This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project
to make the world's books discoverable online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, culture and knowledge that 's often difficult to discover.
Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book's long journey from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non- commercial use of the file s We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machine
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attribution The Google "watermark" you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can't off er guidance on whether any specific use of
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be used in any manner
any where in the world. Copyright infringement liability can be quite severe.
About Google Book Search
Google's mission is to organize the world's Information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers
discover the world's books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the füll text of this book on the web
at http : //books . google . com/|
Digitized by
Google
b
HARVARD UNIVERSITY
LIBRARY OF THE
PHYSICS RESEARCH
LABORATORY
THS OIFT OF
THEODORE LYMAN
DimscTOR or thx
JXrrBRSON PHTSICAI. LABOEATOKY
Digitized by
Google
3oo
I hi^f^^
c*-*X^
z?'?
Digitized by
Google
Digitized by
Google
.10
Lehrbuch der Optik
von
Dr. Paul Drude,
Professor der Physik an der Universität Berlin.
Mit 110 AbbUdangren.
Zweite erweiterte Auflage.
Leipzig
Verlag von S. Hirzel
1906.
Digitized by
Google
Das Recht der Übersetzang ist vorbehalten.
Digitized by
Google
Vorwort zur ersten Auflage.
Das vorliegende Buch soll den mit den Grundbegiiffen der
Differential- und Integral-Rechnung vertrauten Leser in das Gebiet
der Optik derart einführen, daß er auch die Ziele und Eesultate
der neuesten Forschung verstehen und an der Hand der Original-
arbeiten ins einzelne verfolgen kann.
Dieses Buch ist entstanden auf Wunsch des Verlegers, dem
ich aber gern entsprochen habe, weil auch ich seine Ansicht teilte,
daß ein das ganze Gebiet umfassendes modernes Lehrbuch fehlte,
und weil ich für mich selbst durch die Vertiefung des Überblicks,
zu dem das Niederschreiben eines Buches nötigt, Anregung zu
eigenen neuen Ideen erhoffte. Einige derselben habe ich im II. und
III. Abschnitt der physikalischen Optik verwendet, im übrigen
habe ich lediglich schon publizierte Resultate möglichst einfach
darzustellen gesucht. Da ich die Form eines Lehrbuches, nicht
eines Handbuches im Auge hatte, so ist eine Anhäufung von
Literaturzitaten, aus denen man die historische Entwickelung des
betreffenden Arbeitsfeldes ersehen könnte, vermieden worden. Die
wenigen Zitate, die ich aufgenommen habe, sollen wesentlich dem
Leser zur näheren Information an denjenigen Stellen dienen, welche
im Texte nur kurze Darstellung finden konnten, besonders bei den
neueren Untersuchungen, welche noch nicht Eingang in die Hand-
bücher gefunden haben.
Um den Kontakt mit dem Experiment zu wahren und zum
Zwecke der möglichst einfachen Darstellung des Gebietes habe ich
einen synthetischen Gang gewählt. Die einfachsten Experimente
führen zur geometrischen Optik, in ihr macht man die wenigsten
Voraussetzungen über die Natur des Lichtes. So habe ich mit der
Darstellung der geometrischen Optik begonnen, wobei ich mich
P-A/
Digitized by
Google
IV Vorwort zur ersten Aoflage.
stark angelehnt habe an die vortrefllichen Zusammenstellungen
von Czapskiin Winkelmanns Handbuch der Physik und vonLummer
in der 6. Auflage des MüUer-Pouilletschen Lehrbuches.
Der darauf folgende I. Abschnitt der physikalischen Optik
behandelt nur die allgemeinen Eigenschaften des Lichtes, denen zu
Folge man im Licht auf eine periodische Zustandsänderung schließt
welche sich in Transversal- Wellen mit endlicher Geschwindigkeit
ausbreitet. In diesem Abschnitt habe ich als wichtige Fortschritte,
die in den bisherigen Büchern meist fehlen, aufgenommen die
Sommerfeldsche strenge Lösung des einfachsten Falles der Beu-
gung, die geometrische Darstellung der Fresnelschen Integrale
durch Cornu, und, als experimentell bedeutenden Fortschritt, die
Michelsonschen Glasplattenstaffeln.
Erst im IL Abschnitt wird zur Darstellung der optischen Eigen-
schaften der verschiedenen Körper eine weitere Vertiefung der
Hypothese über die Natur des Lichtes notwendig. Dem Zwecke
des Buches entsprechend habe ich die mechanischen Lichttheorien
nur wenig erwähnt, dagegen die elektro-magnetische Lichttheorie,
welche die einfachste und konsequenteste Darstellung der optischen
Eigenschaften ermöglicht, in folgender Form durchgeführt:
Bezeichnet man mit X, V, Z, bezw. a, /9, 7, die Komponenten
der elektrischen bezw. magnetischen Kraft (erstere elektrostatisch
gemessen), ferner mit jx, j'y, jx bezw. sx, sy, sx die Komponenten der
elektrischen bezw. magnetischen Stromdichte d. h. der Anzahl von
elektrischen bezw. magnetischen Kraftlinien, welche durch eine re-
lativ zum Äther ruhende Flächeinheit in der Zeiteinheit hindurcli
treten, dividirt durch 4n, so gelten stets, falls c das Verhältnis
des elektrostatischen zum elektromagnetischen Maßsystem be-
zeichnet die Grundgleichungen:
471 jx by hß ,^^^ 47t Sx hY bZ ,^^_
--=^ = v- r-, USW. = -s jTi USW.
c by d*' c bx by^
Die Anzahl der Kraftlinien wird in der üblichen Weise de-
finiert. — Die besonderen optischen Eigenschaften der Körper machen
sich nun erst geltend in den Gleichungen, welche die elektrische
bezw. magnetische Stromdichte mit der elektrischen und magneti-
schen Kraft verbinden. Wir wollen diese Gleichungen als „Körper-
Gleichungen" von den hingeschriebenen „Grundgleichungen" unter-
scheiden. Da die „Körper-Gleichungen" auch füi- inhomogene Körper
aufgestellt werden, d. h. für solche, deren Eigenschaften Funktionen
Digitized by
Google
Vorwort zur ersten Auflage. V
des Ortes sind, und da die „Grundgleichungen" in jedem Falle
gelten, so gewinnt man außer den Differentialgleichungen für die
elektrische bezw. magnetische Kraft auch sofort die an den Körper-
oberflächen zu erfüllenden Grenzbedingungen.
Bei der Aufstellung der „Grund- und Körper-Gleichungen" bin
ich wiederum synthetisch vorgegangen, indem ich sie aus den ein-
fachsten elektrischen bezw. magnetischen Experimenten ableitete.
Der Gang konnte hier, da das Buch vorwiegend Optik behandeln
soll, nur flüchtig skizziert werden, betreffs ausführlicherer Ableitung
verweise ich auf mein Buch „Physik des Äthers auf elektro-
magnetischer Grundlage" (Enke, 1894). — Auf diesem Wege ge-
langt man zunächst zu keiner Erklärung der Dispersionserschei-
nungen, da die rein elektrisch-magnetischen Experimente nur auf
ich möchte sagen makro-physische Körpereigenschaften schließen
lassen. Zur Erklärung der optischen Dispersion ist eine Hypothese
über die mikro-physischen Eigenschaften der Körper zu machen.
Als solche habe ich die von Helmholtz eingeführte Ionen-Hypothese
benutzt, weil sie mir der einfachste, anschaulichste und konsequen-
teste Weg zu sein scheint, um außer der Dispersion, Absorption
und natürlichen Zirkularpolarisation auch die magneto-optischen
Eigenschaften und die optischen Eigenschaften bewegter Körper
darzustellen. Gerade diese beiden zuletzt genannten Kapitel glaubte
ich mit aufnehmen zu müssen, da das erste durch die wichtige Ent-
deckung Zeemanns neues Interesse gewonnen hat und das zweite
durch H. A. Lorentz zu einem ebenso übersichtlichen, wie eleganten
Abschluß geführt worden ist. Ich habe diese Theorie von Lorentz
durch Elimination aller, für die Optik entbehrlichen Größen zu
vereinfachen gesucht. Hinsichtlich der magneto-optischen Eigen-
schaften habe ich darauf hingewiesen, daß man sie im allgemeinen
nicht allein dadurch erklären kann, daß die bewegten Ionen im
Magnetfeld seitlich ablenkende Kräfte erfahren, sondern daß in
den stark magnetisierbaren Metallen die Ionen auch in einer be-
ständigen Bewegung sein müssen, welche die Wirkung von Am-
pfereschen Molekularströmen besitzt. Damit wird zugleich auch die
bisher unvollständig beantwortete Frage erledigt, weshalb die
Magnetisierungs-Konstante des Eisens und überhaupt aller Körper
für Lichtschwingungen gleich der des freien Äthers anzunehmen ist.
Die Anwendung der Ionen-Hypothese führt ferner zu einigen
neuen Dispersionsformeln für die natürliche und magnetische Drehung
der Polarisationsebene, die experimentell bestätigt werden; ferner
Digitized by
Google
VI Vorwort zur ersten Auflage.
führt die Ionen-Hypothese bei den Metallen zu Dispersionsformeln,
die die Kontinuität der optischen und der elektrischen Eigenschaften
der Metalle wesentlich durch die Trägheit der Ionen darlegen und
ebenfalls in dem bisher allerdings noch sehr beschränkten Beobach-
tungsintervall bestätigt werden.
Der II. Abschnitt des Buches beschäftigt sich mit der Ver-
knüpfung der Optik mit der Thermodynamik und (im 3. Kapitel)
mit der kinetischen Gastheorie. Theoretisch wurde hier durch
Kirchhoff, Clausius, Boltzmann und W. Wien Bahn gebrochen, und
die vielen fruchtbaren experimentellen Untersuchungen über die
Strahlung der Körper, welche in neuerer Zeit unternommen wurden,
zeigen deutlich, daß Theorie und Experiment durch gegenseitige
Anregung zur besten Blüte sich entfalten.
Von dieser Überzeugung durchdrungen, habe ich auch dies
Buch geschrieben, indem es die Theorie weiteren Kreisen zugäng-
lich zu machen sucht, die sich nicht mit dem zum Teil zeitraubenden
Studium der Originalarbeiten befassen wollen. Auf Vollständig-
keit, wie sie das ausgezeichnete Lehrbuch von Mascart oder Winkel-
manns Handbuch erstreben, kann ich dabei keinen Anspruch machen;
ich habe manche interessante und wichtige Gebiete optischer
Forschung der Kürze halber nicht behandelt. Meine Absicht ist
hier erreicht, wenn diese Blätter den Leser in der Ansicht be-
stärken, daß die Optik nicht ein altes, abgearbeitetes Gebiet
der Physik ist, sondern daß auch hier frisches Leben pulsiert, zu
dessen weiterer Ernährung beizutragen für jeden einzelnen lockend
sein muß.
Herr stud. F. Kiebitz hat mich beim Lesen der Korrekturen
wirksam unterstützt.
Leipzig, Januar 1900.
Digitized by
Google
Vorwort zur zweiten Auflage.
In den sechs Jahren, welche seit Erscheinen der ersten Auf-
lage dieses Buches verstrichen sind, hat sich in der ganzen Physik
durch die experimentelle und theoretische Ausbildung der Elektro-
nenlehre eine rapide Entwickelung vollzogen, wie sie wohl bisher
einzig dasteht. Auch in der Optik ist naturgemäß dieser Fortschritt
bemerklich in den Kapiteln, welche, wie die Dispersion der Körper,
und die magnetische Aktivität, auf der Ionen-Hypothese aufgebaut
sind. Der Fortschritt liegt dabei wesentlich im Ersatz der Ionen-
Hypothese durch die Elektronen-Hypothese, das heißt durch die Er-
kenntnis, daß aus gewissen optischen Erscheinungen dieselben uni-
versellen charakteristischen Konstanten abgeleitet werden können,
die auch bei Kathodenstrahlen und überhaupt freien Elektronen
auftreten. Diesen Fortschritt habe ich in den betreffenden Ka-
piteln in dieser neuen Auflage kurz zur Darstellung zu bringen
gesucht — Im Kapitel über natürliche Aktivität ist die Aufstellung
der Grundgleichungen auch verbessert, entsprechend den hier ge-
machten Fortschritten. — Der größte Fortschritt ist aber wohl
zweifellos im Gebiete der Strahlung zu verzeichnen, wo es Planck
gelungen ist, nicht nur ein experimentell gut bestätigtes Strah-
lungsgesetz für schwarze Körper zu gewinnen, sondern auch eine
zahlenmäßige Berechnung des elektrischen Elementarquantums und
der absoluten Masse der Gasmoleküle aus den Strahlungskonstanten.
Wenn ich auch darauf verzichten mußte, eine Ableitung dieser
Planckschen Formel zu geben, zumal diese Aufgabe auch seit Er-
scheinen der Planck'schen Vorlesungen über die Theorie der Wärme-
strahlung völlig unnötig ist, so habe ich doch kurz außer den
Resultaten auch den Gedankengang zu skizzieren gesucht, weil er
mir von allgemeinem Interesse zu sein scheint auch für einen Leser,
Digitized by
Google
VIII Vorwort zur zweiten Auflage. — Nachwort.
der in das mathematische Detail nicht eindringen will. — In den
übrigen Kapiteln besonders der physikalischen Optik, habe ich an
einigen Stellen Fortschritte und Zitate neuerer Literatur aufge-
nommen, aber diese machen auf Vollständigkeit keinen Anspruch,
da der Charakter des Buches der eines kurz gefaßten Lehrbuches
bleiben sollte, das zum weiteren Studium der ausführlichen Hand-
bücher und der Original-Literatur vorbereiten und anregen soll.
Dem bei einer Besprechung der I.Auflage geäußerten Wunsche
folgend, habe ich dieser 2. Auflage ein kurzes Sachregister zuge-
fügt.
Den Herren Dr. Kiebitz und Dr. Bode bin ich zu großem Danke
verpflichtet für die Hilfe bei den Korrekturen und dem Register.
Berlin, den 27. Juni 1906.
Nachwort
Die vorliegende zweite Auflage von Paul Drudes Lehrbuch
der Optik lag im Manuskript fertig vor, als am 5. Juli 1906 ein
verborgenes seelisches Leiden, hervorgerufen durch seine auf-
reibende Tätigkeit, den groß denkenden, warm empfindenden und
edel handelnden Gelehrten an sich selbst verzweifeln und seinem
blühenden Leben ein erschütterndes Ende setzen ließ. Das Buch
war damals zur Hälfte gedruckt; es war den Assistenten des Ver-
fassers eine Pflicht des Dankes und der Verehrung, für die wort-
getreue Beendigung der Drucklegung einzustehen.
Möge diesem Buche außer seinem wissenschaftlichen Inhalt
auch Drudes glückliche Art, wissenschaftliche Probleme aufzufassen
und zu behandeln, bleibenden Wert verleihen, und möge es jeden
Leser etwas von dem Geiste empfinden lassen, der ihn zu seiner
Lehrtätigkeit begeistert hat, der ihn den Gipfel wissenschaftlichen
Forschens und Erkennens in der Veredelung der Lebensauffassung
und Lebensführung erblicken ließ.
Franz Kiebitz.
Digitized by
Google
Inhaltsverzeichnis.
Geometrische Optik.
Kapitel I.
Die Fundamentalgesetze.
Seite
1. Direkte ErfahniDgen 4
2. Satz vom ausgezeichneten Lichtweg 9
3. Der Satz von Malus 13
Kapitel IL
Geometrisclie Theorie der optischen Abbildung.
1. Begriff des optischen Bildes 15
2. Allgemeine Abbildungsformeln 16
3. Zentrierte Abbildung 18
4. Konstruktionen konjugierter Punkte 24
5. Charakterisierung der verschiedenen Gattungen von Abbildungen . . 25
6. Teleskopische Abbildung 26
7. Kombination mehrerer Abbildungen 27
Kapitel III.
Physiltalische HersteUung der optischen Abbildung.
1. Brechung an einer Kugelfläche 31
2. Reflexion an einer Kugelfläche 35
3. Linsen 38
4. Dünne Linsen 40
5. Experimentelle Bestimmung der Brennweite 42
6. Astigmatische Abbildung 44
7. Die Erweiterung der Abbildungsgrenzen 49
8. Sphärische Abberration 51
9. Der Sinus-Satz , 55
10. Abbildung großer Flächen durch enge Büschel 59
11. Die chromatischen Abweichungen in dioptrischen Systemen .... 62
Kapitel IV.
über Strahlenbegrenzung und die Ton ihr abhängige
Lichtwirkung.
1. Eintrittspupille und Austrittspupille 67
2. Telezentrischer Strahlengang 69
Digitized by
Google
X Inhalte Verzeichnis.
Seite
3. Gesichtsfeld 70
4. Photometrische Grundsätze 71
6. Die Intensität und Beleuchtungsstärke optischer Bilder 78
6. Die subjektive Helligkeit optischer Bilder 80
7. Die Helligkeit punktförmiger Lichtquellen 84
8. Die Bedeutung der Apertur fQr die Leistungsfähigkeit optischer
Instrumente 85
Kapitel V.
Optische Instrumentei
1. Photographische Systeme 86
2. Die Lupe 88
3. Das Mikroskop 90
a) Allgemeines 90
b) Das Objektiv 91
c) Das Okular 92
d) Der Kondensor 95
e) Der Strahlengang 95
f) Die Vergrößerung 96
g) Die Leistungsfähigkeit 97
h) £bq>erimentelle Bestimmung der Vergrößerung und der nume-
rischen Apertur 98
4. Das astronomische Femrohr 99
ö. Das holländische Femrohr 101
6. Das terrestrische Femrohr 103
7. Prismendoppelfemrohre von C. Zeiß 103
8. Spiegelteleskope 104
Physikalische Optik.
I. Abschnitt
Allgemeine Eigenschaften des Lichtes.
Kapitel L
Die Fortpflanznngsgeschwindigkeit des Lichtes.
1. Methode von Romer 107
2. Methode von ßradley 108
3. Methode von Fizeau 109
Digitized by
Google
InhaltsTerzeichiiis. XI
Seite
4. Methode von Foucault 111
5. ' Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit vom Medium und der Farbe 113
6. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit einer Wellengruppe 114
Kapitel ü.
Interferenz des Lichtes.
1. Allgemeines 116
2. Hypothesen über die Natur des Lichtes 116
3. Der Fresnelsche Spi^elversuch 122
4. Modifikationen des Fresnelschen Spiegelversuches 126
5. Newtonsche Binge und Farben dünner Blättchen 128
■6. Achromatisierung der Interferenzstreifen 135
7. Der Interferentialrefraktor 136
8. Interferenzen bei hohen Qangunterschieden 139
9. Stehende Lichtwellen 147
10. Photographie in natürlichen Farben 148
Kapitel IIL
Das Hnygenssehe Prinzip.
1. Das Huygenssche Prinzip in seiner ersten Fassung 151
2. Verbesserung des Huygensschen Prinzips durch Fresnel ..... 154
3. Die Differentialgleichung für die Lichterregung 160
4. Ein mathematischer Hilfösatz 163
5. Zwei allgemeine Formeln 164
ß. Strenge Formulierung des Huygensschen Prinzips 168
Kapitel IV.
Beugung des Lichtes*
1. Allgemeine Behandlung der Beugungserscheinungen 174
2. Fresnelsche Beugungserscheinungen 176—200
3. Fresnelsche Integrale 177
4. Beugung am geradlinigen Bande eines Schirmes 180
5. Beugung durch einen schmalen Spalt 185
6. Beugung durch einen schmalen Schirm 188
7. Strenge Behandlung der Beugung am geradlinigen Bande eines
Schirmes 190
8. Fraunhofersche Beugungserscheinungen 200 — 227
9. Beugung durch ein Rechteck 201
10. Beugung durch ein schiefwinkliges Parallelogramm 203
11. Beugung durch einen Spalt 203
Digitized by
Google
XII Inhaltsverzeichnis.
Seite
12. Beliebige Grestalt der Beugungsoffnung 205
13. Mehrere gleichgestaitete und gleichorientierte Beugungsöffnungen . 205
14. Das Babinetsche Theorem 207
15. Beugungsgitter 208
10. Konkavgitter 211
17. Brennpunktseigenschaften ebener Gitter 213
18. Das Auflösungsvermögen eines Gitters 213^
19. Michelsons Glasplattenstaffeln 214
20. Das Auflösungsvermögen eines Prismas 218
21. Die Leistungsgrenze eines Femrohrs 220
22. Die Leistungsgrenze des menschlichen Auges 221
23. Die Leistungsgrenze des Mikroskops 221
24. Zerstreuung des Lichtes durch trübe Medien 22&
Kapitel V.
Polarisation.
1. Polarisation durch Doppelbrechung 228
2. Das Nicoische Prisma 230
3. Andere Herstellung polarisierten Lichtes 231
4. Interferenz polarisierten Lichtes 233-
5. Die mathematische Darstellung der Lichterregung im polarisierten
Licht 23a
6. Stehende Wellen durch schief einfallendes polarisiertes Licht . . . 237
7. Lage des maßgebenden' Lichtvektors in Kristallen 23&
8. Das natürliche und teilweise polarisierte Licht 23^
9. Experimentelle Untersuchung elliptisch polarisierten Lichtes . . . 241
IL Abschnitt.
Optische Eigenschaften der Korper.
Kapitel L
Theorie des Lichtes.
1. Mechanische Theorie 245
2. Elektromagnetische Theorie 24d
3. Die Definition der elektrischen und der magnetischen Kraft . . . 247
4. Definition des elektrischen Stromes nach elektrostatischem und
elektromagnetischem Maße 240
5. Definition des magnetischen Stromes . . 251
6. Das Vacuum (der freie Äther) 253
7. Isotroper Isolator 254
8. Die Grenzhedingungen 25ö
9. Die Energie des elektromagnetischen Feldes 258
10. Die Lichtstrahlen als Strömungslinien der Energie 258
Digitized by
Google
Inhaltsverzeichnis. XIII
Kapitel IL
Darchsichtige isotrope Körper.
Seite
1. Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes 259
2. Trans versalität ebener Wellen 263
3. Reflexion und Brechung an der Grenze durchsichtiger isotroper Körper 264
4. Senkrechte Inzidenz. Stehende Wellen 269
5. Polarisation natürlichen Lichtes beim Durchgang durch einen Platten-
satz 270
6. Experimentelle Prüfung der Theorie 271
7. Elliptische Polarisation des reflektierten Lichtes erklärt durch Ober-
flächen- oder Übergangsschichten 272
8. Total-Reflexion 280
9. Über das bei der Totalreflexion in das zweite Medium eindringende
Licht 284
10. Benutzung der Totalreflexion zur Bestimmung von Brechungsexpo-
nenten 287
11. Intensität der Newtonschen Kinge 287
12. Inhomogene Körper; krumme Lichtstrahlen 291
Kapitel III.
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle.
1. Difierentialgleichungen und Grenzbedingungen 203
2. Lichtvektor und Lichtstrahl 296
3. Das Fresnelsche Gesetz für die Lichtgeschwindigkeit 299
4. Die Lage der Lichtschwingungen 301
5. Die Normalenfläche 302
6. Geometrische Konstruktion der Wellenfläche und der Schwingungs-
richtung 305
7. Einachsige Kristalle 307
8. Bestimmung der Richtung des Lichtstrahls aus der Wellennormale 308
9. Die Strahlenfläcbe . 310
10. Konische Refraktion 315
11. Durchgang des Lichtes durch Kristallplatten und Kristallprismen . 319
12. Totalreflexion an Kristallplatten 323
13. Partielle Reflexion an einer Kristallplatte 327
14. Interferenzerscheinungen von Kristallplatten im senkrecht einfallen-
den» polarisierten Lichte 327
15. Interferenzerscheinungen von Kristallplatten in konvergent einfallen-
dem, polarisiertem Lichte 331
Digitized by
Google
XIV Inhaltsverzeichiiis.
Kapitel IV.
Absorbierende Körper.
Seit»
1. Elektromagnetische Theorie 338
2. Reflexion an Metallen S42
3. Die optischen Eonstanten der Metalle 346
4. Absorbierende Kristalle 349
5. Interferenzerscheinungen in absorbierenden zweiachsigen Kristallen 355
6. Interferenzerscheinungen in absorbierenden einachsigen Kristallen . 360
Kapitel V.
Die Dispersion der Körper.
1. Theoretische Grundlage 362
2. Vervollständigung der Theorie 368
3. Normale Dispersion 371
4. Berechnung der Elektronen-Konstanten aus der Dispersion. Be-
ziehung der Elektronenzahl zur chemischen Valenz 376
5. Abhängigkeit des Brechungsindex von der Dichte 380
6. Anomale Dispersion 381
7. Die Dispersion der Metalle 385
Kapitel VI.
Natfirlieli-aktiye Korper.
1. Allgemeine Grundlage 388
2. Isotrope Körper 381>
3. Die Drehung der Polarisationsebene 394
4. Kristalle 397
5. Die Dispersion der Rotationspolarisation 401
6. Absorbierende aktive Körper 404
Kapitel VII.
HagnetisciL-aktiye Korper.
A. Hypothese der Molekularströme.
1. Allgemeine Grundlage 406
2. Herleitung der Differentialgleichungen 409
3. Die magnetische Drehung der Polarisationsebene 413
4. Die Dispersion der magnetischen Eotationspolarisation 417
5. Magnetisierung senkrecht zu den Lichtstrahlen 420
B. Hypothese des Halleffektes.
1. Allgemeine Grundlage 420
2. Herleitung der Differentialgleichungen 422
3. Lichtstrahlen parallel zur Magnetisierung 423
Digitized by
Google
Inhaltsyerzeichnis. XV
Seite
4. Die Dispersion der magnetiBchen Drehung der Polarisationsebene . 425
5. Die Wellenlänge liegt nahe bei einer Eigenwellenlänge 428
6. Lichtstrahlen senkrecht zur Magnetisierung 431
7. Die Wellenlänge liegt nahe bei einer Eigenwellenlänge 432
a Der Zeemann-Effekt 434
9. Die magnetooptischen Eigenschaften von Eisen, Nickel, Kobalt . . 437
a) durchgehendes Licht 438
b) reflektiertes Licht (Kerrsches Phänomen) 440
10. Die Wirkungen des magnetischen Feldes der Lichtstrahlen . . . 440
Kapitel VIIL
Bewegte Körper.
1. Allgemeine Grundlage 445
2. Die Differentialgleichungen des elektromagnetischen Feldes in bezug
auf ein festes Koordinatensystem 445
3. Die Lichtgeschwindigkeit im bewegten Körper 451
4. Die Differentialgleichungen und Grenzbedingungen des elektromag-
netischen Feldes in bezug auf ein bewegliches Koordinatensystem,
welches mit dem bewegten Körper fest verbunden ist 453
5. Die Bichtung des Lichtstrahls', ermittelt nach dem Huygensschen
Prinzip 456
6. Ersetzung der absoluten Zeit durch eine Art Ortszeit 457
7. Die Unabhängigkeit des relativen Strahlenganges von der Bewegung 458
8. Die Erde als bewegtes System 459
9. Die Aberration des Lichtes 461
10. Der Polarisationsversuch von Fizeau 462
11. Der Interferenzversuch Michelsons 463
IIL Abschnitt
Die Strahlimg der Körper.
Kapitel L
Die Strahlnng in energetischer Deutung.
1. Das Emissionsvermögen 469
2. Die Strahlungsintensität einer Fläche 470
3. Das mechanische Äquivalent der Lichteinheit 471
4. Die Sonnenstrahlung 472
5. Der Wirkungsgrad einer Lichtquelle 473
6. Der Druck der Strahlung 474
7. Prevosts Theorie des Wärmeaustausches 477
Digitized by
Google
XVI Inhaltsverzeichnis.
Kapitel 11.
Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik
auf reine Temperaturstrahlung.
Seite
1. Die beiden Hauptsätze der Thermodynamik 478
2. Teraperaturstrahlong und Luminiszenz 480
3. Das Emissionsvermögen eines vollkommen spi^elnden oder voll-
kommen durchsichtigen Körpers ist Null 481
4. Kirchhofs Gesetz über den Zusammenhang der Emission mit der
Absorption 482
5. Folgerungen aus dem Kirchhoffschen Gesetz 485
6. Die Abhängigkeit der Strahlungsintensität vom Brechungsindex der
Umgebung 488
7. Der Sinussatz bei der optischen Abbildung von Flächenelementen . 492
8. Die absolute Temperatur 493
9. Die Entropie : .... 496
10. Allgemeine Formeln der Thermodynamik 497
11. Die Abhängigkeit der Gesamtstrahlung eines schwarzen Körpers
von seiner absoluten Temperatur 498
12. Die Sonnentemperatur, erschlossen aus ihrer Gesamtstrahlung . , 502
13. Die Veränderung des Spektrums eines schwarzen Körpers mit der
Temperatur (Wiensches Verschiebungsgesetz) 503
14. Die Sonnentemperatur, erschlossen aus der Energieverteilung des
Sonnenspektrums 509
15. Die Verteilung der Energie im Spektrum eines schwarzen Körpers 510
Kapitel III.
Das Leuehten der Oase und Dämpfe.
1. Unterscheidung der Luminiszenz und Temperaturstrahlung . . . 520
2. Die Elektronenhypothese 521
3. Die Dämpfung der Elektronenschwingungen durch ihre eigene
Strahlung 525
4. Die Strahlung der Elektronen bei äußerer Einstrahlung 526
5. Über Fluoreszenz 527
6. Die Verbreiterung der Spektrallinien nach dem Dopplerschen Prinzip 528
7. Andere Ursachen zur Verbreiterung der Spektrallinien 532
Sachregister 534
Digitized by
Google
GEOMETRISCHE OPTIK.
Dmde, Lehrbach d. Optik, 2. Aufl.
Digitized by
Google
Digitized by
Google
Es gibt ein großes Gebiet von Lichterscheinungen, — und
darunter befinden sich gerade diejenigen, welche die weitgehendste
praktische Anwendung gefunden haben, — die auf vier Fundamen-
talgesetzen des Lichtes beruhen. Diese sind:
1. die geradlinige Ausbreitung des Lichtes,
2. die Unabhängigkeit der Teile eines Lichtbündels voneinander,
3. das Eeflexionsgesetz,
4. das Brechungsgesetz.
Diese vier Gesetze bieten sich als Erfahrungstatsachen der
Beobachtung leicht dar.
Wenn man sie zum Ausgangspunkt der Betrachtung macht,
ohne andere Eigenschaften des Lichtes in Eücksicht zu ziehen, so
erhält man Aufschluß über gewisse geometrische Beziehungen
bei den Lichterscheinungen, da jene vier Fundamentalgesetze sich
ebenfalls nur auf geometrische Bestimmungen der Lichtausbreitung
beziehen. Jene Fundamentalgesetze bilden daher die ausreichende
Grundlage für die sogenannte geometrische Optik, und man
braucht zum folgerichtigen Aufbau derselben keine besonderen
Hypothesen heranzuziehen, welche näher auf die Natur des Lichtes
eingehen.
Im Gegensatz zur geometrischen Optik steht die physikalische
Optik, welche andere als rein geometrische Eigenschaften des
Lichtes behandelt, und welche näher auf das physikalische Ver-
halten der verschiedenen Körper gegenüber den Lichterscheinungen
eingeht Zur bequemen Zusammenfassung der großen Mannig-
faltigkeit dieser Erscheinungen hat man mit bestem Erfolge be-
sondere Hypothesen über die Natur des Lichtes ersonnen.
Vom Standpunkte der physikalischen Optik aus erscheinen die
vier angeführten Fundamentalgesetze der geometrischen Optik nur
als allerdings meist sehr weitgehende Annäherungsgesetze. Es läßt
sich aber wohl angeben, welches der Gültigkeitsbereich der geo-
metrischen Optik ist, d. h. unter welchen Umständen ihre Folge-
rungen von der Wirklichkeit eine merkbare Abweichung besitzen.
1*
Digitized by
Google
4 Kapitel I.
An diesem Umstände muß man stets festhalten, wenn man in
der geometrischen Optik sich nicht auf einem Übungsfelde der
reinen Mathematik, sondern in einer wirklich physikalischen Diszi-
plin bewegen will. Die wirklich vollständige Theorie der optischen
Instrumente läßt sich nur vom Standpunkt der physikalischen
Optik aus entwickeln.
Da aber, wie schon vorhin bemerkt wurde, die Gesetze der
geometrischen Optik in den meisten Fällen eine sehr große An-
nähemng an die Wirklichkeit besitzen, so erscheint es gerecht-
fertigt, zunächst diese geometrisch-optischen Gesetze bis zu ihren
Konsequenzen in komplizierteren Fällen, wie sie z. B. in den optischen
Instrumenten vorhanden sind, zu entwickeln.
/
Kapitel I.
Die Fnndamentalgesetze.
1. Direkte Erfahiaingen. Unter den direkten Erfahrungen
sollen die vier eben angeführten Grundgesetze verstanden werden.
Die geradlinige Ausbreitung des Lichtes wird bewiesen
durch den Schatten, den eine kleine (punktförmige) Lichtquelle P
von einem undurchsichtigen Gegenstande auf einem Schirme ä ent-
wirft. Hat der undurchsichtige Gegenstand ein Loch L, so findet
man die Schattengrenze auf dem Schirme S als Durchschnitt von
S mit einem Kegel, dessen Spitze in der Lichtquelle P liegt, und
dessen Mantel durch die Umgrenzung des Loches L geht.
Wenn man das Loch L kleiner macht, so zieht sich die Schatten-
grenze auf dem Schirme S zusammen. Sie wird aber unscharf,
wenn das Loch L sehr klein (unter 1 mm etwa) wird; nach Punkten
des Schirmes S^ welche innerhalb des geometrischen Schattens
Digitized by
Google
Die FuDdamentalgesetze. 5
liegen, gelangt noch Licht von der Quelle P. Es ist zwar zu be-
rücksichtigen, daß eine streng punktförmige Lichtquelle P nie
herzustellen ist, und daß schon wegen der Ausdehnung der Quelle P
die Schattengrenze keine absolut scharfe sein kann, auch wenn
sich das Licht geradlinig ausbreitet (Kernschatten und Halbschatten).
Indes ist bei einem sehr kleinen Loche L (von etwa Vio nim Größe)
die Lichtausbreitung hinter L auf dem Schirme S so weit, daß
sicher in diesem Falle keine geradlinige Ausbreitung des
Lichtes vorliegt.
Dieselben Resultate erhält man, wenn man die Lichtausbreitung
anstatt mit Hilfe eines Loches L in einem undurchsichtigen Gegen-
stande durch den Schatten studiert, den ein undurchsichtiger Gegen-
stand S' auf dem Schinne S entwirft. Ist S' genügend klein, so
findet keine geradlinige Ausbreitung des Lichtes von P aus statt.
Man muß also daran festhalten, daß das Gesetz von der gerad-
linigen Ausbreitung des Lichtes nur dann gilt, wenn die freien
Öffnungen, durch welche das Licht hindurchtritt, oder die Schirme,
welche den Durchtritt des Lichtes verhindern, nicht zu klein sind.
Um die Ausbreitung des Lichtes von einer Quelle P aus nach
einem Schirme S hin anschaulich zu bezeichnen, pflegt man zu
sagen, daß P Lichtstrahlen nach S entsende. Der Weg eines
Lichtstrahles wird dadurch definiert, daß seine Wirkung auf S
nur durch ein Hindernis abgeschnitten wird, welches auf der Bahn
des Lichtstrahls selbst liegt. Bei geradliniger Ausbreitung des
Lichtes sind also auch die Lichtstrahlen gerade, z. B. wenn das
Licht sich von P aus durch ein nicht zu kleines Loch L eines
undurchsichtigen Gegenstandes ausbreitet. In diesem Falle pflegt
man zu sagen, daß P ein Bündel gerader Lichtstrahlen durch L
hindurchsende.
Da bei Verkleinerung von L die Lichtwirkung auf einem
Schirme S sich so darstellt, als ob für gewisse, von P ausgesandte
Lichtstrahlen die Wirkung auf S einfach aufgehoben ist, während
sie für die anderen Lichtstrahlen unverändert geblieben ist, so
sind die Teile eines Lichtbündels unabhängig von ein-
ander.
Auch dieses Gesetz besteht nicht mehr, wenn die Verkleinerung
des Loches L zu weit geht. Dann hört aber überhaupt der Begriff
der geraden, von P fortgepflanzten Lichtstrahlen auf.
Die Lichtstrahlen sind also ein zweckmäßig eingeführter Be-
griff, man kann aber nicht einen einzelnen Lichtstrahl isolieren und
Digitized by
Google
6 Kapitel I.
seine physikalische Existenz nachweisen. Denn je mehr man dorch •
Verengerung eines Lichtstrahlenböndels diesem Ziele zustrebt um
so weniger breitet sich das Licht geradlinig aus und um so mehr
verliert der Begriff der Lichtstrahlen seine physikalische Bedeutung.
Wenn die Homogenität des Raumes, in welchem sich die
Lichtstrahlen befinden, gestört wird durch einen eingelagerten
Körper, so erfahren die Lichtstrahlen an seiner Oberfläche plötz-
liche Richtungsänderungen: der Lichtstrahl spaltet sich in zwei,
einen reflektierten und einen gebrochenen StrahL — Ist die Ober-
fläche des Körpers, welche von dem Lichtstrahl getroffen wird, eine
Ebene, so nennt man die durch die Normale N dieser Ebene und
den Lichtstrahl gelegte Ebene die Einfallsebene, den Winkel
zwischen jenen beiden Richtungen den Einfallswinkel (^).
Es bestehen die Gesetze: Der reflektierte und der ge-
brochene Strahl liegen ebenfalls in der Einfallsebene, der
Reflexionswinkel (Winkel zwischen X und reflektiei-tem Strahl)
ist gleich dem Einfallswinkel, der Brechungswinkel 9?'
(Winkel zwischen N und gebrochenem Strahl) steht mit dem
Einfallswinkel 9? in der Beziehung:
wobei n für eine bestimmte Farbe des Lichtes eine Konstante ist,
und der Brechungsexponent (oder Brechungsindex) des Körpers
gegen seine Umgebung genannt wird. — Wenn nichts anderes be-
merkt ist, wollen wir unter n den Brechungsexponenten gegen Luft
verstehen. — Für alle gut durchsichtigen, flüssigen und festen
Körper ist derselbe größer als 1.
Ist ein Körper Ä durch eine dünne, planparallele Platte eines
anderen Körpers B von der Luft getrennt, so wird das Licht an
beiden Grenzflächen der Platte gebrochen entsprechend der Formel
(1) nach den Gesetzen:
sin w sin tp
— — -r = Hb. — — -ft = Hab,
sm (f ' stn <p '
wobei q> den Einfallswinkel des Lichtes in Luft, q) den Brechungs-
winkel im Körper B, q)" den Brechungswinkel im Körper A, m
den Brechungsexponenten von B gegen Luft, nab den Brechungs-
index von A gegen B bedeutet Es ist daher
sin <p
Digitized by
Google
Die Fundamentalgesetze. 7
Wenn die Platte des Körpers B unendlich dünn wird, so bleibt
diese Formel bestehen; der Fall unterscheidet sich dann aber nicht
mehr von dem zuerst betrachteten, daß eine einfache Brechung
des Lichtes von Luft gegen den Körper A stattfindet. Die letzte
Formel liefert also durch Vergleichung mit (1), wenn wir den
Brechungsindex von A gegen Luft mit ua bezeichnen:
na= nh ' flab,
oder (2)
d.h. der Brechungsexponent von -4 gegen 5 ist gleich dem
Verhältnis der Brechungsexponenten von A und B gegen
Luft.
Wenn wir den Fall betrachtet hätten, daß eine unendlich
dünne Platte A auf dem Körper B läge, so würden wir durch die-
selbe Schlußweise erhalten:
flba = nb : fla*
Es ist also
Hab = 1 : nbaj
d. h. der Brechungsindex von A gegen B ist gleich dem
reziproken Werte des Brechungsindex von B gegen A.
Das Brechungsgesetz (1) erlaubt daher nun den Schluß, daß
man auch q> als Einfallswinkel im Körper, g> als Brechungswinkel
in seiner Umgebung (Luft) betrachten kann, d. h. daß der Sinn
der Lichtausbreitung auch ohne Änderung der Strahlen-
richtungen umgekehrt werden kann. Bei dem Reflexions-
gesetz ist dies Prinzip der ümkehrbarkeit der Lichtwege ebenfalls
gültig, wie hier ohne weiteres ersichtlich ist.
Man erhält daher das Brechungsgesetz (1) beim Übergang des
Lichtes von einem Körper A zu einem Körper B oder umgekehrt
in der symmetrischen Form:
Ha ' sin q)a = nb ' sin gpt, (3)
wobei g)a und g)b die Winkel des Lichtstrahls im Körper A bezw. B
gegen die Normale N der Trennungsfläche bedeuten, und na bezw.
Hb die Brechungsexponenten der beiden Körper gegen irgend einen
dritten Vergleichskörper, z. B. Luft, oder auch gegen den luftleeren
Eaum, das Vacuum.
Was letzteren anbelangt, so unterscheidet sich der Brechungs-
exponent n eines Körpers gegen Luft nur sehr wenig von dem
Brechungsexponenten no gegen das Vacuum. Nach (2) muß sein:
no = n : n\ (4)
Digitized by
Google
S Kapitel I.
wobei n den Brechungsindex des Vacunms gegen Luft bedeutet. Der-
selbe hat bei Atmosphärendruck und 0 Grad Temperatur den Wert
(5) n'= 1:1,00029.
Nach dem Brechungsgesetz (3) gibt es zu jedem einfallenden
Lichtstrahl (gp«) nur dann einen gebrochenen Strahl (^6), falls
na < uh ist. Ist das Umgekehrte der Fall (n« > nh), so wird für
(ö) sin 9)a > -
sin 9)5 > 1, d. h. es gibt keinen reellen Brechungswinkel 9)6. Dann
tritt an der Grenzfläche keine Brechung, sondern nur Reflexion
ein. Im reflektierten Strahl muß jetzt die ganze Wirkung des ein-
fallenden Strahles enthalten sein; daher bezeichnet man diesen
Fall als Totalreflexion.
In welcher Weise sich in den anderen Fällen (partielle
Reflexion) die Wirkung des einfallenden Strahles auf den reflek-
tierten und gebrochenen Strahl verteilt, wird in der physikalischen
Optik (im II. Abschnitt, Kapitel II) näher betrachtet werden. Hier mag
die Bemerkung genügen, daß im allgemeinen bei durchsichtigen Kör-
pern der gebrochene Strahl weit mehr Lichtwirkung enthält, als
der reflektierte. Nur bei den Metallen findet sich in letzterem fast
die volle Wirkung des einfallenden Strahles. Es ist übrigens zu
bemerken, daß bei so stark undurchsichtigen Körpern, wie den
Metallen, das Reflexionsgesetz wohl bestehen bleibt, das Brechungs-
gesetz aber in der Form (1) oder (3) nicht mehr gültig ist. Auch dieses
Süll später näher betrachtet werden (im II. Abschnitt, Kapitel IV).
Im Licht empfinden wir verschiedene Qualitäten: die Farben.
Der Brechungsindex hängt von der Farbe ab, er wird (gegen Luft
gemessen) bei allen gut durchsichtigen Körpern größer von rot
über gelb zu blau. Die Ausbreitung weißen Lichtes beim Durch-
gang durch ein Prisma in ein Spektrum beruht auf der Änderung
des Brechungsindex mit der Farbe. Man nennt diese Eigenschaft
des Körpers seine Dispersion.
Ist die Oberfläche eines Körpers, der von Lichtstrahlen ge-
troffen wird, nicht eben, sondern gekrümmt, so kann man trotz-
dem die Oberfläche als aus sehr kleinen Stücken von Ebenen (den
Tangentialebenen) zusammengesetzt denken und den Gang der
Lichtstrahlen nach den obigen Gesetzen konstruieren. Dieses Ver-
fahren ist aber nur statthaft, wenn die Krümmung der Oberfläche
einen gewissen Betrag nicht übersteigt, so daß wir die Fläche
noch als eine glatte bezeichnen können.
Digitized by
Google
Die Fundamentalgesetze.
9
Rauhe Oberflächen zeigen unregelmäßige (diffuse) Reflexion
und Brechung, sie wirken ähnlich so, als ob sie selbst Licht aus-
strahlen.
Die Grenzfläche eines Körpers ist überhaupt nur bei diffuser
Reflexion oder Brechung sichtbar; dagegen ist die Oberfläche eines
vollkommenen Spiegels nicht sichtbar, man sieht nur die an ihr
reflektierten Strahlen, die von außerhalb des Spiegels liegenden
Lichtquellen herrühren, d. h. man sieht nur die letzteren.
2. Satz vom ausgezeichneten Lichtweg. Die vorhin an-
geführten direkten Erfahrungstatsachen über die Richtung der
Lichtstrahlen lassen sich gemeinsam zusammenfassen in den Satz
vom ausgezeichneten Lichtweg. Wenn ein Lichtstrahl durch eine
beliebige Anzahl von Reflexionen und Brechungen von einem Punkte
P nach einem Punkte P' gelangt, so ist die Summe der Produkte
aus Brechungsexponent je eines Mediums und der in ihm durch-
laufenen Strecke Snl^ ein Extremwert, d. h. sie weicht von der
gleichen Summe für alle, dem tatsächlichen Wege unendlich be-
nachbarten höchstens um Glieder zweiter Ordnung ab. Es ist also,
wenn wir die Änderung erster
Ordnung durch ein vorgesetztes
6 bezeichnen;
d-rM/ = 0. (7)
Das Produkt: Brechungs-
exponentmal durchlaufener Weg
wird „Lichtweg" öder „optische
Länge" des Strahles genannt.
Um den Satz für eine ein-
zelne Brechung zu beweisen,
sei POP' der tatsächliche Gang
des Lichtes (Figur 1). OE sei
der Durchschnitt der Einfalls-
ebene PON mit der Grenzfläche
(Tangentialebene) des brechen-
den Körpers. O' sei ein dem
Punkte 0 unendlich benachbarter Punkt in der Grenzfläche des
brechenden Körpers, und zwar möge OCf einen beliebigen Winkel
^ mit der Einfallsebene, d. h. der Linie OE^ einschließen. Nun
ist zu beweisen, daß bis auf Größen der zweiten oder höheren
Ordnung
n- PO + n ' OP'=^n' PO' + n - O'P' (8)
Fig. 1.
Digitized by
Google
10
Ki^itel L
ist, wenn w und n die Brechungsexponenten der aneinander gren-
zenden Medien bedeuten.
Fällt man von 0 ein Lot OR auf PO' und ein Lot OR' auf
P'(/, so ist bis auf Größen zweiter Ordnung:
(9) PC/=PO + R(y, 0'P'=OP^—0'R\
Ferner ist mit derselben Annäherung:
(10) RCf= 00'- cos POCf, aR'= OCf .cos P' OÖ .
Um cos POÖ zu berechnen, wollen wir die Richtungskosinus
der Strecken PO und 00' in bezug auf ein rechtwinkliges Achsen-
kreuz hinschreiben, als das wir die Richtungen ON, OE und OD
wählen, wobei OD senkrecht zu ON und OE gedacht ist. Bezeich-
net g) den Einfallswinkel PON, so sind die Richtungskosinus von
PO (die Vorzeichen lassen wir unberücksichtigt):
PO : cos q), sin 9), 0,
die Richtungskosinus von 00^:
00' \ 0, cos &', sin &,
Nach einem Satze der analytischen Geometrie, nach dem der
Kosinus des Winkels zwischen zwei beliebigen Strecken gleich
der Summe der Produkte entsprechender Richtungskosinus der
Strecken gegen ein rechtwink-
fP' liges Achsenkreuz ist, folgt:
cos POO' = sin g) ' cos ^,
und analog:
cos P'OO^ = sin g)' • cos ^,
falls q/ den Brechungswinkel
bedeutet.
Es ist daher nach (9) und (10):
n'P0r+n'O'P' = n' PO
+ n ' OÖ -sing)' cos ^ + n • OP'
— n • 00' • sin g) • cos d-.
Da nun aber nach dem
P.
Fig. 2.
Brechungsgesetz (3) die Relation besteht:
n ' sin g> = n ' sin g>\
so ist in der Tat die Relation (8) erfüllt für eine beliebige Lage
des Punktes 0', falls er nur unendlich nahe benachbart ist an 0.
Für eine einzelne Reflexion läßt sich der Satz (7) einfacher
beweisen. Derselbe nimmt hier die Form an:
(11) 6{P0+ OP'):=0,
Digitized by
Google
Die Fundamentalgesetze.
11
falls, wie in Figur 2 gezeichnet ist, PO und OP' den tatsächlichen
Strahlengang bezeichnet Denken wir uns denjenigen Punkt P^
konstruiert, welcher zu P symmetrisch liegt in bezug auf die Tan-
gentialebene OE des brechenden Körpers, so ist für jeden beliebigen
Punkt C( in der Tangentialebene PO' = Pj (/. Der Lichtweg von
P nach P' bei einer einmaligen Reflexion an der Tangentialebene
OE ist also bei jeder beliebigen Lage des Treffpunktes C( gleich
der Länge PxCf + 0'P\ Diese Länge ist nun ein Minimum, wenn
Pj, C( und P' in gerader Linie liegen. Dann fällt aber der Punkt
0' in der Tat mit dem aus dem Keflexionsgesetz folgenden Punkte
0 zusammen. Da nun die Eigenschaft eines Minimums (ebenso wie
eines Maximums) durch Verschwinden der ersten Variation, d. h.
durch die Gleichung (11), sich ausdrückt, so ist unser Satz (7) für
eine einmalige Reflexion bewiesen.
Es ist zu bemerken, daß das Verschwinden der ersten Variation
sowohl der Ausdruck eines Minimums wie eines Maximums sein kann
In dem Falle, wo der brechende Körper tatsächlich von einer
Ebene begrenzt ist, folgt aus der angegebenen Konstruktion ohne
weiteres, daß bei der Reflexion der Lichtweg ein Minimum ist.
Ebenso läßt sich beweisen,
wie weiter unten näher aus-
geführt werden wird, daß
bei der Brechung der tat-
sächliche Lichtweg ein Mini-
mum ist, falls der brechende
Körper von einer Ebene be-
grenztwird. Daherist unser
Prinzip auch oft das vom
kürzesten Lichtweg ge-
nannt worden.
Wenn indes die Ober-
fläche des brechenden oder
reflektierenden Körpers gekrümmt ist, so kommt es ganz auf die
Art dieser Krümmung an, ob der Lichtweg ein Minimum
oder ein Maximum ist. Allen Fällen gemeinsam ist nur das
Verschwinden der ersten Variation, und dies genügt auch voll-
kommen zur Bestimmung des Strahlenganges.
Um die Verhältnisse klar zu übersehen, empfiehlt sich die Ein-
fuhrung der sogenannten aplanatischen Fläche, das ist diejenige
Fläche, für deren sämtliche Punkte A die Summe der Lichtwege
Fig. 3.
Digitized by
Google
12
Kapitel I.
nach den zwei Punkten P und P' konstant ist. Für diese Fläche
verschwindet also für die Summe der Lichtwege nicht nur die
Variation der ersten Ordnung, sondern alle Variationen beliebig
hoher Ordnung.
Bei der Reflexion ist die aplanatische Fläche
(12) PA + P'A = Konstante C
ein Rotationsellipsoid mit den Punkten P und P' als Brenn-
punkten.
Wenn SOS' das Stück eines reflektierenden Spiegels ist (vgl.
Figur 3), und 0 ein Punkt auf demselben, für den die Richtungen
PO und P'O dem Reflexionsgesetz genügen, so muß die zu den
Punkten P und P' zugehörige aplanatische Fläche AOÄ, welche
durch den Punkt 0
geht, offenbar den
Spiegel SOä' in 0
berühren, da für
beide Flächen die
erste Variation der
Lichtwege ver-
schwindet. Ist nun
der Spiegel ÄOS',
wie in der Figur,
stärker konkav
gekrümmt als
die aplanatische
Fläche, so ist
der Lichtweg
PO + OP' ein Maximum, sonst ein Minimum. Der Beweis
hierfür ergibt sich direkt aus dem Anschauen der Figur, da
für alle Punkte Cf im Innern des Rotationsellipsoids AOÄ,
dessen Gleichung durch (12) gegeben ist, die Summe PO' -{- ÖP'
kleiner ist als die Konstante C, während für alle äußeren Punkte
0' die Summe PO' + CfP' größer ist als C, und für den tatsäch-
lichen Reflexionspunkt 0 die Summe PO -{- OP' gleich ist C.
Bei der Brechung ist die aplanatische Fläche
n- PA-^-n ' P'A = Konstante C
eine sogenannte Kartesische Ovale, welche nach dem schwächer
brechenden Medium zu (es sei in der Figur 4 w < ii) konvex sein
muß, und zwar offenbar stärker als irgend eine um /*' als Zentrum
beschriebene Kugel.
Fig. 4.
Digitized by
Google
Die Fundamentalgeßetze. 13
Diese aplanatische Fläche scheidet wiederum die Gebiete, für
deren Punkte Cl die Summe der Lichtwege n • PO' + n - P'd '^G
ist, von denen, in welchen jene Summe < C ist Erstere Gebiete
liegen von der aplanatischen Fläche aus nach dem schwächer brechen-
den Medium (links in der Figur), letztere nach dem stärker brechen-
den Medium (rechts in der Figur).
Wenn nun SOS' ein Stück der Grenzfläche zwischen beiden
Medien ist, und PO, P'O den tatsächlichen Strahlen verlauf, wie
er nach dem Brechungsgesetz stattfindet, bezeichnet, so ist der
Lichtweg über 0 ein Maximum oder Minimum, je nachdem SOS'
stärker oder schwächer konvex ist nach dem schwächer brechen-
den Medium zu, als die aplanatische Fläche AOÄ, Der Beweis
ergibt sich direkt aus der Figur.
Falls also z. B. SOS' eine Ebene ist, so ist der Lichtweg ein
Minimum. In der Figur ist der Fall gezeichnet, daß der Licht-
weg über 0 ein Maximum ist.
Da wir später sehen werden, daß der Brechungsexponent
umgekehrt proportional der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des
Lichtes ist, so ist der optische Weg nl proportional der Zeit, welche
das Licht zum Durchlaufen der Strecke / gebraucht hat. Das
Prinzip des kürzesten Lichtweges deckt sich also mit
Fermats Prinzip der schnellsten Ankunft des Lichtes,
man erkennt aber aus dem Vorigen, daß unter Umständen die An-
kunft des Lichtes auch die langsamste sein kann.
Nach dem Prinzip der Superposition von Variationen können
wir von der Gleichung öSnl = 0 für eine einzelne Reflexion oder
Brechung sofort Anwendung machen auf den Fall beliebig vieler.
3. Der Satz von Malus. Es gibt zwei verschiedene Arten
von geometrischen Strahlensystemen: solche, welche sich recht-
winklig von einer geeignet konstruierten Fläche F schneiden lassen
(orthotomisches System), und solche, für welche eine deraiüge
Flächei^nicht gefunden werden kann (anorthotomisches System).
Unter Benutzung des vorigen Satzes läßt sich nun der Satz von
Malus beweisen. Derselbe lautet: Ein orthotomisches System
von Strahlen bleibt auch nach beliebig vielen Reflexio-
nen und Brechungen ein orthotomisches. Nach der Wellen-
theorie des Lichtes, nach der die Strahlen die Normalen der Wellen-
fläche sind, ist der Satz selbstverständlich. Man kann ihn aber
auch allein aus den bisher benutzten geometrischen Fundamental-
gesetzen herleiten.
Digitized by
Google
14
Kapitel I.
Fig. 5.
Seiea (vgl. Figur 5) ABCDE und ÄB'C'D'E' zwei unendlich
nahe benachbarte Strahlengänge, und zwar mögen sie senkrecht
von einer Fläche F ausgehen. Ist die gesamte optische Länge von
A bis E mit L bezeichnet, so läßt sich beweisen, daß alle Strahlen
senkrecht auf einer Fläche F' stehen, die von den Endpunkten E,
E' usw. aller Strahlengänge gebildet
werden, für die die gesamten opti-
schen Längen, von ihren Anfangs-
punkten A, Ä aus gerechnet, denselben
konstanten Wert L besitzen. — Zum
Beweise wollen wir uns AB und E'D
gezogen denken.
Nach dem vorigen Satze vom aus-
gezeichneten Lichtweg muß der ge-
samte Lichtweg ^'B'C'i>'£^ gleich sein
dem nur unendlich wenig variierten
ÄBCDBf, d. h. gleich L, welches auch
der Wert für den Lichtweg ABCDE ist. Subtrahiert man nun
von beiden Lichtwegen ÄBCDE' und ABCDE die gemeinsamen
Strecken, so folgt, daß sein muß:
n ' AB + n ' DE = n ' AB + n ' DE\
falls mit n der Brechungsindex vor der Fläche F, mit n der
Brechungsindex vor F' bezeichnet wird. Da nun aber AB=^a'B
ist, weil AB senkrecht gegen F gerichtet sein soll, so folgt auch
DE^DE',
d. h. DE steht senkrecht zur Fläche F\ Ebenso läßt sich für
jeden anderen Strahl D'E' beweisen, daß er senkrecht auf F' steht.
Strahlen, die von einem leuchtenden Punkt ausgehen, stehen
senkrecht auf einer Fläche F, nämlich auf irgend einer um den
leuchtenden Punkt als Zentrum beschriebenen Kugel. Da jede
Lichtquelle als ein Komplex leuchtender Punkte angesehen werden
kann, so bilden also stets die Lichtstrahlen ein orthotomi-
sches System.
Digitized by
Google
Geometrische Theorie der optischen Abbildang. 15
Kapitel U.
Geometrische Theorie der optischen Abbildung.
1. Begriff des optischen Bildes. Wenn wir einen leuchten-
den Punkt P haben, in dessen Umgebung brechende und reflek-
tierende Körper beliebig angeordnet sind, so geht im allgemeinen
durch einen beliebigen Punkt P' des Raumes nur ein einziger Licht-
strahl, d. h. die Richtung, in welcher das Licht von P nach P' ge-
langt, ist eine eindeutig bestimmte. Es können aber auch Punkte
P' gefunden werden, in denen sich mehrere Lichtstrahlen schneiden,
z. B. zwei Lichtstrahlen, wenn P' der Durchschnittspunkt zweier
von P ausgehender Lichtstrahlen ist. — Wenn ein Bündel von
Lichtstrahlen, die von Pausgehen, sich in einem Punkte P' schneiden,
so heißt P' das optische Bild von P. In P' wird offenbar ein
Maximum von Lichtwirkung stattfinden. Das Bild P' wird reell
genannt, wenn die Lichtstrahlen dort wirklich zum Schnitt kommen,
dagegen virtuell, falls erst die rückwärtigen Verlängerungen
der Lichtstrahlen sich in P' schneiden. Das einfachste Beispiel
eines virtuellen Bildes bietet die Spiegelung einer Lichtquelle P in
einem ebenen Spiegel. Das Bild P' ist der symmetrisch zu P in
bezug auf den Spiegel gelegene Punkt. Reelle Bilder kennzeichnen
sich durch direkte Erleuchtung einer geeignet gehaltenen rauhen
Fläche, z. B. Tafel weißen Papiers, virtuelle Bilder nicht. Bei
der Spiegelung dringt z. B. gar kein Licht zum Bildpunkte P\
Virtuelle Bilder können aber durch optische Vorrichtungen in reelle
Bilder umgewandelt werden, z. B. sehen wir ein virtuelles Bild,
indem dasselbe mit Hilfe des Auges in ein reelles Bild umgewan-
delt wird, welches eine bestimmte Stelle der Netzhaut erleuchtet.
Das im Bilde zur Vereinigung gebrachte Strahlenbündel kann
ein endliches, oder auch ein unendlich dünnes räumliches oder
eventuell sogar nur ebenes (Elementar-)Bündel sein. Denken wir
uns z. B. den Fall einer einzigen Brechung. Wenn die Grenzfläche
des brechenden Körpers die aplanatische Fläche für die beiden
Punkte P und P' ist, so wird ein endliches Strahlenbündel, welches
von P ausgeht, in P' zur Vereinigung gebracht; denn alle Strahlen,
die von P ausgehen und die aplanatische Fläche treffen, müssen
sich in P' schneiden, da für sie alle die gesamte optische Länge
denselben Wert hat.
Digitized by
Google
16 Kapitel 11.
Wena die Grenzfläche des brechenden Körpers nicht die Ge-
stalt der aplanatischen Fläche besitzt, so kommen um so weniger
Strahlen in P' zur Vereinigung, je stärker die Abweichung in der
Gestalt beider Flächen (die sich notwendig berühren müssen, cf.
oben S. 12) ist. Damit ein ebenes Elementarbüschel sich in P'
schneide, muß wenigstens in einer Ebene die Krümmung beider
Flächen in ihrem Berührungspunkte 0 übereinstimmen. Stimmt
die Krümmung beider Flächen in 0 für zwei Ebenen und damit
überhaupt überein, so kommt in P' ein räumliches Elementarbündel
zum Schnitt, und wenn schließlich ein endliches Stück der Grenz-
fläche des brechenden Körpers zusammenfällt mit der aplanatischen
Fläche, so gelangt ein endliches Strahlenbündel in P' zum Schnitt.
Vermöge der ümkehrbarkeit der Lichtwege können Lichtquelle
P und Bild P' ihre Funktion vertauschen, d. h. P' als Lichtquelle
hat sein Bild in P, Wegen dieser ümkehrbarkeit der Beziehung
nennt man auch P und P' konjugierte Punkte.
2. Allgemeine Abbildnngsformeln. Wir wollen annehmen,
daß es durch irgendwelche Mittel (Reflexionen und Brechungen)
gelungen wäre, ein räumliches Continuum von Punkten P abzubilden
in ein räumliches Continuum von Punkten P', Ersteres Continuum
heißt der Objektraum, letzteres der Bildraum. Nach der
Definition, nach der das optische Bild definiert ist, folgt, daß es zu
jedem ^) durch P gehenden Strahl einen durch P' gehenden kon-
jugierten Strahl gibt Zweien in P sich schneidenden Strahlen des
Objektraumes müssen zwei konjugierte Strahlen im Bildraum ent-
sprechen, welche sich ebenfalls schneiden, und zwar in dem zu P
konjugierten Punkte P\ Es gibt also zu jedem P nur einen kon-
jugierten Punkt P\ Wenn vier Punkte PyP2P.^Pj^ des Objektraumes
in einer Ebene liegen, so schneiden sich die Strahlen, welche je
zwei dieser Punkte verbinden, z. B. der Strahl P^P^ schneide
7*3^4 im Punkte A. Die konjugierten Strahlen P\P'2 und P\P\
schneiden sich daher ebenfalls, nämlich im Bilde ^' von A, Daher
liegen die vier Bilder P\P\P\P\ ebenfalls in einer Ebene. — Man
kann also sagen, daß sich Punkte, Strahlen und Ebenen in beiden
Räumen gegenseitig eindeutig entsprechen. Eine solche Beziehung
beider Räume nennt die Geometrie eine kollineare Verwandt-
schaft.
1) Die Abbildung soll nicht nur durch Elementarbüschel, sondern durch
beliebig weite, endliche Büschel zustande kommen.
Digitized by
Google
Geometriflche Theorie der optischen Abbildung. 17
Der analytische Ausdruck der kollinearen Verwandtschaft läßt
sich leicht bilden. Nennen wir xyz die Koordinaten eines Punktes
P im Objektraum in bezug auf ein festes rechtwinkliges Koordinaten-
system, xyz die Koordinaten des konjugierten Punktes P' in bezug
auf ein anderes, für den Bildraum angenommenes Koordinaten-
system, so muß zu jedem xyz ein und zwar nur ein Wertsystem
x'yz' zugehören, und umgekehrt. Dies ist nur möglich bei dem
Ansatz:
ax + by + cx + d '
^/ ^ 03a? -h ^y -h ozz -h dj
ax -\- by -\- ex -\- d '
wobei die a, b, c, d gewisse Konstanten sind. — In der Tat, f&r
jedes x\ y\ z berechnen sich nach (1) die x, y, z aus drei linearen
Gleichungen; und umgekehrt gehört zu jedem x, y, z ein Wert-
system x\ y\ z\ Wenn die rechten Seiten der Gleichungen (1)
nicht der Quotient zweier linearer Funktionen von x, y, z wären,
so würden zu gegebenem x\ y\ % mehrere Wertsysteme a:, t/, z
gehören; außerdem muß der Nenner dieser Quotienten ein und
dieselbe lineare Funktion sein (oa: -f- % + c;;; -f cQ, weil sonst einer
Eben^:
Äx ^Ply -^ (fz + Ü=0
nicht wiederum eine Ebene:
Ax + By+ Oz + D=0
entsprechen würde.
Wenn man die Gleichungen (1) nach a:, y^ z auflöst, so folgen
ganz analoge Formen wie (1), nämlich:
^ — aV+^y+cV + d' ' ^^^- (^)
Aus (1) folgt
für ax -{- by + ex + d = 0: a:' == t/' = %' = 00,
aus (2) folgt
für ax' + ^V + c^' + d' = 0: x = y ==^ z= 00.
Die Ebene ax + by + cz + d=0 heißt die Brennebene ^
des Objektraumes. Ihren Punkten P entsprechen im Unendlichen
liegende Bilder P\ Zwei Strahlen, die von einem Punkte P dieser
Drnde, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 2
Digitized by
Google
18
Kapitel II.
Brennebene ausgehen, entsprechen zwei Parallelstrahlen im Bild-
raume.
Die Ebene dx + iSy + cV + cf = ö heißt die Brennebene %'
des Bildraumes. Parallelstrahlen des Objektraumes besitzen
konjugierte Strahlen im Bildraume, die sich in einem Punkte dieser
Brennebene ^ schneiden.
In dem Falle, daß a=^h = c= 0 ist, entsprechen, wie aus
den Gleichungen (1) hervorgeht, allemal endlichen Werten von
a;, y, % auch endliche Werte von x, y\ % und umgekehrt. Es ist
also dann auch a=6'=c'=ö. In diesem Falle, der als tele-
skopische Abbildung bezeichnet wird, gibt es also keine, im
Endlichen liegenden Brennebenen.
S. Zentrierte Abbildung. Bei optischen Instrumenten ist viel-
fach der Fall realisiert, daß die Abbildung rings um die Achse
symmetrisch ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Grenzflächen der
brechenden bezw.
reflektierenden Kör-
y per Rotationsflächen
mit gemeinsamer
Achse sind, oder spe-
zieller Kugelflächen,
0 X oc' O' deren Zentren auf
einer Geraden liegen.
— Diese Abbildung
wird zentrierte ge-
nannt.
Nach Symmetrie
muß das Bild P' eines Punktes P in der durch die Achse des
Systems und durch den Punkt P gehenden (Meridian-)Ebene liegen,
und es genügt zum Studium der Abbildung vollkommen, wenn die
Beziehungen zwischen Objekt und Bild in einer solchen Meridian-
ebene bekannt sind.
Wählen wir als solche die ;c?/-Ebene des Objektraumes und
die a;' //'-Ebene des Bildraumes, und legen wir die x- Achse bezw.
X-Achse in die Symmetrieachse der Abbildung, so können die x-
bezw. ^'-Koordinaten in den Abbildungsgleichungen gar nicht mehr
auftreten, so daß sie sich reduzieren auf:
^^^ ^ ax + by + d' ^^ ~ ax + by -\- d'
Die beiden Koordinatensysteme xy und xy haben dann also
Fig. 6.
Digitized by
Google
Geometrische Theorie der optischen Abbildung. 19
parallel gerichtete Koordinatenachsen, und zwar fallen die x- Achse
und die a;'- Achse in eine Richtung. Der Koordinatenanfang Cf für
den Bildraum kann aber eine gewisse Distanz von dem Koordinaten-
anfang 0 des Objektraumes haben. Die positive Richtung von x
soll sich im Sinne der einfallenden Lichtstrahlen (von links nach
rechts) erstrecken, die positive Richtung von x dagegen entgegen-
gesetzt, d. h. von rechts nach links. Die positiven y und y sollen
nach oben gerechnet sein (vgl. Figur 6).
Nach der Symmetrie der Abbildung darf nun x seinen Wert
nicht ändern, falls y sein Vorzeichen ändert. Dies gibt für die
Gleichungen (3) die Bedingung ft^ = 6 = ö. Ebenso folgt aus der
Symmetrie der Abbildung, daß y einfach sein Vorzeichen wechselt,
falls es y tut. Dies gibt die Bedingung a^=z d2= 0. Die
Gleichungen (3) reduzieren sich daher auf:
' gi3? -h dj f bjy
^ — ax-\-d' y ~ ax-^rd' ^^^
Es bleiben also fünf Konstanten übrig, aber nur ihre gegen-
seitigen Verhältnisse sind für die Abbildung maßgebend. Eine
zentrierte Abbildung hat also im allgemeinen vier charak-
teristische Konstanten.
Die Umkehrung der Gleichungen (4) liefert:
dx — dx a^d — ad\ y
Die Brennebene g des Objektraumes hat die Gleichung ax -f- d= 0,
die Brennebene %' des Bildraumes die Gleichung ax — a^ = 0.
Die Durchschnitte mit der Achse des Systems werden die Brenn-
punkte F, F' genannt
Legen wir den Anfang der x in den Brennpunkt F des Objekt-
raumes, ebenso den Anfang der x in den Brennpunkt F' des Bild-
raumes, so ist, falls xo, rco' die von den Brennebenen aus gerech-
neten Koordinaten bedeuten, axo für ax-\-d zu schreiben, und — axo
für fli — ax\
Aus den Gleichungen (4) gewinnt man dann:
, adx—oxd y h^
Es bleiben also nur noch zwei charakteristische Konstanten-
kombinationen in den Gleichungen übrig. (Die anderen beiden
Konstanten sind in der Lage der beiden Brennebenen enthalten.)
Wir wollen für diese beiden Konstantenkombinationen vereinfachte
2*
Digitized by
Google
20
Kapitel II.
Beziehungen einführen, indem wir schreiben (es werden jetzt
wieder diö Indices o an den x fortgelassen):
Hierbei sind also die x bezw. x die Entfernungen des
Objektes bezw. Bildes von den Brennebenen % bezw. %\
Das Verhältnis y\y wird die Lateralvergrößerung ge-
nannt, oder auch die Vergrößerung schlechthin. Dieselbe ist
gleich 1 für a; = /; d. h. x == f , Hierdurch sind zwei zur Achse
des Systems senkrecht liegende Ebenen ^ und ^ charakterisiert,
welche die Hauptebenen der Abbildung genannt werden. Die
Durchschnitte mit der Achse des Systems heißen die Haupt-
punkte F, E\
Die Hauptebenen haben also die Eigenschaft, daß
irgend einemPunktePin der einenHauptebene ein achsen-
äquidistanter Punkt F' in der anderen Hauptebene kon-
jugiert ist
Die beiden, in den Abbildungsgleichungen (7) noch übrig-
bleibenden Konstanten f und f haben nach dem Vorigen die Be-
deutung der Ent-
DC oc' ^' femung der Haupt-
ebenen ^, ^ von
den Brennebenen g,
g'. Die Konstante f
heißt die Brenn-
weite des Objekt-
raumes, f die
Brennweite des
Bildraumes, f ist
positiv gerechnet,
wenn die Lichtstrah-
len zuerst die Brennebene g? dann die Hauptebene § treffen; bei
f ist es umgekehrt. In Figur 7 sind beide Brennweiten positiv.
Die Bedeutung der Brennweiten kann man sich in folgender
Weise klar machen: Parallelstrahlen im Objektraum müssen kon-
jugierte Strahlen im Bildraume besitzen, die sich in einem Punkte
der Höhe y in der Brennebene g' schneiden mögen. Diese Höhe
// hängt nun offenbar von dem Neigungswinkel u der einfallenden
Strahlen gegen die Achse ab. Ist der Winkel w= (?, so folgt schon
aus Symmetrie // ^ ö, d. h. achsenparallele Strahlen haben kon-
Fig. 7.
Digitized by
Google
Geometrische Theorie der optischen Abbildung. 21
jugierte Strahlen, die sich im Brennpunkt ^ vereinigen. Wenn da-
gegen u von Null verschieden ist, so betrachten wir einen Strahl
PFA (Figur 7) des Bündels, der durch den ersten Brennpunkt geht
und die Hauptebene $ in ^ schneidet Der konjugierte Strahl zu
ihm: ÄP' muß offenbar ein a'chsenparalleler Strahl sein, da der
erste Strahl durch F geht, femer hat Ä die gleiche Höhe wie A,
wegen der Eigenschaft der Hauptebenen. Folglich ist die gesuchte
Höhe y des Bildes der unter dem Winkel u einfallenden Parallel-
strahlen, wie aus Figur 7 sofort hervorgeht:
y'=f.tgu. (8)
Man kann deshalb den Satz aussprechen: Die Brennweite
des Objektraumes ist gleich dem Verhältnis der linearen
Größe eines in der Brennebene des Bildraumes gelegenen
Bildes zur scheinbaren (angularen) Größe seines unend-
lich entfernten Objektes. Eine analoge Definition gilt natür-
lich auch für die Brennweite f des Bildraumes, wenn man sich
nämlich ein schiefes Parallelstrahlbündel in ihm einfallend denkt,
so daß es zu einem Bilde in der Brennebene % vereinigt wird.
Wenn man sich in Figur 7 ÄP' als einfallenden Strahl denkt,
so daß die Rolle von Bildraum und Objektraum vertauscht wird,
so kann man auch folgende Definition der Brennweite f, die dann
also die Brennweite des Bildraumes bedeutet, aussprechen:
Die Brennweite des Bildraumes ist gleich der Ent-
fernungeines achsenparallelenStrahles desObjektraumes
von der Achse, dividiert durch die Tangente des Neigungs-
winkels des konjugierten Strahles.
Zu denselben Folgerungen, nämlich der Gleichung (8), gelangt
man natürlich von den Gleichungen (7) durch Rechnung, indem
man tgu = y : x, tgu =y:x setzt. — Wegen der entgegen-
gesetzten Richtung der x und x (cf. oben S. 19), der gleichen
Richtung der y und y\ ergibt sich, daß u und u in verschiedener
Weise positiv gerechnet sind: Der Neigungswinkel u eines
Strahles im Objektraum ist positiv (und kleiner als 90*^),
falls der Strahl von links unten nach rechts oben geht;
der Neigungswinkel u eines Strahles des Bildraumes ist
positiv, falls der Strahl von links oben nach rechts unten
geht.
Die Lateralvergrößerung hängt, wie Gleichung (7) lehrt, von
Xj d. h. der Entfernung des Objektes vom Brennpunkte F, sowie
Digitized by
Google
22
Kapitel U.
von der Brennweite f ab. Sie ist aber unabhängig von y, d. h.
eine zur Achse des Systems senkrechte Figur vrird ähnlich ab-
gebildet Dagegen wird ein Raumteil nicht mehr ähnlich ab-
gebildet, wie schon einerseits aus der Abhängigkeit der Lateral-
vergrößerung von X hervorgeht, andererseits kann man leicht aus
(7) ableiten, daß die Tiefenvergrößerung, d. h. das Verhältnis
eines Zuwachses dx von x zu einem Zuwachse dx von x propor-
tional dem Quadrat der Lateralvergrößerung ist
Ein Strahl im Objektraum möge die Hauptebene § in A, die
Achse in P schneiden (vgl. Figur 8).
Fig. 8.
Sein Neigungswinkel u gegen die Achse folgt aus
AR AH
falls X die Entfernung des P von F mit richtigem Vorzeichen be-
deutet
Der Neigungswinkel u des konjugierten Strahles gegen die
Achse bestimmt sich aus
, . A'H' A'n'
falls X die Entfernung des P' von F' bedeutet, und P' der kon-
jugierte Punkt zu P, Ä der zu A ist Wegen der Eigenschaft der
Hauptebenen UiAH=ÄH\ durch Division der beiden letzten
Gleichungen folgt also mit Berücksichtigung von (7):
(9)
tgu
if/u
f-x
Das Verhältnis der Tangenten der Neigungswinkel konjugierter
Digitized by
Google
Geometrische Theorie der optischen Abbildung.
23
Strahlen wird Konvergenzverhältnis oder Angularvergrös-
serung genannt. Dasselbe ist also gemäß der Gleichung (9) von
u oder u unabhängig.
Die Angularvergrößerung wird = — l für a;=/^, oder x=f.
Die beiden hierdurch bestimmten (konjugierten) Punkte K und K'
heißen die Knotenpunkte des Systems. Sie haben die Eigen-
schaft, daß einem Strahl durch den einen Knotenpunkt
K ein paralleler Strahl durch den anderen Knotenpunkt
K' konjugiert ist — Die Lage der Knotenpunkte K, K' bei posi-
tiven Brennweiten f und f ist in der Figur (9) gezeichnet KA,
Fig. 9.
K'a' sind zwei konjugierte Strahlen. Es folgt aus der Figur, daß
die beiden Knotenpunkte dieselbe Entfernung vonein-
ander besitzen wie die beiden Hauptpunkte. — Falls /'=/^
ist, fallen die Knotenpunkte mit den Hauptpunkten zusammen.
Durch Multiplikation der zweiten der Gleichungen (7) mit (9)
leitet man ab:
ytqu _ f
Jl^- f (^^)
Nennt man e die Entfernung eines Objektes P von der Haupt-
ebene $, ebenso e die Entfernung seines Bildes P' von der Haupt-
ebene §', wobei e und e positiv gerechnet werden sollen, wenn
P vor (links von) §, und P' hinter (rechts von) §' liegt, so ist
e = f — ic, e=f — x\
Daher liefert die erste der Gleichungen (7):
c ' e
(11)
Digitized by
Google
24
Kapitel ü.
3
Fig. 10.
K
Dieselbe Gleichung gilt, falls e und e die Entfernungen des
P und P' von zwei beliebigen konjugierten Ebenen, die senkrecht
zur Achse stehen, bedeutet und f und f' die Entfernungen der Brenn-
punkte von diesen Ebenen. Das Resultat ist leicht aus (7) abzuleiten.
4. Konstruktionen konjugierter Punkte. Die Formel (11) er-
laubt eine bequeme graphische Konstruktion
(Figur 10). Wenn ABCD ein Rechteck mit
den Seiten f und f ist, so schneidet jede
Grade ECBf den rechten Winkel in zwei
D\ \r Distanzen AE^=^e, AE'=e\ welche der
f' |\ Gleichung (11) genügen.
Man kann auch in anderer Weise ver-
fahren, um zu P den konjugierten Punkt P'
zu finden, indem man die Hauptebenen und
Brennpunkte benutzt Man ziehe (vgl. Figur 11) von P einen achsen-
parallelen Strahl PAj und einen durch den Brennpunkt F gehenden
Strahl PF. Zu PA ist A'y konjugiert, wobei A' dieselbe Höhe wie
A hat, zu PFB ist ein achsenparalleler Strahl P'B' konjugiert, wobei
B und B^ gleiche
Höhe haben. Der
Schnittpunkt P' bei-
der Strahlen ist der
gesuchte konjugierte
Punkt zu P. — Man
könnte auch die
Knotenpunkte be-
quem zur Konstruk-
tion heranziehen.
Die in Figur 11
benutzte Konstruk-
tion versagt in dem Falle, daß P und P' auf der Achse liegen. Ein
von P ausgehender Strahl möge die Brennebene % in der Höhe g,
die Hauptebene £> in der Höhe h schneiden (vgl. Figur 12). Der
konjugierte Strahl schneide §' und g' in den Höhen // = h und g.
Aus der Figur folgt, daß
Fig. 11.
g_
h
PF
ff
h
durch Addition folgt:
ff 4- g' 2xx — fx — fx
f~^^'F'~ f-x
(12)
1,
Digitized by
Google
Geometrische Theorie der optischen Abbildung.
25
da nach Gleichung (7) xx ^=^ff ist. P' ist also dadurch zu finden,
daß man die Höhe g ^==h — g in der Brennebene %' abträgt und
die Endpunkte der Strecken h' =h in §' und / in g' durch eine
Linie verbindet, g und/ sind negativ zu nehmen, falls sie unter
der Achse liegen.
5. Charakterisierung der verschiedenen Gattungen von Ab-
bildungen. Die verschiedenen Gattungen von Abbildungen können
nur durch die Vorzeichen der Brennweiten / und f voneinander
verschieden sein.
Haben beide Brennweiten dasselbe Vorzeichen, so ist
die Abbildung eine rechtläufige, d.h. wenn das Objekt von links
Fig. 12.
nach rechts rückt (d. h. x größer wird), so rückt das Bild in gleichem
Sinne, d. h. auch von links nach rechts {x wird kleiner). Dies
folgt unmittelbar aus der Gleichung (7) und dem Sinne, in welchem
x bezw. / positiv gerechnet sind (vgl. oben S. 19). Wir werden
später sehen, daß diese Art Abbildung vorliegt, falls sie nur durch
Brechungen oder eine gerade Zahl von Reflexionen oder eine Kombi-
nation beider zustande kommt. Diese Abbildung wird (weil die-
selbe meist nur durch Brechungen realisiert wird), auch kurz als
dioptrische bezeichnet.
Haben beide Brennweiten verschiedenes Vorzeichen,
so ist die Abbildung rückläufig, d. h. wenn sich das Objekt
von links nach rechts bewegt, so rückt das Bild von rechts nach
links, wie aus der Formel xx =^ff hervorgeht. Dieser Fall liegt
vor, wenn die Abbildung durch eine ungerade Zahl von Spiegelungen
Digitized by
Google
26 Kapitel IL
zustande kommt oder durch Kombination von Brechungen mit
solchen. Diese Abbildung wird daher auch kurz als katoptrische
bezeichnet Bei diesen Abbildungen ist der Sinn der Lichtaus-
breitung im Bildraum umgekehrt wie im Objektraum, so daß man
diese Fälle gemeinsam zusammenfassen kann unter das Gesetz:
Bei jeder Abbildungfolgendie konjugiertenPunkte zweier
konjugierter Strahlen aufeinander im Sinne der Licht-
ausbreitung.
Unter den dioptrischen Abbildungen sind wiederum zu unter-
scheiden die mit positiven und die mit negativen Brennweiten.
Erstere Abbildungen heißen kollektive, letztere dispansive;
bei ersteren nämlich wird ein Parallelstrahlbtindel in ein kon-
vergentes, bei letzteren in ein divergentes abgebildet, wenn
man es von der Hauptebene §' des Bildraumes im Sinne
der Lichtfortpflanzung weiter verfolgt. Eine Unterscheidung
zwischen beiden Abbildungen, je nachdem die Brennpunkte reell
oder virtuell sind, kann nicht gemacht werden, denn wir werden
später sehen, daß manche dispansive Systeme (Mikroskop z. B.)
reelle Brennpunkte besitzen.
Unter den katoptrischen Abbildungen sind nach gleicher Defi-
nition die mit negativer Brennweite des Bildraumes als kollektive
zu bezeichnen, da sich durch Eeflexion der Sinn der Lichtfort-
pflanzung umkehrt (also nach unseren Festsetzungen von rechts
nach links geht).
Es gibt daher folgende 4 Abbildungsarten:
Dioptrische ^ Kollektive: + A + A
^ b) Dispansive: — f, — / .
T7 . . . , a) Kollektive: + /*, — f.
Katoptrische , ( t^. . j , V
^ b) Dispansive: — /; + / .
6. Teleskopische Abbildung. Bisher ist angenommen, daß
die Brennebenen im Endlichen liegen. Liegen sie in der Unend-
lichkeit, so liegt der Fall der teleskopischen Abbildung vor. In
den Abbildungsgleichungen (4) verschwindet für diesen Fall der
Koeffizient a, so daß sich dieselben bei geeigneter Wahl des
Koordinatenanfangs der x reduzieren auf:
(13) x = ax, y=ßy.
Da rr' = 0 für rc = 0 ist, so sieht man, daß irgend zwei konjugierte
Punkte die Anfangspunkte der Zählung für x bezw. x bilden. —
Aus den Formeln (13) folgt, daß die Lateral- und Tiefenver-
Digitized by
Google
Geometrische Theorie der optischen Abbildung. 27
größerung konstant ist, ebenso ist die Angularvergrößerung kon-
stant; denn haben wir irgend zwei konjugierte Strahlen OP und
(yp\ so mögen ihre Schnitte mit der Achse der Abbildung zu
Koordinatenanfangspunkten dienen. Hat dann ein Punkt P des
ersten Strahles die Koordinaten rr, y, der konjugierte Punkt P' des
konjugierten Strahles die Koordinaten x y , so gilt für die
Neigungswinkel «, u:
tgu = y :x, tgu=y: x\
Daher folgt vermöge der Gleichungen (13)
tgu : tgu=^ ß : a. (14)
a muß positiv sein bei rückläufiger (katoptrischer) Abbildung,
negativ bei rechtläufiger (dioptrischer). Bei letzterer sieht man
also nach (14) in Berücksichtigung des positiven Sinnes von u und
u (cf. oben S. 21) bei positivem ß aufrechte Bilder von unendlich
entfernten Objekten, bei negativem ß umgekehrte Bilder. Es gibt
also je nach dem Vorzeichen von a und ß vier verschiedenartige
teleskopische Abbildungen.
Aus (14) und (13) erhält man
ytgu _ß\ . .
ytgu — a ^^^^
Ein Vergleich mit Formel (10) (S. 23) lehrt, daß bei der
teleskopischen Abbildung beide Brennweiten (die beide unendlich
groß sind) ein endliches Verhältnis besitzen. Es ist nämlich
/— ?■ (.6)
Falls f=f ist, wie bei Femrohren, und überhaupt bei jedem
Instrument, bei dem der Brechungsindex des Objektraumes gleich
dem des Bildraumes ist [vgl. dazu Kap. III, Formel (9)], so ist also
a = — ß\ Nach (14) ergibt sich dann
igu : tgu = — \ : ß.
Man bezeichnet dies Konvergenzverhältnis (Angularvergrößerung)
bei Femrohren schlechthin als Vergrößemng F. Nach (13) er-
gibt sich
y:y'=-r, (14')
d. h. beim Fernrohr ist die reziproke Lateralvergrößerung
numerisch gleich der Angularvergrößerung.
7. Kombination mehrerer Abbildungen. Eine Eeihenfolge
mehrerer Abbildungen muß einer einzigen Abbildung äquivalent
Digitized by
Google
28
Kapitel IL
sein. Wir wollen uns hier wiederum auf zentrierte Abbildungen
beschränken. Nennt man (vgl. Figur 13) /; /^ die Brennweiten der
resultierenden Abbildung, /i, f( die der ersten Abbildung, /i, /i'
die der zweiten, so kann man leicht die Brennweiten und Brenn-
punktslagen der resultierenden Abbildung berechnen oder kon-
struieren, wenn man die Distanz F^F^ = A kennt Diese Distanz
wollen wir kurz als Intervall der beiden Abbildungen 1 und 2
bezeichnen, und zwar sei dasselbe positiv, wenn F( links von F^
liegt, sonst negativ.
Ein in der Höhe y einfallender achsenparalleler Strahl S (Fig. 1 3)
wird durch die Abbildung 1 in den Strahl S^ abgebildet, welcher
Fig. 18.
durch den Brennpunkt F( geht. Durch die Abbildung 2 wird S^
in den Strahl S' abgebildet Sein Schnittpunkt F' mit der Achse
ist der Brennpunkt des Bildraumes der resultierenden Abbildung.
Er bestimmt sich rechnerisch daraus, daß Fl und F' konjugierte
Punkte in bezug auf die Abbildung 2 sind, d. h. es ist
(17) F/F'^/"^',
wobei F^F' positiv ist, falls F' rechts von F^ liegt; konstruktiv
erhält man F^ aus der oben S. 25 angeführten Konstruktion, indem
die Durchschnittspunkte von 5, und S' mit den Brennebenen §2
und 82' solche Entfernungen g und g von der Achse besitzen, daß
^ + / = «/! ist
Der Durchschnittspunkt Ä von S' mit S muß in der Haupt-
ebene ^ des Bildraumes der resultierenden Abbildung liegen. Da-
durch ist also §' und infolgedessen auch die resultierende Brenn-
Digitized by
Google
Geometrische Theorie der optischen Abbildung. 29
weite f konstruiert, welches die Entfernung des resultierenden
Brennpunktes F' von $)' ist. Aus der Konstruktion und der Figur
folgt, daß f bei positivem A negativ ist.
Eechnerisch folgt f aus Berechnung des Neigungswinkels u
des Strahles S\ Für S^ gilt:
und zwar ist u^ mit entgegengesetztem Vorzeichen zu rechnen,
falls S, als Objektstrahl für die Abbildung 2 aufgefaßt wird. Nach
(9) ist nun:
igu d
d. h. da tgu^ = — 2/ : /"/ ist:
Da nun aber (vgl. auch den Satz der S. 21) y\f^=^tgu ist, so folgt
/'=-^'- (18)
Analog erhält man durch Betrachtung eines achsenparallelen Strahles
im Bildraum und seines konjugierten Strahles im Objektraum:
f—^^h (19)
und für die Entfernung des resultierenden Brennpunktes F von dem
Brennpunkte F^\
jTF^^flli, (20)
wobei FF^ positiv ist, falls F links von F^ liegt
Die Gleichungen (17), (18), (19), (20) enthalten die Eigenschaften
der resultierenden Abbildung, berechnet aus denen der zusammen-
setzenden Abbildungen.
Ganz ähnlich kann man verfahren, wenn mehr als zwei succes-
sive Abbildungen vorhanden sind. .
Ist das Intervall J zweier Systeme gleich Null, so werden die
Brennweiten /und/' unendlich groß, man erhält also teleskopische
Abbildung. Das Verhältnis der Brennweiten, welches endlich
bleibt, folgt aus (18) und (19):
Die Lateralvergrößerung y : y ergibt sich aus Betrachtung eines
einfallenden achsenparallelen Strahles zu:
y':y = ß /,://. (22)
Digitized by
Google
30 Kapitel III.
Vermöge (21), (22) uud (16) ist die Konstante a, welche die Achsen-
vergrößerung bedeutet [vgl. oben Formel (13)]
Folglich ist nach (14) die Angularvergrößerung:
(24) tgu:tgu = ß\a = f^: /i'.
Die Konstruktion oder Berechnung einer resultierenden Ab-
bildung, wenn unter den zusammensetzenden Abbildungen eine oder
mehrere teleskopische auftreten, ist etwas zu modifizieren gegenüber
den bisherigen Betrachtungen. Das Resultat kann aber wiederum
sofort erhalten werden, wenn man die successiven Abbildungen eines
einfallenden achsenparallelen Strahles konstruiert oder berechnet.
Kapitel III.
Physikalische Herstellung der optischen Abbildung,
Im vorigen Kapitel ist nach dem Vorgang von Abbe die geo-
metrische Theorie der optischen Abbildung, welche das physikalische
Zustandekommen derselben ganz unerörtert läßt, deshalb voran-
gestellt, weil wir die so erhaltenen, allgemeinen Gesetze in jedem
speziellen Abbildungsfalle wieder finden müssen, einerlei, welche
spezielleren physikalischen Hilfsmittel zur Herstellung der Ab-
bildung herangezogen werden. Der Begriff der Brennpunkte und
Brennweiten z. B. ist also nur geknüpft an das Bestehen einer
Abbildung, einerlei, ob dieselbe durch brechende Linsen oder reflek-
tierende Spiegel oder durch andere Mittel realisiert wird.
In diesem Kapitel werden wir sehen, daß die optische Ab-
bildung allerdings in dem idealen Sinne des vorigen Kapitels und
ohne alle Beschränkungen physikalisch nicht hergestellt werden
kann, es ist nämlich die Abbildung endlicher Räume durch beliebig
weit geöffnete Strahlenbüschel nicht zu realisieren.
Digitized by
Google
Physikalische Herstellung der optischen Abbildung. 31
Wir haben zwar schon früher S. 15 gesehen, daß man durch
Eeflexion oder Brechung an einer aplanatischen Fläche die Ab-
bildung eines Punktes durch weit geöffnete Büschel erzielen kann.
Für andere Punkte ist dann aber keine Abbildung durch weit ge-
öffnete Büschel vorhanden, da die Gestalt der aplanatischen Fläche
vom Orte des Objektes abhängt. Deshalb bietet die genauere Be-
handlung spezieller aplanatischer Flächen kein großes physikalisches
Interesse. Wir werden im folgenden nur die Herstellung der
Abbildung durch brechende oder reflektierende Kugelflächen behan-
deln, da diese wegen der leichteren technischen Herstellbarkeit
bei den optischen Instrumenten allein verwandt werden, und andere
Fig. u.
Gestalten der reflektierenden oder brechenden Flächen schon allein
aus dem angeführten Grunde doch keine ideale optische Abbildung
liefern können.
Wir werden sehen, daß man durch brechende oder reflektierende
Kugelflächen optische Abbildung praktisch herstellen kann, wenn
man gewisse Beschränkungen dabei zuläßt, nämlich entweder in
der Größe der abgebildeten Räume, oder in der Weite der die
Abbildung vermittelnden Strahlenbüschel.
1. Breehung an einer Engelfliche. In einem Medium vom
Brechungsindex n falle ein Strahl PA auf eine stärker brechende
Kugel vom Brechungsindex n. Der Radius der Kugel sei r, ihr
Zentrum C (vgl. Figur 14). Um den gebrochenen Strahl zu finden,
Digitized by
Google
32 Kapitel m.
konstruiere man (nach Weierstrass) um G zwei Kugeln 1 und 2 mit
den Radien r^ = %, und r^ = ^r. Kugel 1 werde von PA in B
getroffen; man ziehe BG, welches Kugel 2 in D schneide. Dann ist
ÄD der gebrochene Strahl. Man kann dies leicht einsehen, da
Dreieck ABC ähnlich dem Dreieck BAG ist. Denn es ist AG\ GD
= BG:GA = n:n. Folglich ist ^DAG=^ABG=g)' (Brechungs-
winkel), und da ^BAG=g) (Einfallswinkel) ist, so ist
sin (p : sin (p = BG : AG = n :n,
was nach dem Brechungsgesetz sein muß.
Wenn man so zu verschiedenen, von einem Punkte P aus-
gehenden Strahlen die gebrochenen konstruiert, so erkennt man schon
aus der Zeichnung, daß dieselben sich nicht in einem einzigen
Punkte P' schneiden; eine Abbildung durch weit geöffnete Strahlen-
btischel findet also nicht statt Aus der benutzten Konstruktion
geht aber unmittelbar hervor, daß alle Strahlen PA, welche nach
dem Punkte B hinzielen, sämtlich nach dem Punkte D hin ge-
brochen werden. Umgekehrt haben alle Strahlen, welche von D
ausgehen, ihren virtuellen Vereinigungspunkt in Ä Es gibt
also auf jeder durch das Zentrum G einer Kugel vom
Radius r gehenden Geraden zwei Punkte in den Entfer-
nungen r^ und r^,, welche durch alle Strahlen genau in-
einander abgebildet werden, allerdings nicht zu zwei reellen
Bildern. Diese Punktepaare heißen die aplanatischen Punkte-
paare der Kugel.
Bezeichnen wir die Neigungswinkel zweier von den aplanati-
schen Punkten B und D ausgehender Strahlen gegen die Achse BD
mit u und u\ d. h. setzen wir
^ABG=u, ^ADG=u\
so ist, wie vorhin nachgewiesen wurde, ^ABG=^DAG=u,
Aus Betrachtung des Dreiecks ADG folgt daher:
( I ) sin u : sin u = AG: GD = n : n.
Wir haben also hier ein von u unabhängiges Verhältnis der Sinus
der Neigungswinkel konjugierter Strahlen, nicht wie nach Formel (9)
der S. 22 ein konstantes Verhältnis der Tangenten der Neigungs-
winkel. Der Unterschied beider Fälle ist darin begründet, daß
früher eine Abbildung gewisser endlicher Raumteile angenommen
wurde, während hier nur eine Abbildung zweier Flächen durch
Digitized by
Google
Physikalische Herstellung der optischen Abbildung. 33
weit geöffnete Büschel stattfindet. Die sämtlichen aplanatischen
Punktepaare B, D bilden nämlich die beiden konzentrischen Kugel-
flächen 1 und 2 der Figur 14. Allerdings ist diese Abbildung der
beiden Flächen auch nicht eine kollineare im früheren Sinne, denn
die beiden Flächen sind nicht zwei Ebenen. Bezeichnet man die
Größe zweier konjugierter Flächenstücke in ihnen mit s und s\ so
ist, da ihr Verhältnis gleich dem der ganzen Kugelfläche 1 und 2
sein muß:
$ : s = n^: n^.
Daher kann man die Gleichung (1) auch schreiben:
sin^u • s • n^ = smhi • s • n'^, (2)
Wir werden später sehen, daß diese Gleichung stets für die physi-
kalische Abbildung zweier unendlich kleiner Flächenstücke « und s
gilt, einerlei, durch welche speziellen Anordnungen die Abbildung
hergestellt ist.
Um eine räumliche optische Abbildung durch die Brechung an
einer Kugelfläche zu erhalten, müssen wir die Öffnung der die
Abbildung vermittelnden Strahlenbüschel als sehr klein annehmen.
Fig. 15.
Sei (vgl. Figur 15) PÄ ein Strahl, welcher in AP' gebrochen wird,
und sei PCP' die durch den Kugelmittelpunkt G gehende Zentrale,
so folgt aus Dreieck PAC:
sin q> : sin a = PH + r : PA^
aus Dreieck P' AG\
sin (p : sin a = HP' — r \ P A,
Durch Division folgt:
sin y _n__ PH+jr Pji
sin (p n P^H — r PA
Drnde, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 3
(3)
Digitized by
Google
e + r
34 Kapitel ni.
Setzen wir nun voraus, daß A unendlich nahe an H liege, d. h.
daß ^APH sehr klein sei, so ist P^^PF, P'A = P'n zu setzen.
Bezeichnen wir diese Entfernungen mit
PH=e, P'E=e\
so folgt aus (3):
oder
(4)
Dabei ist r positiv gerechnet, wenn die Kugel gegen das einfallende
Licht konvex ist, d. h. C rechts von H liegt; e ist positiv, falls P
links von F, e ist positiv, falls P' rechts von H liegt. Zu jedem
e gehört also ein ganz bestimmtes e', unabhängig von der Lage
des Strahles PA, d. h. es- findet eiAe Abbildung eines sich nahe an
die Zentrale PC anschließenden Raumteiles statt durch Strahlen,
welche der Zentrale nahe bleiben.
Eine Vergleichung der Formel (4) mit der früher auf S. 23
abgeleiteten Formel (11) lehrt, daß die Brennweiten der Ab-
bildung sind:
und daß die beiden Hauptebenen § und §' zusammenfallen in die
im Scheitel H der Kugelfläche errichtete Tangentialebene. Die
gleichen Vorzeichen von f und f entsprechen dem oben auf S. 25
besprochenen Merkmale der dioptrischen oder rechtläufigen Ab-
bildung. Ist n > n, so gibt eine konvexe Krümmung (positives r)
eine kollektive Abbildung. Reelle Bilder {e > 0) entstehen dabei,
solange e > /* ist. Die Bilder sind dann zugleich umgekehrt.
Die Gleichung (10) der S. 23 wird:
Nach früheren Festsetzungen sind die Neigungswinkel w, u kon-
jugierter Strahlen in verschiedenem Sinne gerechnet Wenn sie in
gleichem Sinne gerechnet werden, so wollen wir dies durch die Be-
zeichnung 'u an Stelle von u ausdrücken. Es ist also 'u = — u
zu setzen. Man kann dann die letzte Gleichung schreiben:
(7) nytgu = nytgu.
Wir lernen durch diese Gleichung eine Größe kennen, welche
Digitized by
Google
Physikalische Herstellung der optischen Abbildung. 35
durch die Brechung nicht geändert wird, eine optische Invariante.
Dieselbe bleibt daher auch konstant, wenn eine Brechung durch
beliebig viele zentrierte Kugelflächen stattfindet. Bezeichnen wir
in diesem Falle mit n den Brechungsindex im ersten Medium, mit
n den im letzten, so gilt also auch Gleichung (7). Da nun aber
allgemein nach der früheren Gleichung (10) der S. 23 för jede Ab-
bildung gilt
ytgu f' W
so gibt die Vergleichung mit (7):
fif^n:n\ (9)
d. h. bei der Abbildung durch ein System zentrierter,
brechender Kugelflächen ist das Verhältnis der Brenn-
weiten gleich dem Verhältnis der Brechungsindizes des
ersten unddes letzten
Mediums. Wenn also
z. B. diese beiden Medien
Luft sind, wie es bei den
Linsen, den Spiegeln und
den meisten optischen
Instrumenten der Fall ist,
so sind beide Brennweiten
einander gleich.
2. Beflexion an einer
Kugelfläche. Der Eadius ^^ ^^
r des Spiegels sei positiv
für einen Konvexspiegel, negativ für einen Hohlspiegel gerechnet.
Nach dem Reflexionsgesetz muß (vgl. Figur 16) ^PäG=^ P^äC
sein. Es ist also nach einem Satze der Geometrie:
PA:P'ä = PC:P'C. (10)
Wenn der Strahl PA beliebig große Winkel mit der Achse PC
bildet, so ist der Durchschnittspunkt P' der Achse mit dem kon-
jugierten Strahl ein variabler. Es besteht dann auch keine Ab-
bildung des Punktes P. Wenn aber der Winkel APC so klein
bleibt, daß man anstatt seines Sinus den Winkel selbst setzen
kann, so gehört zu jedem P ein, bestimmtes konjugiertes P', d. h.
dann besteht eine Abbildung. Man kann dann nämlich PA = PH,
P'A = P'H setzen, so daß (10) übergeht in
PH:P'H=PC:P'C, (11)
•
3
Digitized by
Google
36 Kapitel III.
oder wenn man PF = e, P'H= — e setzt, so folgt (in der Figur
ist r negativ):
(12) --e + i = 7-
Ein Vergleich mit der früheren Formel (11) auf S. 23 lehrt, daß
die Brennweiten der Abbildung sind:
(13) /*=-|^ f= + ^r,
und daß die beiden Hauptebenen ^ und ^' zusammenfallen in die
im Scheitel H des Kugelspiegels errichtete Tangentialebene; die
beiden Brennpunkte fallen zusammen (in die Mitte zwischen G und
Objektlinie
Fig. 17.
//)» lind die Knotenpunkte fallen auch zusammen, und zwar in das
Zentrum C des Kugelspiegels. — Die Größen e und e sind in dem-
selben Sinne positiv gerechnet wie früher auf S. 23.
Das verschiedene Vorzeichen der Brennweiten f und f ent-
spricht dem oben auf S. 25 besprochenen Merkmale der katoptri-
schen oder rückläufigen Abbildung. Nach den Festsetzungen der
S. 26 entspricht ein negatives r, d. h. ein Hohlspiegel, einer kollek-
tiven Abbildung, dagegen ein Konvexspiegel einer dispansiven Ab-
bildung.
Wie ein Vergleich der Formeln (13) und (5) dieses Kapitels
lehrt, kann man die hier gewonnenen Resultate bei der Reflexion
an einer Kugelfläche ableiten aus den früheren Resultaten für eine
Brechung an .derselben, falls man n\n = — 1 setzt. In der Tat
geht ja auch für w': w = — 1 das Brechungsgesetz in das Reflexions-
gesetz über. Von dieser Bemerkung kann man Gebrauch machen,
Digitized by
Google
Physikalische Herstellung der optischen Abbildung. 37
falls es sich um die Kombination der Abbildungen an mehreren
brechenden oder spiegelnden Kugelflächen handelt. Der Satz (9)
bleibt für alle diese Fälle bestehen und zeigt, daß durch Zusammen-
setzung der Reflexionen an einer geraden Anzahl von Kugelflächen
und beliebigen Brechungen allemal ein positives Verhältnis f : f.
d. h. eine dioptrische oder rechtläufige Abbildung entsteht (vgl.
oben S. 25).
Den Zusammenhang zwischen Bild und Objekt kann man deut-
lich aus der Figur 17 entnehmen. Dieselbe bezieht sich auf einen
Konkav-(Hohl-)Spiegel. Die Zahlen 1, 2, 3, ... 8 bedeuten Objekt-
punkte in konstanter Höhe über der Achse der Abbildung. Die Zahlen
7 und 5, welche hinter dem Spiegel liegen, entsprechen virtuellen
Objekten, d.h. die einfallenden Lichtstrahlen zielen nach diesen
'"^^^
^^^
-^ #
/ Objektlmiß z
^^"""^-^.m^ ^ s e 7 8
»^:;
1 ^'''^'^*-^-.,^ "
m. '^->,^^
">
Flg. 18.
Punkten hin, kommen aber in ihnen nicht zum Schnitt, sondern
treffen vorher auf den Spiegel und werden reflektiert. Das Gebiet
der reellen Objekte ist in der Figur 17 durch eine ausgezogene,
das der virtuellen Objekte durch eine gestrichelte Linie gekenn-
zeichnet Die Punkte /, 2', 5^ ... 6^ sind die Bilder der Punkte
1, 2, 3 , . . 8. Da letztere in einer achsenparallelen Geraden liegen,
so müssen erstere in einer Geraden liegen, welche durch den Brenn-
punkt F geht und durch den Punkt 6, den Schnitt des Objekt-
strahles mit dem Spiegel, d. h. der Hauptebene. Die ausgezogene
Bildlinie bedeutet reelle Bilder, die gestrichelte virtuelle. Irgend
ein Bildpunkt, z. B. 2', kann dadurch konstruiert werden (nach
S. 24), daß man durch das Objekt 2 und den Brennpunkt F eine
Gerade zieht, welche den Spiegel, d. h. die Hauptebene, in einem
Punkte A2 schneiden möge. Zieht man dann durch A2 eine Parallele
Digitized by
Google
38 Kapitel IIL
zur Achse, so schneidet diese die vorhin konstruierte schiefe Bild-
linie im gesuchten Bildpunkt 2".
Aus der Figur ersieht man deutlich, daß ferne Objekte sich
reell und umgekehrt abbilden, daß von Objekten, die innerhalb der
Brennweite vor dem Spiegel liegen, virtuelle aufrechte Bilder ent-
stehen, und daß zu virtuellen Objekten hinter dem Spiegel reelle,
aufrechte Bilder vor dem Spiegel gehören.
Für einen Konvexspiegel gibt ebenso Figur 18 die Lage von
Objekt und Bild an. Man ersieht daraus, daß zu allen reellen
Objekten virtuelle, aufrechte, verkleinerte Bilder gehören, daß bei
virtuellen Objekten, die innerhalb der Brennweite hinter dem
Spiegel liegen, reelle, aufrechte, vergrößerte Bilder entstehen; zu
ferneren virtuellen Objek-
ten gehören wieder vir-
tuelle Bilder.
Die Gleichung (11) be-
sagt, daß PCP'U vier
harmonische Punkte sind.
Man kann also zu einem
Objekte P sein Bild in
folgender Weise nach
Fig. 19. einem Lehrsatze der syn-
thetischen Geometrie kon-
struieren (vgl. Figur 19): Man ziehe von einem beliebigen Punkte
L aus zwei Strahlen LC und LH, femer ziehe man den beliebigen
Strahl PDB, Der Schnittpunkt von DF mit BC sei O, dann schneidet
LO die Gerade PH in dem zu P konjugierten Punkte P\ — Bei
einem Konvexspiegel ist die Konstruktion ganz dieselbe, es ver-
tauschen die beiden Punkte C und H nur ihre physikalischen Be-
deutungen.
3. Linsen. Die Eigenschaften der Abbildung durch zwei zen-
trierte Kugelflächen (Linsen) können wir direkt aus dem § 7 des
Kapitels II ableiten. Die Krümmungsradien r^ und r^ rechnen wir
in dem früher (§ t) festgesetzten Sinne positiv. Wir rechnen näm-
lich den Radius einer Kugelfläche als positiv, wenn sie konvex
nach links, d. h. gegen die einfallenden Strahlen konvex ist Wir
wollen den Fall betrachten, daß die Linse den Brechungsindex n
besitzt und in Luft liegt. Die Dicke der Linse, d. h. der Abstand
ihrer Scheitelpunkte S^ und S2 (vgl. Figur 20), sei d. Wenn dann
die Brennweiten für die Abbildung durch Brechung an der ersten
Digitized by
Google
Physikalische HerstelluDg der optischen Abbildung. 39
Grenzfläche der Linse mit /i und f(, far die Abbildung an der
zweiten Grenzfläche mit ^2 imd f^ bezeichnet werden, so ist das
Intervall A beider Abbildungen (cf. oben S. 28) gegeben durch:
j = d-f;-f,, (14)
und nach (5) ist
/i=ni^in, /i=n;riri. h=rc,j-^, f^^r^j--. (15)
Nach den Formeln (19) und (18) des Kapitels 11 (S. 29) werden
also die resultierenden Brennweiten:
während die Lage der beiden resultierenden Brennpunkte F und F'
aus den Formeln (17) und (20) des Kapitels II (S. 28, 29) berechnet
-Y-^J-
?
* '' . . 'i .
"^
°F
4'
/'
Fig. 20.
wird. Nach diesen Formeln wird die Entfernung a des Brenn-
punktes F vor dem Linsenscheitel S^ und die Entfernung a des
Brennpunktes F' hinter dem Linsenscheitel iSj, da 0 = FF^ + /;,
i/r:=.F2F'+ f2 ist:
^ n — 1 rf(n — i) — wri-f wra' ^^ '>'
^'_ r2 —d{n — l)-i- nrx
^ ~ n — l' d(n — l)'-nrt+nr2' ^^^^
Nennt man h die Entfernung der ersten Hauptebene § von
dem Linsenscheitel S^, und h' die Entfernung der zweiten Haupt-
ebene $)' hinter dem Linsenscheitel Äj, so ist /*+ h=ö und f'+ ä'= o\
d. h. es folgt nach (16), (17) und (18):
^"^äln-i) — nri-f wra' (^^)
Digitized by
Google
40 Kapitel III.
für die Distanz p der Hauptebene § vor der Hauptebene ^' folgt,
da ;? = c? + Ä + ä':
(21) P = d {n - 1)—-^^^^±±I^
Die Knotenpunkte fallen in die Hauptpunkte, As^ f=f ist (vgl.
oben S. 23).
Aus diesen Formeln geht hervor, daß die Krümmungen r^ und
r^ allein noch nicht den Charakter der Abbildung bestimmen, son-
dern daß derselbe auch wesentlich von der Dicke d der Linse be-
stimmt ist. So wirkt z. B. eine bikonvexe Linse (r^ positiv, r^
negativ) bei nicht zu großer Dicke d kollektiv, d. h. sie besitzt
eine positive Brennweite, dagegen dispansiv, falls d sehr groß ist
(bikonvexe Stablinse).
4. Dfinne Linsen. In der Praxis tritt oft der Fall ein,
daß die Dicke d der Linse so klein ist, daß man d {n — 1) ver-
nachlässigen kann gegen n {r^ — r^j. Von dem Falle r^=r2, welcher
bei einer konvex-konkaven Linse mit zwei gleichen Krümmungen
eintritt, wollen wir hierbei absehen. Dann werden nach (16) die
Brennweiten der Linse:
(22)
f=f='-f i^T-^ — \, oder
|-c»-'(i-.^).
während nach (19), (20) und (21) die Hauptebenen nahe zusammen-
fallen mit den nahe zusammenfallenden Tangentialebenen in den
Scheiteln S^ und Äj der Linse.
Genauer berechnet sich nach diesen Formeln, wenn man
d {^n — i) gegen n (rj — rj) vernachlässigt:
d Kl j, d rj , n — 1
(23) h = — , 7^ = + -. ~-^~- ü =
d^
Der Abstand p beider Hauptebenen voneinander ist also von den
Linsenkrümmungen unabhängig. Für n = 1,5 beträgt p = Va ^•
Für bikonvexe sowohl als bikonkave Linsen liegen die Hauptebenen
im Innern der Linse (da h und li negativ sind). Bei gleichen
Krümmungen {ry = — 1\^ ist für n = i,o : ä = /i'= — % d, d. h. die
Hauptebenen liegen um je Vs der Linsendicke von der Oberfläche
entfernt. — Bei gleichem Vorzeichen von r^ und r^ (konkav-konvexe
Linsen) können die Hauptebenen außerhalb der Linse liegen.
Digitized by
Google
Physikalische Herstellung der optischen Abbildung.
41
Zu den Linsen mit positiver Brennweite (Sammellinsen) ge-
hört die
Bikonvexlinse (q > ö, rj < 0)
Plankonvexlinse (r^ > 0, f^ = od)
Konkav-konvexlinse {r^ > ö, rj > 0, rj > 7\\
kurz alle Linsen, welche in der Mitte dicker sind als am Rande.
Zu den Linsen mit negativer Brennweite (Zerstreuungslinsen)
gehört die
Bikonkavlinse (r^ < ö, rj > ö)
Plankonkavlinse (rj = oo, rj > ö)
Konvex-konkavlinse (r^ > ö, r2 > ö, rj < rj),
d. h. alle Linsen, welche in der Mitte dünner sind als am Rande. ^)
Der Zusammenhang zwischen Bild und Objekt ergibt sich
4-^--,ff/.
v/.
'^i
*^^--^^r
Objfktlinie
Fig. 21.
Übersichtlich aus den Figuren 21 und 22, die in demselben Sinne
zu verstehen sind wie die früheren Figuren 17 und 18. Aus ihnen
ergibt sich, daß bei der Sammellinse reellen Objekten je nach
Ohjtktlinie
ßHd^'.f.'-
^ -r-^'j
r'
Fig. 22.
ihrer Distanz reelle oder virtuelle Bilder entsprechen, während bei
der Zerstreuungslinse zu reellen Objekten nur virtuelle Bilder ge-
hören. Reelle, aufrechte, vergrößerte Bilder entstehen durch eine
1) Die Bezeichnung: kollektive (dioptrische) Abbildung für solche mit
positiven Brennweiten, dispansive för solche mit negativen Brennweiten ist
Digitized by
Google
42 Kapitel m.
Zerstreuungslinse von virtuellen Objekten, die innerhalb der Brenn-
weite hinter der Linse liegen.
Wenn zwei dünne Linsen der Brennweite f^ und f^i zentriert
aufeinander gelegt werden, so ist das optische Intervall A (vgL
oben S. 39) J = — (/i + f^. Nach Formel (19) des Kapitels 11
(S. 29) ist daher die resultierende Brennweite:
(24) oder
Man pflegt die reziproke Brennweite einer Linse ihre. Stärke
zu nennen. Es besteht also der Satz: Die Stärke einer Kombi-
nation mehrerer aufeinandergelegter dünner Linsen ist
gleich der Summe der Stärken der einzelnen Linsen.
5. Experimentelle Bestimmimg der Brennweite. Bei dünnen
Linsen, bei denen man die beiden Hauptebenen als praktisch zu-
sammenfallend ansehen kann, genügt die Bestimmung der Orte
eines Objektes und seines Bildes, um die Brennweite daraus her-
zuleiten, z. B. nach Formel (11) des IL Kapitels, S. 23, die sich
hier, da /'=/^ ist, vereinfacht zu
(25) 7 + 7 = 7-
Da die Orte reeller Bilder durch Auffangen auf einem Schirm
besonders bequem zu bestimmen sind, so kombiniert man Konkav-
linsen, die bei reellen Objekten nur virtuelle Bilder liefern, mit
einer Konvexlinse gemessener Stärke, so daß die Kombination
reelle Bilder liefert. Nach (24) ist dann leicht die Brennweite
der Konkavlinse zu erhalten, wenn man die resultierende Brenn-
weite f der Kombination experimentell ermittelt.
Dieses Verfahren ist nicht mehr statthaft bei dicken Linsen
und überhaupt beliebigen optischen Systemen. Die Lage der
Brennpunkte ist leicht zu ermitteln, falls man Parallelbüschel
dieser Eigenschaft der Linsen entnommen : eine Linse mit positiver Brennweite
macht ein auffanendes Ldchtbündei konvergenter, eine Linse mit negativer
Brennweite macht es divergenter. Bei Abbildungen, die durch ein System von
Linsen entstehen, und bei denen die Hauptebenen nicht zusammen&llen mit
z. B. der ersten brechenden Fläche, ist der Unterschied zwischen koUektiven
und dispansiven Systemen nicht so direkt zu konstruieren. Man muß dann
nach S. 26 definieren.
Digitized by
Google
Physikalische Herstellung der optischen Abbildung. 43
einfallen läßt. Bestimmt man nun den Ort eines Objektes und
seines Bildes in bezug auf die Brennpunkte, so ergeben sich nach
den Formeln (7) auf S. 20 und (9) auf S. 22 sofort die Brenn-
weiten. — Auf die im II. Kapitel S. 21 gegebene Definition der
Brennweite [vgl die dortige Formel (8)]
f=yitgu (26)
kann man leicht ein strenges Verfahren zur Ermittelung der Brenn-
weite gründen, indem man die angulare Größe tgu eines unend-
lich entfernten Objektes mißt und die lineare Größe seines Bildes
y\ Dies ist besonders bequem auszuführen bei Objektiven von
Fernrohren, die über einem Teilkreise drehbar sind, da man dann
an ihm sofort den Sehwinkel igu ablesen kann.
Ist das Objekt der Größe y nicht unendlich entfernt, sondern
hat den Abstand e von der Hauptebene ^, während sein Bild der
Größe y den Abstand e von der Hauptebene §' hat, so ist
2/':«/ = — e':e, (27)
da, falls /*«=/^ ist, die Knotenpunkte in die Hauptpunkte fallen,
d. h. Objekt und Bild von den Hauptpunkten aus unter gleichen
Winkeln erscheinen.
Eliminiert man e oder e aus (25) und (27), so folgt
(28)
1-^ i-^
y y
Entweder wählt man nun e sehr groß, oder e. In beiden Fällen
kann man dann ohne merklichen Fehler e bezw. e gleich der Ent-
fernung vom optischen System (z. B. Linse) setzen, falls wenigstens
nicht die Hauptebenen desselben sehr weit von ihm entfernt liegen.
Man kann also dann eine der beiden Formeln (28) zur Bestimmung
der Brennweite f benutzen, wenn man e bezw. e und die Ver-
größerung y\ y mißt
Man umgeht die Bestimmung des Objekt- oder Bildortes,
wenn man die Vergrößerung für zwei Objektlagen bestimmt, welche
eine gemessene Distanz l voneinander besitzen. Denn nach (7)
S. 20 ist
(y\_^ iy\^ ^-H^
Wirf \yk-~r^
daher
;•= L__. (29)
Digitized by
Google
H Kifhe: HL
r d-^ •jrj-k*'^. y ' y\ •^*' n-zipr-kf VrrrgT^'*>-raLZ bri d»fr Lage
ar — / :--^ ^ »'';rki'->, / i-t f^-r-itir. fall? in d^r zweiten Läse das
^^'r'-kt i.7i >iLi.*f d-^ ♦"ir.fall-L i-a LirLt-^ uni die Snxke / rer-
- :. 'v-a i*t 'L h- T-'S lir.k-i nach T^:hx> .
Alf 'ü---rr M-iL -i- brmbi d^^ F«.'koniri*rr Vi.»a Abbe, mit
Hilf»r dr""-!! m^n cirh-ütli'-h di»f Bivnaw^iir-n r^a Mikr«>skop-
« ^Jrkt:v-n b^^ri^-r^nj-a k^na. Zar Messung der Bil igp'Sra y dient
*-!:: H;;f-rr,:kn>-k"p- Mit »riariu s*dch»rn Intzv. einer einfachen
hi^'^ k":.:,»-a Gdiärli'-h »-b^a.^tw.^hl von reellira. wie Ton virtnellen
Hr. i-ra ihre Grr»S-a g»-niess*rn wenl^-n, so daß di^rse Methoden
z. H, an'^-h für di-paa-ire Linsen, d. h. übtrrhanpt allgemein an-
w-r.ibar sirA'
€• A«tii;«atL>ehe Abbiliwi^. In unseren früheren Betrach-
X'i:.^-*n hab*-n wir gesehen, daß dan?h zentrierte Kngelflächen eine
AbbiMnag venrjittelt wird durch Elementar- d. h. unendlich enge'
Kü-'hfr'L d^-ren >trahlen nur eine g*^ringe Neigung zur Achse haben
n::d die von Punkt^-n der Achse oder ihrer unmitt^-lbaren Xachbar-
*»^'haft au-geh^-B. In diesem Falle schneiden sich die samtlichen
.Mmhl^n d^s Bö-chels im Bildraum in einem Punkte dem Bilde^.
Ml*-n wie man kurz sagt die Strahlenbüschel sind auch im Bild-
r^urne homozentrisch. Wir wollen nun einmal prüfen, was ein-
tritt. Wf-nn man eine der gemachten Beschrankungen fallen läßt,
4 h- Wenn ein beliebig schiefes Elementarbüschel von einem
Pnnkte P ausgeht
Im allgemeinen ist dann das Bildbüschel nicht mehr homozen-
tri>'lL Die Konstitution eines Elementarbüschels, welches von einem
Lichtpunkte P ausgegangen ist und Reflexionen und Brechungen
an irirend welchen, beliebig gestalteten Flächen erfahren hat
charakterisiert sich durch den oben auf S. 13 besprochenen Satz
von Malus als ein orthotomisches Strahlenbündel, i h. dasselbe
laßt i^ich als die Normalen X auf einem gewissen Flächenstück -T
auffassen. Dieselben schneiden sich nun im allgemeinen nicht in
ein^m Punkte. Wie aber die Geometrie lehrt, gibt es auf jeder
Fläche 2J zwei sich rechtwinklig schneidende Kurvenscharen (die
hogenannten Krümmungslinien^, deren Normalen, die zugleich senk-
recht auf df^r Fläche U stehen, sich schneiden.
1^ Nähere« über das Fokometer und über die Brennweitenbestimmung
GJHffhaupt findet man in Winkelmann, Handbuch der Physik, 2. Auflage,
Optik, S. 431» AT. (Autor Czapskij.
Digitized by
Google
Physikalische Herstellung der opüscheu Abbildung. 45
Wenn man also ein ebenes Elementarbüschel ins Auge faßt,
und zwar ein solches, dessen Bildstrahlen die Normalen eines
Stückes Zj einer Krttmmungslinie sind, so wird durch dasselbe eine
optische Abbildung vermittelt. Der Ort des Bildes ist der Krüm-
mungsmittelpunkt jenes Stückes /j der Krümmungslinie, da sich
dort die Normalen schneiden. Da jedes Stück /j einer Krümmungs-
linie senkrecht von einem Stück I2 einer anderen Krümmungslinie
geschnitten wird, so gibt es stets auch noch ein zweites ebenes
Elementarbüschel, welches ebenfalls eine optische Abbildung ver-
mittelt, aber der Bildort ist für dasselbe Objekt ein änderer, da die
Krümmung von l^ im allgemeinen verschieden ist von der von /,.
Wie wird nun im allgemeinen die Abbildung beschaffen sein,
welche ein beliebiges räumliches Elementarbüschel von einem
Objekt P entwirft? Es seien (vgl. Figur 23) i, 2, 5, 4 die vier
Fig. 28.
Schnittpunkte von vier benachbarten Krümmungslinien, welche ein
Plächenelement d2 auf 2 abgrenzen. Die Krümmungslinienstücke
i— 2 und 3—4 seien horizontal, die Stücke 2—3 und 1—4 vertikal.
Die Normalen in 1 und 2 schneiden sich im Punkte 12, die Nor-
malen in 3 und 4 im Punkte 34, Da die Krümmung der Linie
1—2 sich nur unendlich wenig unterscheidet von der Krümmung
der Linie 3—4, so liegen auch die Schnittpunkte 12 und 34 nahezu
in gleichem Abstand von der Fläche X Die Verbindungslinie pi
der Punkte 12 und 34 steht daher auch nahezu senkrecht zu dem
Strahl S, welcher in der Mitte von d2J senkrecht zu dJS errichtet
ist, und welcher der Hauptstrahl des räumlichen Elementar-
büschels genannt wird, das aus der Gesamtheit der Normalen
auf du besteht Die Linie p^ muß ferner offenbar wegen der
Symmetrie der Figur parallel den Krümmungslinien 2—3 oder 1 — 4
verlaufen, d.h. vertikal sein. Die Normalen irgend einer horizontalen
Digitized by
Google
46 Kapitel lU.
Krümmungslinie werden sich auf einem Punkte der Linie pi
schneiden.
Ebenso werden die Normalen irgend einer vertikalen Krüm-
mungslinie sich in einem Punkte der Linie P2j der Verbindungs-
linie der Punkte 14 und 23, schneiden. ^ muß auch nahezu
senkrecht zu S stehen und horizontal liegen. Diese beiden Linien
Pi und P2, welche senkrecht aufeinander und senkrecht zum Haupt-
strahl stehen, werden die beiden Brennlinien des Elementar-
büschels, die durch den Hauptstrahl S und die beiden Brennlinien
Pb P2 gelegten beiden Ebenen die Fokalebenen des Büschels ge-
nannt Man kann also sagen, daß im allgemeinen sich ein Objekt-
punkt P durch ein beliebiges Elementarbüschel in zwei Brenn-
linien abbildet, die senkrecht aufeinander und zum Hauptstrahl
stehen und einen gewissen Abstand voneinander besitzen. Dieser
Abstand wird die astigmatische Differenz genannt. Erst in
spezielleren Fällen, nämlich wenn die Krümmung beider Scharen
von Krümmungslinien die gleiche ist, hat man es mit homozen-
trischer Strahlenvereinigung, d. h. mit der eigentlichen Abbildung
im früheren Sinne, zu tun. Zur Unterscheidung wird die hier be-
trachtete allgemeinere Abbildung die astigmatische 0 genannt
Ein erkennbares, scharfes Bild entsteht bei einer Reihenfolge
von Objektpunkten P bei astigmatischer Abbildung nicht. Nur
wenn das Objekt aus einer geraden Linie besteht, kann ein eben-
falls aus einer Geraden bestehendes scharfes Bild entstehen, näm-
lich wenn die Objektlinie so orientiert ist, daß die Brennlinien, in
die sich jeder Punkt P der Objektlinie abbildet, zur Deckung
kommen. Da von jedem Punkte P zwei verschiedene, sich recht-
winklig kreuzende Brennlinien p^, p^ entstehen, so gibt es also
zwei, ebenfalls um 90® verschiedene Orientierungen der Objektlinie,
bei denen eine Abbildung wahrzunehmen ist Die Bilder liegen
an verschiedenen Stellen des Raumes.
Ebenso gibt es für ein System paralleler Geraden als Objekt
zwei Orientierungen, bei denen eine Abbildung als parallele Gerade
zustande kommt
Ist das Objekt ein rechtwinkliges Kreuz (oder ein recht-
winkliges Kreuzgitter), so gibt es eine bestimmte Orientierung,
bei der eine Abbildung der einen Linie des Kreuzes (oder des
1) Stigma wird dabei als Bezeichnung des Brennpunktes gebraucht, und astig-
matisch ist also ein Strahlenbündel, welches keinen eigentlichen Brennpunkt hat.
Digitized by
Google
Physikalische Herstellung der optischen Abbildung.
47
einen Systems der Linien des Kreuzgitters) zustande kommt in
einer gewissen Ebene '^^ des Bildraumes; in einer anderen Ebene
^ des Bildraumes entstellt dann ein Bild der anderen Linie des
Kreuzes (oder des anderen Systems der Linien des Kreuzgitters).
Diese Erscheinung ist ein gutes Erkennungszeichen von vorhan-
denem Astigmatismus.
Astigmatische Abbildung muß im allgemeinen eintreten, wenn
die brechende oder spiegelnde Fläche zwei verschiedene Krüm-
mungen besitzt So bieten z. B. Zylinderlinsen deutlich die Er-
scheinung 'des Astigmatismus. Aber auch ein auf eine Kugelfläche
schief auftreflfendes, homozentrisches Elementarbüschel muß nach
der Brechung oder Reflexion zu einem astigmatischen werden.
Wir wollen diesen Fall einer näheren Berechnung unterziehen.
In der Ebene der Zeichnung (Figur 24) möge der Objektpunkt P,
das Kugelzentrum C und der Punkt A der Kugelfläche liegen, in
welchem sie vom Hauptstrahl (d. h. dem mittleren Strahl) des von
P ausgehenden Elementarbüschels getroffen wird. Die Strecke PA
Fig. 24.
möge mit 5, die Strecke AP2 mit «2 bezeichnet werden. Da nun ist:
Dreieck PAP^ = Dreieck PAC + Dreieck CAP2,
so folgt:
S82 sin {(p — (p) =^ sr sin(p + s^r sin (p\
falls (p und (p Einfalls- bezw. Brechungswinkel bedeuten, während
r der Kugelradius ist Da nun nach dem Brechungsgesetz wi g) =
n • sin (p\ so folgt aus der letzten Gleichung:
SS2 {neos (p' — cos q>) ^= s r n -\' s^r^ oder
1 j^ n n cos <p — cos <p
(30)
Digitized by
Google
48 Kapitel III.
In demselben Punkte P<i müssen offenbar alle diejenigen von F aus-
gehenden Strahlen nach der Brechung die Achse treffen, welche gleichen
Neigungswinkel u mit derselben besitzen. Diese Strahlen werden
ein Sagittalbüschel genannt. Dasselbe hat also den Bildpunkt Pj.
Dagegen wird ein elementares Meridionalbüschel, dessen
Strahlen sämtlich in der Ebene FAG liegen, einen anderen Bild-
punkt Pi besitzen. Sei FB ein dem Strahl FA benachbaiiier Strahl,
welcher den Neigungswinkel u '\- du gegen die Achse besitze und
der in die Eichtung BF^ gebrochen werde. Dann ist ^ BF^A als
Inkrement du von u zu bezeichnen, und ^ BGA als Inbrement da.
Es ergibt sich nun sofort:
(31) 5 • rfw = AB cos g)^ «j • du=AB • cos g>', r ' da^= AB.
Da nun femer ist
g) = a + V, g/= a — u\
so folgt mit Eücksicht auf (31):
d(p = da'\-du = AB {^ + -— ^],
(32) n
d<p^da - d^= AB('^ -"^-^^y
Aus dem Brechungsgesetz sin ^ = w sin qf folgt aber durch Diffe-
rentiation:
cos <p ' d(p = n cos <p • dq)\
Setzen wir hierin für d(p und d<p die aus (32) folgenden Werte,
so ergibt sich die Gleichung:
. . co8^ <p ^^ n co8^ (p n cos (p — cos <p
(33) -7 - H —- ' — -
Aus (33) und (30) ergeben sich verschiedene Werte s^ und s^, die
zu gleichem s gehören, d. h. P wird astigmatisch abgebildet. Die
astigmatische Differenz wird um so bedeutender, je schiefer das
Büschel einfällt, d. h. je größer 9) ist — Die astigmatische Differenz
verschwindet nur, d. h. es ist s^ = S2 = s\ falls s= — m ist, wie
aus (30) und (33) hervorgeht. Diese Bedingung führt auf die
beiden, oben S. 32 erwähnten aplanatischen Punkte der Kugel.
Der Fall einer reflektierenden Kugelfläche leitet sich nach der
oben S. 36 gemachten Bemerkung aus den Formeln (30) und (33)
dadurch ab, daß man n = — 1, d. h. 9)'= — 9) setzt Es ergibt
sich demnach für einen Kugelspiegel*):
(OA) ^ _ ^ =—2 "^'-^ Z _ ^ = _ -^— .
^ ^ s S2 '^ r ^ s Si r cos <p
1) Für einen Konvexspiegel ist r positiv, für einen Konkavspiegel r negativ.
Digitized by
Google
Physikalische Herstellung der optischen Abbildung. 49
Durch Subtraktion dieser beiden Gleichungen ergibt sich:
112(1 \
= cos QP ,
«1 82 r \cos <p ^/ '
oder
'7? = 7 ^**^ ^ ^^ ^- (35)
Man erkennt hieran deutlich, in welchem Maße der Astigmatismus
mit dem Einfallswinkel wächst, und zwar ist dies in so hohem
Maße der Fall, daß man mit geeigneten Mitteln an einem Flüssig-
keitsniveau, etWa einem Quecksilberspiegel, den durch die Krüm-
mung der Erde verursachten Astigmatismus der an ihm reflek-
tierten Büschel noch bemerken könnte. Betrachtet man nämlich
das Spiegelbild eines sehr weit befindlichen Kreuzgitters mittels
eines Fernrohrs von 7,5 m Brennweite (Öffnung etwa V2 i^0> so
ist die astigmatische Differenz gleich 0,1 mm, d. h. es sind die Orte,
wo das eine oder das andere System von Gitterstäben deutlich ist,
um Vio ^^ voneinander getrennt Wendete man aber gar das
Riesenfernrohr des Lick-Observatoriums in Kalifornien zur Be-
obachtung an, so würde jene Differenz bis auf 0,7 mm steigen. —
Die Erscheinung des Astigmatismus läßt sich also gut dazu ver-
wenden, um Spiegel auf ihre Ebenheit zu prüfen. Anstatt der
Differenz der Bildorte eines Kreuzgitters, das man möglichst streifend
im Spiegel reflektieren läßt, kann man auch die verschiedene Schärfe
der Bilder der Kreuzgitterlinien als Kriterium verwenden. Man
verwendet zu dem Zwecke passend gestrichelte Linien im Kreuz-
gitter.
7. Die Erweiterung der Abblldangsgrenzeu. Im Voran-
gegangenen haben wir gesehen, daß durch Brechung oder Reflexion
an zentrierten Kugelflächen nur die Abbildung eines nahe der Achse
anliegenden fadenförmigen Raumes durch räumliche Elementar-
büschel von geringer Neigung gegen die Achse erzeugt werden kann.
Sind die Elementarbüschel stärker geneigt gegen die Achse, so muß
man, wie im letzten Paragraphen gezeigt wurde, sich sogar aiif
ebene Büschel beschränken, falls man noch Abbildung erhalten will.
Diese bisher betrachtete physikalische Herstellung der Ab-
bildung wäre nun praktisch sehr unbrauchbar. Denn nicht nur
würden die Bilder sehr lichtschwach sein, wenn sie durch Elemen-
tarbüschel erzeugt werden, sondern aus der physikalischen Theorie
des Lichtes ergibt sich auch, daß (wegen der Beugung des Lichtes
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aafl. 4
Digitized by
Google
50 Kapitel III.
cf. I. Abschnitt, Kapitel IV) Elementarbüschel nie scharfe Bilder
erzeugen können, sondern stets nur Beugungsscheibchen.
Wir müssen also uns notwendig nach Mitteln umsehen, die
Abbildungsgrenzen zu erweitem. Zunächst kommt uns die be-
schränkte Empfindlichkeit des Auges hierbei zu statten: Wir können
zwei Lichtpunkte schon dann nicht mehr als getrennt unterscheiden,
wenn sie unter einem Sehwinkel von etwa einer Winkelminute
erscheinen. Eine mathematisch exakte punktförmige Abbildung
brauchen wir daher nicht notwendig, und schon dadurch brauchen
die die Abbildung vermittelnden Strahlenbüschel nicht elementare
im mathematischen Sinne, d. h. solche von unendlich kleinem
Öffnungswinkel, zu sein.
Durch eine gewisse Teilung der Ansprüche kann man nun
noch eine größere Erweiterung der Abbildungsgrenzen erreichen.
Man kann nämlich entweder ein bei der Achse gelegenes Plächen-
element durch weitgeöfifhete Strahlenbüschel abbilden, oder ein
ausgedehntes Objekt durch enge Strahlenbüschel. Je weiter man
den ersten Fall realisiert, desto weniger tritt gleichzeitig der
zweite ein, und umgekehrt.
Daß man einen Punkt auf der Achse durch weitgeöffnete
Strahlenbüschel abbilden kann, haben wir schon oben S. 32 bei
Betrachtung der aplanatischen Flächen gesehen. Aber auch durch
Anwendung geeignet gestalteter zentrierter Kugelflächen kann man
dies Ziel näherungsweise erreichen. Es ergibt sich dies aus der
theoretischen Berechnung der sogenannten sphärischen Aber-
ration. — Benachbarte Punkte würden nun allerdings im all-
gemeinen noch nicht durch weitgeöffnete Strahlenbüschel abgebildet
werden. Soll dies eintreten, d. h. will man ein zur Achse senk-
rechtes Flächenelement durch weitgeöffnete Büschel abbilden, so
wird man auf die sogenannte Sinusbedingung geführt Die
Objektive von Mikroskopen und Fernrohren müssen diesen An-
forderungen genügen.
Der Aufgabe, größere Räume durch relativ enge Büschel ab-
zubilden, müssen die Okulare der optischen Instrumente und die
photographischen Systeme genügen. Bei letzteren können die
Büschel auch schon ziemlich weit sein, weil es sich unter Umständen
(Porträtphotographie) um Herstellung nur mäßig scharfer Bilder
handelt. Im folgenden sollen diese verschiedenen Aufgaben der
Abbildung näher besprochen werden. Eine Abbildung im früheren
idealen Sinne zu erreichen, nämlich beliebig großer Räume durch
Digitized by
Google
Physikalische HersteUung der optischen Abbildung. 5 t
weitgeöffnete Strahlenbtischel, ist allerdings unmöglich, schon
allein aus dem Grunde, weil, wie wir sehen werden, die Sinus-
bedingung nie gleichzeitig für mehr als eine Objektlage erfüllt
werden kann.
8. Sphärische Aberration. Wenn von einem Achsenpunkte P
zwei Strahlen S^ und S^ ausgehen, von denen S^ einen sehr kleinen
Winkel, S^ aber einen endlichen Winkel u mit der Achse bildet, so
schneiden ihre Bildstrahlen S^' und &{ nach Brechung durch zen-
trierte Kugelflächen die Achse im allgemeinen in zwei verschiedenen
Punkten P{ und P2'- Die Distanz zwischen diesen Punkten wird
als sphärische Aberration (Longitudinalaberration) be-
zeiclinet Um dieselbe zu berechnen, kann man, falls der Neigungs-
winkel u des Strahles Äj gegen die Achse nicht zu groß ist, eine
Entwickelung nach steigenden Potenzen von u vornehmen. Wenn
dagegen u beträchtlich ist, so empfiehlt sich eine direkte trigono-
metrische Durchrechnung der einzelnen Wege eines Strahles. Diese
Rechnungen sollen hier nicht im Detail mitgeteilt werden.^) Bei
relativ dünnen Kollektivlinsen ist für sehr weit entfernte Objekte P
der Vereinigungspunkt P^ der der Achse nahen Strahlen entfernter
von der Linse, als der Vereinigungspunkt P2 der stärker geneigten
Strahlen. Man spricht dann von sphärischer ünterkorrektion.
Umgekehrt besitzt eine Dispansivlinse sphärische Überkor-
rektion. Beschränkt man sich auf das erste Glied in der Potenz-
entwickelung nach u (dasselbe enthält u^ als Faktor), so ergibt
sich für diese sogenannte Aberration erster Ordnung, falls das
Objekt P sehr weit entfernt ist:
— A ^2 f,2n(n — l)^{r^^^)
(36)
Dabei bezeichnet h den Radius der Öffnung der Linse, f ihre
Brennweite, n ihren Brechungsexponenten und 0 das Verhältnis
ihrer Krümmungsradien:
ö = ri : rj. (37)
ri und r2 sind in dem oben S. 38 definierten Sinne positiv ge-
rechnet, für eine Bikonvexlinse ist z. B. r^ positiv, r^ negativ.
1) Näheres hierüber vgl. in Winkeimanns Handbuch der Physik, Optik,
2.Anfl., S.109ff. (AutorCzapski), oder M aller- Po uillets Lehrbuch d.Physik,
9. Aufl., S. 487 ff. (Autor La mm er), oderHeath, Geometrische Optik, deutsch
von Kanthack, Bariin 1894, S. 146ff.
4*
Digitized by
Google
52 Kapitel IIL
P/Pj' ist negativ für sphärische ünterkorrektion, positiv für Über-
korrektion. Das Verhältnis h : f wird auch die relative Öffnung
der Linse genannt Es ergibt sich dann aus (36), daß das Ver-
hältnis der Aberration P/Pi' zur Brennweite f proportional dem
Quadrat der relativen Öffnung der Linse zunimmt, falls a kon-
stant bleibt
Bei bestimmten f und h erreicht die Aberration für ein be-
stimmtes Radien Verhältnis ö' ein Minimum;*) dasselbe folgt aus
(36) zu:
Für n = 1,5 folgt o = — 1 :6, Dies entspricht entweder einer
Bikonvex- oder Bikonkavlinse. Die stärker gekrümmte Fläche
muß dem einfallenden Lichte zugekehrt sein. Wenn dagegen das
Objekt etwa in Brennweitenabstand von der Linse entfernt läge,
so würde sie das beste Bild liefern, wenn ihre schwächer gekiümmte
Fläche nach dem Objekt zu läge, 2) da man ja diesen Fall aus dem
vorhin betrachteten (sehr entferntes Objekt) ableiten kann, wenn
Objekt und Bild ihre Rolle gegenseitig vertauschen. — Für n = 2,0
folgt aus (38) ö'= -j- %. Dies würde einer konvex-konkaven Linse
entsprechen, welche die konvexe Seite nach dem fernen Objekt P
zuwendet
Folgende Tabelle ergibt eine Anschauung von der Größe der
Longitudinalaberration s bei zwei verschiedenen Brechungsindizes
und verschiedenen Radienverhältnissen ö. Es ist dabei f konstant
gleich 1 m und ä:/'= Vio» d. h. h=li) cm gesetzt Die sogenannte
Lateralaberration C, d.h. der Radius des Kreises, welchen die
Randstrahlen der Linse auf einem Schirme bilden, der durch den
Bildpunkt P{ geht, ergibt sich, wie man sofort aus dem Strahlen-
gange erhält, durch Multiplikation der Longitudinalaberration mit
der relativen Öffnung hjf, d. h. hier mit ^/,o. Die Lateralaberration
gibt den Radius der Bildscheibchen, welche die Randstrahlen von
einem leuchtenden Punkte P in einer Ebene entwerfen, in welcher
P durch achsennahe Strahlen scharf abgebildet wird.
1) Dies Minimum ist immer noch von Null verschieden. Mau kann ein
völliges Verschwinden der Aberration erster Ordnung erst dann erreichen, wenn
auch die Linsendicke geeignet gewählt wird.
2) Schon hieraus folgt, daß die Gestalt der Linse minimalster Aberration
von der Lage des Objektes abhängt.
Digitized by
Google
Physikalische Herstellung der optischen Abbildung. 53
/■= Im. h= 10 cm.
1,5
n = 2
Gestalt der Linse . .
_A "
— 6
? '1 ff
— e
s
Ebene Vorderfläche .
1
4,5 cm
4,5 mm , <x>
2 cm
1 „
2 mm
Gleichseitig ....
. . 1.' — 1
1,67 „
1,67 „i -1
1 „
Ebene Hinterfläche .
. . i' 0
1,17 „
1,17 „'i 0
0,5 „
0,44,,
0,5 „
Günstigste Form . .
. .|:-..
1,07 „
1,07 „! +V5
0,44,,
Daß eine plankonvexe Linse Bilder von geringerer Aberration
liefert, falls ihre konvexe Seite dem fernen Objekt zugekehrt ist,
als umgekehrt, ist schon aus dem Grunde plausibel, weil im ersten
Falle die Strahlen an beiden Flächen der Linse gebrochen werden,
im letzteren nur an einer, und es ist plausibel, daß eine möglichst
gleichmäßige Verteilung der Brechungen günstig ist, da dann an
jeder brechenden Fläche die kleinsten Winkeländerungen von ein-
fallendem und gebrochenem Strahl eintreten. — Die Tabelle lehrt
femer, daß die günstigste Linsenform wenig Vorteil bietet vor
der geeignet gestellten plankonvexen Linse. Aus dem Grunde
leichterer Herstellung wird daher letztere oft in praxi angewendet.
Schließlich lehrt die Tabelle, daß die Aberrationsfehler ganz
bedeutend kleiner werden, wenn bei gegebener Brennweite der
Brechungsindex möglichst hoch ist. Dieses Resultat bleibt auch
bestehen, wenn man die Aberration höherer Ordnung berücksich-
tigt, welche nicht mehr allein abhängt vom ersten Gliede in der
Potenzentwickelung nach dem Neigungswinkel u der Objekt-
strahlen. — Ebenfalls vermindert sich die Aberration bedeutend,
wenn man eine einzige Linse ersetzt durch ein System mehrerer
Linsen von gleicher Gesamtbrennweite. ^) Wählt man letztere
sogar noch von verschiedener Gestalt, so hat man die Möglichkeit,
die Aberration erster Ordnung und auch noch höherer Ordnungen
zum Verschwinden zu bringen. 2) — Man kann dies auch gleich-
zeitig für mehrere Objektlagen erreichen, aber allerdings nie für
ein endliches Stück der Achse.
1) Man bößt dann allerdings etwas an der Bildhelligkeit ein wegen der
vermehrten Reflexionsverluste.
2) 80 kann man durch zwei Linsen, von denen die eine kollektiv, die
andere dispansiv ist, die Aberration erster Ordnung aufheben.
Digitized by
Google
54 Kapitel III.
Bei beträchtlichen Neigungswinkeln u wird die Potenzent-
Wickelung der Aberration unbrauchbar, z. B. bei Mikroskop-Objek-
tiven, bei denen u unter Umständen fast 90® erreicht Es ist dann
praktischer, durch trigonometrische Rechnung den Gang mehrerer
Strahlen zu verfolgen und durch Probieren die besten Linsen-
gestalten und Anordnungen zu ermitteln. Es bietet sich indes
durch Benutzung der oben S. 32 erwähnten aplanatischen Punkte
der Kugel ein Weg, um bei nahen Objekten die Divergenz ihrer
austretenden Strahlen streng aberrationsfrei beliebig zu verkleinem,
d. h. auch ein aberrationsfreies, beliebig großes, virtuelles Bild des
Objektes zu erzeugen.
Die erste Linse 1 (Frontlinse) möge plankonvex (z. B. Halb-
kugel vom Radius r^) sein, und zwar kehre sie ihre ebene Fläche
dem Objekt P zu (vgl.
Figur 25). Wenn P in
einem Medium einge-
bettet ist vom gleichen
,--: Brechungsexponenten wj,
,,''''\y'' / wie diese Frontlinse, so
_.'''" y' / findet erst an der Hinter-
^i"^^-..^/r X A fläche derselben eine
^^ .?; . \ BrechungdervomObjekt
ausgehenden Strahlen
statt, und zwar wenn P
den Abstand r^jn^ vom
Fig. 23. Krümmungszentrum Q
jener Hinterfläche be-
sitzt, so erzeugen die austretenden Strahlen ein aberrationsfreies
virtuelles Bild Pj im Abstand iifx von Ci. Bringt man nun hinter
der Frontlinse eine zweite konkav-konvexe Linse 2 an, deren Vor-
derfläche ihr Krümmungszentrum in P^ hat, während ihre Hinter-
fläche einen derartigen Radius r^ besitzt, daß Pj im aplanatischen
Punkte dieser Kugel r^ (für den Brechungsindex n^ der Linse)
liegt, so werden die Lichtstrahlen nur an dieser Hinterfläche ge-
brochen, und zwar derart, daß sie vom virtuellen Bilde P2 her-
kommen, welches den Abstand ii^r^ vom Krümmungszentrum Gj
der Hinterfläche der Linse 2 besitzt und wiederum völlig aber-
rationsfrei ist. Durch Anwendung einer dritten, vierten usw. Kon-
kav-konvexlinse kann man successive weiter nach links liegende
virtuelle Bilder P3, P4 usw. vom Objekt P erzeugen, d. h. auch die
Digitized by
Google
PhysikaÜBche Herstellung der optischen Abbildung. 55
Divergenz der Lichtstrahlen successive verkleinern, ohne daß
Aberrationsfehler entstehen.
Dieses Prinzip (von Amici herrührend) benutzt man in der
Tat vielfach bei der Konstruktion der Mikroskopobjektive, wobei
man allerdings höchstens die beiden ersten Linsen desselben nach
diesem Prinzip konstruiert, weil sonst zu starke, unkompensierbare
chromatische Fehler (vgl hierüber weiter unten) entstehen.
9. Der Sinnssatz. Wenn ein Achsenpunkt P durch weitge-
öffnete Strahlenbüschel aberrationsfrei in einem Punkte P' abgebildet
wird, so ist damit im allgemeinen noch nicht die Abbildung eines
bei P senkrecht zur Achse gelegenen Flächenelements de in ein
bei P' gelegenes Flächenelement de' verknüpft, sondern es muß
dazu noch die sogenannte Sinusbedingung erfüllt sein, daß näm-
lich sin u : sin w = constans ist, falls u und u die Neigungswinkel
irgend welcher durch P und P' gehender konjugierter Strahlen sind.
Nach Abbe werden diejenigen abbildenden Systeme, welche
aberrationsfrei für zwei Achsenpunkte P und P' sind, und für diese
Punkte die Sinusbedingung erfüllen, aplanatische Systeme ge-
nannt. Die Punkte P und P' heißen die aplanatischen Punkte
des Systems. Die früher S. 32 genannten aplanatischen Punkte
der Kugel entsprechen diesen Bedingungen, da nach der dortigen
Formel (2) das Sinusverhältnis konstant ist. Die beiden Brenn-
punkte eines ellipsoidischen Hohlspiegels sind aber nicht aplana-
tische Punkte, sondern nur aberrationsfreie.
Früher (S. 22, Formel (9), Kapitel II) hatten wir gesehen, daß
bei der kollinearen Abbildung beliebig großer Eäume das Verhält-
nis tgu: ig w = const. ist Diese Bedingung tritt, sobald u und
u nicht sehr kleine Winkel sind, mit der Sinusbedingung in Wider-
spruch, und hieraus ergibt sich, da die letztere notwendig bei
physikalischer Abbildung zweier Flächenelemente erfüllt werden
muß, daß eine punktförmige Abbildung beliebig großer
Eäume durch weitgeöffnete Strahlenbüschel physikalisch
nicht herzustellen ist
Erst wenn die Winkel u und u sehr klein sind, können beide
Bedingungen nebeneinander bestehen. In diesem Falle entsteht
auch, falls P ein Bild P' erzeugt, allemal ein Bild do bei P' von
einem Flächenelemente da bei P. Bei weiten Öffnungswinkeln u
werden aber, falls die Sinusbedingung nicht erfüllt ist, selbst bei
vollkommenster Aufhebung der sphärischen Aberration für Achsen-
punkte, die Bilder benachbarter Punkte, die seitlich der Achse
Digitized by
Google
56
Kapitel III.
liegen, so undeutlich, daß ihre Zerstreuungskreise von derselben
Größenordnung sind, wie die Abstände der Punkte von der Achse.
Nach Abbe hat diese undeutliche Abbildung seitlicher Achsenpunkte
ihren Grund darin, daß die verschiedenen Zonen des sphärisch
korrigierten abbildenden Systems von einem Flächenelement Bilder
von verschiedener Linearvergrößerung entwerfen.
Die mathematische Bedingung für die Konstanz dieser Linear-
vergrößerung ist nach Abbe^) die Sinusbedingung. Andere Be-
weise dafür, die auf photometrischen und energetischen Grundsätzen
Fig. 26.
beruhen, gab Clausius^) und v. Helmholtz.^) Diese Schlußweisen
werden weiter unten im III. Abschnitt auseinandergesetzt werden.
Es möge hier ein einfacher Beweis folgen, den Hockin 4) gegeben
hat und der nur den Satz benutzt, daß die optischen Längen aller
Strahlenwege zwischen konjugierten Punkten einander gleich sein
müssen ^) (vgl. oben S. 9).
Es möge (vgl. Figur 26) P durch einen Achsenstrahl PA und
einen unter dem Winkel u geneigten Strahl PS im Achsenpunkte P'
abgebildet werden. Ebenso möge der unendlich nahe Punkt Pj
1) Carls Repert. f. Physik, 1881, 16, S. 303.
2) R. Claus i US, Mechanische Wännetheorie, 1887, 3. Aufl., 1, S. 315.
3) Pogg. Ann. Jubelbd., 1874, S. 557.
4) Journ. Roy. Microscop. Soc. 1884, (2), 4, S. 337.
5) Nach Bruns (das Eikonal, Abhandl. d. sächs. Ges. d. Wiss. Bd. 21,
S. 325, math.-phys. Kl.) kann man den Sinussatz auf noch allgemeinere Grund-
sätze zurückführen, nämlich allein auf das Vorhandensein konjugierter Strahlen
und den Malusschen Satz (cf. oben S. 13).
Digitized by
Google
Physikalische Herstelluiig der optischen Abbildung. 57
durch einen achsenparallelen Strahl Pj^^ und einen zu S parallelen
Strahl P^Si im Punkte P{ abgebildet werden. Der zu P^Ay kon-
jugierte Strahl F'P^ muß offenbar durch den Brennpunkt F' des
Bildraumes gehen. Bezeichnet man nun die optische Länge zwischen
den Punkten P und P' auf dem Wege über Ä durch {PAP'\ auf
dem Wege über 5, S' durch {PSS'P'), und analog die optischen
Längen der von P^ ausgehenden Strahlen, so ist nach dem Prinzip
vom ausgezeichneten Lichtweg:
{PAP') = {PSS'py, {P,A,F'P;) = {PySA'Pi'),
daher auch
{PAP') - {P^A^F'p;) = {PSS'P') - {PASi'Pi')' (39)
Da nun F' konjugiert ist zu einem unendlich entfernten Objekt T
auf der Achse, so wäre {TPAF') = {TP^A^F'). Nun sind aber offen-
bar die Längen TP und TP^ einander gleich, da PPi senkrecht
zur Achse stehen soll. Daher folgt aus der letzten Beziehung durch
Subtraktion dieser Längen TP = TP^:
{PAF') = {PyA,F'). (40)
Ferner folgt, da P'Pl senkrecht steht zur Achse: F'P'=F'Py\
wenigstens falls P'P{ sehr klein ist. Addiert man diese Gleichung
zu (40), so ergibt sich:
{PAfP') = {P,A,F'P{),
d. h. die linke Seite der Gleichung (39) verschwindet, d. h. es wird:
{pss'p') = {PAs{p;). (41)
Nennt man nun F^' den Schnittpunkt der Strahlen P'S' und P/^/,
so ist F{ konjugiert zu einem unendlich entfernten Objektpunkte T^,
dessen Strahlen den Winkel u mit der Achse bilden. Fällt man
daher von P ein Lot PN auf PyS^, so entsteht, analog wie oben
die Gleichung (40):
{PSS'F{) = {NS^S{F{). (42)
Durch Subtraktion dieser Gleichung von (41) entsteht:
{F;p') = - (iVPi) + (P/P/). (43)
Ist nun n der Brechungsindex des Objektraumes, n der des
Bildraumes, so ist, falls die geometrischen Längen ohne Klammern
bezeichnet werden:
{NP^} = n'NP^ = n' PPi' sin u, (44)
Zieht man ferner P'N' senkrecht zu F{P\ so ist, da P'P{
unendlich klein ist,
{F{P{) - (F/P') = n . iY'P;= n- P'P^- sin u, (45)
Digitized by
Google
5S
Kapitel m
Daher gibt die Gleichung (43^ , wenn man ^44^ und (45) be-
rficksichtigt:
n • PP^ . «n « = «'• P'P{- sin u\
Nennt man y die lineare Große PPj des Objektes, ebenso y
die des Bildes P'P/, so ergibt sich also:
'46)
sin u ny
sin u n y
Hiermit ist die Eonstanz des Sinusverhältnisses bewiesen, und
zwar ist auch zugleich der Wert der Konstanten ermittelt Der-
i? i*
p/ P'
n'
Fig. 27.
selbe stimmt fiberein mit der bei den aplanatischen Punkten der
Kugel frtther (S. 33) erhaltenen Formel (2).
Für zwei verschiedene Achsenpunkte kann man nicht die Sinus-
bedingung erfüllen. Denn wenn (vgl Figur 27) P und P^ die
Bilder P\ P/ besitzen, so muß nach dem Prinzip gleicher optischer
Längen sein:
(47) {PAP') = {PSS'P'), {P,ÄP{) = {P^S^S^'P{).
PS und P^Si mögen zwei einander parallele Strahlen vom
Neigungswinkel u sein. Durch Subtraktion beider Gleichungen (47)
voneinander folgt dann durch dieselben Schlußfolgerungen wie
vorhin:
(P/P') - {P,P) = - {P,N) + {N'P\
oder
n • P^P {1 --co8u) = n- P{P' {1 — cos u), d. h.
/JON sin^ j u n . P'P£
^ ^ sin-^\u ~ iiTPPr '
Digitized by
Google
Physikalische Herstellang der optischen Abbildung.
59
Diese Gleichung ist also die Bedingung dafür, daß zwei be-
nachbarte Punkte der Achse, d. h. ein unendlich kleines Stück der-
selben, durch weitgeöffnete Strahlenbüschel abgebildet werden.
Diese Bedingung kann aber nicht gleichzeitig mit der Sinus-
bedingung (46) erfüllt werden. Man kann also nur für eine
Objektivlage ein abbildendes System aplanatisch machen.
Für die Mikroskopobjektive ist die Erfüllung der Sinusbe-
dingung besonders wichtig. Man hat dieselbe bei der Konstruktion
der älteren Mikroskope theoretisch noch nicht gekannt, man kann
aber nach Abbe experimentell nachweisen, daß die älteren Mikro-
skopobjektive, welche, rein nach empirischen Grundsätzen hergestellt,
gute Bilder liefern, tatsächlich der Sinusbedingung genügen.
Fig. 28.
10. Abbildung großer Fläehen durch enge BflseheL Vor
allem muß der Astigmatismus gehoben sein (vgl. oben S. 44). Es
läßt sich auf theoretischem Wege kein Satz für diese Bedingung
ableiten, wenigstens wenn die Neigung der abbildenden Strahlen
gegen die Achse beliebig groß ist Man ist also wesentlich hierbei
auf praktische Erfahrungen und trigonometrische Durchrechnung
angewiesen. Es mag hervorgehoben werden, daß auf den Astig-
matismus nicht nur die Gestalt der einzelnen Linsen, sondern auch
der Ort einer Blende Einfluß hat
Noch zwei weitere Forderungen pflegt man an die Abbildung
zu stellen, welche allerdings keine unbedingten sind und zum Teil
nur der Bequemlichkeit dienen: das Bild soll eben sein (ohne
Wölbung) und in seinen einzelnen Teilen gleiche Vergrößerung
Digitized by
Google
60
Kapitel III.
besitzen (es soll frei von Verzerrung sein). Erstere Forderung
wird besonders an photographische Objektive gestellt, über die
analytischen Bedingungen vgl. Winkelmann, Handb. d. Physik,
Optik, 2. Aufl., S. 140 (Autor Czapski).
Die analytische Bedingung für Verzerrungsfreiheit läßt sich
leicht aufstellen: Es sei (vgl. Figur 28) P, Py, P^ eine Objektiv-
ebene; P\ P/, P2 die konjugierte Bildebene. Die abbildenden
Strahlenbüschel des Objektes werden stets durch eine bestimmte
Blende B (Eintrittspupille) begrenzt (eventuell ist diese einfach
der Rand einer Linse, oder eine speziell angebrachte Blende), und
zwar sind die von den Objekten Pj, P2 usw. nach dem Mittelpunkt B
der Eintrittspupille hinzielenden Strahlen die Hauptstrahlen
(mittleren Strahlen) der abbildenden Büschel. Ebenso werden die
Fig. 29.
Bildstrahlen durch eine Blende P' (Austrittspupille), welche
das konjugierte Bild zur Eintrittspupille 0 ist, begrenzt. Wenn l
und f die Entfernungen der Pupillen von der Objekt-, bezw. Bild-
ebene ist, so ergibt sich aus der Figur:
tgu^==PP^:l, tgu^^PP^il,
tgu{= P'P^ : (, tg u\ = P'P^ : t.
Wenn nun die Vergrößerung konstant sein soll, so muß sein:
P'P\:PP^ = P'P^:PP2,
daher auch
(49) ^~ = / — = constans.
Bei konstanter Vergrößerung müssen alle konjugierte
1) Näheres hierüber vgl. im Kapitel IV.
Digitized by
Google
Physikalische Herstellung der optischen Abbildung. ßi
Hauptstrahlen ein konstantes Tangentenverhältnis ihrer
Neigungswinkel besitzen. Man pflegt in diesem Falle die
Schnittpunkte der Hauptstrahlen mit der Achse, d. h. die Mittel-
punkte der Pupillen, „orthoskopische" Punkte zu nennen; man
kann also auch sagen: die Zentra der Perspektive von Objekt
und Bild müssen orthoskopische Punkte sein, falls das
Bild ohne Verzerrung sein soll.
Aus diesem Grunde ist die Lage der Pupillen von Bedeutung.
An einem Beispiele, welches der photographischen Optik entnommen
ist, mag gezeigt werden, wie man bei einem Projektionssystem der
Bedingung der Orthoskopie am einfachsten gentigen kann: Man
bringt nämlich zu beiden Seiten einer körperlichen Blende R voll-
kommen symmetrische Linsensysteme 1 und 2 an. (Das ganze
System nennt man dann ein symmetrisches Doppelobjektiv.) In der
Figur 29 sind zwei konjugierte Hauptstrahlen S, S' gezeichnet. Das
optische Bild B der Blende E in bezug auf das System 1 ist offen-
bar die Eintrittspupille, denn alle Hauptstrahlen müssen tatsäch-
lich durch die Mitte der Blende E gehen, die einfallenden Haupt-
strahlen S müssen daher nach der Mitte von J5, dem optischen
Bilde von E in bezug auf 1, hinzielen. Ebenso ist B\ das optische
Bild von E in bezug auf 2, die Austrittspupille. Aus der Symmetrie
der Anordnung ergibt sich nun sofort, daß stets u = u ist, d. h.
die Bedingung (49) der Orthoskopie ist erfüllt.
Solche symmetrische Doppelobjektive besitzen, kraft ihrer
Symmetrie, noch zwei andere Vorteile:
Einmal ist eine bessere Vereinigung der Meridionalbüschel zu
erzielen, 0 andererseits sind auch chromatische Fehler (die im
nächsten Paragraphen ausführlicher behandelt werden sollen) leich-
ter zu vermeiden. Das Resultat u = u\ d. h. die Parallelität kon-
jugierter Hauptstrahlen, ist ganz unabhängig von den Brechungs-
exponenten des Systems, d.h. auch von der Farbe des Lichtes. Wenn
nun jedes der beiden Teilsysteme 1 und 2 einzeln für sich achro-
matisiert ist in bezug auf den Bildort, der von der körperlichen
Blende E entsteht, d. h. wenn die Orte der Eintritts- und Aus-
trittspupille unabhängig von der Farbe sind, 2) so fallen konjugierte
1) Es handelt sich hier um Aufhebung des sogenannten Komafehlers. Vgl.
darüber MüUer-Pouillet, Optik (von Lummer), S. 774.
2) Diese Achromatisierung kann, wie wir sehen werden, praktisch genügend
nahe erreicht werden, dagegen kann nicht gleichzeitig erreicht werden, daß
auch die Größen der von R entstehenden Bilder unabhängig von der Farbe sind.
Digitized by
Google
62
Kapitel III.
Hauptstrahlen von einem Objekte P^ und seinem Bilde P{ für
alle Farben stets zusammen. Dadurch entstehen dann aber auch
in der Bildebene gleichgroße Bilder für alle Farben. Der Ort
der schärfsten Bildebene ist allerdings streng genommen für die
verschiedenen Farben etwas verschieden, wenn aber z. B. ein Schirm
auf Gelb scharf eingestellt ist, so ist die Unscharfe für andere
Farben nur gering und ihre Bilder liegen an den Schnittpunkten
der Hauptstrahlen. Falls also diese für alle Farben zusammen-
fallen, so wird das Bild nur wenig durch chromatische Fehler
gestört.
Von der Entfernung der Einzelsysteme 1 und 2 von der
Blende R hängt der Astigmatismus und die Bildwölbung ab. Im
allgemeinen wird das Bild mit zunehmender Entfernung der Einzel-
systeme gestreckter, d. h. die Bildwölbung nimmt ab, während die
astigmatische DiflFerenz zunimmt. Nur infolge Verwendung der
neuen Gläser von Schott in Jena, bei denen hohe Dispersion mit
niedrigem Brechungsindex und geringe Dispersion mit hohem
Brechungsindex gepaaii; vorkommt, ist eine anastigmatische Bild-
ebnung ermöglicht worden. Es soll dies unten (Kapitel V über
optische Instrumente) noch näher besprochen werden.
11. Die chromatisehen Abweiehungen in dioptrisehen
Systemen. Bisher ist immer nur vom Brechungsexponenten eines
Körpers schlechthin die Rede gewesen; aber es ist zu bedenken, daß
derselbe für die verschiedenen, im weißen Lichte enthaltenen
Farben ein verschiedener ist. Für alle gut durchsichtigen Körper
wächst der Brechungsexponent kontinuierlich, wenn man vom roten
Ende der Spektralfarbenskala zum blauen Ende übergeht. Um
eine Anschauung zu geben, sind in folgender Tabelle die Brechungs-
exponenten für 3 Farben: nc für rotes Licht (der Fraunhoferschen
Linie C des Sonnenspektrums, die identisch mit der roten Wasser-
stoflflinie ist), no für gelbes Licht (Natriumlinie), uf für blaues
Licht (blaue Wasserstoflflinie) bei zwei verschiedenen Glassorten
angegeben.
Glassorte
nc
UD
UF
Calcium-Silicat- Crown . .
Gewöhnl. Silicat-Flint . .
1,5153
1,6143
1,5179
1,6202
1,5239
1,6314
0.0166
0,0276
Digitlzed by
Google
Physikalische HerstelloDg der optischen AbbildoDg. 63
In der letzten Kolumne ist das sogenannte Dispersionsver-
mögen V des Körpers angegeben. Dasselbe ist also definiert
durch:
v = ^^^' (50)
Es ist übrigens für v ziemlich gleichgültig, ob im Nenner nn
oder der Brechungsexponent für irgend eine andere Farbe gewählt
wird. Denn dadurch würde sich v um höchstens 2% ändern.
Da nun die Abbildungsfaktoren vom Brechungsexponenten
abhängig sind, so muß im allgemeinen das von einem weißen
Objekte entstehende Bild farbige (chromatische) Abweichungen
zeigen, d. h. die verschiedenen im weißen Objekte enthaltenen
Farben entwerfen Bilder, welche nach Ort und Größe voneinander
etwas verschieden sind.
Will man das rote und blaue Bild vollständig zur Deckung
bringen, d. h. will man das abbildende System für rot und blau
achromatisieren, so ist dazu erforderlich, daß nicht nur die
Brennweiten, sondern auch beide Hauptebenen für beide Farben
identisch werden.^) In vielen Fällen genügt aber schon eine teil-
weise Achromatisierung des Systems, z. B. entweder nur der Brenn-
weite, oder der Lage eines Brennpunktes, je nach den praktischen
Zwecken, denen das System dient, nach denen entweder mehr Ge-
wicht auf die Bildvergrößerung oder den Bildort zu legen ist
Durch eine Achromatisiening des Systems fiir zwei Farben,
z. B. rot und blau, ist aber im allgemeinen noch nicht eine
Achromatisierung für alle anderen Farben erreicht, weil das Ver-
hältnis der Dispersionen in verschiedenen Teilen des Spektrums
von Substanz zu Substanz variiert. Die so noch übrig bleibenden
chromatischen Abweichungen der Bilder, welche man sekundäres
Spektrum nennt, sind aber meist schon unerheblich für praktische
Zwecke. Man kann ihren Einfluß noch weiter reduzieren entweder
durch Wahl geeigneter brechender Körper, bei denen die Dispro-
portionalität des Dispersionsvermögens möglichst klein ist, oder
durch Achromatisierung für 3 Farben. (Die dann noch übrigbleiben-
den chromatischen Bildabweichungen heißen tertiäres Spektrum.)
Die Wahl der zum Zwecke praktischer Achromatisierung zu
vereinigenden Farben hängt vom Zwecke des optischen Instru-
1) Bei weitgeoffneten Strahlenbüscheln gibt es noch mehr Bedingungen,
die zur völligen Achromasie notwendig sind; cf. weiter unten.
Digitized by
Google
64 Kapitel III.
mentes ab. Bei einem photographischen Systeme, für welches das
blaue Licht das wirksamste ist, wird man beide Farben mehr nach
dem blauen Ende des Spektrums zu wählen, als bei einem dem
menschlichen Auge dienenden Instrumente, für welches das gelb-
grüne Licht das wirksamste ist In letzterem Falle kann man
experimentell leicht entscheiden, welche beiden Farben man am
zweckmäßigsten vereinigt in folgender Weise: Man stellt zwei
Prismen verschiedener Glassorten auf den Tisch eines Spektrometers
so zusammen, daß sie nahezu achromatische Spaltbilder liefern,
z. B. die Farben G und F bei bestimmter Stellung des Spektro-
metertisches vereinigen. Dreht man denselben, so wird das Spalt-
bild im allgemeinen farbig gesehen, bei einer Stellung des Spektro-
metertisches wird aber das Spaltbild am wenigsten gefärbt er-
scheinen. Man berechnet dann aus dieser, hier gerade vorhandenen
Lage der Prismen die beiden Farben, welche tatsächlich genau
parallel aus den Prismen austreten. Dieses sind dann diejenigen
beiden Farben, welche zur Achromatisierung bei subjektiver Be-
obachtung am zweckmäßigsten zu vereinigen sind.
Schon mit einer einzigen dicken Linse kann man Achromati-
sierung der Brennweite oder der Brennpunktsorte erreichen.
Praktisch wichtiger sind aber die Fälle, in denen dünne Linsen
verwandt werden. Werden dieselben aufeinander gelegt, so
können wir näherungsweise von der chromatischen Abweichung
der Hauptebenen absehen, da diese bei dünnen Linsen einfach
immer in die Linsen fallen (vgl. oben S. 40). Wenn man also dann
die Brennweite achromatisiert, so ist das System nahezu vollständig
achromatisiert, d. h. sowohl für Bildort als auch Bildgröße.
Es ist nun die Brennweite /i einer dünnen Linse vom Brechungs-
index 71^ bei einer bestimmten Farbe nach Formel (22) der S. 40
gegeben durch
(51) I - (^1 - 1) {,-?; - ./;) = (''1 - ^) ^-1.
wobei A'i eine Abkürzung für die Differenz der Linsenkrümmungen
bedeutet
Femer ist nach (24) der S. 42 die resultierende Brennweite /
zweier aufeinander gelegter dünner Linsen der Brennweiten /i und
/i gegeben durch
1 1,1
Für einen Zuwachs dn^ des Brechungsindex /?i bei Übergang zu
Digitized by
Google
Physikalische Herstellung der optischen Abbildung. 65
einer anderen Farbe folgt nun aus (51) der Zuwachs der reziproken
Brennweite:
'^{fj='^'H•*»=„-'?h•i=^ (58)
wobei Vi das Dispersionsvermögen der Substanz der Linse 1
zwischen den beiden benutzten Farben bedeutet Soll daher die
resultierende Brennweite f für beide Farben die gleiche sein, so
folgt aus (52) und (53):
Die Bedingung der Achromatisierung ist also in (54) enthalten.
Diese Gleichung sagt aus, da v^ und V2 beständig dasselbe Vor-
zeichen besitzen, was für Körper 1 und 2 man auch verwenden
möge, daß die Einzelbrennweiten einer dünnen achro-
matischen Doppellinse entgegengesetztes Vorzeichen be-
sitzen.
In Verbindung mit (52) folgen die Einzelbrennweiten zu
1 1 V2 1 1 Vi
fi f V2 — Vi^ /i /' V2 — Vi
(55)
Bei positiver Gesamtbrennweite hat daher die Linse mit kleinerem
Dispersionsvermögen eine positive, die mit größerem Dispersions-
vermögen eine negative Brennweite.
Wenn f vorgeschrieben ist und die Glassorten gewählt sind,
so sind zur Erreichung der Brennweiten /i und /2 vier Krümmungs-
radien verfügbar. Es bleiben daher noch zwei frei verfügbar. Will
man die beiden Linsen aneinander kitten, so ist r/ = rj zu setzen.
Es bleibt dann noch ein Krümmungsradius verfügbar. Derselbe
kann zweckmäßig so gewählt werden, daß die sphärische Aber-
ration möglichst klein wird.
Bei mikroskopischen Objektiven werden achromatische Paare
dieser Art sehr allgemein verwendet; es besteht hierbei jedes aus
einer plankonkaven Linse aus Flintglas, welche mit einer bikon-
vexen Linse von Crownglas verkittet ist, wobei die plane Linsen-
fläche dem einfallenden Licht zugekehrt wird.
Wenn wir zwei dünne Linsen in einem größeren Ab-
stände a voneinander verwenden wollen, so ist ihr optisches
Intervall J (vgl. oben S. 28)
^ = a~(/i + /2),
Drnde, Lehrbach d. Optik. 2. Aufl. 5
Digitized by
Google
66
Kapitel III.
daher nach (19) S. 29 die resultierende Brennweite:
Soll die Brennweite achromatisiert werden, so folgt aus (56)
und (53):
0
oder
(57)
Vi , ^2
^ ^ v-kU -\-v\h
Vi -I- V2 *
Bestehen beide Linsen aus gleichem Material (1^1 = ^2)»
so bilden sie also in der Distanz
(58)
_f±±h
ein hinsichtlich der Brennweite achromatisches System.
Diese Achromasie findet dann zugleich für alle Farben statt, da
stets v^ = v<i ist.
Will man das System nicht nur hinsichtlich der Brennweite
achromatisieren, sondern vollständig, d. h. nach Bildort und Bild-
größe, so ergibt die Figur 30:
y
5l y.
ei ' Vi
~?^, d.h.
das Vergrößerungsverhältnis:
(59)
y'y = ^\h' ^1^2-
Fig. 80.
Wenn daher die Vergrößerung und der Bildort achromatisiert
werden soll, so muß sein, da e^ für alle Farben konstant ist:
(60)
^(^') = o, rf.;=o.
Da nun aber e^ + e^^^a (Abstand der Linsen) auch für alle Farben
konstant ist, so folgt de^= — de^, während aus (60) folgt d {elje^ = 0.
Digitized by
Google
Physikalische Herstellung der optischen Ahhildung. 57
Hieraus ergibt sich c?e/= 0, de^ = (>, d. h. die beiden Einzellinsen
müssen schon für sich achromatisiert sein, d. h. müssen aus achro-
matischen Paaren bestehen.
Man kann daher auch allgemein schließen: Ein Gesamt-
system, welches aus mehreren getrennten Einzelsystemen
besteht, ist nur dann vollständig (d. h. nach Bildort und Bild-
größe) achromatisiert, wenn dies schon die Einzelsysteme
für sich sind.
Wenn der Öffnungswinkel der die Abbildung vermittelnden
Strahlenbüschel erheblicher wird, so ist mit der Achromasie des
Bildortes oder der Brennweite noch nicht das Zustandekommen
eines guten Bildes gewährleistet, auch wenn es für eine Farbe
entstehen sollte. Es muß auch die sphärische Aberration für zwei
Farben möglichst aufgehoben sein und (bei Abbildung von Flächen-
elementen) die Bedingung des Aplanatismus (Sinusbedingung) für
zwei Farben erfüllt sein. Abbe nennt Systeme, die frei von sekun-
därem Spektrum sind und zugleich aplanatisch für mehrere Farben,
„apochromatische" Systeme. Dieselben besitzen dann noch eine
chromatische Differenz der Vergrößerung; dieselbe kann durch
andere Mittel unschädlich gemacht werden (vgl. weiter unten bei
Besprechung des Mikroskops).
Kapitel lY.
Über die Strahlenbegrenzung und die von ihr abhängige
Lichtwirknng.
1. Eintrittspupille und Austrittspupille. Die Strahlen,
welche die Abbildung durch ein optisches System vermitteln, sind
naturgemäß stets begrenzt, entweder infolge der beschränkten
Größe der Linsen bezw. Spiegel, oder infolge besonders angebrachter
körperlicher Blenden. Sei P ein bestimmt gelegener Objektpunkt
5*
Digitized by
Google
68
Kapitel IV.
(vgl. Figur 31), so findet man zunächst diejenige von den vorhan-
denen Blenden (oder denjenigen Linsenrand), welche die Öffnung
der abbildenden Büschel am meisten einschränkt, in folgender
Weise: Man konstruiere von jeder Blende P das optische Bild ß^,
welches der zwischen B und dem Objekt P liegende Teil Äj des
optischen Systems entwirft. Dasjenige unter diesen Bildern J?,,
welches vom Objekt P unter dem kleinsten Sehwinkel erscheint,
begrenzt offenbar die abbildenden Strahlenbüschel; dieses Bild heißt
die Eintrittspupille des ganzen abbildenden Systems, die körper-
liche Blendet selbst wird die Apertur- oder Öffnungsblende
(oder auch Iris) genannt^ Der Sehwinkel 2U, unter welchem
Fig. 31.
die Eintrittspupille vom Objekt aus ei^scheint, d. h. der \Mnkel
zweier in einer Meridianebene verlaufenden Randstrahlen, heißt
der Öffnungswinkel des Systems.
Das optische Bild B(, welches das ganze System von der
Eintrittspupille entwirft, wird seine Austrittspupille genannt
Dieselbe begrenzt ofi'enbar die von dem Bilde P' des Objektes P
ausgehenden Strahlen. Der Winkel 2 U\ unter dem die Austritts-
pupille von P' aus erscheint, heißt der Projektions winkel des
Systems. Aus der Vertauschbarkeit von Bild und Objekt folgt ohne
weiteres, daß die Austrittspupille B[ das Bild der Aperturblende
B in bezug auf den Teil Äj des ganzen optischen Systems ist,
welcher von B nach dem Bildraume zu folgt. Beim Fernrohr ist
oft der Rand der Vorderlinse (des Objektivs) die Aperturblende,
1) Wenn die Iris vor der ersten Linse des Systems liegt, so ist sie mit
der Eintrittspupille identisch.
Digitized by
Google
über die Strahlenbegrenzung und die von ihr abhängige Lichtwirkung. 69
das von dem Okular entworfene Bild dieses Linsenrandes daher
die Austrittspupille. Man sieht die Austrittspupille als reelles oder
virtuelles Bild, wenn man das Instrument in genügender Ent-
fernung vom Auge gegen einen hellen Hintergrund hält.
unter Umständen kann aber auch die Iris des beobachtenden
Auges die Aperturblende bilden, deren von der Hornhaut und
Augenwasser entworfenes Bild die Pupille genannt wird. Nach
diesem Falle ist die allgemeine Bezeichnung „Eintrittspupille" und
„Iris" gewählt.
Die Lage der Pupillen ist, wie wir schon oben S. 59 sahen,
von Wichtigkeit bei der Abbildung ausgedehnter Objekte durch
enge Büschel Soll das Bild dem Objekte ähnlich sein, so müssen
die Mittelpunkte der Eintritts- bezw. Austrittspupille „ortho-
skopische" Punkte sein. Außerdem ist die Lage der Pupillen
Fig. 82.
wesentlich für den Gang der Hauptstrahlen, d. h. der mittleren
Strahlen der die Abbildung vermittelnden Büschel. Sind, was wir
voraussetzen wollen, die Pupillen Kreise, deren Zentren auf der
Achse des abbildenden Systems liegen, so sind die von einem be-
liebig liegenden Objekt P bezw. seinem Bilde P' nach dem Mittel-
punkt der Eintritts- bezw. Austrittspupille hinzielenden Strahlen
die Hauptstrahlen der Objekt- bezw. Bildstrahlenbündel. Den Ver-
lauf der Hauptstrahlen im abbildenden System bezeichnet man des
näheren als seinen Strahlengang.
2. Telezentriseher Strahlengang. Durch besondere Lage der
„Iris" kann man es erreichen, daß entweder die Eintritts- oder
Austrittspupille (oder bei teleskopischer Abbildung beide zugleich)
ins unendliche rücken. Man braucht dazu nur die Iris in den
hinteren Brennpunkt von S^ oder in den anderen Brennpunkt von
S<i zu legen (vgl. oben Figur 31). Dieser Fall wird als „telezen-
triseher*' Strahlengang bezeichnet, und zwar der erstere als „tele-
Digitized by
Google
70 Kapitel IV.
zentrisch nach der Objektseite", der letztere als „telezentrisch nach
der Bildseite". Im ersteren Falle sind alle Hauptstrahlen des
Objektraumes achsenparallel, im letzteren alle Hauptstrahlen des
Bildraumes. Figur 32 bezieht sich auf diesen Fall, d. h. auf einen
telezentrischen Strahlengang nach der Bildseite. Die Iris B liegt
im vorderen Brennpunkt der Linse S, welche von dem Objekt P^P2
das reelle Bild P/A' entwirft. Die von den Punkten P^ und P^
ausgehenden Hauptstrahlen sind stark gezeichnet, die Randstrahlen
schwach. — Dieser Strahlengang ist vorteilhaft anzuwenden, wenn
das Bild P{P2 auf einer mit Teilstrichen versehenen Pointierungs-
ebene (Mikrometer) ausgemessen werden soll. Auch wenn sie nicht
genau mit dem Bilde P/A' zusammenfällt, so ergibt sich doch
immer dieselbe Bildgröße, weil bei unscharfer Einstellung der
Schnitt der Hauptstrahlen mit der Pointierungsebene als Ort des
(unscharfen) Bildes aufgefaßt wird. Wenn nun die Hauptstrahlen
des Bildraumes achsenparallel sind, so müssen auch die unscharfen
Bilder auf der nicht genau eingestellten Mikrometerebene stets
dieselbe Größe behalten. Bei schiefem Gange der Hauptstrahlen
würde aber die scheinbare Größe des Bildes stark mit der Lage
der Pointierungsebene wechseln.
Wenn man das System telezentrisch nach der Objektseite macht,
so ist aus ähnlichem Grunde die Bildgröße unabhängig von einer
genauen Einstellung auf das Objekt. Dieser Strahlengang ist daher
bei den Mikrometeimikroskopen vorteilhaft anzuwenden, während
der erstere bei Femrohren zu realisieren ist, bei denen die Objekt-
distanz immer gegeben ist (unendlich groß), aber das Okular-
mikrometer verstellt werden kann.
3, Gesichtsfeld. Außer der Blende B (Iris), welche selbst,
bezw. deren optische Bilder Eintritts- bezw. Austrittspupille bilden,
sind stets noch weitere Blenden oder Linsenränder vorhanden,
welche die Größe des abzubildenden Objektes, das Gesichtsfeld,
bestimmen. Man findet diejenige Blende (die sogenannte Gesichts-
feldblende), welche hierfür maßgebend ist, indem man wiederum
von sämtlichen Blenden ihre optischen Bilder konstruieit, die der
Teil Si des ganzen optischen Systems entwirft, der zwischen
Objekt und der betreffenden Blende liegt. Dasjenige Bild Gy unter
diesen, welches von der Mitte der Eintrittspupille aus unter dem
kleinsten Winkel 2w erscheint, ist für das Gesichtsfeld bestimmend.
Der Sehwinkel 2w heißt der Gesichtsfeldwinkel. Die Richtig-
keit dieser Behauptung geht aus einer Zeichnung, z. B. Figur 31
Digitized by
Google
über die Strahlenbegrenzung und die von ihr abhängige Lichtwirkung. 71
auf S. 68, unmittelbar hervor. In dieser Figur sind außer der
Iris B noch die Ränder der Linsen S^ und S2 und das Diaphragma
G als Blenden vorhanden. Das Bild der letzteren in bezug auf
S^ ist Gl, und da wir annehmen wollen, daß G^ von der Mitte
der Eintrittspupille unter kleinerem Winkel erscheine, als der Rand
von S^ und das Bild, welches S^ vom Linsenrand S^ entwirft, so
wirkt G als Gesichtsfeldblende. — Das optische Bild ö/, welches
das ganze System S^ + ^^2 von G^ entwirft, begrenzt das Gesichts-
feld im Bilde. Der Winkel 2w\ unter dem G( von der Mitte
der Austrittspupille aus erscheint, heißt der Bildwinkel.
In der Figur 31 ist angenommen, daß das Bild G^ der Ge-
sichtsfeldblende in die Ebene des abzubildenden Objektes P fällt
Dieser Fall zeichnet sich dadurch aus, daß dann das Gesichtsfeld
scharf begrenzt ist, weil jeder Objektpunkt P entweder die Ein-
trittspupille vollständig mit Strahlen erfüllen kann, oder gar keine
Strahlen zu denselben senden kann, da sie alle von G^ aufgehalten
werden. Wenn die Objektebene nicht mit dem objektseitigen Bilde
G^ der Gesichtsfeldblende zusammenfällt, so ist das Gesichtsfeld
unscharf begrenzt, d. h. durch eine Zone kontinuierlich abnehmender
Helligkeit. Denn dann gibt es nach dem Rande des Gesichts-
feldes zu offenbar Objektpunkte P, deren Strahlen die Eintritts-
pupille nur teilweise erfüllen können.
Bei Instrumenten, welche zur subjektiven Beobachtung dienen,
ist es günstig, wenn die Pupille des Auges mit der Austrittspupille
des Instrumentes zusammenfällt, damit das Gesichtsfeld möglichst
ausgenutzt wird. Denn wenn die Augenpupille in einiger Ent-
fernung von der Austrittspupille liegt, so kann erstere als Gesichts-
feldblende wirken und das Gesichtsfeld unter Umständen sehr ein-
schränken. Die Austrittspupille wird daher auch oft. als Augen-
kreis (Okularkreis), ihr Mittelpunkt als Augenort bezeichnet.
Bisher ist der Einfluß der Blenden im wesentlichen allein auf
den geometrischen Verlauf des Strahlengang^s diskutiert, die Blenden
haben nun aber auch noch die größte Bedeutung für die Hellig-
keit der Bilder. Bei Betrachtung derselben verlassen wir den Boden
der rein geometrischen Optik, wir wollen aber diese Betrachtungen
hier einschalten, da ohne dieselben die Beschreibung der Wirkungs-
weise der verschiedenen optischen Instrumente zu unvollständig
ausfallen würde.
4. Photometrische Grundsätze. Wir bezeichnen als Ge-
samtlichtmenge M einer Lichtquelle Q diejenige Lichtmenge,
Digitized by
Google
72 Kapitel IV.
welche Q auf irgend eine geschlossene, sie umgebende Fläche
S sendet Auf die speziellere Gestalt von S kommt es dabei nicht
an, indem die Voraussetzung (oder besser Definition) gemacht wird,
daß bei der Ausbreitung des Lichtes in einem vollständig durch-
sichtigen^) Medium die Gesamtlichtmenge weder verkleinert noch
vergrößert wird.
Ebenso wird vorausgesetzt (definiert), daß die Lichtmenge kon-
stant bleibt für jeden Querschnitt einer Röhre, deren Seiten von
Lichtstrahlen gebildet werden (Lichtröhre). 2) Vernachlässigen wir
bei einer Lichtquelle Q zunächst ihre seitliche Ausdehnung, d. h.
setzen wir sie als punktförmig voraus, so sind die Lichtstrahlen
gerade Linien, die vom Punkte Q ausgehen. Eine Lichtröhre ist
also ein Kegel, dessen Spitze in Q liegt. Als Öffnungswinkel (oder
räumlicher Winkel) Q des Kegels wird die Flächengröße ver-
standen, welche der Kegel aus einer um seine Spitze als Zentrum
beschriebenen Kugel vom Radius l (1 cm) ausschneidet.
Fassen wir nun einen Elementarkegel von dem sehr kleinen
räumlichen Winkel d^ ins Auge, so ist die in ihm enthaltene
Lichtmenge:
(61) . dL=^K'dQ,
Die Größe K wird die Lichtstärke (Leuchtkraft) der Licht-
quelle Q in Richtung der Kegelachse genannt Sie hat die physi-
kalische Bedeutung, daß sie diejenige Lichtmenge bedeutet, welche
Q auf die Flächeneinheit in der Einheit der Entfernung sendet,
falls diese Fläche senkrecht zu den Lichtstrahlen liegt, denn dann
ist d^ = 1.
Die Lichtstärke kann im allgemeinen von der Richtung der
Lichtstrahlen abhängen. Die Gesamtlichtmenge M drückt sich
daher nach (61) aus durch
(62) M=/K'd£,
wobei das Integral ganz um die Lichtquelle Q herum zu summieren
1) Im folgenden wird stets vollkommene Durchsichtigkeit des Mediums
vorausgesetzt.
2) Die hier vorangestellten Definitionen ergeben sich als notwendig, sowie
man die Lichtmenge als die in der Zeiteinheit durch den Querschnitt der Böhre
hindurchgehende Energie auffaßt. Solche tiefer gehende physikalische Vor-
stellungen soUen aber hier vermieden werden, um nicht zu sehr den Boden der
geometrischen Optik zu verlassen.
Digitized by
Google
über die Strahlenbegrenzung und die von ihr abhängige Lichtwirkung. 73
ist Falls K unabhängig von der Richtung der Lichtstrahlen wäre,
so würde folgen
da die Summe der räumlichen Öffnungen aller um Q befindlichen
Elementarkegel gleich der Oberfläche einer um Q mit dem Radius 1
beschriebenen Kugel ist, d. h. gleich 4jt, Die mittlere Lichtstärke
Km wird definiert durch
Schneidet nun der Elementarkegel dQ aus einer beliebig liegen-
den Fläche S ein kleines Stück dS heraus, dessen Normale den
Neigungswinkel 9 mit der Kegelachse bildet, und welches in der
Entfernung r von der Spitze Q des Kegels, d. h. der Lichtquelle,
liegt, so ergibt eine einfache geometrische Betrachtung die Be-
ziehung:
dQ-r'^^dS' cos e. (64)
Aus (61) folgt also für die auf dS fallende Lichtmenge:
dL = K^-^'-^^ (65)
Die auf die Flächeneinheit fallende' Lichtmenge wird die Be-
leuchtungsstärke B genannt. Aus (65) ergibt sich für sie
B-K'^, (60)
d. h. die Beleuchtungsstärke ist umgekehrt proportional
dem Quadrat der Entfernung von der punktförmigen
Lichtquelle und proportional dem Kosinus des Neigungs-
winkels der Normale der beleuchteten Fläche gegen die
Lichtstrahlen.
Wenn die hier aufgestellten Definitionen wirklich brauchbar
sind, so muß unserem Auge ein Schirm gleichhell beleuchtet
erscheinen, wenn die Beleuchtungsstärke dieselbe ist. Das zeigt
nun in der Tat der Versuch, wenn man mehrere gleiche Licht-
quellen Q, sagen wir z. B. Stearinkerzen, auf ihre Beleuchtungs-
wirkung hin prüft. Eine Kerze in 1 m Entfernung vor einem
Schirm S läßt denselben nämlich in gleicher Helligkeit erscheinen,
wie vier dicht zusammengestellte Kerzen in 2 m Entfernung.
Wir besitzen daher ein einfaches Mittel, um Lichtstärken
relativ zu vergleichen: Man läßt zwei Lichtquellen Q^ und Q2 in
solchen Entfernungen r^ und rj einen Schirm (bei gleichem ö)
Digitized by
Google
74
Kapitel IV.
beleuchten, daß die Beleuchtungsstärke auf ihm gleich erscheint
Dann verhalten sich die Lichtstrahlen K^ und JTj der beiden Licht-
quellen wie die Quadrate der Entfernungen r^^ : rj^. Um eine
solche Vergleichung scharf ausfahren zu können, dient das Photo-
meter. Das vollkommenste dieser Instrumente*) ist das von
Lummer und Brodhun konstniierte.
Der wesentlichste Teil dieses Instrumentes ist ein Glaswürfel,
der aus zwei mit ihren Hypotenusenflächen gut eben aufeinander
abgeschliffenen rechtwinkligen Prismen A, B besteht (vgl. Figur 33).
Nachdem an der Hypotenusenfläche des einen Prismas A durch
a,
a.
Fig. 33.
Anschleifen einer Kugelfläche die obere Glasschicht bis auf eine
scharf begrenzte Kreisfläche entfernt ist, wird dieses Prisma so
fest gegen das andere {D) gepreßt, daß an der Berührungsstelle
keine Luftschicht zwischen den Prismen bleibt. Ein Auge bei o,
welches mit Hilfe einer Lupe w senkrecht zur Kathetenfläche des
Prismas B blickt, erhält durchgehendes und totalreflektiertes Licht
unmittelbar nebeneinander. Zwischen die beiden zu vergleichenden
Lichtquellen Q^ und Q2 wird ein auf beiden Seiten gleich be-
schaffener Schirm S von weißt^m Gips gestellt; das von 5 diffus
1) Eine vollständige Übersicht über diese Instrumente, sowie überhaupt
über die Grundsätze der Photometrie ist in Winkelmanns Handbuch d. Physik,
Optik, 2, Aufl., S. 747 (Autor Brodhun) gegeben.
Digitized by
Google
über die Strahlenbegrenznng und die von ihr abhängige Lichtwirkung. 75
ausgestrahlte Licht wird durch die beiden Spiegel S^ und Äj zu
den Glaswtirfeln A, B reflektiert. Sind die Beleuchtungsstärken
beider Seiten von S einander gleich, so erblickt das Auge in 0
den Glaswürfel gleichmäßig erhellt, d. h. die Figur, welche durch-
gehendes und reflektiertes Licht trennt, verschwindet. Die Licht-
quellen Qi und Q2 werden nun in solche Entfernungen r^ und r^
vom Schirm S gebracht, bis daß dieses Verschwinden der Trennungs-
figur im Glaswürfel eintritt. — Um sich frei von einem Fehler zu
machen, der durch etwaige Ungleichheit beider Seiten von S ent-
stehen kann, ist es zweckmäßig, eine zweite Messung auszuführen,
bei der die Lage der beiden Lichtquellen Q^ und Qj ^^ ^d^I"
gekehrte ist, d. h. so, daß Q^ rechts von S und Q^ links von S
steht. Der Schirm S ist mit den Spiegeln /Si, S^ und dem Glas-
würfel fest im Instrument durch den Kasten KK verbunden.
Als Lichteinheit, d. h. als diejenige Lichtstärke, auf welche
alle anderen Lichtstärken bezogen werden, benutzt man meist ent-
weder die 50 mm hohe Flamme der deutschen Vereins-Paraffinkerze,
oder besser, weil mit viel größerer Genauigkeit reproduzierbar, das
Hefnerlicht, eine durch v. Hefner- Alteneck eingeführte Lampe, die
mit Amylacetat gespeist wird und deren Flammenhöhe 40 mm
betragen soll.
Hat man die Lichtstärke irgend einer Lichtquelle gemessen,
so berechnet sich die Beleuchtungsstärke an irgend einer Stelle
nach (66). Die Maßeinheit der Beleuchtungsstärke ist die Meter-
kerze, d. h. diejenige Beleuchtungsstärke, welche eine Kerze in
l m (horizontaler) Entfernung auf einen senkrecht gegen die Licht-
strahlen liegenden Schirm wirft. So z. B. bedeutet eine Beleuch-
tungsstärke von 50 Meterkerzen, welche beim Lesen gefordert
wird, die gleiche Beleuchtungsstärke, welche 50 Kerzen in 1 m
Entfernung auf dem senkrecht gegen das Licht gehaltenen Buche
hervorbringen, oder 12—13 Kerzen in V2 ^ Entfernung, oder
1 Kerze in V7 m Entfernung.
Die Photometrierung verschiedenfarbigen Lichtes bietet große
Schwierigkeiten. Nach Purkinje variiert die Helligkeitsdifferenz
zweier verschieden gefärbter Flächen mit der Größe der Beleuch-
tungsstärke. *)
1) Selbst in dem FaUe, daß beide Lichtquellen farblos erscheinen, aber
aus yerschiedenen Farben zusammengesetzt sind, kann die Photometrierung
durch physiologische Einflüsse unsicher werden. Vgl. darüber A. Tschermak,
Arch. f. ges. Physiologie, 70, S. 297, 1898.
Digitized by
Google
76 Kapitel IV.
Wenn wir die Lichtquelle Q nicht als sehr klein (punktförmig),
sondern als Fläche auffassen müssen, so hängt die ausgestrahlte
Lichtmenge nicht nur von der Größe der Fläche, sondern auch
von ihrer Neigung gegen die Lichtstrahlen ab.
Eine glühende Metallkugel erscheint dem Auge gleichmäßig
hell. In allen Elementarkegeln von gleichem Öffnungswinkel dm,
deren Spitze im Auge liegt, und die die Metallkugel treffen, muß
daher ein und dieselbe Lichtmenge enthalten sein. Da nun aber
[vgl. dazu die frühere Formel (64)] diese Kegel aus der Metallkugel
ein Flächenstück ds der Größe
herausschneiden, falls ^ den Neigungswinkel von ds gegen die
Kegelachse bezeichnet, so ist das Flächenstück, welches die gleiche
Lichtmenge liefert, um so größer (proportional mit l:co«^), je
schiefer es zu den Lichtstrahlen liegt.
Wir erhalten daher für die Lichtmenge dL, welche ein Flächen-
element ds einem anderen Flächenelement dS zustrahlt, durch Be-
rücksichtigung der früheren Formel (65):
, ^^ , , i . ds , dS , C08 ^ . nos B is
(08) dL = -^ 1)
Dabei bezeichnet r die Entfernung der beiden Flächenelemente
voneinander und ^, ß die Neigungen der Normalen von ds und
dS gegen ihre Verbindungslinie, i wird die spezifische Licht-
intensität der Fläche ds genannt. Dieselbe ist also diejenige
Lichtmenge, welche die Flächeneinheit einer um die Längeneinheit
entfernten anderen Flächeneinheit zustrahlt, falls beide Flächen-
stücke senkrecht zu ihrer Verbindungsstrecke liegen.
In der Formel (68) ist ihre Symmetrie in bezug auf das
strahlende und das bestrahlte Flächenstück beachtenswert. Diese
Symmetrie kann man in die Worte fassen: Die Lichtmenge,
welche ein Flächenstück der Intensität i einem anderen
Flächeustück zustrahlt, ist dieselbe, als ob letzteres mit
derintensitätt dem ersterenFlächenstückLicht zustrahle.
1) Diese Formel, welche oft kurz das Kosinusgesetz der Strahlung genannt
wird, ist aber nur angenähert richtig. Streng genommen variiert i stets etwas
mit ^, bei verschiedenen Körpern in verschiedener Weise. Es wird davon noch
einmal später bei Besprechung des Kirchhoffschen Gesetzes (III. Abschnitt,
Kapitel II) die Rede sein. — Wir woüen aber hier mit der Näherungsformel
weiter rechnen, d. h. % als konstant annehmen.
Digitized by
Google
über die Strahlenbegrenzung und die von ihr abhängige Lichtwirkung. 77
Wir können die Formel (68) in eine einfachere Gestalt bringen,
wenn wir den räumlichen Öffnungswinkel dQ einführen, unter dem
dS von ds aus erscheint. dO. steht nämlich mit dS in der durch
die Gleichung (64) angegebenen Beziehung. Es läßt sich daher
(68) auch so schreiben:
dL = i'ds'COsd'^dSi. (69)
Andererseits kann man aber auch den räumlichen Öffnungs-
winkel d(D einführen, unter dem ds von dS aus erscheint; seine
Größe ist nach (67) gegeben. Daher wird:
dL = i'dS' cos e • dcD. (70)
Die Lichtintensität i steht in einer leicht angebbaren Beziehung
zur Gesamtlichtmenge if, welche die Fläche ds ausstrahlt.
Zunächst ergibt ein Vergleich der Formeln (61) und (69), daß
die Lichtstärke K der Fläche ds in einer Richtung, die den
Winkel 0- mit ihrer Normalen bildet, den Wert hat,
K=idscosd-. (71)
Wir wollen nun zunächst die Lichtmenge berechnen, welche
enthalten ist zwischen zwei Kegeln, deren erzeugende Gerade den
Winkel 9- und * + d* mit der Normale auf ds bilden. Den zwischen
beiden Kegeln enthaltenen Raum kann man ansehen als einen
ringförmigen Elementarkegel der Öffnung
dQ = 2x sin ö- dd-, (72)
denn er schneidet aus einer Kugel vom Radius 1 einen Kreisring
der Breite dd- und vom Radius sin 9- aus. Nach den Formeln (69)
und (72) ist daher die im ringförmigen Elementarkegel enthaltene
Lichtmenge
dL = 2jc i ds sin 9- cos 9- d9.
In einem endlichen Kegel, dessen erzeugende Gerade den
Winkel ü mit der Normale auf ds einschließen, ist daher die Licht-
menge enthalten:
u
L = 2^ ids j sin 9 cos 9- d9 = :^ i ds sifi'^ U, (73)
0
Um die Gesamtlichtmenge M zu finden, ist hierin U^jtl^
zu setzen und das Resultat mit 2 zu multiplizieren, falls das Flächen-
element ds nach beiden Seiten mit der Intensität i strahlt. Dies
gibt
M=2jrids, (74)
Digitized by
Google
78 Kapitel IV.
5. Die Intensität und BelenchtungsstSrlLe optischer Bilder.
Auf der Achse eines zentrierten optischen Systems liege ein senk-
recht zur Achse stehendes Flächenelement ds, welches mit der
Intensität t leuchte. Bezeichnet [/ den Winkel, den die Rand-
strahlen, d. h. die von ds zum Rande der Eintrittspupille hin-
zielenden Strahlen mit der Achse des Systems bilden, so ist nach
(73) die Lichtmenge, welche in das System gelangt
(75) L = Jtids sin^ ü.
Dieselbe ist also um so größer, je gi'ößer [/, d. h. je größer
die Eintrittspupille des Systems ist Wenn nun ds das optische
Bild von ds ist, und U' der Winkel, den die Randstrahlen des
Bildes, d. h. die vom Rande der Austrittspupille zum Bilde hin-
zielenden Strahlen, mit der Achse des Systems machen, so wollen
wir zunächst nach der Intensität t des optischen Bildes fragen.
Nach der Formel (73) würde die Lichtmenge, welche vom Bilde
ausstrahlt, gegeben sein durch
(76) L'=:jtid8 sin'^ U\
Nun kann aber L' höchstens gleich L sein, falls nämlich Licht-
verluste durch Reflexion und Absorption ganz ausgeschlossen wären,
da dann nach der Festsetzung der S. 72 die Lichtmenge innerhalb
einer Lichtröhre konstant bleibt. Setzen wir den günstigsten Fall
voraus, so folgt aus (75) und (76):
, . ./ . ds sin^ U
^ ' ') * "~ ^ d^sin^ U' '
Wenn nun aber ds' das optische Bild von ds ist, so folgt aus
dem Sinussatz [Formel (46) S. 58]
. ds sin^ U n^
^ ' ^^ ddsin'^ U' ~ ^ '
falls n der Brechungsindex des Objektraumes und n der Brechungs-
index des Bildraumes ist. Daher ergibt sich aus (77)
(79) '='n^'
Sind die Brechungsindices des Bild- und Objekt-
raumes einander gleich, so ist also die Intensität des
optischen Bildes höchstens gleich der Intensität des
Objektes.
Wenn wir also z. B. durch ein Brennglas ein reelles Sonnen-
bild entwerfen, so ist die Intensität in ihm nicht gesteigert gegen-
Digitized by
Google
über die StrahlenbegreozuDg und die von ihr abbäDgige Licbtwirkung. 79
Über der der Sonne. Trotzdem ist aber die Beleuchtungsstärke
durch das Brennglas sehr verstärkt, um so mehr, je größer seine
Öffnung und je kürzer seine Brennweite ist. Die Beleuchtungs-
stärke B wird erhalten, indem man in (76) L' durch ds dividiert.
Falls n = n , so folgt daher aus (76) B = xi sin^ Jf, Die Ver-
stärkung der Beleuchtungsstärke durch das System wird am
anschaulichsten, wenn wir bedenken, daß alle Lichtröhren, welche
durch das Bild ds' gehen, auch durch die Austrittspupille hindurch-
treten. Die gesamte Lichtmenge, welche im Bilde ds vereinigt
wird, ist daher nach dem Lehrsatz der S. 76 dieselbe, als ob die
ganze Austrittspupille mit der Intensität i der Sonne dem Elemente
ds Licht zustrahle. Die Wirkung des Brennglases ist also ganz
dieselbe, als ob das Element ds' ohne Brennglas der Sonne so nahe
gebracht wäre, daß sie von ds' aus unter demselben Sehwinkel
erscheint, wie die Austrittspupille (freie Öffnung) des Brennglases
von ihrem Brennpunkte aus.
Dieselbe Betrachtung gilt für jedes optische Instrument, alle
Vorrichtungen zur Lichtkonzentration können nur das
Ziel verfolgen, mit Hilfe einer gegebenen Lichtquelle
von kleinen Dimensionen oder an einem sehr entfernten
Orte dennoch einen solchen Effekt zu bewirken, wie er
ohne Vorrichtung direkt nur durch eine gleich intensive,
ausgedehntere oder in größerer Nähe befindliche Licht-
quelle erreichbar wäre.
Im Falle, daß n und n voneinander verschieden sind, kann
man eine Steigerung der Intensität des optischen Bildes erreichen,
wenn n<Cn' ist. Dies ist z. B. der Fall bei den Immersions-
systemen der Mikroskope, falls das Licht einer Quelle 0 im Medium
n = 1 durch ein Sammellinsensystem (Kondensor) vor dem Objektiv
in einem Räume von größerem Brechungsindex n (Immersions-
flüssigkeit) vereinigt wird. Die Lichtmenge, welche in das Mikro-
skop hineingelangt, ist daher proportional mit n^ sin^ Z7, wobei U
den Kandstrahlwinkel zur Eintrittspupille bedeutet. Das Produkt
n sin U= a (80)
wird nach Abbe die numerische Apertur des Instrumentes ge-
nannt Die aufgenommene Lichtmenge ist also proportional dem
Quadrate der numerischen Apertur. — Die Intensität im optischen
Bilde, welches wiederum in Luft (n = l) liegt, ist natürlich höch-
stens gleich der Intensität der Lichtquelle 0.
Digitized by
Google
80 Kapitel IV.
6. Die subjektive Helligkeit optischer Bilder. Man hat zu
unterscheiden zwischen der (objektiven) Beleuchtungsstärke, welche
von einer leuchtenden Fläche s an einem Orte O hervorgebracht
wird, und der (subjektiven) Helligkeit, mit welcher eine solche
Fläche von einem Beobachter gesehen wird. Die Lichtempfindung
wird durch die Bestrahlung kleiner lichtempfindlicher Elemente
auf der Netzhaut im Auge vermittelt. Wenn es sich um eine
leuchtende Fläche s handelt, so ist ihr Bild auf der Netzhaut eben-
falls eine kleine Fläche /, welche sehr viele lichtempfindliche
Elemente erregt Wir definieren nun als Helligkeit der Fläche s
die Lichtmenge, welche auf die Flächeneinheit der Netzhaut fällt,
d. h. die Beleuchtungsstärke auf der Netzhaut.
Betrachten wir nun zunächst die Lichtquelle ohne Zwischen-
schaltung eines optischen Systems vor das Auge, so ist letzteres
selbst als ein optisches System aufzufassen, für welches die früheren
Betrachtungen gelten. Die Beleuchtungsstärke auf der Netzhaut wird
also aus den Formeln (76), (79) erhalten, mit der Berücksichtigung,
daß hier die Brechungsexponenten n des Objektraumes und des
Bildraumes n (hintere Augenkammer) im allgemeinen voneinander
vei-schieden sind. Daher wird die Helligkeit Ho ohne Zwischen-
schaltung eines optischen Instrumentes und unter der Annahme,
daß die Lichtquelle im Medium des Brechungsindex w = 1 strahle,
die sogenannte natürliche Helligkeit:
(81) Ho = Jtin sin^Wo.
Hierin bezeichnet i die Intensität der Lichtquelle, falls man
von Lichtverlusten beim Durchgang der Strahlen durchs Auge
absieht. Wj ist der Winkel, den die vom Mittelpunkte des Bildes
auf der Netzhaut nach dem Bande der Pupille (strenger nach dem
Rande des von der Kristallinse des Auges entworfenen Bildes der
Irisöffnung) hinzielenden Strahlen mit der Augenachse bilden, d. h.
es ist 2Wi! der Projektionswinkel im Auge (vgl. oben S. 68).
Wenn die Pupillengröße konstant bleibt, so ist Wo ebenfalls kon-
stant. Die Helligkeit Ä> hängt dann also nur von der
Intensität i der Lichtquelle ab, ist aber von der Ent-
fernung derselben vom Auge gänzlich unabhängig.
In der Tat entspricht dies auch innerhalb gewisser Grenzen
dem physiologischen Eindruck. Bei sehr großer Annäherung an
die Lichtquelle, bei der das optische Bild auf der Netzhaut erheb-
lich größer wird, empfindet man allerdings eher den Eindruck
Digitized by
Google
über die Strahlenbegrenzung und die von ihr abhängige Lichtwirkung, gl
der Blendung, was man als ein Wachsen des Helligkeitseindrucks
ansehen kann. — Bei Verkleinerung der Pupille wird Wo kleiner,
daher auch Ho geringer.
Schalten wir nun ein optisches Instrument vor das Auge, so
kann ersteres inklusive letzterem in Summa wiederum als ein
einziges System aufgefaßt werden, für welches die früheren Be-
trachtungen gelten. Es soll das Auge an den Ort der Austritts-
pupille des Instrumentes gebracht werden, was nach S..71 zur
möglichsten Ausnutzung des Gesichtsfeldes günstig ist Nun sind
zwei Fälle zu unterscheiden:
1. Die Austrittspupille des Instrumentes ist größer
oder mindestens gleich der Augenpupille. Dann ist der
Projektionswinkel 2W' des Bildes im Auge durch die Augeu-
pupille bestimmt, d. h. es ist W'= Wo\ Für die Helligkeit gilt
die Foimel (81), wobei i höchstens gleich der Intensität der Licht-
quelle ist, wenn man nämlich von allen Lichtverlusten im Instru-
mente und im Auge absähe, und falls die Lichtquelle, wie bei (81)
vorausgesetzt war, in einem Medium vom Brechungsindex w = 1
strahlt Ist dieser Brechungsindex von 1 verschieden, so wäre H
noch durch w^ zu dividieren. Dieser Fall ist aber bei den ge-
bräuchlichen Instrumenten nie realisiert. Die eigentliche Licht-
quelle liegt stets in Luft, oder (z. B. bei der Sonne) im Weltraum;
für die Immersionssysteme der Mikroskope z. B. gilt dies ebenfalls,
denn die Lichtquelle ist nicht das in der Immersionsflüssigkeit
eingebettete Objekt, sondern dies wird nur durchleuchtet Der
Selbstleuchter ist der helle Himmel, die Sonne, eine Lampe usw.
Wir wollen also stets an der Annahme festhalten, daß die Licht-
quelle in einem Medium des Brechungsindex n = 1 strahle, und
erhalten so das Resultat: Die Helligkeit des optischen Bildes,
welches das Instrument liefert, ist gleich der natürlichen
Helligkeit der Lichtquelle, falls keine Lichtverluste durch
Reflexion und Absorption im Instrument einträten.
2. Die Austrittspupille des Instrumentes ist kleiner
als die Augenpupille. Dann gilt für die Helligkeit // die zu
(81) analoge Formel
E=Jtin^sin'^W', (82)
wobei i höchstens gleich der Intensität der Lichtquelle ist (bei
Absehen von Reflexionsverlusten im Instrument), und worin 2W'
der Projektionswinkel des Bildes im Auge ist Nun ist aber
TF'< Wo\ d. h. die Helligkeit des optischen Bildes ist
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 6
Digitized by
Google
82 Kapitel IV.
kleiner als die natürliclie Helligkeit der Lichtquelle. Das
Verhältnis beider Helligkeiten folgt aus (81) und (82) zu:
(83) H:Ho = sin^ W : sin^ Wo.
Da nun Wo und um so mehr W' kleine Winkel sind (beim mensch-
lichen Auge ist Wo etwa 5^), bei denen man den sin mit tg ver-
tauschen kann, so ist die rechte Seite von (83), d. h. das Ver-
hältnis der Helligkeit des Bildes zur natürlichen Hellig-
keit der Lichtquelle, gleich dem Verhältnis der Größe
der Austrittspupille des Instrumentes zu der Größe der
Augenpupille (dem von der Hornhaut und vorderen Augen-
kammer entworfenen Bilde der Irisöflfnung). — Zusammenfassend
können wir also sagen: Bei flächenhaft ausgedehnten Objek-
ten kann jedes optische Instrument nur das Ziel ver-
folgen, das Objekt dem Auge im Bilde unter vergrößertem
Sehwinkel darzubieten, aber in höchstens der gleichen
Helligkeit.
Diese Resultate hätte man auch in folgender Weise erhalten
können. Nach dem Satze der S. 78 ist die Intensität des Bildes
gleich der der Lichtquelle (bei n = n = l und bei Vernachlässigung
der Reflexions- und Absorptionsverluste im Instrument). Das optische
Instrument bewirkt also nur eine scheinbare Ortsveränderung der
Lichtquelle. Da nun aber die Helligkeit derselben von ihrem Orte
nach dem Satze der S. 80 ganz unabhängig ist, solange die ganze
Pupille des Auges von Lichtstrahlen angefüllt wird, so ist die
Helligkeit des Bildes gleich der natürlichen der Lichtquelle. Falls
aber die Austrittspupille kleiner als die Augenpupille ist, so wird
letztere nicht ganz von Lichtstrahlen erfüllt, d. h. die Helligkeit
des Bildes muß kleiner sein als die natürliche Helligkeit. Das
Verhältnis ergibt sich in diesem Falle wie es vorhin festgestellt
wurde, da die Neigungen der Bildstrahlen gegen die Achse bei den
Entfernungen des Bildes vom Auge, auf denen man noch mit dem
Auge deutlich sehen kann, sehr klein sind.
Befindet sich das Bild ds' einer leuchtenden Fläche ds in der
Entfernung 6 von der Austrittspupille (d. h. auch vom Auge, da
dies an den Ort der Austrittspupille gebracht sein soll), so ist
ötg U' der Radius der Austrittspupille, wobei 2\J' der Projektions-
winkel des Bildes (in Luft) ist. Man erhält daher, bei Ver-
tauschung des sin U' mit tg U' für das Verhältnis der Hellig-
keit // des Bildes zur natürlichen Helligkeit Ih der Lichtquelle,
Digitized by
Google
Ober die Strahlenbegrenzung und die von ihr abhängige Lichtwirkung. 83
falls die Austrittspupille kleiner als die Augenpupille ist, deren
Eadius p sei:
Nun ist nach dem Sinussatz [vgl. Formel (78)] zu schreiben (am
Bildorte ist der Brechungsindex n = 1):
ilo~ p^ 'ds'^ ^^^)
wobei ds das zu ds konjugierte Flächenelement ist, dessen Rand-
strahlen den Winkel U mit der Achse des Instrumentes bilden, n
sei der Brechungsindex am Orte von ds^ es ist also n sin U = o
[Formel (80)] gleich der numerischen Apertur des Systems, ds': ds
ist das Quadrat der Lateralvergrößerung des Instrumentes. Be-
zeichnet man diese mit F, so wird (84) zu
Ho p^V^ ^^^'
Diese Formel gilt also nur, solange H < IIo ist. Sie zeigt deut-
lich den Einfluß der numerischen Apertur auf die Bildhelligkeit
und ist bei der Theorie des Mikroskops von großer Bedeutung.
Man nennt die Normalvergrößerung eines optischen Instru-
mentes diejenige, bei der seine Austrittspupille gleich der Augen-
pupille ist, bei der also die Bilder gerade noch die natürliche
Helligkeit der Lichtquelle besitzen. Nimmt man den Radius p der
Pupille zu 2 mm an, die Distanz rf des Bildes vom Auge zu 25 cm
(deutliche Sehweite), so folgen aus (85) für verschiedene numerische
Aperturen folgende Normal vergrößemngen F„:
a^0,5 Vn= 62
a = 1,0 Vn = 125
a = 1,5 Vn = 187.
Für die doppelten Vergrößerungen V= 2 • Vn ist die Helligkeit
// der vierte Teil der natürlichen Helligkeit I/o. Man kann diese
Vergrößerungen etwa als Grenze für die unverminderte Deut-
lichkeit des Bildes ansehen. Bei a = 1,5 wäre dies also etwa
eine 380 fache Vergrößerung. Bei einer 1000 fachen Vergrößeining
und der Apertur a = 1,5 ist die Helligkeit H der 27. Teil der
natürlichen Helligkeit Ho.
Für Fernrohre ist die Formel (85) praktisch etwas umzu-
gestalten. Ist nämlich h der Radius der freien Öffnung des Fern-
rohrs (Radius seines Objektivs), so ist nach Formel (14') auf S. 27
Digitized by
Google
84 Kapitel IV.
der Radius seiner Austrittspupille gleich h : F, wobei F die (Angu-
lar)vergrößerung des Fernrohrs ist. Daher wird das Verhältnis
von Austrittspupille zu Augenpupille:
Für die Normalvergrößening A eines Fernrohrs muß also
das Objektiv den Radius p • A besitzen, d. h. 2, 4, 6, 8 usw. mm,
falls die Normalvergrößerung den Wert 1, 2, 3, 4 usw. hat und
/? zu 2 mm angenommen wird. Für die Normalvergrößerung 100
muß also z. B. das Objektiv einen Radius von 20 cm besitzen.
7. Die Helligkeit punktförmiger Lichtquellen. Die Gesetze
für die Lichtstärke optischer Bilder von flächenhaften Objekten
gelten nicht mehr, wenn punktförmige Objekte, wie z. B. Fixsterne,
zur Abbildung gelangen. Ihr Netzhautbild ist nämlich (wegen
Beugung am Pupillenrande) immer von gleicher Größe, die nur
vom Pupillendurchmesser abhängt. (Vgl. dazu die Entwickelungen
Kapitel IV des I. Abschnittes der physikal. Optik.) Solange der
Sehwinkel eines Objektes etwa eine Winkelminute nicht über-
schreitet, ist es in diesem Sinne als punktförmig aufzufassen.
Die Helligkeit punktförmiger Lichtquellen P wird bestimmt
durch die Lichtmenge, welche von P ins Auge gelangt. Die natür-
liche Helligkeit Ih ist daher proportional der Größe der Pupille
und umgekehrt proportional dem Quadrate der Entfernung P vom
Auge. — Bei Betrachtung mit Hilfe eines optischen Instrumentes
gelangt alles Licht von P, welches durch die Eintrittspupille des
Instrumentes tritt, in das Auge, falls die Austrittspupille kleiner
als die Augenpupille ist, d. h. wenn die Normalvergrößeiung des
Fernrohrs überschritten wird. Bildet daher der Rand des Objek-
tivs seine Eintrittspupille, so ist die Helligkeit einer sehr ent-
fernten*) Lichtquelle (Stern) im Verhältnis der Größe des Objektivs
zur Augenpupille verstärkt gegenüber der natürlichen Helligkeit
Wenn aber die Normalvergrößerung des Fernrohrs noch nicht
erreicht ist, d. h. wenn seine Austrittspupille größer als die Augen-
pupille ist, so bildet letztere bei Benutzung des Instrumentes seine
Austrittspupille, das vom Fernrohr entworfene Bild der Augen-
pupille ist seine p]intrittspupille. Nach Formel (14') auf S. 27 ist
letztere F'-^mal größer als die Augenpupille, falls F die Ver-
1) Die LichtqneUe soll in einer solchen Entfernung liegen, daß ihr gegen-
über die Fernrohrlänge zu vernachlässigen ist.
Digitized by
Google
über die Strahlenbegrenznng und die von ihr abhängige Lichtwirkung. S5
größerung des Fernrohrs bezeichnet. Daher ist die Helligkeit
des Sternes F^mal größer als die natürliche Helligkeit.
Da man also die Helligkeit von Sternen bei Betrachtung mit
einem Fernrohr vergrößern kann, während die Helligkeit ihres
Hintergrundes nicht vergrößert, sondern eventuell (bei Über-
schreitung der Normalvergrößerung) verringert wird, so hebt sich
im Fernrohr der Stern deutlicher vom Hintergrunde ab und kann
eventuell (bei großen Fernrohren) bei Tage gesehen werden.
8. Die Bedeutung der Apertur fBr die Leistungstähigkeit
optischer Instrumente. Bisher ist die Bedeutung der Apertur
für den geometrischen Verlauf des Strahienganges und für die
Bildhelligkeit behandelt worden. Die Apertur ist aber drittens
auch noch bestimmend fQr die Leistungsfähigkeit des Instru-
mentes, d. h. sein Vermögen, zwei Gegenstände, welche das un-
bewaffnete Auge nicht zu unterscheiden vermag, optisch zu trennen.
Schon oben S. 50 ist darauf hingewiesen, daß sehr enge Strahlen-
büschel wegen sogenannter Beugungserscheinungen schlechte Bilder
liefern. Das Auftreten derselben ist bestimmend für die Grenze
der Leistungsfähigkeit optischer Instrumente, und es ist von vorn-
herein klar, daß diese Grenze aus diesem Grunde um so weiter
hinausgeschoben werden kann, je weiter die die Abbildung ver-
mittelnden Strahlenbtischel sind, d. h. je größer die Apertur des
Instrumentes ist. Die zahlenmäßigen Beziehungen, welche man
hier aufstellen kann, sollen aber erst später in dem Kapitel über
die Beugung des Lichtes hergeleitet werden. Vorgreifend soll hier
nur bemerkt werden, daß durch das Mikroskop zwei Objektpunkte
der gegenseitigen Distanz d noch optisch getrennt werden können,
falls ist:
rf>i, (S7)
wobei k die (später definierte) Wellenlänge des Lichtes in Luft, a
die numerische Apertur des Mikroskops ist. Das Fernrohr kann
zwei Objekte noch optisch auflösen, falls sie unter einem Sehwinkel
q> erscheinen, der gegeben ist durch
9>>0,6^, (SS)
wobei h der Öffnungsradius des Fernrohrs ist
Digitized by
Google
86 Kapitel V.
Kapitel Y.
Optische Instrumente. 0
1. Photographische Systeme. Bei der Landschaftsplioto-
graphie soll das optische System auf der lichtempfindliclien Platte
ein reelles Bild von dem weit ausgedehnten Objektraum entwerfen.
Die Öffnung der abbildenden Strahlenbüschel ist verhältnismäßig
eng. Schon früher (S. 59) ist auf die Bildfehler hingewiesen,
welche hierbei hauptsächlich zu vermeiden sind. Auch ist dort der
Vorteil der symmetrischen Doppelobjektive besprochen, sowie der
Einfluß geeignet gestellter Blenden zur Erreichung der Bildähn-
lichkeit. Doch auch für die Ebnung des Bildes kann die Lage
der Blende von Einfluß sein.
Eine möglichste Ebnung des Bildes kann nun auch bei zwei
aufeinander gelegten dünnen Linsen der Brennweiten /i und f^ und
der Brechungsindizes n^ und n^ erreicht werden, falls die Be-
dingung 2) erfüllt ist:
(1) wi/i = — W2/i.
Die Bedingung der Achromasie lautete nach Formel (54) S. 65
für zwei dünne Linsen:
(2) v^A = — ^i/i-
Beide Bedingungen (1) und (2) können nur dann gleichzeitig
erfüllt werden, wenn die Linse mit größerem Brechungsindex n das
kleinere Dispersix)nsvermögen v besitzt. Früher hatte man nur
Glassorten, welche diese Bedingung nicht erfüllten, d. h. welche
bei höherem Brechungsindex auch stärkere Dispersion besaßen;
das schwach brechende Crownglas besaß eine geringe Dispei-sion,
das stark brechende Flintglas eine hohe Dispersion. Erst die
neueren von Schott in Jena hergestellten Gläser zeigen zum Teil
auch das umgekehrte Verhalten,^) und seitdem 4) ist es möglich, mit
1) Betreffs ausfuhrlicherer Darstellung vgl. Hdb. d. Physik von Winkel-
mann, Optik, 2. Aufl., S. 295ff. (Autor Czapski u. Rohr). — M. v. Rohr,
Die Theorie der optischen Instrumente I, Berlin 1904 (J. Springer). —
MüUer-Pouillet, Physik, 9. Aufl. Optik, S. 721ff. (Autor Lummer).
2) Über die Herleitung dieser schon von Petzval im Jahre 1843 aus-
gesprochenen Bedingung vgl. Lummer, Ztschr. f. Instrumentenkunde 1897^
S. 231, wo überhaupt in drei Arbeiten (S. 208, 225, 204) eine vorzügliche Über-
sicht über die photographische Optik gegeben ist.
3) Die Baryumsilikatgläser haben stärkere Brechung als das gewöhnliche
Crownglas, aber geringere Dispersion.
4) Für unverkittete Linsen gilt allerdings die Petzvalsche Gleichung nicht.
Digitized by
Google
Optische iDstruDiente. * S7
der Achromasie zugleich die Ebnung des Bildes zu erreichen.
Solche Linsensysteme werden Neuachromate im Gegensatz zu
den früheren (Altachromaten) genannt.
Auch noch aus einem anderen Grunde bietet die Anwendung
der neuen Glassorten, welche mit wachsendem n kleinere Disper-
sion p besitzen, Vorteile für die photographische Optik: Verbindet
man einen Altachromaten mit einem Neuachromaten, so läßt sich
der Astigmatismus heben, weil ersterer mit seiner dispansiv wir-
kenden Kittfläche eine astigmatische Differenz von entgegen-
gesetztem Vorzeichen erzeugt, als letzterer mit seiner kollektiv
wirkenden Kittfläche. Solche symmetrische Doppelobjektive, welche
auf beiden Seiten alt- und neuachromatische Kombinationen be-
sitzen, heißen Anastigmat 0-Aplanate.
^^'
• "~'"^"t
^--
a
^
?
-r:--
1 %
J
Jk^
h
^tX
— ^'
:
-£
Fig. 84.
Um ferne Gegenstände möglichst groß abzubilden, muß die
Brennweite f des Systems möglichst groß sein. Dadurch wird
aber eine unbequeme Verlängerung der photographischen Camera
erzielt, falls das System aus nahe zusammenstehenden Linsen be-
steht, da dann annähernd die Cameralänge h gleich der Brennweite
f sein muß. Man kann diesen Übelstand vermeiden durch das
sogenannte Teleobjektiv, bei welchem ein Kollektivsystem mit
einem im Abstand a von ihm befindlichen Dispansivsystem ver-
knüpft ist. Das letztere entwirft nach der Figur 22 auf S. 41
aufrechte, reelle, vergrößerte Bilder von virtuellen Objekten, die
hinter der Dispansivlinse, aber noch vor ihrem hinteren Brenn-
und daher kann man dann auch mit den alten Glassorten Bildebnung u;3d
Achromasie erfüllen; vgl. dazu K. Martin, Centr.-Ztg. f. Optik u. Mechanik,
Nr. 13, 1901.
1) An Stelle der zweifachen Negationen in „Anastigmat" wäre das Wort
„Stigmat** einfacher.
Digitized by
Google
88 • Kapitel V.
punkte F2 liegen. Dort muß also der Brennpunkt F( des vorderen
Kollektivsystems liegen. Wie der in Figur 34 gezeichnete Strahlen-
gang ergibt, ist die Brennweite f des ganzen Systems größer als
die Distanz des Kollektivsystems vom Bildorte, d. h. die Camera-
länge. Um z. B. bei einer Cameralänge von 20 cm (genauer
19,85 cm) eine Brennweite f von 37 cm benutzen zu können, muß
man mit einer Sammellinse von 10 cm Brennweite eine Dispansiv-
linse von 5 cm Brennweite im optischen Intervall A von 1,35 cm,
d. h. im Abstand 6,35 cm hinter der Sammellinse kombinieren. Diese
Zahlen ergeben sich aus den auf S. 28, 29 ermittelten Formeln (17)
und (19) eines kombinierten Systems.
Bei der Porträtlinse wird das Hauptgewicht auf die Öffnung
gelegt, um möglichste Lichtstärke zu erzielen. Es muß demnach
vor allem die sphärische Aberration gehoben und ebenfalls die
Sinusbedingung erfüllt sein.
2. Die Lupe. Die scheinbare Größe eines Gegenstandes hängt
von der Größe des Sehwinkels ab, unter welchem derselbe er-
scheint. Durch Annäherung des Gegenstandes an das Auge kann
man den Sehwinkel vergrößern, aber nur bis zu einer gewissen
Grenze, da der Gegenstand innerhalb der Weite des deutlichen
Sehens liegen muß. Durch Anwendung einer Lupe läßt sich aber
der Sehwinkel noch weiter vergrößern.
Die einfachste Form der Lupe ist eine Sammellinse. Dieselbe
entwirft (vgl. Figur 21 auf S. 41) von einem Objekte, welches
zwischen vorderem Brennpunkt und Linse liegt, ein aufrechtes,
vergrößertes, virtuelles Bild. Soll dasselbe in der Entfernung
(J = 25 cm vom Auge liegen, so ist nach Formel (7) auf S. 20 die
Vergrößerung V der Lupe
^^^ y f f '
worin x die Entfernung des Bildes vom hinteren Brennpunkte,
a die Entfernung des Auges von demselben bezeichnet. Meist
kann man a gegenüber 6 vernachlässigen, man erhält dann als
Vergrößerung der Lupe
(4) r=f
Dieselbe ist also umgekehrt proportional zur Brennweite der Lupe.
Wenn die Lupenlinse größeren Durchmesser besitzt als das
von der Lupe entworfene Bild der Augenpupille, so bildet letztere
die Apeiturblende, erstere die Gesichtsfeldblende. Zur EiTeichung
Digitized by
Google
Optische iDstrumeDte. S9
eines möglichst großen Gesichtsfeldes ist es daher notwendig,
das Auge der Lupe möglichst nahe zu bringen. Mit wachsender
Entfernung des Auges wird nicht nur das Gesichtsfeld beschränkter,
sondern auch der Strahlengang (vgl. oben S. 69) ein anderer, indem
dann seitliche Objektpunkte durch seitliche Partien der Lupenlinse
abgebildet werden. Dies ergibt sich direkt aus einer Zeichnung
der Eintrittspupille des Systems, d. h. des Bildes, welches die Lupe
von der Augenpupille entwirft. Dadurch wird dann auch meist
die Oi-thoskopie (vgl. oben S. 69) zerstört, d. h. das Bild erscheint
am Rande verzerrt.
Eine einfache plankonvexe Linse gibt gute Bilder bis zu
achtfacher Vergrößerung, d. h. bis zur Brennweite von 3 cm
herunter. Man muß dabei die plane Seite der Linse dem Auge
zukehren. Diese Stellung gibt zwar, da das Objekt nahe beim
vorderen Brennpunkt der Linse liegt, relativ großen Betrag der
Fig. 36. Fig. 3ß. Fig. 87.
sphärischen Aberration in der Achse (vgl. oben S. 53), ist aber
trotzdem günstiger als die umgekehrte Stellung der Linse wegen
der erheblich geringeren Fehler außerhalb der Achse.
Durch die Anwendung zweier einfacher Linsen wird das Bild
wesentlich verbessert, weil durch Verteilung der Brechung auf
mehrere Linsen die sphärische Aberration in der Achse bedeutend
verringert wird. Die Figuren 35 (Fraunhofersche Lupe) und 36
(Wilsonsche Lupe) geben zwei bekannte Ausführungsfonnen. Bei
der letzteren ist die Distanz beider Linsen noch größer gewählt
als bei der ersteren. Man erreicht dadurch den Vorteil, daß die
chromatische Differenz der Vergrößerung noch verringert wird,
allerdings auf Kosten des Objektabstandes von der Frontlinse.*)
1) Inwiefern der Abstand der Linsen Einfluß auf die Achromatisierung
hat, ist schon oben S. 66 besprochen. Wir kommen hierauf bei Besprechung
der Okulare, der Mikroskope und Fernrohre zurück, welche auch als Lupen
aufzufassen sind.
Digitized by
Google
90 Kapitel V.
Eine Achromatisierung durch Wahl verschiedener Glassorten
ist in der Steinheiischen sogenannten aplanatischen Lupe erreicht
(vgl. Figur 37). Bei dieser ist eine bikonvexe Crownglaslinse
zwischen zwei Flintglasmenisken eingekittet.
Durch großen Objektabstand zeichnet sich die Brückesche
Lupe aus, bei welcher man eine kollektive achromatische Vorder-
linse mit einer (einfachen) Zerstreuungslinse in einem gewissen
Abstand verbindet. Letztere entwirft (vgl. dazu Figur 22 auf
S. 41) von virtuellen Objekten, welche etwas hinter ihrem hinteren
Brennpunkt liegen, umgekehrte, vergrößerte, virtuelle Bilder.
Die Anordnung der Linsen kann dieselbe wie im Teleobjektiv sein
(Vgl. Figur 34), d. h. das optische Intervall A zwischen der kollek-
tiven und dispansiven Linse kann positiv sein. Bei genügender
Nähe des Objektes fällt dann doch das von der Sammellinse ent-
worfene Bild hinter den hinteren Brennpunkt der Zerstreuungslinse.
Die Kombination liefert, gerade wie die einfache Lupe, aufrechte
Bilder, da das von der Sammellinse entworfene Bild umgekehrt
sein würde, und dieses von der Zerstreuungslinse noch einmal um-
gekehrt wird. Ein Übelstand ist aber das kleine Gesichtsfeld.
3. Das Mikroskop, a) Allgemeines. Um stärkere Ver-
größerungen zu erzielen, wendet man anstatt einer Lupe von sehr
kurzer Brennweite viel vorteilhafter das Mikroskop an, das aus
zwei in größerem Abstand voneinander befindlichen Kollektiv-
systemen besteht. Das erste (Objektiv) entwirft von einem Objekte,
welches nahe an seinem vorderen Brennpunkte liegt, ein reelles
umgekehrtes vergrößertes Bild, welches durch das zweite Kollektiv-
system (Okular), das als Lupe wirkt, noch weiter vergrößert
wird. Abgesehen davon, daß man durch den größeren Abstand
beider Kollektivsysteme, d. h. durch die Tubuslänge des Mikroskops,
offenbar stärkere Vergrößerungen erzielen, kann, als durch die
Kollektivsysteme einzeln, wenn man sie als Lupen benutzen wollte,
liegt der Hauptvorteil des Mikroskops darin, daß man die Auf-
gabe der Abbildung in zwei Teile zerlegt, welche einzeln vom
Objektiv und Okular gelöst werden können. Diese Arbeitsteilung
besteht darin, daß das Objektiv von einem Flächenelement eine
Abbildung vermittelt bei möglichst großer numerischer Apertur, 0
während das Okular, wie jede Lupe, bei großem Gesichtsfeld eine
1) Diese Forderung wird gestellt nicht nur zur Erzielung möglichster
Bildhelligkeit, sondern auch zum Zweck größter Auflösungskraft. Vgl. oben
S. 83 und 85.
Digitized by
Google
Optische iDstrumente. 91
Abbildung durch Stralilenbüschel vermitteln soll, die wenig geöffnet
sind, da die Bildstrahlen von der Augenpupille begrenzt werden.
Diese beiden verschiedenen Aufgaben sind aber nach früheren Aus-
einandersetzungen (vgl. Kapitel III, §§ 8, 9, 10) einzeln lösbar.
b) Das Objektiv. Die Hauptforderungen an das Objektiv
sind: Bei hoher numerischer Apertur soll eintreten:
1. Aufhebung der sphärischen Aberration in der Achse und
Herstellung konstanten Sinusverhältnisses (Bedingung des Aplana-
tismus).
2. Achromatisierung. Diese besteht einerseits darin, daß die
Bedingungen des Aplanatismus für mehrere, mindestens zwei
Farben erfüllt sind, andererseits in Herstellung eines achromatischen,
vom Objekt durch das Objektiv ent-
worfenen reellen Bildes. Begnügt man
sich mit teilweiser Achromatisierung
(vgl. oben S. 63), so ist die Lage des
vorderen Brennpunktes des Objektivs
zu achromatisieren. Denn das Objekt,
welches nahe bei diesem Brennpunkt F
liegt, liefert ein Bild, dessen Ort sehr
stark mit der Farbe variieren würde,
falls die Lage von F mit der Farbe
variierte. Bei einer solchen teilweisen
Achrctoatisierung, in der also die Lage yi^, 38.
von F, d. h. auch der Bildort, achro-
matisiert wird, ist die Brennweite nicht achromatisiert. Die ver-
schiedenen Farben entwerfen daher verschieden große Bilder, d. h.
es bleibt eine chromatische Differenz der Vergrößerung bestehen.
Diese muß dann durch das Okular kompensiert werden.
Man unterscheidet Trockensysteme und Immersions-
systeme. Bei letzteren füllt man den Zwischenraum zwischen
der Frontlinse des Objektivs und dem Deckglas, unter dem das
Objekt liegt, mit einer Flüssigkeit aus. Die Vorteile der letzteren
zur Erhöhung der numerischen Apertur liegen auf der Hand,
außerdem kann durch Anwendung sogenannter homogener Im-
mersion, bei der die Flüssigkeit (Zedernholzöl) denselben Brechungs-
index und Dispersion wie das Deckglas und die Frontlinse besitzt,
das Prinzip von Amici (vgl. oben S. 54), nämlich eine aplanatische Ab-
bildung durch eine stark gewölbte (halbkugelige) Frontlinse, erreicht
werden. In der Figur 38 ist in etwa doppelter natürlicher Größe
Digitized by
Google
92 Kapitel V.
ein von Abbe konstruiertes Objektiv, Aprochromat genannt, ge-
zeichnet, welches die angegebenen Anforderungen durch Kombi-
nation von 10 verschiedenen Linsen erfüllt und mit homogener
Immersion arbeitet. Der Aprochromat ist für drei Spektralfarben
achromatisiert, ist also frei vom sekundären Spektrum (vgl. oben
S. 63), die Bedingungen des Aplanatismus sind für zwei Farben
erfüllt. Die Brennweite des ganzen Systems beträgt 2 mm, seine
numerische Apertur ist «=1,40. Die lichtsammelnde und dioptrische
Güte dieses Objektivs ist eine derartige, daß die Grenze der
Leistungsfähigkeit des Mikroskops [vgl. oben S. 85, Formel (87)]
als tatsächlich erreicht angesehen werden kann.
c) Das Okular. Die Hauptanforderungen an das Okular sind,
wie bei der Abbildung ausgedehnter Objekte durch enge Büschel:
1. Aufhebung des Astigmatismus in den schiefen Büscheln.
2. Orthoskopische Abbildung.
3. Achromatisierung.
Über die beiden ersteren Punkte ist schon im Kapitel III,
§ 10, S. 59 gesprochen worden; was den dritten Punkt anbelangt,
so kann man sich wiederum mit einer teilweisen Achromatisierung
begnügen. Nehmen wir zunächst den Fall an, daß das vom
Objektiv entworfene Bild ohne chromatische Fehler sei. Die Haupt-
strahlen, welche auf das Okular fallen, sind bei der Tiibuslänge
des Mikroskops, d. h. bei der ziemlich beträchtlichen Entfernung,
welche das vom Objektiv entworfene reelle Bild von der Austritts-
pupille des Objektivs besitzt, nahezu achsenparallel, oder haben
wenigstens nur geringe Neigung zur Achse des Mikroskops. Wenn
nun die Brennweite des Okulars achromatisiert ist, so spaltet sich,
wie aus der oben S. 24 angegebenen Konstruktion konjugierter
Strahlen oder aus der S. 21 ausgesprochenen Eigenschaft der Brenn-
weite hervorgeht, ein weißer Strahl, der auf das Okular achsen-
parallel einfällt, in farbige Strahlen, welche unter gleicher Neigung
gegen die Achse aus dem Okular austreten. Ein auf Unendlich
akkommodiertes Auge sieht daher ein farbenfreies Bild. Auch wenn
dasselbe in der deutlichen Sehweite (25 cm) vom Auge entfernt
liegt, so ist doch die Bedingung eines farbenfreien Bildes nahezu
die Achromatisierung der Brennweite des Okulars. ,
Nun wurde oben S. 66 der Satz bewiesen, daß zwei einfache
Linsen der Brennweiten /", und fi ^^s gleichem Glase in der
Distanz a = --^ für alle Farben gleiche resultierende Brenn-
Digitized by
Google
Optische Instrumente. 93
weite /besitzen. Da man zugleich durch die Zerlegung des Okulars
in zwei Linsen eine Bildverbesserung hinsichtlich der Aufhebung
des Astigmatismus erzielen kann, so sind die Okulare nach diesem
Prinzipe konstruiert. Die dem Objektiv zugewandte Linse des
Okulars heißt die Kollektivlinse, die dem Auge zugewandte die
Augenlinse.
Diese achromatischen Okulare werden meist in zwei ver-
schiedenen Formen ausgeführt:
1. Das ßamsdensche Okular (vgl. Figur 40, S. 100), welches
aus zwei gleichen, plankonvexen, mit ihren gekrümmten Flächen
einander zugewandten Linsen besteht. Bei /i = /i folgt der Ab-
stand a dieser Linsen zu a = f^^= f^. Dies würde aber den Übel-
stand haben, daß, da die Kollektivlinse von der Augenlinse um
ihre Brennweite entfernt ist, etwaige Staubkörnchen oder Kratzen
auf der Kollektivlinse durch die Augenlinse deutlich vergrößert
gesehen und das Bild stören würden. Man legt daher die Kollek-
tivlinse etwas näher an die Augenlinse, wählt etwa a = % /i.
Man erreicht dadurch noch einen weiteren Vorteil. Das optische
Intervall (vgl. oben S. 28) beider Linsen hat für a = \ f^ den
Wert A = —\ /;. Nach Formel (20) auf S. 29 liegt daher der
vordere resultierende Brennpunkt F des Okulars noch um V4 /l vor
der Kollektivlinse, während er bei a = /i, d. h. zl = — 4 in die
Kollektivlinse selbst fallen würde. Da nun das vom Objektiv des
Mikroskops entworfene reelle Bild nahe beim Brennpunkt F des
Okulars liegen muß, so liegt dies für a = % /i noch vor der
Kollektivlinse; man kann daher das Mikroskopbild mikrometrisch
ausmessen, indem man vor der Kollektivlinse am Orte des reellen,
vom Objektiv entworfenen Bildes ein Mikrometer (feine Teilung
auf Glas, oder durch Schraube verschieblicher Faden) anbringt.
2. Das Huygenssche Okular (vgl. Mgur 39). Bei diesem
ist die Brennweite /i der Kollektivlinse größer als die Brenn-
weite /2 der Augenlinse. Meist ist /; = 5/^. Aus fi = Sf^ folgt
für a = -^- der Wert a = % /; — 24 Das optische Inter-
vall A hat hier den Wert A = — '% /i, daher liegt nach (20) auf
S.29 der resultierende Brennpunkt F des Okulars um V2 /i hinter
der Kollektivlinse. Das vom Objektiv entworfene reelle Bild muß
daher hinter die Kollektivlinse (als virtuelles Objekt) fallen, und
eine mikrometrische Ausmessung ist nicht gut statthaft, da das
Objekt durch beide Okularlinsen abgebildet wird, während das
Digitized by
Google
94
Kapitel V.
Mikrometer nur durch die Augenlinse abgebildet werden könnte.
Dadurch können aber verschiedene Vergrößerungsverhältnisse ent-
stehen. Dieses Okular besteht auch aus zwei plankonvexen Linsen,
die aber beide mit ihren gekrümmten Seiten dem Objekte zu-
gewandt sind. Der Vorteil der Kombination einer schwachen
Kollektivlinse mit einer dreimal stärkeren Augenlinse liegt darin,
daß dann die Ablenkungen der Lichtstrahlen auf beide Linsen
gleichmäßig verteilt sind.*)
Ist das reelle, vom Objektiv entworfene Bild mit chromatischen
Fehlern behaftet, so können diese im Okular durch entgegen-
Fig. 39.
gesetzte chromatische Abweichungen aufgehoben werden. Wir sahen
oben S. 91, daß die Aprochromatobjektive eine chromatische Ver-
größerungsdifferenz bestehen lassen, das blaue Bild ist stärker
vergrößert als das rote. Mit diesen Objektiven kombiniert nun
Abbe die sogenannten Kompensationsokulare, welche nicht
hinsichtlich ihrer Brennweite, d. h. auch ihrer Vergrößerung,
achromatisiert sind, sondern welche das rote Bild stärker ver-
größern als das blaue.
1) Eine diesbezügliche Rechnung vgl. in Heath, geometrische Optik,
deutsch von Kant hack, S. 292. Beriin 1894.
Digitized by
Google
Optische Instrumente. 95
d) Der Kondensor. Damit eine hohe numerische Apertur
des Objektivs voll ausgenutzt werden kann, müssen Lichtstrahlen
in genügender Neigung gegen die Achse einfallen. Um solche,
genügend geneigte Lichtstrahlen zu erzeugen, ist der Kondensor
unter dem Objekttisch des Mikroskops angebracht, welcher aus
einer oder mehreren Sammellinsen kurzer Brennweite, im wesent-
lichen wie ein Objektiv in umgekehrter Keihenfolge der Linsen,
konstruiert ist Durch einen solchen Lichtsammler wird zwar nach
früheren Auseinandersetzungen (vgl. oben S. 79) die Intensität
der Lichtquelle nicht gesteigert, aber wohl wird dadurch der-
selbe Effekt erzielt, als ob dieselbe dem Objektiv sehr genähert
würde.
e) Der Strahlengang. Wenn die Normalvergrößerung (vgl.
oben S. 83) nicht erreicht ist, so ist die Pupille des Auges des
Beobachters die Austrittspupille für das ganze Mikroskop, das von
ihm entworfene Bild der Augenpupille ist die Eintrittspupille. Wenn
aber die Normalvergrößerung überschritten wird, so ist eine Blende
oder ein Linsenrand im Mikroskop die Aperturblende. Dieselbe liegt
stets im Objektiv, nicht im Okular. Figur 39 bezieht sich auf den viel-
fach vorkommenden Fall, daß die Öffnung B1B2 der halbkugeligen
Frontlinse des Objektivs die Aperturblende und zugleich Eintritts-
pupille ist. Das vom ganzen Mikroskop entworfene Bild Bi'Bi
von B1B2 ist die Austrittspupille. Dieselbe liegt bei nicht zu
kleiner Tubuslänge nahezu im hinteren Brennpunkt des Okulars.
Das Okular in i^gur 39 stellt ein Huygenssches dar, das vom
(xegenstand P1P2 durch das Objektiv und die Kollektivlinse ent-
worfene reelle Bild ist P/zV- An dieser Stelle wird die Gesichts-
feldblende OG angebracht Dadurch wird das Gesichtsfeld scharf
begrenzt, weil dann das von O durch Kollektivlinse und Objektiv
entworfene Bild in die Objektebene I\P2 fällt (vgl. dazu die Be-
merkungen der S. 71). Die Punkte P/ZV sollen in die Ränder der
Gesichtsfeldblende fallen. Dann ist P,P2 die Größe des Gesichts-
feldes auf der Objektseite. Das durch die Augenlinse vom reellen
Bilde Pi'P2' entworfene virtuelle Bild Pl'P^ ist das vom Beobachter
gesehene Bild. Liegt dasselbe in der Entfernung 6 von der Aus-
trittspupille, so muß der Beobachter, dessen Augenpupille nach
S.71 an dem Ort der Austrittsptipille B^B^ liegen soll, sein Auge
auf diese Entfernung 6 akkommodieren. Durch geringe Hebung
oder Senkung des ganzen Mikroskops gegen das Objekt P1P2 kann
das Bild Pi"P2" leicht in jede gewünschte Entfernung 6 gebracht
Digitized by
Google
96 Kapitel V.
werden. Man nimmt meist an, daß 6 den Weiii 25 cm (sog. deut-
liche Sehweite) besitze.
In der Figur 39 ist der von Pj aiggehende Hauptstrahl und
die Sandstrahlen gezeichnet. Für P^ ist nur der Hauptstrahl ge-
zeichnet, die Kandstrahlen sind hinter der Augenlinse angegeben.
f) Die Vergrößerung. Das Objekt habe die (seitliche)
Größe y. Vom Objektiv wird nach Formel (7) auf S. 2ü ein reelles
Bild der Größe y^= y • p entworfen, wobei f^ die hintere 0 Brenn-
weite des Objektivs, / die Distanz des Bildes vom hinteren Brenn-
punkt des Objektivs bedeutet. Da dieses Bild y nach Früherem
dicht vor oder hinter der Kollektivlinse des Okulars liegt, so kann
man näherungsweise für / die Länge des ganzen Mikroskops (Tubus-
länge) setzen. Das vom Okular entworfene virtuelle Bild hat
ebenfalls nach der obigen Formel (7) die Größe t/"= y- 7^, wobei
h
f2 die Brennweite des Okulars, und 6 die Entfernung des virtuellen
Bildes vom hinteren Brennpunkt des Okulars bezeichnet. Da dieser,
wie oben bemerkt wurde, nahe bei der Austrittspupille, d. h. auch
der Augenpupille, liegt, so kann man für 6 die Entfernung des
Bildes vom Auge setzen.
Die ganze Vergrößerung V des Mikroskops wird demnach
Da die hintere Brennweite f des ganzen Mikroskops nach
Formel (18) auf S. 29 sich bestimmt 2) zu
(6) ^=-^9'
weil das optische Intervall zl zwischen Objektiv und Okular nahezu
gleich der Tubuslänge / ist, so kann man (5) auch schreiben (ohne
Rücksicht auf das Vorzeichen):
(7) F=f.
Die Vergrößerung hängt also von drei Faktoren ab, über die
man frei verfügen kann, nämlich von /"/, ^ und /. Die Tubus-
länge / wird, schon allein um das Mikroskop nicht unhandlich zu
machen, nicht über ein gewisses Maß gesteigert; man ersetzt
1) Eioe Unterscheidung der hinteren und vorderen Brennweite ist nur bei
den Im mersionssy Sternen notwendig.
2) Es ist für das Okular /i = ^2'.
Digitized by
Google
Optische Instrumente. gy
praktischer die Wirkung einer Vergrößerung von / durch ein
stärkeres Okular. Die Brennweite des Objektivs wird femer stets
viel kleiner als die des Okulars gewählt Einmal werden dadurch
auch bei hoher numerischer Apertur die Dimensionen der Objektiv-
gläser verhältnismäßig klein, andererseits kann man eine be-
stimmte Bildqualität (in der Achse) bei einer gegebenen Gesamt-
vergrößerung desto leichter erreichen, je kürzer man die Brennweite
des Objektivs wählt Da aber mit der Verringerung der Objektiv-
brennweite die Fehler des letzten vom Okular entworfenen Bildes
außerhalb der Achse zunehmen, so wird die Verringerung von /i'
auch nicht über eine gewisse Grenze (1,5 bis 2 mm bei Immersions-
systemen) getrieben.
g) Die Leistungsfähigkeit Dieselbe ist nicht mit der
Vergrößerung zu identifizieren, d. b. es kann unter Umständen ein
weniger vergrößerndes Mikroskop leistungsfähiger sein, d. h. mehr
Details eines Objektes dem Auge enthüllen als ein stärker ver-
größerndes. Die Leistungsfähigkeit ist wesentlich durch die Kon-
struktion des Objektivs bedingt; der Inhalt oder das Detail des von
ihm entworfenen Bildes hängt .(vgl oben S. 85) einmal von der
numerischen Apertur des Objektivs ab, andererseits von der Größe
der Zerstreuungskreise, welche durch nicht streng homozentrische
Strahlenvereinigung entstehen. Wenn nun zwei Punkte 1\ und P2
eines Objektes betrachtet werden, für die die Zerstrauungskreise
im Objektivbild nicht übereinander greifen, so können sie am
Auge als zwei distinkte Punkte oder] Scheibchen wahrgenommen
werden, falls das Okular ihr Objektivbild mindestens auf die
Grenze des Sehwinkels (l') vergrößert hat Wenn aber die Zer-
streuungskreise im Objektivbilde übereinander greifen, so kann
auch das stärkste Okular die beiden Punkte Pj und P2 optisch
nicht trennen. Für jedes bestimmte Objektiv ergibt sich sonach
eine Okularvergrößerung — die sogenannte förderliche Okular-
vergrößerung — , welche gerade ausreichen muß, um das im
Objektivbild enthaltene Detail vollkommen zu erkennen. Eine
stärkere Vergrößerung kann wohl dieses Detail noch bequemer
zur Erkennung bringen, aber sie fügt kein neues Detail dem Bilde
zu, man spricht daher dann von leerer Vergrößerung. — Aus
der Objektivbrennweite, der Tubuslänge und der förderlichen
Okularbrennweite berechnet sich nach (5) die förderliche Ge-
samtvergrößerung. Dieselbe ist also um so höher, je voll-
kommener die Leistungen des Objektivs sind.
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 7
Digitized by
Google
98 Kapitel V.
Setzen wir ein dioptrisch vollkommenes Objektiv voraus, so
ist die förderliche Gesamtvergrößerung nur abhängig von der
numerischen Apertur. Dieselbe ist bisher (bei Immersionssystemen)
nicht über den Wert a = 1,6 gesteigert worden. Nach Formel (87)
auf S. 85 ist daher die kleinste Distanz rf, die optisch auf-
zulösen ist:
. A 0,00053 mm a/^.iai^.
rf = 2i = - — 32 = 0,00016 mm,
falls für die Wellenlänge X der Wert für grünes Licht gesetzt
wird.^ In der Entfernung rf = 25cm vom Auge erscheint nun
eine Distanz <t= 0,145 mm unter dem Sehwinkel 2', dem Grenz-
winkel bequemer Unterscheidbarkeit. Da nun 6^:^ = 905, so hat
die förderliche GesamtvergröJBerung des Mikroskops etwa
den Wert 900. Durch die dioptrischen Fehler des Objektivs wird
dieselbe noch etwas herabgedrückt. — Nach Formel (85) auf S. 83
ist in diesem Falle das Verhältnis der Bildhelligkeit zur normalen
Helligkeit
rr.rr _^^a^ /250 . 1,6\2_ ,,
falls die Augenpupille zu 2 mm Radius p angenommen wird.
h) Experimentelle Bestimmung der Vergrößerung und
der numerischen Apertur. Die Vergrößerung wird bestimmt,
indem als Objekt eine feine, auf Glas eingeritzte Skala (Mikrometer)
benutzt wird, deren Bild man auf ein in 25 cm vom Auge be-
findliches Papierblatt aufzeichnet mit Hilfe eines über dem
Okular angebrachten Zeichenapparates. Derselbe besteht im ein-
fachsten Falle aus einem schräg aufgestellten kleinen Spiegel,
dessen Belegung in der Mitte in Form eines kleinen, etwa 2 mm
großen Loches fortgenommen ist. Durch das Loch erblickt man
das vom Mikroskop entworfene Bild, während die Spiegelbelegung
1) Man kann d noch weiter herabdrücken, wenn man als LicbtqueUe ganz
kurzwellige, ultraviolette Strahlen benutzt, die auf das Auge überhaupt nicht
mehr wirken, sondern nur auf die photographische Platte. Dieser Weg ist in
der Zeissschen Werkstätte und namentlich von A. Köhler beschritten worden.
Das Objektiv (Monochromat) besteht aus Quarz, dem durch Erhitzen seine
kristallinische Struktur genommen ist Es wird Licht der Wellenlänge A=0,275/i
bis 0,280 fJL benutzt (/u = Viooo mm), welches durch Funkenentladungen zwischen
Kadmium- oder Magnesiumelektroden gewonnen wird. Da bei den Monochro-
maten mit homogener Immersion a bis etwa auf 1,3 gebracht ist, so ergibt
sich dann als Auflösungsgrenze d = 0,1C6 (jl = 0,C00106 mm.
Digitized by
Google
Optische InstrumeDte. 99
das Zeichenblatt dem Auge gleichzeitig sichtbar machte Das
Verhältnis der Abstände der Teilstriche des Mikrometers in der
Zeichnung zu den Abständen im Objekte selbst gibt die Ver-
größerung an.
Mit Hilfe der Vergrößerung und der Ausmessung der Aus-
trittspupille des Mikroskops kann man leicht seine numerische
Apertur a finden. Da das Verhältnis der Bildhelligkeit zur nor-
malen Helligkeit nach Früherem (vgl. oben S. 82) gleich dem Ver-
hältnis der Austrittspupille zur Augenpupille ist, so folgt nach
(85) auf S. 83
H 62 S^a^
H^~p^~p^V^'
(8)
wobei b den Radius der Austrittspupille bezeichnet Es ergibt
sich also die numerische Apertur aus:
« = 7-' (^)
Setzt man hierin fftr V den Wert nach (7), so folgt:
a = 6:A (10)
d. h. die numerische Apertur ist gleich dem Verhältnis
des Radius der Austrittspupille zu der hinteren Gesamt-
brennweite des ganzen Mikroskops.
Ein von Abbe konstruiertes Apertometer gestattet die numerische
Apertur des Objektivs allein direkt zu messen. 2)
4. Das astronomische Femrohr. Dasselbe besteht ebenfalls,
wie das Mikroskop, aus zwei kollektiven Teilen: dem Objektiv
und dem Okular. Ersteres entwirft von einem sehr fernen Objekte
ein reelles umgekehrtes Bild in der Brennebene des Objektivs,
dieses Bild wird durch das Okular, das als Lupe wirkt, vergrößert.
Akkommodiert das Auge des Beobachters auf Unendlich, so fällt die
vordere Brennebene des Okulars mit der hinteren Brennebene des
Objektivs zusammen, und wir haben die „teleskopische" Abbildung
im früheren Sinne (oben S. 26), bei der unendlich entfernte Gegen-
stände unendlich entfernte Bilder haben. Unter der Vergrößerung
r versteht man dann das Konvergenzverhältnis der Bildstrahlen
1) Betreffs anderer Zeichenapparate vgl. Müller-Pouillet, Optik von
Lnmmer, 8.839—842.
2) Betreffs näherer Beschreibung dieses Instrumentes vgl. die eingangs
dieses Kapitels zitierten Lehrbücher.
7*
Digitized by
Google
100
Kapitel V.
zu den Objektstrahlen. Nach (24) auf S. 30 0 ist aber
(11) r=tgu:tgu = f^:f^,
wobei /i die Brennweite des Objektivs, f^ die des Okulars ist
Damit also eine starke Vergrößerung r erzielt wird, muß /i groß
und ^2 klein sein.
Die Vergrößerung kann man experimentell bestimmen, indem
man das Verhältnis der Eintrittspupille des Instrumentes zur
Austrittspupille bestimmt Denn bei der teleskopischen Abbildung
ist nach Früherem (S. 26) die Lateralvergrößerung konstant, d. h.
unabhängig vom Orte des Objektes, und zwar ist sie nach der doii;
(S. 27) gegebenen Formel (14') gleich der reziproken Angularver-
größerung. Die Eintrittspupille ist nun (ohne Rücksicht auf das
Auge des Beobachters, vgl. weiter unten) der Rand des Objektiv-
Fig. 40.
Systems, die Austrittspupille daher das von diesem Rande durch
das Okular entworfene reelle Bild (der Augenkreis). Mißt man
daher den Durchmesser dieses Augenkreises mikrometrisch, so ist
sein Verhältnis zum Objektivdurchmesser gleich der reziproken
Angularvergrößerung des Femrohres.
In Figur 40 ist der Strahlengang bei Benutzung eines Ramsden-
schen Okulars (vgl. oben S. 93) gezeichnet. Bß^ ist die Eintritts-
pupille (Objektivrand), B[B^ die Austrittspupille. F^ ist das reelle,
vom Objektiv entworfene Bild eines unendlich fernen Punktes 1\ Sein
Hauptstrahl ist stark, seine Randstrahlen sind schwach gezeichnet
Pj liegt etwas vor der Kollektivlinse des Okulars. An gleicher
1) Dort sind der Allgemeinheit halber die vorderen und hinteren Brenn-
weiten (/i und /!', fi und fi) voneinander unterschieden. Hier ist das nicht
nötig, da beim Femrohr stets /*, ^ /i', /i = fi iß* (vgl- oben 8. 35).
Digitized by
Google
Optische Instrumente. 101
Stelle ist die Gesichtsfeldblende GG angebracht. Da ihr Bild auf
der Objektseite im Unendlichen liegt, so wird das Gesichtsfeld bei
Betrachtung sehr entfernter Objekte scharf begrenzt. — P' ist das
unendlich ferne Bild, welches das Okular von P^ entwirft — Zieht
man das Auge des Beobachters in Rücksicht, so sind die zwei
Fälle zu unterscheiden, ob die Austrittspupille des Instrumentes
kleiner oder größer als die Augenpupille ist (d. h. ob die Normal-
vergrößerung überschritten ist oder nicht). Nur in ersterem Falle
bleiben die bisherigen Betrachtungen unverändert bestehen, während
im letzteren Falle die Augenpupille die Austrittspupille für den
ganzen Strahlengang ist und das vom Femrohr entworfene Bild
der Augenpupille die Eintrittspupille ist.
Als Objektiv wird eine achromatisierte Doppellinse gewählt, die
auf sphärische Aberration korrigiert ist. Für die Achromatisieruug
des Okulars gelten dieselben Bedingungen, die oben beim Mikro-
skop besprochen sind: da die auf das Okular fallenden Haupt-
strahlen nahezu achsenparallel sind, so genügt die Achromatisierung
der Brennweite des Okulars. Man kann daher für Mikroskop und
Fernrohr dieselben Okulare benutzen, meist jedoch wird bei letz-
terem das Ramsdensche Okular angewandt, da es vorteilhafter bei
der mikrometrischen Bildausmessung ist (vgl. oben S. 93).
Auch hier gelten, gerade wie beim Mikroskop, die Begriffe der
förderlichen und leeren Okular- bezw. Gesamtvergrößerung. Die
freie Öffnung des Objektivs spielt hier die Rolle der numerischen
Apertur des Mikroskops (vgl. dazu S. 84, 85).
5. Das holländische Fernrohr. Wird das kollektive Okular
des astronomischen Fernrohres durch ein dispansives ersetzt, so
erhält man das holländische Fernrohr. Damit teleskopische Ab-
bildung stattfindet, muß der hintere Brennpunkt des Okulars mit
dem hinteren Brennpunkt des Objektivs zusammenfallen. Die Länge
des Fernrohrs ist also nicht, wie beim astronomischen, gleich der
Summe, sondern gleich der Differenz der Brennweiten von Objektiv
und Okular.
Die Formel (11) dieses Kapitels für die Angularvergrößerung F
gilt auch hier, da diese Formel für jede teleskopische Abbildung gilt.
Das Fernrohr gibt aber im Gegensatz zum astronomischen Fernrohr
aufrechte Bilder, da das vom Objektiv entworfene umgekehrte
Bild durch das dispansive Okular noch einmal umgekehrt wird.
Ohne Rücksicht auf das Auge des Beobachters würde der
Objektivrand stets die Eintrittspupille des Instrumentes sein. Das
Digitized by
Google
102 Kapitel V.
Okular entwirft von demselben ein virtuelles verkleinertes Bild
(Austrittspupille) vor dem Okular. Dasselbe hat den Eadius
(12) 6 = Ä.f; = ^,
falls h der Radius des Objektivs ist
Da diese Austrittspupille vor und nicht hinter dem Okular
liegt, so kann die Augenpupille des Beobachters nicht mit ihr zur
Deckung gebracht werden. Infolgedessen wirkt die Augenpupille
als Gesichtsfeldblende, wenn die nach Formel (12) bestimmte Größe h^
nämlich die Austrittspupille des Instrumentes, kleiner als die
Augenpupille ist, d. h. wenn die Normalvergrößerung überschritten
ist Deshalb ist das Gesichtsfeld bei starken Vergrößerungen
ein sehr beschränktes. Figur (41) bezieht sich auf diesen Fall des
Fig. 41.
Strahlenganges, pp bedeutet die Augenpupille, w ist der Ge-
sichtsfeldwinkel im Bilde. Da das vom ganzen Fernrohr entworfene
Bild der Gesichtsfeldblende (der Augenpupille) im Endlichen, d. h.
nicht am Orte des Objektes im Unendlichen liegt, so ist auch das
Gesichtsfeld nicht scharf begrenzt (vgl. oben S. 71).
Wenn aber die AustrittspupiUe 3^3^= 2h des Instrumentes
größer als die Augenpupille ist, d. h. wenn die Normalvergrößerung
nicht erreicht ist, so ist mit Rücksicht auf das Auge des Beobachters
seine Augenpupille die AustrittspupiUe für den ganzen Strahlen-
gang, und die Objektivöflfnung wirkt als Gesichtsfeldblende; das
bildseitige Gesichtsfeld ist begrenzt durch das Bild 2h (in Figur 42
ist dies mit B^B^ bezeichnet) der Objektivöffnung. In diesem
Falle kann man also durch Wahl eines recht großen Objektivs
das Gesichtsfeld vergrößern. Aus demselben Grunde wie vorhin
ist dasselbe aber auch hier unscharf begrenzt. Figur 42 bezieht
Digitized by
Google
Optische lostnunente. 103
sich auf diesen Fall des Strahlenganges, vf ist der bildseitige
Gesichtsfeldwinkel.
Nimmt man die Augenpupille zu 2 mm Radius an, so tritt
nach (12) der Strahlengang der Figur 41 oder der Figur 42 ein,
je nachdem
Ä^^rmm
ist;^) z. B. bei einer achtmaligen Vergrößerung ist 2h = 32 mm
die kritische Objektivgröße.
6, Das terrestrische Fernrohr. Für terrestrische Zwecke
ist es von Vorteil, wenn das Femrohr aufrechte Bilder entwirft.
Wenn die Vergrößerung nicht sehr stark sein soll, so empfiehlt
sich daher der Gebrauch des holländischen Femrohres. Da dasselbe
aber bei starken Vergrößerungen ein sehr kleines Gesichtsfeld hat,
so ist für starke
Vergrößerungen das
sogenannte terre-
strische Fernrohr
praktischer, welches
ein astronomisches
Fernrohr mit bild-
umkehrendem Oku-
lar ist. Der Abbil-
dungsvorgang ist
dann folgender: Die
Objektivlinse ent-
wirft ein umgekehr- pjg' ^^
tes reelles Bild vom
Objekt. Dieses Bild wird durch ein (aus zwei Linsen bestehendes)
Kollektivsystem ohne wesentliche Vergrößerungsänderung um-
gekehrt und das dadurch entstandene aufrechte Bild durch ein
Ramsdensches oder Huygenssches Okular, das als Lupe wirkt, zu
einem virtuellen aufrechten Bilde vergrößert.
7. PrismendoppeLremrohre von C. Zelss. Das terrestrische
Okular hat eine unbequeme Länge. Diesen Übelstand kann man
vermeiden, wenn man die Umkehrung des vom Objektiv entworfenen
Bildes durch viermalige Totalreflexion an zwei rechtwinkligen
1) Experimentell kann man diese beiden Fälle dadurch unter8(jheiden, daß
bei teilweiser Abbiendung des Objektivs durch eine vorgehaltene Blende
nur die Bildhelligkeit abnimmt oder das Gesichtsfeld verkleinert wird.
Digitized by
Google
104
Kapitel V.
Glasprismen bewirkt, die wie in Figur 43 angeordnet sind. Der
austfetende Strahl ist dem einfallenden parallel, hat aber eine
seitliche Verschiebung erlitten. — Im übrigen ist die Konstruktion
des Fernrohres die des astronomischen.
Durch Trennung der beiden Prismen I und II kann eine be-
deutende Verkürzung des Fernrohres erzielt werden, da der
Lichtstrahl die Strecke zwischen den Prismen dreimal zurückzu-
legen hat. — Durch etwas andere Anordnung, bezw. Zerschneidung
der Prismen kann die seit-
liche Verschiebung des ein-
fallenden und austretenden
Lichtstrahles beliebig erhöht
werden. Man kann nach
diesem Prinzipe ein für beide
Augen benutzbares Doppel-
fernrohr konstruieren, in
welchem die Eintrittspupil-
len (Objektivlinsen) eine viel
größere Distanz besitzen als die Augenpupillen. Dadurch wird der
stereoskopische Effekt, der mit der Betrachtung der Landschaft
durch die beiden Augen verbunden ist, sehr erhöht.
8. Spiegelteleskope. Dieselben unterscheiden sich von den
dioptrischen dadurch, daß an Stelle der Objektivlinse ein Hohl-
spiegel ein reelles Bild des Objektes entwirft. Dasselbe wird mit
dem Auge betrachtet durch Okulareinrichtungen, die bei den ein-
zelnen Konstniktionen etwas verschieden sind.^ Die Spiegelteleskope
hatten besonders früher eine große Bedeutung, als man noch keine
achromatischen Objektive herstellen konnte, denn naturgemäß treten
chromatische Bildfehler beim Hohlspiegel nicht auf.
Zur Erzielung möglichst starker Vergrößerungen sind große
Spiegel von großem Krümmungsradius zu wählen. Herschel hatte
einen Riesenhohlspiegel von 16 m Krümmungsradius gebaut. Das
von ihm entworfene reelle Sonnenbild ist, da der Sehwinkel der
Sonne 32' beträgt, etwa 7 cm groß.
Fig. 43.
1) Betreffs näherer Details vgl. Heath, Geometrische Optik, deutsch yon
Kanthack, S. 299— 310.
Digitized by
Google
PHYSIKALISCHE OPTIK.
Digitized by
Google
Digitized by
Google
L Abschnitt
Allgemeine Eigenscliafteii des Liclites.
Kapitel I.
Die Fortpflanzimgsgescliwiiidigkeit des licIites.
1. Methode Ton BSmer. Die Beantwortung der Frage, ob
das Licht eine endliche Fortpflanzungsgeschwindigkeit besitze, ist
von großer prinzipieller Bedeutung. Eine terrestrische Methode,
wie sie zuerst von Galiläi angewandt wurde, führte wegen der
außerordentlichen Schnelligkeit des Lichtes nicht zum Ziel; bei
kleinen Entfernungen, wie sie in terrestrischen Methoden vor-
kommen, müssen die experimentellen Hilfsmittel sehr verfeinert
werden.
Von besserem Erfolg waren zunächst astronomische Methoden
gekrönt, da es sich bei ihnen um sehr große Distanzen für die
Lichtausbreitung handelt. Die erste Bestimmung für die Licht-
geschwindigkeit lieferte Olaf Römer im Jahre 1675, welcher be-
obachtete, daß die Periode für die Verfinsterung eines Jupiter-
mondes etwas größer war, wenn die Erde sich in ihrer Bahn vom
Jupiter entfernt, als wenn sie sich ihm nähert. Diese Veränderung
in der Verfinsterungsperiode kann durch Beobachtung zahlreicher
aufeinander folgender Verfinsterungen sehr scharf bestimmt werden.
Römer fand, daß die Summe der Verfnsterungsperioden, welche
zwischen zwei Verfinsterungen lag, von denen die erste in Opposition
der Erde zum Jupiter, die zweite in Konjunktion beider Planeten
eintrat, um 996 Sekunden differierte gegenüber der Zeitsumme, die
man'aus der Anzahl der Verfinsterungen und der im Verlauf des
ganzen Jahres im Mittel beobachteten Verfinsterungsperiode erhält.
Schon Römer deutete diese Differenz aus der endlichen Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes. Nach dieser Anschauung
Digitized by
Google
108 Kapitel I.
muß das Licht zum Durcheilen des Erdbahndurchmessers 996 Sekun-
den gebrauchen. Nach neueren Beobachtungen von Glasenapp ist
die Römersche Zahl in 1002 Sekunden zu korrigieren. — Der Erd-
bahndurchmesser ergibt sich aus dem Erdradius, wenn man die
sogenannte Sonnenparallaxe kennt, i h. den Winkel, unter dem
der Erdradius von der Sonne aus erscheint. Nach den neueren
astronomischen Bestimmungen ist der wahrscheinlichste Wert der
Sonnenparallaxe 8,80", so daß sich der Erdbahndurchmesser d, da
der Erdradius 6378 km beträgt, berechnet zu:
^ _ 2^. 180^^ _ 2990. 10» km.
8,80 TT
Für die Lichtgeschwindigkeit V folgt so:
F= 298300 »'«/sek. = 2,983 • 10 ^^ ^^U\i,
Diese Zahl ist hauptsächlich noch unsicher (um etwa V2 \) wegen
des Fehlers in Bestimmung der Sonnenparallaxe.
2. Methode von Bradley, Wir wollen uns denken, daß ein
Lichtstrahl einer unendlich entfernten Lichtquelle P durch zwei
aufeinander folgende Löcher S^ und S^, die in der Achse eines Rohres R
liegen, in das Auge eines Beobachters gelange. Wenn nun das
Rohr R in eine Parallelverschiebung der Geschwindigkeit v senk-
recht zur Rohrachse versetzt wird, während die Lichtquelle P in
Ruhe bleibt, so wird der Lichtstrahl, wenn er durch das erste
Loch S^ getreten ist, nicht mehr genau das Loch Äj treffen, wenn
das Licht eine endliche Zeit zum Durcheilen des Rohres R ge-
braucht. Der Beobachter sieht daher dann die Lichtquelle P nicht
mehr. Um sie wieder zu erblicken, muß er das Rohr R um einen
Winkel a gegen die ursprüngliche Richtung drehen, so daß die
Visierlinie nach P im Sinne der Bewegung des Beobachters um den
Winkel 5 verschoben erscheint, und zwar muß sein
(1) tgi = v:V,
falls V die Lichtgeschwindigkeit bezeichnet.
Diese Überlegung ergibt die Erklärung für die von Bradley
im Jahre 1727 entdeckte Aberration der Fixsterne, nach der der
Ort derselben, falls Visierlinie und Bewegung der Erde senkrecht
aufeinander stehen, im Sinne der Erdbewegung um einen kleinen
Winkel verschoben ist, der sich nach neueren Bestimmungen zu
20,5" ergeben hat. Da die Bahngeschwindigkeit v der Erde
Digitized by
Google
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes. IQQ
bekannt ist, wenn man die Größe der Erdbahn kennt, so ergibt
sich aus der Gleichung (1) die Lichtgeschwindigkeit zu
r= 2,999- 10 i<>^°»/8ek.
Diese Methode leidet an derselben Unsicherheit wie die
Römersche und wie überhaupt alle astronomischen Methoden, die
in der unsicheren Kenntnis der Sonnenparallaxe und damit der
Erdbahn wurzelt.
Das Resultat stimmt mit dem nach der Eömerschen Methode
gewonnenen gut überein, und dies zeigt, daß eine hier still-
schweigend getroffene Annahme berechtigt ist: daß nämlich den
Lichtstrahlen selbst, wenn sie sich durch die mit der Erde be-
wegte Luft hindurch fortpflanzen, keine seitliche Geschwindigkeits-
komponente mitgeteilt wird. Indes ist die Aberration in dieser
einfachen Weise nicht erschöpfend zu erklären. Nach der angestell-
ten Überlegung sollte man nämlich erwarten, daß die Aberration,
wenn man nach einem Fixstern mit einem mit Wasser angefüllten
Femrohr visiert, eine größere sein müßte, da, wie wir weiter unten
sehen werden, die Lichtgeschwindigkeit im Wasser kleiner ist als
in Luft. Tatsächlich ist aber die Aberration unabhängig von dem
Medium im Fernrohr. Um dies zu erklären, bedarf es einer genaueren
Untersuchung über den Einfluß der Bewegung eines Körpers auf
die in ihm stattfindende Lichtfortpflanzung. Das soU aber erst an
späterer Stelle geschehen. Es mag nur hier noch bemerkt werden,
daß durch die astronomische Aberration die Lichtgeschwindigkeit
im Weltraum, d. h. im Vakuum, bestimmt wird.
3. Methode von Fizean. Die erste terrestrische Methode zur
Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit ist erfolgreich von Fizeau
im Jahre 1849 angewandt worden. Von einer Lichtquelle P wird
durch eine Sammellinse und eine schief gegen die Lichtstrahlen
geneigte Glasplatte p (vgl. Figur 44) ein Bild in f entworfen. Die
Strahlen werden sodann nach dem Durchtritt durch die Sammel-
linse Li parallel gemacht und gelangen zu der sehr weit (8,6 km)
entfernten Sammellinse L^. Es entsteht ein reelles Bild am Orte
eines Hohlspiegels «, dessen Krümmungszentrum im Mittelpunkt der
Linse L^ liegt. Dieser Spiegel s reflektiert daher die Strahlen auf
demselben Wege, auf welchem sie gekommen sind, so daß auch
durch die reflektierten Strahlen ein reelles Bild in f entsteht.
Dieses wird durch das Okular o und durch die schiefe Glasplatte p
hindurch betrachtet. Am Orte des reellen Bildes / wird nun der
Rand eines Zahnrades derart angebracht, daß eine Lücke desselben
Digitized by
Google
HO
Kapitel I.
die Lichtstrahlen frei passieren läßt, ein Zahn sie dagegen ab-
schirmt. Eotiert das Zahnrad mit sehr geringer Geschwindigkeit,
so wird man das Bild abwechselnd sehen und nicht sehen. Rotiert
das Rad schneller, so wird man infolge der Dauer des Lichtein-
drucks das Bild ununterbrochen sehen. Bei weiterer Steigerung
der Rotationsgeschwindigkeit des Rades verschwindet aber all-
mählich das Bild wieder, nämlich dann, wenn in der Zeit, welche
das Licht zur Durcheilung des Hin- und Rückweges braucht, Zähne
und Lücken ihre Stellung miteinander vertauscht haben. Bei
doppelter Drehgeschwindigkeit tritt wieder maximale Helligkeit
ein, bei dreifacher Drehgeschwindigkeit Dunkelheit, usf. Aus
Fig. 44.
der Rotationsgeschwindigkeit des Rades, der Anzahl seiner Zähne,
und der Distanz zwischen f und s kann man leicht die Licht-
geschwindigkeit berechnen. Fizeau wandte ein Rad von 720 Zähnen
an. Die erste Verdunkelung trat bei 12,6 Umdrehungen pro Sekunde
ein. Da die Entfernung zwischen L^ und L^ 8,633 km betrug, so
berechnet sich daraus die Lichtgeschwindigkeit zu
r=3,13-10»«c%ek.
Die Hauptschwierigkeit der Methode liegt in der Herstellung
einer gleichmäßigen Rotationsgeschwindigkeit und der Messung
derselben. — Durch verfeinerte Messungen erhielt nach dieser
Methode Cornu den Wert
F= 3,004- 10^^ «°^/8ek.,
Young und Forbes den Wert:
F = 3,014. 10i^«°>/sek.
Digitized by
Google
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes. m
4. Methode Ton Foucault. Diese Methode erfordert die ge-
ringste Distanz und ist in mehrfacher Hinsicht für die Optik von
hoher Wichtigkeit. Eine Lichtquelle P sendet durch eine schief
gestellte Glasplatte p (vgl. Figur 45) ihre Strahlen auf einen
rotierenden Spiegel m. Bei geeigneter Lage desselben reflektiert
derselbe die Strahlen durch eine nahe befindliche Linse L, so daß
ein reelles Bild der Lichtquelle P am Orte eines um die große
Strecke D entfernten Hohlspiegels s entsteht, dessen Krümmungs-
zentrum am Orte des Spiegels m liegt. Der Hohlspiegel a reflektiert
die Strahlen auf gleichem Wege, auf dem sie gekommen sind, falls
innerhalb der Zeit, welche das Licht zum Durcheilen der Strecke
2D gebraucht hat, der Spiegel s seine Lage noch nicht merklich
geändert hat. Es würde dann durch die an den Spiegeln m und s
sowie an der Glasplatte p reflektierten Strahlen ein Bild P' von der
Lichtquelle P entworfen werden.
Wenn aber der rotierende Spiegel -^ a p'sjp"
innerhalb der Zeit, welche das /^~ — .Vf ^
Licht zum Durcheilen der Strecke ^^)^ ^
2D gebraucht, seine Lage um den if^^\^
Winkel a geändert hat, so ist der ^^^
nach p von m reflektierte Strahl ^\^
um 2 a gegen die Richtung des ^\^^
ursprünglich einfallenden Strahles ^
gedreht, und es entsteht durch Fig. 46.
Reflexion an p ein seitlich ab-
gelenktes Bild P" der Lichtquelle P. Aus der Ablenkung P'P'\
der Rotationsgeschwindigkeit des Spiegels m, und aus den Ent-
fernungen D und A kann man offenbar die Lichtgeschwindigkeit
finden.
Wählt man J = lm, Z) = 4m, und macht der Spiegel m
1000 Umdrehungen in der Sekunde, so wird die Verschiebung P'P"
gleich 0,34 mm. Foucault vergrößerte die Entfernung D von 4 m
auf 20 m durch mehrfache hin- und hergehende Reflexionen an fünf
etwas gegeneinander geneigten Spiegeln s.
Im Prinzip ist diese Methode ungünstiger als die Fizeausche,
da hier außer der Tourenzahl noch die Messung der kleinen Ver-
schiebung P'P" notwendig ist. Michelson hat aber durch Ver-
größerung der Entfernung D (bis auf 600 m) die Genauigkeit der
Methode erheblich gesteigert, indem er dadurch auch bei mäßiger
Tourenzahl (etwa 200 in der Sekunde) starke Verschiebungen P'P''
Digitized by
Google
112 Kapitel I.
(bis zu 13 cm) erhielt. Bei der Foucaultschen Anordnung war
eine erhebliche Vergrößerung von D nicht möglich, wenn nicht
der Hohlspiegel s ungeheure Dimensionen besitzen sollte. Denn
wenn auch stets ein Punkt der Lichtquelle P bei beliebig großem
D und kleinem Spiegel s zur Abbildung gelangt, so würde doch
ein etwas seitlich gelegener Punkt P^ der Lichtquelle, dessen ein-
fallender Hauptstrahl von Pj nach der Mitte von m geht, nicht
mehr zur Abbildung kommen, da der Hauptstrahl nach dem Durch-
gang durch die Linse L schief gegen ihre Achse verläuft, und daher
bei großem D einen großen Spiegel s zur Reflexion verlangt. Die
Abbildung eines einzigen Punktes P einer Lichtquelle ergibt aber
eine zu geringe Lichtintensität. Diesen Übelstand hat Michelson
vermieden, indem er die Linse L nicht nahe am rotierenden Spiegel
aufstellte, sondern in Brennweitenabstand. Dadurch werden auch
die von seitlichen Punkten der Lichtquelle herrührenden Haupt-
strahlen nach ihrem Durchtritt durch L achsenparallel, man kann
eine beliebige Distanz D wählen und einen planen Spiegel s senk-
recht zur Achse von L zur Reflexion verwenden. Der Spiegel
braucht nur die Größe der Öffnung der Linse zu besitzen. —
Aus zahlreichen Messungen erhielt Michelson
F = 2,999. 10l<>«n»/sek.
Auch Newcomb erhielt nach der Methode des rotierenden
Spiegels einen nahe damit übereinstimmenden Wert.
Als Mittelwert der von Cornu, Michelson, Newcomb angestellten
Messungen ergibt sich ^)
F= 2,999 -lO^^^^^^^/sek.
mit einem wahrscheinlichen Fehler von höchstens 1 : 1000. Das
Resultat dieser terrestrischen Methoden ist viel zuverlässiger als
das der astronomischen Methoden, weil bei letzteren die Fehler
bei der Bestimmung der Sonnenparallaxe sich geltend machen.
Trotz dieses außerordentlich großen Wertes der Licht-
geschwindigkeit, welche 900 000 mal so groß als die des Schalles in
der Luft ist, braucht das Licht doch eine zum Teil bedeutende
Zeit, um astronomische Entfernungen zu durchmessen. Dies sehen
wir z. B. bei der Römerschen Methode, ferner braucht das Sonnen-
licht 8V4 Minuten, um zur Erde zu gelangen, das Licht selbst der
1) A. Cornu (Rapp. d. Congr. intern, ä Paris, 1900, II, S. 246) hält die
Zahl F= 3,0013 . 10 »o für die wahrscheinlichste.
Digitized by
Google
Die FortpflanzungBgeschwiDdigkeit des Lichtes. X13
nächsten Fixsterne dagegen viele Jahre (z. B. von a centauri
3^/4 Jahre, vom Sirius 17 Jahre). Große Entfernungen im Welt-
räume pflegt man hiernach in Lichtjahren auszudrücken.
5. Abhängigkeit der Llehtgescliwiiidigkeit vom Medium
und der Farbe. Die Lichtgeschwindigkeit. ist von der Intensität
der Lichtquelle unabhängig. Dies ist durch sehr empfindliche
Interferenzversuche von Lippich und Ebert konstatiert. Dagegen
ist die Lichtgeschwindigkeit wohl abhängig von dem Medium,
in welchem sich das Licht fortpflanzt. Foucault verglich mit
seiner Methode die Lichtgeschwindigkeit in Luft und in Wasser,
indem er vor dem rotierenden Spiegel m das Licht nach zwei
seitlich aufgestellten Hohlspiegeln s^s^ reflektieren ließ, wobei vor
den einen s^ eine 2 m lange, mit Wasser angefüllte Röhre ein-
geschaltet war. Es ergab sich nun, daß das von letzterem Hohl-
spiegel «2 reflektierte Bild bei Rotation des Spiegels m eine stärkere
Verschiebung erlitt als das von s^ reflektierte Bild, und dies ist
ein Beweis, daß sich das Licht in Wasser langsamer fort-
pflanzt als in Luft.
Quantitative Bestimmungen über die Lichtgeschwindigkeit im
Wasser und im Schwefelkohlenstoff hat Michelson ausgeführt; für
das Verhältnis der Geschwindigkeiten in Luft und in Wasser
fand sich 1,33, in Luft und in Schwefelkohlenstoff bei Anwendung
weißen Lichtes 1,77. Erstere Zahl stimmt genau, letztere an-
nähernd (s. w. u.) mit dem beobachteten Brechungsexponenten.
Man nimmt an (und die Wellentheorie des Lichtes erfordert es),
daß dieses Resultat für alle Körper gilt Demnach muß auch die
Lichtgeschwindigkeit in der Luft, entsprechend ihrem absoluten
Brechungsexponenten no= 1,00029, etwas kleiner sein als im Vacuum.
Die oben mitgeteilte Zahl der Lichtgeschwindigkeit, die sich als
Mittel aus den terrestrischen Versuchen ergibt, enthält schon diese
Reduktion auf das Vacuum.
Da bei allen durchsichtigen Körpern der Brechungsexponent
für rote Strahlen kleiner ist als für blaue Strahlen, so ist zu
erwarten, daß für die verschiedenen Farben die Lichtgeschwindig-
keiten in ein und demselben Körper umgekehrt proportional mit
der Änderung seines absoluten Brechungsindex sein werden, falls
die Lichtgeschwindigkeit im Vacuum unabhängig von der Farbe
ist. Dies ist nun auch in der Tat direkt von Michelson nach-
gewiesen, indem er beim Wasser die Geschwindigkeit der roten
Strahlen um 1,4%, im Schwefelkohlenstoff um 2,5% größer fand
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 8
Digitized by
Google
114 Kapitel L
als die der blauen Strahlen. Dies stimmt annähernd mit der Dis-
persion dieser Körper.
Daß die Lichtgeschwindigkeit im Vacuum unabhängig von
der Farbe ist, folgt sehr scharf aus dem Umstände, daß bei Ein-
tritt oder Aufhören der Verfinsterung der Jupitersmonde dieselben
nie farbig erscheinen; femer daraus, daß temporäre Sterne nicht
in einer bestimmten Farbenfolge aufleuchten.
In Anbetracht der geringen Dispersion der Luft besteht in
ihr praktisch kein Unterschied der Fortpflanzungsgeschwindigkeit
der verschiedenen Farben.
6. Die Fortpflanzungsgescliwindigkeit einer Wellengruppe.
Bei Untersuchung der Lichtgeschwindigkeit in einem stark dis-
pergierenden Mittel, wie z. B. Schwefelkohlenstoff, ist indes noch
eine Korrektion von Bedeutung, auf die zuerst Eayleigh hingewiesen
hat. Wie wir nämlich im nächsten Kapitel sehen werden, führen
die Interferenzerscheinungen mit Notwendigkeit zu der Vorstellung,
daß das Licht in der periodischen Änderung einer gewissen Zu-
standsgröße s im Äther oder im betreffenden Körper bestehe, die
in Anbetracht der endlichen Fortpflanzungsgeschwindigkeit in der
Form geschrieben werden kann:
(2) 5 = ^.5in-^(< — y).
Dies ist der Ansatz für sogenannte ebene Wellen, welche sich nach
der X-Achse mit der Geschwindigkeit V fortpflanzen. T bedeutet
die zeitliche Periode von s, und von ihr [hängt die Farbe des
Lichtes ab, Ä ist die sogenannte Amplitude, von der die Lichtstärke
abhängt. Zu unterscheiden von der Fortpflanzungsgeschwindig-
keit V der einzelnen Welle ist die FortpÖanzungsgeschwindigkeit U
eines Wellenzuges. Bei der Fizeauschen Methode z. B. wird durch
die Rotation des Zahnrades an einer bestimmten Stelle g auf dem
Wege der Lichtstrahlen abwechselnd das Licht abgeschnitten oder
zugelassen. Fassen wir solch letzteren Moment ins Auge, so wird g
trotz hoher Rotationsgeschwindigkeit des Zahnrades in Anbetracht
der sehr kleinen Periode T noch von einer großen Anzahl von
Wellen getroffen. Durch das Experiment wird nun die Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit eines solchen Komplexes von Wellen ge-
messen. — Wir können mathematisch den Vorgang dieses Experi-
mentes annähernd darstellen, WQun wir annehmen, daß sich zwei
Wellen gleicher Amplitude, aber von etwas verschiedenen Perioden
Digitized by
Google
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes. 115
7\ und 72, sowie verschiedenen Fortpflanzungsgeschwindigkeiten
1\ und Fj übereinander lagern. Man würde dann erhalten
« = ^-{-t(^-»y+-^r:{'-fJ}= (3)
wobei gesetzt ist:
Die Formel (3) stellt nämlich jetzt einen Lichtzustand der
Periode T mit periodisch veränderlicher Amplitude dar. Die
Periode To der Amplitudenveränderung würde sein:
1 — 1^1
To ~ Ti Ta * ^^^
To bestimmt sich aus der Rotationsgeschwindigkeit des Zahnrades
und ist groß im Vergleich mit 7\ oder 7^ Daher muß 7\ nahezu
gleich dem Werte von T2 sein.
Setzt man ferner
_l-l L /ß^
ToU~ T,V, T2V2' W
80 geht aus (3) hervor, daß an dem Orte x = / eine maximale
Amplitude des Wellenzuges um die Zeit l : ü später eintritt als
am Orte x = 0. Daher ist U die Fortpflanzungsgeschwindigkeit
des Wellenzuges, die direkt bei der Fizeauschen Methode ge-
messen wird.
Setzt man ^2 = ^1 + ^'^u ^2 = ^1 + «^^i» und entwickelt
man bis auf Glieder erster Ordnung in den kleinen Werten dT^
und dV^, so erhält man aus (5) und (6):
In dieser Formel sind für 7\ und Tj mit der gleichen Genauig-
keit T und F, d. h. die Periode und Fortpflanzungsgeschwindigkeit
der einzelnen Welle, einzusetzen.
Die Formel (7) lehrt, daß die Geschwindigkeit U des Wellen-
zuges, wie sie direkt beobachtet wird, etwas kleiner als die eigent-
liche Lichtgeschwindigkeit V ist, da in allen durchsichtigen
Körpern V mit T wächst. Die Korrektion ist aber für Luft in
Anbetracht der Kleinheit von dVidT unmerklich, dagegen wohl
merklich im stark dispergierenden Schwefelkohlenstoff. Für diesen
8*
Digitized by
Google
116 Kapitel 11.
erreicht die Korrektion den Wert 7,5 ^/o- Da nun, wie eine ein-
gehende Analyse zeigt, auch die Methode des rotierenden Spiegels
den Wert U liefert, so ist verständlich, weshalb Michelson die
Lichtgeschwindigkeit in Luft 1,77 mal größer fand als in Schwefel-
kohlenstoff, obwohl ein Brechungsindex nur das Verhältnis 1,64
liefern würde. Vergrößert man aber 1,64 um 7,5 %, so erhält man
in naher Übereinstimmung mit Michelsons Beobachtung den Wert 1,76.
Auch die Römersche Methode liefert den Wert U der Gruppen-
geschwindigkeit, während die astronomische Aberration direkt V
liefert Hier bestehen aber keine Unterschiede in beiden Größen,
da der Weltraum keine Dispersion, d. h. keine Abhängigkeit des V
von der Farbe besitzt
Kapitel IL
Interferenz des Lichtes.
1. Allgemeines. Unter Umständen nimmt man wahr, daß
die Übereinanderlagerung zweier genau oder nahezu paralleler
Strahlenbündel nicht einen verstärkten Lichteffekt ergeben, sondern
sich in ihrer Wirkung stören können, so daß Dunkelheit entsteht
Solche Erscheinungen werden als Interferenz des Lichtes be-
zeichnet
Es sind zwei Gattungen von Interferenzerscheinungen zu unter-
scheiden, je nachdem die Strahlenbündel nur regelmäßige Reflexionen
oder Brechungen erfahren haben, oder je nachdem sie von ihrer
geraden Bahn durch sogenannte Lichtbeugung abgelenkt sind.
Nur erstere Interferenzerscheinungen sollen in diesem Kapitel,
letztere dagegen bei den Beugungserscheinungen besprochen werden.
Indes werden auch einige Interferenzerscheinungen dieses Kapitels,
nämlich die unter 3. und 4. behandelten, welches gerade die nahe-
liegendsten Anordnungen zur Erzeugung von Interferenzen sind,
durch Beugung etwas modifiziert, während wir in 5., 7., 8. und 9.
reine Interferenzerscheinungen kennen lernen werden, d. h. solche,
bei welchen gar keine Lichtbeugung vorkommt
2. Hypothesen über die Natur des Lichtes. Die Vorstellungen
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes. 117
von der Natur des Lichtes und die daran anknüpfenden mathe-
matischen Erörterungen haben sich im Laufe der Zeit mehrfach
verändert. Solange man noch nichts von der ünzerstörbarkeit der
Energie wußte, wurde jedes Agens, welches ein gewisses Vermögen
zeigte, sich fortzubewegen und unter wechselnden Bedingungen
fortzubestehen, als eine Substanz betrachtet Die geradlinige Be-
wegung des Lichtes unterstützte diese Auffassung; denn das Licht
kann in seinen Wegen zwar aufgehalten werden, geht aber, wenn
kein Hindernis entgegensteht, im allgemeinen in gerader Linie weiter.
Es lag nahe, dieses Verhalten als Folge der Trägheit eines mate-
riellen Körpers aufzufassen. Daher stellte Newton die Emissions-
theorie des Lichtes auf, nach der das Licht aus kleinen mate-
riellen Teilchen besteht, die mit sehr großer Geschwindigkeit
von den leuchtenden Körpern ausgestoßen werden und in gerader
Linie durch den Raum hinfliegen. Zur Erklärung der Brechung
mußte man annehmen, daß die stärker brechenden Körper eine
größere Anziehungskraft auf die Lichtkörperchen ausüben, so daß
in dem Moment, wo ein solches Teilchen in schräger Richtung
an der Oberfläche eines dichteren Mediums anlangt, es eine An-
ziehung erleidet, welche der zur Oberfläche senkrechten Komponente
seiner Geschwindigkeit einen größeren Wert gibt, und dadurch
die Richtung seiner Bahn dem Einfallslot nähert. Es müßte also
danach die Geschwindigkeit des Lichtes im stärker brechenden
Körper größer sein als in seiner Umgebung. — Bildet dieser
Punkt schon eine Widerlegung der Emissionstheorie — denn wir
haben oben S. 113 gesehen, daß die Lichtgeschwindigkeit im Wasser
kleiner ist als in Luft — , so häufen sich die Schwierigkeiten bei der
Erklärung der Interferenzerscheinungen vom Standpunkt der Emis-
sionstheorie noch ins Ungeheure. Gerade die Interferenzerscheinungen
sind eine, man möchte fast sagen direkte Bestätigung einer wesent-
lich anderen Hypothese über die Natur des Lichtes, nämlich der
von Huygens ausgebildeten Undulationstheorie.
Nach dieser Theorie werden dem Lichte ähnliche Eigenschaften
wie dem Schalle beigelegt: Es soll in der periodischen Änderung
einer gewissen Zustandsgröße s des lichtdurchstrahlten Körpers
(oder leeren Raumes) bestehen, welche sich mit endlicher Geschwin-
digkeit fortpflanzt, so daß, wenn man die Änderungen von « auf
der Bahn eines Lichtstrahles geometrisch durch eine Strecke dar-
stellt, die Endpunkte derselben zu irgend einer Zeit auf einer
wellenförmigen Kurve liegen würden.
Digitized by
Google
118 Kapitel II.
Worin diese Zustandsgröße s besteht, deren periodische
Änderung das Wesen des Lichtes ausmacht, können wir vorläufig
ganz unentschieden lassen. Bei den sogenannten mechanischen
Lichttheorien wird der Raum mit einem feinen elastischen Stoffe,
dem Äther, erfüllt gedacht, und s wird als Verrückung der Äther-
teilchen aus ihrer Gleichgewichtslage interpretiert Eine solche
spezielle Annahme ist aber zunächst gar nicht nötig. Es genügt,
wenn wir, um die Lichterregung durch eine Quelle Q an einer be-
liebigen Stelle P des durchstrahlten Raumes analytisch darzustellen,
die periodische Veränderlichkeit einer Zustandsgi-öße s am Orte P
einführen durch die Formel:
(1) 8 = Äsin(^2jt^ + 6),
wobei t die Zeit bedeutet, während A, T und 6 Konstanten sind.
Ä ist die sogenannte Amplitude, T die Periode des Lichtzustandes «.
Letztere variiert mit der Farbe des Lichtes, von ersterer hängt die
Lichtwirkung JO an der Stelle P, auf welche sich s bezieht, also
z. B. die Beleuchtungsstärke eines dort angebrachten Schirmes, ab,
und zwar können wir setzen
(2) J=Ä\
Aus jeder Theorie des Lichtes ergibt sich nämlich, daß die
Amplitude Ä des von einer punktförmigen Quelle ausgebreiteten
Lichtes umgekehrt proportional zu der Entfernung r von der
Quelle Q ist Da nun erfahrungsmäßig die Beleuchtungsstärke
umgekehrt proportional zu r^ ist (vgl. oben S. 73), so ist die Licht-
wirkung (Intensität) /durch das Quadrat der Amplitude dargestellt
Wenn sich das Licht von dem Punkte P nach einem um r
entfernten Punkte P' mit der Geschwindigkeit V fortpflanzt, so
braucht es zum Durcheilen der Strecke r die Zeit <'= r : F. Wenn
also der Lichtzustand in P durch (1) dargestellt ist, so wäre er in P'
gegeben durch
(3) 8 = A' 8in (2jt ^-^f^' + ö) ,
denn s ist zu einer um r/F späteren Zeit allemal in demselben
Schwingungszustand, z. B. Nulllage, wie s im Punkte P. Der
1) Diese LichtwirkuDg wird auch kurz als Intensität des Lichtes an
der Stelle P bezeichnet Zu unterscheiden von diesem Begriff ist der oben
S. 76 definierte Begriff der Intensität i der Lichtquelle Q,
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes. 119
Schwingungszustand, d. h. das Argument der periodischen Funktion,
wird die Phase des Lichtes genannt.
Wenn sich von einer punktförmigen Lichtquelle Q aus das
Licht gleichförmig nach allen Seiten ausbreiten kann, so gilt offen-
bar der Ansatz (3) für jeden Punkt P', der die Entfernung r von
Q besitzt. Irgend eine um Q als Zentrum .beschriebene Kugel-
fläche enthält also nur Punkte gleicher Phase. Solche Flächen, die
Punkte gleicher Phase verbinden, heißen Wellenflächen. Die
von einer punktförmigen Lichtquelle Q sich ausbreitenden Wellen-
flächen sind also konzentrische Kugelflächen, die von Q austretenden
Lichtstrahlen sind die Eadien dieser Kugelflächen, stehen also
senkrecht auf ihnen. Je weiter man sich von Q entfernt, um so
ebener werden die Wellenflächen und um so paralleler die Licht-
strahlen. Ein Parallelstrahlbündel hat also senkrecht zu den
Strahlen verlaufende, einander parallele, ebene Wellenflächen
(Wellenebenen). Solche Wellen bezeichnet man daher auch kurz
als ebene Wellen. Sie entstehen, wenn die Lichtquelle Q un-
endlich weit entfernt ist, oder wenn sich Q in dem Brennpunkte
einer Sammellinse befindet, wodurch die austretenden Strahlen
parallel gemacht werden.
Führt man die Bezeichnung ein:
T'V=X, (4)
so wird (3) zu
8 = Ä sin ^2jt (y — x) + ^] » (5)
d. h. bei bestimmter Zeit ist s hinsichtlich r periodisch mit der
Periode X. Diese Periode X^ mit der sich also zu irgend einer
bestimmten Zeit alle möglichen Phasen stets wiederholen, wird die
Wellenlänge des Lichtes genannt.
Die Tabelle auf S. 120 gibt die Wellenlängen in Luft für
verschiedenes Licht und die angrenzenden Gebiete der Äther-
schwingungen an. Diese Werte sind aus Interferenz- oder Beugungs-
erscheinungen ermittelt.
Nach der Wellentheorie ergibt sich, wie wir sehen werden,
die Erklärung von Interferenzerscheinungen in der einfachsten
Weise. Dagegen macht es bedeutende Schwierigkeiten, die gerad-
linige Ausbreitung des Lichtes zu erklären; gerade die Analogie
mit dem Schall weist ja auch auf einen scheinbaren Widerspruch,
denn der Schall pflanzt sich nicht geradlinig fort. Diese Schwierig-
keiten sollen erst im nächsten Kapitel näher behandelt und gehoben
Digitized by
Google
120 Kapitel it
Wellenlängen:
Lichtart
X in mm
0,000100
0,000185
0,000330
Äußerstes ultraviolettes Licht, in Vacuumcamera photographiert >)
Äußerstes ultraviolettes Licht, ohne Vacuumcamera photo-
graphiert
Blaues Ende des sichtbaren Lichtes
Blaue Wasserstoflflinie 0,000486
Natriumlinie 0,000589
Rote Wasserstofflinie 0,000656
Rotes Ende des (ausnahmsweise) sichtbaren Lichtes . . . • i 0,000812
Längste bisher nachgewiesene WarmeweUen^) | 0,06
Kürzeste elektrische Wellen ') 6
werden. Die Analogie mit dem Schall ergibt auch noch andere
Widersprüche, die die Erklärung der sogenannten Polarisations-
erscheinungen der Wellentheorie zunächst entgegenstellt und die
lange Zeit die Wellentheorie trotz ihrer einfachen Erklärung der
Interferenz nicht zur allgemeinen Anerkennung haben kommen
lassen, bis daß man diese Widersprüche dadurch heben konnte,
daß man eine engere Analogie mit den Schallerscheinungen fallen
ließ. Auf diesen Punkt soll ebenfalls erst später eingegangen werden.
Hier möge aber zunächst noch kurz darauf hingewiesen werden,
wie nach der Wellentheorie eine Brechung zustande kommt.
Wenn eine ebene Welle schief auf die Grenzfläche eines
brechenden Körpers trifft, so muß die Wellenebene zum Einfalls-
lot hin gebrochen werden, falls die Lichtgeschwindigkeit im Körper
geringer ist als in seiner Umgebung, welche z. B. Luft sein möge.
Denn wenn ein Punkt Ä der einfallenden Wellenebene gerade auf
der Grenzfläche liegt, so möge ein anderer Punkt B der Wellen-
ebene noch außerhalb in der Luft liegen. Wenn nun die Welle
sich von Ä aus langsamer fortpflanzt als zunächst von B, so ist
klar, daß die Wellenebenen, welche ja diejenigen Punkte mit ein-
ander verbinden, nach denen sich das Licht in derselben Zeit fort-
gepflanzt hat, bei Eintritt in den brechenden Körper geknickt
werden müssen, derart, daß die Normalen der Wellenebenen (die
1) V. Schumann, Wien. Ber. (U) 102, S. 415, 625; 1893. — Eders
Jahrb. 10, S. 42, 1896.
2) H. Kubens u. E. Aschkinass, Wied. Ann. 65, S. 241, 1898.
3)P. Lebedew, Wied. Ann. 5(3, S. 1, 1895.
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes. 121
Lichtstrahlen) zum Einfallslot hin gebrochen werden. Aus der
Wellentheorie ergibt sich also in Übereinstimmung mit der Er-
fahrung, daß die Lichtgeschwindigkeit im Wasser kleiner sein
muß als in Luft. — Die genauere Bestimmung der Lage der ge-
brochenen Wellenebenen soll erst später bei Besprechung des
Huygensschen Prinzipes und strenger im I. Kapitel des 11. Ab-
schnittes abgeleitet werden. Nur soll gleich hier ein wichtiges
Resultat vorangestellt werden: Der Brechungsexponent beim
Übergang des Lichtes von einem Medium A zu einem
Medium B ist gleich dem Verhältnis der Lichtfortpflan-
zungsgeschwindigkeiten in A und B,
Wir hatten oben S. 9 gesehen, daß die Fundamentalsätze der
geometrischen Optik sich gemeinsam in dem Prinzip vom aus-
gezeichneten Lichtweg zusammenfassen lassen. Dasselbe gewinnt
nach den Vorstellungen der Wellentheorie eine besonders anschau-
liche Bedeutung: Da der Brechungsexponent n eines Körpers gegen
Luft umgekehrt proportional zur Lichtgeschwindigkeit im Körper
ist, so ist der optische Weg rd proportional der Zeit, welche das
Licht zum Durchlaufen der Strecke / braucht. Der Satz vom aus-
gezeichneten Lichtweg besagt also, daß das Licht zwischen zwei
beliebigen Punkten P und P' denjenigen Weg wählt, für den alle
unendlich nahe benachbarten Wege vom Licht in derselben Zeit
durchmessen werden. Der (speziellere) Satz vom kürzesten Licht-
weg drückt sich also hier aus als Satz von der schnellsten
Ankunft des Lichtes.
Man kann sich demnach die Ausbildung eines bestimmten
Strahlenganges vom Standpunkte der Wellentheorie folgender-
maßen denken: Von P pflanzen sich nach P' Elementarstörungen
auf allen möglichen Wegen fort. Sie gelangen aber im allgemeinen
in P' zu verschiedenen Zeiten an, so daß die Phasen der einzelnen
Elementarstörungen in P' nicht übereinstimmen und daher keine
kräftige Summenwirkung erzielen. Eine solche wird aber sofort
entstehen, sowie für ein unendlich dünnes Strahlenbündel die Fort-
pflanzungszeit zwischen P und P' die gleiche ist, so daß die
Elementarstörungen in P' die gleiche Phase besitzen. Ein solches
unendlich dünnes Strahlenbündel bezeichnet daher den tatsächlich
stattfindenden Strahlengang, d. h. die Lichtwirkung in P' wird
abgeschnitten durch Hindernisse, die man in den Weg eines solchen
Strahlenbündels stellt.
Wenn auch diese Überlegungen sehr einleuchtend sind, so
Digitized by
Google
122 Kapitel II.
ist ihre Beweiskraft doch nicht so groß, daß man nicht die Funda-
mentalgesetze der geometrischen Optik, z. B. den Satz der gerad-
linigen Ausbreitung des Lichtes, noch auf eine strengere analytische
Basis stellen müßte. Es muß vor allem die Frage gelöst werden:
Weshalb besteht ein Unterschied in den Ausbreitungsgesetzen des
Lichtes und des Schalles, obwohl doch beide Wellenbewegungen
sind? Diese Frage soll aber erst im nächsten Kapitel gelöst werden.
Anstatt daß man an den Strahlengang anknüpft, um die Licht-
wirkungen bei Anwesenheit irgend welcher brechender oder reflek-
tierender Körper zu berechnen, kann man vom Standpunkte der
Wellentheorie auch an die Deformation der Wellenfläche an-
knüpfen, welche durch den Körper herbeigeführt wird. Bei einer
punktförmigen Lichtquelle P sind z. B. die Wellenflächen in der
Umgebung von P Kugelflächen. Soll eine homozentrische Strahlen-
vereinigung in P' durch Brechung in einer Linse erreicht werden,
so müssen die Wellenflächen nach dem Durchtritt durch die Linse
konzentrische Kugelflächen mit dem Zentrum P' sein.
Da die Lichtstrahlen die Normalen der Wellenfläche sind, so
ergibt sich der Malussche Satz (vgl. oben S. 13) vom Standpunkt
der Wellentheorie von selbst, sowie man berücksichtigt, daß irgend
welche Eeflexionen und Brechungen nur den Effekt haben, die
Wellenflächen irgendwie zu deformieren.
3. Der Fresnelsche Spiegelversuch. Vom Standpunkte der
Wellentheorie erklären sich die Interferenzerscheinungen des Lichtes
sofort durch das Prinzip der Superposition mehrerer Störungen des
Lichtzustandes s. Wenn eine Lichtquelle Qi in einem Punkte P
die Lichterregung
(6) ^1 = A, sin 2n [^ - ^j
hervorbringt, eine Lichtquelle Q^ dagegen in demselben Punkte P
die Lichterregung:
(7) s^=-A<^sin2jt{^ — ^'],
so ist nach dem Prinzip der Superposition, das anwendbar ist, falls
die von Q^ bezw. O2 i^ach P gehenden Lichtstrahlen nur eine geringe
Neigung gegeneinander haben, ^) die resultierende Lichterregung
(8) 5 = ^1 + «2.
1) Daß diese Beschränkang notwendig ist, erkennt man deutlich aus
den späteren Entwickelungen, in denen nachgewiesen wird^ daß der Licht'
zustand s eine gerichtete Größe (ein Vektor) ist.
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes. 123
Man kann nun diese Snmme in die Form bringen
s = Asin(^2jt^-d), (9)
wenn man nämlich setzt:
A C08 6 = Ax C08 2jt^ •■{- A2 cos 2jtj,
A sin 6 ^= Aisin 2jt^j + -^2 ^^ ^^?*
(10)
Die Größe -4 bedeutet die Amplitude der resultierenden Lichterregung.
Durch Quadrieren und Addieren dieser beiden Gleichungen (10)
erhält man die Intensität des resultierenden Lichtes im Punkte P zu
J=A^ = Ai^ + A^ + 2A^A2 CCS 2jt {p-^) • (11)
Die Größe 2x^^^- = A bedeutet nach (6) und (7) die Phasen-
diflferenz der Einzelerregungen und man kann den Inhalt der
Formel (11) allgemein in die geo-
metrische Form kleiden (vgl. Fig. 46): ^^^.^..^-^
Die resultierende Amplitude A ^.^-^-^-'^^^'^'^^^^^^
ist gleich der dritten Seite eines -^^^ ^^^
aus den Einzelamplituden^di und ^»
Ai mit äem Einschlußwinkel ^'^'
üt—A konstruierten Dreiecks, wobei J die Phasendifferenz
zwischen den beiden Einzelerregungen ist
Aus diesem Satze ergibt sich, daß je nach der Phasen-
differenz A Maxima und Minima der Lichtintensität zu erwarten
sind, erstere für J = ö, ± 2üt, ±_ 4jt usw., letztere für ^ = ± Jt,
± 3jt usw. Völlige Dunkelheit muß in den Minimis eintreten,
falls noch A^ = A2 ist
Bei dem Fresnelschen Spiegelversuch werden nun diese Ver-
hältnisse dadurch realisiert, daß von einer Lichtquelle Q durch
Reflexion an zwei sehr schwach gegeneinander geneigten Spiegeln
S und S' zwei virtuelle Lichtquellen O2 ^^^ Qi abgeleitet werden.
In dem von diesen beiden Lichtquellen gemeinsam erleuchteten
Räume ^) treten Interferenzen auf Nach obiger Rechnung herrscht
in einem Punkte P dann Dunkelheit, falls
ri-r2 = ±^±^ usw. (12)
1) Dieser Interferenzraum wird wesentlich kleiner, wenn ein Spiegel S
etwas vorsteht vor dem anderen Spiegel S\ Daher ist darauf zu achten, daß
die Spiegel mit ihren Kanten genau aneinander anschließen.
Digitized by
Google
124
Kapitel IL
ist Beschränken wir uns hinsichtlich der Punkte P auf eine zu
QyQ^ parallele Linie (vgl. Figur 47) und nennen wir d die Distanz
zwischen Q^ und Q^, a den Abstand der Linie d von der Linie
der P, und p den Abstand eines Punktes P von einem, der Mitte
von Ol und Q^ gegenüber liegenden Punkte Po, so ist
n' = «' + a^+i^)^ r^^ = a'^ + {\d^p)\
d. h. ri2 — ri^ = (rj + r^ (r^ — r^ =^ 2dp,
oder, da r^ + r^ sehr nahe gleich 2a ist, wenn p und d klein
gegen a sind, so folgt:
r^ — r2 = dp : a,
d. h. es tritt Dunkelheit ein an den Stellen:
(13)
P = ±
2'
, a 3X . a 5X
+ --ir, ±ii'-ö USW.
d 2
d 2
Auf einem in der Distanz a von der Linie d gehaltenen Schirme
werden demnach bei homogener Beleuchtung (einheitlichem X)
Interferenzfransen auftreten, die den konstanten Abstand aX : d von-
einander besitzen.
Bei Beleuchtung mit weißem Licht entstehen auf dem Schirme
farbige Fransen, da die verschiedenen im weißen Licht enthaltenen
Farben wegen der Verschiedenheit ihrer Wellenlängen an ver-
Fig. 47.
schiedenen Stellen des Schirmes maximale Helligkeit bezw. Dunkel-
heit erzeugen. Nur im mittleren Punkte Po entsteht keine Farbe,
da in ihm für alle Farben maximale Lichtstärke besteht (r^ — r2=0).
Der Abstand d beider virtueller Lichtquellen berechnet sich
aus der Lage der wirklichen Lichtquelle Q zu den Spiegeln und
der Neigung derselben gegeneinander. Diese Neigung muß sehr
gering sein (wenige Bogenminuten), damit d so klein wird, daß
die Interferenzfransen deutlich voneinander getrennt sind. Da in
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes. 125
(13) nur das Verhältnis a : d vorkommt, so braucht man nur den
Winkel zu messen, unter dem von der Beobachtungsstelle Po aus
die beiden Bilder Oi und O2 erscheinen.
Anstatt daß man die Interferenzflgur auf einem Schirme auf-
fängt, kann man sie auch ohne denselben mit Hilfe einer Lupe
betrachten, oder auch mit dem Auge direkt, wenn man dasselbe
in den Gang der von d und Q2 ausgehenden Strahlen bringt, und
auf einen Punkt Pim Abstand a von den Lichtquellen akkommodiert. 0
Figur 48 zeigt eine Anordnung, mit deren Hilfe man quantitative
Messungen, z. B. die Wellenlängenbestimmung, ausführen kann:
Fig. 48.
Eine Zylinderlinse / erzeugt von einer Lampe eine reelle Lichtlinie.
Dieselbe dient als Lichtquelle Q und läßt Strahlen auf die beiden
Spiegel S und S' fallen, deren Berührungskante parallel zur Achse
der Zylinderlinse gerichtet wird. Senkrecht zu den Spiegeln ist noch
1) Wenn man nämlich mit oder ohne Lupe am einen Punkt P akkommo-
diert, so gelangen die beiden interferierenden Strahlenbündel mit derselben
Phasendifferenz zum Bilde des Punktes P auf der Netzhaut , wie sie in P
selbst besteht , da für alle von P ausgehenden Strahlen ihre optische Länge
bis zum Netzhautbilde dieselbe ist. Es ist daher auch auf der Netzhaut die
Beleuchtungsstärke gleich Null, wenn sie es auf einem in P befindlichen
Schirme sein wurde.
Digitized by
Google
126 Kapitel 11.
ein Schirm zur Abhaltung des direkt von Q kommenden Lichtes
befestigt Die Interferenzfransen werden mit der mit Fadenkreuz
versehenen Lupe L beobachtet, die Lupe ist mit Hilfe der Mikro-
meterschraube K verschiebbar.
Es ist die Frage, ob man, anstatt durch Spiegelung von einer
Lichtquelle zwei benachbarte herzustellen, nicht Interferenzen
dadurch einfacher erzeugen kann, daß man dicht vor eine aus-
gedehntere Lichtquelle einen Schirm mit zwei nahe benachbarten
Löchern stellt, welche dann als Lichtquellen wirken.
In diesem Falle erhält man aber keine Interferenz, auch wenn
man eine homogene Farbe, z. B. eine durch Kochsalz gefärbte
Alkoholflamme benutzt Wenn nämlich zwei Lichtquellen inter-
ferieren sollen, so müssen ihre Phasen zu jeder Zeit entweder genau
übereinstimmen, oder mindestens eine konstante Differenz besitzeu.
Man pflegt solche Lichtquellen als kohärente zu bezeichnen.
Man erhält dieselben stets, wenn aus einer ursprünglichen Licht-
quelle durch irgend welche optische Anordnungen zwei abgeleitet
werden. Bei inkohärenten Lichtquellen dagegen, wie sie zwei
verschiedene Punkte einer Flamme sind, ist zwar die Phasen-
differenz für eine große Anzahl von Perioden konstant, da wir
weiter unten sehen werden, daß eine Lichtquelle homogener Farbe
eine große Anzahl Schwingungen mit vollkommen konstanter
Periode ausführt, indes treten doch Unregelmäßigkeiten der
Schwingung auf innerhalb sehr kurzer Zeiten, die im Auge noch
keine getrennten Lichteindrücke hervorrufen. Daher variiert bei
inkohärenten Lichtquellen ihre Phasendifferenz innerhalb solcher,
über viele Millionen von Schwingungen sich erstreckender Zeiten.
Dies verhindert das Auftreten von Interferenzen.
Wie schon oben (S. 116) bemerkt wurde, ist bei diesem einfachen
Interferenzversuch Beugung des Lichtes nicht ganz ausgeschlossen.
Sämtliche Begrenzungen der Spiegel können dazu Veranlassung
geben, namentlich aber die Kante, in der sie sich berühren. Um
diesen Einfluß zu vermeiden, empfiehlt sich eine erhebliche Neigung
des einfallenden Lichtes gegen die Spiegel (45^ zum Beispiel), sowie
Beobachtung in größerer Distanz von denselben. Auch darf die
Neigung der Spiegel gegeneinander nicht zu klein genommen
werden. Man erreicht dadurch, daß von dem Beobachtungs-
punkte P die Randstrahlen, welche von Qj bezw. Q2 ii^ch der
Berührungskante der Spiegel zielen, möglichst weit entfernt sind.
4. Modifikationen des Fresnelschen Spiegelversnches. Die
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes.
127
in 3. angestellten Betrachtungen sind typisch für alle Fälle, bei
denen man Interferenzen erzeugt durch Herstellung zweier kohä-
renter Lichtquellen Qi und O2 ^^s einer einzigen 0. Diese Her-
stellung kann noch in verschiedenen anderen Arten geschehen.
So verwendet Michelson^) zwei unter nahezu 90® gegeneinander
geneigte Spiegel und erreicht dadurch den Vorteil, daß keine be-
sondere Justierung, wie sie die Benutzung des Fresnelschen Spiegel-
apparates so häufig erschwert, erforderlich ist Martens^) benutzt
ein nahezu rechtwinkliges Prisma. — Classen^) verwendet zwei
planparallele, gleichdicke Glasplatten, welche parallel zueinander
mit etwa 45® Neigung gegen das einfallende Licht aufgestellt
werden, doch wird die eine Platte um einen kleinen Winkel gedreht
um eine in der Einfallsebene und Plattenebene liegende Achse.
Diese Anordnung empfiehlt sich
für Demonstrationen mit Hilfe
der Projektion für ein größeres
Auditorium.
Besonders bequem ist das
Fresnelsche Biprisma (vgl.
Figur 49, das Biprisma ist im
Querschnitt gezeichnet und
schraffiert Das Licht fällt von
links ein), bei dem durch
Brechung aus einer der Pris-
menkante B parallelen Lichtlinie Q zwei kohärente Lichtlinien Q^
und Q2 entstehen.
Stellt man ein solches Prisma mit vertikaler Kante B auf das
Tischchen eines Spektrometers, verwendet man ein Kollimatorrohr
mit vertikalem Spalt zur Beleuchtung (unendlich entfernte Licht-
quelle 0), und sieht man zunächst mit dem Fernrohre des Spektro-
meters durch das Biprisma zum Spalt, so erblickt man zwei ge-
trennte Spaltbilder. Der Winkel a, unter dem dieselben erscheinen.
Fig. 49.
1) A. A. Michelson, Amer. joum. of science (3) 39, S. 216, 1890. —
Ztßchr. f. Instrkde. 11, S. 141, 1891. — Joum. d. Phys. (2) 10, 8. 92, 1891. —
Hierüber und überhaupt über andere Interferenzanordnungen vgl. auch Winkel-
manns Handbuch der Physik, 11. Aufl., Bd. VI (Optik), Kap. XXX (Interferenz
d. Lichtes), S. 878— 1031. Autor W. Feussner.
2) F. F. Martens, Verhandl. d. deutsch, phys. Ges. 4, 8.43, 1902.
3) J. Classen, Kasseler Naturforsch. Vers. — 12 Vorlesungen über Natur
d. Lichtes, Leipzig, 1905, S. 49. Sammig. Göschen.
Digitized by
Google
128 Kapitel IL
wird an der Spektrometerteilung abgelesen, wenn man nacheinander
beide Spaltbilder mit dem Fadenkreuz des Fernrohres durch Drehen
desselben in Koincidenz bringt Dieser Winkel a ist der Supple-
mentwinkel zu dem Winkel ABC (vgl. Figur 49), den die beiden
gebrochenen Wellenebenen AB, BC nach dem Durchgang durch
das Prisma miteinander bilden. — Nimmt man nun das Femrohr
fort, so beobachtet man mit einer auf einen Punkt P eingestellten
Lupe Interferenz, wenn nach (12) ist r^ — r2 = ± */2 ^y % ^ i^sw.
Dabei sind r^ und rj die Entfernungen des Punktes P von den
Wellenebenen AB bezw. BC. Aus der Figur folgt
r^ = bsin {ABP), r2 = bsin {CBP),
daher
rj — ^2 = 2b cos —K- • 9%n q>.
Der Winkel q> ist sehr klein, daher sin 9) = ^9)=j?:a. Femer ist
ABC=^ jt — a, und da, wenn wir bis auf erste Ordnung in g) gehen^
b = a zn setzen ist, und sin a gleich a ist, so folgt schließlich
rj — r2 = a «jt?.
Der relative Fransenabstand ist daher X: a, d. h. von a un-
abhängig. Da a mit dem Fernrohr beobachtet ist, so bietet die
Fig. 50.
Messung des Fransenabstandes ein bequemes Mittel zur Be-
stimmung von X.
Ähnlich wie das Fresnelsche Biprisma wirken die Billet-
schen Halblinsen (vgl. Figur 50), welche von einer Quelle Q
zwei reelle (oder virtuelle) Bilder erzeugen. Der Interferenzraum
ist in der Figur schraffiert
5. NewtoDsche Ringe nnd Farben dünner Blättchen. Alle
durchsichtigen Körper erscheinen lebhaft gefärbt, wenn man sie
in genügend dünne Schichten bringt. Am leichtesten läßt sich
dies an Seifenblasen zeigen, auch die Farben dünner Ölschichten
auf Wasser, oder die Anlauffarben beim Erhitzen eines blanken
Metallstückes gehören hierher.
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes.
129
Diese Erscheinungen lassen sich sofort erklären, sowie man
sie als Interferenz des Lichtes auffaßt, welches an der Vorder-
fläche des Blättchens reflektiert wird, mit dem an der Hinterfläche
reflektierten.
Betrachten wir zunächst homogenes Licht, welches als Strahl AB
(vgl. Figur 51) auf eine dünne planparallele Platte der Dicke d
schief (unter dem Einfallswinkel 9p) einfallt An der Vorderfläche
der Platte wird der Strahl zerlegt in einen reflektierten BC, und
in einen gebrochenen BD, Letzterer wird nun wiederum an der
Hinterfläche reflektiert nach B^ hin, und gelangt als Strahl B'C/
aus der Platte. Das Wesentliche der Erscheinung können wir
diskutieren, wenn wir auf die
Interferenz der beiden Strahlen
BC und B'C' achten. Werden
dieselben in einem Netzpunkte
vereinigt, d. h. akkommodiert
man auf Unendlich, so nimmt
man größte Dunkelheit wahr,
wenn der Strahl BC um jt,
oder 3jr, oder 5^ usw. in der
Phase verschieden ist vom
Strahl B'C'.
Allerdings sind für eine
vollständige Berechnung der
reflektierten Gesamtlichtinten-
sität auch noch die wieder-
holten Reflexionen zu berück-
sichtigen, welche D^B' wiederum
an der Vorderfläche, B'D' wiederum an der Hinterfläche usw. er-
leidet. Es soll dies aber erst später (II. Abschnitt, Kapitel II,
§ 11) geschehen. Man kann aber von vornherein erwarten, daß
durch die Berücksichtigung der wiederholt reflektierten Strahlen
das Resultat nicht wesentlich geändert wird, da die Lichtstärke
dieser Strahlen viel geringer ist als die der nur einmal reflek-
tierten Strahlen BC und B'C',
Wenn man nun von B^ ein Lot B^E auf BC fällt, so würden
die beiden Strahlen BC und B'C' keine Phasendifferenz gegen-
einander besitzen, wenn die Phase in B' dieselbe wäre wie in E.
Die Strahlen würden dann beide mit derselben Phase in einem
Netzhautpunkte vereinigt werden. Die Phasendifferenz in den
Drnde, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 9
Fig. 51.
Digitized by
Google
130 Kapitel II.
Punkten E und B' ist daher identisch mit der Phasendifferenz
der Strahlen BG und E^(f.
Die Phasendifferenz zwischen B' und E ist aber:
wenn mit X' die Wellenlänge des Lichtes in der Platte, mit i die
Wellenlänge in der Umgebung bezeichnet wird. Nun ist, falls mit
X der Brechungswinkel bezeichnet wird
BD = EfD = dicos X, BE = BE^ ' sin <p = 2d • ig X' «^ <Pf
ferner 2 : A' = n (Brechungsindex der Platte gegen Umgebung).
So wird daher
^ 2n . 2d { 1 ^ sin «p\
oder, wenn man nach dem Brechungsgesetz sin <p== nein x setzt:
(14) A= — j — cosx^
Dieser Ausdruck ist aber noch durch ein wesentliches Zusatz-
glied zu korrigieren. (14) gibt die Phasendifferenz an, wie sie in
den beiden Strahlen BC und BlCf durch verschieden lange optische
W« ge entstanden ist. Es besteht aber noch ein anderer Unter-
schi d zwischen beiden Strahlen: BG hat eine Reflexion erlitten
bei Übergang des Lichtes von Luft zur Platte, BtCf dagegen bei
Üb^'Tgaug von Platte zu Luft. Schon mit dem Vorgang der Eeflexion
wird im allgemeinen eine Phasenänderung verknüpft sein; da die
R fl xion der beiden Strahlen BG und llcf nun aber unter ver-
schi denen Umständen erfolgt, so kommt zu der durch (14) aus-
g drückten Phasendifferenz noch eine Größe zf hinzu, welche
lediglich durch die Reflexionen an sich, unabhängig von der
W glänge der Strahlen, entstanden ist Wir werden demnach
schreiben:
(IT)) J = 2 jr • y- C05 X + ^•
über diese Größe A können wir eine bestimmte Aussage
machen, ohne uns in die Theorie des Lichtes weiter vertiefen zu
müssen. Nahmen wir einmal den Fall an, daß die Dicke d der
Platte allmählich zur Grenze d = 0 übergeht. Nach (14) würden
wir dann k ine Phasendiffarenz zwischen beiden Strahlen BG und
//(/ erhalt ^.n, sie müßten also sich gegenseitig verstärken. Dies
kann aber nicht eintreten, weil eine Platte der Dicke d = 0 über-
haupt nicht mehr vorhanden ist, die Homogenität des Raumes
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes. 131
würde gar nicht mehr gestört werden, (wenn wir annehmen, was
wir tun wollen, daß das Medium oberhalb und unterhalb der
Platte das gleiche, z. B. Luft, ist), und daher kann dann überhaupt
kein reflektiertes Licht entstehen. Denn dasselbe ist immer nur
dann möglich, wenn eine Störung der Homogenität des Raumes
vorhanden ist, sonst würde sich ja Licht nie ungeschwächt durch
einen homogenen, durchsichtigen Raum, wie z. B. das Vacuum ist,
fortpflanzen können. — Für d = 0 muß also völlige Interferenz
der beiden Strahlen BG und E^(f eintreten, so daß wir überhaupt
kein reflektiertes Licht erhalten. Da in diesem Falle (d = 0)
/i = ±jt sein muß, so ergibt dies nach (15) für /f die Bedingung:
^ = ±jc. (16)
Ob wir J = + jr, oder — jt, oder + 3:7r u.s.w. annehmen, ist für
diese Betrachtungen ganz gleichglütig, da die Zufügung von 2jt zu
der Phase eines Strahles keinerlei Änderung in seinem Schwingungs-
zustande und seiner Natur hervorbringt.
In Rücksicht auf (16) finden wir also nach (15) größts Dunkel-
heit für den Fall, daß ist:
^co8x=i\ 1, 2, ... (17)
Im durchgehenden Lichte muß die Platte ebenfalls Interferenz-
wirkung zeigen. Da durch Absorption kein Licht in der Platte
verloren gehen soll, so muß das durchgehende Licht die volle
Intensität des einfallenden Lichtes haben, wenn das reflektierte
Licht die Intensität Null hat. Dagegen muß das durchgehende
Licht maximale Schwächung zeigen, falls das reflektierte Licht ein
Maximum der Intensität zeigt. Dies tritt ein für Plattendicken d,
welche gerade in der Mitte zwischen den nach (17) folgenden
Plattendicken liegen, dann sind nämlich die beiden reflektierten
Strahlen PC und EfCf von gleicher Phase. Indes ist die Schwächung
des durchgehenden Lichtes nie sehr stark, weil das reflektierte
Licht hinter der vollen Intensität des einfallenden Lichtes stets
sehr zurückbleibt. Die quantitativen Verhältnisse hierüber können
erst bei weiterem Eingehen auf die Theorie abgeleitet werden
(vgl unten II. Abschnitt, Kapitel II).
Wenn man an Stelle einer planparallelen Platte eine keil-
förmige verwendet, so muß dieselbe im reflektierten Licht von
schwarzen Interferenzfransen, die parallel zur Keilkante verlaufen,
durchzogen erscheinen und zwar liegen dieselben an den Stellen,
Digitized by
Google
132
Kapitel IL
deren Dicke d der Formel (17) entspricht Damit die Orte der
Fransen getrennt erscheinen, muß in Anbetracht der Kleinheit
von i! der Keilwinkel sehr gering sein. Indes könnte man solche
Fransen nicht wahrnehmen, wenn die beleuchtende Lichtquelle
nicht eine gewisse Ausdehnung besitzt, denn bei einer nur punkt-
förmig begrenzten Lichtquelle würde überhaupt nur von einer
einzigen Stelle des Keiles Licht in ein bestimmt gelegenes, auf
Unendlich akkommodiertes Auge durch Reflexion gelangen können.
Bei gewisser Akkomodierung des Auges sind aber bei einer
ausgedehnten Lichtquelle scharfe Interferenzfransen wahrzu-
nehmen. Um die Sichtbarkeit der Interferenzfransen in
diesem Falle beurteilen zu können, ist an dem schon oben aus-
gesprochenen Grundsatze festzuhalten, daß nur diejenigen Licht-
strahlen interferenz-
Q\ /?'/ //» fähig sind, welche von
ein und demselben Punkt
der Lichtquelle aus-
gehen, da nur solche
Lichtstrahlen kohärente
sind.
Es ist nun klar,
daß sich in jedem Punkte
P, der in dem vor der
Platte oder dem Keil
befindlichen Räume beliebig gelegen ist, zwei kohärente, von einem
Punkte Q der (im Endlichen gelegenen) Lichtquelle ausgehende
Strahlen, von denen der eine QB an der Vorderfläche, der andere
QB^ an der Hinterfläche reflektiert ist, schneiden werden. Diese
Strahlen gehen vom Punkte Q im allgemeinen in etwas verschie-
dener Richtung aus, sie werden aber auf einer Stelle der Netzhaut
vereinigt, wenn das Auge auf die Schnittstelle P aftkomodiert.
Es kann also in diesem Falle eine Interferenz dieser beiden
Strahlen wahrgenommen werden. — In demselben Punkte P
schneiden sich aber auch noch beliebig viele andere kohärente
Strahlenpaare, die von anderen Punkten Q', Q" usw. der Licht-
quelle ausgehen. Diese Strahlen durchsetzen aber im allgemeinen
den Keil an verschiedenen Stellen und in verschiedener Neigung,
und haben daher in P verschiedene Phasendifl'erenzen. Dadurch
wird die Interferenzerscheinung für ein auf P akkommodiertes
Auge undeutlich, oder verschwindet eventuell ganz. Die Inter-
Fig. 52.
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes. 133
ferenz wird nur dann mit größter Deutlichkeit wahrgenommen,
wenn alle die von den verschiedenen Punkten der Lichtquelle
ausgehenden, sich in P schneidenden kohärenten Strahlenpaare in
P dieselbe Phasendifferenz besitzen. Dadurch bestimmen sich die
Orte P der deutlichsten Sichtbarkeit der Interferenzfigur. Diese
Orte P bilden eine zusammenhängende Fläche, die komplizierte
Gestalt und Lage besitzt, wenn das einfallende Licht beliebig
schief gerichtet ist.
Bei nahezu senkrecht einfallendem Licht ist aber die Lösung
für einen dünnen Keil einfach: dann treten die Interferenzen bei
ausgedehnter Lichtquelle am deutlichsten auf, wenn das Auge auf
den Keil selbst, z. B. seine Vorderfläche, akkommodiert. In der Tat
akkommodiert man auf einen Punkt P des Keiles (vgl. Figur 52),
so sind ClPC und QBDPCf zwei kohärente Strahlen, die in einem
Netzhautpunkte vereinigt werden. Dieselben haben eine gewisse
Phasendifferenz, die nur von der Dicke d des Glaskeiles an der
Stelle P abhängt, und die sich nach (15) und (16), da (p und daher
(bei geringem Keilwinkel) auch % "^^^ wenig von Null verschieden
sein soll, schreibt
J= 2jC -^r + Jt.
Dieselbe Phasendifferenz besitzt aber jedes von einem anderen
Punkte ^ ö" usw. der Lichtquelle kommende kohärente Strahlen-
paar, welches sich in P schneidet, da für alle Strahlen der Ein-
fallswinkel 9? und also auch x genügend klein sein soll, so daß
man cosx= i setzen kann.*)
Bei nahezu senkrechter Beleuchtung durch eine aus-
gedehnte Lichtquelle liegt also die Interferenzfigur im
Keil selbst, z. B. seiner Vorderfläche. 2)
Zur Beobachtung der Interferenzen bei wechselnden Dicken
einer dünnen Schicht legte Newton eine schwach gekrümmte Kon-
vexlinse auf eine ebene Glasfläche. Die dünne, zwischen beiden
1) Dies ist aber nur gestattet, wenn die Keildicke d nicht zu beträchtlich
ist Wenn d sehr groß wird, z. B. viele Tausende von Wellenlängen beträgt,
so ist doch für die verschiedenen Strahlenpaare ihr wechselndes x in Rücksicht
zu ziehen. Dann wird aus diesem Grunde die Interferenz undeutlich.
2) Ob man die Vorder- oder Rückfläche des Keiles ins Auge faßt, ist
gleichgültig, da der Keil überhaupt dünn sein muß (vgl. vorige Anmerkung). —
Über ausführlichere Ausführung ftlr allgemeine Fälle vgl. W. Feussner in
Winkelmanns Hdb. d. Physik II. Aufl. Bd. VI, Optik, S. 962 u. fl*.
Digitized by
Google
134 Kapitel IL
Gläsern befindliche Luftschicht gibt dann Anlaß zu konzentrischen
Interferenzkreisen, deren Durchmesser wie die Quadratwurzeln aus
den geraden Zahlen zunehmen. Fig. 53 gibt eine Ansicht der
Erscheinung bei Beleuchtung mit weißem Licht Bei homogener
Beleuchtung würden sich die Ringe bis an den Rand der Linse
erstrecken.
Bei weißer Beleuchtung muß eine dünne Platte farbig er-
scheinen, denn es fehlen im reflektierten Licht alle diejenigen Farben,
Fig. 53.
deren Wellenlänge X der Gleichung (17) genügt Wenn nun aber
die Dicke d der Platte sehr beträchtlich ist, so erstrecken sich die
fehlenden Farben in naher Reihenfolge gleichmäßig über das ganze
Spektrum, die übrig bleibenden Farben ergeben daher ein von
Weiß nicht zu unterscheidendes Gemisch. Ebenso ist die Färbung
der Platte nicht intensiv, wenn sie zu dünn ist, weil dann alle
Farben entweder stark oder schwach vertreten sind. Für gewisse
mittlere Dicken, die für eine Luftplatte etwa zwischen 0,00016 mm
und 0,0008 mm liegen, sind die Färbungen am intensivsten. Diese
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes. 135
Farben sind natürlich keine reinen Spektralfarben, sondern sie ent-
stehen aus dem ganzen Spektrum durch Fehlen gewisser Farben-
bereiche. — Bei dem Newtonschen Farbenglase zeigen die Ringe
die sämtlichen Farben dünner Blättchen nebeneinander.
Wenn man eine Platte gegen das einfallende Licht schiefer
neigt, so wechselt dadurch ihre Farbe. Denn wegen des in (17)
auftretenden Faktors cos % muß ein schieferer Einfall des Lichtes
denselben Effekt haben, als ob bei senkrechter Incidenz die Dicke d
der Platte sich vermindere.
Im durchgehenden Licht ist die Farbe einer Platte komple-
mentär zu der Farbe im reflektierten Lichte, weil beide Lichtinten-
sitäten sich zu der einfallenden Intensität ergänzen müssen. Indes
ist die Färbung im durchgehenden Lichte nie so gesättigt als im
reflektierten Lichte, weil (vgl. oben S. 131) nicht, wie im reflektierten
Licht, eine Farbe im durchgehenden Lichte völlig fehlen kann,
sondern sie kann nur geschwächt erscheinen.
Die Farbe, welche ein dünnes Blättchen im reflektierten Lichte
zeigt, ist ein sehr empfindliches Mittel, um seine Dicke zu be-
stimmen, falls man den Brechungsindex des Blättchens kennt Man
bedarf dazu nur der Kenntnis der Dicke einer Luftschicht, welche
die gleiche Interferenzfarbe zeigt. Diese Kenntnis kann man sich
aus den Farben der Newtonschen Ringe oder, wie wir später er-
kennen werden, durch kristall-optische Mittel verschaffen.
Eine weitere Anwendung haben die hier besprochenen Inter-
ferenzen zur Bestimmung der thermischen Ausdehnung der
Körper mit Hilfe des Abbe-Fizeauschen Dilatometers ge-
funden. Das Prinzip dieses Apparates*) ist, die geringen Distanz-
änderungen, welche zwischen den polierten Oberflächen 0^ und 0^
eines Körpers und einer Glasplatte infolge der thermischen Aus-
dehnung des Körpers eintreten, zu messen mit Hilfe der Ver-
änderung der Interferenzfigur, die man zwischen beiden Flächen Oj
und O2 zustande kommen läßt.
6. Achromatisiemng der Interferenzstreifen. Damit ein
Interferenzstreifen achromatisch erscheint, ist notwendig, daß an
seinem Orte die Phasendifferenz A der interferierenden Strahlen
für alle Farben dieselbe ist. Ob der Streifen dann hell oder dunkel
erscheint, hängt von dem Werte von A ab. So ist beim Newton-
1) Betreffs näherer Beschreibung Tgl. Pulfrich, Ztschr. f. Instromenten-
kunde 1893; oder Mttller-Pouillet (Lummer), Optik, S. 924.
Digitized by
Google
136 Kapitel IL
sehen Farbenglase der zentrale Fleck farblos schwarz im reflek-
tierten Lichte, weil für alle Farben die dort interferierenden
Strahlen die Phasendifferenz J = jr besitzen. Wenn man aber
die Interferenzfigur durch ein Glasprisma betrachtet, so bleibt
nicht mehr der zentrale Fleck achromatisch, sondern die achro-
matische Stelle liegt dort, wo J gar nicht oder möglichst wenig
mit der Farbe variiert, d. h. wo der Differentialquotient ist
(18) \i = 0.
falls X die Wellenlänge der Farbe in Luft ist.i) Bei starker Dis-
persion des Glasprismas kann der Ort der achromatischen Stelle
erheblich vom Zentralfleck abweichen.
Falls man vor die eine Seite eines Fresnelschen Biprismas
eine dünne Platte, z. B. Glimmerblättchen, vorschiebt, so ändert
sich ebenfalls die Interferenzfigur. Auch bei dieser Anordnung
tritt ein achromatischer Streifen nicht dort auf, wo J = 0 ist, wie
es ursprünglich war ohne vorgeschobenes Blättchen, sondern an der
Stelle, die der Gleichung (18) entspricht. Es kommt hier in Be-
tracht, daß das Blättchen infolge der Abhängigkeit seines Bre-
chungsindex von der Farbe (Dispersion) den verschiedenen Farben
verschiedene Phasenverzögerungen erteilt.
7. Der Interferentf alrefraktor. Interferenzen geringen Gang-
unterschiedes, welche bei Anwendung weißen Lichtes sichtbar sind,
kann man außer an sehr dünnen Lamellen auch an dicken Platten
erzielen, wenn man Differenzwirkungen an zwei Platten her-
vorbringt. Die Jaminsche Konstruktion besteht darin, daß zwei
gleich dicke planparallele Glasplatten P^ und P2 (vgl. Figur 54)
in einem größeren Abstand nahezu parallel aufgestellt werden.
Ein Lichtstrahl LA zerlegt sich in die Strahlen ABCDE und
AB'CfD'E', welche zur Interferenz gelangen können, wenn die
beiden austretenden Strahlen DE und Ütf wieder in einem Punkte
vereinigt werden. Da diese beiden Strahlen einander parallel sind,
so muß also das die Strahlen DE bezw. D'E" auffangende Auge
auf unendlich akkommodieren, oder sie müssen durch ein auf Un-
endlich eingestelltes Fernrohr vereinigt werden. Zur Erzielung
1) Strenger müßte die Gleichung geschrieben sein als ^-^ = 0, wobei T
die Periode ist. Wenn man aber absieht von der geringen Dispersion der Lnft,
so ist dies mit (18) identisch.
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes.
137
möglichster Lichtstärke stellt man die Lichtquelle in die Brenn-
ebene einer Sammellinse, so daß ein Bündel von Parallelstrahlen
LA auf die Platte P^ auffällt Die Platten sind femer an ihren
Hinterflächen zweckmäßig versilbert Die Phasendifferenz zwischen
den Strahlen Cl/ und AB ist nach (15) (S. 130) ^Y^cosXi+^,
wobei Xi den Brechungswinkel in der Platte Pj bedeutet Die
Strahlen D'E' und DE erhalten nun außerdem noch die Phasen-
differenz — (-^ C0SX2 + ^), wobei der Brechungswinkel X2 i^ der
Platte P2 ein wenig abweicht vom Winkel Xu da beide Platten
Fl und P2 nicht genau
einander parallel sein
sollen. Die schließliche
Phasendifferenz von If If
und DE ist also:
^='1r (^* zi — CO« Z2)»
und da cos Xi — co^ X2
etwas mit der Neigung
des Strahles LA variiert,
so wird das Gesichtsfeld
bei E, If von Interferenz-
fransen durchzogen sein.
Der Hauptvorteil die-
ses Interferentialrefrak-
tors liegt darin, daß die
beiden interferierenden
Strahlen AB und (fl! räumlich ziemlich weit voneinander ge-
trennt sind, wenn recht dicke Glasplatten P^, F^ verwendet werden
und das Licht schief einfällt (am besten unter einem Einfalls-
winkel von etwa 50^). Man erhält dadurch ein Instrument, welches
minimale Änderungen des Brechungsexponenten messen läßt. Wenn
man z. B. zwei durch Glasplatten verschlossene Röhren in den
Gang des Strahles AB bezw. (fll einschaltet, und man ändert
in der einen Röhre durch Temperatur- oder Druckänderung den
Brechungsindex der darin enthaltenen Luft, oder wenn man die
Luft der einen Röhre durch ein anderes Gas ersetzt, so ver-
schieben sich die Interferenzstreifen im Gesichtsfeld. Man kann
die Differenz der Brechungsindizes in beiden Röhren berechnen,
wenn man die an einer bestimmten Marke des Gesichtsfeldes vor-
Fig. 54.
Digitized by
Google
138
Kapitel IL
beigegangenen Interferenzstreifen zählt, oder wenn man die
Phasendifferenz in beiden Strahlen durch irgend eine messende
Vorrichtung so kompensiert, daß wieder die ursprüngliche Lage
der Interferenzfransen entsteht. Als ein solcher Kompensator
können zwei um eine gemeinsame Achse drehbare, gleich dicke Glas-
platten pi, ^2 dienen, welche einen geringen Winkel miteinander
bilden (Jaminscher Kompensator). Der Strahl AB durchsetzt nur
j?i, der Strahl (fif nur P2. Die Phasendifi'erenz, welche beiden
Strahlen dadurch erteilt wird, hängt von der Neigung der Platte
Px gegen AB ab.^
Fig. 55.
Fig. 56.
Bei der Jaminschen Konstruktion kann man die beiden inter-
ferierenden Strahlenbündel praktisch um etwa nur 2 cm seitlich
voneinander trennen. Eine viel größere Trennung erhält man
nach Zehnder,2) wenn man vier nahezu parallele Glasplatten
verwendet. Zwei von ihnen können nach Mach^) zweckmäßig
durch Metallspiegel 5, und S^ ersetzt werden, Figur 55 stellt
schematisch die Machsche Anordnung dar. — Schließlich hat Mach
1) Betreffs der genaueren Berechnung hiervon vgl. F. Neumann, Vor-
lesungen über theoretische Optik, herausg. v. Dorn/ Leipzig 1885, S. 286 ff.
2) Vgl. L. Zehnder, Ztschr. f. Instramentenkunde 1891, S. 275.
3) L. Mach, Ber. d. Wien. Akad. Math.-Naturw. Kl. 101 (11. A.), S. 5,
1892. — Ztschr. f. Instrumentenkunde 1892, S. 89.
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes. 139
noch eine Verbesserung zur Erhöhung der Lichtstärke angebracht.
Sowohl bei Figur 54 als 55 sind die ins Auge bei E gelangenden
Strahlen von geringer Intensität, weil sie einmal eine Reflexion
an der Glasoberfläche erlitten haben, womit stets eine bedeutende
Lichtabschwächung verbunden ist. In Figur 55 sind die Licht-
strahlen, welche von S2 ^^s durch P^ hindurch sich fortpflanzen,
viel intensiver als die von P^ nach E reflektierten Strahlen.
Diesem Übelstande könnte man abhelfen, wenn man die Reflexions-
fähigkeit der Glasoberfläche erhöhen könnte. Es gelingt dies
durch schwache Versilberung oder Vergoldung der Glasoberfläche;
am günstigsten ist es, wenn man die Metallschicht in solcher
Dicke auf dem Glase herstellt, daß die Intensität des reflektierten
Lichtes gleich der des durchgehenden Lichtes ist. Man braucht
nun aber bei der Anordnung der Figur 55 gar nicht zwei Platten
Pi und P2 von endlicher Dicke, um Interferenzen zu erzeugen, es
genügt, wenn an ihren Stellen durch eine sehr dünne Metallschicht
eine Spaltung der Lichtstrahlen in reflektierte und weitergehende
hergestellt wird. Dies kann man erreichen, wenn man zwei recht-
winklige Glasprismen mit ihren schwach versilberten Hypote-
nusenflächen fest aufeinander legt. — Die Reflexion an den
Spiegeln S^ und S^ kann man durch Totalreflexion an unbelegten
Hypotenusenflächen rechtwinkliger Glasprismen ersetzen. Schließ-
lich kann man diese Prismen mit den teilweise das Licht durch-
lassenden Doppelprismen zu einheitlichen Glaskörpern vereinigen,
so daß man die in Figur 56 dargestellte Machsche Konstruktion
eines Interferenzrefraktors erhält, bei der an die einander gleichen
Glaskörper Ky und K^ zwei Glaskörper K{^ und K^ mit Leinöl
angekittet sind, die Berührungsflächen Pj, P^ sind schwach ver-
goldet. An den schiefen Flächen S^ und S^ werden die Strahlen
total reflektiert. Falls die Glaskörper K^ und K^ sehr nahezu
parallel gestellt werden, so erblickt ein Auge bei E die Inter-
ferenzfransen.
8. Interferenzen bei hohen Oangunterschleden. Wenn man
ein Newtonsches Farbenglas in homogener Beleuchtung betrachtet,
wie sie z. B. eine mit Kochsalz gefärbte Alkoholflamme bietet, so
erblickt man Interferenzringe über die ganze Ausdehnung des
Glases hin. Dies ist ein Zeichen dafür, daß auch noch nach einem
Gangunterschiede von mehreren Hunderten von Wellenlängen die
Interferenzfähigkeit des Lichtes erhalten bleibt
Es ist nun die Frage von großer Bedeutung, wie weit man
Digitized by
Google
140 Kapitel II.
diesen Gangunterschied steigern kann, ohne daß die Interferenz-
fähigkeit des Lichtes aufhört. Zur Beantwortung dieser Frage
kann man nicht einfach so verfahren, daß man die beiden Gläser
der Newtonschen Anordnung successive weiter voneinander ent-
fernt, und mit dem Auge oder einer Lupe auf die Oberfläche 0^
des einen Glases akkommodiert, denn nach der Anmerkung 1) der
S. 133 würden die Interferenzen bald undeutlich werden wegen
der wechselnden Neigung der in einem Punkte der Oberfläche 0^
sich schneidenden, kohärenten Strahlenpaare. Man muß vielmehr
dafür sorgen, daß alle kohärenten Strahlenpaare, welche zu einem
und demselben Punkte auf der Netzhaut des Beobachters vereinigt
werden, ein und dieselbe Phasendifferenz gegeneinander besitzen.
Dies gelingt, wenn man die Interferenzen durch die Reflexion
an zwei genau parallelen Oberflächen 0^ und O2 zustande kommen
läßt, und wenn man mit einem auf Unendlich eingestellten Fern-
rohr (oder direkt mit dem auf Unendlich akkommodierten Auge)
beobachtet. Alle zur Interferenz gelangenden, kohärenten Strahlen-
paare, welche in einem Netzhautpunkte vereinigt werden, durch-
laufen dann den Zwischenraum (der Dicke d) zwischen den Flächen
Ol und O2 in derselben Neigung gegen die gemeinsame Normale N
dieser beiden Flächen und besitzen daher (bei konstantem Abstand (^
beider Flächen 0^ und O2) die gleiche Phasendifferenz. Diese
wechselt mit der Neigung gegen die Normale N^ die Interferenz-
figur besteht daher aus konzentrischen Kreisen, deren Zentrum in
der Richtung der Plattennormale JV liegt. 0 Die so entstehenden
Interferenzringe sind also die Kurven gleicher Neigung, im
Gegensatz zu den Kurven gleicher Dicke, die man an einem
dünnen Keiloderdem Newtonschen Farbenglase bei Akkommodierung
auf das Glas selbst wahrnimmt.
Man kann nun in der Tat bei planparallelen Glasplatten von
mehreren Millimeter Dicke solche Kurven gleicher Neigung bei
homogener Beleuchtung wahrnehmen, d. h. Interferenzen bei vielen
Tausenden von Wellenlängen Gangunterschied beobachten. Um
1) Diese Erscheinung verwendet Lu mm er (vgl. Müller-Pouillet, Optik,
S. 916—924) zur Untersuchung von Glasplatten auf ihre Planparallelität. In
der Tat müssen die Kurven gleicher Neigung von der Kreisform abweichen,
sowie der Abstand d zwischen beiden reflektierenden Oberflächen Oi und O2
nicht genau konstant ist.
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes. 14 [
den Gangunterschied stetig variieren zu können, hat MichelsonO
folgende Anordnung als Interferometer benutzt:
Der Lichtstrahl QA fällt unter 45^ Einfallswinkel auf die
schwach versilberte Vorderfläche einer planparallelen Glasplatte
A und wird dann gespalten in einen zum Planspiegel D durch-
gehenden und in einen zum Planspiegel C reflektierten Strahl.
Diese Spiegel senden die beiden Strahlen zum Punkte A zurück,
von wo der erstere in das Femrohr nach E reflektiert, der zweite
nach E hindurchgesandt wird.
Eine zweite planparallele Glasplatte B, welche die gleiche Dicke
wie die Platte A besitzt, macht den Gangunterschied der beiden,
in E zur Interferenz kommenden Strahlen gleich Null, falls die
beiden Spiegel D und C symmetrisch zur Platte A liegen.
Die Anordnung wirkt nun offen-
bar so, als ob Interferenzen durch __r_
Reflexion an den ebenen Begren-
zungen 0^ und O2 einer Luftplatte <\ ^
zustande kämen. 0^ ist der Spiegel \x
C, und O2 ist das Spiegelbild des "^
Spiegels D in der Glasplatte A.
M
h>
Q
Dieses Spiegelbild muß also parallel j^ 1
zu C sein, wenn die Interferenz- 1
kurven gleicher Neigung bei er-
heblicher Gangdifferenz gut ge-
sehen werden sollen. Um letztere ^
variieren zu können, ist der eine Fig. 57.
Spiegel, z. B. (7, durch eine Mikro-
meterschraube genau parallel in der Richtung AB verschiebbar.
Mit diesem Apparate konnte Michelson bei Beleuchtung mit
Geisslerschen Röhren Interferenzen erhalten bei einem Gangunter-
schied von 20 cm Luftstrecke (bei Anwendung der roten Kadmium-
linie), was etwa 300 000 Wellenlängen entspricht, ja die grüne
Quecksilberlinie lieferte sogar noch Interferenzen bei 540000 Wellen-
längen Gangunterschied. 2)
1) A. A. Michelson, Amer. Journ. of Science (3) 34, S. 427, 1887. —
Travaux et M^moires du Bureau Internat, d. Poids et Mesures. 11, 1895,
8. 1 — 237. — In dieser zweiten Arbeit hat Michelson mit Hilfe seines Inter-
ferenzapparates für hohe Gangunterschiede das Meter in Wellenlängen ausge-
wertet. — Vgl. auch Müller-Pouillet (Lummer) S. 935.
2) A. Perot und Ch. Fabry (Ck)mpt. Rend. 128, 8. 1221, 1899) erhielten
Digitized by
Google
142 Kapitel IL
Diese Versuche sind deshalb so instruktiv, weil sich aus der
Veränderung der Sichtbarkeit der Interferenzstreifen mit wachsen-
dem Gangunterschied schärfere Schlüsse über die Homogenität
einer Lichtquelle ziehen lassen, als mit dem Spektrometer.
Schon Fizeau hatte beobachtet, daß bei Beleuchtung mit
Natriumlicht die Interferenzen mit der Änderung der Dicke d der
Luftschicht periodisch verschwanden und wieder auftraten. Die
Interferenzen verschwinden zum ersten Male bei der Dicke d =
0,1445 mm, sind bei d= 0,289 wiederum am deutlichsten, bei (i= 0,4335
wiederum am undeutlichsten u. s. f. Man kann daraus schließen,
daß die Natriumlinie aus zwei nahe benachbarten Linien besteht
Die Interferenzen werden immer dann am undeutlichsten, falls die
Maxima, welche die eine Natriumlinie erzeugt, auf die Minima der
anderen Natriumlinie fällt. Da die mittlere Wellenlänge X der
gelben Natriumlinie 0,000 589 mm beträgt, so entsprechen der Dicke
d=0,2S9 mm, 491 Wellenlängen. Bezeichnet man die Differenz der
Wellenlängen beider Natriumlinien mit Xi — ^2, so muß also sein:
Ui — ^ • 491 = I = 0,000294 mm,
d. h. x^ — ^2 = 0,000 0006 mm.
In allgemeinererweise hat Michelson*) das Problem in An-
griff genommen.
Nach Formel (11) auf S. 123 ist die Intensität des Lichtes,
das aus zwei gleich intensiven, kohärenten Strahlen der Wege-
differenz 21 (/ ist die Dicke der Luftplatte) gebildet wird, ge-
geben durch
(19) /= 2A^ (i + cos 2jc j) ,
Anstatt der Wellenlänge X des Lichtes in Luft wollen wir den
reziproken Wert
(20) j = m
einführen, m bedeutet die Anzahl von Wellenlängen, welche in
der Längeneinheit enthalten sind.
durch Speisung der Geisslerschen Bohren mit einem Hochspannnngsakkumulator
Interferenzen der grünen ^- Linie noch bei 790000 Wellenlängen Gangnnterschied.
1) Außer in den oben zitierten Arbeiten sind diese Entwickelungen in
PhU. Mag. (5) 31, S. 338, 1891, — 84, S. 280 und 407 (ßayleigh), 1892 ent-
halten.
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes. 143
Wenn wir nun nicht streng homogenes Licht, d. h. Licht einer
einzigen Wellenlänge X oder Wellenzahl m haben, so möge mit
tp (m) • dm die Intensität des Lichtes bezeichnet werden, deren
Wellenzahlen zwischen m und m + dm liegen. Es ist dann die
Intensität / bei Interferenz vermittelst einer Luftplatte der Dicke /:
J= 2 I tp {m) [1 + cos 4jt Im] dm, (21)
wobei die Integrationsgrenzen diejenigen Wellenzahlen sind, inner-
halb deren tp (w) merklich von Null verschieden ist.
Nehmen wir zunächst den Fall an, daß wir eine einzige Spek-
trallinie von geringer Breite haben, so wollen wir setzen:
m = m -\- X, m^=^ m — a, W2 = w + a. (22)
Dann wird (21) zu
h
{x) [1 + cos 4jcl {jn + x)] dx,
(22')
oder, wenn man setzt:
I ip (x) cos (4jt Ix) ' dx=C, I fp {x)sin (4jt l x) * dx=^ S:
iJ=P+ C cos » — S sin ^. (23)
Wenn die Dicke / der Luftplatte sich nur wenig ändert, so
ändert sich damit /, weil sich ^ ändert. Dagegen können wir G
und S bei geringen Änderungen von / als unabhängig von / an-
sehen, falls die Breite der Spektrallinie, d. h. die Größe a, sehr
klein ist.
Daher finden nach (23) Maxima bezw. Minima der Intensität /
statt bei den Werten:
^^=-|, (24)
und zwar sind die Maxima gegeben durch:
iJMax = P+VC^+S\ (25)
die Minima durch:
\JMin = P-VC' + S'K (25')
Es sind demnach keine Interferenzen sichtbar, wenn C=S== 0
ist Aber auch schon wenn diese beiden Ausdrücke sehr kleine
Digitized by
Google
144 Kapitel IL
Werte haben, werden keine Interferenzen wahrnehmbar sein.
Die Sichtbarkeit der Interferenzen wird zweckmäßig definiert
durch
(26) F^t'^Ij^-
Nach (25) und (25') ist daher:
(27) F^=^?^-
Diese Gleichung enthält die Abhängigkeit der Sichtbarkeit der
Interferenzen von der Wegediflferenz 21 der beiden interferirenden
Strahlenbündel, falls / durch eine Mikrometerschraube beliebig
verändert wird.
Wenn die Helligkeit der Spektrallinie symmetrisch zu ihrer
Mitte verteilt ist, so ist S=0, Dann wird also (27) zu
Nehmen wir z. B. den Fall an, daß tp (x) = comt = c sei.
Dann wird
(28) P=2ac, G=-^'4^p^, y ^smpia
^ ^ ' 47iC ' 4nla
Die Interferenzen verschwinden also für 4Za= 1, 2, 3, . . . .
Größte Deutlichkeit (F=l) tritt nur ein für Z=0. Mit wachsen-
dem l werden die Interferenzen, selbst für günstigste Werte von /,
immer kleiner, z. B. für 4la=i ist
F=2:5:t = 0,212.
Ebenso tritt ein periodisches Verschwinden und kontinuierliches
Abklingen maximaler Deutlichkeit der Interferenzen für das Ge-
setz ein:
Das kleinste /, bei welchem die Interferenzen verschwinden^
ist gegeben durch 4l^a=^ + 1, dann verschwinden sie für
4l^a=j-\-2, 4/3««=^+ 3 etc. Man kann also aus den Null-
stellen li, I2, h d^r Sichtbarkeitskurve sowohl die Breite a der
Spektrallinie, als die Potenz p, welche ihre Helligkeitsverteilung
ergibt, bestimmen.
Digitized by
Google
Interferenz des lichtes. I45
Für tp{x)=^e-P^* 1)
ergibt sich ein allmähliches Abklingen der Sichtbarkeitskurve,
ohne periodische Null- und Maximalwerte.
In ähnlicher Weise läßt sich auch bei mehrfachen schmalen
Spektrallinien die Sichtbarkeitskurve Faus (21) ableiten. So z. B.
ergibt sich bei zwei gleich intensiven Linien ein periodisches
Nullwerden von F. Sind die beiden Linien nicht gleich intensiv,
so wird F nicht völlig Null, sondern nimmt periodisch nur Minima
(und Maxima) an. Dies ist bei der gelben Natriumdoppellinie
der Fall
Man ersieht aus dem Vorigen, in welcher Weise aus irgend
einem angenommenen Intensitätsgesetz tp {m) die Sichtbarkeit F
der Interferenzen abzuleiten ist Die umgekehrte Aufgabe, tp (w)
aus V zu bestimmen, ist viel schwieriger. Abgesehen davon, daß
man durch den bloßen Anblick der Interferenzen die numerischen
Werte von F nur durch ein etwas willkürliches Verfahren ableiten
kann^), ist die Aufgabe überhaupt nicht lösbar, weil man, wie aus
(27) folgt, nur C^ + S^ aus F bestimmen kann, aber nicht C und
S einzeln.^) Unter der Annahme, daß die einzelnen Spektrallinien
in ihrer Helligkeit symmetrisch zu ihrer Mitte sind, gelingt aller-
dings die Aufgabe, da dann bei einer einzigen Linie 5=0 ist
und bei mehrfachen Linien analoge Vereinfachungen eintreten. —
Michelson hat nun in der Tat für mehrere Spektrallinien die Sicht-
barkeitskurven F aufgenommen^) und die verschiedenartigsten Ge-
stalten erhalten. Er hat dann probiert, mit welchem Intensitäts-
gesetz tp (m) man sich den Beobachtungen von F am besten an-
schließen kann. Nach dem Obigen muß man aber sagen, daß das
Resultat für tp (m) kein zwingendes ist, wenn auch die Vertei-
lung der Intensität und Breite der einzelnen Spektrallinien durch
diese wertvollen Untersuchungen Michelsons mit einer gewissen
Annäherung jedenfalls dargestellt sein werden, die besser als eine
1) Dieses Intensitatsgesetz würde aus der kinetischen Gastheorie mit dem
MaxweHschen Gesetz der Verteilung der Geschwindigkeiten der Moleküle folgen.
2) Streng würde F zu erhalten sein, wenn man Jj^^ und J^^^ photo-
metrisch oder bolometrisch mißt.
3) Nach dem Fourierschen Theorem könnte man 1;; (m) vollständig be-
rechnen, wenn man C und S einzeln für alle Werte von / kennt.
4) Wie Ebert in Wied. Ann. 43, S. 790, 1891 festgestellt hat, fallen diese
Sichtbarkeitskurven unter verschiedenen Bedingungen des Leuchtens eventuell
sehr verschieden aus.
Drade, Lehrbach d. Optik. 8. Aufl. 10
Digitized by
Google
146 Kapitel II.
Untersuchung mit dem Spektroskop oder einem Diffraktionsgitter
ist Allein schon die Tatsache ist von großem Interesse, daß es
so homogene Lichtlinien gibt, daß sie noch Interferenzen bei
500 000 Wellenlängen Gangunterschied zulassen.
Einen wesentlichen Fortschritt hinsichtlich der Schärfe der
Interfereazstreifen erreichten Fabry und Perot^ bei ihrem Inter-
ferometer dadurch, daß sie das Licht vielfach hin und her reflek-
tieren ließen zwischen zwei schwach versilberten Glasplatten von
verhältnismäßig großem und mikrometrisch variabelem Abstand.
Durch die Versilberung wird die Intensität der vielfach reflek-
tierten Strahlen verstärkt, und es ergaben sich, je nachdem man
in durchfallendem oder reflektiertem Lichte beobachtet, sehr
scharfe helle Linien auf dunklem Grunde oder dunkle Linien auf
hellem Grunde. 2) Der Ort dieser Linien hängt von der Dicke der
zwischen beiden Glasplatten gebildeten, schwach keilförmigen Luft-
schicht und von ihrer Wellenlänge ab, und da die Linien sehr
scharf sind, so kann man geringe Unterschiede in den Wellen-
längen des beleuchtenden Lichtes durch Trennung der Streifen-
systeme wahrnehmen, d. h. das Interferometer zur feinsten Auf-
lösung von Spektrallinien benutzen. — In dem Interferenzspek-
troskop von Lummer und Gehrcke^) wird nur [eine einzige größere,
exakt planparallele Glasplatte benutzt, an deren Begrenzungen
die Lichtstrahlen vielfach reflektiert werden. Die Platte ist nicht
versilbert, die Vergrößerung des Reflexionskoeffizienten wird aber
hier durch sehr schiefen Einfall des Lichtes erhalten.
1) Neueste Beschreibung bei Ch. Fabry und A. Perot, Ann. Chim.
Phys. (7) 22, 8. 564, 1901. — Phys. Ztschr. 3, S. 5, 1902. — Winkelm. Handb.
(W. Feussner) VI, S. 1004.
2) Die Formeln hierfür vgl. z. B. bei W. Feussner, Winkelm. Handb.
VI, S. 1000 u. P. Drude, Winkelm. Handb. VI, ö. 1255. — O. Lummer
u. E. Gehrcke, Ann. d. Phys. 10, 8. 461, 1903. — Die Formeln sind leicht
abzuleiten aus II. Abschn. II. Kap., § 11, Formeln (74) und (75) dieses Buches.
3) O. Lummer und E. Gehrcke. BerL Ber. 1902, 8. 11. — Ann. d.
Phys. 10, 8. 457, 1903. — Um Fehler zu vermeiden, die durch Abweichungen
von der Planparallelitat entstehen (Vortäuschung bischer Trabanten der 8pek-
trallinien, sogenannte „Geister"), verwendet Gehrcke (Verh. d. Deutsch, physik.
Ges. 7, 8. 236, 1905) neuerdings zwei in ihren Ebenen um 90^ gegeneinander
verdrehte, planparallele Platten und hat dies kürzlich auf die Untersuchung
der Quecksilberlinien mit Erfolg angewandt, vgl E. Gehrcke u. O. v. Baeyer,
Berl. Ber. 1905, 7. Dez.
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes. 147
9. Stehende Lichtwellen. Bei den bisher besprochenen Inter-
ferenzerscheinungen haben die beiden zur Interferenz gelangenden
StrahlenbUndel die gleiche Fortpflanzungsrichtung. Man kann nun
aber auch Interferenzen nachweisen, bei denen die beiden Strahlen-
bUndel sich entgegenlaufen. Wenn man nämlich über den Wellenzug
«1 == -4 sin 2jt \-f~j)^
welche Gleichung ebenen Wellen entspricht, die sich nach der
«-Richtung fortpflanzen, superponiert den Wellenzug:
«2 = ^ s^in 2j€ (f + jj ,
welcher ebene Wellen repräsentiert, die sich nach der negativen
«-Achse fortpflanzen, so erhält man:
8 =z $^-^ 82 = 2A sin 2jt -^ cos 2jt y . (29)
Dies stellt eine Lichtbewegung dar, deren Amplitude
2Ä cos 2jt zjX eine periodische Funktion des Ortes ist. Für xjX = V4,
^lij ^li 'isw. verschwindet die Amplitude, man nennt diese Stellen
Wellenknoten, für «/;i = o, % \ usw. ist die Amplitude ein
Maximum; diese Stellen heißen Wellenbäuche. Sie haben also
einen konstanten Abstand von V2 ^ untereinander. Diese Art von
Welleninterferenz wird stehende Wellen genannt, weil es ge-
wisse, im Räume feststehende Stellen gibt, an denen keine Erregung
stattfindet
Solche stehende Lichtwellen hat Wiener*) nachgewiesen, indem
er Licht senkrecht auf einen guten Metallspiegel fallen ließ. Das
reflektierte Licht gibt dann durch Interferenz mit dem einfallenden
Lichte Anlaß zur Bildung stehender Wellen. Um die Orte der
Knoten deutlich getrennt von denen der Bäuche nachweisen zu
können, brachte Wiener ein äußerst dünnes, auf Glas aufliegendes
ChlorsilbercoUodiumhäutchen, dessen Dicke nur V30 Lichtwellen-
länge ==» 20 milliontel Millimeter war, so vor die Spiegelfläche, daß
es mit derselben einen sehr kleinen Winkel bildete, und beleuchtete
nun mit elektrischem Bogenlichte. Die empfindliche Schicht durch-
schnitt also die Ebenen der Bäuche und Knoten in einem System
äquidistanter Geraden, die um so größeren Abstand voneinander
hatten, je kleiner der Winkel zwichen Spiegel und CoUodiumhaut
1) O. Wiener, Wied. Ann. 40, S, 203, 1890.
10*
Digitized by
Google
148 Kapitel U.
war. Dieselbe zeigte nun in der Tat dieses System von Geraden
nach der photographischen Entwicklung. Dies ist ein Beweis
dafür, daß man einerseits überhaupt noch an einer so dünnen
Collodiumhaut photographische Wirkung nachweisen kann, anderer-
seits daß dieselbe tatsächlich in den Knoten- und Bauchebenen
verschieden ist — Zur Demonstration dieser interessanten Inter-
ferenzerscheinung kann man auch zweckmäßig die. Fluorescenz-
wirkung in einer dünnen Gelatineschicht, der Fluorescein zugesetzt
ist, verwenden.^) Die Schicht leuchtet in äquidistanten, grünen
Streifchen. — Von theoretischer Bedeutung, die wir später kennen
lernen werden, ist, daß am Spiegel selbst ein Schwingungs-
knoten liegt.
10. Photographie in natflrlichen Farben. Das Auftreten der
stehenden Lichtwellen hat Lippmann dazu benutzt, um farbige
Photographieen herzustellen. Er wählte als lichtempfindliche Schicht
eine durchsichtige und kornlose jod- und bromsilberhaltige Collo-
diumalbuminschicht, die er auf Quecksilber legte, welches den
Spiegel bildete. 2) Belichtet man die Platte durch ein Spektrum,
so erblickt man nach dem Entwickeln und Fixieren der photogra-
phischen Platte annähernd wiederum die Spektralfarben. Die ein-
fachste Annahme ist, daß in der photographischen Platte an der
Stelle, an welcher sie mit Licht belichtet war, welches in der
photograpischen Schicht die Wellenlänge X besitzt, sehr
dünne Silberschichten in der Entfernung V2 ^ entstanden sind.
Betrachtet man nun diese Stelle im reflektierten weißen Lichte,
so werden die Lichtwellen an jeder Silberschicht in einer gewissen
Stärke reflektiert. Diese Reflexionen ergeben aber übereinstimmende
Phase und daher maximale Verstärkung nur für diejenigen Wellen,
deren Wellenlänge gleich k, oder V2 ^^ oder V3 ^ usw. ist Daher wird
eine z. B. grün belichtete Stelle im reflektierten weißen Lichte
wesentlich grün erscheinen. Das Licht der Wellenlänge V2 ^ fällt
dabei ins Unsichtbare Ultraviolette. Dagegen erscheint unter
Umständen eine mit Ultrarot belichtete Stelle violett, weil hier
der Wert V2 ^ zu den sichtbaren Farben gehört.
1) Vgl. hieraber das Nähere bei P. Drude und W. N ernst, Wied. Ann.
45, S. 460, 1892.
2) Näheres über diese Photographie vgl. in Valenta, Die Photographie
in natürlichen Farben. Halle, 1894. — Neuhauss, Die Farbenphotographie
nach Lippmanns Verfahren. HaUe, 1898. — H. Lehmann, Beiträge z. Theor.
u. Praxis der Farben photogr. Freiburg, 1906.
Digitized by
Google
Interferenz des Lichtes. 149
Wenn man eine solche Photographie anhaucht, so verschieben
eich die Farben nach dem roten Ende des Spektrums zu, weil
dadurch die CoUodiumschicht aufquillt und die reflektierenden
Schichten größeren gegenseitigen Abstand gewinnen. — Betrachtet
man die Platte unter schieferem Einfallswinkel, so verschieben
sich die Farben dagegen nach dem violetten Ende des Spektrums
hin. Dies hat denselben Grund, wie das Verschieben Newtonscher
Hinge bei schiefem Anblick nach niedrigerer Ordnung hin. Denn,
wie Formel (14) auf S. 130 lehrt, ist die Phasendifferenz J zweier
an zwei Flächen der Distanz d reflektierter Strahlen proportional
mit cos x^ wobei x der Neigungswinkel der Strahlen zwischen
beiden Flächen gegen die Normale dieser Flächen bedeutet Bei
schiefer Incidenz wird also J kleiner, bei den Newtonschen Ringen
ist dieser Einfluß aber viel stärker als bei den Lippmannschen
Photographieen, da bei ersteren in der die Interferenz hervorrufen-
den Luft platte X ißi* Änderung der Beleuchtungsrichtung viel
stärker variiert als in einer CoUodiumplatte, deren Brechungs-
index mindestens etwa = 1,5 ist.
Beweisen die angeführten Tatsachen unzweifelhaft, daß die
Farben durch Interferenz entstehen, so ist ihre Erklärung durch
periodisch gelagerte Silberschichten dennoch bei näherer Prüfung
wahrscheinlich nicht stichhaltig. Es hat nämlich Schutt 0 die
Größe der gebildeten Silberkörner an solchen Photographieen
mikroskopisch gemessen und sie zu 0,0007 bis 0,0009 mm Durch-
messer gefunden, also viel größer als die halbe belichtende* Wellen-
länge. Nach Schutt sollen durch die stehenden Wellen und durch
das Ausfixieren der lichtempfindlichen Schicht periodisch wechselnde
Schichten von verschiedenem Brechungsindex (hervorgerufen durch
periodisch wechselnde Silberablagerung) entstanden sein. Das
Prinzip der Erklärung der Farben wird dadurch aber nicht ver-
ändert, es würde nämlich auch so die CoUodiumschicht eine mit
der Periode ^b X kontinuierlich sich ändenide Reflexionsfähigkeit
besitzen.
Nach dieser Annahme kann man die Intensität irgend einer
Farbe bei der Reflexion berechnen. Die genauere Ausführung
mag aber hier unterbleiben, zumal da die Rechnung dadurch kom-
pliziert wird, daß man keineswegs berechtigt ist, die Anzahl der
1) F. Schutt, Wied. Ann. 57, S. 533, 1896.
Digitized by
Google
150 Kapitel IL
Perioden in der photographischen Schicht als recht groß anzn-
nehmend) Die besten Farbenphotographieen werden nänüich er-
halten, wenn die photographische Schicht eine gewisse Dicke,
etwa von 0,001 mm, nicht überschreitet. Diese Dicke entspricht
aber 3—5 halben Wellenlängen von wirksamem Licht Aber auch
ohne genauere Berechnung kann man übersehen, daß die reflek-
tierten Farben Mischfarben und keine reinen Spektralfarben sind,
wie dies auch durch die Analyse der reflektierten Farben mit Hilfe
des Spektroskops 2) bestätigt wird. Denn wenn auch diejenige Farbe^
deren Wellenlänge gleich der belichtenden Wellenlänge ist, be-
sonders stark im reflektierten Licht vertreten sein muß, so können
doch benachbarte Farben, und überhaupt streng genommen keine
einzige Farbe vollkommen fehlen.
Nach einem Versuch von Neuhauss^) ändert sich durch mecha-
nisches allmähliches Abreiben der photographischen Schicht die
reflektierte Mischfarbe in gewisser periodischer Weise. Dieses
Verhalten folgt theoretisch, wenn man die geringe Periodenzahl
in der photographischen Schicht berücksichtigt.
Eine weitere Eigentümlichkeit dieser Photographieen besteht
darin, daß sie im reflektierten Lichte verschiedene Farben zeigen
je nach der Seite, von der man sie betrachtet Abgesehen davon,
daß die Glasauflage gewisse Verschiedenheiten beider Seiten be-
dingt,^) ist es durchaus wahrscheinlich, daß die periodischen
Schwankungen im optischen Charakter der photographischen Schicht
an Amplitude zunehmen nach der Seite der Schicht zu, welche
am Metallspiegel lag. Wegen geringer Lichtabsorption müssen sich
nämlich die stehenden Wellen bei der Exposition der Platte mög-
lichst nahe am Metallspiegel am reinsten ausbilden.
1) Die bisherigen BerechnuDgen, welche von Meslin (Ann. de chim. et
de phys. (6) 27, S. 369, 1892) und von Lippmann (Journ. de phys. (3) 3,
S. 97, 1894) veröffentlicht worden sind, machen nicht nur diese unzutreffende
Voraussetzung, sondern sie leiden auch an dem Widerspruch, daß unter um-
ständen nach diesen Bechnungen die reflektierte Intensität größer als die ein-
fallende sem könnte.
2) Man vgl. z. B. die ziterte Arbeit von Schutt.
3)RNeuhau8s, Photogr. Rundsch. 8, S. 301, 1894. — Vgl. auch die
zitierte Arbeit von Schutt, S. 543.
4) Vgl. hierüber Wiener, Wied. Ann. 69, S. 488,
Digitized by
Google
Interferenz des lichtes. 151
Führt man diese Annahme in die Theorie ein, und berück-
sichtigt man schlielUich noch eine geringe Absorption des Lichtes,
80 nähert man sich mehr den wirklichen Verhältnissen; es ergibt
sich dann sowohl das Resultat von Neuhauss, als die verschiedene
Farbe bei Wechsel der reflektierenden Seite der Photographie.
Kapitel III.
Das Hnygenssche Prinzip.
1. 1)88 Hnygenssche Prinzip in seiner ersten Fassung.
Schon oben (S. 119) war darauf hingewiesen, daß die Erklärung
der geradlinigen Fortpflanzung des Lichtes vom Standpunkte der
Wellentheorie Schwierigkeiten macht. Um zu einer Erklärung zu
gelangen, hat Huygens das Prinzip aufgestellt, daß jeder von einer
Lichtwelle getroffene Punkt P als Ausgangspunkt von elementaren
Lichtwellen aufgefaßt werden könne, daß aber diese Elementar-
wellen nur auf der sie einhüllenden Fläche eine merkliche
Wirkung hervorrufen. Wenn daher Q eine punktförmige Licht-
quelle ist, deren Lichtausbreitung durch den ebenen Schirm Ä, 52
mit der Öffnung J, A^ gehindert ist, so können wir die Wellen-
fläche, bis zu der die Lichterregung nach Ablauf einer gewissen
Zeit t gelangt ist, in folgender Weise konstruieren:
Wir fassen alle Punkte Ä^ auf der Ebene zwischen der Öffnung
A1A2 als neue Erregungspunkte auf, die ihre Elementarwellen
auch in den Kaum hinter dem Schirme fortpflanzen können. Diese
Elementarwellen sind Kugelflächen, die um die Punkte A be-
schrieben sind, und zwar mit verschieden großen Radien, wenn
wir die Orte ins Auge fassen, bis zu denen die Lichtfortpflauzung
von Q aus immer dieselbe Zeit t gebraucht hat. Da z. B. in A^
die direkte Lichterregung von Q aus früher angelangt ist, als in
Jj, so ist die Elementarwelle um A^ entsprechend dieser Zeit-
differenz größer zu zeichnen, als die Elementarwelle um Jj. Für
Digitized by
Google
152 Kapitel m.
alle Elementarwellen muß offenbar ihr Radios, yermehrt um die
Distanz ihres Zentrums von Q aus, ein und denselben Wert ergeben.
Auf die Weise erhält man aber als einhüllende Fläche dieser
Elementarwellen eine um Q beschriebene Kugelfläche (in Figur 58
stark gezeichnet), welche durch die Punkte B^B^ begrenzt ist,
d. h. die nur innerhalb des von Q nach dem Rande des Schirmes
5i Sj gezogenen Kegels liegt. Innerhalb dieses Kegels pflanzt sich
also von Q aus das Licht so fort, als ob der Schirm überhaupt
nicht vorhanden wäre, außerhalb des Kegels ist aber keine Licht-
erregung vorhanden.
Erhält man also nach diesem Prinzip in der Tat die gerad-
linige Fortpflanzung des Lichtes, so stehen doch der Anwendung
Fig. 58.
des Prinzipes in dieser Fassung schwerwiegende Bedenken ent-
gegen: Zunächst erkennt man aus Figur 58, daß die Elementar-
wellen um die Punkte A auch in dem Itaume zwischen Schirm
und Lichtquelle eine einhüllende Fläche (C7, C^ besitzen. Es müßte
also auch nach rückwärts stets Licht fortgepflanzt werden, während
in vollständig homogenem Räume solche Reflexionen tatsächlich
nicht vorkommen. — Femer müßte die angeführte Konstruktion,
d. h. die geradlinige Fortpflanzung des Lichtes, stets gelten, wie
klein auch die Öffnung A^ A^ im Schirm gewählt wird, während,
wie schon oben S. 5 hervorgehoben wurde, bei sehr kleiner
Öffnung das Licht sich nicht mehr geradlinig fortpflanzt, sondern
die sogenannte Lichtbeugung wahrnehmbar wird. Weshalb
Digitized by
Google
Das Haygenssche Prinzip. 153
gelten überhaupt dieselben Überlegungen nicht auch für den Schall,
bei dem stets Beugung eintritt, oder wenigstens der Schallschatten
nie scharf begrenzt ist?
Bevor wir die Verbesserung des Huygensschen Prinzipes durch
Fresnel besprechen, möge noch die Brechung und Reflexion nach
Huygens erklärt werden. Wenn J^ A^ die ebene Grenze zwischen
zwei Medien I und II ist, in denen die Lichtfortpflanzungsge-
schwindigkeiten r„ V2 verschieden sind, so möge eine Welle,
deren Wellenebene zu irgend einer Zeit to die Lage A^ B haben
möge, schief auf die Grenzfläche A^A^ auftreffen. Wir fragen,
welches ist die Wellenfläche der LichteiTegung im Medium II zur
Zeit to + t? Wir fassen die Punkte A der Grenze als Erreger
von Elementarwellen auf, die wiederum verschiedenen Radius be-
sitzen, da die Punkte
A zu verschiedenen ^
Zeiten von der Wellen- I
ebene AB aus erregt
werden. A^ wird zur
Zeit to erregt, die
Elementarwelle um A^
muß also mit dem
Radius A^ C= V^t ge-
zeichnet werden. Die
Lage des Punktes Ai
sei so gewählt, daß
er zur Zeit to + t erregt wird. Dies tritt ein, wenn das von A^
auf die Wellenebene gefällte Lot A^B die Länge V^t besitzt, da
sich in einem homogenen Medium, z. B. in I, irgend ein Stück
einer ebenen Wellenfläche nach der Huygensschen Konstruktion
parallel mit sich in Richtung der Wellennormale fortpflanzt. Die
Elementarwelle um A^ hat nach dieser Festsetzung den Radius
Null. Für irgend einen Punkt A zwischen A^ und A^ hat die
Elementarwelle einen Radius, der proportional der Entfernung
A^A allmählich von \\t auf Null abnimmt. Die einhüllende Fläche
der Elementarwellen im Medium II ist daher die Tangentialebene
A^G an die Kugelfläche um A^, Der Winkel A^CA^ ist also ein
rechter. Da nun sin <p = BA^ lA^A^^^ V^t: A^A^j sin % = CA^ : A^A^
= V^tiA^A^y so ist
sin <p Fl
~i4zrz = t^ = const,
stn X ^ 2
Flg. 59.
Digitized by
Google
154
Kapitel III.
Dies ist aber, da q> und % gleich Einfalls- bezw. Brechungswinkel
ist, die bekannte Form des Brechungsgesetzes. Der Brechungs-
index n ist daher, wie oben S. 121 schon ausgesprochen, aber nicht
theoretisch abgeleitet wurde, gleich dem Verhältnis der Fort-
pflanzungsgeschwindigkeiten des Lichtes in beiden Medien.
Wenn man die von den Punkten A in das Medium I fortge-
pflanzten Elementarwellen konstruiert, so wird man sofort auf das
Reflexionsgesetz geführt
2. Terbessemng des Hnygensschen Prlnzipes dnreli Fresnel.
Fresnel ersetzt die willkürliche Annahme von Huygeus, daß nur
auf der einhüllenden Fläche der
Elementarwellen merkliche Licht-
erregung stattfinden solle, durch den
Grundsatz, daß die Elementarwellen
sich bei ihrem Durchkreuzen gemäß
dem Interferenzprinzip beeinflussen.
Es soll also Licht nicht auf der ein-
hüllenden Fläche auftreten, sondern
überall da, wo sich die Elementar-
wellen verstärken, dagegen da Dun-
kelheit, wo sie sich vernichten. Durch
dieses Fresnel-Huygenssche Prinzip
ist nun in der Tat sowohl die
Lichtbeugung, als auch die gerad-
linige Fortpflanzung, sowie Reflexion
und Brechung abzuleiten.
Wir wollen die Lichterregung in einem Punkte P betrachten,
der von einer Lichtquelle Q erregt wird, und zwar möge zunächst
kein Schirm zwischen P und Q vorhanden sein. Wir können eine
um Q mit dem Radius a beschriebene Kugelfläche (Figur 60) als
Wellenfläche auffassen, deren Flächenelemente die Lichterregung
besitzen (vgl. oben S. 119):
(1)
s^^co8 2ni~-^^,
wobei Ä die Amplitude des Lichtes in der Entfernung a=l von
der Lichtquelle Q bedeutet. Fresnel t-eilt nun die Kugelfläche in
ringförmige Zonen ein, deren Zentrum auf der Geraden QP liegt,
durch folgende Konstruktion: die erste Zone (Zentralzone) reiche
bis zum Punkte i/,, wobei die Entfernung M^P=^ri um V2 ^ grtJßer
Digitized by
Google
Das Huygenssche Prinrip. 155
sei als die Entfernung MoP. Bezeichnen wir letztere mit 5, so ist
also MiP — rj = 5 + V2 ^' Die zweite Zone liege zwischen M^
und Jf2, wobei Jf2P = r2 = ri+ %X sei. Die dritte Zone liege
zwischen M2 und M^, wobei M^P = rj = r2 + V2 ^ s^i ^ s- f- I^
irgend einer Zone, z. B. der dritten, möge nun ein ringförmiges
Element betrachtet werden, welches zwischen den Punkten M und
M" liege. Es mögen die Entfernungen MP=^r^ M'P=^r + dr sein,
femer < MQP = w, -^ if' OP = w + rfu. Dann ist die Größe dieser
Elementarzone
do = 2jc a*^ sin u du. (2)
Da die Beziehung besteht:
r^ = a^ + {a+ b)^ — 2a {a + b) cos w,
SO folgt durch Differentiation:
2rdr '=^ 2a {a + b)sin u du^
SO daß man Gleichung (2) schreiben kann:
do = 2jt-^rdr (3)
Die Lichterregung ds\ welche diese Elementarzone im Punkte P
hervorruft, muß mit do proportional sein, ferner umgekehrt pro-
portional sein zu r, da (vgl. oben S. 118) die Erregung durch eine
unendlich wenig ausgedehnte Lichtquelle umgekehrt proportional
zur Entfernung von ihr abnimmt Aus (l) folgt daher
^^' "" "^ ^* ^^(f """r^*^) ^^' (^)
oder gemäß (3):
ds' = ^^ V-4Ä- ''' ^^ (t-^) ^^- (4')
Hierin ist k ein Proportionalitätsfaktor, der nur noch von der
Neigung des Elementes do gegen die Richtung r abhängen kann.
Fresnel nimmt an, daß er um so kleiner wird, je schiefer r auf
do steht. — Wenn wir nun den Winkel zwischen r und do innerhalb
einer ganzen Fresnelschen Zone, z. B. zwischen Mn-i und Mn, kon-
stant annehmen, was gestattet ist, wenn a und b groß gegen die
Wellenlänge X sind, so folgt nach (4') für die Wirkung dieser
n^^ Zone, da k gleich einer Konstante kn ist:
rn
n =y^'=^^^;^J cos2jci^^ — ^!^^)dr,
Sn
(5)
Digitized by
Google
156 Kapitel m.
Oder ,„'=^^{«n2,{l-^--l)-«„2^(i.-^»)}.
Da nun r„_j=6 + !^-=lx, r„ = 6+ J;i ist, so folgt
(6) „=(-1) ._^«-„2^(y ^j.
Man ersieht hieraus, daß die successiven Zonen abwechseln-
des Vorzeichen für / ergeben. Bezeichnet man den absoluten Be-
trag von sn durch sn, so ist daher die ganze Wirkung s, welche
die ersten n Zonen in P erzeugen, nach dem Interferenzprinzip
gegeben durch die Reihe:
Wenn man kn für alle Zonen als gleich annehmen wollte, so
würden die s^, ^, . . . alle einander gleich sein. Der Wert der
Reihe (7) würde dann je nach der Größe von n schwanken. Nun
nimmt aber kn und daher auch 8n mit wachsendem n beständig ab,
da r immer schiefer gegen do liegt, je größer n wird. In diesem
Falle läßt sich die Reihe (7) in folgender Weise summieren: 0
Man kann schreiben, falls n ungerade ist:
+r-^--*— +5)+?.
oder auch
:*
(9)
-9-{(9-«3 + J) + g-«. + t) +
[8n — S . 8n — lW 8n — l ,
+ ^— ^ Sn^2 H Y~)\ 2 ^ ***•
Wenn nun jedes 8p größer als das arithmetische Mittel der
beiden benachbarten s> - / und 8p + ; ist, so schließen wir aus (8),
daß ist
' ^^ 8\ , 8n
^ <2+ 2'
dagegen folgt aus (9)
8 ^> Sj Q "T" 8n 9 •
1) Diese Betrachtungen sind von A. Schuster (Phil. Mag. (5) 31, 8. 85,
1891) angesteUt worden.
Digitized by
Google
Das Huygenssche Prinzip. I57
Diese beiden Grenzwerte, zwischen die s auf diese Weise ein-
geschlossen ist, sind aber einander gleich, wenn, wie es hier der
Fall ist, jedes sp sich nur unendlich wenig unterscheidet sowohl
von «p-^ als von sp-^u Daher ist
^=-2 + y- (10)
In ähnlicher Weise ist zu schließen, wenn jedes sp kleiner
als das arithmetische Mittel beider benachbarter sp - 1 und «p + /
ist Wenn man die sp als successive Ordinaten mit äquidistanten
Abszissen aufträgt, so bildet die Verbindungslinie ihrer Endpunkte
in diesem Falle eine nach der Abszissenachse konvex gekrümmte
Kurve. — Im ersten Falle ist diese Kurve konkav gegen die
Abszissenachse. Man kann nun auch dieselben Schlüsse, d. h. die
Formel (10), gewinnen, wenn jene Kurve der sp aus einer end-
lichen Anzahl konvexer und konkaver Stücke besteht. Nur wenn
diese Zahl unendlich groß wäre, würde die Formel (10) eventuell
ungültig werden können. Dieser Fall tritt aber offenbar mit dem
Faktor kn der Fresnelschen Zonen nicht ein.
Wenn n eine gerade Zahl ist, so ergibt sich durch ähnliche
Schlüsse, nur durch andere Zusammenfassung der Reihe (7):
5=2-y. (10)
Die Fresnelschen Zonen sind nun nach Fresnel so weit zu
konstruieren, bis daß der von P ausgehende Radiusvektor r die
um Q beschriebene Wellenfläche berührt. Für die letzten Zonen
steht daher r senkrecht auf ihnen und kn, d. h. auch sn , hat dann
nach Fresnel den Wert Null. Daher werden die Werte (10) und
(10') identisch, und die Lichterregung s in P hat den Wert:
f Sx kxXA .Q (t a -\-h\
sin2jt(^-^^). (11)
Man kann sie als herrührend ansehen allein von der Wirkung
der Elementarwellen der halben Zentralzone,
Wenn man nun irgend einen Schirm aufstellt, so hängt seine
Wirkung auf P wesentlich davon ab, ob er die Zentralzone und
die nächst benachbarten freiläßt, oder nicht. Man sollte zunächst
denken, daß die Lichtwirkung in P schon vollkommen abgeschnitten
wäre durch einen kreisförmigen Schirm, dessen Zentrum in Mo
liegt, und der die halbe Zentralzone verdeckt Das ist aber nicht
richtig. Wenn irgend ein kreisförmiger Schirm senkrecht zu PQ
Digitized by
Google
158 Kapitel in.
mit dem Zentrum M> aufgestellt wird, so kann man die Fresnel-
sche Zonenkonstruktion vom Rande dieses Schirmes aus beginnen.
Es bleibt dann in P wiederum die halbe Wirkung der ersten, am
Schirm gelegenen Zone übrig, d. h. es gilt Formel (11), wobei b
jetzt die Entfernung zwischen P und dem Rande des Schirmes
bezeichnet, und k^ sich auf die Randzone am Schirm bezieht Auf
der Zentrale J£>P kann also in keinem Punkte Dunkelheit
herrschen. Diesen überraschenden Schluß bestätigt nun
in der Tat auch die Beobachtung. Nur für Schirme, die
sehr groß gegen die Wellenlänge und nicht klein gegen die Ent-
fernung b sind, ist die Lichtwirkung in P gering, weil der Faktor kn
der Formel (5) dann klein wird. Ebenfalls ist die Lichtwirkung
in P gering, wenn in Mo ein nicht genau kreisförmiger Schirm S
mit dem Zentrum ifc, der viele Wellenlängen groß ist, aufgestellt
wird. Um dieses einzusehen, denken wir uns den Schirm S be-
grenzt durch unendlich kleine Kreisbögen um das Zentrum Mo von
wechselndem Radius. Der Zentriwinkel des ersten Kreisbogens
sei dq>i, die Entfernung seines Randes vom Punkte P sei b^, von
Q sei sie a^. Dann ist nach (11) und den vorigen Bemerkungen
die Wirkung der ganzen freien Öffnung, die zwischen den beiden
Radienvektoren liegt, welche von Mo nach den Endpunkten dieses
ersten Kreisbogens gezogen werden, gegeben durch:
Die Wirkung der freien, durch zwei Radien begrenzten Öffnung,
die sich an einen zweiten Kreisbogen des Zentriwinkels d(p^ an-
schließt, ist in analoger Bezeichnung:
U.S. f. Alle diese Wirkungen haben wir zu summieren, wenn wir
8 im Punkte P berechnen wollen für den Fall, daß in Mo ein
Schirm S von unregelmäßiger Gestalt aufgestellt ist. Wenn der-
selbe nicht zu groß ist, so können wir A^^ = Ai^ = ^ usw. setzen,
ebenfalls können wir im Nenner a^ + fc^, «2 + ^ ^s^- die Unter-
schiede der verschiedenen a und der verschiedenen b vernach-
lässigen, so daß wir erhalten:
(11')
(o + b)2n\
Digitized by
Google
Das HuygeDSSche Prinzip. 159
Im Argumente der sin dürfen wir nicht a^ + b^ =0^ + ^2 ^sw.
setzen, da diese Größen durch die sehr kleine Wellenlänge X
dividiert sind. Wenn nämlich der Durchmesser des Schirmes S
viele Wellenlängen umfaßt (er braucht dahei trotzdem nur wenige
Millimeter groß zu sein), so variiert auch a + b um viele Wellen-
längen. Im Ausdruck (11') sind daher die einzelnen Glieder bei
unregelmäßiger Gestalt des Schirmes in unregelmäßig wechselnder
Weise positiv und negativ, die ganze Summe wird im allgemeinen
nur unendlich klein sein, weil erst bei bestimmter regelmäßiger
Gestalt des Schirmes, z. B. wenn alle a und b genau gleich sind,
eine endliche Summe s entsteht Im allgemeinen ist daher s bei
unregelmäßiger Gestalt eines Schirmes bei M, unendlich klein.
Man kann daher von einer geradlinigen Ausbreitung des
Lichtes sprechen, indem durch genügend große Schirme von
unregelmäßiger Gestalt, die in der Verbindungslinie QP liegen,
Dunkelheit in P herbeigeführt wird.
Wenn zwischen Q und P ein Schirm mit kreisförmiger Öffnung,
deren Zentrum M) ist, aufgestellt wird, so ist die Lichtwirkung
in P je nach der Größe dieser Öffnung sehr verschieden. Läßt
sie nur die halbe Zentralzone frei, so ist die Wirkung in P die-
selbe, als ob überhaupt kein Schirm da wäre. (Natürliche Inten-
sität.) Ist die Öffnung doppelt so groß, so daß die ganze Zen-
tralzone freibleibt, so ist s in P doppelt so groß als vorhin, d. h.
es herrscht in P die vierfache natürliche Lichtintensität. Wird
die Öffnung wiederum verdoppelt, so daß die beiden ersten Zen-
tralzonen freibleiben, so ist nach (7) / = 5, — «2, d. h. nahezu
Null, u. s. f. Auch diese Schlüsse hat die Beobachtung bestätigt
Anstatt daß man Schirme und Öffnungen wechselnder Größe
wählt, braucht man nur den Beobachtungspunkt P auf der Geraden
QMo zu verschieben.
Gibt also die Fresnelsche Modifikation des Huygensschen
Prinzipes nicht nur Rechenschaft von der geradlinigen Ausbreitung
des Lichtes, sondern präzisiert sie dieses Gesetz auch als gewissen
Grenzfall, 0 und behandelt die Abweichungen von diesem Gesetz,
die sogenannten Beugungserscheinungen, in einer der Beobachtung
entsprechenden Weise, so sind doch noch zwei Mängel in den
1) Daß er bei den Schallerscbeinimgen so wenig erfüUt ist, liegt daran,
daß in Anbetracht der hier auftretenden großen Wellenlängen die Hinder-
nisse nicht groß gegen letztere sind.
Digitized by
Google
160 Kapitel IIL
Fresnelschen Betrachtungen vorhanden. Nämlich erstens müßte
von irgend einer Wellenfläche aus das Licht sich nicht nur in
einem Sinne, sondern auch allemal ilickwärts (nach der Lichtquelle
zu) wieder ausbreiten. Diesen Übelstand führte ja auch die
ursprüngliche Fassung des Huygensschen Prinzipes mit sich (vgL
oben S. 152). Zweitens ergibt sich auch durch die Fresnelsche
Berechnung eine falsche Phase der Lichterregung s in P. Denn
nach Formel (1) S. 154 müßte bei direkter Foitpflanzung sein:
A ^ (t a^h\
während nach (11) (S. 157) durch Übermittelung der Elementar-
wellen einer Wellenfläche ist:
. ^ It a-\-h\
Um Identität der Amplituden in beiden Ausdrücken für s zu
erzielen, kann man die Annahme k^ = ^jX machen, die Phasen
sind aber in beiden Ausdrücken nicht in Übereinstimmung zu
bringen. Diese Übelstände fallen fort, wenn man das Huygens-
sche Prinzip auf eine strengere analytische Basis stellt Dieselbe
ist zuerst von Kirchhoff^ gegeben. Nachstehende, in 5. und 6. ge-
gebene einfachere Ableitung schließt sich an Voigt^) an.
3. Die BifFerentialglelchung f&r die Llchterregang. Den
analytischen Ausdruck für die Lichterregung s in irgend einem
Punkte P des Raumes haben wir angeben können, falls es sich
um Kugelwellen oder ebene Wellen handelte. Wenn irgendwelche
Hindemisse für die Lichtausbreitung vorhanden sind, so werden
die Wellenflächen oft in komplizierter Weise deformiert Um dann
den analytischen Ausdruck für s zu bilden, muß man zunächst
von einer allgemeineren Grundlage ausgehen, nämlich von der
DiflFerentialgleichung, der 8 genügt
Jede Theorie des Lichtes, sowie überhaupt jede Theorie für
einen sich wellenartig ausbreitenden Zustand führt nun zu der
Differentialgleichung:
wobei t die Zeit bedeutet, x, y, % die Koordinaten eines recht-
1) G. Kirchhoff, Ges. Werke, oder VorlesuDgen über math. Optik,
2) W. Voigt, Kompendium d. theoret. Physik, II, 8, 776. Leipzig 1896.
Digitized by
Google
Das Huygenssche Prinzip. 161
winkligen Achsenkreuzes, V die Ausbreitungsgeschwindigkeit der
Wellen. Dieses Resultat der Theorie möge hier vorausgesetzt
werden, eine Ableitung der Differentialgleichung vom elektro-
magnetischen Standpunkte aus soll später (II. Abschnitt, Kapitel I)
folgen.
Zunächst wollen wir zeigen, wie aus jener Differentialgleichung
die schon oben benutzten analytischen Formen von s für ebene
Wellen und für Kugelwellen folgen:
Legen wir für ebene Wellen die rc-Achse in die Wellen-
normale (Fortpflanzungsrichtung), so kann s nur von x und t ab-
hängen, da in jeder Ebene x = const., welche eine Wellenebene
ist, der Schwingungszustand für einen bestimmten Wert von t ein
und derselbe sein soll. Dann reduziert sich aber (12) auf:
Das allgemeine Integral dieser Gleichung ist aber
wobei fi irgend eine Funktion vom Argumente t — y bedeutet,
/2 irgend eine Funktion vom Argumente t + y. In der Tat be-
zeichnet man die ersten Difl'erentialquotienten der Funktionen /i
und f2 nach ihren Argumenten mit f{ und /2', die zweiten Diffe-
rentialquotienten mit /i" und /i", so ist
g^ — /ii-/2» ji^—h -r / 2 »
di -p/i-r-|7/2» ^2 — -r'y2h -r-yihi
d. h. die Gleichung (13) ist erfüllt. Ist nun die Abhängigkeit des
s von der Zeit eine rein periodische (proportional zu cos 2j[ j^)
wie es homogenem Licht entspricht, so muß nach (14) sein
8= A^cos 2jt \ji pji + ö^j + A2 cos 2jc (^Y + ^+^2)» (15)
wobei Ai und A2, rfj und ^2 Konstanten sind. Dies entspricht
aber unserem früheren Ansatz für ebene Wellen der Wellenlänge
Z = VT, und zwar ist A^ die Amplitude eines Wellenzuges, der
sich nach der positiven a;-Achse fortpflanzt, dagegen A2 die Ampli-
tude einer nach der negativen «-Achse sich fortpflanzenden Welle.
Drude, Lehrbuch d. Optik. H
Digitized by
Google
162 Kapitel IIL
Im Falle kugelförmiger Wellen, die sich vom Koordinaten-
anfang ausbreiten mögen, kann s nur von t und der Entfernung r
vom Koordinatenanfang abhängen. Es ist also
05 bs br bs X
bx br bx br r '
bs bs br bs y
by br by br r '
bs bs br bs %
bx br bz br r '
Denn da r^ = x^ + y^ + x^ ist, so erhält man durch partielle
Differentiation:
r ' ir = X • ix, d. h. ä~ = ~ = <^05 (rx),
.ndanalog *5 = ?.£-?■
Femer folgt
b^s 1 ö« , x^ ^(]_ bs\ x^ b^ . bs/l^ ^\
br\r ' br) ~ r« " br^ "•" br\r rV'
bx^ r br ^ r
analog ^s_ _y^ ^^^ t^lL— y^\
by'i r2 * ör2 "^ br\r rV'
ö«2 = r2" Ör2 + br\r rV '
Die Differentialgleichung (12) wird daher in diesem Falle
was auch in der Form zu schreiben ist:
Diese Gleichung ist von derselben Form wie (13), nur daß ra an
Stelle des dortigen s tritt, und r an Stelle von x. Das Integral
von (17) ist daher gemäß (14):
(18) rs = f,{t-^)+u{t-^^).
Hat man wiederum homogenes Licht der Periode T, so folgt:
(19) 5 = y cos 2jt (^y — TT'^ ^0 + 'V^^ ^^(y + ■fy+^l)'
Dies ist unser früherer Ansatz für Kugelwellen. Ein Wellenzug
geht vom Koordinatenanfang fort, einer geht nach ihm hin. Die
Amplituden, z. B. A^r, sind umgekehrt proportional zu r. Dieses
Digitized by
Google
Das HaygensBcbe Prinzip. j^53
Resultat, welches schon oben S. 118 bei der Festlegung des Inten-
sitätsmaßes benutzt wurde, folgt also aus der Differential-
gleichung (12).
Bevor wir nun das Huygenssche Prinzip aus dieser Gleichung
(12) ableiten, muß ein Hilfssatz vorangestellt werden.
4. Ein mathematisclier Hilfssatz. Es bezeichne dr ein
Volumenelement, und F sei eine Funktion, welche innerhalb eines,
von einer geschlossenen Fläche S umgrenzten Baumes überall end-
lich, stetig und eindeutig ist. Es soll betrachtet werden das über
den ganzen innerhalb /S liegenden Baum zu erstreckende Integral:
pbx ^^ ="/S ^^ ^2/ dz.
Man kann die Integration partiell nach x ausführen, d. h. man
bF
kann zunächst eine Summation derjenigen Elemente ^rfr des Inte-
grals vornehmen, welche auf einer beliebigen, zurx-Achse parallelen
Geraden ® liegen. Dadurch erhält man
dy
dzf^dx = dy dz {—F^ + F^ — F^+F^ usw.),
wobei die i<\, F2 usw. die Werte der Funktion F an denjenigen
Stellen der Oberfläche 5 bedeuten, an welchen sie von der Ge-
raden ® geschnitten wird. Der Allgemeinheit halber ist angenommen,
daß diese Gerade ® die Fläche S mehrfach schneiden könne;
jedenfalls muß die Anzahl der Schnittstellen gerade sein, weil S
eine geschlossene Fläche ist. Wenn man die Gerade ® im Sinne
der wachsenden x durchläuft, so bezeichnen F^, F^ usw. mit un-
geradem Index die Werte von F an den Eintrittsstellen des von
S umschlossenen Baumes, F2, F^ usw. mit geradem Index die Werte
von F an den Austrittsstellen. Konstruieren wir nun über der
Basis des sehr kleinen Bechtecks dy dz eine Säule, deren Achse
der X-Achse parallel ist, so schneidet diese aus der Fläche S
Stücke der Größe dS^, dS2 usw. an den vorhin betrachteten Ein-
tritts- resp. Austrittsstellen aus, und zwar ist stets:
dy dz = -f c?Ä • cos (jix) ,
falls {nx) den Winkel bezeichnet, welchen die Normale der Fläche S
an der jeweilig geschnittenen Stelle mit der x-Achse bildet. Das
Vorzeichen ist so zu bestimmen, daß die rechte Seite positiv ist,
da die betrachteten Flächenstücke positive Größen sind. Es soll
nun die positive Bichtung von n nach dem Innern des
11 ♦
Digitized by
Google
164 Kapitel III.
von S umgrenzten Eaumes weisen. Dann gilt für die Ein-
trittsstellen:
dy dx = + dSi • cos (w^x) = + d'S^ • cos (w-jx) usw.,
für die Austrittsstellen dagegen:
dy dz =^ — dS2 • cos {n^) = — dS^ • cos (n^x) usw.
Es ist daher
dy
dz I j- dx = — Fl cos (wj^) • dS^ — F2 cos (n^) • rfÄj — usw.
Vollführt man nun noch eine Integration nach y und ^, um
das ganze betrachtete Raumintegral zu erhalten, so heißt das, man
muß die Produkte F cos {nx) dS über die ganze Oberfläche von S
summieren. Es ist daher:
(20)
I ^ dt = — I F cos {nx) • dS,
wobei auf der rechten Seite F den Wert der Funktion am Ober-
flächenelement dS bedeutet
Das ursprünglich über einen Raum zu erstreckende Integral
ist also durch diesen Hilfssatz in ein solches verwandelt, welches
über die Oberfläche des Raumes zu erstrecken ist. — Aus dem
Gange des Beweises erkennt man, daß F innerhalb des betrach-
teten Raumes eindeutig, endlich und stetig sein muß, weil sonst
bei der partiellen Integration nicht nur Oberflächenwerte Fi^ F^
von F auftreten würden, sondern auch Werte, die sich auf das
Innere beziehen.
5. Zwei allgemeine Formeln. Es sei ü eine Funktion, die
X, y, ;:; und r explizit enthält, r sei die Entfernung vom Koordi-
natenanfang, d. h. es ist r'^=^x'^-\-y'^'\-z^. Es bezeichne nun ^ eine
Differentiation allein nach der explizit vorkommenden Variabein
X, so daß y, z und r dabei als Konstante angesehen werden. Da-
dU
gegen bezeichne -^^ den Differentialquotienten von U, der durch Fort-
schreiten um die Größe dx längs der x-Achse entsteht, wobei zu
berücksichtigen ist, daß sich damit auch r ändert. Es ist dann:
,^,. du bU , ör ör tu , hU , V
(21) di== öx + V'öi= di+ ör ^^*(^)'
da nach S. 162 ~==:y = cos (rx) ist. Es folgt daher auch
Digitized by
Google
Das Huygensscbe Priozip.
165
d
dx
(1 UT\ ö (1 ör\ , ö (1 uj\ f ,
oder, da bei der Dififerentiation ^^
W^ 1 br
d_ (lhu\_i^ ^^^ ^
dx \r dx) r ' bx"^
die Größe r eine Konstante ist:
Analog ist:
dy \r öy)~
d_ (L^U\^l
d^\r öx) r
d*2 "
(22)
Unter
dJJ
^^ soll der Differentialquotient von TJ nach r verstanden
werden, der dadurch entsteht, daß man in der fest angenommenen
Richtung r um dr fortschreitet. C7 ändert sich dadurch aus mehreren
Gründen: einmal ändert sich die in V explizit vorkommende
Variable r, dies gibt den Beitrag ^^, andererseits ändern sich
auch die in U explizit vorkommenden Variabein x, y, % und zwar,
wie eine einfache geometrische Überlegung ergibt, um bezw.
dr • cos {rx\ dr • cos {ry\ dr • cos {rx). Es ist daher
dU bV . bU , ^ , bU / \ I öZ^/ / V /rtoN
-dr = br + b'x '^* ('■'^) + by '^'' ("^) + ö* '^' ('"*) * (^3)
\ rr
Wenn man in dieser Gleichung anstatt ü den Wert ^^ einsetzt,
so folgt:
dr [br) = br^ + brbx ^^ ^^^^ + brby ^^ ^^^z) + örö, ^^ ^^'^^ ' (24)
Durch Addition der drei Gleichungen (22) entsteht daher mit Be-
rücksichtigung von (23) und (24):
dx \r bx ) ~^ dy \r by ) ~^ dx \r bxj
1 (bnr bW b^U _ b'^TA l_dlbU\ _±(är_ ^\
r\bx^ '^ by'i + 0^2 br^J "^ rdr\br) r^\ dr br ) '
Nun ist aber
r dr\bf) "f" r2 br ~ r^ drV br ) ^^^^
Multipliziert man die Gleichung (25) mit dem Volumenelement
dr = dxdydx und integriert über einen Kaum, innerhalb dessen
F'bx' 7by' 7bx ^^^^eutig, endlich, stetig ist, so erhält man durch
(25)
Digitized by
Google
166 Kapitel HL
dreimalige Anwendung 0 des Hilfssatzes (20) auf S. 164 und Be-
rücksichtigung von (26):
(27)
- [^^ cos (nx) + ^co8 iny) + ^ cos {rix)] dS =
fl (bW , bm , bni b^U\ , , fl d I bU jr\.
Der Raum, innerhalb dessen integriert wird, darf offenbar den
Koordinatenanfang nicht enthalten, da dort Vr unendlich groß wird.
Nun sind zwei Fälle zu unterscheiden: I. Entweder wird der Inte-
grationsraum von einer Fläche S begrenzt, welche den Koordinaten-
anfang nicht umschließt, oder II. die äußere Begrenzungsfläche S
des Integrationsgebietes umschließt den Koordinatenanfang.
IL Fall. In diesem Falle, den wir zunächst betrachten wollen,
schließen wir den Koordinatenanfang durch eine um ihn beschrie-
bene Kugel K von sehr kleinem Radius q aus dem Integrations-
gebiete aus. Dasselbe hat dann zwei Begrenzungsflächen: Eine
äußere Begrenzung S und eine innere durch die Oberfläche K der
Kugel. Das in (27) auftretende Oberflächenintegral ist daher so-
wohl über die äußere Oberfläche S, als auch über die Kugelfläche K
zu erstrecken. Letzteres liefert aber keinen endlichen Beitrag,
wenn q unendlich klein ist, da die Oberfläche von K unendlich
klein wie q'^ wird, und auf der linken Seite von (27) r nur in der
ersten Potenz im Nenner auftritt. Wir können ferner setzen:
(28) ^^ cos {nx) + -^- cos (ny) + -^- cos {nz) = ^ ,
wobei iüiin den Differentialquotienten bedeutet, den man erhält,
wenn man in der Richtung der inneren Normale n auf S um ö»
fortschreitet und dabei r als eine Konstante behandelt. So
wird daher die linke Seite von (27):
-ß
und dieses Integral ist nur über die äußere Oberfläche (nicht auch
noch über die kleine Kugelfläche K) zu erstrecken.
1) Das in jener Formel (20) auftretende Zeichen t- hat dieselbe Bedeu-
tung wie hier -r-- Jene Formel ist hier auch für eine Differentiation nach y»
und nach x anzuwenden.
Digitized by
Google
Das HuygenBsche Prinzip. 167
Das letzte Glied der rechten Seite von (27) wollen wir da-
durch umgestalten, daß wir schreiben
dT = r'^dg)dr, (29)
indem wir ein Volumenelement uns herstellen durch den Ausschnitt
eines Elementarkegels des räumlichen Öffnungswinkels dq) aus
einer Kugelschale, die zwischen den Kadien r und r + dr liegt.
So entsteht:
^ ^ , (30)
r bezeichnet die Werte von r an dei: äußeren Oberfläche S des
Integrationsgebietes. Wenn nun q unendlich klein wird, so gibt
r 1^ für r = (> nichts Endliches. Ferner ist für lim q = 0
d<p'{ü) _ =4jtUo, (31)
/'
/^
wenn mit JJo der Wert von ü im Koordinatenanfang bezeichnet
wird. Da femer ist
'r'^dq) = — dSco8 {nr) , (32)
wenn die positive Richtung von r vom Koordinatenanfang fort-
gerichtet ist, so ist:
= —JdS'C08{nr)^{y),
wobei dieses Integral über die äußere Oberfläche S zu erstrecken
ist — Es folgt daher schließlich nach (30), (31) und (33) aus (27):
I
In dieser Gleichung kann die Raumintegration über das ganze
Innere, welches von der Fläche S umschlossen wird, ausgedehnt
werden, da die unendlich kleine Kugel A' deren Volumen propor-
Digitized by
Google
168 Kapitel III.
tional zu q^ ist, für lim q = 0 einen verschwindenden Beitrag
liefert, weil r nur in der ersten Potenz im Nenner enthalten ist. —
I. Fall. Wenn die Fläche S den Koordinatenanfang nicht um-
schließt, so können wir alle Betrachtungen ungeändert lassen, nur
daß die Konstruktion mit der Kugel K fortfällt. Um das letzte
Glied der rechten Seite von (27) zu integrieren, wollen wir gerade
wie vorhin setzen:
dz = r'^dg) dr\
die Grenzen der Integration sind jetzt aber nicht q und r, sondern
rj undrj, nämlich diejenigen beiden Entfernungen vom Koordinaten-
anfang, in welchen die Achse des Elementarkegels vom Öffnungs-
winkel d(p die Fläche S trifft. Daher folgt
Bezeichnet nun dS ein Flächenelement, welches der Elementar-
kegel aus S ausschneidet, so ist an der Eintrittsstelle des Elemen-
tarkegels, da n die innere Normale von S sein soll:
r^'^dtp = -\- dS ' cos (nr),
an der Äustrittsstelle dagegen
r2^dg) = — dS ' cos {nr).
Man kann daher das Raumintegral (30') als das Oberflächenintegral
schreiben:
(30') =-JdS^cos {nr)(^l^-^)=-JdS^ <^os (nr) ^ (^) .
Folglich leitet man für diesen I. Fall aus (27) ab:
— /<— r — cos (nr) -^ { — ]) dS =
(34') J r ön ^ Ur\rJj
6. Strenge Formulierung des HuygenssclienPriiizipes. Von
den Formeln (34) und (34') machen wir folgende Anwendung: Es
sei s die Lichterregung in irgend einem Punkte, so sei der Wert
von s im Koordinatenanfang, s genügt der Differentialgleichung (1 2)
auf S. 160. Unter Z7 wollen wir nun diejenige Funktion verstehen,
Digitized by
Google
Das Huygenssche Prinzip. I59
die aus s entsteht, wenn man das Argument t (Zeit) ersetzt durch
t — '^lv. Wir wollen dies formell ausdrücken durch:
U=s{t — rlv). '
Es ist dann offenbar Uo = so, da für den Koordinatenanfang r= ö
ist Ferner ist nach der Differentialgleichung (12):
da aber Z7 eine Funktion vom Argument t — ^jv ist, so ist auch
(vgl. oben S. 162 Formeln (17) und (18);
d/2 ^ br'i •
Aus den beiden letzten Gleichungen folgt daher
ÖX2 + d//2 ' 0*2 "~ dr2" •
Daher ergibt (34) für den Fall, daß die Fläche S den
Koordinatenanfang umschließt:
Man kann den Inhalt dieser Formel in folgender Weise inter-
pretieren: Die Lichterregung so in einem beliebigen Punkte
Po (in den wir den Koordinatenanfang gelegt haben) kann als die
Superposition von Erregungen angesehen werden, welche
von den Oberflächenelementen dS einer beliebigen, den
Punkt Po einschließenden, geschlossenen Fläche S mit
der Geschwindigkeit V nach Po hin fortgepflanzt sind.
Denn die Elemente des Oberflächenintegrals (35) sind Funktionen
vom Argument t — '/k, für eine Elementarerschütterung besteht
also zu einer um »"/r späteren Zeit in Po dieselbe Phase, wie sie
vorher auf dS bestanden hat.
In dieser Fassung von (35) erkennen wir die Grundlage des
ursprünglichen Huygensschen Prinzipes, aber der Schwingungs-
zustand der einzelnen Quellen dS ist ein viel komplizierterer, als
er nach unseren früheren Betrachtungen sein müßte, nach denen
die Integrationselemente einfach proportional zu s {t — ^^/f) waren
(vgl. Formel (4) auf S. 155).
Man kann also nach der Formel (35) die Erregung so im
Digitized by
Google
170 Kapitel III.
ÖS
Punkte Po berechnen, falls man die Erregungen s und ^ auf einer
geschlossenen Fläche S kennt In gewissen Fällen tritt dies ein,
wenn z. B. eine punktförmige Lichtquelle Q und nirgends Schirme
für die Lichtausbreitung vorhanden sind, überhaupt die Homogenität
des Raumes nirgends gestört ist In diesem Falle kann man aller-
dings 80 auch direkt hinschreiben. Immerhin ist es für das Folgende
nützlich, zunächst auf diesen Fall die Formel (35) anzuwenden.
Die geschlossene Fläche S möge die Lichtquelle Q ausschließen.
Die Erregung in irgend einem Punkte P auf S, der die Ent-
fernung ri von der Lichtquelle Q besitzt, sei gegeben durch:
(36) . = ^ CO. 2^(1-^).
Fig. 61.
Es ist dann
öll = ^ ^^^ (^^1)' ^ ^•
(37) ^J^ = cos (nr;) { - A eos 2jt[^ - j) + ^-^ sin 2jt(^ - ^j} .
Nun soll r^ sehr groß gegen X sein, wir können daher das
erste Glied gegen das zweite vernachlässigen und erhalten so:
Ferner folgt aus (36)
r rri \T X )
Differenziert man diesen Ausdruck nach r, so kann man, ähn-
lich wie in (37), wiederum ein Glied fortlassen, da auch r sehr
groß gegen X sein soll. Es ergibt sich daher:
8{t-flV)
Digitized by
Google
Das Huygenssche Prinzip. m
Durch Einsetzen der Werte (38) und (39) in (35) folgt:
So = ^ I — sin 2jc (ji — ^~X^) [^^^ M "~ ^^^ (w^i)] d'3' (40)
In dieser Formel treffen wir den früheren Fresnelschen An-
satz (4) auf S. 155 wieder, aber mit folgenden Verbesserungen:
1. Der Fresnelsche Faktor k ist hier direkt aus der Grundlage
der Theorie, nämlich aus der Differentialgleichung für s, bestimmt.
Nehmen wir z. B. ein Element dS, welches im Punkte Mo (vgl.
Figur 61) auf der Verbindungslinie QPo liegt, so ist für dasselbe
cos (nr) =^ — cos {nr^, da die positiven Richtungen r und r^ gerade
einander entgegenlaufen. Daher ist der Fresnelsche Strahlungs-
faktor Ä;:
, cos (nr)
Steht dS senkrecht auf QPo, so ist cos (nr) = — 1, und abge-
sehen vom Vorzeichen, erhalten wir den Wert, der oben S. 160
für den Strahlungsfaktor k^ der Zentralzone auf indirektem Wege
abgeleitet ist.
2. Für ein Element dS, welches bei Ato liegt (vgl. Figur 61),
ist r und r^ gleichgerichtet, d. h. cos {nr) — cos {nr^ = 0, Sein
Einfluß verschwindet also in so, d. h. wir erhalten nicht eine
Wirkung der Elementarwellen nach rückwärts, die bei der Fresnel-
Huygensschen Fassung des Prinzipes stets bestehen würde. Wie
man sofort sieht, ist dieses Verschwinden der nach rückwärts fort-
gepflanzten Wellen eine Folge davon, daß in (35) jede Elementar-
wirkung als Differenz zweier Größen auftritt.
3. Die Phase in Po wird richtig bestimmt, wie sie die direkte
Ausbreitung des Lichtes von Q nach Po ergibt. Flächenelemente
dS nämlich, welche bei M^ senkrecht zu QPo liegen, besitzen in
(40) den Faktor
sin 2jc (ji — — ;l~) '
es ist also, als ob diese Flächenelemente um jt/j in der Phase be-
schleunigt schwingen^) gegenüber der direkten Fortpflanzung von Q
1) Wenn man als Lichterregung s nicht eine konvexe Kugelwelle an-
nimmt, sondern eine konkave, die nach einem Punkte Q außerhalb S hinläuft,
so modifizieren sich die Betrachtungen etwas, wie man leicht aus (35) ableiten
kann. (In Mascart, Trait^ d'optique, I, S. 260, Paris 1889 ist dieser Fall
berechnet) Dies kann unter Umständen für Interferenzerscheinungen von
Digitized by
Google
172 Kapitel III.
nach dS, welche gemäß (36) auf cos 2jt /^ — ^-^y^) führen würde.
Integriert man über *S^, so ergibt sich wiederum für den Punkt
Po : + cos 2jt f y — ~x^~) » i^cht? wi^ b^i der Fresnelschen Rech-
nung, si7i 2jt [ii — ^-^) (vgl. oben S. 160). Dieser Widerspruch der
Fresnelschen Rechnung ist also hier auch gehoben.
Wenn nun irgend welche Schirme aufgestellt sind, so wird
streng genommen die Aufgabe, so zu bestimmen, außerordentlich
kompliziert, da durch die Anwesenheit der Schirme die Lichterregung
s in einem beliebigen Punkte P verschieden ist von der Erregung s,
wie sie ohne Schirme von den vorhandenen Lichtquellen bewirkt
würde. Zur angenäherten Lösung der Aufgabe kann man aber
die Annahme machen, daß, wenn die Schirme nicht das Licht
reflektieren und vollkommen undurchsichtig sind, dicht an der von
den Lichtquellen abgewandten Seite eines Schirmes s sowohl, als
g^ verschwinden, daß dagegen an den freien Stellen, welche durch
keinen vor die Lichtquellen gestellten Schirm geschützt sind, die
Lichterregung s den freien Wert s besitze.
In dieser Weise wurde ja auch bei den oben angestellten
Fresnelschen Überlegungen verfahren. Man kann sich dann von
der Gleichung (40) aus, indem man die Fläche S möglichst an den
abgewandten Seiten der Schirme entlang konstruiert, sehr ange-
nähert Rechenschaft über die Lichterregung so in einem beliebigen
Punkte Po, geben; in (40) treten nur die ungeschützten Flächen-
elemente dS auf. Wie man speziell diese ungeschützte Fläche Älegt,
ist ganz gleichgültig, sie muß nur von den Löchern in den Schirmen
umrandet sein. Dieses Resultat können wir aus der Formel (34') auf
S. 168 ableiten. Dieselbe ergibt nämlich hier, daß die rechte
Seite von (40) den Wert Null hat, wenn die geschlossene Fläche S
den Punkt Po, für den so berechnet werden soll (und die Licht-
quell Q) ausschließt. p]rstrecken wir daher ein Integral so gemäß
der Gleichung (40) über eine ungeschlossene Fläche S^ welche von
einer Kurve C umrandet ist. und konstruieren wir noch irgend eine
andere Fläche Ä', welche ebenfalls von G umrandet ist, so kann
S + iS' als eine einzige geschlossene Fläche angesehen werden,
Wichtigkeit sein. Vgl hierüber Gouy, Compt. Rend. 110, S. 1251; 111, S. 33,
1890. — Wied. Beibl. 14, S. 969.
Digitized by
Google
Das Huygenssche Prinzip. 173
welche den Koordinatenanfang Po nicht einschließen soll Nach
(34') verschwindet die Summe so + so der beiden über S und S'
erstreckten Integrale. Es ist dabei aber n beständig als die innere
Normale der von S + S' gebildeten geschlossenen Fläche definiert,
wenn also die positive Normale auf S nach der Seite hin zeigt, wo
der Koordinatenanfang Po liegt, so zeigt die positive Normale auf S'
von dieser Seite fort Eechnen wir auch auf S' die positive Nor-
male nach der Seite, nach welcher Po zu liegt, so kehrt sich
dadurch das Vorzeichen des Integrals sj um. Wir haben daher
das Resultat: so — so' = 0, d. h. so = «o', mit Worten ausgedrückt:
Das Integral so, definiert durch die Gleichung (40), hat für
alle, von einer Kurve C umrandeten, sonst beliebig ge-
stalteten, ungeschlossenen Flächen S denselben Wert,
wenn dabei die positive Normale immer in demselben
Sinne gerechnet wird (von der Seite der Lichtquelle Q nach
der Seite von PJ, und wenn diese verschiedenen Flächen S
weder die Lichtquelle (?, noch den Punkt P^» für den so
berechnet werden soll, einschließen.
Wie man nun vom Integral (40) aus die geradlinige Ausbreitung
des Lichtes einerseits, gewisse Abweichungen davon aber auch gleich-
zeitig ableiten kann, ist schon oben in 2. mit Hilfe der Fresnel-
schen Zonenkonstruktion besprochen. Im folgenden Kapitel sollen
genauer die Abweichungon von der geradlinigen Ausbreitung des
Lichtes, die sogenannten Beugungserscheinungen, besprochen werden.
Kapitel IT.
Beugung des Lichtes.
Wie aus den Entwickelungen des § 2 des vorigen Kapitels
hervorgeht, treten Beugungserscheinungen (man nennt sie auch
Diffraktion des Lichtes) immer auf, wenn die Schirme oder freien
Öffnungen nicht sehr groß im Vergleich zur Lichtwellenlänge
sind. Aber selbst in letzterem Falle treten, wie wir sehen werden,
Digitized by
Google
174
Kapitel IV.
unter Umstanden Beugungserscheinungen auf, z. B. am Rande des
geometrischen Schattens eines sehr großen Schirmes. Wenn wir
nun die Beugungserscheinungen auf Grund der Gleichung (40) ge-
gemäß den oben S. 172 angestellten Überlegungen berechnen, so
dürfen wir nicht vergessen, daß wir dadurch nur eine angenäherte
Theorie erhalten, da einerseits bei vorhandenen Schirmen an den
ungeschützten Stellen für s nicht genau der Wert gilt, wie er bei
völlig ungestörter Lichtausbreitung sein würde, andererseits an den
geschützten Stellen nicht genau s und ^^ verschwinden. Die An-
näherung wird um so mehr die Wahrheit treffen, je größer die
Öffnungen in den Schirmen sind; und in der Tat stimmt in den
meisten Fällen, wenn man z. B. nicht besonders kleine Öffnungen
verwendet, die angenäherte Theorie gut mit der Erfahrung. — In
§ 7 dieses Kapitels wird die strenge Theorie der Lichtbeugung
behandelt werden.
]. Allgemeine Behandlung der Bengnngserscheinungen.
Wir wollen annehmen, daß zwischen Lichtquelle Q und dem
Punkte Po ein ebener Schirmt vor-
handen sei, der unendlich ausge-
dehnt ist und der eine beliebig
gestaltete Öffnung o besitzt, welche
klein sei im Vergleich zu der
Entfernung r^ von der Lichtquelle
Q und zu der Entfernung r vom
Punkte Po, für den wir die Licht-
erregung So nach der Formel (40)
des vorigen Kapitels berechnen
wollen. Da bei der Kleinheit
von ö bei der Integration inner-
halb 0 die Winkel (nr) und
(wr,) als konstant zu betrachten
Fig. 62.
sind, und ebenfalls die Größen
dividiert sind, so folgt aus (40):
Ä cos (?ir) — cos (nri)
'2i ^~
r und ri, sofern sie nicht durch X
(1)
8o ■
.jsin2n(^-'-\''')do.
Wir wollen nun ein rechtwinkliges Koordinatensystem x, ?/, x
zu Grunde legen. Die xy-Ebene liege im Schirme 5, ein beliebiger
Punkt P der Öffnung c habe die Koordinaten x und y. Die
Lichtquelle Q habe die Koordinaten x^, yi, x^ und zwar sei x^
Digitized by
Google
=?.^^1
1+
x^ + yi
-2(xxt + yyt).
=Qoy \
1+
^±vl:
- 2{xxo + yyo)
Beugung des Lichtes. I75
positiv. Der Punkt Po habe die Koordinaten xo, yo, xo, xo ist
negativ. Dann ist
n' = (^-^P + (2/i-2/)2 + ^i^ r^ = ixo -xy+ {yo —y)^ + Xo\ (2)
Die Entfernungen des Q und Po vom Koordinatenanfang seien (>i
und Qo, Dann ist
(>i' = ^1' + 2/1^ + ^^ Qo^ = Xo2 + 2^0^ + ^2. (3)
Man kann nun schreiben:
(4)
Die Dimensionen der Öffnung 0 sollen klein sein gegen Qi
und Qo, Außerdem soll auch die Entfernung der Öffnung 0 vom
Koordinatenanfang klein sein gegen Qi und Qo. Daher ist bei der
Integration über 0 auch x und y klein gegen q. Entwickelt man
nun die Ausdrücke (4) nach steigenden Potenzen von ^/^^ , ^If, bezw.
""/«•o» % ^^d bricht mit den zweiten Potenzen ab, so entsteht, da
(l + f)V, = 1 + ii^e — Vs«^ ist, falls e klein gegen 1:
n - (>! ( 1 + ~,~, -, -2^;^] . (5)
^ -P« ( ^ + -2^0^ ^ 2^^^^ 1 • (6)
Nennen wir nun die Eichtungskosinus, welche die Richtungen q^
und Qo mit den Koordinatenachsen bilden, «1, Ä, 7i bezw. oo, ßo, foy
wobei die positiven Sichtungen von q^ und Qo vom Koordinaten-
anfang fortgehen sollen, so ist
Durch Addition von (5) und (6) erhält man daher:
rx^r^Qv^Qo-x{a,^-ao)-y{ß^-^ßo)^^^^{^-^^^^
'^Q\ ^Qo
Setzt man diesen Wert in (1) ein, und schreibt zur Abkürzung:
Digitlzed by
Google
176
Kapitel IV.
(9)
^1 + r = Qi + Qo + f{x,y)'j^
T IT
A cos (nr) — cos {nrO .r
2). ~r7r ^ '
80 wird (1) zu:
(10) So = A' ( sin 2jt -f j cos\f{x,y)]d6 — cos 2jtji j sin[f{x,y)]daj'
Ma.n kann daher so auffassen als entstanden durch die Super-
position zweier Wellen, deren Amplituden proportional sind zu:
(11)
C=fcos[f(x,y)]da,
S=fsin[f{x,y)]dC,
und welche eine Phasendifferenz von tij^ gegeneinander besitzen.
Nach dem Satze der S. 123 [vgl. auch die dortige Formel (11)] ist
daher die Lichtintensität im Punkte Po :
(12) J= ^'2(^2 +52).
Nun sind zwei Fälle zu unterscheiden: nämlich 1. Lichtquelle
und der betrachtete Punkt Po liegen im Endlichen (Fresnelsche
Beugungserscheinungen), 2. Lichtquelle und Po sind unendlich
weit entfernt (Fraunhofersche Beugungserscheinungen).
2. Fresnelsehe Bengnngsersehelnungen. Wir legen den
Koordinatenanfang auf die Verbindungslinie QPo (und in die Ebene
des Beugungsschirmes). Dann ist q^ und Qo gerade einander ent-
gegen gerichtet, und daher
«1 = — «0, Ä = — ßo.
Es wird dann, wie ein Vergleich von (8) und der Deflnitions-
gleichung (9) für f{x, y) lehrt:
(13)
f^^^ y^^jii + v) f^' + ^' - ^^«1 + y^'^'^-
Diesen Ausdruck kann man noch weiter vereinfachen, wenn man
die a;-Achse in die Projektion von QPo auf den Beugungschirm
legt. Es ist dann Ä = ö. Bezeichnet man ferner den Winkel,
den (>! mit der %-Achse macht, durch 9,* so wird dann:
1) Man verlegt also den Anfangspunkt der Zeit.
Digitized by
Google
BeaguDg des Lichtes. I77
^(^'2/) = l(^ + fj [x'''Cos'^<P + y^\ (14)
Um den Gang der Untersuchung nicht durch längere Eechnungen
unterbrechen zu müssen, schicken wir einige mathematische Be-
trachtungen voraus.
3. Fresnelsche Integrale. Wir wollen die Eigenschaften der
als „Fresnelsche Integrale" bezeichneten Funktionen geometrisch
diskutieren^). Es sind dies die beiden Integrale:
V V
g = j cos ^dv, fi= I sin -.y dv.
(15)
d§ = dv ' cos-g-, dri= dv ' sin~2~' (16)
Wir wollen g und tj für jeden bestimmten Wert des Para-
meters V als die rechtwinkligen Koordinaten eines Punktes E auf-
fassen. Bei kontinuierlicher Änderung des v beschreibt dann E
eine Kurve. Die Gestalt dieser Kurve wollen wir bestimmen.
Die Kurve geht durch den Koordinatenanfang, weil für t? == ö
auch g = ^ = 0 ist. Wenn man v in — v umkehrt, so ändert sich
das Integrationselement nicht, aber die obere Grenze des Integrals,
und daher auch g und tj wechseln die Zeichen. Daher ist der
Koordinatenanfang ein Sjmmetriezentrum der Kurve, denn zu jedem
+ g, +iy kann man ein — g, — ^ finden. Die Projektionen eines
Bogenelementes ds der Kurve auf die Koordinatenachsen sind
nach (15):
Daher folgt
ds = V rfg2 + dT]^ = dv,
oder, wenn wir die Bogenlänge s vom Koordinatenanfang an zählen:
s = v. (17)
Der Winkel r, den die Tangente der Kurve in dem beliebigen
Punkte E mit der g-Achse einschließt, ist gegeben durch
'^^ = | = '^-?'d.h-^ = |«^- (18)
Im Koordinatenanfang verläuft also die Kurve parallel zur g-Achse,
für v = i, d. h. nach der Bogenlänge s = 1, ist sie parallel zur
1) Diesen Weg hat zuerst A, Cornu eingeschlagen im Journ. de Phys. 3,
S. 1, 44. 1874.
Drade, Lehrbach d. Optik. 2. Aafl. 12
Digitized by
Google
178 Kapitel IV.
^-Achse, für 8^ = 2 parallel zur |-Achse, für «2 = 5 parallel zur
^-Achse u. s. f.
Der Krümmungsradius q in einem beliebigen Punkte E der
Kurve ist gegeben durch [vgl. (17) und (18)]:
(19) ^ dt nV 718'
Für v = ö, d. h. im Koordinatenanfang, hat daher die Kurve
einen Inflexionspunkt, für wachsende v, d. h. für wachsende Bogen,
wird Q beständig kleiner. Die Kurve bildet daher eine sich nicht
schneidende Doppelspirale, welche sich um die beiden asymptotischen
Punkte F und F\ welche für v = + 00 und v = — 00 erreicht
werden, herumwindet. Wir wollen die Koordinaten dieser Punkte
berechnen. Für F ist
(20)
00 OD
gjp = / COS ^ dv^ Vf= I ^^ ~!r ^^'
Um diese bestimmten Integrale auszuwerten, gehen wir
aus von
(21)
je dx = M.
o
Schreibt man y als Integrationsvariabele, so ist auch
00
je dy = M.
0
Das Produkt beider bestimmten Integrale liefert:
(22) ffe~^'^'^'^dxdy = ]^.
Faßt man nun x und y als rechtwinklige Koordinaten eines
Punktes P auf, so ist x^ + y^ = r\ wobei r die Entfernung des P
vom Koordinatenanfang ist. Ferner kann man dx dy als Flächen-
element do auffassen in der ocy-Ehene, Begrenzt man aber ein
Flächenelement durch zwei im Abstände dr von einander liegende
unendlich kleine Kreisbogen, welche um den Koordinatenanfang
beschrieben sind und den Zentriwinkel dq) haben, so ist ein Flächen-
element do:
(23) do = rdrdq).
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 179
Man kann daher (22) schreiben, da über einen Quadranten
der Koordinatenebene integriert wird:
M^ =s I dq) I e r dr.
(24)
Nun ist aber
daher wird
/.
e rdr = — y e >
if^ = ^, if=-^y^ (25)
4 j ^ 2
Schreibt man nun in (21) für x:
x^ = — i'^ , i.\i.x = vyz:p. (26)
wobei t die imaginäre Einheit bedeutet, so folgert man aus (21)
und (25):
^ 2 dv= l y*^, oder
0
1 r-r ^H-*
/'
'^~rft; = ^*. (27)
Da nun ist:
e 2 = C08 —A — h t sin —^ , (,io;
•^' 7ri;2 . . ;ri;2
so folgt durch Gleichsetzen der reellen und imaginären Bestand-
teile beider Seiten der Gleichung (27):
C08 -2-^^=^2' J ^^ '~2~^^^'2'
(29)
Gemäß (20) hat also der asymptotische Punkt F die Koordinaten
§F=r]F=% Es ergibt sich daher die in Figur 63 gezeichnete
Gestalt der Kurve. Man kann die Kurve in folgender Weise kon-
struieren: Von 0 aus geht man bis zum Werte s=^0,l auf der
Abszissenachse fort. An diesen Punkt anschließend konstruiert
12*
Digitized by
Google
180 Kapitel IV.
man nun einen Kreis mit dem Radius (nach 19) q = — =— . Das
Zentrum des Kreises liegt vom Punkte s= 0,1 aus in einer Sichtung,
die [nach (18)] den Winkel T = -^- = ö,öi^ mit der ly-Achse ein-
schließt Auf dem so konstruierten Kreise trägt man den Bogen
8 = 0,1 ab. An den Endpunkt trägt man einen Kreisbogen mit
115
dem Radius (> = — == ^ q o = •^- Die Richtung nach seinem Zen-
^\
OB
0.7
Z^,^-— '— --^
0.6
<^
\
0.5
XQ)
«♦
\>^
■0.*
to
J
1
o.t
/
0.1
J:P^
^
OJ
Q.%
QJ
OJ as 0.0
0,T
fltf
— >
y^^
/
»O
f.O
\Lo F')\\
\
f
Fig. 63.
trum macht den Winkel t = -^=o,04 - % mit der ??- Achse. In
dieser Weise fortfahrend, kann man die ganze Kurve konstruieren.
4. Beugung am geradlinigen Bande eines Schirmes. Wir
nehmen die Bezeichnungen des § 2 wieder auf. Die y-Achse möge
parallel zur Schirmkante liegen, der Schirm erstrecke sich vom
Werte x = + oo bis zum Werte x^=x (Schirmrand). In Figur 64
ist X positiv, d. h. Po liegt außerhalb des geometrischen Schattens
Digitized by
Google
Beugcmg des Lichtes. lg|
des Schirmes. Untersuchen wir die Lichtintensität in einer zur
Schirmkante senkrechten Ebene, welche durch die Lichtquelle Q
geht, so liegt QPo in der x^-Ebene. Es gilt daher dann die
Formel (14), und wir haben nach (11) zu bilden:
- « - « ^3f)^
S^^jjdx dy sin [f (1 + 1) (^2^,2 9 + 2,2)] .
QO OO
Zunächst haben wir es zu rechtfertigen, daß wir hier über die
ganze, vom Schirm frei gelassene a^-Ebene integrieren, während
wir bei unseren früheren Entwickelungen (vgl. S. 175) voraussetzten,
daß nur über eine Öffnung
0 integriert werden solle, *
deren sämtliche Punkte P
in Distanzen vom Koordi-
natenanfang liegen, welche
klein gegen q^ und Qo sein
sollten. Ein derartiges Inte-
grationsgebiet ist nun in
der Tat allein für die Licht-
intensität J im Punkte
Po maßgebend, da es die
Zentralzonen, und zwar
noch sehr viele derselben,
umfaßt. Eine Integration
über anschließende, weitere ■
Gebiete fügt aber keine Fig. 64.
weiteren Anteile zu J hinzu,
da wir früher ableiteten, daß ein Schirmrand keinen Einfluß
mehr auf die Lichtintensität in einem Punkte Po hat, wenn er
viele Zonen weit entfernt ist von der direkten Verbindungslinie von
Po zur Lichtquelle Q, Wir können daher in (30) ohne Änderung
des Resultates die Integration über die ganze, vom Schirm frei
gelassene a:y-Ebene vornehmen.
Setzt man in (30):
lt + ^)'^'«'*'9' = -F' Xfc + ^)y'=-^' (31)
Digitized by
Google
182 Kapitel IV.
SO entsteht:
C =
COSi
(32)
wobei
S = YYl T\ ' I / ^^ ^** ^^ f (^^ + ^^ »
008 i
i/ 4- 00
— ^4i i\** f fdvducos^{v^ + u^,
9'T l 1 ) «^ «^
^ \Qi QoJ — 00—00
(33) «' = .'..« g.J/|(i + i).
Löst man nun auf:
CO« -ö (v-* + ^v = ^^^ ~9~ ßo« -K -wn -^ Äin -^ ,
und analog «tn^(v2 + t*2)^ gQ h^ann j^an die Integration nach u
sofort vornehmen und erhält unter Rücksicht auf (29):
(34)
> = /*• I / sin^dv + I
dv + I cos^dvjj
(35) f= - ^
2 COS cpf 1 )
Nach (12) folgt daher
(36) J=2Ä'^^pMjcos'^dv\ +(jsin'^fdv\ V
Für Ä gilt der Wert nach (9) auf S. 176. Da nach der Bemerkung
der vorigen Seite nur diejenigen Flächenteile der rr^-Ebene bei der
Integration zur Bestimmung der Lichtintensität J im Punkte Po
ins Gewicht fallen, welche in der Nähe des Koordinatenanfangs-
punktes liegen, so ist in -4' zu setzen
r = (K) , r = ()| , cos (nr) = — cos (nrj) = cos q) .
Daher ist
(37) Ä'f= ^
2 {qo 4- Qi) '
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 183
Für die beiden in (36) auftretenden Fresnelschen Integrale be-
nutzen wir die geometrische Darstellung und Bezeichnung des § 3.
Wenn die Koordinaten eines Punktes E der Kurve der Figur 63
dargestellt sind durch die früheren Gleichungen (15), d. h. durch
g= i cos -»- dVy r]= j sin -^ dv^
O 0
ferner die Koordinaten eines anderen Punktes E' der Kurve, der
zum Parameter v gehört, durch:
§ = I cos -Tj- dv, t] = I stn-^ dv,
O 0
so ist offenbar:
V V
I cos ^~- dv = ^ — g , l sin ^ dv = // — ;; .
V V
Die Summe der Quadrate dieser beiden Integrale ist also
gleich dem Quadrat der Entfernung zwischen den beiden
Punkten E und E' der Kurve in Figur 63. — Zum Parameter
v = — oo gehört der Punkt E= F' in Figur 63. Bezeichnet man
daher die Entfernung des Punktes i^ von einem zum Parameter
V gehörenden Punkte E' durch (— oc, v), so wird nach (36)
und (37)
'=21^)^'^-^^-)'' (38)
Aus der Gestalt der Kurve Figur 63 ergibt sich nun sofort, daß
/ Maxima und Minima besitzt für positive Werte v,
d. h. wenn Po außerhalb des geometrischen Schattens des
Schirmes liegt; innerhalb desselben dagegen wird die
Lichtintensität beständig kleiner, wenn Po tiefer in den
Schatten hereinrückt, denn dann ist v negativ und der Punkt £*'
nähert sich beständig dem Punkte F\
Für V = + oo wird ( — oo, +oc)2 = 2, da die Punkte F
und F' jeder die Koordinaten g = ^ = V2 besitzen. In diesem
Falle liegt Po sehr weit außerhalb des geometrischen Schattens
und die Lichtintensität wird nach (38) gleich der natürlichen, wie
sie ohne Vorhandensein eines Schirmes besteht. — Für v = o
liegt Po gerade am Rande des geometrischen Schattens. Dann
Digitized by
Google
184 Kapitel IV.
ist ( — 00,0) 2= V2 ^^^ <üe Lichtintensität ist nach (38) gleich ein
Viertel der natürlichen Intensität
Die strenge Berechnung der Maxima und Minima der Licht-
stärke, falls Po außerhalb des Schattens liegt, wollen wir hier nicht
ausführen.^) Näherungsweise ergibt sich aus der Figur (63), daß
diese Maxima und Minima an den Schnittstellen der Linie FF'
mit der Kurve liegen. Da diese Linie von der Kurve annähernd
rechtwinklig geschnitten wird, so ist für die Maxima der Neigungs-
winkel r der Kurve gegen die g-Achse gleich (^/4 +2h)jc, dagegen
für die Minima: t = ('/4 + 2h) jt, wobei ä = 0, 1, 2 . . ist. Wegen
der Gleichung (18) auf S. 177 ist daher für die Maxima: v = V \ + 4 h
für die Minima v = V^k + ^^- Um nun die Lage der Beugungs-
fransen zu bestimmen, denken wir uns den Beugungsschirm so um
seine Kante gedreht 2), daß er senkrecht zu der kürzesten Ent-
fernung a der Lichtquelle Q von der Schirmkante liegt (vgl. Fig. 64).
Dann ist Qi = a: cos q). Ferner ziehen wir durch Po eine Parallele
zur X-Achse, und die Entfernung des Po vom geometrischen Schatten
des Schirmes, gemessen auf dieser Parallelen, betrage d. Dann ist
X : d = a: a + b. Es bedeutet daher d den Abstand des Punktes
Poj für den die Lichtstärke berechnet wird, vom geometrischen
Schatten in einer Ebene, die um die Größe b hinter dem Schirme
liegt. Führen wir nun in (33) an Stelle von x die Größe d ein und
setzen Qi = a, qo = b, was gestattet ist, da cos (p sich nur unmerk-
bar von 1 unterscheidet, falls wir Po in der Nähe des geometrischen
Schattens annehmen, so wird nach (33)
falls p eine Abkürzung ist für
(40) p = j/Ä*(^.
1) Vgl. hierüber Fresnel, Oeuvr. compl. I, S. 322. — Über Reihenent-
wickelungen der Fresnelschen Integrale vgl. Vorles. üb. theor. Optik von
F. Neumanu, herausgeg. v. Dorn, Leipzig, 1885, S. 62-— 69. — Am vollstän-
digsten ist von Lommel in den Abhandl. der bayr. Akad. Bd. 15.S.229u.529,
II. Cl. 1886 die Beugung an kreisförmig und geradlinig begrenzten Schirmen
theoretisch und experimentell behandelt worden.
2) Durch eine solche Drehung des Schirmes und dementsprechende
Drehung der freien Fläche, über welche integriert wird, tritt nach dem Satze
der S. 173 keine Änderung im Resultate ein.
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. Ig5
Maxima der Lichtstärke finden daher statt für rf = ;? y^/j + 4ä,
d h. für
d^ =p • 1,225; d2 = P' 2,345; d^=P' 3,082 etc.
Minima finden statt TixT d = p yv+^ d. L für
^/ = j9 . 1,871; t/2' =i? • 2,739; (// =;? • 3,391 etc.
Die genauen Werte weichen nur sehr wenig von diesen An-
näherungswerten ab und die Beobachtungen i) bestätigen diese
Zahlen.
Die Lichtintensität in diesen Maximis und Minimis ergibt sich
nach (38) einfach durch geometrische Ausmessung der Abschnitte,
welche die Linie F'F in Figur 63 mit der Kurve bildet. Man
erhält so für die Maxima, falls die freie Intensität = 1 ge-
setzt wird:
Ji = 1,34; J2 = 1,20; J3 = 1,16;
für die Minima folgt
// = 0,78; /;= 0,84; //= 0,87.
Fresnel hat durch exaktere Berechnung seiner Integrale nur
wenig davon abweichende Werte gefunden.
5. Beugung durch einen schmalen Spalt. Wir legen das-
selbe Koordinatensystem und dieselben Bezeichnungen zu Grunde,
wie im vorigen Paragraphen, und untersuchen die Lichtintensität
in einer zu den (einander parallelen) Spalträndern senkrechten
Ebene, welche durch die Lichtquelle Q geht. Diese Ebene ist die
a;x-Ebene, vgl. Figur 65. Die x-Koordinaten der Spaltränder seien
iTi und x^. Wenn der Punkt Po, für den wir die Lichtintensität
berechnen, im geometrischen Schatten eines der den Spalt zu
beiden Seiten begrenzenden Schirme liegt, so sind x^ und x^ ent-
weder beide positiv, oder beide negativ. Wenn aber die Verbin-
dungslinie QPo durch den freien Spalt geht, so sind die Vorzeichen
von Xi und X2 einander entgegengesetzt. Dieser Fall ist in Figur 65
gezeichnet Wir wollen auch die dort gezeichnete Lage der Licht-
quelle Q senkrecht über der Mitte des Spaltes festhalten. Be-
zeichnet man die Spaltbreite mit rf, so ist:
Xi — X2 = 6, x^ — ^126 : d = a : a + b. (41)
1) Zur Beobachtung läßt man die BeuguDgsfransen entweder auf einem
geeignet gestellten Schirme zustande kommen, oder man benutzt eine Lupe
mit Qlasmikrometer, vgl. oben S. 125, Anm.
Digitized by
Google
186
Kapitel IV.
Für a und 6 kann man annähernd p, und Qo schreiben, da bei
kleinem 6 die Neigung von Qi gegen a sehr gering ist. "^
Führen wir wiederum die Größe v ein nach der Gleichung (31)
auf S. 181 und nennen wir v^ Und ^2 ^^ Werte des Parameters v,
welche den Integrationsgrenzen x^ und x^ entsprechen, so wird die
Lichtintensität in Po gerade wie nach (38) :
(42) -^=,.(,,^,.;f(t>i. »-'^^
wobei (vi, v^ die Entfernung zwischen den zwei Punkten der
Kurve in Figur 63 bezeichnet, welche den Parametern v^ und V2
entsprechen. Es ist nun aber nach (41) und (31):
(43)
Vj
'^-'Vi{i + ih H^'-ä-.p,
wobei p die Abkürzung nach Gleichung (40) bedeutet. — Wenn
wir nun die Lichtverteilung in einer Ebene untersuchen wollen,
welche um 6 hinter demBeugnugs-
schirm liegt, so haben wir den
Ausdruck (42) in seiner Abhängig-
keit von d zu diskutieren. Nach
(43) bleibt die Differenz der Para-
meter Vj, V2 konstant, es handelt
sich also um dieFrage : wie variiert
der Abstand zwischen den zwei
Punkten Vj, t^j der Kurve der
Figur 63, zwischen denen eine
konstante Bogenlänge s=t\ — «2
der Kurve liegt?
Nehmen wir zunächst einen
sehr schmalen Spalt, so daß die
konstante Bogenlänge s etwa den
Wert 0,1 besitzt,') so ergibt
jene Kurve sofort, daß die Lichtintensität von d=0 an bis zu sehr
großen Werten des r^, d. h. des d, konstant bleibt und dann all-
mählich abnimmt, wenn v^ und V2 beide sehr große positive oder
negative Werte haben, d. h. wenn Po schon weit im geometrischen
Schatten liegt. Bei einem sehr engen Spalte ist daher der geo-
metrische Schatten auch nicht annähernd wahrnehmbar, überhaupt
3
a
/
/
b
Pn d
Fig. 65.
1) Für a = 6 = 20 cm müßte dazu d etwa 30A betragen.
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. Ig7
gibt es nirgends eine scharfe Schattengrenze, das Licht ist über
einen großen Bereich nahezu konstant verteilt (Diffusion des
Lichtes)^)
Wenn die Spaltbreite 6 beträchtlicher wird, aber immer noch
absolut genommen sehr klein ist, so daß die konstante Bogenlänge s
etwa den Wert 0,5 besitzt, so ergibt die Kurve der Figur 63,
daß auch hier das Licht weit in den geometrischen Schatten
hereingreift und daß Maxima und Minima der Lichtstärke nur
für gleiche Vorzeichen von v^ und V2 eintreten,
d. h. daß Beugungsfransen nur im geometrischen
Schatten auftreten. Deutliche Minima bestehen
(vgl. Figur 66), wenn in den beiden Punkten v, und Uj
der Kurve die Tangenten einander parallel sind, so
daß sich die Tangentenwinkel t^ und Tj (vgl. oben
S. 177) um ein ganzes Vielfaches von 2jt unterschei-
den. Da nun nach (18) auf S. 177 r = njs-v^ ist, so ^s- ««•
muß für die Orte der Beugungsfransen sein:
j (vi^ — V2^ = ± 2hJt^ d. h. (vi — ^2) (^1 + ^ = i ^^1
oder mit Eücksicht auf (43):
d.6=±hXh, Ä=l, 2, 3.. (44)
Diese Beugungsfransen sind also äquidistant und unabhängig von
a, d. h. der Entfernung der Lichtquelle vom Schirm.
Wenn der Spalt noch breiter wird, oder bei derselben Spalt-
breite a und h verkleinert werden, so daß die Differenz v^ — V2
wesentlich größer wird, so können, wie die Kurve Figur 63 lehrt,
auch für verschiedene Vorzeichen von v^ und v^, d. h. außerhalb
des geometrischen Schattens, Beugungsfransen auftreten; zu jedem
Werte der Differenz v^ — v^ kann man den Verlauf des / als
Funktion von d aus der Kurve auch numerisch angenähert richtig
entnehmen. Wenn der Spalt sehr breit wird, d. h. r^ — uj sehr
groß ist, so nähert man sich dem im vorigen § 4 behandelten Falle.
Im Zentralgebiet (für d = 0) verschwindet J niemals. Je nach
dem Werte von h bei bestimmten a und 6 kann aber J Maxima
und Minima erhalten. Da für c? = 0 die Werte v^ und v^ ent-
gegengesetzt gleich sind, so geht die Verbindungslinie der Punkte
vj und V2 durch den Koordinatenfang in Figur 63. Maxima und
1) Diffusion des Lichtes muß z. B. stets eintreten, wie man durch die
Fresnelsche Zonenkonstruktion ableiten kann, falls die Spaltbreite rf < V2 ^ ist.
Digitized by
Google
188 Kapitel IV.
Minima treten daher annähernd für die Schnittpunkte der Kurve
mit der Linie FF^ ein, d. h. nach S. 184
Maxima für v^ = Y\ + ^^,
Minima für v^ = y "»j^ + 4h,
oder nach (43), da t;2 = — ^i ist:
Maxima für g (^ + 4) = 'l^ + ^^^
Minima für ^ (- + jj = \ + ^ä,
Ä = 0, 1, 2, 3 . . .
6. Bengnng durch einen schmalen Schirm ')• D^i* Schirm
habe die Breite rf, senkrecht über seiner Mitte liege im Abstände a
die Lichtquelle Q, Wir untersuchen die Lichtintensität in einer,
durch Q gehenden Ebene (ir;i;-Ebene), welche senkrecht zu den
(einander parallelen) Schirmrändern steht. — Wir gebrauchen die
im Vorigen angewandten Bezeichnungen (vgl. Figur 65), x^ und
X2 seien die x-Koordinaten der Schirmkanten, v^ und v^ die ihnen
entsprechenden Werte des Parameters v\ dieselben genügen den
Gleichungen (43). Die Lichtintensität J ist proportional zu der
Summe der Quadrate der Integrale (vgl. die Entwickelungen der
S. 182):
4- X
M =jcos ^^ dv + fcos ^ dv,
OD Vf
N--
Das erste Glied in if ist nun (vgl. die analogen Entwickelungen
der S. 183) gleich der ^-Koordinate der Strecke, welche F' und
den dem Parameter v^ entsprechenden Punkt E^ der Kurve in
Figur 67 verbindet. Das zweite Glied in M ist gleich der g-Koordinate
der Strecke (Ej/^), wobei der Punkt E2 dem Parameter Vj ent-
spricht. Analoge Bedeutungen haben die beiden Glieder von K
Nennt man die g-, bezw. 77-Koordinaten der Strecken {F' E^ und
{E2I*'): gl, g2, ^„ rj2, so wird also:
3P + i\r2 = (g, + g^2 + (^^ ^ ^^2.
1) Als schmaler Schirm kann z. B. zweckmäßig ein gerade gespannter
Draht verwendet werden.
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes.
189
Wenn man an die Strecke {F'E^ anträgt die Strecke {E^F")
in gleicher Richtung und Länge, wie die Strecke {E^F), so hat
die Strecke (yp") die Koordinaten gj + ?2i ^i + %• Die Licht-
stärke J im Punkte Po ist also proportional dem Quadrat der
Strecke {F'F"), welche man durch geometrische Addition der
beiden Strecken (F'E^) und (£2^) erhält, und hat den Wert:
Hieraus ergibt sich, daß der Zentralstreifen {d = 0) immer
hell ist (obwohl er am tiefsten im geometrischen Schatten liegt),
denn für ihn sind die Werte Vj und V2 entgegengesetzt gleich
Fig. 67.
die beiden Punkte E^ und E2 in Figur 67 liegen also symmetrisch
zum Koordinatenanfang, die Strecken F'Ei und E2F sind gleich
und gleichgerichtet, ihre geometrische Summe ist daher nie Null.
Je breiter der Schirm ist, desto kleiner wird die Lichtstärke im
Zentralstreifen.
Wenn der Schirm genügende Breite hat, so daß v^ und ^2
ziemlich groß sind, so liegen die Punkte E^ und E2 in der Nähe
von F" und F. Die Strecken {I^^E^) und (^2^ si^d dann annähernd
einander gleich, es tritt daher nahezu vollständige Dunkelheit ein,
wenn {F'E^ parallel und gleichgerichtet ist mit {FE^, Da bei
großen vi und V2 die Strecken {F'E^ und {FE^ nahezu senkrecht
zur Kurve der Figur 67 stehen, so sind, falls diese Strecken gleich-
Digitized by
Google
190 Kapitel IV.
gerichtet sind, die Tangenten, welche in E^ und in ^ an die
Kurve gelegt werden, einander annähernd parallel, und zwar laufen
ihre positiven Richtungen, welche nach wachsenden Bögen a hin-
weisen, einander entgegen. Es ist also die Differenz der Tangenten-
winkel Ti — T2 ein ungerades •Vielfaches von ^, d. h. da nach (18)
r = »/j ' v^ ist, so treten dunkle Beugungsfransen auf, falls
i (vi^ — V2^ = ± 1, ± 3, ± 5 etc.
Unter Rücksicht auf (43) wird dies:
(47) 2d6 = ± ä;16, Ä = 1, 3, 5 etc.
Diese Beugungsfransen nehmen an Dunkelheit mit wachsendem h
ab. Sie sind äquidistant und von der Entfernung a der Lichtquelle
vom Schirm unabhängig. Die ganze Betrachtung gilt nur inner-
halb des geometrischen Schattens, d. h. solange d<i^ 6 ^— ^
ist, und auch dann nur mit einiger Strenge, falls die beiden Schirm-
rändern entsprechenden Werte von v^ und v^ hinreichend groß
sind, d. h. bei genügend breitem Schirm in genügender Nähe an
ihm in der Umgebung des Zentralstreifens.
Rückt Po an den Rand des geometrischen Schattens, oder aus
ihm heraus, so treten auch dann noch je nach der Lage von Po
Maxima und Minima der Lichtstärke auf, die für jeden speziellen
Fall durch die angegebene Konstruktion aus der Figur 67 erhalten
werden können. Die hier auftretenden Beugungsfransen gehorchen
aber keinem leicht übersichtlichen Gesetze.
Diese Beispiele mögen genügen, um die Brauchbarkeit der von
Cornu benutzten geometrischen Methode zu zeigen 0- Die Be-
obachtungen entsprechen allen hier gezogenen Folgerungen.
7. Strenge Behandlung der Beugung am geradlinigen Bande
eines Schirmes. Wie schon im Eingange dieses Kapitels hervor-
gehoben wurde (S. 174), ist die bisherige Behandlung der Beugungs-
erscheinungen auf Grund des Huygensschen Prinzipes nur eine
angenähert richtige. Es ist nun wichtig, daß man wenigstens in
einem Falle, nämlich bei der Beugung durch den geradlinigen
Rand eines Schirmes, das Problem nach Sommerfeld 2) in Strenge
durchführen kann; man kann einerseits dadurch prüfen, welche
Fehler die angenäherte Behandlung der Beugung ergibt, anderer-
1) Diese Methode ist noch auf kompliziertere Fälle angewendet in dem
Lehrbuch von Mascart, Trait^ d'Optique, Paris 1899, T. 1, S. 283.
2) A. Sommerfeld, Math. Annalen, Bd. 47, S. 317, 1895.
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 19 t
seits kann man dadurch auch die Erscheinungen bei sehr großen
Beugungswinkeln, d. h. in sehr großem Abstand von der geo-
metrischen Schattengrenze, theoretisch behandeln, was bei der
bisher angewandten Methode, ohne gewisseErweiterungen wenigstens,
nicht möglich wäre.
Die strenge Behandlung der Beugungserscheinungen hat die
Differentialgleichung (12) der S. 160 für die Lichterregung:
zu integrieren unter Rücksicht auf gewisse Eandbedingungen, welche
an der Oberfläche der Beugungsschirme zu erfüllen sind. Die Form
dieser Rand- oder Grenzbedingungen werden wir erst später im
IL Abschnitt, Kapitel I, II und IV ableiten, hier wollen wir die
dort abzuleitenden Resultate vorwegnehmen. — Zunächst wollen
wir die Betrachtungen dadurch vereinfachen, daß wir annehmen,
daß die Lichtquelle eine unendlich lange Linie ist, welche parallel
zur t/-Achse liegt. Ebenfalls soll der Rand des ebenen Beugungs-
schirmes parallel zur t/-Achse liegen, wir wollen ihn direkt als
^-Achse wählen, die positive a:-Achse soll im Beugungsschirm ver-
laufen, die positive «-Achse sei von der Lichtquelle abgewandt.
(Vgl. Figur 68.) — In diesem Falle kann s offenbar nicht mehr
von der Koordinate y abhängen, die obige Differentialgleichung
vereinfacht sich daher zu
Den Schirm setzen wir voraus als unendlich dünn und unendlich
stark absorbierend. Es kann dann kein Lieht durch ihn hindurch
gehen, er reflektiert aber vollkommen, wie im II. Abschnitt ge-
zeigt werden wird; eine sehr dünne, hochpolierte Silberschicht
würde etwa unserem Schirm entsprechen. Der Schirm entspricht
also nicht dem Begriff: „vollkommen schwarz'V) sondern er ist
1) Ein YoUkommen schwarzer Schirm, der kein Licht durchläßt, aber auch
kein Licht reflektiert, ist nur durch einen Körper zu realisieren, dessen Brechungs-
index nach seiner Oberfläche zu stetig in den Wert des Brechungsindex der
Umgebung übergeht und dessen Absorptionsindex nach der Oberfläche zu stetig
in den Wert Null übergeht. Jede Unstetigkeit in den optischen Eigenschaften
eines Mediums bewirkt notwendig Reflexion des Lichtes. Daher ist überhaupt
kein ideal schwarzer Schirm als scharf begrenzter, dünner Körper denkbar,
für den man gewisse Grenzbedingungen aufstellen könnte. — Über die Aus-
dehnung der Sommerfei dschen Behandlung der Beugung auf einen vollkommen
schwarzen Schirm vgl. W. Voigt, Compend. d. theoret. Phys. II, S. 768.
Digitized by
Google
192 Kapitel IV.
voUkommeii blank. Die Grenzbedingung an einem solchen Schirm
lautet:
(AQ-) = 0 ^^^^^ ^^^ einfallende Licht senkrecht zur Schirmkante
^ ^ * ' polarisiert ist,
C50^ — = 0 ^^^^^ ^^^ Licht parallel zur Schirmkante polari-
^ ^ ^* ' siert ist^.
Die Bedeutung dieser Bezeichnungen und des Wortes „Polari-
sation" soll erst im nächsten Kapitel erörtert werden. Hier genügt
es, zu wissen, daß die Diflfe-
rentialgleichung(48)entweder
unter Rücksicht auf die Rand-
bedingung (49), oder (50) zu
integrieren ist. Die Randbe-
dingungen gelten an der Ober-
fläche des Schirmes, d. h. für
;;; = 0, x > 0. d. h. für g) = 0,
bezw. q) =2jc, wenn manPolar-
koordinaten einführt durch
die Gleichungen:
/ / / (^1) X = r cos % z = r sin g>.
EiJfaMdfB Wenn man die Differen-
^'^^< tialgleichung (48) auf diese
Fig. 68. Polarkoordinaten transfor-
miert, so ergibt sich
Eine Lösung dieser Difl'erentialgleichung und der Grenz-
bedingung (49), bezw. (50), welche dem Falle entspricht, daß die
Lichtquelle im Unendlichen liegt und ihre Strahlen den Winkel g)'
mit der x-Achse bilden (vgl. Figur 68) ist nun:
(53) s = Ä .^'.
1) Wie später bei Besprechung der elektromagnetischen Theorie erörtert
werden wird, hat s in beiden Grenzbedingungen nicht dieselbe Bedeutung: in
(49) bedeutet 8 die der Schirmkante parallel schwingende elektrische Kraft, in
(50) die der Schirmkante parallel schwingende magnetische Kraft. Die Licht-
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. I93
wobei ist:
r = -'p cos (9) — q>'), / = -f^ 00s isp + (p) , (54)
ö=^-^«ini(9) — 9)'), o=—y-^8in\{(p+ip). (55)
In (53) gilt das obere oder untere Vorzeichen, je nachdem die
Grenzbedingung (49) oder (50) erfüllt werden soll. Der Buchstabe %
bedeutet dabei die imaginäre Einheit, d. h. Y — 1- ^^^ Lösung
von s tritt also zunächst als komplexe Größe auf. Um ihre
physikalische Bedeutung zu geben, braucht man unter s nur den
reellen Teil der komplexen Größe zu verstehen. Wenn wir also
z. B. den Ansatz machen
5=(^ + ^0e^*^^r, (56)
so ist die physikalische Bedeutung von s der reelle Teil, d. h.
5 = ^ cos 2jc^ — Bsin2jt 7p. (57)
Die Intensität des Lichtes würde in diesem Falle sein (vgl. den
analogen Schluß von S. 176):
J=A'^ + B\ (58)
Wir können dieses Resultat aus (56) direkt ableiten, wenn wir
8 mit seiner konjugiert komplexen Größe multiplizieren, d. h. mit
derjenigen Größe, welche sich nur durch das Vorzeichen von i
von der rechten Seite von (56) unterscheidet, also mit {A — Bi)
c * "^^ T. Dieses Resultat mag auch für später bemerkt werden.
Es lautet also: Wenn die Lichterregung 5 in Form einer
komplexen Größe dargestellt wird (wobei s selbst nur die
Bedeutung des reellen Teiles jener komplexen Größe besitzt), so
wird die Lichtintensität durch Multiplikation mit der
konjugiert komplexen Größe erhalten.
Daß die Formeln (53), (54), (55) wirklich eine Lösung der
Differentialgleichung (52) sind, erkennt man durch Bildung der
Differentialquotienten nach r und <p,^) Ferner wird durch das obere
inteusität berechnet sich aber in beiden Fällen in gleicher Weise, wenigstens
auf der von der Lichtquelle abgewendeten Schirmseite.
1) Der Weg, auf welchem Sommerfeld in konsequenter Weise zu dieser
Losung geführt wurde, kann hier nicht dargestellt werden, da dies zuviel
Hilfsmittel beanspruchen würde.
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 13
Digitized by
Google
194 Kapitel IV.
Vorzeichen in (53) die Grenzbedingang (49) erfüllt, da für 9) = 0
und g) = 2jt, 7 = 7', ö = ö' wird. Ferner wird durch das untere
Vorzeichen in (53) die Grenzbedingung (50) erfüllt, da ^ = - ^—
ist für 9) = 0, und da die Diflferentialquotienten nach g) von den
beiden Summanden, die in der Klammer von (53) enthalten sind,
entgegengesetzte Werte für 9) = 0 oder g)=^2jt annehmen. Daß
außerdem die Lösung (53) tatsächlich den angenommenen ebenen
Wellen einer in der vorgeschriebenen Richtung liegenden unendlich
entfernten Lichtquelle Q entspricht, werden wir bei näherer Dis-
kussion einsehen. Zunächst mag aber noch ein wichtiger Punkt
erörtert werden. Wenn wir einen beliebigen Punkt Po in der
xxrEhene, für den wir s berechnen wollen, eine volle Umkreisung
um die Schirmkante (bei festem Abstände r von ihr) machen lassen,
so ist ^ um 2jt gewachsen. Es nimmt dann s nicht den ursprüng-
lichen Wert wiederum an, sondern einen anderen, weil 0 und a
wegen der Faktoren sin\{(p^ ^') bei Änderung von q> um 2jt
ihr Vorzeichen gewechselt haben, s ist daher nicht eine eindeutige
Funktion des Ortes. Der physikalische Sinn erfordert aber Ein-
deutigkeit. Wir können dieselbe nun sofort erhalten, wenn wir bei der
Veränderung von g) nie durch den Schirm selbst hindurchgehen.
Dies wollen wir festhalten, indem g) nur zwischen 0 (Schattenseite
des Schirmes) und 2jc (Lichtseite des Schirmes) variieren soll.
Es sind nun drei Räume zu unterscheiden, in denen sich s
wesentlich verschieden verhält:
1. Der Schattenraum: 0<C9><i9>'' Nach (55) sind a und <j'
negativ. Für unendlich großes r wird daher s = 0.
2. Der unbeschattete Raum q/ <Cg><i2jt — 9)'. Es ist 0
positiv, c negativ. Da nach Formel (29) auf S. 179
(59)
SO ist daher für unendlich großes r:
Der reelle Teil hiervon entspricht ebenen Wellen der Ampli-
tude A, deren Fortpflanzungsrichtung den Winkel g>' mit derar-Achse
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 195
macht Die Lösung entspricht also tatsächlich für sehr große r
dem einfallenden Lichte einer in der Richtung ip liegenden, un-
endlich entfernten Lichtquelle Q,
3. Der Reflexionsraum 2x — (p <,<p<i2jt. Es ist c und
c positiv. Für unendlich großes r wird daher
i 2j€^
8 = Ä* 6
. 27ir f /n . 2Tir , , /v
Der reelle Teil hiervon entspricht der Superposition der ein-
fallenden ebenen Wellen und der nach dem Reflexionsgesetz am
Schirm reflektierten ebenen Wellen. Die reflektierte Amplitude ist
dem absoluten Betrage nach gleich der einfallenden Amplitude.
In anschaulicher Form erhalten wir die Lösung (53), wenn
wir wiederum die Kurve der Figur (63) benutzen. Denn nach
S. 183 ist
■iV, (60)
wobei g und ^ die Projektionen der Strecke iß^E) auf die g- und
7y-Achse sind, und wobei E den dem Parameter c entsprechenden
Punkt der Kurve bedeutet. — Analog ist
dv^i—iri , (61)
wobei i und r] die Projektionen der Strecke (F'JS') sind, und ^
ein Punkt vder Kurve ist, welcher dem Parameter d entspricht.
Betrachten wir zunächst die von der Lichtquelle ab-
gewendete Seite des Schirmes, d.h. 0<i(p<C^, so bemerken
wir, daß c wegen des kleinen Nenners X (Wellenlänge) beständig
sehr groß und negativ ist, falls man r nicht sehr klein wählt.
Für einigermaßen große r kann man daher nach (61) sehr an-
nähernd ^ = r]' = 0 setzen, und erhält dann aus (53) und (60):
13*
Digitized by
Google
196 Kapitel IV.
und nach dem Lehrsatze (58) für die Lichtintensität:
(62) / = ^.(F'£)2.
Zu nahezu derselben Formel würden wir aber auch nach der
früheren Näherungsrechnung in § 4 gelangt sein. Wenn nämlich
die Lichtquelle unendlich entfernt ist, so würde die dortige
Formel (38) ergeben
(63) J=f(-oo,vy,
und nach (39): v = dy^-
Die Bedeutung von d ist aus Figur 64 zu entnehmen. Führt
man die Entfernung r des Punktes Po von der Schirmkante ein,
so ist d = r «*n (q> — g)'), wenn <p — q> der Beugungswinkel ist,
d. h. die Neigung der gebeugten Strahlen gegen die einfallenden
Strahlen. Da in der Nähe der Schattengrenze 6 = r zu setzen ist,
so folgt V =1/ -^ sin {(p — (p)\ denselben Wert besitzt o nach
(55) für genügend kleine Beugungswinkel, d. h. der Punkt E in
Formel (62) entspricht dem Parameter v in Formel (63). Beide
Formeln führen daher zu demselben Werte von J in der Nähe
der Schattengrenze. In größerem Abstand von ihr weicht aller-
dings die strengere Formel (62) ab von derjenigen, die sich nach
dem früheren Näherungsverfahren ergeben würde. — Der früher
gezogene Schluß, daß nur außerhalb des Schattenraumes Beugungs-
fransen auftreten, gilt natürlich ebenso hier, nach der strengeren
Betrachtung.
Auf der der Lichtquelle zugewendeten Seite des
Schirmes jr^ gx; 2jr, nimmt innerhalb des Reflexionsraumes
(g)>2jr — g)') auch das Integi'al (61) bedeutende Werte an.
Will man daher eine allgemein gültige strenge Formel für die
Lichtintensität ableiten, so darf man das Integral (61) nicht gegen
das Integral (60) vernachlässigen. Dies ist sowohl für den Reflexions-
raum, als auch für die anderen Räume bei sehr kleinem r oder
sehr großen Beugungswinkeln <p — g)' geboten.
Man erhält diese strenge Formel für die Lichtintensität /,
indem man die rechte Seite von (53) mit ihrem konjugiert komplexen
Ausdrucke multipliziert. Durch Benutzung der Bezeichnungen (60)
und (61) erhält man dadurch folgende völlig strenge Formel:
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. I97
±2«n(r-/).(^r— ^§)},
oder
J=^{{F'E)^ + {F'E'Y + 2{rE){rEf)cos{r-r-¥x)l (64)
wobei X den Winkel bezeichnet, welchen die Strecken {F'E) und
{F' JSf) miteinander bilden, x ist positiv gerechnet, wenn die
Drehung, welche auf dem kürzesten Wege F'E in F'Ff überführt,
in demselben Sinne erfolgt, wie eine Drehung der 7j-Achse zur
§-Achse. — Nach (54) ist
7 — 7'= -4j-«n9P«ng)'. (65)
Nach (64) ist / proportional zu dem Quadrat der geometrischen
Differenz bezw. Summe zweier Strecken der Länge (i'^'i^ und (F'E^\
welche den Winkel z + 7 — / miteinander bilden. Die geo-
metrische Differenz ist zu bilden, falls das einfallende Licht
senkrecht zur Schirmkante polarisiert ist, die geometrische Summe,
falls es parallel zur Schirmkante polarisiert ist.
Den Ausdruck (64) kann man noch wesentlich vereinfachen,
wenn die Lichtintensität / nicht in der Nähe des geometrischen
Schattens berechnet werden soll, d. h. wenn nicht <p sehr nahe
gleich ip ist
Im Schattenraume ist dann nämlich c und o sehr groß
negativ, wir können daher nach den Betrachtungen, welche in § 3
an die Gestalt der Kurve der Figur (63) angeknüpft sind, F' E
gleich dem Krümmungsradius q der Kurve im Punkte E, F'E'
gleich dem Krümmungsradius im Punkte E' setzen, und den
Winkel Xi welchen diese beiden Strecken mit einander bilden,
gleich dem Winkel, welchen die in den Punkten E und E' an die
Kurve gelegten Tangenten miteinander einschließen. Nach den
dortigen Formeln (18) und (19) der S. 177, 178 ist also zu setzen:
F'E= — , F'E'=^, ;C=|(ö2~ö'2).
710^ na ^ ^ 2 ^ ^
Unter Rücksicht auf (55) und (65) wird nun 7 — 7' + ;^ = 0,
daher nach (64):
Digitized by
Google
198 Kapitel IV.
Setzt man hierin die Werte (55) für o und a ein, so gilt für das
obere Vorzeichen, d. h. falls das einfallende Licht senkrecht zur
Schirmkante polarisiert ist:
^^*) ^-^^'^ ~ n^ r {cos<p — cos <p)i '
dagegen fttr das untere Vorzeichen, d. h. wenn das einfallende
Licht parallel zur Schirmkante polarisiert ist:
(^S) ^'^ •^ — ^2 -y ^eos q> - cos <py '
Diese Formeln für den Schattenraum gelten also nur, falls
^/r sehr klein und g) nicht in unmittelbare Nähe von g)\ d. h. an
die Grenze des Schattenraumes, kommt. Es geht aus den Formeln
hervor, daß am Schirm selbst (für g) = 0) das Licht vollständig
parallel zur Schirmkante polarisiert ist, daß ferner für wachsen-
de q> die Intensität / nach beiden Formeln beständig zunimmt und
dabei stets die Intensität (67) des senkrecht zur Schirmkante
polarisierten Lichtes kleiner ist als die Intensität (68) des parallel
zur Kante polarisierten Lichtes. Der Unterschied zwischen beiden
Intensitäten nimmt beständig ab bei Annäherung an die Grenze
des geometrischen Schattens.
Die Lichtbeugung am geradlinigen Rande eines Schirmes bei
sehr großen Beugungswinkeln ist von Gouy 0, W. Wien^) und Maey^
beobachtet worden. Bei abgerundetem Rande des Schirmes er-
gaben sich Färbungen, welche von der Natur des Schirmes ab-
hingen. Die hier entwickelte Theorie ergibt, daß unabhängig von
der Natur des Schirmes die Farben größerer Wellenlänge im stark
gebeugten Lichte überwiegen müßten. Um eine Abhängigkeit von
der Natur des Schirmes zu ergeben, müßten die Grenzbedingungen
(49) und (50) die optischen Konstanten des Schirmes enthalten.
Bisher ist aber eine Integration der Differentialgleichung (48)
bei solchen komplizierteren Grenzbedingungen noch nicht ge-
lungen.-*)
1) Gouy, Ann. d. Chim. et de Phys. [6], 8. S. 145, 1886.
2) W. Wien, Wied. Ann. 28, S. 117, 1886.
3) E. Maey, Wied. Ann. 49, 8. 69, 1893.
4) Ebenso wenig kann man die Polarigation des gebeugten Lichtes in
komplizierteren Fallen theoretisch erschöpfend behandeln. Literaturzusammen-
stellung hierüber vgl. in Winkelm. Hdb. d. Phys. VI (Optik), S. 1111—1113
(Autor F. Pockels).
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 199
Außerhalb des Schattenraumes (und außerhalb des
Eeflexionsraumes) ist in genügendem Abstände von der Grenze des
Schattenraumes und des Reflexionsraumes a sehr groß positiv, o
sehr groß negativ. Daher ist F'lf sehr klein und hat den Wert
(abgesehen vom Vorzeichen) 1 : xa\ während F'E annähernd gleich
vT ist Ferner ist, da ^ £' annähernd den Winkel V4 ^ Ddt der
§- Achse einschließt: x== — Vi^ — ^k^^'^i so daß wird
Mit Vernachlässigung von (2^ E')^ erhält man daher aus (64):
Bei veränderlichem <p treten also Beugungsfransen auf, die aller-
dings nur wenig deutlich sind. Die Fransen werden um so deut-
licher, je näher ^ an 2m — <p heranrückt. Dann gilt aber
schließlich die Formel (69) nicht mehr, und dicht am XJbergäng
zum Eeflexionsraum muß das Resultat aus (64) und der Kurve
der Figur (63) abgelesen werden, da nun ^ ^ größer wird.
Im Reflexionsraum, in genügendem Abstände von seiner
Grenze cp = 2jr — cp' ist sowohl ^ JS' als F' £^ annähernd gleich
VT, z = 0. Daher ergibt sich aus (64) und (65) periodisch
wechselnd volle Dunkelheit oder die vierfache Intensität des ein-
fallenden Lichtes, je nachdem y sin (p sin cp' eine ganze Zahl, oder
die Hälfte einer ungeraden Zahl ist Wir stoßen so auf die oben
S. 147 studierte Erscheinung der stehenden Wellen, die allemal
eintritt, wenn die einfallenden Wellen sich über die reflektierten
superponieren. Hier ist nun aber der in der Anm. auf S. 192 an-
gedeutete Unterschied in der Bedeutung von 5 je nach dem Polari-
sationszustande des einfallenden Lichtes zu beachten. Es soll davon
in einem späteren Kapitel noch die Rede sein.
Auf die Sommerfeldsche exakte Lösung des Beugungs-
problems für eine vollkommen reflektierende Halbebene hat
Schwarzschild*) eine Methode gegründet, um die Beugung
durch einen geraden Spalt in einem unbegrenzt ebenen, vollkommen
1) K. Schwarzschild, Math. Add. 55, S. 177, 1902. — Vgl. auch Winkel-
mann, Hdb. VI, S. 1106.
Digitized by
Google
200 Kapitel IV.
reflektierenden Schirm durcli sukzessive Annäherung zu behan-
deln. Die Lage der Maxima und Minima ändert sich nach der
strengen Theorie nicht merklich gegenüber der hier im § 5 ge-
gebenen annähernden Berechnung, auch das Intensitätsgesetz der
Maxima bleibt (bei nicht zu großen Beugungswinkeln) nach beiden
Behandlungen das gleiche, das der Minima aber nicht. Bei ein-
fallendem natürlichen Licht muß das durch einen gegen die
Wellenlänge breiten Spalt gebeugte Licht auch unter beträcht-
lichen Beugungswinkeln unpolarisiert sein, dagegen muß ein-
fallendes linear polarisiertes Licht zu elliptisch polarisiertem
werden.
8. Frauenhofersche Bengnngserscheiniingen, Wie oben
S. 176 erwähnt wurde, bezeichnet man als Frauenhofersche
Beugungserscheinungen diejenigen, bei denen Lichtquelle Q und be-
trachteter Punkt Po im Unendlichen liegen. Man kann diese Er-
scheinungen beobachten, wenn eine punktförmige Lichtquelle Q
in den Brennpunkt einer Sammellinse (Kollimatorlinse) gestellt
wird, da dann die austretenden Strahlen parallel sind, und wenn
man hinter dem Beugungsschiim ein auf unendlich eingestelltes
Fernrohr benutzt.
Wir gehen von den Entwickelungen des § 1 aus, d. h. vom
Huygensschen Prinzip. Die Behandlung ist also nicht eine völlig
strenge, wie im vorhergehenden Paragraphen. Wie wir aber dort
sahen, ergibt das Huygenssche Prinzip bei nicht sehr großen
Beugungswinkeln eine sehr gute Annäherung. Nach den Formeln (8)
und (9) auf S. 175, 176 ist für Qi = Qo = oo zu setzen:
(70) /-Cr, 2/) = --J j X {a, + ao) + y (ft + ßo)] ,
und dabei bezeichnen er,, ft, cf», /9o die Richtungskosinus, welche
die Richtungen vom Koordinatenanfang nach der Lichtquelle Q und
nach dem betrachteten Punkte Po mit der x- und ?/- Achse bilden.
(Vgl. Fig. 62 auf S. 174).
Nach den Formeln (11) und (12) der S. 176 ist daher mit
Benutzung der Abkürzungen:
(71) ?p(a, + ao) = fi,^f{ß, + ßo)==v
die Lichtintensität im Punkte Poi
(72) /=^'2(C^+ ä2),
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes.
wobei
C= I cos (jix + py) da, S = I sin (ßx + vy) da,
201
(73)
und die Integration über die Öffnung im Schirm zu ei-strecken ist.
Die Konstante Ä hat eine anschauliche Bedeutung, wenn wir
die Lichtintensität / einführen, welche hinter dem Beugungs-
schirm beobachtet wird, falls wir das Fernrohr in die Richtung
der einfallenden Strahlen bringen. Dann ist nämlich für alle
Stellen des* Beugungsschirmes, die nicht unendlich weit vom
Koordinatenanfang entfernt liegen, ^ = j; = o , so daß die Be-
ziehung besteht:
falls mit a die Größe der ganzen beugenden Öffnung verstanden
wird. Daher folgt für eine beliebige Richtung des Fernrohrs:
J-^-.i.G'^ + S^.
(74)
9. Beu^ng durch ein Beehteck. Wenn die Schirmöffnung
ein Rechteck ist, lassen sich die Integrale (73) am einfachsten
berechnen. Legen wir den Koordinatenanfang in den Mittelpunkt
des Rechtecks, die Koordinatenachsen parallel zu den Rechteck-
seiten, und hat das Rechteck die Seitenlängen a (parallel zur
ic-Achse) und h (parallel zur t^Achse), so wird
(IV 2 2 ^ '
daher nach (74), da a = ab ist:
/ = /
sin -2
(xa
2
2
sin -.j
vb
2
(75)
Es tritt daher völlige Dunkelheit ein in den Richtungen, welche
dadurch bestimmt sind, daß entweder im oder vb ein ganzzahliges
Vielfaches von 2jc ist.
Wenn das Licht der Quelle Q senkrecht auf den Beugungs-
schirm fällt, so ist cfi = A = 0. Die optische Achse des beobach-
tenden Femrohrs sei parallel dem einfallenden Licht gerichtet,
d. h. ebenfalls senkrecht zum Beugungsschirm. Die Lichtinten-
Digitized by
Google
202 Kapitel IV.
sität / in der durch Oo und ßo bestimmten Eichtung wird dann
beobachtet in einem Punkte F der Brennebene des Fernrohr-
objektivs, welcher die Koor-
dinaten:
(76) x' = fao,y=fßo
besitzt in einem Koordinaten-
system X y , welches den Brenn-
punkt F des Objektivs zum
Anfang hat und den Seiten
des beugenden Rechtecks par-
allel ist Es bedeutet / die
^^' ^^* Brennweite des Objektivs. —
In (76) ist vorausgesetzt, daß
Oo und ßo kleine Größen sind, d. h. daß der Beugungswinkel nicht
erheblich ist
Nach (71) ist nun:
(77) u = — v = -^-^-
Es tritt daher völlige Dunkelheit ein für
Ha = ± 2hjt, d. h.x =± h^, Ä = 1, 2, 3 . . .
und für
vb = ±2hjt, ±h, y =±k^, k=\, 2, d ...
In der Brennebene des Objektivs entsteht daher (bei homogener
Beleuchtung) eine von schwarzen Linien durchzogene Figur, wie
sie in beistehender Zeichnung angedeutet ist Die Linien haben
konstanten Abstand voneinander, nur in der Mitte der Beugungsfigur
ist dieser Abstand der doppelte. — Oben links ist die beugende
Öffnung 0 gezeichnet Die Beugungsfransen bilden daher Recht-
ecke, welche dem beugenden Rechteck ähnlich sind, aber invers
zu ihm liegen.
Im Brennpunkt F des Objektivs erreicht die Intensität / den
größten Wert, J=f. Für /£ = 0 ist nämlich der Grenzwert des
Quotienten 8inf^i2:'*^l2= i. — Andere, aber kleinere Maxima
nimmt / annähernd in den Mittelpunkten der von den Beugungs-
Digitized by
Google
BeuguDg des Lichtes. 203
fransen der Figur 69 umgrenzten Eechtecke an. Diesen Mittel-
punkten entsprechen die Werte:
fm = :jt{2h + 1), i;fe = jr (2Ä: + 1), Ä, ifc = 1, 2, 3
Auf der a;'-Aclise ist aber für die Mittelpunkte jener Rechtecke:
fia=x{2h + 1), j; = 0, h=\, 2, 3 . . .
Daher sind die Maxima auf der a:'- Achse (oder i/'-Achse):
j -f 4
während sie in der Mitte eines beliebigen anderen Rechtecks, für
welches weder x noch y verschwindet, den Wert haben:
(2h 4- 1)2 {2k 4- 1J2 •
Die J2 sind daher wesentlich kleiner als die J^, so daß die
ganze Beugungsfigur, roh betrachtet, den Eindruck eines nach der
Mitte zu heller werdenden Kreuzes macht, dessen Balken den
Seiten der Beugungsöffnung parallel liegen. (In Figur 69 ist die
Lichtverteilung durch die Schraffierung angedeutet.)
10. Beugang durch ein schlefwlDkliges Parallelogramm.
Diesen Fall kann man sofort aus dem vorigen ableiten auf Grund
der Bemerkung, daß nach (73) die Integrale C und S und daher
auch die Lichtintensität J unj^eändert bleibt, wenn man die Koordi-
naten X, y der beugenden Öffnung mit den Faktoren je?, q multi-
pliziert, während man gleichzeitig die Größen [i und v, d. h. die
Koordinaten x, y der Beugungsfigur, durch die gleichen Faktoren
JE?, q dividiert Geht man von einem rechtwinkligen beugenden
Parallelogramm aus, dessen Seiten den Koordinatenachsen x y nicht
parallel sind, so erhält man durch jene Anwendung zweier Fak-
toren JE?, q ein schiefwinkliges Parallelogramm als Beugungsöffiiung,
während die Beugungsfransen ebenfalls schiefwinklige Parallelo-
gramme einschliessen; die Beugungsfransen verlaufen senkrecht zu
den Seiten des beugenden Parallelogramms.
11. Beugung durch einen Spalt. Ein Spalt läßt sich auf-
fassen als ein Rechteck, dessen eine Seite (6) sehr groß ist Die
Beugungsfigur reduziert sich daher auf einen schmalen Lichtstreifen
Digitized by
Google
204
Kapitel IV.
in der x-Achse, der von Dunkelflecken durchschnitten ist, entsprechend
der Formel:
(78)
J=J'
sin ,^
\^
2
Dabei ist, falls das Licht senkrecht gegen die Ebene des Spaltes
einfällt:
(78')
27t .
falls g> den ßeugungswinkel (Winkel der gebeugten Strahlen gegen
die einfallenden Strahlen) bezeichnet. Wenn die Lichtquelle Q
eine Lichtlinie ist, die zum Spalt parallel ist, so wird auch die
Beugungsfigur ein breites Lichtband, das von parallelen Fransen
durchschnitten ist an den Stellen
fia = 2hjt, Bedeutendere Lichtinten-
sität findet sich nur zwischen den
Grenzen (ia = ± 2^, — Die Lage
der dunklen Fransen hätte man auch
aus folgender Überlegung direkt
ableiten können:
Um die Intensität für einen be-
liebigen Beugungswinkel g) (vgl.
Figur 70) zu finden, teile man den
Beugungsspalt ^J9in derartige Strei-.
fen AA^, ^1^2» -^2^3 ^t^., daß die
Lichtwege von A, Jj, J2 • • • ^^^^
dem unendlich fernen Punkte Po um je V2 ^ voneinander ver-
schieden sind. Die Wirkung je zweier benachbarter Zonen heben
sich dann auf. Es besteht daher Dunkelheit, wenn AB in eine
gerade Anzahl solcher Zonen geteilt werden kann, d. h. wenn im
rechtwinkligen Dreieck ACB die Kathete BC gleich ä • 2 ist, wo
Ä = 1, 2, 3 . . . Da nun BC= a simp, falls a die Spaltbreite ist,
so tritt Dunkelheit ein für die Beugungswinkel
Fig. 70.
(79)
sin (jp = -h h ' — ,
Dies ist aber (nach (78') identisch mit der Bedingung (la = 2hx.
Hieraus ergibt sich, daß für a < Jl für keinen Beugungswinkel
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 205
Dunkelheit eintritt, es besteht daher Diffusion des Lichtes (vgl.
die analogen Betrachtungen oben auf S. 187).
Fällt weißes Licht ein und bezeichnet man die Intensität f,
welche einer bestimmten Farbe oder Wellenlänge X angehört, mit
//, setzt ferner zur Abkürzung Jt a sin (p = a , so ist für einen be-
stimmten Wert a die ganze Lichtintensität:
Wenn a nicht sehr klein ist, z. B. falls a etwa bei 3xX liegt,
so ist in (79') sin ^'li von X viel stärker abhängig als ^'Ix, Be-
trachtet man «'/z annähernd als konstant, so geht (79') in eine Form
über, wie sie die an einem dünnen Blättchen reflektierte Licht-
intensität besitzt (vgl. II. Abschnitt, Kapitel II, § 11). Annähernd
treten also in einiger Distanz vom Zentralfelde Newtons Farben
dünner Blättchen auf.
12. Beliebige Gestalt der Bengungsotfiiiing. Bei beliebiger
unsymmetrischer Gestalt der Beugungsöffnung sind beide Integrale
C und S von Null verschieden. Die Nullstellen der Intensität im
Beugungsbilde sind durch die beiden, gleichzeitig zu erfüllenden
Bedingungen C = 0, S=0 charakterisiert. Im allgemeinen sind
dies daher diskrete Punkte, nicht, wie beim Rechteck, zusammen-
hängende Linien. Betreffs der Durchführung der Theorie für spe-
zielle Gestalten der Beugungsöffnung vgl. man Schwerd, Die
Beugungserscheinungen, Mannheim 1835.
13. Mehrere gleiehgestaltet« undgleiehorientierteBeugangs-
offhungen. Die Koordinaten eines Punktes einer Beugungsöffnung
in bezug auf einen, in jeder Öffnung gleich liegenden Punkt A seien
mit g und tj bezeichnet. Die Koordinaten der Punkte Ä in bezug
auf das beliebige, im Beugungsschirm liegende Koordinatensystem
X, y seien x^y^, X2y2, x^y^ etc. Dann ist also für einen Punkt
irgend einer Beugungsöffnung, z. B. der dritten, zu setzen
X = X^+ g, y = y.^+ f],
und nach (73) wird:
C=:^Jcos [fi {xi +^)^v{yi + ri)] d^dri,
S=:sjsin\ß {xi +^) + v(t^i + rj)] d^drj.
(80)
Digitized by
Google
206 Kapitel IV.
Die g und tj variieren bei allen Beugiingsöffnungen in den gleichen
Grenzen. Bezeichnet man daher die Beugungsintegrale C und Sy
wenn sie nur über eine einzige Beugungsöffnung erstreckt werden,
durch c und s, d. h. setzt man
(81) c = I C08(ß^+ vrj) d§dri, s = j sin (ji§ + vif) d§ di] ,
und setzt man zur Abkürzung:
(82) c '=' JS cos (jixi -J- vyi) , s =JS sin (jiqh + vyi) ,
so wird nach (80):
G = c ' c — s ' s ^ S == s' ' c -{- c - s,
daher nach (72):
(83) /= ^'2 (c'2 + /2) (^2 + ^2) .
Aus dieser Formel ersieht man, daß diejenigen Stellen des
Beugungsbildes, welche Dunkelstellen für eine einzige
Beugungsöffnung sind, auch in diesem Falle bei mehreren
gleichliegenden Beugungsöffnungen Dunkelstellen blei-
ben. Die Lichtstärke wird für eine beliebige Stelle im Verhältnis
c'2 + /2 vermehrt im Vergleich zu der Lichtstärke bei einer
Öffnung. Dieses Verhältnis c^ + s'^ kann sehr verschiedene Werte
haben. Es läßt sich schreiben in der Form:
c 2 + «' ^ = -? 008^ (jixi + vyi) + 2? cos (jixi + vyi) cos (jixk + vyk)
(84) + -T sin^ (jiXi + vyi) + 22 sin Qixi + vyi) sin (ßXk + vyk),
d. h. c 2 + / 2 = ^ ^ 2 -T cos [// {xi — Xk)-{'V (y» — yk)\
wobei m die Anzahl der Öffnungen bezeichnet. — Bei ganz un-
regelmäßiger Anordnung sehr vieler Beugungsöffnungen kommt
das zweite Glied der rechten Seite in (84) gegen das erste nicht
in Betracht, da die einzelnen Summanden unter dem Zeichen S
regellos zwischen — l und + 1 schwanken. Daher ist die
Intensität im Beugungsbilde überall m mal größer, als
bei einer einzigen Beugungsöffnung. Diese Erscheinung
kann man z. B. studieren, wenn man in ein Staniolblatt mit einer
Nadel regellos verteilte, gleich große Löcher stößt. Man nimmt
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 207
ein konzentrisches Ringsystem wahr, welches auch schon ein
einziges Loch, nur in weniger intensiver Weise, hervorruft.
Völlig anders werden die Resultate, wenn man regelmäßig
verteilte, oder nur wenige Öffnungen hat. Betrachten wir z. B.
den Fall zweier Öffnungen, setzen wir z. B.
so wird
+ 52 = 4
2 -I- Ä 2 — — 4. /v)o2
ßd
COS ^
Die Beugungsfigur, welche eine einzige Öffnung hervorruft,
ist also noch durchzogen von dunkeln Fransen der Gleichung
^d = {2h + 1) JT, d. h. von Fransen, welche senkrecht zur Ver-
bindungslinie zweier korrespondierender Punkte der Beugungs-
öffnungen stehen und nach (77) den konstanten relativen Abstand Xf\ d
in der Brennebene des Fernrohr-Objektivs besitzen.
14. Bas Babinetsche Theorem. Bevor wir auf den Fall der
Gitter, d. h. sehr zahlreicher, regelmäßig verteilter Beugungs-
öffnungeneingehen, wollen wir zwei komplementäre Beugungs-
schirme betrachten. Wenn ein Beugungsschirm c^ irgend welche
Löcher besitzt, und ein anderer Schirm O2 gerade die Stellen be-
deckt hat, an welchen c^ frei ist, während die Stellen in 02 frei
sind, welche in c^ bedeckt sind, so heißen c^ und C2 komplemen-
täre Beugungsschirme. Die Lichtintensität J^ bei Anwendung des
Schirmes c^ ist proportional zu C^^ + ^^2^ wobei Q, S^ Integrale
sind, welche über die freien Öffnungen in Ci zu erstrecken sind.
Die Lichtintensität J2 bei Anwendung des Schirmes Ö2 ist pro-
portional zu Cj^ + 82^ wobei die Integrale C2, Äj über die freien
Öffnungen in Ö2 zu erstrecken wären. Die Lichtintensität Jo bei
ganz fehlendem Beugungsschirme ist daher proportional zu {Ci+ C^^
+ (^1 + S^^. An einer Stelle des Beobachtungsfeldes, welche
einem von Null verschiedenen Beugungswinkel entspricht, ist aber
in letzterem Falle /o = 0, d. h. es ist Cj = — Cj, Äj = — S^.
Daher ist auch J^=^J2 und wir erhalten den Satz: Bei zwei
komplementären Beugungsschirmen ist die Lichtstärke
an allen Stellen des Beugungsbildes die gleiche, abge-
sehen vom Zentralfleck, welcher dem Beugungswinkel
Null entspricht. Dies ist das Babinetsche Theorem.
Wir machen eine Anwendung dieses Satzes auf die Beugungs-
Digitized by
Google
208 Kapitel IV.
figur, welche durch unregelmäßig verteilte, gleich große kreis-
förmige Schirme hervorgebracht wird. Die Beugungsfigur muß
dieselbe sein, welche gleich große, unregelmäßig verteilte, kreis-
förmige Öffnungen hervorrufen. (Vgl. vorige S.). Man erhält also
ein konzentrisches Ringsystem. Die Erscheinung läßt sich durch
Lykopodiumsamen hervorrufen, den man auf eine Glasplatte streut
Auch die Höfe um Sonne und Mond erklären sich durch die
Beugungswirkung gleich großer Wassertröpfchen, i)
15. Bengangsgitter. Ein Beugungsgitter besteht aus sehr
vielen parallelen Spalten in konstantem Abstand. In der Bezeich-
nung des § 13 können wir setzen:
Xi = 0, X2 = d, x^ = 2d, x^= 3d, etc.
2/1
= 2/2 = 2/3 etc. = 0,
falls d den Abstand korrespondierender Punkte in zwei benach-
barten Spalten bedeutet, die sogenannte Gitterkonstante. Es ist
daher nach (82):
c' = 1 + cos fid + cos 2fid + cos 3(id + . . .
s' = sin fid + sin 2fid + sin 3fid -f- . . .
Um c'2 + «'2 zu finden, kann man zweckmäßig imaginäre
Größen benutzen, indem man schreiben kann, falls m Öffnungen
vorhanden sind:
ifid 2ißid difid i{m — J)fid
c' -f 2ä' = 1 + e + e + e +..-}- c
Diese Summation kann man sofort ausführen. Man erhält:
imftd
/ , . / e — 1
C +ts =
ifid
e — i
Durch Multiplikation beider Seiten dieser Gleichung mit ihren
konjugierten komplexen Ausdrücken folgt:
/2 i — COS m fid
. 9 mud
sm^ — ~-
+ s^ =
^-^^^^^^ sin^-^P
1) Betreffs der BerechnuDg der Große derselben aas den Durchmessern
der Ringe der Höfe vgl. Vorles. über theoret Optik von F. Neumann,
herausgeg. von Dom, Leipzig 1885, 8. 105.
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 209
80 daß aus (83) und (78) folgt:
Hierin bedeutet J{ die Lichtintensität für den Beugungs-
winkel 0 Gm = 0), wie sie bei einem Spalt bestehen würde. Aus
dieser Formel geht hervor, daß das Beugungsbild eines Spaltes,
welches durch die beiden ersten Faktoren dargestellt ist, durch-
zogen ist von sehr eng aufeinander folgenden Dunkelfransen der
Gleichung ^^~ = hjt. Diese Fransen folgen um so enger auf
einander, je größer die Anzahl m der Spalten ist. Zwischen den
Fransen erreicht die Lichtstärke J Maxima, welche aber höchstens
gleich der an gleicher Stelle des Beugungsbildes stattfindenden
Lichtstärke bei einem Spalt sind. Sehr viel stärkere Maxima treten
aber ein, falls sin ~ verschwindet, d. h. für
yL = -j- , d.\i.sing) = h-^, (86)
falls 90 den Beugungswinkel bezeichnet (Das Licht soll senkrecht
auf das Gitter einfallen.)
Für diese Beugungswinkel g) ist nämlich
. <> mud
^w — \r-
2 ^2
2
SO daß die Intensität m^ mal so groß ist, als bei einem Spalt an
der betreffenden Stelle des Beugungsfeldes. Wenn m sehr groß
ist, so sind diese Maxima überhaupt allein wahrnehmbar. 0 Es
fällt ein solches Maximum nur dann aus, wenn an der gleichen
Stelle gerade eine Nullstelle des Beugungsbildes eines Spaltes
liegen würde, d. d. falls gleichzeitig mit (86) die Relation bestünde:
2k7t
1) Wenn die Gitterkonstante d<,X ist, so ist kein Beugungsmaximum
wahraehmbar, da nach (86) sin y > 1 würde. Man kann daher die Kon-
stitution durchsichtiger Körper auffassen als Einlagerungen undurchsichtiger
ponderabeler Teile im durchsichtigen Äther. Wenn die Distanzen der pon-
derabelen Teile kleiner als die Lichtwellenlänge ist, so geht nur das unge-
beugte Licht hindurch.
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 14
Digitized by
Google
210 Kapitel £V.
Dies ist nur möglich, wenn die Spaltbreite a ein rationales
(aus dem Quotienten zweier ganzer Zahlen bestehendes) Verhält-
nis zu der Gitterkonstante d hat Sehr feine Gitter stellt man
her durch Einritzen sehr feiner Linien auf Glas oder Metall
(Eeflexionsgitter) mit Hilfe eines Diamanten. Die Striche,
welche der Diamant reißt, wirken als undurchsichtige oder nicht
reflektierende Stellen, d. h. als Schirme. Nach dem Babinetschen
Theorem (vgl. oben S. 207) kann man die Strichbreite auch als
Spaltbreite a auffassen. Dieselbe ist dann sehr viel kleiner, als
die Gitterkonstante (/, so daß jedenfalls die ersten Maxima, welche
in (86) nur mäßig großen Werten von h entsprechen, nicht aus-
fallen. Diese Maxima haben auch nahezu konstante Intensität, da
bei sehr geringer Spaltbreite a das Beugungsbild, welches ein
Spalt hervorruft, einen großen Teil des Beugungsfeldes mit nahezu
gleichmäßiger Intensität beleuchtet
Bei genügend großer Spaltenzahl m besteht daher das Beugungs-
büd bei Beleuchtung durch eine feine Lichtlinie Q von einheit-
licher (homogener) Farbe aus feinen hellen Linien, welche bei den
Beugungswinkeln 9)0, 9)1, 9)2? etc. erscheinen, die dem Gesetz ge-
horchen:
9)0 = 0 , sin 9>i = d: T > ^w 9^2 = it "T » ^^^ 9^3 = dz ^ ^' 8- "^^
Bei Beleuchtung des Gitters mit einer weißen Lichtlinie Q
müssen daher reine Spektren erscheinen, da die verschiedenen Farben
bei verschiedenen Beugungswinkeln auftreten. Diese Gitter-
spektren werden normale Spektren (im Gegensatz zu den durch
Brechung in einem Prisma entstehenden Dispersionsspektren) ge-
nannt, weü jede Farbe entsprechend ihrer Wellenlänge abgelenkt ist
aus der Richtung des einfallenden Lichtes, wenigstens solange die
Beugungswinkel (p so klein bleiben, daß man sin(p = (p setzen kann.
Da jede Farbe, entsprechend den verschiedenen Werten des h in (86),
vielfach auftritt, so entstehen auch vielfache Spektren. Das dem
Werte ä = 1 entsprechende Spektrum heißt Spektrum erster
Ordnung, dem Werte h = 2 entspricht das Spektrum zweiter
Ordnung u. s. w. Am wenigsten abgelenkt erscheint das Violett
des ersten Spektrums, dann folgen die Farben bis zum Rot. Nach
einem dunkeln Zwischenraum folgt das Violett des zweiten
Spektrums. Das Rot des zweiten Spektrums wird aber schon
überdeckt vom blauen Ende des dritten Spektrums, da 3}Lo<C2}Lr,
Digitized by
Google
BeaguDg des Lichtes.
2U
falls Xv und Zr die Wellenlängen des sichtbaren violetten und
roten Lichtes, welches im weißen Licht enthalten ist, bezeichnen.
Diese Überdeckung mehrerer Farben häuft sich nun immer mehr,
wenn man zu größeren Beugungswinkeln fortschreitet
Daß hier beim Gitter reine Spektralfarben auftreten im Gegen-
satz zu einem Spalt, der annähernd die Newtonschen Interferenz-
farben ergibt (vgl. oben S. 205), liegt daran, daß beim Gitter die
Orte der Lichtmaxima scharf bestimmte sind, bei einem Spalt
dagegen die Orte der Lichtminima, d. h. der Dunkelstellen.
Die Gitter bilden das beste Hilfsmittel, um die Wellenlänge
genau zu bestimmen, aus Gitterkonstante d und Beugungswinkel (p.
Die Bestimmung wird um so genauer, je feiner das Gitter geteilt
ist, da dadurch die Beugungswinkel wachsen. Rutherford stellte
Gitter auf Glas oder Metall her,
bei denen bis 700 Linien auf ein
Millimeter kommen. Wesentlich
für die Güte eines Gitters ist vor
allem die Teilmaschine, welche
das Reißerwerk (den Diamanten)
bewegt. Die Striche müssen genau
parallel sein und konstanten Ab-
stand haben. Von Rowland werden
jetzt tadellose Gitter hergestellt mit
einer Teilmaschine, die bis zu
1700 Linien pro Millimeter zu
reißen erlaubt. Figur 7i
16» Concavgitter. Ein weiterer
wichtiger Fortschritt ist von Rowland dadurch erzielt worden, daß
das Gitter auf einer zylindrischen, gutreflektierendenMetallfläche her-
gestellt wurde, die Striche laufen der Zylinderachse parallel und be-
sitzen auf der zugehörigen Sehne einen gleich großen Abstand. Diese
Konkavgitter erzeugenvon einer zur Zylinderachse parallelen leuch-
tenden Linie Q ein reelles Bild P ohne Hilfe von Linsen^ und auch
die Beugungsmaxima P^, P2 ^sw. der verschiedenen Ordnungen sind
reelle Bilder. Um die Lage derselben zu finden, konstruiere man
einen Kreis, der den Krümmungsradius r des Gitters als Durch-
messer hat und das Gitter 00 berührt (vgl. Figur 71). Wenn
die Lichtlinie auf diesem Kreise in Q liegt, so entsteht durch
Reflexion das ungebeugte reelle Bild in P ebenfalls auf demselben
Kreise und zwar liegen P und Q sjrmmetrisch zu C, falls C das
14*
Digitized by
Google
212 Kapitel IV.
Krttmmungszentmm des Gitters 00 ist Denn im Punkte B ist
CB die Hohlspiegelnonnale, daher ist Einfallswinkel QBC gleich
Reflexionswinkel PBC. Aber auch ein in einem beliebigen anderen
Punkte B' des Spiegels reflektierter Strahl muß stets durch P
gehen, denn in B' ist CE^ die Spiegelnormale, da C das Krümmungs-
zentrum des Eonkayspiegels ist, und da nun sehr annähernd
^ g^'C— 9C PB'C ist (es wäre streng der Fall, wenn B' auf dem
Kreise selbst läge, da die Winkel dann Peripheriewinkel über
gleichen Kreisbögen wären), so ist B'P die Richtung des reflek-
tierten Strahles. P ist also der Ort des ungebeugten Bildest
welches der Spiegel von Q durch Reflexion entwirft^
Der Ort eines Beugungsbildes P, ist nun der Schnitt zweier
Strahlen BP^ und B'Pj, welche gleiche Winkel einschließen mit
BP und B'P. Man erkennt daher, daß Px ebenfalls auf dem durch
PCQB gehenden Kreise liegt, da
die Winkel PB'P^ und PBP^ als
Peripheriwinkel über demselben
Bogen streng einander gleich wären,
wenn B' ebenfalls auf jenem Kreise
läge.
Wenn man in P^ das reelle Beu-
gungsspektrum auf einem Schirme S
auffangen wollte, so müßte der-
selbe sehr schief gegen die das Bild
hervorrufenden Strahlen stehen. Es
ist günstiger, wenn der auffangende Schirm senkrecht zu ihnen steht
Daher bringt man den Schirm S im Punkte C parallel zum Gitter
an. Die Lichtquelle Q muß jedenfalls auf dem Kreise liegen, der
CB als Durchmesser hat, d. L 9C CQB muß stets ein rechter sein.
Um praktisch geeignete Lagen von Q zu finden, bei welchen ein
Beugungsspektrum auf S entsteht, sind das Gitter O und der
Schirm S auf einer Leiste der Länge r (Krümmungsradius des
Gitters) befestigt, die auf den rechtwinkligen Schienen QM und
QX gleiten kann, wie es Figur 72 andeutet. In Q befindet sich
1) Dasselbe würde folgen aus der zweiten der Formeln (34) auf 8. 48,
' die bei der astigmatischen Abbildung durch Reflexion abgeleitet wurde. Es ist
EU setzen <aB0-=9, (7^ = — r, daher QB =- s =^ — r cos <p. Aus jener
Formel folgt daher «i -=- — «, d. h. bei Berücksichtigung der dort positiv ge-
rechneten Richtung «i muß der symmetrisch zu C gelegene Punkt P auf dem
Kreise das Bild von Q sein.
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 213
die Lichtquelle. Durch Entfernung des S von Q erhält man
sukzessive die Spektren höherer Ordnung.
17. Brennpunktseigenschaften ebener Gitter. Wenn der
gegenseitige Abstand d der Gitterstriche nicht konstant ist, so
sind die Beugungswinkel % welche einem Lichtmaximum, z. B.
dem ersten, nach der Formel sing) =^ X:d entsprechen, für die
verschiedenen Partien des Gitters verschiedene. Bei einer geeignet
gewählten Variabilität des d können diese Richtungen, welche dem
Lichtmaximum entsprechen, sich alle in einem Punkte F schneiden.
Dieser Punkt ist dann ein Brennpunkt des Gitters, da er dieselben
Eigenschaften hat, wie der Brennpunkt einer Linse. 0
18. Bas Auf iOsungsvermögen eines Gitters« Die Fähigkeit
eines Gitters, zwei benachbarte Spektrallinien voneinander zu
trennen, muß proportional zu der Strichzahl m des Gitters sein,
da wir oben gesehen haben, daß das Beugungsmaximum, welches
eine bestimmte Wellenlänge X hervorbringt, eine um so schmälere
Lichtlinie ist, je größer m ist. Nach Formel (86) der S. 209 liegt
<ias Beugungsmaximum der Ä-ten Ordnung bei den Werten
fi = 2hjt : d , A, h. sin g) = hX : d.
Wenn n von diesem Werte aus wächst oder abnimmt, so
erhält man nach (85) eine erste Nullstelle der Intensität, wenn
sich n derartig geändert hat, daß Wjt^/2 um jt geändert ist, d. h.
wenn die Änderung von n beträgt:
d(i = 2jt : md.
Daher muß sich der Beugungswinkel 9p, der mit 11 nach der
Gleichung (78') S. 204 zusammenhängt, um
d<p =^ X\mdcosip (87)
geändert haben. Diese Größe dg> mißt daher die halbe Winkel-
breite des Beugungsbildes.
Für eine benachbarte Spektrallinie der Wellenlänge X -\' dX
ist der Ort ihres Ä-ten Beugungsmaximums gegeben durch
sin (q) + dq)') =^ h {X -]- dX) : d,
1) Näheres über das Verteilungsgesetz der Qitterstriche vgl. bei Cornu,
Compt. rend. 80, 8. 645, 1875. — Pogg. Ann. 156, S. 114, 1875. — Soret,
Arch. d. scienc. phys. 52, S. 320, 1875. — Pogg. Ann. 156, S. 99, 1875. —
Winkelmanns Handb. IL Aufl. VI (Optik) S. 1081 (Autor F. Pockels).
Digitized by
Google
214 Kapitel IV.
d. h. der Winkel d(p\ um den die Beugungsmaxima der Linie X
und X-^ dX verschieden liegen^ ist
dq) ^=^h ' dX : d cos g).
Damit das Gitter nun diese beiden Spektrallinien trennt, muß
dieser Winkel dg/ größer sein als die halbe Breite des Beugungs-
bildes der einen Linie, d. h. es muß sein:
(S8) d(p'>d<p, h'dX>X:m, x>^.
Die auflösende Kraft eines Gitters ist daher propor-
tional zur Gesamtstrichzahl m und der Ordnung h des
Spektrums, dagegen von der Gitterkonstante d (Strich-
abstand) unabhängig. Bei zu kleinem Strichabstand d kann es
allerdings eintreten, daß die Trennung der Spektrallinien noch
besonderer Okularvergrößerung bedarf, durch eine solche läßt
sich dann aber auch wirklich die Trennung stets erreichen, sobald
nur das nach (88) definierte Auflösungsvermögen des Gitters nicht
überschritten ist
Zur Trennung der Doppellinie D des Natriumlichtes, für welche
dX: X^= 0,001 ist, bedarf man also 'eines Gitters von mindestens
500 Strichen, wenn man im Spektrum zweiter Ordnung beobachtet
19. Michelsons OlasplattenstaffelibO XJm das Auflösungs-
vermögen zu steigern, muß es nach den obigen Auseinander-
setzungen günstig sein, die Ordnungszahl h des Spektrums möglichst
hoch zu wählen. Bei den bisher betrachteten Gitterkonstruktionen
kann man nun aber praktisch etwa über die dritte Ordnung (ä=3)
nicht hinausgehen, da die Intensität sonst zu gering wird. Man
kann nun aber schon bei sehr kleinen Beugungswinkeln eine be-
deutende Phasendifferenz der interferierenden Strahlen erzielen,
d. h. denselben Effekt erreichen, den Spektra hoher Ordnungszahl
ergeben, wenn man die interferierenden Strahlenbündel Glas von
verschiedener Dicke durchsetzen läßt Gehen wir z. B. nur von
zwei parallelen Spalten aus und legen wir hinter den einen Spalt
eine mehrere Millimeter dicke Glasplatte, so gelangen bei mini-
malen Beugungswinkeln Strahlen zur Interferenz, welche mehrere
Tausend Wellenlängen Gangunterschied besitzen. Dieser Gedanke
liegt den Michelsonschen Glasplattenstaffeln zu Grunde. Es werden
1) A. MicheUon, Astrophysicfd Journ. 1898, S. 37, Bd. 8.
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 215
fn-Platten der Dicke ö in der aus Figur. 73 ersichtlichen Weise
staffelartig aufeinander gelegt, die Breite des Staffelschrittes sei a.
Das Licht falle von oben (in der Figur) senkrecht auf die Platten.
Für die parallelen Strahlen ää' und CCf, welche den Winkel 90
mit dem einfallenden Lichte machen, ist ihre Gangdifferenz, wenn
CD J. zu äA' ist und der Brechungsindex der Glasplatten mit n
bezeichnet wird:
n ' B C — AD = nö — ö cos g) -\- a sin 9),
da AD = DE — AE und DE = ö cos 9), AE=a sin g) ist. Wenn
diese Gangdifferenz ein ganzzahliges Vielfaches einer Wellenlänge
ist, d. h. falls ist
h - X = nö — 6 cos q)
-{-asinq), ^^^
so muß in der Richtung g)
maximale Lichtwirkung ein-
treten, da dann alle von AB
unter dem Winkel g) aus-
tretenden Strahlen in ihrer
Wirkung unterstützt wer-
den durch die von C7i^ aus-
tretenden parallelen Strah-
len. Die Gleichung (89)
gibt also die Richtung 9)
der Beugungsmaxima an. Fig. 73.
Bei einer nur geringen
Änderung von X um dX ist die Änderung dg>' des Beugungs-
maximums bedeutend, denn aus (89) folgt durch Differentiation:
hdX = 6 ' dn-\- {ö sin q) -^ a cos 9) dg)\
d. h. wenn 9 klein gewählt wird, so ist
, f h.dX — S.dn . ^.
dg> . (90)
Da bei kleinem q nach (89) ä;i = (w — 1) ö ist, so läßt sich (90)
schreiben:
rf9,'=i[(n-l)^-rfn]; (90)
es ist daher dq/ bei großem ö : a erheblich groß. Es ist zu
Digitized by
Google
216 Kapitel IV,
berücksichtigen, daß in dieser Formel in Wirklichkeit eine Summe
und keine Differenz auftritt, weil n mit wachsendem X beim Glase
und überhaupt allen durchsichtigen Körpern abnimmt
Ein Übelstand dieser Anordnung liegt darin, daß die Beugungs-
maxima verschiedener Ordnung, welche demselben X entsprechen,
sehr nahe aufeinander folgen. Denn aus (89) folgt für den Beugungs-
winkel g? + d(p" der Ordnung ä + 1 für die Wellenlänge X die
Beziehung:
X'^^iö sin <p -^r aco8 q)) dg)\
d. h. bei kleinem 90:
(91) dq>' = Xia,
So folgt z. B. für 5 mm dicke Flintglasplatten, daß die beiden
Natriumlinien D^ und Dj 10 mal weiter getrennt sind als zwei
aneinander grenzende Spektra (der Ordnung h und /t + 1) einer
der beiden Natriumlinien. Infolgedessen muß die Lichtquelle
sehr schmal begrenzte, d. h. homogene, Spektrallinien besitzen,
wenn nicht die Spektren verschiedener Ordnung übereinander fallen
sollen, d.h. falls d(p''>dg) sein soll. So hat z.B. Michelson ein
Instrument mit 20 Platten der Dicke rf = 18 mm, a = 1 mm kon-
struiert, welches eine Lichtquelle fordert, deren Spektrallinien Vi 5
der Distanz der beiden Natriumlinien höchstens als Breite haben
dürfen.
Um das Auflösungsvermögen der Glasplattenstaffel zu
finden, müssen wir die Breite des Beugungsmaximums Äter Ordnung
berechnen, d. h. diejenigen Beugungswinkel {<p ±_ dg)) berechnen,
welche Nullstellen ergeben, die dem der Gleichung (89) entsprechen-
den Lichtmaximum am nächsten benachbart sind. Um diese Null-
stellen zu finden, denken wir die Staffel der Plattenzahl m in zwei
gleiche Teile I und II der Plattenzahl »»»/^ zerlegt. Es tritt
Dunkelheit für diejenigen Beugungswinkel q) + dq) ein, für welche
der Gangunterschied zweier Strahlen, von denen der eine durch
den Teil I der Staffel, der andere durch einen homolog liegenden
Punkt des Teiles 11 der Staffel geht, ein ungerades Vielfaches
von ^l2X beträgt. Gerade wie die rechte Seite von (89) den Gang-
unterschied zweier Strahlen angibt, von denen der eine eine
Glasplatte mehr durchsetzt hat als der andere, so würde der Gang-
unterschied in unserem Falle, wo der eine Strahl ^jb Glasplatten
mehr passiert hat als der andere, durch Multiplikation der rechten
Seite von (89) mit »"/^ zu erhalten sein.
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 217
Für eine Nullstelle, welche dem Beugungswinkel g? ± rfg? zu-
gehört, muß also sein:
Qc + i) X^=^^[n6 — 6 cos (g) + dg)) + a sin {(p + dg))] .
Damit dg) möglichst klein sei, d. h. um die beiden Nullstellen zu
erhalten, welche dem der Gleichung (89) entsprechenden Licht-
maximum am nächsten benachbart sind, haben wir, wie eine Ver-
gleichung mit (89) lehrt, in der letzten Gleichung k=^h- '^jg zu
setzen. Es ergibt sich dann aus der letzten Gleichung und aus (89):
+ lX = -2{äsing) + acosg))dg),
oder für kleine Winkel g?:
rf9 = ±ii. (92)
Dieser Winkel dg) mißt also die halbe Winkelbreite des Beugungs-
bildes der Spektrallinie X. Damit eine Doppellinie der Wellen-
längen X und X + dX noch aufgelöst werde, muß der der Gleichung
(90) entsprechende Dispersionswinkel dg/ größer sein als dg)^ d. h.
es muß sein
dx^ 1
In — 1 dn\
Das Auflösungsvermögen hängt also nur von der Gesamt-
dicke mö der Staffel ab, einerlei, ob man sie aus vielen
Platten kleiner Dicke oder wenig Platten von größerer
Dicke aufbaut. Nur zum Zwecke einer weiteren Trennung (fg?"
der Spektren verschiedener Ordnungen und zur Vergrößerung des
Dispersionswinkels dg> empfiehlt sich eine größere Plattenzahl,
damit a klein wird [vgl. dazu die Formeln (90) und (91)].
Für Flintgläser hat — ^ etwa den Wert 100, wenn man X
in Millimeter ausdrückt. Bei einer Plattendicke 6 von 18 mm und
Plattenzahl w = 20 wird daher das Auflösungsvermögen nach (93):
In — 1 dn\
-«^r-i^ -3=0.46. 10«,
was man nach (88) mit einem Strichgitter erst bei etwa einer
Halbmillion Strichen erreichen könnte.
Obgleich, wie wir oben sahen, die Beugungsmaxima verschie-
Digitized by
Google
218 Kapitel IV.
dener Ordnung sehr nahe bei einander liegen, so sind doch nur
wenige, nämlich höchstens zwei, sichtbar. Es ist nämlich zu be-
rücksichtigen, daß nach S. 209 für die Lichtintensität in der
Beugungserscheinung eines Gitters die von einem einzelnen Spalt
hervorgebrachte Intensität als Faktor auftritt. Als einzelner Spalt
wirkt bei der Glasplattenstaffel der unbedeckte Teil der Breite a
je einer Glasplatte, die Intensität ist daher nach S. 204 nur zwischen
den Beugungswinkeln ^ = ±-, welche den ersten Nullstellen der
Beugungsfigur des Spaltes entsprechen, wesentlich von Null ver-
schieden, d. h. auf einem Winkelbereich 2X:a, Da nach (91) die
Winkeldistanz zweier Maxima aufeinander folgender Ordnungen
den Wert X : a hat, so werden also nur zwei solcher Maxima
sichtbar.
Damit eine solche Plattenstaffel gute Resultate gibt, müssen die
einzelnen Platten genau gleiche Dicke 6 überall besitzen. Sie werden
mit Hilfe der Interferenzkurven gleicher Neigung (vgl. oben S. 140,
Anm. l) daraufhin kontrolliert, bezw. durch Abschleifen korrigiert
20. Bas Auflösungsvermögen eines Prismas. Im Anschluß
an die vorangegangenen Betrachtungen ist die Frage von Interesse,
ob ein Gitter einem Prisma an Auflösungsvermögen überlegen ist
oder nicht Das Trennungsvermögen eines Prismas hängt nicht nur
von der Dispersion des Prismas
ab, sondern auch von seiner
Breite (senkrecht zur brechenden
^ ßt Kante gerechnet). Denn wenn
diese Breite ziemlich klein ist,
so wird jede einzelne Spektral-
^ ^' linie durch Beugung verbreitert
Der kombinierte Einfluß von
^»- '^*- Dispersion und Büschelquer-
schnitt auf das Auflösungsver-
mögen eines Prismas oder irgend eines Prismensystems ist nach
Rayleigh*) in folgender Weise einfach abzuleiten: Wird durch
Brechung im System P (vgl. Fig. 74) die ebene Wellenfläche AoBo
des einfallenden Lichtes der Wellenlänge X in die Lage JjB gebracht,
so sind die Lichtwege (vgl. oben S. 9) von Ao bis A und Bo bis -Bein-
:.ü
1) L. Rayleigh, Phil. Mag. (5) 9, S. 271, 1879. — Winkelmanns
Handbuch, Optik, S. 166, I. Aufl.
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 219
ander gleich. Eine Welle von anderer Wellenlänge X + dX wird
in der gleichen Zeit in eine andere Lage a'B^ gebracht Die Differenz
zwischen den Lichtwegen (AoA') — (AoA), d. h. die Strecke AA\
können wir setzen
{AqA') — (AoA) = A'A = dn ' ei,
falls dn der Unterschied des Brechungsindex des Prismas für die
Wellenlängen X und X + dX bedeutet, i) und e^ den von den Rand-
strahlen im Prisma zurückgelegten Weg. (Wir setzen denselben
als gleich voraus fftr die beiden verschiedenen Farben, was an-
nähernd gestattet ist, da AA' den kleinen Faktor dn enthält.)
Ebenso ist die Differenz zwischen den Lichtwegen (BoB^) — (BoB),
d. h. die Strecke BÖ':
{BoB") — (BoB) = ä'B=dn'€2,
wobei cj den von den anderen Randstrahlen des Büschels im Prisma
zurückgelegten Weg bedeutet — Nun ist der Winkel di\ welchen
die Wellenebene A'E^ mit der Wellenebene AB macht, d. h. die
Dispersion des Prismas, offenbar
dt = ^ r=.dn—^- ,
falls b die Breite des austretenden Lichtbttschels, d. h. die Strecke AB^
bedeutet. Wenn die Randstrahlen AoA durch die Prismenkante
gehen, so ist cj = 0, und es ist
di = dn'^, (94)
wobei e die Prismendicke an der Basis bedeutet, falls das Prisma
auf Minimum der Ablenkung, d. h. symmetrischen Durchgang der
Lichtstrahlen, eingestellt ist und das einfallende Lichtbündel die
Prismenöffnung ganz ausfüllt Dieselben Betrachtungen gelten bei
einem Prismensatze: falls alle Prismen auf Minimum der Ablenkung
eingestellt sind, bedeutet e die Summe der Prismendicken an der Basis.
Damit ein solcher Prismensatz eine Doppellinie im Spektrum
auflösen könne, deren angularer Abstand di sei, müssen die Beugungs-
bilder, welche von jeder Spektrallinie infolge des begrenzten
Büschelquerschnittes b entstehen, genügend getrennt sein. Bei einem
Spalt der Breite b liegt nach S. 205, Formel (79) das erste Minimum
im Beugungsbilde bei dem Beugungswinkel <p==^ X: ft.^) Wenn also
1) Von der Dispersion der Luft wird abgesehen.
2) Da b sehr groß gegen X ist, wird <p für sin <p geschrieben.
Digitized by
Google
220 Kapitel IV.
zwei Spektrallinien getrennt werden sollen, muß ihre Dispersion
di mindestens größer sein als obiger Winkel % der die halbe
Breite des Zentralfeldes im Beugungsbild einer Spektrallinie an-
gibt, d. h. es muß sein nach (94)
(95) e>A.
Das Auflösungsvermögen eines Prismas hängt also nur
von seiner Basisdicke ab und ist unabhängig vomPrismen-
Winkel. So ist z. B. zur Auflösung der Hauptdoppellinie des Natrium-
lichtes bei Flintglas (n = 1,650, dn = 0,000055, X = 0,000589 mm)
ein Prisma von mindestens 1 cm Dicke erforderlich. — Damit aber
zwei Linien, für welche dX: }L = 2: li)^ beträgt, noch aufgelöst
werden, wie es bei der Michelsonschen Plattenstaffel oder mit einem
Gitter von einer Halbmillion Strichen möglich ist (vgl. oben S. 216),
würde die Prismendicke e= 5 • 10^ cm, d. h. 5 m betragen müssen,
was unmöglich erreicht werden kann. Es tritt auch zuviel Licht-
absorption durch zu große Glasdicken ein. — Die Gitterkon-
struktionen können also zu höherer Auflösungskraft ge-
bracht werden als Prismensysteme.
21. Die Leistungsgrenze eines Femrohrs« Wenn ein Fern-
rohr auf einen Fixstern gerichtet wird, so entsteht durch Beugungs-
wirkung am Rande der Objektivöffnung ein Lichtscheibchen in der
Brennebene des Objektivs, welches um so größer ist, je kleiner
der Radius h der Objektivöffnung ist. Bei der Beugung durch
einen kreisförmigen Schirm des Radius h entstehen konzentrische
dunkle Ringe. Das erste Lichtminimum tritt ein*) für den Beu-
gungswinkel sin (p = 0,61 j . Nehmen wir an, daß ein zweiter
Stern noch vom ersten zu unterscheiden wäre, falls sein Zentral-
bild auf das erste Lichtminimum des ersten Sternes fällt, so ergibt
sich als Grenze des Sehwinkels g?, unter dem zwei Sterne dem un-
bewaffneten Auge erscheinen müssen, damit sie vom Fernrohr bei
geeigneter Okularvergrößerung noch aufgelöst werden können:
^ > 0,61 . ^'\
1) HiDsichtlich der Herleitung dieser Zahl .vgl. F. Neumanns Vor-
lesungen über Optik, herausgeg. von Dorn, S. 89.
2) Bei der Kleinheit von ip kann man <p an Stelle von sin tp schreiben.
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 221
Nimmt man X zu 0,00056 mm an, und dräckt man q> in Bogen-
minuten ans, so folgt
1 17'
9>>-f^ (96)
Dabei ist h in Millimeter ausgedrückt. Ein Fernrohr von 20 cm
Objektivdurchmesser kann also noch zwei Sterne der Winkeldistanz
g) = 0,0117' = 0,7" auflösen.
22. Bie Leistangsgrenze des mensdüichen Auges. Die
vorigen Überlegungen können wir auch auf das menschliche Auge
anwenden nur mit dem Unterschiede, daß die Wellenlänge X des
Lichtes im Glaskörper des Auges entsprechend dem Brechungs-
index 1,4 desselben im Verhältnis 1 : 1,4 kleiner ist, als in Luft.
Für h ist der Pupillenradius einzusetzen. Nimmt man ä zu 2 mm
an, so ist der kleinste Sehwinkel, unter dem das Auge noch zwei
leuchtende Punkte zu unterscheiden vermag
9 = 0,42'.
In Wirklichkeit liegt die Grenze etwa bei 9) = T.
23. Die Leistungsgrenze des Mikroskops. Beim Mikroskop
handelt es sich um Abbildung durchleuchteter Objekte, nicht
selbstleuchtenderO Objekte. Auf diesen prinzipiellen Unter-
schied hat zuerst Abbe aufmerksam gemacht. Vom Standpunkte
der rein geometrischen Optik aus, welche mit Lichtstrahlen operiert,
folgt die Ähnlichkeit von Objekt und Bild nach den im ersten
Abschnitt dieses Buches behandelten Grundsätzen. Vom Stand-
punkt der physikalischen Optik dagegen, welche nicht mit Licht-
strahlen als von einander unabhängigen geometrischen Richtungen
operiert, da dies nicht genau zulässig ist, sondern welche an die
Deformationen der Wellenflächen anknüpft, ist die Ähnlichkeit
von Objekt und Bild durchaus nicht selbstverständlich, sondern
sogar streng genommen nie zu erreichen. Nehmen wir nämlich
zunächst parallel einfallendes Licht an, so wird dasselbe nach dem
Durchgang durch das durchleuchtete Objekt eine Beugungsfigur in
der dem Okular zugewandten Brennebene ^ des Objektivs ent-
stehen lassen. Es handelt sich nun darum, welche Lichtwirkung
diese Beugungsfigur in der der Objektebene ?ß in bezug auf das
Objektiv konjugierten Ebene ^' hervorruft. Dieses hier entstehende
Bild wird vom Okular betrachtet. Die Abbildung eines durch-
1) Als selbstleuchtende Objekte sind auch nahezu die Objekte zu be-
trachten, welche durch diffus reflektiertes Licht sichtbar werden.
Digitized by
Google
222 Kapitel IV.
leuchteten Objektes ist also nicht eine direkte (primäre),
sondern eine indirekte (sekundäre), indem es sich um die Licht-
wirkung eines vom Objekt entworfenen Beugungsbildes handelt
Es ist ohne weiteres klar, daß gleiche Beugungsbilder in der
Brennebene ^ auch gleiche Bilder in der Pointierungsebene ?ß' her-
vorrufen. Verschiedene Objekte werden nun im allgemeinen immer
verschiedene Beugungsbilder in ^ hervorrufen. ^ Wenn aber die
Apertur des Mikroskop-Objektivs sehr klein ist, so daß nur ein
enges, nahezu gleichmäßig helles Zentralfeld des Beugungs-
bildes zweier verschiedener Objekte zur Wirkung gelangt, so
müssen sie gleiche Lichtwirkung in der Ebene ?ß' hervorrufen,
d. h., im Mikroskop betrachtet, gleich aussehen. In diesem Falle
sieht man nun im Mikroskop nur ein gleichmäßig helles Gesichts-
feld, d. h, überhaupt keine Andeutung von Struktur des Objektes.
Soll diese wahrgenommen werden, so muß die numerische Aper-
tur des Miiroskops so groß sein, daß außer dem hellen Zentral-
feld des Beugungsbildes wenigstens noch das nächste Lichtmaxi-
mum im Beugungsbilde zur Wirkung gelangen kann. Dann ist
die Lichtverteilung in der Ebene ^' nicht mehr gleichmäßig, d. h.
es tritt in ihr ein gewisses Bild zu Tage, welches in einer ersten
rohen Annäherung dem Objekte ähnlich ist. Je mehr Lichtmaxima
des Beugungsbildes in den Tubus gelangen, d. h. je vollständiger
das Beugungsbild des Objektes benutzt wird, um so ähnlicher wird
das Mikroskopbild dem Objekte. Vollständige Ähnlichkeit kann
aber nur erreicht werden, wenn alle vom Objekt ausgehenden
Beugungsrichtungen, welche noch eine merkliche Lichtwirkung in
der Brennebene ff des Objektivs hervorrufen würden, vom Objektiv
wirklich aufgenommen, d. h. nicht abgeblendet werden. Hieraus er-
gibt sich die große Bedeutung einer hohen numerischen Apertur des
Objektivs. Je größer dieselbe ist, um so eher kann man noch bei
feinen Strukturen des Objektes eine annähernd ähnliche Abbildung
1) Durch geeignete Abblendnng in der Ebene %' kann man von ver-
schiedenen Objekten gleiche Beugungsbilder zur Abbildung benutzen. £^ ent-
steht dann auch stets das gleiche Bild in der Ebene $', d. h. das Okular sieht
gleiche Bilder, obwohl die Objekte sehr verschieden sind. Ist z. B. das Objekt
ein Qitter des Strichabstandes d und blendet man aUe Beugungsbilder un-
gerader Ordnung ab, so macht das Objekt im Bilde den Eindruck, als ob das
Objekt doppelt so feine Struktur, d. h. den Strichabstand d/B erhalten hatte.
Vgl. hierüber MuUer-Pouillet (Lummer), Optik, 8. 713. — Die Firma
C. Zeiß konstruiert Apparate zum experimenteUen Nachweis dieser Tatsachen.
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes.
223
erzielen; wirkliche vollständige Ähnlichkeit ist allerdings prinzipiell
überhaupt nicht zu erwarten, wir sehen im Mikroskop stets nur
das Detail eines Objektes bis zu einem gewissen Grade der
Feinheit.
Um an einem Beispiele diese Überlegungen zu illustrieren,
wollen wir annehmen, das Objekt P sei ein Gitter des Strich-
abstandes d\ es werde mit parallelem, senkrecht einfallendem
Lichte beleuchtet. In der Beugungsrichtung 8ing>^=^ X:d findet
sich das dem Zentralfeld zunächst benachbarte erste Lichtmaximum.
Das reelle Bild dieses Lichtmaximums in der Brennebene ff des
Objektivs sei C^ (vgl. Figur 75), während Cq das Zentralbild sei.
Fig. 75.
Der Abstand beider Bilder sei e. Diese beiden Bilder Co und C^
liaben nun annähernd gleiche Intensität und senden kohärente, d. h.
interferenzfähige Wellen aus. Im Abstand x hinter der Brenn-
ebene ^ entsteht daher nach S. 124 ein Fransensystem mit dem
Fransenabstande ct^=^x X:e, Wenn nun das Objektiv aplanatisch
ist, d. h. der sinus-Bedingung genügt (vgl. oben S. 55), so ist
sin q> =^ B ' sin (p\
wobei € eine Konstante bedeutet. Setzt man nun sing/ = 6: x\
was annähernd gestattet ist, da q>' stets klein ist (während g) groß
sein kann), und berücksichtigt, daß ^n 9 — A : (^ ist, so folgt
;. e
a X '
d. h. der Fransenabstand d' ergibt sich zu
rf = _ = erf,
d. h. der Fransenabstand ist proportional dem Strichäbstand, ganz
unabhängig von der Farbe des angewandten Lichtes. Die Struk-
Digitized by
Google
224 Kapitel IV.
tur i des Mikroskopbildes ist also proportional der Struktur d des
Objektes.
Damit diese Struktur noch wahrnehmbar sei, muß also das
Objektiv mindestens noch einen Strahl der Richtung <p auf-
nehmen, für den sin<f>^=X\d ist. Bei Immersionssystemen ist für
X die Wellenlänge des Lichtes in der Immersionsflüssigkeit zu
setzen, d. h. A : n, wenn X die Wellenlänge in Luft und n den
Brechungsindex der Immersionsflüssigkeit gegen Luft bedeutet. Da-
her wird dann
» 5tn g) = Jl : rf .
Nun wird n sin ü^=a die numerische Apertur des Mikroskops
[vgl. oben S. 79, Formel (80)], falls ü der Winkel ist, den der
Randstrahl des Objektivs mit der Achse bildet. Daher ist die
feinste Struktur d, die das Mikroskop der numerischen Apertur a
aufzulösen vermag:
(97) d^Xia.
Diese Formel gilt für senkrechte Beleuchtung des Objektes. Durch
schiefe Beleuchtung kann man die Auf lösungskraft noch steigern,
weil, falls das Mittelfeld des Beugungsbildes nicht im Zentrum
liegt, sondern seitlich verschoben ist, schon bei einem kleineren
Winkel gegen die Mikroskopachse das erste Beugungsmaximum
auftritt. Am günstigsten muß es sein, wenn das einfallende Licht
und das dem ersten Maximum entsprechende gebeugte Licht gleiche
Winkel mit der Mikroskopachse machen und vom Objektiv gerade
noch aufgenommen werden.
Machen das einfallende Licht und das gebeugte Licht gleiche
Winkel U mit der Normale gegen das Beugungsgitter, so ist nach
(71) S. 200 zu setzen n = ^.2sinU. Da femer nach (86) (S. 209)
das erste Beugungsmaximum auftritt bei l^ = -j; ^ so wird in
diesem Falle
Die kleinste Distanz d, welche das Mikroskopobjektiv daher noch
aufzulösen vermag bei geeigneter schiefer Beleuchtung, ist
(98) '^ = i.
wobei a die numerische Apertur des Mikroskopes, X die Wellen-
Digitized by
Google
Beagang des Lichtes. 225
länge des Lichtes in Luft bedeutet. Dieses ist die oben S. 85 an-
gegebene Formel für die Leistungsgrenze des Mikroskops.
Um die Lichtmenge im Mikroskop zu vergrößern, beleuchtet
man (mit Hilfe des Abbeschen Kondensor, vgl. oben S. 95) das
Objekt mit stark konvergentem Licht Die soeben angestellten
Betrachtungen gelten dann für jede einzelne Richtung der ein-
fallenden Lichtstrahlen; nur diejenigen Richtungen derselben tragen
wirklich zur Auflösung des Objektes bei, fttr welche außer dem
direkten Bild mindestens noch das erste Maximum des Beugungs-
bildes zur Wirkung kommt Die den verschiedenen Richtungen
des einfallenden Lichtes entsprechenden Beugungsmaxima liegen
an verschiedenen Stellen der Brennebene des Objektivs, sie beein-
flussen sich gegenseitig aber durchaus nicht, da sie inkohärenten,
d. h. nicht interferenzfähigen Strahlen entsprechen; denn die ver-
schiedenen Richtungen des einfallenden Lichtes kommen von ver-
schiedenen Punkten der Lichtquelle, z. B. des hellen Himmels.
Wenn wir an Stelle des Gitters nur einen Spalt der Breite d
als Objekt hätten, so würde solange überhaupt keine Struktur zu
erkennen sein, als das Beugungsbild nicht mindestens über das
erste Minimum hinaus zur Wirkung gelangt. Da dieses erste Minimum *
bei senkrecht einfallendem Licht nach Formel (79) auf S. 204 bei
dem Beugungswinkel sinq> = -j ^ eintritt, so kommt man auf die-
selben Resultate, wie beim Gitter. Nur wird hier eine wirklich
ähnliche Abbildung des Spaltes, d. h. eine richtige Erkennung der
Spaltbreite, noch durchaus nicht erreicht, wenn das Beugungsbild
nur bis etwas über das erste Minimum hinaus zur Wirkung
gelangt
Verzichtet man auf eine nur annähernd ähnliche Abbildung
des Objektes, sondern will man nur die Existenz eines kleinen
undurchsichtigen Körpers nachweisen, so können dessen Dimen-
sionen ziemlich weit unter die hier ermittelte Leistungsgrenze d
des Mikroskops heruntergehen; sowie nämlich das vom Objekt ent-
worfene Beugungsbild die gleichmäßige Lichtverteilung in der
zum Objekt gehörenden Bildebene merklich stört, wird die Existenz
des Objektes wahrnehmbar. 2)
1) Dort ist a fdt d geschrieben.
2) Dies wird zu der Sichtbarmachung kleinster Teilchen benutzt in der
Anordnung (ültramikroskop) von H. SiedentopfundB. Zsigmondy (Ann. d.
Phys. 10, S. 1, 1903), nach der man sehr intensives, durch eine Eondensorlinse
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 15
Digitized by
Google
226 Kapitel IV.
Aus den angestellten Betrachtungen geht hervor, daß die
Leistungsgrenze d um so höher ist, je kleiner die Wellenlänge des
angewandten Lichtes ist. Daher ist Mikrophotographie mit ultra-
violettem Lichte günstig, vgl. dazu oben S. 98, Anm. 1. Auch tritt
die bessere Wirkung der Immersionssysteme deutlich hierdurch zu
Tage, da man durch hohe Brechungsindices der Immersionsfltissig-
keit die Wellenlänge des Lichtes bedeutend verkleinern kann.
Dies ergeben auch die Formeln (97) und (98), da die numerische
Apertur a proportional zum Brechungsindex der Immersion wächst.
24. Zerstreuung des Lichtes durch trübe Medien. Nach Lord
Rayleigh 0 kann man den Effekt durchsichtiger Teilchen, die klein
gegen die Wellenlänge des Lichtes sind, annähernd dadurch darstellen,
daß sie der Ausgangspunkt sekundärer Wellen sind, deren Ampli-
tude a proportional zur Amplitude Ä des einfallenden Lichtes,
umgekehrt proportional zur Entfernung r vom beugenden Teil-
chen und proportional mit dessen Volumen v sein muß, d. h.
a=k'Ä'-, In der Tat muß ja a offenbar proportional zur
Flächenausdehnung des Teilchens und zu seiner Dicke sein, so
-daß Proportionalität mit t; resultiert. Da nun ajÄ eine dimensions-
lose Zahl sein muß, so muß k von der Dimension des reziproken
Quadrats einer Länge sein. Die einzige Länge außer r, von welcher
die Amplitude des zerstreuten Lichtes noch abhängen kann, ist
aber die Wellenlänge X, folglich erhält man
a = kA'^,.
Da nun die Intensität des zerstreuten Lichtes proportional zu a^ ist,
so ist dieselbe umgekehrt proportional zur 4*«° Potenz der
Wellenlänge. Hierdurch erklärt sich die blaue Farbe der Emul-
konzentriertes Licht in einer zur Mikroskopachse senkrechten Richtung auf das
Präparat' fallen läßt Man sieht dann auf dunklem Gesichtsfelde die Teil-
chen vermöge des unter 90 ^ gebeugten Lichtes leuchten. Natürlich erhält
man aber so keinen Aufschluß über die Gestalt der Teilchen; auf ihre
Größe kann man bis zu einem gewissen Grade aus der Helligkeit der
Beugungsbilder schließen (vgl. weiter unten § 24). Mit dieser Methode kann
man z. B. sehr kleine Teilchen in rotem Glase, auch in kolloidalen Metall-
lösungen nachweisen, und zwar zeigen sich dabei im allgemeinen Teilchen
sehr verschiedener Größe.
1) Lord Rayleigh (J. W. Strutt) Phil. Mag. (4) 41. S. 107, 447, 1871;
(5) 12, S. 86, 1881.
Digitized by
Google
Beugung des Lichtes. 227
sionen kleiner Teilchen, und auch die des Himmelslichtes. Hin-
sichtlich der dabei auftretenden Polarisationserscheinungen sei
auf die Originalarbeit ^) verwiesen, ferner auf eine Arbeit von
J. J. Thomson 2), der nachwies, daß das Polarisationsmaximum des
gebeugten Lichtes in anderer Richtung liegt, falls das Teilchen
ein sehr guter Leiter für Elektrizität ist Die an kolloidalen
Metalllösungen von Ehrenhaft^) angestellten Versuche entsprechen
in der Tat den Thomsonschen Formeln. Die bei ihnen auftretende
Farbe ist aber nicht blau, sondern grünlich, was vielleicht mit
ihren besonderen Dispersionseigenschaften, d. h. Eigenschwingungen,
zusammenhängen mag. Wenn das Problem überhaupt genügend
verallgemeinert wird, so muß streng genommen jeder Lichtdurch-
gang durch einen Körper, dessen kleinste Teilchen ins Mitschwingen
versetzt werden, und wenn es auch nur seine Elektronen sind, die
seine Dispersion erklären (vgl. unten im IL Abschn., Kapitel 5), ähn-
liche Erscheinungen auslösen, wie die hier besprochenen. Planck^)
hat gezeigt, daß auch nach der elektromagnetischen Theorie die Er-
klärung der Dispersion durch elektrische Schwingungen innerhalb
der Moleküle mit Notwendigkeit auch für jedes scheinbar homogene,
mit Dispersion behaftete Medium auf eine Zerstreuung und ent-
sprechende Extinktion des Lichtes führt, welche dem Rayleighschen
Gesetz folgt. Auch Rayleigh ^) wies darauf hin, daß zur Erklärung
des diffusen blauen Himmelslichtes nicht notwendig fremde suspen-
dierte Teilchen anzunehmen seien, sondern daß man den Luft-
molekülen selbst die zerstreuende Wirkung zuschreiben kann.
1) HinsichtUch zusammenfassender Darstellung vgl. Winkelmann,
Hdb. d. Phys. 2. Aufl. VI, S. 1113—1119 (Autor F. Pockels).
2) J. J. Thomson, Recent Besearches in Elect. and Magn. Oxford,
1893, § 369-378.
3) F. Ehrenhaft, Ann. d. Phys. 11, S. 489, 1903. — Wien. Ber. 114
(IIa), S. 1115, 1905.
4) M. Planck, Berl. Ber. 1904, S. 740.
5) Lord Rayleigh, Phil. Mag. (5) 47, S. 375, 1899.
15*
Digitized by
Google
228
Ei^itel V.
Kapitel y.
Polarisation.
1. Polarisation dnrcli Boppelbrechiing. Man nennt einen
Lichtstrahl polarisiert, wenn er sich nicht rings um seine Fort-
pflanzungsrichtung gleichmäßig verhält Man kann dies daran er-
kennen, daß eine Drehung des Lichtstrahles um die Sichtung der
Fortpflanzung als Achse eine Änderung in den beobachteten Licht-
erscheinungen hervorruft. Eine solche ist zuerst vonHuygensO
beim Durchgang des Lichtes durch
Kalkspat beobachtet worden. —
Polarisation ist stets vorhanden,
wenn Doppelbrechung eintritt. Die
Kristalle, welche nicht dem re-
gulären System angehören, zeigen
im allgemeinen stets Doppel-
brechung, d. h. ein einfallender
Lichtstrahl wird im Kristall in
zwei Strahlen verschiedener Rich-
tung gespalten.
Besonders bequem ist die
Erscheinung am Kalkspat (islän-
dischen Doppelspat) zu beobach-
ten, welcher dem hexagonalen
Kristallsystem angehört und in
ausgezeichneter Weise nach den
drei Flächen eines Rhomboeders spaltet In sechs Ecken desselben
stoßen je drei Kanten zusammen, welche einen stumpfen und zwei
spitze Winkel bilden. Aber in zwei gegenüber liegenden Ecken
A, Ä (vgl Figur 76) stoßen drei gleich große stumpfe Winkel
zusammen von 101<*53'. Ziehen wir durch die stumpfe Ecke A
eine Linie, die mit den drei in ihr zusammenstoßenden Kanten
gleiche Winkel einschließt, so ist dies die Richtung der kristallo-
graphischen Hauptachse. 2) Stellen wir uns durch Spaltung ein
1) Huygens, Trait^ de la lumifere, Leyden, 1690.
2) Die Hauptachfle wird, gerade z. B. wie das Einfallslot, immer nur als
Richtung, die man beliebig paraUel mit sich verschieben kann, definiert, so daß
Hie keine bestimmte einzelne Linie ist.
Digitized by
Google
Polarisation. 229
Rhomboeder von überall gleichen Kantenlängen her, so verbindet
die Hauptachse die beiden stumpfen Ecken Ä, Ä. Auf diesen Fall
bezieht sich die Figur.
Läßt man nun auf die obere Fläche des Ehomboeders senk-
recht einen Lichtstrahl LL einfallen, so spaltet er sich in zwei
Strahlen gleicher Intensität LO undLE', welche als Parallelstrahlen
OlJ und Ell' senkrecht aus der unteren Ehomboederfläche wieder
austreten. Dabei ist LO die direkte Fortsetzung des einfallenden
Strahles, dieser Strahl entspricht also dem gewöhnlichen Verhalten
isotroper Körper, da keine Richtungsänderung bei normaler In-
zidenz eintritt; dieser Strahl LO und seine Fortsetzung IlO wird
daher der ordentliche oder ordinäre Strahl genannt Der
zweite Strahl dagegen LE und seine Fortsetzung I^'E, der ein
vom isotropen (nicht kristallinischen) Körper wesentlich ab-
weichendes Verhalten zeigt, heißt außerordentlicher oder extra-
ordinärer Strahl. Die Ebene, welche durch beide Strahlen geht,
enthält auch die Richtung der kristallographischen Hauptachse.
Die durch diese Achse und das Einfallslot gelegte Ebene wird
Hauptschnitt genannt. Der außerordentliche Strahl liegt
also im Hauptschnitt, er dreht sich daher, wenn man das
Rhomboeder um die Achse LL dreht, um den ordentlichen Strahl
herum.
Die Intensitäten des ordentlichen und außerordentlichen
Strahles sind gleich, blendet man aber einen dieser Strahlen,
z. B. den außerordentlichen, ab und läßt den ordentlichen Strahl
auf ein zweites Kalkspatrhomboeder fallen, so wird er wiederum
im allgemeinen in zwei Strahlen zerlegt, welche nun aber im
allgemeinen verschiedene Intensität besitzen- Diese
Intensitäten hängen von der Orientierung der beiden Kalkspat-
rhomboeder gegeneinander ab, nämlich von dem Winkel, den
ihre Hauptschnitte miteinander machen. Ist derselbe Null oder
180^ so entsteht im zweiten Rhomboeder nur ein ordinärer
Strahl und gar kein extraordinärer; ist der Winkel der Haupt-
schnitte dagegen 90 ^ so entsteht nur ein extraordinärer Strahl;
zwei gleich intensive Strahlen entstehen, wenn die Hauptschnitte
einen Winkel von 45^ miteinander bilden. Die Erscheinungen
wechseln also, wenn man das zweite Rhomboeder festhält und
das erste dreht, d. h. den ordinären Strahl um seine Richtung
als Achse herumdreht Daher wird der Strahl polarisiert ge-
nannt — Dieselben Experimente kann man mit dem extraordi-
Digitized by
Google
230 Kapitel V.
nären Strahl anstellen, d. h. auch er ist polarisiert Da man mit
Hilfe des extraordinären Strahles dieselben Lichterscheinungen
im zweiten Rhomboeder hervorrufen kann, wie mit Hilfe des
ordinären Strahles, falls man das erste Rhomboeder um 90^ um
das Einfallslot dreht, so nennt man zweckmäßig den ordent-
lichen und außerordentlichen Strahl senkrecht zu ein-
ander polarisiert.
Auch bei allen anderen doppelbrechenden Kristallen sind die
beiden Strahlen senkrecht zu einander polarisiert.
Will man die Richtungsunterschiede der Polarisation der
beiden Strahlen des Kalkspats auf eine feste Ebene beziehen,
so wählt man dazu am zweckmäßigsten den Hauptschnitt.* Da
die vorhin betrachteten Lichterscheinungen bei zwei Kalkspat-
rhomboedern nur von der absoluten Größe des Winkels ihrer
Hauptschnitte abhängen, nicht vom Vorzeichen dieses Winkels,
so müssen die Eigenschaften des ordentlichen und außerordent-
Strahles symmetrisch zum Hauptschnitt beschaffen sein.
Man nennt den Hauptschnitt die Polarisationsebene
des ordentlichen Strahles, eine Ausdrucksweise, mit der vor-
läufig weiter nichts gesagt ist, als daß dieser Strahl rings um
seine Fortpflanzungsrichtung herum sich nicht gleichmäßig ver-
hält, daß aber die nach verschiedenen Richtungen stattfindenden
Verschiedenheiten symmetrisch zu seiner Polarisationsebene, dem
Hauptschnitt, liegen.
Da, wie wir oben sahen, der außerordentliche Strahl recht-
winklig zum ordentlichen polarisiert ist, so muß man konsequen-
ter Weise die zum Hauptschnitt senkrechte Ebene die Polari-
sationsebene des außerordentlichen Strahles nennen. Man drückt
diese Bezeichnung auch in der Form aus, daß man sagt: Der
ordentliche Strahl ist im Hauptschnitt, der außerordent-
liche senkrecht zum Hauptschnitt polarisiert
2. Das Nicoische Prisma. Um einheitlich polarisiertes Licht
zu erhalten, muß der eine der beiden durch Doppelbrechung ent-
stehenden Strahlen abgeblendet oder entfernt werden. Zu dem
Zweck gab Nicol im Jahre 1828 folgende Konstruktion an: Man
stellt sich durch Spaltung ein Kalkspatrhomboeder her, welches
reichlich dreimal so lang als breit ist, schleift die Endflächen,
deren Neigungswinkel gegen die Seitenkanten ursprünglich 12^
Digitized by
Google J
Polarisation. 231
beträgt, so ab, daß dieser Winkel {^ABä' in Fig. 77) ßS^ groß
wird, und fuhrt durch die Ecken AA' des Prismas einen Schnitt
so, daß er senkrecht zu den Endflächen und der Ebene, welche
die Längsachse und kristallographische Hauptachse verbindet,
steht. An diesem Schnitt werden die beiden Prismenhälften mit
Kanadabalsam wieder zusammengekittet Dieser Balsam besitzt
einen Brechungsindex,
der kleiner als der des ^ j^»
ordentlichen, aber größer V jß^^^\F I"
als der des außerordent- ^ ^ ^""^
liehen Strahles ist. Wenn
nun ein Lichtstrahl LL
parallel zur Längsachse ^^ ''•
eintritt, sowird der ordent-
liche Strahl Z/O an der Kanadabalsamschicht total reflektiert und
an der geschwärzten Seitenfläche BÄ absorbiert, während der
außerordentliche Strahl LE allein das Prisma durchsetzt Das
austretende Licht El!' ist also vollständig senkrecht zum Haupt-
schnitt, d. h. parallel zur langen Diagonale der Grenzflächen AB
oder ÄB\ polarisiert.
Der Öflfhungswinkel des in das Prisma eintretenden Licht-
kegels, dessen ordinäre Strahlen noch total reflektiert werden, be-
trägt etwa 30^. Übrigens ist ein konvergent eintretendes Licht-
bündel nicht mehr streng einheitlich polarisiert, indem die Polari-
sationsebene etwas mit der Neigung der Lichtstrahlen variiert,
da die Polarisationsebene stets senkrecht steht zum Hauptschnitt,
d. h. zur Ebene durch Strahl und Hauptachse.
3. Andere Herstellimg polarisierten lichtes. Abgesehen
von anderen Konstruktionen von sogenannten Polarisations-
prismen ^) kann man auch durch eine Turmalinplatte einerlei
polarisiertes Licht erhalten, falls die Platte der Hauptachse des
Kristalls parallel geschliffen ist und etwa 1 — 2 mm dick ist In
diesem Falle wird nämlich der ordentliche Strahl durch Ab-
sorption im Kristall vernichtet Ferner kann man polari-
siertes Licht durch Reflexion an irgend einem durch-
1) Man vgl. hierüber W. Grosse, Die gebräuchlichen Polarisations-
prismen U.S.W. Klausthal 1889. — Winkelmanns Handb. d. Physik, Optik,
2. Aufl. S. 1126 u. ff.
Digitized by
Google
232 Kapitel V.
sichtigen Körper erhalten, falls man den Reflexionswinkel q>
nach dem (Brewsterschen) Gesetz wählt: tg <p = n, wobei n der
Brechungsindex des Körpers ist. Dieser Winkel q> heißt der
Poljarisationswinkel. Bei Crownglas beträgt dieser Reflexions-
(oder Einfalls-) Winkel etwa 57^. Die Einfallsebene ist die
Polarisationsebene des reflektierten Lichtes, wie man
erkennen kann, falls man das re-
flektierte Licht durch ein Kalkspat-
bmchsttick gehen läßt.
Läßt man das unter dem Po-
larisationswinkel von einer Glas-
fläche reflektierte Licht von einer
zweiten Glasfläche unter demselben
Winkel reflektieren, so hängt die
schließliche Intensität vom Nei-
gungswinkel a der beiden Einfalls-
ebenen der zwei Glasflächen ab,
indem sie proportional zu cos'^a ist.
Man kann dies bequem am Nörren-
bergschen Polarisationsapparate stu-
dieren. Der Lichtstrahl a wird
durch Reflexion an der Glasplatte
A polarisiert und gelangt unter
senkrechter Inzidenz bei c zu einem
belegten GlasspiegeL Derselbe re-
flektiert den Strahl nach dem hin-
ten geschwärzten Glasspiegel S,
welcher um eine vertikale Achse
drehbar ist. Auch S wird unter
dem Polarisationswinkel vom Strahl
^*s- '®- hc getroffen, der an S schräg
nach oben reflektierte Strahl nimmt
also wechselnde Intensitäten an bei Drehung von S um die
vertikale Achse. Zwischen A und S ist eine drehbare Glas-
platte eingeschaltet, um bequem durchsichtige Objekte bei ver-
schiedener Orientierung im polarisierten Lichte untersuchen zu
können. Da die Intensität des Lichtes aber schon nach ein-
maliger Reflexion verhältnismäßig gering ist, so wendet man
praktisch dies Mittel, polarisiertes Licht durch Reflexion her-
zustellen, nicht häufig an; an demselben Übelstand zu kleiner
Digitized by
Google
Polarisation. 233
Intensität (und noch dazu vorhandener Färbung) leidet die
Turmalinplatte.
Auch bei schiefem Durchgang des Lichtes durch einen Satz
paralleler Glasplatten tritt Polarisation ein, allerdings keine
vollständige. Dieser Fall wird in einem späteren Kapitel be-
handelt werden (II. Abschn. Kap. II). — Daß durch Beugung
Polarisation hervorgebracht wird, ist schon oben S. 199 ange-
deutet.
4. Interferenz polarisierten Lielites. Die früher beschrie-
benen Interferenz-Erscheinungen lassen sich unverändert mit
einheitlich polarisiertem Licht anstellen. Dagegen in-
terferieren zwei rechtwinklig zu einander polarisierte
Strahlen niemals. Man kann dies konstatieren, wenn man
vor die beiden Öffnungen eines Doppelspaltes je eine von zwei
gleich dicken Turmalinplatten schaltet. Die Beugungsfransen,
welche durch die Anwesenheit der zwei Spalten entstehen, sind
bei parallel orientierten Turmalinplatten vorhanden, bei senk-
recht gegen einander gekreuzten Platten verschwinden sie dagegen
vollkommen.
Fresnel und Arago untersuchten weiterhin die Interferenz-
fähigkeit zweier rechtwinklig zu einander polarisierter Strahlen,
welche sie auf dieselbe Polarisationsebene zurückführten, in-
dem sie dieselbe durch einen Kalkspat treten ließen, dessen
Hauptschnitt um 45^ gegen jede der Polarisationsebenen der
beiden Strahlen geneigt war. Sie fanden die Gesetze:
1. Zwei von einem natürlichen (unpolarisierten) Strahle her-
rührende rechtwinklig polarisierte Strahlen interferieren auch
dann nicht, wenn sie auf dieselbe Polarisationsrichtung gebracht
werden.
2. Zwei von einem polarisierten Strahle herrührende recht-
winklig polarisierte Strahlen interferieren, wenn sie auf dieselbe
Polarisationsrichtuug gebracht werden.
5« Die mathematlsclie Darstellung der Liehterregnng in
polarisiertem Lieht« Wir haben früher gesehen, daß die Erschei-
nungen der Interferenz zu der Wellentheorie des Lichtes führen,
nach der an einer bestimmten Stelle des Raumes die Lichterregung
in der Form zu schreiben ist:
s=rA8in(^2jCY + ö). (1)
Digitized by
Google
234 Kapitel V.
Wir können jetzt noch nähere Aussagen über die Eigenschaften
dieser Lichterregung machen. Dieselbe muß nämlich im polarisierten
Lichte offenbar eine gerichtete Größe, ein sogenannter Vektor
sein, wie z. B. eine Strecke, eine Geschwindigkeit, eine Kraft u. s.w.
Vektoren sind, im Gegensatz zu einer ungerichteten Größe, einem
sogenannten Skalar, wie z. B. der Dichte, der Temperatur. Denn
sonst konnten keine seitlichen Verschiedenheiten vorhanden sein,
wie sie im polarisierten Lichte auftreten. Um diese darzustellen,
muß s ein Vektor sein, der jedenfalls nicht vollständig mit der
Fortpflanzungsrichtung des Lichtes zusammenfällt, da sonst auch
keine seitlichen Verschiedenheiten eintreten könnten. Wir wollen
daher s jetzt kurz als Lichtvektor bezeichnen. Einen Vektor
kann man nach den drei rechtwinkligen Achsen x, y, z in drei
Komponenten zerlegen, wir wollen die Komponenten von s
nennen u, v, tv. Die allgemeinste Lichtbewegung, welche in einem
beliebigen Punkte P bestehen kann, wird daher dargestellt durch:
u^^ Äsin {2jt 7h + p\^ v=^ B sin i2jt -m + q]^
(2) I t \
w = C sinl2jt m + rj.
Man erhält eine anschauliche Bedeutung dieser Gleichungen,
wenn man vom Koordinatenanfang aus zu jeder Zeit den resultieren-
den Lichtvektor s nach Größe und Richtung durch eine Strecke ein-
trägt. Der Endpunkt ® dieser Strecke wird erhalten, wenn man
w, V, w als seine rechtwinkligen Koordinaten auffaßt Dieser End-
punkt ® beschreibt im Laufe der Zeit eine gewisse Bahn (wir
wollen sie Erregungsbahn nennen), die aus den Gleichungen (2)
durch Elimination von t erhalten wird. Man kann (2) schreiben:
— = sin 2jt m ' cos p -{- cos 2jt -m • sin p,
(3) -g = sin 2jC7n'C0sq-\'C0s2jt-H-' sin q,
-^ = sin 2 jt -m' cosr-f-cos 2jt m' stn r.
Durch Multiplikation dieser Gleichungen mit bezw. sin {q — r\
sin (r — p\ sin {p — q) und Addition erhält man:
(4) ^sin{q-'r) + ^ sin {r—p) + '^ sin {p^q) = 0,
Digitized by
Google
Polarisation, 235
d. h. da eine lineare Gleichung zwischen den u, v, w besteht, so
ist die Erregungsbahn stets eine ebene Kurve.
Die Gleichungen ihrer Projektionen auf die Koordinatenebenen
erhält man durch Elimination von< aus je zwei der Gleichungen (3).
So folgt z. B. aus den beiden ersten dieser Gleichungen:
Sin 2x m {cos p sin q — cos q sin ^) = -7 stn q — g sin p,
cos 2jt j, (cos p sin q — cos q sin p) ^^ — 'a^^^'^B ^* P»
d. h. durch Quadrieren und Addieren dieser beiden Gleichungen:
8in'^(j> — q)=-^^ + ^—-^cos{p — q). (5)
Dies ist aber die Gleichung einer Ellipse, deren Hauptachsen
in die Koordinatenrichtungen fallen, wenn p — q = xl2 ist. Im
allgemeinsten Falle ist daher die Erregungsb'ahn eine
ebene, elliptische Kurve. Man hat dann sogenanntes elliptisch
polarisiertes Licht Wenn die Bahnellipse zu einem Kreise
wird, so hat man zirkular-polarisiertes Licht Dies tritt z. B.
ein, wenn m7 = o wäre, und A = B, p — q=^ ±^12, so daß ent-
weder der Ansatz:
u = Asin2xji, v= Äcos2xj, (6)
oder der Ansatz:
u^= A sin 2jt-^^ v = — Acos2x-^ (6')
besteht Man unterscheidet diese beiden Ansätze als rechts- und
links-zirkular polarisiertes Licht. Wenn nämlich der End-
punkt ® des Lichtvektors im Sinne des Uhrzeigers rotiert, falls man
dem Strahl entgegensieht, so hat man rechts-zirkular polarisiertes
Licht
Wenn die Bahnellipse zu einer geraden Linie degeneriert, so
hat man geradlinig-polarisiertes Licht Dies tritt z. B. ein,
wenn w = o wäre, und p — ^ = 0, oder = Jt wäre. Die Bahnlinie
wäre dann nach (5):
3 ±.5 = ^- 0)
Die Intensität der Lichterregung haben wir früher proportional
dem Quadrat A der Amplitude des Lichtvektors gesetzt Diesen
Digitized by
Google
236 Kapitel V.
Standpunkt müssen wir auch jetzt festhalten und berücksichtigen,
daß das Quadrat der Amplitude durch die Summe der Quadrate
der Amplituden der drei Komponenten gegeben ist Die Ldcht-
intensität J ist also, bei Annahme der Gleichungen (2):
(8) e/cv.^2 + ^2+ (72.
Wir wollen jetzt untersuchen, wie die Erregungsbahn be-
schaffen ist bei den in früheren Paragraphen schlechthin als polari-
siertes Licht bezeichneten Fällen, die bei Doppelbrechung und
Reflexion unter dem Polarisationswinkel vorliegen. Das Haupt-
charakteristische ist, daß zwei rechtwinklig zu einander polarisierte
Strahlen nie interferieren, sondern stets die Summe der Einzel-
intensitäten ergeben.
Superponieren wir nun zu dem Strahl (2), dessen Fortpflanzungs-
richtung die ;t-Achse sein soll, einen rechtwinklig polarisierten
Strahl gleicher Intensität, dessen Komponenten u , v , w seien und
der eine beliebige Phasenänderung 6 gegen den Strahl (2) be-
sitzen kann, so müssen wir schreiben:
u ^=^B 8in(2nj, -j- q + <J ] , t;' = — A ^n f 2 jr ^ + _p -f- rfj ,
w = C sin (2jt7n + r +61
Denn abgesehen von der Phasenänderung 6 muß die Gleichung
dieses Strahles in die Gleichungen (2) übergehen, wenn man das
Koordinatensystem um 90^ um die «-Achse drehen würde.
Durch Superposition beider Strahlen (2) und (9), d. h. durch
Bildung von u + u, v + v\ w + w erhält man nach der Regel
oben auf S. 123 [dortige Formel (11)] die Amplitudenquadrate der
drei Komponenten:
^'2 = ^2 + ^2 + 2 AB COS {d + q —p\
Ef'^ = A^ + B'^'-2ABcos(ß+p — q\
C'2=2C2(l+COÄrf).
Durch Addition dieser drei Gleichungen folgt unter Rücksicht
auf (8) für die resultierende Intensität /:
f = 2J+ 2C^ cos 6 — 4 AB sin 6 sin (q — p).
Da nun f nach der Beobachtung einfach gleich der doppelten
Intensität der Einzelstrahlen ist, d. h ganz unabhängig von 6 be-
obachtet wird, so folgt C= o. d. h. der Lichtvektor liegt senkrecht
Digitized by
Google
Polarisation. 237
zur Fortpflanzungsrichtung (Transversal-Wellen), femer folgt
sin {q --p) ^^0, d. h. nach (5) bezw. (7) ist die Erregungsbahn
eine gerade Linie.
Die durch Doppelbrechung (und Reflexion unter dem
Polarisationswinkel) entstehenden Strahlen sind also
geradlinig polarisierte, transversale Wellen.
Da wir S. 230 sahen, daß die Eigenschaften des polari-
sierten Strahles symmetrisch in bezug auf seine Polarisationsebene
sein müssen, so liegt der Lichtvektor entweder in der Pola-
risationsebene oder senkrecht zu ihr. Auf diese Frage wird
nun ein Licht geworfen durch folgende Versuchsanordnung:
6. Stellende Wellen durch schief einfallendes polarisiertes
Lieht. Als Wiener mit polarisiertem Licht, welches unter 45*> auf
den Spiegel fiel, die Bildung stehender Wellen untersuchte (vgl. oben
S. 147), erhielt er dieselben dann sehr deutlich, wenn die Polari-
sationsebene mit der Einfallsebene des Spiegels zusammenfiel.
Dagegen verschwand die Bildung stehender Wellen vollkommen,
wenn die Polarisationsebene des einfallenden Lichtes senkrecht zur
Einfallsebene stand. Man muß daraus schließen, daß der für
die photographische WirkungO maßgebende Lichtvektor
senkrecht zur Polarisationsebene liegt, denn stehende
Wellen können sich nur bilden, wenn die Lichtvektoren der ein-
fallenden und reflektierten Welle einander parallel sind; sind sie
aber senkrecht zu einander, so hört jede Andeutung von Inter-
ferenz auf.
Wir werden nun allerdings auf Grund der elektromagnetischen
Lichttheorie zu der Anschauung gelangen, daß die oben auf-
geworfene Frage keinen Sinn hat, wenn man nur von der
Richtung des Lichtvektors schlechthin spricht. Denn es
treten in jener Theorie (und auch in jeder anderen) stets zwei Vek-
toren notwendig miteinander verknüpft auf, welche senkrecht gegen
einander stehen (elektrische und magnetische Kraft). Man kann
aber wohl danach fragen, welcher dieser beiden Vektoren für eine
bestimmte Lichterscheinung maßgebend ist, oder ob das eventuell
beide Vektoren sind. Wäre dies z. B. bei der photographischen
(photochemischen) Wirkung der Fall, so könnte man nach dem
Wienerschen Verfahren auch bei senkrechter Inzidenz überhaupt
1) Dasselbe gilt für die Fluoreszenzwirkung stehender Wellen. Vgl. oben
S. 148, Anm. 1.
Digitized by
Google
238 Kapitel V.
keine stehenden Wellen nachweisen, da die Bäuche und Benoten
für jeden der beiden Vektoren gerade abwechselnd liegen, d. h. die
Knoten des einen Vektors auf den Bäuchen des anderen und umge-
kehrt Es folgt dies aus der später zu entwickelnden, vertieften
Theorie des Lichtes. Daß aber tatsächlich stehende Wellen zu
beobachten sind, zeigt, daß für die photochemische und ebenso
für die Fluoreszenzwirkung tatsächlich nur der eine Lichtvektor
maßgebend ist, und zwar, wie aus dem erwähnten Versuche mit
polarisiertem Lichte hervorgeht, derjenige, welcher senkrecht zur
Polarisationsebene liegt.
Auch die Erscheinungen in pleochroitischen Kristallen, wie
z. B. im Turmalin, knüpfen am besten an diesen Lichtvektor an.
7. Lage des maßgebenden Lichtvektors in Kristallen. In
Kristallen ist die Lichtgeschwindigkeit von der Lage der Wellen-
normale und der Polarisationsebene abhängig. Ebenso ist in den
sogenannten pleochroitischen Kristallen (Turmalin z. B.) die Absorp-
tion des Lichtes von der Lage der Wellennormale und der Polari-
sationsebene abhängig. Es stellt sich nun heraus 0: daß manzur
einfachsten Beschreibung dieser Erscheinungen gelangt,
wenn man den Lichtvektor als senkrecht gegen die Polari-
sationsebene liegend annimmt. Dann ist nämlich Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit und Absorption 2) einer Welle nur ab-
hängig von der Lage des Lichtvektors gegen die Kristallachsen. —
Zur Erläuterung diene folgendes Beispiel: Eine parallel zur Haupt-
achse geschnittene Turmalinplatte ändert ihre Helligkeit und Farbe
nicht, wenn man die Platte um die Hauptachse dreht, d. h. das
Licht schief hindurchgehen läßt derart, daß die Hauptachse senk-
recht zum Lichtstrahl bleibt. Dagegen ändert sich die Helligkeit
der Platte bedeutend, wenn man sie um die, zur Hauptachse senk-
rechte Achse dreht, welche in der Platte liegt. Die Polarisations-
ebene des austretenden Strahles liegt im ersten Falle senkrecht
zur Hauptachse, d. h. der Drehungsachse der Platte, im zweiten
Falle parallel zur Drehungsachse derselben. Der senkrecht zur
Polarisationsebene liegende Vektor ist daher im ersten Falle
beständig parallel zur Hauptachse des Turmalins, im zweiten
1) Dies ist weiter unten im II. Abschnitt, Kap. III, § 7 näher aus-
geführt.
2) Auch die Fluoreszenzerscheinungen in Kristallen führen auf diesen
Schluß (vgl. Lommel, Wied. Ann. 44, S. 311).
Digitized by
Google
Polarisation. 239
Falle ändert er aber seine Lage gegen die Hauptachse des Tur-
malins.
Man kennt bisher ' noch keinen Fall, für welchen ein Licht-
vektor allein maßgebend i) wäre, der in der Polarisationsebene
liegt. Insofern kann man daher kurz sagen: Der Lichtvektor
liegt senkrecht zur Polarisationsebene. 2)
8. Das natürliche und teilweise polarisierte Licht. Daß
man durch Doppelbrechung aus einem natürlichen Lichtstrahl zwei
geradlinig polarisierte erhält, ist oben abgeleitet. Durch Super-
position zweier geradlinig polarisierter Strahlen gleicher Fort-
pflanzungsrichtung, aber verschiedener Polarisationsrichtung und
verschiedener Phase erhält man, wie z. B. aus Gleichung (5) her-
vorgeht, elliptisch polarisiertes Licht. Dasselbe ist noch rein
transversal, da die Ebene der Ellipse senkrecht zur Fortpflanzungs-
richtung liegt.
Wie wir später ausführlicher betrachten werden, erhält man
bei Durchgang eines geradlinig polarisierten Strahles durch eine
doppelbrechende Kristallplatte elliptisch polarisiertes Licht, wenn
man nicht die Wirkung der beiden durch Doppelbrechung im
Kristall entstehenden Strahlen voneinander trennt. — Aber auch
den durch die Gleichungen (2) dargestellten allgemeinsten Fall
nicht transversalen, elliptisch-polarisiertenLichteskann
man durchTotalreflexion, oder in absorbierendenKörpern
realisieren, wie weiter unten ausgeführt werden wird.
Es drängt sich nun aber noch die Frage auf: Wie ist das
natürliche Licht beschaffen? Da dasselbe keine seitliche Ver-
schiedenheit zeigt und andererseits auch zirkulär polarisiertes Licht
durchaus nicht identisch ist mit natürlichem Licht, da ersteres bei
Durchgang durch eine doppelbrechende Kristallplatte sofort seit-
liche Verschiedenheiten annimmt, das natürliche Licht aber nicht
(wenn man nicht die beiden durch Doppelbrechung entstandenen
Strahlen voneinander trennt), so bleibt nur die Annahme übrig,
daß für ein gewisses Zeitintervall 6t auch das natürliche Licht
geradlinig, oder elliptisch polarisiert ist, daß aber im Laufe längerer
1) Maßgebend soll heißen: zur einfachsten Beschreibung der Erscheinungen
dienend.
2) Man gewinnt wenigstens durch diese Annahme eine einfachere Dar-
stellung der optischen Erscheinungen, als wenn man die (auch mögliche) An-
nahme macht, daß der Lichtvektor parallel zur Polarisationsebene liegt.
Digitized by
Google
240 Kapitel HL
Zeit die Erregungsbahn ihre Lage und Gestalt derartig wechselt^
daß im Mittel der Lichtstrahl vollkommen symmetrisch rings um
seine Fortpflanzungsrichtung herum beschaffen ist
Da Michelson im natürlichen Lichte noch Literferenzen yon
540 000 il Gangunterschied beobachtet hat (vgl oben S. 141), so
muß also in diesem Falle das Licht mindestens 540 000 Schwing-
ungen ausfuhren, bevor es seinen Polarisationszustand wechseln
kann. Da aber selbst 1 Million Schwingungen in einer sehr kurzen
Zeit, nämlich in 20 . 10"*<>sec. ausgeführt werden, so könnte das
menschliche Auge doch nie, selbst für eine kurze Zeit, eine
Polarisation des natürlichen Lichtes wahrnehmen, auch wenn der
Schwingungszustand erst allemal nach mehreren Millionen Schwin-
gungen wechseln sollte. Denn für die kürzesten Lichteindrücke, die
man herstellen kann, hätte der Schwingungszustand doch schon
viele tausend mal gewechselt
Betrachten wir nun die beiden von Fresnel und Arago aus-
gesprochenen und auf S. 233 angeführten Interferenzgesetze, so ist
das zweite Gesetz, daß zwei rechtwinklig polarisierte Strahlen
interferieren, wenn sie auf dieselbe Polarisationsrichtung gebracht
werden und ursprünglich aus einem polarisierten Strahle ent-
standen sind, sofort einleuchtend, denn man geht dabei von einer
bestimmten Erregungsbahn aus und läßt schließlich wiederum nur
einheitlich polarisiertes Licht interferieren. Derselbe Fall muß
eintreten, wenn man von einem natürlichen Lichtstrahl zwei recht-
winklig polarisierte ableitet und sie dann auf dieselbe Polari-
sationsebene bringt, solange der Schwingungszustand im natür-
lichen Licht nicht gewechselt hat, d. h. innerhalb des obigen Zeit-
intervalls 6t. Auch für ein anderes Zeitintervall öt' müssen
Interferenzfransen aus dem natürlichen Lichte in jenem Falle zu
erhalten sein, sie liegen aber nicht an derselben Stelle, an welcher
die Fransen für das erste Intervall 6t lagen. Denn ein Wechsel
der Erregungsbahn hat den Effekt, daß die beiden abgeleiteten,
rechtwinklig zu einander polarisierten Strahlen eine Phasendifferenz
erhalten. Daher entsteht als Mittelwert über viele Zeitintervalle
6t nur eine gleichmäßige Lichtintensität, d. h. zwei von einem
natürlichen Lichtstrahl herrührende rechtwinklig polarisierte
Strahlen interferieren nicht, auch wenn sie auf dieselbe Polari-
sationsrichtung gebracht werden. Das ist das erste der oben ge-
nannten Fresnel-Aragoschen Gesetze.
Unter teilweise polarisiertem Licht versteht man solches.
Digitized by
Google
Polarisation. 241
welches durch Superposition von natürlichem und einheitlich polar
risiertem entsteht. Teilweise polarisiertes Licht besitzt seitliche
Verschiedenheiten, doch kann man nie aus ihm geradlinig polari-
siertes Licht herstellen, was sonst bei einheitlich polarisiertem
Licht stets möglich ist, wie im folgenden auseinandergesetzt wird.
9. Experimentelle Untersuehung elliptisch polarisierten
Lichtes. Um die Gestalt der Erregungsbahn von elliptisch pola-
risiertem Lichte zu finden, verwandelt man dasselbe mit Hilfe einer
doppelbrechenden Kristallplatte in geradlinig polarisiertes Licht.
Wie schon oben S. 228 besprochen wurde, wird nämlich geradlinig
polarisiertes Licht beim Durchgang durch eine doppelbrechende
Kristallplatte in zwei senkrecht zu einander polarisierte Wellen
zerlegt. Die Lage der Lichtvektoren in beiden Wellen wollen wir
als Hauptschwingungsrichtungen bezeichnen. Dieselben
haben eine feste Lage in der Kristallplatte (und sind senkrecht
zu einander). Da nun beide Wellen im Kristall sich mit ver-
schiedenen Geschwindigkeiten fortpflanzen, so erteilt die Kristall-
platte beiden Wellen eine relative Phasendifferenz, die von der
Natur und Dicke der Platte abhängt. — Ein einfallender Licht-
vektor, welcher schon in einer der beiden Hauptschwingungs-
richtungen der Kristallplatte liegt, wird nicht durch dieselbe in
zwei Wellen zerlegt.
Man kann nun auf zwei verschiedenen Wegen vorgehen: Ent-
weder benutzt man eine Kristallplatte bestimmter Dicke, welche
den beiden in ihr fortgepflanzten Wellen eine Phasendifferenz jr/2
(Gangunterschied V4 ^) erteilt (z. B. V4 A-Glimmer-Plättchen, Se-
narmonts Compensator). Wird diese Kristallplatte so gedreht,
daß ihre Hauptschwingungsrichtungen mit den Hauptachsen der
elliptischen Erregungsbahn des einfallenden Lichtes zusammen-
fallen, so muß oflenbar das austretende Licht geradlinig polarisiert
sein und zwar hängt die Lage der Polarisationsebene vom Ver-
hältnis der Hauptachsen der einfallenden Erregungs-Ellipse ab.
Denn die beiden in der Richtung der Hauptachsen dieser Ellipse
liegenden Lichtvektoren haben nach dem Durchgang durch die
Kristallplatte die Phasendifferenz o oder Jt^ und dann entsteht
nach S. 235 geradlinig-polarisiertes Licht, bei dem die Lage des
Lichtvektors aus der dortigen Formel (7) folgt. Betrachtet man
daher das austretende Licht noch durch ein drehbares Nicol, so
tritt völlige Dunkelheit bei geeigneter Stellung desselben ein. Zur
Untersuchung muß man daher sowohl die Kristallplatte (um ihre
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 16
Digitized by
Google
242 Kapitel V.
Normale), als das Nicol so drehen, bis daß yolle Dunkelheit ein-
tritt. Die Lage der Kristallpl'atte ergibt dann die Lage der
Hauptachsen der Erregungsellipse des einfallenden Lichtes, die
Lage des Nicols das Verhältnis jener Hauptachsen.
Oder man benutzt eine nicht drehbare Kristallplatte veränder-
licher Dicke (z. B. Quarzkeil), um den beiden Komponenten m, v
des einfallenden Lichtes, welche in den beiden Hauptschwingungs-
richtungen der Platte liegen, eine derartige Phasendiflferenz zu
erteilen, daß sie nach dem Austritt aus der Kristallplatte gerad-
linig polarisiertes Licht ergeben. Ob dieses eintritt, wird wiederum
mit einem drehbaren Nicol geprüft. Die Lage desselben ergibt
daher das Amplitudenverhältnis der einfallenden Komponenten w, r,
während ihre ursprüngliche Phasendifferenz aus derjenigen Dicke
der Kristallplatte zu berechnen ist, welche das einfallende Licht
in geradlinig polarisiertes verwandelt.
Um bequem auch die Phasendifferenz Null im Kristall her-
stellen zu können, ist es praktisch, zwei Quarzkeile verschiedener
Orientierung so zu kombinieren, daß beide Keile eine Phasendifferenz
von verschiedenem Vorzeichen hervorbringen. In Figur 79 ist z. B.
Ä ein Quarzkeil, dessen kristallographische Hauptachse parallel zur
Keilkante liegt, während im Keil B die Hauptachse senkrecht zur
Keilkante und parallel zur Obei-fläche
v^, ^■- ., , _-^ liegt (Babinets Kompensator). Beide
A [7?"r^7^'^^^:ia'^^ ^ Keile wirken mit der Differenz ihrer
Fig. 79. Dicken. Bei einfallendem homogenem
elliptisch polarisiertem Lichte ist daher
bei richtiger Stellung des hinteren (analysierenden) Nicols dieser
Kompensator von schwarzen Streifen durchzogen, die parallel zu
den Keilkanten verlaufen. Diese Streifen wandern über den Kom-
pensator hin, falls der eine Quarzkeil gegen den anderen verschoben
wird. Hierzu dient eine Mikrometerschraube. Aus der Stellung
derselben, falls z. B. ein Streifen eine bestimmte Lage haben soll,
ergibt sich in einfacher Weise die Phasendifferenz derjenigen beiden
Komponenten w, v des einfallenden Lichtes, welche parallel den
beiden Hauptachsen der beiden Quarzkeile schwingen, wenn man
zur Aichung des Instrumentes geradlinig polarisiertes Licht ein-
fallen läßt
Die Konstruktion muß etwas geändert werden, wenn ein
größeres, optisch homogenes Feld von geradlinig polarisiertem
Lichte geschaffen werden soll. Dann muß nämlich an Stelle eines
Digitized by
Google
PolarisatioD. 243
Quarzkeiles eine planparallele Quarzplatte von veränderlicher Dicke
als Kompensator verwendet werden. Man stellt eine solche Platte
her durch zwei mikrometrisch übereinander verschiebbare Quarz-
keile A, Ä gleicher Orientierung mit entgegengesetzt liegenden Keil-
winkeln. Um auch die Phasendiflferenz Null bequem durch den
Kompensator hervorbringen zu können,
wird mit den Keilen -4, Ä noch kom-
biniert eine planparallele Quarzplatte
B, deren Hauptachse senkrecht liegt
gegen die der Keile A, Ä, so daß die Fig. so.
Differenz der Dicke von B und der Summe der Dicken der Keile
A, Ä wirkt. In Figur 80 ist diese Konstruktion (Soleil-
Fig. 81.
Babinetscher Kompensator) skizziert. In den Keilen A, A' liegt
die Hauptachse parallel zu den Keilkanten, in der Platte B liegt
sie senkrecht dazu und parallel zur Oberfläche. Zweckmäßig kann
ein Keil, z. B. ^', fest auf die Platte B gekittet werden, während
A mikrometrisch verschoben wird. Bei geeigneter Stellung der
Mikrometerschraube und des hinteren analysierenden Nciols wird
das ganze Gesichtsfeld dunkel.
16»
Digitized by
Google
244 Kapitel V.
Diese Eonstraktion des Kompensators ist besonders bequem
anzuwenden, um die Modifikation zu erfahren, welche geradlinig
polarisiertes einfallendes Licht durch Reflexion oder Brechung
erfährt In einem Spektrometer (Figur 81) enthalten das Kollimator-
rohr K und das Femrohr F Nicoische Prismen, deren Lage an
den Teilkreisen p, / abzulesen ist An dem Femrohr ist der
Babinet-Soleilsche Kompensator G vorgesteckt; seine Haupt-
schwingungsrichtungen (Hauptachsen) liegen parallel und senkrecht
zur Einfallsebene des Lichtes. S ist der reflektierende oder
brechende Körper. Nicols und Kompensator sind dort eingeschaltet,
wo die Lichtstrahlen parallel sind.^)
1) Wegen Benutzung eines auf Unendlich eingesteUten Fernrohres kann
man daher die einfache Babinetsche Konstruktion nicht benutzen.
Digitized by
Google
n. Abschnitt
Optische Eigenscliafteii der Körper.
Kapitel I.
Theorie des Lichtes.
1. Mechanische Theorie. Eine Theorie des Lichtes will die
Differentialgleichung, welcher der Lichtvektor gehorcht, und di^
Grenzbedingungen, welche beim Übergang des Lichtes über die
Grenze zweier verschiedener Körper zu erfüllen sind, auf Grund
einer gewissen Hypothese mathematisch ableiten. Die Differential-
gleichung (12) (S. 160) des Lichtvektors tritt nun allemal bei Be-
wegungen in einem elastischen Körper auf, und daher lag es nahe,
für eine Theorie des Lichtes zunächst die Anschauungen der
Elastizitätstheorie zu verwerten. Nach dieser mechanischen
Auffassung soll der Lichtvektor die Verschiebung der
Ätherteilchen aus ihrer Gleichgewichtslage sein, und der
Äther, d. h. der Raum, in welchem sich Lichtschwingungen fort-
pflanzen können, wird als elastischer Stoff von sehr geringer Dichte
aufgefaßt.
Nun liegt aber eine Schwierigkeit sofort in der Transversalität
ebener Lichtwellen. Im allgemeinen pflanzen sich in einem elasti-
schen Körper sowohl transversale, als longitudinale Schwingungen
fort, in Flüssigkeiten sogar letztere allein, während Transversal-
Schwingungen allein nur in einem festen Körper auftreten, dessen
Teile nie Volumenänderungen erleiden, der also vollkommen in-
kompressibel ist. — Die widerstandslose Bewegung der Weltkörper
im leeren Räume (dem freien Äther) würde nun entschieden dem
Äther den Zustand einer Flüssigkeit zuschreiben, nicht den eines
Digitized by
Google
246 Kapitel L
inkompressibelen festen Körpers. — Indessen kann man vielleicht
diese Schwierigkeit durch die Überlegung überwinden, daß sich
der Äther solchen groben Kräften gegenüber, wie sie bei der
Massenbewegung der Himmelskörper auftreten, wie eine reibungs-
lose Flüssigkeit verhält, daß aber bei den so außerordentlich schnell
wechselnden Kräften, wie sie bei Lichtschwingungen vorkommen,
doch ein kleiner Rest von Reibung im Äther derartigen Einfluß
gewinnt, daß er sich Lichtschwingungen gegenüber wie ein starrer
Körper verhält
Es tritt aber noch eine zweite Schwierigkeit ein bei Auf-
stellung der Grenzbedin^ngen des Lichtvektors. Die Elastizitäts-
theorie liefert für den Übergang der Bewegung über die Grenze
zweier elastischer Körper 6 Grenzbedingungen, nämlich die Gleich-
heit der Verschiebungskomponenten der Körperteilchen und die
Gleichheit der Komponenten der elastischen Druckkräfte zu beiden
Seiten der Grenze. Um diese 6 Grenzbedingungen zu befriedigen,
müssen aber notwendig außer transversalen Wellen auch longi-
tudinale auftreten. Es soll hier nicht genauer erörtert werden, ^)
wie die verschiedenen mechanischen Theorien diese Klippe um-
schiflfen, es mag nur erwähnt werden, daß die meisten Theorien
nur 4 Grenzbedingungen beibehalten.
Um Übereinstimmung mit den Beobachtungen über die ße-
schaflfenheit des reflektierten Lichtes zu erhalten, speziell z. B. um
das Brewstersche Gesetz über den Polarisationswinkel (vgl oben
S. 232) zu folgern, muß man entweder annehmen, daß die Dichte
des Lichtäthers in allen Körpern die gleiche sei, oder die Elasti-
zität. Ersteres ist der F. Neumannsche Standpunkt, letzteres der
Fresnelsche. Aus ersterem folgt, daß die Verrückung der Äther-
teilchen einer linear polarisierten Welle in der Polarisationsebene
liegt, während sie nach Fresnel senkrecht zu dieser Ebene steht.
2. Elektromagnetische Theorie. Die Grundhypothese, welche
vonFaraday ausgesprochen, von Maxwell mathematisch ausgebaut
wurde, ist, daß die Fortpflanzung des Lichtes in einem das
Licht nicht absorbierenden Medium identisch ist mit der Fort-
pflanzung elektromagnetischer Wellen in einem Isolator.
Als Lichtvektor kann die elektrische Kraft, oder auch die mag-
1) Genaueres hierüber findet sich in der Darstellong des Verf. in Winkel-
manns Handbuch, Optik, 2. Aufl., S. 1140—1166.
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften der Körper. 247
netische Kraft interpretiert werden, beide sind stets gleichzeitig
in Schwingung begriffen und stehen in ebenen linearpolarisierten
Wellen senkrecht aufeinander. Durch diese Vielseitigkeit der
Theorie wird die nicht spezieller formulierte Frage nach der Lage
des Lichtvektors zur Polarisationsebene gegenstandslos, indeß ist
es aus gewissen oben S. 238 angeführten Gründen einfacher, die
elektrische Kraft, welche senkrecht zur Polarisationsebene liegt,
als Lichtvektor zu interpretieren. Man gelangt dadurch zu den
Resultaten der Fresnelschen mechanischen Theorie, während die
Resultate der F. Neumannschen Theorie erhalten werden, falls die
magnetische Kraft als Lichtvektor interpretiert wird.
Der Vorteil der elektromagnetischen Theorie liegt wesentlich
in drei Punkten:
1. Die Transversalität der Wellen folgt direkt aus der von
Maxwell gewonnenen einfachsten Darstellung der elektromag-
netischen Vorgänge, nach der es nur geschlossene elektrische
Ströme gibt.
2. Die Grenzbedingungen sind die in "jedem elektromagneti-
schen Felde gültigen. Man braucht nicht, wie bei den mecha-
nischen Theorien, besondere Annahmen für die Lichtschwingungen
zu machen.
3. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes im
leeren Räume (im freien Äther) und in manchen Fällen auch
in ponderabelen Körpern läßt sich aus rein elektromag-
netischen Experimenten im voraus berechnen. Dies ist
ein Hauptvorteil der Theorie gegenüber den mechanischen
Theorien, und dieser Punkt ist fast sofort ausschlaggebend zur
Annahme der elektromagnetischen Auffassung der Natur des Lichtes
geworden. In der Tat bedeutet dies einen wesentlichen Fortschritt
in der Naturkenntnis, wenn in dieser Weise zwei, ursprünglich
lose nebeneinander stehende Gebiete, wie die Optik und die Elek-
trizitätslehre, in meßbar kontrollierbare, nahe Beziehung zueinander
treten.
Im folgenden soll der elektromagnetische Standpunkt
festgehalten werden. Es mag aber hervorgehoben sein, daß die
Darlegungen der vorangegangenen Kapitel durchaus unabhängig
von dem besonderen Standpunkte der Theorie sind, d. h. unab-
hängig davon, was man unter dem Lichtvektor versteht.
3. Die Definition der elektrlsclien und der magnetischen
Kraft. Zwei sehr lange, dünne Magnete üben aufeinander Kraft-
Digitized by
Google
248 Kapitel I.
Wirkungen aus, die scheinbar von ihren Enden (Polen) aus-
gehen.
Die Stärken zweier magnetischer Pole wi und ?ni werden
dadurch definiert, daß sie im Vacuum aufeinander in der Entfer-
nung r die nach mechanischem Maße (nach Länge, Masse und Zeit)
zu messende Kraft
(1) K-
tn . TWj
aufeinander ausüben. Danach ist auch ein magnetischer Ein-
heitspol (m = l) definiert als solcher, der auf einen gleichen in
der Einheit der Entfernung der Krafteinheit ausübt.
Die Stärke § irgend eines magnetischen Feldes in
irgend einem Medium *) ist die Kraft, welche auf einen magnetischen
Einheitspol ausgeübt wird. — Die nach drei rechtwinkligen Achsen
X, y, % genommenen Komponenten von § seien o, ft y.
Die magnetischen Kraftlinien geben durch ihre Richtung
die Richtung der resultierenden Feldstärke an, durch ihre Dichte
die Feldstärke § selbst, indem im Vacuum § gleich sein soll
der Anzahl von Kraftlinien, welche die Flächeneinheit senkrecht
durchschneiden. Man gelangt zu einer richtigen Darstellung des
Kraftgesetzes (1), wenn man von einem Pole der Stärke m eine
Anzahl \nm von Kraftlinien austretend denkt, welche sich ohne
Unterbrechung (d. h. ohne freie Enden) in den Raum fortsetzen.
Denn die Kraftliniendichte ist dann auf einer, um einen einzigen
vorhandenen Pol beschriebenen Kugel vom Radius r gleich mir^,
d. h. gleich der Feldstärke § nach dem Gesetz (1).
Analoge Definitionen gelten für das elektrische Feld im
elektrostatischen Maßsystem:
Die Stärken zweier elektrischer Pole c und e^ werden
dadurch definiert, daß sie im Vacuum aufeinander in der Entfer-
nung r die nach mechanischem Maße zu messende Kraft:
(2) jr=?;,^i
aufeinander ausüben. Dadurch ist auch ein elektrischer Ein-
heitspol definiert, für welchen c = l ist.
Die Stärke g irgend eines elektrischen Feldes in
irgend einem Medium ist die Kraft, welche auf einen elektrischen
1) Dasselbe kaun sowohl mit Materie erfüllt, als aach leer sein (Vacaam)
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften der Korper. 249
Einheitspol ausgeübt wird. — Die nach den drei rechtwinkligen
Achsen x, y, % genommenen Komponenten von ^ seien X, Y, Z.
Die elektrischen Kraftlinien geben durch ihre Richtung
die Richtung der resultierenden Feldstärke ^ an, die Anzahl der
Kraftlinien, welche die Flächeneinheit senkrecht durchschneiden,
soll im Vacuum gleich ^ sein. Aus einem Pole der Stärke e
treten daher 4jte Kraftlinien aus, weil das Gesetz (2) gilt
4. Definition des elektrischen Stromes nach elektrosta-
tisehem und elektromagnetischem Maße. Als elektrischer
Strom i nach elektrostatischem Maß, welcher durch irgend
einen Querschnitt q geht, wird definiert die Anzahl elektrostatischer
Einheiten, welche in der Zeiteinheit durch q gehen. Geht also im
Zeitelement dt die Elektrizitätsmenge de durch q, so ist der Strom:
»=J- (3)
Ist der Querschnitt q gleich der Flächeneinheit, so wird i gleich
der Stromdichte j. Die Komponenten der Stromdichte jz, jy, j\
werden erhalten, wenn man q senkrecht zur x-, y- oder «-Achse
wählt.
Der elektrische Strom t nach elektromagnetischem
Maße wird durch seine magnetischen Wirkungen definiert Man
kann einen dauernden elektrischen Strom in einem Metalldraht leicht
herstellen, wenn man ihn an die Pole eines galvanischen Elementes
anlegt Auch hier handelt es sich um die Verschiebung bestimmter
Elektrizitätsmengen durch den Querschnitt des Drahtes, denn die
isolierten Pole des Elementes verhalten sich wie elektrostatisch ge-
ladene Körper. Ein Magnetpol erfährt gewisse Kraftäußerungen
in der Nähe des elektrischen Stromes. Die Stromstärke t nach
elektromagnetischem Maße wird dadurch definiert, daß
bei einmaliger Umkreisung des Stromes von einem
Magnetpol der Stärke m = l die Arbeit 2I = 4jr*' ausgeübt
wird.1)
Nehmen wir z. B. ein Rechteck der Seitenlängen dx, dy (vgL
Figur 82), welches senkrecht von einem Strome %=fx'dxdy durch-
flössen wird, jx ist die ^-Komponente der Stromdichte in elektro-
1) Die Arbeit Sl iat unabhängig von dem besonderen Wege des Magnet-
poles und auch unabhängig von der Natur des den Strom umgebenden Me-
diums. Vgl. hierüber die Lehrbücher des Elektromagnetismus (z. B. die Physik
des Äthers des Verf. S. 77, 83).
Digitized by
Google
250 Kapitel L
magnetischem Maße. Fließt der Strom von hinten nach yom, so
daß die positiven Koordinatenrichtungen die in der Figur
gezeichneten Lagen zu einander haben*), so wird nach der
sogenannten Ampereschen Regel ein positiver Magnetpol in der
Richtung der Pfeile der Figur abgelenkt (Figur 82.) Die ganze
Arbeit 31 beim Verschieben eines Magnetpoles m= + 1 von A über
B nach C, D und nach A zurück ist also:
(4) ^=a' dx + ß^-dy — a-dx — ß'dy,
wenn a und ß die Komponenten der magnetischen Kraft, wie sie
längs AB und AD wirken, bezeichnet, während a und ß^ die längs
DC und BG wirkenden Komponenten sind, a unterscheidet sich
nur dadurch von «, daß es längs einer Linie wirkt, deren «/-Koordi-
naten um dy größer sind, als die t/-Koordinaten der Linie AB,
längs der a wirkt. Bei genügender Kleinheit von dy hat also
{a — a):dy die Bedeutung des partiellen Differentialquotienten
daröy, so daß man hat:
^-ß+'iä^^
Analog ist
SO daß aus (4) entsteht:
Da nun nach der Definition der Stromstärke t diese Arbeit
gleich 4jtt = ijtfx'dxdy sein soll, so entsteht:
und analog würden zwei andere Differentialgleichungen ab-
zuleiten sein:
(5)
Dieses sind die Maxwellschen Differentialgleichungen des
elektromagnetischen Feldes. Damit sie mit diesen Vorzeichen,
1) Diese relative Lage der KoordinatenrichtaDgen soU im folgenden stets
festgehalten werden.
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften der Körper. 251
wie in (5), gültig sind, muß das Koordinatensystem entsprechend
der Figur (82) gewählt sein. — Man kann in diesen Gleichungen die
elektromagnetisch definierte Stromdichte / ersetzen durch die
elektrostatisch definierte y, wenn man das Verhältnis c einführt,
in welchem beide Maßsysteme, das elektrostatische zu dem elektro-
magnetischen, stehen. Wir wollen also setzen
i:t^=c, jx:/x = c ^ ii,s,w, (6)
Daher wird nach (5)
47t • öy bß 4n . öa öy 4n , bß ha . .
Diese Gleichungen sind unabhängig von der Natur des Mediums,
in welchem die elektromagnetischen Vorgänge bestehen (nach der
Anm. 1 der S. 249), sie gelten daher in jedem, auch in einem
inhomogenen oder kristallinischen Medium.
Die Verhältniszahl c kann man erhalten, wenn man die
magnetische Wirkung beobachtet, die durch die Entladung einer
nach elektrostatischem Maß gemessenen Menge e entsteht Es
ergibt sich c gleich der Dimension einer Geschwindigkeit, die den
Wert hat
c=3- 10^^ omlsec.
5. Definition des magnetischen Stromes. Analog wie der
elektrische Strom soll der magnetische Strom, der durch irgend
einen Querschnitt q geht, definiert werden als das Quantum mag-
netischer Polstärke, welches durch q in der Zeiteinheit fließt.
Falls q gleich der Flächeneinheit ist, sprechen wir von der
Dichte des magnetischen Stromes, ihre Komponenten seien durch
sx , 8y , sx bezeichnet.
Die Formeln (7) sind ein Ausdruck dafür, daß ein elektri-
scher Strom von zirkulären
magnetischen Kräften um
sich herum begleitet ist. j)
Andererseits muß aber auch
ein magnetischer Strom
von zirkulären elektrischen ^ * ß
Kräften um sich herum be-
gleitet sein. (Dieser Vor-
gang wird als Magnet-Induktion bezeichnet.) Dies folgt not-
wendig aus der Anwendung des Energieprinzipes. Denken
-^x-
Fig. 82.
Digitized by
Google
252 Kapitel I.
wir uns das Eechteck ABCD der Fig. 82 von einem elektri-
schen Strome der Stärke i nach elektrostatischem Maße um-
flossen in dem Sinne der eingezeichneten Pfeile, so würde ein
positiver Magnetpol von hinten nach vorn, d. h. im Sinne der
positiven ;?j-Achse durch das Rechteck hindurch getrieben werden
und fortwährend um eine der Eechteckseiten herum kreisen.
Diese hierdurch geleistete Arbeit muß darin ein Äquivalent haben,
daß der Strom auf konstanter Stärke i nur unter Aufwendung
eines gewissen Energiequantums gehalten werden kann, während
er jene mechanische Arbeit leistet, m. a. W. durch die mecha-
nische Arbeit muß eine gewisse elektromotorische
Gegenkraft erzeugt werden, die überwunden werden muß,
falls der Strom auf konstanter Stärke i bleiben soll. Für die
Arbeit, welche entsteht, wenn ein elektrischer Einheitspol einmal
um das Rechteck im Sinne der Pfeile geführt wird, gilt nun der
analoge Ausdruck wie in (4) und (4'), d. h. sie ist
Um den Strom i während der Zeit t zu erhalten, ist die Arbeit
noch mit der Anzahl der umgeführten elektrostatischen Einheiten,
d. h. mit i- 1 zu multiplizieren. Diese Arbeit, d. h. 31 • i • /, muß
nach dem Energieprinzip gleich der Arbeit sein, welche ein Magnet-
pol der Stärke m ausübt, der innerhalb der Zeit t eine Recht-
eckseite einmal umkreist; da diese Arbeit nach S. 249 gleich
4jtm% = 4jcmi : c ist, SO folgt also
(9) ?I . ^ . ^ = 4jtmi : c, d. h. ?I = 4jtm : et.
Nun ist aber m : t gleich der Stärke des magnetischen Stromes,
welcher durch das Eechteck tritt, und % • dx dy ist gleich der
it-Komponente sx der magnetischen Stromdichte- Daher folgt aus
(8) und (9):
und analog wären noch zwei andere Gleichungen für sx und
8y abzuleiten.
In (10) bezeichnen X und Y die elektrischen Kräfte, welche
man anwenden muß, um den Strom konstant zu erhalten. Nennt
man aber -X" und Y die durch den magnetischen Strom selbst durch
Induktion hervorgerufenen (Gegen-)Kräfte, so sind diese von gleicher
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften der Körper. 253
Größe, aber mit entgegengesetzten Vorzeichen behaftet, so daß die
Gleichungen entstehen
Auch diese Gleichungen gelten ganz allgemein in
jedem Medium, d. h. auch in inhomogener oder kristal-
linischer Umgebung.
Die Formeln (7) und (11) gelten ganz allgemein in jeder Um-
gebung. Wir können sie als die Grundgleichungen der Max-
wellschen Theorie bezeichnen. Bei allen Erweiterungen der
ursprünglichen Maxwellschen Theorie auf Körper mit besonderen
optischen Eigenschaften (Dispersion, Absorption, Kristallinität,
natürliche und magnetische Eotationspolarisation) bleiben diese
Grundgleichungen dieselben; nur die Gleichungen, welche jx und
sxU.s.w. mit der elektrischen, bezw. magnetischen Kraft verbinden,
haben für besondere Fälle verschiedene Formen.
6. Das TaciiQiii (der freie Äther). Konstante elektrische
Ströme kann man nur in Leitern, z. B. in Metallen, herstellen, aber
nicht in Isolatoren. Durch Ladungswechsel kann man aber auch
in letzteren Ströme herstellen (sogenannte Verschiebungsströme
im Gegensatz zu den Leitungsströmen der Leiter), und es ist der
Grundpfeiler der Maxwellschen Theorie, daß diese Verschiebungs-
ströme dieselben magnetischen Wirkungen ausüben, wie die Leitungs-
ströme. Durch diesen Grundsatz erreicht Maxwell den Vorzug der
größten Einfachheit seiner Theorie gegenüber anderen elektrischen
Theorien. — Konstante magnetische Ströme kann man überhaupt
nicht herstellen, da es keinen magnetischen Leiter gibt.
Es handelt sich nun darum, wie im freien Äther die elek-
trische und magnetische Stromdichte von der elektrischen und
magnetischen Kraft abhängt. Im freien Äther gibt es keine an
gewissen Eaumstellen konzentrierte Ladungen e oder m, aber es sind
Kraftlinien vorhanden. Nun können wir nach dem auf S. 248 u. 249
ausgesprochenen Satz, daß jede Ladung e oder m 4ne bezw. 4jtm
Kraftlinien aussendet, sagen, daß 4jt multipliziert mit der Strom-
dichte gleich der Änderung der Kraftliniendichte in der Zeiteinheit
sein muß, d. h. es ist
4^Jy = -it-,
ÖJV,
hM,,
4xsy= ^/,
(12)
Digitized by
Google
254 Kapitel L
wobei JVr, N,, Xx. ifr, Jfy. Mx die Komponenten der elektrischen,
bezw. magnetischen Eraftliniendicht« sind. — Im Vacamn ist nun
aber nach der Definition der S. 24S, 249 die ErafUiniendichte gleich
der elektrischen, bezw. magnetischen Kraft, so daß fttr das Vacuum
(12) fibergeht in:
nr ^^^'=57' ^'^•^i'=d7' ^^•^*=dr'
Die Gleichungen (7) und (11) des elektromagnetischen Feldes nehmen
daher für den freien Äther die Gestalt an:
(14)
l^—hi^^i i^_^_^ i^=^__^
cd/ öy öx ' c 0/ öx öx ' cd/ dx öy '
i^=^___^ 1^?_?^_^ 1^>:=^_^^
c 6t b* dy "* e bt öx ö^t ' c ö/ by ST '
7. Isotroper Isolator. In einem mit Materie erfüllten Baume,
der isoliert, ändern sich die Kraftgesetze (1) und (2). Bringt man
nämlich die elektrischen Pole e, e^ aus dem leeren Baume in einen
isolierenden Körper, z. B. Flüssigkeit, so wirken sie dort schwächer
aufeinander, als im leeren Baume, so daß man zu setzen hat
(15J ^=7 7r
Die Konstante e des Isolators heißt seine Dielektrizitäts-
konstante. Die Definition gilt auch für feste Isolatoren, nur kann
man in ihnen die Anziehungs- oder Abstoßungskräfte der elek-
trischen Pole nicht so bequem beobachten, wie in Flüssigkeiten, Es
gibt aber andere Methoden, um auch für feste Körper ihre Di-
elektrizitätskonstante zu bestimmen, über die aber auf die Lehr-
bücher über Elektrizität verwiesen sein möge. — Für alle Körper
ist die Dielektrizitätskonstante größer als 1.
Analoges gilt auch für die Kräfte zwischen magnetischen
Polen, die etwas verändert erscheinen, wenn sie vom Vacuum in
einen Körper gebracht werden, so daß man zu schreiben hat
(16) ir=i'?:'-.
Die Konstante fi heißt die Magnetisierungskonstante des
Körpers. Sie ist bald größer als 1 (paramagnetische Körper),
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften der Körper. 255
bald kleiner als 1 (diamagnetische Körper); sie unterscheidet
sich aber stark von 1 nur in den paramagnetischen Metallen Eisen
Nickel, Kobalt, dagegen in Isolatoren sehr wenig von 1. Auf
Isolatoren kommt es aber zunächst allein an, da es sich zunächst
um vollkommen durchsichtige Körper handelt, d.h. solche, welche
die Energie der elektromagnetischen Wellen ohne Absorption, d. h.
ohne sich dabei zu erwärmen, fortpflanzen. In Isolatoren ist der Unter-
schied von (i gegen 1 so gering (meist nur wenige Tausendstel
Prozent), daß wir im folgenden immer ii= 1 setzen können. ^)
Durch die Änderung des Kraftgesetzes (2) in (15) wird in
den Gleichungen (13) eine Änderung eintreten, da bei denselben
Ladungen, d, h. auch denselben Stromstärken, die elektrische Kraft
im Isolator im Verhältnis Hb schwächer ist, als im Vacuum. Daher
ist an Stelle von (13) zu schreiben:
4jc^'x = ^ "57 » öte., 47tsx =^ 5^ > 6tc- (1*7)
Für einen isotropen Isolator gelten also vermöge der auch im
Isolator gültigen Gleichungen (7) und (11) die Formeln (für ^=1):
£ÖX^by_d^ i.^=^_^ ±^Z^hß_^a
c 6t öy bx^ c bt bz bx^ c 5^ bx 5y '
cbt bx by ^ c bt 5x bx ^ c bt ?y da:
(18)
Diese Gleichungen bestimmen alle Eigenschaftten
des elektromagnetischen Feldes in einem Isolator voll-
kommen.
Wenn man allgemein an den Gleichungen (12) festhält, d. h.
wenn man festsetzt, daß die Anzahl der von einer Ladung aus-
gesandten Kraftlinien unabhängig von der Natur ihrer Umgebung
sein soll, so lehrt ein Vergleich mit (17), daß man in dem Körper
zu setzen hat:
Mx = (ia, My^=liß, Mx = liY,
1) Wir werden später bei Besprechung der optischen Eigenschaften
magnetisierter Körper genauer beweisen, weshalb für alle Körper die Annahme
/« =» 1 bei Lichtschwingungen berechtigt ist. Es liegt dies nicht etwa daran,
daß die Magnetisierung des Körpers bei so schneUen Feldwechseln, wie sie im
Lichte bestehen, nicht folgen könnte, sondern der Grund ist komplizierter.
Digitized by
Google
256 Kapitel I.
d. h. nur im Vacuum (für fi = i, [i = l) ist die Kraftlinien-
dichte gleich der elektrischen, bezw. magnetischen Kraft.
Denken wir uns einen Elementar-Würfel der Seitenlängen
dx^ dy, dz, welcher die elektrische Ladung e enthält, so müssen
aus der ganzen Oberfläche des Würfels 4jte Kraftlinien aus-
strahlen. Wenn wir andrerseits die ausstrahlenden Kraftlinien
berechnen als Summe der aus den Oberflächen des Würfels aus-
tretenden Kraftlinien, so geben z. B. die beiden senkrecht zur
a:- Achse liegenden Flächen die Anteile: — {Nx\ dy dz + {Nx)2 dy dz
wobei die Indices 1 und 2 sich auf die beiden gegenüber liegenden,
um dx voneinander entfernten Seiten beziehen. Nun ist offenbar
(nach der Definition des Differentialquotienten):
{N.\ = (N.\ + ^^ dx,
so daß auf diese Weise die ganze, durch die Oberfläche des Wür-
fels tretende Kraftlinienzahl gefunden wird zu
Setzen wir also dieses Aggregat gleich 4jte und berücksichtigen
die Gleichungen (19), so folgt, falls man e:dxdydz = Q die
Ladung der Volumeneinheit (Dichte der Ladung) nennt:
m .,,_?^' + »<f> + *2>.
Nach ihrer Herleitung gilt diese Gleichung auch in
isotropen, inhomogenen Körpern, d. h. falls b mit x, y, z
variiert. — Eine analoge Gleichung kann man für die magnetische
Ladungsdichte aufstellen.
8. Die Grenzbedingnngeii. Wenn zwei verschiedene Körper
aneinander stoßen, so sind gewisse Bedingungen für den Über-
gang der elektrischen und magnetischen Kraft über die Grenze
der Körper zu erfüllen, die man aus den Hauptgleichungen (18)
durch folgende Bemerkung gewinnen kann: In Wirklichkeit
vollzieht sich der Übergang von einem Körper der Dielektri-
zitätskonstante fj zu einem anderen Körper der Dielektrizitäts-
konstante 62 nicht plötzlich, so daß nur eine Trennungsfläche
im mathematischen Sinne besteht, sondern allmählich, so daß die
Dielektrizitätskonstante innerhalb einer, allerdings sehr dünnen
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften der Körper. 257
Übergangsschicht stetig vom Werte s^ bis «2 variiert. Auch
in einer solchen Übergangsschicht bestehen die Gleichungen (7),
(11) und (17), daher auch (18), d. h. alle in jenen Gleichungen
vorkommenden DiflFerentialquotienten müssen endliche Werte be-
halten. Nehmen wir nun z. B. an, die beiden Körper stießen in
der xy-Ebene aneinander. Da in der Übergangsschicht die
?iV A y Äff A
Differentialquotienten 5^ » jj- 1 jj^ > 5« endliche Werte behalten
müssen, so folgt, daß, wenn die Dicke der Übergangsschicht, d. h.
dz, unendlich klein wird, auch die Differenz von r, X, ft a
an den Grenzen der Übergangsschicht unendlich klein wird, mit
anderen Worten: Die der Grenzfläche parallelen Kompo-
nenten der elektrischen und magnetischen Kraft müssen
sich stetig verhalten beim Durchgang durch die (als ver-
schwindend dünn angenommene) Grenzfläche, in Formeln:
^1 = ^2, ^1=^2, «i = öf2, ß, = ß2mv z = 0, (21)
wobei durch untere Indizes die Zugehörigkeit zu den beiden ver-
schiedenen Körpern gekennzeichnet ist.
Da in den Hauptgleichungen (18) die Differentialquotienten
^ und 5^ nicht vorkommen, so gelten für Z und 7 nicht dieselben
Schlüsse, wie für X, Y, a, ß. Indessen ersieht man aus der
letzten der Gleichungen (18), daß g^, daher auch y, zu beiden
Seiten der Übergangsschicht denselben Wert hat, weil X und
Y für alle Werte von x und y zu beiden Seiten der Übergangs-
schicht dieselben Werte haben. Daher geht auch 7 stetig
durch die Grenze, wenn diese als eine Schicht von ver-
schwindender Dicke aufgefaßt wird. Aus demselben Grunde
schließt man aus der dritten der Gleichungen (18) auf Stetig-
keit des Produktes eZ, d. h. auf ünstetigkeit von Z. Man
kann also zu den Grenzbedingungen (21) noch die Grenzbedingun-
gen hinzufügen:
fi ^1 = ^2^2, 7i = 72für^ = 0. (20
Von den 6 Gleichungen (21) und (21') sind aber wegen des
Bestehens der Hauptgleichungen (18) nur 4 von einander un-
abhängig.
Aus (19) in Verbindung mit (21') ergibt sich, daß die
Kraftlinien auch an der Trennungsfläche zwischen zwei
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 1 7
Digitized by
Google
258 Kapitel I.
Körpern keine freien Enden besitzen. (NB.: es ist in (21')
/« = 1 angenommen, sonst würde ny stetig sein!)
9. Die Energie des elektromagnettsehen Feldes. Wenn man
die Formeln (18) mit den Faktoren Xdr, Ydx^ Zdr, adr, ßdt, ydr
multipliziert, wobei dr ein Volumenelement bedeutet, und über
einen beliebigen Bereich integriert, so erhält man, falls man setzt
(22) ® = ^(Z2+r2 + z-0 + ^(a2 + ^2 + y2).
(23) 'iiJ^ä. = j(-\y^--l-)Xdr^...
Mit Benutzung des Hilfssatzes S. 164 (Formel 20) erhält man
nun leicht:
j^^^^^~ J y^^^^ (^^) ^^ "" j^hf^^'
wobei dS ein Oberflächenelement der Oberfläche desjenigen Raumes
bedeutet, über welchen die Integration erstreckt wird, und n die
innere Normale auf dS. Wendet man diese Umformung an auf
die ersten drei Integrale, welche auf der rechten Seite von (23)
auftreten, so heben sich die Eaumintegrale gegenseitig fort. Es
folgt daher:
^J(SdT = ^J[irY-ßZ)cos(nx)+ (aZ^rX)cos{ny)
(24) +{ßX — aY)cos (n*) j dS.
Ziehen wir die Grenzen des Integrationsbereiches so weit,
daß an ihnen die elektrische und magnetische Kraft verschwindet,
so besagt Formel (24), daß die Größe ® dieses Bereiches sich
mit der Zeit nicht ändert. ® bedeutet die Energie des
elektromagnetischen Feldes in der Volumeneinheit Man
kann diese Bedeutung tatsächlich durch Berechnung der Arbeits-
leistungen, welche bei Verschiebung von elektrischen oder magne-
tischen Ladungen geleistet werden, erhalten. (Vgl. hierüber das
Nähere in der Physik des Äthers vom Verf., S. 127, 272.)
10. Die Lichtstralilen als Stromnngslinien der Energie.
Wenn an den Grenzen des Integrationsbereiches X, Yj Z, a, ft y
nicht verschwinden, so kann man den Sinn der Formel (24) so
interpretieren, daß die Änderung der elektromagnetischen Energie
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 259
eines Raumes dadurch herbeigef&hrt wird, daß dieselbe in seine
Begrenzungsfläche ein- resp. ausströmt. Als Komponenten fx^fy^
fx dieses Energieflusses können nach (24) angesehen werden:
f- = i^i7r-ßZ), fy = :^{aZ^rX), A=^OSX-an (25)
Da hiemach die Relationen bestehen:
so steht die Bahn des Energieflusses stets senkrecht auf der
elektrischen und magnetischen Kraft.
Diese von Poynting herrührende Theorie der Bewegung der
Energie im elektromagnetischen Felde hat für die Lichttheorie in-
sofern große Bedeutung, als wir die Lichtstrahlen als diese
Strömungslinien der Energie auffassen müssen. Denn nach S. 5
haben wir einen Lichtstrahl, der von einer Lichtquelle Q nach
einem Punkte P geht, als den geometrischen Ort derjenigen Punkte
definiert, auf welchen irgend ein Hindernis, d. h. ein undurch-
sichtiger Körper angebracht sein muß, um die Lichtwirkung in P
abzuschneiden. Nun kann offenbar Energie von Q nach P nicht
fortgepflanzt werden, wenn die durch Q und P gehende Strömungs-
linie der Energie auf ein Hindernis stößt
Nach (25) ist daher die Richtung des Lichtstrahles als senk-
recht zur elektrischen und magnetischen Kraft bestimmt.
Kapitel IL
Durchsichtige isotrope Körper.
1, Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes. Das Zu-
standekommen einer ebenen elektromagnetischen Welle kann man
sich nach den Anschauungen der elektrischen Theorie in folgender
Weise klar machen: Denken wir uns, daß in einem gewissen Zeit-
17»
Digitized by
Google
2^iO K^>«el IL
moment eine elektrische Stromimg parallel znr x-Achse innerbalb
einer dannen Schicht erregt würde, welche parallel mr ajrEbene
liegt Diese Strömung ruft magnetische Kräfte am Bande der
Schicht hervor, die parallel znr y-Achse liegen. Dorch die ent-
stehenden magnetischen Kraftlinien werden elektrische Kräfte
induziert welche innerhalb der Schicht nach der negativen x-Achse,
aoBerhalb der Schicht nach der positiven x-Achse gerichtet sind.
Im Inneren der Schicht verschwindet daher die elektrische
Strömung, weü die induzierten Strome die ursprünglich erregten
Strome aufheben, dafür treten aber außerhalb der Schicht elek-
trische Strome auf, welche nach der positiven x-Achse laufen. In
dieser Weise pflanzt sich ein elektrischer Impuls als Welle nach
der positiven und negativen x-Achse fort
Um die Fortpflanzungsgeschwindigkeit zu finden, wollen wir
auf die Hauptgleichungen ^iS] des vorigen Kapitels zurück-
greifen.
Differenziert man die ersten drei Gleichungen (IS) nach der
Zeit t und setzt für iact, ißtt^ iyit die aus den letzten drei
Gleichungen (IS; folgenden Werte, so entsteht:
und analog zwei andere Gleichungen, Man kann diese Gleichung
nun in der Form schreiben:
Nun erhält man aber durch Diffierentiation der ersten drei
Gleichungen (18) bezw. nach x, y, z und Addition:
Ux ^ bu ^ öz) "•
bt\dx "^ dy
Da es sich im folgenden stets nur um periodische Veränderungen
der elektrischen und magnetischen Kräfte handelt, bei denen der
Differentialquotient nach der Zeit t den Größen selbst proportional
ist (wenn man noch die Phase */2 hinzufugt), so kann man aus
der letzten Gleichung den Schluß ziehen, daß sein muß:
^^2^ — -4- — 4- — — 0
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 261
Die Gleichung (1) wird daher
c2 Ö/2 — da;2 "*" Öy2 + 0^2 ~ -^^ •
Analoge Gleichungen befolgen F, Z, so daß das Gleichungssystem
entsteht:
Die magnetischen Kraftkomponenten befolgen analoge Glei-
chungen:
Nun haben wir schon früher S. 161 gesehen, daß Differential-
gleichungen der Form (3) (3') auf Wellen führen, welche sich mit
der Geschwindigkeit
V=^ (4)
fortpflanzen. Dies ist also nach der elektromagnetischen Auffassung
der Natur des Lichtes die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes,
wobei es ganz gleichgültig ist, ob man die elektrische Kraft oder
die magnetische Kraft als Lichtvektor interpretiert Denn beide
sind untrennbar miteinander verbunden und pflanzen sich mit
derselben Geschwindigkeit fort
Wenden wir zunächst die Formel (4) für den freien Äther
(leeren Raum) an, so folgt, daß dort die Lichtgeschwindig-
keit gleich dem Verhältnis c des elektrostatischen zum
elektromagnetischen Maßsystem sein muß. Diese Fol-
gerung wird nun in der Tat glänzend bestätigt, denn oben 8. 112
gaben wir als Mittel der Lichtgeschwindigkeit^) aus den zuver-
lässigsten Messungen 7=2,999-10^^ cm/sec an, welche Zahl
durchaus innerhalb der Beobachtungsfehler mit der aus rein elektro-
magnetischen Experimenten gewonnenen Zahl c = 3 • 10^^ cm^sec
tibereinstimmt
1) Daß sich dieselbe auf das Vakuum bezieht, ist oben S. 113 hervor-
gehoben.
Digitized by
Google
262
Kapitel H.
Dies ist der erste durchschlagende Erfolg der elektro-
magnetischen Lichttheorie.
In einem ponderabeln Körper muß nach (4) die Licht-
geschwindigkeit im Verhältnis 1 : )/T kleiner sein, als im Vakuum,
d. h. da der Brechungsindex no des Körpers gegen das Vakuum
das Verhältnis der Lichtgeschwindigkeiten im Vakuum und im
Körper bedeutet, so muß sein:
(5) % = Y6, W2 = 6,
d. h. das Quadrat des Brechungsindex ist gleich der Di-
elektrizitätskonstante.
Diese Beziehung kann nun in aller Strenge nicht erfüllt sein,
schon aus dem Grunde, weil der Brechungsindex no bei allen
Körpern von der Farbe, d. h. der Periode der Oszillationen, ab-
hängt, während die Dielektrizitätskonstante e als eine, von der
Oszillationsdauer unabhängige Konstante definiert ist
Zunächst ist aber bei Gasen, bei denen die Abhängigkeit des
Brechungsindex von der Farbe sehr gering ist, die Eelation (5)
recht gut erfüllt, wie folgende Tabelle ergibt, in der die Di-
elektrizitätskonstanten einer Bestimmung von Boltzmann^) ent-
nommen sind, während die Brechungsindizes für Licht mittlerer
Farbe (gelb) gelten:
VT
1,000294
1,000295
1,000138
1,000132
1,000449
1,000473
1,000346
1,000345
1,000 503
1,000497
Luft ....
Wasseritoff . .
Kohlensäure
Kohlenoxyd
Stickoxydul
Auch bei den flüssigen Kohlenwasserstoffen stimmt die Be-
ziehung (5) recht gut, z. B. bei Benzol ist tio (gelb) = 1,482,
y7= 1,49.
Dagegen sind sowohl bei vielen festen Körpern, z. B. den
Gläsern, als auch bei den Alkoholen und bei Wasser eklatante Ab-
weichungen vom Gesetz (5) vorhanden: es ist s immer viel größer
als w«, wie folgende Tabelle lehrt:
1) L. Boltzmann, Wien. Ber. 09, S. 795, 1874. — Pogg. Aun. 155,
S. 407, 1873.
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 263
Wasser . .
Methylalkohol
Äthylalkohol
1,33
1,34
1,36
V^
9,0
5,7
5,0
Um diese Abweichungen zu erklären, bedarf die elektrische
Theorie einer Erweiterung ihrer Grundgleichungen. Dies soll im
Kapitel V dieses Abschnittes geschehen. Nach dieser Erweiterung
erscheint dann die hier als Konstante auftretende Größe e von
der Oszillationsdauer abhängig.
Bevor wir aber hierauf eingehen, wollen wir untersuchen, wie
diejenigen optischen Eigenschaften der Körper nach der elektrischen
Theorie dargestellt werden, auf welche das Dispersionsgesetz, d. h.
die Abhängigkeit des no von der Farbe, keinen Einfluß hat Wir
wollen also im folgenden denken, daß mit Licht von be-
stimmter Farbe operiert wird, und daß die im Kapitel V
zu behandelnde Erweiterung schon gemacht wäre, so
daß die in den Hauptgleichungen auftretende Konstante e
übereinstimmt mit dem Quadrat des Brechungsindex no
für die bestimmte Farbe.
2. TransTersalität ebener Wellen. Eine ebene elektrische
Welle wird durch die Gleichungen dargestellt:
A = ^x • C08 ~rp- \t y ^ j ,
-17 A ^^ /i mx -\- ny + px\ ,^v
Y=Ay'C08-^\t V^^l ' (^)
rj A 2^ (^ 'wa; -\'ny-{- px\
Z= Ax' cos-rp- \t p; ^ j .
Denn die Phase ist dieselbe in den Ebenen:
^wx + «1/ + i?;t ^ konst., (7)
welches dann die Gleichung der Wellenebenen ist m, w, p sind
die Richtungskosinus der Normale zu den Wellenebenen, wenn
man noch die Bedingung vorschreibt:
W2 + w2 4-J92==l. (8)
Äx^ Ayj Ax sind die Komponenten der Amplitude A der resul-
Digitized by
Google
264 Kapitel IL
tierenden elektrischen Kraft. Sie sind also proportional den
Eichtungskosinus dieser Amplitude A. Infolge der Differential-
gleichung (2) auf S. 260 muß sein:
(9) Ax'm-\' Ay'n'\' Ax'V = ^ ^
welche Gleichung ausdrückt, daß die resultierende Amplitude A
senkrecht auf der Wellenebenen-Normale, d. h. der Fortpflanzungs-
richtung, steht, mit anderen Worten, daß die Welle eine
Transversalwelle ist Dieselbe Folgerung gilt fttr die magne-
tische Kraft. — Die Transversalität ebener Wellen folgt also aus
der Gleichung (2) bezw. (2'), d. h. aus der Form der Haupt-
gleichungen der Theorie.
3. Beflexion und Brechung an der Grenze durehsiclitiger
isotroper Korper. Die Körper 1 und 2 mit den Konstanten i^
und 62 mögen in einer Ebene, der ajtz-Ebene, aneinander grenzen.
Die positive ;t-Achse gehe vom Körper 1 zum Körper 2 (vergL
Fig. 83). Es mögen von ersterem auf letzteren ebene Wellen
unter dem Einfallswinkel (p einfallen, und zwar sei die x^c-Ebene
die Einfallsebene. Die Eichtungskosinus der Fortpflanzungsrichtung
in der einfallenden Welle sind dann:
(10) m = sin (p, w = o, p = cos g) .
Wir wollen die einfallende elektrische Kraft in zwei Kompo-
nenten zerlegen: eine senkrecht zur Einfallsebene liegende Kom-
ponente, deren Amplitude Es sei, und eine in der Einfallsebene
liegende Komponente, deren Amplitude Ep sei. Erstere Komponente
Uegt zu der y-Achse parallel, so daß vermöge (6) und (10) für die
«^Komponente der einfallenden elektrischen Kraft zu schreiben ist:
(11) Ye = Es' C08-jr\t ^-p -)]
wobei Fl die Lichtgeschwindigkeit im Körper (1) bedeutet. Nach
(4) ist
(12) F, = c:y7;.
Die in der Einfallsebene liegende Komponente Ep der elek-
trischen Kraft liegt wegen der Transversalität der Welle senkrecht
zum Lichtstrahl, d. h. die nach der x- bezw. »-Achse genommenen
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 265
Komponenten Ax bezw. Ax der Amplitude Ep müssen die Werte
haben:
-4x = J^p • CO» (p , ^x = — Ep' sin g>j
wenn, wie in Fig. (83) gezeichnet ist, der positive Sinn von Ep
von der Grenze fort zeigt
Die X- und «-Komponente der elektrischen Kraft der einfallen-
den Welle wird daher
^ ^ 271 f. X sin CD -\- xeo8 q>\
Xe = Ep'cosg) ' co8-jrli ^^ -) ,
ry r^ . ^7t ( ± X sin w -\' X cos w\
Zt =—Ep'8inq>'C08—^~lt ^ ^j.
Mit der elektrischen Kraft der einfallenden Welle ist nun
notwendig verbunden eine magnetische Kraft, deren Komponenten
sich aus den früheren Hauptgleichungen (18) der S. 255 und unter
Eücksicht auf (12) der Seite 264 berechnen zu:
^ r— 2n i. X sin w-\' xcos <p\
06 = — Es * C08 g) y f 1 cos -j- It ^r ^j ,
a , E7 r— ^^ It xsin(p + %■ cos «p\ ,^ ..
ft= + ^p '^^cos-^\t "^^ ^j, (14)
, T^ . ,— 2n (^ X sin w -{- x cos q>\
Ye== + Es' sing) yTi cos -y- \t ^^ ^j .
Ist also Es = 0, -Ep > 0 , so ist a« = 7« = 0 , i9« von Null ver-
schieden, d. h. die in der Einfallsebene liegende Amplitude Ep der
elektrischen Kraft ruft eine senk-
recht zur Einfallsebene liegende Kom-
ponente ßö der magnetischen Kraft
hervor. Umgekehrt ruft die senk-
recht zur Einfallsebene liegende
Komponente Es der elektrischen Kraft
eine in der Einfallsebene liegende
magnetische Kraft hervor. Dieses
Resultat, daß die notwendig mit- ^
einander verbundenen elektrischen ^ig. ss.
und magnetischen Kräfte stets senk-
recht aufeinander stehen, folgte schon aus der oben S. 260 an-
gestellten Überlegung.
Wenn die einfallende elektromagnetische Welle auf die Grenze
trifft, so zerlegt sie sich in eine reflektierte und eine gebrochene
Digitized by
Google
266 Kapitel n.
Welle. Wir können die elektrischen Kräfte in der reflektierten
Welle analog wie in (11) und (13) darstellen durch:
_ _, / 2n (. X sin w -\- % cos q}\
Xr = Bp' cos ip ' C08 -jT it ^^^—y ^ 1 ,
(15) Yr = R8'Cos Y[i ^y^ -) >
„ r^ . t 2n(^ X sin (p -\- x cos q>\
Zr= — Rp-s%nip cos-^H ^--y —j ,
in der gebrochenen Welle durch:
(16) y, = I?.-co.^(<-^""^+/''^,
rj 7-1 • 27t ( . X sin x -\- X COS x\
Z2 = — Dp'StnX'C08-^ [t ^^ ^y
Hierin bezeichnen Bp, Rs, Dp, Da Amplituden, 9?' den Re-
flexionswinkel (d. h. Winkel zwischen + ;i;-Achse und Fort-
schreitungsrichtung der reflektierten Welle), x den Brechungs-
winkel.
Die zugehörigen magnetischen Kräfte sind entsprechend (14):
r> ' ,/ — ^^/^ ^ sin <p -^ X cos w\
aT=— Ra 'C08<p ' Vfii 'COS-yU ^^p. ^j,
(17) ßr=+Rp'yrr,.cos^{t....),
Yr='+R8' sin (p V^ ' cos -~(t j .
T-i -,/ — ^^ /^ ^ sin r -\- X cos y\
a2 = —D8'CosX'Ye2 • cos-^l^t ^-^ ^j,
(18) ß2==+Dp' V^' cos^-^(t ....),
Y2 = + Ds'sin X' Ve^ - cos^{t )•
Wegen der Grenzbedingungen (21) im vorigen Kapitel (S. 257)
sollen nun für ^ = 0 gewisse Beziehungen zwischen den elek-
trischen, bezw. magnetischen Kräften für alle Werte der Zeit und
der Koordinaten a:, y bestehen. Solche Bedingungen kann man nur
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 267
erfüllen, wenn für ;?; = 0 alle Kräfte proportional zu derselben
Funktion von t^ x, y werden, d. h. es muß sein:
?iw_JP g^'^ y sin X /.QN
Fl "" V, vT' ^^'
Aus der ersten Gleichung folgt sin tp = s^in (p\ d. h. da die
Richtung des reflektierten Strahles nicht völlig übereinstimmen kann
mit dem einfallenden Strahl:
cos (p ^=^ — cos (p d. h. q> ^= jc — 90. (20)
Dies ist das Eeflexionsgesetz, dem zufolge der einfallende
und reflektierte Strahl symmetrisch zum Einfallslot liegen.
Die zweite Gleichung (19) enthält das Brechungsgesetz,
da man aus (19) folgert:
sin (p : sin x= Vf \ ^2 = w, (21)
wobei n der Brechungsindex des Körpers 2 gegen den Körper 1 ist.
Das Eeflexions- und Brechungsgesetz folgt also aus
dem Bestehen von Grenzbedingungen überhaupt, ganz
unabhängig von der besonderen Form der Grenzbedin-
gungen.
Was nun die letztere anbelangt, so ist zu berücksichtigen,
daß hier -y, = X + Xr und analog für die übrigen Kräfte zu
setzen ist, da die elektrische Kraft im Körper 1 die Superposition
der einfallenden und reflektierten Kraft ist. Daher ergeben die
Grenzgleichungen (21) der S. 257 unter Kücksicht auf (20):
{Ep — i?j,) cos q> ^= Dp cos X,
Ks -|- ^8 ^^ ^« >
{Es — Rs) Ve^ cos <p = Da V^ cos x, ^^^^
{Ep-\'Rp)Y7^ =^DpV^2'
Hieraus kann man die reflektierten und gebrochenen Ampli-
tuden in ihrer Abhängigkeit von den einfallenden Amplituden be-
rechnen. Es folgt nämlich:
\ yci eos<p/^
\y f2 cos X / Vy f2 cos X /
(23)
Digitized by
Google
268 Kapitel III.
(23) '{cos^-^ yTTj'
^ fcos <p y^\ (cos (p Ve,\
Ersetzt man hierin das Verhältnis Vl^ : V^u welches nach (4)
gleich dem Brechungsindex n vom Körper 2 gegen den Körper 1
ist, durch das Verhältnis sin q): sin x^ entsprechend (21), so lassen
sich die Formeln (23) in der Gestalt schreiben:
(24)
T^ ^ 2 sin X cos y T^ _ ^ 2 sin x cos V
^' ^* sin(<p-rx) ' ^P~^Psin(<p + x)<^s{9-X)'
Dies sind die sogenannten Fresnelschen Keflexions-
formeln, aus denen man Phase und Intensität des reflektierten
und gebrochenen Lichtes vollständig berechnen kann aus der Be-
schaffenheit des einfallenden Lichtes.
Nach (24) verschwindet Ä nie, aber Rp wird Null, falls ist
(25) tg{(p+x) = <^, <P + X=^/2.
d. h. wenn der reflektierte Strahl senkrecht auf dem gebrochenen
Strahl steht
Aus (25) folgt, daß in diesem Falle sin % = sin (^/j — g>) = cos tp
ist, d. h. nach (21) muß sein:
(25') tg g>==n.
Wenn also der Einfallswinkel g> diesem Werte entspricht, so
enthält die reflektierte Welle gar keine elektrische Amplitude, die
in der Einfallsebene liegt, ganz unabhängig davon, wie das ein-
fallende Licht beschaffen ist, d. h. welches Verhältnis Ea : Ep be-
steht Also auch wenn natttrliches Licht unter dem Einfalls-
winkel 9), der (25') entspricht, einfallt enthält die reflektierte Welle
nur eine elektrische Amplitude, die senkrecht zur Einfallsebene
liegt, d. h. sie ist linear polarisiert Dieser Einfallswinkel 9
entspricht nun tatsächlich dem oben S. 232 genannten Brewster-
schen Gesetz. Zugleich ergibt sich jetzt, da wir die Einfallsebene
die Polarisationsebene genannt haben (vgl oben S. 232), daß in
einer linear polarisierten Welle der Lichtvektor senk-
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 269
recht zur Polarisationsebene liegt, wenn wir ihn mit der
elektrischen Kraft identifizieren.
Dagegen würde der Lichtvektor in der Polarisations-
ebene liegen, wenn wir ihn mit der magnetischen Kraft
identifizieren würden, da nach den Formeln (17) und der S. 265
Rp die Bolle der senkrecht zur Einfallsebene liegenden magnetischen
Amplitude spielt Aus dieser Annahme, daß die magnetische
Kraft der Lichtvektor ist, folgen die F. Neumannschen Ke-
flexionsformeln.
Die Intensitäten der reflektierten elektrischen und magnetischen
Welle sind völlig gleich; denn haben wir z. B. einfallendes Licht,
welches in der Einfallsebene polarisiert ist, so haben wir, um die
reflektierte Intensität zu berechnen, nur die erste der Gleichungen
(24) anzuwenden, sowohl wenn wir als Lichtvektor die elektrische
Kraft auffassen, als auch wenn wir ihn als magnetische Kraft inter-
pretieren. Denn nach (14) der S. 265 ist in jedem Falle E» die
Amplitude des einfallenden Lichtes.
Dagegen sind die Vorzeichen der reflektierten elektrischen und
magnetischen Amplitude voneinander verschieden. Dies macht
keinen Unterschied für die Intensitäten, da es bei ihnen nur auf
das Quadrat der Amplitude ankommt, aber wohl für die Phasen
der Wellen. Wir wollen dies an einem speziellen Fall näher
erörtern.
4* Senkrechte Inzidenz. Stehende Wellen. Die Formeln (24)
werden zunächst für 9? = 0 unbrauchbar, da sowohl 9) als x zu Null
würden. Dagegen erhalten wir aus (23) direkt, da V^ : Vs,^=n,
C08 9) = C05 X = 1 ist:
Rs=— Es ^^-^ , Bp = Ep ^^—^' (26)
Die erste dieser Formeln besagt, daß, falls w>> l, die re-
flektierte elektrische Amplitude entgegengesetzt ge-
richtet ist, wie die einfallende elektrische Amplitude.
Dasselbe besagt aber auch die zweite Formel, denn für 9? «= 0
bedeutet ein gleiches Vorzeichen von Bp und Ep tatsächlich ent-
gegengesetzte Lage dieser Amplituden, wie aus dem in Figur 83
der S. 265 gezeichneten positiven Sinne von Fp und Ep hervor-
geht Die durch Interferenz der einfallenden und reflektierten
Wellen erzeugten stehenden Wellen (vgl. oben S. 147) müssen daher
an der reflektierenden Fläche selbst einen Schwingungsknoten be-
Digitized by
Google
270 Kapitel n.
sitzen, der allerdings nur dann eine vollständige Nullstelle sein
-würde, falls Es ebenso groß, wie Es ist, d. h. falls n = oo wäre.
Für endliches n ist also nur ein Minimum am Spiegel vorhanden,
da die reflektierte Amplitude wenigstens teilweise die Wirkung
der einfallenden aufhebt.
Für die magnetische Kraft bedeuten aber Ep, JRp ^e senkrecht
zur Einfallsebene, d, h. parallel zur y-Achse, liegenden Amplituden,
Gleiches Vorzeichen dieser Amplituden bedeutet tatsächlich gleiche
Richtung, so daß aus der zweiten der Formeln (26) (und ebenso aus
der ersten bei richtiger Interpretation der räumlichen Amplituden-
richtung) hervorgeht, daß die reflektierte magnetische Ampli-
tude gleich gerichtet mit der einfallenden magnetischen
Amplitude ist Stehende magnetische Wellen haben also einen
Schwingungsbauch am Spiegel selbst, falls n > 1.
Die photographische Methode Wieners (vgl oben S. 147) ergab
an Glas- und Metallspiegeln *) einen Schwingungsknoten am Spiegel
selbst Dies spricht dafür, daß die elektrische Kraft der maß-
gebende Vektor für die photographische Wirkung ist, was ja schon
noch bequemer durch die oben S. 237 besprochene Methode der
stehenden Wellen bei schief einfallendem, polarisiertem Licht er-
wiesen war.
5. Polarisation natfirlichen Lichtes beim Durchgang darek
einen Plattensatz. Nach den Formeln (24) nimmt Rsi Es be-
ständig zu, falls q> von 0 bis «/2 wächst; dagegen nimmt ü^, : ^ zu-
nächst ab, erreicht beim Polarisationswinkel den Wert Null und
wächst dann wieder bis zum Maximum 1, falls 9 den Wert «/j
erreicht (streifende Inzidenz). Für alle Einfallswinkel ist aber,
falls Es = Ep ist, Bs> Bp. Denn aus (24) folgt:
/07> ^P = — 3 . ???J?_±^.
^^'^ Bs Es co8(ip-x)
Daher wird bei jedem Einfallswinkel natürliches Licht durch Re-
flexion partiell (bezw. total) nach der Einfallsebene polarisiert Das
gebrochene Licht muß daher, weil kein Licht verschwinden kann,
stets partiell senkrecht zur Einfallsebene polarisiert sein. So er-
klärt sich die polarisierende Wirkung eines Plattensatzes.
1) Für Metallspiegel gelten zwar nicht die bisherigen Formeln; die
Schlüsse sind aber ganz ähnlich: die Metalle sollen im IV. Kapitel bebandelt
werden.
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 271
In der Tat ergibt auch direkt eine Anwendung der beiden
letzten Formeln (24) an den beiden Grenzen einer Glasplatte für
den Durchgang des Lichtes durch dieselbe:
W = W ^^^ (^ "■ ^)' (28)
p p
falls D's, D'p die aus der Platte austretenden Amplituden bedeuten.
Für Es = Ep ist daher nach (28) beständig Üs < ifp, d. h. ein-
fallendes natürliches Licht ist nach dem Austritt aus der Platte
partiell senkrecht zur Einfallsebene polarisiert. Total, wie bei der
Reflexion, wird allerdings diese Polarisation unter keinem Einfalls-
winkel 9P, sie wird um so vollständiger, je größer 9) ist Falls 9?
gleich dem Polarisationswinkel ist^) {tgq) = n, ^+x = 'l2) ^rd
nach (28) bei E,=^Ep:
Bei n = 1,5 ist daher i/« : D'p = 0,85, das Verhältnis der Inten-
sitäten ist L^8^:D'p^ = {),li. Beim Durchgang durch 5 Platten
würde dies Verhältnis auf 0,72 ^ = 0,20 gesunken sein, also sich
von vollständiger Polarisation noch erheblich unterscheiden.
6. Experimentelle Prüfung der Theorie. Die Formeln (24)
können einerseits durch Intensitätsvergleichung des reflektierten und
einfallenden Lichtes geprüft werden, andererseits bequemer durch
die Drehung, welche die Polarisationsebene des einfallen-
den Lichtes durch Eeflexion oder Brechung erfährt.
Diese Drehung ist ja durch die Formeln (27) oder (28) zu be-
rechnen.
Haben wir linear polarisiertes einfallendes Licht, so nennt
man in dem Verhältnis der Komponenten, Epi Es^^ tg «, a das
Azimuth der Polarisationsebene des einfallenden Lichtes.
Das reflektierte und gebrochene Licht ist ebenfalls linear polarisiert,
das Azimuth tp seiner Polarisationsebene bestimmt sich aus (27)
und (28). Es ist tg tp = Rp: Rs, — Zur Beobachtung kann man
zweckmäßig den oben S. 243 abgebildeten Apparat (ohne Babinet-
schen Kompensator) benutzen. Das einfallende Licht wird durch
1) Für diesen erreicht die Polarisation des durchgehenden Lichtes
keineswegs ein Maximuni.
Digitized by
Google
272 Kapitel n.
das Nicol p polarisiert (Polarisator), und dann das Nicol p"
(Analysator) auf DunkjBlheit eingestellt. Zu jedem a kann man
daher das zugehörige tp beobachten.
Nach beiden Methoden hat sich eine sehr gute Bestätigung
der Reflexionsformeln ergeben, nur in der Nähe des Polarisations-
winkels hat Jamin bei strengerer Prüfung stets eine Abweichung
von den Eeflexionsformeln erhalten, indem das reflektierte Licht
nicht streng linear polarisiert, sondern elliptisch polarisiert war.
Es ist daher durch den Analysator allein (ohne Kompensator) nicht
völlig auszulöschen. Diese Erscheinungen sollen im folgenden
behandelt werden.
7. Elliptische Polarisation des reflektierten Lichtes erklärt
dnreh Oberflächen- oder Übergangsschichten, Den bisherigen
Entwickelungen, welche auf der Anwendung der Grenzbedingungen
(21) der S. 257 beruhen, liegt die Annahme zu Grunde, daß der
Übergang vom Körper 1 zum Körper 2 ein sprunghafter sei.
Streng genommen gibt es in der Natur keine Unstetigkeiten,^
zwischen beiden Körpern 1 und 2 muß stets eine Übergangs-
schicht vorhanden sein, in der die Dielektrizitätskonstante stetig
von 6i zu fj variiert; zwar wird diese Übergangsschicht sehr dünn
sein, ob wir aber direkt ihre Dicke vernachlässigen können, wie
wir bisher getan haben, ist zweifelhaft bei so kurzen elektro-
magnetischen Wellen, wie sie die Lichtwellen sind. Außerdem
wird diese natürliche Übergangsschicht zwischen zwei Körpern
meist noch durch das Poliermittel zu einer künstlichen, dickeren
Oberflächenschicht gesteigert.
Wir werden die tatsächlichen Verhältnisse jedenfalls besser
treffen, wenn wir Rücksicht auf eine Übergangsschicht nehmen.
Doch können wir, um die Rechnung nicht unnötig zu kom-
plizieren, annehmen, daß diese Übergangsschicht von so geringer
Dicke l sei, daß für alle Größen, welche mit l multipliziert auf-
treten, nur diejenigen Näherungswerte einzuführen sind, welche
sich für / = 0 ergeben würden.
Zunächst wollen wir jetzt die Grenzbedingungen ableiten, d. h.
diejenigen Beziehungen, welche für die elektrischen und magne-
tischen Kräfte an den beiden Grenzen 1 und 2 der Übergangs-
schicht bestehen. Als Grenzen derselben definieren wir diejenigen
Stellen, an welchen die Dielektrizitätskonstante die konstanten
Werte s^ bezw. 62 erreicht hat.
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 273
Nach der Bemerkung auf S. 253 bestehen die Hauptgleichungen
(18) der S. 255 auch in der Übergangsschicht.
Multiplizieren wir die vierte und fünfte dieser Hauptgleichungen
(18) mit einem Dickenelement dz der Übergangsschicht und inte-
grieren zwischen den beiden Grenzen 1 und 2, so entsteht, da die
auftretenden Größen nicht von y abhängen, falls y senkrecht zur
Einfallsebene gelegt wird:
8
1
2 2
Nun ist nach (21) der S. 257 a und ft ferner nach (21') der
S. 257 auch eZ näherungsweise konstant innerhalb der Übergangs-
schicht, d. h. man kann a, /?, sZ vor das Integralzeichen in obiger^
Formeln setzen und dafür «2» ß2i ^2^ (oder a^, ßy, e^Z^ schreiben.
Man erhält so z. B.:
2 2
Ja-dx=^afdz, /grf« = f2^/T-
1 1
Führt man die Abkürzungen ein:
222
J dz = l, Jedx = p, j^:=g, (30)
111
wobei / die ganze Dicke der Übergangsschicht bedeutet und e
ihre Dielektrizitätskonstante an der Stelle, deren Dickenelement
mit dz bezeichnet ist, so werden die Gleichungen (29):
^t = x,+ i^^-e,g-,, r,= y,-lp. (31)
Ebenso ergeben die beiden ersten Gleichungen des Systemes
(18) auf S. 255, wenn man sie mit dz multipliziert, integriei-t, und
obiges Näherungsverfahren benutzt:
aj_cf2 — ^ j^ — j^-, ft = j?2 + 7ö~. (32)
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 18
Digitized by
Google
274 Kapitel II.
Diese Gleichungen (31), (32) treten als Grenzbedingungen an
Stelle der früheren (21) der S. 257.
Für die elektrischen und magnetischen Kräfte in den Körpern
1 und 2 können wir die früheren Ansätze (11), (13), (14), (15), (16),
(17), (18) dieses Kapitels auch hier verwenden, aber mit einer Er-
weiterung, die darin besteht, daß die Kräfte in der reflektierten
und gebrochenen Welle eine erst aus den Grenzbedingungen (31),
(32) abzuleitende Phasendifferenz gegen die Kräfte in der ein-
fallenden Welle besitzen. Ohne eine solche Phasendifferenz kann
man die Grenzbedingungen (31), (32) nicht befriedigen.
Am einfachsten lassen sich nun diese Phasendifferenzen in
folgender Weise berücksichtigen. Schreiben wir (vgl Formeln
(15) der S. 266) z. B.:
[27t / . X sin w -{- X cos g>\ . * 1
~tV V, ) + ^ J '
80 ist Yr der reelle Teil der komplexen Größe
[27t i ^ X sin (p 4- X cos (p\, rl
Setzen wir nun
(33) i?,.e*^ = Rs,
80 können wir schreiben:
/o >i\ ^ f , 27ti X sin cp' -f- » cos tp \\
(34) j/ = gt JR^ . , 1 -y.(^ ^ ^^ ^ jj ,
wobei das vorgesetzte 9t bedeutet, daß der reelle Teil der nach-
folgenden komplexen Größe zu nehmen ist. Diese in der Klammer
stehende komplexe Größe enthält die komplexe Amplitude Rs,
80 daß wir also einen in Yr auftretenden Phasenzuwachs
6 dadurch darstellen können, daß Yt gleich dem reellen
Teil einer Exponentialfunktion mit komplexem Faktor
(komplexer Amplitude) ist. Analog werden wir auch die
übrigen auftretenden elektrischen und magnetischen Kräfte
schreiben.
Anstatt daß man nur mit den reellen Teilen der komplexen
Größen rechnet, kann man auch, wenn es sich um Behandlung
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper.
275
linearer Gleichungen (auch linearer Differentialgleichungen) han-
delt, die elektrischen und magnetischen Kräfte zunächst den
komplexen Größen selbst gleich setzen, und am Schlüsse der
Rechnung wieder allein zu den reellen Teilen übergehen, um die
physikalische Bedeutung zu gewinnen.
Wir wollen daher jetzt für die elektrischen und magnetischen
Kräfte die früheren Ansätze (11), (13), (14), (15), (16), (17), (18)
verwenden, ersetzen aber die in ihnen auftretenden reellen Ampli-
tuden Es, Ep, Rs, Rp usw. durch komplexe Amplituden Es, Ep, Rg, Rp
usw. und die cos durch die Exponentialgrößen [vgl. (34)]. Dann
ergeben die Grenzbedingungen (31) und (32), da sie Tut z = 0
gelten sollen und -X^ = X + AV, «i = a^, + or, usw. ist:
(Ep — Rp) cos9> = Dp[co5 X + »-^(V^j — ^^^2 9)],
Es + Rs = Ds[i + i^cosxVT,^], (35)
(E3-Rs)yi;(^*g) = Ds[v72c^^z-^(-^vT2;-f)],
(Ep+Rp)T^=Dp[V72 + *^«>.xil.
Aus diesen Gleichungen sind Rs, Rp, Dg, Dp in ihrer Abhängig-
keit von Es, Ep zu berechnen. Uns interessiert hier wesentlich
nur das reflektierte Licht. Ersetzt man das Produkt Te durch ^,
die Wellenlänge der betreffenden Lichtsorte im Vakuum, femer
V2 durch e : V^, so folgt aus (35):
C08 <p Y^2 — C08 X V^ +
2n
Rp
p COS (p COS X — [l — ? f 2 sin'^ %) V^i C2
cos <p y^ + cos X y^ -h
TU
f g) y^i — cos X V^ + *
2n
p cos ip cos X -\- (^ — 9 £2 sin'^ x) V^Tfä
Ra
Es
/ COS <p cos X V^ci f 2 — P -h ' C2 ^^^ X
(36)
COS <p Y^i + cos X V^ +
2n
l cos <p cos X Vci B2 -\-p — Ib2 sin^ x
18*
Digitized by
Google
276 K^itel II.
Nun ist zu berücksichtigen, daß die den Faktor i ^njx ent-
haltenden Tenne sehr kleine Korrektions-Größen sind, da sie
proportional zu der Dicke l der Oberflächenschicht sind. Ent-
wickelt man daher die Ausdrücke (36) nur bis auf die erste Potenz
des Verhältnisses l: X, so entsteht:
Ep-
cos g>V^-'Cos xVTt [^x^iJEcosw V7^ ^^^ X - /C2 + qs2^ sin^ y^ (
€08 <p Ysi +COS X "/ü 1 ^ ^ r 1 62 eos^ 9 — El eo8^ X i '
(37) Es _
Es~
<^^^V^-^^xV^L^-1^^^ yj Je2-P j
cos ^Y7i -\-eos xV^A ^ ^eicos^^-BiCos^xf '
Der in der zweiten dieser Gleichungen auftretende Nenner
des Korrektionsgliedes kann nie verschwinden, d. h. es kann nie
sein Si cos^g> = £3 ^^^X » denn wenn «2 > ^1 > so ist beständig
9) > X j daher cos ^ <ico8 %. Dagegen kann der Nenner des Kor-
rektionsgliedes in der ersten der Gleichungen (37) verschwinden,
falls nämlich ist:
(38) cos <p y^ = cosx y^ .
Diese Beziehung ist, wie eine einfache Umformung von (38)
ergibt, da V7^ : Vsx = n ist, für den sogenannten Polarisations-
winkel gp erfüllt, der sich nach dem Brewsterschen Gesetz tg^^=n
bestimmt Für diesen Einfallswinkel folgt daher aus (37) (oder
auch direkt aus (36)):
Rp .4n ^^^ ^ irrP cos^x — ^ ^7 -\- ff ^2^ 9tn^ x
(cos (p Y^2 +C0SX Y^f
(39) ^g^i^cos^yi,^-^-^
Die Ausdrücke (37) können wir noch weiter vereinfachen
unter Eücksicht auf das Brechungsgesetz
(40) sin g) : sin x=^ n = V^ : V^ .
Denn hieraus folgt
(41)
(i cos^ q) — f2 ^^^ X = ^1 — ^2 »
f2 cos'^ <p — fi cos"^ X=^ - — ^ (^1 ^^^ 9 — ^2 ^^^ 9^) •
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 277
Die Natur des reflektierten Lichtes bestimmt sich nun voll-
ständig aus dem Verhältnis RptKs. Wir wollen annehmen, daß
das einfallende Licht linear unter dem Azimuth 45^ gegen die
Einfallsebene (vgl. oben S. 271) polarisiert sei. Dann ist Ep = Es,
und aus (37) folgt unter Rücksicht auf (40) und (41):
R? cos (<p -f ;:) /; , .^ s^Yfi cos <p 8in^ y ) , ^.
Kg"" C08(ip-£) y^ ^ k ' S^-Si' SiSffl^^- 62008^9 ^f' ^ ^
wobei t] eine Abkürzung ist für
V =P — H^i + f2) + Qhh' (43)
Für den Polarisationswinkel tg ^ ^= n nimmt (42) den
Wert an:
wie am einfachsten aus (39) hervorgeht, wenn man (39) durch die
zweite der Gleichungen (37) dividiert, und nur bis auf erste Ord-
nung in f]: X geht
Um nun die physikalische Bedeutung der Formeln (42) und
(44) zu erkennen, müssen wir berücksichtigen, daß nach der Be-
zeichnung (33) bedeutet:
Kp = i?p.e''^^ Rs = Ä.e*'^% (45)
wobei Bp und Ra die" Amplituden der parallel und senkrecht zur
Einfallsebene liegenden reflektierten elektrischen Kräfte sind, dp
und 6 ihre Phasenbeschleunigungen gegen die einfallenden Wellen.
Es ist daher
wobei () das relative Amplitudenverhältnis, A die relative
Phasendifferenz beider Komponenten bedeutet. Nach (44) folgt
daher für den Polarisationswinkel ^, welcher der Gleichung
tg^^=n genügt:
d. h. das reflektierte Licht ist nicht linear in der Eiafallsebene
polarisiert, wie wir es früher bei Fehlen einer Übergangsschicht
Digitized by
Google
278 Kapitel 11.
abgeleitet hatten, sondern es ist elliptisch polarisiert Die
Bahnellipse liegt mit ihren Hauptachsen parallel und senkrecht
zur Einfallsebene (vgl. S. 236) und hat das Achsenverhältnis q.
Wir wollen dasselbe den Elliptizitätskoeffizienten ^nennen.
Nach (43), (47) und (30) läßt sich derselbe schreiben:
wobei das Integral über die Übergangsschicht (Oberflächenschicht)
zwischen beiden Körpern zu erstrecken ist
Nach (48) hat 'q ein positives Vorzeichen, wenn die Dielek-
trizitätskonstante 6 der Übergangsschicht beständig zwischen den
Grenzwerten s^ und ^2 Ußgt» und falls ^2 > ^i ist Wenn dagegen
€ an gewissen Stellen der Übergangsschicht größer als fi und e^
ist, so ist 'q negativ, falls e^ > f 2 ist Die Verhältnisse kehren
sich um, falls 62 > ^1 ist, d. h. falls der die Reflexion herbei-
führende Körper der schwächer brechende ist Ein positiver
EUiptizitätskoeffizient 'q hat nach dem positiven Sinne der Ampli-
tude Rp (vgl. Fig. 83 auf S. 265) zur Folge, daß die elliptische
Erregungsbahn im reflektierten Licht entgegen dem Uhrzeiger
durchlaufen wird, wenn man, in der Einfallsebene stehend, dem
reflektierten Licht entgegenblickt, und die einfallende elektrische
Kraft unter 45® gegen die Einfallsebene von links oben nach
rechts unten geht Dagegen beschreibt bei dieser Lage der ein-
fallenden elektrischen Kraft die reflektierte elektrische Kraft die
Erregungsbahn im Sinne des Uhrzeigers, falls q negativ ist
Auch für beliebige andere Einfallswinkel ist das reflektierte
Licht beständig elliptisch polarisiert, obwohl das einfallende Licht
linear polarisiert ist, denn es ergibt sich stets eine relative Phasen-
differenz J zwischen der p- und s-Koraponente, welche nach (42)
und (46) den Wert hat:
(49) tgA = 4^7]'-^^ cos^sin^^
während das Amplitudenverhältnis q nicht merklich von dem nor-
malen Wert
(50) 00.(^4-;:)
(der sich bei Fehlen einer Oberflächenschicht ergibt) abweicht^
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 279
falls man nur bis auf erste Ordnung in ?? : 2 geht. Man kann für
(49) auch schreiben unter Rücksicht auf (47):
Wegen des kleinen Betrages von q wird die relative Phasen-
differenz nur bedeutend in der Nähe des Polarisationswinkels, für
den ig <p=^n ist
Diese theoretischen Erörterungen haben eine vollständige ex-
perimentelle Bestätigung gefunden. Zunächst bemerkt man, daß,
falls der Einfallswinkel nach dem Brewsterschen Gesetz tg(p=^n
gewählt wird, das reflektierte Licht trotzdem nicht vollständig
linear polarisiert ist, da es sich, mit einem analysierenden Nicol
betrachtet, nicht vollständig auslöschen läßt, allerdings aber stets
sehr annähernd. Die Untersuchung des elliptisch polarisierten,
reflektierten Lichtes mit einem Analysator und Kompensator (vgl.
oben S. 241) steht mit den Formeln (50) und (51) in gutem
Einklang.
Ferner ergibt sich, daß der Elliptizitätskoefflzient q um so
geringer ist, je weniger die reflektierende Fläche durch Berührung
mit fremden Stoffen verunreinigt ist. So ist z. B. q sehr gering an
frischen Spaltflächen von Kristallen und an Flüssigkeitsoberflächen,
die man durch Überfließen der Flüssigkeit fortwährend frisch er-
hält. — Bei polierten Spiegeln ist q beträchtlicher. Auch die Vor-
zeichendifferenzen von Q bei Vertauschung der Rolle der beiden
Körper 1 und 2 entsprechen der Theorie. Die Theorie wird auch
insofern bestätigt, als bei Reflexion an polierten Körpern q im
allgemeinen positiv sich ergibt Nur bei den verhältnismäßig
schwach brechenden Körpern Flussspat {n = 1,44) und Hyalith
{n = 1,42) ist bisher negative elliptische Polarisation beobachtet
worden. In der Tat kann man je nach der Theorie am ehesten
bei schwach brechenden Körpern diese erwarten, falls nämlich
der Brechungsindex der Polierschicht über dem des Körpers liegt
Bei gut gereinigten, polierten Glasoberflächen liegt q bei Re-
flexion in Luft etwa zwischen den Werten ^ = 0,03 (schweres
Flintglas vom Brechungsindex 7i=l,75) und ^ = 0,007.
Für Flüssigkeiten steigt (bei Reflexion in Luft) q nicht über den
Wert 0,01. Wasser zeigt einen negativen Elliptizitätskoeffizienten,
der bei guter Reinigung der Oberfläche bis zum Werte 0,00035
herabgedrückt werden kann. Es gibt auch sogenannte neutrale
Digitized by
Google
280 Kapitel 11.
Flüssigkeiten, wie z.B. Glyzerin, welche keine elliptische Eeflexions-
polarisation haben. Nach der hier gegebenen theoretischen
Formel für den Elliptizitätskoeffizienten ist nicht notwendig, daß
diese Flüssigkeiten überhaupt keine Oberflächenschicht besitzen,
d. h. daß eine tatsächliche Diskontinuität der Dielektrizitäts-
konstanten beim Übergang von Luft zur Flüssigkeit stattfinde.
Vielmehr können Schichten existieren, welche Zwischenwerte der
Dielektrizitätskonstanten besitzen, falls nur zugleich auch noch
Schichten von größerer Dielektrizitätskonstante, als dem Werte
in der Flüssigkeit, vorhanden sind.
Bei positiven Elliptizitätskoeffizienten (für Reflexion in Luft)
kann man eine untere Grenze für die Dicke der Ober-
flächenschicht angeben. Man erhält nämlich offenbar bei einem
bestimmten positiven q den kleinsten Wert, welchen die Dicke
der Oberflächenschicht mindestens besitzen muß, falls man die
Dielektrizitätskonstante derselben als konstant annimmt und zwar
derartig, daß der in (48) auftretende Faktor ^^-^^Hf-fa^ ^j^
Maximum wird. Dies tritt für den Fall ein, daß e = Ve[e^ d. h.
falls die Dielektrizitätskonstante der Oberflächenschicht das geo-
metrische Mittel der Dielektrizitätskonstanten der beiden anein-
ander grenzenden Körper ist. Nach (48) wird dann dieser untere
Grenzwert T der Oberflächenschicht
(52) I = Q . V5±J5 = Q Ustl^
falls n den Brechungsindex vom Körper 2 gegen den Köi-per 1
(Luft) bedeutet So ergibt sich für Flintglas bei n=l,75, q =
0,03 (vgl. oben S. 279), 7: A = 0,0175. Es genügt also schon
die Annahme einer sehr geringen Dicke der Oberflächen-
schicht, um selbst eine starke elliptische Reflexions-
polarisation zu erklären.
8. Total-Beflexion* Betrachten wir wiederum den Fall, daß
das Licht in einem Körper 1 einfällt und an der Grenzfläche eines
Körpers 2 reflektiert wird. Ist der Brechungsindex w von 2 gegen
1 kleiner als 1, so ist der zum Einfallswinkel 9? zugehörige
Brechungswinkel x nicht mehr reell, falls ist
(53) ^n X = — ^ > 1.
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 2S1
Bei diesen Einfallswinkeln (p gibt es dann überhaupt kein
gebrochenes Licht, sondern das ganze einfallende Licht wird re-
flektiert (Totalreflexion).
Um in diesen Fällen die Natur des reflektierten Lichtes in
seiner Abhängigkeit von der Natur des einfallenden Lichtes zu
bestimmen, müssen wir ebenso wie in § 3 dieses Kapitels ver-
fahren. Die ganzen dortigen Entwickelungen und Schlußformeln,
z. B. die Formeln (23) und (24), lassen sich schreiben unter Ver-
meidung des Brechungswinkels x» indem man sin % nur als eine
Abkürzung für sintpxn auffaßt, so daß in den dortigen Formeln
(22) und (23) cosx ersetzt wird durch
cos
x-Y^-'^l^-
Diese Größe ist, falls sin (p^n^ imaginär; um dies besser hervor-
treten zu lassen, wollen wir unter Benutzung der imaginären Ein-
heit y"iry = t schreiben:
cos
X »y^4?-l.'^ (54)
Die Formeln (23) müssen unter allen Umständen richtig bleiben^),
denn sie ergeben sich aus den allgemeinen Grenzbedingungen beim
Übergang des Lichtes über die Grenze zweier isotroper Körper,
welche ganz unabhängig davon sind, ob Totalreflexion eintritt oder
nicht. Aus den Formeln (23) erhalten wir aber unter Benutzung
der Formel (54) komplexe Amplituden des reflektierten Lichtes,
auch wenn die des einfallenden reell sind. Aus der auf S. 274
entwickelten physikalischen Bedeutung komplexer Amplituden er-
gibt sich also, daß durch Totalreflexion das reflektierte
1) cos X muß negativ-imaginär sein. Nach den zu erfüUenden Gleichungen
wäre ein positiv- und ein negativ-imaginärer Wert von cos % möglich.
Dieser Fall wQrde aber physikalisch nur dadurch zu realisieren sein, daß
der Körper 2 eine Platte bildete, auf deren beiden Seiten Licht einfallt
unter gleichem EinfaUswinkel y, der größer als der Grenzwinkel der Total-
reflexion ist Dies geht aus den hn nächsten § 9 angestellten Betrachtungen
hervor.
2) Von Oberflächenschichten wollen wir hier absehen. Sie haben nur
einen sehr geringen Einfluß bei Totalreflexion, vgl. darüber des Autors Arbeit
in Wied. Ann. 43, S. 146, 1891.
Digitized by
Google
282 Kapitel II.
Licht besondere Phasenänderungen gegenüber dem ein-
fallenden Lichte erleidet
Um dieselben berechnen zu können, schreiben wir gemäß (45)
für die in (23) auftretenden reflektierten Amplituden die komplexen
Größen B^- e**, Ä-e*^', so daß nach (23) und (54) wird, da
yl2 : VTi = n ist,
(55) / ico8(p,n 1\ p itfp/ ieo8(p,n 1\
Um die Intensitäten des reflektierten Lichtes zu erhalten, d. h^
die Größen i?«^ und Rp\ braucht man nur die Gleichungen (55)
mit ihren komplex konjugierten Gleichungen zu* multiplizieren^
d. h. mit denjenigen Gleichungen, welche man aus (55) erhält^
wenn man nur — i an Stelle von i schreibt*) Es ergibt sich da-
durch sofort
(56) E8^ = Rs^, Ep'^ = Rp'^,
d. h. die Intensität des reflektierten Lichtes ist völlig gleich der
des einfallenden Lichtes (Totalreflexion), und zwar gilt dies für
beide Komponenten («- und p-) einzeln.
Die absoluten Phasendifferenzen 6$ und öp wollen wir nicht
diskutieren, dagegen hat die relative Phasendifferenz J = rfp— rf»
Interesse, da nach S. 277 sich daraus die Gestalt der Erregungs-
bahn im reflektierten Lichte ergibt Durch Division der beiden
Gleichungen (55) ergibt sich, falls wir E$ = Ep setzen (d. h. das
einfallende Licht linear im Azimuth 45^ gegen die Einfallsebene
polarisiert ist), da dann nach (56) auch Fa = Bp ist:
i C08 <p — V sin^ w — »2 { ((J^ — (Jp) { cos w + V sin^ <p — n^
(57): V ^ — =^ \ i ,
^<^<^^ ''*^ — —y sin^ (p — n^ icos^.n-\- — y sin^ip—n'^
Hieraus folgt:
iA i (da — dfi) **'*' y + * C08 <p l/^m^ 9 — w2
sin"^ ip — i cos <p 1/ sin^ip — w^
1) Jede Gleichung zwischen komplexen Größen kann man ersetzen durch
ihre konjugiert komplexe Gleichung, da die reellen und imaginären Bestand-
teile beider Seiten der Gleichung einzeln einander gleich sein müssen.
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 283
daher
2 e *^ — ieo8 <p "Y 8in^(p — n-
Multipliziert man diese Gleichung mit ihrer konjugiert kom-
plexen Gleichung, so entsteht, da e^ + e-*^ = 2 eos A ist:
c.^V7^^^5g^ (58)
Hieraus ergibt sich, daß die relative Phasendiflferenz A für
streifende Inzidenz 90 = 72-^» sowie für den Grenzwinkel der Total-
reflexion sin ^ = n verschwindet, dagegen für Zwischenwerte des
Einfallswinkels von Null verschieden ist, d. h. daß das reflek-
tierte Licht elliptisch polarisiert ist, falls das einfallende
Licht linear polarisiert ist. Da aus (58) durch Differentiation nach
9 folgt:
2co8^{dh<p 8in^<pYsin'^9 — n^'
so ist die relative Phasendiflferenz A ein Maximum fQr denjenigen
Einfallswinkel ^\ welcher der Gleichung genügt:
5in2 9)' = j-p^^. (59)
Der Maximalwert A' der Phasendiflferenz ist dann nach (58)
gegeben durch
/^1J' = ^^^-. (60)
Für Glas vom Brechungsindex 1,51, d. h. für n = 1 : 1,51 (da
die Reflexion im Glase, nicht in Luft erfolgen soll), wird nach (59)
q> = 51^ 20', ferner nach (60) wird /t = 45^ 36'. A nimmt genau den
Wert 45<> sowohl für den Einfallswinkel 9= \%^ 37' als für 90 = 54<> 37'
an. Durch zweimalige Totalreflexion
unter einem dieser Einfallswinkel
erhält man also zirkulär pola-
risiertes Licht, falls das einfallende
Licht linear unter dem Azimuth 45 ^ Fig. 84.
Digitized by
Google
284 Kapitel II.
gegen die Einfallsebene polarisiert ist, so daß E8=Ep ist, da dann J
90 ^ beträgt und i?« = Fp ist Eine solche zweimalige Totalreflexion
kann man durch Anwendung eines sogenannten Fresnelschen
Parallelepipeds erreichen, d. h, eines Glaskörpers von der in Fig. 81
gezeichneten Form. Falls das Licht senkrecht gegen die Schmal-
seite des Glaskörpers einfällt und linear unter 45*^ gegen die
Einfallsebene polarisiert ist, so ist das austretende Licht zirkulär
polarisiert.
Ebenso kann man durch dreimalige, viermalige usw. Total-
reflexion unter anderen Einfallswinkeln Zirkularpolarisation er-
halten. Die hierfür anzuwendenden Gläs-Parallelepipeda haben
andere Kantenwinkel, z. B. 69^ 12', 74^ 42' usw. bei Glas vom
Brechungsindex 1,51.
9. Über das bei der Totalreflexion in das zweite Medium
eindringende Licht. Die bisherigen Erörterungen beziehen sich
nur auf das reflektierte Licht. Jedoch auch im zweiten Medium
ist der Lichtvektor von Null verschieden, da die Gleichungen (23)
auf S. 267, 268 von Null verschiedene Werte für Ds und Dp liefern.
— Zwar nimmt die Amplitude mit wachsenden Werten von «, d.*h.
in größerer Tiefe unter der Grenzfläche schnell ab, denn nach (16)
bezw. (18) auf S. 266 sind die elektrischen bezw. magnetischen
Kräfte im zweiten Medium proportional den reellen Teilen der
komplexen Größe:
(61)
.271/ X sin X -}- X cos /\
welche, falls man x durch die früheren Gleichungen (53) und (54)
ersetzt, in die Form übergeht:
/ßON 27t l/sin^lp T .^TT /. xsin<p\
Indes ist für Werte x^ welche nicht unendlich groß gegen die
Wellenlänge TV^ = X^ im zweiten Medium sind, die Amplitude
nicht streng Null.
Hier tritt nun zunächst ein scheinbarer Widerspruch mit dem
Resultate auf, daß die Intensität, d. h. Energie des reflektierten
Lichtes, völlig gleich sein soll der Energie des einfallenden Lichtes,
denn woher stammt die Energie des gebrochenen Lichtes?
Digitized by
Google
Dorchsichtige isotrope Körper. 285
Dieser Widerspruch löst sich, wenn wir nach der Energie-
strömung durch die Grenzfläche hindurch fragen. Nach der früheren
Formel (24) auf S. 258 ist dieselbe, da hier cos (nx) = cos (ny) = 0,
cos {nz) = 1 ist:
c
^dt = dt f (ß^X^-a^ Y^ dS. (63)
Bildet man nun die elektrischen und magnetischen Kräfte als
die reellen Teile derjenigen komplexen Größen, welche man aus
den rechten Seiten der Formeln (16) und (18) auf S. 266 gewinnt,
wenn man den Faktor cos-^if.. .) ersetzt durch e t^ "'\ so er-
kennt man, daß wegen des Faktors cos x, welcher nach (54) rein
imaginär ist, oj die Phasendiflferenz ^/j gegenüber Fj besitzt, ebenso
ß2 die Phasendifferenz ^/2 gegen X^ so daß man, falls man schreibt
1^2 = 0 cos ( — jS — h Öj ,
wobei a und 6 nicht mehr die Zeit enthalten, die magnetische
Kraft 02 in der Form zu schreiben ist:
/ . /27lt , .\
«2=0 ' Sin i—rp- + Ol'
Bildet man nun nach (63) den Energiefluß im Laufe einer
Periode von t=0 bis <=T, so tritt das Integral auf
T T
I a2Y2dt=aa 1 sin f-^ + öj • cos l^+oj-dt
O 0
aa.Tr . ,.i2nt , .\-]T
Ebenso verschwindet das Integral über ß2X2du In Summa
tritt also im Laufe jeder einzelnen Schwingungsperiode keine
Energie vom Medium 1 auf das Medium 2 über. Daher enthält
das reflektierte Licht die ganze Energie des einfallenden Lichtes.
Daß keine Energie durch die a:^-Ebene strömt, ist nach der
Formel (62) direkt plausibel. Denn diese stellt Wellen dar, die
sich nach der ^r-Achse fortpflanzen. In der Tat erhält man eine
Energieströmung im Körper 2 nach der früheren Formel (24) auf
Digitized by
Google
286 Kapitel 11.
S. 258, sobald man die Strömungsrichtung (d. h. n) parallel zur
a:-Achse wählt. Am einen Ende der einfallenden Welle (bei nega-
tiven x) muß also etwas Energie auf das Medium 2 übergehen,
welche durch die Wellen in ihm beständig nach dem anderen Ende
der Wellen im Medium 1 (bei positiven x) transportiert wird.
Diese Wellen inkonstanter Amplitude besitzen noch eine andere
Eigentümlichkeit: sie sind nämlich keine Transversalwellen.
Denn aus (62) folgt, daß sie sich nach der aj-Achse fortpflanzen,
wenn es also Transversalwellen wären, so müßte ^2 = 0 sein.
Dies ist aber nicht der Fall. — Es ist dies kein Widerspruch mit
den früher S. 236 als Beweis für die Transversalität der Licht-
wellen benutzten Fresnel-Aragoschen Versuchen, denn sie be-
ziehen sich nur auf die Wellen konstanter Amplitude. Als Beweis
dafür, daß auch im zweiten Medium bei der Totalreflexion der
Lichtvektor von Null verschieden ist, wird der von Quincke her-
rührende Versuch angesehen, daß man diese Wellen inkonstanter
Amplitude wieder in gewöhnliche Wellen konstanter Amplitude
zurückverwandeln kann, wenn man die Dicke des Mediums 2 nur
sehr gering, d. h. von der Größenordnung der Lichtwellenlänge,
wählt. In der Tat kann ja an einer sehr dünnen Lamelle eines
Körpers 2, der zwischen zwei gleichen Körpern 1 liegt, keine
Totalreflexion mehr stattfinden, denn wenn wir schließlich als
Grenzfall die Dicke dieser Lamelle gleich Null setzen, so muß das
einfallende Licht ungestört, d. h. ohne Reflexion, weiter gehen, da
überhaupt die Homogenität des Mediums nicht gestört ist — So-
bald eine sehr dünne Lamelle des Mediums 2 durchsichtig bleibt
auch bei Überschreitung des Grenzwinkels der Totalreflexion, muß
natürlich das reflektierte Licht an Intensität einbüßen. Theoretisch
ergeben sich alle Einzelheiten dieses Falles, sowie man nur an
beiden Seiten der Lamelle 2 die früher S. 257 als allgemeingültig
aufgestellten Grenzbedingungen (21) benutzt.*)
Ein anderes Mittel, um eine im Medium 2 bestehende Licht-
bewegung im Falle der Totalreflexion nachzuweisen, besteht darin,
daß man auf die Grenzfläche ein Beugungsgitter anbringt 2), oder
daß man nach W. Voigt ^) als Grenzfläche eine unter stumpfen
1) Vgl. darüber das Nähere in Winkelmanns Hdb. Optik, 2. Aufl. S. 1275.
2) L. Ditscheiner, Wien. Ber. (2) 60, S. 584, 1870. — E. Edser und
E. Senior, Phü. Mag. (6) 4, S. 346, 1902.
3) W. Voigt, Gott. Nachr. 1898, Heft 3. — Wied. Ann. 67, 8. 185, 1899.
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 287
Winkel geknickte Fläche benutzt, so daß an ihren beiden Seiten
noch Totalreflexion stattfindet. Aus der Kante des Knicks tritt
dann tatsächlich ein sehr feines Lichtbündel aus. Diese Anord-
nung Voigts ist in gewisser Weise die überzeugendste, die strenge
Behandlung dieses Falles fällt aber natürlich in die Theorie der
Beugung. — Es ist auch klar, daß es sich streng nie um Total-
reflexion handeln kann, d. h. um völlige Umwandlung der Energie
des einfallenden in die des reflektierten Lichtes, sobald man aus
dem Medium 2 noch irgend Licht austreten sieht
10. Benntzmig der Totalreflexion zur Bestimmung Ton
Brechnngsexponenten. Wenn man das Licht in dem stärker
brechenden Medium einfallen läßt und nun allmählich den Ein-
fallswinkel vergrößert, so kennzeichnet sich das Eintreten der
Totalreflexion durch eine fast plötzliche Verstärkung des reflektierten
und völliges Verschwinden des gebrochenen Lichtes. Es ist aber zu
bemerken, daß die Intensitätskurve für das reflektierte und ge-
brochene Licht in ihrer Abhängigkeit vom Einfallswinkel 90 nicht
etwa eine Diskontinuität erleidet, falls 90 den Grenzwinkel der
Totalreflexion erreicht, sondern diese Kurven ändern sich nur in
diesem Gebiete so schnell, mit 90, daß man praktisch eine Diskonti-
nuität wahrzunehmen glaubt, so daß man darauf scharfe Bestim-
mungen des Brechungsexponenten gründen kann. ^) So besteht z. B.
für Glas vom Brechungsindex w = l,51 folgende Abhängigkeit der
reflektierten Intensität Rp'^ vom Einfallswinkel q> (es ist Ep"^ = 1
gesetzt, g ist der Betrag in Bogenminuten, um welchen (p kleiner
als der Grenzwinkel der Totalreflexion ist):
5 I 0' 2' 4' 8' 15' 30'
i?p2, 1 0,74 0,64 0,53 0,43 0,25.
11. Intensität der Newtonsclien Btnge. Wir wollen die
Intensitäten des reflektierten und durchgehenden Lichtes berechnen,
falls eine Platte der Dielektrizitätskonstante e^ und der Dicke d
in einem Medium der Dielektrizitätskonstante e^ eingelagert ist.
1) Über die zu dem Zweck konstruierten Totalreflektometer und Refrakto-
meter vgl. Winkelmanns Hdb. Optik, 2. Aufl, S. 604 u. ff. u. S. 1267 u. ff. —
In die Praxis ist diese Methode wesentlich erst durch das von F. Kohl-
rausch (Wied. Ann. 4, S. 1, 1876; — 16, S. 609, 1882) konstruierte Total-
reflektometer eingeführt worden.
Digitized by
Google
288 Kapitel II.
Die erste Grenzfläche der Platte, auf welche das einfallende
Licht trifft, sei die a;2/-Ebene, die zweite Grenzfläche sei die Ebene
% = d.
Der Einfachheit halber wollen wir senkrechte Inzidenz vor-
aussetzen, schreiben also für das einfallende Licht:
(64) X = 0, n = ^.e^*^'/^(^"-*/0, Zs = 0.
Daß wir Xe = 0 setzen, ist keine Beschränkung der Allgemein-
heit, da bei senkrechter Inzidenz alle Resultate, welche für die
«/-Komponenten des Lichtvektors gelten, auch für die rc-Kompo-
nenten unverändert gelten.
Nach den Formeln (14) der S. 265 muß für die einfallende
magnetische Kraft, falls die elektrische Kraft durch (64) dargestellt
wird, gelten:
(65) a. =-^yi;e*^^/^(^-*/^.), /9e=0, ^ = 0 .
Die reflektierte elektrische und magnetische Kraft im Medium 1
wird dargestellt durch (vgL die Formeln (15) und (17) der
S. 266):
An den beiden Plattengrenzen finden nun wiederholte Licht-
reflexionen und Brechungen statt (vgl. oben S. 129). Wir brauchen
dieselben aber nicht einzeln zu verfolgen, sondern können gleich
ihren Gesamteffekt in die Rechnung einführen.^) Derselbe be-^
steht darin, daß sich in der Platte Wellen nach der positiven
und nach der negativen ;r-Achse fortpflanzen. Für erstere gilt der
Ansatz:
a=-i)'/f~6^'''/^(^-*W, /9' = 0, /=0,
während für letztere Wellen gilt:
a" = D" yr, e' '"1^ (^ + "l'^\ r = 0, /' = 0.
1) Auch der Ansatz (66) soU der Gesamteffekt aller einzelnen Wellen*
Züge sein, die sich im Medium 1 nach der negativen x-Achse fortpflanzeru
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 289
Der Gesamteflfekt aller durch die Platte hindurch gegangenen
Wellen möge sein:
a, = -i)y^e»^'/H<-*/0 ^, = 0, rä = 0. ^ ^
An beiden Plattengrenzen (« = 0 und z = d) haben wir nun
die Grenzbedingungen (21) der S. 257 anzuwenden, welche hier
die Form annehmen:
Te+Tr=^T + T\ ae + ar=-a+a' für«=0, (70)
r + r'= Fd, a + a'=ad für x = d, (71)
Die Grenzbedingungen (70) liefern:
E+R = D' + D'\ (J57 - E) yi[ = {Ü - D") >/" fj , (70')
während die Grenzbedingungen (71) ergeben:
i/e-v-hZ/'e-Hp^Dc-^, (i/e-*>— D"e+»p) yi2=^ß"*^ V^, (7l')
falls p und q Abkürzungen sind für:
271 d n d 271 d n d /7i)\
Aus (71') folgt sofort:
(D'e -V + 2>'V +v) y7^ = (Z/e —> — D'VH->) y ^,
woraus man ableitet:
2>' e -ip iY^ - yVi) = D" e +»p (^ f^ + Y^'i) • C^^)
Aus (70') ergibt sich:
Vermöge (73) kann man die letzte Relation schreiben:
R ^ (e+»> - e-^i>) (f, - f,)
1 g^n p .{ei — 82)
♦ sin p . (8i + f 2) + ^ "/ei cj . ^os p
Drade, Lehrbach d. Optik. 2. Aufl. ig
Digitized by
Google
290 Kapitel II.
Um die Intensität Jr des reflektierten Lichtes zu erhalten, ist
die letzte Gleichung mit ihrer konjugiert komplexen Gleichung zu
multiplizieren (vgl. S. 282). Man erhält so, falls Ji die Intensität
des einfallenden Lichtes bezeichnet:
falls ^2 • «1 = ^^ gesetzt wird, so daß n den Brechungsindex der
Platte 2 gegen das Medium 1 bedeutet
Aus (70') und (71') leitet man ferner leicht ab
I^e-iq ^ ij/jlJl
" e' e«> iYTi + Y72)^-e-<p (yi; - 1^)2
i sin p (ti + f 2) + 2 y^f 1 82» cos p
so daß die Intensität Jd des durchgehenden Lichtes wird:
^^^^ ^^ ^ *^* sin^pje, -hl)2^r4e~e~2 '
Es besteht also die Beziehung
(76) Jd + Jr^Je,
was von vornherein zu erwarten war, da die Platte kein Licht
vernichtet
Nach (74) verschwindet das reflektierte Licht vollkommen für
die Werte: ;> = 0, jr, 2 jr u. s. w., d. h. für die Plattendicken rf««=0,
V2 ^2» ^2» % h ^' s. w. Dies steht im Einklang mit dem oben auf
S. 134 Formel (17) abgeleiteten Resultate. — Maximale Intensität
tindet statt für sin p = 1. Dann ist Jr = Jt (;T^)^ . [Bei nor-
maler Reflexion an nur einer Grenze ist nach Formel (26) auf
Wenn die Medien 1 und 2 Luft und Glas sind, so ist n
etwa = 1,5. Bei den Newtonschen Ringen sind die Medien
Digitized by
Google
Durchsichtige isotrope Körper. 291
1 und 2 Glas und Luft, d. h. n = 1 : 1,5. In beiden Fällen wird
Formel (74):
,. ^ sin^ p . 1,56
Jr = Je
sin^p . 1,5G + 9
Näherungsweise ist daher im Nenner von (74) der Term sin^ p (l—n^)^
gegen 4n'^ zu vernachlässigen, so daß man an einer Stelle des New-
tonschen Farbenglases, an welcher die Dicke der Luftschicht d
beträgt, erhält:
Jr = /. (^-^fsin^ 2^ djx, (77)
X bezeichnet die Wellenlänge in Luft. Fällt weißes Licht
ein und ist Ji die Intensität des einfallenden Lichtes der Wellen-
länge X, so wird die reflektierte Intensität, falls man von der
Dispersion, d. h. der Abhängigkeit des n von X absieht:
Jr = (^-^f^ Ji sin^ 2^ d\x . (78)
Die Farben dünner Blättchen sind also Mischfarben, welche
in der aus (78) ersichtlichen Weise aus den reinen Farben zu-
sammengesetzt sind.
12. Inhomogene Körper; krumme Lichtstrahlen. Wir wollen
noch kurz die optischen Eigenschaften eines inhomogenen Körpers
betrachten, in welchem die Dielektrizitätskonstante s eine Funktion
des Ortes x^ y, x ist. Der konsequenteste Weg ist, die Differen-
tialgleichungen (18) der S. 255, welche auch für inhomogene Körper
gelten, zu integrieren, wobei b als Funktion von x, y, x gegeben
sein muß. Auf diesem Wege würden sich sowohl die Bahnen der
Lichtstrahlen, als auch die Intensität der im Innern eines inhomo-
genen Körpers notwendig auftretenden Reflexion berechnen. Aber
selbst bei den einfachsten Annahmen für b ist dieser Weg kompli-
ziert und ist bisher nicht betreten worden. Man hat sich vielmehr
darauf beschränkt, die Gestalt der Lichtstrahlen nach dem Snellius-
schen Brechungsgesetz oder dem Huygensschen Prinzip zu berech-
nen, was ohne weiteres gelingt, wenn man sich das Medium aus
dünnen homogenen Schalen von verschiedenem Brechungsindex
zusammengesetzt denkt. Bei stetiger Änderung derselben muß
sich natürlich der Lichtstrahl krümmen. Von Heath^) ist nun für
1) Heath, Geom. Optik, deutsch von Kanthack. Berlin 1894, S. 363.
19*
Digitized by
Google
292 Kapitel IL
seinen Krümmungsradius q an einem Orte P das Gesetz abgeleitet
worden:
1 dlg n
(79)
Q dv
wobei V die Richtung der stärksten Änderung (des Gefälles) des
Brechungsindex n bezeichnet.
Diese Gleichung erklärt die Erscheinungen der Luftspiegelung,
wie sie bei anormaler Verteilung der Luftdichte über der Erd-
oberfläche, z. B. bei stark erhitztem Sandboden, beobachtet werden.
In einer gewissen Höhe über der Erde ist dann nämlich der
Brechungsindex n der Luft ein Maximum. Nach (79) muß dann
aber q = oo sein, d. h. der Lichtstrahl hat in dieser Höhe einen
Inflexionspunkt. Daher können von einem Gegenstande zwei ver-
schieden gerichtete Strahlen in das Auge eines Beobachters ge-
langen, derselbe sieht also den Gegenstand doppelt, und zwar ein-
mal in aufrechter, einmal in verkehrter Lage.*)
Eine interessante Anwendung der Theorie der gekrümmten
Lichtstrahlen ist von A. Schmidt 2) für die Vorstellung von der
Konstitution der Sonne gemacht worden, indem er zeigt, daß ein
leuchtender Gasball von den Dimensionen der Sonne, dessen Dichte
ohne Unstetigkeitsgrenze von außen nach innen zunimmt,
einen Anblick gleich dem der Sonne gewähren muß, d. h. schein-
bar eine scharfe Begrenzungslinie zeigt. Ein Lichtstrahl nämlich,
welcher nach einem solchen Gasball innerhalb eines gewissen
Distanzwinkels (p vom Zentrum hinzielt, wird nach dem Innern
des Gasballs abgelenkt und um sein Zentrum vielfach herum-
gewunden. Er wird daher zu Tiefen geführt, welche ein kontinuier-
liches Spektrum aussenden. Denn ein glühendes Gas kann bei
genügendem Druck dies tun. Ein Sehstrahl aber, welcher einen
größeren Distanzwinkel als (p vom Zentrum des Gasballs besitzt,
muß sich wieder vom Gasball entfernen, ohne stark leuchtende
Schichten durchsetzt zu haben. Daher erscheint die Sonne als
scharf begrenzte Scheibe vom Sehwinkel 2(p, obwohl eine Un-
stetigkeitsgrenze der Dichte fehlt.
1) Nähere Ausfuhrang dieser interessanten Erscheinungen und Zusammen-
stellung der Literatur findet sich in Winkelraann, Hdb. d. Physik, Optik,
S. 485—566 (Autoren Straubel und Bemporad).
2) A. Schmidt, Die Strahlenbrechung auf der Sonne. Stuttgart, 1891.
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle. 293
Über die experimentelle Darstellung gekrümmter Lichtstrahlen
vgl. J. Mac6 de Lepinay und A. Perot (Ann. de chim. et de phys.
(6) 27, p. 94, 1892) und 0. Wiener (Wied. Ann. 49, S. 105, 1893).
Letzterer hat gekrümmte Lichtstrahlen verwendet zur Unter-
suchung von Diffusion und Wärmeleitung.
Kapitel III.
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle.
1. Bifferentialgleiehangen und Grenzbedingnngen. Ein
Kristall unterscheidet sich dadurch von einem isotropen Körper,
daß seine Eigenschaften in verschiedenen Richtungen verschieden
sind. Die spezifischen Eigenschaften eines Körpers sind nun in
der elektromagnetischen Theorie lediglich durch seine Dielektri-
zitätskonstante definiert, wenn wir an dem schon oben S. 255 ein-
genommenen Standpunkte festhalten, daß die Magnetisierungs-
konstante aller Körper stets gleich 1 zu setzen ist.
Eevidieren wir nun die früher auf S. 255 und ff. gegebene Ab-
leitung der Differentialgleichungen für einen isotropen Körper, so
ergibt sich, daß die dortigen Gleichungen (17) allein die spezifischen
Eigenschaften des Körpers, d. h. seine Dielektrizitätskonstante,
enthalten. Dagegen sind die Gleichungen (7) und (11) auch in
einem Kristall gültig, wie schon oben bemerkt wurde. Die Glei-
chungen (17) sind also allein zu erweitern, da in einem Kristall
die Dielektrizitätskonstante von der Richtung der elektrischen
Kraftlinien abhängt. Der allgemeinste Ansatz für die Erweiterung
der Gleichungen (17) auf S. 255 bestünde nun in
4 :jtjx = f« "äT" + % öi" + % "äf 1
4 jr jy — f2i "07 + «22 -57 + % "57 ,
. , dx , öy , öz
4 ^^x = €31 "öT- + ^32 "ö^ + % -57 ,
(1)
Digitized by
Google
294 Kapitel III.
da die Stromkomponenten jedenfalls lineare Funktionen der
^' ^' "¥ l>lciben müssen. Dieser Ansatz (l) würde besagen,
daß im allgemeinen bei einem Kristall die Richtung der Strom-
linien nicht zusammenfällt mit der Richtung der Kraftlinien, da
z. B., falls X allein von Null verschieden ist, trotzdem auch/y undy*
von Null verschieden sind.
Die frühere Formel (23) der S. 259 für die Energieströmung
ist dadurch abzuleiten, daß die allgemein gültigen Gleichungen
(9) und (11), nämlich:
4:i . by bß
47t hY hZ
c'^''~hj ö*' •
• • T*^""5^""öy'
bezw. mit Xdz , , , , adz multizipliert werden und nach dz (Volum-
element) integriert wird. Es ergibt sich dadurch
i^J{j,X+jyY+j,Z)dz
+ ^f{s. a + syß + s,y)dz = '^ ^J® dz ,
wobei ® die Energie des Volumenelementes dz bedeutet. An dieser
Formel halten wir auch in einem Kristall fest, da spezifische
Eigenschaften des Mediums in der Formel nicht vorkommen. Für
die Änderung der elektromagnetischen Energie ® der Volumen-
einheit im Laufe der Zeit besteht also die Beziehung:
^-§-jx X +jy Y + j^Z+ssa + syß + sxY '
Die drei letzten Terme dieser Gleichung bilden nun, da das
zweite Tripel der Gleichungen (17) der S. 255 auch hier gelten
soll (mit dem Werte it/ --= 1), einen Differentialquotienten nach der
Zeit. Es ist nämlich:
s,a + syß + s,r = ^Yt^''' + ^' + ^') •
Folglich muß auch jx X +jyY +jx Z ein Differentialquotient
nach der Zeit sein. Damit dies aber nach dem Ansatz (1) mög-
lich ist, müssen die Bedingungen erfüllt sein:
(2) f 21 ■•=== f 12 ? ^31 ==^ ^13 » ^23 =^ ^32 »
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Körper. 295
und es wird dann der Teil @ der Energie, der von den elek-
tnschen Kräften abhängt:
®i = ^ (euZ2 + e^Y^-t 633 Z^ + 2e.^ YZ ^^^
+ 2b^, ZX + 2b^ XT) .
Durch Transformation des Koordinatensystems läßt sich nun
@i stets auf die kanonische Form bringen:
®,-^{B,X'^ + B^y^ + e,Z^), (4)
Für diese Wahl der Koordinatenachsen verschwinden also die
«Ajfc, und die Gleichungen (1) nehmen die vereinfachte Gestalt an:
. iL ^ • ii ^ • ' ^^ /rn
•^^ ~ 471 bt ' ^y~~ 471 öt ' -^^ ~"47r d/ • W
Diese Koordinatenachsen zeichnen sich also dadurch aus, daß
in ihren Eichtungen die elektrische Strömung in die Richtung
der elektrischen Kraft fällt. Wir wollen diese Achsen die elek-
trischen Symmetrieachsen nennen, da der Kristall in elek-
trischer Hinsicht sich symmetrisch verhält in bezug auf diese drei
zueinander senkrechten Eichtungen, oder auch in bezug auf die
drei zueinander senkrechten Ebenen, welche durch diese 3 Achsen
gelegt werden können. — Die e^ , f 2 » ^3 haben die Bedeutung der
Dielektrizitätskonstanten, falls die elektrischen Kraftlinien in die
Eichtung einer der drei elektrischen Symmetrieachsen fallen; wir
wollen sie die Hauptdielektrizitätskonstanten nennen.
Wir wollen, wie schon oben bemerkt ist, nicht die Annahme
einführen, daß der Kristall in verschiedenen Eichtungen merkbare
Verschiedenheiten seiner Magnetisierungskonstante besäße. Wenn-
gleich dies streng genommen nicht der Fall ist, wie man aus den
Einstellungstendenzen von Kristallkugeln in starken magnetischen
Feldern wahrnehmen kann, so kann man diese Annahme für Licht-
schwingungen doch machen, ohne in Widerspruch mit der Er-
fahrung zu gelangen, gerade wie schon bei der Behandlung iso-
troper Körper ihre Magnetisierungskonstante einfach gleich 1 ge-
setzt wurde. 0
In den Differentialgleichungen (18) auf S. 255, welche für
1) Über den theoretischen Grund, weshalb für Lichtschwingungen be-
standig /^ = 1 zu setzen ist, vgl. die späteren Entwicklungen in Kapitel VII.
Digitized by
Google
296 Kapitel III.
isotrope Körper gelten, sind daher nur diejenigenModifikationen anzu-
bringen, welche durch die Verschiedenheit der Dielektrizitätskonstante
nach der Richtung bedingt werden. Die Dielektrizitätskonstante tritt
nur in den ersten drei Gleichungen (18) auf. Ihr Inhalt besagte,
daß die elektrischen Stromkomponenten proportional zu den Größen
^ — ^usw. seien. Da die Stromkomponenten im Kristall durch die
Gleichungen (1) bezw. (5) gegeben sind, so werden daher bei Zu-
grundelegung der elektrischen Symmetrieachsen als Koordinaten-
achsen die allgemein gültigen Differentialgleichungen (7) und (11) der
S. 251 und 252 des elektromagnetischen Feldes in einem Kristall:
(6)
(7)
?1 ^= ^ ^ !?^_^__?>! fadZ^ö^ ha
c öt by öx^ c bt bx bx^ e bt bx dx
c bt bx by ^ e bt bx bx ^ e bt by bx
Für ein beliebig liegendes Koordinatensystem würden die
Gleichungen (6) zu ersetzen sein durch:
,^^ 1 / bX , bY . bZ\ by bß
Die Bedingungen, welche an der Grenze zweier sich berührender
Kristalle, oder eines Kristalls und eines isotropen Mediums (z.B. Luft)
zu erfüllen sind, erhält man nach denselben Überlegungen, wie sie
in § 8 des Kapitels I (S. 256) angestellt worden sind; sie fordern:
Stetigkeit der der Grenze parallelen elektrischen und
magnetischen Kraft beim Übergang über die Grenze.
2. LichtTektor und Ltchtstrahl. Schon bei Betrachtung iso-
troper Medien (S. 269 ff.) hatten wir gesehen, daß man formal
verschiedene Gesetze für die optischen Erscheinungen erhält, je
nachdem der Lichtvektor mit der elektrischen oder der magne-
tischen Kraft identifiziert wird. Beide Verfügungen führen allerdings
zu denselben beobachtbaren Resultaten, wenn man von den bei
stehenden Wellen wahrnehmbaren Erscheinungen absieht Ähnlich
verhält es sich hier in der Kristalloptik, nur tritt hier noch eine
neue Möglichkeit hinzu, nämlich die elektrische Strömung als Licht-
vektor zu wählen. Seine Komponenten sind dann proportional zu
^1 "57 ' ^2 ^ ? ^^'bt' I^^d^rch erhalten wir drei Theorien der
Kristalloptik, welche formal voneinander verschieden sind, sowohl
Digitized by
Google
Optische EigeuBchaften durchsichtiger Kristalle. 297
in bezüg auf die Lage des Lichtvektors zur Polarisationsebene, als
auch in bezug auf die Lage des Lichtvektors zur Wellennormale
bei ebenen Wellen. Was zunächst die letztere anbelangt, so er-
gibt sich nach S. 263, daß der Lichtvektor senkrecht zu der
Wellennormale bei ebenen Wellen liegt, d. h. daß ebene Wellen
transversale sind, wenn seine Komponenten, die mit w, v, w be-
zeichnet werden mögen, der Differentialgleichung genügen:
S + S + s-»- («
Durch Differentiation der Gleichungen (7) bezw. nach Xj y^ z
und Addition erhält man nun hier, gerade analog wie früher auf S. 260 :
s(s + | + g)-». W
d. h. es bestehen transversale Wellen, falls die magnetische Kraft
als Lichtvektor interpretiert wird.
Wendet man eine gleiche Operation auf die drei Gleichungen
(6) an, so entsteht:
d. h. man erhält ebenfalls Transversalwellen, falls die elektrische
Strömung als Lichtvektor interpretiert wird.
Dagegen erhält man keine Transversalwellen, falls die elek-
trische Kraft als Lichtvektor interpretiert wird, da infolge der
letzten Gleichung durch die Verschiedenheit der e i , ^2 ^ ^3 die Un-
gleichung besteht:
Die Polarisationsebene geht durch 'die Richtung der Wellen-
normale und der magnetischen Kraft, wie wir es schon oben
S. 269 bei isotropen Medien konstatierten.
Die formalen Verschiedenheiten der drei möglichen kristall-
optischen Theorien sind also folgende:
1) Die magnetische Kraft ist der-Lichtvektor. Ebene
Wellen sind transversal, der Lichtvektor liegt in der Polarisations-
ebene. (Mechanische Theorie von F. Neu mann, G. Kirchhoff,
W. Voigt u. a.)
Digitized by
Google
298 Kapitel III.
2) Die elektrische Kraft ist der Lichtvektor. Ebene
Wellen sind nicht streng transversal, der Lichtvektor liegt nahezu
senkrecht zur Polarisationsebene. (Mechanische Theorien von
Ketteier, Boussinesq, Lord Bayleigh u. a.)
3) Die elektrische Strömung ist derLichtvektor. Ebene
Wellen sind transversal, der Lichtvektor liegt senkrecht zur Pola-
risationsebene. (Mechanische Theorie von Fresnel.)
Diese formalen Verschiedenheiten der Theorien können zu be-
obachtbaren Unterschieden nicht fuhren, falls man, wie es bei den
kristalloptischen Erscheinungen, z. B. beim Durchgang des Lichtes
durch eine Kristallplatte, stets der Fall ist, schließlich die Licht-
effekte doch nur in einem isotropen Medium bei fortschreitenden
(nicht stehenden) Wellen beobachtet. Man muß nur jedes Problem
in voller Strenge, d. h, mit Rücksicht auf die Grenzbedingungen,
lösen.
Dann ist das zu behandelnde System der Differentialgleichungen
und Grenzbedingungen ein bestimmt gegebenes; für die elek-
trische Kraft im isotropen Außenmedium erhält man eine ganz
bestimmte Lösung, unabhängig davon, was als Lichtvektor im
Kristall interpretiert ist; falls die magnetische Kraft im isotropen
Außenmedium als Lichtvektor interpretiert wird, an Stelle der
elektrischen Kraft, so erhält man gleiche beobachtbare Resultate,
da nach den Grundgleichungen die Intensität der fortschreitenden
magnetischen Welle stets gleich der Intensität der fortschreitenden
elektrischen Welle ist.
Die elektromagnetische Lichttheorie bietet also den Vor-
teil, daß sie eine Reihe formal verschiedener Theorien gleich-
zeitig umfaßt und zeigt, weshalb sie zu demselben Endziel fuhren
müssen.
Den Lichtstrahl definieren wir nach S. 258 als Bahn der Energie-
übertragung. Nach der auf S. 295 aufgestellten Formel für die
elektromagnetische Energie im Kristall bleibt auch hier die frühere
Formel (23) der S. 258 für den Energiefluß bestehen. Die Richtungs-
kosinus des Lichtstrahls sind also auch im Kristall den früher
(S. 259) Formeln (25), definierten Größen /i, fy, fx proportional.
Der Lichtstrahl steht also senkrecht auf der elek-
triscl^en und magnetischen Kraft. Er fällt daher im
allgemeinen nicht mit der Wellennormale ebener Wellen
zusammen, da diese nicht senkrecht zur elektrischen Kraft
steht, wegen der Ungleichung (11).
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger KristaUe. 299
3. Das Fresnelsche Gesetz fßr die Lichtgeschwindigkeit.
Um die Lichtgeschwindigkeit im Kristall zu finden, stellen wir uns
aus den Hauptgleichungen (6) und (7) solche Differentialgleichungen
her, welche entweder nur die elektrische Kraft, oder nur die
magnetische Kraft enthalten. Ersteres erreicht man, wenn man
die drei Gleichungen (6) nach t differenziert und für die auf der
rechten Seite auftretenden Größen -^, ^, ^, ihre Werte aus
den Gleichungen (7) einsetzt. Man erhält so aus der ersten der
Gleichungen (6):
Die rechte Seite dieser Gleichung kann man in der mehr
symmetrischen Form schreiben;
6i h^X .y b (bX , bY , bZ\ ,,^v
Analog erhält man aus den beiden anderen Gleichungen (6):
c2 Ö/2 — ^^ öy\ö:c "^ öy "♦" bx) ' , 2>)
c2 0/2 ■ ^^ öjt \bx ~^ by "^ bx) '
Was wir als Lichtvektor interpretieren, bedingt nach den
Auseinandersetzungen des vorangegangenen Paragraphen nur for-
male Verschiedenheiten, um Anschluß an die Fresnelsche Theorie
zu gewinnen, setzen wir den Lichtvektor proportional zur elek-
trischen Strömung, indem wir als Komponenten u, v, w des Licht-
vektors bei ebenen Wellen schreiben:
v^e,y=A3l 003^(1-""" + 7 +-?^) , (13)
w == 6^ Z= A^ cos -f [t y ) '
Dabei soll sein
Wl^ + ^^ + ^^ = m'^ + n^ + p^=\ . (14)
Digitized by
Google
300 Kapitel UI.
Es bedeutet dann A die Amplitude des Lichtvektors, $K, 31, % seine
Richtungskosinus gegen die Koordinatenachsen (elektrischen Sym-
metrieachsen), tn, w, jt? die Richtungskosinus der Wellennormale, Fdie
Lichtgeschwindigkeit, gemessen in Richtung der Wellennormale
(sogenannte Normalengeschwindigkeit). Wegen der Gleichung (10)
besteht die Beziehung:
(15) 9Jlm + ?tn + ^ = 0,
welche die Transversalität der Wellen ausdrückt.
Das Einsetzen der Werte (13) in (12) liefert (es ist C für
das obige c geschrieben):
gw _ jw _ fw_ mm , 5^ , ^\
C2 — e,F2 F2 i e, "^ fj "^ h)'
^ _ _9? n^ mm , ??n ^\
C2"~f2F2 K2 \ ft "T" S2 ~^' €3/'
C^"~£3F2 vA e, "^ f2 "^ es/'
Multipliziert man diese Gleichungen mit C^V^ und setzt zur
Abkürzung.
(16) C2:£i = a^ (72: £2 = ^2^ C2:f3 = c2,J)
(16') a2 mm + b^dln + c^^p = 0\
so entsteht
(17) 9n(a2— F2)=mö2, $R(^^2 _72) = ^ ^2^ ^(c^— F2)=p C?^
(17') d. h. SJl = G2^^^^, gfl = Ö2 __2.^^^ Sß = Ö2 _^^^.
Durch Multiplikation dieser letzten drei Gleichungen mit bezw.
tw, n, ;? und Addition entsteht auf der linken Seite der Wert Null
wegen der Beziehung (15), so daß man mit Fortlassung des
Faktors G'^ erhält:
m^ n^ y)2
(18) «2 ^ y2 + ^2:1- yit + ^2zrr2 "^ ^ •
Dies ist eine quadratische Gleichung für F^ als Funktion von
w, n,jt?; es ergeben sich also zu jeder bestimmten Richtung
1) Der Buchstabe c kommt also im Buche in zwei verschiedenen Be-
deutungen vor. Im allgemeinen bedeutet c die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum.
Nur in der Kristalloptik soll hierfür C geschrieben werden und c hat hier die
Bedeutung C : "yftz .
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften darchsichtiger Kristalle. 301
der Wellennormale zwei verschiedene Lichtgeschwindig-
keiten. Die Formel (18) heißt das Fresnelsche Gesetz.
Für w=l, w = |? = 0 sind die beiden Lichtgeschwindig-
keiten Fi2=fc2^ V^^=c\ Für den Fall, daß die WeUennormale
in einer der elektrischen Symmetrieachsen des Kristalls liegt, sind
also zwei von den Größen a, b, 0 die Lichtgeschwindigkeiten.
Diese Größen a, 6, c werden daher die Hauptlichtgeschwindig-
keiten genannt.
Dasselbe Geschwindigkeitsgesetz (18) ergibt sich, falls man
die magnetische Kraft oder die elektrische Kraft als Licht-
vektor wählt.
4. Die läge der Ltehtschwingungen. Zu jeder Wellennor-
male gibt es zwei sich mit verschiedener Geschwindigkeit fort-
pflanzende Wellen. Die Lage der charakteristischen Größen, z. B.
der elektrischen Strömung, ist in ihnen eine ganz bestimmte, und
zwar in beiden Wellen eine verschiedene. Bezeichnet man
nämlich die Zugehörigkeit zu den beiden verschiedenen Wellen
durch Indizes 1 und 2, so ergibt sich aus (18') die Lage des Licht-
vektors aus:
(19)
In Eichtung einer bestimmten Wellennormale können sich also
nur zwei linear polarisierte Wellen fortpflanzen, und zwar sind
diese Wellen senkrecht zueinander polarisiert. Denn aus (19)
erhält man:
2K,aR2 + %% + ^,^2 - (jf^rrf^.,) + u. s. w (20)
Nun ist aber
(a2— V) (ä^^^V^) ~~ TT^^ V [ä^ ^^^ «^ — TV / '
SO daß die linke Seite von (20) proportional ist zu
i^'i^— Tv ( »2 — rj2 + 62 — nrv + c2 — v^^
W2 n2 p2 ]
a2 — IV 62 — F22 c2 — V^ij
Digitized by
Google
302 Kapitel IIL
Da nun aber sowohl F, als Fj der Gleichung (18) genügt, so ist
dieser ganze Ausdruck Null. Folglich liegt der Lichtvektor 3Ki,
%, % senkrecht zum Vektor SRj, %, ^2-
DieLichtgeschwindigkeit ist eine eindeutige Funktion
der Schwingungsrichtung. Denn das Fresnelsche Gesetz (18)
kann man unter Eücksicht auf (19) schreiben
(a2 — F2) 9^2 + (^2 _ 72) gfl2 _!_ (^2 — 72) Sß2 = 0,
d. h. da 9D|2 + ?t2 + ^2 = 1 ist:
(18') F2 = a2gji2 + ^,2 5^2 + ^2 Sß2.
5. Die Normalenfläche, um eine Anschauung davon zu haben,
in welcher Weise die Lichtgeschwindigkeit mit der Richtung der
Wellennormale variiert, empfiehlt es sich, von einem gewissen An-
fangspunkt 0 aus auf allen beliebigen Normalenrichtungen die
beiden Lichtgeschwindigkeiten als Radienvektoren abzutragen.
Man erhält dadurch eine zweischalige Fläche, die sogenannte
Normalenfläche. In einer elektrischen Symmetrieebene, z. B.
der y ;t-Ebene (w = 0), sind nach (18) die beiden Wurzeln für die
Geschwindigkeit:
(21) Fi2 = a2, V2^ = b^p^ + c^n^,
d. h. der Schnitt der Normalenfläche mit einer elektrischen Sym-
metrieebene besteht in einem Kreise und einem Ovale. Falls
a > fc > c ist, erhält man daher die in Figur 85 gezeichneten Schnitte
der Wellenfläche mit den Symmetrieebenen. In der x »-Ebene
fallen danach für zwei Richtungen der Wellennormale, die durch
Ji und ^2 bezeichnet sind, die beiden Wurzeln F^ und F2 not-
wendig zusammen, da beide Schalen der Wellenfläche zum Schnitt
kommen. Es läßt sich zeigen, daß dies für keine anderen
Richtungen der Wellennormale eintreten kann. Die
quadratische Gleichung für F2 ist nämlich nach (18);
(22) ^* "" ^^ l^^ ^^^ + ^^) + ^^ ^^^ + "^^ + P^ (^^ + ^^}
+ m^b^c^ + n2c2a2+p2a2ft2 = o.
Die Auflösung dieser Gleichung liefert, falls man setzt:
(23)
(24)
(23) i/=m2(62__c2)^ x=n^{c^~a^), P = p^{a^^b^),
2r^ = m^ (fe2 + c2) -{- n2 (c2 + a^) + p^ {a^ + b^
± V^i/2 + i\'2 + p2 _ 2MX— 2NP — 2MP.
Digitized by
Google
Optische EigeDschaften durchsichtiger Ejristalle.
303
Da nun a^b^c, so ist if und P positiv, N negativ. Da man
den Radikanden schreiben kann in der Form:
{M+ N—Py — 4MN,
so besteht er ans zwei positiven Gliedern. Ein Zusammenfallen
beider Wurzeln für F^ erfordert daher die beiden Bedingungen:
M+N — P=0, MN=0.
Es kann nun M nicht gleich Null sein, weil dann N^=^P sein
>x^
Fig. 85.
müßte, was nicht möglich ist, da N negativ und P positiv ist.
Folglich verschwindet der Radikand nur für
d. h.
N=i), M=P,
oder da m^ -{- n^+p^ = l ist, so ergibt sich
m = -f-
a2-c2'
0
(25)
(26)
Hierdurch sind also die beiden Richtungen der Wellennormale be-
stimmt, für welche die beiden Lichtgeschwindigkeiten zusammen-
Digitized by
Google
304 Kapitel 111.
fallen. Man nennt diese Richtungen die optischen Achsen. Die
elektrischen Symmeteieachsen a: und «, welche die Winkel zwischen
den optischen Achsen halbieren, werden auch die optischen
Mittellinien des Kristalls genannt.
Der Wert der beiden Wellen gemeinsamen Lichtgeschwindig-
keit, falls die Wellennormale in die optische Achse fällt, ist Fi= V2=b.
Dies geht direkt aus der Zeichnung in Figur 85 hervor, ebenso
aus der Gleichung (24) in Verbindung mit (26). Die Schwingungs-
richtung in diesen Wellen ist daher nach (19) unbestimmt, da in jenen
Gleichungen der unbestimmte Ausdruck n:b^ — 72 = 0:0 auftritt
In Richtung der optischen Achse kann sich daher jede Lichtart fort-
pflanzen, d.h. sowohl beliebig polarisiertes, als auch natürliches Licht.
Die Lichtgeschwindigkeit F läßt sich bequemer als nach (24)
berechnen, wenn man die Winkel gi und ^2 einführt, welche die
Wellennormale mit den optischen Achsen bildet. Als positive
Richtung der einen optischen Achse A^ sei diejenige gerechnet,
welche spitze Winkel mit der x- und ^j;- Achse bildet. Ihre Richtungs-
kosinus sind also nach (26):
(26') ^i= + f/feS' ^ = <*' Pi- + y^i^. '
Als positive Richtung der anderen optischen Achse A2 sei diejenige
gerechnet, welche einen spitzen Winkel mit der ;c-Achse, aber einen
stumpfen Winkel mit der a:-Aehse bildet. Ihre Richtungskosinus
sind daher:
(26) ^=-J/^r=r^. ^2 = 0, P2=+yä2zr^'
Die Kosinus der Winkel ^1, ^2 zwischen Wellennormale und
den positiven Richtungen der Achsen Jj, A2 sind daher:
cos gi = mwi + nn^ + pp^ , d. h.
cos g, = my ^^-:::r^ +py -r^r^.
cos g^^-m y ^,_^, +j>y --,^^,-.
Infolge der Relation n2=i — m^ — p'^ kann man nun leicht die
Beziehung ableiten:
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle. 305
m2 (62 + c2) + n2 (c2 + a2) +p^ (a^ + ^2)
= a2 + c2 + (a2 — c^) cos g^ cos g<i , (28)
if2 + J\r2+p2_2JfJ\r— 2iVT— 2ifP=(a2 — c2)2«•n2^J5^nV2•
Folglicll wird nach (24):
2 Fi2 = a2 + c2+ (a2-c2) cos {g,- g^) , ,.^.
2 F22 = a2 + c2+ (a2-c2) cos {3, + g^, ^^^^
6. Oeometrische Konstraktton der WellenflSche und der
Schwingrangsrichtuug. Nach Fresnel kann man die Lichtge-
schwindigkeit und die Schwingungsrichtung mit Hilfe einer Fläche
des Ovaloids, in folgender Weise geometrisch konstruieren: Der
Radiusvektor q des Ovaloids bilde mit den Koordinatenachsen die
ßichtungskosinus ^1,^2» ^s- Die Gleichung des Ovaloids lautet dann:
^2 = ^2^^ 2 ^^2^2 2 + ^21^32, (30)
a, h, c sind die Hauptachsen des Ovaloids. Um die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit einer Wellenebene zu finden, legen wir parallel
derselben eine Ebene durch das Zentrum des Ovaloids und suchen
den größten und kleinsten Radiusvektor q^ und q^ des erhaltenen
Ovalschnittes. Diese sind gleich den beiden Lichtgeschwindig-
keiten der betreffenden Wellenebene, die Richtungen von q^ und
Q2 geben die Schwingungsrichtungen an, und zwar die Richtung
von Qx für die mit der Geschwindigkeit Qi fortschreitende Welle.
Um diese Konstruktion als richtig zu erweisen, müssen wir
berücksichtigen, daß ^j, d^^t ^3 i^^ch die beiden Bedingungen be-
friedigen:
1 = ^^24. ^22 + ^3^ (31)
0 = Tw^i + nd^2 + ;^^3- (32)
Letztere Gleichung drückt aus, daß der Ovalschnitt senkrecht
zur Wellennormale steht, um nun diejenigen Richtungen ^j, 1^2» ^3
zu finden, für welche q ein Maximum oder Minimum annimmt, kann
man nach Regeln der Differentialrechnung ^j, ^2» ^3 3.1s voneinander
unabhängige Variabele betrachten, wenn man zu der Gleichung
(30) noch die mit den unbestimmten (Lagrangeschen) Faktoren
<jj, 02 multiplizierten Gleichungen (31) und (32) addiert Durch
Nullsetzen der einzelnen Differentialquotienten von q'^ nach i^j, ^2»
^3 erhält man dann:
0 = 2 (a2 + 01)^1 + m<j2,
() = 2(62 + <ji)^2 + WÖ2' (33)
O = 2(c2 + <j0^3 + -Pö2.
Drade, Lehrbach d. Optik. 2 Aafl. 20
Digitized by
Google
306 Kapitel IIL
Multipliziert man diese Gleichungen bezw. mit ^i, ^2» ^3 i^^d
addiert, so ergibt sich wegen (31) und (32):
a2^i2^fc2^2^ + ^^^3^ = — ö^i.
Es ist also nach (30) Oi= — q\ Setzt man diesen Wert in (33)
ein, so kann man jene drei Gleichungen in der Form schreiben:
(34)*i = -iö2ir^2» ^2 = -iö2^p4y,, ^3 = -A(,2-^^.
Durch Multiplikation mit bezw. m, n, p und Addition folgt
wegen (32):
a2 — (>2 T- ^2 _ ^2 T^ C2 _ ^2 " '
d. h. Q befriedigt tatsächlich dieselbe Gleichung, wie die Licht-
geschwindigkeit V (vgl. Formel (18) der S. 300).
Aus (34) folgt nun, daß ^1, ^2? ^3 dieselben Verhältnisse
untereinander besitzen, wie nach (19) SK, 91, ^, d. h. der Licht-
vektor hat die Sichtung des maximalen, bezw. minimalen Radius-
vektors des Ovalschnittes.
Da die Schwingungsrichtung nach § 5 unbestimmt wird für
den Fall, daß die Wellennormale mit einer optischen Achse zu-
sammenfallt, so kann in diesem Falle der Ovalschnitt kein Maxi-
mum oder Minimum des Radiusvektors besitzen, d. h. das Ovaloid
muß in einem Kreise geschnitten werden von Ebenen,
welche normal zur optischen Achse sind. Die Radien dieser
beiden Kreise sind einander gleich, und zwar gleich b. Ein be-
liebig liegender Ovalschnitt einer Wellenebene, deren Normale K
sei, schneidet die beiden Kreisschnitte des Ovaloids in zwei Radien-
vektoren r^ und r2, welche die gleiche Länge b haben. Diese Vek-
toren r^ und r2 sind senkrecht zu den Ebenen, welche man durch
die Wellennormale N und je eine optische Achse Jj, bezw. A2 legen
kann, da z. B. r^ sowohl senkrecht zu N, wie zu A^ steht. Diese
Ebenen {XA^ bezw. {NA^ schneiden daher den Ovalschnitt, den
die Wellenebene mit dem Ovaloid macht, ebenfalls in zwei gleichen
Radienvektoren r\ und r 2, da r\ J. zu ^i» ^'2 J- zu r.2 ist, da auch
^1 = ^2^ so folgt aus der Symmetrie des Ovalschnittes, daß auch
r\ = r 2 ist und daß die Hauptachsen pj und Q2 desselben den
Winkel zwischen r^ und r2, r\ und r2 halbieren. Die Schwin-
gungsrichtungen des Lichtvektors (die mit Qi und Q2 koin-
zidieren) liegen daher in den beiden Ebenen, welche die
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle. 307
von den Ebenen {NA^ bezw. {NA^ gebildeten Winkel hal-
bieren. Dadurch sind die Schwingungsrichtungen bestimmt, da sie
auch senkrecht zur Wellennormale N liegen. Die zu V^ (nach (29)
definiert) zugehörige Schwingungsrichtung liegt in der Halbierungs-
ebene des Winkels {A^, N, A2), wobei A^ und A2 die nach (26'),
(26") definierten positiven Richtungen der optischen Achsen bedeuten,
die zu Vi zugehörige Schwingung liegt senkrecht gegen diese
Ebene, d. h. in der Halbierungsebene des Winkels (^4,, N, — A^.
7. Einachsige Kristalle. Wenn zwei der Hauptlichtgeschwin-
digkeiten a, Ä, c einander gleich sind, z. B. falls a = h ist, so treten
besondere Vereinfachungen ein. Aus (26) auf S. 303 folgt, daß
beide optischen Achsen zusammenfallen, nämlich in die «-Achse;
daher heißen diese Kristalle einachsig. Aus (29) auf S. 305
folgt, da dann stets 91 = 92 ist:
Fl 2 = a2, F2 2 = «2 cos^ 9+ c^ 8in'^9, (35)
wobei g den Winkel bedeutet, welchen die Wellennormale mit der
optischen Achse bildet. Die eine Welle hat also konstante Ge-
schwindigkeit, sie wird die ordinäre Welle genannt. Die
Schwingungsrichtung der extraordinären Welle liegt nach der
Konstruktion der vorigen Seite im Hauptschnitt des Kristalls,
d. h. in der Ebene, welche durch optische Achse und Wellennormale
geht, die ordinäre Welle schwingt daher senkrecht zum Hauptschnitt.
Da der Hauptschnitt (vgl. oben S. 231) als Polarisationsebene der
ordinären Welle definiert ist, so liegen also die Schwingungen
senkrecht zur Polarisationsebene, wie es der Fresnelsche Stand-
punkt auch für isotrope Medien ergab. — Wenn der Winkel g der
Wellennormale Nmii der optischen Achse variiert, aber iV^in einem
bestimmten Hauptabschnitt verbleibt, so bleibt daher die Schwingungs-
richtung der ordinären Welle unverändert, aber die der extra-
ordinären Welle variiert. Daher ergibt sich das schon oben S. 329
§ 7 behauptete Resultat, daß der Fresnelsche Standpunkt den
Vorzug der Einfachheit insofern genießt, als für das Verhalten
einer Welle lediglich die Schwingungsrichtung maßgebend ist.
Bleibt diese unverändert, so bleibt auch die Fortpflanzungsgeschwin-
digkeit der Welle unverändert, auch wenn sich die Richtung der
Wellennormale ändert.
Einachsige Kristalle liefern diejenigen Kristallsysteme, welche
eine ausgezeichnete Kristallachse besitzen, zu welcher zwei (oder
20*
Digitized by
Google
308 Kapitel JULI.
drei) gleichwertige Achsen senkrecht stehen, d. h. das tetragonale
und hexagonale System, Die optische Achse fällt in die ausgezeich-
nete kristallographische Achse. Die Kristalle des regulären Systems
unterscheiden sich optisch nicht von isotropen Körpern, da nach
ihrer kristallographischen Symmetrie a = b=c sein muß.
Rhombische, monokline, trikline Kristalle können zweiachsig
(in optischer Hinsicht) sein. Bei ersteren fallen die kristallogra-
phischen Symmetrieachsen notwendig mit den elektrischen Sym-
metrieachsen zusammen, da ein Kristall in jeder physikalischen
Hinsicht mindestens die Symmetrie besitzt, welche auch der Kri-
stallform eigen ist Bei monoklinen Kristallen kann man aus der
Kristallform nur auf die Lage der einen elektrischen Symmetrie-
achse schließen, da diese senkrecht zu der (einzigen) kristallogra-
phischen Symmetrieebene steht, bei triklinen Kristallen haben die
elektrischen Symmetrieachsen überhaupt keine von vornherein
bestimmte Lage zur Kristallform.
Bei einachsigen Kristallen (a = b) wird nach (30) das Ovaloid
zur Rotationsfläche:
(36) ()2 = o2+ (c*^ — ai) V.
Je nachdem diese Fläche in Richtung der Achse abgeplattet oder
verlängert ist, nennt man den Kristall positiv-, oder negativ-
einachsig. Für ersteren Fall ist daher a^c, für letzteren a<c.
Nach (35) ist bei positiven Kristallen die ordinäre Welle die
schnellere, d. h. weniger stark brechbare, bei negativen Kristallen
wird dagegen die ordinäre Welle stärker gebrochen, als die extra-
ordinäre. Quarz ist positiv, Kalkspath negativ einachsig.
8. Bestimmung der Btchtmig des Lichtstrahls aus der
Wellennormale. Die Richtungskosinus des Lichtstrahls seien m, n, p
genannt Nach den auf S. 29S angestellten Überlegungen und der
Formel (25) auf S. 259 ist:
(37) m : n : p = yY — ßZ : aZ — y X : ßX — aY.
Nun ist aber nach den Formeln (13) auf S. 299 und der dortigen
Bezeichnung (16)
(38) X: F:Z = a22Jl:625n:c2^,
femer leitet man aus den Formeln (7) der S. 296 und den Formeln
(13) sofort ab:
(39) a:ß: 7 = 6^5R — c^n^ : chn^ — a'^pm : aht^ - b^3l.
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle 309
Setzt man die Werte (38) und (39) in (37) ein, so erhält raan
m : n : p = - w (a^ aJi2 + fc^ $R2 + ^4 ^2)
+ 2Ka2 {ahn 2Jl + ft^n 5R + C^p ?5)
(40)
Die durch . . . angedeuteten Terme ergeben sich aus dem hin-
geschriebenen Terme durch zyklische Vertauschung der Buch-
staben. .
Benutzt man nun die Abkürzung (16') der S. 300, d.h. setzt man:
a^m SJl + 6^ 5R + c2p ^ = G2 , (41)
so folgt aus den dortigen Gleichungen (17)
Durch Quadrieren und Addieren dieser drei Gleichungen erhält
man daher, da
2R2 + 5^2 + Vß2 = ^2 4. ^2 + ^2 = 1 ^
2Jlm + $Rn + ^/) = 0 (vgl. S. 300) ist:
a^2K2 + Mg[i2 + e*^2= 74+ ^4. (42)
Durch Quadrieren und Addieren der drei Gleichungen (17')
ergibt sich
Setzt man nun für SMa^ den aus (17') folgenden Wert ein
so folgt unter Benutzung von (41) und (42) für (40):
ni: n:p= m{V^+0^) + ^(?^ ^y^ :...:... ,
oder
Durch diese Gleichung ist die Richtung des Lichtstrahls aus-
gedrückt in ihrer Abhängigkeit von der Richtung der Wellen-
Digitized by
Google
310 Kapitel m.
normale, da sich V^ aus tw, w, p nach dem Fresn eischen Gesetz
(18) bestimmt, und 0^ nach (43) auch durch w, n, p und V^ aus-
gedrückt ist.
Um die Richtungskosinus m, n, p absolut zu bestimmen (nicht
nur ihre Verhältnisse), können wir setzen:
wobei 0 ein Proportionalitätsfaktor ist, den wir bestimmen können,
falls diese drei Gleichungen quadriert und addiert werden. Es
folgt dann mit Rücksicht auf (18) und (43):
(46) l = (j2(^4_j. o*),
9. Die StrahlenflSche. Wenn eine Wellenebene in der Zeit-
einheit sich um die Strecke V parallel mit sich fortgepflanzt hat,
so wird V die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellennormale
genannt. Der Lichtstrahl liegt schief zur Wellennormale, und macht
mit ihr einen Winkel f, der gegeben ist durch
(47) cos g = mm + nn + pp .
Der Lichtstrahl hat dann in der Zeiteinheit den Weg 93 zurück-
gelegt, wobei ist:
(48) 93 C05 g = F.
93 wird die Strahlengeschwindigkeit genannt, sie ist also
größer als die Normalengeschwindigkeit.
Durch Multiplikation der drei Gleichungen (45) mit m, n, p
und Addition folgt cos ^= oV\ d. h. unter Rücksicht auf (48):
(49) (J = 1:F9S.
Nach (46) folgt daher:
(50) (?4= ^2 582 _ 74^
oder unter Rücksicht auf (48):
(51) 02= F2/(7g.
Setzt man den Wert 0^ nach (50) in die Gleichungen (45)
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle. 311
ein, und berücksichtigt man (49), so erhält man durch einfache
Umformung:
m^ _ mV nß n V pß^ p V
sy2_a2 ^2— a2' !lß2-_62 F2— 62' ÜB2 _ ^2 ~ F^— C^
(52)
Multipliziert man diese drei Gleichungen mit bezw. ma\ nb\
pc2 und addiert sie, so entsteht unter Rücksicht auf (17'):
35 (^^, + 3,S-, + ^SJ = - ^ (a^SRm + 6«Ru + c«ßp) .
Nun steht aber der Lichtstrahl senkrecht zur elektrischen
Kraft. Daher verschwindet die rechte Seite der letzten Gleichung,
da die Komponenten der elektrischen Kraft der Relation (38) ge-
nügen. Es entsteht also die Beziehung:
^'^' 1X2^2 p2c2 __ .
532__ a2 ' S32 — ^2 ^ Vß2_ c2 '^ » V*^*>;
welche man auch schreiben kann in der Form:
17 717 7 *^*
J._±-i._-J__I_jL~ (53')
a2 SB2 62 8^2 c2 332
Addiert man zu (53) die Beziehung m^ +n2 +p2=_i^ go er-
gibt sich
„,2^ n2g2 ^2^2 _
5ß2_a2 ^ ^2_^,2 ^ s^2__c2~~ ^^ ^^^ ^
Durch diese Beziehungen ist die Strahlengeschwindigkeit SS als
Funktion der Strahlrichtung dargestellt. Trägt man 33 als Radius-
vektor in der Richtung m, n, p von einem festen Punkte aus ab,
so erhält man die sogenannte Strahlenfläche. Dieselbe ist eben-
falls eine zweischalige Fläche, gerade wie die Normalenfläche, hat
überhaupt mit letzterer große Ähnlichkeit, da aus der Gleichung (18)
der Normalenfläche durch Ersetzung aller dort auftretenden Längen
durch ihre reziproken Werte die Gleichung (53') der Strahlen-
fläche erhalten wird. Die Symmetrieebenen schneiden die Strahlen-
fläche je in einem Kreise und einer Ellipse.
Die in § 6 angegebene geometrische Konstruktion ergibt also
hier, daß man auszugehen hat von der Fläche [vgl. die dortige
Formel (30)]:
(>2 02 "T 62 ■• C2 '
Digitized by
Google
312 Kapitel ÜI.
d. h. einem Ellipsoid mit den Hauptachsen a, b, c. Die Strahl-
geschwindigkeit 35 in einer bestimmten Richtung m, n, p wird er-
halten als die Hauptachsen Qi und Q2 derjenigen Ellipse, in welcher
das Ellipsoid geschnitten wird von einer zum Strahl senkrechten
Ebene.
Auch hier müssen zwei Richtungen 511,, ^2 existieren, für welche
die beiden Wurzeln SS^ der quadratischen Gleichung (53') zusammen-
fallen. Man erhält diese Richtungen aus den früheren Formeln
(26'), (26") für die optischen Achsen, wenn man alle Längen durch
ihre reziproken Werte ersetzt. Dies gibt:
■"--l/rl-i- "=»• "-l/M*'
oder
Diese beiden Richtungen heißen die Strahlenachsen.
Die Strahlenfläche kann man ansehen als diejenige Fläche,
bis auf welche sich eine von einem Punkte P ausgehende Licht-
erschütterung in der Zeiteinheit fortgepflanzt hat. (Sie wird aus
diesem Grunde in der Literatur zum Teil auch „Wellenfläche"
genannt.)
Wenn man die einzelnen Punkte P einer Wellenebene nach
dem Huygens sehen Prinzip als Erregungszentren auffaßt und
um diese die Strahlenfläche konstruiert, so würde die Enveloppe
derselben die Lage der Wellenebene nach der Zeiteinheit dar-
stellen (vgl. oben S. 156). Nach dieser Konstruktion ist also die
zu einem Strahl PS zugehörige Wellenebene die Tangen-
tialebene, welche im Punkte S an die Strahlenfläche ge-
legt werden kann.
Dies ist nun in der Tat auch aus unsern Formeln ableitbar.
Wenn man die rechtwinkligen Koordinaten eines Punktes S der
Strahlenfläche mit x, ?/, x bezeichnet, so ist m5S=a:, u. s. w.,
fß^ = x^ + y'^+z^ und nach (53"):
C^^) ^Z. «2 "l" ■^2~H"p "T s}^'l — cl 1 — " •
Bezeichnet man diese Gleichung symbolisch als F{x,y,x)^=^^ so
sind die Richtungskosinus der Normale der Tangentialebene im
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften darchsichtiger Kristalle. 313
hF hF hF
Punkte X, y, x proportional ™ "g^ » -^ » ^^ * ^^^ müssen also be-
weisen, daß ist:
}sF bF bF
Es ist nun nach (55):
'-2x M— - —""^ ^ ?i— ^
bF
Nach (52) ist nun a: : SS^ — a^ = wF: F^ — a^^ u. s. w., unter
Rücksicht auf die Beziehung (43) und (50) ergibt sich also
bx ^^\^^2_a^ U*l
2xV^ a^^V^
d. h. mit Rücksicht auf (52):
^=-2mg. (57)
Aus dieser Gleichung kann man durch zyklische Vertauschung
der Buchstaben ^ , ^- ableiten. Es ergibt sich daher sofort die
Relation (56), d. h. jene aus dem Huy gen sehen Prinzip gefundene
Konstruktion wird bestätigt.
Nach diesen Überlegungen kann man die Strahlrichtung m, it, p
aus der Wellennormalen w, n, p in folgender Weise ableiten: Die
Strahlenfläche berührt sämtliche von einem Punkte P nach allen
Richtungen in der Zeiteinheit fortgepflanzten Wellenebenen, ist
also die Enveloppe dieser Wellenebenen. Wenn wir daher drei
Wellenebenen ins Auge fassen, welche der Richtung PN unendlich
nahe benachbart sind, so muß ihr Schnittpunkt unendlich nahe
benachbart sein dem Endpunkt S des zur Normalenrichtung PN
zugehörigen Lichtstrahls PS, da S gemeinsam allen drei Wellen-
ebenen angehört. Die Richtigkeit dieser Konstruktion möge nun
auch analytisch bewiesen werden: Die Gleichung einer Wellen-
ebene ist
mx -\-mj-\-px=V, (58)
Wenn x, ?/, z auch einer unendlich nahe benachbarten Wellenebene
angehören soll, so gilt auch die Gleichung (58), wenn man sie nach
TW, w, p differenziert. Diese Größen sind aber nicht voneinander
unabhängig, da m'^ + n'^ + p'^=\ ist. Nach dem Verfahren von
Digitized by
Google
314 Kapitel m.
Lagrange (vgl. oben S. 305) kann man aber zu (58) die
Identität
hinzu addieren, so daß man erhält:
(59) mx + ny +px + f{mP- + n^ +p^ = V-\-f.
f ist eine unbekannte Konstante. Da diese noch mit in die Rech-
nung eingeführt ist, so kann man jetzt in (59) m, n, p als von
einander unabhängige Variabele ansehen und die Differentialquo-
tienten von (59) einzeln nach w, n, p bilden, so daß man erhält:
(60) x + 2fm^^^, y + 2fn = ''^, ^.+2fp=='^.
Nun ist aber nach (18) und (43):
(61)
bm F2 — a2 V
analoge Ausdrücke gelten für 5^, ^ . Durch Multiplikation der
drei Gleichungen (60) mit bezw. w, n, p und Addition entsteht
auf der rechten Seite wegen (18) und (61) der Wert Null. Auf
der linken Seite aber steht wegen (58): V+ 2f, so daß sich die
Konstante 2f bestimmt zu 2f= — V. Daher wird die erste
Gleichung (60) in Rücksicht auf (61):
X = w (f + y^-2 • ^) , und analog:
Der Radiusvektor vom Koordinatenanfang nach dem Schnittpunkt a:,y, x
der drei benachbarten Wellenebenen fällt daher in der Tat mit der
auf S. 3 1 0 berechneten Strahlrichtung zusammen, da a; : ^ : » = m : n : p.
Außerdem ergibt sich die Strahlgeschwindigkeit Y ^^ + 2/^ + *^
zu demselben Wert, wie er oben gefunden wurde [vgl. die For-
meln (45) und (49)].
Über weitere geometrische Beziehungen zwischen Strahl,
Wellennormale, optischen Achsen und Strahlenachsen vgl. Winkel-
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle. 3 15
mann, Hdb. d. Phys. Optik, 2. Aufl. S. 1192 u. ff. — Pockels,
Lehrb. d. Kristalloptik, Leipzig u. Berlin, (Teubner) 1906. p.3lu.ff.
10. Sonlsclie Refraktion. Zu jeder bestimmten Eichtnng einer
Wellennormale ergeben sich im allgemeinen zwei verschiedene
zugehörige Strahlenrichtungen nach den Gleichungen (44), da jedem
bestimmten w, n, p zwei verschiedene Werte F^ zugehören. Es
kann nun aber eintreten, daß diese Gleichungen die unbestimmte
Form 0 : 0 annehmen, nämlich wenn eine der Größen m, n, p
gleich Null ist Nehmen wir z. B. w = 0 an, so ergibt sich nach
(21) auf S. 302 F^^ = a\ Für diesen Fall würde nach (43) und
(44) sein:
ö4 = (Fi2 — o2)2:,,j2^
O^ Fl 2 — a2
^^^ v^n^. = ^ '-^ifüT-' (62)
Den Wert dieses in der Form 0 : 0 erscheinenden Ausdruckes
können wir leicht bestimmen, da nach der F res n eischen Gleichung
(18) (S. 300) der Ausdruck m'^'.V^^ — a^ einen endlichen, angeb-
baren Wert hat, nämlich es ist:
Die rechte Seite dieser Gleichung ist stets von Null verschieden,
da für a>6>>c und V^'^=a'^ beide Tenne der rechten Seite
beständig negativ sind. Nach (58) ist daher m = 0 für w = 0,
d. h. der Strahl liegt in der i/^^-Ebene, falls die Wellennormale in
der ^«-Ebene liegt. — Ganz ähnlich ist der Schluß für den Fall
^ = 0. Dagegen erfordert der Fall n = 0 eine besondere Betrach-
tung. Es ergibt sich dann nämlich analog wie in (58) und (59)
für V=h:
F2— 62 W2 W2 , p2
n~^— ^2— ' -F2zr62 = S2::^K2 + e"2T:rT^2- (64)
Hier kann nun die rechte Seite der letzten Gleichung für F = 6
zu Null werden, nämlich falls ist:
Diese Beziehung ist nun in der Tat erfüllt, falls die Wellennor-
male in eine optische Achse fällt (vgl. Formel (25) auf S. 303). In
diesem Falle behält nach (64) 11 die unbestimmte Form 0 : 0, d. h.
dieser Wellennormale gehören nicht zwei einzelne bestimmte
Digitized by
Google
316 Kapitel ni.
Strahlen zu, sondern eine unendliche Mannigfaltigkeit von Strahlen,
da n tatsächlich unbestimmt bleibt Die zugehörigen Strahlen
findet man für diesen Fall am einfachsten aus der Gleichung:
/«.N _JÜ^ I ü? O- -Jf— — ft
\P^) 332 — a« ' ^2 __■ ^2 t" 532 _ c2 '' '
welche man aus (52) durch bezw. Multiplikation mit m, w, p und
Addition unter Rücksicht auf (18) ableitet. Fällt die Wellennor-
male in eine optische Achse, so ist n = 0, dagegen braucht n nicht
Null zu sein und Si ist daher dann von b verschieden. Daher er-
gibt sich:
Ferner ist nach (47) und (48), da F=6 ist:
(67) 25 {mm + pp) = b.
Eliminiert man aus den beiden letzten Gleichungen 95 ^ so ergibt sich:
(68) (mwc2 + pjt>a2) (mm + pp) = b'^ .
Nennt man die Koordinaten der Endpunkte des Strahles a-, y, z,
wobei also m = x: Yx"^ + y'^ + %^ usw., so folgt:
(69) ix mc^ -^xpa^ {xm-^ xp) = 6^ (^2 + 2/2 + x^) .
Dieses ist die Gleichung eines durch den Koordinatenanfang gehen-
den Kegels zweiten Grades. Es gehören also zur optischen
Achse als Wellennormale unendlich viel Strahlen, welche
auf dem durch die Gleichung (69) definierten Kegel liegen.
Derselbe schneidet auf der Wellenebene
(70) xm -\- xp =^ const.
einen Kreis aus, da durch Einsetzen der Gleichung (70) in die
Gleichung (69) letztere übergeht in:
{xmc'^ + xpa^ ' const = 62 (a;2 _[_ ^2 _)_ ^,.2) ^
d. h. in die Gleichung einer Kugel.
Nach dem auf S. 312 Erörterten folgt daher, daß die Strahlen-
fläche zwei zu den optischen Achsen senkrechte Tangentialebenen
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle. 317
besitzt, welche dieselbe in einem Kreise berühren. Eine Erzeugende
des Strahlenkegels fällt in die optische Achse selber und steht
daher auf der Ebene des Kreises senkrecht Der Öffnungswinkel
X des Strahlenkegels ergibt sich aus (69) zu:
tgX^VW^^^^E^ (71)
Diese hier besprochene Erscheinung wird innere konische
Refraktion genannt aus folgendem Grunde: Wenn ein Lichtstrahl
auf eine Kristallplatte in einer solchen Richtung einfällt, daß die
gebrochene Wellennormale die Richtung einer optischen Achse des
Kristalls besitzt, so liegen die im Inneren desselben verlaufenden
Lichtstrahlen auf einem Kegelmantel; die aus der Kristallplatte
austretenden Lichtstrahlen liegen daher auf einem elliptischen
Zylinder, dessen Achse dem einfallenden Licht parallel ist, falls die
Kristallplatte planparallel ist.^) Zur Beobachtung eignet sich gut
Aragonit, weil bei ihm der Öffnungswinkel % des Strahlenkegels
relativ groß ist (j^ = 1 ^ 52'). *-^) In Figur 86 ist eine experimentelle
Anordnung dargestellt Man bedeckt die eine Fläche der parallel
zur kristallographischen Basis geschnittenen Aragonitplatte mit
einem engen Diaphragma 0 und läßt ein Parallelstrahlbündel so
einfallen. Bei geeigneter Drehung der Platte um eine zur Ebene
der optischen Achsen senkrechte Achse» zeichnet sich auf dem
Schirme &S ein elliptischer Ring ab. 3)
1) Denn die Richtung der Strahlen im Außenraum hängt nur von der
Lage der inneren Wellenebene ab, nicht von der Lage der inneren Strahlen.
Auf das Brechungsgesetz wird im nächsten Paragraphen noch näher ein-
gegangen.
2) Schwefel eignet sich noch besser, weil es den Öffnungswinkel x = 7^
etwa besitzt Nur macht die Bearbeitung mehr Schwierigkeiten. Die Ver-
wendung einer Schwefelkugel zur Demonstration der konischen Refraktion
hat A. Schrauf in Wied. Ann. 37, S. 127, 1889 beschrieben.
3) Bei Anwendung eines sehr feinen Strahlenbündels ist der helle Licht-
ring durch eine dunkle Kreislinie in einen inneren und äußeren hellen Ring
getrennt. Die Erklärung dieser von Poggendorff (Pogg. Ann. 48, S. 461,
1839) zuerst gemachten Beobachtung gab kürzlich W. Voigt (Physik. Ztschr. 6,
S. 673. 818, 1905. — Ann. d. Phys. 18, S. 687, 1905) durch die Betrachtung,
daß man ein wirklich streng paralleles einfallendes Strahlenbündel niemals
herstellen kann, und daß die beiden hellen Lichtringe durch diejenigen
Wellennormalen entstehen, welche im Kristall der optischen Achse sehr nahe
benachbart sind, während die genau mit ihr zusammenfallenden WeUen-
Digitized by
Google
Fig. 86.
31g Kapitel IIL
An Stelle des Schirmes kann man auch zur subjektiven Be-
obachtung eine Lupe oder ein Mikroskop anwenden, welches auf o
eingestellt wird.
Aus den Formeln (52) in Vorbindung mit (47) und (48) leiten
sich leicht die Formeln ab, welche die Richtung der Wellennormale
in ihrer Abhängigkeit von der Rich-
tung des Strahles darstellen. Es er-
geben sich im allgemeinen zu jedem
bestimmten m, it, p zwei bestimmte
Systeme w, w, j?. Nur wenn n = o
und SS^ = ^2 wird, d. h. wenn der
Strahl in eine Strahlenachse fallt,
wird n unbestimmt, wie man durch ein ganz analoges Verfahren,
wie es vorhin angewendet wurde, ableitet. Die Strahlenfläche
besitzt daher an den Austrittsstellen der Strahlenachsen
nicht zwei bestimmte Tangentenebenen, sondern einen
Tangenteneb enenkegel. Die zugehörigen Wellennormalen liegen
auf einem Kegel vom Öffnungswinkel V» wobei ist
(72) .,v'=^^^^-*ir^^-
Diese Formel ergibt sich aus (71) durch Ersetzung aller dort
auftretenden Längen durch ihre reziproken Werte.
Diese Erscheinung wird äußere konische Refraktion ge-
nannt aus dem Grunde, weil ein Lichtstrahl, welcher im Inneren
eines Kristalls in die Richtung einer seiner Strahlenachsen fällt,
beim Austritt aus demselben einen Kegel von äußeren Lichtstrahlen
entstehen läßt. Denn bei verschiedenen Lagen von Wellenebenen
im Inneren eines Kristalls entstehen durch Brechung stets ver-
Dormalen beim Austritt aus dem Kristall in den Poggendorffschen dunkeln
RiDg fallen, der deshalb dunkel ist, weil nur unendlich wenig Energie den
Wellennormalen von exakt vorgeschriebener Richtung zugehören kann. Die
wahrgenommenen Lichtringe rühren somit eigentlich gar nicht von der
konischen Kefraktion her, da sie aus Wellennonnalen hervorgehen, die nicht
genau parallel der optischen Achse sind. — In einer anderen Arbeit (Ann.
d. Phys. 19, S. 14, 1906) betrachtet Voigt die Energieströmung bei der
konischen Refraktion, um daraus (s. oben S. 258, § 10) die Strahlenrichtung
zu bestimmen. Die unstetige Änderung der Strahlen, welche nach der rein
geometrischen Betrachtung beim Hereinrucken der Wellennormale in die
optische Achse eintritt, verschwindet bei dieser Betrachtung.
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle. 319
schieden gerichtete äußere Strahlen (vgl. Anmerkung auf voriger
Seite).
Figur 87 stellt eine experimentelle Anordnung zum Nachweis
der äußeren konischen Refraktion dar. Man konzentriert durch
eine Linse 1/ einen Strahlenkegel auf dem engen Diaphragma 0 einer
Aragonitplatte. Auch auf der
Hinterseite derselben liegt ein
Diaphragma 0. Hat die Verbin-
dungslinie 00 die Richtung einer
Strahlenachse, so zeichnet sich
auf einem Schirme SS ein Ring
ab, der sich erweitert, wenn SS
mehr entfernt wird. Von den ein-
fallenden Lichtstrahlen kommen dabei nur diejenigen zur Wirkung,
welche Strahlen der Richtung 00 hervorrufen. Die anderen werden
durch das Diaphragma 0 abgeblendet. Die wirksamen einfallenden
Lichtstrahlen sind parallel dem austretenden Strahlenkegel.
Die Erscheinung der konischen Refraktion wurden erst be-
obachtet, nachdem Hamilton dieselben als theoretisch notwendig
nachgewiesen hatte.
11. Durchgang des Lichtes durch Sristallplatten und
EristallprismeD. Für die Brechung des Lichtes beim Übergang
von Luft in einem Kristall gilt die gleiche analytische Bedingung,
wie sie oben S. 266 für die Brechung des Lichtes durch einen
isotropen Körper ausgesprochen wurde. Ist die einfallende Welle
proportional zu
271 / mx -t- ny + px\
TT V j'
cos
dagegen die gebrochene Welle proportional zu
2n 1 nix + ny -\-px\
TV P /'
cos
und ist die Grenzfläche die Ebene « = 0, so erfordert allein das
Bestehen von Grenzbedingungen, unabhängig von der besonderen
Foim derselben, die Beziehung:
m in n n
Dies ist das Brechungsgesetz der gewöhnlichen Form, nämlich
Digitized by
Google
320 Kapitel IIL
die gebrochene Wellennormale bleibt in der Einfallsebene, ihr
Brechungswinkel (p steht mit dem Einfallswinkel (p in der Be-
ziehung
(73) sin q) :8in (p = V: V\
wobei F, V' die Fortpflanzungsgeschwindigkeiten in Luft, bezw.
dem Kristall sind. Diese Beziehung liefert hier nur im allgemeinen
noch keine direkte Konstruktion der gebrochenen Wellennormale,
da F' im allgemeinen von der Richtung derselben abhängt.
Dagegen liefert die Anwendung des Huygens sehen Prinzips
nach denselben Grundsätzen, wie sie oben S. 115 für isotrope
Körper ausgesprochen sind, direkt sowohl die Beziehung (73), als
auch eine Konstruktion der gebrochenen Wellennormale und des
gebrochenen Strahles.
Wenn nämlich Ä^B (vgl.
Figur 88) der Schnitt
einer einf allendenWellen-
ebene mit der Einfalls-
ebene (Ebene der Zeich-
nung) ist und ^ A^ BA2
= "12, BA2= V ist, so
konstruiere man um-^i die
Strahlenfläche -T des Kri-
stalls, bis zu der sich
pj gg eine von A^ ausgehende
Lichterregung nach Ab-
lauf der Zeiteinheit im Kristall fortgepflanzt hat (Figur 88). Durch
eine durch A2 gehende Grade, welche senkrecht zur Einfallsebene
steht, lege man nun die beiden Tangentialebenen ^2^1 ^^^ ^2^2 ^^
die zweischalige Strahlenfläche. Diese sind nach dem Huygens-
schen Prinzip die beiden gebrochenen Wellenebenen; die Richtungen
von Ai nach den beiden Berührungspunkten Q, Cj der Tangential-
ebenen mit der Strahlenfläche -T sind die Richtungen der beiden
gebrochenen Strahlen. Dieselben liegen im allgemeinen nicht in
der Einfallsebene.
Für senkrechte Inzidenz ergibt sich daher überhaupt keine
Doppelbrechung der Wellennormalen, aber wohl entstehen zwei
verschiedene Strahlen, die erhalten werden durch Aussuchung der
Berührungspunkte Q , Q der beiden der Grenzfläche O parallelen
^Tangentialebenen, welche an eine um einen Punkt A der Grenze
Kryslali
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle. 32 1
konstruierte Strahlenfläche gelegt werden können. Die Strahlen-
richtungen sind ÄC^ und ÄC^.
Beim Austritt des Lichtes aus dem Kristall in Luft treten
analoge Verhältnisse ein. — Beim Durchgang des Lichtes durch
eine planparallele Kristallplatte tritt daher niemals eine Doppel-
brechung der Wellennormalen ein, sondern nur der Lichtstrahlen.
Um die Wirkung der Doppelbrechung an einer Kristallplatte
wahrzunehmen, muß man daher einen Punkt der vorderen Grenz-
fläche anvisieren. Derselbe erscheint doppelt, da der scheinbare
Ort^vom Strahlengange abhängt. ^ — Dagegen bewirkt die Ein-
schaltung einer Kristallplatte zwischen Kollimator und Fernrohr
keinerlei Bildverschiebung, da in diesem Falle nur die Wellen-
normalen maßgebend sind. Um bei dieser Beobachtungsweise,
wie sie für die Spektraluntersuchungen üblich ist, die Wirkung der
Doppelbrechung zu erkennen, bedarf es der Einschaltung eines
Kristallprismas.
Mit Hilfe eines solchen kann man die Hauptbrechungs-
indizes finden, d. h. die Größen
n^^V\a, n2=V:b, n^=V:c. (74)
Haben wir z. B. ein Prisma aus einem einachsigen Kristall (a = b\
und liegt die Prismenkante parallel zur optischen Achse, so hat
für Wellen, deren Normalen senkrecht zur Prismenkante liegen,
die Lichtgeschwindigkeit V die beiden konstanten Werte a und c.
74 und W3 können daher genau wie bei einem Prisma aus isotroper
Substanz durch Minimalablenkung bequem gefunden werden. Die
verschiedene Polarisationsrichtung beider austretenden Strahlen
läßt sofort erkennen, welcher Brechungsindex dem w^, welcher
dem «3 zugehört.
Ebenso findet man mit Hilfe eines Prismas eines zweiachsigen
Kristalles, dessen Kante parallel zu einer optischen Symmetrie-
achse liegt, durch die Methode der Minimalablenkung sofort den
einen Hauptbrechungsindex. Um noch die beiden anderen zu
finden, bedarf es noch der Beobachtung der Ablenkung der parallel
zur Prismenkante polarisierten Welle bei mindestens zwei ver-'
schiedenen Einfallswinkeln.
1) Der scheinbare Ort ist nicht nur seitlich, sondern auch in der Tiefe
verschoben. Vgl. darüber Winkelmann, Hdb. d. Phys. Optik, 2. Aufl. S. 1199.
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 21
Digitized by
Google
322 Kapitel HI.
Nach der Bedeutung, welche die elektromagnetische Theorie
den Hauptlichtgeschwindigkeiten a, b, c gibt (vgl. Formel (16)
auf S. 300), ergibt der Vergleich mit (74) die Beziehung:
(75) fi = V» «2 = ^» f3 = V»
wenigstens wenn man C, die Lichtgeschwindigkeit im Vacuum,
mit F, der Lichtgeschwindigkeit in Luft, identifiziert. (Den hier-
durch gemachten Fehler kann man vernachlässigen in anbetracht
der üngenauigkeit, mit welcher die Dielektrizitätskonstanten ber
stimmt werden.)
Die Beziehung (75) kann nun schon aus dem Grunde nicht
streng erfüllt sein, weil der Brechungsexponent von der Farbe,
d. h. der Schwingungszahl der elektrischen Kraft, abhängt
(Dispersion), dagegen die Dielektrizitätskonstante in einem homo-
genen Isolator nicht. Es ist naheliegend, die Beziehung (75)
zu prüfen für die Annahme, daß unter n^ der auf unendlich lange
Wellen extrapolierte Brechungsindex Ä der Cauchy sehen Dis-
persionsformel
(76) n = Ä + ?i
zu verstehen sei. Annähernd wird dann die Beziehung (75) bei
rhombischem Schwefel bestätigt, für welchen die Dielektrizitäts-
konstanten von Boltzmann,^ die Brechungsindizes von Seh rauf 2)
bestimmt worden sind. Es ergab sich [n^ bedeutet den Brechungs-
index für gelbes Licht, Ä die Konstante der Formel (76)]:
Wi2 = 3,80; ^i2==3^59. f^ = 3,81
„./ = 4,16 ; ^2^ = 3,89 ; fj = 3,97
^32=5,02; ^3^=4,60; ^3 = 4,77.
Die Dielektrizitätskonstanten stimmen also in ihrer Reihen-
folge mit der der Hauptbrechungsindizes überein, aber sie sind
größer als die Werte A\ Diese Differenz ist bei anderen
Kristallen zum teil noch größer. Die Abweichung von den For-
derungen der elektromagnetischen Theorie besteht in gleichem
Sinne, wie bei isotropen Körpern (vgl. oben S. 263). Ihre Erklärung
soll erst bei der Behandlung der Dispersionserscheinungen ge-
geben werden.
1) L. Boltzmann, Wien. Ber. 70 (2), S. 342, 1874. — Pogg. Ann. 153,
S. 531, 1874. —
2) A. Schrauf, Wien. Ber. 41, S. 805, 1860.
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle. 323
Es ergibt sich so das Resultat, daß die elektromagnetische
Lichttheorie formell in völligem Einklang mit den Erscheinungen
steht, daß aber die exakten Werte der optischen Konstanten nicht
aus elektrischen Messungen entnommen werden können. Diese
Konstanten hängen in einer, vorläufig nicht bestimmten Weise von
der Schwingungsdauer, d. h. Farbe des Lichtes, ab, und zwar
können nicht nur die Werte der Hauptlichtgeschwindigkeiten a, b, c,
sondern (bei monoklinen und triklinen Kristallen) auch die Lagen
der optischen Symmetrieachsen mit der Farbe variieren.
12. Totalreflexion an Erlstallplatten. Die auf S. 320 an-
gegebene Konstruktion der gebrochenen Wellenebenen wird un-
möglich, wenn die durch A2 gehende Gerade ®, welche senkrecht
zur Einfallsebene steht, eine der beiden von der Strahlenfläche 2
mit der Grenzfläche O
ausgeschnittenen Kur- ^
ven oder beide schnei-
det. In solchen Fällen
gibt es keine gebro- .^ -t \ \r^ z^nfaiu^ene
ebenen Wellenebenen,
sondern es tritt Totalre-
flexion ein. Der Grenz-
fall, in welchem par-
tielle Reflexion in To- Fig. 89.
talreflexion einer der
beiden gebrochenen Wellen tibergeht, tritt also ein, wenn jene
Gerade ® die zu der betreffenden Welle gehörige Schale der
Strahlenfläclie -2", d. h. den Ausschnitt der Strahlenfläche mit der
Grenzebene (?, berührt. In diesem Falle verläuft, da der Be-
rührungspunkt T von ® mit 2 in der Grenzfläche O liegt, der
gebrochene Strahl parallel zur Grenze (vgl. Fig. 89). Für diese
Welle kann dann keine Energie in den Kristall übertreten, da
der Lichtstrahl die Energiebahn bezeichnet (vgl. oben S. 29S),
und daher keine Energie übertritt durch eine dem Lichtstrahl
parallele Ebene. So ergibt sich also auch aus dieser Überlegung, daß
schon für diesen Grenzfall die reflektierte Welle die ganze Energie
der einfallenden Welle enthalten muß, d.h. daß Totalreflexion eintritt.
Beleuchtet man daher eine in ein stärker brechendes Medium
eingetauchte Kristallplatte mit diffusem homogenen Lichte, so er-
scheinen im Felde des reflektierten Lichtes zwei Kurven, welche die
Gebiete geringerer Lichtintensität von denen größerer trennen.
21*
Digitized by
Google
324 Kapitel m.
Läßt man das Licht streifend in die Kristallplatte eintreten, so
werden diese Kurven noch schärfer, da sie Helligkeit und völlige
Dunkelheit abgrenzen, weil das in der Kristallplatte befindliche
Licht nur nach der einen Seite der Kurven, welche kleineren Ein-
fallswinkeln entspricht, austreten kann. Diese Kurven ergeben
also die Grenzwinkel
9:1, 9^2 der Totalre-
flexion. Sie stehen im
allgemeinen nicht senk-
recht zur Reflexions-
0 ebene. Zu ihrer Be-
obachtung sind beson-
dere Instrumente kon-
struiert worden. Fig. 90
stellt das von Abbe
konstruierte Kristall-
refraktometer dar, bei
welchem die zu unter-
suchende Kristallplatte
auf die Flintglashalb-
kugel Ä' vom Bre-
chungsindex 1,89 auf-
gelegt wird, nur durch
einen Tropfen einer
stärker brechenden
Flüssigkeit verbunden.
K ist mit dem Azi-
muthalkreis H um eine
Vertikale drehbar, der
drehbare Spiegel S
erlaubt, die Kristall-
^^^' ^' platte entweder von
unten, durch K hin-
durch, oder streifend zu beleuchten. Die Grenzkurven der Total-
reflexion werden in dem, um den Vertikalkreis V vermittelst der
Handhabe B drehbaren Femrohr 0000 beobachtet. Dasselbe
ist dreimal gebrochen, die Strahlen in demselben werden durch
dreimalige Totalreflexion in konstante horizontale Richtung ab-
gelenkt was sehr zur Bequemlichkeit der Beobachtung dient Das
Objektiv des Fernrohrs ist so eingerichtet, daß es die an der
Digitized by
Google
Optische Eigenschaflen durchsichtiger Kristalle. 325
Kugelfläche K erfolgende Brechung der an der Kristallplatte re-
flektierten Strahlen kompensiert, es bildet daher die Grenzkurven
vollkommen scharf ab.
Die Methode der Totalreflexion ist die einfachste zur Be-
stimmung der Hauptbrechungsindizes einer Kristallplatte. Die-
selben ergeben sich einfach aus den Maximal- bezw. Minimal-
werten der Einfallswinkel der beiden Grenzkurven.
Nach den Figuren 88 und 89 ist nämlich, falls (p den Einfalls-
winkel für eine Grenzkurve bei einem beliebigen Azimuth d- der
Einfallsebene bezeichnet, die Strecke A^A^^Visinq), da BA2= V
(Lichtgeschwindigkeit im umgebenden Medium) sein soll, ferner
ist A1A2 gleich dem Abstand des Punktes A^ von einer Tan-
gente, welche an den Durchschnitt der um A^ konstruierten
Strahlenfläche mit der Grenzfläche O gelegt wird. Maximal- und
Minimalwerte des Grenzwinkels 9, d. h. der Strecke A^A^ fallen
nun notwendig zusammen mit Maximal- bezw. Minimalwerten
der Strahllänge A^ T (vgl. Figur 89), wie man durch Konstruktion
leicht beweisen kann, und zwar fällt dann A^A^ mit dem Strahl A^T
zusammen, da die Tangente senkrecht auf dem Radiusvektor A^ T
stehen muß, falls derselbe ein Maximum oder Minimum besitzt.
Die Strahllänge ^jT^hat nun in jedem beliebigen, ebenen Schnitt
der Strahlenfläche das absolute Maximum a, das absolute Minimum c
Es ergibt sich nämlich aus der Gleichung der Strahlenfläche (vgl.
oben S. 311) ohne weiteres, daß 93 beständig zwischen a und c
liegen muß, da sonst die drei Glieder der Gleichung (53) einerlei
Vorzeichen hätten, d. h. nicht die Summe Null ergeben könnten.
Andrerseits ergibt sich aber auch, daß in jedem ebenen Schnitt O
der Strahlenfläche die extremen Werte 9S = a, 9S = c erreicht
werden, denn nach Figur 85 wird in der Durchschnittslinie von 0
mit der ^/«-Ebene jedenfalls ein Wert 93 = « erreicht, da in
der t/«-Ebene die eine Strahlgeschwindigkeit den konstanten Wert
95 =a besitzt, während in der Durchschnittslinie von O mit der
a:y-Ebene der Wert 93 = c erreicht werden muß. Im Durch-
schnitt von O mit der xx-Eh^xi^ muß der Wert 93 = 6 erreicht
werden, es ist aber, wie man sich aus der letzten der Figuren 85
anschaulich machen kann, zweifelhaft, ob h zu dem Minimum der
äußeren Greijzkurve, oder zu dem Maximum der inneren Grenz-
kurve gehört. Man kann dies entscheiden, falls man an zwei
verschiedenen, aber sonst beliebig orientierten Platten die
Maxima bezw. Minima der Einfallswinkel der Grenzkurven auf-
Digitized by
Google
326 Kapitel III.
sucht. 1) Jede Platte ergibt vier solcher Werte, drei davon müssen
beiden Platten gemeinsam sein; diese entsprechen den Haupt-
lichtgeschwindigkeiten a, b, c. Dieselben bestimmen sich also nach
dem Schema:
(77) A^A2 = V : sin <p = a^h^ c ^
falls gp ein Maximal- bezw. Minimalwert des Einfallswinkels der
Grenzkurve (die bestimmten Azimuthen d" der Einfallsebene zuge-
hören) bedeutet. Bezeichnet man den Brechungsindex des Mediums
(F) gegen Luft i^Vo) mit n^ d. h. setzt Voi V=n, so werden nach
(77) die Hauptbrechungsindizes des Kristalls gegen Luft erhalten
durch die Formel (da F :a = ^ u. s. w. ist): : 1
(78) riy, n2, n^ = nsinq).
Bei einachsigen Kristallen (a = b) ist für eine Grenzkurve g> = konst;
Dieser Winkel ergibt die Hauptlichtgeschwindigkeit a. Für die
andere Grenzkurve variiert der Einfallswinkel. Es ist, falls y den
Winkel der optischen Achse gegen die Grenzfläche G des Kristalls
bedeutet, die Strahlgeschwindigkeit, falls die Einfallsebene durch,
die optische Achse geht:
Wenn die Einfallsebene senkrecht zur optischen Achse steht,
so ist 932 = c2. Für positiv einachsige Kristalle (a>c) ist (79) der
Maximalwert des 83, d. h. (79) ergibt den Minimalwert des (p der
Grenzkurve, welche von der Totalreflexion der außerordentlichen
Welle herrührt. Der Maximalwert des 9) in dieser Grenzkurve
ergibt daher c, der Minimalwert des gp erlaubt y zu berechnen^
d. h. die Neigung der Kristallgrenze gegen die optische Achse.
— Bei negativ einachsigen Kristallen (a<<?) ergibt der Minimal-
wert des 93 die Hauptlichtgeschwindigkeit c.
Ebenfalls kann man bei zweiachsigen Kristallen die Orien-
tierung der Grenzfläche gegen die optischen Symmetrieachsen aus
1) Unter Berücksichtigang der PolariBationsverhältnisse genügt schon
ein Kristallschnitt, vgl. dazu die Originalarbeiten von C. Viola, Bendic
R. Acc. dei Lincei (5) 8, 1. Sem., S. 276, ljB99. (Referiert in Wied. Beibl. 23,
S. 641, 1899.) — Ztschr. f. Krist. 31, S. 40; 32, S. 113, 1899; 36, S. 245, 1902.
— Bull. 80C. min. 25, S. 88. 147, 1902. — A. Cornu, BuU. 90c. min. 25,
S. 88, 1902; sowie die Zusammenfessung bei F. Po ekel s, Lehrb. d. Krist*
Optik, S. 133.
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften dorchsichtiger Kristalle. 327
Beobachtung der Grenzkurven der Totalreflexion finden, indes
verbindet man hiermit zur Erreichung größerer Genauigkeit zweck-
mäßig noch andere Methoden, z. B. die unten besprochenen Inter-
ferenzerscheinungen im konvergent einfallenden, polarisierten
Lichte.
Zu besonderen Erscheinungen in den Grenzkurven der Total-
reflexion gibt die konische Refraktion Anlaß. Diese Erscheinungen
können beobachtet werden, falls die Grenzfläche 0 die Ebene der
optischen Achsen ist. Das Nähere hierüber vgl. bei W. Kohl-
rausch, Wied. Ann. 6, S. 86, 1879. Liebisch, physik. Krist.,
S. 423—425, Mascart, Trait^ d'Optique, T. 2, p. 102, 1891.
Pockels, Lehrb. d. Krist Optik. S. 121.
13. Partielle Reflexion an einer Kristallplatte. Um die
Amplitudenänderungen zu berechnen, welche bei der partiellen
Reflexion an Kristallplatten eintreten, bedarf es nur der Durch-
führung der Hauptgleichungen (6'), (7) auf S. 296 und der dort
genannten Grenzbedingungen.
Da die Rechnungen aber kompliziert sind (vgl. die Ausführung
z. B. in Winkelmanns Hdb. Optik, 2. Aufl., S. 1239, F. Pockels,
Lehrb. d. Krist. Optik, S. 174 u. ff. (I. Teil, 7. Kapitel), so soll
nur das eine Resultat hier genannt werden, daß es bei der Re-
flexion an einer bestimmten Kristallplatte einen Polarisationswinkel
gibt, d. h. einen Einfallswinkel, unter dem einfallendes natürliches
Licht nach der Reflexion linear polarisiert ist. Die Polarisations-
ebene fällt aber im allgemeinen nicht mit der Einfallsebene zu-
sammen (im Gegensatz zum Verhalten isotroper Spiegel).
14. Interferenzerscheinongen von Kristallplatten im senk-
recht einfallenden, polarisierten Lichte. Es soll linear polari-
siertes, einfarbiges Licht senkrecht auf
eine Kristallplatte fallen, und dann eine
zweite polarisierende Vorrichtung durch-
setzen; dieser Fall wird z. B. realisiert,
wenn man die Kristallplatte auf das
Tischchen des S. 232 beschriebenen
Nörremberg sehen Polarisationsappa-
rates legt. Den oberen Spiegel des
Apparates ersetzt man zweckmäßig durch ^^' ^^'
ein Nicoisches Prisma. Dieses wird
der Analysator genannt, die Schwingungsebene der elektrischen
Kraft in demselben sei Ä (vgl. Figur 91). Die Schwingungsebene
Digitized by
Google
328 Kapitel UI.
des Polarisators, welcher das zunächst benutzte natürliche Licht
zu polarisiertem macht, sei P. Das einfallende polarisierte Licht,
dessen Amplitude E sei, wird nun beim Eintritt in eine doppel-
brechende Kristallplatte in zwei Wellen der Amplitude E cos (p,
E sin q> zerlegt, falls y der Winkel ist, welchen P mit den
Schwingungsrichtungen E^ und H^ der beiden im Kristall fort-
gepflanzten Wellen W^ und W2 bildet. (Es ist dabei abgesehen
von der durch Reflexion bewirkten Schwächung der Amplitude.
Diese ist aber sehr annähernd für beide Wellen dieselbe.) Diese
beiden Wellen werden nach dem Austritt aus dem Kristall auf
■ •
die gemeinsame Polarisationsebene Ä zurückgeführt, besitzen da-
her nach dem Durchtritt durch den Analysator die Amplituden
E cos ^ cos {g) — x) » E sin q) sin {(p — x)- Beide Wellen W^ und W^
haben nun eine Phasendifferenz 6 durch das Durchlaufen der
Kristallplatte erlitten, und zwar ist
falls d die Dicke der Kristallplatte bedeutet, Fi, Fj die Fort-
pflanzungsgeschwindigkeiten beider Wellen im Kristall, F die
Lichtgeschwindigkeit in Luft, X die Wellenlänge des benutzten
Lichtes in Luft. Nach S. 128 ist daher die aus dem Analysator
austretende Lichtintensität
J = E'^ icos'^ g) cos'^ (93 — z) + ^^^ ^ ^^^ (9^ "^ X)
+ 2 sin (p cos (p sin {(p — "^ cos {(p — x) ^^^ ^/ •
Ersetzt man hierin cos 6 durch 1 — 2 sin^ \6, so wird:
(81) J ^^ E^ {cos^x — sin 2q> sin 2{(p — x) ^^^ i^} •
Das erste Glied E'^cos^x g^t)* den Wert der Lichtintensität
an, wie sie ohne Einschaltung der Kristallplatte aus dem Analysator
austreten würde. Diese Intensität Jo soll die ursprüngliche ge-
nannt werden. Es ist also
(82) Jo = E'^cos'^X'
Wir wollen zwei Fälle genauer betrachten:
1) Parallele Nicols, x = <^- Dann ist
(83) Ju = Jo{l — sin^ 2 (p sifi'^ i (J) .
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle. 329
Bei Drehung der Kristallplatte wird in 4 Lagen, bei 95 = 0 , 9) = "/p ,
(p = jty (p = ^'^J2 die ursprüngliche Lichtintensität erreicht, d. h.
allemal dann, wenn eine der Schwingungsebenen im Kristall mit
denen des Nicols zusamiuenfäUt. In den Zwischenlagen (9? = "/^
u. s. w.) ist
j,. = /^ (i — siii^ iö) = Jo cos^ i rf, (84)
d. h. es kann bei geeigneten Werten rf, d. h. Dicken derKristall-
platte, völlige Dunkelheit eintreten.
2) Gekreuzte Nicols, x = ''/^. Es ist /o = 0, und
Jx = E^ sin^ 2(p sin'^\6. (85)
Die Platte erscheint also für jede Dicke dunkel, falls die
Schwingungsebenen des Kristalls mit denen der Nicols zusammen-
fallen, sonst nur dann dunkel, falls 6=2hjt ist. In den Zwischen-
lagen 93 = "U usw. ist
Jx = E'^ s^n^ö, (86)
Man kann daher, falls nicht zufällig 6^=2hjt ist, durch Dre-
hung der Kristallplatte die Polarisations- (oder Schwingungs-)
Richtungen im Kristall finden als sogenannte Auslöschungs-
richtungen.
Eine keilförmige Kristallplatte muß daher zwischen gekreuzten
Nicols, falls man sie nicht gerade in die Auslöschungslage bringt,
von schwarzen, der Keilkante parallelen Streifen durchzogen sein,
welche an denjenigen Stellen liegen, deren Dicke d der Beziehung
ö = ±2hjc entspricht. Im einfallenden weißen Lichte müssen die
Streifen farbig erscheinen, da 6 mit der Farbe variieii;.
Auch eine planparallele Platte muß, zwischen zwei Nicols ge-
bracht, im allgemeinen stets farbig erscheinen, wenn weißes Licht
einfällt. Im allgemeinen ist nun nicht nur die Amplitude E und
die Phasendififerenz rf, sondern auch der Winkel <p, d. h. die Lage
der Schwingungsebenen, von der Farbe (2) abhängig. Letztere
Abhängigkeit können wir aber meist vernachlässigen wegen des
geringen Betrages der Dispersion der optischen Achsen. Zwischen
gekreuzten Nicols ist also für 9) = ^/^ nach (86) bei weißem Licht:
Jx = 2: E^ sinHrf,
wobei die ü über die den einzelnen Farben entsprechenden Werte
zu erstrecken ist. Es bedeutet also:
^£^2 = weißes Licht. (87)
Digitized by
Google
330 Kapitel III.
Nach (80) hängt nun 6 wesentlich durch den Nenner X von der
TT Y
Farbe ab. Setzen wir, was annähernd meist gestattet ist, xr — r
als unabhängig von der Farbe voraus, so wird also
wobei
von X nahezu unabhängig ist Bei Vergleich der Formel (87') mit der
früheren Formel (78) auf S. 291 erkennt man, daß die Kristall-
platte annähernd die(Newtonsche)Interferenzfarbe bei der
Reflexion an einer dünnen Lichtplatte der Dicke cT/j zeigt
Die Farben weichen aber merklich von den Newtonschen Inter-
ferenzfarben dünner Blättchen ab, sobald die Dispersion im Kristall
für beide Wellen stark verschieden ist Denn dann ist i nicht
mehr von X unabhängig. Dies ist z. B. beim unterschwefelsauren
Strontian, Apophyllit (von den Faröer-Inseln), Brucit, Vesuvian
der Fall.
Zwischen parallelen Nicols hat die Kristallplatte stets die
komplementäre Farbe zu der Farbe, welche sie bei gleichem g>
zwischen gekreuzten Nicols zeigt Denn nach (83) und (85) ergibt
die Summe der Lichtintensitäten in beiden Fällen beständig ^iT^,
was nach (87) weißem Licht entspricht
In den Newtonschen Interferenzfarben treten bei gewissen
Werten 6 sogenannte empfindliche Farben auf, welche stark
variieren, falls 6 nur wenig schwankt. Eine solche empfindliche
Farbe ist z. B. ein Violett erster Ordnung, welches eintritt, falls 6
für Licht mittlerer Wellenlänge etwa den Weil; jt besitzt Die
Farbe schlägt für eine geringe Vergrößerung von 6 in blau, für
eine geringe Verminderung in rot um. Man kann nun eine Kristall-
platte ^, welche diese empfindliche Farbe zeigt, z. B. eine parallel
zur Achse geschnittene Quarzplatte von geeigneter Dicke, dazu be-
nutzen, um Spuren schwacher Doppelbrechung in einer Platte ^'
zu erkennen, da durch die letztere sofort die Farbe von ^ ver-
ändert wird, falls man ^ und ^', aufeinander gelegt, zwischen
gekreuzten Nicols betrachtet Noch empfindlicher wird die Vor-
richtung, wenn man die Platte ^ in der Richtung der Halbierungs-
linie ihrer Schwingungsebenen zerschneidet und dann die beiden
Hälften in ihrer Schnittlinie wieder vereinigt, nachdem man zuvor
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle.
331
eine derselben um die Normale der Schnittfläche um 180^ umge-
klappt hat. Eine geringe Doppelbrechung in der Platte ^' bewirkt
dann eine Farbenändening der beiden Hälften von 5ß im entgegen-?
gesetzten Sinne. Diese Vorrichtung wird nach ihrem Erfinder die
Bravaissche Doppelplatte genannt Man kann mit ihrer
Hilfe leicht z. B. nachweisen, daß der Druck der Finger genügt,
um in einem Glaswürfel Doppelbrechung zu erzeugen. — Auch
die Auslöschungsrichtungen in 5ß' kann man mit Hilfe einer auf-
gelegten Bravais sehen Doppelplatte ^ scharf bestimmen.
Die Anwendung der kristalloptischen Eigenschaften zur Kon-
struktion des Babinetschen oder S^narmontschen Eompensators
ist schon oben S. 242 besprochen worden.
15. Interferenzerscheinungen von Kristallplatten in kon-
Tergent einfallendem, polarisiertem Lichte. Betrachten wir zu-
nächst den Fall, daß polari-
siertes Licht unter dem Ein-
fallswinkel idieKristallplatte
durchsetze. Die Brechungs-
winkel seien r^ und rj (vgl.
Figur 92). Die Phasendiffe-
renz ö zwischen beiden im
Kristall fortgepflanzten Wel-
len ergibt sich aus der Figur zu
d=^(
27t/BD . DK
T\ Fo
Fig. 92.
wobei DK die Projektion von
CD auf die Fortpflanzungs-
richtung der Welle W2 sein soll. Nun ist BD = djcos r^ BC =
^leosri, DK= CD sin i = {BC sin r^ — BD sin r^ sin i, daher
* ^^ ^ f /sin i sin Vi 1 \ 1 /sin i sin r^ 1 \ 1 \
Da nun nach dem Brechungsgesetz ist
so wird
stn Ti
fr 271 , fcos rj
stn r j
(88)
Digitized by
Google
332 Kapitel III.
Führt man nun die Winkel g^ und g^ ein, welche die Wellen-
normale im Kristall mit den optischen Achsen desselben bildet, so
kann man nach den Gleichungen (29) auf S. 305 F^ und Fj rational
durch a^ + c^ und a^ — c^ ausdrücken. Beschränkt man sich auf
erste Ordnung in a^ — c^, was bei der Kleinheit der Doppelbrechung
bei den in der Natur vorkommenden Mineralien stets zulässig ist,
so wird
j. n d a'^ — c'^
(89) *=r • co^^/aHF^W"^^^^ ^^^2.
^r/a2 4,c2\3;a
Hierin bezeichnen g^ und g^ die Winkel, welchen eine, gleich-
gültig welche, der beiden gebrochenen Wellennormalen mit den
optischen Achsen einschließt; r bedeutet den Brechungswinkel für
eine der gebrochenen Wellennormalen, es ist also dicos r der im
Kristall zurückgelegte Weg. (Wegen der Beschränkung auf erste
Ordnung in a^ — c'^ kann man BD = BC setzen.)
Führt man die Hauptbrechungsindizes n^ und n^ des Kristalls
ein, und nennt n den Mittelwert derselben, so ist
rckfw Ä 71 d 7^^ — 71 i^ , . 27id , v .
(90) 0 = ^;^^.- -^ sing^ ^« ^2 = ^f^^^ (% — ^0 sin g^ stng^.
Zwischen Polarisator und Analysator zeigt die Kristallplatte
annähernd die durch (81) ausgedrückte Lichtintensität, wenn man
wenigstens absieht von den an den Grenzflächen des Kristalls
durch die Brechung herbeigeführten Amplitudenänderungen.
Von besonderem Interesse ist nun der Fall, wenn man im Ge-
sichtsfelde gleichzeitig die Wirkung vergleichen kann, welche ver-
schiedene Einfallswinkel i auf die Lichtintensität J hervorbringen.
Man kann dies in dem in den Figg. 93 und 94 dargestellten Pola-
risationsapparate erreichen. Der Spiegel A reflektiert das Tageslicht
in den Apparat; es wird durch die beiden Linsen B und D auf
die Öffnung eines Diaphragmas E konzentriert und beim Passieren
des Nicols C polarisiert. E liegt in der Brennweite einer (oder
mehrerer) Sammellinse F, welche jeden von E ausgehenden Strahlen-
kegel in ein Bündel paralleler Strahlen verwandelt, die nun die
Kristallplatte G in allen möglichen Eichtungen durchdringen; in
der Figur sind drei solcher Bündel gezeichnet. Die Strahlen fallen
auf eine Sammellinse //, die in ihrer Brennweite, im Diaphragma /,
jedes parallele Bündel in einem Punkte M vereinigt Durch die
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle. 333
Lupe K wird das in M entstehende Bild vergrößert; die Strahlen
müssen aber noch den Analysator L passieren. Wie aus der Figur
ersichtlich ist, wird die Mitte des Bildes in / gebildet durch Strahlen,
welche senkrecht in die Kristallplatte eingetreten sind, die seit-
lichen Teile durch Strahlen, welche die Kristallplatte in immer
Fig. 93. Fig. 94.
schrägerer Richtung passiert haben, je mehr der betrachtete Punkt
M am Rande von / Uegt. Wir übersehen so mit einem Blick die
Interferenzen von Strahlen, die in verschiedenen Richtungen die
Kristallplatte durchlaufen haben.
An den verschiedenen Punkten M des Gesichtsfeldes variiert
die Phasendififerenz 6 und der Winkel 95, welchen die Schwingungs-
Digitized by
Google
334 Kapitel III.
ebene des Polarisators mit einer Schwingungsrichtung der einen
Welle im Kristall bildet. Die Punkte des Gresichtsfeldes, für
welche 6 konstant ist, bilden eine gewisse Kurvenschar, die
Kurven gleichen Gangunterschiedes (Isochromaten); die
Punkte des Gesichtsfeldes, für welche g) konstant ist, bilden die
Kurven gleicher Polarisationsrichtung (Isogyren). Mit
Hilfe dieser beiden Kurvenscharen läßt sich die im Gesichtsfelde
wahrgenommene Lichtstärke am einfachsten beschreiben.
Denkt man sich sämtliche, die Kristallplatte durchsetzende
Lichtstrahlen durch einen einzigen Punkt 0 der ersten Begrenzungs-
fläche der Platte hindurchgehend, so gelangt nur ein Lichtstrahl
zum Punkte M des Gesichtsfeldes. Derselbe schneidet die zweite
Begrenzungsfläche der Platte in dem Punkte M' (Spur des Punktes
JM). Wenn wir auf diese Weise jedem Punkte M der Brennebene
einen Punkt if' der Plattengrenze zuordnen, so sind Figuren,
deren Punkte zugeordnete sind, einander ähnlich. Wir werden
daher uns jetzt immer auf die Punkte if' der zweiten Kristall-
grenze beziehen. Die Kurven gleichen Gangunterschiedes werden
nun ofienbar nach Formel (89), in der dicosr den in der Kristall-
platte zurückgelegten Weg des Lichtstrahls bezeichnet, erhalten
durch den Schnitt der zweiten Grenzfläche des Kristalls mit der
um den Punkt 0 konstruierten Flächenschar:
(91) Q sin gi sin ^2 = Oonst ,
wobei Q den Radiusvektor eines Punktes P einer Fläche vom
Punkte 0 aus bezeichnet, während g^ und ^2 ^i^ Winkel sind,
welche der Radiusvektor q mit den optischen
Achsen einschließt. Eine solche Fläche hat
etwa die in Figur 95 gezeichnete Gestalt,
sie muß in der Richtung der optischen
Achsen asymptotisch ins Unendliche ver-
laufen, da für 91 = 0 oder g2 = 0 nach (91)
Q = oc wird.
Ist nun z. B. die EMstallplatte senkrecht
zu einer optischen Mittellinie geschnitten,
Fig. 95. d. h. zu einer in der Ebene der optischen
Achsen liegenden optischen Symmetrieachse,
so sind die Kurven gleichen Gangunterschiedes lemniskatenartige
Kurven, deren Pole Ji, A2 die optischen Achsen sind. Betrachten
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle. 335
wir die Platte zwischen gekreuzten, Nicols, so gilt die Formel (85).
Bei Beleuchtung mit homogenem Licht zeichnen sich die Kurven
gleichen Gangunterschiedes, für welche 6=2hjt ist, als schwarze
lemniskatenartige Kurven ab. Bei einfallendem weißen Licht er-
scheinen diese Kurven als solche gleicher Farbe (daher Isochro-
maten genannt), und zwar treten annähernd die Newton sehen
Interferenzfarben auf. Doch entstehen aus dem oben S. 330 ge-
nannten Grunde Abweichungen davon bei einigen Kristallen,^)
auch kompliziert sich hier die ganze Erscheinung durch die
Dispersion der optischen Achsen, d. h. durch die Erscheinung, daß
die Spur der optischen Achsen im Interferenzbilde mit der Farbe
Fig. 96. Fig. 97.
variiert 2) Bei einigen Kristallen (Brookit) kommt es sogar vor,
daß die Ebene der optischen Achsen bei Veränderung der Farbe
in eine senkrechte Lage umschlägt. Durch die Dispei-sion der
optischen Achsen kann die Form der Isochromaten bei einfallen-
dem weißen Licht bedeutend verändert werden. Das ganze Ge-
sichtsfeld wird nun noch gemäß (85) von einer schwarzen Kurve
durchzogen, nämlich der sogenannten Hauptisogyre, für welche
$in2g) = 0 ist. Wenn die Ebene der optischen Achsen mit der
1) Besonders aufTallend Bind die Ringe in Apophyllit von den Faröer-
Inseln und aus Peonah in Ostindien. Die Ringe sind alle gleich gefSrbt und
zwar abwechselnd dunkel violett und schmutzig gelb. Diese Apophyllite
sind positiv doppelbrechend för rotes Licht, negativ für blaues Licht, für
gelb haben sie keine Doppelbrechung.
2) Vgl. hierüber das Nähere bei Mascart, Trait^ d'Optique, T. 2,
p. 173—190. Paris 1891. — Im Seigoettesalz beträgt der Winkel der optischen
Achsen für Rot 76o, für Violett aber öö».
Digitized by
Google
336
Kapitel m.
Polarisationsebene des Analysators (oder Polarisators) zusammen-
fällt (sogenannte erste Hauptlage), ist diese Hauptisogyre ein
schwarzes Kreuz, dessen einer Balken durch die optischen Achsen
geht, während der andere, dazu senkrechte, durch die Mitte des
Gesichtsfeldes geht Denn für alle Punkte P dieses Kreuzes liegen
nach der auf S. 306 angegebenen Konstruktion die Polarisations-
richtungen Hy und F2 parallel und senkrecht zur Verbindungslinie
AyA^ der optischen Achsen. Man erhält daher das in Figur 96
dargestellte Interferenzbild.
In der sogenannten zweiten Hauptlage der Kristallplatte,
wenn nämlich die Ebene der optischen Achsen A^, A^ den Winkel
45^ mit der Polarisationsebene des Analysators bildet, sind die
Hauptisogyren hyperbelartige
Büschel, welche durch die opti-
schen Achsen gehen. Man er-
hält daher das in Figur 97 dar-
gestellte Bild. Annähernd kann
man die Gleichung der Haupt-
isogyre ableiten, wenn man bei
beliebiger Lage des Punktes P
auf der Kristallplatte die den
Winkel ^iP-^j^^^lbierende Linie
PB als die eine Polarisations-
richtung H im Kristall auf-
faßtO (vgl. Figur 98). Die
Koordinatenrichtungen ar, y
mögen in die Polarisations-
ebenen des Analysators und
Polarisators gelegt sein. Bezeichnet man die Strecken PA^ = \y
PA2 = ^2' ^1^2 = ^1 so ist
Fig. 98.
d. h.
(92)
BA^ :BA2 = k-k^ ^A + ^^2 = ^
Ferner folgt aus Dreieck A^BP:
(93) sin aisin^ AyBP = BA^ik-
1) Nach der oben S. 306 gegebeDen Regel ist dies nur annähernd richtig.
Die Aufgabe ist strenger durchgeführt in Winkelmanns Hdb. d. Phys.
Optik, 2. Aufl., S. 1220 u. flf.
Digitized by
Google
Optische Eigenschaften durchsichtiger Kristalle. 337
Nun ist aber für die Hauptisogyre ^A^BP= 45 ^ da die Verbin-
dungslinie A1A2 der optischen Achsen den Winkel 45® mit den
Koordinatenrichtungen bilden sollen und für die Hauptisogyre die
Linie PB mit der y- Achse parallel laufen soll. Es ist also nach
(92) und (93)
,,-^a__|._^. (94)
Ferner folgt aus Dreieck A^PA2:
l^ = li^ + k^ — 2l^k cos (p=^{k — ^'^ + ^hk ^n^ «,
d. h. nach (94):
oder
Z2(V^+Z,2)_(^2„^2)2, (95)
Nennt man nun die Koordinaten der optischen Achsenpunkte A^
und A2: ± p, so ist
und (95) wird:
a^ = p2. (96)
Dies stellt aber eine gleichseitige Hyperbel dar, welche durch die
beiden optischen Achsen A^ und A2 geht und welche die Koordinaten-
richtungen zu Asymptoten hat.
Diese die Interferenzfigur durchziehenden schwarzen Haupt-
isogyren sind sehr geeignet, den scheinbaren Winkel der optischen
Achsen zu messen, d. h. denjenigen Winkel, welchen zwei aus der
Platte austretende Wellennormalen miteinander bilden, welche im
Innern derselben in den Richtungen der optischen Achsen verlaufen
sind. Aus dem Brechungsgesetz findet man dadurch den Winkel
der optischen Achsen selbst, wenn man die mittlere Hauptlicht-
geschwindigkeit b im Kristall kennt. Man ermittelt den schein-
baren Winkel der optischen Achsen, indem man die Kristallplatte
um eine zur Ebene der optischen Achsen senkrechte Achse dreht und
dadurch die Spuren der optischen Achsen nacheinander in die (durch
ein Fadenkreuz markierte) Mitte des Gesichtsfeldes bringt. Der
Drehungswinkel wird an einem Teilkreise abgelesen. Die zu
diesem Zweck konstruiertenPolarisationsapparate heißen Achsen-
winkelapparate oder Stauroskope.
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 22
Digitized by
Google
338 Kapitel IV.
Bei einachsigen Kristallen hat eine Fläche gleichen Gaugunter-
unterschiedes {6=con8t) die in Figur 99 gezeichnete Gestalt Bei
einer senkrecht zur optischen Achse geschnittenen Platte sind die
Isochromaten konzentrische Kreise um die optische Achse, die Haupt-
isogyre bildet bei gekreuzten Nicols ein schwarzes, rechtwinkliges
Kreuz. Man erhält daher das in Figur 100 dargestellte Interferenz-
Fig. 99. Fig. 100.
bild. Aus der Messung der ßingdurchmesser kann man die
Differenz der beiden Hauptbrechungsindizes des Kristalls erhalten.
Betreffs der Unterscheidung des Charakters der Doppelbrechung
vermöge eines aufgelegten Gipsblättchens, dessen rf=.7r/2 beträgt,
sowie über andere spezielle Fälle vgl. Liebisch, phys. Kristallogr.,
oder Winkelmann, Hdb. d. Phys. Optik oder Pockels, Lehrb.
d. Kristalloptik.
Kapitel lY.
Absorbierende Körpen
1. Elektromagnetische Theorie. Unter absorbierenden Kör-
pern versteht man solche, in denen das Licht eine Schwächung er-
leidet, die um so bedeutender ist, je länger der in dem Körper
Digitized by
Google
Absorbierende Körper. 339
vom Licht zurückgelegte Weg ist. Durch besonders starke Licht-
absorption zeichnen sich die Metalle aus. Nach der elektromag-
netischen Theorie läßt sich Absorption bei allen Körpern erwarten,
welche keine vollkommenen Isolatoren sind. Denn die durch
Leitung entstehenden elektrischen Ströme erzeugen Joulesche
Wärme, deren Energie muß also für die strahlende Energie des
Lichtes verloren gehen.
Ergänzen wir jetzt zunächst die oben S. 254 ff. gegebene
elektromagnetische Theorie für einen unvollkommenen (isotropen)
Isolator, d. h. einen Körper, der außer einer Dielektrizitäts-
konstante 6 auch noch eine elektrische Leitfähigkeit 0 besitzt.
Bezeichnet man die Komponenten der Stromdichte wie früher
mit jx, jyj jx (nach elektrostatischem Maße), so ist für unvoll-
kommene Isolatoren zu setzen:
Die Strömung setzt sich nämlich zusammen aus den Ver-
schiebungsströmen, die wir früher (vgl. Formeln (17) auf S. 255)
allein berücksichtigt haben, und den Leitungsströmen. Diese be-
dingen in (1) die Zusatzglieder oX, 0 F, oZ. Mißt man Stromdichte
und elektrische Kraft nach elektrostatischem Maße, so wird auch
0 die absolute elektrische Leitfähigkeit nach elektrostatischem
Maße genannt Sie hat für Quecksilber den Zahlwert *) 0 «= 9,56 • 10 ' ^
Die Formeln (1) enthalten die einzige Erweiterung, welche
an der bisherigen Theorie vollkommener Isolatoren anzubringen
ist. Für jeden Körper werden nämlich die früheren Formeln (7)
und (11) der S. 251, 253 als Grundformeln der Maxwellschen
Theorie festgehalten. Dies ergibt, falls die Magnetisierungskon-
stante fi gleich 1 gesetzt wird, so daß 4jtsx = ^^jht usw. ist, die
beiden Systeme:
(2)
47tjx öy hß 47t jy ha hy 47ijx ö^ da
c hy ö« ' 6 hx öx ' c da; öy '
1^ = ^ — ^ \hl^hZ _hX l^hy^hX_hY ..
c bt hx hy ^ c ht hx ^^ 0 ht hy hx ' ^ ^
Daß wir auch jetzt die Magnetisierungskonstante (i der ab-
sorbierenden Körper gleich 1 setzen, könnte zunächst bedenklich
1) Dieser Zahlwert hat die Dimension einer reziproken Zeit. Als Zeit-
einheit ist dabei die sec. angenommen.
22*
Digitized by
Google
340 Kapitel IV.
erscheinen, da unter die absorbierenden Körper auch die stark
magnetischen Metalle Eisen, Nickel, Kobalt fallen. Indes ergibt
sich einerseits aus der Erfahrung, daß nach dem optischen Ver-
halten für alle Metalle die Magnetisierungskonstante gleich 1 zu
setzen ist bei Lichtschwingungen, ^) andererseits fühi-t auch die
Theorie dazu, wie näher im Kapitel VII ausgeführt wird.
Die Grenzbedingungen für den Übergang des Lichtes über
die Grenze zweier verschiedener (absorbierender) Medien sind nach
den allgemein geltenden Schlüssen, wie sie oben S. 256 angeführt
sind, in der bisherigen Form enthalten:
(4) A\ = Z2, y\ = r^, cc, = a2, Ä = &,
falls die a:^-Ebene zur Grenze parallel liegt.
Die Gleichungen (1) bis (4) bilden die vollständige Grundlage
für die elektromagnetische Theorie isotroper absorbierender Medien.
Zur Integration der Differentialgleichungen schreiben wir
analog wie oben S. 274:
wobei hier nicht nur A, sondern eventuell auch /", g, h komplexe
Größen sein sollen. Die eigentliche Bedeutung von A' ist der reelle
Teil der in (5) hingeschriebenen komplexen Größe. Wir können
aber auf diese physikalische Bedeutung von A" zum Schluß der
Rechnung wieder zurückgreifen, und erhalten für die Rechnung
selbst eine bedeutende Vereinfachung, wenn wir A" nach (5) jener
komplexen Größe direkt gleichsetzen. Nach (5) ergibt sich nämlich:
hX _ .27t Y
W — 'f ^'
so daß unsere Gleichungen (1) übergehen in
(6) .;. = 5i— -^öT' «sw.
Der ganze Unterschied isotroper durchsichtiger und absorbierender
Medien liegt dann nur darin, daß die reelle Konstante e der
1) In der „Physik des Äthers", Stuttgart 1894, S. 547 ff. habe ich die
allgemeinereD Gleichungen für beliebige Magnetisieruogskonstante entwickelt
und dargetan, daß sie nach dem optischen Verhalten des Eisens den Wert 1
haben muß.
Digitized by
Google
Absorbierende Körper. 341
durchsichtigen Körper bei absorbierenden durch eine komplexe
Konstante
e' = e—i2cT (7)
ersetzt wird. Alle unseren früheren Formeln können wir an-
wenden, sobald wir nur s durch e ersetzen.
So ist z. B. (nach den Formeln (3) der S. 261):
:4^=^A'. (8)
Dies liefert nach (5):
i = n + 9' + hK (9)
Da 6 komplex ist, so können daher auch f, g, h nicht alle drei
reelle Größen sein. Dadurch prägt sich aber stets eine Licht-
absorption, d. h. Schwächung der Amplitude, aus. Setzen wir z. B.
f=g = 0, h = ^"y^ wobei x und V reell sein sollen, so wird
nach (5)
wobei
2 = r. V
gesetzt ist. Die Gleichung (10) sagt aber aus, daß nach Durch-
eilen der Strecke X (Wellenlänge) die Lichtamplitude im Ver-
hältnisse e abgenommen hat. x wird daher der Ab-
sorptionsindex genannt.
Der Ansatz (10) würde zu machen sein, falls Licht aus Luft
senkrecht in einen absorbierenden Körper einfällt. V ist die Ge-
schwindigkeit des Lichtes im Körper, X die Wellenlänge in ihm.
Nennt man das Verhältnis c: V=-^n den Brechungsindex des
Körpers, da es das Verhältnis der Lichtgeschwindigkeiten im
Vacuum (die wir mit der in Luft identifizieren können) und im
Körper bedeutet, so ist nach (9)
s' = n2 (1 — x2 — 2ix) ,
d.h. n2(l — x2)-=8, nhc = aT. (11)
Durch diese Relation würde also Brechungs- und Absorptions-
index sich aus den elektrischen Konstanten bestimmen. Wir werden
Digitized by
Google
342 Kapitel IV.
zwar unten sehen, daß die Relation (11) numerisch nicht bestätigt
wird, indes ist hier zunächst die Hauptsache, daß ein komplexer
Wert von b tatsächlich Lichtabsorption bedingt, und daß man
den reellen und imaginären Bestandteil von e' ersetzen kann nach
der Gleichung (11) durch die physikalisch anschaulicheren Begriffe
der Brechungs- und Absorptionsindex.
2. Reflexion an Metallen. Wir benutzen die frühere Be-
zeichnungsweise der S. 265 u. ff. Es soll linear polarisiertes Licht
einfallen, dessen Polarisationsebene unter 45" gegen die Einfalls-
ebene geneigt sei. Dann ist Ep = jEi. Wir können vollständig
jene Entwicklungen auch hier benutzen, wenn wir nur die dortige
reelle Konstante c ersetzen durch einen komplexen Wert e, q) be-
deutet den Einfallswinkel des Lichtes, x ist eine komplexe Größe,
welche sich aus q> bestimmt durch:
(12) «n z = ^^J •
Nach (27) auf S. 270 ergibt sich dann das Verhältnis der
(komplexen) Amplituden des reflektierten Lichtes zu:
(13) |p = p.e^"^ = -^-°4^-±z|.
^ ^ Rs ^ cos [fp — x)
Es bedeutet hier q das Verhältnis der reellen Amplituden der /?-
und Ä-Komponente des reflektierten Lichtes, A die relative Phasen-
differenz beider Komponenten, wie man sofort erkennt, wenn man
Rp = i?i>-c*^^, Ils = A-e*^* setzt, worin i^, R, dp, ds reelle
Größen sind. Es ist dann
(14) Q=^Rp:Es, /l = dp~ös.
Da die rechte Seite von (13) eine komplexe Größe ist, so ist
auch J von Null verschieden. Einfallendes linear polarisiertes
Licht wird also durch Reflexion an einem Metall zu
elliptisch polarisiertem.
Nach (13) folgt
1 H- () . c sin <p stn i
1 Ja 008 w cos 7
1 — Q .e ^ ^
Ersetzt man hierin x durch q) und «' gemäß (12), so entsteht:
. 1 -H (> .e ^ _jxn (ftqtp
Digitized by
Google
Absorbierende Körper. 343
Für 9) = 0 ergibt sich daher p . e*"^ = — 1 , d. h. J = 0 ,
() = — 1; för 9) = "12 ergibt sich (> . e*^ = + 1 , d. h. J = 0 ,
^ = 1. Die relative Phasendififerenz J im reflektierten Lichte, d. h.
auch seine Elliptizität, verschwindet daher für senkrechte und für
streifende Inzidenz. Derjenige Einfallswinkel % für welchen die
relative Phasendififerenz J den Wert "12 annimmt, wird der
Haupteinfallswinkel 9 genannt. Für ihn ist also 6*"^=«,
daher nach (15):
Multipliziert man diese Gleichung mit ihrer komplex kon-
jugierten Gleichung
1 — i ,Q sin q) . tqJp
worin b' den komplex konjugierten Wert zu b bedeutet, so ent-
steht auf der linken Seite 1. Der Haupteinfallswinkel ist also
durch die Gleichung bestimmt:
sin^ ^'tg^^ = n^(l + ^2)2 — 2n^ {1 — x^) sin'^ ^ + sin^ ^ . (17)
Für numerische Berechnungen braucht man fast stets nur das
erste Glied der rechten Seite zii berücksichtigen, da bei allen
Metallen n^ (2 + x^) einen erheblich über 1 liegenden Wert hat,
der zwischen 8 bis 30 liegt. Mit dieser Annäherung wird einfach
sin^ tg^ = n V 1 + x'^ ' (18)
Man erhält diese Annäherung direkt aus (15), wenn man im
Nenner der rechten Seite sin'^q) neben s' vernachlässigt. Da nach
(11) ist
y7 = n (i - ix) , (19)
so wird dann (15) zu
l-\' Q .e^ sin <p ig y .«^v
Schreibt man
Q = tgy>, (21)
so bedeutet ^ das Azimuth der Polarisationsebene des reflektierten
Lichtes gegen die Einfallsebene, falls es durch irgend ein Mittel,
Digitized by
Google
344 Kapitel IV.
Z.B. einen Babinetschen Kompensator (vgl. oben S. 243) wieder
linear polarisiert gemacht ist. Daher heißt tp das Azimuth der
wiederhergestellten Polarisation.
Es läßt sich nun leicht die Beziehung ableiten:
1 — Q e* cos 2ip — t sin d sin 2 \p
1 , iJ 1 4- cos J sin 2w '
1 -\- Qe ^
so daß aus (20) ableitbar ist:
X = sin A ig 2\p ,
(22)
COS 2 w
n = sin g> tg w 7—; :r^~o.' 1
^ ^ ^ 1 -\- cos d Sin 2\p '
0 /* , 9N ' } j q 1 — cos d sin 2\p
^' '' ^ ^ ^ 1 -\- cos d stn 2\p
Nach diesen Formeln lassen sich die optischen Konstanten
n und X eines Metalls aus Beobachtung des reflektierten Lichtes
(V? und J) in meist genügender Annäherung*) finden.
Für den Haupteinfallswinkel 9) = 9 nennt man ^> das Haupt-
azimuth t^. Aus der ersten Formel (22) folgt
(23) x = tg 21p .
Um umgekehrt J und tp aus den optischen Konstanten zu
finden, setze man
(24) tgP = ^i±^\ igQ = x.
•^ sm <p tg (p ^ ^ ^
Dann ergibt sich aus (20), da die rechte Seite den Wert
cotg F . e^Q hat:
/.25) tg A = sin Q tg 2P ,
^ cos 2ip = cos Q sin 2P .
Als Reflexionsvermögen des Metalles bezeichnet man das
Verhältnis der reflektierten Lichtintensität zu der einfallenden
Lichtintensität beim Einfallswinkel 9p = 0 . Nach Formel (26) auf
1) Strengere Formeln, welche sin'^ (p nicht neben c' vernachlässigen,
sind in Winkelmann, Hdb. d. Phys. Optik, 2. Aufl., S. 1298 u. ff. und in
Wied. Ann. 35, S. 520, 1888 vom Verf. entwickelt.
Digitized by
Google
Absorbierende Körper. 345
S. 269 ist in diesem Falle, da n hier durch n {1 — ix) zu ersetzen
ist [vgl. Formel (19)]:
Rp Bp.e^ n{l^ix)^l .
Ep~ Ep ""n{7~t>)-f-i * ^^^>'
Multipliziert man diese Gleichung mit ihrer komplex kon-
jugierten, so erhält man den Wert des Reflexionsvermögens Rzn:
j,_^P_nHl + K^) + 1^2n .
Da bei allen Metallen 2n klein im Vergleich zu «2 (; -|- ^2)
ist, so ist R nahezu gleich 1, d. h. das Reflexions vermögen sehr
hoch. Man bezeichnet dieses starke Reflexionsvermögen der Metalle,
welches bei Silber z.B. 95% erreicht, als MetallglanzJ) Der-
selbe ist um so stärker, je größer der Absorptionsindex x des
Metalls ist. Da x mit der Farbe variiert, so besitzen einige
Metalle, wie besonders Gold und Kupfer, eine ausgesprochene
Färbung. Dieselbe erscheint z. B. rot, wenn das rote Licht stärker
als die anderen Farben reflektiert wird. Annähernd ist daher
die Oberflächenfarbe des Metalles komplementär zu der Farbe
des durchgehenden Lichtes. Um letzteres überhaupt wahrzu-
nehmen, bedarf es allerdings äußerst dünner Metallschichten, die
nur wenige Tausendstel Millimeter dick sind. In so geringen
Dicken erscheinen aber tatsächlich Goldschichten grün durch-
sichtig.
Läßt man das Licht zwischen zwei Spiegeln des gleichen
Körpers wiederholt hin und her reflektieren, so wird ihre Farbe
gesättigter, da die am stärksten absorbierte Farbe durch die
wiederholten Reflexionen viel weniger geschwächt wird, als die
anderen Farben. Dieses war auch das Mittel, mit Hilfe dessen
Rubens, Nichols'^) und Aschkinaß^) Wärmestrahlen von der
größten bisher beobachteten Wellenlänge isoliert haben. Ein
Auerbrenner ohne Glaszylinder wurde als Strahlungsquelle be-
nutzt, nach fünfmaliger Reflexion an Sylvin ergab sich eine an-
nähernd homogene Strahlung der Wellenlänge (in Luft) X = 0,061 mm,
1) Daß dieser in der Tat nur durch das hohe Reflexionsvermögen be-
wirkt wird, kann man deutlich daran erkennen, daß auch eine Luftblase unter
Wasser, an der das Licht total reflektiert wird, wie ein metallisch glänzender
Quecksilbertropfen aussieht.
2) Rubens und Nichols, Wied. Ann. 60, S. 418, 1897.
3) Rubens und Aschkinaß, Wied. Ann. 65, S. 241,
Digitized by
Google
346
Kapitel IV.
der größten bisher nachgewiesenen Wellenlänge einer Wärme-
strahlung. Das Reflexionsvennögen des Sylvins für diese Strahlen ist
R=. 0,80, d. h. 80%. Auch durch vielfache Reflexion an Steinsalz,
Flußspat, Quarz kann man langwellige Wärmestrahlen isolieren.
Von den durch metallische Reflexion entstehenden Oberflächen-
farben sind wohl zu unterscheiden die Farben, welche mäßig ab-
sorbierende Körper mit rauher Oberfläche zeigen, z. B. gefärbtes
Papier, pulverisiertes farbiges Glas usw. Diese Körper erscheinen
im diffus reflektierten Lichte gefärbt, weil das Licht zum Teil erst
aus inneren Teilen des Körpers reflektiert wird und daher der
auswählenden Absorption des Körpers unterliegt. In diesen Fällen
ist die Farbe im durchgehenden und reflektierten Licht die gleiche,
nicht die komplementäre, wie annähernd bei den Metallen.
3. Die optischen Konstanten der Metalle* Die optischen Kon-
stanten n und X eines Metalls kann man nach den Formeln (22)
experimentell bequem bestimmen, wenn man die Schwingungsellipse
des reflektierten Lichtes bei einfallendem linear polarisierten Lichte
mißt, d. h. A und tp bestimmt nach der oben S. 241 u. ff. beschriebenen
MethodemitBabinetschemKompensatorundanalysierendemNicol.^)
Man muß nur darauf achten, daß die Metalloberfläche möglichst
rein sei, weil Verunreinigungen derselben (Oberflächenschichten)
stets den Haupteinfallswinkel zu klein erscheinen lassen. 2) Die
folgende Tabelle enthält einige Zahlwerte, die ich durch Reflexion
an möglichst reinen Metallflächen für gelbes Licht erhalten habe:
Metalle
nx
n
0,18
75042'
tp
R
Silber
3,67
43035'
95,30^
Gold . . - .
1 2,82
0,37
72018'
41039'
85,1 „
Plaün ....
4,26
2,06
78030'
32035'
70,1 „
Kupfer . . .
1 2,62
0,64
71035'
3805r
73,2 „
ötÄhl ....
1 3,40
2,41
7703'
27049'
58,5 „
Natrium . . .
2,61
0,005
71019'
44058'
99,7 „
Quecksilber . .
4,96
1,73
79034'
35043'
78,4,,
1) Eine von W. Voigt (Phys. Ztschr. 2, Ö. 303, 1901) gegebene sehr
elegante photographische Methode hat R. S. Minor (Dissert Göttingen; Ann.
d. Phys. 10, S. 581, 1903) zur Bestimmung der optischen Konstanten der
Metalle im Ultraviolett angewandt und dadurch einen wichtigen Beitrag zur
Kenntnis ihrer Dispersion geliefert.
2) Das Nähere hierüber vgl. bei P. Drude, Wied. Ann. 36, S. 885, 1889, —
39, S. 481, 1890.
Digitized by
Google
'Absorbierende Körper. 347
Das Reflexionsvermögen R ist nicht direkt beobachtet worden,
sondern nach (27) berechnet
Die optischen Konstanten kann man auch durch Beobachtungen
im durchgehenden Lichte feststellen. Durch Messung der Absorption
in einer dünnen Schicht der Dicke d erhält man, wie aus (10)
hervorgeht, einen Wert für x : 2 , falls X die Wellenlänge im
Metall bedeutet Da nun X = Xoin, falls Xo die Wellenlänge in
Luft ist, so erhält man also nx , da Xo bekannt ist An den Grenzen
der dünnen Metallschicht treten aber bedeutende Schwächungen
durch Reflexion ein. Um deren Wirkung zu eliminieren, vergleicht
man zweckmäßig die Absorptionen in zwei verschieden dicken
Schichten. Die Reflexionsverluste sind dann in beiden Fällen nahezu
dieselben, so daß man aus der Verschiedenheit der Absorption
direkt auf nx schließt Die Beobachtungen leiden an der Schwierig-
keit, löcherfreie, gleichmäßig dicke Metallschichten von wenigen
Tausendstel Millimeter Dicke herzustellen. Daher fällt nx bei
diesen Durchgangsbeobachtungen meist kleiner aus, als nach der
Reflexionsmethode, 0 in einigen Fällen 2) (bei Silber, welches man
verhältnismäßig einfach auf nassem Wege auf Glas niederschlagen
kann) stimmt aber das aus der Absorption berechnete nx gut über-
ein mit dem aus der Reflexion berechneten.
Der Brechungsindex n kann analog wie bei durchsichtigen
Medien aus der Brechung durch ein Metallprisma gefunden
werden,^) nur bedarf es sehr geringer Prismenwinkel (Bruchteile
einer Bogenminute), damit das Licht überhaupt noch in merk-
licher Intensität durch das Metallprisma hindurch geht. Seitdem
es Kundt^) gelungen ist, geeignete Metallprismen herzustellen
(meist durch Elektrolyse auf platiniertem Glase), sind mehrfach^)
die Brechungsindizes von Metallen in dieser Weise bestimmt worden.
Die Herstellung der Prismen sowohl, als die Beobachtungen sind
sehr schwierige, da das Resultat als Quotient zweier sehr kleiner
1) Bei W. Rathenau, Die Absorption des Lichtes in Metallen. Dissert.
Berlin 1889.
2) Bei W. Wernicke, Pogg. Ann. Ergzgbd. 8, 8. 75, 1878.— Auch die
Beobachtungen von W. Wien (Wied. Ann. 35, 8. 48, 1888) ergeben annähernde
Bestätigung.
3) Betreffs der Formeln vgl. W. Voigt, Wied. Ann. 24, S. 144, 1885.—
P. Drude, Wied. Ann. 42, S. 666, 1891.
4) A. Kundt, Wied. Ann. 34, 8. 469, 1888.
5; Vgl. z. B. Du Bois u. Rubens, Wied. Ann. 41, 8. 507, 1890.
Digitized by
Google
348 Kapitel IV.
Größen erhalten wird. Die Resultate stimmen meist gut ttberein
mit den aus den Reflexionsbeobachtungen erhaltenen; z. B. wird
das auffallende Resultat bestätigt, daß bei verschiedenen Metallen
w < 1 ist.
Diese kleinen Brechungsindizes von Silber, Gold, Kupfer und
besonders Natrium sind ja sehr auffallend; sie besagen, daß sich
in diesen Metallen das Licht viel schneller fortpflanzt, als in
Luft.
Vergleichen wir diese optischen Konstanten mit der Forderung
(11) der elektromagnetischen Theorie, so springt ein Widerspruch
sofort in die Augen: Es würde nämlich, da e = n^ {1 — x^ sein
soll, bei allen Metallen die Dielektrizitätskonstante e negativ sein,
da x = tg 2tp, und 2tp bei allen Metallen größer als 45^, d.h.x> l
ist Eine negative Dielektrizitätskonstante hat aber keinen Sinn.
Auch die zweite der Beziehungen (11) :nhc=^aT wird nicht be-
stätigt, da z. B. bei Quecksilber (vgl. oben S. 339) und gelbem
Licht CT =20 ist, während nhc den Wert 8,6 hat Für Silber
ist öT viel größer, als bei Quecksilber, während trotzdem nhc viel
kleiner als bei Quecksilber ist
Wir treffen hier wieder auf dieselbe Tatsache, die wir schon
oben konstatiert haben, als wir die Brechungsindizes durchsichtiger
Körper mit den Dielektrizitätskonstanten verglichen haben. Formal
stimmt die elektromagnetische Theorie mit den Erscheinungen gut
überein, die numerischen Werte der optischen Konstanten kann
man aber nicht aus dem elektrischen Verhalten entnehmen. Die
Erweiterung der Theorie, welche diesen Widerspruch hebt, soll
im folgenden Kapitel gemacht werden. — Es ist aber sehr be-
merkenswert daß für genügend lange Wellen der Widerspruch
verschwindet Wenigstens kann nach den Versuchen von Hagen
und Rubens*) das Reflexionsvermögen der Metalle für Wellen-
längen A>(),012 mm quantitativ aus ihrer elektrischen Leitfähig-
keit berechnet werden. Die Forscher bedienten sich dabei der
Methode der Reststrahlen (vgl. oben S. 345, § 2). Für die längsten
Wellen (;i = 0,025 mm, Reststrahlen von Flußspat) maßen sie
nicht das Reflexionsveimögen B der Metalle, sondern bestimmten
das Verhältnis E ihres Emissionsvermögens bei hoher Temperatur
zu dem Emissionsvermögen eines vollkommen schwarzen Körpers
(Hohlraum mit Loch) von gleicher Temperatur. Nach dem Kirch-
1) E. Hagen u. H. Rubens, Ann. d. Phys. II, S. 873, 1903.
Digitized by
Google
Absorbierende Körper. 349
hoff sehen Satz (vgl. unten III. Abschnitt, II. Kapitel, §4) ist näm-
lich E gleich dem Absorptionsvermögen des Metalls, d. h. der
nicht vom Metall reflektierten Energie. Es besteht daher die
Gleichung -E7=l — Ä. Da nun für sehr lange Wellen für alle
Metalle E sich asymptotisch dem Werte 1 nähert, so erhält man
eine größere Genauigkeit, wenn man B aus E bestimmt, als wenn
man R direkt bestimmt, denn die E der einzelnen Metalle unter-
scheiden sich prozentisch von einander viel stärker, als die R. —
Zur numerischen Berechnung folgt aus (11):
n2 = |6 + ^^/J^+'^^T^ , n2x2 = - ie + V^c^^ a^Y^ .
Nun ist für Quecksilber (vgl. oben S. 339) 0 = 9,56. 10 ^*, daher
(jr = öl : 3 . 10^0 = 320 für ;i = 10 ^ = 0,001 cm. Diese Zahl ist
sehr wahrscheinlich erheblich größer, als die Dielektrizitätskon-
stante s des Metalls. Vernachlässigt man daher ^e und 1 gegen
öT, so wird n = nx= Vof und nach (27) folgt das Eeflexions-
vermögen zu:
das Emissionsvermögen zu:
Unter o ist die Leitfähigkeit des Metalls bei der gleichen Tem-
peratur zu verstehen, bei der R bezw. E gemessen werden. Bei
den Messungen des Emissionsvermögens E, die bei höherer Tem-
peratur stattfinden, ist also 0 erheblich kleiner als bei den Mes-
sungen des Keflexionsvermögens R bei Zimmertemperatur.
Die Formeln wurden, abgesehen vom Wismut, bei allen Metallen
für ;i>12 ii, d.h. Jl> 0,012 mm sehr gut quantitativ bestätigt, am
besten für die größten Wellen X = 25,5 fi. Für kleinere Wellen, z. B.
X = 4fi, ergaben zwar die Mittelwerte vieler Metalle noch numerische
Übereinstimmung mit der Formel für R, aber die einzelnen Metalle
zeigten schon merkliche Abweichungen. Für sichtbares Licht da-
gegen stimmen die Formeln für /? bezw. 7? gar nicht mehr numerisch,
aus Gründen, die im folgenden Kapitel entwickelt werden sollen.
4. Absorbierende Kristalle. Die Ausdehnung des bisherigen
Ansatzes für isotrope absorbierende Körper auf Kristalle geschieht
Digitized by
Google
350 Kapitel IV.
sehr einfach, indem man nach drei zu einander senkrechten
optischen Symmetrieachsen verschiedene Dielektrizitätskonstanten
und verschiedene Leitfähigkeiten annimmt. Legt man das Koordi-
natensystem in diese drei Symmetrieachsen, so erhält man das
frühere Formelsystem (12) der S. 299, nur bedeuten die f^, ^2» h
komplexe Größen, wenn man die elektrische Kraft als komplexe
Größe nach Formel (5) dieses Kapitels (S. 340) zunächst in die
Eechnung einfahrt Allerdings würde der Ansatz insofern noch
zu speziell sein, als die Symmetrieachsen für die Dielektrizitäts-
konstante im allgemeinen nicht zusammen zu fallen brauchen mit
den Symmetrieachsen für die Leitfähigkeit; dies ist erst für Kristalle,
die mindestens die Symmetrie des rhombischen Systemes besitzen,
notwendig. Lides wollen wir hier den allgemeinsten Fall nicht
diskutieren,^) da das Charakteristische schon bei der hier getroffenen
Vereinfachung hervortritt
Zur Integration der früheren Differentialgleichungen:
machen wir für die Komponenten u, v, w des Lichtvektors den
Ansatz:
(29) 2j^ ^271
wobei m^ + n^ + p^ == i sein soll, und M, N, n komplex sein
können. Dieser Ansatz entspricht ebenen Wellen, deren Normale
die Richtungskosinus m, n, p besitzt V ist die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit der Wellenebenen, x ihr Absorptionsindex (vgl.
oben S. 341). Setzt man
(30) iZ-. = °>.
SO gilt das frühere Fresnelsche Gesetz (18) der S. 299:
1) Dessen BehandluDg ist vom Verf. in Winkelmanns Hdb. d. Phys.
Optik, 2. Aufl., S. 1283 u. ff. angedeutet und von W. Voigt in seinem Kom-
pendium d. theoret. Physik 2, S. 719 u. ff., Leipzig, 1896 und in Ann. d,
Phys. 9, S. 367, 1902 genauer ausgeführt, auch von F. Pocke Is in seinem
Lehrb. d. Krist Optik, S. 369 u. fl. dargestellt.
Digitized by
Google
Absorbierende Korper. 351
""' +t:^.+ ^„.-o, (31)
dabei sind aber ao^, ho\ c^ komplexe Größen. Diese Gleichung
zerfällt also in zwei, aus denen man F und x gesondert als Funk-
tion der Richtung rw, n, 'p der Wellennormale berechnen kann.
Für die M, iV, /7 ergeben sich nach den früheren Relationen
(15), (19) und (20) der S. 300 und 301 die Beziehungen:
Mw + iV» + /5? = 0 (32)
3f:iV:J7=-Vg— ,: , / 2'.-^^2, (33)
M^ M2 + N^ N2 + n^ n<i = o. (34)
Da nach (33) die M, N, U komplex sind, so ergeben sich für
jede Richtung m, w, p zwei elliptisch polarisierte Wellen. Denn
schreibt man M= M-e^^^, iV= N- e^^^, so bedeutet ö^ — 6^ die
Phasendiflferenz zwischen der Komponente u undt? des Lichtvektors;
bei geradlinig polarisiertem Licht müßte di — Aj = 0 sein. Die
Gleichung (32) drückt aus, daß die Ebene der Schwingungbahn
senkrecht zur Wellennormale steht, (34) besagt, daß für beide
Wellen die Schwingungsellipsen einander ähnlich sind, aber inverse
Lage zu einander haben. ^)
Die aus (31) abzuleitende Abhängigkeit der Fortpflanzungs-
geschwindigkeit von der Richtung m, n, p ist sehr kompliziert. Das
Fresnelsche Gesetz wird also, trotz der scheinbaren Identität
mit der Formel (31), bedeutend modifiziert Dagegen liegen die
Verhältnisse bedeutend einfacher bei schwach absorbierenden Kri-
stallen, wie sie z. B. bei Beobachtungen im durchgehenden Lichte ^)
stets vorliegen. Kann man nämlich x^ gegen 1 vernachlässigen,
so ist a>2 == F2 (l + 2ix), Setzt man daher
so wird
_w2__ w2 w2 / ,2xV^ — a^\ ,^^v
ao^—w^ — a2 - r2 — i (2xV^ — a^) ~ ä^ — vA^ ~^ ^ «« - 0 / * ^^^^
1) Betreffs des näheren Nachweises hiervon vgl. Winkelmanns Hdb. d.
Phys. Optik, 2. Aufl., S. 1287.
2) Im reflektierten Lichte sind die Wirkungen starker Absorption gut zu
beobachten, z. B. an Magnesium- (oder Baryum-)platincyanür. Derartige
Kristalle besitzen polarisierten Metallglanz.
Digitized by
Google
352 Kapitel IV.
Daher zerfällt (31) in die beiden Gleichungen:
C^i\ ^' I »^^ . P' — 0
(38)
2x7^ /- '''' 4--— 4-- ^'— !
** //.2 ir7\2 ^^ ^ ih2 f^?^^ i ^ (^2 1
(a2— 1^)2 ^ ^ (52 __ 1^7)2 ^ ^ (c2_ K2)2
Die Gleichung (37) ist das gewöhnliche Fresnelsche Gesetz.
Bei kleiner Absorption wird dasselbe also nicht modi-
fiziert Die Gleichung (38) stellt x als Funktion von m, n, p dar.
Nach (33) sind bei kleiner Absorption die M, iV, ü annähernd reell,
d. h. die beiden Wellen im Kristall nur schwach elliptisch pola-
risiert Bezeichnet man mit 2W, SJl, ^ die Richtungskosinus der
großen Achse der Schwingungsellipse, so ist nach (33) und (36),
da 30? der reelle Teil von M ist usw.:
m
(39) gjt:i«:5ß = -,^^:g^j^:-5^,.
Die 90?, % ^ bestimmen sich also gerade so, wie die Schwin-
gungsrichtungen in durchsichtigen Kristallen.
Vermöge (39) und der Beziehung 90?* + 9?^ 4. 5ß2 = ^ schreibt
sich (38):
(40) 2x n = a 2 9K2 + ^'2 ^2 + ^'2 <^2 ^
d. h. nach der auch hier gültigen Relation (18') der S. 302:
a'2 ^2 _|. 6'2 922 _^ c'2 $2
(41) 2x =
a2 sji)i2 4. 1,2 S)12 4. c2 «ß2
Der Absorptiosindex x ist also gerade wie die Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit V eine eindeutige Funktion
der Schwingungsrichtung.
Man kann dieses Gesetz leicht verifizieren, wenn man einen
parallel zu den Symmetrieebenen geschnittenen Würfel eines ge-
färbten Kristalls im durchgehenden Lichte betrachtet Derselbe
erscheint verschieden gefärbt, je nach der Richtung der Licht-
strahlen (Trichroismus bei rhombischen, Dichroismus bei hexa-
gonalen und tetragonalen Kristallen). Man kann dies z. B. am
Turmalin, Beryll, Rauchtopas, Cordierit und besonders am Pennin
Digitized by
Google
Absorbierende Körper. 353
wahrnehmen, bei dem die Farben blangrün und braungelb vor-
kommen. Wenn man nun das durch einen solchen Würfel hindurch-
gehende Licht durch ein Nicol analysiert, so hängt die Farbe von
der Lage seiner Polarisationsebene ab, indem die extremsten
Farben erhalten werden, wenn sie einer Symmetrieachse des
Kristalls parallel ist*) Von diesen sechs extremsten Farben,
die man mit Hilfe eines Nicols an einem Würfel eines trichroi-
tischen Kristalls wahrnehmen kann, sind nun stets zwei paar-
weise einander gleich, und zwar liegen in diesen Fällen allemal
die Schwingungsrichtungen (im Fr esn eischen Sinne) identisch
(vgl. oben S. 241).
Die Formeln (40) und (41) vereinfachen sich, wenn die Wellen-
normale in der Nähe einer optischen Achse, z. B. bei A^, liegt Ist
der Winkel g^ zwischen Wellennormale N und optischer Achse A^
so klein, daß man sein Quadrat gegen 1 vernachlässigen kann, so
ist F2 = b^ zu setzen. Nennt man ferner den Winkel der durch
Ai und vZV gelegten Ebene {NA^ mit der Ebene der optischen Achsen
(x^-Ebene) tp, so macht die durch N und die eine Schwingungs-
richtung 3J^i, %, ^1 gelegte Schwingungsebene den Winkel v/2
mit der rr^i-Ebene. Denn nach S. 307 halbiert die Schwingungsebene
den Winkel, welchen die Ebenen {NA^ und {NA^ miteinander
einschließen, da aber N unmittelbar bei der optischen Achse liegen
soll, so können wir die durch N und A2 gelegte Ebene {NA^ mit
der Ebene {A^A^ der optischen Achsen, d. h. der aj^-Ebene, iden-
tifizieren. Es muß also auch die Schwingungsrichtung SWj, SRj, ^1
den Winkel ^tp einschließen mit einer zur Wellennormale N, d. h.
zur optischen Achse -ij, senkrechten Richtung S, welche in der
XÄ-Ebene liegt. Die Richtungscosinus von S sind cos q, 0, — sin q,
falls q den Winkel zwischen der optischen Achse A^ und der
;c-Achse bedeutet, d. h. den halben Winkel, den beide optischen
Achsen miteinander einschließen {q = halber Achsenwinkel). Daher
folgt:
cos ~ = 9Wj cos q — 5Pj sin q . (42)
Da nun femer 3Ki, %, 5ßi auch rechtwinklig zur Wellennormale
1) Man erhält beide Farben gleichzeitig, wenn man anstatt eines Nicols
einen gewöhnlichen Doppelspat verwendet. (Dichroskopische Lupe, vgl
MüUer-Pouillet-Lummer, Optik, S. 1005.)
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 23
Digitized by
Google
354 Kapitel IV.
Nj d. h. zur optischen Achse A^ steht, welche die Eichtungscosinus
sin q, Oj cos q hat, SO ist auch
(42') 0 = 9J?i jwn g + ^1 cos g .
Aus diesen beiden letzten Gleichungen ergibt sich:
(43) ^i = cosqcosj, 3li = 8inj, ^i = — sin q cos^ -
Hieraus leitet man 9^2» 9^ ^ ab, da es senkrecht zu 9Ki, 5Ri, ^i
und zu w, n, p steht, in der Form:
(44) 9JI2 = — cos q sinj , 9I2 = ^^^ > ^ = sm g sin^ •
In der Nähe der optischen Achse wird daher nach (40):
2xi b'^ = (a 2 cos*^ q+ c^ sin^ q) cos'^ % + b''^ sin^ ^ ,
(45) ^ ^ ,
2x2 ^^ = (ß^ ^^^^ 9 + ^'^ ^^^ 9) ^^^ % + b"^ cos^ j •
Diese Formeln zeigen, daß für irgend einen Winkel ± tp der
Wert von xj derselbe ist, wie der von x^ für einen Winkel ^' =
j€ ±tp. — Für die optische Achse selbst werden jene Formeln
unbestimmt, weil dort y? seine Bedeutung verliert. Nach früheren
Entwicklungen (vgl. S. 304) kann man die Schwingungsrichtung
willkürlich wählen. Aus (40) folgt für eine in der Ebene der
optischen Achsen polarisierte, d. h. senkrecht zu ihr schwingende
Welle, da dann SR = ^ = 0 , m = i ist:
(46) 2xs b^ = b'^,
dagegen für eine senkrecht zur Ebene der optischen Achsen pola-
risierte, d. h. in dieser Ebene schwingende Welle, da für sie
Wl = cos q, 9i = 0 , $ = — sin q ist:
(,47) 2xp b'^ = a ^^ cos'^ q -\- c"^ sin^ q .
Für Zwischenlagen der Polarisationsebene erhält man Zwischen-
werte für X, die zwischen Xs und xp liegen. Die Absorption
einer in Richtung einer optischen Achse fortgepflanzten
Welle hängt also von ihrer Polarisationsrichtung ab. —
Durch Einführung der Größen xs und xp schreibt sich (45):
Digitized by
Google
Absorbierende Körper. 355
Xi = x_p . cos'^^ + Xs'^n^^, X2 = Xp»sin^%-\-Xa'Cos^j • (48)
Bei einachsigen Kristallen {a = b, a = b') ist, falls g den
Winkel der Wellennormale gegen die optische Achse bezeichnet,
aus (40) sofort abzuleiten für die ordinäre Welle:
für die extraordinäre Welle:
2xe Ve'^ = a ^cos'^g + c' ^ sin^g , F« ^ = a'^cos^ ^ + c^ $in^ g ,
(49)
5« Interferenzerscheinungen in absorbierenden zweiachsi-
gen Kristallen. Es möge die Platte eines absorbierenden Kristalls
zwischen Analysator und Polarisator bei konvergent einfallendem
Lichte gelegt werden. Wir beziehen uns auf die Bezeichnungs-
weise der §§ 14 und 15 auf S. 324 und 331 und die dortige Figur 91.
Die nach einer Richtung //j schwingende Welle W^ hat beim Ein-
tritt in den Kristall die Amplitude Ecos tp^ beim Austritt daher
Ecos(p -e r ] 1 ,
wobei / den in der Kristallplatte zurückgelegten Weg bezeichnet.
Es ist l=d:cosr^, falls rf die Dicke der Kristallplatte und r^ der
Brechungswinkel der Welle W^ ist — Analog ist die Amplitude
der Welle TF^ nach dem Austritt aus dem Kristall
E sin (p e^ T Tj
(es ist näherungsweise für beide Wellen der im Kristall zurück-
gelegte Weg als gleich angenommen). Nach dem Durchtritt durch
den Analysator sind daher die Amplituden der beiden Wellen:
E cos ipcos{g)—x)'e ^^1 , <J, = j^. ^^^.,
E sin q) sin (9 — x) * «"" ^^^ y <^2= rv
27t^ _rf_
'TV2 cos r
(50)
Die Phasendiflferenz ö beider Wellen bestimmt sich bei konver-
gent einfallendem Licht durch die Formel (88) der S. 331.
Betrachten wir näher den Fall der gekreuzten Nicols (;c = ^2)i
nehmen wir ferner eine Platte, welche senkrecht zu einer optischen
23*
Digitized by
Google
356
Kapitel IV.
Achse (Jj) geschnitten ist, und nennen wir tp den Winkel, den die
Verbindungslinie MA^ eines in der Nähe der optischen Achse liegen-
den Punktes M des Gesichts-
feldes 0 und der Achse A^ mit
der Ebene A1A2 der optischen
Achsen bildet, so macht (vgL
Figur 101) die Schwingungs-
richtung Hl annähernd den
Winkel V^l2 mit der Richtung
Ai A2 , falls AiM klein gegen
AiA2 ist. Macht femer die
Schwingungsebene P des Po-
larisators den Winkel a mit
der Ebene A1A2 der optischen
Achsen, so ist in (50) zu
Die beiden zur Interferenz kommen-
Fig. 101.
setzen 9> = a — V/2 , X = ^l2 •
den Amplituden werden daher
(51)
wobei
+ Ecos {a — V'Ij) sin {a — V/2) e~^ ^ ,
— E sin {a — V/2) cos (a — V/2) e~^ ^ ,
a =
2nd
Tb
ist, da in der Nähe der optischen Achse Fj = Fj = 6 ist, und r
nur klein sein soll.
Daher ist die aus dem Analysator austretende Lichtintensitat
/ = f'Äin2(2a — v^).
(52)
/ - 2x, ö + e-^^2^ _ 2e- (^ + ^ ^ • coÄ rf) .
Für die optische Achse selber führt folgende Betrachtung zum
Ziel: Die einfallende Amplitude E werde in die Komponenten
parallel und senkrecht zur Ebene A^A2 der optischen Achseji zer-
legt. Diese Komponenten sind E cos a und E sin a. Erstere hat
nach dem Austritt aus dem Kristall den Wert
Ecosa- e~^ ^ , letztere E sin a e"'^* ^ .
1) Die verschiedenen Punkte des Gesichtsfeldes entsprechen nach S. 333
verschiedenen Neigungen der die Kristallpl&tte durchsetzenden Strahlen.
Digitized by
Google
Absorbierende Körper. 357
Nach dem Durchtritt durch den Analysator ergibt erstere Kom-
ponente die Amplitude
Ecos asin a e"^ ^ , letztere — E sin a cos ae~ ^^^ .
Eine relative Phasendifferenz 6 haben diese beiden Wellen nicht,
da die Fortpflanzungsgeschwindigkeit in Richtung der optischen
Achse für beide Wellen die gleiche ist. Folglich ist die aus dem
Analysator austretende Lichtintensität für die optische Achse:
f = ^sin2a (e- ^^- e" ^^^)' . ^ (53)
Den ersten Faktor in (52) gleich Null gesetzt, ergibt die Lage
der dunkeln Hauptisogyrev^=-2a. Während aber die schwarze
Isogyre bei ungefärbten Kristallen durch die optische
Achse selbst hindurchgeht, ist sie bei pleochroitischen
Kristallen durch einen hellen Achsenpunkt unterbrochen,
wenn nicht gerade a = 0 oder 0 = ^/2 ist, d. h. wenn nicht gerade
die Kristallplatte in der ersten Hauptlage liegt. Denn nach (53) ist
J' von Null verschieden, falls sin 2a -^ 0 und Xp von x« ver-
schieden ist.
Der zweite Faktor in (52) gleich Null gesetzt, ergibt dunkle
Ringe um die optische Achse, da der Wert dieses zweiten Faktors
von cosö abhängt, und cosö mit wachsender Entfernung von der
optischen Achse periodisch Maxima und Minima annimmt. Doch
werden diese Ringe (bei homogener Beleuchtung) nur da vollkommen
schwarz, wo «i = xj ist, d. h. nach (48) für tp = ± ^/2, denn dort
verschwindet für co5 rf = 1 wirklich der zweite Faktor. Die ganze
Erscheinung der Ringe wird um so undeutlicher, je stärker die
Absorption sich bemerklich macht, d. h. je dicker die Platte ist.
Denn das von der Phasendifferenz ö in (52) abhängige Glied hat
einen Faktor, den man nach (48) schreiben kann e w ~^ ^^) ^•
Wenn der Kristall nun überhaupt zu den gefärbten gehört, so
muß mindestens einer von den beiden Absorptionsindizes Xp und x«
von Null verschieden sein, d, h. bei genügend großem 0, d. h. bei
genügender Plattendicke d, verschwindet dies Glied, d. h. der Ein-
fluß von 6, Man kann dann den zweiten Faktor von / in (52)
schreiben:
i^=e-^^i^+ e-^^^. (54)
Digitized by
Google
358 Kapitel IV.
Diese Glieder können, obgleich c groß ist, noch merkbare Werte
geben, da x^ oder xj klein sein können für gewisse Stellen M
des Gesichtsfeldes, falls von den xp und xs eines klein ist. Man
kann nun nachweisen, daß -F für tp = 0, jt ein Maximum, für
V^ = ±"12 ein Minimum wird. Denn es ist nach (48)
||=fl «•« V> (X, - X.) (e - ^'Ci« - e-^'^«) ,
daher sind Maxima oder Minima vorhanden bei tp = 0, ^ und
Xj = ^2, d. h. y) = ± ^l2. Für tp = 0, jr ist aber
(55) iP = e-^'^^+6--^^«^ = i^i,
für tp = ± ni2 ist
(56) ^=9.e-(^i' + ^*)^ = ir2.
Setzt mm e-^^^ = x, e"^^'^ = y,
so wird \F^ = ^4"^ , i J^2 = V^-
Da nun aber stets das arithmetische Mittel größer als das geo-
metrische ist (um so mehr, je mehr x und y, d. h. xp und x« von-
einander verschieden sind), so entspricht der Wert tp = 0, jr einem
Maximum, der Wert tp = ± ^^Ig einem Minimum von F,
Außer der Hauptisogyre (tp = 2ä) durchzieht also
stets noch ein senkrecht zur Ebene der optischen Achsen
{tp = ±ni^ verlaufendes schwarzes Büschel das Gesichts-
feld. Dieses fällt mit der Hauptisogyre zusammen in der zweiten
Hauptlage der Kristallplatte {a = ^U).
Durch die Absorption sind schon besondere Erscheinungen
wahrnehmbar, wenn der Analysator oder Polarisator fortgelassen
wird. Für ersteren Fall treten aus der Kristallplatte die beiden recht-
winklig zueinander schwingenden Amplituden Ecos (a — itp) c~ ^ ^
und E 8tn{a — i tp) 6 " ^^. Werden diese nicht auf eine gemein-
same Schwingungsrichtung zurückgeführt, so interferieren sie nicht,
und die resultierende Intensität ergibt sich einfach als Summe
der Intensitäten beider einzelnen Komponenten. Es ist daher
(57) J==E'^fcosHa — ^tl))e''^^^ + stn^a — itp)e-'^^^\.
Digitized by
Google
Absorbierende Körper. 359
Für die optische Achse selbst ergibt sich:
f=^E^{co8''ae-'^^^ + sin^ae-^'^''^). (58)
Untersuchen wir folgende beiden Hauptfälle
1) a = 0. Es wird
Da ^ cosintp{c(xs — Xp) {sin^ ^ip e-^ ^^^ — cos^ itp e" ^^^)
so wird öip^^ ^^^ y^ = ^y ^ ^"^^ V = ± ^k-
Für v^ = 0, jr ist J= J^ = E'^-e'-^^P^,
für tp = ±7il^iQt j=j^= £^-6"^^ + ^'^^.
Wenn daher xp <x« (IL Typus, Kordiorit, Epidot), so ist J^ >/2t
d. h. ein dunkles Büschel liegt senkrecht zur Ebene der optischen
Achsen, dasselbe wird aber durch ein helles Achsenbild durch-
brochen. — Ist aber Xp > xa (I. Typus, Andalusit, Titanit), so ist
J2 > Jv Dann liegt ein dunkles Büschel in der Ebene der opti-
schen Achsen und dasselbe setzt sich durch die Achse selbst hin-
durch fort.
2) «=^1/2: J=E^[sin'^iy)e-^^^ + cos'^itpe-'^^^},
Für tp = 0, Jt ist J=J^ = E^'e-^^'^,
für ti)=±7tl^iQt J = J2 = E^'e''^^P'^^'^^,
Wenn daher xp<Cx8, so ist J\<iJ2i d.h. ein dunkles Büschel
liegt in der Achsenebene und setzt sich durch die Achse fort. —
Ist aber xp > x«, so ist J^ > J^^ d. h. ein dunkles Büschel liegt
senkrecht zur Ebene der optischen Achsen; dasselbe wird aber
durch ein helles Achsenbild durchbrochen.
Digitized by
Google
360 Kapitel IV.
Wird sowohl Analysator als Kompensator fortgelassen, d. h.
betrachten wir eine senkrecht zu einer optischen Achse geschnittene
Platte eines zweiachsigen, pleochroitischen Kristalls im durch-
gehenden natürlichen Lichte, so erhält man
(59) J = E^e" ^^^^ + e- ^^2^) ,
für die optische Achse selbst:
(60) /= ^2(e-^xpO ^ e-^^*^).
Denn wir können das natürliche Licht auffassen als zwei nach
beliebigen aufeinander senkrechten Eichtungen schwingende Kom-
ponenten gleicher Amplitude, welche inkohärent sind. In (60) be-
deutet daher 2E'^ die Intensität des einfallenden Lichtes. Da wir
nun schon oben S. 357 [Formel (54)] konstatiert haben, daß der
Ausdruck (59) ein Minimum wird für tp = ±^/2, so erblickt
man ein senkrecht zur Achsenebene verlaufendes dunkles
Büschel, welches durch ein helleres Achsenbild durch-
brochen wird. Diese im natürlichen Licht auftretenden Achsen-
bilder sind schon 1819 von Brewster beobachtet worden. Man
kann sie leicht wahrnehmen am Andalusit und Epidot.^
6. Interferenzerscheinungeii in absorbierenden einachsigen
Kristallen. Die Kristallplatte sei senkrecht zur optischen Achse
geschnitten.
1) Gekreuzte Nicols. Die Schwingungsebene des Polari-
sators mache den Winkel 9? mit der Verbindungslinie AM der
optischen Achse A und einem Punkte M des Gesichtsfeldes in einem
1) Der Inhalt dieses und des folgenden Paragraphen ist der Arbeit von
W. Voigt (Wied. Ann. 23, S. 577, 1884) entnommen. Betreffs weiterer Aus-
fuhrung der Eigenschaften pleochroitischer Kristalle und der Erklärung der
um die optischen Achsen auftretenden idiophanen Binge, welche bei An-
wendung eines Polarisators allein oder auch im natürlichen Licht sichtbar
werden, vgl. die oben zitierte Arbeit von W. Voigt, Ann. d. Phys. 9, S. 367,
1902, deren Resultate auch in Pockels, Lehrb. d. Krist. Optik, S. 389 u. ff.
dargestellt sind (auch teilweise kurz referiert in Winkelmanns Hdb. d. Physik,
Optik, 2. Aufl., S. 1292). — In einer neueren Arbeit (Ann. d. Phys. 20,
S. 108, 1906) behandelt W. Voigt die innere konische Refraktion bei pleo-
chroitischen Kristallen und gelangt durch die theoretische Diskussion zu
neuen Erscheinungen, die er zum Teil auch experimentell bestätigen konnte.
Digitized by
Google
Absorbiereode Körper. 361
Polarisationsapparate für konvergentes Licht. Dann ist AM die
Schwingiingsrichtung/J der außerordentlichen Welle, diese hat also
nach dem Austritt aus dem Kristall die Amplitude Ecos q) e'~^^^'
nach dem Austritt aus dem Analysator die Amplitude Ecos (psin(pe'~^^ ,
Die ordentliche Welle hat nach dem Austritt aus der Kristallplatte
die Amplitude JSJ^'ng) e~^^, aus dem Analysator '-E8inq)cosq>e'~^^ .
Daher ist die aus dem Analysator austretende Lichtintelisität:
^_^2^j^_2xo<,^^-2x.ö_2,,,rf,-(x. + x,)ö} (61)
In der optischen Achse ist xo = xe, rf = 0, daher
/=0. (62)
Es ergeben sich Interferenzringe, die aber verschwinden, wenn
die Kristallplatte genügende Dicke hat, so daß die Absorption ge-
nügend zur Wirkung kommt. Das Gesichtsfeld ist vom dunkeln
Kreuz 9) = 0, tcj^ durchzogen, dessen Balken parallel den Schwin-
gungsrichtungen des Analysators und Kompensators liegen. Außer-
halb dieses Kreuzes ist das Gesichtsfeld hell bei denjenigen Kri-
stallen, für welche a ^ sehr klein (vgl. (49) auf S. 355), aber c'2
bedeutend ist (I. Typus, Magnesiumplatinzyanür), d. h. bei denen
die Absorption in Richtung der optischen Achse klein ist. Dagegen
ist bei den Kristallen des II. Typus (Turmalin), bei denen a^
groß und c^ klein ist, das Gesichtsfeld überall dunkel.
2) Analysator oder Polarisator allein vorhanden. Beide
Fälle ergeben dasselbe. Ist nur der Polarisator vorhanden, und
macht seine Schwingungsebene den Winkel g) mit der Richtung AM,
so ist die Intensität der außerordentlichen Welle ^2 ^05^9) e""^^*^,
die der ordentlichen E'^ sin^ (p e~ ^'^''^ . Daher
/ = j^2 {^j^i^ g- 2xoö _,. ^^^2^ e^ 2x,6^ (63)
In der optischen Achse ist xo = ?«« , d. h.
f ^^if-2xoC (64)
Bei Kristallen des ersten Typus (xo < x«) ergibt sich daher
dunkles Büschel bei g) = 0 , jr , d. h. parallel zur Schwingungs-
Digitized by
Google
362 Kapitel V.
richtung, also senkrecht zur Polarisationsebene des Polarisators.
Das dunkle Büschel wird durch ein helles Achsenbild durch-
brochen. — Bei Kristallen des zweiten Typus (xo>xe) ergibt
sich ein dunkles Büschel bei (p = ± ^k , d. h. es liegt parallel zur
Polarisationsebene des Polarisators. Das dunkle Büschel geht
durch die Achse selbst hindurch.
3) Durchgehendes natürliches Licht. Die Intensität der
ordentlichen Welle ist E^-e'^^^, die der senkrecht dazu
schwingenden außerordentlichen Welle ist E^-e^^^*^y daher
(65) J = E^ (e- ^^^^ + e"^^*^) .
In der optischen Achse selber ist xo = x« , d. h.
(66) f=2EU-'^^'^.
2E^ bedeutet die Intensität des einfallenden natürlichen Lichtes. —
In Kristallen des ersten Typus erscheint ein heller Achsenfleck
mit dunkler Umgebung, in Kristallen des zweiten Typus ;ein
dunkler Achsenfleck mit heller Umgebung.
Kapitel Y.
Die Dispersion der Körper,
!• Theoretische Grundlage. Man gelangt zu einer die be-
obachteten Erscheinungen gut darstellenden Theorie, wenn man
die Annahme einführt, daß die kleinsten Teile (Moleküle oder
Atome) eines Körpers die Möglichkeit zu Eigenschwingungen be-
sitzen. Diese werden, je nachdem ihre Periode näher oder femer
liegt, zur Periode der von außen auftreffenden Lichtschwingungen
Digitized by
Google
Die Dispersion der Körper. 363
mehr oder weniger stark angeregt.*) Solche durch eine Lichtwelle,
d. h. eine oszillierende elektrische Kraft angeregten Schwingungen
sind ohne weiteres verständlich, wenn man die durch die Elektro-
lyse notwendig gemachte Vorstellung verallgemeinert, daß jedes
Molekül eines Körpers aus positiv und negativ geladenen Atomen
oder Atomgruppen, den sogenannten Ionen, bestehi Diese Ionen
sind im allgemeinen nicht als identisch anzunehmen mit den durch
Elektrolyse erhaltenen Ionen und daher werden sie zweckmäßig
durch ein anderes Wort, z. B. Elektronen, bezeichnet. Da aber
mit diesem Wort in neuerer Zeit eine ganz bestimmte Art von
Ionen bezeichnet wird, so soll hier zunächst noch das allgemeinere
Wort „Ionen" gebraucht werden, um als „Elektronen" die be-
stimmte Art von Ionen zu charakterisieren, von der weiter unten
die Rede ist.
Bei einem Leiter sind die Ionen frei beweglich, bei einem
Isolator haben dieselben aber gewisse Gleichgewichtslagen, um
die sie schwingen können. Die Summe der Ladungen der posi-
tiven und negativen Ionen muß in jedem Volumelement Null sein,
da an keiner Stelle eines nicht von außen geladenen Körpers
freie Elektrizität auftritt.
Fassen wir zunächst nur die positiven Ladungen ins Auge
und bezeichnen mit e^ die Ladung eines positiven Ions, mit my
seine ponderabele Masse, mit §i die Verschiebung desselben nach
der X-Achse aus der Gleichgewichtslage, so muß die Bewegungs-
1) Wie kürzlich Lord Rayleigh gefunden hat (Phil. Mag. 48, p. 151,
1889), hat zuerst Maxwell im Cambr. Calendar f. 1869 (Math. Tripos
Exam.) von ähnlichen Grundlagen au8 die Theorie der anomalen Disper-
sion gegeben. Seine Arbeit ist aber nicht weiter bekannt geworden und
unabhängig von ihm haben dann Seilmeier, v. Helmholtz und Ket-
tele r jene Vorstellungen zur Theorie der Dispersion herangezogen. —
Die molekularen Eigenschwingungen kann man von verschiedenen Stand-
punkten aus rechtfertigen, auch von der mechanischen Lichttheorie aus.
Vom elektrischen Standpunkt kann man Eigenschwingungen durch zwei
verschiedene Betrachtungen einführen; die hier angestellten schließen
sich der v. Helmholtz sehen Auffassung an und ihrer von Bei ff (Theorie
molekularelektrischer Vorgänge, 1896) gegebenen Darstellung, welche
auch far andere Gebiete eine interessante Durchführung dieser Vor-
stellungen enthält. Diese Auffassung hat den Vorzug größerer Anschau-
lichkeit vor der anderen, von Kolaöek (Wied. Ann. 32, S. 224, 1887) be-
nutzten.
Digitized by
Google
364 Kapitel V.
gleichung dieses Ions die Form besitzen, falls eine äußere elek-
trische Kraft der x-Komponente X wirkt 0:
Es ist nämlich e^X die gesamte, von außen wirkende Kraft
Das zweite Glied der rechten Seite bezeichnet die (elastische)
Kraft, welche durch die Verschiebung des Ions geweckt wird und
dasselbe in die ursprüngliche Lage zurückzuführen strebt. Der
Faktor cj^ ist zugesetzt, um anzudeuten, daß das Vorzeichen dieser
Kraft vom Vorzeichen der Ladung unabhängig ist. — Das dritte
Glied der rechten Seite bezeichnet eine der Bewegung des Ions
entgegenstehende Reibungskraft. Auch dieses Glied enthält den
Faktor e^^, weil es vom Vorzeichen der Ladung unabhängig sein
muß. wj, il^i, rj sind positive Konstanten. Die Bedeutung von
d^i erkennt man, falls man die Gleichgewichtslage der Ionen unter
Wirkung der Kraft X bestimmt. Wenn nämlich gj von der Zeit t
unabhängig ist, so folgt aus (1):
(2) ^Ǥi = ^'Y.
^1 gibt also die Leichtigkeit an, mit welcher die Ionen aus
ihrer ursprünglichen Lage zu verschieben sind, d. h. sozusagen ist
d-^ proportional zu dem reziproken elastischen Widerstand (oder
dem Elastizitätskoeffizienten). — Für Leiter ist ^^ = c5c zu setzen.
Eine ganz analoge Gleichung gilt für die negativ geladenen
Ionen:
(3) ^h ö,2 =^2 A - -^- k - ^2 e^' -ö7 •
Auch hier sind m^, 1^2» ^2» positiv, e^ ist aber negativ.
Die elektrische Strömung nach der a:-Achse besteht nun aus
drei Bestandteilen. 1) Der Strömung, wie sie im freien Äther
(ohne Vorhandensein ponderabler Moleküle) unter Einwirkung
einer Kraft A" besteht. Die Stromdichte (elektrostatisch gemessen)
hat nach (13) auf S. 254 den Wert:
1) AUe Größen (cj , X) sollen in elektrostatischem Maße gemessen sein.
Die Gleichung (1) würde auch gelten, wenn das Ion gar keine Masse m^ be-
sitzt, aber wenn die Selbstinduktion bei seiner Bewegung zu berücksichtigen bt.
Digitized by
Google
Die Dispersion der Körper. 365
2) Der Strömung durch die Verschiebung der positiven La-
dungen. Hat die Verschiebung während des Zeitelementes dt den
Wert dSi und bezeichnet ?i' die Anzahl positiver Ionen, welche
auf der Längeneinheit, ?i" die Anzahl der Ionen, welche auf der
Querschnittseinheit vorhanden sind, so tritt durch die Querschnitts-
einheit während dt die Ladungsmenge
€^ SR" . rfgj r = e^ % rf£i ,
wobei 9?i=3l'$R" die in der Volumeinheit vorhandene lonenzahl
der Gattung 1 bezeichnet. In der Zeiteinheit tritt also durch die
Querschnittseinheit die Elektrizitätsmenge:
Ur\ = e,%%==e,%^-Il , (5)
wobei jI als Differentialquotient nach der Zeit aufzufassen ist.
(yx)i bezeichnet die Stromdichte, welche durch die Bewegung der
Ionen der Gattung 1 hervorgerufen wird.
3) Der Strömung durch die Verschiebung der negativen La-
dungen. Dieselbe schreibt sich analog
{j.), = e,%^Jf , (6)
denn eine Verschiebung einer negativen Ladung nach der negativen
X-Achse ergibt einen nach der positiven x-Achse gerichteten Strom.
Die gesamte Stromdichte nach der ;i-Achse ist also
j, = Ox)o + U^\ +. 0'.)2 = ^ ^ + A (6, % ^, + .2 % g2) .
(7)
Analog lauten die Stromkomponenten nach der y- und ;^-Achse.
Weil jedes abgrenzbare Volumen keine freie Ladung hat,
muß die Beziehung erfüllt sein:
f 1 9?i + e^% = 0 . (8)
Wir halten nun, wie immer, an den Grundgleichungen (7) und
(11) (S. 251, 253) der Maxwellschen Theorie fest, und setzen die
Magnetisierungskonstante /^ = 1 , so daß 4jt sx = ^«/ö^ usw. wird.
Wir haben dann in jenen Grundgleichungen, sowie in (1), (3) und
(7) die theoretische Grundlage für alle Dispersionserscheinungen.
Digitized by
Google
366 Kapitel V.
Das allgemeine Integral der Differentialgleichungen (1) und (3)
läßt sich nun sofort hinschreiben, wenn man X als periodische
Funktion der Zeit annimmt. Es wird dann nämlich gj und ^2 pro-
portional der gleichen periodischen Funktion der Zeit vermehrt
um einen gewissen Bestandteil, der die Eigenschwingungen der
Ionen, die nach (l) und (3) für Z=0 stattfinden, darstellt Diesen
Bestandteil kann man aber bei Betrachtung stationärer Zustände
ignorieren, da er wegen der Reibungswiderstände r^, r^, im Laufe
der Zeit gedämpft wird. Wir können daher setzen
(9)
' 1 • L
(10) T=r:2jr,
wobei Ä^ und A^ noch unbestimmte Funktionen des Ortes sind,
die aber die Zeit nicht mehr enthalten, während T die Periode der
von außen eindringenden Kraft, d, h. der Lichtschwingungen, ist
Eigentlich haben g^ und §2 ^^r ^^ Bedeutung der reellen Teile
der in (9) hingeschriebenen komplexen Größen, indes können wir
sie jenen komplexen Größen zunächst selbst gleichsetzen, und am
Schluß der Rechnung wieder zur physikalischen Bedeutung, d. h.
zu den reellen Teilen, übergehen. Dadurch werden die Rech-
nungen bedeutend vereinfacht
Es ist nun nach (9):
Daher kann man (1) schreiben als:
^1 ^M^ "^ T Vit' z' 47ieiV ~ 4n^'
oder für
^^^^ ^^—471 ' ^^— 4ne,^
folgt
(13)
. 1 ^ »i
i 4- r «1 — d
Digitized by
Google
Die Dispersion der Körper. 367
Analog ergibt sich e^ %^ durch Vertauschung des Index 1 mit dem
Index 2. Wir haben daher nach (7):
i + — f'^^ + ^^^
(14)
Vergleicht man diese Formel mit der früheren Formel (17) der
S. 255yx = ^^, so erkennt man, daß an Stelle der Dielektri-
zitätskonstanten 6 die komplexe, von der Schwingungsperiode
T=x ' 2jt abhängige Größe tritt:
'"^^i+i^-^- (15)
wobei zur Abkürzung gesetzt ist
^,; = {^Ä 5Ra . (15')
Die 2 ist über die einzelnen, schwingungsfähigen Ionen zu
erstrecken. Man kann eventuell mehr als zwei Gattungen der-
selben annehmen. Dieselben sind hier (bei den schnellen Wechsel-
zahlen, welche die Lichtschwingungen besitzen und in Isolatoren)
nicht identisch anzunehmen mit den bei der Elektrolyse gefundenen
lonengattungen.
Die in (15) auftretenden Konstanten können wir noch anschau-
licher interpretieren. Für sehr langsame Perioden,^ wie sie bei
langsamen elektrischen Schwingungen (oder elektrostatischen Ver-
suchen) eintreten, ist, falls man x = co setzt, nach (15)
6 = €'« = 1 + Sd^h . (16)
e hat die Bedeutung der bei solchen Versuchen maßgebenden
Dielektrizitätskonstante, d-h kann nach Gleichung (2) und (13) die
Dielektrizitätskonstante der Ä'ten lonengattung genannt werden.
Die resultierende Dielektrizitätskonstante ist also die
Summe der Dielektrizitätskonstanten des Äthers und
aller lonengattungen.
Femer hängt die Konstante hh mit der Eigenschwingungsdauer
Th zusammen, welche die Ä'te lonengattung besitzen würde, falls
Digitized by
Google
368 Kapitel V.
ihr Reibungskoeffizient an vernachlässigt würde. Für diesen Fall
{X =0, ah = rh = o) folgt nämlich aus (1)
(17) bh = Th^, rh=Th:2jt.
Nun haben wir oben S. 341 gesehen, daß eine komplexe Di-
elektrizitätskonstante Lichtabsorption bedingt. Nennen wir n den
Brechungsindex, x den Absorptionsindex, so ist nach den dortigen
Entwicklungen [vgl. die dortige Formel (11)] und der hier abge-
leiteten Formel (15):
(18) ^ = n^i - ^^r = i i-^ -— ^^-^
g' = n2 (7 — ix)2 = i + 2
Aus dieser Formel kann man durch Trennung der reellen und
imaginären Bestandteile zwei Relationen ableiten, aus denen man
n und X berechnen kann.
2. YerYoUständignng der Theorie, Die bisherigen Betrach-
tungen sind der Ausgangspunkt für die Dispersionstheorie in der
einfachsten Form, sie sind aber nicht ganz streng. Durch (rleichung
(4) ist X definiert als die elektrische Feldstärke im Äther, wäh-
rend man in Gleichung (1) unter X die Kraft zu verstehen hat,
welche das Ion in Bewegung setzt. Beide Begriffe sind aber im
allgemeinen nicht identisch, und darauf nehmen die Dispersions-
theorien von Helmholtz^), Lorentz^) undPlanck^) Rücksicht —
Die Feldstärke im Äther nimmt ganz verschiedene sehr große
positive oder negative Werte an, wenn man sich einem Ion stark
annähert; im Mittel ist die Feldstärke offenbar gleich dem Werte
in einem symmetrisch zu den Ionen zwischen ihnen liegenden
Punkte P, der von allen Ionen möglichst gleich weit entfernt ist
Unter X in Gleichung (4) ist nun dieser Mittelwert zu verstehen.
Dieser Mittelwert wird durch die lonenladungen nicht beeinflußt, da
ihre Wirkungen sich wegen der symmetrischen Lage von P in P
aufheben müssen. — Die erregende Kraft, welche auf ein Ion
wirkt, ist nun die am Orte des Ions bestehende Kraft, wenn man
1) H. V. Helmholtz, Berl. Ber. 1892, S. 1093.
2) H. A. Lorentz, La theorie electromagn. de Maxwell, Leide, 1892.
3) M. Planck, Berl Ber. 1902, S. 470; 1903, S. 480; 1904, S. 740; 1905,
S. 382.
Digitized by
Google
Die Dispersion der Körper. 359
sich dort die Ladung des Ions fortdenkt. Denn das Ion kann sich
nicht durch eine innere, von ihm selbst herrührende Kraft in
Bewegung setzen, sondern nur durch Kräfte, die aus seiner Um-
gebung herrühren. Denken wir uns nun zunächst die Ionen in
ihren Ruhelfigen, so würde der Ort jedes Ions ein symmetrisch
zu den anderen Ionen liegender Punkt sein, d. h. an ihm würden
die Wirkungen der umgebenden Ionen sich aufheben und die
erregende Kraft wäre in diesem Falle identisch mit dem Mittel-
werte X der Feldstärke im Äther. Wenn nun nur eine Gattung
von Ionen bestände, so würde auch für Ionen, die aus ihrer Ruhe-
lage verschoben sind, die erregende Kraft identisch mit X bleiben,
denn auch bei verschobenen Ionen liegt der Ort jedes Ions sym-
metrisch zu den anderen Ionen gleicher Gattung, da wir voraus-
setzen, daß die Lichtwellenlänge groß gegen den Ionen- Abstand
ist, d. h. daß in der näheren Umgebung eines Ions alle Ionen
gleicher Gattung sich um gleichviel verschieben. — Die Verhält-
nisse werden aber anders, wenn wir mehrere Ionen-Gattungen
haben. Haben sich die Ionen e^ um g^, die Ionen cj um §2 ver-
schoben, so liegt der Ort eines Ions e^ nicht mehr symmetrisch zu
den Ionen €2, sondern er ist um die Strecke gi — §2 von seiner
Gleichgewichtslage aus nach der positiven a:-Achse relativ zu den
Ionen der Gattung 2 verschoben; diese müssen also eine elektrische
Kraft auf das Ion 1 äußern, welche proportional zu — «2 9^ (li — &)
ist, falls die Verschiebung g^ — §2 genügend klein ist Der Pro-
portionalitätsfaktor ergibt sich nun (durch eine kompliziertere
Rechnung ^) zu 4^/5, so daß die das Ion e^ erregende Kraft X' sich
ergibt zu
r = Z-5e2 5R2(&-g2).
Nun nimmt Planck nur eine Gattung beweglicher Ionen an, es
ist also §2 = 0 zu setzen und wegen der Beziehung (8) kann man
schreiben
1) Vgl. M. Planck, Berl. Ber. 1902, S. 484. Die dortigen Ent-
wicklangen gebrauchen ein etwas anderes Bild, welches aber im Grunde auf
das hier benutzte zurückgeführt werden kann. Zum Zweck möglichst ele-
mentarer Veranschanlichung und Kürzung bin ich hier von den Ent-
wicklungen und dem Bilde bei Planck abgewichen.
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 24
Digitized by
Google
370 Kapitel V.
Setzt man diesen Wert X' in der Bewegungsgleichung (1) anstatt
des dort gebrauchten X ein, so entsteht
d. h. an Stelle yon (13) tritt
(13-) ^»^' ^« 7-4i«.*. + i.,-^/
wobei die a^ und h^ ihre Bedeutungen nach (12) behalten haben.
An Stelle von (18) tritt also:
e' = n2(i — ix)2 = i+ ^^'^'
Wenn man in dieser Weise den Einfluß mehrerer beweglicher
Ionen-Gattungen einführen wollte, so fallen die Formeln wesentlich
komplizierter aus, besonders ist die Abhängigkeit des d von t^
eine formal andere und kompliziertere, als nach Formel (18).
Planck führt diese Erweiterung in seine Theorie nicht ein, und
annähernd kann man ja auch zur Darstellung der optischen Eigen-
schaften mit nur einer beweglichen lonengattung im allgemeinen
auskommen, wenn nämlich die benutzten Schwingungsdauern nicht
einer Eigenschwingungsdauer der Ionen zu nahe kommen und
einer bestimmten Gruppe von Eigenschwingungsdauern (z. B. der im
Ultravioletten liegenden) wesentlich näher liegen, als den anderen.
Dieser Fall tritt oft ein; man kann dann annähernd die Ionen
mit ultravioletten Eigenschwingungen als eine einzige bewegliche
Gattung mit einer gewissen mittleren Eigenwellenlänge zusammen-
fassen, dagegen die Ionen mit ultraroten Eigenschwingungen als
unbeweglich ansehen. Für das ganze Bereich des Spektrums gilt
aber diese Annäherung nicht, und es müßte die Theorie dann für
mehrere bewegliche lonengattungen durchgeführt werden.
Die Plancksche Theorie ist nun insofern noch von allen anderen
Dispersionstheorien verschieden, als die Ursache für die dämpfende
Kraft, welche auf die Ionen wirkt, lediglich in ihren Strahlungs-
verlusten gesehen wird. Wenn nämlich ein Ion seine Geschwindig-
keit verändert, so ist das gleichbedeutend mit einer Stromstärke-
Digitized by
Google
Die Dispersion der Körper. 371
änderuDg. Diese muß aber immer eine elektromotorische Kraft
(Selbstinduktion) im Äther hervorbringen, welche eine Energie-
ausstrahlung bedeutet. Bei Durchführung dieser Betrachtung
ergibt sich nach Planck^) nach einigen Transformationen die Be-
ziehung
wobei c die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum bedeutet, d. h.
(.= 3-10^^ cm : sec ist, und Th die nach (17) berechnete Eigen-
schwingungsdauer der Ionen.
Durch diese Annahme von Planck über die Ursache der
Dämpfung ergeben sich im allgemeinen aber nur sehr kleine Ab-
sorptionsindizes k, sodaß man bei merklich absorbierenden, z. B.
auch gefärbten Körpern, wohl außer der Strahlungsdämpfung auch
noch eine Reibungsdämpfung einführen muß.
Im Folgenden soll wieder an die Entwicklungen des § 1 an-
geknüpft werden, da die strengere Theorie für mehrere beweg-
liche Elektronengattungen sehr kompliziert und noch nicht durch-
geführt ist. Das Wesentliche ist auch durch Diskussion der
angenäherten Theorie des § 1 zu erhalten. Nur bei einigen
Punkten soll auch auf die strengere Theorie, speziell auf Formel
(18') zurückgegriffen werden.
Betreffs der genaueren Durchführung der Konsequenzen dieser
Theorie vgl. die zitierten Arbeiten von Planck.
S. Normale Dispersion. Bei den durchsichtigen Körpern ist
eine Absorption nicht zu bemerken. Man muß für diese Körper
annehmen, daß die Beibungskoeffizienten an nur klein sind, sodaß
man den Betrag (^i^ix vernachlässigen kann gegen 1 — {^^IxY, Dieses
ist offenbar immer nur gestattet, wenn die Periode T des Lichtes
nicht nahe bei einer Eigenschwingung Th der Ionen liegt, denn
sonst würde ^^/V = i sein und es würde Absorption auftreten, selbst
wenn ah nur klein ist. Die durchsichtigen Körper sind daher als
solche aufzufassen, deren Eigenschwingungsdauern nicht mit den
Perioden des sichtbaren Lichtes zusammenfallen, und deren Rei-
bungskoeffizienten klein sind. In diesem Falle wird bei Vernach-
1) M. Planck, Wied. Ann. 60, S. 593, 1897.
24*
Digitized by
Google
372 Kapitel V.
lässigung von o»/t die rechte Seite von (18) reell, sodaß x = 0
wird und der Brechnngsindex den Wert annimmt:
(19) ' -^i_/L*\»
«^=i+2-
9h'
-(tT
Wenn die Eigenschwingungsdauern sich viel von den Perioden
des Lichtes unterscheiden, so kann man für n^ eine schnell kon-
vergierende Reihenentwicklung benutzen. Es sind die Eigen-
schwingungsdauem im Ultravioletten t» zu unterscheiden von den
Eigenschwingungsdauem im Ultraroten rr. Für erstere ist ti,|t
ein kleiner Bruch, daher
(20)
-(•;)
= i+(^f+©Vusw.
Für letztere ist ^/rr ein kleiner Bruch, daher:
(21) __ /T^\ 2 ~ '^'•' 2 - (-] ^ ^^^
Benutzt man diese Eeihenentwicklungen, und fährt man an
Stelle der z die Perioden T selbst ein nach (10) und (17), so ent-
steht aus (19)
n^ = l + -S/^t; H rp2 1 rpl f- • • •
Es hat sich nun in der Tat eine vierkonstantige Dispersions-
formel:
(23) n^^^A'T^ + A + ^ + ^,
mit positiven Koeffizienten A\ A, B, G bisher den Beobachtungen
über die Abhängigkeit des n von T bei durchsichtigen Körpern
meist sehr gut angeschlossen. Wir erkennen in (23) die abge-
brochenen Reihenentwicklungen von (22) und verstehen daher theo-
retisch, weshalb alle Koeffizienten A\ A, B, C positiv sein müssen.
Zugleich ergibt sich, daß das von der Periode T freie Glied A
Digitized by
Google
Die DispeFBion der Körper. 373
der Dispersionsformel die physikalische Bedeutung hat:
Ä = i + U&v ' (24)
Da nach (16) die Dielektrizitätskonstante s die Bedeutung hat
€ — 1 + S&h = 1 + S&v + 2&r\
so ergibt sich
6 — Ä = i:&r\ (25)
d.h. die Differenz zwischen Dielektrizitätskonstante und
dem von T freien Gliede der Dispersionsformel ist stets
positiv und hat die Bedeutung der Summe der Dielektri-
zitätskonstanten der Ionen, deren Eigenschwingungen
im Ultraroten liegen. Hierdurch werden also die oben S. 262
konstatierten Abweichungen der ursprünglichen Maxwellschen
Theorie von der Erfahrung erklärt
Eine solche Differenz zwischen s und A muß also immer be-
stehen, wenn die Dispersion nicht durch die dreikonstantige Formel
n2 = ^+§ + ^ (26)
darzustellen ist; denn der Koeffizient Ä in der Formel (23) rührt
gerade von den Ionen her, welche Eigenschwingungen im Ultra-
roten besitzen. Für diesen Satz bildet das Verhalten des Wassers
eine glänzendeBestätigung. Denn unter allen durchsichtigen Körpern
erreicht der Koeffizient A' der vierkonstantigen Dispersionsformel
den größten Betrag an Wasser, und dies steht sowohl im Einklang
damit, daß Wasser am meisten von allen Körpern Wärmestrahlen
absorbiert, als damit, daß bei Wasser die Differenz zwischen e und
A am größten ist — Unter der Annahme, daß nur ein einziges
Absorptionsgebiet im Ultraroten liegt, kann man die Lage des-
selben aus a' und e — A berechnen. Denn es ist dann (22), (23)
und (25):
ä'=^,, B-A = »r, d.h. 7^2 = ^. (27)
Nach Ketteier ist nun für Wasser ^'= 0,0128- lO^-c^ sec"^^
wobei c=310 ist Ferner ist s ^ A = 11. Hieraus berechnet
Digitized by
Google
374 Kapitel V.
sich die dem ultraroten Absorptionsgebiet entsprechende Wellen-
länge (in Luft oder Vakuum gemessen) zu
2/2= c2 7V2 — ^^ 10- 8 = 60- 10" S
d.h.
(2S) Xr — 7,75 . 10 " * cm = 0,08 mm.
Diese Wellenlänge liegt in der Tat weit im Ultraroten. Ex-
perimentelle Untersuchungen ergaben, daß das Wasser nicht nur
ein Absorptionsgebiet im Ultraroten hat^, daß die Größenordnung
der am stärksten absorbierten Wellenlängen aber in der Tat mit
(28) übereinstimmt. 2)
Weitere quantitative Bestätigungen der Dispersionsformel (19)
haben sich am Flintglas, Flußspat, Quarz, Steinsalz, Sylvin er-
geben, indem man zur Untersuchung auch sehr langwellige Strahlen
verwendete.^) Schreibt man (19) in der Form
d. h. in der Form:
(29) n^ = b^ + 2:
y^k
A2 — A/»"^
SO erkennt man, daß b^ mit der Dielektrizitätskonstante s iden-
tisch sein muß. Bei den genannten Körpern konnte man nun n^
durch die Formel (29) in der Tat gut darstellen, z. B. bei Quarz
(ordinärer Strahl) durch die Konstanten:
jf,c= 0,0106, >li2= 0,0106,
M2= 44,224, V= 78,22,
M^ = 713,55, ^2 = 430,56, h'^ = 4,58.
Es ist Xh=^Th'C gesetzt, und Einheit von Xh ist der tausendste
Teil eines Millimeters (/i).^) Diese 7 Kontanten J/„ Jfj, i/3, X^^
1) Vgl. F. Pascheo, Wied. Ann. 53, S. 334, 1894.
2) Vgl. Rubens u. Aschkinaß, Wied. Ann. 65, S. 252, 1898.
3) Vgl. Rubens u. Nichols, Wied. Ann. 60, S. 418, 1897.— Paschen,
Wied. Ann. 54, S. 672, 1895.
4) Wenn man Mh und Aa^ nach absolutem Maß, d. h. in cm ausdrQcken
will, 80 sind die hier gegebenen Zahlwerte mit 10-* zu multiplizieren, da
\ H = 10-* cm ist.
Digitized by
Google
Die DisperBion der Körper. 375
X2, ^3, ^^ müssen nach (29) die Relation erfüllen:
Die rechte Seite hat hier den Zahlwert: 3,2; die linke Seite ist 3,6.
Diese Differenz wird veranlaßt durch Molekülgattungen, deren
Eigenperioden so weit im Ultravioletten liegen, daß man für sie
Tf^ = 0 setzen kann. Nennt man die Summe ihrer Dielektrizitäts-
konstanten *o', so wird nach (29):
An Stelle von (30) tritt daher:
b^-i-^ :sp, = »0 . (30')
Die Dielektrizitätskonstante des Quarzes hat sich nun zu f = 4,55 '
bis 4,73 ergeben, was mit dem Wert b^ sehr gut übereinstimmt.
Flußspat: i/i = 0,00612, V = 0,00888,
if2 = 5099, X2^= 1258,
b^ = 6,09 , € = 6,7 bis 6,9.
(Auch hier ist (30) nicht genau erfüllt.)
Steinsalz: J[fi = 0,018, ;i,2 = 0,0162,
i/2=8977, V = 3149,
62 = 5,18, e =5,81 bis 6,29.
[(30) ist annähernd erfüllt »0 = 0,18.]
Sylvin: M^ = 0,0150 , X^'^ = 0,0234 ,
if2= 10747, V=4517,
^,2=4^55^ g =4,94.
(Die Relation (30) ist nicht erfüllt. Es ist nach (30') *o' = 0,53.)
Der Schluß, daß die Differenz zwischen e und A nach For-
mel (25) auf Eigenschwingungen und Absorption im Ultraroten
deutet, läßt sich nicht umkehren, d. h. auch wenn die Dielektrizi-
tätskonstante 6 und das von der Periode freie Glied A der vier-
konstantigen Dispersionsformel (23) übereinstimmen, brauchen
Eigenschwingungen und Absorptionen im Ultraroten nicht
ganz ausgeschlossen zu sein. Nach (25) wären nur die
Digitized by
Google
376 Kapitel V.
Dielektrizitätskonstanten ^/ dieser lonengattongen, deren Eigen-
schwingungen im Ultraroten liegen, sehr klein. Trotzdem kann
aber merkliche Absorption für r = Tr eintreten. Denn nach (18)
tritt dann in s das Glied d-rii- ^\xr auf. Dieser Term hat nach (12)
den Wert —i^TrSlrirr, wobei rr den in (1) definierten Reibungs-
widerstand bedeutet. Der Wert dieses Gliedes bleibt also endlich,
auch wenn *r sehr klein wird. So sehen wir in der Tat bei vielen
Körpern, z.B. den Kohlenwasserstoffen, daß die Differenz zwischen
€ und A sehr klein ist, und trotzdem sind diese Körper fftr Wärme-
strahlen nicht vollständig absorptionsfrei.
Aus der Dispersionsformel (22) oder (23) folgt, daß n^ bestän-
dig abnimmt, wenn T wächst Dies kann man in der Tat bei
allen durchsichtigen Körpern beobachten, es ist der normale Ver-
lauf, daher bezeichnet man ihn als normale Dispersion.
4. Berechnung der Elektronenkonstanten ans der Dispersion.
9 Bezielinng der Elektronenzalil znr clieniischen Yalenz. Aus (29)
folgt
(31) Mh^^h^hXh'^, Xh^^jt'^c^
aus (17) und (12) folgt daher
(32) Mh : Zk^ = (?a2 yif, : jtmhc^ .
Führt man die nach elektromagnetischem Maße gemessene Elek-
trizitätsmenge e ein durch die Beziehung (vgl. oben S. 251)
(33) eh = chic^
so ergibt (32):
(32') MH:Xk^ = eh^3lh::^mh.
Nach der Planckschen Theorie folgt aus (18'):
daher haben nach dieser Theorie die Größen Mh und Xh der Dis-
persionsformel (29) die Bedeutung:
(31) ^Ä = (T-4wr^p--^^^ ' ^^-^-^rrp-^-
Digitized by
Google
Die Dispersion der Körper. 377
Also auch nach dieser Theorie gilt die Relation (32). Wenn man
nun die experimentell gefundenen Zahlenwerte für Mh und Xh ein-
setzt, so ergibt sich die linke Seite von (32) stets wesentlich
kleiner für die ultraroten Eigenschwingungen, als für die ultra-
violetten Eigenschwingungen, z. B. ist für Flußspat, wenn man
MhiXh^ in absolutem Maß (nach cm) ausdrückt, d. h. die im Text
hier gegebenen Werte von Mh und Xh^ mit 10"" ^ multipliziert (vgl.
Anm. 4 der S. 374):
^4 = 3,23-10S ^ = 0,778. 10»^
Setzt man nun in Gleichung (8) S. 365, welche ausdrückt, daß
keine freie elektrische Ladung auftritt, den aus (32) folgenden
Wert für eh^lh ein, so folgt
V * ^ — V * ^ "^ V * ^ ~"
Daher muß beim Flußspat, wie überhaupt bei allen Körpern,
bei denen Quotienten Mh : Xh^ von zweierlei verschiedener Größen-
ordnung gleichzeitig auftreten, auch bei den lonengattungen chinih
zweierlei verschiedene Größenordnung besitzen. Da nun bei allen
Körpern MviXv^ viel größer als MriXr^ ist, so muß bei den
ultravioletten Eigenschwingungen (Index v) ejm viel grö-
ßer sein, als bei den ultraroten Eigenschwingungen (In-
dex r).
Nun hat man in der Tat schon auf anderen Gebieten Quo-
tienten e : m von zweierlei verschiedener Größenordnung gefunden,
nämlich bei der Elektrolyse, bei der die Ladung e an ponderable
Masse geknüpft ist, und bei den Kathodenstrahlen, bei denen eine
negative Ladung an die Teilchen der Kathodenstrahlen gebunden
ist. Für erstere ergibt sich z.B. für Wasserstoff ^ (aus dem elek-
trochemischen Äquivalent) / :m = 0,965 • 10^ für letztere (aus der
magnetischen Ablenkbarkeit der Kathodenstrahlen 2)) e' : m =
1) Für diesen hat e : m noch den größten Wert, da Wasserstoff das
kleinste Atomgewicht hat.
2) Nach W. Kaufmann, Ann. d. Phys. 19, S. 551, 1906. — Nach
anderen Beobachtern ist e : m zum Teil etwas kleiner, aber meist größer als
1.10^. Vgl dazu J. J. Thomson, Elektrizitatsdurchgang in Gasen. Deutsch
von Marx, Leipzig, 1905, S. 117.
Digitized by
Google
378 Kapitel V.
1,88 • 10 1 Man nimmt nun in neuerer Zeit an, daß die Kathoden-
strahlen aus dem negativen Elementarquantum der Elektrizität
ohne ponderable Masse bestehen (sogenannte freie Elektronen),
und daß ihre Masse m nur eine scheinbare, durch Selbstinduktion
hervorgerufene sei. In der Tat muß ja ein bewegtes Elektron, da
es einen elektrischen Strom durch seine Bewegung erzeugt, auch
ein magnetisches Feld erzeugen, d. h. elektrische Trägheit bei Ge-
schwindigkeitsänderungen besitzen, die man Selbstinduktion nennt.
Diese freien Elektronen findet man noch in mehreren anderen Ge-
bieten, z. B, in den photoelektrischen Effekten, in den /9- Strahlen
des Radiums, beim Zeemanneffekt, der unten im Kapitel VII be-
sprochen wird. In allen diesen Fällen ergibt sich ein annähernd
konstantes Verhältnis e:m, während für die mit ponderabler Masse
behafteten Ionen e:m je nach dem Träger, d. h. der Masse m, ver-
schieden und stets viel kleiner^) ist als bei den freien negativen
Elektronen.
Es liegt daher der Schluß nahe, daß die ultravioletten
Eigenschwingungen den freien negativen Elektronen (mit
konstantem für sie charakteristischen Verhältnis ^'jm = 1,88 • 10 ')
zugehören, daß dagegen die ultraroten Eigenschwingun-
gen hervorgebracht werden durch Schwingungen des
ganzen positiv geladenen Moleküls oder eines Teiles des-
selben. Diese Anschauung kann man in der Tat gut durch-
führen und erhält dabei gewisse Bestätigungen durch den chemi-
schen Aufbau des Moleküls. 2)
Nennen wir nämlich jph die Anzahl Ionen bzw. Elektronen der
Ä-ten Gattung, die pro Molekül vorhanden sind, M das Molekular-
gewicht, d die Dichte der Substanz, H die absolute Masse eines
Atoms Wasserstoff, so ist
(33) d==-^^HM,
daher nach (32'):
(34) ^'^^/:«^ = ^¥-aT4-
Für die ultravioletten Eigenschwingungen ist nun nach unserer
1) Mindestens ist es etwa 2000 mal kleiner, da dieses VerhältniB fOr
Wasserstoff besteht.
2) Hier soll nur der Ausgangspunkt mitgeteilt werden. Betreffs weiterer
Ausfiihrung vgl. P. Drude, Ann. d. Phys. 14, S. 677, 936, 1904.
Digitized by
Google
Die Dispersion der Körper. 379
Annahme en gleich dem Elementarquantum e der Elektrizität, für
eh : H ist daher der aus der Elektrolyse gewonnene Wert e : m =
0,965-10^ zu benutzen. Setzt man femer für eh'.mh in (34) den
aus den Kathodenstrahlen gefundenen Wert ^/ 1,88-10' ein, so
ergibt sich nach (34) aus den ultravioletten Eigenschwingungen
die Zahl pv der pro Atom vorhandenen, bei den Lichtschwingungen
in Bewegung gesetzten Elektronen:
;,,= 1,73-10 -j- x;-4.
Da nun z.B. beim Flußspat Jl/=78, rf==3,18, ift; :;it;^ = 0,778- 10 1<>
ist (vgl. oben), so folgt für ihn p = 3,3. Man sollte eine ganze
Zahl für pv erwarten, indes ist zu berücksichtigen, daß weder der
Wert Bh = nih aus den Kathodenstrahlexperimenten ganz sicher
gestellt ist, noch auch die Werte von Mv und Xv, welche aus der
Dispersionskurve des Flußspats nur durch eine Art Extrapolation
gewonnen sind, da man nur mit Lichtwellenlängen beobachtet hat,
welche größer als die ultravioletten Eigenwellenlängen waren.
Nimmt man z.B. für en :mh in (34) den Wert 1,53-10" an, der
auch mit den Resultaten mancher Beobachter verträglich ist (vgl.
oben Anm. 2, S. 377), so würde p» = 4 folgen. Diese Zahl ist
gleich der Summe der im Flußspatmolekül vorhandenen Valenzen.
Es ist nun sehr bemerkenswert, daß sich bei allen Substanzen
für Pv Zahlen ergeben, welche von der Größenordnung der im
Molekül vorhandenen Valenzsumme sind und mit dieser bei homo-
logen Verbindungen wachsen bzw. abnehmen. Dies wird nun
verständlich durch folgende Anschauung:
Ein einwertiges Atom von elektropositivem Charakter be-
zeichnet ein solches, welchem ein negatives Elementarquantum
durch ein anderes Atom von elektronegativem Charakter entzogen
werden kann, ein zweiwertiges ein solches, dem zwei Elementar-
quanta entzogen werden können usw. Durch die Valenz wird
also, wenigstens bei den elektropositiven Atomen, die Anzahl der
verhältnismäßig lose an das Atom geketteten negativen Elektronen
bezeichnet; außerdem gibt es im Atom noch sehr viele andere,
aber fester gebundene Elektronen.*)
1) Dies kann man schließen wegen der Kompliziertheit der Emissions-
spektren. — Der Einfluß dieser Elektronen ist auch gekennzeichnet durch
die Größe ^^ (30').
Digitized by
Google
380 Kapitel V.
Die Eigenschwiügungsdauer Th eines Elektrons mu£ nun um
so größer sein, je loser es an das Atom gekettet ist, und daher
muß die Valenzzahl (bei elektropositiven Atomen) gleich der Elek-
tronenzahl sein, welche die größte (im Ultravioletten liegende)
Eigenschwingungsdauer haben, falls diese bei allen lose gebun-
denen Elektronen im Atom die gleiche ist Dies wird nun im
allgemeinen nicht der Fall sein, und daher kann man im allge-
meinen aus der Dispersion auch nur einen gewissen Grenzwert ^
für die Zahl der beweglichen Elektronen erhalten. Das Wasser-
stoflfmolekül dagegen enthält zwei Valenzen von elektropositivem
Charakter, die wegen ihrer Gleichheit auch die gleiche Eigen-
schwingungsdauer haben werden, und in der Tat erhält man aus
der Dispersion des Wasserstoffes ^ mit der Annahme pv = 2 für
«//mr den Wert 1,5- 10', d. h. jedenfalls annähernd den bei Ka-
thodenstrahlen gefundenen Wert.
Daß also oben beim Flußspat sich ebenfalls Übereinstimmung
zwischen pv und der Valenzzahl ergeben hat, ist von diesem Stand-
punkte exakt jedenfalls nicht notwendig, einmal wegen des kom-
plizierteren Molekttlbaues, der wahrscheinlich mehrere ultraviolette
Eigenperioden enthält, andererseits we^en der Anwesenheit der
zwei elektronegativen Atome Fluor. Über die Ausdehnung der
Eesultate auf diese komplizierteren Fälle, sowie über die Ver-
wertung der ultraroten Eigenschwingungen vom Standpunkte der
hier gegebenen Entwicklungen, speziell der Formel (34), vgl.
meine oben Anm. 2, S. 378 zitierte Arbeit.
5. Abhängigkeit des Breehungsindex von der Dichte. Nach
Formel (19) S. 372 folgt
n2 _ 1 = %J ^'^' -
(35) !-(?)''
d. h. es müßte, da die Ionen bezw. Elektronenzahl 9U propoiüonal
zur Dichte der Substanz ist, n^—1 proportional zur Dichte sein.
Nach der strengeren, in § 2 vervollständigten Theorie fällt dies
Resultat anders aus, denn aus Formel (18') S. 370 folgt (bei un-
merklicher Absorption):
1) Das Genauere hierüber vgl. in meinem oben Anm. 2 S. 378 zitierten
Aufsatz.
2) Aach bei Fortsetzung der Dispersion in das Gebiet der Beststrahlen
hinein. Vgl. hierüber J. Koch, Ann. d. Phys. 17, S. 668, 1905.
Digitized by
Google
Die Dispersion der Körper.
381
w'-i — 1 +
%»i
l-ii»l^l-J^2'
daher
n^ + 2 S .. r, V
(35')
Nun ist nach den vorliegenden Beobachtungen weder n^ — i ge-
nau proportional zur Dichte, noch auch n^ + 2 : n^ — 1 genau um-
gekehrt proportional zur Dichte, indes ist letztere Relation (35')
viel genauer erfüllt als erstere Relation (35). Dies zeigt sich be-
sonders beim Wechsel des Aggregatzustandes, wie folgende Ta-
belle lehrt, die sich auf die D-Linie bezieht {d bezeichnet die
Dichte der Substanz):
Dampf|FlÜ86igkeit| Piff.
Wasser
Schwefelkohlenstoff
Chloroform
0,2068
0,2898
0,1796
0,2061
0,2805
0,1790
+0,0007
+0,0093
+0,0006
Die annähernde Konstanz des Aggregates (n^— 1 in^ + 2) • Vd
zeigt jedenfalls die Überlegenheit der strengeren Theorie des § 2
gegenüber dem einfacheren Ansatz des § 1. Daß n^ — 1 : w^ + 2
nicht genau der Dichte proportional ist, mag mindestens teilweise
seinen Grund darin haben, daß nicht nur eine Gattung von
schwingungsfähigen Elektronen mit ultravioletten Eigenschwin-
gungen existiert, sondern daß tatsächlich bei allen drei Substanzen
auch schwingungsfähige Ionen mit ultraroten Eigenschwingungen
vorhanden sind. In diesen Fällen gilt aber die Formel (35') streng
genommen nicht mehr, wenigstens wenn man nicht den Brechungs-
index für sehr kleine Wellenlängen beobachtet, so daß die ultra-
roten Eigenschwingungen keinen Einfluß haben (vgl. dazu die
Bemerkung oben S. 370).
6. Anomale Dispersion« Normale Dispersion des n^ tiitt
allemal ein, wenn man die Untersuchung beschränkt auf ein Ge-
biet von Schwingungsperioden 7; welches nicht durch eine Eigen-
schwingungsperiode des Körpers hindurchgeht Sowie aber das
Digitized by
Google
382
Kapitel V.
letztere eintritt, muß der normale Verlauf des n^ gestört werden.
Denn aus (19) folgt, daß für Perioden T, welche kleiner als eine
Eigenperiode Th ist, für welche also 1 — (^ä/t)^ den negativen
Wert — C hat, w^ das große negative Glied: —**':? enthält,
während für T, welche größer als Th sind, 1 — (^A/r)^ den positiven
Wert ^ annimmt, daher n^ das positive Glied + &h : ^ enthält
Wenn daher rbestän-
dig wächst, so nimmt
n^im allgemeinen ab,
beim Hindurchgehen
durch ein Absorp-
tionsgebiet aber zu.
Im Absorptionsgebiet
selbst ist die Formel (19)
nicht zu gebrauchen, viel-
mehr ist dann n^ und x
aus (18) mit Berücksich-
tigung von ah zu berech-
nen. Jedenfalls müssen
die Werte von n^ kontinuierlich zusammenhängen. Man erhält
daher den in Figur (102) dargestellten Verlauf des w^ und des
Absorptionsindex x. Letzterer ist bei kleinem ah nur in unmittel-
barer Nähe von Th von Null verschieden, aber dann auch um so
bedeutender, je kleiner an ist* Denn aus (18) folgt für T= Th:
"*jr
Fig. 102.
(36)
TV 2T%
2n^x = ö = .
Je kleiner also ah, d. h. n ist, um so schärfere und schmalere
Absorptionsstreifen besitzt der Körper, während bei großem ah
die Absorption sich über größere Gebiete von Wellenlängen er-
streckt, aber mit geringerer Intensität.
Der in Figur (102) angedeutete Gang der anomalen Dis-
persion wird nun in der Tat bei Körpern mit auswählender starker
Absorption (z.B. Fuchsin) gut bestätigt. 0 Die Gase und Metall-
dämpfe zeichnen sich durch sehr schmale und intensive Absorptions-
1) Vgl. Ketteier, theoret. Optik, Braunschweig, 1885, S. 548ff. —
Eine gut« Bestätigung der Theorie auch im Absorptionsgebiete selbst hat
Pflüger (Wied. Ann. 65, S. 173, 1898) am Cyanin erhalten.
Digitized by
Google
Die Dispersion der Körper. 3g3
streifen aus. Auch in der Nähe dieser schmalen Absorptionsstreifen
tritt anomale Dispersion des n^ auf.
Experimentell kann man das Vorhandensein anomaler Dis-
persion am einfachsten dadurch erkennen, daß ein Prisma des
betreffenden Körpers von einer Lichtlinie ein Spektrum entwirft,
in welchem die Farbenfolge nicht die normale ist Die Erschei-
nung kann aber dadurch kompliziert werden, daß im Spektrum an
mehreren Stellen zwei Farben aufeinander fallen können. Daher
ist es übersichtlicher, wenn man die Kundtsche Methode der
gekreuzten Prismen anwendet indem ein durch ein Glasprisma
mit vertikaler brechender Kante entworfenes normales, sehr
schmales, horizontales Spektrum betrachtet wird durch ein Prisma
der zu untersuchenden Substanz mit horizontaler brechender Kante.
Bot
Gelb
Blau
Fig. 103.
Es entsteht eine Lichtlinie, welche bei anormaler Dispersion von
S aus Stücken in verschiedener Höhe besteht, welche durch dunkle
Stellen, die den Absorptionsgebieten entsprechen, voneinander ge-
trennt sind.
Ein Übelstand dieser Prismenmethoden ist es, daß bei starker
Absorption nur Prismen von sehr kleinem brechendem Winkel
benutzt werden können. Daher ist die Methode von Mach und
Arbes*) günstig, welche die anomale Dispersion aus der Total-
reflexion erschließt. Eine Fuchsinlösung wird in den horizontal
liegenden Glastrog G gefüllt, und auf ihn das Flintglasprisma P
gesetzt. Von der Lichtlinie L, die in einer Vertikalebene liegt,
konzentriert die Sammellinse «, die Lichtstrahlen auf der Grenz-
fläche Glas-Fuchsinlösung. Die Linse s^ sammelt die reflektierten
Strahlen und entwirft ein reelles Bild von L auf dem Schirm S.
1) E. Mach und J. Arbes, Wied. Ann. 27, S. 436, 1886.
Digitized by
Google
384 Kapitel V.
Dieses Bild wird aber vorher durch ein geeignet gestelltes Glas-
prisma in ein Spektrum verbreitert Dasselbe zeigt dann die in
der Figur dargestellte Helligkeitsverteilung, in der die Kurve
mnpq der Totalreflexion zu erkennen ist Das Absetzen dieser
Kurve zwischen n und p läßt auf einen Blick die anomale Dis-
persion erkennen. (Zwischen n und p liegt ein dunkler Streifen,
da fftr die dort liegenden Farben der Brechungsindex des Flint-
glases gleich dem der Fuchsinlösung ist, sodaß Oberhaupt keine
Reflexion eintritt) Direkt im Gebiete maximaler Absorption kann
man allerdings auch nach dieser Methode den Brechungsindex
nicht immer bestimmen, denn in diesem Gebiete ist oft die partielle
Reflexion wegen der hohen Absorption so groß (vgl Metallreflexion),
daß die partielle Reflexion kontinuierlich in die Totalreflexion über-
geht, sodaß keine scharfe Grenzkurve auftritt Man kann dann
aber n und x aus der partiellen Reflexion wie bei den Metallen
bestimmen.
Eine glänzende Bestätigung der hier dargelegten Anschauungen
hat sich neuerdings^) durch die Tatsache ergeben, daß Quarz für
sehr langwellige Strahlen {X = 56 fi) einen viel größeren Brechungs-
index besitzt (n = 2,18) als für sichtbares Licht Die Formel (29)
liefert mit Annahme der auf S. 374 angegebenen Konstantenwerte
des Quarzes n = 2,20. Wenn man daher die Strahlen eines Auer-
brenners durch ein Quarzprisma spektral zerlegt, so findet man
jenseits der violetten Seite des Spektrums diese langwelligen
Strahlen, welche daher so in einfacher Weise durch Abbiendung
von den andern Strahlen zu isolieren sind.
Das Gegenstück zu einem sehr schmalen Absorptionsstreifen
bietet der Fall, daß in (18) oder in (15) nicht oä, sondern h oder
TA zu vernachlässigen ist, daß wir uns also in einem Absorptions-
gebiete befinden, in welchem keine Eigenschwingungen liegen (die-
selben würden vielmehr erst bei viel kleineren Schwingungen ein-
treten). Dann wäre nach (18):
(37) «'('-*'>'-' + 2;f^('-t) + 27^.-
Die -T über den Index v bezieht sich auf die im Ultravioletten
liegenden Eigenschwingungen. Nimmt man deren Perioden als
1) Rubens u. Aschkinaß, Wied. Ann. 67, S. 459, 1899.
Digitized by
Google
Die Dispersion der Körper. 385
sehr klein gegen T an, so wird nach (37), falls man wiederum in
Übereinstimmung mit der Bezeichnung der S. 375 -S d^v = d^d setzt:
.„.(,_,^=, + *'+2^. 2n^=2^^»- (38)
Ist nur eine lonengattung h vorhanden, so ergibt sich, daß
n mit abnehmender Periode T von T = oo an zunächst beständig
abnimmt und die Absorption, welche ein sehr breites Gebiet ein-
nimmt, ein Maximum für eine gewisse Periode T erreicht. Diese
Formeln scheinen bei manchen Substanzen die Dispersionserschei-
nungen darzustellen, die man im Gebiete der durch elektrische
Vorgänge erhaltenen großen Wellenlängen von 2 = oc bis zu
etwa 2 = 1 cm herab beobachtet. ^
7. Die Dispersion der Metalle. Wenn wir Leiter der Elek-
trizität in den Kreis der Betrachtungen ziehen, so haben wir zu
berücksichtigen, daß in Leitern Elektrizitätsmengen unter dem
Einfluß einer konstanten elektrischen Kraft fortdauernd ver-
schoben werden, ohne eine bestimmte Gleichgewichtslage anzu-
nehmen. Die bei den Elektrolyten benutzte Vorstellung, daß die
verschobenen Elektrizitätsmengen an bestimmte Massen (Ionen)
geknüpft sind, übertragen wir insofer^ auf die Metalle, als auch
in ihnen die Bewegung der Ionen oder Elektronen so erfolgt, als
ob sie träge Masse m besäßen. Dieselbe kann aber auch schein-
bare Masse sein, indem die Trägheit durch die Selbstinduktion
veranlaßt wird (vgl. oben S. 371).
Für diese (Leitungs-) Ionen muß man ihre Konstante d- un-
endlich groß setzen, da nach (2) ^j proportional ist der Ver-
schiebung der Ionen aus der ursprünglichen Lage unter der Ein-
wirkung einer konstanten elektrischen Kraft. Die Bewegungs-
gleichung dieser Ionen entsteht daher aus der Gleichung (1) der
S. 364, wenn man dort ^, = oo setzt, d. h. sie ist:
^S = «^Y-re^g, (39)
oder wenn man nach (5) die von diesen Ionen hervorgerufene
Strömung Jx = eSÜ^ einführt:
1) Dies habe ich näher in Wied. Ann. 64, S. 131, 1898 ausgeführt.
Drade, Lehrbach d. Optik. 2. Aafl. 25
Digitized by
Google
386 , Kapitel V.
Hierin ist m die (scheinbare oder wirkliche) Masse eines Ions, e
die Ladung desselben, 91 die Anzahl der Ionen in der Volumenein-
heit. Aus (40) erkennt man, daß, falls zwei Leitungs-Ionengattungen
vorhanden sind (eine positiv und eine negativ geladene Gattung),
deren Reibungswiderstände r^ und r^ sind, für konstante Ströme die
Beziehung besteht
wobei 0 die nach elektrostatischem Maß gemessene spezifische
elektrische Leitfähigkeit des Körpers ist (vgl S. 339).
Für periodische Änderungen wird nach (40), da ^Y= — ix -tt ist,
d^
r\ . hX
' — *r
9i/ ~ ~ *^ ht
•^^ [V ~e^H '^ fi
oder
(42) ^^^-^^^ [^^^^ir\
Durch derartige Zusatzglieder ist die frühere Formel (14) der
S. 367 zu erweitern, sodaß, wenn man zur Abkürzung setzt
(43) m : e^ s=» m
die resultierende komplexe Dielektrizitätskonstante e die Gestalt
annimmt:
(44) ' ^ ^ "^ ? 7^.t* hH + ^ ^ ^ 2-^ •
^ ^ h l-\-t s- ktr
TT' T
Nimmt man an, daß die Schwingungen weit von den Eigen-
schwingungen der lonengattungen h entfernt seien, sodaß oh zu
vernachlässigen ist, so entsteht aus (44), da b =n^ {i — ix)^ ist,
durch Trennung des Reellen und Imaginären:
(45) "'('-'■'-' + 2 -1'^.-^-2,T%-
1) Hier bezeichnet X wie soDst die mittlere Feldstärke im Äther zwischen
den Ionen. Ob streng genommen die erregende Kraft der Leitungsionen
auch noch modifiziert wird durch die Verschiebung der gebundenen Elektronen,
mag unerörtert bleiben. Es würde dadurch das Dispersionsgesetz für die
Metalle modifiziert werden, der wesentliche Inhalt dieses Paragraphen aber
bestehen bleiben.
Digitized by
Google
Die Dispersion der Körper. 337
nhc = 2:tT^
'■+(")'
(46)
Hieraus ist ersichtlich, daß bei Metallen wohl x > 1 sein kann,
da die rechte Seite von (45) nicht nur wegen des zweiten Termes,
sondern besonders auch wegen des dritten Teimes, der mit der
Masse m der Leitungs-Ionen proportional ist, negativ werden kann.
Dies wird bei bestimmten m und r um so eher eintreten, je kleiner
r, d. h. je größer die spezifische Leitfähigkeit ist. Ferner ist durch
die Gleichung (46) der zweite Widerspruch erklärt, der oben auf
S. 348 konstatiert wurde, daß nämlich bei den Metallen nhc kleiner
als öT ist. Setzt man nämlich w' = 0 (oder r = oc), so ergibt (46)
tatsächlich [mit Rücksicht auf (41)] die von der ursprünglichen
Maxwellschen Theorie geforderte Beziehung
sobald aber ^'1% nicht vernachlässigt wird gegen r (und gerade bei
schnellen Perioden [r klein] und großer Leitfähigkeit [r klein] wird
dies nicht gestattet sein), so ergibt sich nach (46) n^x < oT. *)
Noch allgemeinere Formeln als (45) und (46) könnte man durch
Hinzuziehung der in (38) gebildeten Ausdrücke erhalten, was der
Annahme entspräche, daß außer den eigentlichen Leitungs-Ionen
noch leitende Bestandteile vorhanden wären, welche aber unter
Wirkung einer konstanten elektrischen Kraft nur um einen end-
lichen Betrag aus ihrer ursprünglichen Lage verschoben werden
(sogenannte innere Leitfähigkeit, wie man sie durch Leiter, welche
in einem Isolator eingebettet sind, im Groben nachahmen kann).
Ob diese erweiterte Annahme notwendig ist, könnte erst eine weit
vollständigere Untersuchung der Dispersion der Metalle ergeben,
als sie bisher ermöglicht worden ist.
Die Formeln (45) und (46) geben auch Aufschluß darüber, daß
nur bei so guten Leitern, wie sie die Metalle sind, Lichtabsorption
durch die elektrische Leitfähigkeit hervorgerufen wird, während
bei den besten elektrolytischen Leitern die Leitfähigkeit noch immer
so gering ist, daß sie, wie es auch die Beobachtung bestätigt, sehr
gut durchsichtig sein können, z. ß. ist bei bestleitender Schwefel-
1) Betreffs weiterer AasfÜhrung und Berechnung der Eiektronenanzahl
vgL meinen Aufsatz in der phys. Zeitsch. S. 161, Jan. 1900, und in Ann. d.
Phys. 14, S. 936, 1904.
25^
Digitized by
Google
388 Kapitel V.
säure oder Salpetersäure die spezifische elektrische Leitfähigkeit
etwa 7 • 10""* mal so groß, als beim Quecksilber. Da bei letz-
terem (vgl. oben S. 339) ö= 10^* ist, so wäre also bei den best-
leitenden Elektolyten 0 = 7- 10 *\ Nun ist aber für Licht-
schwingungen etwa r=2 • 10""^*, daher ist oT=li - 10-^
= 0,0014. Nach Formel (41) ist aber nhc stets kleiner, jedenfalls
nie größer als oT. Daher ist x, d. h. die Lichtabsorption, sehr
gering, wenigstens die durch die Leitfähigkeit bedingte.
Kapitel Tl.
Natürlich-aktive Körper.
1. Allgemeine Grundlage. Wenn ein linear polarisierter
Lichtstrahl senkrecht auf eine planparallele Glasplatte fällt, so hat
die Polarisationsebene des austretenden Strahles dieselbe Lage,
wie die des eintretenden. In derselben Weise verhalten sich im
allgemeinen alle Körper, auch Kristallplatten, welche senkrecht
zu einer optischen Achse geschnitten sind.
Indes gibt es eklatante Ausnahmen von dieser Regel bei den
sogenannten nattirlich^)-aktiven Körpern: So z. B. dreht eine
senkrecht zur optischen Achse geschnittene Quarzplatte die Polari-
sationsebene sehr bedeutend, und sogar in Zuckerlösungen ist diese
Drehung leicht nachweisbar. Letzteres Resultat ist um so auf-
fallender, als man eine Lösung als einen völlig isotropen Körper
anzusehen geneigt ist, während die besprochene Erscheinung ent-
schieden gegen die Isotropie des Körpers spricht. Denn bei voll-
kommener Isotropie könnte aus Symmetrierttcksichten eine Ab-
1) Dieser Zusatz dient zur UnterscheiduDg von den später zu besprechen-
den magnetisch-aktiven Körpern.
Digitized by
Google
Natürlich-aktive Körper. 389
lenkung der Polarisationsebene des einfallenden Lichtes in irgend
einem bestimmten Sinne nicht möglich sein.
Diese Erscheinung spricht also dafür, daß die Zuckerlösung in
optischer Hinsicht keine einzige Symmetrieebene besitzt, da sonst,
wenn z. B. die Polarisationsebene des einfallenden Lichtes mit ihr
Zusammenfiele, keine Drehung derselben stattfinden könnte. Der
Natur der Lösung entspricht es aber, daß sie sich in allen Rich-
tungen gleich verhält. Es läßt sich hiemach die Gestalt der
Differentialgleichungen, welche die optischen Vorgänge in einer
Zuckerlösung beschreiben können, dahin charakterisieren, daß die-
selbe ungeändert bleiben muß bei einer beliebigen Drehung des
ganzen Koordinatensystems, daß dagegen die Gestalt der Differen-
tialgleichungen sich ändern muß, wenn nur eine der Koordinaten-
achsen in die entgegengesetzte Richtung gelegt wird, d. h. wenn
z. B. X und y unverändert bleiben, während x mit — x vertauscht
wird. Körper, für welche Differentialgleichungen dieser Gestalt
gelten, heißen dissymmetrisch-isotrope.
Dagegen nennt man einen Kristall, der, wie Quarz, keine op-
tische Symmetrieebene besitzt, einen dissymmetrisch-kristal-
linischen Körper.
2. Isotrope Körper. Bei einer Lösung kann eine ünsymmetrie
nur in der Gestaltung des Moleküls selbst liegen, nicht in der
gegenseitigen Anordnung der Moleküle, und in der Tat haben
le Bei und van't Hoff das Drehungs vermögen direkt mit der
chemischen Konstitutionsformel in Verbindung setzen können. —
Bei einem festen Körper kann die Dissymmetrie in der gegen-
seitigen Anordnung der Moleküle liegen.
Eine Erweiterung unserer bisherigen Theorie versuchen wir in
den Gleichu ngen (1) auf S. 364 des vorigen Kapitels ^\ während wir
an den sogenannten Grundgleichungen der Maxwellschen Theorie
(S. 251 u. 253) nach wie vor festhalten.
Die dissymmetrische Konstitution eines Körpers ist nun nur
dadurch zu erkennen, daß man die Eigenschaften an einer Stelle
mit denen einer benachbarten Stelle vergleicht; ein genau punkt-
förmiges Gebilde kann keine dissymmetrische Eigenschaften haben,
diese können immer erst bei räumlich ausgedehnten Gebilden
1) Von einer VervoUstandigung dieser Gleichungen entsprechend der
Gleichung (1') S. 370 woUen wir hier absehen, da dies für den vorüegenden
Zweck nicht wesentlich ist.
Digitized by
Google
390 Kapitel VI.
hervortreten. Die notwendige Erweiterung unserer früheren An-
schauungen über die lonenbeweglichkeit muß also darin bestehen,
daß wir die Verschiebung g eines Ions nicht nur von der elek-
trischen Kraft X an der Stelle des Ions als abhängig betrachten,
sondern auch von den elektrischen Kraftkomponenten der unmittel-
bar benachbarten Stellen. Mathematisch drückt sich diese Idee
dadurch aus, daß in der Gleichung (1) der, S. 364 oder der Glei-
chung (2) außer A' auch noch die Differentialquotienten von X, F,
Z nach den Koordinaten vorkommen müssen. Berücksichtigt man
nun die Bedingung der Isotropie, d.h. daß* keine Koordinaten-
richtung vor der anderen ausgezeichnet ist, so bleibt als mögliche
Erweiterung von (2) im vorigen Kapitel nur:
zu welcher Gleichung sich zwei analoge zuordnen, die man durch
zyklische Vertauschung der Buchstaben aus (1) ableiten kann. In
(1) könnte wegen der Isotropie auch noch das Glied ^ auftreten.
Dieses muß aber deshalb verschwinden, weil sonst
e
\bx "^ öy "•" öxl "^ Öx2 "T" by2 "T ^2
wäre, d. h. es könnte eine Anhäufung freier Ladung entstehen, da
die rechte Seite im allgemeinen, z. B. bei Lichtschwingungen, nicht
verschwindet
Wir würden ein dissymmetrisch -isotropes Medium erhalten,
wenn die Moleküle einer Lösung alle dieselben unregelmäßigen
Tetraeder sind, während die Tetraeder, welche zu ihnen spiegel-
bildlich gleich sind, nicht vorhanden oder
mindestens kleiner an Zahl sind. — Eine
direkte Versinnlichung der Gleichung (1) er-
hält man, wenn man annimmt, daß in jedem
y^ y^ >,^ Molekül mehrere miteinander gekoppelte
ydimtenj loneu (Elektroueu) vorhanden sind, deren
Bahnen unter dem Einfluß der Molekular-
Fig. 104. sti-uktur nicht kurze gerade Linien, sondern
kurze, in einem Sinne gewundene Schrauben-
linien sind. Die Achsen dieser Schraubenlinien sind regellos im
Räume verschieden gerichtet. Betrachten wir z. B. eine rechts
gewundene Schraubenbahn (vgl. Figur 104), deren Achse parallel
zur ir-Achse geht. Die Komponente X treibt das geladene Ion
Digitized by
Google
Natürlich-aktive Körper. 391
beständig nach rechts, ein positives Y treibt aber das Ion auf der
Oberseite der Schraube nach links, ein auf der Unterseite mit ihm
gekoppeltes Ion aber nach rechts. Es resultiert daher eine Wirkung
nach rechts, welche proportional zu — ^ ist, da es auf den Unter-
schied der Y oben und unten ankommi Ebenfalls treibt ein posi-
tives Z das Ion auf der Vorderseite der Schraube nach links, ein
mit ihm gekoppeltes Ion auf der Hinterseite nach rechts. Der
resultierende Effekt nach rechts ist proportional zu 4-^. Es ent-
steht daher der Ansatz (1), wobei f" negativ sein würde bei rechts
gewundenen lonenbahnen und wenn das Koordinatensystem in der
der Figur 104 entsprechenden Weise gewählt wird.
Nach dem Ansatz (1) ist die frühere Gleichung (1) der S. 364
zu erweitern in
m
Für periodische Veränderlichkeit mit der Zeit entsteht, falls wir
die Strömung {jx)i = e^l^ einfuhren:
(3)
wobei
Wir wollen im folgenden «/r vernachlässigen, was gestattet
ist, wenn die Lichtschwingungen nicht nahe zusammenfallen mit
der Eigenperiode einer lonengattung. Die ganze, von allen lonen-
gattungen und vom Äther herrührende Strömung ist dann
wobei
9h "Hh
e = i + H
f^S
(6)
Digitized by
Google
392 Kapitel VI.
Die Grundgleichungen (7) der S. 251 werden daher:
0) U{^y+f[^-'i])=u-t
1 ö
7^M+/-
ll =^ M ^
5x y öx öy *
An den Grundgleichungen (11) der Seite 253 halten wir, wie
stets, auch hier fest. Beim Ansatz dieser Gleichungen ist aber zu
berücksichtigen, daß hier die magnetische Stromdichte sx nicht wie
sonst durch die Formeln 4jt sx = ö«/d< bestimmt wird, sondern es
kommt noch ein Anteil hinzu. Denn wenn sich die Elektronen
nach der a:-Achse bewegen, so tritt zugleich wegen der Schrauben-
gestalt ihrer Bahn eine Rotation derselben um die rr-Achse ein,
d. h. es entsteht ein Stromsolenoid, welches magnetische Kraft-
linien parallel zur Achse erzeugt. Diese so erzeugte Kraftlinien-
zahl Nx muß offenbar proportional zu e K ^Sjbt sein, d. h. man kann
setzen:
^^ c ^^^ dt'
wobei der Faktor ^jc zugefügt ist, weil e elektrostatisch definiert
ist, und die Kraftlinienanzahl Kx von der elektromagnetisch ge-
messenen Stromstärke im Solenoid in einfacher Weise abhängt.
Der Faktor / muß nun proportional zu der durch (1) definierten
Konstanten /"' sein, denn beide werden lediglich durch die Schrauben-
struktur der Elektronenbahnen bestimmt. Es läßt sich leicht
zeigen, daß / = — /^ ist. ') Daher nehmen die Grundgleichungen
(11) hier die Gestalt an (weil 4jr,sx gleich der Änderung der ge-
samten Kraftlinienzahl ist):
1) Dies folgt sowohl bei Verfolgung des hier gegebenen speziellen Bildes
von der Schraubenstruktur der Elektronenbahnen (vgl. dazu P.Drude, Gott.
Nachr. 1904, Heft 1. — Winkebnanns Hdb. d. Phys. IL Aufl. Optik. S. 1341),
als auch ohne spezielles Bild aus der allgemeinen Forderung, daß die Glei-
chungen dem Energieprinzip genügen sollen (vgl. dazu W. Voigt, Wied.
Ann. 69, S. 307; 1899. — Gott. Nachr, 1903, S. 155.) — Auf den Nachweis
der Beziehung zwischen g' und f ist hier verzichtet, da sie für die hier an-
gestellten Betrachtungen gleichgültig ist.
Digitized by
Google
Natürlich-aktive Körper. 393
In dem mit g multiplizierten Glied kann nun für e ?l jf der
aus (3) folgende Näherungswert (es ist <^\x vernachlässigt);
4n
('-.y
eingesetzt werden, wenn man die Glieder vernachlässigt, welche
die Aktivitätskonstanten f oder g in höherer, als erster Potenz ent-
halten. Dieses ist bei der Kleinheit dieser Konstanten in der Tat
stets gestattet. Dadurch nimmt die Gleichung (8) die Form an:
^ öa _9J3_ ö^ ^ ör _ ÖZ
Setzt man nun zur Abkürzung:
XJ ^h g'h "^h
wobei sich die Summe 2 und der Index h auf den allgemeineren
Fall bezieht, daß mehrere Elektronen-Gattungen vorhanden sind,
welche sich in Schraubenbahnen bewegen, so werden die Glei-
chungen (8):
J da p ^ = ^_ M
0 ö< ' c2 W^ bn, hj '
c 0/ "^ c2 d/2 ö.r hx ' ^^^
c ö^ "" c2 0^2 5^ ö:r
Als Grenzbedingungen beim Übergang des Lichtes über die
Grenze zweier verschiedener Körper ergibt sich nach denselben
Überlegungen, wie sie oben S. 257 angestellt sind, Stetigkeit der
der Grenze parallelen elektrischen und magnetischen Kraftkompo-
nenten.
Wir haben damit eine vollständige Theorie der Lichterschei-
nungen in natürlich aktiven Körpern gewonnen.
Aus den Gleichungen (7) folgt, daß
Digitized by
Google
394 Kapitel VI.
ist Aus den Gleichungen (7) und (9) erhält man daher durch
Elimination von «, ft / analog wie oben S. 261:
^.S(«-v+(f-»)|l'-|fl)-^-^-
Berücksichtigt man nun die Beziehung g ^ — f, d. h. ^ = — /;
so wird:
(10) i^^^^(,x^2ff^-f^^äX.
Gleichungen derselben Form genügen F, Z, a, ft 7.
3. Die Drehung der Polarisationsebene. Pflanzen sich ebene
Wellen nach der ;:;- Achse fort, so ist zu setzen:
i
-{t—pz) --(t—pz)
(U) X=Me , Y=Ne , Z=0.
p bedeutet die reziproke Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Welle.
Setzt man die Werte (11) in (10) ein, so erhält man die Beziehungen:
e2V—^2fpN=Mp'^c^,
sN+ ^2fpM=Np^c^.
Diesen Gleichungen kann man durch zwei Wertsysteme genügen,
nämlich durch
(12) e—p^c^ = 2^, M=iN,
und
(13) 8—p^c^ = —2^, M= — iN.
Es ergibt sich also hier das eigentümliche Resultat, daß zwei
Wellen mit verschiedenem p, d. h. auch mit verschiedenen Fort-
pflanzungsgeschwindigkeiten existieren. Ferner haben die Wellen
imaginäre y- Amplituden, wenn sie reelle x-Amplituden besitzen.
Um die physikalische Bedeutung hiervon zu erkennen, ist zu
berücksichtigen, daß die eigentliche physikalische Bedeutung von
X und Y erhalten wird, wenn auf der rechten Seite von (11) nur
der reelle Teil genommen wird. Es folgt daher
für iN= M:
(14) X=Mcosj {t — pz), Y= Msin^{t—px),
Digitized by
Google
Natürlich-aktive Körper. 395
für iN= — M:
X=Mco8j{t—px), Y= — Msin^{t—px). (15)
Diese Gleichungen stellen zirkulär polarisierte Wellen
dar, und zwar ist, da bei unserer oben S. 250 festgesetzten Lage
des JKoordinatensystems die a;- Achse nach rechts, die y-Achse nach
oben geht, wenn man der %- Achse entgegensieht, die erste Welle
links zirkulär polarisiert, da sie eine dem Uhrzeiger entgegen-
gerichtete Drehung darstellt; die zweite Welle ist rechts-zirkular-
polarisiert (Definition vgl. oben S. 237).
Diese beiden Wellen haben nun also verschiedene Fort-
pflanzungsgeschwindigkeiten F, und zwar ist nach (12) für die
erste Welle:
für die zweite Welle nach (13):
^" = F' = + Ä+7KÄ + - (1^
Es ergibt sich hiernach das Resultat, daß der Brechungs-
exponent für rechts- und links-zirkularpolarisiertes Licht in aktiven
Körpern etwas verschieden sein muß, und daß ein natürlicher
Lichtstrahl bei schiefer Inzidenz in zwei räumlich getrennte
Strahlen zerlegt wird, von denen der eine rechts-, der andere
links-zirkularpolarisiert ist. Diese Folgerungen der Theorie hat in
der Tat v. Fleischig an Zuckerlösungen und anderen Flüssig-
keiten experimentell nachweisen können.
Der Effekt der Superposition zweier sich mit den Geschwindig-
keiten V' und F" fortpflanzenden rechts- und links-zirkularpolari-
sierten Wellen ist
An einer bestimmten Stelle, d. h. för ein bestimmtes x, besteht
p^p (18)
1) E. V. Fleisch 1, Wied. Ann. 24, S. 127, 1885. — Leichter gelingt ea,
die zirkuläre Doppelbrechung für Quarz in Bichtung der optischen Achse nach-
zuweisen. Bei Quarz ist die Konstante f viel größer als in Flüssigkeiten.
Digitized by
Google
396 Kapitel VI.
daher eine linearpolarisierte Lichterregung, da nach (18) X und Y
von gleicher Phase sind. Die Lage der Polarisationsebene zur
ic- Achse bestimmt sich aus
y : X — ig - — ^ — ^ >
d. h. diese Lage wechselt mit x. Die Polarisationsebene dreht sich
also um die Fortpflanzungsrichtung des Lichtes gleichmäßig herum,
und zwar auf der Strecke x um den Winkel:
(19) rf=i?:^=-4^_4^2X,,
falls Xo = Tc die Wellenlänge der betreffenden Lichtsorte im
Vakuum bezeichnet. Da pc den Brechungsindex n des Körpers
gegen das Vakuum bedeutet, so ist
(19) (J = -_^_ = ^-(n -n),
falls n" und n den Brechungsindex des Körpers für eine rechts-
und eine links-zirkularpolarisierte Welle bedeuten. Nach (19) und
(19') gilt also:
(19") 4jt £ = n — n.
Wenn also linear polarisiertes Licht senkrecht auf eine Platte
der Dicke % eines aktiven Körpers fällt, so ist die Polarisations-
ebene nach dem Austritt aus der Platte um den Winkel ö gedreht.
Je nach dem Vorzeichen von f kann der Drehungswinkel d in ver-
schiedenem Sinne stattfinden. Aus d berechnet sich n'—n nach (19').
Um diese Drehung bequem und scharf zu beobachten, sind
besondere Apparate konstruiert worden. 0 Die sogenannten Halb-
schattenapparate beruhen auf der Benutzung eines zweifach ge-
teilten Gesichtsfeldes, dessen Teile schwach gegeneinander ge-
neigte Polarisationsebenen besitzen. Aber schon bei Anwendung
zweier einfacher Nicoischer Prismen als Polarisator und Analy-
sator kann man bei genügend intensiver, homogener Beleuchtung
1) Betreffs der genaueren Beschreibung dieser Apparate sei verwiesen auf
Landoltf Das optische Drehungsvermögen organischer Substanzen. Braun-
schweig, 2. Aufl. — Müller-Pouillet (Lummer), Optik, S. lieöflEl — Die
Beobachtung der Drehung der Poiarisationsebene wird zur quantitativen Zucker-
bestimmung praktisch verwertet.
Digitized by
Google
Natürlich-aktive Körper. 397
die Lage der Polarisationsebene bei wiederholten Ablesungen auf
drei Bogensekunden genau bestimmen, wenn man als Einstellnngs-
kriterium den sogenannten Landoltschen Streifen benutzt Weil
nämlich bei Anwendung Nicol scher Prismen das Gesichtsfeld nie
genau homogen überall polarisiert ist, so ist bei gekreuzten Nicols
nicht das ganze Gesichtsfeld völlig dunkel, sondern es zieht sich
ein schwarzer, gekrümmter Streifen, auf den Landolt zuerst auf-
merksam gemacht hat, durch das Gesichtsfeld. Die Lage dieses
Streifens wechselt nun sehr schnell, wenn die Polarisationsebene
des in den Analysator einfallenden Lichtes sich verändert. ^
4. Kristalle. Um zu einem Ansatz für Kristalle zu gelangen,
muß man berücksichtigen, daß die in den Gleichungen (1) (S. 364)
der Dispersionstheorie auftretenden Konstanten ^1, r^ von der
Koordinatenrichtung abhängen. Auch die in diesem Kapitel an-
gebrachten Zusatzglieder, welche der optischen Aktivität ent-
sprechen, können in einem Kristall eine viel allgemeinere Gestalt
besitzen, als sie im Ansatz (1) der S. 390 enthalten ist.^ Jedoch
wollen wir der Einfachheit halber die Annahme machen, daß hin-
sichtlich dieser aktiven Zusatzglieder der Kristall wie ein dis-
symmetrisch-isotroper Körper behandelt werden soll. Diese An-
nahme ist zwar nicht ganz streng, wie besonders durch die Unter-
suchungen von Voigt und Pocklington (vgl. weiter unten) her-
vorgeht, aus denen die Existenz mehrerer Aktivitätskonstanten
für Kristalle notwendig folgt, indes ist die Annäherung im all-
gemeinen genügend, da die Koeffizienten f der aktiven Zusatz-
glieder bei allen tatsächlich vorliegenden Körpern überhaupt nur
so klein sind, daß die durch die Kristallstruktur bewirkte Ver-
änderlichkeit der f mit der Richtung (abgesehen von einigen be-
sonderen Fällen, vgl. unten) zu vernachlässigen ist.
Wählt man als Koordinatenachsen diejenigen Richtungen, welche
die optischen Symmetrieachsen des Kristalls sein würden, falls der-
selbe keine optische Aktivität besäße, so würden sich unsere Glei-
chungen (10) erweitem in^):
1) Vgl. hierüber F. Lippich, Wien. Ber. (2) 85, S. 268, 1892. —
Müller-Poaillet (Lummer), Optik, S. 1115.
2) Dies hat W. Voigt (Gott Nachr. 1904, S. 155. — Ann. d. Phys. 18,
S. 645, 1905) theoretisch und experimenteU durchgeführt.
3) Es ist C für c geschrieben.
Digitized by
Google
398 Kapitel VI.
wobei ist:
(22) ^==-^737^2-
Hierin bezeichnen d-h'Slh, d-h" 5Ra, ^ä'" 5Ra die drei verschiedenen
Dielektrizitätskonstanten der ä*««^ lonengattung nach den drei
Koordinatenrichtungen; t//, ta", ta'" sind proportional zu den drei
Schwingungsdauern nach den drei Achsen; in (22) bezeichnen &h, th
Mittelwerte von d-h\ ^ä", *a'" bzw. ta', ta", ta'".
Setzt man zur Integration analog wie oben auf S. 350
(23) u=s,X=Me^^^ v = s^Y=Ne^^, w^e^Z^Ue^,
(24) ^ = ^(,«^?^±^±^),
wobei man w, v, w als Komponenten des Lichtvektors interpretieren
kann, so folgte aus (20), wenn man zur Abkürzung setzt:
(25) C'i:ai = a2, C'^:B^ = h\ C^:s^=c\
wobei £ ein Mittelwert von e^, €2» % bedeutet, das Gesetz für die
Geschwindigkeit V als Funktion der Eichtung m, n, p der Wellen-
normale in der Form:
^ m2 (F2 — 62) (F2 — c2) + n2 (T-^-c^) (F^-a^)
^^ ^ + i?2 (F2_a2) (F2 — 62) = ^2.
1) Dies ist näher ausgeführt in Winkel manns Hdb. d. Phys. Optik,
2. Aufl., S. 1345 fr. — Die Normalenfläche und Strahlenfläche aktiver KristaUe
ist näher diskutiert von O. Weder, Die Lichtbewegung in zweiachsigen ak-
tiven Kristallen, Dissertation, Leipzig 1896. — Ztschr. f. Kristallogr. 1896.
Vgl. auch F. Pockels, Lehrb. d. Krist. Optik, Leipz. u. Berlin, 1906, S.322ff.
Digitized by
Google
Natürlich aktive Körper. 399
Durch Einführung der Winkel g^ und ^2» welche die Wellen-
normale mit den optischen Achsen bildet, ergibt sich analog wie
oben S. 307:
2 V^ = a^ + c^ + (a^ — c^ cosg^ coag^
2 7^2 ==aM-_c2 + (a2 — (.2) cosg^ cosg^ ^ ^
_ y"(a2 _ ^2)2 ^-^2 g^ ^^1 g^ + 4^2^
Man erkennt hieraus, daß in keiner Richtung, auch nicht für
die Richtung einer optischen Achse, die beiden Geschwindigkeiten
Fj und V2 identisch werden.
Eine in einen aktiven Kristall eindringende Welle zerlegt
sich also stets in zwei Wellen verschiedener Fortpflanzungs-
geschwindigkeit. Diese beiden Wellen sind elliptisch polarisiert,
in beiden Wellen ist die Erregungsbahn die gleiche Ellipse, die
Ellipsen liegen aber invers zu einander, und werden in entgegen-
gesetztem Rotationssinne durchlaufen. Das Achsenverhältnis h der
Erregungsellipse bestimmt sich aus:
/; ■ i. ^ y (g^ — c^y sin'tgi 9in^Sf2 4- ^' ^ (29)
In der Richtung der optischen Achsen {gx oder g^ = 0) ist daher
das Achsenverhältnis ä = 1, d. h. es findet dann Zirkularpolarisation
statt. Bei kleiner Abweichung der Wellennormale von der Rich-
tung einer optischen Achse ist aber die Erregungsbahn schon eine
sehr flache Ellipse, da 2^7 selbst bei stark aktiven Kristallen stets
sehr klein gegen die Differenz a^ — c^ der Quadrate der beiden
Haupt-Lichtgeschwindigkeiten ist.
Nach der hier gegebenen angenäherten Theorie würde die
Zirkularpolarisation in Richtung beider optischen Achsen dieselbe
sein. Pocklington^) hat aber im Rohrzucker entgegengesetzten
Drehungssinn der Polarisationsebene längs der beiden optischen
Achsen gefunden. Zur Erklärung dieser Erscheinung ist die An-
nahme mehrerer (dreier) von der Richtung im Kristall abhän-
giger Aktivitätskonstanten /J, /i, fz notwendig. Ebenso gilt auch
nach den Beobachtungen von Voigt (vgl. oben Anm. 2, S. 397) die
Formel (29) nicht völlig streng bei Quarz, was ebenfalls dafür
1) H. C. PockÜDgton, Phil. Mag. (6) 2, S. 361; 1901.
Digitized by
Google
400 Kapitel VI.
spricht, daß man mit einer einzigen Aktivitätskonstante streng
genommen nicht ausreicht.^)
Zweiachsige aktive Kristalle sind in der Natur bisher nur
sehr wenig aufgefunden worden; dagegen sind mehrere Repräsen-
tanten einachsiger aktiver Kristalle vorhanden, z. B. Quarz. Der-
selbe kommt in zwei spiegelbildlich gleichen kristallographischen
Fonnen vor, und daher gibt es auch sowohl rechts- als links-
drehenden Quarz. Die Drehung der Polarisationsebene durch
eine senkrecht zur optischen Achse geschnittene Quarzplatte der
Dicke % bestimmt sich gerade wie bei isotropen Medien durch
die Formel
(30) 6 = 4 n'^ -j-^ ^ = £^ (~" — ^') •
Für ;c=l mm und gelbes Licht (^ = 0,000589 mm) beträgt
d = 21,7^ = 0,12 jr absolutes Bogenmaß. Daraus berechnet sich
(31) 4nl^ = n —n -=- 0,12 • ^ = 0,000071 •
Dabei bezeichnen n, n die beiden Brechungsindizes, welche der
Quarz in der Richtung der optischen Achse infolge seiner Aktivität
haben muß. Eine Doppelbrechung n — n in dem aus (31) sich
ergebenden Betrage hat nun tatsächlich
V. V. Lang am Quarz in Richtung
seiner optischen Achse gefunden. Zur
besseren Demonstration dieser Doppel-
brechung läßt man nach Fresnel
zweckmäßig das Licht abwechselnd
durch rechts und linksdrehende Quarz-
prismen gehen, deren Keilwinkel ab-
wechselnd nach verschiedenen Seiten
zu liegen.
Betrachtet man eine einige Milli-
pjg JQ5 meter dicke, senkrecht zur Achse ge-
schnittene Quarzplatte zwischen ge-
kreuzten Nicols bei einfallendem weißen Lichte, so erscheint die
Platte farbig. Die einfallende Polarisationsebene ist nämlich nach
dem Durchgang durch die Platte für die verschiedenen Farben
1) Über die weitere Verfolguog der Theorie mit mehreren Aktivitäts-
koDstanten vgl. W. Voigt, Add. d. Phys. 18, S. 645, 1905.
Digitized by
Google
Natürlich-aktive Körper. 401
verschieden gedreht, und es müssen im Gesichtsfelde alle diejenigen
Farben ausgelöscht werden, deren Polarisationsebene senkrecht zu
der des Analysators liegt. Die Farbe der Quarzplatte wechselt daher
auch bei Drehung des Analysators. — Benutzt man einfallendes
konvergentes Licht, so tritt die oben S. 338 f&r einachsige Kristalle
beschriebene Interferenzflgur zwischen gekreuzten Nicols erst in
einiger Entfernung von der optischen Achse auf. In der Nähe
derselben macht sich die Zirkularpolarisation in der Zerstörung
des schwarzen Kreuzes der Hauptisogyren geltend. Eine senkrecht
zur Achse geschnittene Quarzplatte zeigt daher zwischen ge-
kreuzten Nicols bei konvergenter Beleuchtung das in Figur 105
dargestellte Interferenzbild.
Spiralige Interferenzfiguren treten auf, wenn man zirkular-
polarisiertes Licht einfallen läßt Die Berechnung dieser Airy-
schen Spiralen ist in den „Vorlesungen über theoretische Optik"
von F. Neumann, herausg. v. Dorn, S. 244ff., Leipzig 1885,
gegeben.
5. Die Dispersion der Rotationspolarisatioii. Die Drehung 6
der Polarisationsebene, welche eine Platte eines aktiven isotropen
Körpers oder die senkrecht zur Achse geschnittene Platte eines
aktiven Kristalls bewirkt, muß mit der Farbe variieren. Wir
erhalten das Dispersionsgesetz aus den Formeln (6) und (19), falls
wir die Dicke der Platte z = l setzen und anstatt der Wellen-
länge Xo im Vakuum die Wellenlänge X der betreffenden Farbe in
Luft einführen*)
A^"^ ^_(rhY~' (32)
worin k eine Konstante bedeutet.
Wenn die Eigenschwingungsdauern der aktiven lonenarten^
so viel kleiner sind, als die Periode des angewandten Lichtes, daß
(rhiry gegen 1 zu vernachlässigen ist, so resultiert die einfachste
Form des Dispersionsgesetzes
1) In Anbetracht der geringen Dispersion der Luft ist dies gestattet.
2) Wir wollen darunter alle diejenigen lonenarten verstehen, die einer
Bewegungsgleichung nach der Formel (2) genügen, während wir diejenigen lonen-
arten inaktiv nennen wollen, für welche die Konstante f in jener Gleichung (2)
den Wert Null hat.
Drude, Lehrbach d. Optik. 2. Anfl. 26
Digitized by
Google
402 Kapitel VI.
(33) rf = ^,-
Annäherungsweise genügt diese Biotsche Formel, doch ist
sie nicht genau. Wenn alle Eigenperioden der aktiven Ionen im
Ultravioletten liegen, so kann man (32) nach steigenden Potenzen
von {Thiry entwickeln und erhält dann die Form
(34) d = ^^ + ^J + ^^ + ...
Meist gentigt nun schon in der Tat diese Formel mit Be-
nutzung der ersten beiden Glieder (Boltzmannsche Formel), jedoch
reicht sie für Quarz, bei dem man 6 über ein sehr großes Bereich
von Wellenlängen gemessen hat (von A = 2// bis i = 0,2//), nicht
aus. — Die einzelnen Konstanten k^, k^, k^ können verschiedene
Vorzeichen haben, da die fi! der verschiedenen aktiven lonen-
gattungen nicht dasselbe Vorzeichen zu haben brauchen.
Wenn auch Eigenschwingungen r im Ultraroten bei den
aktiven Ionen vorhanden wären, so würde (32) nach Potenzen von
(t : Tr)'^ zu entwickeln sein. Man erhielte dann die Form:
(35) tf = r2 + r' + r6 + -- +^' + ^t'^' + V^' + ---
Wenn man, wie beim Quarz, die Dispersion über sehr große
Gebiete von Farben darstellen will, welche zum Teil den Eigen-
perioden ziemlich nahe kommen, so vermeidet man zweckmäßiger
Potenzentwicklungen und schreibt nach (32):
(36) rf = -2; **
A2 — Aa2
Beim Quarz kennt man nun die Wellenlängen Zh der dem Lichte
am nächsten benachbarten Eigenperioden für die ordinäre Welle,
sie betrugen (vgl oben S. 374) Z^ ^ = 0,0 10627, X2 2 = 78,22, ^3 2 = 430,6.
Einheit von h ist dabei ifi = 0,001 mm. Wir schlössen aber schon
oben nach der dortigen Formel (30'), daß Quarz noch Ionen-
gattungen haben wird, für welche ihr Xh so klein ist, daß man
noch immer nicht mit den Wellenlängen des benutzten Lichtes in
die Nähe dieser Xh gelangt Die Aktivitätskoeffizienten k' dieser
lonengattungen, deren Xh^ gegen X^ also in (36) zu vernachlässigen
ist, müssen wir aber berücksichtigen, sodaß folgende Dispersions-
formel für Quarz entstehen würde:
Digitized by
Google
Natürlich-aktive Körper.
403
(37)
Wendet man diese Formel auf die Dispersion des Qnarzes an,
so ergibt sich aus den Beobachtungen, daß Ajj = ^3 = 0 sind,
d. h. daß die lonengattungen, deren Eigenschwingungen
im Ultraroten liegen, inaktiv sind, dagegen ergibt sich k^
und k' von verschiedenem Vorzeichen. Es spricht nun sehr zu
Gunsten der ganzen Grundlagen der hier dargelegten Theorie, daß
man mit Hilfe der Formel
^ 12 — 1,2 "^iia»
;i2— Ai
(38)
welche nur zwei Konstanten enthält, da X^ aus der Dispersion des
Brechungsindex, und nicht aus der Drehung der Polarisationsebene
entnommen ist, die Dispersion des 6 recht gut darstellen kann, wie
folgende Tabelle 0 lehrt, in der die Drehung ä in Graden pro 1 mm
Dicke angegeben ist:
^=12,200 k'=-
-5,046.
^ (in 11)
6 beob.
6 ber.
2,140
1.60
1,57
1,770
2,28
2,29
1,450
3,43
3.43
1.080
6,18
6,23
0.67082
16,54
16,56
0,65631
17.31
17,33
0,589322)
21,72
21,70
0,57905
22,55
22,53
0,67695
22,72
22,70
0,54610
25,53
25,51
0,50861
29,72
29,67
0,49164
31,97
31,92
0,48001
33,67
33,60
0,43586
41,55
41,46
0,40468
48.93
48,85
0,34406
70,59
70,61
0,27467
121,06
121,34
0,21935
220,72
220,57
1] Die Beobachtungsdaten sind der Zusammenstellung bei Qumlich,
Wied. Ann. 64, S. 349. 1898 entnommen.
2) D-Linie.
26*
Digitized by
Google
404 Kapitel VI.
Vielleicht könnten auch die Konstantenwerte ä, und k' noch
etwas beigser den Beobachtungen angepaßt werden. Jedenfalls ist
es von Wichtigkeit, daß sich diese zweikonstantige Formel (38) den
Beobachtungen genügend anschließt, dagegen stellt die dreikon-
stantige Formel (37), wenn man darin ä' = 0 setzen würde, die
Beobachtungen nicht befriedigend dar. Wir müssen beim Quarz
also noch lonengattungen annehmen, deren Eigenwellen-
länge äußerst klein, viel kleiner als X^ ist.
Wie die Tabelle lehrt, nimmt 6 mit abnehmendem X zu. Dies
ist der normale Dispersionsverlauf. Wie aber aus (38) hervorgeht,
würden Störungen entstehen (anomale Rotationsdispersion),
wenn die Wellenlänge noch kleiner als X^ wird, denn dann würde
6 negativ werden. Überhaupt entsteht anomale ßotationsdispersion,
sowie X in die Nähe einer Eigenschwingung Xh kommt. Aber auch
wenn X viel größer als die Xh ist, kann ein Vorzeichenwechsel
von (J, wie selbst die allgemeine Formel (36) lehrt, stets eintreten,
sowie mindestens zwei aktive lonengattungen vorhanden sind,
welche verschiedenes Vorzeichen ihres Aktivitätskoeffizienten kh
besitzen. Ebenfalls können in diesen Fällen Maxima und Minima
von ö bei Variation von X auftreten.
Die Fälle sogenannter anomaler Rotationsdispersion sind tat-
sächlich mehrfach beobachtet worden (vgl. des oben zitierte Werk
von Landolt, S. 135). G. H. v. Wyss (Wied. Ann. 33, S. 554, 1888)
hat durch Mischung rechts- und linksdxehenden Terpentinöls ano-
male Rotationsdispersion erzeugt Im allgemeinen muß jede
Substanz in gewissen Schwingungsgebieten anomale Rotationsdis-
persion zeigen, nur werden allerdings diese Schwingungsgebiete
nicht immer in den Bereich der experimentell herstellbaren Strah-
lung fallen.
6. Absorbierende aktive Korper. Wenn die Wellenlänge X in
der Nähe einer Eigenwellenlänge Xh einer aktiven lonengattung
liegt, so wird nach (36) die Rotation 6 der Polarisationsebene sehr
groß. In diesem Falle muß aber Rücksicht auf die oben S. 371
vernachlässigten Reibungskoeffizienten ah genommen werden. Eben-
falls müssen die ah berücksichtigt werden, falls der Körper breite
Absorptionsgebiete zeigt. In diesen Fällen wird sowohl e als f
in den Formeln (10) komplex, nämlich
Digitized by
Google
Natürlich-aktive Kdrper. 405
6=1+2/ r- — »
i ijdh Oh
Die Größe ;? der Formeln (11) ist daher ebenfalls komplex
anzunehmen. Schreibt man sie in der Form (vgl S. 341):
„_lziiif (40)
P — 7 '
so bedeutet V Fortpflanzungsgeschwindigkeit, x Absorptionsindex
der Wellen. Da es zwei verschiedene Werte p gibt, welche
durch (16) und 17) gegeben sind, so gibt es also auch zwei ver-
schiedene Absorptionsindizes x und x", welche fllr eine links- und
eine rechts-zirkularpolarisierte Welle gelten. Dies ist in der Tat
von Cotton (Compt. rend. 120, p. 989, 1044. — Ann. de chim. et
de phys. [7] 8, p. 347, 1896) bei Lösungto von Kupfertartrat und
Chromtartrat in Kalilauge beobachtet worden. Daß diese Lösungen
auch anomale Botationsdispersion zeigten, erscheint nach dem Vor-
hergehenden leicht verständlich, da die starke Absorption anzeigt,
daß X dem Gtebiet der Eigenschwingungen nahe liegt
Nach (16), (17) und (18) ist, wenn man die beiden Brechungs-
indizes n , n ' für links- und rechts-zirkularpolarisierte Wellen ein-
führt:
c(j> —p)=n —n—%{n x — n x) = ^ = -^. (41)
Ist ein scharfer Absorptionsstreifen vorhanden, dem nach Früherem
ein kleines ah entspricht, so wird der Unterschied von x" und x
fftr den Absorptionsstreifen selbst sehr bedeutend. Denn für
t2 = 6a folgt aus (42) und (44):
ff f A " " ' ' ^^hfh ^h /-^x
n — n=0, nx — nx= — (42)
Liegt r weiter von der Eigenperiode tä entfernt, und ist ah ge-
nügend klein, sodaß man nur bis auf erste Ordnung in x oder ah
zu entwickeln braucht, so wird nach (41) und (42) das Dispersions-
gesetz für die Differenz der Absorptionskoeffizienten von der
Form:
Digitized by
Google
406 Kapitel YU.
'f J' ' ' 0 9 V ^
(43) n X —rix =X^:S ^yy^^^^-
Bei Variation des X können Vorzeichenwechsel, ferner Mazima
und Minima von nx—nx eintreten, sobald mehrere lonen-
arten mit verschiedenem Vorzeichen ihres Aktivitätskoeffizientea
fh. vorhanden sind.
Übrigens sind die Unterschiede in der Absorption der rechts-
und links-zirkularpolarisierten Wellen immer nur klein gegen die
Absorptionen selber.
Denn man leitet aus (16) und (17), wenn man f- vernach-
lässigt, und falls nur ein Absorptionsstreifen vorhanden ist,
leicht ab
wobei n das Mittel aus n und n bedeutet
Es ist nun aber fh : X stets eine kleine Zahl.
Femer ist zu bemerken, daß nicht jeder aktive Körper,
welcher Absorptionsstreifen besitzt, die hier besprochenen Er-
scheinungen zu zeigen braucht Denn dazu ist notwendig, daß
dieselben lonenarten, welche die Absorption veranlassen, auch
aktiv sind. Es ist aber wohl denkbar, daß Absorption und Akti-
vität verschiedenen lonengattungen ihre Entstehung verdanken.
Kapitel TU.
Magnetisch-aktiye Körper.
A* Hypothese der Molekularströme.
!• AUgemeine Grundlage. Bei sämtlichen Körpern be-
obachtet man besondere optische Eigentümlichkeiten, wenn sie in
starke Magnetfelder gebracht werden. Schon in rein magnetischer
Hinsicht verhalten sich die verschiedenen Körper verschieden, näm-
Digitized by
Google
Magnetisch-aktive Körper. 407
ich hinsichtlich ihrer sogenannten Magnetisierungszahl fi (ygl. oben
S. 254). Dieselbe ist größer als 1 bei paramagnetischen Kör-
pern, kleiner als 1 bei diamagnetischen Körpern. Dies Ver-
halten hat zur Folge, daß ein Magnetfeld in paramagnetischen Körpern
eine größere Dichte magnetischer Kraftlinien hervorruft, als im
freien Äther, in diamagnetischen Körpern dagegen eine geringere
Ki-aftliniendichte, als im freien Äther. Zur Erklärung dieser Er-
scheinung hat man sich nach Ampfer e und Weber die Vorstellung
gebildet, daß in paramagnetischen Körpern sogenannte Molekular-
ströme vorhanden sind. Diese werden nach der hier benutzten
Grundlage der Dispersionstheorie durch Rotation derlonenladungen
hervorgerufen. Bei vorhandener äußerer magnetischer Kraft werden
diese Molekularströme teilweise oder ganz gleich gerichtet, sodaß
die magnetischen Kraftlinien, welche diese Ströme erzeugen, sich
gleichsinnig superponieren über die durch die äußere magnetische
Kraft hervorgerufenen Kraftlinien.
Diamagnetische Körper hingegen sollen im unmagnetischen
Zustande keine Molekularströme besitzen. Sowie aber diese Körper
in ein Magnetfeld gebracht werden, so sollen durch Induktion Mole-
kularströme erzeugt werden, welche sich in unveränderter Stärke
erhalten, so lange das äußere Magnetfeld unverändert bleibt; man
muß sich vorstellen, daß die lonenladungen in reibungslosen
Bahnen rotieren können, sodaß die Erhaltung dieser Molekularströme
keinen Energieaufwand erfordert. Die Kraftlinien der durch Induk-
tion hervorgerufenen Molekularströme müssen den Bjraftlinien des
äußeren Magnetfeldes entgegen wirken, da die Induktionsströme
nach der allgemeinen Lenz sehen Regel immer in der Richtung
fließen, daß sie die Veränderung der magnetischen Kraftlinien,
welche durch eine äußere magnetische Kraft hervorgerufen wird,
zu hemmen suchen.
Wenn wir die optischen Eigenschaften eines Körpers in einem
starken, durch eine äußere magnetische Kraft hervorgerufenen
Magnetfelde berechnen wollen, so haben wir also stets, sowohl bei
para- als bei diamagnetischen Körpern, zu berücksichtigen, daß
gewisse lonengattungen in Rotation begriffen sind und Molekular-
ströme bilden. Wenn wir e die Ladung eines rotierenden Ions
einer lonengattung 1 nennen, und T seine ümlaufsdauer, so ist
die Stärke des von ihm hervorgerufenen Molekularstroms
* = e:T. (1)
Digitized by VjOOQIC
408 Kapitel VIL
Wenn nun ein solches, um einen Punkt ^ rotierendes Ion von
der elektrischen Kraft einer Lichtwelle getroffen wird, so muß es
seine Bahn ändern. Wenn die ümlaufsdauer T sehr klein ist gegen
die Schwingungsperiode des Lichtes, so bleibt die Bahn des Ions
in ihrer Gestalt und ümlaufsdauer unverändert, das Ion rotiert aber
jetzt um einen Punkt ^\ welcher von ^ um eine Strecke g in
Richtung der elektrischen Kraft der Lichtwelle verschoben ist und
periodisch wie die elektrische Kraft der Lichtwelle oszilliert. — Der-
selbe Effekt muß im Mittel eintreten, wenn die Umlaufsdauer T
beliebig groß ist und nicht in rationalem Verhältnis zur Licht-
periode T steht. Von einer Drehung der Bahnebene durch die
magnetische Kraft der Lichtwelle können wir absehen, da diese
stets viel kleiner, als die äußere magnetische Kraft ist. — Durch
diese Verschiebung des Molekularstroms werden nun die magneti-
schen Ejraftlinien, welche er erzeugt, mit verschoben, sodaß
dadurch eine besondere Induktionswirkung entsteht, welche wir
berücksichtigen müssen, falls eine Lichtwelle auf Molekular-
ströme trifft.
Wir können diese Induktionswirkung sofort berechnen, wenn wir
die Kraftlinienzahl kennen, welche an den Molekularströmen haftet.
Diese ist nun leicht zu finden. Die Bahnen der Molekular-
ströme seien alle parallel einer Ebene, welche senkrecht zu einer
Richtung R^ der Richtung der äußeren magnetischen Kraft, steht.
Wir fassen zunächst eine Linie der Länge / parallel der Richtung R
ins Auge. Auf derselben mögen / • 5R' Molekularströme (der lonen-
gattung 1 liegen, 5R' bezeichnet also die Anzahl Molekularströme
auf der Längeneinheit. Diese Ströme kann man als ein Solenoid
auffassen, q sei der Querschnitt der Strombahn, d. h. des Solenoids.
Die Kraftlinienzahl in diesem Solenoid istO
3f = 4jc^* iq : c.
Wenn nun auf der Flächeneinheit 51" solcher Solenoide vorhanden
sind, so ist die Anzahl magnetischer Kraftlinien auf der Flächen-
einheit, welche diesen Molekularströmen anhaftet,
Mi = 4jt — -^ = 4jt%q --
0 0
1) Die Kraftlinien eines Solenoids sind 4nniq, falls n die Anzahl Win-
dungen pro Längeneinheit ist und • die Stromstärke nach elektromagnetischem
Maß bedeutet. Da hier • elektrostatisch definiert ist, so tritt c als Divisor auf.
Digitized by
Google
MagneÜBch-aktive Körper. 409
wobei yi die Anzahl der rotierenden Ionen der Gattung 1 in der
Yolumeneinheit bedeutet.
Die Komponenten yonifi nach den Koordinatenrichtungen sind:
Ol = ^iqmco8{Kx\ß^ = ^iqmco8 {Ky\ Yx^^i q SR cos {Kz). (2)
2. Herleitung der Differentialgleiehnngeii. Wir halten fest
an den Grundgleichungen (7) und (11) der Maxwellschen Theorie
(vgl. S. 251, 253):
TJ- = 5^-5^^»^- T'^=T^-^ ^sw. (3)
Während aber bei den bisher betrachteten Erweiterungen der
Maxwellschen Theorie nur der Ausdruck jx f&r die elektrische
Stromdichte durch die lonenhypothese modifiziert wurde, die mag-
netische Stromdichte «x dagegen beständig gleich V4^-^W^^ ^*r>
so muß hier, bei der Vorstellung rotierender Ionen, auch sx eine
andere Form annehmen. 4jtjx und 4jt8x sind nach (12) auf S. 253
stets definiert durch die Änderung der elektrischen bzw. magne-
tischen Kraftliniendichte in der Zeiteinheit
Um nun hier 4jt8x zu berechnen, ist zu berücksichtigen, daß
es aus mehreren Anteilen zusammengesetzt ist Die Änderung
des Kraftlinienverlaufes im Äther, welche die Lichtwelle direkt
hervorruft, gibt den Anteil dyäz-^f^lbt zum Kraftlinienfluß durch
das Eechteck dydx. Hierzu kommen nun aber
noch Anteile, welche durch die von der Licht-
welle bewirkte Bewegung der Rotationsmittel-
punkte 5ß der lonenbahnen veranlaßt werden,
da die Kraftlinien Mi die Bewegung der ?ß mit-
machen.
Um diese Anteile fttr sx zu berechnen, ^' ^^^'
fassen wir ein Eechteckselement dydx senkrecht zur a;-Achse ins
Auge und fragen, welches ist die Zahl der Kraftlinien, welche
bei der Bewegung von 5ß, deren Komponenten g, ly, £ sind, die
4 Seiten abcd des Rechtecks schneiden.
Berücksichtigen wir zunächst nur die Kraftlinien oi parallel
zur rc- Achse, so tritt in der Zeiteinheit durch die Seite a in das
Rechteck ein die Kraftlinienzahl («i-^L<^«, dagegen durch die
Seite c tritt aus die Zahl («i-^L^«- Die unteren Indizes a, c
Digitized by
Google
410 Kapitel VII.
sollen bedeuten, daß der Wert des Termes a^-^vlbt am Orte der
betreffenden Seite des Rechtecks zu nehmen ist Es ist daher
(«.■a-(«.-a+*ii(«'-s-
Es ist hier a^ noch unter dem Differentialzeichen nach y stehen
gelassen, um zugleich den Fall der inhomogenen Medien, bei denen
«11 Ä, 7i Funktionen des Ortes sind, mit einzubegreifen. In
homogenen Körpern sind o^, ß^, 7, konstant Die Kraftlinien o^,
welche bei ihrer Bewegung die Seiten a, c schneiden, bewirken
also eine Vermehrung der KrafÜinienzahl, welche das Rechteck
durchsetzt, im Betrage von: — ^^^^ssl^"^)* ^.nalog geben die
Kraftlinien a^, welche bei ihrer Bewegung die Seiten 5, d des
Rechtecks schneiden, zum Kraftfluß durch das Rechteck den An-
teil-rfyrf4(a.g.
Die Kraftlinien Ä, welche parallel zur y-Achse laufen, können
durch die Bewegung g von ^ die Seiten des Rechtecks abcd
schneiden, und zwar nur die Seiten a und c. Die Kraftlinienzahl,
welche das Rechteck durchsetzt, ändert sich nun nur durch, eine
Drehung der Kraftlinien ft um die ;c-Achse, und zwar im positiven
Sinne, falls die Kraftlinien ft sich von der + ^/-Richtung etwas zur
+ a;-Richtung drehen. Den Effekt dieser Drehung kann man da-
durch berechnen, daß man von dem Ausdruck (ft • ^^(ir, welcher die
Kraftlinienzahl ergibt, welche die Seite c in der Zeiteinheit
schneidet, subtrahiert den Ausdruck [ft • ^^ dz, welcher die die
Seite a schneidende Kraftlinienzahl darstellt Da nun ist:
so folgt durch die Drehung von ft zum Kraftfluß durch das Recht-
eck der Anteil: +(iydz^(ßi-S\'
Analog folgt durch die Drehung der Kraftlinien /i um die y- Achse
zum Kraftfluß durch das Rechteck der Anteil: +dydx^(Y^ ^]-
Durch Addition aller Anteile zum Kraftfluß durch das Recht-
eck wird daher dieser Kraftlinienfluß:
Digitized by
Google
MagnetiBch-aktiye Körper. 4il
Die Änderung der Eraftlinienzahl in der Zeiteinheit fdr ein
Flächenelement der Größe 1, welches senkrecht zur a;- Achse liegt,
ist daher, da bei konstantem änßerem Magnetfeld ai, /%, y^ von i
nicht abhängen:
Die Stromdichte wird, genau betrachtet, durch die Rotation
der Ionen in komplizierter Weise modifiziert Wenn aber die
Botationsdauer der Ionen nicht in einem rationalen Verhältnis
zur Lichtperiode steht, so braucht man, um den mittleren Effekt
zu finden, nur Rücksicht zu nehmen auf die Bewegung |, ly, £ des
Rotationsmittelpunktes $.
Die Stromdichte y* schreibt sich daher wie früher (vgl Formel
(7) der S. 365) in der Form:
Für die Bewegung eines Punktes ^, der Mittellage eines rotieren-
den Ions der Gattung 1, setzen wir dieselbe Gleichung an, wie
oben S. 364: 1)
wenn ^ um eine Gleichgewichtlage schwingen kann (isolierende
Ionen), dagegen verwenden wir die Gleichung (34) auf S. 378:
wenn 5ß einer konstanten Kraft X dauernd folgt, d. h. wenn c ein
Leitungsion ist, wie es in Elektrizitätsleitern, z. B. Metallen vor-
kommt m bezeichnet die ponderabele Masse des Ions.
Wenn man es mit periodischen Änderungen zu tun hat, bei
denen alle X und g proportional zu e * 7 sind, erhält man aus (6) :
^f / 7 -1- • ^^ la^ ^\ ^ ^^ (Q\
1) Von einer Vervollständigung dieser Gleichung entsprechend der
Gleichung (l') S. 370 können wir hier absehen, da dies für den vorliegenden
Zweck nicht wesentlich ist
Digitized by
Google
412 Kapitel VII.
dagegen aus (7):
Setzt man daher, wie früher
so wird nach (5), falls e ein nicht leitendes Ion ist:
wenn dagegen e ein leitendes Ion ist:
In jedem Falle können wir setzen
/^^Q^ • _±.^^ o- _ «' ö^ • «' ^^
worin e' eine im allgemeinen komplexe, von x abhängige Größe ist.
Wir gewinnen femer aus (1), (2) und (8) für ein isolieren-
des Ion:
(14) 7x^ = i^if^^,,,.'Jicos(KzJX,
aus (9) erhalten wir für ein leitendes Ion:
(15) r,^^J^-Sj;.j^cosiK.)X.
In jedem Falle können wir setzen
(16) y^^ = veo8{Kx)X.
wobei V eine im allgemeinen komplexe Größe bedeutet, welche
yon r abhängt. Analog kann man die Produkte o^ C, usw. schreiben.
Setzt man noch
(17) V cos {Est) = Va , V cos {Ky) = J'y , V cos {K%) = v% ,
so werden nach (13), (4) und (16) die Fundamentalgleichungen (3):
Digitized by
Google
Magnetisch-aktiye Körper. 413
Sind mehrere Molektilgattungen vorhanden, so gelten die-
selben Formeln (18) und (19), aber die Konstanten e und v be-
stehen aus Summen:
e'= 1 + s ^*»* + 4^r -S — *--^. (20)
^1 V ^^^^^ . ?* . i^ y _J?*_ ?* (21)
z z^ z
Der Index h bezieht sich auf die isolierenden (nicht leitenden)
Ionen, der Index k auf die leitenden Ionen. Th ist mit verschie-
denem Vorzeichen einzuführen, je nachdem das positiv geladene
rotierende Ion die Kraftlinien des äußeren magnetischen Feldes
verstärkt (Th positiv), oder schwächt (Th negativ). Bei einem
negativ geladenen Ion ist Th negativ zu nehmen, wenn die Kraft-
linien des Molekularstromes in gleichem Sinne, wie die des äußeren
Magnetfeldes, liegen. Bei rein paramagnetischen Ionen ist daher
Th positiv für die positiv geladenen Ionen, negativ für die negativ
geladenen Ionen. Bei rein diamagnetischen Ionen ist es gerade
umgekehrt Femer ist qn als abhängig anzusehen von der Stärke
des äußeren Magnetfeldes, denn bei Magnetisierung, welche nicht
bis zur Sättigung getrieben ist, sind nicht alle Molekularströme
parallel gerichtet, was wir am einfachsten dadurch ausdrücken,
daß dann qn kleiner ist qh ist daher proportional zur Magneti-
sierung des Körpers anzunehmen. — Nach ihrer Herleitung (vgl.
oben S. 540) gelten die Gleichungen (18), (19) ganz allgemein, d. h.
auch in inhomogenen Körpern, bei denen s' und v Funktionen
des Ortes sind.
3. Die magnetische Drehung der Polarisationsebene. Wir
wollen den Fall annehmen, daß die Lichtstrahlen parallel zur
Magnetisierungsrichtung liegen sollen. Als solche wählen wir die
Digitized by
Google
414 Kapitel Vn.
«-Achse. Es hängt dann Z, r, a, ß nur von x und t ab, falls ebene
Wellen nach der ;c-Achse sich fortpflanzen, ferner ist z = 7 = 0.
Femer ist
daher werden die Fundamentalgleichungen (18), (19):
^ ^ i ö /^ , hY\ hx
^^^ cd/ 8i' 7dr~JS'
Differentiiert man die Gleichungen nach t und setzt für ^^,^
ihre Werte nach (22), so folgt
c2 0/2 ~'5P""~o 5F5P
Zur Integration setzen wir wie oben S. 394:
(25) x=Me7^^'-P''\ Y = Nel^^''P'') ^
Dann ergibt (24):
Diesen Gleichungen kann man durch zwei Wertsysteme ge-
nügen, nämlich durch:
(26) ph^(^i + ^)^,'^ M=iN,
und
(27) ;>2,2^^_r^_,'^ j„ ^.^^
Nach der oben S. 395 gegebenen Interpretation der dortigen ana-
logen Gleichungen (12) und (13) pflanzen sich also eine rechts-
und eine links-zirkularpolarisierte Welle mit verschiedenen Ge-
Digitized by
Google
Magnetisch-aktive Körper. 415
schwindigkeiten fort Die erste Welle (26) ist links-zirkular-
polarisiert, ihr zugehöriges p ist
' 1+
T • (28)
CT
Das zugehörige p der rechts-zirkularpolarisierten Welle ist
et
Durch Superposition beider zirkularpolarisierten Wellen er-
gibt sich, wenn wir zunächst annehmen, daß e und v, d. h. auch
p und /' reell sind, linearpolarisiertes Licht, dessen Polarisa-
tionsebene sich beim Fortschreiten nach z gleichmäßig dreht um
den Winkel
rf=i£_-£. (30)
Wenn v: er klein gegen 1 ist, wie es im allgemeinen stets der
Fall ist, so erhält man aus (30):
^-S^- (30-)
Bei positivem v ist der Drehungssinn von rechts nach links,
d. h. dem Uhrzeiger entgegen, wenn man der Fortpflanzung des
Lichtes entgegenblickt. In gleichem Sinne rotieren bei Magneti-
sierung nach der positiven ;c-Achse die positiven, paramagnetischen
Ionen. Wenn also v positiv ist, so erfolgt eine Drehung
der Polarisationsebene im Sinne der paramagnetischen
Molekularströme.
Da der Drehungssinn nur von der Magnetisierungs-
richtung abhängt, so geht bei bestimmter Magnetisierung des
Körpers die Drehung der Polarisationsebene weiter, wenn die
Fortpflanzungsrichtung des Lichtes umgekehrt wird. Läßt man
daher linearpolarisiertes Licht in einen magnetisierten Körper
einfallen und an der Hinterfläche desselben reflektieren, so ist die
Polarisationsebene des an der Vorderfläche wieder austretenden
Lichtes doppelt gedreht gegen die ursprüngliche Lage. — Bei einem
natürlich-aktiven Körper wäre bei dieser Anordnung eine Drehung
der Polarisationsebene nicht vorhanden. Denn in einem natürlich-
Digitized by
Google
416 Kapitel VII.
aktiven Körper ist der Sinn der Drehung der Polarisationsebene,
wenn man immer der Fortpflanzungsrichtang entgegensieht, stets
derselbe, d. h. die Drehung nach ihrer absoluten Lage wechselt
mit der Fortschreitungsrichtung der Wellen.
Ob nun die Drehung d im Sinne der paramagnetischen
Molekularströme erfolgt, oder ihnen entgegen, ist aus
dem Magnetisierungscharakter des Körpers (para- oder
diamagnetisch) nicht zu bestimmen, denn das Vorzeichen yon
V kann man aus der Magnetisierungszahl (i des Körpers nicht be-
rechnen, sobald mehr als eine rotierende lonengattung vorhanden
istO Die Magnetisierungszahl (i ist nach (19) der S. 254 dadurch
definiert, daß die gesamte Kraftliniendichte Mx nach der ^-Achse
gleich iiy ist Nach (2) ist nun bei Magnetisierung nach der
;i;-Achse; die gesamte Kraftlinienanzahl der Flächeneinheit (die
sogenannte Induktion):
(31) M^=iiy=y + ^-^SiqSSl^r + ^^Se^^^
Hierdurch ist die Magnetisierungszahl (i anschaulich inter-
pretiert. Je nachdem
(32) T-Se3li>0,
ist daher der Körper para- oder diamagnetisch. Aus dem Vor-
zeichen dieser Summe kann man aber nicht auf das Vorzeichen
von V schließen. — Nehmen wir z. B. den einfachsten Fall, daß
zwei nicht leitende paramagnetische lonengattungen 1 und 2 vor-
handen sind, es sei e^=—H=^^ %=SSl2=SSl, Ti=— Tj^T,
q^ = q^=zq. Dann wird nach (31):
Nach (21) ist aber, wenn wir ah und hh vernachlässigen:
1) Auf diesen Punkt hat auch Eeiff in seinem Buche: „Theorie mole-
kularelektrischer Vorgänge*^ 1896 aufmerksam gemacht Der Reif f sehe Stand*
punkt unterscheidet sich dadurch Ton dem hier benutzten, daß er nicht rotierende
Ionen, sondern drehbare Molekularmagnete voraussetzt, welche nicht mit elek-
trischer Ladung behaftet sind.
Digitized by
Google
MagneÜBch-aktiye Körper. 4^7
Das Vorzeichen von v hängt also von der Differenz der beiden
Dielektrizitätskonstanten 91^1 nnd f!ld^2 ^l>*
In der Tat ergeben auch die Beobachtungen, daß der Cha-
rakter der Magnetisierbarkeit nicht auf den Sinn der magne-
tischen Drehung der Polarisationsebene schließen läßt.
4. Die Dispersion der magnetischen Botationspolarisation.
Führt man die Wellenlänge Xo = Tc der benutzten Lichtsorte im
Vacuum ein, so schreibt sich (30'):
ö ^^x j-^x, (33)
wobei •/? = n den Brechungsindex des (unmagnetisierten) Körpers
bezeichnet.
Wenn man zunächst n als konstant annimmt, was in roher
Annäherung gestattet ist, so würde auch v als konstant anzusehen
sein. Dann ist also 6 umgekehrt proportional zu Xo\ analog wie
bei der natürlichen Rotationspolarisation. Als rohe Annäherung
kann man dies wirklich annehmen.
Schreibt man aber s =n^ in der Form^ (es ist X die Wellen-
länge in Luft, anstatt Xo eingeführt):
+
(34)
(35)
2 1 _L. -^1 I -^2 I ^3 I
•-&)■ '-(^r '-©'
so wird nach (21):
v=—-^ I ^ I ^—
wobei die -4/, A^, A^ , . Konstanten sind, welche unabhängig von
den Ji, ^2* ^3 • • • sind.
Die Anzahl der Konstanten, welche in die Dispersionsformel
der magnetischen Rotationspolarisation eingehen, hängt also von
der Konstantenanzahl ab, welche zur Darstellung der Dispersion
des Brechungsindex n notwendig sind, d. h. von der Anzahl der
Eigenschwingungsperioden, welche zu berücksichtigen sind.
Innerhalb des sichtbaren Lichtes kommt man in den meisten
Fällen damit aus, daß man eine ultraviolette Eigenschwingung X^
1) Vgl. Formel (19) auf S. 372. Diese Form gilt nur im Bereich der
normalen Dispersion und falls keine Leitungsionen zu berücksichtigen sind.
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 27
Digitized by
Google
418
Kapitel VH.
annimmt, and außerdem noch beliebig viele ultraviolette Eigen-
schwingungen, deren JI2, ^, usw. gegen i zu vernachlässigen ist.
Dann wird die Dispersionsformel (34):
n^ = i + A2 + A^ + .. +x^~-2
oder
(36)
i + A^ + A2+A^ + ..+
a +
A2 — Ai2'
A2— A|2-
In diesem Falle muß sich nach (35) die Dispersionsformel f&r
V schreiben:
(37) i
'•j2zzj:^2+ K + ^3' +
= a' +
A2 — A|2'
d. h. die Dispersionsformel für die magnetische Drehung 6 nach (33)
in der Form, falls 2jr2;t=l gesetzt wird:
(38)
<J=^(f2 + Ä^J-
Dies ist eine zweikonstantige Dispersionsformel, da X^ aus der
Dispersion des n zu entnehmen ist. Sie genügt in der Tat den
Beobachtungen gut,^) wie folgende Tabellen lehren:
Schwefelkohlenstoff.
;ii = 0,212 iM, 2^2 = 0,0450,
a = 2,516, i> = 0,0433,
a' = — 0,0136, i»' = + 0,1530.
Spektr. Linie
1
' n ber.
n beob.
6 ber.
6 beob.
A
1,6115
1,6118
—
—
B
1,6179
1,6181
—
—
c
, 1,6210
1,6214
0,592
0,592
D
1 1,6307
1,6308
0,762
0,760
E
1,6439
1,6438
0,999
1.000
F
1,6560
1,6555
1,232
1,234
G
1,6805
1,6800
1,704
1.704
H
1,7033
1
1,7032
—
—
1) Eine Zusammenstellung anderer, bisher Torgeschlagener, einkonstan-
tiger Dispersionsformeln hat Poincard gegeben in der Ztschrft. L'^lairage
^lectrique XI, 8. 488, 1897. Diese Formeln stellen die Beobachtungen sämtlich
nicht Töllig befriedigend dar.
Digitized by
Google
Magnetbch-ftktiTe Körper.
Kreosot.
419
;ii = 0,1845 /<.
a =2,2948,
a' = — 0,1799
;jJ = 0,0340,
6 = 0,0227,
6' = + 0,3140.
Spektr. Linie
n ber.
n beob.
6 ber.
6 beob.
B
1,5319
1,5319
0.515
—
C
1,5336
1,5335
0,573
0,573
D
1,5386
1,5383
0,745
0,758
E
1,5454
1,5452
0,990
1,000
F
1,5515
1,5515
1,226
1,241
0
1,5636
1,5639
1,723
1,723
H
1,5744
1,5744
2,206
—
Wenn man, was das einfachste ist, die Vorstellung zugrunde
legt, daß eine positiv geladene und eine negativ geladene rotierende
lon^nart vorhanden ist, so zeigt die Verschiedenheit des Vor-
zeichens von d und h\ daß diese Ionen in entgegengesetztem Sinne
rotieren.
Die Dispersionsformeln (33), (34) und (35) zeigen, daß die
Drehung 6 sehr groß wird, wenn X in der Nähe einer Eigen-
wellenlänge Xx liegt. Dieses Resultat ist in der Tat kürzlich von
Macaluso und CorbinoO am Natriumdampf bestätigt worden.
Indes werden ihre Beobachtungen nicht durch die hier entwickelte
Theorie dargestellt. Wie nämlich die Dispersionsformel (38) er-
gibt, und wie auch eine strengere Diskussion zeigt, bei der die
Reibungsglieder a/r nicht vernachlässigt werden, besitzt die Drehung ö
nach der Theorie ein verschiedenes Vorzeichen zu beiden Seiten
des Absorptionsstreifens, d. h. für X ^ X^. Nach den Beobachtungen
ist aber das Vorzeichen von 6 zu beiden Seiten des Absorptions-
streifens dasselbe.
Dies zeigt daher, daß für diesen Fall, d, h. wohl über-
haupt für alle Gase und Dämpfe unser bisheriger Ansatz
1) Macaluso und O. M. Corbino. C. E. 127, S. 548, 951, 1898. — ßend.
d. R. Accad. d. Line. (5) 7, S. 293, 1898; 8, S. 38, 116, 1899. — N. Cim. (4)
», S. 384, 1899. — O. Corbino, Rend. d. R. Accad. d. Line. 10. S. 187, 1901.
— N. Cim. (5) 8, ß. 1, 1902. — Vgl. dazu auch H. Becquerel, C. R. 127, 8. 647,
899, 953, 1898.
27*
Digitized by
Google
420 Kapitel VH.
die Erscheinungen nicht darstellt. Zu diesem Schluß fuhrt
auch noch ein zweiter Umstand, der im folgenden Paragraphen
behandelt wird.
5. Magnetisienmg senkrecht zn den Lichtstrahlen. Als
Magnetisierungsrichtung wählen wir die ;»j-Achse, als die der
Lichtstrahlen die aj-Achse. Dann hängt alles nur von x und i ab,
und es ist ra? = i^y = 0, vx = v. In der letzten der Gleichungen
(18) (S. 413) würde allein der Koeffizient v vorkommen, nämlich
in der Verbindung — ^ ^ > doch dies Glied verschwindet, weil wegen
der ersten der Gleichungen (19) X=0 ist. Daher hat nach
dem bisherigen Ansatz die Magnetisierung überhaupt
keinen Einfluß auf das optische Verhalten, wenn die
Lichtwellen sich senkrecht zur Magnetisierungsrichtung
fortpflanzen. Andrerseits ist aber ein solcher Einfluß neuer-
dings bei Metalldämpfen nachgewiesen worden. Dies bildet eine
zweite Ursache dafür, daß wir noch nach einer anderen
Hypothese zur Darstellung der optischen Eigenschaften
im Magnetfelde suchen.
Man könnte ja den bisherigen Ansatz dadurch erweitern, daß
offenbar der magnetisierte Körper eine nicht isotrope Struktur er-
hält durch gegenseitige Anziehung seiner Molekularströme in der
Kraftlinienrichtung. Indes führt eine andere Hypothese direkter
und vollständiger zum Ziel. Auch diese stützt sich auf gewisse
beobachtete Eigenschaften der Körper im Magnetfelde.
B. Hypothese des Halleffektes.
1. Allgemeine Grundlage. Wir lassen die Annahme rotierender
Ionen fallen, benutzen aber wie früher die Vorstellung beweglicher
Ionen. Ein starkes Magnetfeld muß nun deshalb besondere, auf
die Ionen wirkende, ponderomotorische Kräfte ausüben, weil die
bewegten Ionen elektrische Ströme repräsentieren und jedes Strom-
stück in einem Magnetfelde eine Kraft erfährt, welche senkrecht
steht auf dem Stromstück und der Magnetisierungsrichtung. Infolge-
dessen suchen sich die Stromlinien in einem Magnetfelde seitlich
zu verschieben gegen ihre Richtung. Diese Erscheinung ist als
Halleffekt tatsächlich bei allen Metallen, besonders bei Wismut
und Antimon, beobachtet worden.
Digitized by
Google
Magnetisch-aktiye Körper. 421
Wenn ein Stromstück der Länge dl und der Stromstärke im
(nach elektromagnetischem Maße) senkrecht schneidet die Eraft-
linien eines Magnetfeldes der Intensität ^,0 so ist die pondero-
motorische Kraft ft auf das Stromelement:
R=^imdl^ = ^dl^, (39)
falls t die Stromstärke nach elektrostatischem Maße ist. Bei der
von uns (S.251) festgesetzten Lage des Coordinatensystems geht
Änach der X-Achse, wenn i nach der y-Achse und § nach der «- Achse
läuft.
Wenn nun ein Ion der Ladung e in der Zeit dt sich um dtj
nach der y-Achse verschiebt, so ist auf der Länge dtj nach S. 365
eine Stromstärke t = e9l'^ vorhanden, wobei 91' die "Anzahl der
Ionen pro Längeneinheit ist. Daher ist nach (39), da dl=df] ist:
fi=7^''^4l^-
Diese Kraft wirkt auf sämtliche Ionen, die auf der Strecke di]
liegen. Ihre Anzahl ist ^'dtj. Die auf ein Ion wirkende Kraft
nach der x- Achse ist also:
Äx = -^g§,. (40)
Wenn noch eine Magnetisierung nach dertz-Achse bestände, so käme
durch die Verschiebung g noch die Kraft hinzu:
Diese beiden Tenne (40) und (41) sind auf der rechten Seite
der Bewegungsgleichungen (6) oder (7) (S. 411) der Ionen hinzu zu
addieren. Nehmen wir nur isolierende, keine Leitungs-Ionen an,
wie es bei allen Körpern mit kleiner elektrischer Leitfähigkeit
gestattet ist, so folgt daher
1) Wenn die Magnetisieningszahl ^ des Raumes von 1 verschieden Ist, so
ist an Stelle von ^ die Kraftliniendichte (die Induktion) einzusetzen.
Digitized by
Google
422 Kapitel VlI.
und durch zyklische Vertauschung der Buchstaben:
(42)
2. Herleitmig der Differentialgleichungen. Die Funda-
mentalgleichungen (3) der S. 409 bleiben, wie immer, unverändert
Da wir keine rotierende Ionen voraussetzen, die Ionen daher bei
ihrer Bewegung keine magnetischen Kraftlinien mit sich führen,
so ist die Magnetisierungszahl /m=1 zu setzen, und es gilt die
frühere Beziehung (vgl. S. 255):
(43) 4x8^ = Yt^ ^^^y=??» ^^^*==|J.
Ferner ist, wie früher (S.365):
4;r;x=-^(Z+4^2:egig),
(44) 4njy^^^{Y+4jtSeSari),
4jrjx=^^{Z+4jt2:emQ,
Die Gleichungen (3), (42), (43) und (44) enthalten die voll-
ständige Theorie. 0
Für periodische Zustandsänderungen und Benutzung der
früheren Abkürzungen
('^^^ *r = '»' 5;^^ = ^'
schreibt sich (42):
(46) eg(l + .-J-^4)-7?Ä('?§»-e§.)=|^-
1) Die allgemeinste Theorie ist zu erhalten aus dem oben unter A be-
nutzten Ansatz rotierender Ionen in Verbindung mit dem System (42). Letzteres
System kann streng genommen überhaupt nie fehlen, sobald bewegliche Ionen
vorhanden sind und ein äußeres starkes Magnetfeld. Der Einfachheit halber
ist aber hier der Ansatz A völlig getrennt vom Ansatz B.
Digitized by
Google
Magnetisch-aktiye Körper. 423
Legt man die ^Achse in die Eichtang des Magnetfeldes, sodaß
§3. = §y = 0,$« = $ wird, nnd benutzt man die Abkürzungen:
i + i?-^,= Ö, iL^-^^ (47)
so wird nach (46):
e>7.Ö + ».eg.*=|-r, (48)
eg.ö =*Z.
Dies kann man nach §, 17, g auflösen and erhält:
4xeg (©2 _ 4>2) = ^ (ÖX+ »4H0,
4 jte j? (©2 - *») = * (©r - »*Z), (49)
Daher wird nach (44):
^^^v = Tij- (^ + 2 ö^rr^ij - » -57 -^ ö^^iT». (50)
Wir wollen dies abkürzen in:
4Jtjy=e ^-tv-^, (51)
3. Lichtstrahlen parallel zur Magnetisierung. In diesem
Falle hängt alles nur von z und t ab, und die Gleichungen (3),
(43) und (51) ergeben:
If'^hX , . öy\ hß lf„bY . bX\ ba
Digitized by
Google
424 Kapitel Vn.
Eliminiert man a und ß, so folgt:
/KON c2 ö^' d*2 0» d^2 '
Setzt man zur Integration wie oben S. 394 u. 414:
(54) Z = J»fe^^'-^*\ r=ivJ^'-^^\
so ergibt sich aus (63):
e"M = p'^c'^M — ivN, b"N = p'^cm + iVilf,
d. h. die zwei Wertsysteme:
n , x entsprechen der links-, w", x ' der rechts-zirkularpolarisierten
Welle. Aus der Bedeutung, welche b" und v nach (50) und (51)
haben, folgt:
Ist T nicht nahe bei einer Eigenschwingung, so kann man in
6 das imaginäre Glied i, «/r vernachlässigen^ es ist daher x =x' = 0
und es wird, da * stets klein gegen 1, d. h. auch gegen 6 ist:
Die Drehung d der Polarisationsebene folgt nach (19) (S. 396) zu:
(58) ^ = ^Äi-^^ -^) = ^^l?q::^-
Setzt man das Mittel aus n und n gleich n, so folgt:
Digitized by
Google
Magnetuch-aktive Körper. 425
Daher ist nach (57):
Dabei ist der Brechungsindex n bis auf erste Ordnung in *
gegeben durch
„2 = i + 2^- (61)
4. Die Dispersion der magnetischen Drehung der Polari-
sationsehene. Durch Einführung der Werte von ö und * nach
(47) schreiben sich die letzten Gleichungen
^—~2i^xr^^^{^_±Y'l' (62)
n2 = 2+2
i-i* (63)
t2
In erster Annäherung ist daher, wie nach der Hypothese A,
d umgekehrt proportional zu Xo\
Genügt (vgl. oben S. 418) zur Darstellung des n^ die zwei-
konstantige Dispersionsformel:
^' = « + i2^.' (64)
(es ist anstatt Xo die Wellenlänge X in Luft geschrieben), so muß
sich nach (62) 6 durch die zweikonstantige Dispersionsformel:
darstellen lassen, a und h' müssen verschiedene Vorzeichen be-
sitzen, wenn nur zwei verschiedene lonenarten, eine positiv- und
eine negativ-geladene, vorhanden wären. Dies wäre die einfachste
Annahme, die man machen kann.
Die Formel (65) stellt die Beobachtungen an Schwefelkohlen-
stoff und Kreosot in folgender Weise dar:
Digitized by
Google
426
Kapitel VII.
Schwefelkohlenstoff.
X^2 = 0^0450 a = + 0,1 167 b' = + 0,2379.
Spektr. Linie 6 ber.
C
D
E
F
0
6 beob.
0,592
0,592
0,760
0,760
0,996
1,000
1,225
1,234
1,704
1,704
Kreosot
i,2 = 0,0340 d 0,070 J' = + 0,380.
Spektr. Linie i
6 ber.
ö beob.
C
0,573
0,673
D ;^
0,744
0,758
E 1
0,987
1,000
^ 1
1,222
1,241
G '
1,723
1,723
Der Anschluß der Theorie an die Beobachtungen ist fast
ebenso gut, ein wenig schlechter, als der nach der Hypothese der
Molekularströme erzielte Anschluß (vgl. oben S. 418 u. 419).
Aus (63) folgt, wenn man ^/t^ ersetzt durch Xk^h
<»-^2
m
Xh^.
(-*')
U2\2 A8
mO-
Da nun nach (31) und (33) oben S. 376 Xh^ =^-^, so wird,
falls für alle lonengattungen m : e den gleichen Zahlwert hat, so-
daß man diesen Faktor vor das Summenzeichen setzen kann:
(in
;.3
m ^
7.
m
Daher ergibt (62):
(62')
'(-«^
7'
6 = — z&-
^ m
X^
2c
dn
dX'
Es entsteht daher eine einkonstantige Dispersions-
formel, aus der man e:m berechnen kann. Nach dieser
Digitized by
Google
Magnetisch-aktiye Körper. 427
Fonnel, welche tatsächlich den Gang der Dispersion bei vielen
Substanzen wenigstens annähernd darstellt,^ hat Siertsema^)
bei Luft, Kohlensäure, Wasserstoff^ Wasser, Schwefelkohlenstoff,
Quarz den Quotienten e : m berechnet. Es ergeben sich für ihn
Werte, die zwischen ^\m = 0,75 . 10^ bis 1,77 . 10^ schwankten,
also annähernd wiederum das fttt freie Elektronen
charakteristische Verhältnis. Auch entspricht bei diesen
Substanzen das Vorzeichen der beobachteten Drehung rf einer
negativen Ladung e'.^) Nun kann zwar die Formel (62') fttr diese
Substanzen keine ganz strenge sein, weil, wie es besonders bei
Wasser eintritt, auch ultrarote Eigenschwingungen Einfluß auf
den Brechungsindex haben und für diese ß'/^ einen viel kleineren
Wert hat, als für ultraviolette Eigenschwingungen (vgl. oben S. 377).
Daher kann m : e nicht als gemeinsamer Faktor vor die S in der
Formel für dn : dX gezogen werden. Annähernd ist dies aber um
so mehr gestattet, bei je kleineren Wellenlängen die Drehung 6
dargestellt werden soll. Daß daher die so berechneten Werte für
e : m noch untereinander schwanken, ist leicht in dieser Weise
zu erklären, und daß sie annähernd mit dem aus Eathodenstrahlen
erhaltenen Wert für e : m übereinstimmen, bildet eine weitere,
sehr interessante Bestätigung dafür, daß man die Dis-
persionserscheinungen von der universellen Elektronen-
theorie aus zahlenmäßig begründen kann.
Das in (65) aufgestellte Dispersionsgesetz fügt sich diesen
Betrachtungen nicht ein. Denn wenn für eine lonengattung
;Iä = 0 ist, so müßte, bei konstantem e : m für diese lonengattung
auch das zugehörige d-h = 0 sein. Daher müßte dann auch die
Konstante a = 0 sein. Annähernd fügt sich daher die Disper-
sion des Kreosot, für welches sich a nach (65) sehr klein ergab
(a= — 0,070) diesen Betrachtungen, d. h. der Formel (62'); bei
Schwefelkohlenstoff zeigen sich aber stärkere Abweichungen, wie
folgende Tabelle lehrt, in welcher die Zahlen der letzten Kolonne
in willkürlichem relativem Maße geraessen sind:
1) Formal (ohne die physikalische Bedeutung des Faktors («'/m) zu inter-
pretieren, welches Siertsema zuerst getan hat), hat H. Becquerel dieses Disper-
sionsgesetz aufgestellt (C. R 125, S. 679, 1897).
2) L. n. Siertsema, Ck>mmun. Labor. Leiden. Nr. 82, 1902. — Versag
V. d. Afd. Naturk. d. Kon. Akad. v. Wetensch. de Amsterdam. S. 499, 1902.
B) Es ergibt sich nämlich die Drehung in dem ob^n 8. 415 besprochenen
Sinne positiv, d. h. im Sinne der Magnetfeld ersetzenden Ströme.
Digitized by
Google
428
Kapitel VH.
Schwefelkohlenstoff.
Spektr.
1
Linie
d dx
X ' dn
ö
7,29
D
1 7,48
E
7,60
F
7.41
Q
6,00
Die Inkonstanz der Zahlen der letzten Kolonne spricht also da-
für, daß Formel (62') nicht streng gültig ist In der Tat haben bei
Schwefelkohlenstoff ultrarote Eigenschwingungen merklich Einfluß
auf den Brechungsindex. Wenn man daher e : m nach (62')
bei Schwefelkohlenstoff berechnet, so muß das Resultat je nach
den benützten Farben etwas schwanken.
5. Die Wellenlänge liegt nahe bei einer EigenwellenlSnge.
Wenn die Lichtperiode nahe bei einer Eigenschwingung liegt, so
darf der Reibungsterm «jr nicht vernachlässigt werden. Wir wollen
annehmen, daß T nahe benachbart sei der Eigenperiode TJ der
lonengattung 1, und setzen daher t = y6j^ (1 +^) = ri (1 +^),
wobei g klein gegen 1 sein solL In den Formeln (56) kann man
dann, da * klein ist, bei allen Gliedern der JS, welche sich nicht
auf die lonengattung 1 beziehen, setzen:
(66)
sodaß unter Benutzung der Abkürzungen:
^+2
(67)
m
= Ä, 2
0^9(J
(i - ±J
= ^',
Ti ' ^;r c Ti ei ^ ^ ' * * '
aus (56) entsteht, wenn man nur auf erste Ordnung in g entwickelt
und g ' g) vernachlässigt gegen g oder g>:
(68) n 2 (1 — ixy=Ä + a' +
(69) n"2 (1 - ix"y = A'-A' +
B
2g-\-ih'- <p'
2g + «Ä -+- 9)
Digitized by
Google
Magnetisch-aktiTe Körper. 429
Der imaginäre Bestandteil der rechten Seite von (68) wird mög-
lichst groß, d. h. es tritt für eine links-zirkularpolarisierte Welle
maximale Absorption ein, falls ist:
2g = +(p, d.h. t2=t/2 = ti2(1 + ^j), (70)
far eine rechts-zirkularpolarisierte Welle tritt dagegen maximale
Absorption anf bei
2gv= — g)^ d.h. T2=Tr2 = ri2(l — 9>). (71)
Durch die Magnetisierung parallel den Lichtstrahlen
wird also bei einfallendem natürlichem Licht ein ur-
sprünglich vorhandener schmaler Absorptionsstreifen
verdoppelt In dem einen Streifen ist links-zirkular-
polarisiertes Licht stark absorbiert, sodaß das durch-
gehende Licht geschwächt erscheint und rechts-zirkular-
polarisiert ist, in dem anderen Absorptionsstreifen fehlt
das rechts-zirkularpolarisierte Licht
Dasselbe Resultat würde sich auch nach der Hypothese A der
Molekularströme ergeben.
Wenn g nicht sehr klein und der absolute Betrag von 2 g
größer als g> ist, sodaß h neben 2g+g)ZVi vernachlässigen ist,
so kann man in (68), 69) oc und x" = Null setzen, vorausgesetzt,
daß die rechten Seiten positiv sind. Man erhält also in einiger
Entfernung vom Absorptionsstreifen:
2g — <p ^ ^'\-9
[Damit die rechten Seiten stets positiv seien, muß der ab-
solute Betrag von A den absoluten Betrag von j—^- tibertreffen.]
Nach Formel (59) auf S. 424 ergibt sich die Drehung ö der Pola-
risationsebene :
wobei (72)
Hiemach erscheint die Drehung ö zu beiden Seiten des Ab-
sorptionsgebietes (t = Ti) von gleichem Vorzeichen und nahezu
Digitized by
Google
430 Kapitel VIL
symmetrisch verteilt, da 6 annähernd nur von g^ abhängt Das-
selbe Resultat ergibt sich aus der Dispersionsformel (62). Wenn
6 positiv ist, so erfolgt nach S. 415 die Drehung im Sinne der
(paramagnetischen) Ampfereschen Molekularströme. Da das Vor-
zeichen von d durch den kleinen Term A' nicht bestimmt wird,
sondern durch das viel bedeutendere Glied ^95: (^^^ — 952), und da
der absolute Betrag von 2g größer als q> sein soll, da femer B
stets positiv ist, so hängt das Vorzeichen von ö nur von q) ab,
d. h. der Ladung e^. Bei positivem e^, d. h. 9)>0, erfolgt daher 6
entgegen den Molekularströmen, ferner ist r« > Tr, d. h. diejenige
Welle (l\ deren Erregungsbahn im Sinne der Molekularströme
durchlaufen wird, wird bei einer langsameren Periode T maximal
absorbiert, als die Welle (r), deren Erregungsbahn entgegen den
Molekularströmen durchlaufen wird. — Bei negativem e^ wird die
Polarisationsebene im Sinne der Molekularströme gedreht Es ist
dann rz < rr, d. h. allgemein wird diejenige Welle, deren Er-
regungsbahn in demselben Sinne durchlaufen wird, wie die Ro-
tation 6 der Polarisationsebene erfolgt, bei einer kürzeren Periode
maximal absorbiert, als die entgegengesetzt rotirende Welle.
Alle diese Folgerungen werden nun in der Tat am Natrium-
dampf bestätigt, wie weiter unten noch näher besprochen werden
soll. Für beide Absorptionslinien des Dampfes (für beide D-
Linien), welche derselbe im unmagnetischen Zustande zeigt, ergibt
sich das zugehörige e negativ. Die beiden D-Linien des
Natriumdampfes werden also durch negativ-geladene
Ionen (Elektronen) verursacht
Die Absorption an der Stelle g = 0 kann gering sein, wenn
g> groß gegen h ist. Dann wird nach (68), (69):
n'2 = ^ + /-:?, n"^=A-A' + ^'
Die rechten Seiten müssen positiv sein, wenn diese Gleichungen
Sinn haben sollen, d. h. der absolute Betrag von A muß größer
sein, als der von ^/y. Die Drehung 6 der Polarisationsebene ist
dann proportional zu
(73) rf^!L!^'=5/^_.^'.
6 ist daher groß, da 9) klein ist. Bei positivem e^ erfolgt ö
im Sinne der Molekularströme, d. h. in entgegengesetztem Simxe,
Digitized by
Google
Magnetisch-aktäve Körper. 431
wie in der Nachbarschaft außerhalb des Absorptionsgebietes. Trotz-
dem brauchen keine Nullstellen für d zu existieren, denn an den
Stellen starker, aber verschiedener Absorption nx und n'x" hat
es überhaupt keinen Sinn, von der Drehung 6 der Polarisations-
ebene zu sprechen. — Daß die Drehung cJ in der Nähe eines Ab-
soi-ptionsstreifens sehr groß wird, ist in der Tat von Macaluso
und Corbino am Natriumdampf gefunden worden. (Vgl. oben
S. 419, Anm. 1). Diese Beobachtungen entsprechen auch der hier
gegebenen, d. h. auf der Hypothese des Halleffektes aufgebauten
Theorie.*) Femer hat Schmauß^) an Farbstoff-Lösungen starke
anomale (d. h. vom gewöhnlichen Dispersionsgang abweichende)
Drehung 6 gefunden.
6, Lichtstralileii senkrecht zur Magnetisierung. Als Richtung
der Magnetisierung wählen wir die ;t;- Achse, als Richtung der
Wellennormale die x- Achse. Dann hängt alles nur von x und t ab,
und die Gleichungen (3), (43) und (51) ergeben:
„bX , . hY ^
^ -¥+*^^ = ö,
c bt S'
_ Ibß bZ idy_ ÖY
"~"' e bt"^'^' ebt~ ^'
Eliminiert man ß und 7, so folgt:
(75)
Die beiden ersten Gleichungen ergeben durch Elimination
von X:
v'^\ b^Y „ b^Y
bt^
e'X + ivY
= 0,
e"b^Y
^'^J-V
V b'^X
c2 0^2 =
= W^+'
c2 bt^ '
e' b^Z_
b^Z
C2 bt^
bx^
(."-?)
'-- = ^^W^' (76)
1) VgL dazu das N&here bei W. Voigt, Ann. d. Phys. 6, S. 790, 1901. —
8, S. 872, 1902.
2) A. Schmauß, Ann. d. Phys. 2, S. 280, 1900. — 8, S. 842, 1902. —
10, 8. 853, 1903. — Seine Beobachtungen wurden von F. J. Bat es, (Ann. d.
Phys. 12, S. 1080, 1903) bestritten, sind aber von R W. Wood (Phys. Ztschr.
6, S. 416, 1905) an gesättigter Lösung von Praseodym-chlorid bestätigt worden.
Digitized by
Google
432 Kapitel VII.
Setzt man zur Integration:
x-mJ'-'^''\ r_iv.7»-^''>. z-nA'-'-'^\
SO folgt aus (75) und (76):
(77) e"-^=ph\ e=p^\ M=-'Xn.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeiten von Z und Y sind also
verschieden, d. h. der Körper verhält sich wie ein doppel-
brechendes Medium. Für Z, d.h. fttr eine senkrecht zur Mag-
netisierung polarisiei-te Welle, ergibt sich Brechungsindex und
Absorptionsindex aus
(78) p^c^ = n^l-ixy=^s=i+^^,
für die parallel zur Magnetisierung polarisierte Welle folgt
(79) ^2(i_,^)2=i+2§2zr^, . ^ ^^le —
Der Unterschied von n und n ist im allgemeinen sehr klein,
da er, wenn 6 nicht sehr klein wird, erst von zweiter Ordnung
in * wird. Daher kann diese magnetische Doppelbrechung erst
bemerklich werden in der Nähe einer Eigenwellenlänge, da dann
6 sehr klein ist.
7. Die Wellenlänge liegt nahe bei einer Jligenwellen-
länge. Wir setzen wie früher t = r^ {1 + g) = Vh (l + g\ und
nehmen g als klein gegen 1 an.
Dann ist in jedem Gliede unter dem Summenzeichen, abge-
sehen von dem sich auf die lonengattung 1 beziehenden Gliede,
e als reelle Größe zu betrachten, welche nicht sehr klein ist
*2 ist dann neben 0^ 2u vernachlässigen.
Verwendet man daher die Abkürzungen (67) der S. 428, so
wird:
{2g + ih-
(2y 4- t/02 — 9)2
[{2!;-i-ih)^-^r^A + (2g^ifi)B^
Digitized by
Google
Magnetisch-aktive Körper. 433
oder
Bei einem Metalldampf ist nun der Brechungsindex stets sehr
nahe gleich 1, selbst wenn g ziemlich klein ist Daraus schließt
man (vgl z. B. die Formeln für n^ auf S. 429), daß A nahezu
gleich 1 und B sehr klein sein muß, so daß man im zweiten Gliede
der rechten Seite von (80), welches den kleinen Faktor B ent-
hält, B gegen A vernachlässigen kann. Man erhält dadurch
nni-a.^=^+(,^^^,- (81)
Der imaginäre Bestandteil, d. h. die Absorption, wird daher,
falls h sehr klein ist, möglichst groß, wenn ist:
4g^—q>^=0, d.h. 2g = ±q). (82)
Für die parallel zur Magnetisierung polarisierte
Welle sind daher zwei Absorptionsstreifen vorhanden,
welche zu beiden Seiten des in unmagnetischem Zu-
stande vorhandenen Absorptionsstreifens liegen.
Für die senkrecht zur Magnetisierung polarisierte Welle folgt
aus (78):
nm-ixy = A + ^-^^^ (83)
Die maximale Absorption liegt an der Stelle ^ = 0. Für die
senkrecht zur Magnetisierung polarisierte Welle ändert
sich also die Absorption nicht durch die Magnetisierung
Wenn 2g groß gegen h und gegen <p ist, so wird x und x'
sehr klein und näherungsweise ist:
.2 _ . , 5 A.^\-hB^2g_ 2 _ j _r -S
^ —'^'^ 2g Ä{4g^-ip^)-\-B.2g^ ^ —'^^2g^
daher
B Aip^
i ^ — n^ ^= -^ '
n ^ — n
2 g 4g^u^ — Ag)^^
oder da 4g^ groß gegen q>^ sein soll, so ist annähernd
d. h. positiv oder negativ je nach dem Vorzeichen von g, aber
Drude, Lehrbuch d. Optik. 3. Aufl. 28
Digitized by
Google
434 Kapitel VII
unabhängig von der Magnetisierungsrichtung und dem Vorzeichen
von 9). Dieses Gesetz der magnetischen Doppelbrechung haben in
der Tat Voigt und Wiechert am Natriumdampf zu bestätigen
vermocht 0
8. Der Zeemann-Effekt. Zeemann^) hat beobachtet, daß
eine schmale Emissionslinie eines Metalldampfes, z. B. von Natrium
oder Kadmium, in zwei, bezw. drei Linien (Doublet, bezw. Triplet)
sehr nahe benachbarter Perioden zerfällt, wenn der Metalldampf
magnetisiert wird. Das Doublet tritt ein für die Emissionsrich-
tung, die mit der Richtung der magnetischen Kraftlinien zu-
sammenfällt, das Triplet für dazu senkrechte Emissionsrichtungen.
Diese Erscheinungen werden durch die Differentialgleichungen (42)
der S. 422 sofort erklärt, sobald man in ihnen X= Y= Z^'O
setzt, d. h. annimmt, daß die Ionen ohne Einfluß einer äußeren
einfallenden Kraft schwingen; das Resultat entspricht dann der
lediglich durch innere Vorgänge (z. ß. Temperatursteigerung) her-
vorgebrachten Emission des Lichtes. — Legt man die «-Achse in
die Richtung des Magnetfeldes ^, vernachlässigt man die Reibungs-
glieder r, schreibt man für e:c die nach elektromagnetischem
Maße gemessene Ladung e\ so wird (42)
(S5) ^dr^ + ^-n = — ^^di
Die Schwingungen g in der Richtung des Magnetfeldes werden
also durch dasselbe gar nicht beeinflußt, sie finden mit derselben
Periode t^ statt, wie ohne Magnetfeld. Aus der letzten Gleichung
(S5) folgt Tj^ = w{f : 4jte\ — Setzt man
^t
^t
1 =
-M.e^ ,
T] =
■-Ne^ ,
so ergibt (85):
(86)
{h-
i
m ♦
V m
1) über das Nähere dieses Versuches vgl. W. Voigt, Wied. Ann. 67
S. 360. 1899.
2) P. Zeemann, Phil, Mag. (5), 43, S. 226, 44, S. 255, 1897.
Digitized by
Google
Magnetisoh-aktive Körper. 435
Daher entsteht durch Elimination von M und N:
(f.-^)'-M'e)'- w
Setzt man ferner x = x^ iX + 9) (analog wie oben in § 7), wobei
g klein gegen 1 ist, da der Einfluß vom Magnetfeld ^ immer nur
gering ist, so folgt aus (87), da man auf der rechten Seite wegen
des Faktors ^^ d^n Näherungswert r = r^ einsetzen darf:
29 = ±Ty^i' (88)
Bezeichnet man die Schwingungen, für welche das obere
Vorzeichen gilt, mit dem Index +, die anderen mit dem Index — ,
so ergibt (86):
itt|. = iiV^, M- = — iN-. (89)
Diese Gleichungen enthalten nun in der Tat das Zeemann-
Phänomen. Blickt man nämlich in Richtung der magnetischen
Kraftlinien («-Achse), so können die Schwingungen £ kein Licht
ergeben, da dasselbe nur in Transversalschwingungen fortgepflanzt
wird. Die Schwingungen g, tj ergeben aber zwei Wellen mit von-
einander verschiedenen Perioden r, und zwar ist nach (89) und
oben S. 395 die (+)- Welle links-, die (—)- Welle rechts-zirkular-
polarisiert. Da sich nun ergibt, daß die links-zirkularpolarisierte
Welle nach kleineren Perioden t verschoben ist, so muß g für
das obere Vorzeichen in (88), welches ja der (+)-Wellen entspricht,
negativ sein, d. h. auch e ist negativ. Dies ist also die Er-
klärung des Zeemannschen Doublets.
Blickt man senkrecht zur Eichtung des Magnetfeldes in Rich-
tung der ^Achse, so ist das senkrecht zum Magnetfeld polari-
sierte Licht, welches von den g-Schwingungen herrührt, unver-
ändert, während das parallel zur Magnetisierung polarisierte Licht,
welches durch die g-Schwingungen hervorgebracht wird, in zwei
verschiedenen Perioden schwingt. So erklärt sich daher das von
Zeemann beobachtete Triplet
Aus der Messung der beiden Triplets, in welche die beiden
Natriumlinien {D^ und D<^) zerfallen, hat Zeemann in einem
Magnetfelde der Stärke ^ = 22400 absolute Einheiten als Distanz
2 g der beiden äußeren Linien eines Triplets den Zahlen wert
2g = 2: 17800 erhalten. Daher folgt nach (88), falls man
28*
Digitized by
Google
436 K^itel VII
T^= T^: 2x = Xii 2jtc setzt, wobei X^ die Wellenlänge des Na-
triumlichtes bedeutet, c = 3 • 10^<> die Lichtgeschwindigkeit:
^=1,6.101
Es ergibt sich also wiederum die für freie negative
Elektronen charakteristische Zahl ejm.
Aus Beobachtung einer Kadmiumlinie {X = 0,48 (i) ergab sich
jenes Verhältnis zu 2,4 • 101
Dieses Zeemann-Phänomen bildet daher eine sehr
direkte und wichtige Stütze für die Elektronentheorie.
Durch genauere Untersuchung mit Hilfe der oben S. 214 be-
schriebenen Methode der hohen Interferenzen hat Michelson*)
gefunden, daß meist eine kompliziertere magnetische Zerfällung
der Emissionslinien als in Doublets bezw. Triplets eintritt. Es
ist dies schon allemal dann zu erwarten, falls die üntersuchungs-
methode, wie bei dem Michelsonschen Apparate, bis zu einer
solchen Feinheit getrieben wird, daß die Emissionslinien auch
außerhalb des Magnetfeldes einen gewissen komplizierteren Bau
aufweisen, als er in den bisherigen theoretischen Annahmen ent-
halten ist, z. B, wenn eine Emissionslinie zwei nahe benachbarte
Maxima der Emission aufweist. 2) Außerdem ist auch eine theo-
retische Erweiterung der Bewegungsgleichung (46) der Ionen mög-
lich, wenn man nämlich den Einfluß der Bewegung benachbarter
Ionen berücksichtigen würde. Es würden dann in jener Gleichung
noch zweite Differentialquotienten der elektrischen Kraft nach den
Koordinaten auftreten und dadurch würde eine kompliziertere mag-
netische Zerfällung der Absorptions-, d. h. auch der Emissions-
linien folgen. 3)
1) Vgl Phü. Mag. 45, S. 348, 1898. — Astrophys. Jonrn. 7, 8. 131; 8,
S. 37, 1898. — Wied. Beibl. 1898, S. 797.
2) Über interessante Eegelmäßigkeiten bei der magnetischen Zerlegung
der Serienspektren vgl. C. Runge und F. Paschen, Berl. Akad. 1902,
S. 380, 720.
3) In anderer Weise erklärt Voigt (Wied. Ann. 68, S. 352, 1899) die
anomiden Z e e m an n - Effekte, nämlich durch longitudinale magnetische Effekte.
Indes fehlt bisher die physikalische Vorstellbarkeit hierfür. — Zur Berechnung
des Zeemann- Phänomens benutzt Voigt den Kirschhoffschen Satz (vgl. unten
im III. Abschnitt dieses Buches), daß die Emmissionslinien eines Gases bei
denselben Perioden liegen, wie seine Absorptionslinien, und berechnet die Lage
der letzteren auf Grund analoger Differentialgleichungen, wie sie hier in § 2
Digitized by
Google
Magnetiscli-aktiye Körper. 437
Der direkte Nachweis der Zeemann -Effekte erfordert ein sehr
stark auflösendes Gitter oder Prisma. Bequemer ist daher eine
von W. König ^) beschriebene Versuchsanordnung, nach der eine
im Magnetfelde befindliche Natriumflamme durch eine andere,
außerhalb des Magnetfeldes befindliche Flamme betrachtet wird.
Blickt man senkrecht zur Magnetisierung, so erscheint die erste
Flamme hell und zwar polarisiert Wegen des Kirchhoffschen
Satzes von der Gleichheit von Emission und Absorption (vgl.
weiter unten im III. Abschnitt, 11. Kapitel, § 4) müssen nämlich
nur diejenigen Schwingungen der magnetisierten Natriumflamme
durch die unmagnetisierte Natriumflamme absorbiert werden,
deren Periode im Magnetfeld dieselbe ist, wie außerhalb des
Magnetfeldes. Vielleicht ist auch in dieser Weise (durch Absorption
im Flammenmantel bei nicht völlig homogenem Magnetfeld) die
von Egoroff und Georgiewsky^) beobachtete Erscheinung zu
erklären, daß eine Natriumflamme im Magnetfelde partiell polari-
siertes Licht aussendet senkrecht zur Magnetisierungsrichtung.
Aber auch in völlig homogenem Magnetfelde wäre diese Erschei-
nung theoretisch zu erklären, da die gesamte Absorption rix für
die nach der Magnetisierungsrichtung polarisierten Wellen, nach
Formel (80) für alle möglichen Werte von g berechnet, sich etwas
verschieden ergibt von der gesamten Absorption nx der senkrecht
zur Magnetisierung polarisierten Wellen, wie sie aus (83) für alle
möglichen Werte von g gefunden wird.^)
9. Die magueto-optischen Eigenschaften von Eisen, Nickel,
Kobalt, Haben wir im vorigen gesehen, daß bei Metalldämpfen
die Vorstellung der Molekularströme nicht zu einer befriedigenden
hergeleitet sind; Voigt enthält sich aber einer physikalischen Deutung der
Koeffizienten dieser Differentialgleichungen. Diesen in Wied. Ann. 67, 8. 345,
1899 gegebenen Ausgangspunkt seiner Theorie entwickelt Voigt weiter in Wied.
Ann. 68, 8. 352; 69, 8. 290, 1899. — Ann. d. Phys. 1, 8. 376, 389, 1900. —
6, 8. 790, 1901. — 8, 8. 872, 1902.
1) W. König, Wied. Ann. 68, 8. 268, 1897.
2) Compt. rend. 127, S. 748, 949, 1897.
3) Voigt (Wied. Ann. 69, 8. 290, 1899) erhält die von Egoroff und
Georgiewsky beobachtete Erscheinung, sowie wechselnde In tensitäts Verhält-
nisse beün Zeemann -Effekt durch die Annahme, daß die Reibungskoef-
fizienten r in den Ausgangsgleichungen (42) der S. 422 von der Stärke des
Magnetfeldes abhängen sollen und zwar je nach der Richtung der Schwingungen
in verschiedener Weise. — Für diese Annahme fehlt allerdings zunächst die
Möglichkeit einer einfachen und plausibeln physikalischen Herleitung.
Digitized by
Google
438 Kapitel VII.
Darstellung der Erscheinungen führt, so muß man zur Erklärung
der magneto-optisohen Eigenschaften der stark magnetisierbaren
Metalle an dieser Vorstellung festhalten. Am einfachsten wird
dies dadurch bewiesen, daß in diesen Metallen die magneto-opti-
schen Effekte proportional zur Magnetisierung des Metalls sind,^)
daher auch einen endlichen Grenzwert (bei Magnetisierung des
Metalls bis zur Sättigung) erreichen, auch wenn das äußere Mag-
netfeld weiter gesteigert wird. Die Benutzung des Halleffektes
würde dagegen einen solchen Grenzwert nicht ergeben, 2) da die
magneto-optischen Effekte proportional zur magnetischen Induktion
im Körper sein müssen, d. h. proportional zur Dichte der gesamten
magnetischen Kraftlinien. Streng genommen kann nun allerdings
der Halleffekt auch bei vorhandenen Molekularströmen nie ganz
fehlen,^) indes zeigen die Erscheinungen, daß bei Eisen, Nickel,
Kobalt der Einfluß der Molekularströme jedenfalls bedeutend den
Einfluß des Halleffektes überwiegt, und daher wollen wir zur Ein-
fachheit die Halleffekt-Glieder jetzt gar nicht benutzen.
a) Durchgehendes Licht. Lassen wir ebene Wellen senk-
recht durch eine dünne Eisenschicht fallen, welche normal zu ihrer
Fläche magnetisiert ist, so gelten die Formeln des § 3, S. 413. Be-
zeichnen wir mit n und x Brechungsindex und Absorptionsindex
des unmagnetisierten Metalls, ferner mit n und x die betreffenden
Größen für die links-zirkularpolarisierte Welle im magnetisierten
Metall, mit n" und x" für die rechts-zirkularpolarisierte Welle, so
ist nach (28) und (29) auf S. 415 bei Entwicklung bis auf erste
Ordnung in v:
/c = n (l-^x') = V7(l-^y,
w (1 — ix) = "j/X
1) Dies ist durch Versuche von Kundt (Wied. Ann. 27, 8. 191, 1886) und
H. E. I. G. du Bois (Wied. Ann. 89, ö. 25, 1890) bewiesen.
2) Dies sowie verschiedene Gestalt der Dispersionsgesetze würde der ein-
zige Unterschied zwischen beiden Theorien sein, sonst wären sie formal iden-
tisch, falls man nach der Hallefiekt-Hypothese nur bis auf erste Ordnung in
den magneto-optischen Zusatzgliedem entwickelt, was allemal gestattet ist, da
bei Metallen keine schmalen Absorptionslinien vorkommen.
3) Vgl. die Anm. 1 auf S. 422.
Digitized by
Google
MagnetUch-aktive Körper. 439
Bringt man v in die Fonn
pr= a + bi,
wobei a und h reell sind, so wird
// / W / I 1 \ ff rf ff W / ,v
n — n '==— (a + wc), n x — n x = — (ax — 0).
Die letzte Formel besagt, daß rechts- und links-zirkularpola-
risiertes Licht in verschiedener Weise absorbiert wird, die erste
Formel ergibt, falls n'x" und nx nur wenig voneinander ver-
schieden sind, so daß das austretende Licht näherungsweise linear-
polarisiert bleibt, die Drehung 6 der Polarisationsebene linear-
polarisierten Lichtest gemäß Formel (19') auf S. 396 zu:
6 = £^{n' — n) = 2^,xn{a + bxy (90)
wobei ZQ=cT=2j€cr gesetzt ist.
Die Metallschichten müssen sehr dünn sein (Bruchteile von
^), damit sie überhaupt noch durchsichtig sind. Trotzdem werden
merkliche Drehungen 6 beobachtet, z. B. bei ;ij = 0,332 ^ beträgt
bei Eisen, welches zur Sättigung magnetisiert ist, für rotes Licht
(Ao = 0,00064 mm) d=4,25^. Daraus würde für eine Eisen-
schicht von 1 cm Dicke der enorme Betrag d = 200 000<^
folgen! Nach diesen Beobachtungen und der Formel (90) folgt
daher bei rotem Licht, wenn man als Längeneinheit das Zentimeter
wählt, für Eisen, das bis zur Sättigung magnetisiert ist:
w (a + bx) = 0,758 • 10-^
Das Vorzeichen von a -{- bx ist positiv, da die Drehung d im
Sinne der paramagnetischen Molekularströme erfolgt (vgl. S. 415).
Die Abhängigkeit der Drehung cJ von der. Periode r oder
Wellenlänge ^ ergibt sich aus den Formeln (20), (21) der S. 413,
sowie nach (90). Auffallend ist, daß d mit abnehmendem Xq ab-
nimmt. 2) Auf Grund der Formel (90) wird dies Verhalten da-
1) Man kann von derselben nur sprechen, falls «'V und nV nur wenig
von einander verschieden sind, so daß das austretende Licht näherungsweise
linearpolarisiert bleibt.
2) Vgl. darüber die Beobachtungen von Lob ach, Wied. Ann. 89,
S. 847, 1880.
Digitized by
Google
440 Kapitel VIL
durch wahrscheinlich gemacht, das n and nx tatsächlich mit ab-
nehmendem Xq stark abnehmen, während aus (21) folgt, daß a
und b ebenfalls mit abnehmendem Xq abnehmen, wenn nur eine
Gattung Leitungsionen besondei's wirksam ist für den magneto-
optischen Effekt.
b) Keflektiertes Licht (Kerrsches Phänomen). Um die
Eigenschaften des an einem Magnetspiegel reflektierten Lichtes be-
rechnen zu können, müssen die Grenzbedingungen an der Ober-
fläche des Spiegels aufgestellt werden. Man kann dieselben aus
den Differentialgleichungen (18) und (19) (S. 413) herleiten aus der
Überlegung, daß die Oberfläche des Spiegels streng genommen
eine sehr dünne inhomogene Übergangsschicht ist, in welcher
ebenfalls (vgl. S. 413) noch jene Differentialgleichungen gelten.
Wenn die Oberfläche zur (cy-Ebene genommen wird, so ergibt
sich dann nach dem schon oben S. 257 angewandten Schlußyerfahren
als Grenzbedingungen:
Stetigkeit von:
(91) a,ß,X-^-l-^{vyZ-v^Y), r_i^(„^_„,z).
Es ergibt sich auf diesem Wege^ das von Kerr entdeckte
Phänomen, 2) daß die Polarisationsebene linearpolarisiert einfallen-
den Lichtes, wenn dieselbe ursprünglich in oder senkrecht zur
Einfallsebene lag, nach der Eeflexion um einen kleinen Winkel aus
ihrer Lage herausgedreht ist Dies kann nur eine besondere Wir-
kung der Magnetisierung sein, da ohne dieselbe aus Symmetrie-
gründen ein solches Verhalten unmöglich wäre.
10. Die Wirkungen des magnetisclien Feldes der Licht-
strahlen. Im vorigen haben wir gesehen, daß ein äußeres kräf-
tiges Magnetfeld eine Änderung der optischen Eigenschaften eines
1) Diesen Weg habe ich durchgeführt in Wied. Ann. 46, S. 353, 1802.
Die dort auftretende magneto-optische Konstante b, die dort als reeU voraus-
gesetzt wurde, ist als komplex anzunehmen, weil nach der hier auf 8. 413 ge-
gebenen Formel (21) v komplex ist Dadurch wird die Theorie in ihren Resul-
taten identisch mit der von Goldhammer in Wied. Ann. 46, S. 71, 1892
gegebenen. Die Theorie stellt fast alle, zum Teil recht komplizierten Einzel-
heiten der Beobachtungen befriedigend dar. Über den Einfluß von Oberflachen-
schichten auf diese Erscheinungen vgl. J. Michel i, Dissertation, Leipzig, 1900;
Ann. d. Phys. 1, 1900.
2) Kerr, Phil. Mag. (5) 3, S. 321, 1877; 5, S. 161, 187a
Digitized by
Google
Magnetisch-aktive Körper. 44 1
Körpers hervorbringt. Es ist nun die Frage, ob nicht bei genauer
Beobachtung auch schon bei Fehlen eines äußeren kräftigen Magnet-
feldes eine Wirkung des magnetischen Feldes der Lichtstrahlen
zu konstatieren ist.
Wenn man zunächst nur die Halleffekt-Glieder in Ansatz bringt,
d.h. etwa vorhandene Molekularströme (rotierende Ionen)
nicht voraussetzt, so hat man die Gleichungen zu benutzen
(vgl. oben S. 422):
±^ = 'y-M^^sw, 15^ = ^/-^, (92)
..^ = |(X + 4[/|-^|]), (94)
falls ö=H.i£_-^^. (95)
Die Gleichung (94) ist charakteristisch fttr unser Problem. Diese
zeigt, da ij und g annähernd proportional zu Y und Z sind, daß
die Differentialgleichungen des elektromagnetischen Feldes nicht
mehr linear in den Größen X, F, Z, a, ß, 7 bleiben, was zur
Folge hat, daß die optischen Eigenschaften von der Inten-
sität des Lichtes abhängen müßten. Ein solches Verhalten
ist nun bisher nie beobachtet worden, und man kann auch leicht
taxieren, daß die Zusatzglieder in (94), welche die Abweichung von
der bisher benutzten Gleichung
darstellen, einen zu kleinen Effekt haben müssen, als daß er be-
obachtbar sein könnte. Es handelt sich in (94), da die magnetische
Kraft a, ft 7 in den Lichtquellen gleich oder wenigstens von der
Größenordnung der elektrischen Kraft X, Y, Z ist, um Taxierung
der Größen-4, -^, d.h. es handelt sich um das Ver-
hältnis der Geschwindigkeit der Ionen zu der Lichtge-
schwindigkeit, Nun ist näherungsweise nach (94):
Digitized by
Google
442 Kapitel VII.
dh. für
X= Ä ' sin 2ji l-ji — y)
wird
Nun ist aber die Eigenschwingungsdauer T^ des Ions nach
S. 422 in folgender Weise bestimmt: Es ist
v-(S)-*-S."
/Q7N Jl=.T$L ±
Setzt man diesen Wert in (96) ein, so wird der größte Wert, den
-^ im Laufe der Zeit annehmen kann:
1 ög ^ %^ _t_
eöt 2nTe'mc'^'
Setzt man nun hierin 6 = 1 — To'^lr^, was bei durchsicbtigen Körpern
gestattet ist, falls nicht T nahezu gleich To ist, so folgt:
^^^} c bt~27i mc T^—To^ ^*
eimc ist bei Natriumdampf gleich 1,6.10' (vgl. S. 436). Diese
Größenordnung wollen wir hierfür festhalten. Femer ist beim
sichtbaren Licht etwa 7= 2- 10." . Daher schreibt sich (98):
1 Ög . V -9
(99) 7b7 = ^*r^-T72.5-lO .
Man muß nun vor allem Ä taxieren können, d. h. die Feldstärke
in einem intensiven Lichtstrahl. Die Sonne sendet pro Sekunde
etwa 124 Kilogrammmeter Energie in ein Quadratmeter, d. h.
1,22 . 10 absolute Einheiten (erg) in die Flächeneinheit (cm^.
Nach der oben S. 239 abgeleiteten Formel (25) berechnet sich aber^
1) Unabhängig von dieser Poyntingschen Formel kann man das Besol.
tat (100) 80 ableiten: Durch 1 cm^ muß in der Zeiteinheit diejenige elektro-
magnetische Energie hindurchtreten, welche enthalten ist in einem Baume von
Fem», wo V die Lichtgeschwindigkeit ist. In Luft (Vaeuum) ist F— o zu
Digitized by
Google
Magnetisch-aktive Körper. 443
fttr ebene Wellen natürlichen Lichtes der Amplitude A der Energie-
fluß dE pro Zeiteinheit (1 sec) und Flächeneinheit (l cm^) in Luft
(oder Vacuum):
dEiysi l sec auf 1 cm 2) = ^Ä^. (100)
Daraus berechnet sich, wenn man die halbe Energie der Sonnen-
strahlung dem sichtbaren Lichte zuschreibt, *) für Sonnenlicht die
maximale elektrische Feldstärke:
^ = 1/^^.0,61. 10 *= 1,6 •10"^ = 0,016. 2) (101)
Folglich wird bei intensiver (Sonnen)-Beleuchtung:
J3 = 8-10-"5^y;,- (102)
Dieser Ausdruck ist also immer sehr klein, falls nicht T un-
mittelbar dem To benachbart ist. Aber selbst wenn z. B. T: To = 60 : 59
wäre (Natriumdampf belichtet mit der Wellenlänge X == 0,0006 mm),
so würde To^: T^—To'^=ZO sein, und trotzdem wäre der Wert
von (102) sehr klein.
Wenn man nun nach dem Ansatz (94) die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit ebener Wellen berechnet, so ist dieselbe, wie leicht
zu ersehen ist, erst in zweiter Ordnung von den magnetischen
Zusatzgliedern abhängig, d. h. es würde sich um Änderungen der
Fortpflanzungsgeschwindigkeit F des Lichtes im Betrage von 10""^^ . V
handeln, wenn man die Intensität der Beleuchtung steigert bis
zur Beleuchtung mit Sonnenlicht. Wir können daher schließen,
daß ein beobachtbarer magneto-optischer Effekt des
Magnetfeldes der Lichtstrahlen selbst nicht besteht. Es
könnte höchstens der Fall in Frage kommen, daß die Periode des
einfallenden Lichtes fast vollständig zusammenfällt mit einer Eigen-
schwingungsperiode (Natriumdampf belichtet mit Natriumlicht). Die
setzen. Ferner ist nach S. 258 die elektromagnetische Energie der Volumen -
einheit Luft bei natürlichem Licht gleich Ä^ : 47f, daher ist dE^'C, A^i 4n.
1) In Wirklichkeit ist dies Verhältnis sogar nur Vs-
2) Den gleichen Wert hat die maximale magnetische Feldstärke. Diese
würde daher etwa der 12. Teil der Horizontal-Intensität des Erdmagnetismus
in Deutschland sein.
Digitized by
Google
444 Kapitel VIL.
dann eintretende Absorption wird aber eine genaue Präfang, ob
in diesem Falle der Brechungsindex von der Intensität der Be-
leuchtung abhängt, nicht zulassen.
Setzen wir jetzt Molekularströme (rotierende Ionen)
voraus, so sind die Formeln (3), (4), (5) der S. 409 u. ff. zu benutzen.
Wenn nur eine Gattung rotierender Ionen zu berücksichtigen wäre,
so wäre nach S. 416, Formel (31), die Kraftliniendichte der Mole-
kularströme: 7i = (^--l) y zu setzen, wo [i die Magnetisierungs-
konstante des Körpers ist. Es ist dabei vorausgesetzt, daß die
Magnetisierung des Körpers momentan den schnellen Wechseln von
7 folgen kann. Sollte dies nicht der Fall sein, so müßte (i kleiner
angenommen werden, als es bei konstantem Magnetfeld beobachtet
wird. Daher werden z. B. die Formeln (3) und (4) die Gestalt be-
sitzen:
Nun ist j| von derselben Größenordnung wie - ^ (im Va-
cuum sind beide Größen gleich). Daher sind auch in (103) die
magneto-optischen ZusatzgUeder, selbst wenn (a — 1, wie beim Eisen,
den Wert 1000 besitzen sollte, sehr klein, nämlich (bei Eisen)
von der Größenordnung 1000. 10 =10 , sodaß ein magneto-
optischer Effekt durch das Magnetfeld der Lichtstrahlen
selbst nicht einmal bei Eisen zu beobachten sein wird,
auch wenn die Magnetisierung des Eisens den schnellen
Wechseln des Magnetfeldes der Lichtwellen momentan
und voll folgen könnte. Dies erklärt auch, weshalb in einem
konstanten Magnetfeld die Wirkung der Molekularströme sich in
einer von 1 verschiedenen Magnetisierungskonstante bemerklich
macht, während trotzdem für Lichtschwingungen jeder
Körper sich so verhält, als ob seine Magnetisierungskon-
stante gleich 1 wäre. Dies liegt aber nicht etwa an einer
Art Trägheit der Magnetisierung, denn unsere Schlüsse sind
unabhängig davon gezogen.
Digitized by
Google
Bewegte Körper. 445
Kapitel Yin.
Bewegte Körper.
1. Allgemeine Grundlage. Wir haben im vorigen die optischen
Eigenschaften der Körper durch bewegliche lonenladungen erklärt.
Die Körper im ganzen waren dabei aber als ruhend gedacht.
Durch Bewegung der ganzen Körper entstehen nun Modifikationen
ihrer optischen Eigenschaften, um eine Theorie hierfür gewinnen
zu können, müssen wir eine Hypothese darüber machen, ob durch
die Bewegung des Körpers nur die lonenladungen desselben er-
griffen werden, oder ob auch der zwischen ihnen lagernde Äther
ganz oder teilweise mit bewegt wird. Wir machen nun die
Hypothese, daß der Äther stets vollständig in Kühe
bleibt Auf dieser Grundlage hat H. A. Lorentz^) eine sehr
vollständige und elegante Theorie entwickelt, welche der hier ge-
gebenen Darstellung im wesentlichen zu Grunde liegt. Die Vor-
stellung des absolut ruhenden Äthers ist an sich schon die ein-
fachste und natürlichste, wenn man nämlich unter dem Äther
nicht eine Substanz, sondern lediglich den mit gewissen physi-
kalischen Eigenschaften ausgestatteten Kaum versteht Anderer-
seits bietet die Erklärung der Aberration unüberwindliche Schwie-
rigkeiten, falls man den Äther nicht als ruhend annimmt Wie
Lorentz gezeigt hat, steht die Theorie des ruhenden Äthers im
wesentlichen mit allen hier einschlägigen Beobachtungen im Ein-
klang. Es wird davon noch weiter unten die Kede sein.
2. Die Bifferentialgleleliungen des elektromagnetischen
Feldes in Bezng auf ein festes Koordinatensystem. Wir gehen
aus von den stets gültigen Grundgleichungen (7) und (11) der
S. 251 bezw. 253 der Maxwellschen Theorie:
Wir hatten früher gesehen [S. 365, Formel (7)], daß, falls nur eine
Gattung von Ionen vorhanden ist, deren Ladung e beträgt und
1) H. A.Lorentz, Versuch einer Theorie der elektrischen und optischen
Erscheinungen in bewegten Körpern. Leiden, 1895.
Digitized by
Google
446 Kapitel VUI.
von denen ?l Ionen in der Volumeinheit vorhanden ist, die Kompo-
nenten der elektrischen Stromdichte sich bestimmen aus:
Hierin bedeutet g die a>Komponente der Verschiebung der Ionen
relativ zu ihrer Euhelage im Körper. Wird demselben eine kon-
stante Geschwindigkeit v erteilt, deren Komponenten vx, %, vx sincL
so muß obige Gleichung verallgemeinert werden in:
4jtjz = ^+4xem^ + 4jte'invx,
(2) 4jtjy = ^-^+4jtem^ + 4xemvy,
Hier sind absichtlich die Differentialquotienten nach t in zwei
Formen geschrieben, als -^ und ^. Ersteres bedeutet, daß die
Änderung einer Größe an einer bestimmten Stelle des Baumes
im Laufe der Zeit betrachtet werden soll, letzteres dagegen, daß
die Änderung einer Größe an einer bestimmten Stelle des
Körpers im Laufe der Zeit betrachtet werden soll. Hat der
Körper daher die Geschwindigkeitskomponenten v», %, v», so rückt
nach dem Zeitelement dt bei der Bildung des Differentialquotien-
ten djdt der betrachtete Punkt um die Koordinaten, vxdt,vydt,vxdt
fort. Durch diese Ortsveränderung ändert sich aber die zu diffe-
renzierende Größe um ^xdt^, ^y^^Jv' ^^5*' ^*^^^ ®^^^ ^» y» *
auf ein festes Koordinatensystem beziehen, so daß schließlich die
Belation besteht
In den Gleichungen (2) müssen nun tatsächlich die ^ usw. auf-
treten, weil die ganze Geschwindigkeit der Ionen sich zusammen-
setzt aus der Translation des Körpers {vx) und der relativen Ge-
schwindigkeit zum Körper. Letztere wird aber durch dsjcu aus-
gedrückt, nicht durch ^^Idt.
Digitized by
Google
Bewegte Körper. 447
Für die Komponenten der magnetischen Stromdichte bleiben
die früheren Gleichungen (13) der S. 254 bestehen:
4jt8^ = ^^, 4jt8y=f^,4jt8^^^, (4)
da wir absehen wollen von der Einwirkung eines äußeren, kräf-
tigen Magnetfeldes und nach S. 444 für alle Körper die Magne-
tisierungszahl fi gleich 1 zu setzen ist bei optischen Erschei-
nungen.
Wenn der Körper keine Translationsgeschwindigkeit besitzt,
d.h. wenn vx=vy=vx=0 sind, so war die Bewegungsgleichung
eines Ions nach S. 364:^)
Durch die Bewegung des Körpers soll nun, wie wir annehmen
wollen, der Einfluß des Körpers auf das Ion ungeändert bleiben.
Trotzdem erfährt aber obige Differentialgleichung eine Änderung,
weil durch die Bewegung des Körpers die Ionen gemeinsam be-
wegt werden und bewegte Ionen äquivalent mit elektrischen
Strömen sind, deren Komponenten proportional zu et;,, evy, evx
sind; auf diese Ströme wirkt die magnetische Kraft a, /9, 7. Die
Bewegungsgleichung eines Ions wird daher 2) (vgl. die analogen
Entwickelungen der S. 422):
^S+^e'S + ^^^§=^^+7(t^yy-^-Ä. (5)
Auch hier ist darauf zu achten, daß die ^idt auftreten, nicht die
1) Es soll hier wiedemm von der oben S. 368 angeführten strengeren
Ergänzung dieser Bewegungsgleichung wegen der Vereinfachung abgesehen
werden. Für den vorliegenden Zweck ist das Ergänzungsglied unwesentlich.
2] Aus den auf S. 443 entwickelten Gründen sind auf der rechten Seite
von (4) die Glieder — -^ usw. nicht hingeschrieben. Diese geben viel zu kleine
Effekte. Bei der Erdbewegung ist »:c=10— *, ist also von ganz anderer
Größenordnung, dX^dnjdi : 0. — Auch bei dem unten behandelten Fi ze au sehen
Experiment mit dem strömenden Wasser, bei welchem v : e kleinere Beträge
besitzt, kommen trotzdem nur die von v abhängigen Glieder allein zur Gel-
tung, da nur sie einen Einfluß erster Ordnung der lonengeschwindigkeit auf
die optischen Eigenschaften ergeben, während dies die lonengeschwindigkeiten
di/di USW. nicht tun (vgl. oben S. 443).
Digitized by
Google
448 Kapitel VIII.
^Ibt, da es sich in (5) um die relative Bewegung der Ionen zum
Körper handelt
Für periodische Zustandsänderungen von X oder § kann man
setzen
(6) 5^=7S» 5r2 = -?2S-
T ist dann gleich der Periode T' dividiert durch 2j€. Jedoch ist
zu bemerken, daß diese Periode T' die relative Schwingungs-
dauer in bezug auf den bewegten Körper ist, und nicht die ab-
solute Schwingungsdauer T in bezug auf ein festes Koordi-
natensystem. Beide Schwingungsdauern T' und T sind wohl zu
unterscheiden, es ist z. B. T' > T, falls der Körper sich in Rich-
tung der Fortpflanzung des Lichtes verschiebt Betrachten wir
ebene Wellen, bei denen alle Größen proportional zu
H'
(O ' I
sind, wobei sich a;, i/, % auf ein festes Koordinatensystem be-
ziehen, so ist T = T:2jt proportional zur absoluten Periode T,
Nach (3) und (6) besteht nun die Relation:
d. h. wenn die Geschwindigkeit v klein gegen a> ist, so gilt
,v ^_^ ..PxVx-\-p2ty + PiVx_j , Vn
wobei unter m die Geschwindigkeit des Körpers in Richtung der
Wellennormale verstanden ist.
Die Bewegungsgleichung (5) ergibt unter Benutzung der schon
früher (S. 366) eingeführten Abkürzungen:
... rd- , m&
In den Gleichungen (2) hat e^ die Bedeutung der Ladung,
welche in der Volumeneinheit vorhanden ist
Digitized by
Google
Bewegte Körper. 449
Setzt man hierfür (vgl. GL (20) S. 256), (die Dielektrizitäts-
konstante 6 des Äthers ist gleich 1 gesetzt),
^-9i=g + |^+|f. (10)
so werden die Gleichungen (2):
bX, (bX ,bY, bZ\
■^ i -f-ia/T — ''/t'« dt
Sind mehrere Molekülgattungen vorhanden, so ist der Faktor
des letzten Gliedes dieser Gleichung zu schreiben, wenn man ia/r
vernachlässigt, d. h. wenn der Körper nicht merklich absorbiert:
^rfM=^^--'-'- (12)
Hierin bedeutet n^ das Quadrat des optischen Brechungs-
index des ruhenden Körpers für die Periode T'=2jtT\ Die
Relation (12) besteht auf Grund der Dispersionstheorie [S. 368,
Formel (18)]. — Ersetzt man nun noch in (11) den Differential-
quotienten ^/(ft in Rücksicht auf (3) durch ^jht, und setzt den so
erhaltenen Wert für 4jtjx in (1) ein, so hat man eine Diffe-
rentialgleichung für den bewegten Körper unter Benutzung eines
ruhenden Koordinatensystems. Dieselbe wird erheblich einfacher,
wenn man nur Glieder erster Ordnung in v berücksichtigt, was
durchaus gestattet ist, da selbst wenn man die Geschwindigkeit
der Erde im Weltraum in Betracht zieht, v sehr klein gegen die
Lichtgeschwindigkeit ist Man kann dann in den mit v multipli-
zierten Gliedern von (11), djcu ersetzen durch ^jht^ femer kann man
den zweiten Term in (11), der mit vx multipliziert ist, in homo-
genen Körpern vernachlässigen, da näherungsweise, d. h. für
t;=0, in homogenen Körpern bei periodischen Zustandsänderungen
die Relation
bX . by . bZ ,,
^ + -^ + ^-^^ (13)
besteht (vgl. oben S. 260). Dadurch wird (11) zu:
. . 9 bX , / 9 yv f ÖX , öX , ÖX ,^ ,.
4^Jx = n^jf+(n^-f)\v,^ + Vy^ + v^^ (14)
+4('vg--'sf))-
Drade, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 29
Digitized by
Google
450 Kapitel VIII.
Nun ist aber nach (1) und (4)
c bt by hx^ 0 jSi ^ ö» '
daher läßt sich 4 jtjx in. der Form schreiben:
-^(vxX+VyY+v^Z)y
Unter Eücksicht auf (1) und (4) erhält man daher für einen be-
wegten, homogenen, isotropen Körper die für ein festes
Koordinatensystem gültigen Differentialgleichungen:
by bx^
da by
~bx SJ'
n^bZ , »2 — 2 |/ öZ , bZ . bZ\ b , ^r , rr , ^\
fiK'\ 1^ = ^__^ ]_bß^b^_bX i^^^^ _^
^^^^ 0 bt bx by' 0 bt bx 5*' c ö^ 5y bx'
Differenziert man die <Jleichungen (15) bezw. nach x, t/, x
und addiert sie, so entsteht, falls man zur Abkürzung setzt
bx * by '^ bx
,,^. n^bF , n^ — lf ^f bF , bF , bF\
— (i;x^X + vtfjr + Vx^Z) } = 0.
In den mit vx usw. multiplizierten Gliedern kann man die Nähe-
rungswerte benutzen:
F=0,
(17) JZ=^^, JF=^^, JZ=^^.
Digitized by
Google
Bewegte Körper. 45 j
Daher ergibt (16):
^= ^ + ö^ + s^ = -^5-^(*'^ + ''y^+ ^*^)- (18)
Diese Gleichung sagt aus, daß in dem bewegten Körper
die elektrische Kraft sich nicht mehr in ebenen Trans-
versalwellen fortpflanzen kann, da F von Null verschieden
ist. Dagegen kann sich die magnetische Kraft in ebenen
Tr|ansversalwellen fortpflanzen, da nach (15') die Beziehung
besteht:
Man kann nun auch leicht die Differentialgleichungen (15)
und (15') in solche transformieren, welche nur je eine der Größen
X, Y, Z, a, /9, 7 enthalten. Differenziert man z. B. die erste Glei-
chung (15) nach t und setzt für ^ und -^ ihre Werte nach (15')
ein, so erhält man:
.^ ö (bX . bY , hZ\
In Bücksicht auf (18) wird dies zu:
n^b^X , ^n^ — lb( bX . bX . bX\ .^ ,_.
C2 bü
r^
Für die 7, Z, a^ ß^ y bestehen Differentialgleichungen von genau
derselben Form.
3. Die Llchtgesehwlndlgkeit im bewegten Körper. Die
letzte Gleichung erlaubt die Fortpflanzungsgeschwindigkeit ebener
Wellen im bewegten Körper in einfacher Weise zu berechnen.
Setzen wir
so wird nach (20):
0* ö^ W 0)2 »
oder
c^V w2 w) a>2' ^^^^
29*
Digitized by
Google
452 Kapitel Vm.
wobei vn die Trauslationsgeschwiudigkeit des Körpers nach der
Kichtung der positiven Wellennormalen bedeutet. Für erste Ord-
nung i Vn wird daher
„._,„^£(--_i..._.),
d. h.
Ersetzt man auf der rechten Seite in dem mit vn behafteten Gliede
CO durch seinen Näherungswert ^in, so wird
(23) «'=^ + ^'''«-
Diese Gleichung besagt, daß die Bewegung des Körpers
denselben Effekt auf die Lichtgeschwindigkeit hat, als
ob der Körper dem Äther einen gewissen Bruchteil (den
— ^j— ten Teil) seiner Translationsgeschwindigkeit er-
teilte.
Dieses Resultat ist schon von Fresnel aus einem von Fizeau
angestellten Experimente gezogen worden, in welchem die Licht-
geschwindigkeit in strömendem Wasser gemessen wurde. Indes
ist diese Interpretation der Gleichung (23) doch nicht ganz streng,
denn der Einfluß der Bewegung des Körpers steckt nicht nur im
zweiten Gliede der rechten Seite von (23), sondern auch schon im
ersten. Es bezeichnet nämlich nach S. 449 n nicht den Brechungs-
index des Körpers für die absolute Periode T, sondern für die
relative Periode T\ Dabei ist nach (7)
'(^+?)-
(24)
Nennt man daher v den Brechungsindex des ruhenden Körpers für
die absolute Periode T, so ist
- = '' + ^-^^=»'+i^
wenn X=cT die Wellenlänge des Lichtes im Vacuum bedeutet.
Daher wird nach (23):
c( hv X t%\ y n^ — 1
Digitized by
Google
Bewegte Körper. 453
oder, da man in den mit vn behafteten Gliedern die Näherungs-
werte n=v^ a>=^ly einführen kann:
cjv ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit V des Lichtes für Wellen
der absoluten Periode T im ruhenden Körper; der mit vn multi-
plizierte Term in (25) ergibt daher die Änderung dieser Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit durch die Bewegung des Körpers. Diese
ist größer, als nach der Fresnelschen Annahme, da ^ bei nor-
maler Dispersion negativ ist Die Differenz gegenüber der Fres-
nelschen Annahme ist indes so gering, daß sie noch innerhalb
der Beobachtungsfehler des Experimentes fällt
Das Experiment wurde zuerst von FizeauO angestellt und
später von Michelson und Morley 2) wiederholt Es strömte dabei
das Wasser in zwei parallelen Röhren mit entgegengesetzter Ge-
schwindigkeit, die Lichtgeschwindigkeit in ihnen wurde mit Hilfe
einer Interferenzmethode gegenseitig verglichen. Der Mitführungs-
Koeffizient, d. h. der Faktor des mit v« multiplizierten Gliedes in
dem Werte von co bestimmte sich experimentell zu 0,434 ±0,02,
während die Formel (25) für Wasser und die Fraunhofersche
Linie D ergibt 0,451. Der Fresnelsche Mitführungs-Koeffizient
1^2 — 1 : i;2 ergibt 0,438.
4. Die Differentialgleichungen und Grenzbedingnngen des
elektromagnetischen Feldes in bezng auf ein bewegliches Ko-
ordinatensystem, welches mit dem bewegten Körper fest ver-
bunden ist Nennt man x\ y, % die relativen Koordinaten eines
Punktes in bezug auf den bewegten Körper, so ist
(26) a; = a;' + üx-<, y=y +Vy'ty % = z=^Vx't.
Die partielle Differentiation nach x, y, % können wir daher, da
Vx j vy , vx nicht von x, y, x abhängen, ersetzen durch partielle Diffe-
rentiation nach X, y\ x, d. h. wir können in den Gleichungen der
vorigen Paragraphen die Differentialquotienten nach x, y, x auch
auffassen als solche, die nach den relativen Koordinaten rc', y\ x
zu nehmen sind. Dies wollen wir im folgenden tun, und unter
1) Compt Rend. 33, S. 349, 1851. — Pogg. Ann. Ergbd. 3, S. 457. —
Ann. d. chim. et de phys. (3) 57, 385, 1859,
2) Americ. Joum. of Science (3) 31, S. 377, 1886.
Digitized by
Google
bX
dX
hX
bX
bX
■5F =
dt
-Vx
bx
'""b^-
-"'Si-
454 Kapitel VlIL
X, y, % jetzt einfach die relativen Koordinaten in bezng anf einen
Punkt des bewegten Körpers verstehen. — An Stelle der DiflFe-
rentialqnotienten ^'^\u usw. sind aber die ^di usw. einzuffihren, da
wir hier die Abhängigkeit des Z nach der Zeit untersuchen wollen,
wobei sich X beziehen soll auf einen relativ zum bewegten Körper
festen Punkt Der Übergang wird durch die Relation (3) der
S. 446 vermittelt» so daß z. B. entsteht
(27)
Setzt man dies in die Gleichungen (2) ein und berücksichtigt
(9), (10) und (12), 80 wird (bei beliebig viel lonengattungen):
j . dx hx öx bx
Die Gleichungen (1), (3), (4) und (28) ergeben daher, wenn
man auf (19) Bücksicht nimmt:
ö In , vx Z—v%X\
-^1"+ — j — ]•
n> dY n'* — 1 d , . b l , vx Y — vy Z\
b l , VyX—Vx Y\
(29) _|(«+^.Z-^^.
1 da ^ Iv t vx a — vxy\ ^ I rj , vx ß — i>y a\
iii=uV + — c — I "" 5^ r + — c ; •
c^—Vx\^+ — c"— j — 5^1^+ — r — j'
c dt öy l^ "T" ~c j ■" ^ r "T ~e /
Diese Gleichungen gelten auch für inhomogene (isotrope
Körper, da die Näherungsrelation (13), welche für inhomogene
Körper nicht gilt, nicht benutzt ist, sondern alle herangezogenen
Gleichungen auch für inhomogene Körper gelten. Wir gewinnen
Digitized by
Google
Bewegte Körper.
455
dajier aus (29) sofort nach den oben auf S. 257 angestellten Über-
legungen die Grenzbedingungen beim Übergang über die Grenze
zwischen zwei verschiedenen Körpern oder zwischen einem Körper
und dem Vacuum in der Form, falls die Grenze senkrecht zur
Ä-Achse liegt:
Y \^y y^ ^* ^ Y+ ^* ^
— vx y
, Vx Y — Vy Z f. , Vx Z — VxX
a+ , ^+ ,
stetig an der Grenze. (30)
Hieraus und aus (29) ergeben sich die dadurch mit bedingten
Grenzgleichungen:
n^ Z -\ — {vx ß — vyä)j y stetig an der Grenze. (30')
Da man in (30) in den mit t?r, %, v« multiziplierten Gliedern
die Näherungswerte einführen kann, wie sie für vx = vy = v« = 0
eintreten, so kann man die Grenzbedingungen auch in der Form
schreiben:
Z, r, a = ^ , /S + ^ stetig an der Grenze. (30")
Für einen homogenen Körper kann man leicht Differential-
gleichungen aufstellen, welche nur je eine der Größen X, Y, Z, a, /9, 7
enthalten. Aus (27) folgt nämlich, wenn man bis auf erste Ordnung
in vz, % Vx geht:
Ö2X d'^X ^ d / IX , bX , hX\
• "P" = ^S2" ■" -^ "S i^* ö^ + ^y ö^ + ^« 15^ j '
daher wandelt sich (20) um in:
nU^X 2 d [ ÖX , bZ, bX\ .^ ,^,.
Gleichungen derselben Form bestehen für r, Z, a, ß, 7. Die
früheren Gleichungen (18) und (19) gelten auch hier, d. h. die elek-
trische Kraft pflanzt sich nicht in transversalen Wellen fort, aber
wohl die magnetische Kraft.
Setzen wir
Digitized by
Google
456 Kapitel Vm.
wo p/2 + P2^ + Pz^ = ^ sein soll, so bedeuten ft, P2\pz die
Eichtungskosinus der Wellennormale, co' die Lichtgeschwindigkeit
in bezug auf das bewegte Koordinatensystem. —Aus (31) folgt dann
oder
w2 / 2 {pi vx 4- pi % 4- W ^^)\ ^^ J_
0» \^ "^ w2 <ü' j a)'2 '
' __ £_ /^ p/ Pj -f P2' vy + Ps' g*\ ^
w \ n2(tf' / *
Schreibt man auf der rechten Seite für a>' den Näherungs-
wert a>' = c : n , so entsteht:
5. Die Bichtong des Lichtstrahls, ermittelt nach dem
Hnygensschen Prinzip. Die Geschwindigkeit co' der Wellen-
normalen hängt von der Richtung p/, |?2', 1^3' deraelben ab. Um die
^^P\jP2iPz zugehörige Strahlrichtung Pi, P2»P3 zu finden, können
wir, wie es oben S. 314 bei den Kristallen geschehen ist, nach
dem Huygensschen Prinzip den Schnitt von drei benachbarten
Wellenebenen aufsuchen, d. h. wir differenzieren die Gleichung:
(33) p;x+p^'y + p^ X + f{p;^ + p^^ + p^^ = a/ + f
[vgl. oben S. 314 Formel (59)] nach jt?i',;?2'> Pz- Dadurch ergibt sich:
, rt^ f bat' , r»^ ' b(o' 10^' ^^
=^ + 2fPi =^, . y + 2fp2 =5^ . X + 2fps =j^ .
d. h. In Rücksicht auf (32):
(34) x+2/p\=-g, y+2fp^ g, z+2fp^==-^,.
Durch Multiplikation dieser drei Gleichungen mit bezw. p{, p^ p^
und Addition folgt, da Pt'^+p^^+Pz^=i ist:
Pi'^+P2y+P,'^ + 2f V^^ + P^y+P3V.^
Nun ist aber nach (33) p^x + p^'y + p^x = co\ ± \l unter
Digitized by
Google
Bewegte Körper. 457
Eücksicht auf (32) folgt 2f= — % Daher ergibt sich aus (34)
die Strahlrichtung aus der Proportion:
oder
Pi'h''P,=Pi-:;^'P2 -^'P^ -^' (35)
Der Strahl weicht also ab von den Wellennormalen.
Die Eelation (35) läßt sich (abgesehen von Gliedern 2. Ordnung
in v) schreiben als:
Pi':P2':Pa' = Pi + S = P2+'^=f3+S- (35')
6. Ersetzung der absoluten Zelt durch eine Art Ortszeit.
An Stelle der Variabelen t^ a;, y^ x, worin t die absolute Zeit, x, y, %
die relativen Koordinaten gegen einen Punkt des bewegten Körpers
bedeuten, wollen wir rc, y, % und
als unabhängige Variabele einführen.
{ kann man zweckmäßig als eine Art Ortszeit bezeichnen, weil
i vom Ort im Körper, d. h. von x, y, x^ abhängt. Wenn diese un-
abhängigen Variabelen eingeführt werden, so sollen die partiellen
Differentialquotienten nach x, y, x durch (^ , LA , f^) bezeichnet
werden, während ^ usw. wie früher die partiellen Differential-
quotienten bedeuten, wenn x, y, %, t die unabhängigen Variabelen
sind. Es folgt aus (36):
Führt man dies ein in (29), berücksichtigt nur Glieder erster Ord-
nung in V, und setzt zur Abkürzung:
I <^* ^ — ^y^ ' o \ ^^^ — v%X rf I yy^ — t^a? ^ __ ' (38)
Digitized by
Google
458 Kapitel Vin.
^j wieder ein-
fach als ^ bezeichnet:
fOQ\ c (W by "bx^ 0 dt d* d« ' c dT bx ty
^^^^ l_da ^ öT _ ö^ L^fl ^ öZ' _ ^' I^ ^ <^-^' _ ^?I
c'dl hx by ' 0 W "^ d«'cctt' "5y" "5x*
Die Grenzbedingungen lauten nach (30) und (38), falls die
Grenze senkrecht zur «-Achse liegt:
(40) X, T, a\ ^ stetig beim Übergang über die Grenze.
Die Gleichungen (39) und (40) haben nun dieselbe Gestalt, wie
die Differentialgleichungen und Grenzbedingungen des elektro-
magnetischen Feldes in einem ruhenden Körper. Daraus ist der
wichtige Schluß zu ziehen:
Ist für ein ruhendes System ein Zustand bekannt, in
welchem Z, F, Z^ a, ß, y gewisse Funktionen von x, y, %, t
und der Periode T sind, so sind für das bewegte System
X, Y, Z\ a\ ß", y dieselben Funktionen von a;, y, z
< — ^^^^t-M-±_^und T, wobei jetzt z, y, x die relativen Koordi-
naten in bezug auf einen Punkt des Körpers und T die relative
Periode in bezug auf den bewegten Körper bedeuten. Nach (7)
auf S. 448 ist also im letzteren Falle als absolute Periode t(i — ^]
anzunehmen.
7. Die Unabhängigkeit des relativen Strahlenganges von
der Bewegung. Der letzte Satz gestattet sofort, eine Anwendung
auf den relativen Strahlengang zu machen. Es möge nämlich im
ruhenden System der mit Licht erfüllte Raum begrenzt sein durch
eine gewisse Fläche S, so daß außerhalb S sowohl Z, F, Z, als
auch a, ß, y verschwinden. Dann muß im bewegten System außer-
halb der Fläche S sowohl X\ Y, Z\ als a , /?', y verschwinden,
d. h. auch im bewegten System bildet die Fläche S die
Grenze des mit Licht erfüllten Raumes. In einem ruhenden
System kann nun z.B. S die Mantelfläche eines zylindrischen Raumes
sein (Lichtbündel), falls wenigstens die Querschnittsdimensionen
dieses Zylinders viel größer als die Wellenlänge des Lichtes sind.
Die Erzeugenden dieses Zylinders werden Lichtstrahlen genannt
Digitized by
Google
Bewegte Körper. 459
Nach unserem Satze bleibt die Begrenzung der Lichtbündel, auch
wenn sie mehrfach gebrochen oder reflektiert werden, durch die
gemeinsame Bewegung des Ganzen unverändert, d. h. in dem be-
wegten System werden Lichtstrahlen von der relativen
Schwingungsdauer Tnach denselben Gesetzen gespiegelt
und gebrochen, wie Strahlen von der absoluten Schwin-
gungsdauer T im ruhenden System.
Die Gesetze für Linsen und Brennspiegel erleiden daher keine
Modifikation durch die Bewegung. Ebensowenig hat die Bewegung
Einfluß auf Interferenzerscheinungen. Denn diese zeichnen sich
ja nur aus durch eine komplizierte Gestalt der den Lichtraum
begrenzenden Fläche S und diese Gestalt wird, wie oben gesagt
wurde, durch die Bewegung nicht verändert.
Die Unabhängigkeit des Strahlenganges von der Bewegung
gilt auch für Kristalle, ^ da auch für diese die Differentialgleichungen
und Grenzbedingungen in einer zu (39) und (40) analogen Form
gewonnen werden können, so daß man sich sofort beziehen kann
auf die Brechungsgesetze ruhender Krystalle.
S. Die Erde als bewegtes System. Die letzten Betrachtungen
sind besonders fruchtbar, wenn wir die Bewegung der Erde durch
den Weltraum betrachten. Nach diesen Betrachtungen kann die
Bewegung der Erde nie^ einen Einfluß (in erster Ordnung
nach v) auf die mit terrestrischen Lichtquellen beobacht-
baren Erscheinungen haben, denn bei Anwendung irdischer
Lichtquellen ist die von der Lichtquelle entsandte Periode allemal
gleich der in Betracht kommenden relativen Periode, d. h. ganz
unabhängig von der Bewegung der Erde, daher kann auch der
Strahlengang in keiner Weise durch die Erdbewegung modifiziert
werden. In der Tat haben zahlreiche Versuche (Eespighi,^)
Hoeck,^) Ketteler,^) Mascart,^ über Brechung und Interferenz
(teilweise auch in Kristallen) die Unabhängigkeit der Erscheinungen
von der Orientierung der Apparate in bezug auf die Bewegungs-
1) Ob dies auch für natürlich- oder magDetisch-aktiye Körper eintritt,
mag hier unerörtert bleiben; dies bedarf besonderer Untersuchung.
2) Es wird hier abgesehen von natürlich- oder magnetisch-aktiven Körpern
(vgl. die vorige Anm.).
3) Mem. di Bologna (2) n, 8. 279.
4) Astr. Nachr. 73, 8. 193.
5) Astron. Undulat. Theorie, 8. 66, 158, 166, 1873.
6) Ann. de T^cole norm. (2), 1. 8. 191, 1872. — 3, 8. 376, 1874.
Digitized by
Google
460 Kapitel VIII.
richtung der Erde dargetan. — Dagegen kann man einen Ein-
fluß der Erdbewegung bei Benutzung außerterrestrischer Licht-
quellen dadurch erhalten, daß dann die relative Periode von der
Erdbewegung abhängt. In der Tat erscheinen die Spektrallinien
mancher Fixsterne relativ etwas verschoben. Dies ist durch eine
verschiedene relative Bewegung der Erde, bzw. des ganzen Sonnen-
systems gegen diese Fixsterne zu erklären (oder umgekehrt, was
zu demselben Resultat führt). Denn bei den Brechungs- oder
Interferenzgesetzen handelt es sich um die relativen Perioden, und
diese sind nach Formel (7) durch T (1 + vn/a») gegeben, falls T die
absolute Periode ist Je nach dem Werte und dem Vorzeichen
von vn variiert also IT und damit etwas der durch Refraktion oder
Diffraktion auf der bewegten Erde gebildete Ort der Spektral-
linie. Der Inhalt dieses Satzes wird das Dopplersche Prinzip^
genannt
Da sich die Erde um die Sonne nahezu in einem Kreise be-
wegt, so ist für diesen Fall vn=0 zu setzen. Daher ist, wie es
auch die Experimente von Mascart^) ergeben, kein Einfluß der
Erdbewegung auf den durch Refraktion oder Diffraktion gebildeten
Ort der Fraunhoferschen Sonnenlinien zu beobachten. 3)
1) Im obigen ist angenommen, daß die Lichtquelle A ruht und der Be-
obachtungsort B sich bewegt Die Betrachtungen gelten auch für den Fall,
daß sich A und B bewegen, es bezeichnet dann vn die relative Geschwindig-
keit von B gegen A, in der Eichtung der fortgepflanzten Lichtstrahlen ge-
messen. In diesem Falle ergibt übrigens zunächst die strenge Berech-
nung, daß das Verhältnis der wirklichen Periode T zu der in B wahr-
genommenen relativen Periode T den Wert hat: T: T' — (» — f< : <ü — v,
wobei if die absolute Geschwindigkeit von B, v die von A (in Richtung der
Lichtstrahlen) ist und a> die Lichtgeschwindigkeit im Medium zwischen A
und B ist Nur wenn sowohl v als v klein gegen w sind, reduziert sich diese
strengere Formel auf die im Text angegebene, d. h. auf die gewöhnliche
Fassung des Doppler sehen Prinzipes. Nun wissen wir tatsächlich nichts
über die absolute Bewegung der Himmelskörper; daher könnte eventuell die
Anwendung der gewöhnlichen Formel des Doppl ersehen Prinzipes zur Er-
mittelung der relativen Bewegung der Himmelskörper im Visionsradius gegen
die Erde zu Fehlem fQhren. Auf diesen Punkt hat Moessard (Comp.
Rend. 114, 8. 1471, 1892) zuerst aufinerksam gemacht.
2) Ann. de Pöcole norm. (2) 1, S. 166, 190, 1872.
3) Wir sehen hier ab von der durch Rotation der Sonne hervorgeru-
fenen Verschiebung der Linien, welche vom Sonnenrande uns zugesandt
werden. Bei den Versuchen wurde mit dem Lichte der ganzen Sonnenscheibe
gearbeitet.
Digitized by
Google
Bewegte Körper. 4g 1
9. Die Aberration des Lichtes. Während, wie in § 7 abge-
leitet wurde, der relative Strahlengang durch die Erdbewegung
nicht beeinflußt wird, so hängt doch die Eichtung der Wellen-
normale, die zu einer bestimmten Strahlenrichtung gehört, von der
Erdbewegung ab. Dies ist schon oben S. 456 bewiesen; es ist aber
wohl nützlich, die oben durch Benutzung des Huygensschen
Prinzipes gewonnene Definition des Strahles hier unabhängig davon
direkt abzuleiten. Betrachten wir z. B. den Fall ebener Wellen
im ruhenden System: alle Größen sind periodische Funktionen von
^ _ Pi^+^^r+Ps*. jjjj ruhenden System sind PuP2iPz ^ö Rich-
tungskosinus der Wellennormale und zugleich des Strahles. Wir
wollen uns die Eichtung des Strahles dadurch physikalisch markiert
denken, daß das Licht durch zwei enge Öffnungen fällt, deren
Verbindungslinie die Eichtungskosinus PuP2jPz hat. — Wird nun
das ganze System mit der Geschwindigkeit vxj %, vx bewegt, so
ist immer noch ein (auf das bewegte System bezogener, sogenann-
ter relativer) Strahl mit den Eichtungskosinus Pu P2, Vz möglich,
derselbe wird aber nach S. 458 hervorgerufen durch Wellen, welche
periodische Funktionen von
sind. Dieser Ausdruck entspricht ebenen Wellen, bei denen die
Eichtungskosinus j?/, p^^ p^ der Wellennormale proportional sind zu:
Diese Belation (42) läßt also im bewegten System die Eichtung
der Wellennormale aus der Eichtung des Strahles berechnen und
umgekehrt. Diese Eelation ist identisch mit der oben S. 457 aus
dem Huygensschen Prinzip abgeleiteten Eelation (35'), denn das
dortige p^, p2» Pz entspricht hier dem jp^, p^ Pz ^^^ annähernd ist
c:a> = n zu setzen.
Nehmen wir daher auf der bewegten Erde den Ort eines
Sternes in der Eichtung jpi, P2, p^ wahr (bezogen auf ein mit der
Erde verbundenes Koordinatensystem), so wird die wahre Eich-
tung nach dem Ort des Sternes davon abweichen, denn diese ist
identisch mit der Eichtung der Normale der vom Stern nach der
Digitized by
Google
4>;2 KÄfriud VUL
Erde ge-andt*-n Lichtwelleo, i h. der Ort des Siemes berechnet
»ich aoB />,'. //j', i>/.
Wir woll»in genaaer den Fall btftracht^n, daß der Visions-
radioä des ^jtemes und di*; Erdbewegung senJcrecht aufeinander
»tifben mögen. Setzen wir z. B. Pi =^Pt = 0, j>j = K r, =vz = u,
rr = r; dann wird nach ;42,, wenn wir die Lichtgeschwindig-
keit (o in der Laft identiäzieren mit c was hier durchaus gestattet
L^t der Ort des Sternes gegeben durch
'43, Pi' 'Pi 'P^ =r:0:e,
d. L der Ort des Sternes weicht um den Aberrationswinkel g vom
Hcheinbaren Ort ab, wobei ig ^^=^v:eisL Dieser Aberrationswinkel
ändert sich auch nicht, wenn wir den scheinbaren Ort des Sternes
in einem mit Wasser gefüllten Femrohr beobachten^*) da wir ab-
geleitet haben, daß der relative Strahlengang in irgend einem
Systeme brechender Körper durch die Bewegung nicht beeinflußt
wird. Direkt kann man dies Resultat hier auch noch in folgender
Weise zeigen: Wenn cd merklich von c verschieden ist, wie z. B.
bei Beobachtung in Wasser, so ist die zugiJiörige Wellennormale
im Wasser nicht mehr durch (43) gegeben, sondern nach (42) durch:
(44) P\ 'P7'Pz =r:0:— =r:0:cn,
woraus sich ein Aberrationswinkel tg^=v:cn ergibt Die zu-
gehörige Wellennormale in Luft oder im Vacuum macht aber einen
anderen Winkel g mit der ;c-Achse, und zwar ist, da die Grenze
zwischen Luft und Wasser senkrecht zur Strahlrichtung, i h. zur
«-Achse, anzunehmen ist, nach dem Snelliusschen Brechungsgesetz:
sin^isin^ =n. Da nun bei der Kleinheit von £ und ^ die sin
mit den tg zu identifizieren sind, so folgt tg^=v:c, i h. es ergibt
sich derselbe Wert für den Abeirationswinkel, als ob der Ort
des Sternes direkt in Luft beobachtet wäre.
10. Der Polarisationsversach von Fizeaa. Während abge-
sehen von der Aberration und der Änderung der Schwingungsdauer
nach dem Doppler sehen Prinzipe, nach der entwickelten Theorie
ein Einfluß der Erdbewegung auf die auf der Erde zu beobach-
tenden optischen Erscheinungen nicht zu erwarten ist und tat-
1) Vgl. oben S. 109.
Digitized by
Google
Bewegte Körper. 4g3
Sächlich auch im allgemeinen nicht beobachtet ist, glaubte Fizeau^
doch in einem Falle die Wirkung der Erdbewegung konstatiert
zu haben.
Beim schiefen Durchgange eines polarisierten Lichtbündels
durch eine Glasplatte ändert sich das Azimuth der Polarisation
(vgl. oben S. 271). Der benutzte Apparat bestand aus einem
polarisierenden Prisma, einer Anzahl hintereinander gestellter
Glassäulen und einem Analysator. Zur Zeit der Sonnenwende,
meist um die Mittagstunde, wurde durch geeignet gestellte Spiegel
ein Bündel Sonnenstrahlen durch den Apparat von Ost nach,
West und dann von West nach Ost geschickt. Es sollte dadurch
sich im Mittel eine kleine Differenz in der Analysatoreinstellung
ergeben.
Nach der hier gegebenen Theorie kann eine solche Differenz
nicht bestehen. Denn wenn in irgend einer Stellung des Apparates
der Analysator auf Dunkelheit eingestellt ist, so heißt das, daß
die Lichtbewegung beschränkt ist auf einen Kaum, der sich hinter
den Analysator nicht mehr fortsetzt Dieser Raum ändert, wie
wir oben S. 459 erörterten, durch die Bewegung der Erde seine
Begrenzung nicht, falls der Strahlengang relativ zum Apparat
unverändert gehalten wird, auch wenn kristallinische Medien
zur Erzeugung der Begrenzungsfläche S des Lichtraumes benutzt
werden. Daher müßte die Dunkelstellung des Analysators unab-
hängig sein von der Orientierung des Apparates gegen die Erd-
bewegung. Es ist jedenfalls wünschenswert, daß dieser Versuch
Fizeaus noch einmal wiederholt wird; vorläufig können wir es
wohl noch als zweifelhaft hinstellen, ob wirklich in diesem Punkte ein
Widerspruch mit der hier gegebenen Theorie und Erfahrung besteht
11. Der Interferenzversuch Hichelsons. Die Zeit, welche
das Licht gebraucht, um sich zwischen zwei in Ruhe befindlichen
Punkten Ä und B fortzupflanzen, die den Abstand / besitzen sollen,
beträgt ii = llo, falls c die Lichtgeschwindigkeit ist Wir wollen
uns den Vorgang im Vacuum, oder, was hier gleichbedeutend ist,
in Luft denken. Wenn beide Punkte Ä und B eine gemeinsame
Geschwindigkeit v in Richtung der Lichtstrahlen besitzen, so ändert
sich die Übergangszeit t{ des Lichtes zwischen A und B. Nämlich
nach der Zeit i{ muß das Licht nicht nur die Strecke / durch-
laufen haben, sondern auch diejenigen Strecke, welche der Punkt B
1) Ann. de chim. et de phys. (3) 58, S. 129, 1860. — Pogg. Ann. 114,
S. 554, 1861.
Digitized by
Google
464 Kapitel VIII.
in der Zeit t^ zurückgelegt hat, d. h. im ganzen die Strecke
l + vt(, so daß die Relation besteht:
(45) t(c=l + vtl.
Wenn das Licht bei B reflektiert wird, so braucht es, um
wieder nach Ä zurückzugelangen, die Zeit /j', wobei
(46) t^c=-l—vt^
ist. Denn dieser Fall unterscheidet sich vom vorigen nur dadurch,
daß Ä sich den reflektierten Lichtstrahlen entgegen bewegt. Daher
ist die ganze Zeit { ^ in welcher das Licht zwischen den beiden
Punkten A und B hin und zurückgeht, nach (45) und (46):
{=i;^t^=-i^.—^^j^—-^^
oder
(4^) ''=!(!+ KT).
falls wir bis auf 2. Ordnung in vj^ entwickeln. Die Übergangszeit
i wird also erst in 2. Ordnung durch die gemeinsame Bewegung
von Ä und B beeinflußt, immerhin müßte dieser Einfluß durch
eine empfindliche Interferenzmethode nachweisbar sein.
Der Versuch wurde im Jahre 1881 von Michelson ^ ausgeführt,
indem er eine Art Interferentialrefraktor verwendete, welcher zwei
gleich lange, horizontale, zu einander senkrechte Arme P und Q
besaß (vgl Figur 57 auf S. 141) Es kamen zwei Lichtbündel zur
Interferenz, von denen das eine längs P hin und her ging, das
andere längs Q. Der ganze Apparat konnte um eine vertikale Achse
gedreht werden, und es wurden ihm die beiden Lagen gegeben, in
denen einerseits P, andererseits Q möglichst in die Richtung der
Erdbewegung fiel. Man hätte eine Verschiebung der Interferenz-
streifen bei der Drehung des Apparates von der einen Lage in
die andere erwarten sollen.
Wir wollen zunächst diese Verschiebung genauer berechnen.
Es möge der Arm P in der Eichtung der Erdbewegung v liegen,
der Arm Q senkrecht dagegen. A sei der Kreuzungspunkt der
Arme P und Q. Die Zeit ^, in welcher das Licht längs P hin und
1) Americ. Joum. of Science (3) 22, S. 120, 1881.
Digitized by
Google
Bewegte Körper. 465
zurückgeht, ist durch (47) gegeben. Die Zeit t'\ in welcher das
Licht längs des Armes Q hin und zurückgeht, ist nun aber nicht
etwa einfach durch r = ^Z:(j gegeben, falls auch
der Ann Q die Länge 1 hat, sondern es ist zu be-
rücksichtigen, daß der Ereuzungspunkt A der
beiden Arme P und 0, von denen das Licht aus-
geht und nach dem es zur Zeit t' durch Reflexion
in P zurückkehrt, verschiedene Lagen im Kaum
einnimmt Dieser Ereuzungspunkt Ä hat sich
nämlich um v( verschoben (vgl. Figur 107). Wir
wollen die Anfangslage des Ereuzungspunktes Ä
durch J|, die Endlage durch A^ bezeichnen.
Damit das Licht daher von A^ ausgehend durch
Eeflexion am Ende des Armes Q zum Punkte A^ geworfen
wird, muß der reflektierende Spiegel in Q etwas schief gegen die
Wellennormale stehen, das Licht hat den Weg 28 zu durchlaufen,
wobei ist:
■"+(f).
und {' =^28\c bezeichnet die Zeit, welche das Licht zum Durch-
eilen des Armes Q hin und zurück gebraucht Unter Rücksicht
auf (47) ist nun mit Entwickelung bis auf Glieder 2. Ordnung
in v\
SO daß entsteht
i-i' --.'%• m
Wenn diese Zeitdifferenz gleich einer ganzen Periode T wäre,
so würden die Interferenzfransen um eine ganze Fransenbreite ver-
schoben sein gegenüber ihrer Lage, die ohne Erdbewegung vor-
handen wäre, d. h. für t;=o. Drückt man daher die Verschiebung
S der Interferenzfransen in Bruchteilen von Streifenbreiten aus,
so folgt aus (49):
wobei £ der Aberrationswinkel ist Nach S. 108 beträgt g=20,5"
= 20,5 . :;r : 180 . 60* = 0,995 . lO"* in Bogenmaß.
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2 Aufl. 30
Digitized by
Google
466 Kapitel VIII.
Die Verschiebung der Interferenzfransen, wenn einmal P in
Richtung der Erdbewegung liegt, das andere Mal aber Q in dieser
Richtung, müßte das Doppelte von 6 betragen.
Nun war aber keine Verschiebung der Interferenzfransen zu
beobachten. Da indes bei diesem Versuch die Empfindlichkeit der
Methode noch nicht genügend war, so wurde dieselbe später von
Michelson und Morley*) dadurch gesteigert, daß jedes Licht-
bündel durch Spiegel mehrfach hin und her reflektiert wurde. Da-
durch wurde derselbe Effekt erzielt, als ob die Arme P und Q viel
länger gewesen wären. Jedes Lichtbündel hatte so einen Weg von
22 Metern im ganzen zu durchlaufen (d. h. es ist / = 11 m zu setzen).
Der Apparat war auf einer schweren Steinplatte montiert, welche
auf Quecksilber schwamm, und konnte so leicht um eine vertikale
Achse gedreht werden. Bei dieser Drehung hätte man nach Formel
(50) eine Verschiebung der Interenzfransen von 2(J = 0,4 Streifen-
breite erwarten sollen, es ergaben sich aber Verschiebungen von
höchstens 0,02 der Streifendistanz; dieselben dürften wohl von Be-
obachtungsfehlem herrühren.
Um diesen Widerspruch zu erklären, 2) kann man versucht
sein, die Theorie umzustoßen, d. h. den Äther nicht in absoluter
Ruhe anzunehmen, sondern zu schließen, daß der Äther an der
Erdbewegung teilnimmt. Die Erklärung der Aberration stößt
dann aber auf unüberwindliche Schwierigkeiten. — Einen anderen
Weg zur Erklärung des negativen Resultates beim Michelson-
schen Interferenzversuch bietet die von Lorentz und Fitzgerald
gemachte Hypothese, daß die Länge eines festen Körpers
abhängig ist von der absoluten Bewegung desselben im
Räume.
In der Tat, wenn der in Richtung der Erdbewegung liegende
Arm Z um /^2 kürzer ist, als der andere, so würde hierdurch die
Zeitdifferenz t' — i\ wie sie in (49) berechnet ist, gerade kompen-
1) Amer. Joum. of Science (3) 34, S. 333, 1887. — PhiL Mag. (5), 24,
S. 449, 1887.
2) Sutherland (Phil. Mag. (5) 46, S. 23, 1898) erklärt das negative
Resultat Michelsons durch eine nicht genügend genaue Justierung des Appa-
rates. Indes ist dieser Einwand (nach einer mir brieflich gemachten Mitteilung
von H. A. Lorentz) nicht stichhaltig, wenn man, wie es stets der Fall ist, mit
dem Femrohr auf größte Deutlichkeit der Interferenzfransen einstellt.
Digitized by
Google
Bewegte Körper. 467
siert werden, d.h. dann würde, dem Versuch entsprechend, sich
keine Verschiebung der Interferenzfransen ergeben.
So befremdend die Hypothese auf den ersten Blick erscheinen
mag, daß die Dimensionen eines Körpers von seiner absoluten Be-
wegung als abhängig erscheinen, so liegt sie doch schließlich
gar nicht so fem, sobald man annimmt, daß auch die zwischen
den Molekülen des Körpers wirkenden sogenannten Molekular-
kräfte gerade so wie die elektrischen und magnetischen Kräfte
durch den Äther vermittelt werden, und daß daher eine Trans-
lation im Äther die Molekularkräfte beeinflussen kann, gerade so,
wie die dargelegte Theorie die Anziehung oder Abstoßung zwischen
elektrisch geladenen Teilchen als modifiziert ergibt durch eine
Translation der Teilchen im Äther. Da «^^a den Wert 10"® be-
sitzt, so würde z. B. der mit der Erdbewegung zusammenfallende
Durchmesser der Erde nur um 6,5 cm verkürzt werden. Indes
ergibt sich nun eine neue Schwierigkeit, weil nach der Lorentz-
Fitzgeraldschen Hypothese eine Doppelbrechung des Lichtes in-
folge der Erdbewegung eintreten müßte, die nach Versuchen von
Eayleigh^) und Brace^) nicht vorhanden ist. Diese Schwierigkeit
hebt nun Lorentz^) neuerdings durch die Annahme von Elektronen,
die durch die Bewegung deformiert werden.
Erhebt man die Unabhängigkeit der optischen Erscheinungen
von der absoluten Bewegung bei relativer Buhe von Lichtquelle,
Apparat und Beobachter zum Postulat (sogenanntes Prinzip
der Eelativität), so hat hierfür kürzlich Einstein^) die Trans-
formationsgleichungen von Ort und Zeit beim Übergang vom ru-
henden zum bewegten System gegeben. Wenn dadurch natürlich
auch nicht eine Erklärung des negativen Resultates der Ver-
suche von Michelson und Morley gegeben ist, so bietet dieser
Weg doch zur mathematischen Behandlung der Erscheinungen
von relativer Bewegung der Lichtquelle gegen Beobachter und
Apparat elegante Einfachheit, z. B. bei Berechnung des Strah-
lungsdruckes. Dieser Weg ist also stets richtig, solange alle
beobachtbaren Erscheinungen durch gemeinsame Translation nicht
beeinflußt werden, und falls bei irgend einer Erscheinung das
1) Rayleigh, Phil. Mag. (6) 4, S. 678, 1902.
2) D. B. Brace, PhU. Mag. (6) 7, S. 317, 1904.
3) H. A. Lorentz, Verel. K. Ak. van Wet. 12, S. 986, 1904.
4) A. Einstein, Ann. d. Phys. 17, S. 891, 1905.
30*
Digitized by
Google
468 Kapitel VIII.
auf diesem Wege gefundene Eesultat der Beobachtung nicht ent-
sprechen sollte, so wäre damit ein Fingerzeig gegeben, dsß bei
dieser betreflTenden Erscheinung doch die absolute Bewegung im
Baum von Einfluß ist Aber bisher ist keine solche Erscheinung
bekannt geworden. *)
1) W. Kaufmann (Berl. Ber. 1905, S. 949) bestreitet zwar auf Gnuid
der magnetischen Ablenkung schneUer Kathodenstrablen die Gültigkeit der
Lorentzschen Hypothese deformierbarer Elektronen und daher auch die Gültig-
keit des EelativitatsprinzipeS; indes ist dieser Beweis bei der Kompliziertheit
der theoretischen und experimentellen Grundlagen wohl noch nicht als ein
definitiv entscheidender anzusehen.
Digitized by
Google
m. Abschnitt
Die StTaMung der Körper.
Kapitel L
Die Strahlung in energetischer Deutung.
1. Das EmissionsyerinSgen. Wir haben früher (S. 72)
photometrische Grundsätze mit Hilfe gewisser Definitionen abge-
leitet, deren Berechtigung sich dadurch erwies, daß die so be-
rechneten Beleuchtungsstärken oder Helligkeiten in Übereinstim-
mung mit den durch das Auge wahrnehmbaren Tatsachen standen.
Wir können nun aber an Stelle dieses physiologischen, subjektiven
Maßes uns leicht ein physikalisches, objektives Maß für die Wir-
kung einer Lichtquelle verschaffen, indem wir die Wärmeent-
wickelung beobachten in irgend einem Körper, welcher die Strahlen
der Lichtquelle absorbiert. Hierdurch kommt nun allerdings ein
neuer Begriff in die photometrischen Definitionen hinein, welcher
bei der physiologischen Messung mit Hilfe des Auges nicht ein-
geführt zu werden brauchte, nämlich der Begriff der Zeit, da die
Wärme, welche in einem absorbierenden Körper entwickelt wird,
proportional der Zeit ist. Die Wärme muss nach energetischem
Grundsatz entstanden sein durch ein gewisses Energiequantum,
welches die Lichtquelle in den absorbierenden Körper hineinge-
sandt hat. Wir definieren demgemäß als die Gesamt-Emis-
sion JE' einer Lichtquelle Q die von Q in der Zeiteinheit durch
Strahlung in die Umgebung entsandte Energie.
Die strahlende Energie besteht nun im allgemeinen aus Schwin-
gungen sehr verschiedener Wellenlängen X. Betrachten wir das
Energiequantum, welches im Gebiete zwischen den Wellenlängen
X und X + dX liegt, so muß dasselbe in der Form Ex • dX zu
Digitized by
Google
470 Kapitel I.
schreiben sein. Den Faktor Ex wollen wir die Emission für
die Wellenlänge X nennen.
Die Emission zwischen den Wellenlängen X^ und X^ ist
danach
^jEx'dX,
(1) E^^-
und die Gesamtemission
(2) E^JEi'dX.
0
Die Emission eines Körpers hängt, abgesehen von seiner
Natur, auch von der Größe und Gestalt seiner Oberfläche ab.
Ein Begriff, der von diesen Nebenumständen frei ist, ist das
Emissionsvermögen eines Körpers. Darunter wird die (nach
außen gehende) Emission der Einheit der Oberfläche des Körpers
verstanden.
2. Die StraUnngsintensltat einer Fläche. Der früher (S. 72)
ausgesprochene Grundsatz, daß die Lichtmenge konstant bleibt
für jeden Querschnitt einer Lichtröhre, d. h. einer Röhre, deren
Seiten von Lichtstrahlen gebildet werden, erscheint vom energe-
tischen Standpunkte notwendig, da man die Lichtmenge als
Energiefluß in der Zeiteinheit interpretiert Denn, wie wir oben
S. 259 ableiteten, bilden die Lichtstrahlen die Bahnen des Ener-
gieflusses, d. h. durch die Seitenflächen einer Lichtröhre tritt weder
Energie ein noch aus. Folglich muß der Energiefluß durch jeden
Querschnitt einer Lichtröhre derselbe sein, da in jeden Raumteil
gleichviel Energie ein- wie ausströmen muß, falls derselbe nicht
eine Strahlungsquelle enthält, oder die Energie der Strahlung ab-
sorbiert.
Wir können daher den Energiefluß, den ein kleines Flächen-
element ds innerhalb eines Elementarkegels vom räumlichen
Öflftiungswinkel dQ durch Strahlung entsendet, in der Form
schreiben (vgl. die frühere Formel (69) der S. 77):
(3) dL = idscos(pdQy
wobei (p den Neigungswinkel des Flächenstückes ds gegen die
Achse des Elementarkegels, d. h. gegen die betrachtete Strahlen-
richtung von ds, bezeichnet i soll die Strahlungsintensität
der Fläche ds genannt werden.
Digitized by
Google
Die Strahlung in energetischer Deutong. 47 1
Wenn dem Auge eine gekrümmte strahlende Fläche an allen
Stellen gleich hell erscheint, so muß, wie wir S. 76 ableiteten, i
konstant, d. h. unabhängig von der Neigung q> sein. Ob i nach
energetischen Grundsätzen konstant ist, oder nicht, wollen wir
später diskutieren. Wenn wir mal voraussetzen, daß i konstant
wäre, so berechnet sich aus (3) der Energiefluß, den ds innerhalb
eines endlichen Kreiskegels entsendet, dessen Mantelstrahlen den
Winkel U mit der Normale auf ds bilden, nach der auf S. 77
abgeleiteten Formel (73) zu:
L = jtid88in^U, (4)
Setzen wir daher 27=*/2 und dividieren durch ds, so erhalten
wir das Emissionsvermögen e von ds in der Form:
e = Jti. (5)
Man kann auch hier t als Gesamtstrahlungsintensität unter-
scheiden von ti, der Strahlungsintensität für eine Wellenlänge X.
Bezeichnet man mit ei das Emissionsvermögen für die Wellen-
länge X, so ist auch
ei = jtix .
3. Das mechanische Äquivalent der Lichteinheit. Unter
der Lichteinheit versteht man die Energie, welche die Lichtstrahlen
der Hefherlampe (vgl. oben S. 75) in horizontaler Richtung inner-
halb eines Kegels vom räumlichen Öffnungswinkel 1 (d. h. auf
1 cm^ in 1 cm Entfernung) pro Sekunde entsenden. Die Gesamt-
emission dieser Lampe innerhalb dieses Kegels fand Tumlirz^)
zu 0,1483 Grammkalorieen pro Sekunde, Angström 2) zu 0,215
Grammkalorieen pro Sekunde. Da nun 1 Grammkalorie gleich
419-10* erg, d. h. absolute mechanische Arbeitseinheiten, ist
(mechanisches Wärmeäquivalent), und da nach Angström nur
0,9 Proz.3) der gesamten ausgestrahlten Energie dem sichtbaren
Licht angehört, so ist
1 Lichteinheit = 0,215 • 419 • 10* • 0,009 == 8,1 • 10^ erg/sec. (7)
1) Wied. Ann. 38, S. 650, 1889.
2) Wied. Ann. 67, 8. 648, 1899. — Phys. Ztschr. 8, 1902, 8. 258.
3) Tmnlirz fand hierför 2,4%, indem er die Wärmestrahlen durch eine
Wasserschicht absorbierte und so von den Lichtstrahlen trennte. Die hier
Digitized by
Google
472 Kapitel 1.
Diese Zahl ist also das mechanisclie Äquivalent der Lichteinheit
Die Einheit der Beleuchtangsstärke bildete die Meterkerze
(vgl. oben S. 75), d. h. die Lichtmenge, welche die Hefnerlampe
in 1 m Entfernung auf die Flächeneinheit (1 cm 2) sendet Der
räumliche Öffnungswinkel beträgt in diesem Falle 1 : 100 • 100,
es ist daher nach (7)
(8) 1 Meterkerze 8,1- ^-
Das Auge empfängt daher bei der Beleuchtungsstärke von
1 Meterkerze, d. h. wenn es sich in einem Abstand von 1 m von
der Kerze befindet, und falls die Pupillenöffnung 3 mm beträgt,
etwa die Energie von 0,6 erg in der «ec, dieser Energiefluß könnte
erst in einer Zeit von 2V3 Jahren 1 g Wasser um 1® Celsius er-
wärmen; hierdurch gewinnt man eine Vorstellung von der un-
geheuren Empfindlichkeit des Auges. Wenn dasselbe noch einen
Stern 6. Größe wahrnimmt, so reagiert das Auge sogar noch auf
eine Beleuchtungsstärke von etwa 1-10""® Meterkerzen, da ein
Stern 6. Größe etwa dieselbe Helligkeit hat, wie die Hefnerlampe
in 11 km Entfernung. In diesem Falle erhält das Auge (bei
3 mm Pupillenöffnung) also einen Energiefluß von 0,6 • 10~^ er^
pro sec.
Die sogenannte Normalkerze (Paraffinkerze von 2 cm Durch-
messer, Flammenhöhe 50 mm) hat etwa eine 1,24 mal stärkere
Emission als die Hefnerlampe.
4. Die Sonnenstrahlimg. NachLangley wird etwa V3 der
Energie der Sonnenstrahlung in der Erdatmosphäre absorbiert, faUs
die Sonne im Zenith steht Nach seinen Messungen würde die Sonne
pro Minute dem Quadratzentimeter der Erde bei senkrechter In-
zidenz etwa 3 gr cal (genauer 2,84 gr cal) zustrahlen (Solar kon-
stante), falls die Atmosphäre nicht absorbierte. (Angström
erhält 4 gr cal pro Minute.) Der Energiefluß auf der Erdoberfläche
benutzte Zahl bezieht sich auf die neuere Arbeit von Angström, der die
Strahlen zunächst spektroskopisch trennte, die nicht sichtbaren Strahlen ab-
blendete, und die sichtbaren Strahlen durch eine Linse auf einem Bolometer
oder einer Thermosäule vereinigte. Der hier beobachtete Effekt wurde nun ver-
glichen mit der Wirkung, welche die nicht spektral zerlegten Lampenstrahlen
in einer derartigen Entfernung der Lampe vom Bolometer ergaben, daß die
photometrische Helligkeit am Ort des Bolometers die gleiche war, wie die der
vereinigten Lichtstrahlen im ersten Falle.
Digitized by
Google
Die Strahlnng in energetischer Deutung. 473
mit Rücksicht auf die Absorption in der Atmosphäre wäre daher
nach Langley etwa 2 gr cal pro Minute = 1,3 • 10* ^jsec. Die
oben S. 442 benutzte (Pouilletsche) Zahl hierfür ist etwas kleiner.
— Die Energie des sichtbaren Lichtes zwischen den Fraunhofer-
schen Linien Ä und F2 beträgt etwa 35% der Gesamtstrahlung,
d. h. es ist die sogenannte Beleuchtungsstärke B der Sonne (ohne
Absorption in der Luft) nach Langleys Messungen:
J9 = 6,9 • 10^^=46300 Meterkerzen. (9)
Rechnet man als mittlere Entfernung der Sonne von der Erde
149 • 10^ m, so beträgt demnach die Lichtstärke der Sonne 1,02 • 10^'
Kerzen.
5. Der Wirkungsgrad einer Lichtquelle. Unter dem Wirkungs-
grad g einer Lichtquelle versteht man das Verhältnis der Energie
der ausgesandten Lichtstrahlen zu der Energie, welche die Licht-
quelle zur Unterhaltung ihres Leuchtens in der gleichen Zeit ver-
braucht.
So verbraucht etwa eine Öllampe (Carcel-Lampe) von 9,4
Kerzenstärke pro Stunde 42 g Öl, d. h. in der sec. 1,16- 10""^ g
Öl. Die Verbrennungswärme des Öls beträgt 9500 cal pro g,
d.h. 39,7-10^^ erg. Nun ist nach Formel (7) die Lichtemission
der Kerzeneinheit gegeben für einen Öffnungswinkel 1. Für volle
Strahlung rings herum, d. h. für einen Öffnungswinkel 4jr, ist
daher diese Zahl mit 4jt zu multiplizieren, falls man annimmt,
daß die Strahlung nach allen Richtungen die gleiche ist. Daher
ist für die Öllampe der Wirkungsgrad:
_ 9,4. ai. 10^4^ _ . ^0-^ = 0,20/0.
^ 1,16.10-2. 39,7.10^0 ' ' /o
Der Wirkungsgrad ist also sehr gering, d. h. nur 0,2 % der im
Öl enthaltenen Energie wird zur Beleuchtung ausgenutzt
Wesentlich günstiger steht es mit der elektrischen Beleuchtung.
Im elektrischen Bogenlichte kann man eine Kerzenstärke mit dem
Effektverbrauch von V2 Watt, d. h. 5 • 10 ^ ^jsec erzielen. Daher
würde für Bogenlicht sein
(Bei Glühlampen würde g etwa 3% sein.)
Digitized by
Google
474 Kapitel I.
Danach muß es praktischer sein, anstatt das Öl direkt als
Lichtquelle zu verwenden, seine Verbrennungswärme zum Treiben
eines Motors zu benutzen, welcher eine Dynamomaschine in Gang
erhält, die einen elektrischen Lichtbogen erzeugt Im Diesel-Motor
kann 70 % der Energie des Öls in mechanische Energie umgesetzt
werden, durch die Dynamomaschine kann etwa 90% davon in elek-
trische Energie verwandelt werden, welche zur Speisung des Licht-
bogens zur Verfügung steht; danach würde der Wirkungsgrad der
elektrischen Beleuchtung, berechnet auf den Ölverbrauch, sich
treiben lassen auf
^ = 0,20-0,7.0,9 = 13%.
Es ist hierbei allerdings nicht berücksichtigt, daß auch die
Kohlen des Lichtbogens abbrennen. Für eine Glühlampe gewöhn-
licher Konstruktion, welche etwa 3 V2 Watt pro Kerze erfordert,
würde ^= 1,8% sein, berechnet auf den Verbrauch an Heizmaterial
des Motors. Für eine Nernstsche Glühlampe, welche 1 Watt pro
Kerze erfordert, 0 würde sich g steigern auf 6,5%.
6. Der Dmck der Strahlung. Es mögen ebene Wellen senk-
recht gegen die ebene Grenzfläche eines Körpers fallen. Die elek-
trischen Kräfte der Wellen können dann auf den Körper keine
senkrecht gegen ihn gerichteten Druckkräfte ausüben, da sie nur
tangentiale Komponenten haben, die magnetischen Kräfte werden
dies aber tun, da in dem Körper elektrische Strömungen statt-
finden und jedes Stromstück der Länge dl durch ein Magnetfeld $,
welches senkrecht gegen den Strom gerichtet ist, eine senkrecht
gegen beide Richtungen liegende Kraft idl^ :c erfährt, falls i die
Stromstärke nach elektrostatischem Maße bedeutet (vgl. oben S. 421,
Formel (39)). Legen wir die ic-Achse senkrecht zur Grenzfläche
des Körpers, positiv ins Innere des Körpers hinein gerichtet, so
wird ein Volumenelement dv des KOrpers wegen seiner Strom-
dichte jx durch die y-Komponente ß der in ihm stattfindenden
magnetischen Kraft nach der + «-Achse getrieben mit einer Kraft
+ V^ 'J'xdv • ß, wegen seiner Stromdichte jy erfährt es durch die
a::-Komponente a der magnetischen Kraft einen Antrieb nach der
— «-Achse: — ^jcjydv.a'^). Dabei ist der Sinn des Koordinaten-
systems wie stets (vgl. oben S. 251) gewählt. Da nun nach den
1) Je nach der Beanspruchung schwankt der Energieverbrauch zwischen
V2 bis 1,8 Watt.
2) Vgl. dazu die analogen Formeln (42) S. 422.
Digitized by
Google
Die Strahlung in energetischer Dentnng. 475
Grundgleichungen (7) S. 251, falls die Kräfte, wie hier, nur von
der ;^-Richtung abhängen, die Beziehungen bestehen
SO wird die auf das Volumenelement dv im Sinne der + it-Rich-
tung, d. h. als Druck, wirkende Kraft dK:
Schneiden wir nun aus dem Körper einen Zylinder, der das Ober-
flächenelement de des Körpers zur Basis hat, und senkrecht gegen
seine Oberfläche liegt, so wird auf diesen ganzen Zylinder, der
sich von « = 0 bis x = a (Austritt am hinteren Körperende) er-
strecken möge, die Kraft dK ausgeübt:
■"^--2/(4: +''S*-
Der in Richtung von + x wirkende Druck pro Flächeneinheit
ist also:
^ = S = ^[(«' +'»')0 - («^ + /?^a]- (10)
Nach dieser Formel kann man in jedem Falle den Druck be-
rechnen, auch in seiner Abhängigkeit von der Intensität der ein-
fallenden Wellen, man muß dazu nur die Aufgabe lösen, aus der
Intensität der einfallenden Wellen die im Körper stattfindenden
Wellenbewegungen zu bestimmen, was nach den in Kapitel II
und IV des II. Abschnittes entwickelten Formeln leicht ge-
schehen kann.
Wenn an der Hinterfläche des Körpers keine merkliche Wellen-
Intensität mehr besteht, so ergibt (10):
v-'^iP"' (11)
Da die Tangential-Komponenten der magnetischen (und elek-
trischen) Kraft stetig sind beim Durchgang durch die Körper-
oberfläche (vgl. oben S. 257), so ist
«0 = «e + «r, /9o = Ä + /Sr, (12)
Digitized by
Google
476 Kapitel I.
wobei der Index e sich auf die einfallende, Index r sich auf die
reflektierte Welle bezieht, und die Werte a«, or^ ße, ßr gelten for
die Umgebung des Körpers unmittelbar an seiner Grenze.
Ist der Körper ein vollkommener Spiegel, wie er z. B. durch
ein Metall von sehr guter Leitfähigkeit realisiert wird, so ist die
reflektierte magnetische Kraft or gleich und gleich gerichtet mit
der einfallenden magnetischen Kraft a« (vgl. oben S. 270).
Wegen (12) folgt dann ao = 2a,, ßo = 2ße, so daß (11) ergibt
(12) P = ^(«-^ + Ä^.
Nun ist nach S. 258 die in der Volumeinheit in der einfallen-
den Welle enthaltene magnetische Energie: ®m = ^(a«2 + ft2)
Die elektrische Energie ist in fortschreitenden ebenen Wellen
stets gleich der magnetischen Energie, wie sich aus der Lösung
oben S. 266 für ebene Wellen sofort ergibt. Daher ist die ganze
(elektrische und magnetische) Energie der Volumeinheit ® in der
einfallenden Welle gegeben durch @ = ^ («,2 _|. ß^i^^
Die reflektierte Welle enthält die gleiche Energie, da der
Körper total reflektieren soll. Daher ist die ganze in der Um-
gebung des Körpers pro Volumeinheit vorhandene Strahlungsenergie
JE' = ^ («,2 + |9.2), so daß die Gleichung (11) für den Strahlungs-
druck wird:
(13) p = E.
Der Strahlungsdruck, den ebene Wellen bei senk-
rechter Inzidenz auf einen absolut reflektierenden
Körper ausüben, ist also gleich der in der Volumen-
einheit seiner Umgebung enthaltenen Energie der ein-
fallenden Wellen.
Da nach § 4 der Energiefluß der Sonnenstrahlung auf der
Erdoberfläche 1,3 • lO^^^pro cm^ beträgt, so ist also dieser Energie-
betrag in 3 . 10^^ cm^ durchstrahlter Luft enthalten. Polglich ist
die Energie in 1 cm 3:
E = 1,3 . 10« _ , ..-5
3 . IQio — ^ • ^" •
Diesen Druck üben also die Sonnenstrahlen auf ein Quadrat-
Digitized by
Google
Die Strahlung in energetischer Deutung. 477
zentiiueter eines total reflektierenden Körpers aus. Der Druck ist
etwa gleich dem Gewicht von 4-10"* Milligramm,^ also so klein,
daß er experimentell nur mit sehr feinen Hilfsmitteln zu konsta-
tieren ist Durch subtile Messungen mit dem Kadiometer ist dies
aber Lebede w>) gelungen: der Druck ergab sich übereinstimmend
mit der Theorie 2). Dieser Strahlungsdruck hat eine große theo-
retische Bedeutung, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden.
7. Prerosts Theorie des Wärmeaustausches. Jeder Körper
strahlt, auch wenn er nicht leuchtet, eine gewisse Energiemenge
aus, die um so größer wird und um so mehr Wellen kurzer Periode
enthält, je höher die Temperatur des Körpers wird. Wenn daher
zwei Körper A und B von verschiedener Temperatur gegenüber-
gestellt werden, so strahlen beide Körper Energie aus und auch
der heißere empfängt strahlende Energie vom kälteren. Die
Temperaturen beider Körper gleichen sich dadurch aus, daß der
heißere mehr Energie ausstrahlt, als er vom kälteren empfängt
und absorbiert, während umgekehrt der kältere mehr Energie
empfängt, als ausstrahlt Diese Auffassung der Strahlungserschei-
nungen hat zuerst Prevost ausgesprochen.
1) P. Lebedew, Ann. d. Phys. 6, 8. 433, 1901. — Vgl. femer E. F. Nichols,
und G. F. Hüll, Ann. d. Phys. 12, 8. 225, 1903.
2) Die Formel. (13) bezieht sich auf einen voUkommenen Spiegel. Hat
derselbe das Beflexionsvermögen (> < 1, so haben die genannten Physiker
als theoretische Formel fQr den Strahlnngsdrack nach dem Vorgang von
Maxwell benutzt p «* (£ (1 -H (>)t wobei ($ die pro Volumeinheit in der
einfallenden WeUe enthaltene Energie bezeichnet. Zu dieser Formel führt
aber die hier abgeleitete Formel (11) nur mit einer gewissen Annäherung,
wenn nämlich q von 1 nicht zu stark abweicht Wäre (> = 0, so würde (11)
p = 1. (5 ergeben, während die Maxwellsche Formel p = @ ergibt Dagegen
werden die Verhältnisse anders, wenn die Fläche selbst strahlt Hat sie eine
so hohe Temperatur, daß sie ebensoviel Energie ausstrahlt, als sie absorbiert,
so ist der Druck stets durch (}3) gegeben, d. h. gleich der Energie der hin-
und hergehenden Strahlung in der Volumeinheit der Umgebung. Dieser
Druck ist dann ganz unabhängig von der Beschaffenheit der Fläche. Dies
wird weiter unten 8. 499 bewiesen. Es ist wichtig, zu bemerken, daß die hier
gezogenen Schlüsse, speziell die Formel (13), eine Folgerung der besonderen
benutzten Theorie, nämlich der elektromagnetischen Theorie sind, daß
sie aber nicht aus allgemeinen energetischen Betrachtungen sich ergeben. 80
würde sich z. B. (vgl M. Planck, Vorl. üb. Theor. d. Wärmestrablg. Leipzig
1906, 8. 58) aus der Newtonschen Emanationstheorie der Strahlungsdruck
doppelt so groß berechnen, als nach der elektromagnetischen Theorie, obwohl
auch die erstere Theorie gegen die Grundsätze der Energetik nicht verstößt.
Digitized by
Google
478 Kapitel L
Wenn daher zur Bestimmung der Emission eines Körpers A
die Temperaturerhöhung in einem schwarzen Körper B^ welcher
die Strahlen von A absorbiert, gemessen wird, so hängt das Resultat
von der Temperaturdifferenz der beiden Körper A und B ab. Man
würde um so genauer durch die Temperaturerhöhung in B die
volle Emission von A messen, je weniger Energie B selber aus-
strahlt Wenn es sich daher z. B. um die Energie der Lichtstrahlen
einer Quelle A handelt, deren Wärmestrahlen durch Absorption
in einem Wassergefäß vernichtet werden, so kann man diese Leucht-
energie in vollem Betrage durch Absorption in einem schwarzen
Körper B messen, welcher gleiche Temperatur wie das Wasser-
gefäß hat. Denn bei Zimmertemperatur sendet B nicht Licht-
strahlen von merklichem Energiebetrage aus, sondern nur Wärme-
strahlen, und diese empfängt B in gleichem Betrage vom Wasser-
gefäß zurück. — Dagegen ist die Gesamtemission einer Lichtquelle
etwas höher, als sie durch Absorption in einem schwarzen Körper B
von Zimmertemperatur gemessen wird, indes ist in Anbetracht
der viel höheren Temperatur der Lichtquelle, z. B. der Sonne
oder einer Flamme, diese Korrektion zu vernachlässigen und das
Resultat der Messung ist praktisch unabhängig von Schwankungen
der Temperatur des Körpers Ä — Dagegen ist die Temperatur
von B sehr wohl zu berücksichtigen, wenn die Emission eines
nicht sehr viel heißeren Körpers A gemessen werden soll. Hiervon
soll im nächsten Kapitel noch mehr die Rede sein.
Kapitel IL
Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thennodynamik
anf reine Temperatnrstrahlung,
1. Die beiden Hauptsätze der Thermodynamik. Der erste
Hauptsatz der Thermodynamik ist das Energieprinzip, nach welchem
mechanische Arbeit nur durch Aufwendung eines gewissen Energie-
quantums zu gewinnen ist, d. h. durch Zustandsveränderungen
der die Arbeitsmaschine speisenden Körper. Obgleich nach diesem
Digitized by
Google
AnwenduDg des zweiten Hauptsatses der Thermodynamik nsw. 479
Satze ein perpetuum mobile anmöglich ist, d. h. eine Maschine,
welche beliebig viel Arbeit erzeugt, ohne daß dabei die sie speisen-
den Körper eine dauernde Veränderung erlitten, so wäre doch
noch eine kostenlos arbeitende Maschine denkbar. Energie nämlich
steht genug und kostenlos zur Verfügung, man braucht z. B. nur
an das ungeheure Energiequantum, welches als Wärme im Meer-
wasser enthalten ist, zu denken. Nach dem ersten Hauptsatze
wäre nun eine (kostenlos arbeitende) Maschine denkbar, welche
dadurch fortwährend nutzbare mechanische Energie schafft, daß
sie, in das Meerwasser eingesenkt, demselben beständig Wärme
entzieht und dadurch Arbeit leistet. Man hat die Überzeugung,
daß eine solche Maschine, die in praktischer Hinsicht ebenfalls
ein perpetuum mobile darstellen würde, unmöglich ist: bei allen
Motoren, welche, wie z. B. die Dampfmaschine, Wärme in Arbeit
umsetzen, müssen mindestens zwei Wärmereservoire verschiedener
Temperaturen zu Gebote stehen: die Kesselfeuerung und die kältere
Temperatur der umgebenden Luft oder des Wasserdampf konden-
sators. Es kann nur allgemein dann Wärme in Arbeit verwandelt
werden, wenn ein gewisses Quantum Q einem Reservoir höherer
Temperatur entnommen und ein kleineres Wärmequantum (^ an
ein kälteres Reservoir abgeliefert wird.
Wir stellen daher als einen allgemeinen Erfahrungssatz
auf, daß man nie fortdauernd auf Kosten von Wärme
mechanische Arbeit erzeugen kann, wenn nur ein Wärme-
reservoir von überall gleicher Temperatur zur Verfügung
steht Dieser Gedanke bildet den Inhalt des zweiten Haupt-
satzes der Thermodynamik.
Wir wollen hier zunächst nur eine Folgerung desselben be-
nutzen: Wenn ein nach außen gegen Wärme- und Arbeits-
abgabe geschütztes (nach außen abgeschlossenes) System
von Körpern zu irgendeiner Zeit überall die gleiche
'temperatur hat, so kann, falls man das System sich selbst
überläßt und falls keine Yerändemngen in der Natnr der
Körper eintreten, niemals eine Temperaturdifferenz im
System entstehen. Denn man könnte eine solche Temperatur-
diflferenz zum Treiben einer Arbeitsmaschine benutzen. Wenn dann
durch ihre Wirkung sich die Temperaturdifferenz ausgeglichen
haben sollte, so würde wieder von selbst eine solche im System
entstehen. Dann könnte man wiederum Arbeit daraus gewinnen
und so in inflnitum, obgleich ursprünglich nur Wärme von überall
Digitized by
Google
480 Kapitel 11.
derselben Temperatur zu Gebote gestanden hat. Dies würde gegen
den zweiten Hauptsatz verstoßen. — Es ist wichtig, zu bemerken,
daß man auf diesem Wege Wärme von ursprünglich einerlei
Temperatur nur dann fortdauernd zum Arbeitsgewinn benutzen
könnte, falls dabei die Natur der Körper des Systems un-
geändert bleibt. Denn wenn diese sich verändern, z.B. chemische
Verbindungen gebildet werden, so hört die Arbeitsfähigkeit des
Systems schließlich auf. Durch Eintreten chemischer Veränderungen
kann also wohl eine ursprünglich vorhandene Temperaturgleich-
heit gestört werden; dies steht nicht im Widerspruch mit dem
zweiten Hauptsatz; wir können diese Erscheinung ja auch an jedem
Verbrennungsprozeß beobachten.
2. Temperatarstrahlnng und Lumtnlszenz. Jeder Körper
strahlt Energie aus, mindestens in der Form langwelliger Wärme-
strahlen. Nun sind zwei Fälle zu unterscheiden: Entweder ver-
ändert sich der Körper seiner Natur nach bei diesem Strahlungs-
vorgange nicht, er würde fortdauernd in gleicher Weise strahlen,
falls man durch Zufuhr von Wärme seine Temperatur konstant hält
Diesen Vorgang wollen wir als reine Temperaturstrahlung
bezeichnen. Oder der Körper verändert sich bei der Strahlung, es
würde, allgemein gesprochen, nicht fortdauernd dieselbe Strahlung
bestehen bleiben, auch wenn die Temperatur konstant gehalten
würde. Diesen Vorgang bezeichnet man als JLuminiszenz. Die
Ursache der Strahlung liegt in diesem Falle nicht in der Tempe-
ratur des Systemes, sondern in einer anderen Energiequelle, z. B.
bezeichnet man als Chemi-Luminiszenz die durch chemische
Veränderungen veranlaßte Strahlung, wie sie z. B. beim Phosphor
oder faulenden Holze durch langsame Oxydation bewirkt wird. Die
bei anderen Körpern beobachtete Erscheinung des sogenannten Phos-
phoreszierens, d. h. des Nachleuchtens von Körpern nach der Be-
lichtung, wird als Photo-Luminiszenz bezeichnet. Hier ist die
Energiequelle der Strahlung das ursprünglich in den Körper
von außen eingestrahlte Licht, welches vielleicht irgend welche
Veränderungen in der Natur, z. B. dem Molekülbau, des Körpers
bewirkt hat, die nun bei der Phosphoreszenz wieder rückgängig
werden. Das Leuchten von Geißlerschen Röhren im hochge-
spannten elektrischen Strome nennt man Elektro-Luminis-
zenz usw.
Es ist nach dem in § 1 Gesagten klar, daß der zweite Haupt-
satz derThermodynamiknurFolgerungenfürreine Tempe-
Digitized by
Google
Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik usw. 4SI
raturstrahlungen ziehen läßt Nach der oben S. 478 ge-
nannten Vorstellung des Wärmeaustausches folgt z. B., daß ein
einmal vorhandenes Temperaturgleichgewicht in einem
nach außen abgeschlossenen System von Körpern durch
reine Temperaturstrahlung derselben niemals gestört
werden kann; aber wohl könnte durch Luminiszenz der Körper
eine Störung des Temperaturgleichgewichts eintreten.
Im folgenden wird immer nur reine Temperaturstrahlung
vorausgesetzt.
3. Bas Emissions-Yermögen eines vollkomineii spiegelnden
oder ToUkommen darclisiclitigen Körpers ist Nall. Denken wir
uns eine sehr große Platte eines beliebigen Körpers K eingeschlossen
zwischen zwei Platten SS von vollkommenen Spiegeln. Unter
solchen soll ein Körper verstanden werden, welcher die ganze,
auf ihn von außen fallende Strahlungsenergie reflektiert. — Ur-
sprünglich sollen K und SS gleiche Temperaturen haben. Man
kann K und SS denken als Teile eines größeren, nach außen
abgeschlossenen Körpersystems von konstanter Temperatur. Wenn
nun K Energie emittiert, so empfängt K dieselbe durch Reflexion
an SS in vollem Betrage zurück. K soll ein von Null verschiedenes
Absorptionsvermögen besitzen. Unter dem Absorptionsver-
mögen^) a eines Körpers oder einer Fläche soll verstanden werden
das Verhältnis der absorbierten Energie zu der von außen zu-
gestrahlten Energie. Wenn daher die Energiemenge 1 zugestrahlt
wird, so wird die Energiemenge a absorbiert, die Energiemenge
1 — a reflektiert, falls der Körper keine Energie durchläßt Diese
Größe 1 — a ist daher das Reflexionsvermögen r=l — a,
falls der Körper so dick ist, daß keine Energie ihn durchdringt,
sonst ist r<;i — a.
Die von den Spiegeln SS nach K reflektierte Energie wird nun
iuÄ" teilweise absorbiert, teilweise'aber wiederum nach SS reflektiert.
Diese Energie wird aber wieder vollkommen an SS nach K zurück-
reflektiert usw. Man erkennt leicht, daß der Körper JT jedenfalls
im stationären Zustande seine ganze ausgesandte Energie durch
wiederholte Reflexion an den vollkommenen Spiegeln SS in vollem
1) Das Absorptionsvermögen a ist wohl zu unterscheiden von dem oben
S. 341 eingeführten Absorptionsindex x. Ein Metall, z. B. Silber, hat einen
sehr großen Absorptionsindex x, aber ein äußerst kleines Absorptionsver-
mögen a, da das Silber nahezu alle einfallende Energie reflektiert
Drnde, Lehrbach d. Optik. 2. Aafl. ^\
Digitized by
Google
482 Kapitel H.
Betrage wieder absorbieren muß, da SS selber nichts von dieser
Energie absorbieren. Wenn daher die Spiegel SS ebenfalls Energie
ausstrahlen würden, so würde die Temperatur des Körpers Ä" erhöht
werden, da dann K außer der von ihm selbst ausgesandten Energie
noch einen TeiP) der von SS emittierten Energie absorbiert
Dagegen die Temperatur der Spiegel würde sinken, da sie emittieren,
aber nichts absorbieren. Da nun durch eine Temperaturstrahlung
nach dem zweiten Hauptsatze nicht die ursprünglich vorhandene
Temperaturgleichheit gestört werden kann, so schließen wir, daß
das Emissionsvermögen eines vollkommenen Spiegels
gleichNullist. — Wenn daher irgend ein Körpersystem von einer
nach außen vollkommen spiegelnden Fläche umgeben ist, so ist
es gegenStrahlungnach außen vollkommen abgeschlossen.
In gleicher Weise kann man schließen, daß das Emissions-
vermögen eines vollkommen durchsichtigen Körpers gleich
Null ist. Denn denken wir uns einen beliebigen absorbierenden
Körper K von einem durchsichtigen Körper umgeben, und das
Ganze in eine nach außen und innen spiegelnde Hülle eingeschlossen,
so mußte sich der durchsichtige Körper abkühlen, wenn er emit-
tierte, da er nichts absorbiert
4. EirchhofF^ Gesetz Aber den Znsaminenhaiig der Emis-
sion mit der Absorption. Wir denken uns ein sehr kleines
Flächenelement ds aus einer absorbierenden Substanz im Zentrum
einer spiegelnden Hohlkugel vom Radius 1 , welche an zwei dia-
metral gegenüberliegenden Stellen zwei gleiche, kleine Öffnungen
dQ besitzt (vgl. Figur 108).
da soll klein gegen dQ sein. Die von ds durch je eine
Öflfnung dQ ausgestrahlte Energie schreiben wir nach Formel (3)
auf S. 471:
(1) dL = ids cos q) düj
wobei q) den Neigungswinkel der Normale auf (^ gegen den mittleren,
durch dQ und ds gelegten Strahl bezeichnet, i wird die Strahlungs-
intensität von ds in der Richtung q> genannt Ob i von q> abhängt,
lassen wir zunächst dahingestellt Alle Energie, welche ds in
anderer Richtung entsendet, erhält es durch Reflexion an der
Hohlkugel zurück und absorbiert diese Energie (nach wieder-
1) Nämlich den von SS nach dem Körper K hingesandten Teil der
ganzen Strahlungsmenge.
Digitized by
Google
AnwenduDg des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik nsw. 433
holter Hin- und Herreflexion) schließlich vollständig. Die Hohlkugel
sei nun rings umgeben von
einem schwarzen Körper Z',
dessen äußere Obei-fläche
vollkommen spiegelnd sei.
E! strahlt daher nur nach
innen.') Ein Teil (rf^) der
von JT entsandten Energie
gelangt durch die beiden
Öffnungen dQ. auf das Ele-
ment da und wird dort teil-
weise absorbiert Von einem
Flächenelement ds der
schwarzen Hülle ausge-
sehen, erscheint das Flä-
chenelement ds unter dem
räumlichen Winkel
Fig. 108.
dSi = -5 coä 9) ,
(2)
falls r die Entfernung von di und dem Orte von ds bezeichnet
Die von da nach da ausgestrahlte Energie ist also
dl] = % da coa g/ dSf ,
(3)
falls / die Strahlungsintensität der schwarzenFläche in der Neigung 90'
gegen die Normalenrichtung bedeutet Die Gesamtheit aller auf
da strahlenden Flächenelemente da hat nun die Größe:
2 da' = r^ dQ : coa q>' ,
(4)
wobei r und q>' für die einzelnen Flächenelemente da' als konstant
angenommen ist. Daher schreibt sich die ganze von K' durch eine
Öffnung dQ auf das Flächenstück da zugestrahlte Energie
oder nach (2):
dE' = SdL' ^i -r^'dQdSf,
dJEf = t du da coa q) ,
(5)
(6)
1) Ein vollkommen schwarzer Körper kann leuchten, falls seine Tempe-
ratur genügend hoch ist An Stelle der Bezeichnung „vollkommen schwarz"
wäre daher die Bezeichnung „vollkommen absorbierend" zutreffender.
31*
Digitized by
Google
484 Kapitel II.
Ebenso wird von der anderen, Seite dem ds die Energie zugesandt:
(7) d^' = %' ' düdscosip,
wobei t' von t unterschieden ist, falls nämlich diese Größe von
dem Winkel g/ abhängen sollte und falls (p auf beiden Seiten der
Hülle verschieden ist
Wenn nun ursprünglich Temperaturgleichgewicht herrscht, so
darf dieses durch die Strahlung nicht gestört werden. Die von ds
nach beiden Seiten durch die beiden Öffnungen dSi emittierte
Energie 2dL muß also kompensiert werden durch die absorbierte
Energie a {dBf + dl!'\ falls a das Absorptionsvermögen von (fe für
die Strahlungsrichtung (p bezeichnet Nach dem zweiten Haupt-
satze ist also nach (1), (6) und (7):
(8) 2% = a{% + %') .
Diese Gleichung muß unverändert bleiben, falls die schwarze Hülle K'
ihre Gestalt ändert, wodurch q/ variiert Daher muß t = i' un-
abhängig von q>' sein, d. h. die Strahlungsintensität t einer
schwarzen Fläche ist unabhängig von der Richtung der
Strahlung. — Aus (8) folgt daher
(9) i = a't.
Wenn man als Fläche ds verschiedene schwarze Körper wählt,
während die Substanz von ds unverändert bleibt, so muß daher
nach (9) allemal auch % konstant bleiben, d. h. die Strahlungs-
intensität eines schwarzen Körpers hängt von seiner
speziellen Natur nicht ab, sondern ist eine universelle
Funktion der Temperatur. i) Die Beziehung (9) kann man daher
so aussprechen:
Das Verhältnis zwischen der Strahlungsintensität
und dem für gleiche Strahlneigung geltenden Absorp-
tionsvermögen eines beliebigen Körpers hängt nur von
seiner Temperatur ab; dies Verhältnis ist nämlich gleich
der Strahlungsintensität eines schwarzen Körpers von
1) Diese Fanktion kann noch durch den Brecbungsindex des durch-
strahlten Raumes beeinflußt werden. Davon soU weiter unten die Bede sein.
Hier ist zunächst dieser Brechungsindex = 1 angenommen, d. h. der durch-
strahlte Baum soll das Vacuum sein.
Digitized by
Google
Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik usw. 435
gleicher Temperatur. Diese Sätze rühren von Kirchhoff^)
her. Die aufgestellten Sätze gelten nicht nur fttr die Gesamt-
strahlungsintensität, sondern auch fttr die Strahlungsinten-
sität jeder beliebigen Wellenlänge X gilt das Kirchhoff-
sche Gesetz:
ix=' ax' ix . (9')
Bringen wir nämlich hinter einer Öffnung dQ, des Hohlspiegels
(S. 483) ein dispergierendes, vollkommen durchsichtiges Prisma an,
so können wir eine ganz bestimmte Wellenlänge der vom Flächen-
stück da nach außen gesandten Strahlen auf einen schwarzen
Körper fallen lassen, während alle anderen Strahlengattungen durch
vollkommene Spiegel wieder durch das Prisma und die Öffnung
dO, auf da zurückgeworfen werden. Also auch allein innerhalb eines
schmalen Bereiches von Wellenlängen, die zwischen X und X -Y dX
liegen, muß die vorige Betrachtung gelten, welche zur Gleichung (9)
führte.
Die Gleichung (9) oder (9') muß sogar für jede bestimmte
Polarisationsrichtung der Strahlen einzeln gelten. Denkt
man sich nämlich hinter dQ, ein Prisma eines durchsichtigen,
doppelbrechenden Kristalles aufgestellt, so werden die Wellen ver-
schiedener Polarisationsrichtung räumlich getrennt in zwei Wellen-
züge. Den einen Wellenzug kann man nun wiederum allein auf
einen schwarzen Körper fallen lassen, während der andere durch
Spiegelung nach ds zurückgelangt Die. oben angestellten Be-
trachtungen führen dann zur Gleichung (9'), welche also auch für
irgend eine beliebige Polarisationsrichtung gültig ist
5. Folgerangen ans dem Eirchhoffsehen Gesetz. Wenn
man einen schwarzen Körper allmählich erhitzt, so sendet er von
einer gewissen Temperatur an, die etwa bei 525 ® Cels. liegt, sicht-
1) Siehe Ostwalds Klassiker, Nr. 100. — E, Pringsheim (Verh. d.
deutsch, phys. Ges. 8, S. 81, 1901) gab einen Beweis des Kirchhofischen Ge-
setzes ohne die Annahme, daß vollkommen schwarze Körper, vollkommene
Spiegel und vollkommen durchsichtige Substanzen wirklich existieren. Eine
weitere Ergänzung des Beweises unter der Annahme, daß in der Umgebung
der Körper sowohl Absorption als Zerstreuung der Strahlung stattfinden
könne, gab M. Planck (Vorles. üb. Theor. d. Wärmestrahlung, Leipzig 1906,
S. 23 ii^, — Über die experimentelle Herstellung schwarzer Körper vgl. den
folgenden § 5.
Digitized by
Google
486 Kapitel II.
bares Licht aus. Dasselbe hat zunächst große Wellenlängen 0
(Kotglut), bei weiterer Temperatursteigerung treten auch kleinere
Wellenlängen in merkbarer Menge hinzu (bei 1000^ beginnt die
Gelbglut, bei 1200 « die Weißglut). Die Gleichung (9') besagt
nun, daß kein Körper bei niedrigerer Temperatur zu leuchten be-
ginnen kann, als ein schwarzer Körper, sondern daß alle Körper
bei gleicher Temperatur (etwa bei 525 <>) anfangen, (rot) zu leuchten
(Drapers Gesetz).2) Die Intensität des Leuchtens hängt aller-
dings vom Absorptionsvermögen ax des Körpers bei der betref-
fenden Temperatur ab. Blanke Metalle z, B., die auch bei
hoher Temperatur ihre große Reflexionsfähigkeit bewahren, leuchten
viel weniger, als Euß. Ein Eußstreifen auf der Oberfläche eines
Metalls tritt daher beim Glühen als heller Streifen auf dunkelem
Grunde hervor. — Ebenso leuchtet ein durchsichtiger Glasstab
bei Glühtemperatur sehr wenig, weil sein Absorptionsvermögen
sehr klein ist. — Bildet man aus irgend einem Metall einen Hohl-
körper mit einem kleinen Loch, so verhält sich dieses wie ein
nahezu idealer schwarzer Körper. Denn die in das Loch ge-
langende Strahlung wird an den Wänden des Hohlkörpers vielfach
hin und her reflektiert und dadurch vollkommen absorbiert, auch wenn
die Wände des Hohlkörpers nicht vollkommen schwarz sind. Nur
ein kleiner Teil der Strahlung wird aus dem Loch wieder heraus-
reflektiert. Dieser Teil ist um so geringer, je kleiner das Loch im
Vergleich zur Oberfläche des Hohlkörpers ist. 3) Das Loch muß also
1) Das erste ansgesandte Licht wird bei subtiler Beobachtung nicht rot,
sondern gespenstergrau gesehen. Dies erklärt sich dadurch, daß die Netzhaut
des menschlichen Auges zwei lichtempfindliche Organe, die Stäbchen und Zapfen,
besitzt. Erstere sind die lichtempfindlichsten, sie sind aber farbenblind. Der
gelbe Fleck, d. h. der Ort des deutlichsten Sehens der Netzhaut, besitzt nun
viel Zapfen, aber wenig Stäbchen. Daher findet der erste Lichteindruck (grau)
in peripheren Netzhautstellen statt. Sowie der Gegenstand fixiert wird, d. h.
sein optisches Bild auf den gelben Fleck gebracht wird, verschwindet der
Lichteindruck wieder. Daher erklärt sich das Gespensterartige der Erscheinung*
2) Jede Ausnahme vom Drap ersehen Gesetz, wie z.B. die Phosphores-
zenz bei niedriger Temperatur, besagt, daß es sich um keine reine Temperatur-
strahlung handelt, sondern daß bei der Strahlung, auch wenn die Temperatur
konstant bleibt, irgend welche Energieveränderungen eintreten.
3) Dies ist bei weitem die beste Methode zur Herstellung eines schwarzen
Körpers und sie ist in neuerer Zeit auch stets benutzt zur experimentellen
Ermittelung der Strahlungsgesetze eines schwarzen Körpers. Ln Innern eines
aus beliebigen Körpern gebildeten Hohlraumes, der gar keine Strahlung nach
Digitized by
Google
Anwendoiig des zweiten Hauptsatzes der Thennodynamik usw. 4g7
beim Glühen sich hell abzeichnen auf der äußeren Fläche der
Hohlkugel, da diese nur geringeres Absorptionsvermögen hat.
Bei allen nicht schwarzen Körpern mit glatter Oberfläche
nimmt das Reflexionsvermögen zu, wenn der Einfallswinkel der
Strahlung wächst, daher muß das Absorptionsvermögen abnehmen.
Nach (9') ist daher bei allen nicht schwarzen Flächen die
Strahlungsintensität t für senkrecht aus der Fläche aus-
tretende Strahlung größer, als für schiefe Strahlung. Das
cos -Gesetz der Strahlung gilt daher streng nur für
schwarze Flächen.
Bei schiefer Inzidenz hängt, wie wir oben S. 268 berechneten,
das Keflexionsvermögen, und daher das Absorptionsvermögen eines
Körpers vom Polarisationszustande der einfallenden Strahlen ab.
Daher sendet ein Körper in schiefer Richtung partiell
polarisierte Strahlung aus, und zwar muß diejenige Kom-
ponente des Lichtes stärker sein, welche senkrecht zu der durch
den Strahl und die Normale gehende Ebene polarisiert ist, weil
diese schwächer reflektiert, also (wenn der Körper nicht voll-
kommen durchsichtig ist) stärker absorbiert wird. — Bei Kristallen,
z. B. dem Turmalin hängt auch bei senkrechter Inzidenz das Ab-
sorptionsvermögen vom Polarisationszustande des einfallenden
Lichtes ab. Wenn daher diese Eigenschaft der Turmalin auch
bei Glühhitze behält, so muß eine glühende Turmalinplatte par-
tiell polarisiertes Licht auch in der Richtung ihrer Normale
emittieren. Diese Folgerung hat Kirchhoff experimentell be-
stätigt. 0 In der Glühhitze ist allerdings beim Turmalin die Ab-
außen gelangen läßt, muß sich daher bei bestimmter Temperatur ein ganz
bestimmtes Strahlungsgleichgewicht herstellen, welches dasselbe ist, als ob die
Wände aus absolut schwarzen Körpern beständen. — Annähernd kann man
einen schwarzen Körper durch Überziehen mit Ruß, oder, da Ruß für Wärme-
strahlen durchlässig ist, besser mit Platinmoor herstellen, femer sind Pech
oder Obsidian in Wasserumgebung (nicht in Luft) nahezu schwarze Körper.
Nach der früher gegebenen Theorie der Reflexion des Lichtes muß ein idealer
schwarzer Körper denselben Brechungsindex wie seine Umgebung haben, damit
keine Reflexion eintritt. Femer muß er einen sehr kleinen Absorptionsindex
haben (weil sonst auch Lichtreflexion eintreten würde) und daher sehr große
Dicke, damit alles Licht in ihm absorbiert wird. Dies sind schwierig zu er-
füllende Bedingungen. Daher kann man bei weitem am besten durch einen
gleich temperierten Hohlkörper mit engem Loch eine ideale schwarze Fläche
annähemd darstellen.
1) Später hat A. Pflüger (Ann. d. Phys. 7, 8. 806, 1902) eine gute
quantitative Bestätigung des Kirchhoffschen Ghesetzes am Turmalin erhalten.
Digitized by
Google
488 Kapitel II.
hängigkeit der Absorption vom Polarisationszustande des Lichtes
wesentiich geringer, als bei Zimmertemperatur.
Eine wichtige Anwendung seines G^esetzes machte Kirchhoff
selbst zur Erklärung der ümkehrung der Spektrallinien und der
Fr aunho ferschen Linien im Sonnenspektrum. Wenn n&mlich
das von einem weißglühenden Körper (z.B. elektrischem Bogenlicht)
ausgehende Licht durch eine Natriumflamme von niedrigerer Tem-
peratur hindurchtritt, so zeigt das Spektrum eine dunkle 2>-Linie
auf hellerem Grunde. Denn Natriumdampf hat bei genügender Er-
hitzung nur eine starke Emission für die i>-Linie, folglich muß
er auch Licht von nur dieser Wellenlänge stark absorbieren. Die
Natriumflamme absorbiert daher das vom Bogenlicht ausgesandte
Licht der der D-Linie entsprechenden Wellenlänge, sie emittiert
allerdings auch die gleiche Wellenlänge, aber, falls die Natrium-
flamme kühler ist, als das Bogenlicht, in schwächerer Intensität,
als letzteres. Daher muß im Spektrum an der Stelle der D-Linie
die Intensität geringer sein, als an den Stellen anderer Wellen-
längen, welche die Natriumflamme ungeschwächt hindurch läßt.^)
Nach dieser Auffassung erklären sich die Fr aunho ferschen
Linien im Sonnenspektrum durch die Absorption des aus dem
heißen Sonnenkerne kommenden Lichtes durch kühlere Metall,
dämpfe und Gase an der Oberfläche der Sonna Indeß setzt diese
Anwendung des Kirchhoff sehen Gesetzes voraus, daß das Leuchten
der Gase und Dämpfe eine reine Temperaturstrahlung ist Das
scheint nun nach Versuchen von Pringsheim meist nicht der
Fall zu sein. Auf diesen Punkt soll im § 1 des Kapitels III
näher eingegangen werden.
6. Die AbhSngigkeit der Strahlungsintensität vom Bre-
chungsindex der Umgebung. Wir wollen uns zwei unendlich
große Platten PP' zweier schwarzer Körper parallel gegenüber
gestellt denken. Die äußeren Seiten von PP' seien durch spiegelnde
Belegungen SS> gegen Strahlung nach außen und von außen ge-
schützt. Bisher haben wir nun immer vorausgesetzt, daß der
Raum, in welchem die Strahlung stattfinden soll, absolut leer sei,
oder mit einem homogenen, vollkommen durchsichtigen Körper,
z. B. Luft, gefüllt sei. Wir wollen jetzt diese Voraussetzung
fallen lassen, und annehmen, daß P an den leeren Raum, dagegen
1) Weiteres zur Demonstration der Umkehr der Spektrallinien vgl. bei
Müller-Pouillet (Lummer), Optik 1897, 8. 333 u, ff.
Digitized by
Google
mmmfm;:mmwymm^/.
Anwendung des zweiten Haaptsatzes der Thennodynamik nsw. 4S9
P an einen vollkommen durchsichtigen Körper vom Brechungs-
index n für eine beliebige Wellenlänge X anstoße. 0 Die Begrenzung
dieses Mediums bilde die un-
endlich große Ebene E (vgl. P
Figur 109), welche den Plat-
ten PF' parallel anzunehmen p/
ist, damit P tiberall im Va- Fig. 109.
cuum liege.
Ein Flächenelement da von P strahlt nun innerhalb eines
ringförmigen Elementarkegels, dessen Erzeugende die Winkel q>
und q) + dg> mit der Normale auf äs bilden, nach S. 77 die
Energiemenge aus:
dL = 2xid8 sin <p cos (p dg> . (10)
Hierin bezeichnet i die Strahlungsintensität von P. Die emittierte
Energie dL wird zum Teil an der Ebene E reflektiert und auf P
dann wieder absorbiert, ihr Betrag sei
dLr = 2j€i ds sin q) cos ^ dq> ' Ttp , (1 1)
wobei r^ den Reflexionsfaktor an der Grenze E für den Einfalls-
winkel q) der Strahlen bezeichnet Der Eest der Energie dL — rfl/r
gelangt nach P' und wird dort absorbiert.
Analog ist die von einem Flächenelemente ds auf P' entsandte
Energie innerhalb eines ringförmigen Elementarkegels, dessen Er-
zeugende die Winkel x iiad x + ^X loit der Normale auf P' bilden:
dL' = 2jtt ds sin X^^ X^Xi
wobei % die Strahlungsintensität von F^ bedeutet. Durch Reflexion
an E gelangt nach P' zurück:
dLr = 2jti ds smx cosx dx ' ^x ,
die Energie
dL" = dL' — dLr = 2x% ds sinx cosx dx (1 — r^) (12)
gelangt nach P und wird dort absorbiert.
1) Damit P und P' beide ideal-schwarze Körper sind, dürfen sie in diesem
Falle nicht ans derselben Substanz bestehen, da ein schwarzer Körper den
Brechungsindex seiner Umgebung haben muß (vgl. oben S. 486, Anm. 3).
Digitized by
Google
490 Ei^itel U.
Die Konstanz der Temperatur von P verlangt:
fdL = fdLr + fdL'\
d. h. nach (10), (11) und (12), da die Strahlungsintensitäten t, t nach
S. 484 vom Winkel 9, bezw. x der Strahlung unabhängig sind:
(13) i I 8mg> cosq) dq> {1 — ^9) ==^ 1 sinx co^X ^X (1 ~ *>) •
Nun ist zu berücksichtigen, daß r^r = 1 ist für Winkel x, deren
sinx^ ^In ist, da dann Totalreflexion an der Ebene E eintritt
Das Integral auf der rechten Seite von (13) braucht daher nur von
X = 0 bis X == 7 erstreckt zu werden, wo sin x = ^jn ist; wir
wollen zunächst n für alle Wellenlängen als konstant annehmen.
Man kann daher in (13) 9 und x ^^^ ^^ zusammengehöriges Paar
eines Einfalls- und eines Brechungswinkels auffassen, die durch
das Brechungsgesetz:
(14) sin (p : sin X = ^
mit einander verbunden sind, und kann dann die Integration nach
9) von 9) = 0 bis 9) = ""l^ erstrecken. Aus (14) folgt nun
(15) sinx cosx c^X ^^ "1 ^^ (p cosg) d(p ,
ferner ist nach den früher auf S. 268 gegebenen Formeln (24) für
jegliche Polarisationsrichtung und daher auch für natürliches Licht
^9 = rx' Denn die reflektierte Amplitude beträgt nach jenen Formeln
(abgesehen vom Vorzeichen, auf das es hier nicht ankommt) stets
denselben Bruchteil der einfallenden Amplitude, wobei es gleich-
gültig ist, ob q> der Einfalls- und x der Brechungswinkel ist, oder
ob umgekehrt (p der Brechungs- und x der Einfallswinkel ist, d. h.
die Reflexionsfaktoren sind dieselben, falls das Licht von oben auf
die Ebene E unter dem Winkel q) einfällt, oder von unten unter
dem Winkel x, falls sinq) : sinx = n ist. Daher folgt aus (13) und
(15), falls man rx = r^ setzt:
> i' >
(16) i j sing) cosg> (1 — ffp)dip = -^ j sin q> cos 9) (1 — r^) d(p .
Digitized by
Google
Anwendung des zweiten Hanptoatzes der Thermodynamik usw. 491
Da nun das auf beiden Seiten auftretende Integral nicht Null ist,
so ergibt die Division mit demselben die Beziehung:
t:i=^n'^, (17)
d. h. die Strahlungsintensitäten zweier schwarzer Flächen
verhalten sich wie die Quadrate der Brechungsindizes der
sie umgebenden Medien.^
Dieser Satz bezieht sich zunächst nur auf die Gesamt-
strahlung, und der Brechungsindei n war für alle Wellenlängen
oder Schwingungsperioden T konstant gesetzt Der Satz (17)
gilt aber auch für die Teilstrahlungen einer bestimmten
Strahlungssorte der Periode T. Die Strahlungsintensität von
P für Strahlen, deren Periode zwischen T und T+ dT liegt, sei
bezeichnet durch it • dT. Analog sei die Strahlungsintensität von P'
für diese Strahlengattung: ir-dT. Dann ergibt die Formel (16):
2 dT [iT — -^) 1 sinq> cosg> {l — r^) dq> -= 0 . (18)
0
Die 2! ist über alle Perioden von T= 0 bis jr= oo zu erstrecken.
Man kann sich nun auch zwischen beide Körper P und P'
eine durchsichtige Lamelle eingeschaltet denken, welche vorzugs-
weise gewisse Wellenlängen X hindurch läßt, dagegen andere
reflektiert. Stets muß die Gleichung (18) bestehen, je nach der Dicke
und Natur der Lamelle ist aber r^ eine verschiedene Funktion
von T, Damit nun (18) bestehen kann für beliebig zu variirendes
ry, muß jedes einzelne Glied der H in (18) verschwinden, d. h. es
muß für jedes T die Beziehung bestehen^):
ifpiiji^sn^ , (19)
1) Auch dieser Satz rührt von Kirchoff her (vgl. Ostwalds Klassiker
Nr. 100, S. 33). Irrtümlicherweise wird der Satz oft Clan sius zugeschrieben,
der ihn aber erst einige Jahre nach der Publikation von Kirchhoff aus-
gesprochen hat. — Experimenteil ist dieser Satz annähernd bestätigt durch
Smolochowski de Smolan (Compt. Rend. 123, S. 230, 1896, Wied. Beibl. 20,
S. 974, 1896), welcher die Strahlung in Luft und in Schwefelkohlenstoff mit-
einander verglich.
2) Auch auf dem auf S. 483 eingeschlagenen Wege kann man das Gesetz
(17) erhalten, wenn man den Baum außerhalb der Hohlkugel mit einem an-
deren Medium erfüllt denkt, als den Baum innerhalb der Hohlkugel, nur ist
Digitized by
Google
492 Kapitel U.
Für einen nicht-schwarzen Körper muß nach dem Kirch-
hoffschen Gesetz (9') das Verhältnis der Strahlungsintensität
ü zum Absorptionsvermögen ai proportional zum Quadrat des Bre-
chungsindex n des umgebenden Mediums sein. Da man die Ver-
änderung von ai mit n an der Hand derßeflexionsformeln berechnen
kann, so ergibt sich daraus die Abhängigkeit des n von n. Jeden-
falls ist also bei nicht-schwarzenKörpern die Strahlungs-
intensität nicht streng proportional zu n\
7. Der Slnussatz bei der optischen Abbildung von Flächen-
elementen. Wenn ein Flächenelement ds durch ein symmetrisch
zu seiner Normale liegendes Strahlenbttndel vom Öffnungswinkel
u optisch abgebildet wird in ein Flächenelemant d$\ wobei der
Öffnungswinkel des Bildstrahlenbündels den Wert u besitze, so
muß die ganze von ds innerhalb des betrachteten Strahlenbündels
ausgestrahlte Energie dem Stück ds zugestrahlt werden und um-
gekehrt muß da auf ds strahlen, da die Lichtstrahlen die Wege
der Energieströmung bezeichnen. Denken wir uns daher ds und ds'
als schwarze Flächen gleicher Temperatur, welche auf ihren ab-
gewandten Seiten spiegelnd belegt sind, so muß, da sich keine
Temperaturdifferenz zwischen ds und ds' durch die Strahlung aus-
bilden darf, die von ds entsandte Energie dL gleich sein der von
ds' ihm zugesandten und in ds absorbierten Energie dL'. Wenn nun
ds in einem Medium vom Brechungsindex n liegt, ds' im Brechungs-
index n, und falls mit «o die Strahlungsintensität einer schwarzen
Fläche im Vacuum bezeichnet wird, so ist die Strahlungsintensität
von ds nach (17) i=n'^.io, diejenige von ds': t^=n^.io. Femer
ist nach (4) S. 472
dL = jc.ds,i, sinhi , dL' =^jt.ds',t, sin^ u .
Daher folgt aus dL = dL':
jtdsn^io sin ^u = jtds' n'^io sin^ u .
d. h.
(20) dsn^sin^u = ds' n'^sin^u .
Dies ist der oben auf S. 52, Formel (46) abgeleitete Sinus-
dle Rechnung etwas komplizierter. Da man bei jener Anordnung dann durch
Brechung oder Beugung die WeUen der verschiedenen Perioden T räumlich
voneinander trennen kann, so ergibt sich dann nach den Schlüssen der S. 483
aus (17) sofort das Gesetz (19).
Digitized by
Google
Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik usw. 493
satz. Die dortige Ableitung, welche rein geometrisch verfährt, ist
komplizierter als die hier gegebene, welche auf energetischer
Grundlage basiert.
8. Die absolute Temperatur« Wie wir oben S. 479 an der
Dampfmaschine erläuterten, kann mit Hülfe einer geeigneten Vor-
richtung (Maschine) dadurch Arbeit erzeugt werden, daß eine
gewisse Wärmemenge ir, einem Eeseryoir 1 entnommen wird,
und eine andere (kleinere) Wärmemenge IF2 an ein Eeservoir 2,
welches kälter als das Reservoir 1 ist, abgegeben wird. Die Maschine
kann dabei in ihren Anfangszustand vollkommen zurückkehren, sie
kann einen sogenannten Kreisprozeß durchmachen. Das Prinzip
der Erhaltung der Energie erfordert dann, daß die erzeugte Ar-
beit Ä gleich der Differenz der (mechanisch gemessenen) Wärme-
mengen TFj und TT2 ist:
^ = Wj-Tr2. (21)
Nun denke man sich zwei Maschinen M und M' mit einander
verglichen, welche beide bei einem einmaligen Kreisprozeß die
gleiche Wärmemenge TFj dem Eeservoir 1 entziehen. Sie können
aber eventuell verschiedene Wärmemengen W2 und W^ an das
Reservoir 2 abliefern. Dann sind auch die von ihnen geleisteten
Arbeiten Ä und ä' verschieden, es ist nach (21):
Die Maschine M soll nun so konstruiert sein, daß man sie auch
in umgekehrter Richtung laufen lassen kann, (sie soll einen um-
kehrbaren Kreisprozeß beschreiben), wobei sie die Wärmemenge
W2 aufnimmt vom Reservoir 2, die Menge TF, abgibt an Reser-
voir 1, und dementsprechend die Arbeit — Ä leistet. Wenn wir nun
einen Kreisprozeß der Maschine M' kombinieren mit einem solchen
umgekehrten Kreisprozeß der Maschine if, so wird im ganzen
die Arbeit geleistet:
ä' — A=W2— W2 . (22)
Diesen Vorgang können wir uns beliebig oft wiederholt denken.
Je nach dem Vorzeichen von W^ — W^ wird dann dem Reservoir 2
dauernd Wärme entzogen oder zugeführt, während dem Reservoir 1 in
Summa weder Wärme zugeführt, noch entzogen wird. Wir können
daher in diesem Falle das Reservoir 1 als endlich voraussetzen
Digitized by
Google
494 Kapitel II.
und mit als einen Teil der Maschine betrachten, welche Kreis-
prozesse beschreibt, und können das Reservoir 2 als die Umgebung
der Maschine, z. B. als das Meerwasser, dessen Wärme-Inhalt
praktisch als unendlich groß zu betrachten ist, ansehen. Wenn
nun Ä — ^>0 wäre, so würde daher eine Vorrichtung konstruiert
sein, welche durch Benutzung nur eines unendlich großen Wärme-
reservoirs beliebig viel Arbeit schafft. Dies ist nach dem zweiten
Hauptsatz der Thermodynamik (vgl S. 479) unmöglich. Es kann
daher nur sein^:
(23) ^' — ^<0, d.h. A>Ä,
in Worten: von allen Maschinen, welche eine bestimmte Wärme-
menge TFi bei einer bestimmten Temperatur aufnehmen und Wärme
an ein kälteres Reservoir abliefern, und welche femer in einem
Kreisprozeß arbeiten, leistet diejenige Maschine die größte
Arbeit, welche einen umkehrbaren Kreisprozeß beschreibt.
Für eine solche Maschine ist die Arbeit J, welche aus einer be-
stimmten aufgenommenen Wärmemenge W^ gewonnen wird, daher
eine ganz bestimmte, da es ein endliches Maximum ist, d. h. diese
Arbeit A bestimmt sich nur aus der aufgenommenen Wärme W^ und
den Temperaturen der beiden Reservoire, ist dagegen von den be-
sonderen Einrichtungen der Maschine unabhängig. Offenbar muß
A proportional sein zu PTi, so daß die Beziehung besteht:
(24) A=^W,f{:c,, T2),
wobei f eine universelle Funktion der nach irgend einer Skala,
z. B. nach Celsius, gemessenen Temperaturen tj, x<i der beiden Reser-
voire bezeichnet. Die Kombination von (21) und (24) liefert nun
W^=^W^(S—f{x^,x^, oder
(25) W^'.W^=(p {t^,t^,
worin g? wiederum eine universelle, d. h. von Spezial-Einrichtungen
der Maschine unabhängige Funktion bedeutet.
Nun läßt sich leicht zeigen, daß diese Funktion 9 das Produkt
zweier Funktionen sein muß, von denen die eine nur von r^, die
andere nur von tj abhängt. Betrachten wir nämlich noch eine
1) Daß im allgemeinen das Gleichheitszeichen (J. = Jl) nicht bestehen
kann, sieht man aus Betrachtung vieler nicht umkehrbarer Vorgange, z. B. der
Reibung. Sobald nutzlos Wärme erzeugt wird, muß J.' < J. sein.
Digitized by
Google
Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik usw. 495
andere Maschine, welche umkehrbar zwischen den Temperaturen
Tj und Tj arbeitet, und die Wärme TTj aufnimmt, W^ abliefert, so
ist nach (25):
(26) TF2:^3=<p(r2,T3).
Kombinieren wir jetzt einen Kreisprozeß der ersten Maschine,
die zwischen t^ und tj arbeitet, mit einem Kreisprozeß der letzten
Maschine, so wird die Wärmemenge W^ bei der Temperatur r^ auf-
genommen, PF3 bei der Temperatur tj abgeliefert, dagegen das
Reservoir der Temperatur tj kann außer Betracht bleiben, da ihm
ebensoviel Wärme W2 von der ersteren Maschine zugeführt wird,
wie ihm von der letzteren Maschine entnommen wird. Daher ist
TFi:Tr3=9)(Ti,T3). (27)
Die Multiplikation der beiden Gleichungen (25) und (26) mit-
einander liefert aber
W^: W^=(p (ri, T2) • 9 (r2, Tg). (28)
Die Vergleichung beider Formeln (27) und (28) ergibt daher
9 (^1, T3) = 9? (rj, T2) • q) (r2, x^. (29)
Man kann in dieser Gleichung x^ als irgend einen Parameter
ansehen, auf dessen Wert es gar nicht ankommt Dann stellt die
rechte Seite von (29) das Produkt zweier Faktoren dar, von denen
der eine nur von tj, der andere nur von x^ abhängt. Wir wollen
diese Faktoren schreiben als *i und ^/^,^) so daß nach (29) ist:
9> (^1,^3) = ^1:^3. (30)
Es ist daher auch in (25) 9? (r^, r2) = ^1 : ^2 zu setzen, und
man erhält:
W2 — W2 ^^^^
d-i und ^2 siiid Funktionen der nach irgend einer Skala ge-
messenen Temperaturen Tj, T2 der beiden Reservoire. Man nennt
1) Daß man als zweiten Faktor ij^z ^md nicht ^ schreibt, ist deshalb
geboten, weil dadurch der Wert des Parameters T2 aus der Gleichung (29)
herausfallt, wie man sich sofort überzeugt, wenn man g> (ti, T2) ■= ^1 : ^ und
g> (t2, T3) =« ^ : ^ schreibt.
Digitized by
Google
496 Kapitel IL
^1 und ^2 die absoluten Temperaturen der KeserToire.
Dag VerMltniB der absoluten Temperaturen irgend zweier Eöiper
bezeichnet also das Verhältnis der Wärmemengen, welche eine in
einem umkehrbaren Kreisprozeß arbeitende Maschine diesen Körpern
entziehen^ bzw. zuf&hren würde, fcJls dabei diese Körper als sehr
groS betrachtet werden können (so daS sich ihre Temperatur durch
die entzogene, bzw. zugef&hrte Wärme nur unmerklich änderte
Da hiemach nur das Verhältnis der absoluten Temperaturen
zweier Körper definiert ist, so bedarf es noch zur Festlegung der
Skala einer zweiten Relation. Diese liegt in folgendem Satze: Die
Differenz der absoluten Temperaturen schmelzenden Eises und (unter
Atmosphärendruck) siedenden Wassers soll 100 betragen. Es wird
in der Wärmelehre gezeigt, daß sehr annähernd die absolute Tem-
peratur erhalten wird, wenn man die Zahl 273 zu der mit einem
Luftthermometer gemessenen Temperatur nach Celsius - Graden
addiert.
9. Die Entropie. Wir betrachten wieder eine Maschine M^
welche einen umkehrbaren Ejreisprozeß durchmacht und dabei
Wärme W^ von der absoluten Temperatur ^^ aufnimmt, Wärme TT,
von der Temperatur #2 abgibt Eechnet man konsequent eine
Wärmemenge positiv, wenn sie von der Maschine abgegeben wird,
so folgt aus (31):
(32) :^ + ^=o.
Wenn nun hiermit eine ähnliche Maschine kombiniert wird,
welche bei den Temperaturen ^3 und ^4 die Wärmemengen TF3, W^
abgibt, so müßte auch nach (32) sein:
(33) ^s + ^ + ^ + ^s^,.
ir\ #2 trs tr4
Wir können allgemein sagen: Wird irgend ein umkehrbarer
Kreisprozeß beschrieben, bei dem bei einer beliebigen absoluten
Temperatur d- die Wärmemenge cfTF an die Umgebung abgeliefert
wird, so muß sein
(34, 2t^=/-?-».
wobei die Summe oder das Integral über alle gegebenen Wärme-
Digitized by
Google
AnwenduDg des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik usw. 497
mengen zu erstrecken ist, und d- immer die zugehörigen absoluten
Temperaturen der Maschine (oder der Umgebung) 0 bezeichnen.
Wenn wir daher einen umkehrbaren Prozeß zwischen zwei
verschiedenen Zuständen 1 und 2 eines Körpers betrachten, so
können wir nach (34) setzen:
?=-^5, (35)
/
-T=Si-S,, (35')
worin S eine eindeutige Funktion des Zustandes des Körpers be-
deutet, und dS das Differential dieser Funktion. Denn dann er-
halten wir, wie es nach (34) sein muß, auf der rechten Seite von
(35') allemal den Wert Null, sobald ein Kreisprozeß beschrieben
wird, bei welchem der Anfangszustand 1 des Körpers gleich seinem
Endzustande 2 ist. Diese Zustandsfunktion S wird die Entropie
des Körpers oder Körpersystems genannt
Auch die Energie E ist eine Zustandsfunktion des Körpers.
Sie ist dadurch definiert (nach dem ersten Hauptsatz der Thermo-
dynamik), daß die bei irgend einer Veränderung des Körpers nach
außen abgegebene Arbeit ÖÄ vermehrt um die nach außen ab-
gegebene Wärmemenge öW (nach mechanischem Maß) gleich der
Abnahme — dE der Energie des Körpers ist:
6Ä + 6W= — dE. (36)
10. Allgemeine Formeln der Thermodynamik. Als unab-
hängige Variabele, welche den Zustand eines Körpers oder Systems
bestimmen, wollen wir benutzen seine absolute Temperatur ^, so-
wie eine (oder mehrere) Variabele x, deren Bedeutung zunächst
unbestimmt gelassen werden kann. Die x sollen so gewählt sein,
daß bei einer Temperaturänderung des Körpers, bei welcher die
X konstant bleiben, keine Arbeit vom Körper geleistet wird. Dann
ist, wenn wir die Formeln nur für den Fall einer einzigen Va-
riabein X hinschreiben, zu setzen:
ÖA = Möx , 6W = Xöx + Yöd^. (37)
1) Die Temperatur der Maschine muß bei einem umkehrbaren Prozeß
immer gleich der Temperatur der Umgebung sein, sowie ein Wärmeaustausch
zwischen Maschine und Umgebung stattfindet.
Drade, Lehrbach d. Optik. 2. Aafl. 32
Digitized by
Google
498 Kapitel H.
6x, 6& bezeichnen irgend welche Veränderungen der Größen x
und d-, 6A und 6W die dabei vom Körper geleistete Arbeit und
abgegebene Wärme. Der Vorgang soll umkehrbar sein, d. h. die
Gleichungen (37) sollen für jedes Vorzeichen von 6x und d%^ gelten.
Nach (35), (36) und (37) wird nun:
(38)
— <iS = §<Ja;+^<J*, -rfE = (lf+Z)<Ja;+rd*.
Hieraus folgt, da allgemein
ist
dS=
^'i^ + u'^^--
(39)
X
(40)
M + X =
JE „
A.U8 diesen Gleichungei
i ergibt sich durch Differentiation
(41)
b{Xi») ji(i'/#) b[M+X)
oder, wie man nach einiger Umformung erhält:
.,^. X_ hM hY_ h^M
11. BieAbhftnglgkeit der Oesamtstrahlnng eines scbwarzen
Korpers von seiner absoluten Temperatur. Wir denken uns
einen Zylinder vom Querschnitt 1 und der Länge x, dessen Wände
aus irgend welchen Körpern gebildet sind, die nur nicht sämtlich
ideale Spiegel sind, damit wenigstens eine Fläche mit einem von
Null verschiedenen Emissionsvermögen vorhanden ist. Der Hohl-
raum soll nach außen nicht strahlen, d h. durch vollkommene
Spiegel abgeschlossen sein. Im Innern des Zylinders stellt sich
bei einer bestimmten Temperatur ^ der Zylinderwände ein Strah-
lungsgleichgewicht her, demzufolge die Volumeneinheit die Energie
tp (ß) besitzen möge. Dieses Strahlungsgleichgewicht ist unab-
hängig von der Natur der Wäude des Hohlraumes, d h. auch
dasselbe, als ob die Wände aus vollkommen schwarzen Körpern
bestünden (vgl. oben S. 487 Anm. 2). Diese strahlende Energie
übt einen bestimmten Druck auf die Zylinderwände aus. Der
Druck muß nun offenbar an jeder Stelle der Wand der gleiche
sein, weil sonst der Hohlraum unter Wirkung seiner inneren
Digitized by
Google
Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik usw 499
Kräfte in fortdauernde Translation oder Botation kommen würde. 0
Eine Stelle der Wand möge aus einem vollkommenen Spiegel be-
stehen. Wir sahen oben S. 476, daß ebene normaleinfallende
Wellen einen Drucke? auf eine vollkommen spiegelnde Fläche aus-
üben, der gleich der in der Volumeinheit enthaltenen Energie ist.
Wenn eine unregelmäßige Strahlung nach allen Richtungen vor-
handen ist, so kann man sich die Strahlenrichtungen der einzelnen
Wellenzüge nach drei zu einander senkrechten Komponenten
zerlegt denken, von denen die eine senkrecht auf einer Fläche s
der Zylinderwand stehen möge. Nur diese Strahlenkomponente
drückt auf s, die beiden anderen Komponenten aber nicht In-
folgedessen wird der ganze, auf s ausgeübte Druck, nicht tp (^),
sondern nur V3 V W sein. 2)
Wenn sich daher der Querschnitt 1 des Zylinders um 6z nach
außen verschiebt, so wird die Arbeit geleistet
6Ä = ^y){ff)6x. (43)
Wenn femer die Temperatur des ganzen Zylinders um 6& ge-
steigert wird, während x konstant bleibt, so wächst dadurch die
Energie um
dE = ^^6^'X, (44)
da das Volumen des Zylinders x ist Arbeit wird nicht geleistet,
falls x konstant bleibt
Ein Vergleich der Formeln (43) und (37), sowie (44) mit (38)
lehrt, da nach (38) für rfa; = 0 wird
daß hier zu setzen ist:
M=^itp, r=-^a:g. (45)
1) Daher gilt der oben S. 447, Anm. 2, behauptete Satz, daß beim
StrahluDgsgleichgewicht der Druck unabhängig yon der Natur der strahlenden
bezw. bestrahlten Fläche ist.
2) Über präzisere Herleitung dieses Faktors Vs vgl- Boltzmann, Wied.
Ann. 22, S. 291, 1884, oder Galitzine, Wied. Ann. 47, S. 488, 1892. —
M. Planck, Vorles. über Theor. d. Wännestr. Leipz. 1906, S. 56.
32*
Digitized by
Google
500 Kapitel n.
Nach (42) ergibt sich daher, da y> nur von & und nicht von
X abhängt:
Diese Gleichung kann man sofort nach & integrieren und erhält:
(46) 5tp = ^^-tp.
Eine Integrationskonstante ist nicht hinzuzufügen, weil für ^ = 0
der Körper keinen Wärmeinhalt besitzt und daher auch keine
Strahlung entsenden kann. Aus (46) folgt
.V, = *||,d.h..f = ^,
folglich
4lgd- = lg^ + ConsL,
oder
(47)
y,(ß.)=C-»*.
Wenn nun in die Wand des Zylinders ein enges Loch gemacht
wird, so strahlt dieses wie eine ideale schwarze Fläche nach
außen (vgL oben S. 487). Die Strahlungsintensität i muß offenbar
proportional zur Energiedichte tp (ß-) im Innern des Zylinders
sein^. Es folgt also auch für die Strahlungsintensität t einer
schwarzen Fläche das Gesetz
(48) , ^=a.^^
d. h. die Gesamtstrahlungsintensität eines schwarzen
Körpers ist proportional zur vierten Potenz seiner abso-
luten Temperatur.
Dieses Gesetz, welches Stefan 2) empirisch aus Beobachtungen
zuerst erschlossen hatte und Boltzmann (1. c.) theoretisch (auf
ähnlichem Wege wie hier) abgeleitet hatte, ist mehrfach experi-
mentell bestätigt worden, am genauesten durch Lummer und
1) Es ergibt sich, daß r;; = — * ist, vgl. M. Planck, Vorles. über Theor.
d. Wännestr. Leipz. 1906, S. 23.
2) Wien. Ber. 79 (2), S. 391, 1879. Stefan glaubte, daß dies Strahlungs-
gesetz für beliebige Körper Geltung hätte. Es gilt aber streng nur für voU-
kommen schwarze Korper.
Digitized by
Google
Ad Wendung des zweiten HauptBatses der Thermodynamik nsw. 50 1
Pringsheim^), welche durch bolometrische Messung fanden, daß
innerhalb des Temperaturintervalls von 100^ Geis, bis 1300^ Gels,
das Loch eines Hohlraums (ideale schwarze Fläche) das Stefan-
Boltzmannsche Strahlungsgesetz befolgte. Es ist bei den Ver-
suchen natürlich auch auf die Temperatur des Bolometers Rücksicht
zu nehmen (vgl. oben S. 478). Die Zustrahlung der kleinen Fläche ds
gegen die Fläche ds in der gegenseitigen Entfernung r beträgt,
falls ds und ds' senkrecht gegen r stehen, nach der Definition der
Strahlungsintensität [oben S. 470 Formel (3)]:
dL = t--p^'
Die Zustrahlung der Fläche ds gegen ds beträgt, falls t die
Strahlungsintensität von ds bezeichnet:
,yf j dsdd
dh =t-jr"
Falls daher * und % das Gesetz (48) befolgen (d. h. falls ds und ds'
vollkommen schwarze Flächen sind), so ist die im ganzen in der
Zeiteinheit dem Element ds zugeführte Wärmemenge
dW= dL — dL' = a ^ {»^ — *'4), (49)
falls d-' die absolute Temperatur von ds' bezeicjinet.
Die Konstante a ist neuerdings von F. Kurlbaum^) in abso-
lutem Maße durch bolometrische Messung bestimmt worden; das
Prinzip der Messung war dabei, daß das Bolometer durch einen
elektrischen Strom gemessener Stärke bei verhinderter Zustrahlung
auf die gleiche Temperaturerhöhung gebracht wurde, wie durch
die Zustrahlung allein ohne Strom. Die Zustrahlung wird daher
durch die Joulesche Stromwärme in absolutem Maße bestimmt
Es ergibt sich, daß, wenn man mit et das Emissionsvermögen der
Flächeneinheit eines schwarzen Körpers bei t^ Gels, bezeichnet,
d. h. die nach allen Richtungen ausgestrahlte Energie in 1 sec, die
Differenz der Emissionsvermögen zweier auf 100 ^ Gels, und 0 ^ Gels,
temperierter schwarzer Einheitsflächen beträgt:
ei oo-eo = 0,0731 Watt = 7,31 . 10« ^^ - (50)
1) Wied. Ann. 68, 8. 395, 1897. — Ann. d. Phy». 3, 8. 159, 1900.
2) Wied. Ann. 65, 8. 746, 1898.
Digitized by
Google
502 Kapitel IL
Nun ist [vgl oben S.471 Formel (5)] e=xi, falls i die Strahlungs-
intensität ist Daher folgt
*ioo — ^ = a (373^ — 273^) = 2,33 . 10*,
cL 1l es ergibt sich die Eonstante a für die Strahlungs-
intensität einer schwarzen Fläche in absolutem cgs-
Maß zu
(51) a = 1,69 • 10""* • «>«/s6c cm«
oder ausgedrBckt in gr. cal:
(51') a = 0,403 • 10""" f^' <^/.6c cm«
12. Die Sonnentempentiir, ersehlossen ans ihrer Gesmmt-
strahlmig. Wenn die Sonne ein vollständig absorbierender (d. h.
schwarzer) Körper wäre, welcher eine reine Temperaturstrahlung
besäße, so könnten wir ihre Temperatur ^) aus der Solarkonstante
(S. 472) und dem absoluten Werte der Eonstante a im Strahlungs-
gesetz berechnen. Nennt man & die absolute Sonnentemperatur,
^' die Temperatur auf der Erde, so wäre nach (49) und (51') die
Solarkonstante, d. L die pro Minute der Flächeneinheit der Erde
zugestrahlte Energie:
(52) dW= 0,403 . 10~" . 60 ^ (^^ — d-'^).
Nun ist aber
^:r2 = ^.(i/2 9))2,
wobei q> die scheinbare Größe des Sonnendurchmessers = 32' be-
zeichnet.
Setzt man daher die Solarkonstante (mit Langley) dW =
3 gr. cal/Minute, SO wird 2) die effektive Sonnentemperatur *=6500^
d. h. etwa 6200^ Geis. Nimmt man die Sonnenkonstante (mit
Angström) zu 4 gr. cal/Minute an, so würde die effektive Sonnen-
temperatur etwa 6700** Gels« betragen.
1) Dieselbe wird als die effektive SonneDtemperatnr bezeichnet. Ihre
wirkliche Temperatur könnte höher sein, falls ihr Absorptionsvermögen kleiner
als 1 ist, dagegen tiefer, falls auch Luminiszenz, z. B. Ghemi-Luminiszenz, bei
der Sonnenstrahlung wirkt
2) Auf den Wert von d-' kommt es nicht an, da in (52) &'^ zu vernach-
lässigen ist neben d"*.
Digitized by
Google
Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik usw. 503
13. Die yer&ndenmg des Spektrums eines schwarzen
Körpers mit der Temperatur (Wiensclies Yerschiebungsgesetz).
Unter dem Spektrum eines schwarzen Körpers verstehen wir die
Verteilung der von ihm ausgesandten strahlenden Energie auf die
verschiedenen Wellenlängen. Wir knüpfen die Untersuchung an
an das Strahlungsgleichgewicht innerhalb eines geschlossenen
Hohlkörpers. Die Strahlungsintensität einer schwarzen Fläche
ergibt sich dann, falls man sich ein kleines Loch in der Wand
des Hohlkörpers denkt, als proportional zu der im Hohlkörper
stattfindenden Energiedichte. Nach diesem schon in § 11 benutzten
Verfahren ergibt sich auch, daß für das Strahlungsgleichgewicht
die Natur der Wände des Hohlkörpers gleichgültig ist, wofern sie
nur nicht ganz aus vollkommenen Spiegeln bestehen.
Die Veränderung des Spektrums eines schwarzen Körpers
mit seiner Temperatur kann man nun nach einem von W. Wien^
erdachten Verfahren in folgender Weise bestimmen.
Wir denken uns einen Zylinder vom Querschnitt 1, in welchem
zwei Stempel S und S^ ver-
schiebbar sind, welche mit üt^"
lichtdichten Klappen ver- ^
sehen sein sollen. K und
K' seien zwei schwarze
Körper der absoluten Tem-
peraturen d- und d- + öO-.
Die Seitenwände des Zylin-
ders, sowie die Stempel S, 5' sollen vollkommen spiegeln. Eben-
falls seien die Außenseiten von JTund K' mit vollkommenen Spiegeln
belegt. Der Innenraum des Zylinders sei frei von Materie.
Es sei nun zunächst S' geschlossen, S offen. Es strahlt dann
K in die Räume 1 und 2, K' in den Raum 3. Die Dichtigkeit der
Energie in 3 ist größer als in 2, weil die Temperatur von K'
um öd- höher ist, als von K Es werde jetzt S geschlossen und
gegen S' hin um 6x vorgeschoben, bis die Energiedichte in 2 gleich
der Energiedichte in 3 ist. Wir wollen zunächst berechnen, wie
groß wir 6x wählen müssen. Wenn man die ursprünglich im
1) W. Wien, Berl. Ber. 1893, Sitzung vom 9. Febr. — Wied. Ann. 52,
S. 132, 1894. Vgl. femer M. Th lesen, Verhandl. d. Deutsch, phys. Ges. 2,
8. 65, 1900. — H. A. Lorentz, Akad. d. Wiss. Amsterdam 1901, 8. 607. —
M. Abraham, Ann. d. Phys. 14, 8. 236, 1904. — M. Planck, Vorles. über
d. Theor. d. Wärmestrahlung. Leipz. 1906. 8. 68 u. ff.
Fig. 110.
Digitized by
Google
504 Kapitel IX.
Räume 2 voriiandene strahlende Energie mit @ bezeichnet, so ist
die ursprüngliche Energiedichte dort
Daher ist die Veränderung der Energiedichte bei Änderung von x\
<^'p=-^+®,'^
a — 03 "^ (a — a;)2
Nun ist äS^ gleich der Arbeit, welche beim Vorschieben des
Stempels S zu leisten ist. Nach S. 499 ist daher ^® = % tp 6x.
Daher wird drf\
(53) #=^.(V3^+ „-4^) = ,-^.-/3 V'.
Andererseits ist nach (47) ^ proportional zur vierten Potenz von ^,
d. h. man erhält
(54) dtp = 4ip^'
Wenn daher die Energiedichte im Räume 2 durch Verschieben des
Stempels Aumöx gleich werden soll der Energiedichte in 3, so er-
gibt die Vergleichung von (53) und (54):
(55) , V3^ = f-
Man kann nun aus dem zweiten Hauptsatze der Thermodynamik
schließen, daß, wenn die Dichte der gesamten strahlenden Energie
in den Räumen 2 und 3 dieselbe ist, dann auch die Energiever-
teilung im Spektrum in beiden Räumen dieselbe sein muß.
Denn wenn dies nicht der Fall wäre, so mußte es Strahlen einer
bestimmten Wellenlänge geben, welche in 3 eine größere Energie-
dichte besitzen, als in 2. Wir können dann vor die Klappe von S'
eine dünne durchsichtige Lamelle legen, welche die Strahlen der
betrachteten Wellenlänge vorzugsweise hindurchläßt, die anderen
vorzugsweise reflektiert, und dann die Klappe öffnen. Es muß dann
mehr Energie von 3 nach 2 gehen, als umgekehrt, und die Dichtig-
keit der Energie wird in 2 größer werden, als in 3. Jetzt schließen
wir S', entfernen die Lamelle und lassen den Stempel jS' von dem
in 2 herrschenden Überdrucke bewegt werden und Arbeit leisten,
bis die Dichtigkeit der Energie in beiden Räumen wieder die
Digitized by
Google
Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik usw. 505
gleiche ist. Die hierbei gewonnene Arbeit sei A, Dann wird S'
wieder geöffnet und in seine Anfangslage zurückgeführt, was keine
Arbeit erfordert Dann gehen wir bei geschlossenem ä mit S auf
seine Anfangslage zurück^ wobei wir die Arbeit wieder gewinnen,
welche bei dem Verschieben von Ä um da: aufgewendet wurde.
Wird schließlich die Klappe von S wieder geöffnet, so ist der
Anfangszustand völlig erreicht, dem Körper K ist in Summa keine
Wärme entzogen oder zugeführt, dagegen dem Körper K' eine ge-
wisse Wärme entzogen (bei der Strahlung durch die Lamelle,
welche auf die Klappe von S gesetzt wurde). Außerdem ist eine
gewisse Arbeit A gewonnen.
Nach dem zweiten Hauptsatze kann man aber nie Arbeit A
durch einen Kreisprozeß gewinnen, falls dabei nur einem Wärme-
reservoir e! Wärme entzogen wird, so daß diese Wärme vollständig
in Arbeit verwandelt wäre. — Wir schließen daher, daß bei
gleicher Gesamtdichte der Energie in den Bäumen 2
und 3 auch die Energieverteilung im Spektrum die
gleiche ist.
Nun wird aber durch die Bewegung des Stempels Sdie Energie-
verteilung im Spektrum nach dem Dopplerschen Prinzip ge-
ändert Sei ursprünglich im Räume 2 die gesamte Energiedichte
gegeben durch
=/.
yp (ß) =J <p {X, ff) dX , (56)
O
80 gibt die Größe q> {X, &) • dX die zwischen den Wellenlängen X
und X + dX enthaltene Energiedichte an.
Wenn wir nun ebene Wellen betrachten, welche im Räume 2
senkrecht gegen die Stempel 8, S" hin und her reflektiert werden,
so wird ihre Wellenlänge durch die Bewegung von S geändert.
Betrachten wir zunächst einen Strahl, welcher von einem Punkte P
ausgehend nur einmal an S reflektiert wird. Wenn im Punkte P
der einfallende Strahl eine Zustandsänderung von der Periode T
hervorruft, so ruft der an S reflektierte Strahl eine Zustandsänderung
von anderer Periode T' hervor. Wenn nämlich von P eine Er-
schütterung zur Zeit t = 0 ausgeht, so gelangt sie durch Reflexion
an S nach P zurück zu einer Zeit { = 2h^: c, wobei c die Licht-
geschwindigkeit im Räume 2 (im Vacuum) ist und h^ den Abstand
bezeichnet, den P vom Spiegel gerade zu der Zeit t^ besaß, als
die von P ausgehende Erschütterung auf S anlangte.
Digitized by
Google
506 Kapitel H.
Wenn zur Zeit t=0 der Abstand zwischen P und S den
Wert b hat, so muß offenbar 6 = fti + «i sein, wobei «i den vom
Spiegel S in der Zeit ^ zurückgelegten Weg bezeichnet Bewegt
sich 8 mit der Geschwindigkeit v gegen P hin, so ist «i = t? • ^
und Ji = 0 . ^, daher folgt aus ^ = (c + v) /j, daß ti = b:c + v.
d. h. es folgt:
Nach der Zeit T hat sich der Abstand zwischen P und S verringert,
auf b'=b — vT. Daher gelangt eine von P zur Zeit t = T aus-
gehende Erschütterung nach P durch Keflexion zurück zu der
Zeit T + r, wobei ist:
/' = ^^' ^ 2(6 — t^r)
Der reflektierte Strahl ruft daher in P eine Erschütterung der
Periode T^ hervor, wobei ist:
e + v ö + 1>
Ein zweimal an S reflektierter Strahl ruft die Periode T" hervor,
wobei ist:
^ c-i-v ^ \c-\-v)
>
ein n-mal reflektierter Strahl ruft die Periode hervor
(57) T('.)=7'(l^:)".
Wir haben nun n aufzufassen als die Zahl, welche angibt,
wie oft die im Eaume 2 normal zu S, S' verlaufenden Strahlen
bei ihrem Hin- und Hergehen an S reflektiert werden, während S
eine bestimmte Wegstrecke öx durchläuft Wenn der Abstand
zwischen S und S' konstant den Wert a — x besäße, so würde
zu einer n-maligen Reflexion an S die Zeit 6t erforderlich sein,
wobei ist:
(58) rf^ = n?i^>.
Wir wollen voraussetzen, daß die Bewegung 6z so klein gegen
a — X ist, daß wir wirklich a — x als konstant annehmen können.
Digitized by
Google
Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik usw. 507
In dieser Zeit dt macht nun S den Weg cte = v • 6i\ daher folgt
aus (58):
ox = vn —^ >
c
d. h.
- = w^y-.- (59)
Wir wollen nun annehmen, daß v sehr klein gegen c ist. Dann
liefert (57), wenn man sich auf die niedrigsten Potenzen in t; : c
beschränkt:
d. h. mit Rücksicht auf (59):
Die Änderung der Periode durch die Bewegung des Stempels S
beträgt also:
dT= T(**) — jr= — T- ^
a — a;
und ebenso ist die Änderung d| X der Wellenlänge X, welche durch
die Bewegung von S entsteht:
*^i^ = -'iÄ- (60)
Bei positivem dx ist also 6^ X negativ, d. h. die Wellenlängen werden
verkürzt
Es ist nun weiter zu berücksichtigen, daß nur Vs des der
Wellenlänge X zugehörigen Energieanteils in (56) aufgefaßt werden
kann als von Strahlen herrührend, welche senkrecht gegen S ge-
richtet sind (vgl oben S. 499). Die Strahlen, welche parallel mit S
verlaufen, erfahren durch die Bewegung von./S keine Änderung
ihrer Wellenlänge. Wenn daher im Räume 2 zwischen den Wellen-
längen X und X + dX ursprünglich die Energie vorhanden ist:
dL = g){X,&)dX, (61)
so würde nach der Bewegung des Stempels, falls man zunächst
von der dadurch gleichzeitig bewirkten Energieverdichtung (oben
S. 504) absieht, die zwischen den Wellenlängen X und X + dX
Digitized by
Google
5^1% K^hel IL
liegende Energie dÜ ans zwei Drittel Ton dL besteben mid «as
einem Drittel des Anteiles ^ (2 — dji ^) rfi, der nrsprtnglich z«
der Wellenlänge l—d^X gehörte, falls dj 2 die in >0 berechnete, dsrcfa
die Bewegung des Stempels bewirkte WellenlingenTergrößenmg
bedeutet Daher ist
dü = 7, q> (2, d) + >', 9> K^ - rfi^, ^:: ^^'
Nun kann man nach dem Taylorschen Lehrsätze schreiben:
9)(2-d,2,/^) = 9)(2,^)-di2g.
Daher wird
^r'_^ n A^
3 ÖX
^' = 9U,^)-¥-^SI,
oder (wiederum nach dem Taylorschen Satze) falls man ^5 6x1
= d2 setzt:
(62) i^r = ^(2 — d2,i^)i2.
Die bei der Wellenlänge 2 nach Einschieben des Stempels,
d. L von der höheren Temperatur /^ + dfr, liegende Energie ist
also dieselbe, wie die bei der Wellenlänge 2 — d2 liegende Enei^e
bei der Temperatur d^. Nun ist aber nach (60) und (55):
d. h. es gilt die Beziehung:
(«3) ? + T = ^'
welche wir schreiben können als d (*2) = 0, d. h.
(64) *;i = const.
Wenn man dalier zunächst absieht von der beim Einschieben
des Stempels bewirkten Energieverdichtung, d. h. wenn man absieht
von der mit Steigerung der Temperatur bewirkten Energieverdich-
tung, so besteht für höhere Temperatur * bei der Wellen-
länge 2 dieselbe Energiedichte, als für die tiefere Tem-
peratur *' bei der Wellenlänge 2', falls 2* = 2'^' ist
Berücksichtigt man nun aber auch die Steigerung der ganzen
Energiedichte, welche mit ** proportional ist, so können wir den
Digitized by
Google
AnwendoDg des zweiten Hauptsatzes der Thennodynamik usw. 509
soeben ausgesprochenen Satz aufrecht erhalten, wenn wir die
Energieyerteilung anstatt von tp in dem Ausdruck tp : *4 unter-
suchen.
Unser Satz besagt dann, daß für einen schwarzen Körper
bei einer beliebigen Temperatur * der Verlauf von %p:»^
ein und dieselbe Funktion des Argumentes Xd^ sein muß.
Nach (56) ist nun:
^=/^'^W (65)
0
Es muß daher g> (A, *) : ** eine Funktion des Argumentes Xd^
^=fm. (66)
sein
Wenn wir daher für irgend eine Tempefatur d- die Energie-
verteilung in der Weise auftragen, daß die Abszissen die Größen
2* sind, die Ordinaten die Größen g> (;l,*):*^ so gilt diese Zeich-
nung fftr jede Temperatur *, d, h. man kann dann aus dieser
Zeichnung auch leicht für andere Temperaturen die eigentliche
Energieverteilung konstruieren, bei der X und g> die Abzissen und
Ordinaten sind. — Hieraus folgt sofort der Satz:
Wenn bei der Temperatur ^ das Strahlungsmaximum
des schwarzen Körpers bei der Wellenlänge Xm liegt, so
liegt es bei der Temperatur *' bei derjenigen Wellenlänge
Xm\ welche bei der Gleichung genügt:
JU . {^ = 2m • ^'. (67)
Aus (66) und (67) folgt ferner, falls man die Funktion q),
welche der Wellenlänge Xm zugehört, mit g)m bezeichnet:
q>m : ifm = ^' : »'^ (68)
d. h. die Strahlungsintensitäten zweier verschieden tem-
perierter schwarzer Körper, welche sie bei denjenigen
Wellenlängen besitzen, bei welchen ihre Strahlungs-
intensität ein Maximum ist, verhalten sich wie die fünften
Potenzen ihrer absoluten Temperaturen.
14. Die Sonnentemperatur, erschlossen aus der Energie-
Terteilimg des Sonnenspektrums. Das Gesetz (67) ist mehrfach
Digitized by
Google
510 Kapitel IL
experimentell I)e:stütigt worden^]. Xach Lämmer und Prings-
heim^, ergibt sich die Zahl i«-^ = 2940, falls Einheit der Wellen-
länge 0/)01 mm ist Paschen') hat nahezu denselben Wert ffir
Xmd^ gefanden, etwa 2920. Da nun nach Langley die maxinude
Energie der Sonnenstrahlung bei Im = 0,«>0<)5 mm liegt, so würde
für die Sonnentemperatur folgen:
^' = 5S600 = 55S7<>Cels.
Dieses Resultat stimmt der Größenordnung nach mit dem oben
auf S. 502 berechneten. Es ist aber immer die Frage, ob die
Sonne ein vollständig absorbierender (schwarzer) Körper ist, der
eine reine Temperaturstrahlung besitzt FaUs die Sonne ein
chemiluminiszierender Körper ist, so könnte ihre Temperatur eine
ganz andere sein.
15. Die yerteilung der Energie im Spektrum eines
schwarzen KSrpers. Die bisherigen Betrachtungen ergeben wohl
die Änderung der Verteilung der Energie im Spektrum eines
schwarzen Körpers mit der Temperatur, sie sagen aber nichts aus
über die Verteilung der Energie bei einer bestimmten Temperatur.
Um dieses Gesetz zu erschließen, macht W. Wien^) folgende
Hypothesen:
Nimmt man als strahlenden schwarzen Körper ein Gas an,
so gilt, falls man sich auf den Boden der kinetischen Gastheorie
1) Vgl. darüber F. Paschen und H. Wanner, BerL Ber. 1899, 12. Jan. —
F. Paschen, ibid. ApriJ. — O. Lammer und E. Pringsheim, VerhdL d.
deutsch, phys. Ges. 1899, 8. 23, 215. — Ann. d. Phys. 6, S. 192, 1901. — Ffir
sehr tiefe Temperaturen ist die Strahlung von Langley (Ann. de chim. et de
phys. (6) 9, p. 433, 1880) untersucht worden. Er fand mit Hilfe eines Bolo-
meters, das auf — 20 o Gels, abgekühlt war, das Strahlungsmaximum einer
geschwärzten Kupferplatte der Temperatur — 2^ Gels, bei der Wellenlange X^
=- 0,0122 mm. Aus der Zahl X^ , ^ = 2887 würde bei — 2» Gels, folgen
^m ^ 0,0107 mm. — Bei den Langley sehen Versuchen handelt es sich aller-
dings nicht um die Strahlung einer ideal-schwarzen Fläche. Außerdem wird
nur das relative Strahlungsmaximum der Eupferplatte von — 2^ Gels, gegen
das Bolometer von — 20« Gels, gemessen. Dieses relative Maximum liegt,
wie man sich aus der Zeichnung der Strahlungskurven sofort überzeugen kann,
bei einem etwas kleineren X als das absolute Strahlungsmaximum.
2) O. Lummer u. E. Pringsheim, Verhandl. d. Deutsch, phys. Ges.
1899, 8. 215.
3) F. Paschen, Ann. d. Phys. 6, 8. 657, 1901.
4) W. Wien, Wied. Ann. 68, S. 662, 1896.
Digitized by
Google
ADwenduDg des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik usw. 511
stellt, das Maxwellsche Gesetz der Verteilung der Geschwindig-
keiten der Gasmoleküle, demzufolge die Anzahl der Moleküle, deren
Geschwindigkeit zwischen v und v + dv liegt, proportional ist der
Größe
v^'e-"^!!^ dv, (69)
worin ß eine Konstante ist, die sich durch die mittlere Geschwin-
digkeit V yermittels der Gleichung
v^ = 3/2 j92 (70)
ausdrücken läßt Die absolute Temperatur ^ ist nach der kine-
tischen Gastheorie proportional der mittleren lebendigen Kraft der
Gasmoleküle, d. h. es ist
d^o^V^co ß^, (71)
Wien macht nun die Hypothesen:
1) Daß jedes Molekül Schwingungen einer Wellenlänge X aus-
sendet, die nur von der Geschwindigkeit v des Moleküls abhängt
Es ist also auch v eine Funktion von X.
2) Die Intensität der Strahlung, deren Wellenlängen zwischen
Z und X + dX liegt, ist proportional der Anzahl der Moleküle, die
Schwingungen dieser Periode aussenden, d, h. proportional zu dem
Ausdruck (69). Schreibt man daher diese Strahlungsintensität in
der Form
q> {X, d') dX,
so muß nach (69), (70) und (71), da v eine Funktion von X ist, sein
_ tw
<p{X,d) = F{X)^e * . (72)
Da nun nach (66) q>id^^ eine Funktion des Argumentes Xd^ sein
muß, so folgt F{X) = Cx'.X^ und fiX)=c2:X, so daß das Strahlungs-
gesetz entsteht:
welches nun auch als allgemein gültiges Gesetz für jeden schwarzen
Körper hingestellt wird, auch wenn derselbe nicht ein Gas ist,
da (vgl. oben S. 485) das Strahlungsgesetz eines schwarzen Körpers
nicht von seiner speziellen Natur abhängt — Dieses Gesetz wurde
Digitized by
Google
512 Kapitel 11.
dann auch von Planck*) auf speziellerer elektro-magnetischer
Grundlage abgeleitet, indes hat er es später 2) auf Grund all-
gemeiner Verknüpfung der Thermodynamik mit Wahrscheinlich-
keitsbetrachtungen modifiziert.
Planck geht aus von der Annahme, daß Resonatoren vor-
handen sind in einem allseitig durch vollständig reflektierende
Wände begrenzten, von beliebiger Wärmestrahlung erfüllten Va-
cuum. Die Schwingungszahl der Resonatoren (d. h. das Rezi-
proke ihrer Eigenschwingungsdauer) sei mit v bezeichnet Im
stationären Gleichgewicht hat dann ein Resonator eine bestimmte
Energie U und Entropie Ä, die sich nur durch den Zustand des
Systems bestimmen, es muß daher auch S eine Funktion von U
sein. Durch thermodynamische Betrachtungen leitet nun Planck
zunächst die Formel ab:
^'^) du d' '
wobei * die absolute Temperatur bedeutet Durch Anwendung
des Wienschen Verschiebungsgesetzes (§ 13) ergibt sich, daß S
eine universelle Funktion von U : v ist, d. h.
ü\
(75) ^=^{t)
Um nun die Entropie eines Systems von iV Resonatoren zu bilden,
wird die Wahi'scheinlichkeit seines Zustandes, d.h. der Verteilung
der Gesamt-Energie ün auf die vorhandenen Resonatoren, be-
stimmt Da nämlich im Gleichgewichtsfalle sowohl die Wahr-
scheinlichkeit, als die Entropie ein Maximum sein muß, so ist die
Entropie Sn eines physikalischen Systems eine universelle Funk-
tion der Wahrscheinlichkeit 8GB dieses Zustandes. Da die Entropie
eines Systemes, das aus mehreren Teilen besteht, sich additiv zu-
sammensetzt, dagegen die Wahrscheinlichkeit multiplikativ, so folgt
(76) SN=k!g^ + konBt
wobei k eine universelle Konstante ist Um nun ein quantitatives
Maß für die Wahrscheinlichkeit des Zustandes, d. h. der Verteilung
1) M. Planck, Ann. d. Phys. 1, S. 116, 1900.
2) Diese Arbeiten hat Planck in »einen „Vorlesungen über die Theorie
der Wärmestrahlung*', Leipzig 1906, znsammengefaßt. Speziell vgl. dort S. 157.
Digitized by
Google
Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik usw. 51 3
der Gesamtenergie Us auf die vorhandenen Resonatoren, zu ge-
winnen, wird angenommen, daß die Energie aus einer großen
Zahl gleicher Energieelemente e bestehe. Die Wahrscheinlichkeit
des Zustandes ist dann gleich der Anzahl der verschiedenen indi-
viduellen Zuordnungen, die möglich sind, um die vorhandenen
Energieelemente b auf die vorhandenen Resonatoren zu verteilen. 0
Bei der so gewonnenen Entropieformel (76) ergibt die Benutzung
der aus dem Wienschen Verschiebungsgesetz folgenden Beziehung
(75) die Bedingung:
£ = Är, (77)
d. h. die Energieelemente müssen der Schwingungszahl v pro-
portional sein; h ist eine universelle Konstante, die Planck ele-
mentares Wirkungsquantüm nennt. Vermöge der Beziehung
(74) ergibt sich nun aus (76) eine Gleichung für die Strahlungs-
energie im Hohlraum, die also zugleich (vgl. oben S. 486 Anm. 3)
das Strahlungsgesetz einer absolut schwarzen Fläche (als kleines
Loch des Hohlraumes gedacht) ist Führt man anstatt der Schwin-
gungszahl V des Resonators seine Eigenwellenlänge nach der Re-
lation ein
X = cxv, (78)
wobei (? = 3.10^^ die Lichtgeschwindigkeit im Vacuum ist, so
ergibt sich die Strahlungsintensität ii, welche zwischen den Wellen-
längen X und X-\-dX liegt, für eine im Vacuum 2) liegende schwarze
Fläche:
*^ = 2^-:^— '• (79)
.^^V
1
Für genügend kleine Werte ;./> geht dieses Gesetz in das
Wiensche Gesetz (73) über. Die ersten Messungen von Paschen*)
1) Z. B. würde für 6 = t/^ die Wahrscheinlichkeit ^ proportional mit
N sein, da dann nur je ein Besonator die ganze Energie enthalten könnte.
Mit kleinerem e wächst S3 erheblich.
2) Liegt die Fläche in Lufl, so wird die Strahlung nur unbedeutend (im
Verhältnis des Quadrates des Brechungsindex der Luft), erhöht (vgl. oben
S. 491).
3) Bei Planck fehlt der Faktor 2, weil ix (dort als Ex bezeichnet, 1. c.
S. 157) sich auf gradlinige Polarisation bezieht, während es hier für natür-
liches Licht gelten soU.
4) F. Paschen, Wied. Ann. 60, S. 662, 1897.
Drude, Lehrbuch d. Optik. 2. Aufl. 33
Digitized by
Google
514 Kapitel II.
schienen dies Gesetz zu bestätigen, jedoch hat sich durch weitere
Versuche 0 hei größeren Werten Xd- die Unzulänglichkeit des Wien-
schen und eine gute Bestätigung des Planckschen Gesetzes er-
geben.2)
Um von der Formel (79) aus die gesamte Strahlungsintensität
zu berechnen, führe man nach (78) v ein. Dann wird (79):
oo 00
(80) *-J''<^^=^J-W-'
oder
0
Durch partielle Integration leitet man hieraus ab:
wobei a eine Abkürzung ist für
(82) a = 1 + ^, + Ji + . . = 1,0823.
Durch (81) ist das Stefan-Boltzmannsche Strahlungsgesetz (48)
(oben § 11, S. 500) ausgedrückt, und zwar hat die Strahlungskon-
stante a den Wert:^
/ooN " 12 a k*
(83) ^ = -^rT3-
1) O. Lummer u. E. PriDgsheim, Verhandl. d. Deutsch, phys. QeB. 2,
8. 163, 1900. — H. Beckmann, Dissertat, Tübmgen 189a — H. Rubens,
Wied. Ann. 69, S. 582, 1899. — H. Rubens u. F. Kurlbaum, Berl.Ber. 190a
S. 929. — Ann. d. Phys. 4, 8. 649, 1901. — F. Paschen, Ann. d. Phys. 4,
8. 277, 1901.
2) Nach O. Lummer u. R Pringsheim, Ann, d. Phys. 6, 8. 210, 1901,
bestehen noch geringe Differenzen mit der Planckschen Formel, wahrend
Paschen (1. c.) gute Bestätigung fand.
3) Bei Planck (Vorlesungen L c.) bezeichnet a die Eonstante der Energie-
dichte, dagegen hier die der Strahlungsintensität Wenn man daher die rechte
Seite von (83) mit ^^le multiplizert (nach Anm. 1, S. 500), so erhält man die
Bedeutung der Planckschen Bezeichnung a.
Digitized by
Google
AnwendoDg des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik nsw. 515
Für diejenige Wellenlänge Xm, welcher im Spektrum der
schwarzen Strahlung das Maximum der Sti*ahlungsintensität ii
entspricht, ergibt sich aus Gleichung (79):
c
dkl ~~
0.
X=^}.m
Die Ausfahrung der Differentiation liefert, wenn man zur Abkür-
zung setzt
e-'^ + i^^i.
Die Wurzel dieser transzendenten Gleichung ist
^=4,9651. (85)
mithin ist jimd'^=ch:ßk, also konstant, wie es das Wiensche Ver-
schiebungsgesetz verlangt Da nach § 14 die Konstante Xm • ^ den
Wert 0,294 hat, falls Xm in cm gemessen wird, so folgt also:
;im-* = 0,294 = ^ (86)
Aus dieser Gleichung, sowie aus (83) mit Benutzung des
Wertes a=i,69-i0-5 nach (51) S. 502 folgen für die beiden Kon-
stanten h und k die Werte:
h = 6,548 • 10-27 erg^sec, k= 1,346 • lO"-*^ ^iGeU, grade (87)
Der Fortschritt, der durch die Plancksche Theorie gegenüber
dem Wienschen Gesetz (73) erzielt ist, liegt nun nicht nur darin,
daß eine Formel für die Strahlung eines schwarzen Körpers ge-
wonnen ist, welche sich den Beobachtungen gut anschließt, sondern
die Plancksche Theorie enthält auch einen großen Fortschritt all-
gemeinen physikalischen Inhaltes, indem nämlich nach ihr
aus der numerischen Ermittelung der Strahlungskon-
stanten a und Xm'^ der numerische Wert des elektri-
schen Elementarquantums und die absolute Zahl und
Masse der Gasmolekule exakt berechnet werden kann.
Die physikalische Bedeutung der bei Planck auftretenden Kon-
stanten h und k ist nämlich für seine Theorie besonders charak-
teristisch und von allgemeinem großem Interesse. Durch Anwen-
33*
Digitized by
Google
516 Kapitel H.
dung der Entropieformel (76) auf die Gastheorie, für welche Planck
nach dem Vorgange von Boltzmann die Wahrscheinlichkeit SB
eines Zustandes dadurch erhält, daß er die Anzahl der möglichen
Geschwindigkeits- und Raumverteilungen der Gasmolektile bei
gegebenem Gesamtvolumen und Gesamtenergie berechnet, kann
man die universelle Konstante k in Beziehung zu der Gaskon-
stanten setzen, da man bei idealen Gasen die Entropie aus ihrer
Zustandsgieichung leicht berechnen kann. Schreibt man die letztere
in der Form:
pv=^ Rnd- ,
wobei p Druck, v Volumen des Gases bei der absoluten Temperatur
^, n die Anzahl der Grammmolektile oder Mole des Gases, bezogen
auf O2 = 32 bedeutet (d. li. für n = 1 ist die vorhandene Masse
des Gases in Grammen gleich seinem Molekulargewicht), so erhält
Planck auf diesem Wege die Beziehung:
(88) k = R^.
wobei N die Anzahl der wirklich vorhandenen absoluten Gas-
molekule ist. n: N= cd ist also das Verhältnis der Molzahl zur
Molekülzahl, oder, was dasselbe ist, das Verhältnis der Molekül-
masse zur Molmasse. Da nun die absolute Gaskonstante E den
Zahlwert
(89) i? = 831 • 10^ ergjcels grad
hat, so wird nach dem Werte k von (87)
(90) n:N=(o=- 1,62 • 10~^* ,
d. h. auf ein Mol gehen
1 = 6,175 . 10^^
Moleküle, wobei immer das Sauerstoffmol O2 = 32 gr vorausgesetzt
ist Daher ist z. B. die absolute Masse eines Wasserstoffatoms
(^^2= 1,008 gr) gleich 1,63 • 10-^^ g. Damit wird die Anzahl der
bei 0^ Geis, und Atmosphärendruck in l cm^ enthaltenen Moleküle
eines idealen Gases (Loschmidtsche Zahl):
(Q]\ 76.13,6.981_ ^2 76.10*9.
Digitized by
Google
AnwendoDg des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik usw. 517
Hiermit stimmen die aus der kinetischen Gastheorie gewon-
nenen Zahlen (ivr= 2 . 10^« bis 10 . lO^») gut überein.
Da nach der Elektrolyse mit jedem einwertigen Mol (Gramm-
molekül) die Elektrizitätsmenge 9654 nach absolutem elektro-
magnetischem Maße (d. h. 96540 Coulomb) verbunden ist, so ist die
elektrische Ladung eines einwertigen Ions oder Elektrons (das
elektrische Elementarquantum) nach absolutem elektromag-
netischem Maß:
e' = 0? . 9654 = 1,56 . lO-^o^ (92)
nach absolutem elektrostatischem Maße:
e = c.c' = 4,69.10-i^ (93)
Hiermit stimmen die aus direkteren elektrischen Versuchen
von Thomson und Wilson erhaltenen Zahlen ^ c = 3^4 . lO-^o ^jjg
e = 6,7 , 10-^*^ gut ttberein. Da diese direkteren Versuche größeren
Versuchsfehlern unterworfen sind, als die Messung der Strahlungs-
konstanten a und 2« . * , so ist die indirekt aus den Strahlungs-
gesetzen erhaltene Zahl (93) für das Elementarquantum dennoch
als sicherer anzusehen, als die bisher aus den direkteren elektrischen
Versuchen entnommenen Zahlen.
Die Konstante h der Planckschen Theorie (das elementare
VP'irkungsquantum) ist bisher in seiner physikalischen Bedeutung
nicht so weit erkannt, daß sie dadurch in zahlenmäßige Beziehung
zu anderen physikalischen Erscheinungen gesetzt werden konnte.
Jedenfalls ist aber für das Plancksche Strahlungsgesetz (79) sehr
wichtig, daß die Konstante h eine endliche, von Null verschiedene
Größe ist, d. h. daß die Strahlungsenergie für eine bestimmte
Schwingungszahl auch aus einer Art von atomistischen Energie-
elementen £2) zusammengesetzt ist. Für ä = 0 würde nämlich
nach (79) die Strahlungsformel übergehen in:^)
« = ^> (94)
1) Vgl. dazu J. J. Thomson, ElektrizitätB-Durchgang in Gasen; deutsch
von Marx, Leipzig 1905, S. 129.
2) Nach (77) werden die Energieelemente e um so kleiner, je kleiner die
Schwingnngszahl v ist.
3) In diese Formel geht die Plancksche Formel (79) lUr genügend großes
XB' auch unabhängig vom Werte von h über.
Digitized by
Google
518 Kapitel IL
eine Formel, die zuerst von Lord Rayleigh 0 aufgestellt ist Diese
Formel wird für genügend lange Wellen experimentell bestätigt,
dagegen für kürzere Wellen nicht Dieses Rayleighsche Strah-
lungsgesetz ist nun kürzlich auch von Lorentz^) aus der Elek-
tronentheorie auf Grund der für Metalle von Riecke^) und dem
Verfasser^) entwickelten Anschauungen abgeleitet, nach denen die
Elektronen in einem Metall in unregelmäßiger Wärmebewegung
begriffen sind und sowohl die elektrische, als die Wärme -Leit-
fähigkeit bedingen. Wenn ein Elektron seine Geschwindigkeit
ändert, so muß es nach der elektromagnetischen Theorie Energie
ausstrahlen. Indem Lorentz hiernach das Emissionsvermögen eines
Metalles berechnet und es dividiert durch das mittels der gal-
vanischen Leitfähigkeit bestimmte Absorptionsvermögen, so erhält
er nach dem Kirchhoffschen Gesetz (vgl. Formel (O*) S. 485 oben)
das Emissionsvermögen des schwarzen Körpers. Lorentz gelangt
dadurch zur Formel (94), wobei auch die Konstante K in derselben
Weise, wie nach der Planckschen Theorie mit der Gaskonstante
R durch die Beziehung (88) verknüpft ist Diese Art der Begrün-
dung der Strahlungsgesetze ist zwar auf das Gebiet langer Wellen
beschränkt, sowohl weil Lorentz voraussetzt, daß die Elektronen-
stöße sehr schnell erfolgen sollen im Vergleich zur Periode der
ausgesandten Strahlung, als auch weil nach den Versuchen von
Hagen und Rubens^) nur für lange Wellen das Absorptionsver-
mögen der Metalle lediglich aus ihrer elektrischen Leitfähigkeit
berechnet werden kann.®) — und daher auch ihre Strahlung') unter
Benutzung des Strahlungsgesetzes des schwarzen Körpers. Aber
dafür gewährt dieses Lorentzsche Verfahren einen höchst bedeu-
tungsvollen Einblick in den Mechanismus der Elektronenbewegungen
und bestätigt zugleich die Planckschen Anschauungen von einer
anderen Grundlage aus.
1) Lord Rayleigh, Phil. Mag. 49, 8. 539, 1900.
2) H. A. Lorentz, Versl. Kod. Akad. v. Wet 1902/3, S. 787. Proc Kon.
Akad. V. Wet. Amsterdam 1903, S. 666.
3) E. ßiecke, Wied. Ann. 66. S. 353, 1898.
4) P. Drnde, Ann. d. Phys. 1, 8. 566, 1900.
5) E. Hagen u. H. Rubens, Ann. d. Phys. 11, 8. 873, 1903.
6) Nach einer Formel, die entwickelt ist vom Verf. im Lehrbuch d. Phys.
d. Äthers, 1894, 8. 574. — Verhand. d. Deutsch, phys. Gesellsch. 5, 8. 142,
1903. — M. Planck, Berl. Ber. 1903. 8. 278.
7) E. Aschkinaß, Ann. d. Phys. 17, 8. 960, 1905.
Digitized by
Google
Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik usw. 519
Lediglich von Betrachtungen der statistischen Mechanik aus
mit Benutzung der Maxwellschen elektromagnetischen Grund-
gleichungen, aber ohne Heranziehung von speziellen Wechsel-
wirkungen zwischen Materie (Kesonatoren, Elektronen) und Äther
hat kürzlich auch Jeans*) die Formel (94) gewonnen. Daß sich
auf diesem Wege nur eine für genügend lange Wellen experimentell
bewährte Strahlungsformel ergibt, deutet wiederum darauf hin,
daß bei diesen statistischen Betrachtungen die Strahlungsenergie
(bei einer von Null verschiedenen Schwingungszahl v) nicht in
unendlich kleine Teile zerlegt gedacht werden kann, sondern nur
wie bei der Planckschen Theorie, in endliche elementare Quanten
B=hv. Die elektrodynamische Bedeutung des elementaren Wir-
kungsquantums h ist bisher nicht gefunden, aber eine Aufgabe
von großem Interesse.^
Das Strahlungsgesetz (79), welches ein ganz universelles ist,
gibt uns die Mittel in die Hand,^) ein wirklich absolutes Maß-
system für die Länge, Maße, Zeit und Temperatur aufzustellen,
welches nur auf universelle Eigenschaften des Vacuums (Äthers)
begründet ist und von keinen besonderen Eigenschaften bestimmt
gewählter Materie abhängt Wir finden nämlich auch in der
allgemeinen Gravitation und in der Lichtgeschwindigkeit im Äther
zwei universelle Gesetze. Ein solches absolutes Maßsystem wird
durch die Festsetzung gewonnen, daß die Gravitationskonstante,
die Lichtgeschwindigkeit im Äther, und die beiden Konstanten h
und k des Strahlungsgesetzes den Wert 1 erhalten sollen.^)
1) J. H. Jeans, Phil. Mag. 10, 8. 91, 1905. Diesen Weg hatte auch
schon Lord Rayleigh beschritten in Natnre 72, S. 54. 243, 1905. — Vgl.
anch die Darstellung dieser und der Lorentzschen Betrachtungen bei M. Planck,
Vorlesungen über Theorie d. Wärmestrahlung, S. 170—179.
2) Vgl. dazu auch A. Einstein, Ann. d. Phys. 17, S. 132, 1905. — 20,
8. 199, 1906.
3) M. Planck, Vorlesungen über Wärmestrahlung, 8. 163.
4) Die numerischen Werte dieser absoluten Einheiten sind bei Planck,
1. c zu finden.
Digitized by
Google
520 Kapitel III.
f
Kapitel IIL
Das Leuchten der Oase und Dämpfe.
1. Unterscheidnng der Lnminiszenz und Temperatur-
Strahlung. Der prinzipielle Unterschied zwischen Luminiszenz
und Temperaturstrahlung ist schon oben S. 480 genannt. Welche
Kriterien haben wir nun, um bei irgend einem leuchtenden Körper
zu entscheiden, ob er luminisziert oder eine reine Temperatur-
strahlung besitzt (ob er allaktin oder thermaktin ist)?
Auf Luminiszenzerscheinungen ist der Kirchhoffsche Satz
der Proportionalität zwischen Emissions- und Absorptionsvermögen
nicht anwendbar; trotzdem wird auch bei Luminiszenzerscheinungen
die Emission scharfer Spektrallinien von auswählender Absorption
derselben Spektrallinien begleitet sein, da beide geknüpft sind an
das Bestehen von wenig gedämpften Eigenschwingungen der Ionen.
Durch Messung der absoluten Größe des Emissionsvermögens
oder der Strahlungsintensität kann man aber ein Kriterium dafür
gewinnen, wann sicher Luminiszenz vorliegt: Sowie die Strahlungs-
intensität eines Körpers größer ist, als die eines schwarzen Körpers
gleicher Temperatur im gleichen Wellenlängenintervall, so muß
Luminiszenz mindestens neben der Temperaturstrahlung bestehen.
Durch dieses Kriterium haben E. Wiedemann,^) F. Paschen^)
und E. Pringsheim^) gezeigt, daß z.B. das gelbe Licht, welches
eine in einen Bunsenbrenner eingeführte Kochsalzperle ausstrahlt,
mindestens teilweise der Chemi-Luminiszenz (Reduktion des Na-
triums aus dem Salz nach Pringsheim) seine Entstehung ver-
dankt. Letzterer schließt (nach Anstellung weiterer Versuche)
allgemein, daß bei allen Methoden, welche man zur Erzeugung
der Gasspektren verwendet, das Leuchten eine Folge elektrischer*)
oder chemischer*) Vorgänge ist. Trotzdem müssen alle Gase und
1) Wied. Ann. 37, 8. 215, 1889.
2) Wied. Ann. 51, S. 42, 1894.
3) Wied. Ann. 45, 8. 428, 1892. — 49, 8 347, 1893.
4) Die niedrige Temperatur in Geis sie rächen Bohren hat E. Wiede-
mann (Wied. Ann. 6, 8. 298, 1879) konstatiert.
5) Pringsheim (Wied. Ann. 45, 8. 440) hat von einer 150« C. kalten
Ci^ -Flamme eine photographische Wirkung erhalten. Beine Temperatur-
Strahlung hätte in diesem Falle gar kein photographisch wirksames Licht ent-
senden können. — Nebenbei mag hier bemerkt werden, daß die Wirksamkeit
Digitized by
Google
Das Leachten der Gase und Dämpfe. 521
Dämpfe bei genügender Erhitzung auch feine dem Kirchhoffschen
Satze entsprechende Temperaturstrahlung entsenden,^) weil sonst
ein Widerspruch zum zweiten Hauptsatz der Thermodynamik be-
stehen würde. Es ist allerdings möglich, daß die Absorption und
daher auch die Temperaturstrahlung bei Ausschließung aller che-
mischen Prozesse gering ist und vielleicht keine scharfen Spektral-
liuien ergibt, weil das Absorptionsvermögen eventuell erst durch
chemische Prozesse zu bedeutender Größe gebracht wird. Es wäre
z. B. denkbar, daß erst durch Änderungen im Molekülbau die lonen-
eigenschwingungen möglich werden, welche starke auswählende
Absorption veranlassen.
2. Die Elektronellhypothese. Nach elektromagnetischer Auf-
fassung werden durch die Schwingungen der Elektronen elektro-
magnetische Wellen gleicher Periode, d. h. Licht bestimmter Farbe,
entsendet Wir wollen prüfen, ob diese Hypothese ohne Wider-
spruch mit beobachteten Strahlungserscheinungen durchführbar
ist, 2) und wollen die Konstanten, welche für die Elektronen-
bewegungen maßgebend sind, numerisch zu taxieren suchen.
Wir fassen einen stationären Zustand ins Auge, in welchem
die Elektronen Schwingungen konstanter Amplitude besitzen,
wobei sie beständig eine gewisse Energiezufuhr erfahren, die not-
wendig ist, um ihre Amplituden, die sich sonst wegen Strahlungs-
und eventuell Reibungsverlusten vermindern würden, konstant zu
erhalten. Bei reiner Temperaturstrahlung besteht diese Energie-
zufuhr in den gegenseitigen Stößen der Moleküle, bei Luminiszenz-
erscheinungen ist sie in Form von chemischer, elektrischer usw.
Energie enthalten.
des Auer-Brenners nach £. 8t. John (Wied. Ann. 56, S. 433, 1895) nicht
auf Lominiszenz beruht, sondern in der Anwendung eines feuerbeständigen
thermaktinen Qlühkörpers von kleiner Masse, kleiner Wärmeleitung, großer
Oberfläche und großem Emissionsvermögen liegt. — Nach H. Rubens (Wied.
Ann. 69, S. 588, 1899) ist aber der Au er sehe Qlühkörper wahrscheinlich
allaktin für große Wellenlängen. — Vgl. hierzu jedoch die weiteren Arbeiten
von Eubens in Ann. d. Phys. 18, S. 725, 1905. — Verhandl. d. Deutsch, phys.
Ges. 1906, S. 41.
1) Nach Paschen (Wied. Ann. 50, S. 409, 1893) zeigt Kohlensäure und
Wasserdampf eine reine Temperaturstrahlung. In der Tat sind ja auck ihre
Absorptionsvermögen für gewisse WeUenlängenbereiche bedeutend.
2) Vgl. hierzu auch H. Ebert, Wied. Ann. 49, S. 651, 1893. —
F. Eicharz, Wied. Ann. 52, S. 407, 1894.
Digitized by
Google
522 Kapitel lU.
Wenn die relative Entfernung einer elektrischen Ladung c
(nach elektrostatischem Maß) gegen eine gleiche, entgegengesetzte
Ladung (die man in ßuhe oder in Bewegung annehmen kann) eine
Schwingung der Amplitude / und der Periode T ausführt, so ist
nach Hertz 0 die in einer halben Periode entsandte elektro-
magnetische Energie:
(1) r=g^e2/2,
wobei X die Wellenlänge im Vacuum {l = cT) bedeutet.
In der Zeiteinheit wird daher von zwei entgegengesetzt ge-
ladenen Ionen die Energiemenge ausgestrahlt:
(2) ^ = -^^'X8T = ^^'"^-
Nun hat E. Wiedemann^ gemessen, daß die von einem g Natrium
in den beiden Z>-Linien pro Sekunde entsendete Energie beträgt
(3) Li = 3210gr. cal= 13,45- 10^^ erg.
Das Atomgewicht des Natriums ist 23. Da nach der Planck-
schen Theorie ein Wasserstoflfatom 1,63. 10 "^^g wiegt (vgl. oben
S. 516), so ist also das Gewicht eines Natriumatoms 3,75 •10"'^^ g.
Natrium ist ein einwertiges Atom. An jede Valenzstelle
knüpft sich eine Ladung e. Wenn sich daher je 1 Ladung an
einer Schwingung beteiligt, so sind in 1 g Natrium
1 : 3,75 . 10-^' = 2,66 • lO"
solcher Erregungsquellen vorhanden. Es muß daher sein nach (2)
und (3)
(4) ^;r2c^.2,66.10'' = 13,45.10^^
Setzt man in diese Gleichung die Werte ein: e= 4,69. 10"^^ (nach
Formel (93)), A = 5,9.10-^ cm, 0=3.10»^ so folgt
(5) /=4,2.10-^^ cm.
1) Wied. Ann. 36, 8. 12, 1889. — Dort tritt ein anderer Zahlenfaktor auf;
weil T anders als hier definiert ist
2) Wied. Ann. 87, 8. 213. 1889.
Digitized by
Google
Das Leuchten der Oase und Dämpfe. 523
Der Durchmesser eines Moleküls berechnet sich aus der kinetischen
Gastheorie zu etwa (i=2-10""® cin.O Da nach (5) / wesentlich
kleiner als d ist, so kann also die verhältnismäßig starke Emission
des Natriumdampfes tatsächlich quantitativ erklärt werden aus
einer Oszillation der Elektronen (Valenzladungen) innerhalb des
Moleküls (der molekularen Wirkungssphäre).
Oben S. 436 ist aus dem Zeemann sehen Phänomen das Ver-
hältnis der Ladung e zur Masse m des negativen Elektrons im
Natriumdampf berechnet zu:
e:m = c-l,6-10'. (6)
Wir haben früher (S. 364) die Bewegungsgleichung für ein
unter dem Einfluß einer elektrischen Kraft X schwingendes Ion
(Elektron) in der Form geschrieben 2):
m
+ ^^'^ + ^S = eX (7)
§ bedeutet die Entfernung des Ions aus der Euhelage. Bei kleinem
r ist die Periode 'f der Eigenschwingung des Ions gegeben durch
T'2=^. . (8)
Da für Natriumdampf 7^ = 2-10"** etwa beträgt, so folgt aus
(6) und aus e = 4,69-10-^^
^ = 2,9-10"". (9)
Um schließlich auch die Eonstante r in (7) zu ermitteln, kann
man das Resultat der S. 368 benutzen, daß in der Nähe einer
Eigenschwingung der Brechungsindex n und Absorptionsindex x
sich bestimmt aus der Gleichung:
n2(l_i.)2=i+ ^_,
wobei 9i die Anzahl der Ionen in 1 cm^ bedeutet, und femer ge-
setzt ist
1) Vgl. F. Bicharz, Wied. Ann. 52, S. 395, 1894.
2) Hier bedentet ^ nicht mehr die absolute Temperatur.
Digitized by
Google
524 Kapitel III.
(11) r = r:2^, a = g,5 = ^.
Aus beobachtetem x könnte man daher r gewinnen. Solche
Messungen von x liegen beim Natriumdampf nicht vor und würden
auch sehr schwierig sein, weil bei ihm die Absorption in der Nähe
der Eigenschwingung ungemein schnell mit der Periode T variiert.
Wir können aber in anderer Weise zur Schätzung von r ge-
langen: Zunächst muß bei den scharfen Absorptionslinien des
Natriumdampfes die Größe a/r sehr klein sein. Für r^=T':2jc
folgt aber
(12) f = r.el/^— = r.7,2.
10-^
r muß also jedenfalls unter der Größenordnung lO^ bleiben. Auch
auf anderem Wege können wir eine obere Grenze für r gewinnen.
Wenn die Ionen, nachdem sie einmal in Schwingung versetzt
sind, einem äußeren Einfluß entzogen werden, so führen sie ge-
dämpfte Eigenschwingungen aus von der Form
(13) g=/.e— y^-c^'^^?.
Nach (7) muß dann bei kleinem r sein:
(14) r = £y^ = r.2,2.io-',
wobei T' aus (8) bestimmt ist Die Dämpfungskonstante y der
Eigenschwingungen muß nun sehr klein sein, weil mit Natrium-
licht noch Interferenzen bei 200000 X Gangunterschied beobachtet
wurden. Also darf für ^=200000 T' g noch nicht sehr klein sein.
Daher muß 200000 • y immer noch kleiner als 1 sein, d. h.
(15) r<23.
Im folgenden werden wir eine untere Grenze für r bestimmen.
Aus der Dispersion der Gase und Dämpfe kann man grade
wie bei Flüssigkeiten und festen Körpern die Elektronenzahl K
berechnen, wenn man ^jm als bekannt annimmt (vgl dazu oben
S. 379). Nimmt man für ^Im den bei Elektronen gültigen Wert
an nach Formel (6), so ergibt sich die Zahl p der pro Molekül
Digitized by
Google
Das Leachten der Qase und Dämpfe. 525
schwingenden Elektronen bei allen beobachteten Substanzen der
Größenordnung nach gleich der im Molekül vorhandenen Summe
der chemischen Valenzen und jedenfalls mit ihr in Beziehung
stehend.^) Die Messungen von Wood^) am Natriumdampf können
leider zu diesem Zwecke nicht numerisch verwertet werden, weil
die Dichte des Natriumdampfes bei den Versuchen (oder Tempe-
ratur und Druck) nicht beobachtet ist, sondern nur die Temperatur.
3. Die Dämpfung der Elektronenschwingangen durch ihre
eigene Strahlung. Wenn zur Zeit ^ = 0 ein negativ geladenes
Elektron — e von einem positiv geladenen Ion + e um die Strecke /
entfeiTit ist, während diese Entfernung nach Ablauf der Zeit f
sich um dl geändert hat, so ist die Änderung rf® der elektro-
statischen Energie:
(i(£ = g.rf/. (16)
Nun hat sich nach (13) die Amplitude der Elektronenbewegung
nach Ablauf einer Periode T' geändert um t// = — 7 . /, falls 7
klein ist. Nach (1) (S. 522) ist ferner die Energieabnahme durch
Strahlung in der Zeit jT':
,;®' = _^ge2/2. (17)
Die Energieabnahme e/® muß nun mindestens gleich sein der
Energieabnahme dS' durch Strahlung. Aus (16) und (17) gewinnen
wir daher, falls c?/ = — 7/ gesetzt wird:
e2 16 ;i4 ^167l*/l\^ /.Qv
Benutzt man den Wert (5) für /, so wird für Natriumdampf:
7>l,9•10-^^ d.h. nach (14)
r>(),85.10-'\ (19)
Wir werden nun weiter sehen, daß r sogar erheblich über
der so bestimmten unteren Grenze liegen muß, und daß für den
1) Vgl. dazu P. Drude, Ann. d. Phys. 14, 8. 714, 1904.
2) R. W. Wood, Physik. Ztschr. 5, S. 751, 1904. Diese Versuche smd
besonders interessant, weil der Brechungsindex ganz in der Nähe der Absorptions-
linie D bestimmt ist.
Digitized by
Google
526 Kapitel IIL
benutzten Wert von / die Dämpfung der Elektronenschwingungen
durch ihre eigene Strahlung ganz zu vemachlfissigen wäre.^
Selbst wenn flian l von der Ordnung des Molekflldurchmessers
annehmen würde, d. h. / = 2 • lOr^ setzt, so würde 7 = 2- 10~*
folgen, während wahrscheinlich 7 ziemlich yid größer ist
4. Die StraUang der Elektronen bei infierer Einstrablog.
Wenn eine äußere Kraft X von der Periode T=^2xt und der
Amplitude Ä wirkt, so nehmen die Ionen eine Bewegung gleicher
Periode an, deren Amplitude sich nach (7) mit Benutzung der Ab-
kürzungen (11) schreibt:
(20) ^
4jte
K1-(t)T+S
Die in der Zeiteinheit von einer Schicht der Dicke d% und der
Grundfläche 1 ausgestrahlte Energie ist also nach Formel (2) auf
(S. 522):
(21) dL==-^jc^cmdz ^^j\^_n\m ä^y
wobei 91 die Anzahl der Elektronen im cm^ bedeutet.
Andererseits strömt in die betrachtete Schicht pro Zeiteinheit
die Energie ^A^ ein (vgl S. 443; es ist die elektrische Energie
gleich der magnetischen Energie), dagegen strömt die Energie
j^^'^ aus, falls A' die Amplitude der einfallenden elektrischen
Kraft nach Durchlaufen der Schicht dx bezeichnet Es ist daher
o dx
A =4-e *-,
Die in der Sfehicht pro Zeiteinheit absorbierte Energie beträgt
daher:
(22) d^=^{A^-Ä^ = ^A'^^4nn7C^.
1) Auf strengerer Gnmdlage leitet Planck (Vorlesungen über Wärme-
strahlung, S. 100) die Dämpfting eines elektrischen Oszillators unter Wirkung
seiner Eigenstrahlung ab. Auch danach folgt, daß diese nur eine sehr geringe
Dämpfung ergibt
Digitized by
Google
Das Leuchten der Gase nnd Dämpfe. 527
Nun ist aber nach (10) auf S. 523 in der Nähe der Eigen-
schwingung:
c-^r+s
Unter Berücksichtigung hiervon schreibt sich das Verhältnis
der ausgestrahlten zur absorbierten Energie:
dL 271^ 9t 471^ n .^ ..
Dieses Verhältnis wird also um so größer, je kleiner r ist
Für n— 1 ergibt sich bei ;i = 5,9. 10-*^ aus (24):
dL _ 0,126 ,^-x
Da dies Verhältnis jedenfalls kleiner als 1 sein muß, da sonst
eine Umkehrung der Natriumlinie (vgl oben S. 488) unmöglich
wäre, so muß in Anbetracht der Ungleichung (15) r etwa den Wert
10 bis 20 besitzen.
5. Über Fluoreszenz. Wenn beim Natriumdampf r den Wert 20
nicht überschreitet, so müßte eine merkbare Lichtstrahlung durch
äußere Einstrahlung hervorgerufen werden. Bei den sogenannten
fluoreszierenden Körpern wird nun in der Tat durch Belichtung
eine merkliche Eigenstrahlung hervorgerufen, und nach neueren
Versuchen von Wood*) ist bei Natriumdampf Fluoreszenz beobacht-
bar. Man könnte versucht sein, diese Erscheinung durch kleine
Werte von r zu erklären. Der Charakter der Absorption des
Körpers kann dabei noch sehr wechselnd sein, da derselbe durch
die Größe a, d. h. das Produkt rd- bestimmt wird. Indes ist der
Versuch, auf Grund der Bewegungsgleichung (7) der Ionen eine
Theorie der Fluoreszenz geben zu wollen, von vornherein als aus-
sichtslos zu bezeichnen. Jene Difierentialgleichung ergibt nämlich
allemal, daß im stationären Zustande die Ionen Schwingungen
von gleicher Periode ausführen, wie die einfallende elektrische
Kraft X Dadurch wird aber gerade eine charakteristische Er-
scheinung, daß nämlich das Fluoreszenzlicht fast stets eine andere
Farbe als das am stärksten absorbierte Licht besitzt, nicht erklärt.
1) R. W. Wood, Physik. Ztechr. 6, S. 903, 1905. — 7, S. 105, 1906.
Digitized by
Google
528 Kapitel III.
Man muß notwendig die Fluoreszenz auffassen als eine
Luminiszenz, die durch besondere (eventuell chemische) Vorgänge
erregt wird, deren Ursache in der Belichtung zu suchen ist So
hat neuerdings Voigts die Theorie aufgestellt, daß die Moleküle
des fluoreszierenden Körpers zwei verschiedene Zustände annehmen
können, in denen ihre Elektronen verschiedene Eigenperioden be-
sitzen* Unter dem Einfluß der Belichtung kann der eine in den
anderen Zustand übergehen. Wenn in demjenigen der beiden
Zustände, in denen die Elektronen die größere Eigenperiode haben,
die Dämpfung eine viel kleinere ist, als im anderen Zustande, so
wird dem ersten Zustande allein merkliche Fluoreszenz, dem
letzteren merkliche Absorption entsprechen, und die Farbe des
Fluoreszenzlichtes wird nach Kot hin von der des maximal ab-
sorbierten abweichen.
6. Die Yerbreiterung der Spektrallinien nach demDoppler-
sehen Prinzip. 2) Wenn die Elektronen völlig ungedämpfte Eigen-
schwingungen besäßen, so würden sie trotzdem nur dann völlig
scharfe Spektrallinien ergeben, wenn ihr Schwingungszentrum in
ßuhe bliebe. Da dieses aber an das Molekül geknüpft ist und
die Moleküle nach der kinetischen Gastheorie mit beträchtlichen
Geschwindigkeiten im Räume hin- und herfliegen, so müssen nach
dem Doppler sehen Prinzip die von den Ionen erregten Schwin-
gungen etwas wechselnde Perioden haben, d. h. die Spektrallinien
können nicht völlig scharf sein.
Wenn ein Ion, welches die Periode T besitzt, sich mit der
Geschwindigkeit v gegen den Beobachter bewegt, so erhält der-
selbe nach dem Dopplerschen Prinzip (vgl. S. 460) Licht der
Periode:
(26) T'=r(l±f),
falls c die Lichtgeschwindigkeit in dem Räume zwischen dem Ion
1) W. Voigt, Arch. N^erl. (2) 6, Jubelbd. f. Bosscha), 8. 352. — Die
Theorie von Lommel (Wied. Ann. 8, 8. 113, 1878) hat G. C. 8chmidt (Wied.
Ann. 58, 8. 117, 1896) näher mit dem Experiment verglichen und nicht be-
stätigt geftinden.
2) Diese Frage wurde zuerst von Ebert in Wied. Ann. 36, 8. 466, 1889,
bebandelt. Nach seinen Rechnungen sollte sich die Interferenzfähigkeit der
Spektral linien zu niedrig ergeben^ wenn man das Dopplersche Prinzip auf
die leuchtenden QasmolekQle anwendet. ~ Durch vollständigere Diskussion hat
indes Lord Rayleigh (Phil. Mag. (5) 27, 8. 298, 1889) diesen Widersprach
im wesentlichen gehoben.
Digitized by
Google
Das Leuchten der Oase und Dämpfe. 52$
und dem Beobachter ist Da der Brechungsindex der Gase und der
Luft nicht merklich von 1 abweicht, so kann man c=3 • lO^^cm/gec.
setzen. Wenn wir daher zunächst annehmen, daß alle Moleküle
die gleiche Geschwindigkeit v besitzen, so würden die entsendeten
Wellenlängen in den Grenzen ^ f 1 ± ^j liegen. Die Breite dX der
Spektrallinie würde daher betragen
dl = X?^, (27)
Nach der kinetischen Gastheorie ^) ist nun der Mittelwert des
Quadrats der Geschwindigkeit der Moleküle gegeben durch
Mittel {v^ = 248_,^0i^ , (28)
wobei M das Molekulargewicht des Gases, ^ seine absolute Tempe-
ratur bedeutet Setzen wir daher:
V = YMMel^^) = 15,8 • 103 l/J, (29)
so würde z. B. für Wasserstoff {M=2) bei 50 <^ Cels. (^ = 323)
folgen V = 2010 • 10^ cm/gec = 2010 m/sec. Die Breite einer Spektral-
linie müßte also nach (27) sein: dX = X' 1,34 • 10""*. — Nach (27)
müssen die Spektrallinien im roten Teile des Spektrums mehr
verbreitert sein, als im blauen Teile. Dies entspricht tatsächlich
der Erfahrung 2).
Die Breite einer Spektrallinie hängt, wie wir früher auf S. 144
sahen, zusammen mit dem gi'ößten Gangunterschied, bei welchem
das Licht der Spektrallinie noch interferenzfähig ist. Wenn man
aus der Spektrallinie zwei Strahlen bildet, welche einen Weg-
unterschied von d cm besitzen, so können sie nach Formel (28)
auf S. 144 Interferenzenfransen bilden, deren Sichtbarkeit V für
den Fall, daß die Lichtstärke in der ganzen Breite der Spektral-
linie dieselbe ist, gegeben wird durch
^_sin4:tda ^
47C da ^ ^
1) Vgl. z. B. L. Boltzmann, Gastheorie I, S. 14.
2) Vgl. Winkelmann, Handb. d. Physik. 1. Aufl. Optik, 8.424 (Autor
Kayser).
Drude, Lehrbach d. Optik. 2. Aufl. 34
Digitized by
Google
530 Kapitel III.
Dabei hängt nach den dortigen Formeln (22) und (20) die Größe a
mit der Breite dX^=^}^ — X^ der Spektrallinie in folgender Weise
zusammen:
Die Sichtbarkeit V der Interferenzenfransen ist nach der
dortigen Gleichung (26) definiert. Nach Kayleigh kann man nun
noch Interferenzen wahrnehmen, wenn das Verhältnis JmniJuar
der Lichtstärken an den Stellen größter Dunkelheit und Helligkeit
den Wert 0,95 besitzt. Daraus würde V folgen zu 0,025. Setzt
man diesen Wert in (30) ein und berücksichtigt (27) und (31), so
würde die maximale Wegediflferenz c?, bei welcher noch Interferenzen
zu erhalten sind, folgen aus
(32) 0,025 = "^^"^i^ = ?^^^,
wobei zur Abkürzung A~ - ^=x gesetzt ist. Da die rechte Seite
von (32) klein ist, so ist die kleinste Wurzel von x in der Nähe
von 1 zu suchen. Setzt man x= 1 — e, so folgt aus (32):
0,025 = —^'-—r = f.
' 71 {1 — €)
Es ergibt sich also
(33) -=^.^=0,975-;^.
Wenn man darauf Rücksicht nimmt, daß nicht alle Moleküle
die gleiche Geschwindigkeit v besitzen, so wird der Wert von d!i
noch größer, nämlich annähernd 0
(34) x = 0,345^.
Wenn z. B. die Temperatur des in Geißl ersehen Rohren
leuchtenden Wasserstoffs 50 ^ Gels, beträgt, so müßte die Interferenz-
fähigkeit seiner Spektrallinien zum ersten Male verschwinden bei
dem Gangunterschied:
1) Vgl. darüber Lord Rayleigh, Phil. IVIag. (5) 27, S. 29S, 1889.
Digitized by
Google
Das Leuchten der Gase nod Dämpfe. 531
^ = 51600.
Bei Natriumdampf im Bunsenbrenner ist if = 2 • 23 = 46 zu
setzen. Nehmen wir die Temperatur zu 1500 ® Cels. an, d. h. setzen
wir ^ = 1773, so würde nach (29) folgen v = 98,2 -10^ und nach (34)
rf/;. = 105000.
Hier würde die Interferenzfähigkeit eine noch höhere sein^
wenn die Temperatur niedriger wäre. In der Tat kann man durch
elektrische Entladungen in einer mit Natrium beschickteu Vacuum-
röhre Licht voti höherer Interferenzfähigkeit erhalten. Bei dieser
Elektro-Luminiszenz ist die Temperatur viel niedriger. Michel-
son schätzt sie in einem Falle auf 250^ Cels. Dann würde ^/a zu
205000 folgen. Bei 50 <> Cels. wäre ^/a = 245000. Die große Inter-
ferenzfähigkeit der Quecksilberlinien erklärt sich durch das große
Atomgewicht (welches beim Quecksilber als einatomigem Gase gleich
seinem Molekulargewicht ist). Denn nach (29) wird durch ein
großes M die Geschwindigkeit v der Moleküle gering. Für Queck-
silber folgt bei M= 200, ^ = 273 + 50 = 323, y = 2 • 10^ und
dj^ = 517000.
Die in dieser Weise für die Interferenzfähigkeit berechneten
Zahlen stimmen annähernd überein mit den Beobachtungsresultaten
von Michelson. ^) Derselbe konnte auch direkt den Temperatur-
einfluß auf die Interferenzfähigkeit mit Hilfe einer mit Wasser-
stoff gefüllten Geißlerschen Röhre nachweisen, welche durch ein
umschließendes Kupferblech auf 300^ C. erhitzt werden konnte. 2)
Ohne diese Erhitzung waren die Interferenzfransen deutlicher, als
mit der Erhitzung. Die Erscheinung spricht zugleich dafür, daß
die Temperatur in der Geißlerschen Röhre eine niedrige ist,
d. h. daß das eingeschlossene Gas luminisziert, und nicht infolge
hoher Temperatur leuchtet. Denn eine Erhitzung der Röhre um
300 ^ Cels. kann nach (29) nur dann auf die Molekulargeschwindig-
keit V merklichen Einfluß haben, falls die Temperatur * niedrig
z.B. 50 ö Cels. ist.
Wenngleich die so erhaltenen Zahlen über die Interferenz-
fähigkeit sich den Tatsachen gut anschließen, so erschöpfen den-
noch die hier angestellten Betrachtungen den Gegenstand noch
1) Phil. Mag. (5) 34, S. 280, 1892.
2) Astrophys. Journ. 2, S. 251, 189G.
34*
Digitized by
Google
532, Kapitel III.
nicht völlig. Denn einerseits ist nach Ebert*) der Abstand zweier
Linien des Sonnenspektrums, die noch zu trennen sind, kleiner, als
sich aus dem Doppler sehen trinzipe ergeben würde, andrerseits
würde nach Lord Rayleigh^) die Berücksichtigung der Rotation
der Moleküle die Interferenzfähigkeit des von ihnen ausgesandten
Lichtes viel mehr herabsetzen, als die Berücksichtigung ihrer trans-
latorischen Bewegung. Die Rotation der Moleküle würde aller-
dings nur bei mehratomigen Molekülen zu berücksichtigen sein.
Die Erklärung der großen Interferenzfähigkeit der Quecksilber-
linien würde hiernach nicht hinfällig werden.
Falls man den leuchtenden Gasmolekülen einseitig gerichtete
große Geschwindigkeiten erteilt, so müssen sich nach dem Doppler-
schen Prinzip ihre Spektrallinien verschieben. Dies ist neuerdings
von Stark ^) bei elektrischer Entladung an den Kanalstrahlen be-
obachtet und dadurch ein wichtiger Fortschritt erzielt worden zur
Erkennung der Träger der bei Geißlerschen Röhren auftretenden
verschiedenen Arten der Spektren. Stark hat dadurch auch interes-
sante Beziehungen zu den Resultaten von Runge und Paschen^)
über die Zeemann-Eflfekte der Linienserien erhalten (vgl. oben S. 436).
Auch hat Stark gewisse Einflüsse der Translation auf die Licht-
emission senkrecht zur Translationsrichtung erhalten, z. B. wird
die Polarisation dadurch beeinflußt.^)
7. Andere Ursachen zur Yerbreltenmg der Spektraliinien.
Die Bewegung der Moleküle ist nicht die einzige Ursache zur
Verbreiterung der Spektrallinien. Die zeitliche Dämpfung der
Elektronenschwingungen muß der Interferenzfähigkeit eine Grenze
setzen und daher die Spektrallinie verbreitern,*) da Interferenz-
fähigkeit und Homogenität der Spektrallinie stets einander be-
dingen. Die Elektronen werden im Zustande stationären Leuchtens
immer wieder zu Schwingungen angeregt durch Zusammenstöße
der Moleküle. Je häufiger dieselben sind, um so kleiner muß
1) Sitz.-Ber. d. phys. med. Soz. Erlangen, 1889. — Wied. Beibl. 1839, S. 944.
2) Phil. Mag. (5) 34, S. 410, 1892.
3) J. Stark, Phys. Ztschr. 6, S. 892, 1905. — 7, a 92, 249, 251, 1906. —
Ber. d. Deutsch, phys. Ges. 8, S. 111, 1906.
4) C. Runge u. F. Paschen, Berl. Ber. 1902, 8. 380, 720.
5) J. Stark, Verh. d. Deutsch, phys. Ges. 8, S. 104, 1906.
6) Diese Ansicht ist von Lommel (Wied. Ann. 3, S. 251, 1877) und
Jaumann (Wied. Ann. 53, S. 832, 1894; 54, 8. 178, 1895) ausgesprochen und
mathematisch verfolgt worden. — Vgl. auch Garbasso (Atti d. R. Acad. d.
Scienc. di Torino, XXX, 1894).
Digitized by
Google
Das Leuchten der Gase und Dämpfe. 533
iv^iederum die Interferenzfähigkeit sein. Da nun die Zahl der
^Zusammenstöße mit der Dichte des Gases größer wird, so muß
auch durch Vergrößerung der Dichte eine Verbreiterung der
Spektrallinien entstehen, wie die Versuche tatsächlich bestätigen. 0
Durch alleinige Vergrößerung der Dicke der strahlenden Schicht
(innerhalb gewisser Grenzen) werden die Emissionslinien dagegen
nicht verbreitert, sondern nur heller. 2) Wenn allerdings die Dicke
•der strahlenden Schicht so beträchtlich wird, daß sie für alle
Wellenlängen merkliche Absorption besitzt, so muß sie, falls reine
Temperaturstrahlung vorliegt, nach dem Kirchhoff sehen Gesetz
«ehr verbreiterte Emissionslinien, d. h. schließlich eine kontinuier-
liches Spektrum entsenden. 3)
1) Vgl. hierüber Winkelmanns Handbucli d. Physik. Optik, 1. Aufl.
S. 419 u. ff., 2. Aufl. S. 706 u. ff. (Autor Kayser). — Vgl. femer Kayser,
Handbuch der Spektroskopie. Leipzig 1902, Bd. II, Kap. V. Die Verbreiterung
der Spektrallinien durch gegenseitige elektrodynamische Beeinflussung der
lonenschwingungen ist von Qa litzin e (Wied. Ann. 56, 8. 78, 1895) theoretisch
untersucht worden. (Vgl. auch hierüber C. A. Mebius, Wied. Beibl. 1899,
S. 419.)
2) Vgl. hierüber Paschen, Wied. Ann. 51, S. 33, 1894.
3) Vgl. dazu H. Wanner, Wied. Ann. 68, S. 143, 1899. Derselbe be-
obachtete eine merkwürdige Umkehrung der Natriumlinie bei einer durch
-wiederholte Spiegelung erreichten Dickenvergrößerung der Natriumflamme.
Digitized by
Google
Sachregister.
Seite
Abbes Kristallrelraktometer . . 324
Abbildungsformeln ... 16. 20. 23
— kollektive und dispansive . . 26
— rechtläufige, dioptrische ... 25
— rückläufige^ katoptrische . . 26
— teleskopische . . , . . . 18. 26
Aberration, astronomische . 108. 461
— , chromatische 62
— , sphärische 51
Abhängigkeit der Länge von der
absoluten Bewegung . . . 466
Absolute Temperatur T . . . 493
Absorbierende Körper . . . 338
— Kristalle 349
Absorptionsindex x .... 341
Achromatische Linsen . . 65. 87
Achromatisierung der Interferenz-
streifen 135
Achsen, optische 304
Aktive Körper, magnetisch — . 406
— , natürlich — 388
— , isotrope natürlich — . . . 389
— , kristallinische „ — ... 397
— , absorbierende „ — ... 404
Amplitude des Lichtes ... 118
Anastigmat'Aplanat .... 87
Angular- Vergrößerung . ... 23
Anomale Dispersion .... 381
— Methode der gekreuzten Prismen 383
— „ „ totalen Reflexion 383
Apertur, numerische . . 79. 85. 98
Aperturblende 68
Apianatische Fläche .... 11
„ Punkte der Kugel 32
Seit»
Apochromat 67. 92*
Astigmatische Abbildung ... 44
Äther, ruhend 445^
Auflösungsvermögen des Gitters 213-
— des Prismas 218^
— des Stufenspektroskops . . . 216^
Augenkreis ........ 71
Austrittspupille 67
Babinets Kompensator .... 242^
„ Theorem 207
Beleuchtungsstärke 73^
Beugung 173
Strenge Behandlung der — nach
Sommerfeld ....... 190
Strenge Behandlung der — nach
Schwarzschild lOO*
Beugungserscheinungen von
Fraunhofer . . . . • 200—207
— von Fresnel 176—188
Beugungsgitter 208-
Bewegte Körper 445-
Bild, optisches — , reell, virtuell . 15^
Bildwinkel 71
Bildwölbung 62
Billets Halblinsen 12a
Boltzmann-Stefansches (Jesetz . 50O
Bravaissche Doppelplatte . . . 331
Brechungsgesetz, — Exponent, —
Index G
Brechungsindex w, Physikalische
Bedeutung des — .... 121
Dichte und — 380
Digitized by
Google
Sachregister.
535
Seite
Brennebene, — Punkt, — Weite
17. 19. 20. 42
Brennlinie 46
Brennpunktseigenschaft des Git-
ters 213
Brennweiten, Verhältnis der — 35
•Chemische Valenz und Elektro-
nenzahl 376
Ohromatische Aberration ... 62
Dämpfung der Elektronen Schwin-
gungen 525
Dichroismus 352
Dielektrizitätskonstante € . . . 254
Beziehung der— zumBrechungs-
index 262
— der lonengattungen . . . 367
Differentialgleichungen des elek-
tromagnetischen Feldes . . 255
— für ein festes Koordinatensystem 445
— „ „ bewegliches ., ... 453
Diffraktion des Lichtes .... 173
Diffusion „ » .... 226
Dispersion der Körper .... 362
Dispersionsformeln . . . 372—374
Dispersionsvermögen 63
Dispersion: anomale 381
— normale 371
— der Metalle 385
— der Rotationspolarisation . . 401
— der magnetischen Botationspo-
larisation 417, 425
Dissymmetrisch isotrope und kri-
stallinische Körper .... 389
Doppelbrechung 228
Dopplers Prinzip 460
Drehung der Polarisationsebene 394
Drapers Gesetz 486
Eigenschwingungen , ultrarote ,
ultraviolette 377
Einachsige Kristalle 307
— positive und negative . . . 308
Eintrittspupille 60
Elektromagnetische Lichttheorie 246
Seite
Elektronen 363
freie — . 378
— hypothese und Luminiszenz . 521
— konstanten, aus Dispersion
berechnet 376
Elementares Wirkungsquantum . 513
Elliptizitätskoeffizient .... 278
Emissionstheorie 117
Emissionsvermögen 469
Energiefluß 258
Energie Verteilung im Spektrum
des schwarzen Körpers nach
Wien 510
— nach Planck 512
Entropie 496
Erregungsbahn 234
Farbe des Lichtes 118
Farben dünner Blättchen ... 128
Farbenphotographie 148
Fermats Prinzip der schnellsten
Ankunft des Lichtes . . 13. 121
Femrohr, astronomisches ... 99
— , holländisches 101
— , terrestrisches 103
— , Prismendoppel — von Zeiß 103
— , Vergrößerung 100
Fizeaus Polarisationsversuch . 462
Fluoreszenz 527
— von Natriumdampf .... 527
Fokometer von Abbe .... 44
Fortpflanzungsgeschwindigkeit
des Lichtes nach Bradley . 108
— Fizeau 109
— Foucault 111
— Eömer 107
Fraunhofersche Beugungserschei-
nungen 200—207
Linien 488
Fresnel: Beugungserschein. 176—188
— Biprisma 127
— Gesetz für Lichtgeschwindig-
keit 299
— Reflexionsformeln 268
— Spiegelversuch 122
— „ Modifikationen 127
— Zonenkonstruktion .... 154
Digitized by
Google
536
Sachregister.
Seite
Geradlinige Ausbreitung des
Lichtes 4. 122. 159
Geradlinig polarisiertes Licht . 235
Gesamtstrahlung, Abhängigkeit
der — von der Temperatur 498
Gesichtsfeld 70
Gitterspektrum 210
Glasplattenstaffeln von Michelson 214
Grenzbedingungen .... 257. 293
Grundgleichungen der Maxwell-
schen Theorie .... 251. 253
Gruppengeschwindigkeit . . . 114
Halleffekt 420
Differentialgleu;hungen . . . 422
Strahlen parallel zur Magneti-
sierung 423
Strahlen senkrecht zur Magne-
tisierung 431
Hauptazimuth 344
Hauptbrechungsindizes .... 321
Hauptdielektrizitatskonstanten . 295
Hauptebenen 20
Haupteinfalbwinkel 343
Hauptlagen von Kristailplatten . 336
Hauptschnitt 229. 307
Hauptschwingungsrichtungen . 241
Hauptsätze der Thermodynamik 478
Hauptstrahlen 60
Helligkeit der BUder ... 80. 84
Himmelslicht 227
Höfe um Mond und Sonne . . 208
Huygens' Prinzip . . 15L 154. 168
Jaminscher Eompensator . . . 138
Immersionssystem . . . .91. 224
Interferentialrefraktor .... 136
Interferenz des Lichtes .... 116
— bei hohen Gangnnterschieden 139
— polarisierten Lichtes . . . 233
Interferenzerscheinungen in ein-
achsigen absorbierenden Kri-
stallen 360
— in zweiachsigen absorbierenden
Kristallen 355
Interferenzfransen, Sichtbarkeit
der — 132. 145
Seit»
Interferometer von Fabry und
Perot 146^
Lummer und Gehrke . . 146-
Michelson 141
Invariante, optische . . . . , 35-
lonen 363^
lonengattungen, mehrere . . . 368
Iris 6&
Isochromaten 334
Isogyren 334
Kerrsches Phänomen .... 440
Kirchhoffs Gesetz 482:
Folgerungen aus — . . . . 485
Knotenpunkte 2S
Kohärente und inkohärente Licht-
quellen 126
Kollektivlinse 93
Kollineare Verwandtschaft . . 1&
Kolloidale Metalllösungen ■ . . 227
Komafehler 61
Kombination mehrerer Abbil-
dungen 27. 42
Kompensationsokular .... 94
Kompensator von Babinet . . 242"
Senarmont 241
Kondensor 95-
Konische Refraktion 315^
— äußere — 3ia
— innere — 317
Konjugierte Punkte 16
-— Konstruktion für — ... . 24
Konkavgitter 211
Konvergenzverhältnis .... 23
Kraft, elektrische und magnetische 248^
Kraftliniendichte 24a
Kreisprozeß 49S
umkehrbarer — 494
Kristalle, absorbierende . . . 34^
Kristallplatten, Durchgang von
Licht durch — 31^
f otalreflexion an — .... 323
Kristallrefraktometer von Abbe 324
Ejrumme Lichtstrahlen .... 291
Kugel, Brechung an der — . . 31
— , Reflexion an der — ... 35
Digitized by
Google
Sachregister.
537
Seite
Lage der Schwingangen im po-
larisierten Licht . 237. 238. 269
Landoltscher Streifen .... 397
Leistungsgrenze des Auges . . 221
Femrohres 220
Mikroskops .... 98. 221
Leitungsströme 253
Lichteinheit 75. 471
Lichtgeschwindigkeit .... 107
— gleich Verhältnis der Maß-
systeme 261
— in Kristallen 299
— in bewegten Körpern . . . 451
Lichtin tensitat 76
— des optischen Bildes ... 78
Lichtmenge 71
Lichtstärke 72
Lichtvektor 234. 296
Lichtweg, ümkehrbarkeit ... 7
— , Satz vom ausgezeichneten — 9
Linsen, dicke 38
— , dünne 40
Lippmanns photographisches Ver-
fahren 148
Luminiszenz, Temperaturstrah-
luDg und — . . . . 480. 520
Lupe 88
Magnetisch aktive Körper . . . 406
Differentialgleichungen für — 409
Magnetische Doppelbrechung . 432
— Drehung der Polarisations-
ebene 413
— Feld der Lichtstrahlen . . 440
— Strom 251
Magnetisierungskonstante fi . . 254
Magnetismus, Para — , Dia— 254. 255
Magnet-optische Eigenschaften
von Fe, Niy Co . . . , . 437
Malus' Satz , . 13
Maßsystem, elektrostatisches und
elektromagnetisches . . . 249
Maxwells Theorie, Grundglei-
chungen 251. 253
Mechanische Lichttheorie . . . 245
Metallprismen von Kundt . . . 347
Metallreflexion 342
Seite
Meterkerze 75. 472
Michelsons Glasplattenstaffeln
(Stufenspektroskop) . . . 214
— Interferenzversuch .... 463
Mikroskop 90
Augenlinse 93
Leistungsgrenze 98
Vergrößerung 96
Mittellinien, optische .... 304
Molekularströme von Ampere und
Weber 407
Natüriich aktive Körper ... 388
Newtonsche Ringe ... 128. 134
Intensität der — 287
Nikoli*ches Prisma 230
Normale Dispersion ..... 371
Normalenfläche 302
Nörrembergs Polarisationsap-
parat 232. 327
Oberflächenschichten 272
Öflnungsblende ....... 68
Öffnungswinkel 68
Okular von Huygens 93
Ramsden 93
Kompensations — .... 94
Okularkreis 71
Optische Achsen, Mittellinien . 304
Optische Konstanten der Metalle 346
Orthoskopische Punkte .... 61
Ortszeit 457
Phase des Lichtes 119
Photographische Systeme ... 86
Photometer 74
Photometrie 71
Plattensatz, Polarisation durch . 270
Polarisation 228. 239
Polarisationsapparat von Nörrem-
berg 232. 327
Polarisationsebene 230
Drehung der 394
Polarisationsmikroskop .... 331
Polarisationswinkel 232
Polstärke 248
Poyntings Satz vom Energiefluß 253
Digitized by
Google
538
Sachregister.
Seite
Prevosts Theorie deeWinneaus-
tauschs 477
Prismendoppelfemiohr .... 103
ProjektioDswinkel 68
Papille, Austritts — 67
Eintritts — 60. 61
Purkinjesches PhfiDomen ... 75
Beflexionsformeln nach Fresnei
und Neumann 268
Reflexionsgesetz 6
Rcflexionsvermögen der Metalle 344
Relativer Strahlengang, von Be-
wegung unabhängig . . . 458
Relativitatsprinzip 467
Rotationsdispersion, anomale . . 404
Schiefe Beleuchtung des Mikro-
skops 224
Schwingnngsellipse 235
Sinussatz 50. 55. 492
Solarkonstante 472
Sommerfelds Behandlung der Beu-
gung 190
Sonnentemperatur aus Energie-
verteilung 509
Gesamtstrahlung .... 502
Spektrum, sekundäres .... 63
Spiegelteleskop 104
Stefan-Boltemannsches Gesetz . 501
Stehende Lichtwellen . . . 147. 237
Strahlenachsen 312
Strahlenfläche 310
Strahlengang 69
Strahlengeschwindigkeit. . . . 310
Strahlung 469
Strahlungsdruck 475
Strahlungsintensität 470
Abhängigkeit der — vom Bre-
chungsindex 488
Ströme, Verschiebungs-, Leitungs- 253
Symmetrieachsen, elektrische . 295
Teleobjektiv 87
Telezentrischer Strahlengang . 69
Temperaturstrahlung und Lumi-
niszenz 480. 520
Thermodynamik, Hauptsätze . . 478
Seit»
Totalreflektometer 287
Totalreflexion a 280
— an Kristallen 323
— Licht im zweiten Medium . 284
Trabanten der Spektrallinien. . 146
Transversalwellen 237
Trichroismus 352
Trfibe Medien 226
Turmalin 233
Ultramikroskop 225
Undulationstheorie 117
Terbreitemng der Spektrallinien
— nach Dopplers Prinzip . . . 528
— andere Ursachen 532
Vergrößerung .... 20. 22. 27. 29
— normale 83
— des Fernrohrs 100
— der Lupe 88
— des Mikroskops 83
Verschiebungsgeseiz von Wien . 503
Verschiebungsströme 258
Vollkommen durchsichtiger Kör-
per 482
— spiegelnder — 481
— schwarzer •— 483
Wärmestrahlen größter Wellen-
länge 345
Dispersionskonstanten ftlr — . 375
Rcflexionsvermögen — ... 348
Wellenebene 119
WeUenfläche 119
Geometrische Konstruktion der
— von Kristallen .... 305
Wellenlänge 119. 120
Wieners Versuche .... 147. 237
Wiens Verschiebungsgesetz . . 503
Wirkungsgrad einer Lichtquelle 473
Zeemannefiekt
Umkehr des — ....
Zerstreuung des Lichtes
Zirkularpolarisiertes Licht.
Zirkular polarisierte Wellen
Zonenkonstruktion von Fresnei
434
437
226
235
395
154
Dmok von Aagnst Pries in Leipzig.
Digitized by
Google
Digitized by
Google
'o-
oL
Digitized by
Google J^
Digitized by
Google
Digitized by
Google