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CHBOlVOliOttlX]
sämmtlicher
Hamburger Bühnen,
nebst
ttn> JWufiker^ mi6)t feit 1230 bis 1846 öu l^enfelben
en^a^irt ^ewefen un> gaftirt Ijaben.
mit zwei Stalilsticiien. / 3 'xf^ Ü ^
B. S. B e r e n d s 0 li 11.
III
^ 0 V m 0 V t
Die geschätzten Kunstfreunde und Künstler
erhalten hiermit eine Arbeit, die manches Interes-
sante der Vor- und Jetztzeit enthält. Durch die
vortrefflichen Werke der Herren Schütz, Lebrün,
Dr. Lappenberg u. A. m. habe ich eine grosse
Erleichterung in der Entwickelungs- Periode gefun-
den, wofür ich hiermit meinen innigen Dank aus-
spreche. Wenn ich auch kein vollkommenes Werk
in allen Theilen geliefert, so war doch der Wille
gut, und nur äussere Verhältnisse machten eine
rasche Arbeit nothwendig. Später hoffe ich das
IV
Felllende zu ergänzen, das besonders für die Nach-
welt nicht verloren gehen darf.
Wenn bei Durchlesung dieses Buches den
Künstlern und Kunstfreunden auch nur eine ange-
nehme Episode im Gedächtnisse auftaucht, so ist
meine Mühe belohnt.
Jler Verfasser.
im September 1846.
Hamen ^etr ^crren ^nb$^mbenten.
Abendroth., A.^ Dr
d^Arien^ A. F. J ,
Assmann^ J. C. J
Uallauff, J, F,
Ballin^ H
Bandemer., A
Bartheis, J. P, L
Ihirthels^ Direktor
Beer., J. A
Behn, IL S., Dr
Benecke^ Bürgermeister.
Benecke., Dr
Benjamin, L. E
Berens, Musikdirektor...
Bernhardt, C. G. H....
Berthold, J
V. Bille, Minister
Bischoff, W.
Blacsing, J. M
Boeckmann, W. H
de Boor, Dr
Bost, E
Brassin
Brandt, C
Braun
Braun, J., Dr
Braunhofer
Breuning, W,
Brinckmann, Th
Brüheim
Brüning
Brunnhover
Bunnenberg, A. D
Expl.
Expl
Burchardy
de la Camp, J. IL, jiin
Canthal, A. M
de Chaufepie, Jim., Dr
de Chaufepie, sen., Dr
CommerZ'Bibliothek
Coqui, F.
Cornet, Direktor
Cottc, C. 0. n
Czaschke
Dämmert, Dr., Bürgermeister
Dämmert, C. A., Dr
Dencker, J. L
Denicke
Dille
Dittmcr F
Ebcling, Wwe
Eckmeyer, Dr
V. Ehrenstein, Adjutant
Engelhard, E
Firaris, A
Finke, 11
Fischer, A. F
Flügge, K
Franck, H
Freyse, J. F
Führer, F. W., Procurator..
Gabe, II
Gaedechcns, 0. C
Galster, C
Gentzen, J
Gliemann, A
Godeffroy, C
VI
Expl.
V. Gogh, E
Goldschmidt ^ A, D
Demoiselle Graf.
V. Graffen, 6r., Dr
Gries^ /f., Dr
Grube, C. H
Halle, Dr., Präses
Hanemann, Ä. E., Dr
Hanemann, H., Dr
Härder, Dr
Harms, J
Hartmeyer, Dr
Hasselberg, H. G.
Hass, J. H
Heidrich
Heiberg, F.
Hertz, M. S
Hertzfeld, Dr
Hesse, H
Heydtmann, P
Hillert, G
Hipp, H
V. Holck, Graf, Direktor des
königl. dän. Postamts —
V, Hostrup, G
Hübner, Dr
Madame Hübsch
Hutzier, Dr
Iben, A. T. H.
Jenisch, G
Jensen, S. E
Jerrmann
Johns, E
Kaps ^
Kleinschmidt
Koethcke, J. //. P
Kotensen, C. J
Krebs, Musikdirektor
Kreep, A
Kreisel, 0. C
Lackmann, J
Landt, J. H
Expl.
Lang
Lammersdorf, F.
Lappenberg, Dr
de Laubell, C. T
Madame Lebrün
Lehr
Leopold, C. L., Dr
Lichtenheld
Linck, Ch
Lindenberg, W., Dr
Lippach, C. F
Lucas, W.
Lüdders, A
Lüders, E
Lüders, W
Mädel
Magnus, J
Malmberg, E
Marofsky, E
Maurice, Direktor
Meden, J. C
Madame Metzke
Meyer, A
Meyer, H. M
Meyer, A. W
Meyer, A. B. U. A
Meyer, Musikdirektor
Meyerhoff.
Mielck, W
Minte
Moenck, Dr
Motes & Cranz
Mühling, Direktor 2
Müller, A., Dr
Müller, K
Noack, L., Dr
Nohr, A. L. A., Dr
Päz, H
Pemocller
Peters
Philippi, H
Reuscher, C
VII
Ex
Rocco
Robinow^ S
Rohde, J. 11
Roehl & Lamarche . .
Roever^ Ch
Salomon^ J
Sanne^ A. F
Saucke^ J
Savary^ C
Schäfer
Schäffer^ H.
Schiemang
Schleiden^ J., Dr
Schlesinger^ C. M. . .
Schlesinger^ //. P . . .
Schlesinger^ 0. M.. .
Schmidt
Sehneider
Schohl^ Oberst
Schrader^ Dr
Schrader^ Edmund . .
Schramm^ Julius
Schramm^ FI. W
Schreiber., J. P. L. .
Demoiselle Schreiner
Schrötteringk., Dr. . .
Schutt, C. N
Madame Schütze
Steffen, A. D
Steinhart, C
Stelzner
Streiber, Hauptmann
Tempel, J. H.
Thomälen, H. G. ...
Titzck, Dr
Titzck, R. L
Tornquist, A. B
Treusein, L. H
[Ihrig, J. C
Expl.
Wagner 1
yVilcke, Carl 3
Demoiselle Wilhelmi 1
Wissel, P. D 1
Wittmack, G. J 1
Wolff. 1
Woltereck, F 2
Wurda, Ch 1
Würth 1
Altona.
Engelhardt, Direktor 1
V. Linstow 1
Schmidt 1
Berlin.
Müller, Capellmeister 1
Brauns ch^vireig.
Fischer, F., Hofsänger 1
Schmelzer, Regisseur. ; 1
Bremen.
Ritter, Direktor 1
Carlsruhe.
Sontheim, bad. Hofsänger 1
Dresden.
Devrient, E 2
Tichatscheck 2
8clii;rerin.
Beckmann, Regisseur 1
Goltermann 1
Zöllner, Geheimrath 1
Stuttgart,
Grunert, Regisseur 1
VIII
1
lMfflÄl»1f©
Seite
Einleituns 1
Siebenzig Jahre als Vorläufer 15
Chronologie 23
Die Direktions-Krisis 299
liilVIlniif
I
Alle Nationen des Erdbodens hatten und haben Schau-
spiel, sei es in dieser oder jener Gestaltung, die Urquelle
desselben ist die Religion, Gottesverehrung oder versinn-
lichte Religion. Das Schauspiel geht mit der Aufklärung
und den Sitten des Volkes gleichen Schritt, denn wie hätte
es sonst so siegreich den Kampf mit dem Aberglauben
und der Dummheit bestehen sollen, um durch finstere
Nacht die Sonne der Aufklärung begrüssen zu können.
Wenn das Schauspiel die tausendfältigen Seiten der
menschlichen Natur fasslich und belehrend darstellt, so ist
sein Zweck so edel als die Religion selbst, wenn auch der
Befangene vielleicht denkt: Dein Reich ist nicht von dieser
Welt! — Das Theater ist die trefflichste, lehrreichste
Schule für Kopf und für Herz. Hier lernen Konige regieren
und Unterthanen dienen, hier lernt der Gute handeln, der
Sünder beten, der Arme reich, der Schurke brav zu sein;
auszuruhen von seiner Arbeit, findet hier der Fleissige die
erquickendste Erholung und die wirksamste Ermunterung
zum Fortfahren. Mit einem Gefühl, in dem sich Verehrung
und Abscheu, Furcht und Hoffnung mischen, staunt er den
1 ■■'
grossen Lauf der Welt hier im Kleinen an. Diese Ansicht
werde ich bei passender Gelegenheit später in diesem
Buche ausführlicher besprechen und jetzt den eigentlichen
Ursprung der Bühnen - Geschichte dem geneigten Leser
vorführen.
Unsere Vorfahren waren Freunde geselliger Unter-
haltungen. Die Kaufleute, welche gleichen Handel trieben,
kamen in ihren Seischuppen zusammen, die Handwerker auf
ihren Aemterhäusern; das Gilde haus, die Hölle, der
Nobiskrug, der Rathskeller, das Haus, worin Ei m-
becker Bier geschenkt wurde, waren die Clubbhäuser
unserer Alten. „Wer buhurdiren und reihen will, soll in
eine Companie gehen," gebietet die Bursprake auf St. Thomä.
An Belustigungen ausser dem Tanze fehlte es nicht. Unter
diesen sind Anfänge der Schauspiele nachzuweisen,
wenngleich von geringer Bedeutung. Das „Scoduvel
lopen" war ein Mummenschanz, welches überall einer
der Anfangspunkte der Schauspielkunst im Mittelalter
gewesen, wie in den Fastnachtsspielen zu erkennen ist. Wir
finden freilich in der ältesten Bursprake auf St. Thomä
schon das Verbot, dass Niemand Schoduvel laufen, reiten
oder gehen solle. Doch müssen dergleichen Masken unter
den Bürgern sehr beliebt gewesen sein. Eben so wird es
an geistlichen Mysterien nicht ganz gefehlt haben, was der
Esel in der St. Petri Kirchen - Sacristei , auf welchem der
Einzug Christi in Jerusalem dargestellt wurde, uns noch
lange bezeugt hat. Die Geistlichen nahmen gerne Schau-
spieler und Gaukler bei sich auf, was zu Missbräuchen
führte. Schon dem hamburgischen Erzbischofe Adalbrecht,
von welchem bekannt ist, dass er nicht selten zu Hamburg
residirte und dort an seinem Hofe nordische Fürsten
empfing, ward vorgeworfen, dass er Schätze an Schau-
spieler vergeudete.*)
Nur die Pantomimen, welche durch unanständige Be-
wegungen des Korpers das Volk ergötzen, duldete er nicht
in seiner Gegenwart.
Im Jahre 1292 verbot Giselbrecht, Erzbischof von
Bremen, den Geistlichen seiner DiOcese, in ihre Häuser
und bei ihren Mittagsmahlen wandernde Schüler, — scolares
Vagi — welche auch Gaukler, Spielleute Qgogliardt) oder
Schauspieler genannt werden, bei sich aufzunehmen, da
ihre geistliche Wurde dadurch leide.
In den Gewohnheiten der hamburgischen Kirche v. J.
1330 werden Larven und Tänze den Geistlichen untersagt.
Vor allen soll kein Geistlicher (jclericus), welcher die
Schulen nicht mehr besucht, vermummt in den Kirchen
umherlaufen. Nur die Schüler dürfen vom St. Andreastage
(30. November) bis zum Kindertage mit ihrem Bischöfe
durch die Strassen den Reigen führen. Ferner, wenn die
Domherren und die Vicarien auf die Als t er in sei ziehen,
so sollen sie in der Stadt keine Fahne führen, nicht über
drei Tage dort verweilen und bei der Rückkehr nicht
nackt (jiudi) bei hellem Tage durch die Gassen reihen
(coreas ducere). Die Neigung zu Tänzen, Mummenschanz
und theatralischen Processionen muss bei der Geistlichkeit
sehr vorherrschend gewesen sein, wenn es solcher Verbote
bedurfte. Bei den Laien wurden die Mummereien viel
*) Pecuniam Hut maxima esset dispersit infamibus personis
et ypocrüis^ medicis (? mendicis) et histrionibus. Adam
Brem. 1, 111. c. 38.
6
i^eiibl. In dem Streite der Stadt mit dem Capitel, 1336,
beschwert dieses sich darüber, dass die Bürger durch
Masken die Geistlichkeit verhöhnten, und in dem Concordate
oder Friedensvergleichc der geistlichen und weltlichen
Macht hieselbst vom Jahre 1355 wurde ausdrücklich fest-
gesetzt, dass keine Vermummte zur Zeit das Gottesdienstes
in den Kirchen umher laufen sollen.
Auch die Kinder spielten eine Art Komödie am St.
Gregoriustage, an welchem eines von ihnen den Bischof
vorstellte, das Vorbild unsers Waisenkönigs. Dieser
episcopus puerorum ward jedoch beim hamburgischen
Capitel im vierzehnten Jahrhunderte aus den Domherren
und nur ausnahmsweise aus andern Literaten erwählt,
welcher eine, jedoch nicht zu überschreitende Summe von
sechs Mark Pfennigen für die Bestreitung der Kosten des
Festes hergab. Dieses ergiebt sich aus einer Urkunde
V. J. 1304, December 7. Das Testament eines im Jahr
1489, September 7. zu Hamburg verstorbenen Cistercienser
Mönches, Engelhard Arnoldi, setzte die Zinsen von 100
Rheinischen Gulden zu einem Gastmahle für die Chor-
schüler am St. Gregoriustage aus.
Näher deutet hin auf eigentliche Schauspieler, welche
durch die Städte zogen, dass wir in den hamburgischen
Stadtrechnungen vom Jahre 1350 u. flgd. eine stehende
Rubrik von Ausgaben für histrionis finden. 1350 wurde
ihnen nur S ^ i ß und 1 ^ gegeben, ausser kleineren
Summen für ioculatores (franz. Jongleurs, engl, jugglers^
von Jocus^ Musik), Spielleute, tympanalores, sigillalores,
Seiltänzer, fistulatores^ basunere^ (rumpere^ cüarislen.
Dass der Ralh diese Ausgabe bezahlte, weiset auf eine
Fürsorge für öffentliche Vergnügungen: die Angabe von
Licht auf Weihnachten und Ostern auf Schauspiele an den
hohen Festen.
Aus jenen toculatores und Tympanisten sind die
Stadt- oder Raths- Musikanten entstanden, Geiger waren
in des Raths Dienste schon vor dem Jahre 1538, wie der
folgende, vieren derselben in dem gedachten Jahre ertheilte
Abschied und Pass erweiset.
(Allen den iennen de dussen breff sehen, hoeren
edder lesen, watterleye Standes werdich ende wesendes ,
edder Condicion de syn, entbeden wy Bürgermeister
vnd Radtmanne der sladt Hamborchs vnsern denst
vndt grudt, eynem idern nha syner geboer, apennbar
hiemede bekennende vnd betugende, dath Albert
Finkhe, Florian Kowall, Märten Bück vnd
Felix Moller, toegern dusses breues, vns ein tydl-
langk mith obrem gespele der gigen gedienet, vnd dal
se sich in demsuluen denste, vnnd susle, vprichtich
vnd ehrlich geholden hebben, syn ock mit willen vnd
verloff affgescheiden. Bidden hyrumme alle vud eynen
idern besondern, dar vorbenoemede gesellen ankomen,
ohne gunst, furderung vnnd guden willen, wor ohn
des noeth vnd behoff werth syn, willen ertoegen vnd
se ehres weges passeren taten, dat verdenen vnd ver-
sculden wy vmb eynen idern nha geboer willich gerne.
Tho orkunde hebben wy dussen breff mit vnserm vnder
angedruktenn Signetenn williken doen besegelen, de
gegeuen vnnd geschreuen is Sonnavendes nha Jubilate
im iare nha Christi, unsers Icuen hern vnd salichmakers
gebort veffteinhundert acht vnd druhtich.)
8
Dass geislliche Schauspiele hier vor der Reformation
linier gemeinsamer Mitwirkung des Domcapitels und des
Ralhes aufgeführt wurden, beweisen zwei Bekanntmachun-
gen des Rathes, deren Concepte neuerlich aufgefunden
sind. Sie sind leider ohne Jahrzahl, die Handschrift weiset
sie aber auf den Anfang des 16. Jahrhunderts hin. Man
sieht daraus, dass „das Leiden Christi" aufgeführt werden
sollte, in der stillen Woche, in Stunden, wo die Andacht
der Bürger nicht dadurch gestört wurde, mehrere Tage
hinter einander. Der Schauplatz ist nicht angegeben, ob
die Domkirche oder der Markt; die Personen werden nur
als die Regierer des Spiels bezeichnet. Die Kosten waren
nicht unbedeutend, und musslen wiederholt in den Kirch-
spielen von den vom Ralhe und Capitel authorisirten
Personen eingesammelt werden, wie die beiden hier
folgenden Aktenstücke besagen.
Gode dem almechtigen to loue, deme lidende
vnnsses Heren Ihesu Christi to eren vnde werdicheit,
de herten der minschen to innicheit lo reytzende vnde
vunne salicheid willen dei' zelen, sint de werdigen
Heren Deken vnde Capittel vnde de ersamen Rad desser
stad ouer eingekomen, dat men in desser tokamenden
stillen weken schal speien dat lidenl vnsers Heren. Vnde
wenle men ein sodante mit temeliker geborliker tzyrheit
vnde anderen nottrofligen saken moet Vorsorgen, dal
denne de regirer dessuluen speles nicht sunder vramer
lüde hulpe vnde milder handrekinge konen schigken
vnde vlrichten, also hefft en de ersame Rad na begere
9
des Capittels, also se des samplliken zinnens geworden,
geghuiinet, dat men dar to van desser stad borgeren
vnde inwoneren dorch itlike persone geisllik vnde
werdlik, van deme werdigen capittel vnde erliken Rade
sunderges dartho gevoget, schal bidden: alzo begeret
de erlike Rad, wen siilke vorbenante persone desser
sake haluen lo den borgeren vnde inwoneren werden
komen, dat sik ein iewelk na syner mogelicheit mit
gudliker handrekinge, forderinge vnde guden willen
bewise vp dat sodane milde wergke to salicheit der
zelen vpgenomen, deste erliker alze wol geborlik is,
vthgerichted werden mögen vnd wente de heren des
Capittels vnde de Rad willen dar op sulke vorsenicheid
vnde achtinghe hebben, dat solk geld, alse dare to
wert gegeuen, anders nergen den to der vorgevorden
sake vnde schigkinge schal gekeret vnde vtegeuen
werden.
D.
Alse eer verkündiget is, dat men dat lident Christi,
vnses salichmakers, wert speiende, so sin de werdigen
heren Deken vnde Capittel mit sampt den ersamen
vorordneten Hern E. E. Rades desser stad deshaluen
ouereengekomen , dat men sodane erbenannte speldal-
linghe, der geliken amme Mandage vnde dinxedage
negestkomende to XII in der docken na der maltyd
schal anheuen, der vort volgende vnde to lengerende
vnde kortende, alse de Staltenisse des speles wert
eschen, so dat man de vormiddage möge in Codes
denste in den kerken gewondlike ovinge hebben mit
10
singende vnde lesende, vnde de leigen erer handelinge,
wo des enen ieweliken wis vnde gelegenheit lo donde
is, mögen werden.
Vnde alse denne etlike prestere vnde leigen gevoget
weren in de veer kerspele, vromer lüde hulpe vnde
liandrekinge lo vullenbringinge des erbenanlen speles
to uorsokende, vnde ift nu iemand were, de sik des
wenle herlo vorsumel liedde, den sin innicheit bewoge
dor noch wat an to kerende, so scholen desuluen
preslere vnde leigen in den kerspelen, der se geleket
weren to biddende, en islik dallingh in siner kerken
stan vnde gewärden, ift en forder wes to der vor-
screuen nut möge wedderuaren, dat denne to deme
erbenanten speie vnde anders nergene to schal denen.
Von dem Inhalte der Vorstellung und dem Verfahren
bei derselben wissen wir leider nichts Näheres. In Frank-
reich führten Pariser Bürger schon im Jahre 1398 ein
Mysterium über die Leidensgeschichte des Heilandes auf
und erhielten vielen Beifall und vom Konige Charles VI
einen Freiheitsbrief, wodurch sie als eine Passions -Brüder-
schaft patentirt wurden. Das von ihnen erbaute Theater
ward die Wiege des französischen Dramas. Sie blieben
ihres Ursprungs so getreu eingedenk, dass sie bei Erbauung
eines neuen Theaters im Hotel des Herzogs von Burgund
in dem Schilde über der Thür ein Kreuz und die Passions-
Instrumente einhauen Hessen. In England wurde 1556 am
Frohnleichnamstage ein Schauspiel über das Leiden Christi
11
in Grey Friars zu London vor dem Lord-Mayor, dem
Geheimen Rathe und den Grossen des Reichs aufgeführt*).
Besonders beliebt und sehr alt war aber das Myste-
rium vom Leiden Christi in Deutschland. Eine Tegernseer
Handschrift zu München aus dem dreizehnten Jahrhundert
hat uns ein solches erhalten, welches aus lateinischen,
aber auch deutschen Versen und Gesangstücken besteht,
und also vermuthlich in jener Gegend gespielt wurde, in
welcher die Aufführung jener Mysterien sich bei den
Landleuten noch bis auf den heutigen Tag erhalten hat.
In vielen DiOcesen wurde die Theilnahme an Schauspielen
den Geistlichen verboten, doch scheint die Lust an den-
selben in den letzten Jahrzehenden vor der Kirchenrefor-
mation sehr aufgelebt zu sein. Von Frankfurt a. M. wissen
wir, dass Passionsspiele 1467, 68, 98 und 1526, letzteres
dessen schriftliche Anordnung uns erhalten ist, unter Mit-
wirkung von 265 Personen, aufgeführt wurden.
Eigentliche Schauspieler in Hamburg weiss ich jedoch
nicht vor dem Jahre 1590 nachzuweisen, aus welchem
sich das folgende Supplicat erhalten hat:
Erenaclitbar vnd wol weiser, grossgebietender Her
Burgemeister. Negst erbietunge vnser vnderthänigen
dienstwilligkeit ist hiemit an Euwer achtbar weissheitt
vnser dienstfleissige Bitt, E. achtb. W. vnss gonstig-
lichen erleuben zu lassen und gestatten wöll, hieselbsten
wie in anderen stedten, flecken vnd freiheiten, ob
etlichen historien vnd parabelen vnd sonslen nach
aussweisung deren dauon bei vnss habenden Charten
*J J. P. Collier^ Annais of the Stage.
12
oder tafeln ein öffentlich cammerspiel anzuschlahen
vnd zu halten, damitt wir einen geringen zehrpfennung
zu vnserer nottorftigen vnderhaltung gewinnen mögen
vnd also mit ehren von hierauss an andere orter
vortan desto leichter vnss begeben vnd vberkommen
können. Daranne beweisen E. achtb. W. ein besonder
stucke werckes der waren christlichen religion, welches
der AUmechtige in gnaden erkennen wirt. Vnd wir
thun vnss dessen also getrosten mit erwartunge er-
spriesslicher antwurt oder beschaidt vnd empfehhmge
zum Allerhöchsten. Datum anno Domini 1590 den
17. Äugusti.
Euwer achtbaren weissheiten
in vnderthanigkeit dienstwillige
Melinss Unkraudt von Harlingen
Henrich Ducat von Calcar.
Herman Wolff sst.
In dorso:
Dem ehrenachtbareh vnd wol weisen heren Joachim van
Campe, burgermeisteren der Stadt Hamburg, vnseren gross-
gebietenden heren.
Diese Schauspieler waren also Holländer, bei denen
die Rederyker (Rhetoriker), den deutschen Meistersängern
entsprechend, seit langer Zeit Gelegenheitsgedichte impro-
visirt und Schauspiele aufgeführt hatten. Wurden letz lere
in Häusern vorgestellt, so nannte man sie Cammerspiele.
Die Charten oder Tafeln, von denen jene sprachen, waren
13
wohl nicht so sehr Texte als Schemate ihrer Stücke, nach
denen sie das Fehlende improvisirten. Worin der Unterschied
der Parabeln und Historien bestand, weiss ich nicht mit Be-
stimmtheit zu erläutern. Vermuthlich sind Parabeln, was in
andern Sprachen Moralities genannt wird. Erbaulichen
Inhalts müssen doch die aufzuführenden Stücke gewesen
sein, wenn der Rath durch deren Gestattung ein „besonder
stucke Werkes der wahren christlichen Religion" üben
sollte. Es sind in Holland neuerlich viele Untersuchungen
über die Rederyken und alten Schauspiele aufgestellt;
vermuthlich werden wir durch dieselben auch über die
vorliegende Frage belehrt werden.
Erheblicher möchte es für die Geschichte des Theaters
sein, über einen verwandten Gegenstand Auskunft zu
erhallen, über welchen ich vergebens nachgesucht habe:
ich meine die englischen Comödianten, welche um
das Jahr 1600 durch Deutschland umhergezogen sind.
Man weiss nicht, ob sie in englischer Sprache spielten,
oder ob sie Werke englischer Schauspieldichter in deutscher
Sprache aufführten. Sollte das Erstere der Fall gewesen
sein, so müssten sie vorzüglich auf Hamburg, wo die
tn^i^ch^n Merchant Adventur er s etablirt waren, gerechnet
haben. Doch auch wenn die Stücke deutsch gespielt
wurden, müssen wir sie in Hamburg suchen. Im Jahr
1620 erschien ein Band, betietelt: „Englische Comedien
und Tragödien, von den Engelländern in Deutschland an
Königlichen, Chur- und Fürstlichen Höfen, auch in vor-
nehmen Reichs- See- und Handelsstädten agirt." Unter
diesen ist doch wohl Hamburg zu suchen. Auch einige
Stücke Shakspeare's waren um diese Zeit in Deutschland
bekannt und nachgeahmt. Wohl möglich also, dass
14
König Friedrich von Böhmen, z« dessen Vcrmählungsfesle
Shakspcare den Miltsommernachtslraum gedichtet hatte, der
vor ihm im Jahre 1600 in London anfgefidirt wnrde,
seine späteren Unfälle einige Angenblicke bei der allen
deutschen Nachahmung der Handwerker - ComOdie aus
jenem Schauspiele durch Daniel Schwentus (vor der
bekannten Bearbeitung des Gryphius unter dem Titel
„Peter Squenz") vergass, als er im Jahr 1620 zu Hamburg
in dem Englischen Hause verweilte. Jener Band englischer
ComOdien gefiel so sehr, dass er nach zehn Jahren wieder
aufgelegt wurde.
ab Ißotlmfn,
JJas sechszehnte Jahrhundert giebt uns Kunde von
herumziehenden Komödianten - Truppen in Deutschland, die
unter Anführung eines Principals sich als Volksbelustiger
hinstellten. Alle Namen dieser Leute sind nicht genau zu
ermitteln, doch befand sich unter ihnen: Sonnenhammer,
Treu, Paul u. A. m.
1630
war in Hamburg von jungen Privatleuten eine öffentliche
Aufführung, betitelt, „ Irenaromachia.^^ Nach allen alten
Chroniken ist vor dieser ersten Aufführung noch keine
Bande hier gewesen, wie sich aus dem Raths- Protokolle
späterer Jahre ergiebt. Demnach haben also die eben
angeführten Principale unser gutes Hamburg noch nicht
heimgesucht und die Kunst oder Afterkunst blieb der Pflege
der Dilettanten unterworfen. Unsere Vorfahren fanden
Geschmack an dergleichen Belustigungen und begnügten
sich damit viele Jahre.
1049.
Folgende Notizen finden sich in dem Raths -Prolokolle:
„d. 30. Aug. Brüsselsche commedianten suchen Freiheit
zu agiren.
Wirt abgeschlagen."
„d. 24. Sept. Commedianten suchen permission.
Wirt abgeschlagen.''
2
18
„(1. 31. Oct. Oberalten beschweren sich, dass die Come-
dianten 14 ß von der Person nehmen , so da
sitzen wollen: es sein gar zu viel. Die
Armen pflegen auch davon zu bekommen.
Vnd wenn de Commedianten zu spielen er-
laubett wird, pfläge es zuvor mitt den Ober-
alten communicire zu werden."
1660
ward erst unter Prinzipal Pandsen das erste scenische
Schauspiel aufgeführt.
Diese erste Bande hatte auf dem grossen neuen
Markt in einer kleinen Bude die Vorstellungen eröffnet.
Die guten Altväter konnten aber kein Behagen an dieser
Gaukelei finden und so ward ihnen der Aufenthalt nur
kurze Zeit gestattet.
1669
spielte Principal Veit he im zuerst in Hamburg, aber auch
nur wenige Wochen, denn der Geschmack an derlei Schau-
stellungen war noch nicht geweckt. Der Schauspieler
fühlte sich hier auch nicht heimisch, denn die Bürger
achteten ihn dem Schinderknechte gleich und fürchteten
seinen Umgang.
1669.
In diesem Jahre haben sich keine eigentliche Principale
hier sehen lassen, doch ist dieses die Zeit, wo man in und
um Hamburg anfing, viele Komödien zu schreiben, z. B.
erschien im Druck; „Polinte, oder die klägliche Hochzeit,
d. i. einer Trauergeschichte zwischen etlichen Liebhabern,
darin der Liebe Unglückseligkeit und des Fati oder Geschicks
19
wunderbare Wirkung spielweise vorgestellt wird, beschrieben
von J. J. Beckchen, d. R. B. und kaiserlichen edelgekrönten
Poeten." Auffallend ist es, dass schon in diesem Jahr-
hundert Männer aus dem geistlichen Stande in Hamburgs
Gebiet sich mit Verfertigung von Schauspielen befassten,
z. B. Johann Koch, ein geborner Hamburger, Prediger
zu Geesthacht, schrieb unter vielen anderen Komödien, einen
deutsch und lateinischen Elias. — Michel Johannsen,
Prediger in Bergedorf, schrieb ein geistliches Trauerspiel
von Kain.
lOTO — 1670.
In diesen Jahren fanden sich in und um Hamburg
kleine Rotten von Menschen ein, welche ihre mit lebendigen
und leblosen Maschinen darzustellende Machwerke dem
Publikum schaustellten. Für dergleichen Leute wurden
Buden aufgeschlagen, und die beliebtesten Plätze dafür
waren : Pferdemarkt, Anschariusmarkt und grosser Neumarkt.
Die Marionettenspiele waren vorzüglich ein Lieblingsver
gnügen der Zuschauer. Der grössere Theil der vornehmen
Classe wünschte ein eigenes Gebäude für derlei Schauspiel-
Vorstellungen.
16TT.
Gerhard Schott, später Rathsherr, ein wirklich
eifriger Freund und Beförderer der Wissenschaften und
Künste, vereinigte sich mit einigen Musikfreunden (dem
Licentiaten Lütgens und dem Organisten zu St. Katharinen,
Rei nicke), und baute ein auf Grundhauer liegendes
Opernhaus auf dem Gänsemarkte an der Aislerseite. Schott
besoldete eine eigene Truppe und sein Unternehmen fand
Anklang.
2 *
20
107§
ward die erste Oper in Hamburg aufgeführt, das Sing-
spiel „Adam und Eva", die den kaiserlichen gekrönten
l*oeten Richter zum Verfasser hatte. Es muss damals
eben nicht schwer gewesen sein, zu einer kaiserlichen
Dichterkrone zu gelangen. Dies zu beweisen, ziehe ich
nur eine Stelle aus diesem Singspiele aus. Es heisst
daselbst im dritten Auftritt:
Adain.
„ — Das ist die Frucht die Gott verbot.
Kva.
„Ich ass sie traun und bin doch nicht todt!
„Iss nur mein Herzchen, sie schadet dir nicht,
„Iss nur, sie stärket das blöde Gesicht.
„Glaube, sie wird uns noch geben
„Ein himmlisches Leben.
Adam*
„Der Schmack ist gut! und mein, wer brachte
„Mein Kind dazu, dass sie sich machte
„An diesen edlen Baum?
Clva.
„Die Schlange!
Adam.
„0, ach, wie wird mir bange!"
, , Unter den Opern -Dichtern waren die Namen: Mathe-
son, (starb als englischer Legalionsrath und testirte
44,000 ^ zu einem Orgelbau in der Michaeliskirche,)
König, ^Imenhorst und Richter beliebt.
Zu den besten Komponisten gehörten: Keyser,Theil,
Kunze, Bronner, Grunewald und der engagirte
Kapellmeister Konsser.
21
Das in Sold stehende Personal lässt sich nicht genau
angeben, doch finden sich die Namen einiger beliebten
Sängerinnen vor, als Mariane Pirker, Madame Keys er
und Dem. Konradini.
Die Oper hielt sich lange in der Gunst der Hamburger
und nach einigen Ausflügen in benachbarte Städte, kehrte
die Truppe immer bald zurück.
10§1.
Der Franzose Regnard berichtet in seiner Reise-
beschreibung, über Sehenswürdigkeiten in Hamburg:
„Les Optras n'y sont pas mal reprösent^s; j'y ai
trouv^ celui d*Alceste tres beau."
(Wahrscheinlich hat später Gluck dasselbe Sujet durch
seine Komposition der Vergessenheit entzogen.)
16§§.
Unter vielen Banden, die abwechselnd kurze Zeit hier
verweilten, kam in diesem Jahr wieder die Veltheim'sche,
chursächsischer Komödianten und spielte auf dem An-
schariusmarkte in einer Bude.
1699
finden wir abermals die Veit heimische Bande hier. Bei
dieser Truppe ereignete sich der erste Zwist zwischen
den Geistlichen und Komödianten. Veltheim's Courtisane,
Dem. Schernitzky, ward von den Hamburger Predigern
das Abendmahl verweigert. — In einem Lande, wie Deutsch-
land, wo man den Schauspieler noch immer für halb
unehrlich hielt und mit dem Bannfluche belegte, konnte
diese Handlungsweise keine Sensation erregen.
22
1093
Übertrug Schott die Directionsführung, der geringen Thei-
nahme nnd der vielen Inlriguen wegen, an die Herren
Kremberg und den Kapellmeister Konsser.
1694
schrieb Prediger Elmenhorst zu Ehren des Theaters ein
„Draniatologiam." — Welch ein Kontrast zu der Handlungs-
weise nur zwei Jahre früher. Da die obigen Unternehmer
der Oper ihre Rechnung nicht fanden, so legten sie die
Direction nieder.
1696
führte der Erbauer des Hauses, Herr Schott, die Direktion
wieder für eigene Rechnung.
169$
wurde auf dem grossen Neumarkl in einer kleinen Bude
ein „mathematisches Kunstbild" ausgestellt, welches redete.
1699
trat Schott die Direction dem Dr. M. Kordes und dem
Organisten der heil. Geistkirche Er o hu er, ab.
Bis hieher sind die Notizen, die ich sammeln konnte,
nur Bruchstücke. Erhebliches ist in keiner Chronik auf-
zufinden, und sollen diese vorgemerkten Jahre ja auch nur
als Vorläufer betrachtet werden. Mit dem Anfange des
achtzehnten Jahrhunderts, werden die Ereignisse, insofern
sie interessant sind, von Jahr zu Jahr verfolgt.
spielt die Veltheim'sche Truppe im holländischen Oxhoft.
Es war damals noch der Brauch, dass die Schauspieler-
Truppen dem Senat der Stadt jährlich eine Benefiz-
Vorstellung unter dem Namen Rathskomödie, zur schuldigen
Danksagung gaben. Der Senat pflegte dann in corpore
zu erscheinen und den Schauspielern ein Geschenk zu
machen.
(Wäre diese Sitte jetzt noch, so würden die meisten
Schauspieler statt aller Geschenke, um eine Heimath
bitten.)
f Den 26. May starb der Eigen thümer des Opern-
hauses, Gerhard Schott.
Kordes und Bronn er legen die Direction nieder
und zwei hamburger Bürger, Otto Klaussen und Meyer
pachten das Theaterwerk. Die Führung des Geschäftes
war nicht der Art, dass an ein Bestehen zu denken war,
denn nie hat und nie wird ein Bürger etwas von der
Führung eines Theaters verstehen.
1703
übernahm die W^« Schott die Leitung selbst, jedoch
auch nur auf kurze Zeit. Die Herren K eis er und Drüsike
26
übernahmen die Pachtung. Auch diese Unternehmer halten
nur zu bald ihr Müthchen gekühlt, denn von ihnen über-
nahm Monza die Führung, unter dessen Direction denn
auch die deutsche Oper gänzlich aufhörte.
1704.
In dieser Zeit wurden viele Opern komponirt. Be-
sonders war zu Hamburg F. G. Hunold, den man unter
dem Namen Menatus kennt, so fruchtbar an Opern, dass
er sich ganz davon ernährte.
1705
waren auf dem EUernsteinweg Marionettenspieler, die
grossen Zulauf hatten.
Bei der Oper wirkte Mattheson.
1706
sorgen Komödianten- und Gaukler -Banden für die Unter-
haltung des grossen Haufens, durch ihre verschiedenartigen
Productionen in kleinen Buden auf dem grossen Neumarkte.
1707
kam die Direktion der Oper an Herrn Hinrich Sauer-
berg. — So gross in frühern Jahren die Lust für die
Oper beim Publikum war, so sehr hatte sie doch bei den
späteren Führern abgenommen.
ITOS
fing Sauerberg an, wieder gute Geschäfte zu machen.
Zwei gute Sängerinnen, die Madame Dehling und
Demoiselle Wiese fanden grossen Beifall.
27
1709
spielte Principal Lorenz hier. Folgender Theaterzettel
aus diesem Jahre ist nicht uninteressant:
Heute als am 14. November
Werden die Sächsisch -HoehteulscheComoedianlen zum erstenmahl
vorstellen, eine gantz neue wohlsehenswürdige Haupt -Äction,
genannt
lürtt- Streit trer tH^rli^bten
Oder
Die um den Jungfern -Krantz selbst -streitende
Printzessin.
Kurzer Summarischer Inhalt.
Act I.
Der König von Greta nachdem er die Thracier überwunden,
wird auf einen Triumph - Wagen, so von nackenden Sclaven gezogen
wird, öffentlich eingeholet. Verspricht deswegen denen Göttern
ein ewig -brennend Feuer anzuzünden.
Act II.
Der Fürst von Negroponto, will seine Printzessin Dorimene,
mit Gonsens des Königs an den Printzen von Cypern vermehlen,
weil aber die Printzessin anderwerls verliebt, bittet sie dass ihre
Wahl auff ein Ritterliches Gefecht möge gestellet werden. Sie
aber verkleidet sich heimlich in Manns -Kleidern entweder ihren
Liebsten Orontes zu gewinnen oder ihr Leben zu verlieren.
Act III.
Der Printz von Gypern, nachdem er auff" der See den Orontes
das Leben errettet, vermag ihn dahin an statt seiner den Welt-
Streit um den Jungfern -Kranlz mit anzutreten, welcher auch den
Sieg erhält. Weil er aber nachgehends als des Königs Sohn er-
kandt wird, überlässt ihn der Printz von Cypern die Braut frey-
28
willig, liierbei wird ein Ballet von 4 Rillern gehalten, auch ist
diese Haupt-Action mit lustiger Harlequins-Kurlzweil angefüllet.
Nach der Endigung der ersten Haupt-Action soll beschliessen
eine lustige Nach-Conioedie, genannt Mj'Msprit Wrancois
oder der Frantzösische Oeist.
Der Schau -Platz ist auf dem grossen Neuen -Markt, und wird
mit dem Glockenschlag 5 CJhr das Theatrum geüfFenel, werden
sich also die Liebhaber um 4 Uhr einstellen.
1710.
Dieses Jahr ist, wenn auch nicht gerade für die
Hamburger Buhnengeschichte interessant, doch für das
deutsche Theater und dessen Jünger bemerkenswerlh.
Zwei neue Prinzipale tauchen auf, die Herren Denn er
und Spiegelberg. Beide Gesellschaften spielten bald
vereinigt, bald für sich. Zuletzt blieb die Spiegelbergische
allein übrig.
Bei dieser Gelegenheit muss ich einer Anekdote er-
wähnen, die in damaliger Zeit grosse Sensation erregte.
In den Fasten dieses Jahres zur Zeit der heftigsten Kälte,
wollte die Spiegelbergische Gesellschaft von Kopenhagen,
wo sie jetzt spielte, vier Meilen über's Eis auf Schlitten
nach einem Jahrmarkte gehen, der mit dem Kieler Umschlag
einige Aehnlichkeit haben soll. Der Führer, durch den
Schnee geblendet, verfehlte den Weg, so dass sie, nachdem
sie den ganzen Tag auf dem Eis zugebracht hatten, statt
gerade hinüber zu kommen, des Abends spät, seitwärts
Kopenhagen wieder anlandeten. Alle Männer, die zu Fusse
gingen und deren Stiefel vom Schnee durchfressen wurden,
blieben unversehrt. Den Frauenzimmern aber erfroren
sämmtlich die Füsse. Der Demoiselle Denn er mussten
29
an beiden Füssen die grossen Zehen abgelost werden, so
dass sie erst wieder im Angust in der braunschweiger
Messe und auch hier nur sitzend agiren konnte.
1711.
Die beliebteste Sängerin der hamb. Oper, Demoiselle
Konradini (die schöne Konradini genannt), vermählte
sich mit dem Grafen Gruzewska und ging nach Berlin.
Ihr Verlust war für die Direction ein herber Schlag, und
nur Mad. Keys er gelang es, ihr Andenken weniger
fühlbar zu machen.
171».
machte der Kastrat Kampioli grosses Glück in der neuen
Oper „Die hamburger Schlachtzeit," obgleich die Oper
selbst den grössten Unwillen hervorrief. Da mir ein Zettel
dieser ersten Aufführung vorliegt, so theile ich ihn
hier mit.
Heute den 26, September
wird auffgeführt
Die Hamburg-er ISchlaclitzeit
oder
der misslungene Betrug
in einem Singe-Spiel
auf dem
ttavnburgischen ISchaw Platae.
flerfonm:
In dem Prologo.
Die Opera Madem. Monjo, die Jüngere.
Die Poesie Madem. Monjo^ die Äeltere.
30
Die Musik Madcm. Reinikin.
Die Malerei Madem. Kayserin.
Das Ballet Monsr. Möhring.
In der Opera.
Lc Marquis de Carabas Mons. Campioli.
Constanline Madame Polone.
Ehren hold Monsr. Petersen.
Wohlgemut h, dessen Ehefrau Madem. Reinikin.
Miranda, deren all. Tochter Madem. Monjo., die Jüngere.
Dorinde, die jüngste Tochter Madem. Kayserin.
Fedele, deren Bruder Monsr. Riemschneider ^ senr.
G re tj e, eine Lülje -Maid Madame Kayserin.
Jucunda Madem. Monjo, die Aeltere.
Pomponius Monsr. Cahn.
Simplicio Monsr. Möhring.
Abraham, ein Jude "Monsr.RiemenschneiderJunr.
Martin, der Haus -Knecht Monsr. Westerholz.
Neelss, ein Ochsen -Händler Monsr. Scheffel.
Lisetta, der Constantine
Kammermädchen.. Madem. Sellie.
Amoroso, ein junger Mensch Monsr. Rose.
Peter, ein Bedienter im Rathskeller. Monsr. Vogel.
In dem Prolog^o.
Der Platz vor dem Opera -Hause (am Gänsemarkl), welches
im Prospect zeigt.
In der 1. Handlung.
Der Pferde - Markt.
In der 9. Handlung.
Ein Saal.
In der 3. Handlung.
Der Raths -Keller.
31
In der 4. Handlung.
Der Hopfen -Markt.
In der 5. Handlung.
Eine grosse Diele, so zu dem Schlacht -FesUn zubereitet.
Die Malerei ist von Signor Fäbris.
In dem Prologe.
Entree der Poesie, des Ballets und der Malerei.
In der 1. Handlung.
Entrie von zwei Ochsenhändlern, zweien Bürgern und ihren Frauen.
In der 9, Handlung.
Die Eifersucht, von zwei Bauern und einer Bäuerin.
In der 3. Handlung.
Entrk von Bödger -Jungen, Dienst -Mägden und Nachtwächtern.
In der 4. Handlung.
Entrie von Fischer-Jungen und Höcker - Deerens.
In der 5. Handlung.
Von Schlachter -Jungen, und Wurst -Macherinnen.
Eine Pantzen- Klopferin Md. Buchhöfer.
Die Composition der Musik ist von dem Herrn Kapellmeister
Reinhard Keyser, und zwar dessen I07te Opera.
Die Poesie ist von J. P. Praetorius.
Die Ballette sind von Monsr. Baptiste.
Anfang 5i Uhr.
Die Obrigkeit liess nach der mit grossem Beifalle
aufgenommenen ersten Vorstellung die Wiederholung unter-
sagen, und wurden die bereits angeschlagenen Zettel von
Gerichtsdienern abgerissen.
Die Bemühungen der Poesie mögen nun in einigen Proben
für sich, und für die Maassregeln der Obrigkeit sprechen.
32
€rfte gaitlilung.
Erster Auftritt.
(Der Pferde -Markt mit verschieilenen» Rindvieh angefüllet.)
Xhrenhoid, J^eelss, JfKarten,
Eihrenhold.
Aria.
Ein Kluger mnss am frühen Morgen,
Schon für den späten Abend sorgen,
Sonst wird sein Thun den Krebs -Gang gehn.
Die Sachen bei Schilling und Dreiling zu kaufen,
Und täglich nach dem Schrank zu laufen.
Zeigt bald, dass wir die Wirthschaft nicht verstehn.
CDa Capo 3
Die Schlachtzeit ist vorhanden.
Und mancher Wirth hat schon ein Beest erstanden.
Doch hab ich es, mit Fleiss, bis hieher ausgestellt,
Weil sich jetzund das Fleisch im Pöckel besser häU.
Märten.
Schoor, seeht doch her!
Dat iss een gaadlich Deerd.
dhrenhold.
Der Ochse stehet mir nicht übel an,
Ich werde sehn, ob ich ihn nicht erhandeln kann.
Glück zu, mein Freund.
Weelss.
Fromsyss !
Eihrenhold.
Was fordert Ihr?
Für dieses Thier?
JSTeelss.
Man veerlig Koopmanns-Daaler Schoor!
Eihrenhold.
(Der Kerl ist wohl ein Thor.)
Stehn Euch die zwanzig an?
33
]¥eelss.
Mit eenem VVoord!
De acht im dortig.
Ehrenhold.
Nein, ich gehe fort.
Marien.
Wat will jy wider lopen?
Jy mögt ju doch 'nen Juten koopen.
Xeelss.
't is so een staatlich Beest!
£hrenhold.
Ihr fordert allzustark.
IXTeelss.
Schoor! söss und söstig Mark
Syn twee un dortig Koopmanns - Daaler,
Dat is keen Geld för ju.
£hrenhold.
Soll es bei dreissig bleiben?
]¥eel88.
't geihl myner Truw nich an, gävt my de een un dortig.
SIhrenhold.
Nicht einen Schilling mehr, als dreissig; wollt ihr nicht,
So gebt mir alsofort Bericht!
JVeelss.
Nu Glück darmel.
£hrenhold.
So ist der Handel fertig:
Lasst ihn nur gleich auf meinen Namen schreiben,
Brauch ich denselben auch zu nennen?
Weels.
O nee! Wo schall'ck den Herrn nich kennen?
£hrenhold.
(Der Preis geht an, und wenn das Talg mich nicht betrügt,
Bin ich vergnügt.)
3
34 ,
IVeelss.
Schoor, syd gebeden
Hier in dal Wyn-Huus in to Ireden
Een SchUickschen Biller -Wyn bekümml ju, iip den Neewel
Wich owel. (Gehen ab )
Das wäre denn soweit ganz harmlos; nun aber treten
nach und nach junge Damen auf, die hier mitten unter
dem Rindviehe ihre Rendez -vous halten. Grelje, eine
Lülje-Maid lernt von ihnen dabei und schildert die
Frauen folgendermaassen :
— See dörfl nich vor de Köcke sorgen,
ün slaapt den heelen Morgen.
Klock leine slaht se up, Klock elffe drinkl se Thee,
Klock tvölffe syn se iipgeflegen,
Un wenn se afgespyst, kumml de Caffee;
Klock five fahr se na der Opera,
Klock neegen
To Gasl, «n na der Assemblde,
Um Middernacht, wennt Speelen uul
Fahrt se lo Huus un legt sick up de Snuul.
Die verheirathete Mad. Wohlgemuth führt nun den
Marquis Carabas als ihren Galan ein, den sie eben neu
gekleidet, bei welcher Gelegenheit sie bemerkt:
Der Kramer sehe zu, wie er die Zahlung kriegl;
Mein Mann bekümmre sich, genug! ich bin vergnügl.
Der Herr Marquis begehrt nun noch „kahle tausend
Mark," die ihm ebenfalls zugesagt werden. Madame meint:
Die Forderung ist ziemlich stark,
Doch bin ich nicht geschickt, ihm elwas zu versagen,
Mein Mann mag sich mit Grillen plagen. —
(zu ihm) Sie sein ihm denn geschenkl,
Im Fall er fleissig denkt,
In meinen Arm sie wieder abzutragen.
35
A r i a.
Nur einen zu lieben und theuer zu schätzen,
Nur einen zu küssen, giebl wenig Ergetzen,
Der Wechsel im Lieben vergnüget allein.
In deiner Umarmung vergeh ich für Freuden,
(Doch mag ich auch noch andre leiden.
Je mehr, je besser wird es sein.)
CGeht ab)
Am Schlüsse dieser Handlung erfreuen uns sämmtliche
Personen mit einem Rundgesange, von dem der erste, im
Chor gesungene Vers genügen möge:
Die Hörner sind heut zu Tage gemein;
Man kann sie nicht allein im Stall
Und auf dem Pferde - Markte kaufen,
O nein! wir sehen überall
Ein zweigebeintes Hornvieh laufen.
Der Ausspruch trifft noch richtig ein:
Die Hörner sind heut zu Tage gemein.
An einer späteren Stelle singt die Lütje-Maid Gretje
folgende Aria:
Deerens, as see Jungfern heelen,
Stellt sick frahm und ehrbar an.
Fründlich sprecken, höfflich gröten.
Lal see sick nich licht verdreelen,
Awers hefft see erst een' Mann,
0 — da könnt see anners pypen;
Wät' am na dem Kopp lo grypen.
Dat he sick nich redden kann.
In diesem Tone, und in noch bei weitem schlimmeren
geht es fort; doch werden diese Proben genugsam für das
Verbot sprechen, obwohl Mattheson meint, die Handlung
habe doch ihres Gleichen, und diese Strenge hätte mit
gleichem Rechte mehrere frühere Opern aus jener Zeit
treffen müssen.
3 *
36
1713.
Die Geschäfte der Oper unter Saiicrberg gingen
noch immer ziemlich gut, nur wurden seine Verpflichtungen
dadurch erschwert, dass er an Sonn - und Feiertagen keine
Vorstellungen geben durfte.
1714
gab der Marionetten -Principal Drolage mit seiner stummen
Truppe auf dem Anschariusmarkte Vorstellungen.
Eine KomOdiantenbande unter Piincipal Querges
giebt auf dem grossen Neumarkte Vorstellungen.
1715.
Gottfried Prehauser, ein in ganz Deutschland
berühmter Hanswurst, begann seine theatralische Laufbahn.
In diesem Jahr erregten zwei berühmte Schauspieler,
die Herren Gründler und Tilly die Aufmerksamkeit
Deutschlands.
1710
lebte der beste Pantalon, Johann Leinhaas. Er warder
grösste Komiker seiner Zeit und der Vater aller Pantalone.
In einer Bude auf dem grossen Neumarkt, spielt
Principal Beck, der nebenbei auch Hanswurst und Zahn-
arzt war.
1717.
Hamburg wurde in diesem Jahre von vielen kleinen
Banden heimgesucht, die kaum hier angekommen, auch
schon wieder verschwanden. Nur zwei Principale, die
Herren Querges und Spillerbeil habe ich aus dem
Actenstaub herausgefunden, wofür ich nach eigener Ueber-
zeugung aber keinen Ruhm erwerben werde.
37
1718.
Sauerberg, der seit eilf Jahren das lecke Operii-
schiff vor Sturm und Klippen glücklich wahrte, hat nun
beschlossen, den Hafen der Ruhe zu suchen.
Die Direction übernimmt Herr J. G. Gumprec-ht.
1719.
Nach langer Zwischenzeit kam die sächsische Komö-
dianten-Truppe unter Prinzipal Veitheim wieder nach
Hamburg und gab in einer grossen Bude auf dem Neumarkt
Vorstellungen, die grossen Zulauf hatten.
1790
war der grosse Konrad Eckhof in Hamburg. Ein
Ereigniss, gross genug, um den Inhalt eines ganzen Jahres
auszufüllen.
17!»1
spielte Veitheim zum letzten Male in Hamburg. Die
Königl. polnischen und churfürstl. sächsischen Hof- Komö-
dianten spielten auf dem grossen Neumarkte.
1799
trat Gumprecht von seiner Pachtung zurück und die
Direction kam an die Herren:
Konferenzrath v. Ahlefeld,
Graf Otto Karl v. Kallenberg,
dem engl. Gesandten Cyrill v. Wich,
F. C. von Wedderkop,
und S. Desmercieres.
1793.
Mehrere hamburger Künstler und Gelehrte nahmen sich
jetzt der Oper an, z.B. Müller, Mattheson u. Telemann.
38
Die obigen llnlernehmer standen mit den ersten
Familien in genauer Verbindung und interessirten diese für
das vaterstädtische Singspiel. Der Vergleich, den der
jetzige Vorstand mit Herrn Gump recht geschlossen, ging
auf 6 Jahre, zerriss aber schon in diesem Jahr und ausser
Herrn v. Ahlefeld, zogen sich die andern Herren diplo-
matisch aus der Affaire.
1794
erscheinen Hoch- Ftirstl, Würtembergische Komödianten
auf eine kurze Zeit.
Im Juni spielten auch die Wiener- Hochdeutschen
Kaiserl. Hof - Komödianten. Der Schauplatz war: voran
auf der neuen Walls trasse , in der grossen Pforte.
Die Denn er- und Spiegelbergische Truppe spielte
hier im August in der Fuhlentwiete, dem Bremer Schlüssel
gegenüber in einem Privathause.
17«5
erschien die Förstersche auserlesene und gewiss remar-
quable hochdeutsche Comödianlen-Compagnie. Folgender
Zettel wird als eine willkommene Beigabe betrachtet
werden:
Mit gnädiger Bewilligung Einer Hohen Obrigkeit werden
heute ^ Dienstag^ als am 19. Junüj
^uf UteUr tJorncl)men ^e0fl)ren
Die allhier anwesende Hoch-Teutsche
COmOEDIAMTEllI
Allen <;nrieusen Liebhabern Teutsch- Theatralischer Piecen auf
einem ganlz neuen Theatro, mit galanten Kleidungen und Aus-
zienmgen, unter einer angenehmen Inslrnmental-Music untermischten
Arien, Balletten und Täntzen, aufführen.
39
Eine Torlfeff liehe und recht sehens- würdige Haupt -Action,
BetietuU:
pu in trm ^^rljaoffe Ufer WoUnfi nti'i^UU Starke
Oder
Simson und Daelila^
Mit
•Mrlequin, einem lustigen Jfäger, JULocheeit'JBitter
und intere*sirten Muppler.
Inhalt:
Tugenden und Lasier sind die Regleiter des Menschlichen
Lebens, doch mit diesem Unterschied, dass, da jene uns ein Pharus
sind, welcher uns zur Wohlfahrt führet, diese im Gegentheil auf
dem grossen Welt -Meer zu Syrenen werden, deren Schmeicheleien,
wie lieblich sie auch scheinen, denen bezauberlen Ohren einen
gantz gewissen Weg zu ihrem unvermeidlichen Verderben eröffnen.
Die Wahrheit des letztem bestätliget in seiner unglückseeligen
Person der Israelitische Hercules, oder, damit wir ihn bey seinen
rechten Nahmen nennen, Simson ä Israel. Die gantz ungemeine
und fast übernatürliche Qualitaelen dieses Helden, setzten ihn
sowohl bei seiner eigenen Nation, als auch bei den angränlzenden
Phüistern in solches Ansehen, dass auch die blosse Benennung
seines Nahmens schon capable war, einem jeden, der ihn sähe, eine
sonderbare Ehrerbietigkeit zu inspiriren. Hätte nun dieser Simson
in denen Schranken der Tugend, den Wandel seines Lebens geführt,
so würde er das Schloss seiner Glückseeligkeiten auf Marmor und
Diamant gegründet haben; weil er aber auf die Thorheit der
Wollust verfiel, und nicht glaubte quod sub hac herba anguis
laieret^ so wusste er das Labyrinth seines Untergangs mit eignen
Händen zu bauen. Die Historie davon ist jedermann bekannt, weil
sie aber ihren Circumslantiis nach, mehr Well- als Geistl. ist, so
haben wir uns Theatralische Freyheit genommen, die Serieusile
40
der Materie mit ein und anderer Lustbarkeit zu produciren, wovon
der Augenschein hofrentlicli das gesuchte Contentcmenl geben wird.
Präsenlationes:
1. Simsons Löwen Kampf.
2. Des erlegten Löwens Aas, in welchen ein Bienen - Schwärm
und Honig gefunden wird.
3. Wie Simson, vermittelst zusammen gebundenen Füchsen, das
Korn der Philister in Brand geslecket.
4. Die Niederlage der Philister durch einen Esels -Kinnbacken,
aus welchem Wasser springt.
5. Wie Simson die beyden Thiiren an dem Stadt -Thor zu Gasa
aushebet und davon trägt.
6. Simson's dreyfache Stärck- Proben.
7. Dagons Tempel, welcher einfällt, und alle darinnen befindliche
Philister, nebst dem Simson, erschlägt.
Ballette und Täntze.
Solche werden im Werke selbst zu sehen seyn.
Nach Endigung der Haupt -Action, soll eine extra lustige
Nach-Comoedie den Beschluss machen.
Der Schau -Platz ist in der Fuhlen-Twiete, neben dem Bremer-
Schlüssel über, in der grossen Comödien-Bude, nnd wird präcise
um 5 Uhr angefangen. Der beste Platz gilt 1 Mark, der andere
Platz 8 Schilling, und der letzte Platz 4 Schilling.
1796
spielte Principal Hofmann mit seiner Truppe in der
Fuhlentwiete. Sie hatten den ersten Schauspieler von
Bedeutung: Kohlhardt bei sich.
Den 15. März d. J. kaufte sich Herr v. Ahlefeld,
der seit zwei Jahren allein am Ruder übrig geblieben,
von seinem Contraet los und die Schott'schen Erben,
Gumprecht und Frau übernahmen die Direction der Oper.
41
17^7
übernahm der engl. Gesandte C. v. Wich die Oberaufsicht
der Direction des Opernhauses. Es hatten sich 100 Sub-
scribenten zu einem Zuschuss von 25 Thaler ä Person
verpflichtet, um die Oper aufrecht zu erhalten.
(Solche Leute hätten wir 1846 auch gebrauchen können.)
17Ä8
kam die Neuberin zum ersten Male mit ihrer Truppe
nach Hamburg und spielte in der neustädter Fuhlentwiete.
Unter ihrem Personal befand sich der berühmte Kohlhardt
und die Herren Koch und Schönemann.
Den Direktions - Scepter der Oper legte Herr v. Wich
nieder und durch den Abgang der Demoiselle Monjo,
einer beliebten Sängerin und des Herrn Riemschneider,
eines gefeierten Sängers, ward das Unternehmen auf einige
Zeit ganz eingestellt.
1799
kam die Neuberin zurück. Bei ihr debutirte Herr Schröter.
Die Direktion des Opernhauses übernahm jetzt die
erste Sängerin Mad. Kayser und begann am 10. October
die Vorstellungen.
1730
debutirte bei der Neuberin Herr Schönemann; auch
finden wir unter dem Personal die Herren Koch und
Suppig. Die Truppe reiste bald wieder ab und machte
einer andern Platz.
1731
kam die Hoffmann'sche Truppe zurück und spielte in
der neust. Fuhlentwiete.
Die Oper ruhte wieder auf einige Zeit.
42
1739
spielte die Neuberin auf dem grossen Neumarkt und
machte gute Geschäfte.
1733
spielte die Ferdinand Mü Herrsche Truppe in der
neust. Fuhlentwiele.
1734
kam Principal Friese mit seiner Truppe und hatte viele
gute Schauspieler bei sich. Das Publikum zeigte rege
Theilnahme, weshalb Friese über acht Wochen hier
bestehen konnte. Nachfolgend ein Zettel aus dieser Zeit:
Vor einem Hoch -Edlen und Hoch -Weisen
Mag^istrat
turr toät nrih "Prlt - berüi)mten ^tabt ^amb ur0
wollen zur schuldigsten Dancksaguns; für die genossene Gnade,
einen sehenswürdigen musikalischen Prologuni
genannt:
Oder:
der sich mit seinen Jflusen auf dem Berge Parnasso
za Danic bereitender
Apollo.
Nebst einer Staats- und Haupt -Aclion, und zwar in Poesie,
betitull:
JMer bis in den Vod getreue, begtändiffe, und
vor das Vaterland streitend' und sterbende
CATO
aufführen,
Die allhie anwesende Hoch-Teutsche Comödianlen.
43
Praesenlationes sind folgende:
Erstlich wird sich eine überaus sehenswürdige, dem Hohen
Magistrat zu Ehren, aufgerichtete Ehren -Pforte zeigen, mit schönen
Architecturen und Statuen gezierel, neralich an der einen Seite
die Stärke, und an der andern die Tapferkeit: Oben auf der
Fronte -Spitze die Hoffnung und die Gedult. In der Mitte des
Portals wird mau das Hamburger Wapen, von 2 Löwen gehalten,
ilkiminirt sehen. Unter dem mittelsten Bogen wird man der
beyden präsidirenden Herrn Bürgermeistern, und an den beiden
Seiten unter die kleinen Schwibbogen wird man der andern beyden
Herrn Bürgermeistern Magnif. Magnif. Magnif. Magnificenzes, von
4 Engeln in Händen haltende, und in einander geschlungene Namen
sehen, welche aus Trompeten blasen, die Worte: Vivat, Vivat.
Bei Eröffnung des Theatro wird man 6 illuminirte Pyramiden,
mit überaus artigen Devisen, in Augenschein nehmen: auf der einen
findet sich die See -Fahrt mit vielen Schiffen, mit der Unterschrift,
Pacem fert secum. Auf der andern das Hamburgische Rath-Hauss,
darunter: Recidit quod accipit. Die nechstfolgende, auf der einen eine
Landschaft mit Sonnen - Schein und Regen, und der Unterschrift:
Benedictio coeli düat. Auf der andern einen Lust-Garten mit einer
darin aufgerichteten mit Lorbeerzweigen bewundenenSeule, darunter,
Utrumque. Auf den 2 letzleren Pyramiden sind folgende Devisen: Auf
der einen eine Fonraine, mit der Unterschrift: Clara aqua^ und auf
der andern ein Küssen, worauf ein Buch lieget, darunter: VerbumDei.
2) Wird sich der Berg Pernassus praesentiren, worauf der
Apollo mit seiner Chitarre, und an jeder Seite 3 Musen sitzen hat.
Zur Rechten sitzet die Liebe mit zwei Kindern, zur Linken sieht
man die Gerechtigkeit. Oben sieht man Jupiter im Gewölke auf einen
schwarzen Adler. Welche insgesamt unter Trompeten- und Pauken-
Schall, unter einer angenehmen Music, folgenden Prologum singen.
Aria.
Apollo. Ihr blitzende Wolken, ach zieht euch zurücke,
Nach Rasen und Stürmen, schickt freudige Blick>e,
Durch Fackeln, die den Frieden leuchten.
Und unsrc Mauern stets erreichten.
Die müssen uns immer und ewig verbleiben.
44
Auf, auf, ihr Musen auf,
Vollfüliret euren Lauf,
Wir wollen uns ewig in Deniulh verschreiben.
Da Capo.
Recitativ.
0 du beglückle Sladt, du Republic auf Erden,
Kein schon're kan ja nicht in Teutschland funden werden,
Was deine Mauren hegt
An Weisheil und Regieren,
An See -Fahrt, HandelsschafTl,
An Geist- und Welllichem, und was du in dir hast,
Isl alles rühmenswerlh.
Auch die Milice die dich und deinen Wall berühren,
Der Stab auch den du hast, wirds Regiment wohl fuhren,
Zu deiner Sicherheit.
Drum lebe Hamburg wohl mit Fried und Freud beglücket.
Die edle Bürgerschafü gehorsam sich auch schicket.
Die werden auch die Treu, die sie einmal geschworen.
Nun halten fesliglich, weil sie dazu erkohren.
Drum rufle ja mit mir du werthe BürgerschalR,
Es grüne Hamburg stets, Vivat, Vivat, Vival.
Aria.
Die Liebe. Die Liebe muss hier Iriumphiren,
Weil sie Ruh und Ehre zieren,
Durch der Bürger treue Brust,
Ihre treu -gesinnte Liebe.
Sucht durch Fleiss bemühte Triebe,
Nichts als Friede, Ruh und Lust.
Da Capo.
Recitativ.
Die Weisen, die uns schützen immer,
Setzt Jahre über Jahren zu.
Und lass der Himmel sie doch nimmer
Erlangen Nolh, Gefahr Unruh,
Damit sie ihren Unterthanen,
Den Weg zur Treue bahnen.
Auf allen ihren Stegen,
45
Da wünschet man aus Lieb,
Ihn'n nichts als lauter Segen.
Man wartet schon mit eifrigem Verlangen,
Wie man doch in der That,
Den hohen Magistrat,
Mag jederzeit mit Danckbahrkeit umfangen.
Ja selbst die Liebe neigt in ünterthänigkeit
Ihr Haupt,
Und spricht es werd' der Weisen Ruhm,
Von allen ausgebreit.
Aria.
Justitia. Was kan schöners funden werden,
Als das Jus auf dieser Erden,
Hamburg triumphirt damit:
Denn da straffl man nach Gesetzen,
Ohn's Gewissen zu verletzten,
Drum wohl Hamburg leb beglückt.
Da Capo.
Recitativ.
0 du Wohl -Weiser Rath, du Einigkeit der Erden,
Es muss ja unter dir
Des Hamburgs Ruhm und Zier,
Die Bürgerschafft,
Niehmalen uneins werden.
Wann sie in ihrer Nolh, zu dir o Magistrat
Sich wenden, finden sie auch würcklich Rath und That.
Denn die Gerechtigkeit muss hier gehandhabt werden,
So lange Hamburg steht, so lange bleibt der Erden.
Ich wünsch mit vieler Pflicht, den hohen Magistrat,
Und ruf das Vivat hoch.
Lang leb in Ruh und Fried, dass euch kein Feind nicht schad.
Denn kan die Handelung mit Freuden sich ausbreiten,
Die See -Fahrt gehet gut,
Man darf mit keinem Bluth,
Die Sicherheit zuvörderst erst erstreiten.
46
Ich setze noch dazu,
Leb Hamburg stets in Ruh,
Der Himmel wolle dich doch jederzeit begleiten.
Aria.
Jupiter auf Herrsche glücklich, herrsche lange
dem Adler. Hamburgenser Magistrat,
Lass den Himmel dir nur geben,
Die Gesundheil, langes Leben,
Drum so rufft man in der Thal,
Herrsche glücklich, herrsche lange
Hamburgenser Magistrat.
Da Capo.
Recitativ.
Getreues Volk, Ihr teutschen Hamburgenser,
Der Weisen Rath und unerschrockner Muth
Macht, dass sich aller Wuth
Von Euch entfernt.
Denn der ist eu'r Defenser.
Das macht, dass Hamburg jetzt florirt
Mit Palmen ausgeziert.
Und einen steten Frieden hegt,
Dass Jedermann mit Lust und Freuden sich bewegt.
Drum ruffet Vivat aus mit Macht,
Lang leb die Bürgerschaffl,
Die in der Republic und künfFlig kommen mag.
Lebt wohl, und lebt vergnügt,
Der Himmel geh euch stets den Sieg,
Damit ihr allzumahl
Könnts wagen.
Und sagen:
Die Weisheit schützt uns fest, in diesem Freuden -Thal.
ApoUo^ die Liehe^ Justitia und Jupiter.
Aria.
Lass Hamburg gedeyen,
Lass Hamburg sich freuen,
47
Das Hamburg niuss grünen,
Wann wir es bedienen. :/:
So kan es ausbreiten von Seiten zu Seiten,
So kan es wohl werden auch ohne Beschwerden.
Den Beschluss macht ein lustiges Nach -Spiel genannt
Die kostbare liäclierlichkeit.
1735
kam die Neuberin zurück und spielte vom 18. April bis
15. December. Für die damaligen Verhältnisse eine sehr
lange Zeit. Als sich aber das Glück von ihr wandte, und
niedrige Possen, Uebertreibungen , Operngekreisch dem
regelmässigen Wesen, der Hanswurst der Buden sogar
ihrem sittigeren vorgezogen wurden, da verleitete sie ein
gerechter Unwille, ihre Vorwürfe laut werden zu lassen,
weshalb ihr die Hamburger das Prädicat „einer undank-
baren stolzen Frau" dafür gaben. Sogar auf dem letzten
Zettel vor ihrer Abreise machte sie dieser Empfindlichkeit
Luft, wofür denn auch diese letzte Vorstellung vom Rathe
verboten wurde. Der Zettel, der vor mir liegt, lautet.
„Allen denen,
die uns oft und gern gesehen haben, .
die uns nicht haben sehen können,
die uns nicht haben sehen dürfen, und
die uns nicht haben sehen wollen,
zu Ehren und schuldigster Dankbarkeit etc. ein Vorspiel, genannt:
„Die Umstände der Schauspielkunst in allen vier Jahreszeiten." etc.
Das Denkwürdigste aus diesem Theaterjahr, ist das
hier zuerst gegebene Trauerspiel von G. Behrmann,
„Tinioleoii, der Bürs^erireiiiid,*^ welches grossen
Beifall fand.
48
1730
spielte (lieBeck'sche Truppe, (die nachmalige Was ersehe.)
1737
musste die Oper aus Mangel an Unterstützung den Sommer
«aufhören.
Bartholomäus Monza und dessen Tochter Mari
brachten die Direction an sich.
Die N e u b e r i n kam als Hochfürstl. Schleswigsche Hof-
Truppe nach Hamburg und spielte in der neust. Fuhlentwiete.
Auf dem grossen Neumarkt lockten französische
Marionettenspieler viele Zuschauer in ihre Bude.
173S
legte Monza die Direction nieder und die Neuberin
spielte zum ersten Male im Opernhause auf dem Gänse-
markt. Bei ihr debutirte Herr Hejderich.
Principal Lorenz mit der hochfürstl. weimar'schen
Hof- Truppe. Folgender Zettel datirt von daher:
Mit hoher Obrigkeitlicher Bewilligung
Werden heute Montags den 27, January 1738
Die Hochrürstl. Weinaarische
Hof-Comoediaiiteii
denen respective Liebhabern teiitscher Theatralischer Schau -Spiele
Eine sehenswürdige Staats -Action vorstellen,
Genannt:
Der auf eine seltsame Art triumphirende
Tamerlan
Oder:
49
Bey der Person
Des von dem Oipffel des Olücks in den Abgrund
der Verzweiffelungf gestürzten
Ba;jazeth,
Vorher sehr stolzen endlich aber gedehmühtigten Türkischen Kaisers
oder
Per uiHbiidje ^rknuiit.
Averlissement.
Nichts ist wohl in der Welt unbeständiger als das unbe-
ständige Glück selbst, weil es öfters gantz unvermuthet aus einem
Fürsten einen Sklaven und aus einem Bauren einen Edelmann
machet; Und wer heute Kronen trägt, kan öffters des morgenden
Tages nicht eines Pfennigs Herr seyn, dieweil sich niemand vor
seinem Ende glücklich preisen kan.
Eben dieser Worte erinnerte sich ehemahlen der von dem
König der Perser gefangene und zum Holtz Stoss verdammte
Lydier König Crösus, dass Solon auf Befragen : Wer wohl auf der
Welt der Glückseligste wäre? die Wahrheit geredel, wenn er
gesprochen :
Nemo ante Obitum beatus.
Eben ein gleiches siebet man an dem heute in unserer Action
vorkommenden Bajazeth, der sich gleichsam gantz hochmüthig
einen Herrn der Welt nennete; allein ehe ers sich versähe, wurde
er aus einem so grossen Kayser ein Sclave, ja noch weniger als
ein Sclave des Tamerlans, indem er auf Befehl desselben in einen
eisernen Kefig mit Ketten geschlossen zur Schau herumgeführet
wurde, worin er sich denn endlich aus Verzweifelung getrieben
den stoltzen Schedel eingestossen.
Und dieses ist der Grund, worauf unsere heutige Action
beruhet.
Was aber den Tamerlan betrift, so werden seine barbarische
Thaten, so viel es der Schauplatz zulassen will, heute einigermaassen
vorstellig gemacht werden, welcher wegen seiner Grausamkeit, da
4
50
er gleichsam (wie Allila) eine Blut -Feilsche und Züchtiger der
Tyrannen genennel, als ein Tyranne selbst seinen Lohn empfangen,
indem er von seinen Anhängern bald aus dem Wege geräumt
worden.
Die Liebes -Intriguen zwischen ßajazeth und seiner verlassenen
Braut Maecha, die ihm als ein Narre verkleidet bis in das Lager
des Tamerlans unerkannt gefolget, werden die Pie^e adouciren;
weil auf diese Weise ein Frauenzimmer vor heute eine luslige
Person vorstellet, daher auch die Comoedie betitult worden:
Der weibliche Harlequin.
Den Beschluss macht ein lustiges Nach -Spiel.
Die Person giebt auf dem ersten Platze 1 Mark L., auf dem
mittlem 8 Schillinge, und auf dem letzten Platze 4 Schillinge.
Der Anfang ist um 5 Uhr, in Hamburg in der Fulen-Twiel
im Comoedien- Hause.
nWohunn Friedrich JLorent».
1739
spielte die Neuberin wieder im Opernhause. Der Lt.
Bostel sucht die welsche Oper wieder einzuführen.
Karl von Eckenberg, genannt der starke Mann,
kündigt sich als Seiltänzer, Voltigirer und Luftspringer an;
doch gab er auch Schauspiele. Seine Bude war in der
Fuhlentwiete.
1T40
ward die italienische Oper unter Mingotti eröffnet. Die
besten MitgUeder waren:
Md. Franzeska Kazzoni^ Kastrat Giacomo Zaghini^ G. A.
Cesari und Mariane Pircher.
Die MüUer'sche Truppe spielte in der neust. Fuhlen-
twiete und
51
1741
im Openihause auf dem Gänsemarkl. Dieses Haus war
damals von der zerrütteten deutschen Operngesellschafl
und von der Neuberin aus Mangel an Theilnahme ge-
räumt worden.
Dieses Jahr ist reich an wandernden Truppen.
Stoll, Principal der Hessen -Casselschen Hofakteurs
gab „extraordinaire lustige Aktiones."
Eine holländische Truppe gab unter grossem Zulauf
Vorstellungen in der Fuhlentwiete. Eine französische
Truppe spielte auf dem grossen Neumarkt.
Die MüUer'sche Truppe wurde von der Schöne-
mann'sehen abgelöst, welche auch im Opernhause spielte.
Unter den Mitghedern finden wir:
Eckhof ^ Md. Schröder und Äckermann,
174»
spielte die Truppe der Madame Schröder im Opernhause.
Mitglieder: die Herren Ackermann^ Starke^ Uhlig^ Koch^ Schubert
und Heyderich; die Damen Rudulphi^ Tumlerin und Wesler.
1743
trat eine lange Pause bei der italienischen Oper ein, bis
Ende October Pietro Mingotti, ein Bruder des Direktors,
mit einer starken Gesellschaft hinzukam.
Mitglieder: Rosa Kosta^ Giovanna Stella^ Angiolina Romanik
Regina Yalentina^ Filippo Finazzi^ Francesco Avigoni^ Gine^
vra Magagnoli^ Kaiini,, Paul Skalabrini^ Kapellmeister.
Rosa Kosta glänzte als Stern erster Grösse am
italienischen Opernhimmel.
4 '
52
1744
am 3. November ward F. L. Schröder geboren.
Zu Anfang dieses Jahres kam P. Mingott i von einem
Ausflug nach Prag wieder nach Hamburg.
Die Truppe der Md. Schröder spielte im Hof von
Holland.
Der starke Mann, v. Eckenberg, spielte auch wieder
auf dem grossen Neumarkt.
1747
kam Mingotti wieder und brachte den berühmten Musik-
direktor G^luck mit.
Im Herbste spielte Schönemann zuerst im Opernhause.
Ausser den Mitgliedern von 1742 waren noch engagirt:
Eckhof, Krüger und Starcke.
174$
ward auf dem grossen Neumarkt hinter der Hauptwache,
(auch eine schöne Gegend) eine grosse Bretterbude gebaut,
worin ,,Comedies frangois et Italiens'''' gespielt wurden.
Nach Abzug dieser Truppe erschien darin der berühmte
Zauberkünstler Nicolini, mit seinen Kinderpantomimen
und erntete Ehre, Beifall und Geld, obgleich Lessing
nach Anschauung einer solchen Vorstellung aus Leipzig
schrieb: „Es hat mir so wohl gefallen, dass ich niemals
wieder hinein kommen werde."
Mingott i's Oper bestand in diesem Jahr aus folgen-
den Mitgliedern:
Kapellmeister Gluck, Theresia Turkotti, Theresia Pompeati,
Maria Masi, Maria Pircher, Gaspera Becheroni, Ch. v. Hager,
Antonio Kosati, Franziscus Werner und Pellegrino Gaggiotti.
Gespielt wurde bis zum 7. December.
53
1740.
Der dänische Kapellmeister J. A. Scheibe komponirt
die erste deutsche regelmässige Oper:
„Tliuisnelde.^^
t Der Schriftsteller J. E. Schlegel stirbt. Die Bühne
verlor viel an diesem Mann.
1750
debütirte Madame Starck bei der Schönemann 'sehen
Truppe im Opernhause und fand eine sehr gute Aufnahme.
1751
f starb der Schauspieler und Schriftsteller Krüger in
Hamburg.
Mingotti kehrt zurück und giebt kurze Zeit ita-
lienische Opern.
Die berühmte „Prager Compagnie" liess sich in den
Sommermonaten hier sehen und begann am 14. Juni ihre
Vorstellungen auf dem Neumarkt.
175».
Prinzipal Reibehand spielte mit einer kleinen Truppe
in der neust. Fuhlentwiete, Mingotti giebt einige italieni-
sche Opern auf der Bühne bei dem Dragonerstall.
1753.
F. L. Schröder spielt in Lüneburg die erste Kinder-
rolle.
Principal Kuniger giebt auf dem Neumarkt Vorstel-
lungen. Bei diesen war Schuch Arlequin.
In diesem Jahre hauseten auf der Bühne neben dem
Dragonerstall auch italienische Possenreisser,
54
Mingotti, dessen Geschäfte in der letzten Zeil sehr
sdüecht gingen, wagte noch einen Versuch, aber ohne Er-
folg. Am 26. JuH wurden die Opern -Vorstellungen gänz-
lich geschlossen.
Principal Bigottini giebt im kleinen Comödienhause
neben dem Dragonerslall Vorstellungen.
Mitglieder: du Londel, Md. Higottini^ Md. Louviers^ Demoiselle
Bibi, Bigottini^ Tabori^ Girat d^ Neudin u. A. m.
Die Schauspieler der Schönemann 'sehen Gesellschaft
errichteten ein Institut, an welchem Eckhof den wärrasten
Antheil nahm. Die Schauspieler kamen an gewissen Wochen-
lagen zusammen, besprachen und belehrten sich wechsel-
seitig über ihre Kunst und gewannen dadurch ihre und die
Achtung des Publikums.
1754.
Schönemann eröffnet die Bühne am Dragonerstall
und verbindet sich mit P. Mingotti.
Lokatelli eröffnet das Opernhaus wieder.
Mitglieder: Johanna della Stella^ Ä. Sami^ Th. Alberes^ K. und
A. Mast, Manzi, N. Peretti^ M. Potenza^ A. Massa^ G. Messieri.
Die Opernvorstellungen wurden am IL April geschlossen.
1735.
Principal Koch spielte mit seiner Gesellschaft bei dem
Dragonerstall. Unter den Mitgliedern zeichneten sich aus:
Md. Ä'oc/t, Dem. Steinbrecher und Balletmeister Mecour^
Md. Klotzsch.
Den 5. September reiste die Gesellschaft wieder ab.
1756
kam Sc buch zurück nach Hamburg und spielte bis zum
9. Juni.
55
Im Juli eröffnete Schönemann die Bühne neben dem
Dragonerstall wieder. Folgende Mitglieder waren Lieblinge
des Publikums:
Eckhof ^ Md. Starke Herr Stark und Dem. Schulz.
1757.
Obige Gesellschaft löst sich auf und die Herren Eck-
hof, Stark und Mirk vereinten sich mit den Mitgliedern
und spielten noch kurze Zeit fort.
Debüts: die Herren Brandes, Schröter und Martini.
eröffnete Principal Koch die Vorstellungen im alten Opern-
hause.
Mitglieder: Herr und Madame Eckhof., Herr und Mad. Starke.,
Dem. Reinerinn, die Herren Fahricius, Gantner ., Martini,
Herlitz, Wülhöft, Brück, Brückner, Brandes, Dem. Bluherinn.
Die Gesellschaft spielte bis December.
In Altona spielte Direktor Kirchhof.
Mitglieder: Herr Stephanie, Herr Xemftc/ce und Frau, herr Hensel,
Mad. Schumannin, Herr Ämberg und Frau.
Debüts: die Herren Fabricius und Gantner.
1759
Ende Februar kam Koch mit seiner Gesellschaft wieder
nach Hamburg und blieb nunmehr beständig bis zu Ende
des Krieges, das heisst, bis in die Mitte des Jahres 1763,
hier und gab seine Vorstellungen im alten Opernhause.
(Keine Truppe hatte vorher so lange hier ausgedauert, keine
so viel Beifall eingeerndtet, keine so viel Ehre genossen
und keine ist so sehr vermisst worden, als sie.)
Schiebeier verfertigte die Prologe für die Gesell-
schaft.
56
«,Der Teufel ist los!''
Oper von Weiss und Stand fuss, wurde in diesem Jahre
zum ersten Male gegeben.
Herr Brück, als Jobsen Zeckel, und Demoiselle
Steinbrecher, als Lene, wurden sehr gelobt.
170O.
J. C. Bode, Buchhändler in Hamburg, übersetzt für
Koch viele Stücke aus dem Englischen und Französischen,
die vielen Beifall ßnden.
1761.
f Zu Wien starb der auch hier bekannte Schauspieler
Schröter,
t Der ehemalige Prinzipal Kuniger starb zu Itzehoe.
1762.
Wieland übersetzt sämmtliche Werke Shakespeare's.
Die Koch'sche Gesellschaft fängt an, die Theilnahme des
Publikums zu verlieren.
1763.
Koch's Direktion hat ihr Ende erreicht und die Acker-
mann 'sehe Gesellschaft eröffnet ihre Vorstellungen im alten
Comödienhause bei dem DragonerstaJl.
1764.
Ackermann ist der eigentliche Gründer des stehen-
den Theaters in Hamburg.
Mitglieder: Ackermann und Frau nebst zwei Töchtern, sein Stief-
sohn F. L. Schröder^ Eckhof und Frau, Schulz und dessen
Mutter, Dem. Schulz^ Löwe^ Merk und Frau, Kourti und
Frau, ßöc/c, Borchers^ Bensei.
57
Am 7. December wurden bei dem Dragonerstall die
Vorstellungen geschlossen und auf dem Kamp im Concerl-
saale eine kleine Hülfsbühne eröffnet, weil Ackermann,
den Wünschen des Publikums nachgebend, ein eigenes
Schauspielhaus bauen Hess.
1765.
Das neue Ackermann 'sehe Schauspielhaus sollte auf
dem Platze des alten, der Niederreissung nun völlig wür-
digen Opernhauses stehn. Mit dem Eigenthümer des Platzes,
Willers, ward ein vortheilhafter Kontrakt geschlossen.
Das Opernhaus, welches seine 87 Jahre lang zum Tempel
der Kunst gebraucht, ward dem Boden gleich gemacht.
Ein Hamburger Baumeister, David Fischer, erbauete auf
Ackermann's Kosten ein nicht prächtiges, aber für das
Bedürfniss hinlänglich ansehnliches Gebäude, welches auf
jenem Hinterplatze an der Ostseite des Gänsemarkts sich
erhob. Die Zugänge, welche durch den Haupteingang zu
den besonderen Sitzplätzen führten, waren zu enge und
unbequem angelegt. Das Gebäude ward 59 Fuss breit und
110 Fuss lang, das Neben- und Angebäude 21 Fuss lang
und 48 Fuss breit. Die Grundmauer 3 Fuss 9 Zoll unter
und eben so hoch über der Erde. Die Höhe des Stender-
werks bis zum Dachstuhle 29^ Fuss. Das Innere bestand
aus der 55 Fuss langen und eben so breiten Bühne, einem
mit Oefen an beiden Seiten versehenen Orchester, mit Bän-
ken besetztem, schräg laufenden Parterre, zwei Reihen Logen
und einer Gallerie. Der gewölbte Platfond ward mit einem
Sinnbilde verziert. Die Oeifnung des Theaters war 37 Fuss
breit und 27 Fuss hoch. In sechs Monaten war der Bau
angefangen und vollendet.
58
Ackermann eröffnete am 31. Juli vor einer glänzen-
den Versammlung mit einem von Löwen verfertigten Vor-
spiele „Die Komödie im Tempel der Tugend", Belloy's
Trauerspiel „Zelmire" und dem Ballet „Die Kornerndte"
das neue Theater. Der Erfolg entsprach leider den Erwar-
tungen nicht, die Geschäfte gingen schlecht, Neid und Ka-
bale, diese unzertrennlichen Feinde aller Directoren, wirkten
nachlheilig auf sein Unternehmen und schwächten seine
Willenskraft.
1766.
Neu engagirt wurden: Herr und Madame Hensel und
Herr Abt.
Herr Abel Seyler, ein um Deutschlands Theater und
dessen Verbesserung unsterblich verdienter Mann und der
Kaufmann Tillemann, so wie die Herren Ochs, Hiss
und Bubbers vereinten sich zu der sehr rühmlichen
Absicht ein Nationaltheater in Hamburg zu stiften.
Ackermann befand sich in solchen Umständen, dass
er ihnen Haus, Garderobe etc. überlassen musste. Folgendes
waren die Bedingungen, unter denen er sein Eigenthum
überliess :
1. für das Haus, Decorationen und Zubehör, auf 10 Jahr,
jährlich tausend Spec. Ducaten,
2. 20,000 Mark^für die Garderobe, in Terminen abzu-
zahlen,
3. von den Maskeraden ein Driltheil für Ackermann,
4. zweijährige Kündigung,
5. 3000 Dukaten Pön bei Nichthaltung der Termine und
Rückfall des Ganzen an Ackermann,
6. 1000 Dukaten als Pön für Ackermann, wenn er
nachtheilig gegen die Pächter wirkte.
59
So schloss Ackermann seine erste kummervolle
Unternehmung.
1767
den 22. April wurde das Nationaltheater eröffnet, mit „Olinl
und Sophronia" und zwei Anreden von Herrn Dusch.
In den Zwischenacten wurden Simphonien von Herlel
aufgeführt.
Ein vortreffliches Ensemble bildeten die Mitglieder:
Eckhof^ Ackermann (Eigenthümer und bisher Director des
Theaters), Dem. Ackermann, Herr und Md. Hensel^ Herr
Borchers, Herr Bock und Frau, Herr Garbrecht und Frau,
Herr Schmelz und Frau, Md. Löwen, Md. Mecour, Dem.
Feibrich, Herr Merschy und Frau, Md. Schultz, die Herren
Meyer und Lambrecht (Beide geborne Hamburger), die Herren
Witthöft, Günther und Hempel.
Gastrolle: Herr Döbbelin als Zamor. (Der erste Vorfall eines
Gastspiels in Hamburg).
Der grosse, unsterbliche liessiug^ wurde nach Ham-
burg von der Direction des Theaters berufen, und gab am
Eröffnungstage die Ankündigung seiner hamb. Dramaturgie
in's Publikum.
t Am 22. Mai starb zu Wien der berühmte Pantalon
Leinhaas.
176§.
Schon im Monat Mai eilte die Unternehmung so gut
wie zur Neige. Die Kasse war zuweilen mit sehr lauten
Gläubigern umgeben; die Schauspieler wurden zu gewissen
Tagen nach gewissen Aufzügen bezahlt. Eckhof am
Mittwochen, Schröder am Montage nach dem zweiten
Aufzuge, und selbst damit wurde nicht Wort gehalten.
Die Gesellschaft wanderte mit Verlust mehrerer guten
MitgUeder nach Hannover. Herr und Madame Brandes,.
60
die kurze Zeit hier engagirt waren, schlössen sich
ihr an.
Im Sommer kamen Herr Berg er und Madame Vink,
zwei in der Theatergeschichle bekannte und beliebte Inter-
mezzisten nach Hamburg, wo sie, unterstützt durch den
Tenoristen Liebich und Musikdirector Frischmuth,
im KomOdienhause ihre Kunst zum Besten gaben.
Nach ihnen eröffnete die Seyler'sche Gesellschaft
ihre Vorstellungen auf kurze Zeit. Unter den Mitgliedern
befanden sich:
Eckhof ^ Herr und Md. Hensel^ Md. Löwen, Md. Mecour^
Dem. Ackermann, Herr Borchers, Herr und Md. Brandes.
1769.
Das Nationaltheater hatte aufgehört und diese zu so
vielen Erwartungen berechtigende Entreprise, deren Haupt-
resultat Lessing's unsterbliche Dramaturgie war und
blieb, hatte ein trauriges Ende genommen.
Im Februar kam unterdessen Was er mit seiner Truppe
zu einem von der Noth diktirten kurzen Besuche nach
Hamburg, ohne jedoch irgend einen Eindruck zu hinter-
lassen.
Mitglieder: Hr. Engelmaier und Frau, Md. Eulenberg, Hr. Wol-
landt, Hr. Lindner, Hr. Arnold, Hr. Ettinger etc.
Ihm folgte eine Gesellschaft französischer Operisten
unter Leitung des bekannten Hamon. Wie alles Aus-
ländische, erfreuten sie sich grossen Zulaufes, doch nur
auf kurze Frist. Zu voreilig wollte man abermals auf
Kosten der Fremden die vaterländische Kunst unterdrücken
und eröffnete zu dem Ende eine Subscription zu Gunsten
der ersten. Sie blieb erfolglos, trotz der den Hamburgern,
61
wie den Deutschen im Allgemeinen und schon oft gerügten
Nationalschwäche, dem Fremdartigen zu huldigen.
Den 21. September eröffnete Ackermann wieder
seine Bühne mit der „Rache" von Young.
Mitglieder: Hr. Borchers, Md. Mecour^ die beiden Dem. Äcker-
mann, Herr Wolfram und Frau, Herr und Md. Schuck, F. L.
Schröder u. s. w.
Am 19. December musste geschlossen werden.
1770.
Nachdem die französische Gesellschaft im vorigen
Jahre nur 5 Vorstellungen hatte geben dürfen, eröffnete
dieselbe die Oper auf dem Gänsemarkte. Die Sängerinnen,
Dem. Klairval und Dem. Lauberty, so wie der Sänger
Borchardy, fanden vielen Beifall.
Eine italienische Gesellschaft unter J. Bustelli gab
im Concerthofe einige Vorstellungen. Unter den Mitgliedern
zeichneten sich besonders aus:
Md. Kalori, Dem. Moreschi, Dem. Lodi und Hr. Guardassoni.
Am 17. Juli eröffnete Seyler die Bühne am Dragoner-
stall. Seine Gesellschaft war jetzt unstreitig eine der
Besten in Deutschland.
Mitglieder: Eckhof und Frau, Bock und Frau, Brandes und Frau.
Md. Koch, Hr. Günther, Hr. Liebich, Hr. Mayer und Musik-
direktor Schweizer.
Bei Seyler's Gesellschaft ward zuerst in Deutschland
Steiflieit des Geberdenspiels entfernt und natürlicher Con-
versationston eingeführt.
Am 23. August wurde geschlossen.
Am 25. September kam die Ackermann' sehe Gesell-
schaft von Braunschweig zurück. Neue Mitglieder waren:
Hr. Möller, Hr. Schröter, Hr. Labes, Hr. Reinicke und Frau.
62
Aitona,
Am 31. October und einige Tage spielte Ackermann
mit seiner Gesellschaft (ausser Schröder), in einem
Wirthshause, Sanssouci, an der Pallmailie. Den 3. Decbr.
reisten sie nach Kiel.
1771
am 14. Febr. zum ersten Male: „Die Jagd" von Weisse.
Während Mad. Mecour zu Seyler ging, kam nun
noch Hr. Brockmann, Dem. Rischar, Hr. J.E.Dauer
und Schwester, sowie Mad. Vetter neu zur Gesellschaft.
Am 17. Juni kam F. L. Schröder's erstes schrift-
stellerisches Produkt „Der Arglistige" auf die Bühne.
Vom 22, Juli bis 3, August wurde die Bühne der
grossen verheerenden Wasserfluth wegen geschlossen.
t Den Schluss des Jahres sollte ein trauriges Ereigniss
bezeichnen. Am 13. Nov. verschied Ackermann. Er hatte
am 11. Sept. seinen unübertrefflichen Kauzer in den „Wer-
bern" zuletzt gespielt, verwundete sich wenige Tage nachher
am Fussknöchel (nicht durch einen Fall, wie oft behauptet
wurde), achtete anfangs nicht darauf und behandelte sich
selbst. Aerztliche Hülfe kam zu spät, und Ackermann's
Weigerung, sich das Bein abnehmen zu lassen, beschleunigte
den Tod.
Nicht allein der Künstler ersten Ranges, der Director,
der thätige Mitarbeiter an der Bühnenverbesserung, auch
der Mensch, Vater und Bürger wurden in ihm betrauert.
Er hinterliess in seiner Familie das Abbild, das Muster eines
exemplarischen Wandels, und wie auch Neid und Missgunst
sie verfolgten, ihren wohl erworbenen Ruf zu schmälern
I
63
versuchten, es ist ihnen bis auf den heutigen Tag nicht
gelungen. Schröder setzte Namens seiner Mutter die Di-
rection, die er schon bei Lebzeiten Ackermann 's mitge-
führt, fort; oft hatte er Widerstand, oft Gehör und Eingang
bei ihm gefunden.
kam die Truppe von Schleswig zurück.
J. Ch. Bock aus Leipzig wurde als Theaterdichter
verschrieben und traf Ende April hier ein.
Am 14. Mai ward Lessing's
,,C]inilia ealotii''
zum ersten Male gegeben.
Besetzung.
Prinz Herr Brockmann.
Emilie Dem. Ackermann d. J.
Orsina Dem. Ackermann d. A.
Odoardo . Herr Reinicke.
Claudia Mad. Reinicke.
Angelo . Schröder.
Madame Ackermann associirte sich mit dem welt-
berühmten Zauberer, dem Pantomimenmeister Nikolini,
um durch seine Macht die Zuschauer stärker an das Schau-
spiel zu zaubern.
Decorationsmaler Zimmermann wurde engagirt.
Am 6. Nov. wurde geschlossen und die Truppe ging
nach Lübeck.
1773.
Nikolini blieb zurück und gab Ballette, Concerle und
Pantomimen. Die Tänzer Tanti und Frau wurden enga-
girt. Bis in den Jnnius wurden Schaustellungen gegeben,
aber nun fing durch den Nebel dieser finstern Episode ein
64
Slrahl von Licht zu dämmern an, welclier den glänzenden
Zeitpunkt des Theaters im Juli verkündete. Nikolini ward
verabschiedet und Mad. Ackermann eröffnete unter allei-
niger Direction am 21. Juli die Bühne wieder. Der Deco-
rationsmaler Zimmermann blieb engagirt und neue Mit-
glieder waren:
Herr Kloss, Ernst und Frau, Böheim^ Lambrecht, Schütz
und Ballelmeisler Sakko.
Mehrere Stücke wurden mit einem seltenen Ensemble,
wir möchten sagen Vollendung gegeben. Das Publikum
zeigte einen ungewöhnlichen Enthusiasmus für sein Theater,
wie nie zuvor. Bis jetzt war dieses Jahr unstreitig die
glänzendste Periode des Hamburger Theaters*).
Mit Lessing's „Freigeist" und einem „ Fischweiber-
ballet" ward am 30. Decbr. die Bühne geschlossen.
1774.
Ein sehr denkwürdiges Jahr in Hamburgs Theater-
Geschichte.
Die Bühne ward am 3 Jan. mit „Minna von Barnhelm"
wieder eröffnet und bestand das Personal aus folgenden
Mitgliedern :
Dem. Ackermann d. A erste Liebhaberin.
I, Ackermann d. J, Soubretten.
Mad. Reinicke Mütter, (eine junge, schöne Frau.)
Sakko Soubretten.
., Schröder , Mütter.
Vetter muntere Liebhaberin.
Herr Schröder komische Rollen.
„ Reinicke joviale und zärtliche Alte.
r Lambrecht zweite Liebhaber.
*) Wird's auch wohl bleiben, Anders ist es schon oft geworden,
aber noch bis jetzt nicht besser.
«5
Herr Schütz Chevaliers und Gecken.
„ Dauer Liebhaber und Stutzer.
„ Klos Dümmlinge, Bediente.
u E. Böheim Nebenrollen.
Am 28. August zum ersten Male:
jClavigo" von Göthe.
99'
Besetzung:
Beaumarchais Herr Brockmann.
Clavigo <' Reinicke.
Maria Dem. Ch. Ackermann.
Carlos Herr Schröder.
Am 2. December letzte diesjährige Vorstellung. Die
Gesellschaft reiste kurze Zeit nach Schleswig. Hamon fand
sich mit einer Truppe französischer Operisten wieder in
Hamburg ein und spielte im Acker man n'schen Schauspiel-
hause.
Mitglieder: die Damen Hamon., Elie-Gilly und Thenadry., die
Herren Gaillard, Klairanson und Julien.
1775
am 17. Januar reiste Hamon mit seiner Truppe ab.
Am 13. Februar eröffnete die Ackermann 'sehe Ge-
sellschaft mit einer Rede, dem Drama „die englische
Waise," „dem Edelknaben" und einem „Gärtner -Ballette"
die Bühne.
Dem. Betty Reimers, Tochter eines Hamburger
Schornsteinfegers, spielte den Edelknaben mit grossem Bei-
fall. Die Osterzeit machte einen Ausflug nach Schleswig
nöthig, doch kehrte die Gesellschaft im April schon zurück.
Am 19. war die erste Vorstellung wieder.
t Am 10. Mai starb Charlotte Ackermann und
ward am 14. in der St. Petrikirche begraben. Selten ist
5'
66
wohl eine Künsllerin mit so vielem Beileid bestattet worden,
als sie. Die Kunst verlor eine hochbegabte und gebildete
Jüngerin in ihr und ihre Verwandten und Freunde ein
kindlich treues Herz. Charlotten's Körper ward in der
Bliithe der Jahre der Mutter Erde übergeben, ihr Geist lebt
in dem Andenken der Nachwelt.
Nachdem die Gesellschaft kurze Zeit in Lübeck gespielt,
wurden die Vorstellungen hier wieder am 10. Juli eröffnet.
Im Personale hatte sich Vieles geändert. Ernst ab-
gedankt. Quequo engagirt. Dauer ging nach Gotha.
Am 28. Novbr. kam Mercier's „Essighändler" zuerst
auf die Bühne.
Ein Herr Feige debutirte und wurde gleich wieder
entlassen.
Neu engagirt: Herr und Mad. Heinzius, Demoiselle
Böschin, Dem. Agrikola, Mad. Kessel. Herr Tilly,
Tänzer.
Gross war keine dieser Acquisitionen für die Bühne.
1TT6
am 8. Februar zum ersten Male „Stella," von Göthe.
Am 22. Februar spielte die Ackermann'sche Gesell-
schaft in
•Aitona
in einem Privathause in der Katharinenstrasse, wo sie mit
einer von Dr. Unzer verfertigten Rede und mit der „Ma-
riane" die Bühne eröffnete.
Bis Ende März wurde gespielt und dann reiste sie nach
Hannover.
Anfang April kam Hamon mit seiner kaiserl. königl.
und herzogl. braunschweigischen Truppe wieder nach Ham-
burg.
i
67
Mitglieder: Demoiselle Jo/t>, Mad. Hamon^ Dainville, Chaumon,
Courcelle <$rc.
Debüt: Demoiselle Olivier Desmazure.
Gespielt wurde im alten ComOdienliause , neben dem
Dragonerstall.
Von einem kleinen Ausfluge nach Lübeck zurückgekehrt
wurden hier diese Vorstellungen am 16. Aug. geschlossen.
Am 19. Juni spielte die Ackermann 'sehe Gesellschaft
schon wieder in dem Theater auf dem Gänsemarkt.
Neue Mitglieder: die Herren Bissing, Raake und Grosse.
Debüts: die Herren Schmidt und Lampe.
Den 6. Septbr. zum ersten Male „Ariadne auf Naxos",
von Brandes und Ben da. QDas erste deutsche musi-
kalische Drama,^
Das denkwürdigste theatralische Ereigniss dieses Jahres
war der am 20. Septbr. zum ersten Male gegebene
««Haitilet^^ nach Shakespeare von Schröder.
Besetzung.
König Herr Reinicke.
Königin Mad. Reinicke.
Hamlet Herr Brockmßnn.
Gustav ., Lambrecht.
Güldenstem Schütz.
Geist u Schröder.
Ophelia Dem. Ackermann.
Mit Recht verdient die erste Erscheinung Shakespeares
in der Tlieatergeschichte hervorgehoben zu werden, und
Schröder's Verdienst um dasselbe wird noch auf den
Tag zu wenig gewürdigt. Der vorsichtige Schauspielvor-
steher musste mehr den Geschmack seiner Zuschauer und
seiner Zeit, als den seinigen zu Rathe ziehen. Dass die
Zeit noch nicht reif war, Shakespeare ungekümmert zu
5 "
68
geniessen, rechtfertigte der spätere Versuch mit „Othello,"
sah man sich doch, und sogar im Vaterlande des Dichters,
zu Aufopferungen genOthigt, die noch auf den Tag beachtet
werden, und sehr oft den von Schröder vorgenommenen
weil nachstehen.
Es ist eine schreiende Ungerechtigkeit, dass die neuere
Zeit das Verdienst des grossen Mannes in dieser Hinsicht
schmälern will, mit vornehmer Verachtung auf dasselbe
herabsieht und es ganz vergessen will, dass er es war, der
es wagte, uns mit dem brittischen Heroen bekannt zu machen.
Den 26. Novbr. zum ersten Male:
„Otliello, IVIolir von Venedigs ^^
Debüts: Die Tänzerin Therese Dekamp^ der Tänzer Konstantin^
Madame Mecour.
Kessel und Frau und Rathje gingen durch.*)
Die Gesellschaft reiste im Decbr. nach Hannover.
1777
kam Md. Ackermann im April nach Hamburg zurück.
Rein icke und Frau halten die Gesellschaft verlassen.
Neu engagirl Md. Stark.
Debüts: Hr. Martini^ Md. Kummer feld^ Hr. Zindar^ Hr. und Md.
Hentschel.
Gastrolle: Hr. Bock vom golhaischen Theater.
Am 7. Novbr. zum ersten Male:
„Der Kaufmann von Venedig^**
Schröder Shylok.
Das Orchester ward verstärkt durch den Musikdirector
Herrn Reinhard und drei geschickte Virtuosen, die
Herren Hattasch, Ulrich und Baumbach.
') Der erste Sündenfall dieser Art in Hamburg.
69
Neu ehgagirt für das Schauspiel: Herr Keil holz und
seine zwei Kinder.
177§.
t Den 10. Juni starb zu Gotha der berühmte Conrad
Eckhof.
Viele Mitglieder verliessen die Gesellschaft:
Hr. Brockmann, Hr. Schütz, Md. Mecour^ Hr. Schmidt und Frau,
Hr. Tanti und Frau und Md. Kummerfeld.
Dem. Ackermann entsagte dem Theater und heirathele
Dr. Unzer in Altona.
Debüts: Hr. und Md. Wothe vom Theater zu Slrelilz, Hr. Christ
vom döbblinschen Theater, Hr. Henke., Hr. und Md. Stegmann,
Md. Henke geb. Schick, Hr. Hellmuth, die Rinder des Com-
ponisten Benda.
In diesem Jahre wurden viele Kinderschauspiele gegeben.
Ein Herr Blache liess seine mitgeführte Jugend in
holländischen Balletten und französischen Comödien auftreten
und fand Beifall.
Den 17. Juli zum ersten Male:
mit Musik von Stegmann.
Schröder Lear.
Am 2. Decbr. zum ersten Male:
,, Heinrich O^"
Schröder Falstaff.
(in Gotha spielte im August d. J. eine Dame, Md. A b l
den Hamlet als Gast was ich der Curiosität wegen hier
bemerke.)
am 4. Jan. ward die Bühne wieder eröffnet.
Kunst und Geschmack der hamburger Bühne nahm in
diesem Jahr mehr und mehr ab.
70
Aüi 2. Februar debütirte Hr. J. L. Renschüb, am
6. Febr. Hr. Fleck, am 14. Febr. Hr. und Md. Borchers.
Am 3. März ward geschlossen.
Am 21. Juli zum ersten Male:
„Hacbetli"
mit Bürger's Hexenauflritten und Musik von Siegmann.
Ostern nahm die
Enlreprise der Actionislen
ihren Anfang.
Der engere Ausschuss, Vogt, Greve und Hostel
betrieben das Geschäft der Thealereinrichtung. Bubbers
führte die Direction.
Mitglieder: Schröder und Frau, Stegmann und Frau, Borchers
und Frau, Renschub und Frau, Klos und Frau, Md. Slarck^
Hr. Fleck ^ Hr. Lamprechi^ Hr. Lampe ^ Dem. Reimers, die
Familie Keilholz, Scholz und Frau, Hr. Beck, Keller,
Rosenthal, von Haak, Quequo, Bötticher, Dem. Frank.
Debüts: Hr. Zukkarini, Md. Benda, Dem. Kress, Musikdireclor
Hr. Benda.
Am 29. März wurden die Vorstellungen mit „Julius
von Tarent'* eröffnet.
den 28. Februar:
,,itg:iieii Beriiaueriii»^^
Albrechl Hr. Schröder.
Das Publikum von der Kraft, Wahrheit und Schönheit
seines Spieles hingerissen, rief nach der Vorstellung, wie
aus einem Munde: Schröder! Er musste hervor und
ward mächtig beklatscht. — Das erste Beispiel des Her-
vorrufs eines Schauspielers in Hamburg.
71
Merkwürdig war der 9. März, der Todes feier des
unsterblichen Lessing bestimmt.
,,Eiiiilia e^alotti''
ward bei vollem Hause gegeben. Ein Chor von Hr. Hönike
(Mitglied des Orchesters) folgte, worauf Schröder eine
vom Hamburger Dr. d 'Arien verfertigte Trauerrede hielt.
Ostern ging Schröder mit seiner Frau ab und ein
Hr. De mm er wurde engagirt.
Die Geschäfte der neuen Entreprise gingen schlecht.
Den 24. März übernahm ein Actionist, Herr H, A.
Dreyer die Direction.
Als Musikdirector ward Hr. Hönike angestellt.
Debüts: Hr. ünzelmann^ Hr. Pfeiffer^ Hr. und Md. Eule.
Neu engagirt für AushülfsroUen :
die Herren Henrichs^ Eichler und Butenop.
Gäste: Hr. Seyler und Frau.
Dreyer sah sich auf Ostern d. J. genöthigt, durch
neue Umformung des Theaterbestandes sich und seiner
Gasse beizuhelfen.
Debüts: Hr. P. Müller und Frau, Md. Earl, Hr. Kunst vom
berliner Theater.
Ballet: Sakko^ Balletmeister; Solotänzerin: Md. Spozzi, Dem.
Gellin; Solotänzer: die Herren Spozzi^ Nuth^ Fauti^ Mangoldi
und Neuhauer; 10 Figuranlinnen.
Im October kam noch der Tänzer Schlanzovsky hinzu.
Den 23. Septbr. zum ersten Male:
9,I>ie Räuber/^ von Schiller.
Besetzung der Hauptrollen:
Maximilian Hr. Fleck^
Carl .. Zukkarini^
72
Franz Hr. Unzelmann^
A m a l ia Md. Borchers.
Gäste: Hr. F. L. Schröder., Dem. Döbbelin., Hr. Böheim., Dem.
Schüler.
Schon im Mai d. J. halle im Concerlsaaie auf dem
Kamp eine französische Comödianten - GeseHschaft unter
Direclion des Hrn. Pinsarl, ein Thealer errichlet und
das Publikum mit Kinde rcomödien abgefertigt.
f C. F. A b l starb zu Bremen und wurde in der Kloster-
kirche begraben, (die Chronik fügt hinzu: ehrenvoll.)
Hamburg blieb vom März bis im Septbr. ohne Thealer.
•M.itona.
Die Schleswiger Hof- Gesellschaft unter Seyler giebl
in dem neu erbauten und im März d. J. eingeweihten
Comödienhause Vorstellungen.
Die Dreyer'sche Direclion hörte auf und Seyler
pachtete von der W^« Ackermann das Schauspielhaus
in Hamburg auf sechs Jahre.
Am 1. Septbr. ward die Bühne unter Seyler's Direc-
lion eröffnet.
Mitglieder. Damen : Seyler, v. Brunian., Diestel., Eule., Hartmann.,
Mattstedt und Weber; Herren: Bötticher., Diestel., Eide.,
Herdt., Hartmann., Keilholz., Klingmann., Klos., Löhrs,
Mattstedt., Michaud., Rüdiger und Rögglen; Musikdireclor:
Hr. Hönike; Soufleur: Hr. Stephanie.
Aufsehen machte am 26. November ein vaterländisches
Trauerspiel: „Klaus Storzenbecher", von Dr. d'Arien.
1794.
t Im März starb der hiei' engagirle Schauspieler
Rögglen.
73
Neue Mitglieder bei Seyler:
Mad. Hanke ^ Mad. Borchers^ Herr Zukkarini^ Herr Michae-
lis^ Signor Bussoni, Signora Feraglioni.
Gast: F. L. Schröder.
(Seyler, an dessen Einsicht es nicht lag, dass es mit
seiner Unternehmung schlecht ging, legte die Führung nieder
und schloss am 21. Mai seine VorsteUungen. Das Theater
war seit einiger Zeit nicht blos in Verfall, nein, beinahe
in eine Art von Verachtung gesunken.)
Seyier's Nachfolger waren:
Klos und Zukkarini.
Ausser Löhrs, Diestel und Frau blieben die sämmt-
liehen Mitglieder der vorigen üirection dem neuen Unter-
nehmen treu.
Für den Decorationsmaler Zimmermann trat Achter-
kerich ein. Für Souffleur Stephanie: Danköhler.
Cassirer: Herr Holst.
Debüts: Mad. Michaelis^ Herr Normann ^ Mad. Burchard^ Herr
Arnold^ Herr Dengele Herr Beck.
Gäste: Herr und Mad. Lange vom Wiener Theater, Herr Döbbelin.
Am 5. Nov. ward das erste Stück von Iffland:
9,Verb]*eclieii aus Ulirisuclit^^
gegeben.
Am 17. Novbr. neu engagirt: Dem. Keilholz d. Ä.
1785.
Gäste: Herr Fleck^ vom Berliner Theater, Herr Brock, vom
Wiener Theater.
Am 24. Februar zum ersten Male:
9,Die Verschwörung; des Fiesko.**
Neu engagirt: Dem. Nätsch, Mad. Wallerstein, Herr Lambrecht.
Musikdirecloren: die Herren Hank und Hönike,
74
Zukkarini trat von der Direclion zurück und
Brandes und Klos
setzten sie fort.
Debüt: Dem. Dahm.
Schröder hatte das Wiener Nationallhealer verlassen
und eine eigene Gesellschaft engagirt, mit der er am 12. Mai
d. J. seine Vorstellungen in
•Ait ona
eröffnete.
Mitglieder: Mad. Schröder^ Mad. Seiler^ Mad. Borchers, Mad.
E%üe^ Frau von Brunian^ die Herren Zukkarini, Klingmann,
Eide, Löhrs, Michaud, Kunst, Bröckelmann.
Debüts: Dem. Schwarzenfeld, Mad. Klingmann.
(Ein solcher Verein von Künstlern war nie wieder in
Altona, und nie wird wieder eine Gesellschaft solche Ge-
schäfte machen; das Haus war jeden Abend von Hambur-
gern überfüllt.)
Am 15. Aug. schloss Schröder die Bühne in Altona.
Am 13. Juni zum ersten Male in Hamburg:
9,I>ie Jä^ev^* von Iffland.
Gast: Herr Iffland, von Mannheim.
Debüts: Herr Keilholz, Herr Gallo, Dem. Keilholz, Mad. Gallo.
1796.
t Am 13. Mai starb Madame Brandes.
(^Die Direclion hört auf.')
Schröder's schon vor Jahren gefasste Idee: hier ein
gutes, stehendes Theater zu gründen, reifte zum Entschluss,
der Entschluss zur Unternehmung. Am 19. April ward mit
„Emilia Galotti" unter Schröder's Direclion die Ham-
burger Bühne eröffnet.
75
Mitglieder und deren Fächer.
F. L. Schröder Charakterrollen.
Mad. Schröder junge Frauen.
„ Seyler Heldinnen.
., Borchers erste Liebhaberinnen.
Eule Liebhaberinnen.
Frau von Brunian Alte.
Dem. Nätsch Soubretten.
Mad. Bissler komische Alte.
Dem. Schwarzenfeld Mädchen und Knaben.
Mad. Dengel Aushülfsrollen.
,/ Klingmann do.
„ Michaelis Mütter.
Herr Zukkarini Charakterrollen.
I, Michaelis Stutzer.
„ Dengel joviale Alte.
-. Eule Komiker.
r, Kunst zweite Liebhaber.
n Bröckelmann Bediente und Soldaten.
» Rosenberg kleine Rollen.
Wülmann \
„ Nätsch f
„ , , r /Nebenrollen.
» Borchers d. J l
u Kupfer 1
Musikdirector Herr Hönike.
Decorationsmaler „ Lieder.
Cassirer , Bartels.
Garderobier „ Brätsch.
Debüts: Herr Langerhans und Frau, Dem. Brandes, Herr Brandes,
Herr Maltausch.
Gäste: Herr Rciwald, vom Berliner Theater, Herr Beck, vom Mann-
heimer Thealer.
Am 10. Oclober wurde zuerst wieder eine Oper ge-
geben, worin zwei neue Sänger, Hen Normann und Dem.
Slockmann auftreten.
76
t Den 15 December starb Madame Borchers.
(In diesem Jahre war der berühmte Luflschiffer
Blanchard
in Hamburg und unternahm im August eine Fahrt von der
Sternschanze aus, die sehr glücklich aushel.)
1787.
Debüts: Dem. Weber^ Herr Grüner^ Dem. Paulis Herr Ambrosch^
Herr Schmidt^ die Familie Kalmes^ Mad. Ambrosch und IVlad.
Stark.
Gäste: Herr Czechtizky, Herr Brockmann., Dem. Merbitz,
Am 8. Juli gab die Gesellschaft in Altona eine Vor-
stellung.
Am 30. JuU zum ersten Male:
„Rtcliard liöweiilierz.^^
Oper, von Gretry.
Am 30. Aug. zum ersten Male:
„Don Carlos,*' von Schiller.
(Es wurden abwechselnd Vorstellungen in Altona von
dieser Gesellschaft gegeben.)
1788.
Neu engagirt: Herr Reinicke., Herr Petersen.
Gast: Herr Stegmann.
f Am 12. Juni starb Dem. Minna Brandes, tief be-
trauert von ihren Collegen und zahlreichen Freunden.
In Altona wurden wieder zwölf Vorstellungen gegeben.
1789.
Neu engagirt: Herr Jobel^ Herr Schink., als Theaterdichter.
Gäste: Herr Zimdar uad Frau, Herr Lange und Frau.
Am 17. Juli zum ersten Male:
MlHensclieiiJiass iiiid Reue,** von Kotz ebne.
77
Am 27. Oclober zum ersten Male:
„Don Juaii.^^
Oper, von Mozart.
In Altona gab Schröder vom 6. Janr. bis 18. Novbr.
neunzehn Vorstellungen.
(Der berühmte Taschenspieler Pinetti gab im Drill-
hause sehr besuchte Vorstellungen.)
f Der frühere Director des Actientheaters, Bubbers,
starb in Hamburg.
1790.
Das Opernpersonal wurde entlassen, ebenso der Musik-
director Hönike.
Debüts: EerrDiezel^ Herr Hagemann^ Dem.Wilken^ Herr Pleissner.
Gäste: Herr Herbst^ Herr Beschorst und Frau, Med. Schlenz.
(Auf den 30. Oct. ward die Neugier des Publikums
auf eine seltsame Kost geladen, durch übertriebene Anprei-
sung in den Zeitungen gereizt und schmählich hintergangen.
Charles Lange,
ein obskurer Fremdling, vermass sich, unter dem Titel:
^^Attic amusements or the union of Elocution and
Harmony''''
eine Composition für Geist und Herz in zwei Abtheilungen
auf der Bühne zu geben und in selbsleigener Person meh-
rerer grosser brittischer Redner, eines Garrick, Hender-
son, Scheridan u. A. m. Manier zu declamiren, ihren
Ton, Ausdruck und Anstand den Hamburgern nach- und
vorzuahmen. Der Erfolg war, dass man diesen Baalspfaflfen
der Melpomene, der sich bei leidenschaftlichen Stellen die
Lenden fast zerschlagen hatte, verhöhnte und auspfiff.)
T8
•Aitona,
Nachdem Schröder 13 Vorstellungen gegeben, ver-
einigten sich die Herren Klos und Butenop mit den
Mitgliedern Lohmayer, Friebachs, dem Musikdirektor
HOnike und gaben mit einer schlechten Truppe 85 Vor-
stellungen.
1791.
Debüts in Hamburg: Dem. Jaime, Dem. S. Boudet^ Dem. Zukkarini^
Hr. ÄaM, Hr. Werdy^ Hr. Schwarz^ Hr. Engelhardt^ Dem.
Werner.
Gäste: Hr. und Md. Bötticher.
Am 4. April zum ersten Male:
„Figaro's HocIizeiV^ von Mozart.
Am 25. und 26. August ward wegen des Hand-
werkeraufstandes die Bühne geschlossen und mehrere
der Schauspieler traten zur nothfallsigen Verlheidigung der
guten Stadt gegen innere Ruhestörer mit unter's Gewehr.
Am 18. Septbr. „Der Vetter von Lissabon" und der
„Essighändler." Dieser Abend brachte die grösste Einnahme,
welche Schröder jemals in Hamburg gemacht, nemlich:
1580 ^.
Am 7. Octbr. zum ersten Male:
„Die beiden kleinen SSavoyarcien ^^
Singspiel von d'Aleirac.
Am 17. Octbr. zum ersten Male:
5, Oberon,**
Oper von Wranitzky.
Am 24. Novbr. zum ersten Male:
9,Die Hag^estolzen/^ von Iffland.
Am 28. Decbr. zum ersten Male:
„Tarap,"
Singspiel von Salieri.
79
179»
am 16. April zum ersten Male:
9, Alte und neue Zeit,^^ von Iffland.
Hr. Herzfeld trat am 18. April zum ersten Male als
Fritz Bötticher im „Kind der Liebe" auf.
Debüts: Hr. Vogel^ Hv. Metzner ^ Md. Engelhardt^ Hr, Dittmarsch^
Hr. Braun und Md. Baschart,
•MJtona,
Eine im Juni spielende Truppe, die sich „/es pr emier es
Sujets de la Troupe des Comediens frangois de S. M.
le Roi de Suede^^ zu sein berühmte, zog eine Menge
Hamburger dorthin.
t Am 14. Octbr. starb Md. Ackermann im TS^ten
Jahre, nach einem mühevoll durchkämpften Leben, von
dem die Geschichte in ihren bedeutendsten Epochen Rechen-
schaft giebt.
Am 26. October zum ersten Male:
„Viel liärmeii um Melitis,^^
nach Shakespeare.
Am 5. Decbr. debutirte Hr. Stegmann und Frau,
am 7. Decbr. Hr. Reichart und Frau.
Hr. Ellenberger nebst Frau und Hr. Silani zeigten
sich in Solo's und Pas de deux, die sie mit Beifall tanzten.
% 1793
am 9. Mai fand eine musikalische Akademie zur Gründung
einer
Pensions-Anstalt
für die Mitglieder der Schröder'schen Bühne statt.
Debüts: Hr. Rögeln und Frau, Hr. Hofmann.
Am 25. Septbr. zum ersten Male:
„Das lüädclien von lüarienburg^,«^ vonKratter.
80
Am 25. Oclbr. zum ersten Male:
Mitrniutli und £delsliin,*^ von Kotzebue.
Am 15. Novbr. zum ersten Male:
„Die Xauberfl^te,'^^ von Mozart,
f Am 9. Decbr. starb die Schauspielerin Md. Engel-
hard in Hamburg.
Am 22. Decbr. war eine musikalische Akademie, worin
Md. Bauer eine Sonate auf dem Psalterion vortrug und
die Brüder Romberg ein Duett spielten.
1704
am 3. Januar zum ersten Male:
„Die Reise nacli der S^tadV^ von Iffland.
Am 26. März zum ersten Male:
„Grraf Benjawsky,""^ von Kotzebue.
Gast: Md. Schick^ vom berliner Theater.
Debüt: Hr. Bassist Krug,
Obwohl die Stimmung wie der Besuch des Publikums
stets vorlheilhaft für die Unternehmung war, so vermochte
jetzt der bessere Theil desselben doch die Ansicht nicht
zu unterdrücken, das Hamburger Theater sei nicht mehr,
wie es gewesen. Bedeutende Verluste im Personal halten
stattgefunden und der Erfolg konnte wohl genügen, doch
nicht vergessen machen; die Auswahl der Stücke sei sehr
abweichend gegen ehedem, wofür dem Spektakel, dem
Aufputze u. s. w. zu viel Raum gegeben worden. Schröder
selbst — so heisst es unter Anderem — trete nur selten
in neuen Rollen auf; eine traurige Wahrheit! Bereits im
Herbste vor drei Jahren, als er den Hofrath in Iffland 's
„Hagestolzen" einstudirte, fühlte er empfindlich die auf-
fallende Abnahme seines Gedächtnisses; das zunehmende
81
Hebel nOthigte ihn auch, mit der Uebernahme neuer Vor-
würfe im nächsten Jahre zu schliessen.
Aitana.
Eine Gesellschaft englischer Schauspieler unter Direction
eines Mr. Williamson, wie es hiess, für Amerika be-
stimmt und durch französische Kaper in die Elbe gejagt,
gab seit dem 10. Novbr. Vorstellungen. Der Vorsteher
selbst war ein gebildeter Darsteller; nächst ihm zeichnete
sich Miss Fontanelle und Scrive als Buffo aus.
1795.
Obige Truppe kam von Altona nach Hamburg und
gab auf dem grossen Neuenmarkte in einer Bude Vor-
stellungen.
Eine französische Gesellschaft eröffnete auf einer Hülfs-
bühne im Concerthofe ihre Vorstellungen.
Mitglieder der französischen Truppe: die Familie Mees^ Dem.
Camille^ Dem. Duquesnoi, Adam^ Berganier etc.
Orchester:
Musikdirector:. . . Hr. Paris,
Violinisten: die Hrn. Tonnies, Hartmann, Graf,
Oboisten die Hrn. F. Hartmann, Eschenbach,
Clarinettislen : . . . die Hrn. Krause, Bultos.
Fagottisten: die Hrn. Schwenke, Behls,
Bratsche : Hr. Suhr,
Cellist: Hr. Chiriau gen. Korwio.
Flötisten : die Hrn. He, Göriz etc.
Ihr Repertoir wies eine grosse Abwechslung nach und
wurde besonders von niedlichen Operetten und Vaudevilles
belebt, die ein gut geführtes und eingeübtes Orchester
vortrefflich unterstützte.
Je weniger belohnend die Bemühungen der englischen
Schauspieler sich auswiesen, desto erfolgreicher steigerten
6
82
sich die französischen. Der Raum wurde ihren Begünsti-
gungen bald zu eng, und so entschloss sich ein reicher
Particulier zum Ankauf eines Grundstückes auf der Dreh-
bahn, zur Errichtung eines anständigeren und geräumigeren
Locales. Schröder dagegen machte seiner Gesellschaft
am 13. April bekannt, dass sie über\s Jahr entlassen sei.
Am 6. August enthielten die Addresscomtoirnachrichten
folgende Anzeige Schröder's:
„Verschiedene Ursachen nothigen mich, auf Ostern
das Theater als Schauspieler zu verlassen, ich wünsche
zugleich die ganze Unternehmung auf billige Bedingungen
abzugeben. Da bei allen guten Bühnen die Contrakte
um Michaelis geschlossen werden, so ersuche ich Die-
jenigen, welche Neigung zu dieser Unternehmung haben,
sich vor der Zeit zu erklären. Ich darf nicht zweifeln,
dass auch jetzt so wohlwollende Männer gegen das
vaterländische Schauspiel auftreten werden, als im
Jahre 1780."
Niemand meldete sich; dagegen erhielt Schröder
am 14 August ein von allen Mitgliedern der Bühne unter-
zeichnetes Schreiben, worin sie ihren würdigen Vorstand
dringend ersuchten, von seinem Vorhaben abzustehen, wie
sie denn bis jetzt gehofft hätten, dass er dies schon bei
sich selber beschlossen. Nun aber sähen sie sich gedrungen,
bei aller Achtung für seine Gründe darauf hinzuweisen,
wie das Wohl seiner Gesellschaft, der Rnhm seines
Theaters durch seinen Abgang gefährdet werden und
der beste Wille nicht hinreichen würde, ihn zu ersetzen;
sie fügten hinzu, wie sie alles thun würden, seinen Wunsch
nach Ruhe zu befördern, wenn er nur ihr Führer bleiben
wolle; mindestens möchte er den Termin seines Austrittes
83
bis dahin verlängern, wo es ihm möglich sein könnte, eine
seiner würdige Direction zu organisiren.
Am 7. Oclbr. erschien folgende öffentliche Anzeige:
„Da sich Niemand zur Uebernahme des Theaters
gefunden hat, so werde ich in die Nothwendigkeit ver-
setzt, es fortzuführen. Dadurch wird aber der Wunsch
nicht aufgehoben, es so bald als möglich aufzugeben.
Jeder Unternehmer, dessen Anerbiethungen mir dazu
behülflich sind, diesen Wunsch früher erfüllt zu sehen,
wird mir zu jeder Stunde willkommen sein.
F. L. Schröder."
Man kann sich die verschiedenen Auslegungen denken,
die diese Anzeige fand: — „er hat sich anders besonnen'^
— hiess es — „unser Theater wird nun besser" — „das
haben wir den Franzosen zu danken," und was dergleichen
mehr war. Wirklich wurde das Repertoir sehr belebt, denn
nach und nach erschienen: „Er mengt sich in Alles," „Die
Schachmaschine," „Das Vermächtniss," „Die Advokaten,"
„Der Spieler," „Der Graf von Burgund" etc.; an Opern:
„Die Weinleese," „Der Spiegelritter," „cosi fan tutli" u.
Ä. ra.
Gäste: Hr. und Dem. Koch und Md. Lange, vom Wiener Theater.
Concerle gaben: die Virtuosen Tausch, Eberl und der blinde
Dülon.
Der Bau des französischen Theaters auf der Drehbahn
war beendet und dasselbe geschmackvoll eingerichtet und
verziert, so wie mit schönen Decorationen gehörig versehen.
Am 9. Oclober wurde es mit einem Prologe. „La dispute
des artistes^ ou la louable amhition!'^ und der
99^olrc^e a la mode"
unter grossem Jubel und Beifalle eröffnet.
6 *
84
Gast: Md. Chevalier^ vom Ih^Mre ilalien zu Paris.
Im deutschen Theater gastirle Mad. AI brecht.
Herr Leo wurde engagirt.
1790
am 18. März spielte Schröder zum letzten Male auf seiner
Buhne, und zwar den Odoardo in „Emilia Galotti," mit
der er sie vor 11 Jahren eröffnete.
Debüts: Hr. Neumann ^ Hr. Halbe^ Hr. Müller^ Hr. Böhlendorf^
Md. Müller und Md. Fiala.
Gäste: Md. Lange ^ Hr. Renner^ Tenorist Eunicke^ Hr. Beck jr.
und Frau, Bassist Hübsch^ Hr. XcM, Hr. La Roche ^ sowie
der Italiener Bianchi.
Am 7. April beliebte der Rath nach dem Bürgerschafts-
beschlusse, den achten Theil von jeder reinen Einnahme
aller öffentlichen Vergnügungen einzuziehen : in Folge dieses
Beschlusses erhöhten die französichen Schauspieler ihre
Preise durchweg mit 4 /?. Schröder beschränkte dies
auf Parterre und Logen, und befreiete nur aus Dankbarkeit
sein Galleriepublikum von der Auflage.
Am 26. Novbr. heirathete Herz fei d die ältere Dem.
Stegmann und erhielt zur Ausstattung eine Vorstellung
des „Abällino" am 30. Decbr.
Die Geschwister Löhrs (nachmalige Mad. Meyer
und Rein hold) betraten versuchsweise die Bühne.
Unter den besonderen Ereignissen am franz. Theater
ist eine Pflichtverletzung gegen Direction und Publikum
von Seiten der vergötterten Mad. Chevalier anzuführen,
die zu oft erneueten scandaleusen Auftritten Veranlassung
gab. Die Dame wurde eines Abends auf eine noch nicht
erhörte Weise ausgepfiffen, denn zur Erreichung voUstän-
85
digster Geniigthuung hatten sich Viele, die mit den Backen
nicht auszureichen dachten, eine Art Kukuke zugelegt und
an die Kniee gebunden, die durch Zusammenschlagung
ihres Effectes nicht verfehlten. Man verständigte sich jedoch
bald wieder zu gegenseitiger Zufriedenheit. Ferner gelangten
die Actionisten zu der ärgerlichen Erfahrung, dass sie,
mit Ende des Augustmonates, ihr Capital von 42,000 Mark
bereits eingebüsst hatten; vom Septbr. an wurde nun nach
der früheren Vereinigung mit den Vorstellungen fort-
gefahren.
1797.
Ein hochwichtiges Jahr für die Hamburger Bühne.
Um seine Ereignisse ununterbrochen an einander reihen zu
können, möge vorangehen, was sich an Zuwachs der Mit-
glieder, an Gastrollen, bedeutenden Neuigkeiten u. s. w.
ergeben. Gewonnen wurde Hr. Kirchner als Tenorist,
der bei seinem Debüt gefiel. Ferner Hr. Pleissner, von
der Ungunst seiner Gegner auf's Neue verfolgt und im
September wieder verjagt, und abermals unverdient,
wie früher. Mad. Lippert und Lange sind bereits
erwähnt worden; Hr. Cordemann als Liebhaber, Herr
und Mad. Gollmick als Tenorist und zweite Sängerin
(nach einer eigenmächtigen Entfernung des Hrn. Kirchner).
Zur grossen Freude des Publikums gab. Md. Unzelmann
aus Berlin leider nur fünf Gastrollen, als Gurli, Nina,
Josephine (in „Armuth und Edelsinn,") Sophie G,Aussleuer")
und Gilana (in den „Arkadiern"). Sie riss zum allge-
meinen Beifall hin und nur in der Gurli wollte man der
Renner, die ihr im vorigen Jahre vorangegangen war,
den Vorzug geben, freilich auch eine Rivalin, ihrer würdig,
deren seltene natürliche und künstlerische Vorzüge zu
86
sclinell dem Gedächtnisse der neuern Zeil entschwunden
sind. Es wird späterhin Gelegenheit geben, auf sie zurück-
zukommen. Mad. Bissler und Tochter (spätere Mad.
Gehlliaar) gefielen, Erstere in Mütterrollen, Letztere als
naive Liebhaberin. Einen grossen C^'klus von Darstellungen
gab der ehemalige Liebling der Hamburger, Klingemann
aus Wien. Allgemeiner Beifall empfing ihn, obwohl sich
der neuerstandene Theil des Publikums in den Enthusiasmus
des älteren anfänglich nicht so recht finden wollte, und
erst nach und nach mit ihm übereinstimmte. Doch seine
Tochter Betty dagegen vereinigte aufs Neue alle Theile
zu der gerechtesten Anerkennung für sich wie früher.
Herr Walter als Tenorist, Ellmenreich als Buffo, Bork
als Kammerjunker im „Kind der Liebe" und Grüner im
„schwarzen Mann" gefielen mehr und minder; der Buffb
hätte wohl grossere Würdigung verdient, doch erfordert
dies Fach, mehr als jedes andere, eine wechselseitige
Befreundung zwischen Publikum und Darsteller. An Neuig-
keiten sind von Iffland „Leichter Sinn" und „Erinnerung,"
von Kolzebu e „Ueble Laune," „die Corsen" und „die
silberne Hochzeit'^ anzuführen. Gegen letzteren Autor war
die Kritik schon sehr rege geworden, aber sie vermochte
dennoch nicht die Stimme des Publikums selbst bei offenbar
misslungenen Gaben, von ihm abzuwenden. „Jugendstreiche"
nach „Wild oats" von O'Keefe (das Original des jetzt so
beliebten Lustspiels „Richard's Wanderleben") und ,,Gleiches
mit Gleichem'* von Vogel, sowie das abenteuerliche
Trauerspiel, „die Maske" (nicht die eiserne) gefielen. Die
Oper brachte: „der Milzsüchtige," „Euphrosine," (von Paer)
„das unterbrochene Opferfest," „theatralische Abenteuer''
(von Paesiello) und „die Waldmänner."
87
Schröder hatte einen Landsitz (Reilingen im Hol-
steinischen) angekauft, der ihm um so werther wurde,
als sich seine Frau, deren Gesundheit sehr litt, dort wohl
gefiel, und er hielt sich von Zeit zu Zeit daselbst auf, je
nachdem die Geschäfte und die Ausführung seiner Anord-
nungen es erlaubten, welche er dem von der Gesellschaft
selbst gewählten Ausschusse, den Herren Löhrs, Langer-
hans, Stegmann, Herzfeld und Eule übertrug. Er
sehnte sich nach Ruhe, die ihm wohl zu gönnen war nach
der Masse von Unannehmlichkeiten, den vielen Kränkungen,
die er zu ertragen, dem Kampfe, den er mit der Geschmacks-
richtung, bei dem Bewusstsein, stets das Bessere zu
wollen, zu bestehen hatte. Ausserdem glaubte er, wäre
es auch nur durch die Begründung des Pensionsfonds, die
Herzen seiner Untergebenem gewonnen zu haben, doch
konnte er sich dessen in Wahrheit nur mit wenigen Aus-
nahmen rühmen. Vielmehr trat man ihm gegenwärtig mit
argen Zumuthungen entgegen, ja sogar mittelmässige Mit-
glieder wagten Anforderungen, die er sich selbst nie
erlaubt, noch je von bedeutenden Künstlern erduldet hatte.
Das Theater war ihm zuwider geworden. Behielt er
nun die Oberherrschaft, so war es unvermeidlich, dass
eben all die Verdriesslichkeiten wieder über ihn kommen
mussten, die sein Gemülh so schwer verletzten und die er
nicht mehr zu ertragen vermochte, obwohl er sich jeder,
selbst der beschwerlichsten Mühwaltung gern unterzog und
Arbeitsscheu nimmer kannte. Da seine Versuche, einen
fremden Nachfolger zu finden, bisher erfolglos geblieben
waren, so richtete er zu dem Ende sein Augenmerk auf
die obengenannten fünf Herren des Ausschusses, die mit
ihren Familien ohnehin den Kern seines Personals bildeten.
88
Was er wohl selbst gegen den Einen oder den Anderen
empfand, glaubte er unterdrücken, gute Eigenschaften in
die Waagschale legen zu müssen, und sah er ja die übrigen
Mitglieder gegen Willkührlichkeiten und Abweichungen
durch seine wohl überlegten Theatergesetze geschützt. Er
versammelte also jene Herren um sich und theilte ihnen
im Vertrauen die Absicht mit, ihnen die Direction gegen
eine Abgabe von zwölf vom Hundert von der täglichen
Eiimahme (den achten Theil für die Stadtkämmerei unge-
rechnet) auf drei Jahre zu verpachten, dafern sie sich
verpHichten wollten, seine Bühnen- und Pensionsgesetze
unverbrüchlich aufrecht zu erhalten. Nachdem man sich
unter einander beralhen, stand man nicht an, die Bedin-
gungen unter den obschwebenden Verhältnissen billig zu
finden, ersuchte Schröder jedoch abermals und dringend
um Beibehaltung der Oberführung, was er aber entschieden
ablehnte. Das Geheimniss blieb inzwischen bald kein
Geheimniss mehr; der bevorstehende Wechsel wurde hin
und her besprochen, und einigen Mitgliedern der Gesell-
schaft gefiel diese Zukunft ihrer älteren Genossen nicht.
Man hatte unter sich mit grosser Geschäftigkeit dagegen
gewirkt und geworben, und als Schröder endlich eine
mündliche Anfrage, „ob er jene Uebertragung der Direction
beabsichtige" rund heraus bejahte, erhielt er alsbald eine
Zuschrift von den nachfolgenden Mitgliedern unterzeichnet:
Hönike und Frau, Reinhard und Frau, Cordemann,
Bau, Laroche, Petersen, Michaud, Hoffmann,
Kupfer, Böhlendorf, Werdy, Kirchner, Louise
Lange, Fiala, Leo, Braun und F'rau, Jaime, Lippert.
Sie ersuchten ihn darin dringend, sich ihnen nicht gänzlich
zu entziehen: sei dies aber nun einmal unwiderruflich von
89
ihm beschlossen, so appellirten sie an das ihnen gegebene
Versprechen, „die Direction nur in gute Hände zu über-
geben, mit denen die Mehrzahl der Gesellschaft zufrieden
sei; ausserdem trugen sie auf eine gänzliche Revision der
Gesetze des Pensionsfonds an.
In seiner Antwort bemerkte Schröder: „er habe zwar
dem Ausschuss sein Wort zur Uebergabe der Direction ge-
geben, könne es auch für sich nicht zurücknehmen; wenn
jedoch die respective Gesellschaft den Ausschuss bereden
könne, zurückzutreten, so wolle er den dringenden Bitten
der Unterschriebenen nachgeben und ferner ihr Oberdi-
rector bleiben, wiewohl mit der Einschränkung, dass er
alle nur mögliche Ruhe dadurch erzielen könne/^
Hierauf unterzeichneten die säramtlichen Mitglieder ein
von den Herren Hönike, Werdy, Braun und Rein-
hard an sie gesandtes Circulair, nach welchem sie sich
erklärten, unter Herrn Schröder's Oberdirection sich zu
einer vereinigten Gesellschaft formiren zu wollen, und sich
anheischig zu machen, mit keiner andern Direction in Ver-
bindung zu treten.
Der Ausschuss wurde nun versammelt, um seine Er-
klärung abzugeben, und da er verneinend auf jene Zumu-
thung antwortete und sich bestimmt dahin erklärte, das
Herrn Schröder gegebene Wort nicht wieder zurück-
nehmen zu können, *) so wendeten sich die Herren Hönike,
Rau, Werdy, Reinhard und Braun im Namen obbe-
*) Herr Lang er ha ns allein setzte hinzu, dass, wenn die Ge-
sellseliafl gegen ihn insbesondere vielleicht etwas einzuwenden
haben sollte, er gern aus dieser Verbindung treten wolle.
Er fübrle dies auch wirklich, jedoch nur für kurze Frist, aus.
90
nanntcr Mitglieder noch einmal mit einer schriftlichen Vor-
stellung an ihren Director, und trugen ihm ihren Entschluss
vor, sich unter seiner Oberdirection zu einer vereinigten
Gesellschaft bilden zu wollen; Herr Schröder sollte dann
als Oberdirector einige von den Fähigsten und Wohlgesinn-
testen des Ausschusses, zu welchen die übrige Gesellschaft
das meiste Vertrauen habe, zu Regisseurs wählen, und
Diesen, so wie den übrigen bleibenden Mitgliedern des Aus-
schusses, für die innere Führung eine ihrer Mühwaltung an-
gemessene Gratification bestimmen.
Schröder wies in seiner Entgegnung auf Undank-
barkeit und Kränkung hin, erwähnte der Geschenke und
Gagenverbesserungen, die er freiwillig gespendet, und der
Opfer, die er dem Pensionsfond gebracht,*) und schloss
') In einer Berechnung, welche er dem Publikum öffentlich vor-
legte, sagte er unter Anderm: „Man beschuldigt mich des
Geizes, mich, der ich seit April 1796 an Schauspieler und
andere zum Theater gehörende Personen 3800-^ verschenkt
habe (ohne die Gagenerhöhungen), bei welchen ich nur an-
führen will, dass vergangenen Februar (14 Monate früher,
als es Jemand fordern konnte) Herr Reinhard 25, Herr
Braun 25 und Herr Werdy 18^ monatliche Zulage er-
hielten (Ersterer hat nun jährlich 960, Herr Braun 940 und
Herr Werdy 600 «f); ich, der ich jede Collekte unterstütze,
von dessen Thüren kein wahrhaft Dürftiger abgewiesen
wird." — Den Pensionsfond betreffend, bescheinigte der
Buchhalter Löhrs, dass Herr Schröder zu dem geschenk-
ten Betrag der gegebenen Concerte die Selbsttragung der
Kosten übernommen, mithin bis zum 23. Oclober 1797 in
Summa 17,729 -^ 6 ß geopfert halle, den Schaden noch un-
berechnet, den diese Akademien den Monlagscinnahmen und
den Opern überhaupt zugefügt haben mochten.
91
endlich damit, dass er das Theater nach seinem Gewissen
in keine bessere Hände geben könne, und es würde sich
zur gehörigen Zeit linden, ob die Majorität damit zufrieden
sei oder nicht.
Ausser einem Briefe, den Herr Werdy nun für sich
allein an Schröder schrieb, antworteten die Protestiren-
den in einer ausführlichen, von einem Rechtsgelehrten ver-
fassten Schrift, und unterschrieben sie (mit Ausschluss der
Damen Fiala und Lipperl und des Herrn Petersen}
alle eigenhändig, zum Beweise ihrer Genehmigung, sowohl
dieser, als der vorhergegangenen Schriften, da Schröder
in seinem vorigen Schreiben den Zweifel geäussert hatte,
ob ihre vorhergehende von Herrn Hönike etc. unterzeich-
nete Vorstellung von den Uebrigen sei gelesen worden.
Schröder zog in seiner Antwort hierauf, sehr weis-
lich, eine Linie zwischen den unterschriebenen Mitgliedern
und sonderte namentlich Diejenigen von ihnen ab, welche
erst kurze Zeit und nach dem 3. Oct. 1795 (dem Datum
des gegebenen Versprechens) zu seinem Theater gekommen
und nur auf halbjährige oder dreimonatliche Aufsage enga-
girt waren, also nichts mit der Schrift zu schaffen hätten,
welche er zu jener Zeit der Gesellschaft zugesandt und
also auch keine Stimme dabei haben könnten. Schröder
machte daher die Majorität der mit der neuen Direction
Unzufriedenen streitig, berief sich auf seine Freiheit, das
Theater behalten zu können oder nicht, machte einigen der
Unterschriebenen verschiedene Vorwürfe über Anmassungen,
Vernachlässigungen u. s. w. und schloss endUch damit,
dass, da die Sache durch Heftigkeit und Bitterkeit eine
solche Wendung genommen hätte, er weit eher sein Haus
zuschliessen, als sich den Kränkungen unterwerfen wollte,
92
welche ihn nun bei der Fortsetzung unausbleiblich er-
warteten.
In der Gegenantwort stellten die protestirenden Mit-
glieder Herrn Schröder in Rücksicht der Majorität vor,
dass 21 auf alle Fälle mehr als 5 wären, die fünf Herren
des Ausschusses mit ihren Frauen nicht mit zu rechnen
seien, die Protestirenden also ganz gewiss die Stimmen-
mehrheit hätten, dass nicht alle Mitglieder des Ausschusses
von ihnen förmlich gewählt wären , *) dass der Ausschuss
nur Herrn Schröder's mündliches Versprechen hätte
(bis dahin hatte, nach einer Anmerkung dieser Schrift,
Schröder noch keinen förmlichen Conlrakt mit dem Aus-
schusse geschlossen), sie aber hätten seine Schrift und die
Gesetze für sich;**) des Ausschusses Verlust wäre ein lu-
crum cessans^ der ihrige ein damnumpositivum; sie trügen
daher in den verbindlichsten für Schröder schmeichel-
haftesten Bitten auf Frieden an und verlangten endlich die
Herren Löhrs und Langerhans zu Directoren.
') In einer Note der Protestirenden unter Herrn Schröder's
Schrift wird aiisdrückhch gesagt: „Das Resultat der Stimmen
ward uns freilich bekannt gemacht, aber wir wurden nicht
von seiner Richtigkeit überzeugt. Der Souffleur ging mit
kleinen Zettelchen herum, worauf man den Namen Dessen,
dem man seine Stimme gab, schrieb. Am folgenden Tage
ward uns angezeigt, Herr Herzfeld sei gewählt." Hegten
sie jedoch ein so schimpfliches Misslrauen, weshalb forderten
sie zur Zeit keine gehörige Aufsummung der Stimmen?
) ludern nach der bei dem Sehr öder 'sehen Theater bestimm-
ten Regel ein von der Gesellschaft unterschriebenes Circular
Gesetzeskraft erhiell.
93
Hierauf sandte Schröder eine an Herrn Reinhard
allein überschriebene ganz kurze Antwort, des Inhalts: da
Einer von den zwei vorgeschlagenen Directoren den Antrag
abgelehnt habe, *) er auf diesen Vorschlag nicht antworten
könne, und imUebrigen versichre, der Bestand der künftigen
Unternehmung werde beweisen, wie er den rechten Weg
gewählt habe.
Nach Empfang dieses Briefes vereinigten sich nun
zwar zwölf Mitglieder **) und verpflichteten sich feierlich
in einer von ihnen unterzeichneten Schrift mit ihrem Ehren-
worte, sich nie einzeln mit dem Schauspieldirector
Schröder oder den künftigen Theater -Entrepreneurs
seiner Schaubühne in irgend eine Unterhandlung wegen
Engagement einzulassen.***) Da sie aber sahen, dass die
Uebergabe der Direction an den Ausschuss nicht mehr zu
hintertreiben sei, da es ihnen schwer wurde, die Hamburger
Bühne und Hamburg zu verlassen f) und die durch die
Pensionsanstall gegründete Hoffnung auf Unterstützung im
Alter aufzugeben, indem Mehreren von ihnen zu den zehn
*) Die Prolestirenden versichern in einer Note, dass Herrn
Langerhans damals nichts sei davon bekannt gemacht
worden.
**) Die Herren Werdy, Rau mit Frau, Hönike mit Frau,
Reinhard mit Frau, Braun mit Frau, Kirchner, Mad.
Lange, Dem. Jaime.
***) Dies war wohl wie es der Erfolg gezeigt hat, etwas zu viel
versprochen.
+) Einem derselben (Herrn Reinhard) besonders, der sogar
nebenbei ein Handlungs- und Commissions- Etablissement
errichtet halle, welches ganz gut im Aufschwünge war.
94
Jahren, als der nach den Gesetzen zur Pensionsfähigkeit
festgesetzten Zeit, nur noch drei Jahre fehlten, so ent-
schlossen sich ohgenannte Mitglieder, von der neuen Direction
unter gewissen angegebenen Bedingungen, die Zusicherung
eines dreijährigen Engagements zu verlangen.
Schröder Hess dies an den Ausschuss gelangen,
und dieser schlug in seiner Antwort alle Bedingungen, so
wie einen dreijährigen Contrakt ab, da seine Contrakte
wie die des Herrn Schröder nur auf ein Jahr dauern
sollten. Die Protestirenden thaten Verzicht auf die übrigen
gemachten Bedingungen und verlangten nur von Schröder
unmittelbare Zusicherung eines dreijährigen Contractes, da
mehrere Mitglieder des Ausschusses sich durch Abschliessung
eines solchen Contraktes mit ihm*) die Pensionsfähigkeit
zugesichert hatten, und sie, die Protestirenden, diese Zu-
sicherung als ein Aequivalent für Herrn Schröder's
gebrochenes Versprechen zu fordern berechtigt zu sein
glaubten; es schickten daher Nachbenannte an Herrn
Schröder nachfolgendes Billet:
Wir unterschriebene Mitglieder Ihres Theaters er-
suchen Ew. Wohlgeboren, uns noch heute eine katego-
rische Antwort zu geben und darin zu bestimmen, was
für ein Aequivalent dieselben uns für Ihr gegebenes
Versprechen geben wollen. Widrigenfalls erklären wir
E. W. fest und unerschütterlich: dass wir bis nach
0 Auch dauert die ganze Ablassung des Theaters an den Aus-
schuss nur 3 Jahr, gegen Abgabe von 12pCt. und Schröder
ist es nacliher vorbehallen, das Theater wieder zu über-
nehmen.
95
erfolgler Erklärung, Ihr Theater nicht be-
treten werden. Hamburg etc. etc.
Reichard u. Frau, Werdy, Braun u. Frau,
E. Jaime, J. Krug.*)
Es erfolgte hierauf eine abschlägige Antwort, und
Herr Reinhard, aufgebracht darüber und über die vielen
vergeblich gethanen Schritte**) zeigte den Abend nach
*) Also nur sieben! Soweit war die Zahl der Verbündeten
zusammen geschmolzen. Denn Hr. und Md. Hönike,
Md. Lange und Hr. Rau traten zurück und Hr. Kirchner
verliess das Theater ohne den Ausgang der Sache abzuwarten.
**) Er halle es unter Anderm sogar für gut befunden, nach einer
von Schröder veröffentlichten Correspondenz mit ihm, ohne
Rücksicht auf seine Collegen, sich zu begnügen, wenn
ihm nur nebst seiner Frau die Aussicht auf Pension gesichert
würde. Schröder gab auch seine Garantie, dass sie in 3
Jahren nicht abgedankt werden sollten, wenn sie ihre Pflich-
ten erfüllten, und unterhandelte deshalb mit der zukünftigen
Direction, worauf diese Herrn Reinhard und Frau in einem
Briefe erklärte, dass sie sich, auf ein Jahr sie zu engagiren
entschlossen, und zwar mit dem jährlichen Gehalle von
1050 ocf, wogegen sie hoffte, dass sie, Reinhard's, mit
guten Gesinnungen bei ihr bleiben, die Theatergesetze willig
erfüllen und den jahrlichen Contrakt mit diesen wohlwollen-
den Gesinnungen unterzeichnen würden, wozu sie sie den
nächsten Sonnabend von 9 — 12 Uhr in ihre Versammlung
bei Herrn Löhrs, als dem bestimmten Zeitpunkte, in wel-
chem sie mil den Hierbleibenden zu contrahiren wünschen,
vorlud. — Herr Reinhard fand hierin eine Art von Bellelei
und verlangte in seiner Antwort (vom 18. October), wenn
es der künftigen Direction wirklich Ernst wäre, sie (Rein-
hard's) hier pensionsfähig werden zu lassen, den
Contrakt Tags darauf zur Unterzeichnung übersandt. Der
96
dem Schlüsse des Schauspiels, „die Maske," wo er, um
das Stück des folgenden Tages anzusagen, hervorgetreten
war, dem Publikum an: „Wenn bis morgen die zwischen
der Direction und einigen Mitgliedern entstandenen Miss-
helligkeiten gehoben sein würden (welches er herzlich
wünsche und hoffe), so würden „die Hagestolzen" aufge-
führt werden. Sollten gedachte Misshelligkeiten bis dahin
aber nicht beendigt sein, so bäten er und seine mit ihm
vereinigten Kameraden das verehrungswürdige Publikum,
sie nicht eher zu richten, bis es ihre Rechtfertigung gehört
haben würde.
Nun erschien Tags darauf fFreitag den 20.) statt des
Anschlagzettels folgende gedruckte Anzeige von Schröder:
Es ist heute kein Schauspiel; weil, anstatt sich an die
Obrigkeit zu wenden, wenn sie eine gerechte Beschwerde
gegen mich haben, Herr Krug, Jungfer Jaime, Herr und
Frau Reinhard,*) Herr Werdy, Herr und Frau Braun
sich weigern, zu spielen und das Vergnügen des Publikums
stören. Kehren sie nicht bis Montag zu ihrer Pflicht zu-
rück, so soll dem Publikum die Ursache ihres Verfahrens
dargelegt werden, welche kein Beweis ewiger Dankbarkeit
ist, deren mich die Mehrsten unter ihnen wiederholt ver-
sichert haben.
Hamburg, den 20. October. F. L. Schröder.
Ausschiiss schlug aber dies in einer Antwort des Herrn Löhrs
an Schröder ab, und blieb dabei, dass die Conlrakte den
nächsten Sonnabend zu der bestimmten Zeit und in ihrer
Versammlung geschlossen werden müsslen.
*) Herr Reinhard hatte den Hofrath und Madame Reinhard
die Pächterin Linde in den Hagestolzen.
97
Die sieben Mitglieder Hessen wenige Stunden darauf
auch eine Erklärung herumgehen, worin sie im Voraus an-
zeigten, dass Herrn Schröder's unregelmässiges, uner-
laubtes Verfahren gegen sie in den ersten Tagen, wohl
dokumentirt, öffentlich erscheinen solle.
Schröder wandte sich jetzt an die Obrigkeit; und
auf sein Ansuchen Hess Herr Prätor Schulte die sieben
Mitglieder zu sich kommen und ermahnte sie, wiewohl
vergeblich, ihren Entschluss aufzugeben und ihren Contrakt
zu erfüllen. Sie schickten aber hierauf Herrn Schröder
nachstehendes Billet:
„Ew. Wohlgeboren erhalten hier die Proposition,
die wir auch bei Herrn Senator Schulte gemacht
haben. Wollen Sie uns für Ihr gebrochenes Ver-
sprechen eine angemessene Geldentschädigung
geben, so werden wir bis Ostern unsere Pflichten eben
so streng und pünktlich erfüllen, als bisher; wir er-
warten bis 12 Uhr im Betreff dieses eine bestimmte
Antwort: wie viel Dieselben uns zu geben geneigt sind."
Hamburg, den 20. October (um 11 Uhr).
Schröder ertheilte keine Antwort darauf und machte
die Sache bei dem ältesten Weddeherrn, Herrn Senator
Westphalen, anhängig, vor welchem, Tags darauf, die
Mitglieder erscheinen mussten. Schröder erschien Krank-
heits halber nicht. —
Auf die verschiedenen Bemühungen des Richters, die
Sache gütlich beizulegen, entschlossen die Sieben sich
endlich, (den 24. October) folgenden Vergleich anzubieten:
Dass sie nämhch bereit wären, sogleich ihre Functionen
wieder anzutreten, wenn sich Herr Schröder, noch
7
98
denselben Tag, zu einer nur einigermassen billigen
Geldentschädigung verstehen wollte.
Schröder antwortete hierauf: Um seine letzten Monate
in Ruhe hinzubringen und um in den Vergnügen des
Publikums jede Störung zu heben, sei er bereit (obgleich
mit dem tiefsten Gefühl der Gerechtigkeit in dieser Sache")
jener Verbindung 2100 -jj( (also Jedem 100 «f») in die Hände
des Herrn Senator Westphalen zu geben: wenn sie
sich vorher anheischig machten, dem Publikum in einer
gedruckten Nachricht zu erklären, dass sie sich übereilt
haben. *)
Die sieben MitgUeder verlangten aber, Jeder 600 .#,
ehe sie das Theater beträten, schlugen die öffentliche
Erklärung ab und verstanden sich blos zu einer öffentlichen
Anzeige : dass die Sache durch Vermittelung zu beiderseitiger
Zufriedenheit geendet sei. Schröder bestand in seiner
Antwort auf eine öffentliche gedruckte Erklärung der
Herren Reinhard u. s. w., dass sie gefehlt hätten, und
verstand sich dagegen nochmals zu den 2100 _^, welche
jedoch bis Ostern deponirt bleiben müssten. Wenn aber
jene Erklärung binnen 24 Stunden nicht erfolge, so glaube
er Recht und Billigkeit auf seiner Seite zu haben, wenn
er sie nach ihrem gebrochenen Contracte sein Theater
nicht wieder betreten lasse und auf Ersatz des
Schadens dringe, den sie ihm durch ihren unerhörten
•*) Da von der Gegenparthei zu sehr gezögert wurde und dem
Herrn Reinhard etc. (was sie dem Anscheine nach nicht
leicht vermuthen konnten) endlich doch die Gennglhuung
ward, das ihnen Schröder ein Vergleichsquanlum bot (die
Summe Ihut nichts zur Sache) so konnten sie wohl bekennen,
dass sie sich übereilt hatten.
99
Schritt zufügten. Die sieben Mitglieder weigerten sich
anhaltend, jene Erklärung zu geben, forderten aber jeder
nur 400 _^. Schröder brach nun jede weitere Unter-
handlung ab, zahlte ihnen die laufende Gage und Hess sie
sein Theater nicht wieder betreten.
In dieser Verwirrung der Angelegenheiten sollte
Schröder von der alten Mad. Stark einen rührenden
Beweis von Anhänglichkeit erleben: schon im Julimonate war
sie wegen Alterschwäche und Krankheit bittend darum ein-
gekoramen, den Tag baldmöglichst zu bestimmen, an dem
sie zum letzten Male auf der Bühne erscheinen dürfte.
Am 20. October schrieb sie ihm, dass sie unter den
gegenwärtigen Umständen alle Kräfte aufbieten würde,
damit er nicht in Verlegenheit komme, um noch bis
Ostern ihre Pflichten mit gewohnter Treue zu erfüllen.
Schröder nahm ein so grossmüthiges Anerbieten natürlich
nicht an; aber auch Mad. Schröder liess sich, trotz ihrer
Kränklichkeit, nicht abhalten, sogleich in dem Fache älterer
Frauen und Mütter aufzutreten, um ein ihr heiliges Recht
geltend zu machen. Im Publikum waren die Stimmen, wie
sich voraussetzen liess, getheilt und eine Reihe jämmerlicher
Controverse tauchten auf, ohne jedoch im Allgemeinen zu
verwirren. Der Gang der Verhandlungen, die gegenseitigen
officiellen Berichte hatten die trüben Quellen und die
eigennützigen Absichten Derer, die jene künstliche Oppo-
sition weckten, zu deutlich an den Tag gelegt. Ohne sich
blenden zu lassen, wo in der Angelegenheit von jeder
Seite gefehlt war, konnte man am Schlüsse der Verhandlung
dennoch nicht umhin, sich auf die des Unternehmers zu
wenden, und nahm seine Bitte um Nachsicht für den
Augenbück mit Wohlwollen, seine Erklärung jedoch, er
100
werde vom Anfang des Decembers bis Ostern, dem genom-
menen Abschiede und allen Missdeutungen zum Trotz,
denen er nicht wohl entgehen könne, selbst wieder als
Schauspieler zu fungiren, mit Enthusiasmus auf. Bei seinem
ersten Erscheinen, vor Beginnen des Schauspiels, begrüsste
ihn ein volles Haus und ein anhaltender jubelnder Zuruf,
wobei sich ein einziger Pfeifenton ' kläglich ausnahm und
auch sogleich erfolglos verstummte. Schröder sagte
ungeföhr: „Für die abgegangenen Mitglieder habe ich
meinem verehrungswürdigen Publikum Ersatz versprochen.
Hochachtung und Dankbarkeit verpflichten mich, dem
Wunsche nach Ruhe zu entsagen, und so stehe ich denn
unterstützt von dem Eifer der Gesellschaft, auf's Neue vor
Ihnen, so viel als möglich den Verlust zu ersetzen."
Erneueter lärmender Beifall. — Es erfolgte nun die
Darstellung des „Fähndrichs." Die französische Schau-
spielergesellschaft glaubte, diesen Tag analogisiren zu müs-
sen und gab die drei Stücke : „ IPmpatient^^'' „ V Intendant
comedien malgre lui'^ und „LeDirecteur dans V Embarras.^''
Meyer fügt Th. II, S. 156 der Biographie hinzu: „Wäre
ihnen daran gelegen gewesen, eben so gerecht als witzig
zu erscheinen, so hätten sie „Le Prejuge vamcu'''' hinzu-
fügen können." Bis Ende des März, mit dem Schröder
die Unternehmung schloss, trat er bei stets gefülltem Hause
33 Mal auf. Seine letzte Rolle war Graf Klingsberg in der
„unglücklichen Ehe/* Er beurlaubte sich mit folgenden
Worten:
„Mein theures Publikum!
Die Pflicht, welche ich Ihnen als Führer dieser
Bühne schuldig war, rief mich zur Kunst zurück, und
nie werde ich die ehrenvolle Aufnahme vergessen.
101
welche Sie mir in diesen Monaten schenkten: sie er-
weckte den erstorbenen Kunsttrieb zu neuem Leben.
Wären nur die Kräfte dem Triebe gleich! Ich trete
heule mit frohem Gefühle von einem Platze ab, auf
welchem ich sehr unangenehme Erfahrungen gemacht
habe, und empfehle meine Nachfolger auf dieser be-
schwerlichen Laufbahn Ihrer Gtite und Nachsicht. Der
Director scheidet. Der Schauspieler hofft, dass keine
Verhältnisse ihn hindern werden, zuweilen zu Ihrem
Vergnügen beizutragen." (Ist im Fache des Schauspielers
nie wieder geschehen.) „Mit mir empfiehlt sich Ihnen
mein gutes Weib, und schmeichelt sich, im Besitz Ihres
Wohlwollens und Ihrer Achtung zu scheiden. Mit den
reinsten Dankgefühlen ruft sie mit mir: Freiheit, Ruhe
und Segen über Hamburg!"
179§.
Direction: die Herren Eule, LOhrs, Langerhans,
Stegmann und Herzfeld.
Am II. April wurde mit einem musikalischen Prologe:
„Furcht und Hoffnung" und dem neuen Lustspiele von
Ziegler: „Weltton und Herzensgüte" eröffnet. Das Haus
war neu und geschmackvoll decorirt, und gleiche Sorgfalt
ward der Darstellung geschenkt.
Mitglieder. Ausschuss: die Herren Leo und Hönike (Musikdirec-
lor), die Herren Apel^ Ehlers^ Fischer^ Gollmik^ Tilly^ Kruse,
Kupfer^ Leo^ Siegberg^ Solbrieg^ Stahl, Wohlbrück und An-
dere zu Chor- und Nebenrollen; die Damen Ernst (Sängerin),
Eule und Tochter, Fiala, Gollmik, Herzfeld, Hönike, Kruse,
Langerhans, Löhrs, Righini, Osten, Stegmann und zwei
Tochter, Tüly und Wohlbrück.
102
Gäste: Herr Brandt^ Regisseur des Frankfurter Theaters, Herr
Lubenau.
ITOO.
Die Bühne verlor Herrn Fischer, Mad. Tilly, Herrn
Apel und Md. Osten. Auch Lübenau verliess sie wieder.
Am ]4. Juni trat Herr Steiger als Daliner auf, und
wurde bald zum Regisseur ernannt.
Debüts: die Herren Lannius, Schwarz und Rüzenfeldt, Herr und
Mad. Krickeherg.
Güste: die Herren Arresto^ Gern und Fischer.
Von Ostern 1798 bis ]799 wurden 179,222^, von
1799 bis 1800 201,000 J eingenommen, während Schrö-
der's grosste Einnahme sich nur auf 167,904_^ (im letzten
Jahre seiner Direction) belaufen hatte. Schauspieler und
Publikum wussten zu rechnen, und so wurden denn auch
einige Stimmen laut über zu grosse Sparsamkeit in Costü-
men, Decorationen u. s. w., doch blieben sie noch in ihren
Gränzen, da Zulauf und Beifall noch gleichen Schritt mit
einander hielten. Jedenfalls hätte dies Präludium der Di-
rection ein Fingerzeig sein sollen, dass der böse Wille nur
darauf wartete, mindestens an den Schein von gerechten
Beschwerden streifen zu können. Als sich die Nachricht
verbreitete, es hätten die fünf Herren aufs Neue contrahirt,
wunderte man sich eben nicht darüber, doch wurde auch
von vorurtheilsfreien Stimmen die Hoffnung ausgesprochen,
dass sich die Direction nicht verleiten lassen werde, durch
den Erfolg etwa verblendet, das Kunstinstitut zu einer
Finanzspeculation herabzuwürdigen.
ISOO.
So wäre denn nun abermals ein bewegtes Jahrhundert
zurückgelegt und die Zukunft liegt noch theils verschleiert
103
vor unsern Blicken. Wir wollen sehen, ob sich die Ver-
hältnisse der hamburger Bühne und die der Künstler besser
gestalten werden und was die neue Generation zur Auf-
rechthaltung der Ehre ihres von Schröder ererbten
Institutes beiträgt.
Am 18. April gastirte Schröder (der spätere Gatte
unserer berühmten Tragödin), vom Hoftheater zu Kassel,
als Don Juan.
Herr und Mad. Hassloch — Letztere schon als
Dem. Keilholz in Hamburg sehr beliebt — Ersterer als
Tenorist, wurde für die Oper gewonnen, da Kirchner
allein nicht mehr genügen wollte, der in komischen Tenor-
parthieen, besonders als Herr von Salbader oder Heinzen-
feld im „Sonntagskinde" zu sehr gefallen hatte, um nicht
in ernsten Rollen, besonders bei seiner zierHchen Figur
und gewöhnlichen Süssigkeit, an sie zu mahnen. Machte
auch Hr. Hassloch eben kein grosses Glück, so trug ihn
doch die Frau, die neben allen ersten Sopranparthieen auch
als Eulalia, Johanna von Montfaucon u. s. w. auftrat. Um
nicht hinter ihr zurückzubleiben, versuchte er sich im
Schauspiel als Peter in „Menschenhass und Reue."
1§01.
Am 1. März debütirte Herr Costenoble als Fritz
in „Weltton und Herzensgüte."
Gäste: Md. WiUmann (Sängerin) aus Wien, Hr. ßethmann aus
Berlin.
In den musikalischen Akademien Hessen sich geschätzte
Sänger und Sängerinnen (z. B. Dem. Schmalz u. A.)
so wie mehrere Virtuosen hören: Bernhard Romberg
entfaltete schon damals sein grosses Talent als Violoncellist.
104
Zu erwähnen ist noch, dass das französische Theater
nach wie vor bestand. Die Chevalier, Bergamin und
Andere waren zwar abgegangen, aber man rekrutirte sich
so gut man konnte, und nicht ohne Glück.
Am 8. April erschien als neuengagirtes Mitgied Herr
Aresto. Ihm folgte die ebenfalls bereits angestellte
Dem. Mattiegzeck vom Hoftheater zu Weimar. Wächst
den angeführten Mitgliedern traten nach und nach folgende
ein: Hr. Riecke, Hr. Karschin, Hr. Karl Leo feigent-
lich Hatzfeld; es ist derselbe später mit Recht berühmt
gewordene Leo, auf den Hof mann so lebhaft hinwies,
der später eine Zierde des Apollotheaters in Hamburg war
und so traurig in oder vielmehr bei Weimar als Selbst-
mörder endete), Md. Carli, Hr. Apel, Hr. Denn er
und Frau, Md. St o Im er s, unsere später und bis auf den
heutigen Tag bewunderte Sophia Schröder, Hr. und
Md. Koch und Hr. C. Schwartz (später Mitglied des
k. k. Burgtheaters in Wien).
Im recitirenden Schauspiele erschienen von Schiller:
,die Jungfrau von Orleans" und „Maria Stuart;" von
Kotz ebne: „Gustav Wasa" und „Bayard;" von Iffland:
„das Vaterhaus" und „der Fremde." An Opern zeigten
sich : „der Schornsteinfeger," „Lodoiska," „der Corsar aus
Liebe" und „das Donauweibchen." Zur grossen Freude
des lachlustigen Publikums stellten sich auch „die Schwestern
von Prag" wieder ein, nachdem man den anstössigen
Schneider in einen Scheerenschleifer verwandelt hatte.
Am 15. bei dem zweiten Debüt der Dem. Mattiegzeck
als Leonore im „Apotheker und Doctor," machten sich
mehrere Unzufriedene laut und es wurde sogar gepfiffen.
Mit Recht lehnte sich der bessere Theil des Publikums
105
gegen dies ungerechte Verfahren auf, doch bemerkten beide
Theile mit Unwillen, dass auch Hr. Director Stegmann
im Hintergrunde das Parterres seinen Tadel über den
Vorfall nicht unterdrücken konnte. Der Lärm wurde
ärger und die ganze Vorstellung endlich unterbrochen;
man drängte die Pfeifenden aus dem Parterre, wozu sich
leider Lampenputzer, Arbeitsleute und Statisten des Theaters,
die sich unter die Menge gemischt hatten, vereinigten.
Mit vollem Grunde erklärte sich hierüber das ganze
Publikum in seinen Rechten gekränkt und im höchsten
Grade beleidigt; dergleichen durfte nicht geschehen,
und selbst in der Voraussetzung, dass die Direction
dieser unerhörten Eigenmächtigkeit fremd war, hätte sie
jedenfalls handelnd einschreiten müssen. Statt dessen nahm
sie von dem ganzen Vorfalle keine Notiz. Ernste Ent-
schlüsse wurden nun gefasst und am 20. ausgeführt. Es
sollte „ Menschenhass und Reue" gegeben werden. Das
Parterre war ungewöhnlich, der erste Rang fast nur mit
Männern besetzt. Die nun folgenden Auftritte sind einer
Broschüre: „Ueber das Hamburger Theater und die Vor-
fälle'' etc. entlehnt worden:
„Die grösste Stille herrschte, bis der Vorhang aufrollte
und das ganz einstimmige Rufen erscholl: „die Direction!
die Direction!" Herzfeld trat allein hervor und erst
nach langem wiederholten Rufen: „die ganze Direction!"
erschienen einzeln und zögernd die übrigen vier Herren.
Den allgemeinen Lärm wusste man bald zu stillen, und
hierauf las ein gewählter Sprecher, nicht ohne Unter-
brechung der Menge, folgende zwei Aufsätze vor:
1) „Das Hamburger Publikum, äusserst über das fort-
dauernde schlechte Betragen der Direction des hiesigen
106
deutschen Theaters aufgebracht, welche ohnerachtet
deren enormer Einnahme nichts für die Verbesserung
der Buhne thul, sondern sich einzig durch die über-
triebenste Gewinnsucht leiten lässt, glaubt nun
endlich seiner Langmuth ein Ziel setzen und die
Direction in die Schranken eines ptlichtmässigeren
Verhaltens zurückweisen zu müssen. Es verlangt
demnach bestimmt zu wissen:
Warum so viele wichtige Rollen in der Oper
sowie im Schauspiel entweder gar nicht, oder
auch so äusserst schlecht besetzt sind, dass unser
Theater, sonst das erste in Deutschland, jetzt
kaum zu den mittelmässigen gerechnet werden
kann? Ferner:
Warum die Direction bei Engagements durch-
aus eigenmächtig verfährt und Mitglieder förmlich
engagirt, ehe sie weiss, ob solche dem Publikum
gefallen? Und endlich:
Warum hier alle neue Stücke später als an
andern Orten — selbst das uns so nahe liegende
Altona nicht ausgenommen — gegeben werden.*)
Doch bevor diese Punkte beantwortet werden, ver-
langt das Publikum erst zu erfahren: wie die
Direction, als am verwichenen Mittewochen das
Publikum seinen Willen laut werden Hess, sich
erfrechen konnte, ihre Untergebenen, nämlich : Licht-
putzer und anderes dergleichen Gesindel, in's Parterre
zu lassen, um sich dem gerechten Tadel des Publi-
kums thätlich zu widersetzen?
') Machen es heule noch ebenso.
107
Dieses bis jetzt so unerhörte als schändliche
Verfahren verdient besonders gerügt zu werden,
und Nichts wird das Publikum davon abhalten,
wenn nicht auf der Stelle die Direction demselben
die förmlichste Abbitte thut.
2) Die Hauptanklage gegen die Direction beruht auf
dem Punkte, dass das Versprechen, welches sie
dem Publikum bei Schröder's Abgang von der
Bühne gab, entweder gar nicht, oder doch sehr
mangelhaft erfüllt worden ist. Unsere Opern ver-
dienen offenbar unter aller Kritik genannt zu werden;
die Garderobe und die Decorationen sind nicht so
beschaffen, wie man es mit Recht erwarten muss.
Neue Kleider sieht man nur an den Herren Direc-
toren und ihren ehehchen Hälften, und neue Deco-
rationen sind bei uns eben so häufig, wie die
weissen Raben, etc. etc."
Ein einstimmiges Bravorufen bewies, dass das Vorge-
lesene nicht die Meinung Einzelner, sondern des ganzen
versammelten Publikums war; denn auch nicht Einen
hörte man , der darüber unzufrieden gewesen wäre. Die
Hin- und Her-Reden zwischen dem Publikum und den
Directoren findet man in der Beilage des 14*«" Stücks und
im 15*«" Stück der „Annalen" und im „raisonnirenden
Theaterjournal" Nr. 28 mehr oder minder genau aufge-
zeichnet". Zur Zufriedenheit des Publikums war das Resultat
der Proceduren, dass Stegmann im Namen der Direction
für die geschehene Beleidigung Abbitte that, und dem
Publikum durch Herzfeld das feierliche Versprechen
gegeben wurde, dass die Direction es an Nichts fehlen
lassen wolle, um sich dessen Zufriedenheit wieder zu
108
verschaffen. Sic hat also durch das Versprechen, der
Besserung die Schuld förmlich eingestanden.
Als Gäste traten noch Herr Klingemann aus Wien,
und der Italiener B i a n c h i auf. Letzterer ausser in seinen
Intermezzen auch als Leporello, ein Wagniss, das besser
unterblieben wäre.
f Wir mtissen dieses Jahr schon wieder mit einer
Trauerpost eroffnen, denn am 26. Febr. starb der Director
und Schauspieler J. C. Löhrs. Seine Verdienste als Dar-
steller wurden stets anerkannt, nicht minder der streng
rechtliche Mann, der treue, zärtliche Familienvater.
Am 14. und 31. März wurden Vorstellungen zum
Besten der WY® Löhrs und des Herrn und der Madame
Langerhans gegeben, welche zugleich Abschied von der
Hamburger Bühne nahmen.
Es beginnt jetzt die Direction der Herren: Eule,
Stegmann und Herzfeld.
Dem. Mattiegzeck, die Herren Leo, Riecke und
Karschin verliessen die Bühne.
Neu engagirt: Mad. Costenoble.
Den 6. April zum ersten Male: „Die deutschen Klein-
städter," von Kotz ebne. Es erschien dies vortreffliche,
wenn nicht vortrefflichste Lustspiel des Dichters, hier Posse
genannt, zu sehr erwünschter Zeit für seinen Ruhm, der
sich durch „die kluge Frau im Walde," „des Teufels
Lustschloss" und Consorten eben nicht erhoben halte.
Besonders glänzten Eule als Stadtrichter (den Bürger-
meister hatte man wohl aus Respect vermieden) und Mad.
F i a 1 a als Untersteuereinnehmerin.
109
Am 27. April debütirte Hr. und Dem. Ehrhard. Am
16. Juni Hr. Miller, Tenorist vom Schleswiger Hoflheater,
als Murney im „Opferfest.*' Nach dieser Oper entfernte
sich heimlich Mad. Koch. Die Direction war ohne erste
Sängerin, (Herr Koch — ohne Köchin).
Am 9. Juli zum ersten Male: „Turandot" von Schiller
nach Gozzi.
Turandot Md. Stolmers.
Barak Hr. Stegmann.
Die neue Oper „der Wasserträger" und das Singspiel
„der politische Kannengiesser" gefielen und waren der
Kasse eine ergiebige Quelle.
Gast: Mad. Canabich, Churpfiilzische Hofsängeriii.
Debüts: Mad. Wohlbrück^ Herr Herzinger und Mad. Müller.
Am 3. Octbr. gab Carl Maria von Weber eine musi-
kalische Akademie, als Haydn's Zögling angekündigt. Er
liess sich in mehren Concerten auf dem Piano hören, und
unter Anderm führte er auch ein Terzett aus einer komi-
schen Oper von seiner Composition: „Peter Schmoll und
seine Nachbarn" auf.
Privilegirtes Theater zu St. Georg
vor Hamburg.
Diese Bühne begann im September d. J. unter den
günstigsten Auspicien; ihr Eifer und Fleiss wurde anerkannt
und durch Beifall belohnt. Ausserordentlich war, besonders
an den ersten Sonntagen, der Zulauf, und der Besuch dieses
neuen Theaters gehörte einige Zeit, bei den Vornehmsten,
wie bei den Geringen, zur Tagesordnung. Statt eines im
Anfange ganz kleinen Lokals musste bald ein neues, grösse-
res, näher am Thore gelegenes Schauspielhaus gebaut werden.
110
Doch gross und unbestreitbar waren auch, bei den nicht
forldauernden vollen Häusern, die Kosten der ersten Ein-
richtung und der Unterhaltung eines starken Personals, unter
dem allein drei Famiüen, die BrOkelmann'sche, Han-
sing'sehe und Engsti'sche, mit grosser Gage sich be-
fanden; nachdem der Reiz der Neuheit (in Hamburg all-
mächtig) verflogen, nachdem bald Wetter und Weg, bald
andere politische Schauspiele in der Gegend vor Ham-
burg die Besucher abhielten und die Einnahmen bedeutend
verminderten, brachte vollends Uneinigkeit und Zwiespalt
dies Theater dahin, dass es, trotz seiner Bemühungen, sich
durch Gastvorstellungen in Altona und späterhin im Ham-
burgischen französischen Schauspielhause fortzuhelfen, der
Auflösung immer näher kam und nur noch mit einem kleinen
Personale des Sonntags in Vereinigung Vorstellungen geben
konnte.
Das Repertoir dieser Bühne bestand grösslentheils aus
folgenden Piegen: der travestirte „Hamlet", „Oberon",
„Nixenreich", „Hans von Zanow", „Die Versöhnung", „Der
Kannengiesser", die travestirten „Hussiten vor Naumburg"
u. s. w.
1$03.
Die Bühne verlor die Familie Demmer,*) Md. Carli
und die Herren K o c h , **) Schwarz und Apel.
Debüts: Herr Schröder^ Herr und Mad. Gley^ Herr Böhler und
Frau, Herr Schwarz^ Mad. WofUbrück^ Herr Chiron und Frau,
Herr Rau^ Dem. Ehrhard.
Gastrolle: Mad. Köhl^ vom Schleswiger Hoftheater.
*) Sans adieu!
♦*) Als Fallit cnllassen.
i
111
Am 6. März zum ersten Male: „Die Braut von Messina"
von Schiller. Mad. Eule und Stollmers, die Herren
Herzfeld undArreslo gaben die Hauptrollen mit grossem
Glück.
Zu den Debütanten gehören noch: Herr und Dem.
Hansing, vom Vorstadt-Theater St. Georg.*)
Französisches Theater
auf der Drehbahn.
Es ist nun zv^ei Jahre, als die, ehemals Brüsseler, jetzt
einheimische Societät und Truppe ihre Bühne für ein
halbes Jahr schloss, um es, durch Actionärs unterstützt,
durch neue Mitglieder bereichert, am 26. August vorigen
Jahres wieder eröffnen zu können. Neue, von dem be-
rühmten französischen Decorationsmaler le Sueur (der
am 3. Decbr. v. J. in einer Feuersbrunst sein Leben ein-
büsste) gemalte Vorhänge und Decorationen, ein verändertes
heiteres Local für die Zuschauer, fesselten auf den ersten
Blick. Erst in der Folge zeigte sich aber die innerliche
wesentliche Verbesserung. Eine Menge neuer Mitglieder
und zum Theil vorzüglicher Artisten und Artistinnen für
die Oper waren engagirt. Die Oper ward nach dem aus-
drücklichen Wunsche der Actionisten und Abonnenten, das
Hauptziel, dem die Societärs nachzustreben hatten. Das
eigentliche Schauspiel aber und das Lustspiel ging fast
leer aus und an ein Trauerspiel war nicht zu denken.
*) Jetzt würde man, um der Ehre des Instituts nicht zu nahe
zu treten, ein solches Gastspiel nicht zulassen, und doch
lie.ql die eigentliche Ehre desselben nur in der Zeit, wo man
üher solche kleinliche Ansichten erhaben war.
]12
Diese Bühne also, die ehemals in allen Gattungen der
Schauspielkunst sich auszeichnete, ist dermalen bloss als
Opernbiihne zu betrachten und zu beurtheilen und als
diese gehört sie allerdings zu den ersten in Deutschland.
Von den altern Mitgliedern waren nur folgende geblieben:
Adam^ Mees (Künstler im wahrsten Sinne des Worts) Md.
Mees^ Md. Bonnet nnd Tochter, AndrS, Duclos^ Baltov^ der
Balletmeister Landais und Sohn, Dem. la Chataigneraie^
Mercier und Bauch.
An neuen Mitgliedern für die Oper erhielt die Bühne:
Dem. la Croix^ Mds. Foures^ Pitou^ Alexander etc., Herren
Demarthe^ Derubelle^ Bacheley^ Foures^ Alexander und Pitou.
Dies Personal, mit welchem nun auch in den grossen
Opern alle Rollen zu besetzen waren, zeichnete sich bald
durch ein richtiges und lebhaftes Zusammenspiel aus, und
die ehemals in Hamburg beliebten Pracht- und anderen
Opern: „die Caravane," „Iphigenie," „Caverne'' ,>Panurge,"
die ^,deux Journees,^' wurden nebst einigen neuern, als:
„Orpheus" und „Euridice" etc. mit Beifall gegeben. Unter
den kleinen Singspielen machte „/a Folie''^ das mehrste
Glück. Einige wenige Vaudevillen wurden erhalten, der
„Sarron," ja auch „die Dame Anjot." Mons. Delcour,
der in dem neuen Stücke, „Theatromanie," mit Beifall auf-
trat, war eine angenehme neue Erscheinung. Unter den
Lustspielen, deren überhaupt wenige zum Vorschein kamen,
ist „Helvetius" und „/e retour du mari'' gut gegeben, so
wie: „la jeune hotesse,^^ Moliöre, Racine, Des-
to uch es und Voltaire sind nicht an der Tagesordnung.
Von Rousseau hat man den „devin du village^' wieder
neu gemacht und Demarthe (ein Artist von ausgezeich-
neten Talenten in Liebhaberrollen), hat ihn in der Rolle
113
des Colin vorzüglich gehoben. In den ,,Visitandines'' hat
Deru belle, wie im ^.Deserteur''' in jener den Valet, in
dieser den Liebhaber mit Ruhm gegeben. An einer Posse
Je tableu parlant travesti"' in welcher die Damenrollen
in Mannerkleidern und die Männerrollen von Damen treff-
lich ridikülisirt wurden, hat das lachlustige Auditorium
seine Freude gehabt. Den „Marquis Tulipano" hat nicht
blos Paisiello's treffliche Musik, sondern Mees Spiel
in der Hauptrolle, die Lacroix, Bonnet und Derubelle,
sowie den Irato Pitou's Spiel, ganz besonders dem Publi-
kum empfohlen. Herr und Mad. Pitou haben nach kurzem
Aufenthalte die Societät verlassen ; dahingegen durch Monsr.
Sandais und Andres Abgang das Ballet einen Stillstand
bekam, so dass im vorigen Jahre bloss Dem. Engel von
Berlin durch einige Gasttänze und eine schöne üppige
Figur die hiesige junge Welt entzücken konnte. Mit ihr
tanzte zugleich ein Herr Moser. In diesem Jahr hat Herr
und Mad. Amiral und Herr Gigel das Ballet wieder
etwas in Gang gebracht, wobei aber Dem. la Chataigneraie
immer doch das Beste thun musste. An des Herrn Andrö
Stelle hatte sich inzwischen ein junger Herr Pierson mit
vielem Glück an dessen Rollen gewagt, und erhält sich in
deren Besitz, zur Zufriedenheit des Publikums, das freilich
noch an seinen ehemaligen Auguste Chevalier nebst
dessen Schwester, und der liebenswürdigen Dem. Rose
Colinet denkt. Uebrigens sind an neuen Mitgliedern zur
Societät gekommen:
Dem. Chevrelle und die Herren Giral^ Tardy, Guhlin, Bour-
dies^ Ihllemanier^ Eberhard und Dumon.
Von neuen Opern hat „une folie'' mit Recht eine allgemeine
Sensation erregt, sowie ,,ma tante Äurore;'' später „/e
8
114
tresor suppose^' und „Varbre de Diane ;^' minder Glück
machte „/e vieux chateau,'''' ^^Zoraime et Zulnar^'' und
,,Don Juan,^^ Ein später erschienenes Spektakel -Pantomimen
und Feensttlck, ^,Venfant du malheur,''^ unterhält durch
seine Zauberei, Gefecht und Tänze. Der übersetzte „Roi
Thedore ä Venise'''' gefiel sowohl durch seine trefflich
bekannte Musik, als durch Spiel und Gesang.
Man zweifelte, dass bei der sichtbar verminderten An-
zahl der Fremden und bei den, die genaueste Oekonomie
predigenden Conjuncturen, eine neue Subscribtion zu Stande
kommen möchte, so dass allerdings die Auflösung, oder
sonst eine Veränderung dieses einst so glänzenden Theaters
nahe bevorstehen dürfte.
1§04.
Das deutsche Theater verlor die Mitglieder: Bö hl er
und Frau, Hansing und Frau, Aresto und Dem. Ehr-
hard d. Ä., welche sich ausser der Bühne verehelichte.
Debüt des Herrn und der Madame Schäfer. (Bis auf
diesen Tag ist Herr Schäfer noch ein hochgeachtetes Mit-
glied und Opern-Regisseur der hiesigen Bühne. Er ist ein
würdiger Repräsentant der guten alten Schule und sein
jedesmaliges Erscheinen erweckt die schönsten Erinnerungen
an eine zu früh dahingeschwundene Vergangenheit).
Ferner debütirten: Eerr Rousseau^ DemoiseWe A. Stegmann und
Herr und Mad. Kiel.
Gastrollen: Herr Opitz, Herr Stahl, Mad. Fleck aus Berlin, Mad.
Junghans und Herr Hinze.
Mad. Stolmers verehelichte sich mit dem Sänger und
Schauspieler Herrn Schröder.
Der Gagenbetrag kann für's Jahr, incl. des Orchesters,
auf ungefähr 76,000 ^ gerechnet werden. Von der Ein-
115
nähme erhält ausserdem der ehemalige Director, Herr Schrö-
der, den 12*en und die Kammer den 8'^" Theil. Die dies-
jährigen vier Maskeraden waren (so wie auch die franzö-
sischen) bei weitem nicht so einträglich, wie die im vorigen
Jahre, und der letzte Sommer machte eine grosse Zubusse
nölhig; dahingegen sind die Einnahmen während der Herbst-
und Wintermonate (vorzüglich diesmal von Aresto's
„Soldaten" und Lessing*s „Nathan der Weise") desto be-
trächtlicher und decken nicht nur das Soramer-Deficit voll-
kommen, sondern bringen auch noch eine reichliche Aus-
beute für die Direction.
Altonaer National -Theater.
Unternehmer und Director: Herr Dr. Albrecht.
Regisseur: Herr Miersch.
Mitglieder. Damen: Mad. Albreeht^ Spahn, Engst ^ Breyiher^
Miersch und Fischer^ Dem. Sübermann und Engst; Herren:
Miersch^ Spahn^ Weisschu^ Breyther^ Lyser^ Leyser^ Leistner ^
Lehner t^ Maske ^ Engste Rhene^ Meyn^ Hanstein, Walsleben
und Tiedemann.
Die neuesten bedeutenden Stücke bei dieser Gesellschaft
waren: „Die Hussiten vor Naumburg" und „Bayard", welche
mit vorzüglichem Beifall und bei meist vollen Häusern ge-
geben werden. Kleinere Stücke: „Incognito", „Tochter
Pharaonis" etc. gefielen.
Abgegangen sind: Mad. Lippert, Herr Ackermann,
Herr und Mad. Assmann, Herr Morhard, und Herr
Thomas, von dem sich die Bühne noch so manche schöne
Früchte versprechen konnte, ward in seiner Blüthe durch
den Tod hin weggerissen. Ruhe seiner Asche!
8 *
116
Zu Anfang dieses Jahres debütirten:
Herr und Mail. Quandt^ Herr Stahl^ Dem. Regler^ Herr Han-
stein^ Herr Zwick^ Herr und Mad. Fischer und Herr Frühling.
Al»j3fcgangcn: Herr und Mad. IFoAifcrücA;, Herr EAr/iard und Herr
und Mad. Kiel.
Am 7. Mai zu Schiller's Todtenfeier wurde die
„Braut von Messina" und ein Prolog mit Choren gegeben.
Gäste: Herr Iffland in 17 Rollen, Herr Reinhard^ Herr B\dlinger^
vom Dessauer Hoftheater.
Ausser „Fanchon" hatte die Oper in diesem Jahre
nichts Neues von Belang geliefert, worüber man mit Recht
Beschwerde ftihrte, wie denn überhaupt den Missstimmun-
gen über die Verwaltung grossere Consistenz gegeben wurde,
die auch zu Schröder gedrungen waren und um so mehr
von ihm beachtet wurden, als er sich in manchen Dingen
mit dem Publikum einverstanden erklären musste. Es hatte
sich ein neues Project ausgebildet, das nichts weniger als
den Bau eines neuen deutschen Schauspielhauses und die
Begründung einer anderen Direction bezweckte. An der
Spitze des Unternehmens standen die Architecten Masson
und Ram^e und sandten sie einen ihrer Verbündeten zu
Schröder, ihn mit ihrem Plan bekannt zu machen. Schrö-
der antwortete ihnen, wie er allerdings den gerechten Vor-
würfen, die man der derzeitigen Direction machte, nicht
fremd sei, und seine Pflicht, die Rücksichten gegen seine
Familie nicht aus den Augen setzen und zu gehöriger Zeit
Aenderungen mit dem Vorstand trefTen werde. Bis dies
jedoch gesetzlich geschehen könne, habe er nur über genaue
Erfüllung der Pflichten gegen ihn und die Gesellschaft zu
wachen, dagegen sei es an ihm, sie vor jedem Nachtheile
117
von aussen her möglichst zu schützen. Auf keine Weise
werde er mindestens hinterrücks gegen Leute verfahren, die
sich auf sein Wort verliessen, wie er sich auf das ihre.
Was das projectirte Unternehmen selbst beträfe, sei er über-
zeugt, dass zwei auf gleich bedeutende Stufe gestellte
Gesellschaften in Hamburg nicht neben einander bestehen
könnten und eine nothwendig die andere zu Grunde
richten werde.
Das neue Unternehmen zerfiel bald in sich selbst, wozu
die politischen Ereignisse im folgenden Jahre nicht wenig
beitrugen.
ISOO
am 22. April betrat F. L. Schmidt, als Baron Qualm in
der zum ersten Male gegebenen „blinden Liebe" von
Kotzebue die Hamburger Bühne. Grosse Gewandtheit,
Sicherheit und eine scharfe Charakteristik in den verschie-
densten Fächern zeichneten ihn besonders aus und erhoben
ihn bald zu den vorzüglichsten Schauspielern des Theaters.
Eine unübertreffliche Leistung war sein Dorfrichter Adam
im „zerbrochenen Krug."
Am 9. Mai zum Benefiz für Schill er's Erben,
„ Wilhelm Teil " mit einem von Mad. Herzfeld gesproche-
nen Prologe. Nach Abzug des achten Theils für die
Stadtkämmerei wurden 1406 Mark Courant abgeliefert.
Gäste: Hr. Mohrhardt vom Schleswiger Hofthealer, Hr. C.
Döbbelin^ Hr. Feddersen und Hr. Mentschel als Belmonte.
Altonaer Theater.
Am 30. Juli entstand im Schauspielhause während
der Aufführung des Singspiels „die schöne Marketenderin"
ein Feuerauflauf, der von der Bühne ausging und ein
118
solches Gedränge an den Ausgangsthüren verursachte, dass
mehrere Menschen um's Leben kamen, viele beschädigt
wurden.
Am 22. Seplbr. eröffnete Iffland em Gastspiel in
Hamburg und trat in 20 verschiedenen Rollen mit unge-
heurem Beifall auf.
(Die Kriegsunruhen fangen von nun an auch die Ruhe
Hamburgs zu gefährden. Am 19. November rückten die
Franzosen unter Mortier bei uns ein.)
Die Vorstellungen im Theater blieben ununterbrochen
und wurden keine ausserordentliche Verfügungen in Betreff
derselben getroffen, auch zog der grösste Theil der Besatzung
am 30s'en wieder ab.
An Novitäten erschienen noch „Cervantes Portrait"
von Schmidt, „Bianca von Torredo" von Th. Hell,
„die Roseninsel," Oper von Stegmann, „der Sammtrock,"
„das liebe Dörfchen,",, das Strandrecht," „die Sparbüchse,"
„die Unvermählte," „die Wegelagerer," Oper von Paer,
Lafontaine's „Irrungen" und Dr. Wieland's „üeber-
raschung," sämmtlich mit Beifall.
Herr und Md. Quandt und Hr. Stahl verliessen die
Bühne; der Letztere höchst talentvolle junge Schauspieler
sollte dem genussreichen Hamburg sein frühes Grab
verdanken. Er starb in der Blüthe seines Lebens und
Wirkens schon im folgenden Jahre.
am 1. Januar durfte zum ersten Male am Neujahrstage ge-
spielt werden.
119
Debüts: flerr und Mad. Gerber^ Herr Haase, Mad. Mentschel^ als
Baronin im „Spieler" und als Toni in der „Mohrin."
Gäste: Am 27. April Dem. Maass aus Berlin. Femer: Herr Gass-
mann^ Herr Pistor, Herr Hunnius^ Mad. Marchetti Fantozzi^
die Tänzerin Dem. Schultz und die Tänzer Moser und Gas-
parini^ vom königl. Theater zu Berlin.
Am 7. Sept. eröffnete die Alles besiegende Beth mann
(frühere Unzelraann) eine Reihe von Triumphen.
Am 9. Sept. trat der Tenorist Klostermayer als
Gast auf.
Am 25. Nov. debütirten Herr Jacobi, vom Magde-
burger Theater, als Wiburg in „Stille Wasser sind tief"
und am 4. Dec. Mad. Jacobi als Antoinette in „Weltton
und Herzensgüte". — Vor der Hand entwickelte Mad. Ja-
cobi nur eine sehr anziehende Persönlichkeit, zu der sich
jedoch bei ihrem Gatten eine grössere Befähigung gesellte.
Die Natur hat wohl selten einen Kunstjünger reicher mit
ihren Gaben bedacht. Eine proportionirte Figur, ein be-
zauberndes Organ, ein ewig junges ausdrucksvolles Gesicht,
mit einem überaus sprechenden Augenpaare, dabei mit einem
Gemüthe begabt, dem jedes Schöne mächtig anklang und
das wohl nicht mit Unrecht von seinen Verehrern mit einer
Harmonie verglichen wurde; wie im bürgerlichen Leben
eine reine Natürlichkeit, erschien er auch auf der Bühne, gab
sich, ohne viel zu grübeln, wie er war, und blieb jedem
falschen Gefühle fremd. Eine rege Empfänglichkeit ersetzte
bei ihm tiefes Studium, und wie der geniale Künstler traf
er den Nagel auf den Kopf oder hieb scharf vorbei. Er-
staunen und Bewunderung musste er erregen, wenn er sich
dem Fluge seiner Phantasie unbekümmert überliess (wie
z. B. als Jaromir in der „Ahnfrau").
120
Personal-Bestand
linier der Direclion: Eule, Siegmann und Herzfeld.
Regisseur : Hr. Steiger.
Soiideur : ., liarlow.
Tliealcriiialer : , Maubert.
Thcalermeistcr: Dittmer.
Cassirer: , Bartels.
Conlrolleuse: Md. Lieder.
Garderobiers : Hr. Lippmann., Hr. Bode^ Md. Werkmeister.
Losenmeisler : Hr. Baumgarten., Hr. Lendpratel.
Thcalerdiener: N. Fiebel.
Mitglieder: Herren: Costenoble., Frühling^ Fischer^ Gley, Gerber.,
Haase., Jacobi., Klostermeyer., Leo, Lichtenheld, Mentschel.,
Petersen., Rau, Ritzenfeld, Schäfer, Schmidt, Schröder und
Steiger. ( Brämer, Erdmann, Lindhauer, Straub cnmüller
und Walsleben für Chor und Nebenrollen.)
Damen: Md. Costenoble, Md. Fiala, Md. Fischer, Md.
Gley, Md. Gerber, Md. Hönicke, Md. Jacobi. Md. Lahrs,
Dem. Christine und Sophie Löhrs, Md. Mentschel, Md.
Lichtenheld, Md. Schäfer, Md. Schröder und Dem. A. Sieg-
mann.
KinderroUen: Eduard und Henriette Stegmann, Caroline
und Johanna Steiger.
Orchester:
Musikdireclor:. Hr. Hönicke.
Violinisten: die Hrn. Graf, Löwe und Schütz.
Cellist : Hr. Liebau.
Contra -Violonisl:.. Hr. Kouba.
Oboisten: die Hrn. A. L. Wollrabe und Lehmann.
Clarineltislen: die Hrn. Düfauer und Gross.
Flötisten: die Hrn. Sauermann und Pfund.
. Hornisten: die Hrn. Gebrüder Zehn.
FagoUisten: die Hrn. Behls und Oswald.
Ausserdem sind noch sieben Ralhsmusikanlen verpflichtet, bei
jeder Vorstellung die Instrumente zu verstärken.
121
Pensionisten: Md. Starke Hr. Nätsch^ Hr. Langerhans ^ Hr.
Achterkirch und Hr. Stockmann.
Herr Ernst und Herr und Mad. Kühne (Lenz)
erschienen als Debütanten in einer grossen Reihe von
Darstellungen. Mad. Kühne, geb. Cassini, bildete
damals mit der Bethmann und Renner das Triumvirat
im Gebiete des Lustspiels, unbeschadet ihrer gesammten
Verdienste in der Tragödie, zu der die Renner am
wenigsten befähigt schien, dagegen gebührte ihr vielleicht
der Vorzug in den rein naiven Rollen, in denen sowohl
die Bethmann als Kühne sich des geistigen Ueber-
gewichtes und der Geschliffenheit nicht ganz zu enlschlagen
wussten. Zu den natürlichen Anlagen gesellte sich bei ihr
ein höchst gebildeter Geist, der sie in die tiefsten Inten-
tionen des Dichters eindringen Hess, und sie befähigte,
ihn nicht selten zu verbessern, dabei geseUle sich zu der
kecksten Lebhaftigkeit ein Takt des Schicklichen, eine Un-
gezwungenheit in den feineren Rollen des Lustspieles, mit
einem Wort, der Ton der grossen Welt, dem man aber
durchaus nichts Erborgtes ansah, ein Vorzug, den sie mit
ihrem Gatten theilte. Hr. Kühne imponirte durch seine
schöne Gestalt, seine geistige Bildung und vornehme Haltung;
in den Rollen jugendlicher feuriger Helden war ihm sein
etwas polterndes Organ, das oft Undeutlichkeit erzeugte, im
Wege. Das Engagement dieses vortrefflichen Paares erfreute
sich der gerechtesten Anerkennung aller Theaterfreunde.
t Am 10. April starb der Tenorist Kirchner.
Gäste: Hr. Gellertshof, Dem. Mebus, Hr. Lemke, Hr. Mengers-
hausen und Hr. Schlegel.
t Am 7. JNovbr. starb Mad. Stegmann.
122
l§O0.
Mit dem Januar nannte sich die Unternehmung zum
ersten Male „Stadt - Theater" auf dem Zettel.
f Am 4. März starb in Reilingen im Schröder* sehen
Hause die pensionirte treffliche Künstlerin Stark.
f Am 12. April erfolgte das Absterben des hochver-
dienten Schauspielers A n 1 0 n Steiger, der einer schweren,
schmerzvollen, von seinen Aerzten leider nicht erforschten
Krankheit erlag. Seine vielfachen Verdienste als Künstler
sind allgemein anerkannt, und seine unbestechbare Recht-
lichkeit, seine biedere Geradheit, sein vortreffliches Herz
erwarben ihm die ungeheuchelte Liebe und Achtung aller
seiner Mitbürger, Vorgesetzten und Collegen. Eine zahl-
reiche Familie beweinte seinen Tod. Er erreichte ein
Alter von 53 Jahren und 8 Tagen.
Im Monat Mai ging Hr. Klo st er may er ab.
f Am 19. Juli starb der Bassist Rau.
f Am 29. August starb der Musikdirector HOnicke.
Im September trat Iffland an 26 Abenden in Ham-
burg auf und leider zum letzten Male.
Der Bassist Schaper, vom Kasseler Hoftheater, gab
den Sarastro und Osmin nicht ohne Beifall, missfiel jedoch
als Axur und trat nach einigen unzweideutigen Zeichen
der Ungunst mit den Worten hervor: „Wenn ich das
Unglück habe, einem verehrten Publikum zu missfallen, so
kann ich Ihnen zu Ihrer Beruhigung versichern, dass dieses
meine letzte Gastrolle ist." Man applaudirte.
Fernere Gäste waren: Herr Deny vom Berliner
Theater, Hr. Fischer und Sohn.
Herr Höfler wurde engagirt.
123
Mit dem Schlüsse des Jahres trat Mad. Löhrs von
der Bühne ab und in den Pensionsstand.
Herr Carl Eule, Sohn des Directors, wurde als Mu-
sikdirector angestellt.
Paer's „Sargino," „Die Sängerinnen auf dem Lande"
und „Die Schweizerfamilie*' erwarben sich das Bürgerrecht
mit ihrem Erscheinen auf lange Zeiten, doch wurde es auch
Herrn „Rochus Pumpernickel" nicht entzogen.
1§10.
„Der Direction des hiesigen Theaters.
Wohlgeborne Herren!
Sie wünschten im Juli vorigen Jahres zu wissen,
ob ich geneigt sei, Ihnen das Theater noch länger zu
lassen. Ich kann Ihnen jetzt bestimmt antworten.
Nicht ohne Ursache bemerkte ich damals verschie-
dene Dinge, die unserm Contracte entgegen und un-
läugbar dem Werke nachtheilig sind. Ich glaubte,
durch die Erinnerung Abstellungen zu bewirken, die
Gesetze, die vorige Ordnung wieder hergestellt zu
sehen; meine Erwartung wurde nicht erfüllt. Ich will
meine Beschwerden nicht wiederholen, aber es ist nur
zu gewiss, dass das Theater mit einem verpachteten
Stücke Land, in den letzten Zeiten der Pachtung, zu
vergleichen ist, und dass Kraft und Kosten erfordert
werden, es wieder herzustellen. Und wie sehr haben
sich andere Umstände geändert! Ich übergab vor 12
Jahren das Theater fünf thätigen Familien. Drei Fa-
milien sind geblieben, von denen die mehrsten GUeder
sich als Darsteller beinahe ganz zurückgezogen haben.
Dass aber, bei der traurigen Lage der Stadt und der
124
daraus unverbleiblichen Verringerung der Einnahme,
grosse Thäligkeil in jeder Art nOlliig ist, werden
Sie zugestehen.
Mein damaliger Entschluss hat Sie gesegnet; Sie
haben eine Einnahme gehabt, die man kaum für mög-
lich hielt, und nie wieder kommen wird. Wer von
Ihnen nicht so viel erspart hat, um das Theater allen-
falls entbehren zu können, dessen eigne Schuld ist es,
der hat nicht an die Zukunft gedacht. Ich freue mich
aufrichtig Ihres Wohlstandes, ich hätte — obgleich die
Kunst nicht unter Ihnen gewonnen hat — um meinet-
willen an keine Aenderung gedacht, aber meine Fa-
milie legt mir Pflichten auf, denen ich mich — beson-
ders in diesen Zeiten — nicht entziehen kann, und ich
bin daher genöthigt, um dieser Familie und um der
Kunst willen, diese Verpachtung mit dem letzten März
nächsten Jahres aufzuheben.
Ich könnte noch jetzt, vermöge unsers Contracts,
auf die pünktliche Handhabung der Gesetze, auf die
Einsetzung eines Regisseurs, auf die Wiederherstellung
der Maskeraden (die Sie von dem Hause entfernt haben)
bestehen, ich will es aber nicht, ich will es Ihrer
Billigkeit überlassen, was Sie zur Aufrechthallung des
Theaters und der Pensionskasse (deren Vernachlässi-
gung mir am wehesten gethan hat) in dem künftigen
Jahre verfügen werden. Dagegen ersuche ich Sie um
die Erfüllung des folgenden Wunsches. Viele Deco-
rationen bedürfen einer Auffrischung. Der Maler geht
seit langer Zeit beinahe müssig. Halten Sie ihn zu
jener Arbeit an; ich will die Farben u. s. w. bezah-
len. So können Sie dem Ganzen ohne Schaden dienen.
125
Es ist selten, dass bei einer Verpachtung die Tlieil-
nelimer friedlich und freundlich scheiden; lassen Sie
uns zu den Ausnahmen gehören. Ich erbitte mir von
Ihnen, der Ordnung wegen, ein paar Zeilen, dass Sie
meine Aufkündigung erhalten haben, und bin mit der
vollkommensten Achtung
Ihr
Fried. Ludw. Schröder.
Hamburg, den 9. März 1810.
Dies war die Aufkündigung Schröder's.
Wenige Tage vorher enthielt ein Brief vom Professor
Meyer an ihn folgende prophetischen Worte:
„Ueber Ihre üebernahme des Theaters habe ich
durchaus keine Meinung und keinen Wunsch. Was
Sie auch thun mögen, wird Sie gereuen und Ihnen
Verdruss verursachen. Sie haben entschieden, wenn
Ihnen Thätigkeit Bedürfniss ist. Dagegen sind alle
Worte leere Spreu."
Schröder war indessen viel zu weit in der Aus-
führung seines Planes vorgerückt, um von ihm lassen zu
können, obwohl sich von Monat zu Monat die Hindernisse
mehrten; doch galt das Motto bei ihm: „ncc aspera ter-
rent!^'' Der Tod hatte ihm allerdings Hönike, Steiger
und Bau geraubt, Männer, auf deren Treue er bauen konnte,
nun aber erklärte auch Stegmann auf das Bestimmteste,
sich gänzlich von der Bühne zurück zu ziehen und seine
Tochter Amalia, welche sich zur Beschämung Derer, die
sich früher gegen ihren Eintritt auflehnten, als Sängerin
sehr werth gemacht hatte, einer anderen Bühne einverleiben
zu wollen.
126
Fast noch herber traf ihn die Anzeige, dass mit dem
Ablaufe dieses Theaterjahres auch das Kühne'sche Ehe-
paar Hamburg verlassen musste. Die treffliche Künstlerin
litt an einem Uebel, dem die hamburger Aerzte vergeblich
entgegenkämpflen; Veränderung des Klimas schien ihr am
zuträglichsten, und wer hätte Hoffnungen zerstören mögen,
denen die Kranke fest vertraute? Beide Theile empfanden
den Verlust wie dessen Nothwendigkeit gleich schmerzlich.
Solche Lücken auszufüllen, wurde dem Unternehmer
schwer, obwohl auswärtige Freunde, namentlich Iffland
in Berlin, Werdy in Frankfurt, Schwarz in Wien und
Lamprecht in München ausserordentlich thätig für ihn
gewesen waren. Seine überreichhaltige eigene Correspon-
denz liess ebenfalls günstige Resultate hoffen, und der
Gewinn Herzfeld's als leitender Director gewährte ihm
grosse Beruhigung. Schröder lebte in freudiger Hoffnung,
sein neues Unternehmen werde, mit Fleiss und Liebe geführt,
alle ferneren Hindernisse beseitigen. Da sollte ihn ein
unerwarteter Gewaltstreich enttäuschen und ganz darnieder
schlagen. Es war die Vereinigung der Eibmündung mit
Frankreich (Decret vom 13. Decbr.), die darauf folgende
provisorische Organisation Hamburg's (18. Decbr.), und
endlich die Auflösung des Senats der bisherigen freien
Hansestadt (13. Febr. k. J.).
Nur die PtHchten gegen seine Familie konnten Schröder
vermögen, sich mit Ergebung und Standhaftigkeit zu waffnen
und sich der Abhängigkeil der französischen Behörden zu
unterwerfen. Wie gern hätte er für seine Person die schweren
Ausgaben, welche das Unternehmen bereits veranlasst hatte,
jenem niederbeugenden Gefühle geopfert; so aber that er
männlich, was er tiber sich gewonnen für Pflicht zu halten.
127
Wie belästigend die neuen Verordnungen auf die neue
Geschäftsführung wirkten, wird bei ihrem Beginnen und
während der Dauer derselben erwähnt werden.
1§11.
Vom 17. Febr. an las man auf dem Anschlagzettel:
„Hamburgs deutsches Theater."
Am 8. März eröffnete Md. Händel -Schütz, zuweilen
von ihrer Schülerin, Dem. Beck, unterstützt, eine nam-
hafte Reihe von Gastrollen, denen eine gerechte Aner-
kennung nicht fehlte, wie abweichend auch hin und
wieder Auffassung und Behandlungsweise einige ihrer Dar-
stellungen von früher gesehenen erschienen.
„Merope", in einer neueren Uebersetzung vorgeführt,
gefiel allgemein, doch sollte die Künstlerin darin, trotz ihrer
Vorzüglichkeit einige Monate später von der Schröder
weit übertroffen werden. Ausserdem gab Mad. Händel,
zu grosser Befriedigung der Kenner, mimische Darstellungen.
Zu bemerken ist noch, dass „Phädra" zum ersten Male auf
der Hamburger Bühne vorgeführt wurde, worin nach Herz-
feld (Theseus) besonders Jacobi als Hyppolit seine Be-
fähigung für die Tragödie darlegte. Dem. Beck Hess in
ihrem Gastspiele den Einfluss ihrer Lehrerin keinesweges
verkennen, doch konnte abgerechnete Bemessenheit den
Mangel wahren Gefühles nicht ersetzen.
In der Oper erschien Herr Sehring als Gast und
wurde engagirt.
Vorübergehende Erscheinungen waren: Herr Schulz
aus Stettin, so wie Mad. de Villers aus Dresden.
Am 29. März, nach der Vorstellung von „Armuth und
Edelsinn", hielt Herzfeld, Namens der Direction, eine
Dankrede.
128
Wir kommen jetzt zu
F. L. Schröder^ s zweiter Qund letzter} Unternehmung,
Bestand der Gesellschaft.
F. L. Schröder^ Eigenthümer und Unternehmer.
Herr Herzfeld^ Direclor.
Aiisschuss: die Herren Schröder^ Costenohle und Schäfer.
Darstellende Mitglieder:
Herr und Mad. Herzfeld^ Mad. Hönikc^ Mad. Fiala^ Dem.
Sophie und Christine Löhrs^ Herr Lichtenheld und Frau, Herr
Ritzcnfeld^ Herr Schröder und Frau, Herr Glcy und Frau,
Herr Costenohle und Frau, Herr Schäfer und Frau, Mad.
Fischer^ Herr Schmidt und Tochter, Herr Mentschcl und
Frau, Herr Gerber und Frau, Herr Jacobi und Frau, Herr
Becker d. A und Frau, Herr Becker d. J. und Frau, Herr
Schrader und Frau, Dem. Fleck^ Herr Krickeberg und Frau,
Herr Herzinger und Frau, Herr Schwarz^ Dem. Gollmann^
Herr Sehring ^ Herr Wallbach ^ Herr Ääder und Frau, Dem.
Engst (s^endinni Aschenbrenner) ^ DUs. Caroline^ Johanna und
Antonie Steiger (Kinderrollen), Dem. Fölscher^ Dem. öross-
»laww, die Herren Petersen^ Erdmann^ Straubenmüller^ Lind-
hauer^ Günther, Brämer^ Rebenstein und Haase.
Musikdirector Herr Eule.
Erster Violinist „ Graff.
Achtzehn Orchester -Mitglieder und sieben Raths-Musici.
Maler Herr Maubert.
Theatermeister <, Dittmer.
Souffleur , Barlow.
Cassirer .' die Herren Bartels und Peper.
Logenmeister Herr Lendpratel und Frau Baumgarten.
Billelabnehmer n Herzog., Frau Kupfer u. s. w.
Im August erschien Mad. Schrock, ehemalige Fleck,
aus Berlin, gleichen Beifall wie früher sich erwerhend. Sie
führte der Hamburger Bühne in ihrer Tochter, Louise
Fleck (nachmalige Doctorin Unzer), ein junges, vielver-
I
129
sprechendes Talent zu, dem Schröder, nachdem er es
gewonnen, eine ganz besondere Aufmerksamkeit widmete.
Zwischen diesem Gastspiel, und im Verein mit ihm, trat
Hr. A. Schwarz, der seine Direction in Königsberg nieder-
gelegt hatte, als Nathan mit grossem Beifalle auf. Auch
ihn wusste Schröder zu erhalten, und so blieb der treflT-
liche Künstler (einen durch die Belagerung veranlassten
fast zweijährigen Austritt abgerechnet) bis zum Jahre 1827
eine Zierde des Hamburger Theaters. Consequenz, tiefes
Eindringen in den Geist des Dichters, Reinheit, Wahrheit
und Sittlichkeil des Gefühls, dabei eine Gewissenhaftigkeit,
wie sie vielleicht nur Schröder nächst ihm besass, erho-
ben ihn zur ersten Klasse deutscher Künstler.
Nachdem der Tenorist Meiselbach zwei Mal beifällig
aufgetreten war, verschaffte das Gastspiel Stroh meyer's
dem Publikum einen seltenen Genuss.
t Am 30. Sept. starb der ehemalige Director des Ham-
burger Theaters, Herr Langerhans, in Karlsruhe.
t Am 6. Juli: Herr Fischer.
Im Decbr. erschien Herr von Seckendorff (Patrick
Peale) als Gast. Er gab auch mehrere mimische Dar-
stellungen, und entwickelte in ihnen, von seiner Gattin
und den Steiger'schen Kindern darin unterstützt, so wie
in Vorlesungen über Declamation und Mimik, anzuerken-
nende und gewürdigte Verdienste. Einen kritischen Streit
mit Professor Zimmermann in den nordischen Miscellen
hätte er klüger gethan, zu vermeiden.
Es debütirten: Herr und Mad. Krickeberg. In der
Theaterwelt rühmlich bekannt, bedurften sie keiner beson-
deren Pi'üfung ihres Werthes.
9
130
Herr Schrader und Frau (Letztere noch Anfängerin)
waren vom Magdeburger Theater gewonnen. Schrader
gehörte zu Denen, die den oft zweifelhaften vorangehenden
Ruf durchaus rechtfertigten. Seine BassbufFo's, Geizhälse,
Pedanten, Bauern u. s. w. erfreueten sich der gerechtesten
Anerkennung. In trockenen komischen Parthieen hatte er
eine seltene Höhe ei-reicht und ein originelleres Genrebild,
wie sein Carl in der „Reise nach der Stadt", möchte wohl
schwerlich wieder gefunden werden.
Herr Raeder, vom Breslauer Theater, gefiel in ersten
Tenorparthieen.
Dem. Aschen Brenner befriedigte sehr als jugend-
liche Sängerin und wurde bald ein Liebling des Publikums.
(Nach einer trefflichen Zeichnung von Füger wurde
in Dresden (von Mathaei) ein neuer Vorhang gemalt.
Dieser Vorhang gab zu einer so drolligen, als ärgerlichen
Anekdote Anlass. Einige Monate nach der Eröffnung erhielt
Herz fei d, als Director, während einer Vorstellung von
der französischen Behörde den Befehl, die Beleuchtung im
Zuschauerräume nach dem Schlüsse nicht verlöschen zu
lassen und sich selbst im Parterre einzufinden. Nachdem
sich die Zuschauer entfernt hatten, sah er sich dort von
mehreren französischen Beamten umgeben: sie fixirten sehr
aufmerksam den Vorhang und besonders eine Stelle des-
selben; Herzfeld wusste nicht welche und ahnte nicht,
wohin die Procedur führen sollte. Nach einer geraumen
Zeil brachen sie fragmentarisch in ein ,,owe — c^est lui —
lui-meme — tout crache''' aus. EndHch erhielt er die
Weisung, bis zum morgenden Abend, der auf dem Vor-
hange mit Füssen getretenen Figur des Lasters ein neues
Angesicht geben zu lassen, da man durchaus in den vor-
131
handenen Zügen eine sprechende Aehnlichkeit mit Napoleon
aufgefunden haben wollte. Dem Befehle wurde Folge ge-
leistet, doch musste sich das arme, unschuldige Laster der-
selben Procedur noch öfter unterwerfen, denn die Grund-
züge traten stets wieder hervor und das durch die ewige
Ueberpinselung gebräunte Antlitz gewann nun wirklich eine
Aehnhchkeit, jedoch geschah dies zu einer Zeit, in der
andere Behörden nicht so aufmerksam in der Aufspürung
der geheiligten Züge waren. Schröder verehrte den Fü-
ger'sehen Entwurf seinem Freunde Böttiger in Dresden,
der auch sein Arbeitszimmer mit ihm zierte.) ^t
Die strenge französische Censur beengte die neue Unter-
nehmung ungemein und die mit ihr beauftragten Herren
Nick und Dr. Röding erhielten für die Milde und Nach-
sicht, die sie vorwalten liessen, sehr bald geschärftere Be-
fehle. Schon der Name eines verhassten Autors genügte
zur Ausmerzung seiner Produkte, wie denn z. B. die be-
liebtesten Stücke Schill er 's und Kotzebue's förmlich
gestrichen wurden. „Maria Stuart" wurde verboten, weil
es in England spielte, und „Der Brief aus Cadix," von
Kotz ebne, wurde zum „Brief aus Marseille" getauft. Die
Worte Vaterland, Vaterlandsliebe, Freiheit, Ty-
rann, Unterdrückung u. s. w. raussten unerbittlich
gestrichen werden, und was der Beengungen noch mehrere
waren. Sie, die auf alle Verhältnisse des bürgerlichen
Verkehrs und der Geschäfte so drückend lagen, hatten be-
greiflicherweise eine dumpfe Stimmung, einen Trübsinn im
Publikum hervorgerufen, der um so feindlicher der ernsten
Absicht Schröder 's, sein Parterre veredeln zu wollen,
entgegentrat. Wer sich dazu entschloss, das Schauspiel zu
besuchen, hoffte Zerstreuung, Vergessenheit der trüben
132
Gegenwart zu finden, und wahrlich, die Mehrzahl der neuen
Stücke, die Schröder vorführte, waren eben nicht ge-
eignet, diese Zwecke zu befördern, selbst wenn sich das
Publikum mit einem solchen Erziehungsprozesse jemals hatte
einverstanden erklären mögen. Im Anfange duldete man,
duldete aus Pietät, bald aber sprach sich die vollständige
Unzufriedenheit lauter aus. — Die eingeführten Kinder-
Komödien, wie trefflich sie auch gegeben wurden, fand
man bald läppisch — kurz. Alles vereinigte sich, um
Schröder zur Ueberzeugung gelangen zu lassen, dass er
nicht nur seine Absicht durchaus verfehlt habe, sondern
sie ausserdem mit schweren Kosten werde büssen müssen,
da auch der überaus heisse Sommer seinen Einfluss ge-
waltig geltend machte. Jene Zufälle jedoch abgerechnet,
hätte Schröder aus dem Schatze seiner eigenen Erfahrung
belehrt sein sollen, wie vergeblich stets seine Versuche
waren, dem Strome des Zeitgeschmacks gewaltsam einen
Damm entgegen zu setzen, wie er stets nachgeben müssen,
um wie viel eher er es jetzt musste, da sein Publikum
durch die bunteste Abwechselung verwöhnt war.
Kehren wir nun zum eigentlichen Beginn des Unter-
nehmens zurück.
Die erste Vorstellung unter Schröder war: „Der
erste Eindruck" und „Selbstliebe."
An demselben Tage, den 1. April, überraschte ihn die
Zusendung einer goldenen und zweier silbernen Abdrücke
einer Denkmünze, die von Loos in Berlin zu seiner Ehre
geprägt waren.
Um seine Sorgen etwas zu erleichtern, wurden ihm
von seiner Behörde, statt der Abgabe des achten Theils
von jeder Einnahme, von nun an 10 pCt zudictirt.
133
Der 16. September muss durch einen ernstlichen Vor-
fall bezeichnet werden. Morgens 10 Uhr kamen zwei Gens-
d'armen in Schröder's Behausung am Eingange der
A. B. C- Strasse, mit dem Auftrage, den Eigenthumer des
deutschen Theaters zum General - Gouverneur nach Wands-
beck zu führen. Herr Herzfeld, der eben zugegen oder
herbeigerufen war, erklärte, er sei als Vorsteher des
Theaters verbunden und bereit. Alles, was dasselbe betreffe,
zu vernehmen und zu verantworten, und glaube, der Befehl
gehe ihn an. Die Gensd*armes erwiederten, das Verhält-
niss sei ihnen nicht unbekannt, aber ihre Vorschrift betreffe
ausdrücklich Herrn Schröder. Dieser fuhr also mit
ihnen nach Wandsbeck, wo ihn der Prinz von Eckmühl
unmuthig empfing und ihm verwies, dass er sich erlauben
dürfe, das Publikum gegen die Militair-Conscription auf-
zubringen. Schröder konnte durchaus nicht begreifen,
wodurch er sich diesen Vorwurf zugezogen und erfuhr es
mit Erstaunen. Ein kleines Kotz ebne' sches Lustspiel mit
Gesängen von Weigl, „das Dorf im Gebirge" das einzige
fast, welches auffallendes Glück gemacht, dreht sich um
die glückliche Zurückkunft eines Gutsbesitzers aus dem
Kriege, der von den Seinigen nicht gleich erkannt wird,
weil er sich verkleidet und Narben ihn entstellen. Das
Ganze war so wenig darauf berechnet, die Zuschauer vom
Kriegsdienst abzuschrecken, dass man es in Wien ausdrück-
lich zum Ausmarsch der Freiwilligen bestimmt hatte. Auch
lockte die ernsthafte Handlung, durch Dr. Engels „Ge-
burtstag" um allen Reiz der Neuheit gebracht, den Zuspruch
nicht, sondern Weigl's gefälliger Gesang und vor Allem
die niedrig- komische Rolle eines Schulmeisters, der unter
der Ruthe seiner Frau steht und die Schulkinder nicht
134
genug unter der seinigen zu halten weiss, um ihrem
GespOtte zu entgehen. Dies machte Schröder geltend
und gewann dadurch zwar nicht die Freisprechung des
Lustspiels, wohl aber die seinige von dem Verdachte eines
absichtlichen Vergehens. Richter und Vorgeladener schieden
freundlicher und beruhigter, aber in ihren Gesinnungen so
unvereinbar von einander, als sie zusammen gekommen
waren.
Am 18. August trat Mad. Becker als Myrha auf und
wurde mit Beifall überschüttet.
Am 29. October tanzte der dreizehnjährige Vestris
aus Paris, zwei Soli mit Beifall.
Vom 19. Novbr. an musste das Theater auf Befehl
„Theater auf dem Gänsemarkt" getauft werden.
Am 1. Decbr. (auf Schröder's Kosten) freies Schau-
spiel zur Feier der Kaiserkrönung Napoleon's.
am 10. Januar „Titus."
Md. G%....Vitellia. Md. Becker. .. .Sexlus,
Der Saal war überfüllt. Als nach der Winter'schen
Introduction beide Sängerinnen zum Duett: „Fordre, befiehl,
ich folge,'* erschienen, ertönte ein endloser Jubel. Es
war ein Versöhnungsfest der beiden Primadonnen, die sich
bis jetzt feindlich und neidisch gegenüber gestanden.
Im März gastirte Herr W^erdy von Frankfurt a. M.
als Spieler, Wiburg, Hamlet und Savern mit verdientem
Beifalle. Als Herr Werdy nach dem Schlüsse der Vor-
stellung des „Hamlet" hervorgerufen wurde, dankte er in
folgenden Worten:
„Schröder's Leitung und Ihrer gütigen Nachsicht
in früherer Zeit verdanke ich, was ich bin; haben Sie
135
jetzt gefunden, dass Sie und er damals gleiche Güte
nicht an einen Unwürdigen verschwendeten, so ist das
schönste Ziel meines Hierseins erreicht,''
Worte, die seiner Bescheidenheil und seinem Herzen die
grösste Ehre machten.
Am 31. März letzte Vorstellung unter Schröder' s
Direction.
Am 1. April war Herzfeld alleiniger Director und
eröffnete an diesem Tage die Unternehmung mit der „Braut
von Messina," der eine von Stegmann neu componirte
Ouvertüre voranging.
Am 24. April zum ersten Male: „Welcher ist mein
Vetter?" von unserm alten würdigen Dr. Bärmann, welches
sehr gefiel. (Als Bärmann, damals noch ein junger
Mensch, mit seinem Manuscript zu Schröder kam, sagte
derselbe, nach Durchlesung, „er hat Talent, sei er tleissig,
so kann aus ihm noch was werden" und wahrlich wir
haben alle Ursache auf das Talent und den Fleiss unseres
noch kräftig wirkenden Landsmannes stolz zu sein.)
Am 8. April gastirte Herr Möglich als Sarastro,
gefiel und wurde engagirt.
Am 20. April ward auf dem Theater der Frau Handje
im Hotel de Rome auf dem Valentinskamp zum ersten
Male eine Feenoper, „die Zauberzitter" gegeben. Von
dieser kleinen Bühne datirt das jetzt so emporgekommene
Thalia - Theater.
An kleinen Bühnen waren noch die des Tanzlehrers
Günther im Concerthofe, den ein berüchtigter Wirth,
Borchers, ablöste und die des Wirthes Schlüter auf
dem Gänsemarkt, Ecke des Gerberhofes.
136
Am 28. Mai eröffnete Mad. Kühne zur grossen Freude
des Publikums, dem sie früher angehörte, eine Reihe von
Gastrollen. Unmittelbar nach diesem lieben Gaste eröffnete
Dem. Schmalz von Berlin einen Cyclus von Gastdar-
slellungen.
iNachdcm DirCctor Meyer aus Stettin den Grafen
Balken, Mad. Dittmarsch Louise in „Kabale und Liebe,"
Herr Dittmarsch den Anton in den „Vormundschaften"
gegeben hatten, eröffnete die Familie Kobler eine Reihe
von 26 pantomimischen Ballels und Divertissements, die
sich hier, wie überall den glänzendsten Erfolg erwarben;
die reizenden beiden jungen Mädchen, der kraftvolle und
gewandte Franz Kobler und der besonders auch als
Pantomimiker verdiente Bernadelli gaben stets ein höchst
gelungenes und unterhaltendes Ganzes. Sämmtliche INamen
der Pantomimen würden zu viel Raum einnehmen; lustig
nahm sich unter Anderen im Personenverzeichniss der
„glücklichen Wilden" ein alter Wilder aus, den man
Durzenau genannt hatte; es mahnte dies an eine Anekdote,
in welcher eine Berlinerin, die sich vergeblich auf einen,
nach ihrer Meinung italienischen Concertgeber besann,
plötzlich ausrief: „gefunden — Kiesewetter hiess er.^*
Eine junge reizende Dame, Dem. Wreden, trat als
Gurli auf, gefiel und wurde engagirt.
Am 9. Septbr. gastirte Hr. Spengler als Vater Domi-
nique, und dessen Gattin als Luise Miller mit dem besten
Erfolg.
t Der 20. Septbr. war ein Trauerlag für die Bühne
und für Hamburg. Frau Caroline Herzfeld, geborne
Stegmann, verschied schnell und unerwartet im 36sten
Jahre. Selten ist eine Theilnahme allgemeiner, unmöglich
137
tiefgefühller gewesen. Am 23. wurde sie beerdigt und
eine Todtenfeier fand an demselben Tage auf der Bühne statt.
Am 6. October kehrten Herr und Mad. Gley von
ihrer Urlaubsreise zurück und wurden bei ihrem Erscheinen
freundlich begrüsst.
Am 20. Octbr. verehelichte sich Dem. Christine
Löhrs mit Herrn Dr. Rein hold.
Neue Stücke: „Katharina von Finnland," „der „Dop-
pelpapa," „Alfonso der Grosse,'' „der Kapellmeister von
Venedig" u. s. w.
Gast: Hr. Cuno.
1§13.
Am 22. Januar zum ersten Male : „Johann von Paris,"
von Boieldieu. Diese liebliche Musik erregte die grösste
Sensation und ist diese Oper bis auf den heutigen Tag
noch sehr beliebt.
Dieses Jahr ist das reichste an Freuden und Leiden
für das früher so glückliche Hamburg. Scheinbare Erlösung
vom Joche der Franzosen, erneuete und erhöhte, bis zur
tiefsten Erniedrigung gesteigerte Bedrückung bei ihrer
Rückkehr. Begreiflich, dass gewaltige Ereignisse den
Bestand der Bühne in gleichem Wechsel trafen und den
Muth und die Ausdauer des Führers wie sämmtlicher
Mitglieder auf harte Proben und Entbehrungen setzte.
Viele ertrugen sie geduldig, Andere glaubten sich ihnen
und dem dräuenden Ungemache der Belagerung entziehen
zu müssen.
Was bisher sorgfältig verschwiegen worden, das
Misslingen des franzosischen Feldzuges in Russland, konnte
nun für Hamburg nicht länger Geheimniss bleiben und
138
die gedrücklen Einwohner wagten es, in den geheimsten
Kammern des Herzens die frohe Hoffnung zu einer baldigen
Erlösung zu schöpfen. Die niedere Volksklasse, durch
eine schwache Besatzung ermuthigt, wurde dreister und
hatte ihr besonderes Augenmerk auf die verhassten Doua-
niers gerichtet. Am 23. Februar entwickelte sich ein
Tumult am Miliern thore, der rasch anwuchs, mit Nieder-
reissen der Douanen -Häuser, Adler, Schilder und Insignien
sich fortsetzte, bis dänische Hülfs -Truppen von den Fran-
zosen requirirt, in Hamburg einrückten. Der Tumult
währte noch am 24«*«" fort. Nach grosser Anstrengung
wurde endlich die Ruhe wieder hergestellt, wozu die
Cavallerie der Bürgergarde das ihrige nicht wenig beitrug.
Unaufhörlich rüsteten sich die Franzosen zum Abzüge,
der denn auch am 12. März — leider nur auf kurze
Zeit — vollständig unter St. Cyr erfolgte, nachdem sie
noch mit unerhörter Grausamkeit Füsilladen vornahmen,
denen endlich der Maire, Hr. Abendroth, durch ent-
schiedenes Entgegentreten ein Ziel setzte.
Der Volksjubel bei dem am 17. März erfolgten
Einzüge der Russen unter Tetlenborn, bei der Wieder-
einsetzung des Senats und der Behörden war ohne Beispiel,
was mir gewiss noch viele Augenzeugen bekräftigen
können.
Am 18*®" erschien der Obrist Tettenborn im Theater,
wo „der Russe in Deutschland" und der „Kapellmeister
von Venedig" gegeben wurden. Mad. Schröder trat in
dem erstgenannten Stücke, mit der russischen Cocarde
geschmückt, auf, und die lauten Freudenbezeugungen
wollten fast kein Ende nehmen. Im Triumphe wurde
Tettenborn aus dem Hause getragen, die Pferde aus-
139
gespannt, der Wagen nach dem Gouvernementshause ge-
zogen, die Stadt ilhiminirt u. s. w.
Das Repertoir wurde mit „Wilhelm Teil," „Wallen-
sleins Lager" u. s. w. geziert, welches letztere mit dem
„Dorf im Gebirge" zur Krönungsfeier des russischen
Kaisers, am 24. März, gegeben wurde.
Am 3. April wurde die Einnahme der Vorstellung
von „Johanna von Montfaucon " und „Wallensteins Lager"
ohne Kostenabzug zur Ausrüstung unserer braven Vaterlands-
vertheidiger bestimmt. Es wurden 1031 -^ 9 /? abgeliefert.
Im April verliessen Herr und Mad. Gley, Herr und
Mad. Räder, so wie Herr und Mad. Recker die ham-
burger Rühne.
(Ein polizeilicher Refehl untersagte jegliches Hervor-
rufen der Schauspieler und Schauspielerinnen.)
Am 1. Mai hörte man eine Kanonade. Die Franzosen
waren auf dem Finkwärder gelandet. Vom 9*®" bis zum
Igten ^ard die Rühne, der Kriegsunruhen wegen, geschlossen.
Es fanden in dieser Frist die Gefechte auf der Veddel,
Wilhelmsburg u. s. w. statt, während Hamburg in ver-
schiedenen Intervallen beschossen wurde. Die Schweden
zogen indessen als Hülfstruppen mit zwei Rataillonen ein.
Am Abend des 22 «'^n^ um 10 Uhr und während des 23«*«"
wurde die Stadt mit Haubitzen und Granaten beschossen,
die mehrfach zündeten.
Ende May verliess uns der verdiente Schwarz und
im Juni Herr und Mad. Schröder riebst Herr und Mad.
Gerber.
Gewonnen wurde Herr Ronhack, als Tenorist und
auch einige Monate Herr Macco für kleine Rollen, Solo-
tänze und zur Arrangirung kleiner Rallette.
140
Als der traurige Wendepunkt kam, der Hamburg
abermals den Unterdrückern überlieferte, der Belagerungs-
zustand eintrat, versammelte Herzfeld die Gesellschaft,
erklarte, dass er nur die halbe Gage zahlen könne, ver-
pflichtete sich eben nicht, bei besseren Zeilen das Fehlende
nachzuzahlen, versprach aber als ehrlicher Mann, alles
darin zu thun, was ihm die Zeitverhältnisse sodann erlauben
würden. Nachdem Jeder seine Meinung ausgesprochen,
fehlte Jacobi's Erklärung noch, der im dumpfen Brüten
vor sich hinstarrte. Herzfeld rief ihn an und forderte
ihn auf, sich auszusprechen; plötzlich erwachend, brach
er mit dem grössten Ernste in die Worte Leporello's aus;
„Leib und Leben für meinen Herrn, aber — stumm wie
ein Fisch." Man mussteJacobi kennen, um zu begreifen,
dass es ihm hier keinesweges um einen Spass zu thun
war, dass er vielmehr sicher vermeinte, seine innigsten
Gefühle ausgesprochen zu haben.
Am 10. August wurde freies Schauspiel zum Geburls-
feste Napoleon's gegeben.
Am 17. Septbr. erschien zum ersten Male: „Preciosa,
das Zigeunermädchen," von P. A. Wolff.
(Das Stück gefiel nicht, erst in der viel später erschie-
nenen Umarbeitung, gehoben durch Weber's bezaubernde
Composition, machte es so bedeutendes Glück.)
Am 22. Sept. eröffnete eine französische Gesellschaft,
von St. Petersburg kommend, auf dem Theater des Gänse-
markts eine Reihe von eilf Gasldarstellungen. Die Herren
Durand, Mainvielle, Calais, Duparey, Mesdames
Milien und Mainvielle gefielen. Nach der letzten Vor-
stellung übersiedelte die Gesellschaft nach dem neu deco-
rirlen Theater auf der Drehbahn.
141
1§14.
Bereits im November wurde die Bank auf Befehl
Davoust's in Beschlag genommen, im December die Thore
und der Hafen geschlossen, Jeder mit unerhörter Grausam-
keit aus der Stadt gewiesen, der sich nicht auf sechs
Monate verproviantiren konnte; die Mitglieder des Theaters,
welche von dem barbarischen Gesetz verschont blieben,
empfingen Brodscheine; auch warf das Gouvernement 8000
Franken, mit Einbegriff des Militairabonnements für die
beiden Theater aus, doch mussten sie abwechselnd im
deutschen Theater auf dem Gänsemarkt ihre Vorstellungen
geben, ein jedes, das deutsche wie das französische, auf
eigne Rechnung und Gefahr. So begannen die Franzosen
am I.Januar mit „Les deux freres ou la Reconciliation''^
und „Le5 Pretendus,'' Die Deutschen am 2*«" mit „Don Juan."
Während ganz Deutschland bereits frei war, Russen
und Deutsche Hamburgs Gränzen umkreisten, sollte die
unglückliche bereits so schwer geprüfte Stadt noch immer
unter dem Joche seiner Bedrücker schmachten.
Am 9. Februar wurde die Stadt und Harburg ange-
griffen, Generalmarsch geschlagen und vom Catharinenthurm
Sturm geläutet. Das Theater wurde geschlossen, es durfte
auf der Strasse kein Mensch sich sehen lassen.
Am 9. März musste Herzfeld auf Davoust's Befehl
einige Siegesnachrichten von der Bühne ablesen, und der
liebenswürdige Herr Statthalter verschmähete es nicht, von
seiner Loge aus auf die Bühne zu speien und ihm „p/ws
haut^ plus hauf"^ wüthend herabzurufen.
Am 24. März starb der Graf Chaban, Staatsrath und
Finanzintendant; die Bühne wurde deshalb auf vier Tage
geschlossen.
142
t Im April starb der berühmte Iffland in Berlin.
Bald sollte der Leidenskelch von dem gedrückten
Hambnrg geleert sein und der Becher der Freude und des
frohen Mulhes in allen Kreisen geschwungen werden. Bis
zu dem am 31. Mai gegebenen Festspiele von Schmidt:
„Der Tag der Erlösung," wurde keine Neuigkeit mehr
vorgeführt. Mit wenigen Worten mOgen die wichtigsten
Ereignisse dieser beiden Monate angeführt werden. Am
10. April verbreitete sich das von Altona durch die Be-
satzung selbst herübergekommene Gerücht von dem bevor-
stehenden Einzüge der Verbündeten in Paris. Sonntags
den 17^«", an welchem Tage die letzte Wegnahme aus der
Bank erfolgte, wurde in den Kirchengebeten „für alle
Regenten der Erde" der Beistand des Höchsten angerufen.
Am 22«*«" widersprach Davoust den Gerüchten in einem
Tagesbefehl, wies General Benningsen's Aufforderung
zurück, am 25«*®" tonte die letzte Kanonade von Harburg
herüber und am 27«*«" hörten die Fürbitten für Napoleon
in den Kirchen auf, am 29. April wurde die Friedensfahne
ausgesteckt und Ludwig XVIIL anerkannt. Der Maimonat
ging mit den nöthigen Verhandlungen, Uebergaben u. s. w.
hin, doch sah Davoust sich schon am 13*®» gemüssigt,
Hamburg zu verlassen und sein Hauptquartier in der Vor-
stadt St. Georg zu nehmen, am 21«*®" war die letzte
französische Vorstellung im Theater, am 27«*®" erste Raths-
versammlung, am 29«*®" wurden die Aussen werke von den
Russen besetzt, worauf denn am 31. Mai der feierliche
Einzug der russischen Truppen und Bürgergardisten untei"
General Benningsen erfolgte. Das Theater wurde durch-
weg mit Blumenguirlanden und den Büsten Alexander's,
Friedrich Wilhelm 's 111. u. s. w. verziert und jenes
143
Festspiel von Schmidt: „der Tag der Erlösung," gegeben,
welches einen unaussprechlichen Eindruck machte. Die
letzte Scene stellte den Hamburger Hafen vor. Von den
Masten wurden Bänder mit dem Hanseatenkreuze geschmükt
herabgelassen, und mit den Worten: „Lasst es weiter
gehen, dass alle freien Bürger es umschliesse," in's Parterre
geworfen und so unter dem Jubel der Zuschauer eine
allgemeine Kette gebildet. Es wurde dies Festspiel sehr
oft nach Jahren wiederholt und stets gerne gesehen.
Die erste Sorge Herz fei d 's war nun dahin gerichtet,
den Mitgliedern die restirenden Gagen zu zahlen, welches
sofort beschickt wurde. Das Repertoir wurde mit den von
Freiheit, Mannessinn und Muth athmenden Dichtungen belebt.
Am 11. Juni wurde eine Gelegenheits-Dichtung: „Friede^*
von Bärmann, gegeben.
Am 30. Juni wurde zur Feier des Einzuges der han-
seatischen Legion, auf Verlangen der Obrigkeit, „Der Tag
der Erlösung" und „Das Dorf im Gebirge" gegeben.
Gastrollen: Dem. Btisse und Herr Häuser.
Im Juli verliessen Herr Bonhack und Frau Hamburg,
wofür der Tenorist Hähnle und Frau eintraten, der am
18. als Belmonte mit Beifall auftrat.
Die Tochter des originellen Souflleurs Barlow, der
während der Belagerung ausgewandert und einer der Ersten
war, die mit der Sonne der Freiheit zurückkehrten, ver-
suchte sich als Elsbeth im „Grafen von Burgund" mit
massigem Erfolge.
Herr Carl Unzer, ein Neffe Schröder's^, gab den
Balduin, Otto von Witteisbach, Abb^ de l'Epc^e und wurde
engagirt; er verrieth ungewöhnliche Anlagen, denen eine
Ausbildung fehlte, zu der er leider nicht gelangen wollte.
144
(m August gastirte Beschort aus Berlin. Das Publi-
kum empfing freundlich den wohlbekannten und beliebten
Künstler, der seinerseits den schönsten Beweis von der
hohen Ausbildung der Fähigkeiten gab, die er schon als
JUngling den Hamburgern entwickelte.
Ferner debiitirten: Herr Habermehl als Sarastro,
und Herr Krüger (später Gatte der Dem. Aschenbren-
ner), als Fridolin, Beide mit Anerkennung.
Am 20. Sept. debütirte Mad. Becker, als Constanze;
am 24. Herr Schwarz, als Oberförster; am 27. Herr
Becker, als Baron Pelz.
Am 18. Oct., zur Feier des Tages: „Deutsche Treue"
von Klingemann.
Am 4. Nov. traten Herr und Mad. Kühne (Lenz) zur
grossen Freude des Pubhkums wieder in die Reihe der en-
gagirten Mitglieder.
Vorübergehend sei die zweimalige Aufführung eines
militairischen Ballets; „Die Schlacht bei Leipzig" erwähnt,
ausgeführt von einem Herrn Buschenhauer und seiner
Gesellschaft.
Am 26. November „Der Sturm von Magdeburg," von
Schmidt.
Herr Gerber, ehemaliges Mitglied der Bühne, gab den
Carl Moor und Noch Jemand als Gast.
im Januar debütirte beifällig Herr Wilhelm i, als Pedrillo.
Im Februar gastirten: Herr v. Holbein und Mad.
Renner.
Ende März: „Die Vestalin" von Spontini.
145
Zugleich endete mit dieser Vorstellung die, an Ereig-
nissen so reiche, von Herzfeld auf drei Jahre über-
nommene Unternehmung; sie war wohl eine glückliche
zu nennen, denn trotz der Belagerung und der Tilgung
aller durch sie entstandenen Reste, warf sie einen reinen
Gewinn von mehr als 40,000 Mark ab.
Herr Habermehl, sowie Herr und Mad. Kricke-
berg verliessen die Hamburger Bühne.
Anfang der Direclion der Herren Herzfeld und
Schmidt.
Die neue Unternehmung wurde mit der ersten Auf-
führung von Göthe's „Egmont" eingeweiht.
Am 18. April trat Gerstäcker, bereits angestellt,
als Tamino auf. Der Enthusiasmus, durch den Glockenton
seiner Stimme hervorgebracht, war in dieser Hohe noch
nie da gewesen. Leicht konnte Gerstäcker als Musiker
übertroffen werden, wie er es z. B. reichlich von Bader
wurde, aber diese Zaubertöne haben wir doch nie wieder
gehört. Es ist unmöglich dieser seltenen Kunsterscheinung
in der Tonwelt zu erwähnen, ohne auch des Menschen
Gerstäcker zu gedenken. Obwohl man ihn mit Recht
ein von der Gunst des Publikums verzogenes Kind nennen
konnte, so Wieb seine kindliche Gutmüthigkeit nichts desto
weniger ungetrübt; er ehrte fremdes Talent, schenkte dem
recitirenden Schauspiele eine grosse Aufmerksamkeit, Hess
sich gern belehren und jede Arroganz war ihm fremd.
Am 19. als am Geburtstage des im vorigen Jahre ver-
ewigten Iffland's, wurde der „Spieler" gegeben, dem
eine würdige Todtenfeier voranging. Der Betrag der Ein-
nahme wurde nach Berhn gesendet und dem Vereine zur
10
146
Errichtung eines Denkmals für den Verewigten Übermacht;
ein Verein, an dessen Spitze sich die Bethmann gestellt
hatte.
Im Mai gastirle die Familie Veit he im und Madame
Scholz, vom Breslauer Theater; im Juni, Mad. und Dem.
Sebastiani, vom königl. Theater zu Berlin.
Am 12. Juni sang Herr Gloy den Jacob in „Joseph
in Egypten" und wurde engagirt; er ist noch jetzt ein
beliebtes Mitglied des Stadttheaters.
Am 13. Juni begann Mad. Gley ein Gastspiel.
Im Juli überraschte die berühmte Milder-Haupt-
mann zum ersten Male das Hamburger Publikum. Die
bezaubernde Stimme, deren hohe musikalische Ausbildung,
das Verschmähen aller Verzierungen, eine bewunderns-
würdige Klarheit und Sicherheit erregten die gerechteste
Anerkennung.
Mit dem Ablaufe dieses Monats wurde das lästige
mündliche Ankündigen der nächsten Vorstellung abgeschafft.
Am 6. August sang Mad. Gerstäcker den Prosper
in der Oper: „Die Wilden" und wurde freundlich auf-
genommen.
t In der Nacht vom 15. bis 16. August, verschied die
gefeierte Bethmann in Berlin. Sie sollte ihren treuen
Freund und Kunstgenossen, Iffland, nicht lange überleben.
Im Sept. betrat Frau Dr. Unzer, ehemalige Louise
Fleck, als Rosamunde wieder die Bühne, veranlasst durch
den frühen Tod ihres Gatten.
Mitte dieses Monats gastirten Md. Schmidt und
Hr. Gassmann.
f Am 1. October starb Mad. Kühne. Die Liebe Aller, die
sie näher zu kennen, bevorzugt waren, folgte ihr in's Grab.
147
Am 4. October debülirle Mad. Marschall, von der
Altonaer Bühne her schon vorlheilhaft bekannt, als Ossa-
kowa. Wenn auch eben nicht in diesem Fache, bildete
sie sich nach und nach für komische Alte bis zu einer
^ Vorzüglichkeit heran, die selten erreicht wird und wozu
ihr eine höchst glückliche Persönlichkeit zu Statten kam.
Ihre Base in „Van Dyk," Mutter Marthe im „zerbrochenen
Krug," gehören zu den Kabinetsslücken, die nicht leicht
angetroffen werden und die fast unleidliche Nachbarin in
„Das war ich," wurde durch ihre Behandlung eine der
drolligsten Erscheinungen auf der Bühne.
Dem. Ritzenfeld aus Berlin gab einige Gastrollen,
sowie HerrDr. Ryge, Mitglied des Copenhagener Theaters,
den Oberförster.
Am 18. October wurde, zur Feier des Tages, ein
Prolog „Herrraann und Marbod," von Aloys Schreiber
und „Rudolph von Habsburg," von Kotz ebne gegeben.
Der November brachte zwei werthvolle, bedeutende
Neuigkeiten: „die Schuld," von Müll n er und „die blühende
und verblühte Jungfrau," von J. v. Voss. Beide Stücke
wurden vom Beifalle des Publikums gekrönt.
Der December- Monat wurde mit der Oper „Adelheid
von Guesclin," von Simon Mayr, eröffnet, die bei sehr
fleissiger Ausführung gefiel.
Herr Berthold, bisheriger erster Bassist des Frank-
furter Theaters, debütirte als Sarastro, Almaviva und Don
Barbarossa („Carlo Fioras") mit grossem Glücke.
1§16.
Eine sehr gelungene Bearbeitung Schmidt's „die
Neujahrsfeier," mit einem patriotischen Neujahrswunsche
10 ♦
148
versehen, der am Schlüsse im Publikum gedruckt aus-
gestreut wurde, eröffnete den Januarmonat.
Herr und Mad. Hähnle, sowie der Bassist Meyer
gingen ab.
Mad. iNeumann-Sessi gastirte und riss durch ihren,
Gesang zu allgemeiner Bewunderung hin. In zwei gegebenen
Concerten wusste sie ihre grossen Verdienste zu noch
höherer Steigerung zu entfalten.
Im Februar gastirte Herr Angely vom Konigsberger
Theater. Er spielte 16 Rollen mit grossem Beifall.
Im April debütirten Herr und Mad. Rohloff.
Am 26. April eröffnete LudwigDevrient zum ersten
Male in Hamburg einen Cyklus von 21 Gastrollen. Der
geniale Kunstler erregte Erstaunen und Bewunderung, den
zahlreichsten Besuch und den entschiedensten Beifall.
Herr Kaselitz vom Berliner Hoftheater trat inmitten
des Devrien tischen Gastspieles als Ehrenmann im „Mag-
netismus,'' Schulmeister und Tobias Filz auf, ohne eben
anzusprechen.
Am 22. Mai zum ersten Male „Fidelio" von Beethoven.
Die grandiose, höchst schwer wieder zu gebende Compo-
silion erfreute sich einer sehr wtirdigen Aufführung, erwarb
sich jedoch erst nach später erneuten Wiederaufführungen
die ihr gebührende vollständige Anerkennung.
Am 29. Mai debütirte Hr. Unzelmann d. J.
Gäste: Hr. v. Holbein ^ Md. Renner, Md. Räder, Dem. Braun,
vom hannoverschen Hoftheater und Md. KiUüschgy.
Der Kammervirtuose Schuppanzig aus Wien, bekannt
durch sein Talent, wie durch seine nahen Verhältnisse zu
Beethoven und einst zu Haydn, hatte die Musikfreunde
schon in einem Concerte entzückt, und musste auf allge-
149
meines Verlangen „die Schlacht von Vitoria*' am 8. Juli,
im Theater von ihm dirigirt, wiederholen.
Im Juli gastirten Herr und Mad. Lembert und Dem.
Voss.
Im August nahmen die Gastrollen des berühmten
Esslair und seiner Gattin die Aufmerksamkeit des Zu-
schauerkreises besonders in Anspruch. Die ausserordent-
lichen Mittel Herrn Esslair's verfehlten nicht, hier wie
überall grosse Wirkung hervor zu bringen.
t Am 3. September, Mittags um 1^ Uhr, entschlief zu
einem bessern Leben Friedrich Ludwig Schröder im
72«ten Jahre seines Alters. Was er der Kunst und der
Hamburger Bühne gewesen, ist in diesen Blättern nieder-
gelegt, aber noch lange nicht genug gewürdigt. Theil-
nehmende Leser, die über seine letzten Tage etwas zu
lesen wünschen, verweise ich auf Meyer's Biographie
(Theil 2. 1. Abth. S. 341 u. flgd.) und auf Schmidt's
dramaturgische Aphorismen (2. Bändchen 1828. S. 168).
Am 28**®" wurde ein Prolog und eine Todtenfeier von
Schmidt gegeben, denen die Aufführung des „Vetters
von Lissabon" folgte. Der Prolog wurde von Schröder' s
Nichte, der Frau Doctorin Unzer gesprochen. An seinem
Beerdigungstage, am 7. September, blieb die Bühne ge-
schlossen.
Am 3. October eröffnete der viel bcsprochne und
berühmte Komiker Wurm eine Beihe von Gastrollen und
blieb dem ihm vorangeeilten Rufe nichts schuldig.
Am 10. Septbr. trat Hr. Weiss, vom Magdeburger
Theater, als Fallbring auf, gefiel und wurde engagirt.
Ein junger Mann, Hr. Finke, versuchte sich als
Bolton und Fritz Böttcher und wurde engagirt.
150
Am 21. Seplbr. wurde der bekannte „Hund des Aubry"
nach dem Franzosischen, zum ersten Male gegeben, worin
die Lehrerin und Pflegerin des Helden, Mad. Brand, die
Wirthin als Gast gab.
Ein Herr Leissring, der sich ein Mitglied des
kaiserl. Theaters a. d. Wien nannte, ordnete eine mimische
Darstellung nach bekannten Kupferstichen in verschiedenen
Bildern an, gab auch bei einer Wiederholung den „häus-
lichen Zwist" mit seiner Frau dazu, erregte jedoch nur
eine tlUchlige Beachtung.
Der October machte uns mit der Dem. Schneider,
Tochter des königl. preuss. Kammermusikus A. Schneider,
bekannt, welche mit Beifall als Emmeline gastirte; ebenso
Herr Jost, vom Stuttgarter Hoflheater.
Herr und Mad. Dölle, neuangagirte Mitglieder debü-
tirten als Loredan und Camilla mit Anerkennung.
Dem allgemeinen Wunsche des Publikums zu genügen,
erneuete Herr Wurm einen abermaligen Kreis von zwölf
Gastrollen und veranlasste dabei die erste Vorstellung von
der niedhchen Oper: „der Sänger und der Schneider."
Am 13^«n besuchte Blücher die Vorstellung, bei
welcher Gelegenheit dem greisen Helden ein ungekünstelter
Enthusiasmus gezollt wurde.
Neu engagirt wurden Herr und Mad. Rohloff.
Am 13. December erregte Kleis t's und Holbein's
„Kätchen von Heilbron" allgemeinen Enthusiasmus und
stempelten es zu einem geldbringenden Reperloirstück.
1S17.
Nach einem am 5. Januar mit Beifall gegebenen Lust-
spiele von Schall: „Trau, schau, wem?" Hess uns
151
Kotzebue in seinem Lehrgedichte, „der Ruf" einen ganz
eignen Pillenversilberungsprocess bewundern, denn er hatte
wohlweislich bei seiner Abfassung die guten Lehren so
reichlich in Zoten gehüllt, dass man fast bis zu Ende in
Zweifel blieb, welche Nutzanwendung diese ganz eigne
Didactik im Grunde bezwecke.
Herr Fink verliess die Bühne und Herr Clausius
wurde für ihn engagirt.
Herr Orion Julius, Literat, versuchte sich am
21. Januar als Baron Stuhlbein in den „Pagenstreichen"
mit entschiedenem Unglücke.
Im März gastirte Tenorist Ehlers.
Sensation erregte „ Correggio " von Oehlenschläger,
dagegen missfiel Zingarelli's Oper: „Romeo und Juliette"
gänzlich.
Den 10. April trat Herr Maurer als Carl Moor auf
und fand Beifall.
Den 12. April betrat Herr Mädel, vom Schleswiger
Hoftheater, als Landjunker von Birken, zum ersten Male
die Hamburger Bühne und gefiel allgemein. Das angeborne
Talent und natürlicher Humor erwarben Herrn Mädel
die Gunst des Publikums und blieb derselbe lange Jahre
ein beliebtes Mitglied des Stadttheaters. Er starb im
kräftigen Mannesalter an der Cholera, tief betrauert von
seinen CoUegen und zahlreichen Freunden.
Im Mai gaslirten Frau v. Busch und Mad. Heinemann.
Sonntag den 1. Juni, zur Jahresfeier der Befreiung Ham-
burgs: „Der Tag der Erlösung," Vorspiel von F. L. Schmidt.
Personen:
Ein aller hamburgischer Bürgei ... Hr. Schmidt. .
Seine Wichle Dem. Wreden.
152
Sein Nachbar Hr. Schäfer.
Ein Bürger- Gardist - Herzfeld.
Bürger.
Landvolk.
Ein russischer n , Hr. Ritzenfeldt.
Ein Österreichischer . . 1 1 » Lichtenheld.
Ein englischer j \ « Jacohi.
Ein preussischer f 1 » Schrader.
Ein dänischer > Malrose < » Rehenstein.
Ein schwedischer l i - Hollmann.
Ein holländischer \ I .« Brämer.
Ein spanischer | f -' Gloy.
Ein hamburgischer ... \ ' Mädel.
Das kleine Gelegenheitssllick wurde wieder mit allgemeinem
Jubel begriisst, denn die Wunden waren noch nicht ver-
narbt, die die Franzosen unserer Vaterstadt geschlagen.
Die Bänder mit dem Hanseatenkreuze wurden vertheilt,
und am folgenden Tage konnte man viele junge Leute mit
diesem leicht erworbenen Ehrenkreuze durch die Strassen
Stolziren sehen.
Im Juni und Juli gastirten: Md. Jagemann., Hr. Strohmeier., Hr.
Stein., Hr. Wild., Md. Ginetti., Solotänzerin aus Italien und
die berühmte Sängerin, Md. Neumann- Sessi.
Am 7. Juli gab ein Herr Thompson mit seiner Gesell-
schaft eine VorsteHung vom Boxen im Apollo -Saale und
lockte viele Neugierige an.
Am 17. Juli zum ersten Male: „Alexander von Solt-
wedel, oder: der Hansa Begründung," vaterländisches
Schauspiel von G. N. Bär mann. Gefiel und erlebte in
kurzer Zeit viele Wiederholungen.
Fernere Gäste: Md. GosUr., Md. Eberwein ^ Dem. Betty Pistor.,
Md. Blum., Md. Gervais^ Md. Gehlhaar., Hr. Fischer^ Frau
t\ Patzkovska und Md. Elmenreich.
I
153
Am 4. October gab Herr A. J. Fischer, königl.
preuss. Kammersänger, ein Concert im Apollo - Saale.
Am 1. Novbr. Pantomimisch -plastische Darstellungen,
geordnet von Herrn Petermann.
Mad. Schröder, vom K.K.Theater zu Wien, erschien
zu grosser Freude ihrer zahlreichen Verehrer als Gast in
fast allen ihren Force -Rollen und riss durch ihre gross-
artigen Darstellungen zur höchsten Bewunderung hin.
Ganz erklärlich, dass eine Künstlerin, auf die Deutschland
stolz sein darf, damals in ihrer schönsten ßlüthe, den
Kenner und Laien mit gleicher Begeisterung erfüllte.
ISIS
am 3. Januar trat Mad. Sessi als Pygmalion auf.
Am 9. Januar zum ersten Male „Die Horazier und
Gurazier," heroische Oper von Cimarosa.
Curatius Signora M. Sessi.
Horatio Signora Bellagara,
Der Ober -Augur Hr. Reithmeier.
Es lebt gewiss noch Mancher, der mit Begeisterung an die
Zeit zurückdenkt, wo Mariana Sessi das Hamburger
Publikum enthusiasmirte. Obige Oper wurde durch Ma-
rianen's bezaubernden Gesang ein Magnet für die Gasse.
Am 13. Januar debütirte Dem. Braun als „Mariane"
mit Beifall.
Am 15*«» zum ersten Male „Die glücklichen Bettler,"
ein Maskenspiel von Dr. Bärmann.
Am 18'®" erfreute uns Herr Bader wieder als Johann
von Paris, womit derselbe seinen GastroUen-Cyclus eröffnete.
Am 20«*«" Herr Günther, Cola, als erste Gastrolle.
Am 19. Februar debütirte Herr Carl Lebrün als
Felix Wahr und erndtete reichen, wohlverdienten Beifall.
154
Wir werden später auf diesen genialen Künstler zurück-
kommen.
Am 23«*«» gaslirte Mad. Günther: als Frau Wunschel.
Am 6. April entzückte uns die ausgezeichnete Sängerin,
Md. Milder-Hauptmann als Emeline.
Am 8. Mai Dem. Gehlhar: Elvira, als Gastrolle.
Am 14*«" gaben der königl. würtembergische Hof-
Kapellmeister J. N. Hummel und der königl. Kammer-
Virtuos N. Krafft ein Concert im Apollo -Saale.
Am 18*«" sangen Hr. und Mad. Weixelbaum in den
Zwischenacten mehrere Piecen mit Beifall.
Am 21"*«" gab der preuss. Kammer -Virtuose W. Ga-
brielsky ein Concert im Apollo -Saale
Am 28«*«" betrat Herr Marr vom Lübecker Theater
zum ersten Male die Hamburger Bühne als Gast.
Am 10. Juni trat Dem. Lindner, vom Theater zu
Frankfurt a. M. zum ersten Male auf. Im Apollo -Saale
gab der Flöten -Virtuose Herr Dressler ein Concert.
Am 19*«" Mad. Schrökh: Maria Stuart, als erste
Gastrolle.
Am 7. Juli Herr Paulmann: Franz Moor, als erste
Gastrolle.
Am 13*«" Herr Molke: Joseph, als Gast.
Am 28«*«" Herr E s s 1 a i r : König Lear, als erste Gastrolle.
Am 14. August Herr St rohe: Johann von Paris, als GasL
Am 27«*«" gastirte Herr Wurm als Schewa und Joel
Freund und wurde, wie früher, als Liebling des Hamburger
Publikums empfangen.
Am 8. Octbr. gab Hr. Böhner ein Concert im
Apollo- Saale.
I
155
Am 30«*«° gaben die königl. baierschen Ballettänzer
ein türkisches Divertissement im Stadt -Theater.
Am 1. Decbr. Dem. Fischer: Princessin von Navarra,
als erste Gastrolle.
Am 5*«" Dem. Henriette und Wilhelmine Ra-
di cke als Gäste.
am 7. Febr. Mad. de Gregori, Sängerin aus Rom, sang
einige Arien und ein komisches Duett mit Herrn Reith-
meier in den Zwischenacten.
Am 2. März, Herr Habermehl, vom königl. Hoftheater
zu Hannover, als Gast,
Am 15*«" debütirte die liebliche Dem. Pohlmann,
vom Braunschweiger National - Theater als Amenaide.
Am 16*«» zum ersten Male „Claus Störtebecker,"
Tragödie von Dr. Bär mann.
Am 14. April debütirte Hr. Schmale, vom Casseler
Hoftheater als: Eduard Rapid.
Am 19*«" Herr Gned, vom k. k. Theater zu Wien:
Jacob, als erste Gastrolle.
Am 5. Mai eröffnete Herr Gern, vom königl. Theater
zu Berlin einen Gastrollen -Cyclus.
Am 10*«". In den Zwischenacten tanzten Mad. Gern
und Dem. Gemmel einige Pas.
Am 18*«" zum ersten Male „Torquato Tasso" von Gothe.
Besetzung:
Alphons der Zweite, Herzog von Ferrara.. Hr. Herzfeld.
Leonore von Este, Schwester des Herzogs. Md. Unzer.
Leonore Sanvitale Frau Dr. Reinhold.
Torquato Tasso Hr. Jacobi.
Antonio Mo nie catino Hr. Schmidt.
156
Am 20«*«° tiat Dem. Wreden zum letzten Male als
Maria Stuart auf und nahm zugleich für immer Abschied
von der Bühne.
Am 24«*«° betrat Herr Kien gel, vom Leipziger Stadt-
Theater, als Johann von Paris die Hamburger Bühne, als
Gast. Seit Gerstäker's Abgang hatte kein Tenorist sich
solcher Aufnahme zu erfreuen und die Direction versäumte
nicht, sogleich Engagements - Unterhandlungen mit diesem
ausgezeichneten Sänger anzuknüpfen, die denn auch später
zu grosser Freude des Publikums realisirt wurden. Herr
Kien gel lebt noch jetzt als hochgeachteter Gesanglehrer
in Hamburg und geniesst die allgemeine Achtung.
Am 3. Juni debütirte Herr Günther, als Schneider
Kakadu und wirkte drastisch auf die Lachmuskeln des
Publikums durch sein ausgezeichnetes Talent.
Am 4 *«°. Tanz - Divertissement der königl, schwedischen
Tänzer und Tänzerinnen:
Hr. und Md. Ledet^ Hr. Bürdet^ Dem. Lundquist, Hr. Gabrie^
Md. Brulo und Dem. Brido.
Am 16'«° Herr Angely, als Gast.
Am 17*«" Mad. Günther: Oberförsterin, als Debüt.
Am 25«*«° trug Herr Brandes ein Solo auf dem
Violoncell vor.
Am 29«*«° Herr und Mad. Mejo, vom Erfurter Theater:
Pedrillo und Blondchen, als Gäste.
Am 3. Juli betrat der grosse Ludwig Devrient
die Bühne als Gast.
Am 11*«° Hr. Unzelmann d. Ä., als GasL
Am 12*«° gab Mad. Catalani ein Concert im Apollo-
Saale. Entr^e 6 _^.
Am 16*«° sang Mad. Unzelmann die Constanze als Gast.
157
Am 19. August gastirte Dem. Schulz, vom Lübecker
Theater.
Am 7. Septbr. Dem. Maass: Maria Stuart, als Gast.
Am 6. Ootbr. Herr Blum: Don Juan, als Gast.
Am 14'«^ Herr Wolter eck, vom königl. hannover-
schen Theater: Sarastro, als erste Gastrolle, Herr Wol-
tereck entzückte durch seine herrliche Bassstimme und
durch seine schöne Figur das Hamburger Publikum und
der Wunsch ihn hier zu fesseln, ging später in Erfüllung.
Schade, dass ein solcher Künstler sich so früh von der
Bühne zurückzog, er würde noch heute manchen soge-
nannten Künstler verdunkeln können, wenn das Vorurtheil
nicht eine so grosse Rolle bei uns spielte. Herr Woltereck
hat eine Weinhandlung und Restauration etablirt und die
Elite des Publikums, sowie die früheren Collegen, besuchen
fleissig ihren einstigen Liebling und Freund.
Am 25«*«" sang Herr Zink, erster Tenorist der königl.
Hofbühne zu Kopenhagen, eine von Dupuy componirte
Arie in den Zwischenakten.
Am 248*«» betrat Mad. Woltereck als Base in „die
böse Nachbarin" die Bühne als Gast.
Am 21. Decbr. spielte der junge Otto Gerken aus
Lüneburg ein Violin -Concert von Spohr.
1§90
Am 19. Febr. Frau v. Busch: Elise Valberg, als erste
Gastrolle.
Am 25. März hatte Herr Woltereck sein erstes
Concert im Stadt -Theater, dasselbe unterstützten die Herren
Sievers, Graf, Lebrun, Gerstäcker, Reitmeyer und
die Damen Graf und Lichtenheld.
158
Am 20. April sollte Herr Stolz, vom Breslauer Theater,
den Anton im „Wasserträger" als erstes Debüt geben, ver-
schwand aber vor der Vorstellung. Dieser Herr Stotz
hat in Breslau eine zahlreiche Familie zurückgelassen und
seine Kinder dem grössten Elende preisgegeben, ohne jemals
wieder etwas von sich hOren zu lassen. Sein Sohn Alwin
ist jetzt ein beliebter Schauspieler des Theaters in Breslau.
Am 1. Mai gastirte der Liebling der Damen, Herr
Gersläcker, als Sargin und riss durch den bezaubernden
Schmelz seiner Stimme zu allgemeiner Bewunderung hin.
Am 10*«" Hr. Hanstein, als Gast.
Am 15*«» Dem. Schulz, als Gast.
Am 24«*«" Gastvorstellung der Tänzer:
Volange^ Brvlo^ Weidner und Beauval.
Am 6. Juni debutirte der brave Tenorist Kl enget
als Arsir in „Tancred" und wurde jubelnd begrüssl.
Am 8*«" gastirte Dem. Neuendorf als Henriette im
„Schiffscapitain."
Am 12*«" Md. Kl enget Margaretha, als Debüt.
Am 19*«" Herr Hillebrand: Mafferu, als Gast.
Am 28«*«" gastirte Frau v. d. K logen als Lenchen in
„Van Dyk's Landleben'^ und errang allgemeinen Beifall
und Hervorruf.
Am 11. Juli Herr und Mad. Metzner, vom königl.
Theater zu Dresden : Leporello und Donna Anna, als Gäste.
Mad. Metzner, eine ausgezeichnete Sängerin, verheirathete
sich später mit dem Schauspieler, Herrn Damek und lebt
jetzt mit ihrem Gatten in Ottensen, wo sie eine Wirth-
schaft etablirt haben. Herr Damek giebt den Winter
mitunter theatralische Vorstellungen, die von Dilettanten
ausgeführt, sich eines zahlreichen Besuchs zu erfreuen haben.
159
Am 20«*«" sang Mad. Sevelin, erste Sängerin des
königl. Theaters zu Stockholm, eine Arie von Rossini.
Am 25 «t^" gastirte der Director des Lübecker Theaters,
Herr Hinze.
Am 29*'*° sang Dem. Conrad eine Arie.
Am 1. August gastirten Herr und Mad. Meyer.
Am 3*®" debütirte Frau v. d. Klo gen als Elsbeth.
Am 14*6» Mad. Luders: Gertrude, als Gast.
Am 19*e° Herr Wurm, als Gast.
Am 6. Septbr. debütirte Herr Neumeier als Murney.
Am 15*«» zum ersten Male: „Der reisende Schneider,"
Ballet von Weidner, dargestellt von folgenden Kindern:
Nannette Steiger^ Henriette Graf^ Julie und Minna Lichten-
held^ Georg Lieseke^ Theodor Ritzenfeld ^ Luis Hünerjäger^
Carl KÖhn, Gustav Ritzenfeld^ Ludwig WoUrabe^ Carl Malm-
berg^ Wäding^ Gärke und Boje.
Am 27. Octbr. zum ersten Male: „Das Bild," von
Houwald.
Am 29. Decbr. Herr Maubert: Plattkopf und Joel,
als Gast.
am 13. Januar erste Vorstellung der Kobler'schen Tänzer-
Gesellschaft.
Am 4. Febr. zum ersten Male : „Quatern," een Buuren-
spill in 1 Act un in plattdüdschen Rymeln, vam Dr. Bär-
mann. Mit diesem, in plattdeutscher Mundart ausgeführten
Stücke, hatte unser valerstädtischer Dichter einen glück-
lichen Wurf gethan. Schade, dass unsere zu Herzen
dringende Muttersprache dem gänzlichen Verfall so nahe
ist, was auch wohl Herrn Bär mann bewegen mag, dieses
reiche Feld nicht viel mehr zu bebauen.
160
Am 3. April gastirten Herr und Mad. Dölle.
Am 12*«» zum ersten Male: „Don Gutiere," Trauer-
spiel von West.
Am 27«*«" zum ersten Male: „Die Wittwe,*' Trauer-
spiel von Kruse.
Am 30**«" Herr Meyer: Carl Moor, als Gast.
Am 18. Mai zum ersten Male: „Ferdinand Cortez/'
Oper von Spontini.
Am 23**«" sang Herr Röckel einige Arien.
Am 1. Juni Herr Coro et, vom Stadttheater zu Braun-
scliweig: Tamino, als erste Gastrolle. Dieser von der
Natur so reich begabte und ausgezeichnete Tenorist eroberte
mit unwiderstehlicher Gew^alt die Herzen aller Hörer und
errang einen Sturm von Beifall, wie er nur dem eminenten
Talente gezollt werden kann.
Am 8. Juni gastirte Mad. Cornet als Sophie in
„Sargin" aus Gefälligkeit für die kranke Dem. Po hl mann,
um nur die Gastrollen ihres Gatten zu befördern.
Am 12*«" Herr und Mad. Neumann, als Gäste.
Am 17*«" Herr Urban, königl. bairischer Hof- Schau-
spieler: Rudolph in „Hedwig," als Gast.
Am 11. Juli betrat Herr Adolph Herzfeld in der
Rolle des Hans von Birken zum ersten Male die Bühne
und gefiel allgemein. Am Schlüsse gerufen, erschien er
an der Hand seines würdigen Vaters, der mit bewegtem
Herzen ihn der ferneren Nachsicht des Publikums empfahl.
Am 17*«" gastirte Herr Keller.
Am 28. August zum ersten Male: „Götz von Berli-
chingen," von Göthe.
Am 4. Septbr. Herr Lemke: Max Piccolomini,
als Gast.
161
Am 8. Oclbr. zum ersten Male: „Preciosa," romanli-
sches Schauspiel von P. A. Wolf, Musik von C. M. von
Weber.
Am 208'«n. Intermezzo aus Rossini's „Barbier von
Sevilla," im Costüm und in italienischer Sprache dargestellt
von Dem. Kainz und Herrn Rockel.
Am soften Mad. Röckel: Maria Stuart, als Gast.
Am 14. Novbr. Flöten -Concert der Mad. George.
Am 28^*^" gastirte der Tenorist, Herr Alt, als Murney.
Dieser Herr Alt ist derselbe, von dem man folgende
Anekdote erzählt: Nach der Vorstellung des „Johann von
Paris" in Stettin gerufen, dankte Herr Alt mit den Worten:
„Sind sie entzückt, bin ich beglückt!" worauf sofort eine
Stimme auf der Gallerie antwortete: „de Kerl is verrückt!"
Uebrigens war Herr Alt für mittlere Bühnen ein sehr
braver Tenor.
Am 28. Decbr. betrat Dem. Paasche als Constanze zum
ersten Male die Bühne und fand, durch liebenswürdige Per-
sönlichkeit und schöne Stimme ausgezeichnet, reichen Beifall.
am 2. Januar gab die Declamatrice, Mad. Bachmann,
die Tony als Gastrolle.
Der 5. Febr. wird ein ewig denkwürdiger Tag in den
Annalen des Theaters bleiben, denn „Der Freischütz,"
Oper von Kind, Musik von Carl Maria von Weber,
wurde zum ersten Male gegeben. Die Besetzung war
folgende :
O t to k a r , regierender Graf Hr. Schäfer.
Cuno, gräflicher Erbförsler „ Gloy.
Agathe, seine Tochter Dem. Paasche.
An neben, eine junge Verwandte . . u Pohlmann.
11
162
Caspar, erster i ,. . , i Hr. Wollereck.
i Jiigcrbursche . . < _., ,
Max, zweiler ) ( „ Elengel.
Ein Ereiiiil „ Reühmeyer.
Kilian, ein reicher Bauer Mädel.
Eine Brautjungfer Dem. Neuendorff.
Am 1. März debütirle Herr Grapow als Moligiiy.
Am S**"» zum ersten Male: „Prinz Friedrich von
Homburg," Schauspiel von Heinrich von Kleist.
Am 22«te" betrat Dem. Frühwirlh als Phillis zum
ersten Male die Bühne und wurde beifällig aufgenommen.
Am 268tc" zum ersten Male: „Des Königs Befehl,"
Lustspiel von Carl Töpfer. Der Verfasser gab den
König als Gast. Was unser vortrefflicher Lustspiel -Dichter
auch als Darsteller leistete blieb nicht hinter jenem zurück
und ist nur zu bedauern, dass ein solches Talent sich so
rasch von den Brettern zurückzog. Herr Töpfer lebt
und wirkt noch jetzt in voller Kraft und hat durch seinen
ausgezeichneten Unterricht schon manches aufkeimende
Talent entwickeln helfen.
Am 23. April Mad. Schröckh, als Gast.
Am soften Mad. Stich: Chatinka, als erste Gastrolle.
Am 2. März Herr und Mad. Stich, als Gäste.
Am 8*«" zum ersten Male: „Romeo und Julie" von
Shakespeare, übersetzt von SchlegeL
Am 27. Mai zum ersten Male: „Staberl's Reise-
abenteuer. Herr Walter: Staberl, als Gast.
Am 11. Juni hatten wir noch einmal den Genuss,
unsern liebenswürdigen Tenoristen, Herrn F. Gerstäcker
als Sargin zu hören und einige Tage später als Johann
von Paris. Sein Abschied von Hamburg war ein Tag der
Trauer. Das Publikum musste ahnen, es würde seinen
^%
163
Liebling nicht wieder hören. Nicht allein der Künstler
wurde mit Ehrenbezeugungen entlassen, es war der Freund,
dem sich alle Herzen zugewendet. Gerstäcker starb in
Cassel im zv/ei und dreissigsten Jahre seines Lebens.
Am 6. Juli zum ersten Male: „7/ Fanatico par la
MusicaJ'' Herr Donati und Mad. Ferro ni als Gäste.
Am 16*«'» Herr von Zahlhas: Borotin, als Gast.
Am 23«ten Herr Hellwig, als Gast.
Am 9. August Ludwig Devrient: Schewa und
Fips, als Gast.
Am 26. gastirte Frau von Trentinaglia.
Am 278ten Mad. Frank: Emmeline, als Gast.
Am 12. Sept. Herr Paul mann, als Gast.
Am 7. Octbr. Mad. Schönberg er-Marconi: Bel-
monte, als Gast. Diese Sängerin, mit einer ausgezeichneten
Tenor -Stimme begabt, gefiel allgemein und gab einen
grossen Cyclus von Gastrollen. Ihre Tochter Joseph ine
Marconi gab die Margarethe in den „Hagestolzen" mit
Beifall.
Am 25 «*«» Dem. Schulz: Princessin v. Navarra, als Gast.
Am 2. Novbr. Concert des Herrn Eduard Grund
im Apollo -Saale.
Am 13*«" gab unsere Landsmännin Dem. Louise
David ein Concert im Apollo -Saale.
Am 21«*en gab Herr Wilhelm Toeche ein Concert
im Logen -Sjale und am 12. Decbr. Herr Carl Müller
aus Braunschweig.
Am 19*«" sang Dem. Langschwadt eine Arie in
den Zwischenacten.
Am 21«*«" "gab Herr Mühlin g vom Schweriner Hof-
iheater den Sargin als Gast.
11 *
164
1923
am 14. Januar zum ersten Male: „Medea," Trauerspiel von
Grillparzer. Dem. Charlotte Pfeiffer: Medea, als
Gast.
Am 21«*«" Dem. Seebach: Luise, als Gast.
Am 27«*«" wurde die Bühne der übergrossen Kälte
wegen geschlossen.
Am 29«*«" gab Herr Schalk ein Concert im Apollo-
Saale.
Am 24. Februar gab Herr Hei gel den Baron Wiburg
als Gast.
Am 18. März Dem. Meyer: Preciosa, als Gast.
Am 2. April gastirte Herr Jacob i vom Schweriner
Hoftheater als Herr v. Crack und Kraft und getiel. Herr
Jacob i war eine treue Copie des berühmten Komikers
Wurm und errang dadurch den Beifall des Publikums.
Am 10*«" gab Herr W. Bürow, Tenorsänger und
Guitarrist, ein Concert im Apollo - Saale.
Am 18*«» Herr Maubert, als Gast.
Am 3. Mai Mad. Neu mann, als Gast.
Am 21«*«" zum ersten Male: „Die Nachtwandlerin,"
Oper von Blum.
Am 23«*«" Herr Cornet: Almaviva, als erste Gastrolle.
Am 6. Juni versuchte sich Herr Orion Julius ein-
mal wieder in einer Rolle und nicht ganz so unglücklich,
wie das erste Mal.
Am 11*«" Herr Weymar, vom Schleswiger Theater:
Rolla, als Gast. Dieser talentvolle Schauspieler erhielt hier
erst die rechte Weihe, indem der Director Schmidt sich
seiner annahm und durch seine vortrefflichen Lehren ihn
165
zum wahren Künstler bildete. Weymar starb in der
Blüthe seiner Jahre, in seinem Dresdener Engagement, be-
trauert von einer liebenswürdigen Gattin (geb. Dem.
Steiger), seinen Kindern und zahlreichen Freunden.
Am 27«ten Herr Beils: Murney, als Gast. (Beifall.)
Am 7. JuU Herr Katzianer: Hugo, als Gast.
Am 9*en Herr Marr: Franz Moor.
Am 16*«n Dem. Wagner und Herr Wagner, als Gäste.
Am 25«*«" Herr Sedlmayr: Sarastro, als Gast.
Am 308*«» ]via(j^ Justine Devrient, geb. Schröder,
vom Dresdener Hoftheater: Emmeline, als Gast.
Herr Devrient gab am anderen Tage den Max
Piccolomini als Gast und beide Künstler hatten sich einer
ausgezeichneten Aufnahme zu erfreuen.
Am 21sten trat Herr Karsten, Director des Theaters
zu Rotterdam, als Graf von Savern auf.
Der September brachte uns gleichfalls zwei angenehme
Gäste, Herrn und Mad. Vespermann.
Im October gastirten : Mad. Dertinger, Dem. Schulz,
Mad. Dötsch, und am Sls*«» wurde zum ersten Male
„Otliello," Oper von Rossini, aufgeführt.
Am 19. Novbr. Mad. Fries: Orsina, als Gast.
Am 2l8ten Herr Fries: Figaro, als Gast.
Am 15. Januar betrat Dem. J. Reithmeyer als
Agathe zum ersten Male die Bühne und wurde freundlich
aufgemuntert.
Am 16*«n Frau v. Holt ei, geb. Rogee: Suschen,
als Gast.
166
Am 24. Februar Mad. Nina Cornega, erste Sangc-
rinn des Theaters St. Carlo zu Neapel: Rosine, als Gast.
Am 2. Mai zum ersten Male: „Liebe kann Alles,"
Lustspiel nach Shakespeare von Holbein.
Am 6^«" gab Herr Joseph Wolfram ein Concert im
Apollo -Saale.
Am 15»«° Herr Walter: Staberl, als Gast.
Am 278tcn zum ersten Male: „Die Puppe," Lustspiel.
Dem. Constanze le Gaye: Malchen, als Gast. Dieselbe
gefiel durch die ungezwungene Schalkhaftigkeit und Koket-
terie, womit sie diese Rolle ausschmückte, allgemein. Bis
jetzt hatte man von einem Kinde diese Routine noch nicht
erlebt, weshalb obige kleine Piege auch ein Zugpflaster für
die Kasse wurde.
Am selben Abend gastirten auch die älteren Schwestern
dieser kleinen Künstlerin: Dem. Julie und Adele le
Gaye im „Kalif von Bagdad.
Am 1. April gab Herr Kulenkamp ein Concert im
Logensaale.
Am 6ten Dem. Langschwadt, vom königl. Theater
zu Hannover: Agathe, als erste Gastrolle.
Am 28«ten Herr Rollberg, vom Danziger Theater,
als Gast.
Am soften Mad. Horina: Lady Milfort, als Gast.
Am 4. Mad. Lechner, vom Nürnberger Theater:
Vitellia, als Gast.
Am 10»«° Herr Löwe, vom Manheimer Theater:
v. Wallenfeld, als erste Gastrolle.
Am 18»«" Herr Rüthling, vom königL Theater zu
Berlin: Heinrich, als erste Gastrolle.
167
Am 20«*«" trat die Gesellschaft des Herrn Lew in zum
ersten Male auf.
Am 26 8*«» gab Herr Lehmann ein Declamalorium im
Logensaale,
Am 2. Juni gab Herr Porth, vom Strelitzer Hoftheater,
den Unbekannten als Gast.
Am 10*«" Violoncell - Concert des Herrn Braun.
Am 12*6" Mad. Braun: Constance, als Gast.
Am 14*«" Herr Löwe: Philipp Brock, als Gast.
Am 25«*«" Herr La Roche, als Gast.
Am 1. Juli Dem. Spitze der, vom Theater zu
Münster: Agathe, Herr Huray, vom Königsberger Theater:
Max, und Herr La Roche: Caspar, als Gäste.
Am 7*«" Herr Fries, vom Theater zu Münster: Sarastro,
als erste und letzte Gastrolle.
Am 12*«" gastirten Herr und Mad. Meck als Amtsrath
und Schrot ohne Beifall.
Am 16*«» Herr Stein: Hamlet, als Gast.
Am 31«*«" Herr und Mad. Gebhardt, als Gäste.
Am 3. Septbr. Mad. Krüger - Aschen brenner,
früher ein beliebtes Miglied unserer Bühne, trat als Ame-
naide mit grossem Beifall auf. Die Kritik zählt sie zu
den ersten Gesangkünstlerinnen Deutschlands. Ihre ange-
nehme, volltönende Stimme ist auf's Vollkommenste ausge-
bildet. Wahrhaft bezaubernd ist ihr Vortrag der Recitative,
die durch sie einen neuen Reiz, ein achtes dramatisches
Leben erhallen.
Am 5. Novbr. Mad. Louise Hoppe, als Gast.
Am 13*«" gab Herr Iwan Müller ein Concert im
Apollo -Saale.
KiS
Am 18 *<^" sang Herr Quagliarini, Mitglied der
italieiiisclieii Oper zu Paris, eine Arie.
•^It ona
# Die Gesellschaft des Herrn Santo befand sich jetzt
in Altona und bestand dieselbe aus folgenden Mitgliedern:
Hr. Mcissel^ Hr. v. Massow^ Hr. Weher^ Hr. Albini^ Hr.
Schmidtgen, Hr. Walter, Hr. Jacobi, Hr. Nitschke, Hr. Adam,
Md. lieckcr^ Md. Hofmeister, Md. Nitschke, Dem. Riese, Md.
Meisselbach, D. Breyter, Minna Hofmeister.
Obige Direction zeichnete sich durch Solidität besonders
aus, weshalb sie auch wohl die Einzige war, die sich eine
lange Reihe von Jahren hier halten konnte.
am 11. Januar sang Herr Siebert den Tancred als Gast
und erhielt grossen BeifaH. Nach circa 15 Jahren konnte
man diesen ausgezeichneten Sänger in Leipzigs Aubergen
für 2 gGr. boren. Seltsamer Schicksalswechsel!
Am 28«te» Md. Waldmüller: Tancred, als Gast.
Am 29«*^" gab Herr Ignaz Moscheies ein Concert
im Apollo -Saale.
Am 12. Febr. zum Besten der Ueberschwemmten: „Teil."
Am 258tc» Herr Jost: Fegesack, als Gast.
Am 268t«" j^gjie jj^rr Gloy sein erstes Benefiz -Con-
cert im Stadttheater.
Am 9. März HerrBlumenfeld: Prima Donna, als Gast.
Am 6. April Herr Jerrmann: Franz Moor, als Gast.
Am 8*«" Dem. Kiel: Prinzessin von Navarra, als Gast.
Am 5. Mai Herr und Mad. Spitzeder, vom konigl.
riieater zu Berlin: Osmin und Constanze, als Gäste.
169
Am 11*«" zum ersten Male: „Die Ochsenmenuett,"
Vaudeville. Herr Spitze der: Istock. Die grossartigste
Leistung, die wir in diesem Genre jemals sahen.
Am 18*'" Mad. Becker: Amenaide, als Gast.
Am 2. Juni Dem. Strenge: Gurli, als Gast.
Am 3*«" Mad. Mevius, vom Düsseldorfer Theater:
Lady Milfort, als Gast.
Am 10*^» Herr Albert, vom Casseler Theater: Max,
als Gast.
Am 11 **^" Herr Ko rn, vom Düsseldorfer Theater, als Gast.
Am 18*«" gastirte Herr Gerber.
Am 4. Juli Divertissement, getanzt von dem Personale
des königl. Theaters zu Kopenhagen: Herr Larcher, Dem.
Pätges und Dem. Möller.
Am 5*«" Mad. Artur: Preciosa, als Gast.
Am 7*«" sang Dem. Sidonia einige Arien.
Am 19*«" Herr Kirchner: Graf v. d. Mulde, als Gast.
Am 29s*en Herr Marr: Marinelli, als Gast.
Am 6. August gastirte Dem. Sutorius.
Am 12*«" Herr Gert ig, vom Magdeburger Theater:
GottUeb Koke, als Gast.
Am 18*«" Herr Wurm, als Gast. An diesen Namen
knüpfen sich frohe Rückerinnerungen für Alle, die diesen
ausgezeichneten Komiker Gelegenheit hatten zu bewundern.
Leider war Herr Wurm als Mensch nicht so hochgeachtet,
doch: de mortuis nil nisi bene.
Am 9. Septbr. sang Mad. Grün bäum die Rosine.
Am 22. Octbr. Herr Düpree, vom Frankfurter
Theater: Riccaut de la Marliniere, als Gast.
Am 9. Novbr. Dem. Wohlbrück: Constanze, als GasL
Am 12*«" Herr Rosner: Almaviva, als Gast.
170
Am 14 ^^i» gaben die Gebrüder Bohrer ein Concert
im Apollo -Saale.
Am 268^*^n gab Herr L. Lindenau, El^ve von Spohr,
ein Concerl im Apollo -Saale.
Am 29«*«" zum ersten Male: „Die Burg Falkenstem,"
Oper von W. Grund.
mS.it ona
Herr Director Santo mit seiner Gesellschaft.
am 6. Januar gab Herr Bernhard Romberg ein Concerl
im Apollo -Saale, worin der tüchtige Ciavier -Virtuose:
Jacob Schmitt mitwirkte.
Am 19^«" Herr Forli: Barbier Figaro, als Gast.
Am 1. Februar ,,VAmante burlato,'' Opera Buffb,
ausgeführt von den italienischen Sängern: Signor Cinelli,
Signora Cignelli und Signora Riccardo.
Am 6. März zum ersten Male: „Der Schnee," Oper
von Auber.
Am 5. April Herr und Mad. Com et: Licinius und
Julia, als Gäste. Dieses vortreffliche Künstlerpaar wurde
für die Hamburger Bühne gewonnen.
Am 22«*«'» gastirte Dem. Bauer, vom Berliner Hof-
Tlieater.
Der Mai brachte wieder viele Gäste, die theilweise
mit Beifall auftraten, als:
Md. Schröder^ vom Leipziger Tliealer, Dem. Hanff\ Hr. Musik-
Aireclov Gehring, (Violin -Virtuose), Hr. Porth, M^. Miedke^
Hr. Walter und Hr. Pauli, vom Hoflheater zu Dresden.
Am 10. Juni erste Gastdarstellung des Herrn Seydeimann
vom Hoftheater zu Cassel.
^
171
Am 208*«" Herr Angely, vom Königstädter Theater,
als Gast.
Am 2l8ten Dem. Roland: Rosina, als erste Gastrolle.
Am 17. Juli Mad. Schröder-Kunst und Dem. A.
Schröder: Sappho und Melitta, als Gäste.
Am 18*®" trat Herr W. Kunst zum ersten Male in
seiner Vaterstadt als Hamlet auf. Dieser von der Natur
mit den grossartigsten Mitteln verschwenderisch bedachte
Künstler hatte eine Carriere gemacht, wie sie wohl selten
in der Theatergeschichte einem Kunstjünger zu Theil ge-
worden, ßei der kleinsten Bühne in Hamburg seine
Laufbahn beginnend, brachte es Herr Kunst in wenigen
Jahren zu einer Berühmtheit im Auslande, dass derselbe
bei der ersten Kunst -Anstalt seiner Vaterstadt nun als
Gast auftreten konnte. Der Beifall und seine Leistungen
harmonirten, denn beide waren ausserordentlich.
Am 248*«" Dem. Bachers, als Gast.
Am 26«*«" zum ersten Male: „Die Abenteuer eines
Tages", komische Oper von Mehul.
Am 7. August Dem. Kainz: Rosine, als Gast.
Am 9*«" erste Gastdarstellung des Herrn Bauer.
Am 17*«» Herr Wallbach: Correggio, als Gast.
Am 20«*«" Herr Jacobi, vom Lübecker Theater, als
Gast.
Am 2l8ten Dem. Scholz, vom Bremer Theater, als
Gast.
Am 1. Sept. Mad. Birch-Pfeiffer: Orsina, als Gast.
Am 8*«« Herr Weber, vom Königstädter Theater zu
Berlin, als Gast.
Am 21«*«" Herr Schubert, als GasL
172
Am 268ten drei Novitäten: „Ein Tag Carls des V.," von
Casteili, „Staatspapiere,'' von Dr. Bärmann und „Ritler
Roststaub" von Maltiz.
Am 28. Seplbr. betrat Herr Carl Schrader in der
Parthie des Joseph zum ersten Male die Bühne und wurde
eugagirt. Herr Schrader ist jetzt Hötel-Besitzer in Berlin.
Am 9. October zum ersten Male: „Der Maurer," Oper
von Auber.
Am 10*«" Variationen für die Flöte, geblasen von
Herrn Leitsch, königl. schwedischem Kammer - Musikus.
Am 13 te» Dem. Soostmann, Luise in „Armuth und
Edelsinn" als erster theatralischer Versuch.
Am 4. Novbr. Prolog zur Gedächtnissfeier des ver-
ewigten Directors J. Herzfeld, von Dr. Bärmann. Die
Kunst und insbesondere die Hamburger Bühne verlor viel
an diesem ausgezeichneten Mann. Herzfeld hatte im
Geiste Schröder's die Leitung des Institutes fortgeführt
und sein Verlust brachte die nachtheiligsten Folgen.
Am 8*«" und 9*^° debütirten Herr und Mad. Jost.
Zwei neue Stücke: „Abu," vom Freiherrn v. Lannoy
und „O'Connor," von W. Alexis wurden nach der ersten
Aufführung ad acta gelegt.
Am 11. Decbr. Concert des Herrn Moscheies.
Am 14ten Concert des Herrn Hiller t (Flötist).
Am 22«ten Dem Eichhof, als Gast.
9a.lt ona>
Direction des Herrn Jacobi.
Mitglieder: Hr. Neder, Hr. v. Gaudy^ Hr. Pohl^ Hr. Gerlach^
Md. Hausen^ Dem. Strenge^ Md. Jacobi, Dem. Müller und
Md. Schultz.
173
i^t. Pauli.
Im Hause des Herrn Menk (Hotel de Nelson) gab
eine kleine Truppe theatralische Vorstellungen.
/St, Georg,
Theatralische Vorstellungen im „Ritter St. Georg"
ISST
Am 9. Januar Mad. Kraus-Wranitzky: Prinzessin
von Navarra, als Gast.
Am 23. Februar gastirte Mad. Walla.
Am 28^*«" zum ersten Male: „Die weisse Frau/' Oper
von Boieldieu.
Am 1. April begann die neue Direction der Herren
Schmidt und Lebriin.
Am 3*^" debütirte Herr Köster, vom Theater zu
Bremen, als Daniel im „Majorat."
Am 238ten Dem. Peche, vom Stadttheater zu Colin:
Julie in „Romeo und Julie,'' als Gast.
Am 24«*^» sangen die Geschw^ister Rainer, Natur-
Sänger aus Fügen im Zillerthale in Tyrol, mehrere Natio-
nallieder.
Am 28«*^" fand das Benefiz des hochgeachteten Vete-
ranen unserer Bühne, Herrn Schwarz statt, der als Abbö
de TEp^e zugleich für immer Abschied von derselben nahm.
Am 1. Mai zum ersten Male : „Die Stimme der Natur,"
von F. L. Schröder und ein „Epilog," von Dr. Bär-
mann. Diese Vorstellung war die Letzte in den alten
Räumen des Schauspielhauses auf dem Gänsemarkt. Dass
mit dem Schluss dieses Hauses auch zugleich ein neuer
Abschnitt für die Bühnen- Verhältnisse unserer Vaterstadt
begann, ist klar. Die alte gute Zeit und mit ihr die
174
Glanz-Periode des Stadttheaters ist verschwunden. Obgleich
für das volkreiche Hamburg der Raum zu klein war, so
wurde doch Grosses darin geleistet und die Gebilde
damaliger Zeit liegen hinter uns, wie die Rückerinnerung
eines schonen Traumes.
Am 3. Mai war die erste Vorstellung in dem neuen
Schauspielhause in der Dammthorslrasse. Die Bühne wurde
eröffnet mit einem Prologe von Prätzel und „Egmont,"
von Gothe.
Am 7*«" zum ersten Male: „Jessonda," Oper von Spohr.
Am 18*^" debütirte Herr Albert als Johann von Paris.
Am 26«*«" debütirte Dem. Schröder als Rosine.
Am 6. Juni erste Gastrolle der Mad. Schröder.
Am 12*«° Herr Forst: Mortimer, als Gast.
Am 17*«° Pas de trois, getanzt von Herrn K ob 1er,
Dem. J. Kobler und Herrn Selke; mit eigner Begleitung
der Guitarre.
Am 21«*«" gaslirte Herr Schulz.
Am 22«*«" zum ersten Male: „Mathilde von Chabraa,"
Oper von Rossini.
Am 28«*«" Concert des Herrn Hierling auf der Glas-
glocken - Harmonica.
Am 12. Juli Herr A. Lortzing: Carl Ruf, als Gast.
(Derselbe der später als Opern -Componist so berühmt
geworden.)
Am 19*«" Herr Rauscher: Max, als erste Gastrolle.
Am 27«*«» Mad. Steinert: Annchen, als Gast.
Am 30«*«" Herr M eis sei, vom Lübecker Theater,
als Gast.
Am 1. August gastirte Mad. Nicola als Bertha, im
„Schnee."
I
175
Am 8^^» Herr Babnigg: Othello, als Gast.
Am 18*'^" Herr Blumauer: Oberförster, als Gast.
Am IQten Mad. Sonntag: Maria Stuart, als Gast.
Am 20«*®'* gastirte Mad. Seidler-Wranitzky.
Am 2l8ten gastirte Dem. Sonn lag, d. J.
Am 8. Septbr. trat Herr L. Devrient als Kindlein
und Schewa wieder einmal auf und enthusiasmirte wie
früher seine zahlreichen Verehrer.
Am 268ten zum ersten Male: „Marie," Oper von
Herold.
Am 29«*®" sang Mad. Folchini einige Arien.
Am 15. Novbr. gastirte Dem. Wild.
Am 21«*®" Introduction und Variationen für zwei
Posaunen, geblasen von Herrn Schmidt und Sohn.
Am 29«t®n Dem. Gley: Chatinka, als Gast.
Am 12. Decbr. Dem. Hanff: Annchen, als Gast.
Am 15*®" zum ersten Male „Hans Sachs," Schauspiel
von Deinhardstein. Die Titelrolle gab Herr Jacobi
mit grosser Virtuosität und erhält von der Schuhmacher-
Gilde als Anerkennung einen schonen silbernen Pokal.
Am 28«*®" zum ersten Male: „Armida," Oper von
Rossini.
Am 11. Januar Md. Lange: Maria Stuart als Gast.
Am 25«*®" sang Dem. Schlosser den Sextus als Gast.
Am 9*®" Concert des Herrn Capellmeister Krebs im
Stadttheater.
Am 13*®" zum ersten Male: „Der Lowe von Kurdistan,"
Drama von Herrn von Auffenberg.
Am 26«*®» zum ersten Male: „Der lustige Schuster,"
Oper von Paer.
176
Am 3. März zum ersten Male: „Belisar," Trauerspiel
von Ed. V. Schenk.
Am ö^c" Concert des Violin -Virtuosen, Herrn v. Praun.
Am 10. April Mad. Haizinger: Donna Diana, als Gast.
Am 12*«" Herr Haizinger: Rodrigo, als Gast.
Am 8. Mai debülirle Mad. Oldenburg als Kätchen.
Am 12*«^" Romanze und Polonaise für die Harfe, com-
ponirt und vorgetragen von Mad. Longhi Moeser.
Am 15*®" zum ersten Male: „Die Schleichhändler,''
Posse von Raup ach.
Am 19**^" Herr E. Devrient: Fiesko, als Gast.
Am 20«*en Mad^ Devrient, als Gast.
Am 9. Juny gastirte Dem. Steiger, als Lottchen.
Am 10*«" Dem. Schweizer: Desdemona, als Gast.
Am 16*«" eröffnete Herr V^ild als Othello den Cyclus
seiner Gastdarstellungen und bewährte auf's Neue seinen
Ruhm. Selten wird man diese Kraft, diesen Wohllaut der
Stimme, mit solcher Gediegenheit des Vortrags, mit diesem
acht dramatischen Ausdrucke vereinigt finden. Die Auf-
nahme des Sängers war glänzend.
Am 28«*«" gastirte Herr Rettig.
Am 1. Juli Dem. Roland: Rosine, als Gast.
Am 18*«" erste Vorstellung der franzosischen Gesell-
schaft aus Berlin.
Am 23«*«" Herr Schwarz, vom k. k. Theater zu
Wien: Lorenz Stark, als erste Gastrolle. Herr Schwarz
ist im Besitze eines weichen, deutlichen Organs. Sein
Spiel zeugt von Studium und ist sehr wohl berechnet.
Wahrheit und Charakteristik, ohne alle Manier, die Kenn-
zeichen der guten alten Schule, sind bei ihm zu finden,
und so konnte denn der einstimmige Beifall nur gerecht
177
genannt werden, womit das Publikum den vor 26 Jahren
von uns geschiedenen Liebling heute wieder bewillkommte.
Am 24«*e° zum ersten Male: „Leonore," Schauspiel
von Holtey.
Am 31«ten Mad. Hölken: Emmeline, als Gast.
Am 2. August Dem. Reinhardt: Preciosa, als Gast.
Am S*«»» Herr Hölken: Carl Moor, als Gast.
Am 26«ten Mad. Pann: Bertha, als Gast.
Am 28^*®" ein asiatisches Divertissement, ausgeführt
von der königl. Solo -Tänzerin, Mad. Hoguet-Vestris,
Dem. Ga Ister und Herr Hoguet.
Am 30 8*«° zum ersten Male: „Aloise," Oper von
Maurer.
Am 10. Septbr. Dem. Schneider: Olga, als Gast.
Am 18*^" zum ersten Male: „Hans Kohlhas," Schau-
spiel von Maltiz.
Am 208teii Dem. Kupfer: Louise, als GasL
Am 29«*«" zum ersten Male: „Bürgerlreue," Schau-
spiel von Dr. Bär mann.
Am 11. October Herr Marr: Franz Moor, als Gast.
Am 23«*eii gastirte Dem. Wagner.
Am 12. Novbr. zum ersten Male: „Drei Tage aus dem
Leben eines Spielers," Drama von L. Angely.
Am 13ten Herr Schütz: Graf Essex, als GasL
Am 30. Decbr. Dem. Tibaldi: Tancred, als Gast.
•Altana.
Direction der Herren Hu her und Delfendahl
»t. Pauli.
Direction des Herrn Hardt im Hotel de Nelson.
12
178
1$90
am 9. Januar debiilirte Dem. Gerstel.
Am 15**^" zum ersten Male: „Oberon," Oper von
C. M. von Weber.
Am 23»»««» Dem. Herbst: Olga, und Hr. Braun-
hof er: Isidor, als Gäste.
Am 318*«'» Herr Ger lach: Anton, als Gast.
Am 6. März zum ersten Male: „Kaiser Friedrich der
Zweite," Trauerspiel von C. Immer mann.
Am 24«*en 2unj ersten Male: „Die Stumme von Portici,"
Oper von Auber.
Am 7. April Dem. Lanz: Preciosa, als Gast.
Am 278*«" debütirte Herr E. Devrient als Ferdinand
in „Kabale und Liebe."
Am 14. Mai Dem. Wolf: Amalie, als Gast.
Am 18*«» Herr Reben stein: Otto von Witteisbach,
als Gast.
Am 19*«n Mad. Schröder- Devrient: Emmeline,
als Gast.
Am 2. Juni Herr Babnigg: Georg Brown, als Gast.
Am 5*«" zum ersten Male: „Der beste Ton," Lustspiel
von Dr. C. Töpfer.
Am 18*«" zum ersten Male: „Der Spion," Schauspiel
von Lewald.
Am 258*«" Dem. Heinefetter: Susanna, als Gast.
Am 6. Juli debütirte Herr Lüders, vom Carlsruher
Hoftheater als Ferdinand in „U. A. w. g."
Am 13*«" gastirte Dem. Langschwadt.
Am 228*«" Tanz -Divertissement von Herrn Jordan.
Am 248*«° Dem. Groux: Mjrrha, als Gast.
179
Am 16. August. Neue lebende Bilder, ausgeführt von
den ersten Mitgliedern des Stadt -Theaters.
Am 17. Herr Bader: Joseph, als Gast.
Am 24«"®'* Dem. Dunin: Olga, als Gast.
Am 11. Septbr. Herr Wolff: Oberförster, als Gast.
Am 15'®" Dem. Wantuch: Kunigunde, als Gast.
Am 16*®" gab Herr Julius Miller ein Concert im
Logensaale.
Am 24 8*®" Herr S. Miller: Titus, als Gast.
Am 28«*®" Debüt der Dem. Constanze le Gaye,
Am 20. October spielte Herr Mo es er ein Violin-
Concert im Sladttheater.
Am 16. Novbr. zum ersten Male: „Das Trauerspiel in
Tyrol," Drama von Carl Immer mann.
Am 25«*®" zum ersten Male: „Der Alpenkönig," Zauber-
märchen von Raimund.
Am 2. Decbr. gab Herr Preumayr ein Fagott -Con-
cert im Apollo -Saale.
Am 11*®" zum ersten Male: „Faust," Oper von Spohr.
Am 18*®" zum ersten Male: „PfefFerrösel," Schauspiel
von ßirch-Pfeiffer.
1§30
am 4. Februar zum ersten Male: „Sylva," Oper von
Krebs. Herr Capellmeister Krebs, berühmt als Lieder-
Componist, bewährte seine grosse musikalische Bedeutend-
heit auch in obiger Oper. Durch eine Fülle schöner Me-
lodien und ausgezeichnete Instrumentirung ward dieselbe
eine Lieblings -Oper des Publikums.
Am 18*®" zum ersten Male: „Semiramis," Oper von
Rossini.
12 *
180
Am 10. März zum ersten Male: „Die Braut," Oper
von Au her.
Am 16. April Herr Devrient: Ossipp, als Gast.
Am 18 ^*'» Herr Devrient: Franz Moor, als Gast.
(Während der Vorstellung wurde Herr Devrient unwohl
und Herr Jost spielte die Rolle zu Ende.)
Am 23«ten zum ersten Male: „Die beiden Nächte,"
Oper von Boieldieu.
Am 5. Mai Mad. Höffert, geb. Devrient: Porzia,
als Gast.
Am 10**^" Herr Eduard Devrient: Figaro, als Gast.
Am 11^^" Herr Dr. Wagner: Teil, als Gast.
Am 22«ten Mad. Franchelti-Walzel: Donna Anna.
Am 27«ten Mad. Schröder: Isabella, als Gast.
Am 28»**^" gastirle Herr Breiting.
Am 8. Juni Fräulein v. Schätzet: Agathe, als Gast.
Am 19*«» war das erste Concert des grossen Violin-
Virtuosen, Herrn Paganini.
Am 10. Juli Dem. Sieb er t: Amenaide, als Gast.
Am 5. August Herr Just: Zaganini (Copie des be-
rühmten Paganini), als Gast.
Am 10*«" Mad. Hoffmann-Greis: Myrrha, als Gast.
Am 308*«» Tanz -Divertissement der königl. Tänzer:
Dem. Mees-St. Romain, Dem. Varin und Herr Stuhl-
müll e r.
Am 4. Septbr. Herr Ho ff mann: Othello, als Gast.
Am 11*«» zum ersten Male: „Fra Diavolo," Oper von
A u b e r.
Am 24«*«» Dem. Zrza: Constanze, als Gast.
Am 5. Octbr. zum ersten Male: „Karl XII. auf der
Heimkehr," Lustspiel von Dr. C. TOpfer.
181
Am 16^^» Dem. Madler: Amazilli, als Gast.
Am 228ten Dem. Grünbaum; Emmeline, als Gast.
Am 6. Novbr. Dem. Jacobi, und Herr Lippach:
Salome und Ernst Traut, als erste Versuche.
Am 15^^" sang Henriette Sonntag.
Am 12. Decbr. Mad. Schröder: Sophie, als Gast.
Am 20«*®" zum ersten Male: „Teil" Oper von Rossini.
1931
am 28. Januar zum ersten Male: „Richards Wanderleben,"
Lustspiel von Kettel.
Am 3. Februar Mad. Pohl-Beisteiner: Rosine, als
Gast.
Am 15*®" Mad. Hillebrand: Agathe, als GasL
Am 3. März Herr Hillebrand: Mafferu, als Gast.
Am 7*®« Herr Rott: Wallenstein, als Gast.
Am 248*®" zum ersten Male: „Moses," Oper von Rossini.
Am 5. April Mad. Schröder-Devrient: Fidelio,
als Gast.
Am 11*®" Herr Fehringer: Klingsberg d. J., als Gast.
Am 13*®" gastirten Herr und Mad. Schneider.
Am 17*®" Dem. Te wissen: Jenny, als Gast.
Am 21«*®" Mad. J. Schmidt einige Arien.
Am 23«*®" Concert zum Besten des Pensions - Vereins
der Orchester-Mitglieder des Stadt-Theaters, im Apollo-Saale.
Am 28«*®" zum ersten Male: „König Enzio," Trauer-
spiel von Raup ach.
Am 10. Mai Dem. Gned: Amenaide, als Gast.
Am 18*®" Concert der Sänger: F. Annato und P.
Perechini im Stadt -Theater.
Am 31«*®" Herr Wächter: Don Juan, als Gast.
182
Am 6. Juni Mad. Üb rieh, Rosa, als Gast.
Am 13^«" erste Gastrolle der Dem. Höffert.
Am 21«te» Mad. Walker: Sophie, als Gast.
Am 25«*«^" Herr Marr als Gast.
Ära 26»^«° Herr Schütz, als Gast.
Am 298*«" zmu ersten Male: „Faust," von Göthe.
Am 5. Juli Herr Walker, als Gast.
Am 12ten Herr A. Herzfeld: v. d. Husan, als Gast.
Am 14*««» trat Herr Hoppe als Gast auf.
Am 19*®" gastirte Mad. Crelinger.
Am 29«*«" Herr Dahn: Anton, als Debüt.
Am 5. August Frau Dr. Beuermann: Preciosa, als Gast»
Am 6*«» Dem. Groux: Elvira, als Gast.
Am 23«*«" zum ersten Male: „Das Wunderglöckchen,"
Oper von Herold.
Am 25"*«" Mad. Eggers: Agathe, als Gast.
Am 1. Septbr. „Der Bauer als Millionair," worin der
geniale Raimund als Gast auftrat.
Am 10«*«" Mad. Fischer: Donna Anna, als Gast.
Am 1. Octbr. Nanette Schechner; Emmeline, als
Gast.
Am 20«*«" zum ersten Male: „Die Schwiegermutter,"
nach dem Französischen von Dr. Bär mann.
Am 26«*«" debütirte Dem. Caroline Sutorius,
Am 1» Novbr. zum ersten Male: „Das Fräulein vom
See," Oper von Rossini.
Am 7*«" zum ersten Male: „Der Mann mit der eisernen
Maske" nach dem Französischen von Carl Lebrun.
Am 8*«" Herr H. Seh äffer, ehemaliges Mitglied des
deutschen Theaters in Paris: Joseph, als Gastrolle.
183
Am 16*6» 2um ersten Male: „üemoiselle Bock," Posse
von Mand.
Am 21«*«" zum ersten Male: „Der Fächer," von C.
Blum.
Am 25 «*en zum ersten Male : „Zampa," Oper von Her old.
Am 5. Decbr. Dem. Leissring: Zerline, als Gast.
Am 13««" Mad. Walker: Sophie, als Debüt.
Am 14*«" zum ersten Male: „Freien nach Vorschrift,"
Lustspiel von Dr. C. Töpfer.
Am 23»*«" zum ersten Male: „Der Templer und die
Jüdin," Oper von Marschner.
Am 28«*«" Herr Walker: Rudolph, als Debüt.
Nachdem nun eine ziemliche Anzahl Gäste und Debü-
tanten des Stadt -Theaters hier ihren Platz gefunden, will
ich vorläufig darin eine kleine Pause eintreten lassen und
zw den andern Bühnen mich ein wenig wenden. — Dass
Frau Witlwe Hand je im Hotel de Rome auf dem Valen-
tinskamp früher ihre Vorstellungen gab, habe ich schon
erwähnt. Diese kleine Truppe wusste sich bald die Gunst
des Publikums zu erwerben, und zwar so, dass ihr bald
einige bemittelte Leute hülfreich beitraten und ein ehemaliger
Kaufmann, Namens Wiese, hielt das Ganze nicht nur
tüchtig zusammen, sondern hob es auch nach und nach.
Die Localität wurde verbessert, geüblere Mitglieder von
kleinen auswärtigen Bühnen wurden gewonnen, bis sich
das Theaterchen ein Publikum heranbildete, welches sich
nicht wie bei dem vorigen des Scandals wegen versammelte,
vielmehr sich recht bald zufrieden mit dem Gebotenen er-
klärte. Die erste französische Occupation zersprengte zwar
die kleine Truppe, doch fand sie sich theilweise nach
184
Jahresfrist wieder ein, und wusste sich auch bahl, wo es
fehlte, zu ergänzen. Wiese, nunmehriger Curator der
Wittwe Handje, stellte sich aufs Neue an die Spitze des
Unternehmens, das sich nach und nach in seiner Art immer
mehr consolidirte, und wusste er seiner Curandin sogar im
Jahre 1809 eine förmliche Concession auszuwirken, während
anderen Sollicitanten, z. B. dem Pächter der Bachushalle
in der Bohmkenstrasse, ähnliche Vorstellungen untersagt
wurden. Nachdem sie im Jahre 1814 das Hotel de Rome
verlassen, zog sie in das verwaiste franzosische Theater
auf der Drehbahn ein, welches nun von mehreren wandern-
den Gesellschaften, z. B. von der des Herrn Bello u. A.
benutzt wurde, bis es von Herrn B. Meyer im Jahre 1817
zur Errichtung des Apollo -Theaters, nachdem er sich mit
der WZ^ Handje abgefunden, in Anspruch genommen
ward. Als nun im Jahre 1818 das Theater in der Stein-
strasse erbaut war, übersiedelte sie dorthin, und so wurde
auch am 16. December d. J. die Bühne daselbst unter der
Direction eines Herrn Becker eröffnet. Ihn löste ein Herr
Müller mit seiner Gesellschaft ab, dem nach geraumer
Zeit zwei neue Unternehmer, die Professoren Kruse und
Susky, letzterer Maschinenmeister, folgten. Sie beschränkten
sich auf Kinderpantomimen, die jedoch nur ein temporäres
Interesse zu erwecken vermochten. Mehrere Direclionen,
unter denen die Herren Ritter, Hoch (jetzt Director des
Elisium Theaters in St. Pauli), Stiegmann, Vorsmann
(Mitglied des Thalia -Theaters) u. s. w. auftauchten und
eben so rasch wieder verschwanden, bis die Eignerin der
Concession die Führung des Geschäftes ihrem Schwieger-
sohne, dem ehemaligen Theatermeister des Stadttheaters,
Cassmann, übergab, der sich nun endlich in diesem
185
Jahr (1831) mit Herrn Maurice verband, von welchem
Augenblicke an dem ganzen Unternehmen eine festere
Richtung gegeben wurde. Das anfänglich kleine Publikum
wuchs von Jahr zu Jahr an, und mit ihm die Kräfte und
wahrhaft besonnene Umsicht der Unternehmer; es nennt
sich seit einigen Jahren „Zweites Theater" und giebt in
den Sommermonaten seine Vorstellungen in dem Tivoli
der Vorstadt St. Georg, wo bei hellem Tage gespielt wird.
Hier sitzen die lieben Hamburger bei einer Tasse Thee oder
beim Grog, rauchen ihre Cigarre und lassen sich Comödie
vorspielen. Der Eifer der Zuschauer geht so weit, dass
bei dem grössten Regenwetter die Schirme aufgespannt
werden, der Platz aber behauptet wird. Wenn Herr
Maurice jetzt ein reicher Mann ist, so hat er diesen
Reichthum nur dem Sommertheater zu danken, auf welche
Idee ihn drei arme Schauspieler gebracht, (die aber nicht
reich geworden) die noch jetzt mitunter vor dem Theater
zu schauen sind. Dankbarkeit ist eine schöne Tugend! —
Nach dem Tode des Herrn Cassmann trat dessen Wittwe
als Theilnehmerin des Geschäftes ein, die innere Verwaltung
jedoch Herrn Maurice und ihrem ältesten Sohne über-
lassend, wofür ihr die Hälfte der Netto - Einnahme ward.
Das Local selbst, der Frau Wittwe Libbertz gehörig, hat
die Wittwe Handje in Miethe, deren Aftermiether wieder
die gegenwärtige Direction ist.
In der Vorstadt St. Georg besteht ausserdem noch fin
Theater in den Wintermonaten und ein anderes in St,
Pauli bei Herrn Tanzwirth Menk.
Von den Mitgliedern die bei den verschiedenen Direc-
tionen in der Steinstrasse engagirt gewesen, weiss ich nur
noch folgende aufzufinden:
186
Hr. Stiegmatin^ Hr. und Md. Hausen^ Dem. Erdmann ^ Hr.
C. Hechncr^ (seil einigen Jahren VVirlh hierselbst) Hr. Vorsmann
und Frau, Hr. Ritter und Frau, Hr. Behncke und Frau, Ur. Möller^
Hr. Melcher^ Hr. Querfeld^ Hr. Gehrmann ^ Hr. Gomansky, Hr.
ira^fner, Dem. Backhaus y Hr. Gödemann^ Hr. Becker, Dem.
Tf a^ncr, Dem. Hartmann, Md. ScAiW u. A. m.
Stadttheater.
Am 13. Januar zum ersten Male: „Iwan," Schauspiel von
Wodomerius.
Am 18*«° zum ersten Male: „Die Zauberrose," Ballet
von Occiony, ausgeführt von den Wiener Tänzern:
Dem. Wirdisch, Hr. Stiller, Md. Mehlig, Hr. Occiony, Hr.
Seeligmann, Hr. Fortner, Dem. Zinn und Dem. Stiller.
Am 31«*«" zum ersten Male: „Der Liebestrank," Oper
von Auber.
Am 6. April Concert des Herrn Müller und Madame
Müller-Gerson im Theater.
Am 10*«» Herr H. Schaffe r: Tamino, als Debüt.
Am 24«*«° Herr und Mad» Rosner: Othello und Des-
demona, als Gäste.
Am 27«*«° Herr Föppel: Figaro, als Gast.
Am 30«*«° Herr Dr. Wagner: Wallenstein, als Gast.
Am 5. Mai zum ersten Male: „Die Belagerung von Co-
riihh," Oper von Rossini.
Am 21«*«° zum ersten Male: „König Kanut," Drama
von Dr. Bärmann und „Albrecht Dürer in Venedig," von
E. V. Schenk.
Am 26«*«° zum ersten Male: „Der Berggeist," Oper
von Spohr.
187
Am 5. Juni Dem. Lindner: Susanne, als Gast.
Am 6*««» Dem. Hildebrand: Johanna d'Arc, als Gast.
Am 7*«" zum ersten Male: „Der Carneval in Venedig,"
Ballet.
Personal: Dem. Scribani^ Herr Purzpichler^ Herr Groux^ Dem.
Kurländer^ Herr Carelle, Herr Klauss und Frau.
Am 8*«" Herr Wiedemann: Thomas, als Gast.
In den Zwischenakten Hessen sich Herr Oury auf der
Violine und Mad. de Belleville-Oury auf dem Piano-
forte hören.
Am 13*«" Herr Burmeister, vom Leipziger Theater,
als Gast.
Am 14*«" Herr Bolz mann: Carl Ruf, als Gast.
Am 15*«" Herr Ho ff mann: Licinius, als Gast.
Am 3. Juli Herr Köhn: Neokles, als ersten theatrali-
schen Versuch.
Am 19*«" Mad. Unzelmann: Juhe, als Gast.
Am 27«*«" zum ersten Male: „Quäker und Tänzerin,"
Lustspiel von Stawinsky.
Am 16. Aug. zum ersten Male: „Der Doppelgänger,"
Lustspiel von F. v. Holbein.
Am 5. Sept. Herr Raimund: Wurzel, als Gast.
Am 7*«" zum ersten Male : „Das Singspiel am Fenster,*'
Oper von Isouard.
Am 1. Octbr. zum ersten Male: „Gebrüder Foster,"
Character-Gemälde von Dr. C. Töpfer.
Am 8*«" Dem. Diemar: Annchen, als Gast.
Am ]0*«" Concert für die Flöte, geblasen von Herrn
Belke.
Am 15*«" trat auch Dem. Diemar d. J. als Gast auf
und gefiel.
188
Am 25«*«" zum ersten Male : „Kaiser Friedrich und sein
Sohn," Tragödie von Raup ach.
Am 15. Novbr. zum ersten Male: „Die Comödie der
Irrungen," von Shakespeare, übersetzt von L. Tiek.
Am 20«*«'» zum ersten Male: „Robert der Teufel," Oper
von Giacomo Meyerbeer.
Am 6. Decbr. zum ersten Male: „Garrick in Bristol,"
Lustspiel von Deinhardstein.
Am 10*««» Concerl des Violin-Virtuosen Herrn Lafont.
Am 21«*«" sang Herr de Vriigt einige holländische
Arien im Theater.
1933
am 21 Janr. zum ersten Male: „König Johann," Tragödie
von Shakespeare, übertragen von Schlegel.
Am 29«*«" gab es drei Neuigkeiten: „Die Schutzfrau,"
von Kurländer, „Der Regenschirm," von Holbein und
„Der Staatsgefangene," von Th. Hell.
Am 7. Febr. zum ersten Male : „Euryanthe," Oper von
Carl Maria von Weber.
Am 18. März zum ersten Male: „Maria Petenbeck,"
Drama von Hol b ein.
Am 27«*«° zum ersten Male: „Die Seeräuber," Oper
von Bellini.
Am 10. April Md. Schröder-Devrient: Euryanthe,
als Gast.
Am 13*«" Tanz -Divertissement, ausgeführt von Denis.
Amiot, Dem. Fendel und Herr Purzpichler.
Am 14. Mai Herr E. Devrient, als Gast.
Am 16*«" zum ersten Male: „Die Scheidung," Lust-
spiel von Kettel.
Am 17*«" sang Dem. Fürst einige Arien.
189
Am 28^*^" abermals drei Neuigkeiten: „Die Supplikan-
ten in Verwirrung," von Herzenskorn, „Acht vernünftige
Tage" und „Alle fürchten sich," Operette von Isouard.
Der Fleiss der Direktoren Lebrün und Schmidt ist
unverkennbar, denn selten haben wir so viele Novitäten
vorgeführt erhalten. Was auch Neid und Missgunst erfinden
mochten, um unsern Lebrün zu verdächtigen, er bewährte
sich als tüchtiger Direktor, ohne den Darsteller dabei zu
vernachlässigen.
Am 1. Juni Herr Vogt: Masaniello, als Gast.
Am 4ten Dem. Gneib, Myrrha, als Gast.
Am 6*en Herr Weymar: Graf Essex, als Gast.
Am 25«*«'* zum ersten Male: „Jery und Bätely," Sing-
spiel von Göthe, Musik von F. Hart mann.
Am 28«*«» Mad. Pirscher: Agathe, als Gast.
Am 29 «te» Herr v. Holtei: Hans Jürge und Thaddäus,
als Gast.
Am 3. Juli erste Vorstellung der französischen Schau-
spieler aus Berlin.
Am 5*«» Herr Genast: Don Juan, afe Gast.
Am 11*«» zum ersten Male: „Lorbeerbaum und Bettel-
stab," von Holtey. Herr Holtey: Heinrich, als Gast.
Am 18*«" Herr und Mad. Cornet: Fra Diavolo und
Lady, als Gäste.
Am 26«*«n zum ersten Male: „Ein Trauerspiel in Berlin,"
von Holtey.
Am 3. August Herr B eurer: Dikson, als Gast.
Am 5*«« Concert der Mad. D ulken und des Herrn F.
David.
Am 16*«" Fräulein v. Hagen: Julie, als Gast.
Am 27«*«° Dem. Henr. Carl: Donna Anna, als Gast.
190
Am 7. Septbr. Dem. Sonntag: Myrrha, als Gast.
Am 13**^" zum ersten Male: „Tage der Vorzeit," dra-
matisches Gedicht von Dr. G. Döring.
Am 20 8*«" Concert des Pianisten Theodor Stein.
Am 21"*«° zum ersten Male: „Der erste Schritt," von
Fr. V. Weissen Ihurn und „Der Knopf am Flausrock,"
Lustspiel von K. Schall.
Am 8. Octbr. hatten wir endlich einmal wieder die
Freude eine neue Oper von unserm Krebs zu hören. Es
war „Agnes," welche uns das Talent des berühmten Com-
ponisten auf's Neue beurkundete. Die Hamburger Bühne
besitzt an diesem ausgezeichneten Mann eine Zierde, dessen
Werth noch lange nicht genug gewürdigt wird. Herr Ca-
pellmeister Krebs mnss sich mit allen grossen Männern
trösten, deren Verdienste auch erst anerkannt wurden, wenn
wir sie — verloren.
Am 12*«° Erste Vorstellung der englischen Schauspieler:
iMr. Ardner ^ Mr. Aubrey^ Mr. Gann^ Mr. Loncrain^ Mrs.
Gann^ Mr. Barrold und Mr. Johnson.
Am 16*«° zum ersten Male: „Hinko," Schauspiel von
Ch. Birch-Pfeiffer.
Am 31»*«° Herr Köllne-r: Leporello, als Gast.
Am 5. Novbr. zum ersten Male: „Die Falschmünzer,"
Oper von Au her.
Am 9*«° Herr Hessen: Carl Ruf, als Gast.
Am 16*«° zum ersten Male: „Das Testament einer
armen Frau," Schauspiel von A. Prix.
Am 23«*«° gastirte Herr Hegel.
Am 27«*«" „rA«5 evening icill he acted bij the Eng-
lish Company, under the direction of Captain Sivius^
(being their first appearance in Germany) Shakes-
191
peares Comedy of,,thc Merchanl of Venice^'Qas performed
al the Theatre Royal London'):
Persons:
Shylock Mr. Kean,
Gratiano " Vining.
Antonio u Chalk.
ßassanio /- Hughes,
Launcelot Gobbo ./ Hay.
Old Gobbo „ S. Bennett,
Duke of Venice „ Aslury,
Solanio n Grattau.
Solarino „ Melville.
Lorenzo // Wingrove.
Tnbal », Burton.
Ballhazar „ Ryan.
Portia Miss Ellen Tree.
Nerissa ./ Emily Graham.
Jessica Mrs. Wingrove.
Diese Schauspieler fanden Beifall, obgleich die Mei-
nung über ihre Leistungen verschieden waren. Nach un-
serm Begriff" waren sie nicht befähigt genug, uns Stücke
von ihrem grossen Landsmann vorzuführen und die Be-
rühmtheit hätten Shakespeares geniale Werke in Deutsch-
land nicht erhalten, wären sie zuerst von Engländern uns
vorgeführt. Der Reiz der Neuheil wirkte auch hier und
die Künstler können mit ihrer Aufnahme zufrieden sein.
Am 3. Decbr. abermals drei Novitäten: „Ewig," von
Kurländer, „Nach Sonnenuntergang," von G. Lotz und
„König und Schauspieler," von Harrys.
Am 10*e» zum ersten Male: „Des Adlers Horst,'' Oper
von Gläser.
Am 11 1«" Concert der Gebrüder Ganz.
Am lö*«» gastirte Fräulein BesseL
102
1934.
Am 8. Januar zum ersten Male: „Bube und Dame,"
Lustspiel von Dr. Töpfer.
Am 22«t^n Mr, Hay will have the honour of pre-
senting^ for the ßrst time in Germany^ his collection of
Anecdotes^ Portraits and Sketches of English character:
the whole foiinded on the vcry celebrated,^AT HOME''''
delivered by Mr, Matthews in London and Amerika
with unprecedented success.
Am 248^«" zum ersten Male „Die Sohne Eduards,"
Trauerspiel von Marr.
Am 13. Februar Concert des Violin -Virtuosen Herrn
Wallerstein.
Am 20"^«'i zum ersten Male: „Der Bergmönch," Oper
von Wolfram.
Am 13. März zum ersten Male : „Lumpacivagabundus,"
Zauberposse von Nestroy.
Am 308ten zum ersten Male: „Ludovika," Oper von
Herold und Halevy.
Am 3. April letzte Vorstellung des Herrn Alexander
aus Paris.
Am 248ten zum ersten Male: „Das graue Männlein,"
Schauspiel von Eduard Devrient.
Am 6. Mai Concert des Violin-Virtuosen Herrn Henry
Vieuxtemps.
Am 7*^" Herr Haizinger: Belmonte, als Gast.
Am W^"" Mad. Haizinger: Donna Diana, als Gast.
Am Uten Herr Stolz el: Carl Moor, als Gast.
Am 23«ten Dem. Sostmann: Christine, als Gast.
Am 29«**'" Herr Engelbrecht: Hans Sachs, als Gast.
Am 30«^«" Mad. Methfessel: Agathe, als Gast.
193
Am 31«*®" zum ersten Male: „Liebe und Liebelei,"
Lustspiel von Dr. Römer und „Das Hotel garni," Posse
von — et).
Im Juni gastirten Herr Marr, Dem. S. Heinefetter
und Herr Köhn. Neu war: „Hans Luft/' Lustspiel von
C. Lebrün.
Am 1. Juli Herr Wurda: Max, als Gast.
Am 2*®» zum ersten Male: „Lüge und Wahrheit,"
Lustspiel von Amalie, Prinzessin von Sachsen. Die hohe
Verfasserin hat sich mit grossem Glück der dramatischen
Literatur gewidmet; seit dem Erscheinen dieses ersten Pro-
ductes sind schon viele neue Arbeiten aus ihrer Feder er-
schienen. Ein leichter, ungezwungener Humor, treffliche
Charakteristik und fliessender Dialog zeichnen diese Stücke
besonders aus und verleihen ihnen einen eignen Reiz.
Am 4*«" Dem. Meisselbach: Julie, als Gast.
Am 5*«" erste Vorstellung der französischen Schau-
spieler aus Berlin, unter Direktion des Herrn Delcour.
Am 20«*en Dem. Enghaus: Johanna d'Arc, als Gast.
Am 31«*«» Mad. Schodel: Rosa, als Gast.
Am 1. August Mad. Sophie Schröder: Sibylle,
als Gast.
Am 4*«n zum ersten Male: „Marie Tudor," Drama von
V. Hugo, übertragen von Forst.
Am 6*6" Dem. Franchetti: Rosine und Herr Räder
Figaro, als Gäste.
Am 12*®» zum ersten Male: „Die Günstlinge," Origi-
nal-Schauspiel von Charlotte Birch-Pfeiffer.
Am 22«*«° zum ersten Male: „Die Krone von Cypern,"
Schauspiel v^n Schenck.
Am 23«*«n Dem. Weinhold: Myrrha, als Gast.
13
194
Am 28«**^" Herr Zäiigl: Hans Sachs, als Gast.
Am 5. Septbr. Herr Hofmann: Fra Diavolo, als Gast.
Am 7^«^» Herr BOrner: Gluck, als Gast.
Am 18*^° „Die Vestalin," Oper vom Ritter von S p o n-
tini. Unter des Componisten eigner Leitung.
Am 26«*«° zum ersten Male: „Graf Ory,'* Oper von
Rossini.
Am 28«*«^" Herr Grunwald machte einen Versuch in
der Darstellungsweise des Bauchredners Herrn Alexander
und erndtete grossen Beifall.
Am 30«**^" Vorstellung der englischen Schauspieler-
Familie Burton.
Am 248^en Octbr. zum ersten Male: „Katharina Ho-
ward," Trauerspiel von Jerrmann.
Am 29«*^° zum ersten Male: „Der Maskenball," Oper
von Auber.
Am 4. Novbr. Herr U^tz: Figaro, als Gast.
Am 12*«" Herr Boden: Jaromir, als Gast.
Am 27sten zum ersten Male: „Romeo und Julie," Oper
von Bellini.
Am 208*e» Carl Rappo's athletisch -olympische Aka-
demie.
1935.
Am 7. Januar zum ersten Male: „Pietro Metaslasio,"
Tragödie von C. Blum.
Am 12*«» zum ersten Male: „Die Einfalt vom Lande,"
Lustspiel von Dr. C. Toepfer.
Am 28«*«» zum ersten Male: „Der Nibelungen Hort,"
Tragödie von Raup ach.
Am 14. Februar zum ersten Male: „Michel Perrin,"
Lustspiel von Th. Hell.
\
195
Am 16*®» zum ersten Male; „Die Unbekannte," Oper
von Bellini.
Am 19**^" zum ersten Male: „Schloss Greifenstein,"
Schauspiel von Ch. Birch -Pfeiffer.
Am 6. März gastirte Dem. Puck vom deutschen Theater
zu Amsterdam, als Königin der Nacht.
Am 10*®" Concert des Guitarre- Virtuosen, Herrn F.
Stoll.
Am 16*®» zum ersten Male: „Norma," Oper von Bel-
lini. Wenn auch die neue Richtung, die der Componist
dieser Oper eingeschlagen, nicht zu vertheidigen ist — denn
es bleibt höchst ärgerhch, wenn bei dem höchsten Aus-
bruch des Schmerzes, die Worte durch Walzer -Melodieen
begleitet werden — so hat doch dieselbe grosse Sensation
erregt und ist noch heute eine Lieblingsoper des Publikums.
Unsere grössten Sängerinnen: Schröder -Devrient,
Luzer, Hasselt-Barth, Sophie Löwe, Jenny Lind
*fcc. zählen die Norma zu ihren Parade-Partieen.
Am 19*®» zum ersten Male: „König Konradin," Tragö-
die von Raup ach.
Am 28^*®» gab die Ciavier- Virtuosin Clara Wieck im
Theater ein Concert und entzückte die Hörer durch ihren
kunstfertigen, genialen Vortrag.
Am 2. April Herr Baison, vom Danziger Theater,
gastirte als Hamlet und wurde engagirt.
Am 12*®" zum ersten Male: „Das böse Haus," Schau-
spiel vom Freiherrn von Auffenberg.
Am 22«*®° Mad. Ch. Birch-Pfeiffer, als Gast.
Am 25«*®" zum ersten Male: „Johannes Gutenberg,"
Schauspiel von Ch. Birch-Pfeiffer.
13 *
196
Am 4. Mai zum ersten Male: „Der Glöckner von Notre-
Dame," Schauspiel von Ch. Birch-Pfeiffer. Beide Stucke
liefern den Beweis, dass die Verfasserin eine sehr talent-
volle Schriftstellerin ist und die Btihne kennt, wie so leicht
kein Anderer. Die Schauspieler sind ihr besonders zu
grossem Dank verpflichtet, denn es lebt kein dramatischer
Dichter der Gegenwart, der es verstände, so viele Glanz-
rollen in einem Stücke zu vereinen.
Am 9^«" Herr Breiting: George Brown, als Gast.
Am 15*«" „Das Ritterwort," Herr Jacob i den stum-
men Ritter als letzte Rolle. Die Direktion hatte dieses Stück
dem scheidenden Künstler zum Benefiz bewilligt und die
Fülle des Hauses legte den Beweis ab, wie gross die Liebe
der Hamburger zu einem Manne war, der die schönste Zeit
seines Lebens ihnen und seinem Beruf geopfert. Seit Ja-
cobi's Abgang von der Bühne ist es noch keinem Lieb-
haber gelungen, so die Herzen für sich zu gewinnen; denn
was früher die wahre Ueberzeugung jedes Einzelnen laut
anerkannte, ist jetzt nur durch übermässige Lobhudeleien
bezahlter Recensenten möglich gemacht. Der Abschied von
der Bühne war auch der vom Leben, denn der gefeierte
Mann starb bald nach dieser letzten Rolle. Sein Andenken
wird ewig unvergesslich bleiben. Seine Gattin lebt noch
jetzt in der Zurückgezogenheit bei ihrem Schwiegersohne,
Herrn Dahlström, in Hamburg.
Am 16*«" Dem. Maschinka Schneider, als Gast.
Am 25«*«" zum ersten Male: „Drei Frauen auf ein-
mal," Lustspiel von A. Cosmar. In den Zwischenacten
Violin-Concert des Herrn J. NageL
Am 29«*«" zum ersten Male: „Capricciosa,'* Lustspiel
von Blum.
197
Am 2. Juni Mad. Piehl: Romeo, als Gast. Die Sän-
gerin wurde für das Stadttheater gewonnen.
Am S*®"» Herr Seydelmann: Nathan, als Gast.
Am 4*«» Herr Wurda: Othello, als Debüt.
Am 15*«« Dem. Höffert, als Gast.
Am 16*6" erste Vorstellung spanischer National-Tänze,
ausgeführt von den ersten Solo-Tänzern des Königl. Hof-
Theaters zu Madrid. Herren: Font und Campruvi. —
Damen: Dubinon und Serral.
Am 25«*«" zum ersten Male: „Das Leben eines Ehr-
geizigen," Drama von Marr.
Am 2. Juli Dem. J. Reithmeier: Emmeline, als ersten
theatralischen Versuch.
Am S*«** erste Kunst - Production der Gymnastiker
Teschner, Kretschy und Dornewass.
Am IS*«»^ zum ersten Male: „Till Eulenspiegel," Posse
von Weidmann.
Am 22«*«»^ zum ersten Male: „Das goldene Kreuz,"
Lustspiel von Harris.
Am 27«*«'» zum ersten Male: „Lindane," Zauberposse
von Kugler.
Am 7. August Herr Meyer: Don Carlos, als Gast.
Am 8*«" Herr U6tz: Figaro, als Gast.
Am 19*«» zum ersten Male: „Genoveva," Tragödie von
Raup ach.
Am 26«*«° zum ersten Male : „Das Irrenhaus zu Dijon,"
Melodrama von Gläser.
Am 2. Septbr. Herr Döring: Zolky und Carlos, als
Gast.
Am 14*«» zum ersten Male: „Die Gemahlin proforma,"
198
Lustspiel von Ahrbeck und „Endlich hat er es doch gut
gemacht," Lustspiel von Albini.
Am 18^^" zum ersten Male: „Lestocq," Oper von
A u b e r.
Am 5. Octbr. Gastdarstellung der Sängerin Dem.
Burghardt.
Am 22^tcn 2um ersten Male: „Herr Hampelmann im
Eihvagen," Lustspiel von Malz.
Am 268*6° 2um ersten Male: „Vormund und Mündel,"
Schauspiel von Raup ach.
Am 7. Novbr. Mad. Raeder: Wiarda, als Gast.
Am 12*6" 2um ersten Male: „Liebe hilft zum Recht,"
Lustspiel von West.
Am 238*6n zum ersten Male: „Latude," Drama von
Engelken.
Am 1, Decbr. Concert der Gebrüder Eichhorn.
Am 7*6° zum ersten Male: „Der Zweikampf auf der
Pfaifenwiese," Oper von Herold.
Am 15*6° Gesang- Vorträge der Mad. Mees-Masi.
Am 19*6° zum ersten Male: „Folgen einer Missheirath,"
Lustspiel von Gaste lli.
Am 31"*6° zum ersten Male: „Bürgerlich und Roman-
tisch," Lustspiel von Bauern fei d.
1§30
am 11. Janr. zum ersten Male : „Eine Hütte und sein Herz,"
Lustspiel von Kurländer.
Am 19*61» Flöte n-Concert vom Herrn Deckert.
Am 22«*6n Mad. Mariane Sessi: Pygmalion, als Gast.
Am 28«*6° zum ersten Male: „Die Vorleserin," Schau-
spiel von Koch.
199
Am 4. Februar zum ersten Male: „Die Bastille," Lust-
spiel von Berger.
Am 6*«" Violoncell-Concert des Herrn Louis Huth.
Am 19^®" Concert für die Clarinette, geblasen von
Herrn Heinr. Bär mann.
Am 22«*«"» zum ersten Male: „Das eherne Pferd," Oper
von Auber.
Am 25«*«» zum ersten Male: „Christine von Schweden,"
Drama von VogeL
Am 2. März Dem. FrancillaPixis: Romeo, als Gast.
Am 5*®» Herr Döring: Franz Moor, als Debüt.
Am 15*«^» zum ersten Male: „Der Oheim," Lustspiel
von Amalie, Prinzessin von Sachsen.
Am 19*«» Mad. Döring, geb. Sutorius, als Gast.
Am 20«*«" Herr Dahn: Gaston, als Gast.
Am 22»*«» Concert des Violin -Virtuosen Herrn Prof.
Merk.
Am 26«*«» zum ersten Male: „Die Nachtwandlerin,"
Oper von Bellini.
Am 4. April Herr Ferd. Raimund: Fortunatus Wur-
zel, als Gast.
Am 18*«» zum ersten Male: „Der Verschwender," Zau-
berposse von F. Raimund.
Am 20«*«» gab Herr Fatscheck ein Harfen - Concert
im Theater.
Am 23«*«» zum ersten Male: „Die Braut aus der Resi-
denz," Lustspiel von Amalie, Prinzessin von Sachsen.
Am 7. Mai Dem. Rosenfeld: Rosine, als Gast.
Am» 12*«» Concert auf dem Holz- und Stroh-Instrument
von Herrn Gusikow.
200
Am 13*«" zum ersten Male: „Witzigungen," Lustspiel
von Vogel.
Am 25«*«" Herr Greenberg: Jaromir, als Gast.
Am 2. Juni Dem. Wolf: Sabine, als Gast.
Am 4*e° Dem. Schmidt: Preciosa, als Gast.
Am 6*«» Concert auf der lombardischen Mandoline,
ausgeführt von Herrn Pietro Vimercati.
Am 7*«" Dem. Lüwe, vom k. k. Theater zu Wien:
Isabelle, als Gast.
Am 25«*p" Mad. Cornet und Mad. Schmidtgen: Sar-
gin und Sophie, als Gäste.
Am 278*«" 2um ersten Male: „Der Pariser Taugenichts,"
Lustspiel von Dr. Toepfer.
Am 28«*«" Herr Cornet, Regisseur der Braunschwei-
ger Hofbühne: Canterelli, als Gast.
Am 4. Juli zum ersten Male: „Gasparo," Oper von
Cornet und Gomis.
Am 14*«" spanische National -Tänze, ausgeführt von
Herren Font und Campruvi, Madame Dubinon und
Dem. Serval.
Am 19*«" Dem. Unald: Emmeline, als ersten theatra-
lischen Versuch.
Am 258*«" Dem. Stetter: Giulietta, als Gast.
Am 268*«" Mad. Sophie Schröder: Isabelle, als Gast.
Am 2. August zum ersten Male : „Die Schroifensteiner,"
Schauspiel von Holbein.
Am 13*«" Herr Moritz Schröder: Don Cäsar, als
Gast.
Am 16*«" Herr Rösicke: Brenneke und Höhen, als
Gast.
Am 25«*«" Dem. Hähnel: Romeo, als Gast.
I
201
Am 29«te" Herr Christel: Lustig, als Gast.
Am Sl«*«"* zum ersten Male: „Der dumme Peter,"
Schauspiel von Holtei.
Am 1. Septbr. russische Nationalgesänge und Tänze
im Coslüm, vorgetragen von Annalwanowna, Maria
Malwewna, Matwei Kristoga no witsch, Fedor,
Alexander und Nicolai Matweitsch.
Am 8*^»* Concert des Violin- Virtuosen Herrn Charles
Haumann.
Am 12*en ]y|a(j^ Hegel: Maria Stuart, als Gast.
Am 13*«" erste Vorstellung der französischen Schau-
spieler aus BerUn, unter Direktion des Herrn Delcour.
Am l?*««» zum ersten Male: „Die gefährliche Tante,"
Lustspiel von Albini.
Am 2l8*en jviad. Christi ani: Annchen, als Gast.
Am 5. Octbr. zum ersten Male: „Die Schule des Lebens,"
Schauspiel von Raup ach.
Am Uten Concert des Walzer- Componisten Herrn
Strauss aus Wien.
Am 17*«" Herr Hammermeister: Templer, als Gast.
Am 5. Novbr. zum ersten Male : „Der Landwirth," Lust-
spiel von Amalie, Prinzessin von Sachsen.
Am 11*«" Herr Weylandt: Gaston, als Gast.
Am 12*«" Clavier-Concert von Herrn Döhler.
Am 14*«" Mad. Matys: Desdemona, als Gast.
Am 18*«" zum ersten Male: „Die Puritaner," Oper
von Bell inj.
Am 21«*«" zum ersten Male: „Der Buckelige," Schau-
spiel von Lenz.
Am 28«*«" zum ersten Male: „Griseldis," dramatisches
Gedicht von Halm.
202
\m 29"^cu 2uni zwei hundertsten Male:
,,Die Zaiiberflöte,^^
Oper von W. A. Mozart.
Besetzung:
Saraslro Herr Woltereck.
Tamino >, H. Schäffer.
Die Königin der Macht Mad. Matys (als Gast).
Pamina -/ Walker.
Papageno Herr Uetz.
Monoslatos , Menischcl.
Erster i » Dümon.
Zweiter > Sprecher „ Hollmann d. J.
Dritter ) , Hollmann d. A.
\ Mad. Hesse.
Drei Damen > Dem. Grandjean d. A.
) Mad. Hesse.
\ ir Christiani.
Drei Genien > „ Zängl.
) r, Krause.
Ein altes Weib Dem. Sutorius.
Am 9. Deebr. zum ersten Male: „Die Fürstenbraut,"
Schauspiel von Am alle, Prinzessin von Sachsen.
Am 22sten zum ersten Male: „Die Jüdin," Oper von
Halevy.
Am 29 8^^» zum ersten Male: „Kean," Schauspiel von
B. A. Herr mann.
1937
am 12. Januar zum ersten Male: „Voltaires Ferien," Lust-
spiel von B. A. Herrmann.
Am 26«t«" zum ersten Male: „Das Fräulein vom Lande,"
Lustspiel von Amalie, Prinzessin von Sachsen.
Am 4. Februar Herr Jacobi: (Sohn des verstorbenen
Mitgliedes hiesiger Bühne) Landjunker, als Gast.
203
Am 14. März Violin-Concert des Herrn Mittermayer
und Violoncell-Concert des Herrn Menter.
Am 29«*^" zum ersten Male: „Anna Bolena," Oper von
Donizetti.
Nachdem die gewöhnliche Concurrenz für die Bewer-
bung um die Mitdirektion des Stadttheaters ausgeschrieben,
da durch den Austritt des Herrn Lebrün eine Vacanz
eingetreten, wurde Herr Mühling gewählt und heisst die
Firma jetzt:
Schmidt und Mühling*).
Am 1. April zum ersten Male: „Rubens in Madrid,"
Schauspiel von Ch. Birch -Pfeiffer.
Am S^^"" debütirte Herr Brüning als Anton in „Die
Verwandtschaften."
Am 5*«" Dem. Tomas elli: Rosine, als Debüt.
Am 11*^»» Herr v. Lavallade: Alamir, als Debüt.
Am 12ten Concert der Pianistin Clara Wieck.
Am IS^en debütirte Herr Meyer.
Am 20«ten Mad. Clane r: Maria Stuart, als Debüt.
Am 22«*e» Mad. Schröder-Devrient: Romeo, als
Gast.
Am 28«^«»^ Dem. Lammersdorf: Röschen, als Debüt.
Am 2. Mai Concert des Violin -Virtuosen, Herrn J.
Ghys.
Am 6<«n Concert für das Ciavier, vorgetragen von Herrn
Hermann.
Am 7*«» Herr Versing: Teil, als Gast.
Am 8^«» Mad. Vers in g: Klärchen, als Gast.
Am 9t«n Dem. H e i n e m a n n : Rosine, als ersten theatra-
lischen Versuch.
0 Herr Mühling war früher Direktor des Theaters in Cöln.
204
Am 14^«" zum ersten Male: „Casanova," Lustspiel von
Carl Lebi ün.
Am 268ten ziini ersten Male: „Maria von Medicis,"
Lustspiel von Berger.
Am 27«^«'» Mad. Schubert: Giulietta, als Gast.
Am 3. Juni: zum ersten Male: „Der Minister und
der Seidenliändler/' Drama von Mar r. — Herr Marr: Ran-
zau, als Gast.
Am 11**'" Herr Frohn: Lorenzo.
Am 13*«" Herr Staudigl: Bertram, als Gast.
Am 17*6" zum ersten Male: „Kerker und Krone,"
Trauerspiel vom Baron v. Zedlitz.
Am 228ten zmxi ersten Male: „Ben David,*' Schauspiel
von Bernhard Neustadt.
Am 29«*«" zum ersten Male: „Der Obrist von 16 Jah-
ren," Lustspiel von B. A. Herrmann.
Am 1. Juli: Gastvorstellung des Herrn und der Mad.
G i) r n e r.
Am 14*6" Herr Hendrichs: Hans Sachs, als Gast.
Am 18*«" zum ersten Male : „Das Schreckens-Gewebe,"
Posse von B. A. Herrmann und „Der Dachdecker,*' Posse
von Angely. — Herr Beckmann, als Gast.
Am 21«*«" Herr Eicke: Zampa, als Gast.
Am 25**«" Herr Schrader: George Brown, als Gast.
Am 29«*«" Mad. Schröder-Devrient: Norma, als
Gast.
Am 5. August Herr Costenoble: Schewa, als Gast.
Am 11*«» Herr Meyer: Teil, als Gast.
Am 15*«" Mad. Brüning, als Gast.
Am 16*«" Dem. Knuth: Agathe, als Gast.
205
Am IQ*«"» Dem. Meister: Klärchen, als ersten theatra-
lischen Versuch.
Am 23«*«" Herr Cramolini: Joseph, als Gast.
Am 8. Septbr. zum ersten Male: „Die Hugonotten,"
Oper von Meyerbeer.
Am 19*«" Concert der Gebrüder Mollenhauer.
Am 28«*«" Concert des Violin-Virtuosen Herrn Sainton.
Am 6. Octbr. zum ersten Male: „Schloss Caradec,"
Lustspiel von Dr. C. Toepfer.
•M.lt ona.
Am 8. October wurde die Bühne, unter Direktion der
Herren v. Wedderkop und Hart, eröffnet, und am
7. Januar folgenden Jahres geschlossen.
Stadt -Theater in Hamburg.
Am 14. Octbr. zum ersten Male: „Cabinets-Intriguen,"
Lustspiel von Zedlitz und „Lehr-, Wehr- und Nährsland,"
Lustspiel von Lebrün.
Am 28«*«" Mad. Fischer-Maraffa: Amine, als Gast.
Am 31«*«" zum ersten Male: „Der Postillon von Lon-
jumeau," Oper von Adam.
Am 16. Novbr. Dem. Muzarelli: Zerline und Herr
Nu seh: Lorenzo in „Fra Diavolo," als Gäste.
Am 18*«" zum ersten Male: „Zurücksetzung," Lustspiel
von Dr. C. Toepfer.
Am 25"*«" zum ersten Male: „Der Zögling," Lustspiel
von Amalia, Prinzessin von Sachsen.
Am 27«*«» Dem. Hai breiter: Desdemona, als Gast.
Am 5. Decbr. zum ersten Male : „Die Auswanderer am
Ohio," Lustspiel von Clem. Gerke.
Am 9*«" Herr Baumeister: Ferdinand, als Gast.
206
Am 18^*^" zum ersten Male: „Der Weltumsegier wider
Willen," Zauberposse von Raeder.
Am 20«*«° Herr Koch: Truffaldino, als Gast.
Am 23«**^" Mad. Baumeister: Emmeline, als Gast.
Am 28«'«'» Concerl des Violin -Virtuosen, Herrn Ole
Bull.
Am 29«*«" zum ersten Male: „Der Ball zu Ellerbrunn,"
Lustspiel von Blum.
am 1. Januar zum ersten Male: „Der Mägdekrieg," Drama
von t t t
Am 3*«° erste Vorstellung der Gebrüder Price und
Lehmann.
Am 18*«" zum ersten Male: „Die Herzogin von la Val-
liöre," Drama von Dr. G. N. Bärmann.
Am 22«*«" zum ersten Male: „Das Nachtlager von Gra-
nada," Oper von Conradin Kreutzer.
Durch diese acht -deutsche Composition hat sich Herr
Kreutzer einen fest begründeten Ruf erworben, der nur
dem wahren Verdienste zuTheil werden kann. Die Musik
ist erhaben, einfach und melodisch; wir begegnen überall
dem deutschen Charakter, der leider jetzt dem verwöhnten
Ohre durch die überladene, italienische Musik formlich
fremd geworden, aber um so angenehmer überraschte.
Am 31«*«" zum ersten Male: „Die Geschwister," Lust-
spiel von Leutner.
Am 10. Februar Concert der Dem. Jap ha im Apollo-
Saale.
Am 16*«" zum ersten Male : „Der Militair-Befehl," Lust-
spiel von Koch.
u
207
Am 22^ten 2um ersten Male: „Die Gesandtin," Oper
von Au her.
Am 1. März zum ersten Male: „Das Lob der Ein-
tracht," Gar. täte, gedichtet von Prätzel, Musik von H.
Schäffer.
Am 2*«« zum ersten Male: „Die alte und die junge
Gräfin," Lustspiel von Raupach.
Am ö*^'» Dem. Lowe: Amine, als Gast. Die ausge-
zeichnete Künstlerin leistet nicht nur als Sängerin Meister-
haftes, sondern weiss auch ihrem Spiel eine solche Bedeu-
tung zu geben, dass jede ihrer Rollen, abgesehen von dem
Gesang, als selbstständige KunstschOpfung dasteht. Dass
ihre Leistungen allgemeinen Enthusiasmus erregen mussten,
bedarf kaum der Erwähnung, denn daran zweifeln, hiesse
dem Hamburger Publikum allen Sinn für das Grosse und
Herrliche absprechen.
Am 9^«" zum ersten Male: „Der Vater der Debütantin,"
Posse von B. A. Herrmann.
Am 278*^»» zum ersten Male: „Des Stranders Tochter,"
Lustspiel von Treitschke. — Der Verfasser, k. k. Hof-
theater-Oeconom, starb am 4. Juni 1842 zu Wien in seinem
Qßstea Lebensjahre mit Recht allgemein betrauert. Sein
vielseitiges Talent, seine gründliche und gediegene Bildung,
seine vorzüglichen enlomologischen Kenntnisse, seine an-
sprechenden lyrischen Productionen, so wie nicht minder
sein edler Charakter, erwarben ihm bei Hohen und Niede-
ren Achtung und Liebe und die ehrenvollsten Auszeichnun-
gen. Als Dichter für die Bühne ist der Verewigte mannig-
fach thätig gewesen; besonderes Verdienst erwarb er sich
in früherer Zeit durch die gelungenen üebertragungen
werthvoller ausländischer dramatischer Werke. Unter diesen
208
sind viele Opern, die er theils zu vorhandener Musik über-
setzte, Iheils ftir deutsche Tonsetzer zur Composition be-
arbeitete. Manche der Letzteren waren ihm daher ver-
pflichtet, und unter diesen auch Beethoven, welcher die
unsterbliche Musik seines „Fidelio" zu der von Treitschke
bearbeiteten franzosischen Operette ^^Vamour conjugal''''
schuf. Am 6. Juni, Nachmittags um 3 Uhr fand das Leichen-
begängniss Treitschke 's nach dem Ritus der evangelischen
Kirche statt, wobei die Abtheilung des Bürgerregiments,
deren Hauptmann er gewesen, ausrückte, und viele Hunderte
von Freunden und Verehrern des Verblichenen dem Trauer-
zuge folgten. Ein eigenes Begräbniss auf dem Hundsthurmer
Friedhofe umschliesst die irdische Hülle des Dahingeschie
denen, dessen Andenken bei Allen, die seine schätzens-
werthen Eigenschaften kannten, fortwährend in Ehren
bleiben wird.
Am 29«te»» Violin -Concerl des 11jährigen A. Moeser
aus Berlin.
Am 8. April nahm unser ausgezeichneter Tenorist, Herr
H. Schäffer in Salieri's herrlicher Oper „Tarar," in der
Titelrolle von der Bühne Abschied. Schon bei seinem
ersten Erscheinen äusserte sich die allgemeine Theilnahme
durch einen lebhaften Empfang und am Schlüsse ward er
stürmisch gerufen. Der bescheidene Künstler dankte in an-
gemessenen Worten für die vielen Beweise der Liebe und
Achtung, die ihm während der sechs Jahre seines hiesigen
Engagements zu Theil geworden und sprach den Wunsch
aus, dass man die Zuneigung, die man dem Künstler er-
wiesen, auf den Bürger dieser Stadt übergehen lassen möge.
Herr Schäffer lebt noch heute als hochgeschätzter Pri-
209
vatmann in unserer Mitte, und ich darf wohl hinzufugen,
in glücklichen Verhältnissen.
Am 15^*" Herr Hammermeister: Don Juan, als
Debüt.
Am 16*«*» Herr Hoppö: Figaro und Elias Krumm, als
Debüt.
Am 218*«'» trat der frühere Direktor Carl Lebrün
wieder einmal als Gast auf und beurkundete in seinen
Rollen auf's Neue, wie unersetzlich sein Verlust für die
Bühne ist. Dass der langjährige Liebling mit der grössten
Auszeichnung empfangen und entlassen wurde, versteht sich
von selbst. Nun ist auch er hinüber in jene Regionen, wo
die Vertreter des einstig klassischen Stadttheaters zu einem
neuen Ensemble sich vereinen und gewiss traurigen Blickes
auf die verwaiste Kunst-Anstalt herabsehen, wo selbst die
Spur vormaliger Grösse bald verschwunden sein wird.
Carl August Lebrün, in Halbersladt am 8. October
1792 geboren, war der Sohn des französisch - reformirten
Predigers Lebrün daselbst. Der Sänger der Urania,
Tiedge, hielt ihn zur Taufe, und die schöne Epistel:
,, An Carl Lebrün" (siehe die ältere Ausgabe von Tiedge's
Werken) bekundet die poelisch religiöse Weihe, die der
Neugeborne durch den trefflichen Dichter erhielt, und nach
welcher derselbe zum Prediger bestimmt war. — In seinem
dritten Jahre sandten die Eltern den sehr schwächlichen
Knaben (er war lange Zeit von der englischen Krankheit
Irachüts'] bedroht) in das gross -elterliche Haus nach
Berlin, um ihn hier den Händen geschickter Aerzte zu über-
geben, durch deren Hülfe auch die Gefahr glücklich be-
14
210
seitigt wurde. — Nach dem Tode seines Vaters, der bald
darauf erfolgte, kehrte auch die Mutter mit den Geschwistern
('arl's nach Berlin zurück, und seine geistige wie körper-
liche EntWickelung fand unter den Augen und der zärtüch-
slen Fürsorge dieser geistvollen und trefflichen Frau statt,
die in dem hohen Alter von 76 Jahren noch den Schmerz
erleben mussle, den Sohn ihres Herzens zu begraben. Seine
Schulbildung war eine gut geleitete und sorgfältige, und
unterstützt durch einen scharfen Verstand und eine seltene
Lebendigkeit des Geistes ging seine Entwickelung rasch
und günstig von Statten. Mit dieser zugleich trat aber
auch aufs schärfste und entschiedenste die Neigung für
die dramatische Kunst und deren Ausübung bei ihm her-
vor, und schon der Knabe zeigte Talent und Beruf für die-
selbe. Das Berhner Hoftheater, unter Iffland's Führung,
stand damals im Zenith seiner Grösse und die bedeutend-
sten Künstler Deutschlands glänzten auf demselben in ihrer
vollen Kraft. So oft es nur möglich war, sich den hohen
Genuss der Darstellungen jenes seltenen Künstler -Vereins
zu verschaffen, wurde dies, und nicht selten unter den
schwierigsten Umständen, ja mit Opfern mancher Art be-
werkstelligt. Mit jedem Besuche des Theaters wuchs die
Begeisterung und Leidenschaft Lebrün*s für die Schau-
spielkunst; Versuche auf Liebhabertheatern aller Art nährten
im Stillen das Feuer in seiner Brust, und nach allen Rich-
tungen hin wurden die kühnsten Proben gewagt. Iffland's
Darstellung des Luther in Werner 's: „Weihe der Kraft"
entzlickte in jener Zeit das Berliner Publikum. Lebrün,
im Chorrock seines Onkels, recitirte in höchster Begeiste-
rung auf einem Liebhabertheater den Monolog Luther's, ehe
er vor den Wormser Reichstag tritt, — Doch unter allen
211
Künstlern des Berliner Hoftheaters' war es besonders der
treffliche Beschort, der ihm Muster und Vorbild für sein
ganzes Künstlerleben wurde. Der feine Humor dieses sel-
tenen Künstlers, verbunden mit der höchsten Eleganz und
Noblesse, in Ton und Haltung, die hinreissende, Alles ge-
winnende Wahrheit in jeder seiner Darstellungen, sowohl
im Lust-, wie im Schau- und Trauerspiele, wirkten so all-
gewaltig auf unsern Carl, dass die Eindrücke jener Zeit
und mit diesen die herzliche, aufrichtige Verehrung für den
gefeierten Kunstveteran ihn durch sein ganzes Leben be-
gleiteten, und er mit Feuer jede Gelegenheit ergriff, dies
laut und offen zu bekennen. Dem aufmerksamen Zuschauer,
der beide Künstler auf der Bühne gesehen, wird die geistige
Verwandtschaft ihrer Darstellungsweise nicht entgangen sein.
Als der Knabe Lebrün in das Jünglingsalter getreten und
es sich um seinen künftigen Lebensberuf handelte, beschloss
die Familie, da durch des Vaters frühen Tod die Mittel, ihn
den höhern akademischen Studien zu widmen, genommen
waren, ihn dem Kaufmannsstande zu übergeben, und er
trat in das Bijouteriegeschäft seines Onkels als Lehrling
ein. Hier, wo die Arbeit keine übermässige war, gewann
er nur noch mehr Zeit, seiner Lieblingsneigung nachzu-
hängen, Schauspiele zu lesen, Rollen zu lernen, und sie
auf den verschiedensten Liebhabertheatern mit Glück zu
spielen. — Der Schauspieler Labes vom Hoftheater, der
den talentvollen Jüngling mehrfach in seinen Darstellungen
auf Privattheatern gesehen, und dessen geübtes Auge schon
in diesen rohen Anfängen den künftigen, tüchtigen Künst-
ler herausgefunden hatte, bewirkte durch sein Fürwort bei
der Familie die endliche Erlaubniss derselben zu Lebrün*s
völligem üebertritt zur Bühne, und das Dessauer Hoftheater
14*
212
nahm ihn im Jahre 1809 als Mitglied auf. Sein dort leben-
der Onkel, Professor am Gymnasium, Öffnete ihm sein
Haus, und in Kotzebue's „Pagenstreichen" betrat der
siebenzehnjährige Jüngling als Paul von Husch zum ersten
Male eine grössere Bühne mit gutem Erfolge. — Mittel,
Regisseur jener Bühne und ein trefflicher Darsteller, nahm
sich freundlich und wohlwollend des jungen, lebhaft für
seine Kunst glühenden Mannes an, und des erfahrenen
Künstlers Winke und Andeutungen waren von grossem und
entschiedenem Nutzen für den lernbegierigen, fleissigen
Schüler. Das Dessauer Hofthealer gehörte unstreitig damals
zu den besseren Bühnen jener Zeit, und zählte treffliche
Darsteller unter seinen Mitgliedern. Im Jahre 1810 lOs'te
sich dieses wohlorganisirte Institut, leider in Folge der
drückenden Zeitverhältnisse, auf. Der kunstsinnige Fürst
Leopold Friedrich Franz brachte dies Opfer seiner Lieb-
lingsneigung dem armen bedrückten Lande, dessen erstes
Contingent in Spanien aufgerieben, jetzt durch ein zweites
ersetzt werden sollte, und nachdem er väterlich seinen
sämmtlichen Schauspielern anderweitige Engagements ver-
schafft hatte, entliess er mit herzlichen Worten Diejenigen,
die ihm so manche frohe und genussreiche Stunde der Er-
holung bereitet halten. Unser Lebrün, mit dem Drange,
die Welt zu sehen, wählte unter mehreren Bühnen das
entfernte Memel, und nachdem er seine Familie in Berlin
besucht, ging er heiteren Sinnes, von Lebensmuth und
Wärme für seine Kunst durchglüht, dem fernen Norden,
ein achtzehnjähriger Jüngling, entgegen. Zwei Jahre war
er in diesem Engagement und bereisete in dieser Zeit mit
der Gesellschaft Tilsit und die russischen Städte Libau und
Milau. Ueberall fand der fleissige, talentvolle Schauspieler,
213
der rüstig in seiner Ausbildung fortschritt, die ehrendste
Anerkennung. Auf, wie ausser der Bühne, erfreute und
belebte sein gesunder, frischer Humor, die schöne Natür-
lichkeit seiner Darstellungsweise und das heilere, fröhliche
Leben, das seinen Rollen innewohnte. Den feingebildeten
jungen Mann von gutem Ton sah man gern in Gesellschaf-
ten, und die besten Häuser öffneten sich ihm gastfrei. Ja,
nach späteren Jahren suchten Bekannte und Freunde aus
jener Zeit den alten Liebling in Hamburg wieder auf, wenn
Reisen sie in seine Nähe führten. Das rauhe Clima jener
Städte drohte seiner Gesundheit nachtheilig zu werden und
zwang ihn im Jahre 1812, die ihm liebgewordene Gegend
zu verlassen. Er folgte einem Rufe des Baron Münch-
hausen nach Würzburg, der später die Direktion des
dortigen Theaters in Herrn v. Holbein's Hände nieder-
legte und hier wurde Lebrün bereits als tüchtiger, durch-
gebildeter Darsteller zu den ersten Rollen im Schau-, wie
im Lustspiele mit Glück verwendet, wiewohl stets das Lust-
spiel das eigentliche Feld seiner glänzendsten Siege war
und blieb. Die berühmte Schauspielerin Marie Renner,
eine seltene Zierde der deutschen Schauspielkunst, gehörte
gleichzeitig dieser Bühne an, und die später so gefeierte
Caroline Lindner betrat in jener Zeit in Kotzebue's
„Schutzgeist" zuerst die Bühne. Im Jahre 1815 ging er
zu D engler nach Mainz und von hier aus gaslirte er be-
reits mit dem glänzendsten Erfolge in Frankfurt, Cöln,
Düsseldorf und Aachen. Im Jahre 1817 engagirte er sich
bei dem neu errichteten Apollotheater in Hamburg. Wie
kurz auch der Bestand dieses Theaters war, so hatte in
dieser geringen Frist sich Lebrün doch bereits zum Lieb-
linge des Hamburger Publikums gemacht, und überall kam
214
man ihm mit Wohlwollen und Liebe entgegen. Am
28. August 1817 war das Apollotheater (wie schon früher
in diesem Buche erwähnt) eröffnet worden, und am 1. De-
cember desselben Jahres erfolgte die Insolvenzerklärung des
Unternehmers, welche eine bedeutende Anzahl recht tüch-
tiger Schauspieler, die grösstentheils süddeutschen Bühnen
angehört hatten, in die grOsste Verlegenheit brachte. Es
wurde in Vereinigung gespielt, um sich zu erhalten, und
hier trat Lebrün's rechtlicher Sinn und ehrenwerther
Charakter im schönsten Lichte hervor. Mehrere der be-
deutenderen Mitglieder entzogen sich dem Vereine und
traten früher in andere Verhältnisse. Er hielt redlich aus,
spielte täglich, obgleich er ein gutes Engagement in Braun-
schweig bei Dr. Klingemann in Händen hatte, bis seine
Kräfte den Anstrengungen erlagen und er auf ein langwie-
riges Krankenlager geworfen wurde. In dieser Zeit hatte
sich die Direktion des Stadttheaters um seinen Besitz be-
müht und nachdem er seine Verpflichtungen in Braun-
schweig rechtlich gelöst, trat er am 1. Februar 1818 als
Mitglied des Stadttheaters sein neues Engagement an. Er
debütirte, von seiner Krankheit genesen, am 19. desselben
Monats als Felix Wahr in Schmidt's Lustspiel „Der
leichtsinnige Lügner," und am 23. als Adolf Klingsberg in
„Die beiden Klingsberg." Herzfeld, der so viele Jahre
als junger Klingsberg sein Publikum entzückt hatte, spielte
zum ersten Male den alten Klingsberg neben ihm. Von
nun an wurde Lebrün mit jedem Jahre heimischer und
gefeierter in Hamburg, und Künstler und Publikum fühlten
täglich mehr, dass eine Trennung Beider kaum mehr mög-
lich sei. Herzfeld, der so lange Jahre in den Rollen
junger Lebemänner und Elegants, kecker Wildfänge und
I
215
heiterer Liebhaber, der feinen Chevaliers der guten, alten
Schule geglänzt hatte, fand in Lebrün seinen würdigen
Erben, und mit herzlichem Wohlwollen und väterlicher
Freude an dem rüstigen und fleissigen Künstler legte er alle
seine Glanzrollen früherer Zeit in dessen Hände nieder. —
So wuchs Lebrün in der Achtung und Liebe des Publi-
kums, wie seiner Direktoren und Kunstgenossen, als Künstler
wie als Mensch gleich geehrt, mit jedem Jahre, und eilte
einer Meisterschaft entgegen, die ihm neben den ersten und
gediegensten Künstlern seinen Ehrenplatz anwies. Seine
Mussestunden widmete er schon seit längerer Zeit drama-
tischen Arbeiten. Er war ein überaus glücklicher und ge-
schickter Bearbeiter französischer Bühnenstücke und erinnert
in dieser Beziehung an Kotzebu e's Gewandtheit in diesem
Fache. Bei Kupferberg in Mainz erschienen nach und
nach zehn bis zwölf Bände seiner Lustspiele, die grössten-
theils ihren Weg über alle deutschen Bühnen und fast
immer mit Glück gemacht haben. Unermüdet thätig an
seiner geistigen Ausbildung fortarbeitend, war er in keinem
Gebiete des Wissens fremd und sein reger und lebendiger
Geist blieb fortwährend thätig, neue Kenntnisse sich zu
erwerben. Besonders interessirte neben der französischen
Literatur ihn die englische, und binnen Kurzem lernte er
in Hamburg diese Sprache bis zu derjenigen Fertigkeit, die
seinem Eifer die gefeierten Dichterwerke Englands zugäng-
lich machte. Von Hamburg aus gab er fast in jedem Jahre
auf einer der grösseren Bühnen Deutschlands Gastrollen,
und Berlin sah ihn zu öftern Malen mit Vergnügen auf
seinem Hoftheater. Im April des Jahres 1826 gastirte er
auf dem Hofburgtheater in Wien mit ausserordentlichem
Beifalle, und ehrenvolle Engagementsanlräge für ihn und
216
seine Gallin {jm Juli 1822 halle er sich mil Caroline
Sleiger, einer Tochler des früheren Regisseurs Anton
Steiger, verheiralhel), folgten diesem Gastspiele. Liebe
und AnlUinglichkeit für Hamburg Hessen ihn diese, und mit
ihnen bedeutende und glänzende Yortheile, ablehnen. Am
24. October desselben Jahres starb Herz feld. Die Actien-
unternehmer des neuen Theaters, dessen Bau rasch vor-
schrilt, trugen Lebrün die Mildirektion an, und Rück-
sichten für seine Familie Hessen ihn das schwierige Ge-
schäft mit Muth und Eifer am 1. April 1827 übernehmen.
Zehn Jahre, bis Ende März 1837, stand er als Direktor,
neben F. L. Schmidt, mit regem, edlen Kunstsinne dem
Slatlheater vor und wirkte und handelte im Geiste des
grossen Schröder, des berühmten Begründers dieser alt-
ehrwürdigen, deutschen Bühne, so viel es die Zeit mit
ihren wandelbaren Verhältnissen nur irgend gestattete.
Obgleich auch oft von Neidern angefeindet, blieb er doch
unermüdet thätig als Darsteller wie als Bühnenführer. Nach
seinem freiwilligen Rücktritte von der Direktionsführung
privalisirte er in Hamburg, meist mit dramatischen Arbeiten
sich beschäftigend, abwechselnd auch Kunstreisen unter-
nehmend. So spielte er in dieser Zeit in Dresden, Leipzig,
Berlin, Oldenburg, Mainz, Wiesbaden und Karlsruhe, bis
er einer schweren Krankheit erlag, die auf eine lange Zeit
seine Thäligkeil hemmte. Noch nicht vöHig genesen, be-
gleitete er seine Tochter Antonie nach Riga (wohin diese
cngaglrt war) und zog sich durch die Anstrengungen der
Seereise einen so bedeutenden Rückfall seines Leidens zu,
dass er auf mehrere Jahre völlig gelähmt an den Füssen,
nur auf einem Rollstuhle sich fortbewegen konnte und
noch dazu mil den heftigsten Schmerzen in den leidenden
217
Theilen zu kämpfen hatte. Nichts desto weniger verliess
ihn die Kraft und Regsamkeit seines Geistes, die Frische
und Lebendigkeit seines Humors nicht. Mit starkem Muthe
und christlicher Ergebung ertrug der sonst so rüstige,
lebendige Mann das furchtbare Geschick und suchte und
fand Trost und Erholung in geistiger Thätigkeit. Die
Frucht dieser seiner Müsse ist eine bis zu dem Jahre 1816
geflihrte, höchst vortreffliche Geschichte des Stadttheaters,
die auch mir ein willkommener Leitfaden zu diesem Buche
war. In der Nacht vom 24. zum 25. Juli 1842 verschied
unser Lebrün am Nervenschlage, in den Armen der Sei-
nen, die in ihm den tretflichsten Gatten und Vater, den
edelsten Menschen beweinen.
Am 26«**^" Dem. Louise Enghaus: Tancred , als
ersten theatralischen Versuch.
^ Am 28«^«" Herr Stolte: Joseph, als Gast.
Am 1. Mai zum ersten Male; „Vor hundert Jahi'en,"
Siltengemälde von Raup ach.
Am 2^^" Mad. Raeder geb. Woltereck: Hannchen,
als ersten theatralischen Versuch.
Am 9*«" Herr Emil Devrient: Hamlet, als Gast.
Am 13*«n zum ersten Male : „Die Leibrente," Schwank
von Maltitz. Mad. Devrient: Sabine.
Am 16^^» zwei Novitäten : „Der Hirsch," Lustspiel von
Blum und „Fröhlich," Singspiel von Wollheim und
Schneider.
Am 228ten Herr Schrader: Nadori, als Gast.
Am 25"*^" zum ersten Male: „Vetter Heinrich," Schau-
spiel von Araalie, Prinzessin von Sachsen.
218
Am 26«*«'" Concert der Geschwister Miilder.
Am 29"^«» trat der beliebte Schauspieler Döring zum
letzten Male als Doctor Lowe auf und wurde während der
Vorstellung mit Beifall überschüttet. Leider konnte der
Wunsch des Publikums, Herrn Döring noch lange hier
zu behalten, nicht erfüllt werden. Dieser geniale Künstler
ist gegenwärtig wohl der beste Charakterspieler Deutsch-
lands.
Am SO«*«^" Gastvorstellung der Solo -Tänzerin, Dem.
S c r i b a n y.
Am 9. Juni „Pas de trois hongrois," ausgeführt von
Dem. Scribany, Dem. Do b ritz und Herrn Balletmeister
Marquardt.
Am 15*«" Dem. Denker: Hedwig, als Gast.
Am 16*«" Mad. Schröder: Isabelle, als Gast.
Am 23«t«" zum ersten Male: „Der Bastard," Trauer-
spiel von Sylvester.
Am 25«^«" Herr Albert, früheres Mitglied des Stadt-
theaters: Fra Diavolo, als Gast. Herr Albert wurde bei
seinem Erscheinen mit einem nicht enden wollenden Ap-
plaus begrüsst, welcher sich bei jeder Piece wiederholte;
der brave Sänger ward am Schlüsse der Oper stürmisch
hervor gerufen, wofür er, sichtbar bewegt, mit herzlichen
Worten dankte.
Am 27«*«" Herr Irmer: Kleomenes, als Gast.
Am 30«*«" Gastvorstellung unseres Landsmannes, Herrn
Marr.
Am 6. Juli Dem. Scott: Romeo, als Gast.
Am 18*«" Herr van Br^e: Ossip, als Gast.
Am 20*«" zum ersten Male: „Der Gott und die Baja-
dere," Oper mit Ballet von Auber. — Dem. Taglioni:
219
Zolo^, als Gast. Die ausdrucks- und anmuthsvolle Panto-
mime, die Leichtigkeit und unbeschreibbare Grazie aller
ihrer Bewegungen, der unendliche Zauber der Poesie, der
über ihre Stellungen ausgegossen ist, erhoben ihren Tanz
zu der höchsten Bedeutsamkeit und zum Vollendetsten, was
in diesem Zweige der schönen Künste geleistet zu werden
vermag.
Am 24«*«" zum ersten Male: „Die schöne Lyoneserin,"
Lustspiel von Dr. Bärmann.
Am t. August Herr Ludwig Löwe: Garrick, als
Gast.
Am 7*«" Herr Peters: Windmüller, als Gast.
Am 12*«° Mad. Ernst-Seidler: Königin der Nacht,
als Gast.
Am 16*«» Concert des Violin- Virtuosen, Herrn Spars
(jetzt Concertmeister im Orchester des Stadttheaters).
Am 21«*«" Herr Bussmeier: Almaviva, als Gast.
Am 23«*«» Herr Beichel: Sarastro, als GasL
Am 24«*«" zum ersten Male : „Verirrungen," Schauspiel
von E. Devrient.
Am 30«*«" Fräulein Charlotte von Hagen: Corona,
als Gast.
Am 4. Septbr. Mad. Reichel: Gräfin in „Figaro's
Hochzeit," als Gast.
Am 7*«" Dem. Adami: Annchen, als Gast.
In diesem Monat gastirten im Tivoli -Tlieater:
Mad. Struve und Herr Heinrich Wollrabe mit Beifall.
Am 11*«" Herr Wolf: Arnold, als Gast.
Am 12*«" zum ersten Male: „Der Vater," Lustspiel von
Bauern f e I d.
220
Am 17*«" Gastvorstellung der Mad. C relinger und
Dem. Berlha und Clara Stich.
Am 22"*«'» Herr Gen^e: Gautier und Taddäus, ats
Gast, Concert der Herren Sontag und Graul.
•/llt on a»
Am 22. Septbr. eröffnete Herr An hold die Buhne in
Altona mit der Vorstellung des trefflichen Lustspiels von
West: „Donna Diana." Unter den Mitgliedern wurden
lobend erwähnt:
Mad. Brüning-Seeherg^ Md. Landt, Dm. Sulzei\ Dm. Pless^
Mad. Müller, Dem. Schnitzer und die Herren: Eichenwald,
Koch, Heinrich Wollrabe, Larronge, Gomansky, Hechner
und Müller.
Am 27«*^» Gastvorstellung der Tänzerin Lucile Grahn.
Theater der Vorstadt St. Georg.
Am 30. September wurde diese kleine freundliche Bühne
unter Direktion desWirthes Herrn Steffen wieder eröffnet.
Mitglieder: die Herren Schulz, Vollmer, Schmidt, Brauns, Her-
zinger. Weiss und die Damen Apel, Koch, v. Lüde und
Herzinger.
Das Theaterchen erfreut sich reger Theilnahme, da die
Stücke mitunter von recht braven Schauspielern, die ihr
Schicksal dahin geführt, executirt werden.
Stadt -Theater.
Am 2. Oclbr. Herr Binder: Arnold, als Gast.
Am 3*«n zum ersten Male: „Onkel und Nichte," Lust-
spiel von Charlotte Birch- Pfeiffer.
221
Zweites Theater.
Schauplatz: in der Steinstrasse.
Am 3. Novbr. zur Eröffnung der Winter -Saison:
„Prolog," verfasst von Dr. Wollheim und gesprochen von
Mad. Struve. Hierauf: „Baron Martin," worin Herr
Wilke debütirte und „Der Schatzgräber," worin Herr
R a t h den Dorval als Gast gab. Dieser Monat brachte noch
folgende Gäste:
die Herren Ziegler ^ Wacker^ A. Gaedecke, Kläger^ und die
Damen Albertine und Cäcüie Vanaz,
Am 3. Novbr. erste Vorstellung der Ballettänzer-Gesell-
schaft der Gebrüder Price.
Am 4*en zum ersten Male: „9, 12, 47," Vaudeville-
Posse von J. David.
Am 14*6" Herr Harry: Brandor, als Debüt.
Stadt -Theater.
Am 9. Octbr. Herr Cornet: Fra Diavolo, als Gast.
Am 208ten Concert des Violin -Virtuosen Herrn Hein-
rich Wolff.
Am 228ten 2um ersten Male: „Die Landparthie nach
Königstein," Herr Hassel: Hampelmann, als Gast.
Am 25«ten zum ersten Male: „Wilhelm Kolmann,''
historisches Gemälde von Gen^e.
Am 26«ten Dem. Löwe: Norma, als Gast.
Am 6. Novbr. Fagott -Concert, geblasen von Herrn
B i e 1 i n g.
Am 9ten Dem. Neu mann: Christine, als Gast.
222
Am lO*«'» Musikalische Akademie der Familie Lewy
aus Wien.
Am 23«*«" Clavier-Concerl des Herrn Eber wein.
Am 26«tca Herr Bethge, als Gast.
Am 298t<^n Dem. Freise-Sessi: Amine, als Gast.
Am 30**«° Concert des Guitarre- Virtuosen Herrn Leg-
nani.
Am 3. Decbr. zum ersten Male: „Die Opfer des
Schweigens," dramatisches Gedicht von Carl Immer-
mann.
Am 5*«" zum ersten Male: „Der Liebestrank," Oper
von Donizetti.
Am 8*«" Gastvorstellung der Tänzer: Herrn und Mad.
Benoni und Dem. Virginie.
Am 9*«° zum ersten Male: „Das Tagebuch," Lustspiel
von Bauernfeld.
Am 15*«° Herr Haake: Nathan, als Gast.
Am 26«*«" zum ersten Male: „Der Zauberdrache,"
Lustspiel von Bauernfeld.
Am 28"*«° Concert des Violin -Virtuosen Herrn Ole
BulL
1939
am 5*«° Januar machten die Dem. Louise und Antoi-
nette Lebrün als Nina und Emmy in dem Lustspiel der
Frau von Weissenthurn: „Welche ist die Braut ?" ihren
ersten theatralischen Versuch, aber an diesem Abend betrat
auch deren Mutter, eine allgemein verehrte Künstlerin, die
Bretter wieder, von denen ein beklagenswerther Unfall sie
wochenlang entfernt gehalten. Mit lautem Jubel wurde
die Gefeierte von dem zahlreich versammelten Publikum
i
223
begrüsst, die von diesen unverkennbaren Zeiclien der Liebe
und Achtung tief ergriffen ward. Nachdem während der
Vorstellung fast jede Scene der Mad. Lebrun mit lautem
Applaus begrüsst worden, ward sie am Schlüsse einstimmig
gerufen und erschien in der Mitte ihrer beiden liebens-
würdigen Töchter. Mit wehmuthsvoUen Worten sprach sie
ihren Dank aus und empfahl ihre Töchter der ferneren
Nachsicht des Publikums. Mad. Lebrün ist noch jetzt
eine schöne Frau und ein sehr beliebtes Mitglied des Stadt-
Iheaters. Möge sie der Kunst und dem Publikum noch
recht lange erhalten bleiben, dies ist gewiss der aufrichtige
Wunsch ihrer zahlreichen Verehrer.
Am 7*en zum ersten Male: „Ein Tag Karl Stuart IL,"
Lustspiel von Zahlhas.
Am 12*«" Concert des Violin- Virtuosen Herrn Prosper
Sainton.
Am löten zum ersten Male: „Guido und Ginevra,"
Oper von Halevy.
Am 228ten zwei Novitäten: „Vater und Vormund,"
Lustspiel von B. A. Herr mann und „Die seltene Lieb-
schaft," Lustspiel von Dr. Römer.
Am 25«*«° erste Gastvorstellung des Herrn Carl De-
vrient und Clavier-Concert der Miss Laidlaw.
Am 6. Februar Herr Reer: Tebaldo, als Gast.
Am 8*«»^ zum ersten Male: „Der Juwelier von Sl Ja-
mes," Drama von B. A. Herr mann.
Am 10*«" zum ersten Male: „Denk' an Cäsar," Lust-
spiel von Raup ach.
Am 21»*e° Dem. Henschel: Benjamin, als ersten thea-
tralischen Versuch.
224
Am 22«^«» zum ersten Male: „Die Fremde," Schauspiel
von Frau v. Weissenthurn.
Am 4. März zum ersten Male: „Ruy Blas," Schauspiel
von Lenz.
Am 5*«" Gastvorstellung der ausgezeichneten Tänzerin
Lucile Grahn.
Am 21«*«" zum ersten Male : „Der Brauer von Preston,*^
Oper von Adam. Herr Com et: Daniel Robinson, als
Gast.
Am 1. April begrUssten wir einen sehr werthen Gast,
die gefeierte Mad. Haizinger- Neumann, auf dem Stadt-
theater. Rauschender Beifall empfing diese treffliche Künst-
lerin und begleitete jede ihrer Scenen. Dem. Louise
Neumann, welche Talent verrieth, gab die Ida als Gast
und wurde mit ihrer Mutter nach dem dritten Act wie am
Schlüsse gerufen.
Am 2*«" trat Herr Haizinger, dieser ausgezeichnete
Tenorist, der selbst in Paris Furore machte, als Gualtiero
in der Bellini 'sehen Oper: „Die Seeräuber" auf, und
fand, wie es sich von selbst versteht, eine glänzende Auf-
nahme.
Am 5*^" Concert des Ciavier - Virtuosen , Herrn A.
Dreyschock.
Am 6*«" Dem. Henschel: Fatime, als Gast.
Am 8ten Dem. Gned: Rosine, als Gast.
Am 22«*«" zum ersten Male: „Die Lebensmüden," Lust-
spiel von Raup ach.
Am 29«*«" zum ersten Male : „Der Adept," dramatisches
Gedicht von Halm.
Am 2. Mai Herr Wild: Sever, als Gast.
225
Am 7*®» Mad. Grösser: Julia, als Gast.
Am 13*6" Mad. Ussow: Zerline, als Gast.
Am 16*6" Herr Weiss: Valentin im „Verschwender/'
als Gast.
Am 17*6" Herr Poekh: den Jäger im „Nachtlager,"
als Gast.
Am 23«*6n zum ersten Male: „Fleck," Posse von B. A.
Herrmann.
Am 248*6n Herr Dobrowsky: Fra Diavolo, als Gast.
Am 28^*6° Herr Hölzel: Richard, als Gast.
Am 1. Juni Herr Kunst: Otto von Witteisbach, als
Gast.
Am 2*6" Herr Schmezer: Nemorino, als Gast.
Am 5*6« Fräulein Charlotte von Hagen spielte bei
ihrer Durchreise zwei Rollen, als Gast.
Am 13*6«» zum ersten Male: „Der junge Barde," Lust-
spiel. Herr Kunst Sohn: Moritz, als Gast.
Am 19*6» (Jebütirte der lange ersehnte, erste Liebhaber,
Herr Raison und wurde mit Enthusiasmus begrüsst.
Am 278*6" Dem. Lutz er: Adina, als Gast. Diese aus-
gezeichnete Sängerin entsprach vollkommen den hochge-
stellten Erwartungen, und ihr Gastspiel reiht sich den schö-
nen Erinnerungen vergangener Zeit ehrenvoll an.
Am 6- Juli Gastrollen des Herrn und der Mad. Ficht-
ner, vom k. k. Burgtheater in Wien.
Am 16*6" Herr Quanter: Ludwig XL, als Gast.
Am 248*6« Herr Ernst: Rodrigo, als Gast.
Am 298*6" Herr Rochsa, erster Harfenist der Königin
von England, trug drei seiner Compositionen für die Harfe,
nach der von ihm erfundenen neuen Manier, nebst den
Basses mötalliques vor. Mad. Bishop sang einige Arien.
15
226
Am 31"^*^" zum ersten Male: „Die Gönnerschaften,*'
Lustspiel von Dr. ROnier.
Am 3. August Mad. Sophia Schröder: Isabeila, als
Gast.
Am 7»«" Mad. Com et: Romeo, als Gast.
Am 10*«" Herr Peilegrini: Don Juan, als Gast.
Am 16*«" Herr und Mad. Com et, als Gäste.
Am 22"*«" zum ersten Male: „Der Naturmensch," Lust-
spiel von Gerle und Hörn.
Am 26«*«» Mad. Stöckel-Heinefetter: Norma, als
Gast.
Am 27«*«" zum ersten Male: „Eugen Aram," Drama von
Rellstab.
Am 2. Septbr. Gastdarstellung des Balleltänzers, Herrn
Stöckel.
Am 8*«" Herr Köhler: Tamino und Mad. Pallesen:
Königin der Nacht, als Gäste.
Am 9*«" Herr Kunst: Wallenstein, als Gast.
Am 10*«" Herr Prawit: erster Bassist vom Theater zu
Breslau, als Gast.
Am 19*«" Herr Kiel: Nadori, als Gast.
Am 23«*«" Herr Meaubert gastirte in einigen Rollen,
erweckte aber nicht die Theilnahme wie in frühern Jahren.
Am 25«*«" Gastdarslellung der Mad. Hysel.
Am 27«*«" Herr Raeder, vom Theater zu Breslau: den
Jüngern Wildenberg, als Gast.
Der junge talentvolle Schauspieler ward nach beifälli-
gem Gastspiel sofort engagirt und gewann sich die Liebe
des Publicums in hohem Grade. So angenehm sein Ver-
hältniss auch hier war, so trieb doch die Sehnsucht nach
seinem lieben Schlesien ihn wieder fort von hier, er ahnte
227
nicht, dass es seine letzte Reise sein würde. Nachdem er
kurze Zeit sein neues Engagement in Breslau angetreten,
ereilte ihn eine Krankheit, die seinem Leben ein Ende
machte. Der Verewigte hinterlässt zahlreiche Freunde und
Verehrer, die mit V^ehmuth an den zu früh Dahingeschie-
denen zurück denken.
Am 7. Octbr. zum ersten Male: „Der Pflegevater,"
Schauspiel von Amalia, Prinzessin von Sachsen.
Am 10*®° Concerl des Violin -Virtuosen, Herrn Rief-
stahl.
Am ll^en Gastvorstellung des Tenoristen, Herrn Man-
tius, vom k. Theater zu Berlin.
Am 29^*«» Concert der Herren Heinrich und Her-
mann Wolff.
Am Sl^te» Gastvorstellung der Dem. Koopmann. >
Am 4. Novbr. zum ersten Male: „Belisar," Oper von
Donizetti.
Am Qten zum ersten Male: „Der Staatsminister," Lust-
spiel von Dr. G. N. Bärmann.
Am 14*«» Dem. Weiss bach: Griseldis, als GasL
Am 16*6" Concert des Violin-Virtuosen, Herrn Ernst.
Am IS*«"* trat der beliebte Komiker Plock sein En-
gagement an.
Am 238*«" zum ersten Male: „Richard Savage," Trauer-
spiel von Karl Gutzkow.
Der talentvolle Verfasser hat einen glücklichen Wurf
mit diesem Stück gemacht, indem es fast überall mit Bei-
fall aufgeführt worden. Besonders zeichnet sich die edle
bilderreiche Sprache darin aus, und wenn das Ganze büh-
nenkundiger scenirt wäre, hätte Gutzkow etwas Vollen-
detes geliefert. Ein Hauptfehler fast aller neuern drama-
15*
228
malischen Schriflsleller ist, dass sie zu wenig mit der Bühne
vertraut sind und dadurch manches an sich schöne Stück
selbst dem Untergang zuführen.
Am 29«*®" zum ersten Male: „Czar und Zimmermann,"
Oper von Lortzing.
Am 8. Decbr. Dem. Ch. Wilkens: Annchen, als
ersten theatralischen Versuch.
Am 12*c° zum ersten Male: „Frauenehre," Drama von
Dr. G. N. Bärmann.
Am 3l8t«n 2um ersten Male: „Die gelbe Rose," Posse
von B. A. Herr mann und „Hahn und Hector," Lustspiel
von Raupach.
Zweites Theater.
Schauplatz: in der Steinstrasse.
Am 31. Januar: Mad. Bost: Adele, als Gast.
Am 4. Februar: Concert des Professors Luigi Leg-
nani.
Am 18*«" Concert des Violin- Virtuosen, Herrn Pros-
per Saiton aus Paris.
Am 7. April Herr Carl Rottmeyer: Werther, als
Gast.
Am 10*«" Concert für die Flöte, geblasen vom Herrn
Otto Kressner.
Vom Mai bis October spielt die Gesellschaft auf dem
freundlichen Tivoli-Tlieater, vor dem Steinthore.
Am 3. Octbr. Mad. Köhler: Rataplan, als Debüt.
Am 24«*«" erste Gastvorstellung des renommirten Ko-
mikers, Herrn L. A. Wohl brück.
Am 11. Novbr. erste Vorstellung der Gesellschaft des
Herrn Pietro Bono.
I
229
Theater der Vorstadt St. Georg,
unter Direction des Herrn Steffen.
Die Gastdarstellungen des Literaten, Herrn Ludolph
Schleier, drängen in dieser Saison alle übrigen Produc-
tionen dieser beliebten kleinen Bühne in den Hintergrund.
Das hamburger Publikum strömt in Massen hinaus, um
diesen Helden zu bewundern. Die erste Rolle des Herrn
Schleier war der Said in „Herr und Sclave," von Zed-
litz und die letzte der Guido in Raupach's „Corona von
Saluzzo." Die Direktion stand sich am besten bei diesem
Geniestreich des sonst so vielseitig gebildeten, jetzt ver-
ewigten jungen Mannes.
Theater der Vorstadt St. Pauli.
In dieser Vorstadt bestehen drei Bühnen: das Theater
bei Herrn Menk, das Elisium-Theater, unter Direktion des
Herrn Hoch und das Flammonia-Theater, unter Direktion
des Herrn Allers.
%M.lt ona»
Hier hatte Herr Müller Thaliens Tempel eröffnet und
machte mit einer guten Gesellschaft kurze Zeit leidliche
Geschäfte. Dieser Direktor, unter dem Namen: Franzosen-
Müller, bekannt, ist bei den verschiedenartigsten Unterneh-
mungen fast immer vom Glück begünstigt gewesen und hätte
auch hier gewiss auf längere Zeit jeder Concurrenz Trotz
geboten, wenn nicht ein angeborner leichter Sinn ihm hem-
mend in den Weg getreten wäre. Der Direktor und dessen
Gattin, eine sehr brave Schauspielerin, Herr Christian
Müller und Frau, ruhmvoll bekannt, u. A. m. bildeten ein
Ensemble, wie es nur bessere Bühnen aufzuweisen haben,
und dennoch scheiterte diese Entreprise, nachdem sie kaum
begonnen.
230
1$40
am 18. Januar zum ersten Male: „Johann von Braganza,"
Drama von Bahr dt.
Am 218*«'" zum ersten Male: „Der Vampyr," Oper von
M a r s c h n e r.
Am 258**^» zum ersten Male: „Noch ist es Zeit," Schau-
spiel von A. P.
Am 30«^«" Herr Schreiber: Johann von Paris, als
Gast.
Am 31«*«" zum ersten Male : „Tasso's Tod," Trauerspiel
von Raup ach.
Am 1. Februar Dem. Julie Herrmann: Grelchen,
als ersten theatralischen Versuch.
Am 3^«n zum ersten Male: „Die Sclavin,'* Drama von
B. A. Herrmann.
Am 11**^" Concert der Ciavier- Virtuosin, Clara Wieck.
Am 14*^" zum ersten Male: „Shakspeare in der Hei-
math," Schauspiel von Holtey.
Am 22«**^" zum ersten Male: „V^^erner," Schauspiel
von Karl Gutzkow.
Am 26«te" Mad. Fischer- Achten: Donna Anna, als
Gast.
Am 11. März zum ersten Male: „Julius Cäsar," Tra-
gödie von Shakspeare.
Am 14*«»» Herr Raeder: van Bett, als Gast.
Am 28«*«" Dem. Therese Elssler, erste Tänzerin
vom königl. Theater zu Paris: Zolo^, als Gast.
Am 29«*«" Herr Josl: Ludwig XL, als GasL
Am 11. April sang Herr Binder einige Arien in den
Zwischenakten.
Am 19*«" Herr Tichatscheck: Raoul, als GasL
231
Am 20«*«" zum ersten Male: „Die verhängnissvolle
Wette," Drama von Holbein.
Am 2l8te>i Dem. Bauer: Donna Diana, als Gast.
Am 27«*e» Fräulein v. Baja: Isabelle, als Gast.
Am 29«*«° Herr Leithner: Jäger im „Nachtlager,"
als Gast.
Am 8. Mai erste Vorstellung der Dem. Dolores
Serval und des Herrn Campruvi, erste Tänzer des
königl. Theaters zu Madrid.
Am 11*«» Herr Seh unk: Elwin, als Gast.
Am 2. Juni erste Vorstellung der italienschen Opern-
Gesellschaft unter Direktion des Herrn Marelli aus Mailand.
Personaggi: Sr. Giuseppe Paltrinieri^ Sigra. Adelaide Mazzo^
Sigr. Luigi De Bezzi^ Sigr. Gabriele Bozzi^ Sigr. Gaudenzio
Tasca^ Sigra. De Bezzi.
Am 3*«'» zum ersten Male: „Der Majoratserbe," Lust-
spiel von Amalia, Prinzessin von Sachsen.
Am 12*en Mad. v. Hasselt-Barth: Giulietta, als
Gast.
Am 15*en Concert der 40 Bergsänger aus den Ober-
Pyrenäen.
Am 18*«° erste Gastrolle des Herrn Kettel vom Hof-
theater zu Braunschweig.
Am 21«*«" Gastrolle der Dem. Schulz.
Am 26«*«° zum ersten Male: „Marie Louise von Orleans,"
Schauspiel von H. v. Zahlhas. In den Zwischenakten
Guitarre-Vorträge von Herrn F. Stoll.
Am 6. Juli Gastdarstellung der Tänzer Herrn G as pa-
ri ni und Dem. Polin.
Am 14*«° Signor Roppa: Alamir, als Gast bei der
italienischen Oper.
232
Am 18*^" zum ersten Male: „Geheime Leidenschaft,"
Drama von C. Lebrün.
Am 19*«» unter Leitung des Herrn Kapellmeister
Dr. Spohr, „Jessonda." Herr Beyer: Nadori, als Debüt.
Am 22«*«^" Herr Stoll: Eleazar, als Gast.
Am 23«*cn 2um ersten Male: „Schwärmerei nach der
Mode," Schauspiel von Blum.
Am 248*«'» Dem. Stahl: Annchen, als Gast.
Am 31«*«" Herr Grunert: Nathan, als Gast.
Am 17. August zum ersten Male: „Die beiden jungen
Frauen,^* Drama von Forst und Leulner.
Am 19*«" Gastrolle der Dem. Schmidt.
Am 3. September Dem. Virginie: Bajadere Zolo^,
als Debüt.
Am 4*«" erste Vorstellung der französischen Schau-
spieler-Gesellschaft vom königl. Theater zu Berlin.
Am 5*«" Dem. Fischer: Gretchen, als Debüt.
Am 8*«" zum ersten Male: „Frauen werlh," Drama von
Lenz.
Am 14*«" Dem. Fritze: Annchen, als Gast.
Am 18*«° zum ersten Male: „Königin für einen Tag,"
Oper von Adam.
Am 7. October zum ersten Male: „Der Fabrikant,"
Schauspiel von Eduard Devrient.
Am 10*«" zum ersten Male: „Die Flucht nach der
Schweiz," Operette von F. Kücken.
Am 13*«" Concert des Violin- Virtuosen Herrn G. Kie-
nin ger aus Wien.
Am 22«*«" Gesangvorträge des Herrn de Bezzi.
233
Am S?«*«» zum ersten Male: „Das circassische Paar,"
Tragödie von — Die Lieder des Zigeunerknaben, compo-
nirt vom Kapellmeister Krebs.
Am 10. November Concert des Herrn F. Liszt.
Am 12*«" Dem. Schlegel: Ginevra, als Gast.
Am 19*^»* sang Herr de Bezzi den Nemorino in
deutscher Sprache.
Am 238*e» zum ersten Male: „Der reiche Mann," Lust-
spiel von Dr. C. Toepfer.
Am 1. December zum ersten Male: „Judith," Tragödie
von HebbeL
Am 8*«" Herr Hendrichs: Don Carlos, als Gast.
Am W«"* zum ersten Male: „Der Heiraths-Antrag auf
Helgoland," Lustspiel von Schneider.
Am 17*en Fünf Compositionen des Becker'schen Rhein-
liedes: „Sie sollen ihn nicht haben" etc., von den Herren
Grund, Gross, Krebs, Marxsen und H. Schäffer,
wurden von dem gesammten Sängerpersonale vorgetragen.
Am 208*«'* zum ersten Male: „Scheiben-Toni," Schau-
spiel von Ch. Birch-Peiffer.
Am 29«*en erste Gastrolle des Herrn W. Kunst.
Zweites Theater.
Am 1. Januar „Neujahrswünsche," Festspiel von H.
Volgemann.
Am 308*«" Concert des Violin-Virtuosen Herrn F. Eng eh
Am 28. März Herr Gödemann: Heimann Levy, als
Gast.
Am 19. April Herr Haarbleicher und Dem. Schmidt,
als Gäste.
231
Tivoli -Theater.
Hier finden vom 1. Mai bis 30. September die Sommer-
Vorstellungen im Freien statt, unter Direktion der Herren
Ch. Maurice & Comp., und von der Gesellschaft des
Zweiten Theaters.
Fernere Gäste waren: Dem. Laddey, Herr Kurt,
Herr C. Schütze, Dem. Bissler, Dem. Blumenthal,
Herr Busch, Herr Schmidt und Dem. Richetti.
Am 28. November zum ersten Male: „Der fliegende
Holländer," Zauberposse von Dr. Wollheim, welche be-
deutende Sensation erregte und noch gegenwärtig ein Cassen-
stück der Thalia-Bühne ist.
1S41.
Am 7. Januar zum ersten Male: „Tempora mutantur,"
Lustspiel von Blum.
Am 15^^» Dem. Schlegel: Pamina, als Debüt.
Am 2l8ten 2üm ersten Male: „Patkul," Trauerspiel von
Karl Gutzkow.
Am 228*««» erste Vorstellung der Araber aus der Wüste
Sahara.
Am 1. Februar zum ersten Male: „Die Märtyrer," Oper
von Donizetti.
Am 9*en 2uni ersten Male: „Der Sohn der Wellen,"
Schauspiel von Dr. G. N. Bärmann.
Am 25«**=" zum ersten Male: „Die Sclavin in goldnen
Ketten," Drama von Dr. G. N. Bär mann.
Am 2. März zum ersten Male : „Der Mulatte," Lustspiel
von Hell.
Am 6*«^" Herr Wärlitz: Almaviva, als Gast.
Am 16*6" Dem. Widtun: Agathe, als Gast.
235
Am 17*^° zum ersten Male: „Das Glas Wasser," Lust-
spiel nach Scribe, von Cosmar.
Am 1. April begann die neue Direktion der Herren
Müliling und Cornet. Letzterer als ausgezeichneter
Sänger und Opern -Regisseur, seit Jahren berühmt, ergriff
mit Energie und glühender Liebe zur Kunst das ihm an-
vertrauete schwierige Amt. Leider krönte der Erfolg nicht
seine Bemühungen; denn nach rastlosem Streben ist jetzt der
Direktions -Scepter seiner Hand entwunden und seine Hoff-
nung, das Sehr öder 'sehe Institut der alten Glanzperiode
wieder zuzuführen, scheitert an Machinationen, über die wir
uns später deutlicher aussprechen werden.
Am 3*^» zum ersten Male: „Wer die Liebe hat, führt
die Braut heim," Lustspiel von Braun au.
Am 12*^" Herr Mantius: George Brown, als Gast.
Am 13*^" starb der Direktor des Stadtlheaters, Herr
Friedrich Ludwig Schmidt, geboren am 5. August
1772 in Hannover. Dem verewigten Meister zu Ehren folgt
hier eine kurze Biographie, welche ich dem Wolff-
schen Almanach entlehnt. Nachdem Schmidt seiner Nei-
gung für die Bühne durch öftere Theilnahme an Privat-
schauspielen Folge geleistet, widmete er sich ganz der
Kunst und betrat in Braunschweig unter Tilly's Direktion,
am 22. Januar 1792, als Fedor Ossakof in Babo's „Stre-
litzen" zum ersten Male öffentlich die Bühne. Demnach
war Schmidt fast 50 Jahre lang ausübender Künstler.
Nach Costenoble's Aussage Qm einem Bruchstücke
seiner Biographie, im dritten Bande der Lewald'schen
Theaterrevue), waren Schmidt's erste Versuche auf der
Tilly 'sehen Bühne von keinem günstigen Erfolge begleitet,
und mancher „Unstern" begleitete ihn. — Er verliess bald
236
die Tilly 'sehe Truppe und ging zu Döbbelin über, der,
eines Helden entbehrend, ihm den „Abäliino" in dem be-
kannten Zschokke'schen Schauspiele anvertraute, welche
Rolle seinen künftigen Ruf begründete. In dieser Zeit
spielte er nicht nur in Potsdam, wo die Döbbelin'sche
Gesellschaft Vorstellungen gab, sondern es wurde ihm auch
im Jahre 1796 die Vergünstigung zu Theil, in Berlin zwei
Mal auftreten zu dürfen. Am 15. Februar 1796 gab er
auf dem königl. National -Theater den van der Husen in:
„Armuth und Edelsinn," von Kotz ebne, und am 17. den
Anton in Iffland's Schauspiel: „Die Jäger," als Gast.
Beide Rollen spielte er mit Beifall, doch die letztere mit
massigerem, als die erstere.
Unter Iffland's Direktion, im Jahre 1802, spielte er
abermals in Berlin den Rath Wallmann in : „Die Aussteuer;"
ob Schmidt in dieser Zeit mehrere Rollen auf der Ber-
liner Bühne gab, darüber fehlen die näheren Nachrichten.
In diese Zeit fällt auch sein, von ihm selbst in seinen
dramaturgischen Berichten, S. 196 höchst anziehend mitge-
Iheilter Besuch bei Engel.
Neben der Leistung des Abällino hatte Schmidt sich
durch einige „halbgelungene" theatralische Schriften eine
Art Ruf begründet, und so wurde ihm denn das Amt eines
Regisseurs an der Bühne zu Magdeburg anvertraut.
In dieser Stellung erwarb er sich das grosse Verdienst,
Lessing's „Nathan" zuerst auf die deutsche Bühne zu
bringen.
Man hatte bisher allgemein an der Ausführbarkeit die-
ses Unternehmens gezweifelt, und selbst Schröder hatte
es zur Zeit seiner Bühnenführung nicht für möglich gehal-
I
237
ten, wiewohl er selbst vielleicht der trefflichste Repräsentant
des Nathan gewesen wäre, und in späteren Jahren lebhaft
bedauerte, dass er die Rolle nicht habe spielen können.
Am 27. August 1801 erschien auf der Magdeburger
Bühne, unter Schmidt 's Regie, der selbst den Nathan
spielte, das Stück zum ersten Male vor dem deutschen
Publikum. In Berlin ward es erst am 10. Februar 1802
durch Iffland zur Darstellung gebracht. Hören wir
Schmidt selbst über diese Epoche seines künstlerischen
Lebens und Wirkens in seinen dramaturgischen Berichten,
Seite 177. — „Auch Lessing's „Philotas," „der Schatz"
und „Die Juden" wurden um jene Zeit von mir auf die
Bühne Magdeburg's gebracht, dessen kunstsinnige Bewohner
sie mit hohem Interesse aufnahmen, und die sich, nament-
lich in der Epoche von 1796 bis 1806, als ächte Mäcenaten
ihres Theaters bewährten. Mir ward es eine lehrreiche
Schule. Zwar standen mir nur beschränkte Mittel zu Ge-
bote; aber den kleinen künstlerischen Verein beseelte all-
seitig der feurigste Wille für seinen Beruf. Mehrere Mit-
glieder desselben haben ihn auch in Hamburg bewährt." —
Sonach rechtfertigt sich auch Costenoble's Ausspruch
über diese Epoche in Schmidt' s Bühnenleben vollkommen,
wenn er sagt: „Wenn die hochmögenden Herren dieses Mal
nicht einen Schuss in's Blaue thaten, so konnte man füg-
lich sagen, dass blinde Hühner ein Korn gefunden hatten
u. s. w." — Genug, der Wurf gelang. Schmidt war ein
guter und wurde später ein trefflicher Bühnenvorsteher.
Es war dies im Jahre 1796, als Costenoble unsern
Schmidt als Regisseur in Magdeburg traf, mithin war
ihm also , als noch sehr Jungem Manne, dieses sehr schwie-
rige Amt anvertraut.
238
Coslenoble's Urlheil ist um so werlhvoller, da er
selbst ein umsichtiger, tüchtiger Künstler, und sonst eben
nie Schmidt's Lobredner war; denn eine gewisse unbe-
hagliche Verstimmung hat jahrelang unter beiden Kunstge-
nossen obgewaltet und erst im letzten Lebensjahre Coste-
noble's ward sie ganz beseitigt.
Im Jahre 1806 kam Schmidt von Magdeburg nach
Hamburg und betrat am 22. April als Baron Qualm in
Kotzebue's zuerst gegebenem Lustspiel: „Blinde Liebe,"
und in einem von ihm selbst nach dem Französischen be-
arbeiteten, einactigen Lustspiel: „Nur er will sprechen,"
als Hurlering zuerst die Bühne. Er ward mit lautem Bei-
fall hervorgerufen und dankte im Sinne des kleinen Nach
Spiels mit den Worten: „Nun schweige Mund und rede
Herz: Dank!" Seine folgenden Debüts waren: Franz Moor
in: „Die Räuber" und Baron Rückenmark in Kotzebue's
„Organe des Gehirns." — Grosse Gewandtheit, Sicherheit
und eine scharfe Charakteristik in den verschiedensten
Fächern des bürgerlichen Drama's, des höhern Lustspiels
und auch der derben Posse zeichneten ihn besonders aus
und erhoben ihn bald zu den vorzüglichsteu Mitgliedern
des Hamburger Theaters. Als im Jahre 1811 Schröder
die Direktion des Stadttheaters wieder übernahm, übertrug
er Schmidt die Gesammt-Inspektion der Garderobe. Das
Jahr darauf legte Schröder die Direktion in Herzfeld's
Hände und empfahl Diesem Schmidt zum Regisseur, welche
Stellung ihm auch zunächst zu Theil wurde, bis im Jahre
1815 (am 1. April) Schröder ihn zum Mildirektor des
Stadttheaters neben Herz fei d ernannte. Auf dieser Stelle,
dem eigentlichen Felde seines Wirkens, entwickelte er bald,
bei grosser Bühnenkunde, eine rastlose Thätigkeil und einen
239
höchst gebildeten Geschmack und bereicherte das Repertoire
fortwährend mit den vorzüglichsten Erzeugnissen, sowohl
der älteren als der neuesten, dramatischen Literatur; dabei
verstand er es trefflich. Alles zu verjüngen und Neueres,
wo es ihm fehlte, bühnengerecht zu gestalten.
Diesen grossen Verdiensten schlössen sich seine Lehren
als Dramaturg an, die vielen Jüngern reichlich zu statten
kamen, wenn sie ihn verstanden und sich mit ihm auf gleiche
Höhe zu heben vermochten — oder, richtiger gesagt, wenn
sie Geist oder Verstand genug besassen, seine haarscharfen
und bestimmt ausgeprägten künstlerischen Intentionen von
seiner Individualität zu trennen, und nur jene in sich auf-
zunehmen und zu verarbeiten, diese aber strenge davon zu
sondern und zu sichten.
Durch seinen jugendlichen Feuereifer, der ihn selbst
im späten Alter nicht verliess, und der die genährteste
Indolenz aus ihren Fugen trieb, wirkte er vor Allem mächtig
auf die Rundung und das Ineinandergreifen der Vorstellungen.
In das Detail seiner einzelnen Darstellungen zu gehen,
zu denen viele gehören, denen das oft gemissbrauchte Prä-
dikat „unerreicht" gebührt, fehlt leider hier der Raum.
Es ist ihnen stets die gerechteste Würdigung von befugten
Beurtheilern geworden.
Im Mai des Jahres 1829 unternahm der damals schon
57jährige Künstler eine Reise nach Wien, und gab auf dem
k. k. Hofburgtheater eine Reihe von Gastdarstellungen, in
denen er sämmtlich den wohlverdienten Beifall des kunst-
sinnigen Publikums der Kaiserstadt sich erwarb. Nament-
lich geschah dies in der Rolle des alten Junggesellen, in
dem gleichnamigen Stlicke Schröder's, die er auf Be-
gehren sogar wiederholen musste. Aus jener Zeit besitzen
240
wir ein treffliches, überaus ähnliches Portrait (in Stein-
druck), von Kniehuber nach dem Leben gezeichnet, das
die Züge des Entschlafenen allen seinen Freunden und Ver-
ehrern in sprechender Lebendigkeit wiedergiebt. Gewiss
ein schönes und werthes Andenken für viele seiner Kunst-
genossen.
Als im October 1826 Herzfeld starb, trat mit dem
1. April 1827 LebrUn als Mitdireklor an dessen Stelle,
und als nach 10 Jahren auch Dieser ausschied, übernahm
Mühling die Mitdirektion des Hamburger Theaters neben
Schmidt. Am 5. April 1840 feierte Schmidt das fünf
und zwanzigjährige Jubiläum seiner Bühnenführung in Hani-
burg. Schmidt blieb noch thätig und mitwirkend bis
zum März dieses Jahres, wo er denn in drei seiner Meister-
rollen, als ßaron in: „Die Lästerschule," Hofrath Wacker
in: „Das Portrait der Mutter," und in seinem bis jetzt noch
unerreichten Dorfrichter Adam in Kl eist's „zerbrochenem
Krug" Abschied von seinem geliebten Hamburger Publikum
nahm, dem er durch 35 Jahre in treuer aufopfernder An-
hänglichkeit gelebt hatte.
Nur wenige Tage nach diesen letzten, freudigen Er-
schütterungen schied er von hinnen. Ein Lungenschlag
endete sein Leben in der Frühstunde des 13. April. Seine
sämmtlichen Schriften sind in der Bibliothek der schönen
Wissenschaften von Enslin, Berlin bei Enslin, Seite 368,
nachzulesen.
Schmidt bekundete nicht nur als Künstler und Ge-
schäftsmann, sondern auch in allen übrigen Lebensverhält-
nissen den feingebildeten und kenntnissreichen Mann. Sein
Witz hatte epigrammatische Schärfe; seine literarisch-kriti-
schen Arbeiten sind nur für seine Kunstgenossen von blei-
I
241
bendem Werthe und seine dramatischen Werke sind Eigen-
llium aller namhaften Bühnen geworden. Die vielseitige
Bildung, die er sich angeeignet und die nicht gewohnlichen
Kenntnisse, die er auch in manchen andern, nicht streng
zu seinem Berufe gehörenden Wissenschaften besass, ver-
dienen eine um so höhere Achtung, da sie nicht das Re-
sultat früher genossener, ausgezeichneter Schulbildung waren,
sondern erst später durch den regsten Eifer und unermüd-
lichsten Fleiss erworben wurden.
Was Schmidt seiner Familie und seinen Freunden
war, zu erörtern, liegt ausser dem Zweck dieser biogra-
phischen Umrisse; jedoch, indem wir mit den vom Kunst-
veteranen Schäfer so herzlich und ergreifend am 31. März
gesprochenen Worten: „Ich habe Sie einst kommen sehen
und sehe Sie jetzt scheiden!" schliessen, können wir nicht
umhin, dem Entschlafenen das Zeugniss noch mit in's Grab
zu geben, dass er sich stets als Mensch, im schönsten Sinne
des Wortes, bewährt hat.
Der wohlverdiente Lorbeerkranz, der am letzten Abend
seines Wirkens den greisen Künstler zierte, schmückte sei-
nen Sarg und sank mit ihm in die Gruft. Sein Name lebt
aber fort, nicht allein in Hamburg's Kunstgeschichte, son-
dern er bleibt in der gesammten deutschen Bühnenkunst
in ehrendem Andenken für alle Zeiten.
Am 13. April Herr Busch (Kiekebusch): Lustig,
als Gast.
Am 18*en Matrosentanz, ausgeführt von Herrn Benoni,
den Damen Behrens, Rott und dem Balletcorps.
Am 21«tei» zum ersten Male: „Pantoffel und Degen,"
Lustspiel von Holbein. — Dem. Rubenow, als Gast.
]6
242
Am 3. Mai Gedächtniss- Feier für den verewigten Di-
r€;J<lor F. L. Schmidt.
Am 5*«" Mad. Fischer-Achten, Herr Poekh und
Herr Schmezer, als Gäste.
Am 10*«" zum ersten Male: „Viola," Lustspiel von
Deinhardstein.
Am 14^«" Herr Hagen: Tamino, als Gast.
Am 15*«" zum ersten Male: „Die Verläumdung," Lust-
spiel von B. A. Herr mann.
Am 24**«" zum ersten Male: „Der Aufruhr im Serail,"
Zauberposse von Dr. C. Toepfer.
Am 26«*«" Herr Sc bloss: Almaviva, als GasL
Am 3. Juni zum ersten Male: „Die beiden Aerzte,"
Lustspiel von ßaumann.
Am 15*«" Dem. Li IIa Löwe: Preciosa, als Gast.
Am 17*«" zum ersten Male: „Jarvis, " Schauspiel von
HelL
Am 21«*«" Dem. J. Herrmann: Pfeffer-Rösel, als GasL
Am 29«*«" gaben die Schauspieler und Sänger vom
Theater Rennaissance in Paris, unter Direktion der Herren
Levasseur und Minard, bei ihrer Durchreise eine Gast-
Vorstellung.
Am 3. Juli zum ersten Male: „Das Geheimniss des
grauen Hauses," Lustspiel von Nestroy. Herr Neslroy:
Blasius, als Gast.
Am 4*«" Mad. Schröder-Devrienl:Norma, als GasL
Am 5*«" zum ersten Male : „Der Talisman," Posse von
Nestroy.
Am 10*«" Herr Anschütz: Don Juan, als Gast.
Am 12*«" sang Mad. Duflol-Maillard einige Arien.
Am 22«*«" Herr Fenske: August, als GasL
243
Am 23«»«" Herr Hesse: van Bett und Mad. Fritze:
Witlwe Brown, als Gäste.
Am 24«ten Epste Gastdarstellung der königl. Solo-Tän-
zer vom Hoftheater zu Berlin. Herr und Mad. Taglioni,
Dem. Galster und Herr S tu Im aller.
Am 29«*«» Concert des Herrn Franz Liszt.
Am 5. August zum ersten Male: „Don Juan von Oe-
sterreich," historisches Gemälde von Dr. G. N. Bär mann.
Am 14ten zum ersten Male: „Macbeth/* Oper von
Chelard.
Am 18*«" Herr Steinmüller: den Jäger im „Nacht-
lager," als Gast.
Am 24«t«» Herr Tichatschek: Raoul, als Gast.
Am 7. Septbr.: Herr Franke: Johann von Paris, als
Gast.
Am 9*«n Herr EdmUller: Mengler, als Gast.
Am 20«t«» zum ersten Male: „Das Marmorherz/- Volks-
mährchen von Haffner.
Am 2l8t«n Concert des Violin-Virtuosen Herrn Prüm e.
Am 228ten Herr Beck: Guido, als Gast.
Am 27«*«» Darstellung des Herrn Philippe in der
Physik und Magie.
Am 28«*«» Dem. Jagemann: Agathe, als ersten thea-
tralischen Versuch. Dem. Eichbaum: Annchen, als Gast.
Am 29«*«» zum ersten Male: „Bruder Kain," Schauspiel
von H. Smidt.
Am 30«*«» zum 50jährigen Jubiläum: „Die Zauberflöte,"
Oper von Mozart. Diese Oper wurde am 30. September
1791 in Wien, unter Mozart's Leitung, zum ersten Male
gegeben.
Am 2. Octbr. Herr v. Lehmann: Valentin, als Gast.
16 *
244
Am 8*«» zum ersten Male: „Ich bleibe ledig," Lust-
spiel von Blum. Dem. A. Lebrün: Carolina, als Debüt.
Am 9^®" sollte „Die Judin" gegeben werden, worin
der Tenorist Beck den Leopold als Gast geben sollte, sich
aber durch seine heimliche Entfernung seiner Verpflichtung
entzog.
Am 11*^" Dem. Reichet: Johanna, als Gast.
Am 13**^" zum ersten Male: „Die neue Fanchon," Schau-
spiel mit Gesang von Friedrich. Musik von H. Schaff er.
Am 15*«» Herr v. Kaier: Sir Georges, als Gast.
Am 20«*«° zum ersten Male : „Die Favoritin," Oper von
Donizetti.
Am 25«*«" zum ersten Male : „Die Schule der Reichen,"
Schauspiel von Gutzkow.
Am 7. Novbr. : Herr Lehmann: George Brown, als
Gast.
Am 15*«" zum ersten Male: „Die Tochter des Advo-
caten," Schauspiel von B. A. Herrmann und „Lorenz und
seine Schwester," Vaudeville von Friedrich.
Am 18*«" zum ersten Male: „Die beiden Schlitzen,"
Oper von Lortzing.
Am 22«*«" Herr Arndt: Simeon, als Gast.
Am 25«*«" zum ersten Male: „Die Invaliden," Lustspiel
von Friedrich und Concert des Violin-Virtuosen, Herrn
Remmers.
Am 28«*«" ist ein trefflicher Mensch, ein seltener, aus-
gezeichneter Künstler von der Erde geschieden, und um so
tiefer und schmerzlicher wird von seinen trauernden Freun-
den sein Verlust empfunden, als er nicht am Ziele einer
rühmlich durchlaufenen Bahn, sondern inmitten derselben
im kräftigsten Mannesaller hinweggenommen worden.
245
Ludwig Ferdinand Pauli ging am heutigen Tage
hinüber zu einem bessern Sein. Kunst und Leben durften
mit Recht noch des Schönen und Herriichen viel von ihm
erwarten; denn in jeder neuen Schöpfung seines Talentes
und Fleisses bekundete sich auch ein neuer Fortschritt auf
der Bahn des ächten Kunststrebens. Frei von jeder Manier,
der Wahrheit Sohn im Leben, wie auf der Bühne, voll
reinster Begeisterung für seine Kunst, schuf er seine Ge-
bilde, und entzückte, riss hin zur Bewunderung den fein-
sten, gebildetsten Kenner im ersten Range, wie den rohe-
sten Besucher des letzten Platzes. So gelang es ihm auch,
in jeder andern Umgebung auf allen namhaften, deutschen
Bühnen, vor jedem fremden Publikum, durch die Kraft und
Wahrheit seiner Darstellungen dieselben Erfolge sich zu
sichern, gleich denen auf der heimischen Bühne, der er
angehörte, deren Stolz und Zierde er war, vor dem fein-
fühlenden Publikum Dresden's, dessen zwanzigjähriger ge-
feierter Liebling er zu sein das Glück halte. Sein Anden-
ken wird fortleben in den Herzen der Seinen, in dem Ge-
dächtniss und der Liebe seiner Freunde, unauslöschlich, wie
sein edler Sinn, sein treues biederes Gemüth, sein warmes
liebendes Herz es verdienten. Der Kunstgeschichte des
Dresdener Hoftheaters bleibt es vorbehalten, der Nachwelt
zu sagen, welchen Künstler sie an Ludwig Ferdinand
Pauli besessen.
Am 6. Decbr. zum ersten Male: „Dom Sebastian,"
dramatisches Original -Gedicht von Dr. Wollheim.
Am 29«ten zmn ersten Male: „Treue Liebe," Schau-
spiel von Eduard Devrient.
246
Zweites Theater.
Am 20. Februar gaslirle Herr Löwenberg.
Am 28. März gaslirte Dem. B essler.
Am 24. April sang Herr Bauer einige Arien in den
Zvvischenaclen.
Am 4. Octbr. debütirle Dem. Auerbach.
Am 21«'«" Dem. Fritze: Anna, als ersten theatralischen
Versuch.
Am 10. Novbr. Dem. Ostermeyer: Mathilde, als
Debiil.
Am 25»<eii j)ein. Mädel; Clementine, als ersten thea-
tralischen Versuch.
Urania -Theater in St. Pauli.
Das von den Herren Menk und Laudy neu erbauete
Theater der Vorstadt St. Pauli, Urania, wurde am 30. Mai
d. J., unter Direktion des Herrn Carl Schütze, mit einem
eigends dazu von Herrn Dr. G. N. Bär mann gedichteten
Prolog „Urania's Weihe" und dem Schauspiel „Die Schule
des Lebens," von Raupach, eröffnet. Den Bestrebungen
des Herrn Schütze, in der Theaterwelt als tüchtiger Di-
rektor bekannt, gelang es, mit den vereinten Bemühungen
der ersten Mitglieder seiner Bühne, diesem Theater binnen
kurzer Zeit einen ehrenvollen Standpunkt anzuweisen. Grosse
Schauspiele, Opern, Lustspiele und Wiener Gesangspossen
wechseln zweckmässig mit einander ab. Das Interesse,
welches sich gleich zu Anfang von Seiten des Publikums
für dieses neue Institut äusserte, wusste Herr Schütze
fortwährend rege zu erhallen, und er versteht es, dem
Publikum stets neue Impulse zur Theilnahme zu geben.
I
247
Mitglieder:
Direktor: Hr. Carl Schütze. — Regisseur: Hr. Reichenbach. —
Musikdirektor: Hr. Kleinschmidt. — Theater-Aerzle: Hr. Dr. Kuh-
lenschmidt und Hr. Dr. Schuher. — Rechtsconsulenten: Hr. Procu-
rator Lübbers und Hr. Dr. jur. Hertz. — Theater -inspeclor: Hr.
Lange. — Inspicient : Hr. Schmidt. — Orchestercalcant : Hr. Sauer-
l)rei. — Theateruieister: Hr. Brinkmann. — Cassirer: Hr. Schrö-
'^ßY. — Soufleur: Hr. Meyer. Soufleuse: Dem. Grone. — Theater-
diener: Jacob Sachs und C. Woide. — Hr. Behrens und Frau, Hr.
Busch., Hr. Gasten^ Hr. Degen., Hr. Dietrich., Hr. Geissler., Hr.
Haarbleicher und Frau, Hr. Herget . Hr. Knorr., Hr. Lange ^ Hr.
Podesta<, Hr. Reinhard., \\i\ Schmidt., Hr. Schönberg., Hr. Seitler.,
Hr. Wennock und Hr. Werlitz. Mad. Goedecke^ Dem. Krüger,
Dem. Beckmann, Dem. Liscke, Dem. Münster, Dem. Paget, Mad.
Reichenbach, Mad. Seitler, Mad. Schütze und Dem. Wiegand.
Garderobe- und sonstiges Personal.
Beim Billet-Verkauf: Hr. ScAröder und Hr. Sc/tiü^^r. —Zweiler
Theatermeiser: Hr. Xwdde und vier Gehülfen. — Tischler: Hr.
Meyer. — Garderobier: Hr. Schwarz, mit drei Gehüifen. Gardero-
biere: Mad. Geissler, nebst zwei Gehülfinnen. — Thealerfriseur:
Hr. Stöhr, mit zwei Gehulfen. — Beleuchtungs-Inspector: Hr. Lange,
mit zwei Gehülfen. — Requisiteur: Hr. Geissler. — Vier Zettel-
träger. — Zwei Logenschliesser. — Acht Billetabnehmer.
Theater in der Vorstadt St. Georg.
Unternehmer und Direktor: Heir H. L. N. Krohn.
Regisseur: Hr. Schmidt. — Musikdirektor: Hr. Hausen. —
Inspector: Hr. Weiss. — Soufleur: Hr. Wrede. — Theatermeister
und Decorateur: die Herren Lay und Spargel. — Friseur: Hr.
Ludolphi.
Mitglieder.
Herren: Ahe^ Brauns, Herzinger^ Leitig, Köster, Meyer,
Schmidt, Scholz, Schrapp, Schröder, Struve, Weiss. Damen:
Dem. Berger, Mad. Brauns, Dem. Kramer, Dem. Lampe, Dem.
Meyer, Mad. Michaelis, Dem. Moll und Mad. Rottmeier.
248
•/SLlt ona.
Hier spielte die Gesellschaft des Herrn Direktor Schütze
mit dem Personal des Urania-Theaters in St. Pauli.
am 3. Januar Dem. Sabine Heinefetter: Romeo, als
Gast.
Am 15^«" zum ersten Male: „Der König wider Willen,"
Lustspiel von ß. A. Herrmann und „Die Mönche," Lust-
spiel von Ten eil i.
Am 24«^en 2um ersten Male „Kaufmann und Seefahrer,"
Lustspiel von Smidt.
Am 27«^«" zum ersten Male: „Aschenbrödel," Oper von
Rossini.
Am 14. Februar Concert des Violin -Virtuosen Herrn
Molique.
Am 15ten Dem. Unald: Giulietta, als Gast.
Am 16*®" zum ersten Male: „Steffen Langer," Schau-
spiel von Ch. Birch-Pfeiffer.
Am 7. März Concert des Violin -Virtuosen Herrn Ole
BulL
Am 10*«" zum ersten Male: „Liebesfesseln," Lustspiel
von Cosmar.
Am 16*6" jiep,. Andröe: Rudolph, im „Landwirth,"
als Gast.
Am 19*6" zum ersten Male: „Farinelli," Schauspiel
von Friedrich.
Am 28«*«° Herr Raeder: Van Bett, als Gast.
Am 9. April Dem. Bertha Stich: Julie, als Debüt.
Am 14*6" Pas ^q deux, getanzt von Dem. Virgin ie
und Herrn Maximilien, Solotänzer vom Conservatoire
de l'op^ra in Paris, als Debüt.
249
Am 15*«" Dem. Francilla Pixis: Romeo, als Gast.
Am 17*«" Herr Scholz: Alonzo, als Gast.
Am 19*«" Herr Hirschberg: Gustav, als Gast.
Am 21«*«" zum ersten Male: „Tilly's Tod," dramatisches
Gedicht von Dr. Wollheim.
Am 26«*«" zum ersten Male: „Van Brück, Rentier,"
Lustspiel von C. Lebriin.
Am 27«*«" zum ersten Male: „Der Kerker von Edin-
burg," Oper von Ricci.
Am 5. Mai „Norma." Diese Vorstellung fand wegen
Ueberhandnahme des grossen Brandes nicht mehr statt. Bis
zum 18*«" blieb die Bühne geschlossen.
Während dieser theatralischen Pause ergreife ich die
Gelegenheit, den Hergang dieser unheilvollen Momente dieser
liirchterlichen Katastrophe dem Leser vorzuführen. Morgens
1 Uhr am 5. Mai, entzündete sich in einem Hause der
Deichstrasse der Brand und fand in den benachbarten Spei-
chern so reiche Nahrung, dass die weit und breit berühmten
Löschanslalten und die kräftigsten, rastlosesten Anstrengun-
gen ihrer Beamten es nicht vermochten seinen Ausbruch
zu hemmen. Die seit vier Wochen herrschende Trockenheit
hatte das Holz werk der Häuser ausgedorrt, die Fleete
waren theils durch Ebbe, theils durch niedrigen Stand der
Elbe fast wasserleer, so dass die Spritzenschläuche ver-
schlammten; Oele, Spirituosa, deren reichliche Vorräthe in
den Speichern aufgehäuft lagen, gaben immer neue Nah-
rung, und so schritt das Feuermeer in unaufhaltsamer Eile
von Minute zu Minute weiter, ergriff die Steintwiete, die
ganze Ostseite vom Rödingsmarkte, die Grütztwiete und
den Hopfenmarkt. Gegen Mittag begann man, nachdem
der Brand schon über zehn Stunden geraset halte, einzelne
250
Häuser durch Pulver in die Luft zu sprengen; aber ver-
gebens. Die Nicolaikirche mit ihrem Thurme, deren nahe
Gefahr noch Niemand ahnete, hatte sogar unter der kupfer-
nen Verkleidung in ihrem Holzwerke Feuer gefangen und
schon um 1 Uhr züngelten an verschiedenen Stellen die
rolhen Flammen hervor. Der Thurm brannte ganz aus und
stürzte gegen 4i Uhr Nachmittags, theils in sich selbst zu-
sammen, theils auf das Dach der Kirche, theils seitwärts
nach dem Hopfenmarkte zu, von welcher der Brand den
Thurm zuerst erfasste. Einzelne Trümmer stürzten später,
von Zeit zu Zeit nach, und gierig verbreitete sich nun die
Flamme durch die Kirche, wo sie Alles, bis auf den Grund
verzehrte. Die Kirche war 1164 erbaut.
Bei einbrechender Dämmerung zeigte sich weit und
breit am Himmel der grauenerregende Umfang der entsetz-
lichen Gluth, und erfüllte alle Herzen mit gerechter Be-
sorgniss, mit drückender Angst, die aber bereits vom Un-
glücke Getroffenen zogen in langen Trauerzügen aus den
Thoren, mehr oder weniger von ihrer geretteten Habe mit
sich führend, während mit neuer Wuth die rasende Flamme
unauflialtsam ihre Schreckensbahn verfolgte. Von der
Nicolaikirche und den in ihrer Nähe befindlichen Häusern
wendete sich die Feuersbrunst nach der Neuenburg, und
wüthete die ganze Nacht in der Bohnenstrasse, wo sie auch
die frühere Börsenhalle in Asche legte; immer in nördlicher
Richtung fortschreitend, durch starken Wind, welcher nach
und nach aufgekommen, zu neuer Thätigkeit angepeitscht,
ergriff sie die Mühlenbrücke, den grossen und kleinen
Burstah. Das alte ehrwürdige Rathhaus musste in die Luft
gesprengt werden, um die Bank zu reiten. Leider brachte
auch der Freitag nicht den leisesten Hoffnungsschimmer der
251
Rettung aus dieser allgemeinen Bedrängniss. Die alte Börse,
welche nach langjährigen treuen, und für Hamburg so er-
spriesslichen Diensten, ihre ehrenvolle Versetzung in den
Ruhestand nicht lange überleben sollte, sank in Asche. Ihr
folgte das Commercium; mehrere Häuser vom Ness, die
gi'osse Bäckerstrasse, das Eimbeck'sche Haus, ein Theil vom
Dornbusch und der Pelzerstrasse, die Filterstrasse, ein Theil
des Fischmarkts und der Schmiedestrasse, mit Ausnahme
des neuen Schulgebäudes, der Berg, die grosse und kleine
Johannisstrasse, die Knochenhauerstrasse, der breite Giebel,
der Adolphsplatz, wo jedoch durch die umsichtige Leitung
des Herrn Smidl die neue Börse verschont blieb; die
Schauenburgerstrasse, die Stavenpforte, der Plan, der Mönke-
damm, die alte Wallstrasse, der Graskeller, ein grosser Theil
des Neuenwalles, wo jedoch Stadt- und Posthaus gerettet
wurden, der Scheelengang und Voglerswall, die Südseite
der grossen Bleichen, die kleine Königsstrasse und die Ecke
der grossen Königsstrasse wurden während des zweiten
Schreckenstages ein Raub der Flammen. Auch der trübe
Sonnenstrahl, welcher den Anbruch des dritten Tages ver-
kündete, war noch kein Hoffnungsschimmer für die so
schwer heimgesuchte Stadt; denn die unersättliche Brunst
suchte noch immer neue Nahrung, brach sich noch immer
Bahn durch die unversehrt gebliebenen, doch grösstentheils
verlassenen Häuserreihen, vernichtete die Häuser bei der
Kunst und die Bergstrasse. Vergebens suchte die von Stade
zu Hülfe herbeigeeilte, königl. Hannoversche Artillerie, mit
einer Batterie Zwölfpfünder die Häuser am Berge nieder-
zuschiessen, um die St. Petrikirche gegen die immer näher
wogende Feuerfluth zu schützen, die herrliche Pyramide
des Thurms brannte bis auf das Mauerwerk nieder. Die
252
grosse und kleine Paulstrasse, die Raboisen, die Zuchthaus-
slrasse, das Zuchthaus, Spinnhaus, die Häuser beim Alster-
thore, der llolzdamui, das Detenlionshaus, die Schachtsirasse,
die Rosenslrasse , der Pferdemarkt, eine Seite der Rreiten-
strasse, die Gertrudenkirche mit Umgebung, die kurze
Twiele, die Wassertwiete , der Neueweg und die Lihen-
strasse sanken theils am Sonnabend und der darauffolgen-
den Nacht in Asche, theils standen sie noch am Morgen
des Sonntags, den 8. d. M. in hellen Flammen. Aber die
Vernichtungswuth des Elements war erschöpft, das gräss-
liche Schauspiel sollte seinen Endpunkt finden. Durch die
muthig ausdauernde, angestrengte Thätigkeit der einheimi-
schen und nachbarlich befreundeten Hülfeleistung, war es
möglich, die sinkende Gewalt der Flamme zu zügeln und sie
gegen Mittag desselben Tages gänzlich zu bezwingen. Am
Holzdamm hatte sie, nach dessen Vernichtung, ihr schreck-
liches Ziel erreicht! — Richten wir unsern Rlick von den
bei dem grossen Brande Dahingeschiedenen auf die Lebenden,
welche dem Unheile mit dem ganzen oder theilweisen Ver-
lust ihrer Habe entronnen, so wird gewiss das Herz jedes
fühlenden Menschen von dem tiefsten Mitleid ergriffen
werden. Unermesslichen Schaden hat Hamburg erlitten,
Staats- und Privateigenthum, viele Millionen werth, hat die
Flamme verzehrt. Doch Hamburg ruft nun aus frei auf-
athmender Brust: „Es ist überstanden!'*
Am 18*en ^j Joseph in Egypten. " Der ganze Ertrag
der Einnahme ohne Abzug der Kosten, wurde den Abge-
brannten überwiesen. Bei dieser Gelegenheit muss erwähnt
werden, dass auswärtige Bühnen ihren hülfsbedürftigen
253
CoUegen in Hamburg reichliche Geld-Unterstützungen zuge-
sendet haben, welche aber von diesen refüsirt wurden.
Am 20^*«" erste Vorstellung der französischen Schau-
spieler-Gesellschaft unter Direktion des Herrn J. Keim,
ersten Komiker vom Gymnase dramatique zu Paris.
Mitglieder: Hr. Kelm^ Hr. Falter^ Hr. Rosambeau^ Dem. Äntonia^
Mad. Monet, Dem. C Talier^ Dem. Alexandrine^ Br, Georges^
Dem. Leonie^ Mad. Seu und Hr. Adrien.
Am 27«ten Dem. Jazed^: Elvira, als Gast.
Am 3. Juni zum ersten Male: „Moliöre/^ Lustspiel
von B. A. Herrmann.
Am 10**^» zum ersten Male: „Die Regimentstochler, "
Oper von Donizetti.
Am 228t«" zum ersten Male: „Der schwarze Domino,"
Oper von Auber.
Am 23«*^" Herr Grunert: Franz Moor, als Gast.
Am 29sten zum ersten Male: „Die Weihe der Kraft,"
dramatisches Gedicht von Werner.
Am soften Herr Lehr, vom Hoftheater zu Hannover:
Caspar, als Gast.
Am 5. Juli Herr Breiting: Robert, als Gast.
Am 27«tea Herr Albresch: Raoul, als Gast.
Am soften zum ersten Male: „Die Handwerker," Schau-
spiel von W. Friedrich.
Am 3. August Dem. Hei gel: Griseldis, als Gast.
Am 6ten Herr Richter: Hinko, als Gast.
Am Uten Herr Oeser: van Bett, als Gast.
Am 13*«" zum ersten Male: „Industrie und Herz,"
Lustspiel von Bauernfeld.
254
Am 14*«^" Morgens 11^ Uhr, „Gedächtnissfeier" für
den verstorbenen Direktor Carl Lebrün. Dichtung von
Prälzel, Musik von C. Krebs.
Am 18^^*« Mad. Fi seh er- Achten: Susanne, als Gast.
Am 19*^" erste Vorstellung des Herrn Balletmeister
,1. Fenzl, mit seiner Familie und seinen Zöglingen.
Am 22»ten GasldarsteHung der Dem. Auguste Nielsen,
erste Solo-Tänzerin des kOnigl. Theaters zu Kopenhagen.
Am 5. Septbr. zum ersten Male: „Der Sohn der Wild-
niss," dramatisches Gedicht von Fr. Halm.
Am 8*^" Herr Bert hold: van Bett, als Gast.
Am lO'«" zum ersten Male: „ Casanova, '' Oper von
A. Lortzing.
Am 16'«»» Mad. Stöckel-Heinefetter: Norma, als
Gast.
Am 17^«" zum ersten Male: „Der galante Abb^," Lust-
spiel von Dr. C. Toepfer.
Am 12*«" zum ersten Male: „Der Backenstreich,"
Lustspiel von C. Lebrün.
Am 3. October zum ersten Male: „Doctor Wespe,"
Lustspiel von R. Benedix. *
Am 9*®" Herr Damke: Tamino, als Gast.
Am IS*«" Herr Hesse: Baptist, als Gast
Am 18*«" zum ersten Male: „Die deutsche Brautfahrt."
Lustspiel von Dr. Freitag.
Am 20«*«" Dem. Weber: Johanna d'Arc, als Gast.
Am 29«*«" zum ersten Male: „Die Krondiamanten,"
Oper von Auber.
Am 5. Novbr. zum ersten Male: „Einen Jux will er
sich machen," Posse von Nestroy.
255
Am 10'*^" Herr Schirm er: CEl^ve des Herrn Dr. C.
Toepfer) den König in „des Königs Befehl," als ersten
theatralischen Versuch. Herr Feldmann: den französi-
sehen Dichter, als Gast.
Am 12*^" Herr Lohmeyer: Herr v. Crack, als Gast.
Am 14^^" zum ersten Male: „Dornen und Lorbeern/^
Drama von Friedrich und die „Memoiren des Teufels,"
Lustspiel von B. A. Herrmann.
Am 17^6" Herr Nerking: Ernst Hellwald, als Gast.
Am 19^^" zum ersten Male: „Das Portrait der Gelieb-
ten," Lustspiel von Feld mann.
Am 2l8ten Divertissement für die Oboe, geblasen von
Herrn Trinne, Mitglied des Orschesters. Dieser junge
talentvolle Mann ist leider schon jetzt (am 20. Juni 1846)
an einer unheilbaren Krankheit gestorben.
Am 26«t^n Herr Grunert: Nathan, als Debüt.
Am 10. Decbr. zum ersten Male: „Linda von Cha-
mouny," Oper von Donizetti.
Am 12*^" Mad. Walker und Dem Unald: Norma
und Adalgisa, als Gäste.
Am W^^ zum ersten Male: „König und Bauer," Lust-
spiel von Halm.
Am 29«te" zum ersten Male: „Karl von Bourbon, "
Tragödie von Prulz.
Zweites Theater.
Am 29. März erste Vorstellung der französischen Schau-
spieler, unter Direktion des Herrn Lemodre Chamb^ry
und Röal.
Am 11. April Dem. Rotl: Clärchen, als ersten theatra-
lischen Versuch.
256
Am 3. Oclbr. Dem. Hälinel: Mirandolina , als Debüt.
Am ö**"" Mad. Julius: Salome, als Debül.
Am 9^«" Herr Julius und Dem. Breu, als Debütanten.
Am IS'«"» Herr Boy: Honau, als Debüt.
Am 5. Novbr. erste französische Vorstellung, unter
Direktion der Dem. Ys und Herrn Co n stanz.
Am O**'" Dem. Behrens: Ralaplan, als ersten thea-
tralischen Versuch.
1§43.
Am 1. Januar: „Deutsche Theaterschau," von den ersten
Versuchen der dramatischen Schauspielkunst an bis zu
unseren Tagen.
1. „Des Türken Faslnachtspil," von Hans Schnepperer ge-
nannt Rosenplüt.
2. „Der ßawren Rnechl will zwo Frawen han," von Hans
Sachs.
3. „Absurda Coniodia," Schimpfspiel von Andreas Gryphius.
4. „Sylva," Schäferspiel von Geliert.
5. Scenen aus: „Nathan," von Lessing,
6. Scenen aus „Egmonl," von Goethe^ und
7. „Wallensteins Lager," von Schiller,
Am 5*®" Gastdarstellung der französischen Schauspieler:
Mr. Duruisel, Mr. Constant^ Mlle. Eleontine^ Mad. Provence^
MUe. St. r*, Mad. Constant^ Mr. Deschamps^ Mr. Poligny.
Ouvertüre für das grosse Orchester zu „Tordenskjoid,"
und Ouvertüre zu Tegner's: „ Frithjofs-Sage, '• componirt
und dirigirt von Siegfried Salomon.
Am 7*^" neu einstudirt: „Verbrechen aus Ehrsucht.'^
Das Publikum war enthusiasmirt. Herr Lenz, (der nun
bald für immer von der Bühne Abschied nimmt) errang
vorzugsweise den Preis des Abends. Der Obercommissair
257
ist unter seinen Händen eine so ausgezeichnete Rolle, wie
kein Künstler im deutschen Vaterlande sie ihm nachspielen
dürfte. Dreimaliger Hervorruf, selbst bei offener Scene,
lohnte seinen Anstrengungen und die treffliche Unterstützung
der übrigen Mitglieder.
Am 14*«» zum ersten Male: „Die Tochter," Drama von
Friedrich.
Am 25sten erstes Concert des Violin - Virtuosen Herrn
Ernst. Schon bei Nennung des Namens Ernst dürfte
der sachverständige Leser hinlänglich orientirt sein. Nie-
mand, der Bildung in diesem Fach beansprucht, versäumte
es wohl, diesen Heros wenigstens nur einmal zu hören.
Jede Passage, auf seinem Instrumente von dem Künstler
vorgetragen, ist ein vollständig abgeschlossener Genuss.
Ernst wurde von den Matadoren unserer musikalischen
Welt, denen sich auch eine Zahl Kunstfreunde und Laien
angeschlossen hatte, in Erwägung der Verdienste, welche
sich der Künstler um unser schwergeprüftes Hamburg er-
warb, mit einem kaum endenwollenden Jubel begrüsst.
Zunächst erhielten seine sämmtlichen Vorträge, eine Fülle
von Poesie, zärtliche, klagende, auch grandiose Scenen
enthaltend, die lebhaftesten Zeichen gerechter Anerkennung.
Am 288ten Mad. Schodel, Lucrezia Borgia, als Gast.
Die Künstlerin wurde freundlich begrüsst, und vermissten
wir auch den Schmelz einer jugendlichen Stimme und so-
mit die Eleganz derselben, die Mad. Schodel vor einem
Decennium in den Opern: „Agnes," „Blaubart,*^ ect. ent-
faltete, so ist andrerseits der echtdramatische Vortrag um
so angenehmer, und eine ausserordentliche Routine im
Spiel charakterisirt den durch eine vortreffliche Schule
ausgebildeten Gesang.
17
258
Am 2. Februar zum ersten Male: „Nacht und Morgen,"
Drama von Ch. Birch-Pfeiffer.
\m 23«^«" zum ersten Male: „Der Sohn der Elfen,*'
dramatisches Märchen von Dr. Wollheim. Musik von
A. M. Canthal.
Am 8. März Herr Kunst: Karl Moor, als Gast.
Am 22"*"' grosses Vocal- und Instrumental - Concert
unter Leitung des Herrn Hector Berlioz (von Paris).
Am 31«*«" Concert des Violin-Virtuosen Herrn Ernst.
Am 1. April Gastvorstellung der italienischen Sänger:
Ferarö, Paltrinieri, Torre und Rocca.
Am 3*«" zum ersten Male: „Ein weisses Blatt," Schau-
spiel von Karl Gutzkov^.
Am 4*«" Concert des Violin-Virtuosen Herrn Th. Döhler.
Am 9*«" Herr Lehr, vom königl. Hoftheater zu Hanno-
ver: „Robert der Teufel,'' als Debüt. Dieser Künstler ist
noch heute ein beliebter Sänger, und verdient mit Recht
die Anerkennung, die seiner schönen Stimme und seinem
Talente gezollt wird.
Am 14*«" zum Besten des Kirchenbaues von St Petri
und St. Nicolai, zum ersten Male: „Stabat mater," geistli-
ches Oratorium von Rossini.
Am 20«*«" Dem. Bröge: Preciosa, als Gast.
Am 22«*«» zum ersten Male: „Der Corporal," Posse
von Friedrich.
Am 26«*«n Mad. Lehr: Franziska, als Debüt.
Am 30«*«" Dem. Beer (Eleve der Mad. Cornet):
Vitellia, als ersten theatralischen Versuch.
Am 3. Mai Concert des Violin-Virtuosen Herrn Hauser
aus Wien.
Am 5*«" Gastdarstellung der Tänzer-Familie Kobler.
259
Am 7'®" erste Gastvorstellung der französischen Schau-
spieler unter Direktion der Herren Armand und Hubert.
Mitglieder: Mrs. Briel^ Bonnamy^ Vincent^ Hebert-Massi, Blum^
Adolphe lind Bosquir. MUe. Armand^ Hebert-Massi^ Olivier,
Theodorine und Blanchard.
Am 10*^" Herr Baison: Hamlet, als Gast.
Am 17*«" Herr B ras sin: Don Juan, als Gast.
Am 25«*«» zum ersten Male: „Coriolan," Trauerspiel
von Shakespeare. Frei bearbeitet von Baison.
Am 26^*«" Herr Kaps: Nemorino, als Gast.
Am 1. Juni Herr Emmerich und Herr Marder:
Jacob und Simeon, als Gäste.
Am 4*«" Herr Wrede: Faust, als Gast.
Am 5*en zum ersten Male: „Der verkaufte Schlaf,"
Zauberposse von Haffner.
Am 7*«» Dem. Capitain: Valentine, als Gast.
Am 8*«» zum ersten Male: „Der erste Waffengang,"
Lustspiel von F. Heine.
Am 24«*«" erste Gastvorstellung des königl. ßalletmeisters
Herrn Bournonville und der Solo-Tänzer des königl. Hof-
theaters zu Kopenhagen, im Verein mit Dem. Maria, erster
Tänzerin der Academie Royal in Paris.
Am 268t«n Concert des Violin-Virtuosen Herrn Dr. Fr.
Liszt und Herrn Ciabatta, Mitglied der Academie filhar-
monica zu Rom.
Am 29«te" zum ersten Male: „Jacquard," Charakter-
Gemälde von W. Friedrich.
Am 6. Juli Herr Mantius: Nemorino, als Gast.
Am 10*«" zum ersten Male: „Vater Hiob," Drama von
Börnstein,
Am 12*«" Humoristische Vorlesung von M. G. Saphir.
17 '
260
Am 15*«" zum ersten Male : „ Die Frau im Hause, "
Lustspiel von A. P.
Am 21«*«" Amalie Hallenstein: Christel, als Gast.
Am 20**«" zum ersten Male : „Das Ehrenwort," Schau-
spiel von B. A. Herr mann.
Am 1. August Herr Wiedemann: Almaviva, als Gast.
Am 6*«" Herr Stritt: Masaniello, als Gast.
Am 16*«" Mad. Grabov^sky: Parthenia, als Gast.
Am 19*«" in den Zwischenakten wurden zwei neue
Walzer, componirt von Herrn J. Kappelhöfer, aufgeführt.
Am 21"*«" Herr Tichatscheck: Robert, als Gast.
Am 28«*e" Dem. Weissbach: JuHe, als Gast.
Am 29«*«" Dem. Lilla Löwe: Donna Diana, als Gast.
Am 8. Septbr. Dem. Walter: Romeo, als Gast
Am 10*«" Herr Brassin: Richard Forth, als Debüt.
Am 11*«" zum ersten Male: „Die Müllerin von Marli,"
Operrette von Maurer.
Am 13*«" zum ersten Male: „Der Steckbrief," Lust-
spiel von R. Benedix.
Am 26«*«" Concert des Violin- Virtuosen Herrn Bazzini
aus Mailand.
Am 30«*«" erste Gastdarsteliung der Dem. Fanny
Eis 1er und der Dem. Bethge, Solotänzerin des königl.
Theaters zu Berlin.
Am 10. Octbr. Concert des Violin -Virtuosen Herrn
Ole BuH.
Am 11*«" zum ersten Male: „Ein Brief," Schauspiel
von Ch. Bi rch-Pfeiffer.
Am 19*«" Dem. Schröder: Donna Anna, als Gast.
Am 28«*«" Mad. Janik: Norma, als Gast.
Am 31»*«" Herr Mende: Anton, als Gast.
261
Am 4. Novbr. zum ersten Male: „Der Feen-See,^' Oper
von Auber. Dem. Delechaux, vom Odeon -Theater zu
Paris: Leygene, als Debüt.
Am e*«*» Herr Kaiser: Wallenstein, als Gast.
Am 7*®«* Dem. Evers: Norma, als Gast.
Am 258*^" zum ersten Male: „Kakadu," Posse mit Ge-
sang von Blum. Concert des Violin - Virtuosen Herrn
ßallin.
Am 28«*«» Herr Deahna: Kalb, als Gast.
Am 29«t«n Concert des Violin -Virtuosen Herrn Will-
mers.
Am 4. Decbr. zum ersten Male: „Das Leben ein Traum,"
Märchen von Grillparzer.
Am 7*e» Herr Perlgrund: Rodrigo, als Gast.
Am 9*«» zum ersten Male: „Der Wildschtitz , " Oper
von Lortzing.
Am 13*en Herr Döring: Schewa und Zolki, als Gast.
Am 15*e» zum ersten Male : „Mutter und Sohn," Schau-
spiel von Ch. ßirch-Pfeiffer. Mad. Birch-Peiffer;
Generalin, als Gast.
Am 19*«n Herr Wallner: Valentin, als Gast.
Am 278ten zum ersten Male: „Die Schule der Armen,"
Schauspiel von Dr. G. N. Bärmann.
Thalia -Theater.
Im Monat Mai v. J. starb die Witlwe Hand je. Die
Erben derselben, so wie der Direktor Herr Maurice, be-
warben sich bei dem hochweisen Senat um die erledigte
Concession. Die Solidität welche Herr Maurice während
der eilflährigen Pachtzeit stets bewiesen hatte und beson-
ders das Glück, welches seinen Unternehmungen zur Seite
262
stand, bestimmte den Senat, die Concession an denselben
übergehen zu lassen; den Erben der Wwe. Handje wurde
eine von Herrn Maurice zu zahlende Entschädigungs-
summe zuerkannt, deren Betrag der Senat bestimmte. Weil
jedoch das alte Theaterlokal wegen der feuergefährlichen
Lage Besorgniss erregte, so wurde Herrn Maurice bei
Ertheilung der Concession gleichzeitig die Bedingung ge-
stellt, ein neues Theater auf einem freien Platze zu erbauen,
eine Bedingung, welche mit dem schon längst gehegten
Wunsche des Herrn Maurice vollkommen übereinstimmte.
So ist nun binnen Jahresfrist das Thalia -Theater auf dem
Pferde - Markte erbaut. Der Platz worauf das Gebäude
ruht, hat 75 Fuss Fronte und 180 Fuss'Tiefe. Das Theater
ist sehr geschmackvoll eingerichtet und entspricht den ge-
hegten Erwartungen vollkommen. Der Kosten -Aufwand
wird auf 200,000 _^ Bco. angeschlagen — ein bedeutendes
Capital ftir einen Privat-Unlernehmer, der ausserdem noch
mit mancherlei Beschränkungen, in BetrelF des Repertoirs
zu kämpfen, und allerhand andere Hindernisse zu- beseiti-
gen hat*). Herr Maurice setzte sich mit schriftstellern-
den Talenten in Verbindung, die ihm ein eigenthümliches
Repertoir bildeten. Die grosse Oper und dass höhere
ernste Drama ist von seiner Bühne ausgeschlossen, dafür
werden aber viele Bearbeitungen aus dem Französichen,
durch Herrn Friedrich übertragen, dem genügsamen
Publikum vorgeführt. Bleiben nun auch die deutschen
Originalstücke von dem Repertorium des Herrn Maurice
fort, so sucht er dafür deutsche Künstler ersten Ranges an-
zuziehen, und sowohl Berlin als Wien sendet die besten
••) Sind beseitigt. Was der Versland nicht konnte, bewirkte
das Geld.
263
Repräsentanten ihrer Hofbtihnen, um auf dem Thalia-Theater
Gastrollen zu geben. Wenn ich nun dieses Letztere als
eine Thatsache anführe, die dem Spekulalionsgeiste des
Herrn Maurice alle Ehre macht, so kann ich doch nicht
mit jenen Künstlern einverstanden sein, die in einer Stadt
an einer zweiten Bühne gastiren und sich einem Publikum
nur in unbedeutenden Stücken zeigen, während es ihnen
vergönnt wäre, ihre Kunst in Meisterwerken im schönsten
Lichte auf der ersten Bühne glänzen zu lassen.
Urania -Theater in St. Pauli.
Direktion der Herren Peter so n und G. Laudy.
Elisium- Theater in St. Pauli.
Direktion des Herrn Hoch.
Hammonia- Theater in St. Pauli.
Direktion des Herrn All er s.
Obige drei Theater der besuchten Vorstadt, erfüllen
vollkommen ihren Zweck und jedes in seiner Art trägt zur
Belustigung des grossen Haufens nach Kräften bei.
1§44
Am 3. Januar Dem. Evers: Lucrezia Borgia, als GasL
Am 6^*^» Herr Vollmer: Honau, als Gast.
Am 8*^*» zum ersten Male : „Zopf und Schwert,'' Histo-
risches Lustspiel von Karl Gutzkow.
Am ll^en zum ersten Male: „Des Teufels Antheil,"
Oper von Auber.
Am 208ten Concert für Ventil-Trompete, geblasen von
Herrn F. Sachsse, königl. Hannoverschen Stabs-Trompeter.
Am 29«t«" zum ersten Male: „Die Bernsteinhexe, '^
Schauspiel von H. Laube.
264
Am 30«*«" Dem. Bräutigam: Annchen, als Gast.
Am 8. Februar zum ersten Male: „Ein Sommernachts-
iraum," nach Shakespeare, von Schlegel, Musik von
Mendelsohn-Bartholdi.
Am 15*«" zum ersten Male : „Besser früher als später,'^
Lustspiel von Heine.
Am 17*«" Herr Asher: Rudolph im „Landwirth," als
Gast.
Am 28'*«" zum ersten Male: „Thomas Thyrnau," Schau-
spiel von Ch. Birch-Pfeiffer. Mad. Birch-Pfeiffer:
Maria Theresia, als Gast.
Am 6. März Herr Moriani und Dem. Rosetti:
Arthur und Elvira, als Gäste.
Am 1]*«" zum ersten Male: „Aus den Geheimnissen
von Paris," mit Benutzung des Eugen Sue' sehen Romans,
von Dr. Frank.
Am 21«*«" zum ersten Male: „Cola Rienzi,'^ Oper von
Richard Wagner. Unter persönlicher Leitung des
Componisten.
Am 23«*«" zum ersten Male: „Christoph und Renata,"
Lustspiel von Blum.
Am 26«*«" Dem. Thöne: Johanna d'Arc, als GasL
Am 30«*«" Herr Liphart: Hinko, als Gast.
Am 8. April zum ersten Male: „Ritter Don Quixote,"
Posse von G. Raeder.
Am 11*«" Herr Beckmann: Windmüller, als Gast.
Freudig ward dieser geniale Künstler vom Publikum be-
grüsst und wurde dasselbe aufs Neue durch seine trockene
Komik und drastischen Humor enthusiasmirt. Wahrlich es
ist nicht zu viel gesagt, wenn ich behaupte: Deutschland
hat nur einen Beckmann aufzuweisen.
265
Am 14*^" zum ersten Male: „33 Minuten in Grünberg,"
Vaudeville von Angely. Herr Beckmann: Jeremias Kla-
gesanft, als Gast.
Am 18^«» Concert der Violin-Virtuosinnen DUs. Therese
und Maria Milanollo.
Am 21«*«° Herr Hirsch: Figaro, als Gast.
Am 228*®" ziijn ersten Male: „Eduard aus der Vor-
stadt," Drama mit Gesang von W. Friedrich, Musik von
A. M. Canthal.
Am 25«*®» zum Benefiz des Herrn Lenz: „Die Advo-
katen." Herr Lenz: Zimmermeister Klarenbach, als letzte
Rolle.
Abermals haben wir den Abgang eines alten Künstlers
zu beklagen, der an dem heutigen Tage seinen feierlichen
Abschied nahm. Die Vorstellung hatte, wie zu erwarten
war, so viele Kunstfreunde angezogen, dass kein Platz leer
geblieben war. Man wusste, dass es sich um ein Schau-
spiel und ein Nachspiel handeln würde, deren liefen Ein-
druck einen wehmüthigen, aber erhebenden Nachklang haben
müsse. Die Haupttheilnahme und Aufmerksamkeit fesselte
natürlich Lenz als Zimmermeister Klarenbach. Diese Rolle
gab er mit der unvergleichlichsten Naturtreue und Wahr-
heit. Der Beifall war enthusiastisch und allgemein. Man
rief den trefflichen Künstler bei offner Scene, nach jedem
Aufzuge und am Schlüsse des Stückes stürmisch hervor.
Seine herzliche, vor Erschütterung stockend gesprochene
Dankrede erregte neuerdings jubelvollen Applaus, der erst
durch das Erscheinen der Herren Mühlin g und Cornet,
mit dem ganzen, festlich costümirten Theaterpersonale,
unterbrochen ward. Eine feierliche Stille herrschte. Nach
einer eindringlichen Anrede des Herrn Mühling nahm
266
Herr Gloy das Wort und drückte in Versen die Empfin-
dungen aller CoUegen bei dem Scheiden eines in jeder
Hinsiclil so aclilungswertlicn Kunstgenossen aus und Herr
Schäfer überreichte Diesem einen Lorbeerkranz. Die
Umarmung zwischen Herrn Schäfer und Herrn Lenz,
(Schwiegervater und Schwiegersohn) erregte einen Sturm
von Applaus. Lenz dankte, auf das Tiefste gerührt, und
sämmtliche Damen und Herren der Bühne umringten ihn
mit Kränzen und Guirlanden, während der Vorhang fieL
Dieser schöne feierliche Abschiedsabend wird, wie der
warme Schmelz der Abendsonne, auf das Privatleben des
Künstlers den heitern Schein der Freude werfen und ihn
mit Zufriedenheit auf eine Laufbahn blicken lassen, die so
ehrenvoll schloss. Der Name Lenz wird für ewige Zeiten
in den Annalen des Theaters an einen Meister in der Schau-
spielkunst erinnern.
Am 27«*«" Herr Gerstel: Doctor ßartolo, als Gast.
Der in der Theaterwelt berühmte und allgemein beliebte
Buffo wurde für das Sladttheater engagirt und schwang
sich bald zum Liebling des Hamburger Publikums empor.
Am 30«*«» Dem. Löwe: Donna Anna, als ersten thea-
tralischen Versuch.
Am 3. Mai zum ersten Male; „Lucia von Laramer-
moor,'* Oper von Donizetti.
Am 9*«° Herr Bottichen Don Juan, als Gast.
Am 16*«" zum ersten Male: „Der Invalide," Lustspiel
von Blum.
Am 18*«" Herr Hesse: Cedric, als Gast.
Am 20»*«" Herr Vogel und Herr und Mad. Dahn,
als Gäste.
267
Am 238tcn zum ersten Male: „Mary, Max und Michel,"
komische Oper von Blum. Herr Schmidt: Michel, als
Gast.
Am 248ten Dem. Brock: Margarethe, als Gast.
Am 28»*^" zum ersten Male: „Der Liebestrank," Posse
von R. Benedix.
Am 1. Juni: Vorstellung des Herrn Bosco in der ägyp-
tischen Magie.
Am 2*«" Herr Dräxler: Sarastro, als Gast.
Am S*®** erste Gastdarstellung der Solo-Tänzerin, Dem.
Wagon und der Dem. Quandt, als Preciosa.
Am 13*«^ zum ersten Male: „Die Stieftochter," Lust-
spiel von Amalie, Prinzessin von Sachsen.
Am 27«*^" Improvisation der Mad. Leonhard-Lyser.
Am 6. Juli zum ersten Male: „Cromwell's Ende,"
Trauerspiel von Raupach.
Am 7*<^» zum ersten Male: „Zum treuen Schäfer," Oper
von Adam.
Am 11'®» erste Gastdarstellung der Solo-Tänzerin, Dem.
L. Weiss.
Am W®" Herr Chrudimsky: Othello, als Gast.
Am 17'®» zum ersten Male: „Der verwunschene Prinz,"
Lustspiel von Plötz.
Am 20«'®" Frau v. Wasovviez: Carona, als Gast.
Am 25s'en zum ersten Male: „Die Rückkehr in's Dörf-
chen," Liederspiel von Blum, mit Melodieen von C. M. v.
Weber.
Am 27«'®» zum ersten Male: „Antigone," von Sopho-
kles. Uebersetzl von Donner. Musik von Mendelsohn-
Bartholdy.
Am 30«'®» Herr Breuer: ingomar, als Gast.
268
Am 3. August erste Vorstellung von Döbler's „Dis-
solving Views." Dem. Jazed^ debütirte an diesem Abend
als Adine im „Liebestrank.'^
Am 4*®" zum ersten Male : „ Der Zerrissene , " Posse
von Neslroy.
Am 5^«" Herr Tichatscheck: George Brown, als
Gast.
Am 19*«" zum ersten Male: „Der Chevalier und der
treue Diener,*' Lustspiel von Wilhelmi.
Am 23«*«» Dem. Leitner: Recha, als Gast.
Am 29«*«" erste Vorstellung der französischen Schau-
spieler, unter Direktion des Herrn Delcour.
Am 10. Septbr. Concert des Violin -Virtuosen, Herrn
Bazzini.
Am 13*«» Herr Peretti: Rafael d'Estuniga, als Gast.
Am 16*«" Herr Baison: Hamlet, als Debüt.
Am 18*«" zum ersten Male: „Er geht aufs Land," Lust-
spiel von Robert.
Am 21»*«" zum ersten Male: „Moritz von Sachsen,"
Trauerspiel von Prutz.
Am 25«*«" Gastdarstellung der Solo -Tänzerin, Dem.
Chevalier.
Am 5. Octbr. : Gastvorstellung des Herrn Risley und
Söhne.
Am 14*«" Dem. Stephanie: Margarethe, als Gast.
Am 20«*«" zum ersten Male: „Der Mörder," Posse von
Amalie, Prinzessin von Sachsen.
Am 22«*«" Concert des Violin -Virtuosen, Herrn Rief-
stahl.
Am 23«*«" zum ersten Male: „Pugatscheff," Drama von
Gutzkow.
269
Am 26«^«» Herr Hei dt: Sarastro, als Gast.
Am 3l8*«" zum ersten Male: „Die Sirene," Oper von
A u b e r.
Am 3. Ncvbr. die Feier des hundertjährigen Geburts-
tages von Friedrich Ludwig Schröder im Stadttheater.
Der Gründer des altehrwürdigen Stadttheaters zu Ham-
burg, F. L. Schröder, wurde zu Schwerin, in der Nacht
des 3. Novembers im Jahre 1744 geboren. Dies gab der
Direktion dieses Theaters die genügendste Veranlassung, das
Andenken des grössten dramatischen Künstlers seiner Zeit,
ja aller Zeiten, des würdigen und trefflichen Menschen,
und des Stifters ihrer Bühne auf eine erhebende Weise
öffentlich zu feiern. Es wurde daher bei festlicher Be-
leuchtung des Zuschauerraums an diesem Tage dargestellt:
„Der Vetter aus Lissabon," bürgerliches Familiengemälde
(und einziges Originalschauspiel) in drei Akten, von F. L.
Schröder; hierauf; „Die Trauer," Lustspiel in einem Akt,
von F. L. Schröder; zum Schlüsse: „Die Weihe der Er-
innerung," scenischer Epilog von Dr. G. N. Bärmann.
Diese Festvorstellung gewann in sofern eine historische Be-
deutung, als sie dem zahlreich versammelten Auditorium
durch erhebende Erinnerungen an den trefflichen Altmeister
und zugleich in jener Schreckenszeit der französischen Oc-
cupation, schwer geprüften Bürger Hamburgs, durch die
lebendige Erinnerung an denselben eine seltene Feier be-
reitete. Die Anordnung sowohl als die würdige Ausführung
der Darstellung fand aber auch eine beifällige Anerkennung
und Aufnahme. Die Wahl der beiden Stücke von Schrö-
der war ganz im Sinne der Feier und mit aller der Um-
sicht getroffen, welche der Würde des Tages angemessen,
indem sie die Glanzpunkte der Sc hröder'schen Wirksam-
270
keit bezeichnete, welche durch tiefe Bühnenkenntniss, scharfe
Berechnung des Effectes, wahre Charakteristik, strenge und
correcle Zeichnung, mit Beimischung des volksthümlichen
Humors, auf das moralische Gefühl des kleinen Bürger-
slaates einen dauernden segensreichen Einfluss geübt, und
noch in dem einfach, gesunden Sinne des Volkes fortlebt.
Es mag hier am rechten Orte sein, anzuführen, dass
sich die geachteisten Kritiker Hamburg's und selbst der Ver-
fasser des nachfolgenden Epilogs darüber frei ausgesprochen,
dass das grosse Verdienst Schröder's leider bei dessem
Leben nicht nach Recht und Billigkeit anerkannt, und erst
nach seinem Tode völlig gewürdigt worden sei.
Demnach haben die Direktion und Mitglieder des Ham-
burger Stadttheaters sich nur selbst geehrt, indem sie solche
Wahrheiten rein und ungeschmückt an diesem Ehrentag
öffentlich aussprachen, und die Meisterschaft des Gründers
der Hamburger Bühne dem Gedächtniss der heutigen Gene-
ration wieder vorzuführen suchten.
Die l¥eihe der Erinnerung'.
(Cin fffttifdier Epilog
von
Dr. G. iV. Bärmann ^ mit Musik von C. Krebs.
Personen:
Die Muse der Schauspielkunst Mad. Lenz.
Der Regisseur der Bühne Herr Grunert.
Erster Sprecher ,> Herr Schäfer.
Zweiter Sprecher u Herr G loy.
Erste Sprecherin r/ Mad. Lebrün.
Zweite Sprecherin /, Mad. Fischer.
Sterne: ]ßU |3ut)ne lots ^amburfler ^tat>ttl)faUr0.
^fit: Pft ^ben^ De» 3. UTooember 1844.
271
Erste Scene.
(Waldgegend im Halbdunkel. Inmitten des Hintergrundes eine kronlose,
abgestorbene Eiche.)
Regisseur.
Ist mein ersehntes Ziel noch zu erreichen?
— Beengter Busen, du bejah'st es kaum,
Ein banges Vorgefühl will mich bcschleichen —
Erweckt's dir jener abgestorb'ne Baum?
Wohl hab' ich über Kunst und Kimstlerleben,
In treuem Eifer sorglich nachgedacht: —
Was fand ich aus: Nur was sich oft ergeben:
Den hellen Sonnentag vertrieb die Nacht;
Vor kaltem Herbst verstummten Sommerlieder,
Schnee wollte blühn'den Rasen Uberziehn —
Enlschwund'nes Grosses kekrle nimmer wieder,
So dass zuletzt es uns als Traum erschien.
— Das Neue will oft, wie mit Sturms Gewalten,
Dem würd'gen Alten ein Zerstörer sein;
An heit'ren Lebens heitersten Gestalten
Soll dann kein Tiefgefühl sich mehr erfreu'n;
Ob gern die alle Eich' auch Blätter triebe.
Vollkräftig noch, wie jüngster Baum sie trägt -
Gebricht's der Zeit alsdann am Geist der Liebe,
Wird doch die Axt an altem Baum gelegt:
Betrübend Spiegelbild der Zeit! Die Geister
Des Schwindens und Entsteh'ns sind zwar d'rin wach;
Doch, o! nicht folget heimgegang'nem Meisler
Im Lebenslhal gleich neuer Meister nach.
Warum soll alles Lied denn eh'r verklingen,
Als bis, von aller Musen Geist durchglüh't.
Die neue Sängerwelt auf Ruhmesschwingen
Empor sich hebt, im neu'slen bess'ren Lied?
Und, ach! wenn gar sich unberufne Stimmen
Des Chors bemeislern, der im Kunslhain schallt:
Da will der letzte HoHhungsslern verglimmen.
Und Schönes bebt vor arger Trolzgewalt.
272
— 0 Edler, Du, der Du vor hundert Jahren
Zum Heile deutscher Kunst das Licht erblickt —
Süll Dein Werk auch den Fluch der Zeit erfahren?
Dein Künsllersegen — vvürd' er uns entrückt?
Soll all das Grosse, das Du schufst, verschwinden?
Mein Meisler Schröder, wirst auch Du zum Traum?
Will sich die Axt zu Deinen Wurzeln finden,
Als wärst Du kronlos-abgestorb'ner Baum?
(Musik hinter der Sceiie, in welcher das von weiland P. L. Schröder
componirte Matthisson'sche Lied: „Wenn ich einst das Ziel errungen
habe" etc. verklingt.)
Horch! — welche Klänge säuseln hoch in Lüften?
Horch! Meisler Schröder's Klänge sind es — Ha!
Wie wird mir?
(Harfenmusik — Wolken überziehen den Hintergrund.)
Mich umwallt's mit Frühlingsdüften —
Ich fühl's, mir ist die heil'ge Muse nah! —
Sein Lied, des Meisters Lied — noch nicht verklungen.
Will es für Hamhurg's Bühnenkünstler sein!
Hat er als Künstler doch sein Ziel errungen —
Hochheil'ge Kunst, sei jenes Ziel auch mein!
Zweite Scene.
Hie Muse. Re^sseur.
(Inmitten der Schleierwolken, dicht über dem Baume, wird die Muse, im
Arme die bekränzte gold'ne Lyra, sichtbar; die Harfenklänge gehen
nachher in den aUgemeinen Chor über).
Hase.
Nicht Täuschung waltet! Hör' in Schröder's Klängen,
Wie sein erhab'ner Genius zu Dir spricht!
Doch preist die deutsche Bühn' in Hochgesängen
Den edlen Meister, der da lebt im Licht.
Noch lodert, wenn auch Afterkritik meistert.
In achtem Bühnenkünstler acht Gefühl!
Wen Wahrheit in der Kunst, gleich Dir, begeistert.
Der dringt gewiss, wie Schröder einst, zum Ziel.
Wer denkt und glaubt an Krittlersucht-Vergiftung?
I
273
Weg, edler iMime, mit so bösem Traum!
Wie wähnst Du, Sehr öd er 's ruhmgekrönle Stiftung
Erschiene je als abgestorb'ner Baum!
Blick um Dich! Nicht im Dunkel sieh Dich weilen!
Der Muse Huldblick ist Dir ja vergönnt.
(Die ganze Bühne wird hell. Die Seitenflügel gestalten sich zu Säulen
eines antiken Saales; der Baum verwandelt sich in ein Piedestal, welches
die Büste des Gefeierten [kolossal] trägt.)
Der Fuss des Postamentes zeigt die erleuchtete Inischrift, welche au
seinem Grabmonumente steht:
„Dem Freunde der Wahrheit und des Rechts^
Dem Förderer menschlichen Glückes,
Dem unerreichten Künstler.''''
niuse (fortfahrend)
Schau' um Dich! Sieh' der Bühne feste Säulen,
Und ihres edlen Gründers Monument!
Dritte Scene.
Torige. AUg^emeiner Chor.
Chor 0»nter der Scene).
Den ünvergesslichen, den Biedern,
Den grössten Meister uns'rer Kunst —
0 feiert ihn in heil'gen Liedern!
O feiert hoch ihn durch der Muse Gunst!
Aluse.
Horch! wie vereint die wackern Kunstgenossen
Mit Feiersange diesem Denkstein nah'n.
Ist ein Jahrhundert deutsam doch verflossen!
Blick' um Dich, neue Weihe zu empfah'n.
Was sich im Wort nur mangelhaft lässt schildern —
Denn Grosses fasst nicht stets ein kleiner Raum —
Durchdring' auch Dich hier in Erinn'rungbildern
Der Bühne. Wahrheit ward noch nie zum Traum!
(Die Muse verschwindet. Der Hintergrund der Bühne zeigt, hinter dem
Denksteine, den Prospect des antiken Saals).
18
274
Vierte Scene.
Keifisseur. SHmmtliche MitjB^liefler,
(^von denen die Redenden ihren Platz im Vordergründe, während des
Chorgesanges einnehmen).
Chorgesangf
Cauf der Bühne, beim Eintreten).
Den ünvergesslichen, den Biedern,
Den grössten Meister uns'rer Kunst —
0 feiert ihn in heil'gen Liedern!
0 feiert hoch ihn durch der Muse Gunst.
£rster Sprecher,
Ja, schwell' Erinn'rung unser Aller Busen,
An unsers Meisters hunderljähr'gem Fest.
War er doch würd'ger Liebling aller Musen —
Von ihm kein edler Schauspielkünstler lässt!
Z-weiter Sprecher.
Hell strahlt es uns aus der Erinn'rung Spiegel,
Wie Schröder sich Verdiensteskränze wob,
Dass ihn der Ruhmesgöltin hehrer Flügel
Empor zum Kreis der Licht-Erkor'nen hob.
£riste Sprecherin.
Wie schön durch ihn das höh're Lustspiel glänzte!
Wir seh'ns im „Ring," an Klingsberg's Schelmerei.
WiTFcite Sprecherin.
Ein reicher Kelch, der sprudelnd sich kredenzte,
Sogar dem neck'schen „Geist auf der Bastei."
forste Sprecherin.
Wohl lebte Schröder's Luslspielbühn' als Prasser;
Sie schwelgt in holden Musengaben, traun!
Zweite Sprecherin.
„Gewendet Blatt" und „stille tiefe Wasser" —
O Luslspielsbilder köstlich anzuschau'n —
Xlrste Sprecherin.
Charakter mit des Witzes Spiel verbunden, —
Wie reicht' uns Schröder's Muse das so schön!
275
Zweite S^precherin.
Und sinnreich stets ward's von ihm aufgefunden,
Wie's deutlich an „Viel Lärm um Nichts" zu sehn!
Erster Sprecher,
Wie hoch er den erhab'nen Dritten schätzte,
Hat er im schönsten Glänze dargethan.
Regisseur.
Denn Künstler war er, wo er übersetzte,
Und Hess zuerst uns Shakspeare's Werk empfah'n.
Erster Sprecher.
Als Erster, der des „Hamlet" sich erkühnte.
Bracht' er nicht Worte — Worte — Worte blos —
Regisseur und alle Sprecher und Sprecherinnen.
Er war, dass Kleinstes ihm wie Grösstes diente.
Im Grossen Grösster, und im Kleinsten gross!
Regisseur.
O wen erfüllt' es nicht mit süssen Schmerzen,
Wenn er als „Lear" das Schreckensfluchwort sprach —
Erste Sprecherin.
Und dann, als Greis ein Kind, am Kindesherzen
Cordeliens, der Himmlisch-Reinen, lag!
Erster Sprecher.
Wie er selbst Kühnstes auf die Bühne brachte.
Stellt' Adelheid von Sal'sbury uns dar.
So wie's ein König wollt', ein Dichter dachte;
Und „honi soit qui mal y pense" fürwahr!
Z-weite Sprecherin.
Wie wusst' er Sitte mit dem Scherz zu einen!
Zweiter Sprecher.
Sein „Fallstaff" zeigt's und dessen Wirthin — ja!
Regisseur.
Was AfterkritUer auch dagegen meinen;
Der Scherz lebt noch, doch auch die Sitt' ist da!
18 *
276
aweiter Sprecher.
Den heilern Missversland im Spiel der Liebe,
Wie bracht' er ihn im kunslgereehlen Tanz;
Wie flochl er sich in seinem „Apfeldiebe"
Zugleich des Dichlers und des Tänzers Kranz!
Mit Lust der niedern Komik ich gedenke,
Noch zeigt „die Trauer" sie im neck'schen Paar —
Im Volklon sprach's, und seine herz'gen Schwanke,
Entnommen waren sie dem Volk fürwahr!
drste Spreeherln.
Wie dacht' und schrieb und wirkt er doch mit Liebe,
Für Kunst und Volk!
Zweiter SIpreclier.
Ein wahrer Volksmann, er!
Krster Sprecher.
Wie kannt' er seine Zeit und ihr Gelriebe!
Zweiter Sprecher.
Und wer glich ihm als Menschenkenner — wer?
Regisseur.
Doch sah' er häufig unverdient bescholten,
Geschmäht sein Thun — o bilt'res Erdenloos!
D'rum frage keiner je, was er gegolten,
Bevor der Tod ihn legt in Tellus Schooss.
Bei Lebenszeit, wie er auch möge ringen.
Wird Keiner allgemeinen Beifall schau'n;
Erst sterb' er — und vielleicht wird's dann gelingen,
Dass ihm die Enkel Monumente bau'n.
ESrster Sprecher.
Und doch war Schröder Freund von allen Biedern!
£rste Sprecherin.
Doch übt er Wohlthat selbst am schltmmsen Feind!
Zweite Sprecherin.
Doch wussf er Edles immer zu erwiedern!
277
Reg^isseur.
Doch hat er's treu mit Kunst und Volk gemeint!
Erster Sprecher.
Welch sciiönes Vorbild war im Brüderkreise
Sein still'res Wirken, sein verschwieg'nes Thun!
Zureite Sprecherin.
Wie seh'n wir noch im geisleskräfl'gen Greise
Den Künstler an der Muse Herzen ruh'n!
Krste Sprecherin.
Wie strebt' er rastlos, And'rer Glück zu gründen!
'A-weite Sprecherin.
Wie hat er's oft im Schauspiel uns gemalt.
Regisisenr.
Sein Essigschubkarr'n wird wohl nie verschwinden,
So lange Bürgerglück in Hamburg strahlt.
Genug der Fülle von Erinn'rungsbildern!
(Wolken umziehen den Hintergrund, so dass die Verwandlung vorgehen
kann.}
Welch heil'rer Zukunft Pforten thun sich auf!
Wie sanft will Schroffes in der Zeit sich mildern!
Wie winkt uns Allen schönster Künstlerlauf!
Wie wird nur Edles stets in den Bezirken
Von Hamburg's Staditheater herrschend sein!
Wenn wir im Geist des grossen Stifters wirken,
Zeigt unser Thun sich wahrlich nicht als klein.
0 Segen, Segen der ErinnVungsweihe!
Sie schlingt um uns ein hold Geschwisterband.
Sie festigt in uns reinste Lieb' und Treue
Zur edeln Kunst, der wir uns zugewandt.
(Der Hintergrund öflTnet sich; man erblickt den Tempel des Ruhms in
Rogengewölk; die Muse auf einer der Wolken. Rings um dieselbe
Genien. Leise Musik, die dann in den Schlusschor übergeht.)
278
Fünfte Scene.
Vorig^e. Hie JHuse.
Alle Mitglieder
(während die Verwandlung vor sich geht, knieend}.
Ja, ja, wir fühlen der Erinn'ruug Weihe!
Mit neuer Eilers-Gluth sie uns durchbebt.
Dem Künstler Heil, der so in Lieb' und Treue
Der Kunsl, wie Friedrich Ludwig Schröder, lebt!
Muse.
Bei heil'ger Gluth, womit die Kunst durchdringet —
Ihr Jünger, auf! CAUe erheben sich) und strebt dem Meisler nach!
Uekriinzl sein Bild — O^ie Bekränzung erfolgt) Euch ward dazu die
Weihe!
Begeht sein Fest mit Jubelsang und Tanz!
Der wahren Kunst bewahret Lieb' und Treue —
Erfüllter Pflicht wird stets des Lohnes Kranz!
CZwölf Genien schweben herab; zwei davon mit einem liorbeer-
kranz über dem Haupt der Büste. Das BaUetcorps uratanzt das
Monument.)
Allgemeiner Chor.
Wir feiern den Meister mit Jubelgesang,
Da edelste Weihe die Jünger durchdrang.
Auch schweb' unser Opfer zu Wolken empor,
Dank, Dank, Dank sei Dir o Muse! Dank, Dank, ja Dank Dir, im
Chor!
Heil, Heil uns'rer Bühne, sie strahle im Glanz! —
Sie schmückt unsern Meister mit ewigem Kranz! —
Am 13. Novbr. zum ersten Male: „Lady Ellen,"
Lustspiel von L. Mühlbach.
Am 20«te" zum ersten Male: „Monaldeschi," Tragödie
von Laube.
Am 22«*eD zum ersten Male: „Don Pasquale," Oper
von Donizetti.
279
Am 4. Decbr. zum ersten Male: „Mutter und Tochter,"
Schauspiel von Ch. Birch-Pfeiffer.
Am löte»» zum ersten Male: „Der verwünschte Brief,"
Posse von Lehnard.
Am 218*«'» zum ersten Male: „König und Citherschlä-
gerin," Schauspiel von Dr. G. N. Bärmann.
Am 29«*«" Dem. Jacques: Pamina, als ersten theatrali-
schen Versuch.
Am 30«*«» zum ersten Male: „Allessandro Stradella,"
Oper von Flotow.
Thalia -Theater.
Am 6. Januar Herr Wallner: Windmüller, als Gast.
Am 16*«" Concert des Violin-Virtuosen Herrn Müller.
Am 268*«n Concert des Hannoverschen Stabs-Trompeters
Herrn Sachse.
Am 15. Februar zum ersten Male : „Die neue Fanchon,"
Schauspiel mit Gesang von Friedrich. Musik von H.
Schäffer.
Am 17*«" Gastdarstellung der Solo -Tänzerin Dem. J.
Bertin.
Am 20«*«" Herr Schlögell: Fröhlich, als Gast.
Am 16. März Mad. Schreiber-St. Georges: Vi-
comte, als Gast.
Am 11. April Herr G. Raeder vom Hoftheater zu
Dresden, Herr Edmüller vom Altonaer Theater und
Herr v. Lehmann vom hiesigen Stadttheater, als Gäste.
Am 19*«" erste Gastdarstellung des Solo-Tänzers Herrn
Rathgeber.
Am 24«*«" Dem. Wassmann: Nina, als DebüL
Am 3. Mai Herr Hassel: Pudding, als Gast.
280
Am 7^«» Herr Diegelmann: Eulenspiegel, als Gast.
Am 4. Juni Mad. Peroni-Glasbrenner: Marga-
rellia, als Gast.
Am 2. Juli Vorstellung des Herrn B o s c o in der Magie.
Herr Kläger, als Gast.
Am 12»«» Herr Edmüller: Fröhlich, als Gast.
Am 12»«° Herr Gomansky, Karl Ruf, als Gast.
Am 19»«" Herr Dietrich; Schulmeister, als Gast.
Am 24«»«n Dem. L. Hofer und Herr Ludwig Woll-
rabe: Pariser Taugenichts und General Morin, als Gäste.
Am 9. August erste Darstellung der optischen Nebel-
bilder des Herrn Professor Bück.
Am 10»«» Dem C. Hei gel: Marie, als Gast.
Am 13»«» Herr W. Kunst: Morin, als Gast.
Am 25«»«" debütirte der Regisseur Herr Vogel.
Am 30»»«» Herr Scholz: Augustin, als Gast.
Am 21. Septbr. erste Vorstellung der französischen
Schauspieler aus Berlin.
Am 2. Octbr. Herr Baum, als Gast.
Am 2l8»ei Herr Gern: Schelle, als Gast.
Am 3. Novbr. feierte die Direktion Schröder's hun-
tertjährigem Geburtstag auf eine ehrende und sinnige Weise,
durch die Aufführung des Schröder'schen Lustspiels
„Das Portrait der Mutter," welchem ein von Dr. G. N.
Bär mann verfasster Prolog voranging.
Am 14»«" Herr B u r m e i s t e r : Abbö de l'^p^e, als Gast.
Am 29«»«" Herr J. Schramm: Michel Perrin, als Gast.
Am 10. Dec. Vorstellung des Herrn K. Christ ei nicke.
Am 11*«° Herr Reinhardt: Emmerling als Debüt.
Am 20«»«» zum ersten Male: „Graf Irun, " Schauspiel
von Friedrich.
281
9M.lt ona
Direktor und Unternehmer: Herr Engelhard l.
Das Theater wurde wegen des Neubaus im Innern, von
Mille des Monats Mai bis zur Mille des Septembers ge-
schlossen und den 15. mit dem Vaudeville „Die beiden
Waisen," von Blum, welchem ein von A. Flor gedichteter
Prolog voranging, wieder eröffnet.
Actien- Theater der Vorstadt St. Pauli.
Das vor mehreren Jahren in der belebtesten Vorstadt
Hamburg's erbauete Theater, ursprünglich „Urania" be-
nannt, welches unter verschiedenen Direktionen das gleiche
Schicksal nicht bestehen zu können theilte, ist seit Monat
Mai dieses Jahres von einer Gesellschaft Actionaire gekauft
und nach einem vorgenommenen Neubau, neuer Decorirung
und zweckmässiger Einrichtung der Zuschauerräume so-
wohl, wie der Buhne, am 23. Mai unter Leitung des von
dem Comit^ erwählten technischen Direktors, Herrn Landt,
eröffnet.
Elisium- Theater der Vorstadt St. Pauli.
Direktor: Herr C. Hoch.
Regisseur: Hr. Feldmayer. — Inspicient: Hr. Zimmermann. —
Soufleuse: Mad. Fischer.
Unter den Mitgliedern zeichnen sich aus:
Hr. Ärend., Hr. Carli^ Hr. Remier^ Dem. Arendt Dlls. Hansen,
Mad. Zink und iMad. Feldmayer.
Theater der Vorstadt St. Georg.
Direktor: Herr S tef fe n, führt gleichzeitig eine Schenke
und Billard. — Regisseur: Herr Schmidt etc. etc.
Mit Ausnahme des Dienstags und Sonnabends finden
täglich Vorstellungen stall.
282
1§45.
Am 1. Januar zum ersten Male: „Adam und Eva,"
Lustspiel von Carl.
Am 16'«" zum ersten Male: „Der letzte Maure," Tra-
gödie von Dr. Wo 11 he im.
Am 2*2»t«» Mad. Spatz er- Gen tiluomo: Valentine,
als Gast.
Am 278te» zum ersten Male: „Die Marquise von Vil-
lette," Schauspiel von Ch. Birch-Pfeiffer.
Am 4. Februar Mad. Krüger-Fürlh: Lucrezia Bor-
gia, als Gast.
Am 10*«" zum ersten Male: „Das Urbild des Tartütfe,"
Lustspiel von Gutzkow.
Am 15*«" zum ersten Male: „Adolph von Nassau,"
Oper von Mar sehn er.
Am 3. Mai zum ersten Male : „Der König amiisirt sich,"
Schauspiel von V. Hugo.
Am 4*«" Dem. Jacques: Gebriele, als Debüt.
Am 7*«" Abendunlerhaltung der Dlls. Laura Ernst,
Jacob sen und der erblindeten Pauline Brauns.
Am 10*«" zum ersten Male: „Ein deutscher Krieger,"
Schauspiel von Bauern fe Id.
Am 15*«" Concerl des Violin-Virtuosen, Herrn Pr um e.
Am 24»*«" zum ersten Male: „Herr Mannecke," Posse
von Heine.
Am 29«*«" Dem. Jenny Lind, königlich schwedische
Hof- Sängerin: Norma, als erste Gastrolle. Eine schöne
Stimme, kunstgerechter Gesang und ein gewisses Etwas,
man möchte es Sphärentöne nennen, bezaubern den Hörer,
reissen den Kenner und Laien zur Bewunderung hin. —
Dem. Lind (überall „Schwedische Nachtigall" genannt)
283
niinnil gegenwärtig den ersten Platz unter den Sängerinnen
ein *}.
Am 3. April: Dem. Novack: Hedwig, als Gast.
Am 8*®" zum ersten Male: „Ein nächtliches Abenteuer,"
Lustspiel von Koch und „Doctor Robin," Lustspiel von
Gohler.
Am 11*^" Concert des Violin-Virtuosen, Herrn Camillo
Sivori.
Am 13^^" Gastdarstellung der gymnastischen Künstler
und Tänzer, vom Drurylane Theater zu London, Herren
Smith, Taylor, Kemp und Hollyoack.
Am löten Dem. Bayer: Gabriele von Belle -Isle, als
Gast.
Am 28«*^" zum ersten Male: „Undine," Oper von Al-
bert Lortzing, unter persönlicher Leitung des Compo-
nisten.
Am 1. Mai: zum ersten Male: „Struensee, " Tragödie
von Laube.
Am 9ten Herr Haimer: „Jäger im Nachtlager," als
Gast.
Am 13*«" Dem. Clara Stich: Isaura, als Gast. Herr
Schneider: Ramiro, als Debüt.
Am l?*««» erste Gastdarstellung der italienischen Opern-
Gesellschaft.
Mitglieder: Sigr. Ambrogi^ Sigr. Rosi^ Sigr. Guinti^ Sigr. Be-
nedetti^ Sigr. Paltrinieri^ Sigr. Crivelli^ Sigra. Riccü^ Sigra.
Vignöla^ Sigra. Boeri, Sigra. Moltini^ Sigra. Yietti und
Sigr. Boeri.
■) Gegenwärlig 1846 wieder bei dem Stadllhealer gaslirend, erhält
Dem. Lind für jeden Abend ein Honorar von lOO Fr.d'or.
284
Am 18^«" Dem. Beer: Agathe, als Gasl.
Am 3. Juni zum ersten Male: „Mariana," Schauspiel
von Treitzchkc.
Am 6<^'" Sigra. del Carmen Montenegro: Lucrezia
und Sigr. Millrovicci: Don Alfonso, als Gäste bei der
italienischen Oper.
Am 10^*"" Gastdarstellung der kaiserl. Solo-Tänzer Dem.
Adrian ova und Herrn Frederic.
Am Jl*«^^" Sigra. d'Alberti und Sigr. Mei: Desdemona
und Othello, als Gäste.
Am 228^*» zum ersten Male: „Zwei Tage aus dem Le-
ben eines Fürsten," Lustspiel von Dein hartstein.
Am 5. Juli Dem. Tuczek: Amine, als Gast.
Am 6*®» Dem Enghaus: Jahanna d'Arc, als Gast.
Am 21«^^" Herr Härtinger: Raoul v. Nangis, als Gasl.
Am 248^*^» zum ersten Male: „Die CoUecte," Lustspiel
von Kaiser.
Am 11. August Fest-Concert am Tage der Enthüllung
der Beethoven-Statue zu Bonn.
Am 13*«" Fräulein v. Marra: Adina, als Gast.
Am 14*«" zum ersten Male: „Die Müllerin von Burgos."
Am 228*«» 2um ersten Male: „Der Brief aus der Schweiz,"
Lustspiel von Amalia, Prinzessin von Sachsen.
Am 6. Septbr. Dem. Wilhelmi: Johanna d'Arc, als
Gast.
Am 12*«" zum ersten Male: „Die vier Haimonskinder,"
Oper von Balfe.
Am 13*«" Dem. Gäde: Lady Milfort, als GasL
Am 17*«" Gastdarstellung der Solo-Tänzer Dem Fanny
(' e i" r i 1 0 und Herrn St. Leo n.
Am 18*«" Dem. Arthur: Kunigunde, als Gasl.
285
Am 29«t^" zum ersten Male: „Der Sohn des Fürsten/'
Am 4. Octbr. : Declamatorische Vorträge von Sophie
Schröder und zum ersten Male: „Alles durch die Frauen,"
Lustspiel von Herrmann.
Am 9*«" Mad. Schäfer (geb. Reithmeyer): Fidelio,
als Gast. Herr Wilhelmi: Elias Krumm, als Gast.
Am 11*®" zum ersten Male: „Der Schwiegersohn eines
Millionairs,'' von Lembert.
Am 228*««» Mad. Crelinger: Maria Stuart, als Gast.
Am 25»*®" Concert des Herrn Jacob Eben, Virtuosen
auf dem Holz- und Stroh-Instrumente, und Clavier-Concert,
gespielt von dem 7jährigen kleinen Brassin.
Am 29«*®" zum ersten Male: „Nabucodonosor," Oper
von Verdi.
Am 7. Novbr.: Mad. Palm-Spatzer: Valentine, als Gast.
Am 8*®" zum ersten Male: „Der Ruf," Lustspiel von
Benedix.
Am 12*®" Dem. Erck: Klara und Dem. Beneke:
Christine, als Gäste.
Am 17*®" zum ersten Male: „Graf Waltron," militairi-
sches Drama von Ch. Birch-Pfeiffer.
Am 26«*®" zum ersten Male: „Die öffentliche Meinung,"
Lustspiel von Baison. Herr Döring: Buschmann, als Gast.
Am 1. Decbr. Fräulein v. Ostermann: Johanna, als
ersten theatralischen Versuch.
Am 5*®" Gastdarstellung aus dem Gebiete der unterhal-
tenden Physik des Herrn Figer.
Am 7*®" zum ersten Male: „Keine Jesuiten mehr,"
Lustspiel von Dr. Schubar.
Am 10*®» zum ersten Male: „Ein Arzt," Lustspiel von
Wage s.
286
Am 13^«" zum ersten Male: „Abraham," Drama von
Castelli und Seyfried. Die Schlachlscene ausgeführt
von der Kunstreiter-Gesellschaft des Herrn Gautier.
Am 16^*^" zum ersten Male: „Der Schierlingstrank,"
Lustspiel von Friedrich.
Am 19*«" zum ersten Male: „Ein Freundschafts -Bünd-
niss," Lustspiel von Feldraann.
Am 23«**^" zum ersten Male: „Die Matrosen," Oper
von F. V. Flotow.
Am 29«*«" zum ersten Male: „Anna von Oestreich,*'
Schauspiel von Ch. Birch -Pfeiffer.
(Da ich mit Ostern nächsten Jahres diese thealrahsche Chronologie
schiiesse, so folgt hier der Personal-Bestand sämmllicher Bühnen.)
Stadt -Theater.
Direktion: die Herren J. Mühling und J. Com et.
Rechtskonsulent: Herr C. Ä. Dämmert^ Dr. jur.
Theaterarzl: Herr Dr. Ph. Schmidt. Wundarzt: Herr Dr. H. Prösch.
Regisseur der Oper: Herr Schäfer,
Regisseur des Schauspiels: Herr Grunert.
Ausschuss-IVlitglieder: die Herren Schäfer, Gloy und Wurda.
Musikdireklion : Herr Kapellmeister C. Krebs., Herr Spars.
Erster Theatermaler: Herr D^herhes., zweiter: Herr Witte.
Maschinenmeister: Herr Händel., Theatermeister: Herr Schröder.
Zwölf engagirte Gehülfen. Vier Beleuchter.
Kassenwesen.
Kassirer: Hr. Treusein d. ä., Hr. Treusein d. j. — Kassen-
Controlleure: Hr. Holm., Hr. Kalkbrenner, Hr. Schradiek. — Elf
Billet- Abnehmer. — Drei Logenschliesser sammt drei Gehiilfen. —
Inspektion.
Haus- und Theater-Inspektor: Hr. Gertig. — Kassen Inspekto-
ren: Hr. Albrecht ^ Hr. Kalkbrenner. — Beleuchtungs- Inspektor:
287
Hr. Meyer. — Comparsen- Inspektor: Hr. Linden. — Bühnen -In-
spektor: Hr. Feldmann. — Castellan: Ur. Bruh7is. — Requisiteurs:
Hr Möller., Hr. Müller und zwei Gehülfen. — Bibliothek-Inspektor:
Hr. V. Hanno, — Souffleur des Schauspiels: Hr. Neumann, der
Oper: Hr. Franke.
Darstellende Mitglieder.
Herren :
Baison., erste Liebhaber und jugendliche Helden. — Bost, erste
und zweite Bass- und BassbufToparthien. — Brassin^ erste Barilon-
parthien. — Brüning., Bonvivant, komische Rollen. — Frohn., kleine
Parlhien in der Oper und Schauspiel, Chor. — Gerste^ BassbufTo-
parthien, komische Rollen im Schauspiel. — Gloy., Alte, komische
Charakterrollen in Oper und Schauspiel. — v. Gogh., zweite Lieb-
haber, Naturburschen. — Grunert^ erste Intriguants, Väter, fein
komische und serieuse Charakterrollen. — Hermann^ kleine Par-
lhien in Oper und Schauspiel. — Hesse, serieuse und komische
Väter, Charakterrollen. — Hollmann d. ä., zweite Parthien in der
Oper, wie im Schauspiel. — Kaps., erste Tenorparthien. — Köster^
kleine komische Rollen. — Lehr^ erste Bassparthien. — Linden.,
zweite Rollen, Chor. — Löwe^ Alte, Intriguants, Chor. — Peretti.,
Tenorparthien. — Schäfer., erste und zweite Väter. — H. Schnei-
der., erste und zweite Liebhaber. — Wiemann., kleine Rollen in
Oper und Schauspiel, Chor. - Wilhelmi, Intriguants, jugendliche
Rollen. — Wurda, erste Tenorparthien. — Fehringer., Helden und
Väter.
Damen:
Dem. Arthur, erste und zweite Liebhaberinnen. — Dem.
Beneke, zweite jugendliche Liebhaberinnen und Soubretten. —
Dem. Bräutigam, Soubretten in Oper und Schauspiel. — Dem.
Eichbaum, erste Soubretten in Oper und Schauspiel. — Dem. Adel-
heid Erck., erste und zweite Liebhaberinnen, junge Frauen. — Mad.
Fehringer, erste heroische und sentimentale Gesangparthien. —
Mad. Fischer, Mütter in Oper und Schauspiel. - Dem Jacques,
erste und zweite jugendliche Gesangparthien. — Dem. JazedS,
erste colorirte Gesangparthien. — Mad. Klengel, Alte, zweite
Mütterrollen. — Mad. Lebrün, Anslandsdamen. — Mad Lehr, Da-
288
men und Liebhaberinnen. — Dem. Lücke ^ zweite Rollen in Oper
und Schauspiel. — Dem. Schott^ kleine Rollen. — Dem. Sostviann.,
Auslands- und MiilteiTollen. — Dem. Stephanie^ erste Liebhaberin.
— Dem. Wilhelmi^ erste Liebhaberin und Heldin. —
Kinderrollen:
Hertha und Julius Zissig^ J. Firmin.
Balletpersonale:
Ralletmeisler: Hr. Teile. — Solotänzer: Hr. Maximilian Con-
stant. — Zweite Tänzer: Hr. Feldmann., Hr. Wüpper.
Sololänzerinnen: Dem. Chevalier^ Dem. Delechaux, Dem.
Müller, — Figurantinnen: Dem. Corends., Dem. Grosse /. , Dem.
Grosse II., Dem. Hahne ^ Dem. Middendorf., Dem. Pepiaro., Dem.
Rühmann., Dem. Schaaf., Dem. Scholz., Dem. Schott d. j. Zehn
Elevinnen.
Chorpersonale:
Chordirektor: Hr. Schäfer. — Correpetilor: Hr. Kleinschmidt.
Chorsänger, die Herren : Englert, Frohn^ Gerkens., v. Hanno., Holl-
mann I, und //. , Köster., Leubner., Linden., Löwe^ Mentschel,
Mosen, Peltz^ Ritzenfeldt I. und //., Sachs., Wesser und Wiemann.
Chorsängerinnen: Dem. Bading., Dem. Berg, Dem. Beyer, Mad.
Frohn, Dem. Gross, Dem. Grünwald, Mad. Heissner, Dem. Hinke,
Dem. Junge, Dem. Lichtenheld, Mad. Linden, Mad. Löwe, Dem.
Lücke, Dem. Meyer, Dem. Morche, Dem. Rolle, Dem Schott, Dem.
Sostmann und Dem. Zehe.
Bei grossen Opern wird das Chorpersonale durch funfundzwan -
zig Militairsänger verstärkt.
Orchesterpersonale.
Dirigent: Hr. Kapellmeister Kreis. Concertmeister! Hr. Spars,
Correpetilor: Hr. Kleinschmidt.
Musiker.
Violinisten: die Herren Ballin, Beer, Birgfeld, Goltermann,
Graff, Huth, Kayser, Kappelhöfer d.j. Löwenberg, Meyer, Peter-
sen und Spars. Bratschisten: die Herren Otterot, Steinhardt und
Helung. Violoncellisten: die Herren Burgwardt, Liebau und Ka-
biejus. Conlrabassislen: die Herren Poeker, Risch und Heyer.
Harfenisl: Hr. Schaller. Flötisten: die Herren Canthal und Mozen.
289
Clarinelten: die Herren Schramm d.j. imA Süssmilch. Hautboisten:
die Herren JVawcÄ und WoUrabe'^) d. ä. Fagottisten: die Herren:
Bcrthold und Wollrabe d. j, Hornisten: die Herren Boers^ Genzen
d. ä., Genzen d.j. und Kupfer. Trompeter: die Herren: Kuhnert
und Werner. Posaunisten: die Herren Brettschneider und Kappcl-
höfer d. ä. Paucken: Hr. Fricke. Ophiciide: Hr. Thun. Grosse
Trommel: Hr. Schulte. Becken: Hr. Kleinschmidt. Militair-Trom-
mel: Hr. Erhard.
Clavier-Slimmer: Hr. Andresen.
Die Herren Direktoren Mühlin g und Cornet haben
ihren Pachtcontraet am 1. April d. J. gekündigt, um am
1. April 1847 auszutreten, weil sie der überhandnehmenden
Concurrenz wegen, den zur Erhaltung dieses Kunstinstitutes
nöthigen Etat von circa 140,000 Thlr. preuss. Court, nicht
mehr aufzubringen im Stande seien. Deshalb hat das Co-
mit^ der Stadt- Theater -Actionisten eine Aufforderung an
Alle — auch an Nichtkünstler oder Sachkundige **) er-
lassen, welche die Pacht und die Direktion zu übernehmen
Neigung haben ***).
Thalia -Theater.
Am 9. Januar Herr Schirm er: Karl XII., als Gast.
Am 25^*«" zum ersten Male : „Louise ßernard," Schau-
spiel von B. A. Herrmann.
Am 30«ten zum ersten Male: „Lady Harriet," Vaudeville
von Friedrich. Musik von Stiegmann.
Am 27. Februar zum ersten Male: „Aus dem Leben
zweier Sängerinnen," Liederposse von Ewald.
*) Ist bis Anfang nächsten Jahres 1847 /unfzig Jahre engagirtes
Mitglied.
**) Ganz im Sinne Schröder's gehandelt.
***) Siehe Theater-Krisis von 1846 in diesem Buche.
19
290
Am 28"*®" Clavier-Concerl der zwOlfjälirigen Henriette
Zick.
Am 2. April Herr J. Meyer: Alsdorf: als Gast
Am ll*»^" erste Gastdarslellung des Herrn Hendrichs,
früher Mitglied des Stadttheaters.
Am IS'«"' zum ersten Male: „Werner/' Schauspiel von
Karl Gutzkow.
Am 27«<<'" zum ersten Male: „Eduard aus der Vor-
stadt," Drama mit Gesang von Friedrich. Musik von
A. M. Canthal.
Am 5. Mai Herr Louis Schneider: Mauser, als Gast.*)
Am 12**^" zum ersten Male: „Wie denken Sie darüber/'
Posse von R. Hahn.
Am 16*®^ zwei Genrebilder in spanischer, französischer
und deutscher Sprache, von L. Schneider, ausgeführt in
Dialog, Gesang und Tanz von L. Schneider und der
königl. Tänzerin Dem. Schulz.
Am 27«ten Herr Peters: Purzel, als Gast.
Am Sitten Mad. Goltermann: Nettchen, als Gast.
Am 7. Juni erste Vorstellung der französischen Schau-
spieler unter Direktion des Herrn F au göre.
Am 8*®" Gastdarstellung des Fräulein C. v. Hagen.
Am 10*«" Herr Baumeister: Jacob, als Gast.
Am 16*en Herr Carl Müller; Lieutenant Born, als
Debüt.
Am 19*®" erste Darstellung der optischen Nebelbilder
von Professor La seh Ott.
Am 1. Juli Gastrolle des Herrn Jenke, vom Hoftheater
zu Oldenburg.
*) Derselbe, der in der Theater-Krisis eine Hauptrolle mitspielt.
291
Am 2*en Herr C. La Roche: Lorenz Kindlein, als Gast.
Am 7*^^* Gesang- Vorträge der italienischen Sänger:
Sigr. Vielti, Moltini, Benedetti, Meli und Crivelli.
Am ll*e»Dem A. Miller: Charlotte Cloquier, als Gast.
Am 13*^» zum ersten Male: „Der reiche Mann," Lust-
spiel von Dr. C. Toepfer.
Am 23«*^'* erste Vorstellung der englischen Schauspieler,
unter Direktion des Mr. Davenport»
Mitglieder: M'i^s. Davenport, Mrs. Walton^ Mr. Bailey^ Bourke^
Benson^ Marsden^ Grey^ Walton und Thomson.
Am 25«*^" Mad. Günther-Bachmann: Vicomte v,
Letoriöres, als Gast.
Am 298ten Herr Günther: Trouillon, als Gast.
Am 8. August Herr Scholz und Herr Grois als
Gäste.
Am 15*®^ erste Gastrolle des Herrn Pohl.
Am 22«*«» Dem Koven: Pfeffer-ROsel, als ersten thea-
tralischen Versuch.
Am 3. Septbr. Herr F. Seh rader: Schelle und Pfeffer,
als Debüt.
Am 21«ten 2Qni ersten Male: „Eines Hochzeitstages
Fatalitäten," Lustspiel von W. Adel.
Am 22«*en Dem Krüger: Margarethe, als Debüt.
Clavier-Concert des kleinen siebenjährigen Louis Brassin,
Sohn des bei dem Stadttheater engagirten beliebten Bari-
tonisten.
Am 15. Octbr. Gastdarstellung der Solo-Tänzerin Dem.
Chevalier.
Am 21«ten Herr Hessen: Baron Ringelstern, als Gast.
Am 26«t«n zum ersten Male: „Die Auferstandene," von
Adami.
19 *
292
Am 1. Novbr. zum ersten Male: „Der ewige Jude/'
dramatisches Gemälde von Carlschmidl fCarl Schmidt).
Am S*«" erste Vorstellung der Tänzer- Gesellschaft des
Herrn Lehmann.
Am 12*«" erste Gastdarstellung der Signora Alboni.
Am 20*«" zum ersten Male: „Sesenheim, '* Lustspiel
von Christern.
Am 22«*«" Herr Strampfer: Hans Sachs, als Debüt.
Personal-Bestand.
Direktor und Eigenthiimer: H'err Ch. S. Maurice.
Regisseur: Hr. Meyer. — Musikdirektor: Hr. Stiegmann. —
Chordireklor: Hr. Kissner. — Soufleurs: die Hrn. Hentschel und
Arnstedt. — Maschinenmeister und Decoralionsmaler: Hr. Gcbcl. —
Decorationsmaler: Hr. Lucas. — Thealermeisler: Hr. Spitz. —
Garderobier: Hr. Schultz nebst drei Gehülfen. — Kassirer: die Hrn.
Bremer., Krauss und IV. Wörmer. — Beleuchter: Hr. Koch nebst
drei Gehülfen. — Zwei Conlrolleure. -— Zehn Billetabnehmer —
Sechs Thealerarbeiter. — Zwei Illuminateure. — Drei Tischler. —
Thealerarzl: Hr. Dr. Rambach. — Rechtsconsulent Hr Dr. jur.
J. C. Knauth.
Darstellende Mitglieder.
Herren :
Birkhaum., komische Rollen. Czaschke., Väter. Gomansky, erste
jugendliche Liebhaber, Bonvivants. Goppe., erste und zweite Lieb-
haber. Günther, Hellwig und Holtz Aushülfsrollen. Kissner, Väter.
Kronenberg, Laubell, Mantel und Marowsky, Aushülfsrollen. Au-
gust Meyer,*) niedrig komische Rollen. Lud. Meyer, Väter und
Charakterrollen, Müller, erste Liebhaber. E. Schrader, jugendlich-
komische Charakterrollen, Chevaliers, Dümmlinge. F. Schrader.
komische Rollen. Schramm, erste Intriguanls. Schritt, Väter,
Wiener Localrollen. Vorsmann, Locaiparthien. Walzer, Aushülfs-
rollen. Wilke, erste komische- und Charakterrollen.
*) Ein langjähriges beliebtes Mitglied dieser Bühne.
293
Damen:
Dem. Albert und Dem. Ganz, AushülfsroUen, Chor. Dem.
Graff, drille Liebhaberinnen. Dem Cäsarine Heigel, •') erste Lieb-
haberinnen. Mad. Hentschel, Chor. Dem. Herrmann, ersle jugend-
liche Liebhaberinnen, Soubrellen. Dem. Höfer, ersle jugendliche
Liebhaberinnen, Wiener Lokalparlhien. Mad. Hübsch, Anslands-
damen, Heldenmütler. Mad. Kissner- Scheurich, ersle Soubrellen.
Dem. Krüger, zweite Liebhaberinnen. Mad. Meixner, Müller.
Dem Ostermeyer L und IL Dem. Rott (Tänzerin), Dem. Yorsmanu,
AushülfsroUen. Mad. Vorsmann, liomische Alle, Miiller. Dem.
Walzer, Chor. Dem. Wassmann, drille Liebhaberinnen. Mad.
Wilke, Liebhaberinnen. Acht Herren und acht Damen für den
Chorgesang.
Actien- Theater in der Vorstadt St. Pauli.
Comilö.
Präses: Hr. C. Stall, Vicepräses: Hr. Laudi. Protokollisl:
Hr. S. Wörmer. Kassenverwaller: Hr. Schnörkel. Comile'-Mitglie-
der: die Hrn. Beckmann, Billerbeck, Siegler, Stelzer und Zoder.
Technischer Direktor: Hr. //. X. Bartels (führt gleichzeitig die
Regie). Musikdirektor: Hr Schmidt. Secretair und Inspicienl: Hr.
Schunk. Soufleur: Hr. Stephan. Thealermeisler und Decorations-
maler: Hr. Geissler mit fünf Gehülfen. Garderobier: Hr. Baste mit
zwei Gehülfen. Garderobiere: Mad. Geissler mit einer Gehülfin. Fri-
seur: Hr. Wolf. Thealerdiener: Jacob Sachs. Ein Garderobelräger.
Kassewesen.
Erster Kassirer: Hr. Lüders. Zweiler Kassirer: Hr. Breuell.
Kontrolleur: Hr. Burkhard, Acht Billetabnehmer.
Theaterarzt: Hr. Dr. Tempel, sen.
Darstellende Mitglieder.
Herren :
Ahrens, Amberg, Dahm, Feistmantel, Hennies, Heidrich, Jäger,
Koch, Lichtenheld, Mädel, Meixner, Müller, Rocco, Schiemang,
Schmidt, Schmuck und Werner.
') Seit kurzer Zeit verehelichte Mad. Gomansky.
294
Damen :
Dem. BastS^ Mad. Dahm^ Mad. Geisselbrecht und Tochter,
Fraul. V. Geringer, Dem. Kossei ^ Mad. Lichtenheld^ Mad. Metzke,
Dem. Meyer, Dem. Scitützc, Mad. Schütze, Mad. Stephan, Dem.
}yinl(jer. (Tünzerin.)
Kinderrollen:
£'mi7, Heinrich, Auguste und G^eor^f Schütze.
Am 5. Mai d. J. wurde die Buhoe unter Leitung des
leclinischen Direktors Herrn Bartels mit einem Prologe
„Das Theater im Feenreich," von F. Volkmann, und dem
Lustspiele „Feurige Kohlen" von Fr. Adami eröffnet. Der
zahlreiche Zuspruch von Seiten des Publikums, lässt an
dem ferneren Bestehen dieses Unternehmens nicht mehr
zweifeln. Sowohl Direktion als Mitglieder streben, Erstere
durch ein gutes zeitgemässes Repertoir, Letztere durch ein
gerundetes Zusammenspiel dahin, dass das Actien -Theater
einen ehrenvollen Standpunkt in der Theaterwelt einnehme.
Theater in der Vorstadt St. Georg.
Eigenlhümer und Direktor: Herr A. F. Steffen.
Regisseur: Hr. Schmidt C Sackmann ). Musikdirektor: Hr. Hau-
sen. Garderobe-Inspeclor: Hr. Weiss. Soufleur: Hr. Wrede. Deco-
rationsmaler: Hr. Ley mit zwei Gehülfen. Theatermeister Hr. Spar-
gel mit vier Gehülfen. Garderobier: Hr. Vogel mit zwei Gehülfen.
Garderobieren: Mad. Schmidt, Dem. Wendt. Friseur: Hr. Ludolphi
mit zwei Gehülfen. Logenschliesser: Hr. Heun. Controlleurs: Hr.
Hofmann, Mad. Hcwn. Kassirer: Hr. Muchau. Inspector Hr. MwWer.
Drei Billelabnehmer.
Darstellende Personen.
Herren :
liecker, Aushülfsrollen. Bergen, Liebhaber, Charakterrollen.
Bieter, erste Tenorparlhien, Naturburschen. Brauns, komische
Parthicn im Sing- und Lustspiele. Dietzel, gesetzte Liebhaber
295
Köckert und Leitzig, AushüUsroIlen. Reinecke^ Dümmlinge, komi-
sche Rollen. Schmidt^ Charakterrollen. Schwalbach^ Väter, Intri-
guants. Stegau^ Diener, alle Militairs. Weiss ^ erste komische
Parlhien. Wraske^ Väter und Helden, Bassparlhien im Singspiele.
Damen :
iMad. Bieter^ erste Parthien im Singspiele und Vaudeville. Mad.
Brauns^ Anstandsdamen. Dem. Grefe^ erste Liebhaberinnen. Dem.
Krüger^ Jugendliche Liebhaberinnen. Dem. Lange^ muntere Rollen.
Denis. A. und C. Möller^ Nebenrollen. Mad. Rottmayer^ komische
Alte. Mad. Wraske^ junge Mädchen und Liebhaberinnen.
Kinderrollen:
X. Rottmayer, A. Brauns und J. Steffen.
Elisium- Theater in der Vorstadt St. Pauli,
Direktor: Herr C. Hoch, führt gleichzeitig die Regie
des Schauspiels.
Regisseur der Oper: Hr. Brosda. Inspicient: Hr. Zimmermann,
Soufleuse: Mad. Fischer, Decorationsmaler: Hr. Wegener. Ein
Theatermeister mit zwei Gehülfen. Zwei Zettelträger. Zwei Be-
leuchter.
Darstellende Mitglieder.
Herren :
Bosansky, Brosda, Dannenberg, Darmer, Edelhardt, Henrici,
Hoch, Jäger, Koch, Runge, Sandvoss und Simon.
Damen:
Dem. Ahrendt, Dem. Arens, Dem. Borchardt d. ä., Dem.
Borchardt d.j., Mad. Dannenberg, Mad. Fischer. Dem. Hausen d. ä..
Dem. Hausen d. j.. Dem. Hohmann, Dem. Mayer und Mad. Munk.
Altonaer-Stadttlieater.
Direktor: Herr Engelhardt. Stellvertretender Direk-
tor: Herr Graf Carl v. Hahn (par honneur).
Regisseur: Hr. Geissler. Inspicient: Hr. Ludwig. Soufleur:
Hr. Hettelschmidt. Musikdirektor: Ev. Kressner. Orschesterdirigent:
Hr. Dameck. Thealerdiener: Hr. Krüss.
296
Rechtseonsulenl: Hr. Dr. jnr. Held. Thcalcrarzl : Hr. Dr. med.
Schub art.
Kasscnbcainte.
Kassirer: Hr. //. Müller. Ein Conlrollcur und neun Billelab-
nelimer.
Inspeclions- und Garderoben-Personale.
Inspeclor und Decoralionsmaler: Hr. Reissner. Beleuchlungs-
Inspector: Hr. Coldilz nebsl drei Gehülfen. Garderobe -Inspeclor:
Hr. Ilcgahl nebst zwei Gehülfen. Thcalermeisler: Hr. Scimohr nebsl
zwölf Gehülfen. Garderobiere: Mad. Renner. Friseur: Hr. BauchL
Darstellende Mitglieder.
Herren:
Agte., Brandt., Engelhardt., Feitscher, Geissler., Liedtke, Loose.,
Ludioig^ Rausch., Reissner., Schmidt., Valentin und ^Veirauch.
Damen:
Dem. Achilles., Mad. Agte., Mad. Baum., Mad. Brandt., Dem.
Bussdorff, Mad. Müller^ Mad. Plock., Mad. Reissner., Dem. Schmidt
und Mad. Weirauch.
Kinderrollen.
C. Agte., M. Hettelschmidt.
Das Orchester besieht aus zehn engagirlen Mitgliedern und
wird nach Erforderniss verstärkt.
Abgegangen.
Hr. Schmale, Hr. Neuher, Friiul. v. Geringer, Hr. Schütz, Hr.
Bernhardy, Hr. Meissner, Hr. Ilildebrandt, Dem. Grone und Dem.
Kroll.
Als Gäste traten auf:
Hr. Baum, vom Thalia-Theater in Hamburg: Mephistopheles. —
Hr. Bergen: Rath Presser; Elias Krum; Heimann Levy. — Hr.
Bernhardy: Cäsar Freimann, in „Er muss aufs Land." — Hr.
Börner : Spartacus, in „Die Heirath vor der Trommel." — Hr.
Baison, vom Sladttheater zu Hamburg: Egmont. — Hr. Diegel-
mann, vom Theater St. Pauly bei Hamburg: Feuerfuchs; Herr v.
Fett. — Hr. Hendrichs, vom königl: Theater zu Berlin: Bruno, in
„Mutter und Sohn." — Hr. Herrmann : Herr v. Hupfer, in „Stadt
und Land." — Dem. Krüger, vom Stadttheater zu Stettin: Evi,
in „Der verwunschene Prinz;" „Kätchen v. Heilbron;" Marie, in
297
„Die neue Fanchon;" — Lenchen, in „Fest der Handwerker." —
Dem. Herrmann, vom Thalia-Theater in Hamburg: Marielte. —
Dem. A. Lebrün, vom Sladttheater in Hamburg: Franziska, in
„Mutler und Sohn." — Hr. Fr. Meyer: RoUa, in „Dornen und
Lorbeer." — Hr. Paetsch, vom Stadttheater in Hamburg: Bruno,
in „Mutler und Sohn." — Hr. Schneider: Mephistopheles; Lord
Lilburne; Amtsrath Herber; Thomas Fosler. — Hr. Schütz: Lud-
wig XL; Streng, in „Der Steckbrief;" Bambetto, in „Der lustige
Rath." — Hr. L. Wollräbe: Jarvis; Teil; Percival; Olto v. Wit-
lelsbach; Marquis Posa; Graf Wetter v. Strahl. — Dem. Jenny
Lind sang einige Arien, schwedische und deutsche Lieder. — Hr.
Balletmeister Rathgeber, vom Hoftheater zu Rassel, tanzte mit Dem.
Meinke vier Mal.
Die Gymnastiker Smith, Taylor, Kemp und Hollyoak gaben
vier Vorstellungen.
Dienstags und Freitags giebt die Gesellschaft Vorstel-
lung in Glückstadt. In Altona sind die gewöhnlichen Spiel-
tage: Sonntag, Montag, Mittwoch und Donnerstag.
1946.
Am 1. Januar Dem. Rivola: Agathe, als Gast.
Am 10*«" zum ersten Male: „Marie -Anne," Schauspiel
nach dem Französischen von Börnstein.
Am 16*e« Concert des Ciavier- Virtuosen, Herrn Rubin-
stein.
Am 27«ten Concert des Violin -Virtuosen, Herrn Botl.
Am 31«ten „Don Juan" (mit den Original -Recilaliven
und dem Schluss Sextett).
Am 2. Februar zum ersten Male: „Gottsched und Gel-
iert," Lustspiel von Laube.
Am 8. März zum ersten Male: „Ludwig der Vierzehnte
und sein Hof," Lustspiel von Fr. v. Zahlhas. Variationen
für Trompete, geblasen von Herrn Kuhnert.
298
Am 9'«" zum ersten Male : „Der Guilarrenspieler," Oper
von Halevy.
Am 14*«" Herr Tichatsheck: Raoul, als Gast.
Am 15*''" zum ersten Male: „Tartüffc der Jüngere,"
Lustspiel von Heinrich.
Am 16*«" Herr Günther: Octavio, als Gast.
Am 20«*«» Herr Galster: Marcel und Pedro, als Gast
(ist engagirt).
Mit dem 1. April endet das eigentliche Theaterjahr,
weshalb ich hier meine Notizen-Sammlung schliessen muss.
Das Interessanteste neuerer Zeit bildet die diesjährige Theater-
Krisis, der ich einen besondern Abschnitt gewidmet. Bei
den verschiedenen Bühnen hat sich eine grosse Thätigkeit
in allen Zweigen der Verwaltung herausgestellt; man ist
nicht allein bei der Vorführung von Novitäten stehen ge-
blieben, man hat auch dem Einstudiren älterer Stücke eine
höchst nöthige Aufmerksamkeit geschenkt. Carl Lebrün
sagt, und mit Recht: „Die Anforderungen steigern sich von
„Tage zu Tage. Mit ihrer Befriedigung wächst der Durst;
„und während wir nun nicht recht zu wissen scheinen, wo
„hinaus wir eigentlich wollen, erschallt von allen Seiten
„der Ausspruch, das deutsche Theater liege in den letzten
„Zügen. Dazu ist es denn wohl zu jung. Scheint es doch
„vielmehr, als sei es über seine Kräfte und zu hastig vor-
„geschritten, als sehe es sich zu einem „Halt" gezwungen
„und die Nothwendigkeit zu Rückschritten liege am Tage,
„um wieder zu einem Ruhepunkte zu gelangen, von dem
„aus sich aufs Neue, jedoch besonnener und sicherer,
„wieder vorwärts schreiten lasse."
4
4
i
JVichl mit Unrecht wurde diese mit der Hydra ver-
glichen, deren Kopfe sich verdoppeln, jemehr man sich be-
müht, den rechten in's Auge zu fassen ; sie war in mancher
Beziehung dem Banianbaume nicht unähnlich, dessen Zweige
sich zur Erde senkend, immer neue Wurzeln bilden. Bei
der Aufmerksamkeit, welche in unsern Tagen der drama-
tischen Kunst von manchen Seiten her zugewendet wird,
mag es nicht auffallend erscheinen, wenn ein in Bezug auf
die hamburgischen Theater -Verhältnisse neuerlich einwir-
kendes Ereigniss auch in weiteren Kreisen Berücksichtigung
fand und sogar neben den wichtigsten Tagesfragen in den
Spalten der politischen Blätter abgehandelt wurde.
Der Tendenz dieses Buches gemäss, glauben wir am
Besten zu thun, wenn wir eine Zusammenstellung der Ar-
tikel liefern, die für und gegen die verschiedenen Combi-
nationen gedruckt erschienen, um so dem Leser eine un-
parlheiische Uebersicht in der Sache zu verschaffen, und
zwar namentlich durch theilweise Mittheilung der Haupt-
Aufsätze, welche die „Nachrichten^' brachten. Vorbemerkt
muss indess werden, dass die bisherigen Direktoren des
Stadllheaters, die Herren Cornet und Mühling, bei den
Actionairen, denen das Haus gehört, um eine Ermässigung
302
der Pachtsumnie ein gekommen waren und gedroht halten,
im Verweigerungsfalle dieses Gesuches von der Direktion
abzutreten. Später nahmen sie diese Aufkündigung zurück
und wollten zu Gunsten dessen abtreten, der ihnen das In-
ventarium zu einem von ihnen bestimmten Preise abkaufen
würde; wenn diese Bedingung sich aber nicht erfüllte, die
Direktion in der frühern Art fortzuführen. Die Comit^ der
Actionaire wollte jedoch zu einer Ermässigung des Pachtes
sich nicht verstehen und die Kündigung wurde angenommen.
Man schrieb das Theater aus und nun begannen die Um-
triebe und Partheikämpfe. Bevor wir nun zu den Annoncen
schreiten, erlauben wir uns einige Betrachtungen im Allge-
meinen.
Zunächst liegt die Frage: wie kommt es, dass so Viele
von der Ehre des Institutes sprechen und worin ist diese
Ehre zu suchen? Der alte Satz: „Jeder ehrt sich durch
sich selbst/' findet hier auch wohl eine richtige Anwen-
dung. Zu Schönemann's und Schröder's Zeiten war
die Glanzperiode der Hamburger Bühne in künstlerischer
Beziehung, wovon wir vor circa 20 Jahren noch einen
kleinen Nachgeschmack hatten. Seit dieser Zeit aber ist die
Bühne schon an viele Pächter übergegangen, die weder die
vergangene Zeit hervorzaubern, noch die gegenwärtige zu-
frieden stellen konnten. Nach meiner Ansicht liegt es nicht
in der Persönlichkeit des Mannes, der das Ruder lenkt,
sondern in der Thatkraft desselben. Es ist nicht zu ver-
zeihen, mit welcher Nonchalance das arme verwais'te Schau-
spiel behandelt wird, die Herren bedenken nicht, dass eben
hierin die Ehre des Institutes liegt, wenn dasselbe gepflegt
und befördert wird. Was soll die Bühne anders sein als
eine Bildungs-Anstalt! 0! du meia Gott, wie ist es mög-
303
lieh, das Volk durch Opern zu bilden? Jeder gute Keim,
der noch im Menschen verborgen liegt, wird dadurch ge-
waltsam unterdrückt. Die Oper reizt die Sinne mächtig an
und fordert gewissermaasen den Leichtsinn in die Schranken,
während das Schauspiel geeignet ist, den gesunden Kern
des Volkes vor Fäulniss zu wahren und den Geist zu er-
starken. Der Direktor ist der Reformator des guten Ge-
schmacks theatralischer Kunstgenüsse und nur er trägt die
Schuld, wenn das Publikum durch schülerhafte Aufführun-
gen classischer Werke den Magen davon verdorben. Das
Publikum kommt mir vor, wie ein verdorbenes Kind, das
geleitet sein will. Eine langjährige Erfahrung hat mich
belehrt, wie es immer nur an der Leitung des Bühnenvor-
standes gelegen, ob das Publikum entwöhnt oder ge-
wöhnt wurde, das Schauspiel zu besuchen. Die grösste
Hauptsache ist immer, für eine exacte Darstellung zu sor-
gen, richtige Vertheilung der Rollen, gehörige strenge
Proben, so werden Dichter und Darsteller den gewünsch-
ten Eindruck nicht verfehlen. Die Direktion kann freilich
nicht für alle Fächer gute Schauspieler engagiren, sie
kann aber doch den Minderbegabten durch richtige Anwei-
sung und Stellung die Gunst des Publikums erringen helfen.
Mit wie unendlich vielen Sorgen hat der Schauspieler zu
kämpfen, um nur einen einigermaassen erträglichen Stand-
punkt in der menschlichen Gesellschaft einzunehmen. Der
Künstler in einer ewigen Aufregung lebend, zerrüttet nicht
allein seine physischen Kräfte vor der Zeit, nein! auch der
Geist erschlafft, ehe er entkräftet. Käme es dahin, dass die
Bühne überall eine Staats -Anstalt würde, so würden sich
nicht allein die bürgerlichen Verhältnisse des Künstlers
besser, geordneter gestalten, sie würden auch dem grossen
304
StaatskOrper angehörend, sich dieses Vortheils würdig zu
machen suchen. — Beginnen wir nun die erwähnten Aufsätze
mit einem der ersten, der in den „Wöchentlichen Nachrich-
ten" erschien:
Ein Wort zur Zelt
l>ci den jetzigen Theaterzuständen.
Es sind jetzt 25 Jahre, dass die gebildeten Kunst-
freunde Hamburgs zu fühlen anfingen, dass das hölzerne
Schauspielhaus am Gänsemarkt, die darin wallende unan-
sehnliche Oper, das fast nur auf Iffland und Kotz ebne
beschränkte Schauspiel den Anforderungen der Zeit in einer
Welt- und Handelsstadt, der Grösse und der Ehre der Stadt
nicht mehr entspreche. Es vereinigten sich, — wesentlich
auf Betrieb eines wackern Bürgers, — 200 Actionaire aus
dem Kaufmanns- und Gelehrtenstande zu dem Bau eines
neuen Schauspielhauses, in der Absicht, ein patriotisches,
dem Staate Ehre, den Bürgern Erwerb bringendes Werk
zu schatfen. Diese Actionaire erhielten für ihr Capital 4 pCt.
Zinse, den Vortheil eines bestimmten Sitzplatzes im ersten
Rang oder Parquet, zu dem Preise von 150 -^ Crt. für ca.
341 Vorstellungen pr. Jahr, oder das Recht, diesen Vor-
theil für 25 — 30-^ zu verkaufen, falls sie selbst keinen
Gebrauch von demselben machten. Seit sechs Jahren hat
man die Zinse auf 3 pCt. Courant von Banco herabgesetzt,
um das Grund-Capital alljährlich um 3000 _^ ßco. zu ver-
bessern.
In den Händen dieser ersten, edel und patriotisch zu-
sammengetretenen Actionaire befinden sich jetzt nur noch
etwa zwei Fünftheile jener Actien , die übrigen wurden an
den Markt gebracht und zu 7.50 bis 800.^ verkauft, man
erhielt also im glücklichen Falle für 750-j)(Bco. eine Zinse
I
305
von 40 _^ Crl., einen Platz im ersten Rang um 50 -^ billiger
als jeder andere Abonnent, oder 25^ für das Actien-Abon-
nementsrecht und hatte vollkommene Sicherheit für sein Ca-
pital, da diesem neuen Schauspielhause auch die Concession,
dramatische Vorstellungen zu geben, zugewendet ward.
Während das Beispiel aller Städte ohne Ausnahme
nachweiset, dass Theater -Actionaire von jeher Opfer brin-
gen mussten, weil ein solches, wenn man grosse classische
Opern, Schau- und Trauerspiele verlangt, sich nicht durch
sich selbst allein bezahlt (wie die Beispiele von Frank-
furt a. M.^ Braunschweig ^ Bremen^ Biga^ Prag ^ Bor-
deaux^ Lyon, Marseille zeigen), hat man hier mit den
Theater-Actien ein gutes Geschäft gemacht und das hiesige
Theater entbehrt jeder Unterstützung, wie sie die auswär-
tigen Theater von Regierungswegen geniessen. Das lag denn
freilich und konnte nicht liegen in dem Sinne der ursprüng-
lichen Actionaire, — wie man wohlmeinend erinnern darf.
Jetzt soll nun, — sicherem Vernehmen nach, — das
Stadttheater auf dem bestehenden hohen Fuss nicht mehr
zu erhalten sein, weil eine schädHche Concurrenz an meh-
reren Stellen einen bedeutenden Theil der demselben noth-
w endigen Einnahmen absorbirte, und weil die auswärtigen
reich dotirlen Hof-Theater alle gute Künstler um das Dop-
pelte vertheuern und durch Gehalte von 3 — 4000 r^ die-
selben an sich locken und fesseln.
Dabei wird nun diejenige Klasse der Einwohner, welche
Gallerie, Parterre und zweiten Rang besuchen und früher
dem Stadttheater über drei Fünftheile zur Erhaltung bei-
steuerte, jetzt durch aller Arten angepriesene, zum Theil
wohlfeilere Vergnügungen angezogen, das Abonnement der
200 Actionisten übersteigt die Summe von 30,000 ^ Crt.
20
306
pro Aniiü nicht, und es entsieht im Interesse der Kunst
und der Ehre Hamburg's die ernste Frage: „Wie ist der
Bestand eines Kunst -Institutes, welches durchschnittlich
350,000-^ Crt. erfordert, zu erhalten,'' oder:
„Soll das Hamburger Stadttheater jetzt eine Stufe nie-
driger, in secundairer Stellung, verbleiben und kann es in
solcher neben den anderen Theatern, die kleinere Admini-
strationskosten und kleinere Eintrittspreise haben, für sich
allein bestehen?'*
Das letzte dürfte wahrlich nicht im Interesse der Thea-
terfreunde liegen, denn mittelmässige Theater haben wir
bereits im Ueberfluss in Hamburg, jedermann wird viel-
mehr wünschen, dass das Theater besser werde, oder min-
destens bleibe wie es ist, da die Vergleichung mit auswär-
tigen Hoftheatern dem Unsrigen nicht schadet, dasselbe viel-
mehr seinen Standpunkt gehalten hat. Will man das Thea-
ter hier freilich nicht in dieser Comparation beurtheilen,
so verlangt man unmögliches.
Wenn man nun aber annimmt, dass die eigentliche
Mittelklasse der Bürger zur Erhaltung des jetzt noch ehren-
voll dastehenden Theaters drei Fünftheile beisteuert, sollte
man da nicht der Hoffnung Raum geben, dass die Herren
Actionaire aus den reicheren Ständen, eingedenk der ur-
sprünglichen moralischen Verpflichtung gegen ihre Mit-
bürger, vermittelnd einschreiten würden, um das Institut
einigermassen zu sichern; oder sollte man annehmen, dass
alles, was geschehen kann, das sei, dass eine Concurrenz
um einen wohlfeileren Pächter ausgeschrieben würde, und
man nach Belieben unter den Concurrenten wählen wolle,
um die Zinsen des Grund -Capitals der Actien zu sichern,
und gewisse Theater-Eintritts-Vortheile zu behalten.
307
Diese Frage sollte hier nur angedeutet werden, um
den verschiedenen Ansichten Raum zu geben und Entwicke-
lung. Alle Berichte aus der Fremde gehen dahin, dass
überall die Ansprüche der Künstler sowohl als der Zu-
schauer gesteigert sind, — es kann die Zeit kommen, dass
man ohne Opfer zu bringen, ein ehrenhaftes Theater hier
erhalten kann, aber rücksichtslos wäre es doch, ein be-
stehendes Theater geringer Differenz wegen zu gefährden,
oder ohne Grund es fallen zu lassen.
War also die rasche Ausschreibung einer Theaterdirek-
tions-Concurrenz nothwendig, so war sie ein nothwendiger
Fehler; schon deshalb, weil die Presse seit Entstehung des
Thalia-Theaters nichts Angelegentlicheres zu thun hatte, als
die Leistungen und Einnahmen desselben möglichst zu er-
heben und auszupreisen, so dass jeder Concurrent für das
Sladttheater vor einem solchen Rival zurückschrecken musste.
Deshalb ist es kein Wunder, dass, wie jetzt notorisch ist,
kein besonders befähigter und dabei mit reichen Geldmitteln
versehener Concurrent sich gemeldet hat, sondern nur ge-
wöhnliche Theater-Speculanten von Provinzial-Theatern.
Bei der langen Zeit von zwei Jahren hätte man von
der Concurrenz -Ausschreibung leicht Veranlassung nehmen
dürfen, den financiellen Stand des Theaters genau in's Auge
zu nehmen, dann den Actien- Verein und den grossen Mit-
telstand des Publikums für dasselbe zu interessiren und die
Sache unseres Theaters einigermassen nationell zu machen.
Ein Versuch der Art ist nicht gemacht und das Ergebniss
ist, der Ruin des Stadttheater -Credites, in den Augen aus-
wärtiger Uebernehmer. Freilich hatte die Comit^ bei ge-
kündigter Pacht keine directe Verpflichtung ihren Com-
mittenten gegenüber, etwas anderes zu thun, als
20 *
308
neue Pächter zu suchen, aber die Wahl unter den Concur-
renten setzt sie, dem Publikum gegenüber, einer
grossen Verantwortlichkeit aus, weil durch diese das Wohl
und Wehe der Kunst, des einzigen Kunst -Institutes von
Hamburg entschieden wird, welches uns um so mehr am
Herzen liegen muss, als für blosse Belustigung andere Lo-
kale genug vorhanden sind, an welche die Kritik keine An-
sprüche erhebt. Die Anmeldung des Thalia-Theater-Unter-
nehmers, in Verbindung mit dem bekannten und beliebten
Komiker, Herrn Schneider von Berlin, hat zur Paralisi-
rung der beeinträchtigenden Concurrenz, der Idee das Da-
sein gegeben, das ganze Hamburgische Theaterwesen in eine
Hand zu legen, — womit dann die vor wenigen Jahren
so sehr angepriesene Verfügung der Behörden, im Interesse
der Kunst und des Publikums erlassen, vernichtet wäre.
Ohne nach der Kunstbürgschaft dieser Combination zu
fragen, ohne die Inconsequenz der jetzigen Aufhebung des
Concurrenz -Principes in dieser Beziehung zu urgiren, ja
ohne Rücksicht auf die Möglichkeit etwelcher pecuniairen
Garantie, möchte man, vom bürgerlichen Gesichtspunkte
ausgehend, unwillkürlich an die Verlegung der Alster-Bade-
anstalt in die Mitte der Alster hinein erinnert werden, und
diese solcher Maassnahme gleichstellen. Denn die Ge-
stattung der Uebernahme des ganzen Theaterwesens auf
zehn oder zwanzig Jahre, in einer Stadt von 150,000 Ein-
wohnern, in dieser Art, gliche der Creirung eines Monopols,
dem der Bürgersinn im Freistaate widerspricht.
Sollte man in Hamburg nicht 1000 Personen aller Klas-
sen und Stände vereinigen können zu diesem Zwecke, soll-
ten diese nicht geneigt sein, einen Ausschuss von 20 — 25
Personen zu wählen, denen monatlich Bilance und Einnahme
I
309
und Ausgabe vorgelegt, der Repertoir- Entwurf und die
Uebersicht besonderer Vorkommnisse mitgetheilt würde.
Zur Vereinfachung könnte d^r Ausschuss eine kleine Comit^
wählen, so dass der grössere Ausschuss oder das Ganze
nur selten von dieser convocirt würde. Das höchste einer
Beisteuer würde, da das Institut sich und seine Führer
immer selbst erhalten hat, vielleicht in die Bedingung ein-
gekleidet werden können, das jedes Vereins -Mitglied, im
Falle eines Ausfalles, für sechs besonders gewählte
Vorstellungen das Theater zu besuchen sich verbände, und
dafür mit etwa 10^ Crt. subscribirte. Die Direktoren er-
hielten für ihre Mühwaltung ein Fixum und die Verzin-
sung ihres verwendeten Betrieb - Capitals , trügen das Ri-
sico, falls über diese Subscribtions- Betrage hinaus der
Schaden sich beliefe, und der muthmassliche Ueberschuss
würde für alle Eventualitäten als Reservefond angelegt und
die Zinsen dem Pensionsfond überwiesen, namentlich um im
Stande zu sein, einzelne Pensionen für Künstler erster
Klasse erhöhen zu können.
Es scheint aber auf anderem Wege geholfen werden
zu können, das Stadttheater müsste aufhören, Gegen-
stand der Speculation zu sein. So lange man im
Publikum glaubt, dieser oder jener Künstler wird nicht
engagirt, weil die Direktion lucriren und nicht bezahlen
will, so lange das Publikum den vollen Theaterhausstand
und das Budget nicht kennt, so lange wird es misstrauisch
bleiben und sein Wohlwollen der Anstalt nicht zuwenden.
Es müsste deshalb — in zeitgemässer Weise — ein Thea-
ter-Verein constituirl werden, der sich die Aufgabe stellte,
das Stadttheater als nationelles Kunst- Institut aufrecht zu
erhalten, zu überwachen, zu conlrolliren den Pensionsfond
310
linier Aufsicht zu nelimen und zu schützen. Man sollte
denken, dass dann auch das Vertrauen, ohne das kein
Theater bestehen kann, sich einstellen würde.
Kin solcher Verein, zu dessen Constituirung hier nur
Andeutung und Impuls im Interesse des Ganzen gegeben
werden soll, brauchte nur fünf, höchstens zehn Jahre zu
dauern, da in dieser Zeit und bei dem eintretenden grösse-
ren bürgerlichen Interesse der Theaterbesuch und die Lust
am Theater sich mehren müsste, und eine Verpflichtung zu
einem Maximo von 10 o*^ Crt. für sechs Vorstellungen wäre
wahrlich zur Förderung eines acht patriotischen Unterneh-
mens und ehrenhafte Haltung unseres Hamburgischen Stadt-
theaters nicht zu gross zu nennen.
Sollte ein Plan dieser Art nicht gescheuter sein, als
die Vornahme einer Wahl, die w ir vielleicht zwanzig Jahre
lang zu beklagen hätten, gleichwie wir schon die fehler-
hafte Eintheihing des Hauses und dessen Akustik bedauern.
Die erste, grössere Debatte, die sich bald nach diesem
Aufsatze in demselben Blatte entspann, entschied sich für
die Combination: Maurice und Louis Schneider i«
Berlin. Da wir später aber ersehen werden, dass Letzterer
von der Mitübernahme des Stadttheaters plötzlich zurück-
trat, so können wir aus den mitzutheilenden Aufsätzen das
ihn Betreffende wohl füglich ausmerzen und weglassen. Die
Debatte lautet:
Theater « Zustände.
Es hat vielleicht seit Jahren kein anderer Gegenstand
das allgemeine Interesse so sehr in Anspruch genommen,
311
als die bevorstehende Möglichkeit eines Direklions wech-
seis am Stadtthealer , und Dank sei es dem Streben nach
Oeffentlichkeit, kein Gegenstand ist wohl mehr von der
Presse ausgebeutet und nach vielen Seiten hin erörtert wor-
den, als die Direktionsfrage. Jede Zeitschrift, jedes
Tagesblatt öffnete zur Debatte über diese Angelegenheit die
Spalten; und das ist gut — denn nur nach reiflicher Er-
wägung von allen Seiten, nach ausführlicher Besprechung
aller Punkte, kann ein erfreuliches End- Resultat erzielt
werden. So wollen denn auch wir nicht anstehen, unsere
Ansicht frei und unumwunden hier nieder zu legen, einige
der erschienenen Artikel näher zu beleuchten und dann der
betreffenden Comit^ zuzurufen: Prüfet Alles — und das
Beste behaltet.
Es ist die Ansicht ausgesprochen worden, dass mit den
hiesigen Theater-Actien ein sehr vortheilhafles Geschäft be-
trieben würde, während das Beispiel aller Städte ohne Aus-
nahme nachweiset, wie Theater-Actionaire von jeher Opfer
bringen mussten, um ein Kunstinstitut zu erhalten. Das ist
unbestreitbar richtig, nur vergisst man, dass jene Männer
wirklich Theater-Actionaire waren, das heisst, ein
Verein von Actionisten, welche die Direktion führten, jeden
Ausfall in den Einnahmen und Ausgaben deckten und das
Geschäft für eigenes R i s i c o, für eigene Rechnung leite-
ten. Solche Theater-Actionaire haben allerdings nicht allein
bedeutende Einbussen erlitten, sondern sahen sich fast
überall genöthigt, das Unternehmen ganz eingehen zu lassen.
Es ist dies eine bekannte Thatsache, welche wir weiter
unten ausführlicher besprechen und durch Beweise belegen
werden. Ein Anderes ist es mit den Actien-Vereinen, welche
aus ihren Fonds nur ein Theatergebäude aufführen Hessen
312
und dasselbe verpachteten, um aus dem Pachtzins ihre In-
teressen zu ziehen; — diese haben nicht allein keinen
Schaden erlitten, sondern überall sich ganz wohl befunden.
Beispielsweise führen wir das Sladttheater zu Coln an, für
welches der Direktor eine Miethe von 4500 «^ zahlen muss
und dadurch dem Actien- Verein, ohne anderweitige Vor-
theile zu rechnen, sein angelegtes Capital mit 6 pCt. ver-
zinset. Wenn daher andern Orts mit Theater -Actien kein
schlechtes Geschäft gemacht wird, warum will man es
hier Orts einen Vorwurf sein lassen, wenn — man damit
gute Zinsen erlangt.
Man behauptet: das Stadttheater kann sich auf dem
bestehenden Fusse nicht erhalten, weil eine schädliche
Concurrenz demselben einen bedeutenden Theil seiner
Einnahmen absorbire, und weil auswärtige Hofbühnen alle
gute Künstler um das Doppelte vertheuern. — Darauf er-
widern wir: es ist eine ausgemachte Thatsache, dass bereits
früher und namentlich vor vier Jahren, als das Thalia-
Theater noch nicht existirte, die einzige bedeu-
tende Concurrenz mithin noch nicht stattfand, dieselben
Klagen von „nicht bestehen können" laut wurden, ja mit
noch schwärzeren Farben geschildert wurden, als dies heute
der Fall ist; und nur die sehr grossen Einnahmen, welche
plötzlich ein Stück (die neue Fanchon) brachte, konnten
die Direktion bewegen, die Führung des Theaters nicht da-
mals schon niederzulegen. Die Hofthealer waren ehemals
so gut wie jetzt im Stande, durch sehr grosse Gehalte gute
Künstler zu acquiriren; dennoch hatte Hamburg in früheren
Zeiten ein Kunstpersonal, auf das es wohl mindestens eben
so stolz, sein konnte, als auf sein jetziges und dürfte der
Beweis nicht schwer zu führen sein, dass der Etat des
313
Staditheaters in den Jahren 1837 — 1842 bedeutend grösser
war als in diesem Augenblick. — Beide obenerwähnten
Gründe müssen also in sich zerfallen und wenn die Herren
Mühling und Cornet wirklich die Absicht hegen, die
Direktion nicht fortzuführen, so kann wohl weder die Con-
currenz des Thalia-Theaters noch eine auswärtige Hofbühne
die Schuld davon tragen.
Es ist auch gesagt worden: die Presse habe seit Ent-
stehung des Thalia -Theaters nichts Angelegentlicheres zu
thun gehabt, als die Leistungen und Einnahmen des-
selben, möglichst zu erheben und auszupreisen, so dass
jeder Concurrent für das Stadttheater vor einem solchen
Rival zurückschrecken muss. — Ob die Presse weniger
gerecht gegen die Leistungen der neuen Bühne, als gegen
die der älteren ist, wollen wir, obgleich wir stark daran
zweifeln, nicht näher erörtern; jeder urtheilsfähige Leser,
der die Besprechungen über die Leistungen beider Theater
verfolgt hat, mag sich selbst darüber seine Meinung bilden;
so viel ist aber notorisch, dass Concurrenten für das
Staditheater nicht zurück geschreckt sind, denn es haben
sich, wie die öffentlichen Blätter melden, mehre höchst
achtbare Männer zur Direktionsübernahme gemeldet,
Männer, deren Namen einen sehr guten Klang haben
und die mit Geldmitteln wohl hinlänglich versehen sind.
Wenn diese Männer früher der Leitung von Provinz-Bühnen
vorstanden, so ist es ungerecht, ihnen daraus einen Vor-
wurf zu machen. Dass man ein sehr achtbarer Mann
und tüchtiger Theater-Direktor sein kann, selbst wenn
man nur eine Provinzialbühne geleitet hat, beweis't wohl
das Beispiel des Herrn Mühling, der vor seiner, jetzigen
Stellung auch nur Direktor einer Provinzialbühne war.
314
Uebeihaupt scheint uns die ganze Concurrenz um das
Stadllliealer selir illusorisch, da von Seiten der abtretenden
Herren Direktoren die in den Pachtbedingnngen nicht vor-
konnnende Forderung gestellt ist, das alte Inventariuni mit
zu übernehmen und dieser Forderung Seitens der Comit^
aus Billigkeitsrücksichten nicht entgegentreten wird. Unse-
res Dafürhaltens kann kein Unternehmer sich finden, der
auf die Bedingung eingeht, 160 — 180,000 ^ dafür zu zah-
len. Ein solcher Fall ist auch, so viel uns bekannt, bei
andern Bühnen bis jetzt nicht vorgekommen. Jeder Direk-
tor hat einen Apparat nöthig; jedes Theater muss seine
Garderobe, Bibliothek, Decoration, Requisiten etc. haben;
der Direktor muss sein Betriebskapital dazu verwenden, er
kann sonst nicht existiren; er zieht während seiner Direk-
tionsführung den Nutzen davon, und muss nach Niederlegung
derselben den eventuellen Schaden tragen. Wenn die Herren
M. und C. eine sehr grosse Summe bei Antritt der Direk-
tion ihren Vorgängern bezahlt haben, so kauften sie dafür
(wie auch der Artikel im Freischütz richtig bemerkt) nicht
allein Garderobe, Decorationen etc. sondern sie
kauften das Recht der Concession, das ihre Vorgänger
erwarben, denselben ab, sie erkauften das Recht, theatra-
lische Vorstellungen geben zu dürfen, sie erkauften jeden
möglichen Gewinn, der ihnen aus der Geschäftsübernahme
erwachsen konnte. — Jetzt erkauft der neue Unternehmer
von der Co mite, welcher die alte Direktion freiwillig
und wiederholt gekündigt hat, das Recht der Concession,
das Recht auf Gewinn und Verlust zu speculiren.
Wir sagen mit Vorbedacht: speculiren, denn auch Schrö-
der, H/erzfeld, Schmidt, Lebrün, Mühling specu-
lirlen. Nur Kunst-Institute, die aus der Kasse eines Fürsten
315
dotirt sind, die von ihm erhalten werden, können nach
Wunsch oder Laune des Erhalters geleitet werden;
Privat -Unternehmungen, welche von der Theilnahme des
Publikums abhängig sind, müssen speculiren, und Spe-
culation eines neuen Direktors muss es sein, dass er, wenn
er nicht im Stande ist zu sehr gemässigtem Preise
das Inventarium seines Vorgängers zu erwerben, um zu
dem vorhandenen Alten sehr viel Neues anzuschaffen,
lieber das ganze Inventarium neu anfertigen zu
lassen, welches er ohne Zweifel für die Summe beschaffen
kann, die hier für Altes und Abgenutztes gefordert
wird. — Nach diesem Princip handelte Hr. Dr. Schmidt
bei Antritt seiner Direktion in Leipzig und Herr Ringel-
hardt war genöthigt seine kostbare Garderobe etc. zu
behalten; eben wie Herr Mühling seinen reichen und
glänzenden Apparat aus Köln nach Hamburg mitnehmen
musste, da sein Nachfolger ihm denselben nicht abnehmen
wollte. Auch in Mainz war Herr Remie genöthigt seine
schöne Garderobe einzupacken, da sein Nachfolger Herr
Löwe, es vorzog, neue Effecten anzuschaffen. Es ist
überall so gehalten worden; nur in Hamburg stellt man
eine Bedingung die unausführbar ist. — Ist also die Direk-
tion des Stadttheaters nicht ohne Mitübernahme des Inven-
tars (zu dem geforderten enormen Preise) zu erlangen, so
dürfte auch wohl Niemand sich finden, der den gegen-
wärtigen Herren Direktoren in den Weg träte und also ist
die Ausschreibung der Concurrenz — nur illusorisch. —
Man hat gesagt: der mögliche Fall, die Comit^ könne
den Herren Maurice und Schneider die Direktion über-
liagen, heisse das Kunstwesen monopolisiren. Man fragt
nach den Kunstbürgschaflen dieser Combination und zugleich
316
nach pecunairer Garantie. — Nach unserem Bedünken ga-
ranliren für Beides die Namen der Genannten. — Herrn
Maurice wird man das Prädicat eines äusserst prakti-
schen, umsiclitif^en und tliaiigen Geschäftsmannes wohl nicht
streitig machen w ollen, da er als Direktor des Thalia-Theaters
das Problem gelOs't hat, in dem kurzen Zeiträume von zwei
Jahren, seine Bühne dergestalt zu organisiren, dass dieselbe
im In- und Ausland als geachtetes Kunst -Institut dasteht,
dass das Publikum, welches die Hallen des Stadttheaters
besuchte, mit Vergnügen in den Räumen dieses freundli-
chen Musentempels sich heimisch fühlt, und dass die ersten
Künstler sich zum Gastspiel auf diese Bühne drängen.
Wer die Schwierigkeiten kennt, die dem Emporblühen
einer neu begründeten Bühne entgegenstehen, wird es auch
erkennen, was Herr Maurice geleistet, indem er in so
kurzer Zeit dem so lange bestehenden Stadttheater einen
gefürchteten Rivalen geschaffen hat. — Wir halten uns
überzeugt, dass die Herren Maurice und Schneider es
als Ehrensache betrachten würden, der Stadt Hamburg
eine Kunstanstalt zu geben, welche ruhmwürdig in der
Reihe der ersten Bühnen Deutschlands ihren Platz einnimmt.
Es könnte alsdann allein der tragischen Muse im
Stadttheater gehuldigt werden. Das Trauerspiel, das
höhere Drama, das grosse Schauspiel, die serieuse
und komische Oper, das Ballet, v^ürden hier vorzugs-
weise floriren, wälirend die Räume des freundlichen Thalia-
Theaters der leichten französischen Operette, dem feinen
Lustspiel, dem Vaudeville und der Posse geöffnet
bleiben. Wir stehen nicht an es auszusprechen, dass aus
einer solchen Combinalion der Kunst Vorlheil erwachsen —
und dem Pubiikinn die höchsten Genüsse dargeboten wer-
I
317
den konnten — Genüsse, wie in Wien und Paris, da alsdann
hier wie dort jedes Genre auf seinem eigenen Grund
und Boden tloriren würde.
Es wird endlich auch der Vorschlag gemacht, dass
sich 1000 Personen aller Klassen und Stände vereinigen
mochten, jährlich einen Beitrag von 10«^ in die Theater-
Gasse zu zahlen; dass aus diesen 1000 Personen 20 — 25
gewählt werden sollten, welche eine Comitd repräsentiren,
der monatlich Bilanz, Einnahme und .Ausgabe vorgelegt,
so wie der Repertoir-Entwurf und die Uebersicht aller be-
sondern Vorkommnisse mitgetheilt würde, oder die (mit
dürren Worten) eine vollständige Theater-Comitö bildeten,
die den Direktor in Gage nehmen, und „ihr Wort" mit
zureden hätte. — Von allen Uebeln, die Mas Stadttheater
betreffen könnten, wäre die Ausführung dieses Vorschlages
— das schlimmste und Gott möge das Theater, auf dem
einst Schröder gewirkt — vor solchem Unglück bewah-
ren. Die Erfahrung aller Zeiten und aller Orten hat ge-
lehrt, dass eine „mit Sitz und Stimme berechtigte" Theater-
Comit^ der Uebel grösstes ist und keine ist bis dato
probehaltig befunden worden. — Die Sitzungen einer
Theater - Comit^ glichen stets einem polnischen Reichstage
und das Ende jeder Bühne, der eine solche Comitö vor-
stand, war der Ruin des Unternehmers. Herr Mühling
hat selbst die Dornenkrone eines technischen Direktors
bei einer Theater- Actien-Comite getragen und wird nicht
anstehen das hier Gesagte zu bekräftigen. Die vereinigten
Actionaire von Aachen und Köln setzten während etwa acht
Wochen an 10,000 4) z», dann musste das Unternehmen
auf- und Herrn Mühling in Pacht gegeben werden. Die
Actien- Direktion des königst. Theater in Berlin, welche
318
während fünf Jahre sieben Mal gewechselt wurde, verspe-
(Uilirte von 1824^ — 1829, während der glänzendsten Theater-
Epoche die je in Berlin existirle, ihr ganzes grosses
Capital, und hätte Herr Cerf nicht energisch eingegriffen,
indem er für eigene Rechnung und Gefahr die Direktion
übernahm (und später auch sechszehn Jahre lang führte)
so hätte im Herbst 1829 der Bankerott erklärt werden
müssen. — Das Theater zu Frankfurt a/M. kostete seinen
Actionairen jährlich grosse Summen und drohte den-
noch zu sinken, bis die Actionaire so gescheut waren, es
den Herren Guhr, Malss und Meck zu überlassen, die
sich jetzt recht gut dabei stehen. — In Bremen wurde
vor ganz kurzer Zeit ein Actien-Theater errichtet und jetzt
schon ist es dem Herrn Engelken zur Pacht angeboten
worden, da es sich sonst nicht mehr halten kann. Vor
unsern Augen lehrt uns das Theater zu St. Pauli, wenn
gleich im Kleinen, was eine Comit^-Verwaltung sagen will.
Welche Fata hat dies kleine Theater schon erlebt
auch dort ist die einzige Rettung: Verwaltung. — Wir
wären im Stande, noch die Bühnen zu Breslau, Riga etc.
anzuführen — doch das Gesagte wird genügen. — Selbst
ein mittelmässiger Direktor könnte dem Stadttheater nicht
so gefährlich werden, als eine Theater-Comit^ mit der Be-
rechtigung, die Leitung zu führen — oder auch nur zu
überwachen. Soll für das Stadttheater durchaus eine pecu-
naire Unterstützung beschafft werden, so würden wir eher
vorschlagen, eine Sammlung wie für den Nicolai-Kirchenbau
zu veranstalten, dieselbe der Direktion pure zu übergeben;
ihr die Verwendung überlassend, sie nicht aber von der
Laune und der Willkühr einer verwaltenden Theater-Comit«^
abhängig zu machen. — —
319
N ,
Darauf erschien in No. 21 der „Nachrichten" die fol-
gende Engegnung:
Errata
im Artikel „^^cnter-^uetanöc" No. 17 d. W. G. N.
Es wird von einer Seite her — der Gehör verlangen-
den altera pars in hiesigen und auswärtigen Blättern dar-
gestellt, dass die Direktionswahl schon im Stillen beseitigt
und nur noch illusorisches Manoeuvre sei. Einsender kann,
nach officieller Erkundigung, die Insinuation auf's ernst-
lichste widersprechen, und es scheint ihm auch, als ob die
Behelligung des Publikums mit der damit in Verbindung
gebrachten Inventariumsache , weil diese Privatsache, eine
durchaus ungehörige sei. Um aber auch hierin aufzuklären,
diene zur Nachricht, dass beim Eintritt der Herren Miih-
1 i n g und C o r n e t diese ebenfalls gegen die grossen Inven-
tariumskosten protestirten, unter Anführung derselben Gründe,
die man andererseits vorlegt, dass sie aber dennoch das In-
ventarium in Bausch und Bogen ohne Untersuchung als Ga-
rantie für Führung und Mielhe für die Concession als
Einkaufs summe bezahlen mussten. Für den Eintre-
tenden ist es nun gewiss gleich, ob diese Concession oder
die Anwartschaft auf dieselbe von der Comitd oder von
dem vorigen Direktor verkauft wird. Die schon im ältesten
Rechte gegründete, in Hamburg nie verkannte Äequkas gab
aber die Beruhigung, dass auch jetzt die Concession nicht
anders wie ehemals vergeben werden würde, zumal die
Herren Mühling und Cornet im guten Glauben und vor
der später erstandenen Concurrenz sich solchergestalt ein-
kaufen mussten und nichts verschuldet haben, dass sie,
jetzt in ihrer Führung unvorhergesehenermaassen beein-
trächtigt, bedingungsweise kündigen mussten. Also: es
320
ist nicht eigenllich vom liiventarkaufpreise die Rede, der
nur nominell figurirl, sondern wesentlich von der Ein-
kauf- und Ablösungssumme zur Erwerbung der Di-
rektion.
Erstes Erratum. Es ist deshalb die Ausschreibung
der Concurrenz nicht illusorisch, weil die Concurrenten
um die Ablösungssumme feilschen, denn es handelt sich um
nichts als das Mehr oder Weniger der Ablösung. Auch
haben sich, wie man erfährt, bereits Käufer gemeldet,
welche Hamburg vor einer Dictatur und General -Direktion
des ganzen hiesigen Theaterwesens, gegen welche der Bür-
gersinn nun einmal entschieden auftritt, schützen.
Zweites Erratum, Die Erfahrung aller Zeiten hat
nicht gelehrt, dass eine mit Sitz und Stimme berechtigte
Theater-Comitö „der Uebel grösstes ist." Braunschweig
hatte von 1817 bis 1827 als bezahlten artistischen Direktor
den Dr. Klinge mann unter und neben einer Comilö.
Sowohl die Verwaltung, als die artistische Leilung wiesen
es aus, dass diese Verwaltung die beste öconomische und
nationale war. Dieser Zeit und dem in ihr gewonnenen
Vertrauen verdankt Braunschweig noch jetzt sein beliebtes
Theater. Dass mit solcher Verwaltung auch Missbrauch
getrieben werden kann, beweiset nichts, eben so wenig als
ein solcher, eintretend, in allgemeinen democratischen oder
constitutionellen Regierungen ihren Werth bestimmen würde.
Drittes Erratum. Den Etat des Stadttheaters be-
treffend, dieser war nach officieller Aufgabe:
1827 an Gagen, Beneficen und Orchester 4 179,299. 13;^
1837 do. d . do. „ 201,000. 14 „
1844/45 do. do. do. und
Spielhonorar „ 236,822. 2^ „
321
Von 1837 bis 1842 existirte keine hiesige Concurrenz
und dennoch wuchs der Gagen -Etat so hoch, dass die
Furcht der Direktion keine ungegründete genannt werden
konnte. In den zehn Jahren 1827 — 1837 stieg der Gagen-
Etat um 21,701 ^ l ß, in den letzten sieben Jahren um
35,821 ^4^/?. Eine Folge des von Hofrath Küstner
eingeführten Corruptions-Systems.
Viertes Er rat um. Mit Namen leistet man keine
Bürgschaft, weder in artistischer noch in pecuniairer Bezie-
hung, sie geben höchstens Zutrauen, dennoch sind sie nun
einmal von der anderen Seite genannt. Nur die Erfahrung
aus einer wirklich viele Jahre geführten Direktion und Ca-
pitalien garantiren. Herr Schneider hat bis jetzt nie eine
Direktion geführt, Herr Maurice aber hat nur bewiesen
(was die Herren Carl und Pokorny in München und
Wien auch bewiesen), dass man mit kleinen auf die Masse
speculirenden Theatern, bei geringen Eintrittspreisen, einem
grösseren Kunst - Institute , mit grösseren Kosten und mit
grösseren Kunstansprüchen schaden könne, wenn man alle
Mittel herbeizieht, nicht aber, dass er ein besseres Theater
— quantitativ und qualitativ — herstellen könne, als das
Stadttheater gegenwärtig ist. Aus der für ihn geäusserten
Klage, dass man für ein altes Inventarium nicht so grosse
Summen geben könne, weil man durch ein neu geschaifenes
mehr Geld zu gewinnen im Stande sei, geht eben die Art
und Weise hervor die Carl und Pokorny ausbeuteten,
durch Aeusserlichkeiten und Flitterstaat auf den Materialis-
mus des Publikums zu speculiren. Will man unserer Mei-
nung nach — die Theater -Sache nicht absichtlich ver-
wirren, wie das die vagen Behauptungen des Artikels:
„Theater -Zustände" bezwecken, da sie entweder nichts
21
322
beweisen oder irrig aufgestellt sind, so bleibe man bei der
Sache stehen ohne direct die gegenwärtige und zukünftige
Direktion hineinzumischen.
Die Sache ist aber die: wird, bei der andererseits ver-
fochtenen Direktions-Combination, die Kunst und das Publi-
kum in einem oder höchstens zwei Jahren (nachdem der
erste Rausch über schöne Decorationen, Costüme etc. ver-
schlafen ist) durch ein Theater -Monopol eine würdigere
Kunstanstalt, ein höheres Vergnügen, eine grössere Abwech-
selung haben, oder dürfte das ganze Publikum dann den
egoistischen Berechnungen einer allmächtigen Bühnen -Dic-
latur anheim fallen, die sich mit dem Flor des Thalia-Thea-
ters endigen und sehr bald schon das neue Schauspielhaus
seinem Schicksale Preis geben würde.
Wo mit Behauptungen und irrigen Angaben gefochten wird,
da kann man wohl der Furcht Raum geben, dass das, was
heute plausibel gemacht, nach 5 Jahren beklagt werden wird.
E.
Inmitten dieser Partheikämpfe, die von fast allen Blät-
tern mit mehr oder minderer Ruhe geführt wurden, mach-
ten die wuthtobenden Aufsätze mit H u. s. w. bezeichnet,
welche von Zeit zu Zeit wie Oel in's Feuer gegossen wer-
den sollten, eine fast erheiternde Wirkung. Wir haben
nicht mehr Raum genug, auch diese Annoncen mitzutheilen,
vielmehr müssen wir uns, um das H doch nicht ganz
entschlüpfen zu lassen, auf folgende Zuschrift beschränken,
welche aus der eigenen Steindruckerei des Herrn Hertz
in vielen hundert Exemplaren hervorging.
Uiientg^eldliclie ilLb§chrift.
Nach dem Plan der, im Jahre 1822 errichteten, Actien-
Gesellschaft zum Bau des neuen Schauspielhauses heisst es
I
323
in den Artikeln 1, 7 und 19 unter Anderem: „Der Zweck
dieser Vereinigung ist, ein neues, den Bedürfnissen ent-
sprechendes Schauspielhaus zu erbauen, und fortdauernd
zu erhalten." — „Die Comit^ ist ermächtigt alle Massre-
geln zur Erlangung des neuen Schauspielhauses
zu ergreifen, deshalb alle Contracte zu schliessen, und
überhaupt alles zu thun, was die ihnen aufgetragene
Verwaltung mit sich bringt." — „Der Actionisten und
der Comitö Verhällniss zur Direktion ist nur das eines
Vermiethers zum Miether." — In einer in No. 275
der w. g. Nachrichten erlassenen Aufforderung seitens der
Comite der Actionaire des Stadttheaters (? — ) heisst
es aber unter Anderem: Es werden daher diejenigen
welche vom I.April 1847 die Pacht und die Direktion
(!?) zu übernehmen geneigt sind, eingeladen etc.
Abschrift der Bedingungen, unter denen die Comit^ zu con-
trahiren bereit ist, kann gegen Erstattung der Co-
pialien den Pachtlustigen zugestellt werden ect.
Hierauf schrieb der Unterzeichnete:
j^n bie lablif^e Cumite trer -SVcttonatre tuft ^tatitt[)caUxs.
Bevor man sich geneigt fühlen kann, auf Ihre ge-
ehrte Einladung in den gestrigen Nachrichten einzuge-
hen, bedarf es wohl mindestens einer Einsicht in die
Bedingungen unter denen nach Ihrer freien Wahl con-
trahirt werden soll, und ich bitte daher, mir solche
gegen Erstattung der Copialien gefälligst zustellen zu
lassen.
Hochachtungsvoll ergebenst
]ft, 'S. Mertz,
Die darauf am 25. Novbr. erfolgte Autwort lautet:
21 *
324
Herrn Jfl. S. Miert^.
Da die Verhältnisse der Comit^ nicht gestatten
wollen mit anderen, als wirklichen Bewerbern über
die Pacht des Staditheaters in Verhandlungen zu
treten, so bedauert sie Ihnen die gewünschte Abschrift
der Pachtbedingungen nicht ertheilen zu können.
Pic (JTomitc tfev ^ctxanaxxe Ires <$'tat>ttl)eatfr0.
Am 26«^*'" erwiderte ich wie folgt:
In Erwiderung Ihres geehrten Schreibens vom 25«*^"
kann ich, aller Ihrer hohen Einsichten gebührenden
Achtung unbeschadet, nicht begreifen, wie Sie aus
meiner Anmeldung haben ersehen mögen, dass ich
kein wirklicher Bewerber um die ausgebotene Pacht
des Stadttheaters sei?, und da mehrere Actien-Inhaber,
denen ich beide Schreiben vorgelegt, in denselben keine
Veranlassung zu solcher Vermuthung gefunden haben,
so kann und mag ich gegen Ihr, eben so unbilliges
als eigenmächtiges Verfahren, zu meiner Genugthuung
nichts weiter thun, als das Gesehene so viel als mög-
lich zu veröffentlichen.
Mit Achtung ergebenst
JfM, S. MMcTtz,
Nach alle dem sollte man wohl mit Recht schliessen
dürfen, dass es der Comit^ mit einer anderweitigen Ver-
pachtung überall nicht Ernst sei, dass vielmehr die Herren
Mühling und Cornet sich bewegen (hört! hört!!)
lassen werden, die Direktion ferner zu behalten, in wel-
chem Falle es dem Unterzeichneten nur angenehm sein
kann, seine wirkliche Bewerbung sofort aufgegeben
zu haben. H.
325
Trotz aller solcher Umtriebe fiel die Wahl in der
Versammlung der Actionaire, am 26. Februar 1846, mit
76 Stimmen auf die Herren Maurice und Schneider.
Die Herren Mühling und Raison (da Herr Com et
freiwillig zurückgetreten war) bekamen 43, die Herren
Gloy und Wurda 10 Stimmen.
Da mit einem Male erfolgte der Rücktritt des Herrn
Schneider. Auf dringendes Ansuchen des Königs in
einer persönlichen Audienz, entschloss er sich, in Berlin
zu bleiben. Ohne uns hier näher über die Gründe und
Gesinnung solcher Ablehnung auslassen zu wollen, möchten
wir nur beweisen, dass nun gerade eine friedliche Lösung
der so verwickelt gewordenen Frage ganz nahe lag.
Unbestreitbar festzustellen war zuförderst die Grund-
lage, dass Herr Maurice, nun nachdem er und Schnei-
der mit so glänzender Majorität gewählt worden, nun
nachdem das Vorhaben so weit gediehen und für ihn durch
den weiten Kreis der Besprechung, den es gefunden, zur
Ehrensache gesteigert worden, doch unmöglich von der
mühsam und redlich errungenen Höhe herabgestürzt wer-
den konnte, weil sein Freund Schneider (wir wollen
annehmen durch die Verhältnisse, deren Sclaven wir ja
Alle sind, geboten) sein Manneswort gebrochen. Das wäre
doch die schreiendste Ungerechtigkeit gegen einen, in jeder
Beziehung achtungswerlhen Mitbürger, der Alles einsetzte,
weil es einem ehrenvollen Emporschritte galt, ja, nicht
achtend all' der unverdienten Kränkungen, die einmal jedem
Fortstreben hemmend in den Weg treten, selbst da noch
zu den humansten Vergünstigungen sich verstand, als die
sich ihm entgegenstellenden Hemmnisse so ganz und gar
günstig für ihn beseitigt waren, und der, obgleich er das
326
Ungewiller von ferne heranziehen sah, bis zum letzten
Augenblicke mit edlem Eifer für das begonnene Werk
durchdrungen war und auch durchdrungen l)leiben wird.
Ihm jetzt das Recht auf die neue Leitung absprechen zu
wollen, hiesse ja dem schwankenden Charakter, der Un-
nulnnlichkeit das Wort reden, und wäre es in solchem
Falle klug und gerathen, auf Umwegen eine vielleicht lebens-
länglich glänzende Stellung sich zu erringen und dann, die
Arglosigkeit und Gutmüthigkeit eines Freundes missbrau-
chend, diesen, mitten im wildbewegten Sturme, seinem
Schicksale zu überlassen.
Mehr aber noch in seinen Ansprüchen bestärkt, wurde
Herr Maurice durch seine f von Herrn Schneider selbst
gewünschte) Vereinbarung mit Herrn Bai so n, einem Manne
und Künstler, für den sich, als er so urplötzlich zur Direk-
lionswahl sich meldete, Publikum und Presse so unbedingt
günstig aussprachen und durch dessen Mittheilnahme nun
ja schon gleich, der vielfach — und wohl mit Recht ge-
machte — Vorwurf wegfiel, dass man einem Fremdling
in unserer Mitte, einem Manne, der anderswo sein glän-
zendes Auskommen habe, den Vorzug vor hiesigen Familien-
vätern eingeräumt, die doch wohl das erste und beste Recht
auf die neue Erwerbsquelle gehabt hätten. Aber auch die
Corabination Mühling und Raison, die bei Abstimmung
der Actionaire ein, den Verhältnissen nach günstiges Re-
sultat erzielte, war durch die Bewerbung des Letzteren
mit einem Schlage vernichtet; Herr Com et schied frei-
willig aus und die übrigen Anmeldungen hatten sich so
wenigen Anklanges zu erfreuen, dass an eine Wiederauf-
nahme ihrer Anträge kaum zu denken war, abgesehen
davon, dass das Unternehmen dadurch am Ende so weit
I
327
in die Länge gezogen worden wäre, dass die neue Direktion
die vielfach nölhigen Vorbereitungen bis Ostern 1847 nicht
mehr treffen konnte, und somit die ganze Existenz des
Theaters bedroht gewesen.
Am 16. Mai wurde zur neuen Wahl geschritten. Es
entspannen sich dabei lebhafte Debatten. Herr Dr. Heck-
scher sprach gegen die Vereinbarung, Herr Dr. Knauth
für dieselbe. Herr Dr. Eden, der Anwalt der abgehenden
Direktion, trug um Verlängerung des bestehenden Contractes
bis Ostern 1848 an und als diese Proposition abgelehnt
wurde, übergab er ein Schreiben des Herrn Mühling,
worin dieser seinen Rücktritt von der Bewerbung anzeigte.
Es wurde nun zur Ballotage geschritten und die Herren
Maurice und Baison erhielten 84, die Herren Wurda
und Marr 27 Stimmen.
Die Herren Maurice und Baison sind nun also, von
Ostern 1847 an, vorläufig auf zehn Jahre, Direktoren des
Hamburger Stadttheaters.
328
Berichtig' II 11 g*.
Mad. Com et, geb. Exner, sang im Juni 1821 die
Sophie im Sargino — nicht die jetzige Frau des Herrn
Cornet, welche als Dem. Kiel im Jahre 1825 als Sar-
gino zum ersten Male, in dem Alter von 16 Jahren, in
Hamburg debütirte. Mad. Cornet, geb. Exner, war
Altistm und starb 1823. Mad. Cornet, geb. Kiel, hei-
rathete 1826 im März und kam als solche in das Engage-
ment nach Hamburg.
CONRAD MÜLLERS Blichdruckerei.
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