien erst auf den abgestorbenen Pflanzentheilen und zwar
meist erst im Frühjahr nach Abfall der Blätter.
Sphaerella Fragariae erzeugt die Fleckenkrankheit der Erd-
beerblätter.
Sphaerella punctiformis und maculiformis veranlasst
braune Flecken auf den Blättern der Eichen, Linden, Haseln.
Sph. Fagi erzeugt Flecken auf Buchenblättern u. s. w.
Stigmatea Mespili veranlasst die Blattbräune der Birnen-
blätter, Stigmatea Alni Flecken auf Erlenblättern.
Einer verwandten Familie gehört Gnomonia an und ist
Gnomonia erythrostoma der Erzeuger der Blattbräune der Süss-
kirschen. Die inficirten Blätter sterben schon frühzeitig ab, ohne
abzufallen. Auf denselben entwickeln sich die Perithecien mit den
einzelligen Schlauchsporen. Entfernung alles an den Bäumen hän-
genden Laubes während des Winters ist anzurathen.
An Aprikosen, Pfirsich und Schlehe tritt ein Parasit, Yalsa
Prunastri, häufig schädlich auf, indem derselbe das Absterben von
Zweigen veranlasst, deren Rinde von dem Pilz bewohnt wird. Die
Spermazienform tritt zuerst auf und entsendet in Ranken die Sper-
matien, während später, d.h. erst im nächsten Frühjahr, die Perithecien
in der abgestorbenen Rinde sich entwickeln.
Beschädigungen durch Pflanzen. 87
Nectria.
Die Gattung Nectria umfasst eine Mehrzahl parasitischer
Pilze, die ihre meist roth gefärbten Perithecien in grösserer Anzahl
zusammenstehend auf der Oberfläche eines warzenförmigen, aus
Pseudoparenchym bestehenden Stromas entwickeln. Vor deren Ent-
stehung dient dasselbe Stroma der Erzeugung zahlloser Goniclien.
Dieses Gonidien tragende Stroma wurde früher als besondere Gat-
tung Tubercularia bezeichnet.
Die nachstehend aufgeführten drei Arten dieser Gattung sind
facultative Parasiten, die, wie so viele andere Parasiten, auch als
Saprophyten leben können.
Nectria Cucurbitula7).
Die Nectria Cucurbitula gehört, wie alle Nectrien, zu den-
jenigen Parasiten, die in der Regel nur an vorgebildeten Wund-
stellen in das Innere der Wirthspflanzen einzudringen vermögen,
und als solche ist vorzugsweise die Fichte, seltener die Tanne,
Kiefer u. s. w. zu bezeichnen. Im Walde sind es meist die Frass-
stellen der Grapholitha pactolana, Fig. 37, seltener Hagel-
schlagstellen oder die Basis eines durch Schneeanhang herabge-
bogenen Zweiges, dessen Rinde im oberen Winkel ein wenig ein-
gerissen ist, welche als Eingangspforten vom Parasiten benutzt
werden.
Die keimenden Ascosporen oder Gonidien senden ihre Mycel-
schläuche in das Rindengewebe und sind es besonders die Sieb-
röhren des Weichbastes (Fig. 38 b) oder die Intercellularräume
zwischen diesen (Fig. 38 c), in welchen das ästige Mycel schnell
vorschreitet. Man trifft das Mycel in dem anscheinend noch voll-
ständig gesunden, frischen Bastgewebe, die Bräunung der Gewebe
erfolgt erst einige Zeit darauf. Das Wachsthum des Pilzes scheint
meistens nur im ruhenden Rindengewebe stattzufinden. Es hört
dasselbe für gewöhnlich auf, wenn die Pflanze und deren Cambiurn
zu erneuter Lebensthätigkeit erwacht, und müssen wir somit an-
nehmen, dass die Widerstandsfähigkeit der lebenden Gewebe der
Wirthspflanze im vegetativen Zustande eine grössere sei, als im
ruhenden Zustande. Wie die Fig. 37 zeigt, kann das Wachsthum
7) R. Hartig, Untersuchungen I, Seite 88.
88
I. Abschnitt.
in der Längsrichtung in einer Wuchsperiode 10 cm überschreiten.
In seitlicher Erstreckung übersteigt die absterbende Stelle selten
mehr als 3 — 4 cm. Das von dem Pilz getödtete Gewebe wird von
den lebenden Pflanzentheilen durch eine Korkhaut abgesondert
und in der Regel verhindert diese Korkschicht das Weiter-
wachsen des Parasiten im nächsten
Jahre.
Ist der getödtete Rindentheil dem
Winde und der Sonne exponirt, dann
trocknet er schon im Anfange des
Sommers aus, ist der befallene Pflan-
zentheil noch nicht stark, so ver-
trocknet auch der Holzkörper und
Fig. 37.
Fichte mit Nectria Cucurbitula.
a Eine überwallte Hagelschlagstelle
ohne Infection. /; Frassstelle einer
Larve der Grapholitha pactolana,
welche überwallt, aber nach 2 Jahren
inficirt ist. Das Mycel hat sich
von c bis c im Cambium, bis d d
in der Rinde verbreitet. Auf der
getödteten Rinde sind zahlreiche
Gruppen von Perithecien erschienen.
Fig. 38.
Querschnitt durch Rinde und
Holz einer vor Kurzem inficirten
Fichte, a. Holz. bb. Siebröhren
mit einem oder mehreren Mycel-
fäden im Innern, c. Mycel in
den Intercellularräumen. 420/i
Beschädigungen durch Pflanzen. 39
der Gipfel der Pflanze stirbt ab, wird gelb und dürr. Recht
oft findet man in den jungen Fichtenbeständen solche dürre
Gipfel, ohne eine Spur von den Schlauchfrüchten zu bemerken,
die nur zur Reife gelangen können, wenn der Rindenkörper, in
welchem das Mycel verborgen ist, stets feucht erhalten bleibt. Ist
dies der Fall, wie wir es oft an unteren, durch den Schatten und
Schutz der Zweige gedeckten und feucht erhaltenen Rindentheilen
beobachten, dann entwickelt sich aus der getödteten Rinde eine
grosse Anzahl von weissen und gelblichen Fruchtpolstern, welche
etwa in Stecknadelknopfgrösse die äusseren Rinden- und Kork-
schichten durchbrechen, oder auch zwischen den lockeren Rinden-
schüppchen verborgen bleiben. Diese Fruchtpolster erzeugen zuerst
zahllose Gonidien, später dagegen bilden sich auf ihnen zahlreiche
rothe Perithecien von rundlicher Kürbisform, deren Ascosporen
meist im Winter oder Frühjahr ausgestossen werden und dann
an die Frassstellen des Fichtenrinden wicklers oder an andere Wunden
gelangen.
Mit dem Verschwinden des Wicklers, wie z. B. im Gefolge des
strengen Winters 1879/80, in welchem die Räupchen zum grössten
Theile erfroren, vermindert sich selbstredend auch die Beschädigung
durch die Nectria, weil dieser die Gelegenheit zur Infection ent-
zogen wird. Fichten, welche nur von der Motte, nicht aber vom
Pilz befallen werden, gehen fast niemals zu Grunde, sondern er-
holen sich nach einigen Jahren des Kümmerns vollständig. Solche
Fichten, welche von der Nectria nur einseitig befallen sind, können
sich ebenfalls wieder erholen, da die getödtete Rindenstelle im
Laufe der Jahre wieder überwallt. Der Schaden, welcher durch
das Absterben der Gipfel in den Fichtenschonungen veranlasst
wird, ist aber ein ungemein grosser und erscheint es desshalb
rathsam, durch Aushieb und Verbrennen der vom Pilz befallenen,
getödteten Gipfel den Parasiten in Schranken zu halten.
Nectria ditissima8).
Die Laubholzbäume werden vorzugsweise durch die Nectria
ditissima heimgesucht und sind es mancherlei gestaltete, meist
als Krebs bezeichnete Erkrankungsformen, die durch diesen Pilz
8) R. Hartig, Unters uchun gen I, Seite 209 Taf. VI.
90
I. Abschnitt.
hervorgerufen werden. Der Pilzkrebs tritt am häufigsten auf an
Rothbuchen, Eichen, Haseln, Eschen, Hainbuchen, Ellern, Ahorn,
Linden, Apfel, Faulbaum und Traubenkirschen.
Fig. 39.
Rothbuchenzweig
mit 2 Hagel-
schlagwunden,
von denen die
obere b durch
Nectria inficirt,
die untere a da-
gegen ohne Infec-
tion durch Ueber-
wallung geschlos-
sen ist.
Fig. 40.
Rothbuchenkrebsstamni mit
zahlreichen Krebsstellen , die
sich aber nur an wenigen
Stellen vergrössern, Avoselbst
dann auch die rothen Perithe-
cien der Nectria ditissima allein
zu finden sind. l/2 Natürl. Gr.
Fig. 41.
Querschnitt desselben Stückes am un-
teren Ende entnommen. Natürl. Gr.
Dieser Parasit gelangt zwar in der Regel nur durch Wund-
stellen in das Rindengewebe der Bäume, doch konnte ich auch
junge Blätter durch Gonidien und Ascosporen inficiren. Die
Beschädigungen durch Pflanzen. 91
häufigste Art der Verwundung ist wohl die durch Hagelschlag
(Fig. 39). Erfolgt keine Infection einer Hagelstelle, so überwallt
diese in kurzer Zeit (Fig. 39 a), wird sie durch Gonidien oder
Ascosporen der Nectria inficirt, so verbreitet sich das Absterben
und die Bräunung von der Infectionsstelle aus allseitig, am schnell-
sten in der Längsrichtung des Stamrutheils. Doch wandert das
Mycel selten schneller nach einer Richtung als etwa 1 cm, selten
bis 3 cm jährlich. Dass die erkrankte Stelle im Laufe der Jahre
vertieft erscheint, erklärt sich daraus, dass die gesunde Umgebung
nicht allein ungestört sich verdickt, sondern sogar eine Zuwachs-
steigerung erkennen lässt. Diese erklärt sich schon daraus zur
Genüge, dass die in den Blättern assimilirten Bildungsstoffe bei ihrer
Wanderung im Bastgewebe selbstredend auf die gesunde Seite des
Stammtheils beschränkt siud und bei dem Ausweichen der Krebs-
stelle vorzugsweise an deren Rande wandern werden, der dadurch
besonders kräftig ernährt wird und als Wulst stark hervortritt.
Es entstehen dadurch im Laufe der Jahre Verunstaltungen auf-
fälligster Art.
Oftmals ist auch die Basis eines Seitenzweiges, welcher im
oberen Winkel eine Rindenverletzung besass, die Infectionsstelle
(Fig. 42), von der aus das Absterben alljährlich fortschreitet. Ins-
besondere kommt beim Haselstrauch das Einreissen in der Gabel
zweier Aeste oftmals vor, wenn beim Ernten der Nüsse ein gewalt-
sames Herabbiegen der Aeste erfolgt. Hier ist dann die Ausgangs-
stelle für eine fortschreitende Krebskrankheit, wie sie in Fig. 43
dargestellt ist.
Ich glaube annehmen zu dürfen, dass unter gewissen, mir
noch nicht bekannten Umständen das Pilzmycel aus dem Rinden-
körper in den Holzstamm gelangt, in welchem es aufwärtswandernd
hier und da von innen in das Rinden- und Cambiumgewebe ge-
langt und auf diesem Wege Krebsstellen erzeugt, ohne dass jedes-
mal eine Verwundung von aussen stattfindet (Fig. 44). Die be-
kannte Erscheinung, dass einzelne Baumindividuen mit Krebsstellen
übersät sind, während Nachbarbäume derselben Art ziemlich ver-
schont bleiben, lässt sich kaum anders erklären, als durch die
Annahme einer Pilzwanderung im Holzkörper des Baumes. Es
wird die Forschung dieser Frage sich noch zuzuwenden haben.
Das Pilzmycel verbreitet sich im Rindengewebe der Bäume
92
I. Abschnitt.
unter Entwicklung zahlloser äusserst kleiner, den Spaltpilzen ähn-
licher Gonidien, die dem Anscheine nach wesentlich dazu beitragen,
dass sich das Gewebe der Rinde mit Ausschluss der äusseren
Fig. 42.
Hainbuche mit Nectria
ditissima, welche im
Zweiggelenke eingedrun-
gen ist. Natürl. Gr.
Fig.
43.
Haselstrauch mit Infection
und Krebs der Nectria di-
tissima, deren Sporen an
einer eingerissenen Zweig-
gabel gekeimt haben, a, b, b
Grenze der Krebsstelle mit
rothen Perithecien besetzt.
c c Gesunde Seite des Astes.
V2 Natürl. Gr.
Ä
Fig. 44.
Rothbuchenzweig mit
zahlreichen Krebs-
stellen ohne erkenn-
bare Wundstellen in
der Rinde.
Korkschichten fast ganz auflöst. Nur in denjenigen Rindentheilen,
die seit dem letzten Jahre getödtet wurden, mithin in der Peripherie
der Krebsstelle, treten weisse Gonidienpolster zum Vorscheine, die
Beschädigungen durch Pflanzen. 93
auch von Willkomm in dessen Bearbeitung des Buehenkrebses
bereits gesehen und als Fusidium candidum bestimmt wurden. Auf
ihnen entstehen dann die tiefrothen Perithecien, welche sehr klein
sind und nur bei sorgfältiger Nachforschung erkannt werden. Sie
sitzen theils gruppenweise, theils einzeln auf der todten Rinde oder
mit Vorliebe in den feinen Rindenrissen (Fig. 42). An älteren
Krebsstellen sucht man sie oft lange Zeit vergeblich, da diese
nicht mehr an allen Theilen des Umfanges sich vergrössern. Fig. 40
zeigt nur oben links eine Zunahme des Krebses und zahlreiche
rothe Kügelchen.
Beim Rothbuchenkrebse habe ich mehrfach die Beobachtung
gemacht, class der Weiterverbreitung des Pilzmycels früher oder
später stellenweise eine Grenze gesetzt wird, in Folge dessen die
Gestalt der Krebsstelle eine sehr unregelmässige wird. Hier und
da vergrössert sich der Krebs noch eine Reihe von Jahren, schliess-
lich kann aber durch eine Art Ueberwallungsprocess die Krebsstelle
völlig zuwachsen (cf. Fig. 40 und Fig. 41).
Es sei noch bemerkt, class der Parasit durch ganz Deutschland
verbreitet ist, dass insbesondere die Buchenkrebskrankheit von der
Insel Rügen bis in den südlichen Theil Bayerns, z. B. sehr heftig
nahe bei München, aufgetreten ist, dass junge Pflanzen von 5 bis
lOjährigem, sowie Bäume von 140jährigem Alter von der Krank-
heit befallen werden können, diese aber im letzteren Alter auf die
Zweige und Aeste der Krone beschränkt bleibt.
Klimatische Verhältnisse, insbesondere Frost sind vollständig
indifferent, dasselbe gilt bezüglich des Bodens. Obgleich der
Schaden nicht gering ist, der durch diesen Parasiten veranlasst
wird, so ist es mir doch zweifelhaft, ob in der Praxis mit Erfolg
etwas gegen ihn unternommen werden kann. Die beschädigten
Stämme bleiben in der Regel doch am Leben und geben Brenn-
holz. Ein Aushieb derselben bei den Durchforstungen ist aller-
dings anzurathen, soweit nicht eine schädliche Blosslegung des
Bodens dadurch herbeigeführt wird. In Eichenbeständen wird man
ebenfalls, sobald es sich um Durchforstungen und um Lichtungen
behufs Unterbaues handelt, in erster Linie die Krebsstämme weg-
hauen. Dass man aber soweit gehen solle, alle Krebsstämme zu
entfernen, wenn dadurch der Bestand auch stark durchlöchert
werden würde, möchte ich nicht anrathen.
94
I. Abschnitt.
Sehr oft kommt die Nectria ditissima in Gemeinschaft mit
Baumläusen9) vor. Lachnus exsiccator erzeugt grosse Cambial-
gallen an Rothbuche, welche später
aufplatzen und zur Infection durch
den Pilz Gelegenheit darbieten.
Im Zellengewebe verbreitet sich
das Mycel mit rapider Geschwin-
digkeit. Auch die Buchenwoll-
laus, Chermes Fagi, welche
weisse wollige Ueberzüge auf der
Buchenrinde bildet, verbindet sich
oft mit dem Pilz, der dann das
schnelle Absterben der Rinde her-
beiführt, ohne Krebsstellen zu er-
zeugen.
Nectria cinnabarina10).
Diese Nectria ist wohl einer
der verbreitetsten Pilze, der sich
auf fast allen Laubholz-Bäumen
und Sträuchern ansiedelt, wenn
diese durch Frost getödtet sind.
Neben seiner saprophytischen
Lebensweise tritt er auch als Pa-
rasit auf und zwar am häufigsten
Ahornholz mit Mycel von Nectria an Ahorn, Linde und Rosskastanie.
cinnabarina. Das kräftige Mycel a a J)je Infection erfolgt an Astwunden,
sehr oft auch von Wurzelwunden
aus, welche bei dem Verpflanzen
in Gärten und Baumschulen nicht
zu vermeiden sind. Das Mycel
dieses Pilzes wächst in den Ge-
fässen des Holzkörpers schnell
aufwärts, dringt in alle Organe
Fig. 45.
durchbohrt die Wandungen der Holz-
fasern, löst die Stärkekörner b, c auf,
indem es zunächst die Granulöse ex-
traliirt. Mit der zerfallenden Cellu-
lose und den sich ebenfalls wieder
auflösenden Mycelfäden d entsteht eine
grün gefärbte Flüssigkeit im Inneren
der Organe. Bohrlöcher in den Wan-
dungen e e zahlreich vorhanden.
120% (Nach H; Mayr).
des Holzes ein, zersetzt das Stärkemehl und lässt im Inneren der
Organe eine grüngefärbte Substanz zurück. Fig. 45. Hierdurch
9) Untersuch, a. d. forstb. Inst, zu Münch B. I, S. 151—163.
10) H. Mayr, Ueber den Parasitismus von Nectria cinnabarina 1882 in
Unters, a. d. forstb. Insl. B. III.
Beschädigungen durch Pflanzen. 95
wird der Holzkörper geschwärzt, während Cambium und Rinden-
gewebe sich gesund erhalten. Der Holzkörper verliert seine Saft-
leitungsfähigkeit, die Blätter vertrocknen vorzeitig im Sommer
oder fallen ab und die Rinde der jüngsten Triebe vertrocknet,
wenn deren Holzkörper vollständig abgestorben ist. Im Herbste
oder erst im nächsten Frühjahre treten aus der Rinde der abge-
storbenen Theile die zinnoberfarbigen Gonidienpolster in grosser
Zahl nebeneinander zum Vorschein und machen sich durch ihre
Grösse und Färbung schon von weitem bemerkbar. Die später
entstehenden Perithecien sind viel dunkler roth gefärbt, gross und
mit rauher Aussenseite versehen.
Es ist interessant, dass dieser Pilz dem lebenden Cambium
und Rindengewebe nichts anzuhaben vermag, vielmehr erst dann
sich in diesem entwickelt, wenn dasselbe entweder durch Frost
oder dadurch getödtet wurde, dass der Holzkörper von innen aus
durch das Mycel des Parasiten zum Abtrocknen gebracht wurde.
Abschneiden und Verbrennen der mit den Gonidienpolstern
und Perithecien besetzten Zweige und Aeste ist das einfachste
Mittel gegen die Verbreitung desselben. Sofortiges Theeren oder
Beschmieren mit Baumwachs bei allen Verwundungen der Bäume
ist das beste Schutzmittel gegen Infection.
Polystigma.
Die Arten der Gattung Polystigma veranlassen die Entstehung
rother, fleischiger Flecken auf Blättern der Gattung Prunus. Po-
lystigma rubrum11) kommt auf Pflaumen- und Schlehdornblättern
vor. Die im Sommer entstehenden grossen tiefrothen fleischigen
Flecken zeigen auf der Unterseite der Blätter zahlreiche kleine Punkte,
die Mündungen der in der Blattsubstanz verborgenen Spermogonien,
aus denen hakenförmig gebogene farblose Spermatien hervortreten.
Die Perithecien entstehen auf den Flecken erst nach dem Abfallen
der Blätter bis zum nächsten Frühjahre. Durch Aussaat der Asco-
sporen auf junge Pflaumenblätter erhält man nach 6 Wochen neue
Spermogonien. Beseitigung des inficirten Laubes durch Zusammen-
rechen und Verbrennen oder durch Umgraben ist das beste Vor-
beugungsmittel.
n) .Tulasne. Selecta Fungorum Carpologia II, pag. 76.
96 I- Abschnitt.
Polystigma fulvum veranlasst gleiche Flecken auf Prunus
Padus und eine dritte Art Pol. o-chraceum solche auf Sauer-
kirschen.
Claviceps purpurea12). Mutterkorn.
In wenig Worten soll hier auch der Getreidekrankheit Er-
wähnung geschehen, welche nach dem Auftreten eigenartiger Skle-
rotien oder Mycelknollen als Mutterkorn bezeichnet worden ist.
Jene bekannten, auf zahlreichen Gramineenarten beobachteten
schwarzen Mutterkornbildungen fallen bei der Ernte zur Erde, über-
wintern daselbst und keimen auf feuchtem Boden im nächsten
Frühjahre in der Weise, dass aus jedem Sclerotium in der Regel
eine Mehrzahl von langgestielten, kugelförmigen Fruchtträgern zur
Entwicklung gelangt. Die röthlichen, kugelförmigen Köpfchen
zeigen in der ganzen Oberfläche eingesenkt zahlreiche flaschenför-
mige Perithecien, deren Mündungen etwas nach aussen hervortreten.
Die Asken zeigen je 8 fadenförmige Schlauchsporen, welche durch
die Mündung hinausgestossen in die Luft gelangen. Wenn diese
fadenförmigen Sporen zufällig an Getreideblüthen kommen und
daselbst keimen, so dringt der Keimschlauch in den Fruchtknoten
ein und das Mycel entwickelt sich nun im Gewebe desselben,
welches fast vollständig verzehrt wird. Auf der Oberfläche zeigt
der ganz in Pilzmycel umgewandelte Fruchtknoten gehirnför-
mige Vertiefungen und Erhebungen, die das Gonidienpolster dar-
stellen. Die Gonidien sind sehr klein, oval, einzellig und farblos
und in eine von dem Gonidienpolster ausgesonderte klebrige, süss-
schmeckende Flüssigkeit gebettet, die zwischen den Blüthentheilen
tropfenweise hervortritt und als Honigthau bezeichnet wird. Jene
Gonidienform des Parasiten wurde früher Sphacelia segetum be-
nannt. Erst nach Beendigung der Gonidienbildung entsteht das
eigentliche Mutterkorn und zwar im Grunde des Fruchtknotens
völlig unabhängig von diesem und morphologisch wesentlich ver-
schieden von der Sphacelia segetum durch die eigenartige pseudo-
parenchymatische Gewebebildung. Das ursprüngliche Gewebe der
Sphacelia segetum mit den etwaigen Ueberresten des Fruchtknotens
stirbt völlig ab und findet sich noch kurze Zeit auf der Spitze des
Mutterkornes sitzend.
12) Tulasne, Ann. des sei. nat. 3 ser. t. XX, p. 56.
Beschädigungen durch Pflanzen. 97
Die Verbreitung der Krankheit geschieht demnach einmal
durch das überwinternde Sclerotium von Jahr zu Jahr und ferner
durch die Gonidien, die, in der Flüssigkeit des Honigthaues in
zahlloser Menge suspendirt, durch Insecten mancherlei Art ver-
schleppt werden und, an gesunde Grasblüthen gelangend, keimen
und diese inficiren.
Zur Verhütung der Krankheit sucht man reines Saatgut zu
verwenden, da auch die mit der Saat auf den Acker gelangenden
Sklerotien noch im Frühjahre keimen. Ferner lässt man vor der
Ernte das Mutterkorn einsammeln, wodurch wenig Kosten desshalb
entstehen, weil das Mutterkorn sehr hoch bezahlt wird.
Plowrightia morbosa13) (Cucurbitaria morbosa).
Schwarzer Krebs der Steinobstgehölze.
Obgleich die vorgenannte Krankheit bisher nur in Nord-
Amerika unter dem Namen Black-Knot verheerend aufgetreten ist,
möge sie hier Erwähnung finden, da die Erfahrung gelehrt hat,
dass die Krankheiten der Culturpflanzen so leicht von einem
anderen Erdtheil zu uns übertragen werden, Sie äussert sich in
dem Hervortreten halbkuglicher, etwa 1 cm hoher, meist gruppen-
weis gehäufter Anschwellungen der Zweige an Pflaumen- und
Kirschbäumen.
Die Oberfläche der Geschwülste ist von den Gonidien des
Parasiten bedeckt. Die Schlauchfrüchte reifen im Januar und sind
kuglich hervorragende schwarze Kapseln. Die mit Knoten ver-
sehenen Zweige sind möglichst vollständig abzuschneiden und zu
verbrennen.
§. 14. Die Scheibenpilze. Discomycetes.
Die Scheibenpilze sind von den Kernpilzen im Wesentlichen
dadurch unterschieden, dass die Asken nicht auf der Innenwand
eines geschlossenen kugel- oder flaschenförmigen Organes (Perithe-
cium), sondern auf der Oberfläche eines scheibenförmigen offenen
Fruchtkörpers (Apothecium) gebildet werden und höchstens von
einer nicht zu diesem selbst gehörigen, theilweise aus der Epidermis
I3) W. H. Farlow, The black-knot. Bull, of the Bursey Institution Bot.
articles 1876, S. 440.
Hartig, Baumkrankheiten, 2. Aufl. 7
98
I. Abschnitt.
der Wirthspflanze gebildeten Schicht vor der Sporenreife be-
deckt sind.
Die Scheibenpilze zerfallen in mehrere Unterfamilien, von denen
die Phacidieen dadurch ausgezeichnet sind, dass die Fruchtschicht
nicht an der Oberfläche der Pilzkörper, sondern im Inneren der-
selben entsteht und längere Zeit oder dauernd vom Pilzgewebe be-
deckt bleibt.
Es gehören dahin besonders die Gattungen Rhytisma und
Hysterium.
Pthytisma acerinum14).
Eine der bekanntesten Blattfleckenkrankheiten des Ahorn wird
durch den Runzelschorf hervorgerufen. Es leiden vorzugs-
weise Acer platanoides, in geringerem
Maasse auch Acer pseudoplatanus und
campestre durch diesen Parasiten. Auf
den Blättern beobachtet man im Juli
zuerst gelbe, rundliche Flecken von
1 — 2 cm Grösse. Im August schwärzen
sich dieselben (Fig. 46) und die Blätter
fallen meist etwas vorzeitig ab, so dass
Ende September die Bäume grössten-
teils entlaubt sind.
Erst im Laufe des Winters und
nächsten Frühjahres entstehen auf den
schwarzen Flecken des verfaulenden
Laubes zahlreiche, etwas hervortretende,
wurmartig gekrümmte Apothecien, die
sich durch einen Längsspalt bei feucht-
warmer Witterung öffnen. Es ist sehr
leicht, künstlich die Krankheit zu er-
zeugen, wenn man bei Regenwetter, oder
im Feuchtraume im Mai solche schwarze Blattstellen vorjähriger
Blätter auf junge Ahornblätter legt. Die fadenförmigen Sporen
fallen aus, keimen und erzeugen neue Flecken. Die Entstehung der
Perithecien, sowie die Entwicklung des schwarzen Stromas hat viel
Fig. 46.
Rhytisma aeerinum auf einem
Stück Spitzahornblatt. Die
schwarzen Flecken sind von
einer todten, hellbraunen Zone
umgeben.
u) Cornu, Compt. rend. LXXXVII (1878) S. 178.
Beschädigungen durch Pflanzen. 99
Aehnlichkeit mit der nächsten Gattung Hysteriuni , wesshalb ich
nicht weiter darauf eingehen will.
Der Schaden besteht in Verminderung der Assimilations-
thätigkeit der Blätter, doch ist derselbe nicht so gross, dass die
Kosten von Gegenmaassregeln sich verlohnen würden. Diese würden
darin bestehen, dass man das Laub im Herbste zusammenkehren
und entfernen liesse.
In Gärten und Parkanlagen, wo dies aus anderen Gründen
geschieht, z. B. im Englischen Garten bei München, trifft man nie
ein Rhytisma, während in der nächsten Umgebung Münchens an
den Landstrassen und Waldwegen, wo das Laub in Gräben und
Vertiefungen liegen bleibt, die Krankheit in höchster Intensität
auftritt.
Rhytisma salicinum.
Aehnliche schwarze Flecken entstehen oftmals auf Salix pur-
purea, nigricans, Caprea, aurita u. s. w., die durch Rhytisma sali-
cinum erzeugt werden, aber von relativ geringer Bedeutung sind.
Hysteriuni. (Hypoderma.)
Die Gattung Hysterium besitzt schwarze, elliptische bis lineale
Fruchtkörper, die als schwarze, glänzende Wülste aus der Blatt-
substanz hervortreten.
Die Sporen sind lineal, ihre Wandung ist aussen gallertartig
gequollen. Ihr Keimschlauch dringt bei den nachstehend aufge-
führten drei Arten wahrscheinlich immer in die Spaltöffnungen ein.
Das Mycel verbreitet sich intercellular im Parenchym der Nadeln,
tödtet und bräunt dasselbe. Erfolgt die Erkrankung einer Nadel
nahe der Basis zu einer Zeit, wo die oberen Theile der Nadel
noch gesund sind und unter dem Einflüsse des Lichtes assimiliren,
und wird die Fortführung der Assimilationsproducte aus der Nadel
durch Töcltung der Bastorgane verhindert, dann sammeln sich die
Bildungsstoffe in Form von Stärkekörnern in so grosser Menge in
den Nadeln an, dass diese damit vollgestopft erscheinen.
Das sich zunächst mattgrün färbende Blattgewebe wird später
gebräunt und oft erst nach Jahr und Tag entstehen die Frucht-
körper auf ihnen. Den Ascosporen erzeugenden Früchten gehen
oft Spermogonien voraus, die bei der Weisstannennadel (Fig. 49)
7*
100
I. Abschnitt.
auf der Oberseite in zwei wellig gekräuselten Längswülsten liegen,
während die Aseosporen erzeugenden Apothecien auf der Unter-
seite der Nadel in einem Längswulst vereinigt sind. Sie entstehen
dadurch, dass das Mycel ins Innere der Epidermiszellen eindringt,
diese sprengt und durch üppige Wucherung einen im Querschnitt
linsenförmigen Pilzkörper bildet, der sich später tiefbraun färbt.
Unter diesem mit der Aussenwand der Epidermiszellen innig
verwachsenden Mycelkörper entsteht das Stroma, welches zunächst
Paraphysen und später die Asken entwickelt.
Fig. 47.
Hysterium macrosporum, Querschnitt durch ein reifes aufgeplatztes
Fruchtlager.
Die Sporen reifen um so schneller, je feuchter die Witterung
ist und fliegen nur aus, wenn ein länger anhaltendes Regenwetter
die todten Nadeln mit Wasser durchsättigt hat, so dass von innen
aus durch Wasserzufuhr ein Quellen der Paraphysen und Sporen-
wandungen stattfindet. Diese Quellung führt zum Platzen des Or-
ganes in einem Längsrisse, der sich, sofort wieder schliesst, wenn
trockenes Wetter eintritt oder die Sporen ausgeflogen sind (Fig. 47).
Hysterium nervisequium15).
Der Weisstannenritzens chorf ist soweit verbreitet, als die
Tanne vorkommt; in entschieden schädlicher Form sah ich ihn nur
im Erzgebirge, woselbst grössere Tannenbestände auch höheren Alters
15) R. Hartig, Wichtige Krankheiten, S. 114 ff.
Beschädigungen durch Pflanzen.
101
die überwiegende Mehrzahl ihrer Nadeln verloren hatten. Die
Bräunung beobachtet man immer erst im Mai bis Juli an den zwei-
jährigen, ins dritte Lebensjahr eintretenden Nadeln. Nach der
Bräunung erfolgt dann wenige Monate darauf die Entwicklung
der Spermogonien auf der Oberseite der Nadeln, woselbst zwei
wellig gekräuselte schwarze Längswülste erscheinen (Fig. 49 rechts).
Später treten die Apothecien in einem Längswulst auf der Mittel-
rippe der Unterseite hervor, die dann im April des nächsten Jahres,
also an den dreijährigen Trieben reifen. Ein grosser Theil der
Fig. 48.
Weisstannenzweig von unten gesehen,
die Perithecien in schrägem Längs-
wulst vereint.
Fig. 49.
Tannennadel mit Hy-
sterium nervisequi-
um. Links die Unter-
seite mit dem Apo-
thecium, rechts Ober-
seite mit Spermogo-
nium.
Nadeln fällt aber schon zuvor ab und nur ein kleiner Theil ent-
wickelt seine Perithecien auf den am Baume festsitzenden Nadeln.
Es sei noch bemerkt, dass auch noch ältere Nadeln neu erkranken
können.
Hysterium macrosporum16).
Der Fichtenritzenschorf erzeugt die Fichtennadelröthe,
die in 10 — 40jährigen Beständen in manchen Jahren ungemein
intensiv auftritt.
Sie äussert sich darin, dass die Nadeln der vorjährigen Triebe
schon im Mai oder erst im Herbste sich bräunen, dass vor der
16
) R. Hartig, Wichtige Krankheiten, S. 101.
102
I. Abschnitt.
Bräunung schon immer ein reiches Mycel in ihnen nachzuweisen
ist. Nadeln, die schon im Frühjahr sich verfärben, zeigen im Juli
desselben Jahres die Anfänge der Perithecienbildung und diese
reifen dann im nächsten Frühjahre im April und Mai. Sie be-
finden sich alsdann an den zweijährigen Trieben. Diesen schnellen
Entwicklungsgang beobachtete ich im feuchten Klima des Erzge-
birges, während bei Eberswalde die Bräunung erst im October an
den Nadeln der zweijährigen Triebe auftritt, die erste Anlage der
Früchte im Juni des nächsten Jahres an den dreijährigen Nadeln
erfolgt, wonach dann die Sporenreife im März und April des fol-
Fig. 50.
Fichtenzweig mit gebräunten Nadeln
an den oberen zweijährigen Trieben,
mit Apothecien an den dreijährigen
Trieben.
Fig. 51.
Apothecien
auf
Fichtennadel.
genden Jahres eintritt. Die Apothecien erscheinen meist nur aut
den beiden unteren Seiten der Nadeln als lange, gerade, glänzend
schwarze Wülste (Fig. 51). Die Sporen sind um das Doppelte
länger als die des Weisstannenritzenschorfes. Es ist wünschens-
werth, dass diesem und dem zuvor beschriebenen Weisstannenritzen-
schorf noch die Aufmerksamkeit der Forscher zugelenkt werde, da
manche Einzelnheiten aus der Entwicklung des Parasiten mir noch
nicht völlig klar geworden sind. Insbesondere ist die Erscheinung
noch unerklärt, wesshalb manche Fichten schon die Nadeln des
ersten Jahrestriebes im Herbste nach eingetretener Bräunung ver-
lieren, fast vollständig „schütten". Auf solchen Nadeln entwickeln
Beschädigungen durch Pflanzen. JQ3
sich keine langen Apothecienwülste, sondern kleine, isolirte Apo-
thecienhöcker, ähnlich denen des Hysterium Pinastri.
Hysterium Pinastri.
Der Kiefer nritzenschorf ist eine überall in Kiefernbestän-
den auftretende Pilzart, die bereits von Göppert17) als die Ursache
der Kief ernnadelschütte bezeichnet worden ist. Unter dem
Namen Kiefernschütte versteht man sehr verschiedenartige Krank-
heiten, denen jüngere und ältere Kiefern unterliegen und die sich
durch eine Bräunung der Nadeln, in der Regel auch durch ein
vorzeitiges Abfallen derselben auszeichnen. Die Ursachen dieser
Erkrankungen sind sehr verschieden.
Was zunächst den Frost betrifft, so können junge Kiefern-
nadeln in der That durch ihn getödtet werden. Am 23. Juli 1878
wurden im Revier Turoscheln ältere Kiefern zumal die Randbäume
vom Froste so schwer betroffen, dass die neuen Nadeln ausserhalb
der Scheiden abstarben.
Da die Kiefer aber erst Anfang Juni ihre Nadeln aus der
Scheide hervortreten lässt, so sind es doch nur ganz seltene Fälle
und beschränkte Oertlichkeiten, in denen der Spätfrost Schaden
anzurichten vermag. Ein gleichmässiges, oft nur auf eine Seite,
besonders die Ostseite der Pflanze beschränktes Braunwerden aller
Nadeln der jüngsten Triebe, von dem nur der unterste in der
Scheide steckende Theil ausgenommen ist, beobachtet man in
manchen Jahren an dem Winde sehr exponirten Bäumen. Ob in
solchen Fällen immer wirklicher Frost, oder ob schon starke Ab-
kühlungen schädlich eingewirkt haben, bin ich nicht in der Lage,
zu entscheiden.
In vielen Fällen ist die Bräunung, der Tod und das Abfallen
der Nadeln Folge des Vertrocknens18). Wenn im Winter die Kie-
fernsaatbeete mit Schnee bedeckt waren und nach einigen sonnigen
warmen Tagen der Schnee verschwindet, ohne dass der Boden auf-
thaut, so tritt bald darauf Bräunung der Nadeln ein, die Kiefern
bekommen die „Schütte". Untersucht man solche sich bräunende
17) Göppert, Verhandl. d. schlesischen Forstvereins 1852, S. 67.
18) Ebermayer, Die physikalischen Einwirkungen des Waldes auf Luft und
Boden 1873.
104 !• Abschnitt,
Nadeln unmittelbar nach dem Auftreten der Krankheit, so findet man
oftmals keine Spur von Pilzmycel. Es ist auch charakteristisch,
dass die Bräunung gleichmässig über die ganze Nadel sich ver-
breitet oder von der Spitze aus mehr oder weniger weit herab
gleichmässig vorschreitet. Wir haben es in solchen Fällen mit
einem Vertrocknen der Nadeln zu thun, die aus dem gefrorenen
Boden nicht genügende Wassermengen zugeführt erhielten, um den
Verlust durch Verdunstung bei klarem, trockenem Winterwetter zu
ersetzen. Es ist dieselbe Ursache, die auch an Pinus Strobus, an
Fichte und anderen Nadelhölzern, sowie an immergrünen Laub-
hölzern, die irrthümlich als Frosterscheinung aufgefasste Beschä-
digung der Belaubung, nämlich deren Vertrocknen auf der dem
Winde oder der Sonne ausgesetzten Pflanzenseite zur Folge hat.
Sicherlich wird man nicht das Vertrocknen der Fichtennadeln im
Winter auf der Sonnenseite für Frost halten, ebensowenig aber das
Braunwerden der jungen Kiefern in Folge directer Insolation und
starken Luftzuges bei gefrorenem Boden.
Im Hochsommer tritt genau dieselbe Erscheinung im Monat
Juli bei trockener Witterung dann ein, wenn auf Sandböden Kiefern
im Rillensaatbeete ein zweites Jahr stehen geblieben sind. Es er-
halten sich nur diejenigen Kiefern völlig gesund, welche zu beiden
Seiten der Wege, d. h. am Rande der Beete stehen.
Im Frühjahre, so lange der Boden noch frisch ist und die
jungen vorjährigen Kiefern noch nicht ausgetrieben haben, sind
dieselben völlig gesund. Sie treiben auch oberirdisch und unter-
irdisch, jedoch weniger kräftig als die Randpflanzen, deren Wurzeln
auch aus den Wegen Wasser und Nahrung beziehen können.
Steigert sich im Juli theils in Folge der trockenen und warmen
Luft, theils durch Ausbildung der neuen Triebe und Blätter die
Verdunstung der Pflanzen bedeutend, hat andererseits der Boden
seine Winterfeuchtigkeit verloren, dann vertrocknen die Kiefern
gerade so, wie sie im Winter bei gefrorenem Boden und klarem
Himmel vertrocknen. Es bleiben nur die Pflanzen grün, die den
Wegen oder überhaupt dem Beetrande zunächst stehen.
Nach einem heftigen Frühfroste im October war der Boden
der Kiefernsaatbeete des Eberswalder Forstgartens noch um die
Mittagszeit da festgefroren, wohin die Sonne nicht geschienen hatte,
dagegen war schon vor Mittag der Boden völlig aufgethaut und
Beschädigungen durch Pflanzen. 105
durch wärmt, soweit die Sonne ihn hatte treffen können. Die Saat-
beete waren durchweg sehr schön grün und gesund.
Wenige Tage nachher waren särnnitliche Kiefernsaatbeete, so-
weit sie im Schatten gelegen hatten, roth, während die insolirten
Flächen völlig gesund geblieben waren. Diese Erscheinung vermag
ich mir nur zu erklären aus dem Umstände, dass der gefrorene
Boden die Wasseraufnahme durch die Wurzeln behinderte, während
der klare Himmel und die relativ warme Luft die Verdunstung
der Nadeln beförderte.
Beschattung hatte in diesem Falle schädlich gewirkt.
In den weitaus häufigsten Fällen trägt die Kiefernnadel-
schütte einen parasitären, epidemischen Charakter und wird
durch das Hysteriuni Pinastri hervorgerufen.
Wo die Schüttekrankheit eine Calamität geworden ist, die all-
jährlich in Saatbeeten und Verjüngungen Verheerungen anstellt,
da darf man schon von vornherein annehmen, dass es sich um
diese schlimmste Form der Krankheit handelt.
Sie giebt sich an jungen Kiefernkeimlingen oft schon im
Herbste des ersten Jahres dadurch zu erkennen, dass die einfachen
Blätter braunfleckig werden, wobei der übrige Theil oft purpurrothe
Färbung annimmt.
In den braunen Flecken findet man stets schon das charak-
teristische Mycel des Parasiten. Auf den erkrankten Nadeln tritt
ebenfalls oft schon im ersten Herbste eine grosse Zahl sehr kleiner
schwarzer Spermogonien auf (Fig. 52 d, e), deren Spermatien nicht
keimfähig zu sein scheinen. Nach nassen Sommern fand ich
im Herbste sogar schon völlig reife Apothecien an den Nadeln
eines jungen Kiefernsämlings. In der Regel entwickeln sich die
schwarzen Apothecien, welche weit grösser als die Spermogonien
sind (Fig. 53 x), erst im nächsten Jahre. Es hängt dies alles sehr
von der Witterung ab. Die Entwicklung des Pilzes und seiner
Fruchtkörper findet nur bei nassem Wetter statt, da die trockene
Nadel dem Pilz keine Nahrung bieten kann. Trockene Sommer und
kalte Winter hemmen die Entwicklung und Ausbreitung des Pilzes
in hohem Grade. Regnerische Sommer und feuchtwarme Winter
fördern sie in höchstem Grade. In milden Wintern entwickelt sich
die Schüttekrankheit in den Kämpen und Schlägen oft in rapider
Weise. An den Nadeln zweijähriger und älterer Kiefern sah ich
106
I. Abschnitt.
die Apothecien nie im ersten, meist erst im dritten Jahre zum
Vorschein kommen, nachdem die Nadeln in der Kegel bereits abge-
fallen sind, doch reifen die Apothecien oftmals auch an der noch
an der Pflanze haftenden Nadel. Für die Art der Verbreitung des
Fig. 52.
Einjährige Kiefer im Frühjahre, durch
Hysterium Pinastri befallen, a Gesunde
grüne Nadel, b Nadel, deren Spitze braun,
deren Basis noch grün ist. c Grüne Nadel
mit vielen braunen Flecken, d Nadel,
deren obere Hälfte schon im "Winter
sich bräunte und nun Spermogonien des
Hyster. Pin. trägt, während die Basis erst
kürzlich gebräunt ist. e Völlig getödtete
und mit Spermogonien besetzte Nadel.
-y
x~\\
'V
Fig. 53.
a Einjährige Kiefern-
nadeln im April mit
braunen Infections-
tlecken, die Basis noch
grün. b Zweijährige
Kiefernnadeln, abgestor-
ben mit reifen Perithe-
cien x und entleerten
Spermogonien y im April.
Schüttepilzes ist noch benierkenswerth, dass ein Aufplatzen der
reifen Apothecien nur nach längerem Regen erfolgt, nachdem das
Gewebe der Nadel durchweicht ist und von innen eine reichliche
Wasserzufuhr zum Apothecium hat stattfinden können, durch welche
eine Aufquellung der Asken und Sporen und damit eine gewalt-
Beschädigungen durch Pflanzen. JQ7
sanie Sprengung der Apotheciumdecke herbeigeführt wird. Länger
dauernde Regen pflegen aber nur bei Westwind einzutreten, seltener
bei Nord- oder Südwind. Dies ist zu berücksichtigen bei den
gegen die Schütte zu ergreifenden Vorsichtsmaassregeln. Die er-
krankten Nadeln an Kiefernsämlingen sterben im Frühjahr in der
Regel ganz ab, ohne jedoch abzufallen. Dagegen beobachtet man an
den Nadelbüscheln zweijähriger Kiefern im März oder April nach
dem Eintritt wärmerer Witterung ein plötzliches Braunwerden aller
erkrankten Nadeln, dem dann ein „Schütten" d. h. Abfallen der
Kurztriebe folgt. Dieses oft in wenig Tagen eintretende Schütten
ist nicht als die Folge einer unmittelbar vorausgegangenen ungün-
stigen Witterung anzusehen, sondern eine Folge davon, dass mit
dem Erwachen neuer Vegetationsthätigkeit zunächst die kranken
Kurztriebe durch Korkbildung am Grunde derselben abgestossen
werden. Schüttekranke Sämlinge gehen meist zu Grunde und nur
dann, wenn etwa die Hälfte der Nadeln grün geblieben war,
können sie sich erholen, falls nicht neue Infectionen hinzukommen.
Erkrankte Sämlinge zur Ausführung der Culturen zu benutzen, ist
durchaus nicht anzurathen. Zweijährige und ältere Kiefern im
schüttekranken Zustande zu verwenden, ist ebenfalls nicht an-
zurathen, da sie durch die Verpflanzung meist so geschwächt
werden, dass sie nach kurzer Zeit zu Grunde gehen. Auf Schlägen
erkrankte Pflanzen können sich unter günstigen Umständen von der
Krankheit erholen. Dies erfolgt übrigens nie, wenn das Pilzmycel
aus den Nadeln in die Gewebe der Axe selbst eingedrungen ist.
Erscheint insbesondere die Markröhre der Pflanze vom Pilzmycel
gebräunt, so geht sie zu Grunde, wenn auch die Knospen im Früh-
jahre ganz gesund aussehen.
Infection erfolgt oftmals durch abfallende Nadeln, wenn in der
Krone älterer Kiefern pilzkranke Nadeln sich finden. Entweder
inficiren die auf die jungen Pflanzen fallenden kranken Nadeln,
wenn deren Apothecien sich öffnen, oder es können auch Sporen
durch die von den kranken Nadeln abfallenden Regentropfen auf
die Pflanzen gelangen. Es ist desshalb im Allgemeinen nicht
rathsam, Kiefernsaatbeete unter der Traufe eines älteren Kiefernbe-
standes anzulegen.
Vorzugsweise erfolgt die Infection durch den Regenwind, wenn
dieser über erkrankte Culturflächen hingestrichen ist, zahlreiche
108 I- Abschnitt.
Pilzsporen aufgenommen hat und diese nun auf gesunde Pflanzen
führt. Die Erfahrung, dass die Pilzschütte in höherem Maasse nur
ganz junge Pflanzen und ältere nur bis zu einer Höhe von etwa
1/2 m über dem Boden befällt, findet ihre Erklärung darin, dass
eben nur die dicht über dem Erdboden hinströmende Luftschicht
Gelegenheit hat, Pilzsporen aufzunehmen und auf die Pflanzen ab-
zulagern.
Zur Erziehung gesunden Pflanzenmateriales ist anzurathen,
Saatbeete von Kiefern in Laubholzbeständen oder doch möglichst
weit entfernt von schüttekranken Culturflächen anzulegen. Aeltere
Saat- und Pflanzgärten, in denen einmal schüttekranke Kiefern sich
gezeigt haben, sind für neue Saaten nur dann zu benutzen, wenn
alles erkrankte Pflanzenmaterial im Kampe selbst und in dessen
Nähe vernichtet worden ist.
Ist man gezwungen, Saatbeete in Schütterevieren anzulegen,
so wähle man solche Lagen aus, die wenigstens nach der West-
seite hin nicht an junge schüttekranke Culturen grenzen. Kann
man die Kämpe so an den Waldrand verlegen, dass der sie tref-
fende Westwind zuvor über eine grössere Feldmark wehen musste,
so ist dies empfehlenswerth. Man fasse die nicht zu grossen Saat-
beete nach den Waldseiten zu mit 2 m hohen völlig dichten Bretter-
wänden ein. Stehen ältere Fichtenpflanzkämpe zur Verfügung mit
dichten und hohen, von Norden nach Süden verlaufenden Pflanz-
beeten, so lege man die Kiefernsaatbeete zwischen die Fichten-
pflanzbeete, so dass letztere einen Schutz gegen das Anfliegen der
Sporen mit dem Westwinde bilden. Das Einkellern der Pflanzen in
tiefe Gruben während des Winters hat durch Abschluss des Sauer-
stoffs der Luft oft ein völliges Ersticken der Kiefern zur Folge. Eine
leichte Decke von Laub bildet dagegen einen guten Schutz gegen
das Anfliegen der Sporen im Winter.
Um die Schläge gegen Pilzschütte zu schützen, ist unter
Umständen horstweise Verjüngung von bestem Erfolge. Lücken
in geschlossenen Kiefernbeständen verjüngen sich ausgezeichnet
auch da, wo die Schütte auf grösseren Schlägen alles vernichtet. Hier-
bei ist wohl zunächst der Schutz gegen den Sporen führenden
Wind wirksam. Bei der Hiebsrichtung wird man möglichst ver-
meiden müssen, dass der Westwind über grosse Schütteflächen
wehen kann, ehe er den Schlag trifft. Sehr grosse, sich an ein-
Beschädigungen durch Pflanzen. 109
ander reihende Schlagflächen fördern überhaupt die epidemische
Verbreitung der Krankheit. Wo Streifensaaten oder -pflanzungen
ausgeführt werden, ist es anzurathen, die Streifen mit dem Pfluge
von Norden nach Süden zu ziehen, den Auswurf auf die Westseite
zu bringen. Letzterer schützt die Pflänzchen in der Furche gegen
den directen Westwind. Verlaufen die Furchen von Westen nach
Osten, so führt der Westwind die Sporen der kranken Pflanzen der
Furche entlang mit Sicherheit auf die gesunden Pflanzen. Wo
Fichten und Douglastannen gedeihen, dürften Streifen dieser Holz-
arten, von Nord nach Süd laufend und mindestens 10 Jahre vor
dem Anhiebe der Kiefernbestände theils am Waldrande, theils in
bestimmten Entfernungen coulissenartig im Bestände angebaut, die
Verbreitung der Pilzschütte hemmen.
Völlig verschüttete Schläge sind mit Weymouthskiefern oder
anderen schüttefreien Holzarten je nach der Bodenart anzubauen.
Die Weymouthskiefer leidet hin und wieder an einer Erkran-
kung der Nadeln, welche durch einen verwandten Parasiten, Hy-
sterium brachysporum, hervorgerufen wird. Ob auch das auf
der Lärche in den Alpen hier und da in massenhafter Entwicklung
beobachtete Hysterium laricinum ein ächter Parasit ist, vermag
ich noch nicht zu entscheiden.
Die Unterfamilie der Pezizeen zeichnet sich durch becherför-
mige oder scheibenförmige Fruchtkörper aus, welche die Hymenial-
schicht frei auf der Oberfläche entwickeln.
Peziza (Helotium) Willkommii19).
Der Lärchenkrebspilz ist die Ursache einer der verderb-
lichsten und weit verbreitetsten Lärchenkrankheiten. Er wurde
zuerst von Willkomm20) beschrieben, jedoch verkannt und als Cor-
ticium amorphum bestimmt.
Das Corticium hat aber nur eine äussere Aehnlichkeit mit der
Peziza und gehört zu den Basidiomyceten. Ebenfalls nur auf Grund
einer makroskopischen Aehnlichkeit wurde er dann uls Peziza ca-
lycina bestimmt, bis ich erkannte, dass es sich bei vorliegendem
Pilz um eine neue noch unbenannte Art handelt. Von Peziza ca-
19) R. Hartig, Untersuchungen aus dem forstb. Inst. I, S. 63 — 88.
20) Willkomm, Mikroskopische Feinde d. Waldes II, S. 167 ff.
HO I. Abschnitt.
lycina unterscheiden sich die Fruchtkörper sofort durch den sehr
kurzen Becherstiel. Dies nur zur Aufklärung der beklagenswerthen
Namen Veränderungen.
Die Lärche ist ein Waldbaum, der überall in Deutschland
herrlich gedeiht, keine nennenswerthe Beschädigungen durch Frost
erleidet, wenigstens nicht mehr als unsere einheimischen Holzarten,
dessen Verbreitung aber von Haus aus auf die höheren Gebirgs-
lagen der Alpen beschränkt blieb, weil er nur dort seinen Feinden
erfolgreichen Widerstand zu leisten vermag. Zu diesen Feinden
gehört bekanntlich eine Mehrzahl von Insecten, unter diesen in
erster Linie die Lärchenmotte, Coleophora laricella. Dieses
Insect findet man auch in den Alpen bis zu bedeutender Höhe
(1250 m) in so grosser Verbreitung und so massenhaft auftreten,
dass es zunächst auffällt, wesshalb dasselbe dort kaum irgend
welchen Schaden veranlasst. Es erklärt sich das in einfacher Weise
aus dem Umstände, dass in den Hochlagen der Alpen der Ueber-
gang vom Winter zum Frühjahre ein sehr schneller ist, und die Ent-
wicklung der Nadelbüschel nur kurze Zeit in Anspruch nimmt. Im
Flachlande beginnt die Lärche schon Ende März grüne Knöspchen
za zeigen, die dann oft sehr lange Zeit in der Entwicklung stehen
bleiben, bis Anfang Mai das Wachsthuni der Nadeln schneller fort-
schreitet. Diese Periode ist für die Lärche die gefährliche, weil
auch die Räupchen aus dem Winterschlafe Ende März erwachen
und an den grünen Knöspchen zu fressen anfangen. Bei langsamer
Entwicklung der Vegetation werden die Knospen zum grossen Theile
ausgefressen, die Bäume grösstenteils entnadelt, bei schneller Ent-
wicklung der Nadelbüschel genügt dagegen ein geringer Theil der Be-
laubung zur Ernährung der Raupen. Der kurze Frühling schützt in
den Alpen die Lärche vor der völligen oder allzustarken Entnadelung,
die zumal nach öfterer Wiederholung das Kümmern und Absterben
der Bäume zur Folge hat. Auch die Lärchenblattlaus, Cher-
mes Laricis, schädigt die Benadelung der Lärche in hohem Grade,
wenn auch bei weitem nicht so sehr wie die Motte. Ganz ver-
schieden von diesem Hinsiechen der Lärchen in Folge der Be-
schädigungen durch Motte oder Blattlaus u. s. w. ist die durch
Peziza Willkommii veranlasste Krankheit. Dieser Parasit ist in
den Hochlagen der Alpen einheimisch und erzeugt dort dieselbe
Krankheit, welche den Untergang zahlloser Bestände in Deutschland,
Beschädigungen durch Pflanzen.
111
Dänemark und Schottland zur Folge gehabt hat, aber nur unter be-
sonderen äusseren Verhältnissen tritt sie in den Alpen verderblieh
für ganze Bestände auf. Um dies richtig beurtheilen zu können,
müssen wir zunächst auf den Entwicklungsgang des Parasiten um-
blicken.
Die Sporen desselben, welche in den weiter unten zu be-
schreibenden schüsseiförmigen Früchten entstehen, keimen bei ge-
nügender Feuchtigkeit bald, aber nicht an der unverletzten Pflanze,
Fig. 54.
Junge Krebsstelle einer 8jährigen Lärche
aus Tyrol aus dem oberen Stainmtheile.
Die Infection hat oberhalb des Zweiges
bei b stattgefunden, wo durch Schnee-
anhang ein Herabziehen und Einreissen
des Gewebes im Gelenke stattgefunden
hat. Auf der getödteten Rinde sind schon
zahlreiche unreife Fruchtträger c zur Ent-
wicklung gekommen.
Fig. 55.
Durchschnitt durch einen von
Peziza Willkommii befallenen
älteren Lärchenast. Die Infec-
tion erfolgte vor 10 Jahren von
dem Kurztriebe («) aus. Das
Mycel rückte jährlich beider-
seits weiter vor, obgleich sich
jedesmal mit Beginn der Som-
merthätigkeit eine Korkschicht
bb auf der Grenze des lebenden
Gewebes bildete. Im letzten
Jahre ist nur noch ein sehr
kleiner Holzkörper gebildet.
sondern nur an irgend einer Wundstelle derselben. Solche Wund-
stellen entstehen sehr oft durch das Herunterbeugen der Zweige
bei Schnee oder Duftanhang im oberen Winkel an der Basis des
Zweiges (Fig. 54 b), durch Hagelschlag, oder durch das Ausfressen
der Kurztriebe im Frühjahre, wovon vorher gesprochen wurde.
"Von solchen Wundstellen aus entwickelt sich das kräftige, reich
verästelte, septirte Mycel im Weichbaste theils intercellular, theils
intracellular in den Siebröhren fortwachsend, die Gewebe tödtend
112 I. Abschnitt.
und bräunend. Das Mycel wächst auch in den Holzkörper hinein
und zwar bis zur Markröhre vordringend.
Soweit im ersten Jahre das Rindengewebe getödtet wird, ver-
trocknet es und erscheint zumal nach dem Eintritt des neuen
Dickenwachsthums des gesunden Pflanzentheiles vertieft (Fig. 54).
Im Sommer hört das Wachsthum des Pilzmycels auf und es
entsteht auf der Grenze des gesunden und kranken Gewebes eine
ungemein breite Korkschicht zum Schutze der Pflanze. Diese
Korkschichten (Fig. 55 b b), welche sich zwischen todter und
lebender Rinde bilden, veranlassen, dass äusserlich die Rinde auf
der Grenze der Krebsstelle hier und da aufplatzt (Fig. 56) und
dadurch das Ausfliessen von Terpentin aus dem Inneren des Baumes
ermöglicht wird. Alljährlich vergrössert sich die Krebsstelle in der
ganzen Peripherie und zwar in der Längsrichtung des Stammes
etwas schneller, als in horizontaler Richtung und ist es wahrschein-
lich die Lebensthätigkeit des Rindengewebes, welche im Sommer
eine periodische Unterbrechung im Fortschreiten des Parasiten ver-
anlasst. Das Pilzmycel gelangt entweder durch die Cambialregion
oder durch Vermittelung des Holzkörpers im Herbste wieder in die
lebende Bastschicht, so dass die Korkschicht in der That nur ge-
ringen Nutzen gewährt. In demselben Maasse, als die Wanderung
der Bildungsstoffe auf die eine Seite des Stammtheiles gedrängt
wird, steigert sich dort auch der Zuwachs einerseits des Holz-
körpers, andererseits des Basttheiles (Fig. 55). Es kann dadurch
der Kampf zwischen Parasit und Wirthspflanze lange Zeit unent-
schieden bleiben, und fand ich in Tyrol lebende Lärchenstämme mit
Krebsstellen von lOOjährigem Alter.
Rückt der Parasit relativ schnell vor und ist andererseits der
Zuwachs des Baumtheiles ein langsamer, dann umfasst die Krebs-
stelle frühzeitig den ganzen Stamm oder Zweig (Fig. 55), der ober-
halb dieser Stelle abstirbt.
Durch künstliche Mycelinfection kann man fast ausnahmslos
an jeder Stelle einer gesunden Lärche eine Krebsstelle erzeugen.
Auf der Krebsstelle entstehen bald nach dem Tode des Rin-
dengewebes die Fruchtpolster des Parasiten in Gestalt kleiner gelb-
weisser Pusteln von Stecknadelkopfgrösse (Fig. 54 c, Fig. 56 a). Im
Innern dieser Polster, theilweise auch auf deren Oberfläche, ent-
stehen wurmförmige Gänge oder rundliche Höhlungen, deren Ober-
Beschädigungen durch Pflanzen.
113
fläche mit zahllosen pfriemenförmigen Basidien besetzt ist, an deren
Spitzen äusserst kleine Zellchen entstehen . Ob diese Organe, die
keirnunfähig zu sein scheinen, verkümmerte Gonidien sind oder den
als Spermatien bezeichneten Organen
zugezählt werden müssen, bleibt vorerst
unentschieden. Hier ist es insbesondere
wichtig, zu betonen, dass sie nicht zur
Verbreitung des Parasiten beizutragen
vermögen.
Die kleinen Fruchtpolster sind sehr
empfindlich gegen Lufttrockniss und
Luftzug, sie vertrocknen leicht und
sterben ab. Nur dann entwickeln sie
sich, wenn sie von anhaltend feuchter
Luft umgeben sind. Es erscheinen dann
auf ihnen die bekannten Schüsselfrüchte
(Fig. 56 bb), deren Hymenialschicht eine
schöne rothe Farbe besitzt. Die Hy-
menialschicht besteht aus zahllosen von
fadenförmigen Paraphysen umgebenen
Asken, in deren Inneren je 8 farblose
Sporen sich bilden. Der Umstand, dass
das Mycelium auch in den Holzkörper
eindringt und diesen tödtet, erklärt,
wesshalb eine oder wenige kleine Krebs-
stellen den Wuchs des ganzen Stammes
in hohem Grade zu beeinträchtigen ver-
mögen. An abgestorbenen Baumtheilen
treten dann zahlreiche Schüsselfrüchte
auch ohne Krebsbildung aus der Rinde
hervor.
In dumpfen Lagen erkranken die
Lärchen schnell und sterben ohne grosse
Krebsstellen in wenig Jahren ab. Aus der Rinde treten die
Schüsselfrüchte des Parasiten hervor. Es scheint, dass der grosse
Wassergehalt solcher in der Transpiration beeinträchtigter Lärchen
die Entwicklung und Verbreitung in Holzkörper ungemein befördert,
wesshalb die Erkrankung durch die ganze Pflanze sich verbreitet.
Hartig, Baurokrankheiten, 2. Aufl. 8
Fig. 56.
Zweijährige Krebsstelle, nahe
über dem Wurzelstocke, im
Grase versteckt. Die Frucht-
polster im oberen, dem Luftzuge
exponirten Theile a unversehrt,
im unteren, feucht gehaltenen
Theile b zu kräftigen Schüsseln
entwickelt.
114 I. Abschnitt.
Aus dem vorstehend kurz zusaniniengefassten Ergebnisse
meiner Untersuchung lassen sich die bekannten Thatsachen des
Auftretens und der Verbreitung der Krankheit erklären.
Die Krebskrankheit ist in den Hochalpen von jeher zu Hause
gewesen, sie tritt in auffälliger Intensität nur in feuchten, dumpfen
Thälern, in der nächsten Umgebung der Seen (z. B. Achensee in
Tyrol u. s. w.) auf, tödtet aber auch in Freilagen hier und da ein-
zelne Stämmchen. In den Freilagen und Thalgehängen gelangen
in Folge des ständigen Luftzuges die Früchte des Pilzes nie zur
Reife. Nur an solchen Krebsstellen, welche dicht über der Erde
am Fusse der Stämme sich finden oder an krebsigen Aesten,
wenn solche am Erdboden liegen, reifen die Schüsselfrüchte, weil
der umgebende hohe Graswuchs den Luftzug abhält und die jungen
Früchte feucht bleiben.
Als in den ersten Decennien dieses Jahrhunderts die Lärche
versuchsweise hier und da in Deutschland angebaut wurde, war der
Feind in der Heimath zurückgeblieben und die Lärche gedieh aufs
Beste. Wohl jeder ältere Forstmann kennt einzelne Lärchenhorste
des herrlichsten Wuchses, aus jener Zeit herstammend. Die glück-
lichen Resultate hatten einen allgemeinen Anbau der Lärche durch
ganz Deutschland zur Folge. Man konnte sehr schöne Resultate
des Anbaues erkennen auch da, wo geringe Bodengüte nur wenig
Hoffnung gewährte.
Nachdem aber kleinere und grössere Bestände vom Fusse der
Alpen bis zu den Küsten der Nord- und Ostsee entstanden waren,
begab sich aus den Alpen herniedersteigend der Pilz auf die Wan-
derung und überall fand er die günstigsten Bedingungen zu seiner
Entwicklung.
Diese waren junge, reine Bestände bei dichtem Pflanzenstand,
Nachbesserungshorste in vorwüchsigen Buchenbeständen, feuchte,
stagnirende Luft, Verwundungen durch Mottenfrass u. s. w. Dazu
trat der Handel mit kranken Lärchen von Seiten der Baumschulen
und Versendung kranker Lärchen von Revier zu Revier.
Unter diesen Verhältnissen gelangten die Pilzfrüchte an den
Krebsstellen zu üppiger Entwicklung und zur Sporenreife, die
Sporen fanden im geschlossenen reinen Bestände leicht Gelegenheit
zum Keimen und Eindringen u. s. w. Heute ist von der grossen
Zahl hoffnungsreicher junger Bestände nicht viel mehr übrig ge-
Beschädigungen durch Pflanzen. 115
blieben. Am ehesten haben sich die Lärchen noch in solchen Be-
ständen erhalten, wo sie vorwüchsig eingesprengt wurden; der
Luftzug in den frei entwickelten Kronen hat nicht nur die Erkran-
kung, sondern auch an den erkrankten Exemplaren die Sporenreife
verhindert.
Haben wir einen erkrankten Lärchenbestand vor uns, so
kommt es zunächst darauf an, festzustellen, ob wir es lediglich mit
Beschädigungen durch Mottenfrass, oder ob wir es mit Pilzkrebs
zu thun haben.
Oft grenus: wird beides neben einander auftreten. Handelt es
sich lediglich um ein Kümmern in Folge von Mottenfrass, dann
kann eine Ausästung der Krone bis zu dem kräftigeren oberen
Theile hin von bleibend gutem Erfolge sein. Die oberen Zweige
treiben kräftig und können, zumal die Motte mehr die untere Krone
befällt, zur Ausbildung einer gesund bleibenden guten Krone führen.
Handelt es sich um Pilzbeschädigung, dann kann Ausästung
nur dann etwas helfen, wenn der Schaft im Ganzen, zumal in der
Krone, gesund ist. Kleinere Krebsstellen unten am Baume tödten
trotz ihrer Yergrösserung bei gutem Zuwachse des Baumes erst
in hohem Alter.
Krebsstellen an den Aesten sind an sich von geringer Bedeu-
tung, bringen nur die Gefahr der Weiterverbreitung der Krankheit
durch Sporen mit sich.
Was den zukünftigen Anbau der an sich so werthvollen Holz-
art im Flachlande und Hügellande betrifft, so ergiebt sich aus dem
Mitgetheilten, dass sie nur in einzelnem Stande, womöglich etwas
vorwüchsig, in andere Holzarten einzusprengen, nur in freien Lagen
und nie in reinen Beständen zu erziehen sein dürfte, dass da, wo
kranke Bestände in nächster Nähe sich befinden, besser auf den
Anbau Verzicht geleistet wird, dass grösste Vorsicht anzuwenden
ist beim Bezug fremder Pflanzen, dass in Saat- oder Pflanzbeeten
etwa erkrankende Pflanzen sofort beseitigt und verbrannt werden
müssen. —
Die Vacciniumarten werden von Parasiten der Gattung Scle-
rotinia21) befallen, deren Gonidienfructification im Frühjahre auf
den jungen sich bräunenden Blättern und Stengeln in Form eines
21) Woronin, Ueber die Sclerotienkrankheit der Vaccinienbeeren 1888.
116
I. Abschnitt.
schimmelartigen Anfluges von Mandelgeruch erscheint. Die dadurch
angelockten Insecten übertragen die Gonidien auf die Narben der
Vaccinium- Blumen. In den Beeren entsteht ein Sclerotium. Sie
werden braun und trocken, „mumificiren
sich", fallen ab, und im nächsten Früh-
jahre entwickeln sich aus ihnen 1 oder 2
langgestielte, kastanienbraune Becher-
früchte. Die ejaculirten Ascosporen in-
ficiren die jungen Triebe und erzeugen
die Gonidienform.
Sclerotinia Vaccinii schmarotzt auf
Vacc. Vitis Idaea; Scler. Oxycocci auf
Vacc. Oxycoccos-, Scler. baccarum auf
Vacc. Myrtillus; Scler. megalospora auf
Vacc. utiginosum.
Landwirthschaftlich von hoher Be-
deutung ist noch Peziza ciborioides
(Sclerotinia Trifoliorum), der Kleekrebs
oder die Sclerotienkrankheit des Klees.
Dieser Parasit ist dadurch interessant,
dass sich an den vom Pilzmycel durch-
wucherten Kleepflanzen Sclerotien von
0,1 — 1 cm Grösse bilden, die dann im
nächsten Jahre im Juli oder August zu
Becherfrüchten aus wachsen.
Einen ähnlichen Entwickelunsfs-
gang zeigt Peziza Sclerotiorum
(Sclerotinia Libertiana), durch welche
die Sclerotienkrankheit der Rüben und
Mohrrüben veranlasst wird.
Am bekanntesten ist PezizaFucke-
liana durch die Gonidienform Botrytis
cinerea, den Traubenschimmel, der sich in Feuchträumen und in
den Glashäusern an verschiedenen Pflanzen ansiedelt, grauflockige
Anflüge bildet und die Zweige tödtet.
Eine Botrytis Douglasii22) ist seit einer Reihe von Jahren an
22) Botrytis Douglasii n. sp. C. Freiherr v. Tubeuf, Beiträge zur Kenntniss
der Baumkrankheiten. Berlin. Springer 1888.
Fig. 57.
Zweig der Douglastanne, deren
junge Triebe durch Botrytis
Douglasii getödtet sind. Auch
die Spitze des vorjährigen Zwei-
ges ist getödtet.
Beschädigungen durch Pflanzen. 117
den in Deutschland allgemein zum Anbau gelangten Douglastannen
schädigend aufgetreten. Besonders in Saat- und Pflanzkämpen, wo
die gegenseitige Ansteckung erleichtert ist, bemerkt man vielfach
die jungen noch nicht völlig ausgebildeten Triebe absterben und
sich bräunen. Auch der vorjährige Trieb stirbt wohl bis zu einer
gewissen Tiefe ab (Fig. 57).
Sowohl an den Nadeln als Trieben bemerkt man dann später
kleine schwarze Sclerotien nicht über Stecknadelknopfgrösse, die im
Feuchtraume zu Botrytis-Gonidienträgern auskeimen. Die Gonidien
keimen leicht und inficiren die zarten Triebe der Douglastanne. Nach
den Tubeuf sehen Untersuchungen werden auch Tannen, Fichten
und Lärchen von diesem Pilz inficirt und bleibt festzustellen, ob
nicht auch im Walde Erkrankungen durch diesen Pilz vorkommen.
§ 15. Gymnoasceae23).
Bei den, dieser Unterfamilie der Scheibenpilze angehörenden
Parasiten fehlt ein eigentlicher Fruchtkörper. Die Hymenialschicht
ist ein flaches, auf dem Pflanzentheil ausgebreitetes Lager, be-
stehend aus frei stehenden Schläuchen, welche zwischen den Epi-
dermiszellen oder zwischen Epidermis und Cuticula zur Entwicklung
gelangen.
Alle Arten erzeugen charakteristische Hypertrophien der be-
fallenen Pflanzentheile.
Exoascus Pruni24).
Ein allgemein verbreiteter und durch die Erzeugung der soge-
nannten „Narren, Taschen, Hungerzwetschen u. s. w." hin-
länglich bekannter Parasit. Das Mycelium desselben perennirt in
den Zweigen von Prunus domestica, Pr. spinosa und Padus und
zwar im Weichbaste derselben intercellular vegetirend, gelangt in
die neuen Laubtriebe, dieselben deformirend, sowie in die Blüthen,
in denen schon Anfang Mai eine Missbildung der Fruchtknoten
erkennbar wird. Vom Weichbast ausgehend^ verbreitet sich das
Mycel durch das Parenchym des Fruchtfleisches und hat einestheils
das Unterbleiben der Steinkern- und Samenbildung, anderntheils
die Längsstreckung und bekannte Umgestaltung der Frucht zur
23) Sadebeck, Untersuchungen über die Pilzgattung Exoascus. Hamburg 1884.
24) De Bary, Beiträge zur Morphologie der Pilze I, pag. 33.
118 I. Abschnitt.
Folge. Zahlreiche Mycelzweige drängen sich zwischen Oberhaut-
zellen und Cuticula, woselbst sie durch Queräste in kurze Kammern
sich theilen. Es entsteht dadurch eine fast geschlossene Schicht
von Pilzmycel unter der Cuticula. Jede Pilzzelle wächst nun nach
aussen zu einem kurzen, cylindrischen Askus aus, und die anfangs
abgehobene Cuticula wird hierbei zerrissen, so dass die Asken-
schicht völlig frei wird.
Jeder Askus grenzt sich durch eine Querwand von dem unteren
Theile, dem „Stiele" ab und erzeugt durch freie Zellbildung im
Inneren 6 — 8 rundliche Sporen, die aus der aufplatzenden Spitze
herausgeschleudert werden. Die Sporen keimen oder bilden durch
Sprossung eine Art von Hefe.
Die Taschen verwelken unter Auftreten zahlreicher sapropky-
tischer Pilzbildungen.
Exoascus deformans ist dem Vorstehenden nahe verwandt,
lebt aber theils in den Blättern und Trieben von Persica vulgaris
und Amygdalus communis, theils in Blättern und Trieben von Prunus
avium, Cerasus und Chamaecerasus, domestica, auf diesen Holzarten
nach den Untersuchungen von Rathay25) die sogenannten Hexeu-
besen hervorrufend. Ob der auf Kirschen vorkommende Exoascus
in der That eine neue Art (Exoascus Wiesneri) ist, wie Rathay
annimmt, und die aufgeführten Verschiedenheiten nicht etwa durch
die Verschiedenheit der Wirthspflanzen bedingt sei, dürfte zunächst
bis zur Ausführung von Infectionsversuchen zweifelhaft bleiben.
Auf den Blättern werden eigentümliche Kräuselungen hervorge-
rufen, ähnlich solchen, wie sie zuweilen durch Blattläuse entstehen;
die vom Pilz bewohnten Zweige zeigen reiche Verästelungen, meist
ausgesprochen negativen Geotropismus und oft hypertrophisch ent-
wickelte untere Zweigtheile. Es sind die Donnerbesen oder Hexen-
besen. Die Zweige dieser Hexenbesen sind im unteren Theile oft
um das Mehrfache dicker als die Zweige, denen sie entspringen,
werden dagegen nach ihrer Spitze zu normal, und dürfte diese Er-
scheinung dadurch zu erklären sein, dass das Mycel beim lang-
samen Nachwachsen in die jungen Triebe nur an deren Basis noch
25) Rathay, Ueber die Hexenbesen der Kirschbäume und über Exoascus
Wiesneri Rath. im Sitzber. d. Wien. Akad. d. Wissensch., Bd. LXXXHT, Abb. I.
Märzheft 1881.
Beschädigungen durch Pflanzen.
119
ein unfertiges Gewebe antrifft, welches unter der Einwirkung des
Parasiten abnorm sich vergrössert oder vermehrt, während es zu
spät in die Triebspitze gelangt, um auch hier noch wirksam sein
zu können.
Exoascus Insititiae erzeugt auf Prunus insititia Hexenbesen.
Exoascus bullatus veranlasst auf Birnbäumen blasige, später
unterseits mehlige Blattanschwellungen, auf Weissdorn hexenbesen-
artige Bildungen und Blattauftreibungen von röthlicher Farbe.
Exoascus alnitorquus (Ascomyces Tosquinetii) tritt sowohl
auf den Blättern von Alnus glutinosa, als auch an den Schuppen
der weiblichen Kätzchen von Alnus incana und glutinosa oft
in massenhafter Entwicklung auf.
An den Blättern veranlasst er
nicht allein ein Kraus- und Wellig-
werden, sondern auch eine Ver-
größerung überhaupt, an den Erlen-
zäpfchen taschenartige, in frischem
Zustande leuchtend roth gefärbte
Auswüchse, die etwas an die
Taschen der Pflaumen erinnern
(Fig. 58).
Exoascus flavus (Sadebeckii)
veranlasst ebenfalls auf den Blät-
tern von Alnus glutinosa und in-
Fig. 58.
Fruchtzapfen von Alnus incana durch
Exoascus Alni verunstaltet.
cana Flecke, die sich durch gelbe
Farbe auszeichnen.
Exoascus epiphyllus, auf Blät-
tern von Aln. incana und Alnus glutinosa, ist von der vorigen
Art nur schwer durch breitere Stielzellen zu unterscheiden. Er
veranlasst wellige Kräuselungen der Blätter, deren Auftreibungen
meist auf der Oberseite der Blätter erscheinen.
Exoascus borealis veranlasst auf Alnus incana Hexenbesen.
Diese sind bei München und an anderen Punkten Bayerns sehr
häufig. Er ist mit dem Ex. epiphyllus wahrscheinlich identisch.
Exoascus turgidus (Taphrina betulina) erzeugt sehr oft Hexen-
besen auf der Birke.
Exoascus Betulae (Ascomyces Betulae) veranlasst blasige Auf-
treibungen auf der Blattoberseite der Birken.
120
I. Abschnitt.
Fig. 59.
Blatt von Po^ralus nigra mit
Exoascus Populi.
Fig. 60.
Früchte von Populus
tremula durch Exoas-
cus Populi verun-
staltet.
Fig. 61.
Hexenbesen von Carpinus Betulus, durch Exoascus Carpini hervorgerufen.
V, Natürl. Gr.
Beschädigungen durch Pflanzen. 121
Exoascus carnea veranlasst kuglich-blasige Stellen auf Birken-
blättern.
Exoascus aureus (Taphrina aurea, T. populina) veranlasst
blasige, goldgelb gefärbte Auftreibungen auf den Blättern der
Schwarzpappel (Fig. 59) und taschenartige Auftreibungen an den
Fruchtknoten der Populus trernula und alba (Fig. 60).
Exoascus Carpini veranlasst den Hexenbesen der Hainbuche
(Fig. 61).
Exoascus coerulescens (Ascomyces coerulescens) erzeugt auf
Eichenblättern blasige Stellen.
Exoascus Ulmi veranlasst Auftreibungen auf der Oberseite der
Ulmenblätter.
§ 16. Unvollständig' bekannte Schlauchpilze.
Die Zahl derjenigen Pilzformen, die wir noch nicht in allen
Entwicklungsformen kennen, ist eine ungemein grosse. Es ist uns
insbesondere eine grosse Zahl von Pilzen bekannt, deren Gonidien,
sei es auf Fruchthyphen, sei es in geschlossenen Organen (Pycniden,
Spermogonien), wir wohl kennen, von denen uns aber die Schlauch-
früchte nicht bekannt sind, so dass wir sie nicht in das System
einzureihen vermögen.
Einige wichtigere auf Bäumen, insbesondere Waldbäumen para-
sitisch auftretende Arten sollen hier noch aufgezählt werden.
Cercospora acerina26). Ahornkeimlingspilz.
An Ahornkeimlingen sowohl der Saatbeete als auch des natür-
lichen Anfluges tritt in regnerischen Jahren hier und da in auf-
fallendem Maasse eine Erkrankung ein, die sich durch Schwarz-
werden und Verfaulen der Samenlappen und ersten Laubblätter,
sowie der Triebaxen, bei geringerer Intensität nur durch Schwarz-
fleckigwerden der Blätter zu erkennen giebt. Schon mit unbe-
waffnetem Auge erkennt man oft einen grauen Ueberzug an den
kranken Blättern.
Bei genauerer Untersuchung bemerkt man eine üppige Mycel-
bildung im Gewebe der erkrankten Theile, von der aus zahllose
kurze Gonidienträger nach aussen hervorwachsen. Diese erzeugen
26
3) R. Hartig, Untersuchungen I, S. 58.
122 I. Abschnitt,
Büschel von langen, geschweiften, mehrzelligen Gonidien. Dieselben
keimen in feuchter Luft schon nach wenigen Stunden, bohren ihren
Keimschlauch direct in die Oberhaut der Ahornblätter und bräunen
dieselbe.
Das intercellular wachsende Mycel schwillt zu kräftigen mit
Oeltropfen versehenen braunen Dauermycelzellen und Zellcomplexen
an, welche überwintern und die Krankheit aufs nächste Jahr über-
tragen. Der Pilz vermag auch saprophytisch von humosen Sub-
stanzen im Erdboden zu leben.
Pestalozzia Hartigii27).
Die durch diesen Pilz veranlasste in eanz Deutschland vielfach
beobachtete Krankheit tritt besonders in Fichten- und Tannensaat-
und -pflanzkämpen auf und wurde von mir schon 1883 in der
Allgem. Forst- und Jagd-Zeitung beschrieben, damals als eine Folge
von Glatteisbildung und dadurch herbeigeführte Quetschung des
Cambialmantels angesehen. Ich stellte damals jene Hypothese auf,
deren Bestätigung, wie ich ausdrücklich hervorhob, noch zu erfol-
gen habe. Nunmehr hat v. Tubeuf nachgewiesen, dass es sich
auch hierbei um eine parasitäre Krankheit handelt. In Fichten-
und Tannenkämpen bemerkt man im Sommer eine mehr oder weniger
grosse Anzahl Pflanzen zunächst bleich werden und dann absterben.
Zieht man die Pflanzen heraus, so sieht man, dass an dem un-
mittelbar über dem Erdboden gelegenen Theile die Kinde vertrocknet
ist, weiter oben der Stamm dagegen eine Anschwellung besitzt,
welche eine natürliche Folge fortgesetzten Wachsthums ist (Fig. 62).
Mit dem Vertrocknen oder Absterben des Holzkörpers an der
Stelle, wo die Rinde zunächst abgestorben war, muss die Pflanze
zu Grunde gehen. An der Rinde der Einschnürungsstelle findet
man das Mycel des Pilzes und zahlreiche Gonidienpolster, welche
theils in kuglichen Pycniden, theils auf flach ausgebreitetem Stroma
im Gewebe der Rinde zur Entwicklung gelangen.
Die charakteristischen Gonidien (Fig. 63) stehen auf kurzen
oder langen Stielen, sind anfangs hyalin, schmal, eiförmig und
einzellig, später durch wiederholte Quertheilung vierzellig. Die
2r) C. v. Tubeuf, Beiträge zur Kenntniss der Baumkrankheiten. Seite 40—51,
Tafel V. Berlin. Springer 1888.
Tannenzweig, durch Phoma abietina inficir
Auf der getödteten Uinde treten zahlreicl
schwarze Knöllchen hervor.
Fig. 62.
Junee Fichte durch Pestalozzia Hartiaii dicht
124
I. Abschnitt.
beiden mittleren Zellen sind gross und dunkel gefärbt, die kleine
Stielzelle und die Endzelle sind farblos. Letztere wächst in einen
verästelten Faden aus, der aber nicht mit einem Keimschlauch ver-
wechselt werden darf. Nur von den drei unteren Zellen keimt die
eine oder andere, am häufigsten die untere der beiden braunen
Mittelzellen.
Bei der allgemeinen Verbreitung dieser Krankheit und der
dadurch herbeigeführten Verluste an Pflanzenmaterial erscheint es
rathsam, in den Kämpen sorgfältig alle kranken und todten Pflanzen
ausziehen und verbrennen zu lassen.
Fig. 65.
a Eine Pycnide von
Phoma abietina, welche
die Korkhaut durch-
brochen hat 2%. b G-o-
nidien 42%.
Fig. 63.
Gonidienpolster von Pestalozzia
Hartigii (nach v. Tubeuf).
Aehnliche Krankheitserscheinungen hat man auch an jungen
Rothbuehen-, Eschen- und Ahornpflanzen beobachtet. Es wäre mir
erwünscht, derartige Pflanzen zugesendet zu erhalten, um zu prüfen,
ob und welche Parasiten dabei betheiligt sind.
Phoma abietina n. sp. Der Tannenrindenpilz.
Eine Krankheit, die bisher nicht beschrieben worden ist, aber
im Bayerischen Walde an jungen und alten Bäumen ungemein
häufig auftritt, wird durch einen Parasiten veranlasst, welcher
vorläufig Phoma abietina benannt werden mag. Die Krankheit
äussert sich durch das Bleichwerden und Vertrocknen schwächerer
Beschädigungen durch Pflanzen. J25
und stärkerer Tannenzweige, ja in einzelnen Fällen beobachtete ich
auch an armesdicken Tannen Erkrankungen der Rinde des Stammes
von 5 cm Durchmesser. In der Regel tritt die Erkrankung nur
an Zweigen oder den Hauptaxen jüngerer Tannen auf und äussert
sich im Absterben der Rinde rings um den Zweig herum, wie
Fig. 64 zeigt.
Auf der abgestorbenen Rinde treten zahlreiche kleine, die Haut
durchbrechende schwarze Pycniden hervor, die entweder klein rund-
lich, sind oder vielkammrig, und in unregelmässiger Gestalt als
schwarze sclerotienartige Knollen hervortreten (Fig. 65a). In den
Höhlungen dieser Organe entstehen auf der die Wände bekleidenden
Hymenialschicht zahllose kleine, einzellige, farblose kurzspindel-
förmige Gonidien, welche im Wasser alsbald auskeimen (Fig. 65 b).
Trotzdem ich seit dem Jahre 1885 die Krankheit alljährlich
beobachtet und nach dem Auftreten von Schlauchfrüchten gesucht
habe, konnte ich bisher solche nicht finden. Bemerkt soll nur
werden, dass fast immer bei meinen Culturen an den Tannen-
zweigen die Schüsselfrüchte der Peziza calycina in üppiger Ent-
wicklung zu beiden Seiten der erkrankten Stelle aus der Rinde
hervorbrachen. Diese Thatsache genügt aber noch nicht den Zu-
sammenhang beider Pilzformen zu beweisen. Versuche, die eine
Form aus der anderen durch Cultur zu gewinnen, schlugen bisher fehl.
Die Pycniden streuen die Gonidien wahrscheinlich besonders
bei Regenwetter im Sommer und Herbste aus.
Es scheint nicht nothwendig zu sein, dass dem Eindringen
der Parasiten eine mechanische Verletzung der Rinde vorangeht,
wenigstens konnte ich nie eine solche bemerken. An alten Bäumen
ist oft ein grosser Theil der Zweige und Aeste braun, was mir im
Bayerischen Walde bei meiner ersten Bereisung sofort auffiel. Auch
im Schwarzwalde und an einigen Orten der bayerischen Alpen tritt
die Krankheit auf. An stärkeren Aesten kann nach dem Absterben
der Rinde die Ernährung durch den Holzkörper noch einige Jahre
fortgesetzt werden, so dass das Dickenwachsthum oberhalb der ab-
gestorbenen Stelle in auffälliger Weise sich fortsetzt und zu einem
Absprengen der Rinde an der Grenze des lebenden und abgestor-
benen Theiles führt. Mit dem Absterben und Vertrocknen des
Holzkörpers unter der todten Rinde hört die Wasserzuleitung auf,,
und der Ast stirbt oberhalb der kranken Stelle ab.
126 !• Abschnitt.
Ist die Riude nur an einer Seite des Astes vom Pilz getödtet,
so wird sie abgestossen und tritt eine Ueberwallung vom gesunden
Rande aus ein.
Gloeosporium nervis equium28). Der Platanenpilz.
Die Platanen leiden sehr häufig an einer Krankheit, die sich
in einem Braunileckigwerden und Absterben der Blätter äussert.
Yon Mitte Mai an sieht man an beliebigen Stellen das Absterben
beginnen und sich längs der Blattnerven fortsetzen. Auf den ab-
gestorbenen Stellen sieht man dann kleine schwarze Punkte hervor-
treten, die Gonidienpolster des Gloeosporium nervisequium.
Leider wissen wir über die Entwicklung dieses Pilzes noch
sehr wenig, da selbst Infections versuche noch nicht geglückt sind.
Der Schwarzkiefernpilz29).
Durch ganz Deutschland und im Süden Norwegens ist seit
einer Reihe von Jahren eine Erkrankung der Schwarzkiefer beob-
achtet und hat immer mehr um sich gegriffen, die noch nicht ein-
gehend untersucht und bearbeitet worden ist. Schon vor einer
Reihe von Jahren wurden mir erkrankte Zweige durch Dr. C. v. Fisch-
bach zugesandt, und im Freisinger Forstamt bei München bot sich
Gelegenheit zur Beobachtung der Krankheit, doch fand die Unter-
suchung noch keinen befriedigenden Abschluss. Nachdem insbe-
sondere die Beschreibung der Krankheit von Dr. Brunchorst vor-
liegt, sei diese Krankheit hier erwähnt. Im kräftigsten Wüchse
stehende Schwarzkiefern zeigen ein Erbleichen der Nadeln der
letztjährigen Triebe, deren Knospen nicht mehr austreiben, sondern
abgestorben sind. Die Erkrankung geht vom Gewebe der Triebe
aus und zwar zunächst vom Rindengewebe. Hier erfolgt die In-
fection, wie es mir scheint, sehr oft unter der Assistenz einer
kleinen Pflanzenmilbe, welche sich durch die Oberhaut der Triebe
auf 1 — 2 mm tief in das Rindengewebe einbohrt, doch mag auch
von dem zarthäutigen Nadelgrunde aus die Infection leicht erfolgen.
Am Grunde der absterbenden Nadeln sowie auf den nach dem Ab-
2S) Dr. Fr. v. Tayel, Botanische Zeitung 1886 Xo. 49.
29) Dr. C. v. Fischbach, Eine neue Krankheit der Schwarzkiefer. Zentralbl.
f. d. ges. Forstwesen 1SS7 S. 435.
Dr. Brunchorst, Ueber eine neue, verheerende Krankheit der Schwarzföhre.
Bergen 1888.
Beschädigungen durch Pflanzen. 127
fall des Nadelbüscheltriebes entstehenden Wunden entwickeln sich
schwarze Pycniden mit Fusidium ähnlichen Gonidien.
Perithecien wurden auch von Dr. Brunchorst noch nicht beob-
achtet und glückte demselben auch die Infection bisher nicht, In vielen
Fällen wurde nicht nur das Absterben einzelner Kiefern, sondern,
zumal in Norwegen, die Verwüstungen grosser Bestände beobachtet.
Sobald in- Schwarzkiefernj imgorten diese Erkrankung auftritt,
dürfte ein sofortiges Ausschneiden und Verbrennen aller kranken
Triebe dringend anzurathen sein.
Basidiomycetes.
Die Basidiomyceten bilden die dritte Gruppe der Pilze. Bei
ihnen entstehen alle Sporen durch Abschnürung.
§ 17. Uredineae. Rostpilze.
Die Rostpilze gehören zu den ächten Parasiten, die ihr Myce-
lium im Blatt- und Rindengewebe, seltener auch im Holzkörper
(Coleosporium Senecionis) phanerogamer Pflanzen meist intercellular
entwickeln und ihre Nahrung durch Haustorien aus dem Innern
der Zellen entnehmen. Ihr Entwicklungsgang zeichnet sich dadurch
aus, dass bei den meisten Arten Sporenfrüchte von meist becher-
förmiger Gestalt, die Aecidien, gebildet werden. Der Grund der-
selben ist mit einer Hymenialschicht ausgekleidet, welche aus zahl-
reichen meist keulenförmigen Basidien besteht, von denen jede an
ihrer Spitze eine Reihe meist röthlichgelb gefärbter Sporen ab-
schnürt. Diese sind unter einander durch sogenannte Zwischen-
zellen verbunden, welche vor der völligen Ausbildung der Sporen
sich auflösen. Die in der Peripherie des Hymeniums stehenden
Basidien bilden keine Sporen, sondern die untereinander verwach-
senen Zellen der Hülle, Peridie genannt, die sich an der Spitze
oder durch Längsspalten öffnet, aber auch ganz fehlen kann.
Vor Ausbildung der Aecidien pflegen Spermogonien mit Sper-
matien zu entstehen, welche letztere wahrscheinlich die Rolle männ-
licher Sexualzellen spielen. Es ist wahrscheinlich, dass das Aecidium
das Ergebniss eines vorausgegangenen Sexualactes, also eine ächte
Sporenfrucht ist, wie das Perithecium und Apothecium der Asco-
myceten. Uebrigens giebt es auch Rostpilze, denen das Aecidium
ganz fehlt (Chrysomyxa Abietis).
128 I- Abschnitt,
Ausser den Aecidien bildet sich fast immer eine Form von
Gonidien aus, welche die Pilzart von einem Jahr auf das andere
zu verpflanzen bestimmt und desshalb von grosser Keimfähigkeits-
dauer ist. Dieselben werden Dauersporen oder Teleutosporen ge-
nannt und keimen nicht direct zu einem Mycelfaden aus, sondern
bilden zunächst ein Promycelium, an dem sich mehrere kleine
Zellen, Sporidien genannt, entwickeln, die erst im Stande sind, die
Krankheit durch Infection neuer Wirthspflanzen hervorzurufen. Die
Teleutosporen sind hierzu nicht befähigt, weil sie mit der Substanz
ihrer Nährpflanzen so innig verwachsen zu sein pflegen, dass eine
Verbreitung derselben durch die Luft fast ausgeschlossen sein würde.
Das aus den Sporidien sich entwickelnde Mycel erzeugt wieder
Spermogonien und (nach vorgängiger Befruchtung) Sporenfrüchte,
Aecidien. So stellt sich also ein Generationswechsel zwischen
Aecidien- und Teleutosporenform her, der aber bei vielen Rostpilzen
noch dadurch complicirt wird, dass aus den keimenden Aecidien-
sporen nicht direct eine Teleutosporenform hervorgeht, sondern oft
zahllose Generationen von Gonidien anderer Art, die Ureclosporen,
entstehen. Diese keimen alsbald, ohne Promycelbildung, erzeugen
wieder die Ureclosporen tragende Form und dienen während des
Sommers der schnellen Ausbreitung des Pilzes, bis dann meist im
Herbste aus dem Mycel die Teleutosporen hervorgehen. Der Ent-
wicklungsgang mancher Rostpilze wird dadurch interessant, dass
sowohl die Uredoform, als auch die Aecidienform einen fakultativen
Charakter besitzen kann, d. h., dass diese Formen sich nur unter ge-
wissen günstigen Bedingungen entwickeln, beim Fehlen derselben aber
ganz ausbleiben, ohne dadurch die Existenz des Parasiten zu gefährden.
Die Aecidien bildende und diejenige Generation, welche Te-
leutosporen erzeugt, finden sich nun entweder auf derselben Wirths-
pflanze (autöcische Parasiten), oder es tritt mit dem Wechsel der
Generation auch ein Wechsel der Nährpflanzenart ein (heteröcische
Parasiten), und die Auffindung der zusammengehörigen Rostpilz-
formen einer und derselben Pilzart bei den heteröcischen Rost-
pilzen bietet naturgemäss grosse Schwierigkeiten dar, wesshalb es
leicht erklärlich ist, dass wrir zur Zeit von manchen Teleutosporen-
fornien noch nicht die zugehörigen Aecidien kennen und anderer-
seits von manchen Aecidienformen noch nicht wissen, zu welchen
Teleutosporenformen sie gehören.
Beschädigungen durch Pflanzen. 129
Wie bei den Ascomyceten werden wir desshalb genöthigt sein,
zum Schluss eine Anzahl unvollständig bekannter Rostpilze aufzu-
führen, denen wir dann je nach der Entwicklungsform den provi-
sorischen Namen Aecidium, Caeoma, Uredo geben.
Die Rostpilze zerfallen in mehrere Familien, von denen uns
hier nur die Puccinieen und Melampsoreen interessiren. Erstere
sind dadurch charakterisirt, dass die Teleutosporen einzeln oder zu
mehreren auf einem Stiele stehen, während bei den letzteren die
Teleutosporen in grösserer Anzahl zu einem festen Lager pallisaden-
artig untereinander verbunden sind.
Pucciniae.
Die artenreiche Gattung Puccinia ist dadurch charakterisirt,
dass die Teleutosporen zweizeilig sind und mit ihren Basidien ver-
bunden bleiben, die gleichsam den Stiel darstellen. Sie erscheinen
als kleine braune oder schwarzbraune Häufchen von rundlicher oder
länglicher Gestalt.
Puccinia graminis ist die häufigste Art des Getreide-
rostes, welche nicht nur an unseren Getreidesorten, sondern auch
an vielen Wiesengräsern überall verbreitet auftritt. Die strichför-
migen Teleutosporenhäufchen überwintern auf den gewöhnlichen
Gräsern, bleiben aber auch auf den Stoppelfeldern zurück, wenn
sie an den unteren Halmtheilen der Getreidepflanzen zur Ent-
wicklung gelangten. Wenn die im Frühjahr an den Promycelien
entstehenden Sporidien auf junge Blätter des Sauerdorns, Berberis
vulgaris, gelangen, so veranlassen sie die Entstehung des Berbe-
ritzenpilzes Aecidium Berberidis. Die Aecidienform, deren
Sporen wiederum auf Getreide und anderen Grasarten keimen und
den Getreiderost, Uredo linearis, hervorbringen, unterscheiden
sich von den später auftretenden schwarzen Teleutosporenhäufchen
der Puccinia graminis durch die rothbraune Färbung.
Durch Ausrottung des Sauerdorns ist dem verderblichen Ge-
treiderost am wirkungsvollsten entgegenzutreten, doch darf diese
Maassregel nicht auf engere Gebiete beschränkt bleiben, da durch
den Wind eine Verbreitung der Berberitzenpilzsporen leicht erfolgen
kann.
Puccinia striaeformis (straminis) erzeugt einen der vorigen
Krankheit sehr ähnlichen Getreiderost auf Roggen, Weizen und
H artig, BaumkrankheiteD, 2. Aufl. 9
J30 !• Abschnitt.
Gerste, verschieden durch die kleineren, weniger lang gestreckten
Häufchen und dadurch, dass die sehr kurz gestielten, keulen-
förmigen Teleutosporen von der Epidermis bedeckt bleiben. Das
Aecidium ist Aecidium asperifolii, das auf den Blättern von
Anchusa officinalis, Borago, Echium u. s. w. sich entwickelt.
Puccinia coronata erzeugt einen Getreiderost, zumal auf
Hafer, dessen Teleutosporen an dem Scheitel gleichsam mit einer
Krone von zackigen Verdickungen der Sporenmembran besetzt sind.
Das Aecidium ist allgemein bekannt durch die eigenartigen hoch
goldgelben Anschwellungen der Blätter, Blüthen und Stengel von
Rhamnus cathartica und Frangula, auf denen es sich entwickelt; es
ist das Aecidium Rhamni.
Aus der grossen Zahl der Pucciniaarten sei hier nur noch die
Puccinia Asparagi hervorgehoben, die ihren Entwicklungsgang
auf der Spargelpflanze allein vollendet. Der Spargelrost, der
grosse Verheerungen auf Spargelfeldern anzurichten vermag, wird
am besten durch Verbrennen des Spargelstrohes im Herbste und
durch rechtzeitiges Ausschneiden der ersten erkrankenden Zweige
bekämpft.
Phragmidium.
Die Arten dieser Gattung sind durch gestielte vielzellige Te-
leutosporen von den Pucciniaarten unterschieden. Den Teleutosporen-
haufen, die auf der Unterseite der Blätter entstehen, gehen Uredo-
sporen voraus, deren orangerothes Pulver oft in grosser Menge
die Unterseite der Blätter bedeckt. Ihr Entwicklungsgang ist noch
nicht genügend studirt.
Phragmidium incrassatum. Der Rost der Brombeer-
sträucher auf Rubus fruticosus und caesius veranlasst die Entstehung
rother Flecken und frühzeitiges Absterben der Blätter.
Phragmidium Rubi Idaei erzeugt ähnliche Erkrankungen
auf den Blättern des Rubus Idaeus.
Phragmidium subcorticium erzeugt den Rost der Rosen.
Gymnosporangium1).
Die bekannten Arten dieser Gattung perenniren im Rinden-
gewebe verschiedener Juniperusarten, veranlassen einelocale Zuwachs-
x) Oersted, Botan. Zeitung 1865 S. 291 u. a a. 0.
Beschädigungen durch Pflanzen. J3J
Steigerung, die sich in eigenthümlichen Anschwellungen der be-
fallenen Aeste oder Stanirotheile äussert und entwickeln alljährlich
ihre Teleutosporen im Herbste unter den äusseren Rindenschichten,
die dann im Frühjahr und Vorsommer als kegelförmige oder wurst-
förmige, gelbe oder braune gallertartige oder knorplige Fruchtkörper
in grosser Anzahl aus der Rinde hervorbrechen. Diese Fruchtkörper
bestehen aus den sehr langen, fadenförmigen Basidien, deren Aussen-
wand zu Gallerte umgewandelt ist, und den von ihnen an der Spitze
getragenen zweizeiligen Dauersporen. Die Bildung der Promycelien
und Sporidien geht schon in der Gallertmasse vor sich, die schliess-
lich durch Regenwasser vollständig aufgelöst wird. Die Sporidien
gelangen auf die Blätter verschiedener Kernobstgehölze und erzeugen
auf diesen die Aecidienform der Gattung Roestelia.
Wünschenswerth erscheint mir eine weitere Prüfung der bisher
bekannten und beschriebenen Formen, da die einzigen controliren-
den Versuche, die ich anstellte, sofort zu Resultaten geführt haben,
die mit dem in der Wissenschaft Angenommenen nicht überein-
stimmen. Ich lasse zunächst eine kurze Beschreibung der drei an-
genommenen Species folgen, ohne jedoch für die Richtigkeit dieser
Angaben auf Grund eigener Untersuchungen einstehen zu können.
Gymnosporangium conicum (juniperinum).
Teleutosporenfruchtlager auf Juniperus communis, halb-
kuglig oder kegelförmig, später zu sehr grossen, verschieden gestal-
teten (kugligen, birn-, eiförmigen etc.) Körpern aufquellend, gold-
gelb; Sporen spindelförmig, die einen braun, mit dickem Endospor,
durchschnittlich 75 Mikrom. lang, 27 Mikrom. breit, die anderen
gelb, mit dünnerem Endospor, ca. 66 Mikrom. lang und 17 Mikrom.
breit. Die Aecidienform ist als Roestelia cornuta auf Sorbus
Aucuparia, torminalis, Aronia und anderen Pomaceen beob-
achtet. Dieselben stehen auf orangegelben oder rothen, ange-
schwollenen Flecken in verschiedener Zahl zu rundlichen oder läng-
lichen Gruppen vereinigt. Die Peridie ist von der Gestalt einer
sehr langhalsigen Flasche, gelblich oder gelbbraun, hornartig ge-
krümmt, bis 8 mm lang, am Scheitel offen, gezähnelt, seitlich nicht
oder erst spät wenig und regellos zerschlitzt.
9*
"L32 I.. Abschnitt.
Gymnosporangium clavariaeforme.
Teleutosporenfruchtlager auf Juniperus communis, cylin-
clrisch zungen- oder bandförmig, oft gabiig getheilt, gekrümmt und
gebogen, mehr knorplig, gelb, bis 12 mm lang. Sporen spindel-
förmig, in der Mitte eingeschnürt, hellgelbbraun, 70 — 120 Mikrom.
lang, 14 — 20 Mikrom. dick. DasAecidium, Roestelia lacerata, kommt
auf Crataegusarten vor, zahlreich in kleineren oder grösseren
Gruppen auf orangegelben, angeschwollenen Flecken, oft auch weite
Strecken (besonders die Früchte) überziehend, meist von Verkrüm-
mungen und sonstigen Verunstaltungen begleitet. Peridien in der
Jugend flaschenförmig, später cylindrisch-becherförmig, schmutzig
weisslich, bis zu verschiedener Tiefe längsgespalten in zahlreiche
aufrechte oder etwas auswärts geneigte Lappen.
Gymnosporangium Sabinae (syn. fuscum).
Teleutosporenlager auf Juniperus Sabina, virginiana, phoe-
nicea, Oxycedrus und Pinus halepensis, frisch stumpf kegelförmig
oder cylindrisch, oft seitlich etwas zusammengedrückt und nach
oben schwach verbreitert, mitunter kammartig getheilt, rothbraun
8 — 10 mm lang. Sporen breit elliptisch, in der Mitte nicht oder
kaum merklich eingeschnürt, kastanienbraun, 38 — 50 Mikrom. lang,
23 — 26 Mikrom. dick. Die Aecidien, bekannt als Roestelia can-
cellata, bilden sich auf Pirus communis, Michauxii, tomentosa.
Auf orangegelben, rundlichen oder unregelmässigen, polsterförmig
angeschwollenen Flecken zu mehreren beisammenstehend, von der
Form sehr kurzhalsiger Flaschen ca. 2 — 2^2 mm hoch. Pseudoperidie
gelblichweiss, am Scheitel geschlossen, seitlich von zahlreichen
Längsspalten durchsetzt, die bis zur Blattfläche sich erstrecken.
Die so entstehenden Längsspalten sind durch kurze Querstäbchen
verbunden, wodurch die ganze Peridie gitterförmig erscheint. Ich
bemerke hierzu, dass ich den Birnenrost wiederholt in massenhafter
Verbreitung beobachtet habe, wo von den vorhin angeführten Wirths-
pflanzen der Teleutosporenform in weitem Umkreise kein Exemplar
zu finden war.
Gymnosporangium tremelloides.
Zu den drei vorstehend aufgeführten Arten tritt eine vierte
hinzu, deren Aecidium ungemein häufig in den bayerischen Alpen
auf Sorbus Aria und Chamaemespilus anzutreffen ist und
Beschädigungen durch Pflanzen.
133
bereits als eigene Form Aecidium penicillatuin beschrieben wor-
den ist (Fig. 68).
In gleicher Häufigkeit trifft man auf Juniperus communis
daselbst eine Teleutosporenform an, die mit keiner der vorgenannten
Arten übereinstimmt, deren Zusammenhang mit der Aecidienform
Fig. 66.
Gymnosp. tremelloides auf
Juniperus communis, aa Te-
leutosporenfruchtlager. b b
Narben derselben nach dem
Abfall der Gallertmassen.
Fig. 67.
Teleutosporen von Gym-
nosp. tremelloides. a Prä-
sidien, b Ausgekeimte
Spore, c Noch unge-
keimte Spore mit Ein-
schnürung, d Desgl. mit
getrennten Zellen, e Aus-
gekeimte Teleutospore
mit Promycelium und
Sporidie. /Teleutospore
vom Stiel aus gesehen
mit drei Keimsporen, von
denen die mit Keim-
schlauch durch ein Ver-
sehen geschlossen dar-
gestellt ist.
Fig. 68.
Aecidien des Gym-
nosp. tremelloides auf
Blatt von SorbusAria.
auf Sorbus Aria durch Infectionsversuche im Garten des hiesigen
forstbotanischen Instituts erwiesen ist.
Die Teleutosporenfruchtlager erschienen auf Juniperus com-
munis im Mai als halbkuglige, dem Nostoc communes ähnliche, auf-
quellende, gallertartige Massen von dunkel orangegelber bis gelb-
brauner Farbe (Fig. 66 aa). Sie fallen bei Erschütterung der Zweige
leicht ab und erscheinen dann die oft 1 cm grossen hellgelben,
134 .1. Abschnitt.
glatten Narben (Fig. 66 bb). Die Sporen sind alle ziemlich gleich
gross, nämlich etwa 40 bis 45 Mikrom. lang und 20 — 25 Mikrom.
breit; theilweise sind die beiden kurzen, stumpf kegelförmigen
Zellen, deren Höhe etwa gleich dem grössten Durchmesser ist, mit
ihrer ganzen Basis untereinander verwachsen, die Wandungen etwas
dunkel rauchgrau gefärbt, theils sind sie mehr oder weniger durch
Einschnürung von einander getrennt, ja recht oft zerfallen die
beiden Theile einer Teleutospore vollständig. Die meisten Zellen
besitzen drei Keimsporen, die nahe der Querwand stehend mit
denen der zweiten Zelle oft alterniren (Fig. 67).
Die Aecidien erscheinen auf Sorbus Aria, Chamaemes-
pilus, Pirus Malus, (Sorbus torminalis?).
Die Polster, auf denen die Aecidien oft kreisförmig angeordnet
hervorkommen, sind sehr dick und üppig entwickelt. Die Pseudo-
peridien etwas becherförmig, bis zur Basis in eine grosse Zahl
etwas nach aussen gebogener Fäden von 1 mm Länge zerspalten.
Die Aecidienöffnung deutlich und durch die dunklen Sporen schwarz
gefärbt. Diese Art kommt nach einer Zusendung des Herrn Nawaschin
in Moskau auch in Russland vor und zwar entwickelt sich dort die
Teleutosporenform nicht bloss in der Rinde, sondern auch auf den
Nadeln des Juniperus communis in länglichen, etwa die Hälfte der
Nadel erreichenden Polstern. Die Aecidien treten dort auf den
Blättern der Apfelbäume auf.
Melampsora (Calyptospora) Goeppertiana2).
Der Preisselbeerpilz und dessen Aecidienform, der Weiss-
tannensäulenrost, Aecidium columnare, sind überall da zu Hause,
wo sich Weisstannen befinden, ja die erstere Form kommt auch
in Gebieten vor, denen die Tanne fehlt, so dass schon hierin ein
Beweis dafür liegt, dass die Aecidienform nur einen facultativen
Charakter besitzt.
Die von den Parasiten befallenen Exemplare des Vaccinium
Vitis Idaea zeichnen sich sofort durch Wuchsform und Habitus
von den gesunden Pflanzen aus.
Während letztere nur wenig vom Boden sich erheben, wachsen
die vom Pilz besetzten Exemplare gerade empor, zeigen ein unge-
2) Hartig, Lehrbuch 1. Auflage. Seite 56 ff., Tafel II.
Beschädigungen durch Pflanzen.
135
mein kräftiges Längenwachsthurn, entwickeln auch wohl in dem-
selben Jahre noch zweite Triebe. Einzeln oder horstweise ragen
die erkrankten Pflanzen über den ge-
sunden Bestand empor, bis zu 0,3 m
Höhe erreichend. Sie zeigen dabei ein
auffallendes Aussehen, indem der grös-
sere Theil des Stengels zu Federspul-
dicke angeschwollen ist und nur der
oberste Theil eines jeden Triebes die
normale Stengeldicke behält (Fig. 69).
Der verdickte, schwammige Stengeltheil
hat anfänglich eine weisse oder schön
rosarothe Farbe, die aber bald in eine
braune, später schwarzbraune Farbe sich
verändert. Die untersten Blätter jedes
Triebes verkümmern, die oberen kommen
zur normalen Entwicklung. Inficirt man
eine gesunde Preisselbeerpflanze mit den
gleich zu erwähnenden Aecidiensporen
des Tannensäulenrostes, so bleibt der
Stengel im ersten Jahre unverändert,
obgleich sich das Mycel im Rinden-
gewebe verbreitet. Im nächsten Jahre
werden aber die neuen Triebe in der
vorbeschriebenen Form beeinflusst. Das
Pilzmycel wächst in die neuen Triebe,
veranlasst durch Fermentausscheidung
eine Vergrösserung aller Rindenzellen,
kann diese Einwirkung aber nur so
lange ausüben, als die Zellen der neuen
Triebe noch jung sind. Da nun das
Mycel langsam im Triebe aufwärts
wächst, erreicht es die Spitze desselben
erst zu einer Zeit, in welcher die Zellen
der Rinde schon völlig ausgebildet sind
und vermag sie nicht mehr zur Ver-
grösserung anzuregen.
Das Mycel wächst aber bis zur
Fig. 69.
Eine Pflanze von Vacciuiuin
Vitis Idaea, durch Melampsora
Goeppertiana inficirt. a Der
inficirte Stengel mit Mycel.
b Die neuen Triebe im Jahre
nach der Infection werden unter
dem Einflüsse des Mycels dicker
und nur die Spitze wird nicht
deformirt. c Jüngster Trieb.
d Abgestorbener Trieb.
136
I. Abschnitt.
obersten Knospe empor und kann schon in demselben Jahre deren
Austreiben veranlassen. Das intercellular perennirende Mycel ent-
nimmt durch Haustorien die Nahrung aus den Parenchymzellen
(Fig. 70), wächst sodann gegen die Oberhaut hin, unter den Epi-
dermiszellen keulenförmig sich verdickend (Fig. 70 aa).
Auch in die Epidermiszellen
sendet es Saugwarzen b, die sich
durch ihre Gestalt sofort unter-
scheiden von den in die Epidermis-
zellen hineinwachsenden jungen Spo-
renmutterzellen cc.
al»
Fig. 70.
Rindenparenchym und Epidermiszellen aus dem
Stengel von Vaccinium Vitis Idaea. Das Mycel
ist intercellular und legt kurze, an der Spitze
anschwellende Aeste an die Aussenwand der
Zellen, die durch einen feinen Fortsatz durch-
bohrt wird, worauf sich im Innern der Zelle
eine sackartige Saugwarze entwickelt. Unter den
Oberhautzellen erweitern sich dieHyphen keulen-
förmig a a. Saugwarzen b und Teleutosporen-
mutterzellen cc entwickeln sich in den Epidermis-
zellen. 42%.
Fig. 71.
Oberhaut und Rinde des Preisselbeer-
stengels mit reifen und keimenden
Dauersporen der Melampsora Goep-
pertiana. a Die in 4 Dauersporen
getheilten Mutterzellen stehen meist
zu 6 in einer Epidermiszelle. b Pro-
mycelium einer keimenden Dauerspore,
an dem nach Entstehung von drei
Querwänden meist 4 Sporidien auf
kleinen Sterigmen sich entwickeln, c.
Vergr: 42%.
In jeder Epidermiszelle wachsen etwa 4 bis 8, meist 6 solcher
Mutterzellen, welche sich vergrössernd den ganzen Innenraum ein-
nehmen, sich dann in je 4 Teleutosporen theilen, die pallisaden-
förmig nebeneinander stehen (Fig. 71 a). Im Mai des nächsten
Beschädigungen durch Pflanzen.
137
Jahres bei feuchter Witterung keimt jede Teleutospore zu einem
Promycel aus b, an dem auf kurzen Sterigmen die Sporidien sich
entwickeln (Fig. 71 c). Gelangen diese auf die jungen Nadeln der
Weisstanne, so dringt ihr Keimschlauch ein und aus dem Mycel
entstehen nach 4 Wochen auf der Unterseite der Nadeln je
zwei Reihen von Aecidien, die durch eine sehr lange Peridie aus-
gezeichnet sind (Fig. 72). Die Peridien platzen an der Spitze in ver-
schiedener Weise auf und entlassen die Sporen (Fig. 73). Diese
sind dadurch ausgezeichnet, dass die Zwischenzellen, welche die ein-
Fig. 72.
a Weisstannenzweig, dessen
Nadeln auf der Unterseite zwei
Reihen Aecidien der Melamp-
sora Goeppertiana (Aecidium
columnare) entwickeln, b Die
Aecidien vergrössert.
Fig. 73.
a Ein Aecidium von Mel. Goep-
pertiana, stärker vergrössert im
Gewebe der Tannennadel, b Aeci-
diensporenreihe mit den Zwischen-
zellen, c Keimende Aecidiensporen.
zelnen Sporen von einander trennen, sehr lang gestreckt sind. Ge-
langen die Aecidiensporen auf die Epidermis einer Pflanze von
Vaccinium Vitis Idaea, so keimen sie und zwar entweder in einem
gleichmässig dick bleibenden, zuweilen sich verästelnden Schlauche,
oder mit einem gegen das Ende hin sackartig sich verbreiternden
Keimschlauche. Die Infection erfolgt durch eine feine von dem
Sporenkeimschlauche ausgehende Hyphe.
Die Tannennadeln erhalten sich noch ziemlich lange Zeit völlig
grün und fallen erst im Laufe des Sommers ab, doch habe ich
noch im August grüne Nadeln mit den vertrockneten Aecidien
gefunden.
138
I. Abschnitt.
Eine bemerkenswerthe Beschädigung tritt nur dann ein, wenn
junge Weisstannenwüchse in einem stark erkrankten Preisselbeer-
bestande stehen und der grössere Theil der Nadeln erkrankt. Die
Aecidienform hat einen facultativen Charakter, d. h. sie kann fehlen,
ohne die Existenz des Parasiten zu gefährden, dessen Sporidien
auch direct auf den Preisseibeeren zu keimen und diese zu inficiren
im Stande sind.
Wo Beschädigungen zu be-
fürchten sind, also bei beabsich-
tigten Verjüngungen der Bestände,
würde man durch Ausreissen der
sehr leicht erkennbaren kranken
Preisselbeerpflanzen das Auftreten
des Tannensäulenrostes beschrän-
ken können.
Melampsora Tremulae.
Unter dem Namen Melamp-
sora populina, Pappelrost, bezeich-
net man die auf verschiedenen
Pappelarten auftretenden, dieser
Gattung angehörenden Pilzformen,
die noch einer genaueren gründ-
lichen Erforschung harren.
Es giebt solche auf Populus
Tremula, deren Polster sich durch
geringe Grössen von denen unterscheiden, die auf Populus balsamifera
(Mel. Balsamifera Thüm.) vorkommen und es scheint, dass auch die
auf Populus nigra oft in massenhafter Entwicklung auftretende
Form (Mel. populina Jacq.) von den beiden ersteren verschieden
ist. Die Pappeln leiden an diesem Rost zuweilen in so hohem
Grade, dass schon im September eine völlige Entblätterung ein-
getreten sein kann, nachdem das Laub durch die im Laufe des
Sommers zur Entwicklung und Vermehrung gelangten Uredosporen
schon im August ganz goldgelb erschienen ist.
Die Teleutosporenlager sind von der Oberhaut des Blattes be-
deckt und treten als anfangs bräunlich gelbe, später schwarzbraune
glatte Polster über die Blattoberfläche hervor (Fig. 74), während die
Fig. 74.
Aspenblatt mit den Teleutosporen-
lagern von Melampsora Tremulae.
Beschädigungen durch Pflanzen. J39
gelben Uredopolster nach Durchbrechung der Oberhaut als lockere
Sporenhäufchen sich zu erkennen geben.
Es scheint nun wünschenswerth, dass diese verschiedenen
Pappelrostformen einer genaueren Untersuchung unterworfen werden,
da die zugehörigen Aecidienformen noch nicht mit Sicherheit fest-
gestellt sind.
Ich habe zunächst nur die auf Popnlus Tremula vorkommende
Melampsora untersucht. Schon 1874 3) machte ich darauf aufmerk-
sam, dass in den von Caeoma pinitorquum befallenen Kiefernscho-
nungen fast ausnahmslos Aspen auftreten und dass ein Zusammen-
hang zwischen dem Caeoma und einem auf der Aspe vorkommenden
Pilz möglicherweise bestehe.
Die Melampsora Tremulae bezeichnete ich desshalb als zweifel-
haft, weil dieser Pilz auch in solchen Gegenden auftritt, wo Caeoma
pinitorquum nicht bekannt ist. Inzwischen ist aber doch zunächst
durch Rostrup der Zusammenhang beider Pilze experimentell be-
wiesen und dann auch von mir bestätigt. Gleichzeitig wies ich
nach, dass die Melampsora Tremulae auf der Lärche das Caeoma
Laricis hervorruft.
Dann hat Rostrup auch Caeoma Mercurialis durch Infection
mit Melampsora Tremulae erhalten. Rathay glaubt auch Aecidium
Clematitis auf Clematis vitalba durch Infection mit Sporen der
Mel. populina gewonnen zu haben.
Was zunächst Caeoma pinitorquum und Laricis betrifft, so
hatte ich beide Aecidien durch Infection mit den Sporidien des-
selben Aspenblattes bekommen und ferner Teleutosporen der
Melampsora zur Infection von Pinus benutzt, die ich durch Caeoma
Laricis auf der Aspe erzogen hatte.
Wenn mir desshalb die Uebereinstimmung der beiden genannten
Caeomaarten sicher bewiesen erscheint, so bleibt eine Controle auch
nach dieser Richtung hin wünschenswerth, nothwendiger ist aber
noch die Prüfung der Frage, ob auch Caeoma Mercurialis von
derselben Melampsoraart entstammt, oder ob schon auf der Aspe
verschiedene Species, welchen jene Aecidienformen angehören, vor-
kommen. Weiter ist zu untersuchen, ob die auf Populus nigra, alba
und balsamifera vorkommenden Arten identisch sind mit jener der
3) Wichtige Krankheiten der "Waldbäume Seite 91.
140
I. Abschnitt.
Aspe und endlich ist festzustellen, ob die Aecidien facultativen
Charakter besitzen, was mir sehr wahrscheinlich ist. Nachfolgend
schildere ich die beiden auf Nadelhölzern durch Melampsora Tremulae
erzeugten Krankheiten.
Erste Form auf Pinus silvestris mit Caeoma pinitorquum. Die Kieferndreh-
krankheit. Melampsora Tremulae pinitorquum.
Diese Krankheit ist durch ganz Deutschland, vorzugsweise
aber im Norden verbreitet und hat sich zumal in den Jahren
1870 — 73 dort in verheerender Weise gezeigt. Die Krankheit kann
ü-'i-'-\
coocnoT>
Fig. 76.
Durchschnitt durch ein Sporenlager von Caeoma
pinitorquum vor dessen Aufplatzen. Zwei Spermo-
gonienhöcker in der Epidermis.
Fig. 75.
schon junge, soeben zum Vorschein gekommene
Spitze eines jungen ° . . ö
Kieferntriebes mit Kielemkeimlmge betallen und treten dann
aufgeplatztem Caeo- am Stengel oder an den Nadeln längliche hell-
ma pinitorquum opo- D
renlager im Rinden- gelbe öporenlager aus der aufplatzenden Oberhaut
gewebe Vi- zum Vorschein. Am häufigsten beobachtet man
sie an jungen Kiefernculturen von 1 — lOjährigem
Alter, weil die Infection von den am Erdboden liegenden, mit
den Teleutosporen von Mel. Tremulae besetzten Aspenblättern
ausgeht. Die Krankheit äussert sich darin, dass Anfang Juni,
seltener schon Ende Mai, zu der Zeit, in welcher an den neuen
Jahrestrieben die grünen Nadelbüschel mit ihren Spitzen schon
ein wenig aus der Nadelscheide hervorgekommen sind, an dem
grünen Rindengewebe der Triebe blassgelbe Stellen von 1 — 3 cm
Länge und xj2 — 1 cm Breite (Fig. 75) auftreten, auf denen mittelst
Lupe zahlreiche kleine, etwas tiefer gelb gefärbte Höckerchen, die
Beschädigungen durch Pflanzen. J4J
Spermogonien, zu erkennen sind. Diese entstehen theils in den
Epidermiszellen, theils zwischen diesen und der Cuticula, die von
letzterer abgehoben wird und das Spermogonium bekleidet (Fig. 76).
In der zweiten oder dritten Rindenzellschicht entsteht das Caeoma-
lager, indem sich das intercellulare Mycel, aus dem Inneren des
Stengels nach aussen wachsend, in dieser Zelllage zu einer Frucht-
schicht entwickelt, welche dann auf der Spitze der Basiclien nach
aussen hin die Aecidiensporen in gebräuchlicher Weise abschnürt.
Mit der Ausbildung dieses inneren Sporenlagers färbt sich eines-
theils die betreffende Rindenstelle äusserlich immer tiefer goldgelb,
anderntheils erhebt sich dieselbe etwas polsterförmig, bis die äussere
Rindenschicht in einem Längsrisse aufplatzt (Fig. 75) und die
Sporen verstäuben. Das Gewebe der Rinde bis zum Holzkörper
stirbt alsdann unterhalb des Fruchtlagers ab und überwallt im
günstigen Falle binnen Jahr und Tag.
Da während der Entwicklung des Fruchtträgers und noch einige
Zeit nachher die normale Längenstreckung des jungen Triebes fort-
dauert, diese aber an der kranken Stelle gestört ist, so krümmt
sich der kranke Trieb an der vom Fruchtlager eingenommenen
Stelle ein wenig, vielfach müssen aber die eintretenden Trieb-
krümmungen, welche dem Parasiten die Bezeichnung Kieferndreher,
C pinitorquum, verschafft haben, auf die Schwere der jungen
Triebe zurückgeführt werden, welche bei einseitiger, erheblicher
Verletzung eine Senkung der oberhalb der Wunde liegenden Trieb-
spitze an Quirlzweigen zur Folge haben muss. Später wächst die
Spitze wieder nach oben und entstehen so s-förmige Krümmungen.
Ist die Witterung normal, dann entstehen alljährlich an den neuen
Trieben einige wenige solcher Fruchtlager, ist das Wetter sehr
trocken, dann verkümmern die Sporenlager in ihrer ersten Ent-
stehung, ein Schaden ist äusserlich nicht wahrnehmbar; ist der
Monat Mai und Anfang Juni sehr regenreich, dann entstehen zahl-
reiche Fruchtlager und diese in solcher Ueppigkeit, dass die Triebe
mit Ausschluss der Basis ganz absterben und vertrocknen (Fig. 77).
Eine heftig erkrankte Kiefernschonung erscheint Ende Juni so, als
ob ein Spätfrost alle neuen Triebe getödtet und gekrümmt hätte.
Im nächsten Jahre entwickeln sich alsdann aus den an der Trieb-
basis noch verbliebenen Nadelbüscheln die Scheidenknospen zu
Scheidentrieben, die allerdings in der Folge wiederum erkranken.
142
I. Abschnitt.
Der Umstand, class eine einmal vom Pilz befallene Kiefer Jahr-
zehnte hindurch alljährlich wieder von der Krankheit zu leiden
hat, berechtigt zu der Annahme, dass das Pilzmycel in den Trieben
perennirt. Von dem zuerst erkrankten Theile eines Kiefernbestan-
des, vom Krankheitsheerde, verbreitet sich dieselbe mit jedem Jahre
fortschreitend in centrifugaler Richtung. Es ist noch hervorzuheben,
dass ganz junge 1 — 3jährige Schonungen der Krankheit meist er-
Fig. 77.
Gipfel einer durch Caeoma pinitorquum erkrankten Kiefer. Der
Gipfeltrieb ist bis nahe der Basis ganz vertrocknet. Die Quirltriebe,
sowie der Schaft zeigen alte Pilzstellen und Krümmungen.
liegen; im späteren Alter erkrankende Kiefern verkrüppeln oft so arg,
dass sie wenig Hoffnung auf einen gesunden Bestand übrig lassen,
in der Regel treten dann aber einmal einige Jahre Ruhe ein, in
denen ein trockenes Frühjahr die Pilzentwicklung zurückhält und
die Pflanzen erholen sich dann allmälig, wenn sie auch in ungün-
stigen Jahren wieder beschädigt werden. Mit dem dreissigsten Jahre
etwa verschwindet die Krankheit von selbst. Aushieb der Aspen aus
den Kiefernverjüngungen ist das sicherste Mittel gegen die Krankheit.
Beschädigungen durch Pflanzen.
143
Zweite Form auf Larix europaea mit Caeoma Laricis*). Melampsora
TremuJae Laricis.
Der Lärehennadelrost ist durch ganz Deutschland verbreitet
und oft so häufig, dass ein grosser Theil der Benadlung durch den
Pilz zerstört wird. Er wird vielfach übersehen, weil die Be-
schädigung eine gewisse Aehnlich-
keit mit der durch Chermes Laricis
hervorgerufenen hat. Im Monat Mai
treten zunächst zahlreiche Spermo-
gonien auf den Nadeln auf, unter
denen die Caeomalager als lange
oder kurze gelbe Polster die Ober-
haut der Nadel durchbrechen.
Nach dem Abstäuben der Sporen
vertrocknen die Nadeln und fallen ab.
Aushieb der Aspen aus der Nähe der
Lärchenculturen schützt diese gegen
die Krankheit.
Fig. 78.
Lärchennadeln mit Caeoma
Laricis.
Melampsora salicina5). Der Weidenrost.
Auch auf den verschiedenen Weidenarten kommen mehrere
Arten von Melampsora vor, die bis vor kurzer Zeit unter dem ge-
meinsamen Collectivnamen M. salicina zusammengefasst wurden.
Nun hat zunächst Thümen nach der Form der Teleutosporen und
Uredosporen eine Reihe von Arten unterschieden, deren Prüfung
vollste Beachtung verdient. Einstweilen ist es Rostrup6) gelungen,
für zwei Arten auch die Aecidien nachzuweisen und diese beiden
Arten sollen nachstehend näher beschrieben werden.
Melampsora Hartigii.
Die Uredosporen erscheinen zuweilen schon Ende Mai oder An-
fang Juni als kleine rothgelbe Häufchen auf der Unterseite, seltener
auch auf der Oberseite der Blätter von Salix pruinosa, daphnoides,
4) Wichtige Krankheiten der Waldbäume 1874, S. 93. u. Allgem. Forst- u.
Jagd-Ztg. 1885, S. 326.
5) v. Thümen, Mittheilungen aus dem forstl. Versuchswesen Oesterreichs II,
S. 41 ff. Hartig, Krankh. d. Waldb. S. 119 ff.
6) Rostrup, Fortsatte Undersogelser over Snyltesvampes Angreb par
Skovtraeerne Kjobenhaven 1883.
144
I. Abschnitt.
viminalis u. A.; sie vermehren sich schnell, einestheils durch inneres
Mycelwachsthum, welches durch die Blattstiele auch in die Rinde der
Triebe eindringt, anderntheils durch die Uredosporen selbst, welche,
durch den Luftzag weiter geführt, sehr bald keimen und durchschnitt-
lich schon am achten Tage nach der Aussaat auf ein gesundes Blatt das
Hervortreten zahlreicher neuer Uredohäufchen veranlassen. Es werden
die befallenen Blätter schon frühzeitig schwarz-
neckig und fallen ab. Schon vor dem Abfallen
resp. Absterben der Blätter entstehen besonders
im Nachsommer und Herbste zahlreiche, etwa
stecknadelknopfgrosse Teleutosporenlager unter
der Obei'haut des Blattes (Fig. 79). An-
fänglich hellbraun, später tief schwarzbraun
gefärbt, überwintern diese kleinen Polster in
der Substanz der am Boden liegenden, ver-
wesenden Blätter und entwickeln dann im
Frühjahr Promycelien und Sporidien. Diese
Sporidien gelangen durch den Luftzug auf die
Blätter der neuen Weidentriebe und rufen die
Krankheit aufs Neue hervor. Auf den Blättern
von Ribes alpinum, Grossularia, rubrum,
nigrum erzeugen sie das Caeoma Ribesii.
Diese Aecidienform dürfte aber lediglich facul-
tativen Charakter besitzen, denn wir finden
alljährlich üppige Entwicklung der Krankheit
zumal nach dem Reif werden auch da, wo
weit und breit keine Ribespflanzen sind.
In verheerender Weise habe ich den
Pilz bisher nur auf der Salix pruinosa (syn.
caspica, acutifolia) angetroffen und wurden
zahlreiche Weidenheger durch wiederholte
frühzeitige Entblätterung völlig getödtet. Die besten Yorbeugungs-
maassregeln bestehen im Zusammenrechen und Untergraben oder
Verbrennen des abgefallenen, pilzhaltigen Laubes im Spätherbst
bis Frühjahr, sowie im sorgfältigen Revidiren der Weidenheger
während des Sommers. Sobald der Rost sich auf einzelnen Pflanzen
zeigt, ist das Abschneiden und Eingraben der befallenen Ruthen
rathsam. An Stelle der nacktblättrigen Salix pruinosa, welche
Fig. 79.
Melampsora Hartigii auf
Salix pruinosa. a Leben-
des Blatt mit Sporen-
polster, b Stellenweise
bereits vertrocknet. c
Sporenlager nahe der
Blattstielbasis imStengel.
Beschädigungen durch Pflanzen.
145
am meisten durch den Pilz zu leiden hat, empfiehlt sich der
Anbau des Bastardes Salix pruinosaxdaphnoides, welcher behaart
und dadurch gegen Infection mehr geschützt ist.
Melampsora Caprearum.
Dieser Weidenrost ist sehr verbreitet auf Salix Caprea, cinerea
aurita, longifolia, repens, reticulata. Er entwickelt auf Evonymus
die Aecidien von Caeoma Evonymi.
Es kommt ferner vor Melampsora epitea auf Salix alba,
incana, purpurea, nigricans, retusa; Mel. mixta auf S. triandra,
hastata, silesiaca.
Melampsora betulina auf verschiedenen Betulaarten.
Carpini - Carpinus Betulus.
Sorbi - Sorbus Aucuparia und torminalis.
Ariae - Sorbus Aria.
Padi - Prunus Padus.
Vaccinii - Vaccinienarten.
Coleosporium Senecionis.
Die Gattung Coleosporium unterscheidet sich von der vorher-
gehenden dadurch, dass die Teleutosporen aus mehreren überein-
ander stehenden Zellen gebildet sind, von denen jede ein einzelliges
Promycel mit nur einem Sporidium erzeugt.
Das Col. Senecionis, welches seine Teleuto-
sporen und Uredosporen auf Senecio vulgaris,
viscosus, silvaticus, vernalis und Jakobaea
entwickelt, hat nach den Untersuchungen von
Wolff7) in dem Peridermium Pini, dem
Kiefernblasenrost, seine Aecidienform. Die
als Kienzopf, Brand, Krebs oder Räude
bezeichnete Krankheit der Kiefer habe ich schon
im Jahr 1874 beschrieben8), und lasse ich hier
das Wichtigste folgen.
Die Aecidien und Spermogonien kommen
in verschiedener Form vor, einmal in den
Nadeln verschiedener Kiefernarten, wo der Pa-
Fig. 80.
Peridermium Piui
acicola mit Aecidien
u. Spermogonien auf
Kiefernnadeln.
7) Botanische Zeitung 1874.
8) R. Hartig, Wichtige Krankheiten der Waldb. pag. 66—80. Taf. XI.
Berlin 1874.
II artig, Baumkrankheiten, 2. Aufl. 10
146 I- Abschnitt.
rasit als Periderniiuni Pini acicola bezeichnet wird, und als-
dann im Rindengewebe von Pinus silvestris, Pinus Strobus und
anderen Kiefernarten, besonders Pinus Laricio und Pinus montana,
in welcher Form der Parasit als Peridermium Pini corticola
bezeichnet wird.
Die erstere Aecidienform beobachtet man in den Monaten
April und Mai oft in ungeheurer Menge auf den 1 und 2jährigen
Nadeln zumal jüngerer Kiefern, selten auch an alten Bäumen.
Zwischen den nur wenige Millimeter grossen rothgelben Blasen
finden sich die Spermogonien zerstreut, die im Alter braun gefärbt
werden und somit als kleine schwarze Flecken äusserlich er-
scheinen. Das Mycel entwickelt sich im Innern der Nadel, peren-
nirt daselbst und kann, ohne die Nadel zu tödten, im nächsten
Jahre nochmals Aecidien erzeugen. Der Schaden, den diese Pilz-
form hervorbringt, ist gering, denn die vou Aecidien besetzten
Nadeln sterben nicht oder nur stellenweise vorzeitig ab. Es ent-
stehen nur missfarbige Stellen auf den Nadeln.
Um so gefährlicher kann die Form Per. Pini corticola für
jüngere und ältere Kiefernbestände werden. Auf welchem Wege
die Infection derselben erfolgt, ob immer eine Verwundung des
Rindengewebes durch Insect, Specht, Hagelschlag oder dgl. voraus-
gegangen sein muss, bleibt noch zu erforschen. Aeltere als 20
bis 25jährige Stammtheile scheinen nicht inficirt zu werden. Das
Mycelium des Pilzes verbreitet sich intercellular zwischen den
Zellen der Rinde und des Bastgewebes und wächst von hier aus
durch die Markstrahlen bis etwa 10 cm tief in den Holzkörper
hinein.
Ueberall, wo das Mycel hingelangt, verschwindet das Stärke-
mehl und der anderweite Zellinhalt und an Stelle davon tritt Ter-
pentinöl tropfenweise auf der Innenseite der Wandungen auf,
durchtränkt auch die Wandungssubstanz selbst. Es wird dadurch
selbstredend das Leben der Zelle getödtet, ohne jedoch den Eintritt
der Bräunung der Gewebe nach sich zu ziehen. Auch der ganze
Holzstamm bis zu ca. 10 cm Tiefe verkient völlig, und lässt eine
Holzscheibe von 3 — 5 cm Dicke noch die Lichtstrahlen durch-
dringen. Da das Mycelium auch in die Harzkanäle eindringt und
das sie umgebende Gewebe tödtet, so ist ja zweifelsohne ein Theil
des Terpentins von den höher gelegenen Stammtheilen zugewandert.
Beschädigungen durch Pflanzen.
147
Die völlige Verharzung und oftmals ein massenhaftes Ausströmen
des Terpentins aus der nach dem Absterben aufspringenden Rinde
berechtigt aber zu der Annahme, dass eine directe Umwandlung
des Zellinhaltes und der Zellwandungssubstanz der Parenchymzellen
zu Terpentin stattfinde.
Das Mycelium wächst alljährlich über die kranke Rindenstelle
hinaus und zwar in der Längsrichtung des Stammes meist etwas
schneller, als in horizontaler Richtung; die Wanderung der Bil-
dungsstoffe wird in demselben Maasse mehr auf die noch gesunde
Seite des Baumes gedrängt und steigert sich hier desshalb die
cambiale Thätigkeit so sehr, dass eine auffällige Verdickung
der Jahresringe eintritt. Fig. 81
zeigt einen Stammquerschnitt,
welcher im 15. Jahre bei a in-
ficirt wurde und erst im 85 sten
Jahre mit der darüber befindlichen
Stammkrone abgestorben war. Das
Absterben des Gipfels erfolgt an
kranken Stämmen besonders in
trockenen und heissen Sommern,
weil dann der grösstentheils in
Kien umgewandelte Holzkörper
nicht genügend Wasser passiren
Fig. 81.
Querscheibe aus dem oberen Schaft-
theile einer Kiefer, welche vor 70
Jahren bei a durch Periderm. Pini
corticola inficirt worden ist. Die
Krone des Baumes war im letzten
Jahre abgestorben, nachdem nur noch
der bei b belegene Splinttheil nicht
verharzt, resp. verpilzt war. Der ver-
harzte Holztheil ist schraffirt. Vio nat-
Grösse.
lässt, um den starken Wasserver-
lust der Krone zu ersetzen.
Aecidien bilden sich der
Hauptsache nach nur in der Rindenregion, die im Laufe des
letzten Jahres neu erkrankte. Sie durchbrechen als halbkugel-
förmige, längliche und wurstförmige gelbweisse, mit rothgelbem
Sporenpulver erfüllte Blasen die äusseren todten Rindenschichten im
Monat Mai und Juni (Fig. 82). Zwischen denselben erkennt man
nur schwer die etwa erbsengrossen flächenförmig entwickelten Sper-
mcgonien, welche aus einer zwischen der innersten Korkschicht und
dem lebenden Rindengewebe gelagerten, aus zahllosen rechtwinkelig
zur Korkschicht gestellten feinen Basidien gebildet sind, an deren
Spitzen die kleinen Spermatien abgeschnürt werden.
Aeste und Zweige aus der Krone älterer Bäume sterben oft
schon nach wenig Jahren ab, und geht dann abwärts vorrückend
10*
148
I. Abschnitt.
der Parasit von der Astbasis oft auf den Hauptstamm über (Fig. 83).
Stirbt dieser ab und sind unterhalb der Krebsstelle noch kräftig be-
nadelte Aeste und Zweige, so bleibt der Stamm am Leben; jene
Aeste erzeugen eine Art von Ersatzgipfel, die todte Krone bildet den
Kienzopf oder Kiengipfel (Vogelkien), der von Ratzeburg als
Folge des Frasses der Kieferneule betrachtet und als Spiess be-
zeichnet wurde.
Fig. 82.
Stammabs chnitt einer jungen
Kiefer, aus deren Rinde die
blasigen Aecidien des Perider-
mium Pini corticola hervorge-
brochen sind. An drei dunkler
gezeichneten Stellen befinden
sich unter der Korkschicht
die Spermogonien. Natürl.
Grösse.
Fig. 83.
Kiefernast, von Periderm. Pini corticola
seit mehreren Jahren befallen. Die zuerst
befallenen Zweige auf der linken Seite sind
bereits getödtet; von da aus ist das Mycel
abwärts auf den Hauptast, resp. Neben-
äste übergegangen. y5 der natürl. Grösse.
Die Krankheit ist von diesem Beobachter auch als Motten-
dürre, d. h. als eine Folge des Frasses der Phycis abietella
(Tinea sylvestrella Ratzeb.) beschrieben worden.
Die Sporen des Kiefernblasenrostes senden ihren Keimschlauch
in die Spaltöffnung der Senecioblätter und erzeugen auf diesen zu-
nächst die Uredoform, später die Teleutosporenlager des Coleo-
sporium Senecionis.
Beschädigungen durch Pflanzen. 149
Es ist bemerkenswert!], dass auch bei diesem Rostpilz das
Aecidium facultativ ist, da das Coleosporium Senecionis auch ohne
Entwicklung der Aecidien auf Pinus unter Bildung von Uredo-
sporen und Teleutosporen auf Senecio sich fortpflanzen kann.
Ausrottung der Seneciopflanzen ist unter gewissen Verhältnissen
zu empfehlen.
Neuerdings wurde durch Cornu festgestellt, dass die Aecidien-
sporen des Peridermium Pini corticola auf Cynanchum Vincetoxi-
cum und Gentiana asclepiadea keimend eindringen und eine
andere Pilzform, das Cronartium asclepiadeum, erzeugen. Es
ist damit nachgewiesen, dass auf den Kiefern zwei verschiedene
Pilzarten im Stande sind, Aecidien ähnlicher Art zu erzeugen. Ein-
gehende Untersuchungen werden noch festzustellen haben, welchen An-
theil die beiden Pilzarten an der Krebskrankheit der Kiefer nehmen.
Chrysomyxa.
Die Gattung Chrysomyxa ist der vorigen nahe verwandt,
insofern die Teleutosporen ebenfalls aus Reihen von Zellen be-
stehen, von denen die oberen ein mehrzelliges Promycelium mit
vier Sterigmen und Sporidien entwickeln. Die Sporenlager stellen
orangegelbe dichte Polster von verschiedener Gestalt vor. Uredo-
und Aecidienlager sind der Gattung Coleosporium ähnlich.
Chrysomyxa Abietis9). Der Fichtennadelrost
ist ein durch ganz Deutschland, mit Ausnahme der höheren Alpen-
regionen, verbreiteter Feind der Fichte, der auch an älteren Fichten
auftritt und oft genug in so grosser Menge auf den Nadeln der
einjährigen Triebe sich entwickelt, dass ein grosser Theil derselben
getödtet wird und abfällt.
Der Pilz ist autöcisch und entbehrt vollständig der Uredo- und
Aecidienlager, entwickelt vielmehr nur seine Teleutosporenlager an
den Fichtennadeln. Die Sporidien keimen auf den zarten Nadeln
der neuen Maitriebe, entwickeln in deren Innerem ihr mit gelben
Oeltropfen reich versehenes Mycelium, so dass schon Ende Juni
<3er vom Pilz durchwucherte Nadeltheil durch eine mattgelbe Fär-
bung sich zu erkennen giebt. Der erkrankte Theil kann die Basis,
Mitte oder Spitze der Nadel einnehmen, färbt sich gegen den
9) Reess, Botanische Zeitung 1865 Nr. 51 u. 52 und Willkomm, Die mikro-
skopischen Feinde d. W. 1868 S. 134—166.
150
I. Abschnitt.
Herbst zu immer intensiver citronengelb, während der übrige Theil
der Nadel grün bleibt. Schon im Herbst beginnt auf den beiden
unteren Seiten der Nadel die Entwicklung des Teleutosporenlagers
in Gestalt länglicher, etwas anschwellender Polster, die alsbald
durch ihre mehr goldgelbe Färbung sich zu erkennen geben. In
diesem Zustande überwintert der Pilz auf dem Baume, und im
nächsten Frühjahre entwickelt sich das Teleutosporenlager immer mehr
(Fig. 84), so dass es schliesslich die Epidermis in einem Längsrisse
sprengt und nun frei als goldgelbes Polster hervortritt. Nunmehr
entwickeln sich auf den Zellen der Teleutosporen die Promycelien
mit ihren Sporidien, ähnlich wie dies Fig. 86 für Chr. Rhoclodendri
zeigt, und da dies im Monat Mai zur Zeit der neuen Triebbildung
der Fichte geschieht, so können die Sporidien direct
auf den jungen Nadeln zur Keimung gelangen.
Es ist ersichtlich, dass solche Fichten, die zur
Zeit der Sporidienreife noch sehr weit in der Ent-
wicklung zurück sind, vor Infection geschützt sein
werden und erklärt es sich auf diese Weise, dass
manche Individuen eines Bestandes völlig frei vom
Pilz bleiben, andere dagegen sehr stark befallen
werden. Derartige Erscheinungen haben bei den
Laien oft genug den Glauben erweckt, als hänge
Chryso- die Pilzerkrankung von einer krankhaften Prädis-
myxa Abietis, position der Fichtenindividuen ab. Nach dem Ab-
elbe Sporen- fallen der Sporidien vertrocknen die Teleutosporen-
polster noch iager> c]ie Nadeln selbst sterben bald nachher und
fallen vom Baume ab. Der Nadelverlust ist in der
Fig. 84.
Fichtennadel
gelbe Sporen-
>olster nocl
licht aufge
platzt sind.
Regel für den Baum nicht von grossem Nachtheile, da
immerhin an den älteren Zweigtheilen, sowie an den neu sich ent-
wickelnden Trieben ein reicher Yorrath von Nadeln zurückbleibt. Nur
sehr selten tritt die Krankheit eine längere Reihe von Jahren hinter-
einander in gleicher Heftigkeit auf, da die Witterungsverhältnisse
dem Keimen der Sporidien nicht immer gleich günstig sind, und da&
Auskeimen der Teleutosporen in eine Zeit fallen kann, in welcher
die meisten Fichten schon zu weit oder umgekehrt noch nicht weit
genug in der Triebbildung vorgerückt sind, um von den Sporidien
inficirt werden zu können. Mit Ausnahme eines Fichtenbestandes
im sächsischen Erzgebirge habe ich denn auch noch nie einen sehr
Beschädigungen durch Pflanzen. 151
empfindlichen Schaden durch Chrysomyxa Abietis beobachtet, viel-
mehr kommen immer wieder Jahre, in denen die Krankheit nur
sehr schwach auftritt, die Fichten einen vollen Jahrgang von
Nadeln sich zu beschaffen vermögen. Ich kann mich desshalb
auch nicht für die von Willkomm, Frank u. A. empfohlenen
Maassregeln zur Bekämpfung des Pilzes aussprechen, da ein Aus-
hieb der erkrankten Pflanzen u. dgl. schlimmer wäre, als das
Uebel selbst.
Nicht uninteressant dürfte die Beobachtung sein, dass in dem
strengen Winter 1879/80 die erkrankten Nadeln in vielen Gegen-
den vertrockneten und die Pilze somit nicht zur Entwicklung ge-
langten. Es ist ferner nicht selten gleichzeitig mit der Chryso-
myxa das Hysterium macrosporum auf den Nadeln anzutreffen,
wodurch letztere ebenfalls in der Entwicklung gestört und schwarz-
fleckig werden.
Chrysomyxa BJiododendri10).
Der Alpenrosenrost ist insofern von besonderem Interesse,
als er heteröcisch ist, seine Teleutosporen- und Uredolager in Ge-
stalt rundlicher und länglicher kleiner Polster gruppenweise auf
den Alpenrosenblättern entwickelt, während die Aecidien (Aeci-
dium abietinum, Fichtenblasenrost) auf den Nadeln der
neuen Fichtentriebe zur Entwicklung gelangen.
Das Auftreten der Fichtenkrankheit ist somit an die Gegen-
wart der Alpenrosen Rhododendron hirsutum und ferrugineum ge-
bunden, wenn auch selbstredend durch Regen und Wind eine
Verbreitung der Sporidien aus den Hochlagen in die Thäler nicht
ausgeschlossen ist. De Bary, dem wir die Kenntniss des Ent-
wicklungsganges dieses Parasiten verdanken, hat aber auch den
Nachweis geliefert, dass die Aecidienform entbehrlich ist, dass da,
wo Fichten fehlen, die Sporidien auf den Blättern der Alpenrosen
direct keimen und Uredolager erzeugen, die den Pilz im Sommer
erhalten und ausbreiten, bis im Herbste wiederum Teleutosporen-
lager auf den Blättern der jüngsten Alpenrosentriebe entstehen.
Diese überwintern und im nächsten Frühjahr erfolgt durch Aus-
keimen der Teleutosporen ein Sprengen der Blattepidermis
(Fig. 86).
in
) De Bary, Botanische Zeitung 1879.
152
I. Abschnitt.
Die Entwicklung des Parasiten in der Fichtennadel hat an-
fänglich Aehnlichkeit mit der der Chrysomyxa Abietis, doch schon
im Juli und August bemerkt man auf dem gelb gefärbten Nadel-
theile zuerst zahlreiche kleine Pünktchen, die Sperrnogonien, und
bald darauf die die Epidermis sprengenden gelben Blasen der
Aecidien, welche mit denen des Kiefernblasenrostes auf den Kiefern-
nadeln grosse Aehnlichkeit besitzen (Fig. 85). Wenn die Peridien
an der Spitze aufplatzen, dann stäuben im August und September
die Aecidiensporen in so grosser Masse, dass beim Schütteln einer
kranken Fichte eine dichte Sporenwolke die Luft erfüllt. Schon
im Laufe desselben Jahres sterben die erkrankten Nadeln und
Fig. 85.
Fichtennadel mit
Sperrnogonien und
Aecidien der Chryso-
myxa Rhododendri.
Fig. 86.
Teleutosporenlager von ChrysomyxaRhododendri
auf Rhododendron hirsutum, nach der Sprengung
der Blattoberhaut mit sich entwickelnden Promy-
celien (nach de Bary).
fallen ab. Dadurch unterscheidet sich dieser Parasit sofort von der
Chrysomyxa Abietis, die auf dem Baume im unreifen Zustande über-
wintert. An den Seitenzweigen erkranken meist nur die der oberen
Seite entspringenden Nadeln. Die Nadeln der Unterseite bleiben
gesund, weil sie durch die oberen gegen Infection geschützt waren.
Chrysomyxa Ledi11).
Dieser Parasit erzeugt auf der Fichte dieselbe Krankheitser-
scheinung, wie der vorige, seine Teleutosporen und Uredosporen
entwickeln sich dagegen auf den Blättern von Ledum palustre.
Nach brieflichen Mittheilungen tritt der Pilz in Russland in colos-
ii
) De Bary, Botanische Zeitung 1879.
1
Beschädigungen durch Pflanzen. 1&3
saler Verbreitung auf, neuerdings wurde er mir auch aus dem
Regierungsbezirke Königsberg zugesandt. Auch in anderen Gegenden
Deutschlands, mit Ausnahme des südlichen Theiles, ist er mehrfach be-
obachtet, selbstredend nur da, wo Kienporst in nächster Nähe auftritt.
Von den nun folgenden Parasiten sind bisher nur die Aecidien-
formen bekannt und bleibt mithin noch die Erforschung des Ent-
wicklungsganges der wohl sämmtlich heteröcischen Pilzformen der
Folgezeit vorbehalten.
Isolirte Aecidiumformen.
Unter denjenigen Aecidienformen, von denen uns zur Zeit noch
nicht bekannt ist, zu welchen Teleutosporenformen sie gehören, soll
hier nur auf die an Waldbäumen auftretenden Arten aufmerksam
gemacht werden.
Aecidium (Peridermium) elatinum12).
Dieser Parasit bewohnt und erzeugt die sogenannten Hexen-
besen und Krebsbeulen der Weisstanne, die überall da in
Deutschland zu beobachten sind, wo die Weisstanne in Beständen
auftritt. Da ich an 1- und 2-jährigen Hexenbesen immer in der
nächsten Nähe der Ansatzstelle, wo dieser aus einer Knospe der Weiss-
tanne sich entwickelt hatte, kleine Verwundungen beobachtet habe,
darf vorläufig angenommen werden, dass die Infection an solcher
Wundstelle erfolgt. Das Mycelium des Pilzes perennirt im Rinden-
und Bastgewebe des Stengels, wächst selbst in die Cambialschicht
und in den Holzkörper hinein und hat einen das Wachsthum
ungemein fördernden Einfluss. Findet die Infection an einem
Stamme oder Zweige statt, wo keine entwicklungsfähige Knospen
vorhanden sind, so entsteht daselbst durch die gesteigerte Wuchs-
geschwindigkeit des Cambiums eine beulenförmige Anschwellung,
die sowohl auf gesteigertem Holzwuchs als auf stärkerer Rinden-
entwicklung beruht (Fig. 87). Mit der Verbreitung des Mycels ver-
grössern sich die Beulen oder Krebsstellen und können gewaltige
Dimensionen annehmen, wenn sie am Stamme kräftiger Bäume
sich befinden. Das Rinden- und Bastgewebe erhält an solchen
Stellen aber frühzeitig Risse (Fig. 88), vertrocknet auch hier und
da bis auf den Holzkörper und es wird dadurch im Laufe der Zeit
12
) De Bary, Botanische Zeitung 1867.
154
I. Abschnitt.
dem Eindringen der Holzparasiten das Thor geöffnet. Einer der
häufigsten ist der Polyporus fulvus, der eine Weissfäule hervor-
ruft. Abbrechen des Stammes bei Sturm und Schneeanhang sind
oftmals Folgen dieser Holzzersetzimg. Man findet nicht selten
Beulen, die mit Hexenbesen in keinem Zusammenhang gestanden
Fig. 87.
Weisstannenbeule ohne Hexen-
besen. Natur 1. Gr.
haben (Fig. 87), und nie
kommt es an ihnen zu irgend
welcher Sporenentwicklung.
Häufiger erfolgt die In-
fection an oder in nächster
Nähe einer Knospe, und diese
bildet dann nach dem Aus-
treiben einen jungen Hexen-
besen, d. h. einen Zweig, in
dessen Rinde das nachwach-
sende Pilzmycel eine Wucherung, und in dessen jugendlichen Nadeln
der Parasit eine solche Veränderung hervorruft, dass sie viel kleiner
bleiben, einen mehr rundlichen Durchschnitt und fast gar kein
Chlorophyll zeigen. Sie bleiben gelblich und auf ihrer Unterseite
entstehen Anfangs August zwei Reihen Aecidien, die Ende August
sich öffnen und ihre Sporen ausstreuen (Fig. 89). Bald darauf
Fig. 88.
Längsschnitt durch eine 31jährige Weiss-
tannenbeule, die im 4 jährigen Alter durch
Infection entstanden ist; auf der rechten Seite
ist der Rindenkörper in der Mitte seit 3 Jahren
abgestorben, vertrocknet und abgebröckelt.
Rinde und Holzkörper des inficirten Theiles
mit gesteigertem Wachsthum. ljz.
Beschädigungen durch Pflanzen.
155
sterben die Nadeln und fallen ab. Der Hexenbesen ist
sommergrün. Alljährlich wandert nun das Mycel in die
Triebe nach und ruft dieselben zuvor geschilderten Erschein
hervor. Die Zweige dieser eigenthümlichen Doppelwesen ver
sich reichlich und streben meist aufwärts,
so dass sie als völlig selbstständige Organis-
men den gesunden Tannenzweigen aufsitzen,
ähnlich etwa den Mistelpflanzen. Das Mycel
wandert im Rinden- und Bastgewebe auch
langsam rückwärts und so entsteht an dem
somit
neuen
ungen
Fig. 89.
Tannenzweig mit 2 jährigem Hexenbesen (a).
Die Fortentwicklung des Mycels im Gewebe
des Zweiges hat bei b eine schlafende Knospe
ein Jahr später zum Austreiben veranlasst.
Der vom Mycel bewohnte Theil des Tannen-
zweiges zeigt starke Anschwellung.
Fig. 90.
Siebenjähriger Weisstannen-
hexenbesen im Winterzu-
stande, also nadellos. Der
Tannenzweig, auf dem er
entstanden ist, ist oberhalb
der Ansatzstelle fast ganz
verkümmert.
Stamme oder Zweige, dem der Besen aufsitzt, eine ebensolche Beule
oder Krebsstelle, wie ich sie zuvor beschrieben habe (Fig. 90). Diese
vergrössert sich selbstständig auch dann noch, wenn der Hexen-
besen bereits abgestorben ist, was zuweilen erst nach 20 und mehr
Jahren eintritt. Es ist schon in jungen Beständen jeder Baum,
156
I. Abschnitt.
an dessen Schaft sieb Krebsbeulen zeigen, bei den Durchforstungen
zu beseitigen auch dann, wenn er zu der dominirenden Stamni-
klasse gehört.
Aecidium strobilinum13).
Dieses Aecidium entwickelt sein Mycelium in den grünen,
lebenden Zapfen schuppen der Fichte, zerstört die Blüthentheile und
entwickelt vorzugsweise auf der inneren, theilweise auch auf der
Fig. 91.
Aecidien von Aeci-
dium strobilinum auf
der Oberseite einer
Fichtenzapfen-
schuppe.
/Z2r
1 f*
%
7
E
u
1 '.;
f ':
Fig. 92.
Fichtenzapfen-
schuppe , an deren
Aussenseite sich zwei
helle Narben finden,
auf denen die Aeci-
dien aus Aec. cono-
rum Piceae gesessen
haben.
Fig. 93.
Fichtenzweig, an dem ein Trieb a sich normal
entwickelt hat, zwei Triebet dagegen durch Aeci-
dium coruscans befallen sind. Alle Nadeln der
erkrankten Triebe sind kurz und fleischig und
zeigen auf den beiden oberen und unteren Seiten
die Aecidien. c Die Unterseite, d die Oberseite
einer erkrankten Nadel mit den Aecidien, deren
Peridie bei c noch vorhanden, bei d meist abge-
stossen ist. (c- u. d doppelte Grösse.)
äusseren Seite der Schuppen dicht gedrängt die halbkugeligen dun-
kelbraunen Aecidien, die sich meist durch einen Querriss öffnen
(Fig. 91). Fallen solche Zapfen zur Erde, so geben sie sich leicht da-
durch zu erkennen, dass sie auch bei feuchter Witterung „sperren",
während die gesunden Zapfen dicht geschlossen bleiben. Diese
Zapfenkrankheit kommt überall von Norddeutschland bis in die
Vorberge der Alpen vor.
JS) Reess, Die Rostpilzformen der deutschen Coniferen.
Beschädigungen durch Pflanzen.
157
Aecidium conorum Piceae13).
Dieser Zapfenpilz ist von dem vorigen dadurch verschieden,
dass auf der Aussenseite der Fichtenzapfenschuppen nur je zwei
grosse Aecidien stehen, die nach dem Aufplatzen der hellen Peri-
dien und nach dem Verstäuben helle Stellen zurücklassen (Fig. 92).
Aecidium coruscans14):
Dieser in Schweden und Finnland häufig auf der Fichte
vorkommende Rostpilz befällt sämmtliche Nadeln junger Triebe,
welche auf ihrer ganzen Länge oder nur stellenweise aufplatzen,
eine goldgelbe Farbe zeigen, mit einer Peridie bekleidet sind und in
ihrer Gesammtheit den Trieb als fleischigen Zapfen erscheinen lassen
(Fig. 93). Diese Zapfen werden unter dem Namen „Mjölkomlor"
in Schweden gegessen.
Caeoma Abietis pectinatae15)
hat mit dem Blasen- oder Säulenrost, Aecid. colum-
nare (Melampsora Goeppertiana) grosse Aehnlich-
keit, unterscheidet sich von ihm durch das Vor-
kommen zahlreicher Spermogonien und durch das
Fehlen der Peridie und tritt auf der Unterseite
der Tannennadeln in Gestalt meist länglicher,
gelber Sporenlager zu beiden Seiten der Mittelrippe Fig. 94.
auf (Fig. 94). Er ist in den bayerischen Alpen Weisstannen-
, . , „, . , i • T-» l i •. nadelrost.Caeoina
und in den Waldungen bei rassau sehr verbreitet Abietis pectinatae
und wohl überall da zu finden, wo die Weiss- auf Tannennadel.
tanne zu Hause ist.
Abfallen der erkrankten Nadeln im ersten Jahre ist der an
sich nicht erhebliche Schaden, der durch ihn veranlasst wird.
§ 18. Hymenoniycetes. (Hutpilze.)
Die Hutpilze gehören zum grössten Theile zu den Fäulniss-
bewohnern und entwickeln ihr Mycelium in der humusreichen Boden-
schicht oder im Innern abgestorbener Pflanzentheile, insbesondere
u) Reess, Die Rostpilzformen S. 100.
,5) Reess, Die Rostpilzformen S. 115.
|58 I- Abschnitt.
auch in todtem Holze, während die Fruchtträger oft in gewaltiger
Grösse auf der Bodenoberfläche oder ausserhalb der Pflanze zum
Vorschein kommen. Nur eine relativ geringe Anzahl der Hutpilze
ist zweifellos parasitären Charakters und für eine grosse Anzahl
wird erst die genauere Untersuchung ergeben, ob sie zu den Para-
siten oder Saprophyten zu zählen sind. Das Charakteristische in
der Sporenbildung besteht darin, dass diese zu je vier auf der
Spitze von Basidien simultan erzeugt werden und diese Basidien
eine mehr oder weniger dicht gedrängte Schicht (Hymenium)
auf einem Theile oder auf der ganzen Oberfläche des Fruchtträgers
darstellen.
Exobasidium.
Die Gattung Exobasidium erzeugt charakteristische Gallen-
bildunffen auf Blättern, Blüthen und Stengeln verschiedener Holz-
pflanzen, und die Basidien des vorwiegend intercellularen Mycels
drängen sich zwischen die Epidermiszellen nach aussen, um hier
auf der Oberfläche eine Hymenialschicht zu bilden. Ein eigent-
licher Fruchtträger kommt gar nicht zu Stande.
Exobasidium Vaccinii16).
Dieser Parasit erzeugt auf Vaccinium Vitis idaea, Vaccinium
Myrtillus und uliginosum Anschwellungen der Blätter, Blüthen und
Stengel, die, theils schön weiss, theils hellrosafarben, von den durch
Melampsora Goeppertiana verursachten Anschwellungen sich da-
durch unterscheiden, dass sie von den Sporen weiss bereift er-
scheinen, während bei jenen die glänzende Oberhaut das Sporen-
lager bedeckt, dass sie ferner mehr an der Unterseite der Blätter
oder an der Blüthentraube als am Stengel entstehen (Fig. 95). Die
mikroskopische Untersuchung lässt sofort erkennen, dass an der
Spitze der keulenförmigen Basidien auf vier zarten Sterigmen die
langen etwas gekrümmten Sporen stehen.
Auf den Blättern der Alpenrosen bildet derselbe Pilz, der
früher als besondere Art Exob. Rhododendri beschrieben wurde, die
bekannten „Alpenrosenäpfel" (Fig. 96). Sie haben die grösste
Aehnlichkeit mit manchen Cynipsgallen der Eichenblätter und sind
im ganzen Alpengebiet verbreitet, soweit die Alpenrosen vorkommen.
16) YVorcmin, Verhandl. der naturf. Gesellsch. zu Freiburg 1867 IV.
Beschädigungen durch Pflanzen.
159
Traraetes radiciperda17).
Der gefährlichste Parasit der Nadelholzbestände ist zweifellos
die Traraetes radiciperda, insofern sie nicht allein die am meisten
gefürchtete Art der Rothfäule, sondern auch vorzugsweise das
Lückigwerden der Nadelholzwaldungen in jüngerem oder höherem
Alter veranlasst. Sie ist von mir bisher an verschiedenen Kiefern-
arten, insbesondere Pinus silvestris und Strobus, dann vorzüglich
an Picea excelsa, Abies pectinata, Juniperus communis etc. beobachtet
worden. Zwar fand ich auch zuweilen Fruchtträger an den Wurzeln
Fig. 95.
Zweig von Vacciniuni Vitis idaea mit
Fruchtlagern von Exobasidium Vaccinii
auf den Blättern a a und im Stengel.
Fig. 96.
Alpenrosenäpfel auf Rhododendron
hirsutum.
alter Stöcke von Betula, an von Mäusen beschädigten Rothbuchen,
doch ist mir noch zweifelhaft, ob sie an Laubhölzern als Parasit auftritt.
Die Krankheit tritt nicht selten schon in 5 — 10jährigen Scho-
nungen, doch auch noch in 100jährigen Beständen auf, und sieht
man hier und da einzelne Pflanzen blassgrün werden und plötzlich
nach freudigem Wüchse absterben. Wir werden sehen, dass ganz
ähnliche Symptome der Erkrankung bei den durch Agaricus melleus
17) R: Hartig, Zersetzungserscheinungen des Holzes pag. 14ff. Taf. I — IV.
Unter dem Namen Polyp, annosus Fr. ist eine Mehrzahl verschiedener Pilz-
arten, darunter auch die Trametes radiciperda beschrieben. Diese Beschreibung
ist aber erst in der 2. Auflage von Fries Systema, welche einige Jahre später
erschien, als ich die Tr. radiciperda beschrieben hatte, in genügender Genauigkeit
enthalten. Dem Namen Tr. rad. gebührt desshalb auch die Priorität und ist vor-
zuziehen, weil jede Verwechselung ausgeschlossen ist.
160
I. Abschnitt.
inficirten Pflanzen zu beobachten sind. In der Nähe einer ge-
tödteten Pflanze, mag diese auf dem Stocke verblieben oder gefällt
worden sein, sterben bald darauf andere Bäume ab und so greift
im Laufe der Jahre in centrifugaler Richtung das Absterben weiter
um sich. Es entstehen grosse Lücken und Blossen in dem zuvor
völlig geschlossenen Bestände. In der Regel zeigt sich anfänglich
in einem Bestände nur eine oder eine sehr geringe Anzahl von
Fig. 97.
Fichtenwurzel mit Fruchtträger der
Trametes radiciperda. Vi-
Fig. 98.
Mycelbildungen der Trametes
radiciperda auf Fichtenwurzel,
deren äussere Rindenschuppen
im unteren Theile entfernt sind,
so dass das häutige Mycel bei
aa erkennbar ist, während im
oberen Theile nurMycelpolster/»
zwischen den Schuppen hervor-
stehen. 2/i •
kranken Stellen, haben diese einige Jahre sich vergrössert, dann sieht
man überall zerstreut im Bestände neue Krankheitsheerde entstehen.
Untersucht man die abgestorbenen Bäume an den Wurzeln,
so findet man bei den Kiefern meist nahe der Bodenoberfläche am
Wurzelstocke oder auch an tiefer eingedrungenen Wurzeln, bei der
Fichte vorherrschend nuir an den Wurzeln die auf der Hymenial-
fläche schneeweissen Fruchtträger (Fig. 97), die als sehr kleine gelb-
Beschädigungen durch Pflanzen. 161
weisse Pilzpolster zwischen den Rindenschuppen hervortreten, mit
ähnlichen Nachbarpolstern zu eins verschmelzen und ausnahmsweise
zu 30 — 40 cm Grösse heranwachsen. Zwischen den Rindenschüpp-
chen erkennt man sich verästelnde Mycelhäute, die von den
Mycelbildungen des Agaricus melleus durch äusserste Zartheit sich
unterscheiden (Fig. 98). Sie erreichen kaum die Stärke des feinsten
Seidenpapiers und nur da, wo sie zwischen den Rindenschuppen
hervorwachsen, schwellen sie zu gelbweissen Pilzpolstern von Steck-
nadelknopf- bis Erbsengrösse an. Die Wurzeln, und von ihnen
ausgehend das Stamminnere bis zu bedeutender Höhe hinauf
ist verfault (rothfaul) (Taf. Fig. 1). Nur bei der gemeinen Kiefer
steigt die Fäulniss über die Stockhöhe im Stamme nicht weiter
empor.
Die Lebensweise des Parasiten ist, in der Kürze dargestellt,
folgende. Die in der Hymenialschicht der unterirdischen Frucht-
träger entstehenden Sporen werden in der Regel nur dann weiter
sich verbreiten, wenn sie verschleppt werden. Da Fruchtträger
vorzugsweise da entstehen, wo Mäusegänge an kranken Wurzeln
vorübergehen, so liegt der Gedanke nahe, dass die Mäuse oder
andere in Erdhöhlungen lebende Thiere in ihrem Pelze die Sporen
verschleppen und gelegentlich an gesunde Wurzeln, vielleicht weit
entfernt von dort, abstreifen. Die Sporen keimen leicht in feucht-
warmer Luft und das Mycel kann, zwischen Rindenschuppen ein-
dringend, hier oder da in das lebende Rindengewebe gelangen.
Von nun an schlägt es einen zweifachen Entwicklungsgang ein.
Es dringt in den Holzkörper und wächst mit grosser Geschwindig-
keit in diesem stammaufwärts. Eine violette Färbung des Holzes
ist das äussere Symptom für den Zersetzungszustand, in welchem
der Inhalt der parenchymatischen Zellen durch die Fermentwirkung
des Mycels getödtet und gebräunt wurde. Diese verschwindet mit
dem Verlust des plasmatischen Zellinhalts und eine hellbräunlich-
o-elbe tritt an deren Stelle, wobei einzelne schwarze Flecken zu-
rückbleiben. Diese umgeben sich später mit einer weissen Zone,
und gleichzeitig wird das Holz immer leichter und schwamm-
artiger. Zuletzt entstehen zahlreiche Löcher, das Gewebe zerfasert,
ist wasserreich und hellbraungelb, nie schwarzbraun.
Die Pilzhyphen wachsen im Innenraum der Holzelemente auf-
wärts, durchbohren mit Leichtigkeit die Zellwandungen und indem
11
162 I- Abschnitt.
sie sich seitlich verästeln, gelangen sie auch in die Markstrahl-
zellen und in die Nachbarfasern. Die erste wahrnehmbare Verän-
derung des Holzes äussert sich, wie schon oben gesagt, in Bräunung
und theilweisem Verbrauch des Inhaltes der lebenden Zellen, so-
dann erfolgt eine vom Lumen nach aussen fortschreitende Umwand-
lung der Holzwandung in Cellulose, die schnell völlig aufgelöst
wird, bis zuletzt auch das zarte Skelett der Mittellamelle ver-
schwindet. Stellenweise erfolgt dieser Process mit grösserer Ge-
schwindigkeit. Es finden sich nämlich hier und da in unmittelbarer
Nachbarschaft der Markstrahlen die Tracheiden mit einer braunen
Flüssigkeit erfüllt, die, wahrscheinlich aus den Markstrahlen stam-
mend, das Pilzmycel sehr üppig ernährt und bräunt, so dass ein
Mycelnest von brauner Farbe entsteht. Von diesem wird dann
eine so energische Fermentwirkung ausgeübt, dass die incrustiren-
den Substanzen aus den benachbarten Tracheiden vollständig ver-
schwinden und diese auf mehrere Millimeter Entfernung hin völlig
in Cellulose umgewandelt und dadurch farblos, d. h. weiss werden.
Es löst sich dann fast unmittelbar nach der Umwandlung in Cellu-
lose die Mittellamelle vollständig auf und die einzelnen Holzor-
gane werden isolirt, so dass sie wie Asbestfäden bei Berührung
mit einer Nadel zerfallen. Sie werden allmälig aufgelöst und es
entstehen immer grösser werdende Löcher in der mürben Holz-
substanz.
Während in vorstehend dargestellter Weise die Zersetzung des
Holzes zuweilen bis in einer Höhe von 8 m und mehr durch das
Holzmycel herbeigeführt wird, wandert der Parasit im Rinden-
gewebe weit langsamer vorwärts und hat hierselbst drei ver-
schiedene Erscheinungen zur Folge. Indem das Mycel von der
Infectionsstelle aus sowohl der Wurzelspitze als dem Stamme zu-
wächst, tödtet es die Rinde und damit die Wurzel, und wenn es
nach Verlauf einiger Jahre den Stamm erreicht hat, tritt es vom
WWzelstock aus auch an die bisher gesund gebliebenen Wurzeln.
Sobald diese nun von der Krankheit ebenfalls ergriffen worden
sind, stirbt der Baum ab. Eine zweite Function des Rindenmycels
besteht in der Bildung der Fruchtträger, die hier und da an den
Wurzeln oder am Wurzelstock zwischen den Rindenschuppen her-
vortreten und zur Entstehung neuer kranker Stellen im Walde
führen, wie das bereits zuvor dargestellt wurde.
Beschädigungen durch Pflanzen.
163
Fig. 99.
Infection einer gesunden Fichtenwurzel
durch eine schwächere, dieselbe berüh-
rende, welche von Trametes radiciperda
getödtet worden ist. Von der Contact-
stelle ist beiderseits die Erkrankung so-
weit vorgeschritten, als die Figur dunkel
gezeichnet worden ist. 1/s der natürl. Gr.
Eine dritte Function ist die Verbreitung der Krankheit unter
der Erde durch Mycelinfection. Da, wo eine kranke Wurzel in
Berührung mit einer gesunden Wurzel eines Nachbarbaumes tritt
(Fig. 99) oder wohl gar mit dieser verwachsen ist, was ja im ge-
schlossenen Waldbestande ungemein oft beobachtet werden kann,
da wächst das Mycel, welches zwischen den Schuppen in Gestalt
kleiner Polster hervortritt, in die Rinde des Nachbarbaumes hin-
ein, und ist es leicht, einen
Baum künstlich zu inficiren,
wenn man ein Rindenstück mit
lebendem, noch zuwachsfähigem
Mycel auf dessen Wurzelrinde
auflegt und festbindet.
Durch unterirdische Ver-
breitung des Mycels von Stamm
zu Stamm entstehen jene Blossen
in den Waldungen, die sich all-
jährlich, durch Absterben der
Randbäume vergrössern, ohne dass man früher irgend eine Ursache
dieser Erscheinung angeben konnte. Die Krankheit gehört desshalb zu
den gefährlichsten Formen der „Rothfäule", weil die Holzverderbniss
schnell und weit im Stamm aufwärts steigt und zugleich den Tod der
Bäume nach sich zieht. Sie ist in den Kiefernwaldungen Norddeutsch-
lands ebenso verbreitet, wie in den Fichtenbeständen zumal der Vor-
berge, jedoch mit dem Unterschiede, dass die Kiefern, wenn sie vom
Parasiten getödtet werden, meist nur in den Wurzeln todt und faul
sind, dass aber der Stamm mit Ausschluss des Wurzelanlaufes keine
Zersetzungserscheinungen erkennen lässt. Im Wurzelstock pflegt
das Holz stark verharzt zu sein, und glaube ich nicht zu irren,
wenn ich in dem reichen Harzgehalte der Kiefer gerade im unteren
Stammtheile ein Hemmniss für das Emporwachsen des Pilzmycels
erblicke. Bei der harzärmeren Weymouthskiefer steigt die Holz-
zersetzung hoch im Stamme empor.
Es erscheint nothwendig, schon von Jugend auf in den Nadel-
holzbeständen die kranken oder getödteten Pflanzen zu entfernen.
In älteren Beständen kann man die erkrankte Stelle durch schmale
Stich graben isoliren, indem man in diesen Gräben alle Wurzeln
durchsticht oder durchhaut. Selbstredend wird man, um den Zweck
11*
1(34 I- Abschnitt.
zu erreichen, den Graben soweit von der Blosse in den Bestand
verlegen, dass voraussichtlich alle bereits erkrankten Bäume mit
eingeschlossen werden. Es genügt in der Regel, wenn man die
nächsten Randbäume der Blosse mit einschliesst. Bemerkt der
Arbeiter, dass eine todte Wurzel den Graben kreuzt,
dann muss an dieser Stelle der Graben etwas weiter in
den Bestand verlegt werden, weil sonst die Arbeit ver-
geblich sein würde. So unfehlbar dieses Verfahren ist, wenn
es correct ausgeführt wird, so schwer ist es, die correcte Aus-
führung im Grossen zu überwachen, so dass ich Bedenken trager
dieses Verfahren als im wirthschaftlichen Betriebe ausführbar noch
weiter zu empfehlen. Der Einwand, dass im Graben sich die
Fruchtträger entwickeln, erscheint nicht stichhaltig, da es ein
Leichtes ist, alljährlich einmal die Gräben zu revidiren und die
Fruchtträger zu beseitigen. Ist in einem Bestände der Pilz schon
an vielen Stellen zu bemerken, dann hilft auch die sorgfältigst
durchgeführte Isolirung nicht mehr. Die Blossen sind entweder
mit Laubholz aufzuforsten, oder wo dies aus irgend einem Grunde
unthunlich erscheint und man zum Nadelholz greifen muss, da sind
die jungen Aufforstungen im Auge zu behalten, um rechtzeitig
neuen Erkrankungen durch Ausreissen der inficirten Pflanzen zu
begegnen.
Trametes Pini20).
Dieser Parasit ist in den Kiefernbeständen Norddeutschlands
ungemein verbreitet, in Süddeutschland ist er weniger häufig und
tritt hier besonders in Fichtenbeständen auf. Er kommt ferner in
den Fichtenbeständen des Harzes, Thüringerwaldes, Schlesiens
und endlich auch in Lärchen- und Tannenbeständen des Riesenge-
birges vor.
Er erzeugt die sogenannte Rindschäle, Ringschäle oder
Kernschäle, die fast immer von den Aesten, also meist von der
Krone der Bäume ausgeht.
Die braunen, holzigen, ein Alter von 50 Jahren erreichenden
Fruchtträger kommen bei der Kiefer und Lärche nur an Ast-
stellen (Fig. 100), bei den Fichten und Tannen auch direct aus
'-'°) R. Hartig, Wichtige Krankheiten d. Waldbänme S. 43. Zersetzungs-
erscheinungen S. 32 Taf. V u. VI.
Beschädigungen durch Pflanzen.
165
der Rinde hervor, und variirt ihre Gestalt zwischen Krustenform
und Console.
Die an diesen Fruchtträgern alljährlich entstehenden Sporen
werden durch den Wind zerstreut, und wenn sie auf eine frische
Astwundstelle gelangen, welche durch Harzüberzug nicht geschützt
ist, so dringt der Keimschlauch ein und wächst in den Holzstamm,
Fig. 100.
Kiefern stammstück mit Fruchtträger von Trametes Pini.
a Gesundes Splintholz, b Verkientes Holz in der Nähe des Frucht-
trägers, c Zersetztes Holz, d Sporenerzeugende Kanäle, e Zuge-
wachsene ältere Kanäle. / Gezonte Oberseite. '/2 natürl. Grösse.
theils aufwärts, theils abwärts wandernd. Jüngere Bäume sind
desshalb vor Infection gesichert, weil etwaige Verwundungen sehr
schnell durch austretendes Terpentinöl geschützt werden. Erst von
dem Alter an, in welchem ein wasserarmes Kernholz sich bildet,
tritt dasselbe nicht mehr aus dem mittleren Theile einer Astwunde
hervor, derselbe wird angriffsfähig für Pilzsporen und desshalb
166
I. Abschnitt.
sieht man diese Zersetzung meist erst nach dem 50 sten Jahre
auftreten.
Das Mycel wächst mit Vorliebe in der Längsrichtung des
Stammes, die Verbreitung in horizontaler Rich-
tung erfolgt mit grösserer Geschwindigkeit inner-
halb derselben Jahresringe und so kommt es,
dass oftmals die Zersetzung als Kingschäle
auftritt, d. h. in peripherischen Zonen um einen
Theil oder um den ganzen Stamm stärker vor-
geschritten ist. Das Holz färbt sich zunächst
etwas tiefer rothbraun, sodann treten hier und
da weisse Flecke oder Löcher auf, die zumal
bei der Kiefer gern im Frühjahrsholze desselben
Jahresringes bleiben und sich in der Längs-
achse des Stammes vergrössern, so dass die
harzreichen Herbstholzzonen lange Zeit hindurch
allein übrig bleiben, bevor auch sie der Zer-
setzung anheimfallen. (Taf. Fig. 2.)
Auf der Grenze zwischen Splint und zer-
setztem Holze bildet sich eine harzreiche Zone,
die dem Vorrücken des Pilzmycels nach aussen
hindernd entgegentritt. Nur bei der harzarmen
Fig. 101. Tanne und an Fichtenästen fehlt diese Zone an
Tracheide von Pinus den mir vorliegenden Objecten, wesshalb auch
silvestris, durch Tra- -i -n-i i • o* n i v l • „•
metes Pini zerstört. der Pllz bis zur Rmde imd m diese hinein
Die primäre Zellwand leicht vorzudringen vermag. Die Fermentwirkung
ist bis zu a a völlig i t> •• • • u j • „„ Di„u
aufgelöst Die se- des " arasiten äussert sich da, wo wTeisse fetellen
cundäre und tertiäre auftreten, ähnlich der bei Tram, radicip. beschrie-
Wandschicht ist im , t\ ti ^ & • l i xxt i
unteren Theile nur benen- Der Holzstoff wird aus der Wand ex-
noch aus Cellulose trahirt und reine Cellulose bleibt zurück. Die
die C ^Kaikkörnchen Mittellamelle löst sich alsbald nach Verlust des
deutlich erkennbar Holzstoffes völlig auf, so dass die Tracheiden
werden b. Pilzfäden -, ..,,. s. a- • v ; ^
c durchbohren die vor der völligen Auflosung isolirt werden
Wände und hinter- (Fig. 101 aa — b). Die das Lumen begrenzende
lassen Löcher d und e. . t n i »ii. • u i- j. i
innerste Lamelle erhalt sich am längsten und
zeigt vor der Auflösung eine feine Körnelung, welche von den
Aschenbestandtheilen der Wandung herrührt.
Zur Fruchtträgerbildung kann es erst dann kommen, wenn
Beschädigungen durch Pflanzen. Jß7
sich der Pilz im Innern des Baumes reich entwickelt hat; es
wandert dann das Mycel an solchen Stellen, wo todte Aststutzen
die Splintschicht durchsetzen, nach aussen und entstehen dort die
Fruchtträger, nach deren gewaltsamer Entfernung sich in der Regel
eine Mehrzahl neuer Fruchtträger in kurzer Zeit bildet.
Es ist desshalb auch mit der Beseitigung dieser nicht gedient,
vielmehr müssen die „Sehwammbäume" bei den Durchforstungen
und „Totalitätshauungen" immer entfernt werden. Man beseitigt
damit die Gefahr der Infection und nützt den Stamm noch, bevor
er völlig durch die fortschreitende Zersetzung entwerthet ist. Oft-
mals ist die Krankheit, wenn schon „Schwämme" am oberen
Schafte zum Vorschein kommen, in den unteren werthvollen Stamm-
theil nicht hinabgestiegen und kann nach Ablängung des oberen
Theiles noch ein gutes Nutzende liegen bleiben. Wartet man mit
der Wegnahme der Schwammbäume bis zum Abtriebe des Be-
Standes, dann erhält man nur sehr geringwerthiges Anbruchholz.
Selbstredend ist auch dem frevelhaften Abreissen oder Absägen
grüner Aeste zu steuern, um die Möglichkeit der Infection zu ver-
mindern. Alte, von selbst abgestorbene Aeste können von dem
Pilze nicht angegriffen werden.
In der Nähe der Städte und Dörfer, wo viel gefrevelt wird,
zeigt sich diese Krankheit am häufigsten, ebenso in Bestandeslagen,
welche dem Winde stark exponirt sind und somit häufige Ast-
brüche zeigen.
Polyporus fulvus21).
Der Polyporus fulvus erzeugt eine Art von Weissfäule an
Tannen und Fichten, und tritt besonders gern in Verbindung
mit der Weisstannenkrebskrankheit auf. Offenbar erfolgt die
Infection in der Natur mit Vorliebe an solchen Stellen der
Krebsbeulen, wo die Rinde aufgeplatzt ist und der Holzkörper
frei liegt. Das Mycel ist anfänglich sehr kräftig, hat eine gelbliche
Farbe und entwickelt zahlreiche kurze Seitenäste, die darmartig
verschlungen sind und gern den Hofraum der Tracheiclentüpfel aus-
füllen. Von diesem kräftigen Mycel entspringen einzelne äusserst
zarte Seitenhyphen, welche sehr feine Bohrlöcher in den Wandun-
21) R. Hartig, Die Zersetzungserscheinungen des Holzes. Seite 40 ff.
Jß3 I- Abschnitt.
gen veranlassen. Erst in höheren Zersetzungsstadien sieht man,
dass die Mittellamelle zuerst verschwindet und dann die inzwischen
schon sehr verdünnten inneren Wandungen, die einige Zeit hindurch
isolirt sind, aufgelöst werden. In diesem Stadium ist das Mycel
von äusserster Feinheit. Das "Weisstannenholz erscheint gelblich
und zeigt bei genauer Betrachtung auf glattem Schnitte längliche
helle Flecken. Auf der Grenze gegen das gesunde Holz veranlassen
die kräftigen, gelbgefärbten Hyphen die Entstehung dunkler schmaler
Linien. (Taf. Fig. 4.)
Da das Weisstannenholz nicht im Stande ist, durch Bildung
einer stärkeren Harzzone das Vordringen des Mycels in die jüngsten
Holzschichten zu verhindern, so wächst dasselbe auch leicht nach
aussen in den Rindenkörper hinein und treten auf diesem durch
gleichmässiges Hervorwachsen des Mycels die Fruchtträger zum
Vorschein. Anfänglich halbkugelförmig, nehmen sie im Laufe der
Jahre immer mehr Consolenform an. Sie sind äusserlich auf der
Hymenialfläche gelbbraun, im Uebrigen aschgrau, fast glatt, ohne
Zonen und nur mit äusserst zarten Punkten oder Grübchen über-
säet. Das Innere ist löwengelb, glänzend, zeigt deutliche Zonen
mit Ausnahme der Porencanäle, welche alljährlich sich nach unten
verlängern, ohne irgend welche Zonen zu zeigen. Die Erfahrung,
dass Weisstannen mit Krebsbeulen früher oder später bei Schnee-
druck oder Sturm an der Krebsstelle brechen, hat in vielen Re-
vieren, z. B. im württembergischen Schwarzwalde, dahin geführt,
bei jeder Durchforstung alle Krebsstämme, auch wenn dies dorni-
nirende Bäume sind, zu fällen. Dadurch wird der Verbreitung des
Polyporus fulvus am sichersten entgegen getreten.
Polyporus borealis22).
Der Polyporus borealis erzeugt eine höchst eigenartige
Weissfäule der Fichte, die ich auch im Harze beobachtete,
die in den Salzburger und bayerischen Alpen und in den Fichten-
beständen bei München die verbreitetste Zersetzungsform der
Fichte ist. Infection und Fruchtträgerbildung erfolgen oberirdisch.
Die Fruchtträger fallen durch die weisse Färbung schon von weitem
auf, sind annuell, mehr oder weniger consolenförmig, oft in der
22) R. Hartig, Zersetzungserscheinungen, Seite 54 ff.
Beschädigungen durch Pflanzen.
169
Mehrzahl übereinander stehend und untereinander verwachsen. Sie
sind sehr wasserreich, auf der Oberfläche etwas zottig, ohne Zonen.
Das Holz verändert seine Farbe in Folge der Zersetzung nur
Fig. 102.
Zersetzung des Fichtenholzes durch Polyporus borealis.
a Tracheide mit üppig entwickeltem Mycel in einer aus den
Markstrahlen stammenden braungelben Flüssigkeit, b u. c Die
Pilzfäden sind noch bräunlich gefärbt und sehr kräftig entwickelt.
d u. e Die Wände sind schon sehr verdünnt, vielfach durch-
löchert. Die Pilzfäden sind schwächer ernährt und sehr fein.
/ Die Tipfei sind fast völlig zerstört, g u. lt Von den Wan-
dungen sind nur noch Reste vorhanden. Die Zerstörung der
Hoftipfel ist von i bis r zu verfolgen. Bei i ist der Hoftipfel
noch intact, bei k ist die eine Wandung des Linsenraumes schon
grösstentheils aufgelöst, und durch eine Kreislinie deren innere
Begrenzung zu erkennen. Bei / ist die eine Seite des Hoftipfels
ganz aufgelöst. Bei in bis n sieht man eine Reihe von Tipfein,
die nur noch auf einer Seite und zwar auf der mit der Schliess-
haut versehenen eine sehr zarte Wandung zeigen, auf welcher
bei Anfertigung des Präparates ein Riss entstanden ist. Von
o bis r sieht man Tipfei, deren beide Wände ganz oder theil-
weise aufgelöst sind. Nur bei p und q sind noch die ver-
dickten Theile der Schliesshaut zu finden. Bei s erkennt man
deutlich die streifige Structur der beiden Zellwände, welche unter
einander verbunden die gemeinsame Tracheidenwand darstellen.
Bei t sieht man Pilzhyphen, welche die Tracheiden in verticaler
Richtung durchziehen.
170 I- Abschnitt.
wenig. Es wird bräunlichgelb, und in dem Frühjahrsholze eines
jeden Jahrringes entstehen in senkrechten Abständen von 1 — llj2m.m
über einander horizontal verlaufende, von Mycelium erfüllte Lücken,
die dem Holze ein Ansehen gewähren, das einigermaassen dem
feinsten Schriftgranit ähnelt. (Taf. Fig. 8.)
Das Holz wird dabei immer leichter und mürber, zeigt aber
noch im letzten Stadium der gänzlichen Auflösung jene eigenartige
Structur. Wird das Holz im Anfange seiner Zersetzung freigelegt,
ohne auszutrocknen, dann wächst das Mycel nach aussen hervor
und bildet weisse Pilzhäute, deren Mycelfäden vorwiegend in hori-
zontaler Richtung verlaufen.
Wachsthum und zersetzende Wirkung ist in mehrfacher Rich-
tung charakteristisch. Die im ersten Stadium der Zersetzung gelb
gefärbten kräftigen Hyphen (Fig. 102 a, b) werden mit vorschrei-
tender Zersetzung durch immer zartere Fäden ersetzt, bis zuletzt
Hyphen sich bilden, die nur bei sehr starken Vergrösserungen noch
deutlich erkennbar sind. Das Mycel hat ein ausgesprochenes Be-
streben, theilweise in horizontaler Richtung rechtwinklig zur Längs-
axe der Organe zu wachsen (Fig. 102 t), und hat dies insbesondere
zur Folge, dass jene horizontalen Lücken im Holze entstehen.
Wesshalb diese nur in bestimmten Abständen von einander sich
bilden, vermochte ich nicht zu ergründen. Die Auflösung der
Zellwände erfolgt vom Lumen aus, nachdem schichtenweise eine
Umwandlung der Holzsubstanz in Cellulose vorangegangen ist. Die
feine Mittellamelle widersteht am längsten und wird erst in Cellu-
lose verwandelt und aufgelöst, nachdem die inneren Wandungstheile
völlig verschwunden sind.
Polyporus vapor arius23).
Dieser und der folgende Parasit, Pol. mollis, erzeugen eine Zer-
setzung, welche die grösste Aehnlichkeit mit der durch den Haus-
schwamm, Merulius lacrymans, hervorgerufenen Zerstörung besitzt.
Polyp, vaporarius kommt an Fichten und Kiefern ungemein
häufig vor, inficirt sowohl Wurzeln als oberirdische Wundflächen
und dringt zumal gern an Schälstellen des Rothwildes ein. Das
Holz wird rothbraun, trocken, rissig und immer ähnlicher dem halb
23
) R. Hartig, Zersetzungserscheinungen, Seite 45 ff. Taf. VIII.
Beschädigungen durch Pflanzen.
171
(Taf.
Fig.
5). Zwischen den
Fingern ge-
verkohlten Zustande
rieben zerfällt es in ein gelbes Mehl. Das Pilzmycel entwickelt
sich in den Spalten oder zwischen todtem Holz
und Rinde gern in Gestalt schneeweisser, reich
verästelter, wollig filziger Stränge; ähnlich man-
chen Mycelbildungen des Hausschwammes, und
vermuthe ich, ohne jedoch directe Beobachtungen
gemacht zu haben, dass diese an den todten
Wurzeln und Stöcken wuchernden Mycelstränge
eine unterirdische Infection der Nachbarbäume
auszuführen vermögen. Die Fruchtträger sind
völlig weiss, bilden Krusten und niemals Con-
solen. Sie entstehen auf dem zersetzten Holze,
auf todter Rinde, oder an den üppigen Mycel-
wucherungen und Strängen. Dieser Pilz tritt
sehr häufig am Bauholz in den Gebäuden auf
und wird wegen seiner mächtigen, oft fächer-
förmig, oft strangartig ausgebildeten Mycel-
massen meist mit dem ächten Hausschwamm,
Merulius lacrymans, verwechselt, dessen Mycel-
bildungen immer in kurzer Zeit eine aschgraue
Farbe bekommen. Was seine Bedeutung als
Hauszerstörer betrifft, so verweise ich auf die
kurzen Angaben bei Besprechung des Merulius
lacrymans.
Polyporus mollis24).
Dieser Parasit ist von mir nur an Kiefern
beobachtet. Er erzeugt eine der vorigen sehr
ähnliche Zersetzungsart, doch fehlen jene weissen,
verästelten Mycelstränge und wächst das Mycel
höchstens als feine kalkartige Kruste aus den
Spaltenwänden hervor. Höchst eigenartig und
intensiv ist der Geruch des Holzes, der an
Terpentingeruch erinnert, ohne damit völlig
identisch zu sein.
103.
Tracheide von Pinus,
durch Polyporus mol-
lis zerstört. DieCellu-
lose ist meist extra-
hirt und die Wände
bestehen vorzugswei-
se aus Holzgummi.
In trockenem Zustan-
de entstehen Risse
in der secundären
Wand, wogegen die
primäre Wand (a b)
unverändert bleibt.
Die spiralige Structur
der secundären Wand
veranlasst Kreuzung
der Spalten beider
benachbarten Zell-
wände an den Hof-
tipfeln c und den
Bohrlöchern de. Wo
keine Tipfei und
Bohrlöcher vorhan-
den siud, zeigen sich
einfache Spalten /.
24) R. Hartig, Zersetzungserscheinungen, Seite 49 ff. Taf. IX.
172 I- Abschnitt
Die Fruchtträger erscheinen am todten Holze oder aus
Borkenrissen der stehenden lebenden Bäume in Gestalt rothbrauner
Polster, die sich später zu undeutlichen Consolen entwickeln. Die
Porenschicht ist jung gelbgrün, färbt sich aber bei der leisesten
Berührung tiefroth.
Die Tracheiden zeigen bei höherer Zersetzung spiralige Risse
und Spalten (Fig. 103). Offenbar sind diese Spalten Folge des
Schwindens der immer ziemlich trocken bleibenden Substanz. Sie
sind auch die Ursache der leichten Zerreiblichkeit des Holzes.
Der Pol. vaporarius zeigt auch Risse und Spalten in den Zell-
wänden, doch verlaufen sie nicht im ganzen Umfange des Zell-
lumens, sondern sind klein und in grosser Zahl senkrecht über-
einanderstehend.
Polyporus sulphureus25).
Einer der verbreitetsten Parasiten der Eiche, Robinie, Erle,
der Baumweiden, Pappeln, Nussbäume und Birnbäume ist Poly-
porus sulphureus. Derselbe kommt auch auf Larix europaea
als Parasit vor.
Die Infection erfolgt an Astwunden und das Mycelium ver-
breitet sich schnell im Holzkörper, denselben rothbraun färbend
und austrocknend. Das Holz erhält zahlreiche Risse, in welche
hinein das Mycel wächst und colossale, aus verfilzten Hyphen be-
stehende Häute (Taf. Fig. 11) bildet. Bei den Laubhölzern füllen
sich die Gefässe schon in frühem Zersetzungsstadium mit dichter
Pilzmasse, sodass die Poren im Querschnitt als weisse Punkte, in
der Längsansicht als weisse Linien erscheinen. Die Wandungen
der Holzelemente werden gebräunt, sehr kohlenstoffreich, schrumpfen
stark zusammen, quellen aber bei Behandlung mit dünner Kalilauge
und lösen sich fast auf; die spiraligen Risse, die immer im Innern
der Faser von rechts nach links aufwärts steigen, dringen niemals
in die Mittellamelle vor.
Da, wo alte Aststutzen oder Baumwunden anderer Art dem
Mycel ermöglichen, nach aussen zu gelangen, wächst alljährlich
eine Gruppe von fleischigen, unterseits hellschwefelgelben, oberseits
hellrothgelben Fruchtträgern hervor, die durch ihre Grösse und
25) R. Hartig, Zersetzungsersclieinungen, Seite 110 ff.
De Seynes: Recherches pour servir ä l'histoire naturelle des vegetaux inferieurs 1888.
Beschädigungen durch Pflanzen. 173
weithin leuchtende Farbe die Aufmerksamkeit des Beobachters
leicht auf sich lenken. Die Hutsubstanz zeigt eine weisse Farbe
und käsige Beschaffenheit. Die Porencanäle zeigen eine Hymenial-
schicht mit keulenförmigen Basidien. Das Mycelium dieses Para-
siten entwickelt im Holze selbst sehr häufig runde Gouidien in
grosser Anzahl, die ich bei meiner Bearbeitung dieses Parasiten
zunächst als einer fremden Pilzart angehörend betrachtete. Er-
krankte Bäume sterben, bevor sie vom Sturm gebrochen werden,
recht oft auf der einen oder anderen Seite bis zur Rinde hin ab,
diese vertrocknet, fällt ab und das rothbraune faule Holz fällt dann
aus dem Bauminnern heraus. Es ist somit nicht ausgeschlossen,
dass durch das Verstäuben dieses faulen Holzes auch die Gonidien
in die Luft gelangen und zur Verbreitung des Parasiten beitragen.
Polyporus igniarius26).
Der gemeinste Parasit der meisten Laubholzbäume ist der
falsche Feuerschwamm, dessen holzzerstörende Wirkung ich
insbesondere bei Eichen genauer untersucht habe.
Die Infection erfolgt theils an Aesten, theils an Rindenwunden
und das Mycelium verbreitet sich schnell von da aus im Holzkörper.
Zunächst färbt sich das Holz tief braun und dann folgt eine hell-
gelbweisse Zersetzung, die häufigste Art der Weissfäule der Eiche
(Taf. Fig. 9). Das gelbweisse Holz wird immer leichter, weicher
und ähnelt in seinen Eigenschaften in etwas der zur Papierfabri-
cation hergestellten Cellulosemasse. Die anfänglich sehr kräf-
tigen, späterhin äusserst zarten und die Organe ganz ausfüllenden
Hyphen veranlassen eine Zersetzung, bei welcher zunächst die
inneren Wandungsschichten in Cellulose umgewandelt und aufgelöst
werden, bevor auch die Mittellamelle, die als zartes Skelett sich
lange Zeit erhält, in Cellulose verwandelt und aufgelöst wird.
Der Process hat mithin grosse Aehnlichkeit mit dem für Polyp,
borealis beschriebenen. Die Fruchtträger, welche meist unmittelbar
aus der vom Pilzmycel durchwachsenen Rinde hervorkommen, sind
anfänglich halbkugelförmig, später nehmen sie mehr oder weniger
die Hufform an. Sie sind bekannt genug und sei nur noch be-
merkt, dass sie im Gegensatz zu Pol. fulvus, dessen äussere Gestalt
26
) R. Hartig, Zersetzungserscheinungen, Seite 141 ff. Taf. XV und XVI.
174 I- Abschnitt.
eine ähnliche ist, concentrische Zonen und oft noch Risse in der
Oberfläche zeigen, während im Innern die Zonen auch durch die
Porencanalschichten sich fortsetzen.
Polyporus dryadeus27).
Dieser Eichenpilz veranlasst eine Zersetzungsforrn (Taf. Fig. 12),
bei welcher längliche, theils weisse, theils gelbliche Flecken mitten
im festen, die ursprüngliche Kernholzfarbe bewahrenden Holze
auftreten. Die weissen Flecken bestehen aus Elementen, die in Cellu-
lose umgewandelt und durch Auflösung der Mittellamelle isolirt
sind. Die gelblichen Stellen dagegen zeigen eine Zerstörung der
Zellen, die der durch Polyp, igniarius sehr ähnlich und durch
längste Widerstandsfähigkeit der Mittellamelle ausgezeichnet ist.
Die weissen Stellen werden am ehesten aufgelöst und entstehen
dadurch Löcher, eingefasst von sehr harten Wandungen. Unter
lebhaftem Luftzutritt färbt sich das Holz zimmetbraun und ver-
wandelt sich in eine aus braunen, derben Hyphen bestehende
Pilzmasse.
Die grossen hufförmigen annuellen Fruchtträger sind zimmet-
braun und kommen an alten Aststellen oder aus der Rinde hervor.
Sie sind von geringer Dauer und findet man nur selten intacte
Exemplare.
Wenn Pol. dryadeus und igniarius gleichzeitig in einer
Eiche sich verbreiten und ihre Hyphen sich begegnen, so entsteht
auf der Grenze eine eigenartige Zersetzungsform, indem das Holz
gelblichweiss und ähnlich dem von Pol. igniarius allein zersetzten
Holze wird, sämmtliche grössere Markstrahlen aber schnee-
weisse Bänder darstellen, deren Untersuchung ergiebt, dass sie
oft nur aus völlig unveränderten Stärkemehlkörnern bestehen,
während die Zellwandungen fast völlig aufgelöst und verschwunden
oder in Cellulose umgewandelt sind.
Hydnum diversidens28).
An Eichen und Rothbuchen findet sich häufig ein Parasit,
dessen Fruchtträger gelbweiss, theils krusten-, theils consolen-
förmig und dadurch ausgezeichnet sind, dass die Hymenialschicht
27) R. Hartig, Zersetzungserscheinungen, Seite 124 Taf. XVII.
28) R. Hartig, Zersetzungserscheinungen, Seite 124 ff. Taf. XII.
Beschädigungen durch Pflanzen. 175
auf ungleichlangen abwärts gerichteten Stacheln sich befindet. Die
Hymenialschicht ist anfänglich eine einfache. Periodisch verdickt
sich dieselbe, indem die Hyphen zwischen die letzte Schicht hin-
durchwachsen und ein neues Hymenium bilden. Dieser Process
wiederholt sich zumal an dem unteren Theile der Stacheln 5 — 8 mal,
wodurch diese sich stark verdicken und die Hymenialschicht
5 — 8 mal geschichtet erscheint.
Die Zersetzung, welche von den inficirten Wundstellen des
Stammes ausgeht, veranlasst ebenfalls eine Weissfäule. Die Fär-
bung ist eine gelblich aschgraue, anfänglich streifenweise abwech-
selnd mit einer hellbräunlichen Farbe, die insbesondere längere
Zeit den Markstrahlen verbleibt (Taf. Fig. 10). In höheren Zer-
setzungsstadien entstehen schneeweisse Mycelhäute an Stelle ein-
zelner stark zersetzter Frühjahrsschichten.
Das Eigenthümliche in der Fermentwirkung besteht darin,
dass die inneren Zellwandschichten, ohne in Cellulose sich zu ver-
wandeln, zu einer Gallerte aufquellen, bevor sie völlig aufgelöst
wrerden, während die Mittellamellen am längsten der Auflösung
widerstehen.
Thelephora Perdix29).
Eine durch ganz Deutschland weit verbreitete Erkrankungs-
form des Eichenholzes ist die, welche ihrer eigenartigen Färbung
wegen Rep huhnholz genannt wird, indem man dieselbe verglich
mit dem weiss gesprenkelten Gefieder bestimmter Körpertheile des
Rephuhnes. Das kranke Holz färbt sich zunächst tief rothbraun,
und dann kommen in einem gewissen Zusammenhange mit grossen
Spiegelfasern weisse Flecken auf dunklem Grunde zum Vorschein,
die sich in weiss ausgekleidete scharf umgrenzte Höhlungen um-
wandeln. Mit zunehmender Grösse der Höhlungen, die von ein-
ander durch feste braune Holzwände getrennt sind, erhält das Holz
Aehnlichkeit mit manchen durch Ameisen zerfressenen Hölzern
und in der That wird es oft mit solchen verwechselt (Taf. Fig. 7).
Es ist hervorzuheben, dass jede Höhlung für sich in der Regel ge-
schlossen bleibt, bis die völlige Zerstörung eintritt. Das Mycelium
veranlasst im Eichenholz zuerst eine Bräun unsr des Inhaltes der
parenchymatischen Organe. Die Stärkekörner verlieren die blaue
29
) R. Hartig, Zersetzungserscheinungen, Seite 103 ff.
176
I. Abschnitt.
Reaction auf Jod allmälig von aussen nach innen fortschreitend und
bleiben in den mittleren Markstrahlenreihen farblose Hüllen zurück,
die zuletzt ebenfalls zerstört werden (Fig. 104).
Da, wo die weissen Flecken entstehen, sowie in der Wandung
der weissen Höhlungen werden sämmtliche Organe in Cellulose
Fig. 104.
Zersetzung des Eichenholzes durch Thelephora Perdix.
a Tracheiden mit einzelnen Pilzfäden und Pilzbohrlöchern.
h Holzparenchym mit Stärkekörnern, die zum Theil in der Auf-
lösung begriffen sind, indem die Granulöse von aussen nach innen
verschwindet, c Gefäss mit Pilzhyphen. d Sclerenchymfaser
mit Pilzfäden und Bohrlöchern, e u. / Tracheiden, deren pri-
märe Wand aufgelöst ist, so dass die Isolirung vollständig ist.
Die verdickten Scheiben der Hoftipfel liegen ebenfalls isolirt
zwischen den Tracheiden. Eine Kreuzung der Hoftipfelspalten
ist nicht mehr vorhanden, weil die Organe isolirt sind, g Völlig
isolirte und der völligen Auflösung nahe Holzparenchymzellen.
h Tracheide vor völliger Auflösung, i Sclerenchymfasern stark
zersetzt, k Tracheide, deren Wandung vor der Auflösung in
Spalten sich getrennt hat.
verwandelt, die Mittellamelle aufgelöst und dadurch Isolirung der
einzelnen Elemente des Holzes bewirkt (Fig. 104 e — k). Auffälliger-
weise verändert sich der Zersetzungsprocess in der Umgebung
der Höhlungen, wenn solche grösser geworden sind. Diese er-
Beschädigungen durch Pflanzen. 177
scheinen dann nicht mehr weiss, sondern graugelb, zeigen reich-
lichen Mycelfilz, welcher die Wandungen an zahllosen Stellen
durchbohrt. Eine Umwandlung in Cellulose findet nicht statt,
vielmehr erfolgt die Auflösung der Substanz theils durch Ver-
größerung der Bohrlöcher, theils durch Verdünnung der Wandungen
vom Lumen aus.
Wo sich Spalten oder andere Hohlräume im kranken Holze
befinden, oder auf der Aussenseite getödteter Aeste entstehen die
Fruchtträger des Parasiten als 1 mm bis 1 cm grosse Krusten auf
dem Holze. Dieselben sind braungelb gefärbt und bestehen aus
einer Schicht rechtwinkelig zur Oberfläche stehender Hyphen, die
in etwas keulenförmig gestaltete, mit eigenthümlichen haarförmigen
Verdickungen besetzte Basidien enden. Nur ein Theil derselben
erzeugt je 4 Sporen, die steril bleibenden wachsen in einer folgen-
den Vegetationsperiode zu einer neuen Hymenialschichte aus, wobei
sie sich hier und da durch Seitensprossung verästeln. Ein Frucht-
träger zeigt im Durchschnitt, je nach seinem Alter, mehr oder
weniger Schichtungen, von denen nur die jüngste eine helle Fär-
bung besitzt, die älteren dagegen tiefbraun gefärbt sind. Nach
dem schliesslichen Absterben erscheinen die Fruchtträger völlig
dunkelbraun.
Stereum hirsutum30).
Eine sehr auffällige und charakteristische Zersetzungsform der
Eiche ist die durch Stereum hirsutum hervorgerufene. In der
Praxis wird solches Holz als „gelb- oder weisspfeifig" bezeichnet.
Meist in bestimmt concentrischen Zonen, die anfänglich einseitig,
später um den Stamm geschlossen sind, tritt zunächst Bräunung
ein, worauf dann stellenweise schneeweisse oder gelbliche Streifen
im Längschnitte, weisse Punkte im Querschnitte (Fliegenholz)
(Taf. Fig. 8) auftreten. Oft wird auch das ganze Holz gleich-
massig in eine gelbliche Masse verwandelt und zwar dann, wenn
dem Sauerstoff der Luft der Zutritt sehr erleichtert ist, wie im
Splintholz, an Aststutzen u. s. w. Es scheint auch kaum zweifel-
haft zu sein, dass dieser Pilz als Saprophyt eine grosse Rolle
spielt und an natürlich absterbenden Aesten sich ansiedelt. Das
Mycel verändert in den weissen Streifen das Holz in Cellulose,
30) R. Hartig, Zersetzungserscheinungen, S. 129 ff. Taf. XVIII.
Hart ig, Baumkraukheiten, 2. Aufl. 12
178 I- Abschnitt.
die Mittellamelle verschwindet bald, so dass die Organe isolirt
werden; in den gelblichen Holzpartien dagegen schreitet, wie bei
Pol. igniarius, die Auflösung vom Lumen aus vor und eine Um-
wandlung in Cellulose geht nicht voraus. Die Fruchtträger ent-
wickeln sich meist auf der Rinde anfänglich als Krusten, später
mit deutlich horizontal abstehendem oberen Rande, welcher auf
der Aussenseite rauh behaart, braun und schwach gezont ist.
Polyporus fomentarius.
Der bekannte Zunderschwamm, welcher an Rothbuchen und
Eichen auftritt, veranlast eine Weissfäule und sein Mycel tritt gern
in Spalten des zerstörten Holzes in üppiger Entwicklung lappen-
und hautartig auf. Eine genauere Untersuchung fehlt noch.
Polyporus betulinus31).
An Birken zeigt sich hier und da in reicher Entwicklung der
Polyp, betulinus, dessen unterseits weisse, oben braungrau gefärbte
behaarte Fruchtträger kugelförmig zum Vorschein kommen, und
dann zu umgekehrten, oben gewölbten Consolen heranwachsen.
Die durch diese Parasiten veranlasste Zersetzung ist eine Roth-
fäule.
Polyporus laevigatus31).
Dieser Parasit veranlasst an den Birken eine Weissfäule. Seine
Fruchtträger erscheinen als dunkelbraune porenreiche Krusten auf
der Rinde.
Unter den Polyporusarten treten zweifellos noch zahlreiche
Formen als Parasiten im Holze der Bäume auf, doch wurden sie
noch keiner Untersuchung unterworfen. An Weymouthskiefern,
Kiefern und Lärchen kommt nach P. Magnus Polyporus Schweinitzii
vor und scheint parasitisch zu leben.
Erwähnenswerth sind noch Daedalea quercina, ein an alten
Eichenstöcken überall verbreiteter Pilz mit grossen Consolen, die auf
der Unterseite die Hymenialschicht theils in Poren, theils auf
Lamellen tragen. Die Zersetzung ist eine solche, welche das Eichen-
holz graubraun färbt. Nachdem ich den Pilz an Astwunden älterer
31) D. H. Mayr, Botanisches Centralblatt 1885.
Beschädigungen durch Pflanzen. J79
Eichen kräftig entwickelt fand, verrnuthe ich in ihm ebenfalls einen
Parasiten.
Fistulina hepatica, der Leberpilz, veranlasst eine tief rothbraune
Zersetzung des Eichenholzes.
Gegen alle die vorgenannten, an oberirdischen Wundstellen
eindringenden Holzparasiten kann nur in der Weise angekämpft
werden, dass einerseits alle Veranlassungen zur Entstehung von
Baumwunden soviel als möglich vermieden werden, worüber noch
in dem Abschnitt über die Verwundungen zu sprechen ist, dass
andererseits da, wo Verwundungen dem Baume absichtlich zugefügt
werden, wie bei der Baumästung, hierbei die nöthigen Vorsichtsmaass-
regeln angewendet werden, insbesondere die Herstellung eines antisep-
tischen Verbandes in Form von Theeranstrich sofort ausgeführt wird.
Säuberung des Waldes von anbrüchigen, mit den Frucht-
trägern der Parasiten besetzten Bäumen ist dabei im Auge zu be-
halten, womit nicht gesagt sein soll, dass man alle alten Eichen,
die schon faul sind, rücksichtslos zu fällen habe. In der Nähe der
frequenteren Wege, an geeigneten Punkten wird der Forstmann aus
Gründen der Waldschönheit alte Bäume und schöne Waldpartien
stehen lassen, wenn auch der Nutzen dieser Maassregel sich nicht
sofort in Geldwerth baar nachweisen lässt.
Agaricus melleus32). Der Hallimasch oder Honigpilz.
Zu den verbreitetsten und verderblichsten Parasiten gehört der
Hallimasch oder Honig pilz, Agaricus melleus. Derselbe
lebt als solcher an sämmtlichen Nadelholzbäumen Europas, tödtet
auch die aus Japan, Amerika u. s. w. bei uns eingeführten Coni-
feren und ist von mir sogar im verkieselten Holze des Cupres-
sinoxylon erkannt worden. Unter den Laubholzbäumen scheint er
auf Prunus avium und Pr. domestica als Parasit aufzutreten, da-
gegen kommt er überall als Saprophyt nicht nur an todten Wurzeln
und Stöcken sämmtlicher Laub- und Nadelholzbäume, sondern auch
an verbautem Holze an Brücken, in Wasserleitungsröhren, Berg-
werken u. s. w. vor. Mehrfach ist angegeben worden, dass der-
selbe auch am Weinstock als Parasit auftrete, doch hatte ich noch
32) R. Hartig, Wichtige Krankheiten d. Waldbäume 1874 S. 12 ff. Taf. I u. IL
R. Hartig, Zersetzungserscheinungen, S. 59ff. Taf. XI Fig. 1 — 5.
I
o*
180
I. Abschnitt.
keine Gelegenheit, mich von der Richtigkeit dieser Angaben zu
überzeugen. Die am Weinstock auftretenden Rhizomorphen, die
ich bisher gesehen habe, gehörten der Dematophora necatrix an.
Die Krankheit tritt oft schon an 3 — 5jährigen Pflanzen auf,
tödtet aber auch 100jährige Fichten, Kiefern u. s. w.; und erkennt
man sie daran, dass nach Entfernung der Rinde am Wurzelstock
und an den Wurzeln ein schneeweisses derbes Mycelium (Fig. 106, cc)
zum Vorschein tritt, welches an älteren Stämmen zuweilen 3 m und
höher unter der Rinde
der noch lebenden Bäu-
me emporsteigt. An
den Wurzeln sieht man
mehr oder weniger zahl-
reiche , schwarzbraune,
glänzende, hier und da
sich verästelnde Stränge
von 1 — 2 mm Durch-
messer haften, welche
in Verbinduna; mit den
weissen Mycelflächen
unter der Rinde stehen,
die Wurzeln aber auch
hier und da nur äusser-
lich umklammern.
Yicr 105 Den stärkeren Wur-
Junge Kiefer von Agaricus melleus getödtet, mit zeln haltet ausserlich
vielen Fruchtträgern, welche aus der Riude des 0£^ eine grosse Meno-e
Wurzelstockes hervorgebrochen sind. An den War- .
zeln finden sich verästelte Rhizomorphenstränge. von lerpentmol und
Harz an, das mit den
Erdtheilchen vermengt eine feste Masse um den Wurzelstock bildet
(Fig. 105). Die erkrankten Pflanzen sind selten früher als ein Jahr vor
ihrem schnell eintretenden Tode durch bleiche Färbung oder kurze
Triebe zu erkennen. Gräbt man aber eine scheinbar völlig gesunde
Pflanze aus unmittelbarer Nähe einer sichtbar erkrankten oder todten
Pflanze sorgfältig aus, so wird man in der Regel an deren Wurzeln
eine oder mehrere Infectionsstellen entdecken, woselbst ein schwarzer
Rhizomorphenstrang sich in die Rinde eingebohrt hat (Fig. 106 a),
und wenn man die Rinde sorgfältig abhebt, so erkennt man,
Beschädigungen durch Pflanzen.
181
dass sich von der Einbohrungsstelle (Fig. 106 b) aus jener Strang
zu einem schneeweissen Körper verbreitert, welcher im lebenden
Rindengewebe sich weiter entwickelt hat und soweit dies gesche-
hen, eine Bräunung, also Tödtung desselben bewirkte (Fig. 106 cc).
Fig. 106.
Lebende Fichtenwurzel mit zwei
frischen Infectionsstellen , an
denen der Rhizomorphenstrang
a b in die Rinde eingedrungen
ist. An der stärkeren Wurzel
ist die Rinde von d bis d ent-
fernt, um das bei b eingedrun-
gene Mycel c c zu zeigen.
Fig. 107.
Fruchtträger von
Agaricus melleus auf
einem Rhizomorphen-
strang entstanden, wäh-
rend ein Seitenzweig nur
verkümmerte Frucht-
träger trägt.
Das in der lebenden Rinde
wachsende Mycel ist durch
fächerförmige Ausbreitung und
hautartige Gestalt ausgezeichnet.
Es geht sehr leicht wieder in
jene rundliche Strangform über,
die einerseits aus den Wurzeln
hervorwächst, anderseits zwi-
schen Holz und Rinde sich
weiter entwickelt, wenn der Baum getödtet und durch Zusammen-
schrumpfen der Rinde Platz für die Entwicklung dieser Stränge
gegeben ist, die sich dann reichlich und zweigartig verästelnd, den
todten Holzstamm netzartig umspinnen. Die den Wurzeln entsprin-
132 I- Abschnitt.
genden Rhizomorphen verbreiten die Krankheit unterirdisch von
Stamm zu Stamm, indem sie selten tiefer als 10 cm unter der Ober-
fläche fortwachsend sich in gesunde Nadelholzwurzeln einbohren, wenn
sie auf diese stossen (Fig. 106). Im Herbste, von Ende August bis
October, sieht man an den im Boden frei wachsenden Rhizomorphen,
sowie aus der Rinde der durch den Parasiten getödteten Bäume,
zumal am Wurzelstock (Fig. 105) die grossen bekannten Fruchtträger
(Fig. 107) zur Entwicklung gelangen und verweise ich auf das, was ich
hierüber an dem bezeichneten Orte veröffentlicht habe. Die weissen
Sporen dieser Hutpilze werden durch den Wind verbreitet oder ver-
schleppt, entwickeln zunächst ein fädiges Mycel und aus diesem geht
sodann die als Rhizomorpha bezeichnete Mycelforrn hervor, wie sehr
leicht durch Sporenaussaat in Zwetschenextract zu beweisen ist. Die
Krankheitserscheinungen sind nur erklärbar aus der eigenthümlichen
Organisation der im Rindengewebe lebenden Mycelbildungen. Die
Rhizomorphenspitze (Fig. 108) besteht aus zartem Scheinparenchym,
welches, durch Zelltheilungs- und Zellwachsthumsprocesse sich ver-
längernd, in gewisser Entfernung von der Spitze nach innen zu
zarten Hyphen auskeimt und dadurch ein filzartiges Gewebe im
Innern, Mark genannt, entstehen lässt. Die äusseren Theile des
Scheinparenchyms (Fig. 108 c) dagegen verschmelzen untereinander
zu der sogenannten Rinde (Fig. 109 d), der im jugendlichen Alter
zahllose zarte Hyphen entsprossen, die durch Vermittlung der
Markstrahlen in den Holzkörper, zumal mit Vorliebe in die etwa
vorhandenen Harzkanäle eindringen und in diesen aufwärts wachsen.
Dieses fädige Mycelium eilt im Innern des Holzstammes den in
der Rinde wachsenden Rhizomorphen schnell voraus und zerstört
das in der Umgebung der Harzkanäle befindliche Parenchym voll-
ständig, wobei allem Anscheine nach eine theilweise Umwandlung
des Zelleninhalts und der Zellwandungen in Terpentinöl stattfindet
(Fig. 109). Das Terpentinöl senkt sich durch eigene Schwere ab-
wärts und strömt im Wurzelstocke, woselbst die Rinde durch die
Rhizomorpha getöcltet und vertrocknet ist, nach aussen hervor, er-
giesst sich theils zwischen Holz und Rinde, theils an Stellen, wo
letztere beim Vertrocknen zerplatzt ist, frei nach aussen in die
umgebenden Erdschichten. Die Krankheit wurde desshalb früher
als „Harzsticken", „Harzüberfülle" bezeichnet. In den oberen
Stammtheilen, soweit Cambium und Rinde noch gesund sind,
Beschädigungen durch Pflanzen.
183
strömt das Terpentinöl aus den zerstörten Kanälen auch seitwärts
durch Vermittlung der Markstrahlkanäle dem Cambium und der
Rinde zu. In letzterer veranlasst dieser Zudrang die Entstehung
grosser Harzbeulen; im Cambium; wenn dieses im Sommer die neue
Fig. 108.
Längsschnitt durch eine Rhizo-
morphenspitze, deren äusseren
Hyphen zahlreiche haarartige Fä-
den a a entspringen, während im
Inneren die centralen Zellen sich
in geringer Entfernung von der
Spitze stark vergrössern b, während
die in der Peripherie stehenden
Hyphen c enger bleiben und zu
dem Rindenscheinparenchym ver-
schmelzen, d d ist die Grenze der
den Strang umgebenden Gallert-
schicht.
Fig. 109.
Querschnitt durch Rinde und Holz einer von
Rhizomorpha getödteten Kiefernwurzel, a Ge-
todtetes Bastgewebe, b Getödtete Cambial-
region. c Rhizomorphenmark. d d Rinden-
scheinparenchym des Rhizomorphenstranges.
e e Hyphenfäden, welche von den Rhizo-
morphen in den Holzstamm wachsen. / Ge-
tödtete, unfertige Holzzellen, g Völlig zer-
störter Harzgang, dessen parenchymatische
Nachbarzellen ebenfalls aufgelöst sind.
Jahrringsbildung vermittelt, veranlasst es die Entstehung zahl-
reicher, ungemein grosser und abnorm gebildeter Harzkanäle, durch
welche der Holzring des Krankheitsjahres sehr auffällig charakteri-
sirt wird.
Aus den Markstrahlzellen und den Harzkanälen verbreitet sich
134 I. Abschnitt.
allmälig das Mycel auch in die leitenden Organe des Holzkörpers
und veranlasst eine Zersetzungsform, die als eine Art Weissfäule
zu bezeichnen ist. Bei der von der Oberfläche des Stammes nach
innen fortschreitenden Zersetzung tritt ein bestimmtes Stadium ein,
welches für die Entwicklung des Mycels in hohem Grade fördernd
ist. Dasselbe, welches zuvor einfach fädig und mit reichlichen
Seitenhyphen versehen ist, entwickelt alsdann grosse blasenförmige
Anschwellungen, ja die Hyphen verwandeln sich gleichsam in ein
grossmaschiges Parenchym, welches ähnlich den Thyllen in den
Gefässen mancher Laubholzbäume das Lumen der Tracheiden voll-
ständig ausfüllt. Da in diesem Zustande das Mycel eine braune
Färbung annimmt, erscheint die Region des kranken Holzes, in
welcher derartiges Mycel sich befindet, dem unbewaffneten Auge
als eine schwarze Linie. Meist ist nur eine 3 — 4 Tracheiden breite
Zone mit solchem Mycel erfüllt, denn bald stirbt dasselbe ab, wird
aufgelöst und ein einfach fädiges, zartes Mycel tritt an die Stelle.
Die Wandungen der Holzelemente zeigen nunmehr Cellulosereaction
und lösen sich vom Lumen aus schnell auf.
Da die Bäume vertrocknen, nachdem die Rhizomorphen von
der inficirten Stelle der Wurzel aus den Stamm erreicht und von
hier aus diejenigen Wurzeln, welche bisher gesund geblieben waren,
ergriffen haben, so wird der Zersetzung des Holzstammes durch
das Dürrwerden desselben in der Regel eine Grenze gesetzt, bevor
das Mycel aus den Splintschichten in den Kern vorgerückt ist.
Nur an Stöcken und Wurzeln verbreitet sich dieselbe schnell über
das ganze Stamminnere.
Was die praktischen Maassregeln betrifft, die wir gegen diesen
Parasiten ergreifen können, so sind diese dieselben, die ich gegen
Trametes radiciperda empfohlen habe (cf. S. 163).
Die Zerstörungen des Bauholzes durch Pilze.
Wenngleich die Krankheiten des gefällten Holzes streng ge-
nommen nicht in einem Lehrbuch der Baumkrankheiten zu be-
sprechen sind, so mag doch eine kurz gedrängte Zusammenstellung
meiner diesbezüglichen Arbeitsresultate hier Platz finden33).
33) Der ächte Hausschwamm (Merulius lacrymans). Berlin. Springer 1885;
und Die Rothstreifigkeit des Bau- u. Blochholzes und die Trockenfäule. Allg.
Forst- u. Jagd-Zeitg. November 1887.
Beschädigungen durch Pflanzen. ISb
Blicken wir auf die Behandlung des Bau- und Bloeliholzes
vor der Verwendung, d. h. im Walde und auf den Transport zur
Baustelle, so ist zunächst zu constatiren, dass bei der Fällung in
der Regel nur gesundes Holz als Bau- und Nutzholz ausgehalten
wird. Immerhin kann es vorkommen, dass einmal ein Bloch oder
Balken abgegeben wird, der bei der weiteren Verarbeitung sich als
krank herausstellt. Es kann das seinen Grund darin haben, dass
■ein an einer Aststelle eingedrungener Parasit sich nach oben und
unten noch nicht bis zu der Schnittfläche ausgebreitet hatte und
somit bei der Abgabe des Holzes das Zerstörungswerk dieses Pilzes
unmöglich erkannt werden konnte. Recht oft werden aber von er-
krankten Bäumen die sichtlich, d. h. durch Bräunung u. s. w. er-
kennbaren Theile abgeschnitten, bis der Sägeschnitt für das unbe-
waffnete Auge völlig gesund erscheint. Der scheinbar gesunde
Baumtheil wird dann als Bloch u. dgl. abgegeben. Da kann es
nun wohl vorkommen, dass der Parasit schon in den als gesund
betrachteten Baumtheil eingedrungen war und somit ein inficirter
Stammtheil als gesund verkauft wird. Bewahrt ein solches Holz
längere Zeit einen Theil seines Wassergehaltes, so wächst der Pa-
rasit weiter und zerstört nicht allein das bei der Fällung des
Baumes bereits von Pilzfäden behaftete Holz, sondern oft sehr be-
deutende Theile des anfänglich gesunden Bauholzes.
Am häufigsten und verderblichsten ist Polyporus vaporarius,
welcher in Fichte und Kiefer schon am lebenden Baume auftritt
und von mir schon S. 170 beschrieben ist. Unter den Fällen, in
denen ich „Hausschwammbeschädigungen" zu untersuchen Gelegen-
heit hatte, war sehr häufig die Ursache nicht Merulius lacrymans,
sondern Polyporus vaporarius, dessen Mycel schneeweisse Ueber-
züge über Balken und Dielen bildet und sich zu weissen, derben
Strängen von vielen Metern Länge entwickelt. Findet Holz Ver-
wendung im Bau, welches von diesem Parasiten behaftet ist, und
trocknet es nicht schnell genug aus, dann entwickelt sich der Pilz
mehr oder weniger üppig und zerstört alles Holzwerk in kurzer
Zeit vollständig. Besonders in Kellerräumen und am Fussboden nicht
unterkellerter Parterrewohnungen findet sich dieser Pilz sehr häufig.
Das völlig gesunde Bloch- und Bauholz kann nun aber noch
während des Lagerns im Walde inficirt werden. Diese Gefahr ist
besonders gross bei solchem Holze, welches im geschälten Zustande
186 I. Abschnitt.
unmittelbar auf dem Erdboden aufliegt. Verschiedene Holzpilze
und unter diesen auch der ächte Hausschwamm, Merulius lacrymans,
können das gefällte Holz im Walde krank machen, wenn dasselbe
längere Zeit auf dem Erdboden lagert. Bei dem Erscheinen meiner
Schrift über den Hausschwamm stellte ich es noch als zweifelhaft
hin, ob dieser Pilz heutzutage noch im Walde vorkomme. Seitdem
sind mir aus Sachsen bei Königstein durch Herrn W. Krieger Ob-
jecte zugeschickt, die ich zweifellos als echten Hausschwamm er-
kannte. Auf Unterlagen dem Luftzuge allseitig ausgesetzt, ist das
geschälte Holz gegen Infection weitaus mehr geschützt, weil die
oberflächlichen Holzschichten schnell austrocknen und das Ein-
dringen der Pilze unmöglich machen. Am freiliegenden Holz-
stamme, wTenn derselbe entrindet ist, bilden sich aber nach einigen
Wochen durch das Austrocknen die Splintrisse, welche in einer Ent-
fernung von Daumenbreite von einander entstehend bis zu einer Tiefe
von mehreren Centimetern eindringen. In diese Trockenrisse ge-
langt das Regenwasser mit den darin enthaltenen Pilzsporen. Die
Risse schliessen sich nach längerer Regenzeit, wenn das Holz
durch Wasseraufnahme wieder quillt und in regenreichen Jahren,
sowie bei längerer Lagerung im Walde kann schon hier eine Zer-
störung eintreten, indem die in die Risse gelangten Pilzsporen
keimen und zu beiden Seiten des Spaltes das Holz bräunen.
In der Regel kommen aber die in die Splintrisse gelangten
Sporen im Walde nicht zur Keimung, weil mit dem Aufhören des
Regens das Holz schnell oberflächlich wieder austrocknet und die
Risse, falls sie überhaupt sich geschlossen hatten, sich wieder
öffnen. Wird solches Holz im trocknen Zustande aus dem Walde
auf den Bauplatz oder vor die Sägemühle geschafft, so ist und
bleibt es gesund, wTenn auch die Sporen in den Rissen sich lange
Zeit keimfähig erhalten. Wird dagegen das Holz getriftet und hat
Gelegenheit, wieder ganz mit Wasser sich vollzusaugen, dann tritt
eine höchst widerwärtige Krankheitserscheinung auf, die als „Roth-
streifigkeit" bei den Sägemüllern, Holzhändlern u. s. w. bekannt
ist und das erste Stadium der sogenannten „Trockenfäule" bildet.
Es ist bekannt, class zwischen dem im Winter und dem im
Sommer gefällten Nadelholze kein wesentlicher Unterschied besteht
hinsichtlich der Dauer oder Widerstandsfähigkeit gegen Haus-
schwamm und andere Holzpilze. Die von anderer Seite ausge-
Beschädigungen durch Pflanzen. lg 7
führten Versuche, in dem chemischen Gehalte des Sommer- und
des Winterholzes an Kali, Phosphorsäure u. s. w. die Ursache der
Hausschwammbeschädigungen zu finden, muss ich als total verfehlt
bezeichnen. Andererseits ist die Thatsache zweifellos, dass das im
Sommer gefällte Holz viel mehr an Trockenfäule leidet, als das im
Winter gefällte Holz. Dieser scheinbare Widerspruch ist leicht zu
erklären. Die Winterfällung findet im Flachlande und in den nie-
deren Gebirgen statt. Das Holz wird in diesen Gegenden vor-
wiegend per Axe aus dem Walde geschafft, nachdem es kürzere
oder längere Zeit geschält oder ungeschält darin gelegen hat. Das
Holz ist sporenfrei oder, wenn es trocken geworden ist und in den
Splintrissen Sporen führt, bleibt es in der Folge trocken und dess-
halb gesund, weil die Sporen im trocknen Holze nicht keimen
können. In allen höheren Gebirgen dagegen erfolgt die Fällung
im Sommer, das Holz wird sofort geschält, kommt auf Unterlagen,
wird im Winter bei Schnee an die Flossbäche geschafft, um dann
im Frühjahr getriftet zu werden. Die Hölzer sind im ersten Sommer,
d. h. bald nach der Fällung und Schälung abgetrocknet, bekommen
Risse und diese werden durch Pilzsporen inficirt. Beim Triften
saugen sich die Bloche wieder voll Wasser, die Risse schliessen
sich. Die nassen Bloche kommen an die Sägemühle und werden
hier zu Tausenden aufeinander gelagert, um im Laufe des Sommers
verschnitten zu werden. Die im Mai zersägten Bloche sind in der
Regel völlig gesund, aber schon vom Juni an tritt immer mehr
rothstreifige Waare auf, und im Herbste ist oft mehr als die
Hälfte aller Bloche so krank, dass wenig brauchbare Bretter daraus
zu gewinnen sind. Dies erklärt sich nun leicht, wenn man erwägt,
dass die mit Wasser durchtränkten Bloche durch dichtes Aufeinan-
derliegen am Austrocknen verhindert sind, dass die hohe Sommer-
temperatur das Keimen der in den Splintrissen vorhandenen Pilz-
sporen und die holzzerstörende Entwicklung der Pilze begünstigt.
Der Verlust, welchen die Sägemüller im Bayerischen Walde
durch das Rothstreifigwerden der Bloche erleiden, wird von diesen
auf 33 °/0 der Gesammtwaare beziffert. Ich habe seit einigen Jahren
sowohl bei Zwiesel im Bayerischen Walde, als auch bei Marquard-
stein und Freising ausgedehnte Versuche theils zur Ergründung der
Ursachen des Rothstreifigwerdens, theils zu dem Zwecke angestellt,
Mittel ausfindig zu machen, dieser Calamität zu begegnen. Es ist
188 I- Abschnitt.
liier nicht der Ort, auf die Ergebnisse dieser mühevollen Versuche
näher einzugehen. Die Ursachen der Erscheinung habe ich vor-
stehend kurz dargelegt. Was die Verhütung der Krankheit betrifft,
so ist es allerdings geglückt, völlig gesundes Blochholz zu erzielen,
wenn man die Bloche gegen das Beregnen schützt durch ein Dach
von Fichtenrinde oder Brettern. Leider tritt dann nur ein anderer
Uebelstand hervor, nämlich das übermässige Reissen des Holzes,
wodurch der Ausfall an guten Brettern ein sehr grosser wird. Die
rothstreifigen Bretter bilden Ausschusswaare, welche in den Häusern
als Blind- und Fehlbodenbretter Verwendung finden. Da nun sehr
oft die in dem Holze enthaltenen Pilzbildungen noch nicht durch
Austrocknen getödtet sind, so findet bei feuchter Lagerung ein
Weiterwachsen der Pilze und eine weitere Zerstörung des
Holzes statt.
Die geflössten Balken leiden in gleichem Maasse an Roth-
streifigkeit, wie die Sägebloche. Da nun heutzutage wohl niemals
mehr völlig trockenes Holz bei den Bauten Verwendung findet, so
ist die Gefahr, dass die sogenannte „Trockenfäule" in schädlicher
Form auftritt, naheliegend.
Am meisten gefährdet sind die in dem Mauerwerk einge-
schlossenen Balkenköpfe, da das in demselben enthaltene Wasser sich
dem Holze mittheilt und auch die ziemlich trockenen Balken wieder
so nass macht, dass die in den Splintrissen des Holzes ruhenden
Pilzkeime sich entwickeln und das in völlig gesundem Zustande
eingebrachte Holz zu zerstören im Stande sind. Waren die Balken-
köpfe schon rothstreifig, so ist die Gefahr des völligen Verfaulens
natürlich um so grösser. Soviel als möglich sollte man desshalb
dahin trachten, rothstreifige Balken nicht zu verwenden oder doch
nur etwa im obersten Stockwerke des Hauses, wo ja ein Austrocknen
des Mauerwerkes schneller stattfindet, als in den unteren Etagen
mit ihrem stärkeren Mauerwerke. Unter allen Umständen sollte es
aber nie versäumt werden, die Balkenköpfe auf ein Meter Länge mit
Creosotöl (gewöhnliches Steinkohlentheeröl), mit dem Carbolineum
von Avenarius oder mit dem Diehl' sehen CarburinoP4) mehrmals
3i) Die Desinfektions- und Konservirungsanstalt von Diehl in München
liefert ein sehr enipfehlenswerthes Mittel gegen Hausschwamm und Trockenfäule,
welches nicht feuergefährlich ist, sehr lange wirksam bleibt und das Holz nicht
schwarz färbt.
Beschädigungen durch Pflanzen. 1£9
zu bestreichen, bevor sie in das Mauerwerk eingelegt werden. Ein
Tbeeren ist abzurathen, weil der Tbeerüberzug das Austrocknen der
Balken bindert und der Tbeer aucb nicbt tief ins Holz eindringt.
Weniger gefährdet sind die übrigen Theile der Balken. Selbst
dann, wenn dieselben rothstreifig sind, wodurch übrigens ihre Trag-
fähigkeit in demselben Maasse geschwächt wird, als Theile der-
selben erkrankt sind, pflegt bei solid aufgeführten Bauten das
Holzwerk so rechtzeitig auszutrocknen, dass eine weitere Zerstörung
desselben durch die darin enthaltenen Pilze nicht stattfinden kann.
Der Namen „Trockenfäule" ist insofern ungeschickt gewählt,
als dieser Process dadurch charakterisirt wird, dass er nur im
nassen oder feuchten Holze stattfindet, in dem die Pilze das ge-
nügende Wasser zum Wachsthum linden, wogegen der Hausschwamm
völlig trockenes Holz zerstören kann, indem er das zum Wachsthum
erforderliche Wasser aus anderen Theilen des Hauses aufnimmt,
mit sich führt und entweder dem Holzwerk mittheilt oder in
Tropfen (Thränen) ausscheidet. Trockenfäule heisst die Erschei-
nung wohl desshalb, weil sie im Bau meist erst dann bemerkt
wird, wenn der Bau selbst und somit auch das Holzwerk völlig
ausgetrocknet ist.
Die Trockenfäule tritt aber oft genug in den Neubauten in
einem Grade auf, dass nicht allein die Balken, sondern auch die
Fehlböden und Fussbodenbretter verfaulen. Ist dies der Fall, dann
liegen wohl immer grobe Verstösse gegen die solide Bauausführung
vor. Am häufigsten wird der Fehler begangen, dass nasses Füll-
material auf die Fehlböden geschüttet und zu frühzeitig entweder
mit den Blindbodenbrettern oder den Fussbodenbrettern zugedeckt
wird. In meiner Schrift über den Hausschwamm habe ich ein-
gehend über das Füllmaterial gesprochen. Dasselbe muss möglichst
trocken und frei von humosen oder anderen, Wasser anziehenden
Bestandtheilen sein. Am besten ist reiner Kies oder grober,
trockener Sand. Die sogenannte Steinkohlen-Lösche ist durchaus
zu verwerfen.
Ein grober Fehler besteht darin, dass die Fussböden zu früh-
zeitig mit Oelfarbe gestrichen oder mit Parkett belegt und dadurch
verhindert werden, die in den Brettern enthaltene, sowie die aus der
Füllung zugeführte Feuchtigkeit frei zu verdunsten. Das in den Füll-
massen und im Holzwerke enthaltene Wasser kann jetzt nach oben
190 I- Abschnitt.
gar nicht mehr entweichen, und bleibt nur nach unten, d. h. durch die
Zimmerdecken, eine sehr langsame Verdunstung möglich. Zwischen
dem Fehlboden und der Verschalung der Plafonds bildet sich ein mit
Wasserdunst gesättigter Luftraum, welcher für Pilzcultur äusserst
geeignet ist. Die Fussbodenbretter, welche von der Füllung aus
sich mit Wasser sättigen, verfaulen unter der Einwirkung der aus
dem Walde mitgebrachten, d. h. in den Trockeni-issen enthaltenen
Pilzkeime. Wenn dann aber nach 2 Jahren der Bau völlig aus-
getrocknet ist, geht auch das in den Brettern enthaltene Wasser
verloren, und da auf der Unterseite der Bretter das zerstörte Holz
beim Trocknen sehr stark schwindet, die obere, von der Oelfarbe
durchtränkte oder der Luft ausgesetzte Seite nicht zerstört werden
konnte, so biegt sich jedes Brett in der Mitte nach oben, zieht
aus den zerstörten Balken die Nägel leicht heraus und es entstehen
Fugen, welche die Breite eines Fingers erreichen.
Die damit nothwendig werdenden Reparaturen sind höchst
kostspielig und geben Veranlassung zu den unerquicklichsten Pro-
cessen zwischen Bauherren, Baumeister, Zimmermeister und Holz-
lieferanten. Dabei wird dann in der Hegel nicht mit genügender
Sicherheit zwischen dieser Trockenfäule und dem Hausschwamm
unterschieden, obgleich die letztere Calamität nach den von mir
veröffentlichten Arbeiten mit Leichtigkeit erkannt werden kann.
Während man mit Trockenfäule diejenigen Zerstörungen des
Bauholzes zu bezeichnen pflegt, bei denen die zerstörenden Pilze
dem unbewaffneten Auge nicht sichtbar sind, weil sie nicht die
Eigenschaft haben, über den Holzkörper hinaus in die Risse und
Spalten des Holzes oder zwischen Holz und Mauerwerk zu wachsen,
sondern ihre feinen Hyphen im Holzkörper selbst verbreiten, giebt
es eine Reihe von Zerstörern des Bauholzes, welche mehr oder
weniger üppige Mycelwucherungen ausserhalb des Holzes entwickeln,
und diese sind es, die im Allgemeinen als „Hausschwamm" be-
zeichnet werden. Es sind dies verschiedene Pilzarten von sehr
verschiedenem Aussehen und abweichender Lebensweise. Der wich-
tigste und verderblichste ist Merulius lacrymans. Daran schliesst
sich der schon besprochene Polyporus vaporarius und eine Mehrzahl
anderer Pilze, mit deren Bearbeitung ich zur Zeit beschäftigt bin.
Ich gehe nun zur Befrachtung des echten Hausschwammes,
Merulius lacrymans, über.
Beschädigungen durch Pflanzen. 191
Der Hausschwamm ist eine Culturpflanze, die aber auch im
Walde noch nicht ganz ausgestorben ist, vielmehr an alten Nadel-
holzstöcken, bisher allerdings nur einmal, augetroffen worden ist.
Es ist aber wahrscheinlich, dass er allgemeiner verbreitet ist, aber
nur bisher im Walde nicht beachtet wurde. Nadelholz ist seine
Hauptnahrung, doch wächst er auch an Eichenholz und sind eichene
Parquettbodenbretter der Inficirung ausgesetzt.
Die im Innern des Holzes wachsenden, für das unbewaffnete
Auge nicht sichtbaren Pilzfäden entnehmen dem Holze die Eiweiss-
stoffe, welche sie zum Wachsthuni nöthig haben, lösen aber vor-
zugsweise das Coniferin und. die Cellulose der Holzwandungen auf,
so dass eine aus Holzgummi, Gerbstoff und oxalsaurem Kalk be-
stehende braun gefärbte Substanz zurückbleibt, welche, so lange
das Holz reichlich Wasser enthält, das ursprüngliche Volumen des
Holzes beibehält, aber nach dem Verluste des Wassers so stark
schwindet, dass rechtwinklig auf einander stossende Risse ent-
stehen, durch welche das Holz reichlich zerklüftet wird und oft in
regelmässige würfelförmige Stücke zerfällt.
Mit der Zerstörung des Holzes geht eine Braunfärbung Hand
in Hand, die einer höheren Oxydation des Gerbstoffes im Holze
zuzuschreiben sein dürfte. Im frischen Zustand weich, bekommt
das Holz im trockenen Zustand mehr die Eigenschaften der Holz-
kohle und lässt sich zwischen den Fingern in ein äusserst feines
gelbes Pulver zerreiben. Wichtig ist die Eigenschaft, Wasser mit
grösster Begierde aufzusaugen, ähnlich einem Badeschwamm. Dies
beruht vorzugsweise darauf, dass die Pilzfäden im Innern die Zell-
wände durchlöchert haben und damit ein Entweichen der Luft vor
dem capillar zuströmenden Wasser stattfinden kann. Holzwerk,
welches von Hausschwamm ergriffen ist, bekommt dadurch die
Fähigkeit, sehr leicht Wasser aufzusaugen und weiter zu transpor-
tiren. Es kann damit aus einem tieferen Theile des Hauses
liquides Wasser vermöge der Capillarität des erkrankten Holzes
nach oben wandern und hier verdunstend die Wohnräume feucht
machen. Soweit ähnelt das zerstörte Holz dem der Trockenfäule.
Der Hausschwamm hat aber nun die Befähigung, aus dem er-
nährenden Holz hinauszuwachsen, wenn nur die umgebende Luft
constant feucht genug ist, so dass die hervorwachsenden Pilzfäden
nicht vertrocknen. Wo also stagnirende feuchte Luft sich findet,
192 !• Abschnitt.
wachsen die Pilzfäden aus dem Holze hervor und zwar zunächst
als schneeweisse, lockere, wolleartige Bildungen, die das Holz über-
ziehen und auf dessen Oberfläche sich ausbreitend weiterwachsen.
Diese weissen Pilzmassen breiten sich auch über andere Gegen-
stände, aus denen sie keine Nahrung beziehen können, aus, wenn
solche in der Nähe des Holzwerkes sich finden, kriechen also am
Mauerwerk in die Höhe, überziehen den feuchten Erdboden, Stein-
platten u. s. w. In den wolligen Pilzmassen entstehen später sich
verästelnde dichtere Stränge von gleicher Farbe, die bis Fingerdicke
erreichen können und für die Lebenserscheinungen des Haus-
schwammes eine hervorragende Bedeutung besitzen.
Ehe ich auf deren Beschreibung eingehe, sei noch erwähnt,
dass das wollige Pilzmycel im Alter zusammenfällt und seiden-
glänzende aschfarbene Häute bildet, die man von der Unterlage
abheben kann. Durch die aschgraue Farbe unterscheidet sich
dieses Pilzmycel von dem immer schneeweiss bleibenden Mycel des
Polyporus vaporarius, von dem ich schon vorher gesprochen habe.
Die Mycelstränge des echten Hausschwammes bestehen aus
festen Fasern, welche dieselben bis zu einem gewissen Grade un-
zerreissbar machen, aus zarten, plasmareichen Fäden, die in
feuchter Luft allseitig auskeimen können und aus gefässartigen Or-
ganen mit grossem Innenraum, in welchem reichlich Eiweissstoffe
sich befinden. In diesen gefässartigen Organen wird offenbar von
dem ernährenden Substrate, d. h. dem Holzwerke aus dem ausser-
halb wachsenden Mycel nicht allein Wasser, sondern auch Nahrung
in reichlicher Menge zugeführt, und da diese Stränge viele Meter
Länge erreichen, die Fugen im Mauerwerk benützend, vom Keller
zum Parterregeschoss, von hier in die oberen Stockwerke hinauf-
wachsen, so erklärt es sich, dass der Pilz, ohne unterwegs Nah-
rung, d. h. Holz zu finden, in Theilen eines Gebäudes auftritt, in
denen gar kein Holzwerk sich befindet. Allerdings sind es nicht
jene Stränge, welche als solche wachsen, vielmehr wächst das aus
feinen Fäden bestehende Mycel, jede Ritze und Fuge benutzend,
durch Mauerwerk, durch Erdschichten u. s. w. und wird dabei von
den weiter rückwärts gelegenen Strängen mit Wasser und Nahrung
versorgt. Eine Mauerritze, welche anfänglich von dem zarten,
wolligen Mycel durchwachsen wurde, enthält später einen dicken
Strang, der aber erst nachträglich aus dem wolligen Mycel sich
Beschädigungen durch Pflanzen. 193
entwickelt hat. Gelangt das Mycel bei seiner Wanderung wieder
an Holzwerk, dann bietet dieses wieder Gelegenheit zur kräftigeren
Entwicklung, denn nun dringen die zarten Pilzfäden in dasselbe
ein, entnehmen demselben die Nahrung und zerstören es. Als
charakteristisch für den Hausschwamm muss bezeichnet werden,
dass er im Stande ist, auch trockenes Holzwerk zu zerstören, in-
dem er durch seine Stränge soviel Wasser aus andern, feuchten
Theilen des Gebäudes nachführt, class er das an sich trockene
Holz zunächst nass und dadurch der Zerstörung zugänglich macht.
In dumpfen Räumen scheidet er das Wasser, wenn er nicht im
Stande ist, es an Holz abzugeben, in Form von Tropfen und
Thränen ab, wesshalb er der thränende Hausschwamm ge-
nannt wird.
Wo sehr üppige Pilzwucherungen stattfinden und ein genügen-
der Raum, in der Regel auch mehr oder weniger Lichtwirkung,
die aber nicht absolut nothwendig ist, vorhanden ist, entwickeln
sich die bekannten, meist tellerförmig ausgebreiteten, übrigens auch
anders gestalteten Fruchtkörper. Die anfänglich weisse lockere
Pilzmasse färbt sich hier und da röthlich, zeigt wurmartige Fal-
tungen, die bald mit rostfarbigen Sporen so bedeckt werden, dass
die ganze Oberfläche eine tiefbraune Färbung annimmt. Die
bräunlichen Sporen, deren Grösse so gering ist, dass etwa 4 Millio-
nen in einem Cubikmillimeter Raum haben würden, zeigen an
einem Ende eine Keimöffnung in der dicken Wandung, die aber
durch ein hellglänzendes farbloses Zäpfchen verschlossen ist.
Die Keimung der Hausschwammsporen kann nur dann ein-
treten, wenn dieses Zäpfchen erweicht oder aufgelöst wird und dies
scheint nur unter der Einwirkung irgend welcher Alkalien stattzu-
finden. Keimungsversuche glückten mir nur dann, wenn ich der
Lösung, in welcher die Sporen lagen, etwas Ammoniak oder Kali-
oder Natronsalze zusetzte. Die Wirkung dieser Salze ist nicht als
eine ernährende, sondern lediglich die Sporenhaut an der Keim-
öffnung erweichende zu denken. Jedes Samenkorn und jede Spore
besitzt eine gewisse Menge von der Mutterpflanze stammender so-
fort verwerthbarer Nahrung in sich. Erst dann, wenn diese bei
der Keimung verbraucht ist, wird die weitere Entwickelung abhän-
gig von der Zufuhr neuer Nahrung aus der Umgebung. Ich will
die Möglichkeit nicht bestreiten, dass auch einmal eine Haus-
Hartig-, Baumkrankheiten, 2. Aufl. 13
194 I- Abschnitt.
schwanimspore auf Holz direct keimen kann, da dieses ja minimale
Spuren von Alkalien in sich schliesst, doch gelang sie mir auch
auf Holz nur unter Zusatz geringer Spuren von Alkalien. Es
erklärt sich hieraus, wesshalb Hausschwammbeschädigungen gern
an Oertlichkeiten auftreten, wo Urin, Humus, Asche, Steinkohlen-
lösche u. dgl. lagern oder verschüttet werden.
Das Holz ist die eigentliche Nahrung des Hausschwammes und
zwar ist das im Sommer gefällte Holz genau ebenso gute Nahrung,
wie das im Winter gefällte Holz. Ueber die Ursachen der häu-
figen Klagen, das Sommerholz betreffend, ist vorher schon ge-
sprochen.
Sehr humusreiche Böden bieten dem Hausschwamm ebenfalls,
wenn auch nur geringe Mengen von Nahrung dar. Es ist wahr-
scheinlich, wenn auch nicht erwiesen, dass das Pilzmycel bei seiner
Wanderung im Mauerwerk geringe Spuren von Kalk auflöst und
in sich aufnimmt, doch ist dies jedenfalls so wenig, dass man
nicht annehmen kann, es werde hierdurch directer Schaden ver-
anlasst.
Der Hausschwamm hat im frischen, lebenden Zustande einen
sehr angenehmen Geruch und feinen Geschmack, dem allerdings
ein etwas zusammenziehender Geschmack nachfolgt. Wenn zumal
grössere Fruchtkörper verfaulen, verbreiten diese einen höchst
widerwärtigen, sehr charakteristischen Geruch und ist es zweifellos,
dass die Entwicklung der Gase aus dem verfaulenden Haus-
schwamme für die Gesundheit der Menschen, die in solchen
Räumen wohnen, höchst nachtheilig ist. Es kommt noch hinzu,
dass der Pilz grosse Wrassermengen ausdunstet und dadurch die
Wohnräume feucht macht.
Der Hausschwamm kann auch unter den günstigsten Bedin-
gungen nur da entstehen, wo eine Infection durch Sporen oder
durch Mycel eintritt, und ist es desshalb wichtig, festzustellen, auf
welchem Wege die Verbreitung und Einschleppung von Sporen oder
Mycel stattfindet.
Dass Sporen unter Umständen auch aus dem Walde mit dem
Holze eingeführt werden können, habe ich schon oben hervorge-
hoben, doch dürfte dies wenigstens unter den geordneten forst-
lichen Verhältnissen in Deutschland, wo selten grössere Mengen
von Lagerholz im Walde die Entwickelung des Hausschwamms
Beschädigungen durch Pflanzen. J95
fördern und derselbe bisher nur einmal beobachtet worden ist, zu
den seltenen Ausnahmen gehören. Dass Bloch- und Bauholz durch
längeres Lagern im Walde schon inficirt und mit Hausschwamm-
pilz behaftet werden kann, folgt aus dem Gesagten von selbst. In
der Regel dürfte aber die Infection erst in den Städten erfolgen
und zwar entweder auf den Holzlagerplätzen der Zimmerleute,
Tischler u. s. w. oder in den Häusern. Auf den Holzlagerplätzen
wird oft genug Holz von alten Häusern, welches noch eine Ver-
wendung gestattet, neben dem noch gesunden Holz gelagert, so
dass der Regen die etwa anhaftenden Sporen und Myceltheile auf
das gesunde Holz abschwemmt. In Neubauten schleppen Arbeiter,
insbesondere Zimmerleute, leicht die Sporen ein, wenn sie etwa
von einer Hausschwammreparatur kommend dieselbe Kleidung, das-
selbe Schuhwerk und Handwerkszeug, welches zuvor nicht gereinigt
wurde, tragen und benützen.
Soll Hausschwamm entstehen, dann gehört aber nicht nur die
Gegenwart von Sporen und Mycel dazu, sondern es müssen auch
die Entwickelungsbedingungen für diese günstige sein. Die Sporen
keimen nur bei Gegenwart von Alkalien. Daraus erklärt sich die
Schädlichkeit der Verunreinigung der Bauten durch das Uriniren
der Arbeiter, durch Verwendung von humosen Füllsubstanzen,
von Asche und Steinkohlenasche. Das weitere Wachsthum und
die kräftige Entwickelung des Hausschwammes werden aber vor-
zugsweise gefördert durch Verwendung nasser Baumaterialien, d. h.
nassen Holzes, nasser Füllungen, nasser Bruchsteine u. dgl., denn
Feuchtigkeit ist für das Wachsthum jeder Pflanze und somit auch
des Hausschwammes nötliig.
Ein näheres Eingehen auf die vorbeugenden Maassregeln
beim Häuserbau dürfte hier ebensowenig am Platze sein, als eine
Schilderung der Maassregeln, die zu ergreifen sind, wenn in einem
Gebäude der Hausschwamm aufgetreten ist.
In meiner citirten Schrift habe ich alle diese Maassregeln ein-
gehend beschrieben.
Ein allgemeineres Interesse beanspruchen unter den sapro-
phytischen Holzpilzen noch die Peziza aeruginosa, welche zu
den Discomyceten gehörend, doch hier noch erwähnt werden möge,
da sie die sogen. Grünfäule des Holzes veranlasst. Insbesondere
Eichen- und Rothbuchenholz, seltener auch Fichten- und Birkenholz,
13*
196 I- Abschnitt.
welches in stark zersetztem Zustande und anhaltend durchfeuchtet
auf dem Waldboden längere Zeit gelegen hat, erhält oftmals eine
intensiv spangrüne FärbuDg dadurch, dass das Mycel des genannten
Pilzes, welches nebst den schüsselförmigen Fruchtträgern intensiv
grün gefärbt ist, den Holzkörper durchzieht und in den Wandungen
der Holzelemente ebenfalls jenen grünen, extrahirbaren Farbstoff
erzeugt.
Es soll derselbe wegen seiner Unzerstörbarkeit eine technische
Verwendung finden, und neuerdings sind Versuche angestellt, durch
künstliche Züchtung grünfaules Holz in grösserer Quantität zu
erzeugen.
Das sogenannte „Blauwerden" des Nadelholzes, das beson-
ders in den Kiefernbeständen an abständigen Bäumen, nach Raupen-
frass oder auch erst in feuchten Holzgelassen am Brennholz auf-
tritt, wird durch Ceratostoma piliferum (syn: Sphaeria dryina)
veranlasst, einen Pyrenomyceten, dessen Mycelium braun gefärbt
ist und durch die Mark strahlen sehr schnell von aussen bis zum
Mittelpunkte der todten Stämme vordringt. Das Kernholz wird
mehr von ihm gemieden, wahrscheinlich des geringen Wassergehaltes
wegen, während das Splintholz oft schnell von dem Pilzmycel
durchzogen und zersetzt wird.
IL Abschnitt.
Verwundungen.
Zahllose Verwundungen des Pflanzenkörpers entstehen alljähr-
lich im normalen Lebensprocesse der Pflanzen beim Abfall der
Blätter im Herbste, beim freiwilligen Abstossen einzelner Zweige
(Absprünge der Pappeln und Eichen), beim Absterben der äusseren
Rindetheile. Alle diese freiwillig entstehenden Wunden
werden geraume Zeit vor ihrer Entstehung schon von der Pflanze
vorbereitet, so class in dem Augenblicke, in welchem die Wunde
entsteht, die Heilung bereits als vollendet zu betrachten ist. Diese
Vorbereitung besteht darin, dass sich da, wo später die Wund-
fläche entsteht, durch das Gewebe hindurch eine Hautschicht, cl. h.
eine Korkhaut bildet, die in ihrer Entstehungsart und in ihrem
Bau völlig übereinstimmt mit dem Hautgewebe unverletzter Stengel-
theile oder jener Hautschichten, die sich auf unfreiwillig entstan-
denen Wunden nachträglich bildet. In vielen Fällen wird der
Verschluss der Wrunden schon vorher durch Gummibildung vor-
bereitet und tritt erst nachträglich eine Korkhautbildung ein. Nur
die durch äussere mechanische Ursachen veranlassten Wunden,
durch welche innere lebende Gewebe blossgelegt und den nach-
theiligen Einflüssen der Aussenwelt preisgegeben werden, gehören
zu den pathologischen Erscheinungen.
§ 19. Heilung und Reproductiou im Allgemeinen.
Um die Processe der Heilung und Reproduction zu ver-
stehen, müssen wir zunächst die verschiedenen Gewebsarten und
deren Befähigung zu Neubildungen ins Auge fassen.
Das Hautgewebe wird an jugendlichen Pflanzentheilen ledig-
lich durch die meist einschichtige Oberhaut repräsentirt. Schon
198 n. Abschnitt.
bevor diese ihre Ausdehnungsfähigkeit völlig einbüsst und nach
weiterem Dickenwachsthum des Stengels zerreisst, entsteht unter
ihr ein neues Hautgewebe, durch welches das innere lebende Rin-
dengewebe vor dem Vertrocknen geschützt wird. Diese Korkhaut,
auf deren Bau und auf deren Verschiedenheiten näher einzugehen
hier nicht der Ort ist, entsteht dadurch, dass entweder die noch
lebenden Oberhautzellen selbst, oder eine mehr oder weniger nahe
unter ihr liegende Rindenzellenschicht durch Theilung in tangentialer
Richtung zur Phellogenschicht (Korkmutterschicht) wird. Die durch
fortgesetzte Theilung entstehenden, radial angeordneten Zellen
sterben ab, verkorken und bilden so eine mehr oder weniger dicke
schützende Hülle im äusseren Umfange der lebenden Gewebe, die
sich durch fortgesetzte Theilung der Phellogenschicht von innen
aus verjüngt, während die ältesten Korkzellen auf der Aussenseite
durch Abschülfern oder Loslösen zusammenhängender Korkzell-
schichten verloren gehen. Bei den meisten Bäumen entsteht früher
oder später die Borke dadurch, dass die älteren Rinden- und Bast-
schichten ihre Ausdehnungsfähigkeit verlieren. Es entstehen als-
dann im Innern der Rinde neue Korklagen, durch welche die
äusseren Rindenschichten unmittelbar vor ihrem Absterben, Ver-
trocknen und Aufplatzen von den inneren Rindenschichten abge-
grenzt werden.
Selbstverständlich ist eine Verletzung der todten Korkhaut
und der Borke ohne irgend welche nachtheiligen Folgen und kann
nur insofern von Einfluss auf die Wachsthumserscheinungen des
Baumes werden, als die Verminderung des Rindendruckes eine
locale Zuwachssteigerung des Cambiums an solchen Stellen nach
sich zieht. Kiefern, die vor längerer Zeit „geröthet" waren,
d. h. bei denen behufs Anbringung von Theerringen zum Abfangen
der Raupen die todten Borkeschichten in einem breiten Ringe um
den Stamm grösstentheils entfernt waren, zeigten von der Zeit an
einen unverkennbar stärkeren Zuwachs an der entborkten Stelle,
als unter- und oberhalb derselben. Wird die lebende Phellogen-
schicht verletzt, so bildet sich aus den darunter liegenden unver-
letzten Zellen der Rinde oder des Phelloderms eine neue Phellogen-
und Korkschicht im Anschlüsse an die Korkschicht des Wundrandes.
Das unter der Haut liegende Rindenp arenchym (Fig.llOb,c)
besitzt ein beschränktes Zelltheilungsvermögen, durch welches es
Verwundungen.
199
befähigt ist, der zunehmenden Verdickung des Stammes entsprechend
sich zu vergrössern. Die Fähigkeit zu Neubildungen im Falle
einer Verwundung beschränkt sich aber auf Entwicklung einer
Korkhaut nahe unter der Oberfläche des blossgelegten Gewebes.
Man nennt diese Korkschicht, die auch bei Rindenerkrankungen
durch Parasiten pflanzlicher Art auf der Grenze des gesunden und
todten Gewebes entsteht, „Wundkork" (Fig. 110 i). Die Ent-
stehung desselben ist nicht an die Jahreszeit gebunden, vielmehr
Fig. 110.
Callusbildung am Wnndrande eines Esclienzweiges.
a Korkhaut, b Collenchym. c Aussenrinde. d Primäre Bastfaser-
bündel, e Rindenparenchym. / Weichbast, g Cambium. h Holz.
i "Wundkorb der Aussenrinde. k Callus. / Grenze zwischen dem
Weichbast und dem cambialen Wundgewebe.
erfolgt dessen Ausbildung schon bei massigen Temperaturen im
Winter bald nach dem Eintritte der Verwundung.
Nur die innersten Theile des Rindenparenchyms, der Weich-
bast, oder in anderen Fällen auch nur die innersten, jugendlichsten
Organe des Weichbastes nehmen an den weiter unten zu bespre-
chenden Neubildungen Theil.
Der Holzkörper besitzt nur eine sehr beschränkte Reproduc-
tionsfähigkeit, da er ja überwiegend aus leeren Zellhüllen, d. h. aus
200
II. Abschnitt.
Fasern, Trackeiden und Gefässen besteht. Die noch lebensthätigen
Zellen des Holzes, theils dem Strahlenparenchym (Markstrahlen),
theils dem Strangparenchyni (Holzparenchymzellen) angehörend,
sind von den erstgenannten Organen in der Weise umgeben, dass
auch die beschränkte Reproduction sfähigkeit derselben kaum zur
Geltung gelangen kann. Sie äussert sich nur in zweierlei Gestalt,
nämlich einmal in der Bildung von Thyllen oder Füllzellen in
den Gefässen des Holzes, sobald dieses verwundet ist, und ferner
in der Entwicklung des sogenannten intermediären Gewebes
(Kittgewebes) bei Veredelungsprocessen1). Werden die Schnitt-
flächen des Edelreises und Wildlinges frisch genug mit einander
verbunden, so füllt sich der noch verbleibende Raum zwischen den
beiden Holztheilen mit einem parenchymatischen Gewebe an, welches
seinen Ursprung in den genannten Parenchymzellen des Holzes
selbst findet.
Der blossgelegte Holzkörper einer Wunde besitzt die Fähig-
keit der Reproduction von Rinde und Holz nur dann, wenn die
Rinde zur Zeit der cambialen Thätigkeit ab-
gelöst und die Cambialschicht oder die
Region des Jungholzes vor dem Ver-
trocknen geschützt wird. Es tritt sodann
die Reproduction der „Bekleidung" ein.
Die zartzellige, plasmareiche Cambialregion,
welche in den Monaten Mai bis August aus
den Initialzellen, den durch Theilung daraus
hervorgegangenen Gewebemutterzellen und
den jugendlichen noch lebensthätigen Ge-
webezellen (Jungbast und Jungholz) besteht,
vertrocknet unter dem Einflüsse der Luft sehr
leicht, und nur bei Regenwetter oder über-
haupt bei mit Feuchtigkeit gesättigter Luft
bleibt dieses Gewebe erhalten und verwandelt
sich durch Quertheilung der langgestreckten
Cambialorgane in ein parenchymatisches, aus isodiametrischen Zellen
bestehendes Vernarbungsgewebe. Durch lebhafte Zelltheilung
entsteht aus diesem in wenigen Tagen eine, unter dem Einflüsse des
Lichtes sich grün färbende Bekleidungsschicht (Fig. 111). Oft ver-
J) Göppert, Ueber innere Vorgänge bei dem Veredeln, Kassel 1874.
Fig. 111.
Oberfläche eines entrin-
deten Buchenstammes
mit theilweiser Beklei-
dung. Natürl. Gr.
Verwundungen.
201
trocknet das die Wundfläche bedeckende cainbiale Gewebe mit Aus-
schluss des Markstrahlcambiums und erfolgt die Bekleidung der
Wundfläche fast ausschliesslich von dem letzteren aus, so dass diese
Erscheinung den Eindruck hervorruft, als ob die Markstrahlen aus
dem Holze hervorwüchsen. Das ursprünglich gleichartige Vernar-
bungsgewebe zeigt im Innern bald eine Differenzirung insofern, als
im Anschluss an den alten Holzkörper die Organe in Holzzellen sich
verwandeln, während nach aussen hin unter den zu parenchyma-
11 K 15
Fig. 112.
Querschnitt eines zwei Jahre vor der Fällung in Folge sehr
gesteigerten Zuwachses an vielen Stellen aufgeplatzten Eichen-
stanimes. x u. y zwei Stellen, an denen die Rinde aufgeplatzt war.
a — b Neubildung durch Bekleidung, c Ueberwallungswulst. d Rinde
des Bekleidungsgewebes, e — e Unterseite der losgelösten Rincle,
deren Cambium ebenfalls Neubildungen hervorgerufen hat. Nat. Gr.
tischem Rindengewebe sich verwandelnden Zellschichten eine neue
Bastregion entsteht. Zwischen Holz und Bast erhält sich ein Theil
des Gewebes als theilungsfähiges Cambium, und auf der Oberfläche
des Rindengewebes entsteht eine neue Hautschicht.
In vorstehendem Holzschnitte (Fig. 112), welcher den Quer-
schnitt einer zwei Jahre vor der Fällung durch Sprengung der
Rinde beschädigten Eiche darstellt, ist der zwischen bb gelegene
Theil der Wundfläche vertrocknet. Beiderseits ist unter dem
202 n. Abschnitt.
Schutze der abgesprengten Rinde (cc) auf dem Holze eine Neu-
bildung durch Vernarbung erfolgt (a, b), die bereits ein zweijähriges
Alter (1876 und 77) erreicht hat,
Selbstredend kann auch auf der Innenseite des Rindenkörpers,
auf welcher ja ebenfalls cambiales Gewebe haften bleibt, eine Ver-
narbung eintreten, wenn die losgelöste Rinde mit dem Baume in
Verbindung bleibt und ernährt wird. Das Cambium setzt dann
seinen Theilungsprocess in normaler Weise fort, nachdem es zuvor
ebenfalls in kurzzeitiges Cambium sich umgewandelt hat. Auf
diese Weise ist in Fig. 112 in den beiden Jahren nach der Los-
lösung der Rindenlappen e — e eine Neubildung entstanden.
Der Holzkörper, welcher auf der Oberfläche des blossgelegten
Holzstammes und derjenige, welcher auf der Innenseite des losge-
lösten Bastes entsteht, unterscheidet sich durch abnormen Bau,
insbesondere durch Kurzzelligkeit, durch das Fehlen oder die ge-
ringe Zahl der Gefässe von dem normalen Holze, und H. de Vries2),
der zum ersten Mal auf diese Abnormität aufmerksam gemacht hat,
bezeichnet derartiges Holz mit dem Namen „Wundholz".
Vertrocknet das Cambium auf einem von Rinde entblössten
Holzstamme, bevor dasselbe zur Entwicklung von Vernarbungsge-
webe schreiten konnte, oder fehlt auf der Wundfläche das Cam-
bium überhaupt, z. B. bei Astwunden u. s. w., dann bleibt als ein-
ziger Reproductionsprocess die Ueberwallung vom Wundrande
aus übrig.
Der Ueberwallungsprocess geht aus von dem Weichbaste
und dem Bildungsgewebe, dem Cambium des Wundrandes (Fig. 110g)
und erklärt sich rein mechanisch aus der Verminderung des
Rindendruckes auf dieses Gewebe. Das jährliche Dicken wachs-
thum des Stammes veranlasst eine Ausdehnung des Rinden- und
Bastmantels, die zwar dadurch im Wesentlichen ausgeglichen wird,
dass die noch lebenden Zellen dieser Gewebe durch Zelltheilung
und Zellwachsthum sich der Zunahme des Stammumfanges ent-
sprechend ausdehnen, während die todten äusseren Theile Längs-
risse bekommen, es bleibt aber immerhin eine Spannung des Rin-
denmantels bestehen, welche einen bedeutenden Druck auf das
cambiale Gewebe ausübt. Wird nun durch eine bis auf den Holz-
2) Hugo de Vries, Ueber Wundholz (Flora 1876).
Verwundungen. 203
körper eindringende Verwundung dieser Druck auf das Bildungs-
gewebe local vermindert, so erfolgt ein beschleunigter Zellenthei-
lungs- und Wachsthumsprocess, der nicht nur unmittelbar am Wund-
rande selbst, sondern noch auf weitere Entfernung von da wahrzu-
nehmen ist (Fig. 110 bis g). Soweit die Druck Verminderung einge-
treten ist, also in Fig. 112 noch auf mehrere Centimeter von den
Punkten aa entfernt, verwandelt sich das normale Cambium in
kurzzelliges Wundcambium, aus dem ein üppig wucherndes Wund-
holz ohne Gefässe und deutliche Markstrahlen hervorgeht. Am
lebhaftesten ist der Zellentheilungsprocess nach der Wundfläche
selbst hin, wo ja überhaupt kein Gegendruck erfolgt, und man
sieht den Callus oder Ueberwallungswulst zwischen Holz und
Rinde hervortreten. Entweder schon in demselben Jahre oder
erst später nimmt das Wundholz wieder einen normalen Charakter
an, doch bleibt das Rindengewebe des Ueberwallungswulstes noch
eine Reihe von Jahren dünner und ausdehnungsfähiger und übt
somit auch einen geringeren Druck aus, wie die alte Rinde oder
Borke. Die Wuchssteigerung beschränkt sich somit nicht auf das
erste Jahr, sondern erhält sich oft so lange, bis endlich die von
den verschiedenen Wundrändern ausgehenden Ueberwallungswülste
zusammentreffen und miteinander verwachsen.
Diese Verwachsung wird erschwert oder gar unmöglich ge-
macht bei solchen Bäumen, die bald auch auf den Ueberwallungs-
wülsten mit einer todten Borke sich bekleiden.
Ist das Rindengewebe der aufeinander stossenden Neubildungen
dünn, lebend und nicht von starker todter Borke bekleidet, so wird
bei weiterem Dickenwachsthum das die beiden Wülste bekleidende
Rindengewebe gleichsam herausgequetscht und, nachdem Cambium-
region auf Cambium gestossen sind, erfolgt völlige Verwachsung.
Starke Borke kann diese Verwachsung viele Jahrzehnte verhindern,
wie z. B. bei der Kiefer (Fig. 116).
Berücksichtigt man, dass der Rindendruck als Folge der Um-
fangsvergrösserung des Stammes vorzugsweise in horizontaler
Richtung, also ähnlich wirkt, wie ein Fassreif auf die Fassdauben
drückt, so erklärt sich, wesshalb ein Längsschnitt in der Rinde
einen weit lebhafteren Ueberwallungsprocess nach sich ziehen muss,
als ein Querschnitt. Die eigenartige Ueberwallung der Astwunden vor-
zugsweise von den Seitenrändern aus erklärt sich hieraus hinlänglich.
204 H- Abschnitt.
Wird der Rindendruck bei einer Verwundung nicht oder nur
wenig vermindert, wie dies der Fall ist bei Quetschwunden,
z. B. Baumschlag u. dgl., dann tritt gar keine oder nur eine sehr
langsame Ueberwallung ein. Die todte Rinde, welche über der
gequetschten und getödteten Stelle erhalten bleibt, und von den
gesunden Rindentheilen nicht getrenut wird, lässt es nicht zu einer
Druckverminderung am Wundrande kommen und so unterbleibt die
Ueberwallung.
Es mag schliesslich noch darauf aufmerksam gemacht werden,
dass die Gestalt der Wunde viele Jahrzehnte sich auf der Aussen-
fläche des Baumes erkennen lässt, da ja die Grenze der alten und
der jungen Rinde sich lange Zeit zu erhalten pflegt.
Dass eine Verwachsung des blossgelegten Holzkörpers der
Wunde mit dem sich später darüber lagernden Holze des Ueber-
wallungsgewebes unmöglich ist, bedarf kaum der Erwähnung, zu-
mal die äusseren Holzschichten der Wunde zuvor absterben, ver-
trocknen und mehr oder weniger tief sich zersetzen.
Es führt uns dies zur Betrachtung der Veränderungen, die
in dem durch Verwundung blossgelegten Holzkörper eintreten. Bei
den Nadelhölzern, soweit solche mit Harzkanälen ausgestattet sind,
schützt sich die Wfundfläche mehr oder weniger erfolgreich durch
„Verharzung" der äusseren Holzlagen.
Die Harzgänge, in welche das mit Harz vermischte Terpen-
tinöl aus den umgebenden parenchymatischen Zellen, in denen es
gebildet wurde (Harzbildungszellen), ausgeschieden wird, verlaufen
bekanntlich im Holzkörper sowohl in lothrechter wie in horizontaler,
d. h. radialer Richtung. Die letzteren, die wir Markstrahlkanäle
nennen, stehen, wie ich zuerst nachgewiesen habe, mit den loth-
rechten Kanälen hier und da in offener Communication dadurch,
dass die parenchymatischen Auskleidungszellen an den Stellen, wo
beide Kanäle sich berühren, seitlich nicht aneinander schliessen,
sondern weit auseinander treten (Fig. 113 e).
Durch diese Intercellularräume kann das Harz des lothrechten
Kanals mit Leichtigkeit in den Markstrahlkanal gelangen, und wird
letzterer durch eine äussere Verwundung des Holzstammes geöffnet,
so kann das Harz sich frei nach aussen ergiessen. So erklärt sich
der reiche Harzerguss aus dem Nadelholzstamm, wenn behufs Harz-
nutzung der Rindenkörper stellenweise abgeschält wird. Das aus
Verwundungen.
205
der Wundfläche ausgetretene Harz bildet eine unter dem oxydiren-
den Einflüsse der Luft bald erstarrende Schicht. Selbstredend
trägt auch die theil-
weise Verflüchtigung des
Terpentinöls zur Erstar-
rung der ausgeflossenen
Mischung von Harz und
Terpentin bei.
Auf der Abhiebsfläche
eines Stammes oder Astes
sieht man im Sommer und
Winter sehr bald reich-
lichen Harzerguss aus dem
Splinttheile hervortreten,
während die älteren Holz-
schichten bei Kiefer,
Fichte und Lärche die-
sen Harzausfluss nicht er-
kennen lassen, obgleich
diese Theile oft harz-
reicher sind, als die
Splintschichten.
Ich glaube, dass sich
diese Erscheinung leicht
dadurch erklären lässt,
dass im Splinte nicht nur
die Holzwandungen mit
Wasser voll gesättigt, son-
dern auch die Innenräume
der Tracheiden zur Hälfte
und mehr mit Wasser er-
füllt sind. Das in den
Harzkanälen befindliche
Terpentinöl kann sich
trotz seiner flüchtigen Be-
schaffenheit nicht weiter
im Holzkörper verbreiten und wird bei Verwundungen aus den
Kanälen herausgedrängt. Verliert der- Holzkörper im höheren Alter
Offene Verbindung eines lotbrechten Harzkanals a
mit einem Markstrahlharzkanal b aus der Fichte.
Die Auskleidungszellen beider Kanäle sind meist
sehr dickwandig und leer, die Wandungen
zwischen je zwei Auskleidungszellen reich ge-
tüpfelt c c. Nur eine geringe Zahl derselben
bleibt dünnwandig, zeigt Zellkern und Plasma
und dient der Terpentinbereitung d d. Da, wo
der vordere lothrechte Kanal a mit seiner Rück-
wand den hinterliegenden horizontalen Kanal b
berührt, sind die Auskleidungszellen der beiden
sich berührenden Kanalwände sehr zart und
durch grosse Intercellularräume e e von einander
getrennt, und diese letzteren vermitteln den
Uebergang des Terpentins aus dem einen Kanal
in den anderen.
206 H. Abschnitt.
seine Wasserleitungsfähigkeit, gleich, ob damit Verkernung ver-
bunden ist oder nicht, wird dasselbe also wasserarm, dann ist
der Verbreitung des Terpentinöls im Holzkörper kein solches Hin-
derniss in den Weg gestellt. Dasselbe dringt nicht nur in die
Holzwände selbst ein und verkient dieselben, sondern es schlägt
sich auch tropfenweise auf den Wandungen im Lumen der Tra-
cheiden nieder; ja oft genug füllen sich dieselben vollständig mit
Terpentin, resp. Harz an. Aelteres Kiefernholz wird dadurch nicht
selten so vollständig verharzt, dass selbst Holzscheiben von Finger-
dicke das Licht durchscheinen lassen. Wird älteres, nicht mehr
der Wasserleitung dienendes Holz durchschnitten, so tritt kein Ter-
pentinöl mehr hervor, denn dieses ist ein Bestandtheil der Holz-
wandungen geworden oder im Lumen der Tracheiden abgelagert.
So erklärt es sich nun auch, dass der Splintkörper, wenn er
in Folge von Verwundungen blossgelegt wird und in seiner äusseren
Lage vertrocknet, völlig verkient. An Stelle des durch Verdunstung
verloren gegangenen Wassers tritt alsbald das Terpentinöl, das ja
in reichlicher Menge durch die Harzkanäle von anderen Orten zu-
geführt wird. Diese verkienten Aussenschichten bilden einen wei-
teren Schutz gegen äussere Nachtheile.
Höchst eigenartig ist die Verharzung der alten Nadel-
holzstöcke und die Wanderung des Terpentins bei Bäumen,
deren Holz durch parasitische Pilze zerstört wird. Aus den zer-
setzten Holztheilen wandert das Terpentinöl an die Grenze des ge-
sunden und erkrankten Holzes. Man möchte zu der Annahme sich
versucht fühlen, es werde mit der Zerstörung der Zellwände durch
das Pilzmycel das Terpentinöl in den Micellarinterstitien derselben
wieder frei, flüchtig und durchdringe solche Zellwände, die noch
nicht oder nur in geringem Grade von der Zersetzung angegriffen
sind. Thatsache ist, dass solche Holzpartien, welche am längsten
vor den Angriffen der Pilze geschützt waren, sich vollständig mit
Harz sättigen, während in den zersetzten Theilen nur wenig Harz-
reste zu finden sind. Der Kern alter Kiefernstöcke ist desshalb
sehr harzreich, wenn der Splint zerstört worden ist. Für die An-
nahme, dass die Zellwände bei der Zersetzung des Holzes sich in
Harz umwandeln, fehlt zur Zeit noch der Beweis.
Wenn Laubhölzer in der Weise verwundet werden, dass der
Holzkörper blossgelegt wird, also bei Aestungen, Schälverwun-
Verwundungen. 207
düngen u. s. w., so schützt sich das Innere des Baumes auf zweier-
lei Weise gegen die ungünstigen Einflüsse der Aussenwelt. Eines-
theils entstehen in den Gefässen Thyllen, durch welche diese völlig
verstopft werden, so dass kein Tagewasser eindringen kann und
das Verdunsten des in den Gefässen befindlichen Wassers ver-
hindert wird, anderentheils bildet sich in der Nähe der Wundfläche
eine reiche Menge von Gummi, welches den Innenraum der Organe
besonders der Gefässe ausfüllt, verstopft und dadurch gegen die
nachtheiligen Einflüsse der Aussenwelt einigermaassen schützt.
Die directe Einwirkung des Sauerstoffs der Luft dürfte es sein,
welche die Bräunung des unter der Wundfläche liegenden Holzes
veranlasst, indem insbesondere die Gerbstoffe bei höheren Oxyda-
tionsstufen braune Färbung annehmen.
Die vorangeführten Schutzmittel sind aber nicht genügend, um
den blossgelegten Holzkörper vor der Zerstörung und Zersetzung
zu schützen. Bei den Laubholzbäumen treten desshalb auch viel
leichter Wundkrankheiten auf, als bei den harzreichen Nadel-
hölzern.
Auf die parasitären Wundkrankheiten ist schon im vorange-
gangenen Abschnitt aufmerksam gemacht und werde ich noch bei
der nachfolgenden Besprechung der Baumästung hierauf zurück-
kommen. Nun giebt es aber ausser diesen parasitären Wundfäulen
Zersetzungen des Holzes, bei denen parasitäre Pilze nicht betheiligt
sind, bei denen vielmehr saprophytische Pilze unter Mitwirkung
der Atmosphärilien eine Reihe verschiedenartiger Holzzerstörungen
veranlassen. Ich habe in Vorschlag gebracht, diese verschieden-
artigen, noch nicht untersuchten Zersetzungsformen einstweilen mit
dem Collectivnamen „Wundfäule"3) zu belegen.
Eine wissenschaftliche Bearbeitung der zahlreichen, hierher ge-
hörenden Zersetzungsformen hat noch nicht stattgefunden. Wird
ein grösserer Stammtheil in Folge eintretender Functionslosigkeit
zum Absterben geführt, wie das der Fall ist bei knospenlosen
Aststummeln, bei den Wurzelstöcken gefällter Bäume, an grösseren
durch Wild, Sonnenbrand u. dgl. entrindeten Baumtheilen, die
durch Vertrocknen schnell auf grössere Tiefe hin absterben, so
kann die Zersetzung unter dem Einflüsse saprophytischer, den
3) Zersetzungserscheiuungen etc. Seite 63.
208 n- Abschnitt.
Hymenomyceten oder den Ascomyceten angehörender Pilze schnell
von Statten gehen, zumal wenn der ungehinderte Zutritt des
Regenwassers die Pilzvegetatiou fördert. Ist die Aufsaugung
von Wasser und der Zutritt der Luft durch die Wundfläche er-
möglicht und erleichtert, wie dies der Fall ist bei Wurzelverwun-
dungen oder an nicht getheerten Astwunden, dann verbreitet sich die
Wundfäule zwar weitaus nicht so schnell wie die parasitäre Wund-
fäule im Stamm, doch dringt die Zersetzung in der Richtung,
welche das aufgenommene Wasser in den leitenden Organen ein-
schlägt, ziemlich schnell vor. Der sogenannte falsche Kern der
Rothbuche geht immer von Wundstellen aus und unter dem Ein-
fluss der Luft sind nicht nur alle Gefässe mit Füllzellen verstopft,
sondern es hat auch eine Veränderung des Gerbstoffs stattgefunden,
welche zu der Braunfärbung des Kernes Veranlassung giebt. Von
den Wunden dringen langsam saprophytische Pilze nach, welche
dann den falschen Kern in Faulkern umwandeln. Je schneller
eine Wundfläche geschlossen wird, sei es auf künstlichem Wege,
sei es durch natürliche Reproductionsvorgänge, je besser für den
Baum. Die Wundfäule schreitet dann, wenn Luft und Wasser
abgeschlossen sind, so langsam vor, dass an einem seit 100 Jahren
überwallten Eichenaste meiner Sammlung diese Fäulniss nach
Wundenschluss nur um 1 cm weit vorgerückt war.
Die Behandlung der Wunden ergiebt sich aus dem vor-
stehend Mitgetheilten. Sie hat zweierlei ins Auge zu fassen, ein-
mal den Heilungsprocess und zweitens die Verhütung von Wund-
krankheiten infectiöser und nicht infectiöser Art.
Was den Heilungsprocess betrifft, so ist die vollkommenste
Form desselben, nämlich der Bekleidungs- oder Vernarbungsprocess,
nur dann zu erhoffen, wenn die Wunde in einem Abschälen der
Rinde zur Zeit der cambialen Thätigkeit bestand und sofort nach
deren Entstehung ein Verband angelegt werden kann, der das Ver-
trocknen des Cambiums verhindert, ohne mit demselben in Be-
rührung zu treten.
Ein Umwickeln des Stammes mit zuvor angefeuchtetem Wachs-
tuch, Strohseilen u. dgl. ist das einzige uns zur Verfügung stehende
Mittel.
Ist eine Vernarbung nicht zu erhoffen, dann ist der Ueber-
wallungsprocess möglichst zu fördern dadurch, dass man alle
Verwundungen. 209
todten und gequetschten Rindentheile, welche einen nachteiligen
Druck auf den Wundrand ausüben könnten, mit scharfem Schnitte
entfernt und nur solche Rindentheile sorgfältig schont, die etwa
auf der Wundfläche unverletzt geblieben sind und mit dem Wund-
rande so im Zusammenhange stehen, dass sie ernährt werden.
Von ihnen aus schreitet der Ueberwallungsprocess ebenso
schnell vor, wie von dem eigentlichen Wundrande.
Zur Verhütung der Wundkrankheiten dient ebenfalls die
Beseitigung aller von dem Holzkörper getrennten Rindentheile des
Wundrandes, da zwischen ihnen und dem Holzkörper sich die
Feuchtigkeit lange Zeit erhält und vom Holze eingesogen wird, wo-
durch die Processe der Wundfäule begünstigt werden, weil ferner
hier am liebsten die Sporen der Infectionspilze keimen und in das
Innere des Baumes eindringen.
Bei den Nadelholzbäumen, welche Harzkanäle besitzen, ist
ein Schutz der Wunde nur dann nöthig, wenn ein stärkerer Ast
mit Kernholz abgeschnitten oder abgebrochen ist, und . wenn im
Sommer die Rinde vom Holzkörper, z. B. bei Sommerästung,
Sommerschälen des Wildes, abgelöst ist. Die Fichte ist gegen
derartige Verwundung im höchsten Grade empfindlich.
Laubhölzer bedürfen jederzeit eines Schutzes, und be-
kanntlich bedient man sich des Baumwachses in der Gärtnerei, des
Steinkohlentheers im Forstbetriebe, um eine wasserdichte Schutz-
schicht auf der Wunde herzustellen. Die wiederholt von Prak-
tikern behauptete nachtheilige Wirkung des Theers auf die Gewebe
habe ich nie bemerkt, vielmehr kann ich constatiren, dass der
Theer nur in die geöffneten Organe eindringt und deren Zellwände
imprägnirt, dass Zellen in unmittelbarster Nachbarschaft solcher
mit Theer erfüllten Gefässe und Holzfasern noch nach einer Reihe
von Jahren völlig gesund und lebend waren.
Zu den Reproductionserscheinungen, die nach Verwundungen
der Bäume auftreten und den Ersatz verloren gegangener Theile
liefern, gehören noch — die „Praeventivknospen".
Von den Blattachselknospen eines Jahrestriebes entwickelt sich
im Folgejahre immer nur eine beschränkte Zahl zu neuen Trieben.
Die Mehrzahl und zwar besonders die am Grunde der Triebe über
den Knospenschuppen und den unteren wenig entwickelten Blättern
stehenden Axillarknospen bleiben auf einer niederen Entwicklungs-
II artig, Baumkrankheiten, 2. Aufl. 14
210
II. Abschnitt.
stufe stehen und treiben im nächsten Jahre in der Regel nicht aus.
Sie liefern vielmehr die schlafenden Augen, welche im Gegen-
satz zu den unter Umständen neu entstehenden Knospen, den
Adventivknospen, von Th. Hartig Prae ventivknospen ge-
nannt sind, weil sie schon vom ersten Lebensjahre des betreffen-
den Stammtheiles an vorhanden
sind und nur unter gewissen Ver-
hältnissen hervorkommen, d. h.
zu neuen Trieben (Wasserreiser,
Räuber u. s. w.) sich entwickeln.
Diese ruhenden Blattachsel-
knospen können sich 100 Jahre
und länger am Leben erhalten,
zumal bei glattrindigen Bäumen,
wie der Rothbuche u. s. w.
Die Praeventivknospen (Fig.
114 a) ruhen nur in Bezug auf
ihr Spitzenwachsthum, zeigen aber
ein eigenes Längenwachsthum,
welches als intermediäres von
Th. Hartig bezeichnet worden ist.
Alljährlich verlängert sich näm-
lich der zarte Gefässbündelkreis,
welcher von der Markröhre des
Stammtheiles, dem sie aufsitzen,
zu ihnen verläuft (Fig. 114 b), um
die Länge des jährlichen Dicken-
zuwachses dieses Baumtheiles.
Dieses Wachsthum ist völlig analog
dem der Senkerwurzeln von Vis-
Fig. 114.
Längsschnitt durch einen 12jährigen
Buchenstamm. Bei a zwei schlafende
Blattachselknospen, deren Knospen-
stämme b rechtwinklig zur Hauptaxe
stehen. Ein drittes Auge c ist seit
zwei Jahren zum Ausschlag entwickelt.
d Ein Kurztrieb, der durch Entfaltung
einer Knospe am einjährigen Trieb
entstanden ist. e Ein seit 4 Jahren
abgestorbener Trieb. Natürl. Gr.
cum album oder dem Längen-
wachsthum der Markstrahlen, d. h.
der innere Knospenstamm besitzt
ein eigenes Cambium da, wo er die Cambialregion des Stammes
durchsetzt.
Hier schiebt sich durch Zelltheilung, welche mit der Zell-
theilung des allgemeinen Cambiums gleichen Schritt hält, ein dop-
peltes Stück ein, nämlich ein grösseres von der Länge des Holz-
Verwundungen.
211
ringes nach innen, ein kleineres von der Länge des Bastzuwachses
nach aussen; zwischen beiden Stücken bleibt eine Cambialregion
zurück, bis endlich das schlafende Auge abstirbt und nun der
rechtwinklig zur Hauptaxe stehende und jedes eigenen Dickenzu-
wachses entbehrende Knospenstamm von dem weiterhin entstehen-
den Holzzuwachse überwachsen und eingeschlossen wird.
Zahlreiche Knospenstämme durchsetzen, den Markstrahlen
gleich, den Holzstamm der Laubholzbäume. Gelangen sie zum Aus-
treiben (Fig. 114c), dann producirt von da an der Trieb einen eigenen
kräftigen Holzkörper, der mit seiner Markröhre
spitzwinklig zur Hauptaxe des Stammes steht.
Einen eigenartigen Entwicklungsgang schlägt
bei einzelnen Holzarten, insbesondere oft bei
der Rothbuche, ein Theil der schlafenden Augen
nach dem Aufhören des intermediären Zuwachses
ein. Es entstehen durch concentrisches Dicken-
wachsthum des im Rinden- und Bastgewebe
liegenden Holztheiles des Knospenstammes jene
bekannten Holz kugeln (Sph aeroblasten)
(Fig. 115), die oftmals in der Grösse einer
Büchsenkugel und darüber über die Oberfläche
der Baumrinden hervorragen und leicht aus der-
selben herausgedrückt werden können, da sie
völlig ausser Zusammenhang mit dem Holz des
Stammes stehen.
Schlafende Augen sind bei unseren Nadelholzwaldbäumen sehr
sparsam, da fast alle vorhandenen Blattachselknospen sich zu Kurz-
trieben zu entwickeln pflegen. Bei den Kiefern bleiben im höheren
Alter nur 1 oder 2 Knospen in jedem Quirl schlafend, äusserst
selten sieht man am Grunde der Triebe, woselbst die Kurztriebe
(Nadelbüschel) fehlen, eine schlafende Knospe zur Entwicklung ge-
langen. Wird eine Kiefer durch wiederholten Raupenfrass so be-
schädigt, dass nicht allein alle Nadelbüschel mit den zwischen
ihnen ruhenden Knospen (Scheidenknospen), sondern auch die
jüngsten Triebe mit den Quirlknospen vertrocknen, dann besitzt
der Baum nur noch jene schlafenden Quirlknospen der mehr-
jährigen Triebe, die zu sogenannten Rosettentrieben aussprossen,
Fig. 115.
Kugeltrieb einer
Rothbuche aus schla-
fendem Auge entstan-
den, nachdem dieses
von seinem Knospen-
stamm abgetrennt
worden war. Nat.Gr.
ohne im Stande zu sein,
das Leben des Baumes zu erhalten.
14*
212 H- Abschnitt.
Diese Rosettentriebe bestehen entweder nur aus den einfachen
Blättern, die dann breit schwertförmig zum Vorschein kommen,
oder es kommen auch einzelne Nadelbüschel zwischen diesen zur
Entwicklung.
Bei der Lärche besitzen nur etwa 10°/0 der Nadeln des ein-
jährigen Triebes Blattachselknospen und diese entwickeln sich
sämmtlich zu Kurztrieben (Nadelbüscheltriebe) oder Langtrieben.
Eine Reproduction kann nur durch kräftigere Entwicklung der
Kurztriebe erfolgen.
Fichte und Tanne sind ebenfalls nur sparsam mit Blattachsel-
knospen ausgestattet, von denen aber ein kleiner Theil schlafend
bleibt, bis er durch besondere Umstände zum Leben erweckt wird.
Diese schlafenden Augen befinden sich oft kranzförmig am Grunde
jedes Jahrestriebes.
Die Verhältnisse, unter denen schlafende Augen zur Entwick-
lung kräftiger Triebe veranlasst werden, sind verschiedenartiger
Natur, die aber gemeinsam haben, dass eine kräftigere Nährstoff-
zufuhr zu den Knospen erfolgt. Beispielsweise führe ich an:
Aestung, Stammabhieb, Freistellung, Entlaubung durch Insecten-
frass, Spätfrost u. s. w.
Adventivknospen sind alle die, im Allgemeinen seltener
auftretenden Knospenbildungen, die in ihrer ersten Anlage nicht in
den Achseln der Blätter entstanden sind, sondern an anderen Punkten
des Stengels, der Wurzel oder Blätter erst in späterem Alter des
betreffenden Pflanzentheils neu entstehen, also zu den Axillarknospen
„hinzukommen". Nur selten entstehen solche Adventivknospen
oberirdisch an unverletzten Pflanzentheilen, während an den Wurzeln
mancher Holzarten ganz regelmässig Knospen endogenen Ursprungs
(Wurzelbrut) sich bilden. Dagegen gehört ihre Entstehung im
Wundgewebe des Ueberwallungswulstes oder der Vernarbungs-
schicht zu den häufigen Erscheinungen (Fig. 129). Sie entstehen
hier nahe unter der Oberfläche im noch theilungsfähigen, callösen,
parenchyniatischen Gewebe, bilden ihren Gefässbündelkreis, der
nach innen sich fortsetzend mit dem Holzkörper des Ueberwallungs-
wulstes in Verbinduno; tritt.
Ganz ähnliche Entstehung zeigen die Adventivwurzeln, die
endogen sowohl aus unverletzter Rinde, wie aus dem Wundgewebe
hervorgehen können.
Verwundungen.
213
§ 20. Die Verwundungsarten1).
Bei der unendlichen Mannigfaltigkeit der Verwundungsarten
kann es unsere Aufgabe nur sein, eine Reihe der allgemeiner in-
teressanten Beschädigungen zu besprechen.
Schälen des Wildes.
Das Rothwild schält meist nur Nadelholzbäume, seltener auch
Laubliolz, z. B. Rothbuchen; wogegen das Damwild die meisten,
vielleicht alle unsere Waldbäume schält, wenn auch einzelne Holz-
Fig. 116.
Kiefernstamm querscbnitt
mit überwallter Rothwildschäl-
wunde, die nach 24 Jahren
noch nicht völlig geschlossen
ist. y3 Natürl. Gr.
Fig. 117.
Fichteustammquerschnitt mit drei Wildschäl-
wunden. V-2 Natürl. Gr.
arten, z. B. die Esche, bevorzugt werden. Auch Rehe, Hasen und
Kaninchen schälen gelegentlich. Das „Fegen" der Rehe besteht
dagegen bekanntlich im Abreiben der Rinde jüngerer Pflanzen mit
dem soeben ausgebildeten Gehörne.
Im Winter schält das Wild aus Noth, indem es die mehl-
reichen Rinden glattrindiger Bäume abknabbert zur Stillung des
Hungers, im Sommer, zur Zeit, in der die Rinde sich leicht los-
löst, erfolgt mehr ein Losreissen grösserer Rindenlappen oft bis zu
beträchtlicher Höhe hinauf. Die Ansichten über das Motiv des
Sommerschälen s sind getheilt. Am wahrscheinlichsten ist mir,
') R. Hartig, Zersetzungserscheinungen, S. 67 ff.
214 II. Abschnitt,
dass der reiche Zuckergehalt der Rinde dem Wilde eine ange-
nehme Leckerei ist. Es ist von anderer Seite auf den Gerb-
stoffgekalt der Rinde hingewiesen und die Vermuthung ausge-
sprochen, dass in ihm dem Wilde ein wichtiges Arzneimittel für
die Verdauung sich darbiete. Andere wieder erkennen in dem
Soninierschälen nur die Fortsetzung der in der Noth des Winters-
erlernten Ernährungsweise. Das Wild schäle somit aus Ange-
wöhnung auch im Sommer, wenn anderweite Aesung in hin-
reichendem Maasse vorhanden ist.
Fichte und Weisstanne sind der Gefahr des Schälens am
längsten ausgesetzt, weil ihre Rinde in Brusthöhe lange Zeit glatt
bleibt und erst in späterem Alter Borkebildung zeigt. Bei ihnen
wiederholt sich desshalb auch oft nach mehrjährigen Zwischenräumen
die Verwundung (Fig. 117), und kann man nicht selten Stämme
rinden, welche bis fünfmal in verschiedenen Altersstadien geschält
wurden.
Kiefer und Lärche sind nur in einem kurzen Zeiträume dem
Schälen ausgesetzt, zumal die Kiefer, da frühzeitig Borkebildung
bei ihnen eintritt. Bei der Kiefer werden nur die 3- bis 5jährigen
Schafttheile geschält, vorher stört in Kopfhöhe die Benadelung,
später die Borke.
Der Schaden, welcher durch das Schälen veranlasst wird, ist
verschieden nach Holzart, Jahreszeit und nach der Ausdehnung der
Wunde. Die harzreiche Kiefer leidet sehr wenig, wenn nicht etwa
die Schälung rings um den Stamm erfolgt, also eine Ringwunde
wird. Die blossgelegten Holztheile vertrocknen und füllen sich mit
Terpentin und Harz so reichlich an, dass dadurch weitere Zer-
setzung verhindert und das Vertrocknen der inneren Theile verlang-
samt wird. Dagegen schliesst sich die Wunde sehr schwer, da die
frühzeitig eintretende Borkebildung das Verwachsen der Ueberwal-
lungswülste verhindert.
Die Fichte ist dagegen weit empfindlicher gegen das Schälen,
nicht allein weil dasselbe bei ihr erst in späterem Alter beginnt
und weit grössere Wundflächen entstehen, sondern vor allem dess-
halb, weil die Wunde nicht in dem Maasse verkient wie bei der
Kiefer. Das Winterschälen ist weniger nachtheilig als das Sommer-
schälen, weil einestheils die Verwundung weniger gross zu sein
pflegt, weil ferner bis zu der Zeit, wo höhere Wärmegrade die
Verwundungen.
215
Entstehung der "Wundfäule oder das Keimen parasitischer Pilze be-
fördern, die Verharzung der Wundfiäche erfolgen kann.
Dringen Parasiten ein, dann verbreitet sich die Zersetzung
schnell nach allen Richtungen und hat die Zerstörung des Baumes
zur Folge. Andernfalls beschränkt sich die Wundfäule darauf, den
inneren Holzkörper zu bräunen, ohne dass die in den Jahren nach
der Verwundung entstandenen Holz-
theile angegriffen würden. Bleibt
die Wunde lange offen, dann kann
die Wundfäule sehr bedeutende
Intensität erreichen, in der Regel
erstreckt sie sich aufwärts im
Stamm nur wenige Meter, so dass
bei dieser Art von „Rothfäule"
der Stamm nach Entfernung einiger
Scheitlängen gesund ist. Dass bei
eintretendem Schneedruck an den
Schälwundstellen die geringste
Widerstandskraft sich findet, dort
also am ehesten Bruch erfolgt, ist
leicht erklärlich.
Schälwunden der Mäuse.
Besonders die Waldmaus, Mus
silvaticus, und die Feldmaus, Ar-
vicola arvalis, schädigen die Laub-
holzschonungen durch Benagen
der Rinde während des Winters.
Insbesondere leiden Buchenscho-
nungen oft in hohem Grade.
Lässt man die beschädigten Pflan-
zen stehen, so entwickeln sich
die meisten derselben im Frühjahre scheinbar völlig normal, da ja der
Holzkörper noch die Saftleitung nach oben zu verrichten im Stande ist.
Im Laufe des Sommers vertrocknet der blossgelegte Holzkörper von
aussen nach innen fortschreitend, es tritt auch noch Wundfäule hinzu,
und mit dem Verluste der Saftleitungsfähigkeit der beschädigten Stelle
über dem Wurzelstocke vertrocknet die Pflanze, wenn das Benagen
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216
IL Abschnitt.
die Rinde im ganzen Umfange des Stämmchens entfernt hat. Wenn
man erst dann dieselbe über dem Boden absehneidet, so pflegt kein
Ausschlag mehr zu erfolgen. Wenn man dagegen vor Laubaus-
bruch die Schonungen durchsuchen und alle beschädigten Pflanzen
über dem Boden abschneiden lässt, dann erfolgt unter der Beihilfe
der noch in den Wurzeln vorhandenen Reservestoffvorräthe ein
kräftiger Ausschlag, der in kurzer Zeit den Schaden nahezu ver-
schwinden lässt. Stärkere
Pflanzen erhalten sich wohl
mehrere Jahre am Leben
und zeigen selbst Adventiv-
wurzelbildung über der Ring-
wunde, wie an dem Fig. 118
dargestellten Exemplare.
Schälwunden
durch Holzrücken, Vieh-
tritt, Wagenräder etc.
Zu den häufigsten Ver-
wundungen der Stämme am
Wurzelanlaufe und an den
flachstreichenden Wurzeln ge-
hören die Abschälungen,
welche beim Transport des
Langholzes besonders an
Bergabhängen erzeugt wer-
den. Beim Schleifen der
Stämme wird die Rinde am
Fusse der stehenden Bäume,
zumal wenn das Holzrücken
an die Wege nach Eintritt der Saftzeit erfolgt, auf grossen Stellen
abgeschält. Auf Viehtriften, Viehlagerstätten, auf Wegen werden
die flachstreichenden Wurzeln mannigfach verletzt und dringt von
solchen Stellen die Wundfäule bei der Fichte um so höher im
Stamme aufwärts, je reichlicher die Bodenfeuchtigkeit zu der Wunde
Zutritt findet (Taf. Fig. 6). Die mit Moos oder Humus bedeckten
Wundstellen sind desshalb viel gefährlicher, als völlig frei liegende
Stellen.
Fig. 119.
Fichtenstock von einem Zwilling.
Der eine Stamm a ist in der Durchforstung
abgehauen, inzwischen verfault und die Wund-
fäule steigt bei I> in dem gesunden Stamme
aufwärts. Bei c c sind Schälwunden durch
Holzschleifen und bei e steigt die Wundfäule
einerbeschädigtenWurzel im Stamme aufwärts.
Vio Natürl. Gr.
Verw un dungeii . 217
Die meisten braunen (rothfaulen) Stellen, die auf den Abhiebs-
flächen der Fichtenstäninie zu sehen und nach dem Abschneiden
eiuer oder zweier Scheidungen vom unteren Stammende verschwun-
den sind, entstammen solchen Wurzel- oder Wurzelstockverwun-
dungen (Fig. 119). Gelangt das Mycel von Agaricus melleus in solche
Wurzelwunden, dann rückt die Fäulniss weit schneller vor und der
Stamm kann im unteren Theile ganz ausfaulen.
Siedeln sich an einer solchen Wundstelle Waldameisen,
Formica herculeana oder ligniperda, an, dann fressen diese
ihre Gänge oft hoch in dem gesunden Stamme aufwärts, höhlen
den Stamm aus und veranlassen die schnelle Zersetzung des Holz-
stammes.
Menschenhand ruft absichtlich oder unabsichtlich die mannig-
fachsten Schälwunden hervor, so z. B. bei Einzeichnung von Fi-
guren oder Schriftzeichen. Werden diese unmittelbar in die
Rinde eingegraben, so besitzt die Schälwunde die Gestalt der Figur,
welche sich auch nach der Ueberwallung noch viele Jahrzehnte durch
die Begrenzung der alten Rinde gegen die Neubildung erhält.
Wurde dagegen zunächst eine grössere Holzfläche von Rinde ent-
blösst und die Figur in den Holzkörper eingegraben, dann ver-
schwindet sie mit dem Schluss der Wunde. Es erhält sich nur
die Grenze der alten Rinde gegen die zuvor abgeschälte Stelle.
Unabsichtlich wird bei dem „Röthen" der Kiefern behufs
Anlage von Theerringen nicht nur die todte Borke abgeschält,
sondern oft auch der lebende Bast, ja selbst der Holzkörper ver-
letzt. Wenn dann der Theerstrich ausgeführt ist, dringt nachträg-
lich von innen noch Terpentin und Harz aus der Wunde und
bildet einen weisslichen Belag auf dem schwarzen Theer. Irr-
thünilich hat man aus dieser Erscheinung ableiten wollen, class der
Theer stellenweise die Rindengewebe aufgelöst und jene Wunde
veranlasst habe.
Ganz ähnliche Wunden entstehen in Folge der Borkenschälung
an alten Kiefern, wie sie hier und da behufs Gewinnung von Borke
zum Bügelfeuer in der Nähe der Städte vorgenommen wird. Auch
das Besteigen der Bäume mit Steigeisen veranlasst vielfache Ver-
wundungen. Beim Gewinnen der Zapfen und der Fichtenhackstreu
entstehen sie am häufigsten.
218 II- Abschnitt.
Quetschwunden.
Bei der Baumfällung im geschlossenen Bestände kommt es oft
vor, dass der stürzende Stamm oder ein Ast desselben die Nachbar-
bäume trifft, deren Rinde streift und quetscht (Baumschlag). Bei
Aestungen quetscht die oberste Sprosse der augelegten Leiter die
Rinde, bei Insectenvertilgungen wurden früher oftmals die Bäume
geprallt, d. h. mit dem Rücken der Axt kräftig getroffen, damit
in Folge der Erschütterung die Raupen erschrecken und herabfallen
sollten. In Folge solcher Quetschungen stirbt zwar die Rinde ab
und der Zuwachs hört auf der beschädigten Stelle auf, aber die
Rinde erhält sich lange Zeit in Verbindung mit der lebenden, nicht
verletzten Rinde und kann eine Ueberwallung nicht erfolgen, weil
ja die Wachsthumssteigerung am Wundrande nur bei aufgeho-
benem Rindendruck erfolgt. Unter der erst nach vielen Jahren
völlig verwesenden todten Rinde, die durch ihr Zusammentrocknen
hier und da Risse bekommt, sammelt sich Wasser und fördert die
Entstehung von Wundfäule.
Verwundungen bei der Harznutzung.
Die Nutzung des Terpentins resp. Harzes bei den Nadelbolz-
waldbäumen geschieht in verschiedener Weise. Bei der Weiss-
tanne beschränkt sie sich auf die Nutzung des Oeles, welches
sich in den gelegentlich bis zu Taubeneigrösse anwachsenden Rinden-
beulen ansammelt (Strassburger Terpentin).
Bei der Lärche bohrt man umfangreiche Löcher in den Stamm,
spundet diese zu und gewinnt so das aus den senkrecht im Holz-
stamm verlaufenden Harzgängen nach unten ausfliessende „Vene-
tianische Terpentinöl". Bei der Schwarzkiefer wird der
Rindenkörper in ziemlicher Breite vom Stamme abgelöst und das
aus den Markstrahlharzgängen reichlich ausströmende Terpentinöl
theils in einer unterhalb der Wundfläche in den Holzstamm einge-
hauenen Pfanne gesammelt, theils nach der Verharzung von der
Wundfläche abgescharrt. Da bald der blossgelegte Holzkörper
völlig verkient, die Markstrahlgänge durch Verharzung verstopft
werden, so werden successive immer höher liegende Stammtheile
geschält.
Bei der Fichte werden Rindenstreifen von 2 — 4 cm Breite in
senkrechter Richtung von etwa 2 m Höhe bis zum Fusse des
Verwundungen.
219
Stammes vom Holze abgelöst, und zwar an schwächeren Bäumen
nur auf einer Seite; mit zunehmender Dicke des Baumes erfolgt die
Ilarznutzung später auf vier Seiten (Fig. 120).
Wenn das Harz genutzt wird, dann schneidet man an beiden
Seiten der Lachte den seit der letzten Nutzung entstandenen
Ueberwallungswulst ab und öffnet dadurch neue Harzkanäle, aus
denen wiederum Harz auszuströmen vermag.
Fig. 120.
Durchschnitt eines Fichtenstammes, der an 4 Seiten seit
10 — 15 Jahren geharzt ist. Die zwischen den 4 Lachten gelegenen
ausserhalb der Grenzlinie gelegenen Splinttheile a sind allein wasser-
leitend. Das Holz innerhalb der beiden oberen Lachten b ist stark
wundfaul, während die beiden anderen Lachten c innerhalb gesundes
Holz zeigen. Zahlreiche Sirexgängee gehen von den oberenLachten aus.
V8 Natürl. Gr.
Der blossgelegte Körper trocknet im Laufe der Jahre aus und
es treten Zersetzungserscheinungen ein, welche dadurch sehr be-
fördert werden, dass Sirex-Larven von den Wundstellen aus tief
in den Holzstamm eindringen und das Tas;ewasser durch sie in das
Innere des Baumes gelangt. Die Wundfäule dringt oft hoch in
den Baum empor und entwerthet die Stämme so sehr, dass in ge-
harzten Beständen die Nutzholzausbeute von 70 auf 20 — 30°/0 herab-
220 ll' Abschnitt.
sinken kann. Eine Zuwachsverininderung der geharzten Stämme
ist bisher nicht nachgewiesen und von vornherein nicht wahrschein-
lich, da ja der Terpentin kein für das Wachsthum des Baumes
verwendbarer Stoff ist. Durch Harzentziehung wird dagegen der
Werth des Holzes selbst sehr beeinträchtigt, weil die Güte dessel-
ben in hohem Maasse vom Harzgehalt bedingt wird.
Ringwunden,
wie solche oftmals durch Wildschälen und Mäusefrass entstehen,
wie sie aber auch durch Menschenhand hier und da ausgeführt
werden, wenn es sich darum handelt, in gemischten Beständen
edlere Holzarten gegen dominirende Nachbaren zu schützen, zeigen
nicht immer den gleichen Einfluss auf den geringelten Stamm. Es
ist bekannt, dass durch eine den Umfang des Stammes umfassende,
wenn auch schmale Entrindung die Ernährung des Cambiums unter
der Ringwunde und damit das Dickenwachsthum daselbst aufgehoben
wird. Da der Holzstamm seine Saftleitungsfähigkeit nach oben
auch in dem geringelten Theile bewahrt, so bleibt derselbe in der
Regel noch mehrere Jahre am Leben. Es ist aber noch keines-
wegs völlig erwiesen, von welchen Verhältnissen die Lebensdauer
des oberhalb der Ringwunde gelegenen Pflanzentheils bedingt wird2).
Von 15 gleich starken und nahe zusammenstehenden Kiefern im
120jährigen Alter, die ich im Juni 1871 bis auf 2 m Höhe völlig
entrindete, starben einzelne schon im Jahre 1872 ab, mehrere Ver-
suchsstämme dagegen waren noch 1877 völlig gesund. Da hier-
nach der Tod nicht allein durch das Austrocknen des entblössten
Stammtheiles von aussen nach innen bedingt sein kann, dürfte die
Frage näher zu prüfen sein, ob nicht etwa das Aufhören des
Zuwachses unterhalb der Ringwunde einen Nachtheil auf die
Wasseraufnahmefähigkeit der Wurzeln ausübt.
Jene Fälle, in denen trotz Ringelung das Leben sich noch
lange Zeit erhält, könnten vielleicht durch Wurzel Verwachsung
erklärt werden, durch welche die Wurzeln des geringelten Baumes
von Nachbarstämmen ernährt werden.
2) Es ist hier nicht der Ort, um auf die Fälle näher einzugehen, in denen
eine Wanderung der Bildungsstoffe nach unten in niarkständigen Bastorganea
erfolgen kann.
Verwundungen. 221
Aestung3).
Das Aesten der Bäume ist eine in der forstlichen Literatur so
viel besprochene Maassregel, die Ansichten über dessen Zulässig-
keit sind so sehr auseinandergehend, dass eine etwas eingehendere
Besprechung dieser Operation hier am Platze sein dürfte.
Der natürliche Ausästungsprocess der Bäume wird durch
Beschattung und in Folge davon durch eintretende Functionslosig-
keit der Zweige, welche den Tod derselben nach sich zieht, herbei-
geführt. Die absterbenden Zweige und Aeste werden durch sapro-
phytische Pilze mehr oder weniger schnell zersetzt.
Die Schnelligkeit der Zersetzung und des Abfalles der Aeste
ist in hohem Grade bedingt durch die Beschaffenheit ihres Holzes.
Nur aus Splintholz bestehende Zweige der Laubbäume fallen früher
ab, als solche mit Kernholz; die Kiefer reinigt sich weit früher
als die Fichte und Tanne, weil die unterdrückten Zweige junger
Kiefern aus lockerem, breitringigem Holze bestehen, während sich
Tannen- und Fichtenzweige durch zähes, festes, widerstandsfähiges
Holz auszeichnen. Die stärkeren, harzreichen und feinringigeren
Aeste aus den höheren Schafttheilen der Kiefer erhalten sich da-
gegen sehr lange und werden mehr oder weniger vom Stamme um-
wachsen. Das Einwachsen der todten Aeste ist bei der Tanne
und Fichte eine allgemeine Regel und fallen an Brettern, wenn
deren Holz beim Trocknen schwindet, die Hornäste heraus, da
sie ausser organischer Verbindung mit den benachbarten Holz-
schichten stehen.
Das Einwachsen toclter Aeste würde viel allgemeiner statt-
finden, wenn nicht die Eigentümlichkeit bestände, dass dieselben
nicht bis zur Basis absterben, sondern diese sich immer auf einen
und bei stärkeren Aesten oft bis auf 4 cm Länge am Leben er-
halten (Fig. 121).
Die Zweigbasis wird vom Schafte aus ernährt, am Leben er-
halten und zu eigenem Dickenwachsthum befähigt, und wenn dann
nach einigen Jahren der Schaft des Baumes durch sein jährliches
Dickenwachsthum um so viel an Durchmesser zugenommen hat,
als die Länge der am Leben erhaltenen Astbasis betrug, dann ist
3) K. Hartig, Zersetzungserscheinungen, S. 68 ff., S. 133 fl.
222
II. Abschnitt.
inzwischen der todte Zweig so sehr zerstört, dass er durch Wind,
Schneeanhang u. s. w. abgestossen wird (Fig. 122).
Die Wunde schliesst sich und nur ein kleiner, schwarzbrauner
Fleck bezeichnet auch für die Folge im Innern des Baumes die
Grenze des eingeschlossenen Zweigstutzes.
Fig. 121.
Durch den natürlichen Ver-
dämm ungsprocess abgestorbe-
ner Eichenzweig, dessen Basis l>
seitlich vom Hauptstamme er-
nährt wird.
Fig. 122.
Durch natürlichen Verdämmungsprocess
getödteter Eichenzweig nach dem Abfall
desselben. Die ursprünglich hervorste-
hende am Leben erhaltene Zweigbasis b
ist umwachsen, die schwarzbraune Grenzet
zwischen dem lebenden und völlig zer-
setzten Holze a bleibt nach dem Ueber~
wallungsprocesse unverändert im Inneren
erhalten, wie dies Fig. d für einen kleinen
Zweig zeigt, e zeigt den Knospenstamm
eines schlafenden Auges.
Der Baum schützt sich durch die vorstehend besprochene Ein-
richtung gegen das Einwachsen todter Aststutzen. Nur bei stärkeren
Aesten tritt das Abfallen oft erst so spät ein, dass auch ein Theil
des todten, bei den Nadelhölzern verkienten, bei den Laubhölzern
mehr oder weniger zersetzten Asttheiles einwächst. Fällt dann
Verwundungen.
223
später der völlig zersetzte Ast ab, dann entsteht ein Astloch,
welches nur theilweise von den Ueberwallungsschichten ausgefüllt
wird und selbstredend die technische Brauchbarkeit des Baumes
sehr beeinträchtigt (Fig. 123).
Es ist desshalb unter allen Umständen empfehlenswerth, die
durch den natürlichen Unterdrückungsprocess zum Absterben ge-
langten grösseren Trockenäste beim Nadelholz und Laubholz
möglichst rechtzeitig zu entfernen. Auf das Technische der Ope-
ration gehe ich nicht ein, nur bemerke ich, dass die Kosten selbst-
redend nur für solche Baum-
individuen zu verausgaben
sind, welche voraussichtlich
als Nutzholzstämme Verwen-
dung finden werden. Es un-
terliegt keinem Zweifel, dass
mit fortschreitender Forst-
wirtschaft die Trocken-
ästung in dieser Beschrän-
kung allgemeinen Ein-
gang finden wird. Der
Einwand, die Aestung koste
zu viel, hat jedenfalls nur
dann Berechtigung, wenn
nachgewiesen wird, dass
die Werthdifferenz zwischen
einem astreinen Sägeblock
Fig. 123.
Ueberwallter todter und wundfauler Eichenast.
2/3 Natürl. Gr.
und einem ästigen Stamme nicht gleich komme den Aestungskosten
nebst Zinsen.
Gehen wir nun zur Betrachtung der Grün ästung über, wo-
runter wir die Entnahme lebender, noch belaubter Aeste oder
Zweige verstehen, gleichviel, ob diese durch Menschenhand oder
durch Sturm, Schneeanhang u. s. w. ausgeführt wird, so dürfte mit
Ausnahme einiger näher zu bezeichnender Fälle immer ein Zu-
wachs verlust mit dieser Operation verbunden sein. Vermindert
man die Summe der assimilirenden Organe, so wird auch für ge-
wöhnlich die Summe der assimilirten Producte abnehmen. Nur
bei völlig frei erwachsenen Bäumen, die bis unten beastet, eine
sehr grosse Blattmenge erzeugt haben, kann eine beschränkte Auf-
224 II. Abschnitt.
ästung ohne Zuwachsverlust stattfinden, wie ich dies bestimmt
nachgewiesen habe4). An solchen Bäumen finden sich mehr Blätter,
als nothwenclig sind, um die von den Wurzeln zugeführten Nähr-
stoffe, von deren Menge ja die Grösse des Zuwachses wesentlich
bedingt wird, zu verarbeiten. Eine Verminderung der Laubmenge
hat dann nur eine gesteigerte Assimilationsthätigkeit der verblei-
benden Blätter zur Folge.
In der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle, in welchen
Aestungen in der Praxis vorkommen, wird mit denselben eine mehr
oder weniger erkleckliche Zuwachsverminderung verbunden sein.
Dieselbe äussert sich namentlich durch Verminderung des Zu-
wachses im unteren Baumtheile, und kann bei weitgehender
Ausästung der Zuwachs in den unteren Stammtheilen ganz auf-
hören, wie ich dies auch bei stark unterdrückten Bäumen
nachgewiesen habe.
Man wird sich also bei der Ausführung der Aestungen immer
darüber klar bleiben müssen, dass diese Operation an sich in
der Regel eine das Wachsthum des Baumes schädigende ist,
dass gewichtige Gründe zur Vornahme derselben vorliegen müssen,
um den Verlust an Zuwachs verschmerzen zu lassen.
Als solche sind einerseits Formverbesserung des Baumschaftes
behufs Erziehung astreiner Schäfte, anderseits Rücksichten auf das
Lichtbedürfniss eines unterständigen Baumwuchses zu bezeichnen.
Will man behufs Gewinnung glattschäftiger Stämme sich
nicht auf die Wegnahme einzelner Aeste beschränken, sondern eine
tiefer eingreifende Ausästimg vornehmen, dann ist aber nicht bloss
der Zuwachsverlust als solcher zu berücksichtigen, sondern es sind
auch die indirecten Nachtheile dieser Zuwachsschwächung ins
Auge zu fassen.
Zu diesen gehört zuerst die Verzögerung der Wunden-
heilung. Der Ueberwallungsprocess der Astwunden hängt selbst-
redend von der Zufuhr an Bildungsstoffen zum Cambium des
Wundrandes, resp. des Ueberwallungswulstes in hohem Maasse ab.
Eine sehr starke Ausästung wird den Ueberwallungsprocess und
damit den Schluss der Wunde sehr beeinträchtigen. Es ist mit
Rücksicht darauf in Erwägung zu ziehen, ob nicht die Aestung
4) Das Holz der Rothbuche. Berlin, Springer, 1888.
Verwundungen. 225
bis zu der aus technischen Gründen festgestellten Schafthöhe lieber
in zwei Malen unter Einschiebung einer mehrjährigen Ruhepause
stattfinden soll. Nimmt man zunächst die untere Hälfte der zu
entfernenden Aeste fort, dann ist die Verminderung der Bildungs-
stoffproduction noch nicht so nachtheilig für die Ueberwallung und
in einigen Jahren können die Astwunden geschlossen sein. Wieder-
holt man dann die Operation, dann hat sich durch kräftigere Ent-
wicklung der oberen Krone der Verlust einigermaassen ausgeglichen
und auch die neu entstehenden Astwunden werden schneller sich
schliessen, als sie gethan haben würden, wenn die ganze Operation
mit einem Male ausgeführt worden wäre.
Durch eine solche Theilung verhindert man auch weit besser
die Entstehung allzu zahlreicher Stammausschläge.
Die Ausschläge entstehen theils aus adventiven Knospen des
Ueberwallungswulstes des Wundrandes, theils aus schlafenden
Augen und zwar vornehmlich solchen, die der bereits eingewachsenen
Basis des abgeschnittenen Astes selbst angehören.
An aufgeschneidelten Fichten entstehen die zahlreichen,
scheinbar aus der Rinde des Hauptstammes hervorkommenden
Ausschläge, vorwiegend durch kräftige Entwicklung der schwäch-
lichen, dünnen Kurztriebe, die am Grunde der Aeste schon im
einjährigen Alter entstanden und mit der Verdickung des Haupt-
stammes eingewachsen sind. Eine zweifellose Adventivknospen-
bildung vermochte ich nicht nachzuweisen.
Wird bei der Grünästimg ein Aststutz (Stummel) ohne
eigene Belaubung am Stamme belassen, dann stirbt derselbe wie
bei dem natürlichen Ausästungsprocesse bis auf eine geringe,,
wenige Centimeter lange Basis ab und wird der Ueberwallungs-
process entweder unmöglich gemacht oder doch so sehr erschwert
und so weit hinausgeschoben, dass inzwischen der todte Aststummel
völlig verfault.
Wäre der Aststutz bis zur Basis entrindet worden, dann
wären die Bedingungen der Ueberwallung schon günstigere, und
der Ast würde vom Grunde aus leichter überwachsen werden, als
das möglich ist unter der mit dem Tode des Aststutzes vertrock-
nenden Rinde. In Fig. 124 habe ich den Ueberwallungs Vorgang
eines starken Aststummels dargestellt und zur Klarlegung des Vor-
ganges die Borke grösstenteils entfernt. Die Rinde des todten
llartig, BaumkraDklicitea, 2. Aufl. 15
226
II. Abschnitt.
Aststutzes drückt fest auf den Holzkörper, und die bereits bis über
die Hälfte desselben vorgerückte Neubildung a, b ist nur dadurch
zu Stande gekommen, dass diese durch ihr Dickenwachsthum die
todte Borke gleichsam wie ein Keil von dem todten Holze abspaltet
und der dünne anfangs gefässlose Rand der lebenden Gewebsschich-
ten in den dadurch entstehenden Raum hineinwächst. Rückt die
Neubildung nicht gleichmässig vor, was besonders dann der Fall
ist, w7enn eine un-
regelmässige Bruch-
fläche überwächst (Fig.
124 oben**), dann ent-
stehen die bekannten
maserwüchsigen Ast-
knollen.
Ein functionsloser
Aststutz ist ein Hinder-
niss der Heilung, und
gilt desshalb die allge-
mein anerkannte Regel,
bei der Aestungmög-
lichstnahe am Stam-
me und parallel mit
diesem den Schnitt zu
führen.
Die Ueberwal-
lung erfolgt dann aus
den zuvor entwickelten
Gründen und zwar am
lebhaftesten in der
Regel von den Seiten
aus. Die Rinde ist
hier aus naheliegenden Gründen am leichtesten abzuheben, leichter
wie am oberen und unteren Rande. Der obere ist aber noch
sehr bevorzugt gegenüber dem unteren Wundrande, da ersterem
die Bildungsstoffe bei ihrer Wanderung von oben nach unten direct
zugeführt werden, am unteren Wundrande dagegen gleichsam ein
todter Winkel entsteht, der nur sehr spärlich mit Bildungsstoffen
versorgt wird.
Fig. 124.
Abgebrochener Eichenast, welcher unter der nach-
träglich entfernten starken Rinde langsam von unten
auf überwallt. Die Neubildung zeigt bei a niaser-
artige Unregelmässigkeiten, bei b rückt sie gleich-
mässig mit dünnem, gefässlosem Rande vor. c ist
der todte Holzkörper. V4 Natürl. Gr.
Verwundungen.
227
Ein weit wichtigeres Moment zur Erklärung der Thatsache,
dass die Wunde unten sehr schlecht zu überwallen pflegt, ist
der Umstand, dass hier in der Regel der Rinden körp er vom
Holzkörper bei der Operation der Aestung losgedrückt wird.
Zur Zeit der cambialen Thätigkeit ist diese Loslösung ganz unver-
meidlich und wird schon durch die Reibung des Sägeblattes er-
klärlich, sie wird aber besonders dadurch bewirkt, dass der sinkende
Ast, nachdem er zuvor von unten eingeschnitten war, damit die
Rinde des Stammes nicht vom Aste abgerissen werde, auf den
unteren Wundrand einen gewaltigen Druck ausübt. Die Rinde
Fig. 125.
Halb überwallte Eichenast-
wunde.
Fig. 126.
UntererAstwundrand, ein
Jahr nach der Aestung.
Der beim Sinken des
Astes gequetschte Rin-
denkörper a stirbt bis b
ab, von wo dann erst
die Neubildung c be-
ginnt und die Rinde
nachträglich vom Holze
abdrängt. Natürl. Gr.
des unteren Wundrandes bildet den Drehpunkt des sich senkenden
Astes, und wenn dies auch nicht sogleich erkannt wird, so erleidet
doch das Cambium an dieser Stelle eine tödtliche Quetschung und
Zerreissung. Dasselbe stirbt auf ein oder mehrere Centimeter Ent-
fernung vom unteren Wundrande ab und die Neubildung, d. h. der
Callus bildet sich selbstredend nicht am Wundrande, sondern unter
der Rinde verborgen in grösserer Entfernung davon (Fig. 126).
Dadurch aber wird der anfänglich noch fest aufliegende Rinden-
körper vom Holze abgedrängt und es entsteht unterhalb der Wunde
ein Raum zwischen Holz und todter Rinde, in welchem das von
15*
228 P- Abschnitt.
der Wundiläche abfliessende Wasser wie in einer Senkgrube sich an-
sammelt, selbstredend mit all den Organismen, die durch das
Regenwasser von der Schnittfläche abgespült wurden. Hier ist der
geeignetste Raum für die Keimung parasitischer Pilze, von hier
aus sinkt, durch Vermittlung der Markstrahlen nach innen geleitet,
das Wasser mit den darin gelösten Zersetzungsproducten in das
Holz. Dieser Raum ist eine Senkgrube im eigentlichen Sinne des
AVortes und zugleich der Angriffspunkt der Pilze. Hat man auch
unmittelbar nach der Aestung die Wundiläche mit Theer bestrichen,
so bleibt doch diese Stelle unbeschützt, denn sie entsteht ja erst
später, wenn durch die Neubildung der Rindenkörper vom Holze
abgedrängt wird. Sie bildet somit gleichsam die Achillesferse
der Ast wunde.
Sie zu vermeiden, muss die Hauptaufgabe der Aestung sein,
sie kann aber nur vermieden werden, wenn man zur Zeit der
Vegetationsruhe, d. h. im Herbst und Winter ästet, weil dann
die Lostrennung der Rinde vom Holz am wenigsten leicht erfolgt.
Wenn man dann noch die Vorsicht anwendet, den Ast beim Ab-
sägen zu unterstützen und im Momente der Lostrennung etwas
von der Wundfläche abzustossen, dann ist die Gefahr auf das ge-
ringste Maass beschränkt.
Die Schnelligkeit des Ueberwallungsprocesses hängt
ganz und gar von der Zu wachsgrösse des Baumes, andererseits
von der Wundengrösse ab.
Junge Räume mit relativ breiten Jahresringen überwallen
schneller als alte Bäume, und diese um so schneller, je höher am
Stamm die Wunde sich findet, da die Jahrringbreiten mit seltenen
Ausnahmen von unten nach oben zunehmen. Ebenso selbstver-
ständlich ist es, dass auf gutem Standorte die Heilung sich
schneller vollzieht, als auf schlechtem. Bei Laubhölzern, insbe-
sondere der Eiche, auf welche ich meine Untersuchungen bisher
beschränkt habe, dürften Astwunden über 10 — 12 cm Durchmesser
nicht zulässig sein.
Die Folgen der Aestung in Rücksicht der Gesundheit
des Baumes hängen bei Laub- und Nadelholz in erster Linie
von der Jahreszeit ab, in welcher die Operation ausgeführt
worden ist.
Soweit meine Beobachtungen reichen, ist die Sommerästung
Verwundungen. 229
bei der Fichte immer sehr gefährlich und hat fast immer eine
schnell vorschreitende Wundfäule zur Folge; in den von mir
untersuchten Fällen waren allerdings mit der Aestung immer
Rindenbeschädigungen verbunden gewesen. Bei Winter- resp.
Herb stästun gen können diese vermieden werden, und da die
Schnittflächen sich alsbald mit ausgepresstem Harz bekleiden, so
bleibt die Wunde fast ganz frei von Wundfäule. Nur an älteren
Aesten tritt aus dem Kernholze kein Terpentin aus und hier ist
desshalb Infection durch Parasiten leicht möglich.
Für Nadelhölzer scheint mir somit die Herbst- und Winter-
ästung zulässig zu sein, wenn bei stärkeren Aesten, die ja nur sehr
selten an Nadelholzbäumen fortgenommen werden, noch Theerung
der Wundfläche erfolgt.
Bei den Laubhölzern tritt dann, wenn die Wundfläche nicht
getheert wird, zunächst eine Bräunung auf einige Centimeter Tiefe
und in der Regel nach einigen Jahren Wundfäule auf, die mit dem
Schlüsse der Wunde aber nicht weiter schreitet (Fig. 127). Findet
die Aestung zur Sommerzeit statt, dann tritt unterhalb des
Wundrandes im letzten Jahresringe eine Bräunung hervor, die
oft 4 — 5 m tief im Stamm abwärts sich erstreckt. Das Unter-
lassen der Theerung steigert selbstredend auch die Gefahr der In-
fection durch parasitische Pilze, die aber auch in getheerte Ast-
wunden eindringen, wenn solche im Frühjahr oder Sommer
entstanden sind, weil sie dann unterhalb des unteren Wundrandes
eindringen können (Fig. 128).
Die Theerung hat den gewünschten Erfolg nur dann, wenn
die Aestung im Spätherbste und Winter ausgeführt wurde, denn
nur dann dringt der Theer in die Wundfläche ein. Es scheint,
dass einestheils geringerer Wassergehalt des Holzes im Herbste,
anderentheils die damit im Zusammenhang stehende negative
Spannung der Luft im Baume das Einsaugen des Theeres bewirkt.
Bei Frühjahrs- und Sommerästungen dringt einerseits
der Theer gar nicht ein, die Schnittfläche trocknet trotz oberfläch-
licher dünner Theerschicht aus, bekommt Risse, in welche Wasser
und Pilze einzudringen vermögen, andererseits vereitelt die Ab-
hebung der gequetschten Rinde von dem unteren Wundrande den
Zweck der Theerung.
Es geht aus dem Gesagten hervor, dass man Laubhölzer
230
II. Abschnitt.
am z weckmässigsten in den Monaten October, November,
December (vielleicht auch noch Januar und Februar) ästet und
dass sofort die Wunde mit Steinkohlentheer gut gestrichen
werden muss.
Die meisten Aestungen wurden bisher im Sommer ausgeführt
und erklärt sich daraus der immense Schaden, der insbesondere
Fig. 127.
Eichenästung im Juli.
Die Wandfäule ist von der ge-
theerten Wundfläche und unter-
halb der Wunde weit in den
Stamm vorgedrungen. 1/3 Nat.Gr.
Fig. 128.
Ueberwallter Eichenast
durch Hydnutn diversideus inficirt.
V, Natürl. Gr.
den Eichen dadurch zugefügt worden ist. Es ist aber unter allen
Umständen wünschenswerth, dass weitere wissenschaftliche Aestungs-
versuche insbesondere auch mit mehreren Holzarten zur Ausführung
gelangen, da die von mir ausgeführten Versuche nur die Eiche be-
treffen und auch noch nicht alt genug waren, um die vorliegenden
Fragen allseitig befriedigend beantworten zu können5).
°) Es wäre sehr zu wünschen, dass die von mir 1875 in dem Eberswalder
Institutsforste ausgeführten c. 240 Aestungsversuche in der Folge weiter verwerthet
werden möchten.
Verwundungen. 231
Das Beschneiden
der jüngeren Pflanzen (Lohden oder Heister) unterscheidet sich
von der Aestung nur in Hinsicht der Zweigstärke und gilt das
Meiste, was dort gesagt wurde, auch für das Beschneiden. Es ist
mithin jedes Beschneiden ein Uebel, das nur durch gewichtige
Gründe entschuldigt werden kann. Am ehesten ist das Beschneiden
jüngerer Pflanzen statthaft nach dem Versetzen derselben, wenn
hierbei eine bedeutende Verminderung der Wurzeln stattfinden
musste. Im Frühjahre, so lange die ergrünenden Pflanzen noch
wenig verdunsten, reicht die Wurzelmenge wohl aus, im Sommer
dagegen kann das geschwächte Wurzelvermögen ungenügend werden
zur Ernährung der ungeschwächten Krone, so dass diese ganz ver-
trocknet. Stellt man durch Beschneiden, insbesondere durch
Kürzung der längeren Zweige, von vornherein ein Gleich-
gewicht zwischen Wurzelmenge und Laubmenge her, dann ist diese
Gefahr vermieden und die Pflanze ersetzt den Verlust in kurzer Zeit.
Ein zweiter Grund des Schneidens ist Form Verbesserung
der Pflanzen im Pflanzgarten oder im Bestände. Ich will hier
nicht auf das Technische der Frage eingehen, möchte nur die ge-
bräuchliche Sommerzeit als die für den Zuwachs der Pflanze selbst
unpassendste bezeichnen. Beschneidet man im Frühjahre oder
Herbste, dann entzieht man dem Individuum im Wesentlichen nur
die Zweige, während die im Stamm abgelagerten Reservestoffe ihm
erhalten bleiben. Schneidet man im Sommer, dann sind die Re-
servestoffe des Stammes theilweise zur Triebbildung und Blattent-
wicklung verbraucht und gehen verloren. Würde man bis zum
Herbste warten, dann würden die Blätter der Zweige bis dahin
noch Bildungsstoffe für das nächste Jahr producirt und zum Theil
im Schafte abgelagert haben. Es erscheint wünschenswerth, class
nach dieser Richtung hin Versuche ausgeführt werden. Eine an-
dere Frage, welche noch der wissenschaftlichen Beantwortung harrt,
ist die, ob die Zweigwunden gegen parasitische Pilze, z. B. gegen
Nectrien im Sommer oder im Herbst resp. Frühjahre mehr ge-
schützt sind. Insbesondere kommt dieser Gesichtspunkt für Acer,
Tilia, Aesculus in Frage, welche Holzarten am meisten durch
Nectria cinnabarina zu leiden haben und dessbalb auch durch Baum-
wachs an kleineren Zweigwunden geschützt werden müssen.
232 n- Abschnitt.
Das Belassen knospenloser Zweigstutzen am Hauptschafte
wird mit Recht getadelt; denn dieselben sterben ab, vertrocknen
und werden bei schnellem Dickenwachsthum theilweise umwachsen
oder ganz eingeschlossen.
Unrichtig ist dagegen die Behauptung, dass von solchen Ast-
stutzen aus noch in später Zeit die Fäulniss im Innern des Holz-
stammes ausgehe, denn selbst an in der Jugend geköpften oder
auf den Stock gesetzten Eichen habe ich das nicht beobachten
können.
Da die Wundengrösse gering ist, der Ueberwallungsprocess in
der Regel schnell die Wunden schliesst, so ist mit Ausnahme der
oben genannten, durch Nectria cinnabarina gefährdeten Holzarten
kaum ein Theeren nothwendig. Die kleinen gebräunten Wunden im
Centrum des Stammes mindern die technische Brauchbarkeit des
Holzes nicht, da ja auch der natürliche Ausästungsprocess zahllose
ähnliche Wunden erzeugt.
Dass an Aststutzen und Astwunden zuweilen parasitische Pilze,
insbesondere die Nectrien eindringen und krebsartig sich erweiternde
Krankheiten erzeugen können, ist früher schon bemerkt.
Beseitigung der Fichtenzwillinge.
Die Fichte besitzt die Eigentümlichkeit, bei einzelnem
Stande im Pflanzcampe etwa mit dem dritten oder vierten Jahre
einen doppelten Höhentrieb zu entwickeln. Anstatt eines
Stammes erwächst ein Zwilling, und wenn in der ersten Durch-
forstung einer von den beiden Stämmen weggenommen wird, dann
verhält sich dessen Basis genau wie ein Aststummel, d. h. er stirbt ab
und verfault (Seite 216 Fig. 119), während der andere Stamm ihn
mehr oder weniger einschliesst. Die Wundfäule des abgehauenen
Stammes überträgt sich leicht auf den anderen Stamm und steigt
in diesem auf Stock- oder Brusthöhe empor.
Will man diese Beschädigung vermeiden, dann entferne man
schon in früher Jugend den zweiten Höhentrieb, was mit Hülfe
eines langgestielten gebogenen Messers leicht ausführbar ist. In
seltenen Fällen wiederholt sich die Zwillingsbildung auch in
höherem Lebensalter und schädigt dadurch die technische Brauch-
barkeit des Holzes. Diese doppelte Gipfelbildung dürfte aber nur
bei sehr lichter Stellung und auch da nicht allzu häufig auftreten.
Verwundungen. 233
Geringeren Nachtheil hat die Entfernung derjenigen Fichten-
stämrne in der ersten Durchforstung, welche mit ihren Nachbar-
stämmen in Folge dichten Standes am Wurzelstock verwach-
sen sind.
Insbesondere kommen solche Verwachsungen häufig in Be-
ständen vor, welche aus der Büschelpflanzung hervorgegangen sind.
Da bis zum 20. oder 30. Jahre, also der Zeit der ersten Durch-
forstung, die Verwachsung nur eine scheinbare zu sein pflegt, indem
die Nachbarn noch durch ihre Rinde innerlich von einander getrennt
sind, so wird durch den Abhieb des einen Stammes der Nachbar
fast gar nicht geschädigt.
Stammabhieb über der Erde.
Werden Bäume über der Erdoberfläche abgeschnitten, oder wie
man zu sagen pflegt, „auf den Stock gesetzt", dann treten mannig-
fache Reproductionserscheinungen auf, die nach Holzart und Alter
verschieden sind. Bei den Nadelholzbäumen erfolgt ein Stock-
ausschlag durch schlafende Augen nur im jugendlichsten Alter der
gemeinen Kiefer, in welchem noch die Blattachselknospen über den
Primärblättern am Leben sind. Mit dem Eintritt der Borkebildung,
also im ca. 5. Lebensjahre, gehen diese zu Grunde und die Aus-
schlagsfähigkeit geht verloren.
Die dreinadeligen amerikanischen Kiefern, z. B. Pinus rigida,
bewahren ihre Ausschlagsfähigkeit bis zu höherem Alter, indem sie
theils im Quirl, theils zwischen demselben in der Mitte des Haupt-
triebes kurze Triebe entwickeln, die sich alljährlich entsprechend
der Stammverdickung verlängern und nur wenige Nadelbüsche
bilden. Von diesen geht ein reichlicher Stockausschlag aus. Die
Reproductionsfähigkeit der Nadelholzstöcke ist, von vorstehenden
Fällen abgesehen, eine sehr beschränkte, und zwar desshalb, weil
es an schlafenden Knospen fehlt, die zur Ausschlagbildung gelangen
könnten. Auch ist die Fähigkeit der Adventivknospenbildung im
Callus des Wundrandes eine sehr geringe, und nur in Ueberwal-
lungswülsten von Weisstannenstöcken sah ich ausnahmsweise neue
Knospen und Ausschläge entstehen. Dahingegen zeigen viele
Stöcke zumal bei Weisstannen, Fichten, Lärchen, selten bei Kiefern,
eine nach mehreren Decennien zählende Lebensdauer, während
welcher sie am Wundrande der Abhiebsfläche einen mehr oder
234
IL Abschnitt.
weniger lebhaften Ueberwallungsprocess zeigen, so class die
ganze Hiebsfläche zuwachsen kann. Wenn auch wahrscheinlich
diese Stocküberwallung für gewöhnlich aus der Wurzelverwach-
sung des gefällten Stammes (Zehrstamm) mit Wurzeln eines Nach-
barstammes (Nährstamm) zu erklären ist, so bleibt doch immerhin
der von Th. Hartig nachgewiesene Fall, in welchem ein Lärchen-
stock Ueberwallung zeigte, während eine Ernährung durch einen
Nachbarstamm völlig ausgeschlossen war, weil jene Lärche auf
einer grossen Wald blosse gestanden hatte, nur erklärbar durch die
Annahme, dass die in den Wurzeln und im Wurzelstock vorhan-
denen Reservestoffvorräthe erst im Laufe der Jahre aufgelöst und
zur Ernährung des Cambiums verwendet werden.
Die Laubholzstöcke entwickeln, falls nicht Rinde und Cam-
bium von der Hiebsfläche aus mehr oder weniger tief durch Ver-
trocknen des Holzes und durch Zersetzungsprocesse
getödtet sind, im Jahre nach dem Hiebe einen
Callus, aus welchem reiche Adventivknospenbildung
hervortritt. Es können diese Adventivknos-
pen oftmals kräftigen Stockausschlag liefern
(Fig. 129), der aber sich nicht selbständig be-
wurzelt und unter der fortschreitenden Zersetzung
des Mutterstockes zu leiden hat. Weit erwünschter
und auch häufiger ist der Stockausschlag aus
Praeventivknospen. Je tiefer diese am Stocke
Fig. 129. entspringen, um so besser ist es, da eine selb-
Adventiv- ständige Bewurzelung derselben sehr erwünscht
knospenausschlag . ,. -„,, , ^ ,, . ,
aus liähr. Callus 1s^j um die neue rnanze von der (jesundheit des
eines Buchen- Mutterstockes unabhängig zu machen. Desshalb
haut man die Stöcke im Niederwaldbetriebe mög-
lichst tief „aus der Pfanne", verkohlt im Eichenschälwaldbe-
triebe durch das „Ueberlandbrennen " den oberirdischen Stock,
wobei die zu hoch entstandenen Ausschläge verloren gehen und
die Entstehung tiefer Ausschläge befördert wird.
Da die Lebensdauer der schlafenden Augen eine beschränkte
ist, so ist von alten Stöcken kein Ausschlag zu erwarten. Aeltere
Birken liefern am Stock anfänglich reichen Ausschlag, der aber
meist nach einem oder zwei Jahren wieder abstirbt. Es erklärt
sich dies aus der steinharten Borke, welche dem Dickenwachsthum
Verwundungen. 235
der in ihr liegenden Basis des Ausschlages nicht nachgiebt. Die
im Frühjahre entstandenen Ausschläge vertrocknen im Hochsommer,
wenn dem gesteigerten Verdunstungsprocesse die Wasserzufuhr
durch die in der Borke eingeklemmte Ausschlagbasis nicht schnell
genug folgen kann.
Werden jüngere schlecht wüchsige Laubholzpflanzen über
der Erde abgeschnitten, so zeigen die neuen Ausschläge oft
einen so vorzüglichen und nachhaltigen Zuwachs, class diese Maass-
regel schon vielfach in der Praxis als Culturmaassregel mit Erfolg
angewandt worden ist. Eine wissenschaftliche Untersuchung dieser
Erscheinung ist bisher nicht ausgeführt, doch ist es wahrscheinlich,
dass der in den Wurzeln und im Wurzelstock befindliche Reserve-
stoffvorrath nach dem Abschneiden des oberirdischen Pflanzentheils
zunächst einem lebhafteren Wurzelwachsthum zu Gute kommt, und
wenn dadurch die Wurzeln in eine tiefere, frische und nahrungs-
reiche Bodenschicht gelangen, dann wird das Wachsthum der
Pflanze nachhaltig ein freudiges werden. Kümmernde Eichenwüchse
auf oberflächlich verwildertem und verheidetem Boden sind durch
Abbrennen des ganzen Bestandes oft zum freudigen Ausschlag und
nachhaltig kräftigen Wachsthum angeregt worden.
Wurzelbeschädigungen,
welche theils durch Thiere z. B. Mäuse, am meisten aber durch
den Menschen beim Culturbetriebe ausgeführt werden, sind stets
nachtheilig für die Pflanzen. Es muss desshalb sowohl während
des Aushebens, als auch beim Transport und beim Einpflanzen
der Erhaltung der Wurzeln die grösste Sorgfalt gewidmet werden.
Ein Beschneiden der Wurzeln ist stets ein Uebel-
stand, der nur in zwei Fällen nicht zu umgehen ist. Einmal
dann, wenn Wurzeln beim Ausheben gequetscht, geknickt oder
abgebrochen sind. Ein glatter Schnitt unmittelbar über der be-
schädigten Stelle fördert die Entstehung eines Ueberwallungswulstes
und in diesem die Neubildung von Adventivwurzeln, er verhindert
oder vermindert das Faulen der Wurzeln. Ausserdem ist ein
Kürzen der Wurzeln nur noch zulässig, wenn die Kosten des Aus-
hebens und Verpflanzens bei Conservirung des ganzen Wurzel-
systems allzuhoch werden würden. Sehr viele Pflanzen leiden
zudem weniger durch ein Kürzen der Wurzeln, als durch ein Um-
236 H. Abschnitt.
biegen derselben beim Verpflanzen. Auch zur Erziehung stär-
keren Pflanzenrnaterials kann ein wiederholtes Kürzen der
Wurzeln nothwendig werden, um dadurch zahlreiche Wurzeln in
der Nähe des Wurzelstockes hervorzurufen und einen dichten
Wurzelballen zu erzielen.
Das zwecklose Beschneiden der Wurzeln, wie es leider noch
so oft geschieht, ist in hohem Grade verwerflich. Andere Wurzel-
beschädigungen kommen vor beim Streurechen, Wurzelreissen, En-
gerling- und Mäusefrass u. s. w.
Stecklinge.
Das Anwachsen völlig entwurzelter Pflanzentheile, Stecklinge,
Setzstangen u. s. w., sowie das fernere Gedeihen derselben hängt
im Wesentlichen davon ab, dass vor der Wiederherstellung einer
reichen Bewurzelung die Verdunstung der Pflanze auf das ge-
ringste Maass beschränkt wird. Desshalb unterdrückt man die
Laubentwicklung anfänglich dadurch, dass man die Stecklinge bis
zur oberen Schnittfläche in den Erdboden steckt, so dass nur die
oberste Knospe einen Ausschlag zu liefern vermag, oder man
bringt die unbewurzelten Stecklinge in einen mit Feuchtigkeit ge-
sättigten Luftraum, wie das die Gärtner insbesondere zu thun pflegen.
Das so oft zu beobachtende Absterben scheinbar völlig ange-
wachsener Stecklinge der kaspischen Weide auf Sandboden im
Laufe des Hochsommers oder Herbstes des ersten Jahres erklärt
sich dadurch, dass im Frühjahre Adventivwurzeln sowohl aus der
Rinde des im Boden befindlichen Stecklinges, als auch aus dem
Callus der unteren Schnittfläche entstehen. Geht nun durch Aus-
trocknen der oberen Bodenschichten des lockeren Sandbodens der
grössere Theil der aus der Rinde hervorgekommenen meist hori-
zontal sich ausbreitenden Wurzeln verloren, dann genügen die dem
Callus der Wundfläche entsprungenen, immer schräg in den Boden
dringenden Wurzeln oftmals nicht, den ganzen Wasserbedarf der
belaubten Ausschläge im Hochsommer zu liefern, und letztere ver-
trocknen. Durch tiefes Umarbeiten des Bodens ist in Weidenan-
lagen desshalb die Entwicklung der Wurzeln in die Tiefe zu be-
günstigen.
Verwundungen. 237
Veredelungsprocesse.
Es ist hier nicht der Ort, um auf das Technische der verschie-
denen Operationen einzugehen, vermittelst deren man ein lebendes
lieis oder eine Knospe auf ein anderes Pflanzenindividuum überträgt,
vielmehr kann hier nur der inneren Vorgänge6) kurz gedacht
werden, die hierbei vorkommen. Nehmen wir den Process der Ab-
lactirung aus, bei welchem zwei nebeneinanderstehende Pflanzen
an einer oder mehreren Stellen so miteinander verbunden werden,
dass gleichgestaltete Schälwunden beider Pflanzen eng vereint werden,
und so lange miteinander verbunden bleiben, bis sie völlig unter-
einander verwachsen sind, so beruhen alle Veredelungsoperationen
darauf, class man einen mit Knospen versehenen wurzellosen Pflanzen-
theil, das sogenannte Edelreis oder nur ein Rindenstück mit einer
Knospe (Schild mit Auge) mit einer bewurzelten Pflanze, dem Wild-
linge oder der Unterlage so verbindet, dass eine solche Verwach-
sung beider Theile eintritt, dass einerseits Wasser und Nährstoffe
vom Wildling in das Edelreis und umgekehrt die Bildungsstoffe aus
letzterem in die Unterlage übertreten können.
Die Operation gelingt in der Regel nur dann, wenn einerseits
der Wildling schon oder noch in cambialer Thätigkeit sich be-
findet, so dass von dem, aus dem Cambium hervorgehenden callösen
Gewebe sofort die Verwachsung mit der Cambialregion des Edel-
reises ausgehen kann, wenn andererseits das Edelreis oder Auge
bei der Operation sich im Ruhezustande befindet. Es erfordert
nämlich die Verwachsung eine gewisse Zeit. Entwickelt sich vor
Eintritt der Verwachsung das Edelreis, oder sind gar die Knospen
desselben bei der Operation schon geschwollen, so vertrocknet das-
selbe in Folge der Verdunstung der jungen Blätter, bevor es aus
dem Wildlinge den Wasserbedarf zu beziehen vermag. Desshalb
schneidet man die Pfropfreiser schon im Februar und bewahrt sie
so auf, dass ihre Vegetation möglichst zurückgehalten wird und
noch ruht, wenn der Wildling bereits ergrünt ist. Das Oculiren
findet bekanntlich meist im Sommer statt, nachdem bereits die
neuen Blattachselknospen sich gebildet haben, die dann mit dem
Wildlinge vereinigt werden, dessen Cambialschicht noch im Zu-
stande der Zelltheilungsthätigkeit ist.
G) Göppert, Innere Zustände der Bäume nach äusseren Verletzungen,
Breslau 1873.
238
II. Abschnitt.
Man vereint Edelreis und Wildling so, dass die Cambialsckicht
beider in möglichst innige Berührung tritt, aber auch zwischen den
Holzschnittflächen kein grösserer Zwischenraum verbleibt. Die
Verwachsung ist nach, den Untersuchungen Göppert's eine zweifach
verschiedene, indem nicht nur die Cambialschichten resp. die aus den-
selben hervorgehenden callösen Gewebe, sondern auch die Holz-
schnittflächen unter einander verwachsen.
Das Markstrahlparenchym und wohl auch das Strangparenchym
des Holzes wird zu neuer Zelltheilung befähigt und bildet ein
Verbindungsgewebe oder intermediäres Gewebe, welches
den Raum zwischen den
oll-
v
beiden Schnittflächen
ständig ausfüllt.
Ist die Operation ge-
glückt und das Edelreis an-
gewachsen, dann wird das-
selbe in der Folge durch
den von den Wurzeln des
Wildlinges aus dem Boden
aufgenommenen rohen Nah-
rungsstoff ernährt. Die im
Edelreis erzeugten Bildungs-
stoffe andererseits ernähren
das Cambium des Edelreises
und des Wildlinges. Selbst-
redend erzeugen die Cambial-
zellen des Edelreises neue
Organe derselben Art, ebenso
erzeugt das Cambium des
W7ildlinges auch die charakteristischen Organe des Wildlinges. Die im
Edelreis erzeugten Bildungsstoffe repräsentiren eine beiden Pflanzen-
formen verdauliche Nahrung und ebenso, wie die Kuhmilch nicht nur
zur Ernährung des Kalbes, sondern auch eines Menschenkindes dienen
kann, ohne dass letzteres desshalb die Eigenschaften der Kuh an-
nimmt, ebenso ernährt sich der Wildling von den Bildungsstoffen des
Edelreises, ohne dessen Eigenschaften anzunehmen. Ist den Cambial-
zellen des Wildlinges eine grössere Theilungsgeschwindigkeit als dem
Cambium des Edelreises eigen, dann verdickt sich in der Folge die
Fig. 130.
Querschnitt durch eine Veredelungsstelle von
Sorbus Aria auf Sorbus Aucuparia. Die
Grenze zwischen der langsamwüchsigen Aria
und der schnellwüchsigen Aucuparia ist a a
als innere Demarkationslinie bezeichnet.
V, Natürl. Gr.
Verwundungen. 239
Unterlage mehr und umgekehrt. Die äussere Grenzlinie, in welcher
der schnell uud der langsam wachsende Stammtheil zusammen-
stossen, die oft auch durch die Verschiedenheit der Rinde und
Borke gekennzeichnet wird, nennt Göppe.rt die äussere Demar-
kationslinie: dieser entspricht selbstredend eine innere De-
markationslinie, in welcher das oft auch, verschieden gefärbte
Holz des Wildlinges und Edelreises aneinander grenzt (Fig. 130).
Es sind übrigens viele Fälle bekannt, in denen eine Beeinflussung
des Edelreises auf die Unterlage angenommen werden muss. Man
hat z. B. bei panachirten Edelreisern beobachtet, dass dann, wenn
am grünblättrigen Wildlinge nachträglich Ausschläge entstehen,
diese in einzelnen Fällen ebenfalls Panachirung zeigen. Man muss
hieraus wohl folgern, dass die in den panachirten Blättern des
Edelreises erzeugten Bildungsstoffe eine chemische Eigenthümlich-
keit besitzen, welche auch auf die Cambialzellen des Wildlinges einen
solchen Einfluss ausübt, dass die Blätter der neuen Triebe bunt
werden. Auf die neuerdings in einzelnen Fällen beobachtete noch
tiefer eingreifende Beeinflussung des Wildlinges durch das
Edelreis will ich hier nicht wreiter eingehen und nur bemerken,
dass es gelang, durch Pfropfung verschiedener Kartoffelsorten auf
einander hybride Formen zu erziehen.
III. Abschnitt.
Erkrankungen durch Einflüsse des Bodens.
Nachdem in der Wissenschaft erkannt worden ist, dass alle
Infectionskrankheiten von der chemischen Constitution des Bodens
völlig unabhängig auftreten, beschränkt sich das Gebiet der Krank-
heiten, welche in Eigenthümlichkeiten des Bodens begründet sind,
auf eine sehr geringe Zahl.
§ 21. Wasser- und Nährstoffgehalt des Bodens.
Wasser und Nährstoffgebalt des Bodens bedingen in hohem
Maasse die Zuwachsgrösse einer Pflanze, erzeugen aber nur sehr
selten Krankheiten in dem Seite 5 beschränkten Sinne.
Zu solchen Krankheiten gehört zuerst die
Gipfeldürre oder Zopftrockniss,
welche Erscheinung im Allgemeinen auf eine bedeutende Ver-
minderung des Wasser- oder Nährstoffgehaltes des Bodens zurück-
zuführen ist, durch welche der unter günstigeren Verhältnissen
entstandene Pflanzenwuchs nicht mehr genügend ernährt werden
kann.
In Rothbuchenbeständen tritt diese Krankheit besonders dann
und zwar oft schon im Stangenholzalter auf, wenn die Bestände
der Streunutzung unterworfen sind. Die Bodenverschlechterung
äussert sich zunächst in einer allgemeinen Wuchsverminderung, oft
aber auch im Vertrocknen der oberen Baumkrone, während die
unteren Theile der Krone sich grün erhalten.
In Ellernbeständen hat eine übertriebene Entwässerung Zopf-
trockniss zur Folge. Eichen, die im vollen Bestandesschlusse eines
Rothbuchenbestandes erwachsen sind und in Folge dessen nur eine
Erkrankungen durch Einflüsse des Bodens. 241
schwache Krone besitzen, entwickeln nach dem Abtriebe des Buchen-
bestandes in der Freistellung reichliche Wasserreiser am Schafte.
Diese und die Baumkrone gedeihen einige Jahre vortrefflich, dann
aber stirbt, zumal auf leichteren, schnell austrocknenden und ver-
wildernden Böden, ein Theil der obersten Aeste der Baumkrone
ab, die Eiche wird gipfeldürr. Erhält der Boden durch das Herauf-
wachsen des jungen Bestandes rechtzeitigen Schutz, dann tritt ent-
weder gar keine Gipfeldürre ein oder diese sehreitet nach den
ersten Anfängen nicht weiter vor. Durch Abwerfen der trockenen
Aeste kann die Gipfeldürre sich wieder ganz verlieren.
Es ist schwierig, auf experimentellem Wege die Ursachen dieser
Erscheinungen zu ermitteln, doch ist es wohl gestattet, sich diese
Krankheit in nachstehender Weise zu erklären.
Unmittelbar nach Freistellung der Eiche steigert sich durch
beschleunigte Zersetzung der Humusdecke die Summe der löslichen
Nährstoffe des Bodens, die gesteigerte Lichtwirkung befähigt die
Blätter der Baumkrone schneller zu assimiliren; beides vereint,
veranlasst eine bedeutende Steigerung der Production von Bildungs-
stoffen und somit eine Zuwachssteigerung, durch welche auch die
schlafenden Blattachselknospen zur Entwicklung von Stammsprossen
befähigt werden.
Der erste Anstoss zum Erwachen der schlafenden Augen dürfte
in der gesteigerten Bildungsstoffzufuhr liegen, die Möglichkeit der
weiteren Entwicklung zu Stainmsprossen liegt in der gesteigerten
Lichtwirkung. Nach einigen Jahren kräftigen Wachsthums der
Krone und der Stammsprossen ist der Humusvorrath verzehrt, die
oberen Bodenschichten sind ihres Schutzes beraubt und trocknen
im Sommer tief aus. Die Processe der Nährstoffaufschliessung
leiden hierunter und der Vorrath an aufgeschlossenen Bodennähr-
stoffen vermindert sich, oder wie man zu sagen pflegt, der Boden
„verwildert".
Den Jahren der gesteigerten Nährstoffzufuhr folgt nunmehr
eine Periode des Mangels, und dieser Mangel an Wasser und Nähr-
stoffen lässt die obere Baumkrone verhungern, da die unteren
Zweige den Wasser- und Nährstoffvorrath für sich allein bean-
spruchen.
Bessert sich der Boden mit dem Heranwachsen eines jungen
Bestandes wieder, dann kann sich mit der Steigerung der Nähr-
Hartig, Bauvnkrankheiten, 2. AuH. 16
242 ni- Abschnitt.
stoffzufukr die Krone erholen, wenn diese nicht bereits all-
zusehr beschädigt war. Bäume, die vor der Freistellung schon
eine kräftige Krone besassen, entwickeln wenige oder keine Wasser-
reiser und bleiben frei von Gipfeldürre, weil in den ersten Jahren
der Nahrungssteigerung die Krone für sich allein im Stande ist,
durch kräftigere Entwicklung die Mehrzufuhr zu verarbeiten. Es
entstehen keine Wasserreiser und diese können also in den Jahren
der Nahrungsnoth die Krone nicht beeinträchtigen. Letztere zeigt
wohl ein allgemeines Kümmern, nicht aber ein Vertrocknen des
Gipfels.
Aus dem Gesagten folgt, dass zur Vermeidung der Gipfeldürre
der temporären Boden vermagerung vorgebeugt werden müsse. Sache
des Waldbaues ist es, die Mittel zu finden, durch welche dem
Boden Schutz und Pflege zu Theil wird.
Bekanntlich giebt es eine Reihe von Krankheitserscheinungen
an landwirtschaftlichen Gewächsen, welche insbesondere durch
Bodentrockniss herbeigeführt werden, und nenne ich hier nur das
Verscheinen des Getreides, d. h. das Vertrocknen der Halme
vor dem Fruchtansätze, und die Nothreife des Getreides, d. h. das
Vertrocknen der Getreidepflanzen nach dem Körneransatze aber
vor vollendeter Ablagerung der Bildungsstoffe in Form von Mehlen
im Samenkorn.
Ausnahmsweise kann auch ein Uebermaass von Nähr-
stoffen Erscheinungen im Pflanzenleben hervorrufen, welche nach-
theiliger Art sind, doch möchte ich hier wiederholt davor warnen,
krankhafte Erscheinungen in Ermangelung einer auf wissenschaft-
licher Forschung beruhenden Erklärung kurzer Hand dem Boden
zuzuschreiben.
Eine plötzliche Steigerung der Nährstoffzufuhr und die dadurch
herbeigeführte bedeutende Zunahme der Bildungsstoffproduction kann
unter Umständen eine Zersprengung äusserer Gewebstheile
zur Folge haben, wenn sich diese nicht schnell genug dem Wachs-
thum innerer Gewebstheile entsprechend auszudehnen vermögen.
Bäume, welche durch irgend welche Betriebsoperationen plötzlich
im Wüchse bedeutend gefördert werden, zeigen zuweilen auf allen
Seiten, zumal am eigentlichen Schafte, ein Aufreissen der Rinde,
welche durch gewaltsames Zersprengen von innen aus herbeige-
führt wird.
Erkrankungen durch Einflüsse des Bodens.
243
Hainbuchen1) in einem Rothbuchenbestande wurden mit der
Besamungsschlagstellung plötzlich freigestellt und ihr Zuwachs
steigerte sich auf Brusthöhe von 1,2 Dem Querflächenzuwachs in
wenigen Jahren auf 13,7 cm jährlich und darüber.
Der äussere Kork mantel wurde
dadurch so stark elastisch ausge-
spannt, dass er endlich an zahl-
reichen Stellen in Längsrissen Fio 131
zersprengt wurde. Die Zusammen- Schematische Darstellung der Ver-
ziehung, die hierauf erfolgte, hatte schiedenheiten beim Aufplatzen der
07 . runde nach plötzlicher Zuwachs-
nun entweder ein Aufreissen bis zum Steigerung.
m 18 nie 11 \ 51 in 31 n 11
ei
',
Fig. 132.
Querschnitt eines Hainbuchenstammes, dessen Rinde durch
plötzliche Zuwachssteigerung im Jahre 1876 gesprengt wurde.
a Rindenrisse, die nicht auf das Holz reichten, b Ueberwallte
Risse, c Noch nicht völlig verwachsener Riss. Die Jahrringszahlen
zeigen die Jahresringgrenzen an, die besonders in den Jahren
1861 — 71 sehr eng waren. i/2 Natürl. Grösse.
Holzkörper zur Folge (Fig. 131a), oder es wurde sogar zu beiden
Seiten des Risses der ganze Rindenkörper in der Cambialregion auf
eine Strecke weit vom Holzkörper abgelöst (Fig. 131b). Es tritt so
eine Krümmung des ganzen Rindenkörpers ein, ähnlich einem ein-
seitig trocken gewordenen Brette. Die zahlreichen Wundstellen
') Untersuchg. a. d. forstbotan. Inst. Bd. III, S. 141—144.
16'
244
III. Abschnitt.
verwachsen meist sehr schnell nach einem Jahre, zuweilen erst
später (Fig. 132). Die Rinde der Hainbuchen bekommt aber eine
sich lange Zeit erhaltende ungewöhnliche Gestalt (Fig. 133).
Aehnliche Rindenspren-
gungen habe ich an Eichen2)
in verschiedenen Beständen
beobachtet, die lange Zeit
sehr dicht gedrängt bei ver-
säumter Durchforstung oder
unter dem Drucke höherer
Bäume erwachsen waren und
dann plötzlich freigestellt
wurden.
Die gesteigerte Boden-
thätigkeit und Lichtwirkung
hatte eine so gewaltige Zu-
wachssteigerung zur Folge,
dass am ganzen Schafte Risse
verschiedener Grösse entstan-
den. Fig. 134 zeigt den
Querschnitt durch eine
solche 100jährige Eiche mit
den interessanten Reproduc-
tionserscheinungen, die im
Gefolge der Zersprengung
eingetreten sind.
Diese Verwundungen
sind nicht nur insofern
nachtheilig, als durch die
darnach eintretenden Vernar-
bungs- und Ueberwallungs-
processe die Gradspaltigkeit
der Stämme geschädigt wird,
sondern weil auch an diesen Stellen parasitische Holzpilze einzu-
dringen vermögen. Sie können wohl immer vermieden werden,
wenn der beabsichtigten Lichtung eine stärkere Durchforstung um
einige Jahre vorangeschickt wird.
2) Untersuchg. a. d. forstbotan. Inst. Bd. I, S. 145—150.
Fig. 133.
Hainbuche mit zersprengter Kinde, a Riss
nicht bis zum Holzkörper gehend, b Ein
bis zum Holz gehender Riss, der wieder
überwallt ist (c) (Fig. 12b). c Riss, der nur
im oberen Theile bis zum Holzkörper reichte.
]/2 Natürl. Grösse.
Erkrankungen durch Einflüsse des Bodens.
245
Als selbstverständlich bedarf es keiner weiteren Ausführung,
dass übergrosse stagnirende Bodennässe, wenn durch sie der
Luftzutritt zu den Wurzeln verhindert wird, ein Verfaulen dieser
und ein Absterben der ganzen Pflanze zur Folge haben kann, dass
ff % 15
157611
Fig. 134.
Querschnitt eines zwei Jahre vor der Fällung in Folge sehr
gesteigerten Zuwachses an zwei Stellen x und y aufgeplatzten
Eichenstammes. An den drei mit a b bezeichneten Stellen hat Ver-
narbung vom Cambiummantel der Holzfläche aus stattgefunden.
Das Vernarbungsgewebe hat seine eigene Rinde d d. Die losge-
sprengten Rindenlappen haben auf der inneren, cambialen Fläche
neues Holz oberhalb e e gebildet. Dieses hat eine Art Ueber-
wallungswulst c gebildet, welcher nach einwärts den Wundrand
bildet. Der im Jahre 1876 unter der Rinde nach dem Zersprengen
gebildete Jahrring zerfällt in zwei Theile/ </, von denen der innere
im Frühjahre vor der Sprengung schon einen Gefässkreis gebildet
hatte, welchem nach Entstellung einer fast gefässlosen Zone/ noch-
mal eine gefässreiche Zone folgte.
sie ferner zur Entstehung nachtheiliger Humussäuren führt, dass
sie die Empfindlichkeit mancher Pflanzen gegen den Frost steigert, das
Ausfrieren und Ausziehen der Pflanzen im Saatbeete vermittelt
u. s. w.
§ 22. Ungenügender Luftwechsel im Boden1).
Die Processe des Stoffwechsels in den Wurzeln erfordern ein
lebhaftes Zuströmen des Sauerstoffs. Die Wurzeln ersticken und
') R. Hartig, Zersetzungserscheinungen, S. 75 ff.
246 nI- Abschnitt.
sterben ab, wenn ihnen andauernd die Sauerstoffaufnahme unmöglich
gemacht wird. Nicht nur die Wachsthumsprocesse selbst, sondern
auch die Processe der Reservestoffbildung und der Auflösung der-
selben, die ja in den Wurzeln besonders lebhaft stattfinden, sind
an Sauerstoffzufuhr gebunden, und um diese Sauerstoffmenge ver-
mindert sich die Bodenluft. Unter normalen Verhältnissen wird
der Verlust reichlich ersetzt, theils durch die Temperatur-
schwankungen in den oberen Bodenschichten, theils durch
Diffusionsprocesse, theils durch das Eindringen sauerstoff-
haltigen Wassers. Je grösser die täglichen und jährlichen
Temperaturschwankungen der oberen Bodenschichten sind, je
tiefer diese stattfinden, um so lebhafter ist der Luftaustausch oder
der sogenannte Athmungsprocess des Bodens. Bekanntlich hängt
die Durchwärmung des Bodens in hohem Grade von dessen
Wärmecapacität ab, denn der Boden wird sich um so schneller
erwärmen oder umgekehrt abkühlen, je geringer dessen Wärme-
capacität ist. Wasser und Humusbestancltheile besitzen eine hohe
specifische Wärme und je reicher ein Boden an diesen Bestand-
theilen ist, um so mehr Wärme gehört dazu, seine Temperatur
zu steigern. Ein Waldboden, der von einem Bestände nicht ge-
schützt wird, der in Folge seiner Freilage leichter austrocknet, und
der seinen Humusgehalt zum grössten Theile verloren hat, erwärmt
sich mithin leichter, als ein von dichtem Bestände bedeckter, immer
frisch bleibender, humusreicher Boden.
Es ist ferner selbstverständlich, dass ein der directen Inso-
lation ausgesetzter Waldboden sich weit leichter durchwärmt, aber
auch durch Wärmeausstrahlung sich, weit leichter wieder abkühlt,
als ein unter dem doppelten Schutze der Baumkronen und der
Laub- und Humusdecke liegender Boden.
Was den Diffusionspr ocess der Bodenluft betrifft, so wissen
wir, dass derselbe nur in lockerem Boden ein beträchtlicherer ist,
wenn dieser nicht zu sehr mit Wasser durchsättigt ist. Bei dichtem,
festem und wasserreichem Boden ist der Gasaustausch ein äusserst
langsamer. Unter gewissen Verhältnissen kann nun der Luftaus-
tausch im Boden auf ein so geringes Maass sich beschränken, dass
die Pflanzenwurzeln in demselben ersticken und verfaulen. Im
Gegensatz zu den infectiösen Wurzelkrankheiten habe ich das durch
Erstickungstod herbeigeführte Absterben der Wurzeln als
Erkrankungen durch Einflüsse des Bodens. 247
Wurzelfäule2)
bezeichnet. Diese Krankheit tritt in verheerendem Grade besonders
in den jüngeren Kiefernbeständen Norddeutschlands auf. Sie
beginnt selten vor dem zwanzigsten, meist erst mit dem dreissigsten
Lebensjahre und äussert sich darin, dass nach kurzem Kümmern
die noch völlig grün benadelten Bäume umfallen, wenn Schneean-
hang oder starker Wind den äusseren Anstoss dazu giebt. Die
Pfahlwurzel ist bis nahe dem Wurzelstocke nassfaul, alle oder
die meisten flach streichenden Seitenwurzeln dagegen sind völlig
gesund. Nur selten veranlasst das mit dem Abfaulen der Pfahl-
wurzel hervortretende Verharzen des Wurzelstockes ein völliges
Vertrocknen des Baumes. Von der oft gleichzeitig in den Kiefern-
beständen auftretenden Erkrankung durch Trametes radiciperda
unterscheidet sich die Wurzelfäule durch das Abfaulen der Pfahl-
wurzel und das Gesundbleiben der Seitenwurzeln, während jener
Parasit sich durch die Seitenwurzeln verbreitet und die Bäume
tödtet, ohne dass sie umfallen.
In Fichtenbestänclen tritt sie auf ganz tlachgründigen Böden
mit stagnirender Nässe ebenfalls auf, ist aber weniger schädlich,
weil ja das nachstreichende Wurzelsystem die Fichte unabhängiger
macht von dem Verfaulen der wenigen in die Tiefe gehenden
Wurzeln.
Die Wurzelfäule tritt in Kiefernbeständen nur auf solchen
Böden auf, wo in geringer Tiefe, meist in 0,5 m unter der Boden-
oberfläche eine Bodenschicht vorhanden ist, welche dem Eindringen
der Hauptwurzel in der Jugend des Bestandes kein Hinderniss
bereitet, aber dabei so beschaffen ist, dass die Processe des Luft-
wechsels nur so lange in ausgiebiger Weise stattfinden, als der
Bestandesschluss noch nicht eingetreten ist. Meist besteht
diese Bodenschicht aus thonreichem Lehm oder äusserst fein-
körnigem Quarzmehl (Flottlehm), und leistet der Bearbeitung mit
dem Spaten Widerstand, so dass die Spitzhacke nöthig wird.
Recht oft finden wir solche Bodenschichten da, wo früheres
Ackerland der Waldcultur und zwar desshalb übergeben wurde,
weil solche Bodenverhältnisse auch der landwirtschaftlichen Cultur
widrig sind. Irriger Weise hat man dann das spätere Erkranken
2) Zersetzungserscheinungen, S. 74 ff.
248 HI- Abschnitt.
der Kiefern der früheren Ackercultur zugeschrieben. Auf solchen
Böden gedeihen die Kiefernculturen anfänglich vortrefflich. Die
Pfahlwurzeln dringen in die Tiefe, bis zu welcher ja auch noch
der Luftwechsel reicht. Erst mit dem Eintritte des Bestandes-
schlusses, der Ausbildung eines dichten, Sommer und Winter den
Boden schützenden Kronendaches, der Entstehung einer dichten
Nadel- und Humusschicht vermindert sich der Luftwechsel im
Boden. Die Insolation hört auf, die Durchwärmung wird ebenso
erschwert, wie die Abkühlung, die Diffusionsprocesse vermindern
sich, weil der Boden ständig frisch bleibt und bei sehr dichtem,
thonreichem oder festem Quarzmehlboden die Luft grösstentheils
verdrängt wird. Wenn auch erst nach Jahrzehnten kann diese
Störung des Luftwechsels dahin führen, dass die in die Tiefe ge-
wachsenen Wurzeln nicht mehr ihren Sauerstoffbedarf völlig be-
friedigen können und ersticken.
Die Thatsache, dass die Wurzelfäule an Laubholzbäumen gar
nicht und auch an in Laubholz eingesprengten Kiefern nur sehr
selten auftritt, lässt sich vielleicht aus dem Umstände erklären,
dass während der Hälfte des Jahres der Schutz des Bodens
durch das Kronendach auf ein Minimum beschränkt, mithin der
Luftwechsel des Bodens doch ausgiebiger ist als in Nadelholz-
beständen.
Dies führt mich unmittelbar auf die angemessensten Vor-
beugungsmittel, die immer dahin gerichtet sein müssen, die
Bodendurchlüftung zu fördern. Erziehung gemischter Laub-
und Nadelholzwaldungen, oder, wo dies nicht ausführbar ist, Er-
satz der Kiefer durch die flachwurzelnde Fichte, frühzeitige Durch-
forstungen, Entfernung allzugrosser Laubanhäufungen in Thal-
mulden, Entwässerungen zur Beseitigung stagnirender Bodenfeuch-
tigkeit sind die in jedem Einzelfalle näher in Erwägung zu ziehenden
Maassregeln.
Gewissermaassen als eine Art Wurzelfäule ist das Absterben
der tieferen Wurzeln an zu tief versetzten Pflanzen zu bezeich-
nen. Je schwerer der Boden, um so nachtheiliger wirkt das allzu
tiefe Einpflanzen. Im günstigsten Falle stirbt ein solcher Baum
bald ab, meist aber kümmert derselbe Jahrzehnte hindurch, ohne
im Stande zu sein, an Stelle des erstickten Wurzelsystems ein
neues zu bilden Nur wenige Bäume, z. B. Weiden, Pappeln
Erkrankungen durch Einflüsse des Bodens. 249
u. s. w., häufiger aber Sträucher entwickeln nahe der Bodenober-
fläche zahlreiche Adventivwurzeln, durch welche sie sich, wie völlig
wurzellose Stecklinge, ein neues Wurzelsystem bilden.
Aehnliehe Verhältnisse liegen vor, wenn ältere Bäume stark
üb er erdet werden, wie dies bei Wegeanlagen, Bergwerken u. s. w.
öfters vorkommt.
Kann in solchen Fällen die Luft seitlich an die Wurzeln ge-
langen, wie dies meist geschieht, wenn die Bäume an Böschun-
gen stehen, dann schadet dies weniger, wird aber der Luftzutritt
zu den Wurzeln in hohem Grade erschwert, dann sterben die
Bäume ganz ab, oder kümmern doch. Bei glattrindigen Bäumen,
z. B. Rothbuchen, Hainbuchen u. s. w. von 20 cm Stammdurch-
messer fand ich noch lebhafte Adventivwurzelbildung aus un-
verletzter Rinde nahe der Oberfläche des aufgeschütteten Erd-
reiches.
Wo die Erhaltung werthvoller Bäume wünschenswerth erscheint,
soll die Ringelung oder doch stellenweise Verwundung bis auf den
Holzkörper nicht weit unter der Bodenoberfläche zu günstigen Re-
sultaten geführt haben, indem sich an dem dort entstehenden
Callus reichliche Wurzeln entwickelten, welche nahe unter der
neuen Bodenoberfläche fortwachsend das Leben des Baumes
erhielten.
Es bedarf kaum der Erwähnung, dass das Missglücken der
Buchenverjüngungen sehr oft begründet ist in der noch ungenügen-
den Durchlüftung des von starken Humusmassen bedeckten Bodens,
dass ferner die zu tiefe Aussaat besonders mancher feinerer
Sämereien missglückt, weil der Luftzutritt zu dem keimenden und
Kohlensäure ausscheidenden Samen nicht genügt.
Die bekannte Thatsache, dass die Keimproben des Ellern- und
Birkensamens im Zimmer fast immer unbefriedigende Resultate
geben, wogegen derselbe Samen, im Freien ausgesäet, herrlich
keimt, ist vielleicht dem Umstände zuzuschreiben, dass nur im
Freien der tägliche Temperaturwechsel des Bodens eine beständige
Luftveränderung in der Umgebung des Samenkornes herbeiführt,
während die gleichförmige Temperatur des Zimmers, verbunden
mit der relativen Ruhe der Zimmerluft die bei der Keimung aus-
geschiedene Kohlensäure nicht schnell genug aus der Nähe des
Samenkornes fortführt.
250 m. Abschnitt,
Bei Anhäufung keimender Samen tritt das Verderben aus
ähnlichen Gründen ein. Auch das Verfaulen der Wurzeln unserer
Zimmerpflanzen, wenn solche in glasirten und desshalb dem
leichten Luftwechsel verschlossenen Töpfen cultivirt werden, ist der
vorbeschriebenen Wurzelfäule verwandt.
§23. Giftstoffe.
Als Giftstoffe im engeren Sinne bezeichnet man nur solche
im Boden vorkommende, oder vielmehr demselben in der Regel
zugeführte Stoffe, welche direct für die Pflanzenzellen schädlich
sind und dieselben tödten. In der Regel erweitert man den Be-
griff und zählt auch andere unschädliche lösliche Stoffe, ja selbst
werthvolle Pflanzennährstoffe dahin; wenn diese in einem zu con-
centrirten Grade sich im Boden finden. Da die Wasseraufnahme
der Wurzeln ein endosmotischer Process ist, der nur vor sich
gehen kann, wenn im Boden eine Lösung von so geringer Concen-
tration sich findet, dass der Zellsaft der Wurzelzellen erheblich
concentrirter ist und desshalb das Wasser von aussen in die Pflanze
hineinzieht, so wird jede Bodennährlösung von höherer Concen-
tration schädlich wirken und den Wurzeln sogar noch Wasser ent-
ziehen. Es tritt ein Vertrocknen ein. Dies hat man oft genug
zu beobachten Gelegenheit, wenn leicht lösliche Mineraldünger in
zu reichlichem Maasse zur Verwendung kommen. Aber auch
andere an sich unschädliche lösliche Salze können ein Vertrocknen
der Pflanzen zur Folge haben.
Das Chlornatrium als Bestandtheil des Seewassers ist
schon oft in hohem Grade verderblich geworden, wenn bei Spring-
fluthen die hinter den Dünen gelegenen Bestände überfluthet wurden
und das Wasser nicht wieder zurückfliessen konnte, sondern
langsam in den Boden einsickern musste1). Kiefern, Erlen, Eichen
und Rothbuchen litten am meisten und starben ganz ab, während
die Birke sich am widerstandsfähigsten erwies. Im Juli 1874
stellte ich im Verein mit dem Chemiker Schütze zu Eberswalde
Versuche mit Kochsalzlösungen von procentischem Gehalt der
1) Schütze, Untersuchung von Boden und Holz aus Beständen, welche durch
SturmÜuthen der Ostsee beschädigt sind. Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen
1876 p. 380.
Erkrankungen durch Einflüsse des Bodens. 251
Ostsee (2,7 %) und der Nordsee (3,47 °/0) an. Es wurden Saat-
und Pflanzbeete der Kiefer, Fichte, Akazie und Rothbuche mit
diesem. Salzwasser so begossen, dass einmal nur ein Quantum von
14 Liter auf eine Fläche von 1 qm vertheilt wurde. Es starben
die 1- und 3jährigen Fichten sowohl durch Ostsee- als durch
Nordseewasser ab, sechsjährige Fichten starben nur durch Nordsee-
wasser, bräunten sich theilweise durch Begiessen mit Ostseewasser.
Mannshohe Fichten, von denen jede eine Giesskanne (14 Liter)
Nordseewasser erhielt, starben zum Theil, während andere nur
vorübergehend braune Nadeln erhielten und sich später wieder er-
holten. Einjährige Akazien starben auch durch Ostseewasser zum
grösseren Theil ab, drei ssigj ährige Rothbuchen Hessen auffälliger-
weise einige Zeit nachher lediglich an der Spitze eines jeden
Blattes ein Absterben erkennen. Die Kiefer zeigte sich dagegen
bei diesen Versuchen am unempfindlichsten, vielleicht in Folge der
tiefgehenden Bewurzelung.
Allgemein bekannt ist auch der nachtbeilige Einfluss des
Urins auf die Pflanzen, der sich schon aus dem Salzgehalt zur
Genüge erklären dürfte.
Als echte Giftstoffe wirken mannigfache Säuren und Laugen,
welche mit dem Abfallwasser der Fabriken zuweilen in grösserer
Menge dem Boden zugeführt werden. Sie sind erfahrungsmässig
in hohem Grade nachtheilig, doch ist hier nicht der Ort, auf alle
möglicherweise in Frage kommenden Giftstoffe solcher Abfallwässer
näher einzugehen.
Nicht uninteressant ist auch der schädliche Einfluss nachhal-
tiger Kohlensäureexhalationen im Boden auf die Vegetation.
Im Badeorte Cudova in Schlesien sind im dortigen Parke manche
Quellen kohlensäurereichen Wassers verschüttet. An solchen
Stellen gedeiht kein Strauch, sondern nur Graswuchs, vermuthlich
desshalb, weil die daselbst frei werdende Kohlensäure sich so
reichlich im Boden verbreitet, dass der Athmungsprocess der
Wurzeln unmöglich gemacht wird. Graswuchs ist möglich, weil
nahe der Bodenoberfläche der Luftwechsel ausgiebig genug ist, die
Graswurzeln am Leben zu erhalten.
Dass Leuchtgas, wenn es in grösserer Menge aus Gasröhren
im Boden sich verbreitet, den Baumwurzeln schädlich wird, ist
nachgewiesen, doch darf man das Kümmern oder Absterben der
252 HI- Abschnitt.
Alleebäume in Städten nicht auf diese Beschädigung allein zurück-
führen wollen, vielmehr hat der Abschluss des Wassers und
selbst des Luftwechsels bei sorgfältiger Pflasterung der Strassen
und Trottoire ein Vertrocknen oder Ersticken der Baumwurzeln
zur Folge.
Es mag hier kurz erwähnt werden, dass das Leuchtgas
auch der Blumenzucht in unseren Wohnzimmern erheblichen Ab-
bruch thut auch dann, wenn wenig Gas verbrannt wird, da ja
doch immer geringe Gasmengen der Röhrenleitung entweichen.
Camellien, Azaleen, Epheu sind sehr empfindlich, Palmen und
Dracänen am unempfindlichsten gegen Gas.
IV. Abschnitt.
Erkrankungen durch atmosphärische
Einflüsse.
§ 24. Wirkungen des Frostes.
Die Erscheinungen des Gefrierens und des Erfrierens der
Pflanzen lassen sich nur dann verstehen, wenn man sich über
die Wärmequellen, die den Pflanzen zur Verfügung stehen,
klar ist.
Die Processe des Stoffwechsels, welche höher entwickelte
Thiere mehr oder weniger unabhängig von den äusseren Wärme-
einflüssen machen, sind im Pflanzenreich nicht ausgiebig genug,
um einen irgend beachtenswerthen Factor auszumachen im Ver-
gleich zu der Einwirkung der Wärme der umgebenden Medien auf
die Pflanze.
Die Bodentemperatur beeinflusst bei allen älteren Holz-
arten, insbesondere bei den mit einer stärkeren Borke bekleideten
Bäumen, vorzugsweise die Temperatur der unteren und inneren
Baumtheile. In den Aesten und Zweigen überwiegt der Einfluss
der Temperatur der Aussenluft.
Zur Zeit der Vegetationsthätigkeit und überhaupt dann, wenn
der Verdunstungsprocess ein lebhafterer ist, überträgt das aus dem
Boden aufgenommene Wasser die dort herrschende Temperatur auf
das Innere der Pflanze. Man hat dies auf das Unzweifelhafteste
dargethan, indem man zwei gleiche, von der Sonne beschienene
Bäume, von denen der eine zuvor entästet war, untersuchte. Man
fand, dass in dem voll belaubten Baume die Temperatur um 10°
niederer stand, als in dem entästeten. Als man dann jenen eben-
falls ästete und dadurch die Wasserströmung zum Aufhören
254 IV. Abschnitt.
brachte, stieg sofort die Temperatur urn 10° in die Höhe. Ist der
Boden gefroren, so dass kein Wasser von den Wurzeln aufge-
nommen wird, dann erwärmt sich der Baum vom Boden aus allein
durch directe Wärmeleitung, die aber immer bedeutungsvoll genug
ist, um zu erklären, dass das Bauminnere auch bei anhaltender
Kälte sich von unten auf durchwärmt und ein tiefgründiger
Boden, in welchem die Baumwurzeln sich tief hinab erstrecken,
für die Durchwärmung der Bäume vortheilhafter ist, als ein flach-
gründiger.
Der Yortheil einer natürlichen oder künstlichen Bodenbe-
deckung für die Widerstandsfähigkeit der Obst- und Zierbäume
gegen Winterkälte ist dadurch erklärlich. Es ist aber auch ver-
ständlich, dass das sogenannte Härterwerden, das heisst, die Er-
scheinung, dass solche Bäume, die in der Jugend oft erfrieren, mit
dem höheren Alter scheinbar unempfindlicher werden, auf die gün-
stigere Durchwärmung der in grösserer Tiefe wurzelnden Pflanzen
zurückzuführen ist.
Das auffallend schnelle Ergrünen der Sträucher und Bäume
nach einem ausgiebigen warmen Frühlingsregen ist ebenfalls der
Durchwärmung vom Boden aus zuzuschreiben, sowie endlich das
frühzeitigere Ergrünen schwächerer Bäume gegenüber den dorni-
nirenden Stämmen eines Bestandes darauf zurückzuführen ist, dass
die Bodenschichten, in denen jene vorzugsweise ihre Bewurzelung
ausgebreitet haben, schon durchwärmt sind, wenn in grösserer
Tiefe, aus welcher die stärker und kräftiger entwickelten Wurzeln
ihre Wärme beziehen, der Boden noch die Winterkälte zeigt.
Die Temperatur der Aussenluft bestimmt vorwiegend die
Innenwärme der Zweige und Aeste, wie überhaupt aller feineren
Pflanzentheile. Stammtheile mit sehr dicker Korkhaut und Borke-
schicht lassen die Wärme nur sehr langsam von aussen in's Innere
eindringen. Nur bei directer Insolation steigert sich die Er-
wärmung der von den Sonnenstrahlen getroifenen Baumseite auf
ein hohes Maass, so dass selbst Krankheitserscheinungen, wie „Rin-
denbrand" und „Sonnenriss" dadurch hervorgerufen werden können.
Der Durchwärmung der Pflanzen steht der Wärmeverlust gegen-
über, den dieselben erleiden bei dem Processe der Wasserver-
dunstung, durch welchen den verdunstenden Geweben zunächst
Wärme entzogen wird, und bei dem Processe der Assimilation.
Erkrankungen durch atmosphärische Einflüsse. 255
In ganz hervorragendem Maasse wirkt aber die Ausstrahlung ab-
kühlend, die um so grösser ist, je feiner die Pflanzentheile, je
grösser also die Oberfläche im Vergleich zur Körpermasse ist. Die
Abkühlung durch Wärmeausstrahlung erklärt ja nicht allein die
Erscheinungen des Reifes, Thaues u. s. w., sondern auch die meisten
Spätfröste, die oft genug bei stillem, klarem Wetter dann schon
eintreten, wenn die Lufttemperatur noch über dem Gefrierpunkte
steht. Aus dem Gesagten erhellt zur Genüge, dass die Zahlen, die
man durch Ablesung der Baumthermometer, welche in Bohrlöcher
beliebiger Bäume eingelassen sind, bekommt, aus einer Mischung
verschiedenartiger erwärmender und abkühlender Factoren hervor-
gehen. Die Ermittelung dieser inneren Baumtemperaturen auf den
forstlich meteorologischen Versuchsstationen hat für die Wissen-
schaft absolut keinen Werth und ist ein Missbrauch der Zeit der
Beobachter, der sich nicht rechtfertigen lässt.
Wenn die Temperatur eines Pflanzentheiles unter dasjenige Mini-
mum hinabsinkt, welches zur Erregung und Fortführung der che-
mischen Processe des Stoffwechsels, also zur Hervorrufung der
Lebensprocesse nothwendig ist, dann tritt ein Ruhezustand ein, der
erst beendet wird, sobald wieder die erforderliche Wärmeeinwirkung
auf das Gewebe ausgeübt wird. Sinkt die Temperatur erheblich
unter ± 0°, dann gefriert die Pflanze, d. h. es scheidet ein Theil
des Imbibitionswassers der Zellwandune;en und ein Theil des Zell-
saftwassers zu Eiskrystallen aus, während eine concentrirte Lösung,
deren Gefrierpunkt tiefer liegt, im flüssigen Zustande zurückbleibt.
Im Holzkörper der Bäume, deren Organe grösstentheils
keine Intercellularräume besitzen, kann das Wasser der Zellwan-
dungen nur nach innen, also in's Lumen der Zellen zu Eiskry-
stallen ausgeschieden werden, die trockener werdende Wandung
selbst gefriert nicht. Da das Lumen der Holzzellen neben Wasser
auch reichlich Luft führt, so ist hinlänglich Platz vorhanden zur
Ausdehnung des Wassers beim Uebergang in den Eiszustand. Je
tiefer die Temperatur sinkt, um so mehr Wasser verlässt die Wan-
dungen, um so trockener werden diese.
So erklärt es sich, dass bei intensiven Kältegraden die Bäume
ganz ähnliche Erscheinungen des Schwindens zeigen, wie gefälltes
Holz beim Trocknen.
Die wasserarmen Wandungen vermindern entsprechend ihr Vo-
256
IV. Abschnitt.
lumen und der Stamm reisst in der Längsrichtung auf; er bekommt
Frostrisse oder Frostspalten. Diese sind meist auf der Nordostseite
der Stämme gelegen , weil intensive Kältegrade meist bei Nordost-
wind eintreten. In der Regel setzt die Entstehung von Frostspal-
ten voraus, dass die starke Kälte plötzlich eintritt und die inneren
ßaumtheile noch relativ warm sind, das Schwinden des Holzes nur
in den äusseren Holzlagen sehr stark ist.
Es ist bekannt, dass solche Frostspalten, nachdem sie sich
mit wiederkehrender höherer Temperatur geschlossen haben, im
darauffolgenden Jahre
von den Neubildungen
des Spaltenrandes über-
wachsen werden und
zwar der Art, dass der
verminderte Rinden-
druck eine Zuwachs-
steigerung zu beiden
Seiten des Risses ver-
anlasst, die als Frost-
leiste hervortritt. Schon
geringe Kältegrade sind
in den Folgejahren im
Stande, den Spalt wie-
der zu öffnen, da die
schwache äussere Ver-
wachsungsschicht leicht
zerreisst. Oft wieder-
holtes Oeffnen und
Ueberwallen erzeugt zu-
weilen sehr weit vorstehende Frostleisten. Folgen mehrere milde
Winter auf einander, dann kann eine Frostspalte wieder völlig
zuwachsen, wie in Figur 135 zu sehen ist.
An alten Eichen beobachtete ich im Innern zuweilen zahl-
reiche radiale und peripherische Risse, die nicht bis zur Peripherie
des Stammes sich erstreckten und sich auch bei ihrer Entstehung
nicht bis dorthin erstreckt haben. Ob diese Risse ebenfalls der
Frostwirkung zuzuschreiben sind und unter welchen Umständen sie
entstehen können, ist zunächst noch nicht klargestellt.
Fig. 135.
Frostriss in einem Eiehenstamme. Derselbe ist
entstanden im Winter, bevor der Jahrring a ge-
bildet wurde und erstreckt sich von a bis d. Neun
Jahre hintereinander ist der Spalt alljährlich neu
aufgesprungen, so dass sich die Frostleiste a — b
bildete, welche dann bei c eine seitliche Verletzung
erlitt, aber in den letzten 5 Jahren nicht wieder
aufgesprungen ist. 1/i Natürl. Gr.
Erkrankungen durch atmosphärische Einflüsse. 257
Blatt- und Rindengewebe, wie überhaupt alle parenchy-
matischen Gewebe scheiden beim Gefrieren reines Wasser in die
umgebenden Intereellularräume aus, ohne in der Regel selbst zu
gefrieren. Die Zellen verlieren dabei ihren Turgor, welken gleich-
sam und erklärt sich daraus die bekannte Erscheinung, dass vom
Spätfrost betroffene Lilien, Hyacinthen u. s. w. platt an der Erde
liegen, bis sie nach dem Aufthauen des Wassers, wenn solches
von dem Zellinneren wieder aufgesogen ist, sich erheben und tur-
gesciren.
Zellen mit concentrirten Lösungen scheiden übrigens erst bei
hohen Kältegraden Wasser aus und ich habe oft gefunden, dass
Bäume, deren Holz stark gefroren war, in der Rinde und Bast-
schicht völlig frostfrei waren.
Gefrieren sehr wasserreiche, lebende Pflanzengewebe, insbeson-
dere junge Blätter und Triebe bei Spätfrösten, dann scheiden sich
in der Regel grössere zusammenhängende Eismassen an bestimm-
ten Gewebstheilen, besonders gern unter der Oberhaut der Blätter
und Triebe oder im Markgewebe aus, während die Gewebe ganz
frei von Eis bleiben und nur entsprechend dem Wasserverlust
zusammenschrumpfen. Diese Eismassen bestehen aus prismatischen
Krystallen, welche unter sich parallel und rechtwinklig auf dem
Gewebe stehen, aus welchem das Wasser ausfriert. Das Rinden-
parenchym der Stengel zeigt meist reichliche Intereellularräume,
besonders da, wo das collenchymatisehe äussere Rindengewebe auf-
hört und hier kann, ohne grossen Nachtheil für die Pflanze selbst,
eine Trennung des Rindengewebes durch Bildung der Eisschicht
erfolgen. Nach Spätfrösten sah ich an Blättern des Bergahorns die
Epidermis der Blattunterseite an zahllosen Stellen blasig abgehoben.
Erst nach vielen Wochen übte diese gewaltsame Trennung einen
nachtheiligen Einfluss auf die Gesundheit der Blätter aus.
Das Schwammparenchym der Blattunterseite mit den reich-
lichen, grossen Intercellularräumen ist offenbar zur Bildung der
Eiskrusten besonders geeignet.
Im Blattstielgelenk der Akazie und anderer Bäume, welche
im Herbste beim Eintritt des ersten Frostes noch grün sind, bildet
sich in der vorgebildeten Trennungsschicht eine Eisplatte, durch
welche das Blatt gleichsam abgesprengt wird, so dass dann am
nächsten Morgen ein allgemeiner Blattabfall erfolgt.
Hartig, Baumki-ankheiten, 2. Aufl. 17
258 IV- Abschnitt.
Wenn gefrorene Pflanzentheile wieder aufthauen, dann stellen
sich meist die Zustände im Zellgewebe wieder her, welche vor
dem Gefrieren bestanden haben. Das Wasser wird, so wie es aus
dem Eiszustande frei wird, langsam wieder von den Zellwandungen
und dem Zellinhalte aufgesogen. In vielen Fällen aber erweisen
sich die Pflanzentheile als getödtet. Die chemischen Processe, die
unter der Einwirkung der rückkehrenden Wärme ius Leben treten,
veranlassen nicht die normalen Processe des Stoffwechsels, sondern
führen zu chemischen Zersetzungen. Es ist nun über den Zeit-
punkt, in welchem der Frosttod eintritt, die Ansicht in der Wis-
senschaft getkeilt. Während Göppert annimmt, der Tod trete
bereits ein während des gefrorenen Zustandes, ist Sachs der
Ansicht, der Tod trete erst beim Auftbauen der Gewebe ein und
hänge insbesondere von der Art und Geschwindigkeit des Auf-
thauens ab.
Es lassen sich wohl beide Ansichten insofern mit einander
vereinen, als der Frosttod im Erstarrungszustand bei dem Er-
frieren im Winter, der Frosttod im Augenblicke des Aufthauens
dagegen bei Spätfrösten eintreten dürfte.
Das Erfrieren im Winterzustand hat eine grosse Aehn-
lichkeit mit dem Vertrocknen der Gewebe. Mag der Verdunstungs-
process bei mangelhaftem Ersatz des Wassers durch die Wurzeln
die Gewebe wasserarm machen oder das Gefrieren, in beiden Fällen
ist das Austrocknen über ein gewisses Maass hinaus tödtlich für
die Zelle, indem eine Veränderung der molecularen Eigenschaften
des Plasmas sich zu erkennen giebt, welche besonders in der Unfähig-
keit besteht, grössere Wassermengen in sich festzuhalten. Diese
Veränderung macht eine Umgruppirung der Substanztheilchen
beim Austrocknen wahrscheinlich. Im lebenden Zustande sind die
Micellen der Substanz von Wasser umgeben, welches von den Mi-
cellen festgehalten wird mittelst jener Art von Molecularattraction,
die in ihrer Wirksamkeit in der organischen Substanz als Imbi-
bitionskraft bezeichnet wird. Es lässt sich wohl denken, wenn
auch nicht beweisen, dass das Lagerungsverhältniss, die Gruppirung
der kleinsten Theile der Substanz bei allzustarkem Austrocknen
eine Aenderung erleidet, und dass bei erneuter Wasserzufuhr nicht
wieder die frühere Lagerung zurückkehrt. Der welke Zustand geht
in den turgescirenden über, wenn jene Grenze nicht überschritten
Erkrankungen durch atmosphärische Einflüsse. 259
worden ist; eine Zelle ist dagegen vertrocknet, vermag nicht wieder
in den normalen, lebenden Zustand zurückzukehren, wenn das
Maass der zulässigen Austrocknung überschritten wurde. Dasselbe
gilt für den Wasserverlust beim Gefrieren. Eine Zelle kann einen
gewissen Kältegrad ungefährdet ertragen und nur dann, wenn der
Wasserverlust durch Frost über ein gewisses Maass hinausschreitet,
tritt jene moleculare Veränderung ein, die auch beim Vertrocknen
der Pflanzen den Tod, d. h. die Veränderung der normalen Eigen-
schaften der Substanz mit sich führt.
Es giebt keinen besseren Vergleich, um jene moleculare Um-
gruppirung der Substanz zu erläutern, wie der Hinweis auf die be-
kannte Veränderung des Stärkekleisters nach dem Froste. Ge-
friert Kleister, dann scheidet ein mehr oder weniger grosser Theil
des Wassers aus, der wasserarme Rückstand erleidet eine molecu-
lare Veränderung, die ihn nicht mehr befähigt, das frühere Was"
serquantum in sich aufzunehmen. Nach dem Wiederaufthauen bleibt
das klare Wasser ausserhalb des veränderten Kleisters und dieser
hat seine klebende Eigenschaft eingebüsst.
Im Zustande der Vegetationsruhe sind die perennirenden
Pflanzen unserer Zone befähigt, auch die tiefsten Kältegrade unserer
W'inter zu ertragen, ohne zu erfrieren; mit anderen Worten, der
Kältegrad, bei dem unsere Walclbäume jene verderbliche moleculare
Umänderung ihrer Zellsubstanz erleiden, wird bei unseren Wintern
nicht erreicht.
Südländische Bäume dagegen, und zu diesen gehören ja auch
die meisten Obstbäume, erleiden den Frosttod bei uns in unge-
wöhnlich strengen Wintern, wie ja der Winter 1879/80 in trauri-
ger Weise bewiesen hat. Der Härtegrad der exotischen Pflanzen
ist in allen Abstufungen verschieden bis zu der niedrigsten Stufe,
d. h. zu derjenigen, die auch in unseren milderen Wintern erreicht
zu werden pflegt, womit die Möglichkeit des Ueberwinterns im
Freien aufhört. Individuelle Verschiedenheiten treten neben den Art-
verschiedenheiten auf und darin liegt die Möglichkeit begründet,
Pflanzen bei uns zu acclimatisiren. Eine Acclimatisation em-
pfindlicher Pflanzen ist möglich, wenn wir durch Züchtung harte
Varietäten zu erziehen suchen, denn die Widerstandsfähigkeit gegen
Frost variirt unter den Individuen einer Pflanzenart ebenso, wie
jede andere physiologische und morphologische Eigenthümlichkeit.
17*
2ßO IV. Abschnitt.
Es ist auch wahrscheinlich, dass an den Grenzen der natürlichen
geographischen Verbreitung der Pflanzen, da, wo denselben durch
kälteres Klima Halt geboten worden ist, schon im Kampf ums Da-
sein härtere Varietäten gezüchtet worden sind; woraus a priori ge-
folgert werden darf, dass bei Anbau versuchen der Bezug gewisser
Sämereien aus solchen Grenzdistricten vortheilhaft sein muss.
Einheimische Waldbäume und Sträucher leiden durch Winter-
frost nur unter ganz besonderen Umständen. Jüngere Pflanzen,
insbesondere Eichensämlinge und Lohden bis zu 4jährigem Alter,
können in den Wurzeln erfrieren, wenn starker, anhaltender Frost
ohne Schneedecke in unbedeckten leichteren Boden eindringt. Die
Wurzeln sind einestheils weniger geschützt durch dickere Kork-
häute als der Stengel, und die Vegetationsprocesse kommen in den
Wurzeln viel später, oft erst Mitte Winter zur Ruhe, so dass die
Gewebe nicht in dem Ruhezustande sich befinden, welcher sie wi-
derstandsfähiger gegen Frostschaden macht. Solche Pflanzen trei-
ben dann im Frühjahr ihre Knospen aus, vertrocknen aber alsbald,
nachdem durch Verdunstung der zarten Triebe der Wasservorrath
der Pflanze erschöpft ist.
Nicht völlig zum Entwicklungsabschlusse gelangte Triebe, ins-
besondere Johannistriebe der Eiche, leiden durch Winterfrost. Es
gehört diese Erscheinung aber zu der zweiten Gruppe, d. h. zu den
Frosterscheinungen von in der Vegetationsthätigkeit begriffenen
Pflanzen.
Der Tod insbesondere der immergrünen Laub- und Nadelhöl-
zer im Winter kann dadurch auch bei unseren einheimischen Pflan-
zen herbeigeführt werden, dass diese ihres Wassergehaltes nicht
durch Kälte, sondern durch Verdunstung beraubt werden1).
Friert der Boden bis zu einer Tiefe aus, bis zu welcher die
Wurzeln der jungen Pflanzen reichen, so hört die Wasseraufnahme
durch letztere auf. Sind sie oberirdisch durch Schnee oder andere
Schutzmittel vor Verdunstung geschützt, so schadet ihnen das
nichts. Sind sie aber Monate lang, wie z. B. im Winter 1879/80
der Einwirkung der Luft und Sonne ausgesetzt, so sterben sie
ab. — Es ist in diesem Falle lediglich ein Vertrocknen eingetreten.
Aeltere Fichten und Tannen zeigten schon im Verlauf des Winters
J) R. Hartig, Untersuchungen I, S. 133.
Erkrankungen durch atmosphärische Einflüsse. 261
1879/80 Bräunung und Tod der Benadelung da, wo an süd-
lichen Bestandesrändern, an Eisenbahnböschungen, an Fichtenhecken
u. s. w. die Sonne direct die Benadelung traf und der ständige Luft-
wechsel die Verdunstung förderte. Es sollen selbst alte Tannen-
bestände in den Alpen völlig erfroren sein in Lagen, welche dem
warmen Südwinde am meisten exponirt waren. Es erklären sich
meines Erachtens diese Erscheinungen allein aus dem Umstände,
dass die directe Insolation im Laufe des meist klaren Winterwet-
ters, beziehungsweise der warme Südwind ein wiederholtes Auf-
thauen und gesteigerte Verdunstung der Benadelung herbeiführte,
und dass die Nadeln, welche aus den, nach lang dauernder starker
Kälte gefrorenen Stammtheilen kein Wasser zugeführt erhielten,
vertrockneten. Viele Erscheinungen der Kiefernschütte erklären
sich aus dem Vertrocknen der Nadeln. Die nachtheiligen Folgen
des wiederholten Aufthauens und Gefrierens, der langen
Frostdauer und des starken, trockenen Windes erklären sich durch
den gesteigerten Wasserverlust bei unterbrochener oder doch ver-
minderter Wasserzuleitung.
Noch nicht völlig aufgeklärt ist die bekannte Thatsache, dass
insbesondere ausländische Coniferen auf nassen Standorten leich-
ter erfrieren, als auf trockenen, dass überhaupt die saftreicheren
Pflanzengewebe dem Frosttode mehr exponirt sind, als wasserarme
Pflanzentheile.
Hat der Winterfrost die Bäume beschädigt, so äussert sich
dies in verschiedener Weise, und ist hier zu betonen, dass die
vorkommenden Verschiedenheiten noch keineswegs zur Genüge un-
tersucht worden sind. Nach sehr strenger, anhaltender Winter-
kälte sieht man Rinde, Bast und Cambium, sowie die parenchy-
matischen Zellen des Holzkörpers absterben und sich bräunen.
Die Bäume werden überhaupt nicht wieder grün, oder sie schlagen
noch aus, blühen, können selbst noch Früchte tragen, aber im
Laufe des Sommers oder Herbstes vertrocknen sie ganz. Es er-
klärt sich das Ergrünen der vom Frost geschädigten Bäume aus
dem Umstände, dass die Säfteleitungsfähigkeit des Holzes anfäng-
lich noch nicht erloschen ist und erst allmälig in dem Maasse
schwindet, als die Zersetzung der parenchymatischen Zellen den
leitenden Organen sich mittheilt oder der Holzkörper von aussen
nach innen vertrocknet. Zuweilen wird Rinde und Basthaut
262 IV- Abschnitt.
nur stellenweise getödtet und überwallen diese Stellen nach-
träglich.
In anderen Fällen und insbesondere bei exotischen Nadelhöl-
zern, doch auch bei Laubhölzern bleiben Rinde, Bast und Cambium,
oft auch die jüngsten Jahresschichten des Holzes vom Froste ver-
schont und nur das Parenchym des Holzkörpers insbesondere nahe
der Markröhre wird getödtet. Bei Nadelhölzern tritt dann Anfang
Mai der Tod durch Vertrocknen meist plötzlich ein: bei Laubhöl-
zern, deren cambiale Thätigkeit bereits während des Laubausbru-
ches beginnt, wird oft das Leben der Pflanzen erhalten, indem
sich schon vor dem Verluste der Säfteleitungsfähigkeit des vom
Froste betroffenen alten Holzkörpers ein neuer Holzring aus dem
gesund gebliebenen Cambiurn bildet oder die jüngsten Jahresringe
nicht erfroren sind und zur Saftleitung genügen. Wenn hierdurch
auch nur eine kümmerliche Ernährung der Triebe und Blätter in
den ersten Jahren nach dem Frostjahre möglich gemacht wrird, so
vermögen sich doch solche Stämme wieder zu erholen. Es ist in
solchen Fällen eine stärkere Aestung oft sehr nützlich, da hier-
durch die Verdunstungsmenge entsprechend der Wasserleitungs-
fähigkeit des Holzes vermindert wird. In sehr trockenen Jahren
allerdings gehen wohl noch später manche Bäume an den Nach-
wirkungen des Frostes zu Grunde.
Im Zustande der Vegetationsthätigkeit, also zur Zeit des
Eintrittes der Spät- oder Frühfröste, hängt der Frosttod nicht mehr
von dem Härtegrade der Pflanze, sondern von der Art des Auf-
thauens ab. Unsere einheimischen Waldbäume, die im Ruhezu-
stande von der strengsten Winterkälte nicht leiden, erfrieren nach
Laubausbruch bei wenigen Graden unter dem Nullpunkte und gilt
hier sicherlich der Satz, dass der Frosttod erst beim Aufthauen
erfolge. Gefriert ein in voller Vegetation begriffenes Gewebe, dann
treten die früher dargestellten Zustände ein; thaut die Pflanze ganz
allmälig wieder auf, dann wird das Eiswasser successive, sowie es
mit allmäliger Wärmezufuhr aus den Eiskrystallen hervorgeht, wie-
der in die Zellwände und in den Zellinhalt aufgesogen, und wenn
die Zelle die Temperatur erreicht hat, die aufs Neue chemische
Processe ins Leben ruft, dann sind auch die normalen Imbibitions-
verhältnisse in derselben wieder hergestellt, die Wärme veranlasst
die Fortsetzung der zeitenweise gestörten Processe des Stoffwech-
Erkrankungen durch atmosphärische Einflüsse. 263
sels. Anders gestaltet sich dies, wenn solche Pflanzentheile schnell
wieder aufthauen, z. B. in ein warmes Zimmer gebracht, mit den
warmen Fingern berührt oder von der Sonne plötzlich durchwärmt
werden. Die schnelle Wärmezufuhr veranlasst ein schleuniges
Aufthauen der Eiskrusten in den Intercellularräuruen, und das Eis-
wasser, das nur langsam von den Zellwänden resp. dem Plasma
wieder aufgesogen werden kann, ergiesst sich in die Intercellular-
räume, verdrängt die Luft aus denselben, so dass solche plötzlich
aufgethaute Blätter durchscheinend werden. Die normalen Imbibi-
tionsverhältnisse sind noch nicht wiederhergestellt, wenn die Wärme
aufs Neue chemische Processe hervorruft. Diese können nicht
die normalen Processe des Stoffwechsels sein, sie führen vielmehr
in dem noch wasserarmen, gleichsam welken Zellgewebe zu Pro-
cessen der chemischen Zersetzung, zum Frosttode. Es ist desshalb
dringend zu rathen, vom Spätfrost betroffene Pflanzen vor dem zu
schnellen Aufthauen zu schützen.
Nach nasskalten Sommern sind oftmals selbst an unseren ein-
heimischen Waldbäumen, z. B. der Eiche, die kräftigen Johannis-
triebe noch nicht im Zustande der Winterruhe, wenn die
ersten Frühfröste eintreten. Exotische Holzgewächse, die zur nor-
malen Entwicklung ihrer Lebensprocesse grössere Wärmeeinwirkung
erfordern, als in unserem Klima ihnen geboten wird, gehen all-
jährlich in unfertigem Zustande in unseren Winter hinein. Die
jüngsten Organe der Jahrestriebe sind, zumal wenn diese bis in
den Nachsommer hinein sich verlängerten (Ailanthus etc.), noch
nicht fertig, die jüngsten Elemente des Jahrringes befinden sich
noch im cambialen Zustande, ihre Wandungen sind noch nicht
verholzt, die Bildungsstoffe noch nicht in Reservemehle umge-
staltet etc. Es tritt dann dieselbe Empfindlichkeit gegen Frost
ein, wie im Frühjahre bei Spätfrösten. Die unterbrochenen che-
mischen Processe führen nach dem schnellen Wiederaufbauen zur
Zersetzung.
Dem Froste werden unberechtigterweise zahllose Krankheits-
erscheinungen an Pflanzen zugeschrieben, insbesondere hat man den
sogenannten Baumkrebs gern auf Frostwirkung zurückgeführt.
Die meisten Krebsbildungen gehören zu den Infectionskrank-
heiten und ich habe nur in einigen exquisiten Frostlagen Krebs-
bildungen an den verschiedenartigsten Laubholzwaldbäumen zu
264
IV. Abschnitt.
beobachten Gelegenheit gehabt, die zweifelsohne dem Froste zuzu-
schreiben sind, welche Krankheit ich desshalb als Frostkrebs2)
von den verschiedenen Pilzkrebsbildungen unterscheide.
Der Frostkrebs entsteht immer am Grunde eines durch inten-
siven Spätfrost getödteten Seitenzweiges. Die erste Anlage wird
gleichsam repräsentirt durch den Ueberwallungswulst, welcher den
todten Zweig an der Basis umgiebt. Wiederholen sich die Spät-
fröste eine Reihe von Jahren an solchen Oertlichkeiten (Frost-
löchern), dann wird der noch nicht von fester, derber Korkhaut
geschützte Ueberwallungswulst getödtet, wenn
in seinem Gewebe bereits vegetative Thätig-
keit eingetreten ist, also bei Frösten im
Mai. Oft auf 1 cm oder grössere Entfernung
von der Basis des Zweiges stirbt das Ge-
webe ab, und es entsteht in der Folge ein
neuer Ueberwallungswulst unter der todten
und bald der Zersetzung anheimfallenden
Rinde. Bleiben die Pflanzen mehrere Jahre
hintereinander frei von Spätfrösten, dann
können solche Krebsstellen völlig wieder
zuwachsen. Wiederholen sich dagegen die
Fröste, dann erweitert sich mit jedem Spät-
frostjahre die Krebsstelle. Zum Unterschiede
vom Pilzkrebs, der alljährlich sich ver-
grössert, nimmt der Frostkrebs nur in Frost-
jahren an Grösse zu. Ferner tödtet der Spät-
frost von der blossgelegten Stelle aus auch den Holzkörper
l}is zur Markröhre. Die Zersetzungsproducte des getödteten Zell-
inhalts verbreiten sich auch mehr oder weniger in dem Stamm
aufwärts und abwärts, während beim Pilzkrebs der blossgelegte
Holzkörper meist nur äusserlich gebräunt wird.
Dass kleinere, durch die Kälte entstandene Risse der Rinde
die erste Ursache des Krebses seien, wie behauptet worden ist,
habe ich nie Gelegenheit gehabt, zu beobachten, bezweifle auch die
Richtigkeit dieser Angabe.
Fig. 136.
Rothbuchenzweig mit
Frostkrebsstelle in der
Umgebung eines erfro-
renen Zweiges. Der Holz-
körper ist im Inneren
gebräunt. Natürl. Gr.
2) R, Hartig, Untersuchungen I, Seite 135 Taf. VII.
Erkrankungen durch atmosphärische Einflüsse. 265
§ 25. Rindenbraiid, Sonnenriss, Lichtmangel.
In Wissenschaft und Praxis werden zwei ganz verschiedenartige
Erscheinungen unter den vorstehend aufgeführten Namen zusammen-
geworfen.
Die häufigere Krankheitserscheinung, die ich speciell als Rin-
denbrand bezeichnen möchte, ist Folge ungewöhnlich intensiver
Sonnenwirkung während der Monate Juli und August auf die Rinde
solcher glattrindiger Bäume, welche im Bestandesschlusse erwachsen
plötzlich freigestellt worden sind.
Am meisten leiden unter Rindenbrand die Rothbuche, Hain-
buche, Fichte, Weymouthskiefer und Tanne, und in der Regel ist
die Veranlassung solcher Freistellungen eine Wegeanlage, ein Eisen-
bahndurchhieb, eine Schneisenanlage oder das Ueberhalten ein-
zelner Bäume als Samenbäume oder zur Erziehung von Ueberhältern.
Die Erkrankung der Rinde, d. h. das Vertrocknen und Ab-
blättern derselben erfolgt fast stets auf der Süd-West-Seite und
zwar desshalb, weil diese zur Zeit der höchsten Luftwärme von den
Sonnenstrahlen getroffen wird.
Es wäre wünschenswerth, wenn noch eine eingehendere Unter-
suchung dieser Krankheit vorgenommen würde, welche die Frage zu
lösen hätte, ob das Absterben der Rinde der durch intensive Er-
hitzung abnorm gesteigerten Verdunstung, d. h. dem Vertrocknen
oder der directen Erhitzung bis zu einer Temperatur zuzuschreiben
ist, welche das Plasma tödtet. Es ist ferner dabei zu untersuchen,
welches die Verschiedenheiten im anatomischen Bau resp. in der
Dicke der Rindenschichten sind, die es erklären, dass Bäume der-
selben Art, wenn sie von Jugend auf in freiem Stande erwachsen
sind, völlig widerstandsfähig gegen die Sonnen Wirkung sind,
während im dichten Bestände erwachsene Bäume eine Rindenbe-
schaffenheit besitzen, welche die Sonnenwirkung nicht zu ertragen
vermag.
Bei Ueberhältern, welche vereinzelt in Schonungen stehen ge-
blieben sind, beginnt die Krankheit meist am Wurzelanlauf nahe
über dem Boden. Es ist anzunehmen, dass es die Hemmung des
Luftzuges durch hohen Graswuchs oder den vorhandenen Jungwuchs
dicht über dem Boden ist, die das Uebel steigert, resp. schneller
herbeiführt, und oft genug tritt der Rindenbrand an solchen Stämmen
266 IV. Abschnitt.
in demselben Maasse auch weiter am Stamme aufwärts auf, je höher
der Jungwuchs in der Umgebung des Stammes emporwächst.
Es ist selbstredend, dass von den entblössten Stellen des
Baumes aus das Verderben schnell ins Innere dringt. Abwechseln-
des Austrocknen des unbeschützten Holzkörpers und Durchtränkung
des dadurch auch in seinem parenchymatischen Bestandteile ge-
tödteten Baumtheils mit von aussen eindringendem Wasser veran-
lassen die schnelle Zersetzung, die entweder den Charakter der
Wundfäule beibehält oder auch den schnellen Tod des Baumes nach
sich ziehen kann, wenn parasitische Baumpilze eindringen.
Dem Rindenbrand verwandt und doch von ihm verschieden ist
eine Erkrankung, die ich an einem etwa 40jährigen Weyniouths-
kiefernbestancle untersucht und beschrieben habe1). Sie kann als
Rindentrockniss bezeichnet werden. Die ausserordentliche Trock-
niss des Jahres 1876 hatte in einem Bestände, welcher auf trockenem,
mit Ortsand untermischtem Boden stand, den Wassergehalt der
Bäume so herabgedrückt, dass die dem trocknenden Winde expo-
nirten Rindetheile besonders in der Höhe von 1 — 2 m, aber auch dar-
unter und darüber auf der Süd- und Westseite vollständig vertrockneten.
Die Weymouthskiefer, deren heimathlichen Standort sumpfige Lagen
bilden, ist diesem natürlichen Standorte entsprechend mit einer
dünnen, durch Korkhaut und Borke nur schlecht geschützten Rinde
versehen und es ist leicht erklärlich, dass auf trockenen Böden in
trockenheissen Jahren der Holzkörper nicht im Stande ist, ge-
nügende Wassermengen an Cambium und Rindengewebe abzugeben.
Diese Holzart ist desshalb nicht auf allzu trockenen Böden, zu-
mal solchen, die vom Untergrunde keine Wasserzufuhr zu erwarten
haben, anzubauen.
Eine ganz andere Krankheitserscheinung ist diejenige, die
zweckmässig mit Sonnen riss2) bezeichnet wird und zuweilen im
Nachwinter oder Frühling an Buchen, Hainbuchen, Ahorn und
Eichen auftritt. Sie besteht darin, dass im Frühjahre die Rinde
der Bäume auf geringere oder grössere Länge aufreihst und zu
beiden Seiten des Risses sich auf mehrere Centimeter Breite vom
Holzstamme loslöst, bei der dünnrindigen Buche auch abstirbt. Ein
>) Untersuchg. a. d. forstb. Inst. Bd. III, S. 145—149.
2) R. Hartig, Untersuchungen S. 141.
Erkrankungen durch atmosphärische Einflüsse.
267
solcher Sonnenriss ist oft schon nach wenigen Jahren wieder durch
den lebhaften Ueberwallungsprocess verheilt, während Rindenbrand
meist gar nicht wieder überwallt. Fig. 137 giebt in halber Grösse
den Querschnitt aus der südlichen Hälfte eines Eichenstammes in
dessen oberem Theile. Der fragliche Stamm, etwa 170 Jahre alt, an
einem ziemlich steilen Nordhange im lichten Buchenstangenholze
stehend, zeigte zahlreiche Sonnenrisse am ganzen Stamm von
Jugend auf.
Der kalte, von den Sonnenstrahlen im Frühjahre auch unter
Mittag kaum getroffene Boden musste den Holzkörper der Eiche
Fig. 137.
Eichenstammdurchschnitt mit zahlreichen Sonnenrissen. '/2 Nat. Gr.
noch sehr kühl erhalten zu Zeiten, wo der Stamm von den Sonnen-
strahlen bereits intensiv erwärmt wurde.
Es ist wahrscheinlich, dass die Insolation den Rindenkörper
partiell so erwärmt, dass dieser sich stark ausdehnt und somit von
dem Holzkörper ablösen muss. Experimentell ist die Frage aber
noch nicht erledigt, nur ist es leider kaum möglich, auf dem Wege
des Versuches Klarheit über die Factoren zu erhalten, welche bei
der Entstehung der Sonnenrisse zusammenwirken.
Als weitere Folgen übermässiger Sonnenhitze und Lufttrockniss
mag hier noch das verfrühte Vertrocknen und Abfallen der
2(38 IV Abschnitt.
Blätter hervorgehoben werden, wie ich solches in auffälligster
Weise im Jahre 1876 in allen Buchenbeständen des nördlichen
Harzes an südlichen und westlichen Berghängen beobachtete. Schon
Ende August waren die Buchenstangenhölzer nahezu entblättert,
also beinahe 2 Monate vor dem normalen Blattabfalle. Diese Er-
scheinung zeigte sich auch auf ziemlich frischen Böden, es muss
desshalb wohl die abnorm gesteigerte Verdunstung der Blätter in
dem trockenheissen Sommer gewesen sein, für welche ein Ersatz
durch Wasserzufuhr aus dem Boden nicht schnell genug stattfand.
Pflanzen, deren Blätter und Triebe sich in feuchter Luft ent-
wickelt haben, also etwa in künstlichen Feuchträumen, Gewächs-
häusern oder unter dem Schutze eines dichten Bestandes, besitzen die
Eigentümlichkeit, dass die Oberhaut der unter solchen Verhältnissen
entstandenen Pflanzentheile, insbesondere der Blätter wenig verkorkt
und somit auch wenig geeignet ist, die allzugrosse Verdunstung der
Pflanze zu verhindern, wenn diese durch Luftzug und Trockenheit
der Luft begünstigt wird. Solche Pflanzen welken oder verlieren
einen Theil ihrer Blätter vorzeitig.
Ungünstigen Einfluss auf die Gesundheit der Pflanze, insbeson-
dere der Blätter und Nadeln der Bäume, hat auch eine plötzlich
eintretende allzugrosse Lichtsteigerung. Die Chlorophyllkörner
schützen sich schon unter normalen Verhältnissen gegen die allzu
intensive Lichtwirkung, welche eine Zerstörung des Chlorophyllfarb-
stoffes herbeiführen würde, dadurch, dass sie in den Blattzellen bei
intensivem Lichteinfall eine solche Stellung einnehmen, dass nur
ihre schmale Seite von Lichtstrahlen getroffen wird. Werden
Pflanzen, die im Schatten erzogen wurden, plötzlich der directen
Sonnenwirkung ausgesetzt, so wrerden die insolirten Blattflächen
gelblich oder braun. Es ist dabei allerdings schwer, immer zu be-
stimmen, in wie weit an dieser Beschädigung auch die durch in-
tensive Sonnenwirkung beschleunigte Transspiration und ein damit in
Zusammenhang stehendes Vertrocknen der Zellen die Schuld trägt.
Andererseits kann bekanntlich Lichtmangel auch Krankheits-
erscheinungen hervorrufen. Eine Pflanze, welche im Lichte erzogen
wurde, besitzt einen gewissen Vorrath an noch nicht zum Zellbau
verbrauchten Bildungsstoffen, sei es, dass diese als Reservestoffe
in ihr abgelagert oder als plastische, active Baustoffe in den Blättern
und Axengebilden vertheilt sind. Vermöge dieser Bildungsstoffe
Erkrankungen durch atmosphärische Einflüsse. 269
kann eine Pflanze eine gewisse Zeit lang auch ohne Licht wachsen,
bis jene Stoffe verbraucht sind und Erschöpfung eingetreten ist.
Die im Dunkel erzeugten Triebe und Blätter sind aber nicht nor-
mal ausgebildet, sondern zeigen die Erscheinungen des Verspillerns,
Vergeilens, das sogenannte Etioliren. Triebe und Blätter bleiben
unentwickelt und gelblich, da das Nährmaterial ungenügend ist,
Chlorophyll nur unter Einwirkung des Lichtes entstehen kann.
Die Triebe verlängern sich abnorm, da der retardirende Einfluss des
Lichtes nicht zur Wirkung gekommen ist. Solche verspillerte Triebe
siud nicht im Stande, dann, wenn die Pflanzen wieder dem vollen
Lichte ausgesetzt sind, zu normalen Trieben sich umzubilden, da
sie beim Mangel einer ausgebildeten Haut vertrocknen oder auch
anderen Einwirkungen leicht erliegen.
Das Lagern des Getreides ist eine Folge der Beschattung
der unteren Internodien bei dichtem Stande und kräftiger Düngung.
Bei dichten Rillensaaten werden Fichten, Kiefern und andere
Pflanzen zwar durch Lichtmangel zu bedeutendem Längenwuchs
angeregt, jedoch auf Kosten der Entwicklung der Seitentriebe und
der Wüchsigkeit der Pflanzen.
§ 26. Mechanische Verletzungen.
Mit wenig Worten mag hier auch der mechanischen Ver-
letzungen gedacht werden, welche durch atmosphärische Nieder-
schläge oder intensive Luftbewegungen hervorgerufen werden, zumal
dieselben oft zu der Entstehung anderer Krankheiten Veranlassung
geben.
Starker Hagel schlag verletzt Blüthen und Blätter, beschädigt
aber auch die Rinden insbesondere der glattrindigen Bäume in
hohem Maasse. Es entstehen Quetschwunden, oder die Rinde wird
an den getroffenen Stellen ganz abgeschlagen. In der Regel über-
wallt zwar die Hagelwunde in kurzer Zeit, oft aber hat sie auch
den Tod des beschädigten Stammtheiles zur Folge. In jüngeren
Fichtenbeständen nahe bei München waren die vom Hagelschlag
betroffenen Gipfel abgestorben, da der Holzkörper vielfach auf
2 — 3 cm Länge einseitig entrindet und desshalb durch übermässige
Verdunstung vertrocknet war.
Sehr oft bilden die Hagelschlagstellen die Eingangspforten für
parasitäre Pilze, und insbesondere ist es die Nectria ditissima, die
270 IV- Abschnitt.
an solchen Wundstellen keimt und den Buchenkrebs erzeugt (Fig. 39
Seite 90). Auch die Peziza Willkonimii benutzt oft solche Stellen
zur Infection der Lärchen.
Ueber die Beschädigungen durch Schneedruck, die aus nahe-
liegenden Gründen fast nur in immergrünen Nadelwaldungen vor-
kommen und entweder als Gipfel- und Astbruch auftreten oder
wohl auch im Zusammenbrechen jüngerer Stangenhölzer bestehen,
ist wenig zu sagen. Beachtenswerth mag noch sein, dass durch
das Herabziehen der mit Schnee belasteten Zweige recht oft Ver-
wundungen im Zweiggelenke entstehen. Sind die Zweige mit ihren
herabgebogenen Spitzen in dem oberen Theile der den Boden be-
deckenden Schneeschicht eingefroren, dann werden sie wohl beim
allmäligen Schmelzen und Zusammensinken der Schneedecke ganz
aus dem Gelenke herausgerissen. Auch diese Wunden sind für
obengenannte Parasiten häufige Eingangspforten.
Sturmbeschädigungen, durch welche Bäume gebrochen oder
ganz mit dem Wurzelballen umgeworfen werden, sind Beschädi-
gungen, deren Besprechung weniger Aufgabe einer Krankheitslehre
als des Waldbaues, der Betriebseinrichtung u. s. w. sein kann.
§ 27. Feuer, Steinkohlenraucli und Blitzbeschädigungen.
Es mag hier darauf aufmerksam gemacht werden, dass die
nachtheiligen Folgen eines am Boden hinlaufenden Feuers für den
Bestand nicht allein von der Intensität und der Zeitdauer des-
selben, sondern auch von Baumart und Baumalter, das heisst
von der Beschaffenheit der schützenden Rinde und Borke ab-
hängt. Es ist bekannt, dass in älteren Kiefernbeständen die
unteren Borketheile ganz schwarz und verkohlt sein können, ohne
dass die Cambialschicht, welche durch die, die Wärme schlecht
leitende Borke geschützt ist, getödtet wird. Ist keine Bräunung in
den jüngeren Bastlagen zu beobachten, dann hat das Feuer selbst-
redend keinen Schaden gethan. Dagegen sind dünnrindige Bäume
in hohem Maasse empfindlich gegen Feuer und kann man sich
durch wenige Einschnitte in die Rinde überzeugen, ob diese ge-
tödtet ist. Man darf sich nicht durch das Ergrünen solcher im
unteren Theile der Rinde geschädigten Bäume täuschen lassen.
Selbst jüngere armesdicke Stangen, deren Rinde unten ringsherum
verbrannt, resp. vertrocknet ist, werden im Frühjahre wieder grün,
Erkrankungen durch atmosphärische Einflüsse. 271
trocknen aber später völlig ab, gerade so wie Buehenlobden nach
Mäuseschaden anfänglich ergrünen. Die jungen Bäume verlieren
im Laufe des Sommers unterhalb der getödteten Rinde ihren Gehalt
an Stärkemehl, das dem Innern durch das von oben nicht mehr
ernährte Cambium zur Jahrringbildung entzogen wird, und wenn
dann die Bäume im Laufe des Sommers absterben, hat der Stock
seine Ausschlagsfähigkeit aus Mangel an Reservestoffen eingebüsst.
Weit besser schlagen solche Bäume aus, die völlig verbrannt sind
oder die man sofort über der Erde abgehauen hat, nachdem die
Beschädigung eingetreten war. Die in dem unterirdischen Bauin-
theile vorräthigen Bildungsstoffe kommen dann den neuen Aus-
schlägen unvermindert zu Statten. Ein Abwarten und Verzögern
des Abhiebes kann daher nur von Schaden sein, falls der ge-
schädigte Ort noch so jung ist, dass von einer Verjüngung aus dem
Stock überhaupt Erfolg zu erwarten ist.
Schweflige Säure im Steinkohlen- und Hüttenrauch3).
In der Nähe grösserer Hüttenwerke oder solcher industrieller
Anlagen, in denen grosse Mengen Steinkohlen verbrannt werden,
hat sich von jeher ein nachtheiliger Einfluss des Rauches auf die
Vegetation zu erkennen gegeben und zwar in dem Maasse, dass in
industriereichen Städten, wie z. B. in Essen, kaum eine Vegetation
sich zu erhalten vermag, dass oft in Va Stunden Entfernung von
Hüttenwerken unter der herrschenden Windrichtung die Folgen in
verderblichstem Maasse zu erkennen sind. Die früher bestehende
Annahme, es seien die metallischen Gifte im Hüttenrauche (Arsen,
Zink, Blei) oder es sei der schwarze Russ, der sich aus dem Stein-
kohlenrauch auf die Blätter ablagere, der den schädlichen Einfluss
ausübe, hat sich als irrig erwiesen; die Untersuchungen Stöck-
hardt's4) und Schröder's5) haben gezeigt, dass lediglich dem Ge-
halt des Rauches an schwefliger Säure nachtheiliger Einfluss
zuzuschreiben sei. Es ist experimentell festgestellt, dass die
schweflige Säure von der Blattoberfläche aufgenommen wird, dass
dadurch die Gewebe theilweise getödtet und gebräunt werden. In
3) Hasenclever, Ueber die Beschädigung der Vegetation durch saure Gase
Berlin 1879.
*) Stöckhardt, Tharander forstl. Jahrbuch 1871 p. 218.
5) Schröder, Landwirthschaftl. Versuchsstation 1872, 1873.
272 IY- Abschnitt.
der Nähe der stärkeren Blattrippen erhält sich das Gewebe noch
am längsten widerstandsfähig. Wenn auch die Nadeln weniger
schweflige Säure aufnehmen, als Laubblätter, so leiden sie doch
im Allgemeinen mehr, weil sie längere Zeit den nachtheiligen Ein-
flüssen exponirt sind, während die Laubblätter alljährlich neu er-
zeugt werden. Untersucht man in der Nähe von Hüttenwerken
die am meisten exponirten, noch lebenden Fichten, so sieht man,
dass sie nur an den letztjährigen Trieben noch grüne Nadeln haben,
je weiter man sich von dem Heerde des Uebels entfernt, um so
mehr Jahrgänge Nadeln zählt man an den Fichtenzweigen; die
Lebensdauer derselben hängt mithin in hohem Grade von der In-
tensität der Rauchwirkung ab. Unter den Laubhölzern ist die
Rothbuche am empfindlichsten, dann folgen Eiche und Ahorn,
während Ulme, Esche und Vogelbeere, sowie unter den Nadelhölzern
die Schwarzkiefern zu den unempfindlichsten gehören. In solchen
Städten, in denen viel Steinkohlen zur Heizung im Winter ver-
braucht werden, leiden nur die Nadelhölzer. Im Sommer ist die
Luft fast rein von schwefliger Säure und erst mit eintretender
Kälte, zur Zeit, wo das Laub abgefallen ist, äussert sich der schäd-
liche Einfluss, der naturgemäss nur die Nadelholzbäume betreffen
kann. Lagert lange Zeit Schnee auf denselben, so sammelt sich
in demselben eine grosse Menge von schwefliger Säure und Schwe-
felsäure, die den Pflanzen schädlich wird.
Da die schweflige Säure leicht zu Schwefelsäurehydrat oxydirt,
so ist damit nicht nur erklärt, wie aus der Luft selbst immer wieder
dieses Pflanzengift entfernt wird, es ist auch der Weg angezeigt,
auf dem wir in den Hüttenwerken resp. anderen industriellen
Etablissements die schweflige Säure aus dem Rauche entfernen
können. Es ist dies in der Praxis theilweise schon zur Ausführung
gelangt, indem man die Schwefelgase durch mit Wasser benetzten
Kalk leitete, wobei 90 °/0 unschädlich gemacht sind, oder diese Gase
durch lange Canäle führte, auf deren Sohle sich, der Richtung des
Dampfes entgegen, fliessendes Wasser bewegte. Es findet dabei
die Umwandlung in Schwefelsäurehydrat statt.
Neuerdings sind auch Beobachtungen gemacht, demnach Chloi-
gas und Natrondämpfe, wo solche in Fabriken erzeugt werden, für
die Vegetation schädlich werden.
Erkrankungen durch atmosphärische Eintlüsse. 273
Einwirkungen des Blitzes.
Unaufgeklärt sind zur Zeit noch die Einwirkungen des Blitzes
auf die Gesundheit der Bäume.
Die Folgen des Blitzschlags beschränken sich entweder auf
einen einzigen Baum, oder es werden grössere Baumgruppen
dadurch in Mitleidenschaft gezogen. Was die ersteren Fälle be-
trifft, so hat sich herausgestellt, dass alle unsere Baumarten vom
Blitz heimgesucht werden können, dass aber einzelne Holzarten
bevorzugt werden. Am häufigsten scheinen Eichen und Pyramiden-
pappeln, sehr oft auch Kiefern, selten dagegen Rothbuchen be-
troffen zu werden. Die Beschädigungsart ist auch bei derselben
Holzart eine sehr verschiedenartige. In der Regel beschränkt sie
sich darauf, einen 2 — 3 cm breiten Rindenstreifen bis zum Holz-
körper abzulösen. Diese Blitzrinne setzt innerhalb der Baumkrone
schon an, überspringt oft längere Stammtheile, erscheint auf einer
anderen Seite des Stammes, springt wohl wieder auf die andere Seite
über, bei Stämmen mit geradem Faserverlauf gerade verlaufend,
bei solchen mit spiraliger Faserung dieser folgend. Unten am Stamme
hört die Blitzrinne zwischen zwei Wurzeln nahe der Bodenober-
fläche auf oder läuft an der Unterseite einer starken Seitenwurzel
noch eine Strecke fort, um dann plötzlich zu verschwinden. Die
Gesundheit des Baumes wird dadurch in keiner Weise geschädigt.
Der schmale Holzstreifen, der entweder gar nicht verletzt ist,
oder in der Mitte einen schmalen Spalt zeigt, bräunt sich
äusserlich nur wenig und überwallt nach einer Reihe von Jahren
vollständig.
In anderen Fällen zeigen die vom Blitz betroffenen Bäume
(Kiefern) äusserlich dieselbe Beschädigung. Der ganze Rinden-
körper ist aber schon wenige Tage nach dem Blitzschlage abge-
storben und gebräunt, mit Ausschluss des Wurzelstockes, der
Wurzeln und der oberen Baumkrone. Solche Stämme vertrocknen
entweder nach Monaten oder binnen Jahr und Tag, können aber
noch 4 — 5 Jahre sich lebend erhalten, worauf sie dann erst ver-
trocknen. Zuweilen entrindet der Blitzschlag den Baum in dem
Maasse, dass der Schaft fast nackt dasteht, oder er zerspaltet den
Stamm der Länge nach in mehrere Theile, zerfasert ihn wohl voll-
ständig und schleudert grosse Splitter auf 100 Schritte Entfernung
H artig, Baumkrankheiten, 2. Aufl. 18
274 IV- Abschnitt.
fort. Es sieht in einzelnen Fällen nur noch ein kurzer Stumpf aus
dem Boden hervor.
Entzündung findet nur dann statt, wenn der Baum ganz
trocken war oder trockene Aeste oder doch trockenfaules Holz
besass. Lebendes frisches Holz wird durch den Blitz nicht
entzündet.
Völlig räthselhaft erscheint zur Zeit noch das Absterben
grösserer Waldparthien nach erfolgter Blitzbeschädigung, wie
ich ein solches mehrfach in jüngeren und älteren Kiefernbeständen
beobachtet habe6). Es ist dabei auffällig, dass das Absterben nicht
gleichmässig, sondern von einem Punkte beginnend in radialer
Richtung fortschreitet und oft erst nach 5 Jahren und später auf-
hört. Die Untersuchung der Bäume ergab, dass nur ein oder
wenige Stämme Blitzspuren erkennen Hessen, dass aber die Rinde
dieser Bäume sowie einer grossen Zahl von Kiefern in der Nach-
barschaft derselben zwischen Baumkrone und Wurzelstock getödtet
war. In einem älteren Kiefernbestande hing die todte Rinde an
den Schäften herab, während die Baumkronen völlig grün benadelt
waren. In einem jüngeren ca. 30jährigen Bestände fand ich am
Rande der seit 5 Jahren immer grösser gewordenen Blosse noch
o Stämme mit Blitzspuren. Der eine davon war im letzten Jahre
vertrocknet, der zweite hatte noch eine grüne Krone, zeigte aber
den Binden- und Bastkörper von xj2 — 2xj2 m Höhe abgestorben; der
dritte Stamm war in allen Theilen völlig gesund, trotzdem ein
breiter Rindenstreif vom Blitz abgetrennt war. Ich gestehe, dass
ich diesen Beobachtungen gegenüber darauf Verzicht leiste, eine
Erklärung über die Wirkungsweise des Blitzes zu geben. Das
zuweilen erst nach 5 Jahren eintretende Absterben der von der
Blitzwirkung betroffenen Stämme erklärt sich ebenso, wie das zu-
weilen erst nach Jahrzehnten erfolgende Absterben entrindeter
Kiefern. Im Holzkörper wandern Wasser und Nährstoffe aufwärts
und die Bildungsproducte werden in der gesund gebliebenen Krone
zu Neubildungen verwendet. Das Absterben erfolgt erst, wenn der
nackte Holzstamm allmälig von aussen nach innen soweit ausge-
trocknet ist, dass kein genügendes Wasserquantum nach oben ge-
6) R. Hartig, Zeitschrift für das Forst- und Jagdwesen, 1876, p. 330ff.
Erkrankungen durch atmosphärische Einflüsse. 275
langen kann. Dass ein Stamm mit Blitzrinne völlig gesund bleibt
während der Nachbarstamm ohne solche abstirbt, Hesse sich allen-
falls so erklären, dass im ersteren Falle der elektrische Strom sich
auf eine enge Bahn zusammengezogen, im letzteren Falle über
die ganze Oberfläche resp. Rindenschicht des Stammes ausge-
breitet hatte.
18*
§ 28. Verzeichniss
der in dem Lehrbuche beschriebenen Krankheiten,
nach der Pflanzenart geordnet.
Ahorn :
Die Sämlinge zeigen schwarze Stellen auf den Blättern und
Stengeltheilen oder verfaulen: Cercospora acerina, Phytophthora om-
nivora 121, 57.
Die Blätter bekommen weisse Flecke: Erysiphe bicornis. Tu-
lasnei 69.
Die Blätter bekommen schwarze Flecke: Rhytisma acerina 98.
Die Zweige vertrocknen und zeigen im Holzkörper schwarz-
grüne Flecke auf dem Querschnitte: Nectria cinnabarina 94.
Die Zweige oder Stämme sterben ab und zeigen zinnoberfär-
bige Polster auf der Rinde: Nectr. cinnabarina 94.
Die jungen Pflanzen zeigen Einschnürung des Stammes über
der Wurzel 124.
Die Zweige zeigen Krebsstellen: Frostkrebs 264.
Die Zweige mit Mistelbüschen: Yiscum 25.
Akazie :
Das Holz ist rothfaul. Aus der Rinde brechen schwefelgelbe
Fruchtträger hervor: Polyporus sulphureus 172.
Alpenrose :
Die Blätter mit grossen Gallen. Alpenrosen äp fei : Exobasidium
Vaccinii. 159.
Die Blätter zeigen braune Flecken: Chrysomyxa Rhododendri 151.
Apfel :
Die Blätter zeigen gelbe Anschwellungen mitAecidien: Gymno-
sporangium tremelloides 132.
Die Zweige zeigen Krebsstellen: Nectria ditissima 89.
Am Stamme kommen hufförmige braune Fruchtträger hervor:
Polyporus igniarius 173. Frostkrebs 264.
Die Zweige mit Mistelbüschen: Viscum 25.
Verzeichniss der beschriebenen Krankheiten. 277
Berberitze :
Die Blätter zeigen goldgelbe Flecke: Puccinia graminis 129.
Birke:
Die Blätter zeigen gelbe kleine Pilzpolster: Melampsora be-
tulina 145.
Die Blätter zeigen blasige Ausstülpungen: Exoascus carnea,
Betulae 119.
Die Zweige bilden Hexenbesen: Exoascus turgidus 119.
Am Stamm kommen grosse hufförmige Fruchtträger hervor:
Polyporus betulinus 178.
Am Stamm bilden sich braune, krustenförmige Fruchtträger:
Polyp, laevigatus 178.
Birne :
Die Blätter zeigen gelbe Anschwellungen mit Aecidien: Gymno-
sporangium Sabinae 132.
Die Blätter zeigen blasige Anschwellungen: Exoascus bullatus
119.
Am Stamm kommen hufförmige Fruchtträger hervor: Polyporus
igniarius 173.
Die Zweige zeigen Mistelbüsche: Viscum 25.
Blaubeere :
Die jungen Triebe sterben ab. Die Beeren mumificiren sich:
Sclerotinia baccarum 116.
Die Blätter zeigen kleine braune Flecke: Melampsora Vaccinii
145.
Buche :
Die Keimlinge bekommen dunkle Stellen auf den Blättern
und Stengeln, verfaulen oder vertrocknen: Phytophthora omnivora 57.
Die jungen Pflanzen in den Pflanzschulen werden von brau-
nem Pilz überwuchert: Thelephora laciniata 35.
Die Blätter bekommen weisse Flecke: Erysiphe guttata 69.
Die Blätter bekommen braune Flecke: Sphaerella Fagi 86.
Die Rinde zeigt Krebsstellen : Nectria ditissima 89. Frostkrebs 264.
Die Rinde zeigt weissen, wolligen Ueberzug: Chermes Fagi 94.
Die Rinde zeigt pockenartige Narben: Chermes Fagi 94.
Die Rinde zeigt an den Zweigen lange, aufspringende Wunden:
Lachnus exsiccator 94.
Die Rinde des Stammes vertrocknet auf der Südseite: Rinden-
brand. Sonnenriss 265.
Der Stamm zeigt grosse hufförmige Fruchtträger: Polyp, fomen-
tarius 178.
Das Holz zeigt spangrüne Farbe: Peziza aeruginosa 195.
278 Verzeichniss der beschriebenen Krankheiten.
Douglastanne :
Die jungen Triebe sterben ab imd werden braun: Botrytis
Douglasii 116.
Die Zweige mit Mistel und zu Hexenbesen gestaltet: Arceu-
thobium Douglasii 30.
Eberesche :
Die Blätter zeigen grosse goldgelbe Flecke mit Aecidien: Gymno-
sporangium conicum 131.
Die Blätter zeigen kleine gelbe Pilzpolster : Melampsora Sorbi 145.
Die Rinde mit abgestorbenen Stellen und kleinen Pilzfrücbten :
Cucurbitaria Sorbi 86.
Die Zweige zeigen Mistel: Viscum 25.
Eiche :
Keimlinge und 2jährige Pflanzen werden trocken und zeigen an
den Wurzeln Pilzstränge und schwarze Knollen: Rosellinia quercina 76.
Die Blätter zeigen blasige Stellen: Exoascus coerulescens 121.
Die Blätter bekommen runde braune Flecke: Sphaerella 86.
Die Rinde zeigt Krebskrankheit: Nectria ditissima 89. Frost-
krebs 264.
Der Stamm zeigt trockene Rothfäule: Polypor. sulphureus 172.
Fistulina hepatica und Daedalea quercina 178.
Der Stamm zeigt Weissfäule: Polyp, igniarius 173. Hydnum
diversidens 174.
Der Stamm zeigt Rothfäule mit weissen Streifen: Stereum hir-
sutum 177.
Der Stamm zeigt Rothfäule mit weissen Flecken und Höhlen:
Thelephora Perdix 175.
Der Stamm zeigt Roth-, Weiss- und Gelbfäule in länglichen
Stellen durcheinander: Polyporus dryadeus 174.
Die Zweige mit sommergrüner Mistel und knolligen Auswüchsen:
Loranthus europaeus 31.
Eisbeere :
Die Blätter zeigen gelbe Flecke mit Aecidien: Gymnospor.
conicum 131.
Erle:
Die Blätter der Schwarz- und Weisserle zeigen gelbe blasige
Stellen: Exoascus flavus 119.
Die Blätter der Schwarz- und Weisserle zeigen grauweisse wollige
Kräuselung: Ex. epipnyllus 119.
Die Blätter der Schwarzerle zeigen blasige Erweiterungen: Ex.
alnitorquus 119.
Die Blüthe zäpfchen zeigen taschenähnliche Auswachsungen :
Ex. alnitorquus 119.
Verzeichniss der beschriebenen Krankheiten. 279
Die Zweige der "Weisserle werden zu Hexenbesen: Ex. bo-
realis 119.
Die Zweige zeigen Krebsbildungen: Nectria ditissima 89.
Der Stamm zeigt Rothfäule: Polyp, sulphureus 172.
Die Wurzeln mit fleischigen Auswüchsen: Schinzia Alni 38.
Esche :
Die Rinde platzt in Krebsstellen auf: Nectria ditissima 89.
Faulbaum :
Blätter und Triebe mit goldgelben Anschwellungen: Puccinia
coronata 130.
Fichte :
Die Keimlinge fallen bald nach der Keimung um: Phytoph-
thora omnivora 57.
Ein- und mehrjährige Pflanzen in Saat- und Pflanzbeeten
werden gelb und sterben. Ueber dem Boden eine Einschnürung:
Pestalozzia Hartigii 122.
Junge Pflanzen oder Zweige alter Bäume mit den Nadeln
werden durch ein schwarzbraunes Mycel überwachsen: Herpotrichia
nigra 74.
Junge Pflanzen werden durch die Fruchtträger eines Pilzes um-
hüllt: Thelephora laciniata 35.
Die Nadeln der Fichte zeigen goldgelbe Blasen: Chrysomyxa
Rhododendri und Lecli 151.
Die Nadeln werden gelb und zeigen auf der Unterseite goldgelbe
Längswulste: Chrysomyxa Abietis 149.
Die Nadeln eines jungen Triebes verbreiten sich sämmtlich und
platzen auf vier Seiten auf: Aecidium coruscans 157.
Die Nadeln werden roth, später gelbbraun und erhalten schwarze
Längs wulste oder fallen frühzeitig ab: Hysterium macrosporum 101.
Die Zapfen schuppen zeigen auf der Oberseite zahlreiche braune
Kugeln: Aecidium strobilinum 156.
Die Zapfenschuppen zeigen auf der Unterseite zwei grosse
Aecidien: Aecidium conorum Piceae 156.
Die Rinde zeigt todte Stellen mit rothen Kugelhäufchen: Nectria
Cucurbitula 87.
Die Rinde zeigt unten am Stamm Harzfluss: Trametes radici-
perda 159.
Die Rinde zeigt auf der Innenseite weisse fächerförmige Pilz-
ausbreitungen: Agaricus melleus 179.
Die Wurzel ist abgestorben und zeigt kleine gelbweisse Pilz-
polster oder grosse weisse Fruchtträger: Trametes radiciperda 159.
Die Wurzel zeigt Rothfäule und weisse Pilzstränge: Polyporus
vaporarius 170.
280 Verzeichniss der beschriebenen Krankheiten.
Die Wurzel ist abgestorben und zeigt schwarze Mycelstränge,
welche zwischen Rinde und Holz weisse Ausbreitungen zeigen: Aga-
ricus melleus 179.
An Aststellen kommen braune Pilzfruchtträger hervor: Trametes
Pini 164. Polyp, fulvus 167.
An Wunds teilen kommen grosse weisse Fruchtträger hervor:
Polyp, borealis 168.
Das Holz ist weissfaul: Polyporus fulvus 167.
Das Holz ist weissfaul mit ganz weissen Flecken, in deren Mitte
meist eine schwarze Stelle sich findet: Trametes radiciperda 159.
Das Holz ist weissfaul, und hat zahlreiche Höhlungen: Trametes
Pini 164.
Das Holz ist weissfaul und zerfällt in sehr kleine "Würfel: Polyp,
borealis 168.
Das Holz ist rothfaul: Polyp, vaporarius 170.
Das Holz zeigt schwarzbraune Flecke oder Höhlungen: Wund-
fäule 207, 216.
Das Holz ist grünfaul: Peziza aeruginosa 195.
Gentiane :
(Gentiana asclepiadea) mit gelben Pilzpolstern : Cronartium ascle-
piadeum 149.
Getreide und Gräser:
Halme und Blätter zeigen gelbe, später braune Pilzpolster:
Puccinia 129.
Getreide und Gräser zeigen an den Blüthetheilen eine süssliche
Flüssigkeit oder schwarze Pilzknollen: Claviceps 96.
Getreide und Gräser zeigen an den Blüthetheilen schwarz-
braunes Sporenpulver: Staubbrand 65.
Gleditschie :
Zweige mit Mistel: Viscum 25.
Goldregen :
Die Rinde und die Zweige sterben ab: Cucurbitaria Laburni 85.
Hasel imss:
Die Blätter zeigen kleine braune Flecke: Sphaerella 86.
Die Blätter zeigen weisse mehlartig bestäubte Flecke : Erysiphe
guttata 69.
Die Zweige zeigen Krebsstellen: Nectria ditissima 89.
Hainbuche :
Blätter mit goldgelben kleinen Pilzpolstern: Melampsora Car-
pini 145.
Verzeickniss der beschriebenen Krankheiten. 281
Zweige mit Hexenbesen: Exoascus Carpini 121.
Zweige und Stamm mit Krebsstellen: Nectria ditissima 89.
Frostkrebs 264.
Hemlockstanne :
Nadeln und Zweige von weissem Mycel übersponnen. Nadeln
sterben ab: Trichosphaeria 71.
Hyacinthe :
Die Zwiebeln zeigen schleimige, übel riechende Erweichung:
Bacterium 37.
Johannisbeere :
Die Blätter zeigen gelbe Pilzanschwellungen: Melampsora Har-
tigii 143.
Kartoffeln :
Blätter und Triebe werden schwarzfleckig: Phytophthora in-
festaDS 63.
Die Knollen sind erkrankt: Phyt. infestans 63 und Bacterium 38.
Kastanien :
Die Zweige zeigen knollige Verdickungen und Mistelbüsche:
Loranthus 31.
Klee und Luzerne:
"Wurzeln mit violetten Rhizoctonien: Rhizoctonia 80.
Nahe dem Wurzelhalse weisse Pilzrasen und schwarze Dauer-
mycelien: Peziza ciborioicles 116.
Kohlgewächse :
Wurzeln mit fleischigen Auswüchsen: Plasmodiophora brassicae 38.
Kiefer (gemeine):
1. Die Keimlinge fallen um und sterben ab: Phytophthora ornni-
vora 57.
2. Ein- und mehrjährige Pflanzen werden fleckig xmd zeigen
später kleine schwarze Pilzhöcker: Hysterium Pinastri 103.
3. Ein- und mehrjährige Pflanzen werden gleichmässig oder
von der Spitze aus gelb und braun: Trokenschütte 103.
4. Junge Pflanzen werden von braunen Fruchtträgern von unten
auf überwuchert: Thelephora laciniata 35.
5. Die Nadeln Averden plötzlich im Sommer braun: Frost-
schütte 103.
6. Die Nadeln zeigen goldgelbe blasige Pilzfrüchte: Coleosporium
Senec. 145.
7. Junge Triebe zeigen Ende Mai goldgelbe Stellen in der Rinde,
die aufplatzen. Die Triebe sterben dann entweder ab oder zeigen
Krümmungen: Melampsora Tremulae 140.
282 Verzeichniss der beschriebenen Krankheiten.
8. Die Rinde entwickelt goldgelbe mit Sporen erfüllte Blasen:
Coleosporium Senecionis 145.
9. Die Rinde stirbt immer mehr ab und zeigt Harzfluss: Coleosp.
Sen. 145.
10. Die Rinde stirbt ab und zeigt auf der Innenseite grosse
weisse Pilzbildungen: Agaricus melleus 179.
11. Aststellen zeigen braune, consolenförmige Fruchtträger: Tra-
metes Pini 164.
12. Wund stellen zeigen grosse rothbraune Polster: Polyporus
mollis 171.
13. Ueber der Erde brechen aus der Rinde hutförmige Frucht-
träger hervor: Agaricus melleus 179.
14. Ueber der Erde treten aus der Rinde Aveisse knollige Pilz-
fruchtträger hervor: Trametes radiciperda 159.
15. Ueber der Erde treten am Holze und in Rindetheilen
weisse, poröse Pilzkrusten hervor: Polyporus vaporarius 170.
16. Die Wurzeln sind getödtet und zeigen gelbweisse Pilzpolster:
Tram, radicip. 159.
17. Die Wurzeln sind getödtet, zeigen Harzausfluss, weisse Pilz-
häute zwischen Holz und Rinde, sowie schwarze Mycelstränge: Aga-
ricus melleus 179.
18. Die Wurzeln sind getödtet und zeigen weisse, flockige Mycel-
stränge: Polyp, vaporarius 170.
19. Die Gipfel oder Aeste sterben oberhalb eiuer schwarzen
mit Harzfluss versehenen Stelle ab: Coleosp. Senecionis 145.
20. Das Holz zeigt Weissfäule mit zahlreichen kleinen runden
oder länglichen Löchern: Trametes Pini 164.
21. Das Holz zeigt Rothfäule ohne intensiven Geruch mit flockigen
Mycelbildungen und Strängen: Polyp vaporarius 170.
22. Das Holz zeigt Rothfäule mit intensivem Terpentin-Geruch
und dünnen weissen Mycelkrusten in den Spalten: Pol. mollis 171.
23. Das Holz zeigt Löcher, die Zweige Mistelbüsche: Viscum 25.
24. Das Holz zeigt schwarzblaue Färbung im Splinte: Cera-
tostoma piliferum 196.
25. Die Wurzeln zeigen Wucherungen mit Pilzmycel: Elapho-
myces 70.
Kiefer (Berg-):
Zeigt die sub 1. 6. 8. 10. 13. 16. 17 aufgezählten Krankheiten.
Die Zweige mit allen Nadeln werden in ein schwarzbraunes
Mycel eingesponnen und getödtet: Herpotrichia nigra 74.
Kiefer (Weymouths-) :
Zeigt die sub 1. 4. 8. 9. 10. 13. 14. 16. 17. 19 aufgeführten Krankheiten
der gem. Kiefer.
Die Nadeln sterben ab und zeigen schwarze Pilzpolster: Hy-
sterium brachysporum 109.
Verzeichniss der beschriebenen Krankheiten. 283
Der Stamm zeigt Fruchtträger an Aststellen: Polyp. Schwei-
nitzii 178.
Die Rinde vertrocknet am ganzen Stamm unterhalb der Krone.
Rindentrockniss 266.
Kiefer (Zirbel-):
An den Wurzeln zahlreiche Mycorhizen 70.
Kirschen :
Die Blätter sind gekräuselt und häufig carminroth verfärbt:
Exoascus Wiesneri 118.
Die Blätter werden vorzeitig gelb, sterben ab und bleiben im
Winter am Baume hängen: Gnomonia 86.
Die Zweige bilden sich zu Hexenbesen um: Exoascus Wiesneri 118.
Aus der Rinde brechen braune Pilzfruchtträger hervor: Polyp.
igniarius 173.
Kreuzdorn :
Blätter und Triebe mit goldgelben Anschwellungen: Puccinia
coronata 130.
Kreuzkraut:
Blätter und Stengel mit rothgelben Pilzpolstern: Coleosporium
Senecionis 145.
Lärche :
Die Keimlinge fallen um und sterben ab: Phytophthora oinni-
vora 57.
Die Nadeln zeigen gelbe Pilzpolster: Melampsora Tremulae 173.
Die Nadeln bräunen sich und bekommen schwarze Pilzpolster:
Hysteriurn laricinum 109.
Die Rinde zeigt Krebsstellen: Peziza Willkommii 109.
Die Rinde zeigt auf der Innenseite weisse Pilzhäute: Agaricus
melleus 179.
Aus der Rinde brechen braune, krustenförmige Fruchtträger her-
vor: Trametes Pini 164.
Aus der Rinde brechen schwefelgelbe grosse Fruchtkörper hervor:
Polyp, sulphureus 172.
Aus der Rinde brechen hutförmige Früchte hervor: Agaricus
melleus 179.
Die Wurzeln sind abgestorben und zeigen Rhizomorphen: Agari-
cus melleus 179.
Das Holz ist zersetzt und weissfleckig: Trametes Pini 164.
Das Holz ist rothfaul und zeigt üppige weisse Pilzmycelwucherun-
gen: Polyp, sulphureus 172.
Linde :
Die Zweige und Aeste sterben und bekommen zinnoberrothe
Pilzpolster: Nectria cinnabarina 94.
Die Rinde zeigt Krebsstellen: Nectria ditissima 89.
234 Verzeichniss der beschriebenen Krankheiten.
Mehlbeere :
Die Blätter zeigen Polster mit Aecidien: Gymnosporangium tre-
melloides 132.
Mais:
Stengel, Blätter und Blüthen zeigen mit schwarzen Sporen
erfüllte Beulen: Ustilago Maydis 67.
Nussbauni :
Zweige mit Mistelbüschen: Viscum 25.
Der Stamm mit schwefelgelben Fruchtträgern. Das Holz roth-
faul: Polyp, sulphureus 172.
Pappeln :
Die Blätter mit kleinen gelben, später schwarzbraunen Flecken:
Melampsora 138.
Die Blätter mit blasigen gelben Anschwellungen: Exoascus
aureus 121.
Die Blüthen zeigen goldgelbe, stark vergrösserte Fruchtknoten:
Exoasc. aureus 121.
Die Zweige mit Mistelbüschen: Viscum 25.
Platane :
Die Blätter und jungen Triebe sterben ab oder werden an den
Nerven braun: Gloeosporium nervisequium 126.
Pflaumen :
Die Blüthen zeigen gelbrothe fleischige Flecke: Polystigma
rubrum 95.
Die Früchte werden zu Taschen: Exoascus Pruni 117.
Die Zweige werden zu Hexenbesen: Exoascus insititiae, de-
formans 118.
Die Zweige zeigen schwarze, knollige Anschwellungen: Plowrightia
morbosa 97.
Preisseibeere :
Die Stengel werden sehr lang und erhalten die Dicke einer
Federspule: Melampsora Goeppertiana 134.
Blätter, Blüthen und Stengel schwellen an und sind von
weissen Sporen bestäubt: Exobasidium Vaccinii 158.
Blätter, junge Triebe und Früchte werden braun: Sclero-
tinia Yaccinii 116.
Rosskastanie:
Die Zweige und Aeste sterben ab. Die Rinde mit zinnober-
farbigem Polster: Nectria cinnabarina 94.
Rüster:
Die Blätter mit blasigen Flecken: Exoascus ülmi 121.
Verzeichniss der beschriebenen Krankheiten. 285
Schwalbenwurz :
Die Blätter mit kleinen gelben Pilzpolstern: Cronartium ascle-
piadeum 149.
Schlehdorn :
Die Blätter mit gelbrotheu , fleischigen Flecken: Polystigma
rubrum 96.
Die Früchte bilden Taschen: Exoascus Pruni 117.
Suinpfporst:
Die Blätter sind braunfleckig und zeigen kleine gelbe Pilzpolster:
Chrysomyxa Ledi 152.
Tanne :
Die Keimlinge fallen um und sterben: Phytophthora omni-
vora 57.
Die jungen Pflanzen in Saat- und Pflanzbeeten werden
gelb oder sterben. Ueber der Erde zeigen sie eine Einschnürung:
Pestalozzia Hartigii 122.
Die jungen Pflanzen werden von braunen Pilzmassen über-
wuchert: Thelephora laciniata 35.
Die Nadeln entwickeln unterseits zahlreiche, säulenförmige Aeci-
dien : Melampsora Goeppertiana 134.
Die Nadeln entwickeln unterseits lange, aufplatzende, gelbe
Rostlager: Caeoma Abietis pectinatae 157.
Die Nadeln sind deformirt, hellgelb mit Aecidienlager. Die
Zweige sind Hexenbesen: Aecidium elatinum 153.
Die Nadeln sind gelbbraun, zeigen auf der Mittelrippe unter-
seits einen schwarzen Längswulst: Hysterium nervisequium 100.
Die Nadeln sind gelb, hängen am Zweige durch farblose Pilz-
fäden festgesponnen: Trichosphaeria parasitica 71.
Die Zweige oder Stämme bauchig verdickt: Aecidium elatinum 153.
Die Zweige mit Mistelbüschen, der Stamm krebsig durchlöchert:
Viscum 25.
Die Rinde der Zweige ringsherum abgestorben, mit schwarzen
Knöllchen besetzt: Phoma abietina 124.
Der Stamm mit buckligen oder hufförmigen Fruchtträgern, die
sehr feine Poren haben: Polyporus fulvus 167.
Der Stamm mit grossporigen Fruchtträgern: Trametes Pini 164.
Der Stamm mit hutförmigen Fruchtträgern, die von Rhizomorphen
entspringen: Agaricus melleus 179.
Die Wurzel mit weissen Fruchtträgern: Tram, radiciperda 159.
Die Wurzel mit Rhizomorphen: Agaricus melleus 179.
Xordmannstanne und Griechische Tanne:
Zweige mit Hexenbesen: Aecidium elatinum 153.
286 Verzeichniss der beschriebenen Krankheiten.
Traubenkirsche :
Die Früchte bilden Taschen: Exoascus Pruni 117.
Die Rinde zeigt Krebsstellen: Nectria ditissima 89.
Vogelbeere, siehe Eberesche:
Wachholder, gemeiner:
Nadeln und Zweige mit schwarzbraunem Mycel überwuchert:
Herpotrichia nigra 74.
Zweige mit Anschwellungen, aus denen im Frühjahr gelbe oder
bräunliche Sporenmassen hervortreten: G-yrnnosporangium conicum, tre-
melloides, clavariaeform. 130.
Wurzeln mit weissen Fruchtträgern: Trametes radiciperda 159.
Wachholder, spanischer:
Zweige mit Anschwellungen, aus denen im Frühjahr gelbe Spo-
renmassen hervorkommen: Gymnosp. Sabinae 132.
Wachholder, Oxycedrus:
Zweige mit Mistelbüschen: Arceuthobium Oxycedri 30.
Weide:
Die Blätter mit kleinen gelben, im Herbst braunen Polstern:
Melampsora 143.
Die Blätter mit grossen schwarzen verdickten Stellen: Rhytisma
salicinum 99.
Die Blätter mit weissen, mehlartig bestäubten Stellen: Erysiphe
adunca 69.
Der Stamm mit schwefelgelben Fruchtträgern, das Holz rothfaul:
Pol. sulphureus 172.
Wein:
Blätter, Stengel u. Trauben mit Mehlthau: Oidium Tuckeri 69.
Blätter oben gelbfleckig, unten Schimmelflecke: Peronospora viti-
cola 64.
Wurzeln sind getödtet durch Rhizoctonien und Rhizomorphen :
Dematophora necatrix 81.
Weissdorn:
Die Blätter zeigen goldgelbe Anschwellungen, auf denen sich
Aecidien entwickeln: Gymnosporangiuni clavariaeform. 132.
Die Zweige mit Hexenbesen: Exoascus bullatus 119.
Register.
Abfallwasser 251.
Ablactirung 237.
Abschneiden von Pflanzen 235.
Acclimatisation 259.
Ackerland 247.
Adventivknospen 212.
Adventiv wurzeln 212.
Aecidiensporen 127.
Aecidium abietinum 151.
Asperifolii 130.
Berberidis 129.
columnare 134.
conorum Piceae 157.
coruscans 157.
elatinum 153.
Rhamni 130.
strobilinum 156.
Aestung 221.
Agaricus melleus 179.
Ahornfleckenkrankheit 98. 69.
Ahornkeimlingspilz 121.
Alpenrosenäpfel 158.
Alpenrosenrost 151.
Altersschwäche 7.
Angriffsweise der Pilze 48.
Antheridium 62.
Arceuthobium Douglasii 30.
Oxycedri 30.
Ascomyces Tosquinetii 119.
Ascomycetes 68.
Aststutz 222.
Astüberwallung 224.
Aufthauen der Pflanzen 262.
Aussetzen der Jahrringbildung 224.
Autöcische Pilze 128.
Bacterien 36.
Bacterium hyacinthi 37.
Basidiomycetes 127.
Baumschlag 218.
Behandlung der Wunden 208.
Bekleidung - - 200.
Berberitzenpilz 129.
Beschneiden der Heister 231
der Wurzeln 235.
Birkenrost 145.
Birkenstockausschlag 234.
Blauwerden des Holzes 196.
Blitz 273.
Bodendurchlüftung 246.
Bodennässe 245.
Botrytis cinerea 116.
Douglasii 116.
Brandpilze 65.
Brutzellen 43.
Buchenkeimlingskrankheit 57.
Buchenkrebs 89.
Caeoraa Abietis pectinatae 157.
Evonymi 145.
Laricis 143.
Mercurialis 139.
pinitorquura 140.
Ribesii 144.
Callus 243.
Calyptospora 134.
Carposporen 43.
Ceratostoma piliferum 196.
Cercospora acerina 121.
Chlornatrium 250.
Chrysomyxa Abietis 149.
Ledi 152.
Rhododondri 151.
Claviceps purpurea 96.
Coleosporium Senecionis 145.
Conidien 43.
Corticium amorphum 109.
Cronartium asclepiadeum 149.
Cucui'bitaria Laburni 85.
Sorbi 86.
Cuscuta 34.
Cystopus 65.
Daedalea quercina 178.
Dauermycelium 42.
Dauersporen 128.
288
Register.
Demarcationslinie 238.
Dematophora necatrix 81.
Discomycetes -97.
Disposition 9.
Durchwärmung der Pflanzen 253.
Eichenrothfäule 172.
Eichenweissfäule 173.
Eichenwurzeltödter 76.
Einwachsen der Aeste 222.
Eisporen 57.
Elaphomyces granulatus 70.
Ellernwurzelknollen 38.
Endophytes Mycel 41.
Epiphytes - 41.
Erfrieren 258.
Erysiphe adunca 69.
bicornis 69.
guttata 69.
pannosa 69.
Tulasnei 69.
Etioliren 269.
Euphrasia 24.
Exoascus Alni 119.
alnitorquus 119.
aureus 121.
Betulae 119.
borealis 119.
bullatus 119.
carneus 121.
Carpini 121.
coerulescens 121.
deform ans 118.
epiphyllus 119.
flavus 119.
Insititiae 119.
Populi 121.
Pruni 117.
Sadebeckii 119.
turgidus 119.
Ulmi 121.
Wiesneri 118.
Exobasidium Rbododendri 158.
Yaccinii 158.
Eädiges Mycel 41.
Feuer 270.
Fichtenblasenrost 151.
Fichtennadelrost 149.
Fichtennadelschütte 101.
Fichtenrindenpilz 87.
Fichtenritzenschorf 101.
Fichtenzapfenpilz 156.
Fichtenzwillinge 232.
Fistulina hepatica 179.
Flechten 35.
Fleckenkrankheit 86.
Fliegenholz 177.
Formica herculeana 217.
ligniperda 217.
Frostkrebs 264.
Frostleiste 256.
Frostrisse 256.
Frostspalten 256.
Frosttod 258.
Frostwirkungen 255.
Fruchtträger 42.
Füllzellen 200.
Fusidium candidum 89.
CJ-efrieren 255.
Geschneidelte Fichte 225.
Getreiderost 129.
Giftstoffe im Boden 250.
Gipfel dürre 240.
Gnomonia erythrostoma 86.
Gloeosporium nervisequium 126.
Gonidien 43.
Grapholitha pactolana 87.
Grünästung 223.
Grünfäule 195.
Gymnoasceae 117.
Gymnosporangium 130.
Härtegrad 259.
Hagelschlag 269.
Hallimasch 179.
Hartwerden der Bäume 259.
Harznutzung 218.
Harzsticken 182.
Hausschwamm 190.
Haustorien 41.
Herpotrichia nigra 74.
Herbstästung 229.
Hernie 38.
Heteröcische Pilze 128.
Hexenbesen der Hainbuche 121.
der Kirschbäume 118.
der Weisstanne 153.
Hirschtrüffel 70.
Hirsebrand 67.
Holzkugeln 211.
Holzrücken 216.
Honigpilz 179.
Honigthau 97.
Hornäste 221.
Hüttenrauch 271.
Hungerzwetschen 117.
Hutpilze 157.
Hyacinthenkrankheit 37.
Hydnum diversidens 174.
Hymenomycetes 157.
Hyphe 39.
Hypoderma 99.
Register.
289
Hyphomycetes 56.
Hysterium brachysporum 109.
Laricinum 109.
macrosporum 101.
nervisequium 100.
Pinastri 103.
Individuelle Wuchskraft 22.
Intercellulares Mycel 41.
Intermediäres Gewebe 200. 238.
Intermediäres Längenwachsthum 210.
Intracellulares Mycel 41.
Isolirgräben 163.
Kartoffelfäule 38. 63.
Keimfähigkeit der Sporen 44.
Keimlingskrankheit 57.
Kernpilze 71.
Kernschäle 164.
Kiefernastschwamm 164.
blasenrost 145.
dreher 140.
- krebs 147.
ritzenschorf 103.
- rothfäule 170. 171.
- schütte 103.
Kienzopf 148.
Kittgewebe. 200.
Kochsalz 250.
Kohlensäureexhalation 251.
Korkhaut 197.
Kränkeln 5.
Krankheitsanlage 9.
Krankheitsdefinition 4.
Iiärchenkrankheiten 110.
krebs 109.
motte 110.
nadelrost 143.
pilz 109.
rothfäule 172.
Lagern des Getreides 269.
Lathraea 24.
Laubholzkrebs 89.
Laugen 251.
Leuchtgas 251.
Lichtmangel 268.
Lichtüberfluss 268.
Lonicera Periclymenum 23.
Loranthaceen 25.
Loranthus europaeus 31.
Luftfeuchtigkeit 268.
Lufttrockenheit 268.
Luftwechsel im Boden 245.
Luzernetod 80.
Mäuseschälen 215.
Maisbrand 67.
Hartig, Baumkrankheiten, 2. Aufl.
Markstrahlharzkanal 205.
Mehlthaupilz 68.
Melampsora Ariae 145.
betulina 145.
Caprearum 145.
Carpini 145.
Göppertiana 134.
Hartigii 143.
Padi 145.
populina 138.
salicina 143.
Tremulae 138.
Vaccinii 145.
Melampyrum 24.
Merulius lacrymans 190.
Missbildungen 5.
Mistel 25.
Monotropa 24.
Mutterkorn 96.
Mycelinfection 18. 46.
Mycelium 39.
Myxomyceten 38.
Mycorhiza 70.
Xadelholzkeimlingskrankheit 57.
Narren der Pflaumen 117.
Nassfäule 38.
Natürliche Ausästung 221.
Natürlicher Tod 6.
Nectria cinnabarina 94.
Cucurbitula 87.
ditissima 89.
Nothreife 142.
Oidium Tuckeri 69.
Oogonium 57.
Oospore 57.
Orobanche 24.
Pappelrost 138.
Parasitismus 46.
Pedicularis 24. .
Perideiunium Pini 145.
Peronospora 64.
Peronospora Sempervivi 57.
Viticola 64.
Pestalozzia Hartigii 122.
Peziza aeruginosa 195.
eiborioides 116.
Fuckeliana 116.
Willkommii 109.
Phoma abietina 124.
Phragmidium 130.
Phytophthora Fagi 57.
infestans 63.
omnivora 57.
Pilzferment 49.
19
290
Register.
Pilzwirkung 49.
Plasmodiophora Brassicae 38.
Platanenpilz 126.
Plowrightia morbosa 97.
Polyporus annosus 159.
betulinus 178.
borealis 168.
dryadeus 174.
fomentarius 178.
Mvus 167.
igniarius 173.
laevigatus 178.
mollis 171.
sulphureus 172.
vaporarius 170.
Polystigma fulvum 96.
rubrum 95.
Prädisposition 9.
Prallen 218.
Präventivkuospen 209.
Preisselbeerpilz 116. 134.
Puccinia Asparagi 130.
coronata 130.
graminis 129.
straminis 129.
striaeformis 129.
Pyrenomycetes 71.
Pythium de Baryanum 65.
Queckenwurzeln 24.
Quetschwunden 204. 218.
Rephuhnholz 175.
Rhinanthus 24.
Rhizoctonia violacea 80.
Rhizornorpha 84. 182.
Rhytisma acerinum 98.
salicinutn 99.
Rindenbrand 265.
Rindentrockniss 266.
Rindschäle 164.
Ringschäle 164.
Ringwunden 220.
Roesleria hypogaea 81.
Roestelia 131.
Röthen der Kiefer 217.
Rosellinia quercina 76.
Rosettentriebe 211.
Rostpilze 127.
Rothstreifigkeit des Bauholzes 185.
Rothfäule 159.
Rothfleckigkeit der Pflaumen 95.
Rotz 37.
Russbrand 67.
Safrantod 80.
Saprophytismus 46.
Saugwarze 41.
Saugwurzeln 34.
Scheibenpilze 97.
Schinzia 38.
Schizomyceten 36.
> Schlafende Augen 210.
Schlauchpilze 68.
Schleimpilze 38.
Schmierbrand 67.
Schneechnck 270.
Sclerotinia baccarum 116.
megalospora 116.
Oxycocci 116.
Vaccinii 116.
Schriftzeichen 217.
Schüttekraukheit 103.
Schwarzkiefernpilz 126.
Schwärmsporen 57.
Schweflige Säure 271.
Sclerotien 42.
Sclerotienkrankheit der Vaccinieen 116.
Seewasser 251.
Seidenpflanzen 34.
Senkerwurzeln 27.
Septirung 40.
Sommerästung 229.
Sonnenriss 266.
Spätfrost 262.
Spaltpilze 36.
Spargelrost 130.
Sphaerella Fagi 86.
punctiformis 86.
Sphäroblast 211.
Spiralwunden 23.
Sporeninfection 17, 47.
Stammabhieb 233.
ausschlag 225.
Staubbrand 67.
Steckling 236.
Steinbrand 67.
Stereum hirsutum 177.
Stichgräben 163.
Stigmatea Alni 86.
Mespili 86.
Stockausschlag 234.
Stocküberwallung 234.
Stummelästung 225.
Sturmbeschädigung 270.
Xaphrina aurea 121.
Taschen der Pflaumen 117.
Teleutosporen 128.
Theeren der Wunden 229.
Theerringe 217.
Thelephora laciniata 35.
Perdix 175.
Thyllen 200.
Register,
291
Tilletia Caries 67.
Trametes Pini 164. . »
radiciperda 159.
Trichosphaeria parasitica 71.
Triticum repens 24.
Trockenästung 223.
Trockenfäule 185.
Tuberacei 70.
Trüffeln 70.
U ebererden der Bäume 249.
Ueberwallung 202.
Unterlage 237.
Uredineen 127.
Urcdo linearis 129.
Uredosporen 128.
Urocystis occulta 67.
Ustilagineen 65.
Ustilago Carbo 67.
destruens 67.
Maydis 67.
Valsa Prunastri 86.
Verbindungsgewebe 238.
Verbreitungsmittel der Pilze 46.
Veredelungsprocess 237.
Vererblichkeit 16.
Verfrühter Blattabfall 267.
Verharzung 204.
Verhütung der Wundkrankheiten 209.
Verkienung der Stöcke 206.
Verkohlen der Stöcke 234.
Vernarbungsgewebe 200.
Verscheinen des Getreides 242.
Vertrocknen im Winter 260.
Verwundungsarten 213.
Viehtritt 216.
Viscum album 25.
Wachholderpilz 130.
Wärmebedürfniss der Pilze 44.
Wärmeverlust der Pflanzen 254.
Waldameise 217.
Warzenpilz 35.
, Weidenfleckenkrankheit 99.
Weidenrost 143.
Weidenrothfäule 172.
Weintraubenkrankheit 64. 69.
Weisspfeifiges Holz 177.
Weisstannenbeule 153.
krebs 153.
nadelrost 157.
- schütte 100.
ritzenschorf 100.
säulenrost 134.
weissfäule 167.
Wildling 237.
Wildschälen 213.
Winterästimg 229.
Winterfrost 258.
Wundenheilung 208.
Wundfäule 207.
Wundholz 202.
Wundkork 199.
Wundkrankheiteu 48.
Wurzelbeschädigung 235.
Wurzelbrut 212.
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Zellsysteme, der Pflanzenglieder und der Gesammtpflanze
von
Dr. Theodor Hartig,
Herzogl. Braunschw. Oberforstrath und Professor a. D.
Mit 113 in den Text gedruckten Originalfiguren und 6 lithographirten Tafeln.
Preis M. 20,-.
Beiträge zur Kenntniss der Baumkrankheiten.
Von
Dr. Carl Freiherr von Tubeuf,
Privatdozent an der Universität München.
Mit 5 lithographirten Tafeln. — Kart. Preis M. 4,—.
Anatomie der Baumrinden.
Vergleichende Studien
von
Dr. J. Moeller,
Professor an der Universität Innsbruck.
Mit 146 Originalabbildungen in Holzschnitt.
Preis M. 18, — .
Waldbesehädiguiigeii dureh Thiere
und Gegenmittel.
Von
Dr. Bernard Altum,
Professor der Zoologie an der Königl. Forstakademie Eberswalde und Dirigent der zoologischen
Abtheilung des forstlichen Versuchswesens in Preussen.
Mit 81 in den Text gedr. Holzschnitten.
Preis M. 5,— ; geb. M. 6, — .
Die Schälbeschädig,ung' durch Hochwild
speciell in Fichtenbeständen.
Ihre Ursache, ihre wirthschaftlich- finanzielle Bedeutung und
die Mittel zu ihrer Abwendung.
Von
H. Reuss jun.,
Forstmeister.
Preis M. 5,—.
Zu beziehen durch jede Buchhandlung.
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