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Full text of "Lustspiele des Terenz; in freyer metrischer Uebersetzung"

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PURCHASED FOR THE 


UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY 
FROM THE 
CANADA COUNCIL SPECIAL GRANT 
FOR 


DRAMA 
1968 


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komiſchen Dichter Roms 
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freyen metriſchen Ueberſetzungen. 


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Leipzig, 


bey Georg Joachim Goͤſchen. 1806. 


Luſtſpiele des Terenz 


freyer metriſcher Ueberſetzung— 


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1. Die Brüder. 2. Die Mobhrin. 


3. Der Selbſtpeiniger. 


Leipzig, 


bey Georg Joachim Goͤſchen. 1806. 


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Perſonen. 


Micio, ein Alter. 

Demea, deſſen Bruder. Ein Alter. 

Aeſchinus, Demeas älteſter Sohn. Micios Pflegeſohn. 
Steſiphon, Aeſchinus Bruder. Demeas zweyter Sohn. 
Soſtrata, die Mutter von Aeſchinus Geliebten. 
Santhara, Soſtratas Vertraute. 

Eine Sklavin, Cteſiphons Geliebte. 

9 egto, ein Alter. Soſtratas Verwandter und Freund. 
Syrus, Aeſchinus Diener. 

Geta, Soſtratas Diener. 

Sannio, ein Sklavenhändler und Kuppler. 

Strato, 

Dromo, 
} Sklaven. 


Parmeno, 


eEtephanio, 


Das Stuck ſpielt in Athen. 


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Erklaͤrung der Kupfer, 

In Weimar hat man bey der Vorſtellung des 
Stuͤcks: Die Bruͤder, in der Figur des Micio, fo 
viel die Erforderniſſe des Theaters zuließen, das 
wirkliche Koſtuͤm eines wohlhabenden Athenienſiſchen 
Bürgers benzubehalten geſucht, und daher helle Far— 
ben zur Kleidung gewaͤhlt; ein weißes Unterkleid 
und gelben Mantel, jenes mit Gold, dieſen mit Pur⸗ 
pur beſaumt. Die Sohlen ſind zierlich ebenfalls mit 
rothen Baͤndern an die Fuͤße gebunden. 

Um zu bezeichnen, daß Demea vom Lande kommt, 
hat derſelbe anſtatt des Mantels einen Schafpelz 
um; der gewöhnliche Reiſehuth hängt zuruͤckgewor⸗ 
fen auf dem Rüden, und das Unterkleid mit langen 
Ermeln hat eine dunkle Farbe, jedoch iſt daſſelbe 
ebenfalls mit Purpur beſaumt, um den vermoͤgen⸗ 
den Mann anzuzeigen. Der oben gekruͤmmte Stab, ö 
welchen Demea in der Hand haͤlt, deutet, ſo wie 
die kurzen Stiefeln, womit ſeine Fuͤße bekleidet ſind, 
den Landmann an. 

ö Die Geſichtsmasken dieſer beiden Figuren ſind 

nicht dargeſtellt, weil die Schauſpieler bloße Naſen 
erhalten hatten, damit ſie ſich gleichſam durch Fami— 
lienaͤhnlichkeit dem Zuſchauer als Bruͤder ankuͤnden 
möchten. Zu gleichem Zweck wendete man auch 
daſſelbe Mittel bey den Soͤhnen des Demea, dem 
Cteſiphon und dem Aeſchinus, an. 


Die Kleidung des Syrus iſt ziemlich genau einer 
komiſchen Maskenfigur nachgeahmt, welche in den 
antiken Gemaͤlden des herkulaniſchen Muſeums vor— 
kommt. Was die Geſichtsmaske betrifft, ſo war 
dieſelbe, theils auf das Geſicht des Schauſpielers, 
welcher den Syrus zu ſpielen hatte, berechnet, theils 
zur Darſtellung der Charaktere erforderlich; man 
waͤhlte deßwegen vorzuͤglich eine Halbmaske, damit 
das bewegliche Mienenſpiel nicht verloren werde. 

Der Sklavenhändler Sannio erhielt einen etwas 
barbariſchen Anzug, ftreifiges Gewand, weite Bein- 
kleider c., um damit feine Reiſen und Verkehr 
nach fernen Gegenden anzudeuten. Zur Geſichts⸗ 
maske gaben aͤhnliche Gruͤnde, wie zu der des 
Syrus, die Veranlaſſung. 

Die Sklavin iſt kurz und leicht, ungefahr auf 
die Weiſe einer Bacchantin bekleidet; nach griechi— 
ſcher Sitte trägt fie das Haupt mit einem Schleyer 
bedeckt. Die Lyra in ihrer Hand iſt ein Attribut, 
welches ihr der Dichter in einer Stelle des Stuͤcks 
beylegt. 

Aeſchinus iſt angezogen wie die griechiſchen 
Juͤnglinge auf den alten Monumenten überall dar⸗ 
geſtellt ſind. 

Dieſem faſt ganz ahnlich war auch der Anzug 
ſeines Bruders beſchaffen, und man hat es daher 
für uͤberfluſſig gehalten, von demſelben eine Abbil⸗ 
dung zu liefern, ſo wie von den noch uͤbrigen Per⸗ 
ſonen des Stuͤcks, da fie ſich durch nichts beſon⸗ 
ders Merkwürdiges unterſcheiden. 


n 


BERN 


BR ET Akt. 


Die bleibende Dekoration iſt eine breite Gaſſe; im Hinter: 
grunde quer vor, neben einander, ſtehen zwey Häuſer, wovon 
das eine, größere, im antiken Stil verzierte, Mielo, das 


andere, ärmlichere, Soſtratg bewohnt. 


Erfie Scene, 


Micio. Dann Strato. 
* 
Micio 
tritt gedankenvoll aus feinem Haufe, und ruft nach der 
Thür gewendet: 


Strato! 
Strato tritt heraus. 


Micio zu Strato. 


Er iſt vom Abendeſſen nicht 
Nach Haus gekommen, Aeſchinus? 


32 Die Brüder, 


Strato zuckt die Achſeln, und verneint ee. 


Micio. 
Die Bothen 
Die ich ihm ſandte, kehrten nicht zuruͤck? 


Strato wie vorhin, und geht. ab. 


Micio allein, tritt weiter vor. 


Wenn einer außenbleibt, den du erwarteſt; 

Geſcheh' ihm lieber was ein grillig Weib, 

Als was der liebevolle Vater fuͤrchtet. 

Die Eiferſuͤchtge ſieht den Mann im Arm 

Der Liebe, beym Pokal, im Rauſch der Freude, 

Indeß ſie einſam harrt und jede Luſt 

Entbehrt. Doch vor des Vaters bangem Auge 

Stehn tauſend Schreckenbilder. Ueberall 

Schaut er in einen Abgrund von Gefahr. 

Ein Sturz, ein Beinbruch — denkt er — haͤlt den 
Sohn g 

Zurück? Er ſchmachtet hilflos, liegt vom Froſt 

Erſtarrt auf abgelegnem Wege? — Ach! 

Ich bin nicht beſſer dran, als andre Vuͤter. 


Erſter Akt. 9 


1 

Ein fremdes Kind, der Sohn des Bruders, macht 

Mir gleichen Kummer. Mein ganzes Herz haͤngt an 

Dem Knaben. Doch ſein rauher Vater iſt 

Mir fremd und fern — wir ſtimmten nie zuſammen. 

Mein fruͤhes Erbtheil war ein milder Sinn. 

Die Stadt gefiel mir, ich geſellte mich 

Zu frohen Leuten, war der Freude hold, 

Und fand es beſſer keine Frau zu haben. 

Doch er, der Bruder, niſtet auf dem Lande, 

Lebt karg und kuͤmmerlich, hat volle Kaſten 

Und ſorgt und klagt. — Er nahm ein Weib, bekam 

Zwey Knaben, und der Erſtgeborne ward 

Mein Pflegeſohn. Von Kindheit an erzog 

Ich ihn. Ich halte ihn, ich liebe ihn 

Wie meinen Sohn — und lebe nur fuͤr ihn. 

Ich ſchenke, dulde, ſchone. Bin ihm nie 

Ein ſtrenger Vater. Ich gewinne ihn 

Durch Freundlichkeit. Die Luͤge iſt ihm fremd. 

Ich weiß um alles was er thut, und nichts 

Verhehlt er mir. Ich öffne fein Gefuͤhl 

Zur Scham und Ehre. Treib ihn nie durch Zwang 

An ſeine Pflicht. — Die Sanftmuth ſchilt mein 
2 Bruder, 


TER 


10 Qie, DEU 


Sie ärgert ihn. Wir liegen ſtets im Streit. 
Er uͤberlaͤuft mich oft, und ſchnurrt mich an, 
Daß ich ſo mild mit ſeinem Sohn verfahre. | 
„Haſt du kein Auge? — fragt er muͤrriſch — Merkſt 
Du nichts? Dein ſaubrer Pflegling haͤlt Maͤtreſſen, 
Er zecht, er ſpielt, iſt koſtbar angekleidet. 
Dem Allen ſiehſt du zu! Und obendrein 
Schwelgt er aus deinem eignen Beutel.“ — So 
Ereifert ſich der harte Mann. Er hält 
Auf ſtrenge Zucht, erzwingt Gehorſam. Ich, 
Will Liebe, Zuneigung. — Die Strenge ziemt 
Dem Herrn: dem Vater nie. Der baut getroſt 
Auf ſeiner Kinder eigne Tugend — und 
Fahrt wohl dabey. Wer diefen Weg verſchmaͤht, 
Verfehlt das Ziel — und darf an Kinderzucht 
Nie Anſpruch machen. m 


Demea tritt auf, 


Micio. 
Ah! ſie da. Mein Bruder. 
Wie graͤmlich faltet er die finſtre Stirn. — 0 
Der kommt gewiß um mir den Text zu lefen, 


— 


Eee 11 


Zweyte Scene. 


De mea. Mie i o. 


Micio. 
Willkommen! Bruder. Mich erfreut's, dich wohl 
Zu ſehn. Wie gehts? 
Demen. 
Du kommſt mir eben recht. 
Dich ſucht' ich uͤberall. 
Micio. 
Wie fo? beſieht ihn. Was fehlt dir? 
Du ſiehſt ſo finſter aus. 
Demen. 


Das wundert dich? 

Das fragſt du lange? Wahnt nicht Aeſchinus, 

Der Taugenichts mein Sohn, in deinem Haufe ? 
Micio zu ſich. 


Das dacht ich! laut. Nun, was that er wieder? 


12 Die Drüder. 


Demea. 

Was 
Er that? Ein Burſch wie der, iſt alles fahig. 
Ihn zügelt nichts, er fürchtet niemand, weiß 
Von keiner Strafe. Ungezüchtigt hohnt ; 
Er Sitte und Geſetz. — Der alten Schuld 
Erwaͤhn' ich nicht: die ruht. Die Rede iſt 
Von einem Buüͤbenſtuͤck der letzten Nacht. 


Micio. 
Und das beſtand? — 


Demea. 


In einem Frevel, der 
Die ganze Stadt empört. Ein Haus hat er 
Geſturmt. Ein Weibsbild, feine Buhlin, mit 
Gewalt entführt. Den Herrn des Hauſes, wer 
In Wurf ihm kam, bis auf den Tod gepruͤgelt. 
Auf öffentlicher Straße ſpricht man laut 
Von dieſer San Mund iſt voll 
Davon, und Jeder ruft des Buben Namen 
Mit Abſcheu aus. — Wie muſterhaft erſcheint 
Sein Bruder gegen ihm, der wackre Juͤngling! 


Ereiftieie een 13 


Dem ift es Ernſt um feine Bildung. Still 

Und eingezogen lebt er auf dem Lande. 
Studirt, iſt ſparſam, maͤßig, und ein Freund 
Beſcheidner Sitte. Hat man je von ihm 

So was erlebt? — Doch ſchelt ich Aeſchinus, 
So gilt es dir. Dir geb' ichs zum Gehoͤr, 
Dem Vater — du verdirbſt den Buben. 


Micio. 
Ich 
Verzeih dem unerfahrnen Manne, der 
Die Welt nicht kennt; der ſirafbar findet, was 


Er ſelbſt nie that. 


Demea. 


9 


Was ſoll das heiſſen? Deutlich! 
Micio. 

Du ſiehſt durch deine Augen; ſtellſt dich nie 
An andrer Platz. Fuͤrwahr! mir faͤllts nicht auf, 
Wenn junge Leute trinken, lieben, ſchwaͤrmen. 
Ein kleiner Unfug iſt kein Laſter; ein 
Zerſchlagnes Thor kein Ungluͤck. — Sag mir nicht: 
Wir waren beſſer; unſre Jugend hielt 


14 Die Brüder. 


Sich mehr in Schranken. — Bruder, das war kein 
Verdienſt. Wir waren ehdem arme Schlucker; 
Der Mangel hielt uns kurz. Das war der Grund 
Der beſſern Sitte. — Gieb der Jugend Raum 
Und Zeit. Mach deinem Sohn' das Leben leicht 
Und froh. Denn biſt du todt, hat er mit Sehnen 
Dein End' erharrt: ſo holt ers doppelt nach; 
Und fpäte Thorheit, macht die Reue herber. 


Demea. 


Beym Jupiter! die Gleichmuth macht mich raſend. — 
Dem Laſter ſperrſt du Thor und Thüren auf; 

Du nimmſts in Schutz — und ruͤhmſt dich noch 

damit? 
Micio. 

Was foll der Zwiſt? Die Sache iſt gemacht. 

Du gabſt mir deinen Sohn. An Kindes Statt 
Nahm ich ihn an — und nun iſt er der meine. 
Was er verſchuldet, muß ich büßen. Stellt 

Er Händel an: ich ſteh vorm Riß. Du ſagſt, 

Er ſchmauſe, zeche, putze ſich? Nun wohl. 

Das geht vom Meinen. Lauft er den Madchen nach: 


* 


Er ſt er Akt. 


Das koſtet mir. Ich geb', ſo lang ich kann, 
Und mag. Verſiegt der Quell: ſo ſchicken ihn 


Die Maͤdchen fort. — Draͤugt er ſich in ein Haus, 
Sprengt er ein Thor: was thuts? man ſtellt es her. 


Zerriß er Kleider: die find leicht geflickt. 
Man ſchenkt, erſetzt, und ſtopft der Leute Mund. 


Wir find, Dank ſey's den Göttern! wohl bemittelt; 
Mich wirfts nicht um, wenn er ein wenig lockert. — 


Laß meinen Weg mich gehn. Mißfaͤllt er dir, 
Gilt meine Einſicht nichts: ſo mag ein Dritter 
Entſcheiden. Waͤhle wen du willſt. Ich weiß 
Du ziehſt den Kuͤrzern. 

Demea. 

1 Du willſt mich belehren! 
Bin ich nicht Vater? Stuͤnd' es dir nicht an 
Von mir zu lernen, was ein Vater fen? 

Micio. 
Dein Recht ſchuf die Natur. Doch der Erzieher 

Hat groͤßre Pflichten. 

Demen. 


Ey! du ſprichſt von Pflichten? 
Von Kinderzucht? er lacht höhniſch. 


15 Die Bren dete. 
Mic io. 
Den Ton verbitt' ich, Bruder. 
Fahrſt du fo fort: fo find wir gleich geſchieden. 
Demea. 
So machſt du's immer. Nie hoͤrſt du mich an. 
Micio. 
Das alte Lied ift mir verhaßt. 


Demen, 
Ich fehis! 

Der Vater forgt allein. 

Micio. 

Ich ſorge auch. — 

Laß mir den einen Sohn; erzieh den andern. 
Denn beyde deiner Obhut unterwerfen, 
Heißt, den du mir gegeben wieder nehmen. 

Demea. 
Das that ich nie, das kam mir nie in Sinn. 

Micio. 
Ich nehm’e fo auf. 


Erfier A t t. 17 


Demea. 
Nun wohl. So hab' ihn ganz! 
Mach was du willſt. Werd' aus ihm was da will. 
Verſchwend' er, praſſ' er, ſterb' er und verderb' er: 
Ich frage nichts darnach; bekummre mich 
um nichts. — Verdammen mich die Goͤtter, 
N wenn — 


Micio einfalend. 
Selaſſen! Nicht gleich oben naus. 


Demea. 

a Wer macht 
Den Kopf mir toll, als du? „Ich nähme dir 
Den Sohn, den ich dir gab?“ Der Vorwurf 

ſchmerzt! 
Bin ich ein Fremdling? Hab' ich keine Stimme? — 
Doch ſtill davon. Du willſt nicht hoͤren. Wohl! — 
Du haſt dein Theil: ein Sohn iſt dein. Gluck zu. 
Laß nur das Fruͤchtchen gehn. Es reift von ſelbſt. 
Es kommt noch beſſer, denk an mich! — Ich geh. 


Demea ab. 


, 


18 Die Brüder. 


Dritte Seen 


Micio allein. 
Ganz wahr iſt die Geſchichte nicht. Allein 
Auch halb nur wahr, verdrießt fie mich. — Dem 
5 Bruder 
Geſtand ichs nicht. Den Brauskopf kenn' ich laͤngſt. 
Iſt er erzurnt: muß man die Stirn ihm biethen, 
Noch lauter ſeyn als er. Dann fuͤgt er ſich 
So gut ers kann — und ſchweigt. Hätt' ich ihm Recht 
Gegeben, mit ihm geſchmaͤht, getobt: dann wär' 
Das Wetter erſt recht los gebrochen. — Doch 
Mir ſelbſt verhehl' ichs nicht, mit Aeſchinus 
Bin ich ſehr unzufrieden, mehr als je. 
Ich glaubte ihn auf beſſerm Weg'. Sein Wunſch, 
Ihm eine Frau zu geben, naͤhrte mein 
Vertrauen. Ich dachte bey mir ſelbſt: nun hat 
Er ausgetobt, vom Ueberdruß geſaͤttigt, 
Entſagt er ſelbſt der wilden Leidenfchaft. 
So dacht ich. Doch es geht den alten Gang! — 
Das Befte iſt, ich ſuche meinen Sohn, 
Und frag' ihn ſelbſt. So komm' ich auf den Grund. 
geht ab. 


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er At 


fe Seen 


Aeſchinus. Parmeno. Eine Sklavin, 


die eilend eintreten. Dann Sannio. 
Sannio in der Tiefe des Theaters. 

Holla! ihr Buͤrger. — Huͤlfe, Huͤlfe! Schuͤtzt 
Die Unſchuld — Rettet! helft! 

Aeſchinus zur Sklavin. 

5 Bleib ruhig ſtehn, 
Ganz ruhig. Fuͤrchte nichts. Hier biſt du ſicher. 
Sannio zu ſich, indem er Aeſchinus ſieht. 


Er iſts! — Ich tret' ihm keck in Weg. 


— 


20 Die Beuͤs er. 


Aeſchinus zur Sklavin, die fliehen will. 
Bleib hier! 
Der feige Schelm hat ſeine Ladung ſchon: 
Die zweyte höhlt er nicht. 


Sannio zu Aeſchinus. 


Ein Wort mit euch. — 
Ihr kennt mich doch? Ich heiſſe Sannio; 
Bin Sklavenhändler. Merkts euch. Seht mich recht 
Drauf an. 


Aeſchinus immer kalt und trocken. 


Ich kenne dich. 


—— 


Sannio. 


So wißt noch mehr. 
Ich bin ein Ehrenmann. Mich foppt man nicht 
Umſonſt! Belangen werd' ich euch: Es kommt 
Zum Spruch. Geſchlagen habt ihr mich: das wird 


Beſchworen. — Auf glatte Worte geb' ich nichts; 


Die ſpart. Reut euch die That: ſo war ſie ſchlecht. 
Das zeugt fuͤr mich. Denn eure Schande hat mich 
Geſchaͤndet. — Das müßt ihr zahlen! 


SWEET TER 21 


Aeſchinus zu Parmeno. 
Parmeno! 
Schließ auf Mach hurtig. 


Sannio. 


Richt vom Platz. Ich rath' 
Euch Gutes! 


Aeſchinus zum Mädchen 


Seh voraus. Ich folge. 


Sannio. 
Nein! 
Ihr bleibt. Ich laſſ euch nicht. 


Aeſchinus zu Parmeno. 

5 He! Parmeno, 
Komm her. — Stell dich dem Schlingel da zur Seite. 
Recht nah; noch naher. Wink' ich dir: fo gieb 


Ihm eins aufs Ohr. 


Sannio. 


es Das will ich ſehn! Da bin 
Ich auch dabey. , = 


— 


22 Die Brüder. 


* 


Aeſchinus zu Parmeno. 
Hab' Acht! Die Fauſt geballt 
Sannio, er faßt das Mädchen an. 
Aeſchinus. 
Was willſt du? Laß ſie los! 


* 
Parmeno ſchlägt Sannio. 


Sannio. 


Gewalt! Gewalt! 


Aeſchinus. 
Schweig ſtill! drohend. Du kennſt den Arm. 


Sannio uu ſich. 5 
Verdammter Handel! 


Aeſchinus zu Parnıeno. 
Du warſt zu raſch: Ich hatte nicht gewinkt. 
Doch beſſer eifrig, als zu lau. zn Sannio: Bien ab! 
Du haft dein Theil. 


* 


Sannio. 


Ihr ſprecht im hohen Ton. 
Send ihr hier König ? ene 


um! 


wie ite Ne. 23 


Aeſchi nus. 

c Waͤr' ichs nur! Dein Lohn 
Entging dir nicht, 
Sannio. 

Habt ihr euch zu beklagen? 
Aeſchinus. 

Ich klage nicht. 
San n io. 
Ihr thut ſehr fremd. 
Aeſchinus. 
Wie anders ? 
Sannio nähert ſich. 


Ein Wort ins Ohr. — Sagt mir, ganz frey heraus, 
Hab' ich euch je beſtohlen? 


Aeſchinus. 


{ Nein. Sonſt hingſt 
Du laͤngſt am Galgen. 


24 Die Bruder. 


Sanniv lauter und trotzig. * 1 


Nun! Mit welchem Recht' 
Erfrecht ihr euch, das meine mir zu rauben? 
Die Sklavin da, iſt mein. Sie koſtet mir 
Mein Geld. 

Aeſchinus. 

Mach dich nicht patzig. Pack dich fort. — 
Ein Mucks: fo ſchlepp' ich dich ins Haus, und laſſ 
Dich tuchtig gerben. i 
Sannio. 


Bin ich euer Knecht? 


Aeſchinus. 


Gleich viel! Ich halte Wort. er geht auf ihn los. 


Sannio weicht zurück. 
Bleibt mir vom Leibe! 


Reſpekt für das Geſetz! 


Aeſchinus. 
Was tollt der Bengel? 


* 


Zweyter Akt. 25 


Sannio. 
Ihr tollt; ich bad es aus. Ihr ſpielt den Tollen 
Auf meine Rechnung. 
Aeſchinus. 
Still davon. Zur Sache! 
Sannio. 


Nun wohl. Ich bin dabey. 


Aeſchinus. 
So ſprich. Soll ich 
Für dich den Sprecher machen? 


Sannio. 
Keineswegs. 
Die Sache ſpricht fur ih. — Habt ein Gewiſſen; 
Was recht und billig iſt. 
Aeſchinus. 
Der Lump von Kuppler, 
Spricht vom Gewiſſen? 
| Sannio. 
a Mein Gewerb bey Seite! 
Da hinkt mein Ruhm. Ich ſchwore falſch. Ich luͤge. 


26 Die Bruder. 


R 

Verführ die Jugend. Bin die Peſt im Staat — 

Was gehts euch an? Was that ich euch zu Leide? 
Aeſchinus. 


Du? mir zu Leide? — Unverfhämter Hund! 


Sannio. 


Bleibt bey der Klinge. — Die Rede war von mir, 
Von meinem Schaden. 


Aeſchinus. 
Den verlang' ich nicht. 
Verlieren ſollſt du nichts. — Das Maͤdchen koſtet 
Dir zwanzig Minen Gold. Die zahl' ich dir, 
Und wir ſind quitt. 8 
Sannio. * 
Mit nichten, Herr. Sie iſt 
Mir gar nicht feil. — Wollt ihr mich zwingen ? 
Aeſchinus. a 
Nein. 
Ich kauf ſſe nicht. 
Sannio. 


Ihr ſagtets ja vorhin ? 


Zweyter Akt. 27 


Aeſchinus. 
Du lügſt. Ich ſage dir: das Mädchen iſt 
Für niemand feil. Sie iſt ſo frey wie ich. 
Ich mach ſie frey. — An dir iſt nun die Wahl. 
Willſt du dein Geld: ſo ſprich. Willſt du Prozeß; 
So klage. Mir gilts gleich. — Entſchließ dich kurz. 


Ich geh. Er geht mit der Sklavin und Parmend ins Haus. 
U 


Z3weyte Scene. 


Sann io allein. 

Beym großen Jupiter! Das iſt 
Zu toll — zum raſend werden iſts. Er ſtuͤrmt 
Mein Haus, beraubt mich, ſchlaͤgt die Zähne mir, 
In Hals; und was wird mir dafuͤr? — Ein Nichts! 
Ein Spottgeboth! Er nimmt die Sklavin für 
Den Preis, den ich bezahlte. Das rentirt 
Mir ſchlecht. — Indeß, der alten Kundſchaft wegen, 
Möcht' er fie haben. Doch zuvor mein Geld, 
Mein bares ausgelegtes Geld! Ey ja! 
Da kann ich paſſen. Hat er mich beym Wort, 
So holt er Zeugen, ſchließt den Handel ab, 


* 


28 Die Brüder, 


Und laßt mich ſtehn. Lauf ich der Zahlung nach, 
So heißts: „Komm wieder! Frage morgen zu! 
Gedulde dich!“ — Das muß ich leider! Wer 
Mein Handwerk treibt, der lernt Geduld, der juckt 
Sich hinterm Ohr, und ſchweigt. — Ich komm um 
alles, 
Ums Geld, ums Maͤdchen, und ſteh da, und mach 
Die Rechnung ohne Wirth. 


— 


Dritte Seene. 


Syrus. Sannio. 


Syrus ſpricht ins Haus zu Aeſchinus. 

Laßt mich gewaͤhren! 

Der Burfh muß dran! Er ſchnappt nach feinen“ 
Gelde, 

Und dankt euch obendrein. zu Sannio. Was hoͤr' ich, 
Freund! 1090 

Du lagſt im Streit mit meinem Herrn. Was gabs 
denn? 


Zweyter Abt, 


* 
De) 


Sannio. 


Zum Henker! Prügel gabs. Er ſchlug: ich trug 
Die Pruͤgel. 


Syrus. 


Das war ſicher deine Schuld. 


Sannio. 


Wie ſo? Was ſollt' ich thun? b 


Syrus. 


Gefaͤllig ſeyn, 
Die Hand ihm bieten. - 


Sannio. 


Ey, ich that noch mehr. 
Den Ruͤcken bot ich dar. Die Backen gab 
Ich Preis. 


Syrus. 


Verſteh mich beſſer! — Seinen Vortheil 
Geſchickt verſchleudern, heißt auf Wucher leihn. 


Sannio ſosttiſch. f 
Die Sprache kenn' ich. 


30 Die Brüder. 


> Syrus. 
Sey kein Tölpel! Druͤck 
Ein Auge zu, ſteh ab von deinem Rechte. 
Das bringt dir Zins auf Zins. 


Sannio. 
Bey mir gehts Zug 
Fuͤr Zug. Fuͤrs Hoffen zahl' ich nichts. 


Syrus. 
Du biſt 
Ein feiger Tropf. Die Jugend anzukirren, 
Verſtehſt du ſchlecht. 


Sannio. 
Wohl dem, ders beſſer kann. 
Ich bin nicht ſchlau. Mir lacht bar Geld, und was 
Die Hand mir füllt das nenn’ ich mein — und trags 
Nach Hauſe. 
Syrus. 
Poſſen! Kennt' ich dich nicht beſſer? 
Gilts meinem Herrn, da ſind dir zwanzig Minen 
Nur Kleinigkeit. — Und da du ohne dieß 
Verreiſen willſt, ſo hats nicht Eit — 


Zweyter Akt. 31 


Sannio in fig. 
Sch bin 

Verloren! 

Syrus fortſprechend. 

Ein eignes Schiff haſt du gemiethet, 

Es reich befrachtet. Deine Reiſe geht 
Rach Cypern. — Gluͤck zur Fahrt! Komm bald zuruck, 
Wir ſehn uns wieder. 


Sannio. 
> Mein! Sch reife nicht. zu ſich. 
Die Schelme wußtens! darauf wars gemuͤnzt. 


Syrus zu ſich. 
Dem hab' ichs Bad gewaͤrmt. 


Sannio feitwärte. 

Was ſoll ich thun? 
Nach Cypern muß ich. Alles iſt bereit, 
Die Maͤdchen ſind am Bord, die Waare iſt 
Gekauft. — Verſtreicht der Markt, ſo hab' 
Ich klaren Schaden. Hier erlaur' ich nichts. — 
Das Beſte iſt ich mach die Sache ab. 
Veraltet ſie, dann iſts noch ſchlimmer. 


32 Die Brüder. 


Syrus laut, 
Nun! 
Du uͤberſchlägſt gewiß, was deine Ladung 
Dir renten ſoll ? 


Sannio. 
Ich armer Schelm! Ich bin 
Beraubt, gepluͤndert. Die ſchoͤnſte Sklavin hat 
Dein Herr entführt, — Das war nicht recht. 


Syrus leiſe. 

Er giebts 

Schon näher. laut. Ein Vorſchlag, Sannio. Du 
| kampfſt 

Mit Furcht und Hoffnung. Hier Gewinn, und da 
Verluſt. — Greif nach der Mitte, theil die Zahlung — 
Und nimm, ſtatt zwanzig Minen, zehn. Die borgt 
Mein Herr, die haft du bar. 


Sannio⸗ 
Der Unverſchämte! 
Mich prellen will er? — Beulen ſchlug er mir; 
Mein Kopf iſt braun und blau, und marktet noch! 
Bezwackt mein Geld? f 


Zweyter Akt. 33 


Syrus. 
Iſt das die Antwort? — Gut! 
Ich geh. wil gehen. 


Sannio hält ihn. 

Nicht doch! Ein Wort — ein einzig Wort! 
Zu dir geſprochen, Freund, das lange Hadern 
Iſt meine Sache nicht. Ich denke: kurz 
Davon, iſt beſſer als Prozeß. — Giebt mir 
Dein Herr mein Geld, die zwanzig Minen, die 
Das Maͤdchen koſtet, fo hab' er ſie. Ich bin 
Bezahlt. — Vermeld' ihm das, legs ihm ans Herz, 
Und — ſey mein Freund! drückt ihm die Bond- 


Syrus. SE 
Ich thu mein Beſtes. 


Cteſiphon tritt auf. 


Syrus zu fig. 
Ah! 
Der Bruder meines Herrn. — Der Glückliche! 
Er weiß es ſchon. Er ſucht das Madchen, das 
Wir fuͤr ihn raubten. f 


34 Die Brüder. 


Sannio bittend. 


Syrus. 


Syrus. 
Nur Geduld. 


Vierte Scene, 


— 


Cteſiphon. Die Vorigen. 


Cteſiphon zu ſich. 
Wer ſegnet nicht die unbekannte Hand 
Die Huͤlfe bringt? Doch treffen wir den Freund 
In unſerm Retter; dann iſt Dankbarkeit 
Die hoͤchſte Wonne! — O! der edle Bruder! 
Wie groß iſt feine Gute! Wie gering 
Erſchein' ich mir! — Doch nein! mein Ruhm iſt fhon 
Und neidenswerth. Der wuͤrdigſte der Bruͤder 
Gehört mir an. 


Syrus tritt näher zu ihm. 
— 
O! Cteſiphon. 


3weyter Akt. 35 


Cteſiphon. 
O! Syrus, 
Wo iſt mein Bruder? 


Syrus. 
Aeſchinus erwartet 
Euch drin im Hauſe. 1 


Cteſiphon. 
Theurer Bruder! 


Syrus feet fh unwiſſend. 
* 
5 Wie? 
Was giebts? 


Cteſiphon. 
Das fragſt du noch? Er war mein Retter, 
Mein Schutzgott. Daß ich lebe, iſt ſein Werk. 


Sirus wie vorhin. 


Was ihr mir ſagt! 1 


Cteſiphon fortſprechend. 
Ihn ſchreckte nichts. — Der Zorn 
Des Vaters, die Gefahr, die Schande — Er 


36 Die Bruder. 


Trägt jede Schuld. Geräuſch. Doch ſtill! die Thür 
geht auf. 

Wer kommt? 

Syrus. 


Es iſt mein Herr. 


Fuͤnfte Scene. 


Aeſchin us. Die Vorigen. 


Aeſchinus zu Syrus, aus der Thür ſprechend. 
Wo iſt der Schlingel? 
San nid. 
Mich ſucht er. Bringt 3 mein Geld O weh! 
Ich ſehe nichts. 
Aeſchinus erblickt Cteſiphon. 
Willkommen Bruder! Hor 


Dein gut Geſchick. Dein Maͤdchen iſt gerettet. — 
Doch wie! Du freuſt dich nicht? Noch immer traurig ? 


* 


Z wetyer Akt. 37 


Cteſiphon. 
Ich bin es nicht. Die Freude macht mich ſtill. 
Geliebter! Beſter! Krone aller Bruͤder! — 
O! daß ich enden duͤrfte! Doch mein Lob 
Verſtummt in deiner Gegenwart. Wie leicht 
Nahmſt du den lauten Dank für Schmeicheley ? 


Aeſchinus. 
Wie kindiſch! Sind wir uns fo fremd? Verſtehn 
Wir uns nicht beſſer? — Doch die Heimlichkeit 
Verdrießt mich. Mein Verdienſt iſt nichts! Ich half 
Wo jeder helfen konnte. Zufall wars 
Daß ichs erfuhr. 


Cteſiphon. 


Verzeih'! Aus Scham verhehlt' 


Ich meine Liebe. g 


Aeſchinus. 
Schäme dich der Scham! 
Der Poſſe halber wollteſt du entfliehn? — 
Wie unbeſonnen! 
Cteſiphon. 
Ach! ich war 1 Thor. 


38 Die Beider. 


Aeſchinus zu Syrus. 
Dein Auftrag, Syrus. Was ſagt Sannio ? 


Syrus. 


Nicht viel. Der iſt lammfromm. 


Aeſchinus. 

Ich geh zum Vater, 

Und hohl das Geld. zu Steſiphon. Geh du indeß hinein. 
Dein Mädchen harrt. er geht ab. 


Sannio zupft Syrus. 
Machs richtig. Red' ihm zu. 


Syrus. 
Sorg nicht. Du kriegſt dein Geld. 


Sannio. 


Die ganze Summe? 
Syrus. 
Natuͤrlich. Paß nur auf. 


Sannio. 
Ich gehe ſchon. er folgt Aeſchinuk. 


Gehter Akt. 39 


Cteſiphon zu Syrus. 
He! Syrus. * 


Syrus. 
Was beliebt? 


Cteſiphon. 
Verhilf dem Schuft 
Zu ſeinem Gelde. Reitzt ihn nicht. Verklagt 
Er euch — erfuͤhrs mein Vater? Ach! ich waͤr 
Verloren. 


Syrus. 
Dahin kommts nicht. Seyd ruhig. — Geht 
Ins Haus. Machts euch bequem, und lagert euch 
Auf weiche Pfuͤhle. Ich bereit' indeß | 
Die leckre Mahlzeit. 


Cteſiphon. 
Recht ſo, Syrus. — Froh 


Begann der Tag; und feſtlich ſoll er enden! 
Beide ab. 


40 


Dritt! SPE 


Erſte Scene. 
Softirata, Canthara. 


Softrata. 


Das arme Kind! Ich zittre für die Folgen. 


Canthara. 


Ich ſegne ſie. Die Folgen ſind nach Wunſch. 


Soſtrata. 


Die nahe Niederkunft. Die Leiden! — 


Canthara. 
Ihr kennt 
Sie ja. Ihr war't ja Mutter? 


4 £ 
u DI a re re ah a a 


Dur 


ig ee er Aen. 4 - 


S 0 ſtrat a. 

Ach! wir ſind 
Allein. Der Diener iſt verſchickt. Kein Rath, 
Kein Beyſtand! — Aeſchinus verweilt. Wen ſend' 
Ich ihm? Wer ruft ihn? 


Canthara. 


Der kommt ungerufen. 


Soſtrata. 


Er ſchuf den Jammer, er allein hat Troſt! 


Canthara. 
Verſchmerzt die Wunde. Theilt er doch die Schuld 
Der Tochter. Iſt er doch ſo brav! — Bey ihm 
Iſt ſie geborgen. Aeſchinus iſt reich, 
Geehrt, von guter Abkunft. Seine Lieb' 
Iſt ohne Falſch. 


Soſtrata. 
Ein freundliches Geſtirn 
Erhalte ihn! 


42 Die Beider. 


Zweyte Scene. 
Get a. Die Vorigen. 


Geta zu ſich. 


Weh uns! Wir ſind verloren! 
Kein Schutz, kein Netter! Sine Welt von Troſt, 
Kann uns nicht tröften. — Ach! die arme Frau, 
Die gute Tochter. Alles Ungluͤck ſtuͤrzt 
Auf ſie zuſammen: Armuth, Schmach, Verrath, 
Gewalt und Schande. — Ha! verruchte Zeit, 
Verworfne Menſchen. — Fluch, dem Boͤſewicht, 
Dem Schaͤndlichen! 


Soſtrata zu Canthara. 


Was kommt ihn an? Was iſt 
Sefhehn ? 


Geta fortſprechend. 


Sein Schwur iſt Meineid. Nichts iſt heilig — 
Natur und Pflicht tritt er in Staub! 5 | 


Dip. tutti Aen. 43 


Soſtrata zu Canthara. 
Ich faſſ 
f 2 
Ihn nicht. 


Canthara. 


Fur näher, gute Frau. — Hierher, 
Geta ſortſprechend. 


Die Sinne ſchwindeln mir. Ich berſte. — Ha! 
Ergreif ich ſie in meinem Grimme: Welch 

Ein Feſt! — Der Vater müßte bluten. Dem Sohne 
Riff ich die Augen aus, brach' ihm den Hals. 
Den Schuft von Diener, ſchluͤg' ich nieder, ſchleift 
Ihn durch die Straßen. — Alle muͤßten dran! 
Zerfleiſcht, zerfetzt, verſtuͤmmelt lägen fie 

Zu meinen Füßen, — Doch was tob' ich hier? 
Zu Soſtrata! Sie muß es wiſſen, er wil gehen. 


Soſtrata ruft ihm nach. 


Geta! 


Geta im Gehen. 


Ich hab kein Ohr. Ich kenne niemand. 


44 Die Brüder, 


P2 


Soſtrata. 


\ Hier 
Iſt Soſtrata. { 
Geta kommt zurück. 
. Wo iſt ſie? — Ach ſeyd ihrs 1 


Ich ſuchte euch. — Ihr Götter ſteht ihr bey! 


letzteres zu ſich, doch laut. 
Soſtrata. 
Was iſis ? 
Geta. 
O Noth! o Jammer! 
So ſt erat Pi 
Welche Furcht? 
Erhole dich. 
Geta ſtockend. 
Wir find — 
Softrata. 
Was find wir? Sprich! 
Geta. 


Verloren — vernichtet! 0 


Dritter Akt. 


Soſtrata. 


Sage wie? 


Geta. 


Durch ihn. 


Soſtrat a. 


Durch wen? 


Ge ta. 
Durch Aeſchinus. 


Soſtrata. 
Was that er? 


Geta. 


Verſtößt fie — Reift ſich los von ihr. 


Soſtrata. 


Unmoglich! 


Wie könnt' er es? 


Beta, 


Der falſche Bube liebt — 


45 


46 Die Brüder 


* 


Soſtrata ſchnell, beſtürzt. 
Er liebt? — 
Geta ſchnel. 
Ein andres Maͤdchen. 
jr Soſtrata. 
Ewge Götter! 
Geta. 
Er hats nicht hehl. Am hellen Morgen raubt 
Er ſie, und nahm ſie in ſein Haus. 
Soſtrata. 
Ich kanns 
Nicht glauben. Nein! du irrſt. 
Geta. 


Ich war dabey; 
Ich ſahs mit meinen eignen Augen. 


Soſtrata. - 


Nun! 
Bricht er ſein Wort, ſo iſt kein Glaube mehr 


Auf Erden. Wem darf man vertrauen? — Er war 


Uns alles: Bruder, Sohn und Freund. Er ſchwur 


Seit ten Akt. 47 


Ihr ſeine Liebe; ohne ſie wollt' er 

Nicht leben. Geſtern noch, gelobt' er ihr, 
Des Vaters Wort und Segen zu erflehn. 

Er nannte ſie ſein Weib — und nun, verläßt 


Er ſie! ſie weint. 


Geta. 
Ihr weint? — Spart eure Thraͤnen. Denkt 
Auf guten Rath. Was ſoll man thun? Was darf 
Man thun? 


Soſtrata. 


Das Schweigen ziemte uns: Allein 
Es fruchtet wenig. 


Geta. 

Immerhin! — Der Burſch 
Taugt nichts. Entſagt ihm. Seine Lieb' iſt null, 
Das liegt am Tage. — Steht er vor Gericht: 
So macht er Flauſen, Lüge ſich los. Ihr ſeyd 
Beſchimpft, die Tochter iſt beſchimpft. Und zwaͤng 
Man ihn, fprach das Geſetz ihn ſchuldig. — Ich ſpraͤch 
Ihn frey. — Drum beſſer, ſtill davon, ſo ſchlaͤft 
Die Sache ein. 


48 Die Brüder. 


Soſtrata. 
Das ſoll ſie nicht. Das will 
Ich nicht. 
Geta. 


Was wollt ihr denn? 


Soſtrata. 
Ich klage. 
Geta. 
Nicht 
So raſch. Bedenkt euch — 
Soſtrata ſchnel. 
Schlimmer kanns nicht werden. 


Mein Kind wagt nichts. Ihr Gluͤck, ihr Erb', ihr 
Brautſchatz, 


War ihre Unſchuld. Das entehrte Madchen 


Begehrt kein Freyer. — Seine Raͤnke ſcheu' 

Ich nicht. Ich habe Zeugen. Den Ring den er 
Ihr gab. Mein unbefleckt Gewiſſen. Nie 

Both ich die Hand. Begehrte kein Geſchenk. 
Verhieß ihm nichts. Kein glattes Wort hat ihn 


DEREK ER Abt. 49 


Beſtrickt. — Dieb iſt mein Stolz, und fo tret' ich 
Getroſt vor jeden Richter. 5 


Geta. 


Wie ihr meint. 


4 


Soſtrata. 


Geh ungeſaͤumt zu Hegio. Bericht' 
Es ihm. Verhehl' ihm nichts. Der wackre Vetter 
War meines Mannes Freund. Er ſchaͤtzt uns. 


Gera zu ich, doch laut. 


* 


Thur 
Er das? So thut ers wahrlich ganz allein! 


8 
Soſtrata zu Canthara. 
Geh du zu meiner Tochter. Troͤſte ſie, 
Berathe ſie. ale ab. 


50 Die Brüder. 


Dritte Scene. 
De mea. Dann Syrus. 


Demea allein. * 
So iſts! Ich darf nicht zweifeln, 
Mein ſaubres Söhnchen war dabey. — Der 
Schleicher! 
Laſſ' ich ihm Luft, gleich iſts geſchehn. Wo ſteckt 
Er nur? In welchem Winkel ſuͤhlt er ſich 
Herum? Sein Bruder kennt die Schliche, der hat 
Ihn ſicher in den Klaun. 
Syrus tritt auf. | 
Demea. 
Da kommt der Diener. 
Ich frag' ihn. — Doch der war ihr Spiesgeſell. 
Der Galgenſtrick ſteht mir nicht Rede. Ich muß 
Ihn fangen. | | 


Syrus zu ſich. 
Das war ein Spaß! Der gute Vater 
Weiß alles. Jeden Umſtand wollt' er hoͤren. — 
Er lachte ſich halb todt. 


iter Are: 51 


Demea zu ſich. 
Der alte Pinſel! 
Syrus fortſprechend. 
Er lobte uns. Er herzte ſeinen Sohn. 
Er druckte mir die Hand. 
Demea zu ſich. 
Ins Tollhaus mit 
Dem Narren! 
Syrus ſfortſprechend. 
Das Geld war da, wie nichts. Und wohl 
Gezaͤhlt, noch ein Paar Minen druͤber — fuͤr mi ch. 
Die ſollen ſchmecken! klopft den Bauch. 
Demea zu ſſch. 
Darauf kenn' ich ihn. 
Das Geld verfrißt er redlich 
Syrus ſieht Demen. 
Ah! verzeiht. 
Ich ſah euch nicht. — Wie gehts 7 Was macht ihr 7 
Demen. 
Ich 
Bewundre euch. — Ich ſtaune. 


52 Die Brüder. 


Syrus. 
* Jaa, bey uns 


Gehts buͤgelhoch daher. nach dem Haufe. He! Dormio, 
Dorm io mit komiſcher Eilfertigkeit. 


Syrus zu Dormio. 
Begieß die Braten. Schmor die Fiſche. — Fehlts 
An Holz: wirf Speck ins Feuer. — Ruͤhrt euch! 


Dormio lauft wieder ins Haus. 


Demea. 


„ Ihr 
Verdammten Schwelger! Wo will das hinaus? 


Syrus. 
So frag' ich oft — ſehr oft. nach dem Hauſe. 
f Stephanio! 3 


Stephanio mit komiſcher Eilfertigkeit. 


Syrus zu Stephanio. 


Den Hecht ins Salz. Den Lachs in friſches Waſſer. 
Verſudelt nichts. — Ich komme gleich. 


Stephanio lauft wieder ins Haus. | 
„ 


ter Air. 9 


Demea. 
Beym Himmel! 

Das ganze Haus iſt im Komplot. — Mein Sohn 
Iſt hin, er iſt verloren. Der arme Schelm! 
Ich ſeh' es kommen. Eh mans denkt, ſitzt er 
Im Elend nackt und bloß — und ſchneidet ſich 
Die Gurgel ab. 

Syrus. 

Ihr ſeyd ein kluger Kopf. 

Wir andre ſehn, was kam; doch ihr, ihr ſeht 
Was kommen wird. — Das thu euch einer nach! 
Demea. 

Halts Maul. — Wo iſt die Dirne? 
Syrus. 
Hier im Haus. 
Demea. 
Sie wohnt bey ihm? Sie bleibt! 


Syrus. 


1 Ich ſteh fuͤr nichts. 
Sehr moͤglich. 


54 Die Brin den. 


Demea. 


Wie? Dem Graͤuel ſieht man zu! — 
dein Bruder duldets? 


Syrus. 
Ja, da ſitzt der Knoten. 
Der ſchwache Mann, der iſt ihm viel zu weich. 


Demea. 
Der Strohkopf. — Pfuy! Ich ſchäme mich für ihn, 
Ich aͤrgre mich fuͤr ihn. 


Syrus. 
Fuͤrwahr! Betracht 
Ich euch, und euren Bruder, welch ein Abſtand! 
Ihr ſeyd ein Mann wie ſichs gebuͤhrt. Durchaus 
Geſcheidt, bedächtig, feſt. Euch narrt man nicht; 
Doch euer Bruder — iſt ein Schaf. Den ſteckt 
Mein Herr in Sack, ſo oft er will. 


Demen. | 
Mir ſollt 
Er kommen! — Jahre lang ſeh' ichs vorher 
Was man im Schilde führt. 


Dritter Akt. 55 


Syrus. 


Das weiß man. Ihr 
Habt Augen wie ein Luchs. 


Demea ſtent ſich vertraulich. 
Das braucht es nicht. 
Mein Sohn iſt wacker. Bleibt er ſo, ſo glaub 
Ich ihn auf gutem Wege. 


Syrus. 
Ohne Zweifel. 
Die Zucht macht alles. Kinder, ſind — ein Wachs, 
Wie man ſie formt, ſo hat man ſie. 


Demea ganz gleichgültig. 


Da fällt 
Mir eben bey — mein Sohn ging in die Stadt — 
Wo iſt er? 


Syrus keiſe. 


Friſch gelogen! laut. Cteſiphon 
Iſt lange fort. Er iſt auf eurem Gute. bey Seite 
So trollt er ſich. 


56 - Die Brüdern. 


Demea. 
Weißt du's gewiß? 
Syrus. 0 


Gewiß! 
Ich gab ihm das Geleit. Er hatt' es eilig. 


Demea höhniſch bitter. 
Ich dacht' er ſtäke hier, beym — Bruder? 


Syrus. 


Nein. 
Mit dem iſt's aus. Den ſieht er nicht mehr an. 


Demen. 
Wie fo? 


Syrus. 
Des Mädchens wegen. Etefiphon 
War recht ergrimmt. Er ſchalt den Bruder kurz 
Und lang, vor allen Leuten. 


Demea mit innerer Zufriedenheit. 
Wirklich! That 
Er das? 


ter Alte 57 


Syrus. 
Das will ich meinen! — Er ertappte ihn 
Auf friſcher That. Der Kuppler ſtrich gerad 
Das Geld in Seckel. — Da gings los. „Was machſt 
Du da? unwuͤrdger Bruder! Du entehrſt 
Dein ganz Geſchlecht. Du Baſtard!“ 
Demea immer vergnügter. 
Braver Junge! — 
Es ruͤhrt mich. er wiſcht ſich die Augen. 
Syrus fortſprechend. 
„Wie? Dein Geld verſchleuderſt du! 
Und mehr! dein Gluck — dein Leben!“ 
Demea. 
Gute Götter! 
Erhaltet ihn. — Er ſchlaͤgt mir nach; er wird 
Der Stolz von meinem Stamme. 
Syrus. 
Ganz gewiß. 
Demea ſelbſtgefällig. 
Der Burſch iſt jung. Doch fühl ihm auf den Zahn, 
Er iſt geſattelt. 


58 Die Brüder. 


Syrus. 
Wie anders? Alles hat 
Er ja von euch. 


Demea. 
Ich thu das meine. Ich pa‘ 
Ihm auf; bemerke. Strauchelt er, gleich bin 
Ich hinterdrein. — Ich ſtell ihm Muſter dar. 
Schau in den Spiegel ſag' ich. Sieh! Das mußt 
Du thun. 


Syrus. 
Ganz recht. 


Demen. 
Das mußt du meiden. 


Syrus. 
Schon! 
Demen. 
Das bringt dir Ruhm. 


Syrus. 
Vortrefflich! a 


Dritter Akt⸗ 59 


Demea. 


Das macht Schande. 


Syrus. 


Ihr trefft den Fleck. 
Demen. 
Mit einem Wort — 


S yrus ſchnell. 


Verzeiht! 
Mein Weg geht nach der Küche, — Jeder denkt 
An ſeine Pflicht. Mir liegt der Lachs am Herzen; 
Ihr ſorgt fuͤr gute Zucht. — Ich machs wie ihr. 
Ich keif den ganzen Tag auf meine Leute. 
„Das iſt verbrannt. Das iſt nicht ſauber. Hier 
Fehlts Salz — ſo ſprech ich — Schaut in meine 

Schüſſeln! 

Beſpiegelt euch darin!“ — Ihr dankts mir nicht; 
Das weiß ich. Unſre Wirthſchaft taugt nicht viel; 
Ich geb es zu. — Indeß, man folgt dem Strom — 
Und füllt den Krug, fo lang er halt. — Befehlt 
Ihr ſonſt etwas 2 


60 Die Brüder. 


* 
Deme a. 
a Ich wollt ihr wuͤrdet klug — 
Das wuͤnſch' ich euch. 


Syrus. 
Ihr geht auf euer Gut? 


Demea. 


Serades Weg's. 


Syrus. 


Ich lob' euch drum. Hier ſprecht 
Ihr in den Wind. — Sie ſinds nicht werth. geht ab. 


0 Demea alein. 

Was thu' 
Ich hier? Mein Sohn iſt fort. Die Sorge die 
Mich trieb, iſt mir entnommen. — Der andre Sohn 
Geht mir nichts an. Den hat der Bruder, der 
Mag forgen. N 


Hegio tritt auf. 
Demea. 
Wie? Wen ſeh ich? — Hegio, 
Mein alter Freund, mein Spielgeſell? Er iſts, 


— 


Dritter Akt. 61 


Der wackre Buͤrger! Seines gleichen macht 

Sich rar. Das iſt ein Mann vom alten Schlage — 
Beym Himmel! ſo ein Fund erfreut das Herz. 

Da lebt man auf, und fuͤhlt ſich in der Welt. — 
Ich muß ihn fprechen. er ſieht Geta und bleibt ſtehn. 


Vierte Scene. 
— 


— — 


Heg io. Get a. Demea. 


Hegio zu Geta. 


Dein Bericht regt mir 
Die Galle. — Iſt es wirklich wahr? 


Geta. 
Verlaßt 
Euch drauf. 


Hegio. 
Der ſchlechte Bube! Er entehrt 
Den Ruhm des bravften Vaters. 


* — 
62 Die Ber under 


Demea zu ſich. 


Das gilt mir. — 
Der Streich iſt ruchtbar. Dieſer fremde Mann 

Ergrimmt daruͤber; doch mein Bruder ſchweigt, 
Und duldets. — Haͤtt' ich Macht, ich bannt' ihn her, 


Verſteckt' ihn wo; mit eignen Ohren ſollt' 
Ers hören. ö 
* 

Hegio fortſprechend, zu Geta. 


Nur Geduld! Man hats mit mir 
Zu thun. — Es giebt Geſetze. 


Geta ſchnell. 


Macht ſie uns 


Gewogen! Leiht der Ohnmacht eure Stimme. — 


Ihr ſeyd uns Vater. Denkt der letzten Bitte 
Des Freundes. Er empfahl ſie eurem Schutz; 
Verlaßt ſie nicht. 


Hegio. 


Beym hohen Himmel! Nein. 
Das werd' ich nie. Die Pflicht iſt heilig. 


eitel Akt. 63 


Demea nähert ſich. 


Ich ruf' 
Ihn an. zu Hegio. Freund Hegio! Ich gruͤſſe dich. 


Hegio. 
Sieh da! Willkommen in der Stadt! — Du kommſt 
Mir recht nach Wunſch. 


Demen. 
Was bringſt du? 


Hegio. 
Schlimme Bothſchaft. 
Dein aͤltſter Sohn, der Pflegling deines Bruders, 
Zwingt mich zu klagen. Sein Benehmen macht 
Ihm wenig Ehre. 


Deme a. 
Laß doch hoͤren. 


Hegio. 
Du 
Erinnerſt dich des alten Simulus, 
Des Freundes unſrer Jugend? 


Be; Die Dede 


Deme a. 
Sollt' ich nicht? 


Hegio. 
Die Tochter diefes würdgen Mannes hat 
Dein Sohn verführt, 


Demea 
ſprachlos für Zorn, ſtampft mit dem Fuße und will fort. 


Hegio hält ihn zurück. 
Wo willſt du hin? Bleib hier. 
Das Aergſte folgt — 


Demea. 


Giebts etwas ger gers? 


Hegio. 
Leider! — 

Den leichten Fehl verzieh man gern. Er iſt 
Ein Menſch. Die Nacht, der Wein, die Leidenſchaft 
Bethörten ihn. Auch reute ihn die That. 
Er ging zur Mutter; er geſtand ſein Unrecht; 
Verſoͤhnte fie durch Bitt' und Thränen — Und 

ſchwur, | 


er 


Mitter Akt.. 65 


Die Tochter ſey ſein Weib. Man glaubte ihm; 
Man ſchwieg, man hoffte. — Nun iſt ſie entehrt. 
Ihn ſichts nicht an. Er ſtiehlt ſich eine Dirne, 
Nimmt ſie ins Haus, und die verlobte Braut 
Laßt er im Stich. 


Demen. 
Iſts wirklich fo? 


N Hegio. 

Nicht anders. 
Die Mutter ſagts; die Tochter hats nicht hehl; 
Der Diener da bezeugts. Ich kenne ihn, 
Ein wackrer Burſch, die Stütze feiner Herrſchaft. 
Er iſt uns Buͤrge. Sperr' ihn ein; leg' ihn 
In Feſſeln; er bleibt bey feiner Redet. 


Geta. 


Ja! 
Ich laſſ' mich foltern. Fuͤhrt den Buben ber, 
Ich ſags ihm ins Geſicht. 


Dem ea zu ſich voll Aerger. 


| Ich ſteh dabey; 
Ich horse — Und wuͤrg' an meiner Schande! 


66 Die Brüdern 


9 egio. 

Ein Wort 
An dich. — Das Mädchen ift beſchimpft. Dein Sohn 
Iſt ſchuldig. Du biſt Vater. Gieb dir ſelbſt 
Den Ruhm das Recht aus Billigkeit zu uͤben, 
Eh dirs geboten wird. — Verweigerſt du 
Die Bitte, thuſt du keinen Schritt; fo tret' 
Ich auf, des Maͤdchens Sache wird die meine, 
Ich ſchaff ihr Recht. — Ihr Vater war mein Freund, 
Mein Vetter. Redlich theilten wir, im Feld 
Und in der Heimath, Kriegsgefahr und Mangel. 
Der Sterbende empfahl mir Weib und Kind, 
Und ſein verwaiſtes Haus iſt nun das meine. 
Ich ſchuͤtze es. — Dieß iſt mein Entſchluß. Sprich! 
Was willſt du thun? 


Demea. 
a Mein Bruder ſoll entſcheiden. 
Was er beſchließt, das iſt mir recht. — Ich ſuch' 
Ihn auf. er will gehen. 
Hegio hält e 
Noch eine Bitte, eh' ihr euch 
Beſprecht. — Beherzigt eure Lage. Euch 


eee Net. 67 


Beguͤnſtigt alles: Reichthum, Stand und Anſehn. 
Das ſtrengſte Recht, iſt Pflicht für euch. 
Demea. 
Ich geh 
Zum Bruder. Was ihm billig duͤnkt, das ſoll 
Geſchehn. 


Hegio. 


Leb wohl! — Ich geh zu Soſtrata, 
Und troͤſte ſie. er geht mit Geta in Soſtratas Haus. 


Demea aleln. 
£ Dieb neue Bubenſtuͤck 
Sah' ich vorher. — Wärs damit aus! Doch nein! 
Er laßt nicht ab. Entwiſcht er heut, fo rennt 
Er morgen an — und ſtuͤrzt noch tiefer ins 
Verderben. Jetzt zum Bruder. An dem kuͤhl' ich 
Mein Muͤthchen. Was mich wurmt, das ſoll er 
ſchlucken! ab. 


68 


Vier t! 


Erfte Scene 
Cteſiphon. Syrus. 


Cteſiphon. 
Mein Vater, ſagſt du, waͤre fort? 


Syrus. 


Schon längft. 


Cteſiphon. 
Weißt du das gewiß ? 


Syrus. 
Ich ſteh dafur. Er ging 
Schnurſtraks aufs Gut. — Den hetzt die Arbeit, der 
Zerſchwitzt ſich dort, und denkt nicht an die Stadt. 


— 


iter Akt. 69 


Cteſiphon. 
Ich wollt' er legte ſich aufs Ohr. Und ſchlief — 
Gefunden Schlafs — drey volle Tage, eh' 
Er ſich erholte. 
Syrus. 
Schlafen ſollt' er mir, 
Bis ich ihn weckte. 
Cteſiphon. 
Schoͤner Tag der Freude! 
Er ende nie — ich will ihn ganz genießen. — 
Läg das verwuͤnſchte Gut, doch Meilen weit 
Von hier! da kaͤm die Nacht dem Vater auf 
Den Hals, und hielt ihn feſt. Vermißt er mich, 
So kommt er wieder, fragt mich aus — Was daun? 
Syrus. 
Fällt euch nichts bey? f 
Cteſiphon. 
Ich wüßte nichts. 
Syrus. 
| Kein Vorwand? 
Ein Gaſtfreund, ein Klient, ein Zuſpruch? 


70 Die Brüder, 
Etefiphon. N 
Und 
Was haͤlfs? 
Syrus. 


* 
Sehr viel. Man kam, man plauderte, 
Man hielt euch auf. 


Cteſiphon. 

Das war gelogen. Nein! 
Das geht nicht. 

0 Syrus mit Nachdrück. 
Es geht. 
Cteſiphon. 
Die Luͤge langt nicht aus. 

Bey Nacht beſucht man niemand. 


Syrus. 
Schlimm genug! 
Ein achter Freund, erprobt ſich Tag und Nacht. — 
Seyd außer Sorgen. Nutzt die Zeit, und macht 
Euch luſtig. Kommt der Alte; immerhin! 
Wir kennen uns. Er tobe wie er will, 
Ich mach ihn zahm. 5 


eiter ARE.” 71 


Cteſiphon. 
Und wie? 
Syrus. 
Ich kraue ihn 
Wo's ihm am kirrſten daͤucht. 
Cteſiphon. 
Wie meinſt du das? 
Syrus. 
Ich ſprech von euch. Ich ruͤhme euch Erheb' 
Euch bis in Himmel. 
Cteſiphon beſchämt. 
Wie kannſt du das? 
Syrus. 
Gleichviel! 
Es wirkt. Der Alte bläht ſich auf, er e 


Die Augen gehn ihm über, 


Demeas Stimme in der Ferne. 
Syrus! 


Syrus. 
Still! 


72 Die Brüder. 
Cteſiphon. 
Was giebts? 
Syrus. 
Ich ſprech vom Wolf Fr iſt er! 


Cteſiphon. . 
Wie? Mein Vater! 


Syrus. 
Leibhaftig. 
Cteſiphon. 
Was zu thun? 


Syrus. 
2 Geſchwind ins Haus. — 
Ich bleib Ich halt' ihm Stand. 


Cteſiphon im Gehen. 4 
Verrath mich nicht. 
Verlaͤugue mich — Ich war nicht hier. 


Syrus treibt ihn fort. 


Nur fort! 


Vierter Akt. 73 


— — 


Z3weyte Seene. 


Demea. Syrus. Cteſiphon in Micios 
Hauſe hinter der Thür, von Syrus bedeckt. 


Demea zu ſich. 
Welch eine Noth! Den Bruder find' ich nicht; 
Und einer, der von meinem Gute kommt, 
Verſichert: Cteſiphon ſey nicht daſelbſt. — 
Was fang' ich an? — Verdammte Lage! 


— 


Cteſiphon aus der Thür ſprechend. 


Syrus! 
Syrus. 
Was giebts? 
Cteſiphon. 
Er ſucht mich? 
Syrus. 
Freylich. . 
Cteſiphon. 


Guͤtige Götter! 


74 Dit Sr ver 


” Syrus. 
Nur ruhig. 
Demea zu ſich. 
Ein verhaßter Damon treibt - 
Sein Spiel mit mir! Er ſchergt mir alles zu, 
Das Schlimmſte kommt an mich, ich ſehs zuerſt; 
Ich fühle zuerſt, ich bin der Erſte ders 
Verkuͤndet. 
Syrus leiſe. Spottend. 

Ey! Er weiß um alles. — Nichts 
Weiß er! 

D emea nähert ſich Miclos Hauſe. 

Noch ein Verſuch. Ich muß ihn ſprechen. 

Cteſiphon zu Syrus. 
Halt auf! Er bricht herein. 
Syrus mit Zuverſicht. 
Ich bin ja da. 
Cteſiphon. 

Du biſt ein Waghals. — Nein! ich kriech in Keller, 
Ich ſperre zu. ö 


ierten Akt. 75 


Syrus. 


Nun wohl. Iſts hier geheuer; 
So kriecht heraus. ihm nachſpottend. 


Demea ſieht Syrus. Zu ſich. 


Da iſt der Schubbiack. 


Syrus nach der Thür fprechend. 
Verdammte Wirthſchaft! — Nein, ich leids nicht 
länger! 
Wer ift mein Herr? Wer darf mir das? 


Demea zu ſich. . 

Was hat 

Der Schuft? Was belfert er? zu Syrus. He! 
guter Freund. 


Syrus verdrießlich und dann weinerlich. 


Was Freund? — Mit mir iſts aus. Das iſt mein 
Letztes! 


Demea. 


Was winſelſt du? 


6 Die Brüder. 


Syrus. 
Zum Guckguck! Cteſiphon 
FJuͤhrt gute Faͤuſte. 


Demea. 
Cteſiphon? ern 
Syrus. 
Er ſchlug 
Mich windelweich — Das Maͤdchen ſchwimmt im 
Blute. 
Demea. N 


Er ſchlug euch — Und warum? 
Syrus. 
Er iſt von Sinnen. 
Das Maͤdchen, ſpricht er, hatte ich gekuppelt-. 


Demea ferſchend. 
Mein Sohn iſt ja nicht hier? Er ging aufs Gut? 


Syrus ſtockend. 


Ganz recht. Er — wollte gehn. Doch plotzlich fuhr 
Der Rappel ihm in Kopf. Er — kam zuruck; 


Merten Akt. 77 


Ergrimmte ſich; und pruͤgelte drauf los. — 
Der Unmenſch! 


Demea zu ſich, aber laut und froh. 


Wackrer Sohn! — Mein Ebenbild! 
Du wirſt ein ganzer Mann. 


Syrus. 


Lobt ſeinen Arm; 
Den Mann laßt weg. ü 


Demea wie vorhin. 


Recht brav, recht tapfer. 


Syrus. 
| Ey! 
Die große That. Mit zweyen nimmt ers auf: 
Den alten Knecht, das ſchwache Maͤdchen wuͤrgt 
Er nieder — Ein tapferes Stuͤck! 


Demea. 


Er that ſein Amt. 
Er kannte dich; der Kuppler ſteht dir an 
Der Stirn. — Wo iſt mein Bruder? 


78 Die Brüder. 
Syrus trotzig. N 
Nicht zu Haus. 
Demea. 


Wo ſonſt? Wo treff' ich ihn? 


Syrus ihn neckend. 
Ich weiß es. Doch — 
Ich gebs nicht von mir. 
Demea. 
Schlingel! Nicht gedruckſt. — 
Ich peitſch dire aus. Sag an, 
5 Syrus. 
Das Haus iſt mir 
Bekannt; ſonſt nichts. 
Demen. 


Nenn mir den Ort, die Straße. 


Syrus. 


Ihr wißt das Forum? Der Minerva Tempel? 
Die Saͤulengaͤnge? 


erter Ake. 79 


Demea. 


Dumme Frage! Freylich. 


Syrus mit konfuſen Pantomimen. 
Da gehts vorbey. Gerade aus. — Es kommt 
Ein Huͤgel; friſch hinan! Die Straße ſenkt ſich; 
Ihr lauft Berg unter. — Rechts, ein kleiner Tempel, 
Und dann ein Gäßchen — 


Demea. 


Welches Gäßchen? 


Sühne... 
\ Wißt 
Ihrs nicht? Beym großen Feigenbaum. 


* 


Demea. 
Ganz recht. 


Syrus. 
Da gehts quer durch — 


Demea. 


Es iſt kein Ausgang da! 


80 Die Ver ü der 


Syrus ſchlägt ſich vor die Stirn. 
Ich Dummkopf! Wart — ich führ euch beſſer. 
Kommt 
Mit mir zuruͤck aufs Forum. — Nun irrt ihr nicht. 
Ihr kennt den reichen Kautz TCratinus? Wißt 
Sein Haus? 
Demea 
Das weiß ich. 


Syrus haſtiger in Sprache und Pantomime. 

Nun, das laßt ihr liegen. — 

Ihr ſchlagt euch ſeitwaͤrts; folgt der Straße; dreht 

Euch rechts; beym Venustempel, links herum — 

Zur Pferdeſchwemme — Ihr ſeht ein Thor; und 

dann 

Ein Backhaus. Gegen uͤber wohnt ein Tiſchler — 
Da trefft ihr ihn, da iſt er. 

Demen. | 

Was macht er da? 

Syrus. 


Er zahlt das Conto fuͤr die Ruhebettchen 
In unſerm Saal. 


Vertee Akt. 81 


Demen. 
Zu euren Saufgelagen. 
Vortrefflich! zu ſich. Doch ich geh. Der Weg iſt 
weit, 
Ich muß mich tummeln. er gebt. 


Syrus alein. 
0 Lauf dir die Beine ab, 
Du alter Goͤker! ſieht ihm nach. Er geht. Die Luft 


iſt rein. — 

Nun fehlt mein Herr. Wo bleibt er nur? — Das 
Eſſen 

Wird kalt. Ich hungre. — Nein! ich hungre 
nicht. 


Ich ſchneide an; ich koſte — fülle mir 
Mein Becherchen. Und ſo verſtreicht die Zeit. 
* geht ab. 


Dritte Scene, 
Mice id. e, 


Micio. 
Ihr macht mich ſchamroth. Euer Lob gebuͤhrt 
Mir nicht. Ich thu was Pflicht und Ehre fordern. 
Mein Sohn iſt ſtrafbar; ich vertret ihn nicht, 
Ich zuͤrne nicht, wenn man ſein Unrecht zeiht. —— 
Ein ſchwacher Vater ſchont fein Kind, und weißt 
Die Klage von ſich; doch die Weichlichkeit 
Sey fern von mir. 4 


Hegio. 

Ich kenn' euch: eure Denkart 
Verbuͤrgte mein Vertraun. — Thut itzt ſo wohl 
Und geht mit mir zur Mutter. Euer Wort f 
Iſt tröͤſtlicher für fie aus eurem Munde. — 
Heilt ihre Furcht, und klaͤrt den Irrthum auf. 


Micio. 
Von Herzen gern. 


Bier Akt. 83 


Hegio. 
f Das arme Weib vergeht 
Fur Gram. Der Kummer zehrt fie ab. — Muͤht euch 
Der Weg; ſo tragts mir auf. 


Micio. 


Wir gehn zuſammen. 


Hegio. 

Ihr thut ein gutes Werk. — Wo Ungluͤck wohnt, 
Da bruͤtet Argwohn. Der Bedraͤngte glaubt 

Sich ausgeſtoßen, ſich zuruͤckgeſetzt, verachtet. — 
Verſcheucht die Furcht. Bringt ihr den Troſt, 
den ſie g 
Bedarf. Ein Wort von euch, verſoͤhnt fie mit 
Dem Sohne. N 


Micio. 
Kommt! geleitet mich zu ihr. 


beide ab in Soſtratas Haus. 


34 Die Brüder 


—m — 


Vierte Scene, 


Aeſchinus alein. 

Mir ſpringt das Herz. Ein Todesſchweiß netzt mir 
Die Stirn. Der Schlag iſt hart! Die fremde 
j Schuld 
Wirft mich zu Boden. O! ich blinder Thor! — 
Nun iſts geſchehn. Die Mutter glaubt mich ſchuldig. 

Ich wußt es nicht. Won ungefähr ftoßt mir 

Die Alte auf. Ich frag nach Pamphila — 

Wie ſchrie das Weib mich an! „Mir aus den Augen! 

Luͤgts Andern vor. Man kennt euch ſchon. Packt euch 

Zu eurer Dirne!“ — Nun bekam ich Licht; 

Ich ſchwieg; ich ſchonte meinen Bruder, und ließ 

Die Plaudertaſche gehn. — Allein, was nun? — 

Die Wahrheit ſelbſt, gewinnt mir nichts. Man 
glaubt 

Mir nicht. Ich war dabey, ich gab das Geld, 

Ich hab das Maͤdchen. Alles klagt mich an. — 

Haͤtt' ich dem Vater früher mich entdeckt, 

Ihm meine Liebe frey bekannt; ſo waͤrs 


Vierter Akt. 85 


Verziehn — und Pamphilia wär laͤngſt mein 
Weib. 
Verwuͤnſchtes Zögern! Alles Unglück ſtammt 
Daher. — Doch länger zaudr' ich nicht. Ein Schritt 
Macht alles gut. Ich geh zur Mutter und erzähl‘ 
Ihr den Verlauf, und waſch mich rein. — Sie 
ſchweigt; 
Mein Bruder ift gedeckt. an Soſtratas Thür. Doch 
wie! Ich bebe? — 
Die Hand erſtarrt? — Ich feiger Knabe. Muthig! 
er klopft. 
Holla! Macht auf. klopft ſtärker. Freund Aeſchinus.— 
Man kommt. 
Die Thür geht auf. — Laß ſehn wers iſt ? 
tritt zurück. — 


86 Die Brüder. 


Fuͤnfte Scene. 
Micio. Aeſchinus. 
N | 


Micio in Soſtratas Haus fprechend. 
Ein Mann 
Ein Wort. — Die Sache iſt gemacht. Ich geh 
Zu meinem Sohn, verkuͤnd' ihm meinen Willen, 
Und bring' ihn her. 


Aeſchinus zu ſch. 
Mein Vater? 


Micio erblickt Aeſchinus. 
Aeſchinus! 
Aeſchinus zu ſich, 
Er hier? In dieſem Hauſe? 
Micio. 
Klopfteſt du? das folgende leiſe. 
Er ſchweigt? Der Schelm haͤlt hinterm Berg'. 
Komm an! 
Ich nehm dich in die Klemme. laut. Nun wer klopfte? 


Mer tet Ae. 87 


Aeſchinus verlegen. 
Ich nicht. 
Miecio von nun an verſtellt. 
Das dacht ich wohl. Was haͤtteſt du 


Auch hier zu ſchaffen? leiſe. Er erroͤthet. — Schon! 
Er fühlt ſein Unrecht. 


Aeſchinus. 
Sagt mir, beſter Vater, 
Was bracht euch in dieß Haus? 
Micio. 
Ein fremd Geſchaͤft. 
Ein Freund bat mich um meinen Beyſtand. 


Aeſchinus ängſtlich. Neugierig. 
Und 
Worinn? wofuͤr? 


Micio ganz gleichgültig. 
Da in dem Hauſe wohnen 
Zwey arme Frauenzimmer; — fremde Leute, 
Du kennſt fie nicht; du haft fie nie geſehn. 


38 Die Brüder. 


Aeſchinus verlegen. 
Schon gut. 
Micio bedeutender. 
Es iſt ein Maͤdchen und ihre Mutter. 
Aeſchinus. en 
Ich hoͤrs. 
Micio. T 
Des Maͤdchens Vater iſt geftorben, 
Der Freund, von dem ich ſprach, iſt ihr Verwandter, 
Ihr naͤchſter Vetter, und ein alt Geſetz 
Verpflichtet ihn, die vaterloſe Waiſe 
Zur Frau zu nehmen. 


Götter! 
Micio. 


Fehlt dir was? 


Aeſchinus. 


O nein! Erzaͤhlt nur weiter. 


Vierter Akt. 


„ 


Micio. 
So eben kommt 
Der Vetter an. Er reiſte von Milet 


Hierher, und fordert die Verwandte — 


Aeſchinus beſtürzt. 
Zur Frau? — 
Er fuͤhrt ſie fort? 
Micio. 
Nicht anders! — 
Aeſchinus. 
Nach Milet? 
Micio. x 
In feine Heimath. 
Aeſchinus bey Seite. 
Wehe! — Wehe mir! nach einer Pauſe, laut. 
Sie willigt ein? Die Mutter ſagt kein Wort? 
Micio. 
Die Mutter ſpricht von einer Liebſchaft — mit 


wem? 


90 Die Brüder. 


Das weiß man nicht. Sie meint, die erfte Liebe 
Hab' auch das erſte Recht. — 
Aeſchinus ſchnell. 
Wer zweifelt dran? 
Micio. 
Ich zweifle ſehr. 
Aeſchinus bitter. 


Was will der — Fremde? 


Micio. 
Er wird 
Ihr Mann. 
Aeſchinus. 


Wie grauſam! — Nein! das wird er nie. 
Micio. 
Was hindert ihn? 
Aeſchinus. 


Die kalte Frage! Ich kenn' 
Euch nicht. Wohnt kein Gefuͤhl in eurer Bruſt? 
Find't treue Liebe kein Gehoͤr? — Ihr reißt 


Vierter Akt. 91 


Dem Ungluͤckſelgen die Geliebte aus 
Den Armen !— führt fie fort. 

Micio. 

Du ſchwaͤrmſt! — Ein Buhle 
Iſt ja kein Braͤutigam! Wer hat ſie ihm 
Verlobt? Iſt ſie ſein Weib? — Gehoͤrt ſie nicht 
Dem Vetter? 


Aeſchinus. 

Nein! ſein Recht iſt Trug! — Er kommt 
Wer weiß woher, und wirbt um ihre Hand — 
Wer ahndet das? Soll ein erwachſnes Mädchen 
Zu Hauſe harren, bis ſo ein Vetter kommt? — 
Ihr fühle es ſelbſt; ihr denkt wie ich. Verſtellt 
Euch nicht. Beſchuͤtzt die gute Sache. 

Micio, 
Biſt 
Du toll? Statt meinem Freund zu dienen, ſollt' ich 
Dem Feind die Waffen leihen? Nein! mein Sohn. 
Die Weiber ſind mir fremd. Der ganze Handel 
Geht uns nichts an. — Komm mit mir, komm! — 
N Doch wie? 

Du weinſt? Was iſt dir? 


* 


92 Die Brüder. 


Aeſchinus. 1 


Ach! mein beſter Vater, 
Um eurer Liebe willen hört mich an! 


Micio in ſeiner ihm natürlichen Güte. 
Ich weiß es ſchon; ich kenne deinen Kummer; 


Und — nehm' ihn von dir. 


Aeſchinus umfaßt feine Knle. 2 
Beſter Vater! Scham 

Und Reue beugen mich. Gleich eure Liebe 
Dem Schmerz der unvertilgbar mich verzehrt! — 


Micio. 

Genug! Ich kenn dein Herz, es hat ſich nie 
Verläugnet; doch aus Leichtſinn ſtrauchelſt du 
Nur allzuoft! Erwaͤge dein Vergehn. - 
Ein wackres Mädchen iſt entehrt. — Die Schuld 
Iſt groß; doch menſchlich. Man verzeiht der 

Jugend. — 
Allein was ſprach dein Herz? Wie büßteft du 
Dein Unrecht ab? Durch nichts. Dem Vater wards 
Verhehlt. Ein Wunder ſollte mirs entdecken; 
Ein Gott vom Himmel ſollte dir im Schlaf 


Vierter Akt. 93 


Das Maͤdchen freyn * Wie ſorglos! Wie 
verblendet! — 
Doch faſſe Muth. Sie ſey die deine. Nimm 
Sie dir zur Frau. 
Aeſchinus ſeufzt. 
Ihr ſcherzt. 
Micio. 
Verlaß dich drauf. 
Aeſchinus. 
Wars moͤglich? Ach! Nur dieß mahl täuscht mich 
| nicht. 
dicio als Vorwurf. 
Du zweifelſt noch? 
Aeſchinus. 
Die Größe meines Gluͤcks 
Erſchuͤttert mich. Verzeiht! — Mein hoͤchſter 
Wunſch 
Duͤnkt mir ein Traum. 
Micio. 
Erfleh der Goͤtter Segen 
Und hol die junge Frau. 


94 Die Brüdern 


Aeſchinus. 
Noch heute? 
Micio. 
Heute. 
Aeſchinus. ö 
Sie wohnt bey euch? 
Micio. 
Natuͤrlich. 
’ Aeſchinus. 
Liebſter Vater! 
Der Himmel ſchuͤtze euer Leben. Es iſt 
Mir theurer als das meine. 
Micio. 
Doch nicht theurer 
Als das dadrin ? zeigt auf Soſtratas Haus. 
Aeſchinus. 
Ich lieb' euch beide — Theilt 
Mein Herz! 
Micio. 
Das waͤr zu viel. 


Vierter Akt. 95 


Aeſchinus beſorgt. 


Und euer Freund 
Der Vetter aus Milet? — 


Micio lächelnd. 
Der ging zu Schiff, 
Den hat das Meer verſchlungen. — Sey getroſt! 
Verrichte dein Gebet, und bringe die 
Gewohnten Opfer. 


Aeſchinus. * 
Kraͤftiger ſind ſie 
Aus eurer Hand. Erweicht die Himmliſchen, 
Verſoͤhnt fie mir, erfleht mir ihren Segen. 


Micio. 
Mich rufen andre Pflichten. Saͤume nicht 
Die deinen zu erfuͤllen. er geht in ſein Haus. 


Aeſchinus ale. 
Welch ein Vater! 
Wie ſanft, wie ſchonend! Er beſchämt fürwahr 
Den Freund und Bruder. So viel Güte wohne 
In keines Freundes Bruſt. — Der gute Vater! 


96 Die Bunde 


Wie lohn' ichs ihm? Mein Herz iſt Dank und Liebe. 
Ach! daß ich unbewußt ihn nie betruͤbte. — 

Ich folge ihm. Er harrt zu Haus. Mein Saͤumen 
Verzoͤgert nur mein Gluͤck. geht ins Haus. 


Sechſte Scene. 


Demen alein, keichend. 
“ Ich bin gelähmt! — 
Ich ſchnaufe kaum. — Von einem Thor zum andern 
Hetzt er mich rum. Der Schuft! mit ſeinem 


Tiſchler. 
Ich fand ihn nicht. Den Bruder ſah kein 
Menſch. — 
Nun wank und weich ich nicht. Ich pflanz mich 
vor 


Die Thuͤr — und paſſ' ihm auf. 


} 


Vierter Akt. 


Siebente Scene. 


Deme a. Micio. 
Micio ins Haus ſprechend. 


5 Du biſt bereit, 
Ich ſags ihr an. — 


Demea in Miclo, haſtig. 
Nun hab' ich dich! 
Micio. 
Was giebts? 
Demea. 
Sin neues Bubenſtuͤck — von ihm! 


Micio immer gelaſſen. 
Wie fo? 
Demea. 
Ein unerhoͤrtes, kapitales Laſter. 
Micio. 
Ich kann mirs denken. 


98 Die Berber 


Demea. 
i — Du denkſt nichts. Du kennſt 
Den Buben nicht. 0 
Micio. 


Ich weiß es. 


Demea. 
Du weißt nichts. — 
Du meinſt die Dirne? Nein, ein unbeſcholtenes 
Ehrſames Maͤdchen hat der Boͤſewicht 
Verführt. 
dicio. x 
Ich weiß es. 


Demea. 
Und du ſchweigſt? 
Micio. 0 
5 Nun ja. 
Was ſoll ich thun? 
Demea. 
Du tobſt nicht, raſeſt nicht? 


Vierter Akt. 99 


Micio. 
Was hälfs? 8 
Demen. 
Das Maͤdchen ift bettelarm. 


Micio. 
So hör’ ich. 
Demea. 
Man dringt auf Heirath. Ohne Brautſchatz! Welch 
Ein Schimpf! 
Mieio. 
Er hat die Braut. 
Demen. - 
Was wird daraus? 
/ Micio. 
Die Braut wird Frau — und wohnt bey ihm. 
Demea. 2 


| Hilf Himmel! — 
Giebts denn kein Mittel? 


100 Die, Brüder. 
Micio. 


Weißt du eins? 


Demea. 
5 So ruͤhr 
Dich doch! Stell dich ergrimmt! Erboße dich — 
Und ſey ein Menſch! 


1 Micio. 
Das Menſchliche if ſchon 
Geſchehn. Ich hab das Madchen ihm verlobt, 
Die Hochzeit folgt, und heute noch wird ſie 
Sein Weib. “> 


Demea. 


Vortrefflich! — Juble noch! Mach dich 
Recht breit! \ 


Micio. 
Das thu' ich nicht. Ich fuͤge mich 
In mein Geſchick; und murre nie. — Der Menſch 
Thut ſeinen Wurf; das Schickſal lenkt die Würfel. 
Gelingt er nicht; fo beſſert man durch Kunſt 
Das wanfelmüchge Gluͤck. 


Vierte et. 101 


Demea. 
Du beſſerſt ſchoͤn! 
Durch deine Kunſt ſind zwanzig Minen Gold 
Zum Guckguck. — Schaff die Dirne fort! — Sie iſt 
Nichts werth — verſchenk ſie. 
Micio. 
Nein! das thu' ich nicht. 
Demea. 
Was wirds mit ihr? 
. Micio. 
Sie bleibt in meinem Hauſe. 
Demea. 
Die Kreatur in deinem Hauſe? — Mit 
Der jungen Frau! 
Micio. 
Gewiß. 
Demea. 
Biſt du bey Sinnen? 
Micio. 
So hoff' ich. 


102 Die Brüder. 


Demea. 
Nein! Die Narrheit geht zu weit. 
Der alte Geck! — Was gilts? Das Maͤdchen ſticht 
Ihn an! Sie ſpielt die Cither — ſingt ihm eins. 
Micio. 
Getroffen. 
Demea mit bitterm Hohn. 


Die Schwiegertochter lernts von ihr. 
Sie — klimpert auch. Ne 
Micio. 
Kann ſeyn. 


Demen. 
2 Du fuͤhrſt den Reihen, 
Springſt wie ein Bock. 
Micio. 
Vielleicht. Biſt du bey Laune, 
So ſchließ dich an. 
Demea. 
Beym Jupiter! Du ſchaͤmſt 
Dich nicht! 


Dhechhiee. Akt. 103 


Micio. 
Was brömmelſt du? Heut gilts der Freude, 
Es iſt ein Ehrentag. Dein Sohn hat Hochzeit. — 
Ein froher Wirth macht frohe Gaͤſte. Klaͤr 
Dich auf. — Ich hab Geſchäfte. Komm bald nach. 
geht ab. 


Demea allein, ſtellt ſich vor Mieios Haus. 


Ein wahres Narrenneſt! Der Thron der Dummheit! 
Die Freyſtatt aller Laſter! — Da ſitzt ein Weib 
Mit leerer Hand, ein Cithermaͤdchen ſpielt 
Zum Tanz, man ſchmaußt, man ſchwelgt. Mein 
Sohn verſinkt 

In Wolluſt, der Bruder wird zum Kinde. — Fort 
Von hier! Die Luft verpeſtet mich. Der Zorn 
Der Goͤtter ſcheucht mich fort. 

Syrus taumelt ihm in den Weg. 


104 Die Bruder. 


Achte S ee! 


Syrus. Demea. 


Syrus im frohen leichten Rauſch. Die Zunge etwas 
ſchwer. > 

Das macht ich gut! 

Mein Binchelchen iſt kugelrund! — Der Durſt 

Iſt weg, ich ſpuͤrs; ich ſchwimme wie ein Fiſch. 


wankt im Gehen. 
Ich mach mir Motion. 
Demea zu ſich. 
Welch ein Spektakel! 


Syrus bemerkt Demea. 
Sieh da! mein Murrbaͤz. zu Demea. Ey! wo kommt 
ihr her? — 
Was will der alte Herr? 
Demea. 
Du Schurke! 


Vier der Akt. 105 


Syrus. 


Verſtört mich nicht. m 
Demen. 
Verdammter Soͤffel! — Waͤrſt 
Du meine. 
Syrus. 
Ich glaubs. Ihr waͤrt ein reicher Mann; 
Ich half euch auf. ' 
N Demea. 
Ans Kreuz mit dir, du Hund! 
Syrus. 
Gemach! N 
Demea. 
Der Lotterbube ſteckt das Haus 
In Brand! — Man laͤuft zu Chor, man ſtuͤrmt, 
und der 
Verſoffne Schufft ſitzt beym Pokal — und jubelt. 
S yrus will gehen. 


Ein andermal. 


* 


106 Die Bruͤder. 


Neunte Scene. 
Der o mos Die Borigen. 


Dromo zu Syrus. 
Geſchwind zu Cteſiphon! 
Er ſucht dich. 


Syrus zu Dromo. 


Still! 
Demea. 
Was hör’ ich? Cteſiphon! 
Wo iſt er? N 
Syrus. 
Nirgends. 


Demea packt Syrus an. 
d He! du Schuft! Wo iſt 
Mein Sohn? 
Syrus trotig. 
Ich weiß es nicht. 


Vierter A ket. 107 


Demea. 
Er iſt bey euch! 
Er nannt ihn ja. n 
Syrus. 
Ein andrer — kurz und dick, 
Der kleine Cteſiphon, ſein Tiſchkompan — 
Ihr kennt ihn ja? 
Demea. 
Es wird ſich zeigen. er will ins Haus. 


Syrus vertritt ihm den Weg. 
Bleibt! 


Demea. 
Zuruck! 
Syrus. 
Ich ſtehe feſt. 
Demea ſchleudert ihn von der Thür weg. 


ö Brich dir den Hals 
Eujon! geht ins Haus. 


ros Die Brüder. 


Syrus. 
Weg iſt er. — Ein ungelegner Gaſt! 
Ein Störenfried! — Ich zieh mich ab — ſuch mir 
Ein Winkelchen — nick ein — und laß es ſtuͤrmen. 
geht gähnend ab. 


109 


Fünfter Akt. 


Er ſte Scene. 
Mi ci o. De we . 


Micio ſpricht in Soſtratas Haus. 


Saͤhlt feſt auf uns. Wir find bereit; wir kommen. 
Demea kommt aus Micios Haus, ſchlägt die Thür zu. 


icio zu ſich. 


Gemach! Wer ſtuͤrzt fo plump aus meiner Thür ? 


Demea uu ſich. 
O! Höll und Himmel! — Wie ſchrey' ichs aus? 
Wer iſt f 
Der Herold meiner Schande? 


110 Die Brüder. 


Micio zu ſich. 
i Er hats erfahren. 
Das Ungewitter droht — Geſchwind zu Huͤlfe. 


Demea ſieht Mielo. 
Da ſteht der Unhold. zu Micio. Ha! Verderber. 
Sin Sohn 
War nicht genug? Du mordeſt beide! 


Micio. 5 
Fein 
Gelaſſen! Maͤßge dich — und hör mich an. 
Demea mit verbiſſenem Zorne. 
Nun wohl! Ich — mäßige mich. Ich hoͤr dich an. 
ſpöttifch. 
Wir ſind ganz einig. Nicht? — Ein Sohn iſt dein, 
Der andre mein. So wollteſt dus? So wars 
Beredt? 
. Micio. 
Darüber ift kein Streit. 
Demea beftig. 
Doch ſteckt 
Mein Sohn bey dir. Er zecht bey dir, du nimmſt 


Fünfter Akt. 111 


Ihn auf; froͤhnſt feinen Lüften — biſt fein Kuppler! 

Haͤltſt du mir Wort? — Was kümmert dich mein 
Sohn? 

Sorg fuͤr den deinen! 


Micio. 
Du nimmſts zu ſtreng. Sey billig. 
Das Sprichwort ſagt: „Kein Freund theilt mit 
dem Freunde; 
Ihr Gut iſt jedem eigen.“ 


Demea. 
Das Spruͤchelchen 
Kommt dir zu ſpaͤt. 


Micio. - 
Laß dich bedeuten, Bruder. 

Dich ſchmerzt das Geld; der Aufwand deiner Soͤhne 
Bekuͤmmert dich. — Die Sorge galt vordem. 
Da lag die Laſt allein auf dir. Mein Beyſtand 
War ungewiß. Nahm ich ein Weib, bekam 
Ich Kinder; ſo fehlt' er dir. Doch hoffteſt du, 
Aus eignen Mitteln, allem vorzuſtehn. — 
Behaupte deine Kraft. Erwirb, erſpar, 
So viel du kannſt. — Bereichre deine Erben; 


— 
112 Die Brüder. 


Doch was der Zufall bringt, was unverhofft — 
Ihr Erbtheil wird, das laß ſie frey genießen. 
Der Oheim giebt — Du wirft nicht armer — und 


Was uͤbrig bleibt, nimm für Gewinn. 


* 


Demea. 
g Was Geld! 
Die ſchlechte Zucht — Die zuͤgelloſen Sitten — 
Micio. 
Geduld! Ich komm darauf. — Ein raſches Urtheil 
Iſt nie gerecht. Der Menſch irrt ſich am Menſchen. 
Er mißt die That, und richtet nach dem Schein. 
Das Herz, den Quell der That, muß man erforſchen; 
Denn was den Einen ziert, entſtellt den Andern. 
Was jener loͤblich thut, bringt dieſem Schande. — 
Erſorſche deine Sohne, zieh’ ihr Herz 
Zur ſtrengſten Rechenſchaft. Ich buͤrg' es dir 
Bey jedem Schritt. Sie ſind lenkſamer als 
Du meinſt; und unverdorbner als fie ſcheinen. — 
Die Laſter, die du ruͤgſt, ſind Jugendfehler. 
Das Alter ſchafft uns um. Der boͤſe Wirth 
Wird ſparſam; der Verſchwender kommt zu Jahren, 
Und — knickert. Unſre Weisheit iſt die Frucht 


F uͤn fter Akt. 113 


Der Zeit. Sie reift auch deinen Soͤhnen — verlaß 
Dich drauf. 
Demea. BEN 


Verworfne Säge! Narrenwahn! — 
Die Nachſicht führe ins Hoſpital. 


Micio. 
Genug 
Davon! Bleib heute hier und ſey mein Gaſt. 
Erheitre dich. x . 
Demea. 2 


Es ſey. Ich muß wohl — was 
Ich muß. Doch morgen, ſo wies tagt, geh' ich 
Aufs Land. Der Burſch muß mit! 


Micio. 
Noch eh' es tagt, 
Wenus dir beliebt. Sey heut nur luſtig. 


Demea. 
g Die Dirne 
Nehm' ich aufs Gut. 
28 


114 Die Brüder. 
Micio. 
Vortrefflich! — Nun entwiſcht 


Dein Sohn dir nie. Er ſehnt ſich nicht hinweg. — 
Halt nur das Madchen gut, machs ihr bequem. 


Demea. 
Das findet ſich. — Sie ſoll die Mühle drehn, 
Am Heerde ſchwitzen; Ruß und Mehlſtaub ſoll 
Sie tünchen; Mittags muß fie ſtoppeln gehn. 
Die Sonne ſoll ſie braten, bis ſie welk 
Und duͤrre wird, wie morſches Leder. 


Micio. 5 
N Recht! — 
Haſt du ſie ſo; ſo pack ſie auf, bring ſie 


Dem Sohn, und ſetz die Venus ihm vors Bett. 


Demen. 


Du lachſt mich aus? — Du haft gut lachen. Du 
Nimmſt alles leicht. Das fuͤhl' ich leider! 


Micio. 2 
Still 
Davon! 


Fünfter Akt. 115 


Demen. 
Nun ja. Ich hoͤr ſchon auf. 
Miclo. 
Mir winkt 
Das Feſt. Erfreue dich mit uns und folge. 


er geht ins Haus. 


Zweyte Scene. 


Demen allein. 
Vergebens baut der Menſch auf ſeinen Willen, 
Sein ernſter Vorſatz, die gereifte Frucht 
Geprüfter Denkart, wird ein Spiel der Zeit. 
Die Lage ändert fh, und die Erfahrung 
Bezeichnet ihm den neuen Lebensplan. 
Sie ſchärft ſein Auge. Er erwaͤhlt, was er 
Verwarf; und was ihm werth war, laͤßt er fahren. — 
Dieß ſey mein Fall! — Ich mildre mein Gemuͤth; 
Entſage der gewohnten rauhen Sitte; 
Und zwinge mich ein andrer Mann zu ſcheinen. 
Das leichte Beyſpiel ſtellt mein Bruder dar, 


116 Die Brüder. 


Er iſt geſellig, ſchickt ſich in die Welt, 

Spricht nie ein hartes Wort, kommt jedermann 

Mit Freundlichkeit zuvor. — Die Milde iſt 

Bequem. Man macht ſich Freunde, und man liebt 

Und lebt ſich ſelbſt am meiſten. — Ueberall 

Hoͤr' ich des Bruders Lob. Mich rühmt kein 
Menſch! — 

Ich war ein ſtrenger, duͤſtrer, karger Landmann. 

Ich floh die Welt; nahm mir ein Weib — die Noth 

Begann! Ich zeugte Kinder — das Elend wuchs! 

Mich labte kein Genuß. Mein ganzes Leben 

War Muͤh und Schweiß. Ich darbte, ſparte für 

Die Sohne — Was gewinn' ich? — Ihren Haß. — | 

Mein Bruder legt die Hand in Schooß, muͤht ſich 

Um nichts; und ihm wird jede Vaterfreude. 

Die Soͤhne lieben ihn; mich fliehen ſie. 

Sie haͤngen nur an ihm, fie beten für 

Sein Leben; mir wuͤnſchen ſie den Tod. — Mein 
Sohn 

Iſt nicht mehr mein. Um leichten Preis hat er 

Sein Herz erkauft. — Hier gilt ein Wettſtreit! 
Wohl, ! 

Ich nehm’ ihn auf. Ich werde ſanft, gefällig. 


F hn fte Akt. 117 


Mein Aeußres ſchreckt nicht mehr. Die barſche 
5 Zunge 

Siebt glatte Worte. Kurz, ich zwing die Meinen 
Zu gleicher Gunſt; und ſtech den Bruder aus. 

Ich ſchenke drauf und drein, geb' alles hin. — 
Gebrichts am Ende? Was kuͤmmerts mich? Ich bin 
Der Aelteſte: ſo lang' ich lebe, wirds 

Wohl reichen. 


Dritte Scene. 


Syrus. De me a. 


Syrus. a 
Herr Demea, verlauft euch nicht. 
Der Bruder ſchickt mich her. 5 

Demea mit 8 Freundlichkeit. 

Sieh da! Freund Syrus. 
Mein lieber Syrus, ſey gegrüßt — Was macht 
Man Gutes? s 
S yrus immer mißtrauiſch. 
Alle wohl. 


118 Die Brüder. 


Demea zu ſich. 
Es fließt mir gut. 
„Mein lieber Syrus — Sey gegruͤßt. — Was macht 
Man Guts?“ — Drey neue Phraſen in einem Zug. 
zu Syrus. 
Nur näher Freund! Du biſt ein braver Burſch. 
Ich will dir wohl — ich ſchaͤtze dein Verdienſt. 
Syrus. 
Ich dank euch ſchoͤn. bey Seite. Hol ihn der Fuchs! 
Demea. 
Es iſt 
Mein Ernſt. Du ſollſts zu ruͤhmen wiſſen. 


Vierte Scene. 


Get a. Die Vorige n 
Geta ſpricht ins Haus zu Soſtrata. 
Das waͤhrt 
Zu lang! — Ich ſehe zu, wo Braͤutigam 
Und Vater bleiben. ſieht Demea. Ach! Herr Demea, 
Willkommen! 


| 


Fuͤnfter Akt. 119 


Demea⸗ 
Habe Dank. — Dein Name, Freundchen? 


Geta. 
Geta. 


Demen, 
Ganz recht. Der wackre Geta. — Der 
Vertraute feiner Herrſchaft. Zaͤhl' auf mich, 
Ich lohne deinen Eifer. 
Geta. 


Allzuguͤtig. 


Demea zu ſich. 


Es geht nach Wunſch. Das Sklavenpack iſt ſchon 
Gewonnen. 


Sünfte Scene, 
Ae ſchin us. Die Borigen. 


Aeſchinus iu ſich. r N 
Ach! ich ſterb für Ungeduld. 
Man ſchmuͤckt das Feſt. Man ordnet an — Und fo 
Verſtreicht der Tag. 8 
Demea immer freundlich. 


Wie gehts, mein Sohn? 


8 Aeſchinus etwas betroffen. 
Mein Vater? 
Demea. 
Ich ſelbſt. Dein guter liebevoller Vater. — 
Ich komm zur Hochzeit. Hohl die junge Frau. 
Was zoͤgerſt du, mein Sohn? 
Aeſchinus. 
| ” Ich treib' umſonſt. 
Die Anſtalt fördert nicht. Es fehlt an Sängern — 
An Taͤnzerinnen. — 


Fünfter Akt. 121 


Demea. 


Hoͤre meinen Rath. 


Aeſchinus. 
Befehlt, mein Vater. 


— 


Demea. 

Laß die Dudeley, 
Das Brautgeleit, die Fackeltänze. — Faßt 
Euch kurz! Reißt drin die Gartenmauer ein. 
Aus beiden Haͤuſern wird ein Haus. Du hohlſt 
Die junge Frau, die Schwiegermutter — mit Sack 
Und Pack — Sie wohnen hier. Ein Dach, ein Heerd⸗ 
Ein Herz. Was meinſt du? ö 


Aeſchinus. 
Beſter Herzensvater! 
Ihr ſeyd die Guͤte ſelbſt. 1 
Demea zu ſich. 
N Das ſchmeckt dem Buben. 
Er ſchmeichelt mir. Ich bin „ſein Herzensvater“ — 
Dem Bruder iſts ein Dienſt. Ich ſchaff' ihm Raum. 
Er haͤuft die Gäſte; fretzt die halbe Stadt — 


122 Aie Bride is 
und frißt ſich arm. Nur zu! Ich helf dem 
Schwelger. zu Syrus. 
Was ſtehſt du hier? Die Hand ans Werk! 
Syrus ungewiß, halb zu Mich. 
Was ſoll 
Ich thun? 
Demen. 
Einreißen ſollſt du. Mach geſchwind! 
Syrus eilt ab. 
Demea zu Aeſchinus. 
Du Hohlft dein Weib, und führft fie her. 
Geta. 
Vergelts 
Der Himmel! Ihr thut wohl an uns. Ihr ſeyd 
Ein edler Mann. 
Demen. 
Ich bin gerecht — mehr nicht. 
Nicht wahr, mein Sohn? 
Aeſchinus. 
Ich ſegne eure Gute, 


Fünfter Akt. 123 


* 
Demen. 


Mein Vorſchlag ift bequem. Die neue Frau 
Zieht ſtill heruͤber — ohne Sang und Klang. 
Aeſchinus. 
Vortrefflich! Eure Anſtalt iſt die beſte. 
Demea. 


Wie immer, Die Thür geht auf. Ah! mein Bruder 
N Micio. 


Sechste Seene. 


Micio. Demea. Ae ſchinus. 


Micio ſpricht ins Haus zu Syrus. 
Reißt ein; brecht ab; ich habe nichts dagegen. 
ſieht Demea. t 
Da iſt er ſelbſt. zu Demen. Haft du's befohlen, 
Bruder? 


— 


Demea. 


Befehl von mir. — Die Nachbarn ſchließen ſich 
Nun näher an. Wir ſind ein Haus; wir ſind 


124 Die Brüder, 


* . 
Verwandte. Das giebt neue Pflichten: Schutz, 
Verpflegung, Beyſtand. Ihre Sorgen ſind 
Die unſrigen. | 
Aeſchinus. 


Ihr beſter aller Vater! 


Micio zu ſich. 
Seltſamer Wechſel! — Was bedeutet das? 


Demea zu Micio. 
Die erſte Wohlthat gilt dem alten Oheim, 
Dem wackern Hegio — Bring ihn zu Kräften, 
Micio. 
Wie das? 
Demen. 
Du haft ein Stuͤckchen Feld vorm Thor, — 
Sieb ihm den Bettel hin! 
icio. 
Ein Bettel iſts 
Juſt nicht. Das Stuͤckchen Feld mißt manche Hufe. 


Fünfte: Ak. 125 


Demen. 
Um fo viel beſſer! Giebs ihm nur. — Er hat 
Ein Recht auf unfre Großmuth: er iſt arm, 
Er iſt mein Freund, die neue Schwiegertochter 
Ehrt ihn als Vater. — Sagteſt du nicht oft: 
„Das Alter hing am Geld? ſein groͤßter Fehler 
Sey Knickerey?“ Beſtreite dieſen Satz, 
Zeig uns das Gegentheil! 
Micio mn ſich. 
Ich muß es wohl, 
Er zwingt mich. laut. Nun ich ſchenke Hegio 
Die Aecker — wenn mein Sohn es will? 


Aeſchinus beſchämt. 
Mein Vater! 


— 


Demea. 
Recht ſo! Du biſt mein wahrer Herzensbruder. 
Micio verwundert und mißtrauiſch. 
Mich freuts. 
Demea zu ſich, ſeitwärts. 


Es geht nach Wunſch! — Ich ſchlage ihn 
Mit ſeinem eignen Schwerte. 


Siebente Scene 


Syrus. Demea. Micio. Aeſchinus, 
und Cteſiphon, der am Ende der Seene erſcheint, 


und neben ſeinen Bruder tritt. 


Syrus zu Demea, im Eintreten. 
Die Mauer liegt! 
Der Weg iſt offen. 
Demea. 


Du gewandter Burſch! zu Micio. 
Gieb ihm die Freyheit, Bruder. Mir zu Liebe. 


Micio. 
Wofür? Verdient er es? 


Syrus zu Demen. 
3 Großmuͤthger Herr! 
Ihr ſorgt für einen alten Knecht. Ihr lohnt 
Ihm fein Verdienſt; ich pflegte eure Soͤhne 
Von Jugend an; mein treuer Rath verließ 


Fünfter Akt. 127 


Sie nie. — Wie manche gute Lehre kam 
Durch mich? 


Demea. 
Man ſiehts. Die Arbeit lobt den Meiſter. — 
Dein Ruhm geht weiter. Du verſorgſt die Kuͤche. 
Schaffſt Maͤdchen an; beſchickſt die Tafel, eh' 
Man hungert. Kurz, der Ausgelernteſte 
Iſt gegen dich ein Stuͤmper. 


Syrus. 
Ey! wie ſpaßhaft! — 
Nur zu! Es ſteht euch gut! 


Demea zu Syrus. 
Der flinke Syrus! 
Heut ſuchte man ein Mädchen, er erfährts: 
Gleich war fie ausgegattert. zu Micio. Lohn ihm das! 
Gieb ein Exempel, mach gewandte Diener. 
Dein Sohn begehrt fuͤr ihn die Freyheit. 


Micio zu Aeſchinus. 
| Sf 
Es wahr? 


128 Die Brüder. 


Aeſchinus beſcheiden. 
Es iſt mein Wunſch. 


Micio. 
Er foll fie haben. zu Syrus. 
Tritt naͤher Syrus! die andern herbeygewinkten Sklaven 
treten ein. Hier vor dieſen Zeugen, 
Sof ich die Knechtſchaft. Du biſt frey gelaſſen. 3 


Diefe Rede begleitet die Ceremonie der Freylaſſung. 


Syrus zu Micio. 
Zu große Gute! zu Demea. Euch, Herr Demea, 
Dank' ich mein Gluͤck. 
Demea zu Syrus. 
Schon gut. 


Aeſchinus zu Syrus. 
Mich freuts von Herzen. 


Syrus zu Allen. 
Der Himmel ſegne jeden eurer Wuͤnſche! 


Micio zu Syrus. 
Dein Gluͤcksſtern bluͤht. 


Fünfter Akt. 129 


Demea. 

Nicht ganz. Das Beſte fehlt. 
Mit leerer Hand erwirbt man nichts. Wend ein 
Stuͤck Geld an ihn. 


— 


Micio. 
Dem Schelm, ein Kapital? 
Demea. 
Er zahlts zurück. 
Syrus. 
Auf Ehre. 
Aeſchinus. 
Wagts darauf. 
Micio. 
Ich wills beſchlafen. 


Demea. 


* 


Nicht doch! Giebs ihm gleich. 


Aeſchinus bittend. 


Mein beſter Vater! 


130 Die Brüder. 


Micio verwundert. 


Ich verſteh' euch nicht! zu Demen. 
Was kommt dir an? Was ſoll die Freundlichkeit — 
Dieß Uebermaß von Güte? 


Demea. 


Laß dir dienen. — 
Du glaubſt, man liebe dich aus Neigung; weil 
Du ſanft und billig biſt? Das traumſt du dir! 
Man hangt der Schwachheit an. Der Mann, 
der gern 
Verzeiht, der alles duldet, immer ſchenkt; 
Der iſt bequem — den ſucht man auf. Allein 
Man liebt ihn nicht. zu Aeſchinus. Und nun ein 
| Wort mit dir! 
Euch jungen Burſchen bin ich uͤberall 
Ein Dorn im Aug'; ihr weicht mir aus. Warum? 
Weil ich das Kind bey ſeinem Namen nenne: 
Das Schlechte, ſchlecht; das Tolle, thoͤricht. Das 
Verſchnupft euch. — Nun, ich ſpaͤr' euch den 
Verdruß. 
Treibts wie ihr wollt, ich ſehe zu. — Indeß, 
Kommt beßrer Rath euch einſt; bemeiſtert euch 


. 


Sünfter Akt. 131 


Die Leidenſchaft; fuͤhlt ihr euch ſchwach; begehrt 
Ihr fremde Kraft, fie zu befümpfen: fo kommt 
Zu mir — ich bin der Mann dazu! 


Aeſchinus. 
Leiht uns 
Die Hand, ſeyd unſer Fuͤhrer! — Darf ich auch 
Ein Wort fuͤr meinen Bruder ſprechen? Was wird 
Aus ihm und ſeiner Liebe? 


Cteſiphon tritt näher. 


Demen. z 


Wenn ein Wunſch 
Ihm gnuͤgt, und feſſelt: fo ſtehts gut mit ihm. 
Ich laß das Maͤdchen frey, ſie wird ſein Weib, 
Und wohnt bey ihm. 

Micio. 
Das war ein mildes Wort! 

Es ging von Herzen. — Ja! nun trau' ich dir. 
Du wirft ein andrer Mann; du biſt es ſchon. — 
Wir ſtreiten uns nicht mehr. Wir bleiben Bruͤder! 


ee 


Ein Luſtſpiel nach Terenz 


in fünf Akten. 


Leipzig, 
bey Georg Joachim Goͤſchen, 1806. 


* 


D 


i 


EB 


(Eunuchus.) 


— — — — — — 


i 


n. 


Perfonen. 


Caches, ein Alter. 

Dhädrin, defen ältefter Sohn. Thais Liebhaber. 
Chäten, deſſen jüngſter Sohn. Llebt Pamphila. 
Parmeno, Laches Sclave. Der Vertraute beyder Söhne. 
4 Thrafo, ein reicher Kriegsmann. Phädrias Nebenbuhler. 
Gnatho, ein Schmarotzer. Thraſos Vertrauter. 
Sanga, in Thraſos Gefolg. 

Thais, Phädrias Geliebte. 

Pythias, 
Dorias, 8 
Chremes, ein Jüngling edler Abkunft, auf dem Lande erzogen. 


3 Thais vertraute Sclavinnen. 


Antipho, Chäreas Freund. 
Sophrona, Pamphilas Wärterin. 


Stumme Perfonen. 


Pamphila, Thais Selagvin. Sie wird als Chremes 
Schweſter erkannt. 

Strato, 

Syricus, in Thraſos Gefolg. . 

Donar, 

Sclaven und Sclavinnen. 


Das Stuck ſpielt in Athen, 


— — 


Erfier Ankot. 


Erſte Scene. 


Straße der Stadt. Rechts, Thais Haus. Dieſe Dekoration 
bleibt durch alle Akte unverändert. 


Phoͤdria. Parmeno. 


Phaͤdria. 
Die Thuͤr iſt offen. — Thais bietet mir 
Die Hand; ſie ladet mich herein, ſie bittet. 
Was ſoll ich thun? — Sie ſperrt mich aus, ſie 
ruft 
Mich her. Die Falſche! — Nein, ich duld' es 
8 nicht. 
Sie fleht umſonſt: ich thue keinen Schritt. 


4 Die Mohrin. 


Parmeno. 
Ein braver Vorſatz — wenn er Stich hält. — Prüft 
Euch wohl. Die ſchlaue Thais kennt das Spiel. 
Gebt ihr euch bloß; ſo iſt ſie obenauf. 
Sie macht euchs quitt. Ihr ruft: ſie hat kein Ohr. 
Ihr fleht: ſie lacht euch aus. — Die Liebe neckt 
Und trillt und hudelt euch, und faͤngt euch doch. 
Man weiß wies fallt. Ihr kampelt euch, verſoͤhnt 
Euch wieder — heute Krieg, und morgen Friede. — 
Ihr kommt nicht durch. Ein falſches Thraͤnchen 

macht 

Euch zahm, ein glattes Wort lockt euch ins Netz. 


Ph aͤdria. 
Der Schimpf ſey fern! Ich ſehe den Verrath, 
Ich kenne ihre Tuͤcke. Alles klagt 
Sie an. — Umſonſt! Der wache Sinn iſt blind. 
Ich haͤrme mich — und liebe meine Feſſeln! 


Parmeno. 
So kriecht ins alte Joch; gebt euch gefangen. 
Bezahlt das Loͤſegeld — groß oder klein, 
Gleichviel! — Entſchließt euch nur, und jammert 
nicht. . 


Wort 
1 . 


Erſter Akt. 


a 


Phaͤdria. \ 
Du raͤthſt es mir? 


Parmeno. 
0 Wie anders? Jeder ſchleppt 
Sich durch die Welt: ein Thor bepackt ſich ſelbſt. 
Euch hat die Liebe gut verſorgt; ihr habt 
Die volle Ladung, nehmt fürlieb. Sieht Thals. 
Doch ſtill! 


ar 


Da iſt fie. 
Phaͤdria. 
Wer? 

Parmeno. 

Die ſchoͤne Thais 

Phaͤdria. 8 

Thais! 

Parmeno. 


Sie ſelbſt; der Haͤgelſchlag, der unſre Saat 
Verheert. i 


— 


6 Die Mohrin. 


3Zweyte Scene. 


Thais. Phaͤdria. Parmeno, 


Thais 
zu ſich, aus ihrem Hauſe heraustkretend. 
Ich Ungluͤckſelge! — Phaͤdria 
Verſchmaͤht mein Haus. Ich wieß ihn ab, die 
Thuͤr 
Verſchloß man ihm. Er zurnt mit mir; er glaubt 
Mich treulos. 


Phaͤdria mit halber Stimme. 
Parmeno, mir bebt das Herz, 
Ich zittre. 


Parmeno auf Thais zeigend. 


Friſch ans Feuer. Waͤrmt euch da. 


Thais. 
Du hier? mein theurer Phadria! Warum 
So fern? warum nicht gleich herein? * 


Erſter Akt. 7 


Parmeno eise zu Phädrig. 
Kein Wort 


Von geſtern! lügts ihr ab. 


Thais ihn ins Haus ladend. 


Du zoͤgerſt? 


Phaͤdria mit Bitterkeit. 

1 K Weiß 
Ichs doch! Dein Haus iſt immer offen. Der 
Geliebte Freund geht aus und ein; iſt ſtets 
Willkommen. 


Thais. 


Ohne Groll. Schlag ein! — Wir ſind 
Verſoͤhnt. N 
Relcht ihm die Hand. 


Phaͤdria verweigert feine Hand. 
Verſoͤhnt! — So leicht trägft du die Schuld? 
O Thais, Thais! fühle ſie wie ich — 
Doch nein! Gieb mir dein laues Herz: das meine 
Iſt mir zur Qual! 


8 Die Mohrin. 


Thais. 
Sey ruhig; fuͤrchte nichts. 
Ich liebe dich. Der Einzigſte biſt du. 
Verlegen, ſtockend. 
Verzeih! Ich — war gezwungen. Zufall wars. 
In — meiner Lage. 


Parmeno foottend. 


Armes Kind! Der Zufall 
Verſchloß die Thuͤr. Aus bloßer Zaͤrtlichkeit 
Schob ſie den Riegel vor. 


Thais zu parmeno. 8 

Wie hamiſch. Scham’ 

Dich was! Zu Phädrla. Geliebter Phaͤdria, leih mir 
Dein Ohr. Hör’ ein Geheimniß, das ich lang 
Verſchwieg; das ich dir heut entdecken wollte. 


Phaͤdria. a 
Ich hoͤre. 


Thais auf Parmeno zeigend, 


Schweigt der Burſch? 


Er ke e A. bt. 9 


Parmeno. 
Er ſchweigt; und plaudert: 
Wies fallt, — Was wahr iſt, das verwahr' ich 
gut, 

Das lockt mir niemand ab. Doch hinkts damit, 
Sinds Fabeln, faule Fiſche; da platzts raus. 

Ich fließe uͤber, bin ein loͤchrig Sieb. — 

Verſuchts darauf; ihr ſeyd gewarnt. 


Thais im erzählenden Ton. 
Die Mutter, 
Die mich geboren, war aus Samos, und 
Zu Rhodus wohnte fie, | 


Parmeno au fih, doch laut. 


Kann ſeyn. Das wird 
Verſchwiegen. 


Thais. 
Eines Tages brachte ihr 
Ein unbekannter Mann ein Maͤdchen zum 


Geſchenk, ein kleines Kind, aus Attika 
Geraubt. 


10 Die Mohrin. 


Phaͤdria. 
Wohl aus Athen? Ein Bürgerkind? 


* 


Thais. | 
Vielleicht; man weiß es nicht. Das zarte Mädchen 
Entſann ſich ſeiner Aeltern, nannte ſie 
Mit Namen; ihre Heimath war vergeſſen. 
Ein Raubſchiff brachte fie nach Rhodus, und 
Zu Sunium war ſie an Bord gekommen 
— So hörte man vom Kaper — Das Geſchenk 
Erfreute meine Mutter. Sie gewann 
Das Maͤdchen lieb, erzog ſie ſorgſam wie 
Ihr eignes Kind: ſie galt fuͤr meine Schweſter. — 
Das Schickſal trennte uns. Ich zog mit Thraſo, 
Dem reichen Kriegsmann, nach Athen. Hier lebt' 
Ich ſtill und unbekannt in ſeinem Hauſe. 
Er ging nach Carien; und ließ mich hier. — 
Was ich beſitze, kommt von ihm: er gab 
Mir alles. 


Parmeno. 
Zweymahl unwahr. Das platzt raus! 
Der Kriegsmann hatte Schwaͤger, ſchenkte nicht 
Allein: wir botens beſſer. 


Erfter Akt. 11 


Thais zu Dakmens; unwillig. 
Laß mich enden. 
Zu Phädria, 
Ich war allein. Wir ſahen uns. Dein Herz 
Erwählte mich. Schmelchelnd. Die treuſte ne 
Belohnte deine Liebe. 


Phaͤdria. 
Parmeno, 
Du ſchweigſt? 


Parmeno. 


Ich plaudre! 


Thais wie vorhin. 
Still! — In Carien 
Starb meine Mutter jungſt. Ihr Bruder kam 
Herbey, und erbte ſie. Der Oheim liebt 
Das Geld — Er fand die Pflegetochter. Sie 
Iſt ſchoͤn, ſie tanzt und ſpielt die Zitter. Ihm 


wars 
Ein Fund. Er bot ſie feil, und hielt ſie hoch 
Im Preis. — Mein Freund, der Kriegsmann, 


war zugegen. 


7 Die Mohrin. 


Er ſah das Mädchen, kaufte fie, und kam 

Mit ihr zuruck — Ihr Schickſal war ihm fremd — 
Er wollte ſie zur Sclavin mir verehren. 

Nun reut es ihn. Er friſtet ſein Versprechen 

Iſt eiferſuͤchtig — und beſteht vor allem 

Auf deinen Abſchied. Doch mich duͤnkt, er liebe 
Die Sclavin. — 


— Phaͤdria. 
Giebt fie ihm Gehör? 


Thais. 

Sie ſchwoͤrt 
Das Gegentheil. — O Phaͤdria! Mein Herz 
Haͤngt an dem Maͤdchen. Sie gehoͤrt mir an; 
Sie galt für meine Schweſter. Ihr Beſitz 
Erbaut mein Gluck. Ich bin verlaſſen, kein 
Befreundet Haus verſorgt mein Alter. Wird 
Das Mädchen mein, erforſch' ich ihre Aeltern, 
Erſtatt' ich ſie den Ihrigen dereinſt: 
Das bringt mir Dank, dann hab' ich Freunde und 
Verwandte. Bittend. Gönne mir den Troſt, und 
z bring ; 
Ein kleines Opfer mir aus Liebe. 


„ 


5 Erſter Akt. 13 


Phaͤdria mit Argwohn. 
Welch 
Ein Opfer? — 


Thais. 
Gieb dem Kriegsmann kurze Zeit 
Den Vorzug, dulde ihn in meinem Hauſe: 
Bis ich das Maͤdchen ihm entlocke. — Wie? 
Du ſchweigſt? 


Phaͤdria. 


Verwegne! brauchts der Antwort? 


Parmeno zn Phädria. 
Brav! 
Der Sieg iſt euer. 


Phaͤdria bitter. 
Saubres Maͤhrchen! „Ein 
Verlornes Kind — ein Pflegeſchweſterchen, 
Das ſeine Aeltern ſucht?“ Sags rund heraus: 
„Du haſt den Abſchied; er wird aufgenommen.“ 
So iſts! Die Sclavin bringt Gefahr, du ſtellſt 
Ihr nach; aus Furcht begehrſt du ſie. 


171 


— 


14 Die Mohl in. 
Thais. 
4 


Mein Wunſch 
Iſt rein, die Eiferfucht hat keinen Theil 
Daran. 


Phaͤdria. 


Der Kriegsmann iſt dir werth. — 
Iſt er der beßre Werber? Thut er mirs 


Zuvor? Ich draͤnge mich an deine Wuͤnſche, 
Erlauſche jeden Wink. 


Was ſonſt? 


Du forderteſt 

Ein Mohrenmaͤdchen: ich verſchaffte ſie, 
Bezahlte funfzig Minen Gold — und nun 
Iſt ſchnoͤder Hohn mein Dank! 


Thais. 
Halt ein, Geliebter. 


Des Freundes Feindſchaft 
wag' 


Ich fordre nichts. 


Ich nicht. Das Mädchen ſey vergeſſen. 
Phaͤdria. i 
| Wie? 
„Des Freundes Feindſchaft wagſt du nicht?“ O! 
ſpraͤchſt 


er ſterr An. 73 


Du Wahrheit! waͤr' dein Herz auf deinen Lippen. 
Was thaͤt' ich nicht? was litt' ich nicht? 


Parmeno zn ſich. 
1 


O weh! 
Er haͤngt die Flügel, — Dacht' ichs doch. 


Thais * 
Du kennſt 
Mein Herz. Hab' ich dich je getaͤuſcht? Verſagt' 
Ich je, was du im Scherz begehrteſt? — Nur 
Zwey Tage, Phaͤdria. Die kleine Bitte 
Gewaͤhre mir. 


Phaͤdria. 
Zwey Tage“ — Geb' ich fie; 
So willſt du zwanzig? 0 
Thais. 


Nein, zwey Tage ſind 
Genug. — Doch wie du willſt. 


Phaͤdria trocken, und beſtimmt. 
Ich will nicht — nein! 


— 


16 Die Mohtin. U 


Thais. 


Nun wohl. — Das Einzige erfleh' ich nur — 


Phaͤdria einfallend. 


Dir zu gehorchen? 


Thais. 
Beſter Phaͤdria, 
Die Liebe bittet: ſey gefällig. 


Phaͤdria 


mit erzwungener Reſignation. 
Gut! 

Ich geh'. — Ich geh' aufs Land; zergraͤme mich 
Zwey Tage. Thais wills: ich bin gehorſam. — 
He! Parmeno, bring' ihr die Mohrin, bring 
Sie gleich. 

Parmeno. 

Ich eile. 
Phaͤdria. 
f Thais, lebe wohl — 


Auf kurze Zeit. Ich geh'. 
Thais. 


1 


FErſter Akt. 17 


Thais. 
So kalt beym Abſchied? 
Haſt du mir nichts zu ſagen? Spricht kein Wunſch 
Aus deiner Seele? 


Phaͤdria. 
Tauſende! — Vergiß 
Mich nicht. Bewahre mir dein Herz. Sieh mich 
Im Traum, im Wachen. Sehne dich nach mir. 
Sey ganz die meine; liebe mich wie ich 
Dich liebe. — Lebe wohl! 
Geht ab, und blickt mit Sehnſucht auf Thais zurück. 


Parmeno 
ſpottet der Sehnſucht ſeines Herrn, und folgt ihm. 


Thais alein. 0 


— 


Er ſchied mit Argwohn, 
Sein Herz war nicht beruhigt. — Armer Freund! — 

Er dauert mich. Das Opfer fallt ihm ſchwer. 
Ein bofer Schatten trübt die lautre Abſicht. 

Verzeih! Ich bürge die Gefahr. — Das Ziel 
Iſt nah; des Mädchens Bruder iſt gefunden. 


* 2 


18 Die Mohrin. 


Ein Juͤngling edler Abkunft. Sein Beſuch 
Erwartet mich; ich eil' ihn zu empfangen. 


Geht ins Haus ab. 


g wey te r at: 


Erſte Seene. 
Phaͤdria. Parmen o. 


Phaͤdria. 
Bring' ihr die Sclavin. Tummle dich! 
Parmeno laut. 
Ich gehe. 
Phaͤdria. 
Mach fort! 


Parmeno. 


Ich eile. 


20 Die Mohrin. 
Phaͤdria. 
g Bring ſie gleich! Wie oft 


Befahl ich dirs? 


Parmeno. 
Geduld. — Der Seckel leert 
Sich leicht. Das Geld geht fort, und kommt nicht 
> wieder, 
Ihr ſchenkt euch arm; ihr geht zu Grunde. 


Phaͤdria. 
Geld 
Iſt Geld. Ich ſelber geh zu Grunde! Geh, 
Bring’ ihr die Mohrenſclavin. 


5 Parmeno. 

ö Ich gehorche. — 
Befehlt ihr mehr? 1 
Phaͤdria. 

Noch eins. Mach' das Geſchenk 
Ihr wichtig. Sag' ein freundlich Wort dazu. — 
Vertreib den Nebenbuhler. Draͤnge ihn 
So viel du kannſt, und machs ihm ſauer. 


3weyter Akt. 21 


Parmeno. 
> Das 


Verſteht ſich! Sorgt fuͤr nichts. 


s Phaͤdria. 
Ich geh aufs Land, 
Und harre. 


Parmeno zuckt die Achſeln. 


Leider! 


Phaͤdria. 


Zweifelſt du? 


Parmeno. 
Wie ſo? 


Phaͤdria. F \ 


Du meinſt es reute mich? ich hielts nicht aus? 
Ich kam’ zuruck? 


Parmeno. 
Zwey Tage heißen viel. 


— 


Die Nacht iſt lang. Kein Schlaf, kein Appetit. — 


Der Kriegsmann ſpukt. 


22 Die Mohrin. 


Phaͤdria. 
f Ich halte Wort. — Ich mach' 
Mir Arbeit; nehm' ein hart Geſchaͤft zur Hand, 
Betaͤube mir die Sinne. 


Parmeno. 
Hilft euch nichts! 
Die Sorge zwingt den Schlaf. Ihr haͤrmt euch ab, 
Und ſchwitzt. e 


Phaͤdria. 
Du kennſt mich nicht. — Ich fuͤhl mich ſtark. 
Drey volle Tage wollt' ich harren. 


Parmeno. 
Wie? 
Drey volle Tage? Fuͤhlt an euer Herz. 


Phaͤdria. 


Ich führ' es aus. 
Geht ab. 


Parmeno allein. 
Gluck zu! — Die Krankheit ſitzt 
Ihm tief. Er kennt ſich nicht: die Liebe macht 


. 


3weyter Akt. 23 


Ihn faſeln. — Sonſt ein wackrer Juͤngling; ſtill 

Und ſittlich. — Gnatho und Gefolg von fern. Ey ! ſieh 
da, der fette Gnatho, 

Der Tiſchkompan des Kriegers, ſein Schmarotzer. 

Er bringt ein Maͤdchen — ein Geſchenk fuͤr Thais. 
Betrachtet ſie. 

Beym Jupiter! die Sclavin macht ſich gut: 

So ſchoͤn wie Thais, ſchoͤner noch. — Die ſticht 

Uns aus; ich ſteh beſchaͤmt mit meiner Schwarzen. 


= 


Z3Zweyte Scene. 
\ 


Gnatho. Parmeno. Pamphila 


als Sclavin, und eine alte Magd, folgen Gnatho, 


Gnatho su ieh. 
Das Gluͤck kennt feinen Mann! Der Thor erhaſcht 
Es nie: dem Weiſen iſt es hold. Er faßt 
Die Braut, und fuͤhrt ſie heim. — Das Beyſpiel ſah 
Ich heut. Da kam ein Landsmann mir in Wurf, 
Ein armer Schlucker: einſt ein Lebemann 
Wie ich. Wie fand ich ihn! Veraltet, bleich, 


2 en * N 
— „ * 


1 = 


24 Die Mohrin. 


Zerlumpt und ſchaͤbig — Welch ein Aufzug ? rief 
Ich aus. „Mein Gluͤcksſtern, ſeufzt' er, iſt dahin! 
Das Geld iſt fort. Die Freunde find entflohn. 
Ich ſteh' allein und darbe!“ — Dummer Schuft! 
Fuhr ich ihn an, und warf mich in die Bruſt, i 
Was gilts: dein Kopf iſt hohler wie dein Beutel? 
Betrachte mich! Ich ehre mein Gewerbe: * 
Mein Bauch iſt rund, die Wange roth und voll, “ 
Das Kleid giebt reiche Falten. Nimm ein Benfpiel. 
Ich habe nichts; und habe alles. Mir 
Fehlt alles; und ich miſſe nichts. „Die Kunſt, 
Sprach er, verſtand ich nie. Ich muͤhte mich 
Umſonſt! Der Narr gelingt mir nicht. Ich bin 
Kein Freund von Prügeln. 2 Poſſen, rief ich 
aus. 
Wo denkſt du hin? Die Zeiten ſind vorbey. 
Die Kunſt rückt vor; wir pfeifen andre Stuͤckchen — 
Der Geck iſt unſer Mann. Der narrt ſich ſelber; 
Wir helfen ihm. Ich ſalbe ihm das Ohr, 
Heiß' alles gut, bewundre alles. Lobt 
Er was: ſo lob' ichs auch. Verwirft er was: 
So reiß' ichs runter. — Krau die Narren wo 
Sies juckt: ſo haſt du ſie. 


Bwenter. Akt. 


16) 
Gı 


Parmeno zn ſch. 
Der Burſch iſt fein! i 
Er füllt den Wanſt — und macht aus Tropfen, 
g Thoren. 
Gnatho wie vorlb in. ’ 
Wir plaudern fort, und kommen auf den Markt, 
Da gabs Klienten ohne Zahl! Der Koch, 
Der Becker, Fiſcher, Fleiſcher, Gaͤrtner — wer 
Der Tafel dient — die alten Kunden und 
Die neuen. Jeder gruͤßte mich, und lud 
Mich in ſein Haus. Da kroch der Hungerdarm 
Zu Kreutze, fuͤhlte ſich am Bauch, und rief: 
„Sey du mein Prieſter! Nimm mich auf; füge 
mich 
In deinen Tempel.“ — Ich verſprachs, und nahm 
Ihn mit. 


Parmeno zu ſich. 


Ein ſaubrer Prieſter. 


Gnatho wis vorhin. 


Nun zu Thais! 
Ich bring' ihr das Geſchenk, und lade ſie 


26 Die Mohrin. 5 


Zum Eſſen. Sieht Darmeno. Ah! der Knecht des 
Nebenbuhlers. 

Der traͤge Schuft! Er haͤngt den Kopf, er 
lauſcht. — 

Noch ſtehn wir gut. — Ich will ihn foppen. 


Parmeno zn ſih. 
Schenkt 


dur zu. Ihr angelt nichts; die Sclavin fängt 
Sie nicht. 
Gnatho zu Parmeno. 
Freund Parmeno! Ich gruͤße dich. 
Wie gehts? 
Parmeno mit Wohlbehagen. 
Man lebt. 


Gnatho immer höhulſch. 
Und lebt vergnuͤgt? 


Parmeno. 
Beyher. 


Gnatho. f 
Wir leben auch. 


Zweyter Akt. 27 


— 


Parmeno. 
Ich ſehs. 


Gnatho. 
Und aͤrgerſt dich. 


Parmeno. 
Bewahre! 
Gnatho. 


Biſt verdrießlich? 


Parmeno. ; 
Nicht doch! 
Gnatho. 
Hilft 
Auch nichts. — Schau dieſe Sclavin an. Du biſt 
Ein Kenner. Wie gefaͤllt ſie dir? 


Parmeno. 
Nicht uͤbel. Betrachtet fie. 
Ein Maͤdchen wie ein Daus. 


Gnatho. 


f Nicht wahr? Zu ſich. Er ſtickt 
Fir Wuth. 


28 Die Mohrin. 


Parmeno sure. 0 
Der Tropf faͤhrt ab, und wundert fid), 


Gnatho bohniſch. 
Das Mädchen iſt für Thais. — Merkſt du was? — 
Wir find galant: und man iſt dankbar. 


Parmeno. 
Wer 


Zuletzt lacht, lacht am beſten. Prahle nur! 
Wir wartens ab. 


Gnatho. 

Ergieb dich drein. Du kommſt 
In Ruhe. Wachſt nicht mehr; zerlaufſt dich nicht. 
Sechs volle Wochen ſollſt du feiern. — Ich 
Meyns gut. 5 


Parmeno ſchnel.. 


— 


Mit mir? 


Gnatho. 


Die pure Freundſchaft. 


Parmeno. 
. Glaubs. 


3Zweyter Akt. — 29 


Gnatho. ' 
Verzeih! Ich ſtoͤre dich. Du haſt Geſchaͤfte? 


Parmeno. 
Ich ſtehe muͤßig. 


a Gnatho pſpottend. 
Nun! So oͤffne mir 
Das Haus; verſchaff' mir Zutritt. 


Parmeno. 
Geh, der Paß 
Iſt frey: die Sclavin hilft dir durch. . 


Gnatho wie vorhin. 
Haft du 
Beſtellung? trags mir auf. 


Parmeno. 
ur Spielt eure Rolle! — 
Die Thuͤr iſt offen. Schließt ſie ſich: ihr ſprengt 
Sie nicht; und ſtießt ihr euch die Hoͤrner ab. 


Gnatho 
iſt halb abgegangen, ſieht zurück, und wendet ſich wieder 
a zu Parmeno 


Nun merk ichs erſt! Der Kautz ſteht Schildwach. Halt 


30 Die Mohrin. 


Dich gut. Laß niemand ein. Kommt ein Geſandter: 


So blaſe Laͤrm. Gebt in Thais Haus. 


Parmeno. 
Ein platter Dieb. — Sein Witz 
Iſt Hunger. Sieht Chärea. Ach! der junge Chaͤrea, 
Der Bruder meines Herrn. — Er hat die Wache, 
Und ſchwaͤrmt umher? Der Saußewind! Was will 
Der Burſch? Wen ſucht er? 


Dr 1. te Se 


—_ 


Chaͤrea. Parmeno. 


Chaͤrea ſuchend. 

Nirgends find' ich ſie. 
Verhaßtes Schickſal! — Wo verbirgt fie ſich? 
Wo ſuch' ich ſie? Wer bringt mich auf die Spur? 
Wer giebt mir Kundſchaft? — Nein! verloren iſt 
Sie nicht; ich muß ſie finden. — Welch ein 

Maͤdchen! — 

Die Einzigſte! 


3wenter Akt. 5X 


Parmeno zu ſich. 
Sieh da! Der Milchbart fuͤhlt 
Sich auch? Er ſchwatzt von Liebe. — Armer 
Vater! 
Du dauerſt mich. Der treibts noch toller. Brennts 
Bey dem; fo brennts dir uͤberm Kopf. 


Chaͤrea zu ſich. 
Verdammt! 
Der Traͤumer hielt mich auf — Was braucht ichs? 
Sieht Parmeno. Ah! 
Der Knecht des Bruders. Zu ihm. Parmend! Will— 


kommen, 
Wie gehts. 


Parmeno. 


Das frag' ich euch. Ihr habt Verdruß. 
Was fehlt euch? 


Chaͤrea. 
Alles! alles! 


Parmeno. 
Sagt doch. 


32 Die Mohrin. 


Chären. 
Ah! — 
Ich liebe. 


Parmeno immer ſpottend. 
Wirklich? 7 


Chaͤrea. 
Parmeno, du biſt 

Mein Freund; du ſchwurſt es mir. Du ſagteſt oft: 
„Mein guter Chaͤrea, ſucht euch ein Madchen, 
Ein huͤbſches Maͤdchen. Ich verſchaff' es euch.“ — 
Ich dankte dir. Ich füllte deine Kammer . 
Mit Wein und Speiſe; ftahl das Beſte von 
Des Vaters Tiſch, und bracht' es dir. Erkenm 
Es itzt. Bewaͤhre dein Verſprechen. 

{ 


Parmeno. 
Schaͤker! 


Chaͤrea. 
Im Ernſt. Ich brauche dich: das Maͤdchen iſt 
Gefunden. 


— 


Parmeno. 
Ey! 
Ch aͤ⸗ 


s weyter Akt. 33 - 


Chärea. i 
Die Stadt hat Feine die 
Ihr gleicht. 
Parmeno. 
Das waͤre? 
Chaͤrea. 
Hier ſind ſchale Puppen; 
Geſpindelt und geſtreckt, mit ſchmalen Huͤften — 
Ein Windſtoß weht ſie weg. f 
Parmeno. 
Die Eurige? 
Chaͤrea. 


Ein Wunder an Geſtalt! 


Parmeno. 
Beſchreibt ſie doch. 
Ch aͤ rea. 


Gerundet, ſtammhaft, roth und voll. 


Parmeno. 
Ihr Alter? 


3 


— 


34 Die Mohrin. 3 


Chaͤrea. 


Ihr Alter? — ſechzehn Jahr. 


Parmeno. 
Die volle Bluͤthe! 


Chären. 


Schaff' mir das Maͤdchen. Biete alles auf: 
Gewalt, Geſchenke, Lift. 


Parmeno. 
Nun wohl. — Wem iſt 
Sie denn? 
Chaͤrea. 


Ich weiß es nicht. 


Parmeno. 


. Wo kam ſie her? 


Chaͤrea. 
Ich kanns nicht ſagen. 


Parmeno. 
Wo wohnt ſie? 


Zweyter Akt. 35 


Chaͤrea. 
Wüßt' ichs ſelbſt! 


Parmeno. 
Wo ſaht ihr fie? 


Chaͤrea. 
Auf freyer Straße. 


Parmeno. 
Wie 
Entkam ſie euch? 
Chaͤrea. 
Aus Dummheit! — Unverhofft 
Lauft mir das Gluͤck in Weg: ich gaff' es an; 
Und laſſ' es fahren. 


Parmeno. 
Bloͤde! 
Chaͤrea. 
Schilt mich aus! 
Verwuͤnſche mich! 


Parmeno. 
Wer hielt euch ab? 


36 Die Mobhrim. 


Chaͤrea. 
Ein Freund 
Des Vaters, der alte Archidemides — 
Du wirſt ihn kennen? 


Parmeno. 
Sollt' ich nicht? 


Chären. a 
Der kam 
Mir juſt in Weg! 
Parmeno ſoottend. 
Sehr ungelegen. 
Chaͤrea. 
f Nenn 


Das Wort! Er war mein Damon, mein Ver⸗ 


derber! — 
Ich ſprach ihn nie; ich brauch' ihn nicht; ich weich' 
Ihm aus — Und heut, zur boͤſen Stunde, erwifcht 
Er mich. Verdammter Zufall! 


— 


„2 armeno wie vorhin. 
Zum verzweifeln! 


— 


3Zweyter Akt. 35 


Chaͤrea. 
Ich ſteh von fern. Er ſieht mich — ruft mich an: 
„Freund Chaͤrea! ein Wort, ein einzig Wort.“ 
Ich bleibe ſtehn. Er hixt herbey; er ſchnauft, 
Er lechzt, die Lippe ſchlottert. — Was beliebt? 
„Am naͤchſten Morgen, ſpricht er, ſteh' ich vor 
Gericht. Dein Vater iſt mein Anwald. Meld' 
Es ihm; und heiß ihn kommen.“ — Das war alles; 
Und brauchte Stunden! — Ich verlor das Maͤdchen. f 
Ich ſuchte fie; und fand fie wieder. Sie 
War hier, in dieſer Straße. 


Parmeno n ſich. 


Thais Sclavin — 
Ich wette. 


1 Shaͤrea. 
Hier auf dieſem Platz. 
Parmeno. 
Wer war 
Bey ihr? 
Chaͤrea. 


Ein dicker Mann und eine Alte. 


38 Die Mohrin. 


Parmeno zu ſch. 5 
Sie iſts. Zu Chärea. Seyd gutes Muthes, Chären. 
Ich ſehe Licht. 
Chaͤrea. 


Du traͤumſt. 


Parmeno. 
Im Gegentheil. 


Chaͤrea. 
Was ſiehſt du denn? Was weißt du? 


Parmeno. 
Ich weiß alles. 
Ich kenn' ſie; ſah' ſie; finde ſie — 


C h aͤre a einfallend. 


Geſchwind! 
Wo iſt ſie? Wo? 


Parmeno. 

Bey Thais. Euer Mädchen 
Iſt ihre Sclavin. Sie empfing ſie zum 
Geſchenk. 


Zweyter Akt. 39 


Chaͤrea. 
Wer ſchenkt ſo koͤniglich? Wer iſt 
Der reiche Werber? 


Parmeno. 
Thraſo iſts, der Kriegsmann, 
Der Nebenbuhler eures Bruders. 
Chaͤrea. 
Schlimm 
Für ihn! Das Spiel iſt ungleich. 
Parmeno. 
Man verſuchts. 
Der Bruder greift ſich an: Er ſchenkt ihr heut 
Ein Mohrenmaͤdchen, ſchwarz wie Ebenholz. — 
Ich hol' fie her. 
Chaͤrea. 
Hierher? Wohnt Thais hier? 
Parmeno. 
In dieſem Haus. Zeigt aufs Haus. 
Chaͤrea. 


Das wußt' ich nicht. Ich ſah' 
Sie nie. — Man preiſt ſie ſchoͤn. 


40 Die Mohrin. 


Parmeno. 
Mit Recht. 
Chaͤrea. 
Mein Maͤdchen 
Iſt doch die Schoͤnſte. 


Parmeno. 
Das verſteht ſich. 


Chaͤrea. 0 
Ruf 
Sie her. Ich muß ſie ſehn, ich muß ſie ſprechen. 
* 
; Parmeno. 
Geduld! Win gehn. 
Chaͤrea. 
Wo willſt du hin? 
Parmeno. 
Nach Hauſe. 
Chären. 
Wie? 


Du dienft mir nicht? N 


I 


Zweyter Akt. 41 


Parmeno. 
Zuerſt dem Bruder; fein, 
Geſchäft geht vor. Ich hol' die Mohrenſclavin, 
Und bring fie Thais. 


Chaͤrea. 
Gluͤckliche Geſpielin! 
Sie ſieht mein Mädchen, wohnt bey ihr, fie theilt 
Ihr Lager. — Neidenswerthes Loos! 


Parmeno. 
RR. Was nuͤtzts 
Der Sclavin? — nehmts ihr ab. 


Chären. 
Wie das? 


Parmeno. 
Stellt euch 
An ihren Platz: ſpielt die Geſpielin. 


Chaͤrea. 
c Schoͤn! 
Wie greif ichs an? Wie fuͤhr ichs aus? 


— 


42 Die Mohrinm. 


Parmeno. 


Ihr tauſcht 
Die Kleider, mahlt euch ſchwarz, und ſeyd die 
Mohrin. 


Chaͤrea. 
Ein kluger Rath. 


Parmeno. 


Ich fuͤhre euch zu Thais. 


Chären. \ 
Vortrefflich! 


Parmeno Chäreas Geſtalt muſternd. 
Alles paßt ſich: Groͤße, Wuchs, 
Das glatte Kinn. 


Chaͤrea eis. 
Wie anders? 
Parmeno. 


Thais kennt 
Euch nicht — ein guter Umſtand. 


Zweyter Akt. 43 


Chaͤrea wie vorhin. 
Nichts iſt leichter. 
Schaff' Kleider, Farbe, fuͤhre mich zu Thais — 
Ich eile. 
Parmeno. 
Wie? Ihr nehmts fuͤr Ernſt? 
Chaͤrea. 
Natuͤrlich. 


Parmeno. 
Ich fcherzte. 


Chaͤrea. 
4 Strohkopf! 


a Parmeno. 


Laßt euch warnen. Schont 
Den armen Knecht. Ihr macht mein Ungluͤck! 


Chären. 
Marſch! 


i Parmeno. 
Ihr wagt zu viel. 


/ 


44 Die Mohrin. 


Chaͤrea. 


Ich wage nichts. 


Parmeno. 
Ihr helft 
Tuch durch. — Ich armer Schelm! ich zahl' die 
- Zeche. 


Chaͤrea. 
Was ſperrſt du dich? 


Parmeno. : 
Es iſt ein ſchlechtes Stuͤckchen. 


Chären. 
Im Gegentheil. Die Welt heißt gut: die Lift 
Iſt rühmlich. Thais hats verdient; ſie machts 
Nicht beſſer. 


Parmeno. 
Wohl. Ihr ſteht vorn Riß? 


Chären. 
Ich ſteh' 
Für Alles. f 


Zweyter Akt. NT 
Parmeno. 
Euer Wille? 


Chaͤrea mit Nachdruck. 
Ich befehls, 
Ich wills, ich zwinge dich; und ſprech' dich frey. 


Parmeno. 
Ein Wort ein Mann. — Ans Werk! Der Sieg iſt 
unſer. 


VBeyde ab. 


Drifter... 


Erſte Scene. 
Thraſo. Gnatho. Dann Parmeno. 


Thraſo. 


Was ſagte Thais? Schildere mir ihren Dank. 


4 G natho. 
Ihr Dank war grenzenlos. 
Thraſo. 1 
Sie war entzuͤckt? 
Gnatho. 
Sie jubelte. N 
Thraſo. 


Sie fand die Sclavin ſchoͤn? 


Dritte Et. 47 


Gnatho. 
Aus eurer Hand, wars eine Goͤttin. Sie 
Stolziert damit — ſie nennt den Geber. 


Parmeno 5 


ſieht ſich um, und winkt nach der Thür. 
Bleibt! — 
Der Kriegsmann Thraſo. 


Thraſo. 
Mir fehlts nie. Ich geb' 
Mit Anſtand. Die Manier — der Ton — 


Gnatho ſchnel. 
Bezaubern! 


Thraſo. 


Der Koͤnig dankt mir gern. Der kleinſte Dienſt 
Verpflichtet ihn. — Er thuts nicht jedem. 


Gnatho. 
Nein, 


Der Mann machts aus, der Kopf. — Verdienſt 
5 hat jeder. 
Ihr ſteigt, und merkt es kaum. 


48 Die Mohrin. 


— = h raſo mit Nachdruck. 
Ganz recht. 
Gnatho. 
Der Koͤnig — 
Thraſo eiafalend. 
Iſt mein Patron. N 
Gnatho. 
Er liebt euch — 
Thraſo. 5 
Wie ſein Auge. 
Ich bin ſein Feldherr, ſein Vertrauter. 


Gnatho. 
Herrlich! 
Thraſo. 
Bedarf man Rath — Erholung — giebts Ver⸗ 
druß — 
Und Langeweile — du verſtehſt mich? — 
Gna th o einfallend. 
Ihr 


Muͤßt dran. Der Koͤnig ſpricht mit euch; und hilft 
Sich wieder. N 
Thra: 


Dritter kb. 49 


Thraſo. 
Wie du ſagſt. Wir ſind wie Freunde. 
Wir ſpeiſen oft zuſammen: Er und ich — 
Kein Dritter. 
Gnatho. 
Ah! Der König hat Geſchmack. — 
Er zeigts. 
Thraſo. 
Nicht jeder paßt für ihn. — Der Fuͤrſt 
Sucht ſeinen Mann. 


Gnatho. 
Er hat ihn ſchon. 25 Nach euch 
Paßt keiner. 
| Thraſo. 
Man beneidet mich. Man fletſcht 
Den Zahn. Ich geb' nichts drauf. — Doch neulich 
wurd' 
Ich wild. Der duͤrre Glabrio — er fuͤhrt 
Die Elephanten — der Prahler foppte mich. 
Was ſprach ich? „Armer Wicht! beſteig dein 
2 5 Thier; 
Zu Fuß biſt du ein Affe.“ 


4 


50 Die Mohrin 


Gnatho. 
Brav! Der Pfeil 
War ſpitz. — Was ſprach der Schaͤcher? 


Thraſo. 
g Er verſtummte. 


| Gnatho. 
Ich glaubs. 


Parmeno zu ſich. 
Der Speichellecker! 


Thraſo. 
5 Das war Scherz. — 
Den jungen Creter kniep ich beſſer. Der 
Verwindets nie. — Du weißt es noch? Ich habs 
Erzaͤhlt. 
Gnatho. 
Noch nie. Erzählt, Zu ſich. Ein alt Geſchichtchen — 


Und dumm. 


Thraſo. 
Hör zu. — Ich fand den jungen Schlaps 
Bey einem Gaſtgelag. Er war mein Nachbar; 


Dritter Akt. 51 
Und links mein Mädchen. — Was geſchieht? Er 
macht 
Sich taͤppiſch, treibt den Narrn, und hoͤhnt mich 
aus. 
Da ſprach ich: „Haſenfuß! Dein Schaͤtzchen ſitzt 
Im Kohl. Zieh ab! und wahr' die Ohren.“ 
Gna th o lacher d. 
s Ha, 
Ha, ha! 
Thraſo. 
Was lachſt du? 


Gnatho. 
Schoͤn, vortrefflich, witzig! 
„Dein Schaͤtzchen ſitzt im Kohl.“ Das Bild iſt — 
neu. 
Thraſo mit Selbſtgefübl. 
Von mir. 
Gnatho. 


Ein Dolchſtich. — Armer Creter! Nein, 
Die Strafe war zu hart. f 


52 Die Mohrin. 


Parmeno zu ſcch. 
Ich halts nicht aus! 


Gnatho. 
Wie half er ſich? 


— 


Thraſo. 


Er kam nicht auf. Ein laut 


Gelächter ſchlug ihn nieder. — Das gab Furcht: 
Man traut mir nicht. 
Gnatho: 
Mit Recht. Ihr ſetzt euch in 


Reſpekt. 
Ihrafo. 
Von etwas anderm. — Thais ſchmollt 
Mit mir. 
Gnatho. 
Weswegen? f 
Thraſo. 


Sie iſt eiferſuͤchtig 
Auf Pamphila. — Der Argwohn N mich. 
Was ſag' ich ihre 


DT TOR, At 53 


Gnatho. 
Kein Wort. — Beſtaͤrkt fie drin. 


Thraſo. 


Wie ſo? Warum? 


Gnatho. 
> Schwert gegen Schwert: Droht fie 
Mit Phaͤdria; fo droht ihr mit der Sclavin. 


Thraſo mit Pretention. 
Ich merks. 


Gnatho. 
Spricht ſie von Phaͤdria; ſo ſprecht 
Von Pamphila. Begehrt ſie ihn zum Gaſt; 
So ſchickt nach ihr, und laßt ſie ſingen. — Das 
ſchmerzt, 
Und macht ſie muͤrbe. 


Thraſo. 
Waͤr ſie's nur! Mich duͤnkt 
Sie — liebt mich nicht. Was meinſt du? Gnatho. 


Gnatho. 


54 Die Mohrin. 


Geſchenke nimmt, ſich freut, und dankt: der 
N liebt. — 
Der Neid, die Eiferſucht — bedeuten Liebe. 


Thraſo. 
Du haſts! Mir fiels nicht bey. 
Gnatho. 
Ihr denkt ins Große; 


Das Kleine bleibt für uns. 


Zweyte Scene. 


Thais. Thraſo. Gnatho. Par⸗ 
mend. Dann Chaͤrea als Mobrenſelgein. 
Zuletzt Pythias. 


Thais. 
Des Kriegsmanns Stimme? 
Sieht ihn. Bi: 
Da iſt er ſelbſt. Nähert ſich. Freund Thraſo! ſeyd 
willkommen. 


arten Bit 


Gr 
1 


Thraſo. 
O ſchoͤnſte Thais! — Abgott aller Herzen. 
Ich grüße dich. Nicht wahr, heut gelt' ich was? 
Mein Morgengruß gefiel? das Zittermaͤdchen. 


Parmeno zu ſich. 
Kau's ihr recht vor! — Du Toͤlpel! 


Thais. 
l Mein Gefuͤhl 
Waͤgt das Verdienſt. 


Gnatho. 
Was zögern wir? Zur Tafel! 


Par meno zu ſich. 
Zwey Spießgeſellen aus einem Ey. 


Thais zu Thraſo. 
Beliebt 
Es euch? Ich folge. 


Parmeno zu ſch. 
Friſch heran! als kaͤm' 
Ich eben, Laut. Schone Thais! 


— * 


56 Die Mohrin. 


Thais verlegen, 


Parmeno? 
Parmeno. 
Schon ausgegangen? 
Thais. 
Eben itzt. 
Parmeno. 
Wohin? 


Thais zeigt auf Ihraſo. 
Schweig ſtill! und ſieh — 


Parmeno mit Eife. 
Ich ſehs — und ſpreche laut. — 
Die Sclavin iſt bereit: ſoll ich ſie bringen? 
Thraſo zu Theis. 
Die Zeit verſtreicht. Siebt die Hand. Ich bin dein 
Fuͤhrer. Komm. 
8 Parmeno tritt zwiſchen fie, 


Verzeihung! Thais hat Geſchaͤfte: Ein 


* — 


Dritter At. 57 


Paar Worte von meinem Herrn — und ein Geſchenk 
An ſie. 
Thraſo zu Gnatho. 
Ein Bettel gegen meins. 


Gnatho. 
Ein Bettel. 
Parmeno nach außen ruſend. 
He da! — Wo ſeyd ihr? Fuͤhrt die Sclavin vor. 


Chären 


als Mohrenſclavin. Mehrere Sclaven, die dann abgehen. 


Parmeno 
zu Thais, indem er ihr Chäreg als Sclavin vorſtellt. 
Betrachtet fie. — Das Mädchen ift weit her: 
Aus Mohrenland. 


Thraſo 
zu Gnatho, die Sclavin verſpottend. 


Von ſchlechter Race. 


Gnatho oerächtlich. 
a Ein 
Baſtard. N 


53 Die Mohrin. 


Parmeno su Thais. 
Gefaͤllt ſie euch? 


Thais. 


Nach Wunſch! 


Parmeno. 
Genug. — 
Ein Dank waͤr' ſchon zu viel. Wir ſind beſcheiden. 
Wir prahlen nicht, wir ſtreiten nicht: wie 
Manche. — 

Man lebt, und läßt die andern leben. Kommt 
Der alte Freund — iſt er bequem: ſo laßt 
Ihn ein. Braucht eure Freyheit. 


T h raſo ſpottend. 


Dumm wie Stroh. 
Zu Snatho. 
Ein ſchofler Diener! 


Gnatho die Stimme erhebend. 


Wie ſein Herr, der Schlucker! 
Ein Reicher ſchafft' ihn ab, und ließ' ihn hängen, 


. Dr i ieee Art 39 


Parmeno zu Gnatho. 
Du ſchlechter Schuft! Der Galgen mag dich nicht: 
Sonſt hingſt du laͤngſt. 


Thraſo zu Thais. 


Was faumen wir? 


2 h a i 8 . 
* Sogleich. — 
Ein klein Geſchaft im Haus: dann bin ich euer. 
Geht mit der vermeinten Mohrin ab. 
Thraſo zu Gnatho. 


Ich geh voraus: du folgſt mit Thais. 


Parmeno ſoottend. 
Recht! 
Der Arm fuͤhrts Schwert — kein Mädchen. 


Thraſo. : 
Arme Schaͤcher! 
Der Herr ein Tropf: der Knecht ein Pinſel. 


Gnatho lachend. 


| Ha, 
Ha, ha! 


60 Die Mohrin. 


Thraſo. 
Was lachſt du? 
Gnatho. 
Witz auf Witz! Ich ſterb' 
Vor lachen. Lacht. 2 
Thais 
mit Puthias wiederkommend. — 


Gnatho ſieht Theis, 


Ah! da iſt fie ſchon. 


Thraſo zu Gnatho. 


ö Mach dich 
Voraus. Bereite alles. — Geh! 
Gnatho. 
Ich eile. 
Geht ab. 
Thais zu Pythias. 
Du weißt was ich befahl. — Kommt Chremes 


wieder; 
So heiß ihn warten. Kann er nicht; ſo bring' 


Dritter Akt. 61 


Ihn zu mir. Schlaͤgt ers ab; fo lade ihn 
Auf morgen. — Merks dir, Pythias! 


Pythias. 
Verlaßt 
Euch drauf. 


Thais. 2 
Noch eins — das wichtigſte. Die Jungfrau 
Bedient aufs Beſte. Laßt ſie nie allein. — 


Bleibt huͤbſch zu Hauſe. 


Thraſo 
giebt Thais die Hand. 


Komm! Zum Gefolg. Ihr folgt mir nach. 


en 


Shremes. Pythias. zuletzt Dorias. 


Chremes allein. 
Ich leb' im Traum. Die tolle Guͤte macht 
Mich irr. — Ein Landmann bin ich; Thais kennt 


62 Die Mohrin. 


Mich kaum — und Both’ auf Bothe. Was 


begehrt N 
Das Weib? Was hat ſie vor? — Die Freund⸗ 
lichkeit 


Iſt Liſt! — Sie lockte mich ins Haus; ich kam. 

Sie ſpricht in Raͤthſeln; weiß geheime Dinge — 

Ich beiß nicht an. — Man geht zu 71 55 Sie 
wird 

Geſprächig, legts mir nah’, und fragt mich hin 

Und her. „Sind eure Aeltern beyde todt?“ 

— Schon laͤngſt. — „Ihr Gut bey Sunium, 

9 lags nah 

Am Meer?“ — Ganz nah. — Das Guͤtchen, 
merkt' ich, ſtand 

Ihr an. — „Und eure Schweſter? ſie entkam 

Euch fruͤh? Wer war bey ihr? Woran erkennt 

Man fie? — Was gilts: Sie ſpinnt ein Maͤhr⸗ 
chen aus, 

Und ſplelt die Schweſter? — Das ſchlaͤgt fehl! 

Die Todte 

War ſechzehn Jahr; das Weib iſt mehr als 
zwanzig. — 

Heut ſchickt fie wieder. Nun gilts Ernſt! Erfahr 


Dritter Met. 63 


Ich nichts: fo ſieht fie mich am letzten. Ruft ins 
| Haus. He! 
Holla! 
Pythias 
kommt aus Thais Hauſe. 


Wer ruft hier? 


Chremes. 
Chremes. 


Pythias. 
Dank den Göttern! 
Seyd ihrs? 


Chremes böyniſch. 
Ihr dankt zu früh. Der Fang iſt mislich. 
Pythias. 
Die arme Thais. Eben ging ſie aus. — 


Kommt morgen wieder. Thais bittet euch. 


Chremes trocken. 
Ich kann nicht. 


Pythias zudrinaltcher. 
Beſter, lieber Herr! 


64 Die Mohrin. 


Chremes. 


ö Ich muß 
Aufs Land. 


Pythias. 
Verſchiebt die Reiſe. 


Chremes. 
Nein! Ich will nicht. 


Pythias faßt feine Hand. 


Laßt euch erbitten. 


Chremes macht ſich los. 
Geh zum Henker! 


Pythias. 
Nun, 
Iſts morgen nicht: fo ſucht fie auf, und feht 
Sie heute. 


C 5 remes. 
Gut! Das kann geſchehen. 
Pythias ruft ins Paus. 


Dorias! 
Do⸗ 


Dritter Akt. 65 
Dorias kommt heraus. 

Was ſoll ich? 
Pythias zu Dorias. 


Fuͤhre dieſen fremden Mann 
In Thraſos Haus, und melde ihn bey Thais. 
Sie geht ins Haus. Chremes folgt Dorias. 


Vierte Scene. 


Antipho. 
Der Streich iſt toll! — 

Ein Kreis von Freunden wuͤnſcht ein Gaſtgelag. 
Man ſchießt zuſammen; jeder giebt den Ring 
Zum Pfand, und Chärea will alles ordnen. 

Der Ort, die Stunde, alles ward beſtimmt. 

Man kommt zur Stelle: nichts iſt vorbereitet. 
Er ſelbſt iſt nicht zu ſehn. — Die Freunde ſind 

2 Erzürnt, Sie fenden mich, ihn aufzuſuchen. 


Chaͤrea 


als Mohrenſelavin, kommt aus Thais Hauſe. 


Gr 


66 Die Mohrin. 


Antipho fieht die Erſcheinung. 
Sieh da! Ein Mohrenmaͤdchen, aus Thais Haus. — 


4 
Was mag fie wollen? Zieht ſich ſeitwärts. | 
r 

F and fte S e u f 
Chaͤrea. Antipho. \ | 

Chaͤrea ö 

tritt weiter vor, und ſieht ſich um. | 

Niemand hier? — Kein Menſch. — 

1 


Es folgt mir niemand? — Keine Seel'. Ich bin 
Allein. Die laute Freude ſtoͤrt kein Horcher. — 

Zu füßes Loos! Der Erde hoͤchſtes Gluͤck 

War mein! — Nun ſterb' ich gern: Dieß Maas 


der Wonne . 
Gehört dem Himmel. Sieht umher. Alles ſtill und 
ode. — 
Die Neugier ſchweigt. dan fragt mich nicht: 
„Woher 


Ich komme? Was ich will?“ Das tolle Kleid 
Begafft kein Forſcher. 


Dritte et; 67 


Antipho zu ſich. 
Machts dir Spaß: ich diene. Laut. 
Freund Chärea! Was haſt du vor? Was ſoll 
Die Kleidung? Biſt du naͤrriſch? 


7 


Chaͤrea. 
Antipho! 
Geliebter, beſter Freund! 


Antipho. 
Erklaͤre dich, 

Ich bitte. 

Chaͤrea. 

Hoͤr' es — ich beſchwoͤre dich! 

Antipho. 
Nun wohl. 

Chaͤrea. 


Du kennſt die Freundin meines Bruders? - 
Antipho. 
Sie nennt ſich Thais? 


Chaͤrea. 
Eben die. — Die hat 


68 Die Mohrin. 


Ein Maͤdchen, ſchoͤn wie Venus Ein Geſchenk 
Von fremder Hand. Ich ſah ſie heut; und ſtarb 
Für Sehnſucht. 

Antipho. 


Weiter! 


Chaͤrea. a 

Schildern will ich nicht; 

Du mußt ſie ſehen. — Ihr Beſitz war ſchwer. 
Man huͤtet ſie. Das Haus iſt mir verſchloſſen. 


Antipho. 
Wie kamſt du ein? 


Chaͤrea. 
Durch Liſt. Mein Bruder hatte 
Ein Mohrenmaͤdchen, ein Geſchenk fuͤr Thais. 
Der Knecht des Bruders iſt mein Freund: er fand 
Mir bey. a 
Antipho. 
Und wie? 


Chaͤrea. 
. Er gab mir dieß Gewand. 


\ 
Dritten et. 69 


Verſtellte mein Geſicht — und fuͤhrte mich 
Zu Thais. * 
Antipho. 
Meiſterlich! 
C h aͤrea. . 
Ich kam ins Haus, 
Sah die Geliebte, war in ihrer Nähe, 
Und Thais wählte mich zu ihrem Wächter. 
Antipho ſpottend. 
Vortrefflich! 5 
z Chaͤrea. 


Sie ging aus; zu einem Gaſtmahl. 


Antipho ſchnell. 
Du Gluͤcklicher! 


Chaͤrea. 
Geduld! Die andern Maͤdchen 
Bereiteten das Bad. Man rief die Jungfrau, 
Und hieß mich harren. 


Antipho. 
Armer Schelm! 


“70 Die Mohrin. 


Chaͤrea. 
Ich fand 

Zerſtreuung. Meine Kammer zierten zwey ; 
Gemälde, Jupiter, als Schwan bey Leda; 
Und Danae. Der Gott des Donners war 

Mein Held! Ich ſtand auf ſeinem Pfad, und pries 

Das hohe Beyſpiel. — Das geliebte Maͤdchen 

Verließ das Bad; die andern folgten ihr. 

Man ſtreute Weihrauch, falbte ihre Haare, 

Und brachte ſie zur Ruh. 


Antipho. 


; in? 
1 Sie war allein? 


Fr C h ä * E a + 
Der Augenblick war kurz; doch reich an Wonne. — 
Die holde Pamphila! Sie liebt mich, — ſie 
Iſt mein. Ich will ſie rauben. 


Antipho. 


Das hat Zeit. 
Wie ſtehts ums Gaſtmahl? hieltſt du Wort? 


Dritter Abt. - 


Chaͤrea. 
Gewiß; 
Es iſt bereitet. 
Antipho. 


Braver Burſch! — und wo? 


Chaͤrea. 
Bey Sofia, dem Freygelaßnen. 


Antipho. 
Komm! 
Die Gaͤſte ſind verſammelt. Zieh dich um. 


Chaͤrea. 
Das kann ich nicht; ich darf nicht in mein Haus. 
Der Vater kommt vom Land; und vor dem Bruder 
Iſts ein Geheimniß. ß 
Antipho. 
Komm zu mir. Mein Haus 
Iſt nah. Ich geb dir Kleider. 


Cdhaͤrea lebhaft. 
Antipho! 


72 Die Mohrin. 


Das Maͤdchen muß ich haben. Rathe mir; 
Sey mir behuͤfflich. 


Antipho ferteilend. 
Komm! Wir ſprechen weiter. 


Beyde gehen ab. 


Vierter Aft. 


\ 
Am Schluſſe des Zwiſchenſpiels, wo der Vorhang ſich wie- 


der hebt, ſiebt man Chärea und Antipho, die ſich in Thais 
Haus, durch eine Seitenthür, einſchleichen. 


Erſte Scene. 


Dorias 
mit Thais Schmuck. Sie kommt von Thraſos Gaſtmahl, 
wohin ſie den Chremes begleitete, zurück. 


Der junge Chremes macht uns böfes Spiel! 

Ich ſahs vorher. Der ungeladne Gaſt 

Erzuͤrnte Thraſo. Thais wuͤnſchte ihn 

An Tiſch. Der Kriegsmann zwang ſich; lud ihn ein; 
Und barſcht für Eiferſucht. Der Fremde ſaß 

Bey ihr, ſie ſprachen viel, und heimtich. Das 
Ergrimmte ihn noch mehr; er ſann auf Rache. 


ur 


I 
74 Die Mohrin. 


„Man hole Pamphila! — rief er — ſie ſoll 

Mir ſingen.“ Thais litt' es nicht und ſchwur 

Darauf. Er bot die Stirn: der Streit ward 

heftig. — 

Sie rief mich, gab mir ihren Schmuck, und hieß 

Mich fliehn. — Der Bruch iſt richtig. Sie entwiſcht 

So bald ſie kann; und laͤßt den Kriegsmann laufen. 
Seht in Thais Haus. 


3weyte Scene. 


Phaͤdria 
tritt nach einiger Zeit eln. 

Gedankenvoll ging ich aufs Gut. — Der Gram 
Verfolgte mich. Ein Heer von Sorge lag 

Auf meinem Weg. — Ich uͤberſchritt das Ziel; 

ind ließ das Land im Ruͤcken. Murrend wand 
Ich um. — Ich kam ans Thor, und uͤberſann 
Mein Schickſal. — „Was beginn ich hier? ſprach ich, 


Ich bin allein, ich quale mich. Wofuͤr? — 


Ich meide Thais, ſpreche nicht mit ihr: 


Vierter Akt. 75 


Was thuts? — Die Liebe geitzt nach Troſt, mein 


Auge \ 
Iſt frey; ich darf fie ſehn!“ — Und ſtracks 
kehrt' ich 
Nach geh Pythias von kerne. Pythias. Sie zuͤrnt, 
ſie bebt? 


Was iſt ihr? Dritt zurück. 


Dritte Scene. 


Phaͤdria. Pythias. 


Pythias 
zu ſich, aus Thais Hauſe kommend. 
Schmach! Betrug und Schande! 


Phaͤdria zu ſich. 
Sie 
Iſt außer ſich. 
Pythias. 
re Der freche Bube! — Ich 
Zerfleiſche ihn! 


76 Die Mohrin. 
Dhäadria sufic. 
Was iſt geſchehen? 


Pythias. 
Wer glaubts? 


Wer denkts? — Der Streich entehrt uns alle! 
Phaͤdria. 
Welch 
Ein Unfall? Nähert ſich. Pythias! Was giebts? 


Pythias. 
Ihr fragt? 


Ihr ſchaͤmt euch nicht? 
Phaͤdria. 
Wofuͤr? 


Pythias. 
Verdammt ſey das 


Geſchenk! 
Phaͤdria. 
Erklaͤre dich. 
Pythias mit Nachdruck. 
Die Mohrin — war 


Ein Mann, 


Vierter Akt. 77 


Phaͤdria erſtaunt. 
Ein Mann? 
Pythias. 
Ein Raͤuber wars. 
Phaͤdria. 
Du traͤumſt. 
Pythias bitter. 
Verſtellt euch nur! — Die Jungfrau weint und 


jammert. 
Phaͤd ria. 
Was iſt ihr? 
Pythias. 
Wie? Ihr wuͤßtets nicht? 
Phaͤdria. 


Kein Wort, 
Auf Ehr' und Leben. 


Pythias. 


Arme Pamphila! 


es Die Mohrin. 


Vierte Scene. 


Phaͤdria. Pythias. Dorias. 


Dorias 


athemlos, aus Thais Hauſe kommend. 
Er iſts! — Er wars! — Sie ſind verrathen. 
Pythias. 
Wer? 
Dorias. 
Die ganze Rotte — 


Phaͤdria. 


Deutlich. 


Pythias. 


Komm zu Athem — 


Dorias minder haftig. 

Der Freund ſtand Schildwach. Man umgab das 
Haus; 

Man ſprach; man fliſterte — 


‘ 
Vierter Akt. 79 


Phaͤdria ſchnel. 
Ein Raub? 


Entführung ? 
Dorias. 


Es galt der Jungfrau. — Chaͤrea we ſich 
An ihre Kammer — 


Phaͤdria ſchnel. 
Chaͤrea? 


Dorias. 
N Er bat; 
Er ſchwur; er drohte. 


Pythias. 
Der Verwegne! 


Dorias. 
N Ich 
Belauſchte ihn. Er nannte ſich. Geſtand 
Ihr alles. 
Pythias. 
Was ? 


go Die Mohrim, 


Dorias. 


Er war die Mohrin. Er 
Verfuͤhrte ſie. Die Liſt iſt laut. 


Phaͤdria. 
Mein Bruder? 


Dorias. 


Das Unglück kommt von ihm. 


Pythias. 
Der Schaͤndliche! 
Phaͤdria. 
Inmoͤglich. 
Dorias. 


Parmeno gab ihm die Kleider, 
Und bracht' ihn Thais. 


Phaͤdria zu sch. | 
Sie verzeiht es nie! 


Pythias. 
Was that die Jungfrau? 


2 
o 


Vierter Akt. 81 


Dorias. 
Sie verſchloß die Thür, 
Und ſchrie um Huͤlfe. 


P y th ias ſchnell. 
Nun? 


Dorias. 
a Wir machten Laͤrm. 
Die Raͤuber fluchten uns, und liefen. 


Pythias. 
Dank 
Den Göttern! 
Phaͤdria. 8 
Schaͤndlicher Verrath! — Ich raͤch' 
Euch alle. Seht ab. 


Pythias nach einer Pauſe. 
Phaͤdria hat keine Schuld; 
Er ward betrogen. Parmeno ſtand im 
Kompost. 


Dorias. 
Kein anderer. 


82 Die Mohrin. 


Pythias. 
Der Schuft ſolls büßen! — 
Was thun wir, Dorias? Entdecken wir 
Die That? Verhehlen wirs? 


Dorias. 
Das Beſte iſt, 
Du ſchweigſt; und weißt von nichts. Uns machts 
Verdruß, 
Und Thais aͤrgerts. Fragt fie nach der Mohrin; 
So ſag, fie ſey entlaufen. 


Pythias. 


Wie du meinſt. 
Sieht Chremes. 


Iſt das nicht Chremes? 
Dorias. { 
Thais iſt nicht weit. 
Pythias. 
Wie ſo? 
Dorias. 
Sie folgt' ihm auf dem Fuß. Er war 
Beym Gaſtmahl. Es gab Haͤndel — 


Vierter Akt, 83 


Pythias. | 
Geh hinein, — 
Ich hoͤrs von ihm. 
Dorias geht ins Haus. 


Chremes. Pythias. 


Chremes etwas berauſcht. 


Trau' euch der Fuchs! — Der Wein 

Hat Feuer. Taumelt. Sachte! — Steh wer kann. 
Ich nicht. — b 

Ich ſchwanke. Taumelt. Pfuy! Sich zuſammenraffend. 


Pythias. 
Freund Chremes! 


Chremes mit lüſternem Behagen. 


f Pythias! 
Wie ſchoͤn? Wie ſchmuck? : 


84 Die Mohrin. 


Pythias. 
So freundlich? Ey! man kennt 
Euch kaum. 
Chremes lächelnd. 
Der Wein, mein Schatz. Die guten Biſſen. — 
Ein altes Sprichwort: Knurrt der Bauch; ſo darbt 
Die Liebe! — Wo iſt Thais? 


Pythias. 
1 Wie? Sie folgt 
Euch nicht? Wo iſt ſie? 
Chremes. 
Lange fort. — Es gab 
Verdruß. Der Kriegsmann tobt. 


Pythias. 
Sie ließ euch dort? 
Sie rief euch nicht? 


Chremes nachſinnend. 
Sie — winkte. 


Pythias .. 
Nun, das war 
Genug. | 


Vierter Akt. — 


Chremes. 
Ich dacht' es nicht. Der Kriegsmann half 
Mir drauf. Er warf mich vor die Thuͤr! 


Pythias ſieht Thais. 
Da iſt 
Sie ſelbſt. 
Chrem es. 
So ſpaͤt? Das wundert mich, 


Sechste Scene. 


Thais. Chremes. Pythias. 


Thais zu ſich. 

R Ich bin 

Gefaßt. Verfolgt mich Thraſo, bricht er mir 

Ins Haus; ſo gilts Gewalt. — Der plumpe Geck! 

Sein Drohn iſt Wind. Ich ſchuͤtze Pamphila: 
Er komme. 


Chremes ſtszt fie an. 
Sehr mich doch! Ich bin ſchon da. 


86 Die Mohrin. 


. Thais. 
Das freut mich. Seyd willkommen. 
Chremes. 
Ihr kommt ſpaͤt. 
Ihr ſtrittet euch. 
Thais. 


Um eurer Schweſter willen. 
Die Sclavin Pamphila iſt eure Schweſter. 
Ich zwang ſie Thraſo ab; und ſchuͤtzte ſie. — 
Noch heut empfangt ihr fie aus meinen Händen, 


Chremes. 
Wo iſt ſie? wo? 
Thais. 
Bey mir. 
Chremes. 
Iſts möglich? 
2 hais. 
7 
Verlorne Schweſter ward mit mir erzogen. 
Das Schickſal trennte uns. Doch unverhofft 


Vierter Akt. 87 


Fand ich fie wieder. Thraſo kaufte fie 
In Carien, und brachte fie hierher — 


Chremes beſorgt. 
Ihr guͤtgen Götter! 


Thais. 
Fuͤrchtet nichts. Ihr Ruhm 
Iſt unbefleckt; die Jungfrau macht euch Ehre. 


Chremes. 
Der Himmel lohn' es euch. 


Thais. 
Seyd auf der Huth. 
Der Kriegsmann ſtellt dem Madchen nach, 
Er kommt hierher. 


Chremes su fh. 
Ich zittr' und bebe. 


Thais zu pythlas. 
Pythias, 
Hol' das bewußte Kaͤſtchen. Zu Chremes. Pamphila 
Iſt eure Schweſter: ich beweiſe es; 
Das Zeugniß iſt in meiner Hand. 


88 Die Mohrin. 


Pythias 


geht nach Thais Antwort ab. 
Wo ſteht 
Das Kaͤſtchen? 5 
Thais ungeduldig. 


Fragſt du noch? In meiner Kammer. 


Chremes bänglig. 
Wer kommt mit Thraſo? Hat er viel Gefolg? 


Thais fottend. 
Sinkt euch der Muth? 


Chremes. 
Der Muth? Kein Menſch iſt dreiſter! 


Thais. 
So hoff’ ichs. 
Chremes. 
Ich? ein feiger Schelm? 


Thais. 
Verzeiht. — 
Wir ſind im Vortheil. Thraſo iſt ein Fremder. 


Vierter Akt. 89 


Er hat kein Anſehn, kein Gewicht. Kein Freund 
Steht ihm zur Seite. 


Chremes. 
Deſto beſſer! — Weicht 
Dem Handel aus. Die Ohnmacht ſchlaͤgt ſich ſelbſt: 
Ein Kampf wär! Thorheit. — Geht hinein. 
Verſchließt 
Die Thuͤr. Ich ſchrey es aus; ich ſchaffe Leute, 
Beſetz den Eingang. Will gehen. 


— 


Thais hält ihn zurück. 
Bleibt. 


Chremes. 
Laßt mich gewähren. 


Thais. 
Es brauchts nicht. — Kommt der Kriegsmann an, 
So ſagt wies iſt. Erkennt in Pamphila die 
f Schweſter, 
Und fordert ſie zuruͤck. 


Pythias kommt mit dem Käſtchen. 
Da iſt das Kaͤſtchen. 


* 
90 Die Mohrin. 


Thais 
glebt ihm das Käſtchen. 


Braucht er Gewalt: ſo ſchleppt ihn vor den Richter: 
Der wird euch ſchuͤtzen. 


Chremes ängftlid. 
Wird er das ? 


Thais. 
Nehmt euch 
Zuſammen. Sprecht mit Nachdruck. i 
Chremes 
läßt den Mantel von der Schulter fallen, ohne es 
zu merken. 


Zaͤhlt darauf. 


Thais zeigt auf den Mantel. 
Der Mantel! nehmt ihn auf. Zu ſich. Ein ſchwacher 
Schutz! 


Ich ſtuͤtze ihn. 
Thais und Chremes ziehen ſich zurück. 


Vierter Akt. 91 


Siebente Scene. 


Thraſo. Gnatho. Sanga. Chremes. 
Thais. Thraſos Gefolg. 


Thraſo. 
— Die Schmach zermalmt das Herz! 


Komm naͤher, Gnatho. Hoͤre meinen Schwur: 
Tod oder Rache! 


Gnatho. 
Brav. 


Th raſo zum Gefolg. 


Herbey ihr andern! 
Syriskus, Donax, Strato. 


Gnatho. 
Aufgepaßt! 


Thraſo. 
Zuerſt ſtuͤrm' ich das Haus. 


9% Die Mohrin. 


Gnatho. 
Ganz recht. * 
Thraſo. 
Dann hol' 
Ich mir das Maͤdchen. 

Gnatho. 

Schoͤn. 

Thraſo. 


Und Thais kommt 
In Feſſeln. 
Gnatho. 


Immer beſſer! 


Thraſo. 
Donar fuͤhrt 
Den Sturm. Nimm deinen Hebel. — Strato, ſtell 
Dich rechts. — Syriskus, links. Ihr deckt die 
Flanken. 5 N 
Wo iſt der Nachtrapp? Wo iſt Sanga? 


Sanga mit einem großen Schwamm. 
Hier, 
Mein Feldherr. 


Vierter Akt. 93 


Thraſo. 
Feige Memme! Was ſoll der Schwamm? 
Dienſt du im Bade? 


Sanga. 
Nein. Ihr fordert Blut. 
Die Streiter kennen euch. — Ich waſch die Wunden. 


Thraſo. 
Wo ſind die andern? 


Sanga. 


Wer? Zu Haus iſt keiner. 


Thraſo zu Sanga. 
Du biſt mein Hauptmann. Fuͤhr' den Zug. — 
Ich tret' 


Zuruͤck, und geb' das Zeichen. 


Gnatho. 
Weiſe Vorſicht! 
Das Heer weiß ſeinen Platz. Ihr wacht fuͤrs 
Ganze — 
Und ſtellt euch ſicher. 


94 Die Mohrin. 


Thraſo. 


Pyrrhus that es auch. Geht zurück. 


Chremes zu Thais. f 
Da habt ihrs! Sagt' ichs nicht? — Im Haus 
waͤrt ihr 
Geborgen. 
Thais. 
Bleibt. — Ich e meinen Mann: 
Der Held im Panzer iſt ein armer Haſe. 


Thraſo zu Gnatho. 


Was thun wir? Gnatho! 


Gnatho ſcherzend. 
Ein Verhack gaͤb Spas — 
Ein gutes Bollwerk. — Wir beſchlichen ſie; 
Und jagten ſie wie Spreu. 


Thraſo bemerkt Thais. | 
Was ſeh ich? Thais. 


Gnatho. 
Friſch an! Gebt das Signal. 


Vierter Akt. 95 


Thraſo. 

Gemach. — Man ſchont 
Sein Volk. Ein gutes Wort find gute Statt. ‚ai, 
Vielleicht bequemt fie fich ? 


Gnatho. 
Ihr ſeyd ein Kopf! 
Die pure Weisheit. 


Thraſo tritt zu Thais. 


Thais! ſteht mir Rede. 


Thais. 
Sehr keck. 
Thraſo. 
Ich gab euch Pamphila. Was war 
Der Preis? Was ward ihr ſchuldig? 


Thais. 
Unverſchaͤmter! 


Thraſo erzürnt. A 


Bin ich dein Narr? — Ein Fremder, ein Galan, 
Faͤllt mir ins Haus: pflanzt ſich vor meine Naſe! 


96 Die Mohrin. 


Thais. 
Was that er euch? 


Thraſo. 
Du fragſt? — Du lockteſt ihn; 
Entliefſt mit ihm. War das Manier? 


Thais kurz und trocken. 


Mein Wille. 
Thraſo. 
Was wirds? Krieg' ich das Maͤdchen? — Sperrſt 
du dich; 


So ſchlag ich los. 


Chremes sn Thrafo tretend. 
Verwegner! — Ruͤhr' ſie an; 


Krümm' ihr ein Haar: fo — Drohend. 


Gna th o zu Chremes. 
Muaͤßigt euch! 


Thraſo zu Chremes. 
Was willſt 
Du mir? Das Mädchen nenn’ ich mein. f 
Chre⸗ 


Vierter Akt. | 97 


Chremes 
durch Thais leiſe Zuſprache muthiger gemacht. 
Du luͤgſt, 
Du Schuft! 
a Gnatho zu Chremes. 
Ihr ſprecht euch um den Hals. 


Chremes zu Snatho. 
Halts Maul! 
Zu Traſo. Ihr ringt nach Pruͤgeln. Gut! Merkt 
euch den Platz: 
Kein ganz Gebein ſchleppt ihr von dannen. 


Gnatho zu Chremes. 
Reitzt 
Ihn nicht. Ihr ſeyd verloren! 
Chremes zu Threſo. 
Wahr dein Fell! 


Gnatho zu Chremes. 
Verwuͤnſchter Kneffer! 


Thraſo. 
5 — Was erfrechſt du dich? 
Was kümmerts dich? — Wer biſt du? 


Die Mohrin. 


93 
Chremes gelaſſen. 
5 Hoͤrt mich an. — 


Die Jungfrau die ihr heiſcht, iſt keine Sclavin. 
Thraſo höhniſch. 


Was ſonſt? 
Chremes. 
Sie iſt ein Buͤrgerkind. 


Thraſo. 
Wers glaubt? 


Chremes. 


Und meine Schweſter. 


Thraſo oerächtlich. 
Mah! 


Chremes. 
Ihr ſeyd gewarnt: 


Macht keine Haͤndel. Zu Thais. Thais ſprecht ihm zu. 
Kennt ſie das Kaͤſtchen; 


Ich hol' die Waͤrterin. 
Weiß ſie den Inhalt: dann iſts klar. 
Thraſo. 
Verdammt! 


RE, 2 a RR 
Mein Eigenthum iſt mein. Wer kann mirs rauben? 


r 


——— 


Vierter Akt. 99 


Chremes. 
Ich ſtreit' es ab. 


Gnatho zu Thraſo. 
Er ſchwankt. Er ſpricht von Zeugen. — 
Laßt ihn; ihr kriegt das Maͤdchen. 


T h raſo ruhiger. 
Rede Thais. 
Iſts Wahrheit, oder Luͤge? 


Thais kurz, und trocken. 
Fragt den Richter. 
Geht mit Chremes ab. 
Thraſo 
nach einer Pauſe, zu Snatho. 


Da ſtehn wir! — Was zu thun? 


Gnatho 
Mein Rath iſt — Friede. 
Sie kommt von ſelber. 
Thraſo. 


Meinſt du? 


oo Die Mohrin. 
Gnatho. 


Ganz gewiß. 
Ihr Nein heißt Ja. Ein Weib hat keinen Willen. 


Thraſo. 
Geſprochen wie ein Mann! 


Gnatho mit Eyrfurcht. 
Was ſagt der Feldherr? 


Thraſo mit Gravität, 
Das Heer zieht ab. 


Gnatho. 
He! wackre Krieger, geht 
Nach Hauſe; pflegt den Bauch. 


Sanga zum Gefolge. 
Die Kuͤche raucht — 
Brecht auf! 
Gnatho auf Sanga deutend. 
Ein braver Burſch! 


Thraſo im Abgehen. 
Ihr andern, marſch! 


* 


AR RE et 


2 


een e 


Thais. Pythias. 


Thais. 
Was papelſt du? „Ich weiß — ich glaub — ich 
war 
Vicht da.“ Verdammte Hexe, brauch das Maul! 
Was iſts? Die Jungfrau weint. Die Mohrin iſt 
Entlaufen. — Raus damit! 


Pythias. 
Ich armes Weib! Stockend— 
Die Mohrin, ſagt man, war kein Mädchen, 


ö Thais. 
h Wie ? 


102 Die Mohrinm. 


Pythias. 
Es war — ein Mann. 


Thais. 
Ein Mann? biſt du bey Sinnen? 


Pythias. 
Ich weiß es ſicher. ö 
Thais. 
Kennſt du ihn? Wer wars? 
Pythias. 
Der junge Chaͤrea. 


Thais. 
Der Bruder Phaͤdrias? 


— 


Pythias. 


Derſelbe. 


Thais. 
Trug, Verlaͤumdung! 


Pythias. 
Glaubt es mir. 


Fünfter Akt. 103 


Thais. 
Wie kam der her? was konnt' er wollen? 


Pythias. 
Denkt 
Das Aergſte. 


U 


Thais beunruhigt. 
Sprich! 
Pythias. 
Die arme Pamphila! 
Thais. 
Was iſt ihr? 
Pythias. 
Er verführte fie — Sie iſt 
Entehrt. 
Thais. 
Du toͤdteſt mich! — Ich darf nicht zweifeln: 


Das Maͤdchen ſchweigt — Ihr Auge ſchwimmt in 
Thraͤnen. 


Pythias. 
Ich kann für nichts. 


* 


— 


104 Die Mohrin. 


Thais. 


Mir aus den Augen! — Dir 


Vertraut' ich ſie; ich band ſie dir ans Herz. 


Pythias ſchneu. 
Er war der Wächter: Ihr befahlt es ſo. 


Thais zu ſich. 
Den Wolf zum Hirten? Ich bethoͤrtes Weib! 


Pythias ſieht Chärea. 
Da iſt er ſelbſt. 
7 Thais. 
Wen ſiehſt du? 
Pythias. 
Chaͤrea. 
Thais. 
Wo iſt er? 
Pythias. 
Schaut euch um. 
Thais. 


Ich ſehe. 


„ 


% 


Fünfter Akt. 103 


Pythias. 
Greift 
Ihn feſt. Ruft Huͤlfe. 
Thais. 
Biſt du toll? 


Pythias auf Chärea deutend. 
Er droht. 
Die Augen funkeln ihm. 


Thais. 
Du traͤumſt. 


Pythias wie vorhin. 


Der Gang! 
Die freche Miene! 


— h a i 8 * u 
Schweig. 
Sie zlehen ſich zurück, 


106 Die Mohrin. 
Zweyte Scene. 


Chaͤr ea. Thais. Pythias. 


8 Chaͤrea zu fie. 

Sie ſahen mich. 
Die Alte ſprach mit Thais. — Immerhin! — 
Verhehlen kann ichs nicht; ſie mag es wiſſen. 


Thais zu Ehären. 
Nur naher, junger Herr! Wir kennen uns. 
Chaͤrea keck. 
Viel Ehre. 
Thais. 
Wie? Ihr ſchaͤmt euch nicht. 
Chaͤrea. 
Wie ſo? 
0 | Thais. 
Das fragt ihr? — Fuürchtet meinen Zorn. 


Fünfter Akt. 107 


Chaͤrea. 
Ihr ſcherzt. 
Euch fürcht' ich nicht. J 
Thais. 
Wen ſonſt ? 


C 5 ärea auf Pythias deutend. 
Die Schlange da — 
Sie ſchwaͤrzt mich an. 


Pythias zu Charea. 


Ihr luͤgts. Die That iſt ſchwarz: 
Sie ſchaͤndet euch. 


Ch area zu Thais. 
Ein kleiner Fehltritt. 
Pythias. N 
Wie 2 
Ein ehrſam Maͤdchen — eines Buͤrgers Tochter! 
Chärea böbniſch. 


Was ſchwatzt ihr? Pamphila, ein Buͤrgerskind? — 
Und wohnt bey euch? 


5 . 
108 Die Mohrin, 
Pythias drohend. 
Verdammter Spoͤtter! Wart! — 


Thais zu Pntrine. 
Schweig fill! Zu Chärea. Sie ſagt die Wahrheit: 
Pamphila 
Iſt keine Sclavin. 
Chaͤrea betreffen. 
Nicht? — Das ſchlaͤgt mich nieder. 


Thais. 
Ihr raubt mir alles; Glück und Ruhe. Mein 
Geſchick hing an dem Maͤdchen. Jeder Plan 
Zerſtaͤubt. — Find' ich die Aeltern auf, erſtatt' 
Ich fie den Ihrigen: was nuͤtzts? Sie iſt 
Beſchimpft. Die Schande lohnt man nicht. 
Ihr Dank 
Bir’ Fluch. — Das kommt von euch, 
Chaͤrea. 
Das Ungluͤck iſt 
Gemein; es fordert Freundſchaft. Hofft das Beſie. 
N Thais. 
So denk' ich auch. Ich füge eure Hoffnung. 


— 


8 


Fünfter Abt. 109 


Chaͤrea. 
Verzeiht der Liebe! — Frevel war es nicht. 


Thais. 
Das weiß ich. Euer Herz iſt rein. Wie ſollt' 
Ich zuͤrnen? 

Chaͤrea. 

Welche Großmuth! — Ach! wer liebt 
Euch nicht. 
Pythias zu Thais. 
Gebt Acht: der Schelm macht Ernſt. 


Th ais gebieteriſch. 
g Schweig ſtill. 
Chaͤrea zu Thais. 

Ich fleh' um Beyſtand. Leiht mir euern Schutz. 
Ich liebe Pamphila; ich haͤnge feſt 
An ihr — fie wird mein Weib, 
Thais. 
Und euer Vater? — 
Ch aͤ De lebhaft. PR 
Er willigt ein. Die Buͤrgerin verſchmaͤht 
Er nicht — er giebt ſie mir. 


110 Die Mohrin. 
Thais. 
Verzieht ein wenig. 
Ihr Bruder kommt hierher, und Sophrona, 
Die Waͤrterin. Ihr ſollt das Zeugniß hoͤren. 
Chaͤrea. 
Ich bleibe. 
Thais. 
Geht ins Haus. Was ſtehen wir hier? 
Chaͤrea. 
Ich folge. 8 
Pythias zu Thale. 
Beſte Frau, wo denkt ihr hin? 


Thais. 
Wie ſo? 


Pythias. „ 
Ein neu Spektakel! 


Thais lächelnd. 
. Thoͤrin. 


Chaͤrea zu pytbias. N 


Dir bang: bewache mich. 


EN Fünfter Akt. 111 


Pythias. 
Bewacht euch ſelbſt. — 
Fürs Hüten iſt geſorgt. 


Thais fiebt Chremes. 


Da kommt der Bruder. 


Chaͤrea beunruhigt. 
Ich bin verlegen. 


Thais ſcherzend. 
Schaͤmt ihr euch? 


Chaͤreg bängliher. 
Kommt mit. 


Thais nöthigt ihn, vorauszugehn. 
Ich folge. Zu pythias. Pythias, empfange ihn, 
Und fuͤhr' ihn zu mir. Folgt Chärea ins Haus. 


112 Die Mohrin. 


Dritte Seen 


Pythias. Chremes. Sophrona. 


Pythias zu ſich. 
g Thais iſt zu gut. 
War’ ichs; mir ſollt' ers buͤßen! 


Chremes zu Sophrona. 
Rühr dich, Alte, 
Sophrona. 
Ich gehe ja. 
Chremes. 
So komm' vom Fleck! 
Pythias zu Chremes⸗ 


Was ſagt 
Die Waͤrterin? Erkannte ſie das Kaͤſtchen? 
Chremes. 
Beym erſten Blick. | 
Pythias. 


Iſt alles richtig? 
Ehre 


Nünftet Akt. 113 


Chremes. | 
Alles; 
Ein jeder Umſtand. N 


Pyt 5 ias. 
Schoͤne Bothſchaft! — Geht, 
Man harrt auf euch. 


Chremes und Sophrona gehen ins Haus. 


Pythias ſiebt Parmeno. 
Da ſchleicht der ſaubre Finke. 
Er denkt nichts Arges. Wart! dir koch' ich heiß. 
Erſt hör’ ich Sophrona: dann gilts dem Schuft; 
Den will ich knöchen! Eilt ins Haus. 


Biete Seen e, 
Parmeno allein. 
Was macht Chaͤrea? 
Die Neugier foltert mich: ich geh' umher 
Und ſuche ihn. — Er ſtand am Ziel. Gelang 
Die Liſt: ſo bin ich Meiſter. Ich erſann 
Den Plan, half ihm ins Haus; das Maͤdchen iſt 
8 


. 


114 Die Mohrin., 


In feiner Hand. Ein ſchweres Stuck! Fürs Geld, 
Waͤrs Kinderſpiel. Er zahlte nichts. Er warb 
Nicht lange. Alles ging nach Wunſch — und raſch. 
Das fordert Dank: verſteht ſich baar, und wichtig. 
Er waͤge mein Verdienſt, und zieh den Seckel. — 
Wo bleibt er nur? der Ausgang ängftigt mich, 

Ich ſorge. 5 N 


Pythias zu fih, wiederkommend. 


Ach! noch hier. — Der feige Schelm 
Soll zittern! Laut. Entſetzlich! Grauſam! Uner⸗ 
hört! — 
Der arme Juͤngling! — Fluch dem Kuppler! 


Parmeno in fih, 
Was 
Iſt das? N 
Pythias zu ſih. 
Ein ſchrecklich Beyſpiel! Nein, ich ſehs 
Nicht an: ich fliehe. i 


Parmeno zu Bothtae. 
a Pythias! Was iſts? 
Wen ſtraft man? 


Fünfter Akt. 113 


Pythias. 
Fragſt du noch? — Dein Werk, Verraͤther! 
Du narrteſt uns: er buͤßt die That — du biſt 
Sein Moͤrder. 


Parmeno mit steigender Angſt. 
Ich? erklaͤre dich. 


Pythias. 
Höre -zu. 
Das Maͤdchen iſt von gutem Haus. Man kennt 
Den Bruder. 
Parmeno. 
Du erſchreckſt mich. 


Pythias. 
Er iſt hier; 
Er iſt ihr Rächer. Ach! der arme Juͤngling! 


Parmeno. 
Was that man ihm? 


Pythias. 
Gebunden liegt er drin. 


„ Die Mohrin, 


5 Parmeno. 
Gebunden? 


Pythias. 
a Krumm und blutig. — Thais bat 
Fuͤr ihn. Umſonſt! . 


— 


8 Parmeno ſchnen. 
Der Unmenſch! 


Pythias. 
Ohn' Erbarmen. 
Er lechzt nach Blut, ſchwoͤrt Tod und Rache. 
Parmeno. 
Was 
Erfrecht er ſich? 
Pythias. 
Den Tollkopf kuͤmmert nichts. 


Parmeno erzürnt und baſtig. 
Ich zeig' es ihm! — Ich nenne meinen Mann. 
Der Jüngling, daß ihrs wißt, iſt Laches Sohn, 
Der Bruder meines Herrn. 


Pythias verſtellt. 
Ich ſtaune. 


Fünfter Akt. 117 


Parmeno. 
Sag' 


Es laut, verkuͤnd' es allen. Ich fordre ihn 
Von euch. — Doch nein! ich fir’ ihn ſelbſt. 


Pythias hält ihn auf. 
Bleib hier, 
Du wagſt zu viel. Sie kennen dich. — Du zahlſt 
Das Bad, und hilfſt ihm nichts. 


Parmeno. 
Ich armer Schelm! — 
Was ſoll ich thun? Sieht Laches. Sieh da! der 
alte Vater. 
Er kommt vom Land. — Erzaͤhl' ichs ihm? 
Soll ichs 
Verhehlen? Nein, er muß es wiſſen. Mir 
Lohnts ſchlecht. Was thuts! Die Noth iſt da; 
er kann 
Uns helfen. 
Pythias ihn hößnend. 
Thu ſo wohl. Erzaͤhl' ihm alles. 
Geht ins Haus. 


118 Die Mohr in. 


Sünfte Scene 


— — 


Laches. Parmeno. 


Laches zu ſich. 
Mein Landgut liegt bequem. Brauch' ich Zerſtreuung; 
So geh' ich in die Stadt. Gefaͤllts mir nicht; 
So ſuch' ich meine Hütte. Sieht parmeno. Da iſt 
Parmeno. 
Was lauert er? 


Parmeno ſich näbernd. 
Seyd ihrs. Willkommen Herr! 


8 Laches. 
Was machſt du hier? — Gieb Antwort! 


Parmeno zn ſich. 
Ach! die Furcht 
Schnuͤrt mir die Kehle. 


Laches. 
Wie? du zitterſt? Sprich! — 
Doch alles wohl! 


Sunfter Alt. 119 


Parmeno verlegen. 
3 Erzuͤrnt euch nicht. — Die Sache 
Bedeutet nichts. — Die Folgen ſah man nicht. 
Wer denkt an alles? 


Laches ungeduldig. 
Komm zur Sache. 


Parmeno wie vorhin. 
Gleich. 


Der äalteſte Sohn beſaß ein Mohrenmädchen — 
Und gab ſie zum Geſchenk — 


Laches ſchnel. 

An wen ? 
Parmeno. 5 
An Thais. 
Laches. 

Er kaufte ſie? wie theuer? 


Parmeno. 
Funfzig Minen. 


Laches. 
Ich bin geſchlagen. 


. . 
120 Die Mohren. 


Parmeno verlegen. 
Euer juͤngſter Sohn — 
Der liebt ein Cithermaͤdchen. 


Laches. 
Liebt der auch? 
Der Laffe! — Ach! ein Ungluͤck jagt das andere. 


Parmeno. 
Er thats für ih. — Ich waſch' mich rein. 
Laches. 
Wer ſpricht 


Von dir? — Du kriegſt dein Theil! — Erzaͤhle weiter. 


Parmeno. 
Das Maͤdchen wohnt bey Thais. Euer Sohn 
Vermummte ſich; und kam als Mohrenſclavin 
In Thais Haus. 


Laches. 
Mein Sohn, als Mohrenſclavin? 


Parmeno. 
Das ſchlimmſte kommt. Die Weiber kannten ihn — 
Er liegt in Feſſeln. 


Funfter Akt. 121 


Laches. 


8 Chaͤrea, in Feſſeln? 


Parmeno. 


Ihr Zorn iſt ſchrecklich. Ach! es ſchaudert mir! 


Laches. 
Verwegnes Packt! — Was ſteh' ich hier? Ich brech' 


Hinein! Stürzt ins Haus. 


Parmeno alein, nach einer Pauſe. 

Nun hoͤrt ers ſelbſt. — Mir traͤumts von Pruͤgeln. 
Nur zu. Ich rache mich: dem Weibsvolk wirds 
Vicht beſſer. Der Alte paßt darauf — fein Groll 
Hat Luft. 

Sieht Pothias, und zieht ſich zurück. 


122 Die Mohrin. 


Sechste Scene 


Pythias. Parmeno. 


Pythias 
mit ſchadenfrohem Lachen, zu ſich. 
Der alte Narr! Ich ſeh' ihn noch 
Wie patzig? Freſſen wollt' er uns. — Der war 
Bedutzt! 
Parmeno zu ſich. 


Was hat das Weib? 


Pythias zu ſich. 
Zu Parmeno. — 
Wo ſteckt der Pinſel? 
Parmeno nähert ſich. 
Pythias, was giebts? 
Pythias ſpsttiſch lachend. 
Ha, ha, ha, ha! 


* — 
rern 


Fünfter Akt. 123 


Parmeno. 
Was lacht die Narrin? 


Pythias wie vorhin. 
Ha, ha! — Ich lach dich aus. 


Parmeno. 


Warum? 


Pythlas mäßigt das Lachen. 
Das fragt 
Der Stoffel? — Fuͤhl dich an: Dein Kopf hat 
Hoͤrner. 
Was fuͤr ein Teufelslaͤrm? Warſt du beſeſſen? — 
Der kluge Burſch! Ich ſprech' im Scherz: er 


glaubts; 
Und klatſchts dem Vater. Warte Schelm! dein 
Brot 
Iſt dir gebacken. 
Parmeno. 7 


Wie? die Schlange log 
Mich an — und macht ſich luſtig? 


124 Die Mohrin. 


Pythias. 
Verdienter Lohn! 
Parmeno drohend. 
Ich zahl dirs ab. 


Pythias ſpottend. 
Im Ernſt? 


Parmeno. 
In baarer Muͤnze. 
Pythias ſpottend. 
Du bleibſt mein Schuldner. 


ſchon. 
Der Vater traͤnkt dirs ein, der Sohn iſt grimmig. — 
Du kommſt an Galgen. 


Morgen haͤngſt du 


* 


Parmeno kläglich. 


Ach! mein armes Leben. 


Pythias. 
Das ſind die Fruͤchte. Merks! die Mohrin macht 
Dees quitt. 


Geht ab. 


— 


Jönf ter Akt. 12 


we 


Parmeno zu ſich. 
Ich blinder Thor? Ich ſtell die Falle — 
Und tapp hinein. 
Sieht Thraſo und tritt zurück. 


Siebente Scene. 


Gnatho. Thraſo. Parmeno, 
als ſtumme Perſon. a 
Gnatho. 
Was thun wir, Thraſo? Was 
Erwartet ihr? 
Thraſo. 
Mein Entſchluß iſt gefaßt. 
Ich thu', was Thais will, und fordre nichts. 
Gnatho. 
Im Ernſt? 
Thrafo. 
Wie anders? — Omphale befahl 


Dem Herkules; er diente ihr. — Ich duld' 
Es auch. 


126 Die Mohrin. 


Gnatho. 
Ein großes Vorbild! — Zu ih. Armer Tropf! 
Dreh’ deine Spindel: Thais ſchlaͤgt den Takt: — 
Sieht ſich um. 
Sie kommen. 


Thraſo 
7 auf Chärea deutend, der mit Thals kommt. 
Wer iſt das? Den ſah' ich nie. 
Ein neuer Popanz! 


Mahr?! en 


Shaͤrea. Parmeno. Gnatho. 


Thraſo. Phaͤdria, foäter, 


Chären. | 
Freude grenzt an Freude! — 
Die Götter lieben mich. Sie fparten nichts. 
Ihr Wink erhob mein Loos; der hoͤchſte Wunſch 
Iſt mein! x 


Fünfter Akt. 127 


Parmeno nu ſich. 


Was jubelt er? 


Chaͤrea ſieht Parmeno. 
O Parmeno! 
Mein Freund, mein Troſt, mein Retter! Hoͤre mein 
Entzuͤcken: Pamphila iſt frey, wie ich — 


Iſt eine Buͤrgerin. 


Parmen o mißtrauiſch. 
Ich habs gehoͤrt. 


Chaͤrea. 1 
Sie wird mein Weib. Der Vater willigt ein. 


Parmeno obne Mißtrauen. 
Vortrefflich! — Zu ſich. Dank den Göttern! 


Gnatho zu Thraſo, zurückſtehend. 
Hoͤrt ihrs wohl? 
Chären. 
Mein Gluck umfaßt uns alle. Phaͤdria 


Und Thais ſind ein Haus. Der Vater nimmt 
Sie auf; ſie wohnt bey uns — 


128 Die Mohrin. 


Parmeno ſchnel. 
Und bleibt dem Bruder? 
ChHären. 
Für immer. 
Parmeno- 
Schön! — Der Kriegsmann wiſcht das Maul, 
Und wandert. 
Chären. 
Geh! hol' meinen Bruder. Ich 
Verkünd' es ihm. 1 
Parmeno. 


Ich eile. Geht ab, 


Thraſo zu Gnatho, zurückſtehend. 
Gnatho! 
Gnatho. 
8 Was 
Beliebt? 

Thraſo beunruhigt und kleinlaut. 
Wie iſt dir? 
Gna⸗- 


Fünfter Akt. 129 


Gnatho. 
Kalt und Warm, 
Thraſo. 
| Mir auch. 
Mir ſchwant nichts Gutes! hab' ich Recht? 


Gnatho. 
Ich fuͤrcht' es. 
Chaͤrea iu ſich. 

Die Freude engt mein Herz! Wem ſoll ich danken? 
Ruͤhm' ich den Freund? Erheb' ich meinen Muth? 
Preis ich das Gluͤck? Wie lohn' ich meinem Vater? — 
Der gute Alte! Segnet ihn ihr Götter, _ 
Schuͤtzt unſre Freude! 


Phaͤdria zu ſich, im Eintreten. 

Iſts ein Traum? — ein Wunder? 

Ich hoͤr' es ſelbſt. — Wo iſt mein Bruder? 
Chaͤrega. 
Hier. 
Phaͤdria eilt zu ihm hin. 

Iſts moͤglich, Chaͤrea? — O, welch ein Gluͤck! 
Wie freu' ich mich! 


130 Die Mohrin. 


Chaͤrea. 
8 Dank deiner Thais! Sie 
That alles. Wir verehren fies fie ift _ 
Ein Kleinod! 


Phaͤdria. 


Weiß ich nicht? Wer kennt ſie beſſer? 


Thraſo zu Guatho. 
Mit mir iſts aus! 
1 


Gnatho. 
Schickt euch darein. Was hilfts? 


Thraſo. 
Die Hoffnung ſinkt: doch lieb' ich fie nur ſtaͤrker. 
Hilf meiner Liebe. Zeige deinen Kopf, 


Gnatho. 
Nun wohl. Was ſoll ih thun? 


Thraſo. 
Verſchaff mir Zutritt, 
Ein offnes Haus — font nichts — Wend' alles an: 
Geſchenke, Bitten — 


Fünfter Akt. 181 


Gnatho zuckt die Achſeln. 


Ja — Wenns geht? 


Thraſo. 


Wie ſollt' 
Es nicht. Du mußt es wollen. — Fordre dreiſt: 
Ich geb dir alles. 


Gnatho. 
Wirklich? 


Thraſo. 

Was du willſt. 
SER Gnatho. 
Nun wohl. So gebt mir freye Tafel. Ihr 
Geht euren Weg: ich komme taͤglich und find' 
Mein Plaͤtzchen. 


Thraſo. 
Zahlt darauf. 
Gnatho. 


> Ein Wort ein Mann. — 
Ich rüſte mich. 


132 Die Mohrin. 


P 0 Adrian bemerkt die Sprechenden. 
Was ſeh' ich? Thraſo? 


Thraſo nähert ſich. 
Seyd 
Willkommen! 
P h aͤdria 
immer trocken und drohend. 
Wie? — Wißt ihr von nichts! 


Thraſo beſchelden. x 
- Ich weiß — 


Phaͤdria ſchnen. 
Und wagt euch her? 


Thraſo. 
Ich leb' auf Großmuth. 


Phaͤdria. 
Irrt 
Euch nicht. — Die Straße, Kriegsmann, iſt N 
gefperrt. 
Sagt was ihr wollt: ertapp' ich euch; fo fest 
Es Prügel. 


SunPuer Nee. 133 


Gnatho zu phädria, als Vorwurf. 


Ein hartes Wort. 


Phaͤdria. 
Es iſt geſprochen. 


Gnatho wie vorhin. 


Was ſoll das? Hoͤrt mich an. 


Phaͤdria. 


Nun wohl. 


Gnatho zu Thraſo, ihn entfernend. 
Stellt euch 
Hierher. — Bleibt ſtehn. Nun mach' ichs richtig. 
Zu den Andern. Hört 
Mich an. Ich rede Wahrheit. — Was ich thu', 
Das thu' ich mir. — Gefällt mein Vorſchlag, 
> nützt 
Er euch; ſo nehmt ihn an. — Der Trotz war 
Thorheit. 8 
* 
Phaͤdria. 


Was forderſt du? 


134 . Die Mohrin. 1 


Gnatho. 
Ein leichter Vorſchlag. — Nehmt 
Den Kriegsmann auf. Er kommt ins Haus — als 
Freund — 
Goͤnnt ihm dje Grille. 


Phaͤdria. 
Wie? den Nebenbuhler, 
In Thais Haus? 


Parmeno. 

Waͤgt euern Vortheil. — Ihr 
Braucht viel; lebt luſtig; Thais putzt ſich gern. — 
Da fehlts am Beſten. Spannt den Kriegsmann vor: 
Der hilft euch durch. Er giebt mit voller Hand. 
Thut ſeinen Willen. — Ihr wagt nichts. Er iſt 
Ein Narr, ein fauler Lümmel. Thais liebt 
Ihn nicht. — Macht er ſich breit: ſo jagt ihn fort. 

5 . 

Phaͤdria zu Chäre. 

Was meinſt du, Chaͤrea? 

Chaͤrea. 


Ein wahrer Fund! 
Ich bins zufrieden. 


Fünfter Akt. 135 


Phaͤdria⸗ 
Sey es ſo! 
* — 
Gnatho. 


Nach Wunſch. — 
Nun kommts an mich. 
Phaͤdria. 
Laß hoͤren. 
Chaͤrea. 
Frey heraus! 
Gnatho dbittend. 8 
Ich werde grau. Mein Handwerk ſchmeckt mir nicht. 
Nehmt mich ins Haus, und fuͤttert mich zu Todte. 
Phaͤdria. 
Du biſt der unſre. 
Chaͤrea. 
Wir veForgen dich. 


Gnatho. 
Der Kriegsmann lohnts. Ich hole meine Beute. 
Auf Thraſo deutend. 
Verſpeißt ihn; rupft ihn; lacht ihn aus. — Ich geb' 
Ihn Preis. 


136 Die Mohrin. 


Chaͤrea. 
Ich bin dabey. 
P h Adria. 
Er wills nicht beffer. 
Gnatho su Phrase. 
Laßt euern Poſten; naͤhert euch. 


Thraſo tritt vor. 
Wie ſtehts? — 
Biſt du zu Rande? 
Gnatho. 
Sie verkannten euch. 
Ich that mein Beſtes. — Ich ruͤhmte euern Werth, 
Pries eure Thaten. Nun iſts richtig. 
Thraſo. 
2 Schoͤn! 
Ich danke dir. — So geht mirs immer. Wer 
Mich kennt, der laͤßt nicht von mir. 
Gnatho ihn höhnend. 
Bleibt dabey. 
Wir kennen euch: Wir halten feſt. — Zur Tafel! 


* 


Der Selbſtpeiniger. 


Ein Luſtſpiel n a ch Terenz 


in fünf Akten. 


Lei p 3 i gr 
bey Georg Joachim Goͤſchen, 1806. 


u | N 1 eh 4 
Pf see A 7 A 


w 


6 


Der Selbſtpeiniger. 


(Heauton -timorumenos.) 


Perſonen. 


Menedemus, ein Alter. 

Clinia, deſſen Sohn. 

Chremes, ein Alter. 

Clitipho, deſſen Sohn. 

Antiphila, Chremes unbekannte Tochter. Clinias Geliebte. 

Bacchis, Clitiphos Geliebte. 

Syrus, Chremes Selave. Der Vertraute Clitiphos und N 
CTClinias. | 

Dromo, Menedemus Sclave. 

Soſtrata, Chremes Frau. 

Sophrona, Soſtratas Vertraute. 

Gefolg der Baechis. 


Das Stuck ſpielt lauf dem Lande, 
ohnweit Athen. 


E 


Er ſter A kt. 


Die bleibende Dekoration iſt eine ländliche Gegend. Im 

Hintergrunde ſieht man Chremes Haus. Auf ber einen 

Seite, rechts, wohnt Menedemus. Bloß die Thür ſeines 
Hauſes iſt ſichtbar. Nebenan, Feld. 


Erſte Scene, 


Menedemus arbeitet im Feide. Dann Chremes. 


Chremes | 
ſieht der Arbeit zu, misbilligt fie durch ſtummes Mienenſplel, 
* und näbert ſich dann. 


* 


Ihr treibts zu eifrig, guter Menedemus. 


Menedemus arbeitet fort. 


0 Der Selbſtpeiniger. 


Chremes tritt noch näher. 


Verzeiht! — Wir ſind ſeit kurzem Nachbarsleute, 

Ich kenn' euch wenig: doch der Nachbarsmann 

Gilt mir als Freund. Ich ſchaͤtze euch, ich will 

Euch wohl; und ſprech' ein Wort aus freyem 

Herzen. 

Ihr ſeyd ein alter Mann. Das ſchönſte Gut 

Iſt euer; keiner hats wie ihr. Was quält 

Ihr euch? Schont eure Jahre. Fruͤh und ſpaͤt 

Seyd ihr im Feld; ihr grabt, ihr hackt und 
| buͤffelt. / 

Die Arbeit ift zu hart, fie ziemt euch nicht. 

Regt eure Knechte an, braucht fremde Arme: 

Das lohnt ſich beſſer. 


Menedemus 
der, während dem Sprechen, immer fortarbeitet. 
Wie? ihr paßt mir auf? 
Ihr muſtert mich? Seyd ihr ſo muͤßig? 


Chremes. 
Was 


Mir menſchlich duͤnkt, uͤb' ich als Menſch / und acht 


Erſter Akt. 7 


Es mir zur Pflicht. Ich warne euch, ich mahn' 
Euch ab. Iſts recht gethan? fo folgt mir. Irrz 
Ich mich? ſo lehrt mirs beſſer. 


Menedemus. 
Thut was euch 
Beliebt: ich folge meiner Weiſe. 
Chremes. 
5 Wie? 
Ihr peinigt euch aus freyem Willen? 


Menedemus mit Nachdruck. 
Ja, 


4 


Ich will es ſo. 


Chremes. 
Was draͤngt euch? Welche Schuld 
Heiſcht dieſe ſtrenge Buͤßung? 
Menedemus. 
Ach! Er weint. 
Chremes. 


Ihr weint? 
Nennt euren Kummer; ſagt mirs frey heraus. 


8 Der Selbſtpeiniger. 


Ich ſchaſſe Rath, ich tröſte euch. Mein Geld 
Steht cuch zu Dienſten. 


Menedemus. 


Ihr beharrt darauf? 
Ihr wollt es wiſſen? 


Chremes. 
Euch zu dienen; nicht 
Aus Vorwitz. 
Menedemus. 


Hort mir zu. 


Chremes 


L ihn im Arbeiten unterbrechend. 
Setzt ab! Gebt mir 
Die Hacke. 
Menedemus. 


Nein! 7 


Chremes greift nach der Hacke. 
Was ſoll das? Ruht ein wenig. 


Erſter Akt. 9 


Menedemus eifriger arbeitend. 
Mein Tagewerk geſtattet keine Raſt. 


Chremes nimmt ihm die Hacke. 
Ihr müßt. 


Menuedemus mit Vorwurf. 
Ihr zwingt mich? 
Chremes 


wägt die Hacke in der Hand. 
Ach! das ſchwere Werkzeug! 


Menedemus. 
Für meine Buße viel zu leicht! 


Chremes. 
Erzählt. 


0 Menedemus. 
Nun wohl. — Ein hoffnungsvoller Juͤngling ift 
Mein einzig Kind. Was ſag' ich? ach! er war 
Es einſt, und lebt vielleicht nicht mehr. 
Chremes. 


Ihr wißt 
Es nicht? 


10 Der Selbſtpeiniger. 


Menedemus. 


Hort nur. — Ein armes Muͤtterchen 
Zog von Corinth hierher mit ihrer Tochter. 
Mein Sohn gewann die Fremde lieb, hielt mirs 
Geheim, und ſann auf eine Heirath. Ich 
Er uhrs. Ein guter Vater hätte ihn 
Geſchont, fein krankes Herz durch Freundlichkeit 
Gelenkt. Ich nicht: ich war ein Unmenſch. Tag 
Zur Tag beſtürmt' ich ihn, und ſchalt ihn aus. 
„Du Taugenichts! — fuhr ich ihn an — Du 

8 Haft 

Ein Mädchen, haͤltſt fie heimlich? Freyen willft 
Du ſie? Daraus wird nichts. Entſag der Dirne! 
Du kennſt mich, Clinia. Gehorchſt du mir; 
So bin ich Vater: thuſt du's nicht; ſo hab' 
Ich keinen Sohn. Die Traͤgheit macht dich luͤſtern; 
Du biſt zu faul, zu muͤßig. Ich war jung 


Wie du — und arm. Ans Lieben dacht' ich nie. 

Ich regte mich. Ich nahm die Waffen, zog 

Nach Aſien, gewann mir Ruhm und Gold, 

Und ward ein Mann.“ — Die ernſten Worte hoͤrt' 
Er oft. Er nahms zu Herzen; glaubte mir, 

Und ging nach Aſien zum Heer des Koͤnigs. 


Erfter Akt. 17 


Chremes. 
So ploͤtzlich? 


Menedemus betrübt. 


Ohne Abſchied. Vor drey Monden 
Verließ er mich. 


Chremes. 
Ihr fehltet Beyde. Doch 
Die Folgſamkeit ehrt euern Sohn; er zeigte 
Ein lenkſam Herz. 


Menedemus. 


Ein Freund von ihm gab mir 
Die Nachricht. Tief gebeugt trat ich ins Haus, 
Und warf mich kummervoll auf einen Seſſel. 
Das Hausgeſinde kam herbey. Man zog 
Mich aus; bereitete das Bad; trug Wein 
Und Speiſen auf, und polſterte das Lager. 
Da dacht' ich bey mir ſelbſt: So viele Sclaven 
Verſorgen mich allein? Ein Einzelner 
Bewegt ein ganzes Haus? Was fuͤr ein Auf— 

wand! — 

Mein armer Sohn verwaiſt in fernem Lande; 


12 Der Gelbftpeiniger. ’ 


Ihm mangelt alles! Seine Jugend heiſcht 

Genuß, er hat ein Recht darauf, mehr Recht 

Als ich. Ich harter Vater! er entbehrt 

Was ich verwüͤſte. Nein! das darf ich nicht; 

Das könnt' ich nie verbuͤßen. — Ich verſtieß 

Mein einzig Kind. Ich ſtrafe mein Vergehn! 

Sein Schickſal, ſprach ich, ſey das meine. Von 

Nun an bau' ich das Feld; verdiene mir 

Mein Brot mit eigner Hand. Kein Tagewerk 

Sey mir zu ſchwer. Ich diene meinem Sohne, 

Ich froͤhne ihm, ich bin ſein Knecht. Alsbald 

Verkauft' ich alles: Haus und Hausgeraͤthe. 

Die Sclaven fuͤhrt' ich auf den Markt und bot 

Sie feil — die Feldarbeiter ausgenommen. — 

Ich raffte alles auf; verließ die Stadt, 

Und kaufte dieſe Aecker. Hier zerplack' 

Ich mich mit ſaurer Arbeit. Lebe arm 

Und elend, wie mein Sohn — und ſteh' ihm 
gleich. 

So buͤß' ich meine Schuld; mein Unrecht beugt 

Mich minder. Kein Genuß, den Clinia 

Nicht theilt, darf mich erfreun. — Laßt mir die 

| Grille. 


Erſter Akt. 73 


Chremes. 
Ich ehre fie. Ihr ſeyd ein milder Vater. 
Wie anders? euer Sohn iſt brav. Ein Wort 
Mit Sanftmuth haͤtte ihn gewonnen. Ihr 
Verkanntet euch; ihr wart euch fremd. — Da ſaß 
Der Fehler! Ihr verhehltet eure Liebe; 
Er faßte kein Vertrauen; wußte nie 
Was er euch galt — und ſchied aus Mißmuth. 


Menedemus. 
Wahr, 
Sehr wahr! Die größte Schuld iſt mein. 


Chremes.- 1 
Vertraut 
Der Zukunft. Eh' ihrs denkt kommt euer Sohn 
Zuruͤck, gefund und wohlbehalten. 


Menedemus. 


Gebs 
Der Himmel! 


Chremes. 
zahle darauf. — Wir feyern heut 
Des Bachus Feſt. Kommt mit mir, ſeyd mein Gaſt. 


14 Der Selbſtpeiniger. 


Menedemus. 
Ich darf nicht, nein. 


Chremes. 
Laßt euch erbitten. Machts 
Euch götlich. Euer Sohn gönnt euch die Labung. 
Thuts ih m zu Liebe. 


Menedemus. 


Nein. Ich ſchuf fein Elend. 
Mir ziemet keine Freude. 


Chremes. 
Bleibts daben ? 


Menedemus. 
Ich kann nicht anders. 


Chremes. 
Nun. Lebt wohl. 


Menedemus im Abgehen. 
Ihr auch. 


Chremes allein, nach einer Pauſe. 
Der arme Schelm! er dauert mich. Ich that 


Erſter Ak t. 15 


Das meine. — Doch die Zeit ruͤckt vor; ich muß 
Zu meinen Gaͤſten. Geräuſch. Ah! die Thür geht 
auf. 


Laßt ſehn wer kommt? Er zieht ſich zurück. 


3 we y te Seen e 


Clitipho. Chremes. 


Clitiphs ſpricht ins Haus. 

Fu Sey ruhig, Clinia. 
Die Bothen find geſandt; fie kommen bald, 
Sie bringen dir dein Mädchen, Troͤſte dich. 


TChremes zu ſch. 7 
Mein Sohn? er ſpricht mit jemand. 


Clitipho ibn bemerkend. Zu ſich. 
Ah! mein Vater. 


Nach Wunſch. Laut. Ihr kommt mir wie gerufen. 


Chremes. 
Nun 


— I 


Was giebts? 


16 Der Gelbftpeiniger. 


Clitipho. 


Ihr kennt den Nachbar Menedemus? 


Chremes. 
Ich kenne ihn — 


Clitipho. 
und wißt von ſeinem Sohnes 


Chremes. 
Er iſt in Aſien; ich habs gehört. 


Clitipho lebhaft. 


Der Sohn iſt hier, in eurem Hauſe. 


Chremes froh, verwundert. * 
Wirklich? 
Clitipho. 
So eben kam er an. Ich nahm ihn aus 
Dem Schiff, und lud ihn her. Wir ſind uns 
Freunde. 


Chremes. 
Willkommen Bothſchaft! — Waͤr' ſein Vater doch 
- Mein 


Erfter Akt. 17 


Mein Gaſt: den hatt ich uͤberraſcht! Nun fehlt 
Er mir. — Noch iſt es Zeit: ich ſchicke — 


Clitipho ſchnel. 
. Thut 
Es nicht. 


Chremes. 


Was hindert mich? 


Clitipho. 


Schont meinen Freund. 
Er ſcheut den Vater. Fuͤrchtet fuͤr ſein Maͤdchen, 
Ob ſie ihn liebe. Das erforſcht er itzt. — 
Sein Herz haͤngt feſt an ihr: um ihrentwillen 
War er entflohn. 


Chremes. 


Man ſagte mirs. 


Clitipho. 
Sein Knecht 
Iſt in der Stadt auf Kundſchaft, unſer Syrus 
Begleitet ihn. 


ID 


18 Der Gelkftpeiniger. 


Chremes. | 
Was ſpricht der Juͤngling? Was 
Beſchließt er? 


Clitipho. 
Nichts. Er klagt fein Ungluͤck. 


Chremes. 
Ungluͤck? 
Was mangelt ihm? Er ſitzt dem Gluͤck im Schooße; 
Hat Aeltern, Freunde, Vaterland, Vermögen; 
Und ſchwatzt von Ungluͤck? Freylich wohl! Ihm 
fehlts 
An Weisheit. Wer die Guͤter kennt; der ſchaͤtzt 
Sie auch: dem Thoren ſind ſie Gift. 


x 
Clitipho. 
Ihr ſeyd 
Zu ſtreng. Die größre Schuld trifft feinen Vater; 
Der war zu rauh, zu hart. Er flieht vor ihm, 
Er fuͤrchtet ſeine Hitze. 


Chremes gutmüthig ſpottend. 


Seine Hitze? Zu ſich. 


Er ME" 19 


Doch halt! Das Söhnchen fuͤrchtet ſich: recht gut! 
Das macht ihn kirre. 0 


Clitipho etwas beunruhigt. 


Was beſchaͤftigt euch? 


Chremes mit ernſt. 


Du darfſt es wiſſen. Clinia hat Unrecht, 

Sehr unrecht. That ſein Vater ihm zu viel: 

So mußt' ers dulden. Wer den Aeltern trotzt, 

Der trotzt mit Jedem; fuͤgt ſich nie, und bleibt 

Ein Starrkopf. Folgſamkeit iſt Pflicht: die Pflicht 

Gebührt dem Sohne. Ihr beſchwert euch oft, 

Schreyt über Unrecht, nennt uns hart und grauſam. 

Was thun wir denn? Wir zuͤgeln eure Luͤſte; 

Sind lockrer Sitte feind; und geben ſpaͤrlich 

— Aus Vorſicht — nicht aus Geiz. Ein ſtörriſches 

Gemüth verkennt die gute Abſicht. Mn 

Verfeindet ſich, man hadert mit den Aeltern; 

Und buͤßt dafür. — Das Beyſpiel liegt vor Augen. 

Der Kluge merkt darauf, und nimmts zur War— 
nung. | 

Nicht wahr, mein Sohn? 


20 Der Selbſtpeiniger. 


Clitipho nachläſſig im Ton. 
5 O ja. 
Chremes. 
j Ich geh' ins Haus, 
und muſtere die Speiſen. Komm bald nach; 
Verlauf dich nicht! Geht ab. 


Dritte Sten 


Clitipho allein. 

So ſind die Vaͤter! kalt 
Und wunderlich. Sie tadeln alles. Wer 
Kein Graukopf iſt; der iſt ein Taugenichts. 
Wie ungerecht! — Bekomm' ich einen Sohn, 
Dem mach' ichs leicht; ich werd' ein guter Vater. 
Verſieht er was; ſo ſag' ichs ihm mit Glimpf, 
Und damit gut! — Mein Alter grollt im Stillen; 
Stellt mir ein Beyſpiel dar, und fenftert mich. 
Verdammt! Ich kenn' ihn beſſer: Sitzt er beym 
Pokal und ſchwatzt; da hoͤrt man manch Ge— 

ſchichtchen. - | 


Erſter Akt. 21 


Er war. ein ſaubrer Hecht — und ſpricht von 
Muſtern? N 

Ich hoͤr' nicht drauf, er predigt tauben Ohren. 

Was Bacchis ſpricht, das geht zu Herzen: 

| „Bring 

Mir was, mein Schatz! Verehr mir ein Ge— 
ſchenk!“ 

Da werd' ich ſchamroth, ſinne hin und her, 

Und fluche meiner Armuth. — Clinia 

Iſt ſchlimm daran: doch neid' ich ihn. Er hat 

Ein wackres fanftes Mädchen, Meine Bacchis 

Iſt ſtolz, verſchwendriſch, ſpielt die große Dame; 

Und ſchaͤlt mich aus. — Das Schenken hat ein 
Ende; 

Ich habe nichts, der Vater giebt mir nichts, 

Und darfs nicht wiſſen. — Alles aͤngſtigt mich! 
Geht ab. 


— 


30 ee RE 


Erfte Scene 


4 


Clinia. Dann Clitipho. 


Clinia allein. 
Die traͤge Bothſchaft deutet ſchlimme Zeitung. 
Mein Mädchen gab mich auf; fie iſt verſchwunden. 
Verhaßte Reiſe! Alles bangt mein Herz: 
Die Stadt, ihr Alter, die Verfuͤhrung — ja 
Die eigne Mutter. Der iſt alles feil; 
Sie haͤngt am Geld, und kuppelt. 


Clitipho im Eintreten. 
Clinia! 


Clinia hört es nicht. 
Ich Ungluͤckſelger! 


% 


Zweyter Akt. 23 


Clitip ho näher tretend. 
Sieh dich vor: daß keiner 
Von deines Vaters Leuten dich erblickt. 
Clinia. 


Mich quaͤlen andre Sorgen. Der Verzug, 
Die ſchlimme Bothſchaft. 


Clitipho. 
Warum ſchlimm? du kennſt 
Sie nicht. 
Clinia. 


Was zoͤgert man? Das Gute kommt 
Uns raſch. 


Clitipho. 
Der Weg hierher iſt weit. Man putzt 
Sich erſt, hat allerley zu kramen. Das 
Braucht Muße. 
Clinia. 


Eitler Troſt! 


4 0 


24 Der Selbſtpeiniger. 


Clitipho ſich umſehend. 
Erheitre dich! 
Sie kommen ſchon — dein Knecht und unſer 
Syrus. 


Zweyte Scene, 


Syrus. Dromo. Clinia. Clitipho. 


Syrus 


im Hintergrunde, zu Dromo. 


Das iſt mein Anſchlag. 


Dromo immer mit phlegma. 
Ich verſteh. 


Syrus. 
Doch halt! 
Wir plaudern da, und unfre Leutchen find 
Noch weit zurück. 


Clitipho zu Clinfe, 
Sie bringen fi. Du hoͤrſts. 


* 1 * 


Zweyter Akt. 


1 
[971 


Clinia. 
Ich athme wieder! Beſter Clitipho. 


Syrus ſeebt ſich um. 
Kein Menſch zu ſehn, zu hören? 


Dromo. 
Iſts ein Wunder? 


Ein ganzes Heer von Maͤgden ſchleppt ſie nach. 


Clinia erſchrocken. Zu ſich. i 
Ein Heer von Maͤgden? Gute Goͤtter! Zu Clitipho. 
Sag, 
Wer gab ihr die? 
Clitipho. 
Was weiß ichs? 


Sy rus zu ſich. 


Sie ſind ſchwer 
Bepackt. 


Clinia. uf 
Ich bin des Todes! 


Syrus fortſprechend. 
Ganze Laſten 


26 Der Gelbftpeiniger. 


Von Schmuck und Kleidern — und allein? Die 
Nacht 

Iſt da; und niemand weiß den Weg. Die Eil 

War dumm. He! Dromo, ſuch ſie auf, mach 
hurtig. — 

Was ſaͤumſt du? 


Dromo gebt ab. 


Clinia. 
Wehe mir! Ich fuͤrchte alles! 


Clitipho. 
Was iſt dir wieder? 


Clinia. e 
Fragſt du noch? Mein Maͤdchen 
Hat Sclaven, Kleider, Schmuck. — Ich ließ ſie 
N 0 arm, 

Mit einer Magd N und itzt fo reich, fo prachtig ! 


Clitipho. 
Nun merk' ichs erſt. 


Syrus zu ſich. 
Was fuͤr ein Schwarm? Das Haus 


8 wey der Akt. 27 


Wird rappel- voll. Die werden ſchlucken! — Weh 
Dem alten Vater! der faͤhrt ſchlimm dabey. — 


Clinia zu ſich. 

I Redlichkeit 
Und Treue find dahin! Kein Opfer zaͤhmt 
Die Falſche! Ich verbanne mich, ich irr' 
Umher — Sie achtets nicht; ſie macht ſich frey; 
Und buhlt nach feilen Schaͤtzen. Alles wagt' 
Ich dran: Gewiſſen, Ehre, Pflicht. Der Vater 
Fand kein Gehoͤr. Er kannte ihre Tuͤcke, 

Er warnte mich. — Ich breche meine Feſſeln! — 
Zu ſpaͤt! mein Vater dankts mir micht. 


Syrus zu ſich, ihn bemerkend. 
Ah ha! 
Er hoͤrte das Geſpraͤch, und ſteckt im Irrthum.“ 
Laut. — 
He, Clinia! Friſch auf! es ſteht nach Wunſch. 
Antiphila war treu, ſie liebt euch noch. 
Ich hab' Beweiſe. 


Clinia. 
Lindre meine Qual, 


* 


28 Der Gelbfipeiniger, 


Beruhige mein Herz: dann bin ich gluͤcklich. 
Was weißt du? Hurtig! 


Syrus. 
. Ihr muͤßt alles hoͤren. 
Die Alte, die fuͤr ihre Mutter galt, R 
Die ſtarb ohnlaͤngſt — das Weib war eine Fremde. — 
So hört’ ich unterwegs; Antiphila 
Vertraute es der Andern. 


Clinia. 
Wem? wer iſt 
Die Andre? 


Syrus. 
Nur Geduld! ich komme drauf. — 
Mein Kamerad Dromo führte mich vors Haus. 
Er pochte an. Ein altes Muͤtterchen a 
Trat an die Thuͤr, und ſchob den Riegel auf. | 
Wir flugs hinein. Die Alte fperrte zu 
Und ſetzte ſich an ihre Spindel. — Hier 
Erprobte ſich die Sitte eures Maͤdchens; 
Hier ſah man auf den Grund. Der raſche 

Zuſpruch 


Zwenyter Akt. 29 


Sprach ihr das Wort. Wir fanden Haͤuslichkeit, 

Und Armuth — das ſagt viel; zwey ſtarke Zeu— 
gen. — 

Sie ſaß am Weberſtuhl. Ein ſchwarz Gewand 

Von Wolle war ihr Kleid; ſie trauerte 

Um ihre Pflegerin. Von Gold und Schmuck 

War nichts zu ſehn. Kein aufgemahlt Geſicht, 

Kein Putz. Ihr Haar hing ſchlicht herab | 

Um ihre Schultern. 


Clinia. 
Beſter Syrus! Sprich, 
Iſts wirklich ſo? darf ich dir traun? 


Syrus. 

1 Gewiß. 
Die Alte fuͤllte ihr die Spulen zum Einſchlag. 
Ein andres Maͤdchen half der Arbeit. Die 
Sah lumpig aus, ein wahrer Sudel. 


Clitipho. 
Heil 
Dir, Clinia! Die Armuth buͤrgt dein Glück. ’ 
Antiphila war treu; kein Nebenbuhler 


30 Der Gelbftpeiniger- 


Stand dir im Weg. Die geben reichen Lohn, 
Da ſetzts Geſchenke. Man beſticht das Haus; 
Und bahnt den Weg zur Herrſchaft. 


Clinia. 
Beſter Syrus! 
Erzähle weiter; alles was du weißt. 
Ich fordre Wahrheit. — Wie benahm ſie ſich 
Bey deiner Bothſchaft? 


Syrus. 
Ich vermeldete 
Ihr eure Ankunft. Sie war außer ſich 
Vor Freude; ſprang empor; die Spule fiel 
Ihr aus der Hand; ein Strom von Thraͤnen floß 
Aus ihren Augen. Kurz, ſie liebt euch noch; 
Und das von Herzen. : “ 


Elinia. 
Suͤßes Loos! Die Furcht 
Entweicht; nun bin ich gluͤcklich! 
Clitipho. 
Wußt' ichs nicht? 


Zweyter Akt. 31 


Du forgteft ohne Grund. Zu Syrus. Nun Syrus, 
ſag, 
Wer iſt die Andre, die du nannteſt? 


Syrus ſchalkbaft. 
Merkt 


Ihr nichts? Wir bringen eure Bacchis. 
Clitipho. 
Bacchis? 
Was ſoll ſie hier? 


Syrus. 
Sie zieht in unſer Haus. 


Clitipho. 
Zu meinem Vater? 


Syrus. 
Freylich. 


Clitipho. 
Unverſchaͤmter! 
Die Keckheit geht zu weit. 


32 Der Selbſtpeiniger. 


Syrus. 
Was ſchaudert ihr? 
Der Muth bewährt den Mann — die That. 


Clitipho. 
Du Waghals! 
Wozu? Was kanns mir helfen? Jeder Zufall 
Schlaͤgt mich zu Boden. Zu Clinia. Clinia, der 
Menſch 
Iſt raſend. 


Syrus ſtockend. 
Wenn — geſetzten Falles — 


Clitipho mit Zorn. 
Wenn?“ 
Der Fall iſt klar. 


Syrus. 
Gelaſſen! 


Clinia zu Clitipho. 
Hoͤre ihn! 


Clitipho. 


Es ſey. 
Sy: 


Zweyter Akt. 33 


Syrus ſtockend. N 
Die Sache — mein’ ich — fo zu ſagen — 
Der Zweck. | 
Clitipho. 
Verdammter Schwaͤtzer! Ohne Umſchweif. 


Clinia. 


Zur Sache, Syrus, kurz. 


Syrus wpikirt. 
Herr Clitipho, 
Ihr ſeyd verzweifelt grob. — Das leid' ein Andrer! 


Clinia zu Clitipho. 


Du mußt ihn hoͤren. Zu Syrus. Rede, Syrus. 


Syrus böhniſch. 
N Seht 
Mir doch? Im wüͤnſchen ſeyd ihr flink. Ihr 
wolln 
Das Maͤdchen, braucht Geſchenke; habt kein Geld. 
Da heißts: „Mach' Anſtalt, ſchaffe Rath, bring 


her.“ 


34 Der Selbſtpeiniger. 


Doch wagen wollt ihr nichts. Sehr ſchlau! Ihr 


r ſagts, 
Und damit Punktum. — So gehts nicht. Hier 
ſind 


Zwey Faͤlle: waͤhlt! Wollt ihr die Bacchis haben? 
So folgt mir. Wollt ihr nicht? ſo gebt ſie auf. — 
Das Wagſtuͤck iſt gering; der Anſchlag ſicher. 
Die Bacchis kommt ins Haus; fie wohnt bey uns; 
Ihr ſeht ſie täglich. — Dieß fürs erſte. Dann 
Verſchaff' ich Geld, die tauſend Drachmen, die 
Mich taub gefleht. Seyd ihr zufrieden? 
Clitipho. 


4 


Wenn nur? — 


Syrus. 
Erharrt den Ausgang. 


Clitipho. 
Nun, ich fuͤge mich. 
Was iſt dein Anſchlag? laß ihn hören. 


Syrus. 2 
Hoͤrt; 
Und ſchreibts euch hinters Ohr. Von heute an, 


3Zweyter Akt. 35 


Wird eure Bacchis Clinias Geliebte. 

Ihr gebt ſie ab: er tritt an eure Stelle. 

Die Liſt verblendet euren Vater. Er 

Nimmt Bacchis auf, und glaubt, ſie ſey die Liebſte 
Von eurem Freunde. 


Clitipho. 
Dumme Poſſe! Clinia 
Der hat ſein Maͤdchen: eine iſt zu viel. 
Das machts noch ſchlimmer. 


Syrus. 
Nein. Antiphila 
Tritt ab; die bringe ich zu eurer Mutter. 


Clitipho. 
Wozu? warum? 


Syrus. 


Aus tauſend Gruͤnden. Fragt 
Ein andermal. — Die wahre Urſach iſt — 


Clitipho einfalend. 
Ein Narrenſtreich! Gefahr auf allen Seiten. 
Sonſt nichts. Ich ſehe keinen Grund — der taugt. 


36 Der Selbſtpeiniger. 


Syrus. 
Ihr fordert Vorſicht? Gut. Ich weiß ein Mittel, 
Da geht ihr ſicher; keiner wagt dabey. 


Clitipho erfreut. 
So recht! das Mittel, Syrus? 


Syrus mit Nackdeuck. 
Ich kehr' um, 
Und ſchick' die Maͤdchen nach der Stadt. 
Clinia. 
Was ſagſt du? 
Clitipho. 
Wo denkſt du hin? 
x Syrus. 


Ich denk' an eure Ruhe: 
Ihr fuͤrchtet nichts und ſchlaft auf beyden Ohren. 


Clitipho zu Eiinia. 


Was thun wir, Clinia? 


Clinia. 


N Wer wagt, gewinnt. 
Wir wollens wagen. 0 


Swenter Akt. 37 
Syrus wil abgehen. 


Clitipho zu Clinta. 


Iſts dir Ernſt? Zu Syrus. Bleib hier! 


Syrus wie vorhin. 


Folgt eurem Kopf. Es wird euch reun. 


Clinia zu Clitipho. 
Das Gluck 
Iſt fluͤchtig: laß uns eilen. 


Clitipho in Syrus. 
Syrus! Syrus! 


S yrus ohne ſich umzuſehen. 


Ruft wie ihr wollt — es iſt zu ſpaͤt. 


Clinia zu elitipho. 
Ich bin 
Entſchloſſen. 
Clitipho. 
Ich nicht minder. Zu Syrus. Syrus! Der 
Verdammte Schlingel! 


38 Der Selbſtpeiniger. 


Syrus au fic, 


Dem wirds warm! Laut. Was giebts? 
Was ſoll ich? 


Clitipho. 
Bleiben ſollſt du. Biſt du taub? 


Syrus näher tretend. 


Da bin ich. Geh' ich, oder nicht? Das weiß 
Der Henker. 


Clitipho. 
Beſter Syrus, dir vertrau' 
Ich alles: Ehre, Liebe, Gluͤck. Mach was 
Du willſt; ich laß dir freye Hand. — Nur nichts 
Verpudelt. Merk dirs wohl. 


Syrus. 
Wozu die Gloſſe? 
Wir gehn in gleiche Theile — ihr wie ich. — 
Kommt Ungluͤck drein, ſo ſchilt man euch; fuͤr mich 
Setzts Prügel. Ich verwahre meine Haut. 
Verlaßt euch drauf. Thut ihr das eure, Bacchis 
Spielt Clinias Geliebte: dabey bleibts. 


3weyter Akt. 8 


Clinia. 
Du willſt es ſo? Nun wohl! 


Clitipho. 
Dank deiner Freundſchaft! 


Clinia zu Syrus. 
Sorg nur, daß Bacchis nichts vergakelt. 


4 Syrus. 
Die 
Iſt ſchon geſtimmt. 
Clitipho. 
Und willigt ein? 
Syrus. 
Sehr gern. 
Clitipho. 


Ein wahres Wunder. Sie war gut gelaunt. 
Die Stolze ſperrt ſich oft. 


Syrus. 
Die Rolle macht 
Ihr Spaß; ſie nimmt ſie leicht — vielleicht zu 
luftig, 


— 


40 Der Selbſtpeiniger. 


Das muͤßt ihr hindern. Euer Vater iſt a 

Ein Fuchs, ein feiner Finke. Sagt ihr das, 

Das Schwerſte kommt an euch: ſeyd auf der Huth. 
Kein Wink, kein Seitenblick, kein Haͤndedruck, 
Kein Seufzer — nicht gemuckſt. 


Clitipho. 
Du ſollſt mich loben. 
S yrus. 
Nehmt euch zuſammen. 


Clitipho. 
Wundern ſollſt du dich. 


Syrus 
ſieht zurück, und erblickt den Zug. 


Sie kommen. Dank den Goͤttern! 


Clitipho entgegen eilend. 
Hin zu ihr! 
Syrus faßt ihn am Arm. 


| Clitipho. 
Was haͤltſt du mich? 


Zwenten Akt. 41 


Syrus. 
Ihr fallt aus eurer Rolle. 
Fuͤr euch kommt nichts; ihr habt kein Maͤdchen. 


Clitipho. 
Poſſen! 
Das gilt beym Vater: aber hier? — 


Syrus gelieteriſch. 
Auch hier, 
Auch itzo. 


Clitipho. 
Laß mich! 
Syrus. 
Nein! 


Clitipho. 
Ein Augenblickchen? 


Syrus. 
Ihr ſollt nicht. 


Clitipho. 
Sie zu gruͤßen. 


42 Der Gelbfipeiniger. 


Syrus. 
Macht euch fort. 
Das iſt das kluͤgſte. 


Clitipho. 
Nun, ich gehe ſchon. 
Und Clinia?— 
Syrus. 
Der bleibt 


Clitipho zu Elinin. 
* Du Gluͤcklicher! 


Syrus sicht ihn hinweg. 
Baſcht ab! macht hurtig. 
Clitipho geht ab. 


Zwenter Akt. 43 


x 


Deitte Seen e. 


Bacchis. Antiphila. Clinia. Syrus. 


Mägde mit vielem Gepäck. 


Bacchis im Eintreten zu Antiphtla. 
Recht, Antiphila, 
Du waͤhlſt das beſte Theil. Du biſt ſo ſchoͤn 
Als weiſe. Wahre Liebe lohnt ſich ſelbſt. 
Sie feſſelt einen Mann; giebt Herz um Herz — 
Ein Bund fuͤrs ganze Leben. 


Antiphila. 
Seliges 
Geſchick! Nur Clinia; und jeder Wunſch 
Iſt mein! 
Clinia zu ſich. 
Die treue Seele! Alles war 


Sin Traum — ein ſchwerer Traum! — er iſt vorüber. 


Syrus zu ſich; ſpottend. 
Wer weiß? 


44 Der Selbſtpeiniger. 


Clinia zu Syrus. 


Die Sehnſucht todtet mich! Dem Gluck 
So nah und ach! — 


Syrus einfalend, ſpötliſch. 


Der ſtrenge Vater! 


Bacehis zu Antiphila. 
f Sieh! 
Wer iſt der Juͤngling? — Er betrachtet uns. 


Antiphila ſieht Elinta. 
Ihr Götter! — Stutze mich! 
Sie ſinkt an Bacehis Bruſt. 


Bacechis. 


Was iſt dir? 
Antiphila. 
Mein Kopf! mir ſchwindelts. 


Bacchis. 
Du erſchreckſt mich. 


3weyter Akt. 45 


Antiphila rubiger; aufdlickend. 
Seh' 
Ich recht? Iſts Wahrheit? — iſts ein Traum? 


Bacechis. 
Wen ſiehſt du? 
Clinia 
faßt Antiphila in feine Arme. 


Mein theures Maͤdchen! 


Antiphila. 


Tauſendmal willkommen! 


Clinia. 
Du lebſt? — 


Antiphila. 
Fur dich! 


Clinia. 


Du liebſt mich? 


Antiphila. 


Ueber alles! 


40 Der Selbſtpeiniger. 
Clinia 
drückt ſie an ſeine Bruſt. 


Mein Arm umfaßt mein Gluͤck! 


Syrus 
trennt die Umarmung. Zu Elinia. 
Ein andermal. — 
Mein Alter harrt auf euch. Macht euch hinein. 


Er drängt ihn fort. Alle gehen in Chremes Haus ab. 


Dit ter Akt: 


Erſte Seene. 


Chremes. Menedemus. 


Chremes alein. 


Der Tag bricht an. Ich geh zu meinem Nachbar, 

Und poch' ihn raus. Sein Sohn iſt angekommen: 

Das muß er wiſſen. Ich verkünd' es ihm, 

Und bin der Erfte, ders ihm ſagt. — Der wird 

Sich freun! — Sein Sohn verbot mirs zwar.“ 
5 Was thuts? 

Was kanns ihm ſchaden? Menedemus iſt 

Mein Freund; ich troͤſte ihn, ich bin ſein Beyſtand. 

Die Söhne ſind ein Herz; ſie helfen ſich, 

Sie ſtehn für einen Mann. Die Väter auch: 

Ein Bundniß heiſcht das andere. 


48 Der Selbſtpeiniger 


Menedemus 
zu ſich, aus ſeinem Hauſe tretend. 
Nein, ſo ſchwer 
Wie ich, tragt keiner feine Schuld! — Die Zeit 
Bringt keinen Troſt — das Sprichwort luͤgts. — 
Mein Schmerz 
Steht feſt, der Gram um meinen Sohn erwacht 
Mit mir, und waͤchſt mit jedem Morgen. 


Chremes bemerkt ihn. 


f Ah! 
Er kommt. Ich naͤh're mich, und red' ihn an. 
Laut. 
Freund Menedemus, gute Bothſchaft! 
Menedemus. 
Wie? 


Wißt ihr von meinem Sohne? hortet ihr 
Von ihm? 
Chremes. 
Er lebt, iſt friſch und wohl. 


Menedemus. 
Wo iſt er? 
Ehre: 


Dritter Akt. 49 


Chremes. 


Bey mir, in meinem Haufe, 


Menedemus. 
Clinia? 
Mein Clinia? 
Chremes. 
Nicht anders. 


Menedemus. 
Er iſt hier? 
Chremes. 
Ich ſags euch ja. 


Menedemus wil fort. 2 
Führt mich zu ihm! Ich muß 
Ihn ſehn, ihn ſprechen. 


Chremes Hält ibn zurück. 
Bleibt! Er zeigt ſich nicht. 
Er fürchtet euren Zorn. N 


Menedemus gutumüthig. 
Ihr kennt mich beſſer; 
Ihr ſagtets ihm? 2 
4 


50 Der Selbſtpeiniger. 


Chremes. 


Bewahre! 


Menedemus. 
dicht? warum nicht? 


— 
Chremes. 
Aus Vorſicht, Freund. Ihr gebt euch bloß, ihr 
. ſeyd 
Zu milde. 2 
Menedemus. 
Still davon! Ich war zu lang 
Ein harter Vater. 
Chremes. N 
Ey! ihr wechſelt raſch. 
Erſt knauſert ihr; nun gebt ihr alles — 
Menedemus. 
Seys! 
Chremes. 
Die Großmuth kommt zu ſpaͤt; ſie hilft euch nichts. 


Menedem nus. 


Wie ſo? 


Dritt er Akt. 51 


Chremes. 
Die Liebſte eures Sohnes war 

Einſt arm; fie brauchte wenig, nahm fuͤrlieb. 
Da geiztet ihr, der Sohn ward weggepoltert. — 
Nun iſts geſchehn. Das Maͤdchen war allein, 
War jung, fand andre Werber, wurde reich, 
Und ſpielt die große Dame. — Seht! ſo habt 
Ihr ſie. Schenkt ihr ſo viel ihr wollt; ſie will 
Noch mehr: ein Cröſus wird zum Bettler. — 

Denkt 
Euch nur! zwoͤlf Maͤgde ſchleppt ſie her. Ihr 

Schmuck 
Fuͤllt ganze Kaſten. Kleider ohne Zahl. 
Die ſchaͤlt euch aus: ihr koͤnnts nicht geben. 


Menedemus. 
Sit 
Das Mädchen hier in eurem Haufe? 


Chremes. 
Leider ! - 
Mein Seckel ſpuͤrts. Ich gab ihr eine Mahlzeit; 
Die zweyte frißt mich auf. — Die machts zu toll. 
Sie nippt aus allen Flaſchen: nichts iſt recht. 


52 Der Selbſtpeiniger. 


Der Wein iſt ſchal, der herbe, der zu jung. 

„Was ſuͤßes, Vaͤterchen, was ſtarkes. Hört 

Ihrs wohl?“ Man lauft, man bringt, bricht 
alles an, 

Verwüſtet alles. Das war eine Nacht; 

Ein kleines Pröbchen. Ihr müßt taglich dran: 

Ein Gaſtmahl jagt das andre. Welch ein Aufwand! 

Wie ſoll das enden? 5 


Menedemus. 
Fragt mich nicht. Mein Sohn 
Verſchwende, praſſe, mache was er will: 
Ich bin gefaßt. — Genug ich hab' ihn wieder. 


Chremes. 
Nur eine Bitte. Iſt der Vorſatz Ernſt; 
So laßts nicht merken. Stellt euch hart, und 
ſteckts 
Ihm heimlich zu. 


Menedemus. 
Wie meint ihr das? 


Chremes. 
Gebt durch 


Dritte Akt. 53 


Die dritte Hand, durch Sclaven; nur nicht ſelbſt. 

Laßt euch brav prellen — das gilt eins. Man 
legts 

Drauf an, ich ſahs. Sie fluͤſterten ſich ins Ohr, 

Sie ſchmieden Plane. Syrus ſteckt bey Dromo, 

Die Söhne pflegen Rath. Sie muͤnzens fein. 

Laßt fie gewähren. Beſſer blind, als gütig. 

Gebt eurem Sohne; doch verhehlt es ihm: 

So ſchadets minder. Großmuth macht ihn keck; 

Er baut darauf, und pocht auf eure Guͤte. 

Der ſchwache Vater wird fein Spiel. Verſagt 

Ihr etwas; ſo verdrießts das Soͤhnchen: braucht 

Ihr Ernſt; ſo droht er euch, und will entlaufen. 


Menedemus. 
Sehr wahr. Ich ſeh' es ein; ich will euch 
folgen. 1 
Chremes. 


Ich beßre euren Sohn. Laßt mich gewähren. - 


Menedemus reicht ihm die Hand. 


Die Hand darauf — fuͤr itzt, wie immer. 


54 Der Gelbftpeiniger. 


Chremes giebt ihm die Hand. 


| Topp! 
Es bleibt dabey. 1 


Menedemus. 


Nun wuͤnſcht' ich eins, wenns geht? 


Chremes. 
Was wuͤnſcht ihr? ſprecht. 


Menedemus. 
Ihr wißt die Plane, die 
Man ſchmiedet. Sagt mirs kurz heraus: was ſoll 
Ich thun? was fordert man? Ich ſehne mich 
Nach meinem Sohne. Schont mich nicht; begehrt; 
Braucht meinen Beutel. 


Chremes. 
Sorgt fuͤr nichts; das ſoll 
Geſchehn. Ich ſprech' mit Syrus, der verſteht 
Sein Handwerk. Sieht ſich um. Ah! da kommt der 
a Gauner. Geht, 
Laßt mich allein mit ihm. 


Dritter Akt. 55 


Menedemus in Abgehen. 
Wir ſehn uns wieder? 


Chremes. 
Sewiß. 


Menedemus geht ab. 


Zweyte Scene 


Ehre mes yr u 


Syrus zu ſich. 
Ich lauf die Beine ab, und bring 
Kein Geld. Friſch an! es muß heraus, und laͤgs 
An Ketten. | 


Chremes zu fie. 


Sagt' ichs nicht? der ſinnt auf Pfiffe. 
Man haͤlts mit Syrus. Dromo iſt zu dumm. 


Syrus in ſich— 8 
Wer ſpricht? Sieht Chremes. O weh! er hoͤrte mich. 


56 Der Gelbftpeiniger. 


Chremes laut. 
Syrus! 
Syrus zu ſich. . 
Verdammter Zufall! 


Chremes. 
Nun, was thuſt du hier? 


Syrus laut. 
Nicht viel. Ich ſeh' euch an, und wundre mich. 
Ihr macht euch früh heraus? Schon ausgefchlafen ? 


Chremes. 
Wie ſo? 
Syrus. 
Die Nacht gings flott; ihr zechtet tapfer. 
Chremes. 
Du träumſt. 
Syrus. 


Nein, nein. Es ſchmeckte euch. — Ihr macht 
Euch jung, ſeyd munter wie ein Hirſch. 


Chremes mit Woblbehagen. 
So wünſcht' ichs. 


Dritter Akt. 57 


Syrus. 
Das Mädchen that euch wohl. Sie weiß zu leben. 
Hat Witz. 

Chremes. 
O ja, da fehlts ihr nicht. 
Syrus. 
Beym Zevs! 

Sie iſt nicht bitter. 


Chremes. 
Schoͤn genug. 


Syrus ſchalkbaft. 


Vor dem 
Gabs ſchoͤne Maͤdchen. Doch, die Zeiten ſind 
Vorbey; wir ſehn nichts beſſers. Clinia 1 


Iſt jung, er find't das Maͤdchen ſchön, und ſtirbt 

Für Liebe. Muß er nicht? Sein Vater ift 

Ein Fils; er giebt ihm nichts. Zeigt auf Menedemus Haus. 
Da wohnt der Knauſer. 

Er hats vollauf, und knickert mit dem Sohne — 

Aus Hunger lief er fort. Ihr werdets wiſſen? 


58 Der Selbſtpeiniger. 


Chremes. 
Wie ſollt' ich nicht? — Zur Mühle mit dem 
Schuft! 
Syrus beunruhigt. 
Wen meint ihr? 
Chremes. 
Fragſt du noch? den Knecht des Sohnes. 


Sy rus in fie. 
Was heißt das? 


Chremes. 
Dromo iſt zu faul. 


Syrus mütztrauiſch. 
Was ſollt' 
Er thun? 
Chremes. 
uf Staufen fihnen, helfen fol 
Der Träumer. 


Syrus zu ſich. 
Hör’ ich recht? 


Drei t er Akt. 39 


Chremes. 
Sein Herr braucht Geld, 
Er braucht Geſchenke. Beydes muß herbey. 
Das hilft dem Sohn, und nutzt dem Vater; der 
Verdankts ihm einſt. 


Syrus. 
Ihr ſpaßt? 


Chremes. 
Nein, nein. Er wars 
Ihm ſchuldig. 
Syrus. 
Wie? den Vater prellen, das 
Waͤr' recht? 
Chremes. 
Zur rechten Zeit, ifts Pflicht. 


Syrus. 
Vortrefflich! 
Chremes. 
Ein fruͤhes Mittel bricht die ſchwerſte Krankheit. 
Hier ſaͤumte man, die Huͤlfe kam zu ſpaͤt. 


60 Der Selbſtpeiniger. 


Syrus zu ſch. 
Scherz oder Ernſt? Friſch an! ich will es wagen. 


Chremes. 
Das Mädchen koſtet; Clinia iſt kahl. 
Soll er entlaufen? Helfen muß der Knecht, 
Den Alten prellen. Treib' ihn an. 


Syrus. 
Der Burſch 
Iſt viel zu dumm; er zwingts nicht. 


Chremes. 


Hilf dem Toͤlpel, 
Dem Herrn zu Liebe. 


Syrus lebhaft. 
Darf ich traun? Iſts Ernſt 7 


8 


N Chremes. 
Wie anders? 


Syrus mit Zutrauen. Prableriſch. 
Mir iſts Kinderſpiel. Laßt mich 
Nur dran; da bin ich Meiſter. 


Dritter Akt. 61 


Chremes. 
Wackrer Syrus! 
Du giltſt dein Geld. 


Syrus. 


Ich ſags frey raus. Was nutzt 
Verſtellung? 


Chremes. 
Mach dich dran, es eilt. 


*. 


Syrus. 
Nur eins — 
Der Vorſicht halber — Merkt auf eure Rede. 
Ihr ſprecht von Clinia: ich dreh das Blatt, 
Und denk mir euren Sohn. Der Fall iſt möglid). 


5 Chremes. 
Das hoff’ ich nicht. 


Syrus. 
Ich auch nicht, nein. Ich weiß 
Von nichts, vermuthe nichts. Man denkt ſichs nur. 
Es fuͤgt ſich manches. Euer Sohn iſt jung. 


- 


62 Der Selbſtpeiniger. 


Kommt ihr ans Bret; euch will ich rupfen. 
Zahlt 


Darauf. 


Chremes. 


Das wird ſich finden. Thu was ich 
Befahl. Geht ab. 


Sy rus alein, nach einer Pauſe. 


Das kam gerufen. Beſſer ſprach 
Kein Herr, und weiſer. — Friſch ans Werk! Er 
5 ſpornt 
Mich an, er ſtellt die Falle: faͤngt er ſich, 
So mag ers haben. Geräuſch. Horch! die Thuͤr 
geht auf. 
Er kommt ſchon wieder? 


Dritter Akt. 63 


Dritte Scene. 


Chremes. Clitipho. Syrus. 
Chremes 
zu Clitipho, mit dem er aus dem Hauſe kommt, 
Clitipho, das heiß' 
Ich ſchlecht; das ſchickt ſich nicht. 
Clitipho. 
Was that ich denn? 


Chremes. 


Du fragſt? Das Maͤdchen auf dem Schooße? Arm 
In Arm? Des Freundes Liebſte! — Clinia 
Verzeiht dirs nie. 


Syrus zu ſcch. 
Wir ſind verrathen! 


Clitipho. 


Nein, 
Ihr irrt euch. 


64 Der Selbſtpeiniger. 


Chremes. 5 
Schweig! Ich ſahs mit eignen Augen. 
Wo blieb die Freundſchaft? wo das Gaſtrecht? Er 
Vertraut ſich dir, du lockteſt ihn ins Haus: 
Und zaͤhmſt dich nicht? Wie frech warſt du bey 
Tiſch, 
Wie toͤlpelhaft! | 


Syrus. 


Das thut der Wein. 


Chremes._ 
Furwahr! 
Ein Becher mehr; ſo kams zu Haͤndeln. Mir 
War Angſt und bang. N 


Clitipho. 
Seyd unbeſorgt. Mein Freund 
Kennt mich zu gut, er weiß ſich ſicher. 


Chremes. 
Seys! 
Doch warſt du laͤſtig; du verſtoͤrteſt ſie. 
Der dritte iſt zu viel: das merke dir. 
. S y⸗ 


Dritter Akt. 65 


Syrus leise zu Elitipho. 


Da hort ihrs. 


Clitipho ärgerlich, leiſe zu Syrus. 


Schweig! 


Syrus baut. 
Das ſag' ich auch. Spottend. Ey ja! 
Ihr machtets fein — Letzteres leiſe zu Clitipbo. 


Clitipho ſtent ſich ſchuldig. 
Was noͤrgelſt du? 


Syrus haut. 
Ihr hoͤrts 
Nicht gern. 
Clitipho wie vorhin. 
n Ich ſchaͤme mich. 


Chremes. 
Und das mit Recht. 


Syrus. 
Mir wars ein Aerger— 


66 Der Gelbftpeiniger. 


Clitipho. 
Mach' ein Ende. 
Syrus. f 
Wahr 
Bleibt wahr: ich ſchone nicht. 


Clitipho ſich vergeſſend. 
Sie ſehen darf 
Ich doch? ſie ſprechen? 


Sy eus zu ſich. 
O wie dumm! 


Chremes. 
5 f Das darfſt du; 
Nur ſittſam. 
Sy rus zu ſich. 
Der verpfuſcht den Plan. Ich ſchaff' 
Ihn fort. Zu Chremes. Verzeiht dem dreiſten Knecht. 
Darf ich 


Euch rathen? 


Chremes. 
Sprich. 7 


Dritter Ak t. 67 


S 0 russ zeigt auf Clitipho. 
} Er darfs nicht hören, Heißt 
Ihn gehn. \ 


Clitipho. 
Wo ſoll ich hin? 


Syrus feiner ſpottend. 
Wohin ihr wollt. 
Nur nicht danein. Zeigt auf des Vaters Haus. 


Clitipho leiſe zu Syrus. 
Ich berſte. 


Syrus wie vorhin. 
Geht ſpazieren, 


Clitipho ärgerlich. 
Wohin denn? 


Syrus. 
Dahin, dorthin. — Fehlts an Platz? 


i Chremes in Elitipte. 
Laß uns. | 


6 Der Selbſtpeiniger. 


Clitipho Life zu Syrus. 
Der Bube treibt mich aus. 
Syrus leise. 


Ihr wollts 
Nicht beſſer. 


Clitipho 


geht ab, indem er Syrus droht. 


Vier ke Ge e 


Syrus. Chremes, 


Syrus. 
Seht ihrs nun? der lernt die Spruͤnge. 
Vermahnt ihn fleißig; paßt ihm auf. 


Chremes. 


Das werd' ich. 


Syrus. 


Er lernts von Clinia, das Beyſpiel macht 
Ihn keck. Braucht euer Anſehn. 


Dritter Akt. 69 
Chremes. 
Zahl darauf. 
Syrus. 
Ihr ſeyd ſein Mann: mir folgt er nicht. 


Chremes. 
Schon gut. — 
Wie ſtehts um meinen Auftrag? Haſt du was? 
Erſannſt du was? 
Syrus. 
Ihr meint den Schneller fuͤr 
Den Alten? 
Chremes. 


Freylich. 


Syrus. 
Im Vertraun, mein Herr, 
Ich habs. Zu ſich, ſpottend. Du zahlſt das Stuͤckchen. 


Chremes. 
Laß doch hoͤren. 


Syrus. 
Der Zufall bringts. 


70 Der Selbſtpeiniger. 


Chremes. 


Wie ſo? 


Syrus aufs Haus zeigend. 
f Die Dirne drin 
Iſt fein. 
Chremes. 
So ſcheints. E 


Syrus. 


Denkt euch den Pfiff. Hier wohnte 
Ein Weib sbi ld von Athen mit ihrer Tochter. 
Der lich fie — ſagt fie — tauſend Drachmen. 


Chremes. 
Nun? 


Syrus. 


Die Tochter war das Pfand. Die Alte ſtarb, 
Und zahlte nicht. Nun iſt das Maͤdchen ihre; 
Sie brachte ſie ins Haus. 


Chremes. 
Ich merks. 


Arit tee Abt. 7 


Syrus fortſprechend. 
Sie iſt 
Bey eurem Weibe. 
Chremes. 
4 Weiter! 
Syrus. 
Bacchis will 
Ihr Geld. Sie dringt in Clinia, der ſoll 
Das Maͤdchen kaufen. — Tauſend baare Drachmen, 
Das iſt der Preis. f 


Chremes. 
Die fordert ſie? 
Syrus. 
f Nicht anders. 
Sie laßt nichts nach. — Da dacht' ich fo — 
Chremes ſchnel. 
Was iſt 
Dein Anſchlag? Sprich! 


Syrus. 
Ich geh zu Menedemus, 


72 Der Selbſtpeiniger. 
Ich ſage ihm: das Maͤdchen ſey geraubt, 


Sey reich, von gutem Hauſe. Kurz, ich mach' 


Ihm Luſt: er muß ſie kaufen. 


Chremes. 
Das ſchlaͤgt fehl. 


Syrus. 
Wie fo? 


Chremes. 
„Ich kauf fie nicht.“ Das ift die Antwort. 


Syrus. 
Ein ſaubrer Troſt. 
Chremes. 
Gleichviel. Zu ſich. Joh geb das Geld. 
Syrus zu ſich. 
Er beißt fhon an. Laut. „Gleichviel“ ſagt ihr? 
Chremes nachläſſig im Ton. 
Nicht nothig. 
Syrus. 
Wie ſo? ich faſſ' euch nicht. 


Dritte At. 73 


Chremes. 
Du follft erfahren. Geräuſch. 
Man ftort uns. Sieht fih um. Ah, da kommt mein 
Weib. 
Binde treten zurück. 


i nfte Sten e. 


Soſtrata. Chremes. Syrus. Sophrona. 


Soſtrata 
kommt aus dem Hauſe, und betrachtet einen Ring. Zu fih. 
Der Ring 
An ihrer Hand giebt volles Licht: es iſt 
Derſelbe, den ich meiner Tochter gab. — 
Die Fremde iſt mein Kind; ich bin es ſicher. 


Chremes zu Syrus. 
Was ſchwatzt das Weib? 


Soſtrata 
zu Sophrona, den Ring ihr zeigend. 
Betracht' ihn noch einmal. 
Erkennſt du ihn? 


74 Der Gelbfipeiniger, 


Sophrona. 
Wie euch, 


Soſtrata. 
Bezeugſt du mirs? 


Sophrona. 
Mit tauſend Eiden. 


Soſtrata. 
Schoͤn. — Das Maͤdchen ſitzt 
Im Bade. Geh hinein, und forſche weiter. | 
Ich ſuche meinen Mann. 


Sophrona gebt ad. 


Syrus zu Chremes. 
Sie will zu euch. 
So eilig? fragt fie doch: vielleicht ein Ungluͤck? 


Chremes gleichgültig. 
Ich kenne ſie. Ein breit Gewaͤſch, und nichts 
Dahinter. 


Soſtrata fiebt Chremes. 
Ah! Nähbert fih. Sieh da, mein theurer Mann! 


* 


Dritter Akt. 


1 
vi 


Thremes nachſpottend. 


Sieh da, mein theures Weib! 
Soſtrat a immer verlegen. 
Ich ſuchte dich. 


Chremes. 
Hier bin ich. Was beliebt? 


Soſtrata. 
Nur keinen Groll. 
Ich bitte. — Zuͤrne nicht. 
Chremes iu na. 
Ein feiner Eingang! 
Soſtrata. 
Du biſt mein Mann. 


Chremes balb laut. 


Das fuͤhl' ich! 


Soſtrata. 


Dein Befehl 
Iſt mein Geſetz. 


0 1 


76 Der Selbſtpeiniger. 


Chremes. 


Doch folgſt du nie. 


Soſtrata. 
Zu ſtreng 
War dein Gebot; verzeih der bangen Mutter. 


Syrus ſeitwärts. 
Die dreht ſich. 


Chremes ungeduldig. 
Komm zur Sache! Faß dich kurz. 


Soſtrata in erzäblenden Ton. 


Vor achtzehn Jahren ſchenkt' ich dir ein Kind. 
Furchtſam. 


— Es war ein Maͤdchen. — 


Shremes einfallnd. 
Sie iſt todt; das weiß ich. 
Soſtrata. 
Sie lebt. 
Chremes. 
und du verſchwiegſt es mir? 


Diiteer Akt. 77 


Soſtrata. 
Aus Furcht! 


Chremes. 
Vor wem? 
Soſtrata. 
Vor dir. Du wollteſt keine Tochter. — 
„Bringſt du ein Maͤdchen — fhwurft du — 
ſcheiden laſſ' 
Ich mich. Das Mädchen ſetz' ich aus.“ 


Chremes. 
Ich ſprachs 
Im Zorn, im Rauſch. Das ſahſt du doch? 


Soſtrata verlegen. er 
Verzeih! 
Ich war zu ſchwach. Der Schwur erſchreckte mich. 
Ich ſagte dir, das Kind ſey todt — und that 

Es von mir. 


Chremes. 
Weib! warſt du bey Sinnen? 


Soſtrata. 
Ach! 
Mir fiels ſehr hart. 


78 Der Gelbftpeiniger, 


Chremes. 
Wo kam das Mädchen hin? 


Soſtrata. 
In fremde Hand. 


Chremes. 
Das Kind ward ausgeſetzt? 


Soſtrata. 
Die Amme brachte es einer Freundin aus 
Corinth, die eben hier war. 


Chremes. 
Immer dümmer! 


Soſtrata. 
Die Pflegerin verließ Athen, und nahm 
Das Maͤdchen mit ſich. 


Chremes. 
Nannte man dem Weibe 
Des Mädchens Aeltern? 


Soſtrata. 
Nein, ich wagt’ es nicht. 


Dritter At 79 


Chremes. 
Wie unbeſonnen! Ohne Schrift und Merkmal? 
Woran erkennſt du ſie? Wie weißt du, daß 
Sie lebt? 


Soſtrata nun lebhafter. 
Das Zeugniß fand ſich heut. Ich ſah 
Den Ring, den ich der Tochter gab. 
Giebt ihm den Ring. 


Chremes beſſeht ihn. 
Wer trug 
Den Ring? 


Soſtrata. 


Die Jungfrau, die mit Bacchis Fam, 


Chremes. 
Dieß Maͤdchen, unſre Tochter? 


Soſtrata. 

0 Ganz gewiß. 
Sie trug den Ring, das Denkmal meiner Liebe, 
Sie kam mit einer Fremden von Corinth. 
Ich darf nicht zweifeln; alles trifft genau. 


80 Der Selbſtpeiniger. 
5 Chremes. 
Wo iſt ſie? 
Soſtrata. 
Hier bey mir. 


Chremes. 
Ich will ſie ſprechen. 


Soſtrata. 
Erforſche ſie, beſtaͤrke meinen Glauben. 


* 


Chremes. 
Wie hieß die Pflegerin? 


Soſtrata. - 
Philtere. 


Syrus fe. 
Goͤtter! 
So hieß die Alte. 


Chremes. 


Komm. 


Soſtrata. 
Ich folge dir. Beude ab. 


Sech s⸗ 


Dritte TEE 81 


Sechste Scene, 


Syrus allein. 

Mit mir iſts aus! Der Feind umzingelt mich 

Auf allen Seiten. Was erſinn' ich mir? — 

Wie greif' ichs an? Sinnt nach. Der Vater ahndet 
nichts; 

Er traut mir noch. — Nur zu! Ich halts im 
Dunkeln, 

Und ſchluͤpfe durch. Das Geld erwiſch' ich nicht; 

Der Fang geht Floͤten. Jammer ſchade! — Nein! 

Ich gebs nicht auf. Der Alte muß mir dran. 

Doch wie? Wo faſſ' ich ihn? Sinnend. Ich 
daͤchte? — Nein, 

Das geht nicht. — Oder ſo? — Auch nicht. Pauſe. 
Triumph! 

Ich habs! das Geld iſt mein; ich halts mit 
Haͤnden. 


82 Der Selbſtpeiniger. 


Siebente Scene. 


Clinia. Syrus. 


Clinia zu ſich. 
Mein Gluͤcksſtern ſteigt; ich hebe mich empor, 
Kein Unfall kann mich ſchrecken. — Nun zum 
Vater! 
Ich ſeh' ihn ohne Furcht. Sein ſtrengſter Wille 
Beſchraͤnke jeden Wunſch. N 


Syrus au ſich. 
Die Tochter iſt 
Erkannt: er jubelt. Laut. Alles richtig? 


C U i n i a 5 Er 
Wie ? 
Du weißt es ſchon? du hafıs vernommen? 


Syrus immer untheilnehmend. 


Freylich; 
Ich hoͤrt' es ja! Ich war ja hier! 


Dritter Akt. 83 
Clinia 
mit feiner Freude beſchäftigt. 


O Himmel! 


Syrus. 
Euch gehts nach Wunſch. 


Clinia. 

Ihr Gluͤck iſt meine Wonne! 
Das theure holde Maͤdchen! ſie verdient 
Dieb ſchoͤne Loos. 


Syrus nachläſſig. 
Ich glaubs. Nachdrücklich. Wenns euch beliebt, 
Von etwas anderm. Denkt an euren Freund. 
Wie hilft man ihm? Was ſagt man ſeinem Vater? 
Die Liebſchaft kommt ans Licht. 


Clinia 
entzückt, ohne zu hören was Syrus ſpelcht. 


Ihr guͤtgen Goͤtter! 


S yrus ungeduldig. 
Beruhigt euch. 


54 Der Selbſtpeiniger. 


Clinia. 
Antiphila iſt mein! 
Sie wird mein Weib. 


Syrus. 
Ja doch. Laßt mich nur reden. 
Clinia 
dreht ihn, büpfend, mit ſich herum. 


Sey luſtig, Syrus. — Spring! — 


Syrus macht ſich los. 
Laßt mich zufrieden! 


Clinia im vorigen Entzücken. 
Wir leben wie die Goͤtter! 


Syrus ärgerlich. 


- Ich gebs auf. — 
Ich gehe. 


Clinia. 
Rede nur. 


Syrus wil abgehen. 
Was hilft mirs? 


Orit iche Met. 85 


Clinia ruhig und aufmerkend. 
Bleib. 
Ich hoͤre. 
Syrus. 

Nun, ich ſprach von Clitipho 
Und ſeiner Lage. — Ihr verlaßt das Haus, 
Die Bacchis bleibt; und gilt bey ſeinem Vater 
Fur feine Liebſte. 


Clinia nachdenklich. 
2 Wahr! Was ſoll man thun? 


Syrus. 
Nehmt Bacchis mit. Fuͤhrt ſie zu eurem Vater: 
So bleibts geheim, wie itzt. 


Clinia. 
Das waͤr' zu dreiſt, 
Mit welcher Stirne naht' ich meinem Vater? — 
Ich lieb' Antiphila, ich werb' um ſie: 
Was könnt’ ich ſagen? 


Syrus. 
Lügen ſollt ihr nicht. 
Ihr ſagt die Wahrheit, frey heraus, wies ſteht. 


86 Der Selbſtpeiniger. 


Clinia verwundert. 
Iſt das dein Ecnſt? 


Syrus beſtimmt. 


Ihr ſprecht: Antiphila 
Sf mein; und Clitipho liebt Bacchis. 


1 


Elinia. 

Das 

Iſt wahr, und leicht geſagt. — Für Chremes 
? bleibts 


Geheim — verſteht ſich. Das beding' 7 mir, 
Ich bitte meinen Vater. N 


Syrus. 
Nichts verhehlt! 
Er ſolls ihm ſagen, ohne Anſtand, rund 
Heraus. 


Clinia noch mehr verwundert. 


1 
Sprichſt du im Rauſch? biſt du bey Sinnen? 
Du dienſt dem Clitipho, du willſt ihm helfen: 
Und machſt fein Ungluͤck! 


Syrus. 

Fuͤrchtet nichts. Die Liſt 

Iſt fein, ſehr fein — ein Meiſterſtreich — auf 
Ehre. 


Ich gebe reinen Wein, die lautre Wahrheit; 
Und blende beyde Vater. Euer Alter 
Find't keinen Glauben, Chremes lacht ihn aus. 
Spricht er: „Dein Clitipho iſt Bacchis Liebſter“ 
So glaubt ers nicht, und ſchwuͤr' er Stein und 
Bein. 

Clinia. 
Das fuͤrcht' ich eben. Chremes baut darauf; 
Und weigert mir die Tochter. — Doch was fichts 
Dich an? Du ſorgſt vor deinen Herrn; mir gehs 
Wies will? 

Syrus. 


Zum Henker! ewig dauerts nicht, 
Ein Tag; ſo iſts gethan. 


Clinia. 


Ein Tag iſt dir 
Genug? 


88 Der Selbſtpeiniger. 


Syrus. 


Hab' ich das Geld fuͤr Bacchis; dann 
Wirds laut. 


Clinia ſorglich. 


Wenns Chremes früher wuͤßte? — 


Syrus ärgerlich, mit Spott. 


7 Wenn? — 
doch ſteht der Himmel: wartet bis er fallt. 


Clinia. 
Ich fuͤrchte nur — ich ſorge — 


Syrus. 
Ohne Furcht! 

Es liegt in euren Haͤnden. Drangt man euch; 
So macht ihrs laut — und ſeyd geborgen. 

Clinia. 

Seys. 

Bring Bacchis her, führ fie zu meinem Vater. 
Ich bins zufrieden. 


Dritter Akt. 89 


Syrus ſieeht ſich um. 
Ah da kommt ſie eben. 


Beyde treten zurück. 


Achte Scene. 


m 


Bacchis. Clinia. Syrus. Phrygia. Dromo. 


Bacechis zu ſich, Meht ſich um. 
Der Schuft von Syrus lockt mich her. Er ſagt, 
Sein Herr ſey hier; verſpricht mir tauſend Drach— 
men — 
Und zeigt ſich nicht. Sein Herr iſt nicht zu finden. 
Was gilts? er foppt uns beyde. Warte Schlingel, 
Dein Rüden ſoll mirs büßen! 


Clin ia zu Syrus. 
Hoͤrſt du wohl? 


Syrus. 
O ja! Sie haͤlt mir Wort. 


90 Der Selbſtpeiniger. 


Bacchis zu Pyrygia. 


Komm Phrygia! 
Wir gehn nach Hauſe. 


Syrus in Bacchis. 


Bacchis! ſchoͤne Bacchis! 
Ein einzig Wort. 


Bacehis im Abgehen begriffen. 


Wer ruft mir? 


Syrus. 
Syrus. 


Bacchis kehrt zurück. 
Ah! 
Du ſaubrer Diener. Wo iſt Clitipho? 


Syrus. 
Er geht ſpazieren. 


Bacchis. 
Nicht genarrt! — Haſt du 
Das Geld, die tauſend Drachmen? 


Dritter HE‘: 91 


Syrus. 
Zaͤhlt darauf. 


Bacchis. 
Wo find' ichs? 
Syrus 
deutet auf Menedemus Haus. 


Hier beyan. 


Bacchis. 
So ſchaffs herbey, 
Und ſuche deinen Herrn. 


Syrus verlegen. 
Das Letzte macht 
Sich leicht — Stockend. Das Erſte — 


Bacıhis. 
Nun? Was ſtockt der Gauner? 


Syrus. 
Nur eine Bitte. 


Bacchis. 
Sprich! 


92 Der & etbftpeimiger. 


Syrus. N; 


Ihr zieht ſogleich 
Mit Sack und Pack, mit allen euren Leuten, 
In Menedemus Haus. 


Bacchis. 
Was denkt der Schlingel? 
Bin ich dein Spielwerk ? 


Syrus. 


Thut was ich begehre: 
Es geht nicht anders. Dort fang' ich das Geld, 
Und zahle. 


Bacchis. 


Denk' an deinen Hals. Bethörſt 
Du mich, ſo mußt du haͤngen. 


Syrus. 
Topp! ich wags 
Darauf. 7 
Bacchis,. 
Und Clitipho? 


Dritter Akt. 93 


Syrus. 
Der ſoll nicht fehlen. 


Bacchis. 
Nun wohl, ich gehe. 


Syrus 
zeigt auf, Menedemus Haus. 


Hier hinein; das Haus 
Iſt offen. N 


Clinia führt Bacehis ins Haus. 


Syrus N 
zu Dromo, der Bacchis bis an die Hausthür geleitet. 


Dromo! 


Dromo mit dem gewohnten Phlegma. 
Was ſolls ſeyn? 


Syrus. 


Komm her! — 
Geſchwind. 


Dro mo nähert ſich. 
Da bin ich. 7 


94 Der Selbſtpeiniger. 


Syrus. 
Führ den ganzen Troß 
In deines Herren Haus. 


Dromo. 
Warum denn? 


Syrus. 
Frag 
Ein andermal. Zu ſich. Die Laſt wär” abgewaͤlzt; 
Die Schwelger ziehen ab. Was hilfts dem Alten? 
Er ſparts im Haus: dort laͤßt mans laufen. — 
Dromo! 


Von allem was du weißt, da weißt du nichts, 
Verſtanden? 


Dromo ſehr phlegmatiſch. 
Mir entlauft kein Wort. Seyd ruhig. 
Beyde ab. 


erer n 


Erſte Seene. 
Chremes. Dann Syrus. 


Chremes 
ſieht Bacchis Gefolg zu dem Nachbar wandern. 


Da ziehn die Gaͤſte. Armer Menedemus! 
Nun kommts an dich; das Ungluͤck kommt mit 
g Haufen. 

Gieb Acht! die zehren was — die ſaugen wie 

Die Bienen. — Anfangs merkt ers nicht: ein Tag, 
Zwey Tage, gehts. Er hat ſein Soͤhnchen wieder, 
Und denkt an nichts. Doch lange kanns nicht 

dauern. 
Er ſieht den Aufwand; taͤglich Sauß und Brauß. — 


95 Der Gelbftpeiniger. 


Da kraut er ſich das Ohr; und wuͤnſcht das 
Soͤhnchen 
Zu allen Henkern. 


Syrus .tritt ein. 


Chremes ſieht ihn. Zu ſich. 
Syrus. Wie gerufen. 


Syrus zu ſich. 
Ich mach mich an ihn! 


Chremes. 
cs Naͤher Syrus! 


Syrus mit froher Miene. 
Ah 
Euch ſucht' ich eben. 


Chremes ſchadenfrob. 
Beißt der Alte an? 


Syrus. 
Seſagt; geſchehn! den hab' ich. 
f Chre⸗ 


Vierter Akt. 97 


Chremes. 
Wackrer Burſch! 
Komm her; ich muß dich ſtreicheln. Liebkoßt ihn. 


Syrus 
nachdem er durch Geſte gedankt hat. 
Hoͤrt nur wie? 
Ein Teufelspfiff! Ihr träumts nicht toller. 


Chremes lächelnd. 
Prahler! 
Syrus. 
Aufs Wort. — Ich ſtimmte Clinia. Der ſagt: 
Die Bacchis fen die Liebſte eures Sohnes. Spottend- 
— Das glaubt der Alte — Man verhehl' es euch, 
Und er, als Freund, hab ſie ins Haus genommen. 


Chremes. 
Vortrefflich! 
Syrus. 
Duͤnkt euchs ſo? 


Chremes. ö 
Ein Meiſterſtuͤckchen! 
7 


98 Der Belbfipeiniger. 


Syrus mit pratention. 
Das Beſte kommt — die Wuͤrze! — Clinia 
— Auf mein Geheiß — ſpricht ihm von eurer 
Tochter; 
Wie ſchoͤn fie fen; wie feurig er fie liebt; 
Und fordert ſie zur Frau. 


Chremes verwundert. 
Antiphila? 
Die eben angekommen? 


Syrus. 
Wie ich ſage. 
Er ſchickt den Vater euch, fuͤr ihn zu werben. 


Chremes mit Mißbiligung. 
Wozu? warum? 
Syrus. 
Iſts euch zu hoch? 


Chremes beſchelden. 
i Ich fuͤrcht' es. 


Vierter Akt. 9 


Syrus. 
So hoͤrt. Die Braut braucht Schmuck, Geſchmeide, 
Kleider; 
Die Hochzeit koſtet Geld — 


Chremes ahndend. 
Ah ha! 


Syrus. 


Da ruckt 


Der Vater raus. Das Geld dazu — 


Chremes elnfallnd. 
Kriegt Bacchis? 
Syrus. 


Getroffen! Iſts fo recht? 


Chremes gleichgültig. 
Mach was du willſt. — Beſtimmt. 
Die Tochter kriegt er nicht. Ich geb ſie nicht; 
Verſprech ſie nicht. 


Syrus. 
Warum nicht? 


100 Der Selbſtpeiniger. 


Chremes. 
Fragſt du noch? 
Dem lockern Fittich? 


Syrus. 
Ihr verſteht mich falſch. 
Ihr ſagts zum Schein; ihr ſtellt euch ſo. 


Chremes. 
Verſtellung 
Iſt meine Sache nicht. Miſch deine Karten 
So bunt du willſt, und laß mich außerm Spiel. — 
Mein Wort iſt heilig; gab’ ichs Clinia, 
So mußt’ ichs halten. 


Syrus mit ueberredung. — 
Was verſchluͤgs euch denn? 


Chremes. 
Schr viel. Ich denk nicht dran. c 


Syrus wie vorhin. 
Da dacht' ich anders. 

Ich prüfte Clinia. Verliebt er ſich 
Im Ernſt: fo baut man drauf. Der Pfiff war fein! 


Vierter Akt. 101 


Shremes nachläſſig im Ton. 
O ja. N 
Syrus. 
Mein Plan war redlich, ohne Falſch. 


Chremes. 
Ich glaubs. Der meine ift es auch. Hilf ihn 
Nur enden — 


Syrus. 
Herzlich gern. 


Ehremes. | 
Die Heirath laß 
Bey Seite. 


Syrus. 


Wie ihr wollt. Man muß ſich helfen. — 
Noch eins. Ich ſprach von Bacchis Forderung. 
Sie 
Verlangt das Geld, die Buͤrgſchaft eurer Tochter. 
Nicht wahr, ihr loͤßt das Pfand? Ihr zahlt das 
Suͤmmchen? 


Sprecht nicht wie andre: „Was bekuͤmmerts mich? 


102 Der Selbſtpeiniger. N 


„Die Alte lieh das Geld, ich nicht. Wer kann 

Mein Kind verpfaͤnden?“ Nehmts nicht ſo. Denn 
wißt: 

Das größte Recht, iſt oft das größte Unrecht. 


Chremes. 
So ſprech' ich nicht; die Denkart iſt mir fremd. 


Syrus. . 
Das wußt' ich wohl. Ihr ſeyd ein reicher Mann; 
Euch iſts ein leichtes. 


Chremes. 
Weißt du was, ich hol 
Das Geld, und brings ihr ſelber. 


Syrus. 


Gebts dem Sohne, 
Der bringts ihr dann. 0 


Chremes. 


Warum der Sohn? 


Syrus. 
Das giebt 
Verdacht; die Lüge haftet beſſer. 


Vierter Akt. 103 


Chremes. 
Wie ſo? 
Syrus. 
Giebt er das Geld; fo ſieht es Menedemus, 
Und zweifelt nicht, er ſey der Bacchis Liebſter. 
Das will ich eben. Elitipho erſcheint. Ah! da iſt er 
ſelbſt. 
Seht nach dem Gelde, holt es her. 


Chremes. 
Ich eile. Geht ab. 


Zweyte Scene. 


Clitipho. Syrus. 


Clitipho su nie. 
Die kleinſte Muͤh, geht man mit Unluſt dran, 
Wird uns zur Qual. Ein Weg von wenig Stunden 
Erſchoͤpfte mich; mir ſchwanken alle Glieder. — 
Was fruchtets mir? Ein neu Gebot treibt mich 
Von dannen. Bacchis zeigt ſich nicht; ich ſeh 


104 Der Gelbftpeiniger. 


Sie nimmer! Bemerkt Syrus. Ah! verdammter 
Schuft! Laͤgſt du 

Im tiefſten Meer, du naſeweiſer Schlingel! 

Mein Unglück iſt dein Werk. 


Syrus. 
Ich gebs zuruck. 
Clitipho. 
Was mengſt du dich in alles! 


Syrus. 
Irrt euch das? 
Gut daß ichs weiß. Pikirt. Das Geld war ſchon 
parat; 
Das kann nun warten — was bekuͤmmerts mich? 
Clitipho 
mildert den Ton ſeiner Vorwürfe. 
Du ſpotteſt meiner. Du bringſt Bacchis her; 
Die Sehnſucht zehrt mich auf; und du verbirgſt 
Sie mir? — Das muß mich ſchmerzen! 


Syrus freundlich. 
Seyd nur gut; 
Ich bin es auch. — Wißt ihr wo Bacchis ift? 


Vierter Akt. 105 


Clitipho. 
Bey uns, in unſerm Hauſe. 


Syrus. 
Nein. 
Clitipho. 
Wo ſonſt? 


Syrus. 
Bey Clinia. 


Clitipho eiferfüchtig, 


Was ſagſt du? 
Syrus. 
Fuͤrchtet nichts. — 
Ihr geht zu ihr, und bringt die tauſend Drachmen. 


f Clitipho. 
Woher das Geld? 


Syrus. 
Von eurem Vaͤter. 


Clitipho. 
ie Spötter! 


106 Der Gelbftpeiniger, 


Syrus. 


Im vollen Ernſt; es wird ſich zeigen. 


Clitipho. 
Wirklich? 
Ich Gluͤcklichſter! — Mein beſter liebſter Syrus. 


Syrus ſchaut nach der Hausthür. 
Der Vater kommt. Er bringt das Geld. Zeigt kein 


Erſtaunen; fragt nicht; thut was er befiehlt, 
Und faßt euch kurz. 


Dritter 8 


Chremes. Clitipho. Syrus. 


Chremes 
feht ſich um. Einen Beutel mit Geld in der Hand. 


Wo ſteckt denn Clitipho? 


Syrus leiſe zu Clitirbo. 


Sagt: „Hier, mein. Vater.“ 


Vierter Akt. 107 


Clitipho laut. 
N Hier, mein Vater, hier. 


Chremes leiſe zu Syrus. 
Weiß er um alles? 


Syrus auch leiſe. 
Obenhin — das meiſte. 
Chremes 
zu Clitipho, glebt ihm das Geld. 
Da iſt das Geld — trags hin. 


Syrus 


leiſe zu Clitipho, der verlegen iſt. 

Wie hölzern! Greift 

Doch zu. a 
Clitipho zu Ehremes. i 

Ihr wollts. Gebt her. Nimmt das Geld. 


Syrus keiſe zu Clitipbe. 
Ihr folgt mir gleich. 
Zu Chremes. 
Erwartet uns. Wir kommen bald zuruck — 
Syrus und Clitipho ab. 


108 Der Selbſtpeiniger. 


Vierte Scene. 


Chremes. 


Die tanfend Drachmen hat die Tochter weg. 

Die rechn' ich nicht: das ſind Erziehungsgelder. 

Zur Putz und Kleidungsſtüuͤcke brauchts ein gleiches. 

Heirathet ſie; ſo kommt die Ausſtattung, f 

Die baare Mitgift. Das macht zwey Talente, 

Wenns reicht? — Die ungerechte tolle Sitte! 

Ich geb das meine hin, was ich erworben: 

Ein Schwiegerſohn verzehrts — und dankt mirs 
kaum. 


Fünfte Se e. 


Menedem us. Chremes. 


Menedemus ſrricht ins Haus. 


Nun kenn' ich dich, mein Sohn. Du labſt mein Alter. 
Du beſſerſt dich im Ernſt. 


. 


Vierter Akt. 109 


€ U remes zu ſich, feiner ſpottend. 
Der irrt ſich maͤchtig. 


Menedemus wird Chremes gewahr. 
Euch ſucht' ich eben. 


Chremes. 
Was beliebt? 


Menedemus. 
Mein Gluͤck, 
Das Glück von meinem Sohne — alles liegt 
In eurer Hand. 
Chremes. 
Was ſoll ich thun? 


Menedemus. 
Der Tag 
War glücklich; eure Tochter iſt gefunden — 
Chremes. 
Nun ie 
Menedemus. 


Verſprecht fie meinem Sohne, gebt 
Sie ihm zur Frau. 


110 Der Gelbftpeiniger. 


Chremes. 
Ich ſtaune. Wie erſcheint 
Ihe mir? a 
Menedemus verwundert. 


Erklaͤrt euch. 


* 


Chremes. 
Habt ihr kein Gedaͤchtniß? 
Ich ſagte euch: man ſchnappt nach eurem Gelde, 
Man wird euch prellen. 


Menedemus ohne Argwohn. 
Ja, das ſagtet ihr. 
Chremes. 


Die Lift iſt reif; fie fegen an. 


Menedemus. 
Ihr irrt euch. 
Das Maͤdchen drin, iſt eures Sohnes Liebſte. 


Chremes. 
So ſagen ſie; und ihr — ihr glaubts? 


Vierten Net. 111 


Menedemus. 
Wie kann 
Ich anders? 
Chremes. 

Clinia iſt ſchlau, er wirbt 

Zum Schein. Verlaßt euch drauf. Bringt ihr 
mein Jawort; 

So braucht er Geld; zu Putz, Geſchmeide, Kleidern. 
Er forderts dreiſt. Der Pfiff gilt eurem Beutel. 


Menedemus bekommt Licht. 


So iſts! Ich zweifle nicht. Das Geld bekommt 
Die Bacchis. 


Chremes. 
Ganz gewiß. 


Menedemus. 
Ich freute mich 
Zu früh! Was hilfts? Mein Sohn iſt wieder 
mein; 
Ich muß ihn ſchonen. Doch, was ſag' ich ihm? 
Wie kleid' ichs ein? Er darf nicht merken, daß 
Jehs merkte: das verdröoͤſſe ihn. 


112 Der Selbſtpeiniger, 


Chremes ſpottend. 
Sehr gütig! 


Menedemus. 
Es iſt begonnen; end' es wie es kann — 
Ich thu das meine. Helft mir nur. 


C h remes mit innerem Hohn. 
Sagt ihm, 
Die Heirath ſey beſprochen. N 


denedemus froh. 
Darf ich das? 
Was ſag' ich weiter? 


Chremes wie vorhin. 
Mir ſey alles recht, 
Die Wahl, der Schwiegerſohn. Gebt ihm mein 
Jawort — 


Menedemus entzückt. 
So wuͤnſcht' ichs eben. 


Ehremes fottend. 


Bringt die frohe Bothſchaft. 
Das 


Bier ter. AM: N 113 


Das Soöͤhnchen lauert ſchon; es zupft euch. Gebt 
Geſchwind; fo ſeyd ihrs los. — Das wollt ihr doch? 


Menedemus. 
Ich harre drauf. 


Chremes. 
Die Sprache andert ſich. 
Man ſchenkt ſich müde. — Nur noch eins: Gebt nie 
Mit Haufen; zaͤhlts ihm einzeln zu. 


Menedemus. 
Das ſoll 
Geſchehn. 
Chremes. a 
Geht zu ihm. Seht was er verlangt,. 
Braucht ihr mich weiter: fragt nur zu. Ich bin 
Zu Hauſe. 
Menedemus. 


Was ich thu, das ſollt ihr wiſſen. 
Hende gehen ab, jeder in fein Haus. 


Fünfter Akt. 


Erſte Seen e. 
Menedemus. Chremes, 


Menedemus allein. 


Es giebt viel dumme Leute. Ich zum Beyſpiel, 
Ich bin kein großes Licht, kein Spitzkopf, kein 
Genie: verlangs auch nicht. Doch Nachbar Chremes, 
Mein Rath, mein Helfersmann, mein Fuͤhrer, der 
Steht uͤber mir. Fuͤr den giebts keinen Titel. 
Du Stock! du Klotz! du Eſel, Pinſel, Büffel! 
Das alles iſt zu wenig: ſeine Dummheit 

Hat keinen Namen! — 


Chremes 


ſpricht ins Haus, indem er aus der Thür tritt. 


Weib! laß dein Geplaͤrr. 


Fümfter Alt. 115 


Dein Kind iſt da: die Götter wiſſens ſchon. 
ö Tritt vor. 


Mein Sohn und Syrus bleiben lange aus. 


Menedemus zu Ehremes, 


Wer bleibt euch lange aus? 


Chremes 
immer ſpöttiſch; weil er glanbt, Menedemus ſey im 
Irrthum. 


Ah! Menedemus? 
Wie ſtehts? Weiß Clinia die Antwort? 


Menedemus 
immer mit Zuverſicht auf ſeine beſſere Ueberzeugung. 
Ja, 
Ich habs vermeldet. 
- Chremes. 


Nun, wie nahm er ſich 


Menedemus. 
Er war recht froh: als waͤr die Heirath 
Sein voller Ernſt. 


116 Der GSelbftpeiniger. 


Chremes lachend. 
Ha ha, ha ha! 


Menedemus. 
Was lacht ihr? 


Chremes (lächelnd. 
Ich denk' an Syrus. Der verſchmitzte Schalk! 


Menedemus. 
So kenn' ich ihn. 


Chremes. 
Der Schelm ſtimmt jede Miene. 


Menedemus. 
Die Freude, meint ihr, fen Verſtellung? 
Chremes. 
Freylich. 
8 Menedemus. 
Ich dacht’ es auch. 
Chremes. 
Der Schlaukopf! — Sagt mir doch, 
Was koſtet euch der Spaß? Am Fordern könnts 


Fünfter Akt. 117 
Nicht fehlen. Dromo ſprach für feinen Herrn. 
Er heiſchte Kleider, Hausrath, Maͤgde, Schmuck — 
Nicht wahr? 
Menedemus. 


Von alle dem kein Wort. 


Chremes verwundert. 
Er ſchwieg 
Dazu? Und euer Sohn? 


5 Menedemus. 
Nicht eine Silbe. 
Er bat mich bloß, ihn heut noch zu vermaͤhlen; 
Das war die einzge Bitte. 


Chremes noch verwunderter. 


Ich erſtaune! 
Und Syrus? was ſprach der? 


Menedemus. 
Er hielt ſich ruhig. 


Chremes. 
Wie kount' er das? 


118 Der Selbſtpeiniger. 


Menedemus. 

Er wirds am beſten wiſſen. — 
Doch euch, der alles weiß, auch eine Frage. 
Sagt mir: Wer ſtimmte euren Sohn? Der iſt 


Gut einſtudiert. 


Chremes. 
Wie ſo? 


Menedemus. 
Er fpielt fein Roͤllchen. 
Iſt er bey Bacchis; jeder ſchwoͤrt darauf, 
Er ſey der Liebling. 
Chremes 
von nun an immer verwunderker. 


Was ihr ſagt? 


Menedemus. 
Man nedt, 
Man drückt ſich. Kuͤſſe ohne Zahl. — Das iſt 
Das mindſte. 
Chremes. 
Noch vertrauter? 


Fünfte Abt 119 


Menedemus. 
Stundenlang 
Sind ſie allein. 


Chremes. 
Mein Sohn und Bacchis? 


Menedemus. 
Ganz 
Allein. 
Chremes. 
Und Clinia? 


- 


Menedemus. 
Der dreht ſich weg. 


Chremes. 
Er ſiehts? er duldets? 


denedemus.“ 
Ganz gelaſſen. 


Chremes. 
Nun 


Iſts klar! Der Bube treibt fein Spiel! Er liebt 
Das Mädchen. — Ich geſchlagner Mann! 


220 Der Selbſtpeiniger. 


Menedemus immer ſpottend. 
Wie ſo? 
Chremes. 
Die Liebſchaft frißt mich auf. 


Menedemus. 
Wer weiß? Er ſtellt 
Sich ſo, dem Freund zu Liebe. 


Chremes. 
Nein! Er haͤlts 
Mit ihr, er liebt die Dirne. 
Menedemus. 
Kommt drauf an. 


Chremes. 
Ihr zweifelt noch? Wie litt' es Clinia? — 
So lammfromm iſt kein Menſch. 


Menedemus lacht ſpöttiſch. 
Ha ha! ha ha! 
Ich ſollts nicht merken! 
Ehre m es mit ſteigendem Zorn. 
Lacht ihr noch? Ich berſte! 


Sunfte Akt. 121 


Der Zorn erſtickt mich! — Doch Geduld; ich tränks 
Ihm ein. 
Menedemus. 
Gelaſſen Freund: die Hitze ſchadet. 
Ihr ſahts an mir. 


Chremes. 
Gleichviel! Ich raͤche mich. 
Der Burſch ſolls buͤßen. 


denedemus. 

Schaͤmt euch was! — Ihr ſprecht | 

Von Milde, predigt andern vor: und koͤnnt 
Euch ſelbſt nicht rathen. 


Chremes. 
Sagt, was ſoll ich thun? 


Menedemus. 
Von allem was ich that, das Gegentheil. 
Seyd liebreich, macht dem Sohn' ein Herz. Hoͤrt, 
was 2 
Er bittet, regt ihn ſelber an. Dann luͤgt 
Er nicht, und lauft euch nie davon. 


122 Der Selbſtpeiniger. 


Chremes ſchnel. 
Lauf er 
Zum Henker! Macht’ ichs ihm ſo leicht, fo müßt 
Ich betteln. Nein! der Rath taugt nichts. 


denedemus. 
Es wird 


Sich zeigen. Lange zürnt ihr nicht: dann gebt 
Ihr doch, und niemand hats euch Dank. 


Chremes. 
b Der Streich 
Schmerzt mich zu ſehr! 


Menedemus. 


Thut was ihr wollt. — Wie ſtehts 
Mit uns? Ich warb fuͤr Clinia. Bekommt 
Er cure Tochter? — Habt ihr andre Plane; 
So ſagt mirs. 


Chremes. 


Nein. Der Schwiegerſohn, und die 
Verwandten ſind mir recht. 


Sun: Akt. 123 


Menedemus. 
Was gebt ihr mit? 
Was ſag' ich meinem Sohne? — Nun! ihr 
ſchweigt? 


Chremes nachdenklich. 
Die Mitgift meint ihr? 


Menedemus. 
Freylich. 


Chremes. 


l Ach! 
Menedemus. 
erkennt 
Uns nicht. Das Geld kommt nicht in Anſchlag. 
Gebt 5 
Was euch beliebt. 
Chremes. 


zun wohl. Nach meinen Kräften 
Sind zwey Talente eben recht. — Doch eins 
Als Bitte — mir und meinem Sohn zu Liebe — 
Sagt jedermann, mein ganz Vermögen ſey 
Der Tochter; ſie allein ſey meine Erbin. 


124 Der Sri Mniger. 


Menedemus. 


Warum das alles? 


Chremes fortſorechend. - 
Wundert euch darüber. 
Bedauert meinen Sohn. Fragt ihn: warum 
Ichs thu? 
Menedemus. 
Das muß ich wohl! Ich ſelber weiß 
Es nicht. 
Chremes. 
Der Burſch iſt liederlich. Ich mach' 
Ihm Angſt; ich will ihn beſſern. 


Menedemus. 
Seht euch für! 
Chremes. 


Laßt mich gewähren. 
1 


Menedemus. 


Machts nach eurem Sinne. — 


Fünfter Abt. 123 


Chremes. 


Schickt euren Sohn, und holt die Braut nach Haufe, 
Der meine kriegt ſein Theil, der Taugenichts! — 
Dann kommts an Syrus. 


Menedemus. 


Nun ? 


Chremes, Pantomime des Prügelns. 
Der Galgenſtrick! 


Den wilt ich ſtriegeln. 
Menedemus geht in ſein Haus. 


Ch remes allein, nach einer Pauſe. 


Der verwegne Schuft! 

Mich fo zu narren? — Ueberlegend. Doch, wer hat 
die Schuld? 

Kein andrer Menſch als ich. Ich brauchte ihn, 
Bemengte mich mit ihm. Der Schelm hat mich 
Im Sacke. — Schlechte Helfer, ſchlechter Lohn. — 
Ich darf nicht ſchelten: ſchaͤmen muß ich mich. 
Das weiß der Schuft; er tritt mir vors Geſicht, 
Und fühle ſich ſicher. Das verdrießt mich nur! 


126 Der Selbſtpeiniger. 


Menedemus 
tritt aus der Hausthür und ſpricht mit Elitiphe. 


Chremes nieht ihn. 


Da kommt er ſchon. 


3Zweyte Seene. 


Clitipho. Menedemus. Chremes. Syrus. 


Clitipho 
zu Menedemus. Nachdem beyde in der Ferne noch eine 
Zeitlang mit einander ſprachen. 


Was ſagt ihr, Menedemus? 
Mein Vater ſtoͤßt mich aus? Verdien' ich das? 
Iſt Leichtſinn ein Verbrechen? 


denedemus. 
8 Mein Gefuͤhl 
Spricht euch das Wort. Ich ſehe keinen Grund. 
Ihr buͤßts zu hart; die Strenge muß euch kranken. 


Clit i p h o ſich umſehend. N 
Mein Vater, ſagt ihr, waͤre hier? 


Fünfter Akt. 122 


Menedemus 
zeigt auf Chremes, und geht dann ab. 


Da iſt er. 


Chremes. 
Was klagſt du, Clitipho? Was ich gethan, 
Iſt Vorſicht; weiter nichts. Ich kenne dich: 
Du ſchwelgſt vom Tag, und laͤßt den nächften 

ſorgen. 

Da ſann ich drauf: wie du nicht darbſt; und das 
Was dein iſt, nicht vergeudeſt. Beydem ſeh' 
Ich vor. Ich geb dein Erbtheil deiner Schweſter; 
Die ſorgt fuͤr dich. Was du bedarfſt, das ſoll 
Dir werden: Kleider, Nahrung, Obdach. 


Clitipho ſchmerzlich gebeugt. 
Ach! 
Chremes. 
Viel beſſer fo, als daß es Bacchis kriegt. 


Sy rus iu ſich. 
Der Wirrwar iſt mein Werk! 


Clitipho. 
Wär’ ich doch todt! 


128 Der Gelbfipeiniger, 


Chremes. 
Du Neuling! Lern' erſt leben. 


Syrus 


ſchüchtern, indem er ſich Chremes nähert. 


Beſter Herr, 
Darf ich? 


Chremes. 
Nur naͤher. 


S yrns auf Schläge deutenb. 
Wag' ich nichts? 
Chremes. 
So rede! 
Syrus. 7 ö 
Ihr ſeyd zu hart. Der Sohn hat keine Schuld. 
Sch muß es buͤßen — 


Chremes. 
Was bekuͤmmerts dich? 
Wer klagt dich an? — Du ziehſt in Frieden. 


Syrus erſtaunt. a 
Hör’ 


Chre⸗ 


Ich recht? 


Fünfter Akt. 129 


Chremes. 
Ich trag' es keinem nach. Das ſey 


- 
Genug. Spart eure Worte, Geht raſch ab. 


Syrus nach einer Pauſe. 
Er iſt fort. 
Haͤtt' ich ihn doch gefragt — 
Clitipho ſchnel. 
Nach wass 
Syrus. 
Woher 


Ich eſſe? Ihr habts gut, ihr geht zur Schweſter; 
Die fuͤttert euch. 


Clitipho. 
Dem Hunger kaum zu wehren? 
Unſelges Schickſal! 


Syrus. 
Tröftet euch. Man hofft, 
So lang man lebt. 5 
Clitipho. 
Was wäre meine Hoffnung? 
9 


130 Der Gelbfipeiniger. — 


Syrus. 
Recht lang zu hungern. 


Clitipho. 
Spare deine Poſſen! 
Hilf meiner Lage; rathe, wenn du's kannſt? Bitter. 
Da ſtockts bey dir! 


Syrus. 


Ich ſann ſchon lange drauf. 
Und denke — Sinuend. 


Clitipho einfalend. 
Was denkſt du? 


Syrus. 
Es kommt ans Licht. 
Clitipho. 
Was kommt ans Licht? 


Syrus 
mit Wichtigkeit; um ſeiner Entdeckung mehr Werth 
zu geben. 
Die Urſach der Enterbung. — 
Ihr ſeyd kein achtes Kind. 


Fünfter Akt. 131 


Clitipho erſchrocken. 
Was ſagſt du da? 
Biſt du bey Sinnen? 


Syrus. 
Denkt der Sache nach. 
Ihr ward, an Kindes-Statt, der einzge Liebling. 
Man war gefällig, alles ging euch hin. 
Da kam die Tochter — nun wars aus. Man haſchs 
Nach Vorwand, mutzt euch alles auf, und treibt 
Euch aus dem Hauſe. 


Clitipho. 
i Ja, ſo iſts. 


Syrus. 
Der Zorn 
Iſt Schein. So ſtraft kein Vater. 


Clitipho. 
Sicher nicht. 
Syrus. 


Die Mutter Halt ſich ſtill. Ihr Herz bleibt kalt. 
Waͤrt ihr ihr Sohn: wie koͤnnt ſies dulden? 


. * 
132 Der Selbſtpeiniger. 


Clitipho. 
Du 
Haſt Recht. — Was ſoll ich thun? 


Syrus. 
Geht auf den Grund, 
Fragt nach der Wahrheit. Iſt der Argwohn falſch; 
So regts ihr Mitleid. Iſt er wahr; ſo hoͤrt 
Ihr doch, wer eure Aeltern ſind. 


Clitipho. 
Das will 
Ich thun. Zuerſt zu meiner Mutter — und 
Das gleich! Geht raſch ab. 


Syrus allein. 

Der Einfall kam mir wie gerufen. 
Er hofft nichts mehr, und fürchtet alles. Das 
Erweicht ſein Herz; er fuͤgt ſich ohne Murren, 
Und ſöhnt den Vater aus. Sieht Chremes. Da 

kommt der Alte. 

Ich mach mich fort. Der Kautz hats hinterm Ohr; 
Ich trau' ihm nicht. Eilt ab. 


Fünfter Akt. 133 


Dritte Scene, 


Soſtrata. Chremes. 


Soſtrata 


mit Chremes im Wortwechſel begriſſen, tritt aus dem Hauſe. 
Du Rabenvater du, 

Dein Kind willſt du verſtoßen? Raſeſt du? 

Biſt du beſeſſen? 


Chremes. 


Tobe nur. Du bleibſt 
Im alten Gleiſe. Alles tadelft du. 
Was thu ich denn? Weißt du warum ichs 
thue? — 
Kein Wort von allem. 


7 Soſtrata. 
Wie? Ich wüht es nicht? — 


C h remes ungeduldig, einfallend. 


O ja! du weißts genau. Spar deinen Senf! 


134 Der Selbſtpeiniger. 


Soſtrata. 


Der Unhold hört mich nicht! Die Mutter ſoll 
Nicht ſprechen? 


Chremes. 


Sprich — mein Entſchluß iſt genommen. 


Soſtrata. 


Dein Eutſchluß? 


Chremes. 
Wie ich ſage. 


Soſtrata. 


Herzensmaͤnnchen! 
Was ſtellſt du an? Dein Sohn haͤlt ſich fuͤr unaͤcht, 
Fur eingeſchoben. 


Chremes ſpsttiſch lächelnd. 
Eingeſchoben? Wirklich? 


Soſtrata. 
Er glaubt es ſteif und feſt. ’ 


Fünfter Akt. 135 


Ehremes ihrer fpottend. 
Vielleicht iſts wahr? 
Geſtehs ihm nur. 
Soſtrata erſchrocken. ; 
Ihr gütgen Götter! Wie? 
Verleugnen ſoll ich ihn? — mein Kind, das ich 
Gebar! 
Chremes. 


Was thuts? Du zeigſt das Gegentheil, 
So bald du willſt — 


Soſtrata. 
Wie meinſt du das? 


Chr emes ihrer ſpottend. 

Er iſt 

Dein Ebenbild, dein wahres Conterfey. 

Das Früchtchen kommt von dir — wer zweifelt 
dran? \ 

Er muß dirs glauben. Sieht Clitipho. Ah! da ift - ” 

i er felbft, — 
Der haͤngt die Flügel, 


136 Der Gelbftpeiniger, 


Vierte Seene. 


Clitipho. Soſtrata. Chremes. 


Clitipho eilt auf Soſtrata zu. 


Beſte Mutter, war 
Ich je euch werth, galt ich in eurem Herzen 
Zur euren Sohn; fo denkt der fruͤhern Liebe, 
Und ſagt, aus Mitleid, wer ſind meine Aeltern? 


Soſtrata. 


Du, fremder Leute Kind? War das die Frage? 
> 


Clitipho ſehr ſchmerzlich. 
Ich bin es ja! 


Soſtrata. 

Unſelger Argwohn! — Hier 
Stehn beyde Aeltern; beyde zeugen dirs, 
Du ſeyſt der unſre — Liebſt du mich, mein Sohn; 
So zweifle nimmer. 


Jünfter Akt. 137 


C h remes rauh. 
Scheuſt du meinen Zorn; 
So beſſre dich, und aͤndre deine Sitten! 


Clitipho sus Verlegenheit gedankenlos. 


Worin, mein Vater? 


Chremes. 
Fragſt du noch? In allem.“ 
Du biſt ein Taugenichts, ein Wüftling, ein 
Verſchwender — 
Clitipho zu ſich, gebeugt von Reue. 
Wahr! 


Chremes. ö 

Du fragſt nach deinen Aeltern? 
Die haſt du. Suche was dir fehlt: Gehorſam, 
Ehr deinen Vater. Schone ihm was er 
Erfparte, Thuſt du das? — Du lügft mich an; 
Biſt voller Pfiffe; fuͤhrſt die Buhle mir 
Ins Haus. — Verdammte Frechheit! 

Clitipho zu ic. 
Wie verſoͤhn' 

Ich ihn? Was ſoll ich thun? 


138 Der Selbſtpeiniger. 


Letzte Scene. 


Menedemus, Chremes, Cfitipho, 
Soſtrata. Am Schluß Syrus. 


Menedemus 
aus feinem Hauſe tretend. Zu ſich. 
Ich geh zu Chremes. — 
Er knoͤcht den armen Sohn. — Er machts zu 
a arg: - 
Ich ſtifte Frieden. Sieht die andern. Ah! da find' 
ich ſie. 


Chremes ſiebt ihn. 
Die Braut iſt laͤngſt bereit: hol ſie nach Hauſe. — 
Sie erbt mein ganz Vermoͤgen. Kommt herein, 
Und macht es richtig. 


Soſtrata. 


Beſter lieber Mann, 
Nur dieß nicht! 


Fünfter Akt. 139 


Clitipho. 8 
Gnade, theurer Vater! Ich 
Beſchwoͤre euch. 
Menedemus. 
Ich bitte auch. Verzeiht 


Dem Sohne. 
Chremes. 
Soll mich Bacchis erben? 


Menedemus. 
Nein, 


Das hindern wir. 


Clitipho. 
Verſtoßt ihr mich, ſo muß 


Ich ſterben! 
Soſtrata. 


Beſter Herzensmann! 


Menedemus. 
Gebt nach; 


Seyd nicht ſo ſtörriſch. 


140 Der Gelbftpeiniger. 


Chremes. 
Muß ich doch. Ihr laßt 
Nicht ab: was kann ich machen? 


Menedemus. g 
So iſts recht! 
Chremes. 


Nur eins: mein Sohn muß thun was ich befehle, 


Clitipho. 
Gebietet nur. 


Chremes beſtimmt. 


Du nimmſt ein Weib. \ 


Clitipho etwas betroffen. 
Mein Vater — 


Chremes erzürnt. 
Du zoͤgerſt? 
Menedemus. 
Zahlt auf mich, er thuts. 


Soſtrata leiſe zu Elitiphe. 
Sag ja. 


Fünfter Akt. 41 


Clitipho. 
Nun ja, mein Vater. 


Chremes. 
Endlich! 


Soſtrata zu Clitipho. 
Weißt du was, 
Laß mir die Wahl. Ich kenn' ein huͤbſches Maͤdchen; 
Die Tochter unſers Phanokrats. 


Clitipho. 5 
Was ſagt ihr? 
Das breite Maul? Der Rothkopf ohne Naſe? 
Zu Chremes. 7 
Nur die nicht, beſter Vater. 


Chremes. 
Wie? du waͤhlſt 
Noch lange? f 


Soſtrata zu Clitipho. 
Nun, es giebt noch andre Maͤdchen. 
Clitipho. 
Nehm' ich ein Weib: fo hab' ich ſchon gewählt. 


— 


142 Der Selbſtpeiniger, 
ö Softrata. 

Wen denn? F 

Clitipho. 

Des Archonides Tochter. 
Soſtrata. 
Schon! 

Vortrefflich! 

Chremes. 


Mir iſts recht. 


Clitipho zu chremes. 
Noch eine Bitte. 


Chremes. 
Fuͤr wen? f 


Clitipho 
winkt Syrus herbey, der etwas früher eintrat. 
Fuͤr Syrus. Ihr verzeiht ihm doch? 
Nicht wahr? 


Chremes 


zu Syrus, der ihm zu Füßen fällt. 


Der Ausgang ſpricht dich frey. Steh auf! 


— 


PA Terentius Afer, Publius 
6758 Lustspiele des Terenz 


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