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Magazin
fßr die
gesammte* Thierheilkimde.
Herausgegeben
Yon
Dr. E. F. Gnrlt,
Professor a. D.,
und
Dr. C. H. Hertwlg,
ProfeMor an der K5iiiglieliea Tbi«rana«l0efaiil« so B«rlia.
Sachfionddreissigster Jahrgang.
Mit vier Tafeln Abbildungen.
Berlin, 1870.
Verlag von Angnat Hirschwald.
Unter den Linden No. 68.
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f-
Inhalts- VerzeicbnisB
des
Inhalt des ersten Quartalheftes.
8tiU
J, Einiges über das Koppen oder Krippeosetseii der
Pferde. (Sehlnss.) Von Hertwig 1
IL Bie Bosssebläeliterei in Berlin und der Verbraoch
des Pferdefleisches. Von Hertwig Jnn. ...... 21
m. Beitrag znr Beantwortung einiger Ffagen in Bezug
auf Lungenseucbe. Von F. Meyer 41
IV. Jahresbericht über das Pferdespital der Königlichen
Thierarzneisohule pro 1867 — 1868. Von KÖhne . 83
V. Ueber Knochen «Neubildungen an den serösen Häu-
ten. (Mit Abbildung. Taf. I.) Von Onrlt . . . , 93
VI. Die Beform der Gesetsgebung über den Milzbrand.
Von Dr« Kunts 96
VII. Literarische Anzeigen:
Dr. 6. C. Hanbner*s Handbneh der Veterinär-
Polizei. Zweite Lieferung 9 • • • 1^6
Das Teterinärärztliche Tasehenbuch pro 1870,
von Th. Adam ; . . 127
VIIL Personal -Notizen '. 128
IV
Inhalt des zweiten Qoartalbeftes.
Seite
I. Ueber eine neoe Methode, die Schafe gegen die
Pocken in schützen, ohne sie, wie bisher, der Ge-
fahr anscusetsen, an den Schafpoeken za erkran-
ken. Von Dr. Pissin 139
Mit Zusatz Yon Hertwig 153
IL Plattenepithelialeanerold. Von Sie damgrotsky* 168
IIL Anstellang, Stellung, Eeohte und Zaknnft der Baye-
riseben Civil-Veterinäre und deren Familien» Von
Wagner 179
IV« Bin Fall von Meningitis cerebro-spinalis bei Soha«
fen. Von Schmidt 186
V. Herzklappenlehler bei einem Pferde. Von Angen-
heister 194
VI. Die nachte Ursache der peripdischen Angenent*
znndang. Von Euttner • ..,••«.• 198
Vn. Brfahrongen aber die Gastrationsmethode mit Aetz-
ligaturen. Von Andersohn 208
Vm. Die Beform der Gesetzgebung über den Milzbrand«
(Fortsetsnng.) Von Dr. Enntz 816
IX« Ein yerbcsserter Geburtshaken. Von Hertwig. • 8i9
E. tiiterarisohe Anzeige:
Frank, Handbuch der Anatomie- der Hausthiere.
1. Hälfte. Von Gurlt 261
XL Miscelle.
Der Verlust an Pferden und Maulthieren in der
Sardo-Italienischen Armee während das Jah-
res 1864 853
XII. Personal -Notizen SS4
* c
Inhalt des dritten Qaartalheftes.
f
•fit«
I. Die Bafom 4mt Geseftigtbuiig ib«r dea MUslurftad.
(SeliluM). YoM Dr. Kmatx 157
IL Kritisch« Bdieochtang der Fil«tk«ori«a Hallier's
und Anderer, gegründet auf experimeateUe For*
sehong. Von Semmer ...• • S73
HL Jaliretberieht aber das Pferdc^tal der Unigllohen
TMerarsneisehnle in Berlin für dea Zeitraam Tom
1. April 1968 bia ultimo Mira 1869« Von Kdhne 979
lY. Die Verbreitang der Triebiaenkrankheit nater dea
8<diweia«n im Jahre 1868. Vo« Maller 988
▼» Sediite Fortsetf ang des Katalog« de« Maaeaaw der
König]. Thieraruieieehale in Berlin. Von Onrlt S9S
YL Noehmale da« Iaenbatione*8Cadlam der SoiiafpoekeiB« '
Yen Merten .••*.#•*...• S19
YH. Zar Di^^aoee der Darmintragiaatlon. Yoa Dem*
selben * •> ,.•..»«..• 396
YUL Yeterinair - foreasiehe Penderabilien IL Yon
Maller in Stolp ^^ 329
£2L Das OrändwacMier nnd der Miltbraad» Yoa Na a-
«
mann . . ... . • •..«..•• 388
X. üreadi#a des Abortae bei den Wiederkaaera nad
Schweinen aad denen Folgen. Yon Kotelmann 356
XL - Eeclame, betreffend den ^erbeseertea 0ebartehaken.
Yon pilmann J. 381
XM. Per«#iwl*Ko«iBeii «..«.; . . ..... 4 383
■ . ''i .11' '•■ .- • . * ♦
• ••• : ■. ■ ■ ■ -r ^ ■ :.:.•:■ i .
. .■•■■■. ^'.'- "'^\'Ai -i
VI i
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lahalt ded vierten Quaitalheftes.
r
I. Ursachen des Abortat bei den Wiederksaem und
Schweinen und dessen' Folgen. Von Kotelmann 3S&
II. Die angleiche Abreibung der Backenzähne bei den
Fferdete und die darwis herTOrgehenden Zahn-»
spitzen, sowie die eaglisohe Zahnraspel. (Mit Ab-
UldaagiBn Taf. IV.) Von F. Jossen « 401
III. Korser Bericht nber eine in Dorpat nnd dessen
Umgegend, Tont December 1869 bis Mai 1870 ge-
herrscht habende Krankheit nnter den Fferdea*
Von Demselben , 413
IV. Beiträge za den Harnsteinen des Schafes. Von
Dr. Carl Dammann 427
V« Znt Pathogen!« des. Pferderotzes* Von Kattner • 451
VL Serophnlosis eines Pferdes, rergllchen mit der Rotä-
krankheit. Von Lindstädt. 466
VIL KieferhohlenentzuBdiiog bei einem Pferde* Von
. . . Demselben ...««........••...« 469
VIIL Entzündliche Affection yesp. Ueberdebnnag oder
Qaetschnng der Sehne des grossen Gesässmnskels.
Von Beaner « . 470
IX« . Bcnohstncke über die ansteckenden Krankheiten der
Bamsthiero. Von Dr. Lappe» mit Zoaätsen Yoa.
, Brich Viborg , :. . . 477
X, Anstellung, Stellung, Rechte nad Zukauft der baye*
riechen CiTil-Vetorinäre nnd deren Familien« Von
Tb. Adam 496
XL Literarische Anzeige:
Die Kolik der Pferde und das Wormanf arysota
der Eingeweide- Arterien. Eine pathologisch-
anatomische und klinische Untersuchung Ton
Dr. Otto Bollinger 602
X. Personal -Notizen 505
Magazin
ISr die
gesammte^^MMl^de
DlC 14 ^'\''l _,
rK
{■%JLXWh''jmUrtmng, 1. StttcV)
I.
Euq;es Aber «las Kopp« «to KrippciMtfoi Icr
Pferile.
Von Hartwig.
(Hiena die AbbildaDgen auf Tafel IV. im rorigen Hefte.)
(Scblass und ErklaroDg der Abbildangen.)
Die TOD mir gemachte Unterscheidang der Kopper in
drei Arten ist in abDÜcher Weise von 6. W, Scbrader
scboD vor 36 Jabren aufgestellt worden.*} loh habe mieb
▼on dem wirklichen Bestehen der angegebenen Verfchiedenhei-
ten yielfaltig überzeugt und halte die Beachtung derselben fnr
interessant hinsichtlich der Ursachen des Koppens and for
wichtig in Betreff der gegen dasselbe ansuwendenden Mittel.
Darüber, wie der Vorgang des Koppens eigentlich stattfin-
det? — ist es nicht in allen Fallen gans gleicht, eine klare
Kenntniss zu erlangen. Wahrscheinlich ist dieser Vorgang et«
was verschieden darnach: ob die Pferde Luft einscblncken oder
nicht, und ausserdem auch ein wenig darnach, ob sie Aufsetzer
oder ob sie Luftkopper sind. Günther**) äussert hierüber
*) Busch, tentsche Zeitschrift f. d. gesammte Thierheilknnde
Bd. 3. Heft 3.8. 3.
**) Beurtheflnngslehre des Pferdes, S. 167 f. 150.
Mac. t- TU«rk«UlL XXXTL 1. . 1
2 H e r t wi g , Koppen
dieselbe Ansicht, indein er sagt: '^Rocken, Koppen, Wiud-
schnappen sind nnter sich verwandte Ezercitien, wenn auch sie
in der Ansfahrnng einige Unterschiede zeigen. Die Vorübun-
gen znm Rocken, Windschnappen zeigen eine wesentliche Be-
theiligung der Znnjge, und es kann nnr nach entsprechender
Einnbnng der Znnge das Kocken n. s. w» mit einiger Aussicht
auf Erfolg unternommen werden.'*
„Das Thier muss nämlich, ehe es das Kocken auszuführen
vermag, das Zungenbein, den Kehlkopf und Schlundkopf so
aufwärts fixiren lernen, dass der Schlund bis zur Magenmun-
dung gespannt erscheinen kann , um beim abgeschluckten, in
den Magen eintretenden Speichel und Luft, gleichzeitig Luft
aus dem Ma^en herauszupressen, in gewissem Sinne, herauszu-
ziehen. Wird daraus der Widerspruch der Beobachter erklär-
lich, wonach angeblich Luft eingeschluckt, nach Andern Luft
ausgepresst werden soll, so gewinnt damit die Thatsache beson-
dern W^erth; dass fleissiges Spielen mit der Zunge und emsi-
ges Lecken ein Pferd verdachtig macht, dass es sich zum Kocker
oder Windschnapper ausbilden wolle, und es ist deshalb auf
jene Uebungen ein aufmerksames Auge zu richten. Das Pferd
übt das Kocken nicht eher, als bis es mit seinen Zungenübun-
giBu weit genug vorgeschritten ist; es ist deshalb Anfangs im-
mer ein Stümper in dieser Kunst.*'
Ger lach*) giebt darüber folgende Erklärung: „Hierbei,
(nämlich bei dem Aufsetzen) wird die Respiration momentan
unterbrochen, der Kehlkopf geschlossen, verschiedene Muskeln,
besonders Hals-, Brust- und Bauchmuskeln werden in verschie-
denen Graden, bei den weniger Geübten fast krampfhaft ange
strengt, und so ein schwacher oder stärkerer, dem Rülpsen ahn
lieber Laut in der Kehlgegend hervorgebracht« Der eigentlich
physiologische Vorgang besteht darin, dass Kehlkopf und Zun-
genbein nach unten gezogen und so fixirt werden, während der
*) Gericbtliohe Thierheilknnde. Berlin 1863, S. 354.
od«r SHppmmiK&a dw Flnrd«. 8
Schlandkopf gehoben und geöffnet wird, die in denselben ein-
getretene Lnflt wird beim Zoracktreten des Scblandkopfet in
den Zastand der Rahe inm Theil' wieder nach Torn heraaage-
8to88eD, zam Theil YerBchlackt, das erwähnte Geraasoh wird dorch
den Eintritt der Laft bedingt."
So interessant diese Erklarangen sind, so muss ich doeh
bekennen, dass ich bei der Beobachtung und Untersachnng der
koppenden Pferde eine besondere Mitwirkung ihrer Zange bei
dem Koppen bisher nicht habe finden können, und, obgleich
es richtig ist, dass manche Pferde, ehe sie wirkliche Kopper
werden, einige Zeit vorher das Belecken der Krippe und ande*
rer Gegenstande seigen, dieses doch nicht in allen Fallen dem
Koppen vorhergeht, und entgegengesetxt, dass nicht jedes
leckende Pferd bestimmt ein Kopper wird«
Ich mnss ferner gestehen: dass ich bei meinen vielen -Un-
tersnchnngen koppender Pferde, trotz aller Aufmerksamkeit, es
nicht habe sicher erkennen können, welchen Antheil der Kehl-
und Schlundkopf and die verschiedenen Mnskeln am Balse, an
der Brust und an dem Bauche bei der Erseugung des Kop-
pens haben. Jedenfalls tragen alle die genannten Theile hierin
bei, — wie ich dieses an mir selbst fühle. Ich habe nämlich,
angeregt durch eine Bemerkung Sehr ad er 's,*) durch einige
Uebung das Koppen erlernt und es su einer ziemlichen Fer-
tigkeit gebracht, blos für den Zweck der genaueren Erforschung.
Da dieselbe mir nicht nach meinem Wunsche gelungen ist, so
echliesse ich mich den Erklärungen von Günther und Ger-
lach an»
*) „Ich kenne Menschen, welche das nämliche Manöver und den*
selben Ton durch anhaltende Uebnng oder ans Angewöhnung völlig
nachmachen, so dass mit dem Rücken ihnen zugewendet, man nicht
anders glauben sollte, als dass ein Pferd köcke: sie sagen, dass sie
eben so wenig Luft einschlucken als ausrülpson." Busch, teutsche
Zeitschr. Bd. 3. Heft 3. S. 4.
1*
4 Hartwig, Koppen
Die BetrachtnDg der Ursachen des Eoppens trifft snm
Theil mit den Ansichten aber die Natnr desselben ansammen;
denn die meisten Thierarste nnd andere Pferdekenner halten
den Vorgang für eine blosse Angewohnheit, für eine Spielerei;
andere betrachten es far ein Bedarfniss des Thieres wegen eines
fehlerhaften Znstandes nnd noch Andere für eine Krankheit.
Diese dreierlei Ansichten lassen sich fuglich auf zwei sn-
rückfahren, da wohl iwischen einem sogenannten Fehler der
Verdannngseingeweide» der sich hauptsächlich oder allein dnrch
das Koppen ansserlich bemerkbar macht, nnd a wischen einer
Krankheit dieser Organe, welche sich ebenso seigt, kein eigent-
licher Unterschied besteht. Demnach ist also das Koppen bald
nur die Aenssernng einer schlechten Angewöhnung, eine Untu-
gend, bald aber auch eine Krankheitserscheinung.
Das Erstere gilt von der grossten Mehrheit der Torkom.
menden Falle, sowohl von den Koppern, welche die Luft nur
bis in den Schlund drangen, wie auch von denen, welche sie bis
in den Magen hinunterschlucken; denn diese beide Arten sind nnr
graduell von einander verschieden. Der Beweis darüber, dass bei
diesen Pferden das Koppen nur aus Gewohnheit geschieht, fin-
det sich darin: 1, dass sie es nach ihrem Belieben thnn und
ebenso es unterlassen können; *— 2, dass sie, abgesehen von
dem Koppen, gans gesund erscheinen, gute Fresser nnd
tüchtige Arbeiter sind. Abweichend hiervon finden sich unter
ihnen wohl eine Anzahl, welche nicht recht gut gedeihen, und
die namentlich einen eingefallenen Leib haben ; aber diese man-
gelhafte Ernährung ist nicht ein Beweis von Krankheit, sondern
höchst wahrscheinlich nur die Folge von dem Verlust an Spei-
chel nnd Futter, welchen manche Pferde erleiden, wenn sie
wahrend des Fressens auf den Rand der Krippe aufsetzen.
Warum gesunde Pferde sich das Koppen, Krippensetzen an-
gewöhnen? — ist in den meisten Fallen nicht sicher zu erfor-
schen. Man hat hierbei verschiedene Ursachen genannt, wie hanpt-
od«r KrippenietMn d«r Pted«. b
•aehlich (naeh Lafotse^ dai Belecken aod Benagen der Krip-
pen and Wände, weichet manche Pferde, wenn sie so wenig
Arbeit haben, als Spielerei, som Zeitvertreib anfangen ond hier*
Ton IQ dem Koppen übergehen. Femer: die Nachahmung. In
letzterer Hinsicht wird allgemein behauptet: daea Pferde (na*
mentlich jnnge), welche im Stalle neben Koppem atehen, so-
erat diese Kameraden bei dem lanten Köeken derselben mit
grosser Aufmerksamkeit betrachten und dann sich bemühen, das-
selbe nachzamachen. Ich will ein solches Lernen des Koppens
nicht für absolut unmöglich halten, mnss aber doch dasu die
Bemerkung machen: dass ich bisher keinen solchen Fall aas
eigener Erfahrung kennen gelernt habe, obwohl ich Gelegenheit
hatte, viele Pferde lu beobachten, welche lange Zeit neben
Koppern standen; denn ausser dem Pferdekrankenstall der hie-
sigen Thierarsneischule habe ich wahrend yieler Jahre die gros-
sen Stalle der allgemein bekannten Seeger 'sehen Reitbahn,
in denen fortwahrend 80 Pensionspferde standen, in thierarat-
licher Beaufsichtigung gehabt. Unter diesen Pferden war auch
mancher Kopper, der durch Jahr und Tag awischen anderen
Pferden stand, ohne dass jemals eins derselben die Untugend ge-
lernt hat. In vielen anderen Fallen ist das Koppen bei solchen
Pferden eingetreten, welche «wischen nicht koppenden Pferden
oder auch allein in einem Stalle standen, und wo also Ton
Nachahmung keine Rede sein konnte. Ich vermuthe, dass dem
Anfange des gewohnheitsmassigen Koppens eine Verstimmung,
ein Getahl Ton Unbehagen in den Verdauungseingeweiden (eine
leichte Indigestion) Torhergegaogen sein mag. In wie weit eine
angebome Disposition au einer solchen Verstimmnng beitragen
kann, ist nicht immer nachsuweisen, aber man hat oft beob-
achtet, dass die Nachkommen Ton koppenden Pferden auch Kop-
per geworden sind.
*) Lehrbegriif der Pferdearxnei. Ans dem Fransosiscben Ton
Knobloeh. 8. Bd. & 371.
6 Hertwig, Koppen
Dm8 das Koppen auf einem krankhaften Zustande
der Verdaaangseingeweide , namentlich des Magens berahe*
also eine Art von Krankheitserscheinung sei, — ist viel-
faltig behauptet*), aber ebenso Tielfaltig bestritten wor-
den. Ich stimme der ersteren Ansicht bei, jedoch nur in
solchen Fallen, wo entweder am lebenden Pferde das Koppen
mit bestimmten Erscheinungen eines gastrischen Leidens susam-
mentrifft, wenigstens mit einer immer wiederkehrenden Gasent-
wickelnng in dem Verdaunugskanal begleitet ist, ohne dass
Diatfehler an derselben Schuld sind, — oder, wo nach dem
erfolgten Tode eines Koppers sich solche krankhafte Veränderun-
gen in den Verdauungsorganen finden, aus welchen eine Ver-
stimmung des Gefühls in denselben und hierdurch das Koppen
entstanden sein kann. Ich selbst hatte mehrmals Pferde thier-
arstlich au behandeln, bei denen aus dem Maule wahrend des
Koppens ein übelriechender Dunst ausgehaucht wurde, ebenso
andere, welche bei sehr guter diätetischer Pflege öfters im Ap-
petit wechselten, oder öfters aufbiäheten oder viele stinkende
Blähungen durch den After ansstiessen, oder, bei denen die
Darmezcremente viel arger stanken, als bei anderen Pferden.
Bei Sectionen der Gadaver von Koppern hat man in meh-
reren Fällen die Schleimbaut des Magens weit dicker gefunden
als im normalen Zustande, in anderen Fällen war derselbe über-
mässig ausgedehnt, in seinen Häuten sehr dünn und schlafi, der
Schlund und die Schlundmundung erweitert oder ebenfalls sehr
sdilaff. Gnrlt fand sie immer so*). Gerard**) fand in dem
Magen eines Koppers einen Stein, welcher die Pfortoermündung
verstopft hatte. In einem anderen Falle bestand eine bedeutende
*) Gerard, im R^cneil de medec. Täterin. Juni 1824, behauptet,
dass in allen Fällen das Koppen in Folge eines organischen Fehlers
der Banoheingeweide entsteht.
*) Lehrbnch d. patholog. Anatomie der Haussängethiere. S. H8.
•*) Am a. 0.
oder KrippenaetMii d«r Pf«rd«. 7
Verengeraog des DonDdarms dureh ein fsseriget Band, welebes
sich an den rechten Leberlappen anheftete. Bei einem dritten
Pferde war der Zwölffingerdarm mit einer 6 Zoll langen, der-
hen Fasergeschwalst nmgeben and diese war in der Gegend
des 9. 10. and 11. Rackenwirbels angewachsen; and in einem
vierten Falle hatten die Hante des Dünndarms, etwa 8 Zoll hin-
ter dem Pförtner, eine Dicke Ton 7 — S Linien. Crepin^
fand bei einem Pferde, welches sich 5 Monate ror seinem Tode
das Koppen angewohnt hatte, einen grossen, schon in Krebs
ä hergegangenen Scirrhos. Waldinger hat in den Koppem
haafig die Leber krank gefunden^} and so noch andere Beob-
achtangen. Gewiss wnrde man ahnliche Veranderongen haafi*
ger in den Cadavern der Kopper finden, wenn man die Unter-
saehang hierauf richtete; dieses geschieht aber in den meisten
Fallen nicht, weil der Tod gewohnlich in Folge eines anderen
Leidens erfolgt ist.
Man hat hin and wieder gesagt, dass die Veranderongen,
welche man an den Eingeweiden der Kopper findet, mehr die
Folgen als die Ursachen des Koppens seien. Das kann ich je-
doch nnr in Betreff der dnrch die angestaaete Laft bewirkten
Aasdehnnng des Schlandes and des Magens in yielen Fallen
als richtig zageben, denn in anderen Fallen kann die Aasdeh-
nnng des Magens anch wohl darch Ueberfailang mit Fntter ent-
standen and dann nrsächlich mit dem hiernach eingetretenen
Koppen verbanden sein. Einen Belag hieran giebt ein von
Berthe (bei Gerard a. a. 0«) mitgetheilter Fall, in welchem
ein Pferd, ein alter Krippensetzer, wegen Krankheit wahrend
48 Tagen höchst spärlich gefuttert worden war and in 26 Ta-
gen vor seinem Tode nicht gekoppt hatte, and wo bei der Ob-
*) Jonmal de m^ec. v^t^rin. th^oriqne et pratiqne, 1880« Jan-
vier p. 26, Fevrier p. 89.
^ Xhorafjff ader pn|kt üeüverf^l^^eii. U. Xheil, @. $3.
B Hertwig, Koppen
daotioD der raamliche Inhalt des Mageos doppelt' so gross wio
gewohDlich gefunden worde.
Das Koppen gilt überall als ein wirklicher Fehler der da-
mit behafteten Pferde, dessen nble Bedentang aber bald gros*
ser, bald geringer ist, je nach den Eigenthamlichkeiten der
einEclnen Falle. Als gering ist der Fehler za achten, wenn
die Pferde sieh bei dem Koppen niemals aufblähen, -^ wenn
sie wahrend des Fntterfr essen s nicht koppen, — wenn sie bei
dem Koppen wenig oder gar keinen Speichel verlieren und
kein Futter verstreuen, — daher auch von geringerer Bedeu-
tung, wenn sie innerhalb der Krippe auf den Boden derselben
aufsetzen, als wenn sie dieses auf dem Krippenrande thun ; sehr
nbel ist es, wenn sie bei dem Fressen aufsetzen und den Krip-
penrand mit weit geoflPnetem Maule übergreifen; denn hierbei
▼erstreuen sie gewohnlich viel Kornerfutter und in Folge die-
ses immer fortgesetzten Verlustes von Nahrungsstofif werden sie
magerer. Am übelsten ist das Koppen, wenn die Pferde sich
dabei aufblähen, weil dann oft eine Windkolik entsteht, die
leicht leben sgeföhrlich werden kann. Ausser diesen Verhaltnis-
sen kommt auch der Grad des Uebels in Betracht; das sachte
and seltene Kocken beachtet man wenig, aber ein recht lautes und
oft wiederholtes Kocken oder Rülpsen ist schon hierdurch allein
jedem Besitser solcher Pferde sehr unangenehm , besonders aber
wenn dieselben zum Verkauf gestellt werden, oder, wenn man
genöthigt ist, junge Pferde neben sie zu stellen; weil man die
Nachahmung fürchtet, und bei Zuchtpferden fürchtet man ebenso
die Vererbung der Anlage zu dem Fehler auf die Nachkom-
men*). Die meisten Krippensetzer reiben ihre Schneidezahne
ungleich und zu viel ab, so dass die Alterskennzeichen zum
Theil verloren gehen. Dieses betrifft gewohnlich die' Zangen-
zahne, zuweilen die Mittelzahne, sehr selten die Eckzahne, und
bald nur im Unterkiefer allein, bald auch die im Oberkiefer.
*) Daum aber das Koppen der Pferde etc. Coblens 1823.
od«r KrippemetMn der Pferde. 9
Zar Beseitigang des Eoppens sind eine Menge Ton Mitteln
empfohlen and angewendet worden, jedoch grösstentheila mit
keinem oder mit einem nar knrx Tornbergehenden Erfolg, in*^
dem man die Aasobnng des Koppent nar seitweise Terhindem,
dasselbe aber nicht fortschaffen konnte. Diese Mittel sind für
Krippensetaer: das hohe Anbinden, resp. das Znrockbinden Ton
der Krippe, — das Bestreichen der Krippe mit bitter schmek-
kenden Mitteln, x. B. mit Aloe, Coloqointen and dgl. oder mit
stinkenden Snbstansen, wie Stinckasant, sogar mit Menschenkoth ,
— das Aufnageln eines Stackes von einem wolligen Schaffell,
— das Bekleiden der Krippe, besonders ihres Randes mit star*
kem Blech oder mit anderem glatten Bisen, — oder das Anf-
nageln Ton eisernen Stacheln auf den Rand oder anch auf den
Boden der Krippe, je nachdem die Pferde auf die eine oder aof
die andere Stelle aofsetsen; oder, eine gans eiserne oder tod
einer harten Steinart gemachte Krippe mit glatter Oberfläche. —
Ferner: man hat die Krippe an Stricken aufgehangen, welche
an ihrem anderen Ende mit einem Gegengewicht versehen sind,
darch welches dieselbe in angemessener Hohe erhalten wird,
aber nachgiebt, wenn das Pferd bei dem Aafsetaen aaf sie
drackt. Oder man nimmt die Krippe Ton ihrem gewohnlichen
Orte weg, stellt sie anf die Erde nnd nothiget die Pferde, ihr
Kornerfatter von dieser niedrigen Stelle an nehmen : oder, eben-
falls nach weggenommener Krippe giebt man ihnen das Fntter
in einem Fressbentel and lasst sie bei Tage in ihrem Stallstande
umgekehrt und yon beiden Seiten kurx angebunden stehen, —
Ferner: man legt ihnen ausser der Futterseit einen gewohnlichen
oder aneh einen an der innern Flache mit Stacheln versehenen
Maulkorb auf; — oder man klopft mit einem kleinen Hammer
ihre Schneidezahne so lange, bis sie locker geworden sind, und
dann beim Aufsetsen auf die Krippe Schmers erregen , — oder
für denselben Zweck schlagt man kleine Keile von Holz oder
Eisen (s. B. die abgezwickten Spitsen der Hufnagel) zwischen
10 Hertwig, Kopp^
ihre Schneidezahne, oder man brennt ihre Zungenspitze mit
einem glühenden Eisen.
Ferner: man straft sie durch hartes Anrufen oder auch
durch Hiebe mit der Peitsche so oft als sie koppen (in welcher
Weise besonders die Pferdehändler zu Werke gehen.)*)
Ein allgemein bekanntes und am häufigsten angewendetes
Mittel ist der Kopperriemen, — ein Lederriemen von circa 30
bis 36 Zoll Lange, 1^ Zoll Breite, an einem Ende mit einer
gewöhnlichen Schnalle und am andern Ende mit einigen Lochern
für den Dorn der Schnalle versehen. Er wird um das obere
Ende des Halse gelegt und massig fest zugezogen, so dass er
daselbst einen Druck auf die Muskeln, die Luftrohre, den Schlund
und die Drosselvene ausübt und hierdurch in der Regel, so
lange er gehörig fest anliegt, das Koppen bei Krippensetzern
und Luftkockern verhindert* er kann aber nachtheilig werden,
indem er in denjenigen Fallen, wo blähende Gase im Verdau»
angskanal erzeugt und beim Koppen herausgestossen werden,
das Letztere verhindert und hierdurch Aufblähung und das Ent-
stehen der Windkolik begünstiget; auch kann er durch seinen
Druck auf die Drosselvene den Rückfluss des Blutes vom Kopfe
erschweren, und oft erzeugt er an den von ihm dauernd ge-
druckten Stellen weisse Haare (oft ein formliches weisshaariges
Halsband,} wodurch ein solches Pferd schon von fern her als
ein Kopper bezeichnet wird» Um diese Nachtheile zu vermei-
den, ist man gen5thiget, den Riemen bei jeder Mahlzeit des
*) Ein Ober-Stallmeister v. Reizenstein hatte in seinem Werke:
„der vollkommene Pferdekenner. Uffenheim, 1764, 4, S. 85," — ,
eine von ihm erfundene Schlägemaschiene beschrieben und abgebildet,
welche durch das Ziehen an Schnüren von einem versteckt aufgestell-
ten Menschen so In Bewegung gesetzt wurde, dass das Pferd bei je-
dem Aufsetzen einen Hieb mit einer Ruthe queer über den Rücken
bekam. Die Sache ist viel zu umständlich. Die Beschreibnng und
Abbildung findet sich auch in Krünitz Eucyclopädie, Theil 53, Seite
522. n. f.
oder KrippMuatiMi der Pferde. 11
Pferdes lockerer sa schoallen oder ihn absanehmeo; aber, wie
bekannt, koppen die Pferde gerade wahrend des Fressens an
meisten, nnd daher ist der Natxen dieses Mittels nnr ein sehr
beschrankter.
Der danische Thierarst Ringheim hat einen verbesserten
Kopperriemen erfanden, welchen ich, da derselbe wenig bekannt
ist, anf Tafel IV. Fig. 1 des vorigen Heftes abgebildet habe
ond ihn hier kars beschreibe.
Derselbe ist im Gänsen circa 36 — 40 Zoll lang and 2
Zoll breit; die Endstacke a, a, sind 12^ lange, feste Lederriemen
welche an ihrem freien Ende bei i. durch eine Schnalle verei-
niget werden können; das andere Ende der Riemen ist bei b,
b, mit den Enden eines 14^ langen, 2^^ breiten Streifens von
dickem Eisenblech fest verbanden. Dieser eiserne Streif c, c,
der somit den mittleren Theil des Halsbandes darstellt, ist halb-
kreisf5rmig gebogen, so dass er den vorderen Rand des Halses
nmfassen kann; er hat bei d, d, länglich-viereckige Locher, für
den beweglichen Durchtritt der beiden glatten Qoersapfen k, k,
ond an der mittleren Partie seiner innern, concaven Flache be-
sitst er 4 eiserne Stacheln, g, g, g, g, welche 2^ lang nnd
mit ihren Spitzen gegen das Centram gerichtet stehen. Innerhalb
dieses Blechstreifens liegt ein zweiter, ebenso gebogener, etwa
10^ langer Blechstreifen e, e, der in seiner Mitte einen 6'^
langen ^ Zoll breiten Spalt f, zum Durchgänge der Stacheln
g, g, g, g, and an jedem Ende einen platten, quer abstehen-
den Zapfen k, k, besitzt, welcher dnroh das Loch d, d, des
äasseren Streifens locker hindurchgeht apd auf diese Weise eine
bewegliche Verbindung der beiden eisernen Streifen bewirkt. Die
Letzteren liegen V^ von einander entfernt und werden in die-
ser Entfernnng durch 2 zwischen ihnen liegende elastische Stahl-
federn h, h, gehalten.
Wenn dieser Riemen massig fest am den obern Theil des
Halses gelegt worden ist nnd das Pferd koppt, so wird durch
die hierbei jedesmal entstehende Anschwellung der Halsmuskeln
13 Hertwig, Koppen
der In wendige Biechstreif TorwSrts gedrängt, die Spitten der
Stacheln treten dnreh den Spalt f, rackwarts heraus nnd stechen
in die Haut des Pferdes. Dieses soll dann durch die imitfer
wieder entstehenden Schmerzen nach and nach vom Koppen
entwohnt werden. Aasserdem braucht der Riemen nicht sehr
straff am Halse au liegen, und der schädliche Druck auf die
Aderstamme wird vermieden.
Eine andere Vorriehtnng ist die von dem hiesigen Berei-
ter Kothe erfundene, patentirte Kopperhalfter, Tafel IV, Fig,
2 A. und 2 B. Sie besteht zunächst aus den einzelnen Stuk-
ken einer gewohnlichen Halfter von festem Leder; a, der Na-
senriemen, der unten in den Kinnriemen b übergeht, c, c, die
Backenriemen, d, der Stirnriemen, e, Genickriemen, f, f, die
Theile des Kehlriemens, von beiden Seiten oben, unter der Ein-
pflanzung des Stirnriemens anfangend und unten sich an die
eiserne Gabel g, h, befestigend. Die Letztere ist hier der we-
sentliche wirkende Theil. Sie besteht (Fig, 2 B.) aus der ei-
gentlichen Gabel und aus der Scheide, in welcher ihr Stiel
enthalten ist; ihr aus der Scheide hervorstehendes Gabelende
g besteht aus einem eisernen cjlinderischen Stabe, 3|;'' Iftng,
^^ dick, halbmondf5rmig gekrümmt und an der Mitte seiner
Gonvexitat in queerer Stellung mit ^dem ß^ langen, platten
Stiel zusammenhangend. Die eiserne Scheide des Letzteren ist
eben so lang, \ Zoll dick: l)f Zoll dick, hohl, an der untern
Seite bei i, i, mit zwei, die Wand durchgreifenden Schrauben
versehen, durch welche der Stiel der Gabel, wenn diese für
Köpfe von verschiedener Grosse passend hervorgezogen oder
zurückgeschoben worden ist, festgestellt werden kann.
Die Wirkung dieser Halfter beruhet darin : dass, wenn die
Pferde zur Ausfahrung des Koppens den Kopf zum Halse her-
nnterbeugen, sie sich mit der Gabel den Kehlkopf drücken nnd
hierdurch von dem Koppen * abgehalten werden. Die Halfter
muss aber fest am Kopfe liegen, so dass sie sich nicht yerschiebt
und die Gabel mnss die Haut um den Kehlkopf berühren.
oder Kripp0iiMtf6ii der Ftedo. IS
Die Pferde können dabei ans der Krippe und Raafe aogehin-
dert fressen.
Das Krippensetsen za rerbindern bat der Oekonom Gras*
bof die, in der Figor 3 A and B der Taf. IV. geaeicbnete Vor-
ricbtnng empfoblen. Bin Stack Eisenblecb, so lang wie die
Krippe and circa 10 Zoll breit, wird so gebogen, dass der eine
Rand a, nacb vorwärts, der andere Rand b. nacb raekwSrts so
gerichtet ist, dass jeder Rand einen nicbt gans geschlossenen
Gjlinder bildet and das Gänse, an den Enden betrachtet, einem
S ahnlich erscheint. Dieser Doppelte Cylinder ist in der Mit*
tellinie seiner Lange an einen eisernen Stab befestiget, dessen
Enden bei c, c, ein Paar Zoll hervorragen and aaf einem eiser-
nen Gestell d, d, an beiden Enden der Krippe so rohen , dass
der doppelte Gjlinder sich um seine Langenaxe leicht dre-
hen kann. Dieses Gestell wird aaf den vorderen Rand der
Krippe befestiget, so dass der Gjlinder denselben in der gan-
zen Tiinge bedeckt, aber zwischen sich and ihm einen Zwischen-
raam von circa einem halben Zoll frei lasst.
Wenn nan ein Pferd, om zn koppen, mit dem Manie aaf
den Krippenrand drucken will, so mnss es den Gjlinder be-
rühren; dieser weicht dem Drucke aas, drehet sich am seine
Axe and giebt mit dem andern, durch die Drehung in die Hohe
kommenden Rande dem Pferde einen kleinen Schlag auf die
Oberlippe. Theils hierdurch, indem das Thier erschrickt, and
theils durch die Drehung des Gjlinders soll das Anfsetsen ver-
hindert werden^
Als eins der vorzuglichsten Mittel gegen das E5cken bei
Krippensetzern und Luftkoppern ist mir in neuerer Zeit die
Kockrohre von Günther bekannt geworden, Dieselbe ist
in dem Werke: „Benrtheilungslehre des Pferdes'' §• 1^^ genannt,
and auf mein Ersuchen hat Professor Günther in Hannover
mir die Zeichnung zn der in natürlicher Grosse gegebenen Ab-
bildung Taf. IV. Fig, 4, zugesendet, mit der Bemerkung: dass
er glaabe, sie sei eine Erfindung seines Vaters. Sie besteht
14 Hvrtwii:, Koppen
aas einer eisernen, circa 6^ langen nnd H^^ dicken Rohre a, a,
(z. B. ein Stück Flintenlauf), welche mit 4 Reihen Lochern
von 3 Linien Grosse, an den Wanden, nnd mit etwas yerdiek-
ten Randern an den Enden versehen ist. An den Letzteren
b<Bfinden sich knrse, mit Knebeln versehene Ketten b, b, ver-
mittelst deren die Rohre, nachdem sie wie das Mnndstack eines
Zanmzenges dem Pferde ins Manl gelegt worden, an die Sei-
tenringe der Halfter befestigt wird.
Die Pferde können mit dieser Rohre fort wahrend stehen,
anch wenn sie fressen, jedoch mnss man sie von Zeit an Zeit,
wenn Fatter in sie eingedrnngen ist, reinigen, damit die Lnft
durch die OefiPnungen ein- und ausströmen kann. In dem hier-
durch veranlassten Spielen der Pferde mit der Zunge scheint
der gute Effekt zu beruhen.
Schliesslich will ich erwähnen : dass ich vielen recht argen
Koppern die Sehnen der beiden Brustkiefermuskeln mit dem
besten Erfolge queer durchschnitten habe, wenn alle übrigen
Mittel fruchtlos angewendet waren« Ich bin hieran veranlasst
worden durch die Beobachtung, dass diese Muskeln bei dem
Koppen stets in sehr straffe Spannung versetzt werden, dass
sie bei den meisten Eoppern recht stark ausgebildet sind, und
dass man das Koppen inhibiren kann, wenn man diese Muskeln
blos mit zwei Fingern gelind zusammendrückt. Gerlach (a.a.O.)
hat mit Nutzen die Schulter-Zungenbeinmuskeln durchschnitten,
ich ziehe jedoch die Operation an jenen Muskeln vor, weil diesel-
ben nnd ihre Sehnen oberflächlicher und mehr gesondert lie-
gen, und deshalb die Durchschneidung leicht und vollständig
zu bewirken ist.
Man hat für diesen Zweck die wenigen anatomischen Theile
an Fig. 5 Tafel IV. zu beachten: a) der Brust-Kiefermuskel,
b) dessen Sehne bei ihrem Ansatz am Unterkinnbacken, c) der
Schulter-Zungenbeinmuskel, d) die Drosselvene, e) die in die-
selbe einmündende äussere Kinnbackenvene und f, die innere
Kinnbackenvene. Die zweite Vene geht schräge über die Sehne
oder Kri^mtetitii der Pferde. 15
des Brastkiefermaskele binweg, und die Haut and der Halt-Haat-
moekel bedecken diese Theile. Die Operation wird am besten
am liegenden Pferde ansgefahrt. Nachdem dasselbe gebremset ist,
streckt man ihm den Kopf nnd Hals stark nach vorn, lasst die
Drosselvene darch Gomprimirnng recht sichtbar werden, macht
entweder gleich aber oder gleich nnter der Einmnndang der
iossern Kinnbackenvene in diesen Stamm einen 1^ langen Ein-
schnitt durch die Haut und den Haatmaskel, gerade aaf der
Sehne des Brust- Kiefermaskeis, schiebt die Spitse einer etwas
gekrümmten Hohlsonde queer nnter diese Sehne nnd schneidet
dieselbe durch. Nach gestillter Blutung wird die Wonde ge-
heftet* Die Heilung erfolgt binnen 14 Tagen«
Schliesslich noch einige Worte über das Koppen and Krip*
pensetzen in redhibitorischer Hinsicht.
Im Pferdehandel halt das Publikum fast fiberall das Kop-
pen and Krippensetzen für einen sogenannten Hauptfehler, für
welchen der Verkinfer eines Pferdes znr Gewährleistung ver-
pflichtet sein soll, und zwar aus folgenden, für diese Ansicht
aufgestellten Gründen:
1} Der Fehler ist oft schwer zu erkennen oder sogar
künstlich versteckt ; — 2) er beruhet gewohnlich auf älterem
organischen Veränderungen in den Verdauungseingeweiden, die
man ausserlich nicht erkennen kann, die aber das Wohlbefin-
den und das Gedeihen der Pferde stören, und das Letztere lei-
det oft auch dadurch, dass die Thiere bei der Ausübung des
Koppens einen Theii ihres Kornerfutters verstreuen: — 3) das
Koppen fuhrt durch Aufblähung oft Windkolik und hierdurch
Lebensgefahr herbei; — 4) der Fehler übertragt sich durch
Nachahmung auf andere Pferde und durch die Paarung much
auf die Nachzucht; — 5) er ist in der Mehrzahl der Falle
nicht zu heilen; und — 6) durch alle diese Umstände vermin-
dert er den W^erth eines Pferdes erheblich.
lieber diese Gründe ist nun aber Folgendes za er-
innern.
16 Hertwlg, Koppen
Was Eunachst die Erkennaog des Koppens ond Krippen-
setsens betrifft, so ist dieselbe doch in den meisten Fallen sehr
leicht, indem man a} die krampfhaften Znsammensiehnngen der
Halsmuskeln, die Bewegangen des Kopfes, der Kiefer and des
Halses, überhaupt das Benehmen dor Pferde, sowohl bei dem
Aafsetsen des Manles auf die Krippe oder aof andere Gegen-
stande öfters wiederholt siebet: b) indem man den mehr oder
weniger lauten kokenden oder rülpsenden Ton bort; und —
c) indem man den vorderen Rand an der Reibeflache einzelner
Schneidezahne mehr als an den übrigen Zahnen, ond swar fast
immer in schiefer Richtung, abgerieben findet/) Wo diese Er-
scheinungen zusammen oder auch nur die beiden ersteren wahr-
zunehmen sind, da ist das Koppen gewiss ein in die Augen
fallender Fehler, und als solcher kann dasselbe nicht ein
sogenannter Hauptfehler sein; denn es fehlt ihm ein wesent-
licher Theil Ton denjenigen Kigenschaften , welche die Wissen*
Schaft für die Begründung der gesetzlichen Hauptfehler fordert,
nämlich: dass ein solcher Fehler ganz verborgen, oder doch
bei gewohnlicher Aufmerksamkeit und ohne besondere Sach-
kenntniss nicht erkennbar sein soll.
Die Erkennung des Koppens kann aber in manchen Fal-
len bei dem Kaufe resp. der Uebergabe eines Pferdes verhin-
dert oder doch sehr erschwert sein, z. B. wenn das Thier erst
ein Anfanger in der Kunst ist, — wenn es überhaupt nnr sel-
ten, in längeren Zwischenzeiten, nicht mit besonderer Anstren-
gung und nicht mit lautem Rülpsen koppt, wie man dieses bei
den Windkoppern oft findet; ferner, wenn ein an Ruhe im Stalle
^) Zu diesen Merkmalen kommt in manchen Fällen noch das
viele Lecken an der Krippe, das Vorhandensein eines weisshaarigen
Qaerstreifens um den obern Theil des Halses, erzengt daroh den Druck
des lange getragenen Kopperriemens nnd ein oft wiederholtes ängstli-
ches Umsehen nach den im Stalle anwesenden Personen. Letzteres bei
Pferden, welche wegen des Koppens öfters gestraft worden sind. Diese
Merkmale sind jedoch nur als unsichere zu betrachten.
)
oder Kzipp«iifette& dor Pf erde. 17
gewohntes Pferd in einen fremden Stall mit Tielen anderen Pfer-
den snsammengestellt wird, oder wenn dae Pferd bisher an einer
lioiaemen Krippe gestanden and nan plotslich an eine eiserne oder
steinerne Krippe gestellt worden ist; oder wenn dasselbe sehr er-
müdet oder in einem kränklichen Zustande ist; oder, wenn es
kein Fatter erhält, — was besonders bei solchen Pferden, welche
nur während des Fressens oder nach demselben koppen, an be«
achten ist; ferner: wenn den Thieren das Koppen irgendwie
erschwert oder anansfnhrbar gemacht ist, wie s. B. wenn sie
mit in die Hohe gesogenem Kopfe knrs angebunden sind; wenn
man ihnen eine enge Halfter mit grosser, dicker Schnalle, die
im Kehlgange grade vor dem Kehlkopfe sitzt und auf densel-
ben druckt, aufgelegt hat; wenn mau ihnen die Schneidesähne
bis Eum Lockerwerden geklopft oder ihnen zwischen diese
Zähne kleine Keile getrieben hat, oder sogar die Zungenspitse
gebrannt hat; oder wenn der Verkäufer des Pferdes mit der,
dem Letztern unangenehm bekannten Peitsche in der Band be-
ständig in der Nähe des Thieres bleibt und ihm öfters mit
einer kleinen Bewegung das Straßnstrnment in Erinnerung bringt;
— oder auch, wenn das Pferd seine Schneidezähne nicht abge-
rieben hat, also die Merkmale des Krippensetsens an den-
selben fehlen.
Auf diese letzteren Merkmale haben von jeher Laien und
Sachverständige einen viel zu grossen Werth für die Diagnosis
des Koppens oder Nichtkoppens gelegt; dagegen halte ich das
ungleiche Abnutzen bei wirklichen Koppern für einen Mit-Grund
zur Zurückgabe solcher Pferde; und mit Recht hat man in eini-
gen Ländern in denjenigen Fällen, wo d^e Zähne keine un-
gleiche, zu starke Abreibuog zeigen, das Koppen, resp. Krip-
pensetzen als Gewährsmangel anerkannt, weil dasselbe in diesen
Fällen als ein verborgener Fehler betrachtet wird; so z« B. im
Grossherzogthum Baden nach dem Gesetz vom 23. April 1859,
und vorhergehend in Frankreich nach dem Gesetz vom 2P. Mai
Ma(. t TUtrlMlik. XZXYL 1. 2
li Hertiwi#,
1888; „L« Tie »*6tt cooMdire conHBe ndhibitom qn'MtMit
qa-ü ne peat ötre raooBAo k \'amar% dei danls; ü est pretqo«
toofou» le •jmptome d^oae «ffectioD efaroniqae de FettOBse.*
In den PiUeo, in welehen maa an den SehaaidaaikaaB eiae
nagleialM aad lo itariLa Abanisnag fiadat, darf aiemalt ans diä-
ter Bnaheianag alleiB geaehloMen werdea, dasa daa betrofleade
Pferd eia Krippeaaetier oder nberhanpt ein Aa&eiser aei, ton»
dem dieiea miiM tteto dnreh die Beobaehtaag dea Anfretaeat
telbst aaciigewiesea werden; weil die oagleiehe oad an<ttariLe
AbanUnag der SehaeideBabae, in gaaa gleieber Art wie bei
dem AnfMisea, aaeh dareh aadere UrMohea, wie aaaeaüieh
dnveb Beaagea der Waade, dareb Zerbeissea der bolseraea Krip-
pea nad der. LatirbMuae n. dergL berbeigelahrC werden kaaa
Dagegea bietel daa Abgeeehliffeaeeia der Zibnev weaa et aiit
dem Ssoppea, Krippeaaeteea Terbanden gefaaden wird, steU
dea* Beweit darüber, datt der Fehler teil länger alt 8 Tagen
bettebt, und bei einem hoben Grade der nagleiebea AbanUnag
der* Zahae wird maa aaeh anf eiae Yiei laagere Zeit teinet Be-
atebena aeblieaaen mntten, aber eatgegengetetat darf maa ia
deajenigea Fallea, ia. welehen man nnr einen geringen Grad
dietee abaonaen Abantsimg fiadet, nieht immer den Sehlnaa
machen, data der Fehler ertt nen entttanden itt; denn der Br^
fahnaag aafi>lge kann ja dietelbe nach yieljahrigem Koppen to-
gar gaaa fehlen, wenn die Pferde bei dem Aafaetaen' aaf die
Krippe, nnd dgL- entweder nar ihre Lippen anf die Krippe
drucken, oder wenn tie dabei mit der ganiea Reihe der Sohaei-
desahne -recht glcidimaaaig aber dea Band der Krippe hiawegT
greifen«
Nach .dea im Voratehenden gemachten Aadeatnagea iat alao
der oben anb 1 angegebene Grund, daa Koppen wegen der Schwie*
rigkeit seiner Brkennung ala einen Hauptfehler au betrachtea,
— nnr in denjenigen Fallen, annehmbar, wo dieae Schwierigr
keit wi];^lieh .beateht, Bben.so yerhiUit ea aioh groaatentheila
auch mit den übrigen, oben anb 2 — 6 aagefnhrtea > Granden«
odtr SrippenaettML d«r Pferd«. 19
Denn ad 2 ist ei (wie froher sehen 8. 4 angegebeD worden) nicht
richtig« dass alle koppende Pferde Fntter rerstreiien, dMS sie
nicht got gedeihen, nntachtig snr Arbeit sind, oder dass die
meisten von ihnen an Aufblähung n. s. w. erkranken: sondern
diese Unregelmässigkeiten finden sich nur bei einer kleineren
Ansahl der Kopper, insbesondere bei denen, welche Luft wirk-
lich einschlucken und bei denen, welche Gase im Verdaonngs-
kanal ersengen (S 6). Auch das sob 3 angeiiommeno Be-
stehen eines alten pathologischen Znstandes kann nicht im-
mer nachgewiesen werden ; und die sob 4 erw&hnte Nachahmung
des Eoppens bei anderen Pferden ist einerseits mehrentheils
eine leere Rede (Seite 5) und andererseits liegt sie weniger
in dem kbppenden Pferde, als in dessen Pladrung im Stalle. Da-
gegen ist die Vererbung des Koppens bei Zuchtpferden oft be-
obachtet worden ; und ad 5, die Unheilbarkeit des Fehlers mnss
im Allgemeinen als richtig anerkannt werden; — und eben so
ist (ad 6) eine Werthverminderung der Pferde durch das Kop-
pen und Krippensetsen stets gegeben.
Auf die Werthverminderung sollte bei Streitigkeiten fiber
Sachen, welche nach einem Geldwerthe geschatst und mit Geld
besahlt werden, eigentlich immer die Benrtheilung und die Ent-
scheidung gerichtet sein; dieses kann jedoch bei dem Kofipen
und Krippensetsen nicht in allen Fallen nach einem gleichen
Maassstabe geschehen, sondern nur mit Bernksiohtigung der yer-
schiedenen Verhaltnisse, welche dabei Torkommen. Hiernach
nehme ich dreierlei Verhältnisse an, nämlich:
I) solche Falle, in denen die Pferde su einem geringeren
Werth geschatst werden müssen, als die Hälfte des für sie be-
sahlten Preises betragt, und wo daher nach allgemein gelten-
den Rechtsprinsipien die rollstandige Redhibition stattfinden
solL
Als hierher gehörend betrachte ich alle diejenigen Falle,
wo die Tcrkauften Pferde bei dem Koppen, resp. Krippensetsen
oft wiederholt den Leib aufblähen und hierdurch als mit einer
2*
tO Hertwig, Koppen der Pferde.
bestiodigeo Diipotition snr Windkolik beLeftei eneheinen. In
Folge dessen sind eie fortdanemd der Gefshr onterworfen, sn
erkranken, den Dienst sa stören and sogar sa sterben. Sie
gewahren also ein höchst an sicheres Besitsthnm.
In diese Kategorie mochte ich auch diejenigen koppenden Pferde
nehmen, welche aasdrncklich snr Zucht gekauft sind and dieses
bei der Erwerbung ausgesprochen worden ist. Denn die Se-
nats ang solcher Pferde for den genannten Zweck ist mit fort-
dauerndem Schaden yerbunden, der sich oft gar nicht wieder
gut machen lasst.
II) Solche Falle, in denen die Pferde xwar nicht in die
Torstehende Abtheilung (sub 1} gehören, aber a, bei dem Kop-
pen viel Futter verstreuen und in Folge dessen nothwendig
schlechter gedeihen als andere Pferde bei demselben Futter,
oder b, wo sie dai Koppen fortgesetzt sehr fleissig betreiben,
so dass sie wegen der fortwahrenden Unruhe und Anstrengung
ebenfalls nicht gedeihen; und — c, wo die Kopper ein kränk-
liches Ansehen, insbesondere Abmagerung, gelbliche Bindehaut
der Augen, schlechtes Haar, einen aufgeschursten Bauch, man-
gelhaften Appetit and schlecht verdauete Exkremente seigen.
In diesen Fallen kann der Minderwerth eines koppenden
Pferdes, mit Berücksichtigung der übrigen Eigenschaften des-
selben, wie Race, Schönheit, Alter, Gangwerk u. s. w. ein Vier-
theil bis cur Hälfte des besablten Preises und im Verhaltniss
SU anderen Pferden derselben Art, welche nicht Kopper sind,
betragen. Und
III) in denjenigen Fallen, in denen die Pferde ausser der
einfachen Ausübung des Koppens, resp. Krippensetxens keinen
hiermit in Verbindung stehenden andern Fehler und keinen er-
kennbaren Nachtheil des Koppens seigen , da ist die durch das-
selbe bedingte WerthTerminderang anf ein Acbttheil bis höch-
stens ein Viertheil des bezahlten Preises ansunehmen.
Die sub II und III angedeuteten Fälle halte ich nicht für
qualificirt, als wirkliche Hauptgewährsfehler su gelten,
Hertwig jmL, Sosssehlieliter«! in Barlin. :ll
selbst wenn die Zaboe keine Merkmale des Koppens «eigen;
es kann daher, nach meinem Erachten in diesen FSUen keine
gerichtliche Klage aof Anfbebnng des Kaufs, sondern nar aof
Brsats des Minderwerthes stattfinden.
Die GewahrsseiC fnr das Koppen ist in Frankreioh
aof 9 Tage, in Württemberg (nar beim Ankauf der Be-
rn ontepf erde) anf 12 Tage, in Baden, Baiern, Hessen,
Sachsen-Meiningen and Hildbarghansen auf 8 Tage,
ond in Hamburg auf 5 Tage festgestellt.
Ich bin der Ansicht: dass in den FUlen, wo keine
Merkmale an den Zahnen bestehen, eine Gewahrteit
von höchstens 8 Tagen genagt, und dass in den Fal-
len, wo Merkmale vorhanden sind , 24 Stunden sur
Constatirnng des Fehlers hinreichend sind.
n.
Die RossscUächforei in Berlin nnd der Verbnidi
des Pferdefleisches*
Nach amtlichen Quellen und gefalligen Mittheüungen des Proftssors
Dr. Spinola,
Ton Hugo Hertwig.
Mehr als tausend Jahre sind verfiossen, seitdem unsere
Vorfahren, die alten Deutschen aufgehört haben, das Pferdefleisch
au geniessen, welches, wie die Geschichtsschreiber berichten,
▼on ihnen so Opfern und als Liebliogsspeise bei den Festen
der Gottin Freja verwendet wurde.
Mit der grosseren Verbreitung des Ghristenthums nahm
der Genuss des Pferdefleisches ab, da die christlichen Priester,
besonders Bonifacins, den Deutschen das Essen dieses Fleisches,
Hartwig j
fl^wia tei 6«i«M des Hamcb- sad KrihcBiebAa» vwtol, «■
M TOB d«B brndaifckeB Gottercolf ■ alwaieakea «ad m den
Chmteadiiui sogaaglieher xa Bach«».
Bei Yielea eadereB Yölkenebeftee, beeoedera ia eidoei-
licheB Enopa ODd inAnea, UMbeeoadere bei dea Tartarea bat
cidb das Pferdeflmeb ab Habnwgnuttal ür MeaaAaa aasa-
tefbrocbea bia in aaaere Zeil ferferbaltea nad wir sebea dort,
daaa Fferde in denelbea Weise aasgeaatst werdea, wie das bei
■BS Bit deai RiadTieh, dea Schafea aad Ziegea der FaU ist
la neuerer Zeit bat jedoeb ia allen grosseren Stadien Bn-
ropas, saerst in Dsaemark, nad dann ia Rnssland, Deatsddsnd
nnd Prankreieb der Geanss des Pferdefleisebes aicbt aar wie-
der AnfBabme f;eliuiden, sondern dasselbe, sowie die Verwea-
dnng der nidil geniessbaren Tbeile an tecJinisdien Zweien
einen sokben H5bepnnkt erreidit» dass es wobl der Mobe lobat,
einen naberen Einblick in diesen so widitigen Betriebssweig
so Cbon. Es ist dnrehans keine an knbne Bebanptnng
an ssgen: die Eossscblaebtereien seien fnr unsere Zeit ein
Bednrfidss geworden; — gewiss sind sie dies, da das Bedarf-
niss sie gescbsffen bat, nnd das Bedorfniss aneb bei ans das
Vorortheil, welebes gegen den Gennss des fferdelleisdies und
die BosssehlichtereieD bestebt, allmalig siebr nnd niebr an
▼emiditen beginnt, nnd kann man dieselben mit Reebt als
eine bocbst woblthatige Einriehtong naeb jeder Seite bin be-
»ff
traebten.
Die erste Gründung der Rossseblaehtereien in Berlin da-
tirt Tom Jabre 1847» Zwar bestand scbon in den Jabren
1845 — 47 bierselbst ein Verein, weleber es sieb anr Aufgabe
gemaebt batle, dem Pferdelleiseb als Nabrungsmittel für Men-
sdien Eingang an TersebalTen ; doch fand diese Idee damals noeb
wenig Anklang im Pnblienm nnd erst einigen Mitgliedern des
bissigen TbiersehntsTereins, namlieb dem Dr. Spinola, sowie
dem Hofopemsanger Herrn Blume war es rorbebalten, sidi den
Dank des Publikums dureb Gründung ron Bossselüiebleraien
nnd ^ordi ihr Mihaftet IntMFMf •• üx Um FertbMtebM itrtel-
In der Sitsnng det ThiertchntsToraiB« vom 8« Apiil 1B47,
SD wdeber Herr Dr. Spinol* doroh dao 8earetSr das Verebt,
Herrn Blame eiogeleden wer, nm seinen Eslh« fiber die Mit*
tel snr Abhilfe dea tnutrigen Loosee, «etebes so oft die Piarde
im Alter Inr die dem Menschen Tielleah gaieiateten Dienale
erwartet» absogeben, frnrde woa demaelbea, naehdem Ton
rnradbiedenen Saiten Voraahlage gemaaht waren, die jedoeh
simmtlich nnr aaf die Lindemng der Qnalen ei meiner Thiere
Unnaaliefen, als bestea Mittel, welches der Geaanuntheit an Gate
knn&e, daa Schlachten der Pferde nnddie Benntsong des Flei-
adiea aU Nahrnogamittel empfohlesy da hierdurch aneh wngleieh
der snr Zeit herrachenden Thenemng der Lebenaaüttel «nd dem
dadurch herTorgemienen Nothstande abgeholfen werden kenne»
Denn waon die Pferde, ao motivirte Herr Profeaaor Spi-
nola scinao Vorachlag, eine Verwendung alt SahlachtthiaM lan*
den, ao wirde ihre schlief lUch Ikohere Verwerthnng inr die Be-
dtser eia Sporn aein, dieselbea nicht bia aola Aenaaerate aban-
treiben, und dadurch manche üabill von ihnen abgehalten wer-
den. Beaondera aber wurde in yielen Ffillen dadarch Tormie-
den werden, data altere Pferde, wenn aie ihren biaherigen Dien-
aten nicht mehr entaprachen, yon dem Besitaer an Gewerbetrei-
bende Tarkaoft wiirden, wodoreh aie oft in Hände nnd VerhSlt-
niaae geriethen, die aclbat fnr ein Thier ala traorig beseichnet
■n werden Tcrdienten; es dnrfe nur an die Falle erinnert wer-
den, wo edle Lozospferde ao ihrem Lebensabend hangerleidend
nnd an Gerippen abgezehrt im Sandkarren oder Thorwagea ab-
getrieben worden. Da non Torzogsweiae in grossen Stidten die
Pferde den genannten Unbilden und Qnalereien aaagesetst seien,
so wnrde aach grade hier die Einfahrong dea Schlachtena der
Pferde, beiiehnngsweise die Errichtang von Roaaachlaehtereien
am Orte aein, und eben dadaroh dem Toa ThierschntsTereiae
aageatrebtem Ziele gewiaa am meisten entaprochen werden.
94 Hertwig jm , di« Roütehliehtani
Es fand dieser Vorsehla^ mnch so allgemeinen Anklang,
dass sofort der Besehlass gefasst wnrde, die VerwirUichnng
desselben berbeiiofahreb.
Za diesem Zweck warde Herr Dr. Spinola und Blnme
Tom Verein beauftragt, den damaligen Polisei - Präsidenten Ton
Pattkammer in Renntniss Ton dem Vorbaben des Vereins an
setien nnd nm ÜnterstStsong in dieser Angelegenheit so bitten.
Es durfte hier nieht am anreehten Orte sein, in Kurse
die Grondsfitie la erwähnen, weldie Herr Dr. Spinola damals
fQr das Zustandekommen ond Fortbestehen der Rossschlacbte-
reien aufstellte; es sind dies dieselben, welehe noeh heute maas-
gebend sind , nfimlioh Bekämpfung des tief eingewuraelten Vor-
urtheils gegen den Genuss des Pferdefleisches. Hieran sei nö-
thig, dass von Seiten des gebildeten Publikums dem gew5hn-
lioben Mann mit gutem Beispiel sur Naohahmnng vorangegan-
gen werde, was schon deshalb geboten sei, nm nicht durch blosse
Anpreisungen sum Genüsse des Pferdefleisches in den Verdacht
in gerathen, als sei das Pferdefleisch nur für den weniger Be-
mittelten gut genug. Deshalb seien Veranstaltungen nnd öftere
Wiederholung von Pferdefleisch essen Seitens des Vereins und
die grosstmoglichste Betheiligung daran von gebildeten Min-
nern das Brstnothigste. Dann sei auch die Einrichtung einer
Restauration, in der nur Pferdefleisch in verschiedenen Formen
Bubereitet servirt wurde, sehr erwünscht Vor allen Dingen
aber sei darauf au sehen, dass das Schlachten von Pferden und
der Verkauf des Fleisches nur in solide Hände gelegt wnrde,
damit das Publikum eine Bürgschaft hatte, nur Fleisch von ge-
sunden Thieren an erhalten; dies wurde wesentlich sur Hebung
des Zutrauens beitragen.
In Folge dessen wurden denn anch wirklich mehrere Male
Diners, «u denen Herr Dr. Spinola durch Ankauf von Pferden
das Fleisch lieferte, arrangirt, doch mnsste* der Verein selbst
eine Probe von dem herrschenden Vorurtheil empfinden. — Ein
Restaurateur, der Anfangs bereitwillig sein Local au diesem
in Berlin. 96
Zweckessen inr VerfSgang gestellt hatte, sog bald seine ge-
machte Zusage zarack, weil — es seinem Rafe schaden könne,
wenn es dem Publikum bekannt wnrde, dass er sein Geschirr
sa einem Pferdefleischessen geliehen hatte. Trotzdem fauden
aber, wie bereits erwähnt, in anderen Localen derartige Essen
anter zahlreicher Betheiligung angesehener und hochgestellter
Personen statt.
Dem Beispiel des Berliner Vereins folgte man bald in an-
deren Städten, nnd zeichnete sich besonders in Brannschweig
der Hnmanitats* und Thierschutz verein durch reges Interesse fSr
diese Sache aus.
Auch bei Gelegenheit der Versammlung deutscher Thier-
arzte 3. — 4. October 1847 daselbst, Hess es Herr Doctor
Spinola, als Präsident derselben, an Aufmunterung zur Bin-
fuhrung und Verbreitung der Rossschlachterei nicht fehlen und
brachte ein grosses Zweckessen von Pferdefleisch lu Stande.
Welchen Werth die Rossschlachtereien übrigens zu jener Zeit
für Berlin hatten, geht wohl am Besten ans dem Umstände hervor,
dass nach einem noch nicht einjährigem Bestehen der ersten be-
reits 11 Etablissements der Art ins Leben traten, in welchen
zusammen 3000 Pferde geschlachtet worden waren. — Ob
und wie viel an dem für diese Zeit grossen Consum der da-
mals herrschende l^otbstand beigetragen, lasst sich mit Bestimmt-
heit nicht nachweisen; Thatsache ist es, dass in den darauf
folgenden Jahren 48^49 sowohl die Zahl der Rossschlächte-
reien, als der Verbrauch von Pferdefleisch abnahmen.
Wie es aber gewohnlich zu geschehen pflegt, dass wenn
eine gute Sache einmal angeregt ist, sie sich schliesslich den-
noch aller Hindernisse ungeachtet Bahn bricht, so erging es'
denn auch den Berliner Pferdeschlächtereien. Nach mehrjähri-
gem Siech th am blühten dieselben mehr und mehr wieder auf,
bis das personliche Vorurtheil gegen dies Geschäft allmälig
wich nnd die Schlächtereien in solide Hände übergingen.
So befinden sich denn jetzt auch nicht nur in Berlin, son-
S6 Hertwif Jvl,
den fast in jeder groMiiro» Stadi dae pnmmuk&m Staalae
RoMfeUaebtereieD, die eamaitlidi laehr oder weaiger gvCe 6e-
•ebafte machea«
Von sehr gnnatigefli Einflnes Inr die Hebung der Rom-
war die Verordnung dea Konigüeben Polisei-
▼om 34. Mars 1854 ond die in deouelben Jahre er-
folgte üebertragong der Beanfsiehtignng und Untenmehang der
sn sehlaehtenden Pferde an den Poliseithierarst Kaiebnseh,
Indem hierdoreh dem Poblienm eine Garantie gegeben
wurde, wirklieh gerandes. Fleiseh im Kanfe an erhalten, was
▼or dieser Zeit leider noch angesweifelt werden konnte,
df jeder Behiaehter die betreffenden Pferde Ton irgend wßlehem
Thierarst nntersncben nnd in seiner Behansnng schlachten lassen
dorfte, wodordi die so nothwendige Gontrole in Welen Fallfn
so gnf wie nnmogljch gemacht wurde.
Die bis zum 24« Mars 1854 in Geltung gewesenen poli-
aeilichen Vorschriften über die ftossschlachtereien lauteten:
1) Es darf bei Androhung von 5 Thlm. Strafe kein Pferd
geschlachtet werden, welc)ies nicht Torher von einem Thierarst
untersucht und snm Genuss far Menschen geeignet befunden
worden ist. Hierüber mqss eine besondere Bescheinigung aus*
gestellt, solche aber tou dem Schlachter rier Wochen laiig auf-
bewahrt und auf Erfprdern den Reyier-Poli^ei-Beamten Torge-
seigt werden,
3) Jeder sich snm Betriebe der Rossschlachterei Meldende
wird ausdrucklich auf die Bestimmung in g. 4 des Pferdedieb-
stahlgesetses Tom 13. Februar 1848 S. 75 verwiesen.
8) Alle Matktbuden und sonstige Verkaufsstellen, wo
Rossfleisch feilgehalten werden soll, müssen eine Tafel mit der
Aufschrift RosefleischTcrkauf fuhren, auch darf in denselben
nicht Fleisch tou andereii Thier^ feilgeboten werden.
Diese Verordnung, welche sich als nicht ausreichend erwies,
rief die bereits oben ^rwahqte Verordnung Tom 24. Mfirs 1854
hervor, Wfilche fplgf^dermasseii gantet: (cf]f. Dp hl di^ Vete-
ti^fffpßftä 4«a ^pfnfmdbtn $t§^tn p. S81 tq^ Bora ¥n».
Me^. yr«^ 18IS9. I. S. 838).
^of ßrpfi^d .d^r §§. 6 und 11 des QeMtiet Tom 11« Min
181^0 plber ^9 Fol^seiTenraltppg T/nordi^et dM Politei-Priai-
^om liir dep epi^er^p Pojisei-Besirky wie folgt:
§• 1. Dm 8<4)*oht9n mow Pferdes, Bfel^ oder l^buü-
thiere^ f j^m yfrlL»Qf/9 des Fie^c^ep» d^f npr »o deo toü d«r
fp^i^^ : Bebor^p erifiabten S.cMac}iUtift0|i (ScblAebtbfoter)
stattfindeD«
g. 2. El>9Dio darf das Flebc)i diefof Tbiere n^r en den
Qf«P^ii fQÜ gebalfii^fi werd(9o, welcb.e bei ^pr Polisei-Beborde
Tprbi^f a^g^xueldet ^ordep siff^* «^^^^^^ YerJKaafMteUe di^i^r
Aft, i^ yelcber ei^ Qapdel mit an4pr.eii» mm GeopMß lor
MensebeD bestimmteD FleiBcbwamren niobt itattfinden dfuf , Qlits
§. 3. KeiD jpf?r4? ?*i^^ P4ff ?lfalthi(Br, d^ffftn Fl^ifcb
f BS* %n??J ^®!<?P.«»f i»^ ^f^ ^?!>f' glPfpWac|it^i wejrdep, be-
Yf?' ^»^fi]PP Pi<5!?^ ^9P d^fj^ ppfjseilicb^p T^^rarpt« nntefiucbt
an^ beypr fop di.^sem oicbt eji) Afteft aafgf^ftellt ift, dMf <)ftf
sa scblacb^ende Tbier q|c|}t an eitler Kraokbeit i^elittep bat,
welebe dessen Fleiscbgenoss iar ^pnscben and Tbiere nngeeig*
net gemaebt bat.
§. 4. Jeder Rossseblaebter bat ein von dem poliseilfoben
Reyier- Vorstande in paragrspbirendes nnd absnstempefndes
Scblacbtbifeb an fabren, welebes nacb dem beifolgenden Sebema
(Anla|^ a) eip^^richtet «mn mRf>.
Die er|$$iA 4 Kpbriken mfissen sofort nnd binnen langptf ns
24 Standen vom Rosssebladiter ansgefallt werden, pa<;bdem das
Tbiec ei^o^b^i) litt W^^^ dessen Abscblacbtang aaob nocb niebt
sofort beabsiebtigt wird,
^Q? AosföUgng ^ VMiSßi Sfiblik geeggt die Asffuhnillg
des Namens derjenigen Person, Ton der das Pferd ete. erwor-
ben worden ist, sofern dieselbe dem Rosssoblicbter als im In-
38
Hertwig Jan., die Rostschliohterai
lande Ansässig personlich bekannt ist. RSeksichtlich nnbekann-
ter yeransserer kommen die Vorschriften des Gesetzes vom 18.
Febraar 1848 in §§. 5, 6, and 7, (G,,-S. S, 75) aar Anwendang.
Die fünfte Rabrik wird von dem poliseiiichen Thierarite
aasgefallt (vergl. §. 3), demselben darf das sam Schlachten be-
stimmte Thier jedoch nicht froher als höchstens 24 Standen
vor dem Schlachten aar üntersachang vorgestellt werden.
Die sechste Rubrik ist von dem Rossschiachter spätestens
84 Stunden nach der Schlaehtnng aassofallen.
§. 5. Das Schlachtbach mass der Rosschlaehter jederaeit
in seinem Verkaafslocale, oder wenn, dasselbe von der Schlacht-
statte entfernt ist, in der letzteren aar VorzeigoDg an die re-
yidirenden Polizeibeamten oder den polizeilichen Thierarzt be-
reit halten.
§. 6. Wegen Bes'eitigang der nicht aam Verkaufe geeig-
neten Abgange an Knochen, Fell etc. sind die bestehenden oder
noch sa erlassenden Vorschriften innesahalten.
§. 7. Wer dieser Verordnung entgegen handelt, oder
den ihm darin auferlegten Verpflichtungen nachzukommen un-
terlasst, vernillt in eine Geldbusse bis zu 10 Thalern oder im
Unvermogensfalle in eine Gefänguissstrafe bis zu 14 Tagen.
Anlage a.
Schema des Schlachtbaches.
1.
B
d
2.
Besehreibnng
des Pferdes,
Esels oder
Manlthiers
nach Alter,
Grosse,
Farbe und
besonderen
Kennzeichen.
3.
Tag
des
Erwerbes.
Name des
Veränsserers
und Vermerk
über dessen
Legitimation.
5.
Attest des
polizeilichen
Thierarztes
aber den Ge-
sundheits-
zustand des
Thleres.
6.
Tag des
Schlach-
tens oder
anderwei-
tigen
Verkaufes.
in BtrliiL 19
Die Regierang so Potsdam eriiess anterm 20» Mm 1856
for ihren Yerwaltangs- Bezirk eine faat gleiohlaatende Verord«
nung, welche in §• 7 noch folgende Beitimmang enthalt :
Aach in Betreff des Schlacbtens eines Pferdes, Esels
oder Maalthieres sam eigenen Gebranch des Fleisches
oder EU anderen Zwecken wird die Beachtung des §.
3. angeordnet, and darf aach ein solches Schlachten
nicht ohne thierarstliche Prafang and Bescheinigong
hinsichts der Unschädlichkeit des Fleisches erfolgen,
diese Prafang mass in der Regel vor dem Schlach-
ten, and nar in besonders dringenden Fallen darf sie
nachher, jedenfalls aber des Schleunigsten statt*
finden.
Vergleicht man diese ' beiden Verordnangen, (die vor nnd
Ton 1854), so wird gewiss jeder mit mir darin abereinstimmen,
dass die letstere anbedingt ganstig auf das Poblicom and
somit Tortheilhaft anf das Rossschlachtergeschaft wirken mnsste,
besonders aber der Umstand, dass ein erfahrener and als ehren-
haft bekannter Beamte die za schlachtenden Pferde antersnchen
mnsste.
Ferner warde darch die vorgeschriebenen Schlachtbacher
die Controle aber die zam Schlachten bestimmten Pferde, be-
sonders bei spateren (amtlichen) Naehforschangen gesichert, da
die grossen Comtoirbcicher for Jahre aasreichen, wahrend. da-
gegen die froheren Atteste, ohne geregeltes Schema aaf losen
Blattern geschrieben, nar za leicht verloren gehen konnten
and ja nberhaapt nar 4 Wochen lang aufbewahrt zu werden
brauchten, also eine zurückgreifende Controle über diese Zeit
hinaus unmöglich gemacht werden konnte.
Von ebenfo grosser Wichtigkeit für das Empoiblnhen der
Rossschlachterei war der Umstand, dass die einzelnen Schlacht-
loeale allmalig eingingen und dafür grossere gemeinschaftliche,
nnd schliesslich unter der Leitung des PoL-Thierarztes Dr. Pauli
nnd des Rossschiachters Meier in der Central-Rossschlachte-
to'
Hartwig jii£, ^bx^hliehtmi
rei öin ^iintb prAktiAclies wld scliSn eingerichtetes Bta1>^^^^^
geisebaff^D ihitM,
Zum' äeweite de^ duroli* obige Verördnongen nbd' Einrieb-
tongen iinmei' mebr wacljsenden Gdnsl dlid der mehr and mehr
•chwindenden Abndigan'g des Pablicnms int Rosssohlachtereien,
gebe ieh hieir eine Zösammenstellong der in den Jabren 1847,
1858 — 68. jährlich gescbladbtetän Pferde.
184*7' (Ndthstand) Ton' 11' RossscÜla^Htern ei 3Ö00 Pferde.
1853 von 5 Ro^sclilfibbtern' circa 686 Pferde.
1854 <
- 4
-
4D0
-
1855
4
-
TÖO
•
1856
- 4
-
769
-
1857 .
. 2
•
367
•
1858 -
2
•
450
•
1859 •
4
-
44i^
-
1860 -
4
-
6^18
•
18ei •
8
* »
•
519
•
1862 .
7
-
1042
-'
1863 .
7'
-
1307
-
1864 .
8
-
1742
-
liBe5 -
8
-
2141
•
1866 •
. 12
-
3115*
-
1867 .
. 17
-
3911
-
1868 '
. 18'
1
-
4026
-
25226 Pferd6.
B)i seigt' sieh alli^lrdihgs nach obigbr Tabelle' in manchen
Jahi-lB^ ein^ Verritfgeftiiig gegen fruherb Jahi'ä, abior' in welchem
Geschäfte' tratö'diesäi* Fall niöh€' eint -^ Im groUen Gänsen'
beweisen die angefahrten' ZMet gtdWlsä' die Richtiglceit meiner
BehaaptaiigliA.
Idi komme nun, nachdeih iöh in Obigem einen karten Ab-
risi^ctif Efntwicklang der Rossd^bladhtereien in Berlin gegeben
habe» anf dte s^eereU^ Bäi&chröibangf dbs Betriebes ddf' R'öss-
schlScht^ei, wie' d^ielb^ heaO» in Be/lin bbi^t^ht
ffi Adtti. 3f
Diw ffii^ saaitttUelftr RosMchliebter BeilHii'f Tom Polisei-
Frid^am allein erlaabte Seblaohtitfitte, Welche den Namen
„Central*Ro688clilachterei*' f51irt, iet ein rolUtindig abgefchlof-
genes Gründstack von der GrStfe einet Morgens in der Greift-
walderttratte vor dem ehemaligen Konigtthor« Anf demtelben
befindet sich ein 2 st5ckiget Bauptgebande mit- der Wohnung
des Intpectort, einem Bfirean-Zimmer fnr die Poliiei-Besmten,
2 Stallen aar Au&ahme fnr die cum Sdüachten bettimmten
Pferdb, 2 grotten^ mit den nSthigen Werkseogen vertehenen
Schlacfat-Raamen, und 2 kleineren Eammem. Von den Lettte-
• ren ist die eine düsn bestimmt, die abgesogenen Felle der ge-
tdilachteten Thiere an bergen, die andere dagegen, sn welcher
nor dir Beamtto nnd der Intpelstor Zutritt haben, dieirt bot
Tornbergebenden Aufbewahrung det autgetchlachteten aber Ver-
worfenen Fleisches, d. h, dötjenigen, weichet bei der innetlichen'
Betiditigang swar nicht alt geeignet sur Nahrung fnr Mentehen
nnd Thiere, jedoch mit keiner' ansteckenden Krankheit behafUt
befunden worden itt, daher noch su gewerblichen Zwecken i* B.
Bom Leimsieden verwerthet werden darf. Ferner befindet sich
sof dem genannten Grundstock ein Üntersuchungs-Haus, eiti' c.
W hbhes und 20' im' Geviert messendes Gebinde, dessen Baupt^
front des günstigen Lichtes wegen (s, u.) nach Oäten gelegen
ist, mit 4, c. 8 Fttts hohen und 4 Fuss breiten Feüstem nach
eben dieser Seite hin.
Ausserdem hat dieses Bans an den übrigen Wanden noch
mehrere, theils ebenso grosse, theihr kleinere Fenster, so dats
der grosste Theil des Hauses aus Glaswfinden besteht. In einto
überdeckten, an den Seiten offenen BAUe befindet sich cum
Unterstellen für c. 24 Pferde ein Raum, welcher im Sommer
lom- Aufstellen lebend^ Pferde benutat wird, damit dieselben
nidit durch die Bitae beUstigt werden, und das Fleisch da-
durch eine Einbusse an seiner Gute erleidet.
Ffir diejenigen Pferde,' welche schon bei der Untersuchung
hn lebenden Zustande ein reterinair-politeiliches Bin#chreitin
93 Hertwig jnn., die BoHuehläohterei
erfordern, ist lar aageDbiioklichen Sicherstellang derselben ein
besonderer Absperrungsstall eingerichtet, welcher nach jedesma-
liger Benatsong der Desinfections- Vorschrift gemäss gründlich ge«
reinigt wird. Einer gleichen Reinigung mit einer von Zeit zu
Zeit verbundenen Desinficirang durch Chlorkalk wird übrigens
nach Bedarf der oben erwähnte Observations-Raum für das als
ungeeignet zum Genuss befundene Fleisch unterworfen. Im
Sohlachthause wird musterhafte Reinlichkeit gehalten, nach dem
jedesmaligen Schlachten werden auch die dabei benutzten Räu-
me und die beim Schlachten benutzten Gegenstande gründ-«
lieh gereinigt, insbesondere der mit Granitfliesen belegte Fuss-
boden gut gescheuert und gefegt«
Das Blut, welches cum Theil in eine cementirte Senkgrube
fliesst, theils aber auch gleich am Thiere aufgefangen wird,
wird, nachdem sich das Serum ausgeschieden , von Privatleuten,
die es so ihren yerschiedenen Zwecken verwenden, sehr gern
gekauft. Das gewonnene Blutserum wird zur Albuminfabrikation
benutzt. Die Rinnen sammt der Senkgrube werden nach ihrer
gründlichen Reinigung durch Wasser noch besonders mit einer
Losung Ton Ferrum sulphuricum oder Chlorkalk desinficirt, so-
dass selbst in den heissesten Sommertagen auch nicht eine Spur
eines üblen Geruches zu bemerken ist.
Aus dieser kurzen Schilderung, des Etablissements ist wohl
die Zweckmassigkeit desselben deutlich zu erkennen.
Hinsichtlich der Untersuchung der zum Schlachten gekauf-
ten Pferde und der dabei ausgeübten sanitats-polizeilichen Con-
trole findet folgender Modus statt.
Regelmässig des Morgens von 9 — 10 werden die zu
schlachtenden Pferde, nachdem ein Polizei-Beamter die Natio-
nale derselben nach dem vorgeschriebenen Schema (cf. p. 28} auf-
genommen und in die betreffenden Schlachtbücher der einzel-
nen Schlächter eingetragen hat, in das Untersuchungshans gefuhrt
und von dem hiesigen Departements -Thierarzt Dr. Ullrich mit
meiner Assistenz untersucht. Zu diesem Zwecke wird zuvorderst
in Berlin. 3S
der allgemeine Habitns dei Thieres io Angentehein genommen
Qod dann die resp, Fieberlosigkeit festgestellt. Ist dies ge*
scheben, so wird das Athmen nnd die ansgeatbmete Lnft, die
Beschaffenheit der sichtbaren Schleimbante , der Kehlgangsdrn*
sen, der Leisten- nnd Bngdrnsen, des Hustens, so wie die ganse
äussere Decke einer genaueren Prüfung unterworfen nnd erst
hierauf, je nach dem Befunde, die Erlaubniss sum Schlachten
gegeben oder verweigert. Dass nur solche Pferde cur Unter«
Buchung gelangen, deren Zustand hinsichtlich der Qualität nnd
Quantität des Pulses, Athmens etc. ein sicheres Uriheil gestat-
tet, also nicht kurz Tor der Untersuchung aus dem Arbeits-
wagen gespannt oder schnell geführt oder geritten sein dür-
fen, sondern sich erst gehörig ausgeruht haben müssen, ist
selbstverständlich. Finden sich an einem Thiere irgend welche
abnorme Zustände, die wohl unter anderen Verhältnissen ohne
weiteres als gleichgültig angesehen werden konnten, so müssen
dieselben bei den Schlachte bjecten doch immer mit Misstrauen
betrachtet und deshalb ein bestimmtes Urtheil über das Fleisch
solcher Pferde als Gennssmittel vor dem erfolgten Schlach-
ten Euruckgehalten werden, bis durch eine Besichtigung der
inneren Theile unsererseits die unsweifelhafte Gesundheit des
Thieres festgestellt ist.
Ist nun ein Pferd als geeignet ffir menschliche und thierische
Nahrung befunden worden, so wird es ohne Weiteres durch Er-
schlagen getodtet und geschlachtet, aber im entgegengesetzten
Falle wird es abgewiesen. Dieser Fall tritt ein: bei allen an-
steckenden oder fieberhaften Krankheiten, bei grosser Mager-
keit, bei cachectiscben Leiden und bei Thieren, welche mit gros«
seren eiternden Wunden oder jauchigen Geschwüren behaftet
sind. Solche abgewiesene Thiere, welche keine ansteckende
Krankheit haben, werden dem Schlächter zu einer beschränkten
Verfugung belassen; er darf dieselben dem Verkäufer zurück-
geben oder sie zur Verwendung für gewerbliche Zwecke d. h.
Mag. {. TU«rbeUk. XZXVL 1. 3
84 Hertwig Jon., die Bostschliehterei
£ain Leimsieden oder Kuochenbrenoen yerkanfeD, worüber je-
desmal ein TOD dem Kaafer für diese Zwecke aasgestellter Em«
pfangsohein beicnbringen ist.
Die Richtigkeit der Ablieferaog und des Empfangscheins
wird darch einen Polisei-Beamten controlirt. —
Einem gleichen Verfahren unterliegt auch das bei der in-
nerlichen Besichtigung für nicht zur Nahrung , aber dennoch su
gewerblichen Zwecken brauchbar erklärte Fleisch der ausge-
schlachteten Thiere, nachdem es vorher durch Petroleum oder
Ol. animal. foetid. aum Genuss für Menschen oder Thiere unge-
eignet gemacht worden ist. Das Ton Pferden herrührende Fleisch,
welche sich bei der innerliehen Besichtigung als rotsig-wurmig
erwiesen haben, wird ausserdem sofort unter strengem Ver-
schluss in die oben erwähnte Observations - Kammer gehangt
und am nächsten Tage dem Scharfrichter von einem Beamten
ausgehändigt. Finden sich bei der Untersuchung im lebenden
Zustande Pferde, die mit der Rotz^Wurrakrankheit behaftet
sind, so werden dieselben so lange in den oben erwähnten Ab-
sperrungs-Stall gestellt, bis sie durch einen Gehnlfen der Scharf-
richterei, welche sofort per Telegraph benachrichtigt worden ist,
abgeholt werden, Pferde, an denen Symptome bemerkt werden,
welche dieselben der Rots- und Wurmkrankheit nur verdächtig
machen, werden entweder mit Bewilligung des Eigenthumers
dem Abdecker übermittelt oder dem Eigenthümer zurückgege-
ben^ und bei diesem sofort durch das zuständige Polizei-Revier,
welches bereits durch den Telegraph in Eenntniss von dem Vor-
fall gesetzt ist, unter polizeiliche Aufsicht gestellt, und nach
Vorschrift des Reg. vom 8. August 1835 weiter beobachtet.
Zur Ehre der Rossscblächter sei aber hierbei erwähnt, dass der-
artige Pferde sehr selten zur Untersuchung vorgestellt werden;
im Gegentheil werden fast nur gute und gute Mittel-Pferde
zum Schlachten angekauft, und herrscht unter den Rossschiäch-
tern selber die Ansicht, dass die Pferde zum Schiachten nie
gut genug sein können. Man glaube daher nicht, dass Pferde,
in Berlin 85
wie wir sie fraher leider oft genug in den Strassen Berlins
als Sand- oder Droscbken-Pferde sahen, oder gar die berüch-
tigten Charlottenburger die Schlachtobjecte bilden; es ist dies
ein grosser Irrtham ; die Pferdemarkte in der näheren nnd vei*
teren Umgebung liefern durchschnittlich ein besseres und reich-
haltigeres Material, als Berlin selber.
Die Schlächter reisen 30 — 40 Meilen weit, um tos den
Pferdezüchtenden Landwirthen die oft nnr wegen äusserer Feh-
ler cur Zucht nicht tanglichen Fohlen und Pferde lu erwerben.
Berlin liefert hauptsachlich nnr auf der Strasse Terunglnckte
Pferde, oder solche, die durch irgend welche Umstände, höhe-
res Alter, Steifigkeit der Fnsse, nicht mehr fähig sind, den an-
greifenden Dienst auf dem Pflaster der Stadt an versehen nnd
durch die Humanität ihrer Besitzer, in der Regel Aerste, Rauf-
leute, Spediteure, Brauer etc. sn einem schnellen und leichten
Tode begnadigt werden. Ausserdem bilden noch die in und um
Berlin abgehaltenen Auctionen der Militarpferde eine Quelle für
gutes Schlachtmaterial.
Das Fleisch der Pferde kommt niui' nicht als solches
allein, sondern in verschiedener Weise zubereitet in den Handel;
so wird es z. B, mit Schweinefleisch zusammen in Pökel ge-
legt oder zu wohlschmeckenden Ranchwursten verarbeitet. Von
den fetteren Pferden werden die Rippstücken als sogenannte
Speckseiten geräuchert, ebenso die Schinken, deren Fleisch in
seinem Aussehen und Geschmack dem der Gänsebrüste tauschend
ahnlich ist. Die geräucherten Zungen äbertre£Fen an Zartheit
die Rinderzungen. Das Fett, welches bei geschicktem Aus-
schmelzen in Farbe und Geschmack dem Ganseschmalz vollkom-
men gleicht, wird, um demselben eine festere Beschaffenheit zu
geben, gewohnlich mit Schweineschmalz vermischt und zu einem
ziemlich hohen Preise verkauft.
Betrachten wir nun, ehe wir den Nutzen, welcher uns durch
die Rossschlaohtereien erwachsen ist, ins Auge fassen, die Gründe,
3*
86 Hartwig jan, die Boflssehläebterei
welche mao gegen den Genass des Pferdefleitehee für Menechen
berrorgehoben bst, so glaube ich bebanpten sa können, dass
der banptsachlichste Gmnd nor in einem Vorortfaeil hinsicht-
lich des Geschmackes des Fleisches, und in dem Umstände
liegt, dass bei ans das Pferd eben kein Schlachtthier ist nnd
den Menschen im frenndsebaftlichen Verkehr, mit Ausnahme des
Hundes, Tielleicht am nächsten Ton allen Tbieren steht*
Gegen diesen leisten Grund, der auf rein humanem Ge*
fühle beruht, wage ich keinen Einwurf; er besteht auch nur bei
einem Terhiltnissmassig kleinen Theile des Publicums, der eben
in seinen Pferden sugleich auch einen Freund erblickt.
Was nun das Vorurtheil hinsichtlich des Geschmackes anbe-
trifft, so ist dasselbe nur ein eingebildetes, denn es wird oft ge-
nug, sogar Ton Leuten, welche ihrer Meinung nach noch nie
Pferdefleisch gegessen haben, behauptet, dass dasselbe wider-
lich schmecken müsse; und wie oft mag gerade diesen Leuten
das Pferdefleisch im Restaurant gut geschmeckt haben!
Das Pferdefleisch hat im gekochten Zustande (wie auch
die Bouillon) allerdings einen etwas weichlichen, susslichen,
Ton dem der übrigen Fleiscbarten abweichenden Geschmack;
aber was will dies sagen? Weicht denn nicht in diesem Punkte
eine jede Fleischsorte von der andern ab, und haben sie des-
halb etwas Widerliches an sich? — Niemand wird dieses be-
haupten wollen ! Ungewohnt mag ja der Geschmack des gekoch-
ten Pferdefleisches Vielen sein, aber wem ergeht dies bei einem
neuen oder fremd lubereitoten Gerichte nicht ebenso? -^Ausser-
dem verliert sich dieser süssliche Geschmack auch, sobald das
Fleisch nach dem ersten Aufwellen von Neuem in frischem
Wasser gekocht wird.
Ein anderer Einwurf gegen die Rossschlachterei lautet:
Die gesunden, fetten nnd jungen Pferde sind cum Schlachten sn
theuer und alte abgetriebene und ausgemergelte Thiere taugen
nicht sur menschlichen Nahrung. Dieser Einwand ist seit vie-
len Jahren, fir Berlin wenigstens, nicht mehr stichhaltig; alte
in Bmrlin. 87
Pferde werden wohl geschlachtet, aber aoagemergelte nicht i
dafar garantirt die streng gehandbabte Untersnohnng. Die Preise,
welche die anm Schlachten angekauften Pferde haben, beweisen
inr Genüge, dass jnnge und fette Pferde den Schlichtern keinea-
wegs an thener far ihre Zwecke sind, denn 40 — 60 Thlr. für
ein Pferd, welches sich den Fnss gebrochen hat, blind gewor-
den ist oder dergleichen, kann kein Anderer dafar sablen, alt-
ein Schlachter, der aas der Verarbeitung des Fleisches aor
Nahrang, trota des noch billigen Preises, seine Muhe durch den
Verdienst an demselben belohnt sieht« —
Die Qualität des anm Verkauf kommenden Pferdefleisehes
iat dorchschnittlich besser ab die der übrigen von ausserhalb
anf den Markt cum Verkauf kommeoden Fleischsorten« Kein
Rosaschiachter würde es wagen, Pferde von solch' erbärmlicher
Beschaffenheit, wie sie oft bei Rindern und Kalbern an finden
ist, und deren Fleisch trotsdem von Schlachtern auf dem Lande
angekauft, nach grosseren Städten gebracht and dort als Nah-
rungsmittel für Menschen verkauft wird, anm Untersuchen vor-
aastellen. Wer mit den ländlichen Verbaltnissen in der Umgegend
von grosseren Städten vertraut ist, wird wissen, dass das Fleisch,
welches dort verkauft wird, leider nur au oft von kranken
Thieren, die im Augenblick des Verscheidens oder kura vorher
abgeschlachtet sind, herrührt.
Obwohl das Fleisch auf den Berliner Markten einer speci-
ellen Controle unterliegt, so ist es doch in manchen Fällen
nicht möglich, ein Gataohten darüber abaugeben, ob das au
Markte gebrachte Fleisch von gesunden oder kranken Thieren
herrührt, da sich nur mit wenigen Ausnahmen an dem zerleg-
ten Fleische und besonders an dem sogenannten Ausschnitt-
fleische, Krankheits-Erscbeinungen nachweisen lassen. Und nun
kauft ein gewisser Theil des Publikums gerade solches zweifel-
hafte Fleisch, natürlich für einen niedrigen Preis, trotsdem
jeder weiss, dass er für denselben kein gutes Fleisch erhalten
kann. Zu dieser Klasse von Leuten gehören namentlich Zim-
38 Hartwig jmL, dia Itnwiifhlifhliiifii
menrerinietbdr, welehe Arbeiter und Sjindwerker in Schlafcteile
haben nnd xn gleicher Zeit fSr diese den Tisch besorgen, —
es wäre wahrlich besser, sie kanften ans den eoncessionirten
Verkaafsstellen gesnndes Pferdefleisch.
Fasst man diese letzten Punkte snsammen, so scheint es
mehr als wnnschenswerth, dass das Pferdefleisch eine noch gros*
sere nnd allgemeinere Verbreitung als Nahmngsmittel für Men-
schen verdient, als dies bis jetat der Fall ist , snmal der Un«
terschied im Nahmngswerth zwischen dem Pferdefleische von
gleicher Qualität nnd dem Fleische anderer grösserer Thiere
wohl nur ein unbedeutender sein durfte, — was noch immer
der näheren chemischen Untersuchung nnd Nachweisnng be-
darf.
Die verschiedenen Fleischarten unserer Hausthiere zeigen
im Wesentlichen eine grosse Uebereinstimmung in ihren Bestand-
theilen, doch weichen sie in dem Mischungsverhältnisse derselben
von einander ab. Das Fleisch besteht ans der Muskelsubstana
in Verbindung mit Sehnen, Nerven, Gefassen, Bindegewebe,
Blut, Serum nnd Fett, und enthalt als Hanptbestandtl^eil die
Muskelfaser, nebst Eiweiss, Gallerte, Osmazom und Speichel-
stoff, ferner phosphorsaures Kali, Chlorverbindungen, milchsan-
res, salzsaures und phosphorsaures Natron in geringer Menge.
Nach Brande, Schweigger 's Journal Bd. 36 S. 190, ent-
halten 100 Tbeile Fleisch über 70pCt. Wasser, ca. 20pGt.
Faserstoff und Eiweiss, ca. 6pGt GoUa, speciell:
Faserstoff nnd überhaupt näh-
Wasser, Eiweiss, Gallert, rende Bestand-
theile.
7 29
6 26
6 25
5 24
Hatten wir nun die Gründe kennen gelernt, welche das
Vorurtheii gegen die Verwerthung des Pferdefleisches als Nah*
Hammelfleisch
71
22
Rindfleisch
74
20
Kalbfleisch
75
19
Schweinefleisch
76
19
In Barlin« 89
rangsmitiel aufgestellt hat and welche tich alle widerlegeo Im-
ten, und betrachten wir non den Natsen, welcher dnrch die
Roasschlachtereien der AllgemeiDbeil erwachst, so sind besondert
folgende, unwiderlegbare Pankte hervorsoheben.
1) Ist durch das Fleisch der Pferde ein werthyoUes Nah-
rangsmittel gewonnen, dessen wohlfeilerer Preis nnsahligen Fa-
milien wohlthatig geworden ist.
2) Bietet das Schlachten der Pferde and die Verarbei-
tang des Fleisches fSr viele Familien ein zwar sanres, aber ehr*
liebes nnd aach ein gnt nährendes Gewerbe.
3) Wird der bereits oben erwähnte Zweck des Thierschnts-
Vereins, nämlich Unterdrucknng der Thierqaalerei erreicht,
denn seit dem Besteben der Rossschlachtereien sehen wir
nicht mehr soviel elende abgetriebene Pferde in anseren Stras-
sen, wie vor dieser Zeit, wo ein Fahrmann, weil er für sein Pferd
höchstens den Werth des Felles nnd eine geringe Vergatang
▼on den Abdeckern für die Knochen erhielt, (der frohere Scharf-
richtereipachter Kraft sahlte i« J. 1848 nach mir gemachten
Mittheilnngen nnr 1 bis 2 Thlr. far ein lebendes Pferd), es far
gerechtfertigt hielt, sein Eigentham bei sowenig als möglich
Kosten soviel wie möglich anssanatsen. Heat hat sich diese Sache
doch geändert. Jeder Pferdebesitzer weiss, dass sein Pferd,
sobald sich dasselbe in einem guten Zustande befindet, ihm
noch, nachdem er es genngeam far seine Zwecke gebraucht hat,
einen verhaitnissmassig hohen Preis einbringt, — nnd wenn der
Besitzer das Thier deshalb auch gerade nicht besonders pflegt,
so lasst er dasselbe doch auch nicht durch harte Arbeit und
magere Kost so weit herunterbringen, wie dies früher leider so
oft der Fall war.
4) Wohl in keiner Stadt hat der Hund einen solchen Werth
als Zugthier wie in Berlin. Von seiner Gesundheit, Kraft und
Ausdauer hangt oft die tagliche Nahrung ganzer Familien
ab. Und aach für diese Thiere, die für Berlin thatsachlich nicht
sa entbehren sind, findet sich in dem Pferdefleisch das kraf-
40 Hertwig jan., die Rosatehlifobterei
tigtte, Datargemisseste Erhaltangsmittel, welches sich sa gleicher
Zeit durch Billigkeit aoszeichoet, da die far MenschcD oicht
branchbaren Theile, Backen, Hals etc« su einem sehr geringen
Preis als Hundefntter verkauft werden.
Zieht man ferner in Betracht, dass einselne Indostrielle, Leim-
sieder und Knochenbrenner etc. für ein lebendes gesundes Pferd
mittlerer Qualität als höchsten Preis 7 Thaler besahlen können,
wahrend der Rossschiachter selten ein Pferd unter dem doppel-
ten dieses Preises, oft das vier- und fünffache desselben besablt,
so sieht man, dass der Verkaufer nach dem Veranglucken seines
Pferdes in die Lage versetat wird, sich aas dem erlosten Gelde
sofort ein anderes Pferd kaufen zu können, sein Geschäft also
keine Stockung erfährt.
Vor Allem offenbart sich aber der Nutzen der Rossschläohte-
reiea, wenn man berechnet, welcher Gewinn an^Geld und Nahrnngs
mittein durch den Rossfleischverkauf dem Staate mehr erhalten
bleibt, als früher. Wenn auch hinsichtlich des letzteren Punktes
der Verbrauch des Pferdefleisches nie wird genau festgestellt wer-
den, da vielleicht der grösste Theil desselben nicht unter der
wahren Firma genossen wird, so lässt sich doch auf folgende
Weise berechnen, wie viel Pferdefleisch zur Gonsumtion ge-
langt, und wie hoch sich die dadurch erzielte Einnahme beläuft«
In Berlin wurden innerhalb 17 Jahren bis zum Jahre 1863 ca.
25226 Pferde geschlachtet, im Durchschnitt also jährlich 1480
Pferde. Hiervon kommt jedoch in Abzug die Summe der ver-
worfenen Pferde, welche mit durchschnittlich 3p Ct« im Jahre
zu berechnen ist, es wurden also nur 1437 Pferde jähr-
lich als Schlachtvieh anzunehmen sein. Das Pferd zu 200 Pfd.
Fleischgewicht gerechnet, giebt 287,400 Pfund, das Pfund
Fleisch kostet im Durchschnitt (mit Rücksicht auf den höheren
Preis des Pökelfleisches, Schinkens etc«) 2|f Sgr„; dies macht
eine Summe von 23,950 Thlrn. pro Jahr aus. Dazu kommen
noch für Lebern, pro Stück 20 Sgr., 958 Thlr., das ist jähr-
in Berlin. 41
lieh ein Gewinn von 24,908 Tklr/) Die obrigen Theile,
Haare, Leder, Bafe etc. können hier niebt mit in Betracht
kommen, da diese jeder andre Gewerbt reibende in derselben
Weise aassnnotsen im Stande ist, wie die Rosschlacbter.
Das Pferdefleisch steht in dem Eiweissgehalt dem Rind-
fleiseh am nächsten; in seinem Fleichsafte, der die Zwischen-
räume zwischen den Muskelfasern erfollt, findet sich jedoch
mehr Kroatin**) und Kreatinin, als in anderem Fleische. Ob-
gleich nar in geringer Menge enthalten and selbst ohne Ge-
schmack, soll das Kroatin dem Fleische einen sosslichen Ge-
schmack verleihen, nnd mag wohl durch das reichlichere Vor-
kommen desselben, so wie durch das ebenfalls bedeutende Vor-
handensein von Muskelsucker im Pferdefleisch der snssliche Ge*
schmack desselben bedingt sein.
III.
Beitn^ nr Beastworfang eiaiger Fngn m Bea^
auf LongeHsenchet
Von F. Meyer,
Landesthierarzt in Birkenfeld.
Obgleich die Literatur über die Lungenseuche schon sehr
umfaugreich geworden ist, und sich noch alljährlich yergrossert,
sind doch manche Fragen in deren Betreff noch der Losung
*) Diese Summe yergrossert sich mit jedem Jahre, da der Fleisch-
consum von Jahr zu Jahre steigt und in den letzten Jahren das
Doppelte und Drei&che der Dnrchschnittssunune überschritten hat.
**) Kreatin, eine sehr stickstoffhaltige Materie, ist zuerst tou Che-
▼ reul aus dem wässrigen Eztracte Ton Mnskelfleiscb, das Yorher mit
Alkohol behandelt war, durch den die Salze und das Osmazom ent-
fernt werden, als eine weisse, geruch- nnd geschmacklose, in kleinen
Würfeln krystallisirende Materie dargestellt, die in der Hitze einen
blansauren Geruch verräth und ammoniakalische Produkte liefert
49 Mejer, 5 Fnm^en
harrend and daronter sind solche, die in den sogenannten bren-
nenden sa rechnen sind, da von deren Bntscheidong eine dring-
lich nothige Aenderung der bisherigen angenngenden Polisei-
maassregeln abhangt.
Sofern auch ich mir hier nochmals erlaube, mein Scherf-
lein dazu beizutragen, geschieht dieses lediglich in der Absicht,
der guten Sache zu dienen.
Wenn ich mich im Verlanfe dieser Arbeit genothigt sehe,
den Ansichten sehr geachteter Persönlichkeiten entgegen an
treten, habe ich dabei nur die Sache im Auge.
Ich werde im Nachstehenden 5 Fragen in Bezug auf diese
Seuche zur Erörterung bringen, ohne dadurch andeuten an wol-
len, dass nicht noch eine lange Reihe anderer vielleicht gleich
wichtiger oder noch wichtigerer unentschieden sind.
Diese Fragen sind:
I. Ist die Lungenseuche Contagion oder con-
tagiose Epizootie?
II. Ist die marmorirte Hepatisation nur Lun-
genseuche Symptom?
III. Ist die sogenannte Sequesterbildung der
Lungenseuche allein eigenthümlich?
IV. Hort mit der Einkapselung der Sequester
die Gontagiumentwickelung auf?
V. Wie ist die Lungenseuche zu tilgen?
I. Zur Frage: .Ob Contagion oder contagiose
Epizootie?
Es ist in den letzten Jahren hinsichts dieser Seuche immer
mehr die Ansicht zur Geltung gekommen, dieselbe sei für un-
sere Gegenden zu den Contagionen zu rechnen, und wenn
diese Auffassung auch 1867 in Zürich auf dem thierarztlichen
Congresse noch nicht völlig anerkannt ward, so hat man sich
derselben doch wesentlich genähert, indem sie wenigstens in
polizeilicher Beziehung den reinen Contagionen zugeord-
net ward.
LmigenMiiebe. 43
BeTor diese ADticht aber Dicht m allgemeiner AnerkenDODg
aaoh in der Gesetzgebang gelangt ist| wird die Seoche ihre
Verheerangen ungestört fortsetaen, weil man sich vorher nicht
entsebliessen wird, die Tilgung derselben ernstlich nnd grand*
lieh mit den erforderlichen Mitteln anzustreben.
Ndd treten noch immer von Neuem Schriftsteller auf, die
Seochenausbrnche zur Veröffentlichung bringen, welche die
spontane Entstehung der Seuche beweisen sollen. Ich halte es
für verdienstlich, diese Falle so weit thunlich, zu widerlegen,
weil ich dadurch die endliche Erkennung der wahren Natur
dieser Seuche zu fordern glaube. Ich habe früher schon durch
eine im Msgaz. f. Thierhlkde. Bd. 32. S. 804 u. ff. veröffent-
lichte Arbeit in dieser Richtung zu wirken gesucht« Jetzt finde
ich neue Veranlassung dazu, 1. durch einen Artikel des Herrn
Ober - Medicinalrath Professor Dr. £• von Hering, in dessen
Repertorinm, 29. Jahrg. S. 105 u. ff. als „Spontane Ent-
Wickelung der Lnngenseuche^ bezeichnet.
2. Durch eine Arbeit des Herrn Thierarzt Koppitz aus
Olbersdorf, in der Oestr. Vierteljahresschrift für Wissenschaft*
liehe Thierhlkde. Bd. 30. Heft. 2. als „Notizen in Bezug
auf Entsehung der Lungenseuche in Zuckerfabriks-
maierhofen^ überschrieben.
3. Dnrch einen Auszug- aus den Annales de M^decine ve-
terinaire in Herin g's Repertorium Band 23, Seite 313 u. ff.
„Aetiologie der Lungenseuche von Lecouturier.**
Ich bin der festen vollen Ueberzeugung, dass diese Falle
eben so gut, wie alle andern, auf Infection beruhten, deren
Wege ich freilich in den einzelnen Fallen nur mit Wahrschein-
lichkeit nachzuweisen vermag.
Der erstere Aufsatz basirt seine Beweise für Spontaneität
der Lnngensenche hauptsachlich darauf, dass die betreffenden
Stallungen (eine konigl. Maierei) isolirt belegen sind und deren
in denselben gezüchtetes Vieh mit änderm selten in Berührung
tritt, die hygienischen Verhaltnisse untadelhaft waren und die
44 Meyer, 6 Fragen
einsige Möglichkeit der Infectioo dumnf bemhie, daea ein Farren
der Maierei etwa 6 Wochen Tor dem Aoabrnche der Senehe
eine fremde Koh aasBerhalb des Hofes deckte, wonach aber
nicht dieter Farren, sondern die neben ihm stehende Kah aaerst
erkrankte.
In einer Nachschrift wird dann bemerkt, dass Jener Stier
etwa 5 Monate spater gnt aasgemastet an gutem Preise ver-
kanft ward nnd dessen Langen, abgesehen davon, dass die
rechte 5|, die linke nnr d| Pfd. wog, frei von Krankheits-
spnren, die anf nberstandene Langensenche deuteten, gefunden
ward.
Es wird dann noch hiosugefngt: »Hiermit ist die Gewiss*
heit gegeben, dass dieser Farren nicht etwa unbemerkt die
Seuche überstanden und auf das übrige Vieh übertragen habe.**
Seite 107, Zeile 4. u. ff. heisst es. «Obgleich hier die
Möglichkeit nicht in Abrede gesogen werden kann, dass der
Farren blos der Trager des Contagiums gewesen sein konnte,
so widerspricht doch dieser Annahme der Umstand, dass die
fragliche fremde Kuh bei der wiederholten Besichtigung sich als
gesund gezeigt hat, jetzt noch in demselben Stalle sich befin-
det und von jenem Sprunge trächtig wurde. Es ist mir auch
kein Fall bekannt, dass eine Kuh im acuten Stadium der Lun-
genseuche sich brünstig gezeigt hätte, man darf also wohl an-
nehmen, dass eine rindernde Knh nicht ansteckend auf den
Farren wirken kann, weil sie eben durch den Eintritt der
Brunst zeigt, dass sie nicht an einer fieberhaften Krankheit
leidet.''
Auf vorstehende Daten hin bezeichnet Herr von Hering
diesen Fall als spontane Entwickelung der Lungen -
seuche.
Wenn freilich die Anticontagionisten , sofern es statthaft
ist, dieses Wort in dieser weitesten Bedeutung auf Contagion
zu gebrauchen, keine bessere Beweise mehr für ihre Ansichten
beizubringen vermögen, wie die Vorstehenden, so mochte es sich
ober LnngeiiMiielie. 45
kanm noch der Mohe lohnen;- eine Widerlegung sa nnterneh«
men. Aber da jene Arbeit von so geachteter Feder kommt,
8o will ich doch diese Daten ein sein würdigen, nm an aeigen
wie wenig dieser Schlots ans jenen umstanden gerechtfertigt er*
Seheint. Ich denke es soll mir gelingen, an beweisen, dass
kein einsiger derselben als stichbaltifi: befunden werden koone,
und dass somit die Annahme der Spontaneität der L. s« aneh in
diesem Falle keine Beweise for sich habe.
Was snf5rderst den aus dem Sectionsbefande des Farren
hergeleiteten Beweispnnkt betrifft, so ist mir bei den hierlands
bestehenden Anordnnngen, dsss diese Seuche mehrentheils durch
Todtang des verdachtigen sowohl als des kranken Viehes ge-
tilgrt wird, aiemlich häufige- Gelegenheit geboten worden, Ob-
ductionen an durehgesencbtem Viehe vorsunehmen, und ich bin
an dem Resultate gekommen, dass nur in xwei Fällen bleibende
Residuen an der Lunge der Reconvalescenten aurnck bleiben,
manlich :
1. wenn der Seuchenprocess in der Lunge die Pleura in
Mitleidenschaft versetzte, in welchem Falle dauernde Adhäsionen
zwischen Lungen- und Rippen-Plenra, Zwerchfell etc. aurnck-
bleiben.
Diese Verwachsungen scheinen nie wieder gelöset zu
werden.
2. Wenn der Krankheitsprocpss in der Lunge die Hohe
erreichte, dass ein beträchtlicher Theil des Lungengewebes ne-
krotisirte. Zwar ist auch dieser s. g. Sequester resorbirbar
und verschwindet mit der Zeit, aber doch nur unter Zurnck-
lassung einer Narbe.
Was nun die ad 1 erwähnten Adhäsionen betrifft, so habe
ich dieselben, wenn die Reconvalescenz 5 bis 6 Monate dauerte,
ganz ohne Rothe und ohne Spuren flüssiger Exsudate gefun-
den. Die Neubildungen, welche beide Pleuraflächen verbanden,
waren vollsständig dem Aussehen anderer Plenratheile gleich,
ohne Rothe oder Dnrchfeuchtung, bandartig und zähe, und na-
46 Meyer, 5 Fälle
mentiich kamen mir in Wolfersweiler bei der Tilgong dortiger
Seacbe im Jahre 1864 swei Falle vor, bei der durch die froher
darch Percnssion und Aasknltation Kiomlicb sicher nacbge-
wiesene Hepatisation der Lange vollständig wieder verschwan-
den war, and die Adhäsionen das einsige Merkmal der nber-
standenen Seache bildeten. Wo am 8. März deatliche Däm-
pfung and Mangel an Respirationsgeraosch vorgefanden war,
liess die Untersuchang am 18. April nichts Krankhaftes mehr
wahrnehmen, and die Obdaction ergab am 16. Jani wesent-
lich nar noch umfangreiche Adhäsionen.
Es steht fest und meine Erfahrungen bestätigten es mir
vielfältig, dass die Ergiessungen in das Lungengewebo bei der
L. s. ebenso wie bei sonstiger Lungeuentaondung resorbirbar sind«
Fuhrt die Hepatisation aur Nekrose des Gewebes, so findet die
Resorption allerdings nur langsam Statt, da nur die Circulation
in der umschliessenden Kapsel resorbirend wirken kann. Wird
dieser aber in den hepatisirten Lungentheilen nicht ganslich ge-
hemmt, d. h. tritt keine Nekrose ein, so findet nach dem Acme
der Seuche im Individuum eine oft auffallend rasche Rucksau-
gung der ergossenen Safte statt, so dass in solchen Fällen in
einigen wenigen Tagen Grad und Umfang der Dämpfung be-
deutend vermindert sein können.
Sobald aber die ergossenen Exsudate resorbirt sind, tritt
aacb die Lufthaltigkeit der Lungen wieder ein, und in dieser
Weise kann sicher ein Thier die Lungenseuche überstehen,
ohne dass die Obduction nach mehreren Monaten Spuren davon
finden lässt, wenn eines Theils die Hepatisation nicht cur Ne-
krose führte, andern Theils der Process in der Tiefe des Lun-
genflügels verlief, ohne die Pleura in Mitleidenschaft zu
ziehen.
Hiernach ist wohl klar, dass der Obductionsbefund
bei dem fraglichen Stiere keineswegs genugenden
Beweis dafür bildet, dass derselbe nicht mit der
Seuche behaftet gewesen sein könne.
aber LoDgentenehe. 47
Was Don die Anfstellung betrifft, dass eine rindrige Knb
nicht ansteckend anf den deckenden Farren wirken könne, weil
Inngensenchenkranke Enbe im fieberhaften Stadiom nicht bran*
stig worden, so begreife ich nicht, wie Herr ▼• H. so dieser
Behaaptang gekommen ist.
Giebt es doch 2 oft Wochen, ja Monate dauernde fieber-
freie Perioden im Verlanfe dieser Seuche im IndiTidaam, bei
denen die Contagiamentwickelang keinem Zweifel mehr anter-
liegt, nämlich das occnlte Anfangsstadinm ond das Genesongs-
stadiam. In der Mehraafal der Falle bilden diese beiden Sta-
dien sogar die ganze Senche im Individanm, indem das Fieber-
hafte mehr oder weniger — vermisst wird. Sagt doch Herr
▼. H. selbst in seinem ausgezeichneten Handbache der Patho«
logie and Therapie, 2. Auflage, Seite 423 mit dorren Worten:
„Als eine zweite und wohl häufigste Ursache ist die An st ek-
le nng anzuFchen, und zwar hat die Erfahrung gezeigt, dass
nicht blos wirklich fieberhafte kranke Thiere, sondern aach
solche, die schon seit längerer Zeit (z. B. 8 — 10 Wochen)
genesen schienen, im Stande sind, andere anzustecken.**
Dass nun aber solche in der Genesung vorgeschrittenen
Thiere nicht brünstig werden können, behauptet Herr von H.
nicht. Dass aIso jene von dem Farren der k. Maierei gedeckte
Kuh nicht ein solches, in der Genesung vorgeschrittenes Thier
gewesen sein k5nne, hat Herr v. H. nicht bewiesen. Denn die
wiederholten Untersuchungen desselben konnten wohl nur erst
Statt finden, nachdem die Seuche in der Maierei constatirt wor-
den, also mindestens 6 Wochen nach der Berührung mit dem
betreffenden Farren, und dass alsdann Nichts mehr zu finden
war, ist eben kein Wunder.
Die Empfangniss der genesenden Kuh kann natürlich auch
nichts Anderes beweisen, als was schon durch die Brunst bewie-
sen war, dass dieselbe nämlich nicht mehr hochgradig krank
sein konnte, als sie brünstig ward und belegt wurde, da es oft
48 Meyer, 5 Fragen
genug beobachtet ist, daas darchgeseacbtea Vieh i ar Zneht taag-
lieh war.
Wenn nan ans dem eigenen Handbache des Herrn ▼. H.
bewiesen ist, dass im Genesongsstadinm noch Gontaginment-
wiokelnng stattfinde and also möglicher Weise der Stier dnrch
eine genesende Knh inficirt sein könne, so kann ich snm Ue-
berflnsse ausser dem Falle, den das neueste (16.) Heft Mitthei-
langen aas der thieraritlichen Praxis im prenssischen Staate S.
55 ans Sternberg, im Regierangsbesirk Frankfurt berichtet, aoch
aas meiner eigenen Erfahrnng einen Fall erwähnen, worin 2 Kohe
and 1 Rind im latenten Stadinm an der Lnngenseuche leidend,
brünstig sam Stiere gefahrt worden, and diesen inficirten. Es
sind die schon im Magasin B. 32 S. 310 erwähnten Falle aas
Welfersweiler.
Da beide Eahe anmittelbar nach dem Spränge an der L.
8. im acuten Stadium erkrankten, nach meiner Ansicht in Folge
Erkaltung bei Zufährung sum Stiere in rauhem WinterwettAr
und heissen Stallen, so halte ich wie 1. c. ausgeführt, den
Schluss far gerechtfertigt, dass sie vorher schon im s. g. la-
tenten Stadinm an dieser Seuche laborirten. Das lungenseuche-
kranke Rind war aus einem yerseuchten Stalle des benachbar-
ten prenssischen Ortes Fraisen angekauft, soll «war nie deut-
lich krank gewesen sein, aber bei der Obduction Hess es un-
iweidentige Spuren der Seuche in der Lunge erkennen, und
war allen Ermittelungen su Folge der Contagiumtrager für die
Seuche nach erwähntem Orte.
Bei diesem Stiere fand ich, als er circa 3 Monate nach
der möglichen Infection getodtet ward, als Rest der L. s. eine
fast ganseeigrosse Stelle eines Lungenflügels nekrotisirt, und in
suppurativer Auflösung begriffen, ohne Mitaffection der Pleura.
Hatte dieses Thier noch 2 Monate langer gelebt, so wurde man
sicher nichts weiter gefunden haben, wie eine leicht su überse-
hende Narbe,
In diesem Falle trat anscheinend keine Uebertragung auf
über LnngeiiMiiehe. 49
du übrige Vieh des Stierbesilien ein, meiner Anriebt na%b,
weil der Sencbenproceee in dem Stiere nicht den Grad erreicht
hatte, dass ein wirksames Contaginm gebildet ward. Da auch
bei den 26 andern Kohen, die von ihm nach der mnthmaass-
lichen Infeetion gedeckt wurden, keine Senchenemption eintrat,
80 halte ich mich sa diesem Sehlasse am so mehr berechtigt.
Man sehe anf meinen citirten Anfsats im Mag. S. 305.
üebrigens will ich die Möglichkeit nicht in Abrede stellen,
dass darch das mager gehaltene Vieh, welches mit dem Stiere
in einem Stalle stand, ein 2. Parren and & Kahe oder Rinder,
inficirt worden and sammtlich aas dem latenten Stadinm in Ge-
nesang abergingen.
Diese Genesungen aus dem occulten Stadium scheinen mir
noch viel eu wenig beracksichtigt zu sein, und wirken sicher
haofig mit, um Tauschangen hinsichts des Ursprungs dieser
Seuche su erregen.
In Betreff des Grades, den die Seuche in einem inficirten
Thiere erreicht haben muss, nm ein wirksames Contaginm zu
entwickeln, waren eingehende Untersuchungen noch sehr wün-
schen swerth.
Meiner Ueberzeugnng nach gilt ziemlich alles hier Gesagte
auch hinsichts des Ursprungs von dem im Repertorium Jg. XXI
S. 89 n. f. durch Herrn v. H. beschriebenen Lungensenchefall
in derselben Maierei, wo auch eine, neben dem zum Decken
fremder Kühe yerwendeten Farre, stehende Kah zuerst an der
Seuche erkrankte. Dass diese Seuche in der Umgegend von
Stuttgart ziemlich häufig auftritt, ist eine anerkannte Thatsache,
daher kann es nicht sehr auffallend erscheinen, wenn zum Decken
fremden Viehes verwendete Farren inficirt werden. Wenn diese
Farren nun nicht selbst zuerst oder auch gar nie deutlich er-
kranken, so kann dieses eben so wenig sehr befremdend er-
scheinen, da es bekannt ist, dass Farren in dieser Hinsicht eine
gewisse Immunitat besitzen, vermöge welcher sie die Seuche
Mag. t, ThierhftUk. XZXYL 1. 4
DEC 14 ^ ^-P^^V ^ '''•**"
l^ilhiter im occDlten Stsdiam ol^e fieberhaftei Erkranken iiberste-
hebh^aldbRrf^l^li' (^^^rUeh't gericbtL Thierhkd. S. 425).
Was nan den 2. Aufsatz betrifit, so kann icb mich darü-
ber kurzer fassen.
Die Geschichte ist die, dass anf mehreren Maierhofen einer
Zackerfabrik unter 200 Stuck Mastochsen, die anscheinend aus
allen Weltgegenden in einem Monate zusammengekauft wurden,
die L. s. ausbrach, was nicht durch Ansteckung oder Verschlep-
pung soll entstanden sein können:
„da jedes frisch gekaufte Stück Rind untersucht und durch
15 Tage separirt untergebracht ist, ehe es zu dem andern Vieh
gestellt wurde und 2. traten die Erkrankungen auf allen 5 Hö-
fen fast gleichzeitig auf, obgleich jeder Ton dem andern bei-
nahe eine Meile entfernt liegt, und das Vieh in jedem Hofe
von eigenen Wartern gepflegt wird; auch kein Rauhfutter tou
einem auf den andern Hof transportirt und die Zufuhr der
Presslinge grosstentheils mit Pferden geschieht; jedoch auch auf
diesem Wege konnte keine Einschleppung erfolgt sein, da grade
in dem Zuckerfabriks-Maierhofe (der sechste Hof) kein Aus-
bruch erfolgt war.''
Was zuerst die Untersuchung und 15 tagige Contumas be-
trifft, so sieht das allerdings nach etwas aus, und bei jeder an-
dern Seuche wurde dadurch wahrscheinlich genügender Schutz
geboten sein. Aber bei der L. s. ist es wenig besser, als wenn
ein Thierarzt auf Grund seiner Untersuchung des Viehes auf
einem grossen Markte frisch weg die Gesundheit desselben be-
scheinigt, wie das auch hier und da vorkommt. Gegen L. s«
kann die gewissenhafteste beste Untersuchung keine Sicherheit
bieten, da bei Gegenwart der Seuche oft alle äussern Symptome
fehlen, weshalb ja auch das erste Stadium derselben als laten-
tes oder occultes bezeichnet wird. Aber das letzte oder Gene-
Bungsstadium verdient diesen Namen eben so sehr, wie das erste,
über LnngeoMnebe. 61
Qod daaert oft noch Tiel langer, »Is jenee« Nor wihrend des
sehr oft gans fehlenden fieberhaften Stadinmf ist man im Stande,
unter Umstanden mit einiger Sieherheit dleae Senehe ohne
Obdnction sa diagnostidren. Diese Umstände fehlen aber oft,
and swar haafig grade da, wo sie am nÖthigsten erscheinen»
Soll eine Contamas Tor L. s, sichern, so darf sie nicht
nnter 6 Monate danem, nnd volle Sicherheit mochte selbst da-
von noch nicht in versprchen sein, da man beobachtet haben
will, (Vix), dass das occolte Stadiom sich aof 9 Monate aas-
dehnte nnd es wohl ansanehmen ist, nnd Erfahrungen es ver*
schiedentlieh bestätigt haben, dass das Genesongsstadiam sich
bei Gegenwart starker Sequester anf 1 Jahr und daraber ans«
dehnen könne»
In diesem Falle k5nnte vielleicht die Ansbreitnng der Seuche
auf 5 Stalle zugleich in der Contumas ihren Grund haben. Denn
bei dem fast gleichseitigen Ankaufe von 200 Ochsen wird man
nicht 200 Stalle zur Disposition gehabt haben, um die Thiere
einzeln aufzustellen. Wenn sich nun in einem Gontumazstalle
ein im occnlten oder Genesnngsstadium befindlicher Ochs ein-
geschlichen hatte, so wurden naturlich die Cohabitanten inficirt
und wenn diese nun auf die 5 Hofe vertbeilt wurden, so musste
freilich auf allen Höfen ziemlich gleichzeitig der Ausbruch er-
folgen.
Wenn es nun hiernach nicht sehr auffallend und unerklär-
lich erscheinen kann, dass die L, s. trotz jenen Vorsichtsmass-
regeln in die Stalle der Zuckerfabrik eindrang (ich wurde es
eher wunderbar finden, wenn es nicht geschehen wäre), so ist
auf die weiteren Ausführungen über die diätetischen Fehler, die
als ursächliche Momente hingestellt werden, eben kein grosses
Gewicht zu legen, weshalb ich nicht naher darauf eingehen mag.
Die Seuche soll nach Einführung trockner magerer Fütterung
wieder erloschen sein.
Dass bei trockner, wenig Protein enthaltender Nahrung die
Seuche gutartiger zu verlaufen pflegt, und in selteneren Fal-
4*
5t Mejer, 5 Fng«i
len lieh boid fieberhafteD SUdiam steigert, ist «ine bekannte
ThAttmehe, wie 6 er lach in seiner gerichtliehen Thierheilkonde
nnd besonders Dr. H. Landois nnd Tliierarst Lange nkamp
in „die Lnngensenche des Rindriehs Tom cellnlar-pathologischen
Standpunkte nntersncht eto.^ Leipiig bei Engel mann.. 1865.
aosfuhrlicher beiengen.
Den dritten Anfsats betreffend, legt Herr Leeontnrier be-
sonderes Gewicht darauf, dass in den MaststaUen in Belgien
wie auf den Fettweiden in Holland diese Seuche erst dann bei
den snr Mast gestellten Stucken herrortrete, wenn sie beginnen
an Fleisch suxulegen, nnd sucht dieses aus den Emahmngs-
Verhältnissen wie auch sogar aus dem mechanischen Momente
SU erklaren, dass die Bauchhohle bei Schlempefuttemng oder
Frnhjahrsweide weniger Raum beanspruche und daher der Lunge
mehr Ranm geboten werde! — !
Dass die Zeit, wenn ein angekauftes Thier im Maststalle
oder auf der Weide susunehmen beginnt, ziemlich mit der ge-
wohnlichen Inoubationsperiode der L. s. snsammentreffe und
dass mit der Stellung in die Mast wegen gewohnlich stattfin*
den den Uebergangs der Thiere in andere Hände Termehrte An-
steckungsgelegenheit geboten ist, übersieht Herr L, und schiebt
alle Schuld auf die diätetischen Verhaltnisse. Meiner Ansicht
nach spricht die angeführte Erscheinung Tielmehr stark für die
Eigenschaft der Lungenseuche als Gontagion.
Denn ward die su mastende Abtheilung Ochsen in einen
mit L. s. Contaginm impragnirten oder mit dnrchgeseuchtem Vieh
noch besetzten Stall gebracht, etc., so ist es ganz natürlich,
dass nach etlichen Wochen, wenn allerdings zugleich auch die
Mastfatternng Einflinss auf die Thiere gewinnt, nnd deren
Anlage zu stärkerer Erkrankung steigert, die Wirkung des
Gontaginms hervortritt. Aber wenn diese auch ohne Infection
die L. s. hervorriefe, wie Herr L. anzunehmen scheint, so muss-
Qb«r Limgeiifeneli« 53
tan in BatjadiogOD, Ostfrietlaod etc. wo viele bondert Oebien
jahrlich auf Fettweiden gans wie in Holland gemattet werden,
häufige L. b, Aaibrache stattfinden« Dennoch sind jene Lan«
der frei von dieser Plage and in reinen Maststallen yerhalt es
sieh natürlich eben so.
Was Herr L. aber gesteigerte Anlage bei gewissem Alter,
Geschlecht etc. anfahrt, widerspricht sonstiger Erfahrnng so
sehr, als dass es ohne grandliche Beweise acceptirt werden
konnte, ist aber grossentheils daranf sarackiafahren, dass ma-
gere Fotterang den Verlanf der L. s. mildert; nnd scheinbares
Verschontbleiben dorch haofigere Genesangeo aas den occal-
ten Stadien for den simalirt, der keine Gelegenheit hat, die
Aasbreitang der Seoche im inficirten Viehstande dorch Obdoc*
tion festsostellen« Wenn man dieses yerminderte Hervortreten
der Senche ins acote Stadium als sporadisches Aoftreten
derselben bezeichnen will, wie H. L. es thnt, so erkenne ich
allerdings an, dass es trota der contradictio in adjecto eine
sporadische L. s. gebe.
Wenn man aber sagen kann, die Langenseache ist conta-
gios nnd nicht contagios, je nach den Verhaltnissen, anter wel-
chen die Thiere leben, so ist das sehr beqaem for den, dem
es ao Zeiten unbeqoem ist, contagiose L* s. su finden. Sapi-
enti sat.
II.
Ist marmorirte Hepatisation nar Langenseoche-
sjmptom?
Die Gontroverse ober den Sectionsbefnnd, ob nämlich die
marmorirte Hepatisation der Langenseache allein ankomme,
oder aach bei gewohnlichen Longenentsundongen des Rindviehs
gefanden werde, mit anderen Worten, ob die Aoftreibang des
Interlobolarsellstoffes mit gelblicher Lymphe Bigenthumlicbkeit
das L. •• ProeeMas mn adn ob dicwlba «nfadi Fo%8 der
thnmliehen OigaoisatioB der Riadflluge seiii möchfta, wie ▼«-
fdüedenseitig behauptet wordea, ist meinet BrmehteiM nadi leage
Dtefat Tolktindig anfgeklirt, nnd wenn man manchen Orti langst
Aeossemngen findet, die dieselben ab erledigt betrachten, so bin
ich der Meinung, dass solche nicht genngend erwiesen sein
mochten. Im Fall sie nicht der L. s. eigen sein sollte, bleibt
immer noch sn emiren übrig, unter welchen Bedingungen denn
dieser pathologisch-Anatomische Znstand sa Stande komme, da
es doch entaandliche Znstande in der Lnnge des Rindes geben
mochte, die jenen Befund nicht snr Folge haben.
Zwar stellt schon Herr Professor Spinola in seinem Hand-
buche der speciellen Pathologie nnd Therapie S. 640 sie als
entschieden hin, indem er sich auf seine Beobachtungen und
angestellten Versuche beruft, ohne dieselben mitsutheilen. Je-
doch ist auch eine solche Anctoritat nicht unfehlbar.
Die mir bekannt gewordenen Thatsachen scheinen mir noch
immer sehr der weitern UntersuchuDg su bedürfen, und die
Acten dieserhalb noch lange nicht spruchreif geworden in sein,
wie ich im Folgenden an einigen wenigen darsnthun mich be-
mnhen werde.
So hat Herr Adam in seinem ▼eterinararstiichen Taschen -
buche für 1869, Seite 10 gesagt. „Von grosser Wichtigkeit
ist die Feststellung des Vorkommens einer bisher gewohnlich
negirten nickt ansteckenden Lnngenentsündnng beim
Rinde, welche Veränderungen in der Lange herbeifahrt, die bei
oberflächlicher- (makroskopischer) Besichtigung ein ahnliches
(marmorirtes) Aassehen, wie bei der Langenseache darbieten;
yergL Farstenberg (Magasin 1867, S. 331) üts (Fuchs
Mittheilungen 1867 Seite 52); Lies (Wochenschrift 1868, Seite
6) u. a."
Es ist YoUkommen richtig, dass die Feststellung solchen
Vorkommens oder anch NichtTorkommens tou grosser Wichtig,
keit ist, denn es handelt sich dabei um die möglichst frohsei-
filmr LnngeiiMmehe. 56
tige richtige Diagnose dieser Seaehe» welche leider hier and
da, wie odiose Exempel lehren, gewiss Terkannt wird, and de-
ren Verkeonang immer sa grösserer Verbreitang nnd festerer
Einwarselang derselben fahrt. Sollte es mit der Zeit gelingen,
darsothun, dass jene marmorirte Hepatisatien Bigenthamliohkeit
dieser Seache sei, so wurde deren Verbreitang Tiei eher be-
schrankt and ihre Tilgang wesentlich erleichtert werden. Es
konnte alsdann wenigstens kein Thierarst nach der Obdaction
eines Gadavers sich mehr mit Nichterkennen der Seache ent-
schaldigen. Manchem würde dadarch seine schwere Pflicht,
gleich bei solcher Obdaction einen yerhiltnissmassig folgenschwe-
ren Aassprach thon sa massen, wesentlich erleichtert, nnd was
das xa bedeaten habe, wird nar der reeht wardigen, der sich
öfter in solcher Lage befand«
Somit wird es weiter keiner Rechtfertigang bedarfen, wenn
anch diesem Gegenstände noch die nachstehenden Zeilen ge«
widmet werden.
Anf meine kleinen Bemerknngen etc. Magaz. 32, S. 304
a, f, verweisend, sehe ich mich veranlasst, hier savorderst aaf
die von Adam citirte Arbeit des Herrn Professor Farsten-
berg einsngehen, die anter der üeberschrift : „Lnngen-
seoche and Langenentsundang der Rinder" im Maga-
sin B. 33. S. 331 a. f. enthalten ist.
Derselbe stellt als Resaltate seiner Forschangen schliess-
lich folgende Satse aaf:
1) Dass bei den Rindern ansser der L. s. eine nicht conta*
giose Langenentsundang aaftritt, welche pathologische
Veranderangen in den Langen dahin eintreten lasst, dass
diese aaf dem Darchschnitte ein marmorirtes Ansehen
seigen.
3} Dass das Marmorirte des Darchschnittes einer kranken
Lange für sich allein nicht darthnt, dass die Langen-
seache vorhanden gewesen.
8) Dass die Lnngenseaehe vielmehr nar constatirt werde:
56 Meyer, 5 Fragen
a) durch die Lymplunfiltratioii des erkrankteii Lan-
gentheiU,
b) darch die durch entere herbeigeföhrte SchweUang and
gelbliche Firbong der die Lnngenlippchen umgeben»
den Bindegewebtinge,
c) darch die nnf dem Darechnitt so beschaffener Lnn*
gen in den Bindegewebsranmen hervortretenden Oeff'-
nangen der sehr erweiterten Lymphgefasse.
Ich kann hiermit nicht abereinstimmen, da mir diese Sitae
mit einander in Widersprach sa stehen scheinen.
Denn nach Sats 1 and 2 soll auch die sporadische Lan*
genentsandnng eine marmorirte Hepatisation der Lange ersea-
gen, and nach a and b des Satzes 3 soll doch Ljmphinfiltra*
tion im erkrankten Langentheile Characteristicam der L. s.
sein,
Nnn ist aber anerkannter Maassen das marmorirte Aas-
sehen des hepatisirten Lnngentheils wesentlich das Resnltat
der Infiltration der Bindegewebsraame der Lange mit gelb-
licher Lymphe, wodurch eben die Verschiedenheit der Färbung
des Durchschnittes au Stande kommt.
Wenn nun aber diese Ljmphinfiltration Eigen-
thnmlichkeit der L. s. sein soll, so muss natürlich
aach die marmorirte Hepatisation als Folge dieser
Lymphinfiltration der Lungen nur dieser Seuche
eigen sein. Durch welchen andern Stoff*, als Blutserum oder
Lymphe, im andern Falle die Schwellung des Interlobularsell-
stoffs bei gewohnlicher Lungenentzündung zu Stande kommen
solle, hat Herr F. nicht gesagt, noch wäre mir ein solcher be-
kannt.
Aus diesen Widersprüchen geht hervor, dass aus jenen
Aufstellungen eher ein Beweis gegen als für das Bestehen einer
sporadischen Lungenentzündung mit Ausgang in marmorirte
Hepatisation herzuleiten sein mochte.
Den unter Nr. 3 erwähnten Befund habe ich im Februar
ab«r Lniigenfleaebe. 57
1868 bei 9 Obdoctionen laDgenteaehe kranken Viehes, die Be-
hofs Tilgung der Seache in 2 Ortoebaften hiesigen Ffirstenthams
getodtet worden, sorgfältig, selbst mit der Loape gesncht, aber
in keinem Falle mit solcher Sicherheit aafsafinden yermocht,
dass ich darauf hatte ein ürtheil basiren mögen.
Die mitgetheilten Umstände, aas denen F. seine Folgernn*
gen gesogen an haben scheint, können ebenfalls nach meiner
Ansieht keineswegs genügend erachtet werden, um seine Schlosse
so rechtfertigen. Sie betreffen 1. eine anscheinend einsige Koh
eines Tagelöhners, wobei keine Infection aoffindbar, und aoch
vielleicht keine Propagation leicht möglich war, da sie vermoth-
lich allein stand. Die Infectionswege der L, s. aber sind be-
kanntlich häufig sehr schwer so finden, da die mittelbare An-
steokong nach mehreren Monaten oft anm6glich nachsowei-
sen ist.
Der E weite Fall betrifft einen Ochsen« der % Jahre an vor
longenkrank geworden, bei der Obdoction dnrch Dep. Thierarst
Paoli in Berlin Sparen der L. s. seigte. Weil non nach %
Jahren in der betreffenden Heerde, der jener Ochs entstammte,
keine Sparen der Seache (NB. ohne Obdoction des übrigen
Viehstandes) gefunden wurden, und auch keine Lungenleiden
bei derselben vor dieser Untersuchung bemerkt worden sein
sollen, so soll daraus nun mit hervorgehen, dass die marmo-
rirte Hepatisation nicht einzig der L. s. eigen sei. Ob Herr
Pauli sein Urtheil darauf basirt hatte, erfahren wir aber nicht.
Meiner Ansicht nach könnte nach so langer Zeit die Art der
Hepatisation nor noch undeutlich hervortreten und mussten es
deshalb wohl andere Zeichen sein, die Herrn Pauli bestimm-
ten, L. 8. anzunehmen.
In Bezug auf die Aussage des Bigenthümers in einem Falle
wie dieser, wo es sich darum handelte, eine solche Seuche in
dessen Viehstande zu ermitteln, so darf darauf nicht allzuviel
Gewicht gelegt werden.
Was aber die Autopsie betrifft, so kann die Untersuchung
•• Iab^« amck ^mm Darcksvsck«» ok
▼6 ^
F. ivOrtM
Bon Uts L c ■■giifcl> M
ak IV ipQndiMkMi
m KiMkMtiliUe
ttieke LiB^eMicctioa, tMb
tkeüs cadtkk ^ TielUieki euM
Ad 1 die uter folgMdca SjnpUMMs — ftiiilfd« Krask-
k«iUfbni:
„Venüaderte oder Tolletiadig eB%ehobcM Fitiileit. Maa-
sei SB Wiedcrkiaee, ■iwige Folie des MieiM, ollen n ge-
riogerem Grade ie tjapaaitiacker Speeeeeg, eeie lekelt» so
Tiel durek Dniek Temekmkar war, lest, rerlaagsaanle Excrctioa
des DamÜDkalts, weleker der Menge nadi gering, inssersi eon-
sislent nad trocken ersckien; kiofiger Hasten, der kell nnd
rasek erfolgte, sekr besekleonigtes AcksMo, das an Seknelligkeit
längere Zeit gleiekmissig, dann anf dem Zeitranss von einem
oder 2 Zögen aossetsend war: Mitnnter ward die Bxspiration
▼OD Stöhnen begleitet. Das Athmongsgeraosek stellte sick Ton
alleD znganglieken Stellen als Tosicolir Tersdiirft dar; die Per>
CDssion ergab beiderseits einen kanm gedimplien Ton. Der
Kreislauf war nicht immer sekr fireqaent und der Pols dentete
eine normale Blntmenge an. Die Temperatnr der Okren, am
Flotsmaal, Bnter ete., Anfangs ständig nieder*, kabe ick sehr
kaoflg beobachtet.
Dies Uebel tritt in der Regel plotaliek nack einer starken
FfitteroDg mit welkem oder gar fanlem oder erfrorenem granen
aber Lnngenseiiche. 59
Futter besonders Blattfotter aaf, jedoch aoeb wohl nach ange-
brahter Spren, Kaff oder dergleichen. Ich habe es gewohnlich
bei einzelnen Stocken, jedoch sa Zeiten anch bei mehreren
eines Stalles an gl eich nach gleicher Fntterang beobachtet, ond
es ist keineswegs ein seltenes Uebel. In den Handbfichem der
speciellen Veterinär-Pathologie scheint es freilich bisher noch
keine Aufnahme gefunden an haben.
Es beruht meiner Uebersengung nach wesentlich auf ge-
störter Athemfunction des Zwerchfells, gewohnlich durch gestörte
Wanstthatigkeit heryorgerufen. In wie fern der Lungenma-
gen- und Zwerchfelloery dabei betheiligt sein mögen, wage ich
nicht zu bestimmen.
In einigen Fallen, von denen noch einer in den lotsten Ta-
gen vorkam, habe ich diese Symptome anch in Folge von Zwerch-
fellverletzung mittelst fremder Körper von der Haube aas ge*
fnnden, dann aber mit Symptomen der Garditis traumatica com-
plicirt. Besonders characteristich ist die su Zeiten eintretende
Pause in den Athemangen, wobei das Zwerchfell eine Contrac-
tion zu machen scheint, während sonst die Athmung nur durch
die übrigen Respirationsmuskeln ausgeübt wird. Nach solcher
tiefen Inspiration pflegt dann eine lautstöhnende Exspiration zu
folgen, wahrend die übrigen Athemzuge so kurz und schnell
sind, dass sie die gewohnlich ziemlich normale Pulszahl zu-
weilen übersteigen. Das etwas verschärfte Blaschengerausch
halte ich für Folge der raschen Athembeweguog, und Dampfung
fand ich nur am weiter vorgedrangten Zwerchfellrande. Auffal-
lend ist hierbei noch die genirte Schulterbewegung, wahrend
das Hintertheil seine normale Beweglichkeit besitzt.
Wahrscheinlich rührt dieselbe daher, dass durch die ab-
wechselnde Belastung des breiten gezahnten Muskels bei Be-
wegung des Vordertheils die Action der die Rippen bewegen-
den Muskelgruppe mehr oder weniger gestört wird, wahrend sie
sich in höchst möglichster Leistung befindet. Oefters findet
Umjmr, S
Dm üabd fifvirt Mit vialca JahrM ia ■■■aa Jonniale
utor d«r Bcmu«^ BasckaslkBA. Yielleiekt worde m
riebtigsr als Zwerckfallpares« dbaraetariäit, m iat abar
«igaalliek wMaatlkh eiae ladigertioa.
Metaa Bahaadlaag bertehi ladiglidi ia Aaweadaag tob
ICttela, die die Bewegaagea dM WaaslM BOflidM* erregeo.
Bie^weiaaleia aüt Glaabenals aad bitter aiOMalisdiea Mitteln
geaiigea ia geliadera FiUea oft. Ia kaitaackigerea, oder wo
doreb Aderiats oder scbleinug-olige Eiaacbatte das üebel ver-
aeblimmert ist, da siad Breebweiasteia Mit Aloe, weisMr Nie-
sewors, lagwer n. dgL erlbrderlicb. Sobald wieder kriftige
Bewegangea dM WanstM oad Wiederfcinea aoftreten, kebrt
aneb plotslieb der Atbem aar Nona snriiek aad AUm ist
voraber.
Leider bat Herr üts aber die caosalea Momeate der tob
ibm beobacbteten Fälle Niebts erwabat. Biae Lcageaaffeetion
war in diesea Fallea sieber aiebt Torbaaden, aad siad diesel-
bea demnaeb aaeb bierför Nichts beweisead«
Ad 2 einea Ocbsen betreffend, ergiebt die Darstelinag und
ObdnotioB so gaas dM Bild Toritabler L. s., dsM eigentlicb
daran nur die Forderung dM Heim BesirksarstM , Tor Anle-
gnng der Sperre erst Propagation dM GoDtaginms erwarten an
wollen, merkwürdig erscbeint. Dean dM Dnrchsencben dM
Viebstandes eioM StallM ohne wabmehmbare Erkranknog ist
sohon oft genng dageweseo«
Der Herr wird übrigens seine Hände in demselben Un-
sohnldswasser wMchen können, dM den preuHiseben sogenann-
ten Thierarsten nach dem GewerbegMetse dient. Er bat m
aber nicht besser gewnsst, wird sich aber doch nicht wenig anf
den Erfolg eiDbilden. Es ist nar Schade, dMs bei folchen
Erfolgen die Seuche taglich tiefer einwarselt.
Ad 3 den Gemeindefarreo betreffend, so erscheint auch
nb«r LimgiDaeiiehe. 61
dieser Fall der L. s« tebr rerdichtig, dm dM Thier knri bq«
Tor aos unbekannter Gegend angekauft worden»
Daa Krankheitsbild scheint im Beginne des Leidens auf
das Ton mir s. g. Banchasthma so denten. Vielleicht ist die
spater durch Petechien etc. angedeutete Bluts ersetsnng Folge
▼on übertriebener Antiphlogose und die Lnngenaffection konnte,
da viel dicklicher, bräunlich grauer, mit Blut ver-
mischter Schleim aus der Luftrohre abfloss und die
Bronchien an den indurirten Stellen mit grauroth-
lichem, siemlich consistentem, mit Blut gemisch-
tem Schleime gefüllt waren, ?on in dieselben eingedrnn«
genen fremden Korpern herrühren.
Da auch hier ahnlich wie in den Ton Lies und Lonne-
ker beobachteten folgenden Fallen das interstitielle Gewebe,
mit tiefbraunrothem Exsudate gefüllt erschien, dieses also
ähnliche Färbung xeigte, wie die hochrothen Lungenläppchen,
so konnte die marmorirte Färbung mit der der Lungenseuche
nicht übereinstimmen, wo die Zellräume gelblich erscheinen.
Im Gänsen ist der Fall so unklar, dass er für das Vor-
kommen nicht contagioser Lungenentsundung eigentlich Nichts
beweisen kann.
Drittens. Die Beobachtung, worüber Herr Lies in der
Wochenschrift für Thierheilkunde Jg. 68 S. 5 berichtet, ein
20 Wochen altes Kalb betreffend, das wirklich an Brustentzün-
dung ohne L. s. und mechanische Ursache gelitten zu haben
scheint, hat zwar obdnctionel 1^ Quart rothlichen Serums
ohne plastische Ansschwitzung in der Brusthohle, und He-
patisation in beiden Lungen, aber keine marmorirte erge-
ben, indem die Schnittflächen ein durchweg dunkelbraunes An-
sehen hatten.
„Obgleich man die einzelnen Lungenläppchen zu unter-
scheiden im Stande war, trat das interstitielle Bindegewebe
Heyer, 5 Fragen
dodi nur in geringem Mmm6 heiror, eo daM sidi hier das t.
g» MarmorirUein nicht grade tehr atarck bemerklich machte,"
Einige Ecchjmosen fanden aich aneh hier am Hersbentel wie
an den Gedärmen.
El kann dieser Fall alt Beweis dienen, dass anch nicht
marmorirte Hepatisation in der Rindslnnge bildbar sei, «Iso
nicht ihre Organisation, wie vcrschiedenseitig behauptet wor-
den, jedem entsnndlichen Exsudate in dieselbe marmorirte Be-
schaffenheit yerleibe.
Nach Vorstehendem scheint mir die Annahme des Herrn
Adam, dass in den citirten Beobachtungen hinreichender Be-
weis för das Vorkommen der marmorirten Hepatisation bei spo-
radischer LuDgenentsunduDg gebracht sei, nicht genügend be-
gründet.
Nachstehend werde ich mir noch einige weitere Beobach-
tungen zu erwähnen erlauben, und glaube hiermit genugenden
Beweis dafür su erbringen, dass diese Frage Torlaufig noch als
offene xu behandeln sein mochte.
In der Oestreichischen Vierteljahresschrift für wissenschaft-
liche Thierheilknnde Bd. 28 S. 30 theilt Herr Professor Dr.
Bruckmnller die ausführliche Beschreibung des Sectionsbe-
fundes der Lungen von 2 Rindern mit, bei deren einem an-
scheinend ein von der Haube in die Lunge eingedrungener Na-
gel Abcessbildung nnd marmorirte Hepatisation, in dem an-
dern angeblich eine von den Bronchen ausgehende Reizung eine
marmorirte Hepatisation hervorgerufen hatte. Da aber Nichts
über die sonstigen Umstände angegeben isC, ob z. B. die Rin-
der ans verseuchten Viehstanden stammten, so bleibt es unent-
schieden, ob beide Falle nicht etwa Complicationen mit der
Lungensenche bildeten, da dieselbe bekanntlich in Wien nicht
selten ist.
Die auf meine Veranlassung durch Gircularschreiben des
Herrn Oberthierarztes Dr. Greve in Oldenburg hervorgernfe-
aber LimgiBiiieDehe. 68
Ben Aensserangen Tericbiedener Thierinte Old^nborgs, beson-
ders die spedellere Mittheilang des Herrn Amtsthiersrstes L o n •
neker in Varel (s, Fnchs tbierirstlicbe Mittbeilang 9. Jg«
S. 184) beweisen allerdings siemlich eTident, dass ancb bei
acnter, nicbt contagioser Lnogenentiandung des Rindviehs die
Hepatisation dnreh Ergiessnngen lo das interstitielle Gevebe
ond die Lobnli zugleich ein marmor ahnlicher Durchschnitt lo
Stande kommt.
Jedoch ist aach hier wieder anf „eine grossere Ro-
thnog als bei der chronisch -verlanfenden Lnngen»
senche" nachdrficklich hingewiesen, and weiter gesagt; „Das
Marmorirte zeigte eine Farbe von Roth gelb and Braan, jedoch
wie schon gesagt, war die Rotbe vorherrschend/'
Jedoch mag dieses Sjmptom der rothlichen Interstitien
nar bei aeatem Verlaufe der Krankheit vorhanden sein, wie
nachstehender, jüngst von mir beobachteter Fall zu beweisen
scheint.
Am Bl. Mars 1. J. hatte ich in Fischbach eine Obdnction
an einer Gjahrigeu, seit 6 Wochen kranken Kuh zu machen,
die ich am 9. März einmal zu untersuchen Gelegenheit gehabt
hatte. Auskultation uud Percussion ergaben wohl in beiden
Lungen Abnormitäten, die ich auf Bronchitis von unvorsichti-
gem Einschütten bezieben musste, nicht auf Lungenseuche deu-
ten konnte«
Der genauere Befund ist mir nicht mehr erinnerlich. Das
Uebel hatte unter allmahliger Verschlimmerung zum Tode ge-
führt. Der Eigen thümer erkannte an, dass die ursprünglich an-
scheinend anf Erkaltung (hier Rothlauf genannt) beruhende
Krankheit gleich nach dem Einschütten eines Hausmittels sich
verschlimmert habe.
Die Section erstreckte sich auf die 24 Stunden vorher viel-
fach zerschnittenen Lungen, Herz und Magen, da das Uebrige
des Cadavers bereits vergraben war. Der Waseomeister hatte
nämlich bei Eröffnung desselben aus dem Lnngenbefnnde Ver*
64 Meyer, 6 Fragen
dedit «of L« •• geeehSpfty weshalb idi telegn^i^lüieli dein ge*
rufen wenL
In der Brusthöhle foUen sieh 1} Eimer klaren, gelbliehen
Seroms Torgelnnden haben, ohne 8pnr plastiacfaer Bztadate.
Die Lnngenplenra war aneh dnrehans glatt and normaL Beide
Longen waren in allen Tbeilen Tergrotcerl, an einielnen klei-
nen Stellen auch luftleer, im Wasser sinkend, die Interstitien
gelblich weiss, mebrentheils nur 1 Mm. breit, fester, die
Lobnli hochrotb, sowohl die Yollstandig Inftleeren, wie anch
die noch etwas loftbaltigen. Stellenweise fohlte sieh die Longe
knotig SD, wie von Tuberkeln dnrchsetst ond auf diesen festem
Stellen Hess sich das Longeogewebe elastisoh Terschieben, wenn
noch nicht mit der Nachgiebigkeit, wie gesondes Grewebe.
Beim DnrehschDitte erwiesen sieh diese Knoten als star-
ker verdickte, bis so 3 bis 4 Mm. breite Interstitien yon be-
deotenderer Resistens, eine stemf5rmige Figor bildend, indem
die Ton einem breitesten Ponckte aasgehenden Ramificationen
sieh yerschmälerten. Ein solcher Knoten liess beim Doreh-
schneiden einige Nadelkopfgrosse, gelbliche, Toberkeln ahnliche
Ponkte erkennen. Trombose der GefSUse oder Bronchien, Ne-
krose des Longengewebes, erweiterte LymphgeHUse in den In-
terstitien, Bronchectasien, waren nicht aofsofinden.
Das Hers war schlaff, aasgedehnt, in beiden Kammern
gleich donkle, fast schwarze, lockere Goagola enthaltend, das
Endocardiom wie die Intima der grossen Gefassstamme zeig-
ten starke, donkle Imbibitionsrothe , die Klappen waren nor-
mal.
Im Magen war das Epithel leicht abstreifbar, die Schleim-
haot ponktformig gerothet, besonders an den Blattern des Psal-
ters, dessen Inhalt trocken erschien«
Obgleich mir dieser Befand nicht in allen Theilen seinem
orsächlicben Zasammenhange nach klar ward, nahm ich doch
nicht L, s. "als Caasalmoment an, mich statsend, 1. aof die
Abwesenheit jeder Spar von plastischen Exsudaten aof der freien
nber LnngeiiMiiehe. 66
Pleurafläche, bei yorgefandener bedeotender BrgieisuDg in diiB
Plearasaeke; 2. auf die Affection beider Lnngenflagel io ihrer
gaDKen AasdehnaDg, während der L. s. Process immer nur
einen Lnngenflngel, oder doch nnr einzelne Theile beider be-
fallt, wahrend andere Theile gänslich frei gefanden werden.
3« Anf das Fehlen der Gefässthrombose und cogleich der
Nekrose in der Lange, die bei dem todtlichen Ausgange deis
Uebels and der Aosdehnnng der Langen affection bei der L. s.
wohl sicher erfolgt wäre.
4. War keine Infection nachweisbar, and bei den 2 an-
dern Rindviehs tacken des Stalles keine Krankheitsspar aafsa-
finden.
Auf diesen Entscheidongsgrnnd legte ich jedoch wenig Ge-
wicht, da ein Jahr zavor die Seache zwar nicht in diesemr,
aber doch in 3 amliegenden Orten aufgetreten war. Bei den
übrigen Stacken konnte dieselbe aus dem occulten Stadinm in
Genesung ausgegangen sein, oder auch später noch ausbrechen,
was jedoch nicht geschehen ist.
Andere Fälle von Lungenentzündung bei Rindvieh finde
ich in einem Auszüge im Jahre 1867 des „Thierarzt** ron
Anaker aus dem Aufsätze von Dr. Damman im schlesischen
Landwirth, den Mittbeilungen aus der thierärztlichen Praxis iti
Ghurhessen entnommen, wodurch tbeils z. B. von Herrn Kreis-
thierarzt Eberhardt nur nachzuweisen gesucht wird, dass
überhaupt acute Lungenentzündungen ohne L. s, beim Rind*
vieh vorkommen, was meines Wissens Niemand ganz in Abrede
stellte.
Lungenentzündungen vom Eindringen fremder Körper in
die Lungen beim unvorsichtigen Einschütten von Arzneien habe
ich öfters beobachtet, fand aber obductionel ausser dem vor-
stehenden Falle wohl bedeutende Vergrossernng der Lungen,
aber keine marmorirte Hepatisation, sonder viele spindelförmige
Bronchectasien.
Kreisthierarzt Schmelz will L. s. und Lungenentzündung
Mag. U Tlü«rh«ilk. XXXYL 1. 5
56 Meyer, 5 Fnigen
a) durch die LjmphinfiltrAtion des erkrankten Lnn-
gentheiU,
b) dnrch die dnrch erstere herbeigeführte Sehwellnng und
gelbliehe Färbung der die Lnngenlappchen umgeben*
den Bindegewebsinge,
c) dnrch die anf dem Dnrschnitt so beschaffener Lun-
gen in den BindegewebsrSnmen hervortretenden Oeff«
nnngen der sehr erweiterten Ljmphgefasse.
Ich kann hiermit nicht übereinstimmen, da mir diese Satse
mit einander in Widerspruch xu stehen scheinen.
Denn nach Sats 1 und 2 soll auch die sporadische Lun-
genenttündung eine marmorirte Hepatisation der Lunge erseu-
gen, und nach a und b des Sattes 3 soll doch Lymphinfiltra*
tion im erkrankten Lnngentheile Characteristicum der L, s«
sein.
Nun ist aber anerkannter Maassen das marmorirte Aus-
sehen des hepatisirten Lungentheils wesentlich das Resultat
der Infiltration der Bindegewebsraume der Lunge mit gelb-
lieber Lymphe, wodurch eben die Verschiedenheit der Färbung
des Durchschnittes su Stande kommt.
Wenn nun aber diese Ljmphinfiltration Eigen-
thnmlichkeit der L. s. sein soll, so muss natürlich
auch die marmorirte Hepatisation als Folge dijeser
Lympbinfiltration der Lungen nur dieser Seuche
eigen sein. Durch welchen andern Stoff*, als Blutserum oder
Lymphe, im andern Falle die Schwellung des Interlobularsell-
Stoffs bei gewöhnlicher Lungenentzündung au Stande kommen
solle, hat Herr F. nicht gesagt, noch wäre mir ein solcher be*
kannt.
Aus diesen Widersprüchen geht heryor, dass aus jenen
Aufstellungen eher ein Beweis gegen als für das Bestehen einer
sporadischen Lungenentzündung mit Ausgang in marmorirte
Hepatisation herzuleiten sein mochte.
Den unter Nr. 3 erwähnten Befund habe ich im Februar
über LnngeiiBeaohe. 57
1868 bei 9 Obdactiooen laogenseache kranken Viehes, die Be-
hafs Tilgung der Senche in 2 OrUchaften hiesigen Fürstenthams
getodtet worden, sorgfaltig, selbst mit der Lonpe gesacht, aber
in keinem Falle mit solcher Sicherheit aafsofinden yermocht,
dass ich darauf hatte ein ürtheil basiren mögen.
Die mitgetheilten Umstände, aas denen F. seine Folgeran*
gen gesogen sa haben scheint, können ebenfalls nach meiner
Ansieht keineswegs genügend erachtet werden, am seine Schlosse
so rechtfertigen. Sie betreffen 1. eine anscheinend einsige Koh
eines Tagelöhners, wobei keine Infection aaffindbar, and aoch
vielleicht keine Propagatipn leicht möglich war, da sie vermoth»
lieh allein stand. Die Infectionswege der L, s. aber sind be-
kanntlich haofig sehr schwer so finden, da die mittelbare An-
steokong nach mehreren Monaten oft onmoglich nachanwei-
sen ist.
Der sweite Fall betrifft einen Ochsen, der \ Jahre sovor
longenkrank geworden, bei der Obdoction dorch Dep, Thierarst
Faoli in Berlin Sparen der L. s. seigte. Weil non nach %
Jahren in der betreffenden Heerde, der jener Ochs entstammte»
keine Sporen der Seoche (NB. ohne Obdoction des obrigen
Viehstandes) gefonden worden, ond aoch keine Langenleiden
bei derselben vor dieser Untersochong bemerkt worden sein
sollen, so soll daraos nun mit hervorgehen, dass die marmo-
rirte Hepatisation nicht einsig der L, s. eigen sei. Ob Herr
Pauli sein Urtheil daraof basirt hatte, erfahren wir aber nicht.
Meiner Ansicht nach könnte nach so langer Zeit die Art der
Hepatisation nor noch ondeotlich hervortreten ond mossten es
deshalb wohl andere Zeichen sein, die Herrn Paoli bestimm-
ten, L. s. ancanehmen.
In Besag aof die Aossage des Eigenthomers in einem Falle
wie dieser, wo es sich darom bandelte, eine solche Seoche in
dessen Viehstande so ermitteln, so darf daraof nicht allsoviel
Gewicht gelegt werden.
Was aber die Aotopsie betrifft, so kann die Untersochong
68 Meyer, 6 Frftgen
eines Viehstandes 8 0 lange nach dem Darchseachen ohne
Obdaction als yoUig wertblos bezeichnet werden.
Diesem nach erscheint die Arbeit des Herrn F. Tollstan-
dig haltlos, wofern sie nicht sogar das Gegentheii ron dem
beweist, was sie eigentlich beweisen soll.
Was 2. die Beobachtung des Herrn Uta 1. c. angeht, so
betreffen die von demselben erwähnten, als sar sporadischen
oder acuten Langenentsündung gerechneten Krankheitsfälle
theils 1. ein Magenleiden ohne wesentliche Lungenaffeotion, theils
2. Toritable Langensenche, theils endlich 3. vielleicht eine
Lungenentzündung ohne Lnngensenche , wahrscheinlich durch
Trankeeinschütten erregt«
Ad 1 die unter folgenden Symptomen auftretende Krank-
heitsform :
„Verminderte oder vollständig aufgehobene Fresslust, Man-
gel an Wiederkauen, massige Fülle des Magens, öfters in ge-
ringerem Grade in tympanitischer Spannung, sein Inhalt, so
viel durch Druck vernehmbar war, fest, verlangsamte Excretion
des Darminhalts, welcher der Menge nach gering, äusserst con-
sistent und trocken erschien; häufiger Husten, der hell und
rasch erfolgte, sehr beschleunigtes Athmeu, das an Schnelligkeit
längere Zeit gleichmassig, dann auf dem Zeitraum von einem
oder 2 Zügen aussetzend war: Mitunter ward die Exspiration
von Stöhnen begleitet. Das Athmungsgerausch stellte sich von
allen zuganglichen Stellen als vesiculilr verschärft dar; die Per-
cussion ergab beiderseits einen kaum gedampften Ton. Der
Kreislauf war nicht immer sehr frequent und der Puls deutete
eine normale Blutmenge an. Die Temperatur der Ohren, am
Flotzmaul, Euter etc., Anfangs standig nieder**, habe ich sehr
häufig beobachtet.
Dies Uebel tritt in der Regel plötzlich nach einer starken
Fütterung mit welkem oder gar faulem oder erfrorenem grünen
aber LungenMaehe. 59
Fatter besonders Blattfiitter aof, jedocb aoeh wohl nach ange-
brahter Sprea, Kaff oder dergleichen. Ich habe es gewohnlich
bei einzelnen Stucken, jedoch zu Zeiten anch bei mehreren
eines Stalles sogleich nach gleicher Fütterung beobachtet, and
es ist keineswegs ein seltenes Uebel. In den Handbfichem der
speciellen Veterinär-Pathologie scheint es freilich bisher noch
keine Aufnahme gefunden au haben.
Es beruht meiner Uebersengung nach wesentlich auf ge»
storter Athemfunction des Zwerchfells, gewohnlich durch gestörte
Wanstthatigkeit hervorgerufen. In wie fern der Lungenma-
gen- und Zwerchfelloerv dabei betheiligt sein mögen, wage ich
nicht zu bestimmen.
In einigen Fallen, von denen noch einer in den letsten Ta«
gen TOrkam, habe ich diese Symptome anch in Folge yon Zwerch-
fellrerletzung mittelst fremder E5rper Ton der Haube aas ge»
funden, dann aber mit Symptomen der Carditis traumatica com-
plicirt. Besonders characteristich ist die au Zeiten eintretende
Pause in den Athemzugen, wobei das Zwerchfell eine Contrac-
tion zu machen scheint, während sonst die Athmung nur durch
die übrigen Respiration smnskeln ausgeübt wird. Nach solcher
tiefen Inspiration pflegt dann eine lautstohnende Exspiration zu
folgen, wahrend die übrigen Athemzuge so kurz und schnell
sind, dass sie die gewohnlich ziemlich normale Pulszahl zu-
weilen übersteigen. Das etwas verschärfte Bläschengeräusch
halte ich für Folge der raschen Athembeweguog, und Dämpfung
fand ich nur am weiter vorgedrängten Zwerchfellrande. Auffal-
lend ist hierbei noch die genirte Schulterbewegung, während
das Hintertheil seine normale Beweglichkeit besitzt.
Wahrscheinlich rührt dieselbe daher, dass durch die ab»
wechselnde Belastung des breiten gezahnten Muskels bei Be-
wegung des Vordertheiis die Action der die Rippen bewegen-
den Muskelgruppe mehr oder weniger gestört wird, während sie
sich in höchst möglichster Leistung befindet. Oefters findet
60 Meyer, 5 Fragen
man aoch die Thiere mit abgebogenen Schaltern stehen, am die
Athmang za erleichtern.
Das Uebel figarirt seit vielen Jahren in meinem Journale
anter der Benennang Baachasthma. Vielleicht warde es
richtiger als Zwerchfellparese characterisirt, es ist aber
eigentlich wesentlich eine Indigestion.
Meine Behandlang besteht lediglich in Anwendung von
Mitteln, die die Bewegungen des Wanstes möglichst erregen.
Brech Weinstein mit Glaabersals und bitter aromatischen Mitteln
genügen in gelindem Fallen oft. In hartnackigeren, oder wo
durch Aderlass oder schleimig-olige Einschatte das Uebel ver-
schlimmert ist, da sind Brechweinstein mit Aloe, weisser Nie-
sewurs, Ingwer n. dgl. erforderlich. Sobald wieder kraftige
Bewegungen des Wanstes und Wiederkauen auftreten, kehrt
auch plötzlich der Athem cur Norm suruck and Alles ist
vorüber.
Leider hat Herr ütz über die cansalen Momente der von
ihm beobachteten Falle Nichts erwähnt. Eine Lcngenaffection
war in diesen Fallen sicher nicht vorhanden, und sind diesel-
ben demnach auch hierfür Nichts beweisend.
Ad 2 einen Ochsen betreffend, ergiebt die Darstellung nnd
Obduction so ganz das Bild veritabler L. s., dass eigentlich
daran nur die Forderung des Herrn Bezirksarztes, vor Anle-
gung der Sperre erst Propagation des Contagiums erwarten za
wollen, merkwürdig erscheint. Denn das Durchseachen des
Viehstandes eines Stalles ohne wahrnehmbare Erkrankung ist
schon oft genug dagewesen«
Der Herr wird übrigens seine Hände in demselben Un-
schnldswasser waschen können, das den preassischen sogenann-
ten Thierarsten nach dem Gewerbegesetse dient. Er hat es
aber nicht besser gewosst, wird sich aber doch nicht wenig auf
den Erfolg einbilden. Es ist nur Schade, dass bei solchen
Erfolgen die Seuche taglich tiefer einwurzelt.
Ad 3 den Gemeindefarren betreffend, so erscheint auch
iber LnoganteaelM. 61
dieser Fall der L. s. sehr rerdichtig, da das Thier kors in-
Tor ans unbekannter Gegend angekauft worden.
Das Erankheitsbild scheint im Beginne des Leidens auf
das von mir s. g, Banchasthma an deuten« Vielleicht ist die
spater durch Petechien etc. angedeutete Bluts ersetsnng Folge
▼on übertriebener Antiphlogose und die Lungenaffection konnte,
da viel dicklicher, braunlich graner, mit Blut Ter»
mischter Schleim aus der Luttrohre abfloss und die
Bronchien an den indurirten Stellen mit grauroth-
lichem, siemlich consistentem, mit Blut gemisch-
tem Schleime gefüllt waren, von in dieselben eingedrun-
genen fremden Korpern herrühren.
Da auch hier ähnlich wie in den von Lies und Lonne-
ker beobachteten folgenden Fallen das interstitielle Gewebe,
mit tiefbrannrothem Exsudate gefüllt erschien, dieses also
ahnliche Färbung teigte, wie die hochrothen Lungenlappchen,
so konnte die marmorirte Färbung mit der der Lungensenche
nicht übereinstimmen, wo die Zellraume gelblich erscheinen.
Im Gänsen ist der Fall so unklar, dass er für das Vor-
kommen nicht contagioser Lungenentsundung eigentlich Nichts
beweisen kann.
Drittens. Die Beobachtung, worüber Herr Lies in der
Wochenschrift für Thierheilknnde Jg. 68 S. 5 berichtet, ein
20 Wochen altes Kalb betreffend, das wirklich an Brustentzün-
dung ohne L. s. und mechanische Ursache gelitten zu haben
scheint, hat zwar obductionel l^ Quart rothlichen Serums
ohne plastische Ausschwitzung in der Brusthohle, und He-
patisation in beiden Longen, aber keine marmorirte erge-
ben, indem die Schnittflächen ein durchweg dunkelbraunes An-
sehen hatten.
„Obgleich man die einzelnen Lungenlappchen zu unter-
scheiden im Stande war, trat das interstitielle Bindegewebe
62 Meyer, 5 Fragen
doch nur in geringem Maasse hervor, to dass sich hier das s*
g» Marmorirtsein nicht grade sehr starck bemerklich machte."
Einige Ecchjmosen fanden sich auch hier am Hersbentel wie
an den Gedärmen.
Es kann dieser Fall als Beweis dienen, dass aach nicht
marmorirte Hepatisation in der Rindslnnge bildbar sei, «Iso
nicht ihre Organisation, wie vcrschiedenseitig behauptet wor-
den, jedem entanndlichen Exsudate in dieselbe marmorirte Be-
schaffenheit verleibe.
Nach Vorstehendem scheint mir die Annahme des Herrn
Adam, dass in den citirten Beobachtungen hinreichender Be-
weis für das Vorkommen der marmorirten Hepatisation bei spo-
radischer Lungenentaündnng gebracht sei, nicht genügend be-
gründet.
Nachstehend werde ich mir noch einige weitere Beobach-
tungen zu erwähnen erlauben, und glaube hiermit genügenden
Beweis dafür su erbringen, dass diese Frage vorläufig noch als
offene su behandeln sein mochte.
In der O es tr eichischen Vierteljahresschrift für wissenschaft-
liche Thierheilkunde Bd. 28 S. 30 theilt Herr Professor Dr.
Bruckmüller die ausführliche Beschreibung des Sectionsbe-
fundes der Lungen von 2 Rindern mit, bei deren einem an*
scheinend ein von der Haube in die Lunge eingedrungener Na-
gel Abcessbildung und marmorirte Hepatisation, in dem an-
dern angeblich eine von den Bronchen ausgehende Reizung eine
marmorirte Hepatisation hervorgerufen hatte. Da aber Nichts
über die sonstigen Umstände angegeben ist, ob x« B. die Rin-
der aus verseuchten Viehstanden stammten, so bleibt es unent-
schieden, ob beide Falle nicht etwa Gomplicationen mit der
Lungensenche bildeten, da dieselbe bekanntlich in Wien nicht
selten ist.
Die auf meine Veranlassung durch Circularschreiben des
Herrn Oberthierarztes Dr. Greve in Oldenburg hervorgerufe-
nb«r LoDgeiiieDelie. 63
nen Aensseraiigeii TencliiedeDer Tbierirata OldMbnrgs, beson-
ders die spedeliere Mittbeiloog des Herrn Amtstbierarstes Lon-
neker in Varel (s, Fachs tbieriritlicbe Mittbeilang 3. Jg*
S. 184) beweisen allerdings siemlich erident, dass ancb bei
aenter, nicht contagioser Lnngenentinndang des Rindviehs die
Hepatisation dareh Brgiessnngen in das interstitielle Gewebe
ond die Lobnli zngleich ein marmor ahnlicher Dnrchsehnitt so
Stande kommt.
Jedoch ist auch hier wieder auf „eine grössere Ro-
thang als bei der chronisch -yerlanfenden Langen-
seache^' nachdrncklich hingewiesen, and weiter gesagt: jfiBM
Marmorirte zeigte eine Farbe von Rothgelb nnd Brenn, jedoch
wie schon gesagt, war die Rothe vorherrschend."
Jedoch mag dieses Sjmptom der rothlichen Interstitien
nar bei aeatem VerJaafe der Krankheit vorhanden sein, wie
nachstehender, jangst von mir beobachteter Fall so beweisen
scheint.
Am 31. Mars 1. J. hatte ich in Fischbach eine Obdaction
an einer 6jahrigeo, seit 6 Wochen kranken Knh sa machen,
die ich am 9. Mars einmal cn antersachen Gelegenheit gehabt
hatte. Ansknltatioo nnd Percnssion ergaben wohl in beiden
Langen Abnormitäten, die ich auf Bronchitis von anvorsichti-
gem Einschatten bezieben masste, nicht aof Langenseache den-
ten konnte.
Der genauere Befand ist mir nicht mehr erinnerlich. Das
Uebel hatte anter allmahliger Verschlimmernng snm Tode ge-
führt. Der Eigenthümer erkannte an, dass die arspränglich an-
scheinend anf Erkaltang (hier Rothlaof genannt) bernhende
Krankheit gleich nach dem Einschütten eines Haasmittels sich
yerschlimmert habe.
Die Section erstreckte sich anf die 24 Standen vorher viel-
fach zerschnittenen Longen, Herz and Magen, da das Uebrige
des Cadavers bereits vergraben war. Der Wasenmeister hatte
nämlich bei Eroffnang desselben ans dem Langenbefande Ver-
64 Hey er y 6 Fragen
daeht aaf L, •• gefoh5pftt weshalb ieh telegraphisch dam ge-
rafen ward«
In der Brasthohle tollen sieh 1} Eimer klaren, gelbliehen
Serams Torgefanden haben, ohne 8pnr plastiicher Eztndate,
Die Lnngenpleara war aach durchaus glatt and normal. Beide
Langen waren in allen Theilen yergrossert, an einielnen klei-
nen Stellen aach luftleer, im Wasser sinkend, die Interstitien
gelblich weiss, mehrentheils nur 1 Mm. breit, fester, die
Lobali hochroth, sowohl die vollständig Inffcleeren, wie auch
die noch etwas laftbaltigen. Stellenweise fohlte sich die Lunge
knotig an, wie von Tuberkeln dnrchsetst und auf diesen festern
Stellen liess sich das Lungengewebe elastisch yerschieben, wenn
auch nicht mit der Nachgiebigkeit, wie gesundes Gewebe.
Beim Durchschnitte erwiesen sich diese Knoten als star-
ker yerdickte, bis au 3 bis 4 Mm. breite Interstitien yon be-
deutenderer Resistens, eine sternförmige Figur bildend, indem
die Ton einem breitesten Punckte ausgehenden Ramificationen
sich verschmälerten. Ein solcher Knoten liess beim Durch-
schneiden einige Nadelkopfgrosse, gelbliche, Tuberkeln ahnliche
Punkte erkennen. Trombose der Gef&sse oder Bronchien, Ne-
krose des Lungengewebes, erweiterte LymphgeHUse in den In-
terstitien, Bronchectasien, waren nicht anfiufinden.
Das Hers war schlaff, ausgedehnt, in beiden Kammern
gleich dunkle, fast schwarse, lockere Goagula enthaltend, das
Endocardium wie die Intima der grossen Gefassstamme aeig-
ten starke, dunkle Imbibitionsrothe , die Klappen waren nor-
mal.
Im Magen war das Epithel leicht abstreifbar, die Schleim-
haut punktförmig gerothet, besonders an den Blattern des Psal-
ters, dessen Inhalt trocken erschien.
Obgleich mir dieser Befund nicht in allen Theilen seinem
ursachlichen Zusammenhange nach klar ward, nahm ich doch
nicht L. s. "als Oausalmoment an, mich stutsend, 1. auf die
Abwesenheit jeder Spur von plastischen Exsudaten auf der freien
aber Lungenfeiiehe. 6^
Plearaflache, bei Torgefondener bedeotender Ergieaenng in die
Pleurasäcke; 2. auf die Affection beider Langeoflagel in ihrer
ganxen Aasdehnang, während der L* s. Process immer nur
einen Lungenflagel, oder doch nur einzelne Theile beider be*
fallt, wahrend andere Theile ganslich frei gefanden werden.
3« Anf das Fehlen der Gefassthrombose und zugleich der
Nekrose in der Lange» die bei dem todtlichen Ausgange des
Uebels und der Aasdehnnng der Lungenaffection bei der L. s.
wohl sicher erfolgt wäre.
4, War keine Infection nachweisbar, und bei den 2 an-
dern RindTiehstncken des Stalles keine Krankheitsspur aufiu-
finden.
Auf diesen Entscheidongsgrnnd legte ich jedoch wenig Ge-
wicht, da ein Jahr zuvor die Seuche zwar nicht in diesemr,
aber doch in 3 umliegenden Orten aufgetreten war. Bei den
übrigen Stucken konnte dieselbe aus dem occnlten Stadium in
Genesung ausgegangen sein, oder auch spater noch ausbrechen,
was jedoch nicht geschehen ist.
Andere Falle von Lungenentzündung bei Rindvieh finde
ich in einem Auszage im Jahre 1867 des „Thierarzt' von
Anaker aus dem Aufsätze von Dr. Damman im schlesischen
Landwirth, den Mittheilungen aus der thierärztlicben Praxis in
Churhessen entnommen, wodurch theils z. B. von Herrn Kreis-
thiorarzt Eberhardt nur nachzuweisen gesucht wird, dass
überhaupt acute Lungenentzündungen ohne L. s. beim Rind*
vieh vorkommen, was meines Wissens Niemand ganz in Abrede
stellte.
>
Lungenentzündungen vom Eindringen fremder Körper in
die Lungen beim unvorsichtigen Einschütten von Arzneien habe
ich öfters beobachtet, fand aber obdnctionel ausser dem vor-
stehenden Falle wohl bedeutende Vergrosserung der Lungen,
aber keine marmorirte Hepatisation, sonder viele spindelförmige
Bronchectasien.
Kreisthierarzt Schmelz will L. s. und Lungenentzündung
Hag. t Tlii«rheilk. ZXXYL 1. 5
- I
66 Mfijer. 5 Frage»
sogleich in eineip und demselbeD Stalle beobachtet haben, wo-
bei ^ei^ger der Sectionsbefand wiq die Symptome im Leben
besonders die Falten an den Aogen die Unterscheidang ermög-
licht haben sollen.
Ich mnss aufrichtig gestehen, dass mir diese DiagQOse fast
sn fein erscheint. Die erwähnten Angenliedfalten habe ich bei
ziemlich vielen L. s, Patienten anfmericsam gesacht, aber in kei-
nem Falle SO entschieden gefunden, dass ich darauf meine Dia-
gnose stntsen konnte.
Auch die übrigen Symptome bei lebenden Thieren halte
ich nicht in jedem Falle für entscheidend. Ich habe auch
Falle gesehen, (cf. meine kl. Bemerkg« Mag. B. 32, S. 313), wo
anscheinend nach Einwirkung von Erkaltung ohne Vorboten
plötzlich eine acute Brustentzündung auftrat die sich doch ent-
schieden als L. s. auswies.
Wenn im beginnenden occulten Stadium der L. s. eine Er-
kaltung einwirkt, so wird dieselbe dadurch rasch zum fieber-
haften Stadium gesteigert, und solche Falle führen, wie 1. c.
bewiesen, leicht zu Verwechselnngen. Dass hier die physika-
lische Untersuchung der Brusthohle in jedem Falle entscheidend
sei, kann ich ebenfalls nicht annehmen. Tief in der Lunge lie-
gende Infectionsknoten sind nicht zu ermitteln, ui|d eine Lun-
genentzündung mit Ausgang in Hepatisation ist meiner lieber-
Zeugung zu Folge nicht unter allen Umstanden durch Auskul-
tation und Percussion too der L. s. zu uuterscheiden. Wenn
Herr D. seine Diagnose durch die Nichtcontagiositat bestätigt
fand, so mochte ich fragen, ob diese durch Obduction an den
Gohabitanten erwiesen ward. Es ist hierbei immer von Neuem
auf die häufigen Genesungen aus dem occulten Stadium Rück-
sicht zu nehmen, vermöge welcher die L. s. sehr wohl durch
einen Stall gehen kann, ohne entdeckt werden zu können.
Wie ans allen diesen Beobachtungen hervorgeht, scheint
es keinem Zweifel zu unterliegen, dass auch beim Rindvieh eine
Lungenentzündung vorkommen, unabhängig sowohl von mecha-
über Lnngenseiielu 67
Disehen Ursachen, wie tod L. •, Dieselbe scheint aber nicht
in allen Fallen marmorirte Hepatisation in eriea-
gen, indem mehrere Falle beobachtet worden, wo Hepatisation
ohne solche Marmorirang gefanden ward. Die Umstände nnd
Bedingungen aber, Yon welchen diese Verschiedenheiten abhan-
gig sein mögen, scheinen noch keineswegs erairt an sein. Von
der darch Hrn. Professor Klebs in Bern in Virchow's Archiv
B« 38 S. 327 hervorgehobenen Mischung einfacher und embo-
^ischer Pnenmonie scheint der Unterschied schon deshalb nicht
herrühren za können, weil die Marmorirnng schon in den ersten
nnssgrossen Infectionsknoten deutlich hervortritt, die doch wohl
nicht von Embolie herzuleiten sein mochten.
Wo die marmorirte Hepatisation hervortritt, erscheint die
Unterscheidung von L. s. noch immer unsicher.
Das von Spin ola hervorgehobene Unterscheidungsmerkmal
der verschiedenen Färbung etc. nach dem Alter, ist nach mei-
ner Erfahrung nicht immer hervortretend, und soll nach Pauli
(Mag, B, 31 S. 204), wenn auch vorbanden, nicht durchaus
massgebend sein, da es bei jeder chronisch verlaufenden pneu-
monischen Hepatisation auftreten könne.
Das vom Professor Fnrstenberg Aufgestellte ist nach
meiner vorstehenden Ausführung als werthlos zu erachten.
Das von mir nachstehend Hervorgehobene, die Sequester-
bildnng ist nicht constant vorhanden, und so ist es noch immer
möglich, dass eine einzelne Obduction keine vollständig ge-
sicherte Entscheidung zulasst.
Darum aber mit Herrn Obig in Straubing (s« Wochen-
schrift von Adam 1866 Nr. 24) den Se.ctionserscheinungen bei
dieser Seuche so fast allen Werth abzusprechen, wie er das in
folgendem Aphorism thut, ist entschieden zu weit gegangen.
Derselbe sagt nämlich:
„Beim Rindvieh ist die Diagnose des bösartigen Kopfca-
tarrhs, der Wuth, der Lungenseuche und der Rinderpest am
6*
68 Meyer, 5 Fragen
Leben der Thiere wohl nicht schwierig, dagegen an» den Sec-
tionen leicht saverfehlen oder an yer wechseln eto/^
Hier wird also die Luogenseache hinsichts der Unsicher-
heit des Sectionsbefundes neben die Wuth gestellt, eine Krank-
heit, die rein nervös fast nur negative Sectionsdata liefert, wäh-
rend kaam eine andere Seache so palpable Residuen in der
Leiche suracklasst, wie erstere. Sie ist zwischen 2 Leidens-
formen gestellt, deren pathologische Prodacte anf Schleimhant-
flachen ergossen Excreten beigemischt and so ansgeschieden
werden, wahrend sie bei dieser Seache in das Parenchjm eines
Organs resp. in eine geschlossene Korperhohle erfolgen.
Fast sollte man glauben, es sei dem Herrn Verfasser le-
diglich om Aufstellang eines Paradoxons za than gewesen.
Der einzige angezweifelte Punkt hinsichts der marmorirten
Hepatisation ist der, ob dieselbe, wie bisher angenommen, Ei-
genthomlichkeit der L* s. sei, oder ob sie in seltenen Fallen
auch bei einer sporadischen Lungenentzündung des Rindes ge-
funden werde. Dagegen ist allgemein anerkannt, dass die
Diagnose der L. s. aus den Symptomen eines lebenden Patien-
ten mitunter ans Unmögliche gränze.
Wenn man aber die bisher gültigen Sectionsdata, so wie
die Symptome im Leben so' ganz verwirft, dass man die Seuche
nicht als solche anerkennt, bevor ihre Ansteckungsfähigkeit er-
wiesen ist, wie Herr Ereisthierarzt Schütz will (s. Mittbeilun-
gen aus der thierärztl. Praxis im preussischen Staate von 1867
S. 72 und 73), so ist es vollends aus mit dem Kampfe wieder
dieselbe. Denn wie die Redaction treffend bemerkt, machen auch
2 Fälle noch keine Seuche, da dort, wo 1 Fall spontan entste-
hen konnte, auch 2 oder 3 entstehen können, wenn dieselben
Bedingungen auf mehrere Thiere einwirkten, und wie noch hin-
zuzufügen wäre, ist bei dieser Seuche jenes Princip doppelt ge-
fährlich, weil bei derselben so sehr oft die Mehrzahl der Thiere
aus dem occulten Stadium genest und in kleinern Viehbestän-
den gewohnlich nur 1 oder 2 Stucke deutlich erkranken,
aber Langenaenche. 69
Wenn öberhanpt der Kampf wider die L. s. fortgefetsi
werden soll, and ihn aofsogeben, hat bis jetst noch Niemand
so rathen gewagt, so möchte dringend an empfehlen sein, vor-
laofig noch bis an nahern Ermittelangen fnr gewohnlich das
Symptom der marmorirten Hepatisation als Eigenthnmliohkeit
der L. s. ansnerkennen, denn lieber noch 2 Mal Sperre ohne
Senche, als 1 Mal Seache ohne Sperre.
III.
Ist sogenannte Seqaesterbildang der Lnngenseuche
eigenthSmlich?
Aas Vorstehendem ist es leider klar genug, dass wir in
der Diagnose der Langenseache noch keineswegs so der Sicher-
heit gelangt sind, om, wie bislang wohl angenommen war,
(yon Gerlach z. R.) aas einer Obdootion anter allen Umstan-
den aber die Gegenwart der Seache entscheiden sa können. Es
mass daher höchst wonschenswerth erscheinen, noch anderwei-
tige sichere Kennzeichen dieser Seuche zu finden.
Im Falle sich nnn herausstellen sollte, dass die Seqaester-
bildang in der Lange in gewisser Weise Eigenthamlichkeit die-
ser Seache sei, so würde dadurch in vielen Fallen, besonders
hei im Genesungsstadium obducirten Tbieren, die Diagnose we-
sentlich erleichtert und gesichert erscheinen»
Freilich tritt die Nekrose in der Longe und in deren Folge
die s. g. Sequesterbildung auch bei der Lungenseuche nicht
immer ein, aber bei einigermassen hochgradiger Erkrankung,
selbst dann noch, wenn dieselbe ohne deutliches Fieber über-
standen ward, fand ich dieselbe in grosserem oder geringerem
Maasse yor.
Wenngleioh diese Nekrose als Folge der Circulationshem-
mung in dem hepatisirten Lungentheile auch bei jeder andern
derartigen Hemmung eintreten muss, und deshalb nicht a priore
70 Mejer, 6 Fragen
als Eigen thnmlichkeit dieser Seache erachtet werden kann, so
ist sie doch meines Wissens bei einer andern Lnngenkrankheit
des Rindes noch nicht nachgewiesen worden. Da nun jeoe
caasale Circnlationshemmang, die Thrombose der Arterien (and
Venen) von den meisten Autoren der L. s. 'als Eigenthnmlich-
keit zngeschrieben wird, so ist es wahrscheinlich, dass anch
jene Sequesterbildung nur dieser Seache, nicht aber einer spo-
radischen Langenentzandang eigen sei*
Weil aach bekanntlich die Impfgeschwulste bei der L. s.
Impfang so sehr leicht nekrotisch werden, selbst an Korperthei-
len, wo nicht, wie an der Schwanzspitze, Einengang darch die
Haat stattfindet, wie am den After, auf der Krappe etc., weil
deren Analogie mit der Langendesorganisation durch den Nach-
weis, dass dieselben einestheils wesentlich imMuskelbindegewebe,
entsprechend den Lnngeninterstitien, sich bilde, anderntheils eben-
falls leicht za Gefassthrombosen fähren, so wird hierdurch indirekt
wahrscheiolich gemacht, dass jene Sequesterbildung der L. s.
vor andern Lungeuleiden eigen sein müsse. Ein fernerer Grund
noch, weshalb diese Sequester nur bei der'L. s. gefunden wer-
den, mochte darauf beruhen, dass die Infection hierbei von
einem oder wenigen kleinen Paukten ausgeht (Infec-
tionsknoten) und selten ein ganzer Lungenflügel, fast nie beide
zugleich leiden, wahrend die Ursachen sonstiger Lungenentzün-
dung mehr allgemein auf das ganze Organ einwirken.
Bei dem mehr localen Erankheitsprocess der L. s. ist die
Begrenzung der Nekrose in der Lunge und Lebenserhaltung
offenbar eher möglich, als bei ausgebreiteter Lungenentzündung.
In wiefern die Eigenthumlichkeit des L. . s. Processes sonst noch
von Einfluss auf Bildung und Verlauf der Sequester sein möge
(von der Gefässthrombose abgesehen), muss ich vorlaufig dahin-
gestellt sein lassen.
aber Lnngenseucbe. 71
IV.
Hort mit der BinkapselaDg der Sequester die Gon-
tagiamentwickeloDg aaf?
In mebreren Handbüchern (Gerlacb, Spinolaetc.) fin.
det man die Angabe, dass nach Ueberstehnng der L. 8. das ge-
nesene Vieh nnr nocb so lange Contagiam entwickele und als
Verscblepper der Seocbe wirken könne, bis die nekrotisirten
Lungentheile eingekapselt worden seien.
Es ist dieses eine Annahme, fnr welche mir keine Beweise
bekannt geworden sind, und die ich far unrichtig halte, die
aber einen sehr unheilvollen Einfluss auf die veterinarpolizei-
tichen Maassregeln ausgeübt zu haben scheint, indem im Ver*
trauen darauf, die Bestimmung in Preussen, Baiern etc. getrof-
fen sein mochte, dass schon 2 Monate nach dem letzten deut-
lichen Krankheitsfälle die Sperre aufgehoben wird, eine Bestim-
mung, die meiner Ueberzeugung naeh die Hauptursache der
Fruchtlosigkeit des bisherigen Kampfes mit der L. s. bildet.
(Man sehe dieserhalb meine Aufsatze in der Wochenschrift von
Adam für 1S68 S. 110 und 235.)
Die Einkapselung des nekrotischen Lungentheiles k4nn ich
im lebenden Korper nicht für der Art hermetisch erachten, dass
dadurch das Contagium vom Blutstrome abgeschlossen Wird,
da es doch bekannt ist, dass auch der eingekapselte Sequester
fortdauernder Resorption durch die Blutzirculation in den Wan-
dungen der Kapsel unterliegt, und somit immerwahrend, so
lange der abgestorbene Lungöntheil nicht gänzlich verzehrt
oder doch der Rest verkalkt ist, von dem kranken Stoffe ins
Blut aufgenommen wird.
Es scheint demnach die Annahme keinem Zweifel zu 'un-
terliegen, dass eben so lange auch die Contagiumentwickelung,
wenngleich vielleicht in abnehmendem Maasse^ in dem Recon-
valescenten stattfinden müsse, bis jene Resorption ihr Ende er-
reicht hat.
72 Meyer, Ö Fragen
Nor 80 ist es mir auch erklärbar, dass dareh derartige
Stacke selbst nach 18 Monaten noch Infection erfolgen konnte,
wie in einseinen Fallen oonstatirt worden ist. Dass in diesen
Fallen ein offener Bronchns Commanication der Laft mit dem
Sequester unterhalten habe and aaf diesem Wege das Conta-
giam entwichen sei, scheint mir yiel weniger wahrscheinlieh, da
die Kapseln i. d. R. geschlossen and die Bronchien mit Exsu-
daten gefallt gefunden werden.
Und bei der neuerlich aufgefundenen Pilzbildung in der L.
8^ sowie bei der Entdeckung, dass das Blutserum bei Impfun-
gen dieselbe Wirkang zeige, wie die Ljmpfe aus den kranken
Langen, ist die Annahme wohl vollstäodig gerechtfertigt, dass
das Gontagium fein genug sei, um durch die Blutgefässe zu ge-
hen und zu seiner Entweichung aus dem nekrotisirten Lungen-
theile keines offenen Bronchus zu bedürfen. Auch erscheint es
nicht wahrscheinlich, dass die Spuren an dem freilich noch
e^was dubiosen, jungst von Hrn. Professor Her ms in Hannover
entdeckten L. s. Pilze in der Weise gebildet werden, dass sie
<^en Weg eines offenen Bronchus als Aasgangspforte benutzen
mnssten wie etwa diejenigen des Lycoperdon Bovist a.
^ Wenn demnach wahrend der Resorption von Sequestern
fortdauernde Aufnahme von Erankheitsstoffen ins Blut stattfin-
det, so ist wahrend dessen auch die Contagiument Wickelung
l^aum zu bezweifeln.
Diese Annahme mochte vollständig bestätigt erscheinen
d^urch die in manchen Fällen über ein Jahr sich hinziehende
(J/ontagiumbildung nach überstandener Krankheit,
p Denn die nicht nekrotisirte Ergiessnng in die Lunge wird
so rasch wieder resorbirt, dass 2 Monate nach dem Acme der
Krankheit jede Spar derselben bis auf geringe Hypertrophie
der Interstitien verschwunden zu sein pflegt, daher alsdann auch
vollständige Genesung and somit erloschene Contagiumbildung
anzunehmen ist. Nur durch die Verzogerang der Resorption
in Folge der Sequesterbildung ist eine so lang dauernde Con-
aber Lmigensenche. 7B
tagiamentwickelang in genesenen Indmdaen erklärbar, nnd also
wird anch nor dadurch jene oben erwähnte Anordnung, dass 2
resp. 3 Monate nach der letzten dentlicben Erkrankung die
Sperre aufgehoben wird, in ihrer Wirkung so nachtheilig, wie
das oben schon ausgeführt ward.
In Betreff der Frage übrigens, die hier nicht ohne Berech-
tigung sein durfte, ob dieser L. s.-Pils, der doch offenbar die
Bedingungen seiner Bildung in den lebenden thierischen Thei-
len findet, auch in den nekrotisirten Theilen und swar Monate
lang fortvegetiren könne, habe ich lediglich auf die constatirte
Thatsache hinzuweisen, dass die Contagiumentwickelung sich in
Reconyalescenten 12 bis 18 Monete erhalten kann, und dass
dieselbe nicht wohl anders zu erklaren sein mochte, als durch
die im Sequester erhaltenen Erankheitsstoffe,
V,
Wie ist die Lungenseuche zu tilgen?
Seit einem halben Jahrhundert reichlich dauert nun bereits
unser Kampf mit der Lnngenseuche und ist im Grossen und
Ganzen fruchtlos gewesen«
Wenn auch im Einzelnen hier und da die Seuche getilgt
ward, so hat sie doch trotz allen Maassregeln ihr Herrschge-
biet von Jahrzehnt zu Jahrzehnt stetig erweitert, und mit ihrer
vor wenigen Jahren erfolgten Uebersiedelung nach Afrika und
Australien hat sie alle Erdtheile eingenommen und gleichsam
ihre kosmopolitische Natur bewiesen. Sie hat sich io einzelnen
Landern so ausgebreitet, dass man auf dem Punkte steht, sich
besiegt zu erklaren, und ihre Unvertilgbarkeit anzuerkennen/)
*) Man sehe Magazin f. Thierhkde, Bd. 28, S. 148 u. ff., wo
Herr Profefisor KöLne sie mit dem Unkraut vergleicht, das ebenfalls
anvertilgbar dennoch fort und fort bekämpft werden müsse. Ein etwas
74 Meyer, 5 Fimgen
Sehen wir ods nach der Ursache dieser traürigeo Sachlage
um, 80 werden sich hoffentlich aoch die Mittel aar Abstellang
derselben finden lassen.
Die Ursache des Misserfolges des bisherigen Kampfes mit
dieser Seoche liegt einfach darin, dass man die Tilgongs-
maassregeln nicht der Nator derselben anpasste,
and dieses geschah deshalb nicht, weil man noch immer
nicht anerkannt, man habe es mit einer Contagion
XU thnn.
Der protrahirte und versteckte Verlauf dieser Seuche, Ter-
moge welcher sie Monate nnd selbst Jahre lang onerkenubar
fortscbleichen kann, erfordert entweder eine grosse Gründlich-
keit und dadurch Kostspieligkeit der Tilgangsmaassregein, oder
andererseits eine aasserordentliche Beharrlichkeit and Aasdaaer
in der Anwendung weniger energischer Mittel.
Zu dem Einen oder dem Anderen kann man sich aber
nicht entscbliessen, weil die Maassregeln meistens an dem Ge-
danken kränkeln die Seuche könne sich auch einmal spontan
entwickeln, und dann sei der Aufwand Tielleicht nutzlos oder
es könne auch einmal gelingen, die Tilgung mit palliativen
Mitteln zu erreichen, in welchem Falle es unnothig erscheine,
eine kostspielige Radicalcur ansuwenden.
Es ist auch nicht in Abrede zu stellen, dass es in vielen
Fallen gelang, bei Stall- oder Ortssperre in wenigen Monaten
die Seuche austoben zu lassen, ohne weitere Verbreitung der-
selben zu gewähren, selbst dann, wenn man, wie in Preussen
und Baiern gesetzlich geschieht, diese Sperre 2 oder 3 Monate
nach dem letzten deutlichen Krankheitsfalle wieder aufbob, so
wenig dieses Verfahren der Natur der Seuche auch entspricht.
Aber dass bei diesem Verfahren dieselbe, wenn auch an einer
hinkender Vergleich ! — I Der Unkrautsaamen wächst stets auf dem-
selben Boden wieder, während der Saamen der L. s. zu jeder Kei-
mung neuen Bodens bedarf, weshalb es nur erforderlich ist, diesen zu
versagen, um sie ganz von selbst erlöschen zu sehen.
über Lnngeiiseaehe. 75
Stelle scheinbar getilgt, an andern wieder ansbrach, and sie
so immer tiefer einwurzelte and schliesslich sich so yerbreitete,
wie das in allen Landern, die ähnliche mangelhafte Maassre-
geln anwendeten, gegenwartig der Fall ist, sollte wohl genü-
gen, am diese halben Maassregeln ganslich aar Verwerfung so
bringen. Sie haben «ich nirgends bewährt, and nnr solche
Länder sind, wenn aach natürlich nicht vor der Verschleppung,
so doch Tor der Ausbreitung der Seuche geschützt geblieben,
die ernstliche Tilgungsmaassregeln dagegen anwendeten. Es
mag iweckmässsig erscheinen , diesen Satz mit einigen Beispie-
len zu illustriren.
In Preussen zuvorderst, wo zwar nach dem Viehseuchen-
patente von 1803 schon vorgeschrieben ist, dass alles langen-
seuche- kranke Vieh mit LK gebrannt werden solle, welche
Vorschrift insofern ganz ungenügend erscheint, als sie nicht
auf das verdächtige mit hrankem zusammenlebende Vieh er-
streckt ward, ist auch diese mangelhafte Maassregel seit lange
in den meisten Landestheilen ausser Anwendung gekommer)
ohne anscheinend formlich aufgehoben zu sein. Eine vielleich
auch erst noch sehr mangelhaft gehandhabte Stall- oder Orts-
sperre, die 8 resp, 12 Wochen ilach dem letzen offenbar wer-
denden Krankheitsfalle wieder aufgehoben wird, ist die wesent-
liche dortige Maassregel. Bekanntlich ist denn auch diese
Seuche über alle alten Provinzen des prenssischen Staates ver-
breitet, und in manchen so eingewurzelt, dass man hier und
da an der Tilgbarkeit derselben verzweifelt.
In Oesterreicb, Baiern, Würtemberg, Baden etc. sind die
Maassregeln nicht besser, und in allen diesen Staaten wird der
Viehstand arg von dieser Seuche heimgeBucbt. Sie greift
dort alljährlich weiter um sich, und beweist dadurch zur Eyi-
denz, dass die angewandten Maassregeln vollständig ungenü-
gend sind.
In den wenigen Ländern dagegen, wo man von jeher gründ-
liche Tilgangsmaaasregeln anwendete, indem man mit dem krau-
76 Meyer, 5 Fragen
ken auch die ADseheiDend gesooden Tbiere, die dnrch B«y|p))f^
raog mit erstem Terdiehtig geworden, yertilg^, wie in Ostfrie^^,
Und, Oldenburg, Scbleswig, Holstein, Mecklenburg etc. ist di^
Sencbe nicbt einbeimisch geworden. Dort findet keine anscbei-^
nende Selbstentwickelang statt, nnd nur die baofige Einscblep-
pang ans andern ProVinsen iwingt sie, stets aaf der Hat la
sein. Ob es den bisber seacbenfreien, jetst preassiseben Pro-
Tinsen Ostfriesland, Scbleswig-Holstein etc. aacb fortan gelin-
gen wird, den bisberigen Kampf siegreicb an kämpfen, mass
die Zeit lebren. Mit den im übrigen Prenssen gebrfiocblicben
Maassregeln wird die Sencbe sieber ibre Herrscbaft bald über
jene Gebiete ausdebnen. Aber Ostfriesland bat sein eigenes
provinzielles Seucbengesetz, nnd wird es boffentlicb bebalten, da
es die Tilgnngskosten ans dem SSckel der Viebbesitser scbopft,
and somit die Landeskasse nicbt in Ansprucb nimmt. Das Her-
zogtbam Oldeobarg wird alsdann docb nocb eine gescbütste
Seite behalten.
Gegen diese verkümmerte nnd verkräppelte Seacbenord-
uung, die io Baiern, Wurtemberg etc. neuerdings aufgewärmt
worden ist, habe icb in der Wocbenschrift far Tbierbeilkunde
von Adam Jahrg. 1868 Nr. 14 und 30 schon meine schwache
Stimme erhoben ; gegen sie werde ich auch ferner kämpfen und
hoffe auf endlichen Sieg. Gutta cavat lapidem.
Ich glaube nämlich, selbst auf die Gefahr hin, von Kohne
zu den extremen Köpfen geworfen zu werden, die über
das Ziel hinansschiessen, an die Eigenschaft äer L. s. als reine
Contagion für Deutschland und Mitteleuropa und die west-
lich gelegenen Erdtbeiie, und daher kann ich nicht von der
Ueberzeugung lassen, dass der Natur der Seuchen ent-
sprechende Maassregeln gut gehandhabt die Til-
gung derselben zur Folge haben müssen.
Aber lacherlich ist es mir, solche Tilgung von den ange-
gebenen bisherigen preussischen etc. Maassregeln zu gewarti-
gen, wobei man das durcbgcseuchte Vieh in einer Zeit, zu
aber Lnngenseiiehe. 77
welcher sicher noch ein grosser Theil desselben Contagiam ent-
wickelt, gleichsam mit einem polizeilichen Freipssse versieht,
anscheinend aus Vorsorge, damit die Seoohe nicht aassterbe.
Waaderbar scheint mir nar, dass man sich dabei noch won-
dert, wenn sie sich alljährlich weiter aasbreitet«
Wenn diese mangelhaften Maassregeln dann auch noch so
nnvollkommen gehandhabt werden, wie das in Wärtemberg i,
B. der Fall sa sein scheint, (man sehe Repert. B. 25 S. 13 a
f.), so müssen sie bei ihrer Halbheit natzlos bleiben.
Die Herren Kohne and Adam scheinen Ton der Polizei
allein keine Rettang mehr za erwarten, and rafen deshalb die
Jastiz am Mithälfe an. Sie wollen die L. s. zar Wurde eines
Gewiihrsmangels erhoben wissen, and Herr Adam will schon
bedeatende Erfolge davon gesehen haben, dass solches seit
10 Jahren in Baiern geschehen ist. Meiner Ansicht nach ist
dieses wohl ein brauchbares und nützliches Hülfsmittel, das
aber andere entschiedene Maassregeln nicht entbehrlich macht.
Seine Wirkungslosigkeit wird sich nach einem oder 2 Jahr-
zehnten herausstellen. Die Seuche wird unterdess noch tiefer
wurzeln, und die demnachstige Tilgung noch schwieriger er-
scheinen, wenn jenes Mittel nicht mit andern der Natur der-
selben entsprechenden Maassregeln unterstützt wird.
Zwar hat die L. s. wohl alle Eigenschaften eines Gewahrs-
mangels und sollte in allen Landern, wo nur benannte Gewahrs-
mängel gültig sind, als solcher aufgenommen sein. In andern,
wo die Normen des gemeinen Rechts gültig sind, ist sie es von
selbst. Aber diese Aufnahme kann in veterinarpolizeilicher
Hinsicht nur wenig nützen. Denn erstens erkrankt bekanntlich
oft gar nicht das angekaufte mit der L. s. behaftete Stück
selbst in deutlich erkennbarem Grade, sondern seine von ihm
inficirten Stallgenossen, und wenn dieses eintritt, wird in der
Regel die vorgeschlagene Gewahrs- oder Verjährungsfrist von
30 bis 42 Tagen abgelaufen sein , was auch selbst dann nicht
78 Mejer. 5 Fnc«
selten der Fall sein wird, weoD aoeh das gekaofte Stoek i^bst
erkrankt, indem die IncobationMeit jene Frist oft übersteigt»
Was aber aaeh besonders der Wirksamkeit dieser Be-
stimmong Eintrag thnn mnss, ist zweitens der umstand, dass
die Senche ohne Section nicht mit der nothigen Sicherheit sn
bestimmen ist. Da aber der Käufer nicht leicht ein Thier tod-
ten lasst, so lange es Aussieht anf Genesung gewihrt, aof die
Gefahr hin, dass anch vielleicht kein Gewahrsfehler gefanden
werde, so kommt das Gesets nnr haoptsichlich dann sar Gel-
tang, wenn ein Stock Vieh innerhalb der Gewahrsfrist ^It.
Und selbst dann noch kann anter Umstanden der Zweifel er-
hoben werden, ob es nicht eine acute Lungenentsnndnng mit
Ausgang in marmorirte Hepatisation gewesen sei, was den Tod
▼eranlasste. In forensischer Hinsicht mnss Gewissheit vorliegen,
wenn in polizeilicher Besiehang auch Wahrscheinlichkeit genügt.
Es fehlt bisher also in vielen Ländern entschieden an voU-
stäadig der Natur dieser Senche entsprechenden Maassregeln.
Nur von solchen ist Schutz gegen das Allgemeinwerden der-
selben sa erwarten, und kann man sich nicht entschliessen,
wie bei andern Seuchen auch bei dieser die Natur derselben
und die Eigenschaften ihres Contaginms zur Richtschur für die
Einrichtungen der polizeilichen Vorschriften zu machen, so
kann man aqch die bisherigen halben Maassregeln nur vollends
fallen lassen, die sich längst als ungenügend ausgewiesen ha-
ben , indem trotz denselben sich die Senche immer weiter aus-
breitet, die also das Publikum nur schädigen und belästigen,
ohne wirklich wesentlich zu nützen.
Es ist jetzt dahin gediehen, dass sich die Staatsregierun-
gen die Alternative zu stellen haben, entweder die L. s. all-
gemein werden zu lassen, oder auf ernstliche Tilgung dersel-
ben Bedacht zu nehmen. Die Früchte der bisherigen halben
Maassregeln liegen klar genug vor. Wer in dieser Hinsicht
noch Zweifel hegt, sei auf die citirten Sätze von Adam und
ober Lmigenseiiobe. 79
Straab im Repertoriam ond Ton K5hne im Magasio ver-
wiesen«
Was non meine Ansicht hinsichts der an treffenden Til-
gangsmaassregeln betrifft, so ist als erster Grandsatz hierbei
fest zn halten, dass die L. s. ihrer schleichender, ver«
kappten, langwierigen Natur halber jedes Stack
Vieh, das ihrer aach nur verdachtig wird, zar fer-
neren Zacht und zar Berahrang mit gesundem Vieh
für immer nntaaglich, weil gefährich, gemacht habe.
Dieser Grandsatz mnss alle Maasregeln beherrschen. Denn
wenn es gleich aach far die Reconvalescenten dieser Seache
einen Zeitpunkt geben wird, wo die wirksame Contagiambil-
dnng aufbort, und somit die freie Verwendung wieder statt-
haft erscheinen würde, so ist dieser Zeitpunkt erstens zu fern
liegend, indem ja selbst 18 Monate nach eingetretener Recon-
yalescenz durch solche Thiere Infcction erfolgte ; zweitens sol-
len bei vorhandenen Sequestern in den Lungen Recidive der
Seuche in demselben Individuum beobachtet sein; und drittens
kann unter den blos verdächtigen nicht offenbar erkrankten die
Seuche in ihrer schleichenden, occulten Weise fortdauern ohne
erkannt zu werden , und die Thiere können in dieser Form
die weitere Verschleppung derselben bedingen *).
In den Landestheilen , wo die Seuche noch weniger ver-
breitet ist, was durchschnittlich solche sind, wo vorwiegend
') In dem hier benachbarten prenssischen Orte Rückweiler im
Kreise St. Wendel brach 1867 die L. s. aus. Gemäss der dortigen
Senchenordnnng ward die Sperre zwei Mal aufgehoben, bevor die
Seuche beendet war. In Folge meiner Anzeige wurde dieselbe zum
2. und 3. Male verhängt und bei der dritten Sperranlage riss den
£ingessen?n endlich dje Geduld. Die betrieffendea Viehbestände wur-
den auf Gemeindekosten angekauft und. vertilgt^ und damit erst die
Seuche beendet.
80 Mey^r, 6 Fngen
ViehsQcht getriebeo wird, und Ansfiibr besteht, mochte mei-
Bteni sofort auf groDdliche Tilgung hiniawirken tein, da-
dorch, dasB die loficirten Yiehbestinde getodtet nnd so weit
brauchbar benatit werden. In dieser Weise wurde i. B. im
ganien linksrheinischen deutschen Lande au yerfahren sein, in-
dem hier allen Nachrichten snfolge die Seuche nur vereinzelt
auftritt. (Man sehe z. B, die preussischen Mittheilungen aus
den Veterinarbericbten von Müller und Roloff.)
In solchen Gegenden nnd Orten resp. Stallungen aber,
wo die Seuche so sehr überhand genommen hat, dass die au-
genblickliche Tilgung in obiger Weise zu kostspielig erscheint,
kann eine Vorbereitungszeit gegeben werden, wahrend welcher
dadurch, dass alles lungenseuche krank gewesene Vieh
nicht allein, sondern auch alles durch Berührung
mit solchem der Seuche verdachtige oder deshalb
geimpfte Vieh von der Zucht und dem freien Ver-
kehre auf immer ausgeschlossen und bald thunlichst
zur Schlachtbank verwende.t werde.
Es ist zu erwarten, dass die Vorbereitungszeit nur in
grossem Brennereien und Zackersiedereien etc. erforderlich
werden wird und da dieselben mehr oder minder geniren wird,
so werden die Besitzer schon von selbst bestrebt sein, sie thun-
lichst abzukürzen. Dieses kann in der Weise geschehen, dass
das neu anzuschaflfende Vieh in reine Stallungen gestellt und
die Beseitigung des Verseuchten beschleunigt wird, was an-
dern Falls den Umstanden nach anzuordnen der Behörde im-
mer zustehen muss. Wenn freilich in grossem viehreichen Or-
ten mit vielen verseuchten Stallen diese Maasregel durchge-
führt werden muss, wird die Schwierigkeit grosser sein, aber
dass ein so eingewurzeltes üebel mit kleinen Mitteln zu be-
seitigen sei, wird kein Vernünftiger erwarten.
Es ist durchaus erforderlich, dass alles oberwahnte Vieh
auf immer vom freien Verkehre ausgeschlossen werde, da man
keine Mittel hat, die etwa vollständig genesenen von unvoll-
fiber Longeiiftafih«. Sl
ständig geheilten mit Sicherheit in unterscheiden. Nor moch-
ten allenfalls rein pracantional geimpfte, nicht der Infection aus-
gesetst gewesene Thiere anssnnehmen sein. Um dieses au sichern
nnd Defraaden za Terhnten, kann es unter Umstanden noch
empfehlenswerth erscheinen, solches Vieh sn zeichnen. Ein Brand-
seichen am Home ist angenngend, weil es dort leicht vertilgt wer-
den kann, nnd nicht alles Vieh Homer hat, weshalb ein Brand
auf der Haut, etwa ober dem Hnftgelenk, erforderlich ist.
Ich bin nberseogt, wäre die schon in dem prenssischen
Senchenedicte von 1803 angeordnete Maassregel des Brennens
anf alles eben erwähnte Vieh nnd nicht aof das offenbar er-
krankte eingeschränkt nnd angleich cooseqoent dorchgefalirt
worden, die Seache wäre nicht zn der Calamitat erwachsen,
die sie jetzt in der Welt bildet. Da man aber nnr das offen-
bar erkrante Vieh zeichnete, nicht aber das die Mehrheit
bildende gleich gefahrliche ans dem latenten Stadium genesene,
so konnte die halbe Maassregel natürlich nidht anders als un-
wirksam sein, und kam so, ohne anscheinend aufgehoben zu
sein, ausser Gebrauch.
Zwar hat sich Herr Departementsthierarst Korb er in
Merseburg im Magazin 11. Jahrg. S. 190. entschieden gegen
die Anwendung von Zeichen erklart, die dem spatem Verkaufe
nachtbeilig sein konnten« Aber er hat sich auch für die Auf-
hebung der Sperre 6 Wochen nach dem letzten Erkranknngs-
und 4 Wochen nach dem letzten Genesongsfalle erklart. Wenn
Herr Korber Recht bat, so muss ich freilich entschieden
Unrecht haben. Da ich aber nicht glaube, dass derselbe auch
jetzt noch diese im Jahre 1845 aufgestellten Ansichten vertre-
ten werde, obgleich mir seinerseits kein Widerruf bekannt ge-
worden ist, so will ich darauf nicht näher eingehen. Im Ue-
brigen bin ich jedoch mit den dort entwickelten Ansich-
ten Korber's über die sonstigen« yoterinärpolizeilicken Maass-
regeln einverstanden, sofern auch ich der Ansicht bin, dass
eine mittelbare Verbreitung durch andere Contagiumtrager bei
Hag. t TUtrhtUk. ZXXVL 1. 6
88 Meyer, 6 Frugen Aber Limgenwwiche.
dieser Seache riel weniger leicht Statt findet, alt bei der Bin«
derpest oder Aphlhenseaehe.
um aber in Torbeseiehneter Weise gegen die Seiiehe mit
Erfolg Torsogeben, sind yersehiedene Reqnitite onentbebrlieh,
ober deren Nothwendigkeit man sich keine Dlnsionen machen
darf. Erstes Erfordemiss ist Geld sn den nnnmgaoglichen Bnt-
schadignogen. Nach dem Vorgange des Bnndesgesetses gegen
die Rinderpest ist aber wohl nicht so besweifeln, dass anch
hier wie dort die Kasse des norddeotschen Bandes Anshnlfe
leisten werde. Wenn die L» s« momentan weniger serstorend
wirkt, wie jene, so ist sie Tcrmoge ihrer Daner doch nicht
weniger wichtig nnd nachtheilig. Den Motiven so jenem €to-
setse sofolge ist es anch schon in Erwagnng gewesen, ob nicht
L. s. und Rots sofort mit aofsnnehmen seien. Zweitens ist
eine Poliseibehorde erforderlich, welche die Macht nnd den
Willen hat, die erforderlichen Maassregeln sachgemass dorch«
snfahren, damit sich das Tran erspiel nicht wiederhole, das Tor
3 Jahren in England nnd Holland in Scene ging.
Drittens darf es nicht an Thierärsten fehlen, die ihre Pflich*
ten kennen nnd erfüllen können, die sich also auch in einer
solchen Stellong befinden, dass sie nnabhangig sind von ein-
selnen Knnden, nnd dieser 3. Punkt ist kanm minder wesent-
lich, wie einer der Torhergehenden, trots dem es mit der The-
rapie der L. s. noch traurig aussieht.
Im Uebrigen bedarf die L. s. jedoch nicht der strengen
Sperrmaassregeln , wie die Rinderpest, da dieselbe auf mittel-
barem Wege durch andere Gontagiumtrager viel weniger leicht
yerbreitet wird, wie diese. Hat doch die Erfahrung siemlich
evident erwiesen, dass selbst das erkaltete frische Fleisch yon
kranken Tbieren ohne Gefahr verkauft und yerbreitet werden
darf und durch Dünger u. dergl. ist auch eine Verschleppung
der Seuche nicht mit Sicherheit beobachtet.
Zur FormuliruDg einer Seuchenordnung fohle ich mich
jedoch hier nicht berufen.
u
IV.
Jahresbericht iher in Pferdcspital ier KdiigUchei
ThicrameischMle fv 1867 — 1868.
Ton Köhne.
Id dem Zeitraame vom 1. April 1867 bis nlt. Mars 1868 sind,
wie die nachfolgende tabellarische Uebersicht ergiebt, 1216
grossere Hansthiere in das Pferdespital der Königlichen Thier*
arzneischnle aufgenommen worden, Ton denen 852 einer £rit*
liehen Behandlang unterworfen warden, 277 Thiere worden
lediglich cum Zwecke der üntersnchong nnd Constatirnng yon
Gewahrsmaogeln eingeliefert and 131 Ton diesen mit folgenden
Mangeln behaftet befanden:
1. Dammkoller 17
2. Dampfigkeit 25
3. Eehlkopfpfeifen . . . . 31
4. Hartschnanfen • • • * • 2
5* Mondblindheit • • • * • 1
6. Grauer Staar * • • • • 5
7. Schwarzer Staar • * * • 2
8« Wahre Stfitigkeit . . . , 3
9« Strangschlagen 6
10« Epilepsie 1
11* ünbraachbarkeit • • * « 12
12« Bauch wassersacht . • • * 1
13. Zahnfehler 6
14. Ereuzsch wiche • • • * 4
15. Huftlahmheit 2
16. Spat etc 10
17. Schulterlahmheit .... 1
18. Hornspalt « 1
19. Chronischer Eieferhohlencatarrh 1
20. Selbstaussaugen der Milch (Enh) 1
Summa
131
6*
84 K«ha«, Jj
Ueber dieae, sowie ober einige eadcre Kraakbeitee (s« B.
Rots) worden entliehe Biklinugen ertheilt. 111 Gederer ge-
storbener oder getodteter Pferde worden seeirt, nnter den
enteren befanden neb 41 Ton solehen Pferden, die an Kolik
oder Dennentsnndong gelitten betten nnd nnter den letsteren
17, welche mit der Rots-Wormknnkheit behaftet waren.
Bei der Obdnetion der an Kolik resp. Darmentsnndong
gestorbenen Pferde ergaben sieb nachstehende oiganische resp,
Lagen- Veriodemngen : 5 Mal eine Magen- oder Darmserreissnng,
8 Mal eine DarmTenohliDgnng, 2 Mal eine Binsdinnmog des
Darmes dnreh ein Afterprodnkt, 2 Mal ein Hodensackbrneh,
1 Mal eine Zwerchfeilsserreissnng, 6 Mal eine Ansehoppnng der
Contenta vor der Häftblinddarmklappe, 1 Mal eine ToUstandige
BiDstolpoDg ded Blinddarms in den Qrimmdarm. In den meisten
anderen Fallen war eine Anhaofnng von Fnttentoffen, welche
grosstODtheils ans an knn gesehnittnem Häcksel bestanden, als
Unache der Kolik nnd des Todes ansnsehen.
Im Gänsen stellte sich wahrend des in Rede stehenden
Zeitraumes das Morbilitats- ond Mortalitats-Verhaltniss nnter
den Pferden als ein gäostiges herans, wie dieses in denjenigen
Jahren erfabmngsgemass Hegel ist, in welchen die Futterpreise
eine ongewohnliche Hohe erreichen. Ins Besondere ist ein
nachtheiliger Bioflnss der wahrend des gansen Jahres vorwal-
tend herrschend gewesenen nasskalten Witterung auf die Ge-
sundheit der Hausthiere nicht nachweisbar. Zum Theil hat auch
die als Nachwirkung der Kriegsverhaltnisse sich allgemein geltend
machende Geschäftsstille die Besitser öffentlicher Fuhrwerke,
welche unser Spital vorsugsweise frequentiren, dasu Tcranlasst,
ihren Pferdebestand auf ein Minimum sn reduciren nnd in Krank«
heitsfälien den Aufwand von Kurkosten möglichst su yermeiden.
Influenza und sonstige acute Affectionen der Athmungsorgane
waren ungewöhnlich selten; überhaupt machte sich ein Genius
episootions in keiner Richtung geltend.
pn ISe? - lB«t.
TabdlulMihe Vcbwddit der TOrttkoi
t8«T6S.
'h - C<inf[Hlion . . . -
Amte RehirDwutenacbt . .
nkoller
AnpenFDitQndang ....
CiMrrh der Luftweg» . . .
BrluDe
fremde EOrper in Sehlande
I^Menblaten
I. In
irlicbe Kmiikheitei
llruiB, Binbrhe
KdU- und WurmveTdacbt . .
Roll nnd Wurm
sr Hot(
Typhui pelerhialil . . . •
LuDgenentiündung ....
I.ungrnwuche
Chroniicher Hcnfehter . .
Itrniilw «Menü cht
eribvuteiwMieriiicht . . •
InflueoH
(iiiirieiaDia*
Kolik
Dirmentumdnng
Innere Verhluluag . . . .
Kierenenliündaog ....
Lanleratiill
Ver*chlag
KreutlAhmuDir Oder Scbwlcbe
TeMnui idiopalhicH . , . .
Ireaineiico* . . . .
Erytipelit and EinicbnH . .
Br*D<l-Minke
llauUuucblig
Allgemeiaej Haateoipbjtem ■
Köhne, Jahncbwlelit
as
Beieichnunf der Krankheiten.
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1
tt.n.pe,l.
461
II. Aenoerliche Krankbeilei
LihmheiKn diverie
Verlcttangen und QueUchnngeu .
Koocheg brache
Piulet Sirahl
111. Op«rilion«ii.
Zabnaaiiiehen
Castralion
Enlropium
Trepanation
Coupiren dei Schweife* . . .
Tenotomie
ZahoBilel
i eislirpiren
WiderräBlGatein
SaameüilringflalelD
Hnfknorpel Gatein
Eulirparion von Aßerproduclen
Darmbrücfae
Zam Beacblag geworfen . .
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IV. Nichl behandelt.
Onlerauchong a) bealSligt . .
ant b) nichl bealSligl
GewihrimAnget c) iweifelfaafi .
pro 1867 — 1868. 87
Besondere bemerkenswertbe FUle*
1. Diphtheritis der Lnftwege.
a) Eine acht Jahr alte SchimmeUtote, ober welche ein
weiterer Vorbericht nicht an erlangen war, aU das« sie sich
seit 5 bis 6 Tagen krank geseigt habe, zeigte sich bei der Ein-
lieferang in das Spital so matt nnd hinfallig, dass sie sich ent-
weder mit dem Hintertheile gegen die Wand lehnte oder sich
trotz der grossen Athembeschwerden anf knrze Zeit niederlegte*
Neben dem anfanglich gelinden asthenischen Fieber bestanden
an allen vier Schenkeln Oedeme, die Sabmaxillar-Drosen nebst
deren ümgebang waren sehr stark angeschwollen, hart, wenig
schmerzhaft Die Nasenschleimhaot war mit Petechien besetzt
nnd ans beiden Nasenoffnongen fand Abflnss einer graorothlichen,
chokoladenfarbigen ond obelriechenden Masse statt. Appetit
nnd Dnrst waren ganz onterdröckt, so dass von dem in das
Getränk gemischten Acidam mariatienm nar sehr wenig aufge-
nommen warde. Nachdem sich Fieber- nnd Athembeschwerden
schnell gesteigert, starb Patient nach dreitägiger Behandlung
nnter den Erscheinungen der Erstickung.
Section: Lippen, Augenlider, Kehlgang, untere Bauch-
flache und alle 4 Beine stark odematos geschwollen ond in dem
subcutanen Bindegewebe dieser Korperstellen eine gelbsulzige
Infiltration; die Submaxillar- Drusen geschwellt und mit einem
blutigen Serum durchtränkt ; das Herz und die grossen Gefasse
mit srhwarzem, theerartigen Blute angefüllt; unmittelbar unter
der Pleura pulmonum und im Innern der Lungen zahlreiche
Cayemen Ton Erbsen- bis Wallnussgrosse, sämmtlich eine dick-
flüssige, rothlich-graue, chokoladenfarbige, höchst übelriechende
Detritus-Masse enthaltend; an den unteren Rändern beider Lun-
gen ein sechs Zoll breites Lungenödem , die Bronchien mit einer
schmutsig-rothlichen und schaumigen Masse fast angefüllt; im
Kehlkopfe nnd in der Trachea bis an deren erste Theilung
zahlreiche bis tief in die Mucosa dringende Defecte von ver-
88 Kohne, Jahresberleht
•obiedener Form nod Grosse ond mit anregelmSssig gelackten
Rändern«
Die mikroskopische Untersuchong der nächsten Umgebung
dieser Usaren ergab nirgends eine Spar von Neabildang ad-
liger Elemente, sondern aberall lediglich fettige Degeneration,
i. e. Diphtheritis.
Die Ursache derselben konnte nicht festgestellt werden,
doch ist ansnnehmen, dass irgend welche deletaere Stoffe in
die Luftwege and Langen des Pferdes gelangt, den nekrobioti-
schAn Prosess angeregt haben, and dass yon diesem alle die
übrigen pathologischen Veranderangen abhangig gewesen sind,
welche darch JaacheJntoxication und Kohlensaure- Vergiftang
des Blutes den Erstickungstod herbeigeführt haben*
b) Der nachstehende Fall yon Diphtheritis simulirte noch
mehr die Symptome der acuten Rota-Warm-Krankheit, da der
Ausfluss and die Eehlgangs- und Leisten-Drusen-Anschwellung
sich nur rechterseits aeigte und auf der rechten Seite der Na-
senscheidewand sich zahlreiche sackige Usuren mit gelbröth-
lieber Umgebung und an den Ljmphgefassen der rechten Seite
der Brust, sowie an der Innern Flache des rechten Hinterschen-
kels scharfbegranzte Beulen von Wallnussgrösse sich fanden
and alle diese Erscheinungen anter Fiebererscheinungen in we-
nigen Tagen sich ausgebildet hatten. Da jedoch bei der See-
tion des getodteten Thieres nirgends Rotzknoten nachgewiesen
werden konnten, und jene Knoten unter der Haut, sowie die
bis in den Kehlkopf reichenden GcBchwure nur eine aus fetti-
gem Detritus bestehende pariforme Masse enthielten, blieb es
zweifelhaft, ob acater Rotz oder lediglich Diphtheritis and Sep-
ticaemie vorlag.
2« Herifehler.
a) Bin Pferd der hiesigen Fenerwehr, schon lange als
dampfig bekannt, aber nicht arztlich antersacht, wurde, nach-
pro 1867 — 1868.
dem es eine aDttreDgeode Fahrt gemacbt, in das Spital einge-
liefert nnd seigte folgende Erscheinungen.
Allgemeiner Ernahrangssastand siemlich gut; Blick lebhaft,
aber aogstlich; Nasenschleim baat nnd Conjanctiva cyaootisch;
Manl trocken; Extremitäten eiskalt, partielle kalte Schweisse
am Rnmpfe; 70 leere, kanm fühlbare Polse nnd 60 höchst an«
gestrengte Athemznge p« M. ; Hersscblag nnregelmassig nnd so
pochend, dass das ganse Thier mit erschnttert wnrde nnd der
fortgepflanste Hersschlag an allen äusseren KörpertheileD ge«
fahlt werden konnte.
Nur ein einsiger Heriton hörbar, das vesicnlsre Geräusch
durch den prellenden Hersscblag und das Sausen der Luft in
den Bronchien verdeckt; Tod nach 12 Stunden unter snffocato-
riseben Erscheinungen.
Section; Leber hjpertrophirt, weich, heller gefärbt in
Folge einer Wucherung des interacinosen Bindegewebes; am
rechten Leberlappen und an der Mils ein blntiger Tumor; die
Rindensnbstans der Nieren durch interstitielle Wucherung sde-
rotisch.
Beide Lungen, besonders die linke mit schwtfrsem theerar«
tigen Blute angefallt, mit mehreren apoplektischen Heerden im
Innern, die rechte Herzkammer stark dilatirt bei normaler Dicke
der Wandung; die Tricuspidales sehnig weiss nnd verdickt, die
mittlere auf halbe Grösse susammengeschrumpft, rechtes Ostinm
nebst Vorkammer b.edentend dilatirt,
b) Das 7 Jahre alte Reitpferd eines hohen Besitzers hatte
seit 3 Monaten einen prellenden Herzschlag ohne erhebliche
Athembeschwerde gezeigt. Diese war erst in den letzten Wochen
eingetreten, so dass Unbrauchbarkeit zum Militair-Dienste die
Folge war« Nachdem sich ein die ganse untere Bancbflache ein-
nehmendes Oedem eingestellt, wurde das Pferd dem Spitale
übergeben.
Status praesens: das Pferd, angloarabisches Blut, war nur
mittelmassig genährt, hatte struppiges Deckhaar, einen angst-
90 Köha«, Jj
liflheD titerea Blick, blatte Sdileiahista, tia roa der
det Brattbeiat Int saai S^aabeia racbeadet 4 Fiager dicket
nad S Fott breitet Oedem, kable BztreMititea, tpartaaie Ent-
leeniag eiaet daaklea triibea üriat oad brtüge Daimdijeetio«
aea, fett gar keiaea Appetit, aber sieadicb regea Dont, 80 —
90 kleiae aaregelmittige Palte aad 18 aagettreagte Atheaisage
p. M. ; bit sa dea Parotidea biaaof tiehtbarea Veaeapalt, eiaea
aa beidea Brattvaadaagea deatlich fablbarea, aaregelaittigea
HerstcLlag; eia tiefet, tchwiireadet Geriatcb liett tich aach je-
dem tjttolitehea Toae deatiidi wahraehaiea. Biae geriage
Korperbewegnag, a. B. aar dat Henuatretea im Staade, Ter*
artachte eiae aoffalleade Betdileaaigaag der Henaetioa. Dat
Pferd warde darch dea Brattttieb getodtet.
Seetioa: la der Baaehhohle ca. 30 Qaart eiaer bell-
weiagelbea, klarea Flattigkeit, tammtliche Meteaterialdratea oe-
dematot getchwellt; aa der hiaterea Flache der Leber mehrere
1 — 3 Zoll im Dorchmetter groite, weitte, gegea J Liaie
dicke tehaige Flecke voa eiaer fraherea Perihepatitit herrah-
reod. Die Leber weaig hjpertrophirt, derb aad aaf der Sehaitt-
ilache ertchienea die daakelrothbraaaea Adai mit geibliehweit«
tea Biadegewebttagea amgebea; die Nierea getchw^t. Im
freiea Raame der Bratthohie 2 — 3 Qaart gelblich klarea
Wattert, Pleara palm« a. cost. intact, der Hersbeotel aber darch
ca. 4 Qaart dertelbea Flattigkeit eaorm aatgedehat, dat Hera
telbtt aaf dat Doppelte teiaet Volamea hypertrophirt, tagleich
ia teiaer Sabttaas tehr tchlaff (dilatirt), aad roa blatt roth-
licher Farbe. Betoadert der liake Veatrikel, dettea Ottiam
aad der linke Vorbof erheblich erweitert, die Wandaagea det
letiteren tehr yerdannt; das Eadocardiom aa eintelaea Stellea,
betoadert ia der Nahe der Klappen mit sog. SehDenfleoken be-
tetet; die Mitralklappea telbtt verdickt, mit vielea Tcrkalkten
Knötchen dnrchtetit, ihre Rander anfgewnlttet and vertchrampft.
Aehalich warea die pathologischen Veraaderangen am rechten
Herzen, aa den Tricnspidal-Klappea etc. — Die blattrothea,
pro 1867 — 1868. 91
poflfig aoEufahlenden Lungen fielen nach der Eroffnang dea Tho«
rax viel weniger snsammen, die Bronchien enthielten eine
schaamige blaesrothe Flaesigkeit und das untere Drittheil bei-
der Langen zeigte sich 8er5s infiltrirt.
Wahrscheinlich hatte das Leiden mit einer Endocarditis
begonnen, diese aar Bildung der erwähnten Sehnenflecke, aar
Verdicknng, Retraction and Insafficiens der mitrales and tricas-
pidales, snr excentrischen Hypertrophie beider Ventrikel and
Vorhofe, demnächst sar Rackstaaang des Blates io die Polmo-
nal- and Abdominal- Venen cnd auletst dorch Transsadation an
Lungenödem, Hydrops pericardii and Ascites geführt.
c) In einem anderen Falle von schleichender Pericarditis
wurden ca. 30 Quart eines hellgelben, klaren Serums in dem
natürlich sehr ausgedehnten und durch plastische Auflagerungen
sehr verdickten Herzbeutel gefunden.
d) Ausserdem kam noch ein Fall von cordialer Dampfig-
keit zur gerichtlichen Gonstatirung.
3* Verdachtige Druse.
a) Das nun fast schon zwei Jahre verdächtige Pferd,
dessen im vorigen Jahresbericht erwähnt worden, wurde am 15.
Februar d. Js. auf Wunsch des Besitzers trepanirt und es fand
sich in der Stirnhöhle desselben ein Polyp. Im Uebrigen ist
das Pferd bis auf den einseitigen Nasenansfluss anscheinend
ganz gesund, und durch Verkauf unserer weiteren Beobachtung
«
entzogen.
b) Eine erst 4 Jahre alte Stute hatte unter Erscheinun-
gen der verdachtigen Druse im rechten oberen Nasengange ein
Afterprodnct, welches sich dem Gefühle als ein verknöcherter
Polyp darstellte. Nach der Exstirpation desselben ergab aber
die mikosoropieche Untersnchung, dass es ein Osteo-sarcom war.
Eine Repnllulation des Afterproduktes ist daher wohl mit ziem-
licher Sicherheit zu erwarten.
c) Ein anderes Pferd, welches seit Monaten ausser den Er-
93 Köhne, JfthreslMriolit far 1867—1868
seheinnngeD der verdacbti^en Drase an dem hiDteren Rande des
üoterkiefem eine Gesehwnlst tod der Grosse einer Doppelfanst
hatte, die das Pferd am Schlingen hinderte, warde getödtet ond
die Section ergab:
Gancroid des linken Oberkieferbeines, cancroide Nenbil-
dongen in den Sabmaxillar- nnd Bagdrnsen, aber keine Spar
Ton Rots.
4) Bin grosses, starkes Kntsehpferd, Trakehner Race mit
penetrirender Spronggelenkswnnde, verlor, wie sich durch wie-
derholte Zahlung der abfliessenden Tropfen und Berechnung
ergab, wahrend 8 Wochen ca. 90 Pfd. Synovia, magerte trots
des fortwährend guten Appetites bis cum Skelet ab, erholte
sich aber nach Heilang der Wonde sehr sehneil and warde
wieder vollkommen dienstfähig.
5. Gararin and Morphium aceticam gegen Tatanas.
Einem Pferde, welches am Tetanus idiopathicns litt, wur-
den in einem Zeiträume von 4 Wochen mehrere Male Gurarin :
grm. 0»03 — 0,045 mit aqua dest. grm. 4,0 hjpodermatisch
injicirt und nachdem die durch die Operation verursachte
Aufregung vorüber war, trat jedesmal ein Nachlass des
Krampfes, der Herz- und Athem • Beschleunigung und schliess-
lich eine Heilung des Tetanus, aber trots des guten Appetites
sugleich eine solche allgemeine Schwache ein, dass das Pferd
getödtet werden mnsste,
Morphium aceticum an grm: 0,3 — 1,0 taglich in dersel-
ben W^eise einem anderen Pferde applizirt, war von Genesung
begleitet. •
V.
Heber KMchfB-NenbiMoDgfB an dei serds« flästeit
Von Garlt.
(ffiena die Abbildangen auf Tafel L)
Die anatomische SammlaofE der Thieraraneischole enthalt
eine Anzahl von verschieden geformten, am Baochfelle, im Ge-
kröse, and im grossen Netx entstandenen Knochen-Nenbildan*
gen vom Rinde, Seh weine und Hnnde, die ich hier beschreiben
will nnd die sam Theil aaf der beifolgenden Tafel abgebildet
sind.
1. Am Bauchfelle, in der rechten unteren Flankenge*
gend, einer Kuh fand Herr Kreisthierarzt Ein icke eine 7 Zoll
lange, 24 Zoll hohe Knochenkapsel, deren Höhlung nach der
Baachhoble nnd deren Woibnng nach den Baachmnskeln hin
gekehrt war. In der Aushöhlung dieser Knochenkapsel befand
sich ein Theil des Darmes. Die Entstehung dieses Gebildes
erklare ich mir in folgender Weise. In Folge einer ezsndati-
Ten, örtlichen Entsnndung des Bauchfelles verklebt ein Darm*
stuck mit dem Bauchfelle und ans dem reichlich abgelagerten
Faserstoff bildet sich Knorpel und endlich Knochen, welcher als
Kapsel das Darmstück von oben nnd unten einscbliesst. Die
Veranlassung zu dieser ortlichen Entzündung des Bauchfelles
ist in den bei Schweinen vorkommenden Fällen dieser Art die
Verwundung bei der Castration weiblicher Thiere (s, w« unten);
da aber bei dieser Kuh eine Verwundung des Bauchfelles nicht
stattgefunden hatte, so war die Entzündung wahrscheinlich
durch eine heftige Quetschung, vielleicht durch einen Stoss mit
dem Hörn von einem anderen Rinde, entstanden.
2. Von castrirten weiblichen Schweinen besitzt
die Sammlung vier Präparate dieser Art, nämlich zwei grosse
Kapseln und zwei Knochenplatten mit bepnnender Kapselbil-
dnng an der Fläche, welche der Bauchhohle zugewendet war«
94 Garlt, Knochen -Neabfldimg
Sie wurden von den Herrn Rehrs, Lehnhardt II., Leh-
mann und Wolff eingesandt.
Die vom verstorbenen Kreistbierarst Rehrs (damals in
Ibbenbahren) übersandte Rnocbenkapsel (er nannte es Dose)
ist 6 Zoll lang and 2^ Zoll hoch; sie befand sich in der lin*
ken Flanke eines casürten weiblichen Schweines, üeber das am
lebenden Thiere Wahrgenommene sagt er: Das nngefahr 10
Wochen alte Schweinchen hatte an der genannten Stelle (wo
der Einschnitt bei der Castration gemacht worden war) eine
harte, begrenzte, wenig schmerzhafte Geschwulst. Es versagte
das Fntier, erbrach sich und litt an Verstopfnng. Diese wnrde
zwar durch Anwendung von Glaubersalz gehoben, kehrte aber
oft wieder, daher wurde das nun 88 Wochen alte, massig ge-
mastete Schwein geschlachtet. In der Aushöhlung der Eno-
chenkapsel war eine Schlinge des Dünndarmes fest angewachsen.
Die von Herrn Ereisthierarzt Lehnhardt II. eingesandte
Knochenkapsel ist betrachtlich grosser, als die eben beschrie-
bene, denn sie ist 9 Zoll lang und 6 Zoll hoch. Die etwa
am lebenden Schweine gemachten Beobachtungen sind nicht
mitgetheilt worden.
Die beiden Enochenplatten mit beginnender Eapselbildung
sind, jede, 3 Zoll lang und 2 Zoll hoch; in der kleinen Kap-
sel lag aach ein Theil des Darmes.
8. In dem Gekröse fetter, geschlachtet erSchweine
wurden zweimal Knochen - Neubildungen sehr eigenthumlicher
Art gefunden; das erste Präparat dieser Art wurde von dem
verstorbenen Kreisthierarzt Meinicke in Nordhausen, das an-
dere von dem Herrn Thierarzt Mann in Prenzlow der Samm-
lung geschenkt. Das ganze ist einem Corallen- Gerüst nicht
unähnlich, indem dünnere und dickere Knochentheile somit ein-
ander verbunden sind, dass sehr verschieden grosse freie Zwi-
iohenraume bleiben, die mit Fett ausgefüllt waren.
üeber die Art des Zustandekommens dieser seltsamen Kno«
ohenbildnng kann ich mir keine Vorstellung machen; dass sie
an den serSfra Hintan« 96
aber den damit behafteten Thieren nicht besonden nachtheilig
gewesen sind, scheint ans der reichlichen Fettbildnng henror-
sngehen«
4« Im grossen Nets eines an Banchwassersncht
gestorbenen Hnndes fand ich eine Ansahl sehr yerschieden
gestalteter KDOchcD. Die meisten sind 1 Zoll lang , 1 Linie
bis 1^ Linie dick, nnd haben Aehnlichkeit mit Fotos-Rippen
und mit den ersten Zehengliedern des Hnndes. Andere sind
nach einer Seite gewölbte nnd nach der andern ansgehohlte 1
Zoll grosse Knochenplatten, die mit Schadelknochen Aehnlich-
keit haben. An einigen dieser letzten findet sich in der Aos-
hohlang eine kleine Haar-Balggeschwost.
Man konnte hier an eine Banch- Schwangerschaft denken,
aber die Knochen sind far die eines Fotns zn gross*
Ich kann nber die Entstehnng dieser Knochen aoch keine
Brklarnng geben.
Erklärung der Abbildangen auf Tafel I.
Fignr 1. Die oben beschriebene Knochenkapsel vom
Banchfelle der Kuh*). (Halbe Natnrgrosse),
„ 2. Knochenplatte mit beginnender Kapsel»
in welcher eine Darmschlinge lag; von der
Flanke.eines castrirten weibli^henSchwei-
n e s. (Natargrosse).
„ 3. Das Knochengerüst ans dem Gekröse eines
Schweines. (Halbe NatnrgrSsse)*
4, Rnndliche Knochen ans dem grossen Nets
eines Hnndes. (Natnrgrosse).
5. Platte gebogene Knochen, einer mit einer
Haarbalggeschwnlst, ans demselben Nets
eines Hnndes. (Natnrgrosse).
»♦
)9
*) Der hier abgebildeten Knochenkapsel sind auch die grosseren
beim Schweine yorkommenden und im Text beschriebenen ähnlich.
VI.
Die Krf^ni der CIcsctigeiNng iWr to lililmuid.
Von Dr. Kanti,
Chimrgii« forenais des KreiMS Wandeben.
Du Bedorfoiss einer Reform der SanitäUpoIisei im Preoeti-
sehen Staate ist swar ein allgemein gefühltes ond anerkanntes;
wir halten es fSr verwegen, ober die Bedfirfnissfrage nberhanpt
noch disentiren sa wollen. Wo man hinblickt im praktischen
Leben, nberall entdeckt die Beobachtung, wenn sie den sani«
tats poliseilichen Standpunkt festhält, Mangel, Nichtsthnn, Un-
klarheit and Unfähigkeit, Zustande, wie sie sa Zeiten eines
der Gegenwart aas aller Perspective gekommenen Wissenschaft*
liehen Standpunktes und an vergleich lieh weniger ausgebildeter
Verkehrsverhaltoisse villeicht für angemessen befunden werden
konnten, die jedoch der Gegenwart, deren höchste Gulturvor-
znge vorzugsweise darauf beruhen, dass sie mit möglichster
Freiheit des Verkehrs eine gewissenhaftere Sorgfalt für die öf-
fentliche Hjgiene überall thnnlichst sa verbinden sich bestrebt,
keineswegs mehr au entsprechen vermögen.
Dessenungeachtet giebt es noch Parteien, die die Noth-
wendigkeit einer Reform laagnen, entweder weil sie dem Ge-
genstande nicht mehr gewachsen sind, oder bei der Schwierig-
keit der Sache es am bequemsten finden, wie Vogel Strsuss
den Kopf in den Sand su stecken und su denken, die G<^fahr,
die sie dann nicht sehen, sei nicht da; oder endlich, weil sie,
das alte Hergebrachte einem ungewisssen Neuen vorsiehend, es
für hinreichend ausgeben, an den bestehenden Verhältnissen
keine Abänderungen ansubringen, die hie und da unwesentli-
chem Schaden wirklich absuhelfen vermögen, im Grossen and
Gänsen aber die bisherige Insolvenz der Sanitatspolizei anver-
mindert weiter bestehen lassen. Die Vertreter der letzteren
Kategorie sind sicherlich die der Sache schädlichsten; denn es
Euntz, Reform der Gesetzgebung über Milzbrand. 97
ist ohne Zweifel vorzasieben, antiqnirte Verhältnisse so lange
nnverandert sa erhalten, bis ibre Unseitgemassbeit endlich nn-
abweisbar wird, alt sie ein Wenig zazastatzen and dann zo be-
haupten, dem ßediirfniss der Gegenwart sei aberhanpt Genüge
geschehn , wahrend doch letzten Falls nur an einigen Pankten
Stutzen angelegt worden sind« Steht das bisherige Sanitats-
polizeiwesen auf einer unrichtigen Grundlage, so können na-
türlich äussere Anbauten und Verpntzungen die Schäden nicht
decken, an welche sie gar nicht heranreichen.
Seitens der Staatsbehörde ist indessen das Reformbedurf-
niss mittlerweile auch anerkannt; die Regierungen sind beauf-
tragt Gutachten einzusenden, gerade zur rechten Zeit, da zu
gleicher Zeit die Reform des Medicinalwesens sich vollzogen
hat. Die Aufhebung der Pfuscherei verböte wird bei der Be-
arbeitung des Gegenstandes in Anschlag gebracht werden mns«
sen und unserm Dafürhalten nach dabin drängen, eine mög-
lichst energische continnirliche Thätigkeit des Sanitätspolizei-
personals als Erforderniss aufzustellen. Letzteres ist conditio
sine qua non jeder Sanitätspolizei, die von Erfolg sein soll.
Die medizinischen Fachjournale haben dies Alles bereits
eingehend besprochen und dabei mit besonderer Vorliebe die
Organisation des Personals in's Auge gefasst, ohne zu einem
rechten Abschluss oder zur Annahme conformer Grundsätze zu
gelangen, ganz naturlich, da hier ein dritter Faktor, die Staats-
behörde mit redet, welche die Sache aus noch andern Gesichts-
punkten auffasst, dem die Autoren eine sehr verschiedenartige
Rücksichtnahme zu Theil werden lassen. Das eigentlich Orga-
nisatorische überlasse man dem Staate; es dürfte weit erspriess-
licher sein, sachlich zu verfahren, die Sache für sich selbst
plaidiren zu lassen, d. h. aus dem praktischen Leben einen
coDcreten Gegenstand, der die öffentliche Hygiene berührt, auf-
zugreifen und daran zu zeigen, was geschehen müsse, um diese
zu schützen; es ist nicht schwer, einen solchen zu finden^ wir
Mag. C Thlerbeilk. XXXYI. 1. 7
98 Kontz, Reform der
bemerkten schoD, aof Schritt and Tritt leigt sieb die Unsnlang-
liebkeit der bestehenden gesetslichen Einrichtangen.
Die Gesetzgebung bezüglich der Rinderpest ist kurslich
in einer den Zeit- und Verkehrsrerhaltnissen entsprechenden
Weise geregelt worden. Das war allerdings eine brenneden Frage
der Gegenwart: wir haben es uns in Nachstehendem zur Auf-
gabe gemacht nachzuweisen, dass die Milzbrandfrage, deren
Existenz unzweifelhaft eine sehr reelle ist, eine nicht minder
dringliche sei. Das ungemein verbreitete Auftreten des Milz-
brandes unter Menschen und Thieren im Sommer des Jahres 18G8
hat den Gegenstand von Neuem nahe gelegt und mahnt drin-
gend dazu Hand an's Werk zu legen, um diese Frage zur
definitiven Entscheidung reif zn machen.
Der Milzbrand ist unstreitig die wichtigste und gefahr-
lichste der auf den Menschen übertragbaren Zoonosen, da er
an Verbreitung und Häufigkeit die beiden andern sanitatspoli-
zeilicben, Rotz und Hundswuth, bei Weitem übertrifft *), Er
verdient deshalb vorzugsweise Gegenstand der Untersuchung
und Ueberwacbung zn werden; genaue statistische Ermittelun-
gen würden das übcrrascheode Resultat ergeben , dass bei Wei-
tem mehr Individuen daran erkranken und zu Grunde gehen»
aU der oberflächlichen Beobachtung wahrscheinlich dünkt; das
Jahr 1868 würde hierzu vermuthlich sehr traurige Belage
liefern.
Es wird allgemein angenommen, dass der Milzbrand beim
Menschen selbst unter den vortheilbaftesten Bedingungen nie
orginar entsteht, nicht einmal eine besondere Disposition dafür
zu statuiren ist, dass er ausschliesslich durch mittelbare oder
unmittelbare Uebertragnng des thierischen Virus dem mensch-
^) Maul- und Elauenseuche, Räude sind zwar anch übertragbar,
indes 3 ganz irrelevant; ebenso ist es noch zweifelhaft, inwieweit die
Rinderpest, die nach Englischen Beobachtern übertragbar ist, sanitäts-
polizeilich von Wichtigkeit werden kann Ein Englischer Thierarzt
soll einer Infection mit Rinderpestcontagiam erlegen sein.
Gesetzgebung über Milzbrand. 99
liehen Korper eingeimpft wird. An einer gesteigerten Häufig-
keit menschlicher Erkrankungen bei gleichen Steigerungsver-
haltnissen des thierischen Milzbrands kann also nur der Man-
gel an Schutzmitteln oder Maasregeln die Schuld tragen, wie
denn auch trotz aller detaillirten Bestimmungen des Regulativs
vom 8. August 1835 ein effectivcr gesetzlicher Schutz thatsiich-
lieh nicht stattfindet.
Schon in der Schwierigkeit statistischer Ermittelungen be-
gegnet uns die Insolvenz der bisherigen sanitätspolizeilichen
Bestimmungen. £s ist nicht zu bezweifeln , dass eine grosse,
wenn nicht die grossere Anzahl der vorgekommenen menschli-
chen Milzbranderkrankungen nicht zur Cognition der Behörden
gelangte. An die Erfüllung der Vorschriften , welche die poli-
seiliche Meldung vorschreiben, denkt der Praktiker ebenso wenig
als die Ortspolizeibehorde selbst; das materielle Interesse ge-
bietet sogar in sehr vielen Fällen dem Arzte, wie dem Orts-
vorstande und dem Tbierarzte die Geheimhaltung vorgekomme-
ner Erkrankungen *). Noch weniger aber wird man die Mel-
dung seitens derjenigen erwarten können, die (wie namentlich
Hirten) sich selbst curiren oder von Pfuschern curircn lassen.
Wir wussten in der That auch nicht, wie bei der gegen-
wartig bestehenden Organisation der Sanitätspolizei diesem Ue-
belstande abgeholfen werden könnte; muss es doch überhaupt
zweifelhaft erscheinen, ob selbst bei der geschäfligsten Thätig-
keic der amtlichen Organe hierin eine Controle von solcher
Vollkommenheit werde erzielt werden können, wie sie die Zu-
verlässigkeit statistischer Ermittelungen wnnschenswertb erschei-
nen lässt. Indessen werden, wenn jene nur erst in die Lage
versetzt sind, in regerem Verkehr mit ihren respektiven Be-
*) Wir vfissen ans dem eignen Munde eines Thierarztes, dass
dieser, als er wegen Unterlassens der vorgeschriebenen polizeilichen
Meldung zur Bestrafung gezogen werden sollte, dem Ortsvorstande mit
der Feindschaft des betreffenden Viehbesitzers drohte und — straffrei
ausging
7*
100 Euntz, Reform der
sirkeo sa treten und in innigerem Gonnexe mit den Gesand-
heitsrerhultnissen derselben zvl bleiben, immerhin wenigstens
*
annähernd richtige statistische Ergebnisse zu erwarten sein.
Ueber die die poliseiliche Meldung und die weiteren ge-
setzlichen Bestimmungen enthaltenden Paragraphen spater aus-
führlich. Zunächst sei es uns vergönnt, zur Rechtfertigung des
Nachstehenden von den Verhaltnissen, welche die nächste Ver-
anlassung dazu gaben, etwas Spezielleres noch vorauszuschicken.
In der sonst milzbrandarmen Stadt W. und deren Umge-
gend trat im Jahre 1868 wie allenthalben in Norddeutschlaod
die Krankheit bei Menschen und Thieren in der heftigsten
Weise auf. Die der Entstehung des Milzbrands bei Thieren
gunstigen Witterungsverhaltnisse waren in höchster Vollkom-
menheit vorhanden : excessive Hitze mit kurzen, wenig Regen
bringenden Gewitterschauern ohne consecutive Abkühlung der
Atmosphäre. Die Nebenumstande waren folgende..
Eine aus der Provinz Posen durch einen sogenannten Trei-
ber hierher geholte Schafheerde kam gesund sn, erlag jedoch
hierselbst zum grossen Theil sehr bald der Blntseuche; neben
den Einflüssen der Witterung mochten Ermattung der Thiere,
ungewohnte Fütterungsverhaltnisse zu deren Erkrankung beige-
tragen haben. Aehnlich ging es mit einer zweiten Heerde.
Jetzt trat die Seuche auch in der Umgegend und zwar nicht
bloss beim Wollvieh, sondern auch bei Pferden, Rindvieh und
Schweinen (bei diesen anscheinend sehr vei breitet) auf. Die
Zahl der Erkrankungsfalle bei Schafen belief sich vielleicht auf
einige Hundert, beim Rindviehbestande eines bestimmten Gutes
auf ca. zwanzig.
Polizeiliche Meldung wurde im Allgemeinen nicht erstat-
tet. Die crepirten Schafe wurden theils abgefeilt, theils mit
dem Felle an den benachbarten Abdecker verkauft.
Das gefallene Rindvieh wurde ebenfalls zum grossten Theil
dem Abdecker überliefert; es leidet jedoch keinen Zweifel, dass
erkrankte Thiere in der Schnelligkeit noch an sogenannte Pol-
GesetzgebaDg über Milzbrand. 101
kaschlachter der Umgegend verkaoft worden. Das mit mils.
brandigen (braanekranken) Schweinen vorgenommene Verfah-
ren ist ähnlich; es scheint jedoch, als ob das Pablikom vor
dieser einen grosseren Degoat besasse als vor miUbraodigem
Rindvieh , selbst die arbeitende Klasse , obwohl für sie der Ver-
last am empfindlichsten ist.
Im Gefolge des thierischen Milzbrandes traten nnn nach-
stehende Falle von Infectionen beim Menschen auf.
1. K. P., Fntterknecht, hat an Milzbrand gefallene Schafe
abgefeilt and im Geheimen den Cadavern den Talg aasgewei-
det; directe Uebertragang des Giftes. An beiden Händen and
Vorderarmen verbreitetes pockenartiges Exanthem (den For-
men von Varizelle, Varioloid and Variola entsprechend) mit
diffaser pflegmonoser Entzündung ond odematoser Anschwel-
lung der obern Extremitäten. Incisionen, Cauterisation. Nach
ca. 60 Stunden Tod.
2« N. M., Futterknecbt, hat mit milsbrandkranken Ochsen zu
thun gehabt. Pustula maligna an der Hand, Pockenform; Ez-
cisioD, schnelle Heilung.
3. Fr. G. , Futterknecbt , ist zwar in denselben Stallen
beschäftigt, ist jedoch seines Wissens mit miizbrandigen Och-
sen nicht in Berührung gekommen. Pustula maligna am Kinn,
Pockenform mit Induration und Gangran der umgebenden Weich-
theile; asthenisches Fieber. Excision mit nachfolgender Ap-
plication des Ferrum candens; Chlorkalkumschlage, Chinin in
grosseren Dosen. Langsame Genesung. Directe oder indirecte
Uebertragung ?
4. N. N., Futterknecht, war in Ställen, die krankes Vieh
beherbergten, beschäftigt gewesen; directe Ansteckung wahr-
scheinlich. Pustuloser, z. Tbl. varioloser Ausschlag auf dem
Rucken und am Gelenke der einen Hand; keine Induration.
Oefinung des Exanthems und Umschläge mit Chorkalksolution.
Schnelle Heilung.
5« Arbeitsjunge J., in Dienst auf einem Vorwerke des vom
102 KoDtz, Befoirm der
MiUbrand inßsirteo Hofes. PostaU maligna tob Pockenform
auf der rechten Backe mit Indaration nnd Oedom der befalle-
nen Gesicbtshalfte; noch kein erhebliebes Allgemeinleiden. Ex-
cision mit nachfolgender Application des Fcrrom candens; Chlor-
kalk nmsch läge, Chinin. Schnelle Heilang ohne Hinzatrttt von
Allgemeinbeschwerden«
6. Scbuhmacber Z., hat Kartoffeln aof eignem Felde ge-
rodet und dort aaerst ein Bläschen unterem Kinn bemerkt»
Pustula maligna, Pockenform, Induration, Oedem an Gesicht,
Hals nnd Brustwand. Ezcision and Ferrum candens, Chlorkalk ,
Chinin. Asthenisches Fieber bei einem bereits durch Alkoho-
lismus und Dysenterie deteriorirten K5rper; schneller Tod,
wohl in Folge Lahmung der infiltrirten Respirationsmaskeln oder
Glottisodem.
7. E. H., Arbeiterin, Pustula maligna am rechten Vorder-
arm; Pustel selbst nicht grosser als ein Mohnkom; dabei in-
tensiver Schmerz, lebhafte Entzündung mit Verhärtung der
nächsten Hautpartieen , Lymphangioitis bis zur Achselhohle.
Excision, ohne Application des Ferrum candens, da die Wund-
fläche noch kein Gangrän des Zellgewebes nachwies; starke
Blutung aus der kleinen Wunde. Am nächsten Tage alle Er-
scheinungen verschwunden.
8. A. W., 3jähriges Kind des Arbeitsmanns W., wohn-
haft in der Nähe des infizirten Schafstalles. Pustula maligna
an der rechten Hälfte des Kinns. Excision, Ferrum candens,
Chlorkalk, Chinin. Asthenisches Fieber, Tod, in Folge dersel-
ben Ursachen wie bei 6.
Zwei andere Fälle von pockenartigen Pusteln blieben ihrer
Natur nach zweifelhaft; dagegen sind noch zu erwähnen die
Fälle :
9. Arbeitsmann Kr., erbot sich, da ein Aufseher sich
weigerte, einen milzbrandkranken Ochsen abzustechen (behafs
Feststellung der Krankheit durch die Obduction), wobei ihm
etwas Blut über die Hand lief. Milsbrandexanthem wie bei
Gesetzgebang aber Milzbrand. 103
Nr. 1« mit Gaogräo« Patient wurde dem Stadtkrankenbause
za Magdeburg zugesandt, und starb dort nach einiger Zeit an
den Folgen der Vergiftung.
10. Briefträger Br., Pustula maligna unterem rechten äus-
sern Augenwinkel« Excision mit Cauterisation« Asthenisches
Fieber. Langsame Heilung und Genesung.
Es ist jedoch mit gutem Grunde anzunehmen, dass hier-
mit die Zahl der von Milzbrand Befallenen noch nicht erschöpft
ist; indessen steht es fest, dass weitere Todesfälle nicht vor*
kamen. Die angeführten Fälle ereigneten sich in der Zeit vom
18. August bis 23. September, vertheilten sich also auf einen
Zeitraum von nur 5 Wochen, und auf nnr 2 Ortschaften mit
einer Bevölkerungszahl von nur 3700 Seelen. Vier von den
bezeichneten 10 Fällen endigten lethal.
Ein so ungewöhnlich häufiges Auftreten des menschlichen
Milzbrands in einer milzbrandarmen Gegend drängt von selbst
zur Untersuchung der ihm zu Grunde liegenden jedenfalls ab-
normen ursächlichen Verhältnisse. In der That leuchtet, wenn
man die begleitenden Umstände, unter denen die Infectionen
vor sich gingen, gehörig erwägt und mit diesen die durchaus
ähnlich lautenden Berichte, welche die Veterinärliteratur von
andern Orten her hierüber bringt, vergleicht, nicht bloss ein,
dass im gewohnlichen Leben von den sanitätspolizeilichen Be-
stimmungen des Regulativs auch nicht eine einzige befolgt wird,
sondern es drängt sich auch die Beobachtung auf, dass die
bezuglichen gesetzlichen Paragraphen, so einleuchtend und
maassvoll sie erscheinen mögen, mit den praktischen Lebens-
verhältnissen und Bedürfnissen nur wenig übereinstimmen kön-
nen, dass ferner bei den mit letzteren übereinstimmenden
Punkten eine Umgehung derselben jedenfalls sehr leicht mog-
iich sei , ja nicht einmal unter allen Umständen als strafwür-
dig, wir sagen nicht straffällig, bezeichnet werden können.
Wir werden die Paragraphen von Nr. 12. des Regulativs, auf
den in Vorstehendem aogegcbenen speziellen Fällen basirend,
104 KuntZy Reform der
eioseln der Probe der Lebensfähigkeit anterwerfen und, wie
wir im Voraas bemerken, dabei sa dem Resultate gelangen,
dass es mit jener schlecht bestellt sei, so schlecht, dass es
schon im Interesse der Aafrechterhaltang des gesetzlichen An-
sehens liegt, die veralteten and onaasfohrbaren Bestimmungen
so schnell wie möglich fallen zu lassen. An deren Stelle müs-
sen neue treten, die auf dem reellen Leben fussen und, was
nicht minder wichtig, den Zeitverhältnissen Rechnung tragen.
Wollen wir nicht auf einer reinen Negative verharren, son-
dern etwas Positives schaffen, so können wir uns der Aufgabe
nicht entziehen, solche sanitäts-polizeiliche Bestimmungen, in der
Gestalt, wie sie uns aus der Analyse der concreten Verhalt-
nisse nothwendig hervorzugehen scheinen, vorschlagsweise auf-
zustellen, — ohne uns dem Gedanken verschliessen zu dürfen,
daas dieselben dennoch voraussichtlich wenig Gnade vor jener
Kritik finden werden, die, so wohlwollend sie es anch meint,
doch nur doctrinar das abstracte Interesse der wissenschaftli-
chen Sanitats- Polizei verficht, unbekümmert darum, ob ihre
Doctrinen auf dem Monde oder auf der Erde realisirbar sind«
Der grüne Tisch ist nicht der Ort, an welchem dieser Gegen-
stand studirt werden kann; nur die Beobachtung der thatsach-
lichen Verhaltnisse giebt hier die rechte Kenntniss und das
richtige Urtheil.
Indessen wird auch an der Hand dieser das Urtheil leicht
einseitig, namlioh dann, wenn es das materielle Interesse, wel-
ches hierbei jederzeit eine wichtige Rolle spielt und fuglich
auch nicht unberücksichtigt gelassen werden kann, als das hoher
stehende betrachtet, dem das sanitäts-polizeiliche untergeordnet
sei. Ein solcher Standpunkt der Anschauung fuhrt eben da-
hin, wohin die absolute Sanitäts-Polizei führt, zur Vernichtung
des erstrebten Zweckes.
Die Sanitäts- Polizei ist, wie wir schon andeuteten, sehr
abhängig von den jeweiligen Cultnrverhältnissen , dem Stande
der Wissenschaft; unsere Ansichten werden vielleicht nach einem
Qesetsgebang über Milzbrand. 105
gewissen Zeitraome Teraltet erscheinen. Es mag dahingestellt
sein, ob a. B. das Viehversicherungswesen im Laufe der Zeit
nicht solche Fortschritte macht, dass in Folge dessen die uns
beschäftigende Milzbrand- Gesetzgebung wieder auf einen ande-
ren Standpunkt verschoben wird? oder ob nicht der Streit
zwischen arbeitender und besitsender Klasse schliesslich au Gun-
sten der ersieren (die ja auch in unserem Falle die am meisten
betroffene ist) sich wendet und damit die Grundlagen der Sa-
ni tiits - Polizei verrückt? Vor Kurzem wurde eine Petition von
Eisenbabnarb eitern, die von Seiten der Bahn Verwaltungen grossere
Haftpflicht für im Dienste derselben Verwundete und Erkrankte
verlangte, Seitens des Reichstags der Regierung zur Berück-
sichtigung überwiesen; wir zweifeln nicht an dem Erfolge der-
selben. Liegt es nicht nahe anzunehmen , dass die Pratensio-
nen, die wir bei den Eisenbahnarbeitern erfahrungsmassig theil-
weise für sehr berechtigt halten müssen, der in künstlicher
Aufregung erhaltenen Arbeiterbe volkern ng der grossen Güter
und Fabriken, die notabene in den Zuckerfabriks - Distrikten
aufs Innigste mit einander verbunden sind, sich mittheilen und
endlich vielleicht doch eine grossere Verantwortlichkeit resp*
Haftbarkeit ihrer Arbeitsherren durchsetzen? Grade für die auf
den Menschen übertragbaren Zoonosen, welche der Natur der
Sache nach vorzugsweise Dienstpersonal ohne deren Verschul-
den treffen können, will uns die Einführung grosserer Haft-
pflicht der Arbeitsherren leicht möglich bedünken. Das mag
ungerecht sein und würde auch uns so erscheinen, um so mehr,
als der Arbeiter, der speciell in den Gegenden, die uns näher
angehen, in ausserordentlich günstigen, viel besseren Verhält-
nissen, als das Gros der Handwerker lebt, der eignen Vorsicht
und des Gefühles der eignen Verantwortlichkeit nicht überhoben
werden darf. Gewinnen denn aber die Arbeiterbewegungen, die
ohne Zweifel zum Theil auf Aufhebung der eignen Vorsicht
und Verantwortlichkeit gerichtet sind, nachgerade nicht ein im-
lOS K n B t z , Reform der
j
mer bedrohlicheres Ansehen? durch ihre Constmni nachgerside
den Schein der Berecbtigang?
Dergleichen ßetrachtnngen liegen onsenn sanitits-polisei-
liehen SUndpankte darchaas nicht fem; wie die socialen Ver-
baltnisse, so der Banm der öffentlichen Gesundheitspflege, denn
dieser wurzelt in jenen und niuss ein anderes Ansehen gewinnen,
wenn jene sich verändern.
Wenn wir nun zur Betrachtung der Paragraphen des Re-
gulalirs übergehen, so wird man es berechtigt finden, dass wir
unbeschadet aller Rücksichtnahme, die wir dem materiellen In-
teresse zollen, dennoch einen Unterschied zwischen dem sani-
täts- und dem Teterinar-polizeilicben Standpunkte annehmen und
selbstrerstandlich uns sorgfältig an den ersteren halten, ohne
einen Augenblick die innige Berührung beider Tcrkennen so
wollen.
Die Paragraphen des Regulativs
vom 8. August 1S35.
S- 109.
,,Wird ein Thier vom Milzbrande befallen, so ist bei Ver-
meidung einer Geldvtrafe von 5 Thalern oder achttägiger Ge-
fängnissstrafe der Polizeibehörde sogleich Anzeige davon zu
machen/*
Wenn überhaupt die Nothwendigkeit anerkannt wird, dass
die Polizeibehörde jederzeit mit den Gesundheitsverhiitnissen
ihres Bezirkes sich in genauer Bekanntschaft erhalte, so muss
die Zweckmässigkeit des Paragraphen einleuchten. Weshalb
geschieht jedoch, wie wir oben sahen, in praxi die polizeiliche
Meldung gewöhnlich nicht?
Erstens vermag keine der betroffenen Parteien aus dem
Paragraphen eine Verpflichtung für sich zur polizeilichen Mel-
dung herzuleiten; wer ist der Verpflichtete, der Thierarzt, der
Gesetzgebung über Milzbrand. 107
Besitzer oder der Hirte? Diesen Einwand erheben atle Parteien
mit Recht. Vor allen Dingen ist Niemand genannt.
Zweitens jedoch, dass man vom Hirten oder Knechte
keine Verpflichtang verlangen kann, selbststandig Vorkomm-
nisse im Wirth Schaftsbetriebe seines Herrn zur Cognition der Be-
hörden ZQ bringen, wird man begreiflich finden. Dies ist darch-
aos nicht seine Sache, und wenn dies so sein sollte, so wurde
er sich dennoch hüten müssen, ohne Genehmi(,^ang seines Herrn
die Polizei in's Geschäft hereinzuziehen. Formell ist ein solches
Verlangen auch deshalb unstatthaft, weil der Hirte sich jeder-
zeit mit dem Einwände entschuldigen kann, dass er den Milz-
brand nicht erkannt habe. Dieser Einwand lässt sich selbst
dann nicht zurückweisen, wenn er praktische Veterinarheilknnde
ausübt und das Knriron milzbrandkranker Thiere unternommen
haben sollte.
Gesetzlich steht es Jedermann frei, Thiere zu kuriren (aus-
genommen an den übertragbaren Zoonosen), ohne dass die be-
treffenden Heilkünstler für begangene Knnstfehler oder erwie-
sene Berufsuntüchtigkeit durch ein gesetzliches Correctiv be«
droht würden.
Es ist selbst für approbirte Thierarzte der Milzbrand, so
lange er nicht sehr ausgeprägt ist, nicht immer mit Sicherheit
zu diagnosticiren, da die Symptome desselben zur Verwechse-
lung mit andern Krankheiten Raum geben. Wir haben zwar
neuerdings in dem Auftreten der Bacteridien im Milzbrand-
blute ein anscheinend sicheres, weil constantes Erkennungszei-
chen, welches selbst dann nicht zu fehlen scheint, wenn die
äusseren Charaktere des Blutes nicht die gewöhnlichen sind,
aus denen der Laie sogleich den Milzbrand erkennt ; die Bac*
teridien werden jedoch schwerlich sobald Gemeingut der appro-
birten Thierarzte werden. Ware dies der Fall, so würden sich
letztere manche zeitraubende und gefährliche Section ersparrcn
können, die sie jetzt machen müssen , wenn der Besitzer eines
kranken Stückes oder der Agent einer durch den Tod dessel-
108 Kuutz, Reform der
ben betroffenen Viehversicherangsgesellscbaft Aufscblass haben
will*). Um so vertrauter rnnssteo die amtlichen Organe mit
dem Gegenstande sein, nicht bloss die Departements» und Kreis-
thierarste, sondern auch die Vertreter der Sanitatspolizei, wenn
sie ihren Beruf sn einem wirksamen machen wollen.
Aber selbst bei nnsweifelhaftem Vorhandensein des Mils-
brands Ist es unthunlicb, vom approbirten Thierarzte die Mel-
dung zu verlangen, aus demselben Schicklichkeitsgrunde, die
wir für den Hirten geltend machten. Mag der Viehbesitser
Vortheil aus der Verheimlichung ziehen oder nicht, er würde es
mit Recht für formell verdachtig, den geschäftlichen Verhält-
nissen nicht entsprechend halten müssen, wenn jener ohne sein
Vorwisseo ihn mit der Polizei verwickelte. Die Stellung des
Auftraggebers zu dem Auftragnehmer verbietet dies.
Zur polizeilichen Meldung kann Niemand yerpflichtet sein,
Als der Besitzer selbst oder, was ganz selbstverständlich, des-
sen Vertreter, deren Funktion allerdings der Thierarzt, appro-
birter oder nicht approbirter, übernehmen kann , ohne deshalb
der gesetzlich verantwortliche Gerant zu sein. Nur der Be-
sitzer selbst ist, wenn der Milzbrand in den Stallen desselben
ausbricht, für die etwaige Vernachlässigung von Vorbeugungs-
maassregein, für den Verlust, für die Weiterverbreitung ver-
antwortlich. Zur Verhütung letzterer aber, sowie zur Anord-
nung etwaiger sanitats polizeilicher Maassnahmen ist die Mel-
dung eben die unentbehrliche Voraussetzung.
Wir finden diese Ansicht bereits vertreten in dem Entwürfe
zu einem Regulativ u. s. w., beigefugt dem Rescript des Minis-
ters der geistlichen, Unterrichts- und Mediciualangelegenheiten
*) Wir haben bisjetzt die Bacteridien — die stäbchenförmigen
Körper Brauelli — im Blute an Milzbrand erkrankter oder gefallener
Thiere nie vermisst und in einem Falle, in welchem allerdings schon
die äussern Eigenschaften des Blutes nicht für Milzbrand sprachen, da
keine Bacteridien gefanden wurden, das — geschlachtete Stück unbe-
denklich für milzbrandfrei erklärt.
Gesefzgebniig über Milzbrand. 109
vom 11« April 1857 welches im §. 44 von der Erkrankang
eines Thieres am MiUbrand bei Vermeidang einer Geldstrafe
bis zu 20 Thalern oder einer Gefangnissstrafe bis so 14 Ta-
gen durch den Eigenthfimer die sofortige Anzeige an die Po-
lizeibehörde forderte; ebenso in dem Gutachten des landwirth-
schaftlichen Centralvereins für die Provinz Sachsen, betreffend
die Anwendung der bestehenden veterinärpolizeilicben Vorschrif-
ten über den Milzbrand auf die Blutseuche der Schafe (Verfas-
ser T. Nathus ius - Althalden sieben , Zeitschrift des gen.
Vereins 1867 Nr. 1. und 2. Seite 38), hier allerdings nur für
den Fall des sog. seuchenartigen Auftretens der Krankheit.
Die Meldung muss also durch den Besitzer oder dessen
Stellvertreter geschehen; sie muss aber ferner, was wir dem
obengenannten landwirthschaftlichen Gutachten entgegen festzu-
halten nicht umhin können, in allen Fällen ansnahmlos stattfin-
den und zwar mit thunlichster Schnelligkeit.
Das gen. Gutachten wendet hiergegen freilich ein, und wir
selbst erinnern uns wohl concreter Beispiele für diesen Einwand,
dass unter Umstanden es dem Hirten gar nicht möglich sei, so-
fortige Meldung zu erstatten, wenn er nämlich mit der Heerde
von der nächstliegenden Ortschaft in nicht unbedeutender Ent-
fernung Stationire und jene selbstverständlich nicht verlassen
könne.
Solche Falle können und dürfen jedoch höchstens nur die
polizeiliche Meldung verzogern, deren Zweck dadurch noch kei-
neswegs vereitelt wird, da sie ja durchaus nicht in jedem Falle
ein so sofortiges actives Einschreiten zur Folge haben soll. Man
wird zugeben müssen, dass im Falle beschränkten Auftretens
der Krankheit in einer im entfernten Weiderevier stationirenden
Schafheerde, von welcher also keine Gefahr für wiederholte An-
steckung von Menschen ausgeht, die nächste Gelegenheit zu
schneller Meldung abwarten kann, ohne dem gesetzlichen Prin-
cipe dadurch Eintrag zu thun; gewinnt dagegen die Krankheit
einen bedenklichen Grad von Gefährlichkeit für die Heerde wie
110 Kiintz, Reform der
für ihn selbst, so wird er aas eigenem Antriebe Hülfe za schaf-
fen und die Meldang zu beschleonigen suchen.
Das Gutachten fuhrt weiter an, dass die Medisinaibeamten
ausser Stande seien, den ihnen event, angehenden Requisitionen
ihrer Häufigkeit wegen so schnell an entsprechen, dass nicht bis
Kur Untersuchung der Cadaver eine unangemessene Zeit ver-
streicht. Es liegt jedoch durchaus nicht in der Absicht der
Sanitatspolicei, mit jeder poliseiltchen Meldung eine Requisition
verbinden zu lassen.
Des Anspruches jedoch, jederzeit zu wissen, was in ihren
respectiven Bezirken vorgeht, darf sie sich dessen ungeachtet
nicht begeben. —
Ueberdies wurden auch im Falle relativ spater Unter-
suchung etwaige Uebertretungen der gesetzlichen Vorschriften,
über Meldung, Ablederung, Verscharrung der Cadaver u, s. w.
noch festgestellt werden können.
Es möge hierbei bemerkt werden, dass unserer Erfahrung
gemäss die Schafer, um deren Schutz es sich von unserem Stand-
punkte aus vorzQgsweiee handelt, im Allgemeinen sehr vorsich-
tige Leute sind, sie kennen die Gefahr, die ihnen aus leicht*
sinnigem Manipuliren mit milzbrandigen Thieren erwachsen kann,
recht gut und wurden noch vorsichtiger sein, wenn sie nicht
selbst Heilkanstler zu sein glaubten und in der Afterweisheit befan-
gen wären, dass das, was ihren Hunden in der Regel nichts schade,
ihnen eigentlich auch nichts anhaben könne. Es wurde ein
bedeutender Procentsatz ven Schafen weniger zu Grunde gehen,
wenn das Contaginm des Fleisches den davon fressenden Hund
jedesmal iniizirte. Indessen geht dies mehr den Besitzer und
die Veterinarpolizei an; wir haben es mit dem Wohle des Hir-
ten selbst zu thun. Kann dieser sich anstecken, so hat die Sa-
nitutspolizei um so mehr dss Recht auf Meldung vorgekomme-
ner Erkranknngsfälle zu bestehen, als jener, wenn er infizirt
worden, in der Isolirtheit seiner Lage hüiflos dem Untergange
preisgegeben ist. Wurde ein Hirte in solcher Lage selbst mit
Gesetzgebung über Milzbrand. 111
Zarucklassang der Heerde in der nächsten Ortschaft Hnlfe
suchen, so würde ihm der Besitzer keine Vorwurfe machen kön-
nen. Man gelangt, wie wir sehen, zu verschiedenen Resulta-
ten, je nachdem man das Interresse der Vctcrinairpolizei und
des Eigenthumers, oder das der Sanitatspolizei in den Vorder-
grund stellt.
Es ist selbstverständlich, dass auch den sog. Treibern,
einer besonderen Klasse von Schafern, Hirten n. s. w„ die eine
hervorragende Aufmerksamkeit beanspruchen, die Meldung von
Erkrankungs* und Todesfallen in ihren Heerden obliegen muss.
Es erscheint dies um so nothwendiger, als die Heerden dersel-
ben, auf der Wanderung oder dem Transporte begriffen, das
Milzbrandcontagium zu verschleppen ganz geeignet sind und die
Eile resp, Flüchtigkeit, mit welcher der Treiber das Geschäft
der Abledernng und Verscharrung vornimmt, denselben der
Infection in höherem Masse aussetzt, (siehe hierfür ein Bei-
spiel in dem Gutachten des Lehrer>Collegii der Konigl. Tbicr-
arzneischule über die Blutseuche der Schafe, Hörn Medizinal
Wesen Thl. I. 333}, Die Meldung seitens des Treibers muss
in der nächstliegenden Ortschaft der von ihm verfolgten Marsch-
route stattfinden.
Wir wiederholen es, die polizeiliehe Meldung muss in allen
Fällen mit thunlichster Schnelligkeit erfolgen; schliesst letztere
eine relative Verspätung der Meldung nicht aus, so wird diese
dadurch noch nicht zwecklos: denn die Sanitätspolizei hat an
jedem Falle ein unveräusserliches Interesse,
Es scheint uns deshalb für die Meldungsunterlassung auch
ein grosseres Strafmaass, als §. 109 in Aussicht stellt, zweck-
mässig, wie dies auch der erwähnte Regulativ-Entwurf bereits
verlangt. Ein Strafmaass von 20 Thlrn. Geld oder Htugigem
Gefängniss scheint uns indessen nicht das Maximnm, sondern die
für alle Fälle gültige Strafe sein zu müssen: es droht sonst
die Gefahr, in praxi zufolge der hier sehr begreiflichen prinzi«
112 Kantx, Refonn der
piellen Milde der Behörden nar die niedrigsten Strafmeste «n-
gewendet xa sehen.
§. 110.
„Die erkrankten Thiere mnssen Ton den gesunden gensn
abgesondert und geeigneten Wärtern iibergen werden. Diese
sind über die Gefahr der Ansteckung und die snr Verhatnng
derselben sn befolgenden Vorsichtsmaassregeln sn belehren,
besonders dürfen die Warter keine Verletsnngen im Gesicht
nnd an den Händen haben/'
Im praktischen Leben wird dieser Paragraph keine Hin-
dernisse finden, da er nicht yiel und nur das Allernoth wendig-
ste verlangt, dessen Anwendung sich eigentlich von seihst ver-
steht, selbst die entschiedensten Vertheidiger der Ansicht, dass
der Milzbrand unter gewöhnlichen Verhaltnissen sich nicht durch
Contagion von Thier auf Tbier fortpflanse, sind doch sogleich in der
Regel die Befolger einer Eingebung ihres bessern Verstandes, indem
sie die erkrankten Tbiere möglichst separiren lassen. Auch be-
steben die ViebTersicherungen streng auf Trennung der gesunden
Stucke Ton den kranken, und verweigern statutengemass jede
Entschädigung im Unterlassungsfälle. Hanfig wird dessenunge-
achtet der Fall in praxi nicht gerade vorkommen, da die «^j^
krankten Tbiere in der Regel, s. B. Schafe, sehr schnell er-
liegen, oder auch, sobald die Krankheit erkannt ist, getodtet
nnd beseitigt werden. Tritt bei grossem Thiergattungen die
Krankheit subacut auf, so mnsseü sie, wenn die Wiederherstel-
lung unternommen wird, in besondern Ställen, Verschlagen, am
besten jedoch in isolirten hölzernen Schuppen untergebracht
werden.
Was die Qualifikation der Warter (Hirten, Knechte, Magde)
betrifft, so wird es damit freilich nicht so streng genommen
werden können. Beim sporadischen Milzbrand ist dies auch
nicht nothwendig, wurde indessen bei gesteigerter Häufigkeit
der Krankheit allerdings sich als richtig erweisen. Zur Unter-
ricbtung der Wärter reicht es augenscheinlich nicht aus, ihnen
GeMtzgebimg über Mflzlmmd. 113
Vorsicht nnd Reinlichkeit eininscharfen oder aar AnsfabroDg
der gesetzlichen Vorsiehtsmaassregeln diese aod jene Anordnang
lu geben ; am sie jederzeit wirksam za schätzen nnd das was ih»
nen obliegt, ihnen vor Angen zn halten, durfte es sich vielmehr
empfehlen, eine besondere Milzbrandinstrnction fcir Schafer,
Knechte, Magde, das Dienstpersonal nberhanpt, die bandig aber
erschöpfend gefasst ist, einzufahren nnd Torscbriftsmassig in den
Stallen aashängen zn lassen. Dies masste darchaas obligato-
risch sein nnd wurde ausser dem grossen Nutzen, den es als
eine bestandige Warnungstafel für Jedermann gewahrt, noch den
geschäftlichen Vortheil mit sich fahren, dass es polizeilicherseits
leicht controlirt werden kann. Die gesetzliche Einfohrung einer
solchen Milzbrandinstruction wurde den Besitzern nicht einmal
nennenswerthe Kosten auferlegen.
Wir werden im Anhange den Entwurf za einer solchen In-
structjon beifagen und unterlassen nicht die Einführung dersel-
ben in der gegebenen oder in verbesserter Form um so mehr
zn empfehlen, als in dieselbe zugleich alle die Desinfection be-
treffenden Bestimmungen zweckmässig aufgenommen werden
können. Die Yornehmste Bedeutung derselben liegt jedoch da-
: u, dass der Gesetzgeber, wenn er für sachgemässe Belehrang
des Publikums gesorgt nnd der Befolgung seiner Anweisungen
sich versichert hat, einen grossen Theil der Verantwortlichkeit
für dennoch angerichteten Schaden auf das Publikum selbst
abertragen und dafür demselben eine grossere Freiheit des Han-
delns zn Gunsten seines materiellen Interesses, die es so sehr
wünscht, mit gutem Gewissen gestatten kann. Der Erlass einer
Milzbrandinstrnction ist daher die Basis unserer weitern Vor-
sehlage.
§. 111.
„Allen Personen, die nicht approbirte Tbierarzte sind, ist
das Kuriren mUzbrandkranker Thiere, und besonders das sog«
Brechen oder Heraasziehen des Rnckenblntes, bei einer Geld-
strafe von 10 bis 20 Thalern oder vierzehntagiger bis vier-
Mag. t ThittliAilk. XXXYL 1. 3
114 Kants, Befiirm der
wochentlicber GefSognissstrafe verboten'* -— ein übertriebenes
Verlangen, welches ohne Berncksichtigang der reellen Verhält-
nisse gestellt ist. Diese fogen sich ihm gans nnd gar 'nicht;
es kann daher auch keinen Ansprach anf Erfollang machen.
Der Gesetsgeber vergisst hierbei erstens, dass jeder Laie die
Rolle eines nicht spprobirten Thierarstes an spielen and be-
greiflicher Weise aach solche Krankheiten an behandeln befagt
ist, die er bona fide far etwas Anderes als Milzbrand hält and
die vielleicht selbst der approbirte Thierarst ohne Section oder
— seit Bntdeckang der Bacteridien — ohne mikroskopische
Untersachang des Blntes nicht sa erkennen vermag; sweitens,
dass kein Viehbesitser gern ein möglicher Weise bedentendes
Opfer erleiden will, ohne Hälfe versacht sa haben, die jedoch,
bei dem Mangel an approbirten Thierarsten nnd der Schnellig-
keit, mit welcher die Krankheit yerlaaft, selbstredend bei dem
nächsten Schafer, Abdecker, oder wer der aatodidactische Thier-
heilkfinstler sei, reqnirirt wird.
Es ist swar sazageben, dass dem Viehbesitser im Grande
wenig oder gar kein Schaden angefSg^ wird, wenn man ihm
▼erbietet, den Schafer etc. an consnltiren ; der Milsbrand ist bis
jetst jedem arstlichen Beilverfahren so ansagSnglich, dass aach
die dem Pablikam aliexeit imponirende Schaferweisheit ihm nicht
beisnkommen vermag; wer vermag jedoch die Existenz resp.
Entdeckang eines einigerm nassen wirksamen Mittels, dessen sich
vielleicht aach jene bemächtigen konnten, absolat in Abrede
an stellen? Das Verbot des §• 111 ist also nnverträgiich mit
der Praxis and anbillig.
Es ist jedoch drittens mit der Einfahrang des norddent-
schen Reichsgewerbegesetses vollends hinföUig geworden. Dnrch
dieses sind die bisher gültigen Pfoschereiverbote fSr menschliche
Krankheiten anfgehoben; es wäre aber ein sonderbarer Wi-
dersprach, den sich die Gesetsgebnng sa Schalden kommen liesse,
wenn sie aaf der einen Seite die Behandlang des Milsbrands
beim Menschen jedem Pfnscher gestatten, aaf der andern
Gesetzgebung über Milzbrand. 116
Seite die des thieriseben bei Strafe nocb verbieten n^oUte, ^
ein Beweis dafar, dass es bedenklieb ist, einzelne Tbeile des
Medizinalwesens ans dem Zasammenbange mit den andern her-
auszugreifen, anstatt ein organisches, das gesammte Medicinal-
wesen umfassendes Gesetz zu erlassen.
Man sorge für gehörige Bekanntschaft des Publikums mit
den Gefahren des Milzbrands und wird damit sicherlich am
Besten verbaten, dass solche aus einer etwa länger dauernden
Yerkennnng thatsächlich vorhandenen Milzbrands hervorgehen.
§. 112.
„Die Thierarzte haben bei Vermeidung gleicher Strafe da-
nach zu sehen, dass das Aderlassblut von milzbrandkranken
Thieren, die bei denselben gebrauchten Haarseile, die Leder
aus den Fontanellen und ähnliche zur weitern Verbreitung der
Krankheit geeignete Gegsnstände hinläoglich tief vergraben oder
sonst vernichtet werden; '^
ist für zweckmässig zu erachten, um so mehr, als es praktisch
durchführbar ist. Es dürfte jedoch nothwendig erscheinen, die
darin enthaltenen Punkte in die Milzbrandinstraction aufzu-
nehmen.
§• 113.
Hatten wir bis hierher wenig Schwierigkeiten gefunden,
das Bednrfniss von Abänderungen und die Realisirbarkeit unse-
rer Abänderungsvorschläge nachzuweisen, so zeigen sich bei den
nnn folgenden Paragraphen desto grossere. Die materiellen In-
teressen, welche durch die §§. 113 und 114 tangirt werden,
sind schwer zu befriedigen; Landwirthe, Schlächter, Abdecker
und Thierarzte finden die Bestimmungen derselben gleich rigo-
ros und vereinigen sich in der Behauptung, dass diese auf
nichts weniger als zutreffenden Voraussetzungen beruhe. Die
betroffenen Parteien sähen es am liebsten, wenn die Sanitäts-
der Veterinärpolizei hier einfach das Feld räumte, auf dem sie
doch nur nnnothige Vexationen ausübe» ohne etwas zu nützen,
in den meisten Fällen jedoch einfach ignorirt werde. Letzteres
8*
116 KantK, Reform der
besweifelt Niemand; es geschieht so offenkuDdig, dass die Be-
hörden einschreiten mnssten, wenn sie es eben nicht far gera-
thener hielten, sich passiy sa verhalten, so lange es geht.
Man kann sich darüber gerade nicht wandern, wenn man
in dem erwähnten landwirthschaftlichen Gutachten, welches
übrigens von der Regierang der Prorins Sachsen eingefordert
wnrde , die anerhorten Behaaptangen liest , dass in dieser Pro-
Tina nirgmds ein Fall nachgewiesen sei, wo aanachst die Hand-
lang des Abfellens (von Schafen) für den, der sie vornimmt,
von wesentlichem Nachtheil gewesen sei (a. a. 0. Seite 35)>
dass bei angemessener Behandlang Milabranderkrankangen von
Menschen selten bedenklich verlaufen seien, oder dass die nor-
male Verdanang des menschlichen Magens den festen An-
stecknngsstojGf des Milsbrands nnschadlich mache (Seite 23),
Wir brauchen nur auf unsere in der Einleitung gegebenen Be-
obachtungen und die in der einschlagigen Literatur verseich-
nete Gasuistik zu verweisen (siehe das Beispiel vom milsbran-
digen Bärenfell bei Heu sing er}, um verstehen su lassen, wel-
ches bedenkliche Ürtheil der übel berathene Verfasser des sonst
trefflichen Gutachtens über die Sachkenntniss des arztlichen
Publikums ausspricht. Zum Beweise dafür, dass auch die Be-
hörden anders au denken genothigt sind, fahren wir an, dass
unterm 16. October 186S die Regierung au Bromberg sich
veranlasst sah, folgende Warnung au pnbliciren:
«Das zur Zeit ungewoblich häufige Auftreten des Milz-
brands unter dem Rindvieh , sowie einzelne durch Uebertragnng
des Milzbrandgiftes auf Menschen bekannt gewordene Unglücks-
falle, besonders aber ein in diesen Tagen in Folge des un-
vorsichtigen Genusses von milzbrandigem Rindfleische vorge-
kommener Todesfall, veranlasst uns, das Publikum auf die Ge-
fahr, welche aus der nicht vorsichtigen Wartung und Behand-
lung von dergleichen kranken Thieren für die menschliche Ge-
sundheit nothwendig erwachsen muss, nicht nur aufmerksam zu
machen , sondern auch vor dem das Leben höchst gefährdenden
Gesetsgebimg aber Müzbnuid. 117
Genosse des Fleisches der an MiUbrand erkrakten oder gar
in Folge dieser Krankheit yerendeten Thieren dringlichst sa
warnen^ ♦).
Es verhalt sich mit dem milsbrandigen Fleische gans ahn-
lich wie mit dem trichinösen; beides ist relativ giftig, vom
schwächsten bis sam höchsten Grade der Virnlens. Die Cada-
ver Ton trichinösen Schweinen werden gewiss ebenso oft von
menschlichen Geiern ober Nacht wieder exhomirt and verzehrt
wie die von milsbrandigem Rindvieh ohne dass entsprechend
hanfig die Thäter dorch eine Erkrankung nachtraglich verrathen
worden. Die Sanitatspolisei hat es dessenungeachtet nicht ab-
lehnen können, sehr energische Schntsmassregeln gegen den
Verkauf und Verbranch trichinösen Schweinefleisches au ergrei-
fen, obwohl letsteres dem milzbrandigen gegenüber noch den
Vorzog besitzt, dass es erwiesener Maassen durch Siedehitze
unschädlich wird, was vom milzbrandigen bis jetzt noch nicht
constatirt ist. Sind wir doch trotz der eingehendsten Unter-
suchungen ober diesen Gegenstand noch nicht zur Gewissheit
darober gelangt, welches der eigentliche giftige Stoff milzbran-
diger Substanzen sei, ob die Bacteridien die alleinigen Trager
des Gontagiums seien (nach Davaine) oder nicht (nach Braa-
ell). Beide Ansichten haben vieles für sich, es scheint we-
nigstens soviel mit Bestimmtheit angenommen werden zu kön-
nen, dass, sobald und so lange das Blut sogenannte Bacteri-
dien enthält, dasselbe als cootagiös zu bezeichnen ist. Die
Bacteridien besitzen jedoch eine ausserordentliche Tenacitat;
^stondiges Kochen zerstört sie noch nicht: ebensowenig Essig-
saure Ph. bor., Kochsalzlösung (1:8), absoluter Alkohol, Jod-
tinktur, Ghlorw asser; (sie verschwinden dagegen allmalig bei
Behandlung mit Kali hjdricum solotum Ph. bor, und Acidam
*) Es wäre sehr dankenswerth, wenn die betreffenden Aerzte
ihre Beobachtung bekannt machen wollten; es fehlt sehr an brauch-
baren MittheiluDgen neueren Datums aber menschlichen Milzbrand
durch Infection von der Darmschleimhaut aus.
118 Enntz, Reform der
Ditricum Pb, bor.). Der Zeit nacb sind sie im faulenden Blate
nocb 4 Tage post mortem za finden, nicht mehr nach 8 Ta-
gen. Ante mortem existiren sie wohl nur einige Standen *).
Aus diesem Verhalten der Bacteridien liesse sich, wenn
sie wirklich die Materia peccans sind, unschwer erklaren , wes-
halb der Genuss milzbrandigen Fleisches nicht immer von
üblen Folgen begleitet ist; wird z. B. ein Stuck Rind obda-
cirt und vergraben, dessen Blut noch keine Bacteridien fahrt,
so wurde das Fleisch desselben nicht oder vielleicht nur wenig
giftig wirken. Ebenso verhalt es sich wahrscheinlich in der
Mehrzahl der Falle mit den milzbrandkranken Thieren, die,
um nicht zu verenden, getodtet und — gewissenloser Weise —
an den Schlächter verkauft werden. Uebrigens entzieht sich
die Art und Grosse des Schadens, den der Genuss milzbran-
digen Fleisches verursacht, in der Regel jeder Controle; kön-
nen tjphöse AfTectionen daraus entstehen? kann vielleicht
selbst die Pustula maligna als secundares Zeichen einer innern
Vergiftung auftreten?
Wäre es über allen Zweifel erhoben, dass das Contagium
des Milzbrands einzig und allein an den Bacteridien haftet, so
hätte auch die Sanitätspolizei eine feste Position gewonnen **).
Sie hätten dann nur noch den Ermittelungsmodus derselben
*) Nach Leisering sind die Bacteridien nichts weiter, als Ge-
webstrammer der Intima der Blutgefässe, — eine Anschaunng, deren
Nüchternheit besticht, obgleich man sich schwerlich wird davon über-
zeugen können, dass Gebilde von so gleichmässiger charakteristischer
Form das Product blossen Auseinanderfallens sein sollen. Uns ist es
bisher nicht gelangen, in dem Geschabsei der Intima von gesaaden
Thieren Bacteridienformen aafzafiadea. Sie sind sich so ähnlich and
so scharf contoUrirt wie Krystalle, dürfen indessen als solche nicht auf-
gefasst werden.
**) Dann wäre auch die noch streitige Frage entschieden, ob der
Milzbrand beim Menschen von Individuum auf Individuam übertrag-
bar sei, da die Bacteridien im menschlichen Blute auzweifelhaft nach-
gewiesen sind.
GeMtzgebimg über Milzbrand. 119
Torzaschreiben , der dem Schlachten jedesmal vorantEDgehen
hatte. Da wir jedoch noch nicht soweit sind, so wird man
der Sanit&tspolizei schon gestatten müssen , etwas sammarisch
zn verfahren, d. h. den Genass des Fleisches von milzbrand-
kranken Thieren in allen Stadien der Krankheit za inhibiren.
Noch sammarischer aufzutreten, d. h. auch das gesunde^ Vieh
polizeilich zu verfolgen , heisst Tabula rasa machen. Der darauf
bezügliche
§• 113.
lautet :
,,Das Schlachten milzbrandkranker Thiere, sowie der Verkauf
und Verbrauch des Fleisches und der Milch von ihnen ist bei
10 bis 20 Thalern Geld- oder 8 bis 14 tagiger Gefangniss-
strafe verboten. Ist dadurch aber ein Schaden veranlasst wor-
den, so treten die allgemeinen gesetzlichen Strafbestimmun-
gen ein *).
Das Verbot, welches dieser §. enthalt, übrigens in dem
Verbot des Feilhaltens verdorbener Esswaaren sich wiederholt,
ist also schlechterdings aufrecht zu erhalten , wir wünschen nur,
mit Androhung eines noch hohem Strafmaasses. Der verstan-
dige , human denkende Mensch , der bei aller Rücksicht, welche
dem Handel und Verkehre zu gewahren ist, dennoch das ma-
terielle Interesse dem öffentlichen Wohle nicht absolut voran-
stellt, wird diesem Wunsche, der sich gegen eine darchaus
ehrlose Handlungsweise richtet, unbedenklich beistimmen. Hier-
in kann ihn auch der beklagenswerthe Umstand nicht beirren,
dass selbst bei erhöhtem Strafmaasse der strafbare Eigennutz
dennoch Mittel und Wege genug finden wird, das Gesetz zu
umgehen.
*) Milzbrandige Kühe geben gewohnlich keine Milch , sie werden
daher des Milzbrands für verdächtig angesehen, wenn diese ausbleibt.
Wichtig ist, dass auch das Fett ansteckt; es ist gar keine seltene Er-
scheinung, dass beim Ansschmoren des Fettes von Schweinen und
Schafen Infection des Seifensieders etc. stattfindet.
120 Kuntc, Reform der
Vor Allem wird gegen dieae BestimmaDg wiedemm der
Einwand erhoben, dass die Poliiei oder der Richter Nieman-
dem beweisen könne, er habe den Milsbrand des geschlachte-
ten oder verkauften Thieres erkannt. Dieser Entschuldignngs-
grnnd ist jedoch unstatthaft, da es nicht Sache des Gesetaea
oder der gesetslichen Organe sein kann, den Milzbrand nach-
snweisen and den Besitzer der Kenntniss desselben ca über-
heben. Letzterer allein ist für die Vorkommnisse in seinem
Viehbestande and die Gefahren, die davon emaniren können,
verantwortlich nnd muss es bleiben, wenn nicht eine yoUstan-
dige gesetzliche Rathlosigkeit eintreten soll; er vermag übri-
gens auch, man sei dessen versichert, in den weitaus meisten
Fallen dem Gesetze gerecht zu werden, wenn er den guten
Willen dazu hat.
Andrerseits ist jedoch dringend erforderlich, dass die Sa-
nitatspolizei selbst ein erhöhtes Interesse an der Sache ent-
wickelt, und dabei eine höhere Sachkenntniss verbindet. Ihr
bisheriges Verhalten genagt durchaas nicht; sie muss lebendig
werden, sich um die das offentliehe Wohl bedingenden Ver-
haltnisse kümmern , und damit sie dies könne , muss sie durch
eine gründlich veränderte Organisation dazu in den Stand ge-
setzt werden« Eine wirksame, lebenskraftige Sanitatspolizei
muss nicht bloss auf Requisition zum Vorschein kommen, sie
muss Jedermann direct zugänglich, aus eigner Initiative zur
Stelle sein, um mit sachverständigem Rathe, wo Unklarheit
herrscht, zu unterstützen, die Befolgung vorgeschriebener
Schutzmaassregeln für rechtzeitig oder unnothig zu erklaren,
und hierdurch dem Handel und Verkehr Erleichterung zu ver-
schaffen, ohne den Gesundheitsinteressen zu nahe zu treten.
Dadurch, dass die Sanitatspolizei eine permanent active wird,
ist sie sogar im Stande, anderweite gesetzliche oder polizei-
liche Maassregeln überflüssig zu machen. Hierher rechnen wir
die bisher noch gesetzlich gültigen Sperrmaassregeln gegen den
Milzbrand des Rindviehs und der Schafe , wie sie für das er-
Gesetzgebimg aber liUzbnmd. 191
etere darch das Viehseachenpatent, for letztere darcb die Mi-
nisterial-Verfagnng vom 26» Febr. 1862 vorgeschrieben sind.
Wir werden an einem andern Orte ansfnbrlicher auf die
Frage von den Sperrmaassregeln znrnckkommen und berück,
sichtigen hier nur den einen Punkt, dass „auch gesund schei-
nende Schafe — eines Ortes — wahrend des Bestehens der
Krankheit und bis 4 Wochen nach dem letzten Erkrankungs-
falle nicht ohne besondere Erlanbniss (in einen andern Ort ge-
bracht und ebenso auch nicht) geschlachtet werden dürfen^.
So lautet das bereits erwähnte Gutachten des Lehrer-CoUegii
der Thierarzneischnle, conform §. 123, des Patents, welcher
dasselbe für Rindvieh anordnet und nur noch beifugt, dass im
Winter, wenn keine allgemeine Sperrung verordnet war, dieser
Zeitraum bis auf 3 Wochen verkürzt werden könne. Das gen
Lehrer- Collegium motivirt sein Gutachten noch dahin , dass an
den Orten, wo die Krankheit stationär sei oder alljährlich auf
längere Zeit wiederkehre, die Schafereien so grosse Verluste
erleiden, dass sie gewohnlich aus üeberfluss keine Veranlas-
sung zum Verkauf gesunder Schafe haben, also auch die Sperre
sehr wenig oder gar nicht fühlen.
Das Gutachten wie das Patent begehen jedoch einen offen*
baren Widerspruch darin, dass die nichtkranken Thiere, die
also re vera gesunde sind, als nur anscheinend gesunde be-
zeichnet werden; ja das Gutachten insinuirt sogar dem Eigen-
thümer die Ansicht, dass er keine Veranlassung zum Verkauf
gesunder Schafe habe, vindizirt aber zu seinem veterinarpolizei-
lichen Zwecke den letzteren nur ein anscheinendes Gesundsein,
um Grund zum Einschreiten zu finden. Das ist diplomatisch
gedacht, aber nicht juristisch, und vom praktischen Leben
zurückgewiesen.
Wie steht es ferner mit Schafereien andrer Kategorieen,
als das Gutachten im Sinne hat? Im Allgemeinen ist
es gewiss wichtig, dass, je grosser die Anzahl der Sterbe-
falle, desto grosser das Bedürfniss des Besitzers ist, die Heerde
122 Knnts, Beform der
za yerkaafen, wenn er kein anderweites Unterkommen fnr sie
hat. Die hierbei concarrirenden Umstände sind jedoch sehr
verschieden, je nachdem es sieh nm Fleisch- oder Wollschafe
handelt; speziell kommt es dann darauf an, ob die Wolle be-
reits gewonnen, das Vieh fett ist oder nicht. Bei ganz yer-
einzelt auftretendem Milzbrand ferner, der etwas ganz trivia-
les ist, zwingt Nichts zur Auflösung der Heerde; anders,
wenn der Verlust an gefallenem Vieh den am verkauften über-
steigt. Ist eine Hammelschaferei bereits gemastet, so hat der
Besitzer entschiedenes Interesse daran, das fette Vieh nicht
am Milzbrand verenden zu sehen, während dies vielleicht we-
niger für mageres Vieh gilt. — Ein Verbot des Schlachtens
von gesundem Vieh aus einer Heerde während der Krankheit
selbst und bis 4 Wochen nach dem letzten Brkrankungsfalle
ist also unter Umständen etwas sehr Druckendes.
Ganz exorbitant jedoch wäre die Belästigung, wenn nach
Ausbruch des Milzbrands nicht eine bestimmte Heerde, son-
dern ein ganzer Ort als infizirt und dessen Bestand an Rin>
dem und Schafen als nur anscheinend gesund gesetzlich ange-
sehen, die erwähnten Sperrmaassregeln also nicht bloss grosse-
ren Heerden , sondern auch den kleinen Beständen, die in
manchen Dorfern und Städten fast jeder Hausbesitzer fuhrt,
auferlegt werden sollten. Glaubt wirklich Jemand, dass ein
solches durchführbar sei, selbst mit der zweideutigen Erleich-
terung, dass die Erlaubniss der Polizei zum Schachten u. s. w«
eingeholt werden könne? oder dass sich irgendwo eine Be-
hörde fände, die mit den reellen Verhältnissen nicht vertraut,
von den gesetzlichen nicht einen Zoll breit abweichen und Mo-
nate lang — denn oft genüg wiederholen sich die 4 wöchent-
lichen Erscheinungsphasen des Milzbrands — das schlachtende,
kaufende und consumirende Publikum tyrannisirte? vielleicht
sogar, wie es das Patent vor beinahe 70 Jahren vorschrieb,
auf Rindvieh Quarantainen legte? Aber sind denn dergleichen
wirklich nothwendig? Wir antworten mit einem entschiedenen
Gesetzgebung über lülzbrand. 138
Nein, voraosgesetzt immer, daes die Sanitatspolisei nicht die
bleibt, die aie ist, d, h. gar keine, sondern dass sie eine effec-
tive wird, d. b. eine wirklich farsorgend and nicht bloss stra-
fende Behörde. Sie bestrafe streng die Uebertretnng der Fan-
damentalgrandsatze, lasse jedoch dem Verkehr sein freies Han-
deln nnd allgemeines Maassregeln ganz ans dem Spiele,
Man wird ans einwenden, das sei ein Rechnen mit imaginären
Grossen, da die Voraassetzangen imaginäre seien. Es ist
aber in der Gesettgebnng ein jedes Ding gewissermaas-
sen imaginär, so lange es noch Gegenstand des Projectes oder
Wunsches ist, selbst wenn es jener vorausgeeilt sein und mit
den Zeityerhältnissen besser übereinstimmen sollte als jene.
Das Gesetz hat den Zweck , befolgt zu werden , und muss
die Möglichkeit involviren befolgt werden zu konnea. Das ist
mit der in Rede stehenden Bestimmung nicht der Fall. Alle
Welt lacht über die Sanitätspolizei, so lange sie sich passiv verhält
und beklagt sich über sie, so bald sie Miene macht ein Wort
mitzureden. Hier hätte das Publikum ein Recht dazu. Das
ist ein unfertiger, ja unwürdiger Zustand ohne innere Wahr-
heit, der Niemandem nutzt, dem Ansehen des Gesetzes und
der Behörde schadet, was aber das Schlimmste ist, dadurch,
dass er den Schein der gesetzlichen Ordnung trägt, die Ein-
führung gesunder lebensfähiger Gesetze hindert. Dieser Zu-
stand hat so wenig Befriedigendes, dass wir es selbst für besser
halten müssen, ohne Erfüllung unsrer obigen Voraussetzung,
dass die Sanitätsbehörden in den Stand gesetzt werden, sich
um das Wohl ihrer respectiven Bezirke besser wie bisher zu be-
kümmern, denselben abgeschaft zu sehen.
Die in Rede stehende Sperrmaassregln können aber auch
ohne Gefahr beseitigt werden. Der bereits erwähnte Regula-
tiv-Entwurf lässt elwaige Sperrmaassregeln ganz unberücksich-
tigt, während das Gutachten des landwirthschaftlichen Central-
Vereins, welcher das Drückende solcher bestätigt, dieselbe in
gewissem Grade besteben lassen will für den Fall, dass, wie
134 Knnts, Belonn der
dies Gntacbten noch aosimint, der MilxbraDd ein wirklich sea-
cheDartigei Auftreten gewinnt. — Das Gutachten des Lehrer-
Coilegii der Thierarxneitchule macht keinen Unterschied iwi*
sehen seuchenartigem und nichtsenchen artigem Auftreten.
Wir haben bisher in der Natur des von uns betrachteten
Gegenstandes keine Yeraulassung gefunden, einen Unterschied
ausfindig su machen zwischen sporadischem Milsbrand und
der GnmuiiruDg desselben sur Seuche, Die bestehenden Ge-
setze resp. Auflagen derselben haben sich bisher Ton der An-
nahme eines solchen nicht trennen können, oder trennen wollen,
wohl lediglich aus dem Grunde, den Gegenstand den Verwal*
tnngsbehorden leichter zuganglich zu machen, ihn praktisch be-
quemer handhaben su können. Das Patent fuhrt z, B, an,
dass, wenn in Fallen von Lungenkrankheit, Milzbrand und Toll*
wnth das in demselben Stalle untergebrachte gesunde Vieh mit
angesteckt werde, die Krankheit für eine pestartige Seuche an-
erkannt werden müsse. Das Schiefe dieser Auffassung liegt an
Tage; der Milzbrand ist jederzeit eine Seuche, mag er nun in
einer bestimmten Ortschaft oder Localität, ganz yereinzelt oder
in zahlreicheren Fallen auAreten; er verliert die ansteckende
Natur niemals, ist auch in sporadischen Fallen ebenso pernicios
wie bei freqnentem Auftreten; und durchseucht das befallene
Individuum vollständig ganz so wie Syphilis, Pocken; es bleibt
daher auch Seuche, mag ea Gelegenheit zur weitern Verbrei-
tung finden oder nicht. Dagegen wird beispielsweise die Rabies,
selbst wenn sie sich in ungewöhnlicher Verbreitung findet, nie-
mals eine Seuche genannt werden können. Die Milsbrandseuche
verschwindet im Grossen und Ganzen nie völlig, wenn wir einen
etwas grossem Bezirk, etwa eine Provinz ins Auge fassen; in
manchen kleineren Bezirken erhält sie sich als beständige £n-
zootie. Steigert sich die Enzootie zu einem ungewöhnlich ho-
hen Grade und tritt die Krankheit in allgemeinerer Verbreitung
auf, so wird ihr Auftreten ein epizootisches ; aber eine Seuche
wird sie nicht erst dann, wenn sie ein Land, eine Provinz, einen
Gesetzgebung über Milzbrand. 185
Kreis oder eine Ortschaft in höherem Grade heimsacht als
bisher.
Man hat also gesetzlich den Aasdrnek „Seoche" bei Thie-
ren far den Ansdrnck „Epizootie" gesetzt, ohne deshalb un-
ter Senche etwas Anderes za verstehen, als Epizootie; bei Men-
schen für den Ansdrnck „Epidemie:** Es würde aber wohl Je-
dermann als angewohnlich anffallen, wenn man sagen wollte, die
Cholera, die irgendwo sporadisch herrscht, werde erst dann znr
Seache, wenn sie epidemisch werde. Die Cholerasenche bleibt
dasselbe, mag sie Alles dahinraffen, was in ihr Infectionsbereich
kommt, oder zn einer periodisch in nnr einzelnen Fallen sich
seigenden Krankheit sich yerflüchtigen. — Ist doch der Ans-
drack „Blntsenche** für den Milzbrand der Schafe schlechthin
ein allgemein, anch gesetzlich adoptirter.
Es leuchtet aber auch die Willkürlichkeit dieser Unter-
scheidung ein, wenn man berücksichtigt, dass es keine nur eini
germaassen bestimmbare Markscheide für das Ende des spora-
dischen und den Anfang des senchenartigen Auftretens einer
Krankheit, in specie des Milzbrands, giebt. Endlich ist der-
selben eine gewisse Bedenklichkeit insofern nicht abzusprechen,
dass, wenn sie die Gefährlichkeit der Krankheit lediglich nach
der Anzahl der Todesfälle bei Thieren bemessen und hiernaeh
die Schutzmaassregeln für die menschliche Gesundheit treffen
wollte, für letztere unter Umständen die Gefahren keineswegs
ausreichend beseitigt werden, unter andern Umständen hinge-
gen die getroffenen Schutzmaassregeln über das Ziel hinaus -
schiessen, d, h. mit den wirklichen Gefahren nicht im richtigen
Verhältnisse stehen würden. Beispielsweise führen wir Folgen-
des an. Uns ist im Bodetbale ein Rittergut bekannt, welches
jährlich ca« 16pCt. des Schaf- und 9pCt. des Rindviehbestandes
am Milzbrand verliert. Absolut genommen, ist dies doch ein
ganz bedeutender Verlust, der schon Veranlassung zur Erwä-
gung geben konnte, ob hier nicht eine besondere hygienische
Maassnahme zu ergreifen sei. Diese wird aber noch scheinbar
126 Literarische
DothweDdiger dadorch, dass die Krankheit periodisch haafiger
auftritt und jedenfalls nicht selten den Grad von Häufigkeit er-
reicht, dass dann nach den bisher beliebten Ansichten unbedingt
Sperrmaassregeln eintreten müssten. Wie oft soll aber das Gnt
sammt Ortschaft abgesperrt werden, wenn Verluste von 3 oder
5p Ct. dies bedingen sollen? Und was für Vieh sollte diesen
unglückliche Ort noch halten, wenn, um den Gefahren vorzu-
beugen, die aus 3 bis 5pCt. Verlust — wöchentlich — in er-
höhtem Grade dem Fleisch consumirenden Publikum erwachsen
konnten, nach dem jedesmaligen letzten Erkrankungsfalle 4
Wochen lang kein Stück Vieh soll verkauft werden können?
Kann man sich noch darüber wundern, dass das Publikum über
die Sanitatspolizei lacht?
(Fortsetzung im nächsten Hefte.)
VIL
Literarische Anzeigen.
Dr. G. C. Haubner's Handbuch der Veterinär*
Polizei, zweite Lieferung, ist erschienen und somit das ganze
Werk vollständig. Dieser spezielle Theil umfasst alle Haus-
thier-Krankheiten , welche von veterinar-polizeilichem Interesse
sind« Die im ersten Theile aufgestellten und motivirten Grund-
satze finden in diesem zweiten Theile ihre consequente An-
wendung und wenn auch manche mit grosser Ueberzeagungs-
treue ausgesprochene Ansichten über das Wesen dieser Krank-
heiten und über die gegen dieselben zu ergreifenden polizei-
lichen Maassregeln nicht überall Anklang finden werden, so
wird doch jeder auf diesem Felde thatige Sachverstandige eine
Anzeigen. 127
genügende Beleachtang derjenigen Motive darin finden, welche
ihn ca einem Einschreiten bestimmen massen. Dem wissenschaft-
lichen, ich mochte sagen „kosmopolischen** Charakter des Wer-
kes gemäss konnten die in verschiedenen Ländern gültigen po-
lizeilichen Gesetze und Vorschriften nur gelegentlich eine Be«
rucksichtigung finden resp. eine kritische Belenchtang erfahren.
Ich zweifle daher, dass Behörden and VerwaltangsBeamte, denen
der Verfasser das Bach gleichfalls „znm Gebrauche" empfoh-
len hat, in demselben eine Richtschnur für ihr Handeln finden
werden, denn ihnen muss der Buchstabe des Gesetzes maass-
gebend sein* aber die Sachverständigen werden Nahrung für
ihren Geist in so hohem Maasse darin finden, dass es ihnen an
der Hand dieses Buches leicht sein wird, dem Bachstaben des
Gesetzes Leben einzuflossen,
E 6 h n e.
Das Veterinärztliche Taschenbach von Th, Adam
pro 1S70 kann sich rühmen, während des ersten Deceniums sei-
ner Existenz vielen Collegen Deutschlands ein treuer Begleiter
auf der Praxis gewesen zu sein. Es enthält diesmal, „am nicht
dessen Handsamkeit zu beeinträchtigen,** ausser dem Jahres-
and Notiz-Kalender das Norddeutsche Bundesgesetz gegen die
Rinderpest v. 7* April 1869, das Oesterreichische Gesetz vom
29, Juni 1868 über denselben Gegenstand, das Badische Ge-
setz V. 1. Jnli 1868 gegen die Schafräude, das Bairische Ge-
setz gegen die Hundswuth v. 4. Aug. 1869, eine tabellarische
üebersicht der Gewährs-Fehler and Fristen in den deutschen
Staaten, die thierärztlichen Taxen verschiedener Länder, die ge-
bränchlichsten Thierarzneimittel und eine Zusammenstellung der
hauptsächlichsten Krankheitsznstände der Hausthiere mit den
geeigneten Heilmitteln, Vergleichs-Tabellen der Gewichte, Län-
gen-, Hohl- und Feidmaasse nach dem Decimal- System, eine Per-
sonal-Chronik und ein Verzeichniss der neuesten deutschen
Veterinär- Literatur,
Kohne,
128
vra.
Penoul-Notira.
Aasieichnang:
Dem DepArtemeDto-Tbierarzt Winkler in Marienwerder ist
der Rothe Adler- Orden 4. Kl. yerliehen worden»
Angestellt sind:
Der Kreistbierarst a.D. Sejdell als Departements-Tbier-
arst fnr den Regiernngs-Besirk Bromberg.
Tbierarst I. El. Sobild in Freibarg als Kreistbierarst far
den Kreis Striegan,
Tbierarit I. Kl. Fnerer in Hersfeld als Kreistbierarst fnr
den Kreis Hersfeld.
Verlogen sind:
Tbierarst I. Kl. Hense Ton Baodits nacb Gaenstedt.
. . Bremer von Nettersbeim nacb Siegbarg.
- - Kaemmel von Hanaa nacb Frankfurt a/M.
- - Ellenberger von Fnlda nacb Battenberg.
- • Arndt ron Scbneidemabl nacb Wirsits.
Tbiearst Fr icke Ton Beddingen nacb Elberfeld.
Kleinaa Ton Neaenkircben nacb Hamburg.
Kornacker von Festenberg nacb Tscbertwits.
Remonte Ross-Arst Friesecke ▼. Wirsits n. Cbarlottenbarg.
Versetst sind:
Kreis-Tbierarst Stabl von Angermnnde nacb Templin.
Fiscbbacb yon Obernrsel in d. Unter - Taanas-
•
Kreis.
Rabsamen y. Langenscbwalbacb n. Oberarsel.
Niedergelassen baben sieb:
Labrs in Acbim.
Koblenkamp in Fronbaasen.
Scbalse in Salswedel.
Scbamacber in Neass.
Braanss in Stendal.
Gestorben sind:
Tbierarst I« Kl. Hatb in Neateicb.
- • Schiffer in Tscbertwits.
. . Heinricbsin Ludenscbeid.
1
Gedruckt bei Julias Sittenfeld in Berlin,
4
^
Xaqa-.ut / Tliürffn
Magazin
för die
gesammte Thierheilkunde.
(1LSLX.V1. JTAhrffaiiff. •• StAck.)
I.
lieber eiM lene Methode, die Schafe gegtm Poekei
n schiktzen^ ohie sie, wie bisher, der Gefahr ansra-
setveii, an de« Sehafpockea n erkrankea»
Vortrag gehalten im Clab der Landwirthe am 31, December 1869
Ton Dr. med. Pissin,
prakt. Arste ete.
Meine Herren ! gestatten 8ie mir, bevor ich anf das eigent-
liche Thema meines Vortrages naher eingehe, Sie einerseits, anf
die Analpgieen aufmerksam zu maehen, welche die von mir neu
einsnfnhrende Methode mit der bei den Menschen jetzt übli-
chen Schntzpocken-Impfang gemein hat, sowie Ihnen anderer-
seits die wesentlichjBn Merkmale za bezeichnen, wodurch sich
dieselbe von der bei de^ Schafen bisher gebräuchlichen söge»
nanntep Schntz-Impfnng unterscheidet. Der gemeinsame
Zweck beider genannten Impfungen ist: vor der Pocken «Er-
krankung zu schützen. Wahrend nun in der neueren Zeit bei
den Menschen hierzu die. Euhpocken benatzt werden, ist man
bei den Schafen noch gegenwartig auf dem alten Standpunkte
stehen geblieben, welcher bis Ende des vorigen Jahrhunderts
aoch bei der Jmpfung des Menschen massgebend war. Dieser
ßtfudpunkt ist der, dass^ man die gefurchtete Krankheit, vo^
Mag- t T]iierh«llk. XXXYI. 9. 9
ISO Piisin, Schafe
der man eioh schfitiehf will, atlioliilh:!! dervomift. Et erscheint
dieses Verfahren so paradox, dass ich schon ans diesem Grande
mir erlauben will, Ihnen einige Worte der Aofklarnng darüber
nm so mehr berechtigt, als ich nicht annehmen darf, dass JecPer
von Ihnen , m. H , mit der Geschichte der Medicin hinreichend
bekannt ist, am die Zweckmassigkeit einer solchen Hassregel
wardigen au können. —
.£a ist nftmlifih in der Krankheitilehre daa.MenBr.han aina
aaf vielfache Beobachtungen gestatste Thatsache, dass, wenn
Jemand eine speci6sch • contagiofe Haatkrankheit in allen ihren
^Udiaa-. ordnangsnUbsig nber|Utanden tat» err/d^n.^^]^^ upelf i|
sehr seltenen 4°s°^™®^1od • ^on derselbep Krankheit aber-
mals befallen wird. Wir können daher di ej eiligen , welche
Scharlach, Masefn, Pocken ü. s/ W. ^iiiaiflrl^'hlf ihrem
Leb^n dorohgAmaeht halben,, im AUg^ofeinen, .vpr einer ffinn^/
ren Erkrankung darai^ als geschatat betrachten. Diese Erfah-
rung nun fahrte auf die Ide« der Inocnlation, d. h. der
Einimpfung der wirklichen Menschenpocken, auch Va-
riblation genannt', weil tnän das die ' Menschen^ oelreW fort*
pffaniende Gift mit Variola b«^ehhet; und swäi^ Wrdid iii
Europa damit etwa um die Mi^e doA troHgen Jafai^und^frti be-
gonnen. Leider jedoch konnte der an sich ganr löbliche Zweck,
den Organismus Vor einer spSteren Pockendi^Mranku^g iM
schützen , nicht erreicht werden , ohn h a u g e n b 1 1 c k Fi cfi" dbrolf
die kfinstliche Infection ein' immerhin nTcht gahk ' irti'^rhebiidieii
Dnwohlsein^ an veranlassen. Man ging zwar 'hierbei von -d^r 'Hoff*
nang aus, dass die Röaciion auf die lokalen Impfstelleii bescKi'Snkt
bleiben und die Pustelb'ildhng sich nicht ober den gäb'zen R&rp^f
aosdehnen werde. Allein häufig g6nug wurde diese Hc^tbg
getauscht. Denn trotz aller Vorsicht, die man anwandte, ikidetti
man th'ejls nur die milde Jalireskeit zur Impfung benutzte, tbeill
nur leichte Erkratiknngsiallä zur weiteren tJ^bbrtragdn}^ atft'-
sn<Shte und d^bei ' aüssördten das bdirfduelle' Wdhlbafinden d^ii
gegen -PcUdbh <a echüecen» 131
Stande, den bösen Polgen der absich^iofa berrorgeta&nen Bla^t
▼M'ififitaiig einen D«mm Entgegen so seteeB. Und go gelchah
et dete nietet seken, dai^s die . inoetiHrten Personen • bedenkUeb
an den echten Menschenblafctem erkrankten < im Geaidit eat«
itellt, tanb ni^d bünd danach worden, oder wohl gar daran
itarben, — *• ja ea ttfat togar baafig det Fall ein^ dasa dietffelbeA
dai^^h ihre eigene Brkrankong denHeerd fnr «ine schnell sieb
aiKsbreitende, oft gefährliche Bpidemie abgaben.
DttWer kam es, dass^ als man gegen- Bnd6 des Torigeta
Jabrhotiderti'^i« der-Väceinatio», d. hi in der D«bei*tragang
der Kvbpooke'd «in ebensi) sichesee and dorohaba nngafahr-r
Hehes' Scrbtttsmiüel erkannt hätte, die llethdda der * Variolatio»
(f&lialtifa verlaaeen' wurde, nnd dasa dieselbe jetat schon seil
fitilan Jahren >ia aliien Staiaten poliaetlidl verboten aUd mit
Stral^ b«dfH>faft hU
Wenn • ich önomehr das dem Oegenstande mJBiaes Vortrat
glils' torber" li^gealde' mvniehliche.CkichLecht verlaasä, nnd spe4
eiflll«r aaf'die Oattvng der Schafe nber^^e, so antecsdhei<*
de.t ma«y bei' «dieseii «%isahen eindr Sehota-, Prskaatidn-8<-
n^ttd Wiotb-' Impfung« Bün g«n0r€iH^r Unterscfased ist aber^
wie iob faicJi' ^IMeb bemerken ^ill, oit ' möglichem irrthnm . iror-^
Mb^tigen ,' welcher aus ^er ^Sezdcbnnng Sehutfl*'impfiin>g
entatehea kS^ote, nicht' vorhanden. Vicdinehr sind laile .dret. we^
•^Brtiiob eitie<ino6nfliatioii der. Schaf pociken, oder om micU
etifos . karkbn' te<dimseben Ao^drnekes an bedienen y ^ine O'w'i^
aätion'f in^deifa 0 vinie das. die 8ch«4>tteken fortpflanseo<de €onw
tagionrib^iarft. ' .Sie -dnievs^eiden. sich- nur darch die Zeit»ni4
atanidev in welohes 4^4 Impfcng Tbrgdnommen wird.
^ 8Bhnt8«Im]f»f«ng' naoliilScb nennt man diejenige^' welche regelt
maaiig in. Jeiiem Jahre:. bei defa nngeimpften Lammern statt«
findeHiv #alurendi maai vnterPrakaaitiDnsoImjifaing den Fall Ve^i
atefaii^ wenn sev Zeit' einer in der Nai^hbersohaft berrachenf*
ist PiBfin» Setefo
den Poeken -£pid«nii#, oder, wie mm in der Beaeres Zeil
tiger sagt: Bpisootie geimpft wird,
Noth-Impfang endlieh beiist sie dann, wemi man dadorob,
data die Senebe bereite die eigene Heer de ergriffen b«4, ge-
wiaaermaatea dasn geswoogen wird.
Bs mag Tielleieht niebt aberflaaaig aein, aof den Zwieapait
der Meinnogen, niobt bloa bei den belbeiligten LandwirtboD
nnter aieb, sondern aaob bei ben Sackveratandigea selbalt
in Beaag aof letatere beide Arten anfraerksam an maeben*
Wfihrend namliob die Binen die Impfang bei acbon yorhüMidener
Bpiaootie ooter allen Umat&nden far geboten eraobten, beba«p«
ten die Andern, daaa gerade dadareb dieaelbe in Perouinena
erbalten wird, ond daaa die Verlatte Tiel groaaer werden ^i alt
wenn man die Impfung nnterlaast. M, H. wenn ea geatatte^ ift,
einen Sobloaa vom Menaohen auf die Tbiere an sieba, woran
iob nicht aweifele, da ja ans physiologischen Bxperimentei» .an
Tbiereo so haafig nmgekebrt geschlossen wird, so moas ich
Le^tMren Recht geben. Denn es ist eine dArch wiederholte
Beobaditongen tSIIi^ konstatirte Thatsaebe, welche nicht alleui
(qt Pocken^ sondern anoh far andere Bpidemieen, wie Ty-
phas, Scharlach, Cholera a. s. w. Ooltigkeit hat, dass die
sporadisch Torkommenden FÜle miader gefShrliob an vev-
lanfen pflegen, als wenn die Senche epidemisch anftritt.
Nehme ich also die Impfung in letsto-em Zeitpunkte Tor, und
bringe dadurch die Krankheit kunstlich aam Ausbruch, so gebe
ich alle Chancen eines gunstigen Verlaufes ans der Haad. Auf
diese Wahrnehmung gründet sich auch die bei loooulation der
Menacbenpoeken £poher gebrauchte Voraicht, die Impibng aar
Zeit einer gerade statthabenden Pocken -Bpideniie au «nterlassen«
Wie sehr diese au damaliger Zeit ToUkommea begründete An-
schauung der Aerate durch die Lange der Zeit ailmahlig beim
Publikum an* Fleisch und Blut geworden ist, und sieb bis auf
die faeotigen' Tage rererbt hat, können Sie daraus .eataehme^
dass man noch gegenwartig nicht selten bei Laien dem Vor-
gegen Poefceii zn flchütsen. ISS
artheil b«g«gnet, alt sei es nicbi rSlhlieh la impfen, wem
bereite die Pocken im Orte aasgebrochea bidcI. Man nbereieht
hierbei, ^ase dnrch die Vaeeinatiön ein gans andere» Verr
fal^niee des Sehnte es, als es früher dareh die Vaciolatioiki
geschah, hergestellt worden ist, indem erst er e mtfib ab*
stossende; letztere eine an li eh endi» Kraft eaf\!iim<.Aiil#^
brach der Kraafcheit ansaht, Wab ich aber «soeben, als :V;0«*
artheil bei der heutigen Sehotspocken - Impfnng des Mepp^
sehen beseiehnete, ist, wie ich schon erwähnte, ein wohlbe*
grfindetes Berdenken, sobald es sich am die Ovination
handelt. Denn, m. H. , durch diese sowohl, wie durch di^
Inoculation der Menschenpocken, wird für das geimpfte
Individuum der Aasbruch der Krankheit befördert, diese ge-
wissermaSsen herangesogen , während die Vaccination umge-
kehrt, sobald sie in Wirksamkeit tritt, eine die Infeotion
abwehrende Kraft ausübt. In weleher Weise dies geschieht^
werde idi- Ihnen spater darstellen.
' Wenn ich übrigens nur von dem Zwiespalt der Meinaqgeie
in Besag auf die Prakautions • und Notb - Impfung gesprochen
habe, so ist damit nicht etwa gesagt, dass man über die Nut«*
li«hkeit> der Schutz-Impfang einig wäre. Im Gegentheü
sind die Ansiehton hierüber ebenso divergirend, und die Qegner
derselben fahren alle die Orfinde an, welche ich schon and^tctle,
als von der Variolation die Rede war, und welche scMiessiieh
dahin geführt haben, dass letatere von Staats wegen unter*
sagt wurdCk' Alle diese Bedenken werden aber erst dann w\e
mit einem Schlage, gehoben sein, wenn, wie es meine Absieht
ist, und wie ich durch diesen Vortrag anbahnen will, aapih Wi
den Schafen die Vascination eingeführt wird,, d. h. die
Uebertragnng einer wirklichen Schntapocke, wie sie aus
der Knhpocke bei den Sdbafen eraeugt werden kann. . .
M. B. ! Die Bestrebungen, denen ich bereits seit, mehreren
Jahren 'Obliege und die endlich in diesem- Sommer . ;bu einem
vollkommen^noBti^en Erfolge ^effihrt habetf{ war^n bi^reits.yi^V
* V
IS4 Pistill) Sflkufe
lieh froher, so TertehiedeDM Zeilen mod in tereidäedeiiea Uo*
dem nnternooimen nnd enm Gegenstände eingehender Bxp«n4
mente gemaicht worden. Leider mit negnÜTem -SUfoIge, pvie
Sie daran» entnehmen können, dasa man bia< beale bei der
alten Methoder stehen geblieben ist. In der Tbat :eind acush di^
fiMNrieiigkeiten , >relebe sieh derartigen Versnehen^ entgegen*
stellen, gross genug, om bald eine Entmathigiuig eintreten an
lissen. Denn wenn es awar auf dem Lande nieht an ' oü-
geinipften Schafen fehlt, «o mangelt es dort, einerseits gerade
weseattieh an dem Haaptfaktor: namlieh gaier nnd sn dem
Zweekd brauchbarer Vaccine, während es andererseits
nicht leicht, oft anra5gUch ist, Sachverstfindige so hantig wie
n5thtg, an bestimmten Standen an Ort nnd Stelle an haben»
In der 'Stadt aber wiederum ist es schwierig, mit l^oherheit
nngeimpfte Thiere, and dies ist eine Bedingung «sine qaa
non' des Gelingens der Vaccination, sa erhdten:
Nicht selten ist es mir vorgekommen, dass ich die mir ge»
Keferten Schafe habe aaraokgeben müssen, weil de am Ohre
^ine, wenn noch schwache und fSr einen Laien wenig bemerk-
bare,' doch aber fßr einen Sachverstandigen charakteristische
Impfnarbe einer froheren OTination darboten. Bevor dies
ftbmr fftirtges teilt werden konnte, war der Markttag volraber and
die Zeit verloren. Bin anderes eigen thdmlich es Hindernias
stellte sich mir noch in diesem Jahre dnrch MissVerstfindniss in
den Weg nnd nnterbl'tfch einige Zeit meine Versuche« Ich hatte
nSmliMi sn meinem Kommissionär von Schafen gesprochen,
ohne dareh diesen Gattangsnamen die Hammel aasseUiesaea
sa wollen.« Br aber hatte dies wortlich genommien, and glaubte
noT das weibliche Geschlecht bei der' Ansehaffang beraok*
sichtigen sn dürfen, and da hiervoo nor sehr wenig «a Markte
gebracht wifd, so erhielt ich keine Hiiere, bis ai<di endlaoh der
Irrthom anfklarte.
M. fl. ich fürchte fast, dass die Erwihnang dieser im
^aode "nichtigen Nebenumstlnde , welche für Sie von »or ge^
mgam Iiiter.fiiie tm werii^a, SUim AnfmdrksMikmt •rinndes
doffte aad dttonoeh gl»abt« ich dieselbe aipht Tereehw eigen so
•oUeOf um Ibneo eiuigenDMeeii er]üirli«b ze in|i«heo» wasbelb
bi« jftu wnfi^r ein Anderer vor nir, npeb ieb $e)bof
frfibor alff beote go eisern poiitiveii Reeoltate gekojnmea
wur, welebee £|r die GeMunmtbeit der Landwirtbe verwtrtbel
Al«o ej»% Anfänge Jaii dies^f J ab res erhielt ich bei
% direkt tod der Kuh geimpftea Sobafen cbsrakteriBliscbe
V.ftfeiof «j^ookeUf w^lobe. geos de« AaMeben darboten, wie
«fiuuci. bioi g^ippfltei|iKii»derQ zp .«^h^o gewohnt irt« leb will
hier gleicb bemerkiOns cUs^die Aasdracke: „Impfang direkt
van ^^.f KiJak,'^ und «.Kab Lymphe^, welche ich öfter ge-
bir^M^cbeq wep^ide, nur . in poeigpotlichem Sinne za Terstehen iinB«
d». <|ia^ j^^lkvOÜfObt mebr». wie,. ich an anderen Orten mitge|heilt
bab^> .MjlieJiliabe zu den Zwecke d^r Poekenerzengoog be«
nnjtilt, sondern f DA^ der .j>Ieapo li tan is oben Methode mit
gpros^jir^«» Vprtbeile 2 ^- 3 fnonatlifsbe Kalber, gewöhnlich Far-
9.9p daza verwendet« Pennoch aber habe ich vorgezogen»
dj^e AQSfdcnckP'bßiznbebalten, aas denselben praktis^n Grün-
den» wi^ »ap Ja, awch noch heute . trot^ besseren Verständnisses
nnd geläuterter Kenntniss von „Auf- und Untergang der; Sonnest
von uZvh .und i^bnai^mi» dfis Mondes** n, s. w. spriabW.
Ip Be,zng,.nnn auf.ditf Aassebep der Vaecine*Pockea
bei . Sc^b affin, so ist dasselbe von dem der gieimpfLen Schaf-
paoken. Wi^af ntüob verschieden« ^ Wahrend diese nämlich eine
mfsbr. naf^geb»as#ige Qeatfklt haben,,, tiefer nnter der Oberbaut
lifg9n».|u»d}d«^ufoh ei^e mehr bljinlicb- weisse Färbung . ze%en,
W'^lfibf erst spiter» etw« ^in 9, bis IX). Xege nach der Impfi;ing
a^ ..dAr. Ob^r4e<0li4« durch ;4^sbveitung der Entaui|dong sieb
rötbet, ist die Vaccine- Pustel stets kreiarnnd,- lißgt :vpit
vofnberm obfit^Sofaliobcir» sp daßs.sie die Bpidsunnis pj^rragt,
fuid fÄeb'.Mfr 4uid iiiieht wie die 3cbafpocke in .d/sr JOaiiit.zu
enAwipkeln: floheint^ . und .bietet .glf^icb. zu Anfang, (B|*wa ''gqjpi,,9f.
t$4 ' ■ PiitiB, Btht^
biff i. Tage an, «ine roieni^othe Farbe dar, wek^^ erst tpfiler
in die Umgebang obergeht, wahrend die Poeke selbst dann
mattiveiBs gl&niend wird nnd in der Mitte eine kleine VeiMie*
ibng, Delle genannt, seigt. Alle diese Erseheinnngen tretetf
deatüeber dort un Tage, wo, wie am Sehwanse and Bauch dj
die Haut durch ein lockeres Zellgewebe verschiebbar ist und
Fon den darunter liegenden Theilen abgehoben werden kann, als
dort, wo, wie am Ohre, bis jetst der gewöhnlichsten Implstelle,
die Haut mit dem darunter liegenden Knorpel fest Terwachsen
ist. Ebenso sind die geschilderten Unterschiede markirter,
wenn die Uebertragung der Kuh-Ljoiphe unmittelbai^ gesebehcm
ist, wenn man also eine Pocke erster Oeneration oder Ord-
nung vor sich hat, als wenn Tctn 8cfa«f zu Schaf weitergeimpf\i
worden ist. Bs scheint nämlich in letsterem Falle eine Mo-
difikation der ursprünglichen Kuh-Ljmphe einzutreten,* gani^
in ähnlicher Weise, wie es beim Menschen der Fall ist, wenn
▼Ott Kind au Kind weitergeimpft wird. Wie Sie wissen, wird
die fon Menschen genommene Kuhpocken • L^rmphe hutaanio
sirte Vaccine genannt, und dem analog möchte ich die den
Schafen entnommene Kuhpocken- Lymphe als OTint sirte Vac*
eine beseichnen, ein Ausdruck, den ich öfter su gebrauchten
Gelegenheit haben werdet
Dass diese von mir angenommene Modifikation keine blosse
Hypothese ist, davon können Sie sich selbst »m. H. ans den
Resultaten der Impfung fibersengen. Die faumanisirte
Vaccine nämlich übt, auf Schafe geimpft, worauf ich noch' attS4
fnhrlicher surnckkommen werde , eine nUr sehr nnvollkom-»
mene Wirkung aus. Ebenso wenig haftet die o^vrnisirte
Vaccine beim Menschen, wie ich mich dnreh sahlreicbe Versuche
nberseugt habe, und giebt, aufF&rse'n suruckgeimpft,' nur sehf
rudimentäre Pusteln. '^
Immer aber bleibt, trots der durch die Impfung sich kund^
gebenden Modifikation, bei den Schafen der Gharaktet der
Vaeeine ebenso erhalten, wie bei den Menschen. Eine Trans*
gegen '^Mi^q tvt sefiatzen. tS9
ihrer weiteren Fortpflanzong bei den Seha^M» allmablif 0<f»D^
werd«n kannte, ist ebenvo anmöglkb, ah daas, wie #fa* wlisen,
beitn Mensoben Varioia 'daraas wird. Ebeato w«Big iet ab«F
andiderOrgariif Mftte der Kube im Stande, dasMeDfebeii^
poekengi-ft kt Vatsci^e aa rerwandeln, wie ia Lyoa- dareb
zabireifefae und amftoiteAde ßitperimente festgestellt worden latj
Es ist Aisa als ein ia der WiseeiiBebaft on bestritten es Axioi»
festünbalteti , dass* die wabrnebmbai'en Aensserongen etses spe-
dfiseben Virus doreh einen Wecbsel derGstttmg swar alterivt
werden können, •dasa es aber bi« jetzt nicbt gehingeo ist, biev«<
dorcb eine ganz andere Kraft k bei tsform bervorzornfea^
Idb lege hieraaf scben jetkt am se mebr €rewicbt, weil, wie- die
m. H. bald boren wenlen, es tm Verlaufe meiner Bxperimeste
den Anscbein hatte, als sei, hier zum erstenmal e, eine Ab*
weiebang von dieser Regel eingetreten. '
Ver Allem kam es nnn daraof an, den a priori höebst
wahrscheinlichen Schinss, dass die Robpocken, so gut wie sw
den Mensehen vo^ seinen eigenen Pocken zu scbötzen Term^-»
gen, dieselbe Praservatit)n8kraft aach bei den Scba-
fen anszaaben im Stande sind, darcb exacte Ezperimeote
^B einem wii^kliehen Beweis ea erheben. Um hierbei in jedev
Beaiefaang sieher za gehen, und n amen tlieb ■ dem Yorwarle et*
waiger SelbsttSasehong doreh vorgefasste Meinung <a begegnetii
setzte ich mich mit geeigneten Sachverständigen in Verbindung,
unter deren Gontrole ich die Versuche, welche ich fnr ni-ich
befeita mehrfach - ^ederholt hstte, erneute. Ich nenne Ihnell
als Solche: den hiesigiBo Departements-Thiet'arzt Herrn Dr. Ul*
riciv', den Lehrer an der hiesigen Kdnigl. Thi^raranei «> Scburl«
Herrn ' K o e h n e ' und - den Thierarzt I. KL Herrn L o e w e 1 in
Rddersdorf. Letat^rer namen tlieb hatte Gelegenheit, auf detn
3 Meilen Von Mei'tfnd^ Meile von Rndersdorf gelegenen Rittisr*
gute Tasiidbrf, ^ wfihrend* der Monate September und Ootdber';
■ •■I •• • >■'
las PU»i«, MmiB
m 40 von toic tMe^MiT« gtinpllb»» Mialoa.di» ▼«rMhi^dtifH
PbMeB d«r Wirkung sa beobaebte».
M. HL ieb werde Sie hier eiebft »it 4eiii ganzen Detail 4v
vett nur öberbaapi gemachten Verancb^ bfUaligen* ea wAr4e
dite mehr Ibre Zeil ond Geduld, ale Ihr Inleraeee in Anepmeb
n Mibaien gee^;net eein, aendern nnr mit den JReffnUatea dwel-
bita bebannt »neben, nnd Ihnen die a«a mewen Beobaohtnngen
•nd BrIahrQngen för die Prania an aieJmnden Seblaeae mittheijeji«
Was annaobet die biini.aniairte Vaeeine betxiffi, fp iat
.dieeelbe aa einer erlolgreiehen Impfung bei Schafen, wie ksk
•ebon TorbH» «agte^ oicbl wirksam -genug» In einer der
Sttmagen de« Landes -OekQnemie-Golleginpps, im Mara dteeee
Jabresy wo über die gegen d^le Sebafpneken * Se«ebe an ergrei-*
fanden Maaenahmen berathen warde, oui^bte der Hr. .Geb. fteg»-
Ratfa Dr. Lnderaderff die Bemerknag, «daas. ei ihm wandet'
bar erscheine, weshalb seitens der Landwjrthe nicht sy^tematiif
sehe VersDche mit der Kabpocken-Impfnng bei $ohn^^ gemacht
wnrdmi. Er seinerseits habe derartige .Verenehe begonnen ,nnd
geinnden, daas die Lämmer die Pocken angenommen hauten.*
Ich lan^pe 'nicht m. Q.» dass diese Bemerkung wesentlich
dann beitrug, mieh bei meinen, in diesem Sommer, wieider ai^'*
genommenen Bestrebnog^, an -.nenem Bifer ananspornen. {n
Beang auf die Aenssernng- nun, dass die Lammer die Pocken
annet^men, .so ist es awar richtig, dass sich hfinfig 4n den Impf-
sleU^ kleine Knötchen bilden. Diese beben sich ,aber in \^U
nem ei neigen der von mir beobacbte^n Fälle an: legitimen
Knhp ecken entwickelt, sind yielmjEihr etwa am 7*bi^8, T^lgd
eingetrockiietr, ohne>aii irgend einer Zeit ihres ^steheiis eiofi
aüm Weiterimpfen breochbare Lymphe gege)>en> an hi^t>9|i,
Kfoenso wenig bsbe. ich die derartig .vaccinirten Tbipre^ bei
nac^felgender Impfung mit Oyine, ge^en S^afppeken «gescbp^^
gefnnden» Ich kann daher die soeben ''i^ii mir^ Mfgcts^elU» Pe*
hanfplnng, das« die bnmaniwFte Vac^in^^ an • einer, mtf^lgreiehen
Impfnng nicht genüge, unbedingt nnd mit nm so grosserer 8i-
gegen IPodkiea ma fleUtzen. MI
obofhek wiedwboleii , alt im» lo meineo 'VeifSQfibtii stoti dB
anerkattirtsvirkMUBite Gattvag detidibeD, oatuHoli «olebe ejftm
O-rdB-nag aa .Ge^te atand. Diaae wird b^anaHich von dea
Kiadeni gewonadn, wekhe direktvonKaben gdmpft wordea
aiad : ood denaoch bat mioh dieaalb« ioimer im Stieb gelaatflai
Wean iofa avinmebr aar Kab-Lyaipbe abarg^e, fo mnis
maa di0 Wirksamkeit dertalbea trennea» je naebdaia die Uebeiw
tragang od mittelbar nach der Abo ahme der Lympbe vor fieb
gabt, oder ob ietstere Torher eisige Zeit aufbewahrt werde,
ood sos sei es an Stabeben getroekoet, dem Einfiosfle dar
Lafi, «ei es fiossig iQ Haarrobrcbea , dam aaTormeidlieben
Wecbsel der Temperatar aosgesatit gewesen, ist. üntar
allen Umstanden ist* die aufbewahrte Knb-Ljmpha weniger ai>
▼erUlssig) ale wenn sie frisch abgenommen gana. direkt «bar-
geampft wird« Bia analoges Faktum habe ich stets «nah beim
Ifaaacben so beobaobtoa Gelegenheit, and kann sagaO) dass die
Kinder für das Knh|tiiokengif% im Allgemeinea sugaagliabe«
sind, als die Lämmer. Daan bei diesen Wirict aaob die gaaa
i^s^e Kuh «Lymphe bei weitem nicht so sieher, als bei )eaen.
Bs bangt dies wohl nnsweifeibaft damit 'snsaramen, dass wean
bei einem speciliscbea Contaginm zur weiteren Fortp4aa*>
auag ein Wechsel de? Thiar- Speoies vorgenornfman viad^
die Baftuttg schwieriger au erzielen ist und der £rfolg
an gewiss er wird, flierdnroh auch wird es erklärlich, weshalb,
wie ic^ schon - voi^bin ei'wabnte , die humanisirte Vaccine ' nicht
h^ Schafen und dia ovinisirte nicht bei Mensoben fortgeben will,
da hierbei ia doppelter Weis die Gattung gewechselt wurde.
' hl Beaug nun auf die v^on Schaf au Schaf waiterfdrt«
gepflani te Kubpoekea-L jmp'he, so ist derBrfolg der«
aetben* mit' fast, absoluter Gewissheit sicher und auch in keir
ner Weisei dadurch beeinträchtigt, dass die Lymphe vorbar
laagbieZäit, selbst mehrere Wochen in Haarsohrchen attfbe*>
wahrt w$rd. Die Wirkung ist so; bestandig,' dasa sieb in der
RageL ^der Impfatioh au einer gut . aoag^bildet
fM Piflfhi, Seiüle
Pöek^e entwwlMk. Nar ein UmiCMid könnle vob Bwfluis Mm^
wenn- die Heftsog bei einem Lamme ttoiz eweimnliger Impfling
niebt IQ ereielen ift, ond swnr der, dnc8 die Malter deetelb^i
während der Trachtigkeit von den Schafpooken be-
fallen- gewesen «&re. In einen» solchen Falle nämlich ist 4as
Junge bereits Tor der Gebart von der Seuche infioirt worden
mid wäre dann sogar aoeh der Schafpookenf^Impfang nn«
lagftnglioh.
In der Pathologie des Menschen, wo man anf der«
gleichen Thatsachen aufmerksamer ist, aU bei den Tlueren, sind
bteranf betuglicbe Beobachtungen wiederholt mitgetheilt worden,
wo die Vaocination stets vergeblich angewandt wurde,
wenn die Mntter des Impflings wahrend der Schwanger*
sebaft die Pocken hatte. Allerdings sind mir derartige Falle
bei den Schafen nicht direot bekannt geworden, und bin ieh
auch bis jetet nicht im Stande, den positiven Beweis für meiee
Behauptung beisubriogen ; allein ich stehe dennoch nicht an,
dieselbe aus der Analogie für sehr wahrscheinlich su halten,
und dies um so mehr, als mir suweilen auch bei meinen Firsen
die Impfung fehlschlagt und ich geawungen bin, dieses Mis8«>
lk»gen auf den schon angeführten Grund dann su beaiehenv
wenn im Uebrigen alle Bedingungen eines guten Gelingen» der
Operation Torhanden sind, welche sonst stets sehr sicher ist«
Was die durch die Vaocination bei den Schafen hervorge*
rnfeneu Reactionserscheinungen betrifft, so halten sioh
dieselben innerhalb der Ürenaen, welche noch in die Breite
der Gesundheit fallen, d. h« die Tbiere fressen gut, laufen
und springen umher, und geben keinerlei Zeichen einw positi-
ven Erkrankung, Ich habe bei den meisten absichtlich eine
viel grossere Ansahl von Pocken, als aum Schntae nethwendig
sind, und swar bis su 10 hervorgerufen, um mich au übes^
sengen, ob vielleicht, wenn man de» Guten au viel thate^ biec«
durch eine Gefahr für die Gesundheit oder das Le>ben der
Liilimer eitstehen konnte. Ieh habe «usserdem die Puatelnbet
gegen* Pocken sa tefaütfen. lil
hafs JSdLtmeHmk groMer Q«antit&t«n and womöglich blutfroior
Lymphe, darch Schieber • Pincetten stark eomptimirt and uieh
hlerdsrch die Sehafe in eine Lage gebracht, welehe für ge«
wohalicb nicht noth wendig ist und sogar ver mieden werden
mnss, da der Abheilnngsproeess onter solchen Umstanden wo*
sentlieh erschwert and aberflassigerweise in die Lange gesogen
wird, -^ aber dennoch ist kein einziges dieser so behan-
delten Thiere in erheblichem Masse erkrankt, trotadem die
herbstliohe Jahresieit mit ihrer nasskalten Witterang far die
betreffenden Experimente nicht gerade günstig sn nennen war,
und obgleich keine besonderen Vorkehrungen sam Sehotse ga*
•
troffen waren. Nichtsdestoweniger mnss ich aber doch far die
Praxis den Rath geben ^ die vaccinirten Thiere vor Zog aad
Erkaltung in Acht so nehmen, and werde Ihnen spater einen
Beleg far die Nothwendigkeit dieser Vorsiehtsmaasregel geben«
Gant oBTerhofft sollten aber doch diese, in gewisser Be-
siehang sehr abandanten Versache, ein Resultat herbeifah-
ren i welches teh Ihnen m« H. als ein sehr bemerkenswer-«
thes und mit höchst eigentbümlichen Erseheinangen yerban-
denes, nicht Tcrschweigen will. Wahrend nämlich weder beim
Ifenaehen» noch bei dem Geschlecbte des RindTiehes,
mag man noch so viele Impfpocken erzeugen, eine generali«
sirte Vaccino beobachtet wird, d. h. Pustelbildang auf der
Haut, an Stelleu, wo nicht geimpft wurde, scheinen die Schafe
im Gegentheil hierfür sehr disponirt zu sein, sobald nie,
wie erwShnty in derartige Bedingungen versetzt sind, dass eine
sehr grozse Quantität von Lymphe durch Resorption ans den
■ahlreicfaen Pusteln in 's Blut übergeführt wird. Diese Disposition
ist aber nicht bei allen Thieren gleich gross; ich habe sie bei
60 Taeeinirten Schafen, welche mehr als 8 Pocken hatten, nur
10 mal aoftreten sehen. Es lasst sich hieraus die* praditebe
Folgerung ziehen, nicht mehr wie 1, höchstens 3 Pocken
jedem einzelnen Schafe einzoimpfen, denn bei dieser Zahl
babe ich niemals aUgemeioen^ Ausschlag entstehen aeheiij^'^ae
149 FUvin, 6ehife
ThattMJbe , wolobe 4iä Riiohtiglc«it mtAttW AvffasMMg ib^r -diä
UrMcb« d6wilb«o beatftllgt.
Nöcb «ive «ndero for die Praxis ebealftHs «ehr wichtig«
Tbfttffftcbe hat sich alt BrgebBisi dieser im Qroflieii geinaehleB
Versaohe heraasgestelU. Wie Ibnea hekaoet s^in «ird^ m, H.
and wie ich ztxm Theil adcb sehoa a^efvfart habei «ind aUe
fixe« CoBtagieo ▼on nm so grosserer ond bestfndigerer Wirk*
•amkeit, je frischer sie sar AnWendaog komneii, sei es, da«
man sie könstKoh direot übertragt^ oder dase sie dnabsiehtlteh,
spoataa d«rch Ansteokafig sieh fortpdaDaea. Ich habe aad
wiederholt die ßeobaohtaeg niaehen konaen,)' dast, wwbii -ich
ammittelbar too Thier an Thiar liapite, die Podked
AtetB Tiel grösser wardea, die Cmgebimg entafifadeter wwt,
die beaaohbarteD Ljmphdriaen sieh mehr* iofiUrik'teo , als. w^nil
ioh die Vaceiae vorher eisige. Zeit in Haarr6hrohen »af«
b^^afart hatte. Ebenso konnte ich bemeriLeä, dass wetfn ich
die Lymphe aki» ^ner sehr grossen Poeke nahm, die ebea«
efwahaten Reactionsersoheinungen hefti<ger' warea^^ aie waaa
diea ans- einer Pnstel von mittlerer Grosse gesebah. Die
Faeteln werden namlieh bei verschiedenem Thieien'. aehr vei^
sehiedeo groflcs, je nach der Empünglushkeit, weldsefär dii
Potokea^Oontsginoi vorhanden ist.
ieh d^rf «ferner nicht unerwähnt lassen , dass bei dernai
mittelbaren Implong, wo man die Lymphe nicht terhec iit-*eiil
Rohrbben zieht, nm derenr Klarheii- sv oonetatiren ^ ^ sieh
aabwer . vermeiden lasst, fidssiges Blat nnteinBcumpfeo<, und
daas auch hierdnrcfa vielleicht . die . Disposition an allgemeiner
SrbptioB wesetfläich erhobt werden mag. Bei den Impfung} aas
Hifarrehrdien bat das Blnt insofern .fteinre Bedebtntig. verlorera^
als es nach dem Heraiisblasea sbhnell geribnt und sieh' äSi
Coagalam vob' der flasMg bleibenden Lymphe tro'ünt, weicht
letateve dann* aliein benntat werden kann. Da tiaeh den f on
Her AD Prof» Ballier sa Jena and AttdakreD- gcmacl^en Be^
•baehtiuigea, aaeli in dem Blute der m deQ< filatterir;.tar*
gegen IPoeken «it seHatsea. t4S
kraiilktM ladMM»!! tiefa die üb THlger 4m OomtagiMit «t*
kftnpteii nnd von ihtt mit- dem Namwi ^Mioröeocons^ be^
legten f>fiantlichen Paresiten befinden, eo wfire ee niobt
undenkbar, daes dieselben, so lange sie sich nodi im Blote
aofhmlten, eine grossere Keimfähigkeit besitaen, als wenn
sie bereits in den Inhalt der Pusteln übergegangen sind, and
dass gefade ans diesem Grande eine generalisirte Vaccine leteb*
tor an fikande kommt.
Es wurde sich also f^r die Praxis ans dem soeben Mitge*
theilten die Vorschrift ergeben, jedesmal die an«»ittelbare
W<eiteritnpfong vdn Sehaf au Schaf nicht öfter als
erinmal in der Heerde toraunehmen und dabei die Lymphe so
TOrsichtig als möglich von dem Blnie sn isoliren. Ich will
hieran gleich anknüpfen, dass aus einem Hawrrohrohen , wie
ich si^ gewöhnlich falle, sich andi von dem weniger Gteubteb
Mit Leichtigkeit 10 Pusteln an 5 Schafen evaengen Isissen.
Da nun von den folgenden, direkt au impfenden
Tkiereu, jedes nur 1 Pocke aa b>ekommen braucht,
diese sum Sohntacf genfigt, und, wie ich eben sagte, von-
nicht Weiter geimpft werden soll, somit alle Lymphe
Mar Re«frrption bleibt, und da man ferner aus der Hälfte dar
s'oorst ora«eugten lOPnsteln sehr bequem «us jeder etwa
SO Stiche machOn kann, so ergiebt aich, dass man aaa je
einem üaarrö^hrchen bei einmaliger directer Ueber-
tragung jede^snjal gegon 100 Lämmer impfon kanik«
ohne f&rchtbn ' kil brauchen', duse dieselben einen aligemeinea
Ansechiag' bekommen werden; •
Meine Herren, ^s ist wohl Zeit, wenn ich Sie nicht wirk^
lieb iegMlich machen wül, Ihnen an erklaren, welche Bewand-
ttiiS' ta mii dieeier besagien Eruption hat, und wekhen §»il«
stigen Verlauf dieselbe bei den geimpften Thieren nahot
Obglefch'oaitiUch das AJoirseha/ wie mir die Herren Saahver-
atlbdigen übereinstimmend sagten, dem der naturliehen
feha^peeken sehr fih&lieh war, so e^ks sich dieselbe
dtfosoeh dareh Impfong «tets «Is Vaooiae-A*Kthi*f >;d»li.
wwin ich die Ljmphe daraat anf ein anderes Schaf oberimpfte»
•o entstand jedesmal eine charakteristische Vaccin>a*
Pocke. Dass der aossere Anschein trotsdem mit den sponta«
nan Schafpoeken Aebnliehkeit hatte, darf, glaabie ich, nicht
Wunder nehmen, sondern scheint mir vielmehr in der Natar
der Sache, ich konnte rielleicht richtiger* sagen, des Schafes
an liegen, und befarwortet die von mir angenommene and achon
besprochene Modification der darcb den Orgaaismns der Schafe
reprodnoirtea Kahpocken- Ljmphe.
Es mnsste mir aber sehr yiel, ai»d om so mehr , daran
liegen, über die Natur dieser Eruption durch das Resultat der
Impfungen in's Klare su kommen, da 2 Schafe sogar spon«
tan, ohne vorangegangene Impfung an. einem ahnliolien
Ausschlage erkrankten, und swar beide in viel stärkerem Grade,
als die ron mir geimpften, bei welchen die Pustelbilduag nur
ttellenweise auftrat und viel kleiner bliebe, ao dass sie die
Grosse einer Erbse nicl^ überschritt. Gerade bei diesen beiden
Tlneren war es von Wichtigkeit, nachsuweisen, daas sie nicht
von den Schafpocken befallen waren, was ja auch au*
f&llig h<e' der Fall sein können, dann aber doch immer den
Verdacht erregt hatte^ mit der Vaccination in einem ge*
wissen Zusammen bange so stehen. Wie ich schon anführte,
gelang dies auch durch Weiterimpfong von ihnen voUkommen«
Ist nun in dieser ezaoten Weise als unumstosslich festgestellt
SU eraehten, dass die Eruption aus der. Kuhpock^
ihren Ursprung hernahm, so ist dieselbe nicht mehr sp
aufiallig, wie sie Ihnen m. H. im ersten Augenblick erschienen
sein mag, sondern lasst sich sehr leicht und «aturgemass er*
klaren. Folgende Thatsachen mögen Ihnen hieran als Leitfadep
dienen.
Ich impfte nämlich, am 21. September mit 3 Wdehen
aufgehobener ovinisirter Vaccine 9 Schafe. au j#A — «6 > Stieben
auL . B aji c«he. und 4 . S tic hfyu aooi S.pJ^.w %n z e. E^. glif gl» }^
gegen Pocl^en ta «cMtsEen. l'4i('
GttQzeti TOD'iS? impFetiehexi V4'Pockeb äaf. ' Am 9. Tage
"näßh ctor 'Yttcoibitiott,' *m 80;' frept^mbiB^r, ini^fte ith ton'
dieaen 9 ^(ekafetr diifeet 15 imd^/e, mit je ^ ^tftb'^n' etil'
Sö^ÜWeiis^ dnd i uiA Baacbe. Es entwickelten 'sich' oline
A^enakme alläPooken. Am 9. October wnfd6n diü'A'y
Bt^i » Sebafift liQi^ ControU des Schatzes tiiit echter Scl^-"
pöi&«ii-Ljrmpb«'^im)pffc ntad bnn erst ron den übrigen dislocirt.
Bitf dibin, also wihriänd Toller l'^'Tage, hatte IcV die-'
•felben täh einer grossen Anzahl nngelmpfter Thiere, es' moch-
teb ivöhl et^al "60 ätuck sein in einem and demselben'
Si4ll«'fi*«1 umherlaufen Ussen. ' ' *
' ' Wenfi/ Sie-nan bedenk e(n, dass ich bet-eits' am 90i' Sep-
tfrmt>Vr die-Piocken' tnm Zwecke dör Wbit^rimpfnng und 'der'
Abikabiikä^ d^r'Lymjphe in"R5farchen, tbeUweise durch 'Einschnitte^
oAi^t^ ui&d ^dui^cb Pincet^en'comprimiH'e, eine Operation, weTcli'd
noch nach meiner tentferndng nicht l)lo8 der Vaccine einen '
lak^tcfn ' Auitrftt' gestattete, sondern auch die Pust^ in offene,
efterürde ' Wuhden 'fibergehen liess ; wenn SCe ferner bedenken/*'
ni. ^ H'« , dass ' auch 'die 15' a m 3 0. S e p t e m b e r vaccinfrtidn
Sebtfe mit fh'reö ''60 Pocken am 9, Öctöber in derselbein '
"W^Mie - bebandelt" Wnrden und noch bis zum Id. October, also*^
i&- Gfänked' 19 tage' mit derungeinipften Heerde un-
aäl^setzt in' demselben stalle blieben, so werden Sie mir ge-*
wfe^ zfa geben, dass fär* eine zd^Uige und ontlbsiclitlicbe An-^
8tl»Bktfii'g''diJr<^b 'spontane 'impf dng' die Pforten weit geo&b'et^
witW.' 'Denn' 'es geh5rt zu einer wirksamen tnf^ctiön nicht
mehr, als dass ir^^nd' eine d^r t^pidi^rinis beraubte 'Häutstäl^i;^
odiif^'ein'e kli^fiie,' noch so unscheinbare, Schleimhaut- fiTrosiön des
MMid 'öd'eV dei* ffäse , ' ihit der- Lymplie'^ dem Blute oder' dfem' '
EMi^' kti's ideu P^dk'^a^ in Berührung kam. Immerhin aber mögen, '
wiÜ^'icfa'g^n zugaben '^V; diesd beiden Tfaiere äusset^ein eine *
seKr' ^»bss'e'^ti'^fingl'icbkei't für das Pöckeb': Cotitagium-]
b^itois'eh ' bab^n'. 'fis spricht' %ehi^i^tens'' hierfür der tjmstänji^
dala' die Pbätisln bei Ihnen fast nber den ganzen RSrper^
Maf. t TliiwhtUk. ZXXYL i. iQ
14« PlMlA, 8^k^
T«i;hreite> waren n»d sehr dieht «UodAiiv •<» dtat «ia itfllr^
Unweift «ogar oonftaiEUaK w|kr«ii4 b^. den g«ii|ipifteA.
der . AmtnrmBlv wenv er liob eelgie» «ebr lodU IiIm^.
. . PmM ftber iqeiiie AaffesaoQg eiaer dordi dirtUabe Be.*
raKrQiyg Tereolettieii loftctioo, im QegeAteUf go detf.dnreb
•Ugemeioe in die Laft äbergegaogeve Ml^tme» ber-
%irkteef riehlig i»4, bet iicb mir «piter dAd«ro)i . bfat&tlgl.
d«i» weder eioi der ^rigea im Sulla g^iiebeoeok TUer^« =
DAobdem die Greimpften entfernt, werc|o, aoob eins der« df«,
VerMcbei wegen neu bin«ugebr«ebten Liinn^^f\ biebtpt#,*
alio nneb mehr deon 2 Moonten, irgendwie erks^kt. If$»
ScUqn. hiereanelieln,. ohne den, wie mitgetbeilt,. dimb/ die
linpfnng gefnbrten fapti^hen Nachnreis, wnrde mifn.^ie .U^btpr^*
iQOgnng gepvinnen mnuen, daas man e« weder jiiii.t wirl^lW
eben Sebaffto^ben, noch mit einer denselben, nneb;
nur ahnUob wirkenden Eruption an ihnn hatte,
Jedooh will, ieh nooh ein 87mptom erwabaeii» w^AehiM,,.!
wenn ea «nqh ^ei iSohafpo^ken niehm nnbedtf^gt |iot))f;en4igiiet<,
nnd ^nob nicht eonitant beobachtet F>rd, de ea mehr Tontde^.,
Intfnritat nnd gronen Verbreitung der Pnitelbildiifg abbfff0g.:
itt^ immerhin aber eine gewieae BernoMiebtigi^pg yerdyienl : cJi^bF/
meine, de» Verlieren der, Wolle. Yon a)lto goi^pf^e^^ ,
S^bafon» welobe generalieJr.te Va^pi^ane fi^igten, hat,,
an^h nric>ht ein eineigef» an irgend ei ji^r Stielli? d.et,,
Kprperty wie ioh.mieb noch am yi.tt^o.eh, yerg.Mg.^^er,.
Woehe nberseiagte, die .WpUe yerloren. Nur das cjl^p^
der;, spontan erkrankten macht Qine..Anflni^me^ \. ,. .,
Ans amni diesen eigiebt, si^h der j;»raeM«pbe.9cb^ns|f,< dfs^,,
es geratben ist, die yaooinirten. Thi.er^ #n, ^a(i^,lUf^ll4<
sci^on mit ans d^m Grnnde^ nm fie besfcjf; g^gei^ ]^^k|)ttn,i|g:^
sebntsen an können. Dnrcb .Vemephlasaigong di^r.yor^elitst ;
masfre^^l bebe, ich eins dssv ohne Impfnng ipji^ Aitff9bl%g ber* -
halten 9obafe,, welche gerade so wi^ pieife y evsqohntb we ^
b^haodelt wurden und pich in eioem etfvas Pingig .nnd, kalt ger',.
gegen Poeken ta kbntien. iVt
lege)ien Stätte befAnden, dorcfa den Tod Verlofdn. Wir i€f-^
hen also die beiden von selbst' erkrankten Sobatettine öig^eit-
thftttlfeli« Amn'Abin« machen : Da^ eid^ stirbt, das'aiitiere
rerli^fV seine Wolle.
Mcfind'Hbrf^b; ich wurde es Ihnen wirklich nicht ub'^rneh-
mev, i^Knn Sie glaubten, ich kBnne mich doch 'getSnsoht hkb^'n'
ohtt"- d(««^ bMdteti un* So riel beAbh&fiigcfn'den TliSei'e ' hfttdh
wltldS^ Söh^Q^ockeii gehabi leb wHl 8i6 st)gar in dt^s^ÜTöi'
nikttg 'trnterstlltaen und Ihnen entgegenkommen, nur müssen' Sie
flüSt^Ah>'djSifi^ att6h di« Codse^u^trten aiM^ei^« -^ Geftetät 'klsb"'
ei^Wai*« 'dei'^ül, so kBi^ilt^tf nur i Annähmen als ibogjiöh an'
gesehen werden. . .. •< « «
' Dlie «¥kti^ wik*« die, dass (iie Ei1trankufng\ unabhängig
▼oti' der Tscdnstibb, #ie gewShhüch dui'cb uns nnbekaniitV
BMifisfttf' entsUttdtfii wtre. Ktm dann wäre 'ich' snnfichst weutg'
at^M' aUM^r Sdhtilid: -^ Abei" wSre e^ nicht ein «Unicum^,'
w%ll* tob'efilM Hi^etde Sdihfe, die' in einem and demselben
Stldle" sidh bMhdet, den si^ teineb Atigeoblick verlSsAt, ^^ch/
gMiä% Kahl^tthg,' gleiche Wartung hat udd' allen odibelcaniiteh
Biowlrttttllg^n ^ei^massig ausgesettt ist, nur 2 SchaYe'die'
Pocken bekommen, sumal da diese nicht etwa' gleiöli e'nt-'
fCirnt Werdeii, t^oiifdDtn nngrei^irt Mit den tbrig^n Thleren
Ub'g^i<^ %^it itk Berfihrnng blefben! D^tin an dedi tfigi?
wt^ii6h di^M«!^ idto erfcteü'mi(e«'ftt' dl^r Ö^eVd^ sah'hnd Von''
ih%«ti'tflyitetiftfiS', ir^ In dete meibteti Phsteln h\bt^iik Eiteir'
rwthiMliti, die ftlfithe dei^ Em^dü' daher bef^eib irbräbei','so'
daitf »ie w^ttigc^ten's f0--12 Taj^e hestAndeu h^he'n"
n^H'siIfce;- ^Hd' dei^noch kein neuer Fall', köiuc welt'ei'e
Atfi-c^lrtii^l^! tHttirtitid dieserlbedöch^etki;' durch uÄmltteibaf'^'
UMMJhlMIgilirg ' erkfiititish^i' gewesen Wftre , als Vorher Und einen'
rertlbh' OAitfd' güHabif Witte! - - * ' -"'
^''^i^ aihit0 Md^fttrfikeit'noii' wlre^ diev'dais' die bd-'
de^'6itthk«d<«iüi ihf^-Otin« f^oti h^ei^ett Vadc^tiiftVn'ttl'iV-
I4i8. Piii/ip, Sohafr
dMi PtUma^awomdglicIi noch.gitOMfur«
Deoii bt^teo die yd^ qitr Yiicoipirtflia Tjiiere kfi^nß^ 3ffrf^t
pooken, to konnteo tie teibstTentandlicb Afioli kfim, g^^f 9^1% -* ,
Hatten sie. aber i^att Vaccine- -r Firki|<^b,.Q.fj(tte-
Ppoklf^f nnn .d«pn blmbt et doch gewia» . ooeb, ¥»el ,wipdei|:(V
h^^jty daM.Tf» lorieUn an,geimpfte|i, 9c)ij^f«ff aiali, npr-:
blo« 2 infio.iren, wo doc)i 4er AxateAkiingf wie ich.ioilifh'
theilt.habe, ab«iobtUch Thor und Tbure geofffint wfM^, d^ SA,,
Schafe mit 13i. b.oo^. data theiiw,e|a(i^,. g«p<ffi||»,tfj9„
Pocken, wahrend ISTage« ineinjrm.St^lji«. firei^.^i^..
60 nngeimpften verkehren! ',.- /
Sie sehen aUo, opeioe Herren, wk k9<D9R^:l^ dfr; An-
nahmst dait die beiden Thiere Schafpo^keq. hattf;fi4.7ioct^,T|^l/
tchlcfshter fort. En bleibt aUp ni<^u . aj»d^ri nt»ng». a(i. 4ii«fi:
wir, deii Verb$JlCfiia«en . Rechnung tra^nd» apiier« ^Af.i^hMn^
apg|den Torhandenen Thatsf chpn.an.p^8#.eiP«a|iA 4#^.v
Aastec^hlag; al^ generaljsirte. yaoci^ne aiaffa^^^«i< .HifTr
an hab)9n wir am ßo mehr Veranlateiingy all es, wi^ iqh $^jmH^ >
froher, a^teinaiidersetate, nnmogUch i«t, d#^ .fHis.Yai^e rrri
Qi^ne werden. kann* . . . : ^ . :
yTas .nun den Sohnts betrifi^ , , 4<Em die .Vap/si^atioi^«
gegep die; Scbafpoeken ansaht, ,so hpi lisrfpibp ^ kein
n^i^ einsijgep FaUe versagt.. Ich hfbe,4i^ gaippfUlbef XhiiSKe^
direot fl^vinirt and die Wii^kMui^k^ 4v verwpi^d^y^ 3ph|tfr: .
pocken-li^n^phe dadurch controUr^, dai^< ioh ein apdt^rM/
uj^l^eimpfttts. Schaf augleicl^ oyii|irjte4 lch.he}>f M^l ^iW^?'
n<)r n^t solchen % denen iph^ 4Ia Sohafpo.Gk^i^ eingeimfpft^ h*M< (
l&iigCMre .Zeit in Berührung geli^en« o|ipe daM . j^ -eip^, M"/
stecknng erfolgt warov Es bliel^e noch eipet P^vp^« .ai| jm^Mmp^ -
au der mir die Gelegenheit fehlte, n&iq^ch 4?<> ▼#fsp49i/'tf|i.
Th.iere ii| . eiq.e, Heerde .a«. bringen^' W9 44^ Seliaf*
pocken sp.QntAji», ,s^m Ausbruche. k|i#nan, ,0ier^ .wiir4e^
ich nnr daraaf ,^pf«i«rk8am tu machen haben, dass der Scbuts
gegen Pocken zu «cbntzen. 'i4d
'd^ VaeeittäHon niemals ein absolnter ist, socderb abblngig,
tÜcAiJ 'von' der J&iBpösitiOD /8r du Pbek^n-Gift fiberhaapt,
tfabih '^öiii dto Virnlens and rntensitfit des aar Einwir-
ifbn'g'kointeiend'eil Contaginms. Denn so gnt et lüensoben
i^Vt;'di^'9i&il aik Variola erkranken kSnneii, £e aUo
Hiebt einmal dbrcb die Poeken selbst vor einer folgenden Br-
Itfi^tetaDJg^ dlu'ä'nr'gescbBtst sind, so gut wird es äodi 8c1ia/e
'^en, die nidit doreb die Vaccibation sich k toüt priit ge-
lten'Sehafp o^cken g^sfebStct «eigen wenden. 8öliten
Idk^ l^rsH^e d<»riirt angestellt werden, nm statfstiscbes Material
an gewinnen', *8Ö mfisstisn dieselben mit äicfat in kleineb Ziffern
r«feHnen/ sü^Aern eine breite Grandlage bib^n, am eibi^r*
massen der Wli'klichkeit nabe'ka kommen.
Der' 8ebats beginbt' aber erst etwa am 12. Tage naeb
dei^Täecination selbe 'Wirksamkeit an äa'ssem/ Öeiin, als
leb' eral'aioD' f 1. An gast dir#ct von der Kob geimpftes ' Sebaf
^tü ii. A'bg'ast, als'6 10 Tage nacbber ovinirte, baiftete
Ibtstere ' Impfanfg noeb^ insofern , * als sich kleine IC n 5 Vc b e n
^KleleöV "belebe aber, statt sieb' weiter n Pttsteln tti ent-
#iekelä; am T. bis' 8. Tag^ vollständig vertrocknet waren, oifbn-
IHä- debblilb, ' wäil fnzwiscben dürcb die Resoirptiöb d^'r L^mpbe
iiAi( 'Aeii 'Vaccine -Pocken 'eine derartig Alteratio e der ^ansbn
ff&iriefaili^se ^getreten war, dass di^ !2. Ernption liiobt tnehr
aar Geltang kommen konnte. Denn, wie icb schon frSh^r her'-
VorbobV l^erade' so, wie die Knbpöcken die Mensehdn^ocken
i^äJeUi^eir,' ist Hi^s aaöh bäi die6<»ii beiden Affectioil^b
d^Fill^ a^d #0 sich dieselben in eiik^m O^ga&ismnS beg^«o,
inidbea liie kicb g^g^nkeitig an bekämpfen; tch will teir-
Mbhen, m. B., Ibben dieiön Raibpf, wie mab sicB densM-
btö'wbU Vörsustiellä^ berechtigt ist, durcb eii^ Bild äü>
scbaalich za machen.
'"^WirSiö dcb MnberÄ, tbeilte ic1^I!in6n bereits die nettesten
kScfbsM^llscbeA Forsblvan^ea mit, Welche ergebnen' babeb , 'dä^s
bM*der Blattern . Erkrankung stets im Blüt^ 6ii^'Art *Refb'-
^^9 )PijB9in» Sek9i9
PiJj,, «HieroppocQs" gje«»nnt> gefpndeo wifd, mpUfhf^ ,fi^ci^
bloA al« aj(«£ol|li«hei Sfqmoiili dar PoiJu^QkrMl^hai^ q^^bfwipl,
«p^^Q aadi ^9 4m <ii0«|Ult« forftpfl«n«eif49 Cq^Ugi«^ Hfi^Vr
^ehep ^1; UUteres .ifiAqfern, lü« ei:, Mch in deip IffMte i)«r
f^i Qwt fmd Sc^ei^ft^t «ieb b^49.Q4^ Pfff^^H geliiQ^ii .lfM.
^ D^oMQo di€»e i^ts^raq itjUD|icih bU d^r loli;«U. Aviidniek 4^
A^g)Qf9eiolßi4eoi aofg^fwt werden» and d«at«> nicblif . wmt(V
«n, fli ,d«|i ß^treben der Natar^ ^eo .Ofgainsopj«», to« d^A fh^
Joriip^Jiuiiaobe^fi^n iPiiUlAM«iQ 9Q b«|fi:6i«ii. P#b9r . idjf^ .grc^aae
^r^fab'r, wopi» 4i(^0r Beiiiigaiig«pjoc.a«# das Kprpfi^
Ani^, ^rkaU,on.g. dar H.fiit jfnaaitig. «ntfirbripiAbfia
f ird; Bf trijbt d#nii gewoj^pliob .fiiiinUlKdIbar darTpd eia, o4^
wanigftaof bilden sieb Qobeilbare Nach^aokJia^l«Q aai^
Difaiir HafapilA doo ba^tabt aas pflaiftaliplten. ^ara-
siteo«. j^cbmarptBQjr-Pflaozaa.TQQ ao gafiqg^a Pjio^iisia;
i^fm^ dai^ sie ^i^ /aiDst^ii GapUlar^n, dia, lUafnstaa l^mp^* ond
Blaljgffa^fe pb^e Sobwiarigl^ait 4Q^^<M''S®^ ^^^ ubaraU jfiit
d^o ßlptisiirom^ ^ii^efobrt werden,. Sie Tafmabraa ai,ob i^ifiaar-
ordea^iob .acb^elU so 4a#s i|M^e.Aasab^..}|^ gaa^.^nrMr.f^
e^i^ nngab^aar grosf e^ nacb MiUionan aa baracbn^ nda ist, ßbnr
]icb wie ifir as von ^n Triabinan, aüi^aip Parafitaa fg^
dam Tbiarreial^e }|7is#en. Jeda Pockan - Art», wie |kla|^^
jAhan-y Kab-» Sabafppckefi u. fu w« bat ibra $,p^|.^
,.. Ans diasav Yarsabiadanbeii arlflart. sieb auab^ dasa i^i^
aU^ 3l!att,aw>.- Foijpitn, gJf Ipb . giifÄl^rliicb .find, .^ JSa. pfi^^p
^ar;s«i^ aiiipa .gi^ta]!;tig(fran Cbarakter aa-bab^i^L ^of^^inap» ni^
a«^bp^ siob naipaiytliob. die ,^Qbpocki9nv4adiirab UV«», dafs
i^9,:aiicbt nnf: be; den. , Kuban, ^on^ern aaab fiberfiU da»
wq aia ,si^K. nh^xpj^affi^ ias^ao^ lfPf5^s^tv,?9il.4j^rV^4i?
laufen. , .:..>., . .. . ■>
^...^Slf^U/)!^ Sie 8iab,»»ji,vpr, w. ,Bl, aia SfiAal.Ast.Taaatairt,
ICj, , wird , ft^ei^ n*^. Vs|Uaf T.on ein^an o? *(«& -W ^ ÄJ ft*
▼AUf^r P/srmiitsn s^eiA, lUa sieb Ij/Pjob iiaimer xer^vialfaltigeii«
gegen Pot^en in scliotsen. 151
Wkd dl4«8etb6 Sobif tinii etwa 8—10 Tage nkch der Va<56l-
mM^mÜt S^aipöAhi'Lympkt ^mmpfty ^rntüH ftlsb ein»
\ftiid^re tiPpiHD^eto t^n P«y«sit«D in toi K5r|>«]^ «iugefaiiri,
:|^'1HM- iibtsM diöid PUtt s« greifdtt niefaen. Bs irhrd iiich dem-
^üMl'eUi «itt '8d blnli-gerer Kainpf eotspintten, mH tnr in
dJi^tt Blitt^ tslbst geff&lirt wird, tmd in welehei» d^r ntitniB»
•irrifck ftchwaiebere Tli«il notbweDdigerweis^ onterH^gMi
«4sf, -^ wimn flildit «twa di« Strategie ao Hfilfe kMI4ii,
wwi bfer Wohl nieht gtft ao erwartao let. Da nnki wie wü* aa-
gmooM^nMV balyea, di^ Vweeiaation daea Vorsprtiog vea
«twa 'S Taigen' babea «oH^ so i«t klar, das« aieh itf di«8«t
2'ek Idr-ibre-Saebe bereite ao bedentieade Stveitkrifte
;<nig«iatttte«It b^betf werdea, daat es den O^gaara onr s^bwwr
gelingt, Position an fassen, and dass sie, falls es ilmaii dtttt-
ttmfii '^Kiiigan' aeia sollte, nit Leicbtigkeit darcb di«Üeber-
"Bas^edit Wieder daraus vardriagt werdea.
fo, maiap« 'Herren, lasat äieb das Ibnea yöthm mügeibaflta
Faktom .dar beginnenden, aber obne Etfolg bl4ib4Bada«
fl«fi«B)!g «rUifeo; w&brend man andererseits aanafattan ommis,
•daas ^aok '^einar gewissen Zeit« also nach 14 Tag«it etw4,
das'darak diar Vaeeination kdaatlich imioirte Blot bareita 4ine
aiarartiga'lfo4ificatioa der Safte for die Daaer iiarrorgeonilMi
bat«, daas die Dispoaitioa des Körpers, dersalb«a Order aiser
▼aiMT aa d Ce n Brkrankaagsforni anheimanfallen« for Jahre ga«-
tilgt .ist r Diaaalba ^aüdaner tob 14 Tagen wird ibrigaä», b4r-
ianfig gäaagt, anak bei den MaBsekea als massgebend fnr
dm einlpatretenen. Schnta gehalten« »
Wie la*g^ diai^ andauert, iat bekaiiBtüeb einb offea«
£saigei wann abar bei einer Reyaocination, wie es kaiiig
biokaebtet Wird> aar eine aehnell Tornbergakenida Bui*
ta Dg' stattfindet, die ea nieh^ bis aar Aosbildaiifg Jegitiaaer
Pocken bringt« so ist derselbe als noch Torbaadee ansaa^bafl.»
r'-^ ;W>aa auoiideai Zeitpankt betrifBl, in weloheai dia ovi-
aisirte Vaccine zur Weiterimpfang am wirksamsten ist,
152 Pissin, Scli«f9
•o .]|«t fiok mir ergeben, dftM die« Tom 7, bis .Ift« Tlkg^
jncjQ.fife glti<})ii«iasfff ..fler Fril Ul. J.^o«^ j»^' CMirrMktim»
^«l wfr.m^T Wittaioiw, wo, 4i« PbqMü bekMi^tlic)i i Mb«r
•i4)h. ^ii^if^^lp und sehipi«lUr reifea» 4i^. ir^Um UAbfi1Msi«<u«
^.icji^t ,Oiich deq» 9. Tpkg« n^rsfiMluiiM • weil ^oMMclM-^PiMlM
VH^st id^ch $6boD £itftr enth^tei^ k^Qi^ midi diase^ /^ülrnngih-
japIpB» iaichur ein« . Febümplpog .mr Fo^r^.hat, lü« .wen» mAp
Itfjiwk« J^UPtut, die cooh gftnt.klv npd , 4it«ohM«litig iit, M
^m^riir JiAr#8iteit d«gf(g^ i«| e« geratkeiMdii, ,di» Weiftec-
JQipfaBg .Aip^t.yor dem 8. T«g.e sn inftGli«)^». tMi»» w^l
fi^Diifc dieiPiivUli» B0ob ffn kil^in aind And dieiLjni|ihe sa^a^t».
#««01 ^li^«U9ii,.(beÜ0 weil sonAt di« .wirke.erme^nL.B^ataitd.-
^eile deraelbeii ndgUeberweiie Aoek. meht aoegebiU«!« gfü^ng
Hßn jLoonteM. - . : ,
t . : Wie oft tuid in welken. Zwiecbenffi»m*iK itiqf» JEtwr
generation dttr. ovisisirte« VMoin« idnxoh iKmh-Ljrmpke
,0(tblg< f«iA wird, -^ daiB «ein« fierr-en, maa» ledigliah d^r Zu-
km9&k iF#rbebalt^n »bleiben* -^ Ksk for mein Tb^l. wirde aolabe
XWM\ aflitiWMatt for wnaachaDtwertb baUen und »aiwB8|^ben labi-
ob«Q^^ao}>e aber, daar aie^ aaa der ▲B«io^ia>b«iim M^aarv
cobe« MB «obliessen, niebt nnbediagtes £rfbrdermss aeiwi'wwd*
•DeBO- |fie .die wieeen, werden aoch hekote die 'l>efr;) weile»
gnoeatetMehnAbl der Eindep ulid Brwaoliaenen mit btakaiM*-
«siifteür Vaccine geimpft, welobe ja. «ek etwa 70>)J^abT«»ir,
obae BegeoBratiaw an .dar Snb,' wekart'farlgepflaastiwird. 3 .> >
I - . 2wrar.bat die EobfLjmpbe entacbcedaab Vorng^ und
wird anob wegen ihrer Reinbait «ehr 'geeobatat^ «Ii4-l3iaaik
tQlie> -welobe diaaelbe'. arsaogen und TonyMiig i^ibaii,' Werden
faJUraieb ftaqntentirt; *^ aber immerhin sind 'die davaoi
bor^rgafaeaden., Vaeciaationen nar ein ^ mia im ale r > Bvaobi
lk?ail.,itn .Varihölttetat aar Q.e8«wintbeit dee atattfiBh
da a.da»* Impf na gen. <• . * ^ .... i «' . •>! .\
... Wann « iob« 'Pno nodb einmalt di^' far dia.«PraBia wtohtigen
Punkte » fMs kterMd Siltiefi ' resfiitiirei »o «iod di^s^Hireli täh
gUftd^l: '-:• • '•• ♦ .«•;••
.!/ '-' l)'D>«'ViA6ciiift^loii'g'^litfgf iavtii^r, 'ist «ü jeder
^ihreesieir «»flfAbrbar ond stets obneOefahr
• #fir die felmpftfeo Tbiere. •
' 2) l>er Sekoit* geg^A Sohafpockeir tirt liekeir
:.iiiid ^dttFch üttebildvDg'dier gttten Pack« ge-
Hi-Dgeird'herg%»t'ell-t, begiimt aber erst Aach
deiti If. Tage. ■
Sy Bin« direkte übbertragang iti der He'erde
' ' eelbit 4sl 'totale' iinr Miml ToiriQ Defameo ,
^ wonidglieb-obo« Einimpfang fon Blut and
1
' aae eine^r' ihitt^lgr^ssen Pbeke, am 8. oder
9. Tage naek der Yadcinatiön.
' 4) Die' geimflfteit Tlki^re sind za isoliren and
' giBgisn Zag und B^rkaltang zt schntsen:
Sekfieifsliftb , meine Herren, erianbe ieb inir die ergebene
Mittbeilntfg zn maeben, dass ich aagenblickficfa wieder 2
Sebafe in meinem Institute babe, von • detren ' diks eine
gestern ror 14 Tagen, mit 3 Wochen aafgehobener Vaccine
geimpft nnd d4s and'ei^ä' beW Vo^^fr^kgen,' direkt yon dem
ersten Taecinirt ist. lob "bin 'SeR>stv%rstaDdUch gern bereit,
dedjeiii^en Herr"««, die iich Hftber f8# die Sadie interes-
sMn, die Tbiereiki diär Zeit r^oA 12— 1 Uhr za zeigen.
< I
1 1- '.
Oüe «gvefsee Aehal^ekeiten, . wcj^obe'.sioh aewiibl in den
aossem Era^kvailng^n wie; aneb ms l^evianfe . der Foekenkamnk»
tauen den Tei^seiaeAeoab Tkieveiteden, .bei dtoen' dieselben
f^gkom— P', haben lidionlangf die*' Vermotheng ereeugi, dasit
IM Zfttm von H«rl^,t4...,
•Ue Po#k«nkrmikhekeQ 6hi«ii :w<iMi«tiiobM £lisMM»eBb«igiiH-
BiUen and nur in eiDielDen EigeDtchftften dareh die Büf«!-
^kimliobkeit der Thi«iig«ttiiAg«n> modJiniri werde»» iDiese An-
Bkht wollte man besondere dvrob 4jie wirkeeene Utbertregang
des Poeken - ConUgiams v^eiiU^lsli l^ftipf toü Xldereo einer
.Gettiyeg Aof IediFidaee.eiida»rer OelUmgen, j^Kdfeoi »isp« bewei-
sen ; and es worden 4«iier Tiele ImpfiMigeoi oisbt .eUfun fnr den
Zweck, die sehotsoo^i» Wirkang,gegoo.4««tefk{iog «a erhalten,
sondern auch ans wissenschaftlichem Iati|rpss9,. Of^fnoromen,
Unter dieseii Impfversn^boj^ Ter^ieiieii di^e^jgfOi beponders
her?orgehoben ^n - iforden , weleb^ • der fief r Kreisphysikos
Dr. Stciobeck so Brandenburg .a d» H^t.^) fof eirca 32 Jah*
ren mit Kohpocken^toff (Vacciof),, fo. «i^ aocb mit Pferde-
maokestoff (Equine) an Sohafey o. s» w* noterooivaieii bat, und
die sieb an den vorstehenden J^^u^U dfu Herr^.Dr« iPissin
anfügen lassen« Ich theile dieselben hier pi^, da eie sonst an
dem Qrte, .an we^em sie orsproaglioh pnblioirl wofdM Bind,
Ca« per 's Wocbepsehrift. 1939. No. 21. 2^. -r- deJi mm$bim
.Thierars$en verborgen bleiboo durftee. , -
L Oelcrtrtfwigtti ier Yasclee i«f Thisrf ^
. A. Auf j5 erhoff, r -.Hl',"
1) Sacoo . iinplte.Seb»fe ppit, Vaq^iiie und .erbtet I^q^-
popl^en, welche die Tbiere vor den Spba^ocken seh jit«(en. 4191^
deren Lymphe durch Weiterimpfuog bei Menschen und Knhen
die eigenthnmliche Kuhpocke eraengte. Auch bemerkt Sacco,
dass Impfung mit Schafpocke Menschen und Kühe vor Men-
schen- und Kuhpooken sicherte und bloss ortliehe Pnsteln her-
vorbrachte, wahrend sie bei Schafen einen allgemeinen Ans-
schlag verursachte; ^utde^ vbef' Von^Sen ^uf Menschen und
K&he ubeitrageDen ' Sehadjpocken Lymphe igewoBMan» väA auf
S>dia£» iberfiragtt, so^ eBtitandeB >nur einige r FsHtelm
9) Im Februar il837 tfaeille^der AiX— b.W-; ifl»£.fl(
Sebafbeerde^ i^stov eich Scbafpi^en neigte»,: ^Hi Mmm .Vfafitte,
'•^a; .*'
I •
I
Bs »MgteD lioli iti ^if garnndmi Hüfte dateö49b die Sohaij|>ock6a.
Bles gab daai VarAMflier Gialegaabak, die Vaddae aa versudiiB.
An 8(^. Fsbroar wardea drei geaaade Sehale an de« Weisen
,aad"aai Ualevbavolia gareiaigt oad mit aeht Stieben yaeeiairt.
Der Amtmann W. beobachtete die Sehafe taglieh; bei einem
•Sakafe war keine Aeaderaag im AUgemeiabefiadea oder An den
Implkteilea att bemerken; ^ beiden aadarn leigtea am swetten
Tage Mangel der Fretslnst, dagegen Begierde naek Waseer;
der Kopf war sehr knhl, der nbrige Korper ungewöhnlich warm.
Bei einem dieser Thiere entwickelten sich am dritten l'age vier,
bei dem as^rn acht Kaoteben aa drei Impfstellea. Am sechsten
Tage wtar dia Aaebüdang der Imp^oekea roQkommen and die
Fresslost kehrte wieder. Nun impfte der Verfasser eia halb-
jaiMriges «ilKddken aaf dem iiaken Arme mit Vaeeioe, aof dem
reehten ebenfalls mit sechs Stichen von der ans den Schafen
eriiakea(en Kuhpöokea • Ljmphe oad überdiea Vier Stiche mit
Lymphe aas . fiditen Stehafpocken« Das Schaf, bei dem die Vac-
eiaa aicbt' gehaftet hatte, warde, adbst einem andern gasnndeo
Budiafe^ aa denselben acht Stellen mit Lymphe ans genniaea
^obaf^oekea geimp^ Nach 6 Tagen, am 4. Mara, ergab sidi
balgendes: Drei Tage nach der Impfting entwiekelten sidi «af
idam liflkMi Arma das Kisides, wo mit Vaeeine geimpft worden
^mty vier SaaC^^h,^ die am <6. Tage als aormale Kohpoeken
.arochieaeb; van den 6 Stichen mit Lymphe aas den aof Schafe
^rerpiaaaten Kabpookea aaf dam reehteo Arme hatten steh dref
regelmassig entwickelt; die darunter angebrachten 4 Stiebe mit
Lymphe' akis genniaea Schafpookea hatteta sieh am 2. Tage ge-
aeigt aad^waaen am 6. Tage bedentead gvoaser and voUkaair
asener.^alt die andere PoiDkea; ibrigena waren beide Arme
bedaatandi geadiwollaa» -besonders der liafce, and seit dem 4.
T«ge wai kelügee Aaisiiebar ingegen , eo dass drei Ta|(e laag
IMlHiagigab«B'irfrdM oMMsta. Der VerlanfafinamllidierPalskan
Hpar aoffmalv aar warbn die Seba^cken grdesar; eine derselben
196 ZoMUs ▼«& Herfewig.
•itert» Bterk und »mftte mife Ohlorlcftlktoliiiio» ▼•rband«» *«*•
des. Dm frali«r er£olf lo» TAMoirte (Bdmf b«tte Miehdiiiwk die
Bur^ifte 8disfpoeli«Biaipfa»g kehie Paateln bekomii«»^ 'bcm^s: «Id»
wdirtoAieialieh kein« R»oe!^iviiit. Di* bMdiiii mk' Blrfol(( nUt-
etnirlea Sobftf« blieben (freilich, «li« .««he#m bieht f gMiflft*)
TOQ den Sch*lpookeo frn. . ' ' •• .
Ant diea«B Venttcke» erfiebt i|ich-. die Ideeiitil der Veoeive
and fiohelpooken ^ Lyvipbe , eo de« letetei»»' ig^^o^'W^**^»
Sehnt Areflb beeittt. . "* .
i •.
B. Impfan^eo der Hände, mit yeo.eane.
I) Jernner bemerkte oaoh VeoeiairtiBg der Haede« deei
-«• eise leiokte Entiiedttiig di* Lnfdrobre bekamen ned mekt
▼on der HniidekreAkfaeit befallen wbrdsD.
3).Saeeo «ab dadureb jedet Mal eine leiebte .flklteatul»-
dottg entsteheow
3) Der Verfaeser impite einen balbjabrigea Bfit» am
Bai^cbe und in den W-eickeii am 25^ Februar 1&3 7- eüt Vaeetn«
nnd raaobte 8 Impfeliobe. Zwei Tage lang blieb descHnaid gaes
geeand; am 3. Tage seigte er keine Freatliket, kroek in<teibek
Winkeli neigte FieberschaDor massig beschl^raniglen P«l«^'>knt^-
zerei, beängstigte« Atbeenholbn, riäl. Doni Imit ibkscdreexüel^ib
Sdilaekeni die Draee^ nnter ■ den* Kinnladen/ enApfindlieh -waid
angetehwolien ; das rMaol war tnit zabem .Sdüeic^ angefiftk,
der Ton Zeit sn. Zeit ^etpssweise adsgele^rt irnrde. Naek Imsf
Tagen war der Hoad wieder gesnlid-.and von laipfstiekea« > ^ebte
an sehen. .- . - .
4) Am 3% Mars 1337 Impliing eines 6jabngen^ Pndela mk
genttiaer Kubpookea'-Ljfmphe. Ami^. Tage E^ebeiwcsbaiiers Bitee
des- getiaeta Korpers, oabeweglicbe Lage mit '«ansgestranktaa
Kopie« heftiger Durst, fehlende Fresslostv knraw,.. besebwerli«-
dier Atfaem mit grosser ThStigkett der--Bkmto«ltkeki?' eüier
Sehleiln in der Naiea • > and Jtat^eabdbl», tgvssMellisiie^ ÜAiii^
drisen , die^ nebst dem Kshlkeple , beim Drvcke sehr empda^dL
aipiMrtS'TAli Hartwig. 1&7!
lUh.wareta. 'Dies- dan^vta* ndl AktwehnUmmg (»^T«ge,' bii ii«qIi*
a/T«g#ii «die fiAiMkiBg ?t>Uiaiidig war. /
t'-kcBM baftde» Tbiert» war offenbar eke« an Bnut^ntsäoiaag
f^ffwiaeede, draaige' •ahleimige oalarrb. HaUeataandimg Fol^e
deci Jmfyfoiig tsdt VaeciBe aed Sebalpoekeo * L jmpbe , wobei die -
Sahafpoeken-lij^iiipbe bei dem 4. Hiutde eiaea aahe an Honde«^
seiifhegriiiftifidaik^rafi v»u eatnancHicb-eatarrkaliMfaem Leiden
d60< Hkkea evceagl battei dAr nelleiebf noeh. eicberer -▼of der
faoKKen FM'm'der Hondeeenebe aeboUen mag«
.» 't. : • '
*r U
C. Impfang.An der Pferde mit Vaccine, /
1) Ein 14jäbriger Wallach warde am 11. Ai^saat 1966 im'
F^fMlgelenbe der* beiden HiniariGbse nnd am-Bancbe aoaanimen
mi(. SftlStiisblii f^mfk, Am$ . Zweiten- Tage-roeenanttfe Span«*
nm|p . der j Haut' b/^tdei^ Fesaelgelenkei wo ticb die -Stiebe wie
k|«i»« &«8il6hen anfiblten» wÄbrend die 10! Impfttiohe vertrooiu
net schienen. Am 8. Tage waren aus den Knotehen Blisehen
g4MiOf d#n« .Ana. dieften- wurd^ die L7mt>be. gesammelt. Das Pferd
sehtonii nmm PieiMsii oitlttsISigi nbngena ohne Krankbeitsseieben.
Am 5. Tage worden die.- ansaiekerade L3ribpbe tvnb nnd ver-
klebte die Haare. Hieraof fiel die rosenartige Geschwulst; aber
die Blasehen aeigten Neigung, theils selbst in Geschwnre nber-
angehtib,^ Ülikih ddrch^dfe' sdhalffe' Absondet'nng die Umgegend
ini«itenide-Flaoben. «b fenrnndeln« Die Feaselgelenke w«rden
daher wdi 8Ail»nwasäer gereinigt ^nnd • dnreh tagHohes Bestreiehen
vA%''^ioifSi^ Benaoet in 8 Tagen' geheilt. Es hatte sieh kein hef*^
tigereaAligeaeHiieide»'lgeaeigt. Nach Saeco soll die Vaccine
bei Pferden vor der Druse sehnte en.
%) Am ^5.' Februar 1^37 wurde eine 16 Jahrige gesunde
S#«te 4n 'beiden vorher ron Haaren befreiten Pesselgelenkeo
davehr-SO^Stkibe i mit der dnreh Implung der Schafe erhalträen
Kobpoeken^Ljniphe' gehupft. Am 2>. I^age rosenartige Gesehwulst
deriHant den- Fesaelg^enkes;' erhohle Hantiemperatnr, denili-
AUgen^ift4eidenj Atif dei^ erfsipelatosen Haut aeigten sich
^
>
Tage tiekorte wMserhelky tsbr itfteg ri«ilMiM Lyttipb^-ata
4« am 1. Tage ia Haarrokrobaii aallgeiMigmi wanhC UUost
s«m Fraateft mid offenbar grottar Sabmars ia dan kraakaA^
PaaaoD. Dia Haara daa Faaaalgalankaa wara» iriadar giair$ali«aD^
biidatao mit dar aaaaickandatn Ljmpha ^ina Sakorfdaaba* mvd^
bawlrklea 0aaabwafi4' and .CorroaioDatt dar Haut daa Fa>aalg»i-
laakat« wakba dnvah Enplanrairiol-AnfidanB^ aaHl aiidaa» «^liray
Cblorkalkaaflöfong tahr laagaam ^aiMilt did arst MHta XdM'
bai*m Gebraaoka der Tinot. Bensoet ganiliob Tarnarbt war-
dan. Vom •aohsten fagö nach der Itopfatag* an irar daa
Tbiet wiadar gana-mnotar. ....
Hiaanadi liiat aiob> aowobi iabta Vaoaiae ais* aoab ,dM«k •
dan Scbafocgaaiamo» gegaogoaa Vaacdae aaf daa Fford 'ftbiilftrli*
gao, -bei. walobam - sia ^ Pottela imd 'Oasebwita -iB> dsMelbaa'
Foirm aosaeagt« sr». >dio aaa dobakaanUtt Vreaabaa aaütaheada ^
aabta Manka.
3) Veit b aagt, daaa bai ImpAing aiaea PlSifdaa teit VkaoiMi.
in <tia NaaaaaöUaittbaat BUdtarn an da» Impllitaliao aatetawiett^
saiaa, üalche den Kabpockan gaas fihnliab iwratTi -<• (-/
. . • . ' • . », ' ' . • i . f < - j ./,
IL IlebeHrafanftleff Efalaa (Ifanke) ««£ TUfre aoA MefisehMu
; . In Brmaogalaag fiobtar Manka .irarde baindan snaiofaBtrfal«« .
gandaft . Vanuahiaai aar. di» Ljupka- gabranabt^ .«nakba mm -(ddao
Pqa^ln. der mit Vaoaina- geimpften Plarde gaäammaü var;.4ia9iic
Fnat^/gliaben der aobten pHrnitifan llaalM tiaUkoiBdiAn^ « .
^ A« Impfungen der Sohafe mit Eqaine, . «
.:l)l Av^,I5) SeptaAiber. l&ai, worden- drai feamidei flcbalfo:^.
an., yaraqbied^sen • SMUen mit den Ton^ dam. araMtt< PfaHdailar^i
hiat#i»0P% ft<liunB .giimpA«' . Von difven. dv«» 13iifBaa.[hUabo^ibsr
gapia gaso^d; , dj^^ Impf^tiaba ^artroaknalMftB oad iaaab diaspi*^
ter^ Impfling mit Vaaeine «aUng^ £aU,iao daaa idaiiTbiatf kela«
■•L»
B«|yfiiy^lMk«ii' ftr dlc«»ii' Aiiitokriflg8ftt\off iW l^litK0n scUen.
BÄ dM «welMli Sdiaft WWickeltdb i^ish üat^ir tehn Stichen
nar rier, welche- sbet^ etDen regelmitsSgen VerUaf hatten trnd
gUtti; Wl^ geitf^ntf SlBhsfpoCkeo aoMaben. Aach litt dks Thier
iBlieHleb fäit g^r'iiiclit; Bei dem dritten Schafe entwickelten
sieb' alle' tehn 'Stichie^ da^ ttier ' #ar bedeutend krank, frUs
mtd' totfi niSht, bflfete bedeniendes Fieber und' drei von den gich
ebtwidkelnden' Pdcken batten ein bffihiiehet Anssehen. ludess
0irt#ibKelti»il' 'rfidfa dtocb' nicht die hiernach an befSrchtenden
AM(»aek^. "iHe 'flbi4geta Pecketk TcrHefen gnt und heilten, die
cN-iiiivtäeif Po^en 'iti^^en in Cfeseh'wfire nbe^/ welebe erst im
Oetobek* bei«> ^K^ttrsniehe dea Cfalorkillks abheilten.
1)' Am 1^; l^tenrber 1837 wbrden drei Schafe mit der-
selbite^^cfttfe geiitapA;^ V6n denen nnr eins die Schif^odten
g^mbt lilcte. • DieiMlt VefrMcbt aosgeffihrte Impfung hatte bei
keinem der Tbiere Erfolg.
•! «,.'.•«>
Jß., , Keti^eii^tjpag'ng d.er.S.qniae anf Kuheb
' l*) Lo7''iinp(be^<Kfbe miH^ genuiner filaukenljrmphe und er-
hielt'KulipöokMi. • . .'• t •
•>2)'tBr^m'ep (1^04) impfte eine Kult mit Mankenstdif de«
Pferdes ohne Erfolg, obgleich bücbfolgeude tibpAing dAt guter
Knhpockeniympfe die schönsten Kuhpocken eraeogte.
3) Jbbn'^r 'eraedgte ' durcb achte Eqöine bei Kuben im-
mer rPifteken^i «eieka Ifl Pom» «eid Verlauf den achten Kubpocken
gliekeiti ^ b ..• -^ ''.•.".:=• •
t • 4><6k«»0'evkHlgte fleiehe ßrlelge.
>j i6>^Sbenlbj.d*h ^A«!s6sis«blM>C>entriilimpfting8ebmlt4/
;"j6>>Jibaosi» rVib>oi<g tad^Ntieniwa«'.
> j^ Aatil^l^\%ep%9mhm9'iB»J inii<<M eine Ktfb am Enter mi«
dar seenndiren Equine von dem Verf. geiafrp^, jedoeh ohne Brfilg^« '
' 1 ll> A>Bii^4;'Beptemb«v Lddl-^impfte deMelbe eine andere
Kii^ /nÜiaebaiiJiiieliineJeBii Enierv Dl» Kuh blieb' gant munter
bia am rierten Tage>MaiibB#keil' obd PresslusI naeblieeten - und ^
160 ZiüftU TQfi H9rtwic>N
den diese Zufall«, 4i^ Impfatiehe erhoben ttoli, .wjicdfv bJijMic^«'
grau, bekamen eiD^n Hof aod Ti^rÜAfeii D^coud«. .• ?
%) Im ^anoar J838 gelangte der Verfawersift 4er lyppW..
titoll' eiterigep PlnMigkeit, ans acbtei:«. iDTetearirtier Pferdemiii»ke,
welche genvjn entatimden ifar nn^ nachher dnreb Tinel^ BtH'''
soea bald gebeilt wurde. Am 2$, Jannar wordfe daß. K^ ^A%'^
die^fr Ljmpbe g^jmfvft; am aweitf» T|^ Veinni^c^irPiig.' 4fir-
Freffflnat und Munterkeit; am vierten Tage. waren toq 12 Stijripe».
T iri® Ipioteb^n erboben» die umgebende Baut . lAer flilt «od
DJiQht . geroibetr Pie Fna^ln .Hieben kjap. die nabfllfSrinigff.
Grube kaum beme^bfir. Vier Tage idamn^^r^^nttnis mni mm)
und'^eien ni^ck nebt Tagen ab« fioe, kleJmi^.Naxbe binjl^rjaaiend.
(fituf:^ die Mank{9 dieaer. I^y mpbe no^ «ioht; 4bconif#b' ;i^w«f0^i -
tQ worde; die Lymphe, kraftiger gewe«^ iffio :npd ToUkonimli» -
nere Enhpocken gebildet haben.) • )
Jedenfalls ergiebt sich, dass frische Eqoine, auf die Bater
von Kuben geänpft, im Stande i*t,' Pocken hervörstfiringen,
weleha Jd ,.a|)en: Stuclovn mit^ :4eifc. aohfeMi KniipodEeii« Sbel'ein-
kommen, und dass diese Kraft bis auf eine gewif«« Z#tt» -Ireta !
an^b fiii^.geriQ^iprein aii4 aJimali|ß imm« iue^hr aehmafleaslem
Gra4e, dieser MankonljmLpb^ F^bleibl« ^
I •
C. Uebertragung der Equine auf Mensc)i.e>n..
ObgMifh 4ie ü^bertiragiiAg anderer thteBiieWr KraiäkAila*
Stoffe auf Menschen erwiesen war, so wurde doch die Besen« ^
gnng der Kuhpoekeu bei Mfntcban durch liankenslvff'b^^ei-
feit, theils» i.weU,.di|a .Bxpmmente ^negalii^l» Ateidlate* gegeben
hatten, theils die Gelegeah^l auiK finoba^hlndg /noraeit^n Vor*
han4«a- i#t; 4eni»o^h' gestattei^ die . Torhaad^n JBrlii^riingen
wQhl>^i9a«.4icber9i ScUoff^w.. • » • ■• •? •« ^.^ s • -^1
, X)> Jen neu; npd. L^y • sahen. uMfatere Mejiitehnr, welche
dufeb,'MankegQi9l>iirQra dee- Pferde ängeateekl < «laMil. ondf ^i*e '
d#n Enhpoflkeo ähnliche Krankheit bekam«nv > '.
Ziuatz TC^n Hertwig. 161
2} Im Jabre 1702 bekam za Paris ein Katscher, der ein
maukekrankes Pferd gepflegt batte, die Enbpocken. (Hartrel
d'Arboval, Wörterbuch der Tbierheilkande, Weimar. Art.
Manke.)
3) Sacco sab zweimal, darcb Uebertragong der Eqnine
anf den Menschen, die Eahpocken entstehen.
4) Greve erfahr diess an sich selbst.
5) Im Jahre 1830 herrschte in Berlin, wie in ganz Nord-
dentschland, die Mauke fast seachenartig. In der Thierarznei-
schnie zn Berlin waren beständig 10^15 Pferde in Behand-
lung, und sowohl Prof. Hertwig, als auch elf Schaler, wor-
den anf folgende Weise inficirt: Zwei bis vier Tage massiges
Fieber und schmerzhafte Anschwellung eines Fingers, der Hand,
des Vorderarms oder der Achseldrusen. Am vierten und fünften
Tage enstand an der Infectionsstelle am Finger ein rothes, bar«
tes Knötchen, welches bis zam nennten oder elften Tage sich
zu einer weissblauen, erbsgrossen Pastel ausbildete, welche, in-
nen zellig, mit seröser Feuchtigkeit gefüllt war, die allmalig
eiterartig wurde. Die Pustel fiel, als Schorf, nach etwa drei
Wochen ab und hinterliess eine mehrere Monate hindurch 8i<dit-
bare Narbe. Bei drei Eleven entstand auch noch auf dem
Racken der Hände und an dem Vorderarme eine Eruption von
mehreren kuhpockenähnlichen Pustrln. Von den betroffenen
Personen - hatten überhaupt elf die geimpften Kuhpocl^en and
eine die Menschenpocken gehabt; achtundzwanzig andere Ele-
ven und nenn Stallwärter blieben unter übrigens gleichen Ver*
haltnissen gnnz gesund, nach des Verfassers Ansicht wahrschein-
lich, weil durch frühere gute Schutzpockenimpfang jede Recep-
tivitat beseitigt war.
6} Rosendähl beobachtete im Jahre 1830 bei vielen
Pferden die Mauke; die Landleate rieben eine solutiö vitrioli
eoerulei mit der Hand ein; Alle bekamen drei bis vier Tage
darauf Fieber mit Gliederschmers und gastrischen Symptomen,
Mag. C Thierheilk. XXXYL 2. 1 1
162 Zusatz von Hertwig.
nud nach 24 Stnnden einejQ den Euhpoeken vollkommen ahn-
liohen Ausschlag. Die Pasteln bildeten Schorfe, fielen ab and
lietsen lang-sichtbare Flecke, snm Theil aach Narben anräck.
Beim Abtrocknen der Blattern liess das heftige Fieber nach.
Wahrend des stadinm effloreseentiae verbreiteten die Kranken
den specifischen Geruch des Mankeneiters , und gegen das
Ende der Krankheit nahm der stark sedimentirende Urin die-
sen Gerach an.
7) Am 1. Febraar 1838 impfte der Verfasser, mit Er-
laabnise der Eltern, einem |- Jahr alten kräftigen Elnaben anf
dem rechten Arme acht Stiche mit der obenerwähnten Lymphe
von chronischer Maake, mit welcher sovor aach schon eine
Knh geimpft war. Bis som iweiten Tage blieb der Kranke
manter; am dritten wurde er weinerlich, nahm die Brust nicht,
schien in den Gliedern Sehmersen zu haben und bekam heisse
Haat und einen Pnls von 110. Die Impfstiohe erschienen wie
gerothete Knötchen, starker am linken, mehr geschwollenen Arme.
Soltttio nitrosa. Am vierten Februar lag das Kind ruhig, hatte
aber heftiges Fieber und Hasten« Die Pasteln des linken Arms
waren um das Doppelte grosser, mit sehr rothem geschwolle-
nen Hofe. In der Umgegend waren noch sieben neue Pusteln
hervorgebrochen, die sich eben so rasch entwickeln. Die Impf-
stellen des rechten Armes waren normal entwickelt« Am 6. Fe^
hTQW erforderte das FieÜer mit Hasten vi^ Blutegel, Nitnim
und Calomel; die Vaccinepusteln entwickelten sich normal. Die
Equinepusteln hatten bereits die höchste Ansbildong erlangt,
ein perlfarbiges Aussehen mit einer Delle und enthielten klare
Lymphe, mit welcher vier Haarröhrchen gefoUt worden« Der
Arm war nebst den Achseldrnsen geschwollen und sehr schmers-
haft; Am sechsten Tage verminderten sich die Zufalle; die
Equinepusteln wurden gelb, mit trüber Lymphe. Je trockener
die Pusteln wurden, um so mehr besserte sich das Allgemein-
befinden. Am neunten Tage fielen die Schorfe ab und Hessen
eine ausgehöhlte Narbe znrack. In den darauf folgenden Ta-
Zuaatz yon Hertwig. 163
gen worde ein sehr stinkender Urin gelassen. Die Vaocine-
posteln verliefen normaU
8. Am U. Febrnar 183S impfte der Verfasser ein fünf
Monate' altes, gesundes Mädchen am rediten Arme mit gnter
Vaccine, am linken Arme mit der secnndfiren Eqnine, welche
durch Impfung des Mankenstoffs auf eine Enh erhalten wurde.
Die Impfstiohe beider Arme entwickelten sich vollkommen gleich,
am achten und neunten Tage mit etwas Fieber.
Diese Beobachtungen geben daher das Resultat, dass die
genuine primitive Equine für sich allein im Stande ist, sowohl
bei Kühen, als auch bei Menschen Ausschlage zu erregen, welche
in Form und Verlauf nichts von den achten Euhpocken Ver-
schiedenes haben, dass dieBqnine jeooch, unmittelbar aufMen*
sehen übertragen, wahrscheinlich vermöge der grosseren Viru-
lens des Stoffes, eine heftigere, fieberhaft-entzündliche Reaction
erregt, selbst, wenn der Stoff von veralteten Maukengeschwn«
ren genommen wird, und endlich, dass die Equine durch den
Durchgang durch den Euhorganismus viel von ihrer Heftig-
keit verliert, so dass dieser secundare Equine-Vaccine- Stoff in
den Wirkungen ganzlich der genuinen Vaccine analog ist."
IL
Plattenepidielialcaiicroid,
Von Siedamgrotzky,
Lehrer an der Thierarzneischule in Zurieh.
(Hierzu die Abbildungen Fig. 1 — 3. auf Taf. 11.)
Die im Nachstehenden beschriebene Geschwulst, welche
Herr Director Zangger zufallig bei der Besichtigung der Ein-
geweide einer Kuh gefunden hatte, sass an der rechten Wand
16,i Siedamgrotzky,
der vordem Abtheilaog des linken -Saekes des Wanstes and
zwar unterhalb der nach innen vorspringenden Falte, welche sich
vom vordem Langspfeiler nach vorn nnd oben an besagte Ab-
theilang hinzieht. Von etwelchen Krankheitserscheinungen der
betreffenden Kuh konnte Nichts in Erfahrung gebracht werden.
Das Präparat besteht ans einem nnregelmassigen vierecki-
gen Schleim hau tstäck, dessen Oberflache an der antern Partie
die charakteristischen Zotten der Schleimhant des Pansens tragt,
welche nach oben hin kleiner und kleiner werden, so dass am
obern Rande die Flache das komige Gepräge annimmt, welches
in der Regel auf der Höbe der Pfeiler wahrgenommen wird.
An der Schleimhaut findet sich noch die Muscularis des Wan-
stes; die Serosa fehlt an jener Stelle, da sich an derselben
der Psalter anheftet. Auf der Schleimhaut sitzen mehrere Ge-
schwulste« Die grosste von ihnen, von länglicher nierenf5rmiger
Gestalt, besitzt eine Lange von 20 Gtm., eine Breite von 10
Ctm. und eine Hohe von 8 Gtm. und krümmt sich in Form
eines in die Lange gezogenen Hutpilzes um den von jlet
Schleimhant ausgehenden kurzen Stiel, dessen grSsster Durch-
messer 7 Gtm., dessen kleinster 2,5 Gtm, misst. Sie ist in
Folge ihrer Schwere etwas nach abwärts gedreht*
Die Oberflache des Tumors erscheint stark zerklüftet, und
zahlreiche, theils spitze theils stumpfe Hervorragungen lassen
entsprechende Vertiefungen zwischen sich, in welche Futter-
theilchen eingefilzt sind. Mehrere tiefer zerklüftete Einschnitte
theilen die Geschwulst in unregelmässige Lappen; die grosste
dieser Furche^n geht von der Mitte der untern Flache am Stiele
anfangend nach oben, theilt sich etwas unterhalb der grossten
Hohe gabiig, beide Aeste verlaufen dann auseinandergehend
nach oben bis zum Stiele. Die Geschwulst wird dadurch we-
sentlich in drei Abtheilungen durch ca. 4 Gtm. tiefe Furchen
getheilt.
Die rechte Abtheilung ist an der Oberflaehe verhaltniss-
massig am meisten zusammenhangend; sie trägt jedoch fast
Plattenepithelialcancroid. 165
ttberall kleine zellenartige HerrorragangeD , nar an einael-
nen Stellen kommen einfach hockerige flache Protuberanzen
vor. Dagegen ist die linke Abtheilang am meisten zerklüftet,
so dass an ihr verschiedene grossere zottige Lappen unter-
schieden werden können.
Die Farbe der Oberfläche ist graubraun bis schwarzbraun
in verschiedenen Nüanoirnngen ; besonders erscheinen dunkler
die Spitzen der zottigen Bildungen, so dass die ganze Ober-
fläche an die eines ungewaschenen Schafvliesses erinnert. Im
Ganzen ist die Geschwulst hart und fest, jedoch gelingt es mit
geringem Eraftaufwande einzelne Zotten abzubröckeln oder zu
zerreissen«
Die kleineren über dieser Geschwulst sitzenden und theil-
weise von ihr verdeckten Tumoren sind von verschiedener, aber
weit zurückbleibender Grosse. Der grossere unter ihnen (Fig.
I. b.) sitzt der Schleimhaut mit breiter Basis auf und hat ca
4 Ctm. Durchmesser und 1 — 1^ Ctm. Hohe. An den Rändern
mit glatter weissgelblicher Schleimhaut überzogen, wird seine
flache in der Mitte etwas vertiefte Oberfläche von ähnlichen
nur kleineren, durchgängig spitzen Hervorragungen bedeckt, wie
die gesammte Oberfläche der grossen Geschwulst.
Der links daneben befindliche Knoten (Fig. I. c.) sitzt
ebenfalls mit breiter Basis auf und ist ziemlich flach. Auf der
Hohe trägt er im mittleren Theile eine rundliche, rauhe, un-
ebene, zottige bräunliche Fläche, umgeben von einem ab- und
umgebogenen Walle von normaler glatter weisslicher Schleim-
haut. Dasselbe wiederholt sich an beiden Enden im kleineren
Maassstabe.
Ausserdem finden sich in der Nähe noch 2 kleine rund-
liche Knoten (Fig. I. d.) von glatter weisslicher Schleimhaut
überzogen«
Auf der Rückseite des Stückes der Pansenwand ist die
Musenlaris zum Theil mit Fett und Zellgewebe bedeckt. Dem
Stiele und den kleinen Geschwülsten gegenüber erhebt sich je*
166 Siedamgrotzky,
doeh eine hookrige Getehwnlet von anregelmaasiger Gestalt.
Zahlreiche erbsen- bia bohnengrosse, rothlicbgraae Kooten
springen auf der Oberflaehe hervor und bilden eine derbe Masse,
wahrend sie, sich nach allen Seiten allmahlig yerkleinernd and
an Znsammenhang abnehmend, in die normale Bedeckung mit
Zellgewebe übergehen.
Ein horizontal der Lange nach darch die Haaptgeschwnlst
gelegter Schnitt (Fig. 2.) eigiebt recht dentlich, wie dieselbe
pilzförmig anf einer breiten Erhebang der Schleirahant aofsitat.
Diese stielartige Verbindung wird seitlich von der Sehleimhaat
nnd der sieh verlierenden Mnsoularis begrenzt and besteht «am
grossten Theile aas weissem glanzenden Bindegewebe, welches
sich nach der Mitte der Geschwolst hin fortsetzt and einen
grosseren festen weissen Bindegewebskern bildet, in welchem
die Darchschnitte mehrerer grosserer Gefasse henrortreten« Da-
zwischen liegen nar wenige kleinere, selten bis linsengrosse
Hohlranme, aasgefallt mit einer leicht heraasanhebenden, brock«
liehen, gelben Masse. Grossere Zasammenhaafongen derartiger
Alveolen finden sich in der linken Seite des Gentrams der
G^scbwalst; von nar sehr schwachen, weisslichen, kaam mit
blossem Aage wahrzanehmenden Bindegewebszagea getrennt,
scheinen sie bei oberflächlicher Betrachtang Darchschnitte grosser
Hohlranme za sein, welche darch die gelbe Farbe ihrer In*
haltsmassen sich dentlich vom amgebenden weissen Bindege-
webe abgrenzen.
Von der centralen bindegewebigen Masse ziehen in der
Tersohiedensten Richtnog Faserzage oft sich darehkreazend nach
der Peripherie« Sie sind an Starke sehr verschieden, überall
aber nehmen sie in der Rindenscbicht zahlreiche kleine Steck-
nadelkopf- bis linsengrosse Hohlraame zwischen sich, welche
alle mit derselben gelblichen, brockliohen, anter starkem Drucke
herausdrückbaren Masse angefallt sind. Zwei anregelmassige
haselnnssgrosse Hohlen mit einem breiigen Inhalte liegen im
rechten Lappen.
Plattenepithelialeancroid. 167
Die starke BiodegewebamaBse der Geaefawalst setxt sieh
darch den Stiel in die auf der Rackseite der Mascalaris gele*
gene Masse fort. Aach hier erscheint ein deutlich areolirter
Baa. Die einselnen Knoten sind von weisslichem , znweilen
lockerem, in der Hauptmasse aber festerem Bindegewebe umso-
gen und enthalten im Innern kleinere Hohlräume mit gelblichem
Inhalte, die aber im Oentrnm mehr susammenfliessen und eine
broekliehe, graurothliche oder gelbliche Ausfüllung erkennen
lassen.
Die andern oben erwähnten Knoten erscheinen sammtlich
auf dem Durchschnitt schüsselforuiig in das Scbleimhantgewebe
eingelassen; die unregelmassig buchtige BegrensungsUnie hat
an den groseten derselben die unterliegende Musoularis verdrangt
oder zum Schwund gebracht. Ihr Gewebe entspricht ganc der
Rindensubstans der grossen Geschwulst; es ist areolirt und
seigt viele, aber kleine Alveolen mit gelblichem, schwer aus-
druckbarem Inhalte in einem weissen Fasergerüste* Die Zer*
kluftung an der Oberflache der beiden grosseren Tumoren reicht
nicht tief hinein; auch hier ragen steife, bald spitzere , bald
stumpfere Papillen von dunkelbrauner Färbung hervor. Charak-
teristisch verhalt sich der Rand der normalen Oberflache gegen
die zerklüftete Masse; an einigen Stellen flach aufborend und
plötzlich absetzend ist er an den scheinbar jüngsten Zerklüf-
tungen etwas ab- und snruckgebogen von den zerklüfteten
Massen.
Die microscopische Untersuchung lasst Folgendes erkennen :
Die oben als Bindegewebskem bezeichnete Abtheilnng der
Bauptgeschwulst besteht zum grossten Theile aus einfachem
fibrillaren Bindegewebe ; die Elemente desselben sind zahlreiche
spindelnetzf5rmige und 'runde granulirte Zellen von verschie-
dener Grosse, deren Protoplasma häufig von Fetttropfchen
durchsetzt ist. Die Fibrillen der Intcrcellularsubstanz sind bald
feiner und dann unregelmassig dnrcheinandergefilzt, oder sie
treten zu grade und vielfach parallel verlaufenden Bündeln zu«
168 Siedsmgrotzky,
sammen. Darehsohoitte kleinerer and grosserer Gefuse ver-
leihen, dem etwas einförmigen Bilde einige Abwechslang.
Schnitte aas der Rindensabstans ergeben als Geraste-
masse der Geschwalst Bindegewebsballen mit zahlreichen fettig
infiltrirten SpindeUellen ; mit Ausnahme der mit blossem AUge
wahrnehmbaren Fasersägen ist die Masse des . Bindegewebes
jedoch gering» meist bildet es nar Zöge Ton 0,03 — 0,08 Mm.
Breite« Dazwischen liegen Hohlraame von der verschiedensten
Grösse von 0,02 — 1,0 Mm. Darchmesser and darüber; wahrend
ihre Gestalt in den mittleren Regionen anregelmassig randlich
ist, erscheint sie an der Peripherie öfters sehr in die Lange
gezogen« Die diese Hohlraame aasfallenden Massen bestehen
nar aas Epithelzellen, deren Anordnung and Form aber ziem-
lich verschieden ist« Die an die scharfe Abgrenzung gegen das
Bindegewebe anstossenden Zellen sind rundlich oder doch den
rundlichen Formen sich annähernd von c. 0,010 — 0,015 Mm,
Darchmesser; dagegen keilen sich die nächsten Zellen vielfach
zwischen erster^ ein and erinnern so an Formen, wie sie sich
im Cjlinderepithel finden; in den innersten Regionen herrscht
eine grosse Unregelmässigkeit; dort werden die Zellen durch
gegenseitige Abplattung poljedrisch, langgestreckt oder zu ganz
flachen langen Schollen. Nicht selten finden sich die sogenann-
ten Epithelialkugeln von 0,05 — 0,08 Mm, Darchmesser, Kugeln,
in denen nm eine oder mehrere rundliche Zellen sich schalen-
förmig glatte Epithelialzellen angehäaft haben. Die einzelnen
Epidermiszellen sind in der Hauptzahl mit granulirtem Proto-
plasma verseben, in welchem in verschiedenem Grade FetttrSpf*
chen auftreten. Kern und Kernkorperchen sind in denselben
überall wahrzunehmen. Während die der Wand anliegenden
Zellen kleiner sind, nehmen die entfernteren etwas an Grosse
zu; je weiter sie jedoch vom Rande nach dem Centram der
Alveolen gerückt sind, bekommen sie mit dem Verluste der
kornigen Beschafifenbeit ein homogenes glasiges Aussehen und
schärfere Contöuren, und nar ein heller rundlicher Fleck deatet
Plattenepitbelialcancroid. 169
#
den Kern aa. Neben diesen sehr anrege! massig begrenaten
schollenartigen Epitbelzellen finden sich in den grosseren Hohl'-
raiunen vielfach noch freie Fetttropfchen und kleine kornige
Partikelchen.
Ueberall sowohl in den klein ern Geschwülsten als in den
sabmnscalaren Neubildungen finden sidi ahnliche Bildungen,
immer wiederholt sich der alveolare Bau mit demselben Inhalte,
Die einzige Abweichung bildet das Auftreten kleinerer Formen
der Bohlraume und ebenso mehr rundlicher und poljedrischer
Epithelzellen, die selten die glasige Beschaffenheit und schollen-
artige flache Gestalt bekommen, dagegen fettige Degeneration
im Starkeren Grade zeigen. Die kleinsten Formen von Epithel-
sellen treten auf im sabmuscularen Bindegewebe, so dass sie
dadurch durch das kornige Protoplasma und durch die rund-
lichen Formen den Charakter der Epithelzellen fast yerlieren.
Die nähere Durchforschung der zerklnfteten oberflächlichen
Massen wird durch die mürbe Beschaffenheit derselben er-
eehwert; am leichtesten gelingt sie an den kleinen Geschwül-
sten, wo alle Veränderungen jüngeren Datums sind- und der
Entwickelungsgang leichter zu übersehen ist. Feine Schnitte
ergeben, dass in der Randzone vom bindegewebigen ^Gerüste
Easerznge in ziemlich getrecktem Laufe der Peripherie zu-
streben; ohne an Breite zuzunehmen, endigen sie an weniger
zwklüfteten Stellen in einer Entfernung von 0,4 — 0,6 Mm.
allmahlig etwas zugespitzt und sind umlagert von einer bedeu-
tenden Menge braunlicher oder gelber Epichelmassen , welche
weit darüber hinausragen. Sie bestehen mit Ausnahme der die
Papillen umhüllenden nächsten Partieen durchgängig aus alten
verhornten Pflasterepithelzellen, welche sich schon bei geringem
Drucke von einander abblättern. Die bräunliche Farbe dieser
Schicht ist bedingt durch eii^e schwach gelbliche, gleichmäsaige
Färbung der einzelnen Zellen; wo die schwärzliche Farbe vor*
herrscht, erscheinen auch die Epithelzellen tiefbrann gefärbt,
werden aber nach Zusatz von Kalilauge intensiv gelbroth. Nir«
170 Siedamgrotsky,
gends ifli eine Spur yob komigem oder krystaUiniBehem Pig-
menti
An den kleinsten Geschwülsten liefert das Verhalten sowohl
der normalen Epithelaberkleidang als anch der nntem Begren-
snngslinie einen Beitrag fnr die fintwiekelongsgesdiichte der-
selben, wie Flg. 3. seigi. An ersteren Bleuen ist das oberste
Torhomte, gelblich weisse Epithelstratnm nur wenig von 4er
noRualen Starke abweichend; von der daranter liegenden
Sehleimschicht dagegen senken sieh aapfenartige, längliche nnd
stampfe Bpithelojlinder von bedentender Lange (bis 0,7 Mau)
nnd wechselnder Breite (0»02 — 0,1 Mm.) in das Bindegewebe
hinein, welches sie an einaelnen Stellen ein- und anch wdil
abfichnärt. Noch interessanter and prägnanter werden diese Bil-
der besonders nach Carmintinction an Schnitten von der nntem
Begrensnngslinie der kleinen Tamoren. Aach hier steigen ahn-
liche Bpithelsapfeo in die Tiefe ; sie sind oft darch glödiartige
Bracken yerbanden nnd tragen selbst wieder beeren« oder
aapfenartige Fortsatxe. Immer finden sie sich vom Bindegewebe
umgeben, nirgends dnrchsetsen sie die Moskelschicht direct,
sondern rerdrangen dieselbe einfach oder schieben sich awischen
xwei solcher Bändel ein* Das umgebende Bindegewebe ist
stets starker mit Spindel- und rnnden Zellen dnrdisetst* Auf-
fallend ist dabei, dass die Epithelaapfen gleichmassig vorwacsh-
sen nnd alle in ziemlich geschlossener Linie den unterliegenden
Geweben entgegenrdcken« Das Verhalten der Ljmph- nnd
Blatgefasse konnte nicht genauer ermittelt werden, da durch*
▼orhergegangenes Zerschneiden des Präparates eine Injection
nicht gnt möglich war.
Nach obigen Darlegungen ist es keinem Zweifel unterwor-
fen, dass die Neubildnag ein warziges Platten epithelialcancroid
darstellt, welches in seinem Gefolge Tochterknoten im snbmns-
cularen Bindegewebe erzengte.
Interessant ist dabei die Bildung der warzigen Oberflache;
dieselbe verdankt ihre Entstehung jedenfalls weniger einem sc*.
Plattenepithelialcsncroid. 171
tiTen als vielmehr passiTea Precesse; wenigstens bilden sich
die warsigen Hervorragnngen erst in zweiterLinie, wie dies die
jüngeren Geschwülste andeuten. Indem nämlich dasWachsthum
der Geschwulst im Innern schnell und intensiv vor sich geht,
kann die überbleibende, zusammenhangende Epithellage mit
glatter Oberflache der Zunahme nicht folgen, sie muss also auf
der Hohe der Geschwulst bersten. Die in die junge Epithel-
masse hineinragenden Papillen werden dadurch von einem ge-
wissen Drucke befreit, so dass sie sich nun um so mehr ent-
falten können, wobei zu gleicher Zeit das sie überkleidende
Epithel in kolossalen Massen vermehrt wird. Die im Innern
stetig fortschreitende Zunahme, die genügend durch die pilz-
förmige üeberwucherung der schmaleren Basis bewiese^ wird,
jBoss aber noch weitere Berstongen nach sich ziehen; es müs-
sen dabei Bindegewebszüge zerreissen, so dass die von ihnen
umschlossenen Alveolen der Oberfläche zuganglich gemacht wer-
den. Die vielfachen Durchtrankungcn der oberflächlichsten Epi*
thelmasse durch Blutfarbstoff deuten darauf hin, dass der Pro-
eesa ztaa 0 eiteren stattgefunden hat. Unterstützend wirkte nun
in diesem Falle das Einsickern der alkalischen Magenflüssig-
keiten, weiche eine Auflockerung und Aufloaong der Epithel-
massen bewiricte und schliesslich zu der so starken Zerklüftung
führte, welche sich an der grossen Greschwulst findet. Vielleicht
tragen auch dazu kleinere Absoedirungen bei, in welchen unter
starker Verfettung der Epithelmassen es zu einer besehrankten
Ansammlung von Eiterkorperchen nnd zur Einschmelzung des
Bindegewebsgerüstes kommt. Wenigstens deuten zwei auf dem
Durchschnitt im rechten Lappen vorkommende Abscesse an, dass
dies Moment unterstützend auf die Zerklüftung einwirken kann«
Erklärung der Abbildungen.
Fig. I. Ansicht des ganzen Präparates von oben gesehen. ^ d. nat. Gr.
a. Grosster Tamor.
b. c. d. Kleinere Geschwülste.
172 Wagner,
Fig. II. Ansicht der obem Hälfte nach einem Dorehschnitt dorch die
gröflste Ebene.
a. Kleinere AbfloeMhöhlen.
, Fig. III. Schnitt ans der Grenze der normalen und carcinomatösen
Partie Yom Tnmor I. d. Yergrössemng 1 : 60.
a. Untere Partie der Geschwnlst.
b. Epithelzapfen«
c. Snbmncöses Bindegewebe.
d. Moscularis.
m.
Anstellmigy Stellnng^ Rechte ud Zukunft der Bayeri-
schen Ci?il-Veterinaire nnd deren
Vom
Thierarzt Wagner in Nümberg.
Es -wird wohl kanm eine Klasse von Dienern anf dem eu-
ropäisi^en Boden existiren, deren Anstellang nnd Stellnng so
sonderbar und prekär ist, wie die der bayerischen GiFil-Thier-
arste, deren Familien auch zugleich das allertranrigste Loos
das es je geben kann, beschieden ist.
Wenn sich jetzt ein junger Mann diesem Fache widmen«
will, so hat er von vornherein als Vorbildung zwei lateinisehe
Klassen und das Absolutorium der Landwirthsgewerbeschule
oder dasselbe der Kreis-Landwirthschaftsschule Lichtenhof oder
das Gjmnasialabsolutorium (welch ein Unterschied) und künf-
tig das Realgymnasialabsolntorium nothig, wovon die drei letzt«
genannten unbedingt zur Anfnahme in die kgl. Gentral-Thier-
arznei* Schule befähigen.
Die Studienzeit des Faches selbst ist dermalen auf 3
Jahre festgesetzt, — der Veterinarkandidat hat nach Vollen-
dung seiner Studien 1 Jahr Praxis bei einem angestellten und
Bayer. Civil- Veterinairärzte. 173
autorisirten Thierarzte za nehmen, — dann sein Staats- oder
praktisches Examen zu machen und wird dann endlich nach
letztbestandenem Examen zur selbststandigen Praxis zugelassen
und kann, wenn irgend eine Stelle frei ist, sich hierum be-
werben.
Der bayerische GivilTeterinar wird aber durch seine Ver-
wendung weder Staats- noch Gemeinde-Diener mit Hechten,
sondern nur ein mit vielen Pflichten bedachter Diener, — der
seiner Stellung nach nur als ein Staatstagelohner mit festge-
setztem Lohne zu betrachten ist, der, so lange seine geistigen
und physischen Kräfte sowie sein anderwärtiges Verhalten der
Ansicht der kgl. Behörden und des Districktsraths n. s» w. ent-
sprechen, seinen verliehenen Posten bekleiden kann; entspricht
derselbe aber aus irgend einem Grunde, Kränklichkeit, hohes
Alter n. s. w. nicht mehr vollkommen, so kann er entweder
gänzlich amovirt werden, oder es wird die Veterinär- und sani-
tätspolizeiliche Praxis einem andern Thierarzte übertragen, und
Ersterer kann, wenn er kein VermSgen besitzt, oder Kinder
4
hat, die ihn im hohen Alter oder bei eingetretener Gebrechlich-
keit, noch vollends bis der natürliche Tod eintritt, abnähren,
dann mit den Göttern für im Diesseits seine Abrechnung
machen.
Sollten die jungen Leute, die dieses Fach studiren, eben-
falls glauben,^ sie werden mit Erreichung einer Anstellung für
einen Bezirk auch wie andere Bedienstete im Staate oder wie
andere Geschäftsleute (die siph ein solches gegründet haben)
auf einigermassen festen Grund und Boden gestellt, so irren
«ich dieselben gewaltig, denn man hat den Thierärzten derma-
len nur eine Eisscholle, die allen möglichen Wechseln und Ver-
änderungen, oder einem gänzlichen Verschwinden ausgesetzt ist,
angewiesen.
Die Anstellung derselben geschieht auf folgende Weise:
Wird in irgend einem Bezirk ein Thierarzt im öffentlichen In-
teresse als vortheilhaft erachtet, so setzt sich die Konigl. Verwsl*-
174 Wagner,
tang8-Beh5rde mit dem kgU Besirksarste and dem Diitriktsratbe
in's Benehmen, nnd erscheint ein solcher in den Aagen der
Letzteren gerade nicht als eine nea aufgebürdete oder über-
haupt als Last, so wird für einen anzustellenden Veterinär ein
kleiner Snstentationsgehalt aas Distriktsmitteln mit Vorbehalt
der Zarncknahme bewilligt, und derselbe erhalt nebstbei noch
einige kleine Bezüge far Vornahmen der Fleisch*, Schaf- and
Hnndsschaa a. s. w., die jedoch keine stabilen Emolamente sind,
sondern nach Belieben and Ansieht der kgl. Behörden nnd de«
Distriktsraths abgeändert and der bewilligte Sasteotations-Bei-
trag wieder eingesogen werden kann. Wird in demselben Bezirke
spater ein 2. oder 3. Thierarzt angestellt, so werden dann
diese Bezöge gewöhnlich getheilt, and der kgl. Distriktspoli-
zeibehorde steht es mit Erlaabniss der hohen Ereisregierang
za, die yeterinärpolizeiliche Praxis nach Belieben einem der-
selben za übertragen.
Sammtliche Bezage die einem Civilveterinare zagewiesen
werden, sind halbwegs nar als Gnadenakte za betrachten, die
gerade Ton jenen Leuten bewilligt werden, denen derselbe bei
Ausübung der veterinSr- und sanitats-polizeilioher Praxis» da
derselbe das Vollzugsorgan beinahe sammtlioher in sein Fach
einschlagender allerh. Verordnungen und distriktspoliieilicher
Anordnungen ist, die In sanitatlicher Hinsicht nothwendig er-
scheinen, schnurstracks gegenüber steht: überdies hat der Ci-
vilveterinar noch bei allen vorkommenden Fallen von Seuehen-
krankheiten und bei üebertretungen der sanitatspoHzeilichem
Verordnungen, wovon er Eenntniss eriialt, bei Strafe an die
konigU Verwaltungsbehörde Anzeige zu erstatten, wodurch er
aber nichts weniger als eine beliebte, sondern eine verhasste
nnd dem Landwirthe, der ihm seine Bezüge theilweise bewilligte,
eine verwünschte Persönlichkeit wird, — der ihn nicht selten
für einen undankbaren Polizeispitzel ansieht, Folge dessen er
seine Privatpraxis verliert, obwohl er nur den gegebenen Aaf-
Bayer. Civil-VeterioEirärzte. 175
tragen und den Verpflicbtangeo» die in seinem Berufe liegen,
oaehkommt.
Der bajeriBche Civilthierarst ist mit Erwerbung seiner
Sxistensmittei lediglich anf Gnade der Landwirthe resp. die
Praxis angewiesen und obendrein ist ihm, dem Pfoseber gegen*
ober, aneh noch kein Schnta geboten und seiner eingeranmten
Stellung nach an artheilen, steht er weit hinter einem liseasir-
ten Pfnscher, was näehstehender Vergleieh bestätigen wird.
Derselbe mnss, ehe er seine Praxisliaena erhalt, 8—10
Jahre anf den Sohnlbanken heramrotschen und ein Opfer von
mindestens 1500 — 2000 Thlr. bringen. Wenn ihm einmal ein
Beairk angewiesen ist, so darf er seinen Wohnsitz ohne Erlanb-
iiiss nicht Terandern oder anf mehrere Tage rerlassen, — er
darf bei 100 Thlr. Strafe einem Hilfesachenden ohne gegrün-
dete Ursache (Krankheit) die Hülfe nicht verweigern, obwohl
er bei eintretenden Concnrsen seiner Kunden nicht wie Aerste,
Apotheker, WasenmeiEter und Schlotfeger u. s. w. mit seinen
guthabenden Deserviten berücksichtigt wird und in die erste
Klasse kommt, — derselbe wird angewiesen, woher er seine
Medikamente, Gifte, Extrakte p, p. za beliehen hidie, ^-^ hat
die hierau nothigen Gefasse nach Vorschrift herzustellen und
hierüber Verzeichnisse zu führen, «— der k5nigL Beairksarzt
hat Ton Zeit zu Zeit seine Handapotheke zu visitiren, — es
sind demselben far Medikamente und für seine Bemnhangen
theilweise und gewohnlich sehr niedrige Taxen vorgeschrieben,
er ist über aUe seine Handlungen verantwortlich gemacht, hat
bei 50 Thlr. Strafe, wenn er irgend von einer Seuchenkrank-
heit p. p. Kenntaiss hat, Anzeige zc erstatten; ja sogar soll er
die in seinem Bezirke aufgestellten Pfnscher noch belehren und
in den Handgriffen unterweisen n. s. w.
Diese Anordnungen und Verpflichtungen der Givüthierarzte
bis auf letztgenannte, bezüglich der Pfuscher noch zu ihren
Nachtheilen und Concurrenz herziehen zu müssen, erscheinen
allerdings theilweise gerechtfertigt und geboten, allein, wenn
176 Wagner,
mftn die Aafordeniiig luid Pflichteo der Tliiennte mit jeaeii
der lixensirten Pfiiscfaer Teigleieht, so ist die Art und Weise
TOD Kreirong der letiterea den ersten gegenfiber ueht nor als
eine höchst nnbillige sa beieidinen, sondern es ist hierin andi
noch eine haarstriobende Inconseqaens *a oeehen.
Wenn sich ein Individanm, -— abgehanstsr Metsger, —
arbeitsseheaer Sehmied, — gejagter Hiit oder Sduifer, — m
Wasenmeister, oder dessen Knedit aof das Feld, Thieiheilknnde
anssafiben, sn werfen gedenkt, so iasst er sieh tob mehreren
umliegenden Gemeinderorstehem Atteste über seine Befihlgnng
und Branchbariceit aassteilen, — legt dieselben mit einem Ge-
such am Prazislisens der k. Verwaltongsbehorde (Besirksamt)
woT, welch letzteres dann dieselben der konigL Kreisregierang
aar Genehmigung unterbreitet, ohne den einschlagigen Thier-
ant hierüber zu hören. Dem Pfascher werden aber bei seiner
Lixensirnng nicht wie dem Veterinire Pflichten anierlegt; er
darf seine Hülfe, wenn es ihm ans irgend einem Grande nicht
gelegen ist, unbedingt yerweigern, — er darf seine Medika-
mente and Geheimmittel, womit er kurirt, beliehen, wober er
nur will and nach selbst bereiten, «— er macht for seine Ars-
neimittel and Bemnhungen die Taxe selbst, und nach Brfolg,
— es wird ihm seine Handapotiieke (!) nicht controlirt, — er
▼erÜsst seinen Wohnsits so oft und so lange es ihm beliebt,
— hat über seine Handlungen keine Verantwortlichkeit and
braucht Niemanden eine Rechenschaft su geben, — bricht bei
einem seiner wohlgeneigten Kunden der Goncurs aus, so liqoi-
dirt er seine Deserriten als Taglohner und kommt jedenfalls
in die erste Klasse, — kommt in irgend einer Ortschaft anter
den Hsusthieren eine Seochenkrankheit zum Ausbruche, so sieht
sich der Pfuscher nichts weniger als reipflichtet, wenn er gleich
hienron Kenntniss hat, der königlichen Verwaltungsbehörde
hierober Anzeige sa machen, um sich dann nicht mit der gen-
zen Ortsbevölkerang abzuwerfen, wie es bei dem OiTilthierarst
Bay^r. Ci?21-yeterinairärzte. 177
der Fall ist, und kommt er wirklieh einmal in die Brache/) so
hat er selbstverständlich diese Krankheit nicht gekannt, und
geht dessohngeachtet bei Üeberschreitang seiner Befugnisse, dem
Anxeiger Hohn lächelnd, straffrei ans. Von einem Jahresbe-
richt ober seine Leistungen, Erankheitsverhaltnisse u. s, w.
kann von yomherein keine Rede sein, hierüber hat der Thier-
arzt SU berichten, obwohl 'der Pfuscher vermöge seiner freien
Stellung, Verwandtschaft und dev Helfershelfer vorherrschend
die Praxis hat, was in allen jenen Gegenden Bayerns, in welchen
die Landbevölkerung noch sehr abergläubisch ist, (die ohnge-
fahr % — % Theile auSVnachen wird) der Fall ist, um hinrei-
chende Existenzmittel für sich und seine Familie xu erwerben,
ein Nebengeschaft su treiben sich genothigt sieht*
Die Auslagen eines Pfuschers sind gegen die oben erwähn-
ten eines Thierarstes selbstverständlich nur ein paar Gulden
(Haarseiloadel, Aderlassfliete) und der ausgerüstete Afterthier-
arzt beginnt dann einstweilen ganz frech und offen seine Praxis
mit Hülfe der Helfershelfer in der sichern Hoffnung, die Pfusch-
lizenz ohne alle Beschrankung zu erhalten; erhalt er aber von
Seite der konigU Ereisregierung die genannte Lizenz nicht, so
wird das bereits begonnene Handwerk dess ohngeachtet fortge-
setzt, es werden alle FaUe von Krankheiten der Hausthiere un-
ter dem Titel Nothhülfe oder guter Rath subsumirt, und der
Thierarzt dann beinahe mit jedweder Klage und Anzeige gegen
diese Beeinträchtigung und Linfug abgewiesen, überdies steht
dem Pfuscher das Bernfungsrecht an das hohe Staatsministerium
zu, und er reüssirt, wenn er nur einige Mitglieder des Distrikts-
raths und des landwirthschaftlichen Bezirks- Comit^s (Bauern)
für sich gewonnen hat«
In der thierarztlichen Wochenschrift wurde ein Fall be-
kannt gemacht, nach welchem ein absolvirter Veterinär um einen
In Bayern mnss jeder Bigenthumer nach den P. St. 6. C. An-
zeige machen.
' Mag- f' Thiortaeilk. ZXXVI. 2. X2
r"
178 Wagner,
Dittrikt oMbsnehte, der dum nicht ihm, aondern einem Plbseher
eingerinmt worde. Vergleicht man nan die snr Ansnbnng der
Thieiheilkande Berechtigten besoglich ihrer Stellnngen» den nb-
•olyirten Thierarst md den lisenairten Pfaacher, ao findet man
mit dem enten Blick, dau Ertterer gebunden, yerantworüidi,
disciplinirt, controllirt, (mitunter chicaairt) und sein Fach und
Funktion als h5chst wichtig eraoiitet wird, weshalb denn auch
jede gerioge Versehnldung oder Vemadilassigung mit grosserer
Disoiplinarstrafe belegt ist, und eine solche sogleich auch gegen
denselben erfolgt, wahrend der Letstere sein Geschäft ohne
alle Controlle und Verantwortlichkeit u. s* w. ausüben darf,
obwohl diese Funktionen far die Landwirthe in pekuniärer, im
öffentlichen Interesse aber in sanitatspolixeilioher und national-
ökonomischer Beziehung der swei Thierheilkunde ausübenden
Techniker vollkommen gleich bedeutend sind; kurz gesagt: Der
Entere ist ein gebundener Mann mit Pflichten ohne Rechte,
— und der Letztere ein freier Mann mit Rechten ohne
Pflichten.
Die oberste Leitung das Civilveterinarwesens wird in
Bayern nicht wie in anderen Staaten Europas durch Fachman-
ner sondern durch Menschenarste als eine NebenbeschSftigung
besorgt, ob die allerhöchsten und hohen Verordnungen dem
Zwecke entsprechen, oder überhaupt zeitgemass seien, soll hierin
wohl ganz unberührt bleiben, — immerhin aber wäre es in der
Ordnung wenn dieselben, gleichviel, getroffen oder gefehlt, re-
spektirt und vollzogen, nicht aber wie es dermalen so hanflg
geschieht von den unteren Behörden ganz beliebig abgeändert
oder ganzlich umgangen warden.
Wenn eine konigl. Ministerial- Verordnung erscheint, die
der Herr Referent bei der konigl. Kreisregierung (auch Men-
schenarzt) oder selbst .ein konigl. Distriktspolizeibeamter für
nicht sachdienlich hält, so wird dieselbe ganz einfach abgeän-
dert oder umgangen, bisweilen sind solche auch Schon so ge-
geben, dass man willkürlich handeln kann.
Bayer. CiTil-Veteriziairarzte. 179
So besteht schon seit 30 Jahren eine allerhöchste Verord*
nung aber Frahlingsschafvisitation, die sich anch bisher fnr die
Schafzachter nnd Besitaer sehr erspriesslich erwiesen hat; weil
aber der Herr Referent an der konigL Ober-Kreisregiernng die-
selbe Yor einigen Jahren für fiberflässig hielt» so wurde dieselbe
ohne zQTor die konigL Ministerial-Entschliessung an erholen,
gana einfach aafgehoben. Die Visitationen finden also diesseita
des Rheins in 6 Regierangsbezirken statt and in einem nicht,
— die jedoch später wieder eingefohrt warde.
So erschien vor einigen Jahren eine allerhöchste Verordnang
aber Herbstschafvisitation*) für diesseits des Rheins, welch« in
einem Regierungsbezirke vollzogen warde, and im andere nicht;
ja sogar kam es Yor, dass dieselbe in ein and demselben Re*
gierangsbezirke bei gleich obwaltenden Verhaltnissen in einem
Polizeidistrikte angeordnet wurde und im andern nieht (Nie*
derbajern) ; ebenso verhalt es sich mit den übrigen Verordnan-
gen, z« B, Handevisitation ist in mehreren Regierangsbezirken
2 mal, wahrend in anderen dieselbe nar einmal statt findet
u. 8* w.
Man sollte glauben, es müaste sich den Herrn Referenten
unbedingt die Ansicht aufdrangen, dass Schafe im Süden wie
im Norden räudig, — - dass Hunde im Osten wie im Westen
bissig, alt und ekelhaft werden konnten, und deshalb denn
anch derlei Verordnangen und Anordnungen einmal zum allge*
meinen Wohle als nothwendig erachtet, auch gleichzeitlich im
ganzen Lande in Vollzug gesetzt werden müssten«
Man frage sich nun, ob in irgend einem Staate Europaa,
der als ein wohlorganisirter und administrirter gilt, derartige
Miss- und Zustande herrschen« Russland wird nach unserer
deutschen Anschauungsweise wohl kaum zu einem der bestor-
ganisirten Staaten gezahlt und dennoch kann er faglieh für
*) Dieselbe findet jetzt in zwei Eegiemngsbezirken diesseits des
Rheins Statt und in fünf Regierungsbezirken nicht.
18*
180 Wagner,
Bayern beauglieh des CiTilTeterinarwesens als ein Masterstaat
gelten. —
Die oberste Leitung des VeterinSrwesens im genannten
Staate ist einem Fachmanne übertragen. — Die rassischen
Thierarate haben sohin an der allerhöchsten Stelle einen Ver-
treter, ihre Qualifikationen aber Befähigung und Fleiss werden
TOn Fachmannern gemacht o« s. w. und wird einükas erlassen,
so wird dieser Befehl sicherlich vollzogen, and höchstwahrschein-
lich Hesse sich die dortige hohe Staatsregierang auch ein solch
willkürliches Abändern oder ganzliches umgehen derselben nicht
gefallen.
In den früheren Eammery erhandlangen äusserten sich einige
Herren Mitglieder der hohen Standekammer bezüglich des Vete-
rinarwesens und der fachlich and technischen Bildung der baj-
erisohen Givilthierarzte dahin, dass es für den Staat, beziehungs-
weise für die Landwirthe besser und vortbeilhafter erscheinen
dürfte, wenn das Veterinär-Institut aufgehoben, und junge Leute
mit entsprechender Vorbildung an eine auswärtige und renomirte
Schale geschickt würden, wodurch dann das Land tüchtige
Thierarzte erhalten konnte. Redner glaubt es sei geeignet.
Fachbeflissenen Stipendien aus der genehmigten Dotations-Summe,
die bisher die Schule beziehe, zu geben, — eine Ansicht, der
man um so mehr beipflichten muss, als ein Herr Veterinar-Pro^
fessor in den Landrathssitzungen selbst behauptete, -» Bayern
habe kaum 15 oder ein Drittheil brauchbarer Veterinäre (die
brauchbaren sind wahrscheinlich unter seiner Leitung herange-
bildet worden.)
Ist es denn wirklich so, so liegt die Schuld dieser man-
gelhaften Fachbildung nicht ganz an den Veterinären, sondern
vielmehr an der Schule resp» Professoren und den staatlichen
Einrichtungen selbst, denn sammtliche Veterinäre hatten die zur
Aufnahme in das Institut und zum Studium dieses Faches vor-
geschriebene Vorbildung vorerst bekunden, and dann nach 3
Bayer« Civil-Veterinairärzte. 181
jahrigem Lehrkarso das Absolatoriam oder Finalezamen beste-
hen müssen.
Wenn gleich x agestanden werden muss, dass sich mancher
Veterinär nicht hinlänglich fortgebildet haben wird, so dorlte
dieses mehr in den mangelnden Existenzmitteln als in der Be*
qaemlichkeit desselben zn snchen sein, indem sehr viele Vete-
rinäre Bayerns um sich mit ihren Familien zu ernähren, Ne-
bengeschäfte treiben müssen, and sich aach die nothige and
kostspielige Literatur deshalb nicht verschaffen können oder
mehr wollen, znmal wenn das Nebengeschaft rentabler ist als
sein Fach, was sehr leicht sein kann.
Es wäre denn endlich einmal an der Zeit, dass den Eltern
und Vormündern etc. die Aagen aufgingen, und sie ihre Sohne
nicht mehr za einem solch beschwerlichen, lebensgefahrlichen
und undankbaren Fache bestimmen würden, die bezüglich ihrer
dermalen eingeräumten Stellung zwischen Thor und Angel, bei
Ausübung ihres Geschäftes aber immer mit einem Fnsse im
Grabe*) stehen, und mit ihren Familien nur eine trostlose Zu»
kunft zn erwarten haben.
Der gesuchte und praktische Thierarzt gehört kaum zur
Hälfte seiner Familie an, — der seine' Gesundheit und Kräfte
und selbst sein Leben oftmols auf dem Spiele hat, — der früh
und spät bei allen Jahreszeiten und schlechtester Witterung
gegen eine höchst unverhältnissmässige Bezahlung in Ansprach
genommen wird, — den der Staat und Staatsbürger ausnützen
und dann unbekümmert um ihn, wie ein altes, unbrauchbarem
Meubel boiseits schieben.
Möchten die hohen Staatsbehörden nur einen Blick auf die
vaterländischen Civilthierärzte leiten, so würden sie finden, dass
Männer von untadelhaftem und moralischem Kufe, wenn sie
nicht durch vortheilhafte Heirathen oder sonst mit Glücksgntern
•) In Bayern sind seit einigen Jahren an Pyaemie mehrere TWer-
ärzte gestorben.
18f Wftgiier,
g006fnet riad, od«r mek dordi HebengeMhifta einiges Vevmo-
geo erworben heben, wenn tie euch ihren eehweren nnd mihe-
▼oIUd Beraf nnTerdroeeen, und enf VetbciMCiimg ihrer miee-
lichen VeriiüftniMe hoffend, aneoben, dodi ba mogfidistar
Sparsamkeit naeh Jahren nidit meiir davon bringen als einen
gebrechliehen Korper nnd gnnatigen Falls noeh soviel Geld,
dass ihre Angehörigen, Wittwen nnd Kinder, ihnen nur davon
die letste Holle — den Sarg — besahlen können; dass dieses
traurige Wahrheiten sind, bestätigt die thierinrtliche Wochen-
schrift von Adam doreh die Sammlongen, die beinahe mit je-
dem Todesfalle eines Civilthierarates vorkommen.
Es ist jedem jongen Manne emstlieh ansorathen, wenn er
sieh wirklich entschliessen sollte dieses Fach an stndiren nnd
nidit Willens ist in den Militärdienst^ einsntreten, vorerst bei
den Civilthierarsten besoglieh der Stellong, Rechte nnd Zo-
konft o. s* w. nähere Brkondig^ngen einsosiehen, — die Yer«
hiltnisse aber nicht bei einseinen Thierarsten, sondern dann
der Mehrzahl betrachten, nnd er wird finden, dass es densel-
ben nnd deren Familien hinsichtlicfa ihrer materiellen Lage
nicht viel besser ergebt, als dem dentschen Auswanderer nach
Brasilien, — dass anter 'den vielen mit ihren Angehörigen nor
sehr wenige der Zokanft einigermassen getrost entgegen sehen
können, nnd mancher wird sich dann klogerweise von diesem
anheilvollen Fache, wenn er anders noch eine Chance for sich
hat, ferne halten.
Femer mass man es von Seite der Thierarste geradeso
gewiBsenlos nennen, wenn sich Eltern ond Sohne om die be-
stehenden Verhaltnisse ond Zostande bei diesem Fache er-
*) Hat ein janger Mann Lnst in den Militärdienst einzntreten, so
fahrt er jedenfalls besser, wenn er Eriegswissenschaft stndirt nnd das
OMciers - Examen macht, denn als solcher hat er eine Carriere vor
sich, während bei diesem Fache mit dem Regiments -Veterinäre sein
Avancement schliesst und dem Officier hintenan steht.
Bayer. Cml-Yeterinairärzte. 183
kondigen, and ihnen nioht die Tolle Wahrheit gesagt wird, viel-
mehr dieselben noch xnr Betretnng dieser strapaziösen nnd on-
dankbaren Laufbahn, die nnr bittere Nahrnngssorgen und Le-
bensgefahr etc. kennt, veranlasst and aofmantert; besser ist
es den lasttragenden jangen Männern die trostlosen and traa-
rigen Yeriiaitnisse der TiüerSrate, namentlich der Familien,
Wittwen and Waisen vor die Aagen zn fahren, die beinahe
mit jedem Todesfalle eines Givilthierarates eintreten , (siehe
tfaieraratliche Wochenschrift) als mit eitlen Hoffnangen aa er-
fSUen«
Die nackten Wahrheiten in den öffentlichen Blättern oder
dem Einzelnen, der hiefSr Interesse hat, za schildern, wird wohl
kanm als ein oppositionelles Verhalten gegen die hohe Staats-
'egierang oder deren getroffenen Einrichtangen betrachtet wer-
den können.
Es wird zwar mancher Veterinär, den das Schicksal be«
gnnstigte, glanben, es sei hierin der Teafel an die Wand ge-
malt; dem aber ist nicht so« z, B. wenn sich ein Mann 30
Jahre plagte and sich innerhalb dieser Zeit nicht einen Jahres-
zins von seinem angelegten oder verbraochten Kapitale ohne
sein Verschulden za erubrigea vermochte, — der nachdem er
alt and gebrechlich keine Pension oder sonstige Unterstatzang
bezieht, — dem seine Bezage bis anfs äasserste zugeschnitten,
gestrichen oder vertheilt werden, — von welchem aber die Er-
werbung der Existenzmittel far sich und Familie lediglieh allein
abhängt u. s« w., der kann es nie mit so grellen Farben malen,
oder schildern, wenn er nicht ein Stück Jesuit ist, wie es denn
in der Wirklichkeit aassieht.
Mögen die bayerischen Civilthierärzte nicht einen Hund
für ein hohes Ross ansehen, und ihre Verhältnisse und derma-
len obwaltenden Zustände in diesem Fache ohne alle Scheu,
wie es andere Branchen, Juristen, Theologen, Mediziner, Pro-
fessoren, Schullehrer u. s. w. gethan haben, ebenso schildern
wie sie sind, — die kläglichen Stimmen werden dann nicht mehr
184 Wagner,
gftDi TerhaUen ood die CiTilthierarate darauf hin Ton Seite
der hohen Staats* Regierung gewiM wie andere Diener im Staate
eine Bernekaichtignng finden, samal wenn sich dieses Fach
in Stadiren nicht genagend mehr junge Leute finden wer-
den, und man mit dieser Wissenschaft, die mit der Landwirth-
Schaft und Betriebe der Viehzucht im innigsten Zusammenhange
steht, nicht mehr in das vorige Jidurhundert oder gar in das
Mittelalter suruckkommen wiU.
F«mer wurden sich die bayerischen Cirilthierarste eine
hohe Staats-Regierung als eine moralische Person denken, die
£ur Aufgabe den Staatshanshalt so billig und so gut als mög-
lich SU fuhren hat, so wurden dieselben auch langst einsehen
gelernt haben, dass dieselbe (hohe Staatsregierung) für die
Thierarste mit vollem Rechte nichts thut und thun kann, — dass
solange sich entsprechende Leute um geringe Besahlungen finden
Leute mit einem Jahresgehalte ansustellen sich dieselbe voran
lasst sieht. Welcher Fabrik- oder Gutsbesitser oder Geschäfts
mann überhaupt gibt einem Arbeiter per Tag 2 FL Lohn
wenn er einen entsprechenden um 1 Fl« haben kann, oder ihm
hierfür arbeiten muss? Nicht die hohe Staatsregierung, sondern
die Thierarste selbst haben eine unrichtige Auffassungsweise, und
es werden sofort, wenn die Thierarate sich würdig a eigen und
besoders wenn Mangel an solchen eintritt, Mittel geschafien
werden.
Man hat in Bayern jeden Bediensteten, vom hochstgestell-
ten Staatsbeamten bis auf den niedrigsten Gemeindediener herab
mit einer den Zeitverhaltnissen angemessenen Aufbesserung be-
dacht, nur die Civilthierarste nicht — vielmehr hat man den-
selben die fixen Bezüge auf das ausserste herabgesetzt, und
wann für grossere Distrikte 2 oder 3 Thierarste aufgestellt
wurden, diese noeh getheilt.
Wenn sich jetzt ein junger Mann mit dieser oben ange-
fahrten Vorbildung mehif auf dieses Feld, Thierheilkunde zu
Stadiren, wirft, so gehört er wahrscheinlich unter die Thorcn,
Bayer. Civil-Veterinairärzte« 185
am 80 mehr als er an yerschiedenen technischen oder höheren
Fachern seine Vorbedingungen erfallt hat, die ihm ein grosse-
res, angenehmeres Feld and sicheres Aaskommen bieten, als
I
dieses genannte.
Einsender dieses Artikels tragt die traarigen Wahrheiten
über Stellang, Existenzmittel, Rechte a, s. w, der Givilthier-
ärste nicht in der Absicht vor, am allenfalls einen Federkrieg
sa'provociren, — nicht die Schattenseiten des Faches hervor sa
heben und die .Thierarste in ein schiefes Lieht za stellen, son«
dem dieselben vielmehr anm Nats and Goten ihrer Familien
aof die Bahn za leiten, die andere Branchen betreten haben,
nnd besser gefahren sind, als mit dem ewigen Stillschweigen
und mit dem sich anf andiBre Leate verlassen wollen*
Sollten die bayerischen Civilthierarzte, die bisher das noch
im Baa begriffene Schiff in diesem faalen Sampfwasser heram-
nnd immer nar rückwärts lenkten, wirklich nicht soviel Energie
besitzen, dieses angedeutete Feld za betreten, welches nnr der
einzige Weg ist, der zar Verbesserang ihrer Verhaltnisse fah-
ren kann, oder nicht aas ihrer Lethargie heraas zu bringen sein,
so wäre es für die übrigen Veterinäre jedenfalls besser, den
Gänsekiel ganzlich beiseits zu legen, um denselben nicht noch
mehr; Pflichten ohne Rechte mit ihrer verkehrten Tendenz, wie
es buher geschehen ist, zu erwerben, — zugleich aber auch
die hohen Ideen von sich nad ihrem Fache fahren lassen and
sich zu gestehen, dass sie dermalen nur sind was man sie gel-
ten lasst!
186 Sebmidt,
IV.
Bm PaD ?•■ ■euigitis corrikn -qpiialis bei Sdurfin.
Von
dem Thierant entor Klasse Sehmidt in Altenkirehen
anf Bögen.
Aas der thierantiidiea Literatar der jüngste» Zeit ist e»
bekannt, wie Departements-Thierarst Rieht er in Ostprenssen
1865 des Genickkrampl beim Pferde constatirte, und andere
TliierarsteStohr, Mejer, Anaoker etc. denselben spater bei
Schafen» beim Rinde nnd beim Bande sahen.
Im vergangenen Jahre 1868 sind anoh auf Ragen, in Nea-
Vorpommern — im Kreise Grimmen and Greifswald — , Falle
von Genikkrampf nnter den Schafen vorgekommen, and in die-
sem eben verlebten Winter trat genanntes Loden plotsUeh in
einer Schafheerde Wittow's in seiner gansen H^tigkeit auf;
aber den letsten Fall will ich in dem Nachfolgenden einige An-
deatangen geben.
Am 1. Mars ej. a. war ich wegen Behandlang eines Fül-
lens, welches eine grosse Wände an der vorderen Fliehe des
Sprang- oder Fersengelenks hatte, auf dem Nebengate Feralat*
kevitz, nnd bei dieser Gelegenheit ersahlte der Schäfer Str. so
nebenbei von dem plötzlichen Erkranken sweier Zeitschafe in
seiner Heerde. Das erste Schaf wäre etwa vor acht Tagen krank
geworden nnd hätte in der äasseren Erscheinung einem Dreh-
kranken ähnlich gesehen, es sei aber schon nach einer zweitä»
gigen Erankheitsdaaer gestorben* leider müsse er bedauern,
das Gehirn auf Nachweisung des Drehwurms nicht untersucht
zu haben ^ in diesem Augenblick läge ein zweites, ganz ebenso
erkranktes Zeitschaf im Stalle.
Das Stallgebäude für die Zeitschafe barg denn auch das
in Rede stehende Thier in einer durch eine Hürde von dem
übrigen Staliranm isolirten Ecke! es lag mit auf den Rucken
Meningitia cerebro-spinatis bei Schafen. 187
gezogenem Kopfe nnd gestreckten Bmnen lang auf einer Seite,
and war unTermogend an stehen. Man hörte ein fast stetiges
Zähneknirschen j man gewahrte grosse Schreckhaftigkeit bei der
Bernhrang, nnd nach wenig Augenblicken der Beobaehtang
wurde Patient, laut stöhnend, unrohig, und unter sehr frequen*
ter Respiration and Hersbewegnng stellte sich eine krampfhafte
Gontraetion der Hals- ond Nackenmaskeln ein, wobei der Kopf
noch mehr nach hinten gesogen wurde; das Thier machte mit
den ExtremitSten dabei Bewegungen, als ob es liegend im
schnellsten Tempo daron laufen wollte. Stadium spasmodicam.
Nach einem solchen Anfalle beruhigte sich das qu. Schaf
aUfflahlig bis sa dem Zeitpunkte, wo der Krampf abermals er-
neuert eintreten wollte, und dann wiederholten sidi die eben
angefahrten Symptome.
Was war erwünschter, als die krankhaften Veränderungen
in dem Korper besagten Schafes au kennen, aus denen die
snsserliche Symptomen- Gruppe hervorging und durch welche sie
begründet wurde? Denn das Gänse des vorhin erwähnten Krank-
heitsbildes leitete den Kenner nicht auf die Drehkrankheit hin,
sondern auf ein anderes Gehimleiden , und besonders stark
mnsste das Cerebellum und die Medulla erkrankt sein, weil in
diesen Theilen die regulirende Fähigkeit aber die Bewegungen
des Körpers total verschwunden war.
Das fragliche Schaf wurde daher in meiner Gegenwart ge-
todtet und einer genauen Untersuchung unterworfen; von allen
Korpertheiien erschien aber nur das Gehirn mit seinen Hauten
erkrankt, namentlich hochgradig die Arachnoidea um das kleine
Gehirn und das verlängerte Mark. Die Section ergab speoell:
Starke Füllung der venösen Blutleiter und der Gefasse der in-
neren Schadeltafel; hochgradige Hyperaemie der Arachnoidea
and der Pia, verbunden mit capillaren Extravasaten namentlich
am kleinen Gehirn nnd verlängerten Marke, an der Basis des
letateren besonders stark in linsengrosson Blutungen hervortre-
tend. Die Gehirnsabstanz schwach röthiich tingirt, in den Ge-
hinkaouBCni oad ia ffnfrairrhffiwiimlrtTi der Mediüla rolUi-
che« SenuB. Wurde die SniMteas des Gehirns gelreuit, so sak
■uu leUisfte Einspritsong der Blutgedee» wo soast rar die
weisse GeUmsMsse sichtbar ist.
Ich will hier sn^i^ liinsofi^ea» dsss diese angeführteB
Ergebnisse sa der Thierleiche ^iter doi^ viele Uetersachiiii-
gen Terendeter 8cfas& bestätigt worden, und ProL Dr. med.
Foistenberg in Bldene, dem ich swei Kopfe snr üntersnchnng
obersaadt hatte and der genanntes Leiden ebenfells ffir die Me-
ningitis eerebro-^inalis erklärte , schrieb mir nntor dem
23. Man cj. a.:
»Bei dem einen Schaf waren das Roekenmaik und die Ge-
himganglien staiker afEtdrt, als das grosse nnd kleine Gddm;
bei dem andern war das kleine Gehirn der Hanptsits derBnt-
xfindong gewesen» dasselbe erschien erweicht und not Geüssen
§o dorchsogen, wie ich es noch nidit gesehen habe ; sogenannte
Bntsondnngskngeln waren in der Sobstans nicht, wohl aber
embryonale Biadegewebskorperchen und swar in sehr bedenten«>
der ZahL
Die Arachnoidea ist hanptsiefalich der Sita der Entsnndnn^
nnd fanden sich an derselben eine grosse Zahl kleiner Extra-
Tasate; so waren z. B. bei dem einen Schaf die Yierhogel, das
verlängerte Mark so stark hiermit versehen, dass sie wie mit
Blnt bespritst erschienen; in den Himhohlen blntiges Sztrava-
sat. Die Venen in dem Rackenmarkskanal waren so strottend
voll Blat, wie sie seltwi gefunden werden.*
Diese Gehirn- and Gehimhaat-Entsandnng hatte somit den
Krampf in den Nacken- und Halsmuskeln — den Genickkrampf
— verartacht.
Unter obigen Erscheinangen im Leben konnte die Krank-
heit bei 42 noch folgenden Patienten beobachtet werden; die
wiederhoientlichen Krampfanfalle erschöpften die Thiere so sehr,
dass sie gegen das Lebensende gelähmt, mit geschlossenen
Aagen nnd sehr langsamer kanm bemerkbarer Respiration da>
Meningitis cerebro-spinalis bei Schafen. 189
lagen; ja, bei einigen hatte sich eine so grosse Rohe über den
K6rper aQtgebreitet, dass erst genau untersacht werden mnsste,
ob noch Leben vorhanden oder der Tod bereits schon einge-
treten sei. Stadium paraljticnm«
Die Frodromal-Erscheinangen fehlten bei yielen Patienten
gani, bei diesen war ein Erampfanfall der sichtbare Anfang
der Meningitis; bei den übrigen konnte eine aniBfallige Trägheit
in der Körperbewegung, gestörte Munterkeit und geringere
Fresslust vorher bemerkt werden. Wenn einaelne Individuen
bei voller Raufe trübselig und appetitlos hinter den rauschend
Fressenden standen, so wurde dadurch jedesmal mit Sicherheit
angedeutet dass die occulte Meningitis bald sichtbarer hervor-
trete.
In dem Stadium paraljticum starben, indem der Krampf
immer seltener wurde und gans aufhorte, die Mehrzahl der er-
krankten Schafe; der übrige Theil ging in einem Krampfanfall,
letaterer in ganz kurser Zwischenzeit immer wieder auftretend,
zu Grunde. Ich habe ein Schaf beobachtet, welches genau alle
2 Minuten den Krampf zu überstehen hatte, dasselbe erlag denn
auch innerhalb 24 Stunden. Ueberhaupt war die Krankheit nur
von kurzer Dauer, von einem Tage bis zu fünf Tagen, und die
Sterblichkeit gross; denn von 43 Zeitsohafen, welche in dem
Zeitraum vom 1. bis 28. März a. c. erkrankten, starben 42;
nur ein einziges, welches im geringeren Grade den Krampf
zeigte und nicht zum Umfallen kam, sondern eine natürliche
Lage mit unter den Körper geschobenen Füssen — das einzige,
günstige Frognosticon — inne hielt, ist fast von selbst genesen.
In den ersten Tagen der Krankheit trat dieselbe nur bei
einzelnen Individuen auf, in der Folgezeit wurde sie aber tag-
lich hochgradiger, und zwar dauerte die Kranklieitssteigerung
durch die ersten 14 Tage. Es wurden an manchem Tage 4 und
5 Schafe zugleich krank, und oftmals lagen 8 — 9 in dem pa-
ralytischen, rettungslosen Zustande. Allein in demselben Stei-
gemngsgrade nahm in den zweiten 14 Tagen das Leiden auch
190 Sohmidt,
wieder ab, and am 38. Man, nach einer Daaer von ea. 4
Wochen, erreiehte die Krankheit ihrBnde; sie versehwand eben
80 plotaliöh, wie sie gekommen war.
Die Behandlnng der einaelnen Patienten war, wie sehon
ans dem obigen grossen Sterblichkeits- Verhältnisse herrorgeht,
leider ohne sonderliehen Erfolg; es wnrden anf die mogliehste
Art verschiedene Karmethoden, die antiphlogistisehe, die deri*
▼atorische, in Anwendong gebracht, das Besoltat aller erschien
aber gleich NolL Die streng antiphlogistische Methode —
Aderlass, kalte Umschlage auf den Kopf, abfahrende Salae --
hatte noch die meiste Einwirkung anf den pathologischen Pro-
cess; die Erkrankten wnrden anf diese Weise am längsten hin«
gehalten, wirklich darch sie gebeilt ist aber kein einziges Stack.
Bigenthamlich war es, dass Patimiten, bei denen Laziren in
Folge von Medicamenten oder gleich von Anfang der Krank >
heit an bestand, ebenso schnell, oftmals viel schneller starben»
als die mehr obstrairten. Dies nnganstige Ergebniss der Be-
handlang stimmt mit dem erfolglosen Resultat, weldies auch in
den Kreisen — Grimmen, Greifiswald — eraielt wnrde, ober-
ein; am den Verlast etwas sa mindern, masste ein baldiges
Sehlachten der intensiv erkrankten Tbiere vorgenommen werden.
Eine entschiedene Beachtang bei der Behandlang verdient,
wie anfangs bei der Symptomatologie hervorgehoben, der hohe
Grad von Hjperaesthesie der Patienten. Das Sensorinm war
in seiner höheren Fanction nicht merklich gestört, daher fehlte
aach besonders markirter Stumpfsinn — aasgenommen im le-
thalen Stadium «— ; die theilweis paraljsirten Thiere offiieten
bei dem geringsten Geräusch die Angen, sie horten and sahen
Alle«; wurden sie durch ein Geräusch plotslich überrascht, so
hatte dies einbn sofortigen Krampfanfall zur Folge. Daher muss
mit den Patienten ein so ruhiges Verhalten beobachtet werden,
wie nur immer angehen will; es ist die Kur damit einzuleiten,
dass dieselben in einen recht ruhigen Stall gebracht werden;
und so wenig Erfolge bisher aach der antiphlogistische Apparat
MeningitiB cer6liro*«pinftlis bei Sohafen. 191
gehabt hat, er ist doch jedesmal immer irieder in eztenfo mit
aller Sorg< in Anwendung an bringen und eine genaue Dnrch-
lohrnng desselben kann nur Resultat bedingen. Nor überans
beftig erkrankte Schafe sind sogleich am Beginn der Krankheit
an schlachten«
Die ürsaeben dieser Meningitis waren unbekannt, und auf
dem Wege des Versuchs sollten sie ermittelt werden. Ein Um-
stand, die GtegenwarC dieser gleichsam eniootischen Erkrankung
einzig und allein unter dem Zeityieh, war Ton vornherein be»
acfatenswerth, denn die auf demselben Gute befindliche Lam-
merheerde war und blieb gana Terschont«
Seit einer Reihe von Jahren werden auf diesem Nebengate
F* Lammer und Zeitvieh — letateres diesmal aus 18 alten, 40
sechsjährigen und 142 zweijährigen Sohafen zusammengesetzt —
gehalten; jede Heerde hat einen eigenen Stall und beide Stalle
sind mindestens 100 Fuss von einander entfernt, niemals weiss
aber der alte Sdiafer von einer ahnliehen Elrankheit. Der Er-
nährungszustand der Lammer wie des Zeitviehs war gut; eine
Durchmusterung der Futterstoffe ergab diese als tadellos. Es
blieb nichts- Anderes - übrig, als die veranlassende Ursache im
Stalle selbst, bei Betrachtung der Constmction desselben zu
suchen — diese war in beiden Scha&tfiilen verschieden — ,
oder Wittemngseinflnsse ansukiagen.
Der Stallraom der Lammer war nämlich mit einer fest ver-
strichenen, oberen Lehmdecke versehen, und hatte eine grosse
Flugelthur nach dem Westen; im Stalle des Zeitvielis fehlte
diese Lehmdecke, hier sah man oben auf den Balken Sefalate,
anf letzteren wiederum verschiedenartiges Fntterstroh, welches
zum Zweck de» Verfntterns durdi eine grosse Oeffnnng nach
unten in den Stallraam geworfen wurde ; zwei Drittel des Dach-
raumes war auf diese Art schon leer gemacht; die einzige Stallthur
befiiod sich in einer Wand nadi dem Osten. -
Ans dieser Vergletehnog erhellt, dass der Stall der Lam-
mer schon an und ffir sich warnier und zugfreier sein mnsste,
199 Schmidt,
ZagUft
•tea Tagm dm AmHniBm»
m di» SteOtaspcnter
dndi des kaiftoi Fairilodn abor ciae
tmmg gfichiffw lialte.
Die «p€rii— leU» Alwlriiwig dioMr etwa^Hi
«miA« lag toBUt aaf der Haad aad var geboCea; alias 2Seit>
^nth blieb ferUa, aadi wabread des Abs- aad Biafittafas, n-
big im Steile; die oelfiebe SteUtbir waide di^ft gfHit aad
fest sageaagelft» dafir aber eiae aeae la eiaor Waad aaeb dem
Siidea beigestellt; die Oeüaeag ia der Dedie dareb Stieb fest
giiastige Siavirfcaag dieser getrofeaea Aacrdeaagea
war ia den aicbst folgeadea 8 Tagea, obwobl «a beftiger Ost-
wiad pemaaeat forlbeataad, aicbt sn Teikeaaea; die ta^idie
Aasabi der aea eriaaaktea Tbiere begaaa giadatiai absaadmea ;
es kaaMn snerst taglieb weaiger Kraake tot, daaa yergiagea
Tage» aa weldiea eia aener Patieat gaas Tenuast werde, aad
sddiesslidi batte die Meaiagiti« aüt deai Patieatea amSS.Mars
c, aaeb 14tagpger Daacr der Teriadertea StaUeiariebtaag, ür
iauaer ibr Eade erreidit.
Henrorsabebea ist, dass die Srfcraaknagea aad SteibefSüe
oater allea obigea drei Alteisstafea Toxkaanea; eiae Aasaabaie
maebte aar die bieaige graae, grobwoDige Laadraee, sie blieb
eigealbomlicber Weiae gaas Terseboat; aiaa ist daber wobl sa
der Aanabme bereebtigt, dass diese aordisebe Hsimaüisraee —
bei ibrer aicbt kleiaea Zabl roa ladiTidaea masstea sie TOa
Meningitis c<H'febro<si»faiaKB bei Schafen. 103
der Zoglaft ebenffilU betroffen werden — fiberh'anpt
weniger Inclination fnr Erkaltoog begitct , nnd dftber
aaoh geringe DitipolHion far diese Art der Menin-
gitis; eben lo^wenig, wie die LShme der Lämmer dieser Raee,
ebenfalls eine firkaUaogskrankbeit, eine hocbst seltene Erschei-
nung ist. Ein graaes, grobwolliges Lamm von reinem Blnte
habe idi' »oeb nicht an der L&hme leidend gesehen, wohl aber
ein solches, welches aas einer Krensang mit Merinos oder Ne*
grettis hervorgegangen, welches ein Mischling weit auseinander
gehender Racen war. Ob nan die spanische Race mehr za Er*
kaltang disponirt, bleibt dahin gestellt; dagegen steht fest, dass
sie nnd ihre Kreasong mit der franzosischen Race eine viel ge-
ringere Disposition far das Contagium der Pocken besittt, als
hiesige graue Schafe, eine empirische Thatsache, die in nnsern
nordischen Poeken -Districten jahrlieh wiederiiolentlich bestätigt
wird, and die an Terschiedenen Stollen unserer Literatur ihre
Verzeichnung schon gefunden hat; denn' es ist gaoz gleich, ob
man ein graues Schaf impft, oder ob es naturiich inficirt wird,
die Variola entwickelt sich fast immer faoohgradigerj wenn auch
nieht immer in- der iosseren Erscheinung, im Umiknge, so doch
im febrilen Inf ections Stadium 4ind in der allgemeinen Folge-Ein*
Wirkung auf. den Körper« -
Wird nmch dieser Zwischenhemerkung noch einmal auf den
Verlauf und das Sistiren der Meningitis surfickgegangen, so
massr- als ihre bedingende Ursache Zugluft und deren Folge Er-
kSitting aagenommen werden, weil bei Aufhebung dieser auch
die Krankheit aufhorte und eine andere Ursachis auch spater
nieht ermittelt ist. Ob nun jedesmal eine gesteigerte Dispösi*
tion für Erkältung mit der Einwirkung von Zugluft in Verbin-
dung sein nmss, ist noch erst zu ermitteln; es «teht aber we-
nigstens so viel fest, dass nur Zugluft von bedeutender Inten-
sität obige Meningitis zur Folge haben kann, sonst mfisste die-
selbe hier in mehreren StSlleO, welche ihrö ThSr ebenfalls nach
Uftg. f. TlkierlleUk. XXXVI. 9. 13
IM AsCM
V.
IcffddipMiMkr bei
Von
Thiennt ABgenlioiflicr n CWrai
DaM Mdi idMwbar gOTnge pathologiMbtt MoofaOdngn
bg4— taado Storttsgea in den phyriologiaeh— Ycniditeagai dts
ThMrkoipen berboilobreB konsan, dalnr BMf» ■adbalelkaBdo
MittbeiloBg eioea Beitrag liefern. Am 29. Angnel t. JL warde
ieb TOB einem Oeeonomen ertnefat, ein Pferd in Behnndinng nn
nehmen* Dneeelbe hatte nngefahr vier Wochen Torher aidi bei
der Arbeit trager geaeigt, etwaa aehneller geathmet nnd war
dem Anaeheine naeh mader ala sonat geworden. Der Appetit
war dabei immer gnt geweaen«
Ein an Rathe gesogener Thierarat behanddte daa Pferd
ongefihr 14 Tage. Da nnn der Zastaad aieh nicht weaentlidi
sa. indem fehlen, nnd die gonatig gestellte Prognoma nicht in
ErfoUang ging, §o wurde meine Hälfe in Anspruch genommen*
, Ich fand daa siemlieh schwere Ackerpferd (State), das, bei*
laafig bemerkt» circa 16 Jahr alt war nnd in einem gntenEmih-
rnngsauitande sich befand, mit den nbrigen awei Pferden des
Herzklappenfehler beim Pferde. 196
Besitiers im Stall ftehend Tor. Der Blick war siemlioh munter,
der Appetit auch jetst rege; überhaupt liesaen aidi beim qa,
Pferde keine Verdaaangsstörangen, wie aaeh keine Abweiehangen
in der Urinsecretion wahrnehmen.
Im Stande der Ruhe hatte Patient 15 bis 16 Atbeminge
and 45 Palse in der Minute, das Athmen geschah ohne be-
sondere Anstrengung und bot in qualitativer Hinsicht nichts
Auffallendes dar; der Puls war weich, die Arterie liemlich
▼oll, leicht susammensudrncken, die Blntwelle mehr lang ge*
dehnt, der Hersschlag nicht fahlbar, die Herstone waren an*
deutlicher als bei gesunden Pferden von einander sn unter*
scheiden. Genauere Angaben hierüber kann ich, weil das Pferd,
bei der Untersuchung su unruhig war, nicht machen. Die
Halsrenen vor der Brust schienen etwas starker hervorsutreten,
Pulsation derselben wurde nicht bemerkt. Das yesikulare Ge-
räusch wurde bei der Auskultation normal befunden; Hosten
war bei dem Pferde nicht gehört worden, und war es auch nur
sehr schwer dazu lu erregen; kam es einmal sum Husten, so
war derselbe kraftig.
Die Schleimhaute schienen etwas vermehrt roth sn sein,
die Korpertemperatur gleichmassig Tcrtheilt, Die Bewegungen
des Pferdes geschahen vorsichtig, mehr oder weniger angstlich;
Buweilen Hess es dabei ein hörbares Stöhnen wahrnehmen.
Wurde Patient auch nur eine Minute an der Hand im Trabe
bewegt, so stieg die Zahl der Palse von 45 auf 70 In der
Minute; auch das Athmen wurde dabei beschleunigter, jedoch
nicht in dem Verhaltniss wie die Pulsation. Um die Beschaffen-
heit des Blutes su sehen, wurde ein Aderlass gemacht. Das
Blut floss langsam aus der Ader, gerann siemlich schnell sn
einem gleichmassigen Kuchen, ohne sog. Speckhaut, wobei nur
sehr wenig rotbliches Serum ausgeschieden wurde. Der Blut-
kuchen war so schwarz, dass ich kaum je das nicht gerounene,
schmierige Milsbrandblut so dunkel gesehen habe. Ans den
bei der Untersuchung vorgefundenen Erscheinungen schloss ich,
18*
196 Angenheister,
daiB qo. Pferd mit einem Herzleiden, wahrscheinlich KUppen-
f^ler behaftet sei.
: Mit Rfioktidit darauf, dass dae Leiden schon mehrere
Woohen gedauert hatte, und Klappenfehler des Herzens wohl
immer ansiferhalb des Bereiches der Kansthnife stehen, machte
ich dem Besitaer den Vorschlag, dem Pferde einige Tage Ruhe
sa geben und es ohne besondere Behandlung anzusehen , dann
zu irersnchen, ob das Thier eine leichte Arbeit aushalten könne.
Tier Tage nach meiner Untersuchung kam der Besitzer
mit dem Bemerken zu mir: das Pferd habe Tages vorher die
Arbeit weniger gut aushalten können, sieh bei geringer An-
strengufig' sehr ängstUdi gezeigt, an diesem Morgen aber habe
er das Pferd liegend im Stalle gefunden, unvermögend aufzu-
stehen, dabei sein Futter im Liegen noch munter verzehrend.
Ich rieth, wenn es bis zum andern Morgen nicht aufstehen
könne, es todten zu lassen, was denn auch durch den Bruststich
gebehah«
' Dia Seotiöli ergab Folgendes; Nach Abnahme der Haut
ws(r das nodi in den Gelassen vorhandene Blut sehr dunkel;
sammtliche Baucheingeweide gesund, die Lungen ebenfalls ohne
krankhafte Veränderungen. Das Herz war in seiner normalen
Lage vom Herzbeotel umgeben, sein Gewicht und Volumen un-
geßhr um ein Drittel über die Norm veirniehrt, Indem es wirk-
lich mehr Mnskelsnbstanz enthielt, und waren es besonders die
£utf8ern WSnde wie auch die Scheidewand der Kammern, welche
h7pertr6|>hisch gefunden wurden. ' Das Herz fühlte sich von
Aussen derb an, welches sich theils dadurch erklSrte, dasS mit
der Hypertrophie keine Erweiterung der Kammern, sondern
eine Verengerung derselben bestand $ (diese war deutlicher an
der linken als der rechten sichtbar;) theils weil die Consistenz
des hypertrophischen Muskelgewebes derber als gewohnlich war.
Die linke Herzkammer war leer, die rechte ungefShr ein
Drittel ihres Raumeis mit geronnenem Blnte gefüllt.'
Zwischen der linken Herz > und Vorkammer follte eine der
Herzklappenfehler l>eim Pferde. 197
) • •
Mitralklappen angefahr zur Hälfte die Oeffnang anstand hatte
den freien Darcbgatig des Blates verbindert. Biese iralstfSrDaig
aufgetriebene Klappe hatte aasserlich seichte, qaer laufende Ver-
tiefangen. Zwischen den beiden Platten der innerjo Haat des
Herzens, woraus diese Klappe gebildet ist, hatten fichswfti
klein^ Geschwülste (Fibrome), die eine von der Grosse. einer
Haselnuss, die andere von der einer grossen Erbse gebildet, und
hingen mit der Innern Flache der verdickten Elappenhauite aar
sammen. Diese Geschwülste haben wahrseheinlijBh .die Haute der
Klappe ans einander gedrangt und so zur Bildung einer der wuUt»
formigen Anftreibuäg entsprechenden Hohle mit beigetiCAgea,
deren innerer Kaum ausser den Fibromen flüssiges Blut eat*
hielt. Der grosste Hohendurohmesser dieser Hoble betrag an*
gefahr dreiviertel, der der Länge zwei Zpll; ,die Breite der
Klappe über einen Zoll.
Zwischen der rechten Herz- and Vorkammer war eine der
Tricnspidalklappen , ahnlich wie dici eben besohdebene,. er^
krankt. Die mehr verdikten Haute dieser Klappe hatten an
ihrer Innern, sich zugekehrten Flache mehrere Fortsätze, wo-
durch kleine Hohlen gebildet wurden; dobhalb hatte dieselbe
beim Aufschneiden ein mehr zelliges Ansehen. Der Inhalt
dieser Zellen oder Hohlen bestand aus flüssigem Blute mit za«
sammengeballtem Faserstoffgerinnsel. Diese Klappe war kleiner
als die Mitralklappe. Auch durch diesen Fehler war in der
rechten Herzhälfte <Ue freie Gironlatlon des Blotea g«st5rt|
woraus sich das stärkere Hervortreten der Jugularvenen er-
klären lässt. Die übrigen Klappen waren ge^aad, dpe Vor-
kammern etwas erweitert; ihre Wände hatten ungefähr dieselbe
Stärke, wie sie bei gesunden Herzen angetroffen wird.
Die ersten Anfange dieser Bildungen liegen noch un-Danfkeln,
and hierin findet die Unsicherheit bezüglich der Diagnose ! der*
selben Entschuldigang, Die nächste und häafigste Ursache der
Klappenfehler mag vielleicht in rheamatasoben Processen begrin«
det sein; denn diese haben eine entschiedene Neigung in den
19S Kittaer,
fibroseroMB Gebilde« des EadoeanlioiBS ibree SiU eoftiucbljigeB.
Solebe eAdoeerdie^e ProeeMe teUeo mm öeer oder mebrereD
Kleppea pltatiifbe Gerimitel ab, die eine yerdiehtang des Ge-
webes, beeebriakte Bewegliebkeit and losuflideDB cor Folge
babee; gewStuilieb ist es eioe der Mitralkl^pen, aa welcber
dieser Froeees ablaaft. Die in Folge dessea eatstebeadea Cir-
eolatioasstoniageB, die sanielist ia reaosea Langenbjperimiea
bestehead, sieb aaf das recbte Atriam ersireekea, darcb Staaang
dort Dilatatioa aad Hjpertropbie rerarsaebea, mfea ia der
Regel aacb dort Aaomaliea im KlappearerscblBss boror. Im
weiterea Verlaaf parCisipirea anaidist die Teaosea Gefassrer-
aweigaagea iasofera, als sidi dareb dea Terlaagsamtea Blat-
laaf ia ibnea Aasbaebtaagea aad GewebsTeranderaagea (Inda-
ratioa, Skleroee) entwiekeln, die ibrerseits im leisten Sudiam
Veraalassoag sa Gebiraapoplexiea abgebea. Besnglieb der
Diagaose ist maa ia der Tbierbeilkaade leider aaf die sebr
geriogügigea objeetiTea Ersebeiaangen besebrinkt, wabread die
ür diesea patbisebea Zastaad weseatlidiea sobjeetiTea Ersebei-
aai^ea aasagaaglidi bleibea.
VI.
■i8 licbli Ihmck der pm^fischai AigeMitiDiaig.
Von
Kattaer, Tbierarst erster Classe and Rossarst
im Garde -Hosaren-Regiment.
Es war nur eiae aaffalleade Ersebeianng, dass swei Toa
dea Pferdea Qaagea aad altea Remoateo), derea Augea Toa
der periodiscbea Aageaeatsondnag befallea waren, Tor der Br-
kraakaag, so lange sie nberbaopt scboa bei der Eskadroa wa-
Ursache der periodischen AngeDentsandang. 199
reo, eine aaffillige Sch«a vor verschiedenen Gegenstanden, nsi-
mentlicfa dam Sprtiigblock und Graben, geseigt hatten« Mit
Goto waren sie snm Springen nicht fea bewegen, nnd sobald
.sie mit Sporn und Peitvehe dasa geswangen worden, sprangen
sie mit Anlrendting aller möglichen Kraft so froh ab und no.
gewohnlich hoch sowohl nber den Graben als aach über den
Block, selbst weon dieser an der Erde lag. Es drfingte sich
mir die Vermothnng anf, dass diese Erscheinung in irgend wel-
cher Besiehoog tu der später auftretenden periodischen Aogen«
entAaadaag stehen könne. Schon vorher waren die Angen der
Sehen wegen behufs Aofindong von Hornhautflecken oder Staar-
piinkten von mir einer Uniersachung unterworfen worden,- die
aber au dem gewonsehteu Resultat nicht geführt hatte. Ich
glaubte 4aher die- Ursache der Scheu in Kurssiehtigkeit begrün-
det, koonte es. hiermit jedoch nicht in Einklang bringen, wes-
halb die Pferde au früh ab und ohne Grund sn hoch sprangen.
Letaterer Umsjtand war vielmehr als ein Beweis ansusehen, dass
die Begreasongen des Blockes resp. Grabens; sobald sfch die
Pferde diesen oakerten, vor ibren Augen undeutlich wuifden,
fwscbwaptitien» die Pferde daher die Nfthe und Hohe des
Blocke« sowie Nike und Brmte des Grabens nicht abschätzen
keiMKten, woraus folgt, dass Weitsichtigkeit als Ursache der Scheu
vorhanden setn musste. Dass nun diese Weitsichtigkeit au der
spater an^etreteueo periodischen Aogeoentsnndnng in inniger
Beaiebung gestanden hat,. möchte ich als wahrscheinlich anneh'-
men. Die Grande für diese Annahme sind folgende:
Betrachten wir die Symptome der periodischen Aogenentsun-
dang, so sehen wir, dassdie Erscheinungen der Iritis nicht allein die
hervorragendsten sondern auch die anerst auftretenden sind. Hier-
auf gestntat'hat man das Wesen des genannten Leidens in einer
Entauodnng der Iris su finden 'geglaubt. Ziehen wir nun wei*'
ter die Funktionen der Iris in Erwägung, so wird es einleuch*
tend sein, in wie fern eine Bildnng des Angat>fels, welche Wert-
si<^tigkeit bedingt, Jriitis sn erseugen im Stande ist. Die Ftinc-
300 Kuttner,
tionen der Iris besteben suDiebst io der Regoliraog der Liebt-
•tirke der NeUbAolbilder ; die PoptUe siebt tidi snseamBeB,
wenn iotensiTe LicbteiDdrneke dieNetsbaat erregen« sie erwei-
tert flicb, wenn die Liebtetirke der Bilder eine gering« ist
Aber noeb bei den AneommodationeTennogen des Aoges spiek
die Iris eine wichtige Rolle.
Beknontücb eigiebt sich «os pbjsiknlisoben Tbnttnebeii nnd
Gesetnen die Gewissbeii, dass onsere Augen aiemals gleieb-
seitig awei Objecte, welcbe in Tendiiedenen Entlemongen vom
Aage bintereinnnder liegen, gleicb deetlieb wnbnebmen können,
sondern, wenn dM Tordere deatlicb ersebeint, das Bild des bin-
teren verwascben, ondeotlieb werden aiaaa ond amgekebit. Da
nun aber die tagliche Erfabmng lebrt, daas ein gesnodee Aage
Objecte, welebe in der versebiedensten Entfemoog roni Aoge
liegen, nacb einander Tollstandig scbarf wabmebmen kann, so
folgt bieraas mit Gewissbeif, dass das Ange die Pabigkelt ba-
ben rnnss, wiUkubrlicb bei Betraobtaog reo Gegenstinden. in
jeder beliebigen Entfeinang lar jeden sich ao einsariebten, dass
die ¥oa ibm aosgegangeoen fitrablen gerade auf der Netsbant
aor Vereinigang kommen. Diese F2bigkeit des Aoges, sieb
ior das deotlicbe Seben, dessen •■«riaasliebe Bedingung
die Vereinigiing der Strablen in derNetabant selbst ist, eiwsii''
nebten, oder so «ecommodiren, beseichnet man als Aeeommo*
dationsvermogen des Aoges. Die. sieberen Bewoiso för das
VorbandenseiB dieses Vermögens sind der Pbjsiologie sofolge
folgende :
Halten wir in einer Bntfernang Ton a. B 12 Zoll einen* Fin-
ger TOT das eine Aoge, wahrend das andere geschlossen ist, und
fixiren denselben, so ersebeint er scharf und deotliebr ^ in
gerader Linie hinter dem Finger gelegenes Fenster eines gegen^
aberliegendeo Hansen dagegen nndentlicb and verwaaeben, wenn
wir dem Bilde desselben, wahrend wir anverwandt den Finger
fixireo, die Aofinerksamkeit anwenden« Fixiren wir dann dos
Fenster, so erscheint dieses sobarf; ond der Finger vor dem
Ursache der periodischen Augenentzandung. 201
Auge nnddatlicfa mit verwaschenen Umrissen. Wir konneti also
willktthrlioh entweder den nahen Finger oder das entfernte Fen-
ster, niemals aber beide zugleich scharf sehen. Gerling
(Poggendorffb Annalen 1839) hat saerist die Netshaotbilder
nnter dem Mikroskop antersncht, und die verschiedene Deut-
lichkeit derselben bei verschiedenem Abstand der Objecte rom
Ange bestimmt wahrgenommen Noch andere Physiologen ha-
ben durdi verschiedene Versuche das Vorhandensein der Ac-
eommodation des Auges nachgewiesen. Der Kürze halber wer-
den sie hier übergangen.
Wenden wir uns nun au der Frage, worin die Verände-
rung im Auge besteht, in Folge deren das Auge f5r die Nahe
aee6mm6dirt, und durch welche Mittel diese Veränderung her-
vorgebracht wird, so finden wir diesen Vorgang nach dem ge-
genwärtigen Standpunkte der Wissenschaft wie folgt erklart:
Ans den Resultaten verschiedener Versuche hat man die üeber-
seugnng gewonnen, dass bei der Aecommödation für die Nahe
die Krümmungshalbmesser der LinsenflSchen, insbesondere der
vordere sich vergrossern, ihre Dicke zunimmt; die W5Ibung
dör Cornea und der Lingendnrchmesser des Augapfels bleiben
dabei bnverStkdert. Die Aecommödation besteht also nicht in
einer durch die die Augen bewegenden Muskeln hervorgebrachten
Form Veränderung des Bulbus und der Cornea, sondern in einer
Formverandernng der Linse und zwar in stärkerer Wölbung
der VorderflSche derselben. Die Muskeln welche dies veran-
lassen, sind der Ciliarmuskel und hauptsächlich die Iris. Ver-
kürzen sich die Langsfasern des Ciliarmuskels, so werden, ver-
möge seiner Anheftung, der peripherische Rand der Iris und
der vordere Rand ^des Faltenkranzes'' einander genähert, somit
die Iris nach hinten, die Aderhaut, deren vorderes Ende der
Faltenkranz ist, nach vom gezogen. Es wird dadurch der
Glaskörper gedrückt, welcher seinerseits wiederum einen Druck
auf die Linse nach vorwärts ausübt. Beim Nuhesehen wird
aber zugleich die Pupille enger, die Circularfasern der Iris
koatnliir»« «ck; koflUMs hob aadi die ItuliiifiMeni ui Tä-
tigkeit, «o MOM das OwgßM «M gewiw Suifaag arhakea; die
Line« espfiagt also eack eiaea Draek Toa Tara, der aber all*
MaUig abaiamt Toa der Peripherie gegea die Liaaeaacbaa; dar
duieii wird eiae atarkere Goavexitit dar eaatraleiaa Tbaila der
elaatiidiea Liaae bediagt»
Hiemadi iat das ZastaadekoauMa derliitia ia eiaem weit-
cieirtigeB Ange leicht an eri^larea. Weil ia leCateren Goraaa
oad Vorderflaehe der Liaae aa achvaeh gewölbt aiad, aütbia
die Toa aahea Cregeastiadea koBBieadaa Liehtatrahlea aa
■diwaeh gebrodiea werden aad daher aicht aaf der Netahaot
•oadera hiater dieser ansanmeatraffea, deshalb ist das Bedirl^
nits Torbaadea« darch dea AeeoBiau>datioas«eehaaiaaias etae
stärkere Wolbaag der Vorderfliche derLiase hervoraobiiagea»
om aof diese Weise eia deatliehes Sehea aaher Gegeastaade
zu ermögliehen« Demgemass wird bei obü weitsiehtigea Aogea
behafteten Pferdea,. welche (wie die Militarpferde) täglich 23
bis 83 Standen im Stalle, haafig im eagen, niedrigen Stalle ge-
haltea werden, in deren Angen mithin tiglich dieselbe Zeit
hindoreh das Bedorfniss der Aceommodatioa aof nahe Gegen-
stände vorhanden ist, die Iris nnd der Giliarmaskel einer fu|
beständigen nnd deshalb nbermassigea Thatigkeit aosgeaetst
sein, welche wie bei jedem andern anhaltend nnd nng^ohalieh
angestreng^ten Moskel nothwendigerweise snr Bntsindnng der
genannten Theile fuhren mnss. Zugleich werdan in Folge des
fast bestandigen Druckes aaf den Glaskörper und die Linse«
welcher durch die anhaltende Thatigkeit der Iris und des Ci-
liarmuskels ausgeübt wird, auch jene Theile in Mitleidenschaft
gesogen und verändert werden müssen. Mit der Aasbildnng
der Bntsundung der Iris tritt, wie bei gleichem pathologisdiem
Znstande anderer Organe, Störung der Function derselben m,
die Contractioo nnd mit ihr der Druck auf Glaskörper und
Linse boren aul^ und in dem ganxen Zustande des Auges maeht
sieb aljimablige Besserung bemerkbar, das Auge erscheint mit
Ursache der periodischen Aogeuenizündung. 203
AnsDahine einiger scheinbar geringen Veranderongen wieder
▼ollstandig gesund. Nach einiger Zeit jedoch, sobald 4ie Iris
ond der Ciliarmaskel die Fähigkeit sich zn kontrahiren voll-
standig wiedererlangt haben, hebt der Prooess von Neaem an
und wiederholt sich in Zwischenräumen so lange, bis die Fa*
sern der Iris und des Ciliarmnskels gänzlich indurirt, somit
nicht mehr kontraktionsfähig sind, und der Angapfel leider so
verindert ist (jedenfalls in Folge von Obliteration der ernäh-
renden Gefasse im FaUenkranse), dass graner und grüner Staar
und mit diesen Fehlern unheilbare Blindheit zur Ausbildung
gelangt sind. An den Recidiven mag auch das Festkleben der
Iris an der Linse einen nicht unbedeutenden Antheil haben. —
Aus dem Vorstehenden erhellt, dass ohne Zweifel das Zustande-
kommen der periodischen Augenentzündung und somit ihre Sym-
ptome von dem genannten fehlerhaften Bau des Angapfels als
abhangig betrachtet werden können. Nächstdem bliebe noch
übrig, mit jenem Bau die aus klinischen Beobachtungen und
Erfahrungen erkannten Ursacben und sonstigen Eigenthumlich-
keiten der periodischen Angenentziindung in Einklang zu brin-
gen. Als Ursachen sind angeklagt:
1) Erblichkeit, also eine vorherrschende Anlage zur perio-
disehen Angenentznndung, welche von den Eltern auf die Nach-
kommen übertragen wird. Von der ererbten vorhersehenden
Anlage zu einer bestimmten Krankheit überhaupt wissen wir,
dass sie in dem anatomischen Bau des betreffenden Organs begrün-
det ist, welcher von dem normalen derartig verschieden ist, dass er
dadurch die Bedingung, zur vorherrschenden Krankheitsursache
zu werden, in sich scbliesst; oder wo diese fehlt, da nehmen
wir an, dass die Erblichkeit in dem VermSgen der Organe, anf
gewisse ungewöhnliche Einflüsse in einer bestimmten anorma^
len Richtung zu reagiren, begründet ist. Dieses abnorme Re-
actioDsvermogen als eine Besitzeigenthnmlichkeit der Iris, somit
dasselbe als das innere Wesen der Vererbung der periodischen
Augenentzundung annehmen zu wollen, liegt kein Beweggrund
204 Küttner,
▼Oft im Gegdntheil sprechen die nocb naher anzngebenden Ge-
legenbeitsnrsachen mehr fnr dat Beitehen eines fehlerhaften
anatomischen Banes des Angapfels als Grund der Vererbung,
von welchem a priori die Annahme solassig ist, dass seine feh-
lerhafte Beschaffenheit nnr eine solche sein kann, welche Weit-
sichtigkeit bedingt. Es lasst sieh hierauf zwar entgegnen, dass
dann alle mit diesem Fehler behafteten Pferde nicht, wie die
Erfahrung lehrt, noch bis sum vollendeten 6. Lebensjahre von
der periodisches Angenentsundnng wurden ergriffen werden,
sondern diese müsste gleich nach dem ersten Gebrauch der
Augen, also gleich nach der Geburt auftreten. Dieser Entgeg-
nung stelle ich gegenüber, dass ererbte Weitsichtigkeit nicht
fnr eich allein, sondern noch andere Ursachen im Verein mit
jener zur Erzeugung der periodischen Augenentzündnng ooth-
wendig sind. Wahrend der ersten Lebensjahre, wenigstens
während des grossten Theils derselben, tummelt sich das Foh-
len auf der Weide umher, wo der Gesichtskreis erweitert ist,
und demgemass die Weitsichtigkeit nur vorübergehend Beeiuo
trächtigung des deutlichen Sehens hervorbringen kann. Erst
wenn das junge Pferd allmahlig in Arbeitsgebrauch genommen
wird, wenn es dann den grossten Theil des Tages an die Krippe
gekettet im engen, die Freiheit des Blickes beeintraehtigenden,
Stall zubringen muss uud ein Wechsel von Gras- zu Korner»
fntter eintritt, erst dann wird in seinen weitsichtigen Augen
die Entzündung der Iris leicht zu Stande kommen« Selbst-
verstandlich wird dies je nach der früheren oder spateren Ein-
Wirkung der Gelegenh ei ts-ür Sachen bald früher, bald spater
stattfinden, ja es können selbst nach Entfernung dieser Ursa-.
chen, nachdem sie einen Entzündungsanfall erzeugt hatten, die
Augen für die spatere Lebenszeit gesund bleiben. Ob nicht
auch die günstigen Erfolge der Versuche des Gestüts zu Pom-
padour in dem Versetzen der Pferde aus engen, niederen Stal-
len auf eine dem Blicke möglichste Freiheit darbietende Weide
begründet sind ?
Ursache der periodischen AugenentzünduDg. 205
2} Lehrt die Erfahrnng, das die in Rede stehende Krank,
heit am hinfigsten in niedrigen, fenchten, also nasskalten 6e-
genden Torkommt, ferner bei schwerem Futter von Kornern
nnd Hülsenfrüchten, in nassen Jahren und bei lange herrschen-
den rauhen Winden. Diese Ursachen, Erkaltung und vermehrte
Plasticitac des Blutes, begünstigen das Zustandekommen Ton
Entsundnngen überhaupt
3) Lehrt die Geschichte der periodischen Augenentznodnng,
dass die frühere in Ostpreussen heimische Landrace mit der
genannten Krankheit nicht behaftet gewesen ist« Letz-
tere ist erst aufgetreten , nachdem man angefangen hatte
mit ausländischen, theils racereinen, theils aus Kreuzung her-
vorgegangenen Hengsten die heimische Landrace zu veredeln.
Diese Thatsache liefert den Nachweis, dass die Kreuzung einen
vorwiegenden Antheil an der Entstehung der periodischen An*
genentsündung gehabt hat, und wenn auch die letztere in an-
deren Gegenden, wo ebenfalls viel Kreuzung betrieben wird,
nicht oder doch nur selten angetroffen wird, so mag das Nicht,
vorkommen in anderen Verhältnissen begründet sein, wie es ja
aacb durch die Versuche des Gestüts zu Pompadour erwiesen
ist, dass wirthschaftliche, Orts- und vielleicht auch klimatische
Einflüsse eine wesentliche Mitwirkung an der Erzeugung der
periodischen Augenentzündnng haben. Die Folgen der Kreu-
, • • •
znng können vorhanden sein, sie machen sich nur nicht bemerk-
bar, weil dazu andere Einflüsse fehlen,
* * ■
Wenden wir uns nun zu der Frage, worin die Folgen der
Kreuzung im Allgemeinen bestehen, so lehrt uns die Züch-
tnngskunde, dass ein geringes WiderstandsvermSgen der Or-
gane gegen feindseelige Einflüsse, Verweichlichung, im Gefolge
der Kreuzung auftritt, ja es bldibt nicht nur bei der Verweich-
lichung, sondern eine mangelhafte Ausbildung ganzer Organe
macht sich bemerkbar, namentlich dann, wenn von den Kreu-
snngsprodnkten durch Paarung in nächster Blutsverwandtschaft
Nachkommen gezüchtet werden. Dergleichen Nachkommen zei-
206 Kittaer,
geo mdit seltea geringe FrochtbmrkeiC, wonas hervorgeht, dmn
eine meegelhefte Aosbüdaeg des SexeelireteflM £e Folge der
Paemg ie eiehster BlDtsrerwaadtodieft gevesee ist. Letslere
ist Aos pekaeiiree Raduichtee, wo Kreeuiag betriebe* wird,
hioSg sieht sa nmgefaeB, Bomit ein nolhweadiges üebel der
KreosoDg.
le gleicher Weise ean, wie eioe maBgelbslie Aosbildoog
des Sexnalsjstems dorch Paanuig ia aichster BlotsTerwaadt-
sehaft erseogt wird, in derselben Weise ist noch eine solche
der Augen denkbar, nnd swar in der Art» dass Cornea nnd
Linse eine so geringe Wölbung haben. Es kann dabei dieser
Fehler an dem einen Ange stirker als an dem anderen soge-
gegen sein, so dass es aneh eiklarlidi wird, weshalb nidit im-
mer bmde Angen so gleicher Zeit, sondern nur das eine oder
das eine Iräher als das andere Ton der in Rede stdienden
Krankheit ergriffen werden.
4) Fassen wir nun schliesslich die Erfolge der Terschiede-
nen Cormethoden ins Aoge, so sehen wir, dass nnr die seitige
Operation, welche in dem Durchschneiden und dem Loslosen
der Iris besteht, den Verlsnf der Krankheit aofsnhalten nnd
einen bleibend heilsmmta Erfolg so reranlassen im Stande ist.
Die Behandlong mit Atropin ond anderen ihnlichen Medika-
menten hat wohl Bessemng selbst Tollstindige Beseitigung
eines konkreten Anfalls im Gefolge, sie kann aber das Aus-
bieiben spaterer An£Ule nicht vermitteln und somit das Ein-
treten der Blindheit nicht verhüten. Wenigstens ist dies in
der grossen Mehrzahl der Krankheitsfalle der Fall. Die Er-
klärung for beide Thatsachen ist leicht, wenn man Weitsichtig-
keit als die nächste Ursache der periodisdien Augenentsündung
annimmt* Mit der Dnrchschneidnng der Iris wird der Aocomo-
dationsmechanismns zerstört und hiermit das Eintreten spaterer
Entsundungsanfalle vollständig aufgehoben ; die Einwirkung des
Atropins dagegen erzeugt nur eine Lähmung des Accomoda-
Ursache der periodiMhefi Angenentzundnng.
207
tionsmecbamgobus, ireleher wieder in Thatigkelt tritt, sobald
die Wi]*kiiDg dee Atropids vorflber ist.
All das AngefQbrte durfte meine oben aa%estellte Annabme,
wonAcb die Weiteiciitigkeit höchet wahrscheinlich in inniger Be-
siehctng an der spSteY aufgetretenen periodischen AngenenteQn-
dang gestanden bat, zdr Genüge begründen. loh mochte non
einen Sehritt weiter gehen nnd behaupten,
„dass in allen Fallen von periodischer Augenentzüu-
dung eine angeborene Weitsichtigkeit die nächste Ur*
Sache su der genannten Krankheit abgiebt«^
Zur Begründung dieser Behauptung führe ich an^ dass
die EnfsSndung des Accommodationsmechanismus' die erste und
Haupt-Krankheitserscheinujig Icti QHd dass nach Zerstörung des-
selben der Verlauf der Elrankheit sofort coupirt wird. Wenn
diesem entgegen auch nicht alle Pferde, deren Augen tou der
periodischen Augenentzundung befallen waren, vor der Er-
krankung mit der Scheu behaftet gewesen sind, so kann dieser
Umtitinrd sehr gut in Charakter und Temperament eines jeden
Pferdes begründet sein ; es wird ein gewisser Grad von Weit-
sichtij^keit bei einem gntmüthigen, willigen Piferde auf seiiie
Seelentbfitigkeit in* specie auf sein VorstdlnngsvermBgen nicht
denselben Einflnss ausüben, wie bei einem leicht erregbaren,
noch weniger wie bei einem boswilligenj störrischen Pferde,
F&r die Therapie wird sich hieraus leider nitshts Neues er-
gebem; es wird nur insofern Sicherheit in die Behandhingsweise
gelangen, als man nur allein auf operativem Wege sichere Hei-
lung EU erzielen im Stande ist. Kann oder will man sich zu
der Operation nicht entsehliessen, so ist es nöthig, bei der Be-
handlung mit Atropitt' und anderen Arzneimitteln den Pferden
Gelegenheit zu geben, das^ sid den grossten Theil des Tages
im' Freien, den fibrigen in mSglichst geräumigen Stallen zu-
bringen können. Kann dieses nicht geschehen, dann wird auch
die Behandlung nur eine Palliativkur sein, von der man keinen
reelten Erfolg zu erwarten hat.
20S Attderfobn,
Im TorsteheDden Aofsats hab^ i«b meine Beobachtong ior
die Wissenschaft iq verwerthen gesocbt. leb messe mir mcbt
ao, den Gegenstand erschöpft tu haben, sondern will mit der
Ver^ffentlichnng meiner Ansicht nur das Studiam nbev ^i^sen
dnnklen Punkt der Tbierbeilknnde von Neoem in Anregung
bringen, damit aach er bald in hellem Lichte erscheine.
VI!.
Brfalinngei Aber die Castratiowv^aile mit
Aetil^tareB.
Von R. Andersohn,
Wolmarseher Kreis veterinair in Liriand.
In Garlt aqd Hertwig's Magasii^, Jahrgang XXXiV.«
Heft IV., 1868, werden in dem Artikel „Stiercastrationsme-
tbode durch Aetsmittel ohne Kloppen" von H. Borchner
zuerst die Missstaade und Unsicherheit der Ferschiedenen em-
pfohlenen 8tiercastrationsmethoden , i. B. das Nachbluten, die
bedeutenden Anschwellungen, der Starrkrampf etc,, aber na*
mentlich auch die Champignons als hanfige Folge des schon 4n
nn.d für sich weitl£ufigen Abklnppens hervorgehoben« Dann
betrachtet Herr Bnrchner.die Wirkung der Kluppen, obne
und mit Aetamittelp , welche natürlich in einer baldigen und
YoUstandigen Mortification der betreffenden Theile %n bestehen
habe — falls dem Zwecke genagt werden soll. Hierauf äussert B. :
erfahrungsmassig reiche bei Pferden, und Stieren . nicht nur die
Compression und Gorrosion einer geringen Flache, am Samen-
strange Yollftandig ans, sondern es werden auch dadurch den
Castraten viel geringere Schmerzen und Ansehwellungen« als
mit Aetsklnppen yerursacbt, und dass dies ihn bestimmt habe,
ein Aetsmittel mit der Ligatur geeignet au Terbinden, und hiec-
CastrationsmetlMide mit Afttzligatnreii. 209
dsreb «ine «benso «vfolgreiebe Compreftiioo und Corrotion, wie
bhI Aelskloppen sa «rtieleD»
Cft^ 1^^^ dick«, glatte, iuigew£cbste Sebnure, mit ihren
BodeD soeaminiengelegt ond mit to in der Mitte gebildeten Bo«
gen, nngefihr 2'^ tief ios GoUod. corrot. (8 Th. Coli, ond 1 Tb.
Hjdr.: cor.) 2 — 3 mal eiogetaaebt ond getrocknet, «ollen, in
der Yon B. angegebenen Weise angewandt, bowoIiI alle Vor*
tbeile der Oaatraitionemetbode mit Aetaklappen bieten, aU aocb
die Nacbtbeile dieser ansscbliessen. Die Ligatur sei nur om
den freigelegten Samenstrang, ohne Tag^oalbant» wekbe vorher
dorchgesebnitten nnd hinaafgescboben wei'den müsse, so ans»-
legen, dass sie mit 1— *2'^ langen Enden aus der Serotalwnnde
bangen blbibe. In 17 bis 25 Tagen erfolge das Abfallen, des
Ligaturen von seibat.
Unter Beobaobtaog dieser nnd überhaupt aller Ton B. yer-
geaohriebenen Massregeln castrirte ich im Jabre 1869 den 14,,
16., 24., 2S. und 29. Mars Je einen Hengst mit Aetsligaturen
(beim 1. und 2. mit IV'^ und beim 3., 4. und 5. Vernuebe
mit V^^ dieken), dagegen den 13. Mars 2 Hengste, 15. 1, 16. 3,
n. 1, 18« 1, 29. 3 und 31. 2 mit Aetsklnppen {^* breit nnd
mit Gummi arab., Gnpri snlfnriei aa. et Aq. c. bestrieben).
Der i. Versnob, nach Bnr ebners Methode, fand aa einem
reebi mageren, reis losen Tbiere mit gutem Erfolge statt.
2. Versneb. Bei einem 3 jährigen, massig genährten, ge*
sniid«n. Hengste», aanguiniseben Temperamentes , war 12 Stunden
naieh der Operation schon starke Qesobwnlst am Bddeasacke
entstanden,' ausserdem beobachtete ich heftiges Fieber und
80 Pnlse in d. M. Diese Krankheitserscheinungen steigerten
sieb nach 24 Stunden ; die Geschwulst wurde sebr gross, sobmers-
bafi, b eiset erstreckte sich vom Qodensaoke auf den Schlauch,
die untere Bauchflache und inneren Sabenkelflachen, der Puls
eredrien hart, sehr klein, 90 Mal in d. M. nnd das Fieber in
bedrohlichem Grade. Von vorn berein starke häufige Gaben
Hatri sulfnrici eryst. und Nitri depurati, aunäebst allein, spater
Mag. C Tlü«rh«UlL. XXXVL t. 14
SlO
Amd«rt«hB.
m Z r^^gm
C
40 T
fid« dM
Ligatana ab.
5 Wock« dwdb
Castrationniiediod« oilt Aetzligatnren. 211
TOB Tet^^nihitt&l längs der Wirbolssnle und von KohlenpolTer,
Potasehe, Gampfaer aaf dem fibrigen Korper tmglich wiederholt,
die Cestmttennwiuideai mit Leineameneehleim , BilienkraBt und
Beaemmta gebahet, Kl^retiere von EamiUenthee 4 Mal taglieh
i^pliciri. Inaerlieh verabreichte ich mit Mehltrank kleine Gaben
Tart.. etibi und Nitrt dep«, ferner in den ertten 2 Tagen Nnc.
Tom. Drjjk Galomelanoo Dr)^. and Camp hör. tr. Drjjj. anf
6 mal. Als der Patient tidi trotsdem den 23. schlechter seigte«
so beute ieh die Gastratio nswanden mit Eopferritriol , rerord-
neto innerlich Herb, hjoscjami Jjjj. Galomelanos Drjj. auf 6
Mal in 3 Tagen, wocnaeh den anderen Tag eine Tornbergehende
Beaserang eintrat. Den 25. war der Patient wieder aasserst
ob«! .d^nran« Jetat Strjdin. nitrici gr jjj« nnd Flor, ehamomill. £/}•
sls Latwerge In S Portionen an einem Tage einverleibt, ?er-
hinderten .nicht den Tod des Thierei am 26. April.
&• Verench.' Schliesslich operirte ich noch einen 3 jahrigen,
schwach ^genährten .Hengst, dessen einer Hode nnr bohnengross,
kanm bia nnter-den Banchring rmchte. Alles lief bis snm 13.
Aptil Tovtrefflich ab; als aj|»er der Bigenthnmer den Gastraten
aa diesem Tage .bis- nam Brhitsen frei heramlaofen gelassen
halte,: «Q VJir derselbe bereits am nächsten Tage auf s heftigste
Yom. Stanrkrampf afificirt. Die Manisperre fand ieh am 14. so
anagebildat,! dass dem Thiere nichts vom Manie an« einverleibt
werden konnte. Athemaoge betragen bis 80 in d» M. nnd es
war eine bedentende Lang^neongestion aagegen* Die Wanden
State ieb gleich mit. Gollod. corros«, wandte hiafig lauwarme
BMl*e(iboagen von OL hyoscgrami statt B&bangen an, applieirte
ab. and an Tabacksraach-Kljstiere and verfahr sonst aoasexlioh,
wie im Versocbe 4. Dann machte ich einen kleinen Aderlass
nnd injiiSirte 2 mal in 12 Standen Tart. stibiati gr. V. in Aq.
destil. Drj>. eolati 1. artis. in Vemam jugolarem, aber ohne
ii^end welehan Erfolg.. Den 15. wnrde es mit einer Injection
von ^. am^gidaL avnar. xx gntt. et Aq. destil. Dr jj» versoeht ;
14*
ns AB4«r«okB,
Tbtar m 16. April Tcrea^eto.
D«B Vor— f Mi biftfct» MMh iü wütt
mmm 1. Verasek ofaM wttfeh« ibla P^lgM
bstt« leb wthom eise l«beMgefikrliah« Smtaiadnf <«
kiapf(M, aad di« Ligatefea fiele« erst mmA 40 Tefee ab. la»
3. Venodie wordee die Ligatwee eeek '^ Woekee aoger ber-
eoegesogee; beim 4. aed 5. giegea beide CertwUe, aachdeai
der eiae aiieb 8 ■■wiifr— giTo All gebebt bette, eai Stankfampf
s« Graade.
Mic deai beetee Aatgeage, obae die miadeete Uaeaaeha^
liebkeit Terliefen aber die am diaeelbe Zeit mit AetsUeppee
▼orgeBommeBeB iZ CeetratioBeB. Die lünerfd^ge bei Aewea
doag der Aetsligatorea freppirteB mieb um so mebr, da ieb bi»
dahia wibread 6 Jabre bereite ca. $50 Heagate» 160 Meve^
50 Eber asd 150 B5eke okne einea Verbut aieiat mit Aeta-
klttppea (Stiere, Eber, Boeke öfterer daieh Abdrebea «ad Ab-
Mhabeo) eastrirt batte. Hoebsteas bebe icb ele WoadfiMMr
maengea, eia paar BlataogeD etiiiea oad Ueberreete äbgeateC'«*
beaer SameBetraagteadea eieige Mal eatferaeB miaaea. Seger
aa HeBgttea, mit gewobaliebea oder laeaieerirteB Hodeaeaefc
Neta« oder Darmbrocbea, gegea veraltete SameeetraBgererbar»
taagea aad Fiatela bei Tbierea, welebe tob KoBoralae feble»^»
faaft ausgelegt waree, ead bei 15- bie Mjabfigee (!)Heagetetf
bewiUirteD sieh die Aetskloppee obae Aeiaabme gat.
Welehea Ümitaadea ist ea «obl sBeoiekreibeB« dam UAi-
bei CaetratioaeB der Hengste aar mit AetaUgaitarea soiiel IKi^*
glack gebebt habe?
Meines Eraehteae lasst sieb dieses ans- folgendea üebel'
staedea der BörebBer'sehea Operatioesmetböde erklirea:
a) Die aber 1 "* diekea and 3 aial in ColL eorros. ge^
tmaiditen Ligataren siad sa atsead, da sie bei wohlgenebr-
teren Tbieren gefthrliehe fintsfindoag veraalaseeB,- ead was bjb''
nicht immer bei der Bescbreibaag der eiaselnen Versoehe ber-
CastrationsiBlHilode mit Aetcligataren. "^it
▼oi^eh^b^ 1ia{>e, hei weitem heftigere Fl^bererscbefnangeo, als
-die Aet2klop{)()ti herTorrnfen.
b) Die aas den OperätionswaDden herrorsteb enden Ligu-
tnrenden bieten die M5glichkeit, dass, durch Zerren an den-
B'elben,' der im Versdche 4. stattgefnndene SamenstrangsTor-
falt herbeigeführt worden sein Icann.
c) Wenngleicb ich mit einem bedentenden Kraftanfwande
die Ligatnrbn tadeßös anbrachte , .so müssen die iSamenstrange
meist doch nicht damit vollständig abgeschnürt
werden können; denn es branchen die Ligaturen tn länge
'Zeit (5 bis 6 Wochen), um sich absutSsen, und es tritt auch
th' leicht Starrkrampf ein , weil offenbar die Nerven nicht ge-
>
^otig mortificirt sind.
Die im Versuche 4. und 5. angeführten Castrate mögen
auch beide in der Zugluft, plötzlichem Temperaturwechsel, na<
mentlich in der gleich nach der Operation eingetretenen, 3
Wochen anhaltenden, heftigen, kalten, trockenen Nord- und
Ostwinden veranlassende Ursachen cum Starrkrampf gehabt ha-
ben, vielmiehr noch in Folge einer durch eine Jahresconstitution
bedingten Anlage su diesem Uebel erkrankt sein, weil mir im
Torigeü Jahre ein mit Strlchfeuer gegen Schale behandeltes
Pferd und sogar mit Aetzkluppen castrirter Schafsbock an
Starrkrampf, einer Krankheit, die seit Jahren in meiner Praxis
nicht vorgekommen war, fielen (Nitri depurati. Tart. stibiat«,
Strychnini arsenicosi, Nervenschnitt fanden vergeblich ' Anwen-
dnng);' dennoch wird die Bur'chner'sche Gastrationsmethode
dadurch, dass 40 in demselben Frühjahre ausgelegte Hengste
(einige ganis unter gleichen Verhaltnissen, wie die verunglück-
ten) alle ohne Folgekrankheiten genasen, für die Ostseepro-
Vi'nzen Kusslands als äusserst gefährlich an Hengsten ver-
dächtigt.
Daher werde ich für die Hengste nach wie vor in der
Regel mit den Eingangs beschriebenen Aetzkluppen auflegen.
Gewohnlich lasse ich die Thiere nüchtern zu mir bringen, wo
Btk^a .'oft 30 fr
Mhem de§ SctoCom mit Od, Fett
i 0tasd« kB Scfaritt md klmmem Tnb sa
wobolidi «tjrker Geaebwolst diete Bewegvag 3 aal tigiinh
ranüu^tmtmf den HodesMek bU laawanien LfJaMaeatrhlni«
5 btJ 10 mal tigjjeh sazufeaehleB lud 1 Pfd. Natri aaUorid
CfjfL mit ^^, Kitri dep. auf 6 mal io 4S StasdeB sa Tecab-
retdMD; gafahrdrobeodere Encbeinaagaa air aofozt aa aieldeB
ood daa Tbiar, falla dia Wandaa neb aiebt ia 3 bia 6 Woebaa
iebliattaa, inadar ao aur an briagan«
Bai Stiarao dagagaa ist diata AatokleppaaBeÜioda Tar-
warfliab« a) Dia Tbiare laaaan lieb aoa groiaarar BatfanuiBf
aa adiwar dam Arate aofobran; b) braoeban naeb dar Gaatn-
iioa katoa foieba arxüiaba Uabarwaebiisg» wia die Haagate, ior
wfldia dia CaatratiOB weit gefabrliebar iat, alt für eratara;
e) fiad nagefögig ond anebwaren dia AbnabnM der Klappen;
d) walcba bei alten Tbieren oft lebensgefibrliebe Blatnngen
nacb ficb sieben. — Mit Vergangen habe ieb an Bnllen die
Bnrcbner^fcbe Sciercattrationamethode aaagebeatet Um aber
eine rollf tandigere Unterbindung des Samenstranges an ersielen»
mache ich 1) etwa fnnf Umdrehungen an dem Samen-
Ca«tr8ti<^«iiietbode> mU Aotaligfttiiren. 91^
%traiiig6 in der W^^e, wie beim Abdrehen der Boden, an^
2) lege dann die nar |-^^' dicke Ligatur möglichst fest an. —7
Dorch ^ die Umdrebangen .zerreissen namentlieb das Venenge-
flecht, aber wahrscheinlich aach die Arterie and der Nerv bis
aaf die Nerrenroh renscheiden und alle diese Theile snsammen-
haltende Biodejiabstans (das Bindegewebe}, welche noch einen
etwa fingerdicken Strang bilden. An diesem ist dnrch die Aeta*
ligatar eine weniger grosse Masse, als an einem ganzen Samen-
strange an überwinden nnd gewiss ein vollständigeres Abbinden
möglich. Das Aetzmittel ist nun auch im Stande, bis auf die
Mitte des unterbundenen Samenstrangsrestes vorzudringen, und
80 namentlich an der Arterie und dem Nervenende einen Aetz*
Schorf zu erzeugen. — Mit einer \^^^ dicken Ligatur bringt
man weniger nach aussen, auf die innere Flache des Scrotums,
wirkendes Aetzmittel in die Wunde, aber hinlänglich so viel,
um von der Ligatur aus nach der Mitte der ünterbin dungssteile
hin an einem durch einige Umdrehungen grösstentheils
zerrissenen Samenstran.ge durchgreifender, also zweck-
mässiger einzuwirken, als mit darüber dicker (1^^^^ Ligatur
aaf die' des ganten Samenstranges. Solche %^^^ dicke Schniir,
aus gulem Hanf, ist fest genug, um bei gewohnlicher Armkraft
nicht zu zerreissen und ist mit geringer Mühe weit fester zu-
sammenzuziehen, als die 1^^^^ dicke mit ausserster Anstrengung.
— Im Laufe des vorigen Jahres castrirte ich mehrere Stiere
\n derartig modificirter Weise, stets ohne welche üble Zwirchen-
faile. Die Ligaturen fielen in 3 Wochen ab oder konnten dann
leicht hervorgezogen werden, und Starrkrampf ward nie ge-
sehen.
An diese Betrachtungen meiner Erfahrungen über die
Bürchner'sche Stier - Castraotionsmethode erlaube ich mir
noch einige Schlussbemerkungen anzureihen. Durch die schlech-
ten Resultate an Hengsten gegen die Bürchner'sche Methode
misstrauisch gemacht, wage ich dieselbe in toto selbst bei
Stieren nicht zu empfehlen; aber mit der von mir angedeu-
f<t«B ModHkaliaB «ndiC« ick m ab ffie böte SImt
tioaMefhode ■■!« allca bisherige» u4 ■■■•■tlkfc n
mit ailderMi Klis«, aU u 4«a OstoeaproTusca KMilaads,
«■dl bei Heagitea i^fabrloe.
Der geehrte College, Herr Bfirebaer wird es hofe^tficb
mir eieht Tersrgee, weas idi doreh die «^"^»tn Eesdtste am
Hesgstea eisgescboebterC, seiM CasIrelioMaetbode sa Scicrea
aarersodit lasse, weil ieb aas d« Aaslogie der Sameaslriage
der Heagste aad Stiere ia phjsiologlsdier aad aaatonseber
Beziebaag aodi bei Stieree Toa der aaTeriadertea Birebaer-
ssbea Methode besoaders Starrkrampf belardite, gcgea dea es
leider selbst aater dea aeaestea, eaipfohleastea Mittele geviss
aor aasaabmsweise eia Heilmittel giebt.
vm.
Ke Icfem ihr CcMfagchni; ikr im likhraidL
Von Dr. Koats,
Krnsphjsikas das Kreises Waaslebea.
(Fortsetzaog.)
Man kSaate jedoeh theoretisdi dea SeoeheDDateiadiied aad
damit die erwahate Sperrmaassregel dadareh begroadea wollea,
dass der Milsbraad, bevor er dardi Kraakbeitssymptome sieh
maaifestire, Uogere Zeit latent bleibe, so dass hiernadi
Thiere aaseheioeod noch gesand, ia Wirklichkeit jedoch bereits
kraak seien. Bine solche Lstens ist jedoch bis jetzt keines-
wegs nachgewiesen, snch keineswegs wahrscheinlich. Ans der
Praxis aber fahren wir noch an, dass man mit Besag aaf dea
Milzbrand des Schafes faglich nar von gesanden oder kranken
Thieren reden kann; Schafe haben entweder den Milzbrand and
Gesettgelning .Ober MilaÄ>ran<l. SIT
dann iiaä' erie tehoa dem Tode nahe, oder %\^ biAien Ihn nicht
Tiod idann sind sie so gesnnd wie alle andern.
Schfies'slich resttmiren wir unsere Atisiebt noeb ein Mai
dahin: man Terbietd bei höherer Strafe das Schlachten kran*
ker Thiere, sowie den Verk anfand Verbraneh äti Fleisches and
der Milch, behelligt jedoch ansserdem dasPablikum nicht mit wei-
teren, das gesonde Vieh betreffenden Qnarantaine-Maassn ahmen.
Als Correlat hiersu trete die Saoitatspolizei in regeren Wech»
selrerkebr mit den öffentlichen hygienischen Vorkommnissen and
werde Jedermann zogänglicb, ohne die Vermittelang der Land-
ratbsämter und PöliseibehSrden. Tst trotzdem ein Schaden ent-
standen, so scheue sich die Sanitätsbehörde nicht, dem Sclial-
digen zu Leibe 20 gehen; sie statuire dann nar das Beispiel,
so wird sie schon firfotg haben.*)
§• 114.
„Die an einer Milzbrand krankheit crepirten Thiere dür-
fen nicht abgezogen werden , sondern müssen mit Haat and
Baaren, — nachdem die Haut vorher, am sie nnbrancbbar za
machen, an mehreren Stellen dnrch schnitten worden, — in 6
Fnss tiefe Graben geworfen, in denselben mit einer wenigstens
eine Hand hohen Schicht Kalk überschattet and sodann mit
Erde and Steinen bedeckt werden«"
*) Wir mochten hier nicht unterlassen, einem Gedanken Ans-
druck zu geben, der zwar noch keine praktische Erfahrung für sieh
bat, aiohffdeatoweaiger aber der Berichtigung nicht entbehren durfte. Seit
Entdeckung der Trichinen nämlich macht ein Theil des Publikums
nur noch einen Unterschied zwiFchen trichinösen und nicht trichinösen
Schweinen. Es kommt den Leuten nur auf die Trichinennntersuchung
an ; werden keine gefunden und erklärt der Fleischbeschauer mit Rück-
sicht darauf das geschlachtete Thier, dessen vorausgegangene Krank-
heit er aicht kennt, für gesund, so sind Jene zufrieden, besehwichti-
gen damit ihr eigenes Gewissen und verkaufen das für gesund erklärte
Fleisch. Die sogenannten Polkaschlächter mögen nicht allzuselten die
Dreistigkeit haben, ihr unsauberes Geschäft mit Hülfe des Fleischbe-
schauers auf solche Weise zu legalisiren.
f)9 finntt^.MBtorm der
»Nur den Aaritan and Thier&riten ist es erliwbl^ in ein-
lelnen Fallen snr geneneren Untersnehnng der Krenkbeit ein
«olches crepirtes Thier so öffnen, jedoch nnr nach dem volligen
Erkalten des CadaTers und bei genauer Beobnchtnng . der er-
forderlichen Yorsichtsn^aaqeregeln,*'
Die Schwierigkeiten hänfen sich ; nach hier dieselbe Misere
wie anderwärts, dass das Oesets bestimmt, das Pnbliknm nichts
befolgt, die Behörden endlich schweigen.
Das Verfahren des Poblikams ist verschieden nach .Or|-
schaft, Localitat nnd Thiergattnng«. Am wichtigsten ist der ..Ge-
genstand fnr Schäfereien; wir an ter werfen letatere innachst der
Betrachtnng.
Die tagliche Erfahrung lehrt, dass an Milzbrand gefallene
Schafe nicht „mit Hant nnd Haaren*' -— am ans incorrect ans-
sadracken — verscharrt, sondern abgefeilt werden. Nach dem
erwähnten landwirthschaftl. Gutachten werden in der Provins
:Sa^hsen jahrlich erheblich mehr als 2000 Schafe abgeledert»
.was- jedenfalls nicht unter der Wahrheit ist; nach Korb er
(ci^e den beherzigenswerthen Artikel: Ueber veterinärpolisei-
liiche Vorkehrungen gegen die Ansteckung bei der chronischen
Lnngenseuche des Rindviehs und dem MiUbrande der Haus-
thiere im Magazin von Gurlt nnd Hertwig XL 202J werden
sogar von 100 Oadavern 95 bis 98 abgehäutet*
Da dies in der Heimlichkeit und möglichst schnell abge-
macht wird, nm dem Auge des Gesetses an entgehen, io wer-
den begreiflicher Weise dabei auch die gehörigen Vorsiohts-
maassregeln nicht beobachtet, besonders Seitens solcher Per-
sonen, die nicht in dem Maasse wie die Hirten mit der damit
verbundenen Gefahr der Ansteckung und den Mitteln, sich da-
gegen an schutaen, vertraut sind« Der Schaden, den ein Scha-
fereibesitser durch die Blutseuche bei strickter Befolgung des
Gesetses erleidet, kann unter Umstanden ein sehr bedeutender
sein, wie denn auch der Gesammtverlust des Staates durch den
Milzbrand, der ihm durch das Gesetz auferlegt wurde, sich auf
GoMtagAtauig fibef MilJbrand. H9
Safcnmeli beraehnen wnrde. Naofa Henaingar (S, V^oreda a«
amoiani Warke Milabrandkrankbeiten) iat der Varlnst far Baropa
BaAdiMUlionea von Tbalera aod.Tanaandati toh M^osebanlebaa
»a TarAnacfalageD.;
Die Schäfer finden diü»er niehta Ungawohntea in deai Qe*
aehaft dea* Ablelleaa milabrandiger Schafe; tkon sie es nicht
ana eignem Antriebe, ao than aie ea aof G^ieiaa und weil aie
^iaaen, daaa aicb immer Jemand findet, det, nm die Omiat dea
Beaitaera oder den Cadaver an erwerben, iin Falle ibrer. Wei-
gemng die anbeimliohe Procedar yornimmt.
Die Gefahr der Ablederer iat groaa. Man iat immer noch
der Aiiii4^bt and auch daa Geaeta ibast daraof, daaa anverwon«-
dete Hast gegen die Anateokang aabotae, Diea iat dnrchaoa
jnrtbamliek. Abgeaeben davon, daaa wahrend dea Abfelleni
aaeb Inaekten (Fliegen) onmittelbare Gelegenheit finden, daa
Gift -aa inocnlir^n, wsobei die Unveraehrtheit der Haat keine
Rolle apielt» sq aehfitat letatere aelbat nicht gegen die Imbibition
TOB Floaaigkeit in die Epidermia. Hierbei bleibt jedoch daa
Contaginm niefat aaf der fiantoberflaehe wie aof eraem Filter
aorack. Die von ana beschriebenen Falle legen sogar die Ver»
aMithang nahe, daas die Ansteekang bei aayersehrter HaoC
niebta woo^er ala aalten, ja das« ea far daa Gift dea MiU-
brimda aberb&apt gana gleicbgaltig aei, ob die Haat ladirle
Pnnkte darbiete oder nicht, sobald daaaelbe nar Zeit gewinnt,
die Epidermia an darchtraoken. Auch aind die örtlichen patho-
logiaoben Verandernngen bei anyersehfft gewesener Epidermia
weaentlieh andere ala bei der Wandeninfection ond dem Inaeo«
teoatich; jene b^i'uhea aaf einer diffnaen Anachwellang mit un*
regelmaasiger Brhebang der Epidermis gegenaber der cbarak-
tenatiachen Paatel* and Poekenform der letateren beiden* Da*
dareb wird natorlich nicht die Thataaobe beatritten, daaa eine
atarke achwielige Haat mehr achotat, als eine aarte mit danner
leicht abatreifbarer Epidermia. Bei diesem Sachyerhalte wird
man ea aicht mehr anffallend finden können, daaa Milabrand-
910 'Kvats, B«fi>nid«r
faifeelioD^D 74m MeoMbe« to biafig sind, m«n wird eher be'«
reofatigt iein ftmoDeiiiiieni data eioe gr6tMre Aasabl yom F£Umi,
•It Bor Cognition der Aertte oder Beh5rden gelangt, onbe-
kannt bleibt, weil lie gnnitig TerUafen and nngesetaliebee Ver-
fiibrea ihre Veranlae«ang- geweeen war.
Bbento sieber wie daf aageeetaliebe AbMlea telbtt iet ee,
dass bei eorgfiltiger anbebinderter ADwendnng von Voreiclita»
maassregeln die Zabl der Ansteokongeo eine weniger bobeeehi
wfirde, ah wir gegenwfirtig sehen, da das Qesela« nm ihm an
entgehen ,- jene aasser Aebt sn lassen n5thigt. Das« dieZabi
derselben eine Steigernng dadurch erfahren würde, dais bei
▼ollstlndigem Freigeben des Abfallens dasselbe in noch allge*
meinerem Maassstabe sar Anwendung gelatige, ist kaAm tn h^
ffirehten; denn diejenigen, die setron bisher aas Rncksiefaten lor
ihr eigenes oder ihrer Mitmenschen Wohl dem Gesetae ebnibrm
▼erfahren and ihre Untergebenen der Gefahr nicht aidsseteeA
mochten, werden dies deswegen nicht mehr'thnn, weil das 6e*
Sets aosdraoklich ihnen gestattet, was es vorher stillschweigend
dnldete. Bleiben also die Abfsllnngsyerhfiltnisse im Allgemeinen
sich gleich ond tritt die erlaubte oder gesetslioh überwaebte
Vorsicht noch als yerbessemdes Moment bin au, so müssen die
Anstecknngsverhaitnisse sieh günstiger gestalten. Wir werden
jedoch sp&ter sehen, dass noch ein anderes Mittel geeignet ist^
die Gefahr an Terringem.
Der Gesetsgeber kann hiernach nichts Besseres thnn, als
das Abfeilen freiaugeben, dafür aber unter Androhung von
Strafe die Beobachtung gesetsHch angeordneter Vor6iehtsmaaS8<^
regeln au Terlangen und für das Bekanntwerden dieset hinrei-
chend Sorge sn tragen.
Im Allgemeinen haben diese darin su bestehen, dass der
Oadaver immer erst nach dem Erkalten, d. h. frühestens Z Stnn*
den nach dem Abstorben abgefeilt wird, dass Hiinde, Arme und
Gesicht gehörig mit Oel oder Fett eingerieben werden , (wir
halten für besonders Tortbeilbaft eine Mischung aus '3 Theilen
Oesetcgebmijr fiber KQcbnuid. ddi
Te^e^itKffrSI qbcI 1 Thuil Mohnöl)» iiftch vollendeter Procednr
endiieli der betreffende sieh mit sehwarser Seife oder verdfinn»
ter Seifensiederlange oder mit Kalkwasser sorgfilti^ wasehe.
Bei An^endting dieses Verfahrens wird die Gefahr wenn nicht
gana beseitigt, doch erheblich Termindert werden.
' Die Reobftchtnng ei na einer eoncreter PiUe leirri jedoefa,
data aolehe Voi'sichtefoiaaSsregeln noch genauer ^ecificirt werden
ai€aaen; wenn das Pnbliknin in jeder Sitnation bestens berathen
sehr soll.
Denken wir uns in die Lage eines Hirten, der im Karren^'
biilaehen mit der'Heerde kaf freiem FeMe nächtigt ntad ^e^
ribdisch'Ton Hanse wegbleibt. Setsen wir den Ftfll« dass er
Aaftrag' hnbe, von ereptrten Thielen das Fell tu retten, nndf
daas es ihm an' G^egönheit gebricht, ohne ' Zeitverlust die p0^
liseiliehe Moldnn^- au erstattenr, sowie Unterstattoag in reqai»
riren* In solcher LAge-'dnrfte es sich leidit* ereignen, das» der'
Hirte des Öeles oder' Fettes entbehrt. Dieser Umstand sowi*e
jener, dass auch das Einölen nur einen relativen Schnta ge^^
wihrt -ond im Falle der Infection die Lage des Hirten eine
doppelt genhiltche wird, ISsst es gerathen erscheinen, aof na-
dere noch bessere Schntamittel bedacht an seink Einen wesent-
lich sicheren 6chntz gewahren ein Paar Schwelnsblasen, nass
gemacht nb'hrHfinde und Vorderarme gesogen. Dieses Mittel
wird bereits angeweiidet, erweist jedoch- nicht eHie' Zweckdien-
Ifehkeit lederner fisindschnbe, wie sie bei SchrSchtero, Hirten,
Abdeckern gebrSnchlitlh sindf. Ein Paar solcher Handschnh^e
m^sktö jeder Hirte, ron -dem das Abfeilen vierlangt wird, bei-
sieh fähren; dieselben nrössten bis an die EHbogen reiben;
solide gearbeitet sein nnd nach dem Gebrauche ' einer iweek-
miasigen Reinigung nnterworfen werden. Die passendste Fa^on
derselben wurde sich ohne Zweifel durch die Praxis selbst bald-
erjg^en. - Wii* stellen hiermit an die betheiligten industriellen
Kreiae die Pi'age, ob sich dergleichen Hiindeehnhe nicht gnnn
aoar Gtlmmi anfertigen läisen; der Seh nts' bei Anwendung abl-
929 Knuts, Eifonader
ab« wSve ein so ToUstaadiger, dats die Behörde eknm S^pluritt
weiter gebeo und den Gebrauch derselben obligatorisob maehen
mnsate*
Vor dem Abledern bat der -Hirte ■ die definitive oder qnr,
proTiaorische Qrabe fir Gadaver und Fell bersnrichteii und
freieres an letiterer ▼oraanebmen, um nnnötbigef Traospoitiren
«ad dadurch ?emrtaQhtea Yerfcbleppaa viübibrandiger Abgang«
an vermeiden« Wahrend des Ahlederna böte er ainb,. da« Bfeaseir»
welches nbrigens ebenfalls in Oel sn tanchen ist, mit den Zab*.
nen oder Lippen an halten. Das abgeaogene Fell ist» wenn
der Hirte niobt in den Stand geei^at'ist,. aU« no<^ an b^
aehreibenden weitere Maassregeln sofort voraanishmen , . einst«^
w«ikn mit an yergraben oder doch sorgültig,, n^it der W^f
naoh ansäen «aeammengerolU, bei Seite .sn.biaingßn; wir brai^-
eben jetat nicht mehr an bemerken, dass der. Hirte «ineo A^^.
der grossesten Unvorsichtigkeit begeht, wenn er die noch niebh
desoificirten Felle mit sich iternrntragt oder fahrt, wie es bisher,
täglich geschieht».
.Der abgefeilte CadiiTer ist niemals unbedeckt liegen. 9m^
lassen« Wir wissen xwar».dass dies ein gana .gewohnliches Vor,^
koinmniss ists gleichwohl mnss dies für «ine un?eri|Dtwortlicbo
Unterlassungssünde gelten , die dem Hirten durch ein scl^wef^a
Strafmaass sn verbieten ist» Hierüber jedoch spater.» -
Die milabrandig«n F^e, die an der scbwarslicbbli^rotben
Farbe der hjperamiscben Inneni(Fleiseh-)seit^ wenn das. Tbiiei''
erepirt und durch Abschlachten nicht blutleer geworden, war^
laicht au. erkeni^n und von andern gesunden, fast^ weiss. 90ßr
sehenden, Fellen au unterscheiden sind, müssen demnaciist einiir
Desinfection unterworfen werden. Diese mass, wenn ai^ eiim>
gründliche sein soll, nicht bloss die Inaenseitii, sondern auch,
die Woliseite treffen, da das Gontagiucn bekanntermitassen., an
allen. .Tbeilen 4ea Cadavers, baftet, was für die Wol(e. auch dann,
noioh aufrecht, erhalten werden mnsate, wenn dieaelbe beim A^r
feilen nicht verunreinigt worden wäre; selbstverataiidlich • tritt.
Gesel^gebimg ober MilsEbrand. 93d
dies jedoch in der Regel ein. Wir halten es diüier nicht för
genngend, nur die Pleisehselte mit dicker Kalkmilcfa zu be-
streichen, wie es bereits bie nnd da bei Abdeckern gebraaeh-
li^ ist und wie das landwirtbscbaftlicbe Gutachten von Neuem
TerscUagt; es scheint uns gerathener, auf das yon Ko erber
(a. a. O« Seite 206) angegeben« Verfafiren au recurriren, wo-
nach di« Haute resp. Felle 6 bis 10 Standen lang in eine reich-
gesSttigte» wasserige Kalkaundsnng so eingelegt werden sollen,
dass beide Flachen derselben in ihrer gausen Ausdehnung i^n
der Kalklauge • umspult werden und sodann noch 6 Wochen
lang an einem abgeschlossenen Orte su trocknen sind.- Bie'
WoUe, welche doch immer die Hauptsache am Felle bildet (derr
Werth der Haut ist 5 bis 7^ bis 10 Sgr., der Wolle dagegen
15 bir 2fO bis 25 Sgr.) , erleidet durch dies Vienfabren m/5gU^;
eher Weise Einbusse an ihrer Qualität; indess durfte auch hier
thatsaehlieb kein anderes Mittel* gefunden werden , welches die
nun einmal bestehende leichte Möglichkeit einer 6esnndheits«>
besehadiguttg auf billigere und bequemere Welse aufhebt.
Bei gesetslicfaer Strafe ist ferner su verbieten jdas Aui^.
hangen der -F^lle in Stallen, auf Stroh-, Heu- und Getreidebo-
den, überhaupt! in wirthschaftlteh gebrauchten Käumen, da er«^
wiesener:. MaasSen das Gontagium dem in ihnen aufbewahrten
Feldfrucbten bei längerer Nachbarschaft anhafibet.
Es'frftgt sich nun aber, auf welche Weise das Gesete Ga«
rautie erhalten soll, dass der vorschriftsmassigen B^andinng
die Milabrandfelle auch wirklich unterworfen werden ? Die Aus-
führung dser Proeedur personlich überwachen können die tuatr.
liehen Organe fuglich nicht; sich auf die moralische Wirkung
der Strafandrohung allein verlassen, darf die Foliaei auch nicht,«
da von den betheiligten Personen Niemand ein Interwse hat/
die Unterlassung der Desinfection lur Anaeige sn bringen und,-
wenn nachtraglinh verursachter Schaden eine Veranlassung: der*
Untersuchung gäbe, da« Corpus delicti wegen. Verkanis sieht-
m^i# beisubringen ist, das Opfer der Ansteckung selbst aber-
334 Ennts, Reform cl«r
nlebts mebr tu beseagen Termag. Da« UudwiithsoliafUifllrai Qtii^
achten schlagt daher ror, die gesetaliche Cootrole aoch aof dea
Häodel mit aagoDscheinlich nicht detinfieirteB Hioton (inet.
FeUeo), aUo mit Rftachwaaren nberhanpt aostndehoeo« Dieseai
Vorschlag koante man sich wieder aof eweierlei Weise rMtsir fr
denken, erstens durch Bin schreiten der Polis^i fSr den Fall,
dass die vorgekommene Thatsache von privater Seite dennncirt
worde« tweitens daroh üeberwachong resp. Revision von La^
gern roher Felle und Haute. Letatere Modalitat wire analog
der sanitatspoliteilichen Ueberwadinng des Verkaofs von Con^
fsct^ S^ielteog n. dergl., welches mit gifthaltigen Farben bemalt
ist, f^m^rvon grungefarbten, arsenikbaltigen Tapeten^ Rooläaax
und Zeugen. Das Farben solcher Stoffe mit arsesifchaltigeii
Kupferfarben ist - verboten, desgleichen auch das Aoflagerbalten
der Stoffe daudi das Ministerial - Reseript vom 2. Marx 18i51.
Das ist gewiss nur an billigen ; leider madit onr der Beobachtor
täglich die Erfahrang, dass nichtsdestoweniger arsenikhaltige
grnne Tapeten, Rodleanz etc. nach wie vior feilgeboten nhd ver^
kauft werden« Die betreffenden Kantiente« entwickeln hierbei
eine Oieichgultigkeit, die an Gewisaeslosigksit grenzt; die Be-*
strebnagen der SaDitatepo&isei sind ihnen ekel Theorie. Droht
ihnen die Klage, so helfen sie sieb aohlinHasten Falls' aveh mit
dem Binwande, dass ja der Kanfer ansdrookücb ' den granen.
Stoff verlangt habe. Ob dergleiohien Waarenlager ii^ndwö re-
vidirt werden, regelmassig oder gelegentlich , ist «ab nicht be*
kanat; dass s. B. in Magdeburg keine Gontrole stattfindet»
konnten wir beweisen. Die gegenwärtige iSani^tspöiisei ist
auch gar ntefat in der Verfassiing Interesse fnr solche^ immer:
sehr undankbare Geschäfte, zu hegen. Das torneuerte liinistetiid-
Verbot ist also von keinem oder doch nur sehr untergeordne-
tem Briblfro/ Bin analoges Verbot aber för milsbraodige Pelle ^
und Haote wurde unter den bestehenden Verhältnissen vollends
eine Plirase seio. Selbst bei einer g£n«lich veränderten, wirk-'
samerea Stellung der Sanitatspolisei wurde . der Verschleisa
GMetegebnng filier MUshnucl. 235
solcher sich jeder Controle eaUteli^. Die Sieherstettaag des
offentüehen Wohlee miiM hier also endertwo geeaeht werden.
Wir gleoben ein Mittel hierfSr in einer VMrordnnng ra
finden, welche mit der poliMÜchen Meldong rorgekommener
Todesfälle zagleich die Angabe dessen vorsehriebe, was mit
den Gadarem geschehen sei, ob, in speeie, die Abledemng vor-
genommen wiirde oder nicht, ob und wo der abgelederte Ca-
daver verscharrt sei, endlich die vorsehrifUmassige Desinfeetion
der Hant resp. des Felles nsd wann sie bewerkstelligt sei oder
werde.
Die poliseiliche Meldung mass noch nm einen Pnnkt ver-
ToUstandigt werden, der jedoch erst der ansinhrliehen Erorte*
rang bedarf.
Das beth^ligte Pabliknm schlagt nämlich in sehr vielen
Fallen ein gans anderes Verfahren ein, vonng^eise mit Rind«
vieh» oft genog jedoch anch mit Schafen. Das ge£sllene Vieh
wird einfadi dem Abdecker aberliefert gegen BntschadigQag
irgend welcher Form. Der Gewinn des Abdeckers ist hierbei
so bedeatend, dass von einer Ablehnung desselben im AUge»
meinen nicht die Bede na sein scheint. Wir werden abo doroh
dieses Verfahren aaf die §§. 186. and 137. des Viehseochen-
patemts» welche dem Scharfriehtev ein bestimmtes Verhalten ür
solche Falle vorschreiben, wieder sarickgefahrt. Obwohl das
Begalativ von 1835 auch den Abdeckereien jede Aasnataimg
untersagt, so können wir doch nicht amhin, die praktische
Einfachheit dieses Verfahrens an betonen and aar Rechtferti*
gong desselben aumfl^en, dass anter dem Personal der Ab-
deckerei sa W., welche seit Jahren milabrandiges Vieh ver-
arbeitet, bis dato eine lebensgefährliche Infectien nicht vorge«>
kommen ist. Diese Abdeckerei steht jedoch hierin ni<dit ver*
einselt da; das finanzielle Interesse der Viehbesitaer and Ab-
deoker seheint das Verfahren allenthalben herbeigefofart, oder,
richtiger, erhalten za haben, ohne dass ans der einschlägigen
Literatar eine der allgemeinen Verbreitang desselben entspre-
Mag- f* Thierheilk. XXX VI. 3. 25
226 KuQtz, Reform der
cbende Häufigkeit von Infe^tioDeii des Schar f rieb terei-PersooaU
eich nachweisen Hesse. Infectionspnsteln sind aller Erfahrung
nnd allen Berichten nach bei Letcteren sehr hanfig; die schnelle
Anwendung TOn Kalkwasser verhütet aber wohl den Eintritt
Ton Unglneksfallen.
Obgleich das Verfahren gesetslich unstatthaft ist, so wird
es doch von den Behörden stillschweigend geduldet nnd ist es
besonders die nähere Umgebung der Abdeckereien, die sich
mittelst desselben des crepirten Viehes auf beqpeme, schnelle
nnd nicht ganz entschuldignngsiose Weise entledigt.
Das Gesetz ist zwar befugt und verpflichtet, seine schat-
zende Obhut Jedermann ohne Ausnalime angedeihen zu lassen,
nnd hatte principiell Recht, wenn es auch die Abdecker von
den Verboten, die zum Schutze des öffentlichen Wohles erlas-
sen sind, nicht ezimirte. Die Gesetzgeber müssen jedoch ein-
sehen, dass das praktische Leben ein anderes ist, als es ihnen
am grünen Tische vorschwebte. Die Beobachtung des letzteren
lehrt uns, dass auch hier die bisherige Milzbrandgesetzgebnng
eine vollständig resultatlose, todtgebome ist und bleiben wird.
Man hat versäumt, vorher die Praktiken des Publikums zu
studiren und sie somit zu verwerthen, als sie dnrch den Erfolg
gewissermaassen sanctionirt worden sind. Erklaren sich die
Abdecker selbst damit einverstanden, so sollte sich das Gesetz,
wenn sie das doch unleugbar nutzen stiften de Geschäft überneh-
men^ die Landschaft zu reinigen, nicht in dies Geschafb auf-
dringlich einmischen, so lange dasselbe jenen nicht mehr scha-
det, als etwa das Obdnciren dem arztlichen Publikum. Das
Gesetz halte sich im Gegentheil auch hier fern und behalte
sich nur vor, auf Beobachtung bestimmter Vorsichtsmaassregeln
au dringen, resp. dieselbe jederzeit zu überwachen und zu con-
troliren.
Hierbei gewinnt die Sanitatspolizei folgende unleugbare
Vortheile:
1. Die Behandlung milzbrandiger Gadaver, FeUe und Haute
Gesetegebnng über Milzbrand. 2^7
befindet sieh in sachkundigen Händen; die Geßihr wird auf
eine geringere Anzahl von Personen beschrankt, die dnrch Be-
lehrung und Erfahrung mit jenen umzugehen und sich zu
«chützen gelernt haben; wahrend unter den entgegengesetzten
Verhältnissen, insofern die besprochenen Proeeduren sehr oft der
Sache Unkundigen und zugleich Unwilligen anvertraut sind, die
Gefahr der Ansteckung ohne Zweifel grosser erscheint;
2. die Gefahr wird auch dadurch vermindert, dass die un-
bequeme und immer grosse Vorsicht erheischende Procedur des
Verscharrens der Cadaver wegföllt; denn
3. die Abdecker erreichen diese auf andere, nebenbei
nutzenbringende Weise, zerstören zugleich dadurch das Milz-
brandcontagium und beugen der Gründung neuer Malariaheerde
vor, die unfehlbar der Landschaft aus den VerscharrungsplStzen
erwachsen, wenn die Cadaver, wie es unzweifelhaft oft geschieht,
nicht hinlänglich tief vergraben und hinlänglich hoch mit Kalk
beschüttet werden;
4. es ist nicht zu verkennen, dass es manchem Viehbe-
sitzer, dem jahrlich 5 Procent und mehr seines Rindviehbestan-
des zu Grunde gehen, recht wohl an Land oder geeigneten
Plätzen zur Verscharrung mangeln kann; auch beschwert der-
selbe sich mit Recht darüber, dass ihn das Gesetz d^n no-
thigt, in seiner Nähe möglicher Weise recht ansehlUfehe Ver-
scharrnngsplätze anzulegen, deren Emanationen, jo sorgfältig
sie auch angelegt sind, von Menschen und Thierfh jederzeit ge-
mieden werden müssen und auf denen Nichtig' cultivirt werden
kann; diesen Uebelständen wird abgeholfe^^.
5. Es wird der Sanitätspolizei verhältnissmässig leicht, eine
wirksame Controle über Beobachtc^ng vorgeschriebener Vor-
siohtsmaassregeln bei der Verarbeitung der Cadaver in den Ab-
deckereien auszuüben;
6. die Behörden können sich jederzeit von der Desinfection
der Felle und Häute und der Art der weitern Nutzbarmachung
der Cadaver überzeugen; endlich
15*
228 Kantz, Reform der
7. 68 kftnn mittelst gesetzlich vorgescbriebeiier geoAoer
Listenfolirang der Abdecker die polizeiliche Meldung Seitens
der Viehbesitzer controlirt werden and umgekehrt.
Dieee Vortheile sind so OTident, das« etwaige Nachtheüe,
die, Misser der Venurboitang in den Abdeckereien zelbzt, etwa
noch aas dem Transport der Gadaver erwachsen konnten» da-
gegen nicht ins Gewicht fallen dürfen, Sie berechtigen uns
noch einen Sdiritt weiter an gehen. Wir stellen fSr gefallenes
Rindneh und Pferde geradeso die Forderung anf» dass, wenn
der Besitzer nicht nach TMrschriftsmissiger Weise das Vieh
unter Unbrauchbarmachung der Haut verscharren lasst, er das-
selbe dem Abdecker überliefern muss, da das Abhauten sol-
cher ToluminSsen Thiere doch zu umständlich» zeitraubend, mit-
Gefahren verknöpft ist und zuviel Abfalle hinterlasst. Schweine
werden nicht abgehäutet; wir lassen daher für sie dieselbe For-
derung gelten.
Bezüglich des Transports bemerken wir noch, dass das
Gesetz sich gegen die damit verbundenen Uebelstande zu
schützen vermag durch besondere Vorsehriflten » für welche wir
das Reglement der K5nigl. Regierung zu Potsdam vom 19. Oc-
tober 1865» betreffend die Ausnutzung der Cadaver der an der
Lungenseuche gefallenen Rinder, mutatis mutandis als Vorbild
empfehlsn. Spezielles musste allerdings noch hinzugefügt wer-
den, z. B^.das Verbot Hunde mitzubringen, undichte Karren
au gebrauchen« Wir können hier nur andeuten, was. die tech*
nischen Behörden, wenn sie sich der Sache überhaupt anneh-
men, detaillirter beatimmen müssen.
Bs ist bereits angeführt, dass auch dem Abdecker die po-
lizeiliche Meldung obliegen müsse, diese Forderung muss
grundsatzlich festgehalten werden, da unserer schon mehrfach
ausgesprochenen Ueberzeugung nach nur auf der Basis genauer
Kenntniss der Morbilitatsverhaltnisse eine wirksame, dem Leben
adäquate Sanitatspolisei mit möglichst milder Praxis und mög-
lichst sicherem Erfolge sich aufbauen kann. Wir sehen zwar
Gesetigebang über Hilsbrand. 229:
den Vorworf roraiM, dass das rigorose Verlangen der polieei«
lieben Meldung k t6iit priz dem Publikam soviel neue Lasten
auferlege, dass es~ vernintblieb voraieben werde, die guten alten
Zeiten, da Jeder maeben konnte, was er wollte, nocb lanjger
erhalten zn seben. Das mag wobi sein; das Pablikom ist es
jedoch vberbanpt nicht, welches Verandemngen wünschte. Ea
befand sich bisher im ungestörten Genüsse ungesetxlicher Vor*^
theile; diese sollen ihm auch fernerhin nicht verknrat werden;
es soll nur dafür, dass diese Vort^eile gesettliche Gestalt ge-
winnen sollen, der Sanitatspolizei gewisse Goncessionen ma-
chen. Das ist doch nicht meht als billig.
Es darf nicht vergessen werden hervorzuheben, dass der
Viebbesitzer bei Meldung von Milsbrandfallen zugleich anzuge-
ben hat, ob der Abdecker requirirt worden ist oder nicht.
Endlich haben wir noch der sogen. Treiber mit einigen
Worten zn gedenken, die oft wochenlang unterwegs sind. Die
Schfifer selbst äussern sich dahin, dass mit dem Holen von
Schalheerden fSglich nur erfahrene Lente ihres Standes betraut
werden sollten, die mit den Krankheiten der Schafe, speeiell
der Blntseuche, bekannt seien; dass jedoch Seitens der Auf«
traggeber Diejenigen gewohnlieh den Vorzug erhielten, welche
die niedrigsten •Forderungen stellen, und dies seien sehr oft
junge un^ahrene Leute. Ob die Schäfer Recht haben, lassen
wir dahin gestellt; indess kann begreiflicher Weise die Lage
solcher Treiber eine recht schwierige werden, wenn sie, anf
dem Marsche befindlich, mit der Blntsenehe zn thun bekommen.
Es leuchtet ein, dass es ihnen schlechterdings nicht gestattet
werden kann, mit abgezogenen Milzbrandfellen auf der Schulter
durch das Land zu reisen, zu herbergen, die Eisenbahn un-
sicher zu machen, wenngleich sie keinen andern Belag für den
Verlust durch Milzbrand haben mögen, als jene. Ebensowenig
kann dem Treiber gestattet werden, abgefeilte Cadaver unver*
scharrt oder unbedeckt liegen zu lassen , etwa im Chanssee-
Graben oder Saatfelde, oder auch sie in einen Fluss oder Teich
S30 Kanti, Keform dar
■n wwteu, deihalb weil ibm oicht «ogldch eio pMiendar Ptats
bakumt oder inr Hnd «ei, »d nelohem «r die C«l«Ter «enn
•nah aar proTisariicli und oberflöchliob Terseharren kÖnote,
Wird dies aber verlangt, so i*t viedemm m berfiokuclitigen,
das* ee den Treiber an hiDieicbeuder Zeit gebricht, nnd der
Mittel, die geeignet eind, iho vor Infectioii ta eebntaen. Ee iat
diea ein Oegenstuid, in welchem ee wirklioh recht «chwierig iat'
den rechten Weg an finden, am nach beiden Saiten hin, ittt
lotereaeen der Viehbasitaer nnd denen der Sanitatapaliaei , ge-
recht an «erden. Stellt man atrengere Fordernngen, ao fallt
man hier lästiger denn irgendwo; begafigt man lich mit mil-
deren, so kommt da« öffentliche Wohl en knra. Bei mSglidt-
eter Rnckaiohtnahma auf das betheiligte materielle Intereau
wird die Sanitatspolisei indeasen nicht nnter folgende Forda-
rnngen berabgehen können:
a) der Treiber bat gefallene Tbiere noabgefellt in eisiger
Eütfemnng Tom Wege verborgen einstweilen li^en an lassen,
vom niobat erreichten Orte ans jedoch , wo die Poliaei davon
in Kenntniss au selten ist, dafür id sorgen, dass die Cadaver
entweder voracbriftsmässig abgefeilt nnd vergraben, oder, wenn
eine aolche in der Nähe, nach einer Abdeckerei gaachaSt wer-
den:
b) hat der Treiber die Cadaver abgefeilt, so hat er am
Aufenthaltsorte die vorschriftimäisige Desinfection der Felle
votnehmea la lassen, bevor sie weiter tranaportirt werden;
e) ist in einer Heerde der Milsbrand aasgeb rochen , ao
darf der Treiber mit kranken Schafen nicht Stallong nehmen;
d) wenn der Traneport einer erschöpften Heerde bei
beieier nnd trockner Witterang fördernd anf das Umsichgreifen
linwirkt, so kann die Behörde das Stationiren
inem daiQ angewiesenea Platie anordnen, da
ständen das Wegschaffen gefallener Thiere be-
den OrtabebÖrden tat Last fallen muss, aa~
reiber, trenn er anf das Abfeilen der Thiere
Gesetzgebung über Milzbrand. 231
nidit Terziohtet, aas Mangel an Zeit verleitet werden konnte,
die« Geschalt ohne Beobachtung der nothigen Caatelen Toran-
nehmen; endlich in diesem Falle aaeh die Gefahr für Ao-
stecknog von Mensehen , besonders durch Insektenstich eine
gesteigerte ist.
Dies waren • ungefähr die für Schafheerden an treffenden
Bestimmangen. Anders liegt die Sache aber wieder, wenn es
sich um Rindvieh handelt« Ist ein solches Stack gefallen, so
ist der Verlast au gross, als dass der Treiber auf die mög*
Jicbste Verwerthang des Cadavers verzichtete, — wenn dies
nämlich das Gesetz nicht mehr verbietet. Da die Krankheit
bei Rindvieh indessen sehr oft nicht so schnell verlauft, wie
bei Schafen, so dass das ergriffene Stack gewöhnlich noch bis
zum nächsten Orte getrieben werden kann, so wird der Treiber
auch erst hier das Weitere vornehmen. Es liegt auf der Hand,
dass er am besten that, das kranke oder todte Vieh dem Ab-
.deeker zu nberliefern. Stürzt ein Stuck jedoch, was nicht sel-
ten geschieht, plötzlich todt zusammen, so giebt es wieder
keine andere Wahl, als vom nächsten Orte aus die Verschar-
rung zu veranlassen, oder den Abdecker zu requiriren. Wir
haben bereits früher erörtert, weshalb das Abhaaten grosserer
Thiere nur in den Abdeckereien vorgenommen werden darf,
eine Forderung, die durch die eben geschilderte Situation in
ein sehr helles Licht gestellt wird. —
Wir kommen zum zweiten Theil des §. 114. Es ist be
reits^m ehrfach der Verscharrung der Cadaver Erwähnung ge-
schehen; wir müssen noch etwas ausführlicher in den Gegen-
stand eingehen« Theorie und Erfahrung lassen es gleich. noth-
wendig erscheinen, behufs vollkommenster Zerstörung des Milz-
brandcontagiums und Verhinderung von Malariabiidung der
Cadaver sich dadurch zu entledigen, dass man sie kunstgerecht
verscharrt, wenn man sie nicht in die Abdeckerei sendet. Ca-
daver abgefeilter Schafe bleiben häufig auf freiem. Felde liegen,
Füchsen, Hunden, Insekten zur Speise, eine Quelle neoer Mi»-
232 KaBts, Ust^m der
kuri«. Die eiaeohlagige Literatur silüt lahlreiche Beispiele voe
der Thftteaehe «af, deae die Umgebiuig sckleeht oder gar nicht
▼eraoharrter Gadarer aar Bmtatatte letaterer ward , daas dea*
halb a« B, Heerden nioht aber aolehe Stelleii getrieben werden
dürfen, ohne Gefahr an laufen, der Krankheit anheim an fallen«
Ist doeh daa Futter» welches anf aolohen Stellen wachst, nicht
aelten gift^, eine Sache, die jeder Schafer bestätigt and nicht
auf Beobacbtangsfehlem beroht*}« Dem entsprechend ist aaeh
neuerdings im Schoosse der landwirthachaftliohen Versamnlong
au Nordhansen die gründliche Beseitigung der Oadaver als
hauptsächlichste Bedingung anr Verhinderung der Mafaffialni-
dnng hingestellt worden.
Lasst also der Besitaer das gefallene Vieh nicht durch den
Abdecker abholen, so liegt ihm unausweichlich ob, dassdbe
Torschriftsaiassig, d. h. in einer 6 Fuss tiefisn Grrube au Ter*
graben und mit Kalk, Erde und Steinen an bedecken, Aok Ca-
daver mnss Tor dem Versenken die Haut resp« das Fell durch
kreusweises Durchschneiden nnbrauohbar gemacht werden«
Nun wird swar von aUen Seiten her beriditet, dass der-
gleichen rergrabene Cadarer wieder ausgegraben werden» um
Wolle, Fell oder Haut, selbst das nahrhafte Fl«soh noch an
Terwerthen. Besonders sind die Felle der G(egenstand der Hab-
ancht» Indessen haben wir bereits gesehen, dass das Wolhieh
in der Regel durch die Besitaer selbst abgefeilt wird; ein Theil
ferner geht schon jetat in die AbdedLcreien. Der Geschäftigkeit
jener thierisehen Habsucht bUebe hiernach hauptsachlich die
Ba|it vergrabenen GrossFi^'s übrig; dass sie eich dann mit
dieser nieht begnaden und auch Tom Fleische mitnehmen wer-
den , iik aller^ngs sehr glaubhaft. So lange daa Verscharren
gesetalich msgefnhrt werden muss, wird dieser Uebelatand auch
*) Siehe Beispiele von ungewöhnlicher Tenacitat des Contagioms
an Häaten, Haaren, dem Erdreich von Verscharrangsplätzen t>el
Heasinger.
GesetzgebvDg ober Milzbrand. 33S
bestehen bleiben. Das beweist jedoch nur, dass auch das wei-
seste Geset« noch umgangen werden kann; deshalb behaupten,
das Gesetz tange nberhanpt Nichts, ohne etwas Besseres an
dessen Stelle tu setzen, das wSre nnverstandig.
Diebe haben Eile nnd arbeiten im Dankein; das Gesdiaft
des Wiederausgrabens droht ihnen daher mit doppelter Gefahr.
Das lässt sich aber in keiner Weise andern; dass sie durch
Ansteckang die Strafe an sieh selbst voUaogen, das w£re Ab*
sdireckangsmittel, kann man aber nieht wansdien»
Halten wir schon die FSUe, wo der Mensch, sich «dbtt
enirwwdigend, nach Leichen grabt, nicht Ür haafig, so will
uns doch das Exhnmiren derselben aas TorsdiriftsmSssig ange-
legten Graben dnrefa reiesende Thiere noch seltener bedonken.
In seiner Heimath lasst sieh der Schakal allerdings dareh Kalk
und Steine nidit abhalten, des Cadavers sidi aa bemächtigen;
welche Thiere jedoch dies in ansem ealÜTirteren Gegenden
than könnten, nm mnsre hygienischen Bestrebangen ad absar-
dam sa fahren, das Tcrmogen wir nicht ausfindig so machen.
Wir fragen, was soll geschahen, wenn die Yiehbesitser das
Vergraben fSr au gefahrlieh and au beschwerlich oder far nn-
nata ansgeben? Leben wir denn in den Steppen Rnaslands oder
den Prairien Amerika's, nm rahigen Gewissens das beispiellos
gif^e Aas, seiner natarlichen ymhallang beraubt, da liegen au
lassen, wo es fiel? Es bleibt keine andere Wahl, als Abdecker
oder Verscharrung; tertium non dator. Die Sanitatspoliaei halte
sich von jedem Eingreifen fem, wenn sie einen positiven Nutzen
sa erwarten nieht bereditigt ist; sie entaussere sich jedoch
keines Zolles Breite von ihrem fechte, wenn dieses klar ist
wie das Lieht des Tages. Aaf eine gana anwesentliche Unbe*
quemlichkeit , welche darch vorschriftsmassiges Herrichten der
Graben verursacht wurde, kann sie keine Rücksicht nehmen;
sie hat auch keineswegs sa befarchten, in diesem Punkte hu*t
au sein, da der Viehbesitaer, je grosser sein Viehstand ißt, in
der Hegel aber desto grossere Arbeitskräfte verfugt.
234 Kaatz, Beforin der
Inwiefern indess Aaa dem Verscharren begründete Cebel-
staade erwachsen, die es for Tortbeilhafter erscheinen lassen,
die ÜDsehadlichmaohong milsbrandiger Cadaver dem Viehbesitser
abznnehmen und dem Abdecker aofsatragen, ist oben bereits
erörtert.
Die Aasnatsang der Cadaver darch letstere durfte eine
sehr verschiedene sein, die Abdeckerei za W. bereitet durch
Behandlung mit Kalk und ßchwefelsaore daraus Fleischguano,
ein trocknes Pulver, welches vielfaeh gebraucht wird, obwohl
es wenig Dungkraft besitst» An anderen Orten soll thierische
Kohle daraus bereitet werden« Giebt das Gesetz die Verarbei-
tung in den Abdeckereien frei, so kann es wenig Interesse
mehr daran haben, welcher Art die Ansnntsnng sei; es hat
nur noch auf Beobachtung aller Vorsichtsmaassregeln zu drin*
gen, deren Unterlassung von Gefahr für das beschäftigte Per-
sonal begleitet sein konnte, ferner auf nnverweilte Inangriff-
nahme der respectiven Verarbeitungsarten, um auch an 'diesem
Orte nnn5thiges Liegenlassen zu vermeiden»
Die ScharfHchtereien geben uns Veranlassung, noch einmal
auf die sog. Polkaschlächtereien zurückzukommen. Ein Abdecker
beklagte sich bei uns, in früheren Jahrgangen habe er 200 bis
300 Stück Bindvieh abzuholen gehabt, jetzt erreiche es höch-
stens 40 bis 50 Stück; seine ConcurrCntea seien die Polka-
schlachter; nicht er, sondern diese seien die Scharfrichter der
Umgegend. Der Mann bediente sich jedenfalls einer Uebertrei-
bung; der Wahrheit entbehrt diese jedoch leider nicht. Es ist
allgemein bekannt, daes jene Sorte von Schlachtern nicht blos
krankes, sondern auch todtes Vieh, gleichgültig welcher Krank-
heit es erlegen, schlachten und verkaufen. Ja, es ist vorge-
kommen, dass sie vergrabenes Vieh nachtlicher Weise wieder
ausgruben , und dass ein Schlächter zu D», der an der Bräune
gefallene Schweine wieder ausgegraben hatte, gesetzlich bestraft
wurde« Das ist aber vermuthlich nur ein Fall unter vielen; im
Allgemeinen wird dieses unsaubere Geschäft in keiner Weise
GesetZigebaog über Milzbrand. 235
gehindert Wo bleibt bier dieSanitatspolisei? Ist es etwa su
schwierig, ein solches Metier ca überwaoben? Mit nichten; es
gekort Dar SachkenDtoiss daza. Durch die EDtdeckang der
Bacteridien ist es fiir SachTerstaodige in der That leicht ge-
-worden, aas einer geringen Menge Blutes, die sich in solchen
Schlachtereien noch vorfindet, nachdem das Fleisch Tielleieht
langst beseitigt, die Verwendung miUbrandigen Fleisches nach-
anweisen. Auch die Felle und Haute durften in solchen An-
stalten nicht selten der sofortigen Behandlung mit Kalk oder
Kalkwasser verlustig g^hen und dadurch sur Entdeckung einer
ungesetzlichen Handlung fuhren. Eine solche Gesetzesübertre-
tung aber nach dem bisherigen Strafmaasse zu sühnen, durfte
keineswegs dauernde Remedur verbargen, da derartige Ge-
schäfte, in der Nahe grosserer Städte gelegen, viel zu sehr
prosperiren, um durch solche kleine Eventualitäten sonderlich
geschädigt zu werden« Aber auch eine Erhöhung des Straf-
maasses genügt nicht, wenn sich nicht zugleich die Sanitatspo-
lizei permanent erklart, d. h. für die erwähnte Sorte Schlachter
eine sich auf alles Schlachtvieh erstreckende durch Sachver-
standige verrichtete Fleischbeschau einführte. Aber der Kosten«
ponkt? *-* Wird sich schon finden!
Wir bemerken noch, dass der Regulativ-Entwurf vom 11.
April 1857 §. 49. das Ueberschütten mit Kalk nicht erwähnt,
wir meinen, vergessen hat. Weniger das Herbeischaffen des
Kalkes, als das Herstellen der Grube ist das Unbequeme für
den Besitzer; ferner ist oder soll der angewendete Kalk ge-
jradd die hauptsachlichste, nicht die Nebennrsache am Unsehäd-
lidiwerden des vergrabenen Cadavers sein. Die Commission hat
sieh's, wie ans dem Entwürfe zu sehen, zu leicht gemacht. Wir
verweisen auf unsere früheren Ausführungen«
Gegen den Schlu^ssatz des §• 114. scheint Nichts einzu-
wenden, vorausgesetzt, dass unter den „Thierarzten'* schledithin
— lediglich approbirte Tbierarzte verstanden werden. Man
mag die curative Praxis den Schäfern etc. zugestehen, anf dem
236 Kantz, Reform der
Gebiete wiesensohaftlioh ezaeter Dinge hftbeo diese jedoch
Nichts BD thun, lieben sie nbrigens «aeh oieht in Verlegenheit
ku ginratheo. Eine Obdoetion ist eine Handlang höherer Be-
deutung, als das Verordnen Ton Rossgaben eines trivialen Heil-
mittels; dasn gehören concreto Kenntnisse und ein geschaltes
iJrtheil. Die Obdnction eines milibrandigen Thieres ist aber
sogar eine Sache poliseilieher Natar, die der Staat, der in die
Lage kommen kann, Ton dem Obdaoenten ein Gntachten ein*
anfordern, ansachrerstiindigen fiSnden nicht anTertraoen kann
noch darf. Den approbirten ThierSrsten wird dnrch dieses Ver-
bot ansserdem die öffentliche Anerkennung höherer LeiatangeB
gesetalich verbürgt.
§. 116.
»Sammtliche mit dem kranken Thiere in Bernhrnng ge-
wesene Gegenstande, die von demselben xarnckgebliebenen
Aaswarfsstoffe, der Stall, in welchem sieh dasselbe befanden,
müssen theils vernichtet, theils nach Vorschrift der Desinfec-
tions- Instruction gereinigt werden," — eine lobenswerthe , in
ihrer gebraachlichen Anffassung aber ondarchfahrbare Bestim-
mung.
Wir schicken voraus, dass dw Regulativ-Entwurf von 1857
den Stall einfach nach dem von ihm angegebenen Desinfections-
Verfahren desinfidrt wissen will, sich jedoch in diesem selbst
auf keinerlei Weise von dem ubersohriebenen Paragraphen ent^
fernt.
Die Unhaltbarkeit desselben mass einleuchten, wenn man
den thatsachlichen Verhfiltnissen Rechnung tragt, ohne Rücksicht,
anf welche er aogenscb einlieh erlassen ist. Man mass billig be-
sweifeln, ob bei Abfassong des Paragraphen anch an den Mila*
brand der Schafe gedacht worden ist. Ob^eich im Anhang der
Gesetz - Sammlung vom Jahre 1835 Seite 60 sab 1. die Blut-
seuche der Schafe als Milsbrandform anfgefahrt steht, so redet
dennoch der §. 114. des Regulativs von 1835 nur von „Hant
und Haaren", nidit auch von Fellen and Wolle, ein Umstand^
Gesetsgebong über Milzbrand. 237
den der Richter im Notbfalle onsweifelhaft sa Gunsten eines
CoDtraTei^ienten geltend machen konnte. Diesem entsprechend
scheint auch dw keineswegs. verbesserte Regulativ-Entwnrf noch
nicht diese Thiergattung eineneehliessen. Erst im Jahre .1862,
seitdem durch das' Lehrer- CoUeginm der Thierarsneischnle die
Blntseache der Schafe ausdrücklich als höchst acute Erschei-
nungsform des Milebrands erklart worden war, werden officiell
die Bestimmungen des Regulativs auch auf Schafe ausgedehnt.
Das Gutachten des gen. Lehrer-Goliegii h21t zwar die An-
wendung der regulativischen BasCimmungen uud somit auch,
was uns hier besonders interessirt, des $. 115. auf Schäfereien
«
für möglich; aber gerade dieser Umstand, das Snbsummiren
der Blutseuche unter den Milsbrand des Regulativs, stellt die
Undurchfuhrbarkeit des letsteren redit in^s Licht.
Um dies nachzuweisen, müssen wir wieder die Betrachtung
tbeilen. Nehmen wir suerst grossere Thiergattnngen , also vor
Allem das Rindvieh:
a) haben wir es mit einem Stalle zu thnn, in welchem nur
ein oder wenige Stucke untergebracht sind, so ist die Sachlage
eiitfach. Der Stall kann taglich gereinigt werden, eine Desin-
lection desselben ist weder schwierig, noch umständlich, noch
yerhaltnissmassig kostspielig. Augenscheinlich hat das Regulativ
nur diesen einfachsten Fall im Auge gehabt;
b) wie steht es aber, wenn in. einem grosseren Stallge-
bände, welches eine höhere Stückzahl beherbergt, ein oder
mehrere Thiere befallen gewesen sind? Nach dem Wortlaut
des Gesetzes mnsste wiederum der ganze Stall dem Des-
iafectionsverfahren unterworfen werden. Dass dies in praxi
nicht geschieht, ist ebenso unbestr«tbar, wie <]ass eine solche
Forderung wegen ihrer Masslosigkeil den Charakter der Un-
möglichkeit an sich trüge. Sie würde aber auch offenbar mehr
▼erlangen, als nothwenig ist; der RigorositiU einer solchen wurde
aus dem ganzen Bereiche der Sanitatspolizei kein Analogen
an die Seite zu setzen sein. Der Paragraph ist also vermuth-
238 Kaiitz, Reform der
lieh in einem andern Sinne sn verstehen, in welehem, wie wir
meinen, der den Milsbrand betreffende Theil der Derinfections-
Instmction des Regnlativs im §^ 36* den Sehlnssel liefert.
Alinea 1. desselben sprieht aasdroeklich nnr von milabrandigen
Tfaieren, also folgerichtig aaeh nar von snrockgebliebenen Bx-
crementen nnd dem Lagerstroh solcher; demgemass können
auch, wenn die Stalle «in ihren einseinen Theilen*' mit Sorgfalt
desinficirt werden sollen, unter diesen nnr die mit den gefalle*
nen Thieren in Berahmng gewesenen Tbeile verstanden werden.
Wir können daher Ko erber (a. a. O. Seite 198) nicht bei-
pflichten, wenn er dem §. 115. die Intention einer jedesmaligen
totalen Stallreinigong unterlegt, selbst dann, wenn aaoh nar
1 Stück mit Tode abgegangen sein sollte. Diese allerdings ge*
braachliche Auffassung des Paragraphen yerbietet sich selbst;
ist dagegen unsere Interpretation antreffend, so gestalten sich
die Verhaltnisse ungefähr den sub a. angegebenen gleich, d. h.
es ist von den Stellen, an welchen die kranken Thiere gestan-
den, Lagerstroh nnd Dünger wegsnscbaffen , Krippen, Raufen
etc. an und in der Nahe von denselben sind instmctionsgemass
an reinigen, aber mehr als diese partielle Reinigung wurde
nicht verlangt sein. Man wird einräumen, dass in dieser addu-
cirten Bedeutung die gesetzliche Bestimmung durchaus nicht
mehr unbillig erscheint; sie jedoch noeh mehr abschwachen,
hiesse sie ganz aufheben.
c) Schwieriger wird die Sachlage, wenn die Krankheit nu-
merisch oder zeitlich einen solchen Grad von Ausdehnung ge-
winnt, dass nur in der vollständigen Bvaouation des Stalles
Abhülfe zu finden scheint. Der Sanitatspolizei wird es hier
deshalb nicht leicht, sich zu orientiren, da der Zeitpunkt, wenn
sie einzuschreiten habe, ohne einen gewissen Grad von Willkür
nicht zu bestimmen ist; er kann zu früh oder au spat getroffen
werden, und hiemach zu viel oder zu wenig behördlicherseits
geschehen. Erwägt man aber die näheren Umstände, wie sie
sich nach der Individualität des Falles verschieden gestalten,
Gesetzgebung über Milzbrand. 239
80 wird man gleichwohl die Unamganglichkeit eine» dem die*
cretionaren Ermessen za überlassenden Einschreitens begreiflich
finden. Dieses wird z. B. ein anderes sein müssen, wenn die
Krankheit in vereinzelt aaf einander folgenden Fallen als langer
dauernde Enzootie eines Stalles auftritt, als dann, wenn sie
binnen kurzer Zeit mörderisch den Viehbestand decimirte; es
wird sich femer darnach richten müssen, ob die eingeleitete
Untersuchung etwa in den FütternngSTerhältnissen oder in lo-
calen, primärer Erzeugung von Milzbrandmalaria günstigen Bo-
denbedingungen , oder in direet oder indirect vermittelter In«
fection die Ursache des gesteigerten Auftretens der Krankheit
finden zu müssen glaubt; endlich wird die Sanitatspolizei ans
der Reserve hervorzutreten veranlasst sein, wenn sie nachweisen
kann, dass die Verschleppung und Cumalirung des Milzbrands
in einem Stalle, Hofe, selbst Orte die Infection von Menschen
in höherem Maasse befürchten lasst, oder schon zur Folge ge-
habt hat. Es ist hieraus ersichtlich, dass es stets ein willkür-
licher Act wäre, den Zeitpunkt des Einschreitens, anstatt ihn
von der gründlichen Erwägung der speciellen Umstände abhängig
sein zu lassen , lediglich nach der absoluten Anzahl thierischer
Erkrankungs- und Todesfälle festsetzen zu wollen.
Wir verhehlen uns keineswegs, dass wir uns dem Einwände
eines Vorwurfes aussetzen, wenn wir in dieser etwas difficilen
Frage die Willkür ausgeschlossen wissen und gleichwohl die
Entscheidung den Behörden auf Discretion überlassen wollen.
Dieser Einwand ist scheinbar berechtigt ; in Wirklichkeit erweist
er sich jedoch als nicht begründet, wenn man nur der Voraus-
setzung, von welcher wir ausgehen, nicht vergisst, dass die
Sanitätspolizei in den Stand gesetzt ist, der ofiPentlichen Hy-
giene eingehenderes Interesse zu widmen, als bisher. Es ist
Pflicht derselben, sobald ihr ein Vorkommen der in Rede ste-
henden Art rapportirt ist, sich vermittelst ihrer amtlichen Stel-
lung in Kenntniss desselben zu erhalten; dies ist unbedingt
2iO Kunti, Reform der
nothig, dean nnr aas der CombinatioD aller concarrirenden
Umstände ist Uriheil nnd MasBoabme sn gewinDen.
Es ist hierbei daranf aoünerksam sa maohen, dass die Sa-
nitatspoiisei ihrea Standpunkt nicht sn einem rein yeterinar-
poliseiliehen Terandern darf; das Interesse der Veterinarpolisei
ist in dieser Sache ein nnmittelbares, nicht das ihrige. £s
konnte ihr siemlidi gleichgültig sein, wieviel Schafe oder Rinder
in Grunde gehen^ wenn sie infolge dessen, besonders unter un-
gunstigen SpeoialTerhiltnissen, nicht für das Wohl der Menschen
befürchten müsste. Hatte sie hinreichende Ursache, Forderun-
gen sn stellen, wenn im concreten Falle alle sonstigen Vor.
siehtsmaassregeln, Unglück su verhüten, befolgt wurden? oder
die Gefahr für Ansteckung von Menschen nicht vorläge?
Trots der Unmöglichkeit, die vorliegenden sehr verschie-
denartigen Verhaltnisse unter eine bestimmte Schablone su
bringen, erkennen wir an, dass es erwünscht sein müsste, be-
stimmte Anhaltspunkte für ein sanitats-poliaeilicfaes Handeln zu
besitsen. Als eine ungefähre Kichtschnnr für letateres Hesse
sich etwa Folgendes empfehlen:
a) die Sanitatspolisei dringe auf totale Reinigung nnd.
dann jedesmal auch auf Evacninuig und Desinfection des Stalles,
wenn sie die Ueberaeugnng gewonnen hat, dass der Stall selbst
die Statte der Milabrandmalaria ist (ein gewiss sehr seltener
Fall);
ß) wenn die geBctslich vorgeschriebenen Vorsichtsmaass-
regeln nicht ausgeführt werden (partielle Reinigung, Wegschaf-
fen von Blut, Fontanellenleder etc.) und hierdurch vermuthlich
Ansteckungen bewirkt sind;
^) wenn trotz der Anwendung jener im Warterpersonal
durch anderwelte Unvorsichtigkeiten nidit verschuldete Mils-
brandinfectionen vorkommen, also namentlich Fliegenstich«
Noch mehr nnd noch pracisere Anhaltspunkte zu geben ist
nicht möglich; ebenso wenig, eine noch straffere Polizei zu
Geset^gebiing über Milzbrand. 241
aben , ohne fnrcbfcen sa massen, darch Uebertreibaiig wieder
Alles in Frage zu steUen« «
Wie gestaltet sich nun, swntens, die Sache bei Schafen?
d) handelt es sich onr nm ein oder wenige Thiere in
einem beschrankten Stalilokale, so ist die Sachlage der sab a»
angegebenen analog.
e) Wenn jedoch «in oder mehrere Stacke eines grosseren
St^bestandes fallen, hat es da einen Sinn, eine partielle Bei*
nigang and Desinfection des Stalles ea erlangen? Oder, da
dies unmöglich, soll die Sanitatspolisei so weit gehen können,
deswegen die Evacairang und Renovirang des gansen Stallge-
bäades sa decretiren? Das hiesse, Kanonen auffahren um Sper-
linge todtzubchiessen. Man wurde dadurch so manchen Sch^e-
reibesitaer, in dessen Ställen die Blutseuche nie gans ausgeht,
swingen, auf das Halten von Wollvieh überhaupt su verzichten,
denjenigen aber, die den ungebetenen Gast seltener bei sieh
sehen, vorkommenden Falles Opfer auferlegen, die mit dem
durch die Krankheit selbst herbeigeführten Verluste in keinem
Vergleiche stehen. Die Räumung eines Rinderstalles würde
hiergegen noch von geringfügigem Schaden sein« da eiu solcher
der ordnnngsmässigen Reinigung ohnedies öfters unterliegt
(wöchentlich und haufigw); Schafstalle dagegen werden ihres
Düngerdeposituras in der Regel nur zweimal jährlidi entledigt
und zwar zu einer Zeit, wo der Dünger passend unter den
Acker gebracht werden kann, also zum Frühjahr und Herbst,
Dass dieser unter solchen Umstanden sieh zu einer sehr be-
deutenden Menge anhäuft, erhellt daraus, dass man auf 1 Schaf
jährlich 1, also auf 200 Schafe jährlich 200 grossere Fuhren
Dünger rechnet.
f) Erst dann, wenn der dem sab c. beschriebenen analoge
Fall eintritt, hat die Sanitätspolizei die Pflicht, zu interveniren.
Die Anhaltspunkte für ihr Handeln sind im Allgemeinen die«
selben, wie bei c, nur sind selbstverständlich die sab ß, und y.
Mag. f. Thierheilk. XXXVI. 2. If^
242 Kuntz, Reform der
gegebenen Gesicbttpaokte dabio sn Terandern, dast eine par-
tielle Reinigung, bestehend in Beseitigang von Dfinger nnd
Lageretrob, nicht stattfinden kann.
Wir haben in Vorstehen dem die Bedingungen festgesetst,
unter welchen die Stallreinignng eintreten, desgleichen wel-
chen Umfanges sie sein müsse; es fragt sich, welcher Art sie
sein solle? Vielleicht die schwierigste Frage im gansen Gebiete
der Milzbrandgesetzgebnng.
Wenn das Regulativ im §. 26. der Desinfeetionsinstrnction
zunächst vorschreibt, dass Aderlassblnt , MiUbrandjauche etc.
durch Salpetersaure oder unverdünnte Seifensiederlauge eu ent-
fernen seien, so ist das einfach gut zu heissen; es dürfte wenig
Unterschied machen, wenn hierzu ein anderes kraftigeres Des*
infectionsmittel genommen wird, eine Chlorkalksolutiou, Schwefel-
saure. Es ist dies eigentlich so selbstverständlich, dass man
vom Besitzer in der Regel die Ausführung dessen aus eigenem
Antriebe annehmen kann. Nicht so von dessen Dienstpersonal;
man wird daher gut thun, die Vorschrift bestehen zu lassen.
Sie ist besonders wichtig für Rindvieh und Pferde, da bei die-
sen die Milzbrandabfalle bedeutender sind als bei Schafen und,
da das Vieh seinen bestimmten Platz hat, also die contagiosen
Materien nicht im Stalle umherzutragen vermag, mit Leichtig-
keit entfernt werden können. Aber auch in Schafstallen wird
sich dann und wann die Möglichkeit finden.
Wenn jedoch der §. 26. weiter vorschreibt, dass die zu-
rückgebliebenen Excremente der Thiere nicht bloss insgesammt
wegzuschaffen , sondern auch tief zu yergraben oder sonst zn
vernichten, das Lagerstroh dagegen zu verbrennen sei, so hat
er den entschiedensten Widerstand aller betheiligten Kreise
gegen sich. Auch dir Regulativ - Entwurf von 1857 fordert
§. 68« noch simpliciter das sofortige Verbrennen alles mit den
kranken Thieren in Berührung gewesenen Lagerstrohs.
Wir überlassen es den Interessenten selbst, zu specialisi-
ren, welche enormen Verluste ihnen durch die stricte Aus-
Gesetzgebung über Milzbrand. 843
föhrUDg einer derartigen Bestimmang sagefugt werden, and be«
schaftigen uns hier nur damit za erörtern,
1) ob letatere praktisch sei;
2) ob sie einen positiven sicheren Effect haben könne;
3) ob sie überhaupt nothig sei«
ad 1. Angenommen, es handelt sich nur am die Beseiti-
gung der geringen Quantität Danger ond Lagerstroh von ein-
zelnen gefallenen Tbieren, so konnte das Vergraben derselben
wohl noch bewerkstelligt werden. Aber welchen ümfangos
massten die Graben sein, die die ganze Dungermasse eines
grosseren Rind Viehbestandes anf einmal aafnehmen sollten?
Und vollends eines grösseren Schafstalles, der seit Monaten
nicht geraamt worden ist? Um die als contag^ios angesehene
Dnngmasse von der Oberfläche hinlänglich entfernt za halten,
oftosste dieselbe so tief vergraben werden, dass die ganzen Ar-
beitskräfte eines Rittergutes dazu gehorten, um dem Gesetze
schnell genug gerecht zu werden. Ja, es konhte wohl der Fall
eintreten, dass der Besitzer um disponibles Land za diesem
Zwecke in Verlegenheit geriethe.
Wenn aber das Vergraben nicht angänglich ist, aufweiche
Weise soll sonst der Dänger vernichtet werden? Man k5nnte
sich doch nur entweder Verbrennen oder Behandlung mit irgend
einem chemischen zerstörenden Mittel denken. Letzteres setzt
jedoch wieder das Bestellen monströser Graben voraus, während
ersteres, das Verbrennen, nicht minder umständlich, aach noch
die Alarmirung der näheren and entfernteren Nachbarschaft zar
Folge hätte und jedenfalls nicht bloss durch die Kreisblätter,
sondern darch die Zeitungen bekannt gemacht werden musste*
Man fragt sich hier, warum nicht gleich Feuer in den Stall
anlegen?! Nun denke man sich, ein solches Schauspiel auch
noch öfters wiederholt.
Wird Dünger und Lagerstroh für derartig ansteckend ge*
halten, dass dergleichen absolat vernichtet werden muss, so
entsteht übrigens das Bedenken, dass durch den Transport
16*
244 Knntz, Beform der
sfteh der Grobe oder Brandstätte reiche Gelegenheit zar Ver-
streaung geboten wird ; dass dann auch die D fingerwagen noch
verdächtig werden. Darch leichte Dorehfahrfoarkeit nnd Ver-
träglichkeit mit dem praktiichen Leben seiehnet sich also die
gesetsliche Bestimmung nicht aas, und dieser Uebelstand wird
noch dadurch erhöht, dass er angemein grosse pecnniare Ver-
laste mit sich fahrt, die, wenn der Milzbrand nicht zngleich
menschliche Opfer fordert, eine genagende Rechtfertigung nicht
finden.
Ad 2. In froheren Zeiten vertilgte man die Feinde der
Caltar mit Fener nnd Schwert; aoch Seachen and Pest wosste
man nur anaugreifen mit Rauch und Feuer. Solche Mittel sind
jedoch unserem Cultur-Zustande nicht mehr entsprechend; wir
bedienen uns jetzt, wenn es nothig.und natslich ist, der be-
scheidenem Mittel, welche die Chemie liefert. Solche worden,
iu grossen Massen angewendet, aof Dungergruben wohl einen
zerstörenden Einflnss ausüben. Zu dem Verluste des Dangers
käme aber noch das Opfer der Ausgabe für das iu grossen
Massen zu beschaffende chemische Desinfectionsmittel. Ver-
wendet man zu geringe Mengen desselben nnd wird es ausser-
dem, was doch unerlassliche Bedingung ist für einen einiger-
maassen sichern Brfolg, nicht gleichmassig mit dem Danger
verarbeitet, so dient es nur dazu, eine nominelle, keine factisohe
Desinfeetion herbeizofuhren* Damit ist jedoch wiederum der
Besorgniss Raum gegeben, dass der compact vergrabene Dün-
ger naditraglich zu einer viel th&tigeren Quelle von Milzbrand-
malaria wird, als er es vorher gewesen war. Der Bffect ist
also, wenn man nicht zum Feuer greift, nichts weniger als un-
zweifelhaft.
Ad 3. Die Bestimmung ist jedoch nicht einmal nothwendig,
da auf anderm Wege dasselbe erreicht wird. Im Allgemeinen
durfte es vollständig ausreichend sein, Danger ond Lagerstroh,
sei es von emzelnen Thieren, sei es von einem ganzen Stalle,
wenn diese Calamitat wirklich aber den Besitzer verhängt wik'd.
GesetzgebuDg über Milzbrand. 245
nnversäglich unter den Acker za bringen, oder, wenn dies
weil mit der Bestellangszeit nicht sasammenfallend, oder wegen
Mangels an disponiblem Acker, unanganglich ist, anf einem ab-
seits gelegenen Landesstacke sa deponiren. Nicht an billigen
und deshalb an yerbieten ist die Vermengung des Dangers
and Lagerstroh's mit dem anf dem Hofraame aofgesammelten
Vorrathe.
Die BefSrchtang, dass darch offene Ablegang des Dangers,
der anvor bestimmangsmassig von den eigentlichen milsbran-
digen thierischen Abfallen gereinigt resp. desinficirt wnrde, aar
Uebertragang des Giftes aaf Menschen nnd Thiere sowie aar
Emanation von Milzbrandmalaria Veranlassnng gegeben würde,
theilen wir nicht. Den Folgen einer nnterirdischen Verbergang,
bei welcher das Contagiam nicht aufgehoben sondern aufbe-
wahrt wird, .ganz entgegengesetzt, vermögen die hier thatig
werdenden chemischen Agentien der Atmosphäre nnr zerstörend
anf jenes za wirken. Nar wahrend karzer Zeit nach der Abla-
gerang möchten wir dem Danger eine gewisse beschrankte Ge-
fährlichkeit zumessen. Einer thatsachlichen Gefahr jedoch konnte
wirksam Torgebeugt werden dadurch, dass die einzelnen Dan-
gerhanfen mit Kalk resp. Chlorkalk beworfen und Warnangs-
tafeln errichtet werden» -^
Wir haben bereits bemerkt, dass in den Fallen, wo die
partielle oder totale Räumung und Reinigung des Stalles statt-
safinden hat, die Desinfectton nachfolgen muss« Die einfachste
Vorsieht dürfte es dem Besitzer selbst gerathen erscheinen
lassen, die Theile des Stalles, mit welchen das kranke Thier
in Berührung gekommen, desgleichen die Utensilien ete. einer
Desinfection zu unterwerfen, wenn diese auch nur in einfachem
Abwaschen bestände. Für gewohnliche Falle halten wir auch
nicht nothig, dass ein strengeres Verfahren mit Krippen, Rau-
fen, Barrieren, dem Lederzeuge vorgenommen werde; jedoch
verdient die Reinigang, besonders des Platzes, den das Thier
bestanden, mit Chlorkalksolution immer den Vorzug, zumal sie
246 Kantz, Reform der
keineswegs amstäadlieh ond kostspielig ist. Decken sind, wemi
sie von Blat und Jauche freigeblieben , mit siedendem Wasser
und Terdnnnter Seifensiederlange zu reinigen, andernfalls je-
doch mit den gebrauchten Verbandgegenständen am besten
gana eu rerniohten und zwar unter Controle, um gemeine Hab*
sucht abzuhalten. Eisenzeug bedarf ebenfalls nur des Abbrü«
hens und Abwaschens mit Seife. — Nach partieller Reinigung
jedoch den ganzen Stall noch mit Chlorgas zu schwängern, hat
kaum einen Sinn, wenn es sich auch empfiehlt, durch ansgie*
bige Lüftung die Stallatmosphäre zn rerbessern.
Sieht sich indessen die Sanitätsbehörde veranlasst, die to<
tale Reinigung und Räumung des Stalles anzuordnen, so ge-
bieten die Umstände unzweifelhaft auch die totale Desinfection
desselben. Hierüber schreiben §. 11. ad 7. und §. 26« der Des-
infections • Instruction des Regulativs in zweckentsprechender
Weise alles Nothige vor, woran §. 68. des Regulativ-Entwurfs
von 1857 durchaus nichts gebessert noch vereinfacht hat.
Als ein unentbehrliches Desiderat für Ställe, in denen die
Krankheit auftritt, muss ferner eine Mischung von Chlorkalk
mit Wasser (1 auf 200) bezeichnet werden, die von dem Wär-
terpersonal zur Reinigung von Gesicht und Händen fteissig zu
benutzen ist. Mischungen von Essig oder Seifensiederlauge mit
Wasser dürften einen ausreichenden Schutz nicht gewähren, da
sie weder das Conta^ium, das an oder bereits in der Haut
haftet, zerstören noch die Fliegen in dem Maasse wie das
Chlor abhalten, ein Umstand, der, wir wiederholen es, von
nicht geringerer Wichtigkeit ist, als die directe Berührung mit
milzbrandigen Substanzen. Anstatt des Chlors, wenn Chlorkalk
nicht zur Stelle ist, empfehlen wir die Einreibung der Haut
mit Oel und Terpenthinol. Wir werden dieses Punktes ausführ-
licher in der Milzbraudinstruction gedenken müssen.
Die vorstehenden Erörterungen lassen ersehen, wie weit
wir von dem §. 115» wie er in der Regel aufgefasst wird, ab-
weichen zu müssen glauben, wenn wir die reellen Lebensver*
Gesetzgebung über Milzbrand. 2^
hÜltnisse zur Basis unserer Betrachtang und zum Statzpunkte
unserer Forderangen machen. Wir erkennen darans, dass diese
um der Gefahr za entgehen, za allgemein und nichtssagend za
werden, fär die beiden verschiedenen Gategorieen von Gross-
nnd Kleinvieh (also vornehmlich Rindvieh and Schafe) verschie-
den gefasst werden müssen. Zar Erairang einer gesetzlichen
Formel wurden demnach ungefähr folgende drei Hauptsatze ver-
wendet werden müssen:
1) Unter den gewöhnlichen Verhältnissen des vereinzelten
Auftretens des Milzbrands müssen die Ställe dann vom Danger
und Lagerstroh geräumt und gereinigt werden, wenn sie nur
ein oder wenige Stu«k Vieh fassen, ferner von grosseren
Stallen die Plätze, die von kranken Thieren (dies können nur
grossere Thiergattongen sein) bestanden wurden; grossere Schaf-
ställe betrifft dies also nicht; in §. 112. des Regulativs ist
überdies bereits vorgeschrieben, dass Aderlassblut, Haarseile
etc., also auch Milzbrandjauche jederzeit sorgfaltigst zu entfer-
nen sind* Eine allgemeine Desinfection ist nicht erforderlich.
2) Eine totale Reinigung wird nur selten stattzufinden
haben; sie kann niemals von einem Organe der Sanitätspolizei
sondern nur von einer Commission decretirt werden. Einer
solchen muss dann die totale Desinfection nachfolgen.
3) Dünger und Lagerstroh müssen, falls der sub 2. be-
zeichnete Fall eintritt, auf einem freigelegenen, jedoch abge-
schiedenen Landesstacke deponirt .und mit Kalk bestreut wer-
den, nothigenfalls unter Zuhülfenabme einer Warnungstafel;
No« 1. wird hiervon nur betrofifen, wenn es sich um Ställe für
ein oder wenige Thiere oder um Grossvieh handelt, welches
bestimmte Plätze einnimmt.
§. 116.
„Schweine, Hunde, Katzen, Federvieh und andere
Thiere müssen von den Ställen und von den Abgängen
der milzbrandkranken Thiero, sowie von den Gada-
248 Kants, Refonn der
yern derselben aof das Sorgfältigste abgehalten wer-
den« —
ist in erster Linie Teterinarpoliseilichen Inhalts, gewinnt jedoch
far ans entschiedene Bedeatong dorch die Vermittlerrolle,
welche einselne dieser Thiergattongen awischen thierischem
nnd menschlichem Müibrand spielen. Hiermit sind namentlich
Schweine and Hände gemeint. Erstere dürfen tagelang nicht
aaf den Hof gelassen werden, wenn über denselben milsbran-
dige AbfUle and Danger transportirt warden, da sie notorisch
far Infection von der Magenscbleimhaat aas sehr empfänglich
sind and besonders von kleineren Leaten, wenn aach seltener
als krankes Rindvieh, Tor dem Absterben schnell noch an den
Polkaschlächter verkanft werden. Hunde dagegen inficiren vor
Allem, wenn sie Milzbrandabfalle gefressen haben, die von
ihnen gebissenen Thiere, nnd zwar diese hanfiger, als sich
selbst, jedenfalls ein grosser Uebelstand. Warden die Hirten
dnrch eine höhere Empfänglichkeit ihrer Hände far das Gift
genothigt, diese sorgfältiger zn sehatzen, so wärde damit für
die Verhatang einer weitem Yerbreitang des Milzbrands aber-
banpt viel gewonnen sein.
Schwerlich darfte jedoch jemals eine noch so heftige Epi-
zootie es rechtfertigen, Sperrmaassregeln auf alle Hände eines
bestimmten Bezirks za legen. Ei nieachtender wäre der Natzen
davon, wenn diese, nämlich das Tragen von Maalkorben, anter
solchen Umständen aaf sämmtliche Hirtenhande eingeschränkt
warden. Erheblich kSnnte indess aach dieser Natzen nicht sein.
Der vermeintliche Schatz des Maalkorbes wird den Hirten dazu
verleiten, die Hände mehr wie bisher von Milzbrandcadavern
and -Abfallen naschen zu lassen; die gehüteten Thiere bleiben
ebenfalls nicht geschützt und der Hirte selbst hat noch die
lästige Aufgabe, um seine Häuslichkeit zu schützen, den Hun-
den nach der Rückkehr von der Weide die E5rbe vorsichtig
abzunehmen und zn reinigen. Bis dahin aber hat der Hund
des Hirten, wie man leicht einsieht, mit Hülfe des am und
Gesetzgebung über Milzbrand. 249
anterm Maulkorb haftenden Miisbrandblatee yielleieht in noch
höherem Grade als bisher Gelegenheit gefanden, andern Han-
den das Qontagiam mitzntheilen. Wir erinnern daran, dass eine
Verletzung der Haut 2ar Inoculation desselben dnrcbaas nicht
nothwendig ist, dass dieses aach anf unversehrter Bpidermis
Wurzel fasst, abgesehen davon, dass der Milzbrandstoff bei
dieser Gelegenheit andern Hunden auch anf die Mund- und
Darmschleimhaut gelangt.
(Schluss folgt), «
IX.
Ein verbesserter Gebartehakem
Mitgetheilt von Hertwig«
(Hierzu die Abbildung Figur 4. auf Tafel II.).
Die in der thierarztlichen Geburtshnlfe gebrincbliohen
Haken sind, wie bekannt, entweder solche, die einen langen
Stiel mit Handgriff besitzen und bei der Anwendung an dem
Letzteren mit der Hand regiert werden (sogenannte lange
Haken, gestielte Haken), öderes sind die sogenannten klei-
nen Haken, welche statt des Stiels mit einer ringf5rmigen Oeff-
nung (Oehse), zum Durchziehen und Anbinden eines Zugstrickes
versehen sind und die man deshalb wohl auch Ring- oder
Strickhaken nennen könnte. Die eine und die andere Art
kann in verschiedenen Grossen bestehen und an den Spitzen
stumpf oder scharf sein. Je nach der Grosse und Lage des
Foetns und seiner Theile findet bald die eine bald die andere
Form der Haken ihre leichtere Anwendung , und man kommt
bald mit der Anlegung nur eines Hakens aus, bald muss man
deren zwei an verschiedenen Stellen des Foetus anwenden, um
ein stärkeres und mehr gleichmässiges der mittleren Längenaxe
des Beckens entsprechendes Ziehen bewirken zu konneu.
250 Hertwig,
Far diesen Zweck hat man besonder« ein Paar kurze,
Bpitsige Haken im Gebraach, welche in der Art gearbeitet sind,
dass die an ihrem hintern Ende befindlichen Oehsen querer
stehen (im Verhaltniss snr Stellung der Spitse des Hakens
gedacht), und dass die innere (vordere) Seite dieser Ochsen
flach ist, so dass, wenn dieselben Ton beiden Haken an einan-
der gelegt werden 9 sie genau an einander passen und mittelst
eines hindurchgezogenen Strickes fast wie eine Zange den zwi-
^ sehen den Spitzen der Haken gelegten Theil des Foetus fest-
halten. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass es oft recht schwer
ist, die beiden Haken, einen nach dem andern anzulegen und
bis zu dem, von Gehulfen zu bewirkenden Ziehen an den
Stricken, in der richtigen Lage gehörig zu erhalten, — wie
auch: dass wahrend des Ziehens ein Haken leicht aus seiner
Ansetzstelle herausgleitet, wenn das Ziehen nicht an beiden
Stricken recht gleichmässig geschieht, und — dass dann selbst
ft
Verletzungen des Uterus u. s. w. durch den ausr^etretenen Ha-
ken entstehen.
Wegen dieser Mangel hat der Militär - Thierarzt. Riemer
in Danzig an den > in Rede stehenden Haken folgende Verän-
derung vorgenommen, die sich in der Praxis als eine Verbes-
sernng bewahrt hat, und die aus unserer Abbildung zu erse-
hen ist.
Die beiden Haken sind an ihrem hintern Theile, vor den
Ringen (Oehsen) flach und abgesetzt gearbeitet, so dass sie
daselbst wie die zwei Stücke einer Scheere oder einer Zange
auf einandjer passen uud zusammengelegt, vermittelst eines
dicken Nietes (f) beweglich mit einander verbunden sind, —
wahrend sie bei der oben erwähnten bisherigen Einrichtung
blos mit den Ringen gegen einand ergelegt und vermittelst des
durch dieselben gezogenen Strickes zusammengehalten wurden.
Das Schliessen, Zusammenhalten und feste Sitzen der Haken
an den betre£fenden Stellen des Foetus muss auch bei der
jetzigen Einrichtung des Instruments hauptsächlich durch das
ein rerbesserter Geburtsbaken. 251
gleichmassige Ziehen an den beiden Enden des durch die Oehsen
gezogenen Strickes geschehen; aber das Einsetsen der Haken-
spitzen geschieht viel leichter, die Erhaltung in der bestimmten
Stelle ist sicherer, und es kann durch etwa von den Gehnlfen
bewirktes ungleiches Ziehen nicht leicht ein Losgehen des einen
oder des andern Hakens erfolgen; und im Fall Letzteres doch
geschieht, so können nicht leicht Verletzungen entstehen, da
die Spitzen des einen Hakens durch den Bogen des gegenüber-
stehenden zweiten Hakens grosstentheils gedeckt sind.
Unsere Abbildung des Instruments zeigt dasselbe in Drei-
vierteln der wirklichen Grosse und im geschlossenen Znstande,
und die punktirten Conturen deuten seine Erweiterung an,
v^enn die Haken vollständig auseinander gezogen sind. Die
Lange des Instruments in gerader Linie betragt 5 Zoll, die
Breite an der weitesten Stelle im geschlossenen Zustande 2\ ZoU,
die Dicke und Breite der Hakenarme a. h. und b. h. reichlich
% Zoll, die Spitzen c. d. sitid 1 Zoll lang und greifen im ge-
schlossenen Instrument bei e. \ Zoll übereinander; der platte
Stiel zwischen dem Anfange der Haken und den ringförmigen
Oehsen ist 1 Zoll lang, % Zoll breit und an jedem Stücke
fj^ Zoll dick; das Durchschnittsmass der Oehsen ist 1 Zoll, Im
▼ollstandig geöffneten Zustande stehen die beiden Hakenspitzen
3^ Zoll und die Winkel der Haken (etwas über den Stellen
bei h,) 5 Zoll auseinander.
X.
Anzeige.
Handbuch der Anatomie der Hausthiere. Mit be«
sonderer Berücksichtigung des Pferdes. An Stelle der dritten
Auflage der Leyh 'sehen Anatomie und mit Benutzung der
Holzschnitte derselben bearbeitet von Ludw. Frank, Professor
an der Central-Thierarzneischule in München. Mit zahlreichen
262 Lilenuüehtt Anzeige.
Holseohnitten nach Original-Zeicbnongen. I, Hüfte. Stattgart,
1870. Verlag von Ebner et Senbert,
Die Yorliegende erste Hälfte des Handbuchs hat 400 Seiten
nnd enthalt noch nicht die ganse Mnskellehre; es wird daher
mit dem Erscheinen der zweiten Hälfte beträchtlich starker
werden 9 als die zweite Anflage von Lejh's Handbach. Der
Herr Verl hat es für nothig erachtet, den Lejh' sehen Holz-
schnitten noch eine betrachtliche Anzahl beizofngen« Namentlich
sind neo hinzugekommen:
A. Zar allgemeinen Anatomie: 25 Figuren, welche
zum grossten Theile den mikroscopischen Bau der Knorpel,
Synovial - Haate , Zahne, Muskeln, Ganglien und Nerven be-
treffend und zum Theil von anderen Autoren entlehnt sind.
B. Zur speciellen Anatomie sind sogar 99 neue
Figuren hinzugekommen, indem die meisten Knochen einzeln
abgebildet sind, und zu den Muskel -Figuren auch eine Anzahl
hinzutritt, namentlich dievonLejh nicht dargestellten Muskeln
des Kindes und Schweines»
Zu bedauern ist es, dass die vom Hrn. Verf. zugefügten
Holzschnitte nicht alle die Klarheit nnd Deutlichkeit der L e jh'-
schen Holzschnitte erreicht haben, viele sind viel zu dunkel
(schwarz) gehalten.
In der Reihenfolge der beschriebenen Systeme der allge-
meinen Anatomie ist auch eine Aenderung beliebt worden, das
ganze Buch wird überhaupt ein anderes werden, als das Lejh'-
sehe, von dem es ja eben nur die Stelle der dritten Auflage
vertreten soll, wie der Titel besagt.
Druck und Papier sind schon.
Gnrlt.
Mtseelle.
253
XI.
IH i 8 c e 1 1 e
Der Verlast an Pferden and Manlthieren in der
Sardo -Italienischen Armee wahrend des Jahres
18 64 betrug, nach einer in der österreichisch - miiitairi sehen
Zeitschrift (VI. Jahrg. 1865. S. 285 — 288) aus dem Giornale
militare gemachten Zusammenstellung, 2913 Stuck, bei einer
Summe der gansen Armee an Pferden und Maolthieren von
23,145 Stuck, und es war somit im Allgemeinen ein Abgang
von 12 pCt.
Die gesammte Cavallerie (19 Regimenter und die Cbt.-
Normal - Schule) zahlte 13,650 Pferde und ihr Verlust betrug
1737 Stuck, also 12 pCt.
Die Artillerie (10 Regimenter) zahlte 6236 Pferde und ihr
Verlast betrug 849 Stuck, also 13 pGt.
Der Train (3 Regimenter) zahlte 3252 Pferde und ihr
Verlust betrug 327 Stück, also 10 pCt.
Der Verlust entstand:
A. durch T5dtung: bei der CaTallerie
Artillerie
„ dem Train
B. durch Sterben; bei der Cavallerie
„ „ Artillerie
„ dem Train
C. im Gefecht mit Räubern verloren:
bei der Cavallerie
D« von Deserteurs mitgenommen:
bei der Cavallerie
£. an Thierheilanstalten abgegeben:
bei der Cavallerie
„ « Artillerie
dem Train
452
243
56
524
258'
57
751
839
»
85
60J
20
165
364 Miscelle.
F. Ausgemustert verkauft: bei der C*vallerie 664 j
« ^ Artillerie 288 ( 1146
„ dem Train 194]
Demnach verlor die Cavallerie zusammen 1737 \
„ n « Artillerie ^ 8491 2913
„ „ der Train „ 3271
ad A. Die Todtung erfolgte:
wegen Rots und Warm bei . . . .678]
^ anderen anheilbaren Krankheiten 25 1 751
„ Beinbrüchen bei 48 \
Die Abgange bei den einzelnen Regimentern waren sehr
ungleich; am geringsten bei den Gniden (5 pCt.), bei dem
Reg. Nizza and bei der Cavall.- Schale (k 7 pCt.); am grossten
bei dem Lanz.-Reg. Milano (19 pGt.), Mootebello (18 pGt.) and
Aosta (18 pCt.), bei dem leichten Gavall.-Reg, Lodi (18) and
Salaszo (16 pGt.) and dem 6. and 8« Feld -Artillerie-Regiment
(ä 17 und 15pCt.).
Die genannten Lanjsier- und Gavallerie - Regimenter waren
in deu' sädlichen Provinzen gegen die Raaber verwendet wor-
den and ausserdem sind bei dem Regiment Milano und dem
10. Artillerie • Regiment tjpbose Epidemien die Ursache des
grosseren Verlustes gewesen.
XII,
Perstml - Notiz^«
Auszeichnung:
Dem technischen Director a. D. Dr. Gurlt ist der König!«
Kronen-Orden 2. Klasse, — dem Professor a. D. Dr. Spinola
und dem Schmiedelehrer a. D. Hoffmeister der Rothe Adler-
Orden 4. Kl. verliehen worden»
Personal-Notizen. 255
Das Allgemeine Ehrenzeichen erhielten :
G nette, Stabs-Kossarst im 6. Kürassier-Regiment,
Knade, - -8,
Stimming, - - 9. Ulanen-Regiment,
Piran, Unter-Rossarst im 3. Husaren-Regiment.
Der zum Director der Thierarzueischnie in Berlin bernfene
seitherige Director in Hannover, Medicinal-Rath und Professor
Gerlach, hat den Character als Geheimer Medicinal-Rath, der
Professor Dr, Hertwig den Cbarcter als Medicinal-Rath er-
halten nnd der Professor Günther in Hannover ist zum Di-
rector der Thierarzneischnle daselbst ernannt. Der ' Lehrer
Kohne hat den Character als Professor erhalten nnd ist nach
Hannover versetzt nvorden. Der seitherige Repetitor Kreis-
Thierarzt Dr. Schutz ist als Lehrer in Berlin angestellt word«n.
Als Ereisthierarzte sind angestellt:
Thierarzt L Kl. Hoff mann far den Kreis Oletzko,
Brandau far den Kreis Gelnhausen.
Versetzt sind:
Ereis-Thierarzt Perlett von Mayen nach Lauban»
Ernger von Naagardt nach Templin,
Ludewig von Achim nach Bremen.
Thiedeken von Neu-Gramssiel nach Achim.
Kupp von Goldapp nach Pilkallen«
Verzogen sind:
Thierarzt I, Kl. Rind von Gardelegen nach Danzig.
• Schwalle v. Nordkirchen u. Lüdingshansen.
- Buchelt V« Kujan n. Schwammelwitz.
Stabs-Rossarzt Wendtlandt v. Tilsit n. Beigard.
Thierarzt Schimpf n. Gardelegen.
Lindstedt v. Kyritz n. Nenteich.
Uhl V. Tangermünde nach Havelberg.
Fischer v. Blankenburg n. Gemünden.
256 Personal-Nolizen.
Niedergelassen habeo sich:
Thierarzt Utescher in Perleberg.
Bombach in Dortmund.
Mnller in Colmsee.
Hintae in Bismark.
Win b eck in StendaL
Weidenfeld in Potsdam.
Bohle in Potsdam.
Kotelmann in Kletzke.
Gestorben sind:
Stabs -Rossarzt Schmidt in Dasseldorf.
E oberstein in Pasewalk.
Ereis-Thierarzt Richter in Torgan.
Sauer in Wehlan.
Re isner in Wittlieb.
Thierarzt Rnhts in Brnhl.
Lahrs in Achim.
Leae in Arnebarg.
Rossarzt Rossmann in Berlin.
Offene Ereis-Thierarzt-Stellen:
Far den Ereis Mayen nnd Bochem, Regierangs-Bezirk Coblenz.
Nangardt, Reg.-B. Stettin.
- - - Wehlaa, Reg.-B, Eonigsberg,
- - - Schleaslngen, Reg.-B. Erfurt.
Fischhausen, Reg.-Eonigsberg.
Osterode, Reg.-B. Eonigsberg.
Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin.
'fiXT)
%. /
TafM
A !,*f.^^. .t,.l.
Magazin
for die
gesammte Thierheükunde.
cmaLmvi« jaiirfffiMiir« 9. s(a«i£.)
I.
IKe leftm der QmiMgfkümg ither des HUibnid«
Von Dr. Kuntx,
KreisphyBikas de« Rjreises Wanzleben.
(Schluss.)
III.
S p e r r m a a 8 8 r e g e 1 o.
Am Scblasse unserer Abhandlaag erübrigt es noch, den
Sinn ond Zweck etwaiger gegen den MtUbrand anzuordnender
Sperrmaasaregeln etwas schärfer ins Auge zu fassen. Eine nneb-
terne Betrachtung der Saehe lehrt, das« die priacipielle Anf-
rech terhaltung solcher keineswegs mehr sich rechtfertigen lasst,
hochstellt für gewisse exceptionelle Falle die Befugniss der Be-
hörden, davon Gebrauch zu machen, aufrecht erhalten werden
darf, und wean die Gesetzgebung bisher es nicht gewagt hat«
die prineipielle Aufhebung derselben , obwohl sie in praxi so
gut wie gar nicht zur Ausführung gelangen, definitiv auszn-'
sprechen, dies nur einerseits auf dem Hangen an traditioneller
Gewohnlieit, andererseits auf unvollkommenem Orientirtsein in
der Sache beruhen kann. Man ist gewohnt, an der fland der
überlieferten gesetzlichen Anschauung Milzbrand mit gleichem
Maasse £u mcitsen wie Lungeudeuche und Riuderpest, und var-
M«g. f. Tlii«rh«ilk. XXXYI. 3. ] 7
358 Klintf, Reform der
stobst hiermit gegen Erfahning and Bedärfnise dee praktieeheii
Lebeof, ohne den erstrebten Zweck in einer der Rigoroeitat der
Bestimmangen entsprechenden höheren Vollkommenheit sn er-
reichen.
Indem wir anf das bereits frnher über diesen Gegenstand
Gesagte verweisen, bemerken wir, dass die Sperrmaaasregeln sieh
nnr auf folgende Ponkte beliehen können:
1. Aak einem sozusagen infieirten Orte oder GrehSfte darf
kein Donger ansgefnhrt werden.
Wir wiederholen bezüglich dessen, dass wir es im Allge-
meinen für unbedenklich halten, den Dünger im abseits gelege-
nen Felde nntersnpflügen oder haofenweise abenlagem, vorans-
gesetst, dass die eigentlichen MilBbrandstolTe aelbat eebon be-
stimmongsmassig darans entfernt sind, der Dünger also des fixen
Gontaginms schon beraubt ist.. Es ist una iwar ein Fall be-
kannt, dass in einem Schafstalle, in welchem vor einiger Zeit
der Milsbrand geherrscht hatte, letzterer von Neuem auftrat,
als durch Ausräumen des Düngers früher infectios gewordene
Düngerschichten aufgedeckt wurden; ein concludentes Beispiel
jedoch dafür, dass durch den Transport und das Unterpflügen
resp. Auflagern des Düngers im Felde, Dinge, die taglioh vor
unseren Augen geschehen, Infectionen von Menschen oder Thie-
reu herbeigeführt worden waren, können wir nioht ausfindig
machen.
Unter Berücksichtigung des Vorstehenden und der oben
noch angegebenen Vorkehrungen nehmen wir keinen Anstuid»
die Ausfuhr von Dünger nach benachbartem Felde für unbedenk-
lich lu erklaren. Wir halten dagegen den Verkauf desselben
für ganzlich unstatthaft.
2. Dasselbe Verbot trifit das sogenannte Rauhfutter (EFten,
Klee, Esparsette, Stroh etc.).
Es ist schwerlich einzusehen, geschweige denn nachtuweisen,
auf welchem Wege dergleichen Material eines Geh6f%es oder gar
einer Ortschaft die Eigenschaft erwerben soll, ansteckend au
Gesetzgebung über Milzbrand. 359
werden« Diei konnte doch nnr einzelne Partieen Falters tref-
fen, die dnreh nähere oder entferntere Berührung mit milzbran-
digen Thieren oder Häoten (resp. Fellen) als inficirt zn betrach-
ten waren. Solches Fatter ist allerdings nnter Qaarantaine zn
stellen und am besteen zu vernichten, wird jedoch begreiflich
niemals in grossen Quantitäten bestehen können , es mnssten
denn alle gesetzlich vorgeschriebenen Bestimmungen ans dem
A.age gelassen worden sein« Für ein allgemeines Exportverbot
gäbe es jedoch nur einen Rechtfertignngsgrund , nämlich der
Nachweis, dass das Futter eines Geholtes — eines Ortes, ist wohl
nicht denkbar — die primäre Brzeugungsursache der Milzbrand-
malaria sei Das ist jedoch ein Fall, der mit den bekannten
gewohnlichen Entstehungsnrsachen nicht übereinstimmt, denen
gemäss höchstens nnr ganz unbedeutende Quantitäten Futters,
nämlich solche, die auf Verseharrungsstellen wuchern, infectios
zu werden vermögen«
Sollte dennoch nnter ganz besonderen localen Verhaltnissen
es sich ereignen, dass der Fntterbestand eines Hofes oder Ortes
in grosserem umfange für verdachtig erachtet werden müsse, so
ist dieser Fall immer erst zu constatiren und dann lediglich auf
den sichergestellten Umfang einzuschränken. Ezceptionell bleibt
ein solches Vorkommniss immer, und als solches kann es un-
moglioli ein Grund sein, die gegen dasselbe zu treffenden Vor-
kehrungen als allgemeines Princip hinzustellen.
In den an Heu reichsten Orten ist bekanntermassen auch
der Milzbrand sehr häufig und bisweilen erheblich häufiger als
zur Gonstatirung einer Seuche im Sinne der Theorie des Sen»
chenanterachiedes genügt; woher sollten die benachbarten Heu-
congumenten in solchen Fallen ihr Heu beziehen? Wer ersetzt
den Prodncenten die Verluste, die sie hierbei erleiden müssten ?
Es iat niemals bekannt geworden, dass z. B. die Stadt Had-
mersleben im Bodethale, die an Weiden, an Heu und an Milz-
brand reich ist, die Umgegend gelegentlich mit letzterem ver-
sorgt habe, wahrend es sicher ist, dass die Stadt in Armuth
17*
260 Kante, Befomi der
•
▼drfiele, wenn die barbarische Bestimmaog des Fntterexportet
für alle Falle oomulirteren Vorkommens des Milsbraades in
Kraft treten sollte. Eine wirk Höbe Landescalamitftt gleich der
Rinderpest vermag letsterer nie herbeisufahren; will das Qe-
sets dennoch mit denselben Waffen gegen ihn la Felde ziehen,
so mnss es folgerecht auch den geschadigten Prodacenten aas
Staatsmitteln Schadenersats leisten. Das ist nicht mehr als billig.
3. Von dem Viehbestande eines Gehöftes oder Ortes darf
auf eine bestimmte Zeitdauer — etwa bis 4 Wochen nach dem
letzten Erkrankungsfalle — kein Vieh , auch kein gesundes, ge*
schlachtet, verkauft oder nach einem anderen Orte gebracht
werden; jedoch mit der Maassnahme, dass das Verbot sich nur
auf die Thiergattung erstreckt, in welcher der Milzbrand herrscht.
Auch eiae solche Maassregel haben wir früher für so hart
und nnnothig erklart. Die Behörden werden in der Regel auf
Anwendung derselben nicht bestehen, da sie selbst einsehen,
dass sie fSr die Schäfereien gewisser Güter und Ortschaften
dem Wortlaute des Gesetzes gemäss die Sperr maassregeln per-
manent bestehen lassen, die Schafhaltung also jenen unmogHdi
machen mussten. Es ist auch kein einigermaaesen triftiger
Grund ersichtlich, weshalb thatsächlich gesundes Vieh durch
Verkauf und Export den Milzbrand verbreiten, oder das Fleiseh
desselben den Menschen schädlich werden soll. Weder Erfah-
rung noch Wissenschaft haben erwiesen , dass die Krankheit
regulär ein mehr oder weniger langes Incubationsstadium durch-
mache, gewissermaassen latent bleibe, bevor sie in die äussere
Erscheinung trete; in der Regel zeigt sie sich vielmehr plötz-
lich oder nur nach kurzen Vorboten sogleich in grosster Hef-
tigkeit. Soll aber durch das in Rede stehende Verbot die Ge-
wissenlosigkeit verhindert werden , wissentlich kranke Itiiere an ^
verkaufen resp. zu schlachten, so ist der Apparat, den man %n
dessen Verhinderung anwendet, ein zu grossartiger, nach allen
Seiten hin schlagender , der auch den Unschuldigen trifft und
zwar diesen am meisten. Das ist eine Ungerechtigkeit und Un-
Gesetzgebnng über Milzbrand. 261
beholfliebkeit des Gesetzes so gleicher Zeit, Man bestrafe
Tielmehr streng das Schlaehten ond Verkaafen wirklich kran-
ken Viehes^ coatrolire die verdächtigen Schlächtereien, verbiete
das Abstechen kranker Thiere seitens der Besitser selbst, lasse
somit die Strafe far verarsachten Schaden durch die Schuldigen
getragen werden , lege aber sonst keine der Strafe^ gleichkom*
mende Beschränkung den gesetslieh Unschuldigen auf.
Nur far einen Fall haben wir eine Ansnahme statniren zu
nanssen geglaubt, für den des Milzbrandes in einer Treiber-
heerde, hier jedoch aus dem zwingenden Grunde, weil der Trei-
ber, die Beseitigung kranker und gefallener Thiere oder die
Yermittelnng derselben an den Abdecker obliegt, das Conta-
ginm verschleppt, wenn ihm nicht Zeit gewährt wird zur gehö-
rigen VoUfuhrung der geg(^benen Vorschriften und zur Restau-
rirnng des getriebenen Viehes. — Dass grossere Guter übrigens
in Fallen der Noth ihre inficirten Heerden nach benachbarten
Vorwerken, die andere Stallungs-, Pntterungs- und Trankungs-
verhältnisse darbieten, bringen lassen, wird als bewährtes hy-
gienisches und curatives Mittel nur gebilligt werden können.
4. Das Gesetz verbietet den Durchtrieb gesunden Viehes
durch inficirte Orte.
Hält man den Begriff des , inficirten Ortes^ nicht für un-
richtig, so konnte eine solche Bestimmung, die überdies keine
Härte involvirt, nicht irrationell erscheinen. Indess, wo soll
der Anfangspunkt für eine solche Maassregel sein, wo das Ende?
Es lässt sich schlechterdings kein Anhaltpunkt dafür geben.
Wollte man das Verbot auf die Spitze treiben, so musste nicht
bloss der infioirte Ort, sondern ein gewisser um denselben be-
legener Rayon in das Verbot mit einbegriffen werden, da mit
demselben Rechte, mit welchem man der Ortschaft die Eigen-
schaft des Inficirtseins imputirt, auch' in der Umgegend dersel-
ben, welche das Futter liefert, mit dem Dunger der Stalle nber-
atrent ist, hier und da von der erkrankten Heerde des Ortes
betreten und inficirt worden ist, die Möglichkeiten der An-
262 Kuntz, Reform der
steokoDg far darohgetriebene Heerden gesoeht werdeo miiM-
ten. Dm wird dM Gesets aber wohl «elbat nicht beftbsiohti-
gen, obgleich es die logische Conseqaens des Begriffs Tom ^lO'
ücirten Orte' ist.
Halt man daran fest, dass es sieh hier wiederam nicht am
Rinderpest, sondern am Milsbrand handelt, so wird man sich
wohl bei der einfachen Maassnahme berahigen, auf der Dardi-
reise befinlichem Vieh nar die Unterbringung in den inficirten
Stallungen des Ortes au versagen. Ueberdies wird verrnnth-
lioh ein für seine Stellung und das Interesse seines Herrn be-
sorgter Treiber es vorsiehen, einen unwesentlichen Umweg statt
des directen Weges su nehmen, i^enn ihm gesagt wird, es sei
gefahrlich, diese Vorsicht nicht su gebrauchen.
Sollten indess die Falle eintreten, dass ^ durchgetriebenen
Heerden die Passage irgendwo poliseilich bei Strafe su verbie-
ten wäre, so konnte sich dies unzweifelhaft nur auf gewisse,
zu bestimmende Theile von Strassen, Ortschaften kleinster Ka*
tegorie, von Aeckern und Wiesen beziehen. Solche Falle eige
ner Art, sind jedoch nicht summarisch unter ein gesetzliches
Thema zu bringen, sie erfordern speciell jedesmal die ausdrück-
liche ConstatiruDg ihres Vorhandenseins, sowie des Bedur^isses
der gesetzlichen Intervention.
Die Abhülfsmittel beruhen hier in öffentlicher Bekanntma-
chung und Errichtung von Warnungstafeln.
5. Können Umstände eintreten, welche die Aufhebung reap.
Verschiebung von Viehmärkten erscheinen lassen?
Es ist hierüber nicht anders zu urtheilen wie über Nr. 4«
Unter gewöhnlichen Milzbrandverhältnissen spricht Nichts für
ein solches Erforderniss ; man wurde ohne Noth Handel und
Verkehr hindern. Dies schliesst den Wunsch nicht aus, dass
die Veterinärbehorden die Viehmärkte schärfer im Auge be-
hielten als es bisher geschieht.
6* Ueber Sperrmaassregeln für Hunde siehe das früher
Gesagte.
Oesetegebnog öbei" Milzbrand. SB3
Wenn wir jetot tnr Anfttelinng eines Rahmens für gesets-
liob gegen den Milsbrand sa erlassende Vorschriften abergehen,
so machen wir hier noch einmal darauf aufmerksam, dass wir
bei diesem Unternehmen die Unterscheidung, ob Seuche oder
nicht, unseren rorstehenden Brorterungen gemäss, gänslich haben
fallen lassen. Bezüglich der Strafen für gesetzliche Gontraventio-
neu bemerken wir im Voraus, dass wir die Feststellung eines be»
stimmten Maasses derselben nicht gewagt haben, eine solche
aooh nicht unsere Aufgabe sein kann; dies müssen wir den
Juristen der Sanitätspolizei überlassen.
IV.
Gesetzes Vorschlag.
§. 1. ist ein Tbier am Milzbrande erkrankt oder crepirt,
so ist durch den Besitzer oder dessen Stellvertreter der Poli-
seibehorde mit thunlichster Schnelligkeit und spätestens binnen
2 mal 24 Stunden Meldung zu machen, Srafmaass hoher als bisher,
§• 2. Die erkrankten Thiere 'sind von den gesunden zu
trennen und müssen besonderen Wärtern übergeben werden.
Zur Belehrung dieser ist auf Befolgung der in der Milzbrand-
Instraction angegebenen Schutzmaassregeln aufmerksam zu ma-
chen. Strafmaass wie bisher.
§. 3, Die cnrative Behandlung milzbrandkranker Thiere
steht nicht bloss den approbirten, sondern auch nicht approbir-
ten Thierärzten zu. Sie haben bei Vermeidung tou Strafe auf
Befolgung des in der Milzbrandinstruction Gesagten zu wachen,
dasselbe selbst zu befolgen, vor Allem aber darauf zu sehen,
dass Aderlassblut, Haarseile, Fontanellenleder, Verbandzeug,
Milzbrandjanche und dergleichen sofort aus dem Stalle entfernt
und an einem unzugänglichen Orte unter Ueberschüttnng mit
Kalk vergraben werden. Strafmaass wie bisher.
§. 4. Die gebrauchten Instrumente sind sorgfältig abzu-
brühen, SU putzen und zu schleifen.
264 Kiints, Beform der
§. 5. MiUbrandkraBke Tbiere d&rfen ga koiaem »nderen
Zwecke getodtet werden als sor sofbrtigeo VerMharrang de«
GadaTers oder aar Vornahme der Obdaetion doreb einen ap*
probirten Arst oder Thierarat. Nichtapprobirten Tbieraraten sind
dergleichen Obductionea antersagt. Strafmaass nicht an gering.
§. 6. Das Schlachten milibrandkranker Thiero, sowie der
Verkauf aod Verbranch des Fleisches und Fettes, und der Milch
▼on kranken Thieren ist bei Strafe verboten. — Die Strafe fnr
eine so anehrenhafte Handlang kann durch Geldstrafe wohl
nicht gesahnt werden. -—
§. 7. An Milsbrand gefallene grossere Thiere, wie Rind-
tieh, Pferde, Esel, dergleichen Schweine, därfen nicht abgehäu-
tet, sondern müssen entweder dem Abdecker aberliefert oder
mit Haut und Haaren, — nachdem die Haut vorher, am sie
uobrauchbar an machen, kreua weise dorcbschnitten worden - ,
in 6 Fass tiefe Graben geworfen, in denselben mit einer we*
nigstens eine Hand hohen Schicht Kalk aberschattet und so-
dann mit Erde and Steinen bedeckt werden.
§. 8. Scbafe können unter Beobachtung der in der In-
struction vorgeschriebenen Vorsichtsmaassregeln, aber nur an der
far den Cadaver bestimmten Verscharrungsstelle abgefeilt wer-
den ; geschieht dies nicht, so sind sie unabgefellt dem Abdecker
zu aberliefern.
Die abgefeilten Cadaver sind in derselben Weise zu ver-
graben, wie es in §. 7. for unabgebantete Thiere vorgeschrie
ben ist.
§. 9. Den Abdeckern ist es gestattet, MiUbrandcadaver
anabgehaatet resp. unabgefellt in gut gedichteten Wagen absn-
holen und unter Beobachtung der Instruction einer weiteren
Verwerthung zu unterwerfen. Die Letztere, desgl. die Desin-
fection der Haute und Felle unterliegt der gesetzlichen Controle.
§.10. Das Werfen von Thielen , die am Milzbrand er-
krankt oder crepirt sind, in Teiche, Graben, Flüsse, Brunnen
ist bei Strafe verboten.
Gesetsifdbiuig aber Miltbrand. 86^
^$. 11. MiUbrandige Felle nnd Haote (leUt«re nor in den
Abdeckereien) sind sofort einer Desinfectioo za uoterwerfeB,
die darin beeteht, dass sie 10 Stondeo in Kalkwasser gelegt
und daraaf 6 Wochen lang in einem abgeschiedenen Raome
getrocknet werden. Vor Vollendnng dieser Desiofection ist der
Verkauf verboten.
§. 12. Der Besitzer hat der Polizeibehörde anzuzeigen
tirelchen Beseitigungsmodas mit den Cadavern er vorgenom-
men hat.
§. 13. Die Abdecker haben von eingegangenem miUbran-
digoiB Vieh der Polizeibehörde Anzeige zn machen nnd aber
den Zu> und Abgang, sowie über die Art der Aasnntzaog
Listen sa fahren.
§. 14. Schweine, Hunde, Katzen, Federvieh und andere
Thiore müssen von den Stall«*n und Abgängen milzbrandkranker
Thiere, sowie von den Cadarern derselben auf das Sorgfaltigste
abgehalten werden.
§. 15* Die von kranken Thieren bestanden gewesenen
(kleinen) Ställe tiind, wenn sie nicht mehr als 3 Stuck Vieh
enthielten, nach Maassgabe der Milzbrand Instruction, ganz zu
reinigen. Grossere Rinder-, Pferde- und Schafställe sind nur
dann total zu räumen, reinigen und desinficiren, wenn eine ad
iioc zusammentretende Gommission dies für nothwendig erach->
tet; sonst unterliegen dieselben, mit Ausnahme der Schafställe,
nur einer partiellen Reinigung und Desinfectiun«
§.16. Ob nnd inwieweit Sperrmaassregeln anzuordnen
81 nd bezüglich des Exports und Verkaufs von Rauhfutter und
Ducger, des Schlachtens, Verkaufs und Translocirens von iK>ch
gesunden Tbieren aus einem vom Milzbrand heimgesuchten
Stalle, des Durohtreibens gesunden Viehes durch Orte, in wel-
chen der Milzbrand herrscht, ob ferner Viehmärkte zu verschie-
ben oder auf Zeit ganz aufzuheben sind^. hängt ab vo.n dem
Gntachten der ad hoc berufenen Commissionen. Unter gewohnli*
eben V^rhiUtnisaen haben alle Sperrmaassregeln sa unterbleiben .
3
SM Kunts, Reform der i
}• 17. Die iD der MiUbrMidiDstractioii rorgesehriebenen
Schalt maassregein sind bei Vermeidang von Strafe sorgfaltig
aa beobaobten, dem Warterpersonal Seitens der Besitsar ge*
hörig einiasoh&rfen, und in den Stallen Exemplare der gedaoh-
ten lastrootion aassubangen.
Reoapitulatioo.
Ans vorstehendem Gesetsesentworfe ersiebt man, dass wir
dem yiefabesitsenden Pobiiknm mehrere grosse Gonoessionen'
machen , nämlich :
U das Abfeilen der Schafe ist freigegeben;
2. der Besitser darf das gefallene Vieh an den Abdecker
verkaufen nnd dieser dasselbe ansnatsen;
3. alle Sperrmaassregeln sind prinoipiell aufgehoben and
können nur ausnahmsweise auf Grund vorgenommener finqu^e
angeordnet werden;
4. dem Besitser steht das Recht au, den Danger an ver»
werthen ;
5. Raumang und Desinfection grösserer Stalle findet in der
Begel nibht statt.
Wir beanspruchen dafür su Gunsten der Sanitatspoliaei :
1. Poliseiliche Meldung unter allen Umstanden, da nur
eine in voUkomuienster Weise informirte Sanitatspolisei den Be-
dürfnissen ihrer respectiven Bereiche gerecht zu werden vermag;
2. Belehrung des Publikums durch Brlass einer Milsbrand-
InstructioD und Strafandrohung für Nichtbefolgung der darin
enthaltenen Vorschriftsmaassregeln ;
3. strengere Verfolgung des Sohlachtens kranker und todter
Thiere;
4. Gontrole der Abdeckereien.
Wir sind darauf Torbereitet, von mancher Seite her hefti-
gen Widerspruch au erfahren ;. unsere Forderungen sind su nea,
'GeMtzgebong über Milzbrand. 267
als dass sie sofort die Billigong des Pablikoms erbalten soll-
ten. Hierin sehen wir jedoch iceinen Nachtheil, sondern einen
Vortbeil für die Sache. Sollte unser ReformTorschlag auch mit
der Zeit durch die Praxis als ungenügend dargethan werden,
so glauben^wir der einschlägigen Gesetzgebung wenigstens den
Nntaen erwiesen zu haben, dass wir durch An£Btellung und Br-
drterniig bestimmter Gesichtspunkte ihr dazu verhelfen, in der
Sache sich zu orientiren, dieselbe von bestimmten Seiten her
anzugreifen. Denn an Bekanntschaft mit dem Gegenstande
mangelt es bisher der Gesetzgebung; nicht vertraut mit dem
Gegenstande, war ihr derselbe in seiner bisherigen Regelung
ein noH me tangere. Sie konnte daher auch grundsatzlich nur
sehleehterdings vernichtend gegen Alles, was Milzbrand hiess,
oder mit demselben entfernt zu thun hatte, auftreten, ohne ver*
hindern zn können, dass es gleichwohl in praxi ganz anders
ging als sie vorschrieb. Ihr Standpunkt vertrug sich nicht mit
den Lebensverhältnissen, sie ftchwebte in der Luft; unser 6e-
setseB-Butwurf*) steht auf dem Boden des realen Lebens.
*) Dass derselbe aach eine erhöhte Thätigkeit der sanitätspolizei-
lichen Organe zar Voraossetzung hat, leuchtet ein und ist mehrfach
nachgewiesen worden; wir unterlassen nicht, hiernach schliesslich den-
jenigen, welche als Grundbedingung aller Verbesserung der Sanitats-
polizei die Abschaffung der Ereischirurgen und ausschliessliche Beanf-
tragarg der Ereisphysici mit den Geschäften eines oder gar mehrerer
Kreise aufstellen, anheimzugeben, wie es den Kreismedicinalbeamten
ihrer Anschauung möglich werden soll, ihren Obliegenheiten gerecht
zu werden. Die Auforderungen einer erfolgreichen Sanitätspolizei sind
so bedeutend, dass wir zum Mindesten die Trennung der gerichts-
ärztlichen Functionen von denen jener für unumgänglich nothig er-
achten müssen, wenn den betreffenden Beamten keine Assistenz bei-
gegeben wird.
f6S Kniiti, R«fonB dm
4
V.
Milzbrand -Instruction.
1. Thierirste , Hirten. Knechte a. s. w« haben, wenn ein
Thier am Milibrand erkifankt oder crepirt ist, thanlicbat schnell
dem Besitaer oder dessen Stellvertreter dies aa berichten und
diese selbst der anständigen Poliseihehorde davon Anaeige an
machen , und awar mit genauer Angabe, wie viel Stöcke be-
fallen sind.
2. Das Warterpersonal mache sich mit den in dieser Be-
lebmng^tafel (Instruction) angegebenen Vorsiehtsmaassregeln im
Interesse seiner selbst wie des noch gesunden Viehes genan
bekannt nnd befolge dieselben jederzeit aufs SorgfiUtigste.
3. pie erkrankten Thiere sind von den gesunden derartig
zu trennen, dass sie mit letsteren in keine Berührung kommen
können; am besten werden sie in besonderen gana abgeschie-
denen StandSrtern untergebracht.
4. Die Warter dürfen keine Wunden oder GescJiwQre an
den anbedeckten Korpertheilen haben, also, den gewöhnlichen
Verhaltnissen entsprechend, nicht an Gesicht, Hals, Nacken,
Händen und Füssen.
5. Wahrend des Wartens der Thiere im Stalle derselben
darf weder gegessen noch getrnnken werden.
6. Der wirksamste Schuts gegen Anstecknng ist die scrn-
puloseste Reinlichkeit. Bevor man den Stall betritt, ole man
sich die unbedeckten K5rpertheile mit Terpenthinol ein, was
den doppelten Nntsen hat, die Fliegen abanhalten und den an-
steckenden Stoff nicht in anmittelbarer Beruhrang mit der Hant
gelangen zu lassen.
7. Im Stalle mass ein Gefäss mit Kalk- oder noch besser
OblorkalklÖsnng, ungefähr 1 Tbeil auf 100 Theile Wasser, anf-
gestellt sein; mit dieser Losung wasche sich der Warter jedes-
mal, wenn er den Stall verlasst, die unbedeckten Korpertheile,
nachdem er sie vom Terpenthinol wieder gereinigt hat.
Gesetzgebmig aber MÜsbrand. 9d&
8. Der der Sache onkttodige nicht approbirte Tlierarzt,
QDt^^lasse es lieber, an milzbrandkranken Thieren blatentiie-
hende Operationen voraupehoien, desgleichen Manipulationen im
Manie detselben ; verboten dagegen ist allen Tbierarzten das
Manipnliren im After der kranken Stücke.
9. W&rter nnd Tbierarste müssen sich sorgfaltig vor der
Besndelang init Blnt, Biter, Lymphe, Bxcrementen hnten.
10 Die Wfirter, Magde n. s. w. sollen« wenn der Milz-
brand festgestellt ist, die daran leidenden Kühe nicht mehr
melken, da die Mileh anstecken kann und die Handlang des
Melkens selbst mit Gefahr verknüpft ist.
11. Beim Abfeilen der Schafe nbe der damit beanfrragto
Hivte II. s. w. die ansserste Vorsicht« Vorher öle er sich Ge-
sieht nnd Hände mit einem Gemisch ans 1 Theil Mohnöl und
2 Theilen Terpentbinöl ein. Noch besser ist es, wenn er ein
Paar nassgemachte 8<^weinsblasen oder Handschah aus Leder
oder Gaoutchuk über Hände und Vorderarme zieht.
12. Br onterlasse jedoch das Abfeilen, wenn er offene
Hautstellen an Gesicht und Händen hat.
13. Er nehme das Abfeilen nicht früher als 3 Standen
nach dem Absterben des Schafes vor.
14. Das gebrauchte Messer ist ebenfalls einsuölen und
wikhrend des Abfellens nicht «wischen Zahnen oder Lippen tu
halten, hinterdrein aber nicht an den Kleidern absuwischen,
sondern sorgfSltig mit Seifenwasser absubrüben, an trocknen
und «a putaen,
15. Nach Vollendung des Abfellens wasche sieh der Hirte
u. 8« w. ttUv-erafiglich Gesicht , Aerme , *Hände , Hals nnd Nacken
mit Seifen- oder Kalkwsaser oder Chlorkalksolntion ab. Lets«
tere ist am empfehlenswerthesten.
16. Er verbrauche mit dem Abslehungsgeschafte nicht au
viel Zeit, überstürze jedoch dasselbe anch nicht, da Fluchtig«
keit ciir Unvorsichtigkeit verleitet und diese die Gefahr ver-
schlimmert.
970 Kaati, Ettender ^
17* Dar abgesogene Cadaver Ut amrennglfeh aa Ort nnd
Stalle entweder definitiv oder, wenn dies nicht sogleich mog*
lieh ist, einstweilen oberflächlich so yergrabem.
18. Die oberflächliche Verscharraag besteht im leichten
Bedecken mit Erde, Laab, Stroh and dergleichen, die definitive
mnss nach der Bestimmaog des Gesetaes so aosgefihrt werden,
dass der Cadaver in eine 6 Fnss tiefe Grobe geworfen, mit
einer circa handhohen Schicht Kalk iberschnttet and daraaf
mit Erde and Steinen bedeckt wird.
19. Za den Verscharraagsplatsen (Groben) sind abseits-
gelegene Stellen au wählen.
20. Wahrend des Geschäftes des Abfellens nnd Versebar*
rens des Cadavers müssen die Schaferhande sorgfiltig fem ge«
halten werden, am das Naschen derselben an miltbrandigen
Abfallen la verhindern.
21. Das Pell schleppe der Hirt nieht standen- oder tage-
lang anf der Schalter mit sieh herom , aooh bringe er dasselbe
nicht in seiner Behaaaang anter; vielmehr ist dasselbe bis xnr
Vornahme der vorschriftsmassigen Desinfection sosammengerollt,
mit der Wolle nach nassen, der Fleischseite nach innen, einst-
weilen mit oberflächlich so vergraben oder doch sorgfaltig sn
verbergen.
22« Sodann ist das Fell ao desinficirea, d. h. das An-
steckongsstoffes za beraoben. Dies geschieht dadarch, dass das
Fell sammt Wolle 10 Standen lang in Kalkwasser (1 aaf .100)
gelegt and daraaf an einem abgeschiedenen Orte sum Trocknen
aofgehängt wird. Dies darf nicht geschehen in Stallen nnd
solchen Ranmen, wo Hen, Stroh, Getreide o. s. w. aufbe-
wahrt wird.
23. Das Abhoten von Verscharrangsplataen ist sorgfäl-
tigst aa meiden«
24. Treiber haben am Stilsbrand crepirtes Vieh einstwei-
len vom Wege abseits zo lagern, om vom nächste Orte ans die
Oetetegebang über Mllsbrand. 971
Abfellang and Venobamuig re»p. Ueberlieferiuig ao den näch-
sten Abdecker so besorgen.
25. Haben sie milsbrsndige Scba(e abgelellt» so dürfen
die Felle nicht, ohne die Torschrifltsmftssige Desinfection erfkh*
ren sa haben, weiter transportirt werden; niemals darf ein
Treiber milsbrandige Felle mit sich tragen; es ist daher for
Yortheilhalt so erachten, wenn die Schafe anabgefelU dem Ab«
decker nberliefert werden.
2.6. Aderlassblat, Janche, Schleim und dergleichen moss
sofort mit der im Stalle vorrSthigen Chlorkalksolotioa über-
gössen werden.
27. Alle Thiere des Hofes, auch das Geflügel, müssen von
den Stallen nnd Abfallen milsbrandkranker Thiere sorgfiltigst
abgehalten werden.
28. Die Platse, die von einseinen Rindern und Pferden
eingenonunen. werden, desgleichen die Stalle, die nnr ein oder
wenige Stocke Schafe oder Schweine enthalten, innssen taglich
oder sofort nach Abgang der Thiere vom Danger befreit nnd
der Boden daranf mit Ghlorkalksolntion abergossen werden.
29. Der aasgeranmte Danger ist sofort aafs Feld su
schaffen. and mit Chlorkalk sa bestreaen, wenn er nicht nnter-
gepflogt wird, aasserdem an dieser Stelle eine Warnungstafel
sa errichten.
Desinfection SV erfahren,
a) Partielle Ranmnng und Desinfection.
Siehe sanSehst 28. nnd 29.
30. Krippen, Ranfen nnd alles Holzwerk, welches mit den
kranken Thieren in Berahrong gekommen, sind mit GbloriLalk-
brei an bestreichen nnd sodann absawaschen; empfehlenswerth
ist es jedoch, altes Holswcrk dnrch neaes sa ersetsen, nnd dann
das alte sn Terbrennen.
279 Kuntz, Refom der G^etetzgelrang vber MilzbrancL
Sl. RiBeoffeag ist mit Chlorkalkiölotion absawasolieii od^r
aassaglähen.
82. Ledeneag wird am besten mehrere Standen lang in
Kaikwastior «^ethan: Stricke und AehnKchps *sind gan« su be-
seitige».
83. Wollene Decken sind mit vetdannter siedender Sei-
fen eiederlange SU behandeln, sind sie mit Blat and derglei-
chen getrankt, so mnssen sie vernichtet werdend .
34. Der Pats der Wände ist an den Stellen, wo er Ter
onreinigt and mit dem kranken lliiere in Bernbrnng gewesen,
in kleinen Stallen aber uberhaapt sa erneaern.
b) Totale Räumung und Dasiafection.
35. Eine solche tritt ein, wenn sie von einer Sachver-
ständigen - Gommission far notfawendig erkannt worden ist, und
besteht in ganslicher Aasräamnng des Düngers mit nachfolgen-
der DesiDfeetion des gansen Stalles.
86. Der Stallboden ist dann gänslich mit Chlorkalk sqfla-
tion aa ubergiessen and mit Chlorkalkbrei sa Sberstreiche'n;
ist derselbe jedoch nicht oder schlecht gepflastert , so ist der
Boden aafsoreissen, 1 Fass tief auszugraben, mit Kalk aufsu*
f&ilen und neu au pflastern oder su dichten. Der Pute des
gansen Stallgebäudes ist zu erneuern, Holzwerk, Kpippen, Rau-
fen etc. .sind wie froher angegeben zu behandeln, endlich ist
der Stailraum einer 2tägigen Einwirkung von Chlorgas auszu-
setzen und 8 Tage lang grundlich zu lüften, bevor er wieder
belegt wird.
87. Die 'Sachverständigen- Coromission hat die Nothwen*
digkeit einer solchen exceptionenen Maatisre^ei zu bemessen
nach Häufigkeit und Heftigkeit des Milzbrandes, Ursache des-
selben, Befolgung der vorgeschriebenen Schutz maassregeln Sei-
tens des Wärterperson als und der Viehbesitzer^ endlich Auf-^
treten des Milzbrands bei letzteren selbst.
3r73
Beleadituiijg der PikAeorien Hai li er 's und
Anderer^ gegrändet auf eiperimenteUe Forschniig,
Mag. E.. Semiuer, Proseetor m Dorpat... .
(Mit AblHlduigea a«f Ta&l HL)
Die von Ballier und Andern aufgestellte Ansiclit, dass
Filze nnd deren Abkömmlinge bei allen contagiosen Krankheit
ten eine wesentliche Rolle spielen, war die Veranlassung, dass
leh auf diesem Gebiete im Laofe von zwei Jahren eingehende
Beobachtungen und Untersuchungen vorgenommen habe» Di6
Resultate derselben fasse ich in Folgendem kurz zusammen.
Nachdem ich mich durch die Gxite des Prof. Dr. Wilkömm
mit den Formen nnd der Erkennungsweise des Micrococcus
vertraut gemacht hatte, schritt ich zur Untersuchung des Blu-
tes, der Lymphe und anderer Korperflnasigkeiten durch Thiere
die ins Zootomicum nach Dorpat, als an congagiosen Krank-
heiten verendet, zur Section eingeliefert wurden.
Zuerst hatte ich Gelegenheit Blut, Eiter und Schleim rot2-
kranker Pferde zu untersuchen ; es fanden sich in den genann-
ten Flüssigkeiten aahlreiche Micrococcus • Zellen und Mycothrin-
ISden , welche letzteren aber nicht sehr zahlreich waren* <
Die zweite Untersnchungsreihe betraf den Milzbrand. Es
^nden sich im Blute nnd den Transsudaten beim Milzbrand
entweder sehr zidilreiche Micrococcus-Z eilen und weniger zahl-
reiche stäbchenförmige Eorperchen, oder umgekehrt' äusserst
«ahlreiche stäbchenförmige Eorpercben und weniger Micrococcus«
Die stäbchenförmigen Eorperchen des Milzbrandes (Bacte-
rien) sind gewohnlieh zarte, dünne, schwach conturirte Gebilde,
alle fast von gleicher Lange (0,006 ^'0 und Breite (0,0002'")
biegsam, viele unter einem stumpfen Winkel gebogen. Diese
zarten kleinen Stäbchen sind ganz characterisch für den Milz-
Mag. f. Thlerheilk. XXXVI. 3. ^ g
974 Sommer, BelevehUiif dar
brAod nod tebeioett sls solche nur beim Milsbread vonukom-
meo. Aaiser den aDgefahrten kleinen Stibehen kommen aber
ench bei Mifgefproehenem Milxbrand grossere Siabehen Ton
0,003'^' — 0,1'" nnd mehr Lange und 0,0006'" Breite ror, rail
sehatleB Contnren nnd hanfig dendieher Gliedemog. Diese
grosseren Stabehen stimmen mit den bei der Septicaemie vor-
kommenden Toflkommen nberein, was anf eine Aehnüdikeit nnd
Verwandsehaft beider KranklieiteB kindentel^ Eine solche Yer-
wandschaft tritt nach dadorch herror« dass hanfig dnrch Im-
p^ng mii MUsbrandblnt nicht Milsbrand» sondern Septicaemie
ersengt wird. Das Umgekehrte, namlieh ans Septicaemie Mila-
brand sn ersengen, ist allerdings noch nicht gelongen. Die er-
wähnten grosseren Stäbchen kommen beim Milsbrand ebenfidls
schon wahrend des Lebens neben den kleineren» dem Milabraad
allün eigenthomlichen Stäbchen Ter» oder die kleineren friilen
mitunter noch gans nnd es finden sich nnr grossere Stäbe, wie
sie bei der Septicaemie ebenfalls schon während dos Leben«
der Thiero vorkommen.
Die dritte Untersachnngsreihe betraf die Septieaemift» dar-
unter ein Fallen, welches dnrch Injection deft von Bergmann
nnd Scbmiedebexg dargestellten Sepcins getodtet worden
nnd mehrere Thiere, welche dnrch Impfoog mit dem Blate des
Falleos nnd der Tbiere, welche in Folge der Irapfnog krepir-
ten, verendeten. Bei der Septicaemie fanden sich fatt constant
mehr oder weniger eahlreiche Microooccos- Zellen« Die Stäb-
chen gleichen den schon beim Milzbrand angefnhrtea grosseren
Stäbchen und siod als weitere Entwicklnngsstofen der Micro-
coecas* Zellen aofsofassen. Es sind die Stäbchen im Blute bei
den genannten Krankheiten Mjcothrin- nnd Septothrln- Ketten
und Fäden verschiedener Pilse. Der Nachweis, dass dieee An-
sicht eine richtige ist, lässt sich leicht liefern, wenn man das
Blot nud die Transsudate bei Septicaemischen genau untersucht.
Es finden sich da die rerschiedenarcigsten Uebergangsstufen von
Microcoocns-Zellen zu den Stäbchen, l^licrooocous mit seitücben
Pilztheorien lUllier'f und Anderer. tlt
AaslaofBro, aseinand^rgereilite MicrococonS'ZoUeOy welche Ket*
tan bilden aod Stibcfaen mit mehr oder weniger deotlicher
Gliederung, bei welehen der Urepnrog aas Micrococeiu dnreh
Sprossnng dentlidi hervortritt. Bei vielen Stäbchen indet sieh
keine Giiedernog, nber diese bilden nnr eine weitere Entwick»
langsstnfe der gegliederten.
Dass diese Stabchen Pilsbildnngen und nicht Cryitalle öder
Fibriniaden sind, wie einige annehmen, wird ein Jeder einiger»
maftssen geübte Mikroseopiker finden, wenn er Crystalle und
Fibrinfaden mit den stabcheofSrmigen Korperchen vergleicht«
Die Grystalle bilden steife, anbiegsame, regelmassige Nadeln,
Sialen nnd Tafeln* die Fibringerinnsel aber meist andentliehe,
aitregelmässige, serkluftete Faden, welche bei beginnender Finl*
ttbs nicht in Stäbchen oder Faden serfallen, sondern feinkörnige
ttolecnlare Detritasmassen bilden, wahrend die Pilse noch einige
Zeit nach dem Tode der Thiere fortwuchern, an Grosse und
Bentlichkeit snnehmen nnd erst bei fortschreitender FSnlniss
«nd Ziersetsang dorch Vibrionen ersetsi werden. Fibriogerinn-
sei kommen übrigens in solcher Weise, wie anter normalen
Verhältnissen, bei den Blatxersetzungskrankbeiten nicht vor nnd
besteben d« meist ans feinkörnigen krümligen Massen oder
granulirten ooregelmSssigen, verflochtenen Faden; wahrend des
Lebens der Thiere durften aneh, ausser bei der Thrombose
«nd Embolie« kanm Fibringerinnungen in solchen Massen vor-
kommen.
Beifolgende Abbildnngen dienen enr Verden tllchting dier
Angeführten Unterschiede: Nn 1. Milsbrandstabchen, Nr. &•
Stäbchen der Septicaemie, Nr. 3. Crystalle im Binte, Nr. 4,
Fibringerinnsel. £s nnterliegt somit wohl kaum einem Zweifel,
dasB die Stäbchen des Rotses, des Milzbrandes und der Sep»
tieaemie Flübildnngen sind. Andere contagiose Krankheiten
SU ntitersncheir habe ich keine Gelegenheit gehabt. Bei einem
Kalbe, das an Maulsenche litt und nach dessen Tode sich eben&Ils
ata^b^eniormtge Korpereben im Blute fanden, bleibt es unent*
18*
276 Seiumer, Beieuchtuag der
düLieden, ob diese vou der MauUettohe herroLrten oder aber,
ob das Kalb nicht an Milzbrand sa Grande gegangen war, da
68 in einem Stalle gehalten worden, in welchem kara vorher
Milsbrandpatienten gestanden hatten. Sollte das Kalb wirk?
lieh am MiUbrand verendet sein, so erhielte die Ansicht, dass
auch der Milzbrand ein flüchtiges Gontagiam entwickelt, eine
weitere Bestatigang.
Von anderen contagiosen Krankheiten ist so viel aus der
Literatar bekannt, dass nach Hai Her bei den Pocken im Blate
und der Lymphe Micrococcus • Zellen von Pleospora herbarnm
und Torula rnfescens, bei den Masern Micrococcus von Mucor
macedo, beim Tjrphns Micrococcus von Rhisopus nigricans and
Penicillium crnstacenm, bei der Cholera Micrococcus von Cro-
cjaiia orjzae, bei der Syphilis Micrococcns von Goniothecium
syphiliticum und ein Shnlicher Pils beim Rots , sich fanden.
Bei der Rinderpest hat Beale im Blute lebende, selbststandig
ihre Form verändernde Korperchen von 0,000 f' Grosse ge«
fanden, die . wahrscheinlich Micrococcns-Z eilen eines specifischen
Pilses sind. Mauveau fand in der Lymphe der Schaf- und
Kuhpocken kleine Korperchen , die mit Micrococcus-Zellen über-
einstimmen; Bechamp und Sansou fanden beim Milzbrand
kleine Korperchen (Microzyma), aus welchen nach ihnen die
Stabchen hervorgehen und Chris tot und Kien er haben beim
Rotz Bacterien gefunden. Es hänfen sich die Thatsachen,
welche die Ansicht Hallier's bestätigen.
Von Interesse war es nun zu erfahren, ob die Pilze bei
den contagiosen Kränkelten nar als Folgezustande oder aber
als. Ursache der Krankheiten aufzufassen waren. Zu Lesern
Zwecke habe ich Injectionen von Pilzsporen und Hefen in die
Jugnlaris von Füllen gemächt, die folgende Resultate lieferten:
Zuerst wurden Schimmelsporen von Penicillium glaucum, welchd
etwa die Grosse der Blutkörperchen hatten,' mit destillirtem
Wasser gemengt und eine kleine Quantität dieser Flüssigkeit
^rermittelst eiuer kleinen Spritze, wie sie zu subcutanen Injec-
Pilztheorien Hallier's und Anderer. 277
tionen gebrftuoht wird, in die blossgelegte JagalAris bei drei
Folien injicirt; die Ihiere blieben naeh der Injection vollkomv
men munter and gesund. Darauf warden in gleicher Weise
Microooccns- Zellen aus dem Käse und Speichel und Arthro«
coccus ans einer sauren Flüssigkeit injicirt, ohne dass irgend
welche Storungeo des Wohlbefindens dadurch verursacht wur-
den. Einige Wochen nach den ersten Injectionen worden die»
selben Versuche mit grosseren Quantitäten von Sporen und
Hefen vorgenommen, worauf die Thiere geringes Fieber zeig«
ten, sich aber bald wieder vollständig erholten. Als die Fül-
len spater au anatomischen Zwecken getodtet wurden, fanden
sich sammtliche Organe und Gewebe derselben im normalen
Zustande«
Im December 1869 wurde ein am Milabrand au Grunde
gegangenes Pferd im Zootomicum secirt; der Seotionsbefund
sprach deutlich für Müabrand, das Blut enthielt aber Stabehen,
wie sie bei der Septicaemie vorkommen. Aus dem Blute die-
ses Pferdes culti?irte ich in den von Ha Hier empfohlenen
Flaschen mit luftdichtem Stöpsel, durch welchen ein gebogenes
Glasrohr fahrt, auf ausgekochten Medien Pilse und injicirte die
mit destillirtem Wasser gemengten Sporen derselben in klei-
ner Quantität vermittelst einer Spritze mit nadeUormiger Ca*
nule in die blossgelegte Jogularis eines 9 Monate alten Fül-
lens. Das Füllen blieb nach der Injection anscheinend gesund.
Fünf Tage nach der ersten Injection nahm ich etwa 2 Unaseii
von demselben Wasser, welches zahlreiche Pilzsporen und Mi-
crococcus enthielt und injicirte die Flüssigkeit demselben Fül-
len in die Jogularis der anderen Seite. Das Füllen zeigte
nach der Injection Fieber, erholte sich aber scheinbar und hatte
bis zum 9. Tage nach der Injection guten Appetit. Am 10.
Tage frass es nicht, fieberte, hatte einen schwankenden, matten
Gang nqd verendete vom IQI zum 11. Tage. Bei der Sectiou
fand sich; Folgendes : Zu beiden Seiten des Halses, an den
Stellen, wo der Hautschnitt zum Zwecke der Injection gemacht
S78 S*am«r, B«oVftehtiuig dw
word«B» dM fiiadegtwebe T«rdiekt, infiltrirt, tod Boebjaofea
dorobtetst; Jogolaria stark mit tcliwarseoi tbeerartig^n Blate
■ngefallt, 0008! nicht verändert; weiter outen «m H«lte sol-
yige AastcfaeidaDgen im Bindegewebe, die mit den Injeetions-
stellen niebt im Zatammenbange stehen ; an der linken Sehal-
ter nntor der Hant im Bindegewebe nnd swiscfaen den Mnskela
ein grosses Bloteztrarasat, gemengt mit gelben snlzigen Massen.
In der Banch- nnd Brasthdble rotbliehes Transsudat in gerin«
ger Menge; im Herzbentel gleiches Transsudat in grosserer
Menge; Keehjmosen am Peritoneom« an der Plenra nnd dem
Darm. Um beide Nieren bemm gelbe snlsige Massen; die
Nieren ron blass-gelbgraoer Farbe, welche durch kornig-fettige
Degeneration des Epithels der HarnkaDalchen entstanden; Nie*
rensubstana mürbe, infiltrirt. MiU vergrosserfi, blutreich, mürbe,
mit Eeehymosen durchsetst. Lymphdrüsen etwas vergrossert,
mürbe, einige von braanrother Farbe, welche dnreb Blatextra-
▼asate und Infiltration mit rothlichem Sernm an 8tande ge-
kommen. Gehirn und Rnokenmark sehr blutreich, dnrehfeueh«
tet; in den HiroTentrikeln helles^ klares Transsudat in bedeu-
tender Menge. Blnt im gaosen Korper scbwarsbraun , Cbeer*
artig, enthalt in grossen Massen die für den Milzbrand eharae-
teristiseben. stabcheafarmigen Korperchen, neben einzelnen grös-
seren Stücken , wie sie bei dem Pferde, von dem das Blut zur
Cnltur entnommen, angetroffen wurden. Hier war also doreh
Injection von Pilzsporen nnd Micrococcns, welche aus dem
Miizbrandblut cultivirt worden, wiederum Milzbrand erzeugt,
welcher den Tod des Thieres am 10, Tage nach der Injection
verursacht hatte. Der Einwand, dass vielleicht mit den Pilz-
Sporen auch geringe Mengen des zur Cultur benetzten Blutes
mit in die Injeictionsfiüssigkeit gerathen sein könnten und dass
dädnreh der Milzbrand entstanden , lasst sich einlach dadurch
beseitigen, dais Milabrandblnt 3 — 5 Tage nach dem Tode der
Tblere doreh l^Snlniss dder T^rw^nn^ unwirksam wird; bler
PiMieorieii H all 1er '0 und Anderer. t7d
ward* ftber die Jnjeetioo 6 Woobon iMudi dem Tode de« Pft«>
tientein ron dem da« Blnt entttottimeti, gemacht.
£• laest eich nnit hieran noch keioeswegB die Beh&trptttiig
koapfeOy dasi der MiUhraad dorch gewisse Pilse ond deren
Sporen uad MierocoeoeD verorsacht wird, da ein Fall ttöth
nicht maassgehend ist; weitere Forschnngen werden diese Frage
von Wichtigkeit entaeheiden nnd da mir gegenwartig die nothi-
gen Mittel lor Fortsetzung eingehender Arbeiten aof diesem
Gebiete nicht su Gebote stehen, so maea ich die weitere Be-
atatigong der hier angedeuteten Facta der Zukunft überlassen.
III.
Jahresbericht aber das Pferdespital der Königlicbea
TluerarzBeischiile m Berlin fär den Zeitranm T^n I.
April 186S bis nltimo Marx 186».
Von Eohne.
Die Gesammtzahl der in dem oben bei^eichneten Zeiträume
io dem Spitale der Königlichen Thierarzneischule behandelten
resp., untersuchten und verpflegten Pferde ist beinahe gtoz die-
selbe geblieben , wie die in dem gleichen vorhergehenden Zeit^
räume (1178 : 1216). Die Minderzahl von 8$ Stuck bezieht
sich hauptsächlich auf die inneren Krankheiten, wahrend die
Buseeren Schaden und Operationen fast genau in derselben Zahl
iinrd Art Törkamen. Konnte schon in dem Berichte über die
Torletzte Periode der günstige Gesundheitszustand unserer Haud*
thiere «ad in apecie der Pferde hervorgehoben werden» so muss
dieses noeh mehr in Beziehung auf den in Rede stehenden
Zeitraum geschehen. Dieses aussergewohnliche Salubritatsver-
36|9 Kobae; JahrMbDnctlt über da«.
l^aU» iai dabai nicht etwa auf den unser Spital besonders
freqaentirenden Tbeil der Fahrherrenpferde, oder anf Bwtia
«nd dessen naebste Umgebang beschrankt gewesen, sondern
alle amtlichen und Privat -NachrichteD ans gani Deutschland
stimmen in diesem bemerkenswerthen Resultate betreffs aller
Hausthiere aber ein.
Besonders auffallend ist das seit einigen Jahren fast toU-
staadige Verschwinden der sogenannten Inflaenaa, weldie in
diesem Jahre nar in 7 Fallen diagnosticirt werden konnte
(1866/^7 -auch aar d)« Es nuMs sogar fraglich bleiben, ob
die wenigen als Influenza verzeichneten Falle diese Beieich-
nung mit Recht verdienten, da wegen des sporadischen Auf^
tretens der als Inflnenza angesprochenen Falle deren miasma-
tischer Ursprung unwahrscheinlich war. Auch die anderen
acuten Brustaffectionen , von den einfachen Catarrhen bis zn
den catarrhalischen und rheumatischen Entzündungen , kamen
TerhältttissmSssfg selten zur Behandlung und nahmen noch sel-
tener dinen lethalen Ausgang« Sogar die Rotz- und Worai-
krankheit kam viel seltener zur Constatining (IS: 31), waa
wohl zum Theil darin seinen Grund haben mag, dass die Nach-
wehen des Krieges von 1866 nicht mehr zur Geltang kamen.
Das ganstige Salubritats-Yerhaltniss hinsichts der übrigen
inneren Krankheiten muss unsweifelhaft dem warmen, trockenen
and bestandigen Sommer des Jahres 1868 und der Gewinnung
einer geringen Quantität guten Heues und trockenen ELi^ers
Jiageschrieben werden, Verhältnisse, welche die gewohnHcfasten
krank machenden Potenzen — Erkaltung und quantitativ, so-
wie qualitativ schädliche Nahrungsmittel — weit seltener in
Wi]:ksamkeit treten liessen. Trotz des heissen und dürren Som-
mers kamen sogar auch acnte Gehimaffectionen im Verhaltnisse
zam vorigen Berichtsjahre (36) erheblich seltener vor (27),
Im Ganzen wurden 2§5 Pferde (im vorigen Jahre 267)
zur Untersuchung auf Gewährsmängel in das Spital oingelie-
Pferdeipital der König! . Thierarzneiichule. 291
fert, Ton deiieii aber nur 104 mit solchen behaftet befunden
worden, und swar mit:
1) DummkoUer . , 20
2) Bpileprie , . 1
3) Schwindel l
4) Wahrer Statigkeit 5
5) Strangschlagen 3
6) Dampfigkeit 12
7) Kehlkopfpfeifen 23
8) Hartsohnattfigkeit 1
9) Mpndblindheit 4
10) Tranmatisoher Angenentznndang . 1
1) Granem Siaar 7
2) Verdaehtiger Drnse ^
3) ünbraaohbarkeit 3
l4) Koppen 1
5) EreusBch wache 2
6) Thrombose der Schenkelarterien « 1
7) Chronischer Hamyerhaltang « « 2
8) Lymphgelassentznndang . » , . 1 ,
9} Mastdarmlahmung 1
20) Spat and diverse Lahmheiten . . 6
21) Verdeckten Melano - Sarkomen . . 1
22) Sameastrangfistel • . . ♦ , . 1
Snmma 104
Ueber einen Theil TOn diesen , sowie ober einige Falle tob
Rotz* und Warm- and aber einzelne andere acate Krankhei>
ten warden den Besitzern auf Verlangen 100 arztliche Erklä-
rungen abgegeben.
Im Ganzen warden in dem in Rede stehenden Zeiträume
anter Leitung' des Herrn Geheimen Medicinalrskthes Professor
Dr, Garlt 89 Obdactionen gemacht, von denen 9 die Ci^dayer
von rotz- resp. warmkranken Pferden betrafen.
Bei den an Kolik nnd Darmentzundang gestorbenen Pfer-
38S Kdhne. JahreBbericht über 6m
den fanden sieh folgende Lagen- oder organisebe Ver&ade«
rangen :
Magenrnptar 3, Blind- oder Grianodammptor 2, Spren-
gang des Mastdarmes dnrch ongeschickte Manipalation 1, Darm-
▼erschlingODg ^, Darmeioscbiebang 3, innere Yerblatong 1,
Baacbbruch 3, Einschourong dorcb eine gestielte Speckge-
schwülst 1, Divertikel des Hüftdarmes 1 mal»
Folgende bemerkenswerthe Falle sind zn erwSbnen:
1) Hjdropericardinm.
Ein Tor 10 Tagea gekauftes anscheinend getnndes Pferd
kam mit den Erscheinungen einer Pneamonie zar Behandlang.
Das linkerseits bis anf den sehmalen oberen Rand ganzlich
verschwandene vesicnlare Geraasch, welches rechtorseits durch-
weg compensatoriscb verstärkt war, der matte Pereassionston
an der linken Thoraxhalfte and die ÜnfShlbarkcäC des Herz-
schlages liessen eine Hepatisation des linken Lungenflügels ver-
muthen. Nach 24 ständiger Behandlung trat der Tod oner-
wartet ein.
Die Section ergab 24 Quart klares, weingelbes Serum im
Herzbeutel, der fast die ganze linke Brusthalfte einnahm, des-
sen Parietalblatt mehrere Linien verdickt nnd durch meh-
rere bleistiAdicke, stielmnde, im Inneren stellenweis hohle, mit
rothen Granulationen besetzte, 5— <^ Zoll lange Bindegewebs-
balken mit dem gleichfalls verdickten Visceralblatte an der
Spitze des Herzens verbunden war. Die Mitral- und Tricus-
pidal - Klappen verdickt nnd retrahirt, die linke Litoge durch
Compression fast luftleer, einen handbreiten Ranm »eben der
Wirbelsäule (wie ein grosses Schwalbennest) einnehmend, Aoa-
serdem im freien Räume der Brusthohle 1 Quart and in det
Bauchhühio 5 Quart derselben klaren, weingelben Flüssigkeit.
Der enorm gefüllte Bersbentel hatte darch die Ergebnisse der
Auscultation und Perenssion eine linksseitige Hepatisation si-
mnlirt.
Pferda^itsl der König!. ThletanneJMhole. 283
23 Con&titationella Ljmrphosarkomatosis.
Bei der Seetion des Gadi^r^rs etoer Schimmelstate, weleb«
unter den ErscbeianDgen der PienritU und de« aeaten Hydro«
thorax eine Naeht bindarch erfolglos behandelt vardeit nnd
angeblich erst einige Tage tot der Anfnahme krank geworden
war, fand sich Folgendes:
In dem sobcatanen Bindegewebe anter der Brast nnd dem
Baoebe aasgedehntes, drei Finger dickes Oedem; in der Broat»
and Baacbhoble je 14--*15 Qaart hellrothes, klares Seram.
Samnitliche Mesenterial*, Broachial-Driisen bis aar Grosae einer
Wallnaaa resp. einer Faast vergrdssert, fast 8cbwap{>end weich,
aaf der ISchnittfläche schwarzbraun roth mit gelblich -- weissen
Fleckes nnd Streifes darehsetat; die Vena caTa posterior in
ihrer Brastportion von ähnlicher Masse amsehlossen, desgleichen
der ganze Herabeutel, von wo aus dieselbe Masse «wissen
der ersten aad aweiten Rippe linkerseits, mit denen sie fest
▼erbunden war, aus dem Brustkorbe heirortrat nnd sich ciroa
10 Zoll weit unter die HaUmi^dceln hinauf erstreckte.
Die ia den hyp erplas täseben Lymphdrüsen eingebetteten
Nengebilde erwiesen sich durchweg als Spindelaellen- Sarkome
mit aehwarzbraanem Pigment (Melano-Surkome) und die Zahl
der rotben Dlutzellen an den ungefärbten Lymphaellen des
Blntea Terhielt sich wie 8:1, so dass eine hochgradige Leuk*
aemie nicht zu verkennen war.
3) Tuberculosis.
Villemin, Sanderson, Fox, Gohnheim, B. Frankel
D. A. haben dnreh Versnobe festgestellt, dass bei Kaninchen
nnd Meerschweinchen allgemeiiie Tuberculosis entsteht, ni>cht
nur, wenn man sie mit Stackchen tubereuloser Longen imd
cerriebenea, miliaren Taberkela von Mensehen impft, sondern
aoehf waqn man ihnen Partikel von weichen Erebsgeacbwülsten,
Condylomen oder Saroomen, selbst von beliebigen, asverander*
384 Kohne. Jabresbericht 6ber das
teo Organen friacher Gadaver unter die Haat bringt. Sie er-
reicbten so^ar dasselbe Resultat, wenn sie gans beterogene
Dinge: Baoaebe reinen FlieMpapiers oder reiner Cbarpin, Stncke
▼on Guttapercha, Ton robem oder Tolkanisirtem Caatsobonk etc«
in die Banchboble der Meerscbweineben braebten.
Auf Grund dieser Resultate, ist man in neuerer Zeit ge-
neigt, aninnebmen, dass alle käsigen Bntsundungsprodnkte
durch Infection eine allgemeine Tuberculosis veranlassen kön-
nen und dass die Tuberkeln, wenn auch Nengebilde eigener
Art, keinen specifischen Virus produciren, dass sie mithin auch
nicht an aich» sondern nur durch ihre nicht specifische, käsige
Zerfallsmasse infectioos* und disseminationslahig seien. Ihre
multiple Verbr^tiing sollen sie rielmebr einem gemeinschaft-
lichen Infectionsheerde verdanken , welcher sich in Folge einer
eongenitalen oder erworbeneu Pradisposition in Tulnerablen
Geweben bildet, die bei Terhaitnissmassig geringen Reisen in
eine Entsnndung versetst werden, deren eitrige Produkte käsig
degenriren. Von diesem Heerde aus soll die Infection nicht
durch den Blut- oder Lymphstrom geschehen, sondern, durch
die Saftstromung von Zelle an Zelle, denn bei jenen Versuchen
bildeten sich die Tuberkeln hauptsachlich in den Hinterleibs-
bi^anen, wenn der fremde Korper in die Bauchhöhle gebracht
worden, dagegen Torwaltend in den Lungen , wenn die käsigen
Massen (fein aerrieben, Tcrdunnt und iiltrirt) in die Jugularis
iojicirt wurden.
Bei dieser Sachlage musste es von dem höchsten wissen-
schaftlichen Interesse fnr die Erforschung der Genesis der Tu«
berculosis erscheinen, ähnliche Versuche bei Pferden ansnstei-
len, welche nach den bisherigen Erfahrungen (mit Ausnahme
zweier Fom Prof. Dr* Leisering constatirter Falle) eine Im-
munitat für die Tuberculosis zn besitzen scheinen, da die Rotz-
krankheit weder hinsichts der mit ihr verbundenen specifischcn
Neubildungen, noch mit Rücksicht . auf das von. ihr prodncirte
specifische Oontaginm mit der Tuberculosis zu identificiren ist«
Pferdenpital der Königl. Tbierarzueisdiule. 286
I>ie Directiou der Konigl. Thierarsneisohule gestattel« da-.
her dem Ref., in Gemeinschftft mit dem Dr. Waldenbarg,
in dieser Richtung Versnche an Pferden anzustellen nnd stellte
ans mit dankenswerther Liberalitat drei Pferde sn diesem
Zwecke snr Disposition. Dieselben worden mit Tnberkelmasse
Ton Menschen, mit Zerfallsmassen ans den Perlen (Lymph-
Sarkomen) des Rindviehes, mit frischem und altem Pferdeeiter
wiederholentlich geimpft, aber die nach mehreren Monaten vor«
genommene Obdnction der Versuchsthiere ergab ein bestimmt
negatives Resnitat. Die Immunität des Pferd egeschlecbtes fnr
den Tuberkel- Virus hat sich demnach bewahrt; wir werden da>
her nach wie vor ohne Bedenken Haarseile ziehen und Fonta-
nelle setzen können und nicht daran glauben, dass ans lang
und schlecht eiternden Wanden und Geschwüren, Fisteln etc.
Tuberculosis oder gar Rotz und Wurm bei Pferden entstehen
könne, bis das Gegentheil erwiesen ist.
4) Acute Gehirnkrankheiten
traten , wie bereits erwähnt, trotz des heissen und dürren Früh«
lings und Sommers seltener auf als in früheren Jahren.
Ich unterscheide folgende 3 Arten von Gehirnaffeotionen :
die einfache Gehirncongestion , die subacute Grehimentzündnng
und die acute Gehirn- (Bohlen ') Wassersucht Eine peracnte
Gehirn« oder Himhaut-Entsnndung habe ich ebenso wenig beob-
achtet, wie einen Hydrocephalus externns acutus, doch laugne
ich das Vorkommen dieser Krankheit nicht. Jene Bintheilung
hat vorzugsweise eine klinische Bedeutung und lasst sich viel-
leicht durch die Verschiedenheit der pathologisch -anatomischen
Vorgange im Gehirne, — welche ja überhaupt noch wenig be-
kannt sind — nicht begründen. Allen drei Arten ist ein mehr
oder weniger acuter Verlauf resp. eine acute Entwicklung ge-
mein. Die Gehirn- Gongestion besteht selten idiopathisch, son^
dem bildet meistens eine Complication acuter Brust- oder Hin-
terleibsaffectionen, sehr oft auch einfacher bis zu den Siebbein-
tSO Kohne. Jahresbericht aber du
platten hinaufgehender Oatarrhe, mit deren Beseitiguig die 6e-
birn'OoDgestion tod selbst Terseh windet. Diese limofig schnell
eintretende Erleiebterang des Gehirns nach Losung der Catarrhe
erklart die Ansiebt der Alten, dass der Sehieim Yorher daa
Gehirn selbst belästigt bebe nnd - ans der Scbleimdrüae des €to*
bims stamme. Selbststäodig verlauft die Gehirn - Congestion
mit leiehter Eingenommenheit des Kopfes ohne Fieber nnd
Temperatnrsteigerung, aber mit venöser Injection der Conjnne*
tira. Sie weicht einem mhigen Verhalten bei strenger Diit in
der Regel in wenigen Tagen. Die beiden in der Tabelle hin«
sichte des Ausgangs als zweifelhaft bezeiehneten Falle ron Ge*
himcongestion worden unserer Behandlung schon am 2. resp^
3. Tage wieder entzogen^ so dass ihr fernerer Verlanf noch
nicht mit genügender Sicherheit vorhergesehen werden konnte
and noch die Möglichkeit der Entwicklang der sabacnten Ge-
hirnentzundnng oder der acuten Gehirn -Wassersucht vorlag.
Diese beiden zuletzt genannten Krankheiten fangen nämlich
zuweilen unter den Erscheinungen der einfachen Gehirn -Con-
gestion an, demaskirea sich aber in der Regel in wenigen Ta*
gen. Die Symptome der Gebirnreiznng oder des Gehirndruckes
treten bald in auffallender Weise auf nnd zwar bei der sub-
aenten Gehirnentzündung unter deutlicher Steigernog der in*
•eren Korpertemperatur, bei der acuten Gehirnwassersneht ohne
eine solche« Im ersteren Falle ist in der Regel, aber bei Wei-
tem nicht immer, eine periodische Aufregung bei erhöhter aus*
eerer Schideltemperatur vorbanden, bei letzterer fehlen diese
Sraeheieungen immer»
Das Thermometer bietet also insofern einen wichtigen dta«
gnDstlscben Anhalt, als die Steigerung der inneren Korpertem-
peratur über 38,5 Gr. 0. bei bedeutender Eingenommenheit
dee Kopfes nnd ohne eine andere entzündliche Afiection stet«
für diö sttbacnte Gehirnentzündung, also gegen Dammkoller
spricht. Indess bei der acuten Gehirnwassersneht steht das
Thermometer im Innern des Mastdarmes immer «wischen 37,5 Gr,
Pferdespital der Köoigl. Thierarzneischule, 387
\knd 38,5 Gr. , so dass die TemperatarmessaDg zur üntersobei-
dang dieser Krankkeit vom Dammkoller keineo Anhalt bietet,
denn die Gehirnwasserfincht entsteht in acuter Weise ohne £e- •
berhaft zu sein. Die sabacute Gehirnentzundang macht zwar
denselben Ausgang d, h. sie geht entweder in Genesung oder
in acute Gehirnhohlen- Wassersucht und durch diese in den Tod
oder in den Dummkoller (chronische Gehirnhohlen-Wassersucht)
aber; die subäcute Gehirnentzündung tritt aber stets mit einem
Fieber auf, welches oft nur durch thermometrische Messnnir
der inneren Korpertemperatur wahrzunehmen ist. Das Ther-
mometer hat sich überhaupt seit einigen Jahren als ein un-
schätzbares Hülfsmittel bewährt und zeigt die Fieberhaftigkeit
der Krankheitszustände sicherer an, als der Puls, nur schade,
dass das Instrument zum thierärztlichen Gebrauch zu zerbrech-
lich ist.
Dass die Sectionsergebnisse der an Gehirnkrankheiten ge-
storbenen Pferde für die differentielle Diagnose keinen zuver-
lässigen Anhalt bieten, habe ich bei einer anderen Gelegen-
heit bereits hervorgehoben.
Therapie.
Erhebliche Fortschritte können wir nicht constatiren, doch
ist zu erwähnen, dass die Behandlung des Erjsipelas der Pferde,
welches in Form des sogenannten Einschusses auftritt, mit ein-
maliger, höchstens nach ein paar Tagen einmal zu wiederho-
lender Einreibung von Oleum Pini und Oleum Raparum zu
gleichen Theilen oder im Verhältniss von 3 : 1 fast immer von
dem gunstigsten Erfolge begleitet war. In der MenschenheiU
kunde wendet man in neuerer Zeit reines Oleum Terebinth.
mit Erfolg gegen das Wund-Erysipelas an, aber die Haut der
Pferde ist gegen dieses Mittel viel empfindlicher, als die des
Menschen, daher ist die Verdünnung nothig.
Im Jahre 1858 wurde der Verpflegungssatz pro Pferd und
Tag von 12J Sgr, auf 15 und 1867 auf 174 Sgr. erhöht^ und
^88 Müller,
im Ganxeo ward«n in deo leUteo 13 JakraA 17,920 Pferd«
in dem SpiUle behandelt recp. rerpllegt nnd swsr:
' im Jahre 1857 — 1286,
. , 1858 — 1170,
, , 1259 - 1130.
1860 — 1178.
. , 1861 - 1413,
, , 1862 -- 1475,
1863 — 1696,
, , 1864 — 1721,
, , 1865 — 1650,
, ^ 1866 — 1505,
, . 1867 — 1215.
, , 1868 — 1177.
1869 — 1304,
Samma 17,920.
IV.
Verkreitng der TmUmkraikkit uter dci
SdiweiB« in Jabc 1868'*)
Aus den Berichten der Kreis -ThierarBte sasammeDgestellt
von Maller.
Die kreisthieräratlichen Berichte für die Zeit vom 1.
April 1868 bis 1. AprU 1869 enthalten nur sehr sparsame No-
tizen über das Vorkommen der Trichinenkrankheit. Es würde
jedoch gewagt sein, hieraus auf ein verhältnissmassig seltenes
•) Vergl. Magazin f. d. ges. Thierh. Band 34, Seite 30 und Band
35. Seite 163,
Tricbineukraukheit uuter deu Scfaweineu. 289
Vorkommen dieser Krankheit zu schliessen, sondern sehr viel
näher liegt die Annahme, dass die üntersuchangen von Fleisch
in -.Bezag auf Trichinen sehr viel seltener vorgenommen worden,
als in den anmittelbar vorhergegangenen Jahren; in Folge des-
sen werden nur solche Falle von Trichinosis bei Schweinen,
welche Erkrankungen von Menschen veranlassten; bekannt. Die
Berliner Zeitungen enthielten mehrmals amtliche Bekanntma*
chungen, in denen das Polizei - Präsidium bei Gelegenheit von
Trichinenerkrankungen das sorgfaltige Kochen des Schweine-
fleischea in Erinnerung brachte. Es verdient ferner bemerkt
zu werden, dass aus den Regierungsbezirken Gumbinnen und
Stralsund, in welchen früher 5fter Falle von Trichinosis beob-
achtet wurden, wahrend des Berichtsjahres keine Mittheilangen
Hber Trichinen gemacht werden.
Preussen. Im Kreise Pr. Holland wurden durch die
microscopische Fleischbeschau zweimal Trichinen gefunden, und
zwar bei Schweinen, welche denselben Gehöften angehörten, in
denen drei Jahre vorher mehrere Menschen an Trichinose er-
krankt und gestorben waren. Die. im Winter 1868/69 trichinös
befundenen Sehweine waren angekauft, nicht auf den betref-
fenden Gehöften gezüchtet worden, sie gehörten der gewohn-
lichen Landrace an, waren weiblichen Geschlechtes, hatten sich «
ebenso gut wie die anderen Schweine gemastet, und wahrend
des Lebens keine Krankheitserscheinungen gezeigt.
Angeblich sollen auch im Kr. Königsberg Trichinen bei
Schweinen vorgekommen, und auf einem Gute des Kreises
Fischhausen 17 Personen an Trichinose erkrankt und 11 Per-
sonen gestorben sein,
Posen. In der Stadt Posen sind wahrend des Sommers
1868 zwei junge Leute an Trichinose gestorben; nur in einem
Falle konnte die Veranlassung zur Infection, frische Wurst,
ermittelt werden, im zweiten Falle war das betrefTende Schwein
bereits vollständig verzehrt. In Folge dieser beiden Todes-
falle führte das Polizei - Directorium zu Posen die microsco«
Mag. f. TUerbeilk. XXXVI. 3. 19
290 Müller,
piscbe Fleischbeschmo eio, and obertrog sie dem Dep.-Tb.
Koffert. Die Kimmerei - Kasse sollte die Kosten der ünter-
sacbuDg tragen, der Magistrat war auch daso bereit, die Stadt-
▼erordseten iehnteo jedoch spater die ZahlangsTerpfliehtaiig ab.
So kam es, dass die FleischaotersnchoDgen oadi dreimoeatli-
eher Dauer in das Stocken geriethen nnd erst spater von Nenem
anfgenommen werden konnten. In den ersten sn dieser Zttt
dem Dep.-Th. Rnffert sngesandten Fleischproben fanden sieh
eingekapselte Trichinen; das betreffende, swei Schlächtern ge-
meinschaftlich gehörende Schwein konnte anf polizeiliche An*
Ordnung noch yemichtet werden ^ ebenso ein zweites, anf einem
Gnte geschlachtetes Schwein, von welchem Proben an Rnffert
«logesandt and sehr stark trichinenhaltig befanden waren. Aus-
serdem erwies sich ein gut geräncherter Schinken angemein
trichinenhaltig*
Im Kreise Birnbanm erkrankte ein Mensch an Trichinose,
ist jedoch wieder genesen. Kr.-Th. Eodloff konnte in 40
Proben angeblich trichinenhaltiger Schlsgwnrst bei der sorgfal-
tigsten Untersnchnng keine Trichinen finden, obgleich nach der
Behanptang des dortigen Apothekers die Wnrst eine grosse
Anzahl Trichinen enthalten sollte.
^ Schlesien. Im Kreise Görlitz sind im Dorfe Nieder-
Bielaa mehrere Falle von Trichinenkrankheit bei Sdbweinen
vorgekommen; ein Gorlitzer Fleischer hat daselbst mehrere
Schweine gekauft und zur Stadt gebracht. Etwa 10 bis 14
Tage nach dem Verzehren einer von diesem Fleischer gekauf-
ten Cervelatwurst erkrankten 3 Mitglieder derselben Familie an
Trichinose; es konnten jedoch in den noch vorhandenen Fleisch-
beständen keine Trichinen gefunden worden.
Sachsen. Begierungs - B ezirk Magdeburg. Im Kreise
Jerichow L wurden Trichinen bei einem gemasteten Treiber-
schwein, und zwar angeblich besonders reichlich im Herzen,
gefunden.
In Aschersleben sind bei zwei Schweinen, welche ein renom-
Tricbinenkrankheit unter den Schweinen. 291
mirCer Schmelier geschlachtet hatte, Trichinen rechtseitig ge-
funden worden.
Aaf der Domaine Frohse*) hat Kr.-Tb. Jost von 16 wah-
rend des Semesters geschlachteten Schweinen Fleisch unter«
sacht, nnd bei einem Schweine Trichinen gefanden.
Es sind dieses Mal fast nar junge Thiere geschlachtet wor-
' den; von den beiden mitgesohlaehteten alteren Zuchtthieren
hatte das eine 'die Trichinen. Da jedoch die Kapseln sehr h^i
und durchsichtig, die Trichinen in denselben auch so deutlich
sichtbar waren, als ob die Kapseln gänzlich fehlten, die Kap-
seln ausserdem durch einigermaassen starken Dri^ck auf das
Object leicht zerrissen, so kann man die Aufnahme der Darm-
trichinen nicht auf Jahre zurück datiren wollen. (?)
Regierungs- Bezirk Merseburg. Am 16« November 1868
erluelt Kr.-Th. Groth von iier Polizeiverwaltnng in Witten-
berg den Auftrag, die bei dem dortigen Fleischermeister Z oller
polizeilich mit Beschlag belegten 41 Wurste und 14 Schinken
microscopisch zu untersocben. £s waren in der ersten Hälfte
des November zahlreiche Erkrankungen unter den Einwoh*
nem von Wittenberg vorgekommen, die von dem Arzte als
Trichinose erkannt wurden, und ein Uhrmacher, der auch er-
krankt war, hatte der Polizeiverwaltnng ein Stuck von einer
Cervelatwurst, die er von dem p. Z oller gekauft, nnd von
welcher er wiederholt gegessen hatte, zugestellt. In dieser
Wurst wurden Trichinen in grosser Anzahl gefunden. Die mi-
croscopischen Untersuchungen hatten zum Resultate, dass in 4
Wursten, die zusammen ein Gewicht von gegen 10 Pfund hat-
ten, Trichinen in grosser Anzahl gefunden wurden.
Diese trichinenhaltigen Würste waren in Betreff des Alters
und der Sorte von gleicher Beschaffenheit, so dass man wohl
annehmen konnte, dass dieselben von einem Schlachter nnd
*) In Frohse sind in jedem der letzten Jahre ' Trichinea gefun-
den worden.
19*
In* WarvU
TrifhiBM eikraskte PenoMs mc^ Flciidk ud
«rknaktea Pcnoaea, «n josges MidebcB. ist m Fcd^ daToa
Der FlcwdianAeUter Zöller hat sieh hirfirlrig
gert flamgd>ea, aas welefaeB SuDe das Scbveu, tob dea die
CridiiBeabaltlge Woivt beirohzie, gekauft var, iadea er ffidbft-
wisaea TondiaUte; anek eise tob dea üatei ■■! Iianguldiler
bieriber gelikrte omCuigreidie VoraBtemcLaDg hat aar ein
aegatiTea Reaaltat gehabt.
BegienmgS'Besirk Er&rt. la der Stadt Mnhlhaaten kam
som enlen Ifale eia triehiooses Sdiwein ror, weldies dadurch
entde^t wurde, dass die mit dem SdilaAtcn beachaftigten
Lente aaeh laadesobliehem Gebraodie rohea, gehacktea Fleisdi
gegessen hattoB, uid spiter ohne Ananahme erkrankten. Kr.-
Tb« Simon fand in dem noch Torhandenen Fleiaehe nnd in
der Sdilaehiwaare aiemlich sahireiche angekapselte Titehinen.
Das qo. Sehwmn wer eine Ton hiesigen Handelsleaten gekaufte,
aoe dem Kreise Heiligenstadt herstammende Erstlingssan, welche
bei dem Kiofer nach dem Abfinrkein gemastet nnd geschlachtet
worden war. Der Verbleib der Ferkel konnte nidit ermittelt
werden. Die Trichinen waren snm Theil so stark verkalkt*),
dass sie wohl kanm noch als lebensfihig angesehen werden
konnten. Die stark yerkapielten Trichinen bewegten sich nicht
*) Waren die Trichinen verkalkt, oder die Kapsehi? Dass eine
starke Verkalknng der Kepseki die Trichinen nicht todtet, ist durch
Varsache erwieien.
Tricbinenkrankheit unter den Schweinen. 293
mehr bei starker Erwarmting des Qbjectstragers, wahrend die
Bewegang, der weniger eingekapselten deatlicb sichtbar war.
Regierangs-Bezirk Stettin. In Pasewalk kam ein Fall von
Trichinosis vor; nähere Angaben fehlen, Kr.-Th. Huth.
Im Grossherzogtham Sachsen-Weimar sind seit dem
Anfang des Jahres 1866 nean trichinöse Schweine durch die
verpflichteten Fleischbeschauer ermittelt und durch polizeiliches
Einschreiten dem Verkehr entzogen worden. Seit dem 1. März
1868 ist die Fleischbeschau obligatorisch; in der Zeit vom 1.
März 1868 bis 1869 sind im Grossherzogtham von 100 Fleisch-
beschauern 19,611 Schweine untersucht und unter denselben
nur ein trichinöses gefunden worden.
National- Zeitung vom 24. Juli 1869.
V.
Sediste Fortsetiung'^) des Katalogs des Haseons der
Königlidien Huerarzneischide in Berlin.
Von Gnrlt.
Die fünfte Fortsetzung des Katalogs des Museums befindet
sich im 33. Jahrgange S. 1. ff. des Magazins und reicht bis
zum September 1866. Von da an bis 1869 sind 157 neue
Präparate zur Sammlung hinzugekommen, so dass diese jetzt
6408 Nummern enthält.
Nach der bestehenden Eintbeilung sind die 157 Präparate in
folgenden Abtheilangen aufgestellt, nämlich:
*) Die letzte, die ich yor meinem Ausscheiden gebe.
294 Gurlt,
If I. Normal gebildete Skelete , 4
II. Abnorm gebildete Skelete ..••... 3
III. Normale Kopfe 4
IV. Abnorme E5pfe, oder Theile derselben . . 19
^ V. Abnorme Rampfknochen 3
VI. Abnorme Knochen der Gliedmaassen . » . 8
VII. Präparate von gesunden Theilen, trocken . 2
Vm. F5tQ8 nnd Präparate von gesnnden Theilen,
in Spiritns 14
IX. Präparate von abnormer Beschaffenheit, trocken 17
X. Missgebarten und Präparate von abnormer Be-
schaffenheit, in Spiritos .^ . . . . 64
XI. Injicirte Präparate, trocken 5
XII. Eingeweidewürmer 10
XIII. Epizoen '..... 4
157
I. Normal gebildete Skelete,
1. Rnmpf eines 2^ Jahre alten Schafes mit 7 Lenden-
wirbeln. (Nr. 6403.) ^
2. Skelet von Dasypus setoavs (Gurtelthier). (Nr. 6382.)
3. Skelet einer Tümmler- Taube. (Nr. 6337.)
4.» Skelet der Natter (Cohiber Natria) (Nr. 6404.)
II. Abnorm gebildete Skelete.
1. Skelet eines zwerghaft gebildeten nengebornen Kalbes
(Nanosomus caticeps)^
Es gleicht ganz den beiden im 12. Jahrgange des Maga-
zins S. 4 (10—11.) beschriebenen Kalbs -Skeleten. (Nr. 6283.)
2. Skelet eines Lammes mit Bauchspalte {SchistocormuB
ßssiventralis), Kopf und Beine sind regelmässig. Die 6. — 13.
Rippe der rechten Seite sind nach oben und rorn gebogen.
Die Wirbelsäule ist vom 1. Lendenwirbel an mit dem nicht
Katalog des Museums der Kgl. Thierarzneischule. 295
gespaltenen Becken nach oben und links gebogen; daher sind
auch die Hinterbeine nach oben und links gekehrt. (Nr. 6282.)
3. Skelet eines Ziegen * Lammes mit Doppelsteiss (Dipygus
subbieoUis), Vom 3. Halswirbel an ist die Wirbelsaale dop-
pelt. Die Wirbelbogen des Atlas, zweiten Halswirbels und der
folgenden Wirbel, namlioh am linken Korper bis sam 9. Racken-
wirbel, am rechten Korper bis aam 10. Racken wirbel, sind ge*-
spalten (daher lag hier das Rückenmark frei); an den übrigen
Wirbeln an beiden Korpern sind die Bogen geschlossen« Am
linken Korper befinden sich nur 10 zam grösseren Theile mit
einander verschmolzene linke Rippen; an der rechten Seite
sind nar die letzten 5 Rippen vorhanden , welche . nach oben
gekrümmt sind.
Am rechten Körper verhalten sich die Rippen der rechten
Seite wie die an dei\ linken Seite des linken Korpers; von den
linken Rippen dieses Korpers sind nar die 3 letzten vorhan-
den und nach hinten gekrümmt.
Der Kopf and die beiden Vorderbeine sind regelmässig,
aber von den vier Hinterbeinen sind nar zwei vollständig, denn
das rechte des linken Korpers ist am Ober- und Unterschen-
kel ^ sowie am Spranggelenk sehr mangelhaft; der Mittelfass
und die Zehen sind zwar vorhanden, aber zu klein. Das linke
Hinterbein des rechten Korpers besteht nur aas dem Ober- and
Unterschenkel mit Kniescheibe, alle übrigen Theile fehlen.
(Nr. 6385.)
III. Normalgebildete Kopfe, oder Theile derselben.
1. Kopf von Qadus Morrhua, (Nr. 6313.)
2. Kopf von Fleuronectes Platessa^ (Nr. 6336.)
3. Kopf von Esox Lucius, (Nr. 6402.)
4. Die Kiefer eines 39jährigen Pferdes. (Nr. 6340 )
296 Gurlt,
IV. Abnorme K5pfe oder Theile derselben,
a) Angeborae Missbildangen.
1. Kopf eines Lammes ohne Antlits (Perocephahs apro-
ßopus). Er ist fast eiförmig, nach vorn verschmälert und hat
ein grosses Hinterhanptloch. (Nr. 6280.)
2. Kopf eines Lammes ohne Unterkiefer, mit unterer
Mnndspalte. (Perocephahu agnathns var, hypostomus). Eine der
häufigsten Missbildnngen bei Schafen. (Nr. 6397.)
3. Kopf eines Lammes ohne Unterkiefer und ohne Mund
(PeroeepK agnathm vor. Mtomus), Er ist im Magaiin Jahrgang
XXXnL Hft. 4. S. 485 beschrieben und auf Taf. IV. Fig. 3.
abgebildet. (Nr. 6272.)
4. 5. Kopf vom Kalbe und vom aengebornen Honde mit
zu kleinen Augen (Nanocephabu micrammahu). (Nr. 6401. 6316.)
6. Kopf eines Kalbes mit Sehadel- und Gaumen -Spal-
tung (SehUtocephahu hemicephabu et ßssipalatinw). Kopf und
Gehirn sind im Magazin Jahrg. XXXIII. Hft. 2. S. 247 be«
schrieben und auf Taf. II. abgebildet. (Nr. 6270,)
7. 8. Kopf eines Kalbes und eines Lammes mit theilwei-
ser Schadelspaltung (Schistoceph. hemicepK paartiaU»)^ Bei bei-
den Köpfen ist die Oeffnung in den Stirnbeinen und in der
Mitte des Scheitelbeines. (6330. 6271.)
9. Kalbskopf mit ganzer Gesichtsspaltung (SchiatocepK hi-
fidu$). Von den bekannten Formen dieser Art weicht der vor-
liegende Kopf darin ab, dass die innere Wand der rechten
Augenhohle, das rechte Zwischenkieferbein und die rechte
Hälfte der knorpeligen Scheidewand der Nase fehlen. Ein
nicht zu deutendes bogenförmiges Knochenstuck geht vor der
offenen Schadelhohlo von der linken zur rechten Gesichtshälfte,
mit welchen es durch Knorpel verbunden ist. (Nr. 6329.)
10. 11. Zwei Kopfchen von Cyclopen mit grossem Munde
nnd ohne Rüssel [Cyclops megalostomus arrhynchus)^ vom Ziegen-
lamm und Schweinchen. (Nr- 6331. 6400.)
12. 13. Zwei Kopfchen von Cyclopen, eins mit grossem
Katalog des Museoms der Kgl. Thicrarzneischule. 297
Munde und mit Rassel (Cyclops megalost^ rynchaenua), das an-
dere ohne Gesicht and ohne Rassel (Cyclops aprosopus arrktfn-
chu8^ von Schweinchen. (Nr. 6398. 6399.)
14. 15. Zwei Wasserkopfe (Hgdrocephahu) vom neage-
borncn Fohlen and von einem 4 Wochen alten Handchen«'
(Nr. 6281. 6338.)
b) Nach der Geburt entstandene Missbildungen.
16. Kopf mit langen Nagezahnen, vom Hasen. (Nr. 6315.)
17. Kopf vom Sperling, mit einem Blaserohr -Spicker im
Oberschnabel. (Nr. 6317.)
18. Schädeldach mit gans Terknochertem Sichelfortsatz
der harten Hirnhaut, vom Hunde. (Nr. 6275.)
19. Exostose vom Oberkiefer, aber dem ersten Backen-
zahne, vom Hunde. (Nr. 6309«)
V. Abnorme Rnmpfknochen.
1. Die Halswirbel mit doppeltem Atlas, von einem zwei-
köpfigen Kalbe (Decephalus biatlanticus), (Nr. 6297.)
2. Nach links und oben gekrümmte Rückenwirbel, vom
Pferde. (Nr. 6349.)
3. Die beiden letzten Rückenwirbel mit Exostosen, von
einem Pferde, welches an Kreuzlahmung litt. (Nr. 6359.)
VI» Abnorme Knochen der Gliedmaassen.
a) Angeborne Missbildungen.
1. Eine überzählige Zehe von der äusseren Seite des
linken Vorderfasses, vom Fohlen. — In den meisten, bis jetzt
beobachteten Fällen fand sich die überzählige Zehe an der
inneren Seite, also am inneren Griffelbein. (Nr. 6267.)
2. Ueberzähliges doppeltes Vorderbein vom Rücken einer
Färse im dritten Jahre (Opisthomelophorm tetrachirus)^
Herr Kreis • Thierarzt Lange in Genthin übersandte im
298 Gurlt,
«
April 1868 dieses uovollstaDdige Doppelbein und bemerkte, es
ging von der rechten Schulter aus und hing von oben und hin-
ten nach unten und vorn herab, reichte aber nicht bis zur
Erde. Das Thier war aur Schtu ausgestellt und starb an einer
Verstopfung des Psalters. -«- Der das Schulterblatt darstellende
Knochen ist nicht platt, wi6 ein gewöhnliches Schulterblatt,
sondern erscheint wie ein etwas platter Rohrenknochen und hat
gegen das untere Ende eine Spalte» Die Gelenkgrube ist sehr
flach. Das Armbein ist ebenfalls einfach, aber unregelm assig;
am Mittelstück verlaufen drei Langsleisten , die swei seichte
Vertiefungen begrensen. Das untere Ende ist mit dem theilweis
doppelten Vorderarm verwachsen. Derselbe besteht aus zwei
starken Speichen, swichen welchen ewei verkümmerte Ellenbo-
genbeine, welchen aber die Hocker fehlen, liegen. Die unte-
ren Enden beider Speichen sind mit der Vorderfosswnrzel be-
weglich verbunden, doch besteht dieser Garpus nur aus einem
Knochen. Die beiden Mittelfussknoohen sind von oben bis aur
Mitte herab verschmolzen, von da ab sind sie gertennt, regel-
massig gebildet und tragen zwei Paar vollständige Zehen.
(Nr. 6360.)
b) Nach der Geburt entstandene Missbildnngen.
3. 4. 5. Geheilte Knochenbrüche, nämlich am linken Ober-
schenkel des Hundes, am linken Armbeine des Hasen und am
rechten Armbeine der Gans. (Nr. 6351. 6405. 6406.)
6» Rechter Vorarm und Fuss mit Osteophyten, vom
Schweine. (Nr. 6298.)
7. Rechtes Oberschenkelbein mit Knochen - Neubildung
über dem oberen ümdreher, vom Pferde. (Nr. 6333.)
8. Strahlbein mit Caries, vom Pferde. (Nr. 6366.)
Katalog des Museums der Kgl. Thierarzoeischule. 299
VII. Troekene Präparate von gesunden Theilen.
1. Zungenbein vom jnngen weiblichen Elephanteo. (Nr.
6301.)
2. Langgestreckte Harnblase vom Kalbe. (Nr. 6352.).
VIII. Fotas and Präparate Ton gesunden Theilen,
in Spiritus.
1. Weiblicher Pferde • Fötus , 23 Wochen 5 Tage alt.
(Nr. 6284.)
2. Zwillings-Fotus vom Pferde, 71 Tage alt. (Nr. 6339.)
3. Männlicher Rinds- Fötus, 27^ Woche alt. (Nr. 6285.)
4. Geschlechtstheile eines 30 Wochen alten Ebers, an
welchen der Urachns noch vorhanden ist. (Nr^ 6346.)
5. Weibliche Geschlechtstheile mit den Neben-Eierstocken
Ton einem fast reifen Kalbs-Fotus. (Nr. 6372.)
6. Kehlkopf vom jungeu weiblichen Elephauten. (Nr.
6300.)
7. Herz mit offenem eirunden Loche, von der Fischotter
{Lutra vulgaris). (Nr. 6307.)
8. Kehlkopf, Zunge und weibliche Geschlechtstheile, von
Dasypm setosus, (Nr. 6380.)
9. Herz, Zungenbein etc. von Testudo Midas, (Nr. 6263.)
10. Kopf mit praparirten Speicheldrüsen, vom Kalbe.
(Nr. 6264.)
11. Kopf mit praparirten Speicheldrüsen, vom Eber*
(Nr. 6338.)
12. Bauchspeicheldrüse etc. mit injicirtem Gange, vom
jungen Schweine. (Nr. 6381.)
13. Die praparirten Gärtnerischen Gänge, vom Kalbe.
(Nr. 6326.)
14. Kopf von Pleuronectes Platessa, (Nr. 6311.)
300 Gurlt,
IX. Trockene Präparate voo abnormer Be-
schaffenheit.
1. Bin im Uteraa verschrampftes Lamm. (Nr. 6254.)
2. Haftdarm mit grossem Divertikel, vom Pferde. (Nr.
6369.)
3. Knochenkapsel vom Baachfeli der Kah. (Nr. 6374.)
4. Knochengerast aas dem Gekröse des Schweines.
(Nr. 6332.)
Beide Gegenstande sind im Magaain Jahrg. 1870, Heft 1.
S. 93 beschrieben and auf Taf« I. abgebildet.
5. Speichelstein aas dem linken Stenon' sehen Gange
des Pferdes. Dieser Stein ist von demselben Pferde, welchem
Herr Kreis - Thierarzt Maller in Stolp vor 5|f Jahren einen
solchen Stein aas demselben Gange entfernt hatte. (Nr. 6265.)
6. Speichelstein von der Backe eines Pferdes. Der Spei-
chelgang der Ohrdrase war gerissen, daher lag der Stein im
Gewebe der Backe. (Nr. 6370.)
7. Speichelstein aas dem Stenpn' sehen Gange der Kah.
(Nr. 6361.)
8. 9. Darmsteine aas dem Dickdarme von Pferden.
Der eine dieser Steine, welcher im Blinddarme lag, ist
von einem 12 Jahre alten Pferde, welches 5 Jahre einem Mal-
ler ond 3 Jahre einem Bäcker gehört hatte, also wahrschein-
lich viel Kleie als Futter bekommen hat. (Nr. 6368. 6407.)
10. 11. Zwei Blasensteine, welche von Staten aasgestos-
sen sind. Die eine dieser Stnten litt von Zeit za Zeit an
Harnbeschwerden und wenn sie rascher laafen masste war der
Urin mit Blut gemengt. (Nr. 6318. 6325.)
12. Blasenstein von einem Wallach, aber dessen Krank-
heitsgeschichte der Einsender, Herr Kreis • Thierarzt Paepke
in Arnswalde, im Magazin Jahrg. XXXV. Heft 1. S. 125 Mit-
theilung gemacht hat. (Nr. 6365.)
13. Blasenstein von einer Stute. Er wurde bei der
Katalog des Museums der Kgl. Tbierarzneischule. 30.1
Section des an eine^ anderen Krankheit gestorbenen Thieres
gefonden. (Nr. 6408.)
14« Rande Harnsteinchen, welche die Harnröhre eines
jungen Stiers bis znr S- formigen Krammung verstopft hatten.
(Nr. 6360.)
15. Concrement aus dem Grimmdarme des Pferdes. (Nr.
6314.) "'
16. Grosser Haarball, der im Mastdarme eines 4jährigen
Schlachtochsen gelegen haben soll. (Der Einsender hat den
Haarball nicht selbst gefanden.) (Nr. 6278.)
17. Verkalkte Fettgeschwalst ans der Harnblase des Pfer-
des. Sie wurde far einen Blasenstein gehalten. (Nr. €391.)
X. Missgeburten und Präparate von abnormer Be-
schaffenheit, in Spiritus.
a) Angeborne Missbildungen.
1. Kugelige TJngestBlt (Amorphus globosus)^ von der Ziege.
Es ist diea der erste Fall, der mir bei der Ziege vorgekom-
men ist, während diese Missbildung bei Rindern nicht selten
ist. (Nr. 6321.)
2. Die Knochen von mehreren kugeligen üngestalten von
Rindern. (Nr. 6308.)
3. Lamm ohne Unterkiefer und mitkleinem Munde (Peroce-
pkahs agnaihus vor. microstomta). (Nr, 6295.)
4. Schlundkopf, Kehlkopf etc. vom Lamme ohne Unter-
kiefer mit unterer Mundspalte. Hier fehlt die Zunge gana,
während in den meisten Fällen doch ein Rudiment davon vor-
handen ist. (Nr. 6390.)
5. Kopf und Hals eines Lammes mit Schädelspaltaog
(HemcephaUa partiaUs)^ Nur an den Stirnbeinen fehlt das Schä-
deldach, und diese Oeflfnung ist durch die Verwachsung (Nicht-
trennung) mit der Schafhaut entstanden, so dass auch eine
Trennung der Haut am Halse besteht. Höchst sonderbar ist
302 Gurlt, ^
der Unterkiefer geformt; er ist nämlich tod den Seiten zu-
sammengedruckt, daher sa hoch, der Körper hat die Schneide-
zahne in zwei über einander stehenden Reihen, die obere Reihe
hat 4, die untere 3 Schneidesahne. Der rechte Ast hat 2 Rei-
hen Backenzahne , eine Reihe (3 Zahne) nach oben (wie gewohn-
lich), die andere Reihe nach der äasseren Seite der Backe zu-
gewandt. (Nr. 6327.) *'
6. Pferde-Fotas mit Kabelbrach, 6 Monate 20 Tage alt.
(Nr. 6340.)
7. Cyclopisches Händchen ohne Mund und ohne Rassel
fCycIops astamus var^ arrkynchui), (Nr. 6296.)
8. Cyclopisches Schweinoben, mit einem Wassersack am
Halse. (Nr. 9358.)
9. Kopf mit verbundenen Doppelgesichtern (Diprosopus
conjunctus), vom Kalbe. (Nr. 6341.)
10. Das Gehirn von demselben. (Nr. 6312.)
11. Ungleiche Zwillinge mit acht Beinen, vom Schaf
(Heterodidymua octipes fxar^ emprotikochirophorus)^
Die voriiegende mannliche Missgebart gleicht. im Aeusse-
ren ganz der im Magazin Jahrg. XVIII. HefC 3. S. 352 fif. be-
schriebenen und auf Tafel III. abgebildeten weibliehen Miss-
gebnrt. Die innere Untersuchung zeigt jedoch einige Ab-
weichungen.
1) Es ist ein Nabelbruch vorhanden, so dass die Bauch-
eingeweide zum Theil ausserhalb der Bauchhohle liegen.
2) Es ist nur ein Kehlkopf, eine Luftrohre und ein Lun-
genpaar vorhanden, aber zwei Schlünde.
c
3)' Die Grimmdärme von beiden Körpern machen die ge-
wohnlichen schneckenförmigen Windungen, die recjite Leber hat
eine Gallenblase, die linke nicht.
4) Die Hoden liegen in der Bauchhohle und die äusseren
Geschlechtstheile des Parasiten sind sehr klein.
5) Die vordere Aorta des Tragers giebt an diesen die ge-
wohnlichen Gefasse ab. Aus der Brust -Aorta desselben ent-
Katalog des Museums der Kgl. Thierarzneischule. 303
springt die Aorta für den Parasiten, welche «uerst die Arte-
rien für die Vorderbeine desselben abgiebt, dann frei 3efa^e-
bend dnrch die Brasthohle nnd das Zwerchfell länft und eine
starke Arterie an die Banch -Eingeweide, und eine zweite an
das Hintertheil des Parasiten abgiebt. Für die Banch- Einge-
weide des Tragers bilden die Bauchschlagader (A. coeUaca)
und vordere GekrSsarterie (A. meaenterica anterior) einen ge-
meinschaftlichen Stamm. (6342.)
12. Brnstswillinge mit nur einem Kopfe (Thoracodidymus
monocephalus). Der Kopf ist mit dem linken, unvollständigen
Korper verbunden, der rechte kopflose Korper ist übrigens der
vollständigere.
1) Skelet. Der Kopf ist regelmassig. Die Wirbel-
säule des linken Korpers besteht nur aus 7 Hals- und 7
Rückenwirbeln, hat 7 linke Rippen, von welchen nur die erste
mit dem Brustbeine verbunden ist, und nur eine rechte Rippe.
Au der Wirbelsaule des rechten Korpers ist nur der
zweite bis fünfte Halswirbel vorhanden, wovon der zweite mit
der Wirbelsäule des linken Korpers durch ein Band ver-
bunden ist; die Rucken-, Lendenwirbel und das üebrige ist
vollständig. Dreizehn Paar Rippen sind zwar vorhanden, aber
das 1., 2. nnd 3. Paar sind mit dem 3. bis 5. Halswirbel, die
übrigen Paare mit den 13 sehr schmalen Ruckenwirbeln ver-
bunden. Die Rippen der rechten Seite dieses Körpers haben
ihre regelmässige Stellung, und Verbindung mit dem Brust-
beine; die der linken Seite sind ganz, nach hinten gekehrt.
Beide Rumpfe sind nur. durch Muskeln verbunden. Glied-
maassen: Das linke Vorderbein des linken Korpers ist
normal; statt des rechten ist nur ein dreieckiger Knorpel (Schul-
terblatt) vorhanden. Das Becken ist sehr mangelhaft und tragt
zwei Oberschenkelbeine, von welchen nur das linke die Anlage
zum Unterschenkel hat. Am rechten Körper sind alle 4
Beine normal.
304 Gurlt,
2) Die Brust-Eingeweide sind eiofacli, daher aooh
Kehlkopf und Luftröhre.
3) Bauch- Eingeweide. Der Schlund ist so weit ein-
fach, bis er die beiden Magen erreicht. Am linken K5rper
ist der Magen klein, die Leber auch kldn und ohne Gallen-
blase, die Milz gross. Am rechten Körper ist der Magen
grosser, auch die Leber, die eine Gallenblase hat; aber die
Milz ist kleiner und doppelt. Von beiden Magen vereinigen
sich die Zwölffingerdärme, dann ist auch der Leerdarm einfach,
aber der Hüftdarm ist doppelt. Der linke geht in einen an
beiden Enden geschlossenen Dickdarm über;, der rechte geht
in einen längeren Dickdarm über, jedoch fehle^ die dem Kalbe
eigenthümlichen schneckenf5rmigen Windungen des Grimm-
darmes.
4) Harn- und Geschlechtsorgane. Der linke Kor-
per hat nur die linke Niere, der rechte Korper hat beide
Nieren. Ebenso hat der linke Kor per auch nur einen Ho-
den , der hinter dem Zwerchfelle liegt , der rechte K5rper
hat beide Hoden wie gewohnlich. Aeussere Geschlechtstheile
sind vorhanden.
5) Arterien. A(ftrta und Lungen - Arterie entspringen
vereinigt aus beiden Herzkammern. Aus diesem Stamme
gehen zuerst die «beiden Kranz-Arterien des Herzens ab, dann
die beiden Lungen - Arterien einzeln; hierauf macht der Stamm
den Aortenbogen, aus welchem folgende Gefasse hervorgehen:
a) die Armkopf -Arterie (A. anonyma)^ welche die beiden
Carotiden und die linke Sdilüsselbein- Arterie für das
linke Vorderbein des linken Körpers abgiebt; dann wird
sie zur hinteren Aorta dieses Korpers, giebt 1 Nieren-,
1 innere Saamen - Arterie , die Arterien an beide Lebern
ab, und versieht die unvollständigen Darme und das Hin-
tertheil dieses Korpers. Aus dem Aortenbogen entspringt
ferner :
b) eine Schlüsselbein -Arterie für die beiden Vorderbeine
Katalog des Musenms der Kgl. Thierarznelschule. 305
des rechten Körpers, dann gebt sie als hintere Aorta
dieses Korpers an der Wirbelsaale nach hinten and Ter-
aweigt sich wie gewohnlich. (Nr. 6392.)
13. Nengebornes Sehweinchen mit Baachwassersucht und
Terkummerten Gliedmaassen. Bs ist im Magaxin Jahrgang
XZXIV., Heft 1. S. 115 ff. beschrieben and anf Taf. I. ab-
gebildet. (Nr. 3606.)
14. Das linke Hinterbein eines Kalbs -Fötus aas der
Baochhohle eines normal gebildeten Kalbes (FoetM in foetu).
Es ist im Magaain Jahrg. XXXV., Heft 3. S. 347 ff. beschrie-
ben and anf Taf. III. abgebildet. (Nr. 6393.)
15. Gehirn eines Kalbes mit Schädel- nnd Gaomenspal-
tnng. Es ist im Magazin Jahrg. XXXIII., Heft 2. S. 247 be-
schrieben and anf Taf. II. abgebildet. (Nr. 6273.)
16. Gehirn eines cvclopischen Fohlens. (Nr. 6323.)
17. Das Ange and die verschmolsenen Crystall- Linsen
desselben Fohlens. (Nr. 6324.)
18. Doppelter Kehlkopf und Schlund von einem 2 kopfi-
gen Kalbe (Dicephahs biatlanticus), (Nr. 6268.)
19. Verschmolzenes Doppelherz mit 2 Klappen des eirun-
den Loches, von demselben Kalbe. (Nr. 6269.)
20. Scheinbar doppelte rechte Niere vom Fohlen. Es ist
nur ein Nierenbecken und ein Harnleiter an derselben. (Nr.
6357.)
21. Eingeweide eines Ziegenlammes mit doppeltem Steiss
(Dippgus »ubbicolKs). Das Skelet ist S. 295, Nr. 3. beschrie-
ben. (Nr. 6383.)
b) Nach der Geburt entstandene Missbildungen.
a. Gehirn, Nerven und Auge.
22. Gehirn mit Tuberkelbildung am grossen Gehirn, von
einer 2jährigea Färse, welche auch Tuberkeln am Brustfelle
hatte (Fransosenkrankheit); Das Thier litt sehr an Störung
Mag. f. TbierhelUc XXXYI. 3. 20
306 Gurlt,
der Gehirnthatigkeit und zeigte sich zuletzt wie ein im hohen
Grade koUeriges Pferd. (Nr. 6353.)
23« Grosses Cholesteatom ans der rechten Seitenkammer
des Gehirns, vom Pferde, welches an Apoplexie starb, Aaf-
fallende Erscheinongen Ton Dammkoller worden nicht wahrge-
nommen. (Nr. 6388.)
24, Ebenfalls ein Cholesteatom ans der rechten Seiten-
kammer des Gehirns, vom Pferde. Das Aftergebilde enthalt
nnr sehr wenige Cholestearin - Krystalle. Die Erankheitage-
schiohte ist im Magazin Jahrg. XZXV, Heft 4« S. 457 mitge*
theilt. (Nr. 6389.)
25« Verdickter letzter Zwischenrippen* Nerv, vom Pferde.
Die letzte Rippe war gebrochen, aber wieder geheilt ond der
Nerv war mit der Bruchstelle innig verbanden. (Nr. 6322.)
26. Rinder-Ange nrit Medallar-garcom. (Nr. 6274.)
27. . Pferde-Aage mit verkalktem Glaskörper. (Nr. 6375.)
b) Nasenhöhlen and Kehlkopf.
28. Poljp in der rechten Nasen- und Oberkieferhohle
und Vorfall des rechten Aages, von einem 20jährigen Hengst.
Durch den Druck des Polypen ist die innere Wand der Angen-
h5hle geschwunden and der Augapfel hervorgedrangt worden.
Das Thier litt schon seit l|f Jahre an dem Vorfalle, bis
es endlich auf beide Augen erblindete und getodtet wurde.
(Nr. 6262.)
29. Kehlkopf mit Sarcom, von einer Kuh, die an be-
trächtlicher Athembeschwerde litt. (Nr. 6299.)
30. Kehlkopf eines 6jährigen Ochsen, welcher im hohen
Grade an der Franzosonkrankheit litt. (Nr. 6354.)
31. Kehlkopf mit einem Poljpen, vom 2^jährigen Rinde.
(Nr. 6304.)
c) Herz.
32. Entzündetes Herz von einer Kuh. Wahrscheinlich durch
eine Verletzung von der Haube aus entstanden. (Nr. 6286.)
Katalog des Mnseams der Kgl. Thierarzneischnle. 307
33. Herz mit angelagerter Taberkelmssse, von einer Knh,
die an der Franzosenbrankheit litt. (Nr« 6345.)
34. Herz mit Faserstoffgerinnsel an den Klappen, von
einem 12 Wochen alten Fohlen, welches an Herzbeutel- Wasser-
sncht litt. (Nr. 6302.)
35. Herz mit Sarcom an den Klappen, vom balbjahrigen
Schweine, welches anter Gonvnlsionen starb. (Nr. 6344.)
36. Herz mit einer Nadel, von einem Jansen Honde«
(Nr. 6308.)
d) Zange und Schlnnd.
37. 38. Zwei Zangen mit Epithelial -Gancroid, von Rin-
dern. In einer Zange ist Platten- in der anderen Gylinder-
Epithel. (Nr. 6386. 6394.)
39. Schlund mit Epithelial - Waeherang an der Sehleim-
haat, von der Kah. (Nr. 6376.)
e) Magen, Milz and DarmkanaL
40. Ein Theil des Pferdemagens mit einem kleinen Po-
lypen. (Nr. 6387.)
41. Ein Theil des Wanstes mit verkalktem Sarcom, von
der Knh, (Nr. 6288.)
42. Milz mit Sarcom, vom 1 jahrigen Schweine, (Nr.
6343.)
43. Verengter Uebergang des Haftdarmes, in den Grimm»
darm, vom Hände« (Nr. 6377.)
f) Harn- and Geschlechtsorgane.
44. Niwe mit einem Aneurysma der Nieren - Arterie,
vom Pferde. (Nr, 6287.)
45. Niere mit einer Nähnadel, von einem Hunde, der am
Blutharnen litt. (Nr. 6356.)
46. Hode mit Tuberkelmasse, vou einem 5 monatlichen
Eber. (Nr. 6257.)
20*
308 Gurlt,
47« SaamenatraDg mit Aneurysma Tarioosom, von einem
3jährigen Ochsen. (Nr. 6367.)
48. Vorhant mit Warsen, von einem Ballen* (Nr. 6289.)
49. 50. Zwei Ochsen -Penis mit Harnrohrensteinen. (Nr.
6290. 6387.)
51. Rechtes nicht hohles Uterus -Hörn, von der Stute.
(Nr. 6291.)
52. Vertohrampfter Zwillings - Fotns , vom Pferde. (Nr.
63o9.)
53. Unvollständiges Ei aus der Bauchhohle der Henne.
(Nr. 6355.)
g) Sehnen und Knochen.
54. Die abgerissene Sehne des langen Vorarmbengers
vom Aoromion des Pferdes. (Nr. 6292.)
55. Osteosarcom am Unterkiefer eines Fohlens. Die Krank-
heitsgeschichte ist im Magazin Jahrg. XXXIII. Heft I. S. 53 ff.
mitgetheilt und eine Abbildung auf Taf. L gegeben. (Nr« 6256»)
56. Oberkiefer mit E{»thelial - Gancroid, vom Pferde.
(Nr. 6294.)
57. Rechter Ast des Unterkiefers mit Cjlinder-EpiChelial-
Cancroid, vom Pferde. (Nr. 6364.)
h) Haut- und Aftergebiide.
58. Hautstnck mit Schafpocken. (Nr. 6258.)
59. 60. Balggeschwulste mit Federn, aus der Bauchhohle
von zwei Gänsen. (Nr. 6259. 6371.)
61. 62. Sarcome aus der Bauchhohle ties Kalbes und
Ochsen. (Nr. 6260. 6293.)
63. Sarcome mit Fettzellen, welche sich an verschiedenen
Korperstellen im Unterhaut -Bindegewebe einer Kuh gebildet
hatten. (Nr. 6379.)
64. Haematom aus der Bauchhohle eines geschlachteten
fetten Schweines. (Nr. 6395.)
Katalog des Mtueams der Egl. Thierarzneiflchiile. 309
XI. Injicirte Präparate«
1. Starke rechte IlDter-Aagenhohleii- Arterie, Yom Pferde.
(Nr. 6276.)
2. Die Ohr-Arterien, vom Pferde. (Nr. 6277.)
3. Starke oberflächliche Arterien am rechten Hinter-Mit-
telfass des Pferdes, (Nr. 6255.)
4. 5» Abweichender ürsprang der kleinen Schienbein-Ar-
terie an beiden Hinterfässen des Pferdes. (Nr. 6334. 6335»)
XII. Eingeweidewarmer.
1. Filaria papulosa fem. E., aas dem Aage eines 3jäh^
rigen Pferdes. Der Fall ist im Magazin Jahrg. XXXIII. Heft
4. S. 484 mitgetheilt. (Nr. 6396,)
2. Trichocephalas affinis R. , aas dem Dickdarme von
Antilope picta. (Nr* 6266.)
3. Strongjlas criniformis R., aas dem Darm von Meles
Taxas. (Nr. 6362.)
4. Ascaris commatata R., aas dem Darm von Bofo vari-
abilis. (Nr. 6253.)
5. Ascaris labiata R. , aas dem Darm von Maraena An-
gaüla. (Nr. 6279.)
6. Ascaris compar Schrank, aas dem Darm von Tetrao
ürogaUas. (Nr. 6384.)
7. Nematoideam? geschlechtsanreif, aas der Baachhoble
von Gadas Callarias. (Nr. 6373.}
8. Amphistoma scleroporam Crepl«, aus dem Darm von
Chelonia Midas. (Nr. 6252.)
9. Bothriocephalas Valpis nova spec.?, aas dem Darme
von Canis Valpes. (Nr. 6310.)
10. Taenia ocellata R., ans dem Darm von Maraena An-
gaiUa. (Nr. 6347.)
310
Gurlt,
Xm. Bpisoen.
1. Trichodectes latus N.» too Cvaia Lupus. (Nr. 6320.)
2. Pulex Canis Dog^s, tod Canis cinereo - argentens.
(Nr. 6319.)
3. Acarus Siro, Tom Käse. (Nr. 6363.)
4. Raudemilbea tod Caria Gobaya.' (Nr. 6261.)
Namen - V erzeichniss
der gütigen Einseoder von Gegeustanden für das Museum.
Herr A 1 b r 6 c h t , Departements-
Thierarat.
- Arnsberg, Kreis -Tbier-
arzt.
- Bartelt, Thierarzt.
- Besser, Stabs -Rossarst
- Bock mann, Thierarzt.
V. d. Borne«
• Braun, Thierarzt.
- Bremer, desgl.
- Brenne kam, desgl.
- 0 r 0 m e.
- 0 r n g e r , Kreis-Thierarzt.
- Dietrich, desgl.
Digmann, Thierarzt.
- Drewin , desgl. '
- Duncker, desgl.
' Eberhard tjKreis-Thier-
arzt.
Herr Eichler, Thierarzt.
- Einicke, Kreis -Thier-
arzt.
- Frauenholz, Thierarzt.
- Friedemann, desgl.
- Dr.Furstenberg, Prof.
- G a b b e y , Thierarzt.
- G a r k e , Ritterguts • Be-
sitzer.
- Gollmer, Thierarzt.
- Gruwe, desgl.
- Hackbarth,Krei8«Thier-
arzt.
- Haertelt, Thitratzt.
- Hauckold, Kreis-Thier*
arzt.
- Dr. Hertwig, Professor.
• Hey de, Brauerei - Be«
sitzer.
Katalog des MoBeums der KgÜ Thierarzneisohale.
311
Herr Hildebrandt, Veteri-
nair-Asaesflor.
- Holsendorff, Kreis-
Thierarat.
- Hath, desgl.
- JeniBch, Thierarat.
- Johow, Kreis-Thierarzt.
. - Jost, desgl.
- Jaling, desgl.
• Kaamann, desgl.
- Keiper, Ober « Rossarst
a. Gestüt-Inspector.
- Klose, Thierarst.
• Koaths, desgl.
Ko berste! o, Stabs-
Bossarat.
- Koelling, Thierarzt.
- K o e n i g . Kreis - Thier-
arzt a. D.
- Koerner, Thierarzt.
- Baron von Kor ff.
. K n e h 1 i n g, Ober-Rossarzt
u. Gestat-Inspector.
- Kaehnert, Kreis*Thier-
arzt.
- Kuttbach, GestfiMloss-
arzt.
- Lange, Kreis-Thierarzt.
- Lehmann, Stadt-Thier-
arzU
- Lemhoefer, Thierarzt.
. Ludwig, desgl.
» Liisen«ky, Stabs* Ross-
arzt.
Herr Lustig, Kreis »Thierarzt.
- Mann^ Thierarzt.
- Meer, Kreis-Thiei'arzt.
- Merten, Thierarzt.
- Mewes, verst. Depart.-
Thierarzt.
- Mahlenbein, Inspector.
- Müller, Lehrer.
• M u 1 1 e r , Kreis-Thierarzt.
• Napp, Stabs-Rossarst.
- Nitsehe, Thierarzt.
. Nonn, Kreis-Thierarzt.
- Oemler, Thierarzt.
- Paepke, desgl,
- Prinz, desgl.
- Rauch, Kreis -Thierarzt.
- Rathke, desgl.
- Reinhardt, desgU
- Rem er, desgl.
- Dr. Richter, Depart.-
Thierarzt.
- Rick er t, Thierarzt.
Rompier, Kreis -Thier-
arzt.
- Roesslar, desgl.
- Rogge, Thierarst.
- Roh de,, desgl.
- Ruthe, desgl.
- Schenk, desgl.
* Schmidt, desgl.
- Scholz, Kreis • Thier-
arzt«
* Seh rader, Stadt«Tbier-
arzt.
312
Merteiiy
Herr Schwalenberg, Kreis*
Thierarit.
Sohwars, Thierarct.
- Seel, Betriebs -Director.
- Siebert, Tbierarst.
- Graf YOii Solms.
• Dr. Spinola, Prof.
- S tapp OD, Tbierarst.
- Steinlein, Amtmann.
- Stelkens, Tbierarst.
- Stobr, Kreis -Tbierarst.
- Streratb, desgl.
Herr Ulm, Tbierarst.
Dr. Ulricb, Departem.-
Tbierarat»
Voss, Kreis-Tbierarzt.
- Waltber, Gestat-Ross-
arst.
- Wegen er, Tbierarst*
- Werner, Stabs-Rossarst.
- Wiljte, Tbierarst.
Wisser, desgl,
- Wollgast, Rossarst.
- Walff, Stabs-Rossarzt.
VI.
Nochmals das Incabatims- Stadium der Sduifpacken.
Vom
Tierarzt Merten, in Drossen.
In dem Magazin für die gesammte Tbierheilkande, 35.
Jabrgang, p. 228 n. f. babe icb ein Referat nber einen von
mir beobachteten anomalen Verlauf der Scbafpocken geliefert
und dargethan, dass das Reactionsfieber viel frnber, als bisher
angenommen wurde, eintreten und dennoch schützende »-^ wirk-
liche — Pocken vorhanden sein können.
Diese meine Behauptung hat von Seiten des Konigl. De-
partements-Thierarstes Herrn Erdt zu Coslin in der Zeitschrift
»Der Tbierarzt'', Heft Nr. 11. und 12. pro 1869, eine Erwi-
derung gefunden, für welche ich ihm hierdurch öffentlich mei-
nen Dank abstatte. Denn es dürfte dieser Weg wohl der geeig-
Incabations-Stadiam der Schafpocken. 313
nete sein, BeobaohtangeD über AbweichnngeD von anerkanoteD
Grundsätzen als das hinzastdllen, was sie verdienen, oder aber
ihnen eine Beachtung zu Theil werden zu lassen«
Herr Er dt sacht in dem citirten Aufsätze nachzuweisen,
dass das von mir am 2. — 3. Tage nach der Impfung beob-
achtete Reactionsfieber und die am 4. — 5. Tage eingetretene
Eruption weder Reactionsfi«ber noch Eruption auf Pockencon-
tagium gewesen, sondern dass Eiterljmphe angewendet ist, und
stützt diese Behauptung darauf, dass die Pocken das Stadium
der Reife nicht erlangt haben. Femer meint dieser Autor pag.
272, dass die Pocken am 11. Tage nach der Impfung noch
nicht reif gewesen waren. Ich finde diese Behauptung sehr
natürlich, wenn ich bedenke, dass die Schafpocken eine Sta-
bilität besitzen, wie kaum etwas Anderes im Naturreiche. Des-
senungeachtet können Naturgesetze auch Ausnahmen unterliegen.
Ob diese Ausnahme nicht schon dagewesen, steht dahin; we-
nigstens schweigt die Literatur darüber. Dass ich jedoch achte
Pocken vor mir gehabt, darauf will ich hier naher eingehen,
weil mir früher die Zeit dazu mangelte.
Die am 18. August 1868 in Grunow von mir revidirten
Pocken boten zunächst das Bemerkenswerthe dar, dass die
Impfstellen in. vielen Ohren, mit einer eitrigen, in anderen mit
einer brandigen Kruste bedeckt waren, und dass Impfpocken
fehlten« Es konnte jedoch auch die Bemerkung gemacht wer*
den, dass Lymphe vorhanden gewesen, war; denn die Ohren,
die SU der angegebenen Zeit einen purulenten Prozess zeigten,
der ungefähr die Grosse eines pren ssisehen Groschens einnahm,
liessen an dieser Umflache in den feinen Haaren bernstein-
farbige Krusten erkennen, die eine 9 auch wohl zwei Li-
nien dick waren, wie wir solche nach jeder Impfung, wenn die
Blasen geplatzt sind, wahrnehmen.
Bei Rücksprache mit mehreren Bauern wurde mir über-
einstimmend mitgetheilt, dass die Pocken am 5. Tage aufge-
platzt waren.
S14 Merten,
Meine Be«orgniss, dass ich keine wirklichen Pocken vor
mir habe, war natürlich eine grosse, denn die bernsteinfarbi-
gen Krusten konnten meine Angst nicht heben, and anter Be-
räcksiehtigang der Literatur war mir ein solcher Fall nicht be-
kannt. Ich stand da, ein HeriLoles am Scheidewege; ich wasate
nicht, was ich machen sollte.
Die angewandte Lymphe hatte ich 1 Stande yorher von
normal verlanfenden Pocken, ond «war am 12. Tage nach der
Impfang entnommen. Sie war von tadelloser Beschaffenheit.
Das Impfgeschaft war lege artis, naeh anerkannten Grandsat sen
ansgefährt, so dass nach dieser Richtaog kein Fehler stattge-
funden hatte. Dennoch die angegebene Ueberraschung !
Wie ich bereits froher angegeben, itnpfte ich in den näch-
sten Tagen, nachdem die Schafe in Gmnow geimpft waren»
drea 6000 Schafe and besog die benothigte Lymphe aus Frank-
furt von dem Departements -Thierarst Herrn Weber. Diese
war von den Schafen des Gates Lippenae, wo aach die Lym-
phe her war, die ich in Grunow anwandte, entnommen nnd
verdiente durchaus keinen Tadel.
Mit dieser Lymphe impfte ich in Zweinert, Gross* und
Klein -Rade, Klein -Lubliehow, Oegnits und am 14. Angust
1868 500 Schafe bei dem Herrn Rittmeister Krickau auf Li-
naberg, dicht bei Dressen. Nachdem ich das Resultat meiner
«
Impfung in Grunow wahrgenommen, und in den genannten
Ortschaften dasselbe gesehen hatte» begab ich mich am 19«
August nach Linaberg. Was ich im Voraus befürchtete, traf
zu, die Pocken waren reif.
Bei der Durchsicht dieser Schafe fiel mir aunichst auf,
dass alle Thiere hoher gerothete und stark thranende Augen
hatten , bei vielen die Härchen an den Angen verklebt nnd die
Thiere sehr eingeschlagen waren. Ferner sagte mir der Scha-
fer, dass die Schafe am 2. — 3. Tage nach der Impfang sehr
niedergeschlagen gewesen wären und kaum etwas gefressen hat-
ten. Manche hätten jetzt noch keinen richtigen Appetit.
Incabations- Stadium der Scfaafpocken. 3i&
Diese Impfang war eine Nothimpfang; es hatten bereits 9
Scliafe die natarlichen Poeken.. Von diesen hatte ich aneh
eine Anzahl Schafe geimpft, die Imp&ng der ganzen Heerde
aber deshalb unterlassen müssen, weil die meisten von diesen
Thieren zu elend , mit Pocken obersäet waren and die stärkeren
nicht die nothige Menge Lymphe lieferten«
Bei der Durchsicht fand ich, wie bereits erwähnt, eine
Gleichmässigkeit. Wir sachten nun speciell nach den Thieren,
die von den natürlichen Pocken- geimpft waren; es fand sich
jedoch nichts Abweichendes von den ans Glasrohrchen geimpf-
ten Tor.
Die in den Ohren vorgefundenen Pusteln waren meistens
nur klein, die Epidermis war als eine faltigweisse Blase nur
sehwach von 4er Lederhant aafgehoben und beherbergte eine
gans klare Flüssigkeit. Mehrere Pocken, die noch nicht so
weit vorgeschritten, standen auf einem schwachrosa gefärbten
Omnde in einer ziemlich begrenzten ümfläche um den Impfstich.
Dieses Alles sah ich an dem Tage, ohne jedoch die ge-
ringste üeberzeugung zu erlangen, wirkliche Pocken vor mir
zu haben, daher auch ausser Stande, eine Antwort, ob Pocken
oder nicht, ertheiien zu können.
Man konnte mir hier den Vorwurf machen, warum ich die
Schafe aus den beschriebenen Pocken nicht nachimpfte. Dieses
hatte darum keinen Zweck gehabt, da ich ja mehrere Schafe
aus natürlichen Poeken geimpft, ausserdem helle geruchlose
Lymphe angewandt hatte, obwohl letztere bereits 7 Tage alt
gewesen, und ich in Grunow mit ganz frischer Lymphe das-
selbe Resultat wie hier erzielt hatte. -—
Ein Umstaind blieb bei diesen Schafen noch zu berock-
aichtigen , es fanden sieh am 2. — 3. Tage nach der Impfung
noch 24 Schafe mit naturlichen Pocken. Später keins mehr.
Unter Berücksichtigung, dass am 2. — 3, Tage nach der
Impfung sämmtliche Schafe erkrankten, ausgesprochen «durch
die Traurigkeit, das Nichtfressen, durch die hoher gerotheten
316 Herten,
und tbräoenden Aagen, liets sich annehmen, dast dieses ein
fieberhafter Zustand gewesen, der darch die Impfung her-
beigeführt war. Die Impfohreu bekundeten femer eine Gleich-
massigkeit, die Reaction nach dem Impfstich war bei allen
Sehafen gleich, die vorhandenen Blasen enthielten eine klare
Lymphe, sollte man da nicht an Pocken denken, an eine ver-
frühte Eruption?
Am 20. August and ferner impfte ich Schafe in Klein-
Kirschbaum« Trebow, einen Theil in Oegnits u, s. w. und in
Drossen. Zunächst beschrankte ich mich darauf, ans natur-
lichen Pocken zu impfen.
Die auswärts geimpften Schafe entsogen sich mehr meiner
Aufmerksamkeit, wahrend ich den am Orte eine bessere Beob-
achtung schenken konnte und nun meine besnglicheu Wahr-
nehmungen mittheile.
Die bis dahin munteren Schafe verfielen am 2. — 3. Tage
nach der Impfung in eine Traurigkeit, sie standen theilnahmlos,
beachteten das Futter wenig oder gar nicht. Wurden diese
Thiere ausgetrieben, so lagen sie meistens. Der Temperatur-
wechsel an diesen Thieren wnrde vorzugsweise an der Nase
wahrgenommen. Die Augen rotheten sich mehr und mehr und
secernirten eine helle Flüssigkeit, die die Augenlider verklebte,
wodurch die Augen meist geschlossen gehalten wurden. Das
Impfohr wurde im Ganzen warmer, empfindlicher, der Impf-
stich rothete sich hoher und gewann an Ausbreitung, Diese
gewann ^ie Grosse ungefähr eines Silbergroschens und war von
Farbe ziemlich hochroth.
Am 4. und 5. Tage nach der Impfang. sah man suocessive
die gerothete Stelle bleicher werden und die Epidermis sich
abheben. Vorzugsweise war am 5. Tage dann eine weisse,
faltige Blase an der Stelle entstanden, die eine wasserhelle
Lymphe beherrbergte. Um diese Zeit Hess die Anschwellung
der Qhren, die Empfindlichkeit und Warme nach, and damit
hatte die Sache ein Ende bis auf die Prozesse, die noch in
lucubatious- Stadium der Scbafpocken. 317
den Ohren fbrtbestandeo. Diese fanden ihren 4^asdrack su-
nächst darin , dass die Pocke welk warde, das Tollsaftige Aas-
sehen verlor, sich eindickte, eitrig wurde, einschrumpfte, ab-
starb und in einen Schorf verwandelt wnrde. Unter diesem
fand sich schliesslich eine schwache Granulation ein, der Schorf
fiel ab, das Stadium subsidentiae hatte daher sein Ende er-
reicht und dem Stadio reproductionis Platz gemacht«
Die vollständige Abheilung der Ohren konnte ich natürlich
zuerst in den Ortschaften beobachten, wo ich am ersten geimpft.
Ich habe sie nur deshalb hier angefahrt, um nicht wieder dar-
auf zurückkommen zu müssen.
Alle abgeheilten Ohren zeigen einen Knick« Manche zei-
gen sich so umgebogen, als ob man mit einer Kneifzange die
Ohren kurz geknickt hätte. Alle Ohren weisen an ihrer Spitze
eine Narbe nach , die bei manchen Schafen starker als bei an-
deren ausgeprägt ist, da durch die seiner Zeit bestehende
grosse Hitze das Stadium reproductionis nicht so bald sein
Ende exreichte. Von den im Jahre 1868 geimpften Schafen
leben noch sehr viele.
Als ich sah, dass die Pocken, die ich aus natürlichen
impfte, ebenso verliefen, wie diejenigen, die ich aus Glasrohr-
chen geimpft hatte, so entnahm ich Lymphe in Gläschen und
impfte tapfer drauf los. Ich nahm auch Schafe mit, wenn es
anging.
Allerdings war ich noch nicht recht sicher, ob die Pocken
schützen würden. Diese Besorgniss wurde noch erhöht, als
Antwort auf die an Autoritäten abgesandten Briefe eintraf, die
mir den guten Rath gaben, anyorzügllch mit frischer Lymphe
aus normal verlaufenden Pocken nachzuimpfen, da ich Pocken
nicht vor mir hätte, wohl aber ein natürlicher Ausbruch der
Pocken binnen 3 Wochen zu gewärtigen stände.
Dieses ereignete sich Ausgangs des Monats August. Es
waren mithin bereits 3 Wochen nach der ersten Impfung ver-
Bossen , ohne dass die geringste Ansteckung stattgefunden, viel-
31S Herten,
mehr waren Sebefe, die mit natfirliohen Pocken behaftet, in.
den Heerden geblieben; sie waren abgeheilt and hatten keine
weitere Anetecknng ersengt« Confer. hierüber den vorigen
Anisats.
Ich mnss daher alle Zweifler, keine wirklichen Pocken vor
mir gehabt sn haben, anf die Sachlage verweisen ond ihnen
SU bedenken geben, dass Schafpocken bei der grossen Flüch-
tigkeit ihres Contaginms, for welches die Schafe angemein in-
cliniren, nar an sehr geeignet sind , eine natnrliche Ansteckung
sa erzeogen. Impft man mit Lymphe, die schlecht ist, so wird
man in jeder Schafheerde eine natürliche Ansteckong hervor-
rofen, weil sie dennoch so viel Ansteckungsstoflf in sich birgt,
die Schafe ron der Langenseite ans an inficiren.
Ferner gebe ich sn bedenken, dass ich Schafe mit natür-
lichen Pocken, sobald die Eruption eintrat, in den Heerden
iiess« Ich hatte dieses lassen müssen , hätte ich mich nicht verge-
wissert, kein Unheil ansastiften, an einem Uebel noch ein awei-
tes an schaffen. Ferner mochte ich gern wissen, wie das an-
ging, dass in einer Schafheerde von 1100 Köpfen, wie ich sab
5. erwähnt habe, 80 Schafe swischen dem 10. — 12. Tage er-
krankten (mehrere sind wohl schon früher erkrankt); and spä-
ter nicht eins mehr. Um diese Zeit sind aber die Pocken mit
normalem Verlauf erst reif, Erkrankungen können also erst
später eintreten.
Berücksichtigt man ferner die Reaction auf die Impfung,
die Gleichmässigkeit im ganzen Verlauf und Ausgang, so wird
man nicht umhin können, den erwähnten Pocken ein Reactions-
£eber und eine Eruption au vindiciren, wie wir solches beim
normalen Verlauf sehen. Das im October eingetretene kohle
Wetter änderte erst die Sachlage.
Wie 8ub 6. erwähnt, impfte ich am 18. October 2500
Schafe und zwar auf dem Rittergute Lieben, dem Herrn Gra-
fen von Franken-Sierstorpff gehörig. Hierbei benutate
ich Lymphe von den erwähnten frühen Pocken, die Schafe
Incubations- Stadium der Schafpocken. 319
warden gezeiohoet, aber die kahle Temperatur brachte ihre
Wirkung und somit den normalen Verlauf £ur Geltung.
Ich suche daher die verfrühte Eruption lediglich in der
grossen Hitse, weil hierdurch das Pocken contagium schneller
'yerflnchtigt, die Thiere au der Aufnahme desselben mehr dis-
ponirt werden, mithin eine schnellere Ansteckung yerursacht
wird» Möglich ist, dass die betreffende Lymphe eine andere
ZusammensetKung angenommen, dass die Ansahl der Zellen
und Kerne in derselben grosser gewesen ist, als unter anderen
Verhaltnissen, Ich habe verabsäumt, diese Lymphe geeigneten
Personen zur näheren Untersuchung zu übersenden.
Das früh eingetretene Reaetionsfieber ist auch jedenfalls
die Ursache, dass ich so wenig, fast gar keine Verluste hatte,
und dass nur besondere Umstände, wie ich früher angegeben,
in einer Heerde Verluste herbeiführten. Denn es durfte keine
Impfzeit sein, bei + 26 Gr. R. und mehr, Schafe zu impfen.
Ferner sei noch erwähnt, dass ich mit meiner Beobachtung
nicht allein stehe, sondern mir benachbarte CoUegen dasselbe
wahrnahmen. So schrieb z. B. unterm 11. September 1868
der Departemert0*Thierarzt W* zu F. an mich:
»Bei zwei Lammerheerden , wie auch bei älteren Scha-
fen, habe ich kürzlich dieselbe Beobachtung gemacht, wie
Sie beschrieben« Schon 28 Stunden nach der Impfung war bei
zarten Sommerlammern Entzündung der Ohren eingetreten, und
mit dem 5. Tage wurden aufgeplatzte Wasserblasen
wahrgenommen unrd bald darauf das Abtro cknen der
Schorfe.«
Es lag mithin hier dasselbe vor, was ich beobachtet und
im Vorstehenden näher erörtert habe, und glaube ich, dass die
Widerlegung des CoUegen Erdt, conf. den oitirten Aufsatz>
im Wesentlichen ihre Berichtigung wird gefunden haben. Möch-
ten nur alle CoUegen, die oben erwähnten Verlauf der Pocken
gesehen haben, solches der Redaction dieser Zeitschrift mit-
theilen. Denn was der Einzelne sagt, wird immer mehr oder
390 Herten,
minder mit Misstranen aufgenommen, Torzngsweise wenn man
wider anerkannte Grandsätze, mitbin gegen Aatorit&ten an>
kampjft.
Noc gegen eine Auslassong des CoUegen Er dt mochte
ich mich wenden. Herr Rrdt meint pag, 270: «Wenn wir die
Pookenimpfaog ganier Heerden ans Glasröhrehen, resp. Flasch-
chen, namentlich aber dann, wenn wir selbst die Pocken nicht
kennen, von denen die Lymphe entnommen ist, wie es hier
bei der ans Frankfurt belogenen Lymphe der Fall war, schon
für sich als einen fahrlässigen Fehler erkennen mnssen, da wir
es fSr darohaas angemessen erachten müssen, dass wir ganse
Heerden nur von Schaf anf Schaf impfen, so ist die Lymphe
welche Merten in vorliegenden Fillen angewendet hat, eben-
sowohl Ton Eiterpocken, wie von Brandpocken entnommen
worden, und sie hat, wenn aneh noch so geringe Sparen, Bei-
misehangen von Eiter resp« Brandjauche gehabt
Die erste Hälfte dieses Sataes billige ich insoweit, als es
besser ist, von Schaf auf Schaf au impfen, indem in diesem
Falle die Lymphe immer frisch ist. Es geht nur sehr oft nicht
auj Schafe mitzunehmen. Aber es ist keineswegs verwerf-
lich, auch ans Glasrohfchen zn impfen, sobald die Lymphe
nur gat ist. Hat man z. B. heut Lymphe abgenommen, sie
kühl aufbewahrt, und verwendet diese in den nächsten Tagen,
so ist dieses kein Fehler, die Impfung bringt keinen
Nachtheil.
Die andere Hälfte dieses Satzes, worin College Brdt
meint, ich hätte Lymphe angewandt, die von Eiter- oder Brand-
pocken herrührte, diese Worte haben zum Tbeil schon oben
ihre Berichtigung gefunden. Hinzufügen will ich noch, dass es
keinem mit den Imp^ocken vertrauten Impfer einfallen wird,
Lymphe anzuwenden, die bräunlich gefärbt, resp, fleckig ge-
trübt ist. Das Schafpockimpfen ist einmal eine eigene Sache!
man muss mit der ganzen Sachlage vertraut sein, wenn man
üeberraschungen begegnen und Unheil verhüten will , wodurch
Inenbfttions-Stadiiiiii der SchafpockMi. 331
die Landwirihfichaft geschadigt and die Impfong in Missoredit
gebracht wird.
Sollte Jemand Bedenken tragen, ob die erwähnten frühen
Pocken anf die Daner sohntaen, so sei erwihnt, dasa ich im
Frnhjahr 1869 in mehreren solchen Heerden die Lammer ge-
impft habe. Diese standen mit den alteren Schafen in einem
Stalle sie waren nnr durch Hnrden getrennt. Eine Ansteckung
ist nicht erfolgt.
Auf dem ersten thierSntUehen Congress in Hamburg, cfr«
den hieraber erschienenen amtlichen Bericht, Beilage IIL, gab der
Thierarst Schutt in Wismar au Protokoll, dass, obwohl er
mit guter, klarer Ljmphe Schafe Torgeimpft und spSter mit
solcher Lymphe 3 Heerden geimpft, wovon der grossere Theil
Pocken am linken Ohr bekommen hatte, dennoch in der drit-
ten, fünften nnd sechsten Woche nacfa^ der Impfung sich die
natürlichen Pocken eingestellt nnd den grosseren Theil der
Heerden fortgerafft hatten.
Auch Herr Professor Roll meint 1. c. pag, 83: ^ Wahrend
nämlich in der R^gel die Impfung nur ortliche und schntsende
Wirkung zur Folge hatte, so sind doch, obwohl mit ein und
derselben L]rmphe geimpft wurde, in neuerer Zeit Jahrgange
vorgekommen, in welchen in einer nicht unbedeutenden
Anzahl von Fallen die Impfpocken regelmassig sich
entwickelt hatten, nachher aber eine allgemeine
Eruption hervortrat, so dass man daran denken
mnsste, die Impfung habe die Thiere gar nicht ge-
schutat nnd es wäre durch die Impfung vielleicht
«in allgemeiner Pockenausbrneh erst recht cum
Vorschein gekommen.*
Mag. £ TbiwrlieUk. XXXVL 3. 21
323 MerUn,
Aaeh Herr Professor Forstenberg meint, 1. c. pag. 35.-.
dass in Jahren, in tirelchen die wirkliche Pocken •'Epidemie
herrscht, die Impfung nieht vor dem Aasbrache der
Pocken schatse, im Gegentheil hierdurch das Con-
tagiam nooh Terbreitet, und so die Krankheit fro-
her.inm Aosbraehe gebracht werde, als dies sonst
beim gewohnlichen Gange der Bpidemie gesche-
hen wäre«
Ehe ich anf obige Worte eingehe, will ich snvorderst
einen behaglichen Fall anfahren, der sich in meiner anmittel-
baren Nahe sagetragen hat.
Im Monat Angast 1868 liess ein hiesiger Gatsbesitcer»
Herr ▼, d« H. , seine Schafheerde, bestehend ans ongelahr 1000
Stack, darch seinen Inspeetor and Schafer impfen und hieran
Lymphe anwenden aas einer Heerde, wo ich geimpft hatte.
Es warde aaeh die Vorsieht beobachtet, erst eine Aniahl von
Sohafan yonoirapfen. Die Heerde worde seiner Zeit geimpft,
die Impfang verlief voraüglich« Bs starb nroht ein Stock«
Im Jahre 1869 worden auf demaelben Gute die Lämmer
geimpft von denselben Personen, Die beaa glichen Schafe war>
den ans dem Dorfe Polensig entnommen, wo i<^ geimpft hatte.
Was geschah? Es brachen in der 3, und 4. Woche
nach der Impfang die natürlichen Pocken in der
alten Heerde, d. h, in der vorjährig geimpften ans.
Hieraof habe ich im Monat September a. pr. die Schafe
geimpft. Wenigstens 250 Schafe waren mit den natürlichen
Pocken hefallen, die alle gestorben sind. Erst nach dieser
Impfang worde der Krankheit Einhidt geboten.
Dieser Fall giebt sa folgenden Betrachtongen Veranlaseong.
Wir haben seit dem Jahre 1866 in hiesiger Gegeml eine
Pockenepidemie« Unter Berücksicbtigong der Worte oben ge-
nannter Aotoritaten, ond dass die besagliche Discassion aof
einem Congress in Gegenwart vieler Professoren und gediege-
ner Fachmanner gepflogen warde, muss man annehmen, da
Incabations- Stadium der Schafpocken. 323
obige AeasseruDgen stillschweigend gut geheissen worden,' die
Sache liegt so, und begegnet einem ein natarlicher Ausbrach
der Pocken in Jahren, wo eine Epidemie herrscht, man solchen
nicht verschuldet.
Betrachten wir diese Sachlage etwas naher, so werden
uns Umstände auftauchen, die vor Trugschlüssen schützen.
Das Incubations- Stadium bei den Pocken war im Jahre
ld6S ein sehr kurees, die Reaction auf das Pockencontaginm
erfolgte sehr rasch, und dem entsprechend auch die Eruption.
Die Lymphe in diesen frühen Pocken trübte sich sehr schnell,
weshalb Lymphe sum Abimpffin sehr vorsichtig ausgewählt
werden musste.
Wie ich mich noch genau entsinne, war die Lymphe nicht
am 4. resp« 5» Tage nach der Impfung abgenommen, sondern
spater« Es wurde mitbin aus Eiterpocken vorgeimpft, die wie-
derum solche hervorriefen, womit die fieerde einocnlirt wurde.
Die natürliche Fqlge davon war, dass von einer Schutapoeken-
impfong nicht die Rede sein konnte«
Verhalten wir uns in dieser Sache auch objectiv. Im
Jahre 1868 hatten wir eine Pockenepidemie« Nach Erfahrüngs^
grundsätzen verfallen nicht geimpfte Schafe in solchen Jahr-
gängen leicht in die natürlichen Pocken. In der nächsten Nach-
barschaft des genannten Gutes war jedoch bereits geimpft, wie
auch die Schafe anf dem genannten Gute selber.
Wire demnach die angewandte Lymphe einigermaassen
wirksam gewesen, so konnte ein natürlicher Ausbruch der Poeken
in demselben Jahre nicht ausbleiben, wenn man berücksichtigt,
wie ung^ibein wirksam das Pockencontaginm ist; dass dieses
nicht eintrat, ist, wie ich glaube, ein fast mathematischer Be«
weis %n nennen, dass keine Pockenlymphe angewandt ist^
Nachdem ich die Heerde im Jahre 1869 nachimpfte, wurde
die Krankheit coupirt« Ich habe bei dem Nachsehen der Schafe
am 11. Tage eine grosse Menge reife Pocken im Ohr gefiin*
den und Lymphe abgenommen. Bei mehreren Soiiafen waren
21*
324 Herten,
jedoch keine Pocken vorbanden; dennoch konnte man durch
das Aassehen der Schafe, durch die h5her gerotheten und thra*
nenden Angen n. s. w. die Ueberseugung erlangen, dass
eine Reaction auf Pockencontagium stattgefunden hatte. Fer-
ner blieb SU berücksichtigen, dass die Schafe snr Zeit des
Reactionsfiebers nass geworden, weil das Wetter sehr unbe-
ständig war. Wir sehen in solchen Fallen sich die Pocken als-
dann an wärmeren Stellen dw Körpers entwickeln, wo sie sich
unserer Beobachtung entsiehen.
Es ist daher im vorliegenden Falle Terdorbene Lymphe
angewandt und der Ausbruch der natürlichen Pocken keines-
weges der Eigenthnmliohkeit einer Pockenepidemie
zususehreiben.
Etwas Aehnliches durfte in anderen Fallen obwalten. Ist
X. B, eine Heerde heute mit guter Ljmphe geimpft, und sur
Zeit des Reactionsfiebers werden die Schafe nass, so werden
wir einen nnregelmassigen und versogerten Ausbruch der Pocken
wahrnehmen. Bei einigen Thieren werden sich Impfpocken
entwickeln, bei vielen neben den Impfpocken naturliehe Pocken,
und je nach der. Widerstandsfähigkeit der Thiere früher oder
spater.
Ein fernerer and wichtiger Fall ist der, wenn die Schafe
aar Zeit des Reactionsfiebers sehr warm stehen und bald dar-
auf einer Erkaltung ausgesetxt werden. In diesem Falle wird
der Pockenprosess mehr nach dem Centrum auf die Schleim-
haute geleitet, und ein sehr yerxogerter Verlauf, verbunden mit
üblen Folgen, ist das weitere Ergebniss. Dennoch treten in
den Ohren Impfpocken auf, diese sind jedoch nur klein, sie
stehen auf einem bleichen oder nur schwach roth gefärbten
Grunde, haben wenig Lymphe und yerschwinden gewöhnlich
schnell. Spater jedoch, und vorsugsweise, wenn eine erhöhte
und gleichmassige Temperatur eintritt, erfolgt, fast wie mit
einem Blitzschlage, der Ausbruch der natürlichen Pocken.
Man blättere daher nur im Buche der Natur, man be*
Ineiibfttioiifl-Stadiam der Schafpocken. 325l
achte die einwirkeDden Umstände, and wir werden nns bei
soleben Ueberrascbnngen in die Lage versetst sehen, die Ur-
sachen des Uebels an entdecken, aber auch die Lehre empfan-
gen» ior das Fernere vorsichtiger zu sein.
VII.
Zw Diapi^se der DarmnYagiiiatioi.
Von Demselben.
Bei drei Thieren, von welchen zwei mit einer latossna-
ception, und das dritte mit einer Inversio bei der Section be-
haftet gefunden wurden, ist mir bei Lebzeiten dieser Thiere
ein Sjmptom aufgefallen, das bei allen constant war, und wel-
ches mich geneigt macht, es als oharaoteristisch bei Darmein-
schiebungen anzusehen.
Der 1« Fall ereignete sich im Jahre 1864 bei einer Kuh»
Diese zeigte im Anfange des Krankseins die Erscheinungen
eiper heftigen Kolik, welche jedoch bald verschwanden und der
Hoffnung Raum gaben, dass die Krankheit im Wesentlichen
vorüber sei. Dieses war jedoch nur scheinbar. Die Kuh wurde
zwar ruhiger, doch sagte ihr ängstlicher Blick, den sie unaus-
gesetzt nach der Hinterleibsh5hle , und zwar immer auf einen
Punkt richtete, dass die Krankheit noch nicht gehoben sei.
Da die Mistexcretion aufgehoben war, so Hess sich an-
nehmen, dass der Sitz des Leidens in der Hinterleibshohle zu
Sachen »ei. Ich untersuchte die Kuh noch per anum, gewann
aber auch hierdurch keinen Aufschluss über das bestehende
Leiden, so dass ich eine Behandlung wegen Verstopfung ein-
leitete. Am anderen Tage sähe ich die Kuh wieder; sie legte
sich öfters und zwar jedes Mal sehr vorsiehtig nieder, hierbei
326 Merten,
fiel mir aof, dass sich die K«h bestrebte die Rückenlage sa
gewinneo, was im Anfange, wegen der Homer, nicht recht ge-
lingen wollte, nach einiger üebang aber leicht bewerkstelligt
wnrde. Ans dieser Lage konnte die Knb, im spateren Verlanf
des Leidens, nämlich znm Aufstehen, nnr sehr schwer gebracht
werden.
Eine Untersnchung per annm ergab auch jetzt nichts Po-
sitires. Zam Schlachten war die Knh nicht geeignet, da sie
sehr mager war, mithin wurde die eingeleitete Behandlung bei-
behalten« Am anderen Tage wnrde sie todt im Stalle gefunden*
und swar an einer 'Wand anf dem Rucken Hegend.
Die Section ergab: hochgradige Darm - Entsandnng and
Einsohiebung des Mastdarms anf circa einen Fnsa
Lange.
Der 2. Fall ereignete sich im Jahre 1868 bei einem
Pferde, welches einem BesltEor ans Frankfurt a./0. gehörte,
ond hier krank wurde. Auch dieses Pferd neigte im Allge-
meinen die Erscheinungen wie oben genannte Eoh, nnr dass
bei diesem Patienten schneller eine Darmentsundung eonstatirt
werden konnte. Dieses Pferd Jag unausgesetat anf dem Racken ;
stand es anf, so geschah dieses sehr Torsichtig, und eh&a. so
TOrsichtig legte es sich nieder« Bei der Rückenlage zog es
die Fasse karz ao, and blickte onaasgesetzt mKsh der unteren
Baaohwand.
Es »tarb an d^inselben Nachmittag. Bei der Section fand
sieh: vollständige Umstulpnng des Blinddarmes in
den Grimmdarm.
Der 3. Fall ereignete sich im Jahre 1869 bei einem
Pferde. Es war, als ich hinkam, noch aiemlich manter; es
bückte sich überall am, trat behend zar Seite, nahm aach
wohl ein wenig Hen, das es mit Hast verzehrte. Es legte sich
als ich im Stalle war, and zwar sofort auf den Rucken. Ich
antersachte in dieser Lage per anum, und fühlte tot dem
BeckeneiDgange anter dem Mastdarm eine feste Partie, die
zur Diagnose der Darmiavagmatioii. 327
dem Pferde Sehmersen yerarf achte, denn es sprang, bei der
Berolirasg dieser Stelle, sofort auf.
Naeh Ablauf einer Stande 'vrar das Pferd bereits ernstlich
krank, es lag ganalich abgespiuint anf dem Racken, and erga*
ben die Erscheinungen, Puls a. s. w., dass der Tod des Thie-
res nicht mehr fern war«
Die Diagnose: Darmeinschi ebang stand fiir mich fest, and
leitete ich eine Behandlnng nicht ein, was ich beides dem Be-
sitzer mit aller Entschiedenheit erklarte, nnd ihm anbeim gab,
wenn er Mittel gegen Verstopfang des Tbieres anwenden wollte,
er Glanbereals geben sollte.
Das Pferd war sehr fett, and als der Bauer sah, dass es
mit dem Tbiere sa Ende ging, se wurde es auf mein Geheiss
geschlachtet. Bei der Section fand sich; Intussaaeeption
des Mastdarms auf 1 Elle Lange.
. Diese 3 Fälle «eigen mithin ein 'übereinstimmeirdes Sym-
ptom: die Rückenlage, and m5ohte ich mir erlauben hierauf auf-
merksam zu machen. Kann man eine - Intossuscept. nament-
lich bei Rindern, frafazeitig constatiren, so Ifisst sich eher Hülfe
sehaffen, als wenn bereits hodigradige Darmentaundong u. s. w.
euigetreten ist. Aber aueii bei Pferden ist es vortheilhaft, wenn
mtM in der Lage ist, eine Darmeinschiebung oonstatären su
können, ohne dass man den eingeschobenen Theil fohlt. Es
dürfte auf diese Weise in manchen Fallen eine Blosssteilang
vermieden werden.
Anfrage an die Redaction des Magazins far die gesammte
Thierheilkande:
Darfte es sich empfehlen, wenn monatlich ein Vacansen-
Anzeiger für die Thierarzte herausgegeben wurde?
Motive: Durch die Circular-Verfugang vom 9. Februar
1852 sind die Behörden angewiesen, die Bekanntmachung um
zu
Besotf ang Ton Kreit-Thierarstoteileo dar Radaction das StMt»-
Ansaigers dlr»ct so nbemättalD. Nahman andara Zaitangen
diata Kotis «nf, so arfShrt man es natorlicli 9fli diasa Weise.
Da man mithin nieht siohar ist, ob die Vaeaas von anderen
Zaitnngan aofgenomman ist, so ist man genotlugt, sieh Einsicht
in den Staats- Anseiger so yerschaffen, oder aber dieses Blatt
sa halten«
Das Magasin lor die gesammte Thierheilkande bringt na-
tnrlioh diese Vacansen, man erfihrt sie in den meisten Fallen
irar sa spSt, indem die Hefte Tierteljihrlich aasgegeben wer*
den, die erledigten Stellen in den meisten Fallen bereits be-
setst sind«
Die anderen Bekanntmaehangen , von landwirthschaftliehen
Vereinen, Stidten o«s«w. die einen Thierarsi anstellen wollen,
finden sich in den yerschiedenen Blattern, s« B. der pbsrma-
eeatisohen, Vossisehen and Spenerschen Zeitang serstrent» Es
haben daher weder die Behörden n. s, w. noeh die Thierarste
for angesogene Zwecke ein einheitliches Organ.
Da die Dmekkosten for solchen Anseiger sich nicht hoch
belaufen können, indem die eingesandten Anseigen foesahit
werden, so könnte ja, wie es froher mit den «Mittheilnngen
ans der thierarstlichen Praxis« der Fall war, den Abonnenten
anf das Magasin fnr die gesammte Thierheilkande dieser An-
zeiger gratis geliefert werden, —
BS*
«
¥.
329
VIII.
VcAmaär-forcuiscke PdBdenbiiicii II«
Vom
Kreis -Thierarzt Maller, in Stolp.
Dm Im Mftgasin f. Thierheükonde 1869 Pag. 479 --483
pnblidrte Saperarbitriam I. hält Referent far yolUtaadig irr-
thnmlich! Nicht allein, dass in diesem Schriftstficke die Un-
▼olltlin^gkeit and Mangelhaftigkeit der dieser Proaesssache
som Grande liegenden ersten thierarstlichen Atteste aiid Got-
aohtea annd&igerweise and starker getadelt wird» als dies vom
forensisdien Standpunkte noth wendig erscheint, sondern aadi
die thierarztlichen Prindpien^ worauf sich das ObergatacJiten
statat, stehen nicht in Uebereinstimmang mit den aligemeinen
thierarstlichen Br&hFongen! Es ist daher im Interesse der
allgemeinen Jastispflege die Abgabe eines solchen irrthnmlichen
Obergntachteas nm so mehr tief sa bedauern, als das bessere
riehtige Saperarbitriam IL, Pag, 483 — 187 des Magaains, be-
reits aar Zeit vorlag« —
Amtliche Schriftstacke, voraugsweise Snperarbitrien , müs-
sen jeder Zeit eine scharfe Kritik vertragen können, doch steht
leider das pnblicirte Superarbitrium L anter jeder Kritik.
Forscht man nach den Ursachen der Mangelhaftigkeit dessel-
ben, so kann man aor za der Annahme gelangen, dass dies
Saperarbitriam von einem Arbiter entworfen, und von anderen
Arbitern bedauerlicherweise bona fide als richtig anerkannt
worden sein muss! —
Beortheilen wir ein Mal vor dem Forum der wissenschaft-
lichen Kritik die Rechtlichkeit und Angemessenheit der Pag«
481 und 482 des Magazins für Thierheilkunde mit 1-6 chif-
frirten Gründe dieses forensischen Schriftstücks.
Der Passus 1, behandelt hauptsachlich die verschiedenen
330 Maller,
ÜDTolIkommeDheiieii und Maogel der beiden vorliegendeD Ob-
duetioDsberichte der Laogen des bestrittenen Pferdea qn. Der
Oberarbiter yermint darin den genauen Beweis iber die Ge-
nesis der vorhandenen Lnngenkooten , woranf hierbei nament-
lich bedeutendes Gewicht gelegt wird, sowie den forensischen
Beweis, dass die Blatong wirklich in einem dieser Knoten die
mittelbare Ursache des Todes des Thieres gefanden hat, und
behauptet, dass En letsterem Zwecke eine ezaote üntersnchnng
der Veränderungen des Luogengewebes und Klarlegnng des
Ursprungs der Blutung noth wendig gewesen wäre, —
Sehen wir uns den Passus 4 des Superaiil^itrii qu. an,
so findet man, dass derselbe in Besng auf die erstere Behaup-
tung cum Naohtheile der allgemeinen Logik au dem Passus 1,
in einem gewissen widersprechenden VerhSltbisBe stebt. Der
Absate des Passus 4 heisst wörtlich:
„Die Zeit von diesem Tage (15. April) bis amn 39^
Mai, also 6 Wochen, ist mehr als ansreiehend cur Bil-
dung von Knoten in den Lungen. Ja^ u. s. w. — *
Wenn diese letztere Behauptung richtig wire, so wSps es
doch selbstredend vollständig a wecklos gewesen, wenn «ich die
beiden ersten Arbiter, R. und Dr. B., die Möfae gegeben hat-
ten, die Genesis der gefundenen Lungenknoten mieroscopisch
nadiauweisen ! Warum also einerseits Mangelhaftigkeit zeihen,
die nach den Oonseqnensen der obigen Worte, factisch nicht
vorhanden sein kann, und andererseits dennoch Gewicht auf
den Nachweis der Genesis dieser Lungenl^noten legen!?
Abgesehen davon, sollte doch der Ob erarbiler wissen, dass
sich im concreten Falle, bei dem Vorhandensein von 6 — 7 har-
ten soliden LnogenknoteD, so hoher regressiver Metamorphose,
mk steinigem und käsigem Inhalte, der Beweis über die Genesis
derselben garnicht mehr fahren lässt. Und was zur Unmög-
lichkeit gekört, kann man doch reobtlich in thierSrstliehen
Obergutachteo nicht pratendiren!
Was nun die genaue und exaete Untersaobong des mit
Veterinär -forensische Ponderabilien. 331
eoagnlirtem Blnte darehträokten Lungeoge^ebeB anbelangt,
so halte ich dieselbe sar Anfsachnng der Endangen kleiner
Blatgefisse für Tollstandig nnmoglieh und bei grosseren Blut-
gefässen mit sehr grossen Schwierigkeiten verbanden , die nar
der geübteste Anatom überwinden durfte.
Bekanntlich sieben sieh die Endangen der Blutgefässe beim
Durchschneiden oder Zerreissen stark snrnek, das Lumen der
Venen fallt ansserdem noch zusammen. Wollte man daher
solche Endangen im Lungengewebe aufsuchen, so gehorte dazu
vor allen Dingen die Beseitigung der Blutcoagula aas dem Ge-
webe, was erfiahrangsmassig ohne tbeilweise odw ganzliehe Zer«
st5rang des Letzteren unmöglich ist. Und hierin bevufat die
Unmöglichkeit der ganaen Operation. Nur bei Zerreissuligen
grosser GefKsse wäre et vielleieht nooh möglich, diese Endan-
gen dnrch Wasserinjectionen von der rechten Vorkammer* des
Herzens, oder von den Lungenreaen aus, festzustellen, wie dies
Referent , auch in seinem Superarbitrio IL erwähnt hat. Wenn
in ähnlichen Fallen diese G^efassendnngen durch das Messer
einmal nachgewiesen wurden, so ist dies mehr dem giueklidien
Zufalle, als der Geschieklidikeit des Operateurs beizumessen, —
In wie weit nun die Hervorhebung dieser Mängel und Un-
voUkommenheiten Seitens des qn. Obergutaohtens I. gerecht-
fertigt ist, überlasse ich nach dem Vorausgesandten dem Ür*
theile meiner geschätzten GoUegen! —
Im Uebrigen bemerkt Referent zu den Behauptungen des
Passus 1. und 4., in Bezug auf den Gonnex des Lungenkno-
tens mit der Lnngenblutung, wie folgt:
Die beiden ersten Arbiter, namentlich der Dr. B., haben
den hämorrhagischen Heerd in den Lungen in der anmittel-
baren Umgebung des geplatzten und verkästen L an genknotens
constatirt, folgerichtig können doch aach nur die Endungen
dieser BlotgeHUse in der unmittelbaren Nähe des geplatzten
Knotens, und nicht an anderen entfernter liegenden Orten der
Lungen gesucht werden. Mit Rücksicht auf die allgemeinen
m MilUr,
gwh» w«rd0a. As aUerveugrtes aber bat msb ia FilkB,
«o neb dkr blalifa Haecd ia dar aanttalbarea üngabsag
•ug dia liraacbaa aolcbar Gcligwei laiaiangea ia dar Feraa» in
kraakbaftaa Zaalaadaa daa Harsaaa, oder ia dea Vorbaadaa-
MB aadarwaitigar BikraakaBgea des Tbicras s« saebea. —
Daa Weglaagaaa daa Laagaakaotaaa ab oaanttel- oder
flttttalbaie Uraacba dar Gefibaaarraiasaag enebeiBt Ralareaten
gerade ebaaeo, alt weaa mam die Bdieaptaag aolradit erbal*
tea woUfta, data daa finscbe Geaebwor im Hnfe aiaes Pferdea
aiebt aut Sieberfaeit ab üraaebe der Lababetl dessalbeB aage-
•ebea werden koane» weil die Beaebaffeabeit der Sebalter nad
der Geleake der laideaden Gliedmaasse aiebt natersadit wor-
den f«!! —
Za der Bebaaptnng des Passos 4, dass sieb solebe Loa-
geobaolea ia viel knrzerer Z«t, ab vom 15. April bis snm
29* Mai, 6 Wodien, bilden koanten» dass die Bildung tob sol-
eben Faserstoffknoten sogar bianen weaigen Tagen vor sieb
geben können» wird wie folgt erwidert:
Referent bat es wiederbolt ans Snperarbitrien wahrgenom-
men» dass das Alter tob Longen- und Faserstoff- oder Eiter-
knoten meUtentbeib vom Oberarbiter oberfliehlicb and nnrieh-
tig benrtheilt worden ist. Sobald nidit mit Genauigkeit die
tabereolöse Genesis solcher Knoten festgestellt worden, wnrde
das Alter derselben regelmassig, wie im aDgesogenen Passus 4.,
Veterinär- forensische Ponderabllien. 333
nur auf wenige Tage herabgesetst. Es ist wobl richtig, dass
sich Eiter in den Lungen in Folge von Entzandongsprosessen
binnen wenigen Tagen bildet, metastatisch erseheint derselbe
wie Spinola nnd Ganther nachgewiesen, noch^froher, doch
bei Benrtheilang von Eiterknoten in Bezog anf das Alter and
zeitliches Vorhandensein sollte man dem Torgeschrittenen Grade
der Metamorphose desselben mehr Wichtigkeit nnd Bedeatong
beilegen, als es bisher in den Snperarbitrien geschehen ist.
Reiner flüssiger Eiter bildet sich binnen 3 — 4 Tagen, doch
geht die Eintrocknung und Verwandlang desselben in harte
steinige Massen, in Verkasnng nnd Verjanchnng nicht so schnell
vor sich, sondern dazu sind mindestens Wochen erforderlich.
Etf ist eine unbezweifelte Erfahrung, dass z. B. zur Verkalkung
der Trichinenkapseln in der Triehinosis % — 1 Jahr erforder-
lich ist!
Hiemach durften sich 6 — 7 nnssgrosse Faserstoffknoten, — -
die im Obductionsberichte angegebene Grosse ist allerdings
relativ, — von durchweg solider, harter oder käsiger Beschaf-
fenheit, wie dies im concreten Falle angegeben ist, nicht unter
6 — 8 Wochen bilden. Referent halt sogar diesen Zeitraara mit
Rucksicht auf die Zeitdauer bei der Verkalkung der Trichinen-
kapseln für sehr kurz! Das Bestehen dieser 6 — 7 Lungen-
knoten wäre somit bis vor die üebergabe des Pferdes an den
Kaufmann R.. bis vor den 15. April, mit unbezweifelter Sicher-
heit zurnckzudatiren , abgesehen von der allgemeinen thier-
arztlichen Erfahrung, dass nach tiefgehenden schweren Catarrhen,
namentlich nach chronischer Bronchitis, woran das bestrittene
Pferd vor der Üebergabe eine ISngere Zeit hindurch gelitten
hat, Lungenknoten bei Pferden gern zurückbleiben! Nament-
lich aber ist die ausgesprochene Ansicht, dass sich solche Fa-
serstoffknoten binnen wenigen Tagen bilden konnten, vollstän-
dig irrthnmlich! Nur die Willkuhr kann eine solche Behaup-
tung aufrecht erhalten!
Für die Behauptung des Referenten, über die Daner und
334 Malier,
das 'Alter dieser Lungenknoten , spricht sieh auch die geriebt*
lioha Thierheiikaade tod Ger lach Pag. 6^9 sa Gimsten aas*
was hiermit beiläufig sam Beweise bemerkt wird! —
Passas S» Es moss allerdiogs sag^geben werden, dass
LnogenblataDgeD auch ohne das VorhandenseiD von Lnagen-
knoten eiatreten können. Wie aber das Soperarbitriam I. da-
sa kämmt, als Ursache daia hervorragend Herskrankheiten zu
beaeiohnen, und wie es nnr aas diesem Grnnde aas der ver-
absäumten Untersuehnng des Hersens wiederam principiell Un-
Vollständigkeit des Obdactionsberichts herleitet, erscheint min-
destens seltsam! •—
Die Möglichkeit wird zngegeben, dass Herakrankheiten,
z. B. solche der Klappen and der Wände, vonagsweise der
linken Herzhälfte, in erster Linie einen Rnckstaa des Blnt*
Stroms in den Langen zar Folge haben k5nnen, woraas sich
sogar in zweiter Linie» namentlich bei dem Vorhandensein von
Aneorjsmen and anderen Krankheiten in den Langen, bei dem
Vorhandensein von 6<>— 7 nassgrossen, steinharten Langenkno-
ten» Zerreissangen von Biatgefassen and somit Lnngenblatan*
gen herleiten lassen« ^^ dies lehren ans wenigstens Beobaoh-
tangen in der Menschenheilkande, — ob dies jedoch aach bei
Thieren zatri£ft ist bis jetzt in keinem einzigea Falle nachge-
wiesen worden. Mag man die thierarztliche Literatur nach
allen Riohtangen hin darchstreifen, mag. man das Magazin far
Thi0rheilkande dnrohstichen , mag man die jährlichen Berichte
des Erankenspitals von Hertwig durchlesen, nirgends findet
man für die obige Ansicht olinische Beobachtangen and An*
haltspankte. Herzkrankheiten geben zwar Ursachen za Herz-
zerneissangßn und Herzblutangen ab, Fanctionsst5rangen des
Herzens fahren zu Saffocation ond Apoplexie, doch haben wir
bis jetzt keine Beobachtang, dass Herzkrankheiten bei Thieren
zu Lungenblatungen fuhren* Vorläufig mcss ; daher die Be-
hauptung, dass Herzkrankheiten Lungenblatungen herbeifahren
können, för die Thierheükande noch als Hypothese angesehen
Veterinär -forensische Ponderabilien. 353
werden, die derselben in oeaester Zeit aus der Meoscbenbeil-
kunde übertragen /worden ist.
Der Yeracieb, diese Hypothese sogar in die gerichtliobe
Thierbeilkande zu übertragen, mass hiermit öffentlich fSr die
Zukunft, und so lange wir Tbierarzte für die Sicherheit dieser
Hypothese keinen clinischen Beweis fuhren können, ^it Ent-
schiedenheit suruckge wiesen werden! —
Und wenn man nun schon jetzt soweit gehen -wollte, die-
ser Hypothese mehr Bedeutang beizulegen, als dies vom Stand-
punkte unserer forensischen Erfahrungen geschehen kann, wenn
die ObductioD des bestrittenen Pferdes wirklich Herzkrankheit
ten ergeben hatte, welche Sdilusse Hessen sich dann im con-
creten Falle ziehen? Unter Berücksichtigung, dass Herzkrank-
heiten bestehen können, ohne LungenbJutung herbeizuführen,'
konnte man doch uni{i6glich zu der Sehlnssfolgerung gelangen,
dass diese die Ursache snr Lungenblutung gewesen seien!
Man «ahe si<^ doeh zur Entscheidung gezwungen, die dem
hämorrhagischen Heerd am nächsten liegende pathologische Ver-
änderung, den verkaseten und geplatzten Lungenknoten, als
nächste Ursache, mindestens aber als mittelbare Ursache anzu<«
erkennen)
Mit , Berucksiohtigubg , dass Lungenknoten jeglieher Art
sehr hanfig, und jedenfalls häufiger, GefMszerreissungen in den
Lungen bei Thieren herbeiführen, als alle Arten von Herzkrank-
heiten, handelt man darin forensisch jedenfalls vorsichtiger
und richtiger!! — -
Mit Berücksichtigung dieser Umstände stellen sieh die Be-
hauptungen des Passus 2. als gänzlich irrthümlich heraus! —
Der Passus 3. des Snperarbitrii qu. erscheint seinem In*
halte nach noch seltsamer als der vorhergehende und ist weiter
nichts als röine Sinnklauberei, Hiergegen ist nur zu erwähnen,
dass aa^ bei dem Niedersturzen von Pferden auf das Stein-
pflaster nicht jedesmal Beinbrüche verbunden sind. Doch
wenn diese Letzteren vorkommen, behaupten zu wollen , dass
336 Miller,
diasa BeiBbrndM aickt dwdi dw NiadentinCB, soaden mög-
lidierwme dwA das «sgaadiiakta Wilsaa odar Attfttahan des
Tldaraa hafbcigafnlnrt wiraa, andiaiat liadaataaa agaatlifim-
lidi mid lalfMia. Jadaafidla »«ss doch «igegaban vardaa,
daas dar Stars das Ptedas dia adttallMra ünadM dasm g^«*
bea hat. Oaas ia dasaalbaa Varhiltuss stabt dia Bahaoptnag
im Passos 3«, dass Loagaalnotea nicht laaMr so Gefisfutr
raissangaa in daa Loagaa fiihran. —
Die AnsiehtaD, waldia in Ahaalsa 5. das 8iipararbitcii
Tcrtratea siad, oiag Refaraai aidii aatanchreibeB. Der Ober-
arbiter bitte dabei bedenken sollen, dass das noChwandigsta
Attribnt brsochdarer Reit- nnd schwerer Zugpferde Krifti^ät
and Widerstaadsfihigbeit der Langen ist, wosn onbeliinderta
Wegsaakeit derselben das wichtigste Brlbidemiss ist« da b^
der Sdinellbewegang im Galopp, im Tkybe, in der Garxiere,
beim Springen, nnd Tor dem schweren Lastwagen, die Longen-
Ivnetionen dnrdi eine sdinellere Respiration, and dnr^ ttne
damit in Verbindong stehende besddennigtere Blotcirealation
stirfcer ia Ansprach genommen werden, als bei Thieraa die an
leichten Diensten gebianeht werden, oder bescbiftigongslos im
Stslle stehen. Die Er&hning lehrt deshalb, dass s. B. Rinder
mit bedeatenden Degeneimtionmi des Longengew^Ms, mögen
diese nan in taberealosen Ablagerangeo, in Hepatisationen, oder
in eitrigen GonaaeatiTxastanden bestehen, immer noeh einen
hohen Mastnng^rrad errmehen, sobald sie nnbesdiiftigt im
Stslle stehen, dass dagegen Reit- nnd Zugpferde anter den-
selben Umstinden im Gebranche sn Grande gehen. Es sind
dsher bei solchen Pferden swei Hepatisatioas • nnd 6 — 7 Lan-
genknoten Ton der Grosse einer Nnss niemals im Sinne des
Passns 4. des Sopwarbitrii qa. als Terainselte Knoten ansn-
sehen, die ohne Trnbang der Gresondheit bestehen können, dam
stets wird mit denselben BeeinMcbtigang der Gresnndheit sol-
dier Tbiere mehr oder weniger Terbnnden sein missen. Vor
allem wird sich Athemmangel heraasstellen, der allerdings von
_
Veterinär -forensische Ponderabilien. 337
Laien und Kutschern in der ersten Zeit leicht and gewohnlich
ilbersehen wird, welcher sich jedoch einer aufmerksamen thier-
arztlichen Untersuchung des Thieres nach einer massigen Be-
wegung und Anstrengung unter dem Reiter, oder vor einem
beschwerten Lastwagen, unmöglich entziehen kann. Es wird
sich dieser Athemmangel in solchen Fallen schon dem aufmerk-
samen Laien durch vermehrten Husten, wie im concreten Falle,
zu erkennen geben und andeuten.
Solche 7 — 9 Lungenknoten wirken in der Lunge von Pfer-
den, namentlich solcher, die zu Reit- und schweren Zugdien-
sten gebraucht werden, stets als iremde Korper, und werden
bei geeigneten Gelegenheitsursachen, wozu man massige Grade
Ton Erkältungen und Anstrengungen vor dem Lastwagen oder
unter dem Reiter zählt, stets über kurz oder lang zu Störun-
gen und entzündlichen Reizungen der Lungen führen. Da
diese letzteren Krankheitszustände unter diesen Umständen je-
doch in der Regel den recidiven Gharacter an sich tragen, so
folgern sich im Wiederholungsfalle heftigere ortliche oder all-
gemeine Entzündungen dieses Organs, welche zur theilweisen
oder Tolligen Dienstunbrauchbarkeit durch Siechthum führen
und schliessKch den Tod in irgend einer Gestalt bedingen, wie
dies der concrete FaJl beweist.
Nur in den allerseltensten Fällen werden sich solche Lun-
genknoten in der Art vom Lungengewebe abkapseln , dass sie
nur mit einer- geringen Trübung der Gesundheit solcher Thiere
bestehen können. Athemmangel, Dämpfigkeit wird jedoch stets
damit yerbunden sein! —
Zum Schlüsse bemerkt Referent, dass er in der Fortsetzung
BU diesen gerichtlichen Erwägungen die Principien eines Ober-
gutaohtens in Bezug auf Beurtheilung ähnlicher Krankheitszu-
stande beim Rindvieh einer Kritik unterziehen wird. —
ICag. f. TMerheilk. XXXVI. S. " 22
3S8
IX.
§as GmdwaaMr mi fo lilskudL
Von
R. Naamann, Knia-Thltnnt in KoiBin.
Seit deo 37 JahreD, das« ieb hierher Dach dem Grossher-
zogtfaam Posen rertdilagen worden bin, ist wohl kaam ein Jahr
Torgangen» wo ich nicht mit dem Milsbrand anter Vieh und
Pferden so kimpfen gehabt hatte, nnd es ist mir dadurch Tiel-
fadie Gelegenheit geboten worden, aber denselben Brfahrangren
so sammeln nnd aof diese gestntst, fernere Beobachtangen so
machen, die ich mich Terpflichtet fahle weiter an Terbreiten, da
sie Tielleicht Grand xa Fors<&angen geben dorften, deren Re-
soltate aor Begegnung der Verheerongen dieser Krankheit, weno
auch nicht so ihrer ToUstandigen Beseitigang dienen konnten.
Der Milsbrand ist in der Prorios Posen anf Tielen Stei-
len stationär, nnd wenn er dort nicht jahrlich auftritt, so aber-
spriogt er höchstens ein, swei Jahre, om dann am so rapider
seine Opfer sa fordern« Am meisten sind es die östlichen
Kreise, welche seinen Verheernngen aosgesetst sind, and e»
mag an der preassisch* rassischen Grense, wie aaeh an der
galisischen wohl nicht viel anders aassehen, als hier an der
preassisch - polnischen.
Wenn einxelne Orte von der Krankheit regelmässig heim-
gesucht werden, wahrend die Nachbarschaft nicht daruater aa
leiden hat, wenn nicht Ansteckung oder Einschleppong statt-
fand, so drangt sich dem Beobachter saerst der Gedanke auf,
die Ursachen müssen entweder in der Lage der Stalle, in der
Yiehrace einerseits — dann aber in der Qualität des Futters
und Wassers oder in der Wartung nnd Pflege des Viehes He-
gen; denn dem Klima kann man doch in derselben Gegend,
wo die Krankheit hier herrscht und eine Viertelmeile weiter
nicht, nicht die Schuld beimessen.
Das Grandwa98er and d«* Milzbrand. 339
An eine Infeetion des StaUes und dem darans bedingten
seitweisen Wiederaaftreten der Senehe ist wohl weniger zn
denken, da die Perioden des Aoftrittes derselben sich weder
an die Jahreszeit binden, noch aach gerade die Stalle oder
Platze treffen, wo ihre früheren Opfer gefallen sind.
Aber trotsdem die Krankheit an rerscbiedenen Jahreszei-
ten auftritt, gleichviel ob strenger Frost oder grosse Hitze herr-
schen, müssen wir doch ihrer Bntwiekelang ein Medium zuge-
stehen, welches also unabhängig von der Temperatur der Luft,
unabhängig von der Ansteckung und ebenso unabhängig von
dem Zustande des Futters zu sein scheint.
Am häufigsten sehen wir die Seuche in hiesiger Gegend
in den wärmeren Jahreszeiten auftreten — im Winter habe ich
sie nur ein einziges Mal beobachtet — und namentlich nur
dann, wenn lange Zeit kein Regen gefallen ist, und gerade in
dieser Zeit ist dieselbe von der grössten Rapiditat und fordert
die meisten Opfer. Sie weicht und wankt nicht, und die uns
gebotenen Mittel, welche sonst in den meisten Fällen erfolg- n
reich sind , versagen allen Erfolg ' und die Krankheit spottet
aller Bemühungen bis plötzlich nach einem tüchtigen Regen die
Krankheit wie durch einen Zauberschlag aufhört.
Dass Futterung und Wasser nicht die alleinigen Trager des
Gontagiums sein können, geht schon einfach daraus hervor,
dass, wenn dies schuld wäre, dasselbe nie aufhören würde, so
lange der Fnttervorrath dauerte, und mit demselben Wasser
getrankt würde, es aber oft bei vorzüglicher FutterquaUtat auf-
tritt, wahrend es ebenso oft bei schlechtem Futter ausbleibt.
Erkranken in einer Heerde und zu gleicher Zeit und auf
gleiche Weise mehrere Stücke, so ist man gezwungen eine ge-
meinschaftliche Ursache vorauszusetzen. Kommt ein zuerst ge-
sundes Stück mit einem kranken von bestimmter Art in irgend
eine Beziehung, und wird es dann von derselben oder ein'er
ahnlichen Krankheit befallen, so ist die Voraussetzung gerecht-
fertigt, die Erkrankung des Ersteren von jenem Letzteren ab*
22*
340 NaamanD,
zaleiteo. lojicireD wir eine kleine Menge Stoffs von einem er-
krankten in die Hant eines gesnnden Stuckes, nnd rnft es ia
diesem dieselbe Krankheit hervor, so ist man genothigt, in die
Uebertragang des Stoffes die alleinige Umache dieser Erkran-
kung sa setzen.
Trotz dieser feststehenden Thatsachen, welche das Vor-
handensein von Ursachen, die zam Theil sehr bestimmter and
concreter Art sein müssen, beweisen, wissen wir noch hente
nicht, mit Ausnahme einiger hypothetischen mikroskopischen
Formen, in einigen derartigen Krankheiten, welches. eigentlich
diese Ursachen sind. Indem man ihnen den Namen Gontagium,
Miasma beilegt, hat man nnr ihre Specificitat ausgedruckt, aber
durchaus keine Einsieht in ihre Natur gewonnen. Da wir das
Wirkende nicht kennen, welches wir Gontagium, Miasma nennen,
sondern nur dasselbe aus seinen Wirkungen vermnthen, so kön-
nen wir die vorausgesetzten Ursachen nicht an sich, sondern
eben nur an der verschiedenen Art ihrer Wirksamkeit unter*
scheiden.
Gewöhnlich versteht man unter „Gontagium*^ eine krank-
machende Schädlichkeit, welche in Folge von Krankheit von
einem IndiTidnum ausgeschieden wird, und welche in einem
anderen Individuum, das ihren Einwirkungen unter gunstigen
Verhaltnissen ausgesetzt ist, dieselben, oder ahnliche Krank-
heitserscheinungen hervorruft. Unter nMiasma** pflegt man
Krankheitserscheinungen zu verstehen, welche thierischen oder
pflanzlichen, lebenden oder todten Organismen ihren Ursprung
verdanken und in grosseren Kreisen auf Menschen oder Thiere
ihre schädlichen Einwirkungen ausüben. — Zeigen sich nun durch
contagiosen oder miasmatischen Einfluss ahnliche Krankheiten,
in grosserer Anzahl verbreitet, zu gleicher Zeit und an glei-
chem Orte, die in der Bösartigkeit oder Gutartigkeit in dem
vorhandenen Leiden einzelner Organe, in dem Hervortreten ein*
seiner Symptome grossentheils eine gewisse Uebereinstimmnng
haben, so bezeichnet man dieses Verhalten mit dem Ausdruck :
das Grundwasser und der Milzbrand. 341
^KrankheitsconstitatioD'' , ^Krankbeitsgenias^ , in beschrankter
Lokalität: «Gonstitatio onzootica*', in grosserer Verbreitung:
„epizootica^. —
Um sich darüber za verstandigen, ob die Krankheit an
einem Orte epizootisirend oder vereinzelt angenommen ii^erden
soll, werden drei Dinge besonders ins Aage gefasst werden
müssen: 1) das namerische Verhältniss der Todesfalle zur Zahl
der Stacke der Heerde» 2) dann vorzüglich die ortliche Nahe
oder Ferne in einem und demselben Stalle, 3) endlich ihre
zeitliche Aufeinanderfolge. — Im Laufe der Epizootieen hat es
sich gezeigt, dass die Entwickelung eines Contagiums oder
Miasmas durch gewisse Aussenverhältnisse vielfach begünstigt
und gefordert wird, welche sich also als Hiifsursaohen der Epi-
zootieen verhalten.
Es sei mir gestattet, diesem Gesagten analog einige Worte
Griesinger's ans seinen Infectionskrankheiten**, 2te Auflage»
hinzuzufügen, die hier wohl einen Platz finden dürften, wenn
sie auch nur in Bezug auf die Krankheiten der Menschen ge-
schrieben worden sind. Er sagt Pag. 325 in Bezug auf die
Aetiologie der Cholera:
„Diese Hilfsmomente sind offenbar auf die Reprodnction,
„auf die nämliche und zeitliche Verbreitung des Giftes, auf die
„Intensität seiner Effecte, und damit auf das Erscheinen und
«Verschwinden, des Vereinzeltbleibens oder Epidemisirens, der
„Leichtigkeit oder Schwere der Cholera vom gr5ssten Ein-
„fluss. Wo sie fehlen, da scheint das Choleragift kaum zu haf-
„ten und sich nur wenig zu reproduciren ; grosse Verbreitung
„und mörderisches Herrschen der Krankheit scheint immer ganz
„überwiegend von machtigen Hilfsmomenten abhangig zu sein«
„Solche bestehen theils in äusseren chemischen und pbysikali-
„ sehen Verhältnissen, Bodenverhältnissen, Lage, Temperatur,
„atmosphärischen Zuständen, communicirender Einwirkung pu-
„trider Stoffe, diätetischen Schädlichkeiten u. dergl. m,, theils in
„gegebenen Dispositionen der Bevölkerungen und deslndidibums."
342 Nanmann,
Wa8 hier Griesinger vod der Cholera sagt, haben an-
dere Forecher Ton dem Typhoa, Malariakrankbeiten and al»
wahrscheinlieh aach von der Ruhr, nachzaweisea gesacht, d. h.
dasa es nebeo jenen einer jeden der genannten Kranliheiten
speeifisch ankommende Gifte-— eines Contagiams oder Miasma—
verschiedener Hilfsmomente bedarf, um die Krankheit za einer
Epidemie — Bpisootie — gedeihen au lassen. Schon lange
hat man dem Erdboden, dem Wasser nnd der Luft den ent-
schieden sten Einflnss aof den Gesnndheitsanstand der Men-
schen und der Thiere zugeschrieben, aber darüber eben
solche Hypothesen anfgestellt, wie sie etwa hentsutage über
den Einflnss der Electricitat, des Osongehaltes der atmosphäri-
schen Luft aaf die Gesundheit uod das Wohlbefinden aufge-
stellt werden. Erst in der neueren Zeit hat man angefangen,
nach festen Anhaltspunkten in diesem Gebiete an forschen, und
vor Allen ist es P e 1 1 e n k o f e r ' s bahnbrechenden Untersuchungen
gelangen, aus den vielfachen hypothetischen Vorstellungen feste
Punkte zu gewinnen, mit deren Hilfe er manches bis jetst Un-
klare zu wirklichen Thatsachen gestalten konnte. Freilich giebt
es von diesen Thatsachen bis jetzt noch wenige nnd diese sind
nur für einige Epidemieen verwerthet worden, so besonders für
die Cholera, den Typhus, die Malarienkrankheiten , wenngleicii
es nicht unwahrscheinlich ist, dass auch für die epidemisch auf-
tretenden Krankheiten, wie die acuten Exantheme, Dysenterie,
gelbes Fieber, die sogenannten Hilfsursachen in Verein mit den
oft unbekannten Noxen von Einflnss sind.
Zu den Hilfsnrsachen , die die obengenannten Epidemieen
beeinflussen, hat man pro primo den Brdboden und das in dem-
selben sich ansammelnde Wasser „das Grundwasser^ gerech-
net. -« Da Pettenkofer derjenige Forscher ist, dem wir am
meisten in diesem Gebiete zn verdanken haben, so will ich mit
seinen eigenen Worten die Definition Ober das im Erdboden
befindliche Wasser, „das Grundwasser'* anfuhren* er sagte auf
der Oholera- Conferena in Weimar 1867 S. 23: „Für mich ist
'
das Grundwasser ttnd der Milzbrand. 343
AGrondwaaser alles dasjenige Wasser, welches die Zwisehen-
„räame eines porösen Bodens gans aasfallt. Das ist mir gleich-
« giltig, ob die Schichten des Bodens 100' oder 10' sind, oder
«ob mehrere Schichten übereinander kommen; -^ da« mochte
,icb Grandwasser nennen, welches in einem Grand nnd Boden
„die Zwisohenraame eines porösen Bodens ganz aasfällt, so
„dass die Laft aasgesohlossen ist« Ich will von Tornherein be-
,» merken, dass meine Definition Ton Grundwasser nicht eine be»
„sondere Wasserschicht bezeichnet , sondern uberhaapt jedes
„Wasser, welches die Zwischenräume eines porösen Bodens
„aasfallt, and darin liegt für mich der Unterschied swischen
„einem von Grundwasser durchsetsten Boden, dass das Grund -
* „Wasser die Luft vollständig ausschliesst.^
Die Porosität, die Durchdringbarkeit für Luft und Wasser
ist bestimmt darch die physikalische Aggregation des Bodens.
Felsengrand vermag aus dem darüber liegenden , und was aus
diesem kommt, nichts aufsanehmen, vermag aber auch nichts
abiugeben; es ist ein ganz starres Gebilde. Ganz anders ver*
hält es sich mit dem Lehmboden, der so lange Wasser in sich
aufnimmt, bis er damit ganz übersättigt, bis die Oberfläche
überschwemmt ist. Thon nimmt verschiedene Stoffe in sich auf
and giebt Wasser an alle mit ihm in Berührung kommenden
Korper ab. Wir wissen, dass wir durch Bestreichen mit feuch-
tem Thon Schmutzflecke aus Gegenständen entfernen können,
welche wir auf jede andere Weise kaum zu bewältigen im
Stande sind — andererseits ist es bekannt, wie leicht Thon an
Stoffe Wasser abgiebt, welche solches aufzunehmen im Stande
sind; ja dass Thon das beste Mittel ist, um einen Körper sehr
gleichmässig feucht zu erhalten. Es werden deshalb die Stoffe,
welche auf bewohnten Plätzen in einen Thonboden gelegt wer-
den, sowohl so weit möglich von diesem angesogen, als auch
von ihm in beständiger Feuchtigkeit erhalten. Lehmboden wirkt
aus diesem Grunde ebenso auf die Gebäude und ihre ümge-
^
344 Naamaiin,
bang, wie eio im lockeren Erdreich aafgedaminter Bach, er
wird diese« beataodig feocht erhalten.
Pettenkofer halt die Thonunterlageo je nach ihrer Mi-
tehong sehr ▼ersehieden in Beeng aof die Fähigkeit, Fäalniss-
stoffe anfsnnehmen and weiter an verbreiten.
Der Mergel» eio Gemenge ans Tbon and kohlensaorem
Kalk, der stets riel trockener als eigentlicher Thon ist ond
sehr leicht in festes Gestein — in Mergelschiefer — abergeht,
wird aach viel weniger günstig in dieser Besiehong erachtet,
als der fette Thonboden.
Wie and in weicher Menge sich das Wasser in den ver-
schiedenen Brdschichten ansammelt, darüber giebt ans die Hydro-
Physik näheren Anfschlass. Zu einer grosseren Ansammlang
des Wassers, wie snr Qaellenbildnng, gehört nicht bloss ein
Hineinsiehen von Wasser in den Erdboden, sondern aach ein
Aufhalten desselben darin, damit es nicht an sehr in die Tiefe
sinke. Dazu i^t eine wasserdichte Erdschicht notbig, aaf wel-
cher es verlaaft oder sich ansammelt. Eine der verbreitetsten
wasserdichten Lagen ist der Thon. Der Thon bildet die Um«
bnllang der ganzen Erdmasse; die ersten Bette desselben sind
unter der Gartenerde, sowie anter den Kalkbanken, denen sie
znr Unterlage dienen. Auf dieser festen nnd compacten Lage
vereinigen sich alle Wasseradern, die dnrch die Felsspalte hin-
darchziehen oder durch die Gartenerde filtriren. Die dorch
das Gewicht der oberen Schichten zusammengedrückten Thon-
lagen, an sich schon sehr dick, werden für das Wasser un-
durchdringlich. Kein Wasser, was auf sie gelangt, durchdringt
»
sie, sondern folgt der abhangigen Stelle nnd bildet Wasser-
ansammlungen, Quellen zwischen der ersten Thonl^e und der
letzten Felsbank. Auch andere Erdschichten und Gesteine kön-
nen die Rolle der wasserdichten Unterlage übernehmen, sowohl
solche der secundarcn und tertiären Periode, als Primitivgestein.
Wenn sie auch nicht völlig wasserdicht sind, können sie es
doch relativ sein, und durch ihre Spalten nach unten weniger
das Grandwarser und der Milzbrand. 345
Wasser abfli essen lassen, als sich über ihnen ansammelt. Die
Wasserao sammlang in der Erde kann daher stattfinden, einmal
durch einen reichen Waaserzoflass, wie er dnrch atmosphärische
Niederschlage, Regen, Schnee, Thau entsteht, andererseits darch
das Eindringen von Wasser ans Wasseransammlangen oberhalb
der Erde, aas BSchen, Flüssen, Seen, Meeren. — Die Oefifnan-
gen, darch welche das atmosphärische Wasser in die Erde ein-
geht, sind in seltenen Fallen künstlich angelegt. Viel haafi-
ger sind die Eingange des Wassers natürlich gebildet ond ent-
weder capillärer Art, wie in Sandschichten, Gartenerde and dergl.
lockere Erdarten, oder grösseren Umfanges : Erdrisse oder Fels-
spalten. Die Damm erde ist wenig geeignet Wasser in die
Tiefe einzulassen, selbst nach mehrtägigem Regen dringt das
Wasser nicht leicht 1'— -2' tief durch eine fette Ackererde hin-
durch. Nach Falton bedarf Gartenerde 2 — 7" Wasser um
bis sä 1' vollständig gesattigt zu werden. Wo also der Re-
genfall einige 20" im Jahre beträgt, kann er nar wenige Fuss
Erde sättigen. Wo kein Hnmnslager, sondern die Oberfläche
ans Sand and Eies besteht, kann das Wasser leicht durchdrin-
gen. — Selbst Sand lässt das Wasser relativ nur langsam
darcbgehen, er fordert, nach Pappen heim, etwa noch das
12fache seines Gewichts an Wasser, um durchsickert zu sein.
Die Durchdringlichkeit der Gesteine für Wasser ist eine sehr
verschiedene. Als wasserdurchlassende Terrains führt Para-
mela gewisse' Gneissarten, Glimmerschiefer, Serpentin, Trappe,
gewisse Kreiden und Gjpse auf. Als geschichtete Terrains, die
in ihren Spalten das Wasser aufnehmen nennt er Sand- und
Kalksteine und feste Kreide.
Während im Keuper zahlreiche Quellen auftreten, sind sie
im Flötz und Jurakalk weniger zahlreich, aber ergiebig. Die
hohen, aus Jurakalk bestehenden Plateaus sind meistens arm
an Wasser, ebenso der Muschel* und Kreidekalk, die nach
allen Richtungen durch Millionen Spalten zerklüftet sind, so
dass das Regenwasser mit Leichtigkeit bis zu grossen Tiefen
346 NasMSDn,
TordriagL Daher ireteo nicht selteB im Q^adarsaadtteio, der
den Kreidagebirgea ala Graodlage dieat, sehr reichhaltige
Qaellea aoC
Mien wir aon so, in welchem Vefhiltaiet der Grand and
Boden and das ia demeelben eich aaeaaunelade Waaser cor
Verbratnag eptdemiaeher aad epiaootiidier Krankheiten itefak
Wir haben geeahen, dan aar Braeagnng von Bpidemieen
nnd Epiaootieea die Annahme eiaea Miaama oder Coataginma,
deren Wesen and ehemiiche Katar am noch heate anbekanal
sind, erforderlieh ist. — Die Aolnahme dieses Cootagiams oder
Miasma ia den Korper wirkt gleichsam wie eia Gift» tob dem
man nur sagen kann, dass es sich mit grosser Wahrscheinlich-
keit aas den Fiolaissprocessen organischer Sabstansen eat-
wiekele. Die Eotstehangs- ond WeiterrerbreitaDgsweise der
Infeetionskrankheit, die Gleichheit der wesentlichen Symptome
ond die Aehnlickkeit mancher ihrer Erscheinangen mit der an-
derer Vergütangen, berechtigt ans an der Annahme, dass sie
specifische Ursachen haben. Am deatlichsten erscheint der Pro-
sess der gifdgen Infeetion dorch specifische Materie bei der
contagiosen Entstehung des Milsbrandes nnd der Pest, so wie
beim Tjphas, bei welchen beiden Er^teren sogar schon die
üebertragang des Giftes durch Inoculation gelongen ist. Bei
der TÖlligen Gleichheit der Wirkungen, d. b. der Krankheits-
processe bei der contagiosen und bei der sogenannten sponta-
nen Entstehong wird man annefamnn müssen, dass die Ursachen
auch im letzteren Falle gleichartig mit der bei den Gontagien
wirkenden Ursache , also auch hier eine giftartige Infeetion sei.
Mag die Ursache unmittelbar von den Kranken ausgehen —
Contagium — oder mag sie, unabhängig Ton dem Vorhanden-
sein kranker Individuen, in der Luft, im Boden, kora in der
äusseren Natur entstehen und sich verbreiten — Miasma — ,
sie wird einer und derselben specifischen Natur sein müssen,
da sie eine und dieselbe Art des Erkrankens zeigt.
Hier drangt sich die Frage auf, weshalb nicht jenes spe-
das Grandwasser and der Milzbrand. 347
ctfiscbe Gift, sobald es in einem Individaam aufgetreten nnd
Bicb zar vollen Krankheit entwickelt , sich nicht ßberall und
gleichseitig verbreitet, sondern nur beim Vorhandensein be-
stimmter Bedingungen Epidemieen -— Epixootieen — hervor-
ruft. Fräher wurden die verschiedensten Momente angegeben,
die die Weiterverbreitang des einmal vorhandenen Giftes be-
einflnssten. Man beschuldigte beispielsweise die atmosphärische
Luft der Verbreitung dieser Gifte. Es wird Niemand beswei-
feln, dass dieses in gewisser Besiehung der Fall ist, doch ist
sie nkht ausschliesslich der einsige Weg auf dem die Verbrei-
tung der Schidlichkeiten resp. die Episootieen erzeugenden
Gifte statt hat. Man ist in neuerer Zeit su der Ansicht ge-
kommen, dass neben der Luft namentlich auch das Erdreich
ein bedeutendes Moment zur Verbreitung epizootischer nnd
epidemischer Krankheiten ist. Welchen guten Einfluss eine
reine Luft auf das Wohlsein aller organischen Wesen hat, ist
eine zu oft erörterte Frage, als dass noch Zweifel darüber ge-
hegt werden konnten. Weniger klar ist man sich aber die be-
deutenden Einflüsse verdorbener Luft und leider giebt es Leute,
welche sich freiwillig io Unklarheit darüber befinden. Sehen
wir nach, wie schon unter gewohnlichen Verhaltnissen eine Ver-
derbniss der Luft eintritt, so finden wir, dass schoi^ durch die
normalen Gasanscheidungen von Thier und Mensch der Luft
Bestandtheile beigemengt werden, die in grosserer Ansammlung
dieselbe unbrauchbar machen^ Dazu kommt ferner, dass schon
gasartige Faulnissprodnkte thierischer und menschlicher Excre-
tionsstoffe sich in bedeutender Menge der Luft beimengen und
sie in ihrer Zusammensetsnng andern. Eine Luft, welche be-
reits die Gegenwart einer grossen Menge von Auswurfstoffen
durch den Geruchsinn verrath, kann nicht mehr far rein und
gesund gehalten werden. Diese fluchtigen organischen Stoffe
sind das am meisten Sch&dliohe und swar deshalb, weil sie als Re-
siduen, als Schlacken ans dem Organismus entfernt, von ihm ans-
gestoBsen worden. Wenn diese Auswurfstoffe dem Körper wie-
348 Nftumann»
der MifgexwaDgeD werdeo, so kann diea nie gleicbgiitig, nnd
bei einer verhiltnissmagsig groMeren Menge bestimmt nachtbei-
lig sein. Die Menge dieser organischen Stoffe wörde einen sehr
richtigen Maassstab far die Vernnreinigung der Lnft abgeben,
aber wir besitaen leider keine Methode,* sie qoantitatiy za be-
stimmen. Mit der qualitativen Bestimmang ueht es noch schlim-
mer ans: der Gerachsinn seigt ans Stoffe an, deren Wahrneh-
mung ans, nach Pettenkofer, weder aaf physikalischem noch
chemischem Wege mehr gelingt.
Ferner entwickeln sich aus Abtrittsgraben schädliche Gas-
arten, B, B. Schwefelwasserstoffsäure y Schwefelammoniam and
Kohlensäure. Die Schädlichkeit derselben, obwohl schon lange
bewiesen und obwohl schon mancher Arbeiter beim Leeren der
Gruben sein Leben verlor, wird erst in den letzten «lahrea
mehr und mehr anerkannt.
Haben wir nun gesehen, wie schon unter gewohnlichen
Verhältnissen Verderbniss der Luft im Stande ist, Krankheiten
SU erzeugen, so wird uns der Einflnss derselben beim Herr-
schen episootischer Krankheiten um so mehr klar, wenn wir
die Beziehungen zwischen Lnft und Grundwasser ins Auge fassen.
Gelangen excrementitielle Stoffe in einen porösen Boden, so wer-
den dieselben unter dem Einflnss der in demselben enthaltenen
Luft und Feuchtigkeit zersetzt, die entstehenden gasartigen
Fäulnissproducte verbreiten sich im Boden und erlangen da-
durch von dem Orte der Entstehung eine unbekannte Ausbrei-
tung. Das Grundwasser wird dadurch der Träger und Ver-
breiter der schädlichen Gasarten und der den Infectionskrank-
heiten eigenen Gifte. So lange nun das Grundwasser seinen
gewöhnlichen Stand inne hat, werden diese giftigen Gase nur
im geringen Grade auf dem Wege der Exhalation der Erde
entweichen. Sinkt jedoch das Grundwasser, so erhält die
atmosphärische Luft Zutritt zu dem mit Excretionsstoffen ge-
schwängerten und getränkten Boden, und bewirkt einmal eine
schnellere Zersetzung derselben, andererseits fuhrt sie die Zer-
das Grundwasser und der Milzbrand. 349
setzangsprodacte mit sich fort und vermittelt sie den für ihre
Aufnahme pridisponirten Individuen. Im Gegentheil wird das
Steigen des Grundwassers die atmosphärische Lnft von den im
Boden verbreiteten schädlichen Stoffen abschließen und die
Fanlniss, sa wie die Verbreitung der Fäuinissprodacte hindern.
AQf diese Weise erkennen wir im Grundwasser ein wichtiges
Moment in der Verbreitung epizootischer Krankheiten.
Virchow sagt in seinem Gutachten, die Stadt Berlin von
den Auswurfstoffen sn reinigen, im Juliheft 1868 der Viertel«
iabrsscbrift von v. Hörn: „Das Grundwasser hat demnach eine
n doppelte Bedeutung: es vermittelt sowohl den Transport ver-
„ unreinigen der Stoffe zum Brunnenwasser — Grundwasser, —
^als auch den Transport zur Atmosphäre. Steigt das Grund-
„wasser, so wird ein vermehrtes Znstr5men zu den Brunnen
„erfolgen, sinkt dasselbe, so wird aus den trookenwerdenden
„Schichten des Erdbodens eine vermehrte Ausdunstung an die
'„Luft eintreten.* —
Die Wissenschaft hat sich bemuht, dieses präciser nachzu-
weisen, obschon es ihr nur gelungen ist, den Einfluss des
Grundwassers bei Cholera, Tjphus und Malariakrankheit fest-
zustellen.
Wenn wir nun aus diesen Forschungen der Äerzte über
die Einwirkung des Grundwassers auf Typhus, Cholera und
Malaria, auf die Erfahrungen übergehen wollen, welche in der
Thierheilkunde darüber gemacht worden sind, so ist hier das
Feld der Literatur ein sehr dürftiges, und leider ist es bis
jetzt noch Niemanden eingefallen, die einzelnen verstreuten
Körnchen zu sammeln, die in den verschiedenen Zeitschriften
und Werken über Thierheilkunde in die Welt geschickt worden
sind, ohne die Beachtung zu finden, deren sie gewiss werth
sind. Die Beobachtungen über die Einwirkung des Grundwas-
sers auf die Erzeugung von Krankheiten sind durchaus nicht
neu und schon Pilger weist in seinem „systematischen Hand-
buch der theoretisch practischen Veterinär- Wissenschaft« vom
360 N«aaaBD,
Jfthre I893 io deo K«pit6lii: „aber Sompffieber der Pferde
and des KindTiebe* im 59. AbtehDitt: «Von den Contegien
and entteekenden Fiebern*, damnf hin, dass in der Snmpf-
Inft nnd den mephititcLen Dunsten nne etagnirendem
Waeeer, die erste and Haoptorsaehe der Goatagien sa saohen
sei» and namentlieb den Milsbrand hervorsnrqfen plege.*) Br
bernft sich auf Autoren die sefaon vor ihm dieselben Brfaiinni-
gen gemaeht haben nnd ervahat, dass Patrik Rassel in der
Reinlichkeit and Reinheit der Laft das beste Mittel gegen Ans»
breitnng der Contagien gefunden habe. Er citirt femer die
Memoires et ' observations de Chimie k Paris, de Foarcroj
der in seinen Memoires sur le gas inflammable de marais, S.
151—189 vom Jahre 1784 hierüber spricht:^
«Les medeoins ont observe depnis long-tems qae ies eaax
^stagnantes occasionnent des üevres intermittentes epidemiqaes.
,,0n vott constammeot le Toisioage des marais, des etaogs dont
„l'eau cronpit par la Stagnation offrir on bien grand nombre
„de febridtans qae Ies parties d'an bonrg ou d'nne Tille, qai
^sont plos eloignees de ce foyer de vapears humides et pn-
„trides. On a souTcnt remarqae, qu'un remnement considerable
yde terres anparavant abreavees, et qae la fonille des marais
„defreehes ont donne naissance a des epidemies patrides. Lan-
*) Wenngleich Pilger nicht von Grundwasser sprechen konnte,
da man in damaliger Zeit wohl kaum auf die Idee der schädlichen
Einwirkungen desselben auf die Gesundheit der Thiere gekommen ist,
HO misst er doch den gasartigen Fäulnissproducten — den mepbiti-
schen Dünsten — aus stagnirendem Wasser, die Hauptnrsache der Er-
zeugung der Snmpffieber — des Milzbrandes — zu; und der Zer-
setznngsprocess thierischer nnd pflanzlicher Ueberreste in diesen ste-
henden Gewässern zu deren Oberfläche die atmosphärische Luft freien
Zutritt hat, ist derselbe über der Oberfläche der Erde, wie der im
Grundwasser unter derselben, nur mit dem Unterschiede, dass dieser
Process bei offenem Wasser ununterbrochen Tor sich geht, während
er beim Grundwasser Ton dem Niveau desselben abhängig ist.
••) In der Note Pag. 177.
das Grund woflger und der Milzbrand. 361
^cisi a reani poar les med^oios an grand nombre de faits de
),cett6 natare, dans son bei oavrage sar les daagersT de^
«efflaves qni 8*^leveDt des mar^ds.
^Jasqn^aax travanx des chimistes modernes on accasait des
^miasmes septiqnes deleteres d'ane natare incoonue, d'Stre la
M cause de ees malhenres; mais ne doit- on pas les attriboer
),aa gas inflammable qni s'exhale continnellement des debris
„dee maderes vegetales et animales qni se ponrrissent dans ees
„lieax. Ce gaa, mele ä l'air, qae les hommes respirent, altere
„ce flnide, il lai ote cette proprietö vitale snp^onnee par les
«aneiens et qni n'est plas on probleme anjoard'hai; il Ini en-
«leve sar -tont la qualite antiseptiqae, qni parait Stre celle par
«laqaelle ee fluide est le plas utile k la respiration et a la vie,
„il lai ajoute aa eontraire ane sorte de putride dont les ani*
„maax öproavent bient6t la puissance, Le Docteur Franklin
^a essay^ une fievre intermittente dont il a ete atteint im-
„mediatement d'apr^s avoir ete expose au gaz inflammable,
,»qai fiMlevait d'nne eaa clont il avait agite le fond. Les ou-
„vriers, qai trayallient aa bord des eaax sont snjets k la m^me
«maladie. J'ai va k plasiears reprises an grand nombre des
«blanchisseuses, qai latent leur linges dans la riviere des
„Gobelins, attaqa^ ä la fols d^ane flirre d'ace^s, dont il m'a
„paru, qae la caase ätait dae & l'air infect, qai se d^gage de
«reaa de cette petite riri^re. II serait important, qae les me-
„deeins sistent ane attention speciale ä cet object, qai eclai-
„rerait sans doate sar les effets de la respiration, et sar la
„prodaetion de plosieurs maladies. '
Pilger fahrt nun fort*): „4Laf diese Art ist es nan sehr
„erklärbar, wie die verschiedenen Sampf&eber and ihre Abarten
„entstehen können. — Nämlich durch die blosse Adhäsion der
„Sumpfluft auf die äussere Haut entsteht, wenn diese nicht
*) Pilger 1. c. 70. Abschn. §. 1504.
353 Nanmaniii
^sUrk wirkt, eis blocter Haatkrampf, eine Congestion der Safte
„nach den Einj^e weiden und ein gewöhnliches leiohtei Fieber.
„Wenn aber diese Snmpfloft die Lunge neben der Baat
^lagleich reist, wie es bei Weidetfiieren sa geschehen pflegt;
,,wo nämlich das inflammatorische Gas unmittelbar eingeathmet»
„and die Lange davon afficirt wird, da entstehen die Oon-
„gestionen mehr nach den Langen. Wo aber dies Gas gans
„stark wirkt, wie in heissen Gegenden, da erscheinen Magen-
„krampfe, Erbrechen and sngleich wird die Leber krampfhaft
„casam mengezogen 9 es entsteht also ein Rocktritt der Galle
„ins Blot, im geringsten Grade Gelbsoobt, im höchsten gelbes
„Fieber.«
Aach S p i n o 1 a ist der Ansieht, dass Sampflaft — Malaria — ,
dompfige Stalle, Miasmen aad Anstecknngsstoffe Typhas her-
vorbringen*) and kommt aach beim Milsbrand**) daraaf sa-
rück. Dass Sompflaft and mit Verwesangsstoffen geschwän-
gerte Laft allein hinreichen können Epizootieen, als: Milzbrand,
Tjphas, Infloenza a« s. w. hervorznbringen, darüber dürfte wohl
kein Zweifel mehr obwalten, and wir sehen diese oder jene
Senche vorzugsweise in bestimmten Gegenden erscheinen and
wiederkehren, je nachdem die Einflüsse der Witterang and die
Bodenverhaltnisse diese oder jene Form bedingen. Häufig sind
scheinbare Witterungsverhaltnisse nicht derartig angethan , dass
sie die Entwickelong einer Seuche befürchten Hessen, und doch
tritt sie plötzlich auf, gleichviel ob Hitze oder Kalte, Nasse
oder Trockenheit herrschen. Es geht hieraus hervor, dass die
zur EntwickeluDg nothigen Gifte, wenn wir sie als aus der Luft
kommend annehmen wollen, ^em E5rper sowohl im trockenen
Zustand als Atome, im feuchten als Dünste und Niederschlage
— ganz unabhängig von der Temperatur der Luft, — einver-
*} Spinola, Handbach der spec. Pathologie und Therapie, 2te
Auflage Pag. 100 seq.
**) Spinola, 1. c. Pag. 134 und 168.
. ifi
u£U
das Grandwaaser and der Milzbrand. 353
leibt Verden müssen. Ob diese Gifite n^an vegetabilischer oder
infasoriaoher Natur sind^ darüber wissen vir nichts; wir sehen
oft eine Krankheit auftreten wenn verdorbenes Futter gereicht
wird, oft aber entwickelt sie sich beim besten Futter und schein-
bar gesunder und reiner Luft. Ob die VerSnderung der Laib
eine chemische sein muss, um aar Krankheitsursache au wer-
den, oder ob sie mit Giftkorperchen auf mechanische Weise,
durch Luftzug n. s« w. geschwängert sein kann, ist ans noch
ebenso ▼erborgen« Als Annahme für das Letztere dürfte wohl
der Umstand sprechen, dass bei plötzlichem Witterungswechsel
oft ein Aufhören, oder eine Modification der Krankheit ein-
tritt ^~ z. B. — bei Regen — wo sie zuweilen aber wieder
erseheint, wenn nadi demselben wieder wochenlange Trocken,
heit folgt. Es mag dies seinen Grand darin haben, dass die
ursachlichen , in der Lnft schwimmenden Staubkorperchen durch
die Feuchtigkeit niederfallen und von dem Regen w«sser dem
Grundwasser zugeführt werden. Der Regen hat ein Steigen
des Grundwassers zur Folge and durch die hierdurch eingetre-
tene Absperrung der atmosphärischen Luft wird der Giftstoff
gebunden, bis er beim Sinken des Grundwassers wieder in Gah-
rang gerath und sich der Lnft wieder beimischt um die Krank*
heit aufs Neue heryorzurnfen.
Die Bedingungen zu diesen Wandlungsprocessen Hegen o^
fenbar hauptsächlich in der Beschaffenheit des Bodens, und hier-
aus wird auch das Haften der Seuche an der Scholle er-
klärbar. In den Gegenden, wo ich meine Beobachtungen
gemacht habe, ist fast durchgangig kalter, undurchlassonder,
lehmiger Untergrund, der oft nur von einer dünnen Schichte
Brde bedeckt ist» oft auch ganz bloss zu Tage liegt. . Mau
kommt daher, wenn mau nur wenige Fuss tief grabt, auf Grund-
wasser, welches von dem lehmigen Untergründe gehalten wird.
Es ist daher natürlich, dass die tiefer gehenden Brunnen tob
dem hochliegenden Grundwasser gespeist und ihnen dadurch
Fanlnissstoffe und Gifte zugeführt werden, die dem Trinkwassei;
Ifag. f. Thierltellk. ZZXYI. 3. 23
354 Nanmann,
eben die Fähigkeit mittheilen, tenchenariige Krankheiten so
eraeageo. Wai diese Sehidlichkeiten noch besonders anter-
stfitst, ist die Gewohnheit, die Dnngergniben dicht vor den
Thnren der St&Ue ansnlegen, wo nnn Jahr ans Jahr ein die
dort stagnirende Mistjaache die Laft verpestet, aach wohl in die
nahe gelegenen Bmnnen aassickert and dadurch zn einem wich-
tigen Medlam lor Entwickelang von Benehen wird.
Wenn die Annahme des vorher Gesagten richtig ist, so
ist allerdings die Laft in ihrer speoifischen Zasammensatzang
das Vehikel aar Ereea^ng der Seaehen und mnss es mittel-
bar in jedem Falle sein. Hat sie aber einmal dieselben ent-
wickelt, oder die znr Entwickelang geeigneten Stoffe anfge-
nommen, so ist die Weiterverbreitang dnrch sie in andere Ge-
genden sehr möglich, da die Giftstoffe dareh Laftzag meilen-
weit entfahrt and fortgetragen werden können, andererseits aber
dnrch Contact die Sencbe von dem einen Individanm aaf das
andere abertragen wird. Um diese oder jene seachenartige
Krankheitsform an modificiren, massen entweder bestimmte Bil-
dangsbedingnngen bei dem Entstehen der Gifte obwalten, die
speeifisch anf diese oder jene Organe oder Apparate des Thier-
korpers wirken, oder diese Modification ist von der Thiergat-
tang, der Disposition and der Individaalitat — oder aber von
Beiden abhängig. »
Spinola (1. c. Pag. 168) sagt, dass die Seaehen, so aaeh
der Milzbrand ursprünglich aas einem Gonflict von Ursachen
entstehen nnd misst allen diesen Ursachen, besonders aber den
Boden Verhaltnissen wie dem Befallensein der Pflanzen die
Hanptarsache der Entwickelang der Senche bei. Das Befallen-
sein der Pflanzen besteht einfach darin, dass sich aaf den Sten-
geln titid Blattern, wohl aach in den BliSthen iein Pilz findet,
der seiner Natar nach schädliche Stoffe far den Korper det
Thi'ere enthält, speciflsch aof die Blotbereitung einwirkt, and
der nnter dem valgären Namen des Mehlthanes im Volke all-
gemein bekannt ist. — Wir wissen, dass dieser Stoff äasserst
das Grundwasser nnd der Milzbrand, 355
sckadlich auf den Organismoa wirkt und namentlich die Nei>
gung snr ZersetEong des Blates hervorruft und befördert.
• Jedenfalls steht diese PiUbildnng, mit der Beschaffeobeit
des Grundwassers in genauer Verbindung und es ist gar nicht
unwahrscheinlich, dass die im Milzbrandblnte in neuerer Zeit
entdeckten Bacteridieu injicirte Saamenkorperohen der als Mehl-
thau vorgefuftdenen Pilve sind, gleichfiei ob vegetabilischer
oder animalischer Natur.
Es drängt sich hier die Frage auf: wodurch wird die Nei-
gung des Blutes cur Zersetzung und FSnlniss bedingt? Dodi
gewiss aus Gahrungsstoffen die durch Verdauung nnd Einath^
men dem K5rper und speciell dem Blute angeführt und einver--
leibt worden sind, ihren Verwesungsprocess in diesem fortsetzen,
die Blntmasse verunreinigen, verdicken, und dadurch ea ihrer
Function unbrauchbar machen. Dass aber beim Milsbrande die
Heigung aur Zersetsung nicht nur im Blute, sondern im ganaea
Organismus vorwaltet, dafSr sprechen: die Veränderung der
Oaiie, der Austritt von Blut in den Darmkaual etc., die schneti
entstehenden gallertartigen Beulen unter der Haut nnd in den
H6hlen beim noch lebenden Tbiere — nnd di« rasdii vor sieh
gehende Verwesung der Cadaver.
Dass auch andere bedingende Schädlichkeiten an den vor-
her ber^gten kommen müssen, um eine besondere Spectes einev
Seuche hervorsnrufea , darüber kann wohl kein Zweifel obwal-
ten; dieselbe bildet sieh nach bestimmt gebotenen Bedingungen
und Naturgesetsen , wie alles Erschaffene; welche besond«pen
Mmnente aber hier Busamuenwirken müssen, um die resp% Re-
enltate faervoranbringen, das ist leider noch «ine terra inoognit«.
23»
35e
X.
Drsachei des Abortus bei des Wiederkäaern iid
Schwemei und dessen Folgen«
Thiont Kote 1 mann, In Treptow e. d. ToUenee.
StotsOQ und Schlagen mit HoUschnhen oder Milehschemelo
in der rBchten Saite tragender Thiere, enge Thnren» Stalle mit
hohen Schwellen, bringen in der letsten Balfte der Trachtig*
keit bei den Wiederkäuern, in den meivten Fallen erst nach
2 bis 3 Tagen, Abortus nach Torhergegangenem Kränkeln, wel-
ches anfinglich so nnbedentend ist, dass es meistentheils nber-
seben wird , bis denn endlieh etwa 5 — 10 Stunden vor dem
Act das Leiden des betreffenden Thieres so auffallend wird,
daaa es cor näheren Untersuchung auffordert. Hier findet man,
Btefadem das Fruchtwasser schon wer weiss wie lange vorher
abgegangen ist, die Fussa des todten Fotns in den Muttermund
getreten, ohne dass Wehen wahrgenommen sind. Eben weil
diese fehlen, wird die Herausschaffung des oft bedeutend an-
ges^woUenen Fötus, selbst wenn derselbe eine richtige Stel-
lung hat, immer eine erschwerte sein, womit ein Zurückbleiben
der Nachgebart verbunden ist. Zum ersten Male trachtige Fär-
sen leiden in diesem Falle sehr und sterben, wenn die Nach-
gebart nicht frohxeitig mit Vorsicht abgelost wird.
Ferner yerkalben Kühe leicht, wenn sie mit rollem Magen
mit ihrem Hintertheile au niedrig liegen; ancäi Kühe, die es
sich angewohnt haben, stets auf der rechten Seite au liegen.
(Von 25 tragenden Kühen liegen 20 instinktmassig auf der lin-
ken Seite.) Dass hier durch anhaltenden Druck des angefüll-
ten Pansens und Beiseiteschiebang des Fötus die Blatcircnlation
in demselben betrachtlich gestört, nnregelmassig oder ganz ge-
hemmt werden kann und Abortus verursacht, liegt auf der Hand.
Uriachea d«« Abortoj. 967
Stets mit Fatter ubermaasig angefdllter cnd d&darch sehr
«asgedehDter Pansen (Kühe rohen nicht eher, bis der Pansen
übermässig angefolit ist) sind nicht allein Ursachen des Abor-
tus, sondern auch Ursachen onregelmassiger Grebnrten nnd
auch von Missbildung^n des Fötus im niederen Grade. Indem
der in der körperlichen Entwickelung vorgeschrittene Fötus
sich ans seiner besehrankten Lage herauszuarbeiten versucht
(und wer kennt nicht die oft starke Bewegung des jungen Thio-
res im Mutterleibe!) durfte ihn wohl der Tod überraschen.
Auch erfolgt der Abortus oft erst am zweiten oder dritten Tage
nach vorhergegangenem Kränkeln der Mutter fast ohne Wehen,
weshalb die Hülfe auch hier so bald wie möglich herantreten
muss, die ohnehin genug an schaffen haben wird, den oft sehr
geschwollenen Fötus zu entfernen.
Ebenso wie bei Stuten sind auch hier Ueberfutternngen
und dadurch herbeigeführte Unverdaulichkeiten , mit hartnäeki>
gen Aufblähungen und Verstopfungen verbunden, Ursachen des
Abortus. Hetzen mit Hunden, Springen über Gräben und
Hecken, überhaupt alle gewaltthätigen Einwirkungen auf die
rechte Seite des trachtigen Thieres, bringen oft rasch den Abor-
tus zu Wege.
Endlich alle Krankheiten, namentlich der langsam verlau-
fende Milzbrand, anhaltend fieberhafte Krankheiten, welche an«
haltend medicinisch behandelt werden und besonders drastische
Porgirmittel , bringen, unzeitig angewandt, leicht Abortus.
Alle bis jetzt angegebenen Ursachen veranlassen jedoch
immer nur den sporadischen Abortus. Sie werden immer vor-
kommen und können nie ganz vermieden werden.
Wir kommen jetzt zu den Ursachen, welche den gewisser-
maassen epizootischen Abortus veranlassen und welche in ihren
Folgen für den Landmann um so empfindlicher sind, als er
sich oft durch die bedeutenden Verluste in- seiner Einnahme er-
heblieh beeinträchtigt sieht.
In der BiBleitung des Aufsatzes über diis Ursachen des
36S Kottlmanii,
Abortus bei Staieo ist gesagt, dass der dorftige and der fette
Fattersostend die pradisponirenden Ursachen oder die Neigung
anm episootiseben Abortns reprasentiren. Dies ist gana beson-
ders bei den Wiederkaaem der FalL
*
In Blntaminth und Blutreiehthnm mit Hianeignng anr Djs-
krasie oder Zersetsnng der naehsten Bestandtheile des Blntes
besteht hauptsächlich das Wesen der Disposition zum Abortus«
die jetst nur eines Anstosses von äusseren auf die Thiere ein-
wirkenden Teranlassenden Ursaehen bedarf^ um denselben, (den
Abortns) herorsubringen. Und dass es an diesen veranlassenden
Ursachen nicht fehlt, werden wir späterhin nächweisen« Der Man-
gel an Blut bei dürftig ernährten Thieren wird schon angeaetgt
durch den abgemagerten, nur in Baut und Knochen hangenden
Körper, der solche Empfindlichkeit far Einwirkungen der Kalte,
Nasse und auch Sitae seigt, dass die Hiiero nicht Lust haben,
sieh an bewegen und wenig Lust zeigen, sich ihre Nahrung
im Stall, noch weniger, anf der Weide au suchen. Dass nun
bei solchen IndiTidnen alle natarlichen Verrichtnngen sehr man-
gelhaft sein müssen, zeigt das zu Berge stehende Haar, welches
sie oft erst spSt im Frühjahr und Anfangs des Sommers wechseln«
Armuth an Blnt und Mangel an Nährstoff fär den Fötus zeigt
sich schon hierdurch, noch mehr aber an den durch Abortus zu
Grunde gegangenen Cadayern.
Der kummerlich ernährte, meistentheils in der ersten Hälfte
der Trächtigkeit ausgeworfene Embryo nnd der in der letzten
Hälfte der Trächtigkeitszeit ansgestossene Fötus, der, von aussen
angesehen, eine gnte ErDäbrnng gehabt zu haben scheint, zei-
gen in ihren Gefassen Blutmangel, eine gewisse Aufgedunsen-
heit in den Muskeln und Knochen, welche roth anssehen und
zu porös und cmisistenzlos sind. Bei den an Abortus veren-
deten Thieren zeigt sich im Pfortadersystem wenig nnd dmn
ein mehr wässriges Blnt, wenig Blut in der Schnittfläohe der
Mnskeln , zasammengezogene Venen nnd ganz besonders un*
vollkommene und kleine Frachtknchen . an denen die Eihäute
Ursachen dea Abortus. 3^9
oft so fest sitzen, dass diese eher serreisseo, als dass sie sieh
ablosen lassen, was wohl auoh als die Ursache betrachtet w6r>
den mDss, dass die Nachgebart so oft anrnckbleibt und so
grosse Schwierigkeit bei ihrer Ablösung seigt.
In dem Vorstehenden sind allerdings die aasserBten Gren-
aen einer dürftigen ErnahrnDg und des daraus entstehenden
Blutmangels angedeutet; wenn nun dieser Grad der Blutarmuth
auch nur bei einer geringen Zahl des Rindriehstandes Torban-
den sein durfte, so lebt doch eine nicht unbedeutende Zahl in
einem Zustande anderer Art, in welchem Yon einer gedeihlichen
Entwickelung des Embrjo, besonders bei den Färsen, nicht die
Rede sein kann, welches aus Nachstehendem noch naher her*
Torgehen wird.
In der Mehrzahl der hier gemeinten Thiere tritt der Abor«
tus zu allen Zeiten der Trächtigkeit auf, wenn jene noch
näher zu bezeichnenden Gelegenheitsursachen auf sie einwirken,
wodurch Dyskrasie des Blutes eintreten muss, was den Bil-
dnngstrieb des Embryo in seiner weiteren Entwickelung stört.
Der Nachweis einer mangelhaften Ernährung des Fötus,
durch welche das zur Entmischung geeignete Blut bedingt wird,
möge in Nachstehendem seine Erledigung finden, wobei wir auf
die jetzige Erziehungsmethode ein wenig zurückgreifen müssen.
In hiesiger Provinz (Pommern) ist die Nachfrage von ausser-*
halb nach Färsen seit mehreren Jahren schon eine bedeutende,
aie sind ein Handelsobject für Landleute und Barger in Acker-
Städten geworden, welches viel Geld einbringt« Letzterer Um-
stand hat namentlich die Banerhofsbesitzer veranlasst, jährlich
16 bis 20 und in einzelnen Fällen noch mehr Kälber beiderlei
Geschlechts zur Aufzucht anzusetzen. Diese jnngen Thiere
vei*den in dem. ersten Jahre durch gute Pflege, wie Treibhaus*
pflanzen, wie. in die Breite Qud Stärke» so in die fiobe getrie-r
•
ben, dass sie das' Ansehen von 2< bis Sj ährigen Färsen haben,
wenn sie anf die Weide kommen, in der That aber erat ein
bis anderthalb Jahre alt sind. Hiee erwacht der ' Begatfnngs-
3M Koielmmno,
tri«b, und da steU ein oder mehrere BoUea unter sie gegeben
werden, so knnn es nicht ausbleiben , dnss, mit wenigen Aus-
nahmen, alle jungen Thiere im Ausgange des «weiten Jahre»,
oft schon mit anderthalb Jahren, entweder abortiren, oder ein
gesundes Kalb bringen, weiches oft so stark und gross ist,
dass es nicht die unausgebildete Beckenhöhle passiren kann
und entweder mit Gewalt oder durch Zerstöekelnng abgdiolt
werden muss, wonach die jugendlichen Mutter dann oft au
Grunde gehen ransseo. In den meisten Fallen aber, da die
jungen Thiere an gute Pflege gewohnt sind, können sie sieh
schwer an die Weide gewohnen, treiben sich auf derselben uns-
her, werden von Ungeziefer geplagt und bekommen die sog^
nannte Grassenehe a. s. w. Es ist hier wohl nichts natürlicher,
als dass diese Thiere im Fnttersnstande surnckkommen and
hierdurch eine Neigung sur krankhaften Umstimmung des Blu-
tes oder Blutmangel eintreten muss. Wenn nun jene ^ater
noch aufzuzeichnenden Ursachen im Spatsommer und Herbst
auf sie einstürmen, so ist es erklärlich, dass diese Thiere
schwächlich und klein bleiben und selten gute Milchkühe werden-
Noch verdient bemerkt sn werden, dass 'die meisten Far-
sen, welche im sweiten Jahre gekalbt oder abortirt haben,
meistentheils ein, auch anderthalb Jahre obergehen, ehe sio den
Bullen wieder annehmen. Dass hier der Landmann nur wenig,
oft gar keinen Nutzen, wohl aber den Schaden hat, statt drei-
jähriger nnr sweijährige Färsen for hohe Preise erhalten sn
haben, von denen nur wenige gute Milchkühe werden, liegt
anf der Hand.
Allen diesen Uebeln entgegensntreten wurde man das Mit-
tel dazu in der Stallfatterung mit Grnnfatter finden, wenn hier
mit Massigang der rechte Weg inne gehalten worde. Das
trifft man aber bei dieser Art zn futtern auch nicht oft. Daher
hat diese aach ihre grossen Schattenseiten, die wir nun naher
in Erwägung ziehen wollen.
Die Erfahrung hat uns gelehrt und lehrt et ti^g;lieh noob.
Ursachen des Abortus« 361
das« der darch kräftige Ernahrang erzielte gute, fette Fatter-
sastand im Winter auch den Sommer bei Grünfatter im Stall
sieb erbalt. Niebts desto weniger kommen bier eben so viele
Abortfalle vor, wie bei den dürftigen Tbieren, die aof Waide
geben, mebr bei den Färsen, als bei Milcbküben. Die pradis«
ponirende Ursacbe liegt bier im Ueberflass von Blat, in Ueber-
fnllang (Orgasmus) der obnebin blatreicben Eingeweide des
Hinterleibes traebttger Tbiere mit Blat. Hier sind oft nur an-
bedentende veranlassende Ursacben notbig den Abortus au
Stande zu bringen. Dies snr Dyskrasie neigende Blut bat nicbt
mebr die Eigenscbafc, dem Embryo, oder dem in der Entwicke-
lung Torgescbrittenen Fötus zu nützen; Abortus und niobt
selten der Tod der Mutter durcb binzutretende Erankbeiten
sind die Folgen, wie späterbin gezeigt werden soll.
Die Section der an Abortus zu Grunde gegangenen Tbiere, — -
nocb mebr des Embrjos oder Fötus, — liefern den Beweis,
denn woher sonst die nngewobnlicb stark entwickelten, mit
Blut angefüllten, dunkelaussehenden Mutterkuchen (Kotyledonen)
auf deren grosser Flache und in deren Einschnitten die
Fruchtkuchen so tief eingedrungen sind, und so fest sitzen, dass
sie bei der Ablösung so leicht zerreissen und Rudimente zu-
rücklassen, was durcb deren Fäulungsprozess Veranlassung giebt
zu Nachkrankbeiten, woran die Tbiere langsam absterben; wo-
ber die Anhäufung eines theerartigen dicken Blutes in allen
Organen des Hinterleibes, besonders der Leber, an deren Gal-
lenblase oft rundum Ausschwitzungen sich zeigen; woher das
Austreten von Blut in den Schleim« und serösen Hauten, des
Bauchfelles der Mägen, des Darmkanals, des Uterus, was sieb
als rothe, braune und brandige Flecken von verschiedener Grosse
kennzeichnet; nocb mebr aber, woher die an verschiedenen
Stellen auf dem abgehäuteten F5tns, auf und zwischen den
Muskeln vorgefundenen serosblutigen Ausscbwitzungen , beson-
ders auf den ungewöhnlich stark ausgedehnten Gelassen des
Nabelsiranges, der auch wohl brandig und deshalb trotz seiner
362 Kotclmann,
Stirke ao leieht serreissbar ist! etc» Laasen alle dieae Erschei-
nungen nicht anf einen paasiren Entiundnngs- oder Zersetaaiigi-
proiess, anfDyskrasie einer abermassigenBlatmasse •cbliessen?
Unter diesen Umstanden tragt der Embryo schon bei sei-
ner Entstehung den Keim in sich an seinem Verderben, w.obet
nur eine geringe yeranlassende Ursache hinreicht anm Abortus.
Anders Terhalt es sich mit den fetten Milchkühen; diese
sind durch ihre Milehergiebigkeit so lange vor Abortus ge-
sohtttst, als sie noch Milch geben, spfiter aber sind sie eben so gut
wie die Färsen unter obwaltenden Umstanden dem Abortus unter-
worfen, jedoch mit dem Unterschiede, dass sie, vier bis sechs
Wochen vor Ablauf ihrer Trachtigkeitsieit, ihr meistentheils
todtes Kalb wegwerfen, sollte dasselbe aber auch leben, so
giebt es in den meisten Fallen durch anhaltendes, jammerliches
Geschrei etc. doch au erkennen, dass es keine Lebensfähigkeit
hat; es seigt sich auch bald, dass es keine Nahrung au sich
nimmt und langsam abstirbt. Auch hier bleibt die Nachgeburt
aus oben angegebenen Ursachen surock. Hier muss eines Um-
Standes gedacht werden, der wohl eine Berücksichtigung ver-
dient. Zu hanfig kommt es vor, dass fette Kühe, gleichviel ob
sie abortiren oder Kälber sur Welt bringen, hiernach an einer
vermehrten Schleimabsooderung in der Scheide und dem Uterus
leiden, was sie au einem periodischen wilden Rindern auffor-
dert, ohne dass sie concipiren. Dies dauert Jahre lang; cu-
letst nehmen die Thiere alle drei Wochen den Bullen an und
werden gleichwohl gar nicht mehr tragend. Auch bei fetten
Firsen kommt dieser Znstand vor, wodurch die Zahl guter
Milchkühe vermindert wird. Diese sind für die Sohlachtbank
reif und versprechen dem Gourmand eine gute Bouillon.
So wie hier bei den Kühen ist es mit wenigen Modifioa-
tionen auch bei den mageren und fetten Muttersdiafen.. .Da
aber eine grossere Sorgfalt bei der Auswahl, ihres Futtete,
überhaupt eine weit grossere Vorsicht in- der Wartfiqg ^nd
Pflege bei diesen Thi^ren beobachtet- wird, wovon in defai
Ursachen des Abortus.. .ß^Z
MaMse beim Riadfieh nicht die Rede sein kann, so bekonunt
man magere Sehafe nnr selten, dagegen gnt genährte und fette
desto mehr za sehen und deshalb mögen nnr letxtere hier der
Gegenstand unserer Beschäftigung sein. Unter obwaltenden
Umständen kommt der Abortus bei den Schafen in allen Ge-
stalten , in allen Formen ao vor, wie bei den Färsen und Kühen.
Alle Erscheinungen, besonders der Sectionsbefund bei den an
Abort verendeten Thieren, zeigen eine zu grosse Vollblutigkeit,
mithin auch eine zur Djskrasie hinneigende Beschaffenheit des
Blutes, was nicht die Bigenschafi haben kann, einen gesunden
Embryo zu erzeugen« Dass dies so ist, zeigen die unter den
gnt genährten Mutterschafen so oft vorkommenden plötzlichen
Sterbefölle, welche zu allen Jahreszeiten eintreten und welche
;man für Milzbrand zu halten geneigt ist» Hierbei tritt nun
aueh, ehe der Tod kommt, der Abortus auf, wenn auch Gele-
genheitsursaohen nicht auf die Thiere einwirken. Das zeigen
auch die sehwächliohen Lämmer, welche die Anlage zur Läm-
merlähme, oder dieselbe schon ausgebildet, mit auf die Welt
bringen, woran viele gleich sterben. Die Lämmer kommen oft
auch 3^4 Wochen zu Mh, haben keine Lebensfähigkeit und
sterben«
Hier muss noch eines Umstandes gedacht werden, über
welchen noch viel Unklarheit und Unwissenheit herrscht was
einer Aufklärung bedarf. Wenn zu gut genährte und fette
Mutterschafe vor und nach ihrem Ablammen noch mit Kraftfutter
genährt werden, um, wie man hofft, starke, kräftige Lämmer
zu erziehen , so täuscht man sich sehn Die ohnehin reiche,
fette Muttermilch dürfte die Eigenschaft haben, in dem Magen
und Darmkanal saugender Lämmer prädominirende Säuren zu
erzengen. Denn woher die Neigung der Lämmer Sand zu
fressen, Kalk von den Wänden abzulecken, durch Urin pene-
trant riechend gewordene Wolle an den Füssen ihrer Mütter
zu fressen, wenn der Instinkt sie nicht dazu aufforderte, dir
Säuren in ihrem Magen und Darmkanal zu nentralisireo ^ wo-
364 Kotelniftnil,
nach saertt Ventopfong, dann Steifigkeit in den Vorderfasiea,
Laziren und die Lammerlihme in vertchiedenen Gestalten aof-
tritt; deren Behandlangeweise bisher noch ein gans Terfehltee
Resaltat liefern masste. Die angefahrten Brsoheinangen beob-
achtet man nnr bei den jagendiichen Lammern, spater, wenn
dieselben so erwachsen sind« dass sie schon anfangen etwas
Hen etc. la fressen, oder wenn ihre Mntter aof die Weide ge-
hen, darch welche ihre Milch eine andere Beschaffenheit an-
nimmt, hört die Lahme aaf and man hat nar mit der sarock-
gebliebenen Steifigkeit so than. Diese Lammerlahme, sowie
die Fallenlahme, deren Ursachen im verdorbenen Magen ond
Darmkanal la sachen sein durfte, hat Tiele Aebniichkeit mit
dem Verschlag der Pferde, welcher bekanntlich dnreh ober-
massigen Genass schwer yerdaalichen Fntters, besonders frisehen
Roggens, entsteht. Kalte, Zoglnft in den Stallen, welche sich
besonders beim Ans- and Eintreiben der Matterschafe während
des Einfatterns bemerkbar macht, wird fiberaU von den Schaf-
meistern als die einsige Ursache der Lammerlabme angegeben.
Dies ist ein Irrtham; wenn nar jene Ursachen nicht sind,
diese bringen die Krankheit nicht hervor, sie können höch-
stens als veranlassende Ursachen angesehen werden.
Ehe ich mich von diesem Gegenstände trenne, mnss ich
noch den Verdacht aassprechen, dass ebenfalls von pradomi-
nirenden SSaren im Magen und Darmkanal, hervorgernfen dnreh
an Tiele and za fette Milch, die rothe and weisse Rnhr and
die Steifigkeit in den Vorderfassen bei den Kalbern herrührt*
analog dem Verschlag der Pferde. Es ist sehr an wanschen«
dass bessere Beobachter diesen Gegenstand in die Hand neh-
men mochten, am aar Wahrheit aa kommen.
Dass nan scheinbar ohne alle Ursachen in grossen Vieh-
Btaoden der Abortas schon im Spätsommer, noch mehr im
Herbst anf eine so beanrnhigende Weise auftritt, so dass wo
chentlich mehrere Fälle, besonders onter den Färsen vorkom.
men, welches nicht darch die sorgfaltigste Pflege, dorch kein
Unaehea des Abortas. 366
PrSaerTativmittel mehr %a verhSten ist, das hat teioe verao«
laisenden Ursachen in Folgendem.
Vielfach sind diese Ursachen so sachen in den atmosphä-
rischen Niederschlagen, weiche in anhaltend nassen Sommern
die Weide fast stets als Regenfeuchtigkeit oder Thaa bedecken.
Oft mögen die in manchen Jahren zahllos auf den Blättern der
Weidepflanzen sich vorfindenden Blattläuse und der sogenannte
Honigthan, welcher sich durch die darauf wirkende Sonne me*
tamorphosirt, — gleichviel, ob wir annehmen, dass derselbe
durch Ausschwitzung der Blatter entsteht, oder ein Erzengniss
der Blattlause ist, — Ursache zu Abortfallen werden, indem
die Thiere ohne Wahl Unreinlichkeiten mit dem Ungeziefer in
grosser Menge hineinfressen müssen. Nicht selten auch wird
Abort hervorgerufen, wenn die Thiere als Weidenahrung vor-
finden: saure Graser aller Art, Unkraut, selbst Ranunkeln etc.,
welche Pflanzen bei anhaltendem Regen auf niedrigen Weiden
als eine üppige, mit Wasser reichlich gesattigte Vegetation rasch
emporschiessen und von den Thieren auch gefressen werden,
da sie durch das viele in sich aufgenommene Wasser ihren
^scharfen, pikanten Geschmack verloren haben. Nicht minder
schädlich wirken femer auch die nach anhaltendem Regen auf
den Weiden sich oft bildenden Wasserpfntzen , welche durch
die Sonnenhitze iq G&hrung übergehen und aus welchen das
Bind so gern trinkt, dabei aber die darin erzeugten vielen MiU
lionen Infusorien mit hineinschluckt. Oft auch durfte die Ur«
Sache zum Abort zu suchen sein, in der schnell von Hitze zur
Kalte abwechselnden Witterung mit anhaltendem Regen, wo-
durch die Hautausdnnstung des Weideviehes unterdruckt wird
und wodurch ein nicht geringer Theil Hautschlacken im Blute
verbleibt« Auch durfte von der Haut bei anhaltendem Regen
wohl ein nicht geringer Theil Feuchtigkeit resorbirt werden,
welche das Blut verdünnt und zur Ernährung des Embryo noch
mehr untauglich macht. Besonders schädlich wirken bereifte,
erfrorene Weiden. Es wird durch den Frost die Vegetations-
t^..
366 KotelmAiin,
kraft ver&Ddert oder gänLlich anfgebobtto, so da» for die Tbiere
nicbts mehr abrig bleibt, als nor oabraDgeloee Gräser, wovon
eie eieb oft bis in den spaten Herbst so toU fressen, daas sie
nnr mit Mühe nacb dem Stalle geben, wo sie bocbst ermndet
die Nacht dnroh liegen bleiben. Dass nun dnreb den mit Bai«
last angefüllten Magen nnd Darmkanal der Raum in der Bani^-
höhle beschrankt wird, ans welchem sich der F5tns hmransan-
arbeiten yersnoht, dadnrch aber in eioe anregelmassige Lage
nnd Stellung kommt, so dass Abort erfolgt, ist leicht an be-
greifen. Dieselben Nachthttle wie erfrorene Weiden erzengen
anch nasses, halb Terfanites, gefrorenes Eankelrübenkrant, kranke
Kartoffeln, in feuchten, dem Lichte nnsaganglichen Kellern anf-
bewahrte Rnnkeln und Raben, 4ie oft gana mit Schimmel aber-
aogen sind.
Auf einem Gate hiesiger Gegend abortirten 11 Färsen in
einer Woche, die mit Tersehimmelten Roben gefuttert worden
waren.
Ueberhaopt sind alle Pilse und Schimmel niemala von dem
Verdachte der Schädlichkeit frei, wie denn anch schlecht ge-
wonnenes Wickfutter, in dessen Schoten die Wicken- versdiim- '
melt sind, schädlich wirkt« Wohl an berucksiehtigen ist
noch da« in grossen Kasten angefenchtete, eiagestampltoy
in weinige Gafarung nbergegangeno Fntter, welches an den
Wanden nnd in den Ecken des Kastens oft schimmelig nnd
stöckig wird« Denn nicht slleln das« durch dasselbe leidit
Abortns erfolgt, sondern die dadurch vermehrte S<^leimabson^
deiung in den Lungen dee Viehes reitst an fortwährenden!
Hasten und fahrt lu chronischen Lungenkrankheiten, —-ja wer
weiss, ob nicht aadb aar Lnngenseoehe, die, nrsprünglich ent-
standen, sich nun durch Ansteckung weiter verbreitet. Jeden-
falls entsteht dabei aiush eine vermehrte Schleimabsondernng
in disr Scheide und im Uterus, wodurch die Thiere zu wieder«
ho|tem Rindern aoj^efordert werden, ohne zu eoncipiren.
Wenn nun durch die Stalifutterung. mit Grnnf^ter im
Ursachen des Abortus. 367
Sommer die Thiere vor schädlichen Witternngsoinflussen and
mannigfaltigen anderen Schädlichkeiten der Weide anch mehr
geschützt sind, so sind sie in ihrem oft zu fetten Futterzustande
und dem zu Folge durch ihre Vollblutigkeit filr andere, oft un-
bedentend erscheinende schädliche Einwirkongen um so empfind-
licher und abortiren oft nicht allein weit häufiger, als Weide-
tieb, sondern sind anch besonders in den beissen Tagen dem
Milzbrand unterworfen, welcher bekanntlich auf Menschen und
alle Thiere übertragen werden kann und oft grossen Schaden
anrichtet, was in den Elb- und Havelthälern häufig genug vor-
kommt«
Auf einem Gute in Mecklenburg erkrankten im August
10 dreijährige Färsen innerhalb 48 Stunden an der Anthrax-
bräune und starben. Bei 4 derselben zeigten sich Erscheinun-
gen, die bestimmt auf Abortus schliessen liessen; sie starben,
ehe es dazu kam. Bei der Oeffnung, welche bei einem der
Thiere gemacht wurde, waren die Fusse schon ausserhalb,
und die Nase des Fötus vor den Muttermund getreten. 80
sechzehn Wochen alte Ferkel, mehrere Kühe und das Pferd,
welches zum Herausschleppen der Cadaver gebraucht war, ver-
endeten ebenfalls innerhalb der oben angegebenen Zeit, Es
konnten mehrere dergleichen Fälle angeführt werden; hier nur
einer für viele: Auf den Havelthalwiesen ist der Milzbrand in
allen Formen nach ungünstiger Witterung stationär und der
Abortus häufig. Wie höchst ansteckend dort diese Krankheit
ist, beweist der häufige Verlust an Pferden beim Scharfrichter,
mit welchen derselbe die verendeten Thiere ausschleppt. In
einem ungünstigen Sommer fielen 8 Pferde an verschiedenen
Formen des Milzbrandes und an Karbnnkelbeulen am Kopfe,
welche zum Fortschleppen der au Milzbrand verendeten Kühe
benutzt waren. Doch dies nur beiläufig.
Wie sehr der Landmann in Nachtheil gerathen kann, wenn
er durch Kraftfutter einen hohen Milchertrag, aber auch einen
fetten Fütterzustand zu erzielen strebt, wodurch Abortus; Milz-
1
3^8 Kotelmann,
brand eto, bedingt wird, vermag nar der xa wardigen, der
eine Parallelle sieht, swischen möglichem Ertrag und mogUehem
Verloat an Vieh. Er wird die Ueber«eagang gewinnen, dase
der Mittelweg der beste, ein goldener ist.
Vorhin ist gesagt, dass die im Sommer im Stall mit Gron-
fatter verpflegten Tbiere den naohtheiligen Einflüssen der Wit*
ternng nicht so ansgesetct sind, wie Thiere die auf Weide ge-
hen; aber deshalb können sie doch nicht geschätzt erachtet
werden vor den nachtheiligen Einwirkungen, welche das Grnn-
futter an «ich verbirgt in Gestalt von Meblthau, einer anzahli-
gen Menge Blattläusen mit ihrer Unreinlichkeit, vielen Käfern,
Raupen und Gewürm, welche sich im Grnnfutter aufhalten^ und
dasselbe mit ihrem tinrath besudeln; fernec vor den Nachthei-
len des in grossen Haufen angefahrenen Grnnfatters, welches
durch anhaltenden Regen, Thau durohnasst ist und nun heiss
wird; auch Mangel an Bewegung in frischer Luft, grosse Hitae
in den Stallen und Plage vom Ungeziefer, als Fliegen etc. sind
wohl Ursachen, die eine gesunde Blutbereitung verhindern und
dem Embrjo und Fötus Verderben bringen, so dass diese erst
krankein, dann absterben und ausgeworfen werden — also
Abortus erfolgen mnss. Und wer weiss, welchen Einfluss die
Electricitatsverhaltnisse zwischen Erde und Luft auf das phy-
sische Leben so verpflegter vollblutiger Thiere hat! Ausge-
macht ist, dass bei schwuler Gewitterluft der Milzbrand am
hanfigsten vorkommt. Dass sich übrigens der Abort beim Horn-
vieh und den Schafen das zweite Jahr wiederholt, wie bei den
Stuten, scheint nicht der Fall zu sein; Knhe nehmen oft 4
Wochen nach dem Abort den Bullen an und bringen zu rech-
ter Zeit ein gesundes Kalb*
So wenig, beiläufig und zerstreut Gegebenes, unsere Ve-
terinarschriften über die Ursachen des Abortus bei onserea
Hansthieren uns auch mittheilen, .60 sind doch einige schatzena-
werthe Beitrage in dieser Hinsicht gemacht worden, die wohl
werth sind hier, wiederholt zu werden. So berichtet uns in
Ursachen des Abortus. 369
d«iii Garlt-Hertwig'schen Magasin der Thierheilkande, 26«
Jahrgang, 2. Qaartalheft, Seite 24, der Thierarat Hasselbach,
dass ein an den Maisstangen wuchernder Piix „Ustilago maldis^
von Enhen gefressen, innerhalb 8 Tagen bei 11 derselben
Abortus zu Wege brachte nnd dass trachtige Hnnde danach
sofort abortirten.
In demselben Magazin sagt Thierarzt Eon ig, dass eine an
Alkohol reichhaltige Schlempe, womit Enhe getrSnkt werden,
eine mangelhafte Ansblildong des Fotns nnd Abortns yerarsacfae*
In Gerlach's nnd Leissering's Mittheilangen ans thier-
ärztlicher Praxis, 3. Jahrgang 54-^55, Seite 184 theilt Ereis-
Thierarzt Snth mit, dass nach Mistjanche, in welche öfters
Seifen Wasser in grosser Menge gegossen wurde, nnd von wel-
cher die Euhe tranken, das Verwerfen derselben sich oft wie«
derholte, die Nachgeburt zuruekblieb und oftmals Gebarmutter*
leiden eintraten.
Daselbst beschuldigt Erois« Thierarzt Benke schlecht ge-
wonnenes, verdorbeoes E leeheu, die Ursache des so häu6g auf-
tretenden Abortus zu sein.
In der landwirthschaftlichen Groschen-Bibliothek von Protz
wird gesagt:
„Viel Regenwetter t Nasse übt einen nachtheiligen Binfluss
auf die thierische Lebens Verrichtung, sie schwächt, das Blut be-
halt zu viel Wasser, dasselbe ist auch in den Pflanzen, das
Blut wird zu wässerig, um zur Ernährung und Erzeugung die«
nen zu können , und wenn bei den Stuten der Ersatzstoff fehlt,
so wird zuerst die Frucht leiden und stirbt.^
Zeichen, welche auf bevorstehenden Abortus
hindeuten.
In der ersten Hälfte der Trächtigkeitszeit kommen nur
nach äusseren Einwirkungen Abortfalle vor, haben aber das
Jahr vorher ungünstige Verhältnisse, als schlechtes, verdorbe«
nes Futter eto«, welches den Winter hindiirch verwendet worden
4fag. t. Thjerhoilk. XXXYL 3. 24
fc..i.
«/«<
KotelBABB.
Ut. €iae Disposilion begnadet, daa» lekli aacb der Abor-
tos ia groeter ZaU ie beide« Hilftea der TricbtigkMtneit wcbt^
SoMt aeigi nch der Ab4>ries gern ie der leCstea Hüfte der
Tricliti^eiUpefiode, vom Herbei ab nad imsi dea gaasea Win-
ter Uadmefa, ond dann gaas beeoader» bei dea Pinea, ^eieh-
Tiel, sie mögen mager oder fett sein. Die oben aagegebeaen
Uraaebea, weleben die Thiere dea Saviaer ond Harbit hia-
dnrdi anegeeetet warea, bediagen dae UebeL Aosgaiaaebt ist,
dae% weaa aagoaelige Wittemage- aad Fatteraagsrerhaltaiste
in dieseai Jabre auf die Tbiere eingewirkt baben, die Folgen
erat das a ädere Jahr enftreien, dass also dadnreb die pra-
diepooirenden Ursachen begrondet worden sind.
Das auf einer Biederen Stafe d^e seasibelea Lebens ete-
beade HoraTieh äussert vor dem Abortns wenige, das Schaf-
▼i^ ÜMt gar keine Zeichen, welche den Abortus anseigea;
Ziegen aber geben 8 — 12 Stunden Torher durch ihr fortwäh-
rendes, jamaierliehee Qesebrei und stetige Bewegang ihres knr-
sen Schwansee an erkennen, dass sie entweder mit einer reebt-
seitigen, oder nnseitigen Geburt umgehen, also ein lebendes,
gerandes, oder ein paar Tage spater ein wer weiss wie lange
schon abgestorbenes, fast yermodertes Lamm bringen, welches
letatere nor durch Hülfe heraasgeschafft werden kann«
Wie wenig äossere Zeichen anm Abort das Hornvieh seigt,
ergiebt neb daraus, dass in einer Zeit, wo Abortas häufig vor-
kommt, Eigenthnmer von trächtigen Thieren hier and da den-
selbeo forehtetea, aber ihre Furcht durch nichts begründen
konnten und doch Recht hatten. Doch aeigt sich in vielen
Fallen eine besondere Wildheit in den Augen trächtiger Thiere
die mit Abort umgehen, eine Neigung cur Unverträglichkeit,
Stossen nach ihres Gleichen bei guter Fressinst und Normalitat
aller Lebensverricbtnngea, bis 3 — 5 Tage später andere Zei-
chmi wahrgenommen werden, die auf Abort hindeuten. Dass
die hier, angefahrten Anzeichen aber auch oft irrthumlich aaf
berorsteheadea- Abort gedeptet werden, kommt besonders bei
Ursachen de« Abortus. 371
älteren Knhen of(i vor. Der Grand dafär liegt dann meisten^
theils in Ueberladnngen des Magens and Darmkanals and es
giebt sich dies aach darch einen sehwaclieo, oft kasm fahlba-
ren, schnellen Pnls« mangelhafte Darmaasleerong, wie dnreh
nnterdrnckte ürinabsonderang nnd schwache Fresslast sa er-
kennen«
Im Allgemeinen überrascht der Abortus bei got genährten
Färsen in der ersten Hälfte der TrSchtigkeitsceit , wo nach ein
Paar Wehen, oft ohne alles Torangegangene Kränkeln, nach dem
heraasstnrsenden Frachtwasser der Embryo in bdchstms einer
Stande nachfolgt, wenn derselbe nicht todt ist and keioe nn-r
regelmässige Stellang im Mattermande hat. 'Star bei mageren,
kraftlosen Euhen and Färsen rerzogert sidi der Act oft bis
fsam dritten. Tage. Hier erlo'ankt das betre£fende Tliier, lasst
fast ganz ab vom Fressen , trippelt mit gehobenem Schweif auf
den Hinteressen hin and her, legt sich stöhnend nieder und
steht so leicht nicht wieder anf.
Im 7,-*- 9. Monat der Trächtigkeitsperiode werden schon be*
stimmtere Vorseichen des Abortus wahrgenoinmen« Bei Färsen
Tersebwindet das oft siemiich angeschwollene, gespannte, harte
Kater in 8 — 6 Standen ganz, dasselbe wird weich and faltig^
Kraftlose Thiere liegen immer and sind mit Mühe nicht anf die
Beine za bringen, gat genährte sind anrnfaig, legen sidi, sprin*
gen bald wieder auf and geben häufig einen brammenden Laat
von sich. Darauf erfolgt Ruhe, während weldiw sie fressen,
sich legen und wiederkäuen, bis jene Zeichen wieder aoftreteoi..
Wenn hierbei nun die Bungergr oben- anfangen einzufallen, die
Spannung des Kreazbeinbandes abnimmt oder ganz verschwin-
det, wenn bedeutende Ausleerungen oder Laziten erfolgen, dajm
tre£fea wir den angehenden Abortus in einem Stadium, weldter
nan^ansere ganze Aufbierksamkeit in Ansprach nimmt. Der
Mattermand ist es, der uns nun über Leben und Tod, über
regelmässige oder unregelmässige Stellung des Fotas, also über
373 KotelMsaa,
ein«a glacUicbeo oder aaglneküdieB Verltfif dM Abortot Aot-
kanft giebl.
Wie is Ei diu Msgebildeia KoehelelieD iaetinH«ig«g feine
Kraft obt, seiee Holle zs «preagee, ebenM mass es mit dem
lebeodeo Fotas seia, der seiae Lage im ütenu veriint aad
instioktmasfig den Mottermnad anfsadit, and aoefa, weaa er
sieb mit dea Famen in denselben eiadrangt, die cogAnannte
Blase sprengt , woaadi das Fmebtwasser gresstentbeils abfliesst
oad der GeborUact ein^U. Ob non die Tbitigkeit des Fotns
den üteras auffordert ihn sn anterstntaen , oder ob es ein
Werk der Natur ist, dass der UCems sieh seiner Last an ent*
ledigea sacht, das möge dahingestellt sein , so viel seheiat aber
aosgemaefat, dass der instinktiTe Trieb des Fotns, seine Bnt-
wiekelongsstatte an Terlassen, mit der Wirkung des üteras
(Wehen) sasammeafillt , oder sasammeatreffea mnss, am den
Abortaa sa Stande an bringen. Den Gegensats finden wir da,
wo der Fotos im üteros abgestorben ist ond in seinem To-
deskampf mit den Fossea nach TOm ond in den Mottermond
getreten sn sein seheint. Hier finden wir, dass die sdiwaebea
Wehen gans aofhoren ond nor dann wieder schwach eintreten«
wenn dnieh Konstholfe der Gebortsact beeadigt wird. Wenn
aber der Tod des Fotos in seiner natorlidien Lage erfolgt ist»
so Termag die Konst wenig; keine Wehen werden mehr wahrge-
nommen, der VerwesongsprosesB beginnt mit der Ansehwellang
des Fotos ond stdgert sich mit jeder Stonde, ond, indem nor
Gewaltmittel den Fotos entfernen können , moss der Tod der
Matter die Folge sein. Ein sicheres Zeichen des Todes des
Fotos im üteros ist, wenn dorch die sehwadien Wehen die
sogenannte Blase hervortritt ond oft lang ans der Scheide, ver-
möge ihr^ eigenen Schwere, heraoshängt. Wenn diese geöff-
net ond das Frochtwasser abgeflosseo ist, findet man öfters die
Fnsse schlaff in der Seheide, (lebende ziehen ihre Fasse aoroek,
wenn daran gesogen wird), vom Kopf aber ist nidits so föh*
len, derselbe scheint sich nach dem Ableben entweder nach
U^aoh6n des Abortus. 373
der einen oder anderen Seite im Uteras umgelegt sa haben,
so dass er ganz in die Qnere vor den Mattermund getreten
ist, oder die Nase bat sich zwischen die Fusse gesenkt und
steht mit denselben nach dem Euter, -* Schwierigkeiten, die
dem Operateur bei der Entbindung oft viele Muhe, die doch
vergebens ist, machen. Ist aber die Nase des todten Fötus
schon in den Muttermund getreten, und die Fusse sind sehon
ausserhalb der Scheide', so kann es nicht früh genug gesche-
hen, mittelst eines in die Nase eingesetzten Hakens den Kopf
nachzuholen, dann mag die Anschwellung des Fötus noch ao
bedeutend sein, Kopf und Fusse desselben sind die Mittel, ihn
aus dem Uterus herauszuschaffen. Unterlasst man den Ge-
brauch des Hakens und zieht die Fusse hervor, so muss der
Kopf zurnekbleiben , weil er sich dann fast in der Regel an
das Becken stemmt.
Anders ist es bei Kühen, die noch gemolken werden.
Wenn in der letzten Hälfte der Träohtigkeitszeit von 10 Fär-
sen meist 6 lebend abortiren, so abortiren die meisten alten
Kühe gewohnlich todte Kälber in den letzten Monaten ihrer
Trachtigkeit, wenn keine gewaltsamen Ursachen auf aie einge-
wirkt haben.
Hier müssen pradisponirende Ursachen in den Thieren in
solchem Grade herangewachsen sein, dass die Natur und das
Reactionsvermogen in ihrer ganzen physiologischen Oekonomie
keinen Widerstand zu leisten vermögen, dass zuerst Störungen
in allen Lebensverrichtungen , dann pathologische Veränderun-
gen in den zu krankhaften Umänderungen geneigten Organen
sich bilden , die nun den Tod des Fötus und den Tod der Mut-
ter herbeiführen, wie aus der Section hervorgeht. Wie oft
bin ich zu solchen Thieren mit der Angabe gerufen: „die Kuh
ist krank, will nicht, wie gewohnlich, fressen, wiederkäuet
schwach etc.**; nichts Bemerkbares stellte sich nach wiederhol-
ten Untersuchungen heraus, als eine physische Schwäche, bis
dann oft nach 4 Wochen erst sich die Scene dahin änderte, dass
« ^ -^
'374 KotelmftBD,
das Thiar abortirte nd Mitwader dabei oiakam, oder ämsa
der FoUia gewaltaam entfeni warde, vonaeh es ebenfalls rer*
endete.
In aaderea Fillen sind die Zeidien, welebe auf Abortos
bindeoteD, Tielmehr aosgepragC. Sebon 4 Wodien vor dem Abor-
tus Yenniiidert sieb die Hileb, welebe ober Fener <^ seboa TOr
dem Anfkoeben gerinnt , 3 — 4 Tage Tor dem Abortus verliert
sie sieh gans; alle Functionen gehen träge von statten, die
Thiere fressen ond trinken nicht mehr, ancb das Wiederkauen
Terliert sieb und sie liegen bestandig und stöhnen ; der Puls ist
sehnell, klein, oft kaum fahlbar, der Hensehlag schwach, das Ath-
men langsam, so, als suchten sie ihren inneren Schmers da-
durch SU Terhindem; oft legen sie die Nase auf den Krippen-
rand, oder legen den Kopf cur Seite, untersucht man den
Muttermund, so findet man denselben oft wie ein Zweithaler-
stack gross geöffnet und es ist Tor demselben die sogenannte
Blase deutlich sn fahlen. Ist die Blase in die Scheide getre-
ten, so findet man auch die Fasse des Fötus yorgerückt, ohne
dass Wehen wahrgenommen werden. Bei diesem Zustande ver-
geben oft 2 — 3 Tage, ohne dass eine Aendernng in der Stel-
lung des Fötus bemerkbar wird. Hierbei werden die Thiere
oft aufgebläht, sind verstopft und verenden. Die Versnehe, den
Fotos abzuholen, gelingen awar durch gewaltsame Mittel, aber
dex Tod erfolgt doch, weil man gewohnlich au spät aar Hülfe
gerufen wird.
Dass der Abortus und seine Folgen, allerdings in modifi-
cirter Weise, auch bei gat genährten, kräftigen Individuen vor-
kommt, verdient der besondereren Erwähnung nnd mögen die
Beobachtungen daraber und die Bebandlungs weise, welche bei
Kühen in verschiedenen Fällen angewandt warde, hier noch
eine Stelle finden. Bei einer derselben traten, indem 8 Tage
vor dem Abort alle Erscheinangen denselben fürchten Hessen«
am Tage des Aborts fast plötzlich so heftige Wehen ein, dass
innerhalb einer halben Stande ein todtes , siemlich ausgetragen
Ursachen des Abortus. 375
nes Kalb und hinterlier der ganze Tfagidsads: (Uterus) h«rvor-
storzte. Obgleich die Wehen nach dem Vorfälle des Uterus
gewohulieh aufzuhören pflegen, so wurden sie hier so heftig,
dass der Leerdarm neben dem vorgefallenen Uterus heransge-
presfit wurde, und der heftige Drang der Wehen es nieht an-
liess , das Ganze zu reponiren. Dass hier eine Z^rreisanag der
Seheide vor sieh gegangen sein musste, worauf der Tod er-
folgte, liegt auf der Hand. Dass aber aneh der durch be-
stimmte Zeichen angedeutete Abort gar ni<^t mi Stande koabit,
der Embryo im Uterus den Auflosungsprozess durchmacht und
stückweise ausgeleert wird, kommt bei allen Thieren in der
ersten HSlfte ihrer Traehtigkeit vor. Alle auf Abortus hindeu-
tende Zeichen werden von Tage zu Tage milder und verschwin-
den nach acht Tagen ganz, und alle naturlichen Verriohtuiigea
neigen Sich zum Normalzustande; nur der sehwache, gaschwinde
Puls Ifisst vermnthen, dass ein Theil des in Auflösung stehen-
den Bmbryo resorbirt wird und in den Blutkreislauf zurück-
tritt, wodurch in einzelnen Fallen wohl Blutvergiftung und Tod
eintreten kann. Nach einigen Tagen meist kündigt sich. jedoch
der VerwesnagBprozess durch das Austropfeln einer stark rie-
chenden Flüssigkeit aus der Scheide an. Dieser Prozess nimmt
Buumehr denselben Gang, wie bei den Stuten, diese Thiere
leiden aber nicht so sehr, wie jene«
Eine bei guter Pflege sich immer mager haltende Kuh
zeigte in zwei Jahren keinen Begattungatrieb. Man v«rmathete
bei derselben einen kranken Uterus. Bei der Untersuchung er-
gab siph, dass die Knochen eines verfaulten Embryo sich vor
dem Muttermunde zusammengeschoben hatten, welche sadann
hervorgezogen werden konnten. Vierzehn Tage nachher nahm
sie den Bullen an, wurde tragend und brachte zur rechten
Zeit ein gesundes Kalb. Nach der Conception besserte sie sich
schnell im Futterzastande.
Der Eigenthnmer der Kuh hatte niemals ei^e Ausleerung
»US der Scheide bemerkt, auch kein Kränkeln au derselboin
376 Koteljnsnn.
wahrgenommen, sondern nur beobachtet, data sie bei guter
Freaalnst« goter Verdaanng und normalen Verrichtangen aller
Organe mager und kraftlos warde, was ihn veranlasste Hülfe
in sochen« Ans dem Krankenberichte durfte entnommen wer-
den können, dass der — nach den Knochen au nrtheilen —
drei Monat alt gewesene Bmbrjo Tollig resorbirt sein mnsste*
Im Repertorinm der Thierheilknnde, 13, Jahrganges, Stutt-
gart, giebt Thierarzt Helm einen Fall an, wo der Fotos im
Uterus bis auf die Knochen resorbirt worden war,
Behandlung der Folgen des Abortus bei Kühen.
Die Folgen des Abortus bei Kühen sind mannigfaltiger,
aber mit wenigen Ausnahmen nicht mit so grosser Gefahr nud
un günstigen Ausgangen Terbnnden, wie bei Stuten. Die schlimm-
sten sind XU starke Nachwehen, Umstülpung des Utems, Bnt-
sündungr und Brand desselben, hartnäckige Verstopfung, Zu-
rückbleiben der Nachgeburt, metastatische Anschwellung des
Euters, blutige Milch, Versiegen der Milch und Lähmnng im
Kreus. Was sind nun die Ursachen starker Nach weben , dass -
sie den ganzen Uterus herauspressen, Zerreissungen in der
Scheide bewirken, durch welchen der Leerdamm seinen Weg
nimmt, der hierbei neben den vorgetretenen Uterus sich lagert?
Nichts anderes als vielleicht durch Zugluft, Erkaltung und hin-
zugetretene Verstopfang entstandener Krampf kann es sein»
welcher eine so gewaltige Anstrengung macht, solche Zustande
hervorzubringen, dass Uterus und Leerdarm hinter dem leiden-
den Thiere liegen, woran das Tbier erst verendet, wenn der
Brand eingetreten ist.
Dass dies ein Krampf ist, bestätigt der Erfolg medicini-
scher Behandlung, denn sobald Opinmtinktur mit Ghamillen-
theo und Kljstire von Belladonnawurzel und Kraut gegeben
werden, ändert sich die Scene in einer halben Stunde.
Vorhin ist gesagt worden, die Reposition des Uterus bei
Kühen sei viel schwieriger als bei Stuten. Dies hat seinen
Ursachen des Abortus. 377
Graad in der weit grosseren Masse des rorgedrangten Uterus,
and in den besonders bei fetten Kuben starken ausgebildeten
Mutterknohen«
Die specielle Bebandlong besteht darin, sofort ein halbes
Pfand starken Branntwein oder eine Flasche Franzwein zu ge-
ben und dann so schnell wie möglich einen Arzt zu rafen. Je
starker der Krampf ist, desto dringender ist es, 2 — 3 Drach-
men Opinmtinktur in zwei Pfund warmen Chamillenthee mit
einem Male einzugeben, dann müssen 2 — 3 Kljstiere von 2 — 3
Unzen pulrerisirtem Belladonnakraut und Wurzel , welche mit
2 Quart Wasser Übergossen und noch einmal aufjgekocht wer-
den, ohne durchzuseihen, applicirt werden. Sollten hiernach
narcotische Zufalle sich markiren, so darf uns dies nicht be-
unruhigen, desto leichter ist die Reposition, welche nun damit
ihren Anfang nimmt, dass der Uterus TOn aller Unreiniichkeit
mit warmem Wasser gesäubert, die Nachgeburt Ton den Mut-
terkuchen behutsam abgelosst, und der Uterus dann in ein pas-
sendes Gefass mit warmem Wasser gelegt wird, worin so viel
roher Alaun anfgelosst sein muss, als sich auflösen lasst. In
dieser Flüssigkeit wird der erkaltete Uterus so lange gebadet,
bis er seine natürliche Warme erreicht hat und ein Zusammen-
ziehen desselben nach allen Richtungen bemerkt wird. Dann
wird das Alaunwasser in einem anderen Gefass aufbewahrt und
nun der ganze Uterus mit den Mutterkuchen, am besten in
Gänsefett oder einem nicht ranzigen Oel, überall eingeweicht.
Nun kann zur Reposition geschritten werden , wobei die Mutter-
kuchen nicht zu sehr gedrückt werden dürfen und wobei dar-
auf zu sehen ist, dass der Uterus, im Fall ex sich um seine
Achse gedreht hat, seine gerade Lage erhalt, denn eine halbe
Drehung schon lasst die Reposition nicht zu. Die Manipula-
tion bei der Operation ist dieselbe, wie bei Stuten.
Das Rind aber bedarf der Ruhe in diesem Znstande, guter
Pflege, Getränks von Gerstenschrot in Wasser, und sollte eine
zu starke Wirkung jener betäubenden Mittel sich markiren, so
o78 Kot«1mmDii.
haben sieb 2 — 3 Quart Cbamillentbee, Kljatire tob GhaauUeB
mit Oel, oder tod Abkoefanog tob LeiasaaieB, alle 5 — 6 Stso-
den gegeben, bewahrt. Mit dem aufbewahrten AlaoBwaaaer
werden die äusseren Gescblechtstfamle öfter kalt gebadet.
Es sind Falle Torgekommen , wo es dnrefaaos nicht gelin-
gen wollte, wegen starker Wehen den Uterus anruekanbringea.
Hier sind Versuche gemacht, — wenn keine Entxnndong des
Utems oder des Bandifelles sich bemerken Hess, — den ütertu
wegzuschneiden. Es wurde eine Ligatur Ton sogenanntem Sack-
band, ungefähr zwei Hände breit Tom Muttermunde, angelet
und drei Finger breit Tom Bande der Utems abgeschnitten.
Der Stumpf desselben wurde nun mit leiditer Muhe zurückge-
bracht und es wurden dann schleimige Einspritzungen gemacht,
wonach die Wehen gleieh aufhorten. Leider aber ist, so weit
mir bekannt, nur ein Fall gelungen, wo das betrefflende Thier
ausheilte, sich dann rasch im Futtersustande aufnahm und reeht
fett wurde.
Es kann nicht Wunder nehmen, wenn nadi solchen ge-
waltigen Anstrengungen, wonach der Uterus faerTortritt, auch
eine Entzündung des Bauchfelles und des Utems entsteht, die
nur in seltenen Fallen eine Heilung zulassen dürfte. So un-
bestimmt sich die Entzündung auch kennzeichnet, so darf uns
dies doch nicht abhalten, den Versuch zur Heilung zu machen,
wobei die Behandlungsweise der Stuten auch hier Anwendusg
findet. Nor yon Aderlass kann hier die Rede nicht sein ; desto
stärker aber müssen die antagonistischen Reize unter dem
Bauche angewandt werden, wozu die Spanischfliegensalbe» 1
Unze mit 15 — 20 Tropfen Crotonoel gemischt und mit swei
Malen in 16 Stunden eingerieben, gute Dienste leistet» Dabei
gebe man EIjstire Ton kaltem Wasser, alle 2 — 3 Stunden zwei,
und Getränk von Gerstenschrot in Wasser. Nach Futter ver-
langt Patient nicht. Ist die Behandlung von Erfolg, so geht
das daraus hervor, dass Patient am dritten Tage nicht kranker
und am 4. — 5. Tage schon beweglicher wird, dass die sonst
Ursachen des Abortus. 37D
eiskalten Füsee warm werden, der Pols, der sonst fast ganz
verfichwnndeD war, wieder hervortritt, und dass der Kranke
oan auch wohl im Fatter wühlt und den Appetit versncbt.
Diese günstigen Zeichen gebieten nns, alle inneren Mittel bei
Seite zu stellen, denn die angebrachten Reize unter dem Banebe
thun hier mehr, als alle ioDeren Mittel. Dass nun eine gute
Pflege mit Vorsicht eintreten mnss, versteht sich von selbst.
Verstopfungen, welche mit dem Abortus zusammentreffen,
oder welche nach demselben erst eintreten, sind in den mei-
sten Fällen sehr schwer zu beseitigen und todtlich, wenn die
Ursachen derselben im Blfittermagen liegen. Diese Ursachen
sind dann ein Vertrocknen des Futters zwischen den Blattern
des Magens und dies kann einen solchen Grad erreichen, dass
sieh das Futter zu Pulver reiben lasst, in welchem Falle wohl
selten eine AuHösung und die zur Fortsohaffung nothige Er-
weichung zu erreichen sein wird»
Je weniger letzterer Zustand sich kennzeichnet, um so
mehr gebietet es die Vorsieht, schon hierauf bei der ganzen
Behandlung Rüoksicht zu nehmen. Ist Patient total verstopft,
d. h. werden gar keine Excremente, selbst nach Kljstiren nicht,
abgesetzt, so ist anzunehmen, dass der Blattermagen vorzugs-
weise leidet. Hier hat sich eine Abkochung von einer starken
Band voll Tabak mit % Quart Wasser, — ein paar Mal auf-
gekocht •*»• mit einem Zusatz von einer guten Hand voll Glau-
bersalz oder Doppelsalz und drei Scrnpel Nieswurz , •— mit 2
Malen innerhalb 8 Stunden gegeben, — vortrefflich bewahrt.
Hierzu wurden alle d Stunden Eljstire von Belladonna, wie
oben angegeben, applicirt. Bat dies Mittel keinen Erfolg, so
Jet oft noch Rettung durch Salzsäure möglich gewesen. Es
wurde dann taglich eine Unze Salzsäure in \ Quart Wasser,
nach und nach hinzugegossen und um geschüttelt, gegeben, und
80 lange damit fortgefahren, bis Ausleerung erfolgte. Es sind
Fälle vorgekommen, wo 12 Unzen Salzsäure in 5 Tagen ge-
braucht, einen guten Erfolg erreichen Hessen. Noch muss be-
380 Kotelmann,
merkt werdeo, dass die Salssiore in steigenden Gaben gage-
ben werden mnss, so, dass bis 2 Unsen, mit zwei Malen ge-
geben, taglich gebraucht werden können.
Es ist auffallend, dass Verstopfungen bei den Wieder-
käuern oft 6—10 Tage anhalten, and dass, obgleich einzelne
mit Tielem Sehleim ubersogene Ballen Ezcremente nur nach
gegebenen Elystiren erfolgen, die Thiere wenig saufen, nicbt
fressen, einen kleinen schnellen Puls haben, sie sonst doch
munter sind. Was kann dies anders sein, als eine ganslich
darniederliegende Verdauung im gansen Darmkanal mit yer-
minderter Gallenabsondernng. Die hier ganslich fehlende pe-
ristaltische Bewegung des Darmkanals wurde eine Lähmung
desselben Tcrmuthen lassen, wenn nicht die mit Erfolg ange-
wandten, stark eingreifenden Mittel diese Vermuthung wider-
legten. Zur Beseitigung dieses Leidens hat sich Galomel mit
Aloe und Ensian gana vorzüglich bewahrt. ^ Es werden drei
Drachen Galomel, eine Unse Aloe und fünf Unzen Enzian zu
Pulver gemischt und dies in drei Malen in 8 Stunden mit Was-
ser gegeben* Jungeren oder entkräfteten Thieren genügt die
Hälfte, Ochsen dagegen können 4 Drachmen Galomel mit 2
Unzen Aloe vertragen.
Die hierauf erfolgende Ausleerung ist bei einigen Indivi-
duen stark. Wenn dieselbe nach 12 — 16 Stunden nicht ab-
nimmt, d. h. wenn die Zwischenräume von einer Ausleerung
zur anderen nicht grosser werden, so ist es nothig, dem Pa-
tienten ein Quart Kaffee von 6 Loth mit 4 — 6 Unzen Brannt-
wein, noch besser mit 3 — 4 Unzen Rum, zu geben und nöthi-
gen Falls nach 4 Stunden zu wiederholen. Dann wurde tag-
lich 4 mal, jedesmal 3—4 Quart gekochte Mehlsuppe von Ger-
sten- und Roggenmehl zu gleichen Theilen, welche sie gern
saufen gegeben. Verlangen sie nach Futter, so mache man
den Anfang mit einer Hand voll gutem Heu oder Hafergarben
und gehe mit dem Futter vorsichtig weiter, bis sich der gehö-
rige Appetit findet.
Ursachen des Abortus. 361
\
V
Diese Mehlsappe mass den Thieren eine Wohltbat sein,
denn sie erholen sich in 3 — 4 Tagen so sehr, dass sie aufste-
hen nnd nach mehr Fatter verlangen, welches aber noch nicht
bis snr völligen Sättigung gereicht werden darf, weil sehr leicht
Rückfalle mit Anfblahangen kommen. Um diese nicht aufkom-
men zu lassen, habe ich eine Abkochung von Tausendgülden«
kraut- nnd Blumen, eine Hand voll in ein Quart Wasser, nebst
einer Drachme Eisenvitriol taglieh 2 mal geben lassen, was ^i^
Verdau ungswerk zeuge sehr zur Thatigkeit anregt. Zugleich
mnsB bemerkt werden, dass alle Arzneien in flussiger Form,
aus leicht begreiflichen Gründen, gegeben werden müssen, so
weit dies möglich ist, da sie in dieser Form bei Wiederkäuern
am besten wirken.
(Schluss folgt)
XL
Reclame^ lietreffend den verbessertea Gebartshaken.
Im zweiten Quartal- Hefte dieses Jahrganges des Magazins
für Thierheilknnde ist von einem verbesserten Geburtshaken
die Rede, wie solcher nach der Idee des Militair-Thierarztes
Riemer zu Danzig gearbeitet ist, sich in der Praxis be-
währt hat.
Wenn ich nun auch an der Originalität der Idee des Herrn
Riemer durchaus nicht zweifle, so kann ich doch nachweisen,
dass der verbesserte Haken schon lange Zeit von mir so con-
struirt in meiner Praxis angewendet wurde.
Schon in meinem früheren Wohnsitze in Neu-Vorpommern
besass ich einen solchen Haken und liess solche später, durch
882 Reclame, betr. den verbesaerten Geburtsbaken.
den InstrutneDteoinacher Meier biertelbst, für den Thierarzt
Ladendorf, für den Departements-Tbierarat Seidel und für
meinen Brander den Thierarat Ollmannin Greifswald anfer-
tigen, nacbdem ich die genannten Herren von der Zweckdien-
liohkeit aberieagt hatte, wie mir dieselben wohl gern bezeu-
gen werden.
Ebenso habe ich im hiesigen landwirthscbaftlichen Verein
den Haken vorgelegt and demonstrirt, wie solches das Sitzangs-
protokoU des genannten Vereins vom 4. Mars 1869 beweist.
Die Nataliehkeit des Hakens üogt auf der Hand, nnr mnss
die starke, feste Hanfsehnur an der einen Oehse befestigt dnreh
die andere von Innen nach Aussen durchgesogen werden, so
hat man nnr an einer Schnur an sieben.
Vortheilhaft ist es auch die Hakenspitzen (5. d.) nicht
übereinanderliegend, sondern gegeneinanderstehend arbeiten zu
lassen, da sonst beim Oeffnen des Hakens viel Ranm gebraucht
wird, der oft fehlt. Die Länge des Hakens, welcher von feder-
hartem Gussstahl sein mnss, habe ich mit 4 Zoll genügend ge-
funden.
Wenn ich nun bitte diese Notiz im Magazin für Thierheil-
kunde aufzunehmen, so geschieht dies lediglich in der Absicht,
darzuthun, dass der von mir construirte Haken nicht demjeni-
gen des Militair*Thierarztes Riemer nachgearbeitet wurde,
sondern allein von mir ausgegangen ist, und ich hege keinen
Zweifel, dass auch Herrn Riemer 's Verbesserung Original ist.
Theodor Ollmann,
Kreis - Ifaierarzt in Thom»
Personal - Natizen. 383
XII. ^
Personal - Notizen«
Beforderang:
Der Kreis -Thierarzt KaumaDu zu Freien walde a./0. ist
zam Departementa-Thierarzt des Landdrostei-Beeirks Stade er-
nannt worden.
Versetzt sind:
Kreis - Thierarzt Reinhardt von Lennep in den Kreis Meyen*
Cochem.
Hertrich von Rothenburg nach Nangard.
s Schirlitz von Zeitz nach Torgau.
r Lehmann von Pram nach Wittlich.
Hartmann von Hamm nach Habelschwerdt.
Verzogen sin d:
Thierarzt Arndt von BatinüiOlder nach Honnef.
Bartels von Goslar nach Lewe«
Dickerhoff ^on Bocham nach Berlin.
Bo'mbach von Dortmund nach Bochnm.
Dopke von Bremervörde nach Geestendorf.
Starke von Harsefeld nach Bremervörde.
Rosenberger von' N^tihof - Ragnit nach Tilsit.
Deutsch von Andernach nach Neubof - Ragnit.
Bachmann von Berlin nach Neu-Ruppin.
Krohn von Homburg nach Pinneberg.
Dohrer von Gemunden nach Frielendorf.
Fricke von Elberfeld nach Brühl.
Niedergelassen haben sich:
Thierarzt Long in Hirschberg.
Rohloff in AncUm.
384 Personal - NoUien.
Tfaierarst^ggert io Driesen.
UllmanniQ Ziebingeo.
HassmanD in Geestendorf.
Gestorben sind:
Kreis -Thierarst Bormeister in Anclam.
Thierarzt Kersting in Soest.
Eck eil in Rotenburg.
Offene Stellen:
Die Kreis -Tbierarzt* Seile, in Anelam, Reg.-Bez, Stettin*
- Lennep, Reg. -Bez. Dässeldorf.
- Rotbenbnrg, Reg.-Bez. Liegnitz.
- Scblensingen, Reg.-Bez. Erfurt.
- Zeitz, Reg.-Bez. Merseburg.
- Beeskow-Storkow, \ Reg.-Bez.
- Ober -Barnim, ) Potsdam.
- Prüm, Reg.-Bez, Trier.
Gedruckt bei Julius Slttenfeld in Berlin.
Taf.M.
r,g. 2.
f^-'-
r.J TMerhtilJ^. Bd. MWT Eft. JS: . =A ^^^ Xi.d^.
1
I
4
Magazin
far die
gesammte Thierheilkunda
{JL%XWK. Jrahrsans. 4k. Sttteli.)
I.
Ursachen des Abortus bei dm Wiederbiaen ud
Sehweinen und dessen Folgen.
Vom
Thierarzt Kotelmann, in Treptow a. d» Tollense»
Schluss.
Bei gQtgenährten , fetten, kraftigen jungen Thieren darf
man indess die eben beschriebene Behandlangsweise nicht wa*
gen, hier sind Sal^e angezeigt, als Doppelsalz nnd Glanber-
salz von jedem 8 Unzen, Brechweinstein ^ Unze nnd Enzian
6 Unzen. Diese Medicamente werden in Palverform gemischt
nnd hiervon alle 2 — 3 Standen 2 gehänfte Essloffel voll in ^
Qaart Wasser gegeben. Ist die Wirkung za langsam, oder ist
ein vorzugsweises Leiden des Blättermagens durch gänzlichen
Mangel an Ausleerangen angezeigt, dann ist die Salzsäure in
steigenden Gaben, wie oben angegeben, allen übrigen Mitteln
vorzuziehen,
Zurückbleiben der Nachgeburt« Dieser Zustand kommt
häufig als Folge des Abortus, hauptsächlich bei Färsen vor, die
im Alter von l\i — 2 Jahren entweder abortiren oder ein ansge-
tragehes Kalb bringen. Auch hier sind die mageren, kraftlo-
sen jungen Thiere diejenigen, die am meisten leiden. Dass
Mag. /. TUerhtUk. ZZZVI. 4 25
38C KotelmADD,
hier das pbjsisdie L«b«n mit dem L«idea im Kampf li^t, seigt
der tdiwachey geeehwinde, oft gar niebt aa foblende PoIb, der
Mangel aa Freatlost nad die Stomagea ia allen natorliehen
VerriehtiiBgeB. Weaa nicht ■ehnelle Hülfe eintritt, ist es ans
mit dem Kranken, und wenn aia etwas aa apat kommt, wenn
der richtige Zeitpunkt sa helfen Terpasst wird, so werden die
Thiere so hinfallig, dass sie oft ein Jahr an ihrer Erholung
bedorfen, oft aber dennoch an anderen hinsng^retenen Krank-
heiten an Grande gehen.
Alle bis jetzt bekannten Mittel, welche die Eigensduft
haben soUen, die Nachgebort absntreiben, sind nnsoverlassig ;
wo man einen Erfolg von ihnen gesehen haben will, da wnrde
der Ab&ll der Nacbgebnrt schon Ton selbst erfolgt sein. Die
Erlahmng hat es gelehrt, dass der Arat gewöhnlich sehr spät,
oft am 6. — 8. Tage erst, oder wenn das Allgemeinleiden des
Thieres die Besorgniss des Eigenthomers fSr den Verlost des-
selben erweckt, anr Hälfe gemfen wird« Wenn er dann von
jenen, die Nachgebart abtreiben sollenden Mitteln irgend eins
anwendet, worauf die Nachgeburt abfallt, so wird dies dann
auf Rechnung des Mittels geschrieben. Man bedenkt aber nicht,
dass die Abfaulung au jener Zeit so weit schon vorgeschritten
ist, dass dieselbe auch ohne jenes Mittel abfallen muss.
um die Thiere vor jenem Leiden zu schütspn, ist die Ab-
lösung das sicherste Mittel und dies muss spätestens am drit-
ten Tage angewandt werden, sonst aieht sich der üteras so
weit zurück, dass der operirende Arm nicht mebr auf den
Grund desselben reichen und nur das ablosen knnn, was von
der Nachgeburt zu erreichen ist, und dass das im Grunde des
Uterus Gebliebene doch abfaulen muss, woran die Thiere dann
noch zu Grunde gehen. Hierin liegt auch der Grund, dass
man zu dieser Ablösung kein Vertrauen hat» Dies Misstraaen
gegen dieses Heilverfahren ist sber durchaus ungerechtfertigt
und findet seine Erklärung mehr darin, dass die Hülfe zu spat
gesucht wird, als in der Mangelhaftigkeit der Heilmethode.
/
Ursachen des Abortus. 387
Die Ablösung der Nacbgebort beim Hornvieh erfordert
eine andere Manipulation, als bei den Stuten. Bei ersterem
muss nur der Zeigefinger jeden einzelnen Mutterkuchen auf-
suchen und die daran sitzende Nachgeburt von demselben naeh
nnd nach abtrennen, bis sie der Hand des Operateurs entschlupft
und wegfällt.
Bei mageren, kraftlosen Thieren, bei denen die Mutter-
kuchen sehr klein sind, ist die Ablösung schwer, weil die Mut*
terkuchen mehr welk sind und an ihnen die Nachgeburt, ich
mochte sagen, angetrocknet zu sein scheint, .weshalb sie eher
abreisst, als sich ablösen lasst. Bei gut genährten, fetten Thie-
ren dagegen macht die weit grossere Fläche und die tiefen
Einschnitte in den oft sehr gross entwickelten Mutterkuchen,
in welche die Nachgeburt eingedrungen ist, bisweilen die Ab-
lösung schwer.
Die Ablösung scheint in jedem Falle am dritten Tage nach
dem Abortus oder dem natnrgemassen Kalben am besten zu gelin-
gen ; spater, wenn der Uterus sich mehr zurückgezogen hat, wird
es nicht mehr gelingen, die Nachgeburt ganz wegzuschaffen.
Man versuche dann noch als einziges Mittel taglich zweimal
warme Einspritzungen Ton Chamillenthee zu machen, wozu man
sich einer Klystirspritze bedient, welche an ihrer Spitze mit
mehreren Seiten ofTnungen versehen sein muss.
Das zu lange Zurückbleiben der Nachgeburt hat noch den
Nachtheil, dass die daran leidenden Thiere keine, oder nur
wenig Milch geben, was sich auch nur ändert, wenn die Thiere
gut gepflegt werden, wenn ihnen Schrot-, Leinkuchen- und
Rappskuchentrank etc., gekochter Roggen, gutes Heu etc. ge-
reicht wird, so viel sie wollen nnd vertragen können.
Noch muss auf einen Fehler aufmerksam gemacht werden,
der oft begangen wird, indem man ein oder mehrere Pfund-
gewichte an die ans der Scheide heraushängende Nachgeburt
bindet, um dadurch dieselbe aus dem Uterus zu entfernen.
Diese Behandlungsweise muss entschieden getadelt werden. Oft
25*
38S Kotelmann,
reisit der ftos der Scheide hiDgende Theil mb, and der grSssta
Tbetl bleibt soraek, der, indem man glaabt, die gMixe Nach-
gebart sei fort, nan erst, dorch die stinkende Faolniss abge-
lost, stockweis aosgestossen wird, wobei es nicht fehlen kann,
dass ein Tbeil Ton der Jaache resorbirt cnd dem Blnte sage-
fahrt and dies Torgiftet wird, wodoreh sehr üble Folgen ent-
stehen k5nnen.
Der dann schwache, geschwinde Pols ron 90 — 100 Schla-
gen in der Minate, Mangel an Fresslast ond Störungen in allen
LebensTerrichtangen etc. denten darauf hin, dass im Organis-
mos etwas Tor sieh geht, was das Leben des Thieres bedroht!
Abmagerung und alle jene Folgen treten ein, welche Torhin
bezeichnet sind. Ein plötzlicher Tod aber wird oft da-
durch herbeigefahrt, dass die durch das Gewicht stramm an-
gezogene Nachgeburt den Urinblaseneingang eindruckt und Ter-
schliesst, so, dass das leidende Thier seinen Urin nicht ablassen
kann, wodurch die ürinblase so gefallt wird, dass dadurch Ent-
zündung der Blase, Zerreissen derselben und Ergiessung des
Urins in die Bauchhohle entsteht, wonach dann der Tod er-
folgen muss.
Ein wohl zu beachtender Gegenstand ist die Anschwellung
des Euters in Folge des Abortus bei Enhen. Dieselbe ent-
steht offc plötzlich, — am häufigsten in der Nacht, — so dass
alle Forschungen nach den Ursachen vergebens sind. Diese Ge-
schwulst ist gleichmassig hart, lasst beim Druck mit dem Fin-
ger eine Grube nach, ist also oedematos, bald nur um einen,
bald um zwei Striche (Zitzen) , am häufigsten im ganzen Euter
und dann so bedeutend , dass die Striche gespreizt auseinander
stehen und oft selbst geschwollen sind. Dabei ist das Euter
gleichmassig schwach geröthet, zeigt viele Hitze, aber macht
dem Thiere fast gar keinen Schmerz. Aus den Strichen kann
man nur mit Muhe eine dicke, zähe gelbaussehende, oft auch
mit Blut vermischte Materie ausdrucken, wobei die Thiere
keine, oder nur wenig Schmerzen äussern« Dieser Znstand
Ür«aohen des Abortut. 3ß9
wird haafig far eine darch aassere Einwirkang, als aogeaehiok-
t&8 Melken y Stossen, darch Drack beim Liegen, entstaiidene
ortliche Entzündang gehalten und alt solche auch behandelt.
Hiemach war der Aasgang immer ' ein übler. Die Geschwalst
▼erhärtete sieh, ging aach wohl in Eitemog aber and warde
fistulös. Da hier mit dem Messer nicht viel gemacht werden
kann, so war das üebel gewohnlich unheilbar • Es ist daher
diese Erscbeinang für eine aas inneren Ursachen entstandene
Metastase sa halten. Man hüte sich also, diese Metastase
(Ablagerang), welche bei allen Thieren eine grosse Rolle spielt,
mit kalten Umschlagen oder mit warmen Bahangen sa behan-
deln. Das sicherste Mittel ist, eine Einreibang von 2 Unaen
Lorbeerbutter mit 1^ Drachme Eampher zn machen, and zwar
taglich einmal so viel, wie eine grosse Wallnass, nnd so lange,
wie sich noch Geschwalst im Eater zeigt. Oftmals bleibt Blat*
melken zurück. Dies entsteht aus Blutandrang nach dem Euter,
(Gongestion) und ist nach dem Eingeben von 2 Drachmen
Brech wein stein in einem Quart Wasser — (in zwei Portionen
im Laufe eines Tages gegeben) in der Zeit von 2 Tagen ge-
wohnlich YoUkommen beseitigt. Nachdem das Enter vollkom-
men wieder ausgeheilt ist, hält es doch schwer, eine vermehrte
Milchsecretion zu erzielen, oft will sich gar keine Milch mehr
absondern nnd findet sich hauüg erst wieder, wenn das Thier
von neuem kalbt. Nicht selten jedoch hat auch gute Pflege des
Thieres, mit Schrot-, Lein- und Rappskuchentrank , Bräunt-
weinspülig, Abgang aus der Brauerei» gutem Heu etc. femer
Heissiges Melken, Dampfbader von GhamiUenthee, den Versuch,
eine vermehrte Milchabsonderung zu erlangen, mit Erfolg ge-
krönt, Macht sich der Milchreichthum schon nach drei Tagen
bemerklich, so wird eine fortgesetzte Pflege und der Gebrauch
der angegebenen Mittel sich wohl lohnen«
Der Verwesungsprocess des Embryo, eine Erscheinung,
die unter die Ursachen des Abort zu rechnen sein dürfte, scheint
bei Stuten nur in der ersten Hälfte der Trachtigkeit vorzu-
390 Kotelmmna,
konunen; bei Kfibeii dod in neaatter Zeit Fille der Art noch
im 6. bb 9. Monat beobnefatet worden. Bei Sdiafen scheint
die Netor dne Vertrocknen det Fotns, das snr Momiewerden
desselben, in der letiten Triehtigkeitsseit Tonasiehen. Der
Aaüuig, Verlsnf and Ansgmng der Venresmg des FStns beim
Homvieh maikirt sieb ebenso «rie bei Stnten; nar dass die
Thiere, bei wsldien dieser iProcess in die letsten Monate fallt,
sehr Imden, nnd wenn sie ihn oberstanden haben, einer langen
Zeit, oft eines gansen Jahres bedorfen, ehe sie wieder, selbst
hn gnter Pflege, so Kräften kommen. Besonders leidet die
Verdaoong der Thiere sehr; sie werden oft anfgeblSit und aach
Torstopft. Die Aofbühnng wird dnrdli ^ Unze kanstisehen Sal-
miakgeist in einem halben Qoart Wasser leicht beseitiget, die
Verstopfong aber, Ton welcher die immer wiederkehrende An^
bUhang abhangig sein durfte, kann nnr dorch den Gebranch
d«r schon oben angegebenen Mittel beseitigt werden.
Bs hat nicht an Versnehen gefehlt, den in Verwesung nher-
gegangenen Fotos absnholeo. Dies ist aber dämm gans on-
mogHch, weil der üteros sich zornckgesogen hat nnd der Mnt*
termand so eng und hart ist, dass er sich nicht erweitem lasst,
nnd von Wehen ist keine Rede.
Den Anflosnngsprocess sn beschleunigen, haben sich Ein-
spritzungen Ton warmen Chamillenthee mit der, wie oben an-
gegeben, eigenthnmlieh constrnirten Kljstirspritse , — zweimal
taglieh — sehr wirksam gezeigt. D« die Knochen sich dicht
vor den Muttermund im Uterus lagern, so müssen diese be-
hutsam abgeholt werden« Hiernach nehmen die Thiere den
Bullen wieder an, coneipiren nnd bringen ein gesundes Kalb«
EttdHcb noch über die Lahmung im Kreuz! Es darf uns
gar nicht wundern, dass dieser Znstand am hfiufigsten bei jun*
gen, körperlich noch nicht yoUkommen entwickelten Tfaieren
vorkommt, die entweder ihr Kalb gar nicht, oder nur mit grosser
Anstrengung und mit Anwendung von Gewalt los werden kön-
nen, wobei eine Erweiterung des Bet^kens etc. vor sich geht.
r^Unachen des Abortus. 391
uod wobei alle die Vorgange sich ergeben, wie sie bei den
Stafen angegeben sind. Anch die Behandlung dieses Zastandes
ist dieselbe, wie bei den Staten, doch mit dem Unterschiede,
dass oft stärkere Einreibangen im Verlaufe der Behandlnnc
gemacht werden, nnd die Thiere so lange liegen bleiben müs-
sen, bis sie Ton selbst aafstehen. Um das Darchliegen sa ver-
hüten, müssen die Thiere taglich einmal über die Fnsse, nicht
aber den Racken, amgewalat werden. Das Aafhangen im Garte
ist nicht sa empfehlen , da sich die Thiere dabei aafblähen and
die Verdanang dadurch leidet. —
Ursachen des Abortus bei Saaen.
Von Alters her schon ist im Pablikam der Glaube ver-
breitet, dass ein Schlag auf die Nase einer tragenden Sau die
Hauptursaehe des Abortas derselben sei. Wenn dei^ßchlag heftig
ist, so kann dies wohl richtig soin, sonst aber ist wohl der
Schreck, den die Thiere hierbei bekommen, hauptsächlich Schuld
daran. Wie sehr ein heftiger Schreck diese Thiere aufregt,
ihren Korper erschüttert und sie in Ekstase bringt, wird Jeder
schon bemerkt haben, der mit ihnen zu thnn hat; sie sind so-
gleich kampfbereit und werden dadurch dem Menschen nicht
selten gefahrlich.
Es scheint, als habe die Natur diesen Thieren eine grosse
Aengstlichkeit verliehen, sich und ihre Frucht vor allen Ge-
fahren zu schützen. Da ihnen dies nicht immer gelingt, so
abortiren sie leicht. Es ist wohl möglich, dass bei diesen psy»
chologischen Eigenschaften der Schweine diese — wenn ich so
sagen darf — > äusseren Einwirkungen leichter Abortus herbei-
fGhren, als bei anderen Thieren.
Andere Ursachen zum Abortus bei Schweinen sind die Fol-
gen Ton Sprüngen über Hecken und Graben etc., wozu sie
durch Hetzen mit Hunden etc. veranlasst werden; ferner zu
heisses Futter, auch tu stark nährende Mast, als Weizen, Rog-
gen, Erbsen, Wieken, Bohnen etc., die anfangen aus'zuwachsen,
392 Kotelmsan.
oder die scfaimmelig und verdorben sind. Auch erfolgt Abor-
tus nach plötzlichem Wechsel von magerer Kost sa Mastfatter,
nach geschnittenem» heissgewordenem Granlntter, Klee nad
Rankelblattem» nach kranken Kartoffeln, nach stark ansgekeim-
ten Kartoffeln und Kartoffelschalen, in welchen sich im Früh-
jahr Tiel Solanin entwickeln soll. Auch enthalt die sogenante
Tranktonne wohl Ursachen snm Abortus.
Wenn sonst die Schweine das in diesen Tonnen enthaltene
Getränk auch vertragen können, so ist doch die darin enthal-
teiie Sanre, und wer weiss welche anderen schädlichen Be-
standtheile ans dem mancherlei Abgang in der Knche, entschie-
den schädlich far tragende Saaen nnd bringt Abortus. Manche
Leute glanben awar, dass auch Eichel- und Buchenmast eine
Ursache des Abortus sei, jedoch ohne Grund; vielmehr sind
die Witterungseinflnsse, als Wind, Hagel, Regen, Schnee, Than-
wetter und Frost, das Lager der Thiere in den aufgewühlten
Buchten, welche oft wahre Morastplatze sind, wohl nicht allein
Ursachen zum Abortus, sondern auch zu anderen Krankheiten,
namentlich aber heranbildende, pradisponirende Ursachen, die
far die im Frühjahr und Sommer tragend werdenden Sauen in
Bezug auf Abort verderblich werden. Bei den durch jene Ein*
Busse so oft erzeugten LuDgenkrankheiten, welche in Tuberkel-
bildungen, erweichte oder verhärtete, übergehen, ist wohl an
eine gesunde Blutbildung, für die Mutter sowohl wie für ihre
Frucht nicht zu denken. Daher kommt es auch, dass so hanfig
im Frühjahr und Sommer die dann noch geborenen Ferkel ster-
beo. Frische Buttermilch, so wie sie aus dem Butterfasse
kommt, hat man auch wohl als die Ursache des Abortus bei
Schweinen angegeben, doch soll sie unschädlich sein, sobald
sieh die Käsetheile ausgeschieden haben. Das allerdings ist
ausgemacht, dass Saue nach dem Genüsse von Buttermilch, so*
wie überhaupt nach aller scharf saueren Nahrung, 'alle ihre
Ferkel todtsäugeiv Ebenso endlich verursacht der übermassige
Genuss von Kochsalz, Heringslake, Fleiscblake, Pfeffer nnd
Ursachen des AboHus. ' 393
»
dergleicheD Sachen, die haafig in die Tranktonne kommen,
Vergiflnngen, Entzündang des Magens und Darmkanals» wonach
dann zuerst Krämpfe, Zittern des Kopfes und Halses, dann
Raserei nnd Wnth entstehen, woraaf endlich Abortus und snf*
focatorisch der Tod erfolgt.
Bei dieser Gelegenheit sei es erlaubt, einer seit 10 Jahren
hier herrschenden Krankheit der Schweine zu erwähnen, die
nur vom Frühjahr bis zum Herbst, sehr selten im Winter, vor-
kommt, viele Opfer fordert und auch Abortus zu Wege bringt.
Schweine, die oft eben begierig ihr Futter ausgefressen haben,
liegen nach kurzer Zeit im Stroh eingewühlt und rühren sich
nicht« Berührt man sie besonders am Rücken und im Genick^
80 geben sie durch ein klagendes Grunzen und Geschrei zu
erkennen, dass sie Schmerzen haben.
Nur mit Mühe bringt man sie auf die Beine, sie gehen
einige Schritte, wie sehr ermattet, taumeln, wühlen sich ein
Lager und legen sich wieder hin. Der mit wenigen Haaren
bedeckte Korper weisser Schweine zeigt eine Todtenblasse, eben-
so auch die Schleimhaut des Maules und die Bindehaut der
Augen , was ihnen den Anschein giebt, als wäre es aus mit
ihnen. Dabei haben sie zuerst natürliche Darmausleerung und
Urin, worauf hartnackige Verstopfung, seltener Laxiren, erfolgt*
Die Thiere zeigen Neigung zum Erbrechen, und solche, die
sieh tüchtig erbrechen, erholen sich bald und werden in eini*
gen Tagen gesund.
Bei vielen der Thiere entwickeln sich am dritten, vierten
» Tage harte Knoten in der Haut, die bald blau, dann schwarz
werden, nach einigen Tagen sich abblättern und noch lange
Zeit rothe Stellen zurücklassen. Diese Knoten scheinen kri-
tisch zu sein» denn sobald sie schwarz werden, tritt die Ge-
nesung ein. Schweinen aber, bei denen der Tod erfolgt, wer-
den 3<:-4 Stunden vor demselben die Ohren blau und dann
roth, ebenso auch die Banchwand.
Diese Erscheinungen hat man für sichere Zeichen des Milz-.
394 Kotelmann,
brandes gehalten, was za gana nberflassigen nod lästigen Po-
liseimaassregeln Yeranlassang gegeben bat. Beiläufig geeagt
warde man diese Rothe unter dem Bauch, so wie bei dem im
Sterben liegenden Sehweine, aneh bei allen Krankheiten ande-
rer Thiere, wenn der Tod der Aus{;ang des Leidens ist, vor-
finden, wenn die stark behaarte Haut die Wahrnehmung nicht
hinderte. Sie ist nichts weiter, als eine den Tod andeutende
Stockung des Blutes in dem Capillargefassgewebe. Ansteckend
ist diese Krankheit nicht; auch nicht der mindeste Verdacht
dafür lasst sich erweisen : die Erscheinungen bei dieser Sjrank-
heit sind bei allen Thieren, in der Bntwickelung und im Ver*
lauf, vollkommen übereinstimmend. Meiner Ansicht nadi ist
sie eine gastrisch • nervöse Krankheit, die sich nur bei den so
sehr gefrassigen, sogenannten englischen Schweinen durch über-
mässige Futterung heranbildet.
Die Ursachen dieser Krankheit durften in Folgendem liegen :
Es werden vom Frühjahr ab hier und in der Umgegend
halb fette und noch nicht einmal halb gemasstete Schweine far Ans-
wanderungsscbiffe gekauft und theuer besahlt. Dies veranlasst
Tagelöhner und kleine Handwerker (bei deren Schweinen diese
Krankheit nur vorkommt), halbenglische Sehweine mit allerlei
Kraut, mit einem Aufmengsel von sogenanntem Futterm^,
welches ans allerlei Ünkrantsaamen besteht, der aus allen Kom-
arten ausgresiebt und gemahlen wird, au mästen. Bei der so
grossen Gefrassigkeit dieser Thiere und dem guten Willen der
Eigenthumer, diese immer mehr zu steigern, um ihren Zweck ,
so bald als möglich zu erreichen, kann es nicht fehlen, dass
jene gastrisch -nervösen Zustande zum Ausbruch gebracht wer-
den« Noch mehr Momente liessen sich für diese Ansicht an-
fuhren, wenn das nicht zu weit fährte; nur das muss hier noch
erwähnt werden, dass alle bisher gemachten Heilrersuche erst
im letzten Stadium der Krankheit gemacht "werden konnten,
also natürlich auch ohne Erfolg bleiben mnssten , weil die Bi-
genthumer der Thiere gegen diese so sehr gefahrdrohende
Ursachen des Abortus. 395
Krankheit entweder snnachst mit Hausmitteln vorgehen, oder
die kranken Thiere noch za einer Zejt schlachten, wo siph die
Krankheit noch nicht aasgebildet hat. Das Fleisch solcher
Thiere sah gesnnd aus und man fand bei ihnen nichts Abnor-
mes, als nur einen angewohnlich grossen Magen, angefallt mit
jenem Futter. Bei den an dieser Krankheit verendeten Thieren
fand man leichte Entzündung der Magenschleimhaut, selten
Brand des Magens und der Gedärme. Ein Brechmittel von
Nieswurzel (Breehweinstein ist unzuverlässig) zu rechter Zeit
gegeben und ■ hinterher Leinsaamenschleim, hat sich am meisten
bewahrt. Dass bei dieser Krankheit auch Abortus unter sol-
cben Umständen erfolgen mnsste, liegt auf der Hand.
Zeichen, wel&he den Abortus der Saue ankundigen.
Von allen unseren Hausthieren bringt die San ihre Jungen
am leichtesten zur Welt. Selten sind die Abertfalle bei ihnen,
"wenn jene angegebenen Ursachen vermieden werden und noch
seltener sind unregelmässige und Missgeburten. Nur aus ahn-
liehen Zeichen, wie die, welche einer regelmässigen Geburt
der Ferkel vorangehen, kann man auf einen etwa bevorstehen-
den Abortusact schliessen. Vor dem regelmässigen Geburtsaet,
wie vor dem Abortus, werden die Thiere unruhig, gehen im
Stall umher, wühlen mit der Nase und kratzen mit den Vor-
derfassen im Stroh, um sich ein Lager zubereiten, legen sich,
stehen mit dem Vordertheil wieder auf und sitzen mit dem Hin-
tertheil wie ein Hund. Nähert man sich ihnen, so werden sie
böse, und daher ist auch jede Untersuchung unmöglich. Die
Fresslust ist weg, die Darmausleerung gut, auch setzen die
Thiere oft etwas Urin ab. Je näher der Geburtsaet kommt,
desto unruhiger und böser werden sie, sie schnalzen mit dem
Maul, wobei sich Schaum in demselben ansammelt, sie grun-
zen, suchen dann ihr Lager, heben den oben* liegenden Hinter-
fusB in die Hohe, wobei an den Bauchmuskeln zu sehen ist,
dass sie Wehen haben. Oft ist dies Alles vorübergehend, bis
396 KotelmAnn
•ich nach einer Stonde die Manöver wiederholen, vorauf dann
unerwartet» mit einer leichten Wehe, das Ferkel ans der Scheide
kommt. Es scheint als wenn dnrch eine Webe der F5tn8 durch
den Muttermund und durch eine sweite Wehe derselbe ans der
Scheide hervorgepresst wird« Ueberhaupt sind die Wehen so
unbemerkbar, dass Unkundige au der Aenssemng „die Ferkel
kommen ja yorgekrocben'' veranlasst werden. Beim Abortus
dauert es fast eine Stunde, ehe das aweite Ferkel kommt.
Manche sind todt, manche leben noch, sterben aber auch bald«
Die Nachgeburten erfolgen bald hinterher, oft aber auch d^e
Eihäute von den ersten Ferkeln* Bei regelmassigen Geburteu
setzen vorsichtige Züchter alle Ferkel, so wie sie geboren sind,
in einen Kasten , reiben sie mit Kümmelbranntwein ein und ge-
ben sie der Mutter zurück. Dies Mittel schützt sie vor dem
Aufi&essen seitens der Mutter.
«
Folgen des Abortus bei Sauen.
Dieselben sind viel einfacher, wie bei den übrigen Haus-
thieren. Seltener als bei diesen kommt die Umstülpung der
Gebärmutter in Folge starker Wehen vor, dann aber auch in
solchem Grade, dass ein Hörn über zwei Fnss lang hervortritt,
sehr leicht und bald sich entzündet und den Tod herbeifahrt,
ehe der Brand eintritt; alle Versuche, dasselbe zurückzubrin-
gen, scheitern^ und der Tod erfolgt unter den Händen des
Operateurs.
Dagegen kommen Nachwehen schon öfter vor« Diese schei-
nen mehr in Folge einer Erkältung nach dem Abferkeln in
kalten und nicht zugfreien Ställen, in welchen die Thiere nur
zu oft entweder, zu rechter Zeit ihre Jungen zur Welt bringen,
oder abortiren, vorzukommen, als in Folge einer krankhaften
Stimmung des Uterus selbst. Mag nun hier ein Krampf im
Darmkanal, wobei der Uterus in Mitleidenschaft gesogen wird,
oder ein Krampf im Uterus selbst entstehen, eine Drachme
Opiumtinktur mit zwei Tassenkopfen voll Pfefiermünzthee haben
Ursachen des Abortus. 397
sich hier so bewahrt, dass, wenn es gelingt dem Thiere dies
einzugeben, in kurzer Zeit der Krampf beseitigt ist. Aber
des ungestümen Benehmens wegen hält es schwer, den Sauen
diesen Trank, ohne nble Folgen furchten zu müssen, beizu-
bringen. Im Liegen darf ihnen schon keine Flüssigkeit einge-
geben werden, hier kommt nur zu leicht die Medicin in die'
Luftröhre und Lungen, was sofort todtet. Um dies zu ver-
meiden muss die Medicin dem Thiere stehend, indem ihm ein
Stock in's Maul ge]^lemmt wird, mittelst eines Trichters im-
mer nur schlnckweis eingegossen werden, und zwar immer nur
dann, wenn es ausgeschrieen hat oder nicht schreit. Hiernach
werden Eljstire von einer Abkochung von Belladonnakraut
oder Wurzeln in einem halben Quart Wasser applicirt und no-
thigenfalls wiederholt* Auch haben Einreibungen von Campher-
liniment mit Terpenthinol in den Seiten die Wirkung des Opiums
sehr unterstützt. Verstopfung in Folge eines Abortus oder
nach natürlicher Geburt sind bei Schweinen anch nicht selten,
aber nicht mit so nblen Ausgängen bedroht, wie bei den gros-
seren Hansthieren; sie verschwinden meistens von selbst, wenn
nicht totale Verdauungsstörungen zu Grunde liegen. Dauert
der Zustand jedoch länger als 24 Stunden, so sind wieder-
holte Eljstire von Chamillenthee mit Leinöl in den meisten
Fällen genügend. Auch ein Volksmittel, eine umgekrämpelte
Backpflaume, welche nachdem der Stein entfernt ist, gut mit
Leinöl getränkt, in den Mastdarm recht tief eingebracht wird,
was man zwei Stunden darauf, nachdem die Pflaume mit Ex«
erementen abgegangen ist, wiederholen kann, ist von über-
raschender Wirkung.
Allgemeine Schlnssbemerkungen.
Die mir bekannten Ursachen des Abortus bei allen unse-
ren Hansthieren sind hier, nach den gemachten Erfahrungen,
gewissenhaft angezeichnet mit der Ueberzengnng , dass viele
hiervon mit dem ernsten Willen und festen Vorsat« aus dem
398 Kotelmann,
Wege geräumt werden können. Bei tragenden Thieren bat die
Rede «es schadet ihnen nieht* keine Geltang nnd selbst wenn
Tiele Züchter, auf ihre Erfahrnngen bauend» von den hier an-
gegebenen Ursachen keinen Abort nod Andere Krankheiten be-
merkt haben wollen, so gebe man anf diese angeblichen Er»
fahrnngen nichts, es konnte sich sonst früher oder spater stra-
fen. Nichts darf, besonders bei tragenden Stoten riskirt wer-
den , bei ihnen stellt sich Risiko ohnehin genng ein. Vor allen
Dingen mass» -^ entsprechende Locale, in denen sie unterge-
bracht sind, Yorausgesetst — eine ruhige, sutranliche, siCnfte
Behandlung bei trachtigen Stnten in jedem Abschnitt der Trach-
tigkeitsseit beobachtet werden, besonders bei edelen, feurigen
Thieren die leicht aufgeregt werden und das ihnen zugefügte
Uebel so leicht nicht wieder vergessen.
Wie tragende Stnten su behandeln sind, kann man von
den Englandern lernen und besser noch von den Arabern.
Bs ist oben behauptet worden, dass viele von den, den
Abort hervorbringenden Ursachen vermieden werden können.
Dies ist besonders bei den Wiederkäuern und Schweinen der FalL
Für diese Thiere, namentlich far das Rindvieh, halt man das, was
Cur Schafe und Pferde su schlecht ist, noch für gut genug.
Weil sie dumpfiges Heu, verschimmelte Unterfrüchte etc. fres-
sen, und die Übeln Folgen oft nicht sogleich hervortreten, so
sitzt im Publikum der K5blerglanbe fest, dieses Futter schade
ihnen nicht, und das, was für andere Thiere nicht taugt, wird
für das Rindvieh auf die Winterszeit aufbewahrt nnd ohne
Sorge mit allem oft verdorbenen Abgang aus den Scheuneu etc.
verfattert. Es ist leicht einzusehen, dass auf diese Weise die
Heranbildnng jener pradisponirenden Ursachen Kum Abortus,
wovon die Rede oben gewesen ist, geschieht. Eine solche
Futterung bringt nicht allein Abmagerung und Blutarmuth, son-
dern ganz besonders eine Entmischung des Bluts (Djskrasie)
zu Wege, was eine gesunde Entwickelnng des Embryo hindert
und nothwendig zum Abort führen muss. Man tröstet sich.
Ursachen des Abortus. 399
daan oft damit, dass die Weide alles wieder gut machen werde.
Unter Umstanden ist dies möglich; aber der Keim zum Abor-
tus im Blute, in der ganzen organischen Maschine, bleibt; er
treibt dann nm so starker hervor, wenn jene früher angeführ-
ten Verhältnisse und Gelegenheitsarsachen im Herbst auf die
Thiere einwirken, ^
Um die Thiere gesund zu erhalten und sie vor Abortus
ond anderen Krankheiten zu schützen, vermeide man alles ver-
dorbene Futter im Winter und das zu spate Austreiben im
Herbst, wo sie keine gesunde Weide mehr finden. Dies ist
auch auf vielen Gütern erkannt worden und man hat des hö-
heren Ertrages wegen die Stallfütterung auch im Sommer
eingeführt, aber dadurch allein natürlich den Abort nicht ver-
hindern kSnnen, dieser ist vielmehr unter solchen Umstanden
oft noch häufiger geworden. Der durch angewandtes Kraftfut-
ter ausgezeichnet gewordene Futterzustand bringt Blutreieh-
thom zu Wege, welcher nicht allein Abortus, sondern auch
mancherlei andere Uebelstande hervorruft, als vermehrte Schleim»
absonderung in der Scheide und im Uterus, was der Goncep-
tion hinderlich ist, Krankheiten des Euters, ungesunde Milch
für die zur Aufzucht bestimmten Kalber und ganz besonders
den Milzbrand, der selbst seine Opfer im Winter nimmt.
Also Blutarmuth und Blutreichthum sind organische Zu-
stände in denen alle Gelegenheitsursachen zu Krankheiten einen
fruchtbaren Boden finden. Und diese Zustände werden immer
ihre Opfer fordern, so lange der gute Mittelweg nicht inne ge-
halten werden kann.
Nicht immer wird es dem Landmanne gelingen, gesundes
Futter für seinen Viehstand zu beschaffen, und er ist oft ge-
zwangen, solches Futter zu Terwenden, was durch anhaltenden
Regen verdorben, feucht in die Scheuern gekommen ist, wo es
schimmelig und stockig geworden, aber dennoch im Winter den
Thieren verabreicht werden mass. Unter solchen Umständen
können nur Präservativmittel das Unvermeidliche in etwas ver^
400 Kotelatami,
hindern, and bier steht, besondert for Thiere, die im Herbst
in einem dorftigen Fottennstonde sofgestellt sind» der Eisen-
Titriol und das Ton der Natnr uns so reichlich Yerliehene, im
Allgemeinen aber reraehtete Taasendgnldenkrant, welches in
der Bluthezeit Ton den Grabennfem, seinem gewohnlichen Stand-
orte, fahrenweis gewonnen werden kann, oben an.
Wöchentlich sweimal 3 Quentchen EisenTitriol for jedes
fianpt Vieh, aufgelöst in Wasser, und dies snr Anfeachtong
des mit Hacksei gemischten und geschnittenen Tausendgülden-
krautes angewandt, welches so bereitet verfattert wird, regt an,
▼erbessert und stärkt die Verdanungswerksenge und wirkt spe-
cifisch auf die sur ümwandelung und Reinigung des Blutes
bestimmten Lungen, so dass dadurch das reproductive Leben,
welches durch den su späten Weidegang im Herbst gelitten
hat, zur Normalthitigkeit geweckt, zurückgeführt und der Abort
▼erhindert wird. Dass der Eisei^Titriol specifisch auf die Lun-
gen wirkt, beweist sein UDfehlbarer Erfolg bei den Lammscba-
fen, deren Luftrohren mit Loftröhrkratzem (Str. Filaria) oft
▼ollgestopfl sind« Schon nach drei bis fnof Tagen erwacht,
wenn das Mittel richtig gebraucht wird, ein neues Leben in
diesen so sehr leidenden Thieren und sie gesunden für immer.
Nicht so erfolgreich ist die Anwendung des Eisenyitriols
als PraservatiT bei gutgenahrten, fetten Thieren; hier sind die
Salze an ihrem Platz, deren Nützlichkeit schon in den «An-
nalen der Landwirthscbaft von Thaer' abschliessend behan-
delt ist, deren Werth tou dem Landmanne ▼oUkommen aner-
kannt worden ist und ▼on welchen auch hinreichend Gebranch
gemacht wird.
Eine schlechte Gewohnheit, die unter den Landleuten all-
gemein im Gebrauch ist, ist die, dass sie das schlechte, ver-
dorbene Fntter im Herbst, gleich nach der Aufstallung des
Rindviehs ▼erwenden. Das ist aber gerade die Ursache, dass,
so lange solch Futter bei dazu disponirten Thieren verwendet
wird, die Abortfalle bis Weihnachten hin mit all ihren Übeln
UrsAchen des Abortus. 401
Folgen am häufigsten vorkommeD. Die Meinung, die Thiere
fressen das schlechte Fatter nach Weihnachten nicht mehr, hat
in so fern ihre Gültigkeit, als die Thiere, beim üebergang vom
guten zum schlechten Futter, wenn derselbe nicht mit Vorsicht
gemacht wird, allerdings das schlechte Futter refasiren. Wer
indess mit einer Hand voll schlechten Futters beginnt, und die
Thiere dabei einmal, und sei es einen Tag lang, brüllen Ifisst,
der wird bald erfahren, dasd er seinen Zweck erreicht, indem
der Hunger die Thiere zuerst au einem kleinen Versuch das
Futter EU fressen treibt und so eine Kuh yon der anderen zum
weiteren Fressen angeleitet wird.
Der hierdurch erreichte Vortheil besteht darin, dass die
Thiere, da sie sich bis Weihnachten bei guter Pflege gebessert
haben , resp. in einem Futteraustande sich befinden müssen, wie
er der Trächtigkeit am meisten angemessen ist, besser dispo-
nirt sind, so dass der Abortus nicht mehr vorkommt, wenn
die FraserTativmittel auch nach Weihnachten bei dem schlech-
teren Futter angewandt werden.
II.
Die ugldche Abreibnng der Baekenzfilme bei deD
Pferden und die daraus hervorgehenden Zahnspitzen^
soine die englische Zahnraspel.
Von P. Jessen,
Kaiser]. Rassischem Staatsrath etc. in Dorpat.
(Hierzn die Abbildungen auf Tafel IV.)
Brfahrungsgemäss wird das häufig Vorkommende und da-
her für hinreichend Bekanntgehaltene meistens viel weniger
einer grundlichen Prüfung unterworfen, als Dasjenige, was «u-
Hag. f. TUerheilk. XXXYI. 4. - 26
402 Jessen,
seUeaereo Ereigniiten gebort. So war deBo «ack die ongjleiehe
Abreibnng der BAckeDiibne . bei de» Pforden c^ geai^ beob«
achtet, aber ooch keinosweges in einer, dem jetzigen Stande
der Veterinairwisseiischaft entspreoheaden , ansfabrlidiken Weise
Venrtheilt, obgleich in vielea Schriften davon die Rede ist. In
der rossisdien Vetennair« Literatur wird sie, o« a. in dem in
rassischer Sprache geschriebenen Bache: „Ansfuhrliohe Anwdi-
sang aar Erkeantnias nnd Heilang der Pferddcrankheiten, St.
Petersburg ISSl**, in 13 Zeilen abgefertigt and noch dasn ganz
falsch beschrieben. Es heisst namlieh dort:
„Die Zahnspitsen bestehen darin, dass an den Zaha«i sich
eiae erdige oder steinige Sabstana anlagert, die dnreh ihre
anebene äussere OberflSehe nach Aassen die Wange verwan*
det, nmck Innen die Zonge beschSdigt and in dem einen wie
in dem anderen Falle das freie Kaoen behindert. Die Ursache
ist eine krankhafte Verandernng im Zahnfleisehf das dieae Sab-
stana absondert/
Man begreift nicht, wie der V. dieser Schrift aa ein^
solchen Definition kommen konnte, da doch die passende ras-
sische Beaeichnang „Sajedina** d. h. Eingekaat, Eingefressen,
schon anf das Richtige hinweist, nämlich darauf: dass die an-
gleiche Abreibnng durch das Eanen erfolgt. Unrichtig ist es
femer, wenn er sagt: dass die an den Zahnen sich anlagernde
erd^e oder steinige Masse (cremor dentiam, Zahnauflageraag),
die hier gar nicht in Betrachtung kommt, aus einer Zerstörung
des Zahnfleisches hervorgeht, da sie vielmehr nur ein Nieder-
schlag aus dem mit Futterstoffen gemischten Speichel und Mund-
schleim ist. Wsawolodow wirft schon in seinem Werke:
„Zoochirurgie, Bd. 3., S. 91^ die Frage auf: „ob aber dieser
Stein möglicherweise V^anlassung aar Entzondang der Zahn-
haut abgeben kann — ist unbekannt^ , deutet also damit an,
dass diese Ablagerungen vielleicht zu einer Krankheit der
Zahnhaut Veranlassung geben konnten, aber nicht, dass sie in
einer Erkrankang des Zahnfleisches ihre Ursache haben.
Ungleiche Abreibnng der Backenzähne bei Pferden. 403
K511iker sagt, in seinem Haadbaehe der Grawebelebre
des Meosoben, 4te Auflage» Leipaig 1868, S« 422: In dem
Sobleime an de» Zahnen waobem immer viele der angffihrten
fadenförmigen Pilae, in einer feinkörnigen Matrix, die Sohleim-
korperchen oder Epitheliamplattchfen amgiebt, äussMxleni finden
sich tiie lofasorieo der eariosen Zahne und erdige Niedersehlige
der Wandflassigkeiten. Sammelt sich dieser Schleim im gr58<
sereA Massen an, so verhärtet er and bildet den Weinstein
der Zäbne, der nach Beraelius^ besteht ans: Erdphosphaten
79,0, Schleim 12,5, Piyalin (Speichelstoff) 1,0, organischer
Materie, löslich in Salssaare 7,5.^
In unserer Dorpat'sohen Veter in airklinik wird die angleiche
Abreibnsg der Backenzähne« als Kanhinderniss and Ursache aar
Verwandong der Wangenschleimhaat, so vielfach beobaditet,
dass wir von den aagefahrten Pferden weit über 100 Fälle
jäfariiob damit za verseichnen haben. Dies bewog ans 1862
(S. Die Wirksamkeit der Klinik der Dorpat*schen Veterinäir-
scbal« in den Jahren 1860 nnd 1861 etc. S. 17) za folgender
Bemerkang :
„Das eo sehr haafige Vorkommen der Zahnspitzen an den
oberen Backenaähnen, vom angleichen Abreiben derselben, wo-
doreh den Pferden das Eaaen dnrch die Verwandang der Wan-
gensehleimhaat sehr schmerzha^ wird, so dass sie wenig fres-
sen nnd oft, secandair, nicht anbedentende Verdaaangsleiden
eintreten, sollte fast anf die Vermathang fahren, dass die
Zahnmasse nnserer hiesigen Pferde weicher ist, als bei anderen
Racen. Vielleicht liegt dies in der bänfig schlechten Qaalität
der Nährstoffe."
Damals hatte ich es mir schon vorgenommen einmal in
einem aasffihrlicheren Artikel diesen „alltäglichen'' Gegenstand
abzahandeln; es aoterblieb indessen bis heate* Nan Bnde ich
in Hering' s Repertoriam der Thierfaeilkande, Jahrgang 31.,
1. Heft. S, 46, dass mir der Belgische Veterinair Lorge be-
reits darin zuvorgekommen ist, und kann nichts Besseres than,
26*
404 Jesieo,
a]8 das, in acht witfenschaftlicher Weise dort Gesagte hier %u
wiederholen, nnd daran meine weiteren Bemerkungen an knöpfen»
„Die in Folge nnregelmSssiger Abreibang der Backenaahne
sich bildenden Zahnspitsen, anf den Seiten ihrer Reibeflachen»
haben, je nach ihrem Sitae, verschiedene Wirkungen, aber die
gleiche Veranlassung. Die im Oberkiefer vorkommenden Zahn-
spitsen befinden sieh beim Pferde am Susseren Rande der Zahn-
krone und verletzen die Schleimhaut der Backenwandnngen
(Wangen. J.); die Thiere suchen diese unangenehme Empfin-
dung moglichft au vermeiden, daher sieht sich der Backens ahn-
muskel (Musculus molaris) nur unvoUstSndig susammen und
übt seine Verrichtung, die hauptsächlich darin besteht, die Nah-
rungsmittel wahrend des Eauens unter die Backenaahne zu
bringen, nur höchst unvollständig aus. Die AnhSufung tou
zerkautem Futter awischen den Zahnen nnd Backen Wandungen,
welche man bei den Pferden mit hervorstehenden Zaknspitsen
findet, erklart sich dadurch auf ungezwungene Weise und eben
so das Speicheln derselben durch die Reibung der Backen-
drusen.*)
Werden die Backenzahne des Unterkiefers ungleich abge-
rieben, so bilden sich scharfe Spitzen am innem Rande der
Zahnkronen, welche die Zungenschleimhaut verwunden und end-
lich zur Bildung tiefer Geschwüre in der Substanz der Zunge
fuhren. Die Folgen sind unvollständiges Kauen des Futters,
theilweises Verschmähen desselben und Abmagerung, so me
frühzeitige Ermüdung der Thiere beim Grebrauch/*)
Die Ursache dieser onregelmassigen Abreibung besteht.
*) Diese liegen, in einzelnen Haufen, neben dem Zahnhohlen-
rande des Oberkiefers. Die andere Abthellung ist eine fester zusam-
menhängende Drusenmasse nnd liegt am Zahnhöhlenrande des Unter-
kiefers; beide sind vom Backen- und Backenzahnmaskel bedeckt.
Gurlt.
**) Und baldiges, starkes Schwitzen. J.
Ungleiche Abreibung der Backenzähne bei Pferden. 406
naeh den UotersaohaDgen des Professors Defays, darin, dass
^er Abstand beider Hinterkieferaste von einander zn gerin'g
ist und in Folge dessen die gegenseitige Abreibung der Kro-
nen der Backenzahne im Ober- and Unterkiefer entlang der
ganaeo Aasdehnong oder des Darebmessers derselben , (nicht? J.)
vor sich gehen kann« Die Maskeln, welche vorzäglich dasn
bestimmt sind, den Unterkiefer in schiefer Richtung .abzuaie-
hen und seitlich hin* und herznschieben, sind der innere und
äussere Flag^muskel, *) Sind diese Organe, in Folge des oben
berührten, angeborenen, Bildungsfehlers zu wenig entwickelt,
Ist namentlich die Lange des inneren FlagelmnskeU zu gering,
so bilden sich, wie die Erfahrung lehrt, in kurzer Zeit nach
dem Abfeilen der Zahnspitzen wieder neue Erhabenheiten und
dieses Leiden kann nie gründlich gehoben werden, weil man
nicht im Stande ist, die Ursachen zu entfernen. <^
So weit.Lorge. Er hat nicht darauf aufmerksam gdr
macht, dass die Reibeflächen der Pferdebackeozahne so gebil-
det sind, dass der äussere Seitenrand derselben an den oberen
Zähnen tiefer nach unten reicht, als der innere, bei den un-
teren dagegen dieser hoher steht, diese ex^ohten Ränder da-
durch und weil der Schmelzrand grosseren Widerstand bietet,
aueh weniger abgerieben werden, und daher die Herrorragun-
gen oben nach aussen, unten nach innen aich bilden müssen,
wenn sie vorkommen.
Wenn die Theorie von Defays die richtige ist, so wJae
also auch, in dieser Beziehung die gehörige Weite des I^ehl-
ganges, wie sie im Exterieur aus anderen Gründen verlangt
wird, von Wichtigkeit. Für uns und Alle, die so häufig Ge-
legenheit finden, die Zahnspitzen zu beobachten, liegt aber
*) M. pterygoidens intemns et extemus des Menschen. Beim
Pferde bilden sie einen, aber ans 2 Portionen bestehenden Mnskel,
den man als: inneren Eiaiunnskel bezeichnet und der mit dem äusse-
ren Kaumuskel, M. masseter, und dem Schläfenmnskel , M. tempora-
lis, gemeinschaftlich das Kauen vermittelt. J.
406 J«88«n,
Aaflbrdomng darin : auf die Bage das KaUgaages bei den
damit bahaftelan Pfexden genaa sa aohtea oad atatistitch zh
begroaden, ob ria bei tolohen Thieren» bei denen sie entfernt
worden, oft wiederkehren*
Die Spitsen an den nnteran Backeasälinea kommen hier,
Terhaltniasmässig» selten Tor, Von den VerieUiuigeQ doroh die
Zahnspitsen in der oberm Backansalinrellie haben wir, in eini-
gen wenigen Fallen » in den Wangeomaskeln Abscesee entate*
hen sehen, die sogar die Haot darchbraehen and sich so in
"^offene Eiterfliehen omwandelten«
Aas aUem Gemgten geht non wohl aosweifelhaft faerror,
dass diese so alltägliche Erseheinong keiaesweges gleiobgiltig
ist, vielmehr die genaneste Beaefato^ verdient. Sagt dodi
schon der ecfahreoe and praktische Toaatt*): ^nberhanpt
aber sollte bei jedem Pferde, das ohne Fieber, oder andere in
die Augen fsllende Ursachen, vom Fleisch fallt, mit dem Maale
nnd den Zahnaa eiaa sorgfaltige ünterso^ang TOTgeiiommen
werden, besonders wenn es sein Fatter theilwaise kaot and
dann wieder fallen ISsst.**
Eine solche Untersnchuag wird nan $,xii folgende Weise
aosgef^irt^
Man stellt das Pferd so, dass wenn ihm der Mond gäh-
net wird, das Licht gerade hiaeioflällt and briogt darauf mit
den Händen die Kiefer von einander. Findet sich dann, wah-
rend das Pferd doch vor mehreren Standen zoletst gefuttert
^ar, dass n6<^ gekaote Fotterreste swischea den Baekensäh-
nen und der Wange sarackgeblieben sind, aoch wohl Ih^lweise
heraasfallen , so kann man schon ziemlich sieber sein , dass
Zahnspitzen vo^rband«». Die vorsiehtige Sinfäbniag des tK^ge*
£ngers längs der Wangenschleimhaat wird diese, and aaeh die
durch äie yeranlassten Verwandangen, entdecken lassen» Man
*) V. Da« Pfcrd etc. Uehersetstmg von fiering. Stutt-
gart 1844,
Ungleicbo Abreibnng der Backenzähne bei Pferden. 407
«•terfocht daaa attcJi no«h die Zusg« von beiden Seiten, wo
rnfto aber« wie eehon angdiÜirt, umr selten Verwandnngen mn.
treffen wird,
•Wie siod nun dieae Spitzen na entfernen? Unser euerst
ettiirter rmeiaehar Alfter eagt:
^Die Heilnng besteht in deni vorBiehtigen Abschlagen der
Aoflagerimgen mit eiaäm Meissel; die Wondeo seibut werden
geeilt 4areh Anewaschea mit einer Abkoobnng von Sieben-
nnde , entweder allein oder mit einem Znsatae von ' einem Drit-
theil Branntwein. Anch wirkt eine Misehang von Honig nnd
£«mg, in wekker ein Theil Grünspan verrieben und gekocht
wird, get.«
•S* ^90 £ihrt er- aie Openitien der Koaovale*) sa: i
»Das Abseillagen der Wolfsrsabne oder Zabnepitnen , wobei
die Koiievdle any eilen selbst die Hakenaabne heraosachlagen.*'
Wer kennt sieht die langstieEgen, eisernen, spatenförmi^
gen, mit finfgebogenen Rändern, wie bei dem dentscfaen Wirk-
mestfer iversehenen Zahnmeissel der Konovale? Wer kann aber
in Zweifel darüber aein, dass jeder der Konovale die Haken*
säihe des Pferdes gasa gat kennt und sie steoken lassen wird
und mnse,' da er- sie, wegen ihrer festen Einfagong und langen
Warsein, mit seinem Meissel dooh nieht heranstreiben konnte,
wenn er «nah wollte. ' Indessen gana abgesehen also davon
and voft den'Srsohütterangen, welche das Absprengen der Zahn-
epitzen mit einem soldien Meissel veranlasst, werden durch das
Abgleiten desselben leicht viel bedeutendere VerletBongen der
Wangensehleimhagt selbst hervorgebracht, als durch die Zahn-
spitzen. Im vorigen Jahre ging hier, u. a. ein Fuhrmannsp^trd
jia Orunde, dem ein betrunkener Kotnoval die Zahaspitaen mit
M^tiem Heissel abgeschlagen und die Kaohenhoble mit seiner
B&rste aoagefegt hatte. Die mit beiden Instrumenten hervor-
gebcaehten Verletznngen brachten eine todtliche Braune zu-
wege. — Aehnliche Falle habe ich mehrere erlebt!
*) Rossärztliche Empiriker in Rassland.
408 Jessee,
I«h hftbe dieten Meissel madi noeb 1866 mf der BerliiMr
VtteriiiundiQlo anwendeD mImd, and HAobner enpfieUt seiiie
AnwondoDg ebenfalls.
um die Betehadigiiogen der Mandeelileimbsirt sa Terbio-
dem, b«t mfta dem Meissel Tersebiedeiie C^estsiteiigeB gegeben.
Mein Terstorbeoer College Sebfitt bediente sieb, bevor wir
des bessere Verfsbren kuiiiteD, eiaes balbrondeii, bobleD, bis-
ten mit einem mnden Knopfe TenebeDea Meisseis, eigener Er>
findong. Bei Vstel ist ein Meissel abgebildet, der an jeder
Ecke seiner Sehneide änen mnden Knopf hat.
£s sollte aber dies rohe nnd rnde Verfahren überall abge-
schafft und statt des Meisseis die englische Zahnrasp^ in Ge-
brauch gesogen werden. Da diese, so viel mir bekannt, in
russischen Schriften noch gar nicht abgebildet ist, so gebe
ich anf der beigefogten Tafel IV., Fig., 1, ihre geaane Zeichnmg,
so wie sie bei uns in der Klinik gebraacht wird nnd wie ich sie
auch schon frnher im Regimente benntst habe. Nor in sehr
seltenen Fallen ist es nStbig bei ihrer Anwendung ein Maul-
gatter einsulegen oder das Pferd an bremsen, damit es ruhig
steht. Es genügt wenn man an der rechten Smte die Uneben-
heiten und Spitsen der Zahne abraspelt« die Zunge des Pfer«
des von einem Gehülfen, der zugleich die Kiefer, aqseinandor
halt, vorsichtig links aus dem Munde sieben nnd festhalsen an
lassen; umgekehrt nach rechts, wenn man an der linken Seite
operirt. Die Raspel mnss mit fester Hand und in ganz kur-
zen rasch auf einander folgenden Zügen in Anwendung gebracht
werden und niemals wird sie dann die Wangeasehleimhant yer-
letzen«
In den FaHeo , wo ein Maulgatter gebraudst werden musa,
. verdient, meiner Erfahrung nach, das Günther 'sehe (Ta£ IV;,
Fig. 2«, natürliche Grosse) den Vorzug. Da es zwischen die
Schneidezahne gelegt wird, so entgeht der harte Gaumen der
Gefahr einer Beschädigung, wie sie bei den übrigen vorkona-
r
Ungleiehe Abreibung der Baekenzahne bei Pferden» 409
i men kann» und es gew&lurt Tiel mehr Rwnm für die nothigen
Munipnlationeii in der Mondbohle, als jene**)
Eine weitere Behandlang der Wonden im Mande., welche
durch die Zahnspitsen veranlasst wnrden, hat sich nie nothwendig
gemacht; sie heilten ron selbst, wenn die Ersengungsorsache
entfernt war« In vielen Fallen ist es aber natslich und notlug,
wo das Kanhindemiss lange bestanden hatte ond dadar<^ die
Verdannng geschwächt war, eine Zeit lang noch bittere, ma-
genstarkende Mittel mit dem Fntter verabreichen su lassen.
Hinzufügen mnss ich noch, dass ich in diesem Jahre beob-
achtet habe, wie aach die sehr scharfen Spitzen der neu her-
vorbrechenden oberen Backensahne bei ganz jungen Kalbern
die Wangenschleimhaut dermaassen reizen und verwundeu kön-
nen, dass die Wange bedentend anschwillt, das junge Thier
vom Saugen, Saufen oder Fressen ablässt, und in Folge dessen
sehwach wird, abmagert und Durchfall bekommt« Ich habe mir
daher eine solche Englische Zahnraspel, in kleinerem Maass-
stabe, auch für Kalber anfertigen lassen und durch das Abras-
peln der Spitzen schon in zwei Fallen das Uebel gehoben«
Ob dasselbe auch bei Saugfnllen vorkommt, mnsssn die 6e-
stutsveterinaire entscheiden!
Ich nehme schliesslich keinen Anstand zu behaupten, dass
die englische Zahnraspel nicht nur für den Veterinairen , son-
dern auch für jeden Besitzer vieler Pferde, ein ganz unent-
b.ehrliches Instrument ist. In der Umgegend von Dorpat
haben sich schon viele Gutsbesitzer eine solche angeschafft und
sie, mit dem entsprechenden Nutzen, in vorkommenden Fallen,
angewandt.
Wer es bewirken konnte, dass die Konovale ihre Zahn-
xneissel und Rachenbnrsten nicht mehr anwenden dürften, der
*) Ich habe auf der untern und obem Platte des Gunther'schen
Maolgatters eine Sehelbe €hittaperoha befestigen lassen, wodurch das
Abgleiten von den Zahnen verhütet wird. J.
410 Jessen,
wurde eich schon dadurch mn nicht geringes Verdienst erwer-
ben. Wer aber die<e, aus uralten, finstem Zeiten, noch In die
Gegenwart hineinragende und hineinpfuschende Meuschenkaste
veranlassen wurde , sich anderen , nntslicheren, oder doch uu-
fichfidlicheren Beschäftigungen hinzugeben, dem ntussten alle
Thierschutayereitte Rnsslands ihr Diplom als Ehrenmitglied er-
theilen !
Nachtrag.
Den Torstebenden Aufsata hatte ich für das russische Jour-
nal für die Pferdezucht eingesandt und der geehrte Herr Ueber-
setzer hat dazu folgende Anmerkung gemacht:
„Wunschenswerth wäre es, weun der geehrte Autor seine
competente Arbeit dadurch Tervollstaudigte, däss er uns sagte,
was man unter „Woifszahne* versteht» Dies wurde for den
Specialisten von Nutzen sein. Die Bintheiiung müsste über-
haupt folgende sein: 1) scharfe Hander öder Zahnspitzen;
2) Wolfszähne; 3) Auflagerungen (Nakip) an den Zähnen. In
allen diesen Fallen ist die Zahnraspel ein nitzlicbes Instrument.*
Ich erlaube mir in dieser Beziehung Folgendes hinzuzu-
fügen:
Wie es die üeberschrifl besagt, sollte inein kleiner Auf-
satz sich eben nur auf die örste Categorie d&i Öertn'Üeber^
Setzers, nämlich: auf die Zahnspitzen', welche sich durch un-
gleiche Abreibung an den Seiten ran derh (Sei* Kaufl&chen
der oberen und unteren Backenzähne bilden, beziehen.
£s kommen aber durch ungleiche Abreibung floch andere
Fälle vor, Ut der Vorderkiefer (Oberkiefer) zu lang, so bleibt
nicht selten an den vorderen (oberen) ersten Backenzähnen
vom eine «ehr i»edeute&d hervorragende Spft^^e ii^e^^s «nge-
k«hrt, wenn der HiBterkieübr (UntiBrkieifer) Baiangist, an den
hinteren (unteren) eraien Backenzähnen» Znirefleii ra^en, be-
Ungleiche Abreibung der Backenzähne bei Pferden. •111
sonder« bei «ehr altea Pferden, in der Backeewafanreihe w^k-
refe Z5k9ß ab^r die «adeven hinaof* «.In. andere» Falles« limt
gar keiQe Abreibung eines oder ^at^rerer Backensahne stattt'
gefunden». "w^U. der GegeaBabB' beransgenoanneB» ansgetfatleii^
oder ameh r abgebröckelt» verkttstivi^it war, so dass jene Zähne
daher, darek den jShrliehen Nabhsehab^ in die Lacke lilnein*
gei^bobea waren; nicht hineingewaohsen, -wie man es wofai
enweilen fal^ehUeh ausgedrückt findet. ' . '
In allen dii»den. Fallen leiste^ dia scharfe Zflitnraspel mehr
als der Meissel, oder ddr sogenaftote Odöntritear von Brog-
ni^a. Wetm diese U.nebenheitea aber dadatkilt nicht so* zu be-
aeitig0n silid, dass dadnrch das E^hinderniss gehoben wird,
mass man doch zaweilen die hindernden Zähne aasziehen.
Was die zweite Gategorie, die sogenannten „Wolfszahne**
betrifft, so herrschen darfiberir«nscMedene Ansichten, Einige
verstehen darunter kleine, unyollkommen entwickelte Zähne,
die in den Laden, vor dem ersten Backzahn im Ober- oder
Unterkiefer ihren Sitz haben and nennen sie auch wohl «üeber-
zähne* (Sur-dents), So weit meine Erfahrung reicht, sind
diese stets unschädlich und fordern nicht zu Operationen auf.
Andere neönen „Wi>lf8zähne«'"(Ö^t8 de lem'p) solebd,
welche nicht uberzähyg sind» aber in: der Reihe «ohief , entwe-
der nach ein- oder nach auswärts stellen, oft auch über die
benachbarten Zähne hinausragen und so nicht nur das Kauen
erschweren, sondern auch die Wangen, oder die Zunge ver-
wunden, ' r . 0.
' Ist dlee^ Binansragen der-Ztfhii'i^z«ir.S^ite Yrnd imdh Oben
ood Hinten 'öiebt zu' bed^tttendj' sb gelingt ^s altertfings auch
noch oft, 'mit einer recht schairfen -Zahnraspcl die HcirvoiTagän-
geu wegzoBoha£fen utfd damit d^s Kauliinderbiss zu bes^igen;
Ist dies aber ünm5glieh, so hilft nur das Ausziehea ixiit der
2#aRige, "wenn es Badkefizithn6 sind. Bei Schneidezähnen wird
sieb dies kaum nölhig maohen*
Waa endlich« drittens; diö Äuflagennig (Nakip), in sofern
/
41S J««s«B,
^j»"^^^^^«^» _ ^ 09^'% .^^^■*Äi^»J^b^ ^bS^iJ l.
*
od«r die WwmgmmlMmmhw^ nd
die Zuge TMirtU kittau Hiafigv kMta* er aa den SckMide-
sibMB, «ad bat des illaf«B Hoagalaa aad Wallaehaa aaeh aa
dea lfakfa»ifcnaa Yor; aa latetevaa oft so atevk, da» aar ära
Spitxea ao^ lieifuiiagaa. Mit aiaaa klaiaaa Meiasdl, oder
fliaar piifnden, s^atfta Zaaga, kaaa aMa ifaa laickt abapreaigeB.
Krankhafta YaraadennfaB «ad Aaflraibaagea dar Zakae^
dordi abaonaa Ablagamag das Caveataa Toa dar Zaliaholila
aas, darch Cariaa, FistelB, Spaltwag aie. gahataa mA^ kiehar.
ra.
Hmor BoriiU iWr c»e u Vwpat ni dcagoi Ij
g«KWi, TMi VMnAir 186» 1» lai 187t, gfhnsifet
habnie KnudAdt wtar in ftfrkm.
VoB Demselben.
Beror ich aof die nibere Beacbreibiuig dieser Kraakbeit
eiogaba sei aoeh Folgs&das beoMrkt. Naeb einer korzea Mit-
tbeilaag in den rnsaiseben Joonud lor die Pferdesuebt, 1870,
Nr. 2, Febrnsr, S. 131— 12S, ist eine ihnlieba 8eaeba sebon
im Herbst 1869 in St. Petersburg beobacbtet. Der Ordinaior
an der Küaik der Veterinsir-Abtbeiliing in der medieo-diirar»
gisebea Akademie, J* Lenge, giebt eine knrae Besebreibattg
davon, sagt: dsss sie gntartig an^etretea sei oad fogt 2 Ter
bellen ober die PolsfireqaenB und die Temperalar von 15, in
Krankheit unter den Pferden. 413
der dortigen Klinik, im November and December 1869 beob-
ftcbteten Fallen hin za. Herr Professor Rawitsch schliesst die
Bemerkung an: „Da die Messang der Temperatur bei dieser
Krankheit bis jetst noch von Niemand unternommen ist, so
verdient die Arbeit des Herrn Lange besondere Anfmerksam-
kejit und bat ein grosses Interesse,^ — Man gab der Krank-
heit dort den Namen: „Epizootisoher Magen- und Darmcatarrlr.^
Einer unserer Candidaten, Herr Gallen, hatte eine, mit
der spater hier erschienenen gana analogen Krankheit bereits
im November 1869 in Estland behandelt und es verlautete, dass
dieselbe auf dem ganze Wege von St. Petersburg bis Narv«
und darüber hinaus, unter den Pferden grassire. -* Am 18.
December 1869 wurde das erste damit behaftete Pferd ambu-
latoriiBch in unserer Klinik vorgezeigt und bald folgten nun
deren mehrere, wie es die folgende Uebersicht darlegt.
Ambulatorich, Poliklinisch, Stationair.
1869 December
1
2
9)
1870 Januar
26
4
20
„ Februar
18
22
12
„ März
9
7
4
, April
10
7
5
64 42 41 Sm. 147.
Darunter 33 aus der Stadt Dorpat und 1 14 aus der Um-
gegend. Damit ist indessen die Zahl der Erkrankten keines-
weges erschöpfend angegeben. Die Seuche hatte sich weit un-
ter den Pferden der Gutsbesitzer, Bauern und Stationshalter
verbreitet und herrscht hie und da noch gegenwartig. Den
Nachrichten zufolge ist sie aber überall ziemlich gutartig auf-
getreten und nur wenn die Kranken ganzlich vernachlässigt
wurden, oder die Krankheit übersehen war und man damit be-
haftete Thiere noch zu anstrengenden Arbeiten benutzte, ward
sie gefahrlich und todtlieh. Besonders sollen die Fuhrleute,
die mit Fracht ans St. Petersburg kamen , viele Pferde verlo-
ren haben.
414 Jesseo.
KrakbeittertohBiniingeo. VerlABf« Dmoer.
Anfgaag.
Den Eigentbuiern nachte die Krankheit ihrer Pferde rieh
dadaroh bemerkbar, dats diese dae FotCer Terschmahten , Mat-
ti^^it« Trägheit der Bewegaagen und ein Angeoleideii, mit ge-
riagem Thränenfloea oad AnsehwellaDg der Aagesfider, die
mehr oder weniger gescbloasen gehalten worden, wahrnehmen
Hessen.
Bei der n&heren üntersnehong ergab rieh dann: allge-
mmo Schlaffheit nnd Mattigkeit, steifer- Gang mit kurzen
Schritten der Extremitäten, snweilen anch gleich schon Schwan-
ken im Hintertheil« Die Körpertemperatur war erhobt; das
Haar glanslos, weich ansoföhlen. Kopf nnd Hals worden ge-
senkt gehalten. Die Angenlider, besonders die oberen, waren
etwas angeschwollen, die Bindehant nnd die nndorchsichtige
Hornhant sehr gerotbet; letstere mit einem Nets von stark ge>
fällten Blatgefassen darchsogen. Anf beiden Hänten, sowie snwri-
len anch anf der Schleimhant des Mondes nnd der Nase, madite
sich eioe gelbliche Tiogiraog geltend. Der Appetit fehlte bei
einigen der Kranken, doch keines weges bei derMehrsahl; derDnrst
war nicht übermassig. Der Pols frei, weich, meist anfanglich
12-^20 Schlage über die Norm in der Minute. Hersschlag
deutlich fühlbar. Die Temperatur im Mastdarm immer hoher
als die gewöhnliche.
Bei manchen Thieren kam die Krankheit offenbar nicht
aar vollständigen Entwiokelang, so dass sie sich in wenigen
Tagen TolfstSndig ^holten. 31 Genesene standen 35S Tage
in der Klinik, die kürzeste Zeit Tfelche sie dort anbrachten
betrug 4 — die längste 19 Tage. Kein Thier ward entlassen,
boTor die Gefahr vorüber war. In den schweren Fallen dauerte
es aber, wegen der grossen, zurückbleibenden Schwache sehr
lange, bevor die Thiere wieder zu ihren gewohnten Arbeiten
gebraucht werden konnten. Ein Pferd, welches mit rosenarti«
ger Geschwulst des einen Hinterschenkels (Erjsipelas phlegmo*-
Krankheit unter den Pferden. 415
uoaum) In die Klinik gebracht worde und dort erst spater in
die b^recbande Krankheit verfiel, stand 20 Tage« £in anderes,
arsprüjQglieh mit Drose gebracht, wobei ein grasser Abacess im
K^lgang sieh bildete, aeigte .ebenfalls erst spater die Zufälle
der erwähnten, seuehenhaften Krankheit und ^ar4e, bis ^ar
Genesung ioa Ganzen 18 Tage im Lasig^^th gehalten. 5 Tbiere,
bei denen die Krankheit todtli^^b endigte, waren 5, 3, 2 Tage
und 36 nur 12 Stunden im Krankenstalle anwesend.
Wie dies aas den beigefugten Puls- und Temperaturcurven*)
aach hervorgeht, stieg die Warme stetig bis zur Acme der
*
Krankheit und fiel dajin rasch. Die Angaben beliehen sich auf
die Mastdarmstemperatur, bezeichnen indessen den höchsten
Steigerungsgrad , den ich bei einem schwer Kranken, jedoch
vollständig und bald Genesenen, in der Poliklinik mit 43,3 Gr.
C. bei 78 Pulsen in der Minute., constatirte, nicht. Nicht im
gleichen Grade steigerte sich die Pulsfrequenz, was auch in
St, Petersburg bemerkt wurde» Die Verdauung war bei den
*) Der Herr Verfasser hat die Pulsfrequenz und die Tempcratur-
Curveu von 5 verschiedenen Patienten in Tabellentafeln mitgetheilt,
da aber dieselben schwierig zu drucken sind und viel Baum einneh-
men, und da ferner diese beiden Erscheinungen in allen Fällen sich
ziemlich gleich verhalten und da neben ihnen die anderen Krankheits-
Symptome nicht angegeben sind, so beschränken wir uns auf die fol-
gende Darstellung der ausfährlichsten Tafel.
Pulse. Temperatur.
Morg. Abends. Morg. Abends.
November 28: 38 — . 395/io 39Vio
^ 29: 37 — 391J10 393/10
, 80: 38 — 39 39l/io
December. 1: 38. — 391/10 —
2: 38 — 386/10 —
, 3: 40 — 385/10 —
4: 41 — 391/10 —
„ 6; 42 — 389/10 —
6: 44 — 39 —
7: 41 — 388/10 —
416
Jefteii,
Kranken in d«r R«gel wenig oder gar nidit beaintriditigt und
nnr bei einigen, betenden eebwaehen Tbieren, trat Dnnaeatsrrii
nnd Dnrehfell ein«^ Bt £uid dnrcheaa keine nennenewertfae,
krankkalte AffeeCion der Respintionsorgane atatt; doch trat b«
einigen, dnrek die Krankheit bocbgrndig geadiwiditen, Pferden
ein ao beaehwerliehea, üankenadiljgigea Athsen ein, wie man
ea beim Dampf nnd der Brnatwaaaennekt beobaditet, wihrend
Polaa.
Temperatur.
]
Uorg.
Abends.
Heig..
Aiieada.
DeeaaÜMi
8:
40
—
38Vio
—
9
9:
40
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»
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—
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40
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14:
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16:
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—
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17:
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—
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18:
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—
417/10
—
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411/10
•
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24:
46
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388/10
38^/10
9
25:
40
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—
1)
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—
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—
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371/10
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30:
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—
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31;
39
—
369/10
—
Januar
1:
B7
^—
37
_
*) Bei einem Banemhengste kam
Orehitia und Präpntialeiitzündimg, die
Indessen genas das Thier yollkommen.
Bedaetion.
ausser Durchfall aach noch
Abscesse Teranlasste, hüm.
Krankheit unter den Pferden. 417
doeh Anecnltalion und Perenatton nicfata Krankhaftes in den
Broatorganen nachwiesen« Mit dem Wiederkehren der Kräfte
ward aacb, nach and naob, die Athmong wieder normal.
Der Kopf war besonders eingenommen nnd die schwereren
Kranken haben gewiss an starken Kop&chmersen gelitten. Stirn
und Nacken . zeigten oft ffir das Gefnhl schon erhöhte Tempe»
ratnr nnd bei einigen Patienten in der Poliklinik habe ich mich
davon abersengt» wie wohlgefUlig sie das Waschen dieser Theile
mit Wasser and Essig duldeten. Senfteige nnd Fontanelle
brachten starke Geschwülste an der Applioationsstelle zawege
und hinteirliessen lange andanemde Senkangsodeme.
Pathologische Anatomie.
Die gemachten Sectionen benrknndeten dentlioh, welcher
großen Gefahr die< schweren Kranken, aber Genesenen, ent-
gangen waren nnd wiesen zugleich daranf hin, dass die gewal*
tige Bjperamie der Conjanctiva und Sderotica keinesweges
Symptom eines ortlichen Ladens, einer Blepharo-conjanctiri-
tis et sderotitis war, vielmehr anch mit Gehimcongestionen in
Beziehang stand.
Das Grandleiden ist, meiner Meinung nach, in
der Mehrzahl der Falle, eine Gongestion der Ge-
hirn* and Ruckenmarkshante gewesen, die in den
todtlich endenden Fallen anch wohl zur Meningitis
oerebro spinalis warde.
Ein Zweifel daran konnte dadurch erregt werden, dass
wir, wie ans dem Weiteren ersehen wird, in keinem Falle
Eiterung im Gehirn* nnd Ruckenmark fanden. Indessen liesse
sich dieses wohl daraus erklaren, dass durch den Druck des
massenhaft angesammelten Serums die Gehirn- und Rucken-
marksfunctionen dermaassen beeinträchtigt wurden, dass die
Thiere zu Grunde gingen, bevor es noch zur Eiterbildung kam.
Die erste Section ward am 19. Januar an einem Pferde
gemacht, was angeblich plötzlich von Lahmang des Hintertheils
Mag. f. Thierhcillc XXXYI. 4 27
418 Jessen,
(paraplegift) befallen war und aas efatem Orte, wo die Seache
herrschte» auf einem Wagen ia die Klinik gebraeht worde.
Das Thier hatte ein sehr heftiges Fieber imd die Rothnog der
Sderotiea nnd Conjoaetiva war anfifallig stark« Es starb schon
nach 12 Standen nnd wir fanden einen bedeutenden Ergass in
den Hirn Ventrikeln und den Hallen der Mednlla apinalis.
Gans dasselbe war der Fall bei einem aweiten, ebenfalls
mit Paraplegia gebraohtem Pferde, das bis sdm Tode 36 Stan-
den in der Kliaik behandelt wnrde; nar fanden sieh bei die-
sem anf fallige Zeieben der Bintsersettang.
Ein Eanfmann war mit einem grossen, schonen, braunen
Wallach ans Walek, einer Kreisstadt, 82| Werst von Dorpat,
im einspannigen Fuhrwerk hieher gefahren. Schon anf der er-
sten Station bemerkte er, dass sein Pferd nicht mit der gewohnten
Manterkett nnd Energie ging, nnd die letste Station hatte er
fast im Sehritt nnd unter bestandigem Antreiben mit der Peitsche
xuroekgelegt. Ansser den erwihnten Symptomen der herrschen-
den Krankheit, unter denen sich besonders die starke R5thang
der Sderbtica, aber ohne Anschwellung der Augenlider, be-
merkbar machte, litt dies Pferd noch an einer LShmung oder
Pareais im linken ffinterfnss^ so dass es bei jedem Schritte im
Fessel. nach vorn uberkniokte, wie bei der Besehalkrankheit
Die angewandten Mittel fruchteten nichts und das Thier ging
in 2 Mal 24 Stunden an Grunde. Das Houptergebniss der
Section war auch hier: starker Erguss in den Gehirnventrikeln
und dem Ruckenmarkskanal.
Ein viertes Pferd, das spater noch erwähnt werden wird,
und in B Tagen an Grande ging, vor dem Tode aach beden-
tende Schwache im Hintertheile zeigte, so dasa es nur mit
grosser Beschwerde und langer Bemühung aufstehen konnte,
hatte so starken Ergass in den Gehirn Ventrikeln und Rucken-
marksscheiden, dass l^atere sich bei der Blosslegung in der
Nahe des Hirns sackartig aufgetrieben seigten, Zugleich war
Infiltration der Lungen augegen.
Krankheit unter den Pferden. 419
Die fünfte Sealion wurde an einem Fohrmannspferde ge*
macht , dae 5 Tage in der Klinik geitanden hatte nnd bei dem
tjphofte Erecheinangen aufgetreten waren. Aach hier fand sidi
bedentender Brgnse in den Hirnventrikeln. Auf der dura mater
Knotehen, Spnren von pericarditis nnd viel rothlieh - gefärbtes
Serum im Herzsack, Knotehen auf der Schleimhaut des Ma-
gens nnd Darmkanais und kleine SnbstanzTerluste auf der*
selben.
Endlich ward am 23. April ein altes Pferd todt in die
hiesige Klinik aus dem Stationsstall gebracht, wo einige 20
Pferde an der herrschenden Krankhek gelitten haben sollten,
aber bis jetzt nur eins crepirt war. Das qu. Pferd sollte vor
10 Tagen erkrankt sein. Es war in Folge von Brustfellent*
KÜndnng und Brnstwassersucht zu Grunde gegangen, aber auch
hier fehlte der Ergnss im Gehirn und den Ruckenmarkshnllen
nicht. —
Bin Pferd vom Lande — ebenfalls ans einem Stalle worin
die Seuche herrschte — war zuerst als rehkrank (Fnssentzun-
dung) bebandelt, dann, nach der Beschreibung, fiSr starrkrampfig
gehalten, bis es auf einem Wagen in die Klinik gebracht wurde.
Dort lag es mehrere Tage, mit Zeichen einer heftigen Gehirn-
hjperamie , (weshalb auch eine Blutentziehung gemacht wurde)
dhne sich erheben zu können. Jetzt ist es vollkommen herge-
stellt und arbeitet schon wieder.
Gegenwartig stehen 2 Pferde, als Reconvalescenten, in der
Klinik; das eine mit Halblahmnng, die jetzt nur noch in der
Vorderlippe besteht, das zweite mit Bjdrocephalns acutus,
nach dem Brennen am Schädeldach fast ganz gebessert« Alle
9 Falle müssen wohl auch mit der geherrschthabenden Krank-
heit in Verbindung gebracht werden,
Benennung der Krankheit, Ursächliches.
Wenn ich nach der ausgesprochenen Meinung: »das Grund*
leiden unserer Krankheit sei immer eine Hyperämie, oft eine
27*
■I
480 Jessen,
Bntsandang dar Gehirn- nnd BaekenmarksbuUen gewasan^, ihr
non dooh den ColleoÜTUMneo «Inflaensa* beilege, so mag diea,
in der jetiigen Zeit, wo man den Leichenbafnod als so gaos
beaondera maassgebend far die Beaeichnang der Krankheiten
betraehtet, manchen der Herren Coliegen, beaonders den jün-
geren unter ihnen, ungerechtfertigt erecheinen. Ich mnss mir
daher erlauben, etwas weitlaoftiger anf diesen Gegenstand ein-
angehen, am daxsnlegen : in welchem Sinne ich diese Benennung
diesmal yerstehe und immer yerstanden habe.
Ich weiss es gar wohl, dass die alteren Veterinaire ohne
den Namen Inflnensa ausgekommen sind, ihm i. B, in den
Wörterbüchern von Hurtrel d'Arboval und Rjchner gar
kein Artikel gewidmet ist, und er Tielmehr in Terhaltniasmas-
sig neuerer Zeit ans der Medidn in die Veterinairmedicin hin*
abergenommen wurde. In einer langen Reihe von Jahren aber
habe ich mich daran gewohnt, Krankheiten die offenbar bei
besonders eigenthnmlichen, wenn auch noch nicht naher de£nir-
baren Witternngsverhaltnissen , hanfig und gleichseitig unter
den Pferden, plotslioh auftraten, sich oft ausserordentlich schnell
über grossere Districte, ja! über ganse Lander verbreiteten,
vorwaltend das Nervensystem ergriffen und sich durch schnell
überhandnehmende Schwache und schwankenden Gang etc.
ausaeichneten, mit dem Namen Inflnensa von den CoUegen be-
nannt XU hören und selbst an benennen. Damit war 'keines-
weges immer angenommen, dass die Krankheit eine hervor-
stechende catarrhalische und namentlich ein Gatarrh der Schleim-
haut der Respirationsorgane sein müsse, wie das s. B. in dem
fransosischen Namen „Grippe" liegt, der beim Menschen oft
als gleichbedeutend mit ,Influensa*' gilt; wie Professor Brnck-
muUer, in seinem vorxüglichen Lehrbuch der pathologbchen
Zootomie, S. 571, die Influenaa als den senchenhaft auftreten-
den acuten Bronchialcatarrh der Pferde, verbunden mit Gatarrh
der Kehlkopfs- und Luftrohrenschleimhant, bezeichnet. Wie
wir unsere jetsige Inflnensa ursprünglich auf ein Leiden der
Krankheit unter den Pferden. 42 1
Gehirn • und RäekenmarksbüUen saräckfahreii mnssten, so habe
ich sie hier, in frafaeren Jahren, mehr als reine Leberafiection^
in St. Petersburg zaweiieB, sehr gefahriieh nnd todtlich, in der
typhösen Form, mit LöcalentsündangeB , oder in der gastri*
sehen, als Magen- nnd Darmcatarrh, in der catarrhalischen
oder catarrhalisch- rheumatischen Form, oft sehr milde verlau-
fend, auftreten sehen« Das Bestimmende blieb indessen immer:
die schon erwähnte Unnachweisbarkeit der Ursachen für das
plötzliche Entstehen und die rapide Verbreitung so wie das
constaate NerFenleiden.
Diese umstände sind mir auch bei der jetzt herrschenden
Seuche entgegen getreten und ich kann daher meiner früheren
Ueberzeugung in' Bezug auf die Namengebung nicht untren
werden , spreche übrigens der , in neuerer Zeit vielfach ttfich
regenden Opposition gegen den Namen „Influenza'', als einem
octroyrten, nicht genugsam bezeichnenden, keinesweges die Be*
reehtigung ab, meine aber: dass die Waffen womit er bekämpft
wird, gegenwärtig noch nicht scharf genug sind, um ihn end*
gültig zu verbannen» Dass viele' GoUegen conservativ bleiben
und sich das Recht, den Namen zu gebrauchen ^ noch nicht
nehmen lassen; ist gewiss! — Am 24« April n. St. d* J. schrieb
mir noch ein College n. a. : „Die Influenza war in den letzten
Jahren auch aus Berlin nnd dessen Umgegend wie verschwun-
den, fand sieh indessen im Februar sehr in- und extensiv ein
und soll jetzt noch so grassiren, dass im Spitale ebenfalls kein
Platz mehr ist.^
Ich mnss mich selbst der Inconsequenz beschuldigen, dass
i<di mitunter aneh sporadisch auftretenden Fällen den Namen
Influenza beigelegt habe; mein Trost ist: dass dies, selbst in
der neuesten Zeit, auch von Anderen geschieht. So sind u. a.
in dem Jahresbericht der Hannoverschen Veterinairschule für
1869, nnter der Rubrik: „toxische Krankheiten'', 2 Fälle als
Influenza aufgeführt! ^-
Wir armen, verstockten, alten Practiker, die von ihren
492 Je88flii)
Gewohahetton nieht Imssen konoen und wollen, sind äbrigens
▼on dem Dr. med. Job. Paul Gleiaberg schon gebührend
gegeisselt and Terdammt, wenn er sagt: ,, Zeigen sieh zn be-
stimmten Zeiten sahlreiehe, fieberhafte Erkranknngen der Pferde,
so bekommt die Krankheit den Namen loflnensa oder Tjphas.
Wahrend des Lebens lassen sieh jene Ontologen nur in des
seltensten Ffillen herbei, ein ortliches Leiden festsostellen.
Findet man bei der Section grobe anatomische Veranderangen,
so glauben jene schon der Wissenschaft hinreichend su gena*
gen, wenn sie dieselben anf Localisation der ,»Erase^ aurnek-
fShren. üeber derartige Absurditäten noch ein Wort au ver-
lieren, seheint mir überflüssig.* —
Knn habe ich swar von „Krase^.gar nicht, aber doch ron
Influensa und damit nach Gleisberg, mir auch das Urtheil
und so yiel gesprochen, dass Weiteres nicht zulässig erschei-
nen mochte.
Jeder anfmerksame Leser wird angeben müssen, daas wir
hier kein Recht hatten , wie das in St. Petersbnrg geschah , die
seuchenhafte Krankheit mit dem CoUectiTnamen „epizootischer
Magen- und Darmcatarrh^ so belegen, da nur wenige FäUe
rorkamen, die diese Bexeicbnnng verdienten. Ausser dem Augen-
leiden, das aber auch nicht als rein catarrhalisch, Tielmehr alt
catarrhalisch-rhen macisch angesehen werden mnsste, war bei
vielen Patienten gar keine Schleimhautaffection nachweisbar.—^
Ja! — wenn uns Herr Dr. Gieisberg, nach der Verur-
theilang, auch das Rechte, d. h. „das Toxikum** — - kennen
gelehrt hätte! — so darf man wohl ausrufen, wenn man sich
dem Ursächlichen der Krankheit zuwendet : was ist das für eine
krankmachende Potenz, die Handerte und aber Hunderte in-
flaencirt und in kurzer Zeit die Seuche von St« Petersbnrg bis
Berlin verbreitet? Ist es als Miasma oder Contagiam in der
Luft enthalten, warum bleiben dann viele Ställe, und ganze
Ortschaften, aus denen die Pferde doch auch im Freien ge-
braucht werden, verschont? Heute am 7. Mai, a, St., wo ich
••
Krankheit unter den Pferden. 423
dieses schreibe, warden wieder drei Pferde mit der in R«de
stehenden Krankheit in die Klinik gebraut, wahrend seit meh*
reren Tagen aohon keine mehr erschienen waren. Ist dies Tielr
leicht dem seit gestern wehenden, heftigen Nordwestwinde an-
anschreiben? Hat die Verbreitung der Krankheit einen Za-
sammenhtog mit der Windrichtung?
In dem Torerwahnten koraen Aufiiatae Aber den epizooti-
schen Magen- und Darmkatarrh der Pferde in St. Petersburg,
heisst es, hinsichtlich der Entstehung; „die Ursache dieser
Krankheit in dem vorgelegten Falle mnss atmosphärischen und
hygienisehen Einflüssen , d. h. verdorbenem Futter, schlechten
Stallen, und regnerischer, kalter, veränderlicher Witterung
welche während des ganaen Herbstes anhielt und höchst wahr-
scheinlich nicht geringen Einfluss auf die Entwickelnng des
Gatarrhs in episootisoher Form hatte, angeschrieben werden.*'
Unsere Krankheit war nun der dortigen keinesweges ganz
gleich und es kamen viel schwerere Falle vor. Wahrend dort
die höchste Temperatur mit 41 Gr. C, der höchste Pnlsstand
mit 60 in der Minute beaeichnet ist, hatten wir hier 42,3 Gr.
C. und bis zu 90 Pnlsen in der Minute.
Die dort angeklagten Factoren mögen indessen aach hier,
vorbereitend znr Krankheit, mitgewirkt haben; denn auch
unsere stadtischen sowohl, als ländlichen Stallungen lassen vie^
zu wünschen übrig, der Winter war auch hier sehr unbestän.
dig. So ist es aber auch in vorhergehenden Jahren gewe-
sen, wo die Influenza doch nicht herrschte! •— Futtermangel
hat nichc stattgefunden, aber der Sommer 1869 war ungewöhn-
lich regnerisch und hat das Heu in vielen Orten verdorben.
Die Neigung zu serÜsen Ergüssen bei den Pferden spricht da*
für, dass ihr Blut hydramisch ist. —
üeber die angeführten kranken bäuerlichen, Fuhrmanns-
uod Stations- Pferde bekommt man fast nie eine haltbare Aus-
kunft in Bezug auf die Gelegenheitsursachen« — Ein im Win-
ter hier in Dorpat wohnender Edelmann hielt 3 Pferde in einem
424 J«fsea,
goteD uid goiamigMi Stella. Zwm dacvoa, die onastoliMlier
Abkiuft md tob ilm wdJtmt «nogas warn, baaolsto er ab
Wages- nad Eettpferde. Das dritte mwr eis kiiaUch gekaof*
tor, gewöhalidier, krifiiger Arbeitigael, der akli alorriseb la
Aaspaaa erwies. Alle 3 Pfisrde werea geeaad aad aut dea
erst geaaaBten wollte der EigeathöaMr anfii Laad fidbrea, aU
am Abend Torlier das eiae davoa, in der Dreedike aagespaaat,
Herr nod Frea saai Besadb in eine Abeadgesdlschaft bradite.
Der Katscher mnsste, bei sehr windigem Wetter, Tor der Thnr
halten und seheote sieb nmhenaiafareB, weil das Thier ein Ho^
eisen Terloren hatte. Es wurde dort sshon von einem heftigsa
Sehittellroste befallen nnd daher, beim Nadihansekoaimen, sorg>
faltig und Image mit 8troh abgeriebea. Am nadisten Tage
seigte sieh bei dem Pferde ein leichter Naseneatarrb, der 2
Mol 24 Standen anhielt. Dann traten erst die dentliohen Zei-
ehen der herrschenden Krankheit hinan, das Thier wnrde
sehwer krank und genas langsam.
Sinige Tage darauf hatte der Eigenthnmer das sweite
Pferd, ebenfslls bei windigem Wetter, sehr stark in Scfaweiss
geritten, nnd am Tage darauf Terfiel es schon in die Inflnenaa.
Es war dasselbe bei dem die Temperatur anf 42,3 Gr. C. und
der Pols anf 78 stieg.
Das dritte, Arbeitspferd (schon als Nr« 4. der Seeirten
erwähnt) hatte im Anspanne stark hintenaos geschlagen, sieh
dabei beide Hinterbeine vom Sprunggelenk bis sar Krone arg,
wenn auch oberflächlich geschunden nnd war dadurch sehr in
Schweiss gerathen. Trota der Wasehnngen mit kaltem Wasser
und Arnica-Tinetnr, sdli wollen beide hinteren Extremitäten so
stark an, dass das Geben sehr erschwert wurde. Am 4. Tmge
nach dem Excess trat plötzlich die Influensa hinsu und machte
dem Leben des Thieres, in nicht voll 3 Tagen, ein Ende! —
War die Seuche ansteckend ? <— Vieles spricht dafür, den*
noch wage ich es nicht mit Gewissh^t an behaupten, da die
erzengenden Ursachen, obgleich nicht hinlaugUch gekannt, doek
Krankheit ontef den Pferden. 426
«aganecheiiilieli aberall wirkten. — Obgleleh wir so TOrsichtig
als mSglioh waren, so konnte es doeh nicht Terhindart werden,
daas einige» anderweitig kranke Plerde, mit Inflaencsa^EraQken,
wenigstone die gleiche Lnft athmeten, als unsere abgesonderten
Stallungen gefallt waren and mehrere derselben in den Haapt*
stall gestellt werden mnssteii. -~ Von jenen anderweitig Kran-
ken Torfieien denn aadi spater die meisten in die Inflnenaa.
Ein Don'scher Wallach , vor mehreren Jahren schon Yon einem
Konoralen eastrirt and mit Fisteln im Prapatiom behaftet, bat
dagegen die ganze Zeit in dem Haaptstalle gestanden an4 ist
nicht angesteckt worden. — Ein Calefaetor des Zootumiknms
besorgte die Inflaeniakranken in den abgesonderten Stallen
und zagleioh die Anatomiefallen. Von letsteren erkrankten
mehrere im April und die Vermnthang taaehte anf: dass sie
rieUeicht von dem Calefaetor angesteckt waren.
Ein Pferd stand im Contamaxstall mit gutartiger Druse
bei welcher ein Abscess im Kehlgamge geöffnet wurde. Neben
seinen Stend, jedoch darch eine Bretterwand, die bis zur Decke
reichte, wurde ein Inflnensa-Patient gestellt. Bald nach dessen
Abgang erkrankte der frühere Drusenkranke an einer leichten
Inflnensa; und der frohere Influensa- Patient ward mit Fieber,
Ansdiwellung der Drusen im KeUgang, wo sich ein Abscess
bildete, und Gatarrh der Rachen* und Schlnndkopfschleimhaut,
in die Klinik sarock gebracht, genas aber bald. — • Hatten
die Beiden sich gegenseitig mit ihren Krankheiten beschenkt,
oder waren sie ans Selbstentwickelung henrorgegangen?
Therapie. Prophylaxis.
In der Behandlung der Influenaa bin ich immer mit der
iawa>rtenden Methode am besten ausgekommen, und so war
denn aach diesmal die Therapie eine sehr einfadie. Als innere
Mittel wurden in den ersten Tagen auf die Schleimhaute wirkende
Salae gegeben ; bei Pferden , die sehr schwach waren und wohl-
habenderen Eigenthumern gehorten, kam der Spiritus Minderer!
426 J6ft«ii,
in Anwendung. Die kleinen Salsgnben bettanden mekit ans
Ammoniam ehlormtnm | bii 1 Dr., 3 —4 Mal täglich ; mein Collie
A, ünterberger branohte mehr das Natrom bicarbonicnm.
Der Aderlats ist nnr in 3 FlUlen angewandt, von denen
2 todUich nnd 1 mit Geneanng endigten.
Die äusseren Reise beschrankten sidi auf Senfteige, in
einigen wenigen F&llen wnrde ein reimendes FonUnell oder
Haarseil gelegt. Bei einem der oben erwähnten beiden edlen
Pferde worden 2 gprosse Senfteige, an beiden Seiten des Thorax
eingMieben, brachten aber das Thier in eine so heftige Anfre-
gnng, dass ich sie sofort wieder abwaschen Itess« Dennoch
entstand an den Applicationsstellen eine bedeutende Geschwnbt'
aber sogleich baldige Abnahme des Fiebers, Sinken der Pnb-
freqnens und der Temperatur. — Bei den wenigen Thieren,
die an Magen- und Darmcatarrh mit Durchfall litten, wurden
die Senfleige am Unterbanche eingerieben; innerlich schlei-
mige und anhaltende Mittel gegeben und da die Thiere sehr
hinfillig worden, musste eine starkende Nachkur, eintreten.
Propbylactisch ward gleichfalls der Salmiak, in Jüeinen
Dosen, angeordnet. Lüftern enerung in den Stallen, womöglich
LuftTeränderung, durch Ueberführen der gesunden Thiere in
andere, sweckmassige Räumlichkeiten, Absonderung der Kran-
ken, mit eigenen Waritern, die nicht sn den gesunden kamen,
wurde anempfohlen. Besonders aber gegen den Gebrauch sol-
cher Thiere gewarnt, die sich schon nicht mehr als ToUkommen
gesund und munter erwiesen. —
Der Absatz der erwähnten Medicamente, wahrend des
Herrschens der Krankheit, aus unserer Apotheke, war ein un-
gewöhnlich starker. Namentlich wurden Terabfolgt -^ für die
Klinik und ausw&rts: «—
Spiritus Minderen, im December 2 Pfd.
^ Januar 24 „
„ Februar 16 „
Summa 42 PfiL
Krankheit mt^ den Pferdes. 427
Ammofiium chloratum: im Januar 1 Pfd. 9 Unz. i Dr«
„ Februar 10 „ 8,4,
„ Märe 5 „ 1,1«
» Aprii 10 ^ 5,5,
Summa 28 Pfd. — Uns. 6 Dr.
Itatram bicarbonicum: im Januar 2 Pfd. ,— *.Ud2. 6 Pr.
„ Februar 3 , 1 , — ,
, Siars 4 ^ 6,6,
Summa 9 Pfd. 8 Uns. 4 Dr.
IV
Beiträge zur Kenntiiiss der Harnsteinen des Sehafes*
Von
Dr. Carl Dammann,
Professor an der landwirthsehaffcliehen Aeademie Froskaxu
Nach' dar zremlioh allgemein- verbreiteten Annahme eind
'steinige Concremente io den- Harnorg amen — Nieren-, Blasen-
und Harnrohrensteitie — bei den Schafen redfat seltene Vor*
kommnisse. Diese Annahme ist unaweifeifaaft eine irrige und
erklart sich nur dadurch, daes die praktischen Ihierfirste zur
Behandlung tou sporadisch auftretenden Schafkrankheiten rer-
hiltnissmassig selten, meist nur, wenn es sich um werthyollere
I9tiicke handelt, herangeaogen werden. Deijenige, welcher sich
längere Zeit in Wirthsohafteo mit ausgsdehnter Schafhaltung
Aufhält,' findet, wenigstdas in manchen . Gegenden , Gelegenheit
genug, das Aufbreten von Harnsteinen bei diesen Thieren an
beobaehten. leh habe allein in den fünf Jahren meiner hiesi-
gen Thfitigkeit eüfmal den Harnröhren schnitt lur Beseitigung
von Concrementen ausgeführt , welche bei Bocken und Ham-
meln in der Urethra stecken geblieben waren. Der beregte
I
428 Dsmin^iiii,
Umftood macht es aach begreifliefa» dass so spärliche chemische
ADaljsen Ton HamsteineB der Schafe in der Literatur Terlie-
geo, sowie dass darüber, wie dieselben sasammengesetst sind
and wie sie ansammesgesetst sein konnten, immer nodi Con-
trorersen bestehen. Ich theile in Nachstehendem einige Falle
mit , welche geeignet sind» snr Losung der obsdiwebenden Streit-
frage beisatragen, von denen der erste aber auch noch in an-
derer Beziehung ein henrorragendes Literesse bietet. —
1.
Granalar- Atrophie der rechten Niere. Hydrone-
phrose der linken Niere durch Kieselsauresteine,
Tod durch urämische Intoxication.
Ein Negretti- Mutterschaf des Proskaner Stalles, 4 Jahre
alt, welches nie eondpirt und seit lingerer Zeit aich aueb
schlecht genährt hatte, wurde, nachdem noch Abends auvor
nichts Auffallendes an ihm bemerkt war, am 9. Juli früh yoo
dem Schäfer in einem Elrampfanfall betroffen. Als ich im Laufe
des Vormittags hinzukam, hatte es bereits fünf solcher Anfalle
in Pausen ron je einer Stunde gehabt, Ln Beginn des An-
falls wurden die Augen yerdreht, Kopf und Hals rückwärts
geaerrt und die Beine steif gestreckt. Nachdem dieser toni-
sche Krampf durch etliche Sekunden angedauert hatte, traten
klonische Krämpfe auf, welche Toraugsweise am Kopfe sich gel*
tend machten und diesen in xuckende Bewegungen versetaten,
aber auch über die Muskeln des gansen Korpers sich yerbrei*
teten. Dabei trat durch die starken Kaumuskelbewegungen au
Sahanm geschlagener Speichel Tor das Maul, der Heraschlag
war pochend und sehr frequent, die Respiration unregelmassi^,
die Haut an den wollelosen Stellen mit Schweiss bedeckt, die
Empfindlichkeit für Nadelstiche yoUkommen aufgehoben« Ein
solcher epileptiformer Anfall dauerte ungeflhr eine Viertelstunde
und etwas darüber; alsdann lag das Thier erschöpft, soporos
da mit stark stertorosem Athmen» bis ein erneuter Anfall
jSarnsteiiid des Sehftfios 499
die Rahe wieder OQterbraoh« Aof Waasob der Guts - Admini-
stTAtion wurde von . einer BehandlaDg abgesehen und die bal*
dige TSdtoDg eogeordnet Wahrend das Thier nach dem See-
tionssiminer getragen wurde, trat ein neoer Anfall anf , trots*
dem eben erst ein anderer abgelanfen war. Die Todtang er-
folgte darch den Eehlatich.
Die 16 Standen post mortem aasgefährte Section ergab
folgendes Resoltat:
Gadayer in magerem Znstande, Eorperfett stark gesohwnn-
den, Blot dnnkel, ohne Gerinnungen.
Rechte Niere atrophisch. Lange bi Ctmr«, Breite am
Hilas 2^, Dicke 1,8 Ctmr« Von dem convexen Rande laufen
aber beide Flachen in nicht gleichen Abstanden vier deutlich
ausgeprägte Rinnen nach dem Hilus snsammen, durch welche
das Organ in fünf ungleich grosse Abtheilungen geschieden ist.
Zwischen diesen Rinnen seigt die Oberflache ein unregelmassig
hockriges Aussehen. Ueberall treten gelbliche Erhabenheiten
von rundlicher Form und Stecknadelkopf« bis Erbsengrosse
herror, welche von eingesogenem Gewebe umgeben sind, das
gleich den Torhin genannten Rinnen eine graue Färbung be*^
sitat. Die Kapsel ist derb, schwach verdickt, adharirt fest,
ist nur, mit Zerreissung des Parencbyms und nicht im Zusam»
menhange absolosea. Aof dem Hauptschnitt erkennt man, dass
beide Substansen besonders in dem mittleren Gebiet stark ver-
schmilert sind, an den Seitentheilen betrifft die Verschmale-
rang etwas mehr die Rindensubptana; Durchmesser des Paren-
cbyms von der Kapsel bis aum Becken in der Mitte 1,1, an
den Seiten 1,7 Ctmr. Die Corticalis ist derb und zeigt auf
der Schnittflache dieselben Farbenverschiedraheiten wie die
Oberflache, wenn gleich weniger ausgeprägt, die Marksubstanz
ist deutlich gestreift und von weisser Farbe. Das Becken ist
im Verhaitniss au der Kleinheit des Organs stark erweitert, so
dasa die von ihm ausgehenden, in das Parenohym sich erstrecken-
den Fortsatae durch den Schwund der Marksubstans in gros-
430 Dsminftiiii,
ser Ansdebnnog bloigelegt sind. Zwisehen dieteii Foitsatseii
bleiben starke Yertiefnngen, in denen einige etwa linsengrosee»
gelbbraanliehe , schwach hockrige Concretionen gela^^ert siad.
Eben solche gelbbrionliche feste Krnmel entbalt der Hanpt-
ranm des Beckens selbst neben wenigen Tropfen iirinoser Flfis-
sigkeit. Der Eingang in den Ureter ond dieser selbst ist in
seinem nach der Niere sa gelegenen Theile etwas, wenn aaeh
nnr anbedeoteod erweitert; der Ureter ist jedoch in seinem
ganzen Verlaafe durchgängig.
Linke Niere erscheint stark vergrossert, bei dem Be-
fahlen macht sie sich kenntlich als ein Sack mit flüssigem In-
halt. Die nur spärliche Fettmassen enthaltende Fettkapsel hingt
inniger mit dem Organ sasammen, lasst sich aber doch im Za-
sammenhange abtrenoeo. Grosste Lange des Organs 8 Gtmr.,
Breite am Hilns 4 Ctmr. Oberflache grossteotbeils glatt, nur
stellenweise aneben durch schwache Andentongen von Forehen
and spärliches Hervortreten Ton kleinen gelblichen ' Fonkten
von kaom Stecknadelkopfgrosse in dem sonst granbraonen Ge-
webe. Die Tonica propria hangt aaf das Linigste mit dem Pa-
renchym ansammen, eine Abtrennong ders^ben ist absolut on*
möglich. Der Schnitt dorch die grSsste Cireomferens des
Organs nach dem Hilas zo ergiebt , dass das Becken enorm
erweitert ist ond darch seine Erweiterang das Parenchym stark
Terdrangt hat. Die von dem Becken aasgehenden Fortsatie
springen als starke Leisten aaf der Innenflache vor, die sich
nach der Peripherie so mehr abflachen. Die iwischen diesen
Leisten befindlichen Partien der Innenflache sind etwas aneben
durch stellenweise vorhandene Grübchen, die Wandong des
Beckens ist stark verdickt; die dnnne Lage von Nierensabstant,
welche das so erweiterte Becken ausserlicb aberzieht ond mit
dessen Wandung innig zusammenhängt, ist sehr consistent and
besitzt auf dem grossten Theile der ümfläche nur einen Doreh-
messer von ^ Ctmr., nur an den änssersten SeitentheHea steigt
die Dicke bis auf 1 Ctmr. Bios an diesen ietsterea Stellen
Harnsteine dea Schafes. 431
iat e» noch moglKb, Matk- oiiid ßiadensabstans "ron einander
zu onterscbeiden. Das Becken enthält einige 20 Gnns, orinSs-
schleimiger Flüssigkeit, in derselben finden sich einige Concre-
tionen von der gleichen Beschaffenheit wie in deüi rechten Nie-
renbecken vor, nnr sind einzelne derseslben ein wenig grosser.
Die in den Ureter fiihrende schwach erbsengrosse Oeffnnng ist
dnrch eine starke halbmondförmige Sehleimhantfalte verlegt«
eine zweite Falte springt unmittelbar daraaf in dem Anfangs-
theile des Ureter vor. An dieser Stelle macht der Ureter
obendrein eine stumpfwinklige Biegang, so dass der Uebertritt
von Flfissigkeit aas dem Becken in den Harnleiter durch mehr-
fache Umstände erschwert ist. Gleich hinter der aweiten Falte
erweitert sich der bis dahin enge Ureter bis au dem Umfange
eines nicht au starken. Eleinfingera und behalt diese Erweite-
rung in der Ausdehnung von 8 Ctmr. bei. In diesem Verlaufe
ist er darmahnlich gewunden, seine Wandung stark verdickt,
seine Innenflache mit einzelnen Qnerfalten und mit vielen Grüb-
chen versehen. Dort« wo die sticke Dilatation plötzlich auf-
hört ist das Lumen durch vier der mehrfach genannteu gelb-
braunlichea, steinhart sieh anfühlenden kleinea Krümel, die
sich zum Theil in di^ Wandung hineingedruckt und diese ge-
wolstet haben und die schon von aussen deutlich fühlbar sind*
verstopft. Auch hinter dieser verstopften Stelle nach der Blase
au zeigt der Harnleiter noch in der Ausdehnung von etwa 10
Ctmr. eine schwache Erweiterung und Wandverdiokung, die
allmählich in das Normale übergeht. Die Einmündungen der
Ureteren in die Harnblase und die Blase selbst, die ausgedehnt
und mit Urin gefüllt ist, sind ohne Veränderungen.
Beide Nebennierexi sind von normaler Grosse und Be-
schaffenheit»
Das Rectum ist in seiner Beckenportion stark ausgedehnt
atid mit Eoth gefüllt. An seiner unteren Wandung beünddt
sich , durch starres Bindegewebe angeheftet, in^ der Entfernung
von 14 Ctmr. vom After ein nicht ganz regelmässig oyaler
U9 DftBBSBS,
KootM TOB dar GroMt «iaer kkSsai WallMns. Der KaofeM
bilt sieht gaas dM Mitfe iaae, tOBdan ist etwas mahr nafib
liaks gerielitat; saiaa Lsf^a ist so, dass er bei gefällter flais-
blasa and seitli^ gasdiobaaer Sdiaida nad Gebimattar aof die
Ureterea nafera ihrer Biamaadaagsstana ia die Blase eiaea
Dradc aesübt. Aa seiaer aaterea Fli^a befiadet üdi aach eine
sehwaeh aasgeprfigta Farehe. Beim Biasehaeidea kairsdit er,
seiae Waadaag ist diele, iaaea aiit Kalkbrei belegt» der Linea-
raam ist aasgalBllt Ton einen voa FInssigkeit freien, stark ia
Falten gelegtea Gystieereas teaaieellis, aa dea» der halsartiga
qnergeialteie Fortsats nad der Kopf aoeh deatUch eb erkenaea
sind« In der Nahe dieses Knotens beindet sieh am-Bandifen
angeheftet eine erhaltene Gjstieerensblaae tob Hahaereigrosse
and frei im CsTom der Beekeohohle liegt eia kleiner rondiieker
1,3 Ctmr. langer, 0,G Ctmr. breiter gans Terkalkter Knoten,
der uDSweifelhaft aach aas eiaem CjstioercBs teaoieollis her-
Torgegangea ist.
Voa doB sonstigen Verandernngen sind nnr noch erwih-
nenswerth ein ansgebreiteter Dfinndarmeatarrh mit seros-schiei-
migem Exsadat von alkaliseher Reaetion, einige fettig degene*
rirte Stellen auf der Leber and eia ansgeprigtes Oedem der
Himsabstana mit sehwachem serösem Brgass in die Ventrikel. —
Die mikroskopische Untersachnag der in der angegebenen
Weise rerandert dem Ange sich darstellenden Nieren führte sa
dem nachstehenden ErgebDiss:
Schnitte, darch die Rinde der reehten Niere gelegt lie-
fsrn nicht das gleichmSssige Bild, welches man von normalen
Nieren erhalt, sondern man sieht ^ohlranme, die onregelmaa*
sig, randlich -eckig oder länglich sind and den Dorchmesser
normaler Harnkanälchen an Grosse darchschDittlich am das
Zwei- bis Dreifache obertreffen, Einselne dieser Hohlraame
sind kleiner, manche aber aoch bedeatend grosser. Die Hohl*
riame sind gefallt mit anregeimassigen , randliehen, rnndlieh»
•ekigea and cjliadrischen Zellen. Die ersteren bilden die gros-
Harnsteine des Schafes. 433
I
sere Menge und laufen zum Theil in eine Spitze aas« Einen
regelmassigen Wandbeleg, yvie das bei normalen Harnkanäleh«h
der Fall, haben diese Hohlräume fast durchweg nicht. Auf
feinen Schnitten am Rande sind die Zellen entweder alle oder
zum Theil aus den Hohlräumen herausgefallen, solche Schnitte
zeigen dann, wenn auch an sehr spärlichen Stellen einzelner
Hohlräume, einen kleinen zusammenhängenden Wandbeleg, als
weiteren Beweis dafür, dass die genannten Hohlräume nichts
Anderes siodi als die Durchschnitte erweiterter Harnkanälchen.
Die Zellen, welche die Inhaltsmasse darstellen, sind, wie man
besonders deutlich an den durch Herausfallei^ freigewordenen
erkennen kann, zum grossen Theil grosser als die normalen
Epithelien der gewundenen Eanälchen, mit Fettkornchen erfällt,
viele lassen den Kern, wenn auch zum Theil nur sehr undeut-
lich, erkennen, an manchen unterscheidet man noch Kern und
Eernkorperchen ; vereinzelte zeigen doppelte Form. Ausser
diesen Zellen liegen in verschiedenen Hohlräumen einzelne in
Grosse und Beschaffenheit den farblosen Blutkörperchen ähn-
liche Zellen, kleinere geschrumpfte Zellen, fettige Detritusmas-
sen und in manchen auch Krjstalle, die man als rhombische
Plättchen mit constantem Winkel von nahezu 100 Gr. bezeich-
nen kann. Die Erjstalle sind an den Rändern vielfach einge«
broohen, ihre Grosse ist sehr variabel. Die Bestimmung ist
bei den spärlichen Mengen unmöglich. Schwefelsäure- und
Jodzusatz geben nicht die Cholestearin - Reaction ; in Wasser,
Alkohol und Aether sind sie unlöslich, auch gelingt es nicht,
durch einige Tropfen von concentrirter Schwefelsäure und von
Natron, [welche man, um die Erystalle im Auge zu behalten,
vom Rande her unter das Deckgläschen treten lässt, eine Lo-
sung derselben herbeizuführen. — An Stellen, wo man auf
dickeren Schnitten längere Strecken von Harnkanälchen vor
sich sieht, machen diese den Eindruck von mit breiten Steinen
gepflasterten Strassen. —
Die Interstitien zwisehen den Harnkanälchen sind durch-
Utg. t Thierheilk. ZXXYL 4. 2S
434 DaMmaDD,
weg Terbreitert, hier etw» «of da« Dopple, dort auf das Vier-
ladie des Normalen, ao maodieD Stellen shid sie eben so breit
oder gar noch breiter als die Hoblraome selbst. Hier bestehen
sie aas randlichen oder länglichen Zellen mit homogener Zwi*
sehensabstans , dort aas Spindel teilen mit schwach angedeateter
faseriger Zwischensobstans, an anderen Stellen endlich nar aas
randlichen Zellen mit dem Charakter farbloser Blatkorpercheo.
Grade an diesen letsteren Stellen sind die Interstitien sehr
breit* Exqnisit faserige Beschaffenheit ist kaam irgendwo sicht-
bar, am stärksten noch aaFgepragt an den Fnrchangsstellen.
Die Tonica propria der Hamkanälchen ist meist nicht mehr
zn unterscheiden, sondern in die Interstitien anfgenommen.
Wenn es gelingt, durch Zerzapf en des Präparats einzelne Ea-
nalcben zn isoHren, so erkennt man an ihnen die verdickte
Wandong, die in den meisten Fallen mit zahlreichen Spindel-
sellen besetzt ist, an vereinzelten Stellen aber aach wie ge-
quollen aassieht In den sehr breiten Interstitien bemerkt man
hier nnd da geschrumpfte Kanalchen and Gefasse, stellenweise
sieht man in ihnen auch noch deutlich qaerdarchscbnittene stark
geschrumpfte schleifenf5rmige Kanäle.
Die Glomerali sind meist um ^ bis % verkleinert, manche
haben die normale Grosse, einzelne sind sogar vergrSssert
Um sie herum erkennt man eine breite fasrige Kapsel mit vie-
- len Spindelzellen, am breitesten ist die Kapsel bei den klein-
sten« Nur bei wenigen besteht der Inhalt der Kapsel aus einer
gleichartigen glänzenden Masse, die meisten sind dicht gefollt
mit kleinen rundlichen Zellen und Fettkornchen , manche be-
sonders die grösseren lassen die ursprüngliche Lappung noch
deutlich unterscheiden. An diesen letzteren ist an manchen
Stellen der Inhalt von der Kapsel abgehoben nnd in einzelnen
der so entstandenen Zwischenräume erkennt man dann die glei-
chen FettkSrnchenzellen , wie sie in den erweiterten Harnkanal-
chen enthalten sind. Die grösseren Arterienzweige sind bei
intaotem Lumen in ihrer Wandung durch Bindegewebsmassen
Harnsteine des Schafes. 485
stark verdickt, das Gleiche ist, wenn anch iqreniger ausgeprägt,
bei einigen Vasa efferentia der Fall, während die meisten der-
selben, soweit dies zu erkennen, total obliterirt erscheinen.
Die verdickte Kapsel der Niere ist mit zahlreichen Lymphran-
men durchsetzt, welche zum Theil mit Ljmphkörperohen er-
fallt sind.
Macht man Schnitte durch die Marksnbstanz , so bemerkt
man, dass eine grosse Zahl der graden Harnkanalchen sowohl
in dem mittleren Bezirk als anch in den Seitentheilen mit
klumpigen Massen gefallt ist. Beim Zerzupfen solcher Prapa«
rate ergiebt sich, dass diese Massen aus dicht an einander ge-
drängten Erjstallen in der Form von glänzenden, darchsichti-
gen, das Licht stark brechenden, scharfkantigen, meist stum-
pfen, zum Theil aber auch sehr spitzen Qnadratoctaedern be-
stehen. Schon die eigenthumliche Briefcouvertform weist dar-
auf hin, dass man es mit Krystallen von oxalsaurem Kalk zu
thun hat; die Unloslichkeit derselben in Wasser und Essig*
säure, die Loslichkeit in Salzsäure bestätigt das vollkommen«
In manchen Harnkanalchen nehmen die klumpigen Massen an
den Stellen, wo sie lagern, das Lumen vollständig ein; solche
Kanälchen sind an den betrefifenden Stellen abwechselnd etwas
ausgebaucht und eingeschnürt und nehmen einen schwach ge-
wundenen Verlauf. An anderen Kanälen ist die Füllung keine
vollständige, sondern man kann die Wandung in grosserer Ent-
fernung von den Massen erkennen. Die Füllung beginnt an
der Mündung der Kanälohen oder nahe derselben und reicht
verschieden weit herauf, in manchen nur durch eine kurze
Strecke, in einzelnen fast durch die halbe Länge ihres Ver-
laufes. Dort, wo der ozalsaure Kalk aufhört, finden sich in
einseinen graden Kanälchen dieselben rhombischen Plättchen,
welche bei der Rindensubstanz genannt sind, nnd hier und da
einige Gallertkugeln. Die Interstitien zwischen den mit Kalk
gefüllten Kanälen sind um das Zwei- bis Dreifache verbreitert
and enthalten zahlreiche Spindelzellen, an manchen Stellen,
28*
486 Dammann,
wo die MO veränderten Kanalchen in groiseren Mengen enaain-
menliegen, ist die ganze Umgebung in grosser Ansdefanang in
eine bindegewebige Masse Terwandelt« Die von Kalk freige-
bliebenen and nicht in Bindegewebe aufgegangenen geraden
Kanälchen enthalten neben Fettkornchensellen aahlreiche rand-
liche körnige Zellen, welche die farblosen Blotk5rperchen an
Grosse etwas abertreffen, an manchen kann man das Wand-
epithel noch deatlich erkennen. Dass die Marksabstanz Ton
dem Becken her stark geschwnnden ist, ergiebt sich aneh mi-
kroskopisch schon aas dem Umstände, dass zahlreiche schlei-
fenf5rmige Kanalchen sehr nahe an die Mandongen der Canali-
call recti herantreten. Aach in manchen schleifenformigen Ka-
nälen werden einzelne Gallertkageln erkannt.
Schnitte durch die Parenchjmreste der mittleren Bezirke
der linken Niere stellen dem Untersucher einen weit vorge-
rückten Schrumpfungsprocess vor Augen. Die Malpighischen
Korperchen erscheinen in denselben Zuständen, wie in der rech-
ten Niere, nur ist die faserige Kapsel um sie herum durchweg
noch um ein Bedeutendes breiter. Ausserdem bemerkt man
mehr oder minder stark geschrumpfte Harnkanälchen, von denen
indess nur sehr wenige, sei es auf Längs- oder Qneransichten,
noch im Zusammenhang befindliche Fettk5rnchenzellen als In-
halt wahrnehmen lassen. Viele auf die Hälfte oder den dritten
Theil ihres normalen Umfangs comprimirt, lassen nur verküm-
merte zellige Gebilde oder kornigen Detritus erkennen. Die
meisten sind unzweifelhaft in die Interstitien aufgegangen, welche
auch hier entweder aus Spindelzellen mit faseriger oder aus
rundlichen nnd länglichen Zellen mit mehr homogener Zwischen-
substanz bestehen und welche im Verhältniss zu den Kanäl-
chen die grössere Masse ausmachen. Sämmtliche verkummer*
ten Tubuli haben einen gewundenen Verlauf, von graden Ka-
nälchen ist keine Spur sichtbar. Die Wandung der grosseren
Arterien ist auch hier wieder stark bindegewebig verdickt. —
Nur an den äussersten Seitentheilen , dort, wo auch das blosse
Harnsteine des Schafes. 437
Auge noch Mark* and Rindensabstans za anterscheiden vier-
mag, ist die secernirende Sabstanz ein wenig erhalten. In der
Corticalis tritt die letztere wenigstens nicht in dem Maasse ge-
gen die bindegewebige Zwischensabstanz znruck. Wenn auch
sonst die Verhältnisse die gleichen sind, so giebt es hier we-
nigstens noch einzelne Kanäle, in denen man in den mit Fett-
kornchen gefüllten Zellen noch schwache Andentungen von dem
Kerne za erkennen im Stande ist. In der Marksnbstanz ist
stellenweise das Bindegewebe so stark gewuchert, dass man
nur in grossen Entfernungen zwischen dem faserigen, zahllose
Spindelzellen enthaltenden Gewebe vereinzelte verkümmerte
Tabuli recti wahrnimmt. An anderen Stellen halten sich Hiese»
die bald mehr bald minder geschrumpft sind, und die Intersti-
tien an Masse etwa das Gleichgewicht« Unter den graden Ka-
nälchen finden sich einzelne, an denen man noch vollkommen
deutlich auf grosse Strecken den normalen epithelialen Wand-
beleg erkennt. In anderen sieht man, wenn auch nur ganz
schwache, Spuren von ozalsaurem Kalk. —
Die kleinen gelbbraunlichen Concremente, welche bei der
Section in beiden Nierenbecken und in dem linken Harnleiter
gefanden wurden, sind von mir meinem hiesigen Collegen Prof.
Krocker zur Untersuchung übergeben worden, welcher wie
folgt darüber berichtet:
„Die kleinen, gelblichen, cylindrischen, schwach h5ckrigen
Concretionen, welche von trüber, eiweisshaltiger , stark alka-
lisch reagirender Flüssigkeit umgeben waren , wurden bei dem
Austrocknen fast weiss und zeigten eine ziemlich deutliehe
Schichtung auf der Bruchfläche. Die Steine zerrieben sich
unter Knirschen zu einem sandigen Pulver, waren sehr hart,
fast völlig unlöslich in Säuren. Der Rückstand gab unzweifel-
hafte Kieselerdereaction, in der Lösung waren nur Spuren von
Kalkerde und Schwefelsäure; bei dem Glühen zeigte sich die
Gegenwart einer sehr geringen Menge organischer Substanz*
Die geringe zar Disposition gestellte Menge gestattete nicht
4M DsBSsaa,
die qmtmmauwe
Abb der TonteiModea DaiBtellaBg d« Kreakheitofidlci er-
gi^bt lidi, deas des ie Rede steheede Sdiif aa der sogeeaeeteD
■nüaiedieB lotoziealion zu Gmade gegai^ca ist. Die aaiaDs-
weise aoftreteadea Conrvlsioaen Mit dem Chankter epüepti-
scker Krämpfe, der swisdieakergdieiide Sopor aad die See-
tJOBserscheinongea beweisea das sor ToUeii Endeas. Das au-
ein sdbos bietet ein besoaderes lateresse, die Zeiehea der Uriaiie
bei dem Schafe constatirt so haben, weil die Literatur Fa&e
decselbea bei dieser Thiergsttoag aieht anfniweiseB hat.
Des Znstaadekommen der Uraaue lasst sich sarn^fohren
aof die D^eneration der beiden Nieren. Weaa maa diese
Organe for sieh betrachtet, daaa kommt man Aafsngji leidit
aof den Gedanken, dass die atrophische redbte Kiere die
soerst affidrte gewesen sei und dass erst die spater hinsage-
tretene nnd immer weiter vorgeschrittene Yeriademog der lin«
ken Niere snm Ansbmch der Urämie die Yeranlassnag gege-
ben habe. Diese Ansicht ist nntweifelhsfl eine irrige, eine
genaue Prafnog der Toriiegenden Thatsachen moss an einem
anderen Schlösse fahren» Das SectionsprotokoU neigt, dass an
der noteren Wandung des Mastdarms ein Cjstieerens gesessen
hat, der bei gefällter Blase einen Druck auf die ober dieselbe
laufenden üreteren ausöben konnte. Es ist höchst wahrschein--
lich, dass dorch den Gegendruck von Seiten der Blase das Ab-
sterben oud die Verkalkung des Cjstieerens herbeigefohrt wor-
den ist. Die Lage desselben etwas mehr nach der linken Seite
sowie der Umstand, dass die an seiner unteren Flache befind-
liche Rinne genau für die Starke und den Verlauf des linken
Ureter passt, sprechen dafür, dass die Pression xnerst und yor-
nehmlich auf diesen stattgefunden haben mnss. Die nächste
Harnsteine des Sehafes. 439.
CoDseqnens dieses Drucks var die Zaruckstauang des Urins in
den rückwärts gelegenen Theil des Harnleiters und das Nieren*
becken. Die dann folgende Aasscheidang der in dem Harn
gelost vorhandenen Eieselsänre, welcbe den wesentlichen Be-
standtheil der kleinen Ooncretionen aasmacht, ist wohl am pas-
sendsten durch eine Einwirkung von kohlensaurem Ammoniak
zu er klaren, welches sieh nach und nach in dem stagnirenden
Urin durch Zersetzung des Harnstoffes gebildet haben mag.
Die so allmählig entstandenen Steinchen setzten sich zum Theil
in der Schleimhaut des Harnleiters fest, brachten diese zur
Wulstung und gaben damit ein neues, stärkeres und andauern-
deres Hinderniss für die Entleerung des Urins in die Blase.
Denn die durch den Cysticercus veranlasste Stauung war docli
immer nur eine vorübergehende, weil sie nur bei gefüllter Harn-
blase oder bei einer zeitweisen Verstopfung des Mastdarms be-
stehen konnte. Dass die Verhältnisse sich so entwickelt und
dass nicht etwa die Kieselsäuresteine primär die Veranlassung
zur Stauung abgegeben haben, muss man unzweifelhaft aus
dem Umstände schliessen, dass die Dilatation des Ureter sjch
von dem Nierenbecken an nicht blos bis zur Lagerungsstelle
der Ooncretionen, sondern, allerdings in geringerem Grade, weit
über diese hinaus erstreckte und erst allmählig abnehmend in
das Normale überging«
So mnsste es denn durch die von den Concr erneuten be-
wirkte Stauung und obendrein durch die an dem Ursprünge
des Ureter vorhandenen klappenartigen Schleimhautfalten, die
wohl erst im Verfolg der Stauung sich gebildet haben, mög-
licherweise aber auch angeboren gewesen sein können, zu der
Entwickelang der Hydronephrose kommen. Der gestaute Urin
gab durch seinen Druck den Anlass zu der immer mehr zu-
nehmenden Erweiterung des Harnleiters und besonders des Nie*
renbeckens, durch Druck und Reizung zugleich zu dem Auf-
treten eines interstitiell - entzündlichen Processes in dem Nie-
renparenchym. Das letztere schrumpfte nach und naeh so be-
440 Dami
deotand , das« aar ooch tparliehe Beate Ton ibm fibrig bliebeir,
wahrend die atagnirenden HammaaBen durch ihre retsende Bio-
wirkong eine lehleimige Abaonderong an der Wandung de»
Nierenbeckens in Scene setxtea. Eine Secretion ron Ham
hat aber bia snm Schlaue, besonders in den theiiweise noch
leidlich erhaltenen Seiteapartieen stattgefaaden nnd dieser ist,
wenn auch nnter sehr erschwerten umstanden, aam Theil noch
in die Blase entleert worden , denn die Verstopfaog war ai»
der Lagerangsstelle der Coacretionen höchstens aeitweise dnrcb
starke ScLwelloog der Sehleimhaot eine totale, dauernd aber
sicher nicht. Das beweist die rerhiltnissmassig geringe Dila-
tation and die starke Waodrerdlcknng des nach dem Nieren*
beeken an gelegenen Harnleitertheils. Ware die Verstopfung
eine absolute gewesen, m> mnsste es zweifelsohne au einer w^t
bedeutenderen Ausdehnung gekommen sein, als es hier der
Fall ist.
Diese linksseitige Hjdronephrose hatte indess noch lange
ohne wesentlichen Nachtheil für den Organismus bestehen kön-
nen, wenn die rechte Niere in den Zustand compensatoriscber
Hyperplasie getreten wäre nnd die Absonderung für die andere
mit übernommen hätte. Da sie aber nicht intact blieb, sondern
auch erkrankte, mnsste sich eine üble Rückwirkung geltend
machen. Dass ihre Erkrankung nicht etwa erst eintrat, nach-
dem die linke Niere absolut fanctionsunfahig geworden war,
resultirt aus dem eben angeführten Momente, dass von der
letzteren bis zum Tode des Thieres noch etwas secemirt wor-
den ist. Es wird sich weiter, was schon oben mit einigen
Gründen belegt ist, mit Gewissheit ergeben, dass die Affeetion
der rechten Niere etwas später begonnen hat, als die der linken.
, Die rechte Niere befand sich bei dem Tode des Thieres
in dem Zustande der sogenancten Granularatrophie. Sie war
schon stark geschrumpft, besonders der Dicken durchmesser hatte
bedeutend abgenommen. Die Granularatrophie ist aufzufassen
als die Folge einer interstitiellen Nephritis. Nach den beim
Harnsteine des Schafes. 441
MenBohen and auch bei anderen Hansthieren gemachten Erfah-
rungen beschrankt sich solche Entsündang auf die Corticaisnb-
stanz der Niere. In dem vorliegenden Falle hat die Entzdo-
dang aber auch die Marksabstanz betroffen and diese ist, wie
ans der obigen Beschreibang za erschliessen, darch Druck von
dem Becken aas zum Schwinden gebracht worden. Diese That-
sachen in Verbindung mit der schwachen Erweiterung des Harn-
leiters geben einen Fingerzeig für das Zustandegekommensein
des Processes ab. Man darf unbedenklich annehmeii, dass es
sich auch hier um eine Stauung gehandelt hat. Der genannte
Cysticercus hat jedenfalls bei seiner zunehmenden Vergrosse-
rung zeitweise» wenn die Harnblase und das Rectum stark ge-
füllt waren, auch den rechten Ureter nahe seinem Ende com-
primirt und den Urin nach dem Nierenbecken zurückgedrängt,
Demgemäss kam es auch hier zur Entstehung von Kieselsaure-
concrementen , die sich jedoch nicht in dem Harnleiter fest-
setzten, wie die volle Durchgangigkeit desselben ergiebt. Da*
neben aber bildete sich aus den Bestandtheilen des stagniren-
den Harnes, vielleicht durch Umsetzung vorhandener Milch*
säure auf dem Wege der Oxydation oder durch Umsetzung des
Harnstoffs auf dem Wege der Reduction Oxalsäure, und es tra-
ten Sedimente Oxalsäuren Kalks in den graden Kanalchen der
Marksubstanz auf. So erklärt sich aus dem Druck des gestau«
ten Urins die Erweiterung des Harnleiters und des Beckens
sowie die Abflachung der Marksubstanz, aus dem Reiz des
Urios und jedenfalls auch aus der Irritation, welche die scharf-
kantigen Krjstalle auf die Wandung der Tubuli und das zwi-
schen ihnen befindliche Bindegewebe ausübten, der durch die
ganze Niere verbreitete interstitiell -entzündliche Process.
Diese Entzündung hat auch in unserem Falle mit der Ein-
lagerung zahlreicher lymphatischer Elemente in die Interstitien
zwischen den Harnkanälchen begonnen, welche an manchen
Stellen ja noch beim Tode des Thieres vorhanden waren. Die
durch sie geübte Compression der Gapillaren wurde die Ur-
449 DsmiiiAiio.
Sache, dais die Epithelien der Harnkanalcheo , betonders der
RindensabstanB, nicht mehr aasreichend mit Ernfthrangsmaterial
rersorgt werden konnten and demiofolge der Nekrobiose, dem
Process der fettigen Degeneration anheimfielen. Die bedeutende
anregelmafsige Erweiterung der Tabali hatte ihren Grand aber
nicht blo8 in der Aafqaellang vieler der Epithelien, sondern
sicherlich aach in der Staaang des gebildeten Secrets, die die
Abscheidang der rhombischen Plattchen bewirkte, and in dem
Eintritt von Blatbestandtheilen aus Anlass des gesteigerten
Blatdracks. Es versteht sich, dass in Folge der Verbreiterang
der Interstitien and der Erweiterang der Eanalchen im Beginn
des Processes eine Vergr5sserang des ganzen Organs bestan-
den haben mnss« Nach einiger Daaer ist dann die ümwandlong
der mit zelligen Gebilden impragnirten Intertabalarsabstanz in
bindegewebige Massen erfolgt, die aber noch keineswegs über-
all, am meisten noch im Bereiche der Marksnbstans , bis zar
streifigea Beschaffenheit gelangt war. Die damit rerbandene
Schrampfang brachte den Untergang tahlreicher Hamkaoalehen
and Gefasse and eine Verkleinerang der Niere za Wege« Ab-
geschlossen war der Process bei dem Tode des Thieres aber
noch keineswegs, die Niere vielmehr immer noch im Stande,
etwas za secerniren. Am besten hatten sich verhältaissmassig
noch die Glomernli trotz ihrer breiten fasrigen Kapsel erhal-
ten, von denen erst einzelne vollständig za Grande gegangen
waren, ein Umstand, der seine Erklarang darin findet, dass
sie darch ihre intracanalicalare Lage vor äusserem Druck mehr
geschützt sind.
Bis zu dem angegebenen Grade der Degeneration waren
die harnbereitenden Organe vorgeschritten, als plötzlich der
urämische Anfall eintrat. Beide Nieren konnten noch secerni-
ren, ja sie müssen zar Zeit des Anfalles sogar in verstärktem
Maasse secernirt haben, da die Blase bei der Section mit Urin
stark gefällt gefanden warde« Der in unserem Fall vorliegende
Befand lässt sich zur Losting der immer noch schwebenden
Harnsteine des Schafes» 443
Frage, welches die näheren Ursachen des Auftretens der Urämie
sind, nicht verwerthen. Bekanntlich ist man in den letzten
Jahren von der besonders von Frerichs lebhaft vertretenen
Ansicht, dass die Intoxication des Blates mit einem unter dem
Einflasse eines anbekannten Fermentes auftretendem Zerseczungs-
produkt des Harnstofi*es, dem kohlensauren Ammoniak, die Er-
scheinungen der Urämie bedinge, ziemlich allgemein zurückge-
kommen, weil die meisten neueren Untersucher der Anwesen-
heit von Ammoniak im Blute und Athem bei Retention von
Harn mit aller Bestimmtheit widersprachen. Es mag dahin ge-
stellt sein, ob die neuerdings von Voit*) aufgestellte Theorie
die richtige ist, dass die Urämie sich daraus erkläre, dass alle
nicht gasförmigen Zersetsung^produkte aurückg eh alten, werden
und zwar nicht blos im Blute, sondern auch in den Organen.
Für den vorliegenden Fall hat die Auffassung Traube' s sehr
viel für sich, dass die sogenannte urämische Intoxication ihren
Grand habe in einem Gehirnodem, das hier vorgefunden ist,
und in der durch dasselbe bedingten eapiUären Anämie des
Gehirns, —
Steinige Concremente in dem Nierenbecken des Schafes
sind bisher am seltensten zur Beobachtung gelangt, was immer
noch nicht beweist, dass sie auch wirklich selten sind. In der
gesammten Literatur liegt nur eine quantitative Analyse von
solchen vor, welche Fürstenberg an den in der Sammlung
der Berliner Thier arzneischule aufbewahrten Nierensteinchen
vorgenommen hat. Den Hauptbestandtheil derselben, nahezu
die Hälfe, machte die Kieselsäure aus; daneben fanden sich
kohlensaurer Kalk, kohlensaure Magnesia, organische Materie,
sowie Spuren von Eisen und Wasser. Mit unserem Falle zeigte
sieh demnach insofern eine Aehnlichkeit, als auch bei ihm die
Kieselsäure vorwaltend auftrat, ja sogar noch in viel höherem
*) Zeitschrift für Biologie von Buhl, Pettenkofer, Radl-
kofer, Voit. IV. Bd, p. 140 sqq.
444
2.
Pbosphat-SediaeDte aqs der HarablAse aad
HAmröhrcu
Am 14. Mirs wurde mir tob dem Beamten des s«r Do-
mmoe Proekmo gehöriges Gate« S. eine HAmblaae im Zosrnn-
mesheoge mit der ganxea Rathe nbersdiiekt oüt dem Bemer-
ken, da«e des Thier, tod dem die Tbefle berrübiten, ein Mast-
hsmmel, plotxlich so krank geworden sei, dass es sebleonigst
babe geseblaebtet werden mossen. Nach den ganzen Ersdiei-
Bongen sei xa Termotben, dass ein Stein in der Hamrobre sieh
festgesetzt babe. Die Blase war gespannt mit Urin gefallt,
welcher durch einen Einstich entleert trnbe erschien nnd sta^
alkalisch reagirte. Nach seiner Eotfemang bemerkte man, dass
die Scbleimhaotoberflache hier nnd da mit einem grobkörnigen
erdigen Sedimente Ton nicht sehr fester Beschaffenheit besetat
war, das sich leicht s erdrücken Hess. Bei dem Anschneiden
der Harnröhre Ton der Blase aas ergab sich, dass aach diese
dnrch ihre ganze Lange die gleiche dickbreiige erdige Masse
enthielt« An einigen Stellen, besonders an der S- formigen
Krnmmang nnd aach weiter nach vorn, etwa 5 Ctmr. Ton der
Aasmandang entfernt , war das Lamen darch ' den Gries tota
verstopft nnd stark aasgedehnt. Das Sediment, welches einige
Grammen betrag, warde aaf ein Ufarglas gesammelt nnd war
am nächsten Tage in Folge VerdanstaDg der Feuchtigkeit su
einer grobpnlrrigen Masse geworden. Die Schleimhaat der
Blase zeigte sich geschwellt, streifig and fleckig gerothet, an
zwei Stellen in dem Darchmesser Ton 2 bis 3| Ctmr. war sie
■
dnrch Blatang in ihr Gewebe sertrammert, hier lagerten neben i-
Harnsteine des Schafes. 445
dem Qewebsdetritas kleine Blntgerinnsel. Nahm man von ande-
ren Stellen der SchleimhantoberflSche etwas unter das Mikroskop,
60 sah man zahlreiche Krystalle ron phospborsaurer Ammoniak-
Magnesia in den bekannten Formen, welche anf Znsats von
Essigsänre leicht schwanden, von Alkalien aber nicht angegrif-
fen wnrden. Daneben wurden Epithelien der Blasenschleim-
hant, zahlreiche sehr kleine, stark contrahirte Schleimkorper-
chen nnd verschiedene Formen von GährnngspiJzchen wahrge-
nommen» Aach die Schleimhaut der Harnr5hre war geschwellt
and an einzelnen Stellen auch schwach streißg gerothet.
Der Director der hiesigen thierphjsiologischen Versnchs-
station, Dr. Weiske, hatte anf meinen Wunsch die Gate, eine
quantitative Analyse des Sediments anzufertigen. Ich lasse das
Resultat seiner Untersuchung folgen:
„Das Sediment bildete ein grobes weissgraues Pulver, wel-
ches unter dem Mikroskop Erystalle von 2 MgO. NH^ O. PO^
-j- 12 aq. erkennen Hess» Beim Glühen verlor dasselbe 50,581
pCt. seines Gewichts und entwickelte hierbei den für stickstoff-
haltige Substanzen charakteristischen Geruch nach verbrannten
Haaren. Eine nähere Bestimmung der vorhandenen stickstoff-
haltigen organischen Substanz war bei der geringen Menge des
Materials nicht möglich. Der feuerfeste Rückstand betrug
49,419 pCt. und bestand neben Spuren von Eisen ausschliess-
lich aus 2 MgO. POg. Die quantitative Analyse des betreffen-
den Harnsedimentes ergab für dasselbe folgende Zusammen-
setzung :
20,979 pCt. HO bei 100 ® flüchtig,
8,754 9 organische Substanz,
70,267 „ 2 MgO. NH^O. PO^ + 12 aq.
100,000 .
Das Sediment bestand also fast durchweg aus phosphor-
saurer Ammoniak -Magnesia. Die Analyse hat deshalb ihre
grosse Wichtigkeit, weil sie das Vorkommen von Phosphatr
Sedimenten in der Harnblase von Schafen unzweifelhaft nach-
446 Dam mann,
weist. Schon Bonlej*) hatte ein antgebreitetes Vorkommen
von Tripelpho8phat*Concrementen in der Blaee und Harnröhre
bei drei bis vier Monate alten Lamm ern beobachtet, und Für-
stenberg^) einen Fall mitgetheilt, in welchem ans dem In-
halt der Blase eines Schafbockes, welcher geschlachtet wor-
den war, weil mehrere Steinchen in der Harnröhre eich ein-
geklemmt hatten , grosse Kristalle Ton phosphorsanrer Am-
moniak-Magnesia sich aasBchieden. Anch Roloff***) schloss
ganz mit Recht aas einigen Beobachtongen bei Wiederkäaem,
in welchen eine chemische Untersnchnng der gefundenen Con-
cremente stattgefunden hatte, dass die grosse Wahrschein-
lichkeit fnr das Bestehen * derselben aas dem genannten
Doppelsala spreche. Dagegen versieht Brnekmallerf) die
Stelle in seinem Lehrbach der pathologischen Zootomie, an
welcher er die Boa ley' sehe Beobachtung wiedergiebt, mit
einem Fragezeichen und druckt dadurch seinen Zweifel an der
Richtigkeit der vorgenommenen Analyse aus. An einer an de«
ren Stelleff) bemerkt er, dass die Angabe von Forsten berg,
dass bei dem Rinde anch aus phosphorsaarer Ammoniak -Ma-
gnesia gebildete Nierensteine vorkommen, auf einer Verwechs-
lung des untersuchten Steines beruhen durfte, da Harnsteine
mit diesem Bestandtheil bei dem Rinde doch au sehr den ge-
genwärtigen Eenntoissen von der chemischen Zusammensetsun^
und Bildung des Harnes wiedersprachen.
Brück müller hat seinen Zweifel und seine Bemerkung
nicht weiter begründet. Es liegt aber am nächsten zu vermn-
then, dass er seine Grunde dem Umstände entnimmt, dass in
*) Cfr. Repertorium d« Thierheilkuude 1855, p. 140.
**) Cfr. Mittheikngra a. d. thierärztlichen Praxis v. Müller und
Roloff, 1868, p. 126.
•♦♦) Mittheilungen a. d. thierärztlichen Praxis, 1868, p. 126 und
Zeitschrift des landw. Central Vereins d. Prov. Sachsen, 1867, p, 211.
t) Cfr. 1. c. p. 674.
tf-) Ibid. p. 663.
Harnsteine des Schafes. 447
dem Harn der Wiederkäuer nur sehr geringe Mengen von
phosphorsauren Saison auftreten. Nun ist es aber eine fest-
stehende Thatsache, dass die Constitution des Harnes durch
die Beschaffenheit der Nahrung bedingt wird. Der Harn der
Pflanzenfresser nimmt ganz den Charakter des Carnivoren-Harns
an, wenn erstere genothigt werden, nur animalische Kost zu
geniessen oder wenn man sie längere Zeit hungern lässt, so
dass das Leben allein auf Kosten der Korperbestandtheile un-
terhalten wird. Auch der Harn noch säugender Wiederkäuer
zeigt neben Harnstoff Harnsäure, Kreatinin und saure Reaction
in Folge der Anwesenheit saurer, phosphorsaurer Salze. Un-
zweifelhaft muss auch bei rein vegetabilischer Kost die Menge
der Phosphorsäure im Urin der Wiederkäuer sehr variiren je
nach der Menge und Beschaffenheit der aufgenommenen Nahrung.
Der in Hede stehende Hammel war mit einer grossen
Zahl anderer Hammel und Schafe zur Mast aufgestellt worden
und hatte in der ersten Periode, welche 40 Tage dauerte, pro
Tag 1 Pfund Heu, 1^ Pfund Futterstroh und Spreu, 8 Quart
Schlempe, 2 Pfd« Runkelrüben, |f Pfd. Wicken und % Pfd.
Bohnen (Korner) erhalten. In der zweiten ebenfalls 40tägigen
Periode war diesem Futter ^ Pfd. Gerste, in der dritten ^ Pfd.
Erbsen und ^ Pfd. Gerste (Koro er) zugesetzt worden. Kurz
vor Ablauf der letzten Periode, welche gleichfalls 40 Tage um-
fassen sollte, trat die Erkrankung ein. Wenn man den Durch-
schnittsgehalt der genanntnn Futterstoffe an Phosphorsäure bei
der Berechnung zu Grunde legt, so kommt man zu dem Re-
sultate, dass das Thier in der ersten Periode täglich 14,36,
in der zweiten 15,26, in der dritten 16,36 Grms. Phosphor-
säure in dem Futter aufgenommen hat. Dieses Quantum ist
ein ungemein hohes« Giebt man einem Schafe auf 100 Pfd.
Lebendgewicht ein Beharrungsfutter von 1,2 Pfd. Heu, 1 Pfd.
Stroh, 2 Pfd. Presslingen und 0,125 Rapskuchen, so erhält es
darin 6,14 Grms. Phosphorsäure und selbst ein Schaf, welchem
als tägliche Mastration die Menge von 2 Pfd. Heu, 5 Pfd. Stroh,
448 DanmaBa,
0,3 Pfd. Rspckoehen nnd 0,1 Pfd. Leinkachen gereicht
kaon darin immer oiir 9,8^ Grms. Phosphorsiore TeraelireiL.
Dam «ach die Meoge der aofgeDommenen Magnesia bei der
grossen Fottermasse, welche der Hammel rersehrte, eine be-
deutende gewesen sein mnss, rersteht sich tob selbst. Leider
habe ich den gewünschten Harn tod einigen der anderen mit
cor Mast aufgestellten Thiere, dessen üntersnchong hier grade
sehr interessante Aufschlüsse hatte geben können, nicht erhal-
ten, da das Auffangen in den ersten Tagen Tersanmt war und
die Thiere dann bald an den Fleischer abgeliefert wurden.
Von den sammtliehen anderen Masthammeln und Schafen
ist kein Stuck erkrankt« Erwagt man diesen Umstand und be*
rncksichtigt man den angegebenen pathologischen Befund, so
erklart sich der Torstehende Fall am ungezwungensten in fol-
gender Weise: Der Urin des qu. Hammels hat in Folge des
genossenen Futters sauer reagirt, die phosphorsaure Magnesia
wurde durch die Torhandene Saure in Lösung erhalten. In
Folge eines Blasencatarrhs , den das Thier sich suzog, fand
eine Zersetzung des Harnstoffes in kohlensaures Ammoniak statt,
durch welches eine Ansfallnng tou phosphorsaurer Ammoniak-
Ma^esia zu Stande kam. Das so gebildete Sediment mag
seinerseits wieder zur Steigerung des Harnblasencatarrhs we-
sentlich beigetragen haben.
Die Ansicht TOn Bruckmnller, dass die Harnsteine der
Wiederkäuer nicht wohl aus phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia
bestehen könnten, kann sonach als stichhaltig nicht bezeichnet
werden. Die Möglichkeit ihres Vorkommens lasst sich a priori
erklaren und wird durch den Torstehenden Fall thatsachlich
erwicaen.
Harnsteine de» Schafes. 449
3.
Harnblasen« und Harnrohrensteine ans kohlen*
saurem Kalk und Kieselsaare bestehend*
Wenn man absieht von dem eben besprochenen Phosphat-
sediment, so bietet die gesammte Literatnr nur zwei Analysen
von „Harnrobransteinen^ des Schafes: eine altere Ton Las-
saigne an einem von Girard gefundenen Stein, welche al^
Hauptbestandtheil Kieselsaare ergab, neben welcher organische
Materie nnd Sparen von Eisenozyd auftraten, und eine neuere
von Lintner an Concrementen angestellt, welche May bei
Operationen und Sectionen gesammelt hatte.*) Auch bei der
letzteren war der vorwaltende Bestandtheil Kieselsaure -—
71,05 pCt. — , neben der 11,62 Kalk, 6,24 Schwefelsaure,
Spuren von Magnesia und Eisen und 11,03 pCt. organische
Substanz gefunden wurden. Die Ergebnisse beider Analysen
schienen die neuerdings ausgesprochene Ansicht zu bestätigen,
dass seit dem von Henneberg und Strohmann gelieferten
Nachweise, dass die Kalksalze bei den Wiederkauern nur in
geringer Menge mit dem Harne ausgeschieden werden, die frü-
here Annahme, nach der die Harnrohrensteine dieser Thiere
vorzugsweise aus Kalksalzen beständen, nicht mehr recht sich
vertheidigen lasse« Ich habe seit meinem Hiersein eine Reihe
von Harnröhren steinchen des Schafes gesammelt, dieselben aber
nicht zu einer quantitativen Analyse benutzt, weil sie von ver-
schiedenen Thieren herrührten. Um so erwünschter war es
mir, durch die Gute des Collegen Departements-Thierarzt Ld-
thens in Oppeln eine grossere Zahl solcher, von einem Thiere
stammend, zu erhalten«
Lüthens theilt mir über den betreffenden Fall mit, dass
er am 29. Juli 1869 Nachts zu einem werthvoUen Schafbock
^ Cfr. N. Repert. Pharm. XV. 32. nnd May, die inneren und
äasseren Krankheiten des Schafes, p. 301.
Mag. f* Thierhellk. XZXYI. 4. 29
460 PaviDliao»
gerufen lei, welcher an HarnverbaltaDg litt and bei dem er
ohne Schwierigkeit in der S* formigen Krammnng des Penis
einen Stein ermittelt habe. Br entfernte diesen noch in der-
selben Nacht beim Lampenlicht durch den Harnrobrenscfanitt.
Die Wände heilte gat und der Bock zeigte sich fünf Wochen
lang gims gesund, als plötzlich von Neoem eine Harnver-
haltung eintrat. Diesmal warde aber nicht sofort Hälfe
nachgesncht, weil man einen ^weiten Stein nicht vermuthet
hatte. Trotzdem wurde auch diesmal die Operation mit Er-
folg ausgeführt, aber einige Tage spater stellten sich neue
Nachschübe von Steinen ein und es erfolgten Infiltrationen
des Urins im Verlaufe des Penis, am Schlauche and Hoden-
sack, an letzterem so stark dass er bis auf die Erde her*
abhing. Der Bpck ging zu Grunde nnd bei der Section war-
r
den tbeils in der Harnblase, theils in der Harnröhre noch 31
Steine vorgefunden.
Dieser üble Aufgang muss natürlich in solchen Fiillen, wo
immer neue Steine aus der Blase nachrücken, stets eintreten*
Aber glücklicher Weise handelt es sich oft genug, wie ich aas
eigener Erfahrong weiss, nur um die Anwesenheit eines ein.
zelnep Concrements.
Auf mein Ersuchen hat Dr. Weiske auch diese Concre-
tipnen einer Analyse unterworfen und theilt darüber Folgen-
des mit:
,,Die Steine bildeten gelbbraune, runde, massive Eorner
von 1 — 2 Mm. Durchmesser and bestanden aus einem Kern
von SiOjgi der von einer Schicht CaO, CO, und MgO uml^^-
gert war. Beim Behandeln mit HCl losste sich die äussere
Schicht unter Aufbrausen und der SiO^-Kern blteb zurück.
Die quantitative Analyse zweier Korner mittlerer Grosse, von
denen der eine 0,0328 Grms., der andere 0,0388 Grms, wog,
nnd ersterer mit HCl' behandelt, letzterer mit NaO, COg 4~
KO, CO2 aufgeschlossen wurde, ergab folgende Zasan^men-
setzung:
Hamsteme des Schafes. 451
S,084 pCX HO (bei 100 Gr. C. g&ttodküiet),
6,707 „ OrgsD. Sobatans,
54,573 „ CaO, COj,
5,224 „ MgO^
80.412 „ SiO,.
100,000 pCt.
Die Analyse seigt, daas der kohlensaure KiUk sehr wohl
in vorwaltender Menge in den Harnsteinen der Wiederkäuer
aufzutreten vermag, dass mithin der angefahrte apriori^tische
Sehlass nieht gerechtfertigt ist. Die sammtlichen Angaben aber
liefern den bestimmten Beweis, dass sowohl die Kieselsfinre»
«Is die phpsphorsanre Ammoniak- Magnesia, als der kohlen^
saure Kalk den Hauptbestandtheil der stehugeQ Cofioreokento
ift dea Hamorganen des Schafes bilden kann.
f
V.
Zur Patkogcnie des Pferdci-«tic&
Von Küitner,
RössarKt im Prenss. Garde -Hnsaren- Regiment
Das Remonte - Commando deä Garde- Husaren -^ Regiment»
hatte auf dem Rückmärsche in den letssten Tagen des Monats
Aognst 1868 in der Stadt D. auf eine Nacht Quatier bezogen,^
^roseibet ,14 Tage früher eine cum Manöver marsohirendo
Schwadron Dragoner, unter deren Pferden kurae Zeit na<^ dem
'Aasniarsche aus D. mehrere als rotzig erkanut wurden und
deshalb getodtet werdeu mussten, eittquartirt gewes'en war. Die
Dicht desinfieirten Ställe, an deren Tbüren noch die Zähl der
dort gestandenen Pferde und die Benennung des Dragoner^Re-
^ments sa lesen war, wurden mit den Pferden des 'Remonte«
29*
^b2 Kiittner,
Commandot beiogeo, weil bei dem letierea Niemand eine Ahnnng
davon hatte, dasa die Stalle infioirt seien; ent mehrere Stun-
den nach dem Einrücken wurde die« in Erfahmng gebracht.
In der Garnison Potsdam angelangt wnrde von dem Vorstehen-
den dem Regiments- Commando pflichtschuldigst Mittheilnng ge-
macht, und darauf von diesem die nothigen Vorsichtsmsass-
regeln angeordnet, um im Falle eines Aosbmcbs der Rotskrank-
beit die Weiterverbreitong auf die übrigen Pferde des Regi-
ments an verhüten •
Am 3, Ootober, 14 Tage nach dem Einrücken in die Gar-
nison und ungefähr 5 Wochen nach dem Quartier in der Stadt
D, erkrankte das auf Commando gewesene Officierpferd unter
Erscheinungen, die es der Wurmkrankheit verdächtig machten.
Die verdächtigen Erscheinungen verloren sich jedoch nach Ver*
lauf von 6 Wochen, und das Pferd erschien gesund bis cum
April des nächsten Jahres, zu welcher Zeit es bei gutem Fut-
ter, regem Appetit und gewöhnlicher Arbeit auffallig abmagerte,
ein hektisches Aussehen bekam und nun wegen vermeintlichen
inneren Rotzes getodtet wurde. Die Section ergab jedoch in
den Lungen trotz der sorgfaltigsten Untersuchung keine Tu-
berkeln und an der Schleimhaut der Nase keine Veränderung
gen. Als einzige pathologische Erscheinung wurden circa 2
Quart klares Serum in der Bauchhöhle und die Graafschen
Bläschen beider Eierstöcke in Folge enormer Anfnllung mit
Seram bis zur Grösse einer guten Wallnnss ausgedehnt vorge-
fnndein« Ans dem Sectionsbefunde ging somit hervor, dass
das qu. Pferd nicht mit der Rotz-Wurmkrankheit behaftet war.
Alle übrigen anf Commando gewesenen Pferde, alte nnd
junge, waren bis dato gesund geblieben; es hatte sich auch
nicht ein einziges Symptom gezeigt, welches den Verdacht anf
Rotz pder Wurm hätte aufkommen lassen. Erst am 28. De-
cember 1869, also nach Verlauf von 16 Monaten seit dem Tage
in der oben bezeichneten Stadt, an welchem eine Infection
konnte stattgefunden haben, erkrankte eine von jenen Remon-
I
Zur Pathogenie des Pferderotz^s. 453
ten anter folgenden Erseheionngen ; Theilweises', nieht gahz-
lieüea Veraagea des Falters , Mattigkeit, se^weises Frösteln,
gelbliche Farbang der sichtbaren Schleimhfiate, yer^Sgerte Mist-'
entleerang, ein wenig beschlennigtea , ziehendes Athmen und
beschieanigter kleiner, weicher Puls; die Aüscnltation an der
Brostwan^ ergab weder unterdrückte noch abnarme Geraasche.
Behandlung: Ruhe, Eieientrank mit Zusatz von 4 Grammen
Brechweinstein taglich einmal. Am folgenden Tage Nachmit^
tags wurden die Frostschauer häufiger , und am nächsten Mor-
gen darauf fand ich beim ' Fühlen nach dem Pulse die Kehl-
gangsdrüse der linken Seite bis sur Huhnereigrosse angeschwol*
len, hart und gespannt, scharf begrenzt und beim Drucke mit
deu Fingern wenig schmerzhaft. (Das Pferd suchte nur eben
durch schwache SeitwSrtsbewegung des Kopfes sich dem Drucke
der Hand zu entziehen.) Nasenansfluss und Veränderungen auf
der Nasenschleimhaut waren nicht zugegen» Die übrigen Krank»
heitserscheinungen hatten nachgelassen, namentlich kehrten die
Frostsehauer nicht wieder. Bei Ruhe, weichem Futter, kleinea
Gaben tou Arsenik (0,50 p. d.) wurde die Geschwulst schos
nach 3 Tagen weich und hatte sich nach weiteren 4 Tagen ,>
bis zum 6« Januar 1870, vollständig zertfaeilt. Mit der Zer-
theilung der Geschwulst hatte auch das Verschwinden des zie«^
henden Atibmens gleichen Schritt gehalten; Appetit, Kraft
und Munterkeit des Pferdes erreichten nach und nach ihren
iiormalen Grad bei täglicher Bewegung im Freien und fortge-
setzten Gaben von Arsenik, Am 17. Januar wurde qu. Pferd
der Abtheüung «Is gesund zurückgegeben. —
Nicht unerwiUiAt darf ich lassen,' dass schon einige Zeit
(3j-3 Wochen) vor der Erkrankung . qu. Pferd, sowie auch
einige andere Remonten derselben 'Abtheilung zeitweise unter--
druckte Fresslust gezeigt hatten.
Am 18. Januar a. er, fand sich eine zweite Remonte des-
selben Jahrganges mit einer Anschwellung im Kehlgang von
derselben Beschaffenheit und ebenfalls linksseitig vor; Nasen-
454 KittBer,
aviilnsft sewie Varfitd^tiDgeB auf dar NMeasohlttindisiit waren
^nch Mer nicht aofegeii; Appatit nad Maatorkeit waren aber
dam Vorigen entgegengeaetst nidit gestört* ebenso fehlten die
Fieberevsebeiiinogen, nar das Athmen gesehah ein wenig sie«
hend« Aach diese Ansehwellnng aeitheilta sich bei Bube and
nach Yerabreichong von Arsenik bald» am 2. Febraar war keiae
Spar daron mehr aogegen.
Noeh ist ananfohren, dass bei beiden Pferden weder am
Manie noch an der Nase krankhafte Zastaad» wahrznaefamen
waren« von welchen die Erkranknng der Kefa^ang^draee als
seenndave hatte abgeleitet werdeo mossen, etwa roa Zahnfistelv
Oariea der Kinnlade etc. — *
Als was siad nnn diese Anschwellnngen der Kehlgang»*
drnsa sa betrachten? Waren sie. gana nnschnldige BrscheiiiDa«*
gen, oder waren sie trots ihres guten Ansgaages die Vorläufer
eines In der Bntwickelnog begriffenen Rotzes? lek wage das
Letslere an behaupten nad stntae mich hierbei tad die B*«
sdiaffeaheit der Kehlgangsgescbwnlst bei fehlendem Nasenans«
floss; aB£ die Einseiti|^it, Harte, geringe Sehmershaftigkeit
und die scharfe Begrenxnng derselben; Wird die Richtigkeit
dieser Behanptang sagegeben, denn entsteht die. FVage nach
dem ürspmnge des ttotses:. ob gennin oder dnrob Ansteckung
entstanden? fiinselnen Beobaohtnngen zufolge soll ja der Rola
Tiele Monate nach erfolgter Aasteckung noch anm Ansbmch
gekoBünen sein ; demnadi wurden die beiden vorUegeaden Falle
den Grnndsats bestätigen, dasa die.Incnbationsseit des Rotaea
sich bis auf viele Monate erstrecken könne, sie wiirdien aogas
den NadbLweis liefern, dass die Dnaer der tnenbationaaeit 16
Monate betragen könne. , Zu einer spateren - Anatsckang, ab
im August 186.8, war keine Gelegenheit rorhaoden, md was
kann sich bei gutem Futter, der besten Pflege und ohne vor»
hergegsokgene Krankheiten der Rotz in der Garioson selbst«
staadig entwickeln? das wäre gege» alle. Bxfahmngen» £olgl«^£
Zur Patho^eirie dM Pferderotzes. 45^
die Ffyrie sind im Angnsi 186B tmgettetkt Worden, ^b^r dfe
iBcnba^ioiisseit des Rotzm 16 Mo&at<l.
Da« sind so die gewoHfüidken SMiliitMfoIgercnigeii, dnfrcH
die aber das Dunkel ober die Bntstebttng d^s Rotees iim nicbti
geklart ^verden kann. In dea vorliegen^eil F^len mnss matt;
sobald l»an si<sb naeh anderweitigen Ursächeü g^nitaer utii^Tebt,
nolens volena »n der Ueberseogi^Bg k<oiii<neiS^, dac^ d^r' im Ent^
stebem begriffene Rots dan weife] bafik aaf d^iH Wege dei» Selbst-
entwi^kelnng an Staad» geko<nmen nnd sormit niehf darcb An*
steeknng er^eagt -worden ist, tfnd cwar ans folgenden OVuäden t
Beide in der Dressor befindliche Pferd ö geb6tten iti Folge
ibres Korjj^elrbaQes. za des diffieileii; sie btfVte^a einetf seb(6tsbteii
Kopfansatz, 8(>gi9Daiinte8 ^yverwaciiseiies Genick**, und iKsbwaehe
HintersebenkeL Dieser Umstand maobte es nothig, das» beide
Pferde mit mebr Sorgfalt nnd Z'sd^anfvtfand bearbeitcft wei*deft
moBsteB« als die äbrigen eben£aüd der Dvessnr unterworfenen
Fi^de ^er^lbeia Abtbeiluiag. Zaweilete erst eine halbe bis
ganze Stande im^Laufeeag^ gegangen, dwse der Sehweiss trieftet
i^ad dann eine Stmide in der Bahn «ateir dem Reiter meisten-
tbeils Seitengango geibt» kamen sie öbermiSdet in den Statt
^n4 röhrten dann nidit selten bis cnm nächsten Tage nicht
eiDe Hand voll FatteT ao« J» nicbt allein diese beiden , son-
dern aoch einige der anderen nicht longh'ten Pferde i^eigten^
wie söbo« oben erwibftt, naterdrdckten Appetit, ein fieweis»
wie bart die Dressur, nnd' wie anstrengend sie für die Pfdrde
iberbanpt glB^esen wü; erst nach der nöthigeki Ruhe am nScb-
«ten^ TAge, saweilea aaeb erst am zweiten Tage; erreichte der
Appetit wieder den normalen Grad. — ^ Voti dieser hartes
Dressnr mnsste namentlich in der zweiten HSlfte des Winters
wögen beranrackender Besiobtignng adamgänglich Gebrauch
gemaebt werden, und' mit ihr stellieu sich dan» die verdlbbti-
• gea> Amsebwellängen der KeblgangsdrQse — bei' dem tf rstien Pferde
mater« FiebererscUeinungen -^ ein. D^r UiBstand, dass dte^ Att-
se&welkiDgeii Mr bei> den diflUfen und dMieir am meii^t^D ar^
466 Kattn^r,
gaitMDgten Pferden aofgetreten 810(1, ist ala der oDMiUetbäre
Beweis aniotehen, deie sie die Folge der wiederholten aber-
mSesigen Anetrengang der Mntkeln gewesen sind, and daes
diese wiederum eine ubermissig^ war, geht ans der unter-
drnokang des Appetits naeh einer jedesmaligen harten Dressur
hervor. Die Annahme» die Kehlgangsdrasen-Anschwellang eei
die /Folge der Tor 16 Monaten möglicherweise erfolgten An-
stecknng, verliert om so mehr an Haltbarkeit, als wahrend der
ganzen Zeit Ton den an jener Zeit in der Stadt D. einqaar-
tirten 66 Remonten auch nieht eine einzige yerdSehtige Br^
echeinnngea gezeigt hatte. Auch mnss es höchst noglanbwar-
dig erscheinen, dase das fiotscontagium , wenn jene beiden
Pferde allein sollten angesteckt worden sein, 16 Monate lang
im Thierkorper latent bleiben konnte. Ausserdem hst man
aber anch schon langst erkannt, dass in Folge übermässiger
Mnskelanstrengnngen der Rots zur Bntwickelnng gelangt ist,
ein Grand mehr,- om die Eehlgangsdrasen-Geschwalst als nicht
aas Ansteckong hervorgegangen za betrachten.
Vorzugsweise sind nnn aber die beiden vorliegenden Falle
geeignet einiges Lieht anf die Art der Selbstentwickelang der
Rotzkrankheit so werfen. Stellen wir dieserhalb zunächst die
Frage auf: War es nur Zufall, dass die Anschwellung im Kehl-
gang sich anf der linken Seite einfand? Diese Frage muss
ganz entschieden mit „nein*^ beantwortet werden, weil, wie
weiter unten naher erörtert w^den wird, die Anschwellung
der linken Eehlgangsdrdse bei noch fehlendem Nasenausfluss
aU die nothwendige Folge der Selbstentwickelung und somit
-als das charakteristische Symptom des spotanen Rotzes angese-
hen werden muss.
Mindestens ist es eine auffallende Erscheinung, dass die
Anschwellung der Eehlgangsdruse beim Rotz immer nur auf
einer Seite vorkommt, wahrend doch die durch die übermässige
Muskelanstrengung erzengten und in den Blutlauf gelangten
krankmaebenden Stoffe die Eehlgangsdrasen beider Sdten affi«
Zar PathogenM deft Pferderotzes. 4d7
ciren tnnfiftteD, Weshftlb die eine Drfise mehr cur Erkrankang
geneigt sein gollte ist siebt einj&Dseben, Es können daher wohl
jene Stoffe nicht yom Blute aus wirken, sondern es mnss aal
anderem Wege die Anscbwellong der Keblgangsdrose zur £nt-
wickelnng kommen. Znr AofEndang dieses Weges wird es sa*
iiacbst BOthwendig sein, die nnmittelbaren Folgen der Maskel-
^batigkeit einer näheren Betraebtung zu unterwerfen:
Bekanntlich erweitern sich, sobald der Muskel in Tbatigf
keit tritt, die Capillargefusse descfelben, sie nehmen eine gros«
sere Qc^anti tat Blut auf, am den Muskel mit mehr Ernabrungs-
flussigkei^ zu ▼mrsorgen« Das Blutplasma strömt also in gros-
serer Menge der Muskelfaser zu, und in demselben Maasse,
wie neues aufgenommen wird» in demselben Maasse mnss das
in der Muskelfaser verbraaebte durch Abfluss in die Lymph-»
capillareii fortgeschafft werden« Die nächste Folge hiervon ist,
dass die Lymphgefasse sieb starker füllen, die Ljmphquelle
Oberhaupt bei der Muskeltbatigkeit eine ergiebigere wird, und
swar in den Ljmpbgefassen , welche in Muskeln entspringen;
es steht in diesen alsdann die Lymphe unter einem stärkeren
Drucke als in den Lympbgefassen , welche ans anderen Gewe*
ben (Haut, Bindegewebe, Schleimhaut etc.) kommen, durch
welchen Umstand dem Abfluss der Lymphe aus den letzteren
ein Hinderniss entgegengestellt wird. Der Abfluss der Lymphe
erleidet also in den nicht von- Muskeln kommenden Lympbge«
Jessen eine Stauung. Diese Staunng wird am stärksten ausgeübt
werden vom Milchbrnstgang, der zur Zeit der Muskeltbatigkeit
«ufolge der gesteigerten Lymphqnelle enorm angefüllt sein mnss,
auf diejenige in ihn fliessende Lymphe, welcbe von Drüsen
kommt, in die sidb keine in Muskeln entspringenden Lymph-
gefisse ergiessen, wie in die Gekros- und Bröncbialdrüs^i
Hachstdem «wird die enorme nnd unter grosserem Drucke ste-
hende Anfüllnng des. Milchbrustganges ebenfalls eine Stauung
hervorbringen anf die von der linken Kopf- und Halsseite her-*
abströmende Lymphe, . wenigsten« wird der Abfluss aoa den
US Knltner,
Gefibfon der liakaii Kopf« uod H^teite bedentmid mehr be-
kindert teiiiy ala so» dem anf der reefacen Säte jener Körper^-
iheile liegendea Laftrobrenstamm, der tieb nicht ia den Hildi-
bmftgasg, sondern in die reebte Aeheelrene ergieset. Letz-
terer UmeUnd gestattet ans dem Omnde einen leichteren Ab^
flass der Lymphe ans den Cvefissen der rechten Seite, weil der
Blatdmck in den Venen sor Zeit der Mnskelthatigkeit, wentf
aodi bedeutend Termehrt, so doch aof beiden Seften, sowohl
ia der linken als rechten Achsehrene, ein gleicher, der lo&alt
des Laftrohresstammes aber im VerbfiltaiBS Mn dem .des Milcb^
bmstgsages ein qoantiitativ ^erioger ist« und da ansserdem die
Ljmphe der linken Kopf* nad Baisseite vnnaehtt den SiGIdb»
brastgang psssiren mnss, nm ia dÜe linke Aehselvene sa ge^
langen,, so wird sie dieserhalb unter einein stilrk-eren Dmck^
stehen müssen« als die des rechten Lnftrohrenstammesi
üra dies Verhaltniss devtlieher so machen, möge der Ljmph-'
dmck im rechten Laftrohrenstamm und der Bhitdrack in der
reditMi Achs^lTene snr Zeit anstrengender ^skeithatiglEeiff
S3 1 sein, es wird alsdan» unter denselben Umständen der
Dmck im Milchbms^angr and der finken Acbselvene minde«
stena ^ 3 sein mosses, om in derselben Zeit die grossere^
QoentitSb Ljmphe dorch das Endlomen der Unken Aohselrenef
in die Hohlvmie au treiben; Wahrend also dem Inhalte des:
rediten Laffcr5hrenetommes deren überwindende Blntdrack ron'
1 der rechten Achselvene gegennberstand , so hat der InhaÜ^
der aaf der linken Kopf- ond Hi^seite liegendis LjatphgefSMd
den Ljmphdmck von- mindestens 2* des Müchbrnstganges str
nberwinden, nnd nm dies an k5nnen, mass- der Dntek Indien
sen Gefiasen dardi Anstannog der Ljmphe- ebenfklls' s^nf 2
steigenv -—
Die Folge dieser Anstaumig mvss' sich am* nlbieten naeti
oben an an der Quelle der Ljmphgeüsse geltend machen, ii»
dem Lymphgebiete der linken KehlgangiBdrfise, und dem- oben
Angefjüvten f emä8# tofwigsweiie In- den GefSeM^, ^ehe iu^t
Zur Pathog^iie dea Pferderotzes. 459
Maskela entspringen» sondern von anderen Geweben; ab.»
der Schleimhaut nnd dem Bindegewebe ausgehen, daher in den
Ijjmphgefassen der linken Nasen ^ nnd Oberkieferhohle. Es
-wird in diesen der Strom der Lymphe zur Zeit anstrengender
Moakelthatigkeit so verlangsamt sein, dass er der Stagnation
siemüch gleichkommt. — -
Sonach m«fs die erwähnte Ansehntellnng der lii^ken Kehl-t
gangsdrose als die Folge der stagnirenden » oder doeh aehr
langsam. strömenden Lymphci anfgefasst. werdeb, nnd ,es liegt
alsdann der Gedanke nahe, dass dar zur Erzeagnng der Rots-
nenbildnng im Gewebe der Dräse nnd weiterhin in der Nasen«
aehleimhattt nothige Reiz sieh ans der Lymphe in Folge des
verlangsacaten Strome» derselben entwickelt. Vivohow hat
darauf anfmerkaam gemacht, dass die Lymphe auf dem Dnrch«
gange durch die Lymphdrüsen jedenfalls eine Aendernng erlei«
det» daas sie ans der Dräse gewissermaassen gereinigt hervor^
quillt. Hieranf gestütat ist der Sehlnss gerechtfertigt, dass^
sobald die eine I>ruse noch niehi passirte Lymphe eine. Staa«ng^
erleidet, die in ihr enthaltenen aor Ausscheidung ode« nmanf-
derang in der Dräse bestimmten Stoffe entweder selb^' od«e
die ZereeHzangaprodocte der letzteren! als der die Rotzueubil«
dang bedingende Reiz anftreten. Selbstveratändlieh musa die
Ne«bildiing znnachat in der Dvnse begannen, weil die sich dev
Druse am nachaten befindende Lymphe inn Gegeneatze zii
der weiterhin am Ursprünge der Lyni|>hgefiBse Torhandenen
alteren Datums ist, daher in ihr die Zersetznng am früheste^
eintreten mvtBB; die Zersetznngsprodukte gelangen, da der
Lymphstrom, wenn aack bedeutend verlangsamt^ immer noch
Torhaaden sein muss, in^ die Drase, bringen in dieser Schwel*
lang und Wneherung hervor, und erst wenn die Alveolen nnd
die in diese mundenden Yasa inferentia der Druse in Folge
jener F^ocease verstopft sind, somit vollständige Stagnation der
Lymphe eiDgetteten ist, begiaaen dieselben. KraaUi«itfl«ovg&ig8
460 Knttner,
wie in der Draee eo «m Urtpronge der Lymphgefiese, io der
Sehleimbaat der NMen- and Oberkieferfaohle.
Hintiditlieh der Zeit, wahrend welcher die Rotsneabildang^
lur yoUstandigen Entwickelnng gelangt, ist es sehr wahrecfaein-
lieh, data eine längere Daner der Einwirkung der Zersetsangs-
Produkte nothwendig ist« Es ist diea ans dem umstände so
entnehmen, dass nicht schon nach einmaliger übermassiger Mns-
kelanstrengang Drfisenanschweliang tind weiterhin der Kots
entsteht; es sind biersa mehrere Tage selbst Wochen hindardi
stattfindende tagliche abermassige Maskelanstrengangeo er-
forderlich«
Gleichseitig mit dem geschilderten Vorgange wird derselbe
Process in dem Ljmphgefassgebiete anderer Korpertheile, haopt-
sfiohlich in den Langen stattfinden. Der enorm angefnllte Milch-
bmstgang bringt aof den Inhalt der von den Bronchialdrnsea
kommenden LjmphgefSsse eine Stanang herror, and weiterhin
noch aof den Inhalt der in diese Drusen mondenden^ ans den
Langen stammenden Ljmphgefisse. Die Staaung findet in die-
sem Ljmphgebiete um so eher statt, weil keines ihrer Gefasse
in Muskeln entspringt , daher ihre Lymphqaelle keine rermehrte
und dem angemessen der Druck in den GefMsen nicht genu'
g^nd ingenommen hat, um die Lymphe in den enorm ange-
füllten Milchbrnstgang *u treiben. Aus diesem Grunde können
die Nenbildongen (Tnberkeln) in den Langet! und 4ie Dege-
neration der Bronchiaidrüsen bei selbststandig entwidLeltem
RotSB niemals fehlen« -^
Die vorstehende Erklärung ubw die pathologischen Vor-
gange bei der urspranglichen Rotskrankheit hat scheinbar grosse
Aebnlichkeit mit der über denselben Gegenstand aufgestellten
Erklärung Erdt's. Letsterer nimmt an, dass durch die alka-
lische Scharfe der Lymphe die nächsten Ljmphdrosen gereist
werden und diese sodann degeneriren, wodurch die Lymphe
in den Ge&sen stagnirt. Die alkalische Schärfo der Lymphe
ist also das Primäre und die Stagation derselben das Secondäre,
Zur Fathogenie des Fferderotzes. 461
jen& 18t in einer Lympfadjskrasie begründet , von welcher die
Stagnation abhangig ist. Nach der in diesem Anfsati^ aufge^r
stellten Erklärung aber entwickelt aioh eine partielle Lymph*
dyskrasie ans der angestaaten Lymphe; die Stannng il^t also
das Primare nnd die Lymphdyskrasie (alkalische Scharfe der
Xjymphe naeh Er dt) das Secnndare. Es widerstreitet somit
diese Ansiebt keineswegs dem heutigen Standpunkte der Wis<»
senschaft, wie es wobl dem Ausspruche Roloff's gemäss den
Anschein haben konnte« Roloff sagt aamlioh am Schlüsse
seiner Abhandlung im Magazin für Thierheilknnde (Jahrgang
1864): ^Die Eenntnissnahme von den localen Vorgangen Ter«*
'drängt die Ansicht, dass die Krankheit eine Dyskrasie im ge-!'
^vrohnliehen Sinne darstellt. Wie man gar eine Lymphdyskrasie
annehmen kann, ohne das KSrpergewebe vorher krank weorden
xtt lassen, ist bei dem heutigen Standpunkte der Physiologie
ebenso unbegreiflich wie der Glaube, dass normal flüssige
Lymphe plötzlich stocken kann, ohne dass sich ein solides
Hinderniss in ihren Weg stellt* '^ Es lasst sieh hiergegen nichts
einwenden, so lange eben ein EUnderniss, das sich der Lymphe
in den Weg stellt, nicht erkannt ist; dass aber ein solches
vorhanden ist bei der spontanen Entwickelung des Rotzes and
jedenfalls in der oben geschilderten Weise, tÜ höchst wahr^
scheinlich, es ist sonst nicht einzusehen, weshalb die^ Affsfltios
der Kehlgan gsdruse einseitig und so häufig linksseitig vorkommt.
Der an klinischen Beobachtungen so reiche Professor Dr. Spir
Bola fuhrt in seinem Lehrbache über specielle Pathologie so.«
gar an , dass die Anschwellang der Kehlgangs - Drüse haafl-
ger links- als rechtsseitig vorhanden ist. Ea konnte aller-
dings die Erkrankung der Drüse, wie auch von verschiedenen
Seiten angenommen, von einem primären Leiden der Nasen-
Schleimhaut abhängig sein , doch ich selbst habe -— und jeden-
falls stehe ich mit meiner Beobachtung nicht yereinzelt da -^
bei nach Influenza sich entwickelndem Rotz die Anschwellung
der Kehigangsdrüse (Unker Seite) zuerst entstehen sehen, und
469 Kfittn«r,
•odftii« au Tage darauf faadeii sich Aafflass oad Blaschenbtl-
dang aof der Nasenschleimhaot derBelben Seite hiosa, Daas
in diesem Falle schon weiter oben in der Nase BISscheDbildong
der DrGseoansohwellang soll vorher gegangen sein, ist schwer
au glaoben, wenigstens liess der Sectionsbefand die weit^ obei
in der Nase vorhandenen Blfischen nicht Ilter als die nnteren
erscheinen. (Den Beweis far das Vorhandensein ansgebildetea
Rotses lieferten Miliartnberkeln In den Lungen.) Aach konnte
man mit gutem Rechte fragen: waram erkrankt immer die
fiehleimhant einer Seite nnd nicht beider cngleich^ und wea*
halb so häufig die der linken Seite? — Es mossen doch wohl
diese Erscheinungen mit dem Lymphgeflsssystem in innigem
Zusammenhange stehen, wenngleich auch Roloff nirgend eine
Spur von stockenden Siften und Exsudaten hat entdecken kon*
nen, and nach Ravitsch's Untersuchungen die Rotaknoten
mit den Lymphgefassen in keinem Zusammenhange stehen sollen.
Indesf, abgesehen davon, dasa wahrend der Zeit von der Stsg-
Dation der Lymphe bis zum ausgebildeten Rots der Inhalt des
Lymphgeflisse durch Resorption versdiitfanden, die Ljmphge*
fisse degenerirt und aar Zeit der Untersuchung als solche
nieht mehr vorhanden gewesen sein können, so ist es sehr wohl
möglich, dass beide Forscher Infektionsrots sum Gegenstande
ihrer Untersnchuog gehabt haben. Die Wahrscheinlichkeit des
Letsteren geht aus dem Umstände hervor, dass andere For-
scher, wie Leisering and Erdt — der Brstere in den Lun-
gen , der Letztere in der Schleimhaut der Nase -^ die Lyraph-
gefibse strotzend angefüllt vorgefunden haben; jedenfalls ist
hier selbststandig und in verhSItnissmassig kurzer Zeit entstan-
dener Rotz der Gegenstand der Untersuchung gewesen» —
Es sind das wobl Beweggrunde genug für die Annahme,
dass bei der spontanen EntwickeloDg des Rotzes in der stocken-
den Lymphe sieh der Reiz entwickelt, welcher die locale Ge-
webserkrankuDg zunächst in der Druse und dann in der Schleim-
haut der Nase zn Stande bringt. Beim Infcctionsrots dagegen
Zur Fathograie des Pferderotzes. 463
mag 68 anders sein : ^9» Contaginm erseugt mne Erkrankung
der Schleimhaut« alsdann anderer Organe» ohne dass sich die
Lymphe gerade namhaft daran an hetheiligen braucht. Das
.Schleimhautleiden wird bei Infeetionsrot^ bald links- bald rechts-
zeitig, bald beiderseits sein, je nachdem das Rotacontaginm
mit der Schleimhaut der rechten oder mit der linken Seite oder
mit beiden zugleich in Berührung gekommen ist. Beim nr**
sprünglichen Rotz hingegen wird das Leiden immer linksseitig,
oder doch, wenn beiderseitig, links in stärkerem Grade als
rechts zugegen sein ; es wird bei diesem die Anschwellung der
Kehlgangsdrnse derselben Seite niemals fehlen» wahrend dies
bei InfectioDsrotz der Fall sein kann. -—
Die Entstehung des Rotzes nach typhosen Krankheiten;
wie Iififluenza, Faulfieber ^to« beruht in der Hauptsache auf
demselben Vorgange wie die Entbtehung des Rotzes nach un-
gewöhnlichen Muskelanstrengungen, nämlich auf dem gesteigert
ten Rückbildungsprocess nnd der dadurch enorm vermehrten
Lymphquelle. Der Rotz geht aus diesen Krankheiten erlah-
rnngsmassig dann hervor» wenn der Krankheitsprocess nicht
plötzlich nachliess — keine Krisen zu Stande kamen — son-
dern allmahlig abnahm , wpdurch die vermehrte Lymphquelie
eine längere Zeit hindurch anhaltende wurde, nnd event. die
Zersetsungsprodncte der Lymphe genugende Zeit gewarnten, die
Rotznoubildnng in dem Gewebe zu Stsade zu bringen. Das Letz-
tere musfl um so mehr gelingen, weil das durch die Krankheit
geschwächte Gewebe mehr zn parasitischen Bildungen geneigt
ist, als das in normaler Kraft and Thatigkeit befindliche Ge-
webe gesunder Arbeitspferde. —
Für, die Therapie ergiebt sich ans dem Vorstehenden der
Grwndsatz, dass bei der ursprünglichen Entwickelung des Rotzes
als erste Heilindication gilt, den gesteigerten Rückbildungs-
process einzuschränken, ihn auf seinen normalen Grad zurück-
zuführen. Die Mittel, welche dieser Indication genügen, sind
in erster Reihe bei dem nach übermässigen Mnskelanstrenguagen
464 Kittner,
entstehtsdeii Roti die snr Brkolang der Pferde Dothige finke,
die Pferde darfea iberhrapt nngewSlmlicheii Mmkelaastrengnii-
gen nieht mehr «isgesetit werden, wenigstens niebt bis sor
Beseitigiing des Uebels. Niefastdem moss die «rsenige Saare
in Anwendung kommen, von der es darcb Versaehe mn ge*
snnden Thieren nachgewiesen ist, dsss sie nach der Verabrei-
cbnng in kleinen Gaben den Stoffwechsel Termindert, nament-
lich den Rackbildangsprocess einschränkt, (efr. Thierarst 62,
Seite 104.) Ihre rorUieilhafte Wirkung beim Rots ist erfah-
mngsmassig bisher sweifelhalt gewesen, sam Theil soll sie
sichere, aum Theil nur scheinbare Heilung bewirkt haben, und
drittens soll ihre Wirkung ohne allen Erfolg gewesen sdn'^
Sie hat sich rorsngsweise da von grossem Nutsea geseigt, wo
der Rots noch nicht ausgebildet war, sondern sidi noch in det
Entwickelung, im Stadium der verdachtigen Druse befsnd.
Diese Thatsache steht in keinem Widerspruche au der oben
aufgestellten Erklärung über die ursprüngliche BntwiekeloDg
des Rotses ;y so lange eben noch keine vollständige Rotsnen*
Bildung SU Stande gekommen ist, beseitigt der Arsenik durch
Einschränkung des gesteigerten Ruekbildangsprocesses die ver-
mehrte Ljmphquelle, welche durch Stagnation der Ljmphe iiä
Oebiete der linken Kehlgangsdrnse die Veranlassung aur Ef-
seugung des die Rotznenbilduag bedingenden Reises abgjebt.
Zudem ist es, wie schon oben erwähnt, sehr wahrscheinUch«
dass von der ersten Einwirkung dieses Reises bis sor voll-
ständig entwickelten, Gontagium producirenden Rotzceubildung
niebt ein Schritt ist, sondern dsss das Mnttergewebe erst ver-
schiedene Veränderungen eingeht, ehe ans ihm jene Nenbiidting
snr vollständigen Entwicklung gelangt. Demgemass ist ansu-
nehmen, dass in der neneotstandenen Drüsenanschwellung nsicb.
Beseitigung des die Rotsneubildoog bedingenden Reises das
veränderte Muttergewbe seine normale Beschaffenheit wieder
gewinnt. Das Letetere mag vielleicht auch da noch moglieh
sein, wo neben der Drätenanschwellung schon Nasenausfinss
Zar Pathogenie des Pferderotses; 465
beateht bei noch fehlenden Geschwüren oder Schwielen in der
Nasenffchleimhant». Wo diese vorhandeD sind, wo also die Rots-
nenbildnng die Hohe ihrer Ansbildnng erlangt hat, da kann
allerdings der Arsenik fnr sich allein gegeben das Uebel nicht
beseitigen; es müssen alsdann Mittel in Anwendung kommen,
welche die Rotznenbildnng und ihr Produkt, das Contagiam,
aerstoren. Zar Zerstörung des Letzteren scheint wohl, wie
durch Versuche nachgewiesen ist, die Carbolsänre/ ausreichend
SU sein; leider aber beseitigt sie jedenfalls nicht den Heerd
desselben, die Rotznenbildung, und so lange wir ziir Erfüllung
dieses Zweckes noch kein sicheres Heilmittel haben , muss es
für dss Beste gehalten werden, mit ausgebildetem Rotx behaf-
tete Pferde aus der Welt au schaffen. — •
Um überhaupt den nach starken Mnskelanstrengungen ent-
stehenden Rote im Keime su ersticken, wird es auch von we-
sentlichem Nutzen sein, Pferde, welche sich in der Dressur be-
finden oder sonst ungewöhnlich angestrengt werden, wie zur
Zeit der Gampagne, des Manövers oder anderer anstrengender
Feldubnngen , einer hanfigen Untersuchung zu unterwerfen, wö-
chentlich wenigstens 1 Aal, damit man frühzeitig genug das
Uebel erkennt und sofort zur Beseitigung desselben die nothi-
gen Anordnungen treffen kann. Untersucht man alle 4 Wochen
einmal, wie es gewohnlich Gebrauch ist, so kann inzwischen
bei dem einen oder dem anderen Pferde der Rotz sich so weit
entwickelt haben, dass nach Anwendung der gebrauchlichen
Mittel keine oder doch nur scheinbare Heilung eintritt. Der
grossere Nachtheil wurde aber darin bestehen, dass die Krank-
heit mehrere der übrigen im Stalle befindlichen Pferde bereits
konnte angesteckt haben. Hierin dürfte auch die Hauptursache
in finden sein, weshalb der Rotz in den Regimentern sich so
häufig einschleicht und tiefe Wurzel fasst, ohne dass man im
Stande ist, genügende andere Ursachen far sein Vorhanden-
sein aufzufinden. —
Mag. f. TUerheilk. ZXZYI. 4 30
46«
VL
Sertplndesls ilies Pfcrtes^ fei^lidiei mit der
RotikmUieit.
Lindstädtf Unter- Ronarzt in Minden.
Ein Ton mir yor etw« 2^ Jahren beobachteter and sarg'
(iliig notirter Fall ron ScrophnloaiB eines Pferdes veranlasat
mioh ans dem Grunde, die Natnr dieser Krankheit mit der der
Rotskrankheit an Ysrgleichen und an Teroffentliohen , was in-
dess absichdich erst jetat gesehieht*
Ein Pferd, 8 Jahre alt, magarte bei gutem Fatter allmi«
lig ab» spater machten sich aber Appetitmangel nnd geringere
Munterkeit neben dieser Abmagerong zeitweise bemerkbar, welche
gegen Ende der Krankheit — dem Tode des Thieres «^ oqb-
atant und in höherem Grade vorhanden waren« Diese Erschei-
nongen traten neben einer gleichmassigen, anfaaglieh festen,
spater mehr and mehr weich werdenden, schmerslosen eieyseifigen
Drüsenanschwellung im Kehlgange, lividfn Färbung d^ Nasen-
schleimhante , aeitweisem, doch nicht häufig Torhandeikem dan-
nen Ansfluss aus beiden Naaenl5chem, trübem, mattem Auge
and glanslosem Haare etwa drei Monate tot dem Tode des
Thieres deutlicher hervor. In der letst«p Hälfte dieaer Zeit
gesellten sieh diesen Erscheinangen noch 5dOmat5Bf Aatchwel-
laog und namentlich der Hinterbeine, mehr oder weniger be-
merkbare Schwellung der Achsel- an<il L^ft«n4rasQn, eino
weiche, suletst dem normalen Kuhd^nger glmfifce»4e Mistnng
and um einige Zuge pro Minute vermehrtes A^iigm hinan»
wahrend der Puls immer kraftloser wurde. Da iehSdaa Leiden
für Scrophulosis hielt, beliess ich di^s^s Individuum bei den
übrigen Pferdeh und asur Begründung einer richtigen Diagnose
boten mir ausser den übrigen Erscheinungen die Beschaffenheit
der Kehlgangsdrusen, die (wie ich aoch richtig vermuthet hatte,
da die reohte ^shlta) lu einer Maise sieh naeh der linken Seite
▼ereint hMekk und deren Sohwellong und Entartung mit den
Mesenterial^Drnsen gleioben Sehritt hielten.
Bei der Section fanden sich an dem bedeutend abgehan*
gerten Oadaver sammtliohe Moskeln blass, Fettablagernng war
wenig mehr an finden, eammtliche grösseren ond grossen Ve-^
iien waren fast blutleer, selbst im Herzen fand sieh nur eine
^ringe Quantität normalen Blates vor und die untere Flä(^e
der Hantdecke seigte wenig oder gat kein Blot. In der Baaeh-*
hohle fanden sieh einige Quart klaren Serums, welches an der
Luft theilwetse gerann, ebenso waren in den Stirnhohlen pnd
den Oberkieferh^hlen seröse TriBinssudationen fast bis zur Halfle
der Hohlen; das Hera war welk, die Lungen blase und die' in
normalef Grdsse und Cbnsistenz vorhandene Leber hatte eine
ins Aschgraue übergehende Farbe« Die Mesenterial -Drüset»
waren sammtlich krankhalt gesdi wellt und in eine kasrge Site-*
ruiig übergegangen, desgleichen adoh die Kehlgangsdrusen, die
sich -*• wahrscheinlich in Folge dieses krankhafiten Vorganges -—
au einer veremt zu haben schienen. Auch die Brustdrüsen
zeigten- Schwellung, keine oder nur doch ganz geringe Eite«
roBg., und in sammtlicben, sowohl den geschwellten, wie in
Eiterung nbergeguigenen Lymphdrüsen zeigte sich keine Spur
einer Tuberkelbildnng, ebenso wenig an den serösen Häuten,
den Lungen^ (die ich sorgfaltig au ihrer Oberfläche und im.
Innern durchsuchte) und den Eopfhohlen. Im Gehirn fanden
sich die Adergeflechte snlzig.
Bei einem so umfangreichen scrophulösen Leiden , das den
Tod herbeiführte, hätten sich sicher Tuberkel vorgefunden,
wenn überhaupt eine Tendenz zur Bildung derselben bestan-
den hätte, wenn in dem (Miliar-) Tuberkel der Pferde über«
hanpt nicht eine andere Genesis zum Grunde läge, daa die
Scrophulosis und die Tuber kuloais der Bf er de als zwei ganz in
ihrem Wesen von einander verschiedene Krankheiten erscheinen
lässt. Bestand überhaupt eine Neigung zur Tuberkelbild uDg»
30*
466 Lindstädt,
to hSttea sieh diese waltneheinlieh in nicht «o f^iinger Zahl
gebildet, defs man tie hatte abersehen können nnd wiren daoa
doch sicher in den geschwellten Ljmphdrosen vorgefanden
worden.
Es Ist Thatsache, dass diese Serophalosis der Pferde ein
gutartiges Leiden, d. h« nicht ansteckend ist, dass femer ^-^
wie in diesen Falle — keine Tnberknlosis daraas herrorgeht
nnd sie nicht wie diese — der Rots «^ mit einer Djskraaie
besteht oder aas derselben hervorgeht, sondern ein r^n krank-
hafter Vorgang in den Lymphdrüsen selbst ist nnd dass sie
endlich häufiger bei jnngen and alteren Pferden vorkommt*
als man gewöhnlich glaubt. Mehrere F&Ue .dieser Art sind
mir Torgekommen. Femer ist es Thatsache, dass beim Rots
constant sich (Miliar*) Tnberkel in den Lungen nnd auch in an-
deren Organen vorfinden nnd ebenso beim Wurm unter der
Cutis, ob dieselben aber jemals anders als bei dieser Krank-
heit gefunden werden ist höchst aweifelhaft. Sie geboren mit
au dem Wesen der Rots-Wnrmkrankheit. Ob die grosseren
Tuberkel — * die Tuber •— , die nur selten bei Pferden vor-
kommen und wohl häufig in einem Stadio gefanden worden
sind, wo ihre Natur sweifelhaft war, auch dieser Natur ange-
hören, bleibt dahingestellt. Sieher ist aber, dass, wie die
Lymphdrüsen im Inneren des Korpers bei der Scrophnlosis auf-
brechen und ihren Eiter entleeren, dieses auch unter der Catis
geschehen kann nnd darch Vermittelung der atmosphärischen
Luft ein gutartiges Wurmgeschwur gebildet wird. Da die Sero-
phulosis ein krankhafter Vorgang im Lymphgeüssgebiete selbst
ist, so kann auch ein ortlicher gutartiger Wurm entstehen und
idi entsinne mich eines klinischen Falles ans i|ieiner Studien-
zeit, wo mein sehr zu verehrender Lehrer Herr Kohne ein
derartiges Pferd behandelte, welches an einem Hinterscfaenkel
diese Wurmgeschwnre %atte und in Folge der Behandlung ge»
Bund wurde. Im Allgemeinen ist die Schwellung der Lymph-
drfisen bei der Scrophnlosis eine mehr gleicbmSssige — scro-
Kieferhofalentzondang bei einem Pferde. ' 469
^hnloie SohwelliiDg — , bei der Taberkolosis eine ungleieh*
mitsige *— tuberkulöse Schwellung. Aus diesen angeführten
Gründen halte ioh die Ansieht, dass der lymphatische Zustand
die Blnthe» die Serophnlosis die Knospe und die Tuberkulosis
die Frucht sei, für die Gattung Equus nicht mehr für maass««
gebend.
VII.
KieferliöUeneBtiJiniliiiig bei men Pferde«
Von Demselben.
Symptome und Diagnose. Uebelriechnder, kramlicher, an
dem Nasenrande klebender rechtsseitiger Ausfluss, der beson-
ders bei Bewegung des Pferdes im Trabe und Spielen mit
der Gandare, welches die Eopfbewegungeu erhöhte, stärker
und stossweise hervortrat, dabei feste, hockrige, unschmerzhafte
einseitige Drüsenanschwellung, normale und symmetrische Be-
schaffenheit des Oberkiefers und an der rechten Kieferhöhle
dumpfer Percussionston. Zeitweise bestand Appetitmangel, das
Haar war glanzlos, die Haut schmierig und Abmagerung trat
gradatim ein.
Behandlung. Trepanation am untersten Rande der Hohle,
um den Ausfluss möglichst zu erhohen» Die Schleimhaut war
▼erdickt und quoll hervor, worauf eine zweite Trepanations-
Oeffnung dicht über der ersten gemacht und die Brücke zwi-
schen beiden herausgenommen wurde* Die Kieferhohle war mit
einem dicken weissen Eiter, umgeben yon zerfallenen Gewebs-
theilen und übelriechender Jauche und der enorm verdickten
Schleimhaut gefüllt» Nach mehrmaligem Ausspritzen mit Was»
ser hatte ich so viel Raum geschaffen» dass ich nach der Koo-
470 Bonner, eattfiadlieht AMmHo
ehanplfttte hin einselna rsohe Stellen fahlte. Hieraof brannte
iok die gaaie Hohle, besonden die raaben SMIao mit knöpf«
förmigen Eisen, was alles nnr korse Zeit beanspruchte. Nach
Verlaof Tun ^10 Tagen horte der nnnmehr massenhaft hervor^
tretende Ansflnss auf, unter dem sieh aneh die anr vollen Ab->
stossang gebrachte Schleimhsat befand, die Heilang der Tre-
panationswande begann und seit dieser Zeit (26. October 1868)
hat sich keine Spnr eines Ansflnsses mehr gezeigt, noch dorch
einen nblen Gernch ans dem betreffenden Nasenloche ein wie-
der beginnender Ulcerations-Process bemerkbar gemacht. Aach
die Eehlgangsdrnse bildete sich bald aom Normalen znrnek
und ist auch so gebiieben. So eingreifend diese Behandlung
erscheinen mag, so verursachte sie dennoch durch das Brennen
dem Thiere nnr wenig Sehmercen» war einfach und leicht ans*
anfuhren und hatte den besten Erfolg.
tss^
VIII.
r
Eatziindliche Affeetioii res]i« Ueherdebnasg odor Qaet-
fidmiig der Sehne des grossep Geslssniiskeb.
(Sehne des gressen BaiMbeiB-IJmdreherBultek. Leyk«)
Tora'
Kreisthierarzt Renner in Steinän a./Oder.
UeberdehnUDgen der Sehnen treten in den meisten Fallen in
der Nabe der Anheftungspankte derselben ein. Ausserdem sind es
besonders die Unterstutzui^gsbaader der Sehnen, welche üeber*
dehnungen aosgesetzt sind. Die starke Sehne des groise Ge-
sässrnnskels heftet sich bekanntlieh am Oberen und miUleren
Umdreher des Oberschenkelbeines an, wo man sie beaendera
der dehne des grossen Gresämmnskels. 471
bei mftgeren Pferden oder geschwandenen Bttokenmnekeln deut-
lich fahlen kann.
Diese Sehne kt niclit selten Ueberdehnangen nnd Qaet-
schangen, in Folge dessen sie sich entsnndet, ausgesetzt. Ist
die genannte Sehne heftig gedehnt oder geqaetscht, so gehen
die Thiere auffallend lahm. Im chronisch - estieöndlioheti Za*
Stande aber nnd bei geringeren Oraden der frisohefi Entzün-
dung -wird das betreffende Bein nor anregelmassig bewegt und
beim Ziehen, besonders beim Sohweraiehen weniger gebranoht,
als das gesunde Bein.
Symptome: Im Stande der Ruhe siebt man bei M-
scher Verletzung der Sehne selten eine Abnormität. Das lei-
dende Bein wird der Regel nach weder Torgesetzt, noch sonst
geschont. Hur in einzelnen, heftigeren Fallen ist die betref-
fende Stelle der Hinterbacke etwas geschwollen, vermehrt warm
und beim Druck mit den Fingern schmerzhaft. Das Thfer ent-
zieht sieh demselben, indem es nach der anderen Seite mit
krummem Rocken ausweicht.
Im veralteten Zustande ist die Muskulatur der Hüfte mehr
oder weniger geschwunden, was besonders auffällt, wenn man
den Schweif in die Hand nimmt und nach hinten und unten
zieht. Dabei spannt das Thier die Gesässmuskeln an und man
•ieht deutlich den Schwand der Maskeln der leidenden Seite.
Besteht starke Ansehwellang der Sehne, so tritt diese wegen
des Schwundes jetzt deutlich hervor; da« Hüftgelenk der kran-
ken Seite erscheint dicker, als dasjenige der gesunden. Hat
die Lahmheit längere Zeit beetanden, so findet man auch die
Zehe des Hufes, in Folge des Schleppen« auf der Erde, ab-
genützt.
Genaues und sorgsames Vergleichen bezüglich des Vor-
handenseina von Schmerz, Ansehwellang, vermehrter Warme
and der Beschaffenheit der Maskeln, behufs Wahrnehmung, ob
Sehwand derselben zugegen ist oder nieht, abwechselnd der-
X
4Tt
, wcMrtücfc« Vorthflile
la Sekriit lMV«gt UmS das
Bffi, d«Ui giebt die Hite (<
MMkeimrluMg Mhr oder i
■sd aiehr aach kiiUea geatelU« als dia fiiAa di
8«He aad folgl dar Da wagoag daa 8chaakak aa
taa« ab die Bewa^iebkait im daa Laadeaaiiliaia aad im Sxaaa»
diaa gMUtten.
TroUdaai wird bei starker Eatsaadaag dar Sekae daa
kranke Bein aicbt ao weit aaek biataa gmUeJrt ab daa ge-
aaade.
lat die Sebae keftig geqaetaebft oder überdeiiat recp. eai-
seadet, ao iaft die Bewegong im Hoftgeleak sebr Mbaierskalt
and geboadea; daa Bein wird sekleppead fortbewegt«
Im Trabe wird der leidende Sebenkel stets nnregrimSadg
sebleppend fortbewegt, aber aar in den lieftigeren Fallen gebt
das Thier wirklieb lahm d. b. es biakt.
Das Herabsenken nnd Naebgeben der Hiifte der leiden-
den Seite wird im Trabe aoffiUiger nnd die Muskeln der ge-
sonden Seite treten bei der Snsammensiehnng starker nack
obea henror als an der kranken. In Folge dessen ist das
Schwinden . der Muskeln anf der kranken Seite Imekt erkenn-
bar« Gans besonders stark aber treten die abnor-
men Brsebeinnngen beta tckwcrei Ilge herTor.
Während man die leichteren Grade dieser krankhaften Seh-
nenaffectioD im Stande der Bnhe nad aneh im Schritt nnd
Trabe 9 wenn das Thier anangespannt geht, leicht übersehen
kann, treten sie im Zuge dentlich herror. Das Thier tritt
kurser and übertragt die Anstrengungen des Nachschabes mög-
lichst schnell auf den gesunden Fass. Beim Anxiehen tritt ea
stets mit dem gesanden Fasse xaerst an nnd macht die Last
mit diesem los.
der Sehne des grossen Gesassmuskels. 473
Mehrfach habe ich beobachtet, dass Pferde die sonst gans
gat und fest zogen, unsicher im Zage wurden, nachdem 'sie
sich <]ie Sehne des grossen Gesassmuskels gequetscht oder über-
dehnt hatten.
Veraltet der Zustand und wird das Thier fortgesetzt stark
angestrengt, besonders im schweren Zuge oder bei Eilfracht
(im Postdienst etc.), so wird die Bewegung beider Hinterbeine
nach und nach immer kurzer, die Sehne des grossen Gesass-
muskels der anderen Seite wird überangestrengt und deshalb
ebenfalls schmerzhaft. In der Regel wird dabei auch der dem
kranken Hinterfass entgegengesetzte Vorderfnss vermehrt ange-
griffen, resp. strnppirt und schliesslich ist die struppirt^ Mahre
in ein oder zwei Jahren fertig. Solchn Thiere werden in der
Hand von Lohnkutschern oder kleinen Fuhrleuten dann noch
ToUends abgeschunden und im Ganzen je nach Anstrengung
und Fleis» des Thieres 5 bis 10 Jahre früher verbraucht, als
wenn der krankhafte Zustand zur richtigen Zeit beseitigt wor-
den, oder niemals dagewesen wäre.
Dies ist zwar das Loos vieler Pferde, welche an vorn ach*
lassigfen^ nicht erkannten, überhaupt chronischen Lahmheiten
leiden , wenn diese im frischen acuten Stadium ohne rationelle
Behandlung blieben; es tritt das Gesagte aber ganz besonders
oft bei dem vorliegenden Leiden ein, weil dasselbe sowohl voa
Laien, als auch oft von Sachyerstandigen übersehen wird.
Qeht das Thier nicht auffallend lahm, so halt man den Zustand
für unbedeutend« Die weiteren Folgen beurtheilen nur
Wenige!
Trotz guter E5rper - Construction und deshalb zu er*
wartender bedeutender Korperstarke der an dieser Krank-
heit leidenden Pferde , hört man von unkundigen Leuten häufig
zagen: Ich begreife nicht, das Thier sieht doch so stark aus,
aber ist gar nicht kraftig im Zuge, das andere, viel schwacher
aussehende, wirft es beim Schwerziehen in die Waage zurück.
Eine weitere Folge dietes krankhaften Zustande ist das
474 B<
Ab<diteppigwrd— der Krappe. Dm Bedcea hebt eieh Bim*
lieh Mi Kreese nsd Mnkt uA em SdnraoBe.
Diegeosie. Mehrere 4« gesmantea BreolieiniiageB finden
sieh eadi bei asderee Kraekbeitosiutiadee der Hiatereebaekel«
weebelb die snr eieberea PesUtellOBg der Diageoeb gebörea*
des hier ooeh epeciell geeaaBt werde» solieex
1) Eid eigeatbuelieber noregrimiMiger Övi^ im Bieter-
ibeiL De« leidende Bein wird entweder geepannt im Hnflge-
lenk bei firiachem aeoten Zutande, oder ■ebleppend beim diro-
niaeben fortbewegt.
2) Daa Thier acbont daa Bein bei der Fortbewegung, ee
atoaat den Koq>er meht so kriftig ab, wie mit dem geannden
Fnase« Im acbweren Zage nbertragt ea die Arbeit dem geann-
den Foaae und madit mit dieaem den Wagen loa oder Tcrwei-
gert daa Ziehen gana«
Starke Strafen laMen die Sehmerthaftigkeit der Sehn«
Tornbergehend rergeaeen und machen einselne Thiere dann,
trota der Schmerzen dea Leidens, willig anm Zi^en, immer
aber mit mogliebater Uebertragong der Anstrengnng auf die
gesunden Ffisae.
3) Vermehite Warme, Ansehwelinog und Sdimershaftig-
keit der Sehne dea grosaen Gesisamnakels , in versehiedenen
8raden.
4) Wirkliches Lahmgehen kommt selten md ifor in den
Ffillen Tor, wo die Entsnndang der Sehne sehr sehmersbaflfc ist,
und swar im frisehen Zustande, oder nach starken Anstrengan-
gen wahrend des chronischen Verlaufes. Mit Ansschlass dea
oberen Theiles des Schenkels, werden alle übrigen Tbeile regel-
miasig gebraucht. Das Thier tritt im Fessel richtig durch.
5) Im Stalle und im Stande der Ruhe überhaupt wird
dM Bein riditig anfgesetat und nach anstrengender Arbeit in
der Regel das gesunde, nicht dM kranke Bein geruht resp.
vorgesetzt 9 weil ersteres für dM kranke arbeiten mnsite und
deshalb stark ermüdet ist»
der Sehne des grossen Gesassmnskels; 471
6) Das Senken der Hafte der leidenden Seite and das
Nachgeben derselben bei der Maskelwirkang nach anten and
hinten vird stets beobachtet.
7} Im weiteren Verlaufe gesellt sich za den genannten Er»
scheinangen noch Schwinden der Backenmaskeln and Abschlei-
fen der Hafzehe. (Spitze des Hafes.)
8) Schliesslich erhält das Becken eine grossere Schragstel*
lang nach hinten, das Krenz wird hoch and spitzig and eine
Torher noch so schone Krappe erscheint dann hSsslich.
Man sagt, da9 Ereaz ist geknickt.
Dnrch übermässige Anstrengung des gesunden Schenkels
tritt auch hier sehr oft ein Leiden der genannten Sehne ein
nnd der Gang der Hinterbeine wird dann ganz gespannt, kars
resp. strnppirt.
Ursachen:
1) HSngenbleiben des Fesselbeines , Hinterbeines in der
Halfter od«r HalfEerkette.
Bei Unt«rsachang and Beseitigang der Verletzungen im
Fessel mass hierbei immer besondere Bucksicht auf die Hafte ete.
genommen werden.
2) Das Aasgleiten des Hinterfasses nach vorn nnd innen
mit oder ohne Fallen auf die Hinterbacke.
Hierbei kann Dehnung und Quetschung der bewussten
Sehne zugleich eintreten«
3} Heftiges Pariren des Pferdes anter dem Reiter in
schnellen Gangarten oder im Zage, wenn die ganze Last auf
ein Bein wirkt und das Kreuz (der Kreuzrerband) sehr kraf-
tig ist.
4) Angeborene mangelhafte resp. schwache Entwickelung
der Gesassmuskeln und Sehnen am Oberschenkel,' bei kraftiger
Entwickelang der übrigen Theile der Hinterbeine und des
Kreuzes, pradisponiren zu dem bewussten Leiden.
5) Unter snb 4. genannten Umstanden yerursachen grosse
mi
476 Renner» entcondL Aflfoetion d. Sehne d. gr. Gesieemnskels.
AnttrenguBgen den bewnstten krankhaften Znstand anf beiden
Hintenohenkel sngleieh.*)
6) Qnetfchnngen der Sehne dnroh Hnfscblage ?on anderen
Pferden.
Prognotis.
Ist der Krankheitsanstand frisch nnd wird er seitig er-
kannt, so ist die Prognosis gnnstig sn stellen, Ist der Zu-
stand bereits veraltet nnd chronisch, so weicht er schwer. Am
ungünstigsten stellt sich die Prognosis, wenn die snb 4« und 5,
genannten Ursachen aogleich wirken.
Behandlung,
Dieselbe wird nach allgemein bekannten Grundsatien durch-
geführt und richtet sich bei frischen Fallen wesentlich darnach,
ob bei der Dehnung der Sehne xugleicb eine Quetsdinng der
Baut besteht oder nicht. In Tcralteten Fällen sind die, bei
chronischen Sehnenleiden überhaupt ansnwendenden Mittel auch
hier am Platze.
In diätetischer Beziehung ist Ruhe bei knappem Futter
nothwendig und in der Reconvalescenz wird das Ziehen sehwe*
rer Lasten oder Eilfracht streng au Termeiden sein. Ist der
^instand rheumatisch complicirt, wie dies bei chronisch-
entzündlichen Leiden der Pferde häufig yorkommt, so ist dar-
auf besondere Rücksicht zu nehmen : Tor Allem aber die Haut-
thätigkeit durch Auflegen einer guten Decke in külilen Ställen
zu unterhalten nnd au befordern.
*) Gunther's Beortheilongslehre des Pferdes. Seite 254 §. 13
nnd Seite 329 §. 25 nnd 26.
477
IX.
Brachstäckf fiber die ansteekenden Krankheiten der
Haustfiiere«
Von
dem ehemaligen Prol Dr. Lappe in Gottingen,
mit Zusätzen yon Erich Vi borg.
Ans dem Dänischen Ton Professor Dr. Hertwig. *)
Man macht der Thierarzneiknnde immer den Vorwarf der
ÜnvoUkommenheit, indem man sich auf die geringe Wirkung der
rationellen Behandlang, -welche in vielen Thierkrankheiten an-
gewendet wird, bernft. Dass ein dergleichen schiefes ürtheil
von Mensehen -Aersten gefüllt wird, ist betrübend; allein sie
geben auch dadarch einen sicheren Beweis ihrer anbedeatenden
Kenntnisse aber die Thiere und deren Krankheiten. Und dies
gereicht ihnen am so weniger znr Ehre, da in vielen Staaten^
£am Unglnck des Landmannes, die Aufsicht aber Viehseuchen
ihnen anvertraut ist. Die Wenigsten von ihnen sind mit den
Wirkungen gewisser thierischer Ansteckungsstoffe auf Menschen
hinlänglich bekannt, geschweige denn mit den Wirkungen eines
einer einzelnen Thierart eigenen Gontagiums auf andere Thiere.
Wohl kann es nicht geläugnet werden, dass Vieles in der Lehre
über diesen Gegenstand noch dunkel ist; aber wir sind doch
im Ganzen^^hierin bei Thieren so weit gekommen wie bei Men-
schen, und würden noch genauer die Natur und die Eigenthnm-
lichkeiten der ansteckenden thierisehen Krankheitsgifte kennen,
wenn die vielen dazu erforderlichen Versuche nicht mit so aas-
serordentlichen Kosten verbunden waren«
Ich habe mir die Mühe gegeben, nach den Beobachtungen
Anderer und nach meinen eigenen Erfahrungen, die Eigenheiten
•) Dieser Aufsatz im 3. Theil der „Veterinär-Selskabets-Skrifter*,
pag. 241 — 270, Kiobenhayn 1819 — ist zwar veraltet, er enthält
aber manche thatsächliche und literarisch -interessante Notiz, die ich
der gänzlichen Vergessenheit gern entziehen mochte. Hertwig.
478 Lappe,
der CoQtagien im Allgemeinen, «nd mit Einsicht ihrer Wirkimg
anf versohiedene Tbierarten anf die Menschen , in einiger Ord-
nung anfzaseiohnen; jedoch können dieselben immer nur als
Bmehstficke betrachtet werden. Meine Absicht dabei besteht
darin, denkenden Köpfen eine Anleitung zn geben au einer sy-
stematischen Bearbeitung dieser wichtigen Materie, an der es
uns bisher gefehlt hst. —
Gewisse Krankheiten unter unseren Hansthieren aeichnen
sich von den meisten anderen dadurch aus, dass sie anstecken
d. h. sich Yon einem Individuum zum anderen Tcrbreiten* Hier*
bei findet noch die Bedingung statte dass der St(^, der als an-
steckend gelten soll, in dem angesteckten Individuum dieselbe
Krankheit hervorbringen muss, wie in dem Korper, in welchem
er erzeuget wurde« Diese Bedingung bestimmt das Contaginm.
Für den Cameralisten ist das Wort Ansteckung anf eine für
den Arzt nicht annehmbar» Beschränkung noch enger begranzt;
denn von diesem wird eine Krankheit schon dann als contagios
betrachtet, wenn polizeiliche Maassregeln dagegen genommen
werden müssen.
Die Meinung, dass jede ansteckende Krankheit unter den
Thieren zu den Seuchen gerechnet werden müsse, ist ebenso
unbegründet, als diejenige, dass alle Seuchen anstecken. Die
Ansteckung characterisirt ebenso wenig eine Seuche, als diese
eine ansteckende Krankheit. Rotz, Rotswurm und Rande kön-
nen folglieh nur dann in die Oathegorie gebracht werden, wenn
durch allgemeine Ursaehen z» B. durch Witterung, Weide u, s« w,
«inQ Menge Pferde und Hornvieh auf ein Mal angegriffen werden.
Die meisten Contagien werden erst dann fähig auf em ge-
«nndes Individuum überzugehen, wenn die Krankheit eino ge-
Vrisse Höh« erreicht hat; ebenso können die Safte der ange-
steckten Thiere erst dann wieder andere anstecken, wena sich
das Gift hinlänglich mit denselben assiiniHrt und reproducirt
hat«. Gew5hnlich bemerken wir auch erst Kr ankeitsaüz eigen,
wenn die Wirkung des Contagiums beginnt« Beweise finden
Ansteckende Erankheiton der Hansthiere. 479
wir l>ei allen ansteckenden Krankheiten, besonder» bei den Gon-
tagien, die ein Miasma mit sich fuhren, nnd namentlich bei der
Viebpest nnd den Schafpocken, Hiervon durften \7ir bei vie*
len Landplagen den grossten Nutsen haben. Auf der richti*
gen Anwendung dieser Satae beruht lediglich allein die Be«
schntznng des Viehes vor Contagien, welche dasselbe unzweifel-
haft fortnehmen wurden , wenn sie in jedem Moment ihres Vor*
bandenseins ansteckten.
Das Historische der Contagien, besonders der fluchtigen^
ist noch sehr in Dunkel gehüllt; wir kennen weder die Art
ihres eigentlichen Ursprunges, noch die Hauptquelien , aus wel-
chen sich ihre specifische Materie entwickelt. Es ist inzwischen
wahrscheinlich, dass sie ihren Ursprung von einem anderen
thierischen Stoffe herleiten. Der Zukunft bleibt es vorbehal'
ten, uns darüber nähere Aufklärung zu geben.
Auch die chemische Analyse hat so viel als nichts zur Er-
forschung ihrer Natur beigetragen. Bei den materiellen sowie
bei den miasmatischen Ansteckungsstoffen traf maa nur immer
auf ihre Vehikel« Indessen scheinen die ffnehtigen mehr die
Eigenschaft des Wasserstoffs» nnd die fixen mehr die des Asot^s
(Stick- oder Salpeterstoff) zu haben. Die Meinung G. Franko
dass der ozydirte Aaot gleichsam wie bei allen Gontagien, so
auch bei der Viehpest eine Hauptrolle spiele, dürfte wohl auch
jetzt noch eine genauere Prüfung verdienen. Bei mehreren
fixen Gontagien muss gewiss schon der Umstand für den Azot
bestimmen, weil die Auflösung des Körpers, namentlich beim
Hornvieh, bei der allgemeinen Affection des Organismus, z. B-
bei der Brandbealen-Krankheit, so bedeutend überhand nimmt,
dass die Kranken mitunter s^on bei lebendigem Leibe übel
riechen, und dass wir nur mit solchen Mitteln etwas gegen
diese Krankheit auszurichten vermögen, deren Basis Sauerstoff
enthalt. Das Resultat der therapeutischen Behandlung der Vieh-
pest, die Betrachtung des ganzen Zuges der Elrankheit, sowie
480 Lappe,
die AnidiaaaDg der kranken nnd der todten Thiere lassen keine
gleidie Gathegorie twisohen diesen beiden Gontagien an.
' Nicht alle Gontagien können sich in anserem Klima eot-
wickeln; mehrere erhalten wir ans dem Orient, wie die Vieh-
pest nnd die Sehafpooken. Beide enthalten ein Gift, welches
der eoropaischen Weit fremd ist*) nnd nnter keiner Lebensbe-
dingung sich hier entwickeln kann, wenn es uns nicht Ton den
Nachbarlandern angefahrt und dnrch besiindige Anstecknog er-
neuert wird. Eine nrsproDgliche Seibsterzengnng dieser Gifte
findet in ihrer Heimath ohne Zweifel statt, aber die Veranlas-
sungen dazu kennen wir nicht. In Asien müssen Clima und
OrtsTcrhaltnisse gleich stark dasu beitragen^ da nach den Be-
richten der Reisenden das Vieh überhaupt an mehreren und
heftigeren Krankheiten leidet, als in unseren Landern. Nach
ihrer wesentlichen Verschiedenheit kann man die Gontagien ein-
theilen in fluchtige und üxe. Die ersteren fahren ein gewisses
Miasma sni generis mit sich (eine ron thierischen Saften erzeugte
Materie, die nach längerer oder kürzerer Zeit auszubrechen be-
stimmt ist) ; sie pflanzen sich durch die Luft fort, und sind ein-
förmig, d. i. sie greifen nur eine Thierart an, wie die Horn-
vi^pest und die Sohafpocken**).
Die flxen Gontagien dagegen bedürfen zar Ansteckung
*) Was die Viebpest anlangt, so ist der Grundsatz des Verfassers
eine nnerschatterliohe Wahrheit. — Sollten die Schafböcken und die
Kinderblattem identisch sein, so spricht auch yiel für die Meinung
des Verfassers.
**) Es ist dnrch Versuche bewiesen, dass die Schafpockea und
Kinderblattem identische Krankheiten sind ; — diese geben dnrch Im-
pf ang jene nnd schützen gegen diese. Dr. Lisa ron D'rotondo im
Gapitanato hat Schafe mit Kinderblattern geimpft und erhielt Schaff
pocken. Sowohl gegen diese als gegen jene kann man doroh die Im»
pfang mit Kahpocken schützen. S. Niemann 's Taschenbach p. 51,
53, Halberstadt 1804. 8. Med. chirurg. Zeitung 1809, Nr. 43, p. 220.
Kopp's Jahrbücher, 2ter Jahrgang p. 520 u. 5ter Jahrgang p. 318
und Andrejs oeconomiach. Neuigkeit, 1815 p. 111.
Ansteckende Krankheiten der Haasthiere. 481
^iner nnmittelbareo Ueberträgong ilires spedfisehen Giftes auf
ein anderes IndiTridanm. Hierza gehören alle unsere inlandi*
sehen ansteckenden Krankheiten, Rots, Rotzwnrm*), Rande,
Kropf, Wasserscheugift, und die unbeständigen Seuchen, welche
mehrere Thierarten angreifen, wie die Mundsenche, Klauen-
seuche, Milzbrand, Zungenkrebs u. s. w.
Die Wirksamkeit der Contagien erfordert eine eigene Dis-
Position bei den Thieren und die Berührung der empfanglichen
Flachen des Korpers, Ohne eine eigen thnmliche Anlage leidet
kein Thier an einem Contagium, weder das fluchtige noch das
£ze finden ohne dieselbe Eingang.
Die Mittheilung des fluchtigen geschieht am leichtesten
durch die Luft, besonders beim Hornyieh durch sein aussers^
empfindliches Geruohsorgan« Niedergeschluckte Contagien verur-
saehen nicht leicht Ansteckung, theils wegen ihrer animalischen
Zersetzung in den Verdanungswegen , theils wegen der davon ab-
hangigen Strnctur der Theile« Doch leidet diese Unwirksam-
keit einige Modifioationen mit Hinsicht auf die miasmatischen,
welche auf dem Wege zum Magen aufgenommen werden kon-
neu, sowie auch wegen der Nahe der Geruchsorgane.
Die fluchtigen Gifte haben das Eigenthnmliche, dass'sie
das einmal angesteckte Indiyiduum nicht zum zweiten Male
angreifen. Ich muss hier bemerken, dass ich nur die Hornvieh-
pest und die Schafpocken nach meinen Erfahrungen zu den
fluchtigen Contagien zahle**); Andere rechnen noch andere
Krankheiten hierher, denen aber, wie der Blutseuche und dem Ner-
venfieber, die eharacterisitschen Qualitäten fehlen ; folglich gehö-
ren sie zu den fixen. Lange war ich mit mir uneinig, ob ich die
Anzahl der fluchtigen mit der Lungenseuche des Horhviehes ver-
mehren durfte oder nicht, da ich während meines Aufenthaltes
*) Der Rotzwarm kann sich durch die Ausdänstong fortpflanzen.
**) Die allgemeine Hundeseacbe ist anch darch die Luft an-
steckend, und muss deshalb ebenfalls hierzu gerechnet werden.
lUg. L Thierbailk. ZXXVL 4. 31
4SS I««PP««
iB B«rliB d«B Fall mUlU hsbe, dm» dieM Seoche doicli die
L«ft Mf aiadge mit de« Kraakan id mmma Stalle st^eade TUore
obatgiBg. Allein dm idi seitdea nehre Male dieae Kraakbeit
sa beobaditea Crelegeabeit hatte, vo ich ontor wenigsten glei-
eben Umstanden dnrebans keine Mittlieilnng bemerkte, so be-
weg mich dies, der Lnngenseoehe keine Ansteeknng beisnmea-
sen, nnd jenen Fall nidit als Regel ansnnehmen, da dieser
sicherlieh höchst selten eintrifft, and tob einer eigenthomliehen
Disposition bei den alBeirten Thieren abhängig ist. —
Das Gift der Viehpest and der Schafpoeken gleichen sich
darin, dass beide sich durch die Lnft Terpflansen and nnr an
Mal ein nnd dasselbe Thier angreifen. Im üebrigen haben sie
weB% Aehnlichkeit in ihren Charaetoren. Das erste Tordampft
bald bei einer mittelmissigen Tempemtnr, selbst in geschlosse-
nen Glasern hält es sich kaam 10 Tage^; dagegen behalt das
Sehafpockengift, sogar am Ofen getrocknet, sein Ansteeknngs-
Vermögen. Das Pestgift ist also weit feiner nnd steckt deshalb
auch viel leiehter an als das Poekengift. —
Jede Thierart hat seine eigenen Contagien, die sich natnr-
lieh (darch Ansteeknng) oder knnstlich (dnrch Impfhng) anf an-
dere. Thiere überfahren lassen. Das Pferdegeschlecht besitzt
eigenthfimlieh den Rots, den RoUwnrm nnd Kmpf ; das Homyieh
die Pest; die Schafe die Pocken, sowie Schweine, Hände ihre
bekannten Senchen. Die Versuche, welche mit den ersten Con-
tagien an anderen Thierarten ausgeführt wurden, haben dieee
Eigen thnmlicbkeit ausser allem Zweifel gesetst, und sind hin-
länglich bekannt. Die Einimpfung der Schafpocken auf Ter-
sdiiedene Thierarten gab dasselbe Resultat, welches Dr. Sal-
*) Nach Weiss kann das Gift der Yiehsenche seine ansteckende
Kraft 6 Jahre behalten. Der Hofrath nnd Physikas Opitz in Min-
den hat die Beobachtnng gemacht, dass aufgegrabene nnd noch nicht
in Verwesung übergegangene Korper von Vieh, das vor 19 Jahren an
der Viehsenche gefallen nnd tief in Kalk yergraben war, das Vermö»
gen behalten hatte, den Ansbmch der Viehsenche zu yerursachen. (?)
Ansteckende Kränkelten der Hansthiere. 483
math in seiner von der hiesigen Gesellschafit der Wiisen-
Bchaften gekrönten Preisschrift über die Inocnlation der Schaf*
pocken bewiesen hat, nnd das seitdem dnrch die yöm Herrn
Professor Sick angestellten Versnche nenerdings in Anre-
gung gebracht worden ist. Selbst die dnrch ihre physiologische
Bauart nnd Natur mit den Schafen verwandten Ziegen nehmen
niemals das ihnen anfgedrungene Schafpockengift auf, noch we»
niger die Hunde, und am allerwenigsten die grösseren Thier*
arten, so auch nicht die Menschen, Letzteres beweiset eine
Verschiedenheit zwischen den Menschen- nnd Schafpoeken*),
Nach mehreren Beobachtungen hebt das Enhpockengift die Em-
pfänglichkeit für die Schafpocken nicht auf**). Mit Sehweine-
blättern verhält es sich alier Wahrscheinlichkeit nach auf die-
aelbe Art***). Dass sie sich auf Schweine fortpflanzen habe
ich erfahren; allein da dies selten geschieht, so ist es mir bis
jetzt nicht möglich gewesen , über ihr Ans teckungs vermögen aaf
andere Thiere Versuche anzustellen. Die Hundeseuche, eine
besondere« Nervenkrankheit mit Ansflnss aus den Angen und
der Nase, folgt demselben Gesetze*
Für alle diese Thatsachen lasst sich kein näherer Grand
angeben. Höchstens können wir Rücksicht nehmen auf die Ver-
schiedenheit der Reizbarkeit bei den verschiedenen Thierge.
schlechtem nnd die absolnte und relative Macht des Gonta«
giums. Dieselben Grundsätze können nach meiner Ansicht den
Maassstab abgeben, wonach wir die Wirksamkeit der Einimpfung
von gewissen zur Vorbeugung einiger Gontagien angewandten
Kr ankheits Stoffe beurtheilen müssen. Diese Idee bezieht sich
*) Siehe Anmerkung Nr. 1. auf S. 480.
**) Siehe Anmerkung Nr. 2. ebend.
*^) Die Schweine bekommen durch Impfang Einderblattern, welche
den Schweineblattern gleichen. Sie sind vermuthlich identisch, und
es muss ihnen daher vorgebengt werden können durch Impfang der
Sahpocken. S. Viborg's Anleitung zur Behandlang der Sehweine
als Hausthiere. 1804 in 8« §. 3j6.
31*
4M I'^PP«.
maf d«B EmA mmd die mmtdogtm YenmAm mmager
Kobpockea assaweadeB, ■■ die des MeaickenbUtter» eo s^ir
ihalicfe (?) HoraTiehkrmoklieii b« TerUnderB. Die PodLeakrank-
beitea nad eis ia HiicrreiAe fast aOgeaeia Terbiettetea Udiel,
lud ala soldies betraditet« atehea aie aüt eiaaader ia Verwaadt-
adialt; aber aie wird aua ebea so, wie maa darcb die Kali-
pockea die Wirksaskeit der Meaachenblattera aafbebt, den
Zweck erreiebea dorcb EiaimpfiiBg ciaea oder des aadereB
Kreakbeitsstoffes bei eiaer Tbierart, derea Korper dem Coata-
giom eiae grossere Maebt eatgegenstellfc aad fiberbaopi etaen
staikerea Organisaqs, als jeaer ist, ia wetcbeai das Gift er-
seogt wurde» Vergebeaa werdea wir die Hoffiiaag aabrea, daaa
eia aolefies Sebatzmittel gegea die eiae oder die aadere Pferde-
■ad HorBTiebsenebe ia Zokaaft eatdeckt werdea köaae.
Naeb Einiger Bestimmaagea Terst^t oiaa oater Gontagiam
nur die nuasmatisebea Aasteeknngsgifte (S. 480). Eiae gegebeae
aad aasebeinend liebtige Defiaitioa aber Aasteekaag aad fixe Na-
tor gestattet aoeb, jeaes Wort for diese an gebranebea, obseboa äe
sieb doreb ebaraeteristisebe Keanxeieben Toa den floebtigeB aa-
tersebeiden. Dabia gehorea besonders, dass sie aar sdiadlieh
for gesaade Korper siad, weaa diese ia nnmittelbare Beröbnmg
adt dem kraaken Vieb, oder eigentlieb mit der aasteekeadea
Materie kommen; dsss sie alle die Fähigkeit besitsen, sich in
BBserem Klima sa eatwickela, dass sie mit weaigea Aasaab-
mea aof andere Thierartea obergehen , dass sie mehrere Male
ein nnd dasselbe Individnam angreifen konnea, nad endlich,
dass wir Menschea selbst vor ihnea nicht sicher sind« Es ist
eine besondere and eine sehr anffidlende Erscheinong, dass der
Mensch fiir die fixen Contagien des HornTiehs die meiste Em*
pfinglichkeit besitzt^ ond dagegen so wenig von denen anderer
Thierartea sa furchten hat, da diese doch anf das Krankheits-
giffc des Hornviehes eine öftere Einwirkong salsssen. Ansnah-
mea giebt es äberall in der NaTar, also aa<^ hier; diese be-
gründen indessen keine Regel.
Ansteckende Krankheiten der Hausthiere. 485
Das Pferdegescblecht hat nar 5 ansteckende Krankheiten
aafza weisen, nämlich: Rota, Rotaworm, Kropf, Rande nnd
Nervenfieber.
Milzbrand, Blntseache nnd Weichselzopf zeigt sich so sel-
ten als ansteckend bei Pferden, dass man diese hierher mit
Recht nicht zahlen darf. Wie jene Ansetckangsgifte sich Ter-
halten, und in wiefern sie auf andere Thiere wirken, ist be-
kannt. Dem Herrn Prof. Vi borg hat die Wissenschaft die
Yortrefilichste Bearbeitung nnd Anfklarnng nber diesen Gegen«
stand zu danken. Die Kratze ansgenommea sind sie insgesammt
selbststandige, einförmige Krankheiten. Das Nervenfieber steckt
wohl Pferde an durch die ans Augen und Nase fliessende Fench-
tigkeit, aber es zeigt keine Wirkung auf andere Thiere*).
Kratze ist eine auf alle Thierarten übergehende Hantkrankheit
mit einem fixen Ansteckungsstoffe, jedoch nicht weniger geflihr-
lich, weil sie sich so leicht an alle Gegenstande festhangt.
Worin dieser Ansteckungsstoff eigentlich bestehe, nnd unter
.welchen Bedingungen er bei einem gesunden Thiere die Krank*
heit hervorbringe, darüber sind die Meinungen getheilt, weil
man bis jetzt noch nicht die erforderliche Aufmerksamkeit auf die
Insecten gerichtet hat, welche der Rande zum Grunde liegen*
Nach der gewöhnlichen Meinung erfolgt die Anstecknng,
wenn etwas von der bei der Krankheit ausgeschwitzten Fench*
tigkeit auf einen gesunden Korper übergeführt wird, oder wenn
Staub oder Schorfe von dem räudigen auf die gesunden fliegen.
Bei der Beobachtung der vollkommenen Einförmigkeit der Rande
aller Thiere, und bei genauerer Erwägung der neueren mit ver-
schiedenen Randestoffen angestellten Versuche, tritt jene Mei-
nung in den Hintergrund, und es gewinnt die mehr nnd mehr
die Oberhand, dass die Anstecknng nur durch eigen thnmliche
Mittel geschieht. Herr Walz hat hierüber sehr schone Ver-
suche angestellt, die dies bekräftigen. Dass bei der ^igent^
*) Es ist auch ansteckend darch die Luft.
Dm Horvrkk bcmsS 9 fixe C
mwtder Biirt» FevdkCi^keit ■. a. w., oder ibctkMpt.
aar eia körperlicher Sloff ist, rteckt ebea so gvt aa wie £e
grofite Meage» —
la »eiaer Frans nad anr aichrcre RDe rot^Ai
wo der Milsbraad keiae aasteckeadea Bigeasehallea
•ad die daait aagesl^tea Versoehe habea aidi aberaeogt»
dase Biaa aar ia dem FaDe etwas sa befiicbtea bat, weaa die
BataaadoBg aad der Braad fiberall im Körper Terbreitet nnd.
Idb habe ia meiaer Dissertatioa ober dea MUabraad mebr bieir»
iber gesagt. Beide, sowohl das Milsbraad- als aneb das Zma-
geokrebsgift, scbetaen aacb dem Tode der Krankea, and weaa
diese Tollkommea erkaltet siad, ihre anstedLeode Kraft zu rer-
lierea, weaigstens habe ieb diese Erfahraag oft gemacht. Idi
finde aacb in der Gesdddite über den Milabrand mehrere Be- ' \
lege dafor. üater aaderea berrsebte im Kriege gegea die
Ansteckende Krankheiten der Hansthiere. 487
Mitte des Torigen Jahrhunderts ein bösartiger Milsbrand; die
Soldaten nahmen das todte Vieh von den Schindangern hinweg,
ohne durch den Gennss nachtbeilige Wirkungen zu erfahren.
Dass alle Thierarten der Ansteckung dieser beiden Brandbea-»
len- Seuchen unterworfen sind, ist eine bekannte Sache; selbst
Federvieh und Fische, bleiben nicht verschont. Die Mundseuche
und die Klauenseuche sind das gegen einander, was der Zun*
genkrebs und der Milsbrand sind; beide unterscheiden sich wie-
der nur durch den Ort, den sie angreifen, Dass sie für das
Hornvieh ansteckend sind, ist nicht mehr zu bezweifeln, da die
Ansteckung bei jedem Ausbruch deutlich am Tage liegt. Bei
allen Thieren mit Klauen kann das Gift ursprünglich erzeugt
werden, jedoch kommt es mir unwahrscheinlich vor, dass Fe-
dervieh, wie man sagt, davon ergriffen werden könne» Ob aber
eine oder die andere dieser Krankheiten sich von einer Tfaier«
art auf die andere fortpflanze, kann ich jetzt nicht behaupten,
wiewohl ieh sie in mehreren Landern beobachtet habe, freilich
nur da, wo Umstände Impfungs versuche nicht gestatteten*). Nur
durch Letztere kann man Gewissheit erlangen und wenn weder
Pferde noch Bornvieh, noch Schafe und Schweine mit einander
in Berührung kommen und Jeder zufälligen Ansteckung vorge-
beugt wird. Hinsichtlich der Baude und der Blutseuche gilt
beim Hornvieh dasselbe, was bei Pferden. Die Kuhpocken trifft
man gewohnlich auf dem Euter junger, erstwerfender Knhe; sie
sind für das Hornvieh eben so ansteckend, wie für Schafe und
Hunde**). Die Kuhpocken, auf Schafe und Hunde eingeimpft,
lassen sich wieder auf das Hornvieh überführen. Die Krank-
heit steckt nur durch unmittelbarer Berührung an, wenn die
Kuhpockenmaterie auf die Euter der Kühe beim Melken ge-
*) Die Manlseudie ist der gutartige Zangenkrebs, und ist an-
steckend, sowohl dnreh die Luft, als auch durch unmittelbare Be-
rührung« . .
**) Die Kuhpocken sind auch für Pferde ansteckend.
48S Lappe,
bracht wird; folglieb kaao aaefa die AaeieckoDg wabrend des
MeIfceBS geeebebeo« Dr. Jenaer sdurieb den Ursprong der
Kabpoeken der Hanke an, wenn aialieb Fliseigkeiten Ton je*
ner aaf die Bater der Käbe gebracht werden. Die tpitereo
Ton Anderen angestellten Verenche bewährten diene Annabnke
nicht*). Herr Pilger glaabt« data Jenaer onter «Grease*
die gewohaliehe Mauke nicht gekaant habe, aendem nur eine Ar^
derselben , welehe man snw eilen bei jangen Pferden, die tua
Kropf leiden, antriffi; dabei schwillt das ai&cirte Hinterbein und.
wird mit blanlichen Blattern besetst» Pilger behauptet fer-
ner, dass Kropf, Knhpocken, Schafblattern nnd die Hnndesendie
grosse Analogie mit einaader haben , nnd den Mensehenblattem
völlig gleichen. Br halt den sogenannten nmhersiehenden Kropf
far einen Schossling der Kohblattern **). In dieser üebersen-
gnng impfte er swei Kinder mit frischer Materie Ton Pferde-
druse ; am dritten Tage seigtea sich an Beiden Blattern,
und am fünften Tage trockneten sie so wie unechte Knhpocken.
Diese seinen Wünschen so wenig entsprechende Wirkung achrieb
er einem oder dem anderen Fehler des Giftes sa, ohne an be<>
denken« wie leicht man sich auf dem Wege der Erfahrung tao-
schen könne. Beide Kinder impfte er spater mit glücklichem
Erfolge mit Knhpockenmaterie. Zwar sind die Wege der Na-
tnr noch bei weitem nicht genug erleuchtet, und man wird
*) Dass die Maokematerie die Kohpocken hervorbringen kann,
ist durch Versuche auf der Dänischen Thierarzneischale bewiesen wor-
den. S. neue Biblioth. far Phjsic, Medicin u. Oecon. IX. B. 1—20.
und Sammlang für Tbierärzte u. Oecon. 5. B. p. 253.
**) Anmerker hat einmal beobachtet, dass die Handeseuche sich
mit Blattern endete und dadurch gutartig wurde ; femer hat er fleisch-
artige runde Narben auf der Schleimhaut der Nase gesehen, gerade
solche, wie sie die eingeimpften Kuhpoeken hinterlassen. In der her-
herumziehenden Druse erhielt ein Fallen Beulen am ganzen Kör-
per, welche tiefe Nctft)eh zurückliesfeen,, die sber mit Blattern keine
Aebnlicbkeit hatten.
f
Anateckende Krankheiten der Haasthiere. 489
noch immer Dinge entdecken, an die man fraher nioht dachte;
allein Kubpocken von der Drnflenmatene zn. eraeogen, siehe
ich sehr in Zweifel, nnd ich für meine Person laogne die Gleich»
heit des Kropfes mit jeder anderen Blattemkrankheit ganaüch^
Irre ich nicht, so darf man zwischen awei Krankheiten yerschie^
dener Thierarten nnr dann eine Analogie oder Uebereinstinv-
mung annehmen, wenn ihre Hanptcharactere mit einander aber*
einkommen, Ist dies nicht der Fall, so nehme ich eine abwei-
chende Verschiedenheit zwischen Kropf und aUen Blatterkrank-
heit m an« Eine Parallele kann Jeder nach Belieben selbst
ziehen«
Die Schafe und Schweine sind denselben fixen Contagien
unterworfen, die wir beim Hornrieh mit Ausnahme der Kuh-
pocken antreffen, und findet, was wir ober jene bemerkt haben,
auch hier Anwendung. In Bezug auf die Rande muss ich hier
hinzufügen, dass nach den neuesten Untersuchungen die Fucha-
räude nicht auf die Hausthiere übergeht, wie man sie beim
Ausbruche der Kaude unter den Schafen als eine urspruogliche
Ursache angegeben hat*).
Bei den Händen finden wir kein fluchtiges Contagium, und
nur zwei üxer Natur, nämlich die Wasserscheu**) und die be-
i^annte Hundeseuche. Der Hundetripper ist äusserst selten nnd
Terdient keine Erwähnung***). Die erste Krankheit erstreckt
sich mit ihrer Ansteckung über alle Thiere und ist bis jetzt
*) Es ist bei den Jägern eine bekannte Behauptung, dass rän-
dige Fuchse Pferde angesteckt haben.
**) Anmerk. d. Uebers. Nicht mehr Wasserscheu, sondern ToU-
wnth.
***) Dass Hnnde darch Gift von Menschen yenerisch werden kön-
nen, hat Herr Prof. und Ritter A. Wendt, am allgemeinen Hospital,
nach einer tou ihm mir mündlich mitgetheilten Yerslchernng behauptet.
Auch hat Herr Attenhofer dieselbe Beobachtung bei Hnnden durch
Einimpfung Toa Trippermaterie gemacht 8. Bnst's Sammlung für
Natur und Heilkunde. 1. B., 1. Th. p. 25.
490 Lmpp<y
mir ia ihttn WirknogeB nad Folgen bekanak Dass sar Hit-
tileiinng denelbea nothwaadig eiae Waade nad die wirklidie
laocalatioa des Giftes erfordeiiich sei, was ich aa melirerea
Ortea lese, ist eine Aagabe, die beriditiget sa verdea Terdieat.
Meiae Erfahmagea habea aiidi belehrt, dass es dasa blos eiaes
kleiaea Eittes oder aadi des Beleekeaa roa eiaem toHea Haade
bedarC Bei aaderea Haasthierea weiss maa keia Bmpiel, dasa
die Wassersehea sidi arspraagUdi erseagt kabe*). Die
Haadeseodie rerpflaast siek dardi naaiittelbare Berahraag auf
gesaade Haade, aber fiir andere TIdere ist sie aieht gefihrliefa.
Ich habe die Bemerkong gemacht, dass sie seltea mehr als äa
Mal eiaea Haad ergreift; dies hat Tielleidrt Yeraalassnag za
der Idee gegeben, die Haade darch Kahpockea daror sa be-
wahren, iaswischen siad alle Versuche fehlgeschlagea. Tlele
sagea auch, dass die Krankheit in Wassersdien abergehe; ick
kann dies blos inr eine ron aller Wirkliekkeit abweiebeade
Yermnthnog halten.
Bis jetst habe ich blos Ton Thieren gesprochen, and maa
kaaa wohl Toa dem, was ich darüber gesagt, bereits anf Yer-
schiedenheit der thierischen Krankheitegifte aller Thierartea
sdiliessea. So verwickelt diese Lehre im Gänsen ist, mnss sie.
der Thierarst dennoch stndiren, am ein Yerfahrea sa ergrna-
den. doreh welches die Ansbreitnag der Krankheit Terhindert
and dieselbe wo möglich geheilt wird. Dem Menschensrste diiv
fen wegen des Nachtheils, den Menschen durch viele Coatagien
TOB den Haasthierea erleiden können, dieselben nicht anbe-
kaant seia; and sndem geben sie ihm nach Winke snr De-
natsang in der Araneiwissenschaft. Der Einfloss, welchen die
thierischen Krsnkheitsgifte anf den Menschen haben, ist man-
nichfsch and wird anf Terschiedene Weise Teranlasst. Die aber
*) Es ist beksnnt, dass aufgebrachte Katsen, und von Begai-
tungstrieb rasende Hengste durch Ihren Biss die WasBersokeu hervor-
gebracht haben.
Ansteckende Krankheiten der äausthiere. 401
diesen Gegenstand gemachten Erfahrungen sind zufällige, und
nicht durch Versuche regelmässig bestimmte, weil die Aerzte
wegen des moralisöhen Werthes des Menschen blos auf gele-
gentliche Beobachtungen beschrankt sind.
Eben so, wie es kein bestimmtes Naturgesetz giebt, nach
welchem wir die Constitntions- Verwandtschaft der Thiere fest-
setzen können, ebenso wenig lasBt sich 'über ihre Erankheits-
verwand tschaft etwas mit Bestimmtheit angeben; Alles, was man
hier und dort darüber gehört hat, ist Vermuthung, welche
höchst selten von der Natur zur Gewissheit erhoben wird. Soll
man die nähere oder entferntere Verwandtschaft der Thiere in
ihrer Bauart suchen oder in ihren gemeinschaftlichen Krank««
Leiten? Das Eine sowohl wie das Andere erweckt Zweifel, und
leitet uns keinesweges zu einem auch nur einigermaassen siche-
ren Schlüsse. Nach Erfahrungen sollte billig der EinÜuss,
welchen gewisse Erankheitsgifte auf mehrere Thierarten zu-
gleich haben, den Vorzug verdienen, obgleich sie die Gleich-
heit der Bauart gegen sich haben. Eine wahre Gleichheit tref-
fen wir nur zwischen dem Pferde und dem Esel, die nicht
allein durch die selbststandigen Krankheiten dieser Thiere be-
kundet, sondern auch durch ihre gegenseitige Paarung bewie-
sen wird. Zwischen diesen und anderen Hausthieren findet
ebenso wenig eine Gleichheit statt, als zteischen den letzteren
unter sich, ich meine nämlich hinsichilich der Annahme für ihre
verschiedenen eigenthümlicfaen Krankheiten. Dass die Viehpesf
oder die allgemeine Viehseuche sich nicht auf Schafe einimpfen
lasst, ist weniger auffallend, als dass die Schafpocken sich nicht
auf Ziegen übertragen lassen. Unsere grossten Naturforscher
finden eine ausserordentliche Gleichheit zwischen der Structur
des Menschen und des Schweines; allein in Bezug auf die
Krankheiten finde ich das nicht, da beide wohl eigenthümlich'e
und ahnliche Krankheiten haben, die jedoch nicht von dem
einen zum andern übergehen. Der Mensch leidet gewiss nicht mehr
von einer andern kranken Thierart als vom Hornvieh, ohne äes-
492 Lappe,
bftlb diesem io der Baaeit m gleichen. leb habe diese Be-
merkQDg bereits oben schon gemacht. Es ist sehr leicht mog-
lieh, dass der Grand gerade in dem liegt, was ich vorhin be-
rührte , dass nämlich bei grosseren Thierarten ein Einimpfongs-
mittel nicht stattfinden könne. Die Knbpocken, and der Um-
stand, dass die Eah far das Blatterngift des Menschen Recep-
tivitat hat, sprechen for die Wahrscheinlichkeit meiner Meinang.
Uebrigens kommt es bei dem ' Schots der Menschen nicht in
Betracht, welcher Schaden durch die Mittheilong der einen oder
der andern Thierkrankheit entsteht.
Anf den Menschen aassern die Pferde -Contagien keinen
regelmassigen Einflass: dadnrch, dass man aof Aasnahmen auf-
merksam war, warde ins wischen die Möglichkeit dargethan; sie
dienen als warnendes Beispiel, Rots, Rotswarm and Rande
sind nach meinen Erfahrangen vermögend, sobald sie einen bös-
artigen Character angenommen haben, den Menschen schädlich
zu werden« Am meisten sieben sich die Obdacenten bei Oeff>
nang der Pferde, mit Rots and Rotswnrm behaftet, Nachtheil
za, wenn sie Verletsangen oder Blasen an den Händen haben,
die sie mit Blat oder mit der in den Benlen enthaltenen .Flas-
Bigkeit veranreinigen. Anf diese Art erhielt ein Obdncent bos«
artige Bealen am Arme, der stark anschwoll; die Heilang, die
awar endlich glackte, war aosserst schwierig. Dergleichen ge-
fahrliche Folgen habe ich niemals bemerkt, wenn die ansteckende
Materie aof die blosse Hand kam. Eine sorgfaltige Vordcht
bei der Oeffnang and Pflege der Pferde mit Rots nad Rots-
warm dringt sich deshalb anter den angegebenen Umstanden
von selbst auf«
Die Uebertragong der Pferde- Rande auf deo Menschen
wird noch immer von Vielen in Abrede gestellt; allein die-
Autorität einiger einsichtsvollen Thierarzte, sowie aach meine
eigenen Beobachtungen haben mich vollkommen von dem an-
steckenden Einflüsse der Pferde-Raude aof den Menschen aber-
zengt. Diejenigen, welche dergleichen Kranke pflegen^ bekom-
Ansteckende Krankheiten der Hansthiere. 493
ttien einen kratzartigen Anssoblag an Händen nnd Armen , der
sich mehr oder weniger verbreitet, aber darcb zweckmassige
Mittel wieder zn heilen ist.
Da ich eben von Pferde- Contagien spreche; so darf ich,
wie man auch gewiss erwartet, der Manke nnd ihres Einflusses
auf den Menschen zu erwähnen nicht vergessen. Einiges ist
bereits bei den Kuhpocken vorgekommen, woraus man auf meine
Meinung schliessen kann«
Die vom Herrn Prof. Viborg in seiner Sammlung für
Thierärzte mitgetheilten Versuche über die Mauke-Materie der
Pferde bei dieser Thierart und bei den Menschen, setzen die
Unwirksamkeit .dieses Krankheitsstofifes auf beide ausser Zwei-
fel, nnd widerlegen ebenso die Behauptung, dass die Kuhpocken
durch Manke • Materie hervorgebracht werden können*). Ehe
ich von diesen Versuchen sprechen horte; zweifelte ich bereits
an der Wirklicheit der Jenn er' sehen Theorie, weil ich beide
Krankheiten, die Manke nnd die Knhpocken für wesentlich
verschieden ansehe. Ich war von Anfang an nicht f&r die Mei-
nung, dass die Mauke Menschen anstecke, da ich niemals in
der langen Zeit, seit ich Thierarzt bin, diesen Einfluss der
Manke bemerkt, so viele Kranke ich auch unter den Händen
gehabt habe. Desto auffallender war es mir in Tennecker's
Zeitung für 1803 2. B. 1. Th. die entgegengesetzte Erfahrung
zn finden; indessen hat der Thatbestand mich nicht überzeugt.
Der Einsender jener Nachricht H. v. G. will durch Mankema-
terie einen Ausschlag wie trockene Kratze zwischen den Fin-
gern erhalten haben. Ohne Zweifel schrieb sich dieser von an-
deren Ursachen her; denn obgleich ich die Mauke für eine Mo-
dification der Räude ansehe , so habe ich mich bis jetzt von
ihrer Mittheilung nicht überzeugen können. H. v. 6. citirt zu-
gleich einen Beweis für seine Meinung, nämlich das Schreiben
eines Arztes der früheren cisalpinischen Republik vom 5^ MSrz
*) Siehe das Entgegengesetzte in der Anmerkung p. 488.
4M I«ftPM,
180S» wichar dtfin d«r Bahwdl—g «iaes Mau^M erwihat,
der Bealea w die Hiad« bekaa, weQ er Fierde mit der Mmoke
behaadelte. Er geb sogleich der Knhpocken-CoBiniesioa Nach-
rieht devoBy die tob der erwähnten Materie eine Impfinig
▼eraalaMle. Die Eingeiapftea erhieltea die sehoastea Kuh-
poeken o. t. w. und der Kranke halte niemals am Koke an
thon, aber er pflegte ein mit der Maoke behaftetes Pferd« Dies
«idersprieht also, sagt der Einaender, der Meinung Viborg^s,
8eheel*s ond PfaTs. Angenommen, das Breigniss sei wahr,
•o andere ich demnngeachtet nicht eher meine Ueberseagnng,
bia die so haofig unter den Pferden herrschende Manko mehrere
Beweise fnr deren angenommenes Anstecknngsrermögen auf-
stellt, ab man bis jetat beobachten konnte. So lange eine
eolehe Beobachtong sich nicht in den meisten Fallen als Regel
neigt, so thnt dies nichts aar Sache.
Der menschliche Korper. ist Torsoglich fnr die Aufnahme
der Krankheitsgifte dea HomTiebes geeignet, denn nicht allein,
dass derselbe weit mehr Toa anderen Tbieren sn farchten hat,
ao leiden diese wiederum weit weniger Tom HornYieh, als der
Mensch« Es ist bewiesen, dass alle £zen Contsgien des Hom-
Tiehs den Menschen anstecken, nur die Rindnebpest hat durch-
aus keine Wirkung auf uns* —
Dass der Milzbrand far den Arst und die Warter sehr
geHUirlich werden kann, ist aiemlicb notorisch. Die mehr oder
woDiger im Körper allgemein verbreitete Entsundang bestimmt
die Bösartigkeit und mit derselben das AntteckungsTermogen
des Milsbrandes. Liegen solche Charactere klar vor; so ist
«ine sorgfiltige Vorsicht vor der Berührnng des kranken Thie-
res anzaratheo« Die Folgep der Mittheilang des Giftes sind
«tets traurig; denn es ersrJieioen sowohl beim Menschen als beim
Hornvieh Brandbealen, die sehr schwer so heilen sind, ond
Ton welchen der Mensch im ganstigsten Falle mit unerhörten
Schmerzen davon kommt, wie einige Baaera, welche dies trau-
rige Loos traf; mich versichert haben. Alle Absonderoogs- und
Ansteckende Krankheiten der Hansthiere. 495
Aosleernngsmaterien, fiberhanpt alle ron einem am Milsbrand
leidenden Thiere herrührenden Stoffe, eraengen beim Mensehen,
wenn sie in nnmittelbare Berohrnng mit demselben gesetzt
werden, Brandbenlen* Hier sind nicht einmal Verletanngen,
Blasen oder frische Wanden erforderlich, um so mehr mnss
man jede Verbindung mit den Kranken oder den Leichen
scheuen, die mit Brandbeulen bahaftet sind. Diejenigen^ welche
krankes Vieh behandeln nnd püegen, werden wohltbun, beson*
ders wenn sie denselben Arsneimittel eingeben, zur Ader an
lassen oder Kljstire zu geben, ihre Hände mit Fett einsa-
sohmieren and sie alsdann mit Essig oder Urin abzuwaschen«
Der Zangenkrebs wirkt aal den Menschen eben so schädlich
ein wie der Milzbrand. Dieselben Vorsichtsmaassregeln, welche
dort nothwendig waren, sind auch hier anwendbar. Ueberhanpt
darf man beide Krankheiten wie ein und dieselbe beurtheilen,
wie ich dies iib 3. Th» des Magazins für theoretische und prac-
tische Thierarznei Wissenschaft von Teufel gezeigt habe.
Der Ruf der Kuhpocken und ihre angepriesene Wirksam-
keit ersparen mir alle Aeussernngen darüber; was die Räude
anbetrifft, so verweise ich auf das, was ich in dieser Hinsicht
bei den Contagien der Pferde gesagt habe.
Es sind nur noch zwei Contagien übrig, über deren Wir-
kung auf den menschlichen Korper ich Rechenschaft abzulegen
habe; dies sind die Mund> und Klauenseuche, zwei identische
Krankheiten. Der Arzt muss der Wahrheit trea bleiben, um
die Wissenschaft zu einer höheren Stufe der Vollkommenheit za
erheben. Von diesem Grundsatz ausgehend kann ich nach mei-
nen Beobachtungen beiden Krankheiten kein auf den Menschen
allezeit übergehendes Ansteckungsyermogen zuschreiben. Im
Jahre 1810 hatte ich in einer Nachbarstadt eine Mundseuche
zu heilen, die ungefähr den dritten Theil von 300 Stück Vieh
ergriffen hatte; allein meiner sorgfältigsten Nachfragen unge-
achtet konnte ich doch niemals einen Uebergang auf den Men-
schen entdecken, obgleich die Milch von den kranken Kühen
496 Adani,
▼00 Vielen TOrtoglioh Ton der Srmereii Klasse genossen wnrde.
Inswischen horte ich in Prenssen Tom Landvolke einige Malo
Hindentnngen anf Anstecknng. Vergleiclie ich damit D. Sa-
gar's Schrift: ,|de aphthis peeorinis 1765**, worin er über die
an jener Zeit in Böhmen herrschende Mond- nnd Elanensenche
Nachricht giebt, nnd sngleich nber die Brfahrong, die er ge-
macht hat, dass nämlich die Milch Ton kranken Knhen, die von
Menschen genossen wnrde, bei denselben den Mnndsehwamm
oder Aphthen ersengt habe, so ist es mehr als wahrscheinlich,
dass es sich mit beiden Krankheiten in contagi5ser Beziehung
ebenso yerhalte, wie mit dem Miltbrand nnd dem Zungen-
krebs, dass sie nimliah unter gewissen umstanden anf den
Menschen eine ansteckende Kraft äussern.
X.
Aistellug^ SteUug^ Rechte nnd Zakoiift der liaye-
rischeH Ciiii-VeteriBäre und den» Vamilient
Von Th. Adam.
In dem II. Qaartalshefte 35. Jahrgg. ^^des Magasins för
die gesammte Thierheilknnde*' von Gnrlt ond Hertwig Seite
172 ist unter vorstehender üeberschrift ein Artikel enthalten»
als dessen Verfasser ein Tbierarst Wagner in Nornberg
Pseudonym angegeben ist, der so sehr von üebertreibungen
und Unrichtigkeiten strotz, dass wir denselben nnmoglich mit
Stillschweigen übergehen können, indem wir der Ansiebt ' sind,
dass zwar die wabrheitsgetrene Darstellaog bestehender Mapgel
nnd Gebrechen in unserem Fache von grossem Nutzen ist, Ans-
lassnngen aber, wie wir sie hier finden, nimmermehr das Gate
Anstellang etc. der bayerischen Ciyil- Veterinäre. 497
fordern können. £s wurde indessen viel sn weit fuhren, auf
. -
alle eiazelnen, die zur Zeit bestehenden thatsächlichen Verhfilt-
nisse des bayerisohen Civil- Veterinärwesen entstellenden Punete
unseres Pseudonymus einzugehen, es sollen vielmehr hier nur
die Hanptmomente in aller Kurze in das rechte Licht gesetzt
werden.
Die Aufstellung (nicht AnsteUnng) der Thierarzte in
Bayern ist durch die k. allerhöchste Verordnung vom 1. Sep*
tember 1S58, die Reorganisation des Veterinarwesens betrefifend,
geregelt; sie erfolgt durch die k. Ereisregierungen und sind
nach §« 9. bei der Auswahl unter den Bewerbern — für welche
eine vierwochentliche Bewerbungsfrist eröffnet ist -— die Aneien*
nitat und Würdigkeit, dann auch die nähere Vertrautheit mit
den ooonomischen Verhältnissen des betreffenden Bezirkes -^^
sowie die Anträge der Gemeinden, des Districtsraths , des Be-
zirks-Comit^'s des landwirthschaftlichen Vereins u. s. w. (§. 8.)— »
geeignet zu berücksichtigen. Obschon wir uns mit diesem Auf-
stell ungsmodns ans naheliegenden Gründen nicht einverstanden
erklären können und es auch schon zuweilen vorgekommen ist,
dasB bei Besetzung, namentlich besserer thierärztlicher Stellen
— dem Sinne der allegirten Verordnung zuwider — persön-
liche Rücksichten allein den Ausschlag gegeben haben; so sind
dies doch immer nur Ansnahmsfälle geblieben und möchte viel-^
leicht manche Besetzung einer Stelle anderer Branchen in die«
ser Beziehung auch nicht so gans makellos dastehen.
Gehalte tind Pensionen beziehen in Bayern allerdings
Mkfki die amtlichen Thierarzte nicht und werden die Gebühren,
für ihre dem Staate geleisteten Dienste anerkanntermaassen nur
äusserst kümmerlkh gewährt; doch sind die Bezüge für aBe
Offieialgeschßfte, sowohl bei ansteckenden Thierkrankheiten, als
fßr Vornahme der peHodischen Thiervisitationen , -Fleischbe»
schau etc. entweder durch Verordnungen oder Uebereinkommen
geregelt,- können aber der Natur der Sache nach weder in sta-
bilen Bmolumenten, noch itt Guadenacteti werden.
Mag. f. TMwhellk. XXXVI. 4. 32 *'
498 Adtm,
Data ein« Vertheilong der amtlieh^thierSrstlicheti
Geiohfifte» sowie der damit rerbandeiieii Besage gewöhn«
lieh sei, ist UDriehtig; eine solche hat unseres Wissens nnr in
einem einsigen Regieningsbesirke stattgefunden, und nnr dann,
wenn das Auskommen des erstrorhandenen Thierarstes ohnehin
gesichert schien.
BesDglieh der Erwerbung seiner Existensmittel
ist der CiTiltbierarst in Bayern allerdings hauptsächlich
(und nicht lediglieh) wie aus dem Vorhergehenden ersicht-
lich ist, auf die Ertragoisse seiner Priratpraxis angewiesen; es
ist dies aber ein Verhaltniss, das in anderen Landern ebenso,
aber auch bei den Aersten und vielen anderen Categorien und
bei dem gansen Handels- und Gewerbestand besteht und das
wohl nie sich andern wird»
Selbstverständlich ist es, dass der thierarstlich- amtliche
Experte seineu Wohnsits nicht nach Belieben Terandern
oder auf mehrere Tage verlassen kann, ohne sich hieran die
Erlaubniss des Amtsvorstandes su erholen, wie dies auch bei
den amtlichen Aersten und allen denjenigen Personen der Fall
ist, die mit dem Amte in irgend einem dienstliehen Verhält-
nisse stehen ; falsch aber ist es, dass die Bezirksarste die Hand-
apotheken der Thierarzte zu visitiren haben und besteht in
Bayern cur Zeit eine thierarztliche Medicamententaxe gar niciit.
Was die Anseigepflicht der THierarzte in Seochen-
fÜlen gegenüber der, der licenzirten und nicht licenzirten Pfn-
scher betrifft, so hat sich eben auch hier unser Hr. Pseudo-
nym us nicht ganz an das zu Recht bestehende gehalten, und
▼erweisen wir in dieser Besiehung einfach auf die Art. 123 und
126 des P.-Str.-G.-B. , sowie Ziff. 3 der k, allerhöchsten Ver-
ordnung vom 13. Juli 1862 »die Verpflichtung der Medicinsl-
personen zur Anzeige ansteckender Krankheiten unter Menschen
oder Thieren betr.*
Leider kann nicht in Abrede gestellt werden, dass in eini-
gen Regierungsbezirken die Lieenzirnngen von Empiri-
AnsteUnng ete. der iMiyeriBchen CItI^- Veterinäre. 499
kern far bestimmte thierarstliehe Veniehtangen auch ohne
wirkliches ßednrfniss stattgefanden haben; di^egen müssen wir
aber anch anerkennen, dass in anderen Kreisen solche Licenzen
anch gar nicht ertheilt worden sind, nberhanpt mochte es in
Bayern wie allerwarts als Regel gelten, dass in jenen Gegen-
den, wo tnchtige Thierärate ihre Praxis ansahen , das Pfascher-
Wesen die Grenzen des wohl far noch sehr lange Zeit Unab-
wendbaren nicht aberschreitet.
Wenn Hr. Pseado-Wagner gleich im Anfange seines
Artikels behanptet, dass der bayerische Civil* Veterinär, sobald
er aas irgend einem Grande, wie Kränklichkeit, hohes Alter
a. 6. w. nicht mehr vollkommen entspricht, entweder gans-
11 eh amovirt werden könne, oder die Veterinär- nnd sanitats-
poliseiliche Praxis einem anderen Thierarste übertragen wird,
so hat er vergessen, dies nar mit einem einzigen Falle,
in welchem dies wirklich gesehen, an belegen* im Gegentheile,
er hat es verschwiegen , dass in solchen Fallen die Vertretang
darch einen Substitaten — - selbst viele Jahre hindarch — nie-
mals beanstandet warde.
In dieselbe Categorie der Behanptongen , deren wahre
Begrandang wohl einige Schwierigkeiten bereiten durfte, ist
aaob die an setzen, dass beinahe mit jedem Todesfalle eines
Civilthierarztes Sammlangen for dessen Relikten veranstaltet
werden; seit dem 14jahrigen Bestehen nnserer Wochenschrift
hat solches aberhaapt nar bei ungewöhnlichen Vorkomm-
nissen, im Ganzen etwa 6mal stattgefanden.
In Bayern ist zwar die oberste Leitnng des Civil*Ve-
terinarwesens einem Fachmanne noch nicht übertra-
gen, doch darf nicht aasser Acht gelassen werden, dass seit
drei Jahren von der k. Staatsregierang die Reorganisation des
Civil- Veterinärwesens ernstlich in Angri£f genommen ist, dass
aber eine zeitgemasse Reform nar aas dem Grande noch nicht
aar Aasfuhrang kommen konnte, weil von der hohen Kammer
der Abgeordneten die hiefar erforderlichen Mittel nicht bewil-
82*
600 Adftm,
ligt worden. ProTttoriich fnogiren iadeseen jetit sehon bei dee
3 Kreisregiernogea Thierarzte eU teeiuiseke Beirithe» ehemo
bat die h6eliste Stelle bei Erlassang von wichtigen becuglidieD
Verordnongen in der neaeren ZeU stets Thierarste beigezogen
und sind aacb die mit letzteren saror beratbenen höchsten Be-
stioimangen sowohl von Seite der Behörden als der Tbierarate
i&i gans zweekmfissig erkannt worden, w. s. B. die Seachen-
Ordnung and die Verordnang gegen die Binderpest, weldie
selbst in anderen Ländern grosstentheils adoptirt warde.
Es darf auch nicht vergessen werden , dass die Diraetion
der Thierarzneischole seit drei Jahren einem wirklichen
Thierarate öbertragen ist, dass diese Anstalt in dieser kor-
sen Zeit sehon in. vielfacher Hinsicht sich sa ihrem Vortheile
gestaltet hat and weitere Verbesserangen in sicherer Aassieht
stehen«
Für alle diese Thatsachen findet aber Hr. Ps eo do*-W agner
keia Wort, dafür aber macht er den k« Ereisregierangen aod
den Districtspolizeibehorden den Vorwarf, als ob sie die beste«
henden yerordnangsmässigon Bestimmangen über das Giyil-Ve-
terinarwesen nach Belieben abänderten and amgingen.
Geben wir zu, dass die besüglichea Bestimmangen bei den
Aassenbehorden eine mitanter abweichende Aasfahrang erleiden
-«- was aber meistens nar da geschehen wird, wo es dem be-
treffenden Thierarzte an der aaf allgemeine Tüchtigkeit im
Fache berabenden Selbstständigkeit mangelt -— so dürfte es
schwer halten, aaeh nur einen Fall yorzaführen, ia welchem
einem Thierarzte, gegenüber willkürlicher Behandlong, aaf hö-
heren Orts eingereichte Beschwerde sein Hecht niebt gewor-
den wäre. —
Wie wenig aber unser Pseudonymas mit den Veterinär-
polizeilichen Einrichtangen in Bayern vertrant ist, geht aas
dessen Unkenntniss hervor, dass seit November 1861 den Kreis-
Regierungen die Erlassong oberpolizeUidier Vorsebrlften • über
Fleisehbesohaa j Hunde- und Sehaf Visitationen anheimgegeben
Anstellung etc. der bay^risejieii Civil -Veterinäre. * 5.01
blieb, diese Stellen fragl. Geschäfte auch je nach den beiM^e-
kenden localein etc. Verhaltnissen geregelt haben, nnd nebenbei
bemerkt, eine „Allerhöchste Verordnung^ aber Herbstschafvisi-
tationen factisch gar nicht existirt.
Mit diesem Wenigen glauben wir genugende Belege für die
trüben Quellen, aus denen Hr. Psendo- Wagner geschöpft,
dargelegt cu haben nnd verwahren uns zugleich im Interesse
und sieher im Namen aller gesinnungstüchtigen Thierarcte
Bayerns, als ob sie derartiger Anregungen bedürften, um einer-
seits ihre Lage erst wirklich kennen, anderseits auch den rich-
tigen Weg zur Verbesserung' derselben einschlagen zu lernen.
Unsere Wochenschrift (iebt wohl das beste Zengniss, dass wir
uns nie gescheut haben die Schäden unseres Faches schonungs-
los bioszulegen und kann wenigstens uns der Vorwurf — einen
Bund für ein hohes Ross anzusehen — nicht gelten. An Ener-
gie hat es uns wahrlich ebenfalls nie gefehlt, stets aber haben
wir dem Grundsatze gehuldigt, als Mann zu handeln nnd nicht
blos zu klagen; .mit reinem Gewissen können wir behaupten,
dass uns immer nur die gute Sache vor Augen schwebte, nnd
dass wir mit Wissen und Willen niemals den Weg der Unwahr-
heit oder der Uebertreibung betreten haben; wir hatten hierzu
auch gar keine Veranlassung, indem die Verhältnisse des baye-
rischen Civil - Veterinärwesens in der That noch sehr weit da-
von entfernt sind, um als günstig bezeichnet werden zu kön-
nen, was indessen leider mit uns auch die Collegen noch ver-
schiedener anderer Staaten zu beklagen haben»
Wir bayerischen Thierärzte leben doch Gottlob nicht in
einem so barbarischen Staate, um uns geradezu als vnllkomiben
recht- und schutzlos hinstellen zu können^ wie es na^h. den
Auslassungen dieses Pseu^o-Wagner der Fall an sein den.
Anschein hätte, geben uns vielmehr der zuversichtlichen Hoff-
nung hin, dass unsere höchste Staatsregierung, nachdem sie die
Noth wendigkeit einer Reorganisation unseres Faches anerkannt
hat, sehen in nächster Zeit Ein:i:ichtnngen treffen werde, welche
50S LitWMbohe Aoieige.
dM Int«reM6 der Landwirthsehaft und dai Staates mit der
Babang dea thiaribrstlidien Standet ▼ereinend, sehoa leit Jah-
ren sehaliehst, leider aber bic jetat noch ▼ergeblieh herbeigo-
wanaeht sind,
Sehlieaalieh erraeben wir die ▼erehrliehe Redaetion dea
»Magaaios for die geaammte Ihierheilkande'* dieae BDsere Er-
kliraog in daa naehate Heft ihrer geaehataten Zeitaehrift ge»
fiUigat aufnehmen an wollen. Th. Adam.
■
XI.
Literarische Aaxdge.
Die Kolik der Pferde und daa Wnrmanenrjama
der Eingeweidearterien. Eine pathologisch -anatomiaehe
und kiinisobe Untersaohaog von Dr. Otto Bollinger. Iftt
19 Holsschnitten. Muoehen, 1870, Rodolph Oldenbonrg.
Vin. and 264 S. 8.
Die Schrift zerfallt in awei Haaptabtheilnngen, namlicii:
A) Das Wnrmanenrysma der Eingeweide-
Arterien, nnd
B) Die Kolik der Pferde.
Die Abtheilang A. enthalt: I. Geschichtliches dea
Wnrmanenrysma, die Beschreibnng des Pallisadenwnrms (Stron-
gylns armatns), namentlich den Bao, die Entwicklang nnd Wan-
derang desselben, nnd wird durch die Abbildangen Fig. 1— »4
erlaatert. Ferner werden die anatomischen Verhaltnisse der
Baacheingeweide des Pferdes nnd ihrer Arterien, sowie der
feinere Bau der Torderen Gekrosarterie besprochen. Hierher
gehören die Abbildangen Fig 5—6.
Litenuntebe Anzeige. 503
II. Pathologisehe Anatomie der Warmnnenrjrimen.
Hier find 60 Falle von Anenryemen der Baaeh- Aorta und
ihrer Aeste beschrieben und darch die Fignren 7 — 18. darge-
stellt. Zu den seltener Yorkommenden Aneurysmen der Nieren-
Arterien kann ich noch ein yor karaer Zeit gefundenes Wurm-
anenrysma hininfogen. Bekanntlieh findet man die vordere
Gekrosarterie am hanfigsten anenrysmatisch, weniger hanfig den
Stamm der Banch-Aorta und ihre anderen Aeste, am seltensten
die Nieren - Arterien.
Die durch chronische Entsündnng eraengte Verdickung der
Wandungen des Aneurysma wird an den Tersohiedenen fiaut-
schichten der Arterie nachgewiesen. An das Bzsudat der in-
neren Haut legt sich Fasersto£f- Gerinnsel (Thrombus) an, und in
diesem sind die jungen Pallisaden wurmer eingebettet, um dort
durch Häutung ihre Metamorphose dnrchsumachen. Als Ursache
inr Entstehung der Aneurysmen werden eben die ans dem
Dickdarme in die Arterie eingewanderten jungen Pallisaden-
wurmer angesehen, und swar mit vollem Recht. Dass gerade
die vordere Gekr5sarterie am hanfigsten von den Würmern
besucht wird, scheint mir darin begründet au sein, dass diese
Arterie des Pferdes einen äusserst knrsen Stamm hat, der un-
mittelbar am Dickdarme liegt; und von dieser Arterie gelan-
gen sie erst in di^ anderen Aeste der Bauch-Aorta»
Dass die Erkennung der Wurmanenrysmen am lebenden
Pferde schwierig ist, weil die Symptome nicht constant sind,
wird vom Herrn Verf. hervorgehoben; auch dass Rupturen die-
ser Pnlsadergeschwülste im Ganzen selten sind. Ebenso beach-
tenswerth ist die Schilderung der krankhaften Zustände, welche
aas der Verstopfung einielner Arterien durch abgerissene Fa-
serstoffpfröpfe aus den Wurmanenrysmen hervorgehen. Ref.
stimmt daher dem Verf. in der Annahme bei, dass die bei
Pferden nicht selten vorkommende Obliteration der Schenkel-
and Becken- Arterien durch Embolie aus jenen Geschwülsten
entstehen mögen. Ja der Verf. geht noch weiter, indem er
504 Litomitebe Anseig». *
den Sftts ftoürtellt: »Die ueitten der VeranderaDgen des Dar-
mee aod Gekröses (bei Kolikeo) bemhen mnf locslen Gireala-
tioDsstSrongen , deren ürsschen embolitehe and thrombisehe
Vorginge im Gebiete der vorderen Gekrossrterie sind** (S.200).
Dm hiafige Vorkommen der Kolik findet der Verf. darin be-
gründet, dass mebr al« 90 pCt, aller Pferde mit solchen Wnrm^
aoenrysmen behaftet sind.
In Beziehottg anfdie Kolik der Pferde enthalt die Schrift
folgende Abschnitte:
1« Statistisches nber Morbilitat und Mortalität, die Haa-
figkeit und Gef&hrlichkeit der Kolik.
2. Erscheinungen der Kolik, Verlauf und Eintheiinng»
3. Die Ursachen und die pathologisch -anatomische Gründ-
linge der Kolik.
4. Zur Physiologie der Koliksymptome. Der Meteorismus,
die Darmgase; Kohlensaure- und Schwefelwasserstoff - Ver«
giftung.
5. Modificationen der dnrdi Bmbolie und Thrombose be-
dingten Störungen. Schlussbemerkungeo.
Therapeutische Bemerkungen.
Das Ende der Schrift enthalt ein Resume in 23 Satsen.
Ref. hat die Schrift mit vielem Interesse gelesen und in
mancher Besiehung auch Belehrung und Berichtigung seiner
Ansichten erb alten.
Gurlt.
« *
Pertonal-Nodzen. 505
XII.
Personal -NotizeDt
Angestellt sind mls Ereis-Thierarzte:
Thierarzt I, Klasse Bosser in Oberanlaa für den Kreis Lennep.
Bach mann in Berlin für den Elreis Ober-
Barnim.
Versetzt sind:
Kreis -Thierarzt Bandins von Ortelsbarg nach Osterode,
Becker aas dem Kreise Jerichow L in den
Kreis Zeitz,
Pech aus dem Kreise Meschede in den Kreis
Hamm.
Li eben er aus dem Kreise Bitterfeld in den
Kreis Delitzsch.
Rossarzt Wen dt von Badapoenen als Ober-Rossarzt nach
Jargaitschen.
Thierarzt Frank als Rem onte -Depot -Rossarzt nach Alt Ba-
dapoenen.
Verzogen sind:
Thierarzt Loth von Cordeshagen nach Prenzlaa.
St arm von Kallbassen nach Pilkallen.
Hellbert von Reetz nach Wollgast.
Bodenbarg von Goslar nach Seehaasen (Kreis
Wanzleben).
Henze Ton Gfinstedt nach Hohengandern.
Damitz von Vilbert nach Bocham.
Henning von Rathen nach Landenscheid«
Arndt Ton Baumholder nach Hennef.
506 Pteraooal - NirtiieB.
Niedergelassen haben sich:
Thierarst Genta in Treptow a. d* Rega«
Koch in Kallbassen.
Pramers in Leng«
Gestorben sind:
Kreis -Thierarat a. D. Walch in Hersfeld.
Glominski in Samter.
Offene Kreisthierarst-Stellen*)
Für den Kreis Goldap,
- Wehlaa.
Ortelsbarg.
Ragen«
Bitterfeld«
Samter.
Pram.
*) Alle Personal -Notizen nnd daher aneh das Freiwerden Ton
Kreisthierarzt- Stellen sind am schnellsten ans der klinischen Wochen-
schrift (Verlag der Hir s eh wald' sehen Bachhandlang) zu erfahren.
Red.
Gedrnekt bei Jalioa Sittenfeld in Berlin.
■Taf.W.
Mg.Z.
^. Ö^A^ Q^Ö^^'ß'
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