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Full text of "Ludwig Uhland: Eine Studie zu seiner Säkularfeier"

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Jotdung üC^rand. 



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Ludwig "gifytatxb 



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cSinc #tui>ie ju feinet £äßttfarfeier 



von 



^exmmn 3ftf<0er. 




§iuiigarf. 
Verfaß bet §. 0. gotta'ftfen ^u^^nöfunö. 

1887. 



JUleHedfte, 

infonberfcit in ötjU^ung auf Ueberfefeunaen, flnb oon ber 

Derlagstyinblung porbefyalten. 



Drurf toon föebriiber Ordnet in Stuttgart. 



3Frte&ttd( 3Nfdjer 



in äteefjrtittg 



bargefoad^t. 



j xi ft a 1 1 



Seite 

\. 3»genb 3 

2. (Bebtdjte unb Dramen 36 

3. polttifer tinb arabemtfdjer leerer \07 

<*. (Belehrte (Dtätigfett ^9 

5. 2XIter nnb (Eob J80 

ZTadjn>etfe ^96 




'm 26. Sfyrit 1787 ift ßubnrig ttylanb ju Tü- 
bingen geboren roorben. 2Bie fein 2tob t>or bolb 
fünfunbjroanjtg Sauren ju einer fieid&enfeier 2lnlaf$ ge* 
geben Ijat, bergleid&en bad befdfjetbene Tübingen bis ba- 
^in nodf) leine gef etyen fjatte, f o f>at aud& bie f)unbertjäl)rige 
geier feiner ©eburt bie fefitHd&ften SBeranftaltungen 
hervorgerufen. Sludfj tttterarifdje ©aben für baö fteft 
fjaben nidfjt gefehlt. 2ln biefe mag fi<$ im folgenben 
eine weitere anreihen, in welker id& t>erfud&t l)abe, 
bad duftere Seben bed ©tdfjterd, über bad mir fd&on 
feljr ergiebige Duetten befifcen, nur furj ju entwerfen, 
baneben aber ein 33üb t)on feiner ©igenart als 3)id&ter, 
als Patriot unb alö ©elel)rter ju verfugen. §unbert 
Sa^re finb feit ber ©eburt beö ©idfjterö, mel)r als 
ftebjig feit bem erften ©rfd&einen feiner ©ebid&te t>er- 
ftoffen: bad ift rooljl ein genügenber 3^traum, um 
einen fiberfdfjauenben 33li<f über feine Stellung in 
unferer Sitteratur^ unb ©eiftedgefdfjid&te ju geftatten. 
2>ie politifdjen Äämpfe, in bie ftdfj Urlaub mitten 
hinein geftettt l)at, fielen feit ber ©rrid&tung beö 
©eutfdfjen 9tetdf)ä in feiner praftifd&en SBerbinbung met)r 

3fif4«t, Suburifl Itylanb. 1 



mit jefcigen SBerfjältniffen unb SBernridftungen , man 
nrirb rooljl t>erfu<f)en fönnen, eine 3)arfteHung ber* 
fclbcn oljne SBoreingenommenljett ju geben. 3)ie ge* 
lehrte ^Bewegung, an melier ttljlanb Slntetl genom- 
men §at, ift in ber igauptfadfje abgefdftfoffen, bie 
gorfd&ungen unferer ©ermaniften Ijaben ftdfj jumeift 
von ber altbeutfd&en Sßoefie unb Rultux ab unb bem 
fpradjlidjen ©ebiete jugeroenbet, fo bafc jtdf) ber Sßtafe, 
ben ttljlanb Ijier ju beanfprudjen Ijat, mit einiger 
©enauigfeit befümmen laffen bürfte. Stuf ber anbem 
Seite ift aber burd) ein paar SBerfe, roetöje 3*ü unb 
Sßerfonen in urfunblidjer £reue t>orffif)ren, aufy bafür 
geforgt, bafc eö bem jeitlidfj ferne ©teljenben ni<$t an 
ben ßofalfarben feljle, meldte ju bem Silbe beö 
3Kannes unb feiner Umgebung gehören. 




I 



ö ift ein oft gehörtes SBort: man fönne Urlaub 
mdf)t t>erfte$en, oljne bie Sanbfdjaft, in bcr er unb 
feine Sgrif ju §au% ift, ju fennen. 3$ mödjte biefeä 
Sßort auf ba$ -äRenfdtfidje übertragen. ttljlanb f)ängt 
mit ben ßuftänben feiner ijjeimat aufs aHerengfte ju- 
fammen. SRcd^t rooijl ift eö iljm nur in biefen alten 
33erl)ältmffen, mag aud) fein reifer ©eift nad) allen 
©eiten barüber Ijinauagreifen. 

S)ie Familie tttylanbö war fd&on ein paar ®e- 
nerationen t>or Ujm in SEübingen angefeffen. ©ein 
ttrgrofct>ater ^atte jtdj im Safyx 1720 bafelbft nieber* 
gelaffen unb eine noti) in unferem ^aljrljünbert ange= 
feljene iganblung begrünbet. Steffen ©oljn fdjlug nadj 
altroürttembergifdjer ©itte bie geiftUdje Saufba^n ein; 
er würbe Sßrofeffor ber Geologie unb ©uperattenbent 
befi ©tiftö unb Ijat in biefer eijrrofirbigen Stellung 
nod) biö in bie Süngtingöja^re beö ©nfete hinein ge* 
lebt, benn er ftarb erft 1803, mit einunbad&tjig Sebenö- 
jaljren auf bem SRficfen. SBon ben Äinbern, bie ii)m feine 



grau, bie Stodfjter beö Sanbfdfjaftöeinneijmerö ©täubßn, 
geboren §atte, ift neben beö ©idfjterö 33ater, Sodann 
griebridfj, nodf) ber fpätere Tübinger Dberamtöarjt 
6rnft ttljlanb ju nennen, roeldfjem man in ben SBerfen 
über feinen Steffen ba unb bort begegnet. Sofjann 
griebrid^ felbft ftubierte bie SRedjte unb nmrbe ber 
Slmtönad&folger unb ©d&roiegerfo^n beö UnitJerfitätö- 
fefretärö &ofer. @r war 1756 geboren unb ift am 
29. Sluguft 1831 geftorben, tm Sttter von fünfunbfiebjtg 
Sauren, roie nadf) Ujm fein ©oljn. JtörperUdjje Straft unb 
Sanglebigfett ift in ber gamilie erblidf) geroefen; t)on 
ben bireften 58orfaf)ren beö ©id^terö biö ju bem S8c- 
grünber ber Tübinger ßinie hinauf ift feiner unter 
fiebjig Sauren t>erftorben. SSon ber SRutter ttljlanbö 
fennen mir einen 33ruber, ben im Sa^r 1813 Der- 
ftorbenen Pfarrer &ofer in ©d&miben bei ©annftatt; 
er ift eö, ben Urlaub in jroei ganj befonberö auö 
feiner eigenften Statur entfprungenen ©ebid&ten, „$uf 
ben £ob eineö Sanbgetftlid&en" unb „2luf ber lieber* 
faljrt", t)eremigt Ijat. S)ie SWutter felber jeigt fidj alö 
eine auögejeid&nete grau in einigen ^Briefen an ben 
©of)n, auö benen ungemein t)ict SSerftanb unb meib= 
Ud&er, auf baö Sßraftifd&e gerichteter ©inn, oljne 3Ser= 
jidfjt auf feinere Siegungen unb §ö!jere ©trebungen 
beö ©eifieö, in einer fjerjerquidlid&en SBeife rebet. 
®er SSater mufe ein burdf) unb burdf) eljrenroerter, 
geraber unb geredeter SBiebermann gemefen fein, ber 
bem ©oljne bie feften Seftanbteüe feineö SBefenö 
vererbt f)aben mag; bie feineren famen jebenfaßö x>on 



ber SUhttter. 2Bir nriffen tum tuet Ätnbern. 25aö 
ältefte ftarb naty ber ©eburt. $>a$ jroeite, 1785 ge- 
boren, mar ein IjoffnungötJoHer Jtnabe, fjriebrid^ mit 
•Kamen, ber aber f<$on neunjährig t>om ©d&arlad&fteber 
batyingerafft würbe. 3tt>et 3*$** nadE) iljm war Sub- 
toig geboren ; unb ad^t Saljre na$ bief em eine ©d&roefter 
fiuife. ©iefe »erheiratete fidf) im %afyc 1818 mit 
einem au« SBaleörobe ftammenben Geologen -äWeger, 
ber ©iafonuö in &aiterbad>, fpäter in 5ßfuHingen 
tourbe; fie ftarb fdfjon im %al)x 1836, iljren ©o^n 
tyat ßubroig, ber finberlofe ©ruber, in fein $atö auf- 
genommen. 

©ie Umgebung, in melier Urlaub aufmudfjö, ift 
dfjarafterifttfdfj für 3*ü unb Drt wie aud^ für mand&eö 
in feinem eigenen SBefen unb ißanbeln. ttijlanbö ©e- 
burtfifyauö ift nur wenige ©dfjritte t)on ber Slmtö- 
moljmmg befi ©rofeoaterö unb bem „©ttft" ent* 
fernt. SHefe Slnftatt §at ja^unbertelang bie geiftige 
Sßfwfiognomie beö roürttembergtfdfjen Sanbeö beftimmt 
unb befyerrf d&t ; bübet fie bodjj auü) jefet nod^ roemgftens 
einen feljr roefentlid&en gaftor in berfelben. ©ie mar 
bie redete £odf)burg lutfjeranifd&er Sted&tgläubigfeit, an 
roeldfjer bie mürttembergifd^e Geologie mit einer für 
baö gattje roürttembergifdfje SBefen ber »ergangenen 
Sa^r^unberte d&arafteriftifdfjen ^ä^igfeit feft^iett; fpäter 
als anbersmo im proteftantifd&en Deutfd^Ianb brangen 
tljeologifd&e Steuerungen burdf) bie feften 9Jtauern biefer 
im Sntiem nodf) ganj ftöftertidE) eingerichteten Slnftatt ; 
erft in unferem 3<*^unbert ift gerabe baö ©tift ju 



einer ^Pftegftättc freier tyeologifdjer ^orf d^ung , oljne 
irgenb eine befiimmte Sßarteiridjtung, geworben unb 
es bis je|t geblieben. aber es war fdjon in alten 
3eiten eine igeimat reblidjer Slrbeit unb ein SBereini- 
gungsort guter ßöpfe. 2lu8 früheren Älöftern waren 
ba§ ©tift felbft unb bie nieberen ©eminarien, roeld&e 
auf baöfelbe vorbereiteten, hervorgegangen; fie ge- 
währten atte freie Verpflegung ber 3 ö 9Knge, tveldje 
bei ber bamalö fc^r jlrengen Älofterjudjt nidjt viel 
©elegenljeit jur ©elbverfdjroenbung Ratten, ©o tvurbe 
bie t^eologifdje Saufbaljn, welche überatt ju ben billige 
ften unter ben afabemifdjen ©tubien jäljlt, in SBürttem- 
berg nodj ganj befonberö bie 3 u ff u $* f ftr unbemittelte 
Jünglinge, namentlich für ©öljne f leiner Beamten, 
in erfter Sinie ber Pfarrer, in beren Familien ber 
ftrdjlid)e SBeruf nodj biö auf unfere £age öfters feit 
^aljr^unberten fortgeerbt Ijat. Slber bafür mürben 
feljr tfid&tige Äenntniffe jur Stufnafjme in biefe 21m 
ftalten verlangt; bie beräumte tvürttembergifd&e ©pe- 
jialität beö „Sanbejamenö" mar ein feljr enges ©ieb, 
burd) baö geringere ober felbft mittlere Segabungen 
burd&ftelen. talentvolle unb fleißige Sirmut ift ganj 
eigentlich bie ©ignatur ber Äreife, bie ftdj auö bem 
©tift refrutierten. @ine etyremverte jtttlidje fieben§= 
ffiljrung unb ein bebeutenbes, grünbli<$es SBijfen fteljt 
auf ber einen, ein oft ganj ibiotifd) gemafjnenber 
■Diangel an bem SBeltverfianb , ben ber Unbegabtere 
fdjlieftfid) burefy ben SBerfeljr mit weiteren Äreifen ge= 
minnt, auf ber anbem ©eite ber SRebaille. 3)er 



(Sinflufe bes ©tifts erftredte unb erftredt fi<$ aber 
nodf) triel weiter als blofe auf bie t^eologifd&en Kreife. 
95er ganje Ijöfjere Se^rftanb ging aus bem ©tift 
§en)or, wie roenigftens jum größeren Seile nod) 
jefct; unb baräber hinaus war unb ift bie 3 a ^ btx- 
jenigen beträd^tlid^ , roeldje bie t^eologifd&e Saufbatyn 
eingefd&tagen, aber fpäter gegen eine anbere t>ertaufdjt 
Ijaben unb nun au$ in weitere Kreife bes Beamten* 
tumS etwas", oft fe^r triel von ber Sttmofpljäre, in 
ber fie jut>or lebten, hineintragen. 

Sie mfirttembergifdfie Ktrd&e war eine Korporation 
mit allen Siebten einer folgen unb mit einem ganj 
beträcljtlid&en Bermögen. SReben i^r ftanb bas weit- 
lidfje Beamtentum: „Pfaffen unb ©Treiber", nrie 
Unjufriebene fie nebeneinanber [teilten. @s ift eine 
(gtgenljeit ber altroürttembergifdjen Berfaffung, in roel= 
<$er gürft unb Sanb einanber als Kontrahenten eines 
Vertrags gegenüberfianben, baf$ es fein in ber $er- 
fon bes dürften gtpfelnbes Beamtentum nrie in mo= 
bemen ©taaten gegeben Ijat. 3)ie Beamten finb 
weit weniger Staats- als Korporationsbeamten, unb 
äffe bie einzelnen Korporationen finb mieberum ver- 
treten in ber großen ©ejamtforporation ber „£anb= 
fdjaft". S« biefer flnben fid) bie Prälaten, b. I). bie 
Borftänbe ber einzelnen alten Klöfter, neben bie Ber= 
treter ber mehligen Slemter gefiefft, mit melden fie 
als eine Körperfdjaft jufammen tagen unb beraten. 
35er gürft fteljt neben brausen ; er Ijat bas ^Kammer- 
gut" als Duelle feiner (Stnfünfte ein für affemal an* 



8 



gemiefen, bamtt fann er nadfj freiem belieben f galten; 
bie ßanbfdjaft ift gar niift oerpfftdfjtet, üjm etmas bar- 
über hinaus ju reiben, menn fie bas au<$ in ben 
Dielen Äompromiff en , bie fie mit einer Sfteüje oon 
igerjögen fd(jlof$, oft genug getyan §al Seibe £eile, 
ber gfürft in ganj abfoluter Stellung als Matrimonial- 
§err unb bie Sanbfdfjaft als SBerroalterin ber Staats* 
einnahmen unb ausgaben, ftanben einanber auf einer 
Sinie gegenüber. 2luS biefem (Styarafter ber alttoürt- 
tembergifdjen Sßerfaffung flammen üpe SSorgüge unb 
©ebredjjen; aus bemfelben ftamtnt audfj ein gut £etl 
ber roürttembergtf<$en SBolteeigenf haften : SReigung gur 
SSefdfjränfung auf engere unb engfte Äretfe neben 
einem feljr f djarf ausgeprägten 9ftedf)t$gefüi)l unb einem 
republifanifd^en ©tolj, momit eine jälje än^änglid^feit 
an bas SCIte unb ein ferner beftegbares STOifctrauen 
gegen bie ©elbftyerrlidfjfeit bebeutenber Merfönlidfj- 
feiten &anb in &anb get)t. gfir bie Slusbtlbung mo- 
ralifd&er SSorjüge ein t>ortreffli$er SBoben, minber 
für bie über lonoentionette ©d&ranfen ^tnausftre* 
benbe @röf$e eines tljatenburfiigen ©enies. SBenn 
SBürttemberg eine ganj bebeutenbe Slnjaljl tüd&tiger 
unb Ijod&begabter Äöpfe, ein Ijoljes ©urd&fd&nittsmafc 
ber gelehrten ©Übung aufguroeifen ijatte, fo l)at es 
biefen SBorjug mit einem auffallenben SWangel an 
ftaatsmännif<$er unb roeltmämufdfjer SBtlbung, mit 
ber „©ntfd&rodbung" feiner bebeutenbften unb freieften 
©eifter — iä) nenne nur Slbbt, ©filier, Segel, S&öU 
berlin unb ©dfjetting — bejahen muffen. Urlaubs 



9 



geiftiger 3uf$nitt Pftfcte freiließ fo t)oQftänbig ju ber 
gangen geifiigen ©eftalt feine« &eimatlanbe$, bafc er 
unbefdfjabet feiner §ert>orragenben ©etfteöfraft md&t 
über biefelbe Ijtnauöjuftreben brauchte. @r war in 
fie fdfjon bur<$ ©eburt unb SSerroanbtfd&aft mitten 
IjineingejieHt. 

2Bie er burdfj feinen ©roffrater von t>äterttdfjer 
Seite mit . ber t&eologtfd&en ©rofemad&t im ßanbe 
3fü§lung Ijatte, fo burdf) ben SBater unb burdf) ben 
©rofcüater von mütterlicher ©eite mit ber etnftuf$retdfjen 
unb bebeutenben Äörperfd&aft ber Tübinger i&odf)fd&ule. 
3)ie ©rofcmutter ttt)lanb aber gehörte nid&t blofc einer 
fe^r angefe^enen fjamilie in bem aitmürttembergif<$en 
ftamütentyeUigtum an, fonbern mar no<$ baju bie 
£o<$ter eine« ^Beamten ber Sanbfdfjaft. 35a fjaben 
mir bie mefentUdfjen Seftanbtette beifammen, au% benen 
fidf) ber fefie SBoben bübet, in meinem ttljlanb rourjelt, 
aus meinem er nie t>erfeftt morben ift, oljne meldfjen 
iljm aud(j gemtfc ber iljm jufagenbe Sebendfaft ge- 
fegt ptte. 

6ö maren burdfjauö gefunbe SBerljältntffe, in benen 
ber Stnabt ijeranmudfjö. 3m tmterttdfjen Saufe Drb= 
nung unb 3w$t, meldte bem ©o^ne für fein ganjeö 
Seben geblieben ift oon ber reinen unb jüd&tigen 33e- 
trad&tung beö SRenfd&enlebenö im großen bis jur pein= 
lid&en Drbnung in allen Angelegenheiten beö täglidfjen 
©efd&aftfi; 33ermanbte in Tübingen felbft unb im 
Sanbe ijerum, meldte ein gaftfreied &au$ offen Rieften 
— ein fdfjöner 3«g in b«n gegen Sluömärtige nid&t 



10 



übermäßig gaftltdjen SBürttemberg mar bie ungemeine 
©aftfrei^eit gegen alles, roas in einem beliebigen (Stab 
t>ermanbt ober a\xä) nur „gut greunb" fein mochte, 
t>on melier namentttdj bie $Pfarrf)äufer ju fagen 
mußten — ; eine tyerrltdje (Segenb mit ber gefünbeften 
Suft, mit ben medjfefoottften (Spaziergängen unb ben 
mannigfaltigsten, ftimmungöüo Elften £anbf<$aftsbilbern, 
erfüllt von Ijifiorifdjen ©rinnerungen, benen in fpäteren 
Sauren ber 9Kann mit unermüblid&er £reue unb 
feinem ©pürfinne nadrforfd&en fottte. Uljlanb mar ein 
frifdjer, berber Änabe, in förperlt^en Uebungen ge- 
rvanht unb außer ben übltdjen Äinberfranl^eiten immer 
gefunb ; er Ijat aud) fpäter, roäljrenb ber gmeiunboierjig- 
jährigen 3)auer feiner @§e, feinen 3Xrgt gebraust biö 
ju feiner lefcten Äranffyett. 2Bie er an Seib unb ©eele 
um>erborben blieb, fo l)at er audj in ber ©djule fi<$ 
mader gehalten. 3n ber gefaxten £ateinfd)ule 
Tübingens, ber schola anatolica, mar er faft immer 
ber @rfte feiner Älaffe. 

SBir fjaben nodj Ueberrefte von feinen ©djuk 
leiftungen. $)ie Äunft, latcinifd^e SBerfe ju madjen, 
ftanb bamalö an ben mürttembergifdjen ©djulen in 
uoHer Slüte. Urlaub muß SWeifter in tyx gemefen 
fein; man lieft von ^unbert latetnifd&en SBerfen, bie 
er auf einmal für bie ©djule angefertigt fyabt. (Sa 
finb uns ein paar groben feiner Äunft erhalten geblie- 
ben, au& etroas fpäterer Seit, °bex bie Uebung reicht 
jebenfaHö nod) in bie ©d^uljeit jurüd. 6m ©elegenljeitö= 
gebiet in SHftidjen von jierlidtfter Urbanität verrät 



11 



benmnberungswfirbige ©ewanbt^eit, ein glücf lid&es ©tu- 
bium ber alten römifd&en ©legtfer. Unö folget He- 
bungen Ungewohnten imponieren berartige Seiftungen 
aUerbmgö meljr als einer mit iljnen vertrauten $eit; 
Urlaubs SBcrfc ftanben aber audfj bamate jebenfaflfe 
über bem ©urdtfd&mttdmaf}. Sie fappljifd&e ©tropfe, 
an fidj wotyl fd&wieriger unb in ber ©d&ule minber 
geübt, !jat fidf) iljm nid&t oljne mannen SBiberftanb 
ergeben. SBeit ja^Ireid^er aber finb Uljlanbs SBerfud&e 
im beutfd&en ©ebid&te nodf) aus ber j&tit ber ©d&ule. 
©ie beginnen fd&on im Sa^re 1800, unb gleid|) au$ 
bem folgenben 3a^r lenne idf) iljrer me^r als ein 
2>ufcenb. ßines berfelben ^angt atterbingö unmittelbar 
mit ber ©d&ule jufammen, eine gereimte Sitte an ben 
Steftor um ©ewä^rung ber grüfjjaljrsoafanj, ein an- 
beres wenigftens mittelbar, benn es ift eine lieber- 
fefcung aus ©ilius Stalicuö. Sie übrigen finb o^ne 
fol<$e 33eranlaffung entftanben unb Ijaben bie t>er= 
fd&iebenften ©egenftänbe unb gormen, fie jeugen tum 
früher ©ewanbtljeit bes SluSbruäs, t>on ber Äenntnis 
bebeutenber SDfttfter; aber wer wirb oon ben @rjeug- 
niffen eines SBierjeljnjäfirigen erwarten, bafe fie ben 
fpäteren 3Keifter oerraten? 

3m Saljre 1801 mürbe Uljtanb fonftrmiert; ben 
t>orberettenben ttnterridfjt Ijatte er beim ©rofjtwter ge- 
noffen. 3m &erbft besfelben Sa^reö mürbe ber SBier- 
jeljnjäljrige unermartet oor bie Sßa^t feines Berufes 
geftettt. ©eine eigenen Steigungen mären auf p^ito= 
logtfd&e ©tubien gegangen, aber biefe waren bamals 



12 



no<$ nidfjt in georbnetem felbflänbtgem Setrieb an bcr 
IjeimatHd&en &od)fd)ule; unb fo mar ftatt iljrer bas 
©tubium bcr 2Rebt$in in Slusfid&t genommen, @s 
mürbe aber in jenem 3>a^r ein grofees ©tipenbium 
frei, bas nur für SEljeologen unb Suriften beftimmt 
mar, unb fo entfd&tofc fidj Urlaub ju ber Saufbatyn 
feines SBaters, ber jurtftifd^cn. ©er ©ntfdfjlufe muffte 
über 3laü)t gefaxt merben, unb Urlaub felbft fagt 
„gegen meine« feerjens 3)rang". Uns ift nun freilidj 
ber Surift unjertrennlidfj oon bem 33itb Uljlanbs, bes 
nie gebeugten SBertreters alter gefdjjriebener ©efefce 
mie ber „ungef d&riebenen 9tedfjte" bes gefränften SBolfes ; 
unb er felbft läfet ja ben zbtn angeführten SBorten bas 
Sefenntnis folgen, bafc iljn nid&ts fo ergreife unb jum 
Sieb begeiftere, als bie ©öttin bes SRed&ts, menn jie 
SBölfer jur Jtlage, Äönige $ur SRed&enfd&aft rufe. 

©o meit mar's im ^afytt 1801 nod^ mdfjt. Urlaub 
inflribierte jroar am 3. Dftober jum ©tubium ber 
SRedfjte, aber t)on einer mirflidfien ^Betreibung besfelben 
fonnte nodfj feine Sftebe fein, ©s mar ntd&t feiten, 
bap Tübinger Sürgerfö^ne in fo früfjen Sauren afabe= 
mifd&e SSürger mürben. 2ln ber anatolifdEjen ©dfjule 
fehlten bie Dberflaffen. 35iefelben mürben bann burdfj 
5ßrit)atunterrid^t erfefct, ber bie formell fd&on jum 
©tubium jugelaff enen auf basfelbe oorbereitete. U^lanb 
genofc folgen $prit>atunterrid(jt bei bem Repetenten 
©eubert, ber fpäter Sßralat mürbe; mir erfahren auf$er= 
bem, baf$ er SBorlefungen bei bem pljilologifd&en 5ßro= 
feffor ©egbolb työrte unb bafe ©onj, ber bamalige 



13 



iQauptt>ertreter bcr ftaffifd&en 9Htertum$nriffenfd|jaft 
unb bcr frönen ßitteratur in Tübingen, rooljlroollenbe 
Seilnaljme für tyn gejetgt fjat. SRebcn ber ftaffifdfjen 
Sitteratur mürben au<$ neuere ©pradfjen getrieben. 
5Bon ben fdfjönen Äünften tyulbigte Uljlanb ber jeicfc 
nenben nid&t o^ne ©ef dfjtä ; namentlich im aquarellieren 
von Sanbfd&aften Ijören mir tyn loben. S)ie 3ttuftf 
liebte er, aber oljne fie auszuüben. Äörperlid&e ttebungen 
pflegte er unb bemaljrte fidf) ©emanbtljeit unb SUMjär- 
tung bis in fein tyoljeä Sllter. 3ln bem ftubentxfd&en 
£tbtn in ber §erfömmü<$en 2lrt unb SBeife Ijat er 
feinen Slnteil genommen, audfj mdftf, al$ er im Saljre 
1805 fein eigentlidfjeö gadftftubium begonnen fyaitt. 
(Sr f)atte an feiner gamilie einen feften 3tfidff)alt, unb 
es fehlte audf) an ^reunben nid&t, unter benen fidf) eine 
gehobene ©efeßigfeit anfnüpfte. 3$ miH bie jiemlidfj 
jaljlretd&en SRamen ber 3ugenbfreunbe Urlaubs, wie 
mir fie au& feinem SBriefmedftf el t ernten, nidfjt anführen ; 
für mürttembergif d&e D^ren Ijaben mehrere bief er -Warnen 
fe^r guten Älang, aber bie ©efd&id&te unferer ßitteratur 
nennt fie ni<$t. ©ie mirb nur bie SRamen 3iuftinu$ 
Äeroers unb Äarl Stftoijers ju nennen fyabtn, meldte, 
beibe ein 3al>r älter als ttljlanb, 1803 unb 1804 bie 
ttnfoerfttät belogen, ©ie finb bie eigentlichen littera- 
rifd&en ©enoffen ttljlanbö, mie bamate, fo aud& nodf) 
weiterhin; ju tynen tritt fpäter ©d&mab, ber mit 
Urlaub na<$ beffen 9iüdßel)r von ?ßarid in greunb^ 
fdjjaft getreten ift. 3$ serfpare aber auf timn an- 
bereu Drt, von ben gemeinf amen poetif d&en Seftrebungen 



14 



imb SBerfudfjen bcr ^reunbe ju rcbcn. SBon bem muntern 
unb (jarmlofen £on bcr ©efetttgfeit, ber unter tynen 
fjerrfdfjenb war, geben uns bie galjlreid&en SBriefe, 
roetöje SRaijer in feinem gefpräd&tgen SBudjj über Urlaub 
t>eröffentftdf)t §at, einen Segriff. SWaper ift ber gute, 
treue Äamerab mit einem feerjen t>oH ©onnenfdfjetn, 
etwas umftänbttd&, faft jeremomöö nadf) fdf)tt>äbif<$er 
3lrt unb SBetfe, ber Pfleger aller t>erroanbtfdf)aftltd(jen 
33ejiel)ungen, bie fidf) nrie ein trielmafd&tgeö 9lefe gmif df>en 
ben 33eamtenfamUien SBürttembergö f)in unb fjer 
fpannen, bas äuge für aHe§ getne unb ©dfjöne ge= 
öffnet, ate $reunb ber Statur mit jener unenblid&en 
2lnbad&t gum Äleinen unb Merfteinften btQabt, bie 
er in willigen epigrammartigen Siebern Sluöbrud 
ftnben läfct; babei aber ber moralifdfjen -Jiatur naä) 
fernljaft frif<$> fretyeitsliebenb, ein rüftiger SBanberer, 
ber baö ganje Sanb bie Äreuj unb bie Duer burdfj* 
jogen unb aud^ ben nid^t minber rüftigen ttljlanb nodjj 
um fieben Sa^re überlebt l>at. 

@ine gang anbere SRatur mar Äerner. ©d&on 
frü^e fränfelnb, tyat er bodf) ein ^oljeö SUter erreicht ; 
feine neroöfe Äonftitution mag bie SBtberfprüdfje unb 
©d&roanfungen in feinem SBefen erflären. 6r ift meidf) 
bte gur Unmännftd&feit, bann nrieber jomal auffd&nettenb, 
ja fatirifdfj angreif enb. 35eß Sammems ift fd&on in 
feinen ^ugenbbriefen lein @nbe; aber ein Shtcf, unb 
ber fanguinifdfje SKann fdftfägt bie £öne beö auö= 
gelaffenften feumorö an. %n it)m ift von allen ben 
greunben am meiften t>on ber romantifd^en Ironie. 



15 



2)odj ift fic bei iljrn nifyt jerfefcenb unb t>erneinenb; 
bic SBejaljung erhält bas ttebergenrid&t. ©r bringt bcn 
2Renfd)en unb Singen ein üon Siebe übetroaüenbeö 
&erj entgegen; leidet üerlefct, üerjei^t er ebenfo leidjt. 
©ein §au& am guße ber SBeibertreu ift eine offene 
Verberge für bie üerf cfyiebenften ©elfter geroef en ; Senau 
unb SUefanber t>on SBflrttemberg fyabtn bort gekauft, 
aber audf) nodfj ganj anbere 3)ämonen, bie ber menfdfjens 
freunblid&e Slrjt armen SReroen- unb ©emütöfranfen 
anzutreiben bemüht war. Sludfj fein ©eifterglaube, 
ben ber t>on igaua aus ganj rationaliftifdjj angelegte 
ttfjlanb nie geteilt, ben er trielme^r in ber prädjjtigen 
„©etfterfelter" fe^r anmutig ironifiert Ijat, nimmt an 
bem ^umoriftifd^en ©runb^uge be§ ganjen SWanneö 
teil. 3m ©runbe treu unb rooljlmeinenb, ift Äerncr 
bodfj jum Spielen aü$u geneigt. 35er geiftig unru^igfte 
unb neroöd erregbarfte unter ben greunben, tritt er 
au$, mie mir feljen werben, am frütyeften felbftänbig, 
ja aggreffto, in bie litterarifd^e Deffentlid^Ieit t)inauö. 
tttylanb erfd&etnt in ben Sriefen ber greunbc 
immer als xfyc geiftigeö igaupt. ©<$on in btn Seiten 
iljreö afabemifd&en gufammenlebenö *) at er mehrere 
feiner ^orjüglid^ften ©ebid&te gef Raffen, ©eine ruhige 
gefiigfeit, feine männliche Söttlbe trugen weiter baju 
bei, ü)m fdfjon in frühen Sauren baö unangefochtene 
Slnfeljen ju t>erf Raffen, beffen er fein lebenlang alö 
ber größte unb befte unter ben jeitgenöffifdfjen ©intern 
feiner Heimat genoffen l)at. SBam^agen, ber im ©pät* 
Ijerbft 1 808 naä) Tübingen f am unb mit Äerner balb 



16 



eine innige greunbfd&aft fdftfofc, nennt Uljlanb „ben 
entfd&lojfenften, Ijartnädfigften ©dfjroeiger", ber ifjm bis 
baljin oorgefommen fei. „Siebet er aber, fo ift, ma§ 
et fagt, gebiegen, ftar, jroedhnäjHg unb möglidftft fürs. 
Dljne alle Slbfidfjt unb 3icrerei ift eö fo, auö freier 
■Watur Ijerauö." Sieben SSam^agen, fagte Ufjlanb felbft, 
fyabt man freiließ fd^roeigfam erf feinen muffen; aber 
es ging anbem bamate unb fpäter ebenfo mit ü)tn. 
@r ^atte bie SCrt entfc&loffener unb jielbettmfcter ©^araf- 
tere an fi<$, roeld&e nid&t unnfife reben, meldte jroar 
unbeugfam entfdftfoffen finb, t>on iljren Meinungen 
fein Sota nadfoulaffen, eß aber für gang überftüffig 
galten, bief elben überatt aufjutifd&en. 6r ift im lifc 
terarifdfjen unb im pottttfd&en £tbtn feiner Ueber* 
jeugung treulidfj nachgegangen, oijne anbern bie irrige 
ju oerargen. ®ine grfinblidfje unb reblid&e gorfdfjer* 
natur, baute er feine ©pejialforfdjungen auf baö fau= 
berfte unb gemiffenfjaftefie aus, otyne ben Äifcel ju 
enajflopäbifd&cm Sßiffen ober gar jur eiteln 2fas* 
framung eines folgen ju Ijaben. SBon entern ©tolj 
befeelt, mar er fidjj ju gut, ftdf) aufjufpielen. §uU 
bigungen, bie man iljm in fpäteren Sauren fo oft 
barbradjte, waren iljm ftets peinltd^, oielleidfjt nidfjt 
bloß aus 33ef<$eibenl)eit ober roetl er ftdf) ba genötigt 
fe^en fonnte, öffentlich $u reben — was er, wo's bie 
©ad&e wollte, ganj oortrefflidE) oerftanben i)at — , fon* 
bern auü), mie es Def)lenf Kläger einmal an tym b& 
merft fyabm wollte, aus einem ©tolj, ber roaljrljaft 
grofeen 2Renfdfjen faum jemals fehlen fann. SBenn 



1? 



man anbererfeitö auf bie in Uljlanbö &eimat fo fe^r 

häufige Ungewanbtljeit ber 9tebe Ijinwetft, bie bei iljm 

befonbers ftarf nor^anbcn war, fo trifft bas, rote bei 

uns ©dfjwaben überhaupt, fo aud) bei U^lanb nur in 

einer bestimmten Stiftung ju. 2Ber bie f<$wäbifd)e 

©efettf<$aft aud) nur ein wenig fennt, ber weift, wie 

lebhaft, ja aufgeregt unb leibenfd&aftlid) bie Unter- 

Haltungen unferer 9Kännergefettf<$aften fein fönnen. 

Slber ber SBürttemberger, fall« nid)t inbimbuette ©igen- 

tfimlidtfeit ober längerer aScrtc^r mit gfremben eine 

Ausnahme bewirft, wirb nur gefprädjig in einem Äreife, 

voo er ganj Ijeimifd) ift. <5r ift t>erlefcbar unb mifc 

trauifdf); er Ijat pon alter $eit, von jenen SJagen Sllt- 

Württembergs l)er, wo fein ßanb eine Slrt t>on Snfel 

im potitif <$en unb ftulturleben bilbete, wo innerhalb 

beöfelben ein ©pftem von Korporationen ben Drganiö* 

muß bes (Staates ausmalte, ein lebhaftes Sewußtfein 

uon ber 33ebeutung feines 3Wafro= unb 9Ki!rofosmuS, 

ein ableljnenbes SBeneljmen, bas an 33era<$tung flrcift, 

gegen bas gfrembe unb innerhalb feiner ©renjftöde 

bie Steigung, wieber neue ©renjen in $orm ber t>er- 

fdjiebenften gefettigen Äorporationen ju bilben, beren 

gegenfeitiges SBerljältms leidet in geinbfdjaft ausartet. 

©o entfielt naturgemäß eine gewiffe Slbneigung gegen 

größere unb freiere ©efettigfeit, aber innerhalb ber 

einmal gebilbeten Äreife ein um fo lebhafteres unb 

burdfj (Stilette wenig geftörtes treiben. 2tud) von U^= 

lanb wiffen bie, welche i^m einigermaßen näljer famen, 

px berieten, wie ganj anbers, wie bequem gefettig er 

Bfiffter, SJubtoig U&lanb. 2 



18 



ftd) gab, wo er in jufagenber ©efefffdfwft war. @r 
war gar lein $reunb bcr ©infamfeit; aber er liebte 
Keine, burdfjauö juf ammengeljörige Streife. 2)ie 2Ränner= 
gefettfd&aft war es, bie er nadj ffibbeutfd&er SBeife üor- 
$og; in ber ein gerabeö 2Bort fein SBerftofc gegen bie 
©efettfdfjaftöregel ifi. 3)aö 3Re|elfuppenlieb unb bie 
beiben Strinflteber finb i^m üorn &erjen gefommen, 
unb aufs feinfte l)at er baö 23jeetrinfen, bas Storn- 
Ijagen ju feinem e&rlidfrften ©ntfefcen in Tübingen nodf) 
nid&t 3Kobe geworben fanb, jum ©egenftanbe jierlicfc 
Ijöflid&er Ironie gemalt. Sie gemifd&te ©efcüfd^aft, 
in ber oberfläd&lid&eö ©eifireid&tljun fo gerne bie Dber= 
Ijanb gewinnt, fonnte iljm nidf)t jufagen; bafi SBeib 
ftanb bem SKanne t>oQ tiefgrünbiger (Smpfinbung ju 
Ijodf), als bafc er mit iljm l)ätte fofettieren mögen. 
2lm Ijäuötidjen £ifd& ober in ©efettfd&aft weniger 
^reunbe, ba taute er auf; ba fonnte er berebt werben, 
ja üon Suftigfeit fprfil)en. ®in liebenöwürbiger £umor, 
ber gerne bie ©pifce audf) gegen fidf) felbft wenbet, 
fprid&t aufc mannen feiner ©ebidite, unb ein fold&er 
war ü)tn audf) im gefelligen SBerfe^r eigen. Älatfdf) 
unb ©emeinljeiten burften ba feine SRoffe fpielen, unb 
bie aud) bei emfter ©egnerfd&aft mit bem fdfjlimmften 
SBort jurücf&altenbe 3Rtlbe in ber $orm, bie er in 
feiner politif<$en Sßolemif, in feinen wenigen fritifd&en 
äleufterungen über litterarifd^e 3)inge an ben £ag legt, 
ift ü)tn gewifs audf) im gefettigen SBerfetyr eigen gewefen. 
3n jungen SJagen war er woljl lebhafter, Ijumoriftifd&er 
unb ju luftigem ©pafj, audf) ©pott aufgelegter als in 



19 



fpäteren Sauren. SBcnn alle feine 93riefe — fie finb 
ja leibet bie einigen Drigütalurfunben, aus betten ber 
©pätergeborne bte Kenntnis feiner perf önlid&en 3lrt 
ftd) ju geben f köpfen fann — eine ernfte, gemeffene 
$orm bes Slusbrucfs bewahren, bie in ben an $rembe 
geri^teten faft ins ßeremoniöfe getyt, mnn mir in 
üjjnen vergebens jene felbftgefättige, polemifd&e 3Wanier 
fud&en, in bie ein SBrieffdfjreiber fo feljr leidet üerfättt, 
fo finben nrir bodfj in ben greunbesbriefen aus ber 
3fugenbjeit eine lebenbigere gärbung, eine jugenbüdfje, 
ftubentifdfje greube am ©djerj, felbft am Ijarmlofen 
©pott. 3Jn ber Sugenb, bis ju feinem breifngften 3al)r 
etroa, l)at er folgen Stimmungen audE) öfters öffent= 
lid^en 2tuSbrudf im ©ebid^te gegeben, aber nur in 
genriffen ©darauf en: ber &umor otyne fatirifd&e ©pifce 
Ijerrfdjjt bei weitem üor; roo fidf) ©atire, ^onie finbet, 
ift fie nie vergiftet unb jeigt ftdf) burdjaus auf bas 
Ktterartfdfje ©ebiet befd&ranft, auf ben Äampf jmifd^en 
ber SWomantif unb iljren (Segnern, roo feine emften 
Sebensfragen ins ©piel famen unb roo bie ftttttdfje 
Beurteilung fein gorum Ijatte. Sluf bem potitifd^en 
©ebiet fämpft er ernft unb gemeffen; ^ier, roo audf) 
ber Ijarmtos gemeinte ©pott leidet ©erlebt, weil bie 
tiefften Sbeen heraustreten unb ber 3Kittelpunft bes 
fittüd^en 9Renfd^en in bie ßampflinie rüdEt, ift nur in 
einem ©ebidjjt, ber „Sßanberung", bie SBaffe bes iQoIjnö 
— unb eines farfaftifc^mnid)tenben — gef dEjnmngen ; 
biefes ©ebid&t ift aber aus bem %dt)x 1834, ber $ett 
ber tiefften polittfdfjen ©nttäufd&ung, ein Saljr, nafy 



20 



bem Urlaub feinen 33eruf feiner politifdjen lieber^ 
jeugung Ijatte jum Dpfer bringen muffen, o^ne eine 
ftrud&t für fein SBaterlanb bapon ju ernten. 3n ben 
Stampfen um bie SBerfaffung tjatte er neben ben ®e~ 
bieten, bie wir in ber Sammlung feiner SBerfe lefen, 
audfj fatirifdjje SBorte auf SSangenljeim gebietet, aber 
er t)ielt es für Unred&t, ftc ber Deffentttdjjfeit ju über= 
geben. 

3)er greunbesfreis, in meinem Urlaub mä^renb 
ber ©tubentenjafjre fidfj bewegte, mar aus Angehörigen 
attef gafultäten jufammengefefet. Sturer perfönlidfjer 
greunbfd&aft bttbeten audfj tttterarifdjje Seftrebungen 
einen Äitt unter i^nen. ©s mar bie 3eit, ba bie 
Sftomantif in ifjre jroeite Sßeriobe eintrat, bie 3*ü, ba 
33rentano, 2lrnim, Greujer in ißeibelberg ü)re roman* 
tifdfje Hofburg aufgefdfjlagen Ratten unb aus i^r bie 
aKanifefte bes neuen poetifd&en ©laubens in bie SBelt 
fanbten. S)ie Tübinger greunbe nahmen an biefen 
33eftrebungen Stntcil. Slus iljrer ©tubentenjeit finb 
nidjt blofc bie ©idfjtungen, mit benen fie juerft im 
©efotge ber SRomantif erfdfjienen, fonbem es entftanb 
audj) bamals, im Sa^r 1807, ein ^anbfd^riftlid^es 
„©onntagsblatt" in iljrem Streife, roeldfjes in ftubem 
tifd&er Stneipjettungsroeife, bodf) audfj in ernfteren £önen 
bie ©adfje ber 9tomantif vertrat; Ultfanb naljm einen 
^ert)orragenben Stttteit baran. SHe S)auer biefes 
SMatteS mar furj. 9We^rere Sängeljörige bes Streifes 
t>erßefjen fd&on 1807 bie fcod&fd&ule. 3mei 3a§re 
fpäter gingen Sterner unb SBarnljagen oon Tübingen 



21 



fort. 2tud) Urlaubs bleiben mar nidf)t meljr lang, 
©r Jjatte fdfjon im 3a^r 1808 ba§ juriftifdfje gwful* 
tätöc^amen rüljmlidE) beftanben; am 1. 2lpril 1810 
übergab er feine 2)oftorbiffertatton unb btfputierte $mei 
Stage barauf. @§ mar feine einjige Strbeit aus bem 
©ebiete beö gelehrten SRedjts unb Ijanbelte de juris 

romani servitutum natura dividua vel individua. 

35ie 2lbbanblung fyat t>on ©adfjfennern eine l)ödjft am 
erfennenbe ^Beurteilung erfahren; etmaö llngrünbltd&eö 
jii madfjen märe für ttfjlanb eine Unmögltdf)feit ge* 
mefen. 

©<$on als Urlaub neun ^afyxt früher fid^ für bas 
©tubium ber Siebte beftimmt Ijatte, mar ifjm oon 
feinem SBater eine nriffenfdjjaftlid&e Steife in 9luöfid^t 
geftettt morben. Sie trat er nunmehr an unb gebaute 
mit ber 2Bal)l feines Steifejielö jugleidfj feinem prafc 
tifd&en Seruf unb feinen litterarifdfjen Steigungen ju 
bienen. SBürttemberg mar ein ©lieb beö 9tt)einbunbs ; 
ben Code Napoleon in granfreidfj felbft praftifdf) 
lennen ju lernen, fonnte für bie Ausübung beö 
jurifüfdfjen SBerufeö -Jtufcen bringen, ©o badete jeben- 
falls ber SBater Urlaub, als er ben Sßlan, nadE) $aris 
ju gelien, gut Ijiefj. 2)er ©ofyn mar nidf)t gemittt, an 
biefer Duelle praftifd&er SBeleljrung oorüberjugefjen; 
aber raas tyn nad^ $aris jog, mar meit meljr bie Siebe 
jur Sßoefie bes SKittelalters, meldte er bort in ben 
©djjäfcen ber großen 33ibliot^eI fo gut mie nirgenbs 
fonft ftubieren fonnte. ©o reifte benn Ufjlanb im 
9Jtai 1810 nad& Sßariö, jum ©ntfefcen Äerners, ber 



22 



fidEj ntdjt üorftcücn fonnte, mas fein greunb bort 
fudfje. @r traf in $aris mit SBarnljagen mieber ju= 
fammen, lernte aud) ©£)amiffo fennen, aber bie wert- 
twllfte 33efanntfdE)aft mar bie mit Swntamtel 33efifer. 
2ln i^n, eine ebenfo grünblid&e unb fdfjmeigfame Statur 
mte er felbft mar, fdjloß er fidf) eng an. SBeffer mar 
ju f laffxfdj-pljilologifd&en ßmedf en nadf) $arte gekommen, 
fjulbigte aber baneben feinen Steigungen für romanifdje 
Sitteratur. @r madfjte Urlaub mit ber fpanifdfjen unb 
portugiefifdjen ©pradfje unb Sitteratur befannt, Urlaub 
it>n mit benen beö Sorbens ; in ber pflege alt= 
franjöfifd&er 35id)tung trafen fie beibe jufammen. @ö 
mar bamals t>on ben ©Säften berfelben nodf) ganj 
menig befannt. Urlaub eignete fidf) mit feinem eifernen 
gleife, ber audfj burdfj bie Äälte beö 2Binter§ in bem 
mangelhaft gezeigten ©aal ber 33ibliotljef ntdjjt ju 
ermüben mar, feljr bebeutenbe ßenntniffe auf biefem 
©ebiet an, bie er fiel) jum gröfeern Seile burdj mfl$« 
fameö ©tubium ber ißanbfd&riften felbft ermerben 
mußte. @ine $rud£)t biefer ©tubien mar ber „SUif- 
fafe über ba§ altfranjöfifd&e (Spoö", üon bem idj fpäter 
ju reben Ijabe. S)ie Slbfd^riften llljlanbö aus alt- 
franjöftfdfjen föanbfd&riften Ijaben nodfj anbem gorfdjjern 
gute SHenfte getrau; unb nid£)t üergeffen barf idjj bie 
Anregung, meldte er felbft burdE) feine arbeiten $u 
mannen poetifdfjen SBerfen erhalten fjat, nidfjt bloß $u 
bireften tteberfefcungen altfranjöftfdSJer ©ebid^te,fonbem 
audf) ju eigenen ©d)öpfungen, unter meldten fi<$ ein 
paar feiner auagejeidfjnetfien beftnben. S)aö gelb mar 



23 



weit, auf baö fidfj ttljlanb ijier begeben Ijatte, unb t>er- 
fpradfj mandEje wolle grudfjt. Urlaub rofinfd&te feljr, 
feine glüdftxdf) begonnenen ©tubten nodfj länger fort- 
feien ju fönnen; aber ber bamate nodfj erforberlicije 
Urlaub $um Slufenttyalt im 2lu8lanb würbe tljm von 
feiner Regierung t>em>etgert. ©o mufete er nad& adfjt- 
monatlid&em Stufentljalt am 26. Sönuar 1811 vtm 
Sßaris abreifen. 63 war erftauntid) mel, roaö er ftd() 
bort in biefer für berartige ©tubien fnapp bemeffenen 
3eit angeeignet Ijatte; aber er wirb nur mit ©d)tner$ 
an baö gebaut Ijaben, maß er nodfj weiter Ijätte er- 
werben fönnen. 3luf ber feeimreife naljm Urlaub 
einen lurjen Stufentljalt bei Äerner, ber ftd) im 2Büb= 
bab als 2lrjt niebergelaffen fjatte. S)ie greunbe be= 
fpra<$en ben Sßlan eines poetifdfjen 2Hmanad(j$, ben 
Äerner no<$ im felben 3>af)r erfd&einen Hefe. 3lm 
14. Februar ift ttfjlanb wieber in Tübingen. 

6$ mar woljl ein harter ©prung aus bem feine 
gange ©eele befriebigenben ©eleljrtenleben in Sßaris in 
baö eine« Jtanbibaten ber 5Re<$te, mit einem 2eben&= 
beruf oor 2iugen, ber auf foldfje geifiige ©enüffe l)in 
üottenbö nidjjt meljr munben wollte. SDie ^urifterei 
machte iljm „taufenb ©frupel", wie er feinem t)er~ 
fdjjwiegenen SJagbudfj ancertraute , unb feinem -Kaper 
Hagte er, wie feljr er üereinfamt fei. 2)ie Sßoefte, 
oon beren „gemaltfamem unb mftinftmäfngem 3Sor= 
bringen unter ganj frembartigen 33efdfjaftigungen" er 
berietet, unb bie gelehrte arbeit an feinem Sluffafc 
über ba$ altfranjöfif^e @poß tröfteten iljn. 



24 



2tud) an neuen $reunben fehlte es md&t. %ä) 
nenne Äarl -Kapers 33ruber äfoguft, ber bamate bie 
9te<$te in Tübingen ftubierte, ein Jüngling pon 
glüljenbem ©eifte, oon tyoljer mufif alif dfjer SBegabung ; 
t)or allem aber ©uftat) ©d&mab, ber als ©tubent ber 
Geologie im Stift lebte. S)iefe 33efanntfd(jaft, meld&e 
fd&nett ju einer innigen $reunbfd&aft mürbe, f)at für 
Uljlanb bie größte unb erfreuliche Sebeutung erlangt, 
©d&mabs fanguinifd^e Seb^aftigfeit ergänzte llljlanbs 
bebädfjtige, ja mitunter fdfjmerfättige -Jiatur. 2)er fünf 
3>aljre jüngere 3ßann flaute mit einer glü^enben 
Segeifterung ju feinem 9Mfter auf; es mar iljm bie 
^öc^fie 33efriebigung, ftd& Urlaubs ©d&üler ju nennen, 
ba er bodfj, im mefentlid&en freilidf) auf iljm fufeenb, 
in mannen Seftanbteilen unb 9ttdf)tungen feiner 
^Socfie ftd& felbftänbig neben üjn ftetten fonnte. S)ie 
SBerounberung für ttfjlanb auäjufpredfjen, ift ©dfjroab 
ntdfjt mübe gemorben, unb er Ijat in feiner Ittterarifdfjen 
£l)ättgfeit, jumal als 9tebafteur be$ SDiorgenblattö, 
bie auögiebigfte ©elegenljeit baju gehabt, ©r mar 
aber nidjt blofc ber treu ergebene Sttnger, ber 3lafy 
folger unb ©enoffe in ber bid&terifdfjen Äunft, er mar 
für Urlaub no<$ meljr. Äerner unb 3Kaper ftanben 
biefem im Stltcr näljer, mit bem erften fjatte er bie 
erften $lüge in bie poetifdfje Deffentlidfjfeit getrau, 
mit bem jmeiten üerbanb i£)n politifd&e ©eflnnung 
unb in ben fpäteren Sebenöja^ren gemeinfamer 3Bol>n= 
ort. ©djjmab aber Ijatte bie unfd(jä|bare SBebeutung 
für Urlaub, ba§ er if)n audjj auf feinen ©ängen als 



25 



^orfdjer begleitete, bafc er geroiffermafjen ein 33anb 
jtmfdjen ber jettlofen SHdjtung Urlaubs unb ber 
litterarifdjen Kultur ber ganjen $ät Wfonfl. ®* 
Ijatte t>or ben beiben anbem ftreunben bie encpflo= 
päbifdie, pf)ilofop£)tfdje ©Übung bes ©tiftlers üoraus, 
bie bei iljm bie beftimntte Stiftung auf bas 9leftl)ettfd)e 
naljm. @r f)at ftd) ntit antifer, mittelalterlidEjer unb 
neuer Sitteratur im umfangrexdjften 2ttafje befaßt 
unb war als ©tjmnafialleljrer, als 33erfaffer eigener 
SBerfe, Herausgeber unb tteberfefeer frember, enblid) 
alö SRebafteur einer mäßigen titterarifdjen 3ettfd)rift 
in feiner igeimat ein bebeutenber StlbungStrager, eine 
litterarifdje ©rofsmadEjt. 

■Jladjbem Urlaub anbert^alb !3aljre befd)äfttgungs= 
los ju igaus gelebt tyatte, eröffnete fid) eine 2fosfidjt 
für fein praftifdjes Seben. <5r befam ben SBorfdjlag, 
alö ©efretdr beim Suftijminifterium protriforifdj ein- 
jutreten, unb es mürben tljm gute 3lusfidE)ten weiter* 
Ijin gemalt. Urlaub geigte ftd) bereit, erhielt am 
3. ©ejember 1812 bas 2lnftettungsbefret unb fiebelte 
am 16. na<$ Stuttgart über. 3n i> er Jßauptfiabt bes 
ßanbes Ijatte er nun fiebjeljn 3a^re lang feinen Sßoljns 
jxfc, ben er erft ju Slnfang 1830 infolge feiner 
(Srnennung jum Sßrofeffor mieber mit feiner 33ater= 
ftabt Tübingen üertaufdjte. ©ein erfter 33eruf ge= 
roäfjrte if)m aber feine SBefriebigung. 3)er 9Winifter 
t)on ber Sülje nrirfte fdjon von 2lnfang an abftofeenb 
auf iljn unb es bilbete fid) jtmfdjen bem SBorgefefcten 
unb bem Untergebenen fein angenehmes SBer^ältnis 



26 



auö. 2ludf) bcr ganje ©efdfmftefreiö, in ben nodfj tncl 
Äabtnettöjuftij Ijereinragte, mar bcm ©tnne bes jungen 
9Kanne§ juroiber. Angenehmer gematteten fidfj bie 
perfönlidjen SBerljältniffe. @3 fonnte fdfjon bei ben 
naljen Sejie^ungen ju angelesenen Familien Stuttgart« 
nid&t an einer freunblidfjen SSfafprad&e fehlen. 2Kandf)e 
alte greunbfdjjaften würben befeftigt unb mm ge- 
grünbet. 9Kan roeift namentlich t>on einer ©efettfd&aft 
geiftretd&er 3Kanner, in bie llfjlanb Slufnaljme fanb 
unb bie na<$ bem rü^mlidf) befannten SBein^auß, in 
bem fie üerfeljrte, bie ©dfjattengefellfd&aft genannt 
mürbe. %vlx fie f)at U^lanb mandfjes gefettige Sieb 
gebietet, unter anberem bie ©efd&id&te von ben fiebert 
3e<$brübern, man mödfjte mutmaßen audj baö £rinf- 
lieb „2Ba§ ift bas für ein burftig Safjr" unb baö 
■JRefcelfuppentieb. < $n biefem Greife ging es mdf)t 
weniger frifdfj unb burfd&ifoö $u als früher in bem 
greunbeöfreiö auf ber &odf)fd£)ule. Um fo ernfter unb 
unerquidElid&er mar baö praftifd&e Seben. 2Bar baö 
Regiment Äönig griebridfjö für einen red(jt§= unb frei= 
Ijeiteburfttgen 2Rann überhaupt fein ©egenftanb 
freubiger Seitnafjme, fo geroifc am menigften für 
einen, ber an biefem Äarren felber mit jieljen foffte. 
3)aju bie allgemeine SBeltlage. 211$ Urlaub fein 2lmt 
in Stuttgart antrat, mar ber ruffifd&e ^etbjug bereite 
an feinem gräfclidfjen @nbe, bem ;Jttdfjte, angelangt. 
Sßürttembergifd&e ©olbaten mürben, unb in nid&t ge= 
ringer Slnjaljl, bie Dpfer biefes Unternehmens. Qtod 
natye greunbe Uljlanbs waren barunter. 2)er oben 



27 



genannte 2lugufi Sßatjer war jur 2lrmee ausgehoben 
worben unb Ijatte ben fjelbjug als Seutnant mit= 
gemalt; auf bem 9tücfyuge fam er um, niemanb 
wußte genau ju jagen, wo unb wann unb rote. Studj 
einen anbem, t>on mir nodfj nid()t genannten greunb 
muftte Urlaub in SRuftlanb laffen. griebrid) t)on öatp- 
predfjt Ijatte im 3>a^re 1805 in Tübingen Suri&prubenj 
ftubiert unb mar bort mit U^lanb befannt unb be* 
freunbet geworben. üftad) einer furjen 33efdfjäftigung 
mit ber gorftwiffenfdfjaft mar er bann feinem igange 
jur militarifdfjen Saufba^n gefolgt unb Ijatte ben 
öfterreidjifd&en $elbjug beö %a§u& 1809 als Leiter- 
offijier mitgemacht. 3)er ruffifd^e ftelbjug fottte anty 
ü)n t>erf<$lingen. 9iadf)bem er bei ©molenöf fx<$ baö 
Äreuj ber (Sljrenlegion erworben Ijatte, fanb er in ber 
©dtfadjt bei 3WoöI)ai«f ba§ (gnbe feiner friegerifd&en 
Saufbaljn burdfj einen ßanonenfdjufc, ber i^m ein Sein 
jerfdjjmetterte. S)ie Teilung ging gut vor fi<$ unb 
ber SRefonoaleSjent fonnte fidf) mit Silbern fricblic^en 
ßebenö in ber fd)wabifd&en Heimat einwiegen. 9luf 
bem großen SRüdjuge fam er glücflidfj über bie 33erefina; 
aber er mußte mit ftroftf d)äben in SBilna jurücfgelaffen 
werben unb erlag bort am 10. Januar 1813 bem 
■Kert>enfieber. 6r ift e§, ben U^lanb in bem ©ebtdfjt 
„Sluf ber tteberfaljrt" feinem eigenen Dljeim Jgofer, 
ber im nämlid^en Sa^re 1813 ftarb, gegenüber* 
geftellt Ijat: 

SMefer, braufenb t>or uns allen, 
3ft in Äampf unb ©türm gefallen. 



28 



IMjlcmb Ijat bas änbcnfcn bcö greunbea au<$ nodfj 
anberö atö in bicfem crft jc^n Satyre fpätcr gebiä^ 
tctcn Siebe üerljerrttdfjt. 3)enn er ift e§, obvooty er 
feinen Flamen nidfjt nannte, ber im %ofyct 1813 bie 
Heine ©d&rift „3)enfmal griebridfjs üon £arppred(jt" 
herausgegeben fjat: eine furje 33iograpf)ie beö SBer- 
jiorbenen, feine $etbbriefe auö ben %ctf)ttn 1809 unb 
1812, eine 2luön)af)l feiner lprifdf)en ©ebtdf)te unb ein 
paar ©ebenföerfe beö (Spigrammatifers igaug. @ö 
war ba§ erfte 33ud(j, mit meinem Uljlanb, obwohl 
nur afe Herausgeber, an bie Deffentttd&fett trat, unb 
es Ijat baburdfj eine eljrwürbige Sebeutung für feine 
greunbe. 

S)er furdfjtbare Ausgang bes rufftfd&en getbjitgö 
befferte für bie SBürttemberger mdf)ts. Sßreußen unb 
9tuftlanb erhoben ftdj gegen Napoleon, Defterreid& 
fd&lofc fidfj fpäter an. Aber als bie großen Bfylatytm 
gefd&lagen würben, roeld&e ben grembltng t)om beutfdEjen 
93oben vertrieben, ba ftanb SBürttemberg nodfj immer 
auf Napoleons ©eite. @rft im SRovember trat es ben 
Alliierten bei. 9Jian f)at gefragt, warum Urlaub nidfjt 
mit inö gelb gebogen fei; man Ijat barauf ljinge= 
nriefen, bafc bie Segeifterung in ©übbeutfdf)lanb, beffen 
dürften burdf) Napoleon groß gemalt roorben waren, 
weit geringer gemefen fei als im -Korben. 2Ran 
brauet biefen Hinweis nidf)t. 3n SBürttemberg wenige 
ftens paßt er bloß auf ben dürften. ftönig griebridf) 
fjatte von Napoleon bie Äöntgswürbe unb bie 3Ser= 
bopplung feines ©ebiets ermatten, auf -Jtapoleons 



29 



3tctt „chassez les bougres" Ijatte er bie ftänbtfd&e 
33erfaffung feines Sanbes aufgehoben, ©eine Unter- 
tränen Ratten an all bem wenig greube; fie werben 
ben Äaifer ber granjofen fd&werlid) für ben SBoljl' 
ttyäter tyres Sanbes angefeljen Ijaben. Statte Sßreufcen 
bie furd&tbarfien Demütigungen, bie 2)ejimierung 
feines ©ebiets unb unerfdjwinglidje Kontributionen 
ju leiben gehabt, fo war ber Sltwürttemberger aus 
georbneten, mit feinem geiftigen Sffiefen eng oerwadj- 
fenen SBerfaffungSjuftänben herausgeworfen worben 
unb Ijatte mit bem t>erfaffungslofen Regiment feine wei- 
teren 2Bol)ttl)aten befommen als ben 3uwad)S einer 
Setwlferung, gegen bie er fi<$ unb bie fi$ gegen ü)n 
ftraubte, unb bas 33ewufctfein / an bem ©tanj eines 
Sßeltbeljerrfdjers als ge^orfamfter Sttener teilnehmen 
ju bürfen, bas er mit brücfenben &eereslaften teuer 
genug bejahte. 9lein, mit ber 2lnl)ängltd)feit an Na- 
poleon war'S audj in SBürttemberg nid&t weit l)er. 
3lber man wirb begreifen, nrie ferner Ijter gerabe bie 
Sage genommen werben mufete, wie wenig (Srtyebenbes 
unb 33egeifiernbes barin liegen fonnte, bajs beutfd&e 
33rüber einen Krieg gegen Napoleon führten, in beffen 
&eere bie Gruppen SBürttembergS mitfämpften. 2)iefes 
83unbest>erfjältnis feines Königs ju anbew, ^atte ber 
t>erfaffungslofe SBürttemberger lein 9Rittel. 2Bas 
l)ätte ba Urlaub tljun fönnen? &ätte er auf feine 
Sanbsleute fließen f ollen ? Ober war iljm jujumuten, 
bafc er ben Krieg, in bem feine SDHtbürger auf feiten 
bes geinbes ftanben, befänge? SDas 3al)r 1813, bie 



30 



3eit ber nieberbrfidfenben unb nidEjt jur 2)idf)tung bc- 
geifternben gefdfjäftlid&en SBibcrtoärtigfettcn unb poli* 
ttfd^cn ©eelenfimfftfte , ift bei Urlaub überhaupt fe^r 
arm an ©ebidfjten. 

@rft als fein eigenes Sanb bei bem Äriege gegen 
Napoleon mithat, als unter ben gähnen bes itron* 
prinjen „bie Sugenb SRu^m erfod&t", Ijörte jener VSty 
menbe Äonflift ber $Pfft$ten unb ^ntereffen für ben 
SBürttemberger auf. Unb nun feljen nrir Urlaub, 
ber ju Anfang bes 3a$reft 1813 uon bem „fdjauer* 
trotten ©türm aus -Korben" gefungen £)atte, ber jer= 
ftdrenb in ben Jtranj ber Sieber einbringe, nun feljen 
mir ü)n felbft in ben Steigen ber „freubigen ^etym 
fdjlager" eintreten, ©dfjnett nadjjeinanber entfielen 
in ben erften 3Wonaten bes Saures 1814 bie patrio- 
tifd&en ©ebid&te: „9ln bas SBaterlanb", „©efang unb 
Ärieg, 2.", „SBormarts !" , „Sieb eines beutfd&en 
©angerS", „3)ie ©iegesbotf<$aft" unb fd&liefcen mit 
bem ©iegesrufe: 

33if toria ! mit tmS ift ®ott. 

2Rit ausgesogen ift er audf) jefct ntdfjt. @r mar bo$ 
fd&on balb ftebenunbjroanjtg Sa^re alt — Äörner, an 
ben man mol)l gern üergleidSJSroetfe benft, mar bodjj erft 
einunbjmanjig, als er ins ^elb jog. 3n bie Sinie 
fonnte er nidjt meljr eintreten. @ine Sanbmeljr fottte 
allerbings audf) in SBürttemberg gebilbet merben ; f dfjon 
@nbe 1813 $dtte bie 3Wutter ©orge, ttljlanb fönnte 
baju ausgehoben merben. @r antmortete: „3d& fann 
nidf)t perlen, baß, mtnn mit ber 3 e *t au< $ & e * 



31 



uns eine 2anbwel)r, b. Ij. eine allgemeine SBolte- 
bewaffnung unb ©ienftleiftung wäl)renb be« Äriegeö 
eingerichtet werben fottte, wie fold^c bereit« bei allen, 
wm ben größten bis ju ben Heinften Staaten S)eutf<$- 
lanbö ftattftnbet, unb wogegen unfer Äönig attein 
fid^ bisher üerwafjrt Ijat, tdfj midjj einem folgen ber 
guten ©ad(je ju leiftenben ©ienfte auf feine SBeife 
entjiefjen möd&te unb barin eine waljre 33erul)igung 
für mein ganje« ffinftigeö Seben finben würbe/' aber 
e$ fam ntdfjt jur ©Übung biefer Sanbweljr unb ttljlanb 
fonnte fpäter mit SHtterfeit bemerfen, baß, wenn fxe 
je jufammen fäme, fdfjon bafür geforgt fei, „baß lein 
Unglüd mit ©ewe&ren gefd&elje". 

3n bemfelben 3*üf)jal)r 1814 entfd&ieb fx<Jj ttfc 
lanbs ©efd&icf im ©taatöbtenft. ©r Ijatte bisher otyne ©e= 
fyalt arbeiten unb auf Jtoften feine« SBaterfi leben muffen. 
(Sein 2Kinifter fonnte ftdf) ber fategorifdjen Qtorberung, 
auf beftnitiue 3lnftettung anjutragen, enblidj nidjt 
länger entjteljen. S)er Antrag würbe am 9. 3M 1814 
abfdftfägltdj befd&ieben unb auf bie üorwaltenbe Ueber- 
bürbung ber ©taatöfaffe Ijingewiefen. 2)urdfj einen 
33efudf) bei ben ©Item über iljr ©inuerftänbni« be- 
ruhigt, fünbigte Uljlanb nodfj im felben 3Wonat feine 
Stellung. ,,%ä) barf nun audf) ausfpredfjen ," fdfjrieb 
er an feine ©Item, „bafc burd) ein längered Starren 
in meinen bisherigen SBerljältmffen unb nun poHenbß 
ein entfd&iebenes Stafetten an biefelben mein inneres 
uon £ag ju £ag meljr gelitten l)aben würbe. 3n 
benjenigen ©efd&äftöoerljältnifjen, worein idjj Ijier immer 



32 



tiefer aerwiclelt werben follte, fyätte idjj, je me^r i<$ 
äufeerlidfj üorgefdfjritten wäre, um fo meljr an Seelen* 
ru^e unb innerer ©elbftänbigfeit uerloren." 

3um 3fttnifierialrat war Uljtanb oerborben. 6r 
ging jur 9lbt>ofatur über, bie er fedfoefjn Sa^re lang 
ausgeübt Ijat; fie gewährte iljm bie gretyeit beö £l)un§ 
unb £affen§, aber jur Sefriebigung gereifte fie ü)m 
aud) mdfjt. ©o fe^en wir iljn in ben nädfjften Sauren 
mehrmals nadjj anberen S9erufdarten fudjjen. @ine 
Sßroluratur war tym bei Ueberna&me ber ©efretärö= 
fteHe jugefid&ert worben, faUß er in ber lefeteren mdjjt 
aerljarren wollte. Um eine fotdjje tarn er bann audj 
mehrmals ein, aber uergebenö. Sludj um anbere 
Stellungen bewarb er fidfj unb immer umfonft. SHefe 
oergebtid&en Senkungen, ju einer ftd&ern Aufteilung 
ju gelangen, jogen ftdfj burdj) bie näd&ften ^abre $in* 
burdfj. ©ie gingen oon bem Streben aus, feine bürger- 
liche (Sjifienj einmal ju befeftigen; von einer befom 
bem Steigung jum Süreaubienft fann bei Urlaub nidjjt 
bie Siebe fein, aber er glaubte, bie gä^tgleit in fidjj 
ju tyaben, ft$ ju übernrinben unb fidf) audfj mit Sttngen 
ju befdjjäftigen, bie tym „von Statur fremb, ja wibrtg" 
waren. 3föm fagte auägefprod&enermafcen ein p^ilo- 
logifd&er Se^rftu^l am meiften ju, auf bem er burdfj 
fein Slmt in fefter 33erfil)rung mit ben üieblingögegen- 
ftänben feines ©enfenö unb gorfdfjenö geblieben wäre. 
Um einer folgen ©teile willen wäre er, ber einge- 
fleifd&te ©djjwabe, fogar aufcer Sanbö gegangen. Stodfj 
wer, fünf Safyxt nadjj feinem Austritt aus bem ©taatö= 



33 



bienft Ijat er fid^ um fotd&e ©teilen in SSafcl unb 33onn 
umget^an, audf) fid& nadf) einer beliebigen ©tellung in 
granffurt erfunbigt, aber immer umfonft. 3m eigenen 
Sanbe fdfjienen fid& äfasfid&ten ju eröffnen. Urlaubs SSater 
meinte menigftenö 1817, bafe eö iljm bei ber Bewerbung 
um ben Tübinger Se^rftu^l ber beutfd&en ©prad&e unb 
Sitteratur nid&t fehlen mürbe. Slber bamate mar fdfjon 
ber SBerfaffungöftreit im ©ang, unb Urlaub erflärte, 
baft er burdjjauö bem ©runbfafc folgen muffe, „oor 
&erfteHung eines SRedfjtSjuftanbeö in feinem ßanbe auf 
jebe ©teile ju t>erjidfjten, meldte mit einer SBerpflid^tung 
auf ben -Kamen beö gegenwärtigen Äönigö oerbunben 
märe". @benf omenig bejeigte er ein 3a$r fpäter Suft, 
ficlj um bie 3>uftitiarfteHe bei ber Unioerfität ju be- 
merben; bafe i^m bamalö eine ©teile als Dberamta* 
rietet ober an einem ©eridbtö^of angeboten mar, t>er= 
traute er nur feinem SEagbudfj an. ©eine 2Bal)l jum 
Slbgeorbneten im 3a^r 1819 unb feine Sßer^eiratung 
baö 3a^r barauf matten biefen fd&manfenben Unge* 
mtf#eiten ein ©nbe. 

2luö jenen Safjren, auö bem Suni 1814 ift baö 
©ebtdfjt „Unftern". ©in fold&er Ungtüdförnenfclj modjjte 
er fidf) manchmal f dfjeinen. Slber in einem unb, roie 
uns ©päteren bebünfen mag, in ber ißauptfad^e für 
feine Bufunft ^atte er roenigftens eben bamalö ©lüdf. 
3m Sa^r 1815 ift bie erfte Sluögabe von Uljlanbs 
©ebbten erfdfjienen. 

@r mar fd&on jw)or lein Unbelannter mefjr. 3n 
mehreren £afd&enbüdfjern unb 3^tf^^ften mar fcljon 

gif d) er, Subttrig U&lanb. 3 



34 



eine bebeutenbe SRetye oon ©ebidfjten von il>m t>er* 
öffentlid^t worben. £>er 33eifaH §atte i^nen nid&t ge* 
feijlt. ©d&on 1810 fd)rieb ©^amiffo ganj entjücft über 
bie tym befannt geworbenen ©ebid&te: „3$ fann wol)l 
fagen, bajs midfj nadfj ©oetye fein 2)idf)ter fo angeregt 
Ijat"; neben ©oetfjeö ©ebid&te Ijatte fie fd&on früher 
SBarn^agen geftellt, „ebenfo waljr unb rein, fo frifd) 
unb fü&". £>ie reiche gfille ber Sßrobuftion, bie in 
ii)m Ijeroorgequollen war, äufcerlidj jufammenjufaffen, 
war fdjjon länger Uljlanbs SBunfdi) gewefen. £>er 
SBerteger oon Äernerö „SReifefdfjatten", bem er feine 
©ebid&te fd&on 1811 ober 1812 anbot, wollte fie nidjjt 
nehmen. 35er greifen: t>on SBangentyeim , als Äu= 
rator ber Unioerfität Tübingen mit Ul)lanb befannt 
geworben, erbot fidf) im §erbft 1814, (Sotta jum 58erlag 
ber ©ebid^te ju beftimmen. £>aö Unternehmen fam 
jufianbe, unb im ©ommer ober feerbft 1815 erfd&ien 
bie erfte aufläge, t>on ber fidlj woljl weber ber 33er= 
leger nodjj ber SMd&ter felbft träumen lieft, bafe iljr fo 
oiele — bis jutn £obe beö SHdjters allein über oierjig — 
nadfjfolgen mürben. @rft ging eö nidfjt aHjufd^neH. 
3m $al)r 1820 erfd&ien bie jwette, 1826 bie brüte; 
aber bie weiteren folgten fidjj rafd&eren ©d&rittes, unb 
fd&on oon 1833 an ging wotyt fein 3a^r vorüber, 
oljne bafe eine ober mehrere ausgaben erfäjienen mären. 
3)ie erfte Auflage enthielt ber 3al)l ber ©ebidfjte nadj 
fd&on ben größeren SCeil beffen, was bie legten barbieten. 
SDrei größere ©nippen fehlten nod& ganj: bie „33ater= 
länbifd&en ©ebid&te" nebft ben tynen DorauSftefjenben, 



35 



bie fidfj ebenfalls auf bie politifd&e 3 e ^ a Ö e begießen; 
bic „ 2lltf r anjöfif d^ en ©ebid^te" unb enblidf) ber „$or* 
tunat". 2llle biefc traten fd&on in ber jroetten aus- 
gäbe tyinju, neben i^nen nodj) tnand^e anbete, unb audjj 
fpätere Auflagen brauten nodlj biefen unb jenen 3** 5 
roadfjö, einen befonbers reiben unb inljaltafdfjtüeren 
bie adfjte com 3a^r 1834. Slufjer ber ©ebiä)tfamms 
lung ^at Urlaub tum eigenen poetifd&en 9Seröffent= 
ttdjungen nur nod& brei ausgeben [äffen: bie 23ater* 
länbtfd&en ©ebidfjte, roeldje in ben Sauren 1816 unb 
1817, für ben S3ebarf ber Äämpfe jener 3^it teils eim 
idn teils gefammelt erfdfjienen — als Äuriofum mag 
erwähnt werben, bafc ©dfjroab fie ins Sateinifd&e überfefet 
l)at — unb bann in bie jroeite Auflage ber ©ebid)te auf= 
genommen würben; fobann bie beiben ©ramen „@rnft 
Don ©djroaben", roeldfjes 1818, unb „Subnrig ber 
33aier", meines 1819 erfdjienen ift. 2ludf) biefe beiben 
finben ftä) nunmehr in ber 33olfsauSgabe ber poeti= 
fd&en 2Berfe U^tanbs forme in ber neuen ^Sradjtaus- 
gäbe mit ben ©ebidfjten in einen 35anb Dereinigt. 




2, 



U bie erfte Auflage Don UJjlanbs ©ebbten er- 
friert, ftanb er fd&on oöllig auf bcr igöfje feines 
poetifd&en ©dfjaffens. @tn>a jroei ^Drittel ber ©ebtd)te, 
bie ttrir in ber lefeten, oottftänbigften Ausgabe t>er- 
einigt fefjen, ftnben fidj fd)on in ber erften; unb 
obroofjl Uljlanb bann unb mann audfj ©ebid&te aus 
ber 3 e ü »or 1815 in fpäteren Auflagen aufgenommen 
l)at, roätyrenb fie in ber erften fehlten, fo ftellt bo<$ 
im ganjen jenes SBertyältnis fid) aud& in ber nrirflid&en 
Sßrobuftion Uljtanbs übereinftimmenb bar, wie man 
leidet imftanbe ift ju erf ernten, feit &oßanb aus 
bem £agbud(j bes 2)idf)ters bie 2lbfaffungSjeit für bie 
weitaus überroiegenbe aße^rja^l ber ©ebid&te bis auf 
ben SEag genau mitgeteilt l)at. ttt)tanbs Sßoefie fliegt 
reid&ltd& etwa bis ju feinem breifeigften 3>af)re; tnit 
ber 3Ritte bes Saures 1817 l)ört fie faft ganj auf. 
33is batjin über jmei^unbert ©ebidfjte in breije^n bis 
t>ierjet)n ^a^ren; t>on ba an in elf Sauren nidfjt metyr 
als fünfjeljn. 3 roc i weitere ©podfjen uer^ältnismäfng 
reid&er Sßrobultion jetgen fidf) nodj) in ben Sauren 1829 



37 



unb 1834; aber aus ben folgenben brei %ofyctffyxttn 
— jeljn ©ebid&te! @s mar rooljl in ber 23)at richtig, 
wenn man trietfad) fyörte, llljlanbs ®id(jtung Ijabe 
einen $rül)ling, aber feinen igerbft gehabt; aber es 
ift freilid) unrichtig, wenn man biefe SBorte auf ben 
©el)alt feiner Sichtungen bejieljt. S)enn in biefer 
Sejie^ung nrirb fidj ergeben, bafe llljlanb, wie als 
■äKenfdfj, fo als Sinter, fc^r früljjeitig gereift unb — 
niemals nrirfüdj alt geworben ift. 2Kan Ijat not= 
roenbigerroeife ^Betrachtungen barüber aufteilen muffen, 
wie ein fo frühes 2lufl)ören ber ^robuftion ju er= 
Mären fein möchte. Ratten mir blofe bie gebrudften 
©ebid)te in ifyren üerfd^iebenen Auflagen, fo fönnte 
ber ©ebanfe entfielen, ttljlanb Ijätte in fpäteren 
Sauren nur weniger ©ebid^te mef)r in bie Sammlung 
aufgenommen, fei es, bafc er ftrenger gegen fidlj felbft 
geworben wäre, fei es, baft er ben 35anb nid)t ju feljr 
Ijabe ausweiten laffen motten. SBäre aber bas ber 
gaff gewefen, fo fy&ttt Uljlanb üon feinen alten ©e= 
bieten wofjt mefyr als nur fünf in ben fpätern 2luf= 
lagen ausgegeben. Sjdfj fann jebo$ auf ©runb ber 
Kenntnis fetir tneler nidf)t in bie ©ammlung auf= 
genommenen ©ebidbte beftimmt behaupten, bafe jene 
SHnnatyme nidf)t jutrifft. ©erabe aus ben früheren 
Sauren, benen ber lebhafteren Sßrobuftion, liegen mir 
audE) am meiften um>eröffentlid(jte ©ebidjte oor, weit 
wenigere aus ben fpätern. ©o ift benn in ber £l)at 
anjunefmten, bafc bas poetifdfje ©Raffen bei Urlaub 
frül) aufgehört Ijat unb nur feiten nrieber empor- 



38 



gequollen ifl. SBerm mir nätyer jufe^en, fo ift audfj 
im einzelnen ein met>r ftofttoeifcö ats gteidjjmäfjig fort- 
taufenbes ©Raffen toa^rjune^men. SKefjrere ©ebid&te, 
nid^t etroa bloß fad&tidfj ober formell unter fiä) ju--= 
fammen^ängenbe , fonbern audf) ganj roefentlidfj t)er= 
fd)iebene, entfielen fd&neH ^intereinanber, in einem 
2Konat, in einer SBodfje, an einem Xag; bann Raufen, 
bie audlj in ben früheren Sauren oft etlidje -Dionate 
lang bauern. Sftan mag aerfudfjt fein, ju ergrünben, 
ob folä)e rafd&e ^robuftimtät unb fotdf) längeres Waty 
laffen berfelben mit ben äußeren SebensgefdEjicfen bes 
SDid&ters irgenbroie jufammentyänge. 3m ganjen aber 
nrirb bie Antwort negatio fein. SDer Sinter bes 
grüfjtings l)at bie atterroenigften feiner ©ebidfjte im 
grü^ling gebietet, unb fo ift's audfj im größeren. 
2tflerbings l)at ber 9lufentf>alt in Sßaris mehrere ©e= 
bid&tc — ber Sftefyrjafil nadjj aber Ueberfefcungen unb 
Bearbeitungen — aus bem attfranjöftfd&en ©agen= 
freis jur $olge gehabt; bie 23erfaffungsfämpfe fjaben 
in jiemtidfj rafd&er $olge bie „SBaterlänbifdfjen Sieber" 
^eroorgerufen; bas Satyr 1813, ttrie fdjjon erwähnt, 
bilbet eine jiemlidf) teere ©teile in ber fonft befonbers 
frud^tbaren SDid&tung jener %af)n. Slber roeber llljlanbs 
SBeröeiratung nodlj ber antritt feiner Sßrofejfur Ijaben 
irgenb eine Steigerung feiner Sßrobuftion tyert>or= 
gerufen; von ben 3<t$ren 1829 unb 1834 fpiett bas 
erfte gar feine Atolle in Uljtanbs Seben, bas jtoeite 
aber, bas ^atyx naef) feiner 2tmtsenttaffung , märe 
rool}t efjer angettjan geroefen, feine ©eifter herunter- 



39 



als hinauf juftimmcn. 2Kan fiel)t, bie Sßfydje bed 
©id&ters ift uon bcn äußeren (SSrlebniffen bcö SDtenfd&en 
tocit unabhängiger, als man meinen follte. SBenigftens 
bei Urlaub; trieHetdjt aber au$ bei anbern Sttdfjtern, 
über beren ©ebid&te mir eben nodfj feine fo genaue 
<$ronoiogifdje Äenntniß befifcen, mie über bie feinigen. 
Urlaub felbft Ijat fein &et)l baraud gemalt, bafc 
bie SMdfjtung bei itim nid&t immer lebenbig mar. 6r 
§at, ma§ man ifjm nid&t genug banfen fann, äße, bie 
ityn um feinen 9iat baten, ernftlidf) baoor gemamt, 
iljren fiebenöberuf auöfdjjliefclidfj in ber Sßoefte ju fudfjen; 
er l>at bie§ rool)l in erfter Sinie aus allgemeinen fitt= 
ticken unb fojiaten ©rmägungen tyeraud getrau, aber 
er foß boeb aud& einmal fjinjugefefet fyabtn: mie bann, 
wenn fo ein 33erufsbidf)ter einmal aufmadfje mit bem 
Semufjtf ein , fein SHd&ter me^r ju fein? Unb ein 
anbermal l)at er auf bie ftrage, marum er benn bie 
3Rufe fo rufjen laffe, geantwortet: nein, fie laffe üjn 
in SRu^e. 3faä) feine grau roeife baoon ju erjagen, 
mie ferner er jum SDid^tcn fam, mie lang er einen 
©toff mit fid& ^erurn trug, oljne $anb baran ju legen, 
mie bann aber am guten SEage mit erftaunlid&er 
©dfjneffigfeit bie poetifd&en ©ebilbe fidfj jufammen 
fnjjlaHifierten. ©§ liegt barin etwas, maß mit feiner 
tiefftttltd&en SRatur enge jufammen^ängt. U^lanb §at 
feinen Äifeel in fid^, ju fd&affen unb mit ©d&öpfungen 
ju gtänjen um jeben Sßreiö; er ift ftolj, aber nityt 
eitel, ganj unb gar nidfjt. @r läfet bie 9Jtufe ju fidj) 
fommen, fudjjt fie nid^t mit ©eroalt ju fidj) ju jie^en. 



40 



SBebeutenbe ©reigniffe, bie iljn im öffentlidfjen ober im 
Sßrioatleben natye berühren, lodert leidet ein ©ebidfjt 
aus iljm Ijeroor; aber er madfjt feinen Slnfprudf) barauf, 
bie Sßoefie fommanbieren ju fönnen, unb ooüenbs von 
anbem läftt er fie fid& in feiner SBeife fommanbieren. 
33efannt ift bie @rjäf)lung, wie Urlaub, oon einer 
üomefjmen Sperfon um ein ©elegenljeit§gebiä)t . gebeten, 
ben reitenben 33oten, ba er felbft fid^ nid&t imftanbc 
fal), auf 33efteffung etroaö au§ fid§> tyerauöjupumpen, 
alsbalb ins Sßilbbab ju ©d&roab weiter fd&idfte, ber 
benn aud£) nrirflidjj} aushelfen fonnte. 3Kag er bamit 
meHeid^t ttrotö farg unb fd^roff erfdljeinen, mag man 
i^m mit ber beliebten Untertreibung fommen, er fei 
eben ein poetifdljeö Talent, feine poetifdfje Siatur ge= 
roefen: er ftelit bod) ganj anberö ba als bie leidfjt= 
lebigeren ^oeten, benen eö immer fliefjt, bie bei feiner 
©elegenljeit fehlen unb fdfjliefclid^ mit ephemeren ®e- 
legen^eitögebid^ten Sänbe füllen ; ganj anberö alö ein 
Sftüdfert, ber feinen @infaH feiner unruljigefl Sßtyantafte 
unterbrädfen fonnte, ober, um in ber SRälje $u bleiben, 
Äerner, ber mit feinem läfelidfjen SBefen unb feinem 
Sftangel an ©elbftfritif feine ed^ten perlen unter bem 
©erümpel ber roäd&fernen oft faft oergraben l)at. 
©d&liefcltä) bat bodfj jeber feine ausfefeenben Sßulfe, 
unb wer bie SRücffe^r einer poetifd&en Stimmung nid^t 
abwarten mag nrie Uljlanb, fonbem im Vertrauen auf 
bie ted^nifd&e ftertigfeit — bie Urlaub bodfj roaljrlidjj 
aud& Ijatte — barauf los bietet, ber mu% nur ju 
leidet baö Sob einer aUejeit frifd&en unb fangbereiten 



41 



©idfjternatur mit bem £abet erlaufen, fefjr oft nic^t 
auf feiner eigenen &<% 311 fielen. @ß ift rool)t feine 
33la§p^emie, wenn idf) in biefem 3ufamment)ang audf) 
©oetfifc nenne, ber fidlj mit ber roaltflofen SSeröffent- 
li<$ung aller geringfügigen Äleinigf eiten, „an Sßerf onen 
unb ju feftlid^en ©elegenfjeiten" u. ä., roenigftenö bei 
benen feinen 5Danf serbient §at, bie nod) eine Äritif 
an i^m für ertaubt galten. 

Ufjlanb gehört ju ben SDid&tern, bei benen bie 
faft unüberf eßbare SBirfung, bie fie auf anbere aus- 
geübt tyaben, weit mefjr in bie Sfagen fpringt ate bie 
Reiben, burdf) bie fie fetbft mit SBorgängern unb 
SWeifiem jufammenfjängen. ©r ragt fo feljr über alle 
früheren Stjrifer, mit 3lu§na^i{ie ©oetljes, empor, bafc 
er von feinem irgenbnrie abhängig ju fein fd&eint. Unb 
bodfj mufe eine genauere ^Betrachtung notroenbig audf) 
bei i^m, mie bei jebem anbern, einen 3uf«tnmen^ang 
mit grüneren nadf)n>eifen fönnen; roenngleidfj ba§ 
SRefultat einer folgen ^Betrachtung baö fein wirb, bafc 
er in bem 3ftnerften feiner ©mpfinbung unb in ber 
d&arafteriftifdfjen Prägung feines poetifdfjen ©uteß fo 
fetbjiänbig bafte^t, nrie faum ein anberer. 

3d& ¥*>* fo* ©tu* &¥K beträd&tfidf) über ben 
Anfang oon Urlaubs Sßoefie, wie fid^ biefelbe in feiner 
©ebid&tfammlung barfteüt, jurüdf greifen ju fönnen. 
@§ finb mir ja&lreiäje cor bas 3a^r 1804 fallenbe, 
bid 1800 jurüdfreidjenbe ©ebidfjte Urlaubs befannt 
geworben, t)on benen freiließ mand&e fdjjon bei SKaijer, 
Stotter, 3>al)n unb in Urlaubs Seben t)on feiner SBitroe 



• 

¥ 



42 



gebrudft jinb; ebenfo fenne idEj, wie fd&on bewerft 
würbe, nodfj oiele unt>cröffcntli<^tc aus ber 3 e ü tiadj) 
1804, mit wetd&em 3jal)re bie ©ammlung ber ©ebid&te 
anhebt. 3ene älteren ©ebtd&te nun fyabm fo gut tote 
mä)tß t>on bem fpäteren ßtyarafter U^lanbifd&er Sßocfie 
an fid), faum einmal wirb man einen SEon oon feiner 
Seier anflingen l)ören; es ift bas ja nidfjt anbers 
möglidf), benn es finb 23erfud&e eines ©reijefjn- bis 
©edjjjeijnjäfirigen. 2lber SSerfud^c , bie, gleich jenen 
lateinifdjen ©d&ult>erfen, eine merfwürbige ©eroanbt^eit 
jeigen. 3)ie poetifd&en formen finb bem Söngling 
t>on SKnfang an vertraut; er benüfct aud& foldlje, 
bie er fpätertyin aerfdfjmäljt l)at, alcäifdjje unb fappljifdfje 
©tropfen unb freie, reimlofe SR^t^men. Utjlanb tyat 
fid) audlj bie £opif ber ^ßoefte f dEjon ju eigen gemalt ; 
er gebraucht mit ^ertigfeit unb ©idjertyeit bie Silber 
unb ^Beübungen ber flaffijiftifd&en Sßoefie. 3fn ben 
Sahnen biefer fojufagen fämlmäfeigen ©ttlart gefjt er 
nodfj faft burd&aus. 9Äan fann fidfj an Älopftoä, an 
©filier erinnert füllen, aber an feinen oon beiben 
in befonberem 2Raf}e. SRidfjtiger wirb man fagen: 
©er Slnfänger gebraust wie jeber Anfänger, aber mit 
größerer ©idfjerljeit, als feinem 2llter jujutrauen märe, 
unb otyne fflatrifdjje @ntle^nung, bas bereits jum ©e~ 
meingut geworbene Sanbmerfsjeug ber Kaffijiftifd&en 
Sitteraturperiobe, gerabe wie Ijunbert anbere — Ju- 
nta! unter feinen Sanbsleuten — , meldte fdfjtedjjt unb 
red&t in ben SBeifen Älopftodfs, Ujens, Äleifts, ©Millers 
weiter gebietet ^aben. 



43 



2Bo bleibt ©oetye? fragt man billig, ©ottte 
ber gröfjte S^rifcr auf feinen rofirbigften SRadjjfolger 
gar nid&t eingeroirft ijaben? £at bodfj U^tanb felbft 
in fpäteren Sauren gegen £iedf ju beffen Sefremben 
geäußert, er roüfete nidfjt, toetdje 2)id&tung neben bem 
ftofflid&en ©influfe ber alten 3Wtterbü$er befonberö 
auf iljn eingeroirft fyabtn foHtc, aufcer btc ©oetl>eö. 
3n ber S^at Ijat ©oetfje feine Sßirfung auf tüjtanb 
ntdfjt t>erfeljlt, aber fie trat erft etroas fpäter ein. 
©oettye fyat auf mand&e 9Jtenfd(jen jener fttit nidfjt ge= 
wirft, auf bie ©dritter großen ©influfj gehabt fjat. 
35ie ©egner ber SRomantif fingen ©dfjitters Sob mit 
geller ©timme, ©oetfjes weit me^r in ber 2lrt, rote 
man t>or einer ©rofjmadfjt feine Änidffe mad&t ; oft aber 
feljen mir fie gerabeju gegen ©oettye inö gelb jie^cn. 
3$ barf nur an bie meltbefannte SBeimarer ©e* 
fd&id&te Kofeebueö oom 3a^r 1802 erinnern, ©filier 
ift ber Sftattonattft , ben bie rattonaliftifd&e 3 C ^ mit 
©totj ben S^rigen nennt; ©oetfje ift bodf) erft burdfj 
bie SRomantifer ju meiter reid^enber SBerfiljmttyeit ge= 
langt, benn feine 33erl)errtid(jung bilbet ja in ber alte- 
ren ^ßljafe ber SRomantif ein ©d&iboletf) biefer ©d)ule. 

2lud& in U^tanbß ©ebid&te bringt ©oetfje erft 
mit ber SRomantif ein, fogar e^er erft im ©efolge 
berfelben. ©e(jr bebeutenb ift in ber %i)at ©oetjjeß 
SBirfung auf Urlaub nieijt, aber bodlj nidfjt ju unter* 
fd&äfeen. 3$ rebe babei natürlidfj nidfjt t)on ber großen 
unb allgemeinen SBirfung biefer bid()terifdfjen Sßerfön* 
lid&feit, wer l)ätte fidf) ber ent jie^en fönnen? fonbern 



44 



oon ©injet^eitcn beö ©tils unb ber Stuffaffung. ©in- 
teniö in feiner Ijodfjfctyäfebaren Ibtjanblung über @oe= 
t^eß (Sinflujs auf Utjtanb, ber einzigen, bie man über 
fotdje ftiliftifdfje Singe ju 3tate jieljen fann, t>at 
mandfje Heine 3üge namentttdE) im fpradfjtid&en 3lua- 
brucf aufgeführt, toeldEje einen ©influfe oon feiten 
©oettyes ju verraten f feinen, ©etyr feiten finb aller- 
bingö bei tt^tanb foläje ©ebiä)te, meldte im gangen 
an ©oettyeß Slrt gemahnen ; idf) müßte faum ein paar 
namhaft ju machen, ettoa „Sie 3lbgefdf)iebenen", 
„@ntfd&tuß", „SBalblieb", „3)er SBlumenftrauß", über= 
tyaupt einige oon ben ©onetten; tooju idf) nod& aus 
ben bramatifd^en ©nttoürfen bie ©jenen aus „gram 
ceöca oon Sftimino" fügen fann, beren SDiatog midfj 
auffaHenb an ben be§ £affo gemannt. S)ann unb 
mann finbet man bei Urlaub au<fy ©ebtdfjte, beren 
©egenftanb ober Haftung einem beftimmten ©ebidjt 
©oettyeö nad&empfunben ju fein fdfjeint. ©interna §at, 
mit ©lud, roie mir fd&eint, auf bie oon ©oettye in 
bem mit SBielanb herausgegebenen £afdfjenbud& auf 
1804 oeröff entließen ©ebidfjte Ijingetoief en ; ju einigen 
berfelben ftnben ftdfj in ber Xfyat unter Urlaubs ©e- 
bidfjten parallelen, bei beren 33etra<$tung man bie 
Slnna^me, baß fie burdfj jene angeregt feien, fetyr 
toal)rfdfjeinlid(j finben muß — aber nur angeregt, oon 
SRadfjafjmung ift toeber in ben formen nod) in ben 
©ebanfen bie Sftebe; bei anbem gefiele idjj bie oon 
©inteniö gefunbenen 9lel>ntiä)feiten nidfjt ftnben ju 
fimnen. 



45 



SBeit gröfeer unb nadf^altiger mar bei Utjlanb 
ber (Sinflufc ber Stomantif; man mufe aber Ijier nadf) 
2lrten unb Sßerioben berfelben unterfd&eiben. SDie 
Siomantif im gewöljnlid&en, lanbläufigen ©inn ift es, 
beren ©influfj mir in ben älteften gebrudten ©ebidfjten 
Ul)lanb§ roaljrnefjmen. @ö ift bie Sßoefie ber gouque 
unb ©enoffen, meldfje juerft ein entfd)ieben fräftig mir= 
fenbes germent in feiner Sßoefte mirb. 2Wit $ouque 
mar U^tanb f d&on frülje befreunbet ; in ©edenborf 8 211= 
manadj erfdfjienen feine erften ©ebid&te, an gouques 
£afd(jenbüd()ern fyat er nodfj bis jum ^afyx 1815 2lm 
teil genommen. @s ift bie emftere, aber audjj geiftig 
unb litterarljiftorifdlj minber bebeutenbe Stiftung ber 
SRomantif, bie auf ben ernften Jüngling juerft ein= 
geroirft Ijat. S)ie Siebe ju ber Sßoefte unb Kultur- 
roett bes üötittelalters ift urfprüngtid& nur eine $ßt)afe 
in ben bunt roedfjfelnben Siebljabereien ber älteren 
9tomantifer; aber fie fjat jidlj ©eltung unb SDauer 
üerfd^afft. 2Benn Sied in jener „monbbeglänjten 
3aubernad)t" ftd) gern erging, roeil er ba fo red&t 
nadf) ^erjenftlufi pljantafieren unb Sßljantaftereien trei= 
ben tonnte, fo nahmen es anbere ernfter. SDie Sßoefte 
bes Sftittelalters mar jugleidf) bie alte oaterlänbifdfje, 
unb es ging mit t^r mie ein paar Sa^rje^nte juoor 
mit Dffian : man fat) meles in i^r für ed&t altertüm= 
lidjj, für grofc unb bemunbernömert an f maß biefe 
Serounberung faum t)erbiente; man fdfjuf fid) aus 
einer nod& fetir mangelhaften Kenntnis unferes Sllter- 
tums ein Steftibilb besfetben, ju bem man ftdf) in 



46 



bcn furd&tbaren SRöten bcr ©egennwrt gerne flüchtete; 
unb ber ©runbdfjarafter biefeö Silbeö läfjt ftclj mit 
feinem anbeten SBorte bejeidfjnen ate mit bem SSortc 
„romantifdj)" in bem gern?* geroöfwlid&en Sinn, in bem 
man SBeberö greifd&fife eine romantifdje Dper ober 
ben SR^einfaff ein romantifd&eß Sanbfd&aftöbilb nennt, 
ttfjlanb t)at t)on biefer SRomantif fidfj juerft bas 
nrirflidfj ©rofje angeeignet. $)ie beiben dlteften ©e= 
bidfjte in feiner Sammlung tyaben ^etben^aften , alt- 
germanifd&en £on. ©dfjon frü^e mar er auf baö ger- 
manifdfje Altertum in feiner unoerfälfd&ten $orm 
aufmerffam gemalt roorben; Sieber aus bem gelbem 
budfj, ben SBaltljarius unb ©ajo ©rammatifus Ijat 
er fdfjon furj na<$ bem SSnfang biefeö Sa^unbertö 
fennen gelernt; namentlich t)on bem SBalttjartuö leitete 
er eine 9iet>olution in feinem ©efd^madf §er: „2Baö 
bie flaffifdfjen ©id&troerfe, trofc meines eifrigen Sefend, 
mir nid)t geben fonnten, weil fie mir ju Kar, ju 
fertig baftunben, roas idj an ber neueren ^ßoefie mit 
all ityrem r^etorifd^en ©dfjmudfe oermifjte, ba§ fanb 
idjj Ijier: frifdje Silber unb ©eftalten mit einem tiefen 
fctntergrunbe , ber bie 5ß^antafie befd&äftigte unb am 
fprad&." ©ein älteftes oon iljm felbft üeröffentlid&teö 
©ebidfjt, „SDie fterbenben gelben", getyt ganj auf biefer 
33al)n unb eröffnet audfj nadf) feinem poetifdfjen SBerte 
ben Zeigen roürbig genug. ßfjaralterifttfdf) ift l)ier 
jugleiä), nrie in anbem ©ebiä)ten aus jener %i\\, bie 
Verlegung beö ©dfjauplafees in ben ffanbinamfdfjen 
■Korben, mit roeldfjem Urlaub fiä), nrie feine gelehrten 



47 



SBerfe bezeugen, fo gerne ju tfjun gemalt t>at. 9(u$ 
baa jweite ©ebidfjt, „2)er blinbe Äönig", baö jroar 
in feiner jefcigen ©efialt erft aus bem 3al)r 1814 ift, 
aber in einer früheren, nur in ber gorm mefentlidfj 
abweid&enben fdfjon 1804 t>erf a§t würbe, fpielt im 
Sorben; es beruht auf einer (Srjaljlung bei ©ajo 
unb ift baö erfie, leiber audfj für geraume $eit baö 
lefcte Seifpiel ber 33enu|ung ed^ter alter &elbenfage 
bei tt^lanb. @rft „Älein ftolanb", 1808 gebietet, 
jeigt nrieber eine fotöje. ©dfjon in bem „33linben Äö= 
mg", ber nodf) frifdjje unb ungebrod&ene ftraft jeigt, 
fpielt jene SRomanti! in ber Slrt gfouqu^a unb anberer 
3eitgen offen mit Ijerein unb nrirb atebalb für eine 
3eitlang ooHftänbig Ijerrfdfjenb. 3e|t treten bie 
büfteren, fdfjattentjaften, balb of fianifdf) melandjolifd&en, 
balb abfiraft graufamen Äönige auf, bie greifen Harf- 
ner, bie jarten Äönigötödfjter, bie unglüdflidf) Hebenben 
©d&afer, SRönd^e unb -Können; ein nebelhafter, fcnti- 
mentaler ©tjarafter fjaftet ben meiften biefer ©ebidfjte 
an, bie man wegen ityrer f damenhaften, lebtofen @e= 
ftalten beim beften SßiHen im ©ebäd^tnis nid&t immer 
audeinanberju^alten imftanbe ift. 3)er $on ift balb 
metyr büfier, balb einer freunblid^eren 2Bet)tnut ju= 
geneigt ; faft immer flingt er in ©ntfagung, Trennung 
ber Siebenben, £ob, Hoffnung auf tyimmlifdfjeö 9Bieber= 
fetjen au§. 2ludj bie Silber ber fattjolifdfjen ßirdjje, 
bie ju bem Äoftüm jener 35id)tung gehören, finben 
fic^ ba unb bort oermenbet. 2>ie ©ebidjte bes Saures 
1805 fielen faft alle meljr ober weniger unter bem 



48 



Sann bicfcr 9Robe, tote man fie rooW nennen barf, 
unb nod) langete 3ett W biefelbe nad&genrirft; ja, 
no<$ im 3>af)r 1815 f dalägt tt^Ianb in „S)eö ©ängers 
gludf)" nrieber bas alte SC^ema an, tum ba an nidjt 
meljr. Sener £on bes roetymfitigen, roaffenlofen 
©d&merjes, jene Stimmung ber fdjmetjlidjen ©nt- 
fagung, jene £obeöfel)nfudf)t ift in Urlaubs Sßoefie 
tief eingebtungen. ©ie finbet fid) in jenen frühen 
Sauren nid&t bloß in ben ballabenartigen ©ebidfjten, 
n>o fte jum ftoftüm gehört, fonbem audfj in ben rein 
tyrifd&en — foroeit bei bem 3Kangel an marfigen, 
beftimmten ©agengeftalten fidj biefe ©ebiete überhaupt 
genau abgrenjen laffen. ©er ©ebanfe an ben Stob, 
fei es, bafe er bie SBergänglid&feit beö 3rbif<$en, f*i 
es, bafc er ben föinblicf auf bie SBerflärung jenfeitß 
beö ©rabes bebeute, ift bei U^lanb aud& in fpäteren 
3eiten oft tyeroorgetreten. aber er trägt üjn fpäter 
in gefaßterer SBeife, in reiferer gform, mit weit metjr 
männlicher greubigfeit unb fefter SKilbe t>or als in 
jenen Sünglingögebid^ten ; mä^renb Äemer, ber tym, 
roie mir nad&l)er fe^en werben, in jenen %af)Ttn poe- 
tifdf) triel nätyer ftanb als fpäter, jeitlebens in biefer 
me^leibigen Stimmung oertjarrt ift, mit iljr metjr als 
nötig fofettiert unb bamit triele t)on feinen ©ebid&ten 
red&t fe^r ungenießbar gemalt tjat. 3$ Wn nidfjt 
gemeint, menn id) jene 9Koberid&tung , wie fie aud£> 
in Uttfanbö ©ebtdftfen eine $ettlang fetjr fjerrfdfjenb 
Ijeröortritt, als eine im ganjen bebauemömerte be* 
jeiddne, bamit über Utjlanbö 2)id()tung in jenen Sauren 



49 



Oberhaupt abjufpred&en. aber bafe biefelbe audfj 
in einer ber SRomanttf nod& näljer fteljenben $eit 
fd&on unangenehm berührt ijat, baft auf fie bie um 
günftigften Urteile, bie je über Uttfanb gefällt roorben 
jtnb, jurücfgeljen, bas barf nid&t unerwähnt bleiben 
— fdfjon beöfyalb nid&t, tüclt cö jenen Urteilen tyre 
©pifee nimmt, benn fie paffen nidfjt auf ben ganjen 
ttfjlanb, fonbern nur auf eine Sßeriobe feiner S)id^tung. 
©oetlje fagt auöbrücfltdf), bafc feine SBerftimmung gegen 
Urlaub aus ber Seftüre beö SBtafangö feiner ©ebid&t- 
fammlung entftanben fei, in meinem er „fo triele 
fd&roadfje unb träbfelige ©ebidjjte" fanb, baft ifjm baö 
aOBcitcrlcfen verleibet mürbe, ©benfo geljt audf) feines 
©pott über bie bitter, bie ftatt gleifdfj unb Änod&en 
SBlumen in iljren 33ledf$arnifd&en Ijaben, eben auf 
jene älteren ©ebid&te — Seine Ijätte freilidf) fd&meigen 
bürfen, benn er felbft fjat gerabe jener fentimentalen 
SRebelromantif feinen Tribut reid^Ud^ bargebradjjt. 

Sftan barf aber nidf)t t>erfd&roeigen, bafc es fd&on 
in jener $t\t bti Ufjlanb nid&t an anberen, burd^aus 
erfreulidfjen ©rfd&einungen — in ber SRomantif unb 
neben berfelben Ijer — feljlt. ©djjon in benfelben 
©ebid&ten, meldte nadf) ©egenftanb unb ©timmung 
ganj ber wrljin befd&riebenen ©efd^maeföregion ange* 
työren, ift mand&e§, roaö man mit Shibm nennen mufj. 
„3)er Äönig auf bem £urme" ift nadj) 9Kotit> unb 
©runbftimmung ganj aus jener ©attung ber 9to= 
mantif hervorgegangen, aber meldte getragene ©dfjön* 
^eit, bie fidfj bem Seften bei ttfjlanb an bie ©eite 

3fij$er, Subtoig Urlaub. 4 



50 



ftcßcn barf ! 3Witten unter ben romanttfd&en ©geifern 
fteljt „©dfjäfers ©onntagslieb"; unb aus ber SEobes- 
ftimmung heraus ift „SDie ÄapcHe" entfianben. 3a, 
es finben ftdfj im Saljre 1805 fdljon ©ebid&te bei Ufc 
lanb, bie ju betn eigenften ©ut feines ©eifies gehören, 
bie t>or unb nadf) i§m fein anberer fo Ijätte madfjen 
fönnen, ©ebidfjte, bie mit feinen Ijöddften fpatern ®x- 
jeugniffen im SBert unb im befonberen poetifäjen 
Sfjarafter von einer Slrt finb : i<$ nenne ben „©änger" 
unb no<$ me|ir „3)ie fanften £age". SKudf) an frifd&en, 
ja tjumoriftifdfjen ©rjeugniffen fefylt es fdfjon bamals 
nidfjt ganj. 3$ erinnere an ben in ©oetljes SBeife 
fdfjalßjaften „©ntfd&lufc" unb an „©retdjens greube"; 
bas lefctgenannte ©ebidEjt'ift jugteidfj mm 3ntereffe, 
roeil es bod& ^öd^ft maljrfdfjeintidf) feine ©ituation unb 
©mpftnbung einer ©teile in ©oettjes ©gmont ent= 
nommen l)at. S^qUx^ Mingt es fdfjon fefyr entfdfjieben 
an ben SBolfston an, beffen fdEjönfte Sßermenbung fidf) 
im $aljr 1809 jeigt, in meinem „2)er gute Äamerab", 
„2>er SBirt^in Södfjterlein", „2>es ©oibfd&miebs %bfy 
terlein", „3)er ©<$mieb" entfianben finb. ©erabe in 
ben Sauren, bie bajnrifdfjen Hegen, mar bes Änaben 
SEBunberljorn erfd&ienen unb Ijatte alle ber Stomantif 
unb SBotfSbidfjtung juneigenben ©emüter mit magifdjer 
Äraft erfaßt. 

3n ben Sauren nadf) 1805 tritt bie erjältfenbe 
Sichtung bei Urlaub jurücf, bie rein fyrifd&e in ben 
3Sorbergrunb. 2Bie nun aber jene roieber meljr \)twox- 
tritt, ba Ijat fie ©egenftänbe unb 2töne einigermaßen 



51 



gemedjfelt. ttljlanb Ijat injnrifdjen bie edjte alte ©rtge 
genauer lernten gelernt, bie beutfdje unb norbifdje rote 
bie f ranjöftf d)e ; in tyt regiert nidjt jene näd)tli($e 
©c&roärmerei unb Träumerei, fonbern ein Ijerjljafter 
£elbengeift, berb unb rfidffidjtätos jufaljrenb. 5Suä) 
ttljlanbs SBattaben jeigen nunmehr biefeß frifd&e, manty 
mal berbe SBefen, „Älein Sftolanb" ate erfte ooran, 
bann nad) einer Sßaufe von etroa jroei ftatpen bie 
anb.ern aus bem altfranjöftfdjen ©agenfreiö, foroofjl 
aus bem färolingifdjen wie auö bem anglonormäm 
mftyen, ate fraftigfte unb glänjenbfte 33lüte biefeß 
ftaftooQen 8totiQt% ber „£aittefer", ber bie ©ebid&te 
be$ ^afyTtü 1812 mit einem pradjttwtten Strompetem 
ton abfdjltefct. @inen roefentlidj anberen ßljarafter 
§aben, gan$ entfpred&enb bem Ijifiorifdjen Etyarafter ber 
i^nen ju ©runbe liegenben Sßerfonen unb Vorgänge, 
bie ©ebidjte, bie fi$ in ben Äretfen ber protjenjatifdjen 
unb fpanifd&en SCroubabourö bewegen; fie finb in an- 
berem 3ufammenl)ang 8« ermähnen, ©anj oerroanbt 
aber an tjetbenljaftem ©eift finb ben franjöftfd&en 33al= 
laben bie beutfdjen. %\xä) ba, roo Ufylanb nad) feiner 
früheren äBeife «Stoffe uon allgemeinerem unb utibt* 
ftimmterem (S^arafter befjanbelt, finbet man jroar nod) 
im %atyc 1812 bie ganj ber alten fentimentalen @at* 
tung angeljärenbe ^Swttgfrau ©ieglinbe", aber au<# 
fdjoit brei Saljre früher fräftige ©ebidjte oott freu* 
bigen igelbenmutä, roie „2)aä ©djroert". 3 u ^ e ^ a & er 
fetjen mir ben Sttdjter fidj an eine gegebene fonfrete 
Ueberlieferung aus ber ©age ober ber ©efdjidjte <m 



52 



letjnen; mit befonberer SSorliebe entlehnt er feinen 
Stoff bet fd&roäbifdjjen SSorjeit. SWit Sluöna^mc beö 
in Sparte gebidfjteten ,,©raf ©bertjarbö SBeifeborn", ba* 
unö wie ein fanfter, aber burdfjauö nid^t fenrtmentaler 
Ätang beö ijjeimmeljö anmutet, lauter feefe, reden- 
^afte $rifd(je, ein ©tücf weit in ben gefpenftigen igumor 
hinein langenb wie „Sunfer Stedfjberger" ober t>on 
Uebenarofirbiger Saune fprubelnb wie ,,©raf (Sberflein" 
unb in anberer Sßetfe bie „©<Jjn>äbifd(je Äunbe", bis 
bad 3at)t 1815 mit ben SaHabcn aber ©bewarb ben 
Stoufd&ebart bie eigentliche legenbarifd&e, rfjapfobtfd&e 
Seljanblung oaterlanbifd^er ©efd&idfjte im rein epifdjen, 
referierenben SBolffitone bringt. -Jiadfj jener 3*it finben 
mir t>aterlänbifdjje 23aHaben n>ot)l nod; manchmal bei 
Uttfanb, aber nidfjt meljr in berfelben edfjt epifdfjen 
SBeife. @$ mif<$t ftdf) oielme^r bie -Jtaturempftnbung 
als ganj integrierenber Seftanbteil mit ein unb oer* 
änbert ben rein epifdjen ©^arafter redjjt roefentlidj 
in einen minbeftena ebenfo ftarf Iprifd^ gefärbten. 
2)at)er ber nid&t genauer befinierbare 9teij biefer fpfo 
teren ©tütfe, meldte auf und SRoberne mit unferer 
oormiegenb Iprifdjjen ©timmung unb Neigung ganj 
befonberö mirfen. SBenn „3)er ©d^enf tum ßünburg" 
ald eine reijenb erfunbene 3lnefbote ben 33oben ber 
SBalbeönatur, auf bem er fpielt, menigftenö jum Unter* 
grunbe l)at, ber für ben ©Ijarafter be$ ©anjen wxenU 
befjrtidf) ift, fo ift in „Seite £ob" bie SBolfelegenbe 
unb ber Staturoorgang in fpmbolifdfjer SBeife unauf- 
töölidjj perfettet unb ba* „©ingent&al" löft fidfj ooffenbö 



53 



ganj roefentüdfj in iftaturftimmung auf. 2letynltdj t)cr- 
galten fi<$ bie beiben legten Sattaben Urlaubs aus 
bem Saljre 1847, „£er<$enfrieg" unb „3)er lefcte $falj~ 
graf", von betten bie erfte otjne ben iWaturtJorgang 
gar nidjt benfbar ift, bie jroeite aber bas 33ertt>adfjfen= 
fein bes gelben mit ber iWaturroelt auf eine ganj 
entjüdenbe Sßeife jur 2lnfd(jauung bringt. 

3Ran barf fagen, es ift t>on ben SBirfungen, 
roeld&e bie Sftomantif in jener jut>or beftintntten gortn 
unb Stiftung auf Urlaub ausgeübt §at, feine t)er- 
loren gegangen, rooljl aber §at fid^ eine SReifung unb 
Stldrung bei iljtn tJoffjogen, bie i§n, oljne baft er ben 
SBoben, auf bem er einmal angettmrjett mar, ju t>er= 
laffen braudfjte, unenbltdj) tyod) über bie 3eitgenoffen 
hinausgehoben §at, bie er in feiner Sugenb als SWeifter 
unb SBegmeifer t>ereljrte. 

S)as ift es nun rooltf, mas man gemö^nlid^ meint, 
tüenn man bat)on rebet, baß Utylanb bie Sftomantif, 
aus ber er Ijerüorging , ju Iberer Älarljeit erhoben 
unb bamit jugleidE) fiberttmnben Ijabe. ®r Ijängt aber 
mit ber Sftomanttf, nur mit einer anbem ©eftaltung 
berfelben, audfj nodfj in einem guten anbern £etl 
feiner ©ebid&te juf ammen, unb tdj möd^te; um nur 
einen furjen tarnen bafür $u tyaben, biefe $orm feiner 
Stomantif bie SHedftfterenbe nennen. 3dfj Ijabe bas 
junädtjft netter ju erläutern. 

3ene fentimentale $orm ber SRomantif, bie man 
mit gfouqu^s tarnen am becfenbften bejeidjnet, ift ja 
gar nidfjt bie urfprünglid&e, auü) leinesmegs bie 



54 



nridfjtigfte. 2)ic Stomanttf — um einmal biefcn -Kamen 
für bie ^ßroteudgefiatt beizubehalten, bie, bei ben t>er* 
fdfjiebenften SBanblungen, burdf) bie Sßerfonen tyrer 
äntyänger unb ©egner bodj) immer eine SKrt von (Sin* 
tyeit oorftellt — bie Siomanttf ging ja t)on ber flaf* 
fijiftifd^en SHd&tung aus unb ift erft auf Umwegen ju 
ber SSerfjerrttdfjung mtttelaltertidfjer Sfypen, unb maß 
brum unb bran Ijängt, gelangt. 33on Anfang aber 
fiat fie baö — roenigftena nadfj iljrer Meinung — 
©pejififd^oetifd&e auf ben ©dfjilb gehoben, unb baö 
ift nun namentlich bei ben altern Sftomanttfern eben 
bie ©elbfttjerrlid&feit beö genialen Snbioibuumd. 3)er 
©egenfafc gegen bie Sßljilifterei mad&t, von ber Sucinbe 
bis ju (Std&enborffö £augenid(jtö fyerab, in ben t>er* 
fäjtebenften formen ben ©runbjug ber SRomantif aus. 
©r ift eö audf), ber bie SRomantifer fidf) auf ba* 
Mittelalter mit feiner gütte poetifd&er Figuren unb 
©rjätjlungen, mit feiner ttnbeffimmertljeit um ftiliftifdje 
3lbrunbung im großen unb um üernünftige 2)enfbar- 
feit im einjelnen alö auf einen ber SCummelpläfce 
tljrer ßaune werfen liefe. -Kur poetifdjj, nur nid&t alt* 
baden oernünftig ! SDief e Jlagge bedf t gar oerf dfjiebened, 
ja biametral entgegengefefcteö ©ut: ben Äultuö ber 
blofjen flangt>otten gform ttrie bie reine ^ormlofigfeit, 
bie ©leidfjgültigfeit gegen ben Stoff unb bie tollfte 
Häufung von ©tofflidfjem , bie reine äBittlür ber 
poettfdjjen (Srftnbung unb bie anbädjtigfte 3Biberauf- 
toärmung alter £rabitionen, bie fublimiertefte Sronie 
be$ geiftreidjjen Sßoeten unb bie Jlad^betung ber leier- 



55 



fcafteften ©affenf)auert>erfe, bie abftraftefie 5ß^ilofop^ie 
unb ben ßultuö ber Jungfrau Sßaria. ©o t>erfd(jieben 
bicfc 3)tnge finb: fic ftnben ftd&, in jeweils fo ober 
fo oeränberter SWifcijung, bei ben igauptt>ertretern ber 
SRomanttf allemal ttrieber beifammen. 2lm meiften 
freüi<^ bei £iedf, ber benn audjj bafi öinbeglteb jnrifdfjen 
aßen gtittn unb SRidfjtungen ber Siomantif ift. Sluö 
i&m allein fdfjon ließe ftdjj biefelbe in iljren fcaupt* 
Phänomenen, fomeit fie poetif<$ finb, ableiten. @r 
I;at aber aud) ©d&ule gemalt. @erabe um bie &\t, 
ba ftdj) bei Uljlanb bie erfie $l)afe feiner romantifd&en 
SHdfjtung in ber fcauptfad&e abgefponnen Ijatte, gewann 
bie 9fo>mantif in bem foeben entnridfelten ©inn einen 
neuen SJUttetpunft, neue fträfte unb 33unbe«genoffen. 
3)er ©egenfafc jnrifdjjen ben 3inl)ängern ber 
älteren, rationaliftif <$en 2)enfn>etf e in Sßrofa unb Sßoefie 
unb benen ber SRomantif mar fdjon alt. 35on ben 
Xenien an, nur mit öfterem grontn>e<$fel, Ijat ß$ ein 
fold&er ßampf in unfer Safjrljunbert herüber gejogen. 
@$ finb oft elenbe Sumpereien, an bie ber ©trett ftd& 
anheftet, aber fie finb tppifdjj. ©o Ijat bie tum 
SBityelm ©Riegel nadjj 33ttrger$ Vorgang roieber ju 
(Styren gebraute gform beö ©onetts einen jahrelang 
bauernben Ärieg ^eroorgeruf en , in bem man fidfj 
um merjeljn 3tetmjeilen fd&lug unb einen ©egenfafc 
ber ganjen SBeltanfd^auung meinte, Einte in Strömen 
ift nur allein barum gefloffen. ©oetlje !jat fidfj ber 
neuen gorm bemädfjtigt, aber er l)at in bem befannten 
©onett Ijinjugefügt, bafe er bodfj be&utfam bamit fein 



56 



motte, benn o&ne jemeiliged „Seimen'' geije es ba bodfj 
faum ab unb er fdfjnifce gern aus ganjem &plje. 2>a= 
mit mar bad Gegiftet gebogen unb über bas S^ema 
bes ©onettö ergoß fidfj nun ein ©dfjmatt t)on braufen- 
ben fernen unb ©egentljemen in ol)renbetäubenbem 
SDurdljeinanber. 33oß fdjjrieb nun fein 2Tntifonett an 
©oetfje; Slrnim unb Srentano ließen it>r Sßtfcfeuer* 
merf gegen ben alten ßolfteiner Urrationalifien fptelen, 
unb in SBaggefenö „Äarfunfel" ober „ftttngflingel= 
2llmanad()" faßte fid(j in einer mirftidfj geiftreidjen 
SBeif e bie ©egnerf d&aft gegen bie 3lomanttf jufammen ; 
üon beiben ©eiten oerliefen ftdf) bie SBogen aHmä^lid^ 
mieber, unb meffen ber ©ieg gemefen fei, oermod&te 
mol)l niemanb fo ganj fidler ju fagen, benn ber 
Plattheiten auf ber einen, ber ©jtraoaganjen auf 
ber anbern ©eite motten ungefähr glet<$ t)iele ge- 
mefen fein. 

S)aö Hauptquartier ber beiben feinblid&en &eere 
mar &eibelberg. 3)ort Ijaujien 33oß unb Paulus, 
meldfje gemeinfam bie alte Surg beö SRationaltemuä 
t>erteibigten , benn in ben Sftomantifern Ijatte man 
nid&t bloß bie 2ln!jänger einer anbern poetifdjjen 
Stiftung, fonbern audfj bie g-reunbe beö Äatfjolijiamuö 
unb Slbf oluttemufi jubefämpfen: SBerftanb gegen SJtyfiif. 
Sßauluä Ijielt ftdfj rein auf bem praftifd&en unb mtf[en= 
fd&aftlid&en, t$eologifd(j=pl)ilofopt)ifd)en ©ebiete; 33oß 
bagegen ift ber eigentliche äft^etifd^4itterarif(^e ©egner 
ber romantifdfjen $oetif, ber bie alten f laffijiftifdfjen gtor* 
men gegen bie „melfd&e Älangmetfjobe ber Äanjonen 



57 

unb ©onette" ausfpiette. Slber audfj bic ®egner 
Ratten tfjren ©tfc am felben Drte. Ereujer oertrat bic 
p^ilologifd^^toiffcnf^aftli^c ©eite bcr Sftomanttf, bic 
potttifc^c unb p^ilofopljifdfje ©örreö, bic poetifd&e 
Wcnim unb Brentano, ju roeld&en beinahe nodjj £iecf 
gefommen wäre, fyättt ben it)tn jugebadfjten Seljrftufyl 
in &eibelberg ntd&t ein anbercr it>eggefifd)t. Uns 
gefct f>ier nur bic poetifdfje ©eite bcr ©adfje an, benn 
in ©dfjroaben fam Ijauptfädjlidf) biefc jur Beljanblung, 
unb tt^lanb §at otynet)in, wie von feiner 2)id&tung 
überhaupt, fo audj) üon feiner Beteiligung an jenen 
kämpfen bas ßulturgefd&td&tlid&e, Sßljilofopljifd&e unb 
2tyeotogifd(je oon oorntjerein auögefdfjloffen. 

2fn Sßürttemberg mar üon Anfang an ein &aupt= 
fifc ber Sinti -Stomantif er. SDaö tum ©otta 1807 ge= 
grünbetc „2Jiorgenblatt" mar baö oorneljmfte Organ 
berfelben; baö 2^ema ift in biefem Blatte, ba$ erft 
1815 burdfj ben Uebergang in Stücfertö Sftebaftion eine 
oöttige SBenbung madfjte, in üerfdfjiebenen Tonarten 
üariiert roorben. S)ie beiben ßauptfampen waren 
griebrid^ &aug unb $riebrid) 2Beif[er, roeldfje beibe 
roenigftena jeitmeilig an ber Stebaftüm beteiligt waren; 
baju nodfj ber nad^ntalige ©tjmnaftalprofeffor Sfteinbecf, 
ber in fpätern Sa^rje^nten burdj) feine greunbfdfjaft 
mit Senau am raeiteften befannt geworben ift. &aug 
unb Sßeiffer waren na§ befreunbet unb geiftig vtx- 
wanbt. Beibe SHterögenoffen, gehörten beibe, was für 
tyre ganje ^ßerfönlid^feit dfjarafteriftif<$ ift, bem ©tanbe 
ber teeren Berwaltungöbeamten an; ber in foldfjen 



58 



Äreif en öftcrö t>ertretene Stypus bes nrifcigen, f arf aftif dfjen 
Äameraben unb SKnefbotenfrämerS tritt bei iljnen fefjr 
ausgeprägt ^eroor. 33eibe waren t>or allem ©pi= 
grammatifer, gabelerjäljler, ©atirifer in Sßrofa unb 
SSerfen, uon einer fünblic^en ©eroanbtfjeit unb grud&t* 
barfett. 2)urd(j Sttter unb ©eiftesrid&tung ftanben fie 
ganj auf bem 33oben ber uerftanbesmäfjigen Kafft? 
jiftifd&en ©<$riftftellerei bes ad&tjefjnten ^^unberts, 
unb biefe Stiftung l>aben fie in jaljlreid&en Slrtifeln 
unb ©ebid^ten bes 9Korgenblattes jum Slusbrud ge= 
bradfjt. 3$re eigentlid&en gelben finb bie ©leim, Uj, 
Sid^tenberg, Ääftner, Sefftng, Sßielanb unb Älopftocf; 
baju nodfj ©filier, ber insbefonbere oon bem t&m 
perfönltdjj befannten &aug gerühmt mirb, weit weniger 
©oetlje, ber eben mit bem romantifdjen ©rjfeinb in 
naljer Serüljrung ftanb. &aug ift übrigens meitaus 
ber bebeutenbere. @r ift nidjt blofe neben Ääftner 
ber nrifctgjle unferer beutfdjjen ©pigrammatifer, er §at 
aud& eine nrirHidjj poertfd&e 3lber. ©o ift er aud& ber 
SSielfeitigere oon beiben unb in feinen litterarifdfjen, 
äfttyetifdfjen 3lnftd^ten geredeter unb billiger, nrie benn 
unter feinen poetifd&en arbeiten aud^ mandfje lieber* 
fefcungen aus ben 3Rinnefängern unb anbern Sßoeten 
finb, beren Semunberung man fonft für eine ©igen- 
tümlid&feit ber Stomanttfer anfeljen möchte, ©eine 
Dppofition gegen bie Sftomantif ift einerfeits nrifciger 
unb besljalb wirf famer als bie SBeiffers, anbererfeits 
fa<$lid(jer unb gemäßigter; er l)at audf) beizeiten ba= 
mit aufhören uerftanben, mäfyrenb Sßeiffer nocij lange, 



59 



nadfjbem bie Streitigkeiten fyiftorifdfj geworben waren, 
fortgepoltert fiat. 

Uljlanb unb feine $reunbe fallen ftdfj in biefen 
(Streit fjineingeftellt. gffir wen anbers tonnten fie 
Partei ergreifen, als für bie Seite, toeld&e Sugenb 
unb Sßoefie ju oertreten f<$ien? 3$ Ijabe fdjjon früher 
t>on bem Ijanbfd)riftlid&en „©onntagöblatt" gerebet, 
bas bie jungen greunbe im ^afyt 1807 im benmfcten 
©egenfafce jum 3Worgenblatt gefd&rteben Ijaben. U^ 
lanbö Sftomantif tritt in bemfelben freiließ nod& fe^r 
fyarmloa auf. ©r rebet begeiftert oon ber romantifd^en 
Sßoefte, in ber er ben Inbegriff be§ waljrljaft Sßoe- 
ttfdfjen erbttiJt, ofjne fie näljer $u beftimmen ober gegen 
U)re ©egner ins fjetb ju jiefyen; in bemfelben £one 
fudfjt er audfj ben greunben einen ^Begriff oon ber Sßoefte 
bes ÜRibelungenliebs ju geben. Äerner, ber leiben* 
fd&aftlidfjere, ift es ädern nad^ gemefen, ber juerft ben 
fatirifdjjen £on angefdfjlagen l)at. 3unädf)ft bleiben 
bie jungen gfäljnbridije ber Stomantif nodjj ftiH unter fiel), 
oergnfigen fidf) mit §umorifttfdfj=überfdf)TOenglidjjen @pi= 
fteln, mit einer gemeinfamen Sßarobie -Diattijtffonö, ben 
bie Slntiromantifer als ben großen ßpriler ber ©egen= 
wart anräucherten, wie er wieberum bie ©rofcen biefer 
6rbe. ^n bit Deffentlidjjfeü tritt jebenfallö Remer 
juerft ein. 3m 3al)r 1811 erf dienen als fein erftes 
Sudfj bie „Sfteifefd&atten" , jene merfmürbige Steige 
pfyantaftifdjjer Silber, in benen ein bämonifd&es poeti- 
fd&eö geuer unb ein ganj toller &umor miteinauber 
um ben Vorrang wetteifern : fein genialfteö SBerf, ift 



60 



biefeö SBudf) jugleidlj eines ber glänjenbften, wenn nidfjt 
baö glanjenbfte 2Ranifeft ber SEHedfifd&en SRomanttf 
gegen bie „Sßlattiften". 3m felben Satyr folgte ßer- 
nerö crftcr 2Hmanad), an meldfjem Utylanb bebeutenben 
Anteil naljm, jmei ^afyxt fpäter ber jroeUe unter 
bem Tanten „©eutfctyer ©ictyterroalb". Jgier treten 
nun beibe greunbe ate SRitter ber SRomantif in bic 
©d^ranten, mit parobiftifcijen ©ebid&ten, roeld&e „©ptn- 
beimann ber SRejenfent" unterzeichnet finb. ©pinbel= 
mann ift ber lange, bärre SBeiffer. SBäljrenb Herners 
©atire metyr im affgemeinen gegen bie Sßtyilifierei getyt, 
ift bie Urlaubs fofort gegen baö littcrarifd^c ©egner- 
tum gemenbet. 9lud(j bas affgemeiner gehaltene „%x&ty 
lingölieb bes SRejenfenten" ftreift jutn ©d&lufc SBeifferö 
litterarifd&e Neigungen, wenn eö ityn, „ftleifienö %xbty 
ttng in ber SCafd^c", ausgeben lägt ; bie beiben erften 
©loffen aber, t)on benen bie eine, „2)er SRejenfent", 
f<$on in bem SHdfjterroalb erfdjten, tyaben ganj unb 
gar bie litterarifd&e Sßolemif gegen SBeiffer ober nodfj 
meljr gegen feinen 9Reifter 33ofc jum ©egenfianb: in 
ironifd&er SBeife wirb bie Kaffijifttfdje ?ßoefte mit 
ityren „antifen SBeröfoloffen" ber „SKftermufe ber ro= 
manttfcty füfeen £errn" gegenüber tyeraudgeftridfjen. 
3)ie jroeite ©loffe, „2)er SRomantifer unb ber SRejen- 
fent", erfd^ien erft in ber ©ammlung ber ©ebidfjte, 
jugleid) audfj bie beiben weiteren ©ebid&te „SRomanje 
oom SRejenfenten" unb „2)ie Sefetyrung jum ©onett", 
rote audfj in ber (Sinleitung ju ben ©bertyarböbaffaben 
(1815) nodfj auf bie ©inngebtd&te ber ©egner ange- 



61 



fpielt ift. 2lm birefteften gegen SBeiffer ift bie „93e* 
feljrung" gerietet. S)er alte ©egner bet Sftomanttf 
Ijatte im %äf)t 1814 felbft ein ©onett t>erbro<ijen unb 
äiüar fein parobiftif d&es , n>ie fonft fd&on, fonbern 
ein feljr ernft, ja bäfier gefärbtes Siebe§gebid&t. 2ttit 
überlegenem 2Bifc jieljt nun Uljlanb über üjn tjer, 
mit er, baö „reine Hermelin ber alten ©cljule", jefct 
felbft fein meifteö gell befubelt Ijabe: 

gürroaJjr, bu bift bem Sdjrer ju Dergleichen, 
$er feinen Sögling ob geftotylnen ßirfdjen 
3fa3fd)att unb fdjeltenb felber fie gefreffen. 

3m 3M>* 1815 £<** er baö Äriegabeil begraben; mit 
&aug Ijatte er unb I)at er nodj fpäter gute greunb* 
fd^aft gehalten, allgemeiner unb oljne foldfje fpejtelle 
Sejie^ungen aber Ijat er fdfjon 1811 bie ©ad&e ber 
SRomantif nriber bie „©tubenpoefte" in feinem „SWiftr- 
dfjen" nertreten, bas als baß ©egenfpiel ber eben be~ 
fprodjjenen ©ebtdjte, als bas ernftljafte SDtanifeft ber 
fdjjroäbifdfjen SRomantifer bejeidfjnet werben fann. 

3Son 1811 bis 1815 reicht biefe Beteiligung Vlty 
lanbö an bem ©onettfrieg unb an bem Kampf jnrifdfjen 
SRomantif unb Älaffijiömuö. ©ie bilbet nur eine 
furje (Spifobe in ber ©efdfjidfjte feiner 5ßoefie. ©dfjon 
etwas früher aber fefjen mir tljn audfj in anberer 
3lrt an ber SRomantif in ftiedfe Sßeife ftdjj betet* 
ligen. 3$ Ijabe beö Änaben SBunberljorn ermähnt. 
©* fann fein 3 ro etfel f e * n / bafy biefe ©ammlung eö 
gemefen ift, meldte Urlaub audjj jur Stfdfjtung im gan; 
eigentlidjjen SBolföliebton angeregt §at; benn feine 



62 



©ebidfjte bicfer Slrt f äffen gerabe im %af)t 1809, naty 
betn baa SBunberljorn 1808 erf d&ienen toar. 

2)a« 3al)r 1809 ift überhaupt ber Anfang oon 
Urlaubs 35rentano*2:te<fifdfjer SRomanttf. 25a* beroetfen 
vox allem bie bramatifdfjen Fragmente. 3m 3<x!jr 1809 
fd^rieb Äerner fein ©d&attenfpiel „ßönig @gtnl>arb", 
bas in bie SReifefdfjatten aufgenommen nmrbe, unb ttfc 
lanb t)erf afete iljm ein SRad&fpiel baju ; beiber arbeiten 
finb ganj in bem burleöfen, parobierenben iQoljfdfjnitt- 
ftil gehalten, ben Xitä 3Robe gemalt l>atte, mit SSer- 
toanblungen ber Sßerfonen ineinanber, Stpoftrop^ie- 
rangen bes Spubttfumö, SBermifd&ung von ©jene unb 
SBtrflidftfeit unb einer balb natoen balb ironifd&en 
•Jtad&aljmung beö ©tilß unb @ef$madfe ber alten 
$Bolfdbfldf>er. 25ie eigene bramatifdje Bearbeitung, bie 
Urlaub bem 33olfsbudj von ©ginfjarb angebeiljen liefe, 
nmrbe nicljt fertig; fie ift ernft^aft gehalten, aber in 
ber Beljanblung entfliehen von ber Sftomanttf ab- 
hängig, nrie ba* fdftlid&e gragment „©dfjilbetd" be= 
weifen fann, baö baraus in bie ©ebiclitfammlung über= 
gegangen ift. ©leid&fatte im ftaljre 1809 Ijaben llljlanb 
unb Äerner miteinanber bie fpanifd&e Sßoffe „3>er 
33ftr" gefdfjrieben, burd& bie auä) ein ganj patobtfiifdfjer 
£on gef)t; t)on lltyfonb f djeinen bie poetifd&en, t)on 
Äerner meljr bie profaifdfjen $eile fjerjurüljren. 3)afi 
bramatifd&e Fragment „35a$ ©tänbd&en", ba$ in Siedfe 
3trt Sßoefte unb ^p^ilifterei einanber gegenüberfiettt, ge- 
hörte urfprünglidj ju bem bramatifd&en (Sntrourf „%avx* 
lan unb Rannet" unb ift au<# aus bemfelten 3«$rc. 



68 



<8ttoa% fpäter, jroifd&en 1809 unb 1814, mufc ber @nf~ 
rourf „Karl bcr ©rofce in Serufalem" entftanben fein, 
von beffen &anö ©adiftfdfjem 2ton man fic^ aufi bcr 
„©d&toäbifdjen Äunbe", tuel<$e barauö fjerauögetoadjtfen 
ift, eine SBorftettung madjen fann. 

hieben ber SBolfepoefte unb ber beö beutfdfjen 
■Mittelalters Ijat aber bie Stomantif, melgeftaltig wie 
fie ift, ntd&t minber bie farbenglänjenbe 3Did&tung ber 
ffiblid&en, romanifd&en SBolfer gepflegt unb nad>geal>mt. 
S)ie bis jur ftarrifatur getriebene Sobpretfung £albe= 
rons, bei melier bann nodfj ferner bie fatyolifterenbe 
■Meigung mitgenrirft §at, ift bas ^eroorragenbfte S9ei= 
fptel bafür. ®ie greube an ©pielen mit frönen 
formen unb Älängen ift in ber ganjen ©df>ul* afc 
mädjjtig: „©flfce Siebe benft in £önen", unb leiber 
trifft aud& bas „3)enn ©ebanfen fteljn ju fern" oft= 
mals ju. SBir Ijaben gefeljen, mit um bie »on ben 
SRomantifern gepflegte ftorm bes ©onetts fidf) ein 
langer Äampf entfponnen §at 39ei ben Äomanttfem 
ift bas ©onett atterbings manchmal blofe ein „ Äling= 
gebiet", ©er emfte U^lanb §at es ernfter beljanbelt, 
ja mehrere feiner ernfteften unb geiftig bebeutenbften 
(Sebidfjte finb in biefe gorm gefleibet. 3ft es aber ein 
3ufall, wenn er ftdj) berfelben eben in ben nämlidjjen 
Sauren 1809 bis 1814 bebient !jat, in roeWje feine 
anbern Siedfifierenben ©ebid^te fallen? Sßor unb 
nadj jener $t\t fenne idfj nur aus ben 3<*!jren 1807 
unb 1808, fonrie auö bem ^afyc 1815 ein paar in 
ber Sammlung nid&t fteljenbe ©onetie, unb bas fpätefte 



64 



ifi ba* 1816 gcbid^tete „2tn bic SBunbfd&medfer". Sie 
Dftaoe gehörte nidjjt jur engeren ©omäne ber 9fa>~ 
mantifer, benn fie mar fdfjon cor iljnen gepflegt Sor- 
ben unb würbe beöljalb aud& oon iljren ©egnern nidjjt 
üerfdjmäljt. Slber fie gehört auä) ju jenen romamfdfjen 
formen, an benen bic Stomantifer befonbered ©efaHen 
femben. Unb fo fann es abermals fein 3 u f°tl fein, 
bafc U^lanb fid& aud& biefer gorm eben um biefelbe 
3eit bebient, tum 1807 bis 1816, unb bann nodf> 
einmal 1819 in bem fd^önften unb ebelften unter ben 
Ijierljergeprtgen ©ebid&ten, „Katharina". Sie ©loffen, 
i^rer Sßatur nad& gleichfalls ©ebid&te formellen Ur- 
fprungs unb Gljarafterö, finb oon 1813 unb 1814, 
bie £enjone in bem poetifdjjen SBettfampf mit Studiert 
Don 1816. 

3ft an biefen bem Snljalt nadfj feljr aerfdfjiebenen 
©ebidfjten bie gorm allein ber ©runb, fie an biefe 
©teile ju orbnen, fo jetgt eine anbere ©ruppe t>on 
Uljlanb* ©ebidjjten nadfj gorm unb ^n^alt jugleidfj 
d&arafteriftifdjje Sßermanbtfd^aft mit ber Stomantif. 3dfj 
meine bie fpanifdfjen Äomanjen unb bie mit i^nen 
oerroanbten ©ebidfjte. ©ie fielen in ber ©ebtdjjt* 
fammlung unmittelbar beifammen unb finb audjj 
fttltftifdj) burd&auö miteinanber »erbunben. 3n ber 
3eit reiben fie von 1809 bis 1815; infternerd erftem 
Sllmanad^ ftanben no<$ jroei weitere, „Safilbe" unb 
„©anft Slbefon«", toeWje biefer SBeröffentlid&ungSjett 
jufolge in ober vox baö 3a^r 1810 fallen muffen. 
3$ nenne bie ganje ©ruppe fpanifdfj, obgleich mandfje 



65 



bcr ©ebidjte tyren ©djauplafe in ©flbfranfreid), in 
Italien ober an feinem bestimmten Drte §aben. 3n 
Spanien fpielen bie beiben tbtn genannten ©ebidjte, 
roeldje mit ben jroei anbern „©er ©ieger" unb „©er 
nädjtttdje Stitter" juerft von allen veröffentlicht roorben 
finb : Safübe ift eine fpanifdje Segenbe, ©anft Slbefons 
aber eine Ueberfefcung aus ßopeö Äömg SBamba. 
©panifdj ift baö SBerömafc, roeldjes bent beö lefet* 
genannten ©ebidjteö treu nadjgebübet ift: es finb bie 
in ber fpanifdjen ©idjtung Ijäuftgen trodjäifdjen 58ier- 
füfeler, beren gerabe 3eüen burdj Slffonanjen t>erbun* 
ben finb. 3n biefem SBersmafe finb nod) fernerhin 
gebietet: „©er faftüifdje Stifter", „©anft ©eorgs 
Stitter", „Stomanje t>om Keinen ©äumling"; toä^renb 
in ben übrigen, jumeift nadj jenen gebidjteten bie 
2tffonan$en burd) ben genauen Steint erfefet finb: 
„Sioman&e t)om Stejenfenten", „bitter Sßaris", „©er 
Stauber", „©ängerliebe" unb „Siebesftagen". ©as 
fpanifdje SBersmaft ift es nidjt allein, roas biefe ©e- 
bid)te serbinbet unb ber Stomanttf t>erpflidjtet; es ift 
audj in ben meiften oon ifjnen bie für biefe djaraf- 
terifttfdje Steigung jum ©pielen, fei es mit romantifdjer 
Ironie ober mit troubaboursmäfeiger ©alanterie, beut* 
lidj auägefprodjen. 

2lm glänjenbften aber Dereinigen ftdj biefe ®igen= 
fdjaften in bem „$ortunat", von roetdjem 1814 bis 
1816 bie p>et erften unb einigen Sfidjer ausgearbeitet 
nmrben. 3n i§m ftnben ftd) bie roefentltdjfien Sngre- 
bienjien jener Stomantif beifammen, meiere idj bie 

Sflf^et, Subtoig tt&lanb. 5 



66 



£iedftfd[>e genannt Ijabe, unb jtoar fo, ba§ idjj biefen 
£orfo für eine« ber twrjfiglidfjften SBerfe ber ©attung 
galten mödjjte. 3>er ©egenftanb ift einem ber alt- 
beutfdfjen SBolfebfidfjer entnommen, an benen bie 
9tomanttfer fo gern jeljrten; er ifi biß gegen ben 
©d(jlu& im roef entließen treu nadfj biefer SBorlage be- 
fjanbelt, was bie äußeren Gegebenheiten betrifft, aber 
in ber ftiüftifdjen 3lusfttl)rung ifi ein ganj neues SBerl 
baraus geworben. 3$ wüßte nid&t, toeldje SBufter 
aus ber jeitgenöfjtfdfjen Sitteratur bem Sinter für 
feine 33ef)anblung oorgef fytotbt fyabm fönnten, benn 
bas groftartigfle SSeifptel ber ©attung, Styrons ®on 
Suan, ift erft fpäter erfd^ienen. 2Bir fönnen nur an 
bie alten Staliener, Slriofi in erfter Sinie, erinnern, 
weldje in bem nämlidjen SBersmafc bas trielbenmnberte 
unb öfters nachgeahmte Seifpiel eines fomtfdjjen ober, 
genauer gefagt, eines ben ©ruft ber alten iQelbenfage 
in ©dfjerj, ja Sßarobie auflöfenben @pos gegeben 
Ratten. -Kur ift bie SSe^anblungsmeife bes mobemen 
Sinters weit fubjelttoer, wie es ber frittfdfjen 3^- 
bilbung unb ber ©timmung ber 9tomanttf, namentlich 
in iljren Urfprüngen, entfprid&t : eine metfwürbige @r* 
fdfjeinung in ber 2$at, bafc bie älteren Sßfjafen biefer 
Bewegung bei Urlaub i^re SBirfung erft na$ ben 
fpäteren äu&ern. S)er (Stoff ift ^ier redjt etgentttdf) 
nur bas legenbarifd&e ÜKaterial, beffen ftd(j ber ©idfjter 
bebient, bas er mit fdfjembar würbigem, treubefliffenem 
©ruft unb ^eiliger ©dfjeu wiebergibt, um in SBirfttdf)* 
feit, bem tieferen ©inn nad&, lebiglidjj bamit §u fpiefen 



67 



unb es jum SJummelpfafc geiftrexdfjer Ironie ju madfjen. 
©ie 2fet, nrie SBielanb romantifd&e ©toffe Ijumoriftifdfj* 
fatirtfdjj be^atibclt ^atte , mar bodjj eine roefentlidf) 
anbete, fte ^attc einen ftarf rationaliftifd&en 39et* 
gefdfjmadt. &ier bagegen ift es bie reine fouwräne 
Saune bes bidjterifdjen ^nbiütbuums, weldfje auf bie 
Sfiljne tritt, in ben serfd&iebenfien Tonarten fidfj §ören 
läßt, jefet im ©^ronifenftit mit I)odjjgejogenen Srauen 
ernflljaft ju berieten fdjeint, um gleidfj barauf mit 
einer eleganten SBenbung fort&uljüpfen, ftd) an baö 
Sßublifum mit einer fd)aK§aft*eroften Sßarabafe ju 
toenben, jefet nrieber im ©emoge romanttfdjer Silber 
unb gfarbenmaffen fdjroetgt, fidfj t>on bem Älange einer 
tmmbert)offen ©pradfje eimoiegen läßt, um fofort nrieber 
mit einer Semerfung fubjeftfofter Ironie fjerüorju* 
ftmngen, fo ba§ ber (Sinbrudf beö ©attjen ber einer 
prädfjttgen, von überlegenem SBtfce geleiteten gaftnadEjtö* 
maflferabe fein mufc. Äaum wirb in SDeutfdfjlanb 
jemanb ju fmben fein, ber es unferem Sinter in 
btefem ©ebtdfjte, baö t)or allem audfj ein £riumplj für 
feine ©prad&= unb SBeröbegabung ift, gleidf) getrau 
Ijätte. 3$ müßte nur ben fdfjon t>on anbern genannten 
iße^fe in feiner „33raut von Supern" $u nennen, ber 
benn au<$ mit ben berebteften SSorten Urlaub feinen 
9Mfter gereiften §at 

SBarum $at Uljtanb bas@ebid(jt nid^t aoHenbet? 
2Bar es blofy berfelbe fd^cn oben ermähnte fprung* 
weife S^arafter feines ©intens, ber ber SBoHenbung 
längerer ©ebidfjte nid)t günftig fein fonnte, ber iljn 



68 



von ja^lreidjjen bramatifdfjen planen nur jtoei soffenben 
liefe, was audjj bie SBetterfttlpung beö gortunat vtt- 
tyinberte? ©eroife ntdfjt baß allein; benn gletdjj nadfj 
bem SBerlaffen biefeö planes Ijatte er bie Slusbauer, 
jroei 2)ramen fdfjnett fjtntereinanber auöjuar&eiten. ißat 
i^m alfo meHeidfjt tbtn bie Arbeit am iQerjog ©ruft 
ben gortunat verleibet? SBofyl nodjj mef)r als ba§; 
er mufe ber ganjen romantifdijen Ironie unb gorm- 
fpielerei fatt geworben fein, benn fo ernft er es mit 
ber geiftigen Ausfüllung von formen roie ©onett unb 
DttQM genommen Ijatte, mit feiner tiefften SRatur 
harmonierte bas ganje SBefen gerotfc nidijt. Unb tbm 
ber gortunat fann itym ben ©efdjmad baran benommen 
Ijaben. ©etyr letyrreidij ift bafür feine SSemerfung aus 
bem Tübinger ©tiliftifum, Don bem idjj fpäterljin ju 
reben Ijabe: ,,©s Hegt ein gerotffer, gerabe bem 
£umoriftifd(jen wenig jufagenber 3wang barin, burdfj 
ben weiten Umfang einer ©popöe unaufftörli^ luftig 
ju fein, ©ine fold&e 33efonbrung bes fomtfdfjen 
©lementes ber Sßoefie, jumal wenn fie in großen 
Waffen vorgenommen wirb, gehört ben Reiten einer 
fünftlidjjero poertfdjjen SBilbung an." ©8 mochte i^m 
fdjließlidlj wiberfteljen, ein foldfjes feinem fd&ltdjten, 
geraben SBefen wenig gemäßes Äolettieren mit bem 
^ublifum nodfj burdfj mehrere, ja weit mehrere ©e= 
fange f ortjuf efcen : benn bie jwei twttenbeten SBfidfjer 
entfpredjen nur etwa bem erften fünftel bes alten 
33olfsbud(jes. ©ine erftmalige Hemmung mar trieUeidjt 
ber Umftanb, bafe er ft$ bur<$ eine Abwetd&ung von 



69 



bcr alten ©efdEjid&te am ©djluffe feines SBrudjjftficfs 
ben 2Beg »erbaut f)atte; über ber ©djjmierigfett, ben 
Sßlan in aeränberter Stiftung fortzuführen, mag bas 
SBerf ins ©todfen gefommen unb bann aus jenen 
tiefer liegenben ©rünben ganj fteden geblieben fein. 
2Ber metß, ob mir es mit ebenfo großem Vergnügen 
lefen mürben, menn es jeljn Südjer ftatt jmeier Ijätte? 
Db mir bann ebenfo gern auf längere Sauer, als 
jefct auf bie einer ©tunbe, uns an bem geiftigen geber- 
battfpiel ergöfcen mürben ? Urlaub §at an feinen XitdU 
fterenben ©ebid)ten unb mit einem glänjenben finale 
am gortunat gezeigt, baß i§m audEj foldije fpielenbe, 
formalifiifdjje Sßoefte nidijt t)erf Stoffen mar; aber er 
fjat bie £f)fire red&tjeitig mieber jugefd^lagen unb uns 
erfpart, i§n neben Brentano unb ben £ie<f jener 3*it 
reiben ju muffen, bei benen man t)or bem beftänbigen 
Stteinanberfpielen aller garben unb Tont blinb unb 
taub mirb unb mit einem fafeenjämmerlidijen ©d&mmbel 
feljr ernüchtert ermaßt. 

■Reue formen unb ©attungen ber Iprtfd^cn unb 
eptfdjjen Sßoefte finb nadfj jener 3 e *t ntd&t m *§* * n 
Urlaubs SMdEjtung eingebrungen. 2ftan mag mofjl 
fagen, baß bie ftiUe ©röße ber gorm unb bes 2>n- 
Ijalts von nun an in ben menigeren ©ebid^ten, bie 
ttodfj folgen, bebeutenber unb von einem lidfjteren 
©lang umgeben erfdfjeine, als juoor; aber fdjon bie 
frühere 3*ü M ©ebidfjte gebraut, roeldfje ben fdfjönften 
aus fpäteren %af)Ttn ebenbürtig finb, unb vox allem 
ifi fein fpejiftfd^er 3ug in ben fpäteren ma^rjuneljmen, 



70 



ber ntd&t fdijon früher t>orl)anben geroefen märe. 9Ran#e 
frühere SJeflanbtetle feiner Sßoefte fdjjeiben fid^ nun* 
xMfyc aus, unb fo mag man in ben fpäteren ©ebidjjten 
feine eigentlidjje Statur reiner ftnben, benn jene SBe- 
fianbteite roaren von außen §er jugef filjrt ; aber f djjon 
mit ad&tjeljn Sauren f eljen mir i§n Sieber bidjjten, bie 
ju ben reinften unb eigentümlichen ßrjeugniffen feiner 
Sßoefie jäljlen. 

SEBenn bie ©runbform feine« ©elftes fdjjon fel>r 
frülföeirtg in Urlaubs ©ebid&ten erfdjjeint, in einem 
Sebensalter, ba fetbft ber frühreife ©oet$e no<$ mit* 
unter bie ©ierfdfjalen angelernter 5ßocfte an fidjj fangen 
fcatte, roenn fie für alle 3*it i^m treu geblieben tft, fo 
muß baraus nodjj fetnesroegs folgen, baß fie audjj be- 
fonbers fdjarf ausgeprägt märe, von ber gewöhnlichen 
gorm menfdjjlidjjen @mpfinben« befonbers abftädfje unb 
fo unmittelbar leidjt in bie Slugen fiele, nrie etma bei 
Seine, Äerner, Senau. ©8 fallen fetyr oft tbtn bie 
geiler leidster in bie Slugen, als bie ^ugenben, unb 
bas Slbmetd&en von ber geraben äRttteltinie bes SRaßes 
geljt nid^t immer nadjj oben, fonbern audf> nadfj ben 
©eiten unb nadij unten. @s gehört fdEjon eine gemiffe 
Stiftung auf ba« Sßati&ologtfdfje — im weiteren ©inne, 
monadj xä) jebe nidfjt rein na<# poetifdfjen, fonbern 
jugleidjj nadjj ftoff ttdjjen , politifdfjen, religiöfen ober 
anbern -Dttttelpunften gramtterenbe Stiftung in ber 
Sßoefie barunter üerfietye — - baju, Urlaubs ©ebtd&te 
bes^alb, roetl fie faft immer in ber mittleren 3 onc 
einer normalen ©mpfinbungd- unb ©ebanfenmett oer* 



71 



weilen, für minber bebeutungaaott ju Ratten. 9lein, 
fte fjaben i§re ©röße unb jtoar tyre ganj eigentttmttd&e 
(Sröße; aber fte liegt tiefer, wie etwa bei einem nur 
in mäßigem, eblem ©djjmud fidfj er^ebenben 39au, an 
bem bie 3)eutf d(H SRomantif er ber ©egemoart a<$tlo$ 
vorübergehen. 

Uljlanb §at einmal in 33ejtel)ung auf fcölberltn 
eine intereffante Unterfd&etbung gemalt jnrifd&en ben 
großen ©intern, weldje, roie ©filier unb ©oetlje, 
ttidjjt nur burdjj i^re Sßoefte ttrirfen, fonbem audjj frembe 
©ebiete, mie *pi)ilofopljie, ©efd&td&te, ^aturroiffenfd&aft, 
in iljren @eft<Jjt8frei$ jie^en, unb folgen, „bei melden 
jener frembartige (Stoff au$gefdj)loffen bleibt, bie baljer 
minber reidj unb mannigfaltig finb, bei benen aber 
baö xoatyct, innerste SBefen ber ^oefte reiner üorljan- 
ben ift, alö bei jenen großen". aSerfteijt man biefen 
©afe nidfjt t)on ben neben ber Sßoefte Ijerlaufenben 
itriffenfdfjaftlidfjen Sefirebungen , fonbem t)on ben in 
bie Sßoefie Ijineinragenben nriffenfdSJaftlidjjen, vor allem 
p$tlofopijtfd&en ©lementen, fo paßt er jugletdjj ganj 
oortreffltdjj, um Urlaub« bid&terifd&e 3lrt im ©egenfafc 
tttoa ju ©dritter unb ©oet^e ju bejeidfjnen. @r ift 
ate ©tdfjter mirflid^ bloß ©idfjter. SDie Äämpfe ber 
Stomantif, bie mir in einen Seil feiner spoefte hinein 
ragen fallen, finb eben poettfdjje, litterarifdfje, b. lj. fie 
finb von i^m bloß nadjj tfjrer Utterartfdfjen unb poe* 
tifd&en ©eite angefaßt roorben. S)ie Sßoltttf bilbet ben 
©egenftanb für einen anbern 2^eil feiner ©ebidfjte, 
fomo^l ber Äampf gegen Napoleon im 3a$r 1814 



72 

als bic balb barauf entbrannten roürttembergtfd&en 
JBerfaffungslämpfe ; audf) nod& int %a§x 1834 £at 
i^n bie 3tot bes ganjen SBaterlanbes ju bent ©e- 
bidfjt „Sßanberung" erregt unb feine bärgerlid^- 
bemofratifdfje ©efimwng in ber „SBerfunfenen Ärone" 
ftd& SluSbrud t>erfdfjafft. Sie „33aterlänbifd(jen ©e= 
btdfjte" bilben baburdij einen eigenartigen SBeftanbteü 
feiner ©ebid&tf ammlung , bafc fie einen ©egenftanb 
bes dufteren, praftifdjen Sebens beljanbeln. SDatyer 
iljr me§r ins Styetorifdfje faHenber Ton, eine größere 
Slnfpannung ber äußeren SWittel ber Ueberrebung, au<§ 
xootjl mandjjmal ein ßerabfieigen ju ben ©ebanfen unb 
SRebewenbungen bes gorums. 2tHein fte fielen in 
iljrer marftgen Kraft, in i^rer efjrttd&en, bfirgerlid&en 
©dtfidfjti&eit %oä) über ben glänjenberen politifdfjen ©e- 
bieten ber aierjiger Safere, in benen fo unenblidjj mel 
ftofetterie fiedft. — 2)ies wäre nun aHerbmgs eine 
ftlaffe t)on ©toffen, bie bem ©idjjter aus Legionen 
jufftefcen, weldjje an fidfj mit ber Sßoefie nidjjts ju tl>un 
traben. Urlaub §at aber eben mit feinen poßtifdijen 
©ebtdjjten bie Meinung glänjenb nriberlegt, baft bie 
Sßotitif ein ber poetifdjjen Seljanblung gar nidjjt fähiger 
©egenjianb fei. 3a, W* Diplomatie etwa, jener ganje 
Xtil ber Sßolitif, ber es eben mit ben fträften unb 
Seiftungen bes SBerjianbes, ber genialen Äombinationfi- 
gäbe ju tljun Ijat : er mag ftdfj für bas S)rama eignen, 
beffen ©eete bie SDiatclttt ifl, für bas fyrifd&e ©ebid&t 
jebenfaHs nidjjt. aber foUten bie moralif fym, bie 
im SBiffen liegenben ftaftoren polittfdjjer Sßorgänge 

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73 



einer Iprifdjjen Seljanblung unfähig fein? ©oHte ber 
Äampf um bie rec&tsgemäfee grei^ett, weldfje, um mit 
ttttfcmb f eiber ju reben, „bie Sßürbe bes SDGenfdfjen 
ausmalt", weniger poetifd& fein als ber um ben 33eft$ 
eines frönen SBeibes, bie treue Eingebung an bas 
SBaterlanb unb feinen dürften weniger als bie an bie 
•ftatur, an bie (Beliebte, an ben gfreunb, ber jefct auf* 
lobernbe Ärieg um bas &eil ber -Kation weniger als 
bie SRaubjuge mittelalterlicher ©eefönige? ©twas me^r 
©rbgefdfjmadf ber nadten SBirf ltdjtf eit , etwas mefjr 
^üdfidfjtslofigfett, wo§l audj) igärte bes SBottens unb 
©mpftnbens wirb foldfjer Stogesltjrtf allerbings anhaften, 
etwas me^r, als jenen elegtfdfjen ©ebid)ten ober ben 
S3e^anblungen einer nur burdj bie Sßljantafie t>ermit* 
telten 83ergangenljeit ; aber woljl audjj etwas meljr Äraft, 
innere 2Baf)ri>ett unb unmittelbare SBirfung auf bie 3^it. 
äHein jene Sßaterlanbsbi^tung tyat es zbm iljrer 
SRatur na<$ mit ben Äräften bes ©emüts unb SBiffens 
§u tfyxn unb ift barum unmittelbar poettfdjj; wie fie 
benn audjj t>on ben politifdjen 2ftanifeften ber ^ebräi* 
fdjjen Sßropljeten, t)on Styrtäus unb Sllcäus an in ber 
spoefte aller lebenbig wirfenben SSölfer aufgetreten ift 
unb nur aus ber unfern burdij eine unpolitifdjje Seit* 
ridjjtung Ijat wegbefretiert werben foHen. SBomit idjj 
mdjjt leugnen will, bafc bie Siebes* unb -Raturlprif 
me^r im SDUttelpunft ber Sßoefte fte^e, ba fie es tUn 
nur mit ber ©mpfinbung §u ttyun §at unb aufterbem 
über bas SBeljifel ber Sß^antafie oöUig frei verfügt, 
welkes in ber politifdfjen ©id&tung nur eine unter« 



74 



georbnetere Stolle fpielen fann. <g& ifi bemnadjj bte 
tmterlänbifdfje ©idjjtung Ufjlanbö {ein (Sinmurf gegen 
meinen ©afc, bafe er ab SXdjter eben SDidtfer fei. 
Urlaubs <ßoefie ift im toefentUdfjen unb jebenfaüö ba, 
mo fte i£re Jjödjjfie Entfaltung erteilt Ijat, jeitlos, 
man tonnte audj fagen tulturlod. @8 märe mir leib, 
menn biefe SluSbrfidf e mifsi>erßanben mürben ; fte f ollen 
eine ©djjranfe, aber minbefienö ebenfofeljr eine Sfogenb 
bejeidjjnen. 3$ ^offe audjj nid^t, bafc man biefe 2lu$= 
brfltf e auf bie ©ptfce fieHe unb babur<# ad absurdum 
ffltjre. 88on feiner 3«* unb Jtultur fann ftdjj ja bo<$ 
fein 3Kenfd(j loömadjjen. @r tragt fte in taufenb 
Äleimgfetten mit ftdfj. 3ebermann mirb an Urlaubs 
©pradjjf ormen erfennen, bafe er im neunjeljnten 3aljr= 
Ijunbert, an Ätebling$floffen, metrtfdjjen unb anberen 
SBenbungen, bafe er nadfj ben 9RetflerjaI)ren ©oetyes, 
nadjj bem aufblühen ber SRomanttfer gebietet Ijat. 
©o mirb audjj feine Sluffaffung ber ©efdjjled&töltebe 
©erraten, bafc er nidjjt in bie Älopfiodftfdjje ober Ujifdjje 
Sßeriobe gehört, fonbern nadjj ©oetlje gebietet ^at; 
feine polittfdjje 2)enfmeife, bafc er in einem alten SBer- 
faffungsflaate unb bodjj na<# ber franjöftfdjjen 9ta)o* 
lution gelebt Ijat; feine -Raturauffaffung mteberum, bafc 
er nidfjt vor ©oetlje* 3** f <*Hen fatm ; f rfn^ Religion, 
bafc er einer gtit angehört, in ber eine Steltgioftt&t 
otyne engeren fonfefftonellen ©Ijarafter möglidfj mar. 
©o bringt bie Äultur einer $eit unmtberftefjlidfj in 
bie gufammenfefcung ber einzelnen ©Ijaraftere ein, 
mie ein unenblidfj teilbarer ©toff, ber ftd) in Sltom* 



75 



form fafi aHgegenmärtig allen Äörpern mitteilt, bic 
in ber mit iljm gefd&miingerten Stmofpfj&te ftd^ be= 
finbcn. 6ine fotdje burdfjgängige Sttpngigfeit t>on 
ber Qdt fann man Bei Uljlanb fo meutg leugnen 
motten ate bei itgenb einem anbern. Um maß e$ fidj 
^anbelt, ift nur bas, ob bie eigentümlidfjen gaftoren 
ber B^tbilbung in feiner Sßoefte genriffermafcen in 
orderen 3Raffen erfdtjeinen, unb bas ift nid^t ber 
§att. SMe eigentlidfje SBtffenfdfjaft feiner Bett ift bie 
^ßijüofopftfe. 2Bie mären @oetl>e unb ©filier — idjj 
rebe ba gar nidjt einmal oon iljren profaifdjjen Sßerfen, 
fonbern bloß *>on iljrer $oefte — ju benfen o^ne 
biefeö mäd&tige Sngrebienö? Dljne biefeö Ratten 
mir mdjjt nur tnele üon ben bebeutenbften ©ebidfjten 
©d&iCerö nidjt, mir Ratten, um oon anbern Sßerfen 
©oetljeö ju fdjjmetgen, feinen fjauft. Sei Uljlanb ift 
ttidfjt eine ©pur biefeö (dementes ma^rjune^men. 3Ran 
fann fagen, er fei, mie etma bie Srfiber ©rtmm, 
in einer Slrt oon SReaftton gegen bie pljilofopljtfdjje 
3eitbilbung groß gemorben. Studjj anbere feiner geit* 
genoffen Ijaben ftdfj von berfelben abgemenbet; aber 
fte I>aben es get^n mie ©örres, SBrentano unb iljre 
romantifdfjsfattyolifdfjen ©enoffen, um fte ju negieren, 
fie burdfj eine anbere ju erfefeen. Urlaub Ijält fidfj 
blofc perfönftd) fern baoon, er Ijat fid^ nie bamit ju 
t^un gemalt, aber er ift t>off ber ebelften SJoleran^ 
gegen alle Äonfequenjen, bie baö SJenfen bei anbern 
l)aben mag. S)ie Geologie Ijat mäljrenb feines ßebenß 
unb jum guten 3Jeil in feiner nädjjften SWa^e ente 



76 



fd&etbenbe SBanblungen burdjjgjmadjjt : in feinen SBerfen 
ift mdjjtä von Geologie ju entbetfen. @in ebler, 
mttber SSjetemus, in ben einfachen Silbern für ba& 
Ueberftnnlidfje fidjj bemegenb, wie iljn jebe 3^ bti 
aWannern feiner geifligen 2lrt hervorbringen fann, ift 
ba unb bort ju üerfpüren ; aber er §at lebiglidjj nidj)t& 
©pefttlattoes an fi<i), er fönnte mit anbern 3fa3* 
brfidfen fdfjon int öomer fielen, bei bent baö enrig 
fdjjöne iccLvces fteäv ^at^ooa 3 ävdpcöicot gefdjjrieben 
ftef)t Urlaub §at in feiner Sugenb, wie es fdjeint, 
ftdfj au$ ben fird&lidijen ©ebräudfjen nid&t met gemalt, 
ift aber fpäterljin oljne eine ©pur von metljobifttfd&em 
©nabenburdjbrudfj ju tynen jurüdf gelehrt , als ju ber 
ftorm, in ber ftdjj nun einmal jenes „Verlangen nadfj 
ben ©öttern" in feiner 3ett unb feinem 3Soß aufwerte. 
2lber er Ijat leine ©pur t>on Unfreiheit, von bloßem 
Sefenntnisglauben an ftdf); ift er es bodjj, ber ben 
geiftttd&en ©ängern jugerufen ijat, üpen ascetifdijen 
£on „ntd&t länger ju führen", unb ber mit ber bos* 
Ijaften SBenbung „fo fromm er eudjj gelingt" jiemlid^ 
beutlidfj verfielen tiefe, bafc er an bie tiefere Steltgto* 
fität fold&er ®idfjtung md&t f onberlidfj glaubte. S)ie -Katar 
fpielt bei Uljlanb feine Heinere SRoHe als bei ©oetlje ; 
aber bti jenem ftnben mir nur rein ftimmung$maf$ige 
■Jtaturbetradjtung , bei ©oettye audjj in ben ©ebidjjten 
nidjjt feiten eine meljr fpefulatioe 3lrt ber SSerfenfung 
in bie ©e^eimniffe bed SRaturlebenö. (Sbenfo ift bie 
33eljanblung ber Siebe bei Urlaub otel meljr auf bie 
reine ©mppnbung unb bie aus tyx tjeroorfirömenben 



77 



fftegungen bed äßoffenö eingefdjränft, als bei ©oetye, 
ber auä) bicfe SRegung, roeldje tyren mroergleidtfi^fien 
©olmetfdjer in iljm gefunben Ijat, öfters in baö Stdjt 
ber fpefulattoen Sßeltbetradjtung $u rüden liebt. 

Unb enblid) baö Sfteidj ber ©efdjidjte, bejie^ungö- 
weife ber erjäljlenben ©idjtung! SBelc^e unenblidje 
3Kenge ber tferfdjiebenfien ©inge Ijaben anbere ©idjter 
in fie hereingezogen: rettgiöfe Sbeen unb Stampfe, 
©egenfäfce ber antifen unb djrtftlidjen ober ber euro- 
päifdjen unb amerifamfdjen Äultur, erbaulidje 6reig* 
gniffe unb polittfc^e Sbeen! gfir Urlaub als ©idjter I« 
epfiiert bie @ef <^id^te nur als ©age ; eine entf djiebene 
außer ber @rjcil)lung gelegene Stotbenj fyaben aufeer 
feinen politifdjen ©ebbten nur „2)ie Ulme ju iQtrfau" 
unb „3Jtünfterfage". @8 ift nur ber poetifdj beraubet 
bare Vorgang, ben er auffudjt unb beljanbelt. SJttdjt 
als ob nidjt audj feine SBaffaben einen tieferen ©eljalt 
Ratten: bie blofee ^iftorifc^e ober fagenljafte Slnefbote 
genfigt iljm jroar mitunter, aber bodj nidjt immer. 
Sebe feiner SBattaben Ijat iljre ©runbftimmung, man 
fann audj fagen eine betyerrfdjenbe ^btt, 06er nur 
getmfe nic^t in bem ©inne, bafc nun irgenb eine bie 
©egemoart intereffierenbe grage barin beljanbelt wer* 
ben foffte. @ö finb bie einfadjfien menfdjltdjen 58er- 
Ijältniffe unb Äonflifte, meiere bie ©egenftönbe bilben, 
unb gerabe bie ausgejeidjnetfien unter Urlaubs 33al- / 
laben Ijaben es mit folgen Vorgängen ju t^un, meldte ,'/ 
otyxt beftimmte &ulturt>orausfefeungen in jebem Qziul 
alter bfcnfbar finb; iä) ntnnt „£aittefer" , „Sertran 



78 



be äJorn", „Sie SSibaffoabrüd e" , „Ver sacruni a . 
S)aö julefct genannte ©ebid^t Ijat allerbings politifdfjen 
©eljalt, aber bodfj feinen irgenbnne ^ftortfd) begrenzen, 
fonbern einen, ber fidfj, t)on ben äufjem Formeln 
ber Äolonifation abgelesen, ate unabhängig t)on Seit 
unb Nationalität benfett täfet. 3lm meiften ma^ vaoty 
unter ben bebeutenbften »affaben Urlaubs „S5er SBal* 
ler" einen fpejifif<$en , religiöfen Sn^alt ju §aben 
f feinen; aber bodj ifi ber Äat^oUjiömuö lebtgltdj poe* 
tifdfj beljanbett, von irgenbeiner befttmmteren, aus bem 
Stammen ber rein poetifdjen ©rjäljlung §erau$tretenben 
3bee fann audj Ijter nic&t bie Siebe fein — \a man 
möchte es ate bie ädjiUeöferfe biefes unoergleufjli<i> 
frönen ©ebidjte* anfeljen, bafc eö oljne einen fefteren 
ßern ber Gegebenheit ober ber 3bee ftdfj fo ganj in 
Stimmung auflöft. 

3ft aber nidfit innerhalb biefer ©renjen nodjj 
9taum genug für eine ooffrotegenbe Sßoefie? ©inb rndfjt 
bie ©toffe unb SWotioe, beren Urlaub ftdj enthalten 
§at, foldjje, toeldje jtoar poetifdfj be^anbelt werben 
Wunen, baö ©ebiet ber ^ßoefte oergröfjern, fte unb il>re 
SCräger mit ber allgemeinen ßeitfultur, mit ber SBelt- 
litteratur in nähere 33erfiljrung bringen, roeldfje aber 
jur tnnerlidjien SBerflärfung ber Äraft, bie ber ©idjtung 
oljne fie inne tool>nt, nid^t beitragen, ja öfter« felbft 
in fonfi gefd&idften fiänben ju einem bie SBtrfung efjer 
abfdjpoädjenben äußern Sfaljängfel, einem bloßen 
fabula docet geworben finb ? SDtögen wir jugeben, bafj 
Urlaub als Äulturmenfdfj, als 3 e ttgcnoffe ungeheuerer 



79 



geiftiger Bewegungen ärmer in feiner $oefte ift als 
manche anbere: tneHetdjt ift er in feinem Heineren 
©eiftesgebiet, in bem Sejirf ber reinen, jmecHofen 
Sßoefie um fo reifer, ©$ bfirfte fidj in ber %$at 
bei iljm ein fotd^er T>erljältni$mäfjig Heiner Umfang 
ber poetifdjen SKittel, aber eine befto bebeutenbere 
gfüHe innerhalb beöf elben ergeben, ob mir nun bie 
©egenfiänbe ober bie SBeljanblungöweife feiner Sßoefte 
in« 3luge faffen mögen. 

9Wan $at gejwetfelt, ob Urlaub als SBallaben? 
bitter ober afe Sprifer größer fei. 9Kan fonnte für 
baö erftere ein Urteil ©oet^eö anführen unb Ijat in 
ber %$cA fi$ jumeift bafär entf^ieben. 3Wir fdjeint 
bie $rage teils mit einer anbern oerweäjfelt roorben, 
teils aus innern ©rfinben gerabe bei Urlaub faum 
beantwortbar ju fein. 2$ §alte Urlaub in ber Xfytt 
für ben bebeutenbften unf erer SaHafrenbidjter ; in ber 
Sgrif finb anbere SMdjter ba, meldte iljm gletdfjfommen. 
Ss ift aber falfdj, biefes SBertoerljältms ju einem 
prifdjen feiner SaHabe unb feiner Sprif umgubeuten. 
Stoju fommt ferner, bafc beibe ©ebiete fe&r eng ju* 
fammenljängen unb gerabe bei Urlaub nic^t fo ganj 
beftimmt ju fc^eiben finb. ©anj rein epifdje ©rjä^lung 
ift in unferer fubjefttoen ßeitbilbung überhaupt faum 
möglidj ; Uljlanbs ©berljarbsballaben motten raot)( bas 
reinfte SBeifpiel einer folgen fein. 3 Uttie $ $ au # bit 
Sattabenerjäljlung eng mit einer fyrtfdjen Stimmung 
oerbunben; bei U&lanb nidjt blofc in feinen fpäteren 
föwftbifdjen Sallaben, von benen fdjon ermähnt mürbe. 



80 



bafe fic feijr gern in unepifdjje Sanbfdfjafts* unb Sßatur- 
fiimmung auslaufen, audjj mdfjt bloß in bcn blaffen, 
gefialtlofen ©ebtlben aus feiner erfien romanttfdjen 
$Periobe, fonbern auti) in ben t)oHenbetften SBerfen 
feiner SBaffabenbidfjtung — idjj erinnere toieber an ben 
„Sßaffer". -Jtodj toeit djarafterifiifd&er ift es aber für 
ttljlanb, bafc bas 6pos fojufagen in feine äytit ein* 
bringt. 2Benn namentlidf) unter feinen älteren ©e- 
bieten mandjje fmb, von benen fid) nid)t fagen laßt, 
ob fte epifdfj ober Iprifd) feien, fofern il)re Sßerfonen 
lebiglicij Präger Iprif dfjer Stimmungen fmb : fo Ijaben 
audfj bie Iprifdfjen ©ebid&te, in welken er in erfter 
$erfon rebet, einen eptfdjjen $ug. 3 u ^ e ^ t)erfefet er 
ftdj in irgenb eine beftimmte Situation unb bietet 
aus üjr heraus. Seltener bei weitem ftnb bie rein 
fubjeftioen, nur bie eigene innere Stimmung jer* 
gliebemben ©ebidjte, eine ©attung, bie fdfjon ©oetlje 
mit feiner SMfterfdjaft gepflegt Ijat, beren größter 
Selb aber Seine ift. 3JHt ber tieferen Subjefturität 
fehlen nun aber tbtn aud) bie ©efa^ren berfelben, 
jene ©op^ifterei ber Seibenfdfjaft, jene mafclofe §er- 
oorfe^rung bes „großen, jerriffenen ^erjens", an ber 
es faft bei feinem unter feinen bebeutenberen $eit* 
genoffen feljlt — von ben Keinen 9todjbetern ju 
fdjroeigen. S)ie Slnfnäpfung an beftimmte, feft um- 
fdjjriebene Situationen gibt ber Sprif Urlaubs üjre 
gerunbeten ©eftalten, tyre flare Sßlaftif. 2)as liebe 
3<Jj fpielt bei iljm bie Meinfte Sftottc; ftatt es be* 
rounbernb ober bemitleibenb ju betradfjten, gibt er es 



81 



lieber offen unb ^erjlidfj an ein liebenswertes Dbjeft 
Ijin. ®ie Eingebung, nid&t bie fd&madfjtenbsjerfliefeenbe, 
fonbern bie mit fefter SDtännltdfjfeit gepaarte, ift ein 
©runbjug feiner Sprif; unb weld&e ©egenftänbe fönnten 
es in leerem 9Jtof$e fein, an benen biefe Eingebung 
fiel) erprobte, als bie jwei alten Schemata ber Stjrif: 
ftrauenliebe unb SWatur? Dber aber beibe Bereinigt, 
ein« im anbern fid^ fpiegelnb unb oerflärenb. 

SBeibe fpielen feine ganj gletdfje 5RoHe in Urlaubs 
Sßoefie. S)ie Stebesempfinbung l)at ber ernfte, fpröbe 
Sßann ntdjjt fo nadfj allen ©eiten unb in tyren tiefften 
liefen ausgefdjjöpft wie etwa ©oetlje. ©ie Ijat bei 
iljm uorwiegenb ben ©runbton einer sollen, unge- 
brodfjenen, fräftigen, aber ruhigen Steigung ; er ftnbct 
für bie 9Rännerfreunbfcijaft im igerjog (Srnft faum 
minber üolle äfforbe; Setbenfdfjaft, ^eifcer gieberatem 
bleibt feiner Sprif fem. Unb bodfj ift oon itjm bas 
©ebidfjt „D bridfj nidjt, ©teg, ju jitterft feljr", bas 
mir lange Siebesfrüljlinge unb anbere Variationen 
biefes £ljemas aufjuwiegen fdfjeint. ®as ift bodfj ge- 
wifc ©mpftnbung, fo vollblütig wie nur eine; aber 
allerbings, ber Stopfen ©ift feljlt barin, oljne ben 
nun einmal einem morp^iumfüd^tigen ©efdjlecl)te foldje 
Äofi nidfjt munben will. 

Smmer^in überwiegt bie -Katar unter Urlaubs 
tyrifdfjen ©egenflftnben ; unb wer aufjer ©oetye ptte 
fte fo befungen wie er? 2tbermats nadj ber SluSbeljmmg 
bes ©toffeS eine gewiffe ©mfdjränfung auf bas fo- 

griffet, fiubtotg Itylanb. 6 



82 



jufagen 3Kittlere, auf bad, was täglidj mit erneuter 
Siebeömadjt jum äuge unb §erjen bringt. 2)ie SBüfte 
unb bad 3Weer, bie §eibe unb bie SBelt ber ©letfdjer 
fehlen; ber melgereifie SDtamt §at audj foldje -Katar* 
büber gefe^en unb gemifc bemunbert, aber fie Ijaben 
üjm bie Sippen nidjt geöffnet — ba$ fonnte nur, ma& 
i^m vertraut unb ans §erj gemadjfen war. S)er 
fleißige SBefudjer ber ©d^tocij Ijat nur einmal, unb ba 
freilidj in ergreif enber ©rofeartigfett, bie 2Hpennatur 
in eines feiner ebelften ©ebtdjte, in „£ettö £ob", 
fjineingeftefft. ©in ©ebidjt ift leiber nid^t ausgeführt 
roorben, in meinem er, me^r in ©oetljifdjer SBeife, 
eine fuccefftoe Steige t)on ßanbfc&aftöbilbern im großen 
<5tit ju geben gebaute; es märe leljrreidj geworben 
um bes ©egenfafceö mitten. S)enn im übrigen bleibt 
er ju fiaufe, in ber Jßeimat, in bie er ftdj immer ntu 
»erfenft, bie er nie ju ergrünben unb ju erfdjöpfen 
imftanbe ift, beren altbzttttmt (Stege i&n jebedmal 
neu rühren. Sie fdjmäbifdje Sanbfdjaft, fein Ijeimifdje* 
Tübingen, bie SBeben^äufer Sßalbgrünbe, bie SBurm* 
linger Äapeffe, bie geheimen, felöbefrönten Sllbt^aler, 
ber -Jledar mit ber Surgruine t)on &ofen, baö finb 
bie fütteren Steije, bie üjm bie 3 un 9 e Wfen, bie t^m 
Offenbarungen eingeben, beren nur bie größten ©id&ter 
gemürbigt morben finb. &ier ift er unerfdjöpflidj reid^; 
er brauet ntdjt ben ßauber ber SDtonbnadjt, „mann 
nur bie ©eljnfudjt unb bie ©djmermut madjt", i^m 
bietet baö t)offe ©aatfelb, bie buftenbe SBeinblüte ge* 
funbe -Kaljrung für baö ©emüt ; ift er, mie atte S)id)ter, 



83 



am nofffien vom greife beö grfiljlingö, fo entlodft tym 
audj bie ©ommerf onnenroenbe ein unaergänglidfj fdfjöne* 
©ebid&t. U&lanb ifi fein $ant§eift unb fein 3«9fttfcr; 
jene ßiebeöleibenfdjaft, mit ber 3Körife ben SBogen 
be§ gluffeö „ben fe!jnfud(jtöt>offen Seib" jum Auf* ent* ' 
gegennrirft, jene jauberljafte SJtyftif, bie aus feinem 
„33efudj in ttrad)" ober bem „©efang ju ßroeien in 
ber -Kadfjt" rebet, tft iljm fremb. ©eine ©mpfmbung 
tft ruhiger, flarer, gefaxter. @r liebt bie Sftatur roie 
eine ©eliebte, beren ©egenltebe tym gerotfe ift. @& 
nrirb ein jeber feine eigenen Steblinge unter Utylanbö 
©ebbten Ijaben. SBenn id& aber erwäge, bafc gerabe 
unter U^lanbö Sftaturgebidjten biejenigen finb, bie bei 
einem anbern am roenigfien benfbar mären, bafe einige 
unter ben aufigejei^netften berfelben nodfj in bie 
frü^efte 3eit jurfidfreidfjen, ba er afe SBaHabenbidfjter 
noclj im SBanne romanttfdjjer Sentimentalität fianb, 
unb bafj jene Sugenbgebidjte im ©runbton t>on benen 
feiner fpätejien 3a$t)e$nte nicljt t>erf djieben jtnb: fo 
fe^e id(j mi<$ ju bem ©bluffe gebrängt, bafj thzn in 
ber ernften, roeüjenoHen Sftaturlgrif ber 3Kittelpunft 
t>on U^lanbs Sttdftfernatur liege. 6$ fdjjeint mir, ©e~ 
bidfjte, mie „2)ie fanften £age", „©djäferd ©onntagö- 
lieb", „gritylingöglaube", „2)aö ^al", „2luf ber 
Ueberfa^ri", „©onnenroenbe", „Stuf ben £ob eines 
SanbgetfHidjjen" bejeidfjnen bie tieffte ©tgentfimlidfjfeit 
U^lanbö; ©ebtdjjte, bie einen milben ©ilberglanj über 
bie -Katar legen, roie man iljn gemäßen mag, roenn 
man t>on ber ©dfjanje beö Tübinger ©dfjlojfes an einem 



84 



gritylingsmorgen bas 3ltd artljal unb bert blau^buftigen 
ftanb ber Sttb überbaut. 

©inb aber neben biefer §aupt* unb ©runbftim= 
mung in Urlaubs SRaturtyrif bie t>erfdjiebenften £öne 
biß ju ber gtanjootten ©dfjilberung ber SBeinlefe in 
ber „©eifterfelter" vertreten, fo jetgen bie erjäljtenben 
©ebidfjte, nadfjbem einmal bie SRonotonie ber ©djafer 
unb Äönigstöd)ter überwunben ifl, eine pradfjtige gütte 
bes frifdjeften garbenreidjtums. SBeldje SCöne wären 
ba nidjt uertreten, tum bent froren Äampfesmut SJaitte- 
fers bis ju ber getragenen geterlidfjfeit bes SBaffers, 
von ber §oljf<ijnittfigur bes Staufdfjebarts bis ju ber 
eleganten 3^^^ ^tx galanten £roubabours ! 
©er fünftlerifdj frudjtbare äftoment ift ftets mit fixe- 
rem ©triff ^erausgefunben ; es ift alles ba, was bie 
6rjäf}lung poetifdfj Ijerausljebt , fein Sota me&r unb 
weniger, ©djien uns bie SRaturlprtt ben 2Rittelpunft 
feines ©emfits, feiner geiftigen Sfalage ju ©erraten, 
fo mag bie SBattabe ityn am meiften als ben großen 
3Mfter ber Äunfi erweif en. ©ine Äunft aber, bie 
■Jlatur ju fein fd)eint, fo ftdfjer unb grofc, mit fo 
weifer SBegrenjung ift fie geübt. Urlaub Ijat uns in 
biefer 33ejiel)ung T>erwö§nt. 3Wan fennt gerabe feine 
SaHaben fdjon tum früher Sugenb auf unb mag leidfjt 
gewohnt werben, fie als etwas ©elbftoerfiänblidjes an- 
jufeljen: man lefe einmal bie £afd)enbfi<i>er feiner 
3eit, man lefe bie Sammlungen unferer bebeutenbften 
Sinter — idfj neunte ©filier unb ©oetlje, was bie 
epifdje ©d&tlberungsfunft betrifft, nidjt aus — unb 



85 



fc^c bann ju, ob man einen ftnbe, ber über Uljtanb 
ju fteHen märe. 

3e reiner wir uns auf bas eigentltdj $Poetifd)e 
in ber SJ5oeftc befdjränften, um fo bebeutenber ift uns 
feine ©efialt erfd^ienen. SDa^in geprt nun audj nodj 
©til unb 33e|)anblungaroetfe. ©ie wrbienen baö Ijödrfte 
Sob. 33or allem bie äußere $orm, ©pradje unb 
SWetrif. S)aß U^lanb in formeller 33ejiel)ung ju un- 
feren t>ottenbetfien ©intern jä|)lt, ift fd)on lang er- 
famtt roorben. SBenn es m$t ben §auptpunft feiner 
S)arfieHung in ber Sitteraturgefdjtdjte bilbet, fo fommt 
bas nur beroon, baß er no<$ genug tiefer liegenbe 
SBorjüge ^at unb feinen ^Ruhmestitel ntdjt bloß von 
ber ^ormooHenbung feiner Sßoefie abzuleiten brauet. 
@in SSirtuoö iji er nid)t; er Ijat gewiß nie ein ®e* 
bid^t gemalt, um bloß mit ber $orm ju glänjen; 
bie allgemeine ©igenfdjaft aller formaltfiifdjen ©idjter, 
bie ©itelfext, lag iljm gänjlidj ferne, ©r benüfct bie 
gtänjenben romantfdjen SBersmaße, meldte bie Sftoman- 
tifer pflegen, bas ©onett unb bie Dftaoe, aber nur 
in einem getroffen jeitlidj abgegrenzten £eil feiner 
©tdjtung, unb gerabe biefe beiben formen ift er mit 
bebeutenbem ©e^alt auszufüllen bemüht geroefen, ge* 
rabe in üjnen -tritt bei iljm ber ©ebanfe, t)on ber 
cpflifdjen ftorm gehoben, befonbers prägnant Ijeraus. 
©eroiß, wenn Sßlaten fidj gerühmt §at, im ©onett 
ben erfien Sßreis errungen ju liaben: Ulilanb §ätte 
es mit gleidjem Sftedjt oon fidj rühmen bürfen, t)ieHei(^t 
mit größerem, benn er aerfdfjmölit ben 9teij ber auf* 



86 



faffenben Sfteime, bic bei ?ßlaten feine Heine Stolle 
fpielen. 5Bon antifen 3Serömaßen erfdfjeint bei ü)m 
nur ba§ S)ifti$on ; anbete ftnb nadf) ein paar Sugenb- 
x>erfudjen aufgegeben toorben. ©eine ftorm ift baffir 
ju muftfalifdfj, ber affgemeine ©timmungödfjarafter ju 
gleichmäßig über baö ©ebidfjt Derbreitet, alö baß bie 
fdfjarf geglieberten antifen SDtetra i$m Ratten gemäß 
fein fönnen. ©anj überariegenb t>ermenbet er einfadfje, 
fangbare SBerßmaße, in ber Siegel bie affereinfadjften 
unb geroöljnlidfjften. 2tber er oertoenbet unb Ijanbljabt 
fie mit einer unbebingten fünftlerifdjjen ©idfjerljeit, bie 
eben, toeil fie fo t)offcnbct ift, als natürliche Seidfjrtg= 
feit erfdfjeint. -Jttrgenbß ift ba ettoas t)on ben elenben 
iQilfömitteldjen ju bemerfen, beren anbere ftdfj bebiencn 
muffen, um ein SBort, einen ©ebanfen in ben SBetS 
ju bringen, von ben gequälten SBortfteffungen , ben 
©afe- unb Sßortoerftümmelungen anberer; bie Siebe 
läuft fließenb ab, balb in einfadf) fdfjlid&ter 3Mobte, 
balb in reiben, glänjenben SConmaffen. 3$ erinnere 
an ben „£aiffefer" mit feinem unregelmäßigen fpringen- 
ben SKjptljmuS, ber tote §uff djaff ober ©djjtoertflang 
tönt, ober an baö eigentliche Sßradtjtftüdf, „®a$ ©lüdf 
Don @ben{jaff" : toie Hingt unb raufet baß, tote jmang- 
los ift für ben ftetß toieberfe^renben Steint bas redjjte 
SBort gefunben unb toie großartig, bämonifdfj, fdfjicf= 
falßgetoaltig wirft biefe SBiberljolung beöfelben Stetm* 
Hanges! Uljlanb !)at jcbenfattö mit 33etoußtfein bic 
äußere $orm als ein nifyt ju unterfdfjäfeenbeö ©lement 
ber Sßoefie angefe^en unb beljanbelt. ©affir jeugt 



87 



feine Strenge in ©inljaltung ber Siegeln. -Jlidjt nur 
i bie Sßrofobie ift burdjroeg rein unb flar gehalten, nidjt 

1 nur finb alle SBerömafee, benen es an leidster lieber* 
ftdjtlidjfeit feljtt, ftreng t>ermieben; audj bte Siegeln 
be$ SBoljlflangö finb ftreng beobadjtet, id> roiH nur 
ermähnen, baft ber iQiatuß von Urlaub geroiffenfiaft 
aermieben roorben ift. 3Kan mei§, wie ftreng er gegen 
feine eigenen ©ebidjte geroefen ift. 3mmer meljr fjat 
er ftd) reine, flare gorm unb fonjifen SluöbrudE jur 
^ßflidjt gemalt. Sßemt er ein ©ebidjt niä)t in bie 
©ammlung aufgenommen ober aus berfelben toieber 
außgefdjieben Ijat, fo merben mir immer neben ben 
fadjlidjen audj formale ©rünbe bafflr ftnben; ebenfo 
bei ben Umarbeitungen älterer ©ebidjte. ©ie enb* 
gültige ©eftatt bes „»linben Äönigö" untertreibet 
fi<$ üon ber erften roefentlidj burdj formale SBerbeffe- 
rungen; „aKutter unb Äinb" §at er aus einer brei* 
teren, tyrifdjen $orm in bie jefeige epigrammartfdje 
jufammengebrängt; ber ©pfluö „©er Äönigßfoljn" mar 
anfänglidj bebeutenb größer unb ift mit roetfer Defo* 
nomie t>erfürjt morben; bie fünfte Stummer beßfelben 
(„2Bie fd&reitet föniglidj ber Seu") Ijatte in iljrer 
älteften ©eftalt freie, reimlofe Stimmen unb ift erft 
fpäter mit Steinten t>erfe§en, überhaupt in eine gleidj* 
mäßiger fliefjenbe gorm gebraut morben. @$ ift ein 
meffeidjt minber bebeutfamer $ug, toenn Uljlanb ju 
bem erfien ©ebidjt „©efang unb Ärieg" genau ein 
Saljr fpäter baö jmeite im felben aSerfimafc unb Um* 
fang Ijinjubidjtet, ober menn er ju bem „©täubten" 



88 



trierunbjroanjig 3<xl>re fpater jroei weitere tym genau 
nadjgebilbete „©terbeflänge" Ijinjuffigt. 33ejeic&nenb 
aber finb bie fpanif cfi - ptooenjalif d^en ©ebidjte, von 
benen id) fd&on gerebet §abe. 2Itö Urlaub lange 
3eit nadj iljrer Sttbfaffung jtd) in „Sertran be 
Som" unb „SBaffer" roteber auf benfelben geo* 
grapljifdjen Soben begab, Ijat er alsbatb roieber 
basfelbe SBersmafe gewählt, aber nunmehr es burd) 
SBerbopplung in feiner SBirfung unenblid) gefteigert; 
audj bie nodj fpäter entftanbene „SBibaffoasSBrücfe" 
jeigt roieber eine SWobiftfation ber alten gorm. oben 
btefes Seifpiel fann beroeifen, wie roefentlidj für ttl)~ 
lanb bie gorm ifi, aber n>ie fie iljm eben nur ba& 
Äleib ber ©ebanfen, fein S)ing T>on felbftänbiger 
öebeutung ifi. -Jtodjmals, er ifi fein Virtuos, er ift 
ein Äünftter. 

es gibt aber audj eine innere $orm bes ©ebidjte, 
bie nidjt minber toid^tig ifi als bie äufjere: bie ganje 
Tonart, auf roeldje basfelbe geftimmt ift, alles, roa* 
jroifdjen ber rein fadjlidjen ©toffroal>l unb ber rein 
tedjnifdjen Seljanblung in ber 3ftitte liegt, äftan §at 
öfters, namentlid) in früheren Seiten, ttljlanb ju fe^r 
als 5Bolfsbid)ter betrachtet; jum ©lücf ifi man mm 
biefer einfeitigen SBetradjtungsroeife jurüdfgefommen- 
6r ift in ber 2^at nid^t fejjr Ijodj getoertet, wenn 
man — beftod>en etwa burdjj bie grofee Verbreitung 
feiner popularften ßieber auf bem SBege ber mufU 
falifdjen Äompofition — iljn eben als ben SHdjjter für 
SRännergefangöereine anfielt; ba E>at er boc§ ganj 



89 



anbete ©aiten auf feinem Snftrument! Stbcr es ift 
allerbtngß nidfjt §o<$) genug ju fdjäfcen, wtnn ein ©idfjter 
von folget &ö])e ber SBegabung unb Äunft jugleidjj 
für bie Smpfinbung weiterer, \a mitunter ber aller* 
toeiteften Äreife $u bieten imftanbe ift; e$ ift ein 35e* 
weis von gefunber Äraft, t)on gerabem SBieberfüm; 
unb es t&ut ber fttnjilerifcijen ©röfce Urlaubs feinen 
©intrag, bafc er ein paar Sieber gebietet §at, bie ©ol* 
baten unb 3Kägbe fingen. ©r ift babet nidfjt etroa 
jeweilig ein anberer, roie ©dfjubart, ber bie vottfr 
tfimlidjjften Äunfelfiubenlieber unb fllopftodfifd&e Oben 
nebeneinanber ^»at; feine Sßoefte ift eine nrirflidfje ©in« 
§eit, er rotrb in feinen Ijödjjfien Äunftprobuften jroar 
nidjjt meljr von jebem gewürbigt, aber bodjj bem SBort- 
laut, ber affgemeinen £enben$ nadjj aufgefaßt werben, 
er wirb in feinen üolfötümttdfjften Siebern vom feinften 
3ßanne nadfjempfunben werben fönnen. gfir blafterie 
fteinfdfjmeäer ift er nidjt; er Ijat ju triel berbe ©üb? 
ftanj an ftdj). S)en ittopftodfifcljen Dbenfdfjwung wirb 
man in unferem 3^talter fdfjwerlidj fe^r fd&merjlidj 
bei i^m t>ermtf[en, man wirb tnelme^r leidet geneigt 
fein, in feinem ftifferen ©efitylsergufj meljr 2BaI)r|)ett 
ju ftnben. ©Der toirb man eine gewiffe bämonif^e 
aber an iljm oermiffen. ©r Ijat baö Unfyetmlidfje, @e* 
fpenfttfdfje nidfjt umgangen; aber er l>at es ftetß epifdfj 
betjanbelt, balb mit einem berben iQumor, mag er baö 
©anje be^errfdjjen wie in „@raf 9Ud(jarb D^nefurdfjt" 
ober nur mitKingen wie in „Sunfer Sftedjjberger", balb 
als eine 2lrt oon etljtfd&er 3lemefi«, wie im „®lfidf t>on 



90 



©benljatt". ©idj eigentlich poetifdfj mit ben liefen ju 
ttyun $u madfjen, in betten bie Stätfel bes fiebenö 
rt$en unb ber Sßatynfinn lauert, bas ift md)t feine 
©adfje; er ruft nidfjt umfonjl betn ßird&ljof ju, bie 
fdfjroarje ©rbe mit frifdfjem ©rfin &u überbeäen. Un- 
enbtidf) toeit mufc er fyier, um nur Bei feinen Sanbs- 
leuten ju t>erroeilen , hinter 3Körtfe jurüäfteljett, ber 
t)or allem im 3Kater holten gang granbtofe S)inge 
biefer Strt f)at. ®od& jurüdfftefjen ift nidjt ba§ redete 
SBort; Urlaub t)at fi^ auf foldfje ©ebiete überhaupt 
nidfjt Begeben motten, fo roenig als er etroas oon 
Äerners Seherinnen roiffen wollte. <£r Ijält fidj in 
ben ©renjen ber normalen, gefunben 9Renfdfjemtatur; 
fie finb nodj meit genug für eine bunte fjüffe von 
Stimmungen, 3Kotit>en unb Tonarten, ©in volles, 
fraftigeö SWenfdfjenleben gef)t t>or unferem Stuge t>or* 
über ; baö ftinb, beffen 9lnbti<J fanfte, f aft wehmütige 
£eitnat)tne erroeeft, ber Süngling, ber eljrfurdjjtstjoff in 
bie Rotten ber großen SBett ber Saaten eintritt, ber 
3Kamt, ber mit freiem 2Bort unb unerfdfjrodfener S^at 
für baß Sßoljl feines Sanbeö einfielt, ber ©reis, ber 
fid& müb unter ben bunten £eppidj ber glur Ijinunter* 
feljnt, fte finb alle in frönen, Haren ßügen gefdjilbert. 
Ungezügelte grömmigfeit finbet fidj neben froher 
gefeiliger Saune, tiefer, gehaltener ©rnft ntbm liebend 
roürbigem §umor, ladfjenber igelbenmut neben ritter- 
lieber ©alanterie, auf jaudfjjenbe grüljlingsroonne neben 
näd^tlid^em @lfenfpuf. ©ie aerfdjiebenfien Situationen 
eines Sebens, bie t>erf<$tebenjlen ©d&idfjten ber ©efell* 



91 



fdfjaft ftnb bebaut: ber Äönigöfoljn, ber fein SReid^ 
jurfidfjuerobern audjie^t, ber greife Äriegö^etb im 
«ftampf mit unfern unb ©täbtern, ber ©änger, bfr 
mit einem Siebe ßänber entflammt, ber ©olbat, bem 
fein befter Äamerab jur ©ette fällt, ber Säger, ber 
fidjj auf feine ©alanterien nid&t twrfieljt, ber Sauer 
unb ber ©d&mieb mit feinem ©djjafc, baö 3Räbdf)en, 
baö mit ©tolj ben ©eliebten am genfter t>orbeif:prengen 
ftef)t, mit einer füllen Styräne bem Ijeimftd) ©eliebten 
nadjfdijaut, ber 2lrme, ber fidfj auf bie ©rlöfung vom 
<Srbenletb freut, ber ©efangene, ben ber Stuf ber Serdje 
boppelt etenb in 3taä)t unb ©rauen jurMftnfen läfet 
©dfjmerjttd&e 3#ne fehlen mit nieten in biefer reiben 
Tonleiter: roeljmfitiger ißinblidf auf bie SBergänglid&feit 
beö Srbifd^en, gefaxte Trauer um geriebene $reunbe, 
mitteibige £eilnaljme mit ber Sugenb, bie in fo garten 
unb raupen $t\ttn l>eranroadf)fen muft; ja eines ber 
tiefften, meffeid^t baö tiefjle ©ebidjt, baö Urlaub je 
flef djaffen f)at, „£raum", läßt itt einem erfdfjütternb 
frönen ©efidfjt, in bas alle 2Be^>mut beö menfdjlidfjen 
Sebenö jufammengebrängt erfdfjeint, bie SEBonnen unb 
greuben von ber @rbe f djeiben: 

gern, ferne fal) tc§ fdjrotnben 
$er @rbe Suft unb $etf. 

©elbft ber bittere öoljn über bie ©lenbigfeit ber 
9Wenfdjen ift bem ©idjjter ntdfjt fremb, obwohl er tyn 
nur einmal in feiner „Sßanberung" ergoffen, fonft 
lieber feine öitterfeit in fidfj begraben tjat. SBIo§ jener 
frantyafte unb unwahre aßeltfd&merj ift üjm fremb 



92 



unb von ©runb aus juwtber, bcr mit fofetter ©elbfi* 
befpiegelung immer wieber von bem ©tft rebet, ba& 
bic 2Bett üjm fiatt -Waljrung geboten, unb von bem 
9Ufe, ber burdj fein inneres gelje, auf bafc bie SSelt 
f agen möge : D, weldj ein ebler ©etft ifi §ier jerftört I 
SEBenn er auf bie SBeltfdjmeralijrtf ju reben fam, ba 
fomtte ber milbe, bulbfame 3Wann työ^nifdj werben 
unb §arie SEBorte gebraudjen: ,,2)te SBiene ftirbt, wenn 
fie geftodjen Ijat, bie Sanier fielen immerfort unb- 
fterben niemals." 

SEBenn man ben ©runbdjarafter tum Urlaubs- 
Sßoefie mit einem SBorte bejetd&nen wollte, fo fönnte 
man tyn wo^l als einen männltdjen bejetdjnen. @ble 
■Dtanntjett ifi fdjon in feinen 3>ugenbgebid)ten ju Der- 
f puren; greif en^aft ift er niemals geworben. 3lm 
meiften eignet tym immer ber üotle, ungebrodjene Xon 
aus einer fräftigen, frei gewölbten SJruft. gelben- 
^aftigfeit unb eble 2Wilbe fteljen als fdjönes ©djwefter* 
paar in feinen ©ebtdjten nebeneinanber, wie fie in 
ben ©ebidjten bes SWittelalters nebeneinanber gefeiert 
ftnb, mit benen er ftd) fo t)iel befdjäftigt, aus benen 
er fo mandjen frönen Stypus, fo mandjes prädjtige 
alte SBort für feine Sßoefte mtnommzn §at. 3$ wfifjte 
feinen anbern unferer 2)tdjter itjm in feiner Slrt ju 
t>ergleidjen; benn er ragt um Haupteslänge empor über 
bie, benen er feine poetifdjen Sbeale entlehnt Ijat, wie 
über bie, weldje auf feinen ©djultern unb in feinem 
©üme weiter gebietet §aben. Unter ben 3Mern mag 
man an ©djnorr von Garolsfelb beuten, ber aber weit 



93 



tiefer in ber Sftomantif ftedfen geblieben ift unb forootjl 
an Talent als an gorm entfd&teben unter Urlaub fieljt 
■Kur einen -Dhtftfer eiroa müßte ify tym jur ©ette ju 
[teilen, ber jroar in ber SKuöbe^nung unb im großen 
©til feiner SBerfe fidf) beträd&tlid& über üjn ergebt, aber 
bodfj fojufagen in ber geiftigen Tonart feiner Äompo= 
fitionen tym t>erroanbt ift. ©dfjon bei mandfjen ©e- 
bieten Urlaubs ift mir ber alte fcanbel eingefallen, 
bei manchen Äompoftttonen fcänbelö Urlaub. Sftatttrlidf) 
rebe idfj nur von ber Sluffaffungs* unb 2)arfteffungö- 
gäbe, foroett fte t>om äußeren Umfang unb ber Anlage 
ber SSerfe unabhängig ift; benn bie großen Dpern 
unb Oratorien, bie großen Orgel* unb Snftrumental- 
werfe ftänbete finb ja, als ©anje betrachtet, t>on ben 
im engften Stammen gehaltenen SWeiftergebitben Urlaubs 
ganj t>erfdjieben. Seibe finb fo red&t bie eigentlichen 
©arfteHer freubigen iQelbentums, aber audj jene mann- 
lidjje aKilbe tjerrfd&t in üjänbels SBerfen; jene flare, 
gerunbete, ted^nifd^ üoüenbete, aber jtdfj nie jur tnr* 
tuof en Spielerei fjerbeilaff enbe gtorm madjt audjj iQänbelö 
SBerf e unfterbttdfj ; beibe bleiben in tyrer ^ödjjften Äunft 
immer t>erftänbltdfj, fte Ijaben bie ®ab^ f bie richtige 
SarfteHungömeif e mit genialem Snfiinft ju ftnben. S)a= 
fjer ift Urlaub populär wie fein jroeiter 2)i($ter, unb 
fo mar es audjj &änbel unb roirb e8 jefct roieber meljr. 
S)er ©djjroanengefang ©imfonö erinnert mid^ ftetö 
roieber an U^lanbifdjje 3lrt unb 2Beife, ebenfo melobiös, 
ebenfo milb unb gefaßt, ein ebenfo roetdfjes — nidfjt 
fentimentaleö — SSerflingen roie in mand&em Sieb 



94 



Urlaubs. Unb faft rtodj meljr glaube id^ bei ber 
Seftüre Uljlanbtfdfjer jQetbengebidfjte &änbelif<$e Älänge 
ju ijören, vor allem jenen Sftauermarfdj, ben größten, 
ben bie ©efdjidjte ber 2Ruftf fennt, in bem ein &eer 
oon Reiben feften ©d&rittes an unferem inneren äfage 
wrüberjiefjt. 

■Jhtr beiläufig ift bisher oon Uljlanbö bramattfdfjen 
©idjiungen bie SRebe getoef en ; unb fie finb bod) tooijl 
einer befonbern Setradfjtung wert. 3<*/ wenn nur 
ber ©tünnte eines eljebem gefdfjäfcten bramaturgifdjjen 
Ärüifers folgen wollten, fo müßten wir U^lanbfc 
©ramen in bie erfte Sfteilje unter feinen SBetfen fteHen. 
&at bo<$ äBtenbarg in feiner Slrbeit über „bie 
©ramattfer ber Sefctjeit" behauptet, ber Sattaben* 
bitter Urlaub fei nur ber in taufenb ©tüdfe jer- 
fprungene 35ramatifer. @s war eine Sßarabope, rnie 
fie ben Ferren oom jungen 2)eutfdfjlanb mandfjmal in 
bie geber gekommen finb. ©dfjon Jgebbel, ber eifrigftc 
unb unbebingtefte Senmnberer Urlaubs, Ijat biefelbe 
jurüdf genrief en ; er felbft war für Urlaubs Dramen 
ooH von Slnerfennung, bie, nadfjbem er felber ftdjj mit 
bebeutenben äBerfen auf biefem ©ebiet ijeroorgetyan 
Ijatte, einer nfidjtemeren Setradjjtung gewid&en ift. 
2Wan Ijat früher tum Urlaub nur bie beiben 3)ramen 
gefannt, bie er felbft herausgegeben Ijat, „@rnft Don 
©d&toaben" unb „Subnrig ber 33aier"; baju bie in ber 
©ebidfjtfammlung t>eröffentli^tcn Fragmente „©<$il- 
beis", „2)a3 ©tänbc&en" unb „Äonrabin" nebft ber 



95 



bialogifdjjen ©jene „Stormätmtfdjer Srauclj", bie nur 
gern} äufjerlidjj an bie bramatifdfje gorm anfnüpft unb 
in allen anbern SBejie^ungen ju ben SBattaben gejagt 
werben barf. 9laty Urlaubs £obe würbe in Subwig 
©eegerö fteutfd&em ©idfjterbudfj bie fdjon erwähnte 
$offe „SDer 33är" t>eröff entließt, weldjje U&lanb mit 
Äerner gemetnfam oerfafct §at unb t>on weldjer trierjig 
Satire früher ein Weiner Seit in bem £afd(jenbud!j 
„Steinbutten" abgebrudft worben war. ©eitbem tjaben 
wir aber burdfj anbere Sßublifationen Äunbe t>on 
mannen anberen bramatifdfjen planen Uljlanb* er* 
Ratten, unb Stbetbert Äetter §at 1877 in feinem Ijödjft 
oerbienftlidfjen SBerfe „Urlaub als ©ramatifer" atted 
jufammengefteltt, road man über Urlaubs bratnatifdje 
entwürfe weife. 

@d ift nidjjt wenig. 3lud) wenn man abjtetyt, 
was — wie ber 5Rormdnnif<^e SBraud) — tebiglidjj 
eine äufjere bialogifdjje (Smfleibung Ijat unb woju man 
aus Uljlanbö älteren ©ebbten ebenfo gut nodf) ein 
paar, wie „2Köndj unb ©djjäfer", ^tnjufügen fönnte, 
fo bleiben immer nodjj jwei Dolle ©ufcenbe twHenbeter 
unb umwflenbeter ftramen übrig. Ottern nadjj reiben 
biefe ©ntwürfe ebenfo weit in ber 3*Ü jurüdf, wie 
bie ©ebidfjte. ßebigtidjj eine liebung, woljl nodjj auö 
ber 3 e ^ & ed t)orbereitenben afabemif<$en Unterricht*, 
ift bie Ueberfefcung auö ©enecad Xfatfr; jur flaffifdjjen 
©toffwelt gehört aud& nodjj ber etwa 1805 gefaxte 
Sßlan ^äld^iUeud 9 £ob", von bem nur eine SSrlcfftcffc 
jeugt. ,35ann folgen ein paar (Sntwfirfe aus ber 



96 



romantifdjen Sftitter- unb üjelbenroelt, jumeift in ben 
Sorben oerlegt, in bcr Haltung etwa parallel bcn 
älteften gebrudften ©ebidjjten, fotocit mir bic @nt- 
fleljungöjett lernten, aus bcm Saljre 1807; ed ifl aber 
noä) in bcm 1809 uerfafcten furjen ©rama „83enno" 
biefetbe Slrt bcr Sftomanttf wn etroas bunflcr, feier* 
lieber gärbung ju ftnben, mit gefjarmfdjjten SHttcm 
unb Änappen, 33rubermorb, SBatb unb ©infiebelei; 
audfj ein mentg genau briannter Sßtan Dom Sa^re 1810 
(„SDer eiferfttdjtige Äönig") fd^eint am meiften in 
biefe Äategorie ju gehören. ©aneben aber jetgt jtdjj 
fdjjon 1807 ein (Sntnmrf anberen S^arafterö in 
„granceöca t)on Sftimtno", nadjj ber befannten @r* 
jaljlung bei ©ante; ein @ntmurf> ber in ben aus- 
geführten ©jenen fe^r mel ©<$öneö jeigt — wie 
auffattenb er in ber ©pra<$e an ©oetljeö SCaffo ge- 
maljjnt, §abt tdj gelegentttdj ju ermähnen gehabt. ©ine 
breite ©pur f)at nun aber bie ©tnnrirfung SCiedfe unb 
ber mit tym üerroanbten ©ruppe von SRomantifem 
audj in Urlaubs bramatifdfjem Sitten eingebrücft unb 
jmar in benf etben Rafynn, ba mir biefe (Stnmirfung 
in feiner ftjrtf ma^rne^men. SKufcer ben früher t>on 
mir genannten ©ntroürfen, roetöje biefer ©ruppe an- 
gehören („@gin|)arb", „SRadjfpiet ju Äernerö @gin* 
Ijarb", „©er Sär", „£amtan unb Rannet") finb no<$ 
jroet meitere ju "nennen: „®ie ©erenabe", nur in einem 
©cenarium auf un§ gekommen, unb „S)ie unbtxoofynU 
Snfel", beren 3Jtanuffript nodj ©or^anben ju fein 
fdjjeint, aber bis jefct nityt befannt gemadjt roorben ifl. 



97 



2Kit bcm ^cfyx 1816 finbct and) im ©rama bic= 
fetbc entfdjiebene 2tbroenbung t)on bicfcr 9tid)tung 
ftatt, tüte in ber St)rif. Nunmehr treten ©egenftänbe 
att§ ber beutfdfien ©efdf)tdf)te unb Sage in ben SSorber- 
grunb. 9htr bie ©efdf)idf)te be§ fpanifd&en National 
Ijclben Sernarbo bei ßarpio fällt aufeerljalb biefeö 
9laf)men3; ttm$ von btefem ©ntnmrf ermatten tft, in 
$rofa, in 33tanft>erfen unb in fpanifd&en £rodfjäen, 
jeigt eine fefjr fdf)öne unb ebte Sprache. $)er beutfcfyen 
©age gehören jroei ©ntroürfe an: bie „Nibelungen" 
unb „®er arme §einrtdj". 33om legieren ift faft 
mdfjte ermatten; t)om erfteren eine wttftänbige pro= 
faifdfje ©fijjterung beö ^nlialtö atter einzelnen ©jenen. 
S)arnad) jerfäfft ber ©ntnmrf in jroei ©tfide : ,,©ieg- 
friebö £ob" unb „6l)riemf)ilben§ Nadfie"; bas ©anje 
beginnt mit bem Sefudf) ©iegfriebö in SBormö unb 
enbet mit Äriemfjtlbens £ob ; im gangen finb fed^jc^n 
2foentfiren aus ben jroei legten ©rittein be§ beutfdfien 
Nibetungenliebs befjanbelt. 33on ©eibetö unb 2Bagner§ 
33erfudjen unterfdjeibet fidf) ber üfjlanbifdje burd; bie 
9Jtttbertidfftd&ttgung ber jmeiten Hälfte beö Nibelungen- 
lieb«, von beiben unb jugleidf) von ©ebbet baburdft, 
bafe Ufylanb, aufeer in unroefcntlidjen, rein poetifd&en 
ßleinigf eiten , nidf)t über baö beutfdfje Nibelungenlieb 
hinaufgegangen ift. @r fjat bie ©age ganj auf bem 
tnenfdf)tid)en ©ebiet gehalten, im treuen §Hnfdf)lufe an 
ba§ Ntbetungenlieb , aus bem er bloß nodf) ein paar 
bort fd&on nidjt me^r üerftanbene Ueberrefte be« 
alten 2Jtytf)uö ju befeitigen brauste. 3$ fjatte biefen 



98 



2Beg in bcr %$at für ben ridfjtigften. SBaftüren unb 
§ornf)äuttge 2)rad(jentöter taffen mir uns in bcr alten 
©idjhmg gern gefallen, in moberner SBerroenbung 
werben fie unbebingt afabemifdf} ausfallen, ©eibete 
Srun^itb mit all t^ren großen ftiliftifdjen ©djjönljeiten 
!ann baö beroeifen; t>on SBagners ßurücffd&raubung 
auf baö -Kioeau ber attnorbifdfjen ©ötterfage gar nidfjt 
ju reben, meld&e, mag fie fo gcfd^tdft gemalt fein 
als fie motte, nur burdf) eine alle gibern aufreijenbe 
unb mieber betäubenbe 3Rufif unb eine fjenif^e 2lus- 
ftattung t)on foloffatftem Umfang i^re SBtrfung tfjun 
fann. @s ift aber leiber nid^t möglich, bie ©egen- 
probe auf biefe Se^auptung ju mad&en, benn oon 
bem tt^lanbifd&en (Sntnmrf, ber in ©injcl^citcn fc^r 
feine unb fraftooffe ©ebanfen enthalt, ift neben bem 
©jenar nur eine Heine 2lnjaf)t t)on SBerfen aus ber 
erften ©jene, bramatifdfj ganj unmid^tig, juftanbe 
gefontmen. 
* SDie übrigen bramatifdfjen Sßläne finb aus ber 
©efdfjidfjte bes beutfd&en SDHttetalters , iiim 5Ccit mit 
ben SRobiftfationen unb 2luSfdf)mü<Iungen, meldte f<$on 
ältere ©age baran angebrad&t fyat: bie Fragmente 
„ßonrabin", „£>ie 2Beiber von SBeinsberg", „2Belf", 
„Dtto t)on 2Bittelsbad(j", „Cannes Sßarriciba", meldte 
t)on 1816 bis 1820 fallen, unb bie beiben ausgeführten 
©tüde „fcerjog Grifft oon ©d&maben" (1816/1817) 
unb „fiubwig ber 33aier" (1818). ®ie „SBeiber üon 
SBeinsberg" maren als ©d&roanf gebadet, bei roeldEjem 
bie 3Kotioe ber t>icl fpateren Gegebenheiten mit ben 



i 



99 



©djjornborfern mit eingenrirft Ijaben werben ; ein paar 
ausgeführte ©jenen in &ans ©adfjfifdfjem £on finb 
baoon erhalten. 3)ie anbem ©tüde gehören ber 
ernften ©attung an. „Äonrabin" ift aus ber ©ebidfjt* 
fammlung befannt; roas bat)on erhalten ift, ift nur 
ber prädjttge Anfang bes ©anjen, über ben Urlaub 
nid&t Ijinausgefommen ift; er nriffe, fdfjrieb er fpäter, 
aus eigener ©rfa^rung, „bafe biefer gefc&idjtlidje ©egen* 
ftanb für bas SDrama günftiger ju fein fd&eint, als 
er es wirJlidSJ ift." S8on „2Betf" fyabtn wir blofj 
einen f leinen Anfang in fd&öner 33ilberfpradfje, n)ie 
immer bei U^lanb, ber aber keinerlei äfaffd&lufe über 
bie Slbftdfjten bes ©id&ters gibt; vom Sßarriäba blofc 
eine flüchtige ©rroftljnung bes SBorljabens, biefen ©toff 
ju beljanbeln; tum Otto t)on SBittelsbadjj ein ©jena- 
rium, bas eine trefflid&e Steigerung ber feanbluug 
bis jum britten 3Kte, von ba an eine etwas fd&roädj)* 
liiere Haltung jeigt. 

Sei U^lanb ift jebodfj bie farbenretdfje poetifdfje 
Slusfü^rung immer ein jQauptoerbienft , unb fo famt 
man bodfj nur über bie beiben t>ottenbeten Dramen 
mit DöHiger ©idfjerfjeit fi$ ein Urteil bilben. ©ie 
fallen ber £eit tyrer ©ntfte^ung nadfj mitten jroifd&en 
bie anbern f oeben befprodfjenen ©ramenentmürfe hinein. 
„Öerjog @rnft" ift no<$ 1816, im felben 3a^r mit 
ben meiften ber „SBaterlänbifdfjen ©ebid&te", begonnen 
roorben, an beten Sn^alt einzelne ©teilen mie bie 
berühmte „3)er ©ienft ber grei&eit ift ein ftrenger 
2)ienft :c." gemahnen, unb mürbe im nä^ften ^a^x 



100 



üoffcnbet; et fyat fofort Seifatt gefunben unb ift 1819 
juerft in Hamburg, bann gleidj barauf in (Stuttgart 
aufgeführt roorben; er fdjjeint, fo feltene ©äfte beibe 
©tüdfe Uljlanbs auf unferen Sühnen finb, bis jefet 
ftdjj nodfj immer als bas beliebtere behauptet ju §aben. 
„Subroig ber Sater" t>erban!te feine @ntftel)ung im 
3a^r 1818 bem Sßreisausfd&reiben ber -JRündjner 
ftofbü^ne für ein ©d&aufptel aus ber bagrifd&en ®e- 
fdfjid&te. ©r fyat ben Sßreis nid^t erhalten, unb über- 
haupt l)at bas ©tüdf rooljl im ganjen weniger SeifaH 
gefunben, als fein älterer 33ruber — teils roofjl mit 
Sftedjt, teils entfd&ieben mit Unred&t. 

Äein ßmeifel, bafe ©ruft t>on ©d&roaben bas 
poetifdf) fernere t>on beiben ©tüdfen ift — Subnrig 
ber SBaier bramätif<$ genrift bas beffere. 3n bas er- 
flere §at Urlaub fein poetif<$es, in bas jroeite fein 
polirtfd&es 3beal gegoffen; baß jcber, ber eben fdfjöne 
2)arfteHung unb poettfd&e Sftütyrung fud&t, baft vor 
allem bie Sugenb jt<$ bem erfteren jumenben roerbe, 
ift an fi<$ Har. @rnft von ©d&roaben gehört na<$ 
ber ©d&öntyeit feiner ©prad&e md(jt nur ju Urlaubs 
beften Seiftungen, fonbern überhaupt ju bem $ßräd&* 
tigften, roas mir befifcen. £)ie ©djön^eit ber äußer- 
liefen $)arftettung ift aber au<$ ijier nur bie Slufjenfeite 
eineö tief poettfdfjen Snljalts. SDiefes £)rama ift ber 
pd^fte Oefang ber greunbestreue ; roas bas menf<$= 
lidfje <Qerj, bie menfd&lidfje ©pradfje Ijat jur SDarfteUung 
biefes ©efü^ls, bas, roeidfj unb ftarf jugleidjj, über 
ben £ob hinaus bauert, bas ift ijier ju ftnben. Der 



fc fc fc * * «■ 



101 



bramatifdfje Aufbau ift bann freüid) weniger ju loben. 
2)er entfdfjeibenbe Sßunft ber ganjen &anbtung, bie 
@rflärung (Srnftö, von feinem SBerner ni^t laffen 
ju fönnen, unb feine abermalige 2led)tung, fällt fdjon 
an ben ©<$luf$ beö erften Slfteö; bie folgenben t)ier 
bitben nur bie jtemlidf) gerablinige SBeiterfüljrung unb 
aSoffenbung. Smmer^in ift 6rnfi fein Bring; nW 
fagen, er ift fein o^ne jegßd&e ©dfjutb von feiner ©eite 
in (Erfüllung feiner tjöc&ften ^ffidfjten ber brutalen 
tteberntadjt erliegenber &elb, rote ber beö unbramatifdf) 
gebauten Äörnerifd&en ©tüdfeö: er Ijat gefehlt, Ijat 
jtdfj gegen feinen Jßerrn empört, unb baö £ragifd[je 
ift nun tbzn baö, bafe er bem ©enoffen feiner @m- 
pörung Sreue galten muß, baf$ er an ber Haltung 
ber greunbeötreue ju ©runbe ge^t, meldte eben bie 
Äonfequenj feiner Se^enöuntreue ift. Unbramatifdf) 
ift es bann atterbingö, roenn im Verlauf beö ©tüdfe 
überall nur bie moralifdje Sidfjtfeite biefer Jßanblungö- 
roeife jutn 33orfd)ein gefommen ift. SDod) o$ne baö 
märe bie poertfdje ©d&önljeit jener ftreunbfd&aftöfjenen 
getrübt roorben ; unb man barf, roenn man baö ©tücf 
als ©anjeö nidjjt als bramattfdf) im ^ödjften ©inn 
beö SBorteö bejei^nen fann, um fo geroiffer ^inju- 
fügen, baß bie einzelnen ©jenen metftenö ^öd^ft tebenbig 
finb, jumal ber ©d&tuft beö erften unb ber ganje 
britte 2Ift. 3)iefe roerben audjj in ber f jenifdtjen Star* 
ftettung notroenbig begeifternb mirfen muffen. 

3)er bramatif d)e Aufbau ift in „Subroig ber 33aier" 
entfdjjieben beffer ; Ijier ift ein äfaffteigen biö jur 5ßeri- 



102 



petie bea ©tüdfö, bem ©ieg über grtcbrt^, eine SBor* 
Bereitung neuer SBernridftung unb eine enbgültige 2ö= 
fung berfelben burdfj bie ©elbftausfteferung $riebridfj$ 
unb Subraigö eblen ©ntfdfilufj jur gemeinfamen 9te* 
gierung. Sludj ein intereffanter, bramatifd) nrirfung§= 
fähiger polittfdfjer ©egenfafe ift üorljanben: jnrifdjjen 
bem altritterltdfien 3ft>el, ber burdjj griebridfj unb nodfj 
nrirffamer burdjj feinen SBruber Seopolb pertreten ift, 
unb bem aufftrebenben Sürgertum, als beffen ^ßro* 
teftor Subnrig, ber einfädle, fdftfid&te Sürgerfönig er* 
fdfjeint. ©iefer ©egenfafe mußte Urlaubs ©emüt ge= 
rabe in ben 3a£ren be§ aSerfäffungöfampfeö befonbers 
befd&äftigen ; ob bie Söfung bur<$ bie gemeinfame Re- 
gierung politif<$ fonberlid^ glfidfii<$ ju nennen ift — 
in ber ©efdfjidfjte Ijat biefelbe red^t furj gemährt —, 
biefe grage brauste ber ©idjjter, ber |ier einen 
menfdfjlidjj frönen 3ug in bzx ©efd&idfjte fanb, nidjt 
aufjuroerfen, bem Sßolitifer ttljlanb mußte eine fold£>e 
Söfung burdfj freien SBertrag unter ben ©treitenben 
notmenbig ganj befonbers jufagen. Slud^ bie ganje 
güljrung beö bramattfd&en ^ortfd^rittö ift in biefem 
©tficfe weit beffer ate in bem früheren. 2Benn es 
trofebem im ganjen weniger beliebt fein bürfte, fo 
roirb bie 9ted(jnung bat)on auf bie beö minberen ro- 
mantifdfjen Sftcigeö fommen; wirft bo<$ bei ben aller- 
meiften Sefern unb ßufdfjauern eine fdfjöne, rütyrenbe 
©pradfje unb auf baö ©effiljl wirfenbe ©injelbttber 
roeit meljr, ate ein frafttwller Sufammenljalt unb eine 
rid&tige ©ntnridftung beö ©anjen. 



103 



3)er eigentliche bramatifdfje -Wert), ber in mandfjem 
poetifdfj trielleidfjt niebriger fteljenben ©tüdfe ju Sage 
tritt, ifi übrigen« bod) in betben ©ramen Urlaubs 
nidjjt ju finben. 6d fe^tt bie pfpd&ologifclje ©ialeftif, 
oljne bie wir uns eine grofee Sragöbie ni^t ju benfen 
vermögen. SBifdfjer Ijat bamit fdjon ben Sftagel auf 
ben Äopf getroffen, wenn er eben an baö gelten 
biefeö ^aftorö erinnert, baran, ba§ bie gßljigfett, ftdfj 
in einen fremben 3uftanb ju oerfefeen, bei ttljlanb 
jroar für bie erjäljlenbe 35i<$tung, nidfjt aber für bie 
bramatifdfje ausgereist §abe. 3)a§ fommt t)or allem 
in „Subroig ber Saier" jum SBorfdjein. 2Benn bie 
ganje ©eftalt unb Äataftropfje @rnftö t)on ©d&roaben 
jroar ntd&t poetifdjj fdfjöner, aber jebenfaflte bramatif^ 
intereffanter ju machen geroefen märe, falte ber 2)idf)ter 
üjm me^r innere 3^rijfen^eit ju geben unternommen 
§ätte, falte er ben Äampf in feinem Snnern jroifdfjen 
Seljenöpfftdfjt unb ^reunbeötreue bargeftefft §ätte, ftatt 
i^n, als einen ftetö in geraber Sinie roanbelnben 
SRenfdfjen, roie er felbfi einer mar, fofort oljne foldjjen 
Äampf nadjj ber einen ©eite §in fallen ju laffen: fo 
leibet in bem jmeiten ©tüdfe, bad megen feines 
bramatifdfjeren Slufbaus nodf) me^r oon foldfjer 35iale!tif 
verlangt §ätte, audjj ber unmittelbare ©inbrudf unter 
einer gemiffen Starrheit ber gftguren. $Präd&tig finb 
ein paar Nebenfiguren, bie einfach gerabeauö reben 
unb fjanbeln burften, t>or allem ber oft angeführte 
SJäcfer Stomas mit feinem ©oljn. 3lud(j ber jiel* 
benmfcte, fräftige, aber milbe Subnrig, ganj ein &elb 



104 



unb Sftegent nadjj bem &erjen Urlaubs, ift fd&ön ge- 
jetdjnet; ebenfo bet roilbe, rücfjtdfjtslo« jufaljrenbe 
Seopolb. SIber für bie gigur griebridfjs ijaben bie 
färben auf Urlaubs Palette nidfjt ganj äugereidfjt. 
&ier oerlangte fdfjon ber Äontraft gegen Subnrig bie 
©arftetlung eines ritterlid^ ebeln, aber audfj ritterlich 
übermütigen Äat)alicrö, ber etwas unftätes fteuer im 
Slut Ijätte, oon bejaubernber ßiebensroürbigfeit , ein 
©tücf von einem ©gmont ober 3)on ^uan — bas ifl 
fein &elb für tt&lanb, bafür ift er ju gut bürgerlich 
unb Ijauslidfj. 

3Ran glaubt eine getmffe Ijarte ttngeübtyeii im 
©ebraudfj ber bramatifdfjen Äunftmittel, ber einen SUtann 
t)on aalglatter SBeroeglidjjfeit unb 2Jhi$felgen)anbtljett 
verlangt, au<$ in mannen ©injetyeiten roaljrjuneljmen. 
Söenigjiens erfd&eint mir bie 2lrt, roie bie Sagen- 
erklungen von ©rnfts 9teifen beiläufig trcrroertet 
ftnb, unb no<$ meljr, roie bie Slncfbotc vom frommen 
©d&roeppermann unb feinen (Siern angebracht ift, meljr 
Sßietät gegen bie Srabition als ©efdjicf ber bramatfc 
f dfjen SBermenbung ju verraten ; ber ©dfjüler Albertus 
ift gleidfjfalls eine $igur, bie aus ber großen 33elefen- 
Ijett Urlaubs in mittelalterlid&en fingen Ijerftammt, 
fie fott rooljl ätjnltdf) wie etwa bie fomifdfjen Figuren 
©^afefpeares jur ^Belebung bes Äolorits beitragen, 
aber — Urlaub iji fein ©^afefpeare. Anfänger 
madfjen öfters Sleminifcenjen. 3$ glaube, aud& im 
&erjog @mft foldfje ju finben. ®er Äaifer Äonrab 
menigftens gemannt mit feiner ftrammen ^Regierung«* 



105 



politif, bie, er gegen rebettifd&e (Stoße feine« SReidfjs 
burdfjfefct, an fteinridf) IV., unb es ift bejeidfjnenb, baß 
beibe meijr jur ftofte für anbete bienen. ©er ©dfjluß 
erinnert an ben bes Qamtet; ober fottte bem 2)idjter 
ber Don SBattenfteins £ob Dorgefdfjroebt fjaben, in 
roetöjem audjj bem fiugen Sßolittfer am £iele fönt* 
©trebens, bas mit ber 58erntd)tung bes bramattfdfjen 
gelben erreicht i% mit 33itterf eit gefagt tmrb : bu Ijaft 
erreid&t, roas bu gewollt? 2ludj ßrnft unb Sßerner 
gemahnen im ganjen unb in einzelnen 3öfl en an 
ßarlos unb Sßofa. 

3ebod[j, es mag ber Äriti! genug fein, ©agen, 
baß ein ©tfldf geiler Ijabe, foff nidjjt Reißen, es fei 
fd&ledfjt. ©djled&t ifl nidfjts, roas Urlaub gemalt Ijat ; 
es fam nur barauf an, bie ©renjen, bie audj bas 
größte ©enie Ijat, bei itjm feftjuftedfen. 2Ber gibt 
nidjjt gerne bie ljö<$jte SBofffommenljeti preis auf einem 
©ebiete, bas bie tieffte Begabung bes SDtannes nidfjt 
berührt? 2Bie fommt es aber, baß Urlaub nadf) 1820 
audfj feine leife 2lnbeutung eines bramatifd&en planes 
meijr von fidf) gibt, ba bo<$ no<$ mehrere feiner aus* 
gejeidfjnetften tyrifdfjen unb namentfidfj erja^lenben @e= 
bidjjte nadjj jener Seit verfaßt finb ? 3ft es ©dfjeu Dor 
größeren poetifdfjen Unternehmungen geroefen ober bie 
©rfenntnis — roie fte bem gar nidfjt etngebübeten 
SWanne rooljl jujutrauen wäre — , baß §ier nidfjt feine 
fdfjönfien Sorbeeren gebieten? SBietteidfjt beibes, unb 
nodfj ein brittes. 3)ie 3)ramen bis 1814 ftnb eigentttdfj 
meijr eine 3(rt von romantifdfjen ©tilübungen, „ftdjj 



106 



in erneutem Äunftgebraudj ju üben", um mit ©oetlje 
ju reben. Urlaubs Jgerjblut fließt bodj nur in ben 
ernften ®ramen t)on 1816 an unb biefe alle, foroeit 
mir fie einigermaßen fennen, — mit 2lu3nal)me ber 
Nibelungen unb be§ armen §einrt<$8, ber beiben 
^Bearbeitungen alter ©age — jeigen einen entfliehen 
politifdjen ©eljalt, ber mitunter, roie in „Subnrig 
ber SBaier", als bie etgentlidje ©eele beö ©toffeö er- 
fdjeint. 3ft & eto Befall, baß biefe SBerfudje gerabe 
in bie Saljre fallen, ba beö SMdjterö ©emfit burdj bie 
polttifdjen Äämpfe SBflrttembergö erregt war? ©s ifl 
Seit, ju biefen Äämpfen fiberjugeljen. 




3, 



djon ju Anfang biefer ©arjieffung ift angebeutet 
roorben, in meiner geiftigen, politif <$en unb 
fojialen 2ftmofpl)äre Ultfanb aufgeroadjfen ift. 3)ie 
altroürttembergif<$e SBerfaffung, roeldfje feit Sa^r- 
^unberten mit bem SSoHc t>ern>a<$fen unb namentlich 
ben felbftbenmßteren Greifen ber Seamten* unb ®e* 
le^rtenroelt lieb unb teuer mar, tjatte f<$on ju @nbe 
beö adjtjeljnten Sa^r^unbertö ©rfdjfitterungen unb 
kämpfe ju befielen. @ö mar eine Drganifation, bie 
nod) in bas Mittelalter jurüdragte unb ü>rem SBefen 
nad) ben mobernen ftaatsredjtlidjen ©ebilben fremb* 
artig gegenüberftanb. 9te<#te bes Sanbeö unb 9te<#te 
beö dürften ftanben foorbiniert nebeneinanber ; ein 
3ufammennrirlen beiber gaftoren war möglid^, aber 
nidjt geforbert unb baljer auä) nidjt regelmäßig. S8e- 
jog ber gfttrft, bur<$ fein Äammergut mit eigenen 
©tnffinften oerfe^en, t)om Sanbe nid&tö, außer mos 
biefes itjm auf bem 2Bege bes immer tmeberljölten 
Jtompromiffes otjne Sßräjubij barreidjen modjte, um bie 



108 



©dfjulben ju jagten, bic eine gerabe im ad&t jeljnten Safyt 5 
ljunbert bis jum SBatynfinn getriebene SBerfdfjroenbung 
ankaufte; mar er in gefefegeberifd&er imb abminiftra* 
ttücr SBejietyung an bie -Dtttnrirfung beö Sanbtagö 
nid(jt redjtlidj gebunben: fo tyatte biefernrieberum bie 
SBerroaltung roefentHd(j in feiner &anb, t>or allem aber 
bie Sefteuerung, überhaupt bie ginanjnrirtfdfjaft be* 
Sanbeö. 35er ©tyarafter ber ganjen SSerfaffung mar 
metjr prit>atred|jtlid(j als ftaatsredjttidf) ; burdfj eine Sfteitye 
von Verträgen jroifd(jen ben öerjögen unb ber Sanfc 
fdfjaft immer roieber neu ftiputiert, ftanb baö ganje 
9ted&t§t>erljältnte fd&liefclid) unter ber Dberaufftdfjt be& 
ßaiferö aU beö oberften Seljenöljerrn. 3JHt feiner 
SSerfaffung bilbete SBürttemberg eine 9ted&t§infel auf 
bem kontinent; unb nun begannen bie SBogen ber 
franjöftfd&en 9tet)olution gegen biefeö (Sitanb angu* 
ftärmen. 2)ie Stimmung feljr vieler, t>ieffei<$t ber 
meiften unter ben jüngeren namentlidfj, mar für biefe 
große Semegung, beren fettes Std^t man jroar oft 
burdlj fdfjroarje ©Ratten t>erbüftert fal), aber bodfj immer 
nrieber ungetrübt tyinburd^bre^en ju fetyen tyoffte. @& 
bebarf feines ®rtoeifeö, nrie feljr bie treibenben Sbeen 
jener $eit fid(j von benen ber alten roürttembergifdSJen 
SSerfaffung unterfdfjieben; eö gibt eine gange Sitteratur 
aus ben neunziger Satyren, bie fidfj eben mit ben 
fragen befaßt, meldte burdS) bas ©inbringen ber neuen 
3been in ben alten ©taatöförper entftanben. 3)a£ 
Sanb Ijat ftdf) aber audE) praftifdfj in bie Äämpfe ber 
franjöfifdfjen 9tepublif tyineingeftellt. ©er fcerjog ftanb 



109 



auf Defierreidfja ©eite ; bte Sanbf d^aft tDoHtc, oljne bcn 
gerotfj t>orljerrfd(jenben ©pmpat^ien für granfreidj eben 
offenen 3luöbrud geben ju wollen, jebenfaflte bas Sanb 
oor ben ©<$ftbigungen eines franjöftfdfjen ©tnfatts 
bewahren, unb fo ift es fogor ju etroas gefommen, maö 
man jefet für ein flaatsredfjtfidfjes ßuriofum anfe^en 
toürbe, roas aber bei jener Äoorbination t>on gttrft 
unb SBoII red(jt begreif lidj toar : ju einer ©enbung nad£) 
?Pariö t>on feiten ber Sanbfdjaft, roeld&e bat, bas 
Sanb für bie ?poftttf feines &erjogS nidEjt oerantmortltdf) 
ju mad(jen. &erjog griebriefy, ber 1797 jur Regierung 
gelommen toar, lonnte feiner geiftreidj^ungeftümen, 
rüdfid&tslofen, ijod&ftrebenben -Watur nadf) feine greube 
an ftänbtfd^cr SBerfaffung Ijaben, bie i§m, bem 2tuto* 
traten, in ganj republifanifd&er gorm gegenüberftanb 
unb gegenübertrat. @r ging fpater auf bie Seite 
Napoleons, mit bem er fidfj oerf d&mägerte, unb burdE) 
biefen Verteiler t>on Äronen fa^ er feine 3Rad(jt immer 
meljr gefieigert. 33on bem <Qauptfd&luf$ ber SReidEjS* 
beputation 1803 an erhielt SBürttemberg einen ®t- 
bietsjuroad&s um ben anberen; lauter ©ebiete, bie nun 
erft in bas ©pftem ber mürttembergifd&en SBerfaffung 
aufzunehmen gemefen mären, aber in ben Stammen ber* 
fetben fdfjon besljalb fd^Ced^t paßten, roeil fie jum 
größeren £eil fatljotifd& maren unb jene SSerfaffung 
mit ber lutljerifdfjen ßirdfje aufs atterengfte oerfnüpft 
mar. ©er abfolutiftifd&e ßljarafter bes fcerjogs unb 
biefe ©d&roierigleit, feine neuen ©rroerbungen in ben 
ftomplej beö fonftitutioneffen Sanbes einjupaffen, 



110 



mußten mit einember in einer unb berfelben Stiftung 
auf bie Sluftjebung ber SBerfaffung Ijin toirfen. griebri<$ 
befam 1803 bie Äurfürftentvfirbe, burdfj ben ^rieben 
von Sßreßburg 1805 bie Äönigstvürbe mit ber vollen 
Souveränität unb ben aus biefer Souveränität fließen* 
ben Sterten. 9lun artete er ben ßeitpunlt für ge- 
fommen, um ben von beiben ©eiten mit viel &aß 
geführten ©treitigfeiten mit ben ©täuben ein 6nbe 
ju mad&en. 2lm 30. ©ejember beäte er bie &anb auf 
bie Äaffen unb baö Slrdjiv ber ©tänbe, verpfli<$tete 
tags barauf bie Slemter jur bebingungölofen Unter- 
orbnung unter bie Steuerung unb ©teuerabtieferung 
an biefelbe unb proklamierte am 1. Sanuar 1806 bie 
itönigstvürbe. 

S)aö £anb mar nun jeljn 3a$re lang o§ne ftän* 
bifdfje SBerfaffung, unb tvenn bie alte SBerfaffung nidjt 
fdjon guvor bei ben einflußreichen ©timmfü^rern im 
^elljien Sid&te geftanben tväre, ber ©egenfafe ber ferneren, 
von überall jjer bebrängten 3eiten Ijätte ftc in ein 
foldjes ju fefeen genügt. Sie SBerljältniffe änberten 
ftd) burdj bie 33erjjanblungen über bie -Keugeftaltung 
©eutfdjlanbä nad) Napoleons ©turj. ©er 83unbeö- 
Vertragsentwurf beftimmte, baß in allen Sunbeöftaaten 
ftänbifdjje SSerfaffungen eingeführt unb ein 3Rinimum 
ber ftänbifdjen Stedjte feftgefefct werben fottte. S)iefe 
Seftimmung eines 3JHnimumö tvurbe von SBürttemberg 
als Äränlung ber Stedjte beö Sanbeöljerrn bejeidfjnet 
unb jurüägetviefen. ©8 ift nidjt untvaljrfdfjeinlid), baß 
griebridjj ben tveiteren ßumutungen ber Sßädfjte juvor* 



u 



111 



Jommen wollte burdE) freiwillige (Srteilung einer 5ßer= 
faffung a ^ feto &*** unb jtoar einer SBerfaffung, in 
welker jenes 3Jtinimum ftänbifdfjer 9ted£)te unb no<# 
barüber hinaus geboten wäre. @r berief ju Anfang 
beö Sa^reö 1815 eine ©tänbeverfammlung ein, weld&e 
ben von iljm vorgelegten 33erfaffungöentwurf beraten 
foHte. ©iefer ©ntwurf aber ftiefc auf unüberwinblid&e 
©dtjwierigleiten fowo^l bei ben SSertretern beö alt- 
württembergifd&en £anbeö, weld(je junäd&ft bie 3ugrunb* 
legung ber alten SBerfaffung, alfo SBieberljerftelhmg 
beö t)om &er$og einfeitig gelöften SBertragö »erlangten 
unb bie burd) 3 eitocr^ättniff c unb ©ebietövergröfcerung 
notwenbig geworbenen Slenberungen eben als Säube- 
rungen beö alten Sftecljtöftanbeö julaffen wollten, alö 
audj bei bem 2lbel, beffen reid(jöunmittelbare ©ebiete 
oljne jeben SKed&tögrunb bem £anbe einverleibt worben 
waren, ©o würbe ber Sanbtag 3Jlitte 1815 vertagt. 
Sllö er toieber einberufen würbe, Ijatte ber Äönig ju& 
ju einem wefentlid(jen 3 u 9 e ftiw&ttte Ijerbeigelaffen: er 
wollte bie alte SSerfaffung alö ©runblage für bie alt- 
württembergifd&en Sanbeöteile jugeben unb nur für 
bie neuwürttembergifd&en eine neue, auf bem ntobemen 
SRepräfentationöfpftem beru^enbe erlaffen. Sie SSer- 
Jjanblungen barüber waren ü)rem 6nbe nalje, alö 
äönig griebridfc am 30. Dftober 1816 ftarb. ©ein 
©oljn Ijatte alö itronprinj viele Hoffnungen auf eine 
freifinnige Regierung erwedft. 6r fefete bie SBerijanb- 
lungen fogleidfj nad& feinem Sftegierungöantritt weiter 
fort unb bradfjte gegen ben von ben ©täuben injwifdjen 



112 



tjoöenbeten SBerfaffungsentrourf einen eigenen t>or. 
aber es tarn abermals gu feiner ©inigung; im Sunt 
1817 mürbe bie ©tänbeoerfammtung aufgelöft. ©ine 
Sfojaljl entfdfjieben freifinniger ©efefee unb 5Berorb= 
nungen bemies aber, baß ber ßönig ben SBiUen §atte, 
in uerfaffungsmäßigem ©inne gu regieren. Um ben 
Stöfdjlufc bes SBerfaffungsroerfes enbttd& bodfj ^erbeiju^ 
führen, mürbe im Sommer 1819 mieberum eine ©tänbe* 
t)erfammlung einberufen, meldte bis 6nbe ©eptember 
bie SSerfaffungsangetegenljeit im roefenttidjen in 2lm 
bequemung an bie 9tegierungSt>orf$läge ins reine 
braute. 

2)amit mar nadf) einer $aufe t)on mergeln Sauren 
bas Sanb SBürttemberg toieber im ©enuß einer flän* 
bifdfjen SBerfaffung. S)ie SSerfaffungsftreitigleiten £aben 
unenblidfj triel ©taub aufgewirbelt, es Ijat auf beiben 
©eiten nid&t an großen gestern unb Verbitterungen 
bes Kampfes gefegt; menn bie ©tänbe einmal bie 
Snterjeffion ber von &ergog Äarls milber Seit Ijer 
befteKten auswärtigen ©arantiemftdfjte anjurufen unter- 
nahmen, Äönig griebridfj aber gegen Vertreter fiam 
bifd&er Slnforberungen gertd&ttidfj vorging, fo geugt bas 
bei beiben teilen oon übergroßer &ifee ber Aufregung. 
Sludfj von benen, bie außerhalb bes ©treites ftanben, 
ift in vertriebener SBeife über benfetben geurtettt 
morben. 3 utne *ft würbe aUeroings ben ©täuben vox* 
geworfen, baß fie an veralteten Sfafdfjauungen feflge= 
galten Ratten, an 2lnfd(jauungen, meldte meber mit ber 
neuen ©eftaltung bes Sanbes nodj) mit ben mobernen 



113 



politifdfjen unb ftaatöredfjtlidfjen gbeen ju Bereinigen 
gemef en feien ; &egel unb ©eroinus ftnb rooljl bie jroei 
bebeutenbften SBertreter biefeö ©tanbpunfte§. 3Jian 
^at auf mand&e Uebelftänbe ber alten SBerfaffung l)in= 
genriefen, auf baö otigard^ifd^c Regiment, bas ber Keine 
£anbtag§au§fd(juf$ geführt l)atte, ba bie ganje Sanb* 
fdfjaft oft oiele Sa^re lang nidfjt jufammengetreten 
war, barauf, bafe bie ganje 9led(jt8grunblage ber alten 
Seit, bie SRcic^öftanbf d^af t , bie ße^ensoberljerrlidfjfeit 
be§ römifdjen Äaifers, weggefallen war; man §at be- 
tont, bafe ber erfte SBerfaffungöplan Äönig griebrid&ö 
in mandfjem freifinniger geroefen fei als bie alte 33er- 
faffung, in welker t>erfd£)iebene jefct faft felbftoerftänfc 
lid&e @runbred£)te fehlten, man §at gefaßt, bie ftänbifd&e 
Dppofition tyabe burdE) iljr geilfd&en nur baäfelbe er= 
reidfjt, roaö £arqumius mit ben fibglltmfct)en Sudlern : 
bie enbüdf) oon ifjr angenommene SBerfaffung fei ber 
erften Äönig griebridjs gegenüber ein 9Winu£ t>on 
ftänbtfd&en Steckten unb SBorteilen im @imt ber Dppo* 
fttion geroefen; in ber %f)at enthielt bie befimtioe 
SSerfaffung ba§ von ftänbifdfjer ©eite ftetö befämpfte 
ßroetfammerfyftem, baö in bem erften ©ntrourf Honig 
griebridfjö nid&t enthalten geroefen mar. 

9Jian fann baö aUeö jugeben unb bie %vaQt, ob 
nidjt bie alte SSerfaffung bod) aud£) ben neuen 33or* 
lagen gegenüber iljre Sßorjüge gehabt fjabe, ruljen 
laffen — roie benn l)ier überhaupt nid&t ber Ort ift, 
biefe Ijödtft oerroidelten fragen ju befpred&en. gür 
bie Sanbftänbe lag bie ©adlje bamalö nidfjt einfadfj fo, 

8fifd&er, Subtoig Urlaub. 8 



114 



nrie tyxt Äritifer jagten. 3Rodjte bei trielen SSertretem 
bes alten Sfted&tsftanbes ein gamxliem>orurteil mit* 
fpieten: bie meiften roaren bodfj rooljl einig barfiber, 
bafc SUlobiftfationen an bet alten SBerfaffung notroenbig 
feien, aber fte wollten junftdfjft ben alten 3te<$tsboben, 
ben i^r 3Ronard) burdf) einfeitigen 3ßa$tfd&lufe itjnen 
unter ben gfifeen roeggejogen Ijatte, nrieber anerfannt 
§aben unb erft bann ftdfj auf weiteres einlaffen. ©aju 
fam bie -Kot ber erft überjianbenen itrtegsjaijre, ju 
ber fidfj mehrjähriger, in ber Hungersnot von 1816/17 
gipfelnber SDtifjroadjs gefeilte, um bie alten Sdttn von 
fetbft als bie guten erf feinen ju taffen; bagu aber 
vor allem ein tiefes SKifetrauen in bie ©Ijrlidftfeit beö 
Siberalismus, ben Äönig gfriebridfj anbot. 3Kan mag 
es ©igenfüm f dielten, bafc bie Sanbftänbe fein @nt* 
gegentommen nxtyt benufcten, bafc fie au<$ feinem -Kadfj* 
folger gegenüber, ber bodj) an ber Sluf^ebung ber 33er- 
faffung unfd^ulbig mar, auf ber Herstellung bes alten 
9te<$tsftanbes t>erljarrten; es ift aber minbeftens ein 
©igenfinn, ber t)iel SldEjtung einflößen mu%, ben man 
bem in ganj ©eutfdjlanb gepriefenen SBiberftanbe ber 
©d|jlesroigs<Qoljieiner gegen bie bänifdje SBerfaffung rootyt 
jur ©eite fteffen barf. 

Uljlanb Ijat fid) t)on Slnfang an in bie Steigen 
ber Kämpfer gemifdfjt. 6r ftammte aus einer gfamilie, 
bie burd) mehrere 3Kitglieber mit ben alten SBerpte 
niffen aufs engfte juf ammenljing , er mar Surift unb 
t)on einem äufcerft ftrengen ©tan für bas formale 
Sted&t erfüllt, an bem SRegierungsfpftem , ba& er in 



115 



feinem ©taatsbienft fennen gelernt, Ijatte er nidjts 
weniger als greube. 6s tonnte !ein $tottftl fein, 
bafc er ftdj fofort auf bie ©eite ber alten SBerfaffung 
fdjlagen würbe, bes „alten guten Stedjts", wie es nadj 
iljm von greunben unb geinben genannt worben iji. 
Unmittelbar an bem SBerfe mitjut^un, war er junadjft 
nodj ju jung ; erft mit breifeig Sauren würbe er wftljl* 
bar. SJnjwifdjen war er mit ber 2Bu<$t feines ©idjter- 
worte« tyätig. „9fot 18. Dftober 1815" war bas 
erfle ©ebidjt, mit bem er in bie Bewegung eingriff; 
im Saljre 1816 folgten „SDas alte gute Sftedjt", 
„SBfirttemberg", „©efprädj", „2ln bie JBoöSöertreter", 
„31m 18. Dftober 1816"; biefe fed&s jufammen würben 
im fcerbft 1816 als „SBatertänbifd&e ©ebidjte" in 
einem bünnen &eftdjen ausgegeben. 2lud) nadj Äönig 
Sßitijelms Regierungsantritt ruljte Uljlanbs ftreitbare 
3Rufe nidjt; oom ©pät^erbft 1816 bis jum ©ommer 
1817 finb nod) fteben weitere ©ebidjte ^injuge* 
lommen: „©djwinbetyaber", „&ausred)t", „S)as fierj 
ffir unfer SSoll", „$Reujal)rswunfd&", „3)en Sanbftänben 
jum Gljriftoptjstag 1817", „©ebet eines SBürttem* 
bergers" unb „SRad&ruf", bas lefete nadj ber 3luftÖfung 
ber ©tdnbeoerfammlung im guni 1817 gebietet. $n 
ber ©ammlung ber ©ebid&te bilben biefe breije^n 
©cbid^tc eine eigene Abteilung, nebft bem 1819 ge* 
bieteten Sßrolog ju ©rnft tum ©djwaben unb ber 
„SBanberung" t>on 1834. 

S)ie t>aterlänbifdjen ©ebidjte Ijaben eine feljr be= 
beutenbe SBirfung erjielt. Snnerljalb SBürttembergs 



\ 



116 



oerfteljt fidfj biefetbc rooljl von felbft. Sludj Äerner, 
ber in mehreren ^öd^ft leljrreid&en ©riefen an Uljtanb 
bie politifd&e Stellung beö ftreunbes befampft Ijat, 
war w>H iljres Sobeö: „Sßeldj ein teurer, gebiegener 
3Renfd& ift bodf) biefer Urlaub !" Slber aud) weit über 
bie ©renjen bes Sanbes Ijinaus mar ber ©inbrud 
§ödjft bebeutenb ; fdfjon bas eine „SBenn Ijeut ein ©eift 
tjernieberftiege" Ijat ja in einem fjunbertfadjen 6d(jo 
burdE) ganj ©eutfdijlanb fortgeflungen. 2lber audEj bie 
©ebidjte, bie lebiglidfj für bie roürttembergifdfje 83er- 
faffungöangelegen^eit t>erfafct finb, {jaben bis naä) 
■Korbbeutfdfjtanb bebeutenb genrirft. 6s mar voofy bie 
erfte 3trt fol^er politifd(jen Sprif unb burdj iljre eble, 
u)ürbige ©prad(je, bie fidj) von allen &efcmitteln fem 
l)ält, nur nodf) toirf famer. 3n ber S^at Ijören mir 
benn, bafe biefe ©ebidfjte nod) in ber preufjifdjen Äon= 
föfiöjeit, metdfje einen äl)nlid|)en ©egenfafc l)ert>orbrad(jte, 
if)re Stolle gefpielt {jaben. 

Ueber ben poetifdfjen ßljarafter biefer ©ebidfjte 
§abe idEj fdfjon in Äürje gerebet. Sftnen Jßtien Äifcet 
ber bemagogifdfjen, haßerfüllten Slufreijung ju geben, 
ber mannen fpäteren ©ebid&ten politifd&er Slgitatoren 
eine bef onbere Beliebtheit , freitidfj bafür audf) eine 
meljr ober meniger ephemere, t>erfd|jafft Ijat, baö lag 
meber in Urlaubs poetifd&er -Katar, no$ rndre es mit 
feiner perfönlid&en ©emeffenljeit unb nüchternen ©elbfc 
judjt vereinbar geroefen. ©r ift entfdjieben, unbeugfam, 
nimmt fein Blatt vor ben- 3Wunb, aber er ift geredet, 
er trennt bie $erfon von ber ©adlje. 6r ift weit 



117 



baoon entfernt, in biefen ©ebidjten ein liberale« 
©laubenabefenntnfe ju geben, uon ber ©leid&ljeit aller 
■Dtenfd&en ju reben, bie Äreuje aus ber @rbe ober bie 
Äronen von ben ^auptem iljrer Präger reißen ju 
wollen. S^eierlei *ft eS oor dkm, wäö tym am 
fcerjen liegt: ber 3tedjtöt>ertrag unb bie altljeimifdfje 
©itte ; betbes ift iljtn in bent alten guten Siebte ver- 
einigt. 

„9todj ift fein gfirft fo $odj gefürftet," 

rief er bent Äönige $u, als er 1817 ben Sanbtag auf= 
gelöft Ijatte, mit bem er fid) ni<#t einigen fonnte, 

„2)afi, roenn bie SBelt nad^ grei^eit bfirftet, 

@r fte mit greiljeit tränfen fann, 

2)aj3 er allein in feinen §änben 

2)en Steid&rum aUeS Bed&teS f)äit, 

Um an bie Völler auäjufpenben, 

©o triel, fo wenig üjm gefällt." 

•Kein, ber SSertrag ift es, ber iljm ben Sffiert einer 
SSerfaffung ausmalt, SBeiöljeit fann „nidjt baö 3ted&t 
begraben, nod) SBo^lfaljri es erfefeen"; nur bie ftxfa 
Ijeit gilt i§m, bie nidjt gefd&enft, fonbern bur$ freie 
tteberetnfunft bef Stoffen wirb. S)iefe$ $Bertrag8t>er- 
Ijältnis fanb in ber alten SSerfaffung ftatt, feine 
SBieberljerjiellung bur<$ bie SBerfaffung von 1819 be- 
grüßt Urlaub mit freubiger 3«ftimmung. 35a« alte 
Stedjt Ijat aber für iljn ntbtn ber formalen ©eite 
aud) eine materiale; es ift iljm baö 9te<$t, bas bie 
©üter beö perfönlid&en 9te$tsf d&ufceö , ber fparfamen 
SBirtfdfjaft, ber flirre unb SEBiff enf dfjaf t , ber SBaffen* 



118 



fä^igfeit unb bcr greijügigleit in ftd) enthält, t>or 
allem aber es ift ü)m bas aus bem Ijetmatlid&en 
SBoflsboben emporgemadjfene, t>on innen emporgefeimte, 
bas alterprobte, 

2)eS n>o§foerbienten 9tu§m 
3a$r§unberte bewährt, 
2)ad jeber nrie fein ©Ijriftentum 
S3on §erjen liebt unb eljrt. 

2lts bas einljeimif d£je , bas mit allen gibern bes 
SBolfes aermadjfene fdjüfet er es gegen ben gremben, 
ber es reblid) meint, aber für bas müritembergifdlje 
Stoß fein ioerj ^ öt / htm er offenes unb freies ©aft- 
redjt anbietet, bem er es aber vermehrt, mit feinen 
Sftejepten an ben if>m nidjt vertrauten SSoßsförper 
Ijeranjutreten. SDiefer grembe mar ber 3Jftnifter t)on 
SBangen^eim, berfelbe, ber mit Urlaub t)on früher §er 
n>of)l belannt unb befreunbet mar, ber geifireidje, aber 
unftäte S^üringer, ber für eine Slnjaljl t)on Sauren 
in SBürttemberg feine ftaatsmämrifdje Stoße fpielte. 
Urlaubs Sßolemif gegen iljn mar uon ge§&f jtger geinte 
fdjaft meit entfernt unb er §at bem alten ©egner 
triele 3>a§re fpäter gejeigt, mie menig perfönlidfjer ©roll 
in iljm mar, inbem er ben t>on feinen politifd&en 3rr* 
fahrten nadf) SBürttemberg jurüdfgef ehrten , aber ba= 
felbft m<#t bürgerlichen SBangenljeim jur ßulaffung 
in bie Äammer empfahl, leiber umfonfi. SWit Sßangen- 
ijeim mar in jenen Sauren bes ©tänbefampfes audj 
SRüdfert in Stuttgart, mo er feit 1815 bas Sßorgen* 
fclatt rebigierte; er mar mit SBangenljeim befreunbet 



119 



unb $at gegen eines ber t>aterlctnbifd)en ©ebidjte Vlty 
lanba ein ©egenflüd gebietet. Sie beiben gegne- 
rif djen Sinter fdjeinen miteinanber fremtblidj, bod& 
ofjne nähere 33ejiel)ung, oerfeljrt ju ijaben. ®inen 
Ijarmloferen poetifdjen SBettjireit jwifdjen beiben f>at 
Sftüdert inj feinen Sßerfen aufbewahrt, bie bekannte 
Senjone über bie oon einem gemeinfamen Sefannten 
aufgegebene ftrage, ob ber Xreuebrudj ober ber £ob 
ber ©eliebten metjr fdjmerje; Urlaub f>at ben ©treit 
in jeber iQinftdjt gewonnen. 

3n ben 1819 berufenen Sanbtag war Urlaub 
wählbar. <5r würbe für bafi Dberamt Sfflbingen ge* 
wäfjlt. SDie Stimmung in biefer SSerfammlung war 
tum Anfang an eine weit günfttgere, weil man ben 
Äönig entgegenfommenb fat), unb weil man @tn* 
nufdjungen be$ 83unbe$tag8 befürchtete. Uftfanb Ijat 
bie Slbreffe »erfaßt, weldje bem Könige vorgetragen 
würbe unb banfbare Hoffnungen auf bas ©elingen 
bea SBerfeö aufifpradj. @r war unter ber Deputation, 
weldje am 24. $uli ju biefem 83eljuf äubienj §atte; 
ber jtönig aufwerte, er ijabe if>m and) nodj für ein 
©ebidjt ju banten. ©d war gewift {ein anberes als 
baö ©ebi$t „itatijarina", baö Urlaub gum Slnbenlen 
ber am 9. Januar oerblidjenen Äönigin gebietet ijatte. 
Äatljarina Jjatte ftd) burd) tyre großen 2ßof)ltljaten im 
fcungerjalpe 1816—1817 ein liebeooUeö Slnbenfen 
geftiftet. S)iefe erbarmenbe Stljätigfeit pries benn 
aud& Urlaub in feinem ©ebidjte, bas in ben Äreis 
feiner ebelften (Sbelfteine gehört. Sei $of foQ baft 



120 



©ebid&t nidjt eben SBo^Igcf allen erweeft tjaben; fein 
SBunber, bie gut bürgertid&e ©efinnung, bie fid) ixt* 
gegen wetjrt, in ber $ürftin etwas anbereö als bie 
SBoljttljäterin ber SRotleibenben ju preifen, tjat biefe 
SBerwatyrung faft etwa« ju breitfpurig ^ingefleßt , fo 
bafc man fragen möd&te: warum nidfjt oljne folgen 
SRüd^alt loben? $nbe§ war baö ©ebidfjt gar nidjt 
baju beftimmt, bei &ofe Stimmung ju madfjen. 

Sie SSer^anblungen liefen fd^nett unb glatt ab; 
bie SBerfaffung würbe einfHmmtg angenommen unb 
am 27. ©eptember 1819 t>erftlnbigt; audj Utyfonb 
§atte bei ber motimerten 3lbftimmung fein 3a freubig 
gegeben : „SRand&er wirb mandjes t)ermiffen, aber ba& 
SBefentlidje befielt, t)or allem jener Urfefe unfere& 
alten Stents, ber Vertrag." 3 ur S^er & e * % tXi 
faffungswerfes würbe am 29. Dftober fein &erjog 
6rnft aufgeführt; er war um einen Sßrolog baju er- 
fud&t worben, biefer Prolog, ber bie freie ©tnigung 
beö dürften mit feinem SBolfe preifi, würbe bann afe 
»erfö^nenber äbfd&lufe ben „a3aterlänbifd)en ©ebbten" 
angehängt; erfi fünfjeljn Sa^re fpäter fam nodj bie 
fdjarf bat)on abfted&enbe „Sßanberung" £inju. 

©leid& nadEj ber ©ene^migung ber SBerfaffung 
würben bie SBaljlen für ben erften t>erfaffungömäftigen 
Sanbtag anberaumt. Urlaub würbe biesmal oon ber 
©tabt Tübingen gewählt. 3lm 15. Januar 1820 
fanb bie ©röffnung bes Sanbtags fiatt. 

35er £ag barauf war für Urlaub« Seben no<# 
widriger ; er brachte feine öffentliche SSerlobung. 3Me 



121 



Staut, ©mitte Sifdfjer, bic frfil) t>ermaifte %oä)kx eines 
©almer Kaufmanns, mar bem fd(jüd(jternen 3Ranne 
fdfjon lange ans &erj gemadfjfen; mit intern Karen 
Slitf, intern meiblidjen ©dfjarfftnn erfannte fie feine 
ftiHe Steigung; bas $aar mar f$on längere 3^ 
einig, allein erft mit ber Sefeftigung ber t>ater- 
länbifd&en Ser&ftltniffe, mit feinem eigenen Seitritt 
jur 9Jtitmirfung an iljrer Sfasbilbung mottte Urlaub 
audfj feine Ijäuslidfje ©jiftenj begrünben. 2lm 29. 3Wai 
besfelben Saures fanb bie &odfjjeit ftatt. 6s ift ein 
ftittes ©lüdf gemefen, bas bie ©atten miteinanber 
genoffen ; leiber in einer Sejieljung nur $u füll, benn 
bie @ije mar finberlos. S)ie Äinber ber frü^erftorbenen 
©<$mefter Utyfonbs, fomie ein ©oljn eines $reunbes, 
meldte bas Sßaar an Äinbesftatt annahm, mußten ben 
eigenen Äinberfegen erfefeen. Sie ftreunbe bes Kaufes 
mußten, mie ftnberfreunblidfj Uljlanbs &erj mar; 
ferner jlidj) genug, foldfje Siebe nidfjt eigenen Äinbem 
ermeifen ju fönnen! Um fo inniger mar bas 83er* 
§ältnis ber ©atten. Urlaubs grau mußte feljr genau, 
mas jte an iljrem 3Kann Ijatte, fie mürbe nityt eifer* 
ffidfjtig, als ber eingefleifd&te Sßflidfjtmenfdfj einen guten 
£eil feines ioödfoeitstages feinen lanbftänbifd&en Ob* 
liegenljeiten mibmete; fie mar bie treue Begleiterin 
feiner Steifen unb bie aufmerffame Teilnehmerin an 
feinen ©tubien ; fie l)at enblidfj nad& feinem SJobe bem 
Anbeuten bes ©atten bas prädfjtige ©ebenfbudfj ge= 
mibmet, bas üjn uns in t>ottcr ßebensfrifd&e unb 
plafiifdfjer Stunbung t>or 3lugen fteHt, ein Sudfj, bas 



122 



ju bcn freunblidjften ©rfdjeinungen unfctcr mobernen 
beutfdjen Sitteraturgefd&id&te jä§lt. 

• 3)ie crftcn 3a$re beö jungen ß^eftanbeö wt* 
gingen unter fleißiger ftänbtfdjer Arbeit. SDie aKit- 
glieber ber Partei bes „alten guten SRedjtd" Ratten 
nun SBeranlajfung unb ©elegentyett, §u jeigen, bafe fte 
nid&t blofc unter bem 33anner ber $reü>eit für alte 
ßmridjtungen ju fämpfen, fonbem audjj innerhalb ber 
neuen geit ben liberalen gorberungen berfelben ge* 
redjt ju werben t>ermödjten. Urlaub f)at bad für feine 
Sßerfon jur ©enüge getrau. 6r war ein l)öd&ft pfftdjt* 
getreuer Arbeiter, wie auf anbero, fo audj auf bem 
politifdjen ©ebiete. 3li$t nur ate SWitglteb ber Äammer, 
fonbem aud) als Äommifftonömitglteb innerhalb ber* 
felben l)atte er feinen ©ifer für ben Sluöbau feine« 
Btaatt* ju ermeifen. 6r war einer ber bebeutenbften 
Vertreter liberaler Sntereffen in ber roürttembergtfdjen 
Äammer unb roiberlegte für feinen Xtil bie f6tf)a\xp- 
tungen berjenigen grünbttdj, meldje in ben SBertretero 
ber altett SSerfaffung ©egner beö vernünftigen gort* 
fdjritts erblidten. ©afc er einmal auf igerabfefcung 
bes 3JHlitär*6tat$ antrug, baf$ er in ber Seit *>** 
^eftigften Äonflütö — erft in ber jroeiten Sßeriobe 
feiner lanbfiänbtfdjen 22}ättgfett — für 33ubgett>er* 
Weigerung ftimmte, baö mag man alö SRemintöjenjen 
au& ben Qtütn SHtrofirttembergd anfeilen; aber e* 
mar bod& geroifc ganj im ©inn bea mobernen Stberalte* 
muö, rotnn er, im erften ßanbtag, bie S^far <&* 
t>erfaffungöroibrig befämpfte, rotnn er gegen bie 58er« 



123 



folgungen auftrat, meldje griebrid) Sift ausjufte§en 
Ijatte — ein 3Kann, ber in melen Sttngen nidjt feiner 
©eftnnung war — , memt er einen Slntrag auf Sie- 
mfton beö 3 u nftroefen8 fteUte; unb eö war jugleidj 
im ©tnne ber nationalen ©intyeit, wenn er fdjon 1820 
bie -Jiotmenbigfeit eines beutfdjen bürgerlichen ©efefe- 
budjes betont l)at. SBenn man 1822 iijn in ben 
äusfd&ufc beö ©ried^entjereinö mahlte, fo l)at man 
$anj gemifc nid&t einen p§U§eHenifd)en SRomantifer in 
ber Strt &ölberlins, fonbern eben ben greunb ber 
unterbrüdften gretyeit in tym gefe^en. 

SHe ftänbifd&e £I)citigfeit ttljlanbö mährte big jum 
3a§re 1826; als mieber gewählt mürbe, lehnte er ab, 
er glaubte nadjj ftebenjal)riger aufopfernber S^ätigfeit 
ftdfj 9htlje gönnen ju bfirfen. 

5Bon feiner abüofatiföen Styättgfeit erfahren mir 
<md jenen Setzten fo triel mie nichts, ©ie l)at tym 
Don SCnfang an nidjt jugefagt unb er mar in ber 
äufcerlidjen Sage, fic^ berfelben ju entf plagen, ©ie 
miffenfdjaftlid&e Arbeit, bie feit jenem erften 2Juffaft 
über baö altfranjöftfd&e ©poö je^n S^re lang geruht 
Ijatte, mürbe mieber aufgenommen, um von nun an 
nie me^r ju ru^en. 3n bie Sßeriobe feine« Sebenö, 
an ber mir fielen, faßt baö 33udj Aber 2Baltl)er t>on 
ber SBogelmeibe, baö im 3al>r 1822 erfd&ienen ift, fo= 
mie bie ftiUe Vorbereitung größerer ©ntmürfe, bie erft 
fpäter^in reifen foßten. @ine Slrbeit anberer Slrt 
mar bie Verausgabe von &ölberltnö ©ebid&ten, meldte 
Urlaub, gemifc nic^t blofc burd) bie Sitten uon &6U 



124 



berlinä -Dhitter angeregt, fonbern audj aus eigener 
Seilna^me an bem UnglüdElidjjen, ber feinen geiftigen 
Xob fo lange fiberlebt Ijat, aus eigener &odjfdjat$ung 
biefer l)ert>orragenben ©eiftefimerf e , int 3a$re 1826 
in ©emeinfdjaft mit ©uftao ©djroab Verausgab. 

a»it ttljlanbö toiffenfd&aftliien arbeiten ftanben 
auclj triele, mol)l bie meiften feiner Steifen im 3 Us 
fammen^ang. @r mar ein feijr rflftiger SKeifenber, 
attejeit jur SBanberung aufgelegt, unb e$ ift in 
ben t>ier Sa^rje^nten nad) feiner Verheiratung fein 
3a^r oer&angen, beffen ©ommer if)ti nidf)t, öfters ju 
mehreren 2Men, aus Tübingen entführt §ätte; feine 
grau ift ü)m babei jumeift als Segleiterin §ur 
©eite gemefen. U^lanb ift für jene 3 e ^ tnangel- 
öfterer SBerfeljrömittel meit ^erumgefommen. ©eine 
Steifen führten tyn, mie f<$on früher nadj Sßariö, fo 
jefct bis nad) £openl)agen, nac^ SBien, nad) Belgien; 
Stalten Ijat er nie aufgefudjt, t)icttcid&t aus SWangel 
an innerem Sebfirfniö, ftber bie ©renjen ber germani- 
fdjen 2Belt l)tnau8§ugef)en, mo§l nodfj mel)r aber, meit 
er feinen ©egenjianb für feine ©tubien bort muffte — 
benn für bie bilbenbe Äunft §atte er jmar einen 
empfänglidjen ©inn, aber fein fadjmännifdjeö Sntereffe, 
fein äjiljettfd(je8 Sebürfniö, mie ed jefct aud) t>on meit 
mehreren ber SJlobe megen ge^eudjelt als mirfli(§ 
empfunben mirb. 3n ©eutfdjlanb §at Urlaub feine 
Steifen in bie Äreuj unb Duer erfiredtt, balb aus* 
fdfjliefjlidfj ber ®r^olung unb bem -ftaturgenufc nadj* 
ge^enb, meift aber jugleid^ ernften ©tubien, jumal feit 



125 



er begonnen §atte, für fein großes Unternehmen ber 
SBolfSlieberfammlung einjuljeimfen. ©übbeutfdjjlanb 
unb bie ©c^tociä waren bie ©ebtete, bie er namentlich 
burdfjreifte, §ier ift iljm fein einigermaßen intereffanter 
Sßunft unbefannt geblieben. SRacIj bem SBobenfee unb 
ber ©djjroetj jogen iljn nidjjt bloß bie großen ©djjäfee 
für bie Sitteratur bes SJUttelalters unb namentlich bes 
^iftorifd&en SBolfsliebs, nid&t bloß feine Vorliebe für 
bas republif anif djje Sanb, fonbem t>or allem bie Samm- 
lungen unb bie Sßerfönlidjfeit eines älteren, gleidj= 
firebenben gorf djjers. 3)er $reil)err 3of ept) von Saßberg, 
ber unermttblidfje ©ammler unb glüdflid&e ginber 
auf bem ©ebtete ber altbeutfdfjen ©idfjtung, ftanb mit 
Urlaub feit 1820 in einem lebhaften brieflichen S8er= 
t efjr ; eine erfte perf önlidfje Begegnung f anb ftatt, als 
Saßberg im felben 3ftl)te n&dfj Stuttgart tarn, ©er 
gaftfreie, f)umoriftifd(je ©beimann fyat auf feinem S3e- 
fifctum in ©ppisljaufen im £f)urgau unb fpäter auf 
ber von itym erworbenen alten 3fteersburg jahraus 
jahrein ©äfte beherbergt, von benen bie meiften 
burdfj feine altbeutfdfjen ©djjäfce angelodtt waren, in 
beren SJHtteilung er keinerlei ©d&ranfen fannte. 3lud& 
ttl)lanb §at t>on 1823 an öfters in bem gafilid&en 
igaufe £age unb Sßodfjen ernfter 2lrbeit unb fetterer 
©efeHigfeit oerlebt. ©ein umfangreicher 33rteftt>edfjfel 
mit Saßberg gehört ju ben leijrreidjjften unb am 
jiefjenbften Veröffentlichungen aus ber ©efdfjidfjte ber 
germanifdfjen Sßl)ilologte , unb es fteljt ba ber von 
baroefem £umor fprubelnbe alte Sägermetfier im 



126 



djjarafteriftifdjjen ©egenfafce ju bem toortf argen, for* 
meHen U^lanb. SBeibe aber finb einanber gleich in 
unermfibüdjer ©efättigfeit — wenn Safeberg bem 
jüngeren gtorfdfjer feine Sammlungen aufö liberalfte 
jur SBerffigung gefteUt Ijat, fo I)at ttljlanb mit ©dfjmab 
jufammen il)m bie gange Stuttgarter 3JKnnefänger* 
Ijanbfd&rift abgetrieben — ; aud) in i^rer Sfttdfjtung 
innerhalb ber germanifdfjen gorfdfjung finb jie einanber 
Dermanbt nidjjt blofe burdfj ü>r einbringenbeö gelehrte* 
©tubium, baö audj) fd&einbare Äleinigfeiten für ben 
Aufbau bed ©anjen nidjjt t>erf dfjmftljt , fonbern au<$ 
burdfj i^re entfdfjiebene Hinneigung jur ^iiiorifd^nnbuf^ 
ttoen 3Ketljobe unb eine namentlidfj bei Safeberg feljr 
um>erI)o§len auftretenbe 2lbmenbung mm großen, tmfte 
©ebtete umf affenben Äonftruftionen unb ©pefulationen. 
2)en ©ebanfen an eine afabemifd^e Seljrftette 
§atte U^lanb nodj) immer nidfjt aufgegeben, ©ine 
3Mbung, bie er um eine foldfje in Tübingen im 
3a^re 1827 eingegeben ijaben mufe, mürbe trofe ber 
ttnterflüfeung burdfj ben afabemifdfjen ©enat von ber 
Regierung nidjjt berüdfftd&tigt. 3roet Saljre fpäter 
fteUte ber ©enat abermals unb bringenber ben Antrag 
auf U^lanbö Aufteilung für ben Se$rftui)l ber beutfd&en 
Spraye unb Sitteratur. aber erfi, nad^bem ©d&roab, 
meldten ber ©enat aud(j genannt, in ebler 33efdfjeiben* 
I)ett gegen feinen greunb unb SWeifter abgelehnt Ijatte, 
genehmigte bie Regierung am 29. ©ejember 1829, 
audfj mo^l gebrängt burdjj bie ©efatjr, Urlaub an 
Sägern ju verlieren, feine Ernennung jum aufeer* 



127 



orbentüdjjen Sprofeffor, aber mit ©ifc unb ©timme in 
ber ftafultät. 3)er Sfteft be§ Sßinterö verging unter 
fleißiger Vorbereitung auf ben neuen SBeruf, unb im 
2lprtl 1830 jog Urlaub von Stuttgart nadj Tübingen. 
@ine Stöorbmmg uon greunben unb Sanbtagsgenoffen 
erwartete tyn an ber ©renje ber Stuttgarter -Wartung 
unb übergab iljm einen Sorbeerfranj , ben Urlaub 
gerührt annahm, aber gleidjj im nädjften SBalb an 
einer ©idf)e aufhängte. 

Urlaub mar ber erfte fad&männifdfje Vertreter 
feiner SBiffenfcIjaft auf ber fdjmäbifdjen &odjjfdf)ule. 
©eine ßoffegienljefte, bie nad) feinem £obe Jjerauös 
gegeben mürben unb von benen idjj fpäter nod& ju 
reben §aben merbe, jeigen ü)n nid^t bloß als &erm 
beö ©toffeö, fonbern Ijaben audj) eine fe^r gefdjjidfte 
Stnorbnung, eine gertigfeit im ©ifponieren unb in ber 
3ubereitung für ben münblidfjen Vortrag, meldte um 
fo größere 2ldfjtung ermedten muß, als er feine ®e* 
legenljeit gehabt fjat, fie nadfj ben baö erfie 3M ge* 
matten ©rfa^rungen ju überarbeiten, fonbern bie 
SReifterleifhmgen, bie uns ba vorliegen, jugleidjj erfie 
Verfuge finb: Verfuge freilidfj, bie auf langjähriger 
Äenntnte beö ©egenftanbeö beruhten. Urlaub §at über 
©efd&id&te ber beutfdfjen Sßoefte im SUHttelalter, fomie 
im fünfzehnten unb fedfoeljnten Sa^r^unbert, über 
©agengef<$td&te ber germanifdjjen unb romanifd&en 
Völfer, femer oon fpejieHeren ©egenftanben über bas 
SfKbelungenlieb gelefen, mit oiel SBeifaU; ber auöge- 
be^nteren SBirlung feiner ftottegien mag bie bamate 



128 



in Tübingen aHeö Sntereffe abforbierenbe Sß^ilofopljie 
©intrag getljan l)aben. 6r las ftctö ein forgfälttg 
aufgearbeitetes SJtanuffrtpt vor, mit fraftooHer ©timme, 
mit eigener gemütlicher £eilna§me, aber oljne glän= 
jenbe SRebnerfünfte. 9iod) me^r Seifaß als biefe ge= 
lehrten SBorlefungen fanben bie unter bem -Kamen bes 
„©ttliftifumö" bekannten Uebungen, meldte Ul)lanb 
anftellte. @§ waren ganj freie Uebungen, eine 3lrt 
t)on 3)if putatorium ; ©ebidtfe, Ueberfefcungen, wiffen* 
fd^aftlic^e 3luffä|e t)on allgemeinerem ^ntcreffe mürben 
ba vorgetragen, t)on jebem, ber Suft l)atte, befprodjen 
unb von Urlaub, ber ftd) nur bie oberfte Seitung 
biefer ©tunben vorbehielt, ein furjeö Urteil jur ©a^c 
abgegeben ober allgemeinere SBemerfungen, parallelen, 
juftimmenbe ober waroenbe SRatfdjläge gegeben, ©tu* 
beuten aller gafultäten Ijaben fidj an biefen Uebungen 
beteiligt; es wirb unter benen, welche bamafe in £ü= 
bingen ftubierten, faum ein bebeutenberer -Käme fein, 
ben mir ni<$t als SEeilne^mer aufgeführt fänben. 2Btl= 
Ijelm Subwig ißoHanb Ijat ju feinen früheren 5ßer- 
bienften um Urlaubs Sfabenfen t>or wenigen 3Jionaten 
baö weitere gefügt, bie 2lufjeidjnungen Uljlanbö für 
baö ©tiliftifum ju veröffentlichen. @§ ifi eine greube, 
biefeö 33ü<$lein ju lefen, ober no<$ beffer barin ju 
blättern, unb ben feinen geiftigen 2)uft beöfelben ein= 
juatmen; fo unenblid) viel Urbanität in allen Sie- 
beutungen biefeö SBortes ift barin ju finben, milbe 
^Beurteilung befi Unvollkommenen, aber audj attif^eö 
©alj; für bie Kenntnis von Urlaubs poettfd&en Sin* 



129 



fdjjauungen tft bad 33ud|j unf haftbar, unb aus jeber 
©eite fpridjt fein crnfter unb mtlber ©inn, bcr allem 
^Partei* unb ©liquenmefen fern fteljt. 2ludf) beroetft 
biefe SBeröffentlid&ung, bafc ttljlanb, wenn er in feinen 
©tubien fidfj auf einen ganj bestimmten Äreis bes 
Sßiffens einfdjjränfte, barum mit anbem Sßrotrinjen 
ber SBtffenfdjjaft unb Sttteratur nid^t unbefannt ge- 
toefen ift. 

©es Qu1<mmtnkbtn& mit feinen ©Itern fottte 
fid^ Urlaub ntc^t lang ju erfreuen I)aben. ©<$on im 
3al)r 1831 ftarben beibe fd)neH nadjjeinanber, bie 
Butter am 1. 3uni, ber Sßater am 29. 2luguft. ©er 
Keine ßijflus „;ftad&ruf", in meinem bie gefaxte, männ- 
liche äßefjmut, bie mir in Urlaub« ©ebbten öfters 
ftnben, in ganj befonbers f tönern Älang ertönt, ift 
auf ben £ob ber @ltern gebietet, günf 3a^re fpäter 
folgte bie einzige ©<$mefter Urlaubs i^nen na<$. 

2)as 3<*§t 1832 braute neue 3roifdfjenfälle, meldte 
ber hoffnungsvoll begonnenen afabemifd&en ^ätigfeit 
balb ein 3^ fefcten. 2)ie Suliretiolution braute bie 
liberale Semegung überall in glufc. 2lud) in 3Bürttem= 
berg begann fidjj biefelbe neu ju regen. Unter ben 
Ußännem, bie i§re ©adjje führten, burfte Urlaub nifyt 
fehlen, ©uftat) ©d&roab fam mit einer Sfajaljl von 
Stuttgartern nadjj Tübingen, um i^n jur Slnna^me 
bes aWanbats für Stuttgart ju beftimmen. Sefct, ba. 
mieber ein f^ärferer Sßinb roe^te, ba etwas @r§cbli(^eö 
für bie ©adfje §u fyun unb ju gewinnen mar, mottle 
fid^ ttltfanb nidjt entjie^en. 6r mürbe am 3. ^uni 

3fif«er, Subtolg Urlaub. 9 



130 



1832 für Stuttgart gewählt; für Tübingen ging fein 
ftreunb Sßaul SPfoer aus ber Urne Ijeruor, ber ein 3jat>r 
jutwr burdf) feinen „SBriefwed&fel §weier ©eutfdfjen" ein 
ungeheures auffegen in ©eutfdjjlanbö poiitifdjer Sßelt 
hervorgerufen tjatte. ?Pftgcrö auöbrüälidje Betonung 
ber preufctfdjjen SBormadjjt als ber einzigen SRettung 
§atte Urlaubs Seifall nid&t — er Ijat no<$ fpäter, toie 
wir fe^en werben, an Defterreidfjs 83unbe8ftanbfdfjaft 
mit 3&$t0töt feftgeljalien; um fo me^r waren beibe 
in ber liberalen ©eftnnung unb ber ©mpörung wiber 
baö ©lenb beö 83unbeö einig, bie grage her SBor* 
madjtfieUung fam erft weit fpater prafttfdfj jur Sera* 
tung, aber fie l)at bie perfönlidfje fjreunbfd^aft ber 
beiben 3Känner nid&t gefiört. 

©er Sanbtag — er Reifet in ber ©efd&id&te SBürt- 
tembergö ber „vergebliche" — würbe am 15. 3<uiuar 

1833 einberufen. 3)ie SQBogen gingen alöbalb feljr 
l>od& ; Uljlanb mit feiner furdjjtlof en Sfted&tdUebe erf df)ien 
fofort in ber vorberften ßinie. ©in unbebeutenberes 
©eplänfel war eö, wenn er am 9. gebruar in ber 
©ad&e ber t)ier „Demagogen" £afel, Sftöbinger, Rubel, 
SBagner auftrat, weldfje, wegen ftubentifd^er ©el)eün* 
bünbelei feiner $dt verurteilt, vom Äönige begnabigt 
worben waren, beren 3Ba^lbarIeit nun aber von. ber 
Kammer, trog ttlilanbs Fürwort, verneint würbe, 
©in 3Ht ber ©ered&tigfeit war es, wenn Urlaub jwet 
Sage fpäter, aber wieberum vergeblidfj, auf äBangem 
^eims Legitimation für bie ©t&nbefammet antrug, 
ntdjjt na$ bem formellen Siedfjt, aber mit ber jebem 



131 



faHö baö ®tmüt be§ 3lntragfteHerö l)o<ij e^renben 
3ttottoierung: „®ibt efi nid^t au<# ein getjiiges fcetmat* 
redjt, ba$ nid^t t)on ber ©djoße abfängt? 3ft es nidjt 
ein SBoljnen im Sanbe, wenn man im Sffnbcnfcn feiner 
33emol)ner lebt unb burclj tyr SBertrauen §ur 9tepräfen= 
tation berufen würbe?" ©eljr balb aber fam ein 
mistigerer ©egenftanb auf bie £agesorbftung. ^Pfijer 
braute am 13. gebruar eine 3Jtotion gegen bie 33unbe$- 
befdtfttjfe vom 28. 3uni 1832 ein. 2>er ©e&eimerat 
erHefe bagegeft ein Steffript, in meinem von ber Äammer 
geforbert mürbe, fte foHe bie SDtotton „mit oerbientem 
ttnmillen trermerfen". 2)te Dppofttion mar, mie fdjon 
bie 2)emagogeft=3fogelegenl)ett gejeigt Ijatte, in ber 
3JUm>rität. Slber l)ier mar nun bie SBfirbe bes £anb* 
tagä felbft in grage gefteUt. 25er ©e&eimerat ^atte 
bie SSer^anblung ber Äammer über Sßftjers äfatrag 
gar ntd^t abgewartet, fonbern burdj fein Sfteffript, ba* 
gegen äße« Sfteäjt in bie SSer^anblungen eingriff, bie* 
felbe im t>orau« ju beftimmen gefugt. £)as moHte 
ftdj auü) eine fonft gefügigere Äammer nid^t gefallen 
laffen. U^lanb entmarf alö 33erid(jterfiatter bet fiaatd* 
redjtttdjjen ßommtfftoit eine Slbreffe gegen bad Sfteffrtpt 
be* ©eljetmerate, in melier gegen baö vorgreif enbe 
©inf^reiten ber Regierung unb gegen bie 3umuttmg 
ber „JBermerfung mit UnmiHen" feierlid&e SBerma^rung 
eingelegt mürbe. Sie Slbreffe mürbe t>on ber Ätfmmer 
gutgeheißen, obmoljl nur mit einigen 2lbf<$mädjuttgen> 
but^ bie fte rtad) U^tanbö brafttfd&em SluabrudE „aus- 
gebeint" mutbe. SDie Slntmort ber Regierung mar 



132 



bie Sfoflöfung bes Sanbtags unb bic 2lnorbnung neuer 
2Sa§ten. tt^lanb erhielt bieömal nur ©timmengletd^ 
Ijeit; fein ©egenf anbibat t>&ttt als ber ältere bas SWcd^t 
auf ben ©ife in ber ßammer gehabt, trat aber §urütf . 
2lls Staatsbeamter xau^tt tt&lanb um Urlaub §um 
eintritt in bie Äammer bitten, ©er Urlaub mürbe 
t>ermeigert, mit einem ganj unbemäntelten fcinmeis auf 
fein SBer^alten im ßanbtage. Urlaub mar nidjjt jmeifel= 
fjaft, mas er §u t^un §abt. ©r erflärte feinen 3lu$= 
tritt aus bem ©taatsbienft unb {am um alsbalbige 
©ntlaffung ein. SHefelbe mürbe am 22. 3Wai erteilt, 
„fe§r gerne" nad& bem SBortlaute bes 3Winifterial= 
erlaffes — ber Sufafe mar, nrie man mijfen mollte, 
auf aßerljöd&fte Slnorbnung gemalt morben. 

©amit enbigte Urlaub« afabemtfdjje Styätigfett 
nadf) breijä^riger 3)auer. ©in Sufall ^atte es gemoUt, 
ba$ er feine ^nauguralrebe über bie ©age Dorn &er§og 
©rnft erft am 22. SDtärj 1832, an @oetl)es SCobestag, 
gehalten $atte — bie 3Kuftf bei biefem geftaft $at 
if)m, mie er fpäter fagte, „abgeblafen" — unb erft 
am 7. ©ejember 1832 als Sßrofeffor beeibigt morben 
mar. 3m SWärj 1848, als unter bem SDrudE ber 
9tet>olution ein plöfclid&er ttmfd&mung ber politifd&en 
Sage in SBfirttemberg eingetreten mar, ftettte ber 
©enat einen Slntrag auf tt&lanbs SBieberanfteUung ; 
aber ttf)lanb mollte nidfjts me^r bawn. Uljlanbs 
©^renfranj ift burdlj fein »erhalten gegenüber ber 
Urlaubsoermetgerung um ein Slatt reifer geworben; 
aber bas befte ©lud feines Sebens, bas i§m fo fpät, 



133 



mit bretunbtriergig Sauren erft ju teil geworben mar, 
ntufcte er für bie SBaljrung feiner 9ttanne$e§re in 
ben Äauf geben; unb jttmr für biefe SBa^rung allein, 
benn es mar il)m mdfjt befd&ieben, t>on ben Realen, 
für bie er ftritt, eines ins Seben ju rufen. 3n ber 
neuen Äammer xoax, toie fo !)äuftg nadj) 2tuflöfungen, 
bie Sßartei ber Regierung nodjj t>erftärft erfdtfenen. 
ttljlanb l)atte (Gelegenheit, für bie Stufljebung ber 
3enfur eine glänjenbe SRebe ju galten, toclc^e bie 
troftlofe 33ergeblidfjfeit ber bur<$ bas 3a§r 1830 ntu 
ermedften Hoffnungen barlegte, aber jum SluS^arren 
ermunterte unb ben 2lusbUdf auf eine beutfdfje National- 
oerfammlung leudjjtenb im Jßintergrunbe geigte ; ja 
er gab feiner SBermerfung ber Stegterungspoltttf ben 
fdfjärffien Slusbrudf, inbem er gegen bas Subget 
fiimmte. Stber es fam ju feinen grüßten fold^er 
SSeftrebungen. ©er Sanbtag mürbe ju @nbe 1833 
tiertagt ; @§rengefdjenfe mürben bem Äämpfer, ber 
feine bürgerliche @pftenj baran gegeben Ijatte, t>on 
ben ©tubenten, von ben SBä^lern unb ben grauen 
Stuttgarts ju teil. Sie Sanbtage von 1836 unb 
1838 maren o^ne befonbere poltttfd&e Sebeutung; 
mit bem lefeten ^örte tt^lanbs ^ätigfeit im £alfc 
monbfaal auf — er mar es mübe, feine Äraft nufelos 
unb o^ne ausgiebige llnterftfifcung anberer ?u t>er* 
geuben. 

ttljlanb mürbe ntd&t verbittert; er Ijatte nadjj befter 
tteberjeugung gejubelt, ©d&mttfjen unb SBeltoerbeffern 
mar mdjjt feine ©adjje. @r fe^rte ru^ig ju feinen 



134 



©tubten jurüdf, bic er nun nid)t meljr jur belebenben 
SBirfung auf empfänglidfje Sugenb verwerten formte; 
ftatt bes Äatyeberö blieb tym nur nodjj ber ©djjreib- 
ttfdfj, um an ü)tn in langfamer, gewiffert&aftejier Ar- 
beit feine bebeutenbften 2Berfe auöjuf eilen. 3n bic 
nädjften 3a$tge$nte nadfj feiner Amtsenthebung fällt 
bie ©c&rift über S^or (1836) unb bie »olfelieber* 
fammlung (1844). »erbittert, faßte id&, ifi Urlaub 
ntd&t geworben; es würbe tym ntemanb bie gefränfte 
&)tt angemerlt tyaben, beren SBunbe anbere fo gern 
offen galten unb fo gern fofett entblflfcen; wenn er 
ein paarmal bitter würbe, wer will es i^m verargen? 
©eine politifdfjen Sinfdfjauungen §aben burdfj feine ©r= 
(ebniffe fdjjwerlidSJ irgenb eine Umgestaltung erfahren; 
baju waren fie nidfjt ejtrem genug, waren fie ju reifftdfj 
erwogen, ju tief mit feiner Statur üerwadjjfen, unb er 
§at fidf) ba§ Stedfjt ju unbebingtefier geft^altung feiner 
■JReinungen burdjj bie geredjjtefte Beurteilung anberer 
erworben. 916er es ging iljm, wie es leidet SWännern 
t)pn entfdjjiebener, aber gemäßigter 9tidfjtung geljt, wie 
es bem i^m in melen ©ijarafterjügen Derwanbten 
3afob ©rimm gegangen ift : er würbe Berber, oteHeidfjt 
ittufionslofer in feiner ©timmung unb feinem Urteil. 
SHe oaterlänbifdjjen ©ebtd&te jeigen einen feft über= 
jeugten SWann, ber feinen ©<$ritt jurüdtweidfjt , ber 
.{tdjj vor bem entfdfjiebenen SBorte nid&t fdjjeut : ; aber 
fie jeigen f einerlei ©eringfdjjäfeung bes ©egners, ber 
reblidfje SBiQe SBangenljeims wirb anerfannt, bie £reue 
<xls bas fdjjöne SBanb jwifdfjen $ürfi unb SBolf gerühmt. 



135 



Ober ba* ©ebidfji „Äatfnmna": bic gürfiin Ijat 
irid&ts voraus t)or ber 33ttrger«frau , aber fic wirb 
mit erfenntlidjjem &erjen als bie JBolfömutter, bic 
Utäljrerin gepriefen, bic in fcungertagen bic ©arbenben 
flefpeift l)at. Unb nun bic ©ebidjtc von 1829 unb 
1834: ntdfjt blofc bic „SBanberung", bie ben £on ber 
gerben, farfafttfc^cn SBeritoelflung an bcm guten SBißen 
ber 9Badfjtl)aber am lauteften anf djlägt; baneben fielen 
uod& ein paar anbere ©ebidjjte. 2Bte büftcr ber ©djtufc 
ber „©lodfenltfijle" , burd& bie „ein bumpfer ©rabeö* 
$lodfenflang" tönt, roenn man vom beutfdjjen 33ater* 
lanbe rebct ! unb bantbtn „%tH £ob" mit ber 58er* 
l)errttd)ung beö füllen tepublifanifd&en &elbentumd! 
9Wit epigrammatifd&er ©dfjärfe aber ift bie nunmehrige 
politifdjje ©mpftnbung tt^lanbö audgefprodfjen in ben 
jmei ©tropfen „£>ie verfunfene Ärone". 2>a ftfet 
ber freie Steuer t>or bcm gattft unb bengelt fro§ feine 
©enfe, m&ljrenb unten im ©nmb eine Ärone im S^eid^ 
t>crfunfen liegt — feit grauen Sauren, niemanb fudjt 
nad& tyr, mag fie audfj nädjtltd(j @belfteinglanj cmporfun- 
fein laffen. 9Kan §at SRedfjt, menn man t>on einem repu* 
blif anif cljen ©runbjug in ttfjlanbd 2Bef en fprtd&t ; mir toer* 
ben balb fe^en, mit melier 83egrenjung bas rid&tig ift. 
Snt ©ommer 1836 bejog Urlaub naclj ber Mä* 
hijt vom Sanbtag ba* geräumige &aud am ftufee be$ 
Defterbergö, mit bcm Slidf auf bie Sftedtarbrfidfe unb 
ben SBöljrb, baö er t>on bem Äanjler 2Bäd&ter, für 
ben e« roentge Sa^re juwr erbaut roorben mar, er- 
worben $aite. S)aö Stau* unb ber ba^inter ftdfj §odf) 



13(5 



I)maufjieljenbe ©arten $aben mannen froren ©afi 
gefeiert , von ben Sßflegföljnen unb anbetet 3ugenb, 
mit roeldfjet bet etnfte 9Kann von &etjen luftig roetben 
fonnte, bis ju ben mandfjetlei fttemben, bie ben be~ 
türmten 2)id&tet auf jufudfjen famen, freiließ oft genug,, 
um roie Hebbel , bet gleid& im ©eptembet 1836 ttt)* 
lanb in feinem neuen 33eftfctum auffudfjte, von ber 
2Bottfatgl)eit be« aRanneä, bet äufjetliclj fo gan§ unb 
gat. nid^tö einet 33etfi§mtljeit an ftd(j Ijatte, enttaufd^t 
tum bannen ju ge^en. %n fteunbfdjaftlidf)em 33et~ 
fe^t fonnte ed nid^t fehlen. 9Rit trielen bet alten 
ÄoUegen von bet Untoetfität beftanb ein angenehmes 
aScr^ättniö. ©uftat) ©d&mab liefe fid& 1837 t>on ber 
©tuttgattet ©pmnaftatptofeffut auf bie Sßfattet ©o= 
matingen jmei ©tunben von Tübingen aetfefcen; lange 
l)ielt es fein lebhafter ©eift in biefem ftitten Suftfteife 
nidf)t aus, et ging fdjjon 1841 hiebet nadjj Stuttgart. 
3bet feit 1843 $atte Urlaub in Tübingen felbft feinen 
älteften unb t>ieHeid(jt aud& nftdjjften gteunb um ftdj. 
ftatl SWaijet ttmtbe in jenem Safyxz <wi ben Tübinger 
©erid&töljof t)crfcfet unb ijat fein ganjes Seben von 
ba an in Tübingen gewohnt, ©iefem gteunbfd&afts* 
bunb gab nidfjt nut bie langjährige ©erooljn^ett, fon~ 
betn audjj bie gleite ©efinnung in ben ©adfjen be$ 
SBatetlanbeö feften Seftanb. ©utdfj SJRaijet in etiler 
Sinie roat Urlaub fd&on ftü^et mit Senau befannt 
gerootben, unb bei Senauö häufigen Sefudfjen in 
©d&roaben fonnte bie 33efanntfd&aft öfters etneuert 
toetben. Senau meinte langete 3 C ^/ Urlaub l)abe 



137 



aKifef attcn an tym gefunben ; baö Äranf ^afte in feiner 
©emütöanlage §at ttljtanb in ber $$at, wie feine 
grau berietet, frfll^ettig bemerft, meHetd&t $at üjn 
aber audfj bie ©d&eu t>or tittcrarifd^ct unb poetifd^er 
©ujbrflberfd&aft etwas jurüdfljaltenb gemalt. 3)er 
Äultuö, ben namentltdfj ©dfjmab mit tym felbfl trieb 
in einer SBeife, bie jur ttngered&tigfeit gegen anbere 
mürbe, §at tym gemifc feine ftreube gemalt, unb 
atteö, was nadj Äoterie, ©dfjriftftettert>ereinen u. bergt, 
auöfalj, $at er entfd&ieben t)on fidfj gemiefen. 

3n bie 3^t biefcö Tübinger ©tiHlebenö, in beffen 
SRu^e Uljlanbs bebeutenbfte gelehrte Sßerfe reiften, 
fallen feine großen Sfteifen an bie Sßerip^erte 2)eutfdf)= 
lanbö, meld&e fämtlidjj im Sintereffe ber 33olf «lieber* 
fammlung unternommen roorben finb. 2lm befannteften 
ifi bie von 1838 nadf) SBien geworben, auf meldfjer 
bem SHdfjter t)iel ©jjre nriberfu^r — aud(j ber 6rj- 
Ijerjog Äarl, ber ©ieger von Slfpern, fyat üjn an 
feinen £tfdf) gelaben — unb auf meldfjer er ben §aupt= 
fomponiflen feiner Sieber, Äonrabin Äreufcer, fennen 
lernte. 3Sier 3a^re fpäter mürbe ber -Korben ©eutfdjj' 
lanbö befugt, in Hamburg gelten Sappenberg unb 
ber fdjjroabtfd&e Sanbömann 2Burm Uljlanb längere 
3eit feft, in Äiel bie Sanböleute Sßfaff unb ©orner; 
bie Sfteife ging biß Äopen^agen unb &elftngör unb 
über Sfibetf, »raunf d&metg , SBürjburg jurfldf. %m 
3a$r 1844 ging es nad& Zeigten, bis naü) ©ent, 
Dftenbe unb Slntmerpen. 

3ur (Sinmeüjung beö neuen Tübinger Untoerptätfi- 



138 



geb&ube* erhielt Urlaub 1845 bad ©oftorbiplom ber 
p^ilofop^en gafultat. gin 3a$r barauf führte 
bie ©ermamftenoerfammlung in gfranffurt üjm bic 
perfönltdfje Sefanntfd&aft ber ©ebrüber ©rimm ju, 
mit welken er fd&on lange in briefltd&em SBerfe&r 
jlanb ; Uljlanb war eö, ber 3af ob ©rtmm* ©mennung 
jum Sßräftbenten veranlagte, unb biefer reifte mit ifym 
nadfj Tübingen unb verweilte einen SCag in feinem &aufe. 

S)ie ©ermaniftenverfammlungen ju gfranffurt unb 
ein Sa^r fpäter ju ßübedf fingen fdjon eng mit ber 
©tn^eiiöbemegung in S)eutf<$lanb jufammen. 35tefe 
SBerfammlungen, meldfje bie ©rforfdfjer be$ beutfd&en 
SCltertumö in ©pradjje, Spoejte, ©cfd^td^te unb 3tedf)t 
vereinigten , nahmen von felbft einen $alb polüifd&en 
©Ijarafter an. SCud^ Urlaub $at in ftranlfurt einen 
SCrinlfprudfj auögebradfjt , ber ber 3Ser!)errltd(jung ber 
ftretyeit galt, Snbertljalb 3al>re fpäter flanb ©eutfefc 
lanb in fetten flammen ; bie gfebruarsStevolutton mar 
ausgebrochen. 

Slm 2. SKärj 1848 fanb in Tübingen eine grofce 
SBolfeverfammlung ftatt. SDad Vertrauen richtete fidfj 
fofort mieber auf ben fütten 9Rann, ber, mo es nötig 
mar, fo laut unb mutig feine ©timme ergeben fonnte. 
S3on feinen SRitbürgem aufgeforbert, entwarf Urlaub 
bie Stbreffe an ben fiänbtfd&en 2lu*fd&ufc in Stuttgart, 
meldte bie atebatbige Einberufung bed vertagten Sattb- 
tagd verlangte; fte mürbe von ber SBerfammlung gut- 
geheißen unb am felben £age abgefd&tdft. £>te gor* 
berungen ber äbreffe maren fe$r gemäßigt, menn man 



139 



fie mit mannen anbcrn klängen aus jener nrilben 
3eit t>ergleid>t; ein beutfdjer SBunbeöfiaat mit ä3olfö= 
Vertretung, allgemeine SBolfebemaffnung, Sßre^frei^cit, 
SSereinsfretyett, öffentliche unb münbltdje SKedjtSpflege, 
©elbftanbtgleit ber ©emeinben, Sftemfton ber mfirttem* 
bergifc^cn SScrfaffung. 

S)ie SHnge gingen in SBürttemberg fe$r fdjnett. 
©djon nadj mentgen £agen war ber Äönig auf ben 
Sfodmeg gebrängt, ein 9JHnifierium aus ben Sftetyen ber 
Oppofttion ju büben. 3« biefem „SKärjmimfterium" 
Jfjatte SPftjer bad Sßortefeuitte beö Äultuö. Site nun ber 
S3unbeötag bie ©infefcung beö ©iebjel)ner*2luafdjuffe8 
iefd^loffen fyxtte, ber als SBeirat für bie Sftemfion ber 
beutfdjen 33unbe8t>erfaf[ung bienen fottte, forberte 
^fijer Urlaub auf, bie Vertretung SBürttemJ&ergö in 
biefem 2fa$fdjufj ju übernehmen. ttljlanb fagte ju unb 
reifte am 25. 2Rärj nadj granffurt ab. 

@8 ift i&m in granffurt t>on Anfang an ntdjt 
moljl gemefen. 9Rit ber 2lrt, mie baö innerhalb beö 
©iebje$ners2lu$fd)uffeö gewählte Komitee, ©a^tmann 
an ber ©pifce, ben SSerfaffungdentmurf ausarbeitete 
unb befjanbelte, mar er md)t eim>erftanben ; audf) bie 
barin fdjon beutltdf) geworbene Senbenj auf bas @rb= 
faifertum Sßreufcenö ftiefc tyn ab. SDa^er liefe er fu$, 
als ber aSerfaffungöentnmrf befd^toffen mar unb bie 
Eröffnung ber beutfdjen SRationafoerfammlung in ber 
9läl)e ftanb, von feinem SBertrauenöamt entheben, bo 
er baöfelbe o^ne^in mit bem eine« Slbgeorbneten jur 
•Kationafoerfammlung mdfjt t>erträgUdj fanb. 



140 

3lm 26. Sprit nwtbe Ufjtanb mit großer 3Wajorität 
in bie SRationafoetfammtung geroäblt. Sr na^m feinen 
$la& in berfelben auf bem äufjerften glügel bes Unten 
Zentrums; in ben fpäteren geiten befl ^Parlaments 
roär)lte er für lurje Bett einen ©ifc auf ber eigent= 
lidjen Surfen, teerte aber nadj einigen 5Eagen auf feinen 
alten Splat) jurflÄ; efl Jjetfet, biefe Wüctlcfjr fei ßcfdtjcljen, 
weil er einen 3 e *tet »orgefunben Ijabe , in roeldjem 
einer tron ber Surfen tr)n nid)t baju gehörig genannt 
tiabe. ®« fdjeint mir bafl fefjr üejeidjnenb ju fein. 
Sener Uebergang jur ejtretnen Partei — roenn man 
it)n fo nennen barf — gefäjat) infolge ber 9lbftint= 
mung über bafl 9teid)öobert)aupt, meiere bie große Äluft 
jroifdten Ujjlanb unb ben Parteien ber SRedjten, be= 
äietjungflroeife audj befl 3entruntfl, flaffenb an ben £ag 
legte. @s mar ba rooljl metjr eine Stimmung bes 
Stugenblietfl, roenn Ufjlanb feine Steigungen ber Sinfen 
meljr als juoor juroanbte. ©eroifj geborte er ja ber 
fetben in melen SDingen an, oor aßem in ber hinter 
ben augen&UcfticIjen Strömungen liegenben ©efamt= 
riebtung feiner polttifdjen Meinungen. @r war ein 
35emofrat, roenn bie grünbttdjfle Sbroenbung oon allem, 
roafl fllaffenftolj, äbetfllrodjmut, mitttanfiJjer Äorpflgeift 
(jeifit, einen folgen maebt, roenn bie colfstümliäjfie 
fit - G "nung, für roeldje Bürger unb Sauer auf einet 
mit bem ®belmann fielen, roenn bie unoebingte 
etung befl ©runbfafcefl ber bürgertidjen ©teidjbeit 
em ©efeft bemofratifdje ©igenf^aften pnb — unb 
oUten fte triebt? ®r mar ein SRermblrfaner, roenn 



141 



man buräj ben 3Kut ber frcicftcn ©efinnung unb 
•üteinungsäufeerung gegen bie ©rofcen ber @rbe, burdj 
ein jäljes gehalten an bem SKedjtöboben ber Äon- 
ftitutton, burd) eine auögefprodjene ©letdjgülttgfett gegen 
ben ©lanj ber Äronen, burdj ein madjeö SRifetrauen 
gegen, bie Präger berfelben ein Sftepubltfaner wirb. 
3lber Uljlanb mar fein ©emofrat unb fein Sftepublfc; 
faner im ©inne Jener £age. 2>ie fid^ überftürjenbe 
SBolföteibenfdjaft, bas genftereinroerf en, bie S3arrifaben= 
fämpfe, furj gejagt, baö Sfteoolutionare ber SBemegung 
mar ntdjt feine ©adje. ©eine Siebe ju ruhiger @nt= 
faltung beö SRaturgemäfeen ftimmte nid^t mit bem Um 
geftüm berer, bie mit bem ©efen bafjerfamen unb 
mitfamt bem Unfraut unb bürren ©eftrüpp aud) bie 
jarten Keimlinge ebler ©emädjfe auf einen Raufen 
feljren wollten. @r mar für 2tbfd)affung alten Un- 
rechts, aber auf bem SBege beö freien Sftedjtöafteö; er 
mar für bie entfdjiebenfte gretyett, aber, mie er gletdj 
im Slnfang feines granffurter Slufentljaltö erflärte, 
für bie, meldje bie ©in^ett fdjüfe. ©eine nüchterne 
■Ratur moHte nidjtö von ben au% SJuriflljegeltantemus 
unb franjöftfdjem ©ojialiömuö genährten ©taatsuto- 
pien; namentlich ber bebeutenbe franjöfifdje ©infJufe 
bei einem guten SCcil ber Sinfen fagte i^m gar nid&t 
ju. 3Kan mag etma in Sftugeö Sriefmedjfel bie Partien 
aud feinem Sßarifer 2tuf enthalt bis 1848 nadjlefen; 
fie finb fgmptomatifdj fefjr leljrreidj unb man x^erftc^t 
es, menn Scanner mie Uljlanb ftdj ber Partei im 
Parlament ntdjt anf fließen motten, in ber foldje 



142 

Sbeen unb fold^e SKftnncr menigftenö eine fc^r be- 
beutenbe Stoffe fptelten. 

©o ftanb Urlaub oon Stnfang an fe§r verein* 
famt in ber SRationafoerfammlung, ja er modfjte mit 
fu$ felbfi in Äonfftft geraten, wenn er feine eigenen 
3been oergltd^ mit ber 2lrt, mie fte t>on anbem.oer* 
treten mürben unb mie S^orljeit, oft aud& böfer SBtffe 
t>on ben oerfd&tebenften ©etten $er oerberbte, maß iljm 
an ftd(j be« ©iegeö wert gefd&ienen fyatte. @r trat in 
feinen Älub ein, er moffte feine tteber-jeugung behalten. 
<£r mußte ntd&t ober .moffte ntdfjt baran glauben, ftdfj 
menigfienö, um fein Sota t>on fetner SWeinung ab* 
meiden ju muffen, nidjt baran teuren, bafc ber emjclne 
in einer parlamentarifd&en 33erfammlung md&t* ift oijne 
Sfafd&lufc an eine Sßartei. ©eine moralifd&e ©tärle 
mürbe feine poßtffd&e ©d&wädfje. 35aju ber mel mettere 
ttmfreiö ber 3ntereffeti unb Snftanjen, ber auf bie 
ftranffurter SBer^anblungen einwirft*, im SBergleid) 
mit ber engen SBett beö mflritembergifdfjen Sanbtageß; 
unb enbltdf) bie ttnmöglid&feif, jmifd^en äffen ben jafjfc 
lofen Äftppen ^tnburdjjufteuern, bad Unvereinbare ju 
vereinigen, meldte fe$r balb bie Serljanblungen auö* 
fid&täloö mad&te unb i§nen ben Straftet eine« um= 
frud&tbaren, aber beßfjalb nur um f o tigeren ©treiteß 
gab. @ß ip fein SBunber, baß Urlaub« Stimmung 
gebrüdft mar, baß er einmal feiner $rau, bie i§m nadjj 
granffurt nad()gereift mar, fagte: „SBenn mir an einem 
£age bie Sinfe redfjt grflnblidfj entleibet, fo mirb mir 
am nädfjften SCage bie SRedfjte jum ©fei" ; bafj er f e&r 



143 



frü§ fd&on oljne ©offnung war. äUeö ba* fonntc je- 
bod& nid^t Ijinbern, bafe er, feiner $Pfft<$t ju genügen, 
biö jum legten Stugenblid auö&arrte. 

Uljlanb gehörte nid^t ju ben §ert>orragenb tätigen 
Stitgltebern bed ^Parlament*; er war ein gegriffen* 
Ijafter £eilne§mer an ben ©ifcungen, auf bie er ftd&, 
wie feine Ijinterlaffenen Rapiere auömtefen, grünbli^ 
vorbereitete, aber er wollte roeber unter ben Seitern 
nodfj unter ben regelmäßigen Sftebnern einen Spiafe 
fjaben. yinx bei bebeutenben SBerontaffungen ift er als 
Stebner aufgetreten,, §at aber bann audf) bei greunb 
unb getnb immer einen bebeutenben ©inbrud hinter- 
laffen. 2)urdf) bie 3Rad(jt feiner ebeln ©efinnung, burdf) 
ben gtofcen, getragenen £on feiner Sieben, beren poeiif d&e 
Silber fidf) bem D§r unsergefclidfj einprägten, nrirfte 
er mädfjtig audfj auf bie, meldte feinen ©rünben fidfj 
Dcrf Stoffen. $u btt 3Jtel)r§ett> meldte für bie Einigung 
unter preufcifd&er &eg*monte mar, ftanb er im (Segen* 
fafe. 21m 26. Dftober fpradfj. er gegen ben 2tusfdtfu§ 
Defierreidfjd; am 22. Januar 1849 §ielt er feine be* 
rüljmtefte Sftebe, bie gegen baö (Srbfatfertum, beren 
©dtfufcmorte alöbalb ju geflügelten SBorten geworben 
finb: „@8 rokb fein &aupt über SDeutfd&lanb leud&ten, 
baö nidfjt mit einem motten tropfen bempfratifdfjen Defo 
gefalbt ip." am 21. 3Rärj unb am 11. Slpril 
fttmmte er gegen bie 9teid&$t>erfaffung in ber gform 
bed ©rbfatfertumö, mie jte aud ben Debatten §ersor* 
gegangen mar. 

3Ban fcat Ujn für fein SBerljalten in biefen fragen 



144 



einen Sbealiften genannt — einen ebeln fonnte man 
nidjt umljin beizufügen — ; unb eö ift flar, bafc bie 
fpätere (Sntmidttung ber beutfdljen Singe immer me^r 
feinen ©egnern Sftedfjt ju geben fdjeinen mufcte. Rein 
3metfet: bie gefühlsmäßige unb moralifdfje Äraft ber 
patriotifdfjen ©mpftnbung unb ber pfftd&tgetreuen Ein- 
gabe an feine Ueberjeugung mar ftärfer bei iljm als 
bie für potttifdfjeö treiben notmenbige SDtaleftif unb 
öemegltdjf eit ; toie er fein ©ramatifer mar, fo mag 
if)m — in biefem ©inne — audfj ber 9lame eines 
^ßolitiferö abgefprodjen werben, ben er ftdf), in biefem 
©inne, oieMdfjt fogar verbeten Ijaben mürbe. Slber bie 
©aeije tag benn bodfj nidf)t einfad^ fo, ba£ ttljlanb bas 
allenfalls menfd&lidf) Söünfdfjensmertere, bie ©egner bas 
potiiifdj allein SRögltd&e vertreten Ratten. Rein 3Renfd^ 
mar imftanbe, bie öfterreid&tfd&e ftrage auf redjtUdfp 
parlamentarif d^em SBege ju löf en ; Defierreidf) hinaus* 
votieren Ijtefc bie iftattonatoerfammUmg felbft leugnen, 
in melier me^r als ^unbert Defterretd&er fafcen. 9hm, 
Ijier fonnte man, mie bie SWe^eit es tljat, burd& 
einen füljnen ©djniti Reifen, t>on bem man fidf) felbjl 
fagen modfjte, bafe er unoermetblidf) , menn au<$ be- 
bauerltdf) fei. 3lttein — bas preufnfdf)e @rbfaifertum 
mar ju ber Seit, ba es befd&loffen mürbe, felbft fdjjon 
ein reines 3^^/ rfn Sbeat, beffen Sermirflidfjung 
faum meniger unmöglidf) mar, als bie bes Steiges mit 
Defierreidf) als Sfteidfjsftanb. 3Kan fonnte miffen, bafe 
bas Sßreufcen, meldte« ben SBaffenftittftanb t>on 9Mmö 
gefdfjtoffen unb baß 3Rinifterium SBranbenburg ein- 



145 



«gefefet fyattt, feine Neigung jur Slnnaljme eines Wlcin- 
t>ates oon feiten bes Parlaments fyaben werbe, unb 
t>ie Slblefmung ber Äaifermürbe burd() griebrid^ Sßit- 
(jetm IV. !jat btefe 2luffaffung gtänjenb beftätigt. 3)a 
lag benn bod(> eigentlich bie $rage fo: foHte eine an 
unb für fidj möglid&e, aber in jener Seit nid&t meljr 
mögliche SReid^öuerfaffung befdfjloffen werben ober eine 
<m fid^ nodj fdfjmerer mögltd&e, aber bie gefamte 
beutfdfje Sunge umfaffenbe? SBenn Urlaub prifd&en 
jmei ttnmögtidjjfeiten bie mäljtte, ju meld&er iljn fein 
igerj trieb, wer will tljn brum freiten? 

2lts bie Slble^nung ber Äaifermürbe von feiten 
i>es preufjtfdjen Äönigs erfolgt war, ©erliefe bie Wlefyx' 
jaljl ber Slbgeorbneten bas Parlament. Urlaub gab 
fidfj feiner Sllufton barüber fyin, bafi nun nidfjts meljr 
$u erreichen war, aber er glaubte aushalten ju fotten. 
<5r verfaßte bie 2tnfpra<$e an bas beutfdje 33otf, metd&c 
trofe ber ttngunft ber Seiten aufforberte, bas begonnene 
SBerfaffungsmerf nid^t fallen ju laffen. Slls am 
30. 2Rat 1849 bie Verlegung bes Parlaments nadf) 
Stuttgart befdfjloffen mürbe, fprad() er t>ergeblidfj ba= 
gegen; aber er entjog fidfj ber £eilnaf)me au<$ jefet 
nidfjt, er mar ber 3lnfi($t, baf$ ber einmal gefaxte 
33efdf)lufj au<$ für ityn binbenb fei. ©eine (Stellung 
in bem jefct nur.nodfj aus ben graftionen ber Stnfen 
jufammengefefeten Parlament mar f <$mterig genug ; er 
Ijat es auf ber Steife nadfj Stuttgart in 9Rergent!jeim 
gegen SKörtfe ausgefprod&en. 3n Stuttgart erflärte 
n |td& gtei<# bei ber erjien ©ifeung am 6. Suni gegen 



146 



bie Sftegentfd&aft, beten ©infefcung baö ^Rumpfparlament 
befdfjtofe, unb, gletd&faflte oJ)ne ©rfolg, bafür, ba£ bie 
württembergif<$e ^Regierung jur Vermittlung eines 
redjttidjen griebensjuftanbes in S3aben unb ber 5Rl)ein= 
pfalj aufgeforbert würbe. 211$ ein 2tbgeorbneter ba& 
württembergtfdje SRinifterium beö £anbe$t>errate§ jiel), 
wenn es ntd&t atsbalb betn twrn Parlament t)er= 
abfd&iebeten ©efe| über bie SBttbung einer SBotfeweijr 
gegen bie preufjifd&e 2trmee jur Slußfü^rung oer^elfe, 
üerwa^rte fidfj tt^tanb gegen eine fol<#e Seljanbtung. 
be§ SDWmfteriumö, wetöjeö, jwtfdfjen bie erregte 5Botfö~ 
ftimmung unb bie immer me^r ©oben genrimtenbe 
SReaftion eingeteilt, oljnebieö fdfjwer genug tfyat 25a& 
SRinifterium forberte baö Parlament unb bie SReidfjß^ 
regentfdfjaft auf, iljren ©ife aufjerfjalb 3Bürttemberg$ 
ju verlegen; ate biefe 2tufforberung oljne Slntwort 
blieb, fdjritt bie ^Regierung jur 33erl)tnberung ber 
©i|ungen burdfj bewaffnete 9ttadjt. 2lm 18. Sunt 1849 
würben bie jutn ©ifcungdtofal ffiljrenben ©trafen 
burd> 3Ritttär abgefperrt. 35ie Sßartamentömitglteber 
begaben pdf) im $ug baljin, t>oran ber Sßräftbent £öwe, 
welkem Urlaub unb fein treuer ©efinnungögenoffe 
2llbert ©d&ott jur ©eite fdfjritten. 5Die ^Regierung tiefe 
erflären, bafc bie ©ifeungen mdjjt gehalten werben 
bürften. S)er Sßroteft beö Sßräfibenten würbe burdf) 
bie trommeln ber ben 2Beg Derfperrenben Infanterie 
übertäubt, t>on ber ©eite l)er rücfte bie SReiterei im 
Stritt an, unb fo waren bie Slbgeorbneten genötigt, 
ben $lafe ju räumen. 



147 



©o enbete bie große ^Bewegung; von ber gart} 
®eutfdjtanb fein &etl erwartet Ijatte; ein tragifdfjer 
Ausgang gewiß aud^ in ben 2tugen berjenigen, weldfje 
an bent ^Rumpfparlament feine greube gehabt Ratten 

— e§ war einem SBolfgang 3Kenjet vorbehalten, 
baräber ju wifeeln. 

5Die alsbalb fidj Derbreitenben ©erüdjte, baß Don 
ber blanfen SBaffe ©ebraud) gemalt, baß ttljtanb 
unb anbere förperlidf) Deriefet worben feien, waren 
junt ©lüdf Döttig grunbloö. Urlaub felbft tyat in einer 
öffentlichen @rflärung jene ©erüdfjte für unwahr er- 
f lärt : „2)ie einjige SBerlefeung, bie idfj baDon getragen, 
ift baö bittere ©efüljl ber unjiemlidfjen 33e!janblung, 
welche bem leiten Sftefte ber beutfd&en SRationatoer^ 
fammlung in meinem &eimatlanbe wiberfa^ren." ®r 
meinte bamit nid&t ba§ Verbot weiterer ©ifeungen 

— bie württembergifdfje Regierung fonnte in biefer 
öejie^ung nid&t anberö ^anbeln, angefidfjtö ber Stuf- 
regung im eigenen Sanbe, be§ SBürgerfriegs unb ber 
preußifd&en SnterDention in SBaben: fonnte bo<$ biefe 
lefetere fid) jeben Slugenblidf auty auf SBürttemberg 
ausbeuten; er meinte nur bie brutale 2trt, bie SBer* 
wa^rung beö ^räfibenten ju übertrommeln unb ben 
sptafe burdj bie iQufe ber Sßferbe fäubern ju laffen, 
o^ne nur einen Shigenblicf abjuwarten, ob bie 5Ber- 
fammlung nid&t dou felbft umfetyren toürbe. 

U^lanb fe^rte alöbalb na<$ Tübingen jurütf . ©ort 
war er unenblidjj Diel Dereinfamter, afe er juDor ge- 
wefen war. 35ie alten ©efettfd&aften, in benen er bei 



148 



ber Stnmefenljeit fo meler Slnberdbenfenben nur „un- 
nüfceä ©rinnern unb t>ergeblidf)en ©trett" ju finbcn 
fürchtete, t)crmicb er lieber, als bafc er fid) mtbrigen 
Begegnungen audgefefet Ijatte. 

SDte Beteiligung am Parlament mar U^lanbd 
t legte potittfdfje ^ätigfeit. Stur ein SRadfjfpiel baju 
war es, toenn er im Dftober einen 3 e to*ngöarti!el 
gegen bie Ausübung bed ©tanbred&tö in Saben fdfjrieb 
unb wenn er im 3uli 1850 jum ©taaiögeridfjtd&of 
nadj ©tuttgart einberufen mürbe, beffen SUfitglieb er 
feit 1848 mar, um über bie 33erfaffungömäfeigfeit ober 
SBerfaffungömibrigfeit einer Sftegierungd^anblung beö 
HWinifierö von 2Bäd)ter feine ©timme abzugeben.- 

©eitbem ifi ttljlanb nie mieber aus feinem ju= 
rfidfgejogenen Seben herausgetreten. Sludj bie Sßocfie 
finben mir nid&t meljr als feine ©efäljrtin. $flnf 
fletne ©ebidfjte t>on epigrammatifdfjer Haltung — baö 
tft atteö, maö mir an poetifdjjen Srjeugniffen nadfj 
bem Sa^re 1849 dou i§m §aben. -Kur bie gelehrte 
gtorfdfjung ijt feine Befestigung von jefet an, an ber 
er oljne &aft unb oljne SRafi meiter arbeitet. ©8 mirb 
ftdjj »erlognen, Urlaubs gelehrter £l)ätigfeit eine ju= 
fammenfaffenbe ©arfieHung ju mibmen. 




4- 



n Urlaub« ©ebtdjten fanben nrir eine merfroürbige 
gäljtgfeit ber 3Jef$ränfung auf beftimmte, bet 
©eiflesbefdjaffenljeit bes 2)i<$ters angemeffene (Stoffe 
unb formen; eine ©elbftbefdfjränfung , t>on ber man 
jroetfeln !ann, ob fte me^r unmittelbare ftolge natfir- 
Ud)er anläge ober me^r ffinftlerifd&e äbftdfjt fei. 
$)iefelbe SBefdfjränftmg auf ein bestimmtes ©ebiet finben 
nrir audj in feiner gelehrten ftorfdfjung, ja Ijter roofjl 
nodj ausgefprod&ener. 3$ §abe feiner 3*tt von feiner 
Verausgabe ber Sriefe unb ©ebidfjte Varppredfjts, t>on 
feiner Steilna^me an ber 33eröffentli<$ung von iQölber* 
lins gef ammelten ©ebidjten gerebet ; idfj fann nodf) bei- 
fügen, bafc er fidfj audfj an ber 2lusroa$t t>on grieb* 
rid) iQaugs ©ebtdfjten beteiligt Ijat, bie im 3<^r 1840 
erfdfjtenen ift. ®amit nrirb aber nid^t blofc U^lanbs 
Anteil an frember ©(^riftftetterei, fonbem überhaupt 
feine litterarifd^e ^ätigfeit außerhalb bes ©ebietes 
feiner eigenen Sßoefte unb ber germaniftifdjen ^orfd^ung 
erfdfjöpft fein. 



150 



aSon einer einfeitigen gad)btlbung, von einer 
au8fdjlief$ftcf)en £>reffur auf eine beftimmte ©iöjiplin 
ift Urlaub weit entfernt. iQätte er nidjt felbft eine 
bebeutenbe allgemeine 33tfbung unb bie gäfyigfeit be- 
feffen, audj über ben Äreis ber $a$roiffenfdjaft hinaus 
ju benfen unb ju empftnben, fo fy&ttt er ntdjt alö 
Sßrofeffor ein ®ifputatorium eingerichtet, in welkem 
bie freiefte 2Baf)t beö ©toffeö geflattet war. ©ben 
feine 33emerfungen aus bem Tübinger ©tiliftifum be= 
weifen einen non affer 2luöf<^tic§lic^feit feljr weit ent- 
fernten ttriffenfdjaftlidjen ©tanbpunft. 3Kan weife au<$, 
baft er in ben t^eologifd^-p^ilofop^if^en Seroegungen 
unb Äämpfen, bie in ber 3*ü fäntx afabemifdjen 
Sptigfeit unb ben fotgenben Sauren Tübingen in 
Sttem gelten, burdjauö für baö 9te<$t ber SBiffenfdjaft 
ju freiefter ^Bewegung eingetreten tfl, er, ber perfönltdj 
an ben ÄuÜuöformen feiner Äir<$e festgehalten fyat; 
baß fann nur ein 9Kann t^un, ber in affgemein 
nriffenfdjaftlidjer Sejie^ung nifyt nöffig inbiff er ent ift 
— bie Snbifferenten ^alten'ö geroöljnlidfj fe^r einfach 
mit ber ©eroalt. 

@ö ift aber leidjt roafjrjune^men, baft ber Sluö* 
gangspunft für Urlaubs gorfdjungen fein abftraft 
roiffenfdjaftltdjer ift. ©r gelangt ju ber germantfttfdjen 
3Btffenf$aft nid>t, roie manche anbere, rote j. 33. tljr 
größter 9Kct^obtfer Sadjmann, t)on affgemein p^ilolo- 
giften 33eftrebungen auö. ®ie ift tym feine S)omane 

ber affgemeinen pPologifcHiftorifd&en SBtffenfdjaft, 
auf bie er, als auf ein no<$ jungfräuttdjeö ©ebiet, 



151 



bie ©runbfäfce unb äRetljoben ber alteren pl)üologifd(jen 
SMöjiplinen anjumenben unternähme, fte iji tym audjj, 
fotDcit fte ßitteraturgefd&id&te ift, md&t etwa ein fpc= 
jietteö gelb für bie ^rdftfüljrung litterargef^i^tli^er, 
Mturgefd&td&tlidjjer, pljüöfopljifdjer ©eftd&töpunfte. ©ie 
ifi il)m tebtgtidf) ©rforfd&ung ber beutfd&en SBorjett, 
ein ©egenftanb patriotifd&er SBegeiflerung, fte roäd&ft 
tym nidjt aus ber SBtffenfdfjaft, fonbem aus ber poe- 
tifd&en atofd&auung unb (Smpftnbung Ijerauö, wie fte 
Jjinnrieberum auf fein poetifdfjeö ©Raffen befrud&tenb 
einwirft. Stfefen Urfprung §at bie germanifHfdfje 
SBtffenfd&aft bei ben meifien feiner 3 e Ü8 en °ff en 9 es 
fyabt, fte ift eine teils aus ber romantifdjen &infe§r 
jum Mittelalter tetlö auö ber patriotifdjen Strömung 
ber erften Saljrjeljnte unfereö SftWunbertö hervor- 
gegangene Stiftung beö $orf<fjenö. SBorab trifft Med 
ganj wie bei Urlaub ju bei ben Srübem ©rimm, 
mit benen man iljn f o oft vergleichen mufe ; namentlich 
feit bie Sugenbbriefe ber beiben ©ruber veröffentlicht 
ftnb, erfennt man feljr genau bie ©eneftö iljrer gor- 
fd&ung: eö ift junäd&fl eben bie Sftid&tung auf bie 
romantifd&e Sßoefte, auf baö SSaterlänbifd^e unb SBolfö* 
tfimlidje, roaö fte in bie germantftif <$e SBiff enf djjaft hinein- 
treibt. £)a§er bei atten brei jener nmnberbare Sfteij 
tyrer gelehrten SBerfe, auö benen immer roieber baö 
©tubtum beö altvaterlänbtfdfjen SBefenö, namentlich 
ber alt^etmifdjen Sßoefie, alö baö ©runbmotit) hervor* 
leud^tet ; eö ift Jeine neugierige ©tubengele^rfamfeit, 
fein nrifTenfd&aftötyeoretifd&er ©gftemjroang, eö ift eine 



152 



t>on ber tiefftcn ©emütserregung infpirierte unb burdi* 
wärmte ftorfdjung, ein ©udfjen nadjj bem Sßulöfddlag 
beö SBolfeö. ^n ben iQerjen bitftx SHänner ift eine 
eroige Sugenb unb bie glfif)t audfj in ifjten ©Triften. 

liefet tiefe gemütlidjje Anteil, biefe patriotifd^e 
Sßietät, bie roir au6) bei anbern ©ermaniften jener 
©eneration ftnben, bei ©d&meller wie bei Sadjjmanrt 
— um nur nod& bie jroei bebeutenbften ju nennen — , 
f)at geroifc roefentlidjj ju bem aufcerorbentlid&en Sluf- 
fdjjroung jener ©tubien in ber erften iQälfte unfere& 
Saljrljunbertö beigetragen. SJton fann fid^ baoon um 
fo leidster überzeugen, roenn man bie jum SCeit fjödjft 
bead&tenöroerten ©ermaniften älterer $eit iantbm ftellt, 
bei melden eben ein rein nriffenfdjaftlidjeä Sntereffe 
baö Seftimmenbe ift, Ijödjjflenä nod(j bei ben aus ber 
Süngerfdjaft Älopfiodfö hervorgegangenen ein oager 
SCeutoniömuö in ber Slrt biefeö Sinter«. 

Urlaubs fd&roäbifd&e Heimat l)at in früheren getten 
mehrere Flamen von gutem Älang unter ben 33eför* 
berern ber germanifd&en ^ilblogie aufjuroeifen. 3$ 
nenne nur bie aus bem adfjtjel)nten 3al)r£unbert, 
um nid&t gar ju roeit juruäjugreifen; bejeid&nenber* 
roeife finb fie faft alle ftubierte Geologen, ©leiefr 
ber ältefte t)on iljnen, ber Ulmer gridf, ift als iQerauö* 
geber von ©Ritters Styefaurus mit 2tu8jeidjjnung ju 
nennen, ©obann l)at als ©pradfjforfd&er ber rofirttem* 
bergifd&e Pfarrer ftulba neben fpradfjtfjeoretifdSJen 33er* 
irrungen, roie fie in feiner 3eit lagen, bebeutenbe 
SSerbienfte ; bie t)on Sßrof effor 9tafi in Stuttgart heraus* 



153 



gegebene Seüförift //® er £eutfdfje ©prad&forfdjjer" 
fyattt ü)n jum bebeutenbften SRttarbeiter. ©ie folgen* 
ben ragen nod& in Urlaubs 3 e ^ herein; fo bie beiben 
Ulmer: 33eef enmeper , ber SBerfaffer ja^lreid^er feljr 
gefdEjafcter ©tubien jur ©efd&id&te unb Sitteratur, imb 
3. 6. ©d&mib, ber SBerf affer be§ t>on entfestigen 
©tpmologien firofeenben, aber fonft työd&ft fdjjäfebaren 
fd^ioäbif dfjen 2Börterbudf$ ; ©d&iUerö Sugenbfreunb 
^eterfen unb ber ju früty oerftorbene mefoerljeifcenbe 
gerbinanb SBedf Berlin ; vor allen aber ber befanntefte 
ber fd&mäbifd&en ©ermaniften um 1800, ber igaffer 
griebrid) ©atrib ©räter. @r Ijat ftdjj namentlich burdf) 
bie mit ©d&ubartö ©dfjmager 33ödf^ in SRörbttngen be- 
grünbete, bann nadf) beffen £ob t)on i^m aBein fort- 
gefefete 3ettfd|jrift „33ragur" befannt gemalt. 33ei 
iljm ftammt bie 33efd(jäftigung mit ber germamfd&en 
SSorjeit aus ber SBettmnberung Älopftodfe einerfeitö 
unb Berbers anberfeits. @r geljt in barbtfd&er 33e- 
geifterung ben ©puren ber alten ©falben nadf) unb 
fudfjt jugleidj bie alte SBolföpoefie ju ergrünben. 3la* 
mentlidjj für bie norbifd&e Sitteratur §at er triel ge- 
fyan, mo^t me^r als irgenb ein ©eutfd^er feiner 
3eit. @r mar ungemein fletfeig, aber nirgenbs ift 
er jum tiefften SBerftänbniö burd&gebrungen ; er ar- 
bettete ju fd&nett unb mar ein grenzenlos eitler ©ed, 
ber triel ju gern äft^etifd^ irrltd&telierte, altnorbifdEje 
©ebid&te ins ©riedfjifdfje fiberfefcte, fein liebes 3<$ allejeit 
in rl>etorifd&e 33eleu<$tung ju fiellen muffte unb fi$ 
fd&liefelidf) burdjj fein jroeibeutigeö Setragen gegen bie 



154 



Srttber ©rimm audfj um ben rool>foerbienten Ärebtt 
nodfj gebraut Ijat; er Ijat fid^ lang überlebt, bemt 
er ift erft im %afyx 1830 geftorben. 

2Bte ganj anbers ber neunjefjn Saljre jüngere 
Urlaub! 6r ift 5Did(jter, mä&renb ©räter blofc ®e* 
bidEjte gemalt l>at; ber Sinter in iljm ift aus ben 
troäenfien unb mümtiöfeften gforfdjungen immer triebet 
heraus ju erfennen, fei es, bafj i^n eine« ber rounberbar 
fdfjönen Silber verrat, wie man fie aud|j an feinen 
SPartamentsreben benwnbert Ijat, fei es, bafj bie ^ein- 
ffiljligfeit für bas ©pejifif d£j*$ßoetifd(je jeigt, aus meinem 
Stoffe ber ftorfdjer felber gemalt ift. Slber bie ©idfjter* 
natur Ijat i^n nid&t ju flüd&tigem Umljergaloppieren 
auf ber frifd&en SBeibe aerleitet; fie gibt ü)tn nur bie 
feine SBitterung für bie eblen, rofirjigen unb Ijeilfamen 
Äräuter, bie ftd|j in bem bunten £eppidfj ber SBiefe 
bergen. 6r geljt mit feiner ftd&ern, genriffentyaften 
Sebäd&ttgfeit ©dfjritt für ©dfjritt, laßt nid&ts liegen, 
roas er brausen fann, fdjjeut roette Umroege nidfjt, 
roenn er roetfc, baft er auf i^nen etroas ftnbet; unb 
roie er am @nbe einer Slrbeit ift, ba Ijat er ein lüden- 
lofes, ein in feiner 9lrt üottfommenes Sßerf gefdjjaffen. 

©er Sinter Urlaub geljt als gorfdjjer überall 
unb immer ber SMdEjtung nadjj; nod|j mel me^r unb 
ausfd&liefjlid&er als Safob ©rimm, bei bem biefelbe 
bodfj audfj eine erjie SRotte fpiett. 2)as poetifdfje 6m* 
pftnben eines SBolfes unb jroar bes großen SBölfer* 
jtammes, bem er f elbft angehört, fud&t er überall Ijeraus* 
jufinben; roas nidf)t Sßoefte ift, bas lagt er beifeite 



155 



liegen. 2tber er fud&t bie Sßoefte, wie 3afob ©rimm, 
md)t bloß in ber gefdEjriebenen Sitteratur, er fudjt fie 
ebenfo in ber ©itte unb ben tägttdfjen 3Sorftettungen 
bes SBottes — beö SBolfes, benn er gel>t immer auf 
baö SBolfetümlid&e aus, ba§ fttnftmäßige ©lement in 
ber spoefte intereffiert iljn IjödEjftenö in lefcter Suite. 
Uljlanb ift fein großer ©ntbeder unb 33aljnbredf)er 
nrie 3<rfob ©rimm, baju ift er gar nidjt fpftemattfdE) 
genug angelegt. 6r ift ein ganj außerorbentlidfj fleißiger 
unb treuer Arbeiter, ber aber ju feiner Arbeit nod£) 
weiter einen ljiftorifdf)en ©inn unb eine aud£) burdf) 
bie fd&önften Sßerfpeftioen nidEjt t>erfül>rbare 33orftd(jt im 
©d&lüffejteljen als t>ortrefflidf)e ^Beigaben mitbrad&te. 
2)aburdf) ift er ba, roo er fidfj mit ©rimm auf bem= 
felben ©ebiet bewegte, in ber 9Jh)tI}ologie, jroar ärmer 
an jielmeifenben ©ebanfen unb ©efidEjtspunften, aber 
bafür ift er audfj vor mausern SWißgriff jenes genialen 
©ntbeders beroaljrt geblieben. @8 fommt iljm fytx 
fein gefunber ©inn für baö ©egenfiänbltd&e ju gute, 
©r gehört ntdEjt ju ben ^orfdEjew, roeldEje, leiber burdEj 
Safob ©rimmö SSorbilb t)erfül>rt, in ben Ijarmlofeften 
©Ingen mgtljologifd&e SRefte mittern. £>ie ©efd&id&te 
unb Drtölunbe fpielt eine große Sftotte in feinen gor- 
f dfjungen. ®r Ijat, nrie man namentlidEj aus bem Srief- 
roedjfet mit Saßberg feljen fann, ber in biefer SBe- 
jteljung ganj gleite SBege ging, feljr genau unb mit 
Vorliebe ben ^iftorifdEjen ©ofumenten unb £>aten für 
^ßerfonen unb Vorgänge nadjjgefpürt; er ^at auf feinen 
oielen SBanberungen Bie Sßläfce, an meldten eine ©age 



156 

ober bie ©rinnerung an ein l)ifiorif$e3 ©reigniö, eine | 

I)iftorifd)e ^Jcrf anlief eit haftete, gern unb oft mehr- 
mals auf gefugt; baö twile 33erftanbnte für bie @r* 
fcfyemungen ber Sßocfie glaubte er erft burdf) btefe* 
©tubium ber jeitltd&en unb örtlichen Umgebung ftdj 
ju erwerben, ©ewiffermafcen jeigt fidj in biefen $ü$tn 
audj wieber ber Dieter, beut bie ganje 2Belt lebt. 
3^m ift bie attptljenbilbung wef entließ ^oefie; bie 
ältefien unb größten Figuren Ijat iljr atterbingö bie 
SReligion geliefert, aber was fidfj um biefe gfiguren 
gruppiert, was fte in tebenbiger Bewegung jeigt, ba& 
ift Sßoefie, eine balb reiner ben ©ebanfen beö 3Jtytl)us 
barfteUenbe, balb ü)n freier umfpielenbe 33olfebid)tung. 
Sßarum fottte biefe lebenbige SBolfobid&tung fdjon in 
einer grauen SSorjett aufgehört l>aben? ©oute fie nidjt 
trielmetyr bis auf unfere £age, nur in oeränberten 
formen unb gfarben, lebenbig ttyätig geblieben fein? 
©eftalten älterer ©efdfjtdjte, wie ©ietridj oon Sern, 
finb nadfjwetöltdEj jum ©egenftanbe ber iöolfsbtd&tuntj 
geworben; warum foHtc ba§ bei neueren m<$t ebenfo 
ber ftall fein? (Ss ift fein Steifet, atterbingß, bafr 
mandje lebenbe Sßolföfagen trofc tyrer ptortfdjen Sin- 
fnftpfung nur 9Retaftafen alter ©ötterfage ftnb, wie 
bie Sagen t>om 2Rute$l)eer unb ber wilben 3agb; „ 
aber braudEjt baö Don allen ju gelten? ®ie Sßl>antafie 
beö SSotteö wirb freilief) ju einer geit, ba Sßoefie bie 
gorm aller geiftigen iQerwrbrtngung war, lebenbiger 
gewefen fein als in einem ßeitalter beö obligaten 
©djulunterridfjtö; aber aufge^ött §at fie nodj immer 



• 



157 



rridjt, bcr Ijifiorifdje SUhjttyus unb bic Sttncfbote erjeugen 
jtdjj nodfj ^eutjutage. 

(So ift ein ganj djarafteriftifdfjer 3ug bei Urlaub, 
bafj er bie @rftärung immer bei bem SunadEjftliegenben 
fudjjt, falls fie bort gefunben werben fcmn. 2)iefe 
33efd(jränfung auf bas, roas jur ©adfje gehört, t>erleil)t 
feiner gorfdjung ben ßljarafter bes Dbjefttoen im 
ijödrfien ©rabe. @r lägt bie Singe felbft reben, fo* 
roeit es immer mögti^ ift. ©eine fubjeftioe Sljätig- 
feit befielt im herbeiholen eines möglidEjfl t>oHftanbigen 
2Raterials unb babei fc^eut er audfj große Umwege 
nid)t, greift, roo es gilt, in weite fernen, wenn nidjt 
jur (Srflarung, fo bo<$ jur lehrreichen Sparalleltfterung ; 
fie befielt in ber vom feinften poetifdfjen Snftinft ge- 
leiteten 2luswaljt, Slnorbnung unb SBerwertung ber 
dfjarafteriftifdEjen $fige ju einem farbenreichen, fpredjen* 
ben Silbe; aber wenn bas 93ilb fertig ift, fo tritt ber 
flünftler ftiB jurüd unb verliert ftd& in ber SWenge. 
6r Reifet fein fubjeftioes Urteil fdjjweigen; ^at er t>on 
oom^erein eben foldEje ©egenftänbe gemault, bie i^n 
anfpred(jen, fo enthält er fi$ bodf), feine Segeifterung 
in empljatifdjen Sobfprttdfjen preiszugeben. 3n ber 
ßnt^altung oon allem, was nidjjt unmittelbar jur ©adfje 
gehört, ift faum ein anberer fo weit gegangen wie er; 
ja er ge^t barin faft attju meit. SBenn man es nur 
$ödjjlid) rühmen fann, bafj er bie in ber ©ermamften* 
weit faft jum guten £on geprenbe Sßolemif beifeite 
lieft, fo §at er metteidjt nidEjt immer gut getrau, litterar* 
Ijtftorifdfje äusbltäe unb ©ef amturteile fo feljr, faft 



158 



ängftltdfj ju oermeiben. SßeldEjer anbete mürbe jeber 
(grroäljnung mobemer ^Bearbeitungen einer beftimmten 
©age, eines befHmmten 9Rotu>S fid^ fo gefliffentlidj 
enthalten §aben? SBcld^cr anbere fy&ttt bei ber 33e- 
fpredEjung ber mittetalterlidEjen giftion ber „blauen 
SBlume" nid&t baran erinnert, roeldje SRotte biefe pftion 
bei ben SKomanttfern gefpielt tyat? 6s liegt barin, 
wenn man fo nritt, eine genrijfe Xxodtntyit, rneffeid^t 
auö einer berechtigten ©d&eu vor getftreidjen SBenter- 
hingen o^ne genauen 3ufammenl)ang mit ber ©adfje 
hervorgegangen, bie immerhin von einem genrijfen 
SKangel an fiberfdEjauenber SHSeitc bes ©eftdfjtspunftes, 
an genialer Äraft ber Äombination jeugt, aber bod> 
gerotfj unenbtidfj beffer ift als bas in unferer mobemen 
SitteraturgefdfjtdjtfdEjreibung fo fe^r ^auftge ©egenteil. 
Urlaubs gelehrte ^ätigfeit ift'erft naü) feinem 
£ob in i^rer ganjen Sfasbe^nuug unb Sebeutung be- 
fannt geworben. ©as bei weitem meifte bavon tyü 
ftdfj in feinem -Äacfjlafc l)anbfd(jriftlidjj Dorgefunben; 
bas ift ein Unglüä, benn es tytti ju ber £eit, ba es 
entftanb, nod) weit bebeutenber roirfen muffen, als 
jur $eit feiner SSeröffentlidjung, ba einzelnes fd&on ein 
9Kenfd)enalter hinter fidfj §atte. ^ebenfalls aber Ijaben 
bie brei ©ete^rten unb greunbe Urlaubs, SB.ß.iQottanb, 
Slbelbert Äetter unb $ranj Pfeiffer, meldte in ben 
Sauren 1865 bis 1873 — ber lefctgenannte ifi mitten 
in bem SBerf abgerufen roorben — Urlaubs „©Triften 
jur ©efd&idfjte ber 2)idf)tung unb ©age" in adjt ftatt* 
tiefen ©rofcoftaobänben Verausgaben, ftdfj ein großes 



/ 



159 



SBetbienfi um bic ©efdjidjte imferer 2Biffenfd&aft unb 
ein ebenfo gtofteö um bie aHfeitige Kenntnis Urlaubs 
etmotben. 

Urlaub arbeitete gemädjlidEj, auf ©eminmmg alles 
itgenbmie ffitteid&baten bebadjt; et fonnte matten, benn 
et fyattt nidf)t nötig, von feinet ©djjtiftfteHetet ju leben, 
unb et mat oljne jebe ©udf)t, butdfj immet neue SBetfe 
ju glänjen. ©o ^)at et mit bet SBetöffentlidjjung feinet 
$otfdf>ungen immet miebet jutüä gehalten , folang et 
glaubte nod|j etroas Ijinjutljun ju fönnen, unb getabe 
ein paat feinet bebeutenbften Seiftungen finb babutdf), 
im SWanufftipt fd&on mef)tfad|j unb bis jut fettigen 
SÄeinfd^rift ausgeführt, liegen geblieben. 9Kan fann 
fdEjliefcen, mie gtofc feine Slnfotbetungen an ftdfj felbft 
waten, ba et fo fein unb genau ausgeatbeitete SQBetfe 
in feinem ©djteibtifdfj §at liegen laffen. 

Urlaubs etfte geteerte Arbeit mat bet Sluffafe 
„übet bas altftanjöfifdfje ©pos", bet, mie fdfjon et- 
roäfynt, 1812 in gouques unb Sfteumanns 3 e üf$rift 
„2)te 2Rufen" etfdfjienen ift. ®t ift eine teife gtud&t 
bet Raufet ©tubien. ©d&abe, baft et an einem Dtt 
etfdftfen, mo et bet SBetgeffenljeit fc§r ausgefegt mat ! 
2)enn bet Stuffafe mat mirftidf) «pod)emad(jenb. Urlaub 
§at ^)iet fd&on auf bas übetjeugenbfte nad&gemiefen, 
roas füt ein UntetfdEjieb ift jroifdfjen ben füt ben ®e- 
fang beftimmten, in Sfaaben t>on 3llejanbtinetn ge= 
bieteten ß^anfons aus bem Jatolingifd&en ©agenfteis 
unb ben jum Sefen beftimmten, in metffiftigen Sfteim- 
paaten gefd&ttebenen Gontes bet btetomfdEjen ©age; 



160 



er tyctt auä) fdEjon nadfjgenriefen, ba£ bic erfteren feinet 
roegs, roie man angenommen l>atte, aus ber fogenannten 
Gtyronif bes Surptn abgeleitet ftnb. Spätere fram 
jöfifdfje $orfd&ung Ijat biefe SKefuttate beftatigt, oljne 
bafc bes in einer wenig befannten $eitf«&rtft ver- 
borgenen Sluffafces nadjj ©ebityr geartet roorben märe. 
3Wit feiner nädjjften Arbeit l>at ftd& Urlaub auf 
ben 33oben ber beutfdfjen 2)td&tung bes -ättittelatters 
begeben. 3m Raty 1822 erfd&ten fein SBudjj „SBaltljer 
oon ber 33ogeht>eibe, ein altbeutfdjer ©idjjter". 6s 
mar bic erfte SKonograp^ie über ben größten beutfdfjen 
SKirinefänger unb ^at feinen Sßert nodfj immer nidf)t 
oerloren. @ine beträdfjtüdEje $al)l wn ausgaben unb 
Slb^anblungen ift f eitler nachgefolgt ; aber roenn audfj 
mand&e ©injelljeiten jefct umgefdjrieben werben mähten, 
fo nrirb man Urlaubs 33ud|j bodfj immer mit -ftufcen 
ftubieren unb nrirb ftets unter bem ©inbrudf einer 
f)öd(jfi bebeutenben Seiftung fielen, iQter ^)at er jum 
erftenmal bie Äunft gejeigt, von ber feine fpäteren 
©Triften nodj oft ßunbe geben: aus ber ©adje her- 
aus, nid^t in fie Ijinein ju fdEjretben. Slus ben ©e* 
bieten SBaltyerS felbft heraus geftaltet fidjj tym bas 
33ilb bes ©ängers unb roädEjft es t)on 2lbfd^nitt ju 
2töfd(jnitt oottftänbiger unb größer heraus, £)al>er audf) 
ber poetif $e SReij bes SBerf es ; es ift eine genaue, auf 
bie @rforfd(jung bes ©injelften gegrftnbete ©tubie, aber 
es l>at nid&ts Srodfenes an fidfj: es ift nidfjt blofc ber 
©idjter, ber Ijier ben Sttdfjter gefdEjilbert l>at, es ifi oor 
allem ber befd&etbene ßünftler, ber hinter feinem Äunfc 



161 



werf üerfdfjwinbet. 3)a$ 2Berf ift für bic germanifiifdfje 
5|3^iIotogic grunblegenb geworben unb id) wüßte Don 
bcn fpäteren SBerfen übet; 2Baltf)er feinö, bafi ftdfj 
tl>m tfergletdjen fönnte, außer bas 2Keifierwerf twn 
2Bilmann§, baö etwa in berfelben Slrt unb SBeife mit 
ntdjt geringerem ©eift gefdfjrieben ift. 

Sin feinen SBaW&er gebaute Urlaub ein SBBerl 
von allgemeinerem Sn^alt anjufdfjließen. 3n feinen 
^Briefen aus ben folgenben Sauren lefen wir häufig 
Don einer geplanten ©efdjid&te ber mittelalterlid&en 
beutfd&en Sßoefie überhaupt. @3 ift bat>on junadjft, 1823 
bis 1824, nur ein £eil fertig geworben, ber pdf) mit 
bem SKinnefang im allgemeinen befd&äftigt, alfo un- 
mittelbar an baö tjor^erge^enbe Xtyma anfnttpft ; ber* 
felbe ift aber erft nadj Urlaubs £ob gebrudt worben. 
<£$ ift woljt bie auögejeidjnetfte innere ©efcfjtdfjte bes 
UWinnef angö , bie mir überhaupt beftfcen; bie äußere 
©ef<$id(jte, bie ©dfjilberung ber einjelnen ©idfjter unb 
maß baju gehört, tritt gegenüber ber allgemeinen 
©^araftertfierung jener Sßoefte oerl)ältni$mäßig jurüd. 
3)er ©ebanfenge^alt, bie ©efü^lsmelt unb ber Formern 
fdfjafc beä 9ttinnefangö ift nadfj allen Seiten mit ber 
äußerften geinljeit entwidett, unb man fpürt beutltdfj 
Ijerauö, baß bem SBerfaffer bie Siebe jur ©adfje bie 
geber geführt §at. 2Kan wirb bie SBorjfige biefer 
Slrbeit aud& jefct nod& feljr §o$ ftetten bfirfen, nadEjbem 
man fidfj gemannt fyxt, über ben SBert be§ 2Rinne* 
fangö etwas nüdEjterner ju benfen unb vor allem baß 
einljeimif dfje , t>olf$tfimüdjje ©lement in tym, baß mir 

fjiffler, ßubtuig Itylanb. 11 



162 



in ben frü^efien -DHnnefcmgero nod) in bct SlHem- 
^errfd&aft ftnben, von bcm protjenjattfdj^öftfdjen fon* 
t>entionetten SJtobegefd&mdtf, bcr fdfjon frül> einge- 
brungen ift, ju unterfd&eiben. @s mad&t ja eben einen 
Öauptjug in Urlaubs gelehrten SEBcrlen aus, bafj er 
in erfter Sinie immer aus ben ©ofttmenten l>erauä 
barftefft, nid&t urteilt ; baburdf) behalten bief elben i^ren 
SBert audfj für biejenigen, beren Urteil über bie Singe 
in manchem ganj anbers ausfallen mag. 

Uljlanbs 3Sor^aben fdjränfte fic^ aber feinesroegä 
auf eine ©efdfjidEjte ber mittetalterlidEjen Sprif ein, 
fonbern ^at, rote fdjon aus ben t>erfd(jiebenen SSegeid^' 
nungen, bie er bem ©egenftanb in feinen ^Briefen 
gibt, bie gefamte beutfdje Sitteratur roenigftens ber 
»tütejeit umfaffen fotten. Stts 1829 SBiüjelm ©rimm* 
■JMfterroetf über bie beutfdje föetbenfage erfd&ien, 
äußerte Ul)lanb, basfelbe enthalte trietes, roas er aud& 
barjufteffen gebaut Ijätte. 2)ie eingeljenben ©tubien, 
bie er für fein 2Berf gemalt Ijatte, finb nidjt verloren 
gegangen, fie mürben für feine afabemtfdjjen 33or- 
lefungen uerroertet. Urlaub tyat im ©ommer 1830 
über bie ©efdEjidjte ber beutfdfjen Sßoefie im 3Rtttelalter 
unb im ©ommer 1831 über bie ©efdEjtdfjte berf elben 
im fünfzehnten unb fedfjje^nten Sa^unbert gelefen. 
3)ie aKanuffripte für biefe SSortefungen ^aben ftdjj in 
feinem UtodEjIaf} Dorgefunben. 3)ie ©efd&id&te ber mittel 
alterttdEjen ßitteratur gehört, roie mir fdfjeint, ganj fidler 
ju bem früheren Sßlane; fie ift äljnttdfj angelegt mie 
bie Slb^anblung über ben 3Kinnefang. @S geljt Ijier 



163 



mie bort bie StarfteHung bes Spalts bcr ffSocfie, in 
bicfcm gfaHe bcr alten ©agen, aoraus unb bilbet Bei 
weitem bie &auptfad£je; bie äußere ©efdfjidffte ber 
SitteratuV, bie gform tljrer Ueberlteferung burdf) fo 
unb fo triele einzelne ©td&ter unb ©ebidEjte, folgt nati) 
unb ift nidEjt von berfelben SBtdfjtigf eit ; wobei man 
aUerbtngs nidEjt oergeffen barf, bafc man SBorlefungen 
t)or fidfj §at, in benen, jumal bei einem erften 33er- 
fudfje, bie oorberen £eile faft notmenbig ausführlicher 
werben mufften als bie nadEjfolgenben. SBon einem 
erften 33erfud(j mürbe man übrigens fonfi bei biefen 
SBorlefungen md|jt oiel merfen. ©ie verraten nid)t 
blofj eine genaue SSertraut^eit mit bem ©egenftanbe, 
fonbern audfj ein bebeutenbes ©efdEjiä ber S)arfteHung. 
©erabe für SSorlefungen erfdfjeint ber 2Beg, ben Urlaub 
genommen Ijat, befonbers geeignet, ©anj einjig in 
üjrer Slrt ift namenttidfj bie SBeife, wie im erften £eil 
bie ©agengefdfjid&ten erjä^lt finb; Ijier Ijat ein Sinter 
gefd&rieben unb jwar ein Sinter, ber wie fein anberer 
bie gftljigfeit befafc, ftdfj mit fd£jlidf)tem ©inn unb treuem 
©emfit in bie alte ©age ju oerfenfen unb bas ©olb 
in tyr aus werttofefter ;Ka#arfdfjaft tyerausjufinben. 
Stte ein$eimifdf)e beutfd&e <§e"lbenfage §at für il)n, 
barin ftimmt er wieber mit Safob ©rimm ooBftänbig 
überein, weit meljr SBert als bie importierte bretomfdjje. 
3u ber (Srftärung unferer föelbenfage Ijat er audfj 
fe^r fdfjäfcenswerte SSerfu^e gemalt; oor allem finb 
bie gefdfjidEjtlidfjen ©lemente berfelben f d|jön bloßgelegt : 
Urlaub unterfdfjetbet fid) t)on SBtl^elm ©rimm nament= 



164 



tid& baburdEj, bafe er ber ©efdjjidjjte einen größeren 
(Stnfluf} auf bie ©age juweift ; intereffant jebcnfaHö ifl 
aud(j bie parallele jwifdjen ber SEBolfbietrid^fagc unb 
ber perftf djen i&elbenfage, wenn fie audjj, wie *8 fd(jetnt, 
feinen Seifall unter ben gfadfjmännern gefunben Ijat. 
3n ber Äritif ber Nibelungen ftnben wir etwa bie 
ndmltdfje äfajidfjt, b^x ber bie gforfdfjung jefet angelangt 
ift : bie Slnerfennung eined SBerfafferö für baa t>or* 
(iegenbe (Spoö, ber aber auf ©runb x>on unter ftdjj 
uerfdfjieb enen rljapfobtfd&en ©agenbe^anblungen gear= 
bettet §at unb nidjt imftanbe gewefen tjl, bie -Wallte 
jwifdjen benf elften ganj unftdjjtbar ju madfjen, oljne 
bafc eö jebodj mögltdj wäre, irgenbeine jener Süjapfo- 
bien aus bem jefctgen 3ufammen^ang wieber heraus- 
jufd&älen; eine nfid&terne Äritif wirb fdfjwerlidfj weit 
über biefeö SRefultat ^inaudfotnmen. 

3)ie ©efdEjtdjte ber beutfd&en Sitteratur im fünf- 
jeljnten unb fedfjjeljnten 3al>rl)unbert ift etwa« an- 
berö angelegt als iljre SBorgängerin, infofem bas 
€^ronologifd^e etwas me^r bejiimmenb in bie Um 
orbnung eingreift; es fdfjeint aud), bafj bief e SSorlefung 
nid^t auf älteren Slufjeid&nungen beruhte, fonbern bem 
$lan nadjj t)on ber t)or^erge^enben ganj getrennt war. 
Ittber ber ©efamtdjjarafter ber SJarftettung ifl wieber 
berfelbe ; \a man mödfjte bemfelben l)ier infofern no<$ 
meljr unbebingte Slnerfennung jollen, als ed in ben 
Ijier be^anbelten 3eiten wenige einzelne SHdfjter von 
defonberd l)ert>orragenber Begabung gegeben ^»at / bie 
3)tdjjtung alfo weit me$r al« in ber f)öftfdfjen Sßeriobe 



165 



eine tcin aoßstümlid&e, allgemeine unb tnbimbualitäts* 
lofe genannt werben mu$. SHefer allgemeinen Sßocfic, 
beten SBurjeln in ber SBolfefage unb SBolfsfttte ruljen, 
ift Urlaub immer, im ©egenfafee ju ber tnbüribuetteren 
Äunftpoefie, mit befonberer SSorliebe nachgegangen. 
Jßier l>at er nun ganj üorjüglidfj ©elegenljett, in einer 
an poeiifdfjer Äunft unb Snburibualität armen gut 
bie immanente ^oefie in allen Steuerungen nidjt blofc 
in ber Sitteratur, fonbern audf) im täglidjen &tbm 
nadjjjuroeifen. £>a^er fann man biefe feine S)arfteHun$ 
als eine fulturljiftorifdfj ebenfo roertootte Arbeit be* 
jeidfjnen, als fie es lttterarl)tftorifd) ift. 3 u öfö$ ftnbct 
^ier fein Sinn für bas ^Bürgerliche eine t>oUe 2Beibe A 
fo bafc man immer ben ©inbrud fyabtn wirb, es fei 
i^m biefe Sirbett redfjt eigentlich t)on Jßerjen gegangen. 
2lls ein mit ü)rem ©egenfianbe ftd|j nalje berffl&renber 
äuffafc mag ber fdfjon 1828 oerfafcte „3ur ©efdfjtdfjte 
ber ftreifdfjiefcen" ermähnt fein, roeldfjen Urlaub als 
(Sinleitung ju fiallings ausgäbe bes glfidHjaften ©dfjiffs. 
gefd&rieben Ijat. 

©d&on in ber ©efdtfdjte ber mtttelalterlidEjen 
Siiteratur fpielte bie SJarfteffung unb Slnalpfe ber ©age 
bie Hauptrolle. . SJiefes gorfdEjungsgebtet ift t>on 115* 
lanb t>on nun an nod|j mefjr unb ausfdjjliefclid&er ge* 
pflegt roorben. @r Ijat im SBinter von 1831 auf 1832 
über „©agengef dfjidjte ber germanifdfjen unb romanif djjen 
SBölfer" gelefen. 3n biefer SBortefung l>at er bie 
flanbinamfd^e Sitteratur ju Slnfang ber Sarjlettung 
in fe§r ausgebeizter SBeife ^ereingejogen. fteirt 



166 



SBunber; beim bic altnorbifdjje Sitteratur Ijat nidfjt 
bIo§ allein von äffen germamfdfjen SJitteraturen eine 
in umfangreichen ©enfmälern erhaltene ©ötterfage, 
aud) iljre §elbenfage fpielt eine ganj anbete SRoffe 
unb ift roemgfiens im allgemeinen t)on me^r fagen= 
Ijaftem, altertümlid&em Gl)arafter, als bie beutfdje. 
SebodE) fann man faum leugnen, baß Uljlanb ber 
©arfieffung berfelben Ijier einen verhältnismäßig faft 
§u großen Sftaum jugeftanben Ijat. 3fn ber ©arfleffung 
ber beutfd&en unb franjöjtfd&en Sagen ge^t er bann 
melfadj gleiten ©drittes mit bem früheren Äoffeg, 
fo baß biefe Partien für uns t>on geringerem Snter- 
effe ftnb. 

Sfadfj für feine t>erfpätete Snauguralrebe am 
22. 2Rärj 1832 jjat Urlaub ben ©egenfianb aus ber 
©agengefd£jid|jte genommen. ®r lag üjm perfönttdj 
feljr nalje, benn es mar bie Sage vom fierjog @rnft, 
bie er beljanbelte. ©eine SRebe ift ein Meines StabU 
nettsftüd oon feiner ©agenanalpf e ; in ganj t)orjüg- 
lidfjer SBeife Ijebt Uljlanb bie ©dfjid&ten l>tftorifd(jer 3ßor= 
gänge ab, meldte, fd^tie§ttd^ nod(j t>on ber üppigen SBege* 
tation pljantaftifdjer SBunbergefdfjid&ten überwarfen, 
jene ©age gebilbet Ijaben. S3ie Svfy&xtx waren gewiß 
neugierig genug, ju erwarten, was ber SRebner über 
eine gewtffe moberne bramatifd&e SBe^anblung ber 
©age äußern mürbe; es ifi ganj Uljlanbtfd), baß er 
barüber fein SBort verloren $at. 

Urlaub l>at fidEj na<$ biefem nodj mttyc unb nodfj 
in engerem ©inne mit ber ©agengefdfjtdjjte ju t^un 



167 



gemacht. 6r grenjt fie auf einen bestimmten 3roeig 
ber germanifdjen SSölfer unb auf ben eigentlichen 
©öttermgtljuö ein. 3m Safyx 1836 erfdjien, als erfter 
S3anb feiner „©agenf orfd&ungen" : „©er SWpttjuö von 
£ljor nadjj norbifrfjen Duellen" ; ein SBudj, ba$ allein 
Dottftänbig tyingereidfjt fyättt, ttjm eine bebeutenbe ©teile 
unter unfern ©ermaniften ju fidlem, unb baö benn 
mtdj in ber £ljat fidj einen fetyr guten Tanten 
erworben tyat. @r befd&ränft fid) §ier, wie fd&on ber 
£itel auöroeift, ganj auf bie altnorbifd&e ©age; bie 
beutfd&en ©agenrefte t>om 2)onnergotte, bie tätwixty 
nungen feines Äulteö bei alten ©d&riftfteHern finb tum 
Dorn^erein auögefdjloffen. @§ ift leidet möglich, bafc 
Urlaub baö, obxüoijl er eö in feiner Abneigung gegen 
nriffenfdfjaftlidjje Sßolemtf nirgenbö fagt, int ©egenfafce 
|u ©rimrnS beutfcfjer -äJtyttyologie getrau Ijat, roeldjje 
ein $a§r juuor erfdfjienen war. ©rtmms aufcerorbent* 
lid&e, faft beifpiettofe Äombinationsfraft tyatte, von 
ber beutfdjjen SWpttyenroelt unb iljren oft faum erlernt- 
baren 9teften auögeljenb, ein unoergleid&lidfjeö ©ebäube 
<tuö überallher jufammengelefenen ©teinen aufgeführt, 
baö immer ein ©egenftanb ber SBenmnberung bleiben 
mirb, wenn man audfj nodfj fo triel gegen baöfelbe einju- 
menben tyaben mag. SDte ©teine finb nifyt alle roetter- 
fcefiänbig geroefen ; einige finb fetyr fd^nell ausgewittert. 
S)ie (Sntbedf erfreube Ijatte ben genialen gorfdfjer mandjjed 
allju rafdf) aufnehmen unb jufammenpaffen laffen, maß 
nidijt herein gehörte. Urlaub mar in folgen fingen 
trtel be^utfamer; eö gefiel tym ntd&t, bafc ©rimm 



168 



attegorifdjje Sßerfonififationen ber fpäteren Sfttter- 
poefte, ttebertragungen aus römifdjjer 3Jtytl)ologie, tote 
„2Bunfd&" ober „©albe", für bie altgermanifd&e 3JtytIjos 
logie in änfprud) nehmen wollte; im 3al>r 1858, als 
3appertö altyodfjbeutf d&es ©d&lummerßeb Mannt würbe, 
war ©rimm von feiner (Sdjjtljeit überzeugt, ttljlanb 
gleidfj von SInfang an nufctrauifdj bagegen. SBäljrenb 
©rimm ju feiner beutfdjen SJtytljologie bie norbifd&e 
immerwal>renb £erbeijiel>t unb bcibe oljne weitere* 
als ibentifd), wenigftens in ber &auptfa<ije, anfielt, 
Ijat tüjlanb ftd) auf bas ©ebiet ber norbifd&en ©age 
befdfjränft unb uerfudjjt, twrerft einmal auf bicfem, baö 
bie ausgebeutete unb jufammenljängenbfie 9Rt)tl>em 
trabition Ijat, ju beftimmten SRefultaten ju fommen. 
33on ben einfacheren unb in iljrer tlrbebeutung leidet 
oerfiänbttdjen ©agenerjäljlungen wenbet er ftdj ju ben 
t>erwi<felteren, beren Sebeutung oft nur nodj in ein 
paar ©runbjflgen ju erfennen ift, walpenb wilbea 
©eftrfipp freier poetifdjer ©rftnbung ober mifeoer- 
oerftänblid^er ©eutung ftdj barüber Eingelegt Ijat. 
S)iefe Stnalpfc ber einzelnen ©agen ifi in tyrer äta* 
orbnung unb Slusffiljrung ganj meifter^aft; bie elemen= 
tare ©runbbebeutung bes Donnergottes, weWje freiließ 
auclj weit flarer ift als bie anberer ©Ortzeiten, ift 
aufs einleud&tenbfte nadjgewiefen unb in üjren 58er- 
jweigungen oerfolgt. 2Rit 9tedjt ift Uljlanbs Deutung 
jener ■ftaturmtjttyen fo berühmt unb oorbilbftd) geworben. 
6s feljlt aber ein anberes (Slement ber ©agenforfdjjung, 
bas queHenfritifclje. Sffiie oertjalten fidfj bie SBerfe, 



169 



in bcncn eine ©age überliefert ifi, untereinanber — 
äuJ3erKdj, nadjj Stbf affungöjett , biplomatifd&er lieber* 
Ueferung, unb innerlidfj, nad) gegenteiliger abhängig- 
feit ober ©elbftänbtgfeit ber einzelnen ©arfiellungen, 
nadjj ©Ijarafter uub Senbenj ber einjelnen Serfaffer? 
3)iefe fragen ftnb oon ungemeiner Sßidfjtigf eit ; um 
nur an baö flaffifdje Seifpiel ju erinnern, SBaur §at 
burdfj tyre Stellung unb Beantwortung ber Stritif ber 
neutefiamentlidjen (Srja^Iungen einen ganj ntum unb 
mett fefieren 33oben gegeben. 6r fragte: roie uer* 
galten fi$ j. 33. bie brei ©pnoptifer ju einanber, 
meldjjeö ift ber Stammbaum üjrer 2)arfieHungen, meldte 
©runbanfdjauung tjat jeber oon iljnen, waö ift baljer 
bei jebem als inbimbuett, maö atö überliefert anju* 
fetjen? (So ift Kar, bafc baö notmenbige SSorfragen 
für bie Äritif beö (Srjä^Iungöin^altö finb. ©traufc 
Ijatte eben nur biefen %rif)alt ins 2Tuge gefaxt; unb 
gerabe fo §at es ttljtanb auf feinem ©ebiete gemad&t. 
9Ran fann nidfjt um^in, baö als einen SfRangel feiner 
ttnterfudjjung ju bejei^nen; eö mar aber fafi ein not* 
menbiger 3Kangel, benn foldfje DueHenfritif mar ju 
jener $eit überhaupt nodfj nid)t genügenb in i^rer ganjen 
2Bi<$ttgfeit erfannt. SDie ©d&rift über £§or $at fibri* 
genö unter biefem SWangel faum erljebftdf) gelitten; 
nadjj ben neueren tlnterfudjjungen finb gerabe bie 
Sagen tum SCtyor am reinften fiberliefert, eine Ärittf 
ber Duellen Ijatte alfo gerabe Ijier am menigfien an bem 
SRefultate änbern fönnen, baö Urlaub au& einer fpnop- 
tifdfjen 3ufammenfaffung ber Duellen gemonnen Ijatte. 



170 



Sfaberd t>erf)ält eö fid& mit bem 3Jtytl>uö t>on 
Dbin. 2)iefer fottte bcn jweiten £eil ber „©agem 
forf jungen" bilben; tttjlanb §at ftd& audjj gleidjj nadj 
SBottenbung feines Xfyox baran gemalt. S)ie Slrbeit 
blieb aber bann nrieber liegen, trietteidjjt burdf) bie in 
ben SBorbergrunb tretenben SBolfölieberftubien jurfitf- 
gebrängt. @rft in ben fünfziger Sauren fjat Urlaub 
bie Stöl>anblung über Dbin ausgeführt; baß 3Äanu- 
ffript ift in feinem -ftadjjlafc gefunben worben unb 
madjjt ganj ben ©inbruef, im wef entließen brurffertig 
geworben ju fein. 2lu<ij Ijier befdjjränft fid& ttljlanb 
tiollfiänbig auf bie norbif dfje ©age ; unb l>ier tjat bief e 
SBefd&ränfcmg i§re ©djjattenfette. ©ie ift mettyobologifdj 
burdjjaud ju loben, aber ber SWpt^uö fonnte in biefer 
SBefdfjränfung nxtyt erfdfjöpft werben. 3n ber norbifdfjen 
©age ift Dbin in ben 3Kittelpunft beö ©ötterfpfiemö 
geftellt, fein ganjes SBefen in baö ©eiftige gefefct. 
S)ie allgemeine 9teligionögefcf)t(Ijte unb bie beutfd&en 
©agen jeigen fofort, baß baö in feiner SBeife baö 
ttrfprfinglidfje fein fann. 3n ber beutfd&en ©age ifl 
SBoban, ober melier -Kante fonft für ü>n fubftituiert 
fein mag, weit reiner in feiner edfjten -Jtaturbebeutung 
erhalten als in ber norbifdfjen. S)iefer lefeteren folgenb 
[teilt Urlaub Dbin burdfjaus nur als geiftiged SBefen 
bar; wieberum ift bie Slnafyfe biefes geiftigen SBefen« 
in ben uerfdjjiebenen SBeräfielungen feiner Sljätigfeit 
t>ortrefflid(j gegeben. 2lber man tyätte wenigfiens 
in einer Einleitung ober in einem ©d&lufcabfdfjnitt 
eine StarfieHung bat>on erwartet, wie fidjj baöfelbe 



171 



<mis bcr -ftaturaorftettung tjerauö entmidfelt Ijabe. 
teuere $orfdf)ung Ijat gejeigt, bafc Dbin nur auf fünft* 
ßdfje SBeifc jum 3Kitielpunft bcr norbifdjen 2Jtyt§ologte 
tjemadjjt morben tft, bafc bcr eigentliche -ftationalgott 
ber -Rormeger trielmetyr Styor war unb bafc Dbin auö 
ben bänifd&en unb beutfd&en Sanbern, mo er mit tne^r 
als im Sorben uereljrt war, erft fpäter als fiauptgott 
in ben SRorben aorgebrungen ift, gemiff ermaßen als 
Stepräf entant einer leeren ßultur, wie er benn im 
fiarbarböliebe ausbrfidfttdfj als ©ott ber SBornetymen 
iem SBauemgotte %%ox gegenübergestellt ift. Urlaub 
§at übrigens einen feljr bebeutenben Stritt ju 
biefer ©rfenntniö getrau ; ein gut SCeit ber SRefultate, 
metöje in Sßeterfens epodfjemadfjenber ©dfjrift über 
ben norbifdjen ©ötterbienft gewonnen finb, ftnbet fidfj 
fdjjon bei i^m, menigftens angebeutet. 6r tyat fdjon 
ganj beutlidjj auögefprodfjen, bafc ber ßultuö Dbins 
namentlich aus S)änemarf unb bem kontinent, ber 
gregö aus ©dfjmeben flammte, momtt, als britter im 
33unbe, Xfyox ate ber norroegtfdfje ©ott gegeben mar. 
33is in iljre Äonfequenjen tjat er biefe ttnterfdfjei* 
bung leiber nidjjt verfolgt; baß ©gftem ber ebbifdjen 
•Dhjtfjen von Dbin, baö bodfj feineöfaHö urfprüngiidjj 
ift, aufjulöfen, §at er nid&t t>erfudjjt. fiter madf)t ftdij 
eben ber SfRangel einer Äritif ber Duetten geltenb; 
eine fold&e mar nid^t ju umgeben, menn ber 3W9- 
ttyuÄ nad& allen ©eiten erfd&öpfenb betjanbelt merben 
fottte. Slber ein bebeutenber ftortfdfjritt über bie 
SJeljanblungdroeife bes ^ortnpt^uö hinaus ift e« 



172 



jebenfaHa, bafe etynograp^ifdjje unb gefd&id&tltd&e 33er* 
Ijältniffe in bie ttnterfudjmng Ijereingejogen finb; 
unb jtoar ifi bicfer fjortfd^ritt gefdjjetjen in berfelben 
Stiftung, in roeld&er bie fpäteren, bas ©gfiem ber 
ebbtfd&en ©ötterleljre erfdfjfitternben ttnterfudjjungen ge* 
gangen finb. 

®ie leite Sbfaffung ber ©dfjrift ü&er Dbin f&ttt 
etwa jwanjig %af)xt fpäter als bie Slbljanblung über 
£J)or. 3« bie 3 TO if^ en J^t fällt eine anbere SKrbeit, 
bie man im l>öd)fien ©inn als Urlaub« Sebendarbeit 
bejeidjjnen fann: bie Solfölieberf ammlung unb roafc 
baju gehört. 

Urlaub tyat fd&on fef>r frülj an eine ©ammlung 
beutfdjjer SBolfelieber gebaut. 33on weniger befttmmten 
Richten unb Sbeen foldjer 3lrt abgefe^en, fprid&t er 
rootyl jum erftenmal im Satjr 1828 in einem 33rief 
an Safeberg biefen ©ebanfen etwa« befttmmter aus. 
33on ba an Ijat er il>n nidfjt me^r losgelaffen. Sil« er 
burd) baö aufgeben feiner Sßrofeffur bie uotte SWufee 
für foldjje langfam fortfd&reitenbe ©tubien gewonnen 
Ijatte, liefe er, von 1835 an, fein Saljr oergeljen, in 
meinem er nidfjt einmal ober meljr ftdjj auf Steifen 
begeben Ijätte, um ben auf ben SBibliot^efen weit unb 
breit jerjireuten fliegenben Slättern unb ©ammel- 
bänben an Ort unb ©teile nadfoufpüren. -Radf) einem 
3af)rjef)nt etwa fd&lofe Xttjlanb ab unb liefe bie Sejte 
ber oon U)tn gefammelten SSolfelieber 1844 unb 1845 
in einem flarfen, t>omel>m ausgefiatteten Sanb er* 
fd&einen. S)ie ©ammlung umfafet im ganzen 368 



173 



Utummern, in fünf SJfidjern unb einem -Jtodjtrag, rooju 
am Sdjlufc noä) ba$ bibIiograp^ifd)e öueHen&erjetdjniö 
fommt. S)ie SJejte finb geköpft aus älteren Xtrftmben, 
aus ^anbfd^rlften unb au« S)ru<f en bis ins fiebje^nte 
3aljr§unbert §erab ; nur auönä^msroeif e ift bie münb* 
Ud&e tteberlieferung ^injugejogen roorben. 2)aburdj 
unterfdjetbet ftdj biefe Sammlung, beren ©runbtenbenj 
eine tjifiorifdje ifi, feljr roefentlid) von ben meiften 
anbern SBolfalieberfammlungen. @ö ifi aber über- 
haupt bie bebeutenbfte, nadj i^rem jeitlidjen unb ort- 
lidjen Umfang größte SBolfelteberfammlung in SDeutfd)* 
lanb ; fie ifi SBorbilb unb Slneif erung für eine Sßenge 
anberer Sammlungen geworben, roeldje im einjelnen 
ber ftotftyunQ mannen gortfdjritt gebraut Ijaben, von 
melden aber an allgemeiner SBebeutung itjr feine gletdj* 
flefommen ift. 9hir baö altbeutfdje Steberbudj t)on 
SBöljme lägt ftdj bamit gleidjftetten , unb von folgen 
Sammlungen, bie nur eine beftimmte ©attung ber 
SSoltelieber umfaffen, ift bie ber Ijtftortfdjen SBoltelieber 
t)on Siliencron mit gleitet Sfaajeidjnung ju nennen. 
SDa§ Sßerf 33öljme$ fü^rt allerbingö auf einen $unft, 
ben Urlaub in feiner Sammlung ganj beifeite ge- 
laffen $at, auf bie Sßelobien ber SBolfelieber. SKadj 
unfern jefcigen Segriffen gehört bie 3Mobie ju fol<$er 
t>olfemäfciger Sßoefic alfi ganj roefenilidjer Seflanbteil; 
fie ift Ijter ein triel roefentlidjerer afe in ber ftunft- 
poefie, namentUdj ber mobernen, ba bie SBolf «lieber 
auf bekannte 2Mobten gebietet mürben, bie gorm 
bes £e£ie* alfo burdj bie 2Mobte im aoraufi befttmmt 



174 



war. @s ifi jebod^ ju berüd fxd^ttgen , bafc UJ)lani> 
jwar ein greunb, aber fein fadjmanmfdjer Stenner ber 
SWufif war; unb ber SWangel ber SRelobien ifi tt>o^t 
ber einjtge, ben man ber ©efamtanlage feines Sßerfea 
nadfjfagen fann. 

SDie SBolfsltebertejte waren als erfier 83anb be~ 
jeidjnet; jwei weitere follten eine Slbljanblung übet 
bas beutfdfje SBolfslieb unb fritifdfje, erläuternbe 9fa* 
merfungen ju ben berfelben bebürftigen Siebern tnt* 
galten. S)tefe SJänbe ftnb erji aus Xt^lanbs SRad&lafr 
herausgegeben worben. S)ie Slb^anblung iji, na<§ 
einem ©djema ju fd&liefcen, bas fidj oorgefunben $a\ t 
auf adjt Stöfdjnitte angelegt gewefen, von weld&en ft<£ 
nur bie t>ier erfien, „©ommer unb Sßinter", „gfabel- 
Heber", „Sßetfc unb SßunfdfjUeber", „Sitbeslieber" 
gefunben Ijaben, biefe aber innerlidj unb äufcerlidj 
t>oHenbet. ©ie nehmen für fidfj attein fd&on einen 
fiarfen 33anb ein; bie S)arfiettung iji feljr eingeljenk 
unb burd) jaljlreid&e Slnmerfungen belegt, wetöje von 
einer ganj aufcerorbentlid&en SBelefentyeit, einem um>er* 
broffenen gleite $eugnis geben. 3** Mcfen ben £e# 
ber 3lbl>anblung begleitenben Slnmerfungen fommen 
bann aber; wieberum einen etwas fdfjwädfjeren 33anb 
ffittenb, bie Slnmerfungen ju ben einzelnen ©ebtdjjten 
unb. jwar ju bem weitaus größeren £eile berfelben; 
biefe Slnmerfungen erfked en ftdj burdf) bie ganje Sieber* 
fammlung tjinburdf) unb fd&einen fomit twllenbet ju 
fein. 2fn beiberlei Slnmerfungen §at Urlaub bas ganje 
©ebiet ber SBolfslieber ausgebeutet, nidfjt bloß ber 



175 



beutfdjjen, cmdj nidjjt bloß bcr germanifdfjen überhaupt; 
befonbers ausgiebig ftnb bie ffanbinat>ifd(jen geroefen. 
S)tc 2)arfteHung ber Slb^anblung felbfi ift btefelbe mie 
in bem SBerf über bcn 3Rinnefang, nur baß bei einem 
SBucf) über bas SSoIfelieb bie befonbern Slbfd&nitte über 
bie einjetnen 2)td(jter natürlich wegfallen. @§ ift aber* 
mals ganj innere ©efdjjidfjte ber Sßoefie, S)arfteHung 
tyrer Hauptmotive unb ©runbarten. 3Kan wirb ntdfjte 
bagegen einmenben fönnen, wenn ber Herausgeber ber 
äbljanblung fie ju bem reifften unb oorjügüdjjien unter 
Urlaubs SBerfen rennet, ©anj entjfidenb ift, nrie 
fdfjon in früheren arbeiten, bodjj t>ieffeid^t §ier nod) in 
leerem ©rabe, bie 2lrt, toie ber 2)id(jter — man barf 
üjm biefen -Kamen vootyl geben — bie Sßoefte audjj in 
ber ^ülle beö bloßen SBoKsbraudjd, felbfi unter einer 
S)ede unbeholfener Sluöbrudfemeife fofort IjerauSju* 
flnben meifc. 2ludfj bie funfiuotte unb bodfj ganj natür- 
Ivfy eines aus bem anbem entnridelnbe S)arfte!Iung ift 
ber ^öd^ften SBemunberung wert. Sttefe Slrbeit mar 
es in ber Xfyat mert, baß er ja^rje^ntelang feine 
befte Äraft an fie gerfidft Ijat. 6s gibt feine i§r 
vergleichbare ©dfjrtft über bas beutfdjje SBoHöKcb ; idfj 
müßte nur Strefs Einleitung in bie flamfdfje Sitteratur* 
gefdjjidjjte bamit ju vergleichen. 

SDie ©agenforfdjjung Ijat Urlaub über biefem 
größeren Sßlane nidfjt liegen laffen, er ift tnelme^r mit 
ber alten Siebe ju i§r jurüdfgefe^rt. ©in Sieblings* 
plan feiner fpäteren Saljre, ben er im 3a^r 1848 tum 
erftenmal ermähnt, mar eine ©agenfunbe ©djjmabens. 



176 



®s ift fd&abe, bafc er fic nidfjt ausgeführt l>at; benn 
was wir ftatt beffen aus anbern &änben erhalten 
tjaben, finb 9Katerialfammlungen, bie bei allem 2Bert 
im einzelnen ein feiges jufammentyängenbes 2Berf nidfjt 
erfefcen fönnen. 6in Seit jebodfj von Urlaubs 2Berf, 
etwa bie &älfte bes ©anjen, t>om Saljr 1850 an ge* 
trieben, ift wrtyanben, freiließ mdfjt in ganj bruefc 
fertigem ßuftanbe. @s ift wenigstens für bie a& 
gemeine ©efdfjtdjjte unb 9Jtytljologie wo§l ber mistigere 
Seil; er tyanbelt tum ber SBorgefdjjidjjte, ber ttrfage 
unb Sßanberungsfage ber ©ueben unb bridjt in ber 
Sefpredfjung tljrer ©ötterfage ab. S)ie S)arfteHung 
t>errät aufcerorbentlid&e Xtmftdfjt unb eine bei Urlaub 
fonft niä)t häufige ©abe, in fügten Kombinationen 
fd&ewbar gcrnlicgcnbcs ju t>erfnüpfen. S)ie norbifdfje 
©age ifi in fetjr ausgiebiger Sffieife Ijerbeigejogen. 3)as 
SBerf nimmt fo eine etwas ifolierte Stellung unter 
Urlaubs 2lb^anblungen ein. SRandjjes bürfte t>or einer 
abermaligen Unterfudjung wo§l fdjjwer ftanb^alten, 
leiber finb bie fragen, bie §ier auftauten, feiger 
faum wieber grünbltdfj befprodjen worben. -Kur bas 
©tamnu>erljältms jwifdfjen ©dfjwaben unb SUemannen 
tyat buref) SBaumann eine grünblid&e ©rörterung er* 
fahren, unb U^lanbs Slnfid^ten muffen banadfj in 
biefem fünfte mobiftjiert werben; feine 9Mnung von 
einer urfprünglidfjen SBerfdjjiebentyett ber fdfjwäbtfd&en 
unb alemannifd^en ©prad&e, obwohl fie ba unb bort 
nodf) fpuft, ift meines ©radjjtens fdfjon juoor Ijinfättig 
gewefen. 3lber bas Söerf ifi bafür eines von ben 



177 



geiftreidftften, bic Urlaub gefdjrteben tyat, es gibt affent* 
falben ju benfen unb fy&ttt fdjon längft einen tbm* 
bärtigen SRad^foIgcr jur eingetyenben Prüfung unb 
SBeiterbilbung feiner SRefultate unb Probleme reijen 
f ollen ; wäre nidjtö baoon gef ^rieben als ber 2lbf d^nitt 
über ben SRamen ber ©djjroaben, fo wäre fdjjon biefer 
intereffant genug geroefen, um ber gelehrten 2Belt t>or* 
<jelegt'ju werben. 

U^lanb Ijatte eine äußere 33eranlaffung, mit feinen 
©agenftubien aud) weiterhin f ortjuf atjren. g^ran j Pfeiffer, 
mit bem er fdjon lange in freunbfdjaftlidjjem 33erfeljr 
ftanb, grünbete im 3a^r 1856 feine „©ermania", 
meldte in ben erften Sauren, folange Pfeiffer no<$ 
in ©tuttgart lebte, bafelbfi erfdfjien. ©dfjon ber ®r- 
fd&einungöort mar für fdfjroäbtfdjje gorfdjjer e * ne 2faf 5 
forberung jur £eilnaljme an bem Unternehmen, ttfc 
lanb mar oon Anfang an fetyr marm für basfelbe, 
unb ber erfte 2luffafc, ben bie 3 e ttf$rift braute, mar 
oon i§m. ©eine ^Beiträge, fed&ö an ber gaty, gehören 
fämtlidjj bem ©ebiete ber germanifdjen ©age an, jroei 
baoon, „©igemunb unb ©igeferb" unb „3)er SRofen- 
garten oon SBorms" ber affgemein beutfdjjen, bie an* 
bern oier: „2)ie Sßfaljgrafen t>on Tübingen", ,,3)ietrid() 
tum Sern", „33obman", „2)ie Soten t>on Suftnau", 
ber fdfjmäbifdfjen. 2ln bie lefeteren fdjjliefct fidj) bann 
nodfj eine Sftetye ffirjerer, jum Seil nur fftjjenljafter 
Slufjeidjjmmgen jumeift über fdfjroäbifd&e ©agen an f 
von benen man annehmen fann, bafc fie Vorarbeiten 
für baö größere SBerf über fd&mäbifdfje ©agenfunbe 

$H*er, Subtoiß U&tanb. 12 



178 



finb, menn nid&t einzelne für befonbere SBeröffent* 
ttdfjung beftimmt waren. 3n bicfcn SKuffäfeen ift eä 
Urlaub ftd&tßdf) tt>ol)l; es ifl bie Sage feines eigenen 
SBoHsftammes, bie er ba ju be^anbeln unternimmt; 
er §at bie genauefie Kenntnis ber Derttidjfeiten unb 
ber Ueberttef erung ; l)ier Übt iljm alles unb mögt mie 
ein 2öalb um tyn §er; mit ftdjttidjem Seijagen, in 
gemädjlidfjer 33reite erjagt er, f Gilbert er, anafyftert 
er bas ©efdfjilberte. ^ür ben großen 3uftttnmen^ang 
ber SBtffenfdjaft fjat er ba mdf)t gearbeitet — obfdjon 
jeber Sauftein im einzelnen bem großen ©efamtbau- 
merf ju gute fommen mu% — , aber im Keinen Ijat er 
prädfjtig ausgeführte 3)arftellungen gegeben, in bie t>or 
allem ber Drtsftmbtge fidjj mit ©enufc unb nid)t oljne 
gru^t vertiefen fanm 

S)iefe lefete ?J3^afc oon Urlaubs gelehrtem ©Raffen 
— fie enbet erji mit feiner tefeten, töbtidjen ßranf- 
§eit — gemannt mid^ fe^r an bie lefcten ©rfdfjeinungen 
feiner erjä^lenben 2)td(jtung. 2lu<^ in biefen oerfenft 
er fidfj in bie Statur unb @ef djidjte feiner f d&mäbif djen 
&etmat; bas Sneinanber von ©rjä^tung unb Statur- 
empftnbung tji §ier mie bort basfelbe. Man fann 
überhaupt t>erfud()t fein, Urlaubs 3)tdfjtung unb $or- 
fd&ung als nalj oermanbt ju bejeidfjnen. Rängen fte 
bodfj in tljrer ©enefts eng miteinanber jufammen unb 
fielen in ber lebenbigften 2Bed&felmtrfung untereinanber. 
©ie Stoffe feiner erjä^Ienben SHdjjtung ftnb, mit 
geringen ausnahmen, berfelben 3lrt mie in feinen 
gelehrten arbeiten; aufcer ber iQimoenbung iura WtttU 



179 



alter ift beiben Seilen feiner ©dfjriftftetteret bie 33or~ 
liebe für bie einfachen Äutturformen gemeinfam, in 
roeldjen baö eigentlich Sßoettfd&e am unmittelbarften 
unb elementarfien §en>orbrid()t. 33eibe SKale audfj bie- 
felbe Äunfi ber S)arftettung, mdjjt prunfl&aft r§etorifdf> 
ober geifireid^ fdfjitternb, fonbem rutjig, fadjltcij, em>är- 
menb unb erleudjtenb. ©dfjliefclidj finb es bo<$ bie 
©runbjfige feines menfdjltd&en ©tyarafterö, roeldje ba 
ium Sorfd^ein fommen, tüeldje bei feiner feiner 33er* 
ftettung unb ©dfjminfe fähigen -ftatur überall Mar ju 
Sage liegen: ein treuer, Ijtngebenber ©inn unb ein 
ber füllen ©dfjöntyeit gegenftänbltdjer Sßoefie jugetöem 
beteö ©emüt. 




ö. 



m iQerbft besfelben 3alpe3, in meinem U$lanb 
in Stuttgart gemefen mar, um §um lefctenmal 
feinen pottttf<$en $fft<$ten gu genügen, muffte er fi$ 
abermals borten begeben, trat einen feiner engfber- 
bunbenen gfreunbe }u ®rab }u geleiten. ®uflat> ©cljmab 
mar am 4. 9tot>ember 1850 gan§ plofclidj), fd&einbar 
au& twtter ©efunbljeit heraus, gefiorben. 3tte trüben 
ffinfjiger 3a^re wollten überhaupt nur memg ©rfreu- 
lidjeö bringen. 2fm 3<rfj* 1855 jiarb audf) ber alte 
gfteunb unb ©enoffe ber germanifttfdjjen gorfd&ungen, 
Sofeptj t>on Safcberg, ffinfunbad&tjig 3a$re ölt; er mar 
biß in feine lefcten 3a£re ein Silb frifdfj grünenben 
Älter« geblieben. S)er politifd&e &orijont mar fd&roer 
bemölft ; umfonfi war ber ganje 2tuffdfjmung ber mer- 
jiger 3^re gemefen. 3Wandjer greunb Utjlanbs, ber, 
oljne trietteidjjt in feinen aWeinungen trtel rabifaler 
ju fein, tynen einen fifirmifdfjeren SKuöbrud gegeben 
$atte, lebte im 2lu$lanbe als ^lüdfjtling, ein paar 






181 



waren fogar fianbredjjtlidfj erfdfjoffen worben. ©etvtfc, 
bic politifdjje ©timmung, bic tvtr in einigen ©ebidfjten 
jtvanjig Sa^re früher gefunben tyaben, rnufjte audfj 
jefct nodfj, nur verfd&ärft, in Urlaubs ©emfit tyerrfd&en. 
©ein SBerljalten in einer Angelegenheit, bie viel von 
ftdlj reben gemalt Ijat, erflärt fidfj i\xm SCett aus biefer 
©timmung. 

2)as Äapttel bes preufctfdfjen Drbens pour le 
m&ite fd&lug Urlaub int 3a$r 1853 junt SRitglieb 
vor. 2)as ©erfidfjt bavon fyattt fidf) fdjjnett bis naä) 
Tübingen verbreitet. 2llsbalb fd&rieb Urlaub an 2He* 
janber von &umbolbt, ben Äanjler bes Drbens, unb 
bat, von feiner Ernennung abjufe^en: er würbe „mit 
litterartfdjjen unb politifdfjen ©runbfftfeen, bie er nidfjt 
jur ©dfjau trage, aber audfj niemals verleugnet tyabe, 
in unlösbaren SBtberfprudfj geraten, wenn er in bie 
iljtn jugebadfjte, jugletdjj mit einer ©tanbesertyöljung 
verbunbene (Styrenfiette eintreten wollte"; es fiünbe 
ü)m fdjjledjjt an, „mit (Sljrenjeidfjen gefdfjmüdft ju fein, 
wätyrenb foldje, mit benen er in vielem unb mistigem 
jufammengegangen, weil fte in ber lefeten $errüttung 
wetterfd&ritien, bem SSerlufte ber &eimat, gretyeit unb 
bürgerten ©&re, felbft bem Sobesurteil verfallen 
feien", öu^t^olbt , beffen ®inlabung jur Annahme 
ftdfj mit biefem SBrief gefreujt fyattt, warfel>r beftürjt: 
in feinem vierunbad&tjigjäljrigen ütbtn, fo fdfjrieb er 
fofort an Urlaub, fei i^m wo§l nie etwas metyr Un- 
erwartetes vorgefommen ; ber Drben fei eigentlich mefir 
eine 2lrt von Sttabemie, er fei o§ne jebe polittfd&e 



182 



SUufftdjt gefiiftet morben unb man Ijabe bie Sluö* 
roaljl ber SRitglieber tum jeljer fo getroffen, baf* bie 
Unabljangigfeit t>on allen politifd&en ober religiöfen 
©ejtd&töpunften Ijabe inö äuge fpringen muffen, felbft 
feljr ausgefprodjjene SRepublifaner feien unter ben 3RÜ- 
gliebem be$ Äapitelö; Utylanb möge üjn burdjj 33e= 
Darren auf feiner Steigerung nid^t einer peinlichen 
SBerlegenljeit ausfegen, iljn, ber felbfl aus feinen libe= 
ralen ©runbfafcen niemals ein i&eljl gemalt Ijabe. 
©er (jödfrfi liebenömfirbige Srief mar t>ergeblt<^ ; U^ 
lanb beeilte ft<ij, ju ermibern, bafc eö üjm ganj un- 
möglich fei, feinen ©ntfdjjlufj ju anbern: „Stief empfinbe 
id[j," fdjrieb er, „bafc es minber ferner ift, ber Um 
gunft unb bem Unrecht bie ©ttrne ju bieten, als einer 
großen unb unerwarteten Segünftigung ftdj) nifyt ent- 
gegenfommenb ju erjeigen." ©anj ju ber namlid&en 
3eit foHie Urlaub jum Sftitter beö neugefiifteten 
bagerifdjen Drbenö für SBtjfenfd&aft unb Äunfl er- 
nannt merben; audjj biefe 3tuöjeid^nung mieö er mit 
berfelben Segrünbung jurüdf. 

©iefeö SBer&alten Ijat bie Derfd&iebenfte 35eur- 
teilung erfahren. 3n -ftorbbeutfdfjlanb Ijat man e$ 
melfadfj als Abneigung gegen Sßreufjen ausgelegt, roie 
fie in ©fibbeutfd&lanb gerabe ju jener 3eit in fe^r 
§o§em aWafee wrljanben mar ; unb eö §at no$ jüngft 
ft<ij eine Stimme in biefem ©inn pren laffen. Äein 
3meifel, bafc Urlaub audjj an jener Slbneigung teil* 
na^m ; aber er (>at ja bodjj audjj ben baperifdjjen Drben 
jurüdfgemiefen. SBarum fott er nidjjt bie SBa^eit 



183 



gejagt &aben, wenn er fdjjrieb, er möge nid^t als einer 
erfreuten, ber angefidfjts ber -Kot unb Verfolgung 
feiner polittfdjjen greunbe ftdjj mit ©Ijrenjeidfjen ab- 
fpeifen taffe? Veibe Drben Ratten f einerlei politifdfje 
Vebeutung ; aber fie famen aus ben igänben beutfdjer 
dürften, ber baperifdfje bireft, ber preußifd&e wenigstens 
burdfj bie Veftfttigung bes Äömgs. 2lus gürften^anb 
wollte Urlaub einmal fein ©efd&enf annehmen; am 
wenigften ju einer 3eit, ba er ben ©ebern mißtraute, 
ba er ju ber SReinung ©runb ju l)aben glaubte, man 
wolle burdj bie Slusjetdfjnung eines SRannes t)on feiner 
politifd&en Stellung fidfj bas 2lnfel)en bes Stberattsmus 
geben. ©r §ätte aber wa^rfdfjeinlidf) in früherer Seit 
ebenfo geljanbelt. SBenn er in etwas ein Sftepublifaner 
ber ©runbgefinnung nadj war, fo mar er es {ebenfalls 
barin, baß er t>on oben feine ©abe ^aben wollte, 
burdj bie er feine twlligfte Unabljängigf eit Ijätte gefä^rbet 
glauben fönnen. 35er Äöntg t>on 33apern äußerte auf 
bie -KadSJridSJt t>on ber Slbleljnung: „<£o Ijaben wir 
bodfj gejetgt, baß biesmal bas Vorurteil nic^t auf 
unferer ©ette war." ©s war jebenfaUs ein e^rlid^es 
Vorurteil, es war feine Äofetterie babei; wer ben 
9Wann fannte, würbe waljrfdfjeinlidfj fd&on im voraus 
gefagt Ijaben, baß er nidjt anbers ju ^anbeln im= 
ftanbe fein werbe. Unb ift nid&t biefer fd&roffe ©tolj 
unenbtidf) beffer als bas unenblid^ triel häufigere ©egen- 
teil bat>on? 

@s fehlte Urlaub nidjjt an anbern ©Ijren, beren 
SKnna^me fein politifd&es ©ewiffen nid&t belaften fonnte. 



184 



@r gehörte nun ju bcn gcfeicrtften ©röfjen SDeutfdj^ 
lanbö. 2Ber ftdfj feinen polittfdjjen ©runbfäfeen t>er= 
fd&lofj, ber fonnte mdjjt umljin, bem ©idjjter bie Jjödjjfle 
SBereljrung barjubringen. 3)ie Ijäfjlid&en ©taubmolfen A 
roetöje bie t>on beiben ©eiten mit nidfjt attju eblen 
SBaffen geführten Äämpfe um ba$ junge 3)eutfd(jlanb 
emporgemtrbelt Ratten, waren Idngft oerfd&rounben ; 
audfj bie ungeftüme politifdjje ©idfjtung ber oierjiger 
Salpe, in ber neben wahren ©d&önfjeiten fo mel 
Äafcengolb ftaf, war l)inmeggemel)t. ©er freche ©pötter, 
ber einft über Urlaub* SRitterromantif in feiner geifc 
reid^=Iiebertic^en 2Beife geroi^elt fyattt, lag ju Sßarte 
in einer jahrelang mäljrenben Sluflöfung, felbfi 
gefdSJmä^t unb oerlaffen, faft meljr, als er'ö aerbieni 
$atte. 3Ber mar no<$, ber ftdfj mit Urlaub als Sgrtfer 
Ijätte meffen fönnen — menn man, ma$ bodfj billig 
ju, forbem ift, ben ganzen Umfang ber ßeijiung über- 
flaute? 6r mar unb blieb ber allgemein tiereljrte 
SReftor bes ©idjjterorbenö. ©eine ©ebidjjte erlebten 
eine Stuflage nadfc ber anbern ; aud|j in frembe ©prägen 
mürben fic fiberfefet. SBiele von iijnen trug audfc bie 
Äunft ber 3Rufif in bie meiteften Äreife. SRidjjt blofc 
bie beiben t>om guten Äameraben unb t>on ber SBirtin 
£öd|jterletn, meldte t>oIIjiänbig ju SBolföliebern geworben 
finb, bie er auf ber 33rficfe t>or feinem genfter unb 
auf feinen SBanberungen mo$l taufenbmal erflingen 
Ijören fonnte: no<$ einer bebeutenben 3 a W anberer 
f)at bie SEonfunfit fid£) bemädjjttgt. 6$ märe unrecht, 
l)ier nid&t einen Atomen flott atter ju nennen, ber 



185 



mit Urlaub ebenfo unjertrennUd!) t>erbunben ift, roie 
SSBebcr mit £!jeobor Äöroer: ben -Kamen Äonrabüt 
Äreufeer, ber, wie ttfjtanb felbft im Keinen am größten, 
mand^eö Sieb beö 9Mfter8 burdf) feine Äunft weiter 
verbreitet fjat. 3 ume *ft ift & btt am tiefften unb 
breiteften in baö SBolf hinein roirlenbe Sftännergefang, 
ber ben Präger bafür abgegeben I>at; aber audj'bie 
jarteften Ätänge, bie ber fjerjberoegenbften unter ben 
Äfinften ju ©ebot fielen, Ijaben in gemifd&ten Stören 
ober im ©otogefgng fidfj um mandfjeö jartere ßiei> 
gefd&lungen, unb bie größten -Kamen atö ber 9Rufif- 
gefdfjidjjte unferea Sa^unbertÄ finb unter ben Rom* 
poniften Urlaubs ju nennen. 

$>er einfädle 9Rann ijatte feine gfreube an biefer 
3lrt von (S&re unb Popularität. SBenn er feinen 
Drbenöftern auf feiner 83ruft feljen wollte, fo freute 
eö üjn, baß ein ftatttidjjer Äauf fairer feinen -Kamen 
burd^ bie -Dteere tragen fottte. Deffentltdfje igulbigungen 
aber waren üjm immer peinlidfj. 33ei ber -Kaiur* 
forfdfjeroerfammlung ju Tübingen im Sa^r 1853 mürbe 
audfj auf tyn ein &o<$ auögebradjjt ; er lehnte es ab, 
ba fein -Harne nidfjt bafjer gehöre, unb lachte ijerjltdf» 
baju, als ein eifriger SBerelper, ber tyn nidjjt von 
©efid&t fannte, entrüftet rief: „SBerft ben fterl hinaus." 
(Sine minber mittfommene ßugabe J u feinem 2)i<i)ter~ 
rul>m waren bie jafjllofen gufenbungen poetifdfjer 58er* 
fuc&e, bie er fid& gefallen laffen mußte. DI)ne jemate 
welj ju tijun, $at er mit Freimut feine SReinung 
geäußert, jum 3uwarten geraten; nur wo bie grage 



186 



an tljn gerietet würbe, ob ber ©<$reiber md(jt bic 
Sßoefte als Sebensberuf ergreifen fottte, ba l)at er mit 
twttfier @ntfdjiebenf)eit abgeraten unb ftd& bamit gewifi 
um mannen ein SBerbienft erworben. 

U&lanb §atte bas ©lüdf, bis in« 3Hter frifö unb 
ungebrochen ju bleiben. @r war förperlidj nie fdjjön 
gewefen ; jum (Srfiaunen aller gfremben Jjatte er ntd&ts 
Smponierenbes , md&ts ben Sttdjter, ben 3Wann non 
©eift SBerratenbes in feinem äfageftdjjt, unb es ift Ujm 
öfters pafftert, tnelmeljr für einen $anbwerfsmann, 
etwa einen U^rmadjjer, angefeljen ju werben; nur 
ber ©lanj feines frönen blauen 2luges madjjte einen 
tieferen ©inbrud. Äörperlidfj abgehärtet unb geübt, 
gehörte er ju ben jäljen Staturen von guter, berber 
©ubflanj, wetdfje feine Sßeriobe üppigen, jirofcenben 
äHüljens ^aben, aber bafür audf) nid&t alt werben. 
33ts in feine legten 3a^re blieb er ber alten ©itte 
bes Reifens getreu; modfjten iljn befonbere SSeran- 
laffungen baju treiben, wie 1856 bic $pijilotogem>er- 
fammlung ju Stuttgart unb 1859 bas große ©Ritter- 
feft bafelbft, bei welkem er — es ift woijl feine lefcte 
öffentliche Siebe gewefen — einen feurigen SErinffprudjj 
ausbrachte ; ober mod&ie er ber alten Suft freier 2Ban- 
berung ^ulbigen. 2ln ben 33obenfee unb in bie ©djjwetj 
fjat ifyn nodjj in feinen legten S^^ren mand&e Steife 
geführt, bie legte im fierbft 1861, auf ber er bas 
©rab bes teuren ßafcberg auffud&te. SDie gufcwan* 
berung in näherem Umfreis blieb tfjm immerwäfjrenb 
SSebürfniS; au<$ ber ©ebraudf) bes gtufc unb ©ee- 



187 



babes, eine Hebung, weld&e bie tneifien ftdf) feljr balb 
abgewöhnen, war tym bis ju [einem legten 3a^re 
ein ©enuß, von bem er auc§ burdfj wibrigeö SQBctter 
fid& nid^t abgalten ließ. 

2)er alte ©oetlje ijat ben Sluöbrudf geliebt: alt 
werben Ijeiße eigentlich nidfjtö anbereö als Diele erleben 
unb t)iele überleben. 2ludjj lüjlanb mußte einen um ben 
anbem von feinen greunben t>or fidfj inö ©rab fteigen 
fel>en; überlebt ijat ü>n von feinen intimeren greunben 
nur Äarl -Kaper. 3m 3uni 1861 ftarb fein polt* 
tifdfjer ©efinmmgsgenoffe SItbert ©dfjoit, ber einft mit 
i^m neben bem Sßraftbenten beö Sftumpfparlamentefi 
gef djjritten war ; gegen @nbe be$ Sa^reö fein ©dfjwager, 
ber Staatsrat Sftofer, mit bem üjn trofc feljr uetfe^ie- 
bener 2lnfdf)auungen eine warme greunbfdjjaft t>er- 
bunben ^atte. 2lm 23. gebruar 1862 erlag Suftinuö 
Äemer einer ©rippe; Uljlanb reifte ber Sa^reöjeit 
jum SErofe ju feiner Seftattung na<$ bem entlegenen 
SBeinöberg unb gab wenige £age barauf einem alten 
ftreunbe, bem Sßrofefior SBaur in Tübingen, baö ©eleite. 
Äurj barauf füllte er fidjj unwohl ; ber Strjt fanb eine 
Stippenfettentjünbung. -ftadfj einigen SBodjen befferte 
fidjj bas SBeftnben beß Äranfen wieber etwas, fo baß 
er außer S3ett fein, fogar in feinen ©arten geljen 
fonnte; gef unb ift er nidjt mel)r geworben; mit leib- 
lidfjeu £agen wedfjfelten fd&laflofe SRädSJte unb bie 
Gräfte blieben fd&wadS). 

Unterbeffen fam Urlaubs ffinfunbfiebjigfter ©e- 
burtÄtag Ijeran. ©r würbe in ganj ©eutfdfjlanb mit 



188 



Äcbcn unb ©ebidjten feftlidjj begangen. Uijlanb felbft 
muffte fid^ auf eine fülle geier mit ben ©einigen be* 
fdfjränfen. SBon ben jaltfreid&en Sufenbungen, bie er 
an jenem 26. 2tpril erhielt, unb für bie er ft$ nur 
in einem allgemeinen SDanffdfjreiben erfenntlidf) be- 
zeigen fonnte, fjat i^n mo&l eine aus Dberfd&maben 
am meiften erfreut; eö mar ein ©otbftüd, baö üp 
ein burdj feinen „SßaHer" tief ©rgriffener fdfjidfte mit 
ben Sffiorten: „£rinfen ©ie bafür eine gtafdfje be& 
atterbeften 2Bein$, ber $$v &erj mit &immetemonne 
laben möge!" 

©ine Operation an ber SBruji, meldte nadj einiger 
Sefferung bes allgemeinen SBefinbenö vorgenommen 
mürbe, ging feljr gut unb o^ne nachteilige folgen oon 
flattert ; ed fdjjien oöllige SBefferung ju erwarten, unb 
fobalb eine Steife möglid(j erfd&ien, mürbe ber Äranfe 
am 13. Stuguft in baä ©oolbab Sagftfelb verbrämt. 
Slber bie Sltembef^merben unb ©djjlafloftgfeiten Ijoben 
ftdü nidjjt, bie erwartete Sßirlung bes 33abe§ blieb 
aus. ©o mürbe ju Slnfang ©eptemberä bie Sftfidfreife 
angetreten, junäcfjft na<$ Stuttgart unb von bort 
am 10. ©eptember na<$ Stübingen. -Wodj immer 
famen Stage ber ©rleidfjierung, an benen felbfl ein 
Sluf enthalt im freien möglidf) mar; aber baf* an feine 
bauernbe SBefferung gebadet merben fonnte, mufften 
bie ©einigen ft<$ balb fagen. 3m -Kooember mufjte 
ber Äranfe au<$ bie £age im 35ette jubringen; fernere 
Äampfe mit ber fteigenben ätemnot folgten unb liefen 
ba$ 6nbe ate eine ^Befreiung aus harter Slot er= 



189 



fdjetnen. 3tot 13. -Rooember 1862, abenbs um neun 
ttyr, ifl Urlaub fanft entföiafen. 



U^lanb ifl in einer gärenben, unfjeimlidj be* 
regten Seit heimgegangen. ©s war mdfjt unridjttg, 
was bas „Sournal bes SDebats" bei ber 9todfjridfjt 
von feinem £obe fdfjrieb: „SDas ©eutfdjlanb Urlaubs 
ge^t ju ©nbe." ©tue neue 3^it ftieg attmäljlid) empor, 
©er Äonfftft in Sßreuften fjatte fdjon begonnen, als 
Urlaub nod) lebte, ©s folgten ber bamfdfje unb ber 
beutfdje Ärieg, bie Sujemburger Stngelegen^eit, betf 
norbbeutfdfje S3unb; unb es fonnte balb fein Steife! 
mefjr fein, baß bie Singe in ©eutfdfjlanb feinen anbem 
©ang meljr nehmen fonnten, als ben jte infolge biefer 
fibermädjttgen ©reigniffe genommen Ijaben. S5as mar 
eine 3eü, in ber es, namentlich für ben ©übbeutfdjen, 
galt, ju sergeffen, roas bahnten lag, mit ben 3>ingen 
unb Sßerfonen, rote fie nun einmal waren, fein? 9tedj* 
nung ju madjen. ©inem 3Jtanne t)on Urlaubs 2lrt 
märe bas jum minbefien fe^r fdjroer gefallen. &at 
er ben ruhmreichen gelbjug oon 1870, bie beftnittoe 
Drbnung ber beutfdfjen Singe nidjt meijr erlebt, fo ifl 
es ifjm audj erfpart geblieben, bie 3a$re 1864 unb 
1866 ju fe^en, beren ©reigniffe tym tief Ratten ans 
ißerj greifen muffen, ©r ging baljin, efje nodj in 
feinem eigenen Sanbe ber tiefe 9Hfc burdfj bie Steigen 
ber alten SBolfsmänner ging, ber auf ber SBerfamm* 



190 



fang wm 1863 ftdjj flaffenb auftrat. 3Ijm war triel 
SBittcreö etfpatt; aber feine ^reunbe, feine ©efinnungs- 
genoffen in ganj ©eutfdfjlanb fa^en mit trübem &etjen 
auf bie ©teile, an ber ein aeteijttes Sjaupt ftdfj tum 
©Plummer Eingelegt Ijatte. „S5eutfdf)lanb fd£)metjt 
uns oljne iljn," fptadlj 3Kaper an feinem ©tabe, unb 
ein anbetet fdfjtieb : „2Bit fjaben baö ©eroiffen 2)eutf dfj* 
lanbs t>ettoten." 

3a, eö roat ein 3Wädfjttget Eingegangen, bet eine 
ftiHe, abet ftarfe 3Wad(jt übet bie ©emfitet geübt Ijatte. 
Äeinet t>on ben fiegljaften £ettfdfjetgeiftetn, meldte mit 
jünbenbem ©enie unb tficffidfjtölofet 2^>atftaft eine 
SBett in Ujte ^u&jiapfen jmingen: ein füllet, unf^ein-* 
batet 3Kann, beffen ©titte einen unbeugfamen SBiUen 
uetbatg, bet feinet 3Rad(jt bet Sßelt fidjj beugenb au$= 
§iett, roo anbete feig umfe^tten, bet feinen tutyigen 
©dljtttt, o^ne nadfj tedfjts obet linfs ju blinjetn, weitet 
ging, als anbete nrie t)on feotniffen gejagte Sßferbe 
toH t)otanftütmten. @t ift auftedfjt geblieben unb et 
fonnte es; benn fein S^eifel roat bei gfteunben unb 
©egnetn an bet Sautetfeit feines SQSoffens, an bet 
mafetlofen SReinljeit bet -DUttel, bie et gebtaudfjte. ©t 
roat twtneljm unb ftolj, ju wtneljm, um je einen 
ftummen 2Beg ju manbeln, ju fiolj, um itgenb einen 
ftemben Sffiitten übet fidfj ju etfennen; abet et roat 
nidjjt bünfetyaft, fein ©tolj roat t)on eblet 33efdjjeiben= 
Ijeit unjetttenniidjj. SDet 9Jlann, bet feinem gütjien 
ju roeidfjen bereit roat, et roat nidjjt ju t>otnel>m, auf 
feinen ftitten ©ängen SDotnen unb ©teine jut ©eite 



191 



ju fdjaffen unb bei jeber ^euerönot Ijerbeijueilen unb 
felbft an bic ©prifce ju treten. SDie edfjte bfirgerlid&e 
©eftnnung fyat in üjm iljren twttenbetften, man barf 
fagen flaffifdjjen Sttuöbrudf gefunben; man mödjte ein 
©tfidf oon reidjäftäbtifd&em ^dmilienftotj in i^m ftnben. 
@r war fidfj nidjjt ju gut, mit bem SBolf in feinen 
breiteten ©djidjjten freunblidfj ju oerfe^tfen; aber er 
mar eine reutlidje -ftatur unb mottte mit bem Sßöbel, 
in meinem ©emanb er iljm nun entgegentreten mod^te, 
ntdjtö ju tljun Ijaben. @r Ijatte eine treue Sttn^äng- 
lidjjfeit an ba§ 2llte, er gehörte ju benen, meldten fefte 
formen beö &tbm& fettig finb, er mar t>on rityrenber 
Sßietät gegen bie S3anbe ber $amttie, er naljm an bem 
ftrdfjlidfjen Seben einen regelmäßigen Stnteil; aber er 
madfjte fotdfje Pietät feinem anbern jum ©efefe, er 
moEte bem freien SDenfen unb iganbeln bie S3aljn 
offen miffen. 

Unb melier Sftetdfjtum ber fünftlerifdfjen ©eftal- 
tungäfraft mar hinter bem ftarren, unfdjönen STntlife, 
hinter bem ungelenken auftreten verborgen! 2Beld(j 
meifer ©ebraudfj ber oon ber -ftatur Ujm gefd&enften 
SKittet, metdfj genaue Äenntniö ber Sinie, auf ber ba$ 
Sötafc feiner Äraft lag! 2Beld(jes ffinftlerifd&e gorm* 
gefügt, meldte Äunft beö reinften ©tite unb babei 
meldte ©abe, bem gemeinen 3Kanne jum $erjen ju 
reben! Urlaub ber Sßolittfer wirb einft oergeffen 
fein, er mirb ni(^t in ben Südjjem flehen, in benen 
fidjj vor ber ©lorie einer neuen 3^* ** e Sbeale 
einer alten fo gerne ju Utopien umformen; Urlaub 



192 



ber SDidjjter mirb ntd&t eljer aergeffen werben, ate bi« 
bie ©pradjje unb gbeenmelt unferea Sjafjr^unbert« 
überhaupt einmal mit bem ©taub ber 93ergeffen$ett 
bebedft fein wirb. 

3m SWenfdjjen aber tfi bod) f<$ltefjH$ Me i)öd(jfte 
©in^eit wahrer ©röfce ju ftnben; e$ finb nur ebtfeitige 
Talente, in melden ffinftterifd&e Sebeutung ober praf* 
tifdjje* ©enie ntd^t mit fd&öner 3Kenfd)Iidjfeit gepaart 
finb. 3n ttljlanb mar jene böd&fte ©n^eit ber Äräfte. 
SBie bereit mar ber ftrenge 2Rann ju Ijarmlofem ©d&erj, 
mie offen fein J&erj für bie Äleinen ber 6rbe, für 
ftinber unb 2trme! SBie geneigt mar er immer, aud& 
an gegnerifdfjen fWtftiungen bie gute 9töftd[jt anjuer* 
fennen, mie t>ermieb er ieireö J&ittere SBort, jebt gm? 
fiberfpietung eine» ßmifles auf ba« perfönttd&e unb 
moraßfdje bebtet! SBenn mir in feiner Sttdjjtung ben 
ßtyarafterjug einer felbjibemufcten, feflgegrünbeten, aber 
ftetö mit ebter SJHlbe gepaarten 3Rannijeit alfi ben Ijer* 
üorjledfjenben ftnben ju bürfen glaubten: es ift berfelbe, 
ber burdjj feine ganje Sßerfönttdfjfeit geljt. 



3lm 16. SRooember 1862 mürbe Utytotb beerbigt. 
©eine SBeflattung gemattete fid^ ju einer' großartigen 
Totenfeier. 3mei befonbere ©tfenbaljnjüge maren nötig, 
um bie £etf neunter alle na<$ Tübingen ju bringen; 
felbft bie ©dfjfiler beö Stuttgarter Dbergijmnaftums 
Ratten ein paar äbgeorbnete gefdfjtcft. 3n fedfoeljn 



193 



Stbteilungen bewegte ftdfc ber 3«9 betn ftitten 33erg* 
friebljof ju, einem Drte, ber nur einen fjeünttdjen 33lt<f 
auf einen Xtil ber ©tabt gewahrt, t>on fanften 3ln- 
tyityen umfdjloffen, oon jenem roettabgefdfjiebenen ^rieben 
umweht, ber und oft fo nmnberbar aus ben ßiebern 
unferes EHd&terö entgegenbringt. 2fn toürbiger Sffieife 
mürbe ber £ote von einer SRetye t>on SRebnern ge* 
prief en : in prof aif dfjer SRebe von bem feinfinnigen S)ef an 
©eorgii unb bem Vertreter ber ©tabt Stuttgart, Dber- 
bürgermeifter ©icf; poetifdEje SBorte riefen tym nadfj 
ber treue, am ©rabe feiner ebelften ©rinnerungen fteljenbe 
9Kat)er unb, ate jmei ber geadjtetften jüngeren ©idfjter 

©dfjmabens, mein SSater 3- ©• 3W<&«/ *> e ff en frftf* 5 
Dotter ©timme baß (Sdfjo ber 33ergmanb bie ©djjlufc 
raorte feiner Dbe beuttidj nadj#attte „Submig Urlaub", 
unb Subtoig ©eeger, ber geiftreidje, feurige Sttd&ter, 
ber felbji über ein furjeö, er flarb am 22. Sfftöra 1864, 
jur Sftu^e geleitet werben fottte. <£üt gadfeljug am 
3lbenb fd&lofc bie geier ab. Sludfj t>on audroartö t>er* 
na^m man triel uon SSeranftattungen jum 3lngebenfen 
beö £oten, in melden nid^t allein ber ©idjter ge- 
priefen, fonbern audjj bie politif dfjen Sbeen, bie er t>er* 
treten fyattt, t>erfünbtgt mürben. 

@in einfadfjer ©ebenf fiein ergebt fid|j auf ber ©teile, 
mo Urlaubs Sftefte ru^en. Slber fdjon menige £age 
nadfj feinem iginfdfjeiben mürben audfj Sßeranftaltungen 
getroffen, um bem SHdfjter ein größeres S)enfmal in 
feiner SSaterftabt ju errieten, ©inftmetten mürbe, im 
Öerbft 1865, im SieberljaHegarten ju Stuttgart 

$ifd)er, fiutouffl U&Ianb. 13 



194 



$)i$ter, ber wie wenige im ©efange lebt, oon feiten 
ber größten ©ängergef ettf <$aft ©<$waben$ eine 3Rarmor* 
bäfte aufgefiettt. 2)ie ^Bewerbung für bas Sübtnger 
SDenfmal rief eine jtattfid&e SRenge t)on ©ntroürfen 
Ijeroor, unter melden ber ben fdftfidjten SBolffimann 
redjt jur ßrfd&eumng bringenbe von ®. Äiefc gewallt 
würbe, am 14. 3uB 1873 würbe ba$ @rjbilb beß 
SDid&ter« entläßt; eö war ein weihevolle* geft, beffen 
aQe SEeilneljmer gern gebenden. 

(Sin nidjt nttnber untfergangttdje* SDenfmal Ijai 
tljm feine 2Bitwe gefefct, inbem fte brei 3al>re na$ 
feinem £obe baß föftlidje ©ebenfbudj Ijerauögab, ba& 
uns in einer fräftigen, naturwaljren 3 e t<$ n uttg ww 
feinftcr, funfigefibter §anb, bie bes ©dfjmude* frember 
färben nidjt bebarf, baö SBilb bes SKanneö jum ©reifen 
lebenbig gegeben &at. ©ie ift fpäter^in nad) ©tutt- 
gart übergefiebelt unb Itfer im SKter von jmeiunbadtfjtg 
3afjren erft am 5. 3uni 1881 geftorben. 

Uf)lanb Ijat leine ©rben feines Slawen« , leine 
birefte SRadjfommenfd&aft ^interlaffen. ©afür Ijat er 
in feiner fdfjwäbifdfjen loeimat unb weit über fie #nau«, 
fo weit 5Deutf$e wohnen, ein SBott, baß an feiner 
geiftigen ©rbfdjaft jeljrt, ba& in t&m mit ©anf einen 
SHdjjter fteljt, ben e$ ganj lieben, oon beffen ©eifte 
jeber freie, offene ©eift einen üjaud) perfpfireu fann, 
einen 3ßenf$en, beffen ©ebädfjiniö e$ nur mit ber 
lüften Serelpung in ftd> wadjjrufen fann. @$ werben 
ttadj oft 3 ei ten fommen, ba ed not t^un wirb, baö 
9luge auß ben betj&enben Hebeln unb bem grellen 



195 



©onnenbranbe ber ©egenroart ju bcn Silbern folget 
■Dtänner ju ergeben, auf bie ein SBoff als auf bie 
aSerförperungen feines beften ©eins ^inbliden barf: 
Urlaub roirb immer in ber Steige biefer 3Jtönner 
fielen. 



Batfjhmfc 



©eite 3 ff. Ueber Uljfonbö gamilte ftelje bie SBerfe 
oon Dotter (1803) unb von U§lanb3 mttoe (1865 unb 1874). 
Ue&er feine BHograpIjie jumeift biefelben, fotoie baö jroet&änbige 
2Ber! oon ßarl SHager (1867). 

(Seite 7 ff. ©terju, foroie ju ber fpäteren StorfteHung 
ber nmrttembergifdjen SBerfaffungäfätnpfe »gl. griefer unb ©ejjler, 
@efd)tdjte ber SJerfaffung 2Bürttemberg3 (Stuttgart 1869). 

©eite 10 f. Sroci foteinifd&e ©ebid)te f. bei 3a§n, Urlaub, 
©. 109 ff. SBegen ber beutfdjen f. oben ©. 41 f. 

©eite 15 f. SBarnljagen, 2)en!tt>ürbtgfetten , 93onb 2, 
©eite 55. 

©ette 16, unten, ©ielje ßulj, Hebbel 2, 21 f. 3n biefem 
SBerf unb in Hebbels Tagebüchern finbet pdj viel ©djöneä über 
tUjlanb; td) Ija&e ba3 Sötdjtigfte baoon in ber bleuen 3ür$er 
geitung 1887, 9fr. 64—67, jufammengefteat. 

©eite 20, Seile 7 *>• u - ttd&er ba§ „©onntagSbfatt" f. SRaöerö 
aWitteilungen im SBettnarifdjen galjrbudj, 33anb 5, ©eite 33 ff. 

©eite 22, 3eile 8 ff. o. u. ©ie§e Saijn, ©. 69. 

©eite 24, 3ette 2. Ue&er Sluguft Wlayev f. ßarl ajtoner, 
Urlaub, SBanb 1. 

©eite 34, 3eÜe 3 ff. ©ielje Gljamiffo, SBerfe, iöanb 5 (1839), 
©eite 294; Storn§agen, 2)enrn>ürbigJeiten, 2tanb 2, Bette 54. 



197 



(Seite 35, Qexle 13 f. Ludovici yhlandi de constituenda 
republica carmina, Latinitate et inetris Horatianis vestita etc. 
(Stuttgart 1823.) 

©eite 44, 3 e ^ e 1 ff- ® er SluffttJ oon ©interna fte§t in ben 
3a§rbüd)ern für Ätiologie unb Sßäbagogif, Sanb 106, ©eite 369 ff. 

©ette 46 ff. Sgl. @td#olfc, üuellenftubten ju U&lanbS $a(; 
laben (Berlin 1879). 

©eitc 49, Seile 9 ff. ©oetfjeS 2lu3fage f. ©tfermann 1, 45 f. 
(2lu3g. o. fünfter); JpeineS Urteil f. in feinen Söerfen, Sanb 6, 
254 ff. 

©ette 55 ff. Sgl. $fap Einleitung au feinem «Reubrutf 
oon „$röft ©tnfamfeit" (1883), roeldje aber ju einfeitig bie ©ad)e 
ber SRomantifer fü^rt, unb SBelti, ©efdjidjie beS ®omtteä in ber 
beutfdjen 2)td)tung, ©ette 192 ff. 

©eite 62 f. ©te§e ÄeHer, Urlaub als $ramatifer {®tutU 
gart 1877). 

©eite 68, 3eile 16 ff. ©te§e fcollanb, 3u S. Urlaubs ®e; 
bädjtmS, ©ette 56. 2Rtt biefen SBorten Urlaubs felbft unb bem 
von mir ausgeführten wirb aud) ber ftrengen Äritif SifdfjerS 
(Äritifdje ©änge, 9teue golge, £eft 4, ©eite 138) iljr fflefy 
tmberfafjren fein. 

©eite 71, Seile 7 ff. ©te§e Dotter, Urlaub, ©. 239. 

©eite 79, 3etle 12. 2ln berfelben ©teile, n>eld)e ©eite 49 
citiert warben ift. 

©eite 82, 3eile 11 ff. 2)en $lan biefeS ©ebidjtS $at Urlaub 
in feinem ©tiliftifum mitgeteilt; f. ipottanb, 3um ©ebädjtntö 
S. U^lanbö, ©eite 51 f. 

©eite 92, Seile 8 ff. abermals SBorte auö Uljlanbö ©tiliftifum ; 
f. §ollanb, ©eite 36. 

©eite 94, 3eile 18 ff. ©ielje #e66elö SBerfe, Sanb 12, 
(Beite 207 f. 

©eite 94, 3eile 21 ff. ©te&e Hebbels Sagebüdjer, Sanb 2, 
©eite 517. 

©eite 99, 3eile 7 ff. ©ietje fetter, Urlaub als SDramattfer, 
eexte 320 f. 



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©eite 103, Seilt 6 ff. ©ielje Stfdjer, ßriüföe ©finge, Heue 
golge, #eft 4, ©eite 146 f. 

©eite 107 ff. »gl. baö ju ©eite 7 ff. citierte 39&er! von 
3*idfer unb ©e|tfer. 

©eite 109, 3 e ^ c 5 ff. Sgl. Vreede, La Souabe apres la 
paix de Bale (Utrecht 1879), fotvie (übet bie politiföen ©trö* 
mungen in Württemberg ju jener 3 c ü überhaupt) ä&oljlnritt, 
SBeltbürgertum unb SaterlanbSliebe ber ©cijtvaben (Hamburg 1875). 

©eite 114, unten. Sgl. ben ©rief ÄernerS vom 25. 2)e- 
3ember 1817 (Sßürttemb. $Biertelja$r3l)efte, 3a$rg. 1, ©ette 220): 
„2Bir wären einanber ganj nafye, roöreft 2)u lein Ijartnäcltger 
Surift unb in eine gfamilie eingeteilt, bie jtvar feljr brat) benit, 
bie aber bie ©ad^e beS alten" 9iec§t3 biö jur ßatifatur übertreibt.' 1 
2Ba3 übrigens bie Semerfung über bie gatnilie betrifft, fo fafj 
ferner im ©laSljaufe, benn fein trüber war bamalS SJHnifter. 

^eite 116, $t\U 2- $i c Briefe finb an ber in ber vorigen 
9tote genannten ©teile veröffentlicht. 2)te angeführten SBorte 
f. bei aRager, Urlaub, 2, 71. 

©eite 117. (£3 ift ^arafteriftifc^, bafc Urlaub audj in 
granffurt ftd^ gegen bie einfeitige Erteilung einer Serfaffung 
bura) eine Regierung erflärt Ijat. SBenn Qaym (3)ic beutfdjje 
SRationaloerfammlung, 2, 255) barin „einen ©tretet gegen 
$reuj?en" fteljt, fo mödjte idj lieber fagen: Urlaub Ijat l)ter 
feinen alten SRed&tSgrunbfafc wieber vorgetragen; 23o£f)ert lag 
feinem ©eredjttgfettaftnne fern. 

©eite 119, &\U 4 ff. Sgl. nodj femer ben von JpoHanb 
1876 sur Xübinger $§ilologenverfammlung herausgegebenen 
fomifc§en SBettgefang anufdjen Ufjlanb unb SHidert. 

©ette 128, 3eile 19 ff. fcoHanb, 3um ©ebäd&tritä Äubroig 
Urlaubs (Seidig 1886). 

©eite 136, 3eile 6 f. ©ie$e Äu$, Hebbel, 1, 234 ff. 

©eite 142, unten, ©ie^e 3Jtaver, Urlaub, 2, 204. 

©eite 156 f. §ödjft Ie&rretd& für Urlaubs 2lnfc$auungen 
über biefen $unft ift bie fragmentarifc§e Shtftetd&nung, bie in 
feinen ©djrtften, Sanb 8, ©eite 620, abgebrueft ift. <Sr 



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beobachtet SBauernf inber , bie mit Sopffdjerbett Sanbnrirtfdjjafi 
fpielen; fie geigen üjm bie au>it ju neuen ©eftaltungen bereite 
^antafie be§ SBoffeS: „2)ie SJtytljologte ift reidfj, aber fo reidj) 
ift fie mdjt, bafj ficfj auä ifjrem ©ebröcfel eine Sttärdjenroelt ex- 
zeugen fönnte." @§ fann fein S^W f e * n / ^ a S ^^ e f e SBorte 
gegen ©rimmS 2lnfdf)auungen gerietet finb. 

©eite 158, unten. 3n Stuttgart bei 3. ©. (Sotta er= 
fdjienen; Qn^alt ber adfjt SBänbe (ein Stern bejeidjnet ba§ fd&on 
t)on Urlaub felbft Seröffentticfjte): 

1. ©efd&tdjte ber beutfcfjen ^oejte im 2JlttteIalter. 

2. 2>erf. ©a)foj$. 

©efdjjicfjte ber beutfdjen 3)idj)tfunft im 15. unb 16. Safjr: 
Ijunbert. 

3. 2lb§anblung über bie beutfdjjen SBolMieber. 

4. Sfanterfungen ju ben 33otf§ttebew. 
lieber baö altfranjöftfcfje <&po§. * 

5. SBaltfjer von ber SBogelroeibe. * 
2)er Sttinnefang. 

lieber bie Aufgabe einer ©efettfdjaft für beutfd^e Spraye. 
$ux (Sefdjidjte ber greifcfjiejjen. * 
Ueber bie ©age vom §erjog ©ruft. 

6. ©agenforfdjungen : a) £§or, * 

b) Obin. 

7. ©agengefddidjte ber germanifcfjen unb romamfcfjen Softer. 

8. ©cfjroäbifdjje ©agenfunbe. 
Slb^anblungen auä Pfeiffers ©ermania.* 
■ftadjjträge. 

©eite 168, Seite 4 ff. ©ie§e UljlanbS »rief an Pfeiffer im 
Slnljang jü bem $rtefn>ea)fel 3n>ifdf)en Saperg unb ttljlanb, 
(Bette 328. 

©eite 182, Seile 5/4 t>. u. ©tefje Hermann ©rimmS 
SubtläumSarttfel jn ber $eutfd[)en 9htnbfd&au, 33anb 51, Beite 66, 
in bem man leiber neben ber getftreidjjen 3luffaffung aucfj ein 
paar tf)atfäd)lid)e Sertürner »erjeicfjnen mufj.