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Full text of "Magazin für die gesammte Thierheilkunde"

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l 


«    t 


Magazin 


fßr  die 


gesammte*  Thierheilkimde. 


Herausgegeben 


Yon 


Dr.  E.  F.  Gnrlt, 

Professor  a.  D., 
und 

Dr.  C.  H.  Hertwlg, 

ProfeMor  an  der  K5iiiglieliea  Tbi«rana«l0efaiil«  so  B«rlia. 


Sachfionddreissigster  Jahrgang. 


Mit  vier  Tafeln  Abbildungen. 


Berlin,  1870. 
Verlag  von  Angnat  Hirschwald. 


Unter  den  Linden  No.  68. 


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Inhalts- VerzeicbnisB 

des 


Inhalt  des  ersten  Quartalheftes. 

8tiU 

J,    Einiges  über  das  Koppen  oder  Krippeosetseii  der 

Pferde.    (Sehlnss.)    Von  Hertwig 1 

IL     Bie  Bosssebläeliterei  in  Berlin  und  der  Verbraoch 

des  Pferdefleisches.     Von  Hertwig  Jnn. ......       21 

m.    Beitrag  znr  Beantwortung  einiger  Ffagen  in  Bezug 

auf  Lungenseucbe.    Von  F.  Meyer 41 

IV.    Jahresbericht  über  das  Pferdespital  der  Königlichen 

Thierarzneisohule  pro  1867 — 1868.     Von  KÖhne  .       83 
V.    Ueber  Knochen  «Neubildungen  an  den  serösen  Häu- 
ten.   (Mit  Abbildung.   Taf.  I.)    Von  Onrlt  .  .  .  ,       93 
VI.    Die  Beform  der  Gesetsgebung  über  den  Milzbrand. 

Von  Dr«  Kunts 96 

VII.     Literarische  Anzeigen: 

Dr.  6.  C.  Hanbner*s  Handbneh  der  Veterinär- 
Polizei.    Zweite  Lieferung 9  •  •  •     1^6 

Das  Teterinärärztliche  Tasehenbuch  pro   1870, 

von  Th.  Adam     ;  .  . 127 

VIIL     Personal -Notizen '. 128 


IV 


Inhalt  des  zweiten  Qoartalbeftes. 


Seite 

I.  Ueber  eine  neoe  Methode,  die  Schafe  gegen  die 
Pocken  in  schützen,  ohne  sie,  wie  bisher,  der  Ge- 
fahr anscusetsen,  an  den  Schafpoeken  za  erkran- 
ken.   Von  Dr.  Pissin 139 

Mit  Zusatz  Yon  Hertwig 153 

IL    Plattenepithelialeanerold.    Von  Sie  damgrotsky*    168 
IIL    Anstellang,  Stellung,  Eeohte  und  Zaknnft  der  Baye- 
riseben  Civil-Veterinäre  und  deren  Familien»    Von 

Wagner 179 

IV«    Bin  Fall  von  Meningitis  cerebro-spinalis  bei  Soha« 

fen.    Von  Schmidt    186 

V.    Herzklappenlehler  bei  einem  Pferde.    Von  Angen- 

heister 194 

VI.    Die   nachte   Ursache   der  peripdischen  Angenent* 

znndang.    Von  Euttner  •   ..,••«.• 198 

Vn.    Brfahrongen  aber  die  Gastrationsmethode  mit  Aetz- 

ligaturen.    Von  Andersohn 208 

Vm.    Die  Beform  der  Gesetzgebung  über  den  Milzbrand« 

(Fortsetsnng.)    Von  Dr.  Enntz 816 

IX«    Ein  yerbcsserter  Geburtshaken.    Von  Hertwig.  •    8i9 
E.    tiiterarisohe  Anzeige: 

Frank,  Handbuch  der  Anatomie- der Hausthiere. 

1.  Hälfte.    Von  Gurlt 261 

XL    Miscelle. 

Der  Verlust  an  Pferden  und  Maulthieren  in  der 
Sardo-Italienischen  Armee  während  das  Jah- 
res 1864 853 

XII.    Personal -Notizen SS4 


*  c 


Inhalt  des  dritten  Qaartalheftes. 


f 


•fit« 

I.     Die  Bafom  4mt  Geseftigtbuiig  ib«r  dea  MUslurftad. 

(SeliluM).    YoM  Dr.  Kmatx 157 

IL    Kritisch«  Bdieochtang  der  Fil«tk«ori«a  Hallier's 
und  Anderer,  gegründet   auf  experimeateUe  For* 

sehong.    Von  Semmer  ...• • S73 

HL    Jaliretberieht  aber  das  Pferdc^tal  der  Unigllohen 
TMerarsneisehnle  in  Berlin  für  dea  Zeitraam  Tom 
1.  April  1968  bia  ultimo  Mira  1869«    Von  Kdhne    979 
lY.    Die  Verbreitang  der  Triebiaenkrankheit  nater  dea 

8<diweia«n  im  Jahre  1868.    Vo«  Maller 988 

▼»    Sediite  Fortsetf  ang  des  Katalog«  de«  Maaeaaw  der 

König].  Thieraruieieehale  in  Berlin.    Von  Onrlt    S9S 
YL    Noehmale  da«  Iaenbatione*8Cadlam  der  SoiiafpoekeiB« ' 

Yen  Merten  .••*.#•*...• S19 

YH.    Zar  Di^^aoee  der  Darmintragiaatlon.    Yoa  Dem* 

selben  *  •> ,.•..»«..•    396 

YUL    Yeterinair  -  foreasiehe    Penderabilien    IL       Yon 

Maller  in  Stolp ^^    329 

£2L    Das  OrändwacMier  nnd  der  Miltbraad»    Yoa  Na a- 

« 

mann    .  .  ...  .  • •..«..••    388 

X.    üreadi#a  des  Abortae  bei  den  Wiederkaaera  nad 

Schweinen  aad  denen  Folgen.  Yon  Kotelmann  356 
XL  -  Eeclame,  betreffend  den  ^erbeseertea  0ebartehaken. 

Yon  pilmann J.    381 

XM.    Per«#iwl*Ko«iBeii     «..«.;  .  .  .....  4 383 

■ .  ''i     .11'  '•■      .-      • .   *     ♦ 

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VI  i 

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lahalt  ded  vierten  Quaitalheftes. 

r 

I.  Ursachen  des  Abortat  bei  den  Wiederksaem  und 
Schweinen  und  dessen' Folgen.    Von  Kotelmann    3S& 

II.  Die  angleiche  Abreibung  der  Backenzähne  bei  den 
Fferdete  und  die  darwis  herTOrgehenden  Zahn-» 
spitzen,  sowie  die  eaglisohe  Zahnraspel.  (Mit  Ab- 
UldaagiBn  Taf.  IV.)    Von  F.  Jossen « 401 

III.  Korser  Bericht  nber  eine  in  Dorpat  nnd  dessen 
Umgegend,  Tont  December  1869  bis  Mai  1870  ge- 
herrscht habende  Krankheit  nnter  den  Fferdea* 
Von  Demselben , 413 

IV.  Beiträge   za   den   Harnsteinen   des  Schafes.    Von 

Dr.  Carl  Dammann 427 

V«    Znt  Pathogen!«  des.  Pferderotzes*  Von  Kattner  •    451 
VL    Serophnlosis  eines  Pferdes,  rergllchen  mit  der  Rotä- 

krankheit.     Von  Lindstädt. 466 

VIL    KieferhohlenentzuBdiiog   bei   einem  Pferde*     Von 

.  .  .  Demselben  ...««........••...« 469 

VIIL    Entzündliche   Affection   yesp.   Ueberdebnnag   oder 
Qaetschnng  der  Sehne  des  grossen  Gesässmnskels. 

Von  Beaner «  .    470 

IX«  .  Bcnohstncke  über  die  ansteckenden  Krankheiten  der 
Bamsthiero.     Von  Dr.  Lappe»  mit  Zoaätsen  Yoa. 

,     Brich  Viborg , :.  .  .    477 

X,  Anstellung,  Stellung,  Rechte  nad  Zukauft  der  baye* 
riechen  CiTil-Vetorinäre  nnd  deren  Familien«    Von 

Tb.  Adam 496 

XL    Literarische  Anzeige: 

Die  Kolik  der  Pferde  und  das  Wormanf  arysota 
der  Eingeweide- Arterien.  Eine  pathologisch- 
anatomische und  klinische  Untersuchung  Ton 

Dr.  Otto  Bollinger 602 

X.    Personal -Notizen 505 


Magazin 

ISr  die 

gesammte^^MMl^de 

DlC  14  ^'\''l      _, 


rK 


{■%JLXWh''jmUrtmng,  1.  StttcV) 


I. 

Euq;es  Aber  «las  Kopp«  «to  KrippciMtfoi  Icr 

Pferile. 

Von  Hartwig. 
(Hiena  die  AbbildaDgen  auf  Tafel  IV.  im  rorigen  Hefte.) 

(Scblass  und  ErklaroDg  der  Abbildangen.) 

Die  TOD  mir  gemachte  Unterscheidang  der  Kopper  in 
drei  Arten  ist  in  abDÜcher  Weise  von  6.  W,  Scbrader 
scboD  vor  36  Jabren  aufgestellt  worden.*}  loh  habe  mieb 
▼on  dem  wirklichen  Bestehen  der  angegebenen  Verfchiedenhei- 
ten  yielfaltig  überzeugt  und  halte  die  Beachtung  derselben  fnr 
interessant  hinsichtlich  der  Ursachen  des  Koppens  and  for 
wichtig  in  Betreff  der  gegen  dasselbe  ansuwendenden  Mittel. 

Darüber,  wie  der  Vorgang  des  Koppens  eigentlich  stattfin- 
det? —  ist  es  nicht  in  allen  Fallen  gans  gleicht,  eine  klare 
Kenntniss  zu  erlangen.  Wahrscheinlich  ist  dieser  Vorgang  et« 
was  verschieden  darnach:  ob  die  Pferde  Luft  einscblncken  oder 
nicht,  und  ausserdem  auch  ein  wenig  darnach,  ob  sie  Aufsetzer 
oder   ob  sie    Luftkopper    sind.     Günther**)    äussert  hierüber 

*)     Busch,    tentsche  Zeitschrift   f.  d.    gesammte  Thierheilknnde 
Bd.     3.  Heft  3.8.  3. 

**)    Beurtheflnngslehre  des  Pferdes,  S.  167  f.  150. 
Mac.  t-  TU«rk«UlL  XXXTL   1.  .  1 


2  H e  r t wi g ,  Koppen 

dieselbe  Ansicht,  indein  er  sagt:  '^Rocken,  Koppen,  Wiud- 
schnappen  sind  nnter  sich  verwandte  Ezercitien,  wenn  auch  sie 
in  der  Ansfahrnng  einige  Unterschiede  zeigen.  Die  Vorübun- 
gen znm  Rocken,  Windschnappen  zeigen  eine  wesentliche  Be- 
theiligung  der  Znnjge,  und  es  kann  nnr  nach  entsprechender 
Einnbnng  der  Znnge  das  Kocken  n.  s.  w»  mit  einiger  Aussicht 
auf  Erfolg  unternommen  werden.'* 

„Das  Thier  muss  nämlich,  ehe  es  das  Kocken  auszuführen 
vermag,  das  Zungenbein,  den  Kehlkopf  und  Schlundkopf  so 
aufwärts  fixiren  lernen,  dass  der  Schlund  bis  zur  Magenmun- 
dung  gespannt  erscheinen  kann ,  um  beim  abgeschluckten,  in 
den  Magen  eintretenden  Speichel  und  Luft,  gleichzeitig  Luft 
aus  dem  Ma^en  herauszupressen,  in  gewissem  Sinne,  herauszu- 
ziehen. Wird  daraus  der  Widerspruch  der  Beobachter  erklär- 
lich, wonach  angeblich  Luft  eingeschluckt,  nach  Andern  Luft 
ausgepresst  werden  soll,  so  gewinnt  damit  die  Thatsache  beson- 
dern W^erth;  dass  fleissiges  Spielen  mit  der  Zunge  und  emsi- 
ges Lecken  ein  Pferd  verdachtig  macht,  dass  es  sich  zum  Kocker 
oder  Windschnapper  ausbilden  wolle,  und  es  ist  deshalb  auf 
jene  Uebungen  ein  aufmerksames  Auge  zu  richten.  Das  Pferd 
übt  das  Kocken  nicht  eher,  als  bis  es  mit  seinen  Zungenübun- 
giBu  weit  genug  vorgeschritten  ist;  es  ist  deshalb  Anfangs  im- 
mer ein  Stümper  in  dieser  Kunst.*' 

Ger  lach*)  giebt  darüber  folgende  Erklärung:  „Hierbei, 
(nämlich  bei  dem  Aufsetzen)  wird  die  Respiration  momentan 
unterbrochen,  der  Kehlkopf  geschlossen,  verschiedene  Muskeln, 
besonders  Hals-,  Brust-  und  Bauchmuskeln  werden  in  verschie- 
denen Graden,  bei  den  weniger  Geübten  fast  krampfhaft  ange 
strengt,  und  so  ein  schwacher  oder  stärkerer,  dem  Rülpsen  ahn 
lieber  Laut  in  der  Kehlgegend  hervorgebracht«  Der  eigentlich 
physiologische  Vorgang  besteht  darin,  dass  Kehlkopf  und  Zun- 
genbein nach  unten  gezogen  und  so  fixirt  werden,  während  der 


*)     Gericbtliohe  Thierheilknnde.  Berlin  1863,  S.  354. 


od«r  SHppmmiK&a  dw  Flnrd«.  8 

Schlandkopf  gehoben  und  geöffnet  wird,  die  in  denselben  ein- 
getretene Lnflt  wird  beim  Zoracktreten  des  Scblandkopfet  in 
den  Zastand  der  Rahe  inm  Theil'  wieder  nach  Torn  heraaage- 
8to88eD,  zam  Theil  YerBchlackt,  das  erwähnte  Geraasoh  wird  dorch 
den  Eintritt  der  Laft  bedingt." 

So  interessant  diese  Erklarangen  sind,  so  muss  ich  doeh 
bekennen,  dass  ich  bei  der  Beobachtung  und  Untersachnng  der 
koppenden  Pferde  eine  besondere  Mitwirkung  ihrer  Zange  bei 
dem  Koppen  bisher  nicht  habe  finden  können,  und,  obgleich 
es  richtig  ist,  dass  manche  Pferde,  ehe  sie  wirkliche  Kopper 
werden,  einige  Zeit  vorher  das  Belecken  der  Krippe  und  ande* 
rer  Gegenstande  seigen,  dieses  doch  nicht  in  allen  Fallen  dem 
Koppen  vorhergeht,  und  entgegengesetxt,  dass  nicht  jedes 
leckende  Pferd  bestimmt  ein  Kopper  wird« 

Ich  mnss  ferner  gestehen:  dass  ich  bei  meinen  vielen  -Un- 
tersnchnngen  koppender  Pferde,  trotz  aller  Aufmerksamkeit,  es 
nicht  habe  sicher  erkennen  können,  welchen  Antheil  der  Kehl- 
und  Schlundkopf  and  die  verschiedenen  Mnskeln  am  Balse,  an 
der  Brust  und  an  dem  Bauche  bei  der  Erseugung  des  Kop- 
pens  haben.  Jedenfalls  tragen  alle  die  genannten  Theile  hierin 
bei,  —  wie  ich  dieses  an  mir  selbst  fühle.  Ich  habe  nämlich, 
angeregt  durch  eine  Bemerkung  Sehr  ad  er 's,*)  durch  einige 
Uebung  das  Koppen  erlernt  und  es  su  einer  ziemlichen  Fer- 
tigkeit gebracht,  blos  für  den  Zweck  der  genaueren  Erforschung. 
Da  dieselbe  mir  nicht  nach  meinem  Wunsche  gelungen  ist,  so 
echliesse  ich  mich  den  Erklärungen  von  Günther  und  Ger- 
lach an» 


*)  „Ich  kenne  Menschen,  welche  das  nämliche  Manöver  und  den* 
selben  Ton  durch  anhaltende  Uebnng  oder  ans  Angewöhnung  völlig 
nachmachen,  so  dass  mit  dem  Rücken  ihnen  zugewendet,  man  nicht 
anders  glauben  sollte,  als  dass  ein  Pferd  köcke:  sie  sagen,  dass  sie 
eben  so  wenig  Luft  einschlucken  als  ausrülpson."  Busch,  teutsche 
Zeitschr.  Bd.  3.  Heft  3.  S.  4. 

1* 


4  Hartwig,  Koppen 

Die  BetrachtnDg  der  Ursachen  des  Eoppens  trifft  snm 
Theil  mit  den  Ansichten  aber  die  Natnr  desselben  ansammen; 
denn  die  meisten  Thierarste  nnd  andere  Pferdekenner  halten 
den  Vorgang  für  eine  blosse  Angewohnheit,  für  eine  Spielerei; 
andere  betrachten  es  far  ein  Bedarfniss  des  Thieres  wegen  eines 
fehlerhaften  Znstandes    nnd   noch  Andere    für    eine    Krankheit. 

Diese  dreierlei  Ansichten  lassen  sich  fuglich  auf  zwei  sn- 
rückfahren,  da  wohl  iwischen  einem  sogenannten  Fehler  der 
Verdannngseingeweide»  der  sich  hauptsächlich  oder  allein  dnrch 
das  Koppen  ansserlich  bemerkbar  macht,  nnd  a wischen  einer 
Krankheit  dieser  Organe,  welche  sich  ebenso  seigt,  kein  eigent- 
licher Unterschied  besteht.  Demnach  ist  also  das  Koppen  bald 
nur  die  Aenssernng  einer  schlechten  Angewöhnung,  eine  Untu- 
gend, bald  aber  auch  eine  Krankheitserscheinung. 

Das  Erstere  gilt  von  der  grossten  Mehrheit  der  Torkom. 
menden  Falle,  sowohl  von  den  Koppern,  welche  die  Luft  nur 
bis  in  den  Schlund  drangen,  wie  auch  von  denen,  welche  sie  bis 
in  den  Magen  hinunterschlucken;  denn  diese  beide  Arten  sind  nnr 
graduell  von  einander  verschieden.  Der  Beweis  darüber,  dass  bei 
diesen  Pferden  das  Koppen  nur  aus  Gewohnheit  geschieht,  fin- 
det sich  darin:  1,  dass  sie  es  nach  ihrem  Belieben  thnn  und 
ebenso  es  unterlassen  können;  *—  2,  dass  sie,  abgesehen  von 
dem  Koppen,  gans  gesund  erscheinen,  gute  Fresser  nnd 
tüchtige  Arbeiter  sind.  Abweichend  hiervon  finden  sich  unter 
ihnen  wohl  eine  Anzahl,  welche  nicht  recht  gut  gedeihen,  und 
die  namentlich  einen  eingefallenen  Leib  haben ;  aber  diese  man- 
gelhafte Ernährung  ist  nicht  ein  Beweis  von  Krankheit,  sondern 
höchst  wahrscheinlich  nur  die  Folge  von  dem  Verlust  an  Spei- 
chel nnd  Futter,  welchen  manche  Pferde  erleiden,  wenn  sie 
wahrend  des  Fressens  auf  den  Rand  der  Krippe  aufsetzen. 

Warum  gesunde  Pferde  sich  das  Koppen,  Krippensetzen  an- 
gewöhnen? —  ist  in  den  meisten  Fallen  nicht  sicher  zu  erfor- 
schen. Man  hat  hierbei  verschiedene  Ursachen  genannt,  wie  hanpt- 


od«r  KrippenietMn  d«r  Pted«.  b 

•aehlich  (naeh  Lafotse^  dai  Belecken  aod  Benagen  der  Krip- 
pen and  Wände,  weichet  manche  Pferde,  wenn  sie  so  wenig 
Arbeit  haben,  als  Spielerei,  som  Zeitvertreib  anfangen  ond  hier* 
Ton  IQ  dem  Koppen  übergehen.  Femer:  die  Nachahmung.  In 
letzterer  Hinsicht  wird  allgemein  behauptet:  daea  Pferde  (na* 
mentlich  jnnge),  welche  im  Stalle  neben  Koppem  atehen,  so- 
erat  diese  Kameraden  bei  dem  lanten  Köeken  derselben  mit 
grosser  Aufmerksamkeit  betrachten  und  dann  sich  bemühen,  das- 
selbe  nachzamachen.  Ich  will  ein  solches  Lernen  des  Koppens 
nicht  für  absolut  unmöglich  halten,  mnss  aber  doch  dasu  die 
Bemerkung  machen:  dass  ich  bisher  keinen  solchen  Fall  aas 
eigener  Erfahrung  kennen  gelernt  habe,  obwohl  ich  Gelegenheit 
hatte,  viele  Pferde  lu  beobachten,  welche  lange  Zeit  neben 
Koppern  standen;  denn  ausser  dem  Pferdekrankenstall  der  hie- 
sigen Thierarsneischule  habe  ich  wahrend  yieler  Jahre  die  gros- 
sen Stalle  der  allgemein  bekannten  Seeger 'sehen  Reitbahn, 
in  denen  fortwahrend  80  Pensionspferde  standen,  in  thierarat- 
licher  Beaufsichtigung  gehabt.  Unter  diesen  Pferden  war  auch 
mancher  Kopper,  der  durch  Jahr  und  Tag  awischen  anderen 
Pferden  stand,  ohne  dass  jemals  eins  derselben  die  Untugend  ge- 
lernt hat.  In  vielen  anderen  Fallen  ist  das  Koppen  bei  solchen 
Pferden  eingetreten,  welche  «wischen  nicht  koppenden  Pferden 
oder  auch  allein  in  einem  Stalle  standen,  und  wo  also  Ton 
Nachahmung  keine  Rede  sein  konnte.  Ich  vermuthe,  dass  dem 
Anfange  des  gewohnheitsmassigen  Koppens  eine  Verstimmung, 
ein  Getahl  Ton  Unbehagen  in  den  Verdauungseingeweiden  (eine 
leichte  Indigestion)  Torhergegaogen  sein  mag.  In  wie  weit  eine 
angebome  Disposition  au  einer  solchen  Verstimmnng  beitragen 
kann,  ist  nicht  immer  nachsuweisen,  aber  man  hat  oft  beob- 
achtet, dass  die  Nachkommen  Ton  koppenden  Pferden  auch  Kop- 
per geworden  sind. 


*)    Lehrbegriif  der  Pferdearxnei.    Ans    dem  Fransosiscben   Ton 
Knobloeh.  8.  Bd.  &  371. 


6  Hertwig,  Koppen 

Dm8  das  Koppen  auf  einem  krankhaften  Zustande 
der  Verdaaangseingeweide ,  namentlich  des  Magens  berahe* 
also  eine  Art  von  Krankheitserscheinung  sei,  —  ist  viel- 
faltig behauptet*),  aber  ebenso  Tielfaltig  bestritten  wor- 
den. Ich  stimme  der  ersteren  Ansicht  bei,  jedoch  nur  in 
solchen  Fallen,  wo  entweder  am  lebenden  Pferde  das  Koppen 
mit  bestimmten  Erscheinungen  eines  gastrischen  Leidens  susam- 
mentrifft,  wenigstens  mit  einer  immer  wiederkehrenden  Gasent- 
wickelnng  in  dem  Verdaunugskanal  begleitet  ist,  ohne  dass 
Diatfehler  an  derselben  Schuld  sind,  —  oder,  wo  nach  dem 
erfolgten  Tode  eines  Koppers  sich  solche  krankhafte  Veränderun- 
gen in  den  Verdauungsorganen  finden,  aus  welchen  eine  Ver- 
stimmung des  Gefühls  in  denselben  und  hierdurch  das  Koppen 
entstanden  sein  kann.  Ich  selbst  hatte  mehrmals  Pferde  thier- 
arstlich  au  behandeln,  bei  denen  aus  dem  Maule  wahrend  des 
Koppens  ein  übelriechender  Dunst  ausgehaucht  wurde,  ebenso 
andere,  welche  bei  sehr  guter  diätetischer  Pflege  öfters  im  Ap- 
petit wechselten,  oder  öfters  aufbiäheten  oder  viele  stinkende 
Blähungen  durch  den  After  ansstiessen,  oder,  bei  denen  die 
Darmezcremente  viel  arger  stanken,  als  bei   anderen  Pferden. 

Bei  Sectionen  der  Gadaver  von  Koppern  hat  man  in  meh- 
reren Fällen  die  Schleimbaut  des  Magens  weit  dicker  gefunden 
als  im  normalen  Zustande,  in  anderen  Fällen  war  derselbe  über- 
mässig ausgedehnt,  in  seinen  Häuten  sehr  dünn  und  schlafi,  der 
Schlund  und  die  Schlundmundung  erweitert  oder  ebenfalls  sehr 
sdilaff.  Gnrlt  fand  sie  immer  so*).  Gerard**)  fand  in  dem 
Magen  eines  Koppers  einen  Stein,  welcher  die  Pfortoermündung 
verstopft  hatte.    In  einem  anderen  Falle  bestand  eine  bedeutende 


*)  Gerard,  im  R^cneil  de  medec.  Täterin.  Juni  1824,  behauptet, 
dass  in  allen  Fällen  das  Koppen  in  Folge  eines  organischen  Fehlers 
der  Banoheingeweide  entsteht. 

*)  Lehrbnch  d.  patholog.  Anatomie  der  Haussängethiere.  S.  H8. 

•*)  Am  a.  0. 


oder  KrippenaetMii  d«r  Pf«rd«.  7 

Verengeraog  des  DonDdarms  dureh  ein  fsseriget  Band,  welebes 
sich  an  den  rechten  Leberlappen  anheftete.  Bei  einem  dritten 
Pferde  war  der  Zwölffingerdarm  mit  einer  6  Zoll  langen,  der- 
hen  Fasergeschwalst  nmgeben  and  diese  war  in  der  Gegend 
des  9.  10.  and  11.  Rackenwirbels  angewachsen;  and  in  einem 
vierten  Falle  hatten  die  Hante  des  Dünndarms,  etwa  8  Zoll  hin- 
ter  dem  Pförtner,  eine  Dicke  Ton  7  —  S  Linien.  Crepin^ 
fand  bei  einem  Pferde,  welches  sich  5  Monate  ror  seinem  Tode 
das  Koppen  angewohnt  hatte,  einen  grossen,  schon  in  Krebs 
ä hergegangenen  Scirrhos.  Waldinger  hat  in  den  Koppem 
haafig  die  Leber  krank  gefunden^}  and  so  noch  andere  Beob- 
achtangen.  Gewiss  wnrde  man  ahnliche  Veranderongen  haafi* 
ger  in  den  Cadavern  der  Kopper  finden,  wenn  man  die  Unter- 
saehang  hierauf  richtete;  dieses  geschieht  aber  in  den  meisten 
Fallen  nicht,  weil  der  Tod  gewohnlich  in  Folge  eines  anderen 
Leidens  erfolgt  ist. 

Man  hat  hin  and  wieder  gesagt,  dass  die  Veranderongen, 
welche  man  an  den  Eingeweiden  der  Kopper  findet,  mehr  die 
Folgen  als  die  Ursachen  des  Koppens  seien.  Das  kann  ich  je- 
doch nnr  in  Betreff  der  dnrch  die  angestaaete  Laft  bewirkten 
Aasdehnnng  des  Schlandes  and  des  Magens  in  yielen  Fallen 
als  richtig  zageben,  denn  in  anderen  Fallen  kann  die  Aasdeh- 
nnng des  Magens  anch  wohl  darch  Ueberfailang  mit  Fntter  ent- 
standen and  dann  nrsächlich  mit  dem  hiernach  eingetretenen 
Koppen  verbanden  sein.  Einen  Belag  hieran  giebt  ein  von 
Berthe  (bei  Gerard  a.  a.  0«)  mitgetheilter  Fall,  in  welchem 
ein  Pferd,  ein  alter  Krippensetzer,  wegen  Krankheit  wahrend 
48  Tagen  höchst  spärlich  gefuttert  worden  war  and  in  26  Ta- 
gen vor  seinem  Tode  nicht  gekoppt  hatte,  and  wo  bei  der  Ob- 


*)  Jonmal  de  m^ec.  v^t^rin.  th^oriqne  et   pratiqne,    1880«  Jan- 
vier p.  26,  Fevrier  p.  89. 

^  Xhorafjff  ader  pn|kt  üeüverf^l^^eii.  U.  Xheil,  @.  $3. 


B  Hertwig,  Koppen 

daotioD  der  raamliche  Inhalt  des  Mageos  doppelt'  so  gross  wio 
gewohDlich  gefunden  worde. 

Das  Koppen  gilt  überall  als  ein  wirklicher  Fehler  der  da- 
mit  behafteten  Pferde,  dessen  nble  Bedentang  aber  bald  gros* 
ser,  bald  geringer    ist,    je   nach    den    Eigenthamlichkeiten    der 
einEclnen  Falle.     Als  gering  ist    der  Fehler    za    achten,    wenn 
die  Pferde  sieh  bei  dem    Koppen    niemals    aufblähen,  -^  wenn 
sie  wahrend  des  Fntterfr essen s  nicht  koppen,  —  wenn  sie    bei 
dem  Koppen  wenig  oder    gar    keinen    Speichel    verlieren    und 
kein  Futter  verstreuen,  —  daher  auch    von   geringerer    Bedeu- 
tung, wenn  sie  innerhalb  der  Krippe  auf  den  Boden  derselben 
aufsetzen,  als  wenn  sie  dieses  auf  dem  Krippenrande  thun ;  sehr 
nbel  ist  es,  wenn  sie  bei  dem  Fressen  aufsetzen  und  den  Krip- 
penrand mit  weit  geoflPnetem  Maule  übergreifen;     denn    hierbei 
▼erstreuen  sie  gewohnlich  viel  Kornerfutter  und    in  Folge    die- 
ses immer  fortgesetzten  Verlustes  von  Nahrungsstofif  werden  sie 
magerer.     Am  übelsten  ist  das  Koppen,  wenn   die  Pferde  sich 
dabei  aufblähen,  weil  dann    oft    eine    Windkolik    entsteht,    die 
leicht  leben sgeföhrlich  werden  kann.     Ausser  diesen  Verhaltnis- 
sen kommt  auch  der  Grad  des  Uebels  in  Betracht;    das  sachte 
and  seltene  Kocken  beachtet  man  wenig,  aber  ein  recht  lautes  und 
oft  wiederholtes  Kocken  oder  Rülpsen  ist  schon  hierdurch  allein 
jedem  Besitser  solcher  Pferde  sehr  unangenehm ,  besonders  aber 
wenn  dieselben  zum  Verkauf  gestellt  werden,  oder,  wenn  man 
genöthigt  ist,  junge  Pferde  neben  sie  zu  stellen;  weil  man  die 
Nachahmung  fürchtet,  und  bei  Zuchtpferden  fürchtet  man  ebenso 
die  Vererbung  der  Anlage  zu    dem    Fehler    auf  die  Nachkom- 
men*).    Die  meisten  Krippensetzer  reiben    ihre    Schneidezahne 
ungleich  und  zu  viel  ab,   so    dass    die    Alterskennzeichen    zum 
Theil   verloren  gehen.     Dieses  betrifft  gewohnlich  die'  Zangen- 
zahne, zuweilen  die  Mittelzahne,  sehr  selten  die  Eckzahne,  und 
bald  nur  im  Unterkiefer  allein,  bald  auch  die  im  Oberkiefer. 


*)  Daum  aber  das  Koppen  der  Pferde  etc.  Coblens  1823. 


od«r  KrippemetMn  der  Pferde.  9 

Zar  Beseitigang  des  Eoppens  sind  eine  Menge  Ton  Mitteln 
empfohlen  and  angewendet  worden,  jedoch  grösstentheila  mit 
keinem  oder  mit  einem  nar  knrx  Tornbergehenden  Erfolg,  in*^ 
dem  man  die  Aasobnng  des  Koppent  nar  seitweise  Terhindem, 
dasselbe  aber  nicht  fortschaffen  konnte.  Diese  Mittel  sind  für 
Krippensetaer:  das  hohe  Anbinden,  resp.  das  Znrockbinden  Ton 
der  Krippe,  —  das  Bestreichen  der  Krippe  mit  bitter  schmek- 
kenden  Mitteln,  x.  B.  mit  Aloe,  Coloqointen  and  dgl.  oder  mit 
stinkenden  Snbstansen,  wie  Stinckasant,  sogar  mit  Menschenkoth , 

—  das  Aufnageln   eines  Stackes   von    einem  wolligen  Schaffell, 

—  das  Bekleiden  der  Krippe,  besonders  ihres  Randes  mit  star* 
kem  Blech  oder  mit  anderem  glatten  Bisen,  —  oder  das  Anf- 
nageln  Ton  eisernen  Stacheln  auf  den  Rand  oder  anch  auf  den 
Boden  der  Krippe,  je  nachdem  die  Pferde  auf  die  eine  oder  aof 
die  andere  Stelle  aofsetsen;  oder,  eine  gans  eiserne  oder  tod 
einer  harten  Steinart  gemachte  Krippe  mit  glatter  Oberfläche.  — 
Ferner:  man  hat  die  Krippe  an  Stricken  aufgehangen,  welche 
an  ihrem  anderen  Ende  mit  einem  Gegengewicht  versehen  sind, 
darch  welches  dieselbe  in  angemessener  Hohe  erhalten  wird, 
aber  nachgiebt,  wenn  das  Pferd  bei  dem  Aafsetaen  aaf  sie 
drackt.  Oder  man  nimmt  die  Krippe  Ton  ihrem  gewohnlichen 
Orte  weg,  stellt  sie  anf  die  Erde  nnd  nothiget  die  Pferde,  ihr 
Kornerfatter  von  dieser  niedrigen  Stelle  an  nehmen :  oder,  eben- 
falls nach  weggenommener  Krippe  giebt  man  ihnen  das  Fntter 
in  einem  Fressbentel  and  lasst  sie  bei  Tage  in  ihrem  Stallstande 
umgekehrt  und  yon  beiden  Seiten  kurx  angebunden  stehen,  — 
Ferner:  man  legt  ihnen  ausser  der  Futterseit  einen  gewohnlichen 
oder  aneh  einen  an  der  innern  Flache  mit  Stacheln  versehenen 
Maulkorb  auf;  —  oder  man  klopft  mit  einem  kleinen  Hammer 
ihre  Schneidezahne  so  lange,  bis  sie  locker  geworden  sind,  und 
dann  beim  Aufsetsen  auf  die  Krippe  Schmers  erregen ,  —  oder 
für  denselben  Zweck  schlagt  man  kleine  Keile  von  Holz  oder 
Eisen  (s.  B.  die  abgezwickten  Spitsen  der  Hufnagel)  zwischen 


10  Hertwig,  Kopp^ 

ihre  Schneidezahne,  oder  man  brennt  ihre  Zungenspitze  mit 
einem  glühenden  Eisen. 

Ferner:  man  straft  sie  durch  hartes  Anrufen  oder  auch 
durch  Hiebe  mit  der  Peitsche  so  oft  als  sie  koppen  (in  welcher 
Weise  besonders  die  Pferdehändler  zu  Werke  gehen.)*) 

Ein  allgemein  bekanntes  und  am  häufigsten  angewendetes 
Mittel  ist  der  Kopperriemen,  —  ein  Lederriemen  von  circa  30 
bis  36  Zoll  Lange,  1^  Zoll  Breite,  an  einem  Ende  mit  einer 
gewöhnlichen  Schnalle  und  am  andern  Ende  mit  einigen  Lochern 
für  den  Dorn  der  Schnalle  versehen.  Er  wird  um  das  obere 
Ende  des  Halse  gelegt  und  massig  fest  zugezogen,  so  dass  er 
daselbst  einen  Druck  auf  die  Muskeln,  die  Luftrohre,  den  Schlund 
und  die  Drosselvene  ausübt  und  hierdurch  in  der  Regel,  so 
lange  er  gehörig  fest  anliegt,  das  Koppen  bei  Krippensetzern 
und  Luftkockern  verhindert*  er  kann  aber  nachtheilig  werden, 
indem  er  in  denjenigen  Fallen,  wo  blähende  Gase  im  Verdau» 
angskanal  erzeugt  und  beim  Koppen  herausgestossen  werden, 
das  Letztere  verhindert  und  hierdurch  Aufblähung  und  das  Ent- 
stehen der  Windkolik  begünstiget;  auch  kann  er  durch  seinen 
Druck  auf  die  Drosselvene  den  Rückfluss  des  Blutes  vom  Kopfe 
erschweren,  und  oft  erzeugt  er  an  den  von  ihm  dauernd  ge- 
druckten Stellen  weisse  Haare  (oft  ein  formliches  weisshaariges 
Halsband,}  wodurch  ein  solches  Pferd  schon  von  fern  her  als 
ein  Kopper  bezeichnet  wird»  Um  diese  Nachtheile  zu  vermei- 
den, ist  man  gen5thiget,    den  Riemen    bei    jeder    Mahlzeit  des 


*)  Ein  Ober-Stallmeister  v.  Reizenstein  hatte  in  seinem  Werke: 
„der  vollkommene  Pferdekenner.  Uffenheim,  1764,  4,  S.  85,"  — , 
eine  von  ihm  erfundene  Schlägemaschiene  beschrieben  und  abgebildet, 
welche  durch  das  Ziehen  an  Schnüren  von  einem  versteckt  aufgestell- 
ten Menschen  so  In  Bewegung  gesetzt  wurde,  dass  das  Pferd  bei  je- 
dem Aufsetzen  einen  Hieb  mit  einer  Ruthe  queer  über  den  Rücken 
bekam.  Die  Sache  ist  viel  zu  umständlich.  Die  Beschreibnng  und 
Abbildung  findet  sich  auch  in  Krünitz  Eucyclopädie,  Theil  53,  Seite 
522.  n.  f. 


oder  KrippMuatiMi  der  Pferde.  11 

Pferdes  lockerer  sa  schoallen  oder  ihn  absanehmeo;  aber,  wie 
bekannt,  koppen  die  Pferde  gerade  wahrend  des  Fressens  an 
meisten,  nnd  daher  ist  der  Natxen  dieses  Mittels  nnr  ein  sehr 
beschrankter. 

Der  danische  Thierarst  Ringheim  hat  einen  verbesserten 
Kopperriemen  erfanden,  welchen  ich,  da  derselbe  wenig  bekannt 
ist,  anf  Tafel  IV.  Fig.  1  des  vorigen  Heftes  abgebildet  habe 
ond  ihn   hier    kars  beschreibe. 

Derselbe  ist  im  Gänsen  circa  36  —  40  Zoll  lang  and  2 
Zoll  breit;  die  Endstacke  a,  a,  sind  12^  lange,  feste  Lederriemen 
welche  an  ihrem  freien  Ende  bei  i.  durch  eine  Schnalle  verei- 
niget  werden  können;  das  andere  Ende  der  Riemen  ist  bei  b, 
b,  mit  den  Enden  eines  14^  langen,  2^^  breiten  Streifens  von 
dickem  Eisenblech  fest  verbanden.  Dieser  eiserne  Streif  c,  c, 
der  somit  den  mittleren  Theil  des  Halsbandes  darstellt,  ist  halb- 
kreisf5rmig  gebogen,  so  dass  er  den  vorderen  Rand  des  Halses 
nmfassen  kann;  er  hat  bei  d,  d,  länglich-viereckige  Locher,  für 
den  beweglichen  Durchtritt  der  beiden  glatten  Qoersapfen  k,  k, 
ond  an  der  mittleren  Partie  seiner  innern,  concaven  Flache  be- 
sitst  er  4  eiserne  Stacheln,  g,  g,  g,  g,  welche  2^  lang  nnd 
mit  ihren  Spitzen  gegen  das  Centram  gerichtet  stehen.  Innerhalb 
dieses  Blechstreifens  liegt  ein  zweiter,  ebenso  gebogener,  etwa 
10^  langer  Blechstreifen  e,  e,  der  in  seiner  Mitte  einen  6'^ 
langen  ^  Zoll  breiten  Spalt  f,  zum  Durchgänge  der  Stacheln 
g,  g,  g,  g,  and  an  jedem  Ende  einen  platten,  quer  abstehen- 
den Zapfen  k,  k,  besitzt,  welcher  dnroh  das  Loch  d,  d,  des 
äasseren  Streifens  locker  hindurchgeht  apd  auf  diese  Weise  eine 
bewegliche  Verbindung  der  beiden  eisernen  Streifen  bewirkt.  Die 
Letzteren  liegen  V^  von  einander  entfernt  und  werden  in  die- 
ser Entfernnng  durch  2  zwischen  ihnen  liegende  elastische  Stahl- 
federn h,  h,  gehalten. 

Wenn  dieser  Riemen  massig  fest  am  den  obern  Theil  des 
Halses  gelegt  worden  ist  nnd  das  Pferd  koppt,  so  wird  durch 
die  hierbei  jedesmal  entstehende  Anschwellung  der  Halsmuskeln 


13  Hertwig,  Koppen 

der  In  wendige  Biechstreif  TorwSrts  gedrängt,  die  Spitten  der 
Stacheln  treten  dnreh  den  Spalt  f,  rackwarts  heraus  nnd  stechen 
in  die  Haut  des  Pferdes.  Dieses  soll  dann  durch  die  imitfer 
wieder  entstehenden  Schmerzen  nach  and  nach  vom  Koppen 
entwohnt  werden.  Aasserdem  braucht  der  Riemen  nicht  sehr 
straff  am  Halse  au  liegen,  und  der  schädliche  Druck  auf  die 
Aderstamme  wird  vermieden. 

Eine  andere  Vorriehtnng  ist  die  von  dem  hiesigen  Berei- 
ter Kothe  erfundene,  patentirte  Kopperhalfter,  Tafel  IV,  Fig, 
2  A.  und  2  B.  Sie  besteht  zunächst  aus  den  einzelnen  Stuk- 
ken  einer  gewohnlichen  Halfter  von  festem  Leder;  a,  der  Na- 
senriemen, der  unten  in  den  Kinnriemen  b  übergeht,  c,  c,  die 
Backenriemen,  d,  der  Stirnriemen,  e,  Genickriemen,  f,  f,  die 
Theile  des  Kehlriemens,  von  beiden  Seiten  oben,  unter  der  Ein- 
pflanzung des  Stirnriemens  anfangend  und  unten  sich  an  die 
eiserne  Gabel  g,  h,  befestigend.  Die  Letztere  ist  hier  der  we- 
sentliche wirkende  Theil.  Sie  besteht  (Fig,  2  B.)  aus  der  ei- 
gentlichen Gabel  und  aus  der  Scheide,  in  welcher  ihr  Stiel 
enthalten  ist;  ihr  aus  der  Scheide  hervorstehendes  Gabelende 
g  besteht  aus  einem  eisernen  cjlinderischen  Stabe,  3|;''  Iftng, 
^^  dick,  halbmondf5rmig  gekrümmt  und  an  der  Mitte  seiner 
Gonvexitat  in  queerer  Stellung  mit  ^dem  ß^  langen,  platten 
Stiel  zusammenhangend.  Die  eiserne  Scheide  des  Letzteren  ist 
eben  so  lang,  \  Zoll  dick:  l)f  Zoll  dick,  hohl,  an  der  untern 
Seite  bei  i,  i,  mit  zwei,  die  Wand  durchgreifenden  Schrauben 
versehen,  durch  welche  der  Stiel  der  Gabel,  wenn  diese  für 
Köpfe  von  verschiedener  Grosse  passend  hervorgezogen  oder 
zurückgeschoben  worden  ist,  festgestellt  werden  kann. 

Die  Wirkung  dieser  Halfter  beruhet  darin :  dass,  wenn  die 
Pferde  zur  Ausfahrung  des  Koppens  den  Kopf  zum  Halse  her- 
nnterbeugen,  sie  sich  mit  der  Gabel  den  Kehlkopf  drücken  nnd 
hierdurch  von  dem  Koppen  *  abgehalten  werden.  Die  Halfter 
muss  aber  fest  am  Kopfe  liegen,  so  dass  sie  sich  nicht  yerschiebt 
und  die  Gabel  mnss   die   Haut    um    den    Kehlkopf    berühren. 


oder  Kripp0iiMtf6ii  der  Ftedo.  IS 

Die  Pferde  können  dabei  ans  der  Krippe  und  Raafe    aogehin- 
dert  fressen. 

Das  Krippensetsen  za  rerbindern  bat  der  Oekonom  Gras* 
bof  die,  in  der  Figor  3  A  and  B  der  Taf.  IV.  geaeicbnete  Vor- 
ricbtnng  empfoblen.     Bin   Stack  Eisenblecb,    so  lang    wie    die 
Krippe  and  circa  10  Zoll  breit,  wird  so  gebogen,  dass  der  eine 
Rand  a,  nacb  vorwärts,  der  andere  Rand  b.  nacb  raekwSrts  so 
gerichtet  ist,  dass  jeder  Rand  einen    nicbt    gans    geschlossenen 
Gjlinder  bildet  and  das  Gänse,  an  den  Enden  betrachtet,  einem 
S  ahnlich  erscheint.     Dieser  Doppelte  Cylinder  ist  in  der  Mit* 
tellinie  seiner  Lange  an  einen  eisernen  Stab  befestiget,  dessen 
Enden  bei  c,  c,  ein  Paar  Zoll  hervorragen  and  aaf  einem  eiser- 
nen Gestell  d,  d,  an  beiden  Enden  der  Krippe  so  rohen ,  dass 
der  doppelte  Gjlinder    sich    um    seine    Langenaxe   leicht  dre- 
hen  kann.     Dieses  Gestell   wird  aaf   den    vorderen  Rand    der 
Krippe  befestiget,  so  dass  der  Gjlinder  denselben  in  der  gan- 
zen Tiinge  bedeckt,  aber  zwischen  sich  and  ihm  einen  Zwischen- 
raam  von  circa  einem  halben  Zoll  frei  lasst. 

Wenn  nan  ein  Pferd,  om  zn  koppen,  mit  dem  Manie  aaf 
den  Krippenrand  drucken  will,  so  mnss  es  den  Gjlinder  be- 
rühren; dieser  weicht  dem  Drucke  aas,  drehet  sich  am  seine 
Axe  and  giebt  mit  dem  andern,  durch  die  Drehung  in  die  Hohe 
kommenden  Rande  dem  Pferde  einen  kleinen  Schlag  auf  die 
Oberlippe.  Theils  hierdurch,  indem  das  Thier  erschrickt,  and 
theils  durch  die  Drehung  des  Gjlinders  soll  das  Anfsetsen  ver- 
hindert werden^ 

Als  eins  der  vorzuglichsten  Mittel  gegen  das  E5cken  bei 
Krippensetzern  und  Luftkoppern  ist  mir  in  neuerer  Zeit  die 
Kockrohre  von  Günther  bekannt  geworden,  Dieselbe  ist 
in  dem  Werke:  „Benrtheilungslehre  des  Pferdes''  §•  1^^  genannt, 
and  auf  mein  Ersuchen  hat  Professor  Günther  in  Hannover 
mir  die  Zeichnung  zn  der  in  natürlicher  Grosse  gegebenen  Ab- 
bildung Taf.  IV.  Fig,  4,  zugesendet,  mit  der  Bemerkung:  dass 
er  glaabe,  sie  sei  eine  Erfindung  seines    Vaters.     Sie   besteht 


14  Hvrtwii:,  Koppen 

aas  einer  eisernen,  circa  6^  langen  nnd  H^^  dicken  Rohre  a,  a, 
(z.  B.  ein  Stück  Flintenlauf),  welche  mit  4  Reihen  Lochern 
von  3  Linien  Grosse,  an  den  Wanden,  nnd  mit  etwas  yerdiek- 
ten  Randern  an  den  Enden  versehen  ist.  An  den  Letzteren 
b<Bfinden  sich  knrse,  mit  Knebeln  versehene  Ketten  b,  b,  ver- 
mittelst deren  die  Rohre,  nachdem  sie  wie  das  Mnndstack  eines 
Zanmzenges  dem  Pferde  ins  Manl  gelegt  worden,  an  die  Sei- 
tenringe der  Halfter  befestigt  wird. 

Die  Pferde  können  mit  dieser  Rohre  fort  wahrend  stehen, 
anch  wenn  sie  fressen,  jedoch  mnss  man  sie  von  Zeit  an  Zeit, 
wenn  Fatter  in  sie  eingedrnngen  ist,  reinigen,  damit  die  Lnft 
durch  die  OefiPnungen  ein-  und  ausströmen  kann.  In  dem  hier- 
durch veranlassten  Spielen  der  Pferde  mit  der  Zunge  scheint 
der  gute  Effekt  zu  beruhen. 

Schliesslich  will  ich  erwähnen :  dass  ich  vielen  recht  argen 
Koppern  die  Sehnen  der  beiden  Brustkiefermuskeln  mit  dem 
besten  Erfolge  queer  durchschnitten  habe,  wenn  alle  übrigen 
Mittel  fruchtlos  angewendet  waren«  Ich  bin  hieran  veranlasst 
worden  durch  die  Beobachtung,  dass  diese  Muskeln  bei  dem 
Koppen  stets  in  sehr  straffe  Spannung  versetzt  werden,  dass 
sie  bei  den  meisten  Eoppern  recht  stark  ausgebildet  sind,  und 
dass  man  das  Koppen  inhibiren  kann,  wenn  man  diese  Muskeln 
blos  mit  zwei  Fingern  gelind  zusammendrückt.  Gerlach  (a.a.O.) 
hat  mit  Nutzen  die  Schulter-Zungenbeinmuskeln  durchschnitten, 
ich  ziehe  jedoch  die  Operation  an  jenen  Muskeln  vor,  weil  diesel- 
ben nnd  ihre  Sehnen  oberflächlicher  und  mehr  gesondert  lie- 
gen, und  deshalb  die  Durchschneidung  leicht  und  vollständig 
zu  bewirken  ist. 

Man  hat  für  diesen  Zweck  die  wenigen  anatomischen  Theile 
an  Fig.  5  Tafel  IV.  zu  beachten:  a)  der  Brust-Kiefermuskel, 
b)  dessen  Sehne  bei  ihrem  Ansatz  am  Unterkinnbacken,  c)  der 
Schulter-Zungenbeinmuskel,  d)  die  Drosselvene,  e)  die  in  die- 
selbe einmündende  äussere  Kinnbackenvene  und  f,  die  innere 
Kinnbackenvene.    Die  zweite  Vene  geht  schräge  über  die  Sehne 


oder  Kri^mtetitii  der  Pferde.  15 

des  Brastkiefermaskele  binweg,  und  die  Haut  and  der  Halt-Haat- 
moekel  bedecken  diese  Theile.  Die  Operation  wird  am  besten 
am  liegenden  Pferde  ansgefahrt.  Nachdem  dasselbe  gebremset  ist, 
streckt  man  ihm  den  Kopf  nnd  Hals  stark  nach  vorn,  lasst  die 
Drosselvene  darch  Gomprimirnng  recht  sichtbar  werden,  macht 
entweder  gleich  aber  oder  gleich  nnter  der  Einmnndang  der 
iossern  Kinnbackenvene  in  diesen  Stamm  einen  1^  langen  Ein- 
schnitt durch  die  Haut  und  den  Haatmaskel,  gerade  aaf  der 
Sehne  des  Brust- Kiefermaskeis,  schiebt  die  Spitse  einer  etwas 
gekrümmten  Hohlsonde  queer  nnter  diese  Sehne  nnd  schneidet 
dieselbe  durch.  Nach  gestillter  Blutung  wird  die  Wonde  ge- 
heftet*    Die  Heilung  erfolgt  binnen  14  Tagen« 

Schliesslich  noch  einige  Worte  über  das  Koppen  and  Krip* 
pensetzen  in  redhibitorischer  Hinsicht. 

Im  Pferdehandel  halt  das  Publikum  fast  fiberall  das  Kop- 
pen and  Krippensetzen  für  einen  sogenannten  Hauptfehler,  für 
welchen  der  Verkinfer  eines  Pferdes  znr  Gewährleistung  ver- 
pflichtet sein  soll,  und  zwar  aus  folgenden,  für  diese  Ansicht 
aufgestellten  Gründen: 

1}  Der  Fehler  ist  oft  schwer  zu  erkennen  oder  sogar 
künstlich  versteckt ;  —  2)  er  beruhet  gewohnlich  auf  älterem 
organischen  Veränderungen  in  den  Verdauungseingeweiden,  die 
man  ausserlich  nicht  erkennen  kann,  die  aber  das  Wohlbefin- 
den und  das  Gedeihen  der  Pferde  stören,  und  das  Letztere  lei- 
det oft  auch  dadurch,  dass  die  Thiere  bei  der  Ausübung  des 
Koppens  einen  Theii  ihres  Kornerfutters  verstreuen:  —  3)  das 
Koppen  fuhrt  durch  Aufblähung  oft  Windkolik  und  hierdurch 
Lebensgefahr  herbei;  —  4)  der  Fehler  übertragt  sich  durch 
Nachahmung  auf  andere  Pferde  und  durch  die  Paarung  much 
auf  die  Nachzucht;  —  5)  er  ist  in  der  Mehrzahl  der  Falle 
nicht  zu  heilen;  und  —  6)  durch  alle  diese  Umstände  vermin- 
dert er  den  W^erth  eines  Pferdes  erheblich. 

lieber    diese    Gründe    ist    nun    aber    Folgendes     za    er- 
innern. 


16  Hertwlg,  Koppen 

Was  Eunachst  die  Erkennaog  des  Koppens  ond  Krippen- 
setsens  betrifft,  so  ist  dieselbe  doch  in  den  meisten  Fallen  sehr 
leicht,  indem  man  a}  die  krampfhaften  Znsammensiehnngen  der 
Halsmuskeln,  die  Bewegangen  des  Kopfes,  der  Kiefer  and  des 
Halses,  überhaupt  das  Benehmen  dor  Pferde,  sowohl  bei  dem 
Aafsetsen  des  Manles  auf  die  Krippe  oder  aof  andere  Gegen- 
stande öfters  wiederholt  siebet:  b)  indem  man  den  mehr  oder 
weniger  lauten  kokenden  oder  rülpsenden  Ton  bort;  und  — 
c)  indem  man  den  vorderen  Rand  an  der  Reibeflache  einzelner 
Schneidezahne  mehr  als  an  den  übrigen  Zahnen,  ond  swar  fast 
immer  in  schiefer  Richtung,  abgerieben  findet/)  Wo  diese  Er- 
scheinungen zusammen  oder  auch  nur  die  beiden  ersteren  wahr- 
zunehmen sind,  da  ist  das  Koppen  gewiss  ein  in  die  Augen 
fallender  Fehler,  und  als  solcher  kann  dasselbe  nicht  ein 
sogenannter  Hauptfehler  sein;  denn  es  fehlt  ihm  ein  wesent- 
licher Theil  Ton  denjenigen  Kigenschaften ,  welche  die  Wissen* 
Schaft  für  die  Begründung  der  gesetzlichen  Hauptfehler  fordert, 
nämlich:  dass  ein  solcher  Fehler  ganz  verborgen,  oder  doch 
bei  gewohnlicher  Aufmerksamkeit  und  ohne  besondere  Sach- 
kenntniss  nicht  erkennbar  sein  soll. 

Die  Erkennung  des  Koppens  kann  aber  in  manchen  Fal- 
len bei  dem  Kaufe  resp.  der  Uebergabe  eines  Pferdes  verhin- 
dert oder  doch  sehr  erschwert  sein,  z.  B.  wenn  das  Thier  erst 
ein  Anfanger  in  der  Kunst  ist,  —  wenn  es  überhaupt  nnr  sel- 
ten, in  längeren  Zwischenzeiten,  nicht  mit  besonderer  Anstren- 
gung und  nicht  mit  lautem  Rülpsen  koppt,  wie  man  dieses  bei 
den  Windkoppern  oft  findet;  ferner,  wenn  ein  an  Ruhe  im  Stalle 


^)  Zu  diesen  Merkmalen  kommt  in  manchen  Fällen  noch  das 
viele  Lecken  an  der  Krippe,  das  Vorhandensein  eines  weisshaarigen 
Qaerstreifens  um  den  obern  Theil  des  Halses,  erzengt  daroh  den  Druck 
des  lange  getragenen  Kopperriemens  nnd  ein  oft  wiederholtes  ängstli- 
ches Umsehen  nach  den  im  Stalle  anwesenden  Personen.  Letzteres  bei 
Pferden,  welche  wegen  des  Koppens  öfters  gestraft  worden  sind.  Diese 
Merkmale  sind  jedoch  nur  als  unsichere  zu  betrachten. 


) 


oder  Kzipp«iifette&  dor  Pf  erde.  17 

gewohntes  Pferd  in  einen  fremden  Stall  mit  Tielen  anderen  Pfer- 
den snsammengestellt  wird,  oder  wenn  dae  Pferd  bisher  an  einer 
lioiaemen  Krippe  gestanden  and  nan  plotslich  an  eine  eiserne  oder 
steinerne  Krippe  gestellt  worden  ist;  oder  wenn  dasselbe  sehr  er- 
müdet oder  in  einem  kränklichen  Zustande  ist;  oder,  wenn  es 
kein  Fatter  erhält,  —  was  besonders  bei  solchen  Pferden,  welche 
nur  während  des  Fressens  oder  nach  demselben  koppen,  an  be« 
achten  ist;  ferner:  wenn  den  Thieren  das  Koppen  irgendwie 
erschwert  oder  anansfnhrbar  gemacht  ist,  wie  s.  B.  wenn  sie 
mit  in  die  Hohe  gesogenem  Kopfe  knrs  angebunden  sind;  wenn 
man  ihnen  eine  enge  Halfter  mit  grosser,  dicker  Schnalle,  die 
im  Kehlgange  grade  vor  dem  Kehlkopfe  sitzt  und  auf  densel- 
ben druckt,  aufgelegt  hat;  wenn  mau  ihnen  die  Schneidesähne 
bis  Eum  Lockerwerden  geklopft  oder  ihnen  zwischen  diese 
Zähne  kleine  Keile  getrieben  hat,  oder  sogar  die  Zungenspitse 
gebrannt  hat;  oder  wenn  der  Verkäufer  des  Pferdes  mit  der, 
dem  Letztern  unangenehm  bekannten  Peitsche  in  der  Band  be- 
ständig in  der  Nähe  des  Thieres  bleibt  und  ihm  öfters  mit 
einer  kleinen  Bewegung  das  Straßnstrnment  in  Erinnerung  bringt; 
—  oder  auch,  wenn  das  Pferd  seine  Schneidezähne  nicht  abge- 
rieben hat,  also  die  Merkmale  des  Krippensetsens  an  den- 
selben fehlen. 

Auf  diese  letzteren  Merkmale  haben  von  jeher  Laien  und 
Sachverständige  einen  viel  zu  grossen  Werth  für  die  Diagnosis 
des  Koppens  oder  Nichtkoppens  gelegt;  dagegen  halte  ich  das 
ungleiche  Abnutzen  bei  wirklichen  Koppern  für  einen  Mit-Grund 
zur  Zurückgabe  solcher  Pferde;  und  mit  Recht  hat  man  in  eini- 
gen Ländern  in  denjenigen  Fällen,  wo  d^e  Zähne  keine  un- 
gleiche, zu  starke  Abreibuog  zeigen,  das  Koppen,  resp.  Krip- 
pensetzen als  Gewährsmangel  anerkannt,  weil  dasselbe  in  diesen 
Fällen  als  ein  verborgener  Fehler  betrachtet  wird;  so  z«  B.  im 
Grossherzogthum  Baden  nach  dem  Gesetz  vom  23.  April  1859, 
und  vorhergehend  in  Frankreich  nach  dem  Gesetz  vom  2P.  Mai 

Ma(.  t  TUtrlMlik.  XZXYL    1.  2 


li  Hertiwi#, 

1888;  „L«  Tie  »*6tt  cooMdire  conHBe  ndhibitom  qn'MtMit 
qa-ü  ne  peat  ötre  raooBAo  k  \'amar%  dei  danls;  ü  est  pretqo« 
toofou»  le  •jmptome  d^oae  «ffectioD  efaroniqae  de  FettOBse.* 

In  den  PiUeo,  in  welehen  maa  an  den  SehaaidaaikaaB  eiae 
nagleialM  aad  lo  itariLa  Abanisnag  fiadat,  darf  aiemalt  ans  diä- 
ter Bnaheianag  alleiB  geaehloMen  werdea,  dasa  daa  betrofleade 
Pferd  eia  Krippeaaetier  oder  nberhanpt  ein  Aa&eiser  aei,  ton» 
dem  dieiea  miiM  tteto  dnreh  die  Beobaehtaag  dea  Anfretaeat 
telbst  aaciigewiesea  werden;  weil  die  oagleiehe  oad  an<ttariLe 
AbanUnag  der  SehaeideBabae,  in  gaaa  gleieber  Art  wie  bei 
dem  AnfMisea,  aaeh  dareh  aadere  UrMohea,  wie  aaaeaüieh 
dnveb  Beaagea  der  Waade,  dareb  Zerbeissea  der  bolseraea  Krip- 
pea  nad  der.  LatirbMuae  n.  dergL  berbeigelahrC  werden  kaaa 
Dagegea  bietel  daa  Abgeeehliffeaeeia  der  Zibnev  weaa  et  aiit 
dem  Ssoppea,  Krippeaaeteea  Terbanden  gefaaden  wird,  steU 
dea*  Beweit  darüber,  datt  der  Fehler  teil  länger  alt  8  Tagen 
bettebt,  und  bei  einem  hoben  Grade  der  nagleiebea  AbanUnag 
der*  Zahae  wird  maa  aaeh  anf  eiae  Yiei  laagere  Zeit  teinet  Be- 
atebena  aeblieaaen  mntten,  aber  eatgegengetetat  darf  maa  ia 
deajenigea  Fallea,  ia.  welehen  man  nnr  einen  geringen  Grad 
dietee  abaonaen  Abantsimg  fiadet,  nieht  immer  den  Sehlnaa 
machen,  data  der  Fehler  ertt  nen  entttanden  itt;  denn  der  Br^ 
fahnaag  aafi>lge  kann  ja  dietelbe  nach  yieljahrigem  Koppen  to- 
gar  gaaa  fehlen,  wenn  die  Pferde  bei  dem  Aafaetaen'  aaf  die 
Krippe,  nnd  dgL-  entweder  nar  ihre  Lippen  anf  die  Krippe 
drucken,  oder  wenn  tie  dabei  mit  der  ganiea  Reihe  der  Sohaei- 
desahne  -recht  glcidimaaaig  aber  dea  Band  der  Krippe  hiawegT 
greifen« 

Nach  .dea  im  Voratehenden  gemachten  Aadeatnagea  iat  alao 
der  oben  anb  1  angegebene  Grund,  daa  Koppen  wegen  der  Schwie* 
rigkeit  seiner  Brkennung  ala  einen  Hauptfehler  au  betrachtea, 
—  nnr  in  denjenigen  Fallen,  annehmbar,  wo  dieae  Schwierigr 
keit  wi];^lieh  .beateht,  Bben.so  yerhiUit  ea  aioh  groaatentheila 
auch  mit  den  übrigen,  oben  anb  2  — 6  aagefnhrtea  >  Granden« 


odtr  SrippenaettML  d«r  Pferd«.  19 

Denn  ad  2  ist  ei  (wie  froher  sehen  8.  4  angegebeD  worden)  nicht 
richtig«  dass  alle  koppende  Pferde  Fntter  rerstreiien,  dMS  sie 
nicht  got  gedeihen,  nntachtig  snr  Arbeit  sind,  oder  dass  die 
meisten  von  ihnen  an  Aufblähung  n.  s.  w.  erkranken:  sondern 
diese  Unregelmässigkeiten  finden  sich  nur  bei  einer  kleineren 
Ansahl  der  Kopper,  insbesondere  bei  denen,  welche  Luft  wirk- 
lich einschlucken  und  bei  denen,  welche  Gase  im  Verdaonngs- 
kanal  ersengen  (S  6).  Auch  das  sob  3  angeiiommeno  Be- 
stehen eines  alten  pathologischen  Znstandes  kann  nicht  im- 
mer nachgewiesen  werden ;  und  die  sob  4  erw&hnte  Nachahmung 
des  Eoppens  bei  anderen  Pferden  ist  einerseits  mehrentheils 
eine  leere  Rede  (Seite  5)  und  andererseits  liegt  sie  weniger 
in  dem  kbppenden  Pferde,  als  in  dessen  Pladrung  im  Stalle.  Da- 
gegen ist  die  Vererbung  des  Koppens  bei  Zuchtpferden  oft  be- 
obachtet worden ;  und  ad  5,  die  Unheilbarkeit  des  Fehlers  mnss 
im  Allgemeinen  als  richtig  anerkannt  werden;  —  und  eben  so 
ist  (ad  6)  eine  Werthverminderung  der  Pferde  durch  das  Kop- 
pen und  Krippensetsen  stets  gegeben. 

Auf  die  Werthverminderung  sollte  bei  Streitigkeiten  fiber 
Sachen,  welche  nach  einem  Geldwerthe  geschatst  und  mit  Geld 
besahlt  werden,  eigentlich  immer  die  Benrtheilung  und  die  Ent- 
scheidung gerichtet  sein;  dieses  kann  jedoch  bei  dem  Kofipen 
und  Krippensetsen  nicht  in  allen  Fallen  nach  einem  gleichen 
Maassstabe  geschehen,  sondern  nur  mit  Bernksiohtigung  der  yer- 
schiedenen  Verhaltnisse,  welche  dabei  Torkommen.  Hiernach 
nehme  ich  dreierlei  Verhältnisse  an,  nämlich: 

I)  solche  Falle,  in  denen  die  Pferde  su  einem  geringeren 
Werth  geschatst  werden  müssen,  als  die  Hälfte  des  für  sie  be- 
sahlten  Preises  betragt,  und  wo  daher  nach  allgemein  gelten- 
den   Rechtsprinsipien    die   rollstandige    Redhibition    stattfinden 

solL 

Als  hierher  gehörend  betrachte   ich  alle   diejenigen   Falle, 

wo  die  Tcrkauften  Pferde  bei  dem  Koppen,  resp.  Krippensetsen 

oft  wiederholt  den  Leib  aufblähen  und  hierdurch  als  mit  einer 

2* 


tO  Hertwig,  Koppen  der  Pferde. 

bestiodigeo  Diipotition  snr  Windkolik  beLeftei  eneheinen.  In 
Folge  dessen  sind  eie  fortdanemd  der  Gefshr  onterworfen,  sn 
erkranken,  den  Dienst  sa  stören  and  sogar  sa  sterben.  Sie 
gewahren  also  ein  höchst  an  sicheres  Besitsthnm. 

In  diese  Kategorie  mochte  ich  auch  diejenigen  koppenden  Pferde 
nehmen,  welche  aasdrncklich  snr  Zucht  gekauft  sind  and  dieses 
bei  der  Erwerbung  ausgesprochen  worden  ist.  Denn  die  Se- 
nats ang  solcher  Pferde  for  den  genannten  Zweck  ist  mit  fort- 
dauerndem Schaden  yerbunden,  der  sich  oft  gar  nicht  wieder 
gut  machen  lasst. 

II)  Solche  Falle,  in  denen  die  Pferde  xwar  nicht  in  die 
Torstehende  Abtheilung  (sub  1}  gehören,  aber  a,  bei  dem  Kop- 
pen viel  Futter  verstreuen  und  in  Folge  dessen  nothwendig 
schlechter  gedeihen  als  andere  Pferde  bei  demselben  Futter, 
oder  b,  wo  sie  dai  Koppen  fortgesetzt  sehr  fleissig  betreiben, 
so  dass  sie  wegen  der  fortwahrenden  Unruhe  und  Anstrengung 
ebenfalls  nicht  gedeihen;  und  —  c,  wo  die  Kopper  ein  kränk- 
liches Ansehen,  insbesondere  Abmagerung,  gelbliche  Bindehaut 
der  Augen,  schlechtes  Haar,  einen  aufgeschursten  Bauch,  man- 
gelhaften Appetit  and  schlecht  verdauete  Exkremente  seigen. 

In  diesen  Fallen  kann  der  Minderwerth  eines  koppenden 
Pferdes,  mit  Berücksichtigung  der  übrigen  Eigenschaften  des- 
selben, wie  Race,  Schönheit,  Alter,  Gangwerk  u.  s.  w.  ein  Vier- 
theil bis  cur  Hälfte  des  besablten  Preises  und  im  Verhaltniss 
SU  anderen  Pferden  derselben  Art,  welche  nicht  Kopper  sind, 
betragen.     Und 

III)  in  denjenigen  Fallen,  in  denen  die  Pferde  ausser  der 
einfachen  Ausübung  des  Koppens,  resp.  Krippensetxens  keinen 
hiermit  in  Verbindung  stehenden  andern  Fehler  und  keinen  er- 
kennbaren Nachtheil  des  Koppens  seigen ,  da  ist  die  durch  das- 
selbe bedingte  WerthTerminderang  anf  ein  Acbttheil  bis  höch- 
stens ein  Viertheil  des  bezahlten  Preises  ansunehmen. 

Die  sub  II  und  III  angedeuteten  Fälle  halte  ich  nicht  für 
qualificirt,  als  wirkliche  Hauptgewährsfehler  su  gelten, 


Hertwig  jmL,  Sosssehlieliter«!  in  Barlin.  :ll 

selbst  wenn   die  Zaboe  keine  Merkmale    des  Koppens    «eigen; 

es  kann  daher,  nach  meinem  Erachten    in    diesen  FSUen   keine 

gerichtliche  Klage  aof  Anfbebnng  des  Kaufs,  sondern   nar  aof 

Brsats  des  Minderwerthes  stattfinden. 

Die  GewahrsseiC  fnr  das  Koppen  ist  in  Frankreioh 
aof  9  Tage,  in  Württemberg  (nar  beim  Ankauf  der  Be- 
rn ontepf  erde)  anf  12  Tage,  in  Baden,  Baiern,  Hessen, 
Sachsen-Meiningen  and  Hildbarghansen  auf  8  Tage, 
ond  in  Hamburg  auf  5  Tage  festgestellt. 

Ich  bin  der  Ansicht:  dass  in  den  FUlen,  wo  keine 
Merkmale  an  den  Zahnen  bestehen,  eine  Gewahrteit 
von  höchstens  8  Tagen  genagt,  und  dass  in  den  Fal- 
len, wo  Merkmale  vorhanden  sind ,  24  Stunden  sur 
Constatirnng  des  Fehlers  hinreichend  sind. 


n. 


Die  RossscUächforei  in  Berlin  nnd  der  Verbnidi 

des  Pferdefleisches* 

Nach  amtlichen  Quellen  und  gefalligen  Mittheüungen  des  Proftssors 

Dr.  Spinola, 
Ton  Hugo  Hertwig. 

Mehr  als  tausend  Jahre  sind  verfiossen,  seitdem  unsere 
Vorfahren,  die  alten  Deutschen  aufgehört  haben,  das  Pferdefleisch 
au  geniessen,  welches,  wie  die  Geschichtsschreiber  berichten, 
▼on  ihnen  so  Opfern  und  als  Liebliogsspeise  bei  den  Festen 
der  Gottin  Freja  verwendet  wurde. 

Mit  der  grosseren  Verbreitung  des  Ghristenthums  nahm 
der  Genuss  des  Pferdefleisches  ab,  da  die  christlichen  Priester, 
besonders  Bonifacins,  den  Deutschen  das  Essen  dieses  Fleisches, 


Hartwig  j 


fl^wia  tei  6«i«M  des  Hamcb-  sad  KrihcBiebAa»  vwtol,  «■ 
M  TOB  d«B  brndaifckeB  Gottercolf  ■  alwaieakea  «ad  m  den 
Chmteadiiui  sogaaglieher  xa  Bach«». 

Bei  Yielea  eadereB  Yölkenebeftee,  beeoedera  ia  eidoei- 
licheB  Enopa  ODd  inAnea,  UMbeeoadere  bei  dea  Tartarea  bat 
cidb  das  Pferdeflmeb  ab  Habnwgnuttal  ür  MeaaAaa  aasa- 
tefbrocbea  bia  in  aaaere  Zeil  ferferbaltea  nad  wir  sebea  dort, 
daaa  Fferde  in  denelbea  Weise  aasgeaatst  werdea,  wie  das  bei 
■BS  Bit  deai  RiadTieh,  dea  Schafea  aad  Ziegea  der  FaU  ist 

la  neuerer  Zeit  bat  jedoeb  ia  allen  grosseren  Stadien  Bn- 
ropas,  saerst  in  Dsaemark,  nad  dann  ia  Rnssland,  Deatsddsnd 
nnd  Prankreieb  der  Geanss  des  Pferdefleisebes  aicbt  aar  wie- 
der AnfBabme  f;eliuiden,  sondern  dasselbe,  sowie  die  Verwea- 
dnng  der  nidil  geniessbaren  Tbeile  an  tecJinisdien  Zweien 
einen  sokben  H5bepnnkt  erreidit»  dass  es  wobl  der  Mobe  lobat, 
einen  naberen  Einblick  in  diesen  so  widitigen  Betriebssweig 
so  Cbon.  Es  ist  dnrehans  keine  an  knbne  Bebanptnng 
an  ssgen:  die  Eossscblaebtereien  seien  fnr  unsere  Zeit  ein 
Bednrfidss  geworden;  —  gewiss  sind  sie  dies,  da  das  Bedarf- 
niss  sie  gescbsffen  bat,  nnd  das  Bedorfniss  aneb  bei  ans  das 
Vorortheil,  welebes  gegen  den  Gennss  des  fferdelleisdies  und 
die  BosssehlichtereieD  bestebt,  allmalig  siebr  nnd  niebr  an 
▼emiditen  beginnt,  nnd  kann  man  dieselben  mit  Reebt  als 
eine  bocbst  woblthatige  Einriehtong  naeb   jeder  Seite   bin    be- 

»ff 

traebten. 

Die  erste  Gründung  der  Rossseblaehtereien  in  Berlin  da- 
tirt  Tom  Jabre  1847»  Zwar  bestand  scbon  in  den  Jabren 
1845  —  47  bierselbst  ein  Verein,  weleber  es  sieb  anr  Aufgabe 
gemaebt  batle,  dem  Pferdelleiseb  als  Nabrungsmittel  für  Men- 
sdien  Eingang  an  TersebalTen ;  doch  fand  diese  Idee  damals  noeb 
wenig  Anklang  im  Pnblienm  nnd  erst  einigen  Mitgliedern  des 
bissigen  TbiersehntsTereins,  namlieb  dem  Dr.  Spinola,  sowie 
dem  Hofopemsanger  Herrn  Blume  war  es  rorbebalten,  sidi  den 
Dank   des  Publikums    dureb   Gründung  ron  Bossselüiebleraien 


nnd  ^ordi  ihr  Mihaftet  IntMFMf ••  üx  Um  FertbMtebM  itrtel- 

In  der  Sitsnng  det  ThiertchntsToraiB«  vom  8«  Apiil  1B47, 
SD  wdeber  Herr  Dr.  Spinol*  doroh  dao  8earetSr  das  Verebt, 
Herrn  Blame  eiogeleden  wer,  nm  seinen  Eslh«  fiber  die  Mit* 
tel  snr  Abhilfe  dea  tnutrigen  Loosee,  «etebes  so  oft  die  Piarde 
im  Alter  Inr  die  dem  Menschen  Tielleah  gaieiateten  Dienale 
erwartet»  absogeben,  frnrde  woa  demaelbea,  naehdem  Ton 
rnradbiedenen  Saiten  Voraahlage  gemaaht  waren,  die  jedoeh 
simmtlich  nnr  aaf  die  Lindemng  der  Qnalen  ei  meiner  Thiere 
Unnaaliefen,  als  bestea  Mittel,  welches  der  Geaanuntheit  an  Gate 
knn&e,  daa  Schlachten  der  Pferde  nnddie  Benntsong  des  Flei- 
adiea  aU  Nahrnogamittel  empfohlesy  da  hierdurch  aneh  wngleieh 
der  snr  Zeit  herrachenden  Thenemng  der  Lebenaaüttel  «nd  dem 
dadurch  herTorgemienen  Nothstande  abgeholfen  werden  kenne» 

Denn  waon  die  Pferde,  ao  motivirte  Herr  Profeaaor  Spi- 
nola  scinao  Vorachlag,  eine  Verwendung  alt  SahlachtthiaM  lan* 
den,  ao  wirde  ihre  schlief  lUch  Ikohere  Verwerthnng  inr  die  Be- 
dtser  eia  Sporn  aein,  dieselbea  nicht  bia  aola  Aenaaerate  aban- 
treiben,  und  dadurch  manche  üabill  von  ihnen  abgehalten  wer- 
den.  Beaondera  aber  wurde  in  yielen  Ffillen  dadarch  Tormie- 
den  werden,  data  altere  Pferde,  wenn  aie  ihren  biaherigen  Dien- 
aten  nicht  mehr  entaprachen,  yon  dem  Besitaer  an  Gewerbetrei- 
bende Tarkaoft  wiirden,  wodoreh  aie  oft  in  Hände  nnd  VerhSlt- 
niaae  geriethen,  die  aclbat  fnr  ein  Thier  ala  traorig  beseichnet 
■n  werden  Tcrdienten;  es  dnrfe  nur  an  die  Falle  erinnert  wer- 
den, wo  edle  Lozospferde  ao  ihrem  Lebensabend  hangerleidend 
nnd  an  Gerippen  abgezehrt  im  Sandkarren  oder  Thorwagea  ab- 
getrieben worden.  Da  non  Torzogsweiae  in  grossen  Stidten  die 
Pferde  den  genannten  Unbilden  und  Qnalereien  aaagesetst  seien, 
so  wnrde  aach  grade  hier  die  Einfahrong  dea  Schlachtena  der 
Pferde,  beiiehnngsweise  die  Errichtang  von  Roaaachlaehtereien 
am  Orte  aein,  und  eben  dadaroh  dem  Toa  ThierschntsTereiae 
aageatrebtem  Ziele  gewiaa  am  meisten  entaprochen  werden. 


94  Hertwig  jm ,  di«  Roütehliehtani 

Es  fand  dieser  Vorsehla^  mnch  so  allgemeinen  Anklang, 
dass  sofort  der  Besehlass  gefasst  wnrde,  die  VerwirUichnng 
desselben  berbeiiofahreb. 

Za  diesem  Zweck  warde  Herr  Dr.  Spinola  und  Blnme 
Tom  Verein  beauftragt,  den  damaligen  Polisei  -  Präsidenten  Ton 
Pattkammer  in  Renntniss  Ton  dem  Vorbaben  des  Vereins  an 
setien  nnd  nm  ÜnterstStsong  in  dieser  Angelegenheit  so  bitten. 

Es  durfte  hier  nieht  am  anreehten  Orte  sein,  in  Kurse 
die  Grondsfitie  la  erwähnen,  weldie  Herr  Dr.  Spinola  damals 
fQr  das  Zustandekommen  ond  Fortbestehen  der  Rossschlacbte- 
reien  aufstellte;  es  sind  dies  dieselben,  welehe  noeh  heute  maas- 
gebend sind ,  nfimlioh  Bekämpfung  des  tief  eingewuraelten  Vor- 
urtheils  gegen  den  Genuss  des  Pferdefleisches.  Hieran  sei  nö- 
thig,  dass  von  Seiten  des  gebildeten  Publikums  dem  gew5hn- 
lioben  Mann  mit  gutem  Beispiel  sur  Naohahmnng  vorangegan- 
gen werde,  was  schon  deshalb  geboten  sei,  nm  nicht  durch  blosse 
Anpreisungen  sum  Genüsse  des  Pferdefleisches  in  den  Verdacht 
in  gerathen,  als  sei  das  Pferdefleisch  nur  für  den  weniger  Be- 
mittelten gut  genug.  Deshalb  seien  Veranstaltungen  nnd  öftere 
Wiederholung  von  Pferdefleisch  essen  Seitens  des  Vereins  und 
die  grosstmoglichste  Betheiligung  daran  von  gebildeten  Min- 
nern  das  Brstnothigste.  Dann  sei  auch  die  Einrichtung  einer 
Restauration,  in  der  nur  Pferdefleisch  in  verschiedenen  Formen 
Bubereitet  servirt  wurde,  sehr  erwünscht  Vor  allen  Dingen 
aber  sei  darauf  au  sehen,  dass  das  Schlachten  von  Pferden  und 
der  Verkauf  des  Fleisches  nur  in  solide  Hände  gelegt  wnrde, 
damit  das  Publikum  eine  Bürgschaft  hatte,  nur  Fleisch  von  ge- 
sunden Thieren  an  erhalten;  dies  wurde  wesentlich  sur  Hebung 
des  Zutrauens  beitragen. 

In  Folge  dessen  wurden  denn  anch  wirklich  mehrere  Male 
Diners,  «u  denen  Herr  Dr.  Spinola  durch  Ankauf  von  Pferden 
das  Fleisch  lieferte,  arrangirt,  doch  mnsste*  der  Verein  selbst 
eine  Probe  von  dem  herrschenden  Vorurtheil  empfinden.  —  Ein 
Restaurateur,  der  Anfangs    bereitwillig   sein    Local    au    diesem 


in  Berlin.  96 

Zweckessen  inr  VerfSgang  gestellt  hatte,  sog  bald  seine  ge- 
machte Zusage  zarack,  weil  —  es  seinem  Rafe  schaden  könne, 
wenn  es  dem  Publikum  bekannt  wnrde,  dass  er  sein  Geschirr 
sa  einem  Pferdefleischessen  geliehen  hatte.  Trotzdem  fauden 
aber,  wie  bereits  erwähnt,  in  anderen  Localen  derartige  Essen 
anter  zahlreicher  Betheiligung  angesehener  und  hochgestellter 
Personen  statt. 

Dem  Beispiel  des  Berliner  Vereins  folgte  man  bald  in  an- 
deren Städten,  nnd  zeichnete  sich  besonders  in  Brannschweig 
der  Hnmanitats*  und  Thierschutz verein  durch  reges  Interesse  fSr 
diese  Sache  aus. 

Auch  bei  Gelegenheit  der  Versammlung  deutscher  Thier- 
arzte  3.  —  4.  October  1847  daselbst,  Hess  es  Herr  Doctor 
Spinola,  als  Präsident  derselben,  an  Aufmunterung  zur  Bin- 
fuhrung  und  Verbreitung  der  Rossschlachterei  nicht  fehlen  und 
brachte  ein  grosses  Zweckessen  von  Pferdefleisch  lu  Stande. 
Welchen  Werth  die  Rossschlachtereien  übrigens  zu  jener  Zeit 
für  Berlin  hatten,  geht  wohl  am  Besten  ans  dem  Umstände  hervor, 
dass  nach  einem  noch  nicht  einjährigem  Bestehen  der  ersten  be- 
reits 11  Etablissements  der  Art  ins  Leben  traten,  in  welchen 
zusammen  3000  Pferde  geschlachtet  worden  waren.  —  Ob 
und  wie  viel  an  dem  für  diese  Zeit  grossen  Consum  der  da- 
mals herrschende  l^otbstand  beigetragen,  lasst  sich  mit  Bestimmt- 
heit nicht  nachweisen;  Thatsache  ist  es,  dass  in  den  darauf 
folgenden  Jahren  48^49  sowohl  die  Zahl  der  Rossschlächte- 
reien, als  der  Verbrauch  von  Pferdefleisch  abnahmen. 

Wie  es  aber  gewohnlich  zu  geschehen  pflegt,  dass  wenn 
eine  gute  Sache  einmal  angeregt  ist,  sie  sich  schliesslich  den- 
noch aller  Hindernisse  ungeachtet  Bahn  bricht,  so  erging  es' 
denn  auch  den  Berliner  Pferdeschlächtereien.  Nach  mehrjähri- 
gem Siech th am  blühten  dieselben  mehr  und  mehr  wieder  auf, 
bis  das  personliche  Vorurtheil  gegen  dies  Geschäft  allmälig 
wich  nnd  die  Schlächtereien  in  solide  Hände  übergingen. 

So  befinden  sich  denn  jetzt  auch  nicht  nur  in  Berlin,  son- 


S6  Hertwif  Jvl, 

den  fast  in  jeder  groMiiro»  Stadi  dae  pnmmuk&m  Staalae 
RoMfeUaebtereieD,  die  eamaitlidi  laehr  oder  weaiger  gvCe  6e- 
•ebafte    machea« 

Von  sehr  gnnatigefli  Einflnes  Inr  die  Hebung  der  Rom- 
war  die  Verordnung  dea  Konigüeben  Polisei- 
▼om  34.  Mars  1854  ond  die  in  deouelben  Jahre  er- 
folgte üebertragong  der  Beanfsiehtignng  und  Untenmehang  der 
sn  sehlaehtenden  Pferde  an  den  Poliseithierarst  Kaiebnseh, 

Indem  hierdoreh  dem  Poblienm  eine  Garantie  gegeben 
wurde,  wirklieh  gerandes.  Fleiseh  im  Kanfe  an  erhalten,  was 
▼or  dieser  Zeit  leider  noch  angesweifelt  werden  konnte, 
df  jeder  Behiaehter  die  betreffenden  Pferde  Ton  irgend  wßlehem 
Thierarst  nntersncben  nnd  in  seiner  Behansnng  schlachten  lassen 
dorfte,  wodordi  die  so  nothwendige  Gontrole  in  Welen  Fallfn 
so  gnf  wie  nnmogljch    gemacht  wurde. 

Die  bis  zum  24«  Mars  1854  in  Geltung  gewesenen  poli- 
aeilichen  Vorschriften  über    die    ftossschlachtereien  lauteten: 

1)  Es  darf  bei  Androhung  von  5  Thlm.  Strafe  kein  Pferd 
geschlachtet  werden,  welc)ies  nicht  Torher  von  einem  Thierarst 
untersucht  und  snm  Genuss  far  Menschen  geeignet  befunden 
worden  ist.  Hierüber  mqss  eine  besondere  Bescheinigung  aus* 
gestellt,  solche  aber  tou  dem  Schlachter  rier  Wochen  laiig  auf- 
bewahrt und  auf  Erfprdern  den  Reyier-Poli^ei-Beamten  Torge- 
seigt  werden, 

3)  Jeder  sich  snm  Betriebe  der  Rossschlachterei  Meldende 
wird  ausdrucklich  auf  die  Bestimmung  in  g.  4  des  Pferdedieb- 
stahlgesetses  Tom  13.  Februar  1848  S.  75  verwiesen. 

8)  Alle  Matktbuden  und  sonstige  Verkaufsstellen,  wo 
Rossfleisch  feilgehalten  werden  soll,  müssen  eine  Tafel  mit  der 
Aufschrift  RosefleischTcrkauf  fuhren,  auch  darf  in  denselben 
nicht  Fleisch  tou  andereii  Thier^  feilgeboten  werden. 

Diese  Verordnung,  welche  sich  als  nicht  ausreichend  erwies, 
rief  die  bereits  oben  ^rwahqte  Verordnung  Tom  24.  Mfirs  1854 
hervor,  Wfilche  fplgf^dermasseii  gantet:  (cf]f.  Dp  hl   di^  Vete- 


ti^fffpßftä  4«a  ^pfnfmdbtn  $t§^tn  p.  S81  tq^  Bora  ¥n». 
Me^.  yr«^  18IS9.  I.  S.  838). 

^of  ßrpfi^d  .d^r  §§.  6  und  11  des  QeMtiet  Tom  11«  Min 
181^0  plber  ^9  Fol^seiTenraltppg  T/nordi^et  dM  Politei-Priai- 
^om  liir  dep  epi^er^p  Pojisei-Besirky  wie  folgt: 

§•  1.  Dm  8<4)*oht9n  mow  Pferdes,  Bfel^  oder  l^buü- 
thiere^  f j^m  yfrlL»Qf/9  des  Fie^c^ep»  d^f  npr  »o  deo  toü  d«r 
fp^i^^ :  Bebor^p  erifiabten  S.cMac}iUtift0|i  (ScblAebtbfoter) 
stattfindeD« 

g.  2.  El>9Dio  darf  das  Flebc)i  diefof  Tbiere  n^r  en  den 
Qf«P^ii  fQÜ  gebalfii^fi  werd(9o,  welcb.e  bei  ^pr  Polisei-Beborde 
Tprbi^f  a^g^xueldet  ^ordep  siff^*  «^^^^^^  YerJKaafMteUe  di^i^r 
Aft,  i^  yelcber  ei^  Qapdel  mit  an4pr.eii»  mm  GeopMß  lor 
MensebeD  bestimmteD  FleiBcbwamren  niobt  itattfinden  dfuf ,  Qlits 

§.  3.  KeiD  jpf?r4?  ?*i^^  P4ff  ?lfalthi(Br,  d^ffftn  Fl^ifcb 
f BS*  %n??J  ^®!<?P.«»f  i»^  ^f^  ^?!>f'  glPfpWac|it^i  wejrdep,  be- 
Yf?'  ^»^fi]PP  Pi<5!?^  ^9P  d^fj^  ppfjseilicb^p  T^^rarpt«  nntefiucbt 
an^  beypr  fop  di.^sem  oicbt  eji)  Afteft  aafgf^ftellt  ift,  dMf  <)ftf 
sa  scblacb^ende  Tbier  q|c|}t  an  eitler  Kraokbeit  i^elittep  bat, 
welebe  dessen  Fleiscbgenoss  iar  ^pnscben  and  Tbiere  nngeeig* 
net  gemaebt  bat. 

§.  4.  Jeder  Rossseblaebter  bat  ein  von  dem  poliseilfoben 
Reyier- Vorstande  in  paragrspbirendes  nnd  absnstempefndes 
Scblacbtbifeb  an  fabren,  welebes  nacb  dem  beifolgenden  Sebema 
(Anla|^  a)  eip^^richtet  «mn  mRf>. 

Die  er|$$iA  4  Kpbriken  mfissen  sofort  nnd  binnen  langptf ns 
24  Standen  vom  Rosssebladiter  ansgefallt  werden,  pa<;bdem  das 
Tbiec  ei^o^b^i)  litt  W^^^  dessen  Abscblacbtang  aaob  nocb  niebt 
sofort  beabsiebtigt  wird, 

^Q?  AosföUgng  ^  VMiSßi  Sfiblik  geeggt  die  Asffuhnillg 
des  Namens  derjenigen  Person,  Ton  der  das  Pferd  ete.  erwor- 
ben worden  ist,  sofern  dieselbe  dem  Rosssoblicbter  als  im  In- 


38 


Hertwig  Jan.,  die  Rostschliohterai 


lande  Ansässig  personlich  bekannt  ist.  RSeksichtlich  nnbekann- 
ter  yeransserer  kommen  die  Vorschriften  des  Gesetzes  vom  18. 
Febraar  1848  in  §§.  5,  6,  and  7,  (G,,-S.  S,  75)  aar  Anwendang. 

Die  fünfte  Rabrik  wird  von  dem  poliseiiichen  Thierarite 
aasgefallt  (vergl.  §.  3),  demselben  darf  das  sam  Schlachten  be- 
stimmte Thier  jedoch  nicht  froher  als  höchstens  24  Standen 
vor  dem  Schlachten  aar  üntersachang  vorgestellt  werden. 

Die  sechste  Rubrik  ist  von  dem  Rossschiachter  spätestens 
84  Stunden  nach  der  Schlaehtnng  aassofallen. 

§.  5.  Das  Schlachtbach  mass  der  Rosschlaehter  jederaeit 
in  seinem  Verkaafslocale,  oder  wenn,  dasselbe  von  der  Schlacht- 
statte entfernt  ist,  in  der  letzteren  aar  VorzeigoDg  an  die  re- 
yidirenden  Polizeibeamten  oder  den  polizeilichen  Thierarzt  be- 
reit halten. 

§.  6.  Wegen  Bes'eitigang  der  nicht  aam  Verkaufe  geeig- 
neten Abgange  an  Knochen,  Fell  etc.  sind  die  bestehenden  oder 
noch  sa  erlassenden  Vorschriften  innesahalten. 

§.  7.  Wer  dieser  Verordnung  entgegen  handelt,  oder 
den  ihm  darin  auferlegten  Verpflichtungen  nachzukommen  un- 
terlasst,  vernillt  in  eine  Geldbusse  bis  zu  10  Thalern  oder  im 
Unvermogensfalle  in  eine  Gefänguissstrafe  bis  zu  14  Tagen. 

Anlage    a. 
Schema  des  Schlachtbaches. 


1. 


B 


d 


2. 

Besehreibnng 

des  Pferdes, 

Esels  oder 

Manlthiers 

nach  Alter, 

Grosse, 
Farbe  und 
besonderen 

Kennzeichen. 


3. 


Tag 

des 

Erwerbes. 


Name  des 

Veränsserers 

und  Vermerk 

über  dessen 

Legitimation. 


5. 


Attest  des 

polizeilichen 
Thierarztes 
aber  den  Ge- 
sundheits- 
zustand des 
Thleres. 


6. 

Tag  des 
Schlach- 
tens  oder 
anderwei- 
tigen 
Verkaufes. 


in  BtrliiL  19 

Die  Regierang  so  Potsdam  eriiess  anterm  20»  Mm  1856 
for  ihren  Yerwaltangs- Bezirk  eine  faat  gleiohlaatende  Verord« 
nung,  welche  in  §•  7  noch  folgende  Beitimmang  enthalt : 

Aach  in  Betreff  des  Schlacbtens  eines  Pferdes,  Esels 
oder  Maalthieres  sam  eigenen  Gebranch  des  Fleisches 
oder  EU  anderen  Zwecken  wird  die  Beachtung  des  §. 
3.  angeordnet,  and  darf  aach    ein    solches  Schlachten 
nicht  ohne  thierarstliche  Prafang    and    Bescheinigong 
hinsichts  der  Unschädlichkeit  des    Fleisches    erfolgen, 
diese  Prafang  mass  in  der  Regel    vor    dem    Schlach- 
ten, and  nar  in  besonders  dringenden  Fallen  darf  sie 
nachher,    jedenfalls     aber    des     Schleunigsten     statt* 
finden. 
Vergleicht  man   diese '  beiden  Verordnangen,  (die  vor  nnd 
Ton   1854),  so  wird  gewiss  jeder   mit  mir  darin  abereinstimmen, 
dass   die    letstere    anbedingt    ganstig    auf   das    Poblicom   and 
somit  Tortheilhaft  anf  das  Rossschlachtergeschaft  wirken  mnsste, 
besonders  aber  der  Umstand,  dass  ein  erfahrener  and  als  ehren- 
haft bekannter  Beamte  die  za  schlachtenden  Pferde  antersnchen 
mnsste. 

Ferner  warde  darch  die  vorgeschriebenen  Schlachtbacher 
die  Controle  aber  die  zam  Schlachten  bestimmten  Pferde,  be- 
sonders bei  spateren  (amtlichen)  Naehforschangen  gesichert,  da 
die  grossen  Comtoirbcicher  for  Jahre  aasreichen,  wahrend. da- 
gegen die  froheren  Atteste,  ohne  geregeltes  Schema  aaf  losen 
Blattern  geschrieben,  nar  za  leicht  verloren  gehen  konnten 
and  ja  nberhaapt  nar  4  Wochen  lang  aufbewahrt  zu  werden 
brauchten,  also  eine  zurückgreifende  Controle  über  diese  Zeit 
hinaus  unmöglich  gemacht  werden  konnte. 

Von  ebenfo  grosser  Wichtigkeit  für  das  Empoiblnhen  der 
Rossschlachterei  war  der  Umstand,  dass  die  einzelnen  Schlacht- 
loeale  allmalig  eingingen  und  dafür  grossere  gemeinschaftliche, 
nnd  schliesslich  unter  der  Leitung  des  PoL-Thierarztes  Dr.  Pauli 
nnd  des  Rossschiachters  Meier    in    der  Central-Rossschlachte- 


to' 


Hartwig  jii£,  ^bx^hliehtmi 


rei  öin  ^iintb  prAktiAclies  wld  scliSn  eingerichtetes  Bta1>^^^^^ 
geisebaff^D  ihitM, 

Zum'  äeweite  de^  duroli*  obige  Verördnongen  nbd'  Einrieb- 
tongen  iinmei'  mebr  wacljsenden  Gdnsl  dlid  der  mehr  and  mehr 
•chwindenden  Abndigan'g  des  Pablicnms  int  Rosssohlachtereien, 
gebe  ieh  hieir  eine  Zösammenstellong  der  in  den  Jabren  1847, 
1858  —  68.  jährlich  gescbladbtetän  Pferde. 

184*7'  (Ndthstand)  Ton'  11'  RossscÜla^Htern       ei  3Ö00  Pferde. 
1853  von     5  Ro^sclilfibbtern'       circa     686  Pferde. 


1854  < 

-   4 

- 

4D0 

- 

1855 

4 

- 

TÖO 

• 

1856 

-   4 

- 

769 

- 

1857  . 

.   2 

• 

367 

• 

1858  - 

2 

• 

450 

• 

1859  • 

4 

- 

44i^ 

- 

1860  - 

4 

- 

6^18 

• 

18ei  • 

8 

*   » 

• 

519 

• 

1862  . 

7 

- 

1042 

-' 

1863  . 

7' 

- 

1307 

- 

1864  . 

8 

- 

1742 

- 

liBe5  - 

8 

- 

2141 

• 

1866  • 

.  12 

- 

3115* 

- 

1867  . 

.  17 

- 

3911 

- 

1868  ' 

.  18' 

1 

- 

4026 

- 

25226  Pferd6. 

B)i  seigt'  sieh  alli^lrdihgs  nach    obigbr  Tabelle'  in    manchen 
Jahi-lB^  ein^  Verritfgeftiiig  gegen  fruherb  Jahi'ä,  abior'  in  welchem 
Geschäfte' tratö'diesäi*  Fall  niöh€'  eint  -^  Im    groUen   Gänsen' 
beweisen  die  angefahrten'  ZMet  gtdWlsä'  die  Richtiglceit  meiner 
BehaaptaiigliA. 

Idi  komme  nun,  nachdeih  iöh  in  Obigem  einen  karten  Ab- 
risi^ctif  Efntwicklang  der  Rossd^bladhtereien  in  Berlin  gegeben 
habe»  anf  dte  s^eereU^  Bäi&chröibangf  dbs  Betriebes  ddf'  R'öss- 
schlScht^ei,  wie'  d^ielb^  heaO»  in  Be/lin  bbi^t^ht 


ffi  Adtti.  3f 

Diw  ffii^  saaitttUelftr  RosMchliebter  BeilHii'f  Tom  Polisei- 
Frid^am  allein  erlaabte  Seblaohtitfitte,  Welche  den  Namen 
„Central*Ro688clilachterei*'  f51irt,  iet  ein  rolUtindig  abgefchlof- 
genes  Gründstack  von  der  GrStfe  einet  Morgens  in  der  Greift- 
walderttratte  vor  dem  ehemaligen  Konigtthor«  Anf  demtelben 
befindet  sich  ein  2  st5ckiget  Bauptgebande  mit-  der  Wohnung 
des  Intpectort,  einem  Bfirean-Zimmer  fnr  die  Poliiei-Besmten, 
2  Stallen  aar  Au&ahme  fnr  die  cum  Sdüachten  bettimmten 
Pferdb,  2  grotten^  mit  den  nSthigen  Werkseogen  vertehenen 
Schlacfat-Raamen,  und  2  kleineren  Eammem.  Von  den  Lettte- 
•  ren  ist  die  eine  düsn  bestimmt,  die  abgesogenen  Felle  der  ge- 
tdilachteten  Thiere  an  bergen,  die  andere  dagegen,  sn  welcher 
nor  dir  Beamtto  nnd  der  Intpelstor  Zutritt  haben,  dieirt  bot 
Tornbergebenden  Aufbewahrung  det  autgetchlachteten  aber  Ver- 
worfenen Fleisches,  d.  h,  dötjenigen,  weichet  bei  der  innetlichen' 
Betiditigang  swar  nicht  alt  geeignet  sur  Nahrung  fnr  Mentehen 
nnd  Thiere,  jedoch  mit  keiner'  ansteckenden  Krankheit  behafUt 
befunden  worden  itt,  daher  noch  su  gewerblichen  Zwecken  i*  B. 
Bom  Leimsieden  verwerthet  werden  darf.  Ferner  befindet  sich 
sof  dem  genannten  Grundstock  ein  Üntersuchungs-Haus,  eiti'  c. 
W  hbhes  und  20'  im' Geviert  messendes  Gebinde,  dessen  Baupt^ 
front  des  günstigen  Lichtes  wegen  (s,  u.)  nach  Oäten  gelegen 
ist,  mit  4,  c.  8  Fttts  hohen  und  4  Fuss  breiten  Feüstem  nach 
eben  dieser  Seite  hin. 

Ausserdem  hat  dieses  Bans  an  den  übrigen  Wanden  noch 
mehrere,  theils  ebenso  grosse,  theihr  kleinere  Fenster,  so  dats 
der  grosste  Theil  des  Hauses  aus  Glaswfinden  besteht.  In  einto 
überdeckten,  an  den  Seiten  offenen  BAUe  befindet  sich  cum 
Unterstellen  für  c.  24  Pferde  ein  Raum,  welcher  im  Sommer 
lom- Aufstellen  lebend^  Pferde  benutat  wird,  damit  dieselben 
nidit  durch  die  Bitae  beUstigt  werden,  und  das  Fleisch  da- 
durch eine  Einbusse  an  seiner  Gute  erleidet. 

Ffir  diejenigen  Pferde,' welche  schon  bei  der  Untersuchung 
hn  lebenden  Zustande   ein  reterinair-politeiliches    Bin#chreitin 


93  Hertwig  jnn.,  die  BoHuehläohterei 

erfordern,  ist  lar  aageDbiioklichen  Sicherstellang  derselben  ein 
besonderer  Absperrungsstall  eingerichtet,  welcher  nach  jedesma- 
liger Benatsong  der  Desinfections- Vorschrift  gemäss  gründlich  ge« 
reinigt  wird.  Einer  gleichen  Reinigung  mit  einer  von  Zeit  zu 
Zeit  verbundenen  Desinficirang  durch  Chlorkalk  wird  übrigens 
nach  Bedarf  der  oben  erwähnte  Observations-Raum  für  das  als 
ungeeignet  zum  Genuss  befundene  Fleisch  unterworfen.  Im 
Sohlachthause  wird  musterhafte  Reinlichkeit  gehalten,  nach  dem 
jedesmaligen  Schlachten  werden  auch  die  dabei  benutzten  Räu- 
me und  die  beim  Schlachten  benutzten  Gegenstande  gründ-« 
lieh  gereinigt,  insbesondere  der  mit  Granitfliesen  belegte  Fuss- 
boden  gut  gescheuert  und  gefegt« 

Das  Blut,  welches  cum  Theil  in  eine  cementirte  Senkgrube 
fliesst,  theils  aber  auch  gleich  am  Thiere  aufgefangen  wird, 
wird,  nachdem  sich  das  Serum  ausgeschieden ,  von  Privatleuten, 
die  es  so  ihren  yerschiedenen  Zwecken  verwenden,  sehr  gern 
gekauft.  Das  gewonnene  Blutserum  wird  zur  Albuminfabrikation 
benutzt.  Die  Rinnen  sammt  der  Senkgrube  werden  nach  ihrer 
gründlichen  Reinigung  durch  Wasser  noch  besonders  mit  einer 
Losung  Ton  Ferrum  sulphuricum  oder  Chlorkalk  desinficirt,  so- 
dass selbst  in  den  heissesten  Sommertagen  auch  nicht  eine  Spur 
eines  üblen  Geruches  zu  bemerken  ist. 

Aus  dieser  kurzen  Schilderung,  des  Etablissements  ist  wohl 
die  Zweckmassigkeit  desselben  deutlich  zu  erkennen. 

Hinsichtlich  der  Untersuchung  der  zum  Schlachten  gekauf- 
ten Pferde  und  der  dabei  ausgeübten  sanitats-polizeilichen  Con- 
trole  findet  folgender  Modus  statt. 

Regelmässig  des  Morgens  von  9  —  10  werden  die  zu 
schlachtenden  Pferde,  nachdem  ein  Polizei-Beamter  die  Natio- 
nale derselben  nach  dem  vorgeschriebenen  Schema  (cf.  p.  28}  auf- 
genommen und  in  die  betreffenden  Schlachtbücher  der  einzel- 
nen Schlächter  eingetragen  hat,  in  das  Untersuchungshans  gefuhrt 
und  von  dem  hiesigen  Departements -Thierarzt  Dr.  Ullrich  mit 
meiner  Assistenz  untersucht.  Zu  diesem  Zwecke  wird  zuvorderst 


in  Berlin.  3S 

der  allgemeine  Habitns  dei  Thieres  io  Angentehein  genommen 
Qod  dann  die  resp,  Fieberlosigkeit  festgestellt.  Ist  dies  ge* 
scheben,  so  wird  das  Athmen  nnd  die  ansgeatbmete  Lnft,  die 
Beschaffenheit  der  sichtbaren  Schleimbante ,  der  Kehlgangsdrn* 
sen,  der  Leisten-  nnd  Bngdrnsen,  des  Hustens,  so  wie  die  ganse 
äussere  Decke  einer  genaueren  Prüfung  unterworfen  nnd  erst 
hierauf,  je  nach  dem  Befunde,  die  Erlaubniss  sum  Schlachten 
gegeben  oder  verweigert.  Dass  nur  solche  Pferde  cur  Unter« 
Buchung  gelangen,  deren  Zustand  hinsichtlich  der  Qualität  nnd 
Quantität  des  Pulses,  Athmens  etc.  ein  sicheres  Uriheil  gestat- 
tet, also  nicht  kurz  Tor  der  Untersuchung  aus  dem  Arbeits- 
wagen gespannt  oder  schnell  geführt  oder  geritten  sein  dür- 
fen, sondern  sich  erst  gehörig  ausgeruht  haben  müssen,  ist 
selbstverständlich.  Finden  sich  an  einem  Thiere  irgend  welche 
abnorme  Zustände,  die  wohl  unter  anderen  Verhältnissen  ohne 
weiteres  als  gleichgültig  angesehen  werden  konnten,  so  müssen 
dieselben  bei  den  Schlachte bjecten  doch  immer  mit  Misstrauen 
betrachtet  und  deshalb  ein  bestimmtes  Urtheil  über  das  Fleisch 
solcher  Pferde  als  Gennssmittel  vor  dem  erfolgten  Schlach- 
ten Euruckgehalten  werden,  bis  durch  eine  Besichtigung  der 
inneren  Theile  unsererseits  die  unsweifelhafte  Gesundheit  des 
Thieres  festgestellt  ist. 

Ist  nun  ein  Pferd  als  geeignet  ffir  menschliche  und  thierische 
Nahrung  befunden  worden,  so  wird  es  ohne  Weiteres  durch  Er- 
schlagen getodtet  und  geschlachtet,  aber  im  entgegengesetzten 
Falle  wird  es  abgewiesen.  Dieser  Fall  tritt  ein:  bei  allen  an- 
steckenden oder  fieberhaften  Krankheiten,  bei  grosser  Mager- 
keit, bei  cachectiscben  Leiden  und  bei  Thieren,  welche  mit  gros« 
seren  eiternden  Wunden  oder  jauchigen  Geschwüren  behaftet 
sind.  Solche  abgewiesene  Thiere,  welche  keine  ansteckende 
Krankheit  haben,  werden  dem  Schlächter  zu  einer  beschränkten 
Verfugung  belassen;  er  darf  dieselben  dem  Verkäufer  zurück- 
geben oder  sie  zur  Verwendung  für  gewerbliche  Zwecke   d.   h. 

Mag.  {.  TU«rbeUk.  XZXVL    1.  3 


84  Hertwig  Jon.,  die  Bostschliehterei 

£ain  Leimsieden  oder  Kuochenbrenoen  yerkanfeD,  worüber  je- 
desmal ein  TOD  dem  Kaafer  für  diese  Zwecke  aasgestellter  Em« 
pfangsohein  beicnbringen  ist. 

Die  Richtigkeit   der  Ablieferaog    und  des   Empfangscheins 
wird  darch  einen  Polisei-Beamten  controlirt.  — 

Einem  gleichen  Verfahren  unterliegt  auch  das  bei  der  in- 
nerlichen Besichtigung  für  nicht  zur  Nahrung ,  aber  dennoch  su 
gewerblichen  Zwecken  brauchbar  erklärte  Fleisch  der  ausge- 
schlachteten Thiere,  nachdem  es  vorher  durch  Petroleum  oder 
Ol.  animal.  foetid.  aum  Genuss  für  Menschen  oder  Thiere  unge- 
eignet gemacht  worden  ist.  Das  Ton  Pferden  herrührende  Fleisch, 
welche  sich  bei  der  innerliehen  Besichtigung  als  rotsig-wurmig 
erwiesen  haben,  wird  ausserdem  sofort  unter  strengem  Ver- 
schluss in  die  oben  erwähnte  Observations  -  Kammer  gehangt 
und  am  nächsten  Tage  dem  Scharfrichter  von  einem  Beamten 
ausgehändigt.  Finden  sich  bei  der  Untersuchung  im  lebenden 
Zustande  Pferde,  die  mit  der  Rotz^Wurrakrankheit  behaftet 
sind,  so  werden  dieselben  so  lange  in  den  oben  erwähnten  Ab- 
sperrungs-Stall  gestellt,  bis  sie  durch  einen  Gehnlfen  der  Scharf- 
richterei,  welche  sofort  per  Telegraph  benachrichtigt  worden  ist, 
abgeholt  werden,  Pferde,  an  denen  Symptome  bemerkt  werden, 
welche  dieselben  der  Rots-  und  Wurmkrankheit  nur  verdächtig 
machen,  werden  entweder  mit  Bewilligung  des  Eigenthumers 
dem  Abdecker  übermittelt  oder  dem  Eigenthümer  zurückgege- 
ben^ und  bei  diesem  sofort  durch  das  zuständige  Polizei-Revier, 
welches  bereits  durch  den  Telegraph  in  Eenntniss  von  dem  Vor- 
fall gesetzt  ist,  unter  polizeiliche  Aufsicht  gestellt,  und  nach 
Vorschrift  des  Reg.  vom  8.  August  1835  weiter  beobachtet. 
Zur  Ehre  der  Rossscblächter  sei  aber  hierbei  erwähnt,  dass  der- 
artige Pferde  sehr  selten  zur  Untersuchung  vorgestellt  werden; 
im  Gegentheil  werden  fast  nur  gute  und  gute  Mittel-Pferde 
zum  Schlachten  angekauft,  und  herrscht  unter  den  Rossschiäch- 
tern  selber  die  Ansicht,  dass  die  Pferde  zum  Schiachten  nie 
gut  genug  sein  können.     Man  glaube  daher  nicht,  dass  Pferde, 


in  Berlin  85 

wie  wir  sie  fraher  leider  oft  genug  in  den  Strassen  Berlins 
als  Sand-  oder  Droscbken-Pferde  sahen,  oder  gar  die  berüch- 
tigten Charlottenburger  die  Schlachtobjecte  bilden;  es  ist  dies 
ein  grosser  Irrtham ;  die  Pferdemarkte  in  der  näheren  nnd  vei* 
teren  Umgebung  liefern  durchschnittlich  ein  besseres  und  reich- 
haltigeres Material,  als  Berlin  selber. 

Die  Schlächter  reisen  30  —  40  Meilen  weit,  um  tos  den 
Pferdezüchtenden  Landwirthen  die  oft  nnr  wegen  äusserer  Feh- 
ler cur  Zucht  nicht  tanglichen  Fohlen  und  Pferde  lu  erwerben. 
Berlin  liefert  hauptsachlich  nnr  auf  der  Strasse  Terunglnckte 
Pferde,  oder  solche,  die  durch  irgend  welche  Umstände,  höhe- 
res Alter,  Steifigkeit  der  Fnsse,  nicht  mehr  fähig  sind,  den  an- 
greifenden Dienst  auf  dem  Pflaster  der  Stadt  an  versehen  nnd 
durch  die  Humanität  ihrer  Besitzer,  in  der  Regel  Aerste,  Rauf- 
leute, Spediteure,  Brauer  etc.  sn  einem  schnellen  und  leichten 
Tode  begnadigt  werden.  Ausserdem  bilden  noch  die  in  und  um 
Berlin  abgehaltenen  Auctionen  der  Militarpferde  eine  Quelle  für 
gutes  Schlachtmaterial. 

Das  Fleisch  der  Pferde  kommt  niui'  nicht  als  solches 
allein,  sondern  in  verschiedener  Weise  zubereitet  in  den  Handel; 
so  wird  es  z.  B,  mit  Schweinefleisch  zusammen  in  Pökel  ge- 
legt oder  zu  wohlschmeckenden  Ranchwursten  verarbeitet.  Von 
den  fetteren  Pferden  werden  die  Rippstücken  als  sogenannte 
Speckseiten  geräuchert,  ebenso  die  Schinken,  deren  Fleisch  in 
seinem  Aussehen  und  Geschmack  dem  der  Gänsebrüste  tauschend 
ahnlich  ist.  Die  geräucherten  Zungen  äbertre£Fen  an  Zartheit 
die  Rinderzungen.  Das  Fett,  welches  bei  geschicktem  Aus- 
schmelzen in  Farbe  und  Geschmack  dem  Ganseschmalz  vollkom- 
men gleicht,  wird,  um  demselben  eine  festere  Beschaffenheit  zu 
geben,  gewohnlich  mit  Schweineschmalz  vermischt  und  zu  einem 
ziemlich  hohen  Preise  verkauft. 

Betrachten  wir  nun,  ehe  wir  den  Nutzen,  welcher  uns  durch 
die  Rossschlaohtereien  erwachsen  ist,  ins  Auge  fassen,  die  Gründe, 

3* 


86  Hartwig  jan,  die  Boflssehläebterei 

welche  mao  gegen  den  Genass  des  Pferdefleitehee  für  Menechen 
berrorgehoben  bst,  so  glaube  ich  bebanpten  sa  können,  dass 
der  banptsachlichste  Gmnd  nor  in  einem  Vorortfaeil  hinsicht- 
lich des  Geschmackes  des  Fleisches,  und  in  dem  Umstände 
liegt,  dass  bei  ans  das  Pferd  eben  kein  Schlachtthier  ist  nnd 
den  Menschen  im  frenndsebaftlichen  Verkehr,  mit  Ausnahme  des 
Hundes,  Tielleicht  am  nächsten  Ton  allen  Tbieren  steht* 

Gegen  diesen  leisten  Grund,  der  auf  rein  humanem  Ge* 
fühle  beruht,  wage  ich  keinen  Einwurf;  er  besteht  auch  nur  bei 
einem  Terhiltnissmassig  kleinen  Theile  des  Publicums,  der  eben 
in  seinen  Pferden  sugleich  auch  einen  Freund  erblickt. 

Was  nun  das  Vorurtheil  hinsichtlich  des  Geschmackes  anbe- 
trifft, so  ist  dasselbe  nur  ein  eingebildetes,  denn  es  wird  oft  ge- 
nug, sogar  Ton  Leuten,  welche  ihrer  Meinung  nach  noch  nie 
Pferdefleisch  gegessen  haben,  behauptet,  dass  dasselbe  wider- 
lich schmecken  müsse;  und  wie  oft  mag  gerade  diesen  Leuten 
das  Pferdefleisch  im  Restaurant  gut  geschmeckt  haben! 

Das  Pferdefleisch  hat  im  gekochten  Zustande  (wie  auch 
die  Bouillon)  allerdings  einen  etwas  weichlichen,  susslichen, 
Ton  dem  der  übrigen  Fleiscbarten  abweichenden  Geschmack; 
aber  was  will  dies  sagen?  Weicht  denn  nicht  in  diesem  Punkte 
eine  jede  Fleischsorte  von  der  andern  ab,  und  haben  sie  des- 
halb etwas  Widerliches  an  sich?  —  Niemand  wird  dieses  be- 
haupten wollen !  Ungewohnt  mag  ja  der  Geschmack  des  gekoch- 
ten Pferdefleisches  Vielen  sein,  aber  wem  ergeht  dies  bei  einem 
neuen  oder  fremd  lubereitoten  Gerichte  nicht  ebenso? -^Ausser- 
dem verliert  sich  dieser  süssliche  Geschmack  auch,  sobald  das 
Fleisch  nach  dem  ersten  Aufwellen  von  Neuem  in  frischem 
Wasser  gekocht  wird. 

Ein  anderer  Einwurf  gegen  die  Rossschlachterei  lautet: 
Die  gesunden,  fetten  nnd  jungen  Pferde  sind  cum  Schlachten  sn 
theuer  und  alte  abgetriebene  und  ausgemergelte  Thiere  taugen 
nicht  sur  menschlichen  Nahrung.  Dieser  Einwand  ist  seit  vie- 
len Jahren,  fir  Berlin   wenigstens,  nicht  mehr  stichhaltig;    alte 


in  Bmrlin.  87 

Pferde  werden  wohl  geschlachtet,  aber  aoagemergelte  nicht  i 
dafar  garantirt  die  streng  gehandbabte  Untersnohnng.  Die  Preise, 
welche  die  anm  Schlachten  angekauften  Pferde  haben,  beweisen 
inr  Genüge,  dass  jnnge  und  fette  Pferde  den  Schlichtern  keinea- 
wegs  an  thener  far  ihre  Zwecke  sind,  denn  40  —  60  Thlr.  für 
ein  Pferd,  welches  sich  den  Fnss  gebrochen  hat,  blind  gewor- 
den ist  oder  dergleichen,  kann  kein  Anderer  dafar  sablen,  alt- 
ein Schlachter,  der  aas  der  Verarbeitung  des  Fleisches  aor 
Nahrang,  trota  des  noch  billigen  Preises,  seine  Muhe  durch  den 
Verdienst  an  demselben  belohnt  sieht«  — 

Die  Qualität  des  anm  Verkauf  kommenden  Pferdefleisehes 
iat  dorchschnittlich  besser  ab  die  der  übrigen  von  ausserhalb 
anf  den  Markt  cum  Verkauf  kommeoden  Fleischsorten«  Kein 
Rosaschiachter  würde  es  wagen,  Pferde  von  solch'  erbärmlicher 
Beschaffenheit,  wie  sie  oft  bei  Rindern  und  Kalbern  an  finden 
ist,  und  deren  Fleisch  trotsdem  von  Schlachtern  auf  dem  Lande 
angekauft,  nach  grosseren  Städten  gebracht  and  dort  als  Nah- 
rungsmittel für  Menschen  verkauft  wird,  anm  Untersuchen  vor- 
aastellen.  Wer  mit  den  ländlichen  Verbaltnissen  in  der  Umgegend 
von  grosseren  Städten  vertraut  ist,  wird  wissen,  dass  das  Fleisch, 
welches  dort  verkauft  wird,  leider  nur  au  oft  von  kranken 
Thieren,  die  im  Augenblick  des  Verscheidens  oder  kura  vorher 
abgeschlachtet  sind,  herrührt. 

Obwohl  das  Fleisch  auf  den  Berliner  Markten  einer  speci- 
ellen  Controle  unterliegt,  so  ist  es  doch  in  manchen  Fällen 
nicht  möglich,  ein  Gataohten  darüber  abaugeben,  ob  das  au 
Markte  gebrachte  Fleisch  von  gesunden  oder  kranken  Thieren 
herrührt,  da  sich  nur  mit  wenigen  Ausnahmen  an  dem  zerleg- 
ten Fleische  und  besonders  an  dem  sogenannten  Ausschnitt- 
fleische,  Krankheits-Erscbeinungen  nachweisen  lassen.  Und  nun 
kauft  ein  gewisser  Theil  des  Publikums  gerade  solches  zweifel- 
hafte Fleisch,  natürlich  für  einen  niedrigen  Preis,  trotsdem 
jeder  weiss,  dass  er  für  denselben  kein  gutes  Fleisch  erhalten 
kann.  Zu   dieser   Klasse  von  Leuten  gehören   namentlich  Zim- 


38  Hartwig  jmL,  dia  Itnwiifhlifhliiifii 

menrerinietbdr,  welehe  Arbeiter  und  Sjindwerker  in  Schlafcteile 
haben  nnd  xn  gleicher  Zeit  fSr  diese  den  Tisch  besorgen,  — 
es  wäre  wahrlich  besser,  sie  kanften  ans  den  eoncessionirten 
Verkaafsstellen  gesnndes  Pferdefleisch. 

Fasst  man  diese  letzten  Punkte  snsammen,  so  scheint  es 
mehr  als  wnnschenswerth,  dass  das  Pferdefleisch  eine  noch  gros* 
sere  nnd  allgemeinere  Verbreitung  als  Nahmngsmittel  für  Men- 
schen verdient,  als  dies  bis  jetat  der  Fall  ist ,  snmal  der  Un« 
terschied  im  Nahmngswerth  zwischen  dem  Pferdefleische  von 
gleicher  Qualität  nnd  dem  Fleische  anderer  grösserer  Thiere 
wohl  nur  ein  unbedeutender  sein  durfte,  —  was  noch  immer 
der  näheren  chemischen  Untersuchung  nnd  Nachweisnng  be- 
darf. 

Die  verschiedenen  Fleischarten  unserer  Hausthiere  zeigen 
im  Wesentlichen  eine  grosse  Uebereinstimmung  in  ihren  Bestand- 
theilen,  doch  weichen  sie  in  dem  Mischungsverhältnisse  derselben 
von  einander  ab.  Das  Fleisch  besteht  ans  der  Muskelsubstana 
in  Verbindung  mit  Sehnen,  Nerven,  Gefassen,  Bindegewebe, 
Blut,  Serum  nnd  Fett,  und  enthalt  als  Hanptbestandtl^eil  die 
Muskelfaser,  nebst  Eiweiss,  Gallerte,  Osmazom  und  Speichel- 
stoff, ferner  phosphorsaures  Kali,  Chlorverbindungen,  milchsan- 
res,  salzsaures  und  phosphorsaures  Natron  in  geringer  Menge. 
Nach  Brande,  Schweigger 's  Journal  Bd.  36  S.  190,  ent- 
halten 100  Tbeile  Fleisch  über  70pCt.  Wasser,  ca.  20pGt. 
Faserstoff  und  Eiweiss,  ca.  6pGt  GoUa,  speciell: 

Faserstoff  nnd  überhaupt  näh- 

Wasser,  Eiweiss,  Gallert,     rende  Bestand- 

theile. 
7  29 

6  26 

6  25 

5  24 

Hatten  wir  nun  die  Gründe  kennen  gelernt,  welche  das 
Vorurtheii  gegen  die  Verwerthung  des  Pferdefleisches  als  Nah* 


Hammelfleisch 

71 

22 

Rindfleisch 

74 

20 

Kalbfleisch 

75 

19 

Schweinefleisch 

76 

19 

In  Barlin«  89 

rangsmitiel  aufgestellt  hat  and  welche  tich  alle  widerlegeo  Im- 
ten,  und  betrachten  wir  non  den  Natsen,  welcher  dnrch  die 
Roasschlachtereien  der  AllgemeiDbeil  erwachst,  so  sind  besondert 
folgende,  unwiderlegbare  Pankte  hervorsoheben. 

1)  Ist  durch  das  Fleisch  der  Pferde  ein  werthyoUes  Nah- 
rangsmittel  gewonnen,  dessen  wohlfeilerer  Preis  nnsahligen  Fa- 
milien wohlthatig  geworden  ist. 

2)  Bietet  das  Schlachten  der  Pferde  and  die  Verarbei- 
tang  des  Fleisches  fSr  viele  Familien  ein  zwar  sanres,  aber  ehr* 
liebes  nnd  aach  ein  gnt  nährendes  Gewerbe. 

3)  Wird  der  bereits  oben  erwähnte  Zweck  des  Thierschnts- 
Vereins,  nämlich  Unterdrucknng  der  Thierqaalerei  erreicht, 
denn  seit  dem  Besteben  der  Rossschlachtereien  sehen  wir 
nicht  mehr  soviel  elende  abgetriebene  Pferde  in  anseren  Stras- 
sen, wie  vor  dieser  Zeit,  wo  ein  Fahrmann,  weil  er  für  sein  Pferd 
höchstens  den  Werth  des  Felles  nnd  eine  geringe  Vergatang 
▼on  den  Abdeckern  für  die  Knochen  erhielt,  (der  frohere  Scharf- 
richtereipachter  Kraft  sahlte  i«  J.  1848  nach  mir  gemachten 
Mittheilnngen  nnr  1  bis  2  Thlr.  far  ein  lebendes  Pferd),  es  far 
gerechtfertigt  hielt,  sein  Eigentham  bei  sowenig  als  möglich 
Kosten  soviel  wie  möglich  anssanatsen.  Heat  hat  sich  diese  Sache 
doch  geändert.  Jeder  Pferdebesitzer  weiss,  dass  sein  Pferd, 
sobald  sich  dasselbe  in  einem  guten  Zustande  befindet,  ihm 
noch,  nachdem  er  es  genngeam  far  seine  Zwecke  gebraucht  hat, 
einen  verhaitnissmassig  hohen  Preis  einbringt,  —  nnd  wenn  der 
Besitzer  das  Thier  deshalb  auch  gerade  nicht  besonders  pflegt, 
so  lasst  er  dasselbe  doch  auch  nicht  durch  harte  Arbeit  und 
magere  Kost  so  weit  herunterbringen,  wie  dies  früher  leider  so 
oft  der  Fall  war. 

4)  Wohl  in  keiner  Stadt  hat  der  Hund  einen  solchen  Werth 
als  Zugthier  wie  in  Berlin.  Von  seiner  Gesundheit,  Kraft  und 
Ausdauer  hangt  oft  die  tagliche  Nahrung  ganzer  Familien 
ab.  Und  aach  für  diese  Thiere,  die  für  Berlin  thatsachlich  nicht 
sa  entbehren  sind,  findet  sich    in    dem  Pferdefleisch   das   kraf- 


40  Hertwig  jan.,  die  Rosatehlifobterei 

tigtte,  Datargemisseste  Erhaltangsmittel,  welches  sich  sa  gleicher 
Zeit  durch  Billigkeit  aoszeichoet,  da  die  far  MenschcD  oicht 
branchbaren  Theile,  Backen,  Hals  etc«  su  einem  sehr  geringen 
Preis  als  Hundefntter  verkauft  werden. 

Zieht  man  ferner  in  Betracht,  dass  einselne  Indostrielle,  Leim- 
sieder  und  Knochenbrenner  etc.  für  ein  lebendes  gesundes  Pferd 
mittlerer  Qualität  als  höchsten  Preis  7  Thaler  besahlen  können, 
wahrend  der  Rossschiachter  selten  ein  Pferd  unter  dem  doppel- 
ten dieses  Preises,  oft  das  vier-  und  fünffache  desselben  besablt, 
so  sieht  man,  dass  der  Verkaufer  nach  dem  Veranglucken  seines 
Pferdes  in  die  Lage  versetat  wird,  sich  aas  dem  erlosten  Gelde 
sofort  ein  anderes  Pferd  kaufen  zu  können,  sein  Geschäft  also 
keine  Stockung  erfährt. 

Vor  Allem  offenbart  sich  aber  der  Nutzen  der  Rossschläohte- 
reiea,  wenn  man  berechnet,  welcher  Gewinn  an^Geld  und  Nahrnngs 
mittein  durch  den  Rossfleischverkauf  dem  Staate  mehr  erhalten 
bleibt,  als  früher.  Wenn  auch  hinsichtlich  des  letzteren  Punktes 
der  Verbrauch  des  Pferdefleisches  nie  wird  genau  festgestellt  wer- 
den, da  vielleicht  der  grösste  Theil  desselben  nicht  unter  der 
wahren  Firma  genossen  wird,  so  lässt  sich  doch  auf  folgende 
Weise  berechnen,  wie  viel  Pferdefleisch  zur  Gonsumtion  ge- 
langt, und  wie  hoch  sich  die  dadurch  erzielte  Einnahme  beläuft« 
In  Berlin  wurden  innerhalb  17  Jahren  bis  zum  Jahre  1863  ca. 
25226  Pferde  geschlachtet,  im  Durchschnitt  also  jährlich  1480 
Pferde.  Hiervon  kommt  jedoch  in  Abzug  die  Summe  der  ver- 
worfenen Pferde,  welche  mit  durchschnittlich  3p Ct«  im  Jahre 
zu  berechnen  ist,  es  wurden  also  nur  1437  Pferde  jähr- 
lich als  Schlachtvieh  anzunehmen  sein.  Das  Pferd  zu  200  Pfd. 
Fleischgewicht  gerechnet,  giebt  287,400  Pfund,  das  Pfund 
Fleisch  kostet  im  Durchschnitt  (mit  Rücksicht  auf  den  höheren 
Preis  des  Pökelfleisches,  Schinkens  etc«)  2|f  Sgr„;  dies  macht 
eine  Summe  von  23,950  Thlrn.  pro  Jahr  aus.  Dazu  kommen 
noch  für  Lebern,  pro  Stück  20   Sgr.,  958  Thlr.,   das  ist  jähr- 


in  Berlin.  41 

lieh  ein  Gewinn  von  24,908  Tklr/)  Die  obrigen  Theile, 
Haare,  Leder,  Bafe  etc.  können  hier  niebt  mit  in  Betracht 
kommen,  da  diese  jeder  andre  Gewerbt  reibende  in  derselben 
Weise  aassnnotsen  im  Stande  ist,  wie  die  Rosschlacbter. 

Das  Pferdefleisch  steht  in  dem  Eiweissgehalt  dem  Rind- 
fleiseh  am  nächsten;  in  seinem  Fleichsafte,  der  die  Zwischen- 
räume zwischen  den  Muskelfasern  erfollt,  findet  sich  jedoch 
mehr  Kroatin**)  und  Kreatinin,  als  in  anderem  Fleische.  Ob- 
gleich nar  in  geringer  Menge  enthalten  and  selbst  ohne  Ge- 
schmack, soll  das  Kroatin  dem  Fleische  einen  sosslichen  Ge- 
schmack verleihen,  nnd  mag  wohl  durch  das  reichlichere  Vor- 
kommen desselben,  so  wie  durch  das  ebenfalls  bedeutende  Vor- 
handensein von  Muskelsucker  im  Pferdefleisch  der  snssliche  Ge* 
schmack  desselben  bedingt  sein. 


III. 


Beitn^  nr  Beastworfang  eiaiger  Fngn   m   Bea^ 

auf  LongeHsenchet 

Von  F.  Meyer, 
Landesthierarzt  in  Birkenfeld. 

Obgleich  die  Literatur  über  die  Lungenseuche  schon  sehr 
umfaugreich  geworden  ist,  und  sich  noch  alljährlich  yergrossert, 
sind  doch  manche  Fragen  in    deren  Betreff  noch    der    Losung 

*)  Diese  Summe  yergrossert  sich  mit  jedem  Jahre,  da  der  Fleisch- 
consum  von  Jahr  zu  Jahre  steigt  und  in  den  letzten  Jahren  das 
Doppelte  und  Drei&che  der  Dnrchschnittssunune  überschritten  hat. 

**)  Kreatin,  eine  sehr  stickstoffhaltige  Materie,  ist  zuerst  tou  Che- 
▼  reul  aus  dem  wässrigen  Eztracte  Ton  Mnskelfleiscb,  das  Yorher  mit 
Alkohol  behandelt  war,  durch  den  die  Salze  und  das  Osmazom  ent- 
fernt werden,  als  eine  weisse,  geruch-  nnd  geschmacklose,  in  kleinen 
Würfeln  krystallisirende  Materie  dargestellt,  die  in  der  Hitze  einen 
blansauren  Geruch  verräth  und  ammoniakalische  Produkte  liefert 


49  Mejer,  5  Fnm^en 

harrend  and  daronter  sind  solche,  die  in  den  sogenannten  bren- 
nenden sa  rechnen  sind,  da  von  deren  Bntscheidong  eine  dring- 
lich nothige  Aenderung  der  bisherigen  angenngenden  Polisei- 
maassregeln  abhangt. 

Sofern  auch  ich  mir  hier  nochmals  erlaube,  mein  Scherf- 
lein  dazu  beizutragen,  geschieht  dieses  lediglich  in  der  Absicht, 
der  guten  Sache  zu  dienen. 

Wenn  ich  mich  im  Verlanfe  dieser  Arbeit  genothigt  sehe, 
den  Ansichten  sehr  geachteter  Persönlichkeiten  entgegen  an 
treten,  habe  ich  dabei  nur  die  Sache  im  Auge. 

Ich  werde  im  Nachstehenden  5  Fragen  in  Bezug  auf  diese 
Seuche  zur  Erörterung  bringen,  ohne  dadurch  andeuten  an  wol- 
len, dass  nicht  noch  eine  lange  Reihe  anderer  vielleicht  gleich 
wichtiger  oder  noch  wichtigerer  unentschieden  sind. 

Diese  Fragen  sind: 

I.  Ist  die  Lungenseuche  Contagion  oder  con- 
tagiose  Epizootie? 

II.  Ist  die  marmorirte  Hepatisation  nur  Lun- 
genseuche Symptom? 

III.  Ist  die  sogenannte  Sequesterbildung  der 
Lungenseuche  allein  eigenthümlich? 

IV.  Hort  mit  der  Einkapselung  der  Sequester 
die  Gontagiumentwickelung  auf? 

V.  Wie  ist  die  Lungenseuche   zu  tilgen? 

I.  Zur  Frage:  .Ob  Contagion  oder  contagiose 
Epizootie? 

Es  ist  in  den  letzten  Jahren  hinsichts  dieser  Seuche  immer 
mehr  die  Ansicht  zur  Geltung  gekommen,  dieselbe  sei  für  un- 
sere Gegenden  zu  den  Contagionen  zu  rechnen,  und  wenn 
diese  Auffassung  auch  1867  in  Zürich  auf  dem  thierarztlichen 
Congresse  noch  nicht  völlig  anerkannt  ward,  so  hat  man  sich 
derselben  doch  wesentlich  genähert,  indem  sie  wenigstens  in 
polizeilicher  Beziehung  den  reinen  Contagionen  zugeord- 
net ward. 


LmigenMiiebe.  43 

BeTor  diese  ADticht  aber  Dicht  m  allgemeiner  AnerkenDODg 
aaoh  in  der  Gesetzgebang  gelangt  ist|  wird  die  Seoche  ihre 
Verheerangen  ungestört  fortsetaen,  weil  man  sich  vorher  nicht 
entsebliessen  wird,  die  Tilgung  derselben  ernstlich  nnd  grand* 
lieh  mit  den  erforderlichen  Mitteln  anzustreben. 

Ndd  treten  noch  immer  von  Neuem  Schriftsteller  auf,  die 
Seochenausbrnche  zur  Veröffentlichung  bringen,  welche  die 
spontane  Entstehung  der  Seuche  beweisen  sollen.  Ich  halte  es 
für  verdienstlich,  diese  Falle  so  weit  thunlich,  zu  widerlegen, 
weil  ich  dadurch  die  endliche  Erkennung  der  wahren  Natur 
dieser  Seuche  zu  fordern  glaube.  Ich  habe  früher  schon  durch 
eine  im  Msgaz.  f.  Thierhlkde.  Bd.  32.  S.  804  u.  ff.  veröffent- 
lichte Arbeit  in  dieser  Richtung  zu  wirken  gesucht«  Jetzt  finde 
ich  neue  Veranlassung  dazu,  1.  durch  einen  Artikel  des  Herrn 
Ober  -  Medicinalrath  Professor  Dr.  £•  von  Hering,  in  dessen 
Repertorinm,  29.  Jahrg.  S.  105  u.  ff.  als  „Spontane  Ent- 
Wickelung   der  Lnngenseuche^    bezeichnet. 

2.  Durch  eine  Arbeit  des  Herrn  Thierarzt  Koppitz  aus 
Olbersdorf,  in  der  Oestr.  Vierteljahresschrift  für  Wissenschaft* 
liehe  Thierhlkde.  Bd.  30.  Heft.  2.  als  „Notizen  in  Bezug 
auf  Entsehung  der  Lungenseuche  in  Zuckerfabriks- 
maierhofen^    überschrieben. 

3.  Dnrch  einen  Auszug-  aus  den  Annales  de  M^decine  ve- 
terinaire  in  Herin g's  Repertorium  Band  23,  Seite  313  u.  ff. 
„Aetiologie  der  Lungenseuche  von  Lecouturier.** 

Ich  bin  der  festen  vollen  Ueberzeugung,  dass  diese  Falle 
eben  so  gut,  wie  alle  andern,  auf  Infection  beruhten,  deren 
Wege  ich  freilich  in  den  einzelnen  Fallen  nur  mit  Wahrschein- 
lichkeit nachzuweisen  vermag. 

Der  erstere  Aufsatz  basirt  seine  Beweise  für  Spontaneität 
der  Lnngensenche  hauptsachlich  darauf,  dass  die  betreffenden 
Stallungen  (eine  konigl.  Maierei)  isolirt  belegen  sind  und  deren 
in  denselben  gezüchtetes  Vieh  mit  änderm  selten  in  Berührung 
tritt,  die  hygienischen   Verhaltnisse  untadelhaft  waren  und  die 


44  Meyer,  6  Fragen 

einsige  Möglichkeit  der  Infectioo  dumnf  bemhie,  daea  ein  Farren 
der  Maierei  etwa  6  Wochen  Tor  dem  Aoabrnche  der  Senehe 
eine  fremde  Koh  aasBerhalb  des  Hofes  deckte,  wonach  aber 
nicht  dieter  Farren,  sondern  die  neben  ihm  stehende  Kah  aaerst 
erkrankte. 

In  einer  Nachschrift  wird  dann  bemerkt,  dass  Jener  Stier 
etwa  5  Monate  spater  gnt  aasgemastet  an  gutem  Preise  ver- 
kanft  ward  nnd  dessen  Langen,  abgesehen  davon,  dass  die 
rechte  5|,  die  linke  nnr  d|  Pfd.  wog,  frei  von  Krankheits- 
spnren,  die  anf  nberstandene  Langensenche  deuteten,  gefunden 
ward. 

Es  wird  dann  noch  hiosugefngt:  »Hiermit  ist  die  Gewiss* 
heit  gegeben,  dass  dieser  Farren  nicht  etwa  unbemerkt  die 
Seuche  überstanden  und  auf  das  übrige  Vieh  übertragen  habe.** 

Seite  107,  Zeile  4.  u.  ff.  heisst  es.  «Obgleich  hier  die 
Möglichkeit  nicht  in  Abrede  gesogen  werden  kann,  dass  der 
Farren  blos  der  Trager  des  Contagiums  gewesen  sein  konnte, 
so  widerspricht  doch  dieser  Annahme  der  Umstand,  dass  die 
fragliche  fremde  Kuh  bei  der  wiederholten  Besichtigung  sich  als 
gesund  gezeigt  hat,  jetzt  noch  in  demselben  Stalle  sich  befin- 
det und  von  jenem  Sprunge  trächtig  wurde.  Es  ist  mir  auch 
kein  Fall  bekannt,  dass  eine  Kuh  im  acuten  Stadium  der  Lun- 
genseuche sich  brünstig  gezeigt  hätte,  man  darf  also  wohl  an- 
nehmen, dass  eine  rindernde  Knh  nicht  ansteckend  auf  den 
Farren  wirken  kann,  weil  sie  eben  durch  den  Eintritt  der 
Brunst  zeigt,  dass  sie  nicht  an  einer  fieberhaften  Krankheit 
leidet.'' 

Auf  vorstehende  Daten  hin  bezeichnet  Herr  von  Hering 
diesen  Fall  als  spontane  Entwickelung  der  Lungen - 
seuche. 

Wenn  freilich  die  Anticontagionisten ,  sofern  es  statthaft 
ist,  dieses  Wort  in  dieser  weitesten  Bedeutung  auf  Contagion 
zu  gebrauchen,  keine  bessere  Beweise  mehr  für  ihre  Ansichten 
beizubringen  vermögen,  wie  die  Vorstehenden,  so  mochte  es  sich 


ober  LnngeiiMiielie.  45 

kanm  noch  der  Mohe  lohnen;-  eine  Widerlegung  sa  nnterneh« 
men.  Aber  da  jene  Arbeit  von  so  geachteter  Feder  kommt, 
8o  will  ich  doch  diese  Daten  ein  sein  würdigen,  nm  an  aeigen 
wie  wenig  dieser  Schlots  ans  jenen  umstanden  gerechtfertigt  er* 
Seheint.  Ich  denke  es  soll  mir  gelingen,  an  beweisen,  dass 
kein  einsiger  derselben  als  stichbaltifi:  befunden  werden  koone, 
und  dass  somit  die  Annahme  der  Spontaneität  der  L.  s«  aneh  in 
diesem  Falle  keine  Beweise  for  sich  habe. 

Was  snf5rderst  den  aus  dem  Sectionsbefande  des  Farren 
hergeleiteten  Beweispnnkt  betrifft,  so  ist  mir  bei  den  hierlands 
bestehenden  Anordnnngen,  dsss  diese  Seuche  mehrentheils  durch 
Todtang  des  verdachtigen  sowohl  als  des  kranken  Viehes  ge- 
tilgrt  wird,  aiemlich  häufige-  Gelegenheit  geboten  worden,  Ob- 
ductionen  an  durehgesencbtem  Viehe  vorsunehmen,  und  ich  bin 
an  dem  Resultate  gekommen,  dass  nur  in  xwei  Fällen  bleibende 
Residuen  an  der  Lunge  der  Reconvalescenten  aurnck  bleiben, 
manlich : 

1.  wenn  der  Seuchenprocess  in  der  Lunge  die  Pleura  in 
Mitleidenschaft  versetzte,  in  welchem  Falle  dauernde  Adhäsionen 
zwischen  Lungen-  und  Rippen-Plenra,  Zwerchfell  etc.  aurnck- 
bleiben. 

Diese  Verwachsungen  scheinen  nie  wieder  gelöset  zu 
werden. 

2.  Wenn  der  Krankheitsprocpss  in  der  Lunge  die  Hohe 
erreichte,  dass  ein  beträchtlicher  Theil  des  Lungengewebes  ne- 
krotisirte.  Zwar  ist  auch  dieser  s.  g.  Sequester  resorbirbar 
und  verschwindet  mit  der  Zeit,  aber  doch  nur  unter  Zurnck- 
lassung  einer  Narbe. 

Was  nun  die  ad  1  erwähnten  Adhäsionen  betrifft,  so  habe 
ich  dieselben,  wenn  die  Reconvalescenz  5  bis  6  Monate  dauerte, 
ganz  ohne  Rothe  und  ohne  Spuren  flüssiger  Exsudate  gefun- 
den. Die  Neubildungen,  welche  beide  Pleuraflächen  verbanden, 
waren  vollsständig  dem  Aussehen  anderer  Plenratheile  gleich, 
ohne  Rothe  oder  Dnrchfeuchtung,  bandartig  und  zähe,  und  na- 


46  Meyer,  5  Fälle 

mentiich  kamen  mir  in  Wolfersweiler  bei  der  Tilgong  dortiger 
Seacbe  im  Jahre  1864  swei  Falle  vor,  bei  der  durch  die  froher 
darch  Percnssion  und  Aasknltation  Kiomlicb  sicher  nacbge- 
wiesene  Hepatisation  der  Lange  vollständig  wieder  verschwan- 
den war,  and  die  Adhäsionen  das  einsige  Merkmal  der  nber- 
standenen  Seache  bildeten.  Wo  am  8.  März  deatliche  Däm- 
pfung and  Mangel  an  Respirationsgeraosch  vorgefanden  war, 
liess  die  Untersuchang  am  18.  April  nichts  Krankhaftes  mehr 
wahrnehmen,  and  die  Obdaction  ergab  am  16.  Jani  wesent- 
lich nar  noch  umfangreiche  Adhäsionen. 

Es  steht  fest  und  meine  Erfahrungen  bestätigten  es  mir 
vielfältig,  dass  die  Ergiessungen  in  das  Lungengewebo  bei  der 
L.  s.  ebenso  wie  bei  sonstiger  Lungeuentaondung  resorbirbar  sind« 
Fuhrt  die  Hepatisation  aur  Nekrose  des  Gewebes,  so  findet  die 
Resorption  allerdings  nur  langsam  Statt,  da  nur  die  Circulation 
in  der  umschliessenden  Kapsel  resorbirend  wirken  kann.  Wird 
dieser  aber  in  den  hepatisirten  Lungentheilen  nicht  ganslich  ge- 
hemmt, d.  h.  tritt  keine  Nekrose  ein,  so  findet  nach  dem  Acme 
der  Seuche  im  Individuum  eine  oft  auffallend  rasche  Rucksau- 
gung  der  ergossenen  Safte  statt,  so  dass  in  solchen  Fällen  in 
einigen  wenigen  Tagen  Grad  und  Umfang  der  Dämpfung  be- 
deutend vermindert  sein  können. 

Sobald  aber  die  ergossenen  Exsudate  resorbirt  sind,  tritt 
aacb  die  Lufthaltigkeit  der  Lungen  wieder  ein,  und  in  dieser 
Weise  kann  sicher  ein  Thier  die  Lungenseuche  überstehen, 
ohne  dass  die  Obduction  nach  mehreren  Monaten  Spuren  davon 
finden  lässt,  wenn  eines  Theils  die  Hepatisation  nicht  cur  Ne- 
krose führte,  andern  Theils  der  Process  in  der  Tiefe  des  Lun- 
genflügels verlief,  ohne  die  Pleura  in  Mitleidenschaft  zu 
ziehen. 

Hiernach  ist  wohl  klar,  dass  der  Obductionsbefund 
bei  dem  fraglichen  Stiere  keineswegs  genugenden 
Beweis  dafür  bildet,  dass  derselbe  nicht  mit  der 
Seuche  behaftet  gewesen  sein  könne. 


aber  LoDgentenehe.  47 

Was  Don  die  Anfstellung  betrifft,  dass  eine  rindrige  Knb 
nicht  ansteckend  anf  den  deckenden  Farren  wirken  könne,  weil 
Inngensenchenkranke  Enbe  im  fieberhaften  Stadiom  nicht  bran* 
stig  worden,  so  begreife  ich  nicht,  wie  Herr  ▼•  H.  so  dieser 
Behaaptang  gekommen  ist. 

Giebt  es  doch  2  oft  Wochen,  ja  Monate  dauernde  fieber- 
freie Perioden  im  Verlanfe  dieser  Seuche  im  IndiTidaam,  bei 
denen  die  Contagiamentwickelang  keinem  Zweifel  mehr  anter- 
liegt,  nämlich  das  occnlte  Anfangsstadinm  ond  das  Genesongs- 
stadiam.  In  der  Mehraafal  der  Falle  bilden  diese  beiden  Sta- 
dien sogar  die  ganze  Senche  im  Individanm,  indem  das  Fieber- 
hafte mehr  oder  weniger  —  vermisst  wird.  Sagt  doch  Herr 
▼.  H.  selbst  in  seinem  ausgezeichneten  Handbache  der  Patho« 
logie  and  Therapie,  2.  Auflage,  Seite  423  mit  dorren  Worten: 
„Als  eine  zweite  und  wohl  häufigste  Ursache  ist  die  An  st  ek- 
le nng  anzuFchen,  und  zwar  hat  die  Erfahrung  gezeigt,  dass 
nicht  blos  wirklich  fieberhafte  kranke  Thiere,  sondern  aach 
solche,  die  schon  seit  längerer  Zeit  (z.  B.  8  —  10  Wochen) 
genesen  schienen,  im  Stande  sind,  andere  anzustecken.** 

Dass  nun  aber  solche  in  der  Genesung  vorgeschrittenen 
Thiere  nicht  brünstig  werden  können,  behauptet  Herr  von  H. 
nicht.  Dass  aIso  jene  von  dem  Farren  der  k.  Maierei  gedeckte 
Kuh  nicht  ein  solches,  in  der  Genesung  vorgeschrittenes  Thier 
gewesen  sein  k5nne,  hat  Herr  v.  H.  nicht  bewiesen.  Denn  die 
wiederholten  Untersuchungen  desselben  konnten  wohl  nur  erst 
Statt  finden,  nachdem  die  Seuche  in  der  Maierei  constatirt  wor- 
den, also  mindestens  6  Wochen  nach  der  Berührung  mit  dem 
betreffenden  Farren,  und  dass  alsdann  Nichts  mehr  zu  finden 
war,  ist  eben  kein  Wunder. 

Die  Empfangniss  der  genesenden  Kuh  kann  natürlich  auch 
nichts  Anderes  beweisen,  als  was  schon  durch  die  Brunst  bewie- 
sen war,  dass  dieselbe  nämlich  nicht  mehr  hochgradig  krank 
sein  konnte,  als  sie  brünstig  ward  und  belegt  wurde,  da  es  oft 


48  Meyer,  5  Fragen 

genug  beobachtet  ist,  daas  darchgeseacbtea  Vieh  i ar  Zneht  taag- 
lieh  war. 

Wenn  nan  ans  dem  eigenen  Handbache  des  Herrn  ▼.  H. 
bewiesen  ist,  dass  im  Genesongsstadinm  noch  Gontaginment- 
wiokelnng  stattfinde  and  also  möglicher  Weise  der  Stier  dnrch 
eine  genesende  Knh  inficirt  sein  könne,  so  kann  ich  snm  Ue- 
berflnsse  ausser  dem  Falle,  den  das  neueste  (16.)  Heft  Mitthei- 
langen  aas  der  thieraritlichen  Praxis  im  prenssischen  Staate  S. 
55  ans  Sternberg,  im  Regierangsbesirk  Frankfurt  berichtet,  aoch 
aas  meiner  eigenen  Erfahrnng  einen  Fall  erwähnen,  worin  2  Kohe 
and  1  Rind  im  latenten  Stadinm  an  der  Lnngenseuche  leidend, 
brünstig  sam  Stiere  gefahrt  worden,  and  diesen  inficirten.  Es 
sind  die  schon  im  Magasin  B.  32  S.  310  erwähnten  Falle  aas 
Welfersweiler. 

Da  beide  Eahe  anmittelbar  nach  dem  Spränge  an  der  L. 
8.  im  acuten  Stadium  erkrankten,  nach  meiner  Ansicht  in  Folge 
Erkaltung  bei  Zufährung  sum  Stiere  in  rauhem  WinterwettAr 
und  heissen  Stallen,  so  halte  ich  wie  1.  c.  ausgeführt,  den 
Schluss  far  gerechtfertigt,  dass  sie  vorher  schon  im  s.  g.  la- 
tenten Stadinm  an  dieser  Seuche  laborirten.  Das  lungenseuche- 
kranke  Rind  war  aus  einem  yerseuchten  Stalle  des  benachbar- 
ten prenssischen  Ortes  Fraisen  angekauft,  soll  «war  nie  deut- 
lich krank  gewesen  sein,  aber  bei  der  Obduction  Hess  es  un- 
iweidentige  Spuren  der  Seuche  in  der  Lunge  erkennen,  und 
war  allen  Ermittelungen  su  Folge  der  Contagiumtrager  für  die 
Seuche  nach  erwähntem  Orte. 

Bei  diesem  Stiere  fand  ich,  als  er  circa  3  Monate  nach 
der  möglichen  Infection  getodtet  ward,  als  Rest  der  L.  s.  eine 
fast  ganseeigrosse  Stelle  eines  Lungenflügels  nekrotisirt,  und  in 
suppurativer  Auflösung  begriffen,  ohne  Mitaffection  der  Pleura. 
Hatte  dieses  Thier  noch  2  Monate  langer  gelebt,  so  wurde  man 
sicher  nichts  weiter  gefunden  haben,  wie  eine  leicht  su  überse- 
hende Narbe, 

In  diesem  Falle  trat  anscheinend  keine    Uebertragung    auf 


über  LnngeiiMiiehe.  49 

du  übrige  Vieh  des  Stierbesilien  ein,  meiner  Anriebt  na%b, 
weil  der  Sencbenproceee  in  dem  Stiere  nicht  den  Grad  erreicht 
hatte,  dass  ein  wirksames  Contaginm  gebildet  ward.  Da  auch 
bei  den  26  andern  Kohen,  die  von  ihm  nach  der  mnthmaass- 
lichen  Infeetion  gedeckt  wurden,  keine  Senchenemption  eintrat, 
80  halte  ich  mich  sa  diesem  Sehlasse  am  so  mehr  berechtigt. 

Man  sehe  anf  meinen  citirten  Anfsats  im  Mag.  S.  305. 

üebrigens  will  ich  die  Möglichkeit  nicht  in  Abrede  stellen, 
dass  darch  das  mager  gehaltene  Vieh,  welches  mit  dem  Stiere 
in  einem  Stalle  stand,  ein  2.  Parren  and  &  Kahe  oder  Rinder, 
inficirt  worden  and  sammtlich  aas  dem  latenten  Stadinm  in  Ge- 
nesang  abergingen. 

Diese  Genesungen  aus  dem  occulten  Stadium  scheinen  mir 
noch  viel  eu  wenig  beracksichtigt  zu  sein,  und  wirken  sicher 
haofig  mit,  um  Tauschangen  hinsichts  des  Ursprungs  dieser 
Seuche  su  erregen. 

In  Betreff  des  Grades,  den  die  Seuche  in  einem  inficirten 
Thiere  erreicht  haben  muss,  nm  ein  wirksames  Contaginm  zu 
entwickeln,  waren  eingehende  Untersuchungen  noch  sehr  wün- 
schen swerth. 

Meiner  Ueberzeugnng  nach  gilt  ziemlich  alles  hier  Gesagte 
auch  hinsichts  des  Ursprungs  von  dem  im  Repertorium  Jg.  XXI 
S.  89  n.  f.  durch  Herrn  v.  H.  beschriebenen  Lungensenchefall 
in  derselben  Maierei,  wo  auch  eine,  neben  dem  zum  Decken 
fremder  Kühe  yerwendeten  Farre,  stehende  Kah  zuerst  an  der 
Seuche  erkrankte.  Dass  diese  Seuche  in  der  Umgegend  von 
Stuttgart  ziemlich  häufig  auftritt,  ist  eine  anerkannte  Thatsache, 
daher  kann  es  nicht  sehr  auffallend  erscheinen,  wenn  zum  Decken 
fremden  Viehes  verwendete  Farren  inficirt  werden.  Wenn  diese 
Farren  nun  nicht  selbst  zuerst  oder  auch  gar  nie  deutlich  er- 
kranken, so  kann  dieses  eben  so  wenig  sehr  befremdend  er- 
scheinen, da  es  bekannt  ist,  dass  Farren  in  dieser  Hinsicht  eine 
gewisse   Immunitat  besitzen,   vermöge  welcher  sie    die    Seuche 

Mag.  t,  ThierhftUk.  XZXYL    1.  4 


DEC  14  ^   ^-P^^V  ^  '''•**" 

l^ilhiter  im  occDlten  Stsdiam  ol^e  fieberhaftei  Erkranken  iiberste- 
hebh^aldbRrf^l^li'  (^^^rUeh't  gericbtL  Thierhkd.  S.  425). 


Was  nan  den  2.  Aufsatz  betrifit,  so  kann  icb  mich  darü- 
ber kurzer  fassen. 

Die  Geschichte  ist  die,  dass  anf  mehreren  Maierhofen  einer 
Zackerfabrik  unter  200  Stuck  Mastochsen,  die  anscheinend  aus 
allen  Weltgegenden  in  einem  Monate  zusammengekauft  wurden, 
die  L.  s.  ausbrach,  was  nicht  durch  Ansteckung  oder  Verschlep- 
pung soll  entstanden  sein  können: 

„da  jedes  frisch  gekaufte  Stück  Rind  untersucht  und  durch 
15  Tage  separirt  untergebracht  ist,  ehe  es  zu  dem  andern  Vieh 
gestellt  wurde  und  2.  traten  die  Erkrankungen  auf  allen  5  Hö- 
fen fast  gleichzeitig  auf,  obgleich  jeder  Ton  dem  andern  bei- 
nahe eine  Meile  entfernt  liegt,  und  das  Vieh  in  jedem  Hofe 
von  eigenen  Wartern  gepflegt  wird;  auch  kein  Rauhfutter  tou 
einem  auf  den  andern  Hof  transportirt  und  die  Zufuhr  der 
Presslinge  grosstentheils  mit  Pferden  geschieht;  jedoch  auch  auf 
diesem  Wege  konnte  keine  Einschleppung  erfolgt  sein,  da  grade 
in  dem  Zuckerfabriks-Maierhofe  (der  sechste  Hof)  kein  Aus- 
bruch erfolgt  war.'' 

Was  zuerst  die  Untersuchung  und  15  tagige  Contumas  be- 
trifft, so  sieht  das  allerdings  nach  etwas  aus,  und  bei  jeder  an- 
dern Seuche  wurde  dadurch  wahrscheinlich  genügender  Schutz 
geboten  sein.  Aber  bei  der  L.  s.  ist  es  wenig  besser,  als  wenn 
ein  Thierarzt  auf  Grund  seiner  Untersuchung  des  Viehes  auf 
einem  grossen  Markte  frisch  weg  die  Gesundheit  desselben  be- 
scheinigt, wie  das  auch  hier  und  da  vorkommt.  Gegen  L.  s« 
kann  die  gewissenhafteste  beste  Untersuchung  keine  Sicherheit 
bieten,  da  bei  Gegenwart  der  Seuche  oft  alle  äussern  Symptome 
fehlen,  weshalb  ja  auch  das  erste  Stadium  derselben  als  laten- 
tes oder  occultes  bezeichnet  wird.  Aber  das  letzte  oder  Gene- 
Bungsstadium  verdient  diesen  Namen  eben  so  sehr,  wie  das  erste, 


über  LnngeoMnebe.  61 

Qod  daaert  oft  noch  Tiel  langer,  »Is  jenee«  Nor  wihrend  des 
sehr  oft  gans  fehlenden  fieberhaften  Stadinmf  ist  man  im  Stande, 
unter  Umstanden  mit  einiger  Sieherheit  dleae  Senehe  ohne 
Obdnction  sa  diagnostidren.  Diese  Umstände  fehlen  aber  oft, 
and  swar  haafig  grade  da,  wo  sie  am  nÖthigsten  erscheinen» 

Soll  eine  Contamas  Tor  L.  s,  sichern,  so  darf  sie  nicht 
nnter  6  Monate  danem,  nnd  volle  Sicherheit  mochte  selbst  da- 
von noch  nicht  in  versprchen  sein,  da  man  beobachtet  haben 
will,  (Vix),  dass  das  occolte  Stadiom  sich  aof  9  Monate  aas- 
dehnte nnd  es  wohl  ansanehmen  ist,  nnd  Erfahrungen  es  ver* 
schiedentlieh  bestätigt  haben,  dass  das  Genesongsstadiam  sich 
bei  Gegenwart  starker  Sequester  anf  1  Jahr  und  daraber  ans« 
dehnen  könne» 

In  diesem  Falle  k5nnte  vielleicht  die  Ansbreitnng  der  Seuche 
auf  5  Stalle  zugleich  in  der  Contumas  ihren  Grund  haben.  Denn 
bei  dem  fast  gleichseitigen  Ankaufe  von  200  Ochsen  wird  man 
nicht  200  Stalle  zur  Disposition  gehabt  haben,  um  die  Thiere 
einzeln  aufzustellen.  Wenn  sich  nun  in  einem  Gontumazstalle 
ein  im  occnlten  oder  Genesnngsstadium  befindlicher  Ochs  ein- 
geschlichen hatte,  so  wurden  naturlich  die  Cohabitanten  inficirt 
und  wenn  diese  nun  auf  die  5  Hofe  vertbeilt  wurden,  so  musste 
freilich  auf  allen  Höfen  ziemlich  gleichzeitig  der  Ausbruch  er- 
folgen. 

Wenn  es  nun  hiernach  nicht  sehr  auffallend  und  unerklär- 
lich erscheinen  kann,  dass  die  L,  s.  trotz  jenen  Vorsichtsmass- 
regeln in  die  Stalle  der  Zuckerfabrik  eindrang  (ich  wurde  es 
eher  wunderbar  finden,  wenn  es  nicht  geschehen  wäre),  so  ist 
auf  die  weiteren  Ausführungen  über  die  diätetischen  Fehler,  die 
als  ursächliche  Momente  hingestellt  werden,  eben  kein  grosses 
Gewicht  zu  legen,  weshalb  ich  nicht  naher  darauf  eingehen  mag. 
Die  Seuche  soll  nach  Einführung  trockner  magerer  Fütterung 
wieder  erloschen  sein. 

Dass  bei  trockner,  wenig  Protein  enthaltender  Nahrung  die 
Seuche  gutartiger  zu  verlaufen  pflegt,    und    in    selteneren  Fal- 

4* 


5t  Mejer,  5  Fng«i 

len  lieh  boid  fieberhafteD  SUdiam  steigert,  ist  «ine  bekannte 
ThAttmehe,  wie  6  er  lach  in  seiner  gerichtliehen  Thierheilkonde 
nnd  besonders  Dr.  H.  Landois  nnd  Tliierarst  Lange nkamp 
in  „die  Lnngensenche  des  Rindriehs  Tom  cellnlar-pathologischen 
Standpunkte  nntersncht  eto.^  Leipiig  bei  Engel  mann..  1865. 
aosfuhrlicher  beiengen. 


Den  dritten  Anfsats  betreffend,  legt  Herr  Leeontnrier  be- 
sonderes Gewicht  darauf,  dass  in  den  MaststaUen  in  Belgien 
wie  auf  den  Fettweiden  in  Holland  diese  Seuche  erst  dann  bei 
den  snr  Mast  gestellten  Stucken  herrortrete,  wenn  sie  beginnen 
an  Fleisch  suxulegen,  nnd  sucht  dieses  aus  den  Emahmngs- 
Verhältnissen  wie  auch  sogar  aus  dem  mechanischen  Momente 
SU  erklaren,  dass  die  Bauchhohle  bei  Schlempefuttemng  oder 
Frnhjahrsweide  weniger  Raum  beanspruche  und  daher  der  Lunge 
mehr  Ranm  geboten  werde!  — ! 

Dass  die  Zeit,  wenn  ein  angekauftes  Thier  im  Maststalle 
oder  auf  der  Weide  susunehmen  beginnt,  ziemlich  mit  der  ge- 
wohnlichen Inoubationsperiode  der  L.  s.  snsammentreffe  und 
dass  mit  der  Stellung  in  die  Mast  wegen  gewohnlich  stattfin* 
den  den  Uebergangs  der  Thiere  in  andere  Hände  Termehrte  An- 
steckungsgelegenheit geboten  ist,  übersieht  Herr  L,  und  schiebt 
alle  Schuld  auf  die  diätetischen  Verhaltnisse.  Meiner  Ansicht 
nach  spricht  die  angeführte  Erscheinung  Tielmehr  stark  für  die 
Eigenschaft  der  Lungenseuche  als  Gontagion. 

Denn  ward  die  su  mastende  Abtheilung  Ochsen  in  einen 
mit  L.  s.  Contaginm  impragnirten  oder  mit  dnrchgeseuchtem  Vieh 
noch  besetzten  Stall  gebracht,  etc.,  so  ist  es  ganz  natürlich, 
dass  nach  etlichen  Wochen,  wenn  allerdings  zugleich  auch  die 
Mastfatternng  Einflinss  auf  die  Thiere  gewinnt,  nnd  deren 
Anlage  zu  stärkerer  Erkrankung  steigert,  die  Wirkung  des 
Gontaginms  hervortritt.  Aber  wenn  diese  auch  ohne  Infection 
die  L.  s.  hervorriefe,  wie  Herr  L.  anzunehmen  scheint,  so  muss- 


Qb«r  Limgeiifeneli«  53 

tan  in  BatjadiogOD,  Ostfrietlaod  etc.  wo  viele  bondert  Oebien 
jahrlich  auf  Fettweiden  gans  wie  in  Holland  gemattet  werden, 
häufige  L.  b,  Aaibrache  stattfinden«  Dennoch  sind  jene  Lan« 
der  frei  von  dieser  Plage  and  in  reinen  Maststallen  yerhalt  es 
sieh  natürlich  eben  so. 

Was  Herr  L.  aber  gesteigerte  Anlage  bei  gewissem  Alter, 
Geschlecht  etc.  anfahrt,  widerspricht  sonstiger  Erfahrnng  so 
sehr,  als  dass  es  ohne  grandliche  Beweise  acceptirt  werden 
konnte,  ist  aber  grossentheils  daranf  sarackiafahren,  dass  ma- 
gere Fotterang  den  Verlanf  der  L.  s.  mildert;  nnd  scheinbares 
Verschontbleiben  dorch  haofigere  Genesangeo  aas  den  occal- 
ten  Stadien  for  den  simalirt,  der  keine  Gelegenheit  hat,  die 
Aasbreitang  der  Seoche  im  inficirten  Viehstande  dorch  Obdoc* 
tion  festsostellen«  Wenn  man  dieses  yerminderte  Hervortreten 
der  Senche  ins  acote  Stadium  als  sporadisches  Aoftreten 
derselben  bezeichnen  will,  wie  H.  L.  es  thnt,  so  erkenne  ich 
allerdings  an,  dass  es  trota  der  contradictio  in  adjecto  eine 
sporadische  L.  s.  gebe. 

Wenn  man  aber  sagen  kann,  die  Langenseache  ist  conta- 
gios  nnd  nicht  contagios,  je  nach  den  Verhaltnissen,  anter  wel- 
chen die  Thiere  leben,  so  ist  das  sehr  beqaem  for  den,  dem 
es  ao  Zeiten  unbeqoem  ist,  contagiose  L*  s.  su  finden.  Sapi- 
enti  sat. 


II. 

Ist  marmorirte  Hepatisation   nar    Langenseoche- 

sjmptom? 

Die  Gontroverse  ober  den  Sectionsbefnnd,  ob  nämlich  die 
marmorirte  Hepatisation  der  Langenseache  allein  ankomme, 
oder  aach  bei  gewohnlichen  Longenentsundongen  des  Rindviehs 
gefanden  werde,  mit  anderen  Worten,  ob  die  Aoftreibang  des 
Interlobolarsellstoffes  mit  gelblicher  Lymphe    Bigenthumlicbkeit 


das  L.  ••  ProeeMas  mn  adn  ob  dicwlba  «nfadi  Fo%8  der 
thnmliehen  OigaoisatioB  der  Riadflluge  seiii  möchfta,  wie  ▼«- 
fdüedenseitig  behauptet  wordea,  ist  meinet  BrmehteiM  nadi  leage 
Dtefat  Tolktindig  anfgeklirt,  nnd  wenn  man  manchen  Orti  langst 
Aeossemngen  findet,  die  dieselben  ab  erledigt  betrachten,  so  bin 
ich  der  Meinung,  dass  solche  nicht  genngend  erwiesen  sein 
mochten.  Im  Fall  sie  nicht  der  L.  s.  eigen  sein  sollte,  bleibt 
immer  noch  sn  emiren  übrig,  unter  welchen  Bedingungen  denn 
dieser  pathologisch-Anatomische  Znstand  sa  Stande  komme,  da 
es  doch  entaandliche  Znstande  in  der  Lnnge  des  Rindes  geben 
mochte,  die  jenen  Befund  nicht  snr  Folge  haben. 

Zwar  stellt  schon  Herr  Professor  Spinola  in  seinem  Hand- 
buche der  speciellen  Pathologie  nnd  Therapie  S.  640  sie  als 
entschieden  hin,  indem  er  sich  auf  seine  Beobachtungen  und 
angestellten  Versuche  beruft,  ohne  dieselben  mitsutheilen.  Je- 
doch ist  auch  eine  solche  Anctoritat  nicht  unfehlbar. 

Die  mir  bekannt  gewordenen  Thatsachen  scheinen  mir  noch 
immer  sehr  der  weitern  UntersuchuDg  su  bedürfen,  und  die 
Acten  dieserhalb  noch  lange  nicht  spruchreif  geworden  in  sein, 
wie  ich  im  Folgenden  an  einigen  wenigen  darsnthun  mich  be- 
mnhen  werde. 

So  hat  Herr  Adam  in  seinem  ▼eterinararstiichen  Taschen - 
buche  für  1869,  Seite  10  gesagt.  „Von  grosser  Wichtigkeit 
ist  die  Feststellung  des  Vorkommens  einer  bisher  gewohnlich 
negirten  nickt  ansteckenden  Lnngenentsündnng  beim 
Rinde,  welche  Veränderungen  in  der  Lange  herbeifahrt,  die  bei 
oberflächlicher-  (makroskopischer)  Besichtigung  ein  ahnliches 
(marmorirtes)  Aassehen,  wie  bei  der  Langenseache  darbieten; 
yergL  Farstenberg  (Magasin  1867,  S.  331)  üts  (Fuchs 
Mittheilungen  1867  Seite  52);  Lies  (Wochenschrift  1868,  Seite 
6)  u.  a." 

Es  ist  YoUkommen  richtig,  dass  die  Feststellung  solchen 
Vorkommens  oder  anch  NichtTorkommens  tou  grosser  Wichtig, 
keit  ist,  denn  es  handelt  sich  dabei  um  die  möglichst   frohsei- 


filmr  LnngeiiMmehe.  56 

tige  richtige  Diagnose  dieser  Seaehe»  welche  leider  hier  and 
da,  wie  odiose  Exempel  lehren,  gewiss  Terkannt  wird,  and  de- 
ren Verkeonang  immer  sa  grösserer  Verbreitang  nnd  festerer 
Einwarselang  derselben  fahrt.  Sollte  es  mit  der  Zeit  gelingen, 
darsothun,  dass  jene  marmorirte  Hepatisatien  Bigenthamliohkeit 
dieser  Seache  sei,  so  wurde  deren  Verbreitang  Tiei  eher  be- 
schrankt and  ihre  Tilgang  wesentlich  erleichtert  werden.  Es 
konnte  alsdann  wenigstens  kein  Thierarst  nach  der  Obdaction 
eines  Gadavers  sich  mehr  mit  Nichterkennen  der  Seache  ent- 
schaldigen.  Manchem  würde  dadarch  seine  schwere  Pflicht, 
gleich  bei  solcher  Obdaction  einen  yerhiltnissmassig  folgenschwe- 
ren Aassprach  thon  sa  massen,  wesentlich  erleichtert,  nnd  was 
das  xa  bedeaten  habe,  wird  nar  der  reeht  wardigen,  der  sich 
öfter  in  solcher  Lage  befand« 

Somit  wird  es  weiter  keiner  Rechtfertigang  bedarfen,  wenn 
anch  diesem  Gegenstände  noch  die  nachstehenden  Zeilen  ge« 
widmet  werden. 

Anf  meine  kleinen  Bemerknngen  etc.  Magaz.  32,  S.  304 
a,  f,  verweisend,  sehe  ich  mich  veranlasst,  hier  savorderst  aaf 
die  von  Adam  citirte  Arbeit  des  Herrn  Professor  Farsten- 
berg  einsngehen,  die  anter  der  üeberschrift :  „Lnngen- 
seoche  and  Langenentsundang  der  Rinder"  im  Maga- 
sin  B.  33.  S.  331  a.  f.  enthalten  ist. 

Derselbe  stellt  als  Resaltate  seiner  Forschangen  schliess- 
lich folgende  Satse  aaf: 

1)  Dass  bei  den  Rindern  ansser  der  L.  s.  eine  nicht  conta* 
giose  Langenentsundang  aaftritt,  welche  pathologische 
Veranderangen  in  den  Langen  dahin  eintreten  lasst,  dass 
diese  aaf  dem  Darchschnitte  ein  marmorirtes  Ansehen 
seigen. 
3}  Dass  das  Marmorirte  des  Darchschnittes  einer  kranken 
Lange  für  sich  allein  nicht  darthnt,  dass  die  Langen- 
seache  vorhanden  gewesen. 
8)  Dass  die  Lnngenseaehe  vielmehr  nar  constatirt  werde: 


56  Meyer,  5  Fragen 

a)  durch  die  Lymplunfiltratioii  des  erkrankteii  Lan- 
gentheiU, 

b)  darch  die  durch  entere  herbeigeföhrte  SchweUang  and 
gelbliche  Firbong  der  die  Lnngenlippchen  umgeben» 
den  Bindegewebtinge, 

c)  darch  die  nnf  dem  Darechnitt  so  beschaffener  Lnn* 
gen  in  den  Bindegewebsranmen  hervortretenden  Oeff'- 
nangen  der  sehr  erweiterten  Lymphgefasse. 

Ich  kann  hiermit  nicht  abereinstimmen,  da  mir  diese  Sitae 
mit  einander  in  Widersprach  sa  stehen  scheinen. 

Denn  nach  Sats  1  and  2  soll  auch  die  sporadische  Lan* 
genentsandnng  eine  marmorirte  Hepatisation  der  Lange  ersea- 
gen,  and  nach  a  and  b  des  Satzes  3  soll  doch  Ljmphinfiltra* 
tion  im  erkrankten  Langentheile  Characteristicam  der  L.  s. 
sein, 

Nnn  ist  aber  anerkannter  Maassen  das  marmorirte  Aas- 
sehen des  hepatisirten  Lnngentheils  wesentlich  das  Resnltat 
der  Infiltration  der  Bindegewebsraame  der  Lange  mit  gelb- 
licher Lymphe,  wodurch  eben  die  Verschiedenheit  der  Färbung 
des  Durchschnittes  au  Stande  kommt. 

Wenn  nun  aber  diese  Ljmphinfiltration  Eigen- 
thnmlichkeit  der  L.  s.  sein  soll,  so  muss  natürlich 
aach  die  marmorirte  Hepatisation  als  Folge  dieser 
Lymphinfiltration  der  Lungen  nur  dieser  Seuche 
eigen  sein.  Durch  welchen  andern  Stoff*,  als  Blutserum  oder 
Lymphe,  im  andern  Falle  die  Schwellung  des  Interlobularsell- 
stoffs  bei  gewohnlicher  Lungenentzündung  zu  Stande  kommen 
solle,  hat  Herr  F.  nicht  gesagt,  noch  wäre  mir  ein  solcher  be- 
kannt. 

Aus  diesen  Widersprüchen  geht  hervor,  dass  aus  jenen 
Aufstellungen  eher  ein  Beweis  gegen  als  für  das  Bestehen  einer 
sporadischen  Lungenentzündung  mit  Ausgang  in  marmorirte 
Hepatisation  herzuleiten  sein  mochte. 

Den  unter  Nr.  3  erwähnten  Befund  habe    ich   im  Februar 


ab«r  Lniigenfleaebe.  57 

1868  bei  9  Obdoctionen  laDgenteaehe  kranken  Viehes,  die  Be- 
hofs  Tilgung  der  Seache  in  2  Ortoebaften  hiesigen  Ffirstenthams 
getodtet  worden,  sorgfältig,  selbst  mit  der  Loape  gesncht,  aber 
in  keinem  Falle  mit  solcher  Sicherheit  aafsafinden  yermocht, 
dass  ich  darauf  hatte  ein  ürtheil  basiren  mögen. 

Die  mitgetheilten  Umstände,  aas  denen  F.  seine  Folgernn* 
gen  gesogen  an  haben  scheint,  können  ebenfalls  nach  meiner 
Ansieht  keineswegs  genügend  erachtet  werden,  um  seine  Schlosse 
so  rechtfertigen.  Sie  betreffen  1.  eine  anscheinend  einsige  Koh 
eines  Tagelöhners,  wobei  keine  Infection  aoffindbar,  und  aoch 
vielleicht  keine  Propagation  leicht  möglich  war,  da  sie  vermoth- 
lich  allein  stand.  Die  Infectionswege  der  L,  s.  aber  sind  be- 
kanntlich häufig  sehr  schwer  so  finden,  da  die  mittelbare  An- 
steokong  nach  mehreren  Monaten  oft  anm6glich  nachsowei- 
sen  ist. 

Der  E  weite  Fall  betrifft  einen  Ochsen«  der  %  Jahre  an  vor 
longenkrank  geworden,  bei  der  Obdoction  dnrch  Dep.  Thierarst 
Paoli  in  Berlin  Sparen  der  L.  s.  seigte.  Weil  non  nach  % 
Jahren  in  der  betreffenden  Heerde,  der  jener  Ochs  entstammte, 
keine  Sparen  der  Seache  (NB.  ohne  Obdoction  des  übrigen 
Viehstandes)  gefunden  wurden,  und  auch  keine  Lungenleiden 
bei  derselben  vor  dieser  Untersuchung  bemerkt  worden  sein 
sollen,  so  soll  daraus  nun  mit  hervorgehen,  dass  die  marmo- 
rirte  Hepatisation  nicht  einzig  der  L.  s.  eigen  sei.  Ob  Herr 
Pauli  sein  Urtheil  darauf  basirt  hatte,  erfahren  wir  aber  nicht. 
Meiner  Ansicht  nach  könnte  nach  so  langer  Zeit  die  Art  der 
Hepatisation  nor  noch  undeutlich  hervortreten  und  mussten  es 
deshalb  wohl  andere  Zeichen  sein,  die  Herrn  Pauli  bestimm- 
ten, L.  8.  anzunehmen. 

In  Bezug  auf  die  Aussage  des  Bigenthümers  in  einem  Falle 
wie  dieser,  wo  es  sich  darum  handelte,  eine  solche  Seuche  in 
dessen  Viehstande  zu  ermitteln,  so  darf  darauf  nicht  allzuviel 
Gewicht  gelegt  werden. 

Was  aber  die  Autopsie  betrifft,  so  kann  die  Untersuchung 


••  Iab^«  amck  ^mm  Darcksvsck«»  ok 
▼6    ^ 
F.    ivOrtM 


Bon  Uts  L  c  ■■giifcl>    M 

ak    IV    ipQndiMkMi 

m     KiMkMtiliUe 

ttieke  LiB^eMicctioa,  tMb 

tkeüs  cadtkk  ^    TielUieki    euM 


Ad  1  die  uter  folgMdca  SjnpUMMs  — ftiiilfd«  Krask- 
k«iUfbni: 

„Venüaderte  oder  Tolletiadig  eB%ehobcM  Fitiileit.  Maa- 
sei  SB  Wiedcrkiaee,  ■iwige  Folie  des  MieiM,  ollen  n  ge- 
riogerem  Grade  ie  tjapaaitiacker  Speeeeeg,  eeie  lekelt»  so 
Tiel  durek  Dniek  Temekmkar  war,  lest,  rerlaagsaanle  Excrctioa 
des  DamÜDkalts,  weleker  der  Menge  nadi  gering,  inssersi  eon- 
sislent  nad  trocken  ersckien;  kiofiger  Hasten,  der  kell  nnd 
rasek  erfolgte,  sekr  besekleonigtes  AcksMo,  das  an  Seknelligkeit 
längere  Zeit  gleiekmissig,  dann  anf  dem  Zeitranss  von  einem 
oder  2  Zögen  aossetsend  war:  Mitnnter  ward  die  Bxspiration 
▼OD  Stöhnen  begleitet.  Das  Athmongsgeraosek  stellte  sick  Ton 
alleD  znganglieken  Stellen  als  Tosicolir  Tersdiirft  dar;  die  Per> 
CDssion  ergab  beiderseits  einen  kanm  gedimplien  Ton.  Der 
Kreislauf  war  nicht  immer  sekr  fireqaent  und  der  Pols  dentete 
eine  normale  Blntmenge  an.  Die  Temperatnr  der  Okren,  am 
Flotsmaal,  Bnter  ete.,  Anfangs  ständig  nieder*,  kabe  ick  sehr 
kaoflg  beobachtet. 

Dies  Uebel  tritt  in  der  Regel  plotaliek  nack  einer  starken 
FfitteroDg  mit  welkem  oder  gar  fanlem  oder  erfrorenem  granen 


aber  Lnngenseiiche.  59 

Futter  besonders  Blattfotter  aaf,  jedoch  aoeb  wohl  nach  ange- 
brahter  Spren,  Kaff  oder  dergleichen.  Ich  habe  es  gewohnlich 
bei  einzelnen  Stocken,  jedoch  sa  Zeiten  anch  bei  mehreren 
eines  Stalles  an  gl  eich  nach  gleicher  Fntterang  beobachtet,  ond 
es  ist  keineswegs  ein  seltenes  Uebel.  In  den  Handbfichem  der 
speciellen  Veterinär-Pathologie  scheint  es  freilich  bisher  noch 
keine  Aufnahme  gefunden   an  haben. 

Es  beruht  meiner  Uebersengung  nach  wesentlich  auf  ge- 
störter Athemfunction  des  Zwerchfells,  gewohnlich  durch  gestörte 
Wanstthatigkeit  heryorgerufen.  In  wie  fern  der  Lungenma- 
gen- und  Zwerchfelloery  dabei  betheiligt  sein  mögen,  wage  ich 
nicht  zu  bestimmen. 

In  einigen  Fallen,  von  denen  noch  einer  in  den  lotsten  Ta- 
gen vorkam,  habe  ich  diese  Symptome  anch  in  Folge  von  Zwerch- 
fellverletzung mittelst  fremder  Körper  von  der  Haube  aas  ge* 
fnnden,  dann  aber  mit  Symptomen  der  Garditis  traumatica  com- 
plicirt.  Besonders  characteristich  ist  die  su  Zeiten  eintretende 
Pause  in  den  Athemangen,  wobei  das  Zwerchfell  eine  Contrac- 
tion  zu  machen  scheint,  während  sonst  die  Athmung  nur  durch 
die  übrigen  Respirationsmuskeln  ausgeübt  wird.  Nach  solcher 
tiefen  Inspiration  pflegt  dann  eine  lautstöhnende  Exspiration  zu 
folgen,  wahrend  die  übrigen  Athemzuge  so  kurz  und  schnell 
sind,  dass  sie  die  gewohnlich  ziemlich  normale  Pulszahl  zu- 
weilen übersteigen.  Das  etwas  verschärfte  Blaschengerausch 
halte  ich  für  Folge  der  raschen  Athembeweguog,  und  Dampfung 
fand  ich  nur  am  weiter  vorgedrangten  Zwerchfellrande.  Auffal- 
lend ist  hierbei  noch  die  genirte  Schulterbewegung,  wahrend 
das  Hintertheil  seine  normale  Beweglichkeit  besitzt. 

Wahrscheinlich  rührt  dieselbe  daher,  dass  durch  die  ab- 
wechselnde Belastung  des  breiten  gezahnten  Muskels  bei  Be- 
wegung des  Vordertheils  die  Action  der  die  Rippen  bewegen- 
den Muskelgruppe  mehr  oder  weniger  gestört  wird,  wahrend  sie 
sich  in  höchst    möglichster    Leistung    befindet.     Oefters    findet 


Umjmr,  S 


Dm  üabd  fifvirt  Mit  vialca  JahrM  ia  ■■■aa  Jonniale 
utor  d«r  Bcmu«^  BasckaslkBA.  Yielleiekt  worde  m 
riebtigsr  als  Zwerckfallpares«  dbaraetariäit,  m  iat  abar 
«igaalliek  wMaatlkh  eiae  ladigertioa. 

Metaa  Bahaadlaag  bertehi  ladiglidi  ia  Aaweadaag  tob 
ICttela,  die  die  Bewegaagea  dM  WaaslM  BOflidM*  erregeo. 
Bie^weiaaleia  aüt  Glaabenals  aad  bitter  aiOMalisdiea  Mitteln 
geaiigea  ia  geliadera  FiUea  oft.  Ia  kaitaackigerea,  oder  wo 
doreb  Aderiats  oder  scbleinug-olige  Eiaacbatte  das  üebel  ver- 
aeblimmert  ist,  da  siad  Breebweiasteia  Mit  Aloe,  weisMr  Nie- 
sewors,  lagwer  n.  dgL  erlbrderlicb.  Sobald  wieder  kriftige 
Bewegangea  dM  WanstM  oad  Wiederfcinea  aoftreten,  kebrt 
aneb  plotslieb  der  Atbem  aar  Nona  snriiek  aad  AUm  ist 
voraber. 

Leider  bat  Herr  üts  aber  die  caosalea  Momeate  der  tob 
ibm  beobacbteten  Fälle  Niebts  erwabat.  Biae  Lcageaaffeetion 
war  in  diesea  Fallea  sieber  aiebt  Torbaaden,  aad  siad  diesel- 
bea  demnaeb  aaeb  bierför  Nichts  beweisead« 

Ad  2  einea  Ocbsen  betreffend,  ergiebt  die  Darstelinag  und 
ObdnotioB  so  gaas  dM  Bild  Toritabler  L.  s.,  dsM  eigentlicb 
daran  nur  die  Forderung  dM  Heim  BesirksarstM ,  Tor  Anle- 
gnng  der  Sperre  erst  Propagation  dM  GoDtaginms  erwarten  an 
wollen,  merkwürdig  erscbeint.  Dean  dM  Dnrchsencben  dM 
Viebstandes  eioM  StallM  ohne  wabmehmbare  Erkranknog  ist 
sohon  oft  genng  dageweseo« 

Der  Herr  wird  übrigens  seine  Hände  in  demselben  Un- 
sohnldswasser  wMchen  können,  dM  den  preuHiseben  sogenann- 
ten Thierarsten  nach  dem  GewerbegMetse  dient.  Er  bat  m 
aber  nicht  besser  gewnsst,  wird  sich  aber  doch  nicht  wenig  anf 
den  Erfolg  eiDbilden.  Es  ist  nar  Schade,  dMs  bei  folchen 
Erfolgen  die  Seuche  taglich  tiefer  einwarselt. 

Ad  3    den  Gemeindefarreo  betreffend,    so  erscheint  auch 


nb«r  LimgiDaeiiehe.  61 

dieser  Fall  der  L.  s«  tebr  rerdichtig,  dm  dM  Thier  knri  bq« 
Tor  aos  unbekannter  Gegend  angekauft  worden» 

Daa  Krankheitsbild  scheint  im  Beginne  des  Leidens  auf 
das  Ton  mir  s.  g.  Banchasthma  so  denten.  Vielleicht  ist  die 
spater  durch  Petechien  etc.  angedeutete  Bluts ersetsnng  Folge 
▼on  übertriebener  Antiphlogose  und  die  Lnngenaffection  konnte, 
da  viel  dicklicher,  bräunlich  grauer,  mit  Blut  ver- 
mischter  Schleim  aus  der  Luftrohre  abfloss  und  die 
Bronchien  an  den  indurirten  Stellen  mit  grauroth- 
lichem,  siemlich  consistentem,  mit  Blut  gemisch- 
tem Schleime  gefüllt  waren,  ?on  in  dieselben  eingedrnn« 
genen  fremden  Korpern  herrühren. 

Da  auch  hier  ahnlich  wie  in  den  Ton  Lies  und  Lonne- 
ker  beobachteten  folgenden  Fallen  das  interstitielle  Gewebe, 
mit  tiefbraunrothem  Exsudate  gefüllt  erschien,  dieses  also 
ähnliche  Färbung  xeigte,  wie  die  hochrothen  Lungenläppchen, 
so  konnte  die  marmorirte  Färbung  mit  der  der  Lungenseuche 
nicht  übereinstimmen,  wo  die  Zellräume  gelblich   erscheinen. 

Im  Gänsen  ist  der  Fall  so  unklar,  dass  er  für  das  Vor- 
kommen nicht  contagioser  Lungenentsundung  eigentlich  Nichts 
beweisen  kann. 


Drittens.  Die  Beobachtung,  worüber  Herr  Lies  in  der 
Wochenschrift  für  Thierheilkunde  Jg.  68  S.  5  berichtet,  ein 
20  Wochen  altes  Kalb  betreffend,  das  wirklich  an  Brustentzün- 
dung ohne  L.  s.  und  mechanische  Ursache  gelitten  zu  haben 
scheint,  hat  zwar  obdnctionel  1^  Quart  rothlichen  Serums 
ohne  plastische  Ansschwitzung  in  der  Brusthohle,  und  He- 
patisation in  beiden  Lungen,  aber  keine  marmorirte  erge- 
ben, indem  die  Schnittflächen  ein  durchweg  dunkelbraunes  An- 
sehen hatten. 

„Obgleich  man  die  einzelnen  Lungenläppchen  zu  unter- 
scheiden  im  Stande    war,    trat    das  interstitielle    Bindegewebe 


Heyer,  5  Fragen 

dodi  nur  in  geringem  Mmm6  heiror,  eo  daM  sidi  hier  das  t. 
g»  MarmorirUein  nicht  grade  tehr  atarck  bemerklich  machte," 
Einige  Ecchjmosen  fanden  aich  aneh  hier  am  Hersbentel  wie 
an  den  Gedärmen. 

El  kann  dieser  Fall  alt  Beweis  dienen,  dass  anch  nicht 
marmorirte  Hepatisation  in  der  Rindslnnge  bildbar  sei,  «Iso 
nicht  ihre  Organisation,  wie  vcrschiedenseitig  behauptet  wor- 
den, jedem  entsnndlichen  Exsudate  in  dieselbe  marmorirte  Be- 
schaffenheit yerleibe. 

Nach  Vorstehendem  scheint  mir  die  Annahme  des  Herrn 
Adam,  dass  in  den  citirten  Beobachtungen  hinreichender  Be- 
weis för  das  Vorkommen  der  marmorirten  Hepatisation  bei  spo- 
radischer LuDgenentsunduDg  gebracht  sei,  nicht  genügend  be- 
gründet. 

Nachstehend  werde  ich  mir  noch  einige  weitere  Beobach- 
tungen zu  erwähnen  erlauben,  und  glaube  hiermit  genugenden 
Beweis  dafür  su  erbringen,  dass  diese  Frage  Torlaufig  noch  als 
offene  xu  behandeln  sein  mochte. 

In  der  Oestreichischen  Vierteljahresschrift  für  wissenschaft- 
liche Thierheilknnde  Bd.  28  S.  30  theilt  Herr  Professor  Dr. 
Bruckmnller  die  ausführliche  Beschreibung  des  Sectionsbe- 
fundes  der  Lungen  von  2  Rindern  mit,  bei  deren  einem  an- 
scheinend ein  von  der  Haube  in  die  Lunge  eingedrungener  Na- 
gel Abcessbildung  nnd  marmorirte  Hepatisation,  in  dem  an- 
dern angeblich  eine  von  den  Bronchen  ausgehende  Reizung  eine 
marmorirte  Hepatisation  hervorgerufen  hatte.  Da  aber  Nichts 
über  die  sonstigen  Umstände  angegeben  isC,  ob  z.  B.  die  Rin- 
der ans  verseuchten  Viehstanden  stammten,  so  bleibt  es  unent- 
schieden, ob  beide  Falle  nicht  etwa  Complicationen  mit  der 
Lungensenche  bildeten,  da  dieselbe  bekanntlich  in  Wien  nicht 
selten  ist. 

Die  auf  meine  Veranlassung  durch  Gircularschreiben  des 
Herrn  Oberthierarztes  Dr.  Greve  in  Oldenburg  hervorgernfe- 


aber  LimgiBiiieDehe.  68 

Ben  Aensserangen  Tericbiedener  Thierinte  Old^nborgs,  beson- 
ders die  spedellere  Mittheilang  des  Herrn  Amtsthiersrstes  L  o  n  • 
neker  in  Varel  (s,  Fnchs  tbierirstlicbe  Mittbeilang  9.  Jg« 
S.  184)  beweisen  allerdings  siemlich  eTident,  dass  ancb  bei 
acnter,  nicbt  contagioser  Lnogenentiandung  des  Rindviehs  die 
Hepatisation  dnreh  Ergiessnngen  lo  das  interstitielle  Gevebe 
ond  die  Lobnli  zugleich  ein  marmor  ahnlicher  Durchschnitt  lo 
Stande  kommt. 

Jedoch  ist  aach  hier  wieder  anf  „eine  grossere  Ro- 
thnog  als  bei  der  chronisch -verlanfenden  Lnngen» 
senche"  nachdrficklich  hingewiesen,  and  weiter  gesagt;  „Das 
Marmorirte  zeigte  eine  Farbe  von  Roth  gelb  and  Braan,  jedoch 
wie  schon  gesagt,  war  die  Rotbe  vorherrschend/' 

Jedoch  mag  dieses  Sjmptom  der  rothlichen  Interstitien 
nar  bei  aeatem  Verlaufe  der  Krankheit  vorhanden  sein,  wie 
nachstehender,  jüngst  von  mir  beobachteter  Fall  zu  beweisen 
scheint. 

Am  Bl.  Mars  1.  J.  hatte  ich  in  Fischbach  eine  Obdnction 
an  einer  Gjahrigeu,  seit  6  Wochen  kranken  Kuh  zu  machen, 
die  ich  am  9.  März  einmal  zu  untersuchen  Gelegenheit  gehabt 
hatte.  Auskultation  uud  Percussion  ergaben  wohl  in  beiden 
Lungen  Abnormitäten,  die  ich  auf  Bronchitis  von  unvorsichti- 
gem Einschütten  bezieben  musste,  nicht  auf  Lungenseuche  deu- 
ten konnte« 

Der  genauere  Befund  ist  mir  nicht  mehr  erinnerlich.  Das 
Uebel  hatte  unter  allmahliger  Verschlimmerung  zum  Tode  ge- 
führt. Der  Eigen thümer  erkannte  an,  dass  die  ursprünglich  an- 
scheinend anf  Erkaltung  (hier  Rothlauf  genannt)  beruhende 
Krankheit  gleich  nach  dem  Einschütten  eines  Hausmittels  sich 
verschlimmert  habe. 

Die  Section  erstreckte  sich  auf  die  24  Stunden  vorher  viel- 
fach zerschnittenen  Lungen,  Herz  und  Magen,  da  das  Uebrige 
des  Cadavers  bereits  vergraben  war.  Der  Waseomeister  hatte 
nämlich  bei  Eröffnung  desselben  aus  dem  Lnngenbefnnde    Ver* 


64  Meyer,  6  Fragen 

dedit  «of  L«  ••  geeehSpfty  weshalb  idi  telegn^i^lüieli   dein   ge* 
rufen  wenL 

In  der  Brusthöhle  foUen  sieh  1}  Eimer  klaren,  gelbliehen 
Seroms  Torgelnnden  haben,  ohne  8pnr  plastiacfaer  Bztadate. 
Die  Lnngenplenra  war  aneh  dnrehans  glatt  and  normaL  Beide 
Longen  waren  in  allen  Tbeilen  Tergrotcerl,  an  einielnen  klei- 
nen Stellen  auch  luftleer,  im  Wasser  sinkend,  die  Interstitien 
gelblich  weiss,  mebrentheils  nur  1  Mm.  breit,  fester,  die 
Lobnli  hochrotb,  sowohl  die  Yollstandig  Inftleeren,  wie  anch 
die  noch  etwas  loftbaltigen.  Stellenweise  fohlte  sieh  die  Longe 
knotig  SD,  wie  von  Tuberkeln  dnrchsetst  ond  auf  diesen  festem 
Stellen  Hess  sich  das  Longeogewebe  elastisoh  Terschieben,  wenn 
noch  nicht  mit  der  Nachgiebigkeit,  wie  gesondes  Grewebe. 

Beim  DnrehschDitte  erwiesen  sieh  diese  Knoten  als  star- 
ker verdickte,  bis  so  3  bis  4  Mm.  breite  Interstitien  yon  be- 
deotenderer  Resistens,  eine  stemf5rmige  Figor  bildend,  indem 
die  Ton  einem  breitesten  Ponckte  aasgehenden  Ramificationen 
sieh  yerschmälerten.  Ein  solcher  Knoten  liess  beim  Doreh- 
schneiden  einige  Nadelkopfgrosse,  gelbliche,  Toberkeln  ahnliche 
Ponkte  erkennen.  Trombose  der  GefSUse  oder  Bronchien,  Ne- 
krose des  Longengewebes,  erweiterte  LymphgeHUse  in  den  In- 
terstitien, Bronchectasien,  waren  nicht  aofsofinden. 

Das  Hers  war  schlaff,  aasgedehnt,  in  beiden  Kammern 
gleich  donkle,  fast  schwarze,  lockere  Goagola  enthaltend,  das 
Endocardiom  wie  die  Intima  der  grossen  Gefassstamme  zeig- 
ten starke,  donkle  Imbibitionsrothe ,  die  Klappen  waren  nor- 
mal. 

Im  Magen  war  das  Epithel  leicht  abstreifbar,  die  Schleim- 
haot  ponktformig  gerothet,  besonders  an  den  Blattern  des  Psal- 
ters, dessen  Inhalt  trocken  erschien« 

Obgleich  mir  dieser  Befand  nicht  in  allen  Theilen  seinem 
orsächlicben  Zasammenhange  nach  klar  ward,  nahm  ich  doch 
nicht  L,  s.  "als  Caasalmoment  an,  mich  statsend,  1.  aof  die 
Abwesenheit  jeder  Spar  von  plastischen  Exsudaten  aof  der  freien 


nber  LnngeiiMiiehe.  66 

Pleurafläche,  bei  yorgefandener  bedeotender  BrgieisuDg  in  diiB 
Plearasaeke;  2.  auf  die  Affection  beider  Lnngenflagel io  ihrer 
gaDKen  AasdehnaDg,  während  der  L.  s.  Process  immer  nur 
einen  Lnngenflngel,  oder  doch  nnr  einzelne  Theile  beider  be- 
fallt, wahrend  andere  Theile  gänslich  frei  gefanden  werden. 

3«  Anf  das  Fehlen  der  Gefässthrombose  und  cogleich  der 
Nekrose  in  der  Lange,  die  bei  dem  todtlichen  Ausgange  deis 
Uebels  and  der  Aosdehnnng  der  Langen  affection  bei  der  L.  s. 
wohl  sicher  erfolgt  wäre. 

4.  War  keine  Infection  nachweisbar,  and  bei  den  2  an- 
dern Rindviehs  tacken  des  Stalles  keine  Krankheitsspar  aafsa- 
finden. 

Auf  diesen  Entscheidongsgrnnd  legte  ich  jedoch  wenig  Ge- 
wicht, da  ein  Jahr  zavor  die  Seache  zwar  nicht  in  diesemr, 
aber  doch  in  3  amliegenden  Orten  aufgetreten  war.  Bei  den 
übrigen  Stacken  konnte  dieselbe  aus  dem  occulten  Stadinm  in 
Genesung  ausgegangen  sein,  oder  auch  später  noch  ausbrechen, 
was  jedoch  nicht  geschehen   ist. 

Andere  Fälle  von  Lungenentzündung  bei  Rindvieh  finde 
ich  in  einem  Auszüge  im  Jahre  1867  des  „Thierarzt**  ron 
Anaker  aus  dem  Aufsätze  von  Dr.  Damman  im  schlesischen 
Landwirth,  den  Mittbeilungen  aus  der  thierärztlichen  Praxis  iti 
Ghurhessen  entnommen,  wodurch  tbeils  z.  B.  von  Herrn  Kreis- 
thierarzt  Eberhardt  nur  nachzuweisen  gesucht  wird,  dass 
überhaupt  acute  Lungenentzündungen  ohne  L.  s,  beim  Rind* 
vieh  vorkommen,  was  meines  Wissens  Niemand  ganz  in  Abrede 
stellte. 

Lungenentzündungen  vom  Eindringen  fremder  Körper  in 
die  Lungen  beim  unvorsichtigen  Einschütten  von  Arzneien  habe 
ich  öfters  beobachtet,  fand  aber  obductionel  ausser  dem  vor- 
stehenden  Falle  wohl  bedeutende  Vergrossernng  der  Lungen, 
aber  keine  marmorirte  Hepatisation,  sonder  viele  spindelförmige 
Bronchectasien. 

Kreisthierarzt  Schmelz  will  L.  s.    und  Lungenentzündung 

Mag.  U  Tlü«rh«ilk.  XXXYL    1.  5 


56  Meyer,  5  Fnigen 

a)  durch  die  LjmphinfiltrAtion  des  erkrankten  Lnn- 
gentheiU, 

b)  dnrch  die  dnrch  erstere  herbeigeführte  Sehwellnng  und 
gelbliehe  Färbung  der  die  Lnngenlappchen  umgeben* 
den  Bindegewebsinge, 

c)  dnrch  die  anf  dem  Dnrschnitt  so  beschaffener  Lun- 
gen in  den  BindegewebsrSnmen  hervortretenden  Oeff« 
nnngen  der  sehr  erweiterten  Ljmphgefasse. 

Ich  kann  hiermit  nicht  übereinstimmen,  da  mir  diese  Satse 
mit  einander  in  Widerspruch  xu  stehen  scheinen. 

Denn  nach  Sats  1  und  2  soll  auch  die  sporadische  Lun- 
genenttündung  eine  marmorirte  Hepatisation  der  Lunge  erseu- 
gen,  und  nach  a  und  b  des  Sattes  3  soll  doch  Lymphinfiltra* 
tion  im  erkrankten  Lnngentheile  Characteristicum  der  L,  s« 
sein. 

Nun  ist  aber  anerkannter  Maassen  das  marmorirte  Aus- 
sehen des  hepatisirten  Lungentheils  wesentlich  das  Resultat 
der  Infiltration  der  Bindegewebsraume  der  Lunge  mit  gelb- 
lieber  Lymphe,  wodurch  eben  die  Verschiedenheit  der  Färbung 
des  Durchschnittes  su  Stande  kommt. 

Wenn  nun  aber  diese  Ljmphinfiltration  Eigen- 
thnmlichkeit  der  L.  s.  sein  soll,  so  muss  natürlich 
auch  die  marmorirte  Hepatisation  als  Folge  dijeser 
Lympbinfiltration  der  Lungen  nur  dieser  Seuche 
eigen  sein.  Durch  welchen  andern  Stoff*,  als  Blutserum  oder 
Lymphe,  im  andern  Falle  die  Schwellung  des  Interlobularsell- 
Stoffs  bei  gewöhnlicher  Lungenentzündung  au  Stande  kommen 
solle,  hat  Herr  F.  nicht  gesagt,  noch  wäre  mir  ein  solcher  be* 
kannt. 

Aus  diesen  Widersprüchen  geht  heryor,  dass  aus  jenen 
Aufstellungen  eher  ein  Beweis  gegen  als  für  das  Bestehen  einer 
sporadischen  Lungenentzündung  mit  Ausgang  in  marmorirte 
Hepatisation  herzuleiten  sein  mochte. 

Den  unter  Nr.  3  erwähnten  Befund  habe    ich   im  Februar 


über  LnngeiiBeaohe.  57 

1868  bei  9  Obdactiooen  laogenseache  kranken  Viehes,  die  Be- 
hafs  Tilgung  der  Senche  in  2  OrUchaften  hiesigen  Fürstenthams 
getodtet  worden,  sorgfaltig,  selbst  mit  der  Lonpe  gesacht,  aber 
in  keinem  Falle  mit  solcher  Sicherheit  aafsofinden  yermocht, 
dass  ich  darauf  hatte  ein  ürtheil  basiren  mögen. 

Die  mitgetheilten  Umstände,  aas  denen  F.  seine  Folgeran* 
gen  gesogen  sa  haben  scheint,  können  ebenfalls  nach  meiner 
Ansieht  keineswegs  genügend  erachtet  werden,  am  seine  Schlosse 
so  rechtfertigen.  Sie  betreffen  1.  eine  anscheinend  einsige  Koh 
eines  Tagelöhners,  wobei  keine  Infection  aaffindbar,  and  aoch 
vielleicht  keine  Propagatipn  leicht  möglich  war,  da  sie  vermoth» 
lieh  allein  stand.  Die  Infectionswege  der  L,  s.  aber  sind  be- 
kanntlich haofig  sehr  schwer  so  finden,  da  die  mittelbare  An- 
steokong  nach  mehreren  Monaten  oft  onmoglich  nachanwei- 
sen  ist. 

Der  sweite  Fall  betrifft  einen  Ochsen,  der  \  Jahre  sovor 
longenkrank  geworden,  bei  der  Obdoction  dorch  Dep,  Thierarst 
Faoli  in  Berlin  Sparen  der  L.  s.  seigte.  Weil  non  nach  % 
Jahren  in  der  betreffenden  Heerde,  der  jener  Ochs  entstammte» 
keine  Sporen  der  Seoche  (NB.  ohne  Obdoction  des  obrigen 
Viehstandes)  gefonden  worden,  ond  aoch  keine  Langenleiden 
bei  derselben  vor  dieser  Untersochong  bemerkt  worden  sein 
sollen,  so  soll  daraos  nun  mit  hervorgehen,  dass  die  marmo- 
rirte  Hepatisation  nicht  einsig  der  L,  s.  eigen  sei.  Ob  Herr 
Pauli  sein  Urtheil  daraof  basirt  hatte,  erfahren  wir  aber  nicht. 
Meiner  Ansicht  nach  könnte  nach  so  langer  Zeit  die  Art  der 
Hepatisation  nor  noch  ondeotlich  hervortreten  ond  mossten  es 
deshalb  wohl  andere  Zeichen  sein,  die  Herrn  Paoli  bestimm- 
ten, L.  s.  ancanehmen. 

In  Besag  aof  die  Aossage  des  Eigenthomers  in  einem  Falle 
wie  dieser,  wo  es  sich  darom  bandelte,  eine  solche  Seoche  in 
dessen  Viehstande  so  ermitteln,  so  darf  daraof  nicht  allsoviel 
Gewicht  gelegt  werden. 

Was  aber  die  Aotopsie  betrifft,  so  kann  die  Untersochong 


68  Meyer,  6  Frftgen 

eines  Viehstandes  8  0  lange  nach  dem  Darchseachen  ohne 
Obdaction  als  yoUig  wertblos  bezeichnet  werden. 

Diesem  nach  erscheint  die  Arbeit  des  Herrn  F.  Tollstan- 
dig  haltlos,  wofern  sie  nicht  sogar  das  Gegentheii  ron  dem 
beweist,  was  sie  eigentlich  beweisen  soll. 

Was  2.  die  Beobachtung  des  Herrn  Uta  1.  c.  angeht,  so 
betreffen  die  von  demselben  erwähnten,  als  sar  sporadischen 
oder  acuten  Langenentsündung  gerechneten  Krankheitsfälle 
theils  1.  ein  Magenleiden  ohne  wesentliche  Lungenaffeotion,  theils 
2.  Toritable  Langensenche,  theils  endlich  3.  vielleicht  eine 
Lungenentzündung  ohne  Lnngensenche ,  wahrscheinlich  durch 
Trankeeinschütten  erregt« 

Ad  1  die  unter  folgenden  Symptomen  auftretende  Krank- 
heitsform : 

„Verminderte  oder  vollständig  aufgehobene  Fresslust,  Man- 
gel an  Wiederkauen,  massige  Fülle  des  Magens,  öfters  in  ge- 
ringerem  Grade  in  tympanitischer  Spannung,  sein  Inhalt,  so 
viel  durch  Druck  vernehmbar  war,  fest,  verlangsamte  Excretion 
des  Darminhalts,  welcher  der  Menge  nach  gering,  äusserst  con- 
sistent  und  trocken  erschien;  häufiger  Husten,  der  hell  und 
rasch  erfolgte,  sehr  beschleunigtes  Athmeu,  das  an  Schnelligkeit 
längere  Zeit  gleichmassig,  dann  auf  dem  Zeitraum  von  einem 
oder  2  Zügen  aussetzend  war:  Mitunter  ward  die  Exspiration 
von  Stöhnen  begleitet.  Das  Athmungsgerausch  stellte  sich  von 
allen  zuganglichen  Stellen  als  vesiculilr  verschärft  dar;  die  Per- 
cussion  ergab  beiderseits  einen  kaum  gedampften  Ton.  Der 
Kreislauf  war  nicht  immer  sehr  frequent  und  der  Puls  deutete 
eine  normale  Blutmenge  an.  Die  Temperatur  der  Ohren,  am 
Flotzmaul,  Euter  etc.,  Anfangs  standig  nieder**,  habe  ich  sehr 
häufig  beobachtet. 

Dies  Uebel  tritt  in  der  Regel  plötzlich  nach  einer  starken 
Fütterung  mit  welkem  oder  gar  faulem  oder  erfrorenem  grünen 


aber  LungenMaehe.  59 

Fatter  besonders  Blattfiitter  aof,  jedocb  aoeh  wohl  nach  ange- 
brahter  Sprea,  Kaff  oder  dergleichen.  Ich  habe  es  gewohnlich 
bei  einzelnen  Stucken,  jedoch  zu  Zeiten  anch  bei  mehreren 
eines  Stalles  sogleich  nach  gleicher  Fütterung  beobachtet,  and 
es  ist  keineswegs  ein  seltenes  Uebel.  In  den  Handbfichem  der 
speciellen  Veterinär-Pathologie  scheint  es  freilich  bisher  noch 
keine  Aufnahme  gefunden   au  haben. 

Es  beruht  meiner  Uebersengung  nach  wesentlich  auf  ge» 
storter  Athemfunction  des  Zwerchfells,  gewohnlich  durch  gestörte 
Wanstthatigkeit  hervorgerufen.  In  wie  fern  der  Lungenma- 
gen- und  Zwerchfelloerv  dabei  betheiligt  sein  mögen,  wage  ich 
nicht  zu  bestimmen. 

In  einigen  Fallen,  von  denen  noch  einer  in  den  letsten  Ta« 
gen  TOrkam,  habe  ich  diese  Symptome  anch  in  Folge  yon  Zwerch- 
fellrerletzung  mittelst  fremder  E5rper  Ton  der  Haube  aas  ge» 
funden,  dann  aber  mit  Symptomen  der  Carditis  traumatica  com- 
plicirt.  Besonders  characteristich  ist  die  au  Zeiten  eintretende 
Pause  in  den  Athemzugen,  wobei  das  Zwerchfell  eine  Contrac- 
tion  zu  machen  scheint,  während  sonst  die  Athmung  nur  durch 
die  übrigen  Respiration smnskeln  ausgeübt  wird.  Nach  solcher 
tiefen  Inspiration  pflegt  dann  eine  lautstohnende  Exspiration  zu 
folgen,  wahrend  die  übrigen  Athemzuge  so  kurz  und  schnell 
sind,  dass  sie  die  gewohnlich  ziemlich  normale  Pulszahl  zu- 
weilen übersteigen.  Das  etwas  verschärfte  Bläschengeräusch 
halte  ich  für  Folge  der  raschen  Athembeweguog,  und  Dämpfung 
fand  ich  nur  am  weiter  vorgedrängten  Zwerchfellrande.  Auffal- 
lend ist  hierbei  noch  die  genirte  Schulterbewegung,  während 
das  Hintertheil  seine  normale  Beweglichkeit  besitzt. 

Wahrscheinlich  rührt  dieselbe  daher,  dass  durch  die  ab» 
wechselnde  Belastung  des  breiten  gezahnten  Muskels  bei  Be- 
wegung des  Vordertheiis  die  Action  der  die  Rippen  bewegen- 
den Muskelgruppe  mehr  oder  weniger  gestört  wird,  während  sie 
sich  in  höchst    möglichster    Leistung    befindet.     Oefters    findet 


60  Meyer,  5  Fragen 

man  aoch  die  Thiere  mit  abgebogenen  Schaltern  stehen,  am  die 
Athmang  za  erleichtern. 

Das  Uebel  figarirt  seit  vielen  Jahren  in  meinem  Journale 
anter  der  Benennang  Baachasthma.  Vielleicht  warde  es 
richtiger  als  Zwerchfellparese  characterisirt,  es  ist  aber 
eigentlich  wesentlich  eine  Indigestion. 

Meine  Behandlang  besteht  lediglich  in  Anwendung  von 
Mitteln,  die  die  Bewegungen  des  Wanstes  möglichst  erregen. 
Brech Weinstein  mit  Glaabersals  und  bitter  aromatischen  Mitteln 
genügen  in  gelindem  Fallen  oft.  In  hartnackigeren,  oder  wo 
durch  Aderlass  oder  schleimig-olige  Einschatte  das  Uebel  ver- 
schlimmert ist,  da  sind  Brechweinstein  mit  Aloe,  weisser  Nie- 
sewurs,  Ingwer  n.  dgl.  erforderlich.  Sobald  wieder  kraftige 
Bewegungen  des  Wanstes  und  Wiederkauen  auftreten,  kehrt 
auch  plötzlich  der  Athem  cur  Norm  suruck  and  Alles  ist 
vorüber. 

Leider  hat  Herr  ütz  über  die  cansalen  Momente  der  von 
ihm  beobachteten  Falle  Nichts  erwähnt.  Eine  Lcngenaffection 
war  in  diesen  Fallen  sicher  nicht  vorhanden,  und  sind  diesel- 
ben demnach  auch  hierfür  Nichts  beweisend. 

Ad  2  einen  Ochsen  betreffend,  ergiebt  die  Darstellung  nnd 
Obduction  so  ganz  das  Bild  veritabler  L.  s.,  dass  eigentlich 
daran  nur  die  Forderung  des  Herrn  Bezirksarztes,  vor  Anle- 
gung der  Sperre  erst  Propagation  des  Contagiums  erwarten  za 
wollen,  merkwürdig  erscheint.  Denn  das  Durchseachen  des 
Viehstandes  eines  Stalles  ohne  wahrnehmbare  Erkrankung  ist 
schon  oft  genug  dagewesen« 

Der  Herr  wird  übrigens  seine  Hände  in  demselben  Un- 
schnldswasser  waschen  können,  das  den  preassischen  sogenann- 
ten Thierarsten  nach  dem  Gewerbegesetse  dient.  Er  hat  es 
aber  nicht  besser  gewosst,  wird  sich  aber  doch  nicht  wenig  auf 
den  Erfolg  einbilden.  Es  ist  nur  Schade,  dass  bei  solchen 
Erfolgen  die  Seuche  taglich  tiefer  einwurzelt. 

Ad  3    den  Gemeindefarren   betreffend,    so  erscheint  auch 


iber  LnoganteaelM.  61 

dieser  Fall  der  L.  s.  sehr  rerdichtig,  da  das  Thier   kors  in- 
Tor  ans  unbekannter  Gegend  angekauft  worden. 

Das  Erankheitsbild  scheint  im  Beginne  des  Leidens  auf 
das  von  mir  s.  g,  Banchasthma  an  deuten«  Vielleicht  ist  die 
spater  durch  Petechien  etc.  angedeutete  Bluts ersetsnng  Folge 
▼on  übertriebener  Antiphlogose  und  die  Lungenaffection  konnte, 
da  viel  dicklicher,  braunlich  graner,  mit  Blut  Ter» 
mischter  Schleim  aus  der  Luttrohre  abfloss  und  die 
Bronchien  an  den  indurirten  Stellen  mit  grauroth- 
lichem,  siemlich  consistentem,  mit  Blut  gemisch- 
tem Schleime  gefüllt  waren,  von  in  dieselben  eingedrun- 
genen fremden  Korpern  herrühren. 

Da  auch  hier  ähnlich  wie  in  den  von  Lies  und  Lonne- 
ker  beobachteten  folgenden  Fallen  das  interstitielle  Gewebe, 
mit  tiefbrannrothem  Exsudate  gefüllt  erschien,  dieses  also 
ahnliche  Färbung  teigte,  wie  die  hochrothen  Lungenlappchen, 
so  konnte  die  marmorirte  Färbung  mit  der  der  Lungensenche 
nicht  übereinstimmen,  wo  die  Zellraume  gelblich   erscheinen. 

Im  Gänsen  ist  der  Fall  so  unklar,  dass  er  für  das  Vor- 
kommen nicht  contagioser  Lungenentsundung  eigentlich  Nichts 
beweisen  kann. 


Drittens.  Die  Beobachtung,  worüber  Herr  Lies  in  der 
Wochenschrift  für  Thierheilknnde  Jg.  68  S.  5  berichtet,  ein 
20  Wochen  altes  Kalb  betreffend,  das  wirklich  an  Brustentzün- 
dung ohne  L.  s.  und  mechanische  Ursache  gelitten  zu  haben 
scheint,  hat  zwar  obductionel  l^  Quart  rothlichen  Serums 
ohne  plastische  Ausschwitzung  in  der  Brusthohle,  und  He- 
patisation in  beiden  Longen,  aber  keine  marmorirte  erge- 
ben, indem  die  Schnittflächen  ein  durchweg  dunkelbraunes  An- 
sehen hatten. 

„Obgleich  man  die  einzelnen  Lungenlappchen  zu  unter- 
scheiden im  Stande    war,    trat    das  interstitielle    Bindegewebe 


62  Meyer,  5  Fragen 

doch  nur  in  geringem  Maasse  hervor,  to  dass  sich  hier  das  s* 
g»  Marmorirtsein  nicht  grade  sehr  starck  bemerklich  machte." 
Einige  Ecchjmosen  fanden  sich  auch  hier  am  Hersbentel  wie 
an  den  Gedärmen. 

Es  kann  dieser  Fall  als  Beweis  dienen,  dass  aach  nicht 
marmorirte  Hepatisation  in  der  Rindslnnge  bildbar  sei,  «Iso 
nicht  ihre  Organisation,  wie  vcrschiedenseitig  behauptet  wor- 
den, jedem  entanndlichen  Exsudate  in  dieselbe  marmorirte  Be- 
schaffenheit verleibe. 

Nach  Vorstehendem  scheint  mir  die  Annahme  des  Herrn 
Adam,  dass  in  den  citirten  Beobachtungen  hinreichender  Be- 
weis für  das  Vorkommen  der  marmorirten  Hepatisation  bei  spo- 
radischer Lungenentaündnng  gebracht  sei,  nicht  genügend  be- 
gründet. 

Nachstehend  werde  ich  mir  noch  einige  weitere  Beobach- 
tungen zu  erwähnen  erlauben,  und  glaube  hiermit  genügenden 
Beweis  dafür  su  erbringen,  dass  diese  Frage  vorläufig  noch  als 
offene  su  behandeln  sein  mochte. 

In  der  O es tr eichischen  Vierteljahresschrift  für  wissenschaft- 
liche Thierheilkunde  Bd.  28  S.  30  theilt  Herr  Professor  Dr. 
Bruckmüller  die  ausführliche  Beschreibung  des  Sectionsbe- 
fundes  der  Lungen  von  2  Rindern  mit,  bei  deren  einem  an* 
scheinend  ein  von  der  Haube  in  die  Lunge  eingedrungener  Na- 
gel Abcessbildung  und  marmorirte  Hepatisation,  in  dem  an- 
dern angeblich  eine  von  den  Bronchen  ausgehende  Reizung  eine 
marmorirte  Hepatisation  hervorgerufen  hatte.  Da  aber  Nichts 
über  die  sonstigen  Umstände  angegeben  ist,  ob  x«  B.  die  Rin- 
der aus  verseuchten  Viehstanden  stammten,  so  bleibt  es  unent- 
schieden, ob  beide  Falle  nicht  etwa  Gomplicationen  mit  der 
Lungensenche  bildeten,  da  dieselbe  bekanntlich  in  Wien  nicht 
selten  ist. 

Die  auf  meine  Veranlassung  durch  Circularschreiben  des 
Herrn  Oberthierarztes  Dr.  Greve  in  Oldenburg  hervorgerufe- 


nb«r  LoDgeiiieDelie.  63 

nen  Aensseraiigeii  TencliiedeDer  Tbierirata  OldMbnrgs,  beson- 
ders die  spedeliere  Mittbeiloog  des  Herrn  Amtstbierarstes  Lon- 
neker  in  Varel  (s,  Fachs  tbieriritlicbe  Mittbeilang  3.  Jg* 
S.  184)  beweisen  allerdings  siemlich  erident,  dass  ancb  bei 
aenter,  nicht  contagioser  Lnngenentinndang  des  Rindviehs  die 
Hepatisation  dareh  Brgiessnngen  in  das  interstitielle  Gewebe 
ond  die  Lobnli  zngleich  ein  marmor  ahnlicher  Dnrchsehnitt  so 
Stande  kommt. 

Jedoch  ist  auch  hier  wieder  auf  „eine  grössere  Ro- 
thang als  bei  der  chronisch -yerlanfenden  Langen- 
seache^'  nachdrncklich  hingewiesen,  and  weiter  gesagt:  jfiBM 
Marmorirte  zeigte  eine  Farbe  von  Rothgelb  nnd  Brenn,  jedoch 
wie  schon  gesagt,  war  die  Rothe  vorherrschend." 

Jedoch  mag  dieses  Sjmptom  der  rothlichen  Interstitien 
nar  bei  aeatem  VerJaafe  der  Krankheit  vorhanden  sein,  wie 
nachstehender,  jangst  von  mir  beobachteter  Fall  so  beweisen 
scheint. 

Am  31.  Mars  1.  J.  hatte  ich  in  Fischbach  eine  Obdaction 
an  einer  6jahrigeo,  seit  6  Wochen  kranken  Knh  sa  machen, 
die  ich  am  9.  Mars  einmal  cn  antersachen  Gelegenheit  gehabt 
hatte.  Ansknltatioo  nnd  Percnssion  ergaben  wohl  in  beiden 
Langen  Abnormitäten,  die  ich  auf  Bronchitis  von  anvorsichti- 
gem  Einschatten  bezieben  masste,  nicht  aof  Langenseache  den- 
ten  konnte. 

Der  genauere  Befand  ist  mir  nicht  mehr  erinnerlich.  Das 
Uebel  hatte  anter  allmahliger  Verschlimmernng  snm  Tode  ge- 
führt. Der  Eigenthümer  erkannte  an,  dass  die  arspränglich  an- 
scheinend anf  Erkaltang  (hier  Rothlaof  genannt)  bernhende 
Krankheit  gleich  nach  dem  Einschütten  eines  Haasmittels  sich 
yerschlimmert  habe. 

Die  Section  erstreckte  sich  anf  die  24  Standen  vorher  viel- 
fach zerschnittenen  Longen,  Herz  and  Magen,  da  das  Uebrige 
des  Cadavers  bereits  vergraben  war.  Der  Wasenmeister  hatte 
nämlich  bei  Eroffnang  desselben  ans  dem  Langenbefande    Ver- 


64  Hey  er  y  6  Fragen 

daeht  aaf  L,  ••  gefoh5pftt  weshalb  ieh  telegraphisch  dam  ge- 
rafen  ward« 

In  der  Brasthohle  tollen  sieh  1}  Eimer  klaren,  gelbliehen 
Serams  Torgefanden  haben,  ohne  8pnr  plastiicher  Eztndate, 
Die  Lnngenpleara  war  aach  durchaus  glatt  and  normal.  Beide 
Langen  waren  in  allen  Theilen  yergrossert,  an  einielnen  klei- 
nen Stellen  aach  luftleer,  im  Wasser  sinkend,  die  Interstitien 
gelblich  weiss,  mehrentheils  nur  1  Mm.  breit,  fester,  die 
Lobali  hochroth,  sowohl  die  vollständig  Inffcleeren,  wie  auch 
die  noch  etwas  laftbaltigen.  Stellenweise  fohlte  sich  die  Lunge 
knotig  an,  wie  von  Tuberkeln  dnrchsetst  und  auf  diesen  festern 
Stellen  liess  sich  das  Lungengewebe  elastisch  yerschieben,  wenn 
auch  nicht  mit  der  Nachgiebigkeit,  wie  gesundes  Gewebe. 

Beim  Durchschnitte  erwiesen  sich  diese  Knoten  als  star- 
ker yerdickte,  bis  au  3  bis  4  Mm.  breite  Interstitien  yon  be- 
deutenderer Resistens,  eine  sternförmige  Figur  bildend,  indem 
die  Ton  einem  breitesten  Punckte  ausgehenden  Ramificationen 
sich  verschmälerten.  Ein  solcher  Knoten  liess  beim  Durch- 
schneiden einige  Nadelkopfgrosse,  gelbliche,  Tuberkeln  ahnliche 
Punkte  erkennen.  Trombose  der  Gef&sse  oder  Bronchien,  Ne- 
krose des  Lungengewebes,  erweiterte  LymphgeHUse  in  den  In- 
terstitien, Bronchectasien,  waren  nicht  anfiufinden. 

Das  Hers  war  schlaff,  ausgedehnt,  in  beiden  Kammern 
gleich  dunkle,  fast  schwarse,  lockere  Goagula  enthaltend,  das 
Endocardium  wie  die  Intima  der  grossen  Gefassstamme  aeig- 
ten  starke,  dunkle  Imbibitionsrothe ,  die  Klappen  waren  nor- 
mal. 

Im  Magen  war  das  Epithel  leicht  abstreifbar,  die  Schleim- 
haut punktförmig  gerothet,  besonders  an  den  Blattern  des  Psal- 
ters, dessen  Inhalt  trocken  erschien. 

Obgleich  mir  dieser  Befund  nicht  in  allen  Theilen  seinem 
ursachlichen  Zusammenhange  nach  klar  ward,  nahm  ich  doch 
nicht  L.  s.  "als  Oausalmoment  an,  mich  stutsend,  1.  auf  die 
Abwesenheit  jeder  Spur  von  plastischen  Exsudaten  auf  der  freien 


aber  Lungenfeiiehe.  6^ 

Plearaflache,  bei  Torgefondener  bedeotender  Ergieaenng  in  die 
Pleurasäcke;  2.  auf  die  Affection  beider  Langeoflagel in  ihrer 
ganxen  Aasdehnang,  während  der  L*  s.  Process  immer  nur 
einen  Lungenflagel,  oder  doch  nur  einzelne  Theile  beider  be* 
fallt,  wahrend  andere  Theile  ganslich  frei  gefanden  werden. 

3«  Anf  das  Fehlen  der  Gefassthrombose  und  zugleich  der 
Nekrose  in  der  Lange»  die  bei  dem  todtlichen  Ausgange  des 
Uebels  und  der  Aasdehnnng  der  Lungenaffection  bei  der  L.  s. 
wohl  sicher  erfolgt  wäre. 

4,  War  keine  Infection  nachweisbar,  und  bei  den  2  an- 
dern RindTiehstncken  des  Stalles  keine  Krankheitsspur  aufiu- 
finden. 

Auf  diesen  Entscheidongsgrnnd  legte  ich  jedoch  wenig  Ge- 
wicht, da  ein  Jahr  zuvor  die  Seuche  zwar  nicht  in  diesemr, 
aber  doch  in  3  umliegenden  Orten  aufgetreten  war.  Bei  den 
übrigen  Stucken  konnte  dieselbe  aus  dem  occnlten  Stadium  in 
Genesung  ausgegangen  sein,  oder  auch  spater  noch  ausbrechen, 
was  jedoch  nicht  geschehen   ist. 

Andere  Falle  von  Lungenentzündung    bei    Rindvieh    finde 

ich  in  einem   Auszage   im    Jahre     1867    des    „Thierarzt'     von 

Anaker  aus  dem  Aufsätze  von  Dr.  Damman  im  schlesischen 

Landwirth,  den  Mittheilungen    aus  der  thierärztlicben  Praxis  in 

Churhessen  entnommen,  wodurch  theils  z.  B.  von  Herrn  Kreis- 

thiorarzt    Eberhardt    nur    nachzuweisen    gesucht    wird,  dass 

überhaupt    acute  Lungenentzündungen    ohne  L.    s.    beim  Rind* 

vieh  vorkommen,  was  meines  Wissens  Niemand  ganz  in  Abrede 

stellte. 

> 
Lungenentzündungen  vom  Eindringen    fremder    Körper   in 

die  Lungen  beim  unvorsichtigen  Einschütten  von  Arzneien  habe 

ich  öfters  beobachtet,  fand  aber  obdnctionel    ausser    dem    vor- 

stehenden  Falle  wohl  bedeutende    Vergrosserung    der  Lungen, 

aber  keine  marmorirte  Hepatisation,  sonder  viele  spindelförmige 

Bronchectasien. 

Kreisthierarzt  Schmelz  will  L.  s.    und  Lungenentzündung 

Hag.  t  Tlii«rheilk.  ZXXYL    1.  5 


-    I 


66  Mfijer.  5  Frage» 

sogleich  in  eineip  und  demselbeD  Stalle  beobachtet  haben,  wo- 
bei ^ei^ger  der  Sectionsbefand  wiq  die  Symptome  im  Leben 
besonders  die  Falten  an  den  Aogen  die  Unterscheidang  ermög- 
licht haben  sollen. 

Ich  mnss  aufrichtig  gestehen,  dass  mir  diese  DiagQOse  fast 
sn  fein  erscheint.  Die  erwähnten  Angenliedfalten  habe  ich  bei 
ziemlich  vielen  L.  s,  Patienten  anfmericsam  gesacht,  aber  in  kei- 
nem Falle  SO  entschieden  gefunden,  dass  ich  darauf  meine  Dia- 
gnose stntsen  konnte. 

Auch  die  übrigen  Symptome  bei  lebenden  Thieren  halte 
ich  nicht  in  jedem  Falle  für  entscheidend.  Ich  habe  auch 
Falle  gesehen,  (cf.  meine  kl.  Bemerkg«  Mag.  B.  32,  S.  313),  wo 
anscheinend  nach  Einwirkung  von  Erkaltung  ohne  Vorboten 
plötzlich  eine  acute  Brustentzündung  auftrat  die  sich  doch  ent- 
schieden als  L.  s.  auswies. 

Wenn  im  beginnenden  occulten  Stadium  der  L.  s.  eine  Er- 
kaltung einwirkt,  so  wird  dieselbe  dadurch  rasch  zum  fieber- 
haften Stadium  gesteigert,  und  solche  Falle  führen,  wie  1.  c. 
bewiesen,  leicht  zu  Verwechselnngen.  Dass  hier  die  physika- 
lische Untersuchung  der  Brusthohle  in  jedem  Falle  entscheidend 
sei,  kann  ich  ebenfalls  nicht  annehmen.  Tief  in  der  Lunge  lie- 
gende Infectionsknoten  sind  nicht  zu  ermitteln,  ui|d  eine  Lun- 
genentzündung mit  Ausgang  in  Hepatisation  ist  meiner  lieber- 
Zeugung  zu  Folge  nicht  unter  allen  Umstanden  durch  Auskul- 
tation und  Percussion  too  der  L.  s.  zu  uuterscheiden.  Wenn 
Herr  D.  seine  Diagnose  durch  die  Nichtcontagiositat  bestätigt 
fand,  so  mochte  ich  fragen,  ob  diese  durch  Obduction  an  den 
Gohabitanten  erwiesen  ward.  Es  ist  hierbei  immer  von  Neuem 
auf  die  häufigen  Genesungen  aus  dem  occulten  Stadium  Rück- 
sicht zu  nehmen,  vermöge  welcher  die  L.  s.  sehr  wohl  durch 
einen  Stall  gehen  kann,  ohne  entdeckt  werden  zu  können. 

Wie  ans  allen  diesen  Beobachtungen  hervorgeht,  scheint 
es  keinem  Zweifel  zu  unterliegen,  dass  auch  beim  Rindvieh  eine 
Lungenentzündung  vorkommen,  unabhängig  sowohl   von  mecha- 


über  Lnngenseiielu  67 

Disehen  Ursachen,  wie  tod  L.  •,  Dieselbe  scheint  aber  nicht 
in  allen  Fallen  marmorirte  Hepatisation  in  eriea- 
gen,  indem  mehrere  Falle  beobachtet  worden,  wo  Hepatisation 
ohne  solche  Marmorirang  gefanden  ward.  Die  Umstände  nnd 
Bedingungen  aber,  Yon  welchen  diese  Verschiedenheiten  abhan- 
gig sein  mögen,  scheinen  noch  keineswegs  erairt  an  sein.  Von 
der  darch  Hrn.  Professor  Klebs  in  Bern  in  Virchow's  Archiv 
B«  38  S.  327  hervorgehobenen  Mischung  einfacher  und  embo- 
^ischer  Pnenmonie  scheint  der  Unterschied  schon  deshalb  nicht 
herrühren  za  können,  weil  die  Marmorirnng  schon  in  den  ersten 
nnssgrossen  Infectionsknoten  deutlich  hervortritt,  die  doch  wohl 
nicht  von  Embolie  herzuleiten  sein  mochten. 

Wo  die  marmorirte  Hepatisation  hervortritt,  erscheint  die 
Unterscheidung  von  L.  s.  noch  immer  unsicher. 

Das  von  Spin ola  hervorgehobene  Unterscheidungsmerkmal 
der  verschiedenen  Färbung  etc.  nach  dem  Alter,  ist  nach  mei- 
ner Erfahrung  nicht  immer  hervortretend,  und  soll  nach  Pauli 
(Mag,  B,  31  S.  204),  wenn  auch  vorbanden,  nicht  durchaus 
massgebend  sein,  da  es  bei  jeder  chronisch  verlaufenden  pneu- 
monischen Hepatisation  auftreten  könne. 

Das  vom  Professor  Fnrstenberg  Aufgestellte  ist  nach 
meiner  vorstehenden  Ausführung  als  werthlos  zu  erachten. 

Das  von  mir  nachstehend  Hervorgehobene,  die  Sequester- 
bildnng  ist  nicht  constant  vorhanden,  und  so  ist  es  noch  immer 
möglich,  dass  eine  einzelne  Obduction  keine  vollständig  ge- 
sicherte Entscheidung  zulasst. 

Darum  aber  mit  Herrn  Obig  in  Straubing  (s«  Wochen- 
schrift von  Adam  1866  Nr.  24)  den  Se.ctionserscheinungen  bei 
dieser  Seuche  so  fast  allen  Werth  abzusprechen,  wie  er  das  in 
folgendem  Aphorism  thut,  ist  entschieden  zu  weit  gegangen. 

Derselbe  sagt  nämlich: 

„Beim  Rindvieh  ist  die  Diagnose  des  bösartigen  Kopfca- 
tarrhs,  der  Wuth,    der  Lungenseuche    und    der  Rinderpest    am 

6* 


68  Meyer,  5  Fragen 

Leben  der  Thiere  wohl  nicht  schwierig,  dagegen  an»  den  Sec- 
tionen  leicht  saverfehlen  oder  an  yer wechseln  eto/^ 

Hier  wird  also  die  Luogenseache  hinsichts  der  Unsicher- 
heit des  Sectionsbefundes  neben  die  Wuth  gestellt,  eine  Krank- 
heit, die  rein  nervös  fast  nur  negative  Sectionsdata  liefert,  wäh- 
rend kaam  eine  andere  Seache  so  palpable  Residuen  in  der 
Leiche  suracklasst,  wie  erstere.  Sie  ist  zwischen  2  Leidens- 
formen gestellt,  deren  pathologische  Prodacte  anf  Schleimhant- 
flachen ergossen  Excreten  beigemischt  and  so  ansgeschieden 
werden,  wahrend  sie  bei  dieser  Seache  in  das  Parenchjm  eines 
Organs  resp.  in  eine  geschlossene  Korperhohle  erfolgen. 

Fast  sollte  man  glauben,  es  sei  dem  Herrn  Verfasser  le- 
diglich om  Aufstellang  eines  Paradoxons  za  than  gewesen. 

Der  einzige  angezweifelte  Punkt  hinsichts  der  marmorirten 
Hepatisation  ist  der,  ob  dieselbe,  wie  bisher  angenommen,  Ei- 
genthomlichkeit  der  L*  s.  sei,  oder  ob  sie  in  seltenen  Fallen 
auch  bei  einer  sporadischen  Lungenentzündung  des  Rindes  ge- 
funden werde.  Dagegen  ist  allgemein  anerkannt,  dass  die 
Diagnose  der  L.  s.  aus  den  Symptomen  eines  lebenden  Patien- 
ten mitunter  ans  Unmögliche  gränze. 

Wenn  man  aber  die  bisher  gültigen  Sectionsdata,  so  wie 
die  Symptome  im  Leben  so'  ganz  verwirft,  dass  man  die  Seuche 
nicht  als  solche  anerkennt,  bevor  ihre  Ansteckungsfähigkeit  er- 
wiesen ist,  wie  Herr  Ereisthierarzt  Schütz  will  (s.  Mittbeilun- 
gen aus  der  thierärztl.  Praxis  im  preussischen  Staate  von  1867 
S.  72  und  73),  so  ist  es  vollends  aus  mit  dem  Kampfe  wieder 
dieselbe.  Denn  wie  die  Redaction  treffend  bemerkt,  machen  auch 
2  Fälle  noch  keine  Seuche,  da  dort,  wo  1  Fall  spontan  entste- 
hen konnte,  auch  2  oder  3  entstehen  können,  wenn  dieselben 
Bedingungen  auf  mehrere  Thiere  einwirkten,  und  wie  noch  hin- 
zuzufügen wäre,  ist  bei  dieser  Seuche  jenes  Princip  doppelt  ge- 
fährlich, weil  bei  derselben  so  sehr  oft  die  Mehrzahl  der  Thiere 
aus  dem  occulten  Stadium  genest  und  in  kleinern  Viehbestän- 
den gewohnlich  nur  1  oder  2  Stucke  deutlich  erkranken, 


aber  Langenaenche.  69 

Wenn  öberhanpt  der  Kampf  wider  die  L.  s.  fortgefetsi 
werden  soll,  and  ihn  aofsogeben,  hat  bis  jetst  noch  Niemand 
so  rathen  gewagt,  so  möchte  dringend  an  empfehlen  sein,  vor- 
laofig  noch  bis  an  nahern  Ermittelangen  fnr  gewohnlich  das 
Symptom  der  marmorirten  Hepatisation  als  Eigenthnmliohkeit 
der  L.  s.  ansnerkennen,  denn  lieber  noch  2  Mal  Sperre  ohne 
Senche,  als  1  Mal  Seache  ohne  Sperre. 


III. 

Ist  sogenannte  Seqaesterbildang  der  Lnngenseuche 

eigenthSmlich? 

Aas  Vorstehendem  ist  es  leider  klar  genug,  dass  wir  in 
der  Diagnose  der  Langenseache  noch  keineswegs  so  der  Sicher- 
heit gelangt  sind,  om,  wie  bislang  wohl  angenommen  war, 
(yon  Gerlach  z.  R.)  aas  einer  Obdootion  anter  allen  Umstan- 
den aber  die  Gegenwart  der  Seache  entscheiden  sa  können.  Es 
mass  daher  höchst  wonschenswerth  erscheinen,  noch  anderwei- 
tige sichere  Kennzeichen  dieser  Seuche  zu   finden. 

Im  Falle  sich  nnn  herausstellen  sollte,  dass  die  Seqaester- 
bildang in  der  Lange  in  gewisser  Weise  Eigenthamlichkeit  die- 
ser Seache  sei,  so  würde  dadurch  in  vielen  Fallen,  besonders 
hei  im  Genesungsstadium  obducirten  Tbieren,  die  Diagnose  we- 
sentlich erleichtert  und  gesichert  erscheinen» 

Freilich  tritt  die  Nekrose  in  der  Longe  und  in  deren  Folge 
die  s.  g.  Sequesterbildung  auch  bei  der  Lungenseuche  nicht 
immer  ein,  aber  bei  einigermassen  hochgradiger  Erkrankung, 
selbst  dann  noch,  wenn  dieselbe  ohne  deutliches  Fieber  über- 
standen ward,  fand  ich  dieselbe  in  grosserem  oder  geringerem 
Maasse  yor. 

Wenngleioh  diese  Nekrose  als  Folge  der  Circulationshem- 
mung  in  dem  hepatisirten  Lungentheile  auch  bei  jeder  andern 
derartigen  Hemmung  eintreten  muss,  und  deshalb  nicht  a  priore 


70  Mejer,  6  Fragen 

als  Eigen thnmlichkeit  dieser  Seache  erachtet  werden  kann,  so 
ist  sie  doch  meines  Wissens  bei  einer  andern  Lnngenkrankheit 
des  Rindes  noch  nicht  nachgewiesen  worden.  Da  nun  jeoe 
caasale  Circnlationshemmang,  die  Thrombose  der  Arterien  (and 
Venen)  von  den  meisten  Autoren  der  L.  s.  'als  Eigenthnmlich- 
keit  zngeschrieben  wird,  so  ist  es  wahrscheinlich,  dass  anch 
jene  Sequesterbildung  nur  dieser  Seache,  nicht  aber  einer  spo- 
radischen Langenentzandang  eigen  sei* 

Weil  aach  bekanntlich  die  Impfgeschwulste  bei  der  L.  s. 
Impfang  so  sehr  leicht  nekrotisch  werden,  selbst  an  Korperthei- 
len,  wo  nicht,  wie  an  der  Schwanzspitze,  Einengang  darch  die 
Haat  stattfindet,  wie  am  den  After,  auf  der  Krappe  etc.,  weil 
deren  Analogie  mit  der  Langendesorganisation  durch  den  Nach- 
weis, dass  dieselben  einestheils  wesentlich  imMuskelbindegewebe, 
entsprechend  den  Lnngeninterstitien,  sich  bilde,  anderntheils  eben- 
falls leicht  za  Gefassthrombosen  fähren,  so  wird  hierdurch  indirekt 
wahrscheiolich  gemacht,  dass  jene  Sequesterbildung  der  L.  s. 
vor  andern  Lungeuleiden  eigen  sein  müsse.  Ein  fernerer  Grund 
noch,  weshalb  diese  Sequester  nur  bei  der'L.  s.  gefunden  wer- 
den, mochte  darauf  beruhen,  dass  die  Infection  hierbei  von 
einem  oder  wenigen  kleinen  Paukten  ausgeht  (Infec- 
tionsknoten)  und  selten  ein  ganzer  Lungenflügel,  fast  nie  beide 
zugleich  leiden,  wahrend  die  Ursachen  sonstiger  Lungenentzün- 
dung mehr  allgemein  auf  das  ganze  Organ  einwirken. 

Bei  dem  mehr  localen  Erankheitsprocess  der  L.  s.  ist  die 
Begrenzung  der  Nekrose  in  der  Lunge  und  Lebenserhaltung 
offenbar  eher  möglich,  als  bei  ausgebreiteter  Lungenentzündung. 
In  wiefern  die  Eigenthumlichkeit  des  L. .  s.  Processes  sonst  noch 
von  Einfluss  auf  Bildung  und  Verlauf  der  Sequester  sein  möge 
(von  der  Gefässthrombose  abgesehen),  muss  ich  vorlaufig  dahin- 
gestellt sein  lassen. 


aber  Lnngenseucbe.  71 

IV. 

Hort  mit   der  BinkapselaDg   der  Sequester  die  Gon- 

tagiamentwickeloDg  aaf? 

In  mebreren  Handbüchern  (Gerlacb,  Spinolaetc.)  fin. 
det  man  die  Angabe,  dass  nach  Ueberstehnng  der  L.  8.  das  ge- 
nesene Vieh  nnr  nocb  so  lange  Contagiam  entwickele  und  als 
Verscblepper  der  Seocbe  wirken  könne,  bis  die  nekrotisirten 
Lungentheile  eingekapselt  worden  seien. 

Es  ist  dieses  eine  Annahme,  fnr  welche  mir  keine  Beweise 
bekannt  geworden  sind,  und  die  ich  far  unrichtig  halte,  die 
aber  einen  sehr  unheilvollen  Einfluss  auf  die  veterinarpolizei- 
tichen  Maassregeln  ausgeübt  zu  haben  scheint,  indem  im  Ver* 
trauen  darauf,  die  Bestimmung  in  Preussen,  Baiern  etc.  getrof- 
fen sein  mochte,  dass  schon  2  Monate  nach  dem  letzten  deut- 
lichen Krankheitsfälle  die  Sperre  aufgehoben  wird,  eine  Bestim- 
mung, die  meiner  Ueberzeugung  naeh  die  Hauptursache  der 
Fruchtlosigkeit  des  bisherigen  Kampfes  mit  der  L.  s.  bildet. 
(Man  sehe  dieserhalb  meine  Aufsatze  in  der  Wochenschrift  von 
Adam  für  1S68  S.   110  und  235.) 

Die  Einkapselung  des  nekrotischen  Lungentheiles  k4nn  ich 
im  lebenden  Korper  nicht  für  der  Art  hermetisch  erachten,  dass 
dadurch  das  Contagium  vom  Blutstrome  abgeschlossen  Wird, 
da  es  doch  bekannt  ist,  dass  auch  der  eingekapselte  Sequester 
fortdauernder  Resorption  durch  die  Blutzirculation  in  den  Wan- 
dungen der  Kapsel  unterliegt,  und  somit  immerwahrend,  so 
lange  der  abgestorbene  Lungöntheil  nicht  gänzlich  verzehrt 
oder  doch  der  Rest  verkalkt  ist,  von  dem  kranken  Stoffe  ins 
Blut  aufgenommen  wird. 

Es  scheint  demnach  die  Annahme  keinem  Zweifel  zu  'un- 
terliegen, dass  eben  so  lange  auch  die  Contagiumentwickelung, 
wenngleich  vielleicht  in  abnehmendem  Maasse^  in  dem  Recon- 
valescenten  stattfinden  müsse,  bis  jene  Resorption  ihr  Ende  er- 
reicht hat. 


72  Meyer,  Ö  Fragen 

Nor  80  ist  es  mir  auch  erklärbar,  dass  dareh  derartige 
Stacke  selbst  nach  18  Monaten  noch  Infection  erfolgen  konnte, 
wie  in  einseinen  Fallen  oonstatirt  worden  ist.  Dass  in  diesen 
Fallen  ein  offener  Bronchns  Commanication  der  Laft  mit  dem 
Sequester  unterhalten  habe  and  aaf  diesem  Wege  das  Conta- 
giam  entwichen  sei,  scheint  mir  yiel  weniger  wahrscheinlieh,  da 
die  Kapseln  i.  d.  R.  geschlossen  and  die  Bronchien  mit  Exsu- 
daten gefallt  gefunden  werden. 

Und  bei  der  neuerlich  aufgefundenen  Pilzbildung  in  der  L. 
8^  sowie  bei  der  Entdeckung,  dass  das  Blutserum  bei  Impfun- 
gen dieselbe  Wirkang  zeige,  wie  die  Ljmpfe  aus  den  kranken 
Langen,  ist  die  Annahme  wohl  vollstäodig  gerechtfertigt,  dass 
das  Gontagium  fein  genug  sei,  um  durch  die  Blutgefässe  zu  ge- 
hen und  zu  seiner  Entweichung  aus  dem  nekrotisirten  Lungen- 
theile  keines  offenen  Bronchus  zu  bedürfen.  Auch  erscheint  es 
nicht  wahrscheinlich,  dass  die  Spuren  an  dem  freilich  noch 
e^was  dubiosen,  jungst  von  Hrn.  Professor  Her  ms  in  Hannover 
entdeckten  L.  s.  Pilze  in  der  Weise  gebildet  werden,  dass  sie 
<^en  Weg  eines  offenen  Bronchus  als  Aasgangspforte  benutzen 
mnssten  wie  etwa  diejenigen  des  Lycoperdon  Bovist a. 
^  Wenn  demnach  wahrend  der  Resorption  von  Sequestern 
fortdauernde  Aufnahme  von  Erankheitsstoffen  ins  Blut  stattfin- 
det, so  ist  wahrend  dessen  auch  die  Contagiument Wickelung 
l^aum  zu  bezweifeln. 

Diese  Annahme  mochte  vollständig  bestätigt  erscheinen 
d^urch  die  in  manchen  Fällen  über  ein  Jahr  sich  hinziehende 
(J/ontagiumbildung  nach  überstandener  Krankheit, 
p  Denn  die  nicht  nekrotisirte  Ergiessnng  in  die  Lunge  wird 
so  rasch  wieder  resorbirt,  dass  2  Monate  nach  dem  Acme  der 
Krankheit  jede  Spar  derselben  bis  auf  geringe  Hypertrophie 
der  Interstitien  verschwunden  zu  sein  pflegt,  daher  alsdann  auch 
vollständige  Genesung  and  somit  erloschene  Contagiumbildung 
anzunehmen  ist.  Nur  durch  die  Verzogerang  der  Resorption 
in  Folge  der  Sequesterbildung  ist  eine  so  lang  dauernde  Con- 


aber  Lmigensenche.  7B 

tagiamentwickelang  in  genesenen  Indmdaen  erklärbar,  nnd  also 
wird  anch  nor  dadurch  jene  oben  erwähnte  Anordnung,  dass  2 
resp.  3  Monate  nach  der  letzten  dentlicben  Erkrankung  die 
Sperre  aufgehoben  wird,  in  ihrer  Wirkung  so  nachtheilig,  wie 
das  oben  schon  ausgeführt  ward. 

In  Betreff  der  Frage  übrigens,  die  hier  nicht  ohne  Berech- 
tigung sein  durfte,  ob  dieser  L.  s.-Pils,  der  doch  offenbar  die 
Bedingungen  seiner  Bildung  in  den  lebenden  thierischen  Thei- 
len  findet,  auch  in  den  nekrotisirten  Theilen  und  swar  Monate 
lang  fortvegetiren  könne,  habe  ich  lediglich  auf  die  constatirte 
Thatsache  hinzuweisen,  dass  die  Contagiumentwickelung  sich  in 
Reconyalescenten  12  bis  18  Monete  erhalten  kann,  und  dass 
dieselbe  nicht  wohl  anders  zu  erklaren  sein  mochte,  als  durch 
die  im  Sequester  erhaltenen  Erankheitsstoffe, 


V, 
Wie    ist   die  Lungenseuche   zu  tilgen? 

Seit  einem  halben  Jahrhundert  reichlich  dauert  nun  bereits 
unser  Kampf  mit  der  Lnngenseuche  und  ist  im  Grossen  und 
Ganzen  fruchtlos  gewesen« 

Wenn  auch  im  Einzelnen  hier  und  da  die  Seuche  getilgt 
ward,  so  hat  sie  doch  trotz  allen  Maassregeln  ihr  Herrschge- 
biet von  Jahrzehnt  zu  Jahrzehnt  stetig  erweitert,  und  mit  ihrer 
vor  wenigen  Jahren  erfolgten  Uebersiedelung  nach  Afrika  und 
Australien  hat  sie  alle  Erdtheile  eingenommen  und  gleichsam 
ihre  kosmopolitische  Natur  bewiesen.  Sie  hat  sich  io  einzelnen 
Landern  so  ausgebreitet,  dass  man  auf  dem  Punkte  steht,  sich 
besiegt  zu  erklaren,  und  ihre  Unvertilgbarkeit   anzuerkennen/) 


*)  Man  sehe  Magazin  f.  Thierhkde,  Bd.  28,  S.  148  u.  ff.,  wo 
Herr  Profefisor  KöLne  sie  mit  dem  Unkraut  vergleicht,  das  ebenfalls 
anvertilgbar  dennoch  fort  und  fort  bekämpft  werden  müsse.    Ein  etwas 


74  Meyer,   5  Fimgen 

Sehen  wir  ods  nach  der  Ursache  dieser  traürigeo  Sachlage 
um,  80  werden  sich  hoffentlich  aoch  die  Mittel  aar  Abstellang 
derselben  finden  lassen. 

Die  Ursache  des  Misserfolges  des  bisherigen  Kampfes  mit 
dieser  Seoche  liegt  einfach  darin,  dass  man  die  Tilgongs- 
maassregeln  nicht  der  Nator  derselben  anpasste, 
and  dieses  geschah  deshalb  nicht,  weil  man  noch  immer 
nicht  anerkannt,  man  habe  es  mit  einer  Contagion 
XU  thnn. 

Der  protrahirte  und  versteckte  Verlauf  dieser  Seuche,  Ter- 
moge  welcher  sie  Monate  nnd  selbst  Jahre  lang  onerkenubar 
fortscbleichen  kann,  erfordert  entweder  eine  grosse  Gründlich- 
keit und  dadurch  Kostspieligkeit  der  Tilgangsmaassregein,  oder 
andererseits  eine  aasserordentliche  Beharrlichkeit  and  Aasdaaer 
in  der  Anwendung  weniger  energischer  Mittel. 

Zu  dem  Einen  oder  dem  Anderen  kann  man  sich  aber 
nicht  entscbliessen,  weil  die  Maassregeln  meistens  an  dem  Ge- 
danken kränkeln  die  Seuche  könne  sich  auch  einmal  spontan 
entwickeln,  und  dann  sei  der  Aufwand  Tielleicht  nutzlos  oder 
es  könne  auch  einmal  gelingen,  die  Tilgung  mit  palliativen 
Mitteln  zu  erreichen,  in  welchem  Falle  es  unnothig  erscheine, 
eine  kostspielige  Radicalcur  ansuwenden. 

Es  ist  auch  nicht  in  Abrede  zu  stellen,  dass  es  in  vielen 
Fallen  gelang,  bei  Stall-  oder  Ortssperre  in  wenigen  Monaten 
die  Seuche  austoben  zu  lassen,  ohne  weitere  Verbreitung  der- 
selben zu  gewähren,  selbst  dann,  wenn  man,  wie  in  Preussen 
und  Baiern  gesetzlich  geschieht,  diese  Sperre  2  oder  3  Monate 
nach  dem  letzten  deutlichen  Krankheitsfalle  wieder  aufbob,  so 
wenig  dieses  Verfahren  der  Natur  der  Seuche  auch  entspricht. 
Aber  dass  bei  diesem  Verfahren  dieselbe,    wenn  auch  an  einer 


hinkender  Vergleich !  —  I  Der  Unkrautsaamen  wächst  stets  auf  dem- 
selben Boden  wieder,  während  der  Saamen  der  L.  s.  zu  jeder  Kei- 
mung neuen  Bodens  bedarf,  weshalb  es  nur  erforderlich  ist,  diesen  zu 
versagen,  um  sie  ganz  von  selbst  erlöschen  zu  sehen. 


über  Lnngeiiseaehe.  75 

Stelle  scheinbar  getilgt,  an  andern  wieder  ansbrach,  and  sie 
so  immer  tiefer  einwurzelte  and  schliesslich  sich  so  yerbreitete, 
wie  das  in  allen  Landern,  die  ähnliche  mangelhafte  Maassre- 
geln anwendeten,  gegenwartig  der  Fall  ist,  sollte  wohl  genü- 
gen, am  diese  halben  Maassregeln  ganslich  aar  Verwerfung  so 
bringen.  Sie  haben  «ich  nirgends  bewährt,  and  nnr  solche 
Länder  sind,  wenn  aach  natürlich  nicht  vor  der  Verschleppung, 
so  doch  Tor  der  Ausbreitung  der  Seuche  geschützt  geblieben, 
die  ernstliche  Tilgungsmaassregeln  dagegen  anwendeten.  Es 
mag  iweckmässsig  erscheinen ,  diesen  Satz  mit  einigen  Beispie- 
len zu  illustriren. 

In  Preussen  zuvorderst,  wo  zwar  nach  dem  Viehseuchen- 
patente  von  1803  schon  vorgeschrieben  ist,  dass  alles  langen- 
seuche- kranke  Vieh  mit  LK  gebrannt  werden  solle,  welche 
Vorschrift  insofern  ganz  ungenügend  erscheint,  als  sie  nicht 
auf  das  verdächtige  mit  hrankem  zusammenlebende  Vieh  er- 
streckt ward,  ist  auch  diese  mangelhafte  Maassregel  seit  lange 
in  den  meisten  Landestheilen  ausser  Anwendung  gekommer) 
ohne  anscheinend  formlich  aufgehoben  zu  sein.  Eine  vielleich 
auch  erst  noch  sehr  mangelhaft  gehandhabte  Stall-  oder  Orts- 
sperre, die  8  resp,  12  Wochen  ilach  dem  letzen  offenbar  wer- 
denden Krankheitsfalle  wieder  aufgehoben  wird,  ist  die  wesent- 
liche dortige  Maassregel.  Bekanntlich  ist  denn  auch  diese 
Seuche  über  alle  alten  Provinzen  des  prenssischen  Staates  ver- 
breitet, und  in  manchen  so  eingewurzelt,  dass  man  hier  und 
da  an  der  Tilgbarkeit  derselben  verzweifelt. 

In  Oesterreicb,  Baiern,  Würtemberg,  Baden  etc.  sind  die 
Maassregeln  nicht  besser,  und  in  allen  diesen  Staaten  wird  der 
Viehstand  arg  von  dieser  Seuche  heimgeBucbt.  Sie  greift 
dort  alljährlich  weiter  um  sich,  und  beweist  dadurch  zur  Eyi- 
denz,  dass  die  angewandten  Maassregeln  vollständig  ungenü- 
gend sind. 

In  den  wenigen  Ländern  dagegen,  wo  man  von  jeher  gründ- 
liche Tilgangsmaaasregeln  anwendete,  indem  man  mit  dem  krau- 


76  Meyer,  5  Fragen 

ken  auch  die  ADseheiDend  gesooden  Tbiere,  die  dnrch  B«y|p))f^ 
raog  mit  erstem  Terdiehtig  geworden,  yertilg^,  wie  in  Ostfrie^^, 
Und,  Oldenburg,  Scbleswig,  Holstein,  Mecklenburg  etc.  ist  di^ 
Sencbe  nicbt  einbeimisch  geworden.  Dort  findet  keine  anscbei-^ 
nende  Selbstentwickelang  statt,  nnd  nur  die  baofige  Einscblep- 
pang  ans  andern  ProVinsen  iwingt  sie,  stets  aaf  der  Hat  la 
sein.  Ob  es  den  bisber  seacbenfreien,  jetst  preassiseben  Pro- 
Tinsen  Ostfriesland,  Scbleswig-Holstein  etc.  aacb  fortan  gelin- 
gen wird,  den  bisberigen  Kampf  siegreicb  an  kämpfen,  mass 
die  Zeit  lebren.  Mit  den  im  übrigen  Prenssen  gebrfiocblicben 
Maassregeln  wird  die  Sencbe  sieber  ibre  Herrscbaft  bald  über 
jene  Gebiete  ausdebnen.  Aber  Ostfriesland  bat  sein  eigenes 
provinzielles  Seucbengesetz,  nnd  wird  es  boffentlicb  bebalten,  da 
es  die  Tilgnngskosten  ans  dem  SSckel  der  Viebbesitser  scbopft, 
and  somit  die  Landeskasse  nicbt  in  Ansprucb  nimmt.  Das  Her- 
zogtbam  Oldeobarg  wird  alsdann  docb  nocb  eine  gescbütste 
Seite  behalten. 

Gegen  diese  verkümmerte  nnd  verkräppelte  Seacbenord- 
uung,  die  io  Baiern,  Wurtemberg  etc.  neuerdings  aufgewärmt 
worden  ist,  habe  icb  in  der  Wocbenschrift  far  Tbierbeilkunde 
von  Adam  Jahrg.  1868  Nr.  14  und  30  schon  meine  schwache 
Stimme  erhoben ;  gegen  sie  werde  ich  auch  ferner  kämpfen  und 
hoffe  auf  endlichen  Sieg.     Gutta  cavat  lapidem. 

Ich  glaube  nämlich,  selbst  auf  die  Gefahr  hin,  von  Kohne 
zu  den  extremen  Köpfen  geworfen  zu  werden,  die  über 
das  Ziel  hinansschiessen,  an  die  Eigenschaft  äer  L.  s.  als  reine 
Contagion  für  Deutschland  und  Mitteleuropa  und  die  west- 
lich gelegenen  Erdtbeiie,  und  daher  kann  ich  nicht  von  der 
Ueberzeugung  lassen,  dass  der  Natur  der  Seuchen  ent- 
sprechende Maassregeln  gut  gehandhabt  die  Til- 
gung derselben  zur  Folge  haben  müssen. 

Aber  lacherlich  ist  es  mir,  solche  Tilgung  von  den  ange- 
gebenen bisherigen  preussischen  etc.  Maassregeln  zu  gewarti- 
gen, wobei  man  das  durcbgcseuchte     Vieh    in     einer    Zeit,    zu 


aber  Lnngenseiiehe.  77 

welcher  sicher  noch  ein  grosser  Theil  desselben  Contagiam  ent- 
wickelt, gleichsam  mit  einem  polizeilichen  Freipssse  versieht, 
anscheinend  aus  Vorsorge,  damit  die  Seoohe  nicht  aassterbe. 

Waaderbar  scheint  mir  nar,  dass  man  sich  dabei  noch  won- 
dert,  wenn  sie  sich  alljährlich  weiter  aasbreitet« 

Wenn  diese   mangelhaften  Maassregeln  dann  auch  noch  so 
nnvollkommen  gehandhabt  werden,  wie  das    in  Wärtemberg   i, 
B.  der  Fall  sa  sein  scheint,  (man  sehe  Repert.  B.  25  S.   13  a 
f.),  so  müssen  sie  bei  ihrer  Halbheit  natzlos  bleiben. 

Die  Herren  Kohne  and  Adam  scheinen  Ton  der  Polizei 
allein  keine  Rettang  mehr  za  erwarten,  and  rafen  deshalb  die 
Jastiz  am  Mithälfe  an.  Sie  wollen  die  L.  s.  zar  Wurde  eines 
Gewiihrsmangels  erhoben  wissen,  and  Herr  Adam  will  schon 
bedeatende  Erfolge  davon  gesehen  haben,  dass  solches  seit 
10  Jahren  in  Baiern  geschehen  ist.  Meiner  Ansicht  nach  ist 
dieses  wohl  ein  brauchbares  und  nützliches  Hülfsmittel,  das 
aber  andere  entschiedene  Maassregeln  nicht  entbehrlich  macht. 
Seine  Wirkungslosigkeit  wird  sich  nach  einem  oder  2  Jahr- 
zehnten herausstellen.  Die  Seuche  wird  unterdess  noch  tiefer 
wurzeln,  und  die  demnachstige  Tilgung  noch  schwieriger  er- 
scheinen, wenn  jenes  Mittel  nicht  mit  andern  der  Natur  der- 
selben entsprechenden  Maassregeln  unterstützt  wird. 

Zwar  hat  die  L.  s.  wohl  alle  Eigenschaften  eines  Gewahrs- 
mangels  und  sollte  in  allen  Landern,  wo  nur  benannte  Gewahrs- 
mängel  gültig  sind,  als  solcher  aufgenommen  sein.  In  andern, 
wo  die  Normen  des  gemeinen  Rechts  gültig  sind,  ist  sie  es  von 
selbst.  Aber  diese  Aufnahme  kann  in  veterinarpolizeilicher 
Hinsicht  nur  wenig  nützen.  Denn  erstens  erkrankt  bekanntlich 
oft  gar  nicht  das  angekaufte  mit  der  L.  s.  behaftete  Stück 
selbst  in  deutlich  erkennbarem  Grade,  sondern  seine  von  ihm 
inficirten  Stallgenossen,  und  wenn  dieses  eintritt,  wird  in  der 
Regel  die  vorgeschlagene  Gewahrs-  oder  Verjährungsfrist  von 
30  bis  42  Tagen  abgelaufen  sein ,    was  auch  selbst  dann  nicht 


78  Mejer.  5  Fnc« 

selten  der  Fall  sein  wird,  weoD  aoeh  das  gekaofte  Stoek  i^bst 
erkrankt,  indem  die  IncobationMeit  jene  Frist  oft  übersteigt» 

Was  aber  aaeh  besonders  der  Wirksamkeit  dieser  Be- 
stimmong  Eintrag  thnn  mnss,  ist  zweitens  der  umstand,  dass 
die  Senche  ohne  Section  nicht  mit  der  nothigen  Sicherheit  sn 
bestimmen  ist.  Da  aber  der  Käufer  nicht  leicht  ein  Thier  tod- 
ten  lasst,  so  lange  es  Aussieht  anf  Genesung  gewihrt,  aof  die 
Gefahr  hin,  dass  anch  vielleicht  kein  Gewahrsfehler  gefanden 
werde,  so  kommt  das  Gesets  nnr  haoptsichlich  dann  sar  Gel- 
tang, wenn  ein  Stock  Vieh  innerhalb  der  Gewahrsfrist  ^It. 
Und  selbst  dann  noch  kann  anter  Umstanden  der  Zweifel  er- 
hoben werden,  ob  es  nicht  eine  acute  Lungenentsnndnng  mit 
Ausgang  in  marmorirte  Hepatisation  gewesen  sei,  was  den  Tod 
▼eranlasste.  In  forensischer  Hinsicht  mnss  Gewissheit  vorliegen, 
wenn  in  polizeilicher  Besiehang  auch  Wahrscheinlichkeit  genügt. 

Es  fehlt  bisher  also  in  vielen  Ländern  entschieden  an  voU- 
stäadig  der  Natur  dieser  Senche  entsprechenden  Maassregeln. 
Nur  von  solchen  ist  Schutz  gegen  das  Allgemeinwerden  der- 
selben sa  erwarten,  und  kann  man  sich  nicht  entschliessen, 
wie  bei  andern  Seuchen  auch  bei  dieser  die  Natur  derselben 
und  die  Eigenschaften  ihres  Contaginms  zur  Richtschur  für  die 
Einrichtungen  der  polizeilichen  Vorschriften  zu  machen,  so 
kann  man  aqch  die  bisherigen  halben  Maassregeln  nur  vollends 
fallen  lassen,  die  sich  längst  als  ungenügend  ausgewiesen  ha- 
ben ,  indem  trotz  denselben  sich  die  Senche  immer  weiter  aus- 
breitet, die  also  das  Publikum  nur  schädigen  und  belästigen, 
ohne  wirklich  wesentlich  zu  nützen. 

Es  ist  jetzt  dahin  gediehen,  dass  sich  die  Staatsregierun- 
gen die  Alternative  zu  stellen  haben,  entweder  die  L.  s.  all- 
gemein werden  zu  lassen,  oder  auf  ernstliche  Tilgung  dersel- 
ben Bedacht  zu  nehmen.  Die  Früchte  der  bisherigen  halben 
Maassregeln  liegen  klar  genug  vor.  Wer  in  dieser  Hinsicht 
noch  Zweifel  hegt,    sei  auf  die  citirten   Sätze  von  Adam  und 


ober  Lmigenseiiobe.  79 

Straab    im    Repertoriam    ond   Ton  K5hne  im  Magasio  ver- 
wiesen« 


Was  non  meine  Ansicht  hinsichts  der  an  treffenden  Til- 
gangsmaassregeln  betrifft,  so  ist  als  erster  Grandsatz  hierbei 
fest  zn  halten,  dass  die  L.  s.  ihrer  schleichender,  ver« 
kappten,  langwierigen  Natur  halber  jedes  Stack 
Vieh,  das  ihrer  aach  nur  verdachtig  wird,  zar  fer- 
neren Zacht  und  zar  Berahrang  mit  gesundem  Vieh 
für  immer  nntaaglich,  weil  gefährich,  gemacht  habe. 
Dieser  Grandsatz  mnss  alle  Maasregeln  beherrschen.  Denn 
wenn  es  gleich  aach  far  die  Reconvalescenten  dieser  Seache 
einen  Zeitpunkt  geben  wird,  wo  die  wirksame  Contagiambil- 
dnng  aufbort,  und  somit  die  freie  Verwendung  wieder  statt- 
haft erscheinen  würde,  so  ist  dieser  Zeitpunkt  erstens  zu  fern 
liegend,  indem  ja  selbst  18  Monate  nach  eingetretener  Recon- 
yalescenz  durch  solche  Thiere  Infcction  erfolgte ;  zweitens  sol- 
len bei  vorhandenen  Sequestern  in  den  Lungen  Recidive  der 
Seuche  in  demselben  Individuum  beobachtet  sein;  und  drittens 
kann  unter  den  blos  verdächtigen  nicht  offenbar  erkrankten  die 
Seuche  in  ihrer  schleichenden,  occulten  Weise  fortdauern  ohne 
erkannt  zu  werden ,  und  die  Thiere  können  in  dieser  Form 
die  weitere  Verschleppung  derselben  bedingen  *). 

In  den  Landestheilen ,  wo  die  Seuche  noch  weniger  ver- 
breitet   ist,    was    durchschnittlich    solche  sind,    wo  vorwiegend 


')  In  dem  hier  benachbarten  prenssischen  Orte  Rückweiler  im 
Kreise  St.  Wendel  brach  1867  die  L.  s.  aus.  Gemäss  der  dortigen 
Senchenordnnng  ward  die  Sperre  zwei  Mal  aufgehoben,  bevor  die 
Seuche  beendet  war.  In  Folge  meiner  Anzeige  wurde  dieselbe  zum 
2.  und  3.  Male  verhängt  und  bei  der  dritten  Sperranlage  riss  den 
£ingessen?n  endlich  dje  Geduld.  Die  betrieffendea  Viehbestände  wur- 
den auf  Gemeindekosten  angekauft  und.  vertilgt^  und  damit  erst  die 
Seuche  beendet. 


80  Mey^r,  6  Fngen 

ViehsQcht  getriebeo  wird,  und  Ansfiibr  besteht,  mochte  mei- 
Bteni  sofort  auf  groDdliche  Tilgung  hiniawirken  tein,  da- 
dorch,  dasB  die  loficirten  Yiehbestinde  getodtet  nnd  so  weit 
brauchbar  benatit  werden.  In  dieser  Weise  wurde  i.  B.  im 
ganien  linksrheinischen  deutschen  Lande  au  yerfahren  sein,  in- 
dem hier  allen  Nachrichten  snfolge  die  Seuche  nur  vereinzelt 
auftritt.  (Man  sehe  z.  B,  die  preussischen  Mittheilungen  aus 
den  Veterinarbericbten  von  Müller  und  Roloff.) 

In  solchen  Gegenden  nnd  Orten  resp.  Stallungen  aber, 
wo  die  Seuche  so  sehr  überhand  genommen  hat,  dass  die  au- 
genblickliche Tilgung  in  obiger  Weise  zu  kostspielig  erscheint, 
kann  eine  Vorbereitungszeit  gegeben  werden,  wahrend  welcher 
dadurch,  dass  alles  lungenseuche  krank  gewesene  Vieh 
nicht  allein,  sondern  auch  alles  durch  Berührung 
mit  solchem  der  Seuche  verdachtige  oder  deshalb 
geimpfte  Vieh  von  der  Zucht  und  dem  freien  Ver- 
kehre auf  immer  ausgeschlossen  und  bald  thunlichst 
zur  Schlachtbank  verwende.t  werde. 

Es  ist  zu  erwarten,  dass  die  Vorbereitungszeit  nur  in 
grossem  Brennereien  und  Zackersiedereien  etc.  erforderlich 
werden  wird  und  da  dieselben  mehr  oder  minder  geniren  wird, 
so  werden  die  Besitzer  schon  von  selbst  bestrebt  sein,  sie  thun- 
lichst abzukürzen.  Dieses  kann  in  der  Weise  geschehen,  dass 
das  neu  anzuschaflfende  Vieh  in  reine  Stallungen  gestellt  und 
die  Beseitigung  des  Verseuchten  beschleunigt  wird,  was  an- 
dern Falls  den  Umstanden  nach  anzuordnen  der  Behörde  im- 
mer zustehen  muss.  Wenn  freilich  in  grossem  viehreichen  Or- 
ten mit  vielen  verseuchten  Stallen  diese  Maasregel  durchge- 
führt werden  muss,  wird  die  Schwierigkeit  grosser  sein,  aber 
dass  ein  so  eingewurzeltes  üebel  mit  kleinen  Mitteln  zu  be- 
seitigen sei,  wird  kein  Vernünftiger  erwarten. 

Es  ist  durchaus  erforderlich,  dass  alles  oberwahnte  Vieh 
auf  immer  vom  freien  Verkehre  ausgeschlossen  werde,  da  man 
keine  Mittel  hat,    die    etwa  vollständig  genesenen    von  unvoll- 


fiber  Longeiiftafih«.  Sl 

ständig  geheilten  mit  Sicherheit  in  unterscheiden.  Nor  moch- 
ten allenfalls  rein  pracantional  geimpfte,  nicht  der  Infection  aus- 
gesetst  gewesene  Thiere  anssnnehmen  sein.  Um  dieses  au  sichern 
nnd  Defraaden  za  Terhnten,  kann  es  unter  Umstanden  noch 
empfehlenswerth  erscheinen,  solches  Vieh  sn  zeichnen.  Ein  Brand- 
seichen am  Home  ist  angenngend,  weil  es  dort  leicht  vertilgt  wer- 
den kann,  nnd  nicht  alles  Vieh  Homer  hat,  weshalb  ein  Brand 
auf  der  Haut,  etwa  ober  dem  Hnftgelenk,  erforderlich  ist. 

Ich  bin  nberseogt,  wäre  die  schon  in  dem  prenssischen 
Senchenedicte  von  1803  angeordnete  Maassregel  des  Brennens 
anf  alles  eben  erwähnte  Vieh  nnd  nicht  aof  das  offenbar  er- 
krankte eingeschränkt  nnd  angleich  cooseqoent  dorchgefalirt 
worden,  die  Seache  wäre  nicht  zn  der  Calamitat  erwachsen, 
die  sie  jetzt  in  der  Welt  bildet.  Da  man  aber  nnr  das  offen- 
bar erkrante  Vieh  zeichnete,  nicht  aber  das  die  Mehrheit 
bildende  gleich  gefahrliche  ans  dem  latenten  Stadium  genesene, 
so  konnte  die  halbe  Maassregel  natürlich  nidht  anders  als  un- 
wirksam sein,  und  kam  so,  ohne  anscheinend  aufgehoben  zu 
sein,  ausser  Gebrauch. 

Zwar  hat  sich  Herr  Departementsthierarst  Korb  er  in 
Merseburg  im  Magazin  11.  Jahrg.  S.  190.  entschieden  gegen 
die  Anwendung  von  Zeichen  erklart,  die  dem  spatem  Verkaufe 
nachtbeilig  sein  konnten«  Aber  er  hat  sich  auch  für  die  Auf- 
hebung der  Sperre  6  Wochen  nach  dem  letzten  Erkranknngs- 
und  4  Wochen  nach  dem  letzten  Genesongsfalle  erklart.  Wenn 
Herr  Korber  Recht  bat,  so  muss  ich  freilich  entschieden 
Unrecht  haben.  Da  ich  aber  nicht  glaube,  dass  derselbe  auch 
jetzt  noch  diese  im  Jahre  1845  aufgestellten  Ansichten  vertre- 
ten werde,  obgleich  mir  seinerseits  kein  Widerruf  bekannt  ge- 
worden ist,  so  will  ich  darauf  nicht  näher  eingehen.  Im  Ue- 
brigen  bin  ich  jedoch  mit  den  dort  entwickelten  Ansich- 
ten Korber's  über  die  sonstigen«  yoterinärpolizeilicken  Maass- 
regeln   einverstanden,    sofern    auch    ich  der  Ansicht  bin,    dass 

eine  mittelbare  Verbreitung  durch  andere  Contagiumtrager  bei 
Hag.  t  TUtrhtUk.  ZXXVL    1.  6 


88  Meyer,  6  Frugen  Aber  Limgenwwiche. 

dieser  Seache  riel  weniger  leicht  Statt  findet,  alt  bei  der  Bin« 
derpest  oder  Aphlhenseaehe. 

um  aber  in  Torbeseiehneter  Weise  gegen  die  Seiiehe  mit 
Erfolg  Torsogeben,  sind  yersehiedene  Reqnitite  onentbebrlieh, 
ober  deren  Nothwendigkeit  man  sich  keine  Dlnsionen  machen 
darf.  Erstes  Erfordemiss  ist  Geld  sn  den  nnnmgaoglichen  Bnt- 
schadignogen.  Nach  dem  Vorgange  des  Bnndesgesetses  gegen 
die  Rinderpest  ist  aber  wohl  nicht  so  besweifeln,  dass  anch 
hier  wie  dort  die  Kasse  des  norddeotschen  Bandes  Anshnlfe 
leisten  werde.  Wenn  die  L»  s«  momentan  weniger  serstorend 
wirkt,  wie  jene,  so  ist  sie  Tcrmoge  ihrer  Daner  doch  nicht 
weniger  wichtig  nnd  nachtheilig.  Den  Motiven  so  jenem  €to- 
setse  sofolge  ist  es  anch  schon  in  Erwagnng  gewesen,  ob  nicht 
L.  s.  und  Rots  sofort  mit  aofsnnehmen  seien.  Zweitens  ist 
eine  Poliseibehorde  erforderlich,  welche  die  Macht  nnd  den 
Willen  hat,  die  erforderlichen  Maassregeln  sachgemass  dorch« 
snfahren,  damit  sich  das  Tran  erspiel  nicht  wiederhole,  das  Tor 
3  Jahren  in  England  nnd  Holland  in  Scene  ging. 

Drittens  darf  es  nicht  an  Thierärsten  fehlen,  die  ihre  Pflich* 
ten  kennen  nnd  erfüllen  können,  die  sich  also  auch  in  einer 
solchen  Stellong  befinden,  dass  sie  nnabhangig  sind  von  ein- 
selnen  Knnden,  nnd  dieser  3.  Punkt  ist  kanm  minder  wesent- 
lich, wie  einer  der  Torhergehenden,  trots  dem  es  mit  der  The- 
rapie der  L.  s.  noch  traurig  aussieht. 

Im  Uebrigen  bedarf  die  L.  s.  jedoch  nicht  der  strengen 
Sperrmaassregeln ,  wie  die  Rinderpest,  da  dieselbe  auf  mittel- 
barem  Wege  durch  andere  Gontagiumtrager  viel  weniger  leicht 
yerbreitet  wird,  wie  diese.  Hat  doch  die  Erfahrung  siemlich 
evident  erwiesen,  dass  selbst  das  erkaltete  frische  Fleisch  yon 
kranken  Tbieren  ohne  Gefahr  verkauft  und  yerbreitet  werden 
darf  und  durch  Dünger  u.  dergl.  ist  auch  eine  Verschleppung 
der  Seuche  nicht  mit  Sicherheit  beobachtet. 

Zur  FormuliruDg  einer  Seuchenordnung  fohle  ich  mich 
jedoch  hier  nicht  berufen. 


u 


IV. 

Jahresbericht  iher  in  Pferdcspital  ier  KdiigUchei 
ThicrameischMle  fv  1867  — 1868. 

Ton  Köhne. 


Id  dem  Zeitraame  vom  1.  April  1867  bis  nlt.  Mars  1868  sind, 
wie  die  nachfolgende  tabellarische  Uebersicht  ergiebt,  1216 
grossere  Hansthiere  in  das  Pferdespital  der  Königlichen  Thier* 
arzneischnle  aufgenommen  worden,  Ton  denen  852  einer  £rit* 
liehen  Behandlang  unterworfen  warden,  277  Thiere  worden 
lediglich  cum  Zwecke  der  üntersnchong  nnd  Constatirnng  yon 
Gewahrsmaogeln  eingeliefert  and  131  Ton  diesen  mit  folgenden 
Mangeln  behaftet  befanden: 

1.  Dammkoller 17 

2.  Dampfigkeit 25 

3.  Eehlkopfpfeifen      .     .     .     .       31 

4.  Hartschnanfen  •  •  •  *  •  2 
5*  Mondblindheit  •     •     •     *     •         1 

6.  Grauer  Staar    *     •     •     •     •         5 

7.  Schwarzer  Staar  •  *  *  •  2 
8«  Wahre  Stfitigkeit  .  .  .  ,  3 
9«  Strangschlagen 6 

10«  Epilepsie 1 

11*  ünbraachbarkeit     •     •     *     «       12 
12«  Bauch  wassersacht .      •     •     *         1 

13.  Zahnfehler 6 

14.  Ereuzsch  wiche       •     •     •     *         4 

15.  Huftlahmheit 2 

16.  Spat  etc 10 

17.  Schulterlahmheit    ....  1 

18.  Hornspalt     « 1 

19.  Chronischer  Eieferhohlencatarrh  1 

20.  Selbstaussaugen  der  Milch  (Enh)   1 


Summa 


131 
6* 


84  K«ha«,  Jj 

Ueber  dieae,  sowie  ober  einige  eadcre  Kraakbeitee  (s«  B. 
Rots)  worden  entliehe  Biklinugen  ertheilt.  111  Gederer  ge- 
storbener oder  getodteter  Pferde  worden  seeirt,  nnter  den 
enteren  befanden  neb  41  Ton  solehen  Pferden,  die  an  Kolik 
oder  Dennentsnndong  gelitten  betten  nnd  nnter  den  letsteren 
17,  welche  mit  der  Rots-Wormknnkheit  behaftet  waren. 

Bei  der  Obdnetion  der  an  Kolik  resp.  Darmentsnndong 
gestorbenen  Pferde  ergaben  sieb  nachstehende  oiganische  resp, 
Lagen- Veriodemngen :  5  Mal  eine  Magen-  oder  Darmserreissnng, 
8  Mal  eine  DarmTenohliDgnng,  2  Mal  eine  Binsdinnmog  des 
Darmes  dnreh  ein  Afterprodnkt,  2  Mal  ein  Hodensackbrneh, 
1  Mal  eine  Zwerchfeilsserreissnng,  6  Mal  eine  Ansehoppnng  der 
Contenta  vor  der  Häftblinddarmklappe,  1  Mal  eine  ToUstandige 
BiDstolpoDg  ded  Blinddarms  in  den  Qrimmdarm.  In  den  meisten 
anderen  Fallen  war  eine  Anhaofnng  von  Fnttentoffen,  welche 
grosstODtheils  ans  an  knn  gesehnittnem  Häcksel  bestanden,  als 
Unache  der  Kolik  nnd  des  Todes  ansnsehen. 

Im  Gänsen    stellte    sich    wahrend   des  in  Rede  stehenden 
Zeitraumes  das   Morbilitats-    ond  Mortalitats-Verhaltniss  nnter 
den  Pferden  als  ein  gäostiges  herans,  wie  dieses  in  denjenigen 
Jahren  erfabmngsgemass  Hegel  ist,  in  welchen  die  Futterpreise 
eine    ongewohnliche    Hohe    erreichen.     Ins    Besondere    ist    ein 
nachtheiliger  Bioflnss  der  wahrend    des  gansen  Jahres  vorwal- 
tend  herrschend  gewesenen   nasskalten    Witterung   auf  die  Ge- 
sundheit der  Hausthiere  nicht  nachweisbar.  Zum  Theil  hat  auch 
die  als  Nachwirkung  der  Kriegsverhaltnisse  sich  allgemein  geltend 
machende  Geschäftsstille    die   Besitser    öffentlicher  Fuhrwerke, 
welche  unser  Spital  vorsugsweise  frequentiren,  dasu  Tcranlasst, 
ihren  Pferdebestand  auf  ein  Minimum  sn  reduciren  nnd  in  Krank« 
heitsfälien  den  Aufwand  von  Kurkosten  möglichst  su  yermeiden. 
Influenza  und  sonstige    acute  Affectionen    der  Athmungsorgane 
waren  ungewöhnlich  selten;  überhaupt  machte    sich  ein  Genius 
episootions  in  keiner  Richtung  geltend. 


pn  ISe?  -  lB«t. 


TabdlulMihe  Vcbwddit  der  TOrttkoi 
t8«T6S. 


'h  -  C<inf[Hlion  .  .  .  - 
Amte  RehirDwutenacbt     .     . 

nkoller 

AnpenFDitQndang  .... 
CiMrrh  der  Luftweg»    .     .     . 

BrluDe     

fremde  EOrper  in  Sehlande 
I^Menblaten 


I.    In 


irlicbe  Kmiikheitei 


llruiB,  Binbrhe 

KdU-  und  WurmveTdacbt  .     . 

Roll  nnd  Wurm 

sr  Hot( 

Typhui  pelerhialil      .     .     .     • 
LuDgenentiündung     .... 

I.ungrnwuche 

Chroniicher  Hcnfehter       .     . 

Itrniilw  «Menü  cht 

eribvuteiwMieriiicht     .     .     • 

InflueoH 

(iiiirieiaDia* 

Kolik       

Dirmentumdnng 

Innere  Verhluluag      .     .     .     . 
Kierenenliündaog       .... 

Lanleratiill 

Ver*chlag 

KreutlAhmuDir  Oder  Scbwlcbe 

TeMnui  idiopalhicH  .     ,     .     . 

Ireaineiico*    .     .     .     . 

Erytipelit  and  EinicbnH   .     . 

Br*D<l-Minke 

llauUuucblig 

Allgemeiaej   Haateoipbjtem     ■ 


Köhne,  Jahncbwlelit 


as 

Beieichnunf  der  Krankheiten. 

i 

1 

4J 

1 

1 

1 

1 

i 

1 

tt.n.pe,l. 

461 

II.    Aenoerliche  Krankbeilei 

LihmheiKn  diverie 

Verlcttangen  und  QueUchnngeu  . 

Koocheg brache       

Piulet  Sirahl 

111.  Op«rilion«ii. 

Zabnaaiiiehen 

Castralion 

Enlropium 

Trepanation 

Coupiren  dei  Schweife*     .    .     . 

Tenotomie  

ZahoBilel 

i  eislirpiren 

WiderräBlGatein 

SaameüilringflalelD 

Hnfknorpel  Gatein 

Eulirparion  von  Aßerproduclen 

Darmbrücfae 

Zam  Beacblag  geworfen      .     . 


72 

89 

1 

10 

lOfi 

7 

11 
2 

2 

h 
4 

5 
1 

1 

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- 

IV.    Nichl  behandelt. 


Onlerauchong    a)  bealSligt     .    . 

ant  b)  nichl  bealSligl 

GewihrimAnget  c)  iweifelfaafi     . 


pro  1867  —  1868.  87 

Besondere  bemerkenswertbe  FUle* 

1.     Diphtheritis   der   Lnftwege. 

a)  Eine  acht  Jahr  alte  SchimmeUtote,  ober  welche  ein 
weiterer  Vorbericht  nicht  an  erlangen  war,  aU  das«  sie  sich 
seit  5  bis  6  Tagen  krank  geseigt  habe,  zeigte  sich  bei  der  Ein- 
lieferang in  das  Spital  so  matt  nnd  hinfallig,  dass  sie  sich  ent- 
weder mit  dem  Hintertheile  gegen  die  Wand  lehnte  oder  sich 
trotz  der  grossen  Athembeschwerden  anf  knrze  Zeit  niederlegte* 
Neben  dem  anfanglich  gelinden  asthenischen  Fieber  bestanden 
an  allen  vier  Schenkeln  Oedeme,  die  Sabmaxillar-Drosen  nebst 
deren  ümgebang  waren  sehr  stark  angeschwollen,  hart,  wenig 
schmerzhaft  Die  Nasenschleimhaot  war  mit  Petechien  besetzt 
nnd  ans  beiden  Nasenoffnongen  fand  Abflnss  einer  graorothlichen, 
chokoladenfarbigen  ond  obelriechenden  Masse  statt.  Appetit 
nnd  Dnrst  waren  ganz  onterdröckt,  so  dass  von  dem  in  das 
Getränk  gemischten  Acidam  mariatienm  nar  sehr  wenig  aufge- 
nommen warde.  Nachdem  sich  Fieber-  nnd  Athembeschwerden 
schnell  gesteigert,  starb  Patient  nach  dreitägiger  Behandlung 
nnter  den  Erscheinungen  der  Erstickung. 

Section:  Lippen,  Augenlider,  Kehlgang,  untere  Bauch- 
flache und  alle  4  Beine  stark  odematos  geschwollen  ond  in  dem 
subcutanen  Bindegewebe  dieser  Korperstellen  eine  gelbsulzige 
Infiltration;  die  Submaxillar- Drusen  geschwellt  und  mit  einem 
blutigen  Serum  durchtränkt ;  das  Herz  und  die  grossen  Gefasse 
mit  srhwarzem,  theerartigen  Blute  angefüllt;  unmittelbar  unter 
der  Pleura  pulmonum  und  im  Innern  der  Lungen  zahlreiche 
Cayemen  Ton  Erbsen-  bis  Wallnussgrosse,  sämmtlich  eine  dick- 
flüssige, rothlich-graue,  chokoladenfarbige,  höchst  übelriechende 
Detritus-Masse  enthaltend;  an  den  unteren  Rändern  beider  Lun- 
gen ein  sechs  Zoll  breites  Lungenödem ,  die  Bronchien  mit  einer 
schmutsig-rothlichen  und  schaumigen  Masse  fast  angefüllt;  im 
Kehlkopfe  nnd  in  der  Trachea  bis  an  deren  erste  Theilung 
zahlreiche  bis  tief  in   die  Mucosa    dringende  Defecte    von   ver- 


88  Kohne,  Jahresberleht 

•obiedener  Form  nod  Grosse  ond  mit  anregelmSssig  gelackten 
Rändern« 

Die  mikroskopische  Untersuchong  der  nächsten  Umgebung 
dieser  Usaren  ergab  nirgends  eine  Spar  von  Neabildang  ad- 
liger Elemente,  sondern  aberall  lediglich  fettige  Degeneration, 
i.  e.  Diphtheritis. 

Die  Ursache  derselben  konnte  nicht  festgestellt  werden, 
doch  ist  ansnnehmen,  dass  irgend  welche  deletaere  Stoffe  in 
die  Luftwege  and  Langen  des  Pferdes  gelangt,  den  nekrobioti- 
schAn  Prosess  angeregt  haben,  and  dass  yon  diesem  alle  die 
übrigen  pathologischen  Veranderangen  abhangig  gewesen  sind, 
welche  darch  JaacheJntoxication  und  Kohlensaure- Vergiftang 
des  Blutes  den  Erstickungstod  herbeigeführt  haben* 

b)  Der  nachstehende  Fall  yon  Diphtheritis  simulirte  noch 
mehr  die  Symptome  der  acuten  Rota-Warm-Krankheit,  da  der 
Ausfluss  and  die  Eehlgangs-  und  Leisten-Drusen-Anschwellung 
sich  nur  rechterseits  aeigte  und  auf  der  rechten  Seite  der  Na- 
senscheidewand sich  zahlreiche  sackige  Usuren  mit  gelbröth- 
lieber  Umgebung  und  an  den  Ljmphgefassen  der  rechten  Seite 
der  Brust,  sowie  an  der  Innern  Flache  des  rechten  Hinterschen- 
kels scharfbegranzte  Beulen  von  Wallnussgrösse  sich  fanden 
and  alle  diese  Erscheinungen  anter  Fiebererscheinungen  in  we- 
nigen Tagen  sich  ausgebildet  hatten.  Da  jedoch  bei  der  See- 
tion  des  getodteten  Thieres  nirgends  Rotzknoten  nachgewiesen 
werden  konnten,  und  jene  Knoten  unter  der  Haut,  sowie  die 
bis  in  den  Kehlkopf  reichenden  GcBchwure  nur  eine  aus  fetti- 
gem Detritus  bestehende  pariforme  Masse  enthielten,  blieb  es 
zweifelhaft,  ob  acater  Rotz  oder  lediglich  Diphtheritis  and  Sep- 
ticaemie  vorlag. 

2«    Herifehler. 

a)  Bin  Pferd  der  hiesigen  Fenerwehr,  schon  lange  als 
dampfig  bekannt,  aber  nicht    arztlich  antersacht,  wurde,    nach- 


pro  1867  —  1868. 

dem  es  eine  aDttreDgeode  Fahrt  gemacbt,  in  das  Spital  einge- 
liefert nnd  seigte  folgende  Erscheinungen. 

Allgemeiner  Ernahrangssastand  siemlich  gut;  Blick  lebhaft, 
aber  aogstlich;  Nasenschleim baat  nnd  Conjanctiva  cyaootisch; 
Manl  trocken;  Extremitäten  eiskalt,  partielle  kalte  Schweisse 
am  Rnmpfe;  70  leere,  kanm  fühlbare  Polse  nnd  60  höchst  an« 
gestrengte  Athemznge  p«  M. ;  Hersscblag  nnregelmassig  nnd  so 
pochend,  dass  das  ganse  Thier  mit  erschnttert  wnrde  nnd  der 
fortgepflanste  Hersschlag  an  allen  äusseren  KörpertheileD  ge« 
fahlt  werden  konnte. 

Nur  ein  einsiger  Heriton  hörbar,  das  vesicnlsre  Geräusch 
durch  den  prellenden  Hersscblag  und  das  Sausen  der  Luft  in 
den  Bronchien  verdeckt;  Tod  nach  12  Stunden  unter  snffocato- 
riseben  Erscheinungen. 

Section;  Leber  hjpertrophirt,  weich,  heller  gefärbt  in 
Folge  einer  Wucherung  des  interacinosen  Bindegewebes;  am 
rechten  Leberlappen  und  an  der  Mils  ein  blntiger  Tumor;  die 
Rindensnbstans  der  Nieren  durch  interstitielle  Wucherung  sde- 
rotisch. 

Beide  Lungen,  besonders  die  linke  mit  schwtfrsem  theerar« 
tigen  Blute  angefallt,  mit  mehreren  apoplektischen  Heerden  im 
Innern,  die  rechte  Herzkammer  stark  dilatirt  bei  normaler  Dicke 
der  Wandung;  die  Tricuspidales  sehnig  weiss  nnd  verdickt,  die 
mittlere  auf  halbe  Grösse  susammengeschrumpft,  rechtes  Ostinm 
nebst  Vorkammer  b.edentend  dilatirt, 

b)  Das  7  Jahre  alte  Reitpferd  eines  hohen  Besitzers  hatte 
seit  3  Monaten  einen  prellenden  Herzschlag  ohne  erhebliche 
Athembeschwerde  gezeigt.  Diese  war  erst  in  den  letzten  Wochen 
eingetreten,  so  dass  Unbrauchbarkeit  zum  Militair-Dienste  die 
Folge  war«  Nachdem  sich  ein  die  ganse  untere  Bancbflache  ein- 
nehmendes Oedem  eingestellt,  wurde  das  Pferd  dem  Spitale 
übergeben. 

Status  praesens:  das  Pferd,  angloarabisches  Blut,  war  nur 
mittelmassig  genährt,  hatte  struppiges   Deckhaar,  einen    angst- 


90  Köha«,  Jj 

liflheD  titerea  Blick,  blatte  Sdileiahista,  tia  roa  der 
det  Brattbeiat  Int  saai  S^aabeia  racbeadet  4  Fiager  dicket 
nad  S  Fott  breitet  Oedem,  kable  BztreMititea,  tpartaaie  Ent- 
leeniag  eiaet  daaklea  triibea  üriat  oad  brtüge  Daimdijeetio« 
aea,  fett  gar  keiaea  Appetit,  aber  sieadicb  regea  Dont,  80  — 
90  kleiae  aaregelmittige  Palte  aad  18  aagettreagte  Atheaisage 
p.  M. ;  bit  sa  dea  Parotidea  biaaof  tiehtbarea  Veaeapalt,  eiaea 
aa  beidea  Brattvaadaagea  deatlich  fablbarea,  aaregelaittigea 
HerstcLlag;  eia  tiefet,  tchwiireadet  Geriatcb  liett  tich  aach  je- 
dem tjttolitehea  Toae  deatiidi  wahraehaiea.  Biae  geriage 
Korperbewegnag,  a.  B.  aar  dat  Henuatretea  im  Staade,  Ter* 
artachte  eiae  aoffalleade  Betdileaaigaag  der  Henaetioa.  Dat 
Pferd  warde  darch  dea  Brattttieb  getodtet. 

Seetioa:  la  der  Baaehhohle  ca.  30  Qaart  eiaer  bell- 
weiagelbea,  klarea  Flattigkeit,  tammtliche  Meteaterialdratea  oe- 
dematot  getchwellt;  aa  der  hiaterea  Flache  der  Leber  mehrere 
1  —  3  Zoll  im  Dorchmetter  groite,  weitte,  gegea  J  Liaie 
dicke  tehaige  Flecke  voa  eiaer  fraherea  Perihepatitit  herrah- 
reod.  Die  Leber  weaig  hjpertrophirt,  derb  aad  aaf  der  Sehaitt- 
ilache  ertchienea  die  daakelrothbraaaea  Adai  mit  geibliehweit« 
tea  Biadegewebttagea  amgebea;  die  Nierea  getchw^t.  Im 
freiea  Raame  der  Bratthohie  2  —  3  Qaart  gelblich  klarea 
Wattert,  Pleara  palm«  a.  cost.  intact,  der  Hersbeotel  aber  darch 
ca.  4  Qaart  dertelbea  Flattigkeit  eaorm  aatgedehat,  dat  Hera 
telbtt  aaf  dat  Doppelte  teiaet  Volamea  hypertrophirt,  tagleich 
ia  teiaer  Sabttaas  tehr  tchlaff  (dilatirt),  aad  roa  blatt  roth- 
licher Farbe.  Betoadert  der  liake  Veatrikel,  dettea  Ottiam 
aad  der  linke  Vorbof  erheblich  erweitert,  die  Wandaagea  det 
letiteren  tehr  yerdannt;  das  Eadocardiom  aa  eintelaea  Stellea, 
betoadert  ia  der  Nahe  der  Klappen  mit  sog.  SehDenfleoken  be- 
tetet; die  Mitralklappea  telbtt  verdickt,  mit  vielea  Tcrkalkten 
Knötchen  dnrchtetit,  ihre  Rander  anfgewnlttet  and  vertchrampft. 
Aehalich  warea  die  pathologischen  Veraaderangen  am  rechten 
Herzen,  aa    den  Tricnspidal-Klappea    etc.  —  Die  blattrothea, 


pro  1867  —  1868.  91 

poflfig  aoEufahlenden  Lungen  fielen  nach  der  Eroffnang  dea  Tho« 
rax  viel  weniger  snsammen,  die  Bronchien  enthielten  eine 
schaamige  blaesrothe  Flaesigkeit  und  das  untere  Drittheil  bei- 
der Langen  zeigte  sich  8er5s  infiltrirt. 

Wahrscheinlich  hatte  das  Leiden  mit  einer  Endocarditis 
begonnen,  diese  aar  Bildung  der  erwähnten  Sehnenflecke,  aar 
Verdicknng,  Retraction  and  Insafficiens  der  mitrales  and  tricas- 
pidales,  snr  excentrischen  Hypertrophie  beider  Ventrikel  and 
Vorhofe,  demnächst  sar  Rackstaaang  des  Blates  io  die  Polmo- 
nal-  and  Abdominal- Venen  cnd  auletst  dorch  Transsadation  an 
Lungenödem,  Hydrops  pericardii  and  Ascites  geführt. 

c)  In  einem  anderen  Falle  von  schleichender  Pericarditis 
wurden  ca.  30  Quart  eines  hellgelben,  klaren  Serums  in  dem 
natürlich  sehr  ausgedehnten  und  durch  plastische  Auflagerungen 
sehr  verdickten  Herzbeutel  gefunden. 

d)  Ausserdem  kam  noch  ein  Fall  von  cordialer  Dampfig- 
keit zur  gerichtlichen  Gonstatirung. 

3*     Verdachtige  Druse. 

a)  Das   nun  fast    schon    zwei    Jahre    verdächtige    Pferd, 

dessen  im  vorigen  Jahresbericht  erwähnt  worden,  wurde  am  15. 

Februar  d.  Js.  auf  Wunsch  des  Besitzers  trepanirt  und  es  fand 

sich  in  der  Stirnhöhle  desselben    ein  Polyp.     Im  Uebrigen    ist 

das  Pferd  bis  auf   den    einseitigen    Nasenansfluss    anscheinend 

ganz  gesund,  und  durch  Verkauf  unserer  weiteren  Beobachtung 

« 
entzogen. 

b)  Eine  erst  4  Jahre  alte  Stute  hatte  unter  Erscheinun- 
gen der  verdachtigen  Druse  im  rechten  oberen  Nasengange  ein 
Afterprodnct,  welches  sich  dem  Gefühle  als  ein  verknöcherter 
Polyp  darstellte.  Nach  der  Exstirpation  desselben  ergab  aber 
die  mikosoropieche  Untersnchung,  dass  es  ein  Osteo-sarcom  war. 
Eine  Repnllulation  des  Afterproduktes  ist  daher  wohl  mit  ziem- 
licher Sicherheit  zu  erwarten. 

c)  Ein  anderes  Pferd,  welches  seit  Monaten  ausser  den  Er- 


93  Köhne,  JfthreslMriolit  far  1867—1868 

seheinnngeD  der  verdacbti^en  Drase  an  dem  hiDteren  Rande  des 
üoterkiefem  eine  Gesehwnlst  tod  der  Grosse  einer  Doppelfanst 
hatte,  die  das  Pferd  am  Schlingen  hinderte,  warde  getödtet  ond 
die  Section  ergab: 

Gancroid  des  linken  Oberkieferbeines,  cancroide  Nenbil- 
dongen  in  den  Sabmaxillar-  nnd  Bagdrnsen,  aber  keine  Spar 
Ton  Rots. 

4)  Bin  grosses,  starkes  Kntsehpferd,  Trakehner  Race  mit 
penetrirender  Spronggelenkswnnde,  verlor,  wie  sich  durch  wie- 
derholte Zahlung  der  abfliessenden  Tropfen  und  Berechnung 
ergab,  wahrend  8  Wochen  ca.  90  Pfd.  Synovia,  magerte  trots 
des  fortwährend  guten  Appetites  bis  cum  Skelet  ab,  erholte 
sich  aber  nach  Heilang  der  Wonde  sehr  sehneil  and  warde 
wieder  vollkommen  dienstfähig. 

5.    Gararin  and  Morphium  aceticam  gegen  Tatanas. 

Einem  Pferde,  welches  am  Tetanus  idiopathicns  litt,  wur- 
den in  einem  Zeiträume  von  4  Wochen  mehrere  Male  Gurarin : 
grm.  0»03  —  0,045  mit  aqua  dest.  grm.  4,0  hjpodermatisch 
injicirt  und  nachdem  die  durch  die  Operation  verursachte 
Aufregung  vorüber  war,  trat  jedesmal  ein  Nachlass  des 
Krampfes,  der  Herz-  und  Athem  •  Beschleunigung  und  schliess- 
lich eine  Heilung  des  Tetanus,  aber  trots  des  guten  Appetites 
sugleich  eine  solche  allgemeine  Schwache  ein,  dass  das  Pferd 
getödtet  werden  mnsste, 

Morphium  aceticum  an  grm:  0,3  —  1,0  taglich  in  dersel- 
ben W^eise  einem  anderen  Pferde  applizirt,  war  von  Genesung 
begleitet.  • 


V. 

Heber  KMchfB-NenbiMoDgfB  an  dei  serds«  flästeit 

Von  Garlt. 
(ffiena  die  Abbildangen  auf  Tafel  L) 

Die  anatomische  SammlaofE  der  Thieraraneischole  enthalt 
eine  Anzahl  von  verschieden  geformten,  am  Baochfelle,  im  Ge- 
kröse, and  im  grossen  Netx  entstandenen  Knochen-Nenbildan* 
gen  vom  Rinde,  Seh  weine  und  Hnnde,  die  ich  hier  beschreiben 
will  nnd  die  sam  Theil  aaf  der  beifolgenden  Tafel  abgebildet 
sind. 

1.  Am  Bauchfelle,  in  der  rechten  unteren  Flankenge* 
gend,  einer  Kuh  fand  Herr  Kreisthierarzt  Ein  icke  eine  7  Zoll 
lange,  24  Zoll  hohe  Knochenkapsel,  deren  Höhlung  nach  der 
Baachhoble  nnd  deren  Woibnng  nach  den  Baachmnskeln  hin 
gekehrt  war.  In  der  Aushöhlung  dieser  Knochenkapsel  befand 
sich  ein  Theil  des  Darmes.  Die  Entstehung  dieses  Gebildes 
erklare  ich  mir  in  folgender  Weise.  In  Folge  einer  ezsndati- 
Ten,  örtlichen  Entsnndung  des  Bauchfelles  verklebt  ein  Darm* 
stuck  mit  dem  Bauchfelle  und  ans  dem  reichlich  abgelagerten 
Faserstoff  bildet  sich  Knorpel  und  endlich  Knochen,  welcher  als 
Kapsel  das  Darmstück  von  oben  nnd  unten  einscbliesst.  Die 
Veranlassung  zu  dieser  ortlichen  Entzündung  des  Bauchfelles 
ist  in  den  bei  Schweinen  vorkommenden  Fällen  dieser  Art  die 
Verwundung  bei  der  Castration  weiblicher  Thiere  (s,  w«  unten); 
da  aber  bei  dieser  Kuh  eine  Verwundung  des  Bauchfelles  nicht 
stattgefunden  hatte,  so  war  die  Entzündung  wahrscheinlich 
durch  eine  heftige  Quetschung,  vielleicht  durch  einen  Stoss  mit 
dem  Hörn  von  einem  anderen  Rinde,  entstanden. 

2.  Von  castrirten  weiblichen  Schweinen  besitzt 
die  Sammlung  vier  Präparate  dieser  Art,  nämlich  zwei  grosse 
Kapseln  und  zwei  Knochenplatten  mit  bepnnender  Kapselbil- 
dnng  an  der  Fläche,  welche  der  Bauchhohle    zugewendet  war« 


94  Garlt,  Knochen -Neabfldimg 

Sie  wurden    von    den    Herrn  Rehrs,  Lehnhardt  II.,  Leh- 
mann und  Wolff  eingesandt. 

Die  vom  verstorbenen  Kreistbierarst  Rehrs  (damals  in 
Ibbenbahren)  übersandte  Rnocbenkapsel  (er  nannte  es  Dose) 
ist  6  Zoll  lang  and  2^  Zoll  hoch;  sie  befand  sich  in  der  lin* 
ken  Flanke  eines  casürten  weiblichen  Schweines,  üeber  das  am 
lebenden  Thiere  Wahrgenommene  sagt  er:  Das  nngefahr  10 
Wochen  alte  Schweinchen  hatte  an  der  genannten  Stelle  (wo 
der  Einschnitt  bei  der  Castration  gemacht  worden  war)  eine 
harte,  begrenzte,  wenig  schmerzhafte  Geschwulst.  Es  versagte 
das  Fntier,  erbrach  sich  und  litt  an  Verstopfnng.  Diese  wnrde 
zwar  durch  Anwendung  von  Glaubersalz  gehoben,  kehrte  aber 
oft  wieder,  daher  wurde  das  nun  88  Wochen  alte,  massig  ge- 
mastete Schwein  geschlachtet.  In  der  Aushöhlung  der  Eno- 
chenkapsel  war  eine  Schlinge  des  Dünndarmes  fest  angewachsen. 

Die  von  Herrn  Ereisthierarzt  Lehnhardt  II.  eingesandte 
Knochenkapsel  ist  betrachtlich  grosser,  als  die  eben  beschrie- 
bene, denn  sie  ist  9  Zoll  lang  und  6  Zoll  hoch.  Die  etwa 
am  lebenden  Schweine  gemachten  Beobachtungen  sind  nicht 
mitgetheilt  worden. 

Die  beiden  Enochenplatten  mit  beginnender  Eapselbildung 
sind,  jede,  3  Zoll  lang  und  2  Zoll  hoch;  in  der  kleinen  Kap- 
sel lag  aach  ein  Theil  des  Darmes. 

8.  In  dem  Gekröse  fetter,  geschlachtet  erSchweine 
wurden  zweimal  Knochen  -  Neubildungen  sehr  eigenthumlicher 
Art  gefunden;  das  erste  Präparat  dieser  Art  wurde  von  dem 
verstorbenen  Kreisthierarzt  Meinicke  in  Nordhausen,  das  an- 
dere von  dem  Herrn  Thierarzt  Mann  in  Prenzlow  der  Samm- 
lung geschenkt.  Das  ganze  ist  einem  Corallen- Gerüst  nicht 
unähnlich,  indem  dünnere  und  dickere  Knochentheile  somit  ein- 
ander verbunden  sind,  dass  sehr  verschieden  grosse  freie  Zwi- 
iohenraume  bleiben,  die  mit  Fett  ausgefüllt  waren. 

üeber  die  Art  des  Zustandekommens  dieser  seltsamen  Kno« 
ohenbildnng   kann  ich  mir  keine  Vorstellung  machen;    dass  sie 


an  den  serSfra  Hintan«  96 

aber  den  damit  behafteten  Thieren  nicht  besonden  nachtheilig 
gewesen  sind,  scheint  ans  der  reichlichen  Fettbildnng  henror- 
sngehen« 

4«  Im  grossen  Nets  eines  an  Banchwassersncht 
gestorbenen  Hnndes  fand  ich  eine  Ansahl  sehr  yerschieden 
gestalteter  KDOchcD.  Die  meisten  sind  1  Zoll  lang ,  1  Linie 
bis  1^  Linie  dick,  nnd  haben  Aehnlichkeit  mit  Fotos-Rippen 
und  mit  den  ersten  Zehengliedern  des  Hnndes.  Andere  sind 
nach  einer  Seite  gewölbte  nnd  nach  der  andern  ansgehohlte  1 
Zoll  grosse  Knochenplatten,  die  mit  Schadelknochen  Aehnlich- 
keit haben.  An  einigen  dieser  letzten  findet  sich  in  der  Aos- 
hohlang  eine  kleine  Haar-Balggeschwost. 

Man  konnte  hier  an  eine  Banch- Schwangerschaft  denken, 
aber  die  Knochen  sind  far  die  eines  Fotns  zn  gross* 

Ich  kann  nber  die  Entstehnng  dieser  Knochen  aoch  keine 
Brklarnng  geben. 

Erklärung  der  Abbildangen  auf  Tafel  I. 

Fignr  1.  Die  oben  beschriebene  Knochenkapsel  vom 
Banchfelle  der  Kuh*).     (Halbe  Natnrgrosse), 

„  2.  Knochenplatte  mit  beginnender  Kapsel» 
in  welcher  eine  Darmschlinge  lag;  von  der 
Flanke.eines  castrirten  weibli^henSchwei- 
n  e  s.     (Natargrosse). 

„  3.  Das  Knochengerüst  ans  dem  Gekröse  eines 
Schweines.     (Halbe  NatnrgrSsse)* 

4,  Rnndliche  Knochen  ans  dem  grossen  Nets 
eines  Hnndes.     (Natnrgrosse). 

5.  Platte  gebogene  Knochen,  einer  mit  einer 
Haarbalggeschwnlst,  ans  demselben  Nets 
eines  Hnndes.     (Natnrgrosse). 


»♦ 


)9 


*)  Der  hier  abgebildeten  Knochenkapsel  sind  auch  die  grosseren 
beim  Schweine  yorkommenden  und  im  Text  beschriebenen  ähnlich. 


VI. 

Die  Krf^ni  der  CIcsctigeiNng  iWr  to  lililmuid. 

Von  Dr.  Kanti, 
Chimrgii«  forenais  des  KreiMS  Wandeben. 

Du  Bedorfoiss  einer  Reform  der  SanitäUpoIisei  im  Preoeti- 
sehen  Staate  ist  swar  ein  allgemein  gefühltes  ond  anerkanntes; 
wir  halten  es  fSr  verwegen,  ober  die  Bedfirfnissfrage  nberhanpt 
noch  disentiren  sa  wollen.  Wo  man  hinblickt  im  praktischen 
Leben,  nberall  entdeckt  die  Beobachtung,  wenn  sie  den  sani« 
tats  poliseilichen  Standpunkt  festhält,  Mangel,  Nichtsthnn,  Un- 
klarheit and  Unfähigkeit,  Zustande,  wie  sie  sa  Zeiten  eines 
der  Gegenwart  aas  aller  Perspective  gekommenen  Wissenschaft* 
liehen  Standpunktes  und  an  vergleich  lieh  weniger  ausgebildeter 
Verkehrsverhaltoisse  villeicht  für  angemessen  befunden  werden 
konnten,  die  jedoch  der  Gegenwart,  deren  höchste  Gulturvor- 
znge  vorzugsweise  darauf  beruhen,  dass  sie  mit  möglichster 
Freiheit  des  Verkehrs  eine  gewissenhaftere  Sorgfalt  für  die  öf- 
fentliche Hjgiene  überall  thnnlichst  sa  verbinden  sich  bestrebt, 
keineswegs  mehr  au  entsprechen  vermögen. 

Dessenungeachtet  giebt  es  noch  Parteien,  die  die  Noth- 
wendigkeit  einer  Reform  laagnen,  entweder  weil  sie  dem  Ge- 
genstande nicht  mehr  gewachsen  sind,  oder  bei  der  Schwierig- 
keit der  Sache  es  am  bequemsten  finden,  wie  Vogel  Strsuss 
den  Kopf  in  den  Sand  su  stecken  und  su  denken,  die  G<^fahr, 
die  sie  dann  nicht  sehen,  sei  nicht  da;  oder  endlich,  weil  sie, 
das  alte  Hergebrachte  einem  ungewisssen  Neuen  vorsiehend,  es 
für  hinreichend  ausgeben,  an  den  bestehenden  Verhältnissen 
keine  Abänderungen  ansubringen,  die  hie  und  da  unwesentli- 
chem Schaden  wirklich  absuhelfen  vermögen,  im  Grossen  and 
Gänsen  aber  die  bisherige  Insolvenz  der  Sanitatspolizei  anver- 
mindert weiter  bestehen  lassen.  Die  Vertreter  der  letzteren 
Kategorie  sind  sicherlich  die  der  Sache  schädlichsten;  denn  es 


Euntz,  Reform  der  Gesetzgebung  über  Milzbrand.  97 

ist  ohne  Zweifel  vorzasieben,  antiqnirte  Verhältnisse  so  lange 
nnverandert  sa  erhalten,  bis  ibre  Unseitgemassbeit  endlich  nn- 
abweisbar  wird,  alt  sie  ein  Wenig  zazastatzen  and  dann  zo  be- 
haupten, dem  ßediirfniss  der  Gegenwart  sei  aberhanpt  Genüge 
geschehn ,  wahrend  doch  letzten  Falls  nur  an  einigen  Pankten 
Stutzen  angelegt  worden  sind«  Steht  das  bisherige  Sanitats- 
polizeiwesen  auf  einer  unrichtigen  Grundlage,  so  können  na- 
türlich äussere  Anbauten  und  Verpntzungen  die  Schäden  nicht 
decken,  an  welche  sie  gar  nicht  heranreichen. 

Seitens  der  Staatsbehörde  ist  indessen  das  Reformbedurf- 
niss  mittlerweile  auch  anerkannt;  die  Regierungen  sind  beauf- 
tragt Gutachten  einzusenden,  gerade  zur  rechten  Zeit,  da  zu 
gleicher  Zeit  die  Reform  des  Medicinalwesens  sich  vollzogen 
hat.  Die  Aufhebung  der  Pfuscherei  verböte  wird  bei  der  Be- 
arbeitung des  Gegenstandes  in  Anschlag  gebracht  werden  mns« 
sen  und  unserm  Dafürhalten  nach  dabin  drängen,  eine  mög- 
lichst energische  continnirliche  Thätigkeit  des  Sanitätspolizei- 
personals als  Erforderniss  aufzustellen.  Letzteres  ist  conditio 
sine  qua  non  jeder  Sanitätspolizei,  die  von  Erfolg  sein  soll. 

Die  medizinischen  Fachjournale  haben  dies  Alles  bereits 
eingehend  besprochen  und  dabei  mit  besonderer  Vorliebe  die 
Organisation  des  Personals  in's  Auge  gefasst,  ohne  zu  einem 
rechten  Abschluss  oder  zur  Annahme  conformer  Grundsätze  zu 
gelangen,  ganz  naturlich,  da  hier  ein  dritter  Faktor,  die  Staats- 
behörde mit  redet,  welche  die  Sache  aus  noch  andern  Gesichts- 
punkten auffasst,  dem  die  Autoren  eine  sehr  verschiedenartige 
Rücksichtnahme  zu  Theil  werden  lassen.  Das  eigentlich  Orga- 
nisatorische überlasse  man  dem  Staate;  es  dürfte  weit  erspriess- 
licher  sein,  sachlich  zu  verfahren,  die  Sache  für  sich  selbst 
plaidiren  zu  lassen,  d.  h.  aus  dem  praktischen  Leben  einen 
coDcreten  Gegenstand,  der  die  öffentliche  Hygiene  berührt,  auf- 
zugreifen und  daran  zu  zeigen,  was  geschehen  müsse,  um  diese 
zu  schützen;  es  ist  nicht  schwer,  einen  solchen  zu  finden^  wir 

Mag.  C  Thlerbeilk.  XXXYI.    1.  7 


98  Kontz,  Reform  der 

bemerkten  schoD,   aof  Schritt  and  Tritt  leigt  sieb  die  Unsnlang- 
liebkeit  der  bestehenden  gesetslichen  Einrichtangen. 

Die  Gesetzgebung  bezüglich  der  Rinderpest  ist  kurslich 
in  einer  den  Zeit-  und  Verkehrsrerhaltnissen  entsprechenden 
Weise  geregelt  worden.  Das  war  allerdings  eine  brenneden  Frage 
der  Gegenwart:  wir  haben  es  uns  in  Nachstehendem  zur  Auf- 
gabe gemacht  nachzuweisen,  dass  die  Milzbrandfrage,  deren 
Existenz  unzweifelhaft  eine  sehr  reelle  ist,  eine  nicht  minder 
dringliche  sei.  Das  ungemein  verbreitete  Auftreten  des  Milz- 
brandes unter  Menschen  und  Thieren  im  Sommer  des  Jahres  18G8 
hat  den  Gegenstand  von  Neuem  nahe  gelegt  und  mahnt  drin- 
gend dazu  Hand  an's  Werk  zu  legen,  um  diese  Frage  zur 
definitiven  Entscheidung  reif  zn  machen. 

Der  Milzbrand  ist  unstreitig  die  wichtigste  und  gefahr- 
lichste der  auf  den  Menschen  übertragbaren  Zoonosen,  da  er 
an  Verbreitung  und  Häufigkeit  die  beiden  andern  sanitatspoli- 
zeilicben,  Rotz  und  Hundswuth,  bei  Weitem  übertrifft  *),  Er 
verdient  deshalb  vorzugsweise  Gegenstand  der  Untersuchung 
und  Ueberwacbung  zn  werden;  genaue  statistische  Ermittelun- 
gen würden  das  übcrrascheode  Resultat  ergeben ,  dass  bei  Wei- 
tem mehr  Individuen  daran  erkranken  und  zu  Grunde  gehen» 
aU  der  oberflächlichen  Beobachtung  wahrscheinlich  dünkt;  das 
Jahr  1868  würde  hierzu  vermuthlich  sehr  traurige  Belage 
liefern. 

Es  wird  allgemein  angenommen,  dass  der  Milzbrand  beim 
Menschen  selbst  unter  den  vortheilbaftesten  Bedingungen  nie 
orginar  entsteht,  nicht  einmal  eine  besondere  Disposition  dafür 
zu  statuiren  ist,  dass  er  ausschliesslich  durch  mittelbare  oder 
unmittelbare  Uebertragnng  des  thierischen  Virus    dem  mensch- 


^)  Maul-  und  Elauenseuche,  Räude  sind  zwar  anch  übertragbar, 
indes 3  ganz  irrelevant;  ebenso  ist  es  noch  zweifelhaft,  inwieweit  die 
Rinderpest,  die  nach  Englischen  Beobachtern  übertragbar  ist,  sanitäts- 
polizeilich von  Wichtigkeit  werden  kann  Ein  Englischer  Thierarzt 
soll  einer  Infection  mit  Rinderpestcontagiam  erlegen  sein. 


Gesetzgebung  über  Milzbrand.  99 

liehen  Korper  eingeimpft  wird.  An  einer  gesteigerten  Häufig- 
keit menschlicher  Erkrankungen  bei  gleichen  Steigerungsver- 
haltnissen des  thierischen  Milzbrands  kann  also  nur  der  Man- 
gel an  Schutzmitteln  oder  Maasregeln  die  Schuld  tragen,  wie 
denn  auch  trotz  aller  detaillirten  Bestimmungen  des  Regulativs 
vom  8.  August  1835  ein  effectivcr  gesetzlicher  Schutz  thatsiich- 
lieh  nicht  stattfindet. 

Schon  in  der  Schwierigkeit  statistischer  Ermittelungen  be- 
gegnet uns  die  Insolvenz  der  bisherigen  sanitätspolizeilichen 
Bestimmungen.  £s  ist  nicht  zu  bezweifeln ,  dass  eine  grosse, 
wenn  nicht  die  grossere  Anzahl  der  vorgekommenen  menschli- 
chen Milzbranderkrankungen  nicht  zur  Cognition  der  Behörden 
gelangte.  An  die  Erfüllung  der  Vorschriften ,  welche  die  poli- 
seiliche  Meldung  vorschreiben,  denkt  der  Praktiker  ebenso  wenig 
als  die  Ortspolizeibehorde  selbst;  das  materielle  Interesse  ge- 
bietet sogar  in  sehr  vielen  Fällen  dem  Arzte,  wie  dem  Orts- 
vorstande und  dem  Tbierarzte  die  Geheimhaltung  vorgekomme- 
ner Erkrankungen  *).  Noch  weniger  aber  wird  man  die  Mel- 
dung seitens  derjenigen  erwarten  können,  die  (wie  namentlich 
Hirten)  sich  selbst  curiren  oder  von  Pfuschern  curircn  lassen. 

Wir  wussten  in  der  That  auch  nicht,  wie  bei  der  gegen- 
wartig bestehenden  Organisation  der  Sanitätspolizei  diesem  Ue- 
belstande  abgeholfen  werden  könnte;  muss  es  doch  überhaupt 
zweifelhaft  erscheinen,  ob  selbst  bei  der  geschäfligsten  Thätig- 
keic  der  amtlichen  Organe  hierin  eine  Controle  von  solcher 
Vollkommenheit  werde  erzielt  werden  können,  wie  sie  die  Zu- 
verlässigkeit statistischer  Ermittelungen  wnnschenswertb  erschei- 
nen lässt.  Indessen  werden,  wenn  jene  nur  erst  in  die  Lage 
versetzt    sind,    in    regerem  Verkehr  mit  ihren  respektiven  Be- 


*)  Wir  vfissen  ans  dem  eignen  Munde  eines  Thierarztes,  dass 
dieser,  als  er  wegen  Unterlassens  der  vorgeschriebenen  polizeilichen 
Meldung  zur  Bestrafung  gezogen  werden  sollte,  dem  Ortsvorstande  mit 
der  Feindschaft  des  betreffenden  Viehbesitzers  drohte  und  —  straffrei 
ausging 

7* 


100  Euntz,  Reform  der 

sirkeo    sa    treten  und  in  innigerem  Gonnexe  mit  den  Gesand- 
heitsrerhultnissen    derselben    zvl  bleiben,    immerhin   wenigstens 

* 

annähernd  richtige  statistische  Ergebnisse  zu  erwarten  sein. 

Ueber  die  die  poliseiliche  Meldung  und  die  weiteren  ge- 
setzlichen Bestimmungen  enthaltenden  Paragraphen  spater  aus- 
führlich. Zunächst  sei  es  uns  vergönnt,  zur  Rechtfertigung  des 
Nachstehenden  von  den  Verhaltnissen,  welche  die  nächste  Ver- 
anlassung dazu  gaben,  etwas  Spezielleres  noch  vorauszuschicken. 

In  der  sonst  milzbrandarmen  Stadt  W.  und  deren  Umge- 
gend trat  im  Jahre  1868  wie  allenthalben  in  Norddeutschlaod 
die  Krankheit  bei  Menschen  und  Thieren  in  der  heftigsten 
Weise  auf.  Die  der  Entstehung  des  Milzbrands  bei  Thieren 
gunstigen  Witterungsverhaltnisse  waren  in  höchster  Vollkom- 
menheit vorhanden :  excessive  Hitze  mit  kurzen,  wenig  Regen 
bringenden  Gewitterschauern  ohne  consecutive  Abkühlung  der 
Atmosphäre.     Die    Nebenumstande    waren  folgende.. 

Eine  aus  der  Provinz  Posen  durch  einen  sogenannten  Trei- 
ber hierher  geholte  Schafheerde  kam  gesund  sn,  erlag  jedoch 
hierselbst  zum  grossen  Theil  sehr  bald  der  Blntseuche;  neben 
den  Einflüssen  der  Witterung  mochten  Ermattung  der  Thiere, 
ungewohnte  Fütterungsverhaltnisse  zu  deren  Erkrankung  beige- 
tragen haben.  Aehnlich  ging  es  mit  einer  zweiten  Heerde. 
Jetzt  trat  die  Seuche  auch  in  der  Umgegend  und  zwar  nicht 
bloss  beim  Wollvieh,  sondern  auch  bei  Pferden,  Rindvieh  und 
Schweinen  (bei  diesen  anscheinend  sehr  vei breitet)  auf.  Die 
Zahl  der  Erkrankungsfalle  bei  Schafen  belief  sich  vielleicht  auf 
einige  Hundert,  beim  Rindviehbestande  eines  bestimmten  Gutes 
auf  ca.  zwanzig. 

Polizeiliche  Meldung  wurde  im  Allgemeinen  nicht  erstat- 
tet. Die  crepirten  Schafe  wurden  theils  abgefeilt,  theils  mit 
dem  Felle    an  den  benachbarten  Abdecker  verkauft. 

Das  gefallene  Rindvieh  wurde  ebenfalls  zum  grossten  Theil 
dem  Abdecker  überliefert;  es  leidet  jedoch  keinen  Zweifel,  dass 
erkrankte  Thiere  in  der  Schnelligkeit  noch  an  sogenannte  Pol- 


GesetzgebaDg  über  Milzbrand.  101 

kaschlachter  der  Umgegend  verkaoft  worden.  Das  mit  mils. 
brandigen  (braanekranken)  Schweinen  vorgenommene  Verfah- 
ren ist  ähnlich;  es  scheint  jedoch,  als  ob  das  Pablikom  vor 
dieser  einen  grosseren  Degoat  besasse  als  vor  miUbraodigem 
Rindvieh ,  selbst  die  arbeitende  Klasse ,  obwohl  für  sie  der  Ver- 
last am  empfindlichsten  ist. 

Im  Gefolge  des  thierischen  Milzbrandes  traten  nnn  nach- 
stehende  Falle  von  Infectionen  beim  Menschen  auf. 

1.  K.  P.,  Fntterknecht,  hat  an  Milzbrand  gefallene  Schafe 
abgefeilt  and  im  Geheimen  den  Cadavern  den  Talg  aasgewei- 
det; directe  Uebertragang  des  Giftes.  An  beiden  Händen  and 
Vorderarmen  verbreitetes  pockenartiges  Exanthem  (den  For- 
men von  Varizelle,  Varioloid  and  Variola  entsprechend)  mit 
diffaser  pflegmonoser  Entzündung  ond  odematoser  Anschwel- 
lung der  obern  Extremitäten.  Incisionen,  Cauterisation.  Nach 
ca.  60  Stunden  Tod. 

2«  N.  M.,  Futterknecbt,  hat  mit  milsbrandkranken  Ochsen  zu 
thun  gehabt.  Pustula  maligna  an  der  Hand,  Pockenform;  Ez- 
cisioD,  schnelle  Heilung. 

3.  Fr.  G. ,  Futterknecbt ,  ist  zwar  in  denselben  Stallen 
beschäftigt,  ist  jedoch  seines  Wissens  mit  miizbrandigen  Och- 
sen nicht  in  Berührung  gekommen.  Pustula  maligna  am  Kinn, 
Pockenform  mit  Induration  und  Gangran  der  umgebenden  Weich- 
theile;  asthenisches  Fieber.  Excision  mit  nachfolgender  Ap- 
plication  des  Ferrum  candens;  Chlorkalkumschlage,  Chinin  in 
grosseren  Dosen.  Langsame  Genesung.  Directe  oder  indirecte 
Uebertragung  ? 

4.  N.  N.,  Futterknecht,  war  in  Ställen,  die  krankes  Vieh 
beherbergten,  beschäftigt  gewesen;  directe  Ansteckung  wahr- 
scheinlich. Pustuloser,  z.  Tbl.  varioloser  Ausschlag  auf  dem 
Rucken  und  am  Gelenke  der  einen  Hand;  keine  Induration. 
Oefinung  des  Exanthems  und  Umschläge  mit  Chorkalksolution. 
Schnelle  Heilung. 

5«  Arbeitsjunge  J.,  in  Dienst  auf  einem  Vorwerke  des  vom 


102  KoDtz,  Befoirm  der 

MiUbrand  inßsirteo  Hofes.  PostaU  maligna  tob  Pockenform 
auf  der  rechten  Backe  mit  Indaration  nnd  Oedom  der  befalle- 
nen Gesicbtshalfte;  noch  kein  erhebliebes  Allgemeinleiden.  Ex- 
cision  mit  nachfolgender  Application  des  Fcrrom  candens;  Chlor- 
kalk nmsch  läge,  Chinin.  Schnelle  Heilang  ohne  Hinzatrttt  von 
Allgemeinbeschwerden« 

6.  Scbuhmacber  Z.,  hat  Kartoffeln  aof  eignem  Felde  ge- 
rodet und  dort  aaerst  ein  Bläschen  unterem  Kinn  bemerkt» 
Pustula  maligna,  Pockenform,  Induration,  Oedem  an  Gesicht, 
Hals  nnd  Brustwand.  Ezcision  and  Ferrum  candens,  Chlorkalk , 
Chinin.  Asthenisches  Fieber  bei  einem  bereits  durch  Alkoho- 
lismus und  Dysenterie  deteriorirten  K5rper;  schneller  Tod, 
wohl  in  Folge  Lahmung  der  infiltrirten  Respirationsmaskeln  oder 
Glottisodem. 

7.  E.  H.,  Arbeiterin,  Pustula  maligna  am  rechten  Vorder- 
arm; Pustel  selbst  nicht  grosser  als  ein  Mohnkom;  dabei  in- 
tensiver Schmerz,  lebhafte  Entzündung  mit  Verhärtung  der 
nächsten  Hautpartieen ,  Lymphangioitis  bis  zur  Achselhohle. 
Excision,  ohne  Application  des  Ferrum  candens,  da  die  Wund- 
fläche noch  kein  Gangrän  des  Zellgewebes  nachwies;  starke 
Blutung  aus  der  kleinen  Wunde.  Am  nächsten  Tage  alle  Er- 
scheinungen verschwunden. 

8.  A.  W.,  3jähriges  Kind  des  Arbeitsmanns  W.,  wohn- 
haft in  der  Nähe  des  infizirten  Schafstalles.  Pustula  maligna 
an  der  rechten  Hälfte  des  Kinns.  Excision,  Ferrum  candens, 
Chlorkalk,  Chinin.  Asthenisches  Fieber,  Tod,  in  Folge  dersel- 
ben Ursachen  wie  bei  6. 

Zwei  andere  Fälle  von  pockenartigen  Pusteln  blieben  ihrer 
Natur  nach  zweifelhaft;  dagegen  sind  noch  zu  erwähnen  die 
Fälle : 

9.  Arbeitsmann  Kr.,  erbot  sich,  da  ein  Aufseher  sich 
weigerte,  einen  milzbrandkranken  Ochsen  abzustechen  (behafs 
Feststellung  der  Krankheit  durch  die  Obduction),  wobei  ihm 
etwas    Blut    über    die  Hand    lief.     Milsbrandexanthem  wie  bei 


Gesetzgebang  aber  Milzbrand.  103 

Nr.  1«  mit  Gaogräo«  Patient  wurde  dem  Stadtkrankenbause 
za  Magdeburg  zugesandt,  und  starb  dort  nach  einiger  Zeit  an 
den  Folgen  der  Vergiftung. 

10.  Briefträger  Br.,  Pustula  maligna  unterem  rechten  äus- 
sern Augenwinkel«  Excision  mit  Cauterisation«  Asthenisches 
Fieber.     Langsame  Heilung  und  Genesung. 

Es  ist  jedoch  mit  gutem  Grunde  anzunehmen,  dass  hier- 
mit die  Zahl  der  von  Milzbrand  Befallenen  noch  nicht  erschöpft 
ist;  indessen  steht  es  fest,  dass  weitere  Todesfälle  nicht  vor* 
kamen.  Die  angeführten  Fälle  ereigneten  sich  in  der  Zeit  vom 
18.  August  bis  23.  September,  vertheilten  sich  also  auf  einen 
Zeitraum  von  nur  5  Wochen,  und  auf  nnr  2  Ortschaften  mit 
einer  Bevölkerungszahl  von  nur  3700  Seelen.  Vier  von  den 
bezeichneten  10  Fällen  endigten  lethal. 

Ein  so  ungewöhnlich  häufiges  Auftreten  des  menschlichen 
Milzbrands  in  einer  milzbrandarmen  Gegend  drängt  von  selbst 
zur  Untersuchung  der  ihm  zu  Grunde  liegenden  jedenfalls  ab- 
normen ursächlichen  Verhältnisse.  In  der  That  leuchtet,  wenn 
man  die  begleitenden  Umstände,  unter  denen  die  Infectionen 
vor  sich  gingen,  gehörig  erwägt  und  mit  diesen  die  durchaus 
ähnlich  lautenden  Berichte,  welche  die  Veterinärliteratur  von 
andern  Orten  her  hierüber  bringt,  vergleicht,  nicht  bloss  ein, 
dass  im  gewohnlichen  Leben  von  den  sanitätspolizeilichen  Be- 
stimmungen des  Regulativs  auch  nicht  eine  einzige  befolgt  wird, 
sondern  es  drängt  sich  auch  die  Beobachtung  auf,  dass  die 
bezuglichen  gesetzlichen  Paragraphen,  so  einleuchtend  und 
maassvoll  sie  erscheinen  mögen,  mit  den  praktischen  Lebens- 
verhältnissen und  Bedürfnissen  nur  wenig  übereinstimmen  kön- 
nen, dass  ferner  bei  den  mit  letzteren  übereinstimmenden 
Punkten  eine  Umgehung  derselben  jedenfalls  sehr  leicht  mog- 
iich  sei ,  ja  nicht  einmal  unter  allen  Umständen  als  strafwür- 
dig, wir  sagen  nicht  straffällig,  bezeichnet  werden  können. 
Wir  werden  die  Paragraphen  von  Nr.  12.  des  Regulativs,  auf 
den    in    Vorstehendem   aogegcbenen  speziellen  Fällen  basirend, 


104  KuntZy  Reform  der 

eioseln  der  Probe  der  Lebensfähigkeit  anterwerfen  und,  wie 
wir  im  Voraas  bemerken,  dabei  sa  dem  Resultate  gelangen, 
dass  es  mit  jener  schlecht  bestellt  sei,  so  schlecht,  dass  es 
schon  im  Interesse  der  Aafrechterhaltang  des  gesetzlichen  An- 
sehens liegt,  die  veralteten  and  onaasfohrbaren  Bestimmungen 
so  schnell  wie  möglich  fallen  zu  lassen.  An  deren  Stelle  müs- 
sen neue  treten,  die  auf  dem  reellen  Leben  fussen  und,  was 
nicht  minder  wichtig,  den  Zeitverhältnissen  Rechnung   tragen. 

Wollen  wir  nicht  auf  einer  reinen  Negative  verharren,  son- 
dern etwas  Positives  schaffen,  so  können  wir  uns  der  Aufgabe 
nicht  entziehen,  solche  sanitäts-polizeiliche  Bestimmungen,  in  der 
Gestalt,  wie  sie  uns  aus  der  Analyse  der  concreten  Verhalt- 
nisse nothwendig  hervorzugehen  scheinen,  vorschlagsweise  auf- 
zustellen, —  ohne  uns  dem  Gedanken  verschliessen  zu  dürfen, 
daas  dieselben  dennoch  voraussichtlich  wenig  Gnade  vor  jener 
Kritik  finden  werden,  die,  so  wohlwollend  sie  es  anch  meint, 
doch  nur  doctrinar  das  abstracte  Interesse  der  wissenschaftli- 
chen Sanitats- Polizei  verficht,  unbekümmert  darum,  ob  ihre 
Doctrinen  auf  dem  Monde  oder  auf  der  Erde  realisirbar  sind« 
Der  grüne  Tisch  ist  nicht  der  Ort,  an  welchem  dieser  Gegen- 
stand studirt  werden  kann;  nur  die  Beobachtung  der  thatsach- 
lichen  Verhaltnisse  giebt  hier  die  rechte  Kenntniss  und  das 
richtige  Urtheil. 

Indessen  wird  auch  an  der  Hand  dieser  das  Urtheil  leicht 
einseitig,  namlioh  dann,  wenn  es  das  materielle  Interesse,  wel- 
ches hierbei  jederzeit  eine  wichtige  Rolle  spielt  und  fuglich 
auch  nicht  unberücksichtigt  gelassen  werden  kann,  als  das  hoher 
stehende  betrachtet,  dem  das  sanitäts-polizeiliche  untergeordnet 
sei.  Ein  solcher  Standpunkt  der  Anschauung  fuhrt  eben  da- 
hin, wohin  die  absolute  Sanitäts-Polizei  führt,  zur  Vernichtung 
des  erstrebten  Zweckes. 

Die  Sanitäts- Polizei  ist,  wie  wir  schon  andeuteten,  sehr 
abhängig  von  den  jeweiligen  Cultnrverhältnissen ,  dem  Stande 
der  Wissenschaft;  unsere  Ansichten  werden  vielleicht  nach  einem 


Qesetsgebang  über  Milzbrand.  105 

gewissen  Zeitraome  Teraltet  erscheinen.  Es  mag  dahingestellt 
sein,  ob  a.  B.  das  Viehversicherungswesen  im  Laufe  der  Zeit 
nicht  solche  Fortschritte  macht,  dass  in  Folge  dessen  die  uns 
beschäftigende  Milzbrand- Gesetzgebung  wieder  auf  einen  ande- 
ren Standpunkt  verschoben  wird?  oder  ob  nicht  der  Streit 
zwischen  arbeitender  und  besitsender  Klasse  schliesslich  au  Gun- 
sten der  ersieren  (die  ja  auch  in  unserem  Falle  die  am  meisten 
betroffene  ist)  sich  wendet  und  damit  die  Grundlagen  der  Sa- 
ni tiits  -  Polizei  verrückt?  Vor  Kurzem  wurde  eine  Petition  von 
Eisenbabnarb  eitern,  die  von  Seiten  der  Bahn  Verwaltungen  grossere 
Haftpflicht  für  im  Dienste  derselben  Verwundete  und  Erkrankte 
verlangte,  Seitens  des  Reichstags  der  Regierung  zur  Berück- 
sichtigung überwiesen;  wir  zweifeln  nicht  an  dem  Erfolge  der- 
selben. Liegt  es  nicht  nahe  anzunehmen ,  dass  die  Pratensio- 
nen,  die  wir  bei  den  Eisenbahnarbeitern  erfahrungsmassig  theil- 
weise  für  sehr  berechtigt  halten  müssen,  der  in  künstlicher 
Aufregung  erhaltenen  Arbeiterbe  volkern  ng  der  grossen  Güter 
und  Fabriken,  die  notabene  in  den  Zuckerfabriks  -  Distrikten 
aufs  Innigste  mit  einander  verbunden  sind,  sich  mittheilen  und 
endlich  vielleicht  doch  eine  grossere  Verantwortlichkeit  resp* 
Haftbarkeit  ihrer  Arbeitsherren  durchsetzen?  Grade  für  die  auf 
den  Menschen  übertragbaren  Zoonosen,  welche  der  Natur  der 
Sache  nach  vorzugsweise  Dienstpersonal  ohne  deren  Verschul- 
den treffen  können,  will  uns  die  Einführung  grosserer  Haft- 
pflicht der  Arbeitsherren  leicht  möglich  bedünken.  Das  mag 
ungerecht  sein  und  würde  auch  uns  so  erscheinen,  um  so  mehr, 
als  der  Arbeiter,  der  speciell  in  den  Gegenden,  die  uns  näher 
angehen,  in  ausserordentlich  günstigen,  viel  besseren  Verhält- 
nissen, als  das  Gros  der  Handwerker  lebt,  der  eignen  Vorsicht 
und  des  Gefühles  der  eignen  Verantwortlichkeit  nicht  überhoben 
werden  darf.  Gewinnen  denn  aber  die  Arbeiterbewegungen,  die 
ohne  Zweifel  zum  Theil  auf  Aufhebung  der  eignen  Vorsicht 
und   Verantwortlichkeit  gerichtet  sind,  nachgerade  nicht  ein  im- 


lOS  K  n  B  t  z ,  Reform  der 


j 


mer  bedrohlicheres  Ansehen?  durch  ihre  Constmni  nachgerside 
den  Schein  der  Berecbtigang? 

Dergleichen  ßetrachtnngen  liegen  onsenn  sanitits-polisei- 
liehen  SUndpankte  darchaas  nicht  fem;  wie  die  socialen  Ver- 
baltnisse, so  der  Banm  der  öffentlichen  Gesundheitspflege,  denn 
dieser  wurzelt  in  jenen  und  niuss  ein  anderes  Ansehen  gewinnen, 
wenn  jene  sich  verändern. 

Wenn  wir  nun  zur  Betrachtung  der  Paragraphen  des  Re- 
gulalirs  übergehen,  so  wird  man  es  berechtigt  finden,  dass  wir 
unbeschadet  aller  Rücksichtnahme,  die  wir  dem  materiellen  In- 
teresse zollen,  dennoch  einen  Unterschied  zwischen  dem  sani- 
täts-  und  dem  Teterinar-polizeilicben  Standpunkte  annehmen  und 
selbstrerstandlich  uns  sorgfältig  an  den  ersteren  halten,  ohne 
einen  Augenblick  die  innige  Berührung  beider  Tcrkennen  so 
wollen. 


Die  Paragraphen  des  Regulativs 
vom  8.  August   1S35. 

S-  109. 

,,Wird  ein  Thier  vom  Milzbrande  befallen,  so  ist  bei  Ver- 
meidung einer  Geldvtrafe  von  5  Thalern  oder  achttägiger  Ge- 
fängnissstrafe der  Polizeibehörde  sogleich  Anzeige  davon  zu 
machen/* 

Wenn  überhaupt  die  Nothwendigkeit  anerkannt  wird,  dass 
die  Polizeibehörde  jederzeit  mit  den  Gesundheitsverhiitnissen 
ihres  Bezirkes  sich  in  genauer  Bekanntschaft  erhalte,  so  muss 
die  Zweckmässigkeit  des  Paragraphen  einleuchten.  Weshalb 
geschieht  jedoch,  wie  wir  oben  sahen,  in  praxi  die  polizeiliche 
Meldung  gewöhnlich  nicht? 

Erstens  vermag  keine  der  betroffenen  Parteien  aus  dem 
Paragraphen  eine  Verpflichtung  für  sich  zur  polizeilichen  Mel- 
dung herzuleiten;   wer  ist  der   Verpflichtete,  der  Thierarzt,  der 


Gesetzgebung  über  Milzbrand.  107 

Besitzer  oder  der  Hirte?  Diesen  Einwand  erheben  atle  Parteien 
mit  Recht.     Vor  allen  Dingen  ist  Niemand  genannt. 

Zweitens  jedoch,  dass  man  vom  Hirten  oder  Knechte 
keine  Verpflichtang  verlangen  kann,  selbststandig  Vorkomm- 
nisse im  Wirth Schaftsbetriebe  seines  Herrn  zur  Cognition  der  Be- 
hörden ZQ  bringen,  wird  man  begreiflich  finden.  Dies  ist  darch- 
aos  nicht  seine  Sache,  und  wenn  dies  so  sein  sollte,  so  wurde 
er  sich  dennoch  hüten  müssen,  ohne  Genehmi(,^ang  seines  Herrn 
die  Polizei  in's  Geschäft  hereinzuziehen.  Formell  ist  ein  solches 
Verlangen  auch  deshalb  unstatthaft,  weil  der  Hirte  sich  jeder- 
zeit mit  dem  Einwände  entschuldigen  kann,  dass  er  den  Milz- 
brand nicht  erkannt  habe.  Dieser  Einwand  lässt  sich  selbst 
dann  nicht  zurückweisen,  wenn  er  praktische  Veterinarheilknnde 
ausübt  und  das  Knriron  milzbrandkranker  Thiere  unternommen 
haben  sollte. 

Gesetzlich  steht  es  Jedermann  frei,  Thiere  zu  kuriren  (aus- 
genommen an  den  übertragbaren  Zoonosen),  ohne  dass  die  be- 
treffenden Heilkünstler  für  begangene  Knnstfehler  oder  erwie- 
sene Berufsuntüchtigkeit  durch  ein  gesetzliches  Correctiv  be« 
droht  würden. 

Es  ist  selbst  für  approbirte  Thierarzte  der  Milzbrand,  so 
lange  er  nicht  sehr  ausgeprägt  ist,  nicht  immer  mit  Sicherheit 
zu  diagnosticiren,  da  die  Symptome  desselben  zur  Verwechse- 
lung mit  andern  Krankheiten  Raum  geben.  Wir  haben  zwar 
neuerdings  in  dem  Auftreten  der  Bacteridien  im  Milzbrand- 
blute ein  anscheinend  sicheres,  weil  constantes  Erkennungszei- 
chen, welches  selbst  dann  nicht  zu  fehlen  scheint,  wenn  die 
äusseren  Charaktere  des  Blutes  nicht  die  gewöhnlichen  sind, 
aus  denen  der  Laie  sogleich  den  Milzbrand  erkennt ;  die  Bac* 
teridien  werden  jedoch  schwerlich  sobald  Gemeingut  der  appro- 
birten  Thierarzte  werden.  Ware  dies  der  Fall,  so  würden  sich 
letztere  manche  zeitraubende  und  gefährliche  Section  ersparrcn 
können,  die  sie  jetzt  machen  müssen ,  wenn  der  Besitzer  eines 
kranken  Stückes  oder  der  Agent  einer  durch  den  Tod    dessel- 


108  Kuutz,  Reform  der 

ben  betroffenen  Viehversicherangsgesellscbaft  Aufscblass  haben 
will*).  Um  so  vertrauter  rnnssteo  die  amtlichen  Organe  mit 
dem  Gegenstande  sein,  nicht  bloss  die  Departements»  und  Kreis- 
thierarste,  sondern  auch  die  Vertreter  der  Sanitatspolizei,  wenn 
sie  ihren  Beruf  sn  einem  wirksamen  machen  wollen. 

Aber  selbst  bei  nnsweifelhaftem  Vorhandensein  des  Mils- 
brands  Ist  es  unthunlicb,  vom  approbirten  Thierarzte  die  Mel- 
dung zu  verlangen,  aus  demselben  Schicklichkeitsgrunde,  die 
wir  für  den  Hirten  geltend  machten.  Mag  der  Viehbesitser 
Vortheil  aus  der  Verheimlichung  ziehen  oder  nicht,  er  würde  es 
mit  Recht  für  formell  verdachtig,  den  geschäftlichen  Verhält- 
nissen nicht  entsprechend  halten  müssen,  wenn  jener  ohne  sein 
Vorwisseo  ihn  mit  der  Polizei  verwickelte.  Die  Stellung  des 
Auftraggebers  zu  dem  Auftragnehmer  verbietet  dies. 

Zur  polizeilichen  Meldung  kann  Niemand  yerpflichtet  sein, 
Als  der  Besitzer  selbst  oder,  was  ganz  selbstverständlich,  des- 
sen Vertreter,  deren  Funktion  allerdings  der  Thierarzt,  appro- 
birter  oder  nicht  approbirter,  übernehmen  kann ,  ohne  deshalb 
der  gesetzlich  verantwortliche  Gerant  zu  sein.  Nur  der  Be- 
sitzer selbst  ist,  wenn  der  Milzbrand  in  den  Stallen  desselben 
ausbricht,  für  die  etwaige  Vernachlässigung  von  Vorbeugungs- 
maassregein,  für  den  Verlust,  für  die  Weiterverbreitung  ver- 
antwortlich. Zur  Verhütung  letzterer  aber,  sowie  zur  Anord- 
nung etwaiger  sanitats  polizeilicher  Maassnahmen  ist  die  Mel- 
dung eben  die   unentbehrliche  Voraussetzung. 

Wir  finden  diese  Ansicht  bereits  vertreten  in  dem  Entwürfe 
zu  einem  Regulativ  u.  s.  w.,  beigefugt  dem  Rescript  des  Minis- 
ters der  geistlichen,  Unterrichts-    und   Mediciualangelegenheiten 


*)  Wir  haben  bisjetzt  die  Bacteridien  —  die  stäbchenförmigen 
Körper  Brauelli  —  im  Blute  an  Milzbrand  erkrankter  oder  gefallener 
Thiere  nie  vermisst  und  in  einem  Falle,  in  welchem  allerdings  schon 
die  äussern  Eigenschaften  des  Blutes  nicht  für  Milzbrand  sprachen,  da 
keine  Bacteridien  gefanden  wurden,  das  —  geschlachtete  Stück  unbe- 
denklich für  milzbrandfrei  erklärt. 


Gesefzgebniig  über  Milzbrand.  109 

vom  11«  April  1857  welches  im  §.  44  von  der  Erkrankang 
eines  Thieres  am  MiUbrand  bei  Vermeidang  einer  Geldstrafe 
bis  zu  20  Thalern  oder  einer  Gefangnissstrafe  bis  so  14  Ta- 
gen durch  den  Eigenthfimer  die  sofortige  Anzeige  an  die  Po- 
lizeibehörde forderte;  ebenso  in  dem  Gutachten  des  landwirth- 
schaftlichen  Centralvereins  für  die  Provinz  Sachsen,  betreffend 
die  Anwendung  der  bestehenden  veterinärpolizeilicben  Vorschrif- 
ten über  den  Milzbrand  auf  die  Blutseuche  der  Schafe  (Verfas- 
ser T.  Nathus  ius  -  Althalden  sieben  ,  Zeitschrift  des  gen. 
Vereins  1867  Nr.  1.  und  2.  Seite  38),  hier  allerdings  nur  für 
den  Fall  des  sog.  seuchenartigen  Auftretens  der  Krankheit. 

Die  Meldung  muss  also  durch  den  Besitzer  oder  dessen 
Stellvertreter  geschehen;  sie  muss  aber  ferner,  was  wir  dem 
obengenannten  landwirthschaftlichen  Gutachten  entgegen  festzu- 
halten nicht  umhin  können,  in  allen  Fällen  ansnahmlos  stattfin- 
den und  zwar  mit  thunlichster  Schnelligkeit. 

Das  gen.  Gutachten  wendet  hiergegen  freilich  ein,  und  wir 
selbst  erinnern  uns  wohl  concreter  Beispiele  für  diesen  Einwand, 
dass  unter  Umstanden  es  dem  Hirten  gar  nicht  möglich  sei,  so- 
fortige Meldung  zu  erstatten,  wenn  er  nämlich  mit  der  Heerde 
von  der  nächstliegenden  Ortschaft  in  nicht  unbedeutender  Ent- 
fernung Stationire  und  jene  selbstverständlich  nicht  verlassen 
könne. 

Solche  Falle  können  und  dürfen  jedoch  höchstens  nur  die 
polizeiliche  Meldung  verzogern,  deren  Zweck  dadurch  noch  kei- 
neswegs vereitelt  wird,  da  sie  ja  durchaus  nicht  in  jedem  Falle 
ein  so  sofortiges  actives  Einschreiten  zur  Folge  haben  soll.  Man 
wird  zugeben  müssen,  dass  im  Falle  beschränkten  Auftretens 
der  Krankheit  in  einer  im  entfernten  Weiderevier  stationirenden 
Schafheerde,  von  welcher  also  keine  Gefahr  für  wiederholte  An- 
steckung von  Menschen  ausgeht,  die  nächste  Gelegenheit  zu 
schneller  Meldung  abwarten  kann,  ohne  dem  gesetzlichen  Prin- 
cipe dadurch  Eintrag  zu  thun;  gewinnt  dagegen  die  Krankheit 
einen  bedenklichen  Grad  von  Gefährlichkeit  für  die  Heerde  wie 


110  Kiintz,  Reform  der 

für  ihn  selbst,  so  wird  er  aas  eigenem  Antriebe  Hülfe  za  schaf- 
fen und  die  Meldang  zu  beschleonigen  suchen. 

Das  Gutachten  fuhrt  weiter  an,  dass  die  Medisinaibeamten 
ausser  Stande  seien,  den  ihnen  event,  angehenden  Requisitionen 
ihrer  Häufigkeit  wegen  so  schnell  an  entsprechen,  dass  nicht  bis 
Kur  Untersuchung  der  Cadaver  eine  unangemessene  Zeit  ver- 
streicht. Es  liegt  jedoch  durchaus  nicht  in  der  Absicht  der 
Sanitatspolicei,  mit  jeder  poliseiltchen  Meldung  eine  Requisition 
verbinden  zu  lassen. 

Des  Anspruches  jedoch,  jederzeit  zu  wissen,  was  in  ihren 
respectiven  Bezirken  vorgeht,  darf  sie  sich  dessen  ungeachtet 
nicht  begeben.  — 

Ueberdies  wurden  auch  im  Falle  relativ  spater  Unter- 
suchung etwaige  Uebertretungen  der  gesetzlichen  Vorschriften, 
über  Meldung,  Ablederung,  Verscharrung  der  Cadaver  u,  s.  w. 
noch  festgestellt  werden  können. 

Es  möge  hierbei  bemerkt  werden,  dass  unserer  Erfahrung 
gemäss  die  Schafer,  um  deren  Schutz  es  sich  von  unserem  Stand- 
punkte aus  vorzQgsweiee  handelt,  im  Allgemeinen  sehr  vorsich- 
tige Leute  sind,  sie  kennen  die  Gefahr,  die  ihnen  aus  leicht* 
sinnigem  Manipuliren  mit  milzbrandigen  Thieren  erwachsen  kann, 
recht  gut  und  wurden  noch  vorsichtiger  sein,  wenn  sie  nicht 
selbst  Heilkanstler  zu  sein  glaubten  und  in  der  Afterweisheit  befan- 
gen  wären,  dass  das,  was  ihren  Hunden  in  der  Regel  nichts  schade, 
ihnen  eigentlich  auch  nichts  anhaben  könne.  Es  wurde  ein 
bedeutender  Procentsatz  ven  Schafen  weniger  zu  Grunde  gehen, 
wenn  das  Contaginm  des  Fleisches  den  davon  fressenden  Hund 
jedesmal  iniizirte.  Indessen  geht  dies  mehr  den  Besitzer  und 
die  Veterinarpolizei  an;  wir  haben  es  mit  dem  Wohle  des  Hir- 
ten selbst  zu  thun.  Kann  dieser  sich  anstecken,  so  hat  die  Sa- 
nitutspolizei  um  so  mehr  dss  Recht  auf  Meldung  vorgekomme- 
ner Erkranknngsfälle  zu  bestehen,  als  jener,  wenn  er  infizirt 
worden,  in  der  Isolirtheit  seiner  Lage  hüiflos  dem  Untergange 
preisgegeben  ist.    Wurde  ein  Hirte  in  solcher  Lage  selbst    mit 


Gesetzgebung  über  Milzbrand.  111 

Zarucklassang  der  Heerde  in  der  nächsten  Ortschaft  Hnlfe 
suchen,  so  würde  ihm  der  Besitzer  keine  Vorwurfe  machen  kön- 
nen. Man  gelangt,  wie  wir  sehen,  zu  verschiedenen  Resulta- 
ten, je  nachdem  man  das  Interresse  der  Vctcrinairpolizei  und 
des  Eigenthumers,  oder  das  der  Sanitatspolizei  in  den  Vorder- 
grund stellt. 

Es  ist  selbstverständlich,  dass  auch  den  sog.  Treibern, 
einer  besonderen  Klasse  von  Schafern,  Hirten  n.  s.  w„  die  eine 
hervorragende  Aufmerksamkeit  beanspruchen,  die  Meldung  von 
Erkrankungs*  und  Todesfallen  in  ihren  Heerden  obliegen  muss. 
Es  erscheint  dies  um  so  nothwendiger,  als  die  Heerden  dersel- 
ben, auf  der  Wanderung  oder  dem  Transporte  begriffen,  das 
Milzbrandcontagium  zu  verschleppen  ganz  geeignet  sind  und  die 
Eile  resp,  Flüchtigkeit,  mit  welcher  der  Treiber  das  Geschäft 
der  Abledernng  und  Verscharrung  vornimmt,  denselben  der 
Infection  in  höherem  Masse  aussetzt,  (siehe  hierfür  ein  Bei- 
spiel in  dem  Gutachten  des  Lehrer>Collegii  der  Konigl.  Tbicr- 
arzneischule  über  die  Blutseuche  der  Schafe,  Hörn  Medizinal 
Wesen  Thl.  I.  333},  Die  Meldung  seitens  des  Treibers  muss 
in  der  nächstliegenden  Ortschaft  der  von  ihm  verfolgten  Marsch- 
route stattfinden. 

Wir  wiederholen  es,  die  polizeiliehe  Meldung  muss  in  allen 
Fällen  mit  thunlichster  Schnelligkeit  erfolgen;  schliesst  letztere 
eine  relative  Verspätung  der  Meldung  nicht  aus,  so  wird  diese 
dadurch  noch  nicht  zwecklos:  denn  die  Sanitätspolizei  hat  an 
jedem  Falle  ein  unveräusserliches  Interesse, 

Es  scheint  uns  deshalb  für  die  Meldungsunterlassung  auch 
ein  grosseres  Strafmaass,  als  §.  109  in  Aussicht  stellt,  zweck- 
mässig, wie  dies  auch  der  erwähnte  Regulativ-Entwurf  bereits 
verlangt.  Ein  Strafmaass  von  20  Thlrn.  Geld  oder  Htugigem 
Gefängniss  scheint  uns  indessen  nicht  das  Maximnm,  sondern  die 
für  alle  Fälle  gültige  Strafe  sein  zu  müssen:  es  droht  sonst 
die  Gefahr,  in  praxi  zufolge  der  hier  sehr  begreiflichen  prinzi« 


112  Kantx,  Refonn  der 

piellen  Milde  der  Behörden  nar  die  niedrigsten  Strafmeste  «n- 
gewendet  xa  sehen. 

§.   110. 

„Die  erkrankten  Thiere  mnssen  Ton  den  gesunden  gensn 
abgesondert  und  geeigneten  Wärtern  iibergen  werden.  Diese 
sind  über  die  Gefahr  der  Ansteckung  und  die  snr  Verhatnng 
derselben  sn  befolgenden  Vorsichtsmaassregeln  sn  belehren, 
besonders  dürfen  die  Warter  keine  Verletsnngen  im  Gesicht 
nnd  an  den  Händen  haben/' 

Im  praktischen  Leben  wird  dieser  Paragraph  keine  Hin- 
dernisse finden,  da  er  nicht  yiel  und  nur  das  Allernoth wendig- 
ste verlangt,  dessen  Anwendung  sich  eigentlich  von  seihst  ver- 
steht, selbst  die  entschiedensten  Vertheidiger  der  Ansicht,  dass 
der  Milzbrand  unter  gewöhnlichen  Verhaltnissen  sich  nicht  durch 
Contagion  von  Thier  auf  Tbier  fortpflanse,  sind  doch  sogleich  in  der 
Regel  die  Befolger  einer  Eingebung  ihres  bessern  Verstandes,  indem 
sie  die  erkrankten  Tbiere  möglichst  separiren  lassen.  Auch  be- 
steben die  ViebTersicherungen  streng  auf  Trennung  der  gesunden 
Stucke  Ton  den  kranken,  und  verweigern  statutengemass  jede 
Entschädigung  im  Unterlassungsfälle.  Hanfig  wird  dessenunge- 
achtet der  Fall  in  praxi  nicht  gerade  vorkommen,  da  die  «^j^ 
krankten  Tbiere  in  der  Regel,  s.  B.  Schafe,  sehr  schnell  er- 
liegen, oder  auch,  sobald  die  Krankheit  erkannt  ist,  getodtet 
nnd  beseitigt  werden.  Tritt  bei  grossem  Thiergattungen  die 
Krankheit  subacut  auf,  so  mnsseü  sie,  wenn  die  Wiederherstel- 
lung unternommen  wird,  in  besondern  Ställen,  Verschlagen,  am 
besten  jedoch  in  isolirten  hölzernen  Schuppen  untergebracht 
werden. 

Was  die  Qualifikation  der  Warter  (Hirten,  Knechte,  Magde) 
betrifft,  so  wird  es  damit  freilich  nicht  so  streng  genommen 
werden  können.  Beim  sporadischen  Milzbrand  ist  dies  auch 
nicht  nothwendig,  wurde  indessen  bei  gesteigerter  Häufigkeit 
der  Krankheit  allerdings  sich  als  richtig  erweisen.  Zur  Unter- 
ricbtung  der  Wärter  reicht   es  augenscheinlich   nicht  aus,  ihnen 


GeMtzgebimg  über  Mflzlmmd.  113 

Vorsicht  nnd  Reinlichkeit  eininscharfen  oder  aar  AnsfabroDg 
der  gesetzlichen  Vorsiehtsmaassregeln  diese  aod  jene  Anordnang 
lu  geben ;  am  sie  jederzeit  wirksam  za  schätzen  nnd  das  was  ih» 
nen  obliegt,  ihnen  vor  Angen  zn  halten,  durfte  es  sich  vielmehr 
empfehlen,  eine  besondere  Milzbrandinstrnction  fcir  Schafer, 
Knechte,  Magde,  das  Dienstpersonal  nberhanpt,  die  bandig  aber 
erschöpfend  gefasst  ist,  einzufahren  nnd  Torscbriftsmassig  in  den 
Stallen  aashängen  zn  lassen.  Dies  masste  darchaas  obligato- 
risch sein  nnd  wurde  ausser  dem  grossen  Nutzen,  den  es  als 
eine  bestandige  Warnungstafel  für  Jedermann  gewahrt,  noch  den 
geschäftlichen  Vortheil  mit  sich  fahren,  dass  es  polizeilicherseits 
leicht  controlirt  werden  kann.  Die  gesetzliche  Einfohrung  einer 
solchen  Milzbrandinstruction  wurde  den  Besitzern  nicht  einmal 
nennenswerthe  Kosten  auferlegen. 

Wir  werden  im  Anhange  den  Entwurf  za  einer  solchen  In- 
structjon  beifagen  und  unterlassen  nicht  die  Einführung  dersel- 
ben in  der  gegebenen  oder  in  verbesserter  Form  um  so  mehr 
zn  empfehlen,  als  in  dieselbe  zugleich  alle  die  Desinfection  be- 
treffenden Bestimmungen  zweckmässig  aufgenommen  werden 
können.  Die  Yornehmste  Bedeutung  derselben  liegt  jedoch  da- 
:  u,  dass  der  Gesetzgeber,  wenn  er  für  sachgemässe  Belehrang 
des  Publikums  gesorgt  nnd  der  Befolgung  seiner  Anweisungen 
sich  versichert  hat,  einen  grossen  Theil  der  Verantwortlichkeit 
für  dennoch  angerichteten  Schaden  auf  das  Publikum  selbst 
abertragen  und  dafür  demselben  eine  grossere  Freiheit  des  Han- 
delns zn  Gunsten  seines  materiellen  Interesses,  die  es  so  sehr 
wünscht,  mit  gutem  Gewissen  gestatten  kann.  Der  Erlass  einer 
Milzbrandinstrnction  ist  daher  die  Basis  unserer  weitern  Vor- 
sehlage. 

§.   111. 
„Allen  Personen,  die  nicht  approbirte  Tbierarzte  sind,  ist 
das  Kuriren  mUzbrandkranker  Thiere,   und  besonders  das  sog« 
Brechen  oder  Heraasziehen  des  Rnckenblntes,  bei  einer  Geld- 
strafe von  10  bis    20  Thalern    oder    vierzehntagiger   bis    vier- 

Mag.  t  ThittliAilk.  XXXYL    1.  3 


114  Kants,  Befiirm  der 

wochentlicber  GefSognissstrafe  verboten'*  -—  ein  übertriebenes 
Verlangen,  welches  ohne  Berncksichtigang  der  reellen  Verhält- 
nisse gestellt  ist.  Diese  fogen  sich  ihm  gans  nnd  gar  'nicht; 
es  kann  daher  auch  keinen  Ansprach  anf  Erfollang  machen. 
Der  Gesetsgeber  vergisst  hierbei  erstens,  dass  jeder  Laie  die 
Rolle  eines  nicht  spprobirten  Thierarstes  an  spielen  and  be- 
greiflicher Weise  aach  solche  Krankheiten  an  behandeln  befagt 
ist,  die  er  bona  fide  far  etwas  Anderes  als  Milzbrand  hält  and 
die  vielleicht  selbst  der  approbirte  Thierarst  ohne  Section  oder 
—  seit  Bntdeckang  der  Bacteridien  —  ohne  mikroskopische 
Untersachang  des  Blntes  nicht  sa  erkennen  vermag;  sweitens, 
dass  kein  Viehbesitser  gern  ein  möglicher  Weise  bedentendes 
Opfer  erleiden  will,  ohne  Hälfe  versacht  sa  haben,  die  jedoch, 
bei  dem  Mangel  an  approbirten  Thierarsten  nnd  der  Schnellig- 
keit, mit  welcher  die  Krankheit  yerlaaft,  selbstredend  bei  dem 
nächsten  Schafer,  Abdecker,  oder  wer  der  aatodidactische  Thier- 
heilkfinstler  sei,  reqnirirt  wird. 

Es  ist  swar  sazageben,  dass  dem  Viehbesitser  im  Grande 
wenig  oder  gar  kein  Schaden  angefSg^  wird,  wenn  man  ihm 
▼erbietet,  den  Schafer  etc.  an  consnltiren ;  der  Milsbrand  ist  bis 
jetst  jedem  arstlichen  Beilverfahren  so  ansagSnglich,  dass  aach 
die  dem  Pablikam  aliexeit  imponirende  Schaferweisheit  ihm  nicht 
beisnkommen  vermag;  wer  vermag  jedoch  die  Existenz  resp. 
Entdeckang  eines  einigerm nassen  wirksamen  Mittels,  dessen  sich 
vielleicht  aach  jene  bemächtigen  konnten,  absolat  in  Abrede 
an  stellen?  Das  Verbot  des  §•  111  ist  also  nnverträgiich  mit 
der  Praxis  and  anbillig. 

Es  ist  jedoch  drittens  mit  der  Einfahrang  des  norddent- 
schen  Reichsgewerbegesetses  vollends  hinföUig  geworden.  Dnrch 
dieses  sind  die  bisher  gültigen  Pfoschereiverbote  fSr  menschliche 
Krankheiten  anfgehoben;  es  wäre  aber  ein  sonderbarer  Wi- 
dersprach, den  sich  die  Gesetsgebnng  sa  Schalden  kommen  liesse, 
wenn  sie  aaf  der  einen  Seite  die  Behandlang  des  Milsbrands 
beim    Menschen   jedem    Pfnscher    gestatten,    aaf    der    andern 


Gesetzgebung  über  Milzbrand.  116 

Seite  die  des  thieriseben  bei  Strafe  nocb  verbieten  n^oUte,  ^ 
ein  Beweis  dafar,  dass  es  bedenklieb  ist,    einzelne  Tbeile    des 

Medizinalwesens  ans  dem  Zasammenbange  mit  den  andern  her- 
auszugreifen, anstatt  ein  organisches,  das  gesammte  Medicinal- 
wesen  umfassendes  Gesetz  zu  erlassen. 

Man  sorge  für  gehörige  Bekanntschaft  des  Publikums  mit 
den  Gefahren  des  Milzbrands  und  wird  damit  sicherlich  am 
Besten  verbaten,  dass  solche  aus  einer  etwa  länger  dauernden 
Yerkennnng  thatsächlich  vorhandenen    Milzbrands    hervorgehen. 

§.   112. 

„Die  Thierarzte  haben  bei  Vermeidung  gleicher  Strafe  da- 
nach zu  sehen,  dass  das  Aderlassblut  von  milzbrandkranken 
Thieren,  die  bei  denselben  gebrauchten  Haarseile,  die  Leder 
aus  den  Fontanellen  und  ähnliche  zur  weitern  Verbreitung  der 
Krankheit  geeignete  Gegsnstände  hinläoglich  tief  vergraben  oder 
sonst  vernichtet  werden; '^ 

ist  für  zweckmässig  zu  erachten,  um  so  mehr,  als  es  praktisch 
durchführbar  ist.  Es  dürfte  jedoch  nothwendig  erscheinen,  die 
darin  enthaltenen  Punkte  in  die  Milzbrandinstraction  aufzu- 
nehmen. 

§•  113. 

Hatten  wir  bis  hierher  wenig  Schwierigkeiten  gefunden, 
das  Bednrfniss  von  Abänderungen  und  die  Realisirbarkeit  unse- 
rer Abänderungsvorschläge  nachzuweisen,  so  zeigen  sich  bei  den 
nnn  folgenden  Paragraphen  desto  grossere.  Die  materiellen  In- 
teressen, welche  durch  die  §§.  113  und  114  tangirt  werden, 
sind  schwer  zu  befriedigen;  Landwirthe,  Schlächter,  Abdecker 
und  Thierarzte  finden  die  Bestimmungen  derselben  gleich  rigo- 
ros und  vereinigen  sich  in  der  Behauptung,  dass  diese  auf 
nichts  weniger  als  zutreffenden  Voraussetzungen  beruhe.  Die 
betroffenen  Parteien  sähen  es  am  liebsten,  wenn  die  Sanitäts- 
der  Veterinärpolizei  hier  einfach  das  Feld  räumte,  auf  dem  sie 
doch  nur  nnnothige  Vexationen  ausübe»  ohne  etwas  zu  nützen, 
in  den  meisten  Fällen  jedoch  einfach  ignorirt  werde.   Letzteres 

8* 


116  KantK,  Reform  der 

besweifelt  Niemand;  es  geschieht  so  offenkuDdig,  dass  die  Be- 
hörden einschreiten  mnssten,  wenn  sie  es  eben  nicht  far  gera- 
thener  hielten,  sich  passiy  sa  verhalten,  so  lange  es  geht. 

Man  kann  sich  darüber  gerade  nicht  wandern,  wenn  man 
in  dem  erwähnten  landwirthschaftlichen  Gutachten,  welches 
übrigens  von  der  Regierang  der  Prorins  Sachsen  eingefordert 
wnrde ,  die  anerhorten  Behaaptangen  liest ,  dass  in  dieser  Pro- 
Tina  nirgmds  ein  Fall  nachgewiesen  sei,  wo  aanachst  die  Hand- 
lang des  Abfellens  (von  Schafen)  für  den,  der  sie  vornimmt, 
von  wesentlichem  Nachtheil  gewesen  sei  (a.  a.  0.  Seite  35)> 
dass  bei  angemessener  Behandlang  Milabranderkrankangen  von 
Menschen  selten  bedenklich  verlaufen  seien,  oder  dass  die  nor- 
male Verdanang  des  menschlichen  Magens  den  festen  An- 
stecknngsstojGf  des  Milsbrands  nnschadlich  mache  (Seite  23), 
Wir  brauchen  nur  auf  unsere  in  der  Einleitung  gegebenen  Be- 
obachtungen und  die  in  der  einschlagigen  Literatur  verseich- 
nete  Gasuistik  zu  verweisen  (siehe  das  Beispiel  vom  milsbran- 
digen  Bärenfell  bei  Heu  sing  er},  um  verstehen  su  lassen,  wel- 
ches bedenkliche  Ürtheil  der  übel  berathene  Verfasser  des  sonst 
trefflichen  Gutachtens  über  die  Sachkenntniss  des  arztlichen 
Publikums  ausspricht.  Zum  Beweise  dafür,  dass  auch  die  Be- 
hörden anders  au  denken  genothigt  sind,  fahren  wir  an,  dass 
unterm  16.  October  186S  die  Regierung  au  Bromberg  sich 
veranlasst  sah,  folgende  Warnung  au  pnbliciren: 

«Das  zur  Zeit  ungewoblich  häufige  Auftreten  des  Milz- 
brands unter  dem  Rindvieh ,  sowie  einzelne  durch  Uebertragnng 
des  Milzbrandgiftes  auf  Menschen  bekannt  gewordene  Unglücks- 
falle, besonders  aber  ein  in  diesen  Tagen  in  Folge  des  un- 
vorsichtigen Genusses  von  milzbrandigem  Rindfleische  vorge- 
kommener Todesfall,  veranlasst  uns,  das  Publikum  auf  die  Ge- 
fahr, welche  aus  der  nicht  vorsichtigen  Wartung  und  Behand- 
lung von  dergleichen  kranken  Thieren  für  die  menschliche  Ge- 
sundheit nothwendig  erwachsen  muss,  nicht  nur  aufmerksam  zu 
machen ,  sondern  auch  vor  dem  das  Leben  höchst  gefährdenden 


Gesetsgebimg  aber  Müzbnuid.  117 

Genosse  des  Fleisches  der  an  MiUbrand  erkrakten  oder  gar 
in  Folge  dieser  Krankheit  yerendeten  Thieren  dringlichst  sa 
warnen^  ♦). 

Es  verhalt  sich  mit  dem  milsbrandigen  Fleische  gans  ahn- 
lich wie  mit  dem  trichinösen;  beides  ist  relativ  giftig,  vom 
schwächsten  bis  sam  höchsten  Grade  der  Virnlens.  Die  Cada- 
ver  Ton  trichinösen  Schweinen  werden  gewiss  ebenso  oft  von 
menschlichen  Geiern  ober  Nacht  wieder  exhomirt  and  verzehrt 
wie  die  von  milsbrandigem  Rindvieh  ohne  dass  entsprechend 
hanfig  die  Thäter  dorch  eine  Erkrankung  nachtraglich  verrathen 
worden.  Die  Sanitatspolisei  hat  es  dessenungeachtet  nicht  ab- 
lehnen können,  sehr  energische  Schntsmassregeln  gegen  den 
Verkauf  und  Verbranch  trichinösen  Schweinefleisches  au  ergrei- 
fen, obwohl  letsteres  dem  milzbrandigen  gegenüber  noch  den 
Vorzog  besitzt,  dass  es  erwiesener  Maassen  durch  Siedehitze 
unschädlich  wird,  was  vom  milzbrandigen  bis  jetzt  noch  nicht 
constatirt  ist.  Sind  wir  doch  trotz  der  eingehendsten  Unter- 
suchungen ober  diesen  Gegenstand  noch  nicht  zur  Gewissheit 
darober  gelangt,  welches  der  eigentliche  giftige  Stoff  milzbran- 
diger Substanzen  sei,  ob  die  Bacteridien  die  alleinigen  Trager 
des  Gontagiums  seien  (nach  Davaine)  oder  nicht  (nach  Braa- 
ell).  Beide  Ansichten  haben  vieles  für  sich,  es  scheint  we- 
nigstens soviel  mit  Bestimmtheit  angenommen  werden  zu  kön- 
nen, dass,  sobald  und  so  lange  das  Blut  sogenannte  Bacteri- 
dien enthält,  dasselbe  als  cootagiös  zu  bezeichnen  ist.  Die 
Bacteridien  besitzen  jedoch  eine  ausserordentliche  Tenacitat; 
^stondiges  Kochen  zerstört  sie  noch  nicht:  ebensowenig  Essig- 
saure Ph.  bor.,  Kochsalzlösung  (1:8),  absoluter  Alkohol,  Jod- 
tinktur, Ghlorw asser;  (sie  verschwinden  dagegen  allmalig  bei 
Behandlung   mit  Kali  hjdricum  solotum   Ph.  bor,  und   Acidam 


*)  Es  wäre  sehr  dankenswerth,  wenn  die  betreffenden  Aerzte 
ihre  Beobachtung  bekannt  machen  wollten;  es  fehlt  sehr  an  brauch- 
baren MittheiluDgen  neueren  Datums  aber  menschlichen  Milzbrand 
durch  Infection  von  der  Darmschleimhaut  aus. 


118  Enntz,  Reform  der 

Ditricum  Pb,  bor.).  Der  Zeit  nacb  sind  sie  im  faulenden  Blate 
nocb  4  Tage  post  mortem  za  finden,  nicht  mehr  nach  8  Ta- 
gen.    Ante  mortem  existiren  sie  wohl  nur  einige  Standen  *). 

Aus  diesem  Verhalten  der  Bacteridien  liesse  sich,  wenn 
sie  wirklich  die  Materia  peccans  sind,  unschwer  erklaren ,  wes- 
halb der  Genuss  milzbrandigen  Fleisches  nicht  immer  von 
üblen  Folgen  begleitet  ist;  wird  z.  B.  ein  Stuck  Rind  obda- 
cirt  und  vergraben,  dessen  Blut  noch  keine  Bacteridien  fahrt, 
so  wurde  das  Fleisch  desselben  nicht  oder  vielleicht  nur  wenig 
giftig  wirken.  Ebenso  verhalt  es  sich  wahrscheinlich  in  der 
Mehrzahl  der  Falle  mit  den  milzbrandkranken  Thieren,  die, 
um  nicht  zu  verenden,  getodtet  und  —  gewissenloser  Weise  — 
an  den  Schlächter  verkauft  werden.  Uebrigens  entzieht  sich 
die  Art  und  Grosse  des  Schadens,  den  der  Genuss  milzbran- 
digen  Fleisches  verursacht,  in  der  Regel  jeder  Controle;  kön- 
nen tjphöse  AfTectionen  daraus  entstehen?  kann  vielleicht 
selbst  die  Pustula  maligna  als  secundares  Zeichen  einer  innern 
Vergiftung  auftreten? 

Wäre  es  über  allen  Zweifel  erhoben,  dass  das  Contagium 
des  Milzbrands  einzig  und  allein  an  den  Bacteridien  haftet,  so 
hätte  auch  die  Sanitätspolizei  eine  feste  Position  gewonnen  **). 
Sie    hätten    dann    nur    noch    den  Ermittelungsmodus  derselben 


*)  Nach  Leisering  sind  die  Bacteridien  nichts  weiter,  als  Ge- 
webstrammer der  Intima  der  Blutgefässe,  —  eine  Anschaunng,  deren 
Nüchternheit  besticht,  obgleich  man  sich  schwerlich  wird  davon  über- 
zeugen können,  dass  Gebilde  von  so  gleichmässiger  charakteristischer 
Form  das  Product  blossen  Auseinanderfallens  sein  sollen.  Uns  ist  es 
bisher  nicht  gelangen,  in  dem  Geschabsei  der  Intima  von  gesaaden 
Thieren  Bacteridienformen  aafzafiadea.  Sie  sind  sich  so  ähnlich  and 
so  scharf  contoUrirt  wie  Krystalle,  dürfen  indessen  als  solche  nicht  auf- 
gefasst  werden. 

**)  Dann  wäre  auch  die  noch  streitige  Frage  entschieden,  ob  der 
Milzbrand  beim  Menschen  von  Individuum  auf  Individuam  übertrag- 
bar sei,  da  die  Bacteridien  im  menschlichen  Blute  auzweifelhaft  nach- 
gewiesen sind. 


GeMtzgebimg  über  Milzbrand.  119 

Torzaschreiben ,  der  dem  Schlachten  jedesmal  vorantEDgehen 
hatte.  Da  wir  jedoch  noch  nicht  soweit  sind,  so  wird  man 
der  Sanit&tspolizei  schon  gestatten  müssen ,  etwas  sammarisch 
zn  verfahren,  d.  h.  den  Genass  des  Fleisches  von  milzbrand- 
kranken Thieren  in  allen  Stadien  der  Krankheit  za  inhibiren. 
Noch  sammarischer  aufzutreten,  d.  h.  auch  das  gesunde^ Vieh 
polizeilich  zu  verfolgen ,  heisst  Tabula  rasa  machen.  Der  darauf 
bezügliche 

§•  113. 
lautet : 

,,Das  Schlachten  milzbrandkranker  Thiere,  sowie  der  Verkauf 
und  Verbrauch  des  Fleisches  und  der  Milch  von  ihnen  ist  bei 
10  bis  20  Thalern  Geld-  oder  8  bis  14  tagiger  Gefangniss- 
strafe verboten.  Ist  dadurch  aber  ein  Schaden  veranlasst  wor- 
den, so  treten  die  allgemeinen  gesetzlichen  Strafbestimmun- 
gen ein  *). 

Das  Verbot,  welches  dieser  §.  enthalt,  übrigens  in  dem 
Verbot  des  Feilhaltens  verdorbener  Esswaaren  sich  wiederholt, 
ist  also  schlechterdings  aufrecht  zu  erhalten ,  wir  wünschen  nur, 
mit  Androhung  eines  noch  hohem  Strafmaasses.  Der  verstan- 
dige ,  human  denkende  Mensch ,  der  bei  aller  Rücksicht,  welche 
dem  Handel  und  Verkehre  zu  gewahren  ist,  dennoch  das  ma- 
terielle Interesse  dem  öffentlichen  Wohle  nicht  absolut  voran- 
stellt, wird  diesem  Wunsche,  der  sich  gegen  eine  darchaus 
ehrlose  Handlungsweise  richtet,  unbedenklich  beistimmen.  Hier- 
in kann  ihn  auch  der  beklagenswerthe  Umstand  nicht  beirren, 
dass  selbst  bei  erhöhtem  Strafmaasse  der  strafbare  Eigennutz 
dennoch  Mittel  und  Wege  genug  finden  wird,  das  Gesetz  zu 
umgehen. 


*)  Milzbrandige  Kühe  geben  gewohnlich  keine  Milch ,  sie  werden 
daher  des  Milzbrands  für  verdächtig  angesehen,  wenn  diese  ausbleibt. 
Wichtig  ist,  dass  auch  das  Fett  ansteckt;  es  ist  gar  keine  seltene  Er- 
scheinung, dass  beim  Ansschmoren  des  Fettes  von  Schweinen  und 
Schafen  Infection  des  Seifensieders  etc.  stattfindet. 


120  Kuntc,  Reform  der 

Vor  Allem  wird  gegen  dieae  BestimmaDg  wiedemm  der 
Einwand  erhoben,  dass  die  Poliiei  oder  der  Richter  Nieman- 
dem beweisen  könne,  er  habe  den  Milsbrand  des  geschlachte- 
ten oder  verkauften  Thieres  erkannt.  Dieser  Entschuldignngs- 
grnnd  ist  jedoch  unstatthaft,  da  es  nicht  Sache  des  Gesetaea 
oder  der  gesetslichen  Organe  sein  kann,  den  Milzbrand  nach- 
snweisen  and  den  Besitzer  der  Kenntniss  desselben  ca  über- 
heben. Letzterer  allein  ist  für  die  Vorkommnisse  in  seinem 
Viehbestande  and  die  Gefahren,  die  davon  emaniren  können, 
verantwortlich  nnd  muss  es  bleiben,  wenn  nicht  eine  yoUstan- 
dige  gesetzliche  Rathlosigkeit  eintreten  soll;  er  vermag  übri- 
gens auch,  man  sei  dessen  versichert,  in  den  weitaus  meisten 
Fallen  dem  Gesetze  gerecht  zu  werden,  wenn  er  den  guten 
Willen  dazu  hat. 

Andrerseits  ist  jedoch  dringend  erforderlich,  dass  die  Sa- 
nitatspolizei selbst  ein  erhöhtes  Interesse  an  der  Sache  ent- 
wickelt, und  dabei  eine  höhere  Sachkenntniss  verbindet.  Ihr 
bisheriges  Verhalten  genagt  durchaas  nicht;  sie  muss  lebendig 
werden,  sich  um  die  das  offentliehe  Wohl  bedingenden  Ver- 
haltnisse kümmern ,  und  damit  sie  dies  könne ,  muss  sie  durch 
eine  gründlich  veränderte  Organisation  dazu  in  den  Stand  ge- 
setzt werden«  Eine  wirksame,  lebenskraftige  Sanitatspolizei 
muss  nicht  bloss  auf  Requisition  zum  Vorschein  kommen,  sie 
muss  Jedermann  direct  zugänglich,  aus  eigner  Initiative  zur 
Stelle  sein,  um  mit  sachverständigem  Rathe,  wo  Unklarheit 
herrscht,  zu  unterstützen,  die  Befolgung  vorgeschriebener 
Schutzmaassregeln  für  rechtzeitig  oder  unnothig  zu  erklaren, 
und  hierdurch  dem  Handel  und  Verkehr  Erleichterung  zu  ver- 
schaffen, ohne  den  Gesundheitsinteressen  zu  nahe  zu  treten. 
Dadurch,  dass  die  Sanitatspolizei  eine  permanent  active  wird, 
ist  sie  sogar  im  Stande,  anderweite  gesetzliche  oder  polizei- 
liche Maassregeln  überflüssig  zu  machen.  Hierher  rechnen  wir 
die  bisher  noch  gesetzlich  gültigen  Sperrmaassregeln  gegen  den 
Milzbrand  des  Rindviehs  und  der  Schafe ,   wie    sie  für  das  er- 


Gesetzgebimg  aber  liUzbnmd.  191 

etere  darch  das  Viehseachenpatent,    for  letztere  darcb  die  Mi- 
nisterial-Verfagnng  vom  26»  Febr.  1862  vorgeschrieben  sind. 

Wir  werden  an  einem  andern  Orte  ansfnbrlicher  auf  die 
Frage  von  den  Sperrmaassregeln  znrnckkommen  und  berück, 
sichtigen  hier  nur  den  einen  Punkt,  dass  „auch  gesund  schei- 
nende Schafe  —  eines  Ortes  —  wahrend  des  Bestehens  der 
Krankheit  und  bis  4  Wochen  nach  dem  letzten  Erkrankungs- 
falle nicht  ohne  besondere  Erlanbniss  (in  einen  andern  Ort  ge- 
bracht und  ebenso  auch  nicht)  geschlachtet  werden  dürfen^. 
So  lautet  das  bereits  erwähnte  Gutachten  des  Lehrer-CoUegii 
der  Thierarzneischnle,  conform  §.  123,  des  Patents,  welcher 
dasselbe  für  Rindvieh  anordnet  und  nur  noch  beifugt,  dass  im 
Winter,  wenn  keine  allgemeine  Sperrung  verordnet  war,  dieser 
Zeitraum  bis  auf  3  Wochen  verkürzt  werden  könne.  Das  gen 
Lehrer- Collegium  motivirt  sein  Gutachten  noch  dahin ,  dass  an 
den  Orten,  wo  die  Krankheit  stationär  sei  oder  alljährlich  auf 
längere  Zeit  wiederkehre,  die  Schafereien  so  grosse  Verluste 
erleiden,  dass  sie  gewohnlich  aus  üeberfluss  keine  Veranlas- 
sung zum  Verkauf  gesunder  Schafe  haben,  also  auch  die  Sperre 
sehr  wenig  oder  gar  nicht  fühlen. 

Das  Gutachten  wie  das  Patent  begehen  jedoch  einen  offen* 
baren  Widerspruch  darin,  dass  die  nichtkranken  Thiere,  die 
also  re  vera  gesunde  sind,  als  nur  anscheinend  gesunde  be- 
zeichnet werden;  ja  das  Gutachten  insinuirt  sogar  dem  Eigen- 
thümer  die  Ansicht,  dass  er  keine  Veranlassung  zum  Verkauf 
gesunder  Schafe  habe,  vindizirt  aber  zu  seinem  veterinarpolizei- 
lichen  Zwecke  den  letzteren  nur  ein  anscheinendes  Gesundsein, 
um  Grund  zum  Einschreiten  zu  finden.  Das  ist  diplomatisch 
gedacht,  aber  nicht  juristisch,  und  vom  praktischen  Leben 
zurückgewiesen. 

Wie  steht  es  ferner  mit  Schafereien  andrer  Kategorieen, 
als  das  Gutachten  im  Sinne  hat?  Im  Allgemeinen  ist 
es  gewiss  wichtig,  dass,  je  grosser  die  Anzahl  der  Sterbe- 
falle, desto  grosser  das  Bedürfniss  des  Besitzers  ist,  die  Heerde 


122  Knnts,  Beform  der 

za  yerkaafen,  wenn  er  kein  anderweites  Unterkommen  fnr  sie 
hat.  Die  hierbei  concarrirenden  Umstände  sind  jedoch  sehr 
verschieden,  je  nachdem  es  sieh  nm  Fleisch-  oder  Wollschafe 
handelt;  speziell  kommt  es  dann  darauf  an,  ob  die  Wolle  be- 
reits gewonnen,  das  Vieh  fett  ist  oder  nicht.  Bei  ganz  yer- 
einzelt  auftretendem  Milzbrand  ferner,  der  etwas  ganz  trivia- 
les ist,  zwingt  Nichts  zur  Auflösung  der  Heerde;  anders, 
wenn  der  Verlust  an  gefallenem  Vieh  den  am  verkauften  über- 
steigt. Ist  eine  Hammelschaferei  bereits  gemastet,  so  hat  der 
Besitzer  entschiedenes  Interesse  daran,  das  fette  Vieh  nicht 
am  Milzbrand  verenden  zu  sehen,  während  dies  vielleicht  we- 
niger für  mageres  Vieh  gilt.  —  Ein  Verbot  des  Schlachtens 
von  gesundem  Vieh  aus  einer  Heerde  während  der  Krankheit 
selbst  und  bis  4  Wochen  nach  dem  letzten  Brkrankungsfalle 
ist  also  unter  Umständen  etwas  sehr  Druckendes. 

Ganz  exorbitant  jedoch  wäre  die  Belästigung,  wenn  nach 
Ausbruch  des  Milzbrands  nicht  eine  bestimmte  Heerde,  son- 
dern ein  ganzer  Ort  als  infizirt  und  dessen  Bestand  an  Rin> 
dem  und  Schafen  als  nur  anscheinend  gesund  gesetzlich  ange- 
sehen, die  erwähnten  Sperrmaassregeln  also  nicht  bloss  grosse- 
ren Heerden ,  sondern  auch  den  kleinen  Beständen,  die  in 
manchen  Dorfern  und  Städten  fast  jeder  Hausbesitzer  fuhrt, 
auferlegt  werden  sollten.  Glaubt  wirklich  Jemand,  dass  ein 
solches  durchführbar  sei,  selbst  mit  der  zweideutigen  Erleich- 
terung, dass  die  Erlaubniss  der  Polizei  zum  Schachten  u.  s.  w« 
eingeholt  werden  könne?  oder  dass  sich  irgendwo  eine  Be- 
hörde fände,  die  mit  den  reellen  Verhältnissen  nicht  vertraut, 
von  den  gesetzlichen  nicht  einen  Zoll  breit  abweichen  und  Mo- 
nate lang  —  denn  oft  genüg  wiederholen  sich  die  4  wöchent- 
lichen Erscheinungsphasen  des  Milzbrands  —  das  schlachtende, 
kaufende  und  consumirende  Publikum  tyrannisirte?  vielleicht 
sogar,  wie  es  das  Patent  vor  beinahe  70  Jahren  vorschrieb, 
auf  Rindvieh  Quarantainen  legte?  Aber  sind  denn  dergleichen 
wirklich    nothwendig?     Wir  antworten  mit  einem  entschiedenen 


Gesetzgebung  über  lülzbrand.  138 

Nein,  voraosgesetzt  immer,  daes  die  Sanitatspolisei  nicht  die 
bleibt,  die  aie  ist,  d,  h.  gar  keine,  sondern  dass  sie  eine  effec- 
tive  wird,  d.  b.  eine  wirklich  farsorgend  and  nicht  bloss  stra- 
fende Behörde.  Sie  bestrafe  streng  die  Uebertretnng  der  Fan- 
damentalgrandsatze,  lasse  jedoch  dem  Verkehr  sein  freies  Han- 
deln nnd  allgemeines  Maassregeln  ganz  ans  dem  Spiele, 

Man  wird  ans  einwenden,  das  sei  ein  Rechnen  mit  imaginären 
Grossen,  da  die  Voraassetzangen  imaginäre  seien.  Es  ist 
aber  in  der  Gesettgebnng  ein  jedes  Ding  gewissermaas- 
sen  imaginär,  so  lange  es  noch  Gegenstand  des  Projectes  oder 
Wunsches  ist,  selbst  wenn  es  jener  vorausgeeilt  sein  und  mit 
den  Zeityerhältnissen  besser  übereinstimmen  sollte  als  jene. 

Das  Gesetz  hat  den  Zweck ,  befolgt  zu  werden ,  und  muss 
die  Möglichkeit  involviren  befolgt  werden  zu  konnea.  Das  ist 
mit  der  in  Rede  stehenden  Bestimmung  nicht  der  Fall.  Alle 
Welt  lacht  über  die  Sanitätspolizei,  so  lange  sie  sich  passiv  verhält 
und  beklagt  sich  über  sie,  so  bald  sie  Miene  macht  ein  Wort 
mitzureden.  Hier  hätte  das  Publikum  ein  Recht  dazu.  Das 
ist  ein  unfertiger,  ja  unwürdiger  Zustand  ohne  innere  Wahr- 
heit, der  Niemandem  nutzt,  dem  Ansehen  des  Gesetzes  und 
der  Behörde  schadet,  was  aber  das  Schlimmste  ist,  dadurch, 
dass  er  den  Schein  der  gesetzlichen  Ordnung  trägt,  die  Ein- 
führung gesunder  lebensfähiger  Gesetze  hindert.  Dieser  Zu- 
stand hat  so  wenig  Befriedigendes,  dass  wir  es  selbst  für  besser 
halten  müssen,  ohne  Erfüllung  unsrer  obigen  Voraussetzung, 
dass  die  Sanitätsbehörden  in  den  Stand  gesetzt  werden,  sich 
um  das  Wohl  ihrer  respectiven  Bezirke  besser  wie  bisher  zu  be- 
kümmern, denselben  abgeschaft   zu  sehen. 

Die  in  Rede  stehende  Sperrmaassregln  können  aber  auch 
ohne  Gefahr  beseitigt  werden.  Der  bereits  erwähnte  Regula- 
tiv-Entwurf lässt  elwaige  Sperrmaassregeln  ganz  unberücksich- 
tigt, während  das  Gutachten  des  landwirthschaftlichen  Central- 
Vereins,  welcher  das  Drückende  solcher  bestätigt,  dieselbe  in 
gewissem  Grade  besteben  lassen  will  für  den  Fall,    dass,    wie 


134  Knnts,  Belonn  der 

dies  Gntacbten  noch  aosimint,  der  MilxbraDd  ein  wirklich  sea- 
cheDartigei  Auftreten  gewinnt.  —  Das  Gutachten  des  Lehrer- 
Coilegii  der  Thierarxneitchule  macht  keinen  Unterschied  iwi* 
sehen  seuchenartigem  und  nichtsenchen artigem  Auftreten. 

Wir  haben  bisher  in  der  Natur  des  von  uns  betrachteten 
Gegenstandes  keine  Yeraulassung  gefunden,  einen  Unterschied 
ausfindig  su  machen  zwischen  sporadischem  Milsbrand  und 
der  GnmuiiruDg  desselben  sur  Seuche,  Die  bestehenden  Ge- 
setze resp.  Auflagen  derselben  haben  sich  bisher  Ton  der  An- 
nahme eines  solchen  nicht  trennen  können,  oder  trennen  wollen, 
wohl  lediglich  aus  dem  Grunde,  den  Gegenstand  den  Verwal* 
tnngsbehorden  leichter  zuganglich  zu  machen,  ihn  praktisch  be- 
quemer handhaben  su  können.  Das  Patent  fuhrt  z,  B,  an, 
dass,  wenn  in  Fallen  von  Lungenkrankheit,  Milzbrand  und  Toll* 
wnth  das  in  demselben  Stalle  untergebrachte  gesunde  Vieh  mit 
angesteckt  werde,  die  Krankheit  für  eine  pestartige  Seuche  an- 
erkannt werden  müsse.  Das  Schiefe  dieser  Auffassung  liegt  an 
Tage;  der  Milzbrand  ist  jederzeit  eine  Seuche,  mag  er  nun  in 
einer  bestimmten  Ortschaft  oder  Localität,  ganz  yereinzelt  oder 
in  zahlreicheren  Fallen  auAreten;  er  verliert  die  ansteckende 
Natur  niemals,  ist  auch  in  sporadischen  Fallen  ebenso  pernicios 
wie  bei  freqnentem  Auftreten;  und  durchseucht  das  befallene 
Individuum  vollständig  ganz  so  wie  Syphilis,  Pocken;  es  bleibt 
daher  auch  Seuche,  mag  ea  Gelegenheit  zur  weitern  Verbrei- 
tung finden  oder  nicht.  Dagegen  wird  beispielsweise  die  Rabies, 
selbst  wenn  sie  sich  in  ungewöhnlicher  Verbreitung  findet,  nie- 
mals eine  Seuche  genannt  werden  können.  Die  Milsbrandseuche 
verschwindet  im  Grossen  und  Ganzen  nie  völlig,  wenn  wir  einen 
etwas  grossem  Bezirk,  etwa  eine  Provinz  ins  Auge  fassen;  in 
manchen  kleineren  Bezirken  erhält  sie  sich  als  beständige  £n- 
zootie.  Steigert  sich  die  Enzootie  zu  einem  ungewöhnlich  ho- 
hen Grade  und  tritt  die  Krankheit  in  allgemeinerer  Verbreitung 
auf,  so  wird  ihr  Auftreten  ein  epizootisches ;  aber  eine  Seuche 
wird  sie  nicht  erst  dann,  wenn  sie  ein  Land,  eine  Provinz,  einen 


Gesetzgebung  über  Milzbrand.  185 

Kreis    oder    eine  Ortschaft  in    höherem    Grade    heimsacht   als 
bisher. 

Man  hat  also  gesetzlich  den  Aasdrnek  „Seoche"  bei  Thie- 
ren  far  den  Ansdrnck  „Epizootie"  gesetzt,  ohne  deshalb  un- 
ter Senche  etwas  Anderes  za  verstehen,  als  Epizootie;  bei  Men- 
schen für  den  Ansdrnck  „Epidemie:**  Es  würde  aber  wohl  Je- 
dermann als  angewohnlich  anffallen,  wenn  man  sagen  wollte,  die 
Cholera,  die  irgendwo  sporadisch  herrscht,  werde  erst  dann  znr 
Seache,  wenn  sie  epidemisch  werde.  Die  Cholerasenche  bleibt 
dasselbe,  mag  sie  Alles  dahinraffen,  was  in  ihr  Infectionsbereich 
kommt,  oder  zn  einer  periodisch  in  nnr  einzelnen  Fallen  sich 
seigenden  Krankheit  sich  yerflüchtigen.  —  Ist  doch  der  Ans- 
drack  „Blntsenche**  für  den  Milzbrand  der  Schafe  schlechthin 
ein  allgemein,  anch  gesetzlich  adoptirter. 

Es  leuchtet  aber  auch  die  Willkürlichkeit  dieser  Unter- 
scheidung ein,  wenn  man  berücksichtigt,  dass  es  keine  nur  eini 
germaassen  bestimmbare  Markscheide  für  das  Ende  des  spora- 
dischen und  den  Anfang  des  senchenartigen  Auftretens  einer 
Krankheit,  in  specie  des  Milzbrands,  giebt.  Endlich  ist  der- 
selben eine  gewisse  Bedenklichkeit  insofern  nicht  abzusprechen, 
dass,  wenn  sie  die  Gefährlichkeit  der  Krankheit  lediglich  nach 
der  Anzahl  der  Todesfälle  bei  Thieren  bemessen  und  hiernaeh 
die  Schutzmaassregeln  für  die  menschliche  Gesundheit  treffen 
wollte,  für  letztere  unter  Umständen  die  Gefahren  keineswegs 
ausreichend  beseitigt  werden,  unter  andern  Umständen  hinge- 
gen die  getroffenen  Schutzmaassregeln  über  das  Ziel  hinaus - 
schiessen,  d,  h.  mit  den  wirklichen  Gefahren  nicht  im  richtigen 
Verhältnisse  stehen  würden.  Beispielsweise  führen  wir  Folgen- 
des an.  Uns  ist  im  Bodetbale  ein  Rittergut  bekannt,  welches 
jährlich  ca«  16pCt.  des  Schaf-  und  9pCt.  des  Rindviehbestandes 
am  Milzbrand  verliert.  Absolut  genommen,  ist  dies  doch  ein 
ganz  bedeutender  Verlust,  der  schon  Veranlassung  zur  Erwä- 
gung geben  konnte,  ob  hier  nicht  eine  besondere  hygienische 
Maassnahme  zu  ergreifen  sei.    Diese  wird  aber  noch  scheinbar 


126  Literarische 

DothweDdiger  dadorch,  dass  die  Krankheit  periodisch  haafiger 
auftritt  und  jedenfalls  nicht  selten  den  Grad  von  Häufigkeit  er- 
reicht, dass  dann  nach  den  bisher  beliebten  Ansichten  unbedingt 
Sperrmaassregeln  eintreten  müssten.  Wie  oft  soll  aber  das  Gnt 
sammt  Ortschaft  abgesperrt  werden,  wenn  Verluste  von  3  oder 
5p Ct.  dies  bedingen  sollen?  Und  was  für  Vieh  sollte  diesen 
unglückliche  Ort  noch  halten,  wenn,  um  den  Gefahren  vorzu- 
beugen, die  aus  3  bis  5pCt.  Verlust  —  wöchentlich  —  in  er- 
höhtem Grade  dem  Fleisch  consumirenden  Publikum  erwachsen 
konnten,  nach  dem  jedesmaligen  letzten  Erkrankungsfalle  4 
Wochen  lang  kein  Stück  Vieh  soll  verkauft  werden  können? 
Kann  man  sich  noch  darüber  wundern,  dass  das  Publikum  über 
die  Sanitatspolizei  lacht? 

(Fortsetzung  im  nächsten  Hefte.) 


VIL 

Literarische  Anzeigen. 

Dr.  G.  C.  Haubner's  Handbuch  der  Veterinär* 
Polizei,  zweite  Lieferung,  ist  erschienen  und  somit  das  ganze 
Werk  vollständig.  Dieser  spezielle  Theil  umfasst  alle  Haus- 
thier-Krankheiten ,  welche  von  veterinar-polizeilichem  Interesse 
sind«  Die  im  ersten  Theile  aufgestellten  und  motivirten  Grund- 
satze finden  in  diesem  zweiten  Theile  ihre  consequente  An- 
wendung und  wenn  auch  manche  mit  grosser  Ueberzeagungs- 
treue  ausgesprochene  Ansichten  über  das  Wesen  dieser  Krank- 
heiten und  über  die  gegen  dieselben  zu  ergreifenden  polizei- 
lichen Maassregeln  nicht  überall  Anklang  finden  werden,  so 
wird  doch  jeder  auf  diesem  Felde  thatige  Sachverstandige  eine 


Anzeigen.  127 

genügende  Beleachtang  derjenigen  Motive  darin  finden,  welche 
ihn  ca  einem  Einschreiten  bestimmen  massen.  Dem  wissenschaft- 
lichen, ich  mochte  sagen  „kosmopolischen**  Charakter  des  Wer- 
kes gemäss  konnten  die  in  verschiedenen  Ländern  gültigen  po- 
lizeilichen  Gesetze  und  Vorschriften  nur  gelegentlich  eine  Be« 
rucksichtigung  finden  resp.  eine  kritische  Belenchtang  erfahren. 
Ich  zweifle  daher,  dass  Behörden  and  VerwaltangsBeamte,  denen 
der  Verfasser  das  Bach  gleichfalls  „znm  Gebrauche"  empfoh- 
len hat,  in  demselben  eine  Richtschnur  für  ihr  Handeln  finden 
werden,  denn  ihnen  muss  der  Buchstabe  des  Gesetzes  maass- 
gebend  sein*  aber  die  Sachverständigen  werden  Nahrung  für 
ihren  Geist  in  so  hohem  Maasse  darin  finden,  dass  es  ihnen  an 
der  Hand  dieses  Buches  leicht  sein  wird,  dem  Bachstaben   des 

Gesetzes  Leben  einzuflossen, 

E  6  h  n  e. 

Das  Veterinärztliche  Taschenbach  von  Th,  Adam 
pro  1S70  kann  sich  rühmen,  während  des  ersten  Deceniums  sei- 
ner Existenz  vielen  Collegen  Deutschlands  ein  treuer  Begleiter 
auf  der  Praxis  gewesen  zu  sein.  Es  enthält  diesmal,  „am  nicht 
dessen  Handsamkeit  zu  beeinträchtigen,**  ausser  dem  Jahres- 
and Notiz-Kalender  das  Norddeutsche  Bundesgesetz  gegen  die 
Rinderpest  v.  7*  April  1869,  das  Oesterreichische  Gesetz  vom 
29,  Juni  1868  über  denselben  Gegenstand,  das  Badische  Ge- 
setz V.  1.  Jnli  1868  gegen  die  Schafräude,  das  Bairische  Ge- 
setz gegen  die  Hundswuth  v.  4.  Aug.  1869,  eine  tabellarische 
üebersicht  der  Gewährs-Fehler  and  Fristen  in  den  deutschen 
Staaten,  die  thierärztlichen  Taxen  verschiedener  Länder,  die  ge- 
bränchlichsten  Thierarzneimittel  und  eine  Zusammenstellung  der 
hauptsächlichsten  Krankheitsznstände  der  Hausthiere  mit  den 
geeigneten  Heilmitteln,  Vergleichs-Tabellen  der  Gewichte,  Län- 
gen-, Hohl-  und  Feidmaasse  nach  dem  Decimal- System,  eine  Per- 
sonal-Chronik  und    ein    Verzeichniss    der    neuesten    deutschen 

Veterinär-  Literatur, 

Kohne, 


128 

vra. 
Penoul-Notira. 

Aasieichnang: 

Dem  DepArtemeDto-Tbierarzt  Winkler  in  Marienwerder  ist 
der  Rothe  Adler- Orden  4.  Kl.  yerliehen  worden» 

Angestellt   sind: 

Der  Kreistbierarst  a.D.  Sejdell  als  Departements-Tbier- 
arst  fnr  den  Regiernngs-Besirk  Bromberg. 

Tbierarst  I.  El.  Sobild  in  Freibarg  als  Kreistbierarst  far 
den  Kreis  Striegan, 

Tbierarit  I.  Kl.  Fnerer  in  Hersfeld  als  Kreistbierarst  fnr 
den  Kreis  Hersfeld. 

Verlogen   sind: 

Tbierarst  I.  Kl.  Hense  Ton  Baodits  nacb  Gaenstedt. 

.     .     Bremer  von  Nettersbeim  nacb  Siegbarg. 

-  -     Kaemmel   von  Hanaa  nacb  Frankfurt  a/M. 

-  -     Ellenberger  von   Fnlda  nacb  Battenberg. 

-  •     Arndt  ron  Scbneidemabl  nacb  Wirsits. 
Tbiearst  Fr  icke  Ton  Beddingen  nacb  Elberfeld. 

Kleinaa  Ton  Neaenkircben  nacb  Hamburg. 
Kornacker  von  Festenberg  nacb  Tscbertwits. 
Remonte  Ross-Arst  Friesecke  ▼.  Wirsits  n.   Cbarlottenbarg. 

Versetst  sind: 

Kreis-Tbierarst  Stabl  von  Angermnnde  nacb  Templin. 

Fiscbbacb  yon  Obernrsel  in  d.  Unter  - Taanas- 

• 

Kreis. 

Rabsamen  y.  Langenscbwalbacb  n.  Oberarsel. 

Niedergelassen  baben  sieb: 

Labrs  in  Acbim. 
Koblenkamp  in  Fronbaasen. 
Scbalse  in  Salswedel. 
Scbamacber  in  Neass. 
Braanss  in  Stendal. 

Gestorben  sind: 

Tbierarst  I«  Kl.  Hatb  in  Neateicb. 

-  •     Schiffer  in  Tscbertwits. 

.     .     Heinricbsin  Ludenscbeid. 


1 


Gedruckt  bei  Julias  Sittenfeld  in  Berlin, 


4 


^ 


Xaqa-.ut     /    Tliürffn 


Magazin 

för  die 


gesammte  Thierheilkunde. 


(1LSLX.V1.  JTAhrffaiiff.  ••  StAck.) 


I. 

lieber  eiM  lene  Methode,  die  Schafe  gegtm  Poekei 

n  schiktzen^  ohie  sie,  wie  bisher,  der  Gefahr  ansra- 

setveii,  an  de«  Sehafpockea  n  erkrankea» 

Vortrag  gehalten  im  Clab  der  Landwirthe  am  31,  December  1869 

Ton  Dr.  med.  Pissin, 
prakt.  Arste  ete. 

Meine  Herren !  gestatten  8ie  mir,  bevor  ich  anf  das  eigent- 
liche Thema  meines  Vortrages  naher  eingehe,  Sie  einerseits,  anf 
die  Analpgieen  aufmerksam  zu  maehen,  welche  die  von  mir  neu 
einsnfnhrende  Methode  mit  der  bei  den  Menschen  jetzt  übli- 
chen Schntzpocken-Impfang  gemein  hat,  sowie  Ihnen  anderer- 
seits die  wesentlichjBn  Merkmale  za  bezeichnen,  wodurch  sich 
dieselbe  von  der  bei  de^  Schafen  bisher  gebräuchlichen  söge» 
nanntep  Schntz-Impfnng  unterscheidet.  Der  gemeinsame 
Zweck  beider  genannten  Impfungen  ist:  vor  der  Pocken  «Er- 
krankung zu  schützen.  Wahrend  nun  in  der  neueren  Zeit  bei 
den  Menschen  hierzu  die.  Euhpocken  benatzt  werden,  ist  man 
bei  den  Schafen  noch  gegenwartig  auf  dem  alten  Standpunkte 
stehen  geblieben,  welcher  bis  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts 
aoch  bei  der  Jmpfung  des  Menschen  massgebend  war.  Dieser 
ßtfudpunkt  ist  der,   dass^  man    die   gefurchtete  Krankheit,   vo^ 

Mag-  t  T]iierh«llk.  XXXYI.    9.  9 


ISO  Piisin,  Schafe 

der  man  eioh  schfitiehf  will,  atlioliilh:!!  dervomift.  Et  erscheint 
dieses  Verfahren  so  paradox,  dass  ich  schon  ans  diesem  Grande 
mir  erlauben  will,  Ihnen  einige  Worte  der  Aofklarnng  darüber 

nm  so  mehr  berechtigt,  als  ich  nicht  annehmen  darf,  dass  JecPer 
von  Ihnen ,  m.  H  ,  mit  der  Geschichte  der  Medicin  hinreichend 
bekannt  ist,  am  die  Zweckmassigkeit  einer  solchen  Hassregel 
wardigen  au  können.  — 

.£a  ist  nftmlifih  in  der  Krankheitilehre  daa.MenBr.han  aina 
aaf  vielfache  Beobachtungen  gestatste  Thatsache,  dass,  wenn 
Jemand  eine  speci6sch  •  contagiofe  Haatkrankheit  in  allen  ihren 
^Udiaa-.  ordnangsnUbsig  nber|Utanden  tat»  err/d^n.^^]^^  upelf  i| 
sehr  seltenen  4°s°^™®^1od •  ^on  derselbep  Krankheit  aber- 
mals befallen  wird.  Wir  können  daher  di ej eiligen ,  welche 
Scharlach,    Masefn,    Pocken   ü.   s/ W.  ^iiiaiflrl^'hlf  ihrem 

Leb^n  dorohgAmaeht  halben,,  im  AUg^ofeinen,  .vpr  einer  ffinn^/ 
ren  Erkrankung  darai^  als  geschatat  betrachten.  Diese  Erfah- 
rung nun  fahrte  auf  die  Ide«  der  Inocnlation,  d.  h.  der 
Einimpfung  der  wirklichen  Menschenpocken,  auch  Va- 
riblation  genannt',  weil  tnän  das  die '  Menschen^ oelreW  fort* 
pffaniende  Gift  mit  Variola  b«^ehhet;  und  swäi^  Wrdid  iii 
Europa  damit  etwa  um  die  Mi^e  doA  troHgen  Jafai^und^frti  be- 
gonnen. Leider  jedoch  konnte  der  an  sich  ganr  löbliche  Zweck, 
den  Organismus  Vor  einer  spSteren  Pockendi^Mranku^g  iM 
schützen ,  nicht  erreicht  werden ,  ohn  h  a u  g  e  n  b  1 1  c  k  Fi  cfi"  dbrolf 
die  kfinstliche  Infection  ein'  immerhin  nTcht  gahk '  irti'^rhebiidieii 
Dnwohlsein^  an  veranlassen.  Man  ging  zwar  'hierbei  von  -d^r 'Hoff* 
nang  aus,  dass  die  Röaciion  auf  die  lokalen  Impfstelleii  bescKi'Snkt 
bleiben  und  die  Pustelb'ildhng  sich  nicht  ober  den  gäb'zen  R&rp^f 
aosdehnen  werde.  Allein  häufig  g6nug  wurde  diese  Hc^tbg 
getauscht.  Denn  trotz  aller  Vorsicht,  die  man  anwandte,  ikidetti 
man  th'ejls  nur  die  milde  Jalireskeit  zur  Impfung  benutzte,  tbeill 
nur  leichte  Erkratiknngsiallä  zur  weiteren  tJ^bbrtragdn}^  atft'- 
sn<Shte  und  d^bei '  aüssördten  das  bdirfduelle' Wdhlbafinden  d^ii 


gegen  -PcUdbh  <a  echüecen»  131 

Stande,  den  bösen  Polgen  der  absich^iofa  berrorgeta&nen  Bla^t 
▼M'ififitaiig  einen  D«mm  Entgegen  so  seteeB.  Und  go  gelchah 
et  dete  nietet  seken,  dai^s  die .  inoetiHrten  Personen  •  bedenkUeb 
an  den  echten  Menschenblafctem  erkrankten  <  im  Geaidit  eat« 
itellt,  tanb  ni^d  bünd  danach  worden,  oder  wohl  gar  daran 
itarben,  — *•  ja  ea  ttfat  togar  baafig  det  Fall  ein^  dasa  dietffelbeA 
dai^^h  ihre  eigene  Brkrankong  denHeerd  fnr  «ine  schnell  sieb 
aiKsbreitende,  oft  gefährliche  Bpidemie  abgaben. 

DttWer  kam  es,  dass^  als  man  gegen- Bnd6  des  Torigeta 
Jabrhotiderti'^i«  der-Väceinatio»,  d.  hi  in  der  D«bei*tragang 
der  Kvbpooke'd  «in  ebensi)  sichesee  and  dorohaba  nngafahr-r 
Hehes' Scrbtttsmiüel  erkannt  hätte,  die  llethdda  der  *  Variolatio» 
(f&lialtifa  verlaaeen'  wurde,  nnd  dasa  dieselbe  jetat  schon  seil 
fitilan  Jahren  >ia  aliien  Staiaten  poliaetlidl  verboten  aUd  mit 
Stral^  b«dfH>faft  hU 

Wenn  •  ich  önomehr  das  dem  Oegenstande  mJBiaes  Vortrat 
glils'  torber" li^gealde'  mvniehliche.CkichLecht  verlaasä,  nnd  spe4 
eiflll«r  aaf'die  Oattvng  der  Schafe  nber^^e,  so  antecsdhei<* 
de.t  ma«y  bei' «dieseii  «%isahen  eindr  Sehota-,  Prskaatidn-8<- 
n^ttd  Wiotb-' Impfung«  Bün  g«n0r€iH^r  Unterscfased  ist  aber^ 
wie  iob  faicJi' ^IMeb  bemerken  ^ill,  oit '  möglichem  irrthnm .  iror-^ 
Mb^tigen ,'  welcher  aus  ^er  ^Sezdcbnnng  Sehutfl*'impfiin>g 
entatehea  kS^ote,  nicht' vorhanden.  Vicdinehr  sind  laile  .dret.  we^ 
•^Brtiiob  eitie<ino6nfliatioii  der. Schaf pociken,  oder  om  micU 
etifos .  karkbn'  te<dimseben  Ao^drnekes  an  bedienen  y  ^ine  O'w'i^ 
aätion'f  in^deifa  0  vinie  das. die  8ch«4>tteken  fortpflanseo<de  €onw 
tagionrib^iarft. '  .Sie  -dnievs^eiden. sich- nur  darch  die  Zeit»ni4 
atanidev  in  welohes  4^4  Impfcng  Tbrgdnommen  wird. 

^  8Bhnt8«Im]f»f«ng'  naoliilScb  nennt  man  diejenige^'  welche  regelt 
maaiig  in. Jeiiem  Jahre:. bei  defa  nngeimpften  Lammern  statt« 
findeHiv  #alurendi  maai  vnterPrakaaitiDnsoImjifaing  den  Fall  Ve^i 
atefaii^  wenn  sev  Zeit' einer  in  der  Nai^hbersohaft  berrachenf* 


ist  PiBfin»  Setefo 

den  Poeken -£pid«nii#,  oder,  wie  mm  in  der  Beaeres  Zeil 
tiger  sagt:   Bpisootie  geimpft  wird, 

Noth-Impfang  endlieh  beiist  sie  dann,  wemi  man  dadorob, 
data  die  Senebe  bereite  die  eigene  Heer  de  ergriffen  b«4,  ge- 
wiaaermaatea  dasn  geswoogen  wird. 

Bs  mag  Tielleieht  niebt  aberflaaaig  aein,  aof  den  Zwieapait 
der  Meinnogen,  niobt  bloa  bei  den  belbeiligten  LandwirtboD 
nnter  aieb,  sondern  aaob  bei  ben  Sackveratandigea  selbalt 
in  Beaag  aof  letatere  beide  Arten  anfraerksam  an  maeben* 
Wfihrend  namliob  die  Binen  die  Impfang  bei  acbon  yorhüMidener 
Bpiaootie  ooter  allen  Umat&nden  far  geboten  eraobten,  beba«p« 
ten  die  Andern,  daaa  gerade  dadareb  dieaelbe  in  Perouinena 
erbalten  wird,  ond  daaa  die  Verlatte  Tiel  groaaer  werden ^i alt 
wenn  man  die  Impfung  nnterlaast.  M,  H.  wenn  ea  geatatte^  ift, 
einen  Sobloaa  vom  Menaohen  auf  die  Tbiere  an  sieba,  woran 
iob  nicht  aweifele,  da  ja  ans  physiologischen  Bxperimentei»  .an 
Tbiereo  so  haafig  nmgekebrt  geschlossen  wird,  so  moas  ich 
Le^tMren  Recht  geben.  Denn  es  ist  eine  dArch  wiederholte 
Beobaditongen  tSIIi^  konstatirte  Thatsaebe,  welche  nicht  alleui 
(qt  Pocken^  sondern  anoh  far  andere  Bpidemieen,  wie  Ty- 
phas,  Scharlach,  Cholera  a.  s.  w.  Ooltigkeit  hat,  dass  die 
sporadisch  Torkommenden  FÜle  miader  gefShrliob  an  vev- 
lanfen  pflegen,  als  wenn  die  Senche  epidemisch  anftritt. 
Nehme  ich  also  die  Impfung  in  letsto-em  Zeitpunkte  Tor,  und 
bringe  dadurch  die  Krankheit  kunstlich  aam  Ausbruch,  so  gebe 
ich  alle  Chancen  eines  gunstigen  Verlaufes  ans  der  Haad.  Auf 
diese  Wahrnehmung  gründet  sich  auch  die  bei  loooulation  der 
Menacbenpoeken  £poher  gebrauchte  Voraicht,  die  Impibng  aar 
Zeit  einer  gerade  statthabenden  Pocken -Bpideniie  au  «nterlassen« 
Wie  sehr  diese  au  damaliger  Zeit  ToUkommea  begründete  An- 
schauung der  Aerate  durch  die  Lange  der  Zeit  ailmahlig  beim 
Publikum  an*  Fleisch  und  Blut  geworden  ist,  und  sieb  bis  auf 
die  faeotigen'  Tage  rererbt  hat,  können  Sie  daraus  .eataehme^ 
dass  man  noch  gegenwartig  nicht  selten   bei  Laien   dem  Vor- 


gegen  Poefceii  zn  flchütsen.  ISS 

artheil  b«g«gnet,  alt  sei  es  nicbi  rSlhlieh  la  impfen,  wem 
bereite  die  Pocken  im  Orte  aasgebrochea  bidcI.  Man  nbereieht 
hierbei,  ^ase  dnrch  die  Vaeeinatiön  ein  gans  andere»  Verr 
fal^niee  des  Sehnte  es,  als  es  früher  dareh  die  Vaciolatioiki 
geschah,  hergestellt  worden  ist,  indem  erst  er  e  mtfib  ab* 
stossende;  letztere  eine  an li eh endi»  Kraft  eaf\!iim<.Aiil#^ 
brach  der  Kraafcheit  ansaht,  Wab  ich  aber  «soeben,  als  :V;0«* 
artheil  bei  der  heutigen  Sehotspocken - Impfnng  des  Mepp^ 
sehen  beseiehnete,  ist,  wie  ich  schon  erwähnte,  ein  wohlbe* 
grfindetes  Berdenken,  sobald  es  sich  am  die  Ovination 
handelt.  Denn,  m.  H. ,  durch  diese  sowohl,  wie  durch  di^ 
Inoculation  der  Menschenpocken,  wird  für  das  geimpfte 
Individuum  der  Aasbruch  der  Krankheit  befördert,  diese  ge- 
wissermaSsen  herangesogen ,  während  die  Vaccination  umge- 
kehrt, sobald  sie  in  Wirksamkeit  tritt,  eine  die  Infeotion 
abwehrende  Kraft  ausübt.  In  weleher  Weise  dies  geschieht^ 
werde  idi- Ihnen  spater  darstellen. 

'  Wenn  ich  übrigens  nur  von  dem  Zwiespalt  der  Meinaqgeie 
in  Besag  auf  die  Prakautions  •  und  Notb  -  Impfung  gesprochen 
habe,  so  ist  damit  nicht  etwa  gesagt,  dass  man  über  die  Nut«* 
li«hkeit>  der  Schutz-Impfang  einig  wäre.  Im  Gegentheü 
sind  die  Ansiehton  hierüber  ebenso  divergirend,  und  die  Qegner 
derselben  fahren  alle  die  Orfinde  an,  welche  ich  schon  and^tctle, 
als  von  der  Variolation  die  Rede  war,  und  welche  scMiessiieh 
dahin  geführt  haben,  dass  letatere  von  Staats  wegen  unter* 
sagt  wurdCk'  Alle  diese  Bedenken  werden  aber  erst  dann  w\e 
mit  einem  Schlage,  gehoben  sein,  wenn,  wie  es  meine  Absieht 
ist,  und  wie  ich  durch  diesen  Vortrag  anbahnen  will,  aapih  Wi 
den  Schafen  die  Vascination  eingeführt  wird,,  d.  h.  die 
Uebertragnng  einer  wirklichen  Schntapocke,  wie  sie  aus 
der  Knhpocke  bei  den  Sdbafen  eraeugt  werden  kann.     .  . 

M.  B. !  Die  Bestrebungen,  denen  ich  bereits  seit,  mehreren 
Jahren 'Obliege  und  die  endlich  in  diesem- Sommer .  ;bu  einem 
vollkommen^noBti^en  Erfolge  ^effihrt  habetf{  war^n  bi^reits.yi^V 


*  V 


IS4  Pistill)  Sflkufe 

lieh  froher,  so  TertehiedeDM  Zeilen  mod  in  tereidäedeiiea  Uo* 
dem  nnternooimen  nnd  enm  Gegenstände  eingehender  Bxp«n4 
mente  gemaicht  worden.  Leider  mit  negnÜTem -SUfoIge,  pvie 
Sie  daran»  entnehmen  können,  dasa  man  bia<  beale  bei  der 
alten  Methoder  stehen  geblieben  ist.  In  der  Tbat  :eind  acush  di^ 
fiMNrieiigkeiten ,  >relebe  sieh  derartigen  Versnehen^  entgegen* 
stellen,  gross  genug,  om  bald  eine  Entmathigiuig  eintreten  an 
lissen.  Denn  wenn  es  awar  auf  dem  Lande  nieht  an  '  oü- 
geinipften  Schafen  fehlt,  «o  mangelt  es  dort,  einerseits  gerade 
weseattieh  an  dem  Haaptfaktor:  namlieh  gaier  nnd  sn  dem 
Zweekd  brauchbarer  Vaccine,  während  es  andererseits 
nicht  leicht,  oft  anra5gUch  ist,  Sachverstfindige  so  hantig  wie 
n5thtg,  an  bestimmten  Standen  an  Ort  nnd  Stelle  an  haben» 
In  der  'Stadt  aber  wiederum  ist  es  schwierig,  mit  l^oherheit 
nngeimpfte  Thiere,  and  dies  ist  eine  Bedingung  «sine  qaa 
non'   des  Gelingens  der  Vaccination,  sa  erhdten: 

Nicht  selten  ist  es  mir  vorgekommen,  dass  ich  die  mir  ge» 
Keferten  Schafe  habe  aaraokgeben  müssen,  weil  de  am  Ohre 
^ine,  wenn  noch  schwache  und  fSr  einen  Laien  wenig  bemerk- 
bare,' doch  aber  fßr  einen  Sachverstandigen  charakteristische 
Impfnarbe  einer  froheren  OTination  darboten.  Bevor  dies 
ftbmr  fftirtges teilt  werden  konnte,  war  der  Markttag  volraber  and 
die  Zeit  verloren.  Bin  anderes  eigen thdmlich es  Hindernias 
stellte  sich  mir  noch  in  diesem  Jahre  dnrch  MissVerstfindniss  in 
den  Weg  nnd  nnterbl'tfch  einige  Zeit  meine  Versuche«  Ich  hatte 
nSmliMi  sn  meinem  Kommissionär  von  Schafen  gesprochen, 
ohne  dareh  diesen  Gattangsnamen  die  Hammel  aasseUiesaea 
sa  wollen.«  Br  aber  hatte  dies  wortlich  genommien,  and  glaubte 
noT  das  weibliche  Geschlecht  bei  der'  Ansehaffang  beraok* 
sichtigen  sn  dürfen,  and  da  hiervoo  nor  sehr  wenig  «a  Markte 
gebracht  wifd,  so  erhielt  ich  keine  Hiiere,  bis  ai<di  endlaoh  der 
Irrthom  anfklarte. 

M.  fl.  ich  fürchte  fast,  dass  die  Erwihnang  dieser  im 
^aode  "nichtigen  Nebenumstlnde ,   welche  für  Sie  von  »or  ge^ 


mgam  Iiiter.fiiie  tm  werii^a,  SUim  AnfmdrksMikmt  •rinndes 
doffte  aad  dttonoeh  gl»abt«  ich  dieselbe  aipht  Tereehw eigen  so 
•oUeOf  um  Ibneo  eiuigenDMeeii  er]üirli«b  ze  in|i«heo»  wasbelb 
bi«  jftu  wnfi^r  ein  Anderer  vor  nir,  npeb  ieb  $e)bof 
frfibor  alff  beote  go  eisern  poiitiveii  Reeoltate  gekojnmea 
wur,  welebee  £|r  die  GeMunmtbeit  der  Landwirtbe  verwtrtbel 

Al«o  ej»%  Anfänge  Jaii  dies^f  J ab  res  erhielt  ich  bei 
%  direkt  tod  der  Kuh  geimpftea  Sobafen  cbsrakteriBliscbe 
V.ftfeiof  «j^ookeUf  w^lobe.  geos  de«  AaMeben  darboten,  wie 
«fiuuci.  bioi  g^ippfltei|iKii»derQ  zp  .«^h^o  gewohnt  irt«  leb  will 
hier  gleicb  bemerkiOns  cUs^die  Aasdracke:  „Impfang  direkt 
van  ^^.f  KiJak,'^  und  «.Kab  Lymphe^,  welche  ich  öfter  ge- 
bir^M^cbeq  wep^ide,  nur .  in  poeigpotlichem  Sinne  za  Terstehen  iinB« 
d».  <|ia^  j^^lkvOÜfObt  mebr».  wie,. ich  an  anderen  Orten  mitge|heilt 
bab^>  .MjlieJiliabe  zu  den  Zwecke  d^r  Poekenerzengoog  be« 
nnjtilt,  sondern f  DA^  der  .j>Ieapo li tan is oben  Methode  mit 
gpros^jir^«»  Vprtbeile  2 ^- 3 fnonatlifsbe  Kalber,  gewöhnlich  Far- 
9.9p  daza  verwendet«  Pennoch  aber  habe  ich  vorgezogen» 
dj^e  AQSfdcnckP'bßiznbebalten,  aas  denselben  praktis^n  Grün- 
den» wi^  »ap  Ja,  awch  noch  heute .  trot^  besseren  Verständnisses 
nnd  geläuterter  Kenntniss  von  „Auf-  und  Untergang  der; Sonnest 
von  uZvh  .und  i^bnai^mi»  dfis  Mondes**  n,  s.  w.  spriabW. 

Ip  Be,zng,.nnn  auf.ditf  Aassebep  der  Vaecine*Pockea 
bei .  Sc^b affin,  so  ist  dasselbe  von  dem  der  gieimpfLen  Schaf- 
paoken. Wi^af ntüob  verschieden«  ^  Wahrend  diese  nämlich  eine 
mfsbr.  naf^geb»as#ige  Qeatfklt  haben,,,  tiefer  nnter  der  Oberbaut 
lifg9n».|u»d}d«^ufoh  ei^e  mehr  bljinlicb- weisse  Färbung .  ze%en, 
W'^lfibf  erst  spiter»  etw«  ^in  9,  bis  IX).  Xege  nach  der  Impfi;ing 
a^ ..dAr.  Ob^r4e<0li4«  durch  ;4^sbveitung  der  Entaui|dong  sieb 
rötbet,  ist  die  Vaccine- Pustel  stets  kreiarnnd,-  lißgt  :vpit 
vofnberm  obfit^Sofaliobcir»  sp  daßs.sie  die  Bpidsunnis  pj^rragt, 
fuid  fÄeb'.Mfr  4uid  iiiieht  wie  die  3cbafpocke  in  .d/sr  JOaiiit.zu 
enAwipkeln: floheint^ .  und  .bietet  .glf^icb.  zu  Anfang,   (B|*wa  ''gqjpi,,9f. 


t$4  '  ■  PiitiB,  Btht^ 

biff  i.  Tage  an,  «ine  roieni^othe  Farbe  dar,  wek^^  erst  tpfiler 
in  die  Umgebang  obergeht,  wahrend  die  Poeke  selbst  dann 
mattiveiBs  gl&niend  wird  nnd  in  der  Mitte  eine  kleine  VeiMie* 
ibng,  Delle  genannt,  seigt.  Alle  diese  Erseheinnngen  tretetf 
deatüeber  dort  un  Tage,  wo,  wie  am  Sehwanse  and  Bauch dj 
die  Haut  durch  ein  lockeres  Zellgewebe  verschiebbar  ist  und 
Fon  den  darunter  liegenden  Theilen  abgehoben  werden  kann,  als 
dort,  wo,  wie  am  Ohre,  bis  jetst  der  gewöhnlichsten  Implstelle, 
die  Haut  mit  dem  darunter  liegenden  Knorpel  fest  Terwachsen 
ist.  Ebenso  sind  die  geschilderten  Unterschiede  markirter, 
wenn  die Uebertragung  der  Kuh-Ljoiphe  unmittelbai^ gesebehcm 
ist,  wenn  man  also  eine  Pocke  erster  Oeneration  oder  Ord- 
nung vor  sich  hat,  als  wenn  Tctn  8cfa«f  zu  Schaf  weitergeimpf\i 
worden  ist.  Bs  scheint  nämlich  in  letsterem  Falle  eine  Mo- 
difikation der  ursprünglichen  Kuh-Ljmphe  einzutreten,*  gani^ 
in  ähnlicher  Weise,  wie  es  beim  Menschen  der  Fall  ist,  wenn 
▼Ott  Kind  au  Kind  weitergeimpft  wird.  Wie  Sie  wissen,  wird 
die  fon  Menschen  genommene  Kuhpocken  •  L^rmphe  hutaanio 
sirte  Vaccine  genannt,  und  dem  analog  möchte  ich  die  den 
Schafen  entnommene  Kuhpocken- Lymphe  als  OTint sirte  Vac* 
eine  beseichnen,  ein  Ausdruck,  den  ich  öfter  su  gebrauchten 
Gelegenheit  haben  werdet 

Dass  diese  von  mir  angenommene  Modifikation  keine  blosse 
Hypothese  ist,  davon  können  Sie  sich  selbst  »m.  H.  ans  den 
Resultaten  der  Impfung  fibersengen.  Die  faumanisirte 
Vaccine  nämlich  übt,  auf  Schafe  geimpft,  worauf  ich  noch'  attS4 
fnhrlicher  surnckkommen  werde ,  eine  nUr  sehr  nnvollkom-» 
mene  Wirkung  aus.  Ebenso  wenig  haftet  die  o^vrnisirte 
Vaccine  beim  Menschen,  wie  ich  mich  dnreh  sahlreicbe  Versuche 
nberseugt  habe,  und  giebt,  aufF&rse'n  suruckgeimpft,'  nur  sehf 
rudimentäre  Pusteln.  '^ 

Immer  aber  bleibt,  trots  der  durch  die  Impfung  sich  kund^ 
gebenden  Modifikation,  bei  den  Schafen  der  Gharaktet  der 
Vaeeine  ebenso  erhalten,  wie  bei  den  Menschen.   Eine  Trans* 


gegen  '^Mi^q  tvt  sefiatzen.  tS9 

ihrer  weiteren  Fortpflanzong  bei  den  Seha^M»  allmablif  0<f»D^ 
werd«n  kannte,  ist  ebenvo  anmöglkb,  ah  daas,  wie  #fa*  wlisen, 
beitn  Mensoben  Varioia 'daraas  wird.  Ebeato  w«Big  iet  ab«F 
andiderOrgariif  Mftte  der  Kube  im  Stande,  dasMeDfebeii^ 
poekengi-ft  kt  Vatsci^e  aa  rerwandeln,  wie  ia  Lyoa-  dareb 
zabireifefae  und  amftoiteAde  ßitperimente  festgestellt  worden  latj 
Es  ist  Aisa  als  ein  ia  der  WiseeiiBebaft  on  bestritten  es  Axioi» 
festünbalteti ,  dass*  die  wabrnebmbai'en  Aensserongen  etses  spe- 
dfiseben  Virus  doreh  einen  Wecbsel  derGstttmg  swar  alterivt 
werden  können,  •dasa  es  aber  bi«  jetzt  nicbt  gehingeo  ist,  biev«< 
dorcb  eine  ganz  andere  Kraft k bei tsform  bervorzornfea^ 
Idb  lege  hieraaf  scben  jetkt  am  se  mebr  €rewicbt,  weil,  wie- die 
m.  H.  bald  boren  wenlen,  es  tm  Verlaufe  meiner  Bxperimeste 
den  Anscbein  hatte,  als  sei,  hier  zum  erstenmal e,  eine  Ab* 
weiebang  von  dieser  Regel  eingetreten.  ' 

Ver  Allem  kam  es  nnn  daraof  an,  den  a  priori  höebst 
wahrscheinlichen  Schinss,  dass  die  Robpocken,  so  gut  wie  sw 
den  Mensehen  vo^  seinen  eigenen  Pocken  zu  scbötzen  Term^-» 
gen,  dieselbe  Praservatit)n8kraft  aach  bei  den  Scba- 
fen  anszaaben  im  Stande  sind,  darcb  exacte  Ezperimeote 
^B  einem  wii^kliehen  Beweis  ea  erheben.  Um  hierbei  in  jedev 
Beaiefaang  sieher  za  gehen,  und  n amen tlieb  ■  dem  Yorwarle  et* 
waiger  SelbsttSasehong  doreh  vorgefasste  Meinung  <a  begegnetii 
setzte  ich  mich  mit  geeigneten  Sachverständigen  in  Verbindung, 
unter  deren  Gontrole  ich  die  Versuche,  welche  ich  fnr  ni-ich 
befeita  mehrfach  -  ^ederholt  hstte,  erneute.  Ich  nenne  Ihnell 
als  Solche:  den  hiesigiBo  Departements-Thiet'arzt  Herrn  Dr.  Ul* 
riciv',  den  Lehrer  an  der  hiesigen  Kdnigl.  Thi^raranei  «>  Scburl« 
Herrn  '  K  o  e  h  n  e '  und  -  den  Thierarzt  I.  KL  Herrn  L  o  e  w  e  1  in 
Rddersdorf.  Letat^rer  namen tlieb  hatte  Gelegenheit,  auf  detn 
3  Meilen  Von  Mei'tfnd^ Meile  von  Rndersdorf  gelegenen  Rittisr* 
gute  Tasiidbrf,  ^  wfihrend*  der  Monate  September  und  Ootdber'; 


■  •■I      ••       •        >■' 


las  PU»i«,  MmiB 

m  40  von  toic  tMe^MiT«  gtinpllb»»  Mialoa.di»  ▼«rMhi^dtifH 
PbMeB  d«r  Wirkung  sa  beobaebte». 

M.  HL  ieb  werde  Sie  hier  eiebft  »it  4eiii  ganzen  Detail  4v 
vett  nur  öberbaapi  gemachten  Verancb^  bfUaligen*  ea  wAr4e 
dite  mehr  Ibre  Zeil  ond  Geduld,  ale  Ihr  Inleraeee  in  Anepmeb 
n  Mibaien  gee^;net  eein,  aendern  nnr  mit  den  JReffnUatea  dwel- 
bita  bebannt  »neben,  nnd  Ihnen  die  a«a  mewen  Beobaohtnngen 
•nd  BrIahrQngen  för  die  Prania  an  aieJmnden  Seblaeae  mittheijeji« 

Was  annaobet  die  biini.aniairte  Vaeeine  betxiffi,  fp  iat 
.dieeelbe  aa  einer  erlolgreiehen  Impfung  bei  Schafen,  wie  ksk 
•ebon  TorbH»  «agte^  oicbl  wirksam  -genug»  In  einer  der 
Sttmagen  de«  Landes -OekQnemie-Golleginpps,  im  Mara  dteeee 
Jabresy  wo  über  die  gegen  d^le  Sebafpneken  *  Se«ebe  an  ergrei-* 
fanden  Maaenahmen  berathen  warde,  oui^bte  der  Hr.  .Geb.  fteg»- 
Ratfa  Dr.  Lnderaderff  die  Bemerknag,  «daas.  ei  ihm  wandet' 
bar  erscheine,  weshalb  seitens  der  Landwjrthe  nicht  sy^tematiif 
sehe  VersDche  mit  der  Kabpocken-Impfnng  bei  $ohn^^  gemacht 
wnrdmi.  Er  seinerseits  habe  derartige  .Verenehe  begonnen  ,nnd 
geinnden,  daas  die  Lämmer  die  Pocken  angenommen  hauten.* 

Ich  lan^pe  'nicht  m.  Q.»  dass  diese  Bemerkung  wesentlich 
dann  beitrug,  mieh  bei  meinen,  in  diesem  Sommer,  wieider  ai^'* 
genommenen  Bestrebnog^,  an  -.nenem  Bifer  ananspornen.  {n 
Beang  auf  die  Aenssernng-  nun,  dass  die  Lammer  die  Pocken 
annet^men,  .so  ist  es  awar  richtig,  dass  sich  hfinfig  4n  den  Impf- 
sleU^  kleine  Knötchen  bilden.  Diese  beben  sich  ,aber  in  \^U 
nem  ei  neigen  der  von  mir  beobacbte^n  Fälle  an:  legitimen 
Knhp ecken  entwickelt,  sind  yielmjEihr  etwa  am  7*bi^8,  T^lgd 
eingetrockiietr,  ohne>aii  irgend  einer  Zeit  ihres  ^steheiis  eiofi 
aüm  Weiterimpfen  breochbare  Lymphe  gege)>en>  an  hi^t>9|i, 
Kfoenso  wenig  bsbe.  ich  die  derartig  .vaccinirten  Tbipre^  bei 
nac^felgender  Impfung  mit  Oyine,  ge^en  S^afppeken  «gescbp^^ 
gefnnden»  Ich  kann  daher  die  soeben ''i^ii  mir^  Mfgcts^elU»  Pe* 
hanfplnng,  das«  die  bnmaniwFte  Vac^in^^  an  •  einer,  mtf^lgreiehen 
Impfnng  nicht  genüge,   unbedingt  nnd  mit  nm  so  grosserer  8i- 


gegen  IPodkiea  ma  fleUtzen.  MI 

obofhek  wiedwboleii ,  alt  im»  lo  meineo  'VeifSQfibtii  stoti  dB 
anerkattirtsvirkMUBite  Gattvag  detidibeD,  oatuHoli  «olebe  ejftm 
O-rdB-nag  aa  .Ge^te  atand.  Diaae  wird  b^anaHich  von  dea 
Kiadeni  gewonadn,  wekhe  direktvonKaben  gdmpft  wordea 
aiad :  ood  denaoch  bat  mioh  dieaalb«  ioimer  im  Stieb  gelaatflai 
Wean  iofa  avinmebr  aar  Kab-Lyaipbe  abarg^e,  fo  mnis 
maa  di0  Wirksamkeit  dertalbea  trennea»  je  naebdaia  die  Uebeiw 
tragang  od  mittelbar  nach  der  Abo  ahme  der  Lympbe  vor  fieb 
gabt,  oder  ob  ietstere  Torher  eisige  Zeit  aufbewahrt  werde, 
ood  sos  sei  es  an  Stabeben  getroekoet,  dem  Einfiosfle  dar 
Lafi,  «ei  es  fiossig  iQ  Haarrobrcbea ,  dam  aaTormeidlieben 
Wecbsel  der  Temperatar  aosgesatit  gewesen,  ist.  üntar 
allen  Umstanden  ist*  die  aufbewahrte  Knb-Ljmpha  weniger  ai> 
▼erUlssig)  ale  wenn  sie  frisch  abgenommen  gana.  direkt  «bar- 
geampft  wird«  Bia  analoges  Faktum  habe  ich  stets  «nah  beim 
Ifaaacben  so  beobaobtoa  Gelegenheit,  and  kann  sagaO)  dass  die 
Kinder  für  das  Knh|tiiokengif%  im  Allgemeinea  sugaagliabe« 
sind,  als  die  Lämmer.  Daan  bei  diesen  Wirict  aaob  die  gaaa 
i^s^e  Kuh  «Lymphe  bei  weitem  nicht  so  sieher,  als  bei  )eaen. 
Bs  bangt  dies  wohl  nnsweifeibaft  damit 'snsaramen,  dass  wean 
bei  einem  speciliscbea  Contaginm  zur  weiteren  Fortp4aa*> 
auag  ein  Wechsel  de?  Thiar- Speoies  vorgenornfman  viad^ 
die  Baftuttg  schwieriger  au  erzielen  ist  und  der  £rfolg 
an  gewiss  er  wird,  flierdnroh  auch  wird  es  erklärlich,  weshalb, 
wie  ic^  schon  -  voi^bin  ei'wabnte ,  die  humanisirte  Vaccine '  nicht 
h^  Schafen  und  dia  ovinisirte  nicht  bei  Mensoben  fortgeben  will, 
da  hierbei  ia  doppelter  Weis    die  Gattung  gewechselt  wurde. 

'  hl  Beaug  nun  auf  die  v^on  Schaf  au  Schaf  waiterfdrt« 
gepflani te  Kubpoekea-L  jmp'he,  so  ist  derBrfolg  der« 
aetben*  mit' fast,  absoluter  Gewissheit  sicher  und  auch  in  keir 
ner  Weisei  dadurch  beeinträchtigt,  dass  die  Lymphe  vorbar 
laagbieZäit,  selbst  mehrere  Wochen  in  Haarsohrchen  attfbe*> 
wahrt  w$rd.  Die  Wirkung  ist  so;  bestandig,'  dasa  sieb  in  der 
RageL  ^der    Impfatioh     au    einer     gut  .  aoag^bildet 


fM  Piflfhi,  Seiüle 

Pöek^e  entwwlMk.  Nar  ein  UmiCMid  könnle  vob  Bwfluis  Mm^ 
wenn- die  Heftsog  bei  einem  Lamme  ttoiz  eweimnliger  Impfling 
niebt  IQ  ereielen  ift,  ond  swnr  der,  dnc8  die  Malter  deetelb^i 
während  der  Trachtigkeit  von  den  Schafpooken  be- 
fallen- gewesen  «&re.  In  einen»  solchen  Falle  nämlich  ist  4as 
Junge  bereits  Tor  der  Gebart  von  der  Seuche  infioirt  worden 
mid  wäre  dann  sogar  aoeh  der  Schafpookenf^Impfang  nn« 
lagftnglioh. 

In  der  Pathologie  des  Menschen,  wo  man  anf  der« 
gleichen  Thatsachen  aufmerksamer  ist,  aU  bei  den  Tlueren,  sind 
bteranf  betuglicbe  Beobachtungen  wiederholt  mitgetheilt  worden, 
wo  die  Vaocination  stets  vergeblich  angewandt  wurde, 
wenn  die  Mntter  des  Impflings  wahrend  der  Schwanger* 
sebaft  die  Pocken  hatte.  Allerdings  sind  mir  derartige  Falle 
bei  den  Schafen  nicht  direot  bekannt  geworden,  und  bin  ieh 
auch  bis  jetet  nicht  im  Stande,  den  positiven  Beweis  für  meiee 
Behauptung  beisubriogen ;  allein  ich  stehe  dennoch  nicht  an, 
dieselbe  aus  der  Analogie  für  sehr  wahrscheinlich  su  halten, 
und  dies  um  so  mehr,  als  mir  suweilen  auch  bei  meinen  Firsen 
die  Impfung  fehlschlagt  und  ich  geawungen  bin,  dieses  Mis8«> 
lk»gen  auf  den  schon  angeführten  Grund  dann  su  beaiehenv 
wenn  im  Uebrigen  alle  Bedingungen  eines  guten  Gelingen»  der 
Operation  Torhanden  sind,  welche  sonst  stets  sehr  sicher  ist« 

Was  die  durch  die  Vaocination  bei  den  Schafen  hervorge* 
rnfeneu  Reactionserscheinungen  betrifft,  so  halten  sioh 
dieselben  innerhalb  der  Ürenaen,  welche  noch  in  die  Breite 
der  Gesundheit  fallen,  d.  h«  die  Tbiere  fressen  gut,  laufen 
und  springen  umher,  und  geben  keinerlei  Zeichen  einw  positi- 
ven Erkrankung,  Ich  habe  bei  den  meisten  absichtlich  eine 
viel  grossere  Ansahl  von  Pocken,  als  aum  Schntae  nethwendig 
sind,  und  swar  bis  su  10  hervorgerufen,  um  mich  au  übes^ 
sengen,  ob  vielleicht,  wenn  man  de»  Guten  au  viel  thate^  biec« 
durch  eine  Gefahr  für  die  Gesundheit  oder  das  Le>ben  der 
Liilimer  eitstehen  konnte.    Ieh  habe  «usserdem  die  Puatelnbet 


gegen*  Pocken  sa  tefaütfen.  lil 

hafs  JSdLtmeHmk  groMer  Q«antit&t«n  and  womöglich  blutfroior 
Lymphe,  darch  Schieber  •  Pincetten  stark  eomptimirt  and  uieh 
hlerdsrch  die  Sehafe  in  eine  Lage  gebracht,  welehe  für  ge« 
wohalicb  nicht  noth wendig  ist  und  sogar  ver mieden  werden 
mnss,  da  der  Abheilnngsproeess  onter  solchen  Umstanden  wo* 
sentlieh  erschwert  and  aberflassigerweise  in  die  Lange  gesogen 
wird,  -^  aber  dennoch  ist  kein  einziges  dieser  so  behan- 
delten Thiere  in  erheblichem  Masse  erkrankt,  trotadem  die 
herbstliohe  Jahresieit  mit  ihrer  nasskalten  Witterang  far  die 
betreffenden  Experimente  nicht  gerade  günstig  sn  nennen  war, 

und  obgleich  keine  besonderen  Vorkehrungen  sam  Sehotse  ga* 

• 

troffen  waren.  Nichtsdestoweniger  mnss  ich  aber  doch  far  die 
Praxis  den  Rath  geben  ^  die  vaccinirten  Thiere  vor  Zog  aad 
Erkaltung  in  Acht  so  nehmen,  and  werde  Ihnen  spater  einen 
Beleg  far  die  Nothwendigkeit  dieser  Vorsiehtsmaasregel  geben« 
Gant  oBTerhofft  sollten  aber  doch  diese,  in  gewisser  Be- 
siehang  sehr  abandanten  Versache,  ein  Resultat  herbeifah- 
ren i  welches  teh  Ihnen  m«  H.  als  ein  sehr  bemerkenswer-« 
thes  und  mit  höchst  eigentbümlichen  Erseheinangen  yerban- 
denes,  nicht  Tcrschweigen  will.  Wahrend  nämlich  weder  beim 
Ifenaehen»  noch  bei  dem  Geschlecbte  des  RindTiehes, 
mag  man  noch  so  viele  Impfpocken  erzeugen,  eine  generali« 
sirte  Vaccino  beobachtet  wird,  d.  h.  Pustelbildang  auf  der 
Haut,  an  Stelleu,  wo  nicht  geimpft  wurde,  scheinen  die  Schafe 
im  Gegentheil  hierfür  sehr  disponirt  zu  sein,  sobald  nie, 
wie  erwShnty  in  derartige  Bedingungen  versetzt  sind,  dass  eine 
sehr  grozse  Quantität  von  Lymphe  durch  Resorption  ans  den 
■ahlreicfaen  Pusteln  in 's  Blut  übergeführt  wird.  Diese  Disposition 
ist  aber  nicht  bei  allen  Thieren  gleich  gross;  ich  habe  sie  bei 
60  Taeeinirten  Schafen,  welche  mehr  als  8  Pocken  hatten,  nur 
10  mal  aoftreten  sehen.  Es  lasst  sich  hieraus  die*  praditebe 
Folgerung  ziehen,  nicht  mehr  wie  1,  höchstens  3  Pocken 
jedem  einzelnen  Schafe  einzoimpfen,  denn  bei  dieser  Zahl 
babe  ich  niemals  aUgemeioen^  Ausschlag  entstehen  aeheiij^'^ae 


149  FUvin,  6ehife 

ThattMJbe ,   wolobe  4iä  Riiohtiglc«it  mtAttW  AvffasMMg  ib^r  -diä 
UrMcb«  d6wilb«o  beatftllgt. 

Nöcb  «ive  «ndero  for  die  Praxis  ebealftHs  «ehr  wichtig« 
Tbfttffftcbe  hat  sich  alt  BrgebBisi  dieser  im  Qroflieii  geinaehleB 
Versaohe  heraasgestelU.  Wie  Ibnea  hekaoet  s^in  «ird^  m,  H. 
and  wie  ich  ztxm  Theil  adcb  sehoa  a^efvfart  habei  «ind  aUe 
fixe«  CoBtagieo  ▼on  nm  so  grosserer  ond  bestfndigerer  Wirk* 
•amkeit,  je  frischer  sie  sar  AnWendaog  komneii,  sei  es,  da« 
man  sie  könstKoh  direot  übertragt^  oder  dase  sie  dnabsiehtlteh, 
spoataa  d«rch  Ansteokafig  sieh  fortpdaDaea.  Ich  habe  aad 
wiederholt  die  ßeobaohtaeg  niaehen  konaen,)'  dast,  wwbii  -ich 
ammittelbar  too  Thier  an  Thiar  liapite,  die  Podked 
AtetB  Tiel  grösser  wardea,  die Cmgebimg  entafifadeter  wwt, 
die  beaaohbarteD  Ljmphdriaen  sieh  mehr*  iofiUrik'teo ,  als.  w^nil 
ioh  die  Vaceiae  vorher  eisige.  Zeit  in  Haarr6hrohen  »af« 
b^^afart  hatte.  Ebenso  konnte  ich  bemeriLeä,  dass  wetfn  ich 
die  Lymphe  aki»  ^ner  sehr  grossen  Poeke  nahm,  die  ebea« 
efwahaten  Reactionsersoheinungen  hefti<ger' warea^^  aie  waaa 
diea  ans-  einer  Pnstel  von  mittlerer  Grosse  gesebah.  Die 
Faeteln  werden  namlieh  bei  verschiedenem  Thieien'.  aehr  vei^ 
sehiedeo  groflcs,  je  nach  der  Empünglushkeit,  weldsefär  dii 
Potokea^Oontsginoi  vorhanden  ist. 

ieh  d^rf  «ferner  nicht  unerwähnt  lassen ,  dass  bei  dernai 
mittelbaren  Implong,  wo  man  die  Lymphe  nicht  terhec  iit-*eiil 
Rohrbben  zieht,  nm  derenr  Klarheii-  sv  oonetatiren ^  ^  sieh 
aabwer . vermeiden  lasst,  fidssiges  Blat  nnteinBcumpfeo<,  und 
daas  auch  hierdnrcfa  vielleicht  .  die .  Disposition  an  allgemeiner 
SrbptioB  wesetfläich  erhobt  werden  mag.  Bei  den  Impfung}  aas 
Hifarrehrdien  bat  das  Blnt  insofern  .fteinre  Bedebtntig.  verlorera^ 
als  es  nach  dem  Heraiisblasea  sbhnell  geribnt  und  sieh'  äSi 
Coagalam  vob'  der  flasMg  bleibenden  Lymphe  tro'ünt,  weicht 
letateve  dann*  aliein  benntat  werden  kann.  Da  tiaeh  den  f  on 
Her  AD  Prof»  Ballier  sa  Jena  and  AttdakreD-  gcmacl^en  Be^ 
•baehtiuigea,    aaeli    in    dem  Blute  der  m  deQ<  filatterir;.tar* 


gegen  IPoeken  «it  seHatsea.  t4S 

kraiilktM  ladMM»!!  tiefa  die  üb  THlger  4m  OomtagiMit  «t* 
kftnpteii  nnd  von  ihtt  mit- dem  Namwi  ^Mioröeocons^  be^ 
legten  f>fiantlichen  Paresiten  befinden,  eo  wfire  ee  niobt 
undenkbar,  daes  dieselben,  so  lange  sie  sich  nodi  im  Blote 
aofhmlten,  eine  grossere  Keimfähigkeit  besitaen,  als  wenn 
sie  bereits  in  den  Inhalt  der  Pusteln  übergegangen  sind,  and 
dass  gefade  ans  diesem  Grande  eine  generalisirte  Vaccine  leteb* 
tor  an  fikande  kommt. 

Es  wurde  sich  also  f^r  die  Praxis  ans  dem  soeben  Mitge* 
theilten  die  Vorschrift  ergeben,  jedesmal  die  an«»ittelbare 
W<eiteritnpfong  vdn  Sehaf  au  Schaf  nicht  öfter  als 
erinmal  in  der  Heerde  toraunehmen  und  dabei  die  Lymphe  so 
TOrsichtig  als  möglich  von  dem  Blnie  sn  isoliren.  Ich  will 
hieran  gleich  anknüpfen,  dass  aus  einem  Hawrrohrohen ,  wie 
ich  si^  gewöhnlich  falle,  sich  andi  von  dem  weniger  Gteubteb 
Mit  Leichtigkeit  10  Pusteln  an  5  Schafen  evaengen  Isissen. 
Da  nun  von  den  folgenden,  direkt  au  impfenden 
Tkiereu,  jedes  nur  1  Pocke  aa  b>ekommen  braucht, 
diese  sum  Sohntacf  genfigt,  und,  wie  ich  eben  sagte,  von- 
nicht  Weiter  geimpft  werden  soll,  somit  alle  Lymphe 
Mar  Re«frrption  bleibt,  und  da  man  ferner  aus  der  Hälfte  dar 
s'oorst  ora«eugten  lOPnsteln  sehr  bequem  «us  jeder  etwa 
SO  Stiche  machOn  kann,  so  ergiebt  aich,  dass  man  aaa  je 
einem  üaarrö^hrchen  bei  einmaliger  directer  Ueber- 
tragung  jede^snjal  gegon  100  Lämmer  impfon  kanik« 
ohne  f&rchtbn  '  kil  brauchen',  duse  dieselben  einen  aligemeinea 
Ansechiag'  bekommen  werden;    • 

Meine  Herren,  ^s  ist  wohl  Zeit,  wenn  ich  Sie  nicht  wirk^ 
lieb  iegMlich  machen  wül,  Ihnen  an  erklaren,  welche  Bewand- 
ttiiS'  ta  mii  dieeier  besagien  Eruption  hat,  und  wekhen  §»il« 
stigen  Verlauf  dieselbe  bei  den  geimpften  Thieren  nahot 
Obglefch'oaitiUch  das  AJoirseha/  wie  mir  die  Herren  Saahver- 
atlbdigen  übereinstimmend  sagten,  dem  der  naturliehen 
feha^peeken    sehr   fih&lieh  war,    so    e^ks    sich    dieselbe 


dtfosoeh  dareh  Impfong  «tets  «Is  Vaooiae-A*Kthi*f  >;d»li. 
wwin  ich  die  Ljmphe  daraat  anf  ein  anderes  Schaf  oberimpfte» 
•o  entstand  jedesmal  eine  charakteristische  Vaccin>a* 
Pocke.  Dass  der  aossere  Anschein  trotsdem  mit  den  sponta« 
nan  Schafpoeken  Aebnliehkeit  hatte,  darf,  glaabie  ich,  nicht 
Wunder  nehmen,  sondern  scheint  mir  vielmehr  in  der  Natar 
der  Sache,  ich  konnte  rielleicht  richtiger* sagen,  des  Schafes 
an  liegen,  und  befarwortet  die  von  mir  angenommene  and  achon 
besprochene  Modification  der  darcb  den  Orgaaismns  der  Schafe 
reprodnoirtea  Kahpocken- Ljmphe. 

Es  mnsste  mir  aber  sehr  yiel,  ai»d  om  so  mehr  ,  daran 
liegen,  über  die  Natur  dieser  Eruption  durch  das  Resultat  der 
Impfungen  in's  Klare  su  kommen,  da  2  Schafe  sogar  spon« 
tan,  ohne  vorangegangene  Impfung  an.  einem  ahnliolien 
Ausschlage  erkrankten,  und  swar  beide  in  viel  stärkerem  Grade, 
als  die  ron  mir  geimpften,  bei  welchen  die  Pustelbilduag  nur 
ttellenweise  auftrat  und  viel  kleiner  bliebe,  ao  dass  sie  die 
Grosse  einer  Erbse  nicl^  überschritt.  Gerade  bei  diesen  beiden 
Tlneren  war  es  von  Wichtigkeit,  nachsuweisen,  daas  sie  nicht 
von  den  Schafpocken  befallen  waren,  was  ja  auch  au* 
f&llig  h&lte'  der  Fall  sein  können,  dann  aber  doch  immer  den 
Verdacht  erregt  hatte^  mit  der  Vaccination  in  einem  ge* 
wissen  Zusammen  bange  so  stehen.  Wie  ich  schon  anführte, 
gelang  dies  auch  durch  Weiterimpfong  von  ihnen  voUkommen« 
Ist  nun  in  dieser  ezaoten  Weise  als  unumstosslich  festgestellt 
SU  eraehten,  dass  die  Eruption  aus  der.  Kuhpock^ 
ihren  Ursprung  hernahm,  so  ist  dieselbe  nicht  mehr  sp 
aufiallig,  wie  sie  Ihnen  m.  H.  im  ersten  Augenblick  erschienen 
sein  mag,  sondern  lasst  sich  sehr  leicht  und  «aturgemass  er* 
klaren.  Folgende  Thatsachen  mögen  Ihnen  hieran  als  Leitfadep 
dienen. 

Ich  impfte  nämlich,  am  21.  September  mit  3  Wdehen 
aufgehobener  ovinisirter  Vaccine  9  Schafe. au  j#A — «6 > Stieben 
auL .  B  aji  c«he.  und  4 .  S  tic hfyu  aooi  S.pJ^.w  %n  z  e.     E^.  glif gl»  }^ 


gegen  Pocl^en  ta  «cMtsEen.  l'4i(' 

GttQzeti  TOD'iS?  impFetiehexi  V4'Pockeb  äaf.  '  Am  9.  Tage 

"näßh  ctor 'Yttcoibitiott,'  *m   80;'  frept^mbiB^r,    ini^fte   ith  ton' 

dieaen  9  ^(ekafetr  diifeet  15  imd^/e,  mit  je ^  ^tftb'^n' etil' 

Sö^ÜWeiis^    dnd  i  uiA  Baacbe.     Es  entwickelten 'sich' oline 

A^enakme  alläPooken.    Am  9.  October  wnfd6n  diü'A'y 

Bt^i  »  Sebafift  liQi^  ControU  des  Schatzes   tiiit  echter  Scl^-" 

pöi&«ii-Ljrmpb«'^im)pffc  ntad  bnn  erst  ron  den  übrigen  dislocirt. 

Bitf  dibin,    also  wihriänd   Toller  l'^'Tage,    hatte  IcV  die-' 

•felben  täh  einer  grossen  Anzahl  nngelmpfter  Thiere,  es'  moch- 

teb  ivöhl  et^al  "60  ätuck   sein   in   einem   and  demselben' 

Si4ll«'fi*«1  umherlaufen  Ussen.  '  '  * 

'  '  Wenfi/  Sie-nan  bedenk e(n,   dass   ich  bet-eits'  am  90i'  Sep- 

tfrmt>Vr  die-Piocken'  tnm  Zwecke  dör  Wbit^rimpfnng  und 'der' 

Abikabiikä^  d^r'Lymjphe  in"R5farchen,  tbeUweise  durch 'Einschnitte^ 

oAi^t^  ui&d  ^dui^cb  Pincet^en'comprimiH'e,  eine  Operation,  weTcli'd 

noch    nach    meiner  tentferndng   nicht  l)lo8    der  Vaccine    einen ' 

lak^tcfn '  Auitrftt' gestattete,  sondern  auch  die  Pust^  in  offene, 

efterürde ' Wuhden 'fibergehen  liess ;    wenn  SCe  ferner  bedenken/*' 

ni.  ^  H'« ,   dass  '  auch  'die    15'   a  m    3  0.  S  e  p  t  e  m  b  e  r   vaccinfrtidn 

Sebtfe  mit  fh'reö ''60  Pocken    am  9,  Öctöber  in   derselbein ' 

"W^Mie  -  bebandelt"  Wnrden   und  noch  bis  zum  Id.  October,   also*^ 

i&- Gfänked'  19  tage'  mit  derungeinipften  Heerde  un- 

aäl^setzt  in'  demselben  stalle  blieben,  so  werden  Sie  mir  ge-* 

wfe^  zfa geben,   dass  fär*  eine   zd^Uige  und   ontlbsiclitlicbe  An-^ 

8tl»Bktfii'g''diJr<^b  'spontane 'impf dng' die  Pforten  weit  geo&b'et^ 

witW.'    'Denn' 'es   geh5rt   zu    einer   wirksamen    tnf^ctiön    nicht 

mehr,  als  dass  ir^^nd'  eine  d^r  t^pidi^rinis  beraubte  'Häutstäl^i;^ 

odiif^'ein'e  kli^fiie,'  noch  so  unscheinbare,  Schleimhaut- fiTrosiön  des 

MMid  'öd'eV  dei*  ffäse , '  ihit  der-  Lymplie'^  dem  Blute  oder'  dfem' ' 

EMi^' kti's  ideu  P^dk'^a^  in  Berührung  kam.  Immerhin  aber  mögen, ' 

wiÜ^'icfa'g^n  zugaben  '^V;  diesd  beiden  Tfaiere  äusset^ein  eine  * 

seKr'  ^»bss'e'^ti'^fingl'icbkei't  für  das  Pöckeb':  Cotitagium-] 

b^itois'eh '  bab^n'.    'fis  spricht'  %ehi^i^tens''  hierfür  der  tjmstänji^ 

dala'  die  Pbätisln  bei  Ihnen  fast  nber  den  ganzen  RSrper^ 
Maf.  t  TliiwhtUk.    ZXXYL    i.  iQ 


14«  PlMlA,  8^k^ 

T«i;hreite>  waren  n»d  sehr  dieht  «UodAiiv  •<»  dtat  «ia  itfllr^ 
Unweift  «ogar  oonftaiEUaK  w|kr«ii4  b^.  den  g«ii|ipifteA. 
der .  AmtnrmBlv  wenv  er  liob  eelgie»  «ebr  lodU  IiIm^. 

.  .    PmM  ftber  iqeiiie  AaffesaoQg    eiaer  dordi    dirtUabe  Be.* 
raKrQiyg  Tereolettieii  loftctioo,  im  QegeAteUf  go  detf.dnreb 
•Ugemeioe  in  die  Laft  äbergegaogeve  Ml^tme»  ber- 
%irkteef    riehlig  i»4,    bet  iicb   mir  «piter  dAd«ro)i .  bfat&tlgl. 
d«i»  weder  eioi  der  ^rigea  im  Sulla  g^iiebeoeok  TUer^«  = 
DAobdem  die  Greimpften  entfernt,  werc|o,   aoob  eins  der«  df«, 
VerMcbei  wegen  neu  bin«ugebr«ebten  Liinn^^f\  biebtpt#,* 
alio  nneb  mehr  deon  2  Moonten,  irgendwie  erks^kt.  If$» 
ScUqn.  hiereanelieln,.  ohne  den,    wie  mitgetbeilt,.  dimb/  die 
linpfnng  gefnbrten  fapti^hen  Nachnreis,  wnrde  mifn.^ie  .U^btpr^* 
iQOgnng  gepvinnen  mnuen,  daas  man  e«  weder  jiiii.t  wirl^lW 
eben  Sebaffto^ben,   noch  mit  einer  denselben,  nneb; 
nur  ahnUob  wirkenden  Eruption  an  ihnn  hatte, 

Jedooh  will,  ieh  nooh  ein  87mptom  erwabaeii»  w^AehiM,,.! 
wenn  ea  «nqh  ^ei  iSohafpo^ken  niehm  nnbedtf^gt  |iot))f;en4igiiet<, 
nnd  ^nob  nicht  eonitant  beobachtet  F>rd,  de  ea  mehr  Tontde^., 
Intfnritat  nnd  gronen  Verbreitung  der  Pnitelbildiifg  abbfff0g.: 
itt^  immerhin  aber  eine  gewieae  BernoMiebtigi^pg  yerdyienl :  cJi^bF/ 
meine,  de»  Verlieren  der,  Wolle.  Yon  a)lto  goi^pf^e^^ , 
S^bafon»  welobe  generalieJr.te  Va^pi^ane  fi^igten,  hat,, 
an^h  nric>ht  ein  eineigef»  an  irgend  ei ji^r  Stielli?  d.et,, 
Kprperty  wie  ioh.mieb  noch  am  yi.tt^o.eh,  yerg.Mg.^^er,. 
Woehe  nberseiagte,  die  .WpUe  yerloren.  Nur  das  cjl^p^ 
der;, spontan  erkrankten  macht  Qine..Anflni^me^  \.    ,.    ., 

Ans  amni  diesen  eigiebt,  si^h  der  j;»raeM«pbe.9cb^ns|f,<  dfs^,, 
es  geratben  ist,  die  yaooinirten.  Thi.er^  #n,  ^a(i^,lUf^ll4< 
sci^on  mit  ans  d^m  Grnnde^  nm  fie  besfcjf;  g^gei^  ]^^k|)ttn,i|g:^ 
sebntsen  an  können.  Dnrcb  .Vemephlasaigong  di^r.yor^elitst ; 
masfre^^l  bebe,  ich  eins  dssv  ohne  Impfnng  ipji^  Aitff9bl%g  ber* - 
halten  9obafe,,  welche  gerade  so  wi^  pieife  y evsqohntb we ^ 
b^haodelt  wurden  und  pich  in  eioem  etfvas  Pingig  .nnd, kalt  ger',. 


gegen  Poeken  ta  kbntien.  iVt 

lege)ien  Stätte  befAnden,  dorcfa  den  Tod  Verlofdn.    Wir  i€f-^ 
hen  also  die  beiden  von   selbst'  erkrankten  Sobatettine  öig^eit- 
thftttlfeli« Amn'Abin«  machen :  Da^  eid^  stirbt,  das'aiitiere 
rerli^fV  seine  Wolle. 

Mcfind'Hbrf^b;  ich  wurde  es  Ihnen  wirklich  nicht  ub'^rneh- 
mev,  i^Knn  Sie  glaubten,  ich  kBnne  mich  doch 'getSnsoht  hkb^'n' 
ohtt"-  d(««^  bMdteti    un*    So  riel  beAbh&fiigcfn'den  TliSei'e '  hfttdh 
wltldS^  Söh^Q^ockeii  gehabi   leb  wHl  8i6  st)gar  in  dt^s^ÜTöi' 
nikttg  'trnterstlltaen  und  Ihnen  entgegenkommen,  nur  müssen'  Sie 
flüSt^Ah>'djSifi^  att6h  di«  Codse^u^trten  aiM^ei^«  -^  Geftetät 'klsb"' 
ei^Wai*«  'dei'^ül,  so  kBi^ilt^tf  nur  i  Annähmen  als  ibogjiöh  an' 
gesehen  werden.  . ..  •<  «    « 

'  Dlie  «¥kti^  wik*«  die,  dass  (iie  Ei1trankufng\  unabhängig 
▼oti'  der  Tscdnstibb,    #ie    gewShhüch    dui'cb    uns    nnbekaniitV 
BMifisfttf'  entsUttdtfii  wtre.   Ktm  dann  wäre 'ich'  snnfichst  weutg' 
at^M' aUM^r  Sdhtilid:  -^  Abei"  wSre   e^  nicht  ein  «Unicum^,' 
w%ll*  tob'efilM  Hi^etde  Sdihfe,   die'  in   einem   and  demselben 
Stldle"  sidh  bMhdet,  den  si^  teineb  Atigeoblick  verlSsAt,  ^^ch/ 
gMiä%  Kahl^tthg,' gleiche  Wartung  hat  udd' allen  odibelcaniiteh 
Biowlrttttllg^n  ^ei^massig  ausgesettt  ist,  nur  2  SchaYe'die' 
Pocken  bekommen,  sumal  da  diese  nicht  etwa' gleiöli  e'nt-' 
fCirnt  Werdeii,    t^oiifdDtn    nngrei^irt   Mit    den    tbrig^n  Thleren 
Ub'g^i<^  %^it  itk  Berfihrnng  blefben!     D^tin   an    dedi  tfigi? 
wt^ii6h  di^M«!^  idto  erfcteü'mi(e«'ftt'  dl^r  Ö^eVd^  sah'hnd  Von'' 
ih%«ti'tflyitetiftfiS',   ir^  In  dete  meibteti  Phsteln  h\bt^iik  Eiteir' 
rwthiMliti,  die  ftlfithe  dei^  Em^dü'  daher  bef^eib  irbräbei','so' 
daitf  »ie  w^ttigc^ten's    f0--12    Taj^e   hestAndeu   h^he'n" 
n^H'siIfce;-  ^Hd' dei^noch  kein  neuer  Fall',  köiuc  welt'ei'e 
Atfi-c^lrtii^l^!  tHttirtitid  dieserlbedöch^etki;'  durch  uÄmltteibaf'^' 
UMMJhlMIgilirg '  erkfiititish^i'  gewesen  Wftre ,  als  Vorher  Und  einen' 
rertlbh' OAitfd' güHabif  Witte!      -  -  *  '    -"' 

^''^i^  aihit0  Md^fttrfikeit'noii'  wlre^  diev'dais'  die  bd-' 
de^'6itthk«d<«iüi  ihf^-Otin«  f^oti  h^ei^ett  Vadc^tiiftVn'ttl'iV- 


I4i8.  Piii/ip,  Sohafr 

dMi  PtUma^awomdglicIi  noch.gitOMfur« 

Deoii  bt^teo   die  yd^   qitr  Yiicoipirtflia  Tjiiere  kfi^nß^  3ffrf^t 


pooken,  to  konnteo  tie  teibstTentandlicb  Afioli  kfim,  g^^f  9^1%  -*  , 
Hatten   sie. aber  i^att  Vaccine-  -r  Firki|<^b,.Q.fj(tte- 

Ppoklf^f  nnn  .d«pn  blmbt  et  doch  gewia» .  ooeb,  ¥»el  ,wipdei|:(V 
h^^jty  daM.Tf»  lorieUn  an,geimpfte|i,  9c)ij^f«ff  aiali,  npr-: 
blo«  2  infio.iren,  wo  doc)i  4er  AxateAkiingf  wie  ich.ioilifh' 
theilt.habe,  ab«iobtUch  Thor  und  Tbure  geofffint  wfM^,  d^  SA,, 
Schafe  mit  13i.  b.oo^.  data  theiiw,e|a(i^,.  g«p<ffi||»,tfj9„ 
Pocken,  wahrend  ISTage«  ineinjrm.St^lji«.  firei^.^i^.. 
60  nngeimpften  verkehren!  ',.-   / 

Sie  sehen  aUo,  opeioe  Herren,  wk  k9<D9R^:l^  dfr; An- 
nahmst dait  die  beiden  Thiere  Schafpo^keq.  hattf;fi4.7ioct^,T|^l/ 
tchlcfshter  fort.  En  bleibt  aUp  ni<^u .  aj»d^ri  nt»ng».  a(i.  4ii«fi: 
wir,  deii  Verb$JlCfiia«en . Rechnung  tra^nd»  apiier«  ^Af.i^hMn^ 
apg|den  Torhandenen  Thatsf chpn.an.p^8#.eiP«a|iA  4#^.v 
Aastec^hlag;  al^  generaljsirte.  yaoci^ne  aiaffa^^^«i<  .HifTr 
an  hab)9n  wir  am  ßo  mehr  Veranlateiingy  all  es,  wi^  iqh  $^jmH^  > 
froher,  a^teinaiidersetate,  nnmogUch  i«t,  d#^  .fHis.Yai^e  rrri 
Qi^ne  werden. kann*  .  .  .  :        ^    .    : 

yTas  .nun  den    Sohnts    betrifi^ , ,  4<Em   die  .Vap/si^atioi^« 
gegep  die;  Scbafpoeken  ansaht,  ,so  hpi  lisrfpibp  ^  kein 
n^i^  einsijgep  FaUe  versagt..  Ich  hfbe,4i^  gaippfUlbef  XhiiSKe^ 
direot  fl^vinirt  and  die  Wii^kMui^k^  4v  verwpi^d^y^  3ph|tfr: . 
pocken-li^n^phe  dadurch  controUr^,  dai^<  ioh  ein  apdt^rM/ 
uj^l^eimpfttts. Schaf  augleicl^  oyii|irjte4  lch.he}>f  M^l  ^iW^?' 
n<)r  n^t  solchen  %  denen  iph^  4Ia  Sohafpo.Gk^i^  eingeimfpft^  h*M<  ( 
l&iigCMre  .Zeit  in  Berührung  geli^en«   o|ipe   daM .  j^ -eip^,  M"/ 
stecknng  erfolgt  warov  Es  bliel^e  noch  eipet  P^vp^«  .ai|  jm^Mmp^ - 
au  der  mir  die  Gelegenheit  fehlte,   n&iq^ch  4?<>  ▼#fsp49i/'tf|i. 
Th.iere    ii| .  eiq.e, Heerde  .a«.  bringen^'  W9  44^  Seliaf* 
pocken  sp.QntAji»,  ,s^m  Ausbruche. k|i#nan,  ,0ier^  .wiir4e^ 
ich  nnr  daraaf ,^pf«i«rk8am  tu  machen  haben,  dass  der  Scbuts 


gegen  Pocken  zu  «cbntzen.  'i4d 

'd^  VaeeittäHon  niemals  ein  absolnter  ist,  socderb  abblngig, 
tÜcAiJ 'von'  der  J&iBpösitiOD  /8r  du  Pbek^n-Gift  fiberhaapt, 
tfabih  '^öiii  dto  Virnlens  and  rntensitfit  des  aar  Einwir- 
ifbn'g'kointeiend'eil  Contaginms.  Denn  so  gnt  et  lüensoben 
i^Vt;'di^'9i&il  aik  Variola  erkranken  kSnneii,  £e  aUo 
Hiebt  einmal  dbrcb  die  Poeken  selbst  vor  einer  folgenden  Br- 
Itfi^tetaDJg^  dlu'ä'nr'gescbBtst  sind,  so  gut  wird  es  äodi  8c1ia/e 
'^en,  die  nidit  doreb  die  Vaccibation  sich  k  toüt  priit  ge- 
lten'Sehafp  o^cken  g^sfebStct  «eigen  wenden.  8öliten 
Idk^  l^rsH^e  d<»riirt  angestellt  werden,  nm  statfstiscbes  Material 
an  gewinnen',  *8Ö  mfisstisn  dieselben  mit  äicfat  in  kleineb  Ziffern 
r«feHnen/ sü^Aern  eine  breite  Grandlage  bib^n,  am  eibi^r* 
massen  der  Wli'klichkeit  nabe'ka  kommen. 

Der'  8ebats  beginbt'  aber  erst  etwa  am  12.  Tage  naeb 
dei^Täecination  selbe 'Wirksamkeit  an  äa'ssem/  Öeiin,  als 
leb'  eral'aioD'  f  1.  An  gast  dir#ct  von  der  Kob  geimpftes '  Sebaf 
^tü  ii.  A'bg'ast,  als'6  10  Tage  nacbber  ovinirte,  baiftete 
Ibtstere '  Impfanfg  noeb^  insofern ,  *  als  sich  kleine  IC  n  5  Vc b  e  n 
^KleleöV  "belebe  aber,  statt  sieb' weiter  n  Pttsteln  tti  ent- 
#iekelä;  am  T.  bis'  8.  Tag^  vollständig  vertrocknet  waren,  oifbn- 
IHä-  debblilb, '  wäil  fnzwiscben  dürcb  die  Resoirptiöb  d^'r  L^mpbe 
iiAi( 'Aeii  'Vaccine -Pocken  'eine  derartig  Alteratio  e  der  ^ansbn 
ff&iriefaili^se  ^getreten  war,  dass  di^  !2.  Ernption  liiobt  tnehr 
aar  Geltang  kommen  konnte.  Denn,  wie  icb  schon  frSh^r  her'- 
VorbobV  l^erade'  so,  wie  die  Knbpöcken  die  Mensehdn^ocken 
i^äJeUi^eir,' ist Hi^s  aaöh  bäi  die6<»ii  beiden  Affectioil^b 
d^Fill^  a^d  #0  sich  dieselben  in  eiik^m  O^ga&ismnS  beg^«o, 
inidbea  liie  kicb  g^g^nkeitig  an  bekämpfen;  tch  will  teir- 
Mbhen,  m.  B.,  Ibben  dieiön  Raibpf,  wie  mab  sicB  densM- 
btö'wbU  Vörsustiellä^  berechtigt  ist,  durcb  eii^  Bild  äü> 
scbaalich  za  machen. 

'"^WirSiö  dcb  MnberÄ,  tbeilte  ic1^I!in6n  bereits  die  nettesten 
kScfbsM^llscbeA  Forsblvan^ea  mit,  Welche  ergebnen' babeb ,  'dä^s 
bM*der  Blattern .  Erkrankung  stets  im  Blüt^  6ii^'Art  *Refb'- 


^^9  )PijB9in»  Sek9i9 

PiJj,,  «HieroppocQs"  gje«»nnt>  gefpndeo  wifd,  mpUfhf^ ,fi^ci^ 
bloA  al«  aj(«£ol|li«hei  Sfqmoiili  dar  PoiJu^QkrMl^hai^  q^^bfwipl, 
«p^^Q  aadi  ^9  4m  <ii0«|Ult«  forftpfl«n«eif49  Cq^Ugi«^  Hfi^Vr 
^ehep  ^1;  UUteres  .ifiAqfern,  lü«  ei:,  Mch  in  deip  IffMte  i)«r 
f^i  Qwt  fmd  Sc^ei^ft^t  «ieb  b^49.Q4^  Pfff^^H  geliiQ^ii  .lfM. 
^  D^oMQo  di€»e  i^ts^raq  itjUD|icih  bU  d^r  loli;«U.  Aviidniek  4^ 
A^g)Qf9eiolßi4eoi  aofg^fwt  werden»  and  d«at«>  nicblif .  wmt(V 
«n,  fli  ,d«|i  ß^treben  der  Natar^  ^eo  .Ofgainsopj«»,  to«  d^A  fh^ 
Joriip^Jiuiiaobe^fi^n  iPiiUlAM«iQ  9Q  b«|fi:6i«ii.  P#b9r  .  idjf^  .grc^aae 
^r^fab'r,  wopi»  4i(^0r  Beiiiigaiig«pjoc.a«#  das  Kprpfi^ 
Ani^,  ^rkaU,on.g.  dar  H.fiit  jfnaaitig.  «ntfirbripiAbfia 
f  ird;  Bf  trijbt  d#nii  gewoj^pliob  .fiiiinUlKdIbar  darTpd  eia,  o4^ 
wanigftaof  bilden  sieb  Qobeilbare  Nach^aokJia^l«Q  aai^ 

Difaiir  HafapilA  doo  ba^tabt  aas  pflaiftaliplten.  ^ara- 
siteo«.  j^cbmarptBQjr-Pflaozaa.TQQ  ao  gafiqg^a  Pjio^iisia; 
i^fm^  dai^  sie  ^i^  /aiDst^ii  GapUlar^n,  dia,  lUafnstaa  l^mp^*  ond 
Blaljgffa^fe  pb^e  Sobwiarigl^ait  4Q^^<M''S®^  ^^^  ubaraU  jfiit 
d^o  ßlptisiirom^  ^ii^efobrt  werden,.  Sie  Tafmabraa  ai,ob  i^ifiaar- 
ordea^iob  .acb^elU  so  4a#s  i|M^e.Aasab^..}|^  gaa^.^nrMr.f^ 
e^i^  nngab^aar  grosf  e^  nacb  MiUionan  aa  baracbn^ nda  ist,  ßbnr 
]icb  wie  ifir  as  von  ^n  Triabinan,  aüi^aip  Parafitaa  fg^ 
dam  Tbiarreial^e  }|7is#en.  Jeda  Pockan  -  Art»,  wie  |kla|^^ 
jAhan-y   Kab-»   Sabafppckefi   u.  fu  w«  bat  ibra   $,p^|.^ 

,..  Ans  diasav  Yarsabiadanbeii  arlflart.  sieb  auab^  dasa  i^i^ 
aU^  3l!att,aw>.-  Foijpitn,  gJf Ipb .  giifÄl^rliicb  .find,  .^ JSa.  pfi^^p 
^ar;s«i^  aiiipa .gi^ta]!;tig(fran  Cbarakter  aa-bab^i^L  ^of^^inap»  ni^ 
a«^bp^  siob  naipaiytliob.  die  ,^Qbpocki9nv4adiirab  UV«»,  dafs 
i^9,:aiicbt  nnf:  be;  den. , Kuban,  ^on^ern  aaab  fiberfiU  da» 
wq  aia  ,si^K.  nh^xpj^affi^  ias^ao^  lfPf5^s^tv,?9il.4j^rV^4i? 
laufen.  ,     .:..>.,      . ..    .  ■> 

^...^Slf^U/)!^  Sie  8iab,»»ji,vpr,  w.  ,Bl,  aia  SfiAal.Ast.Taaatairt, 
ICj, , wird ,  ft^ei^  n*^.  Vs|Uaf  T.on  ein^an  o? *(«&  -W  ^  ÄJ  ft* 
▼AUf^r  P/srmiitsn  s^eiA,  lUa  sieb  Ij/Pjob  iiaimer  xer^vialfaltigeii« 


gegen  Pot^en  in  scliotsen.  151 

Wkd  dl4«8etb6  Sobif  tinii   etwa  8—10  Tage   nkch   der  Va<56l- 

mM^mÜt  S^aipöAhi'Lympkt  ^mmpfty    ^rntüH   ftlsb   ein» 

\ftiid^re  tiPpiHD^eto  t^n  P«y«sit«D  in  toi  K5r|>«]^  «iugefaiiri, 

:|^'1HM-  iibtsM  diöid  PUtt  s«  greifdtt  niefaen.   Bs  irhrd  iiich  dem- 

^üMl'eUi  «itt '8d    blnli-gerer   Kainpf   eotspintten,    mH   tnr  in 

dJi^tt  Blitt^  tslbst  geff&lirt  wird,  tmd  in  welehei»  d^r  ntitniB» 

•irrifck     ftchwaiebere    Tli«il     notbweDdigerweis^    onterH^gMi 

«4sf,  -^  wimn   flildit    «twa   di«    Strategie   ao  Hfilfe  kMI4ii, 

wwi  bfer  Wohl  nieht  gtft  ao  erwartao  let.  Da  nnki  wie  wü*  aa- 

gmooM^nMV   balyea,    di^    Vweeiaation    daea    Vorsprtiog    vea 

«twa  'S  Taigen' babea  «oH^    so  i«t  klar,  das«  aieh  itf  di«8«t 

2'ek  Idr-ibre-Saebe  bereite  ao  bedentieade  Stveitkrifte 

;<nig«iatttte«It  b^betf  werdea,  daat  es  den  O^gaara  onr  s^bwwr 

gelingt,  Position  an  fassen,  and  dass  sie,  falls  es  ilmaii  dtttt- 

ttmfii '^Kiiigan' aeia  sollte,  nit  Leicbtigkeit  darcb  di«Üeber- 

"Bas^edit  Wieder  daraus  vardriagt  werdea. 

fo,  maiap« 'Herren,  lasat  äieb  das  Ibnea  yöthm  mügeibaflta 
Faktom  .dar  beginnenden,  aber  obne  Etfolg  bl4ib4Bada« 
fl«fi«B)!g  «rUifeo;  w&brend  man  andererseits  aanafattan  ommis, 
•daas  ^aok '^einar  gewissen  Zeit«  also  nach  14  Tag«it  etw4, 
das'darak  diar  Vaeeination  kdaatlich  imioirte  Blot  bareita  4ine 
aiarartiga'lfo4ificatioa  der  Safte  for  die  Daaer  iiarrorgeonilMi 
bat«,  daas  die  Dispoaitioa  des  Körpers,  dersalb«a  Order  aiser 
▼aiMT  aa d  Ce n  Brkrankaagsforni  anheimanfallen«  for  Jahre  ga«- 
tilgt  .ist  r  Diaaalba  ^aüdaner  tob  14  Tagen  wird  ibrigaä»,  b4r- 
ianfig  gäaagt,  anak  bei  den  MaBsekea  als  massgebend  fnr 
dm  einlpatretenen.  Schnta  gehalten«  » 

Wie  la*g^  diai^  andauert,  iat  bekaiiBtüeb  einb  offea« 
£saigei  wann  abar  bei  einer  Reyaocination,  wie  es  kaiiig 
biokaebtet  Wird>  aar  eine  aehnell  Tornbergakenida  Bui* 
ta Dg' stattfindet,  die  ea  nieh^  bis  aar  Aosbildaiifg  Jegitiaaer 
Pocken  bringt«  so  ist  derselbe  als  noch  Torbaadee  ansaa^bafl.» 
r'-^  ;W>aa  auoiideai  Zeitpankt  betrifBl,  in  weloheai  dia  ovi- 
aisirte  Vaccine  zur  Weiterimpfang  am  wirksamsten  ist, 


152  Pissin,  Scli«f9 

•o  .]|«t  fiok  mir  ergeben,  dftM  die«  Tom  7,  bis  .Ift«  Tlkg^ 
jncjQ.fife  glti<})ii«iasfff  ..fler  Fril  Ul.  J.^o«^  j»^' CMirrMktim» 
^«l  wfr.m^T  Wittaioiw,  wo,  4i«  PbqMü  bekMi^tlic)i  i  Mb«r 
•i4)h.  ^ii^if^^lp  und  sehipi«lUr  reifea»  4i^.  ir^Um  UAbfi1Msi«<u« 
^.icji^t  ,Oiich  deq»  9.  Tpkg«  n^rsfiMluiiM •  weil  ^oMMclM-^PiMlM 
VH^st  id^ch  $6boD  £itftr  enth^tei^  k^Qi^  midi  diase^  /^ülrnngih- 
japIpB»  iaichur  ein« . Febümplpog  .mr  Fo^r^.hat,  lü«  .wen»  mAp 
Itfjiwk« J^UPtut,  die  cooh  gftnt.klv  npd , 4it«ohM«litig  iit,  M 
^m^riir  JiAr#8iteit  d«gf(g^  i«|  e«  geratkeiMdii,  ,di»  Weiftec- 
JQipfaBg  .Aip^t.yor  dem  8.  T«g.e  sn  inftGli«)^».  tMi»»  w^l 
fi^Diifc  dieiPiivUli»  B0ob  ffn  kil^in  aind  And  dieiLjni|ihe  sa^a^t». 
#««01  ^li^«U9ii,.(beÜ0  weil  sonAt  di«  .wirke.erme^nL.B^ataitd.- 
^eile  deraelbeii  ndgUeberweiie  Aoek.  meht  aoegebiU«!«  gfü^ng 
Hßn  jLoonteM.  -  .  :   , 

t  .  :  Wie  oft  tuid  in  welken.  Zwiecbenffi»m*iK  itiqf»  JEtwr 
generation  dttr.  ovisisirte«  VMoin«  idnxoh  iKmh-Ljrmpke 
,0(tblg<  f«iA  wird,  -^  daiB  «ein«  fierr-en,  maa»  ledigliah  d^r  Zu- 
km9&k  iF#rbebalt^n  »bleiben*  -^  Ksk  for  mein  Tb^l.  wirde  aolabe 
XWM\  aflitiWMatt  for  wnaachaDtwertb  baUen  und  »aiwB8|^ben  labi- 
ob«Q^^ao}>e  aber,  daar  aie^  aaa  der  ▲B«io^ia>b«iim  M^aarv 
cobe«  MB  «obliessen,  niebt  nnbediagtes  £rfbrdermss  aeiwi'wwd* 
•DeBO- |fie  .die  wieeen,  werden  aoch  hekote  die 'l>efr;) weile» 
gnoeatetMehnAbl  der  Eindep  ulid  Brwaoliaenen  mit  btakaiM*- 
«siifteür  Vaccine  geimpft,  welobe  ja.  «ek  etwa  70>)J^abT«»ir, 
obae  BegeoBratiaw  an  .dar  Snb,'  wekart'farlgepflaastiwird.  3  .>  > 
I  -  .  2wrar.bat  die  EobfLjmpbe  entacbcedaab  Vorng^  und 
wird  anob  wegen  ihrer  Reinbait  «ehr 'geeobatat^  «Ii4-l3iaaik 
tQlie>  -welobe  diaaelbe'.  arsaogen  und  TonyMiig  i^ibaii,'  Werden 
faJUraieb  ftaqntentirt;  *^  aber  immerhin  sind 'die  davaoi 
bor^rgafaeaden.,  Vaeciaationen  nar  ein ^  mia im ale r  > Bvaobi 
lk?ail.,itn  .Varihölttetat  aar  Q.e8«wintbeit  dee  atattfiBh 
da  a.da»*  Impf  na  gen.  <•  .        *      ^     ....  i «'   .  •>!   .\ 

...  Wann « iob« 'Pno  nodb  einmalt  di^'  far  dia.«PraBia  wtohtigen 


Punkte  »  fMs  kterMd  Siltiefi '  resfiitiirei  »o  «iod  di^s^Hireli  täh 
gUftd^l:  '-:•     •  '••  ♦  .«•;•• 

.!/    '-'  l)'D>«'ViA6ciiift^loii'g'^litfgf  iavtii^r, 'ist  «ü  jeder 
^ihreesieir  «»flfAbrbar ond  stets  obneOefahr 
•  #fir  die  felmpftfeo  Tbiere.         • 
'  2)  l>er    Sekoit*    geg^A    Sohafpockeir  tirt    liekeir 

:.iiiid  ^dttFch  üttebildvDg'dier  gttten  Pack«  ge- 
Hi-Dgeird'herg%»t'ell-t,  begiimt  aber  erst  Aach 
deiti  If.  Tage.      ■ 
Sy  Bin«  direkte  übbertragang   iti    der  He'erde 
'  '  eelbit    4sl  'totale'    iinr    Miml    ToiriQ  Defameo , 

^  wonidglieb-obo«  Einimpfang  fon    Blut    and 

1 

'  aae    eine^r'  ihitt^lgr^ssen   Pbeke,    am  8.  oder 
9.  Tage  naek  der  Yadcinatiön. 
'  4)  Die' geimflfteit  Tlki^re  sind    za    isoliren    and 

'  giBgisn  Zag  und  B^rkaltang  zt  schntsen: 
Sekfieifsliftb ,  meine  Herren,  erianbe  ieb  inir  die  ergebene 
Mittbeilntfg  zn  maeben,  dass  ich  aagenblickficfa  wieder  2 
Sebafe  in  meinem  Institute  babe,  von •  detren '  diks  eine 
gestern  ror  14  Tagen,  mit  3  Wochen  aafgehobener  Vaccine 
geimpft  nnd  d4s  and'ei^ä'  beW  Vo^^fr^kgen,'  direkt  yon  dem 
ersten  Taecinirt  ist.  lob  "bin  'SeR>stv%rstaDdUch  gern  bereit, 
dedjeiii^en  Herr"««,  die  iich  Hftber  f8#  die  Sadie  interes- 
sMn,  die  Tbiereiki  diär  Zeit  r^oA  12— 1  Uhr  za  zeigen. 


<   I 


1  1-  '. 


Oüe  «gvefsee  Aehal^ekeiten,  .  wcj^obe'.sioh  aewiibl  in  den 
aossem  Era^kvailng^n  wie;  aneb  ms  l^evianfe .  der  Foekenkamnk» 
tauen  den  Tei^seiaeAeoab  Tkieveiteden,  .bei  dtoen' dieselben 
f^gkom— P',   haben  lidionlangf  die*' Vermotheng  ereeugi,  dasit 


IM  Zfttm  von  H«rl^,t4..., 

•Ue  Po#k«nkrmikhekeQ  6hi«ii  :w<iMi«tiiobM  £lisMM»eBb«igiiH- 
BiUen  and  nur  in  eiDielDen  EigeDtchftften  dareh  die  Büf«!- 
^kimliobkeit  der  Thi«iig«ttiiAg«n>  modJiniri  werde»»  iDiese  An- 
Bkht  wollte  man  besondere  dvrob  4jie  wirkeeene  Utbertregang 
des  Poeken  -  ConUgiams  v^eiiU^lsli  l^ftipf  toü  Xldereo  einer 
.Gettiyeg  Aof  IediFidaee.eiida»rer  OelUmgen,  j^Kdfeoi  »isp«  bewei- 
sen ;  and  es  worden  4«iier  Tiele  ImpfiMigeoi  oisbt  .eUfun  fnr  den 
Zweck,  die  sehotsoo^i»  Wirkang,gegoo.4««tefk{iog  «a  erhalten, 
sondern  auch  ans  wissenschaftlichem  Iati|rpss9,.  Of^fnoromen, 

Unter  dieseii  Impfversn^boj^  Ter^ieiieii  di^e^jgfOi  beponders 
her?orgehoben  ^n  -  iforden ,  weleb^  •  der  fief r  Kreisphysikos 
Dr.  Stciobeck  so  Brandenburg  .a  d»  H^t.^)  fof  eirca  32  Jah* 
ren  mit  Kohpocken^toff  (Vacciof),,  fo.  «i^  aocb  mit  Pferde- 
maokestoff  (Equine)  an  Sohafey  o.  s»  w*  noterooivaieii  bat,  und 
die  sieb  an  den  vorstehenden  J^^u^U  dfu  Herr^.Dr«  iPissin 
anfügen  lassen«  Ich  theile  dieselben  hier  pi^,  da  eie  sonst  an 
dem  Qrte,  .an  we^em  sie  orsproaglioh  pnblioirl  wofdM  Bind, 
Ca«  per 's  Wocbepsehrift.  1939.  No.  21.  2^.  -r-  deJi  mm$bim 
.Thierars$en  verborgen  bleiboo  durftee.  ,  - 

L    Oelcrtrtfwigtti  ier  Yasclee  i«f  Thisrf ^ 

.  A.    Auf  j5 erhoff,  r    -.Hl'," 

1)  Sacoo  .  iinplte.Seb»fe  ppit,  Vaq^iiie  und  .erbtet  I^q^- 
popl^en,  welche  die  Tbiere  vor  den  Spba^ocken  seh jit«(en.  4191^ 
deren  Lymphe  durch  Weiterimpfuog  bei  Menschen  und  Knhen 
die  eigenthnmliche  Kuhpocke  eraengte.  Auch  bemerkt  Sacco, 
dass  Impfung  mit  Schafpocke  Menschen  und  Kühe  vor  Men- 
schen- und  Kuhpooken  sicherte  und  bloss  ortliehe  Pnsteln  her- 
vorbrachte, wahrend  sie  bei  Schafen  einen  allgemeinen  Ans- 
schlag  verursachte;  ^utde^  vbef' Von^Sen  ^uf  Menschen  und 
K&he  ubeitrageDen '  Sehadjpocken  Lymphe  igewoBMan»  väA  auf 
S>dia£»  iberfiragtt,  so^  eBtitandeB  >nur  einige  r  FsHtelm 

9)  Im  Februar  il837  tfaeille^der  AiX— b.W-;  ifl»£.fl( 
Sebafbeerde^  i^stov  eich  Scbafpi^en  neigte»,:  ^Hi  Mmm  .Vfafitte, 


'•^a;  .*' 


I  • 

I 


Bs  »MgteD  lioli  iti  ^if  garnndmi  Hüfte  dateö49b  die  Sohaij|>ock6a. 
Bles  gab  daai  VarAMflier  Gialegaabak,  die  Vaddae  aa  versudiiB. 
An  8(^.  Fsbroar  wardea  drei  geaaade  Sehale  an  de«  Weisen 
,aad"aai  Ualevbavolia  gareiaigt  oad  mit  aeht  Stieben  yaeeiairt. 
Der  Amtmann  W.  beobachtete  die  Sehafe  taglieh;  bei  einem 
•Sakafe  war  keine  Aeaderaag  im  AUgemeiabefiadea  oder  An  den 
Implkteilea  att  bemerken;  ^  beiden  aadarn  leigtea  am  swetten 
Tage  Mangel  der  Fretslnst,  dagegen  Begierde  naek  Waseer; 
der  Kopf  war  sehr  knhl,  der  nbrige  Korper  ungewöhnlich  warm. 
Bei  einem  dieser  Thiere  entwickelten  sich  am  dritten  l'age  vier, 
bei  dem  as^rn  acht  Kaoteben  aa  drei  Impfstellea.  Am  sechsten 
Tage  wtar  dia  Aaebüdang  der  Imp^oekea  roQkommen  and  die 
Fresslost  kehrte  wieder.  Nun  impfte  der  Verfasser  eia  halb- 
jaiMriges  «ilKddken  aaf  dem  iiaken  Arme  mit  Vaeeioe,  aof  dem 
reehten  ebenfalls  mit  sechs  Stichen  von  der  ans  den  Schafen 
eriiakea(en  Kuhpöokea  •  Ljmphe  oad  überdiea  Vier  Stiche  mit 
Lymphe  aas .  fiditen  Stehafpocken«  Das  Schaf,  bei  dem  die  Vac- 
eiaa  aicbt' gehaftet  hatte,  warde,  adbst  einem  andern  gasnndeo 
Budiafe^  aa  denselben  acht  Stellen  mit  Lymphe  ans  genniaea 
^obaf^oekea  geimp^  Nach  6  Tagen,  am  4.  Mara,  ergab  sidi 
balgendes:  Drei  Tage  nach  der  Impfting  entwiekelten  sidi  «af 
idam  liflkMi  Arma  das  Kisides,  wo  mit  Vaeeine  geimpft  worden 
^mty  vier  SaaC^^h,^  die  am  <6.  Tage  als  aormale  Kohpoeken 
.arochieaeb;  van  den  6  Stichen  mit  Lymphe  aas  den  aof  Schafe 
^rerpiaaaten  Kabpookea  aaf  dam  reehteo  Arme  hatten  steh  dref 
regelmassig  entwickelt;  die  darunter  angebrachten  4  Stiebe  mit 
Lymphe' akis  genniaea  Schafpookea  hatteta  sieh  am  2.  Tage  ge- 
aeigt  aad^waaen  am  6.  Tage  bedentead  gvoaser  and  voUkaair 
asener.^alt  die  andere  PoiDkea;  ibrigena  waren  beide  Arme 
bedaatandi  geadiwollaa»  -besonders  der  liafce,  and  seit  dem  4. 
T«ge  wai  kelügee  Aaisiiebar  ingegen ,  eo  dass  drei  Ta|(e  laag 
IMlHiagigab«B'irfrdM  oMMsta.  Der  VerlanfafinamllidierPalskan 
Hpar  aoffmalv  aar  warbn  die  Seba^cken  grdesar;  eine  derselben 


196  ZoMUs  ▼«&  Herfewig. 

•itert»  Bterk  und  »mftte  mife  Ohlorlcftlktoliiiio»  ▼•rband«»  *«*• 
des.  Dm  frali«r  er£olf lo»  TAMoirte  (Bdmf  b«tte  Miehdiiiwk  die 
Bur^ifte  8disfpoeli«Biaipfa»g  kehie  Paateln  bekomii«»^ 'bcm^s:  «Id» 
wdirtoAieialieh  kein«  R»oe!^iviiit.  Di*  bMdiiii  mk'  Blrfol((  nUt- 
etnirlea  Sobftf«  blieben  (freilich,  «li«  .««he#m  bieht  f gMiflft*) 
TOQ  den  Sch*lpookeo  frn.  .    '     '     ••  . 

Ant  diea«B  Venttcke»  erfiebt  i|ich-.  die  Ideeiitil  der  Veoeive 
and  fiohelpooken  ^  Lyvipbe ,  eo  de«  letetei»»'  ig^^o^'W^**^» 
Sehnt Areflb  beeittt.  .      "*      . 

i      •. 
B.     Impfan^eo  der  Hände, mit  yeo.eane. 

I)  Jernner  bemerkte  oaoh  VeoeiairtiBg  der  Haede«  deei 
-«•  eise  leiokte  Entiiedttiig  di*  Lnfdrobre  bekamen  ned  mekt 
▼on  der  HniidekreAkfaeit  befallen  wbrdsD. 

3).Saeeo  «ab  dadureb  jedet  Mal  eine  leiebte  .flklteatul»- 
dottg  entsteheow 

3)  Der  Verfaeser  impite  einen  balbjabrigea  Bfit»  am 
Bai^cbe  und  in  den  W-eickeii  am  25^  Februar  1&3 7- eüt  Vaeetn« 
nnd  raaobte  8  Impfeliobe.  Zwei  Tage  lang  blieb  descHnaid  gaes 
geeand;  am  3.  Tage  seigte  er  keine  Freatliket,  kroek  in<teibek 
Winkeli  neigte  FieberschaDor  massig  beschl^raniglen  P«l«^'>knt^- 
zerei,  beängstigte«  Atbeenholbn,  riäl.  Doni  Imit  ibkscdreexüel^ib 
Sdilaekeni  die  Draee^  nnter  ■  den*  Kinnladen/  enApfindlieh  -waid 
angetehwolien ;  das  rMaol  war  tnit  zabem  .Sdüeic^  angefiftk, 
der  Ton  Zeit  sn.  Zeit  ^etpssweise  adsgele^rt  irnrde.  Naek  Imsf 
Tagen  war  der  Hoad  wieder  gesnlid-.and  von  laipfstiekea« > ^ebte 
an  sehen.  .-   .  -    . 

4)  Am  3%  Mars  1337  Impliing  eines  6jabngen^  Pndela  mk 
genttiaer  Kubpookea'-Ljfmphe.  Ami^.  Tage  E^ebeiwcsbaiiers  Bitee 
des-  getiaeta  Korpers,  oabeweglicbe  Lage  mit '«ansgestranktaa 
Kopie«  heftiger  Durst,  fehlende  Fresslostv  knraw,..  besebwerli«- 
dier  Atfaem  mit  grosser  ThStigkett  der--Bkmto«ltkeki?'  eüier 
Sehleiln  in  der  Naiea  •  >  and  Jtat^eabdbl»,  tgvssMellisiie^ ÜAiii^ 
drisen ,  die^  nebst  dem  Kshlkeple ,  beim  Drvcke  sehr  empda^dL 


aipiMrtS'TAli  Hartwig.  1&7! 

lUh.wareta.   'Dies-  dan^vta*  ndl  AktwehnUmmg  (»^T«ge,'  bii  ii«qIi* 
a/T«g#ii  «die  fiAiMkiBg  ?t>Uiaiidig  war.  / 

t'-kcBM  baftde»  Tbiert»  war  offenbar  eke«  an  Bnut^ntsäoiaag 
f^ffwiaeede,  draaige'  •ahleimige  oalarrb.  HaUeataandimg  Fol^e 
deci  Jmfyfoiig  tsdt  VaeciBe  aed  Sebalpoekeo  *  L jmpbe ,  wobei  die  - 
Sahafpoeken-lij^iiipbe  bei  dem  4.  Hiutde  eiaea  aahe  an  Honde«^ 
seiifhegriiiftifidaik^rafi  v»u  eatnancHicb-eatarrkaliMfaem  Leiden 
d60<  Hkkea  evceagl  battei  dAr  nelleiebf  noeh.  eicberer -▼of  der 
faoKKen  FM'm'der  Hondeeenebe  aeboUen  mag« 


.»        't.    :  •  ' 


*r  U 


C.    Impfang.An  der  Pferde  mit  Vaccine,    / 

1)  Ein  14jäbriger  Wallach  warde  am  11.  Ai^saat  1966  im' 
F^fMlgelenbe  der*  beiden  HiniariGbse  nnd  am-Bancbe  aoaanimen 
mi(.  SftlStiisblii  f^mfk,  Am$  . Zweiten-  Tage-roeenanttfe  Span«* 
nm|p  .  der  j  Haut' b/^tdei^  Fesaelgelenkei  wo  ticb  die -Stiebe  wie 
k|«i»«  &«8il6hen  anfiblten»  wÄbrend  die  10!  Impfttiohe  vertrooiu 
net  schienen.  Am  8.  Tage  waren  aus  den  Knotehen  Blisehen 
g4MiOf d#n«  .Ana.  dieften-  wurd^  die  L7mt>be.  gesammelt.  Das  Pferd 
sehtonii  nmm  PieiMsii  oitlttsISigi  nbngena  ohne  Krankbeitsseieben. 
Am  5.  Tage  worden  die.-  ansaiekerade  L3ribpbe  tvnb  nnd  ver- 
klebte die  Haare.  Hieraof  fiel  die  rosenartige  Geschwulst;  aber 
die  Blasehen  aeigten  Neigung,  theils  selbst  in  Geschwnre  nber- 
angehtib,^  Ülikih  ddrch^dfe'  sdhalffe'  Absondet'nng  die  Umgegend 
ini«itenide-Flaoben.  «b  fenrnndeln«  Die  Feaselgelenke  w«rden 
daher  wdi  8Ail»nwasäer  gereinigt  ^nnd  •  dnreh  tagHohes  Bestreiehen 
vA%''^ioifSi^  Benaoet  in  8  Tagen'  geheilt.  Es  hatte  sieh  kein  hef*^ 
tigereaAligeaeHiieide»'lgeaeigt.  Nach  Saeco  soll  die  Vaccine 
bei  Pferden  vor  der  Druse  sehnte en. 

%)  Am  ^5.'  Februar  1^37  wurde  eine  16 Jahrige  gesunde 
S#«te  4n  'beiden  vorher  ron  Haaren  befreiten  Pesselgelenkeo 
davehr-SO^Stkibe  i mit  der  dnreh  Implung  der  Schafe  erhalträen 
Kobpoeken^Ljniphe'  gehupft.  Am  2>.  I^age  rosenartige  Gesehwulst 
deriHant  den- Fesaelg^enkes;'  erhohle  Hantiemperatnr,  denili- 

AUgen^ift4eidenj  Atif  dei^  erfsipelatosen  Haut  aeigten  sich 


^ 

> 


Tage  tiekorte  wMserhelky  tsbr  itfteg  ri«ilMiM  Lyttipb^-ata 
4«  am  1.  Tage  ia  Haarrokrobaii  aallgeiMigmi   wanhC    UUost 
s«m  Fraateft  mid  offenbar  grottar  Sabmars   ia    dan   kraakaA^ 
PaaaoD.  Dia  Haara  daa  Faaaalgalankaa  wara»  iriadar  giair$ali«aD^ 
biidatao  mit  dar  aaaaickandatn  Ljmpha  ^ina  Sakorfdaaba*  mvd^ 
bawlrklea  0aaabwafi4' and  .CorroaioDatt  dar  Haut  daa  Fa>aalg»i- 
laakat«  wakba  dnvah  Enplanrairiol-AnfidanB^  aaHl  aiidaa»  «^liray 
Cblorkalkaaflöfong  tahr  laagaam  ^aiMilt  did  arst  MHta  XdM' 
bai*m   Gebraaoka   der  Tinot.    Bensoet   ganiliob    Tarnarbt    war- 
dan.     Vom    •aohsten    fagö    nach    der    Itopfatag*    an    irar    daa 
Tbiet  wiadar  gana-mnotar.  .... 

Hiaanadi   liiat    aiob>  aowobi  iabta  Vaoaiae  ais*  aoab  ,dM«k  • 
dan  Scbafocgaaiamo»  gegaogoaa  Vaacdae  aaf  daa  Fford 'ftbiilftrli* 
gao,   -bei.  walobam  -  sia ^  Pottela    imd 'Oasebwita  -iB>  dsMelbaa' 
Foirm  aosaeagt«  sr».  >dio  aaa  dobakaanUtt  Vreaabaa  aaütaheada  ^ 
aabta  Manka. 

3)  Veit b  aagt,  daaa  bai  ImpAing  aiaea  PlSifdaa  teit  VkaoiMi. 
in  <tia  NaaaaaöUaittbaat  BUdtarn  an  da»  Impllitaliao  aatetawiett^ 

saiaa,  üalche  den  Kabpockan  gaas  fihnliab  iwratTi  -<•  (-/ 

. .  • . '  •      .  »,      '  ' .  •  i     .    f  <  -  j ./, 

IL    IlebeHrafanftleff  Efalaa  (Ifanke)  ««£  TUfre  aoA  MefisehMu 

;  .  In  Brmaogalaag  fiobtar  Manka  .irarde  baindan  snaiofaBtrfal«« . 
gandaft  . Vanuahiaai  aar.  di»  Ljupka-  gabranabt^  .«nakba  mm  -(ddao 
Pqa^ln.  der  mit  Vaoaina-  geimpften  Plarde  gaäammaü  var;.4ia9iic 
Fnat^/gliaben  der  aobten  pHrnitifan  llaalM  tiaUkoiBdiAn^  «  . 

^    A«     Impfungen  der  Sohafe  mit  Eqaine,  .      « 

.:l)l  Av^,I5)  SeptaAiber.  l&ai,  worden-  drai  feamidei  flcbalfo:^. 
an.,  yaraqbied^sen  •  SMUen  mit  den  Ton^  dam.  araMtt<  PfaHdailar^i 
hiat#i»0P%  ft<liunB  .giimpA«' .  Von  difven.  dv«»  13iifBaa.[hUabo^ibsr 
gapia  gaso^d; ,  dj^^  Impf^tiaba  ^artroaknalMftB  oad  iaaab  diaspi*^ 
ter^  Impfling  mit  Vaaeine  «aUng^  £aU,iao  daaa  idaiiTbiatf  kela« 


■•L» 


B«|yfiiy^lMk«ii'  ftr  dlc«»ii'  Aiiitokriflg8ftt\off  iW  l^litK0n  scUen. 
BÄ  dM  «welMli  Sdiaft  WWickeltdb  i^ish  üat^ir  tehn  Stichen 
nar  rier,  welche-  sbet^  etDen  regelmitsSgen  VerUaf  hatten  trnd 
gUtti;  Wl^  geitf^ntf  SlBhsfpoCkeo  aoMaben.  Aach  litt  dks  Thier 
iBlieHleb  fäit  g^r'iiiclit;  Bei  dem  dritten  Schafe  entwickelten 
sieb'  alle' tehn 'Stichie^  da^  ttier  '  #ar  bedeutend  krank,  frUs 
mtd'  totfi  niSht,  bflfete  bedeniendes  Fieber  und'  drei  von  den  gich 
ebtwidkelnden'  Pdcken  batten  ein  bffihiiehet  Anssehen.  ludess 
0irt#ibKelti»il'  'rfidfa  dtocb'  nicht  die  hiernach  an  befSrchtenden 
AM(»aek^.  "iHe 'flbi4geta  Pecketk  TcrHefen  gnt  und  heilten,  die 
cN-iiiivtäeif  Po^en 'iti^^en  in  Cfeseh'wfire  nbe^/ welebe  erst  im 
Oetobek*  bei«>  ^K^ttrsniehe  dea  Cfalorkillks  abheilten. 

1)'  Am  1^;  l^tenrber  1837  wbrden  drei  Schafe  mit  der- 
selbite^^cfttfe  geiitapA;^  V6n  denen  nnr  eins  die  Schif^odten 
g^mbt  lilcte.  •  DieiMlt  VefrMcbt  aosgeffihrte  Impfung  hatte  bei 
keinem  der  Tbiere  Erfolg. 


•!    «,.'.•«> 


Jß.,  , Keti^eii^tjpag'ng  d.er.S.qniae  anf  Kuheb 

'  l*)  Lo7''iinp(be^<Kfbe  miH^  genuiner  filaukenljrmphe  und  er- 
hielt'KulipöokMi.   •  .     .'•        t   • 

•>2)'tBr^m'ep  (1^04)  impfte  eine  Kult  mit  Mankenstdif  de« 
Pferdes  ohne  Erfolg,  obgleich  bücbfolgeude  tibpAing  dAt  guter 
Knhpockeniympfe  die  schönsten  Kuhpocken   eraeogte. 

3)  Jbbn'^r  'eraedgte  '  durcb  achte  Eqöine  bei  Kuben  im- 
mer rPifteken^i  «eieka  Ifl  Pom»  «eid  Verlauf  den  achten  Kubpocken 
gliekeiti   ^  b   ..•  -^      ''.•.".:=•  • 

t  •  4><6k«»0'evkHlgte  fleiehe  ßrlelge. 
>j    i6>^Sbenlbj.d*h  ^A«!s6sis«blM>C>entriilimpfting8ebmlt4/ 
;"j6>>Jibaosi»  rVib>oi<g  tad^Ntieniwa«'. 
>    j^  Aatil^l^\%ep%9mhm9'iB»J  inii<<M  eine  Ktfb  am  Enter  mi« 
dar  seenndiren  Equine  von  dem  Verf.  geiafrp^,  jedoeh  ohne  Brfilg^« ' 
'  1  ll>    A>Bii^4;'Beptemb«v  Lddl-^impfte  deMelbe  eine  andere 
Kii^ /nÜiaebaiiJiiieliineJeBii  Enierv     Dl»  Kuh  blieb' gant  munter 
bia  am  rierten  Tage>MaiibB#keil' obd  PresslusI  naeblieeten  -  und  ^ 


160  ZiüftU  TQfi  H9rtwic>N 

den  diese  Zufall«,  4i^  Impfatiehe  erhoben  ttoli,  .wjicdfv  bJijMic^«' 
grau,  bekamen  eiD^n  Hof  aod  Ti^rÜAfeii  D^coud«.  .•    ? 

%)  Im  ^anoar  J838  gelangte  der  Verfawersift  4er  lyppW.. 
titoll' eiterigep  PlnMigkeit,  ans  acbtei:«.  iDTetearirtier  Pferdemiii»ke, 
welche  genvjn   entatimden   ifar  nn^  nachher  dnreb  Tinel^  BtH''' 
soea  bald  gebeilt  wurde.     Am  2$,  Jannar  wordfe  daß.  K^  ^A%'^ 
die^fr  Ljmpbe  g^jmfvft;    am    aweitf»  T|^  Veinni^c^irPiig.' 4fir- 
Freffflnat  und  Munterkeit;  am  vierten  Tage. waren  toq  12  Stijripe». 
T  iri®  Ipioteb^n  erboben»  die  umgebende  Baut .  lAer  flilt  «od 
DJiQht .  geroibetr    Pie   Fna^ln  .Hieben   kjap.  die   nabfllfSrinigff. 
Grube  kaum  beme^bfir.     Vier  Tage  idamn^^r^^nttnis  mni  mm) 
und'^eien  ni^ck  nebt  Tagen  ab«  fioe,  kleJmi^.Naxbe  binjl^rjaaiend. 
(fituf:^  die  Mank{9  dieaer.  I^y mpbe  no^  «ioht;  4bconif#b' ;i^w«f0^i - 
tQ  worde;  die  Lymphe,  kraftiger  gewe«^  iffio  :npd  ToUkonimli»  - 
nere  Enhpocken  gebildet  haben.)  •  ) 

Jedenfalls  ergiebt  sich,  dass  frische  Eqoine,  auf  die  Bater 
von  Kuben  geänpft,  im  Stande  i*t,'  Pocken  hervörstfiringen, 
weleha  Jd  ,.a|)en:  Stuclovn  mit^  :4eifc.  aohfeMi  KniipodEeii«  Sbel'ein- 
kommen,  und  dass  diese  Kraft  bis  auf  eine  gewif««  Z#tt»  -Ireta  ! 
an^b  fiii^.geriQ^iprein  aii4  aJimali|ß  imm«  iue^hr  aehmafleaslem 
Gra4e,  dieser  MankonljmLpb^  F^bleibl«  ^ 


I       • 


C.  Uebertragung  der  Equine  auf  Mensc)i.e>n.. 

ObgMifh  4ie  ü^bertiragiiAg  anderer  thteBiieWr  KraiäkAila* 
Stoffe  auf  Menschen  erwiesen  war,  so  wurde  doch  die  Besen«  ^ 
gnng  der  Kuhpoekeu  bei  Mfntcban  durch  liankenslvff'b^^ei- 
feit,  theils»  i.weU,.di|a  .Bxpmmente  ^negalii^l»  Ateidlate* gegeben 
hatten,  theils  die  Gelegeah^l  auiK  finoba^hlndg /noraeit^n  Vor* 
han4«a- i#t;  4eni»o^h'  gestattei^  die .  Torhaad^n  JBrlii^riingen 
wQhl>^i9a«.4icber9i  ScUoff^w..  •   » •         ■•  •?  •«  ^.^  s  •  -^1 

,  X)>  Jen  neu;  npd.  L^y  •  sahen.  uMfatere  Mejiitehnr,   welche 
dufeb,'MankegQi9l>iirQra  dee-  Pferde  ängeateekl  < «laMil.  ondf ^i*e ' 
d#n  Enhpoflkeo  ähnliche  Krankheit  bekam«nv  >  '. 


Ziuatz  TC^n  Hertwig.  161 

2}  Im  Jabre  1702  bekam  za  Paris  ein  Katscher,  der  ein 
maukekrankes  Pferd  gepflegt  batte,  die  Enbpocken.  (Hartrel 
d'Arboval,  Wörterbuch  der  Tbierheilkande,  Weimar.  Art. 
Manke.) 

3)  Sacco  sab  zweimal,  darcb  Uebertragong  der  Eqnine 
anf  den  Menschen,  die  Eahpocken  entstehen. 

4)  Greve  erfahr  diess  an  sich  selbst. 

5)  Im  Jahre  1830  herrschte  in  Berlin,  wie  in  ganz  Nord- 
dentschland,  die  Mauke  fast  seachenartig.  In  der  Thierarznei- 
schnie  zn  Berlin  waren  beständig  10^15  Pferde  in  Behand- 
lung, und  sowohl  Prof.  Hertwig,  als  auch  elf  Schaler,  wor- 
den anf  folgende  Weise  inficirt:  Zwei  bis  vier  Tage  massiges 
Fieber  und  schmerzhafte  Anschwellung  eines  Fingers,  der  Hand, 
des  Vorderarms  oder  der  Achseldrusen.  Am  vierten  und  fünften 
Tage  enstand  an  der  Infectionsstelle  am  Finger  ein  rothes,  bar« 
tes  Knötchen,  welches  bis  zam  nennten  oder  elften  Tage  sich 
zu  einer  weissblauen,  erbsgrossen  Pastel  ausbildete,  welche,  in- 
nen zellig,  mit  seröser  Feuchtigkeit  gefüllt  war,  die  allmalig 
eiterartig  wurde.  Die  Pustel  fiel,  als  Schorf,  nach  etwa  drei 
Wochen  ab  und  hinterliess  eine  mehrere  Monate  hindurch  8i<dit- 
bare  Narbe.  Bei  drei  Eleven  entstand  auch  noch  auf  dem 
Racken  der  Hände  und  an  dem  Vorderarme  eine  Eruption  von 
mehreren  kuhpockenähnlichen  Pustrln.  Von  den  betroffenen 
Personen  -  hatten  überhaupt  elf  die  geimpften  Kuhpocl^en  and 
eine  die  Menschenpocken  gehabt;  achtundzwanzig  andere  Ele- 
ven und  nenn  Stallwärter  blieben  unter  übrigens  gleichen  Ver* 
haltnissen  gnnz  gesund,  nach  des  Verfassers  Ansicht  wahrschein- 
lich, weil  durch  frühere  gute  Schutzpockenimpfang  jede  Recep- 
tivitat  beseitigt  war. 

6}  Rosendähl  beobachtete  im  Jahre  1830  bei  vielen 
Pferden  die  Mauke;  die  Landleate  rieben  eine  solutiö  vitrioli 
eoerulei  mit  der  Hand  ein;  Alle  bekamen  drei  bis  vier  Tage 
darauf  Fieber  mit  Gliederschmers  und   gastrischen  Symptomen, 

Mag.  C  Thierheilk.    XXXYL    2.  1 1 


162  Zusatz  von  Hertwig. 

nud  nach  24  Stnnden  einejQ  den  Euhpoeken  vollkommen  ahn- 
liohen  Ausschlag.  Die  Pasteln  bildeten  Schorfe,  fielen  ab  and 
lietsen  lang-sichtbare  Flecke,  snm  Theil  aach  Narben  anräck. 
Beim  Abtrocknen  der  Blattern  liess  das  heftige  Fieber  nach. 
Wahrend  des  stadinm  effloreseentiae  verbreiteten  die  Kranken 
den  specifischen  Geruch  des  Mankeneiters ,  und  gegen  das 
Ende  der  Krankheit  nahm  der  stark  sedimentirende  Urin  die- 
sen Gerach  an. 

7)     Am  1.  Febraar  1838   impfte    der   Verfasser,   mit  Er- 
laabnise  der  Eltern,  einem  |-  Jahr  alten  kräftigen  Elnaben  anf 
dem  rechten  Arme  acht  Stiche  mit  der  obenerwähnten  Lymphe 
von  chronischer  Maake,    mit    welcher    sovor    aach   schon  eine 
Knh  geimpft  war.     Bis    som    iweiten  Tage   blieb    der  Kranke 
manter;  am  dritten  wurde  er  weinerlich,  nahm  die  Brust  nicht, 
schien  in  den  Gliedern  Sehmersen  zu  haben  und  bekam  heisse 
Haat  und  einen  Pnls  von  110.     Die  Impfstiohe  erschienen  wie 
gerothete  Knötchen,  starker  am  linken,  mehr  geschwollenen  Arme. 
Soltttio  nitrosa.  Am  vierten  Februar  lag  das  Kind  ruhig,   hatte 
aber  heftiges  Fieber  und  Hasten«   Die  Pasteln  des  linken  Arms 
waren  um  das  Doppelte  grosser,  mit  sehr  rothem  geschwolle- 
nen Hofe.     In  der  Umgegend  waren  noch  sieben  neue  Pusteln 
hervorgebrochen,  die  sich  eben  so  rasch  entwickeln.    Die  Impf- 
stellen des  rechten  Armes  waren  normal  entwickelt«    Am  6.  Fe^ 
hTQW  erforderte  das  FieÜer  mit  Hasten  vi^  Blutegel,  Nitnim 
und  Calomel;  die  Vaccinepusteln  entwickelten  sich  normal.  Die 
Equinepusteln    hatten    bereits    die  höchste  Ansbildong  erlangt, 
ein  perlfarbiges  Aussehen  mit  einer  Delle  und  enthielten  klare 
Lymphe,  mit  welcher    vier  Haarröhrchen  gefoUt  worden«     Der 
Arm  war  nebst  den  Achseldrnsen  geschwollen  und  sehr  schmers- 
haft;     Am  sechsten  Tage   verminderten    sich    die  Zufalle;    die 
Equinepusteln  wurden  gelb,  mit  trüber  Lymphe.     Je  trockener 
die  Pusteln  wurden,  um  so  mehr  besserte  sich  das  Allgemein- 
befinden.    Am  neunten  Tage  fielen  die  Schorfe  ab  und  Hessen 
eine  ausgehöhlte  Narbe  znrack.     In   den  darauf  folgenden  Ta- 


Zuaatz  yon  Hertwig.  163 

gen  worde  ein  sehr  stinkender  Urin  gelassen.  Die  Vaocine- 
posteln  verliefen  normaU 

8.  Am  U.  Febrnar  183S  impfte  der  Verfasser  ein  fünf 
Monate'  altes,  gesundes  Mädchen  am  rediten  Arme  mit  gnter 
Vaccine,  am  linken  Arme  mit  der  secnndfiren  Eqnine,  welche 
durch  Impfung  des  Mankenstoffs  auf  eine  Enh  erhalten  wurde. 
Die  Impfstiohe  beider  Arme  entwickelten  sich  vollkommen  gleich, 
am  achten  und  neunten  Tage  mit  etwas  Fieber. 

Diese  Beobachtungen  geben  daher  das  Resultat,  dass  die 
genuine  primitive  Equine  für  sich  allein  im  Stande  ist,  sowohl 
bei  Kühen,  als  auch  bei  Menschen  Ausschlage  zu  erregen,  welche 
in  Form  und  Verlauf  nichts  von  den  achten  Euhpocken  Ver- 
schiedenes haben,  dass  dieBqnine  jeooch,  unmittelbar  aufMen* 
sehen  übertragen,  wahrscheinlich  vermöge  der  grosseren  Viru- 
lens  des  Stoffes,  eine  heftigere,  fieberhaft-entzündliche  Reaction 
erregt,  selbst,  wenn  der  Stoff  von  veralteten  Maukengeschwn« 
ren  genommen  wird,  und  endlich,  dass  die  Equine  durch  den 
Durchgang  durch  den  Euhorganismus  viel  von  ihrer  Heftig- 
keit verliert,  so  dass  dieser  secundare  Equine-Vaccine- Stoff  in 
den  Wirkungen  ganzlich  der  genuinen  Vaccine  analog  ist." 


IL 

Plattenepidielialcaiicroid, 

Von  Siedamgrotzky, 
Lehrer  an  der  Thierarzneischule  in  Zurieh. 

(Hierzu  die  Abbildungen  Fig.  1  —  3.  auf  Taf.  11.) 

Die  im  Nachstehenden  beschriebene  Geschwulst,  welche 
Herr  Director  Zangger  zufallig  bei  der  Besichtigung  der  Ein- 
geweide einer  Kuh  gefunden  hatte,  sass  an  der  rechten  Wand 


16,i  Siedamgrotzky, 

der  vordem  Abtheilaog  des  linken  -Saekes  des  Wanstes  and 
zwar  unterhalb  der  nach  innen  vorspringenden  Falte,  welche  sich 
vom  vordem  Langspfeiler  nach  vorn  nnd  oben  an  besagte  Ab- 
theilang  hinzieht.  Von  etwelchen  Krankheitserscheinungen  der 
betreffenden  Kuh  konnte  Nichts  in  Erfahrung  gebracht  werden. 
Das  Präparat  besteht  ans  einem  nnregelmassigen  vierecki- 
gen Schleim  hau tstäck,  dessen  Oberflache  an  der  antern  Partie 
die  charakteristischen  Zotten  der  Schleimhant  des  Pansens  tragt, 
welche  nach  oben  hin  kleiner  und  kleiner  werden,  so  dass  am 
obern  Rande  die  Flache  das  komige  Gepräge  annimmt,  welches 
in  der  Regel  auf  der  Höbe  der  Pfeiler  wahrgenommen  wird. 
An  der  Schleimhaut  findet  sich  noch  die  Muscularis  des  Wan- 
stes; die  Serosa  fehlt  an  jener  Stelle,  da  sich  an  derselben 
der  Psalter  anheftet.  Auf  der  Schleimhaut  sitzen  mehrere  Ge- 
schwulste« Die  grosste  von  ihnen,  von  länglicher  nierenf5rmiger 
Gestalt,  besitzt  eine  Lange  von  20  Gtm.,  eine  Breite  von  10 
Ctm.  und  eine  Hohe  von  8  Gtm.  und  krümmt  sich  in  Form 
eines  in  die  Lange  gezogenen  Hutpilzes  um  den  von  jlet 
Schleimhant  ausgehenden  kurzen  Stiel,  dessen  grSsster  Durch- 
messer 7  Gtm.,  dessen  kleinster  2,5  Gtm,  misst.  Sie  ist  in 
Folge  ihrer  Schwere  etwas  nach  abwärts  gedreht* 

Die  Oberflache  des  Tumors  erscheint  stark  zerklüftet,  und 
zahlreiche,  theils  spitze  theils  stumpfe  Hervorragungen  lassen 
entsprechende  Vertiefungen  zwischen  sich,  in  welche  Futter- 
theilchen  eingefilzt  sind.  Mehrere  tiefer  zerklüftete  Einschnitte 
theilen  die  Geschwulst  in  unregelmässige  Lappen;  die  grosste 
dieser  Furche^n  geht  von  der  Mitte  der  untern  Flache  am  Stiele 
anfangend  nach  oben,  theilt  sich  etwas  unterhalb  der  grossten 
Hohe  gabiig,  beide  Aeste  verlaufen  dann  auseinandergehend 
nach  oben  bis  zum  Stiele.  Die  Geschwulst  wird  dadurch  we- 
sentlich in  drei  Abtheilungen  durch  ca.  4  Gtm.  tiefe  Furchen 
getheilt. 

Die  rechte  Abtheilung  ist  an  der  Oberflaehe  verhaltniss- 
massig    am   meisten  zusammenhangend;    sie    trägt   jedoch    fast 


Plattenepithelialcancroid.  165 

ttberall  kleine  zellenartige  HerrorragangeD ,  nar  an  einael- 
nen  Stellen  kommen  einfach  hockerige  flache  Protuberanzen 
vor.  Dagegen  ist  die  linke  Abtheilang  am  meisten  zerklüftet, 
so  dass  an  ihr  verschiedene  grossere  zottige  Lappen  unter- 
schieden werden  können. 

Die  Farbe  der  Oberfläche  ist  graubraun  bis  schwarzbraun 
in  verschiedenen  Nüanoirnngen ;  besonders  erscheinen  dunkler 
die  Spitzen  der  zottigen  Bildungen,  so  dass  die  ganze  Ober- 
fläche an  die  eines  ungewaschenen  Schafvliesses  erinnert.  Im 
Ganzen  ist  die  Geschwulst  hart  und  fest,  jedoch  gelingt  es  mit 
geringem  Eraftaufwande  einzelne  Zotten  abzubröckeln  oder  zu 
zerreissen« 

Die  kleineren  über  dieser  Geschwulst  sitzenden  und  theil- 
weise  von  ihr  verdeckten  Tumoren  sind  von  verschiedener,  aber 
weit  zurückbleibender  Grosse.  Der  grossere  unter  ihnen  (Fig. 
I.  b.)  sitzt  der  Schleimhaut  mit  breiter  Basis  auf  und  hat  ca 
4  Ctm.  Durchmesser  und  1  —  1^  Ctm.  Hohe.  An  den  Rändern 
mit  glatter  weissgelblicher  Schleimhaut  überzogen,  wird  seine 
flache  in  der  Mitte  etwas  vertiefte  Oberfläche  von  ähnlichen 
nur  kleineren,  durchgängig  spitzen  Hervorragungen  bedeckt,  wie 
die  gesammte  Oberfläche  der  grossen  Geschwulst. 

Der  links  daneben  befindliche  Knoten  (Fig.  I.  c.)  sitzt 
ebenfalls  mit  breiter  Basis  auf  und  ist  ziemlich  flach.  Auf  der 
Hohe  trägt  er  im  mittleren  Theile  eine  rundliche,  rauhe,  un- 
ebene, zottige  bräunliche  Fläche,  umgeben  von  einem  ab-  und 
umgebogenen  Walle  von  normaler  glatter  weisslicher  Schleim- 
haut. Dasselbe  wiederholt  sich  an  beiden  Enden  im  kleineren 
Maassstabe. 

Ausserdem  finden  sich  in  der  Nähe  noch  2  kleine  rund- 
liche Knoten  (Fig.  I.  d.)  von  glatter  weisslicher  Schleimhaut 
überzogen« 

Auf  der  Rückseite  des  Stückes  der  Pansenwand  ist  die 
Musenlaris  zum  Theil  mit  Fett  und  Zellgewebe  bedeckt.  Dem 
Stiele  und  den  kleinen  Geschwülsten  gegenüber  erhebt  sich  je* 


166  Siedamgrotzky, 

doeh  eine  hookrige  Getehwnlet  von  anregelmaasiger  Gestalt. 
Zahlreiche  erbsen-  bia  bohnengrosse,  rothlicbgraae  Kooten 
springen  auf  der  Oberflaehe  hervor  und  bilden  eine  derbe  Masse, 
wahrend  sie,  sich  nach  allen  Seiten  allmahlig  yerkleinernd  and 
an  Znsammenhang  abnehmend,  in  die  normale  Bedeckung  mit 
Zellgewebe  übergehen. 

Ein  horizontal  der  Lange  nach  darch  die  Haaptgeschwnlst 
gelegter  Schnitt  (Fig.  2.)  eigiebt  recht  dentlich,  wie  dieselbe 
pilzförmig  anf  einer  breiten  Erhebang  der  Schleirahant  aofsitat. 
Diese  stielartige  Verbindung  wird  seitlich  von  der  Sehleimhaat 
nnd  der  sieh  verlierenden  Mnsoularis  begrenzt  and  besteht  «am 
grossten  Theile  aas  weissem  glanzenden  Bindegewebe,  welches 
sich  nach  der  Mitte  der  Geschwolst  hin  fortsetzt  and  einen 
grosseren  festen  weissen  Bindegewebskern  bildet,  in  welchem 
die  Darchschnitte  mehrerer  grosserer  Gefasse  henrortreten«  Da- 
zwischen liegen  nar  wenige  kleinere,  selten  bis  linsengrosse 
Hohlranme,  aasgefallt  mit  einer  leicht  heraasanhebenden,  brock« 
liehen,  gelben  Masse.  Grossere  Zasammenhaafongen  derartiger 
Alveolen  finden  sich  in  der  linken  Seite  des  Gentrams  der 
G^scbwalst;  von  nar  sehr  schwachen,  weisslichen,  kaam  mit 
blossem  Aage  wahrzanehmenden  Bindegewebszagea  getrennt, 
scheinen  sie  bei  oberflächlicher  Betrachtang  Darchschnitte  grosser 
Hohlranme  za  sein,  welche  darch  die  gelbe  Farbe  ihrer  In* 
haltsmassen  sich  dentlich  vom  amgebenden  weissen  Bindege- 
webe abgrenzen. 

Von  der  centralen  bindegewebigen  Masse  ziehen  in  der 
Tersohiedensten  Richtnog  Faserzage  oft  sich  darehkreazend  nach 
der  Peripherie«  Sie  sind  an  Starke  sehr  verschieden,  überall 
aber  nehmen  sie  in  der  Rindenscbicht  zahlreiche  kleine  Steck- 
nadelkopf- bis  linsengrosse  Hohlraame  zwischen  sich,  welche 
alle  mit  derselben  gelblichen,  brockliohen,  anter  starkem  Drucke 
herausdrückbaren  Masse  angefallt  sind.  Zwei  anregelmassige 
haselnnssgrosse  Hohlen  mit  einem  breiigen  Inhalte  liegen  im 
rechten  Lappen. 


Plattenepithelialeancroid.  167 

Die  starke  BiodegewebamaBse  der  Geaefawalst  setxt  sieh 
darch  den  Stiel  in  die  auf  der  Rackseite  der  Mascalaris  gele* 
gene  Masse  fort.  Aach  hier  erscheint  ein  deutlich  areolirter 
Baa.  Die  einselnen  Knoten  sind  von  weisslichem ,  znweilen 
lockerem,  in  der  Hauptmasse  aber  festerem  Bindegewebe  umso- 
gen  und  enthalten  im  Innern  kleinere  Hohlräume  mit  gelblichem 
Inhalte,  die  aber  im  Oentrnm  mehr  susammenfliessen  und  eine 
broekliehe,  graurothliche  oder  gelbliche  Ausfüllung  erkennen 
lassen. 

Die  andern  oben  erwähnten  Knoten  erscheinen  sammtlich 
auf  dem  Durchschnitt  schüsselforuiig  in  das  Scbleimhantgewebe 
eingelassen;  die  unregelmassig  buchtige  BegrensungsUnie  hat 
an  den  groseten  derselben  die  unterliegende  Musoularis  verdrangt 
oder  zum  Schwund  gebracht.  Ihr  Gewebe  entspricht  ganc  der 
Rindensubstans  der  grossen  Geschwulst;  es  ist  areolirt  und 
seigt  viele,  aber  kleine  Alveolen  mit  gelblichem,  schwer  aus- 
druckbarem  Inhalte  in  einem  weissen  Fasergerüste*  Die  Zer* 
kluftung  an  der  Oberflache  der  beiden  grosseren  Tumoren  reicht 
nicht  tief  hinein;  auch  hier  ragen  steife,  bald  spitzere ,  bald 
stumpfere  Papillen  von  dunkelbrauner  Färbung  hervor.  Charak- 
teristisch verhalt  sich  der  Rand  der  normalen  Oberflache  gegen 
die  zerklüftete  Masse;  an  einigen  Stellen  flach  aufborend  und 
plötzlich  absetzend  ist  er  an  den  scheinbar  jüngsten  Zerklüf- 
tungen etwas  ab-  und  snruckgebogen  von  den  zerklüfteten 
Massen. 

Die  microscopische  Untersuchung  lasst  Folgendes  erkennen : 
Die  oben  als  Bindegewebskem  bezeichnete  Abtheilnng  der 
Bauptgeschwulst  besteht  zum  grossten  Theile  aus  einfachem 
fibrillaren  Bindegewebe ;  die  Elemente  desselben  sind  zahlreiche 
spindelnetzf5rmige  und  'runde  granulirte  Zellen  von  verschie- 
dener Grosse,  deren  Protoplasma  häufig  von  Fetttropfchen 
durchsetzt  ist.  Die  Fibrillen  der  Intcrcellularsubstanz  sind  bald 
feiner  und  dann  unregelmassig  dnrcheinandergefilzt,  oder  sie 
treten  zu  grade  und  vielfach  parallel  verlaufenden  Bündeln  zu« 


168  Siedsmgrotzky, 

sammen.     Darehsohoitte  kleinerer  and  grosserer   Gefuse   ver- 
leihen, dem  etwas  einförmigen  Bilde  einige  Abwechslang. 

Schnitte  aas  der  Rindensabstans  ergeben  als  Geraste- 
masse der  Geschwalst  Bindegewebsballen  mit  zahlreichen  fettig 
infiltrirten  SpindeUellen ;  mit  Ausnahme  der  mit  blossem  AUge 
wahrnehmbaren  Fasersägen  ist  die  Masse  des .  Bindegewebes 
jedoch  gering»  meist  bildet  es  nar  Zöge  Ton  0,03  —  0,08  Mm. 
Breite«  Dazwischen  liegen  Hohlraame  von  der  verschiedensten 
Grösse  von  0,02  — 1,0  Mm.  Darchmesser  and  darüber;  wahrend 
ihre  Gestalt  in  den  mittleren  Regionen  anregelmassig  randlich 
ist,  erscheint  sie  an  der  Peripherie  öfters  sehr  in  die  Lange 
gezogen«  Die  diese  Hohlraame  aasfallenden  Massen  bestehen 
nar  aas  Epithelzellen,  deren  Anordnung  and  Form  aber  ziem- 
lich verschieden  ist«  Die  an  die  scharfe  Abgrenzung  gegen  das 
Bindegewebe  anstossenden  Zellen  sind  rundlich  oder  doch  den 
rundlichen  Formen  sich  annähernd  von  c.  0,010  —  0,015  Mm, 
Darchmesser;  dagegen  keilen  sich  die  nächsten  Zellen  vielfach 
zwischen  erster^  ein  and  erinnern  so  an  Formen,  wie  sie  sich 
im  Cjlinderepithel  finden;  in  den  innersten  Regionen  herrscht 
eine  grosse  Unregelmässigkeit;  dort  werden  die  Zellen  durch 
gegenseitige  Abplattung  poljedrisch,  langgestreckt  oder  zu  ganz 
flachen  langen  Schollen.  Nicht  selten  finden  sich  die  sogenann- 
ten Epithelialkugeln  von  0,05 — 0,08  Mm,  Darchmesser,  Kugeln, 
in  denen  nm  eine  oder  mehrere  rundliche  Zellen  sich  schalen- 
förmig glatte  Epithelialzellen  angehäaft  haben.  Die  einzelnen 
Epidermiszellen  sind  in  der  Hauptzahl  mit  granulirtem  Proto- 
plasma verseben,  in  welchem  in  verschiedenem  Grade  FetttrSpf* 
chen  auftreten.  Kern  und  Kernkorperchen  sind  in  denselben 
überall  wahrzunehmen.  Während  die  der  Wand  anliegenden 
Zellen  kleiner  sind,  nehmen  die  entfernteren  etwas  an  Grosse 
zu;  je  weiter  sie  jedoch  vom  Rande  nach  dem  Centram  der 
Alveolen  gerückt  sind,  bekommen  sie  mit  dem  Verluste  der 
kornigen  Beschafifenbeit  ein  homogenes  glasiges  Aussehen  und 
schärfere  Contöuren,  und  nar  ein  heller  rundlicher  Fleck  deatet 


Plattenepitbelialcancroid.  169 

# 

den  Kern  aa.  Neben  diesen  sehr  anrege! massig  begrenaten 
schollenartigen  Epitbelzellen  finden  sich  in  den  grosseren  Hohl'- 
raiunen  vielfach  noch  freie  Fetttropfchen  und  kleine  kornige 
Partikelchen. 

Ueberall  sowohl  in  den  klein ern  Geschwülsten  als  in  den 
sabmnscalaren  Neubildungen  finden  sidi  ahnliche  Bildungen, 
immer  wiederholt  sich  der  alveolare  Bau  mit  demselben  Inhalte, 
Die  einzige  Abweichung  bildet  das  Auftreten  kleinerer  Formen 
der  Bohlraume  und  ebenso  mehr  rundlicher  und  poljedrischer 
Epithelzellen,  die  selten  die  glasige  Beschaffenheit  und  schollen- 
artige flache  Gestalt  bekommen,  dagegen  fettige  Degeneration 
im  Starkeren  Grade  zeigen.  Die  kleinsten  Formen  von  Epithel- 
sellen treten  auf  im  sabmuscularen  Bindegewebe,  so  dass  sie 
dadurch  durch  das  kornige  Protoplasma  und  durch  die  rund- 
lichen Formen  den  Charakter  der  Epithelzellen  fast  yerlieren. 

Die  nähere  Durchforschung  der  zerklnfteten  oberflächlichen 
Massen  wird  durch  die  mürbe  Beschaffenheit  derselben  er- 
eehwert;  am  leichtesten  gelingt  sie  an  den  kleinen  Geschwül- 
sten, wo  alle  Veränderungen  jüngeren  Datums  sind-  und  der 
Entwickelungsgang  leichter  zu  übersehen  ist.  Feine  Schnitte 
ergeben,  dass  in  der  Randzone  vom  bindegewebigen  ^Gerüste 
Easerznge  in  ziemlich  getrecktem  Laufe  der  Peripherie  zu- 
streben; ohne  an  Breite  zuzunehmen,  endigen  sie  an  weniger 
zwklüfteten  Stellen  in  einer  Entfernung  von  0,4  —  0,6  Mm. 
allmahlig  etwas  zugespitzt  und  sind  umlagert  von  einer  bedeu- 
tenden Menge  braunlicher  oder  gelber  Epichelmassen ,  welche 
weit  darüber  hinausragen.  Sie  bestehen  mit  Ausnahme  der  die 
Papillen  umhüllenden  nächsten  Partieen  durchgängig  aus  alten 
verhornten  Pflasterepithelzellen,  welche  sich  schon  bei  geringem 
Drucke  von  einander  abblättern.  Die  bräunliche  Farbe  dieser 
Schicht  ist  bedingt  durch  eii^e  schwach  gelbliche,  gleichmäsaige 
Färbung  der  einzelnen  Zellen;  wo  die  schwärzliche  Farbe  vor* 
herrscht,  erscheinen  auch  die  Epithelzellen  tiefbrann  gefärbt, 
werden  aber  nach  Zusatz  von  Kalilauge  intensiv  gelbroth.    Nir« 


170  Siedamgrotsky, 

gends  ifli  eine  Spur  yob  komigem  oder  krystaUiniBehem  Pig- 
menti 

An  den  kleinsten  Geschwülsten  liefert  das  Verhalten  sowohl 
der  normalen  Epithelaberkleidang  als  anch  der  nntem  Begren- 
snngslinie  einen  Beitrag  fnr  die  fintwiekelongsgesdiichte  der- 
selben, wie  Flg.  3.  seigi.  An  ersteren  Bleuen  ist  das  oberste 
Torhomte,  gelblich  weisse  Epithelstratnm  nur  wenig  von  4er 
noRualen  Starke  abweichend;  von  der  daranter  liegenden 
Sehleimschicht  dagegen  senken  sieh  aapfenartige,  längliche  nnd 
stampfe  Bpithelojlinder  von  bedentender  Lange  (bis  0,7  Mau) 
nnd  wechselnder  Breite  (0»02  —  0,1  Mm.)  in  das  Bindegewebe 
hinein,  welches  sie  an  einaelnen  Stellen  ein-  und  anch  wdil 
abfichnärt.  Noch  interessanter  and  prägnanter  werden  diese  Bil- 
der besonders  nach  Carmintinction  an  Schnitten  von  der  nntem 
Begrensnngslinie  der  kleinen  Tamoren.  Aach  hier  steigen  ahn- 
liche Bpithelsapfeo  in  die  Tiefe ;  sie  sind  oft  darch  glödiartige 
Bracken  yerbanden  nnd  tragen  selbst  wieder  beeren«  oder 
aapfenartige  Fortsatxe.  Immer  finden  sie  sich  vom  Bindegewebe 
umgeben,  nirgends  dnrchsetsen  sie  die  Moskelschicht  direct, 
sondern  rerdrangen  dieselbe  einfach  oder  schieben  sich  awischen 
xwei  solcher  Bändel  ein*  Das  umgebende  Bindegewebe  ist 
stets  starker  mit  Spindel-  und  rnnden  Zellen  dnrdisetst*  Auf- 
fallend ist  dabei,  dass  die  Epithelaapfen  gleichmassig  vorwacsh- 
sen  nnd  alle  in  ziemlich  geschlossener  Linie  den  unterliegenden 
Geweben  entgegenrdcken«  Das  Verhalten  der  Ljmph-  nnd 
Blatgefasse  konnte  nicht  genauer  ermittelt  werden,  da  durch* 
▼orhergegangenes  Zerschneiden  des  Präparates  eine  Injection 
nicht  gnt  möglich  war. 

Nach  obigen  Darlegungen  ist  es  keinem  Zweifel  unterwor- 
fen, dass  die  Neubildnag  ein  warziges  Platten epithelialcancroid 
darstellt,  welches  in  seinem  Gefolge  Tochterknoten  im  snbmns- 
cularen  Bindegewebe  erzengte. 

Interessant  ist  dabei  die  Bildung  der  warzigen  Oberflache; 
dieselbe  verdankt  ihre  Entstehung  jedenfalls  weniger  einem  sc*. 


Plattenepithelialcsncroid.  171 

tiTen  als  vielmehr  passiTea  Precesse;  wenigstens  bilden  sich 
die  warsigen  Hervorragnngen  erst  in  zweiterLinie,  wie  dies  die 
jüngeren  Geschwülste  andeuten.  Indem  nämlich  dasWachsthum 
der  Geschwulst  im  Innern  schnell  und  intensiv  vor  sich  geht, 
kann  die  überbleibende,  zusammenhangende  Epithellage  mit 
glatter  Oberflache  der  Zunahme  nicht  folgen,  sie  muss  also  auf 
der  Hohe  der  Geschwulst  bersten.  Die  in  die  junge  Epithel- 
masse hineinragenden  Papillen  werden  dadurch  von  einem  ge- 
wissen Drucke  befreit,  so  dass  sie  sich  nun  um  so  mehr  ent- 
falten können,  wobei  zu  gleicher  Zeit  das  sie  überkleidende 
Epithel  in  kolossalen  Massen  vermehrt  wird.  Die  im  Innern 
stetig  fortschreitende  Zunahme,  die  genügend  durch  die  pilz- 
förmige üeberwucherung  der  schmaleren  Basis  bewiese^  wird, 
jBoss  aber  noch  weitere  Berstongen  nach  sich  ziehen;  es  müs- 
sen dabei  Bindegewebszüge  zerreissen,  so  dass  die  von  ihnen 
umschlossenen  Alveolen  der  Oberfläche  zuganglich  gemacht  wer- 
den. Die  vielfachen  Durchtrankungcn  der  oberflächlichsten  Epi* 
thelmasse  durch  Blutfarbstoff  deuten  darauf  hin,  dass  der  Pro- 
eesa  ztaa  0 eiteren  stattgefunden  hat.  Unterstützend  wirkte  nun 
in  diesem  Falle  das  Einsickern  der  alkalischen  Magenflüssig- 
keiten, weiche  eine  Auflockerung  und  Aufloaong  der  Epithel- 
massen bewiricte  und  schliesslich  zu  der  so  starken  Zerklüftung 
führte,  welche  sich  an  der  grossen  Greschwulst  findet.  Vielleicht 
tragen  auch  dazu  kleinere  Absoedirungen  bei,  in  welchen  unter 
starker  Verfettung  der  Epithelmassen  es  zu  einer  besehrankten 
Ansammlung  von  Eiterkorperchen  nnd  zur  Einschmelzung  des 
Bindegewebsgerüstes  kommt.  Wenigstens  deuten  zwei  auf  dem 
Durchschnitt  im  rechten  Lappen  vorkommende  Abscesse  an,  dass 
dies  Moment  unterstützend  auf  die  Zerklüftung  einwirken  kann« 

Erklärung   der  Abbildungen. 

Fig.  I.    Ansicht  des  ganzen  Präparates  von  oben  gesehen.  ^  d.  nat.  Gr. 

a.  Grosster  Tamor. 

b.  c.  d.  Kleinere  Geschwülste. 


172  Wagner, 

Fig.  II.    Ansicht  der  obem  Hälfte  nach  einem  Dorehschnitt  dorch  die 
gröflste  Ebene. 

a.  Kleinere  AbfloeMhöhlen. 
,  Fig.  III.    Schnitt  ans  der  Grenze  der  normalen  und  carcinomatösen 
Partie  Yom  Tnmor  I.  d.   Yergrössemng  1 :  60. 

a.  Untere  Partie  der  Geschwnlst. 

b.  Epithelzapfen« 

c.  Snbmncöses  Bindegewebe. 

d.  Moscularis. 


m. 


Anstellmigy  Stellnng^  Rechte  ud  Zukunft  der  Bayeri- 
schen Ci?il-Veterinaire  nnd  deren 


Vom 
Thierarzt  Wagner  in  Nümberg. 

Es  -wird  wohl  kanm  eine  Klasse  von  Dienern  anf  dem  eu- 
ropäisi^en  Boden  existiren,  deren  Anstellang    nnd  Stellnng    so 
sonderbar  und  prekär  ist,  wie  die  der  bayerischen  GiFil-Thier- 
arste,  deren  Familien  auch   zugleich    das    allertranrigste  Loos 
das  es  je  geben  kann,  beschieden  ist. 

Wenn  sich  jetzt  ein  junger  Mann  diesem  Fache  widmen« 
will,  so  hat  er  von  vornherein  als  Vorbildung  zwei  lateinisehe 
Klassen  und  das  Absolutorium  der  Landwirthsgewerbeschule 
oder  dasselbe  der  Kreis-Landwirthschaftsschule  Lichtenhof  oder 
das  Gjmnasialabsolutorium  (welch  ein  Unterschied)  und  künf- 
tig das  Realgymnasialabsolntorium  nothig,  wovon  die  drei  letzt« 
genannten  unbedingt  zur  Anfnahme  in  die  kgl.  Gentral-Thier- 
arznei* Schule  befähigen. 

Die  Studienzeit  des  Faches  selbst  ist  dermalen  auf  3 
Jahre  festgesetzt,  —  der  Veterinarkandidat  hat  nach  Vollen- 
dung seiner  Studien  1  Jahr  Praxis  bei  einem  angestellten  und 


Bayer.  Civil- Veterinairärzte.  173 

autorisirten  Thierarzte  za  nehmen,  —  dann  sein  Staats-  oder 
praktisches  Examen  zu  machen  und  wird  dann  endlich  nach 
letztbestandenem  Examen  zur  selbststandigen  Praxis  zugelassen 
und  kann,  wenn  irgend  eine  Stelle  frei  ist,  sich  hierum  be- 
werben. 

Der  bayerische  GivilTeterinar  wird  aber  durch  seine  Ver- 
wendung weder  Staats-  noch  Gemeinde-Diener  mit  Hechten, 
sondern  nur  ein  mit  vielen  Pflichten  bedachter  Diener,  —  der 
seiner  Stellung  nach  nur  als  ein  Staatstagelohner  mit  festge- 
setztem Lohne  zu  betrachten  ist,  der,  so  lange  seine  geistigen 
und  physischen  Kräfte  sowie  sein  anderwärtiges  Verhalten  der 
Ansicht  der  kgl.  Behörden  und  des  Districktsraths  n.  s»  w.  ent- 
sprechen, seinen  verliehenen  Posten  bekleiden  kann;  entspricht 
derselbe  aber  aus  irgend  einem  Grunde,  Kränklichkeit,  hohes 
Alter  n.  s.  w.  nicht  mehr  vollkommen,  so  kann  er  entweder 
gänzlich  amovirt  werden,  oder  es  wird  die  Veterinär-  und  sani- 
tätspolizeiliche Praxis  einem  andern  Thierarzte  übertragen,  und 
Ersterer  kann,  wenn  er  kein  VermSgen    besitzt,    oder   Kinder 

4 

hat,  die  ihn  im  hohen  Alter  oder  bei  eingetretener  Gebrechlich- 
keit, noch  vollends  bis  der  natürliche  Tod  eintritt,  abnähren, 
dann  mit  den  Göttern  für  im  Diesseits  seine  Abrechnung 
machen. 

Sollten  die  jungen  Leute,  die  dieses  Fach  studiren,  eben- 
falls glauben,^  sie  werden  mit  Erreichung  einer  Anstellung  für 
einen  Bezirk  auch  wie  andere  Bedienstete  im  Staate  oder  wie 
andere  Geschäftsleute  (die  siph  ein  solches  gegründet  haben) 
auf  einigermassen  festen  Grund  und  Boden  gestellt,  so  irren 
«ich  dieselben  gewaltig,  denn  man  hat  den  Thierärzten  derma- 
len nur  eine  Eisscholle,  die  allen  möglichen  Wechseln  und  Ver- 
änderungen, oder  einem  gänzlichen  Verschwinden  ausgesetzt  ist, 
angewiesen. 

Die  Anstellung  derselben  geschieht  auf  folgende  Weise: 
Wird  in  irgend  einem  Bezirk  ein  Thierarzt  im  öffentlichen  In- 
teresse als  vortheilhaft  erachtet,  so  setzt  sich  die  Konigl.  Verwsl*- 


174  Wagner, 

tang8-Beh5rde  mit  dem  kgU  Besirksarste  and  dem  Diitriktsratbe 
in's  Benehmen,  nnd  erscheint  ein  solcher  in  den  Aagen  der 
Letzteren  gerade  nicht  als  eine  nea  aufgebürdete  oder  über- 
haupt als  Last,  so  wird  für  einen  anzustellenden  Veterinär  ein 
kleiner  Snstentationsgehalt  aas  Distriktsmitteln  mit  Vorbehalt 
der  Zarncknahme  bewilligt,  und  derselbe  erhalt  nebstbei  noch 
einige  kleine  Bezüge  far  Vornahmen  der  Fleisch*,  Schaf-  and 
Hnndsschaa  a.  s.  w.,  die  jedoch  keine  stabilen  Emolamente  sind, 
sondern  nach  Belieben  and  Ansieht  der  kgl.  Behörden  nnd  de« 
Distriktsraths  abgeändert  and  der  bewilligte  Sasteotations-Bei- 
trag  wieder  eingesogen  werden  kann.  Wird  in  demselben  Bezirke 
spater  ein  2.  oder  3.  Thierarzt  angestellt,  so  werden  dann 
diese  Bezöge  gewöhnlich  getheilt,  and  der  kgl.  Distriktspoli- 
zeibehorde  steht  es  mit  Erlaabniss  der  hohen  Ereisregierang 
za,  die  yeterinärpolizeiliche  Praxis  nach  Belieben  einem  der- 
selben za  übertragen. 

Sammtliche  Bezage  die  einem  Civilveterinare  zagewiesen 
werden,  sind  halbwegs  nar  als  Gnadenakte  za  betrachten,  die 
gerade  Ton  jenen  Leuten  bewilligt  werden,  denen  derselbe  bei 
Ausübung  der  veterinSr-  und  sanitats-polizeilioher  Praxis»  da 
derselbe  das  Vollzugsorgan  beinahe  sammtlioher  in  sein  Fach 
einschlagender  allerh.  Verordnungen  und  distriktspoliieilicher 
Anordnungen  ist,  die  In  sanitatlicher  Hinsicht  nothwendig  er- 
scheinen, schnurstracks  gegenüber  steht:  überdies  hat  der  Ci- 
vilveterinar  noch  bei  allen  vorkommenden  Fallen  von  Seuehen- 
krankheiten  und  bei  üebertretungen  der  sanitatspoHzeilichem 
Verordnungen,  wovon  er  Eenntniss  eriialt,  bei  Strafe  an  die 
konigU  Verwaltungsbehörde  Anzeige  zu  erstatten,  wodurch  er 
aber  nichts  weniger  als  eine  beliebte,  sondern  eine  verhasste 
nnd  dem  Landwirthe,  der  ihm  seine  Bezüge  theilweise  bewilligte, 
eine  verwünschte  Persönlichkeit  wird,  —  der  ihn  nicht  selten 
für  einen  undankbaren  Polizeispitzel  ansieht,  Folge  dessen  er 
seine  Privatpraxis  verliert,  obwohl  er  nur  den  gegebenen  Aaf- 


Bayer.  Civil-VeterioEirärzte.  175 

tragen  und  den  Verpflicbtangeo»  die  in  seinem  Berufe  liegen, 
oaehkommt. 

Der  bajeriBche  Civilthierarst  ist  mit  Erwerbung  seiner 
Sxistensmittei  lediglich  anf  Gnade  der  Landwirthe  resp.  die 
Praxis  angewiesen  und  obendrein  ist  ihm,  dem  Pfoseber  gegen* 
ober,  aneh  noch  kein  Schnta  geboten  und  seiner  eingeranmten 
Stellung  nach  an  artheilen,  steht  er  weit  hinter  einem  liseasir- 
ten  Pfnscher,  was  näehstehender  Vergleieh  bestätigen  wird. 

Derselbe  mnss,  ehe  er  seine  Praxisliaena  erhalt,  8—10 
Jahre  anf  den  Sohnlbanken  heramrotschen  und  ein  Opfer  von 
mindestens  1500  —  2000  Thlr.  bringen.  Wenn  ihm  einmal  ein 
Beairk  angewiesen  ist,  so  darf  er  seinen  Wohnsitz  ohne  Erlanb- 
iiiss  nicht  Terandern  oder  anf  mehrere  Tage  rerlassen,  —  er 
darf  bei  100  Thlr.  Strafe  einem  Hilfesachenden  ohne  gegrün- 
dete Ursache  (Krankheit)  die  Hülfe  nicht  verweigern,  obwohl 
er  bei  eintretenden  Concnrsen  seiner  Kunden  nicht  wie  Aerste, 
Apotheker,  WasenmeiEter  und  Schlotfeger  u.  s.  w.  mit  seinen 
guthabenden  Deserviten  berücksichtigt  wird  und  in  die  erste 
Klasse  kommt,  —  derselbe  wird  angewiesen,  woher  er  seine 
Medikamente,  Gifte,  Extrakte  p,  p.  za  beliehen  hidie,  ^-^  hat 
die  hierau  nothigen  Gefasse  nach  Vorschrift  herzustellen  und 
hierüber  Verzeichnisse  zu  führen,  «—  der  k5nigL  Beairksarzt 
hat  Ton  Zeit  zu  Zeit  seine  Handapotheke  zu  visitiren,  —  es 
sind  demselben  far  Medikamente  und  für  seine  Bemnhangen 
theilweise  und  gewohnlich  sehr  niedrige  Taxen  vorgeschrieben, 
er  ist  über  aUe  seine  Handlungen  verantwortlich  gemacht,  hat 
bei  50  Thlr.  Strafe,  wenn  er  irgend  von  einer  Seuchenkrank- 
heit  p.  p.  Kenntaiss  hat,  Anzeige  zc  erstatten;  ja  sogar  soll  er 
die  in  seinem  Bezirke  aufgestellten  Pfnscher  noch  belehren  und 
in  den  Handgriffen  unterweisen  n.  s.  w. 

Diese  Anordnungen  und  Verpflichtungen  der  Givüthierarzte 
bis  auf  letztgenannte,  bezüglich  der  Pfuscher  noch  zu  ihren 
Nachtheilen  und  Concurrenz  herziehen  zu  müssen,  erscheinen 
allerdings  theilweise  gerechtfertigt    und   geboten,    allein,    wenn 


176  Wagner, 

mftn  die  Aafordeniiig  luid  Pflichteo  der  Tliiennte  mit  jeaeii 
der  lixensirten  Pfiiscfaer  Teigleieht,  so  ist  die  Art  und  Weise 
TOD  Kreirong  der  letiterea  den  ersten  gegenfiber  ueht  nor  als 
eine  höchst  nnbillige  sa  beieidinen,  sondern  es  ist  hierin  andi 
noch  eine  haarstriobende  Inconseqaens  *a  oeehen. 

Wenn  sich  ein  Individanm,  -—  abgehanstsr  Metsger,  — 
arbeitsseheaer  Sehmied,  —  gejagter  Hiit  oder  Sduifer,  —  m 
Wasenmeister,  oder  dessen  Knedit  aof  das  Feld,  Thieiheilknnde 
anssafiben,  sn  werfen  gedenkt,  so  iasst  er  sieh  tob  mehreren 
umliegenden  Gemeinderorstehem  Atteste  über  seine  Befihlgnng 
und  Branchbariceit  aassteilen,  —  legt  dieselben  mit  einem  Ge- 
such am  Prazislisens  der  k.  Verwaltongsbehorde  (Besirksamt) 
woT,  welch  letzteres  dann  dieselben  der  konigL  Kreisregierang 
aar  Genehmigung  unterbreitet,  ohne  den  einschlagigen  Thier- 
ant  hierüber  zu  hören.  Dem  Pfascher  werden  aber  bei  seiner 
Lixensirnng  nicht  wie  dem  Veterinire  Pflichten  anierlegt;  er 
darf  seine  Hülfe,  wenn  es  ihm  ans  irgend  einem  Grande  nicht 
gelegen  ist,  unbedingt  yerweigern,  —  er  darf  seine  Medika- 
mente and  Geheimmittel,  womit  er  kurirt,  beliehen,  wober  er 
nur  will  and  nach  selbst  bereiten,  «—  er  macht  for  seine  Ars- 
neimittel  and  Bemnhungen   die  Taxe  selbst,    und   nach  Brfolg, 

—  es  wird  ihm  seine  Handapotiieke  (!)  nicht  controlirt,  —  er 
▼erÜsst  seinen  Wohnsits  so  oft  und    so  lange    es   ihm  beliebt, 

—  hat  über  seine  Handlungen  keine  Verantwortlichkeit  and 
braucht  Niemanden  eine  Rechenschaft  su  geben,  —  bricht  bei 
einem  seiner  wohlgeneigten  Kunden  der  Goncurs  aus,  so  liqoi- 
dirt  er  seine  Deserriten  als  Taglohner  und  kommt  jedenfalls 
in  die  erste  Klasse,  —  kommt  in  irgend  einer  Ortschaft  anter 
den  Hsusthieren  eine  Seochenkrankheit  zum  Ausbruche,  so  sieht 
sich  der  Pfuscher  nichts  weniger  als  reipflichtet,  wenn  er  gleich 
hienron  Kenntniss  hat,  der  königlichen  Verwaltungsbehörde 
hierober  Anzeige  sa  machen,  um  sich  dann  nicht  mit  der  gen- 
zen  Ortsbevölkerang  abzuwerfen,  wie  es  bei  dem  OiTilthierarst 


Bay^r.  Ci?21-yeterinairärzte.  177 

der  Fall  ist,  und  kommt  er  wirklieh  einmal  in  die  Brache/)  so 
hat  er  selbstverständlich  diese  Krankheit  nicht  gekannt,  und 
geht  dessohngeachtet  bei  Üeberschreitang  seiner  Befugnisse,  dem 
Anxeiger  Hohn  lächelnd,  straffrei  ans.  Von  einem  Jahresbe- 
richt ober  seine  Leistungen,  Erankheitsverhaltnisse  u.  s,  w. 
kann  von  yomherein  keine  Rede  sein,  hierüber  hat  der  Thier- 
arzt  SU  berichten,  obwohl 'der  Pfuscher  vermöge  seiner  freien 
Stellung,  Verwandtschaft  und  dev  Helfershelfer  vorherrschend 
die  Praxis  hat,  was  in  allen  jenen  Gegenden  Bayerns,  in  welchen 
die  Landbevölkerung  noch  sehr  abergläubisch  ist,  (die  ohnge- 
fahr  %  —  %  Theile  auSVnachen  wird)  der  Fall  ist,  um  hinrei- 
chende Existenzmittel  für  sich  und  seine  Familie  xu  erwerben, 
ein  Nebengeschaft  su  treiben  sich  genothigt  sieht* 

Die  Auslagen  eines  Pfuschers  sind  gegen  die  oben  erwähn- 
ten eines  Thierarstes  selbstverständlich  nur  ein  paar  Gulden 
(Haarseiloadel,  Aderlassfliete)  und  der  ausgerüstete  Afterthier- 
arzt  beginnt  dann  einstweilen  ganz  frech  und  offen  seine  Praxis 
mit  Hülfe  der  Helfershelfer  in  der  sichern  Hoffnung,  die  Pfusch- 
lizenz ohne  alle  Beschrankung  zu  erhalten;  erhalt  er  aber  von 
Seite  der  konigU  Ereisregierung  die  genannte  Lizenz  nicht,  so 
wird  das  bereits  begonnene  Handwerk  dess  ohngeachtet  fortge- 
setzt, es  werden  alle  FaUe  von  Krankheiten  der  Hausthiere  un- 
ter dem  Titel  Nothhülfe  oder  guter  Rath  subsumirt,  und  der 
Thierarzt  dann  beinahe  mit  jedweder  Klage  und  Anzeige  gegen 
diese  Beeinträchtigung  und  Linfug  abgewiesen,  überdies  steht 
dem  Pfuscher  das  Bernfungsrecht  an  das  hohe  Staatsministerium 
zu,  und  er  reüssirt,  wenn  er  nur  einige  Mitglieder  des  Distrikts- 
raths  und  des  landwirthschaftlichen  Bezirks- Comit^s  (Bauern) 
für  sich  gewonnen  hat« 

In  der  thierarztlichen  Wochenschrift  wurde  ein  Fall  be- 
kannt gemacht,  nach  welchem  ein  absolvirter  Veterinär  um  einen 


In  Bayern  mnss  jeder  Bigenthumer   nach  den  P.  St.  6.  C.  An- 
zeige machen. 

'     Mag-  f'  Thiortaeilk.  ZXXVI.    2.  X2 


r" 


178  Wagner, 

Dittrikt  oMbsnehte,  der  dum  nicht  ihm,  aondern  einem  Plbseher 
eingerinmt  worde.  Vergleicht  man  nan  die  snr  Ansnbnng  der 
Thieiheilkande  Berechtigten  besoglich  ihrer  Stellnngen»  den  nb- 
•olyirten  Thierarst  md  den  lisenairten  Pfaacher,  ao  findet  man 
mit  dem  enten  Blick,  dau  Ertterer  gebunden,  yerantworüidi, 
disciplinirt,  controllirt,  (mitunter  chicaairt)  und  sein  Fach  und 
Funktion  als  h5chst  wichtig  eraoiitet  wird,  weshalb  denn  auch 
jede  gerioge  Versehnldung  oder  Vemadilassigung  mit  grosserer 
Disoiplinarstrafe  belegt  ist,  und  eine  solche  sogleich  auch  gegen 
denselben  erfolgt,  wahrend  der  Letstere  sein  Geschäft  ohne 
alle  Controlle  und  Verantwortlichkeit  u.  s*  w.  ausüben  darf, 
obwohl  diese  Funktionen  far  die  Landwirthe  in  pekuniärer,  im 
öffentlichen  Interesse  aber  in  sanitatspolixeilioher  und  national- 
ökonomischer  Beziehung  der  swei  Thierheilkunde  ausübenden 
Techniker  vollkommen  gleich  bedeutend  sind;  kurz  gesagt:  Der 
Entere  ist  ein  gebundener  Mann  mit  Pflichten  ohne  Rechte, 
—  und  der  Letztere  ein  freier  Mann  mit  Rechten  ohne 
Pflichten. 

Die  oberste  Leitung  das  Civilveterinarwesens  wird  in 
Bayern  nicht  wie  in  anderen  Staaten  Europas  durch  Fachman- 
ner sondern  durch  Menschenarste  als  eine  NebenbeschSftigung 
besorgt,  ob  die  allerhöchsten  und  hohen  Verordnungen  dem 
Zwecke  entsprechen,  oder  überhaupt  zeitgemass  seien,  soll  hierin 
wohl  ganz  unberührt  bleiben,  —  immerhin  aber  wäre  es  in  der 
Ordnung  wenn  dieselben,  gleichviel,  getroffen  oder  gefehlt,  re- 
spektirt  und  vollzogen,  nicht  aber  wie  es  dermalen  so  hanflg 
geschieht  von  den  unteren  Behörden  ganz  beliebig  abgeändert 
oder  ganzlich  umgangen  warden. 

Wenn  eine  konigl.  Ministerial- Verordnung  erscheint,  die 
der  Herr  Referent  bei  der  konigl.  Kreisregierung  (auch  Men- 
schenarzt) oder  selbst  .ein  konigl.  Distriktspolizeibeamter  für 
nicht  sachdienlich  hält,  so  wird  dieselbe  ganz  einfach  abgeän- 
dert oder  umgangen,  bisweilen  sind  solche  auch  Schon  so  ge- 
geben,  dass  man  willkürlich  handeln  kann. 


Bayer.  CiTil-Veteriziairarzte.  179 

So  besteht  schon  seit  30  Jahren  eine  allerhöchste  Verord* 
nung  aber  Frahlingsschafvisitation,  die  sich  anch  bisher  fnr  die 
Schafzachter  nnd  Besitaer  sehr  erspriesslich  erwiesen  hat;  weil 
aber  der  Herr  Referent  an  der  konigL  Ober-Kreisregiernng  die- 
selbe Yor  einigen  Jahren  für  fiberflässig  hielt»  so  wurde  dieselbe 
ohne  zQTor  die  konigL  Ministerial-Entschliessung  an  erholen, 
gana  einfach  aafgehoben.  Die  Visitationen  finden  also  diesseita 
des  Rheins  in  6  Regierangsbezirken  statt  and  in  einem  nicht, 
—  die  jedoch  später  wieder  eingefohrt  warde. 

So  erschien  vor  einigen  Jahren  eine  allerhöchste  Verordnang 
aber  Herbstschafvisitation*)  für  diesseits  des  Rheins,  welch«  in 
einem  Regierungsbezirke  vollzogen  warde,  and  im  andere  nicht; 
ja  sogar  kam  es  Yor,  dass  dieselbe  in  ein  and  demselben  Re* 
gierangsbezirke  bei  gleich  obwaltenden  Verhaltnissen  in  einem 
Polizeidistrikte  angeordnet  wurde  und  im  andern  nieht  (Nie* 
derbajern) ;  ebenso  verhalt  es  sich  mit  den  übrigen  Verordnan- 
gen,  z«  B,  Handevisitation  ist  in  mehreren  Regierangsbezirken 
2  mal,  wahrend  in  anderen  dieselbe  nar  einmal  statt  findet 
u.  8*  w. 

Man  sollte  glauben,  es  müaste  sich  den  Herrn  Referenten 
unbedingt  die  Ansicht  aufdrangen,  dass  Schafe  im  Süden  wie 
im  Norden  räudig,  — -  dass  Hunde  im  Osten  wie  im  Westen 
bissig,  alt  und  ekelhaft  werden  konnten,  und  deshalb  denn 
anch  derlei  Verordnangen  und  Anordnungen  einmal  zum  allge* 
meinen  Wohle  als  nothwendig  erachtet,  auch  gleichzeitlich  im 
ganzen  Lande  in  Vollzug  gesetzt  werden  müssten« 

Man  frage  sich  nun,  ob  in  irgend  einem  Staate  Europaa, 
der  als  ein  wohlorganisirter  und  administrirter  gilt,  derartige 
Miss-  und  Zustande  herrschen«  Russland  wird  nach  unserer 
deutschen  Anschauungsweise  wohl  kaum  zu  einem  der  bestor- 
ganisirten  Staaten  gezahlt  und    dennoch    kann    er    faglieh    für 


*)  Dieselbe  findet  jetzt  in  zwei  Eegiemngsbezirken   diesseits  des 
Rheins  Statt  und  in  fünf  Regierungsbezirken  nicht. 

18* 


180  Wagner, 

Bayern  beauglieh    des  CiTilTeterinarwesens    als    ein  Masterstaat 

gelten.  — 

Die  oberste  Leitung  des  VeterinSrwesens  im  genannten 
Staate  ist  einem  Fachmanne  übertragen.  —  Die  rassischen 
Thierarate  haben  sohin  an  der  allerhöchsten  Stelle  einen  Ver- 
treter, ihre  Qualifikationen  aber  Befähigung  und  Fleiss  werden 
TOn  Fachmannern  gemacht  o«  s.  w.  und  wird  einükas  erlassen, 
so  wird  dieser  Befehl  sicherlich  vollzogen,  and  höchstwahrschein- 
lich Hesse  sich  die  dortige  hohe  Staatsregierang  auch  ein  solch 
willkürliches  Abändern  oder  ganzliches  umgehen  derselben  nicht 

gefallen. 

In  den  früheren  Eammery erhandlangen  äusserten  sich  einige 
Herren  Mitglieder  der  hohen  Standekammer  bezüglich  des  Vete- 
rinarwesens  und  der  fachlich  and  technischen  Bildung  der  baj- 
erisohen  Givilthierarzte  dahin,  dass  es  für  den  Staat,  beziehungs- 
weise für  die  Landwirthe  besser  und  vortbeilhafter  erscheinen 
dürfte,  wenn  das  Veterinär-Institut  aufgehoben,  und  junge  Leute 
mit  entsprechender  Vorbildung  an  eine  auswärtige  und  renomirte 
Schale  geschickt  würden,  wodurch  dann  das  Land  tüchtige 
Thierarzte  erhalten  konnte.  Redner  glaubt  es  sei  geeignet. 
Fachbeflissenen  Stipendien  aus  der  genehmigten  Dotations-Summe, 
die  bisher  die  Schule  beziehe,  zu  geben,  —  eine  Ansicht,  der 
man  um  so  mehr  beipflichten  muss,  als  ein  Herr  Veterinar-Pro^ 
fessor  in  den  Landrathssitzungen  selbst  behauptete,  -»  Bayern 
habe  kaum  15  oder  ein  Drittheil  brauchbarer  Veterinäre  (die 
brauchbaren  sind  wahrscheinlich  unter  seiner  Leitung  herange- 
bildet worden.) 

Ist  es  denn  wirklich  so,  so  liegt  die  Schuld  dieser  man- 
gelhaften Fachbildung  nicht  ganz  an  den  Veterinären,  sondern 
vielmehr  an  der  Schule  resp»  Professoren  und  den  staatlichen 
Einrichtungen  selbst,  denn  sammtliche  Veterinäre  hatten  die  zur 
Aufnahme  in  das  Institut  und  zum  Studium  dieses  Faches  vor- 
geschriebene Vorbildung  vorerst  bekunden,  and    dann    nach    3 


Bayer«  Civil-Veterinairärzte.  181 

jahrigem  Lehrkarso  das  Absolatoriam  oder  Finalezamen  beste- 
hen müssen. 

Wenn  gleich  x agestanden  werden  muss,  dass  sich  mancher 
Veterinär  nicht  hinlänglich  fortgebildet  haben  wird,  so  dorlte 
dieses  mehr  in  den  mangelnden  Existenzmitteln  als  in  der  Be* 
qaemlichkeit  desselben  zn  snchen  sein,  indem  sehr  viele  Vete- 
rinäre Bayerns  um  sich  mit  ihren  Familien  zu  ernähren,  Ne- 
bengeschäfte treiben  müssen,  and  sich  aach  die  nothige  and 
kostspielige  Literatur  deshalb  nicht  verschaffen  können  oder 
mehr  wollen,  znmal  wenn  das  Nebengeschaft  rentabler  ist  als 
sein  Fach,  was  sehr  leicht  sein  kann. 

Es  wäre  denn  endlich  einmal  an  der  Zeit,  dass  den  Eltern 
und  Vormündern  etc.  die  Aagen  aufgingen,  und  sie  ihre  Sohne 
nicht  mehr  za  einem  solch  beschwerlichen,  lebensgefahrlichen 
und  undankbaren  Fache  bestimmen  würden,  die  bezüglich  ihrer 
dermalen  eingeräumten  Stellung  zwischen  Thor  und  Angel,  bei 
Ausübung  ihres  Geschäftes  aber  immer  mit  einem  Fnsse  im 
Grabe*)  stehen,  und  mit  ihren  Familien  nur  eine  trostlose  Zu» 
kunft  zn  erwarten  haben. 

Der  gesuchte  und  praktische  Thierarzt  gehört  kaum  zur 
Hälfte  seiner  Familie  an,  —  der  seine'  Gesundheit  und  Kräfte 
und  selbst  sein  Leben  oftmols  auf  dem  Spiele  hat,  —  der  früh 
und  spät  bei  allen  Jahreszeiten  und  schlechtester  Witterung 
gegen  eine  höchst  unverhältnissmässige  Bezahlung  in  Ansprach 
genommen  wird,  —  den  der  Staat  und  Staatsbürger  ausnützen 
und  dann  unbekümmert  um  ihn,  wie  ein  altes,  unbrauchbarem 
Meubel  boiseits  schieben. 

Möchten  die  hohen  Staatsbehörden  nur  einen  Blick  auf  die 
vaterländischen  Civilthierärzte  leiten,  so  würden  sie  finden,  dass 
Männer  von  untadelhaftem  und  moralischem  Kufe,  wenn  sie 
nicht  durch  vortheilhafte  Heirathen  oder  sonst  mit  Glücksgntern 


•)  In  Bayern  sind  seit  einigen  Jahren  an  Pyaemie  mehrere  TWer- 
ärzte  gestorben. 


18f  Wftgiier, 

g006fnet  riad,  od«r  mek  dordi  HebengeMhifta  einiges  Vevmo- 
geo  erworben  heben,  wenn  tie  euch  ihren  eehweren  nnd  mihe- 
▼oIUd  Beraf  nnTerdroeeen,  und  enf  VetbciMCiimg  ihrer  miee- 
lichen  VeriiüftniMe  hoffend,  aneoben,  dodi  ba  mogfidistar 
Sparsamkeit  naeh  Jahren  nidit  meiir  davon  bringen  als  einen 
gebrechliehen  Korper  nnd  gnnatigen  Falls  noeh  soviel  Geld, 
dass  ihre  Angehörigen,  Wittwen  nnd  Kinder,  ihnen  nur  davon 
die  letste  Holle  —  den  Sarg  —  besahlen  können;  dass  dieses 
traurige  Wahrheiten  sind,  bestätigt  die  thierinrtliche  Wochen- 
schrift von  Adam  doreh  die  Sammlongen,  die  beinahe  mit  je- 
dem Todesfalle  eines  Civilthierarates  vorkommen. 

Es  ist  jedem  jongen  Manne  emstlieh  ansorathen,  wenn  er 
sieh  wirklich  entschliessen  sollte  dieses  Fach  an  stndiren  nnd 
nidit  Willens  ist  in  den  Militärdienst^  einsntreten,  vorerst  bei 
den  Civilthierarsten  besoglieh  der  Stellong,  Rechte  nnd  Zo- 
konft  o.  s*  w.  nähere  Brkondig^ngen  einsosiehen,  —  die  Yer« 
hiltnisse  aber  nicht  bei  einseinen  Thierarsten,  sondern  dann 
der  Mehrzahl  betrachten,  nnd  er  wird  finden,  dass  es  densel- 
ben nnd  deren  Familien  hinsichtlicfa  ihrer  materiellen  Lage 
nicht  viel  besser  ergebt,  als  dem  dentschen  Auswanderer  nach 
Brasilien,  —  dass  anter 'den  vielen  mit  ihren  Angehörigen  nor 
sehr  wenige  der  Zokanft  einigermassen  getrost  entgegen  sehen 
können,  nnd  mancher  wird  sich  dann  klogerweise  von  diesem 
anheilvollen  Fache,  wenn  er  anders  noch  eine  Chance  for  sich 
hat,  ferne  halten. 

Femer  mass  man  es  von  Seite  der  Thierarste  geradeso 
gewiBsenlos  nennen,  wenn  sich  Eltern  ond  Sohne  om  die  be- 
stehenden   Verhaltnisse    ond    Zostande    bei    diesem    Fache   er- 


*)  Hat  ein  janger  Mann  Lnst  in  den  Militärdienst  einzntreten,  so 
fahrt  er  jedenfalls  besser,  wenn  er  Eriegswissenschaft  stndirt  nnd  das 
OMciers  -  Examen  macht,  denn  als  solcher  hat  er  eine  Carriere  vor 
sich,  während  bei  diesem  Fache  mit  dem  Regiments -Veterinäre  sein 
Avancement  schliesst  und  dem  Officier  hintenan  steht. 


Bayer.  Cml-Yeterinairärzte.  183 

kondigen,  and  ihnen  nioht  die  Tolle  Wahrheit  gesagt  wird,  viel- 
mehr dieselben  noch  xnr  Betretnng  dieser  strapaziösen  nnd  on- 
dankbaren  Laufbahn,  die  nnr  bittere  Nahrnngssorgen  und  Le- 
bensgefahr etc.  kennt,  veranlasst  and  aofmantert;  besser  ist 
es  den  lasttragenden  jangen  Männern  die  trostlosen  and  traa- 
rigen  Yeriiaitnisse  der  TiüerSrate,  namentlich  der  Familien, 
Wittwen  and  Waisen  vor  die  Aagen  zn  fahren,  die  beinahe 
mit  jedem  Todesfalle  eines  Givilthierarates  eintreten ,  (siehe 
tfaieraratliche  Wochenschrift)  als  mit  eitlen  Hoffnangen  aa  er- 
fSUen« 

Die  nackten  Wahrheiten  in  den  öffentlichen  Blättern  oder 
dem  Einzelnen,  der  hiefSr  Interesse  hat,  za  schildern,  wird  wohl 
kanm  als  ein  oppositionelles  Verhalten  gegen  die  hohe  Staats- 
'egierang  oder  deren  getroffenen  Einrichtangen  betrachtet  wer- 
den können. 

Es  wird  zwar  mancher  Veterinär,  den  das  Schicksal  be« 
gnnstigte,  glanben,  es  sei  hierin  der  Teafel  an  die  Wand  ge- 
malt; dem  aber  ist  nicht  so«  z,  B.  wenn  sich  ein  Mann  30 
Jahre  plagte  and  sich  innerhalb  dieser  Zeit  nicht  einen  Jahres- 
zins von  seinem  angelegten  oder  verbraochten  Kapitale  ohne 
sein  Verschulden  za  erubrigea  vermochte,  —  der  nachdem  er 
alt  and  gebrechlich  keine  Pension  oder  sonstige  Unterstatzang 
bezieht,  —  dem  seine  Bezage  bis  anfs  äasserste  zugeschnitten, 
gestrichen  oder  vertheilt  werden,  —  von  welchem  aber  die  Er- 
werbung der  Existenzmittel  far  sich  und  Familie  lediglieh  allein 
abhängt  u.  s«  w.,  der  kann  es  nie  mit  so  grellen  Farben  malen, 
oder  schildern,  wenn  er  nicht  ein  Stück  Jesuit  ist,  wie  es  denn 
in  der  Wirklichkeit  aassieht. 

Mögen  die  bayerischen  Civilthierärzte  nicht  einen  Hund 
für  ein  hohes  Ross  ansehen,  und  ihre  Verhältnisse  und  derma- 
len obwaltenden  Zustände  in  diesem  Fache  ohne  alle  Scheu, 
wie  es  andere  Branchen,  Juristen,  Theologen,  Mediziner,  Pro- 
fessoren, Schullehrer  u.  s.  w.  gethan  haben,  ebenso  schildern 
wie  sie  sind,  —  die  kläglichen  Stimmen  werden  dann  nicht  mehr 


184  Wagner, 

gftDi  TerhaUen  ood  die  CiTilthierarate  darauf  hin  Ton  Seite 
der  hohen  Staats* Regierung  gewiM  wie  andere  Diener  im  Staate 
eine  Bernekaichtignng  finden,  samal  wenn  sich  dieses  Fach 
in  Stadiren  nicht  genagend  mehr  junge  Leute  finden  wer- 
den, und  man  mit  dieser  Wissenschaft,  die  mit  der  Landwirth- 
Schaft  und  Betriebe  der  Viehzucht  im  innigsten  Zusammenhange 
steht,  nicht  mehr  in  das  vorige  Jidurhundert  oder  gar  in  das 
Mittelalter  suruckkommen  wiU. 

F«mer    wurden  sich    die    bayerischen  Cirilthierarste    eine 
hohe  Staats-Regierung  als  eine  moralische  Person  denken,  die 
£ur  Aufgabe  den  Staatshanshalt  so  billig  und  so  gut  als  mög- 
lich SU  fuhren  hat,  so  wurden  dieselben   auch   langst   einsehen 
gelernt  haben,    dass    dieselbe    (hohe    Staatsregierung)   für   die 
Thierarste  mit  vollem  Rechte  nichts  thut  und  thun  kann,  —  dass 
solange  sich  entsprechende  Leute  um  geringe  Besahlungen  finden 
Leute  mit  einem  Jahresgehalte  ansustellen  sich  dieselbe  voran 
lasst  sieht.  Welcher  Fabrik-  oder  Gutsbesitser  oder  Geschäfts 
mann    überhaupt   gibt    einem    Arbeiter    per    Tag  2  FL   Lohn 
wenn  er  einen  entsprechenden  um  1  Fl«  haben  kann,  oder  ihm 
hierfür  arbeiten  muss?  Nicht  die  hohe  Staatsregierung,  sondern 
die  Thierarste  selbst  haben  eine  unrichtige  Auffassungsweise,  und 
es  werden  sofort,  wenn  die  Thierarate  sich  würdig  a eigen  und 
besoders  wenn  Mangel  an    solchen    eintritt,    Mittel   geschafien 
werden. 

Man  hat  in  Bayern  jeden  Bediensteten,  vom  hochstgestell- 
ten  Staatsbeamten  bis  auf  den  niedrigsten  Gemeindediener  herab 
mit  einer  den  Zeitverhaltnissen  angemessenen  Aufbesserung  be- 
dacht, nur  die  Civilthierarste  nicht  —  vielmehr  hat  man  den- 
selben die  fixen  Bezüge  auf  das  ausserste  herabgesetzt,  und 
wann  für  grossere  Distrikte  2  oder  3  Thierarste  aufgestellt 
wurden,  diese  noeh  getheilt. 

Wenn  sich  jetzt  ein  junger  Mann  mit  dieser  oben  ange- 
fahrten Vorbildung  mehif  auf  dieses  Feld,  Thierheilkunde  zu 
Stadiren,  wirft,  so  gehört  er  wahrscheinlich  unter   die  Thorcn, 


Bayer.  Civil-Veterinairärzte«  185 

am  80  mehr  als  er  an  yerschiedenen  technischen  oder   höheren 

Fachern  seine  Vorbedingungen  erfallt  hat,  die  ihm  ein   grosse- 

res,  angenehmeres  Feld  and    sicheres    Aaskommen    bieten,    als 

I 
dieses  genannte. 

Einsender  dieses  Artikels  tragt  die  traarigen  Wahrheiten 
über  Stellang,  Existenzmittel,  Rechte  a,  s.  w,  der  Givilthier- 
ärste  nicht  in  der  Absicht  vor,  am  allenfalls  einen  Federkrieg 
sa'provociren,  —  nicht  die  Schattenseiten  des  Faches  hervor  sa 
heben  und  die  .Thierarste  in  ein  schiefes  Lieht  za  stellen,  son« 
dem  dieselben  vielmehr  anm  Nats  and  Goten  ihrer  Familien 
aof  die  Bahn  za  leiten,  die  andere  Branchen  betreten  haben, 
nnd  besser  gefahren  sind,  als  mit  dem  ewigen  Stillschweigen 
und  mit  dem  sich  anf  andiBre  Leate  verlassen  wollen* 

Sollten  die  bayerischen  Civilthierarzte,  die  bisher  das  noch 
im  Baa  begriffene  Schiff  in  diesem  faalen  Sampfwasser  heram- 
nnd  immer  nar  rückwärts  lenkten,  wirklich  nicht  soviel  Energie 
besitzen,  dieses  angedeutete  Feld  za  betreten,  welches  nnr  der 
einzige  Weg  ist,  der  zar  Verbesserang  ihrer  Verhaltnisse  fah- 
ren kann,  oder  nicht  aas  ihrer  Lethargie  heraas  zu  bringen  sein, 
so  wäre  es  für  die  übrigen  Veterinäre  jedenfalls  besser,  den 
Gänsekiel  ganzlich  beiseits  zu  legen,  um  denselben  nicht  noch 
mehr;  Pflichten  ohne  Rechte  mit  ihrer  verkehrten  Tendenz,  wie 
es  buher  geschehen  ist,  zu  erwerben,  —  zugleich  aber  auch 
die  hohen  Ideen  von  sich  nad  ihrem  Fache  fahren  lassen  and 
sich  zu  gestehen,  dass  sie  dermalen  nur  sind  was  man  sie  gel- 
ten lasst! 


186  Sebmidt, 


IV. 

Bm  PaD  ?•■  ■euigitis  corrikn -qpiialis  bei  Sdurfin. 

Von 
dem  Thierant  entor  Klasse  Sehmidt  in  Altenkirehen 

anf  Bögen. 

Aas  der  thierantiidiea  Literatar  der  jüngste»  Zeit  ist  e» 
bekannt,  wie  Departements-Thierarst  Rieht  er  in  Ostprenssen 
1865  des  Genickkrampl  beim  Pferde  constatirte,  und  andere 
TliierarsteStohr,  Mejer,  Anaoker  etc.  denselben  spater  bei 
Schafen»  beim  Rinde  nnd  beim  Bande  sahen. 

Im  vergangenen  Jahre  1868  sind  anoh  auf  Ragen,  in  Nea- 
Vorpommern  —  im  Kreise  Grimmen  and  Greifswald  — ,  Falle 
von  Genikkrampf  nnter  den  Schafen  vorgekommen,  and  in  die- 
sem eben  verlebten  Winter  trat  genanntes  Loden  plotsUeh  in 
einer  Schafheerde  Wittow's  in  seiner  gansen  H^tigkeit  auf; 
aber  den  letsten  Fall  will  ich  in  dem  Nachfolgenden  einige  An- 
deatangen  geben. 

Am  1.  Mars  ej.  a.  war  ich  wegen  Behandlang  eines  Fül- 
lens, welches  eine  grosse  Wände  an  der  vorderen  Fliehe  des 
Sprang-  oder  Fersengelenks  hatte,  auf  dem  Nebengate  Feralat* 
kevitz,  nnd  bei  dieser  Gelegenheit  ersahlte  der  Schäfer  Str.  so 
nebenbei  von  dem  plötzlichen  Erkranken  sweier  Zeitschafe  in 
seiner  Heerde.  Das  erste  Schaf  wäre  etwa  vor  acht  Tagen  krank 
geworden  nnd  hätte  in  der  äasseren  Erscheinung  einem  Dreh- 
kranken ähnlich  gesehen,  es  sei  aber  schon  nach  einer  zweitä» 
gigen  Erankheitsdaaer  gestorben*  leider  müsse  er  bedauern, 
das  Gehirn  auf  Nachweisung  des  Drehwurms  nicht  untersucht 
zu  haben  ^  in  diesem  Augenblick  läge  ein  zweites,  ganz  ebenso 
erkranktes  Zeitschaf  im  Stalle. 

Das  Stallgebäude  für  die  Zeitschafe  barg  denn  auch  das 
in  Rede  stehende  Thier  in  einer  durch  eine  Hürde  von  dem 
übrigen  Staliranm  isolirten  Ecke!   es  lag  mit  auf  den  Rucken 


Meningitia  cerebro-spinatis  bei  Schafen.  187 

gezogenem  Kopfe  nnd  gestreckten  Bmnen  lang  auf  einer  Seite, 
and  war  unTermogend  an  stehen.  Man  hörte  ein  fast  stetiges 
Zähneknirschen  j  man  gewahrte  grosse  Schreckhaftigkeit  bei  der 
Bernhrang,  nnd  nach  wenig  Augenblicken  der  Beobaehtang 
wurde  Patient,  laut  stöhnend,  unrohig,  und  unter  sehr  frequen* 
ter  Respiration  and  Hersbewegnng  stellte  sich  eine  krampfhafte 
Gontraetion  der  Hals-  ond  Nackenmaskeln  ein,  wobei  der  Kopf 
noch  mehr  nach  hinten  gesogen  wurde;  das  Thier  machte  mit 
den  ExtremitSten  dabei  Bewegungen,  als  ob  es  liegend  im 
schnellsten  Tempo  daron  laufen  wollte.    Stadium  spasmodicam. 

Nach  einem  solchen  Anfalle  beruhigte  sich  das  qu.  Schaf 
aUfflahlig  bis  sa  dem  Zeitpunkte,  wo  der  Krampf  abermals  er- 
neuert eintreten  wollte,  und  dann  wiederholten  sidi  die  eben 
angefahrten  Symptome. 

Was  war  erwünschter,  als  die  krankhaften  Veränderungen 
in  dem  Korper  besagten  Schafes  au  kennen,  aus  denen  die 
snsserliche  Symptomen- Gruppe  hervorging  und  durch  welche  sie 
begründet  wurde?  Denn  das  Gänse  des  vorhin  erwähnten  Krank- 
heitsbildes leitete  den  Kenner  nicht  auf  die  Drehkrankheit  hin, 
sondern  auf  ein  anderes  Gehimleiden ,  und  besonders  stark 
mnsste  das  Cerebellum  und  die  Medulla  erkrankt  sein,  weil  in 
diesen  Theilen  die  regulirende  Fähigkeit  aber  die  Bewegungen 
des  Körpers  total  verschwunden  war. 

Das  fragliche  Schaf  wurde  daher  in  meiner  Gegenwart  ge- 
todtet  und  einer  genauen  Untersuchung  unterworfen;  von  allen 
Korpertheiien  erschien  aber  nur  das  Gehirn  mit  seinen  Hauten 
erkrankt,  namentlich  hochgradig  die  Arachnoidea  um  das  kleine 
Gehirn  und  das  verlängerte  Mark.  Die  Section  ergab  speoell: 
Starke  Füllung  der  venösen  Blutleiter  und  der  Gefasse  der  in- 
neren Schadeltafel;  hochgradige  Hyperaemie  der  Arachnoidea 
and  der  Pia,  verbunden  mit  capillaren  Extravasaten  namentlich 
am  kleinen  Gehirn  nnd  verlängerten  Marke,  an  der  Basis  des 
letateren  besonders  stark  in  linsengrosson  Blutungen  hervortre- 
tend.    Die  Gehirnsabstanz  schwach  röthiich  tingirt,  in  den  Ge- 


hinkaouBCni  oad  ia  ffnfrairrhffiwiimlrtTi  der  Mediüla  rolUi- 
che«  SenuB.  Wurde  die  SniMteas  des  Gehirns  gelreuit,  so  sak 
■uu  leUisfte  Einspritsong  der  Blutgedee»  wo  soast  rar  die 
weisse  GeUmsMsse  sichtbar  ist. 

Ich  will  hier  sn^i^  liinsofi^ea»  dsss  diese  angeführteB 
Ergebnisse  sa  der  Thierleiche  ^iter  doi^  viele  Uetersachiiii- 
gen  Terendeter  8cfas&  bestätigt  worden,  und  ProL  Dr.  med. 
Foistenberg  in  Bldene,  dem  ich  swei  Kopfe  snr  üntersnchnng 
obersaadt  hatte  and  der  genanntes  Leiden  ebenfells  ffir  die  Me- 
ningitis eerebro-^inalis  erklärte ,  schrieb  mir  nntor  dem 
23.  Man  cj.  a.: 

»Bei  dem  einen  Schaf  waren  das  Roekenmaik  und  die  Ge- 
himganglien  staiker  afEtdrt,  als  das  grosse  nnd  kleine  Gddm; 
bei  dem  andern  war  das  kleine  Gehirn  der  Hanptsits  derBnt- 
xfindong  gewesen»  dasselbe  erschien  erweicht  und  not  Geüssen 
§o  dorchsogen,  wie  ich  es  noch  nidit  gesehen  habe ;  sogenannte 
Bntsondnngskngeln  waren  in  der  Sobstans  nicht,  wohl  aber 
embryonale  Biadegewebskorperchen  und  swar  in  sehr  bedenten«> 
der  ZahL 

Die  Arachnoidea  ist  hanptsiefalich  der  Sita  der  Entsnndnn^ 
nnd  fanden  sich  an  derselben  eine  grosse  Zahl  kleiner  Extra- 
Tasate;  so  waren  z.  B.  bei  dem  einen  Schaf  die  Yierhogel,  das 
verlängerte  Mark  so  stark  hiermit  versehen,  dass  sie  wie  mit 
Blnt  bespritst  erschienen;  in  den  Himhohlen  blntiges  Sztrava- 
sat.  Die  Venen  in  dem  Rackenmarkskanal  waren  so  strottend 
voll  Blat,  wie  sie  seltwi  gefunden  werden.* 

Diese  Gehirn-  and  Gehimhaat-Entsandnng  hatte  somit  den 
Krampf  in  den  Nacken-  und  Halsmuskeln  —  den  Genickkrampf 
—  verartacht. 

Unter  obigen  Erscheinangen  im  Leben  konnte  die  Krank- 
heit bei  42  noch  folgenden  Patienten  beobachtet  werden;  die 
wiederhoientlichen  Krampfanfalle  erschöpften  die  Thiere  so  sehr, 
dass  sie  gegen  das  Lebensende  gelähmt,  mit  geschlossenen 
Aagen  nnd  sehr  langsamer  kanm  bemerkbarer  Respiration    da> 


Meningitis  cerebro-spinalis  bei  Schafen.  189 

lagen;  ja,  bei  einigen  hatte  sich  eine  so  grosse  Rohe  über  den 
K6rper  aQtgebreitet,  dass  erst  genau  untersacht  werden  mnsste, 
ob  noch  Leben  vorhanden  oder  der  Tod  bereits  schon  einge- 
treten sei.     Stadium  paraljticnm« 

Die  Frodromal-Erscheinangen  fehlten  bei  yielen  Patienten 
gani,  bei  diesen  war  ein  Erampfanfall  der  sichtbare  Anfang 
der  Meningitis;  bei  den  übrigen  konnte  eine  aniBfallige Trägheit 
in  der  Körperbewegung,  gestörte  Munterkeit  und  geringere 
Fresslust  vorher  bemerkt  werden.  Wenn  einaelne  Individuen 
bei  voller  Raufe  trübselig  und  appetitlos  hinter  den  rauschend 
Fressenden  standen,  so  wurde  dadurch  jedesmal  mit  Sicherheit 
angedeutet  dass  die  occulte  Meningitis  bald  sichtbarer  hervor- 
trete. 

In  dem  Stadium  paraljticum  starben,  indem  der  Krampf 
immer  seltener  wurde  und  gans  aufhorte,  die  Mehrzahl  der  er- 
krankten Schafe;  der  übrige  Theil  ging  in  einem  Krampfanfall, 
letaterer  in  ganz  kurser  Zwischenzeit  immer  wieder  auftretend, 
zu  Grunde.  Ich  habe  ein  Schaf  beobachtet,  welches  genau  alle 
2  Minuten  den  Krampf  zu  überstehen  hatte,  dasselbe  erlag  denn 
auch  innerhalb  24  Stunden.  Ueberhaupt  war  die  Krankheit  nur 
von  kurzer  Dauer,  von  einem  Tage  bis  zu  fünf  Tagen,  und  die 
Sterblichkeit  gross;  denn  von  43  Zeitsohafen,  welche  in  dem 
Zeitraum  vom  1.  bis  28.  März  a.  c.  erkrankten,  starben  42; 
nur  ein  einziges,  welches  im  geringeren  Grade  den  Krampf 
zeigte  und  nicht  zum  Umfallen  kam,  sondern  eine  natürliche 
Lage  mit  unter  den  Körper  geschobenen  Füssen  —  das  einzige, 
günstige  Frognosticon  —  inne  hielt,  ist  fast  von  selbst  genesen. 

In  den  ersten  Tagen  der  Krankheit  trat  dieselbe  nur  bei 
einzelnen  Individuen  auf,  in  der  Folgezeit  wurde  sie  aber  tag- 
lich hochgradiger,  und  zwar  dauerte  die  Kranklieitssteigerung 
durch  die  ersten  14  Tage.  Es  wurden  an  manchem  Tage  4  und 
5  Schafe  zugleich  krank,  und  oftmals  lagen  8 — 9  in  dem  pa- 
ralytischen, rettungslosen  Zustande.  Allein  in  demselben  Stei- 
gemngsgrade  nahm  in  den  zweiten  14  Tagen  das  Leiden  auch 


190  Sohmidt, 

wieder  ab,  and  am  38.  Man,  nach  einer  Daaer  von  ea.  4 
Wochen,  erreiehte  die  Krankheit  ihrBnde;  sie  versehwand  eben 
80  plotaliöh,  wie  sie  gekommen  war. 

Die  Behandlnng  der  einaelnen  Patienten  war,  wie  sehon 
ans  dem  obigen  grossen  Sterblichkeits- Verhältnisse  herrorgeht, 
leider  ohne  sonderliehen  Erfolg;  es  wnrden  anf  die  mogliehste 
Art  verschiedene  Karmethoden,  die  antiphlogistisehe,  die  deri* 
▼atorische,  in  Anwendong  gebracht,  das  Besoltat  aller  erschien 
aber  gleich  NolL  Die  streng  antiphlogistische  Methode  — 
Aderlass,  kalte  Umschlage  auf  den  Kopf,  abfahrende  Salae  -- 
hatte  noch  die  meiste  Einwirkung  anf  den  pathologischen  Pro- 
cess;  die  Erkrankten  wnrden  anf  diese  Weise  am  längsten  hin« 
gehalten,  wirklich  darch  sie  gebeilt  ist  aber  kein  einziges  Stack. 
Bigenthamlich  war  es,  dass  Patimiten,  bei  denen  Laziren  in 
Folge  von  Medicamenten  oder  gleich  von  Anfang  der  Krank  > 
heit  an  bestand,  ebenso  schnell,  oftmals  viel  schneller  starben» 
als  die  mehr  obstrairten.  Dies  nnganstige  Ergebniss  der  Be- 
handlang stimmt  mit  dem  erfolglosen  Resultat,  weldies  auch  in 
den  Kreisen  —  Grimmen,  Greifiswald  —  eraielt  wnrde,  ober- 
ein; am  den  Verlast  etwas  sa  mindern,  masste  ein  baldiges 
Sehlachten  der  intensiv  erkrankten  Tbiere  vorgenommen  werden. 

Eine  entschiedene  Beachtang  bei  der  Behandlang  verdient, 
wie  anfangs  bei  der  Symptomatologie  hervorgehoben,  der  hohe 
Grad  von  Hjperaesthesie  der  Patienten.  Das  Sensorinm  war 
in  seiner  höheren  Fanction  nicht  merklich  gestört,  daher  fehlte 
aach  besonders  markirter  Stumpfsinn  —  aasgenommen  im  le- 
thalen  Stadium  «— ;  die  theilweis  paraljsirten  Thiere  offiieten 
bei  dem  geringsten  Geräusch  die  Angen,  sie  horten  and  sahen 
Alle«;  wurden  sie  durch  ein  Geräusch  plotslich  überrascht,  so 
hatte  dies  einbn  sofortigen  Krampfanfall  zur  Folge.  Daher  muss 
mit  den  Patienten  ein  so  ruhiges  Verhalten  beobachtet  werden, 
wie  nur  immer  angehen  will;  es  ist  die  Kur  damit  einzuleiten, 
dass  dieselben  in  einen  recht  ruhigen  Stall  gebracht  werden; 
und  so  wenig  Erfolge  bisher  aach  der  antiphlogistische  Apparat 


MeningitiB  cer6liro*«pinftlis  bei  Sohafen.  191 

gehabt  hat,  er  ist  doch  jedesmal  immer  irieder  in  eztenfo  mit 
aller  Sorg&lt  in  Anwendung  an  bringen  und  eine  genaue  Dnrch- 
lohrnng  desselben  kann  nur  Resultat  bedingen.  Nor  überans 
beftig  erkrankte  Schafe  sind  sogleich  am  Beginn  der  Krankheit 
an  schlachten« 

Die  ürsaeben  dieser  Meningitis  waren  unbekannt,  und  auf 
dem  Wege  des  Versuchs  sollten  sie  ermittelt  werden.  Ein  Um- 
stand,  die  GtegenwarC  dieser  gleichsam  eniootischen  Erkrankung 
einzig  und  allein  unter  dem  Zeityieh,  war  Ton  vornherein  be» 
acfatenswerth,  denn  die  auf  demselben  Gute  befindliche  Lam- 
merheerde  war  und  blieb  gana  Terschont« 

Seit  einer  Reihe  von  Jahren  werden  auf  diesem  Nebengate 
F*  Lammer  und  Zeitvieh  —  letateres  diesmal  aus  18  alten,  40 
sechsjährigen  und  142  zweijährigen  Sohafen  zusammengesetzt  — 
gehalten;  jede  Heerde  hat  einen  eigenen  Stall  und  beide  Stalle 
sind  mindestens  100  Fuss  von  einander  entfernt,  niemals  weiss 
aber  der  alte  Sdiafer  von  einer  ahnliehen  Elrankheit.  Der  Er- 
nährungszustand der  Lammer  wie  des  Zeitviehs  war  gut;  eine 
Durchmusterung  der  Futterstoffe  ergab  diese  als  tadellos.  Es 
blieb  nichts-  Anderes  -  übrig,  als  die  veranlassende  Ursache  im 
Stalle  selbst,  bei  Betrachtung  der  Constmction  desselben  zu 
suchen  —  diese  war  in  beiden  Scha&tfiilen  verschieden  — , 
oder  Wittemngseinflnsse  ansukiagen. 

Der  Stallraom  der  Lammer  war  nämlich  mit  einer  fest  ver- 
strichenen, oberen  Lehmdecke  versehen,  und  hatte  eine  grosse 
Flugelthur  nach  dem  Westen;  im  Stalle  des  Zeitvielis  fehlte 
diese  Lehmdecke,  hier  sah  man  oben  auf  den  Balken  Sefalate, 
anf  letzteren  wiederum  verschiedenartiges  Fntterstroh,  welches 
zum  Zweck  de»  Verfntterns  durdi  eine  grosse  Oeffnnng  nach 
unten  in  den  Stallraam  geworfen  wurde ;  zwei  Drittel  des  Dach- 
raumes war  auf  diese  Art  schon  leer  gemacht;  die  einzige  Stallthur 
befiiod  sich  in  einer  Wand  nadi  dem  Osten.  - 

Ans  dieser  Vergletehnog  erhellt,  dass  der  Stall  der  Lam- 
mer schon  an  und  ffir  sich  warnier   und  zugfreier  sein  mnsste, 


199  Schmidt, 


ZagUft 

•tea  Tagm  dm  AmHniBm» 

m    di»  SteOtaspcnter 
dndi  des  kaiftoi  Fairilodn  abor  ciae 
tmmg  gfichiffw  lialte. 

Die  «p€rii— leU»  Alwlriiwig  dioMr  etwa^Hi 
«miA«  lag  toBUt  aaf  der  Haad  aad  var  geboCea;  alias  2Seit> 
^nth  blieb  ferUa,  aadi  wabread  des  Abs-  aad  Biafittafas,  n- 
big  im  Steile;  die  oelfiebe  SteUtbir  waide  di^ft  gfHit  aad 
fest  sageaagelft»  dafir  aber  eiae  aeae  la  eiaor  Waad  aaeb  dem 
Siidea  beigestellt;  die  Oeüaeag  ia  der  Dedie  dareb  Stieb  fest 


giiastige  Siavirfcaag  dieser  getrofeaea  Aacrdeaagea 
war  ia  den  aicbst  folgeadea  8  Tagea,  obwobl  «a  beftiger  Ost- 
wiad  pemaaeat  forlbeataad,  aicbt  sn  Teikeaaea;  die  ta^idie 
Aasabi  der  aea  eriaaaktea  Tbiere  begaaa  giadatiai  absaadmea ; 
es  kaaMn  snerst  taglieb  weaiger  Kraake  tot,  daaa  yergiagea 
Tage»  aa  weldiea  eia  aener  Patieat  gaas  Tenuast  werde,  aad 
sddiesslidi  batte  die  Meaiagiti«  aüt  deai Patieatea  amSS.Mars 
c,  aaeb  14tagpger  Daacr  der  Teriadertea  StaUeiariebtaag,  ür 
iauaer  ibr  Eade  erreidit. 

Henrorsabebea  ist,  dass  die  Srfcraaknagea  aad  SteibefSüe 
oater  allea  obigea  drei  Alteisstafea  Toxkaanea;  eiae  Aasaabaie 
maebte  aar  die  bieaige  graae,  grobwoDige  Laadraee,  sie  blieb 
eigealbomlicber  Weiae  gaas  Terseboat;  aiaa  ist  daber  wobl  sa 
der  Aanabme  bereebtigt,  dass  diese  aordisebe  Hsimaüisraee  — 
bei    ibrer   aicbt    kleiaea  Zabl  roa  ladiTidaea  masstea  sie  TOa 


Meningitis  c<H'febro<si»faiaKB  bei  Schafen.  103 

der  Zoglaft  ebenffilU  betroffen  werden  —  fiberh'anpt 
weniger  Inclination  fnr  Erkaltoog  begitct ,  nnd  dftber 
aaoh  geringe  DitipolHion  far  diese  Art  der  Menin- 
gitis; eben  lo^wenig,  wie  die  LShme  der  Lämmer  dieser  Raee, 
ebenfalls  eine  firkaUaogskrankbeit,  eine  hocbst  seltene  Erschei- 
nung  ist.  Ein  graaes,  grobwolliges  Lamm  von  reinem  Blnte 
habe  idi'  »oeb  nicht  an  der  L&hme  leidend  gesehen,  wohl  aber 
ein  solches,  welches  aas  einer  Krensang  mit  Merinos  oder  Ne* 
grettis  hervorgegangen,  welches  ein  Mischling  weit  auseinander 
gehender  Racen  war.  Ob  nan  die  spanische  Race  mehr  za  Er* 
kaltang  disponirt,  bleibt  dahin  gestellt;  dagegen  steht  fest,  dass 
sie  nnd  ihre  Kreasong  mit  der  franzosischen  Race  eine  viel  ge- 
ringere Disposition  far  das  Contagium  der  Pocken  besittt,  als 
hiesige  graue  Schafe,  eine  empirische  Thatsache,  die  in  nnsern 
nordischen  Poeken -Districten  jahrlieh  wiederiiolentlich  bestätigt 
wird,  and  die  an  Terschiedenen  Stollen  unserer  Literatur  ihre 
Verzeichnung  schon  gefunden  hat;  denn'  es  ist  gaoz  gleich,  ob 
man  ein  graues  Schaf  impft,  oder  ob  es  naturiich  inficirt  wird, 
die  Variola  entwickelt  sich  fast  immer  faoohgradigerj  wenn  auch 
nieht  immer  in-  der  iosseren  Erscheinung,  im  Umiknge,  so  doch 
im  febrilen  Inf ections Stadium  4ind  in  der  allgemeinen  Folge-Ein* 
Wirkung  auf.  den  Körper«  - 

Wird  nmch  dieser  Zwischenhemerkung  noch  einmal  auf  den 
Verlauf  und  das  Sistiren  der  Meningitis  surfickgegangen,  so 
massr-  als  ihre  bedingende  Ursache  Zugluft  und  deren  Folge  Er- 
kSitting  aagenommen  werden,  weil  bei  Aufhebung  dieser  auch 
die  Krankheit  aufhorte  und  eine  andere  Ursachis  auch  spater 
nieht  ermittelt  ist.  Ob  nun  jedesmal  eine  gesteigerte  Dispösi* 
tion  für  Erkältung  mit  der  Einwirkung  von  Zugluft  in  Verbin- 
dung sein  nmss,  ist  noch  erst  zu  ermitteln;  es  «teht  aber  we- 
nigstens so  viel  fest,  dass  nur  Zugluft  von  bedeutender  Inten- 
sität obige  Meningitis  zur  Folge  haben  kann,  sonst  mfisste  die- 
selbe hier  in  mehreren  StSlleO,  welche  ihrö  ThSr  ebenfalls  nach 

Uftg.  f.  TlkierlleUk.  XXXVI.    9.  13 


IM  AsCM 


V. 

IcffddipMiMkr  bei 

Von 
Thiennt  ABgenlioiflicr  n  CWrai 

DaM  Mdi  idMwbar  gOTnge  pathologiMbtt  MoofaOdngn 
bg4— taado  Storttsgea  in  den  phyriologiaeh—  Ycniditeagai  dts 
ThMrkoipen  berboilobreB  konsan,  dalnr  BMf»  ■adbalelkaBdo 
MittbeiloBg  eioea  Beitrag  liefern.  Am  29.  Angnel  t.  JL  warde 
ieb  TOB  einem  Oeeonomen  ertnefat,  ein  Pferd  in  Behnndinng  nn 
nehmen*  Dneeelbe  hatte  nngefahr  vier  Wochen  Torher  aidi  bei 
der  Arbeit  trager  geaeigt,  etwaa  aehneller  geathmet  nnd  war 
dem  Anaeheine  naeh  mader  ala  sonat  geworden.  Der  Appetit 
war  dabei  immer  gnt  geweaen« 

Ein  an  Rathe  gesogener  Thierarat  behanddte  daa  Pferd 
ongefihr  14  Tage.  Da  nnn  der  Zastaad  aieh  nicht  weaentlidi 
sa. indem  fehlen,  nnd  die  gonatig  gestellte  Prognoma  nicht  in 
ErfoUang  ging,  §o  wurde  meine  Hälfe  in  Anspruch  genommen* 
,  Ich  fand  daa  siemlieh  schwere  Ackerpferd  (State),  das,  bei* 
laafig  bemerkt»  circa  16  Jahr  alt  war  nnd  in  einem  gntenEmih- 
rnngsauitande  sich  befand,   mit  den   nbrigen  awei  Pferden  des 


Herzklappenfehler  beim  Pferde.  196 

Besitiers  im  Stall  ftehend  Tor.  Der  Blick  war  siemlioh  munter, 
der  Appetit  auch  jetst  rege;  überhaupt  liesaen  aidi  beim  qa, 
Pferde  keine  Verdaaangsstörangen,  wie  aaeh  keine  Abweiehangen 
in  der  Urinsecretion  wahrnehmen. 

Im  Stande  der  Ruhe  hatte  Patient  15  bis  16  Atbeminge 
and  45  Palse  in  der  Minute,  das  Athmen  geschah  ohne  be- 
sondere Anstrengung  und  bot  in  qualitativer  Hinsicht  nichts 
Auffallendes  dar;  der  Puls  war  weich,  die  Arterie  liemlich 
▼oll,  leicht  susammensudrncken,  die  Blntwelle  mehr  lang  ge* 
dehnt,  der  Hersschlag  nicht  fahlbar,  die  Herstone  waren  an* 
deutlicher  als  bei  gesunden  Pferden  von  einander  sn  unter* 
scheiden.  Genauere  Angaben  hierüber  kann  ich,  weil  das  Pferd, 
bei  der  Untersuchung  su  unruhig  war,  nicht  machen.  Die 
Halsrenen  vor  der  Brust  schienen  etwas  starker  hervorsutreten, 
Pulsation  derselben  wurde  nicht  bemerkt.  Das  yesikulare  Ge- 
räusch wurde  bei  der  Auskultation  normal  befunden;  Hosten 
war  bei  dem  Pferde  nicht  gehört  worden,  und  war  es  auch  nur 
sehr  schwer  dazu  lu  erregen;  kam  es  einmal  sum  Husten,  so 
war  derselbe  kraftig. 

Die  Schleimhaute  schienen  etwas  vermehrt  roth  sn  sein, 
die  Korpertemperatur  gleichmassig  Tcrtheilt,  Die  Bewegungen 
des  Pferdes  geschahen  vorsichtig,  mehr  oder  weniger  angstlich; 
Buweilen  Hess  es  dabei  ein  hörbares  Stöhnen  wahrnehmen. 
Wurde  Patient  auch  nur  eine  Minute  an  der  Hand  im  Trabe 
bewegt,  so  stieg  die  Zahl  der  Palse  von  45  auf  70  In  der 
Minute;  auch  das  Athmen  wurde  dabei  beschleunigter,  jedoch 
nicht  in  dem  Verhaltniss  wie  die  Pulsation.  Um  die  Beschaffen- 
heit des  Blutes  su  sehen,  wurde  ein  Aderlass  gemacht.  Das 
Blut  floss  langsam  aus  der  Ader,  gerann  siemlich  schnell  sn 
einem  gleichmassigen  Kuchen,  ohne  sog.  Speckhaut,  wobei  nur 
sehr  wenig  rotbliches  Serum  ausgeschieden  wurde.  Der  Blut- 
kuchen war  so  schwarz,  dass  ich  kaum  je  das  nicht  gerounene, 
schmierige  Milsbrandblut  so  dunkel  gesehen  habe.  Ans  den 
bei  der  Untersuchung  vorgefundenen  Erscheinungen  schloss  ich, 

18* 


196  Angenheister, 

daiB  qo.  Pferd  mit  einem  Herzleiden,  wahrscheinlich  KUppen- 
f^ler  behaftet  sei. 

:  Mit  Rfioktidit  darauf,  dass  dae  Leiden  schon  mehrere 
Woohen  gedauert  hatte,  und  Klappenfehler  des  Herzens  wohl 
immer  ansiferhalb  des  Bereiches  der  Kansthnife  stehen,  machte 
ich  dem  Besitaer  den  Vorschlag,  dem  Pferde  einige  Tage  Ruhe 
sa  geben  und  es  ohne  besondere  Behandlung  anzusehen ,  dann 
zu  irersnchen,  ob  das  Thier  eine  leichte  Arbeit  aushalten  könne. 
Tier  Tage  nach  meiner  Untersuchung  kam  der  Besitzer 
mit  dem  Bemerken  zu  mir:  das  Pferd  habe  Tages  vorher  die 
Arbeit  weniger  gut  aushalten  können,  sieh  bei  geringer  An- 
strengufig'  sehr  ängstUdi  gezeigt,  an  diesem  Morgen  aber  habe 
er  das  Pferd  liegend  im  Stalle  gefunden,  unvermögend  aufzu- 
stehen, dabei  sein  Futter  im  Liegen  noch  munter  verzehrend. 
Ich  rieth,  wenn  es  bis  zum  andern  Morgen  nicht  aufstehen 
könne,  es  todten  zu  lassen,  was  denn  auch  durch  den  Bruststich 
gebehah« 

'  Dia  Seotiöli  ergab  Folgendes;  Nach  Abnahme  der  Haut 
ws(r  das  nodi  in  den  Gelassen  vorhandene  Blut  sehr  dunkel; 
sammtliche  Baucheingeweide  gesund,  die  Lungen  ebenfalls  ohne 
krankhafte  Veränderungen.  Das  Herz  war  in  seiner  normalen 
Lage  vom  Herzbeotel  umgeben,  sein  Gewicht  und  Volumen  un- 
geßhr  um  ein  Drittel  über  die  Norm  veirniehrt,  Indem  es  wirk- 
lich mehr  Mnskelsnbstanz  enthielt,  und  waren  es  besonders  die 
£utf8ern  WSnde  wie  auch  die  Scheidewand  der  Kammern,  welche 
h7pertr6|>hisch  gefunden  wurden.  '  Das  Herz  fühlte  sich  von 
Aussen  derb  an,  welches  sich  theils  dadurch  erklSrte,  dasS  mit 
der  Hypertrophie  keine  Erweiterung  der  Kammern,  sondern 
eine  Verengerung  derselben  bestand  $  (diese  war  deutlicher  an 
der  linken  als  der  rechten  sichtbar;)  theils  weil  die  Consistenz 
des  hypertrophischen  Muskelgewebes  derber  als  gewohnlich  war. 
Die  linke  Herzkammer  war  leer,  die  rechte  ungefShr  ein 
Drittel  ihres  Raumeis  mit  geronnenem  Blnte  gefüllt.' 

Zwischen  der  linken  Herz >  und  Vorkammer  follte  eine  der 


Herzklappenfehler  l>eim  Pferde.  197 

)   •  • 

Mitralklappen  angefahr  zur  Hälfte  die  Oeffnang  anstand  hatte 
den  freien  Darcbgatig  des  Blates  verbindert.  Biese  iralstfSrDaig 
aufgetriebene  Klappe  hatte  aasserlich  seichte,  qaer  laufende  Ver- 
tiefangen.  Zwischen  den  beiden  Platten  der  innerjo  Haat  des 
Herzens,  woraus  diese  Klappe  gebildet  ist,  hatten  fichswfti 
klein^  Geschwülste  (Fibrome),  die  eine  von  der  Grosse. einer 
Haselnuss,  die  andere  von  der  einer  grossen  Erbse  gebildet,  und 
hingen  mit  der  Innern  Flache  der  verdickten  Elappenhauite  aar 
sammen.  Diese  Geschwülste  haben  wahrseheinlijBh  .die  Haute  der 
Klappe  ans  einander  gedrangt  und  so  zur  Bildung  einer  der  wuUt» 
formigen  Anftreibuäg  entsprechenden  Hohle  mit  beigetiCAgea, 
deren  innerer  Kaum  ausser  den  Fibromen  flüssiges  Blut  eat* 
hielt.  Der  grosste  Hohendurohmesser  dieser  Hoble  betrag  an* 
gefahr  dreiviertel,  der  der  Länge  zwei  Zpll;  ,die  Breite  der 
Klappe  über  einen  Zoll. 

Zwischen  der  rechten  Herz-  and  Vorkammer  war  eine  der 
Tricnspidalklappen ,  ahnlich  wie  dici  eben  besohdebene,.  er^ 
krankt.  Die  mehr  verdikten  Haute  dieser  Klappe  hatten  an 
ihrer  Innern,  sich  zugekehrten  Flache  mehrere  Fortsätze,  wo- 
durch kleine  Hohlen  gebildet  wurden;  dobhalb  hatte  dieselbe 
beim  Aufschneiden  ein  mehr  zelliges  Ansehen.  Der  Inhalt 
dieser  Zellen  oder  Hohlen  bestand  aus  flüssigem  Blute  mit  za« 
sammengeballtem  Faserstoffgerinnsel.  Diese  Klappe  war  kleiner 
als  die  Mitralklappe.  Auch  durch  diesen  Fehler  war  in  der 
rechten  Herzhälfte  <Ue  freie  Gironlatlon  des  Blotea  g«st5rt| 
woraus  sich  das  stärkere  Hervortreten  der  Jugularvenen  er- 
klären lässt.  Die  übrigen  Klappen  waren  ge^aad,  dpe  Vor- 
kammern etwas  erweitert;  ihre  Wände  hatten  ungefähr  dieselbe 
Stärke,  wie  sie  bei  gesunden  Herzen  angetroffen  wird. 

Die  ersten  Anfange  dieser  Bildungen  liegen  noch  un-Danfkeln, 
and  hierin  findet  die  Unsicherheit  bezüglich  der  Diagnose !  der* 
selben  Entschuldigang,  Die  nächste  und  häafigste  Ursache  der 
Klappenfehler  mag  vielleicht  in  rheamatasoben  Processen  begrin« 
det  sein;    denn  diese   haben  eine  entschiedene  Neigung  in  den 


19S  Kittaer, 

fibroseroMB  Gebilde«  des  EadoeanlioiBS  ibree  SiU  eoftiucbljigeB. 
Solebe  eAdoeerdie^e  ProeeMe  teUeo  mm  öeer  oder  mebrereD 
Kleppea  pltatiifbe  Gerimitel  ab,  die  eine  yerdiehtang  des  Ge- 
webes, beeebriakte  Bewegliebkeit  and  losuflideDB  cor  Folge 
babee;  gewStuilieb  ist  es  eioe  der  Mitralkl^pen,  aa  welcber 
dieser  Froeees  ablaaft.  Die  in  Folge  dessea  eatstebeadea  Cir- 
eolatioasstoniageB,  die  sanielist  ia  reaosea  Langenbjperimiea 
bestehead,  sieb  aaf  das  recbte  Atriam  ersireekea,  darcb  Staaang 
dort  Dilatatioa  aad  Hjpertropbie  rerarsaebea,  mfea  ia  der 
Regel  aacb  dort  Aaomaliea  im  KlappearerscblBss  boror.  Im 
weiterea  Verlaaf  parCisipirea  anaidist  die  Teaosea  Gefassrer- 
aweigaagea  iasofera,  als  sidi  dareb  dea  Terlaagsamtea  Blat- 
laaf  ia  ibnea  Aasbaebtaagea  aad  GewebsTeranderaagea  (Inda- 
ratioa,  Skleroee)  entwiekeln,  die  ibrerseits  im  leisten  Sudiam 
Veraalassoag  sa  Gebiraapoplexiea  abgebea.  Besnglieb  der 
Diagaose  ist  maa  ia  der  Tbierbeilkaade  leider  aaf  die  sebr 
geriogügigea  objeetiTea  Ersebeiaangen  besebrinkt,  wabread  die 
ür  diesea  patbisebea  Zastaad  weseatlidiea  sobjeetiTea  Ersebei- 
aai^ea  aasagaaglidi  bleibea. 


VI. 

■i8  licbli  Ihmck  der  pm^fischai  AigeMitiDiaig. 

Von 

Kattaer,  Tbierarst  erster  Classe  and  Rossarst 

im  Garde -Hosaren-Regiment. 

Es  war  nur  eiae  aaffalleade  Ersebeianng,  dass  swei  Toa 
dea  Pferdea  Qaagea  aad  altea  Remoateo),  derea  Augea  Toa 
der  periodiscbea  Aageaeatsondnag  befallea  waren,  Tor  der  Br- 
kraakaag,  so  lange  sie  nberbaopt  scboa  bei  der  Eskadroa  wa- 


Ursache  der  periodischen  AngeDentsandang.  199 

reo,  eine  aaffillige  Sch«a  vor  verschiedenen  Gegenstanden,  nsi- 
mentlicfa  dam  Sprtiigblock  und  Graben,  geseigt  hatten«  Mit 
Goto  waren  sie  snm  Springen  nicht  fea  bewegen,  nnd  sobald 
.sie  mit  Sporn  und  Peitvehe  dasa  geswangen  worden,  sprangen 
sie  mit  Anlrendting  aller  möglichen  Kraft  so  froh  ab  und  no. 
gewohnlich  hoch  sowohl  nber  den  Graben  als  aach  über  den 
Block,  selbst  weon  dieser  an  der  Erde  lag.  Es  drfingte  sich 
mir  die  Vermothnng  anf,  dass  diese  Erscheinung  in  irgend  wel- 
cher Besiehoog  tu  der  später  auftretenden  periodischen  Aogen« 
entAaadaag  stehen  könne.  Schon  vorher  waren  die  Angen  der 
Sehen  wegen  behufs  Aofindong  von  Hornhautflecken  oder  Staar- 
piinkten  von  mir  einer  Uniersachung  unterworfen  worden,-  die 
aber  au  dem  gewonsehteu  Resultat  nicht  geführt  hatte.  Ich 
glaubte  4aher  die- Ursache  der  Scheu  in  Kurssiehtigkeit  begrün- 
det, koonte  es.  hiermit  jedoch  nicht  in  Einklang  bringen,  wes- 
halb die  Pferde  au  früh  ab  und  ohne  Grund  sn  hoch  sprangen. 
Letaterer  Umsjtand  war  vielmehr  als  ein  Beweis  ansusehen,  dass 
die  Begreasongen  des  Blockes  resp.  Grabens;  sobald  sfch  die 
Pferde  diesen  oakerten,  vor  ibren  Augen  undeutlich  wuifden, 
fwscbwaptitien»  die  Pferde  daher  die  Nfthe  und  Hohe  des 
Blocke«  sowie  Nike  und  Brmte  des  Grabens  nicht  abschätzen 
keiMKten,  woraus  folgt,  dass  Weitsichtigkeit  als  Ursache  der  Scheu 
vorhanden  setn  musste.  Dass  nun  diese  Weitsichtigkeit  au  der 
spater  an^etreteueo  periodischen  Aogeoentsnndnng  in  inniger 
Beaiebung  gestanden  hat,. möchte  ich  als  wahrscheinlich  anneh'- 
men.     Die  Grande  für  diese  Annahme  sind  folgende: 

Betrachten  wir  die  Symptome  der  periodischen  Aogenentsun- 
dang,  so  sehen  wir,  dassdie  Erscheinungen  der  Iritis  nicht  allein  die 
hervorragendsten  sondern  auch  die  anerst  auftretenden  sind.  Hier- 
auf gestntat'hat  man  das  Wesen  des  genannten  Leidens  in  einer 
Entauodnng  der  Iris  su  finden  'geglaubt.  Ziehen  wir  nun  wei*' 
ter  die  Funktionen  der  Iris  in  Erwägung,  so  wird  es  einleuch* 
tend  sein,  in  wie  fern  eine  Bildnng  des  Angat>fels,  welche  Wert- 
si<^tigkeit  bedingt,  Jriitis  sn  erseugen  im  Stande  ist.    Die  Ftinc- 


300  Kuttner, 

tionen  der  Iris  besteben  suDiebst  io  der  Regoliraog  der  Liebt- 
•tirke  der  NeUbAolbilder ;  die  PoptUe  siebt  tidi  snseamBeB, 
wenn  iotensiTe  LicbteiDdrneke  dieNetsbaat  erregen«  sie  erwei- 
tert flicb,  wenn  die  Liebtetirke  der  Bilder  eine  gering«  ist 
Aber  noeb  bei  den  AneommodationeTennogen  des  Aoges  spiek 
die  Iris  eine  wichtige  Rolle. 

Beknontücb  eigiebt  sich  «os  pbjsiknlisoben  Tbnttnebeii  nnd 
Gesetnen  die  Gewissbeii,  dass  onsere  Augen  aiemals  gleieb- 
seitig  awei  Objecte,  welcbe  in  Tendiiedenen  Entlemongen  vom 
Aage  bintereinnnder  liegen,  gleicb  deetlieb  wnbnebmen  können, 
sondern,  wenn  dM  Tordere  deatlicb  ersebeint,  das  Bild  des  bin- 
teren  verwascben,  ondeotlieb  werden  aiaaa  ond  amgekebit.  Da 
nun  aber  die  tagliche  Erfabmng  lebrt,  daas  ein  gesnodee  Aage 
Objecte,  welebe  in  der  versebiedensten  Entfemoog  roni  Aoge 
liegen,  nacb  einander  Tollstandig  scbarf  wabmebmen  kann,  so 
folgt  bieraas  mit  Gewissbeif,  dass  das  Ange  die  Pabigkelt  ba- 
ben  rnnss,  wiUkubrlicb  bei  Betraobtaog  reo  Gegenstinden.  in 
jeder  beliebigen  Entfeinang  lar  jeden  sich  ao  einsariebten,  dass 
die  ¥oa  ibm  aosgegangeoen  fitrablen  gerade  auf  der  Netsbant 
aor  Vereinigang  kommen.  Diese  F2bigkeit  des  Aoges,  sieb 
ior  das  deotlicbe  Seben,  dessen  •■«riaasliebe  Bedingung 
die  Vereinigiing  der  Strablen  in  derNetabant  selbst  ist,  eiwsii'' 
nebten,  oder  so  «ecommodiren,  beseichnet  man  als  Aeeommo* 
dationsvermogen  des  Aoges.  Die.  sieberen  Bewoiso  för  das 
VorbandenseiB  dieses  Vermögens  sind  der  Pbjsiologie  sofolge 
folgende : 

Halten  wir  in  einer  Bntfernang  Ton  a.  B  12  Zoll  einen*  Fin- 
ger TOT  das  eine  Aoge,  wahrend  das  andere  geschlossen  ist,  und 
fixiren  denselben,  so  ersebeint  er  scharf  und  deotliebr  ^  in 
gerader  Linie  hinter  dem  Finger  gelegenes  Fenster  eines  gegen^ 
aberliegendeo  Hansen  dagegen  nndentlicb  and  verwaaeben,  wenn 
wir  dem  Bilde  desselben,  wahrend  wir  anverwandt  den  Finger 
fixireo,  die  Aofinerksamkeit  anwenden«  Fixiren  wir  dann  dos 
Fenster,   so  erscheint  dieses  sobarf;   ond  der  Finger  vor  dem 


Ursache  der  periodischen  Augenentzandung.  201 

Auge  nnddatlicfa  mit  verwaschenen  Umrissen.  Wir  konneti  also 
willktthrlioh  entweder  den  nahen  Finger  oder  das  entfernte  Fen- 
ster, niemals  aber  beide  zugleich  scharf  sehen.  Gerling 
(Poggendorffb  Annalen  1839)  hat  saerist  die  Netshaotbilder 
nnter  dem  Mikroskop  antersncht,  und  die  verschiedene  Deut- 
lichkeit derselben  bei  verschiedenem  Abstand  der  Objecte  rom 
Ange  bestimmt  wahrgenommen  Noch  andere  Physiologen  ha- 
ben durdi  verschiedene  Versuche  das  Vorhandensein  der  Ac- 
eommodation  des  Auges  nachgewiesen.  Der  Kürze  halber  wer- 
den sie  hier  übergangen. 

Wenden  wir  uns  nun  au  der  Frage,  worin  die  Verände- 
rung im  Auge  besteht,  in  Folge  deren  das  Auge  f5r  die  Nahe 
aee6mm6dirt,  und  durch  welche  Mittel  diese  Veränderung  her- 
vorgebracht wird,  so  finden  wir  diesen  Vorgang  nach  dem  ge- 
genwärtigen Standpunkte  der  Wissenschaft  wie  folgt  erklart: 
Ans  den  Resultaten  verschiedener  Versuche  hat  man  die  üeber- 
seugnng  gewonnen,  dass  bei  der  Aecommödation  für  die  Nahe 
die  Krümmungshalbmesser  der  LinsenflSchen,  insbesondere  der 
vordere  sich  vergrossern,  ihre  Dicke  zunimmt;  die  W5Ibung 
dör  Cornea  und  der  Lingendnrchmesser  des  Augapfels  bleiben 
dabei  bnverStkdert.  Die  Aecommödation  besteht  also  nicht  in 
einer  durch  die  die  Augen  bewegenden  Muskeln  hervorgebrachten 
Form  Veränderung  des  Bulbus  und  der  Cornea,  sondern  in  einer 
Formverandernng  der  Linse  und  zwar  in  stärkerer  Wölbung 
der  VorderflSche  derselben.  Die  Muskeln  welche  dies  veran- 
lassen, sind  der  Ciliarmuskel  und  hauptsächlich  die  Iris.  Ver- 
kürzen sich  die  Langsfasern  des  Ciliarmuskels,  so  werden,  ver- 
möge  seiner  Anheftung,  der  peripherische  Rand  der  Iris  und 
der  vordere  Rand  ^des  Faltenkranzes''  einander  genähert,  somit 
die  Iris  nach  hinten,  die  Aderhaut,  deren  vorderes  Ende  der 
Faltenkranz  ist,  nach  vom  gezogen.  Es  wird  dadurch  der 
Glaskörper  gedrückt,  welcher  seinerseits  wiederum  einen  Druck 
auf  die  Linse  nach  vorwärts  ausübt.  Beim  Nuhesehen  wird 
aber    zugleich    die  Pupille    enger,    die   Circularfasern    der  Iris 


koatnliir»«  «ck;  koflUMs  hob  aadi  die  ItuliiifiMeni  ui  Tä- 
tigkeit, «o  MOM  das  OwgßM  «M  gewiw  Suifaag  arhakea;  die 
Line«  espfiagt  also  eack  eiaea  Draek  Toa  Tara,  der  aber  all* 
MaUig  abaiamt  Toa  der  Peripherie  gegea  die  Liaaeaacbaa;  dar 
duieii  wird  eiae  atarkere  Goavexitit  dar  eaatraleiaa  Tbaila  der 
elaatiidiea  Liaae  bediagt» 

Hiemadi  iat  das  ZastaadekoauMa  derliitia  ia  eiaem  weit- 
cieirtigeB  Ange  leicht  an  eri^larea.  Weil  ia  leCateren  Goraaa 
oad  Vorderflaehe  der  Liaae  aa  achvaeh  gewölbt  aiad,  aütbia 
die  Toa  aahea  Cregeastiadea  koBBieadaa  Liehtatrahlea  aa 
■diwaeh  gebrodiea  werden  aad  daher  aicht  aaf  der  Netahaot 
•oadera  hiater  dieser  ansanmeatraffea,  deshalb  ist  das  Bedirl^ 
nits  Torbaadea«  darch  dea  AeeoBiau>datioas«eehaaiaaias  etae 
stärkere  Wolbaag  der  Vorderfliche  derLiase  hervoraobiiagea» 
om  aof  diese  Weise  eia  deatliehes  Sehea  aaher  Gegeastaade 
zu  ermögliehen«  Demgemass  wird  bei  obü  weitsiehtigea  Aogea 
behafteten  Pferdea,.  welche  (wie  die  Militarpferde)  täglich  23 
bis  83  Standen  im  Stalle,  haafig  im  eagen,  niedrigen  Stalle  ge- 
haltea  werden,  in  deren  Angen  mithin  tiglich  dieselbe  Zeit 
hindoreh  das  Bedorfniss  der  Aceommodatioa  aof  nahe  Gegen- 
stände vorhanden  ist,  die  Iris  nnd  der  Giliarmaskel  einer  fu| 
beständigen  nnd  deshalb  nbermassigea  Thatigkeit  aosgeaetst 
sein,  welche  wie  bei  jedem  andern  anhaltend  nnd  nng^ohalieh 
angestreng^ten  Moskel  nothwendigerweise  snr  Bntsindnng  der 
genannten  Theile  fuhren  mnss.  Zugleich  werdan  in  Folge  des 
fast  bestandigen  Druckes  aaf  den  Glaskörper  und  die  Linse« 
welcher  durch  die  anhaltende  Thatigkeit  der  Iris  und  des  Ci- 
liarmuskels  ausgeübt  wird,  auch  jene  Theile  in  Mitleidenschaft 
gesogen  und  verändert  werden  müssen.  Mit  der  Aasbildnng 
der  Bntsundung  der  Iris  tritt,  wie  bei  gleichem  pathologisdiem 
Znstande  anderer  Organe,  Störung  der  Function  derselben  m, 
die  Contractioo  nnd  mit  ihr  der  Druck  auf  Glaskörper  und 
Linse  boren  aul^  und  in  dem  ganxen  Zustande  des  Auges  maeht 
sieb  aljimablige  Besserung  bemerkbar,    das  Auge  erscheint  mit 


Ursache  der  periodischen  Aogeuenizündung.  203 

AnsDahine  einiger  scheinbar  geringen  Veranderongen  wieder 
▼ollstandig  gesund.  Nach  einiger  Zeit  jedoch,  sobald  4ie  Iris 
ond  der  Ciliarmaskel  die  Fähigkeit  sich  zn  kontrahiren  voll- 
standig  wiedererlangt  haben,  hebt  der  Prooess  von  Neaem  an 
und  wiederholt  sich  in  Zwischenräumen  so  lange,  bis  die  Fa* 
sern  der  Iris  und  des  Ciliarmnskels  gänzlich  indurirt,  somit 
nicht  mehr  kontraktionsfähig  sind,  und  der  Angapfel  leider  so 
verindert  ist  (jedenfalls  in  Folge  von  Obliteration  der  ernäh- 
renden Gefasse  im  FaUenkranse),  dass  graner  und  grüner  Staar 
und  mit  diesen  Fehlern  unheilbare  Blindheit  zur  Ausbildung 
gelangt  sind.  An  den  Recidiven  mag  auch  das  Festkleben  der 
Iris  an  der  Linse  einen  nicht  unbedeutenden  Antheil  haben.  — 
Aus  dem  Vorstehenden  erhellt,  dass  ohne  Zweifel  das  Zustande- 
kommen der  periodischen  Augenentzündung  und  somit  ihre  Sym- 
ptome von  dem  genannten  fehlerhaften  Bau  des  Angapfels  als 
abhangig  betrachtet  werden  können.  Nächstdem  bliebe  noch 
übrig,  mit  jenem  Bau  die  aus  klinischen  Beobachtungen  und 
Erfahrungen  erkannten  Ursacben  und  sonstigen  Eigenthumlich- 
keiten  der  periodischen  Angenentziindung  in  Einklang  zu  brin- 
gen.     Als  Ursachen  sind  angeklagt: 

1)  Erblichkeit,  also  eine  vorherrschende  Anlage  zur  perio- 
disehen  Angenentznndung,  welche  von  den  Eltern  auf  die  Nach- 
kommen übertragen  wird.  Von  der  ererbten  vorhersehenden 
Anlage  zu  einer  bestimmten  Krankheit  überhaupt  wissen  wir, 
dass  sie  in  dem  anatomischen  Bau  des  betreffenden  Organs  begrün- 
det ist,  welcher  von  dem  normalen  derartig  verschieden  ist,  dass  er 
dadurch  die  Bedingung,  zur  vorherrschenden  Krankheitsursache 
zu  werden,  in  sich  scbliesst;  oder  wo  diese  fehlt,  da  nehmen 
wir  an,  dass  die  Erblichkeit  in  dem  VermSgen  der  Organe,  anf 
gewisse  ungewöhnliche  Einflüsse  in  einer  bestimmten  anorma^ 
len  Richtung  zu  reagiren,  begründet  ist.  Dieses  abnorme  Re- 
actioDsvermogen  als  eine  Besitzeigenthnmlichkeit  der  Iris,  somit 
dasselbe  als  das  innere  Wesen  der  Vererbung  der  periodischen 
Augenentzundung  annehmen  zu  wollen,  liegt   kein  Beweggrund 


204  Küttner, 

▼Oft  im  Gegdntheil  sprechen  die  nocb  naher  anzngebenden  Ge- 
legenbeitsnrsachen  mehr  fnr  dat  Beitehen  eines  fehlerhaften 
anatomischen  Banes  des  Angapfels  als  Grund  der  Vererbung, 
von  welchem  a  priori  die  Annahme  solassig  ist,  dass  seine  feh- 
lerhafte Beschaffenheit  nnr  eine  solche  sein  kann,  welche  Weit- 
sichtigkeit bedingt.  Es  lasst  sieh  hierauf  zwar  entgegnen,  dass 
dann  alle  mit  diesem  Fehler  behafteten  Pferde  nicht,  wie  die 
Erfahrung  lehrt,  noch  bis  sum  vollendeten  6.  Lebensjahre  von 
der  periodisches  Angenentsundnng  wurden  ergriffen  werden, 
sondern  diese  müsste  gleich  nach  dem  ersten  Gebrauch  der 
Augen,  also  gleich  nach  der  Geburt  auftreten.  Dieser  Entgeg- 
nung stelle  ich  gegenüber,  dass  ererbte  Weitsichtigkeit  nicht 
fnr  eich  allein,  sondern  noch  andere  Ursachen  im  Verein  mit 
jener  zur  Erzeugung  der  periodischen  Augenentzündnng  ooth- 
wendig  sind.  Wahrend  der  ersten  Lebensjahre,  wenigstens 
während  des  grossten  Theils  derselben,  tummelt  sich  das  Foh- 
len auf  der  Weide  umher,  wo  der  Gesichtskreis  erweitert  ist, 
und  demgemass  die  Weitsichtigkeit  nur  vorübergehend  Beeiuo 
trächtigung  des  deutlichen  Sehens  hervorbringen  kann.  Erst 
wenn  das  junge  Pferd  allmahlig  in  Arbeitsgebrauch  genommen 
wird,  wenn  es  dann  den  grossten  Theil  des  Tages  an  die  Krippe 
gekettet  im  engen,  die  Freiheit  des  Blickes  beeintraehtigenden, 
Stall  zubringen  muss  uud  ein  Wechsel  von  Gras-  zu  Korner» 
fntter  eintritt,  erst  dann  wird  in  seinen  weitsichtigen  Augen 
die  Entzündung  der  Iris  leicht  zu  Stande  kommen«  Selbst- 
verstandlich  wird  dies  je  nach  der  früheren  oder  spateren  Ein- 
Wirkung  der  Gelegenh ei ts-ür Sachen  bald  früher,  bald  spater 
stattfinden,  ja  es  können  selbst  nach  Entfernung  dieser  Ursa-. 
chen,  nachdem  sie  einen  Entzündungsanfall  erzeugt  hatten,  die 
Augen  für  die  spatere  Lebenszeit  gesund  bleiben.  Ob  nicht 
auch  die  günstigen  Erfolge  der  Versuche  des  Gestüts  zu  Pom- 
padour in  dem  Versetzen  der  Pferde  aus  engen,  niederen  Stal- 
len  auf  eine  dem  Blicke  möglichste  Freiheit  darbietende  Weide 
begründet  sind  ? 


Ursache  der  periodischen  AugenentzünduDg.  205 

2}  Lehrt  die  Erfahrnng,  das  die  in  Rede  stehende  Krank, 
heit  am  hinfigsten  in  niedrigen,  fenchten,  also  nasskalten  6e- 
genden  Torkommt,  ferner  bei  schwerem  Futter  von  Kornern 
nnd  Hülsenfrüchten,  in  nassen  Jahren  und  bei  lange  herrschen- 
den rauhen  Winden.  Diese  Ursachen,  Erkaltung  und  vermehrte 
Plasticitac  des  Blutes,  begünstigen  das  Zustandekommen  Ton 
Entsundnngen  überhaupt 

3)  Lehrt  die  Geschichte  der  periodischen  Augenentznodnng, 
dass  die  frühere  in  Ostpreussen  heimische  Landrace  mit  der 
genannten  Krankheit  nicht  behaftet  gewesen  ist«  Letz- 
tere ist  erst  aufgetreten ,  nachdem  man  angefangen  hatte 
mit  ausländischen,  theils  racereinen,  theils  aus  Kreuzung  her- 
vorgegangenen Hengsten  die  heimische  Landrace  zu  veredeln. 
Diese  Thatsache  liefert  den  Nachweis,  dass  die  Kreuzung  einen 
vorwiegenden  Antheil  an  der  Entstehung  der  periodischen  An* 
genentsündung  gehabt  hat,  und  wenn  auch  die  letztere  in  an- 
deren Gegenden,  wo  ebenfalls  viel  Kreuzung  betrieben  wird, 
nicht  oder  doch  nur  selten  angetroffen  wird,  so  mag  das  Nicht, 
vorkommen  in  anderen  Verhältnissen  begründet  sein,  wie  es  ja 
aacb  durch  die  Versuche  des  Gestüts  zu  Pompadour  erwiesen 
ist,  dass  wirthschaftliche,  Orts-  und  vielleicht  auch  klimatische 
Einflüsse  eine  wesentliche  Mitwirkung  an  der  Erzeugung  der 
periodischen  Augenentzündnng    haben.     Die  Folgen    der  Kreu- 

,  •  •  • 

znng  können  vorhanden  sein,  sie  machen  sich  nur  nicht  bemerk- 
bar, weil  dazu  andere  Einflüsse  fehlen, 

*  *  ■ 

Wenden  wir  uns  nun  zu  der  Frage,  worin  die  Folgen  der 
Kreuzung  im  Allgemeinen  bestehen,  so  lehrt  uns  die  Züch- 
tnngskunde,  dass  ein  geringes  WiderstandsvermSgen  der  Or- 
gane gegen  feindseelige  Einflüsse,  Verweichlichung,  im  Gefolge 
der  Kreuzung  auftritt,  ja  es  bldibt  nicht  nur  bei  der  Verweich- 
lichung, sondern  eine  mangelhafte  Ausbildung  ganzer  Organe 
macht  sich  bemerkbar,  namentlich  dann,  wenn  von  den  Kreu- 
snngsprodnkten  durch  Paarung  in  nächster  Blutsverwandtschaft 
Nachkommen  gezüchtet  werden.     Dergleichen  Nachkommen  zei- 


206  Kittaer, 

geo  mdit  seltea  geringe  FrochtbmrkeiC,  wonas  hervorgeht,  dmn 
eine  meegelhefte  Aosbüdaeg  des  SexeelireteflM  £e  Folge  der 
Paemg  ie  eiehster  BlDtsrerwaadtodieft  gevesee  ist.  Letslere 
ist  Aos  pekaeiiree  Raduichtee,  wo  Kreeuiag  betriebe*  wird, 
hioSg  sieht  sa  nmgefaeB,  Bomit  ein  nolhweadiges  üebel  der 
KreosoDg. 

le  gleicher  Weise  ean,  wie  eioe  maBgelbslie  Aosbildoog 
des  Sexnalsjstems  dorch  Paanuig  ia  aichster  BlotsTerwaadt- 
sehaft  erseogt  wird,  in  derselben  Weise  ist  noch  eine  solche 
der  Augen  denkbar,  nnd  swar  in  der  Art»  dass  Cornea  nnd 
Linse  eine  so  geringe  Wölbung  haben.  Es  kann  dabei  dieser 
Fehler  an  dem  einen  Ange  stirker  als  an  dem  anderen  soge- 
gegen  sein,  so  dass  es  aneh  eiklarlidi  wird,  weshalb  nidit  im- 
mer bmde  Angen  so  gleicher  Zeit,  sondern  nur  das  eine  oder 
das  eine  Iräher  als  das  andere  Ton  der  in  Rede  stdienden 
Krankheit  ergriffen  werden. 

4)  Fassen  wir  nun  schliesslich  die  Erfolge  der  Terschiede- 
nen  Cormethoden  ins  Aoge,  so  sehen  wir,  dass  nnr  die  seitige 
Operation,  welche  in  dem  Durchschneiden  und  dem  Loslosen 
der  Iris  besteht,  den  Verlsnf  der  Krankheit  aofsnhalten  nnd 
einen  bleibend  heilsmmta  Erfolg  so  reranlassen  im  Stande  ist. 
Die  Behandlong  mit  Atropin  ond  anderen  ihnlichen  Medika- 
menten hat  wohl  Bessemng  selbst  Tollstindige  Beseitigung 
eines  konkreten  Anfalls  im  Gefolge,  sie  kann  aber  das  Aus- 
bieiben spaterer  An£Ule  nicht  vermitteln  und  somit  das  Ein- 
treten der  Blindheit  nicht  verhüten.  Wenigstens  ist  dies  in 
der  grossen  Mehrzahl  der  Krankheitsfalle  der  Fall.  Die  Er- 
klärung for  beide  Thatsachen  ist  leicht,  wenn  man  Weitsichtig- 
keit als  die  nächste  Ursache  der  periodisdien  Augenentsündung 
annimmt*  Mit  der  Dnrchschneidnng  der  Iris  wird  der  Aocomo- 
dationsmechanismns  zerstört  und  hiermit  das  Eintreten  spaterer 
Entsundungsanfalle  vollständig  aufgehoben ;  die  Einwirkung  des 
Atropins  dagegen   erzeugt  nur  eine  Lähmung   des  Accomoda- 


Ursache  der  periodiMhefi  Angenentzundnng. 


207 


tionsmecbamgobus,   ireleher  wieder  in  Thatigkelt  tritt,  sobald 
die  Wi]*kiiDg  dee  Atropids  vorflber  ist. 

All  das  AngefQbrte  durfte  meine  oben  aa%estellte  Annabme, 
wonAcb  die  Weiteiciitigkeit  höchet  wahrscheinlich  in  inniger  Be- 
siehctng  an  der  spSteY  aufgetretenen  periodischen  AngenenteQn- 
dang  gestanden  bat,  zdr  Genüge  begründen.  loh  mochte  non 
einen  Sehritt  weiter  gehen  nnd  behaupten, 

„dass  in  allen  Fallen  von  periodischer  Augenentzüu- 
dung  eine  angeborene  Weitsichtigkeit  die  nächste  Ur* 
Sache  su  der  genannten  Krankheit  abgiebt«^ 

Zur  Begründung  dieser  Behauptung  führe  ich  an^  dass 
die  EnfsSndung  des  Accommodationsmechanismus'  die  erste  und 
Haupt-Krankheitserscheinujig  Icti  QHd  dass  nach  Zerstörung  des- 
selben der  Verlauf  der  Elrankheit  sofort  coupirt  wird.  Wenn 
diesem  entgegen  auch  nicht  alle  Pferde,  deren  Augen  tou  der 
periodischen  Augenentzundung  befallen  waren,  vor  der  Er- 
krankung mit  der  Scheu  behaftet  gewesen  sind,  so  kann  dieser 
Umtitinrd  sehr  gut  in  Charakter  und  Temperament  eines  jeden 
Pferdes  begründet  sein ;  es  wird  ein  gewisser  Grad  von  Weit- 
sichtij^keit  bei  einem  gntmüthigen,  willigen  Piferde  auf  seiiie 
Seelentbfitigkeit  in*  specie  auf  sein  VorstdlnngsvermBgen  nicht 
denselben  Einflnss  ausüben,  wie  bei  einem  leicht  erregbaren, 
noch  weniger  wie  bei  einem  boswilligenj  störrischen  Pferde, 

F&r  die  Therapie  wird  sich  hieraus  leider  nitshts  Neues  er- 
gebem;  es  wird  nur  insofern  Sicherheit  in  die  Behandhingsweise 
gelangen,  als  man  nur  allein  auf  operativem  Wege  sichere  Hei- 
lung EU  erzielen  im  Stande  ist.  Kann  oder  will  man  sich  zu 
der  Operation  nicht  entsehliessen,  so  ist  es  nöthig,  bei  der  Be- 
handlung mit  Atropitt'  und  anderen  Arzneimitteln  den  Pferden 
Gelegenheit  zu  geben,  das^  sid  den  grossten  Theil  des  Tages 
im'  Freien,  den  fibrigen  in  mSglichst  geräumigen  Stallen  zu- 
bringen können.  Kann  dieses  nicht  geschehen,  dann  wird  auch 
die  Behandlung  nur  eine  Palliativkur  sein,  von  der  man  keinen 
reelten  Erfolg  zu  erwarten   hat. 


20S  Attderfobn, 

Im  TorsteheDden  Aofsats  hab^  i«b  meine  Beobachtong  ior 
die  Wissenschaft  iq  verwerthen  gesocbt.  leb  messe  mir  mcbt 
ao,  den  Gegenstand  erschöpft  tu  haben,  sondern  will  mit  der 
Ver^ffentlichnng  meiner  Ansicht  nur  das  Studiam  nbev  ^i^sen 
dnnklen  Punkt  der  Tbierbeilknnde  von  Neoem  in  Anregung 
bringen,  damit  aach  er  bald  in  hellem  Lichte  erscheine. 


VI!. 

Brfalinngei  Aber  die  Castratiowv^aile  mit 

Aetil^tareB. 

Von  R.  Andersohn, 
Wolmarseher  Kreis veterinair  in  Liriand. 

In  Garlt  aqd  Hertwig's  Magasii^,  Jahrgang  XXXiV.« 
Heft  IV.,  1868,  werden  in  dem  Artikel  „Stiercastrationsme- 
tbode  durch  Aetsmittel  ohne  Kloppen"  von  H.  Borchner 
zuerst  die  Missstaade  und  Unsicherheit  der  Ferschiedenen  em- 
pfohlenen 8tiercastrationsmethoden ,  i.  B.  das  Nachbluten,  die 
bedeutenden  Anschwellungen,  der  Starrkrampf  etc,,  aber  na* 
mentlich  auch  die  Champignons  als  hanfige  Folge  des  schon  4n 
nn.d  für  sich  weitl£ufigen  Abklnppens  hervorgehoben«  Dann 
betrachtet  Herr  Bnrchner.die  Wirkung  der  Kluppen,  obne 
und  mit  Aetamittelp ,  welche  natürlich  in  einer  baldigen  und 
YoUstandigen  Mortification  der  betreffenden  Theile  %n  bestehen 
habe  —  falls  dem  Zwecke  genagt  werden  soll.  Hierauf  äussert  B. : 
erfahrungsmassig  reiche  bei  Pferden,  und  Stieren .  nicht  nur  die 
Compression  und  Gorrosion  einer  geringen  Flache,  am  Samen- 
strange Yollftandig  ans,  sondern  es  werden  auch  dadurch  den 
Castraten  viel  geringere  Schmerzen  und  Ansehwellungen«  als 
mit  Aetsklnppen  yerursacbt,  und  dass  dies  ihn  bestimmt  habe, 
ein  Aetsmittel  mit  der  Ligatur  geeignet  au  Terbinden,  und  hiec- 


CastrationsmetlMide  mit  Afttzligatnreii.  209 

dsreb  «ine  «benso  «vfolgreiebe  Compreftiioo  und  Corrotion,  wie 
bhI  Aelskloppen  sa  «rtieleD» 

Cft^  1^^^  dick«,  glatte,  iuigew£cbste  Sebnure,  mit  ihren 
BodeD  soeaminiengelegt  ond  mit  to  in  der  Mitte  gebildeten  Bo« 
gen,  nngefihr  2'^  tief  ios  GoUod.  corrot.  (8  Th.  Coli,  ond  1  Tb. 
Hjdr.:  cor.)  2 — 3  mal  eiogetaaebt  ond  getrocknet,  «ollen,  in 
der  Yon  B.  angegebenen  Weise  angewandt,  bowoIiI  alle  Vor* 
tbeile  der  Oaatraitionemetbode  mit  Aetaklappen  bieten,  aU  aocb 
die  Nacbtbeile  dieser  ansscbliessen.  Die  Ligatur  sei  nur  om 
den  freigelegten  Samenstrang,  ohne  Tag^oalbant»  wekbe  vorher 
dorchgesebnitten  nnd  hinaafgescboben  wei'den  müsse,  so  ans»- 
legen,  dass  sie  mit  1— *2'^  langen  Enden  aus  der  Serotalwnnde 
bangen  blbibe.  In  17  bis  25  Tagen  erfolge  das  Abfallen,  des 
Ligaturen  von  seibat. 

Unter  Beobaobtaog  dieser  nnd  überhaupt  aller  Ton  B.  yer- 
geaohriebenen  Massregeln  castrirte  ich  im  Jabre  1869  den  14,, 
16.,  24.,  2S.  und  29.  Mars  Je  einen  Hengst  mit  Aetsligaturen 
(beim  1.  und  2.  mit  IV'^  und  beim  3.,  4.  und  5.  Vernuebe 
mit  V^^  dieken),  dagegen  den  13.  Mars  2  Hengste,  15.  1,  16.  3, 
n.  1,  18«  1,  29.  3  und  31.  2  mit  Aetsklnppen  {^*  breit  nnd 
mit  Gummi  arab.,  Gnpri  snlfnriei  aa.  et  Aq.  c.  bestrieben). 

Der  i.  Versnob,  nach  Bnr ebners  Methode,  fand  aa  einem 
reebi  mageren,  reis  losen  Tbiere  mit  gutem  Erfolge  statt. 

2.  Versneb.  Bei  einem  3 jährigen,  massig  genährten,  ge* 
sniid«n.  Hengste»,  aanguiniseben  Temperamentes ,  war  12  Stunden 
naieh  der  Operation  schon  starke  Qesobwnlst  am  Bddeasacke 
entstanden,'  ausserdem  beobachtete  ich  heftiges  Fieber  und 
80  Pnlse  in  d.  M.  Diese  Krankheitserscheinungen  steigerten 
sieb  nach  24  Stunden ;  die  Geschwulst  wurde  sebr  gross,  sobmers- 
bafi,  b eiset  erstreckte  sich  vom  Qodensaoke  auf  den  Schlauch, 
die  untere  Bauchflache  und  inneren  Sabenkelflachen,  der  Puls 
eredrien  hart,  sehr  klein,  90  Mal  in  d.  M.  nnd  das  Fieber  in 
bedrohlichem  Grade.  Von  vorn  berein  starke  häufige  Gaben 
Hatri  sulfnrici  eryst.  und  Nitri  depurati,  aunäebst  allein,  spater 

Mag.  C  Tlü«rh«UlL.    XXXVL    t.  14 


SlO 


Amd«rt«hB. 


m  Z  r^^gm 


C 
40  T 


fid«  dM 


Ligatana  ab. 


5  Wock«  dwdb 


Castrationniiediod«  oilt  Aetzligatnren.  211 

TOB  Tet^^nihitt&l  längs  der  Wirbolssnle  und  von  KohlenpolTer, 
Potasehe,  Gampfaer  aaf  dem  fibrigen  Korper  tmglich  wiederholt, 
die  Cestmttennwiuideai  mit  Leineameneehleim ,  BilienkraBt  und 
Beaemmta  gebahet,  Kl^retiere  von  EamiUenthee  4  Mal  taglieh 
i^pliciri.  Inaerlieh  verabreichte  ich  mit  Mehltrank  kleine  Gaben 
Tart..  etibi  und  Nitrt  dep«,  ferner  in  den  ertten  2  Tagen  Nnc. 
Tom.  Drjjk  Galomelanoo  Dr)^.  and  Camp  hör.  tr.  Drjjj.  anf 
6  mal.  Als  der  Patient  tidi  trotsdem  den  23.  schlechter  seigte« 
so  beute  ieh  die  Gastratio nswanden  mit  Eopferritriol ,  rerord- 
neto  innerlich  Herb,  hjoscjami  Jjjj.  Galomelanos  Drjj.  auf  6 
Mal  in  3  Tagen,  wocnaeh  den  anderen  Tag  eine  Tornbergehende 
Beaserang  eintrat.  Den  25.  war  der  Patient  wieder  aasserst 
ob«!  .d^nran«  Jetat  Strjdin.  nitrici  gr jjj«  nnd  Flor,  ehamomill.  £/}• 
sls  Latwerge  In  S  Portionen  an  einem  Tage  einverleibt,  ?er- 
hinderten  .nicht  den  Tod  des  Thierei  am  26.  April. 

&•  Verench.'  Schliesslich  operirte  ich  noch  einen  3 jahrigen, 
schwach  ^genährten  .Hengst,  dessen  einer  Hode  nnr  bohnengross, 
kanm  bia  nnter-den  Banchring  rmchte.  Alles  lief  bis  snm  13. 
Aptil  Tovtrefflich  ab;  als  aj|»er  der  Bigenthnmer  den  Gastraten 
aa  diesem  Tage  .bis-  nam  Brhitsen  frei  heramlaofen  gelassen 
halte,:  «Q  VJir  derselbe  bereits  am  nächsten  Tage  auf  s  heftigste 
Yom.  Stanrkrampf  afificirt.  Die  Manisperre  fand  ieh  am  14.  so 
anagebildat,!  dass  dem  Thiere  nichts  vom  Manie  an«  einverleibt 
werden  konnte.  Athemaoge  betragen  bis  80  in  d»  M.  nnd  es 
war  eine  bedentende  Lang^neongestion  aagegen*  Die  Wanden 
State  ieb  gleich  mit.  Gollod.  corros«,  wandte  hiafig  lauwarme 
BMl*e(iboagen  von  OL  hyoscgrami  statt  B&bangen  an,  applieirte 
ab.  and  an  Tabacksraach-Kljstiere  and  verfahr  sonst  aoasexlioh, 
wie  im  Versocbe  4.  Dann  machte  ich  einen  kleinen  Aderlass 
nnd  injiiSirte  2  mal  in  12  Standen  Tart.  stibiati  gr.  V.  in  Aq. 
destil.  Drj>.  eolati  1.  artis.  in  Vemam  jugolarem,  aber  ohne 
ii^end  welehan  Erfolg..  Den  15.  wnrde  es  mit  einer  Injection 
von  ^.  am^gidaL  avnar.  xx  gntt.  et  Aq.  destil.  Dr jj»  versoeht ; 

14* 


ns  AB4«r«okB, 


Tbtar  m  16.  April  Tcrea^eto. 

D«B  Vor— f  Mi biftfct»  MMh  iü  wütt 
mmm  1.  Verasek  ofaM  wttfeh«  ibla  P^lgM 
bstt«  leb  wthom  eise  l«beMgefikrliah«  Smtaiadnf  <« 
kiapf(M,  aad  di«  Ligatefea  fiele«  erst  mmA  40  Tefee  ab.  la» 
3.  Venodie  wordee  die  Ligatwee  eeek  '^  Woekee  aoger  ber- 
eoegesogee;  beim  4.  aed  5.  giegea  beide  CertwUe,  aachdeai 
der  eiae  aiieb  8  ■■wiifr— giTo All  gebebt  bette,  eai  Stankfampf 
s«  Graade. 

Mic  deai  beetee  Aatgeage,   obae  die  miadeete  Uaeaaeha^ 
liebkeit  Terliefen   aber  die  am   diaeelbe  Zeit  mit  AetsUeppee 
▼orgeBommeBeB  iZ  CeetratioBeB.     Die  lünerfd^ge  bei  Aewea 
doag  der  Aetsligatorea  freppirteB  mieb  um  so  mebr,  da  ieb  bi» 
dahia   wibread   6  Jabre  bereite  ca.  $50  Heagate»    160  Meve^ 
50  Eber  asd  150  B5eke  okne  einea  Verbut  aieiat  mit  Aeta- 
klttppea  (Stiere,  Eber,  Boeke  öfterer  daieh  Abdrebea  «ad  Ab- 
Mhabeo)    eastrirt   batte.     Hoebsteas    bebe    icb    ele  WoadfiMMr 
maengea,  eia  paar  BlataogeD  etiiiea  oad  Ueberreete  äbgeateC'«* 
beaer  SameBetraagteadea  eieige  Mal  eatferaeB  miaaea.    Seger 
aa  HeBgttea,   mit  gewobaliebea  oder  laeaieerirteB  Hodeaeaefc 
Neta«  oder  Darmbrocbea,  gegea  veraltete  SameeetraBgererbar» 
taagea  aad  Fiatela  bei  Tbierea,  welebe  tob  KoBoralae  feble»^» 
faaft  ausgelegt  waree,  ead  bei  15-  bie  Mjabfigee  (!)Heagetetf 
bewiUirteD  sieh  die  Aetskloppee  obae  Aeiaabme  gat. 

Welehea  Ümitaadea  ist  ea  «obl  sBeoiekreibeB«  dam  UAi- 
bei  CaetratioaeB  der  Hengste  aar  mit  AetaUgaitarea  soiiel  IKi^* 
glack  gebebt  habe? 

Meines  Eraehteae   lasst  sieb  dieses  ans-  folgendea  üebel' 
staedea  der  BörebBer'sehea  Operatioesmetböde  erklirea: 

a)  Die  aber    1  "*  diekea   and   3  aial  in    ColL  eorros.  ge^ 
tmaiditen   Ligataren  siad  sa  atsead,  da  sie  bei  wohlgenebr- 
teren  Tbieren  gefthrliehe  fintsfindoag  veraalaseeB,-  ead  was  bjb'' 
nicht  immer  bei  der  Bescbreibaag  der  eiaselnen  Versoehe  ber- 


CastrationsiBlHilode  mit  Aetcligataren.  "^it 

▼oi^eh^b^  1ia{>e,  hei  weitem  heftigere  Fl^bererscbefnangeo,  als 
-die  Aet2klop{)()ti  herTorrnfen. 

b)  Die  aas  den  OperätionswaDden  herrorsteb enden  Ligu- 
tnrenden  bieten  die  M5glichkeit,  dass,  durch  Zerren  an  den- 
B'elben,' der  im  Versdche  4.  stattgefnndene  SamenstrangsTor- 
falt  herbeigeführt  worden  sein  Icann. 

c)  Wenngleicb  ich  mit  einem  bedentenden  Kraftanfwande 
die  Ligatnrbn  tadeßös  anbrachte ,  .so  müssen  die  iSamenstrange 
meist  doch  nicht  damit  vollständig  abgeschnürt 
werden  können;  denn  es  branchen  die  Ligaturen  tn  länge 
'Zeit  (5  bis  6  Wochen),  um  sich  absutSsen,  und  es  tritt  auch 
th'  leicht  Starrkrampf  ein ,    weil  offenbar  die  Nerven    nicht  ge- 

> 

^otig  mortificirt  sind. 

Die  im  Versuche  4.  und  5.  angeführten  Castrate  mögen 
auch  beide  in  der  Zugluft,  plötzlichem  Temperaturwechsel,  na< 
mentlich  in  der  gleich  nach  der  Operation  eingetretenen,  3 
Wochen  anhaltenden,  heftigen,  kalten,  trockenen  Nord-  und 
Ostwinden  veranlassende  Ursachen  cum  Starrkrampf  gehabt  ha- 
ben, vielmiehr  noch  in  Folge  einer  durch  eine  Jahresconstitution 
bedingten  Anlage  su  diesem  Uebel  erkrankt  sein,  weil  mir  im 
Torigeü  Jahre  ein  mit  Strlchfeuer  gegen  Schale  behandeltes 
Pferd  und  sogar  mit  Aetzkluppen  castrirter  Schafsbock  an 
Starrkrampf,  einer  Krankheit,  die  seit  Jahren  in  meiner  Praxis 
nicht  vorgekommen  war,  fielen  (Nitri  depurati.  Tart.  stibiat«, 
Strychnini  arsenicosi,  Nervenschnitt  fanden  vergeblich '  Anwen- 
dnng);'  dennoch  wird  die  Bur'chner'sche  Gastrationsmethode 
dadurch,  dass  40  in  demselben  Frühjahre  ausgelegte  Hengste 
(einige  ganis  unter  gleichen  Verhaltnissen,  wie  die  verunglück- 
ten) alle  ohne  Folgekrankheiten  genasen,  für  die  Ostseepro- 
Vi'nzen  Kusslands  als  äusserst  gefährlich  an  Hengsten  ver- 
dächtigt. 

Daher  werde  ich  für  die  Hengste  nach  wie  vor  in  der 
Regel  mit  den  Eingangs  beschriebenen  Aetzkluppen  auflegen. 
Gewohnlich  lasse  ich   die  Thiere  nüchtern  zu  mir  bringen,   wo 


Btk^a  .'oft  30  fr 


Mhem  de§  SctoCom  mit  Od,  Fett 

i  0tasd«  kB  Scfaritt  md  klmmem  Tnb   sa 

wobolidi    «tjrker   Geaebwolst    diete    Bewegvag    3  aal    tigiinh 

ranüu^tmtmf  den  HodesMek  bU  laawanien  LfJaMaeatrhlni« 

5  btJ  10  mal  tigjjeh   sazufeaehleB   lud   1  Pfd.  Natri  aaUorid 

CfjfL  mit  ^^,  Kitri  dep.  auf  6  mal  io  4S  StasdeB  sa  Tecab- 

retdMD;  gafahrdrobeodere  Encbeinaagaa  air  aofozt  aa  aieldeB 

ood  daa  Tbiar,  falla  dia  Wandaa  neb  aiebt  ia  3  bia  6  Woebaa 

iebliattaa,  inadar  ao  aur  an  briagan« 

Bai  Stiarao  dagagaa  ist  diata  AatokleppaaBeÜioda  Tar- 
warfliab«  a)  Dia  Tbiare  laaaan  lieb  aoa  groiaarar  BatfanuiBf 
aa  adiwar  dam  Arate  aofobran;  b)  braoeban  naeb  dar  Gaatn- 
iioa  katoa  foieba  arxüiaba  Uabarwaebiisg»  wia  die  Haagate,  ior 
wfldia  dia  CaatratiOB  weit  gefabrliebar  iat,  alt  für  eratara; 
e)  fiad  nagefögig  ond  anebwaren  dia  AbnabnM  der  Klappen; 
d)  walcba  bei  alten  Tbieren  oft  lebensgefibrliebe  Blatnngen 
nacb  ficb  sieben.  —  Mit  Vergangen  habe  ieb  an  Bnllen  die 
Bnrcbner^fcbe  Sciercattrationamethode  aaagebeatet  Um  aber 
eine  rollf tandigere  Unterbindung  des  Samenstranges  an  ersielen» 
mache  ich  1)  etwa  fnnf  Umdrehungen   an   dem   Samen- 


Ca«tr8ti<^«iiietbode>  mU  Aotaligfttiiren.  91^ 

%traiiig6  in  der  W^^e,  wie  beim  Abdrehen  der  Boden,  an^ 
2)  lege  dann  die  nar  |-^^'  dicke  Ligatur  möglichst  fest  an.  —7 
Dorch  ^  die  Umdrebangen  .zerreissen  namentlieb  das  Venenge- 
flecht, aber  wahrscheinlich  aach  die  Arterie  and  der  Nerv  bis 
aaf  die  Nerrenroh renscheiden  und  alle  diese  Theile  snsammen- 
haltende  Biodejiabstans  (das  Bindegewebe},  welche  noch  einen 
etwa  fingerdicken  Strang  bilden.  An  diesem  ist  dnrch  die  Aeta* 
ligatar  eine  weniger  grosse  Masse,  als  an  einem  ganzen  Samen- 
strange  an  überwinden  nnd  gewiss  ein  vollständigeres  Abbinden 
möglich.  Das  Aetzmittel  ist  nun  auch  im  Stande,  bis  auf  die 
Mitte  des  unterbundenen  Samenstrangsrestes  vorzudringen,  und 
80  namentlich  an  der  Arterie  und  dem  Nervenende  einen  Aetz* 
Schorf  zu  erzeugen.  —  Mit  einer  \^^^  dicken  Ligatur  bringt 
man  weniger  nach  aussen,  auf  die  innere  Flache  des  Scrotums, 
wirkendes  Aetzmittel  in  die  Wunde,  aber  hinlänglich  so  viel, 
um  von  der  Ligatur  aus  nach  der  Mitte  der  ünterbin dungssteile 
hin  an  einem  durch  einige  Umdrehungen  grösstentheils 
zerrissenen  Samenstran.ge  durchgreifender,  also  zweck- 
mässiger einzuwirken,  als  mit  darüber  dicker  (1^^^^  Ligatur 
aaf  die' des  ganten  Samenstranges.  Solche  %^^^  dicke  Schniir, 
aus  gulem  Hanf,  ist  fest  genug,  um  bei  gewohnlicher  Armkraft 
nicht  zu  zerreissen  und  ist  mit  geringer  Mühe  weit  fester  zu- 
sammenzuziehen, als  die  1^^^^  dicke  mit  ausserster  Anstrengung. 
—  Im  Laufe  des  vorigen  Jahres  castrirte  ich  mehrere  Stiere 
\n  derartig  modificirter  Weise,  stets  ohne  welche  üble  Zwirchen- 
faile.  Die  Ligaturen  fielen  in  3  Wochen  ab  oder  konnten  dann 
leicht  hervorgezogen  werden,  und  Starrkrampf  ward  nie  ge- 
sehen. 

An  diese  Betrachtungen  meiner  Erfahrungen  über  die 
Bürchner'sche  Stier  -  Castraotionsmethode  erlaube  ich  mir 
noch  einige  Schlussbemerkungen  anzureihen.  Durch  die  schlech- 
ten Resultate  an  Hengsten  gegen  die  Bürchner'sche  Methode 
misstrauisch  gemacht,  wage  ich  dieselbe  in  toto  selbst  bei 
Stieren  nicht  zu  empfehlen;    aber  mit  der  von  mir  angedeu- 


f<t«B  ModHkaliaB  «ndiC«  ick  m  ab  ffie  böte  SImt 
tioaMefhode  ■■!«  allca  bisherige»  u4  ■■■•■tlkfc  n 
mit    ailderMi   Klis«,    aU    u    4«a  OstoeaproTusca   KMilaads, 
«■dl  bei  Heagitea  i^fabrloe. 

Der  geehrte  College,  Herr  Bfirebaer  wird  es  hofe^tficb 
mir  eieht  Tersrgee,  weas  idi  doreh  die  «^"^»tn  Eesdtste  am 
Hesgstea  eisgescboebterC,  seiM  CasIrelioMaetbode  sa  Scicrea 
aarersodit  lasse,  weil  ieb  aas  d«  Aaslogie  der  Sameaslriage 
der  Heagste  aad  Stiere  ia  phjsiologlsdier  aad  aaatonseber 
Beziebaag  aodi  bei  Stieree  Toa  der  aaTeriadertea  Birebaer- 
ssbea  Methode  besoaders  Starrkrampf  belardite,  gcgea  dea  es 
leider  selbst  aater  dea  aeaestea,  eaipfohleastea  Mittele  geviss 
aor  aasaabmsweise  eia  Heilmittel  giebt. 


vm. 
Ke  Icfem  ihr  CcMfagchni;  ikr  im  likhraidL 

Von  Dr.  Koats, 
Krnsphjsikas  das  Kreises  Waaslebea. 

(Fortsetzaog.) 

Man  kSaate  jedoeh  theoretisdi  dea  SeoeheDDateiadiied  aad 
damit  die  erwahate  Sperrmaassregel  dadareh  begroadea  wollea, 
dass  der  Milsbraad,  bevor  er  dardi  Kraakbeitssymptome  sieh 
maaifestire,  Uogere  Zeit  latent  bleibe,  so  dass  hiernadi 
Thiere  aaseheioeod  noch  gesand,  ia  Wirklichkeit  jedoch  bereits 
kraak  seien.  Bine  solche  Lstens  ist  jedoch  bis  jetzt  keines- 
wegs  nachgewiesen,  snch  keineswegs  wahrscheinlich.  Ans  der 
Praxis  aber  fahren  wir  noch  an,  dass  man  mit  Besag  aaf  dea 
Milzbrand  des  Schafes  faglich  nar  von  gesanden  oder  kranken 
Thieren  reden  kann;  Schafe  haben  entweder  den  Milzbrand  and 


Gesettgelning  .Ober  MilaÄ>ran<l.  SIT 

dann  iiaä'  erie  tehoa  dem  Tode  nahe,  oder  %\^  biAien  Ihn  nicht 
Tiod  idann  sind  sie  so  gesnnd  wie  alle  andern. 

Schfies'slich  resttmiren  wir  unsere  Atisiebt  noeb  ein  Mai 
dahin:  man  Terbietd  bei  höherer  Strafe  das  Schlachten  kran* 
ker  Thiere,  sowie  den  Verk anfand  Verbraneh  äti  Fleisches  and 
der  Milch,  behelligt  jedoch  ansserdem  dasPablikum  nicht  mit  wei- 
teren, das  gesonde  Vieh  betreffenden  Qnarantaine-Maassn ahmen. 
Als  Correlat  hiersu  trete  die  Saoitatspolizei  in  regeren  Wech» 
selrerkebr  mit  den  öffentlichen  hygienischen  Vorkommnissen  and 
werde  Jedermann  zogänglicb,  ohne  die  Vermittelang  der  Land- 
ratbsämter  und  PöliseibehSrden.  Tst  trotzdem  ein  Schaden  ent- 
standen, so  scheue  sich  die  Sanitätsbehörde  nicht,  dem  Sclial- 
digen  zu  Leibe  20  gehen;  sie  statuire  dann  nar  das  Beispiel, 
so  wird  sie  schon  firfotg  haben.*) 

§•  114. 
„Die  an  einer  Milzbrand krankheit  crepirten  Thiere  dür- 
fen nicht  abgezogen  werden ,  sondern  müssen  mit  Haat  and 
Baaren,  —  nachdem  die  Haut  vorher,  am  sie  nnbrancbbar  za 
machen,  an  mehreren  Stellen  dnrch schnitten  worden,  —  in  6 
Fnss  tiefe  Graben  geworfen,  in  denselben  mit  einer  wenigstens 
eine  Hand  hohen  Schicht  Kalk  überschattet  and  sodann  mit 
Erde  and  Steinen  bedeckt  werden«" 


*)  Wir  mochten  hier  nicht  unterlassen,  einem  Gedanken  Ans- 
druck  zu  geben,  der  zwar  noch  keine  praktische  Erfahrung  für  sieh 
bat,  aiohffdeatoweaiger  aber  der  Berichtigung  nicht  entbehren  durfte.  Seit 
Entdeckung  der  Trichinen  nämlich  macht  ein  Theil  des  Publikums 
nur  noch  einen  Unterschied  zwiFchen  trichinösen  und  nicht  trichinösen 
Schweinen.  Es  kommt  den  Leuten  nur  auf  die  Trichinennntersuchung 
an ;  werden  keine  gefunden  und  erklärt  der  Fleischbeschauer  mit  Rück- 
sicht darauf  das  geschlachtete  Thier,  dessen  vorausgegangene  Krank- 
heit er  aicht  kennt,  für  gesund,  so  sind  Jene  zufrieden,  besehwichti- 
gen damit  ihr  eigenes  Gewissen  und  verkaufen  das  für  gesund  erklärte 
Fleisch.  Die  sogenannten  Polkaschlächter  mögen  nicht  allzuselten  die 
Dreistigkeit  haben,  ihr  unsauberes  Geschäft  mit  Hülfe  des  Fleischbe- 
schauers auf  solche  Weise  zu  legalisiren. 


f)9  finntt^.MBtorm  der 

»Nur  den  Aaritan  and  Thier&riten  ist  es  erliwbl^  in  ein- 
lelnen  Fallen  snr  geneneren  Untersnehnng  der  Krenkbeit  ein 
«olches  crepirtes  Thier  so  öffnen,  jedoch  nnr  nach  dem  volligen 
Erkalten  des  CadaTers  und  bei  genauer  Beobnchtnng .  der  er- 
forderlichen Yorsichtsn^aaqeregeln,*' 

Die  Schwierigkeiten  hänfen  sich ;  nach  hier  dieselbe  Misere 
wie  anderwärts,  dass  das  Oesets  bestimmt,  das  Pnbliknm  nichts 
befolgt,  die  Behörden  endlich  schweigen. 

Das  Verfahren  des  Poblikams  ist  verschieden  nach  .Or|- 
schaft,  Localitat  nnd  Thiergattnng«.  Am  wichtigsten  ist  der  ..Ge- 
genstand fnr  Schäfereien;  wir  an ter werfen  letatere  innachst  der 
Betrachtnng. 

Die  tagliche  Erfahrung  lehrt,  dass  an  Milzbrand  gefallene 
Schafe  nicht  „mit  Hant  nnd  Haaren*'  -—  am  ans  incorrect  ans- 
sadracken  —  verscharrt,  sondern  abgefeilt  werden.  Nach  dem 
erwähnten  landwirthschaftl.  Gutachten  werden  in  der  Provins 
:Sa^hsen  jahrlich  erheblich  mehr  als  2000  Schafe  abgeledert» 
.was-  jedenfalls  nicht  unter  der  Wahrheit  ist;  nach  Korb  er 
(ci^e  den  beherzigenswerthen  Artikel:  Ueber  veterinärpolisei- 
liiche  Vorkehrungen  gegen  die  Ansteckung  bei  der  chronischen 
Lnngenseuche  des  Rindviehs  und  dem  MiUbrande  der  Haus- 
thiere  im  Magazin  von  Gurlt  nnd  Hertwig  XL  202J  werden 
sogar  von  100  Oadavern  95  bis  98  abgehäutet* 

Da  dies  in  der  Heimlichkeit  und  möglichst  schnell  abge- 
macht wird,  nm  dem  Auge  des  Gesetses  an  entgehen,  io  wer- 
den begreiflicher  Weise  dabei  auch  die  gehörigen  Vorsiohts- 
maassregeln  nicht  beobachtet,  besonders  Seitens  solcher  Per- 
sonen, die  nicht  in  dem  Maasse  wie  die  Hirten  mit  der  damit 
verbundenen  Gefahr  der  Ansteckung  und  den  Mitteln,  sich  da- 
gegen an  schutaen,  vertraut  sind«  Der  Schaden,  den  ein  Scha- 
fereibesitser  durch  die  Blutseuche  bei  strickter  Befolgung  des 
Gesetses  erleidet,  kann  unter  Umstanden  ein  sehr  bedeutender 
sein,  wie  denn  auch  der  Gesammtverlust  des  Staates  durch  den 
Milzbrand,  der  ihm  durch  das  Gesetz  auferlegt  wurde,  sich  auf 


GoMtagAtauig  fibef  MilJbrand.  H9 

Safcnmeli  beraehnen  wnrde.  Naofa  Henaingar  (S,  V^oreda  a« 
amoiani  Warke  Milabrandkrankbeiten)  iat  der  Varlnst  far  Baropa 
BaAdiMUlionea  von  Tbalera  aod.Tanaandati  toh  M^osebanlebaa 
»a  TarAnacfalageD.; 

Die  Schäfer  finden  diü»er  niehta  Ungawohntea  in  deai  Qe* 
aehaft  dea*  Ablelleaa  milabrandiger  Schafe;  tkon  sie  es  nicht 
ana  eignem  Antriebe,  ao  than  aie  ea  aof  G^ieiaa  und  weil  aie 
^iaaen,  daaa  aicb  immer  Jemand  findet,  det,  nm  die  Omiat  dea 
Beaitaera  oder  den  Cadaver  an  erwerben,  iin  Falle  ibrer.  Wei- 
gemng  die  anbeimliohe  Procedar  yornimmt. 

Die  Gefahr  der  Ablederer  iat  groaa.  Man  iat  immer  noch 
der  Aiiii4^bt  and  auch  daa  Geaeta  ibast  daraof,  daaa  anverwon«- 
dete  Hast  gegen  die  Anateokang  aabotae,  Diea  iat  dnrchaoa 
jnrtbamliek.  Abgeaeben  davon,  daaa  wahrend  dea  Abfelleni 
aaeb  Inaekten  (Fliegen)  onmittelbare  Gelegenheit  finden,  daa 
Gift  -aa  inocnlir^n,  wsobei  die  Unveraehrtheit  der  Haat  keine 
Rolle  apielt»  sq  aehfitat  letatere  aelbat  nicht  gegen  die  Imbibition 
TOB  Floaaigkeit  in  die  Epidermia.  Hierbei  bleibt  jedoch  daa 
Contaginm  niefat  aaf  der  fiantoberflaehe  wie  aof  eraem  Filter 
aorack.  Die  von  ana  beschriebenen  Falle  legen  sogar  die  Ver» 
aMithang  nahe,  daas  die  Ansteekang  bei  aayersehrter  HaoC 
niebta  woo^er  ala  aalten,  ja  das«  ea  far  daa  Gift  dea  MiU- 
brimda  aberb&apt  gana  gleicbgaltig  aei,  ob  die  Haat  ladirle 
Pnnkte  darbiete  oder  nicht,  sobald  daaaelbe  nar  Zeit  gewinnt, 
die  Epidermia  an  darchtraoken.  Auch  aind  die  örtlichen  patho- 
logiaoben  Verandernngen  bei  anyersehfft  gewesener  Epidermia 
weaentlieh  andere  ala  bei  der  Wandeninfection  ond  dem  Inaeo« 
teoatich;  jene  b^i'uhea  aaf  einer  diffnaen  Anachwellang  mit  un* 
regelmaasiger  Brhebang  der  Epidermis  gegenaber  der  cbarak- 
tenatiachen  Paatel*  and  Poekenform  der  letateren  beiden*  Da* 
dareb  wird  natorlich  nicht  die  Thataaobe  beatritten,  daaa  eine 
atarke  achwielige  Haat  mehr  achotat,  als  eine  aarte  mit  danner 
leicht  abatreifbarer  Epidermia.  Bei  diesem  Sachyerhalte  wird 
man   ea  aicht   mehr  anffallend  finden  können,  daaa  Milabrand- 


910  'Kvats,  B«fi>nid«r 

faifeelioD^D  74m  MeoMbe«  to  biafig  sind,  m«n  wird  eher  be'« 
reofatigt  iein  ftmoDeiiiiieni  data  eioe  gr6tMre  Aasabl  yom  F£Umi, 
•It  Bor  Cognition  der  Aertte  oder  Beh5rden  gelangt,  onbe- 
kannt  bleibt,  weil  lie  gnnitig  TerUafen  and  nngesetaliebee  Ver- 
fiibrea  ihre  Veranlae«ang-  geweeen  war. 

Bbento  sieber  wie  daf  aageeetaliebe  AbMlea  telbtt  iet  ee, 
dass  bei  eorgfiltiger  anbebinderter  ADwendnng  von  Voreiclita» 
maassregeln  die  Zabl  der  Ansteokongeo  eine  weniger  bobeeehi 
wfirde,  ah  wir  gegenwfirtig  sehen,  da  das  Qesela«  nm  ihm  an 
entgehen ,- jene  aasser  Aebt  sn  lassen  n5thigt.  Das«  dieZabi 
derselben  eine  Steigernng  dadurch  erfahren  würde,  dais  bei 
▼ollstlndigem  Freigeben  des  Abfallens  dasselbe  in  noch  allge* 
meinerem  Maassstabe  sar  Anwendung  gelatige,  ist  kaAm  tn  h^ 
ffirehten;  denn  diejenigen,  die  setron  bisher  aas  Rncksiefaten  lor 
ihr  eigenes  oder  ihrer  Mitmenschen  Wohl  dem  Gesetae  ebnibrm 
▼erfahren  and  ihre  Untergebenen  der  Gefahr  nicht  aidsseteeA 
mochten,  werden  dies  deswegen  nicht  mehr'thnn,  weil  das  6e* 
Sets  aosdraoklich  ihnen  gestattet,  was  es  vorher  stillschweigend 
dnldete.  Bleiben  also  die  Abfsllnngsyerhfiltnisse  im  Allgemeinen 
sich  gleich  ond  tritt  die  erlaubte  oder  gesetslioh  überwaebte 
Vorsicht  noch  als  yerbessemdes  Moment  bin  au,  so  müssen  die 
Anstecknngsverhaitnisse  sieh  günstiger  gestalten.  Wir  werden 
jedoch  sp&ter  sehen,  dass  noch  ein  anderes  Mittel  geeignet  ist^ 
die  Gefahr  an  Terringem. 

Der  Gesetsgeber  kann  hiernach  nichts  Besseres  thnn,  als 
das  Abfeilen  freiaugeben,  dafür  aber  unter  Androhung  von 
Strafe  die  Beobachtung  gesetsHch  angeordneter  Vor6iehtsmaaS8<^ 
regeln  au  Terlangen  und  für  das  Bekanntwerden  dieset  hinrei- 
chend Sorge  sn  tragen. 

Im  Allgemeinen  haben  diese  darin  su  bestehen,  dass  der 
Oadaver  immer  erst  nach  dem  Erkalten,  d.  h.  frühestens  Z  Stnn* 
den  nach  dem  Abstorben  abgefeilt  wird,  dass  Hiinde,  Arme  und 
Gesicht  gehörig  mit  Oel  oder  Fett  eingerieben  werden ,  (wir 
halten  für  besonders  Tortbeilbaft  eine  Mischung   aus  '3  Theilen 


Oesetcgebmijr  fiber  KQcbnuid.  ddi 

Te^e^itKffrSI  qbcI  1  Thuil  Mohnöl)»  iiftch  vollendeter  Procednr 
endiieli  der  betreffende  sieh  mit  sehwarser  Seife  oder  verdfinn» 
ter  Seifensiederlange  oder  mit  Kalkwasser  sorgfilti^  wasehe. 
Bei  An^endting  dieses  Verfahrens  wird  die  Gefahr  wenn  nicht 
gana  beseitigt,  doch  erheblich  Termindert  werden. 

'  Die  Reobftchtnng  ei  na  einer  eoncreter  PiUe  leirri  jedoefa, 
data  aolehe  Voi'sichtefoiaaSsregeln  noch  genauer  ^ecificirt  werden 
ai€aaen;  wenn  das  Pnbliknin  in  jeder  Sitnation  bestens  berathen 
sehr  soll. 

Denken  wir  uns  in  die  Lage  eines  Hirten,  der  im  Karren^' 
biilaehen  mit  der'Heerde  kaf  freiem  FeMe  nächtigt  ntad  ^e^ 
ribdisch'Ton  Hanse  wegbleibt.  Setsen  wir  den  Ftfll«  dass  er 
Aaftrag' hnbe,  von  ereptrten  Thielen  das  Fell  tu  retten,  nndf 
daas  es  ihm  an'  G^egönheit  gebricht,  ohne ' Zeitverlust  die  p0^ 
liseiliehe  Moldnn^-  au  erstattenr,  sowie  Unterstattoag  in  reqai» 
riren*  In  solcher  LAge-'dnrfte  es  sich  leidit*  ereignen,  das»  der' 
Hirte  des  Öeles  oder'  Fettes  entbehrt.  Dieser  Umstand  sowi*e 
jener,  dass  auch  das  Einölen  nur  einen  relativen  Schnta  ge^^ 
wihrt  -ond  im  Falle  der  Infection  die  Lage  des  Hirten  eine 
doppelt  genhiltche  wird,  ISsst  es  gerathen  erscheinen,  aof  na- 
dere  noch  bessere  Schntamittel  bedacht  an  seink  Einen  wesent- 
lich sicheren  6chntz  gewahren  ein  Paar  Schwelnsblasen,  nass 
gemacht  nb'hrHfinde  und  Vorderarme  gesogen.  Dieses  Mittel 
wird  bereits  angeweiidet,  erweist  jedoch- nicht  eHie' Zweckdien- 
Ifehkeit  lederner  fisindschnbe,  wie  sie  bei  SchrSchtero,  Hirten, 
Abdeckern  gebrSnchlitlh  sindf.  Ein  Paar  solcher  Handschnh^e 
m^sktö  jeder  Hirte,  ron -dem  das  Abfeilen  vierlangt  wird,  bei- 
sieh fähren;  dieselben  nrössten  bis  an  die  EHbogen  reiben; 
solide  gearbeitet  sein  nnd  nach  dem  Gebrauche '  einer  iweek- 
miasigen  Reinigung  nnterworfen  werden.  Die  passendste  Fa^on 
derselben  wurde  sich  ohne  Zweifel  durch  die  Praxis  selbst  bald- 
erjg^en.  -  Wii*  stellen  hiermit  an  die  betheiligten  industriellen 
Kreiae  die  Pi'age,  ob  sich  dergleichen  Hiindeehnhe  nicht  gnnn 
aoar  Gtlmmi  anfertigen  läisen;    der  Seh nts' bei  Anwendung  abl- 


929  Knuts,  Eifonader 

ab«  wSve  ein  so  ToUstaadiger,  dats  die  Behörde  eknm  S^pluritt 
weiter  gebeo  und  den  Gebrauch  derselben  obligatorisob  maehen 
mnsate* 

Vor  dem  Abledern  bat  der  -Hirte  ■  die  definitive  oder  qnr, 
proTiaorische  Qrabe  fir  Gadaver  und  Fell  bersnrichteii  und 
freieres  an  letiterer  ▼oraanebmen,  um  nnnötbigef  Traospoitiren 
«ad  dadurch  ?emrtaQhtea  Yerfcbleppaa  viübibrandiger  Abgang« 
an  vermeiden«  Wahrend  des  Ahlederna  böte  er  ainb,.  da«  Bfeaseir» 
welches  nbrigens  ebenfalls  in  Oel  sn  tanchen  ist,  mit  den  Zab*. 
nen  oder  Lippen  an  halten.  Das  abgeaogene  Fell  ist»  wenn 
der  Hirte  niobt  in  den  Stand  geei^at'ist,.  aU«  no<^  an  b^ 
aehreibenden  weitere  Maassregeln  sofort  voraanishmen , .  einst«^ 
w«ikn  mit  an  yergraben  oder  doch  sorgültig,,  n^it  der  W^f 
naoh  ansäen  «aeammengerolU,  bei  Seite  .sn.biaingßn;  wir  brai^- 
eben  jetat  nicht  mehr  an  bemerken,  dass  der.  Hirte  «ineo  A^^. 
der  grossesten  Unvorsichtigkeit  begeht,  wenn  er  die  noch  niebh 
desoificirten  Felle  mit  sich  iternrntragt  oder  fahrt,  wie  es  bisher, 
täglich  geschieht». 

.Der  abgefeilte  CadiiTer  ist  niemals  unbedeckt  liegen.  9m^ 
lassen«  Wir  wissen  xwar».dass  dies  ein  gana  .gewohnliches  Vor,^ 
koinmniss  ists  gleichwohl  mnss  dies  für  «ine  un?eri|Dtwortlicbo 
Unterlassungssünde  gelten ,  die  dem  Hirten  durch  ein  scl^wef^a 
Strafmaass  sn  verbieten  ist»   Hierüber  jedoch  spater.» - 

Die  milabrandig«n  F^e,  die  an  der  scbwarslicbbli^rotben 
Farbe  der  hjperamiscben  Inneni(Fleiseh-)seit^  wenn  das.  Tbiiei'' 
erepirt  und  durch  Abschlachten  nicht  blutleer  geworden,  war^ 
laicht  au.  erkeni^n  und  von  andern  gesunden,  fast^  weiss.  90ßr 
sehenden,  Fellen  au  unterscheiden  sind,  müssen  demnaciist  einiir 
Desinfection  unterworfen  werden.  Diese  mass,  wenn  ai^  eiim> 
gründliche  sein  soll,  nicht  bloss  die  Inaenseitii,  sondern  auch, 
die  Woliseite  treffen,  da  das  Gontagiucn  bekanntermitassen.,  an 
allen. .Tbeilen  4ea  Cadavers, baftet,  was  für  die  Wol(e.  auch  dann, 
noioh  aufrecht,  erhalten  werden  mnsate,  wenn  dieaelbe  beim  A^r 
feilen  nicht  verunreinigt  worden  wäre;    selbstverataiidlich  •  tritt. 


Gesel^gebimg  ober  MilsEbrand.  93d 

dies  jedoch  in  der  Regel  ein.  Wir  halten  es  diüier  nicht  för 
genngend,  nur  die  Pleisehselte  mit  dicker  Kalkmilcfa  zu  be- 
streichen, wie  es  bereits  bie  nnd  da  bei  Abdeckern  gebraaeh- 
li^  ist  und  wie  das  landwirtbscbaftlicbe  Gutachten  von  Neuem 
TerscUagt;  es  scheint  uns  gerathener,  auf  das  yon  Ko erber 
(a.  a.  O«  Seite  206)  angegeben«  Verfafiren  au  recurriren,  wo- 
nach di«  Haute  resp.  Felle  6  bis  10  Standen  lang  in  eine  reich- 
gesSttigte»  wasserige  Kalkaundsnng  so  eingelegt  werden  sollen, 
dass  beide  Flachen  derselben  in  ihrer  gausen  Ausdehnung  i^n 
der  Kalklauge  •  umspult  werden  und  sodann  noch  6  Wochen 
lang  an  einem  abgeschlossenen  Orte  su  trocknen  sind.-  Bie' 
WoUe,  welche  doch  immer  die  Hauptsache  am  Felle  bildet  (derr 
Werth  der  Haut  ist  5  bis  7^  bis  10  Sgr.,  der  Wolle  dagegen 
15  bir  2fO  bis  25  Sgr.) ,  erleidet  durch  dies  Vienfabren  m/5gU^; 
eher  Weise  Einbusse  an  ihrer  Qualität;  indess  durfte  auch  hier 
thatsaehlieb  kein  anderes  Mittel*  gefunden  werden ,  welches  die 
nun  einmal  bestehende  leichte  Möglichkeit  einer  6esnndheits«> 
besehadiguttg  auf  billigere  und  bequemere  Welse  aufhebt. 

Bei  gesetslicfaer  Strafe  ist  ferner  su  verbieten  jdas  Aui^. 
hangen  der  -F^lle  in  Stallen,  auf  Stroh-,  Heu-  und  Getreidebo- 
den, überhaupt!  in  wirthschaftlteh  gebrauchten  Käumen,  da  er«^ 
wiesener:.  MaasSen  das  Gontagium  dem  in  ihnen  aufbewahrten 
Feldfrucbten  bei  längerer  Nachbarschaft  anhafibet. 

Es'frftgt  sich  nun  aber,  auf  welche  Weise  das  Gesete  Ga« 
rautie    erhalten   soll,    dass    der  vorschriftsmassigen  B^andinng 
die  Milabrandfelle  auch  wirklich  unterworfen  werden  ?  Die  Aus- 
führung dser  Proeedur  personlich  überwachen   können    die  tuatr. 
liehen  Organe  fuglich  nicht;    sich   auf  die  moralische  Wirkung 
der  Strafandrohung  allein  verlassen,  darf  die  Foliaei  auch  nicht,« 
da  von  den   betheiligten  Personen   Niemand   ein  Interwse  hat/ 
die  Unterlassung  der  Desinfection  lur  Anaeige  sn  bringen  und,- 
wenn   nachtraglinh  verursachter  Schaden  eine  Veranlassung:  der* 
Untersuchung  gäbe,    da«  Corpus   delicti  wegen.  Verkanis  sieht- 
m^i#  beisubringen  ist,  das  Opfer   der  Ansteckung  selbst  aber- 


334  Ennts,  Reform  cl«r 

nlebts  mebr  tu  beseagen  Termag.   Da«  UudwiithsoliafUifllrai  Qtii^ 
achten  schlagt  daher  ror,  die  gesetaliche  Cootrole  aoch  aof  dea 
Häodel    mit   aagoDscheinlich    nicht    detinfieirteB    Hioton   (inet. 
FeUeo),  aUo  mit  Rftachwaaren  nberhanpt  aostndehoeo«    Dieseai 
Vorschlag  koante  man  sich  wieder  aof  eweierlei  Weise  rMtsir fr 
denken,    erstens   durch  Bin  schreiten   der  Polis^i   fSr  den  Fall, 
dass  die  vorgekommene  Thatsache  von  privater  Seite  dennncirt 
worde«    tweitens    daroh  üeberwachong  resp.  Revision  von  La^ 
gern  roher  Felle   und  Haute.     Letatere  Modalitat  wire  analog 
der  sanitatspoliteilichen  Ueberwadinng  des  Verkaofs  von  Con^ 
fsct^  S^ielteog  n.  dergl.,  welches  mit  gifthaltigen  Farben  bemalt 
ist,  f^m^rvon  grungefarbten,  arsenikbaltigen  Tapeten^  Rooläaax 
und  Zeugen.     Das   Farben    solcher   Stoffe    mit    arsesifchaltigeii 
Kupferfarben  ist  -  verboten,  desgleichen  auch  das  Aoflagerbalten 
der  Stoffe   daudi  das  Ministerial  -  Reseript  vom  2.  Marx   18i51. 
Das  ist  gewiss  nur  an  billigen ;  leider  madit  onr  der  Beobachtor 
täglich   die  Erfahrang,   dass   nichtsdestoweniger  arsenikhaltige 
grnne  Tapeten,  Rodleanz  etc.  nach  wie  vior  feilgeboten  nhd  ver^ 
kauft  werden«     Die  betreffenden    Kantiente«  entwickeln   hierbei 
eine  Oieichgultigkeit,  die  an  Gewisaeslosigksit  grenzt;  die  Be-* 
strebnagen  der  SaDitatepo&isei  sind  ihnen  ekel  Theorie.    Droht 
ihnen  die  Klage,  so  helfen  sie  sieb  aohlinHasten  Falls'  aveh  mit 
dem  Binwande,    dass   ja    der  Kanfer  ansdrookücb '  den   granen. 
Stoff  verlangt  habe.    Ob  dergleiohien  Waarenlager  ii^ndwö  re- 
vidirt  werden,  regelmassig  oder  gelegentlich ,  ist  «ab  nicht  be* 
kanat;    dass    s.  B.    in  Magdeburg    keine  Gontrole    stattfindet» 
konnten    wir    beweisen.     Die    gegenwärtige  iSani^tspöiisei    ist 
auch  gar  ntefat  in  der  Verfassiing  Interesse  fnr  solche^  immer: 
sehr  undankbare  Geschäfte,  zu  hegen.   Das  torneuerte  liinistetiid- 
Verbot  ist  also  von  keinem   oder  doch  nur  sehr  untergeordne- 
tem Briblfro/  Bin  analoges  Verbot  aber  för  milsbraodige  Pelle ^ 
und  Haote  wurde  unter  den  bestehenden  Verhältnissen  vollends 
eine  Plirase  seio.     Selbst  bei  einer  g£n«lich  veränderten,  wirk-' 
samerea    Stellung    der    Sanitatspolisei    wurde .  der    Verschleisa 


GMetegebnng  filier  MUshnucl.  235 

solcher  sich  jeder  Controle  eaUteli^.  Die  Sieherstettaag  des 
offentüehen  Wohlee  miiM  hier  also  endertwo  geeaeht  werden. 

Wir  gleoben  ein  Mittel  hierfSr  in  einer  VMrordnnng  ra 
finden,  welche  mit  der  poliMÜchen  Meldong  rorgekommener 
Todesfälle  zagleich  die  Angabe  dessen  vorsehriebe,  was  mit 
den  Gadarem  geschehen  sei,  ob,  in  speeie,  die  Abledemng  vor- 
genommen wiirde  oder  nicht,  ob  und  wo  der  abgelederte  Ca- 
daver  verscharrt  sei,  endlich  die  vorsehrifUmassige  Desinfeetion 
der  Hant  resp.  des  Felles  nsd  wann  sie  bewerkstelligt  sei  oder 
werde. 

Die  poliseiliche  Meldung  mass  noch  nm  einen  Pnnkt  ver- 
ToUstandigt  werden,  der  jedoch  erst  der  ansinhrliehen  Erorte* 
rang  bedarf. 

Das  beth^ligte  Pabliknm  schlagt  nämlich  in  sehr  vielen 
Fallen  ein  gans  anderes  Verfahren  ein,  vonng^eise  mit  Rind« 
vieh»  oft  genog  jedoch  anch  mit  Schafen.  Das  ge£sllene  Vieh 
wird  einfadi  dem  Abdecker  aberliefert  gegen  BntschadigQag 
irgend  welcher  Form.  Der  Gewinn  des  Abdeckers  ist  hierbei 
so  bedeatend,  dass  von  einer  Ablehnung  desselben  im  AUge» 
meinen  nicht  die  Bede  na  sein  scheint.  Wir  werden  abo  doroh 
dieses  Verfahren  aaf  die  §§.  186.  and  137.  des  Viehseochen- 
patemts»  welche  dem  Scharfriehtev  ein  bestimmtes  Verhalten  ür 
solche  Falle  vorschreiben,  wieder  sarickgefahrt.  Obwohl  das 
Begalativ  von  1835  auch  den  Abdeckereien  jede  Aasnataimg 
untersagt,  so  können  wir  doch  nicht  amhin,  die  praktische 
Einfachheit  dieses  Verfahrens  an  betonen  and  aar  Rechtferti* 
gong  desselben  aumfl^en,  dass  anter  dem  Personal  der  Ab- 
deckerei sa  W.,  welche  seit  Jahren  milabrandiges  Vieh  ver- 
arbeitet, bis  dato  eine  lebensgefährliche  Infectien  nicht  vorge«> 
kommen  ist.  Diese  Abdeckerei  steht  jedoch  hierin  ni<dit  ver* 
einselt  da;  das  finanzielle  Interesse  der  Viehbesitaer  and  Ab- 
deoker  seheint  das  Verfahren  allenthalben  herbeigefofart,  oder, 
richtiger,  erhalten  za  haben,  ohne  dass  ans  der  einschlägigen 
Literatar  eine  der  allgemeinen  Verbreitang  desselben  entspre- 

Mag-  f*  Thierheilk.  XXX VI.    3.  25 


226  KuQtz,  Reform  der 

cbende  Häufigkeit  von  Infe^tioDeii  des  Schar f rieb terei-PersooaU 
eich  nachweisen  Hesse.  Infectionspnsteln  sind  aller  Erfahrung 
nnd  allen  Berichten  nach  bei  Letcteren  sehr  hanfig;  die  schnelle 
Anwendung  TOn  Kalkwasser  verhütet  aber  wohl  den  Eintritt 
Ton  Unglneksfallen. 

Obgleich  das  Verfahren  gesetslich  unstatthaft  ist,  so  wird 
es  doch  von  den  Behörden  stillschweigend  geduldet  nnd  ist  es 
besonders  die  nähere  Umgebung  der  Abdeckereien,  die  sich 
mittelst  desselben  des  crepirten  Viehes  auf  beqpeme,  schnelle 
nnd  nicht  ganz  entschuldignngsiose  Weise  entledigt. 

Das  Gesetz  ist  zwar  befugt  und  verpflichtet,  seine  schat- 
zende Obhut  Jedermann  ohne  Ausnalime  angedeihen  zu  lassen, 
nnd  hatte  principiell  Recht,  wenn  es  auch  die  Abdecker  von 
den  Verboten,  die  zum  Schutze  des  öffentlichen  Wohles  erlas- 
sen sind,  nicht  ezimirte.  Die  Gesetzgeber  müssen  jedoch  ein- 
sehen, dass  das  praktische  Leben  ein  anderes  ist,  als  es  ihnen 
am  grünen  Tische  vorschwebte.  Die  Beobachtung  des  letzteren 
lehrt  uns,  dass  auch  hier  die  bisherige  Milzbrandgesetzgebnng 
eine  vollständig  resultatlose,  todtgebome  ist  und  bleiben  wird. 
Man  hat  versäumt,  vorher  die  Praktiken  des  Publikums  zu 
studiren  und  sie  somit  zu  verwerthen,  als  sie  dnrch  den  Erfolg 
gewissermaassen  sanctionirt  worden  sind.  Erklaren  sich  die 
Abdecker  selbst  damit  einverstanden,  so  sollte  sich  das  Gesetz, 
wenn  sie  das  doch  unleugbar  nutzen  stiften  de  Geschäft  überneh- 
men^ die  Landschaft  zu  reinigen,  nicht  in  dies  Geschafb  auf- 
dringlich einmischen,  so  lange  dasselbe  jenen  nicht  mehr  scha- 
det, als  etwa  das  Obdnciren  dem  arztlichen  Publikum.  Das 
Gesetz  halte  sich  im  Gegentheil  auch  hier  fern  und  behalte 
sich  nur  vor,  auf  Beobachtung  bestimmter  Vorsichtsmaassregeln 
au  dringen,  resp.  dieselbe  jederzeit  zu  überwachen  und  zu  con- 
troliren. 

Hierbei    gewinnt    die    Sanitatspolizei   folgende    unleugbare 
Vortheile: 

1.  Die  Behandlung  milzbrandiger  Gadaver,  FeUe  und  Haute 


Gesetegebnng  über  Milzbrand.  2^7 

befindet  sieh  in  sachkundigen  Händen;  die  Geßihr  wird  auf 
eine  geringere  Anzahl  von  Personen  beschrankt,  die  dnrch  Be- 
lehrung und  Erfahrung  mit  jenen  umzugehen  und  sich  zu 
«chützen  gelernt  haben;  wahrend  unter  den  entgegengesetzten 
Verhältnissen,  insofern  die  besprochenen  Proeeduren  sehr  oft  der 
Sache  Unkundigen  und  zugleich  Unwilligen  anvertraut  sind,  die 
Gefahr  der  Ansteckung  ohne  Zweifel  grosser  erscheint; 

2.  die  Gefahr  wird  auch  dadurch  vermindert,  dass  die  un- 
bequeme und  immer  grosse  Vorsicht  erheischende  Procedur  des 
Verscharrens  der  Cadaver  wegföllt;  denn 

3.  die  Abdecker  erreichen  diese  auf  andere,  nebenbei 
nutzenbringende  Weise,  zerstören  zugleich  dadurch  das  Milz- 
brandcontagium  und  beugen  der  Gründung  neuer  Malariaheerde 
vor,  die  unfehlbar  der  Landschaft  aus  den  VerscharrungsplStzen 
erwachsen,  wenn  die  Cadaver,  wie  es  unzweifelhaft  oft  geschieht, 
nicht  hinlänglich  tief  vergraben  und  hinlänglich  hoch  mit  Kalk 
beschüttet  werden; 

4.  es  ist  nicht  zu  verkennen,  dass  es  manchem  Viehbe- 
sitzer, dem  jahrlich  5  Procent  und  mehr  seines  Rindviehbestan- 
des zu  Grunde  gehen,  recht  wohl  an  Land  oder  geeigneten 
Plätzen  zur  Verscharrung  mangeln  kann;  auch  beschwert  der- 
selbe sich  mit  Recht  darüber,  dass  ihn  das  Gesetz  d^n  no- 
thigt,  in  seiner  Nähe  möglicher  Weise  recht  ansehlUfehe  Ver- 
scharrnngsplätze  anzulegen,  deren  Emanationen,  jo  sorgfältig 
sie  auch  angelegt  sind,  von  Menschen  und  Thierfh  jederzeit  ge- 
mieden werden  müssen  und  auf  denen  Nichtig'  cultivirt  werden 
kann;  diesen  Uebelständen  wird  abgeholfe^^. 

5.  Es  wird  der  Sanitätspolizei  verhältnissmässig  leicht,  eine 
wirksame  Controle  über  Beobachtc^ng  vorgeschriebener  Vor- 
siohtsmaassregeln  bei  der  Verarbeitung  der  Cadaver  in  den  Ab- 
deckereien auszuüben; 

6.  die  Behörden  können  sich  jederzeit  von  der  Desinfection 
der  Felle  und  Häute  und  der  Art  der  weitern  Nutzbarmachung 
der  Cadaver  überzeugen;  endlich 

15* 


228  Kantz,  Reform  der 

7.  68  kftnn  mittelst  gesetzlich  vorgescbriebeiier  geoAoer 
Listenfolirang  der  Abdecker  die  polizeiliche  Meldung  Seitens 
der  Viehbesitzer  controlirt  werden  and  umgekehrt. 

Dieee  Vortheile  sind  so  OTident,  das«  etwaige  Nachtheüe, 
die,  Misser  der  Venurboitang  in  den  Abdeckereien  zelbzt,  etwa 
noch  aas  dem  Transport  der  Gadaver  erwachsen  konnten»  da- 
gegen nicht  ins  Gewicht  fallen  dürfen,  Sie  berechtigen  uns 
noch  einen  Sdiritt  weiter  an  gehen.  Wir  stellen  fSr  gefallenes 
Rindneh  und  Pferde  geradeso  die  Forderung  anf»  dass,  wenn 
der  Besitzer  nicht  nach  TMrschriftsmissiger  Weise  das  Vieh 
unter  Unbrauchbarmachung  der  Haut  verscharren  lasst,  er  das- 
selbe dem  Abdecker  überliefern  muss,  da  das  Abhauten  sol- 
cher ToluminSsen  Thiere  doch  zu  umständlich»  zeitraubend,  mit- 
Gefahren  verknöpft  ist  und  zuviel  Abfalle  hinterlasst.  Schweine 
werden  nicht  abgehäutet;  wir  lassen  daher  für  sie  dieselbe  For- 
derung gelten. 

Bezüglich  des  Transports  bemerken  wir  noch,  dass  das 
Gesetz  sich  gegen  die  damit  verbundenen  Uebelstande  zu 
schützen  vermag  durch  besondere  Vorsehriflten »  für  welche  wir 
das  Reglement  der  K5nigl.  Regierung  zu  Potsdam  vom  19.  Oc- 
tober  1865»  betreffend  die  Ausnutzung  der  Cadaver  der  an  der 
Lungenseuche  gefallenen  Rinder,  mutatis  mutandis  als  Vorbild 
empfehlsn.  Spezielles  musste  allerdings  noch  hinzugefügt  wer- 
den, z.  B^.das  Verbot  Hunde  mitzubringen,  undichte  Karren 
au  gebrauchen«  Wir  können  hier  nur  andeuten,  was.  die  tech* 
nischen  Behörden,  wenn  sie  sich  der  Sache  überhaupt  anneh- 
men, detaillirter  beatimmen  müssen. 

Bs  ist  bereits  angeführt,  dass  auch  dem  Abdecker  die  po- 
lizeiliche Meldung  obliegen  müsse,  diese  Forderung  muss 
grundsatzlich  festgehalten  werden,  da  unserer  schon  mehrfach 
ausgesprochenen  Ueberzeugung  nach  nur  auf  der  Basis  genauer 
Kenntniss  der  Morbilitatsverhaltnisse  eine  wirksame,  dem  Leben 
adäquate  Sanitatspolisei  mit  möglichst  milder  Praxis  und  mög- 
lichst sicherem  Erfolge  sich  aufbauen  kann.     Wir  sehen  zwar 


Gesetigebang  über  Hilsbrand.  229: 

den  Vorworf  roraiM,  dass  das  rigorose  Verlangen  der  polieei« 
lieben  Meldung  k  t6iit  priz  dem  Publikam  soviel  neue  Lasten 
auferlege,  dass  es~  vernintblieb  voraieben  werde,  die  guten  alten 
Zeiten,  da  Jeder  maeben  konnte,  was  er  wollte,  nocb  lanjger 
erhalten  zn  seben.  Das  mag  wobi  sein;  das  Pablikom  ist  es 
jedoch  vberbanpt  nicht,  welches  Verandemngen  wünschte.  Ea 
befand  sich  bisher  im  ungestörten  Genüsse  ungesetxlicher  Vor*^ 
theile;  diese  sollen  ihm  auch  fernerhin  nicht  verknrat  werden; 
es  soll  nur  dafür,  dass  diese  Vort^eile  gesettliche  Gestalt  ge- 
winnen  sollen,  der  Sanitatspolizei  gewisse  Goncessionen  ma- 
chen. Das  ist  doch  nicht  meht  als  billig. 

Es  darf  nicht  vergessen  werden  hervorzuheben,  dass  der 
Viebbesitzer  bei  Meldung  von  Milsbrandfallen  zugleich  anzuge- 
ben hat,  ob  der  Abdecker  requirirt  worden  ist  oder  nicht. 

Endlich  haben  wir  noch  der  sogen.  Treiber  mit  einigen 
Worten  zn  gedenken,  die  oft  wochenlang  unterwegs  sind.  Die 
Schfifer  selbst  äussern  sich  dahin,  dass  mit  dem  Holen  von 
Schalheerden  fSglich  nur  erfahrene  Lente  ihres  Standes  betraut 
werden  sollten,  die  mit  den  Krankheiten  der  Schafe,  speeiell 
der  Blntseuche,  bekannt  seien;  dass  jedoch  Seitens  der  Auf« 
traggeber  Diejenigen  gewohnlieh  den  Vorzug  erhielten,  welche 
die  niedrigsten  •Forderungen  stellen,  und  dies  seien  sehr  oft 
junge  un^ahrene  Leute.  Ob  die  Schäfer  Recht  haben,  lassen 
wir  dahin  gestellt;  indess  kann  begreiflicher  Weise  die  Lage 
solcher  Treiber  eine  recht  schwierige  werden,  wenn  sie,  anf 
dem  Marsche  befindlich,  mit  der  Blntsenehe  zn  thun  bekommen. 
Es  leuchtet  ein,  dass  es  ihnen  schlechterdings  nicht  gestattet 
werden  kann,  mit  abgezogenen  Milzbrandfellen  auf  der  Schulter 
durch  das  Land  zu  reisen,  zu  herbergen,  die  Eisenbahn  un- 
sicher zu  machen,  wenngleich  sie  keinen  andern  Belag  für  den 
Verlust  durch  Milzbrand  haben  mögen,  als  jene.  Ebensowenig 
kann  dem  Treiber  gestattet  werden,  abgefeilte  Cadaver  unver* 
scharrt  oder  unbedeckt  liegen  zu  lassen ,  etwa  im  Chanssee- 
Graben  oder  Saatfelde,  oder  auch  sie  in  einen  Fluss  oder  Teich 


S30  Kanti,  Keform  dar 

■n  wwteu,  deihalb  weil  ibm  oicht  «ogldch  eio  pMiendar  Ptats 
bakumt  oder  inr  Hnd  «ei,  »d  nelohem  «r  die  C«l«Ter  «enn 
•nah  aar  proTisariicli  und  oberflöchliob  Terseharren  kÖnote, 
Wird  dies  aber  verlangt,  so  i*t  viedemm  m  berfiokuclitigen, 
das*  ee  den  Treiber  an  hiDieicbeuder  Zeit  gebricht,  nnd  der 
Mittel,  die  geeignet  eind,  iho  vor  Infectioii  ta  eebntaen.  Ee  iat 
diea  ein  Oegenstuid,  in  welchem  ee  wirklioh  recht  «chwierig  iat' 
den  rechten  Weg  an  finden,  am  nach  beiden  Saiten  hin,  ittt 
lotereaeen  der  Viehbasitaer  nnd  denen  der  Sanitatapaliaei ,  ge- 
recht an  «erden.  Stellt  man  atrengere  Fordernngen,  ao  fallt 
man  hier  lästiger  denn  irgendwo;  begafigt  man  lich  mit  mil- 
deren, so  kommt  da«  öffentliche  Wohl  en  knra.  Bei  mSglidt- 
eter  Rnckaiohtnahma  auf  das  betheiligte  materielle  Intereau 
wird  die  Sanitatspolisei  indeasen  nicht  nnter  folgende  Forda- 
rnngen  berabgehen  können: 

a)  der  Treiber  bat  gefallene  Tbiere  noabgefellt  in  eisiger 
Eütfemnng  Tom  Wege  verborgen  einstweilen  li^en  an  lassen, 
vom  niobat  erreichten  Orte  ans  jedoch ,  wo  die  Poliaei  davon 
in  Kenntniss  au  selten  ist,  dafür  id  sorgen,  dass  die  Cadaver 
entweder  voracbriftsmässig  abgefeilt  nnd  vergraben,  oder,  wenn 
eine  aolche  in  der  Nähe,  nach  einer  Abdeckerei  gaachaSt  wer- 
den: 

b)  hat  der  Treiber  die  Cadaver  abgefeilt,  so  hat  er  am 
Aufenthaltsorte  die  vorschriftimäisige  Desinfection  der  Felle 
votnehmea  la  lassen,  bevor  sie  weiter  tranaportirt  werden; 

e)  ist  in  einer  Heerde  der  Milsbrand  aasgeb rochen ,  ao 
darf  der  Treiber  mit  kranken  Schafen  nicht  Stallong  nehmen; 

d)  wenn  der  Traneport  einer  erschöpften  Heerde  bei 
beieier  nnd  trockner  Witterang  fördernd  anf  das  Umsichgreifen 
linwirkt,  so  kann  die  Behörde  das  Stationiren 
inem  daiQ  angewiesenea  Platie  anordnen,  da 
ständen  das  Wegschaffen  gefallener  Thiere  be- 
den  OrtabebÖrden  tat  Last  fallen  muss,  aa~ 
reiber,   trenn    er   anf  das  Abfeilen   der  Thiere 


Gesetzgebung  über  Milzbrand.  231 

nidit  Terziohtet,  aas  Mangel  an  Zeit  verleitet  werden  konnte, 
die«  Geschalt  ohne  Beobachtung  der  nothigen  Caatelen  Toran- 
nehmen;  endlich  in  diesem  Falle  aaeh  die  Gefahr  für  Ao- 
stecknog  von  Mensehen ,  besonders  durch  Insektenstich  eine 
gesteigerte  ist. 

Dies  waren  •  ungefähr  die  für  Schafheerden  an  treffenden 
Bestimmangen.  Anders  liegt  die  Sache  aber  wieder,  wenn  es 
sich  um  Rindvieh  handelt«  Ist  ein  solches  Stack  gefallen,  so 
ist  der  Verlast  au  gross,  als  dass  der  Treiber  auf  die  mög* 
Jicbste  Verwerthang  des  Cadavers  verzichtete,  —  wenn  dies 
nämlich  das  Gesetz  nicht  mehr  verbietet.  Da  die  Krankheit 
bei  Rindvieh  indessen  sehr  oft  nicht  so  schnell  verlauft,  wie 
bei  Schafen,  so  dass  das  ergriffene  Stack  gewöhnlich  noch  bis 
zum  nächsten  Orte  getrieben  werden  kann,  so  wird  der  Treiber 
auch  erst  hier  das  Weitere  vornehmen.  Es  liegt  auf  der  Hand, 
dass  er  am  besten  that,  das  kranke  oder  todte  Vieh  dem  Ab- 
.deeker  zu  nberliefern.  Stürzt  ein  Stuck  jedoch,  was  nicht  sel- 
ten geschieht,  plötzlich  todt  zusammen,  so  giebt  es  wieder 
keine  andere  Wahl,  als  vom  nächsten  Orte  aus  die  Verschar- 
rung zu  veranlassen,  oder  den  Abdecker  zu  requiriren.  Wir 
haben  bereits  früher  erörtert,  weshalb  das  Abhaaten  grosserer 
Thiere  nur  in  den  Abdeckereien  vorgenommen  werden  darf, 
eine  Forderung,  die  durch  die  eben  geschilderte  Situation  in 
ein  sehr  helles  Licht  gestellt  wird.  — 

Wir  kommen  zum  zweiten  Theil  des  §.  114.  Es  ist  be 
reits^m ehrfach  der  Verscharrung  der  Cadaver  Erwähnung  ge- 
schehen; wir  müssen  noch  etwas  ausführlicher  in  den  Gegen- 
stand eingehen«  Theorie  und  Erfahrung  lassen  es  gleich. noth- 
wendig  erscheinen,  behufs  vollkommenster  Zerstörung  des  Milz- 
brandcontagiums  und  Verhinderung  von  Malariabiidung  der 
Cadaver  sich  dadurch  zu  entledigen,  dass  man  sie  kunstgerecht 
verscharrt,  wenn  man  sie  nicht  in  die  Abdeckerei  sendet.  Ca- 
daver abgefeilter  Schafe  bleiben  häufig  auf  freiem.  Felde  liegen, 
Füchsen,  Hunden,  Insekten  zur  Speise,  eine  Quelle  neoer  Mi»- 


232  KaBts,  Ust^m  der 

kuri«.  Die  eiaeohlagige  Literatur  silüt  lahlreiche  Beispiele  voe 
der  Thftteaehe  «af,  deae  die  Umgebiuig  sckleeht  oder  gar  nicht 
▼eraoharrter  Gadarer  aar  Bmtatatte  letaterer  ward ,  daas  dea* 
halb  a«  B,  Heerden  nioht  aber  aolehe  Stelleii  getrieben  werden 
dürfen,  ohne  Gefahr  an  laufen,  der  Krankheit  anheim  an  fallen« 
Ist  doeh  daa  Futter»  welches  anf  aolohen  Stellen  wachst,  nicht 
aelten  gift^,  eine  Sache,  die  jeder  Schafer  bestätigt  and  nicht 
auf  Beobacbtangsfehlem  beroht*}«  Dem  entsprechend  ist  aaeh 
neuerdings  im  Schoosse  der  landwirthachaftliohen  Versamnlong 
au  Nordhansen  die  gründliche  Beseitigung  der  Oadaver  als 
hauptsächlichste  Bedingung  anr  Verhinderung  der  Mafaffialni- 
dnng  hingestellt  worden. 

Lasst  also  der  Besitaer  das  gefallene  Vieh  nicht  durch  den 
Abdecker  abholen,  so  liegt  ihm  unausweichlich  ob,  dassdbe 
Torschriftsaiassig,  d.  h.  in  einer  6  Fuss  tiefisn  Grrube  au  Ter* 
graben  und  mit  Kalk,  Erde  und  Steinen  an  bedecken,  Aok  Ca- 
daver  mnss  Tor  dem  Versenken  die  Haut  resp«  das  Fell  durch 
kreusweises  Durchschneiden  nnbrauohbar  gemacht  werden« 

Nun  wird  swar  von  aUen  Seiten  her  beriditet,  dass  der- 
gleichen rergrabene  Cadarer  wieder  ausgegraben  werden»  um 
Wolle,  Fell  oder  Haut,  selbst  das  nahrhafte  Fl«soh  noch  an 
Terwerthen.  Besonders  sind  die  Felle  der  G(egenstand  der  Hab- 
ancht»  Indessen  haben  wir  bereits  gesehen,  dass  das  Wolhieh 
in  der  Regel  durch  die  Besitaer  selbst  abgefeilt  wird;  ein  Theil 
ferner  geht  schon  jetat  in  die  AbdedLcreien.  Der  Geschäftigkeit 
jener  thierisehen  Habsucht  bUebe  hiernach  hauptsachlich  die 
Ba|it  vergrabenen  GrossFi^'s  übrig;  dass  sie  eich  dann  mit 
dieser  nieht  begnaden  und  auch  Tom  Fleische  mitnehmen  wer- 
den ,  iik  aller^ngs  sehr  glaubhaft.  So  lange  daa  Verscharren 
gesetalich  msgefnhrt  werden  muss,  wird  dieser  Uebelatand  auch 


*)  Siehe  Beispiele  von  ungewöhnlicher  Tenacitat  des  Contagioms 
an  Häaten,  Haaren,  dem  Erdreich  von  Verscharrangsplätzen  t>el 
Heasinger. 


GesetzgebvDg  ober  Milzbrand.  33S 

bestehen  bleiben.  Das  beweist  jedoch  nur,  dass  auch  das  wei- 
seste Geset«  noch  umgangen  werden  kann;  deshalb  behaupten, 
das  Gesetz  tange  nberhanpt  Nichts,  ohne  etwas  Besseres  an 
dessen  Stelle  tu  setzen,  das  wSre  nnverstandig. 

Diebe  haben  Eile  nnd  arbeiten  im  Dankein;  das  Gesdiaft 
des  Wiederausgrabens  droht  ihnen  daher  mit  doppelter  Gefahr. 
Das  lässt  sich  aber  in  keiner  Weise  andern;  dass  sie  durch 
Ansteckang  die  Strafe  an  sieh  selbst  voUaogen,  das  w£re  Ab* 
sdireckangsmittel,  kann  man  aber  nieht  wansdien» 

Halten  wir  schon  die  FSUe,  wo  der  Mensch,  sich  «dbtt 
enirwwdigend,  nach  Leichen  grabt,  nicht  Ür  haafig,  so  will 
uns  doch  das  Exhnmiren  derselben  aas  TorsdiriftsmSssig  ange- 
legten Graben  dnrefa  reiesende  Thiere  noch  seltener  bedonken. 
In  seiner  Heimath  lasst  sieh  der  Schakal  allerdings  dareh  Kalk 
und  Steine  nidit  abhalten,  des  Cadavers  sidi  aa  bemächtigen; 
welche  Thiere  jedoch  dies  in  ansem  ealÜTirteren  Gegenden 
than  könnten,  nm  mnsre  hygienischen  Bestrebangen  ad  absar- 
dam  sa  fahren,  das  Tcrmogen  wir  nicht  ausfindig  so  machen. 

Wir  fragen,  was  soll  geschahen,  wenn  die  Yiehbesitser  das 
Vergraben  fSr  au  gefahrlieh  and  au  beschwerlich  oder  far  nn- 
nata  ansgeben?  Leben  wir  denn  in  den  Steppen  Rnaslands  oder 
den  Prairien  Amerika's,  nm  rahigen  Gewissens  das  beispiellos 
gif^e  Aas,  seiner  natarlichen  ymhallang  beraubt,  da  liegen  au 
lassen,  wo  es  fiel?  Es  bleibt  keine  andere  Wahl,  als  Abdecker 
oder  Verscharrung;  tertium  non  dator.  Die  Sanitatspoliaei  halte 
sich  von  jedem  Eingreifen  fem,  wenn  sie  einen  positiven  Nutzen 
sa  erwarten  nieht  bereditigt  ist;  sie  entaussere  sich  jedoch 
keines  Zolles  Breite  von  ihrem  fechte,  wenn  dieses  klar  ist 
wie  das  Lieht  des  Tages.  Aaf  eine  gana  anwesentliche  Unbe* 
quemlichkeit ,  welche  darch  vorschriftsmassiges  Herrichten  der 
Graben  verursacht  wurde,  kann  sie  keine  Rücksicht  nehmen; 
sie  hat  auch  keineswegs  sa  befarchten,  in  diesem  Punkte  hu*t 
au  sein,  da  der  Viehbesitaer,  je  grosser  sein  Viehstand  ißt,  in 
der  Hegel  aber  desto  grossere  Arbeitskräfte  verfugt. 


234  Kaatz,  Beforin  der 

Inwiefern  indess  Aaa  dem  Verscharren  begründete  Cebel- 
staade  erwachsen,  die  es  for  Tortbeilhafter  erscheinen  lassen, 
die  ÜDsehadlichmaohong  milsbrandiger  Cadaver  dem  Viehbesitser 
abznnehmen  und  dem  Abdecker  aofsatragen,  ist  oben  bereits 
erörtert. 

Die  Aasnatsang  der  Cadaver  darch  letstere  durfte  eine 
sehr  verschiedene  sein,  die  Abdeckerei  za  W.  bereitet  durch 
Behandlung  mit  Kalk  und  ßchwefelsaore  daraus  Fleischguano, 
ein  trocknes  Pulver,  welches  vielfaeh  gebraucht  wird,  obwohl 
es  wenig  Dungkraft  besitst»  An  anderen  Orten  soll  thierische 
Kohle  daraus  bereitet  werden«  Giebt  das  Gesetz  die  Verarbei- 
tung in  den  Abdeckereien  frei,  so  kann  es  wenig  Interesse 
mehr  daran  haben,  welcher  Art  die  Ansnntsnng  sei;  es  hat 
nur  noch  auf  Beobachtung  aller  Vorsichtsmaassregeln  zu  drin* 
gen,  deren  Unterlassung  von  Gefahr  für  das  beschäftigte  Per- 
sonal begleitet  sein  konnte,  ferner  auf  nnverweilte  Inangriff- 
nahme der  respectiven  Verarbeitungsarten,  um  auch  an 'diesem 
Orte  nnn5thiges  Liegenlassen  zu  vermeiden» 

Die  ScharfHchtereien  geben  uns  Veranlassung,  noch  einmal 
auf  die  sog.  Polkaschlächtereien  zurückzukommen.  Ein  Abdecker 
beklagte  sich  bei  uns,  in  früheren  Jahrgangen  habe  er  200  bis 
300  Stück  Bindvieh  abzuholen  gehabt,  jetzt  erreiche  es  höch- 
stens 40  bis  50  Stück;  seine  ConcurrCntea  seien  die  Polka- 
schlachter;  nicht  er,  sondern  diese  seien  die  Scharfrichter  der 
Umgegend.  Der  Mann  bediente  sich  jedenfalls  einer  Uebertrei- 
bung;  der  Wahrheit  entbehrt  diese  jedoch  leider  nicht.  Es  ist 
allgemein  bekannt,  daes  jene  Sorte  von  Schlachtern  nicht  blos 
krankes,  sondern  auch  todtes  Vieh,  gleichgültig  welcher  Krank- 
heit es  erlegen,  schlachten  und  verkaufen.  Ja,  es  ist  vorge- 
kommen, dass  sie  vergrabenes  Vieh  nachtlicher  Weise  wieder 
ausgruben ,  und  dass  ein  Schlächter  zu  D»,  der  an  der  Bräune 
gefallene  Schweine  wieder  ausgegraben  hatte,  gesetzlich  bestraft 
wurde«  Das  ist  aber  vermuthlich  nur  ein  Fall  unter  vielen;  im 
Allgemeinen  wird    dieses  unsaubere  Geschäft   in   keiner  Weise 


GesetZigebaog  über  Milzbrand.  235 

gehindert  Wo  bleibt  bier  dieSanitatspolisei?  Ist  es  etwa  su 
schwierig,  ein  solches  Metier  ca  überwaoben?  Mit  nichten;  es 
gekort  Dar  SachkenDtoiss  daza.  Durch  die  EDtdeckang  der 
Bacteridien  ist  es  fiir  SachTerstaodige  in  der  That  leicht  ge- 
-worden,  aas  einer  geringen  Menge  Blutes,  die  sich  in  solchen 
Schlachtereien  noch  vorfindet,  nachdem  das  Fleisch  Tielleieht 
langst  beseitigt,  die  Verwendung  miUbrandigen  Fleisches  nach- 
anweisen.  Auch  die  Felle  und  Haute  durften  in  solchen  An- 
stalten nicht  selten  der  sofortigen  Behandlung  mit  Kalk  oder 
Kalkwasser  verlustig  g^hen  und  dadurch  sur  Entdeckung  einer 
ungesetzlichen  Handlung  fuhren.  Eine  solche  Gesetzesübertre- 
tung  aber  nach  dem  bisherigen  Strafmaasse  zu  sühnen,  durfte 
keineswegs  dauernde  Remedur  verbargen,  da  derartige  Ge- 
schäfte, in  der  Nahe  grosserer  Städte  gelegen,  viel  zu  sehr 
prosperiren,  um  durch  solche  kleine  Eventualitäten  sonderlich 
geschädigt  zu  werden«  Aber  auch  eine  Erhöhung  des  Straf- 
maasses  genügt  nicht,  wenn  sich  nicht  zugleich  die  Sanitatspo- 
lizei permanent  erklart,  d.  h.  für  die  erwähnte  Sorte  Schlachter 
eine  sich  auf  alles  Schlachtvieh  erstreckende  durch  Sachver- 
standige verrichtete  Fleischbeschau  einführte.  Aber  der  Kosten« 
ponkt?  *-*  Wird  sich  schon  finden! 

Wir  bemerken  noch,  dass  der  Regulativ-Entwurf  vom  11. 
April  1857  §.  49.  das  Ueberschütten  mit  Kalk  nicht  erwähnt, 
wir  meinen,  vergessen  hat.  Weniger  das  Herbeischaffen  des 
Kalkes,  als  das  Herstellen  der  Grube  ist  das  Unbequeme  für 
den  Besitzer;  ferner  ist  oder  soll  der  angewendete  Kalk  ge- 
jradd  die  hauptsachlichste,  nicht  die  Nebennrsache  am  Unsehäd- 
lidiwerden  des  vergrabenen  Cadavers  sein.  Die  Commission  hat 
sieh's,  wie  ans  dem  Entwürfe  zu  sehen,  zu  leicht  gemacht.  Wir 
verweisen  auf  unsere  früheren  Ausführungen« 

Gegen  den  Schlu^ssatz  des  §•  114.  scheint  Nichts  einzu- 
wenden, vorausgesetzt,  dass  unter  den  „Thierarzten'*  schledithin 
—  lediglich  approbirte  Tbierarzte  verstanden  werden.  Man 
mag  die  curative  Praxis  den  Schäfern  etc.  zugestehen,  anf  dem 


236  Kantz,  Reform  der 

Gebiete  wiesensohaftlioh  ezaeter  Dinge  hftbeo  diese  jedoch 
Nichts  BD  thun,  lieben  sie  nbrigens  «aeh  oieht  in  Verlegenheit 
ku  ginratheo.  Eine  Obdoetion  ist  eine  Handlang  höherer  Be- 
deutung, als  das  Verordnen  Ton  Rossgaben  eines  trivialen  Heil- 
mittels; dasn  gehören  concreto  Kenntnisse  und  ein  geschaltes 
iJrtheil.  Die  Obdnction  eines  milibrandigen  Thieres  ist  aber 
sogar  eine  Sache  poliseilieher  Natar,  die  der  Staat,  der  in  die 
Lage  kommen  kann,  Ton  dem  Obdaoenten  ein  Gntachten  ein* 
anfordern,  ansachrerstiindigen  fiSnden  nicht  anTertraoen  kann 
noch  darf.  Den  approbirten  ThierSrsten  wird  dnrch  dieses  Ver- 
bot ansserdem  die  öffentliche  Anerkennung  höherer  LeiatangeB 
gesetalich  verbürgt. 

§.  116. 

»Sammtliche  mit  dem  kranken  Thiere  in  Bernhrnng  ge- 
wesene Gegenstande,  die  von  demselben  xarnckgebliebenen 
Aaswarfsstoffe,  der  Stall,  in  welchem  sieh  dasselbe  befanden, 
müssen  theils  vernichtet,  theils  nach  Vorschrift  der  Desinfec- 
tions- Instruction  gereinigt  werden,"  —  eine  lobenswerthe ,  in 
ihrer  gebraachlichen  Anffassung  aber  ondarchfahrbare  Bestim- 
mung. 

Wir  schicken  voraus,  dass  dw  Regulativ-Entwurf  von  1857 
den  Stall  einfach  nach  dem  von  ihm  angegebenen  Desinfections- 
Verfahren  desinfidrt  wissen  will,  sich  jedoch  in  diesem  selbst 
auf  keinerlei  Weise  von  dem  ubersohriebenen  Paragraphen  ent^ 
fernt. 

Die  Unhaltbarkeit  desselben  mass  einleuchten,  wenn  man 
den  thatsachlichen  Verhfiltnissen  Rechnung  tragt,  ohne  Rücksicht, 
anf  welche  er  aogenscb einlieh  erlassen  ist.  Man  mass  billig  be- 
sweifeln,  ob  bei  Abfassong  des  Paragraphen  anch  an  den  Mila* 
brand  der  Schafe  gedacht  worden  ist.  Ob^eich  im  Anhang  der 
Gesetz  -  Sammlung  vom  Jahre  1835  Seite  60  sab  1.  die  Blut- 
seuche  der  Schafe  als  Milsbrandform  anfgefahrt  steht,  so  redet 
dennoch  der  §.  114.  des  Regulativs  von  1835  nur  von  „Hant 
und  Haaren",  nidit  auch  von  Fellen  and  Wolle,  ein  Umstand^ 


Gesetsgebong  über  Milzbrand.  237 

den  der  Richter  im  Notbfalle  onsweifelhaft  sa  Gunsten  eines 
CoDtraTei^ienten  geltend  machen  konnte.  Diesem  entsprechend 
scheint  auch  dw  keineswegs. verbesserte  Regulativ-Entwnrf  noch 
nicht  diese  Thiergattung  eineneehliessen.  Erst  im  Jahre  .1862, 
seitdem  durch  das'  Lehrer-  CoUeginm  der  Thierarsneischnle  die 
Blntseache  der  Schafe  ausdrücklich  als  höchst  acute  Erschei- 
nungsform des  Milebrands  erklart  worden  war,  werden  officiell 
die  Bestimmungen  des  Regulativs  auch  auf  Schafe  ausgedehnt. 
Das  Gutachten  des  gen.  Lehrer-Goliegii  h21t  zwar  die  An- 
wendung der  regulativischen  BasCimmungen  uud  somit  auch, 
was  uns  hier  besonders  interessirt,  des  $.  115.  auf  Schäfereien 

« 

für  möglich;  aber  gerade  dieser  Umstand,  das  Snbsummiren 
der  Blutseuche  unter  den  Milsbrand  des  Regulativs,  stellt  die 
Undurchfuhrbarkeit  des  letsteren  redit  in^s  Licht. 

Um  dies  nachzuweisen,  müssen  wir  wieder  die  Betrachtung 
tbeilen.  Nehmen  wir  suerst  grossere  Thiergattnngen ,  also  vor 
Allem  das  Rindvieh: 

a)  haben  wir  es  mit  einem  Stalle  zu  thnn,  in  welchem  nur 
ein  oder  wenige  Stucke  untergebracht  sind,  so  ist  die  Sachlage 
eiitfach.  Der  Stall  kann  taglich  gereinigt  werden,  eine  Desin- 
lection  desselben  ist  weder  schwierig,  noch  umständlich,  noch 
yerhaltnissmassig  kostspielig.  Augenscheinlich  hat  das  Regulativ 
nur  diesen  einfachsten  Fall  im  Auge  gehabt; 

b)  wie  steht  es  aber,  wenn  in.  einem  grosseren  Stallge- 
bände,  welches  eine  höhere  Stückzahl  beherbergt,  ein  oder 
mehrere  Thiere  befallen  gewesen  sind?  Nach  dem  Wortlaut 
des  Gesetzes  mnsste  wiederum  der  ganze  Stall  dem  Des- 
iafectionsverfahren  unterworfen  werden.  Dass  dies  in  praxi 
nicht  geschieht,  ist  ebenso  unbestr«tbar,  wie  <]ass  eine  solche 
Forderung  wegen  ihrer  Masslosigkeil  den  Charakter  der  Un- 
möglichkeit an  sich  trüge.  Sie  würde  aber  auch  offenbar  mehr 
▼erlangen,  als  nothwenig  ist;  der  RigorositiU  einer  solchen  wurde 
aus  dem  ganzen  Bereiche  der  Sanitatspolizei  kein  Analogen 
an  die  Seite  zu  setzen  sein.    Der  Paragraph  ist  also  vermuth- 


238  Kaiitz,  Reform  der 

lieh  in  einem  andern  Sinne  sn  verstehen,  in  welehem,  wie  wir 
meinen,  der  den  Milsbrand  betreffende  Theil  der  Derinfections- 
Instmction  des  Regnlativs  im  §^  36*  den  Sehlnssel  liefert. 
Alinea  1.  desselben  sprieht  aasdroeklich  nnr  von  milabrandigen 
Tfaieren,  also  folgerichtig  aaeh  nar  von  snrockgebliebenen  Bx- 
crementen  nnd  dem  Lagerstroh  solcher;  demgemass  können 
auch,  wenn  die  Stalle  «in  ihren  einseinen  Theilen*'  mit  Sorgfalt 
desinficirt  werden  sollen,  unter  diesen  nnr  die  mit  den  gefalle* 
nen  Thieren  in  Berahmng  gewesenen  Tbeile  verstanden  werden. 
Wir  können  daher  Ko erber  (a.  a.  O.  Seite  198)  nicht  bei- 
pflichten, wenn  er  dem  §.  115.  die  Intention  einer  jedesmaligen 
totalen  Stallreinigong  unterlegt,  selbst  dann,  wenn  aaoh  nar 
1  Stück  mit  Tode  abgegangen  sein  sollte.  Diese  allerdings  ge* 
braachliche  Auffassung  des  Paragraphen  yerbietet  sich  selbst; 
ist  dagegen  unsere  Interpretation  antreffend,  so  gestalten  sich 
die  Verhaltnisse  ungefähr  den  sub  a.  angegebenen  gleich,  d.  h. 
es  ist  von  den  Stellen,  an  welchen  die  kranken  Thiere  gestan- 
den, Lagerstroh  nnd  Dünger  wegsnscbaffen ,  Krippen,  Raufen 
etc.  an  und  in  der  Nahe  von  denselben  sind  instmctionsgemass 
an  reinigen,  aber  mehr  als  diese  partielle  Reinigung  wurde 
nicht  verlangt  sein.  Man  wird  einräumen,  dass  in  dieser  addu- 
cirten  Bedeutung  die  gesetzliche  Bestimmung  durchaus  nicht 
mehr  unbillig  erscheint;  sie  jedoch  noeh  mehr  abschwachen, 
hiesse  sie  ganz  aufheben. 

c)  Schwieriger  wird  die  Sachlage,  wenn  die  Krankheit  nu- 
merisch oder  zeitlich  einen  solchen  Grad  von  Ausdehnung  ge- 
winnt, dass  nur  in  der  vollständigen  Bvaouation  des  Stalles 
Abhülfe  zu  finden  scheint.  Der  Sanitatspolizei  wird  es  hier 
deshalb  nicht  leicht,  sich  zu  orientiren,  da  der  Zeitpunkt,  wenn 
sie  einzuschreiten  habe,  ohne  einen  gewissen  Grad  von  Willkür 
nicht  zu  bestimmen  ist;  er  kann  zu  früh  oder  au  spat  getroffen 
werden,  und  hiemach  zu  viel  oder  zu  wenig  behördlicherseits 
geschehen.  Erwägt  man  aber  die  näheren  Umstände,  wie  sie 
sich    nach    der  Individualität    des  Falles  verschieden   gestalten, 


Gesetzgebung  über  Milzbrand.  239 

80  wird  man  gleichwohl  die  Unamganglichkeit  eine»  dem  die* 
cretionaren  Ermessen  za  überlassenden  Einschreitens  begreiflich 
finden.  Dieses  wird  z.  B.  ein  anderes  sein  müssen,  wenn  die 
Krankheit  in  vereinzelt  aaf  einander  folgenden  Fallen  als  langer 
dauernde  Enzootie  eines  Stalles  auftritt,  als  dann,  wenn  sie 
binnen  kurzer  Zeit  mörderisch  den  Viehbestand  decimirte;  es 
wird  sich  femer  darnach  richten  müssen,  ob  die  eingeleitete 
Untersuchung  etwa  in  den  FütternngSTerhältnissen  oder  in  lo- 
calen,  primärer  Erzeugung  von  Milzbrandmalaria  günstigen  Bo- 
denbedingungen ,  oder  in  direet  oder  indirect  vermittelter  In« 
fection  die  Ursache  des  gesteigerten  Auftretens  der  Krankheit 
finden  zu  müssen  glaubt;  endlich  wird  die  Sanitatspolizei  ans 
der  Reserve  hervorzutreten  veranlasst  sein,  wenn  sie  nachweisen 
kann,  dass  die  Verschleppung  und  Cumalirung  des  Milzbrands 
in  einem  Stalle,  Hofe,  selbst  Orte  die  Infection  von  Menschen 
in  höherem  Maasse  befürchten  lasst,  oder  schon  zur  Folge  ge- 
habt hat.  Es  ist  hieraus  ersichtlich,  dass  es  stets  ein  willkür- 
licher Act  wäre,  den  Zeitpunkt  des  Einschreitens,  anstatt  ihn 
von  der  gründlichen  Erwägung  der  speciellen  Umstände  abhängig 
sein  zu  lassen ,  lediglich  nach  der  absoluten  Anzahl  thierischer 
Erkrankungs-  und  Todesfälle  festsetzen  zu  wollen. 

Wir  verhehlen  uns  keineswegs,  dass  wir  uns  dem  Einwände 
eines  Vorwurfes  aussetzen,  wenn  wir  in  dieser  etwas  difficilen 
Frage  die  Willkür  ausgeschlossen  wissen  und  gleichwohl  die 
Entscheidung  den  Behörden  auf  Discretion  überlassen  wollen. 
Dieser  Einwand  ist  scheinbar  berechtigt ;  in  Wirklichkeit  erweist 
er  sich  jedoch  als  nicht  begründet,  wenn  man  nur  der  Voraus- 
setzung, von  welcher  wir  ausgehen,  nicht  vergisst,  dass  die 
Sanitätspolizei  in  den  Stand  gesetzt  ist,  der  ofiPentlichen  Hy- 
giene eingehenderes  Interesse  zu  widmen,  als  bisher.  Es  ist 
Pflicht  derselben,  sobald  ihr  ein  Vorkommen  der  in  Rede  ste- 
henden Art  rapportirt  ist,  sich  vermittelst  ihrer  amtlichen  Stel- 
lung   in  Kenntniss  desselben    zu  erhalten;    dies    ist    unbedingt 


2iO  Kunti,  Reform  der 

nothig,    dean    nnr    aas   der  CombinatioD    aller   concarrirenden 
Umstände  ist  Uriheil  nnd  MasBoabme  sn  gewinDen. 

Es  ist  hierbei  daranf  aoünerksam  sa  maohen,  dass  die  Sa- 
nitatspoiisei  ihrea  Standpunkt  nicht  sn  einem  rein  yeterinar- 
poliseiliehen  Terandern  darf;  das  Interesse  der  Veterinarpolisei 
ist  in  dieser  Sache  ein  nnmittelbares,  nicht  das  ihrige.  £s 
konnte  ihr  siemlidi  gleichgültig  sein,  wieviel  Schafe  oder  Rinder 
in  Grunde  gehen^  wenn  sie  infolge  dessen,  besonders  unter  un- 
gunstigen SpeoialTerhiltnissen,  nicht  für  das  Wohl  der  Menschen 
befürchten  müsste.  Hatte  sie  hinreichende  Ursache,  Forderun- 
gen sn  stellen,  wenn  im  concreten  Falle  alle  sonstigen  Vor. 
siehtsmaassregeln,  Unglück  su  verhüten,  befolgt  wurden?  oder 
die  Gefahr  für  Ansteckung  von  Menschen  nicht  vorläge? 

Trots  der  Unmöglichkeit,  die  vorliegenden  sehr  verschie- 
denartigen Verhaltnisse  unter  eine  bestimmte  Schablone  su 
bringen,  erkennen  wir  an,  dass  es  erwünscht  sein  müsste,  be- 
stimmte Anhaltspunkte  für  ein  sanitats-poliaeilicfaes  Handeln  zu 
besitsen.  Als  eine  ungefähre  Kichtschnnr  für  letateres  Hesse 
sich  etwa  Folgendes  empfehlen: 

a)  die    Sanitatspolisei   dringe    auf  totale   Reinigung   nnd. 
dann  jedesmal  auch  auf  Evacninuig  und  Desinfection  des  Stalles, 
wenn  sie  die  Ueberaeugnng  gewonnen  hat,  dass  der  Stall  selbst 
die  Statte   der  Milabrandmalaria  ist  (ein  gewiss    sehr  seltener 
Fall); 

ß)  wenn  die  geBctslich  vorgeschriebenen  Vorsichtsmaass- 
regeln  nicht  ausgeführt  werden  (partielle  Reinigung,  Wegschaf- 
fen von  Blut,  Fontanellenleder  etc.)  und  hierdurch  vermuthlich 
Ansteckungen  bewirkt  sind; 

^)  wenn  trotz  der  Anwendung  jener  im  Warterpersonal 
durch  anderwelte  Unvorsichtigkeiten  nidit  verschuldete  Mils- 
brandinfectionen  vorkommen,  also  namentlich  Fliegenstich« 

Noch  mehr  nnd  noch  pracisere  Anhaltspunkte  zu  geben  ist 
nicht  möglich;    ebenso  wenig,    eine    noch   straffere  Polizei   zu 


Geset^gebiing  über  Milzbrand.  241 

aben  ,    ohne  fnrcbfcen   sa  massen,    darch  Uebertreibaiig  wieder 
Alles  in  Frage  zu  steUen«  « 

Wie  gestaltet  sich  nun,  swntens,  die  Sache  bei  Schafen? 

d)  handelt  es  sich  onr  nm  ein  oder  wenige  Thiere  in 
einem  beschrankten  Stalilokale,  so  ist  die  Sachlage  der  sab  a» 
angegebenen  analog. 

e)  Wenn  jedoch  «in  oder  mehrere  Stacke  eines  grosseren 
St^bestandes  fallen,  hat  es  da  einen  Sinn,  eine  partielle  Bei* 
nigang  and  Desinfection  des  Stalles  ea  erlangen?  Oder,  da 
dies  unmöglich,  soll  die  Sanitatspolisei  so  weit  gehen  können, 
deswegen  die  Evacairang  und  Renovirang  des  gansen  Stallge- 
bäades  sa  decretiren?  Das  hiesse,  Kanonen  auffahren  um  Sper- 
linge todtzubchiessen.  Man  wurde  dadurch  so  manchen  Sch^e- 
reibesitaer,  in  dessen  Ställen  die  Blutseuche  nie  gans  ausgeht, 
swingen,  auf  das  Halten  von  Wollvieh  überhaupt  su  verzichten, 
denjenigen  aber,  die  den  ungebetenen  Gast  seltener  bei  sieh 
sehen,  vorkommenden  Falles  Opfer  auferlegen,  die  mit  dem 
durch  die  Krankheit  selbst  herbeigeführten  Verluste  in  keinem 
Vergleiche  stehen.  Die  Räumung  eines  Rinderstalles  würde 
hiergegen  noch  von  geringfügigem  Schaden  sein«  da  eiu  solcher 
der  ordnnngsmässigen  Reinigung  ohnedies  öfters  unterliegt 
(wöchentlich  und  haufigw);  Schafstalle  dagegen  werden  ihres 
Düngerdeposituras  in  der  Regel  nur  zweimal  jährlidi  entledigt 
und  zwar  zu  einer  Zeit,  wo  der  Dünger  passend  unter  den 
Acker  gebracht  werden  kann,  also  zum  Frühjahr  und  Herbst, 
Dass  dieser  unter  solchen  Umstanden  sieh  zu  einer  sehr  be- 
deutenden Menge  anhäuft,  erhellt  daraus,  dass  man  auf  1  Schaf 
jährlich  1,  also  auf  200  Schafe  jährlich  200  grossere  Fuhren 
Dünger  rechnet. 

f)  Erst  dann,  wenn  der  dem  sab  c.  beschriebenen  analoge 
Fall  eintritt,  hat  die  Sanitätspolizei  die  Pflicht,  zu  interveniren. 
Die  Anhaltspunkte  für  ihr  Handeln  sind  im  Allgemeinen  die« 
selben,  wie  bei  c,  nur  sind  selbstverständlich  die  sab  ß,  und  y. 

Mag.  f.  Thierheilk.  XXXVI.    2.  If^ 


242  Kuntz,  Reform  der 

gegebenen  Gesicbttpaokte  dabio  sn  Terandern,  dast  eine  par- 
tielle Reinigung,  bestehend  in  Beseitigang  von  Dfinger  nnd 
Lageretrob,  nicht  stattfinden  kann. 

Wir  haben  in  Vorstehen  dem  die  Bedingungen  festgesetst, 
unter  welchen  die  Stallreinignng  eintreten,  desgleichen  wel- 
chen Umfanges  sie  sein  müsse;  es  fragt  sich,  welcher  Art  sie 
sein  solle?  Vielleicht  die  schwierigste  Frage  im  gansen  Gebiete 
der  Milzbrandgesetzgebnng. 

Wenn  das  Regulativ  im  §.  26.  der  Desinfeetionsinstrnction 
zunächst  vorschreibt,  dass  Aderlassblnt ,  MiUbrandjauche  etc. 
durch  Salpetersaure  oder  unverdünnte  Seifensiederlauge  eu  ent- 
fernen seien,  so  ist  das  einfach  gut  zu  heissen;  es  dürfte  wenig 
Unterschied  machen,  wenn  hierzu  ein  anderes  kraftigeres  Des* 
infectionsmittel  genommen  wird,  eine  Chlorkalksolutiou,  Schwefel- 
saure. Es  ist  dies  eigentlich  so  selbstverständlich,  dass  man 
vom  Besitzer  in  der  Regel  die  Ausführung  dessen  aus  eigenem 
Antriebe  annehmen  kann.  Nicht  so  von  dessen  Dienstpersonal; 
man  wird  daher  gut  thun,  die  Vorschrift  bestehen  zu  lassen. 
Sie  ist  besonders  wichtig  für  Rindvieh  und  Pferde,  da  bei  die- 
sen  die  Milzbrandabfalle  bedeutender  sind  als  bei  Schafen  und, 
da  das  Vieh  seinen  bestimmten  Platz  hat,  also  die  contagiosen 
Materien  nicht  im  Stalle  umherzutragen  vermag,  mit  Leichtig- 
keit entfernt  werden  können.  Aber  auch  in  Schafstallen  wird 
sich  dann  und  wann  die  Möglichkeit  finden. 

Wenn  jedoch  der  §.  26.  weiter  vorschreibt,  dass  die  zu- 
rückgebliebenen Excremente  der  Thiere  nicht  bloss  insgesammt 
wegzuschaffen ,  sondern  auch  tief  zu  yergraben  oder  sonst  zn 
vernichten,  das  Lagerstroh  dagegen  zu  verbrennen  sei,  so  hat 
er  den  entschiedensten  Widerstand  aller  betheiligten  Kreise 
gegen  sich.  Auch  dir  Regulativ  -  Entwurf  von  1857  fordert 
§.  68«  noch  simpliciter  das  sofortige  Verbrennen  alles  mit  den 
kranken  Thieren  in  Berührung  gewesenen  Lagerstrohs. 

Wir  überlassen  es  den  Interessenten  selbst,  zu  specialisi- 
ren,    welche    enormen   Verluste  ihnen    durch   die   stricte  Aus- 


Gesetzgebung  über  Milzbrand.  843 

föhrUDg  einer  derartigen  Bestimmang  sagefugt  werden,  and  be« 
schaftigen  uns  hier  nur  damit  za  erörtern, 

1)  ob  letatere  praktisch  sei; 

2)  ob  sie  einen  positiven  sicheren  Effect  haben  könne; 

3)  ob  sie  überhaupt  nothig  sei« 

ad  1.  Angenommen,  es  handelt  sich  nur  am  die  Beseiti- 
gung der  geringen  Quantität  Danger  ond  Lagerstroh  von  ein- 
zelnen gefallenen  Tbieren,  so  konnte  das  Vergraben  derselben 
wohl  noch  bewerkstelligt  werden.  Aber  welchen  ümfangos 
massten  die  Graben  sein,  die  die  ganze  Dungermasse  eines 
grosseren  Rind  Viehbestandes  anf  einmal  aafnehmen  sollten? 
Und  vollends  eines  grösseren  Schafstalles,  der  seit  Monaten 
nicht  geraamt  worden  ist?  Um  die  als  contag^ios  angesehene 
Dnngmasse  von  der  Oberfläche  hinlänglich  entfernt  za  halten, 
oftosste  dieselbe  so  tief  vergraben  werden,  dass  die  ganzen  Ar- 
beitskräfte eines  Rittergutes  dazu  gehorten,  um  dem  Gesetze 
schnell  genug  gerecht  zu  werden.  Ja,  es  konhte  wohl  der  Fall 
eintreten,  dass  der  Besitzer  um  disponibles  Land  za  diesem 
Zwecke  in  Verlegenheit  geriethe. 

Wenn  aber  das  Vergraben  nicht  angänglich  ist,  aufweiche 
Weise  soll  sonst  der  Dänger  vernichtet  werden?  Man  k5nnte 
sich  doch  nur  entweder  Verbrennen  oder  Behandlung  mit  irgend 
einem  chemischen  zerstörenden  Mittel  denken.  Letzteres  setzt 
jedoch  wieder  das  Bestellen  monströser  Graben  voraus,  während 
ersteres,  das  Verbrennen,  nicht  minder  umständlich,  aach  noch 
die  Alarmirung  der  näheren  and  entfernteren  Nachbarschaft  zar 
Folge  hätte  und  jedenfalls  nicht  bloss  durch  die  Kreisblätter, 
sondern  darch  die  Zeitungen  bekannt  gemacht  werden  musste* 
Man  fragt  sich  hier,  warum  nicht  gleich  Feuer  in  den  Stall 
anlegen?!  Nun  denke  man  sich,  ein  solches  Schauspiel  auch 
noch  öfters  wiederholt. 

Wird  Dünger  und  Lagerstroh  für  derartig  ansteckend  ge* 
halten,  dass  dergleichen  absolat  vernichtet  werden  muss,  so 
entsteht    übrigens    das  Bedenken,    dass    durch    den    Transport 

16* 


244  Knntz,  Beform  der 

sfteh  der  Grobe  oder  Brandstätte  reiche  Gelegenheit  zar  Ver- 
streaung  geboten  wird ;  dass  dann  auch  die  D fingerwagen  noch 
verdächtig  werden.  Darch  leichte  Dorehfahrfoarkeit  nnd  Ver- 
träglichkeit mit  dem  praktiichen  Leben  seiehnet  sich  also  die 
gesetsliche  Bestimmung  nicht  aas,  und  dieser  Uebelstand  wird 
noch  dadurch  erhöht,  dass  er  angemein  grosse  pecnniare  Ver- 
laste mit  sich  fahrt,  die,  wenn  der  Milzbrand  nicht  zngleich 
menschliche  Opfer  fordert,  eine  genagende  Rechtfertigung  nicht 
finden. 

Ad  2.  In  froheren  Zeiten  vertilgte  man  die  Feinde  der 
Caltar  mit  Fener  nnd  Schwert;  aoch  Seachen  and  Pest  wosste 
man  nur  anaugreifen  mit  Rauch  und  Feuer.  Solche  Mittel  sind 
jedoch  unserem  Cultur-Zustande  nicht  mehr  entsprechend;  wir 
bedienen  uns  jetzt,  wenn  es  nothig.und  natslich  ist,  der  be- 
scheidenem Mittel,  welche  die  Chemie  liefert.  Solche  worden, 
iu  grossen  Massen  angewendet,  aof  Dungergruben  wohl  einen 
zerstörenden  Einflnss  ausüben.  Zu  dem  Verluste  des  Dangers 
käme  aber  noch  das  Opfer  der  Ausgabe  für  das  iu  grossen 
Massen  zu  beschaffende  chemische  Desinfectionsmittel.  Ver- 
wendet man  zu  geringe  Mengen  desselben  nnd  wird  es  ausser- 
dem, was  doch  unerlassliche  Bedingung  ist  für  einen  einiger- 
maassen  sichern  Brfolg,  nicht  gleichmassig  mit  dem  Danger 
verarbeitet,  so  dient  es  nur  dazu,  eine  nominelle,  keine  factisohe 
Desinfeetion  herbeizofuhren*  Damit  ist  jedoch  wiederum  der 
Besorgniss  Raum  gegeben,  dass  der  compact  vergrabene  Dün- 
ger naditraglich  zu  einer  viel  th&tigeren  Quelle  von  Milzbrand- 
malaria wird,  als  er  es  vorher  gewesen  war.  Der  Bffect  ist 
also,  wenn  man  nicht  zum  Feuer  greift,  nichts  weniger  als  un- 
zweifelhaft. 

Ad  3.  Die  Bestimmung  ist  jedoch  nicht  einmal  nothwendig, 
da  auf  anderm  Wege  dasselbe  erreicht  wird.  Im  Allgemeinen 
durfte  es  vollständig  ausreichend  sein,  Danger  ond  Lagerstroh, 
sei  es  von  emzelnen  Thieren,  sei  es  von  einem  ganzen  Stalle, 
wenn  diese  Calamitat  wirklich  aber  den  Besitzer  verhängt  wik'd. 


GesetzgebuDg  über  Milzbrand.  245 

nnversäglich  unter  den  Acker  za  bringen,  oder,  wenn  dies 
weil  mit  der  Bestellangszeit  nicht  sasammenfallend,  oder  wegen 
Mangels  an  disponiblem  Acker,  unanganglich  ist,  anf  einem  ab- 
seits gelegenen  Landesstacke  sa  deponiren.  Nicht  an  billigen 
und  deshalb  an  yerbieten  ist  die  Vermengung  des  Dangers 
and  Lagerstroh's  mit  dem  anf  dem  Hofraame  aofgesammelten 
Vorrathe. 

Die  BefSrchtang,  dass  darch  offene  Ablegang  des  Dangers, 
der  anvor  bestimmangsmassig  von  den  eigentlichen  milsbran- 
digen  thierischen  Abfallen  gereinigt  resp.  desinficirt  wnrde,  aar 
Uebertragang  des  Giftes  aaf  Menschen  nnd  Thiere  sowie  aar 
Emanation  von  Milzbrandmalaria  Veranlassnng  gegeben  würde, 
theilen  wir  nicht.  Den  Folgen  einer  nnterirdischen  Verbergang, 
bei  welcher  das  Contagiam  nicht  aufgehoben  sondern  aufbe- 
wahrt wird,  .ganz  entgegengesetzt,  vermögen  die  hier  thatig 
werdenden  chemischen  Agentien  der  Atmosphäre  nnr  zerstörend 
anf  jenes  za  wirken.  Nar  wahrend  karzer  Zeit  nach  der  Abla- 
gerang möchten  wir  dem  Danger  eine  gewisse  beschrankte  Ge- 
fährlichkeit zumessen.  Einer  thatsachlichen  Gefahr  jedoch  konnte 
wirksam  Torgebeugt  werden  dadurch,  dass  die  einzelnen  Dan- 
gerhanfen  mit  Kalk  resp.  Chlorkalk  beworfen  und  Warnangs- 
tafeln  errichtet  werden»  -^ 

Wir  haben  bereits  bemerkt,  dass  in  den  Fallen,  wo  die 
partielle  oder  totale  Räumung  und  Reinigung  des  Stalles  statt- 
safinden  hat,  die  Desinfectton  nachfolgen  muss«  Die  einfachste 
Vorsieht  dürfte  es  dem  Besitzer  selbst  gerathen  erscheinen 
lassen,  die  Theile  des  Stalles,  mit  welchen  das  kranke  Thier 
in  Berührung  gekommen,  desgleichen  die  Utensilien  ete.  einer 
Desinfection  zu  unterwerfen,  wenn  diese  auch  nur  in  einfachem 
Abwaschen  bestände.  Für  gewohnliche  Falle  halten  wir  auch 
nicht  nothig,  dass  ein  strengeres  Verfahren  mit  Krippen,  Rau- 
fen, Barrieren,  dem  Lederzeuge  vorgenommen  werde;  jedoch 
verdient  die  Reinigang,  besonders  des  Platzes,  den  das  Thier 
bestanden,  mit  Chlorkalksolution  immer  den  Vorzug,  zumal  sie 


246  Kantz,  Reform  der 

keineswegs  amstäadlieh  ond  kostspielig  ist.  Decken  sind,  wemi 
sie  von  Blat  und  Jauche  freigeblieben ,  mit  siedendem  Wasser 
und  Terdnnnter  Seifensiederlange  zu  reinigen,  andernfalls  je- 
doch mit  den  gebrauchten  Verbandgegenständen  am  besten 
gana  eu  rerniohten  und  zwar  unter  Controle,  um  gemeine  Hab* 
sucht  abzuhalten.  Eisenzeug  bedarf  ebenfalls  nur  des  Abbrü« 
hens  und  Abwaschens  mit  Seife.  —  Nach  partieller  Reinigung 
jedoch  den  ganzen  Stall  noch  mit  Chlorgas  zu  schwängern,  hat 
kaum  einen  Sinn,  wenn  es  sich  auch  empfiehlt,  durch  ansgie* 
bige  Lüftung  die  Stallatmosphäre  zn  rerbessern. 

Sieht  sich  indessen  die  Sanitätsbehörde  veranlasst,  die  to< 
tale  Reinigung  und  Räumung  des  Stalles  anzuordnen,  so  ge- 
bieten die  Umstände  unzweifelhaft  auch  die  totale  Desinfection 
desselben.  Hierüber  schreiben  §.  11.  ad  7.  und  §.  26«  der  Des- 
infections  •  Instruction  des  Regulativs  in  zweckentsprechender 
Weise  alles  Nothige  vor,  woran  §.  68.  des  Regulativ-Entwurfs 
von  1857  durchaus  nichts  gebessert  noch  vereinfacht  hat. 

Als  ein  unentbehrliches  Desiderat  für  Ställe,  in  denen  die 
Krankheit  auftritt,  muss  ferner  eine  Mischung  von  Chlorkalk 
mit  Wasser  (1  auf  200)  bezeichnet  werden,  die  von  dem  Wär- 
terpersonal zur  Reinigung  von  Gesicht  und  Händen  fteissig  zu 
benutzen  ist.  Mischungen  von  Essig  oder  Seifensiederlauge  mit 
Wasser  dürften  einen  ausreichenden  Schutz  nicht  gewähren,  da 
sie  weder  das  Conta^ium,  das  an  oder  bereits  in  der  Haut 
haftet,  zerstören  noch  die  Fliegen  in  dem  Maasse  wie  das 
Chlor  abhalten,  ein  Umstand,  der,  wir  wiederholen  es,  von 
nicht  geringerer  Wichtigkeit  ist,  als  die  directe  Berührung  mit 
milzbrandigen  Substanzen.  Anstatt  des  Chlors,  wenn  Chlorkalk 
nicht  zur  Stelle  ist,  empfehlen  wir  die  Einreibung  der  Haut 
mit  Oel  und  Terpenthinol.  Wir  werden  dieses  Punktes  ausführ- 
licher in  der  Milzbraudinstruction  gedenken  müssen. 

Die  vorstehenden  Erörterungen  lassen  ersehen,  wie  weit 
wir  von  dem  §.  115»  wie  er  in  der  Regel  aufgefasst  wird,  ab- 
weichen  zu  müssen  glauben,   wenn  wir  die  reellen  Lebensver* 


Gesetzgebung  über  Milzbrand.  2^ 

hÜltnisse  zur  Basis  unserer  Betrachtang  und  zum  Statzpunkte 
unserer  Forderangen  machen.  Wir  erkennen  darans,  dass  diese 
um  der  Gefahr  za  entgehen,  za  allgemein  und  nichtssagend  za 
werden,  fär  die  beiden  verschiedenen  Gategorieen  von  Gross- 
nnd  Kleinvieh  (also  vornehmlich  Rindvieh  and  Schafe)  verschie- 
den gefasst  werden  müssen.  Zar  Erairang  einer  gesetzlichen 
Formel  wurden  demnach  ungefähr  folgende  drei  Hauptsatze  ver- 
wendet werden  müssen: 

1)  Unter  den  gewöhnlichen  Verhältnissen  des  vereinzelten 
Auftretens  des  Milzbrands  müssen  die  Ställe  dann  vom  Danger 
und  Lagerstroh  geräumt  und  gereinigt  werden,  wenn  sie  nur 
ein  oder  wenige  Stu«k  Vieh  fassen,  ferner  von  grosseren 
Stallen  die  Plätze,  die  von  kranken  Thieren  (dies  können  nur 
grossere  Thiergattongen  sein)  bestanden  wurden;  grossere  Schaf- 
ställe betrifft  dies  also  nicht;  in  §.  112.  des  Regulativs  ist 
überdies  bereits  vorgeschrieben,  dass  Aderlassblut,  Haarseile 
etc.,  also  auch  Milzbrandjauche  jederzeit  sorgfaltigst  zu  entfer- 
nen sind*    Eine  allgemeine  Desinfection  ist  nicht  erforderlich. 

2)  Eine    totale    Reinigung   wird    nur    selten    stattzufinden 
haben;  sie  kann  niemals  von  einem  Organe  der  Sanitätspolizei 
sondern    nur  von    einer    Commission    decretirt  werden.     Einer 
solchen  muss  dann  die  totale  Desinfection  nachfolgen. 

3)  Dünger  und  Lagerstroh  müssen,  falls  der  sub  2.  be- 
zeichnete Fall  eintritt,  auf  einem  freigelegenen,  jedoch  abge- 
schiedenen Landesstacke  deponirt  .und  mit  Kalk  bestreut  wer- 
den, nothigenfalls  unter  Zuhülfenabme  einer  Warnungstafel; 
No«  1.  wird  hiervon  nur  betrofifen,  wenn  es  sich  um  Ställe  für 
ein  oder  wenige  Thiere  oder  um  Grossvieh  handelt,  welches 
bestimmte  Plätze  einnimmt. 

§.   116. 
„Schweine,    Hunde,    Katzen,    Federvieh    und    andere 
Thiere  müssen  von  den  Ställen  und  von  den  Abgängen 
der  milzbrandkranken    Thiero,    sowie  von    den  Gada- 


248  Kants,  Refonn  der 

yern   derselben   aof  das  Sorgfältigste  abgehalten  wer- 

den«  — 
ist  in  erster  Linie  Teterinarpoliseilichen  Inhalts,  gewinnt  jedoch 
far  ans  entschiedene  Bedeatong  dorch  die  Vermittlerrolle, 
welche  einselne  dieser  Thiergattongen  awischen  thierischem 
nnd  menschlichem  Müibrand  spielen.  Hiermit  sind  namentlich 
Schweine  and  Hände  gemeint.  Erstere  dürfen  tagelang  nicht 
aaf  den  Hof  gelassen  werden,  wenn  über  denselben  milsbran- 
dige  AbfUle  and  Danger  transportirt  warden,  da  sie  notorisch 
far  Infection  von  der  Magenscbleimhaat  aas  sehr  empfänglich 
sind  and  besonders  von  kleineren  Leaten,  wenn  aach  seltener 
als  krankes  Rindvieh,  Tor  dem  Absterben  schnell  noch  an  den 
Polkaschlächter  verkanft  werden.  Hunde  dagegen  inficiren  vor 
Allem,  wenn  sie  Milzbrandabfalle  gefressen  haben,  die  von 
ihnen  gebissenen  Thiere,  nnd  zwar  diese  hanfiger,  als  sich 
selbst,  jedenfalls  ein  grosser  Uebelstand.  Warden  die  Hirten 
dnrch  eine  höhere  Empfänglichkeit  ihrer  Hände  far  das  Gift 
genothigt,  diese  sorgfältiger  zn  sehatzen,  so  wärde  damit  für 
die  Verhatang  einer  weitem  Yerbreitang  des  Milzbrands  aber- 
banpt  viel  gewonnen  sein. 

Schwerlich  darfte  jedoch  jemals  eine  noch  so  heftige  Epi- 
zootie  es  rechtfertigen,  Sperrmaassregeln  auf  alle  Hände  eines 
bestimmten  Bezirks  za  legen.  Ei  nieachtender  wäre  der  Natzen 
davon,  wenn  diese,  nämlich  das  Tragen  von  Maalkorben,  anter 
solchen  Umständen  aaf  sämmtliche  Hirtenhande  eingeschränkt 
warden.  Erheblich  kSnnte  indess  aach  dieser  Natzen  nicht  sein. 
Der  vermeintliche  Schatz  des  Maalkorbes  wird  den  Hirten  dazu 
verleiten,  die  Hände  mehr  wie  bisher  von  Milzbrandcadavern 
and  -Abfallen  naschen  zu  lassen;  die  gehüteten  Thiere  bleiben 
ebenfalls  nicht  geschützt  und  der  Hirte  selbst  hat  noch  die 
lästige  Aufgabe,  um  seine  Häuslichkeit  zu  schützen,  den  Hun- 
den nach  der  Rückkehr  von  der  Weide  die  E5rbe  vorsichtig 
abzunehmen  und  zn  reinigen.  Bis  dahin  aber  hat  der  Hund 
des  Hirten,    wie  man   leicht  einsieht,    mit  Hülfe    des    am   und 


Gesetzgebung  über  Milzbrand.  249 

anterm  Maulkorb  haftenden  Miisbrandblatee  yielleieht  in  noch 
höherem  Grade  als  bisher  Gelegenheit  gefanden,  andern  Han- 
den  das  Qontagiam  mitzntheilen.  Wir  erinnern  daran,  dass  eine 
Verletzung  der  Haut  2ar  Inoculation  desselben  dnrcbaas  nicht 
nothwendig  ist,  dass  dieses  aach  anf  unversehrter  Bpidermis 
Wurzel  fasst,  abgesehen  davon,  dass  der  Milzbrandstoff  bei 
dieser  Gelegenheit  andern  Hunden  auch  anf  die  Mund-  und 
Darmschleimhaut  gelangt. 

(Schluss  folgt),  « 


IX. 

Ein  verbesserter  Gebartehakem 

Mitgetheilt  von  Hertwig« 
(Hierzu  die  Abbildung  Figur  4.  auf  Tafel  II.). 

Die  in  der  thierarztlichen  Geburtshnlfe  gebrincbliohen 
Haken  sind,  wie  bekannt,  entweder  solche,  die  einen  langen 
Stiel  mit  Handgriff  besitzen  und  bei  der  Anwendung  an  dem 
Letzteren  mit  der  Hand  regiert  werden  (sogenannte  lange 
Haken,  gestielte  Haken),  öderes  sind  die  sogenannten  klei- 
nen Haken,  welche  statt  des  Stiels  mit  einer  ringf5rmigen  Oeff- 
nung  (Oehse),  zum  Durchziehen  und  Anbinden  eines  Zugstrickes 
versehen  sind  und  die  man  deshalb  wohl  auch  Ring-  oder 
Strickhaken  nennen  könnte.  Die  eine  und  die  andere  Art 
kann  in  verschiedenen  Grossen  bestehen  und  an  den  Spitzen 
stumpf  oder  scharf  sein.  Je  nach  der  Grosse  und  Lage  des 
Foetns  und  seiner  Theile  findet  bald  die  eine  bald  die  andere 
Form  der  Haken  ihre  leichtere  Anwendung ,  und  man  kommt 
bald  mit  der  Anlegung  nur  eines  Hakens  aus,  bald  muss  man 
deren  zwei  an  verschiedenen  Stellen  des  Foetus  anwenden,  um 
ein  stärkeres  und  mehr  gleichmässiges  der  mittleren  Längenaxe 
des  Beckens  entsprechendes  Ziehen  bewirken  zu  konneu. 


250  Hertwig, 

Far  diesen  Zweck  hat  man  besonder«  ein  Paar  kurze, 
Bpitsige  Haken  im  Gebraach,  welche  in  der  Art  gearbeitet  sind, 
dass  die  an  ihrem  hintern  Ende  befindlichen  Oehsen  querer 
stehen  (im  Verhaltniss  snr  Stellung  der  Spitse  des  Hakens 
gedacht),  und  dass  die  innere  (vordere)  Seite  dieser  Ochsen 
flach  ist,  so  dass,  wenn  dieselben  Ton  beiden  Haken  an  einan- 
der gelegt  werden  9  sie  genau  an  einander  passen  und  mittelst 
eines  hindurchgezogenen  Strickes  fast  wie  eine  Zange  den  zwi- 
^  sehen  den  Spitzen  der  Haken  gelegten  Theil  des  Foetus  fest- 
halten. Die  Erfahrung  lehrt  jedoch,  dass  es  oft  recht  schwer 
ist,  die  beiden  Haken,  einen  nach  dem  andern  anzulegen  und 
bis  zu  dem,  von  Gehulfen  zu  bewirkenden  Ziehen  an  den 
Stricken,  in  der  richtigen  Lage  gehörig  zu  erhalten,  —  wie 
auch:  dass  wahrend  des  Ziehens  ein  Haken  leicht  aus  seiner 
Ansetzstelle  herausgleitet,    wenn   das  Ziehen    nicht    an    beiden 

Stricken  recht  gleichmässig  geschieht,  und  —  dass  dann  selbst 

ft  

Verletzungen  des  Uterus  u.  s.  w.  durch  den  ausr^etretenen  Ha- 
ken entstehen. 

Wegen  dieser  Mangel  hat  der  Militär  -  Thierarzt.  Riemer 
in  Danzig  an  den  >  in  Rede  stehenden  Haken  folgende  Verän- 
derung vorgenommen,  die  sich  in  der  Praxis  als  eine  Verbes- 
sernng  bewahrt  hat,  und  die  aus  unserer  Abbildung  zu  erse- 
hen ist. 

Die  beiden  Haken  sind  an  ihrem  hintern  Theile,  vor  den 
Ringen  (Oehsen)  flach  und  abgesetzt  gearbeitet,  so  dass  sie 
daselbst  wie  die  zwei  Stücke  einer  Scheere  oder  einer  Zange 
auf  einandjer  passen  uud  zusammengelegt,  vermittelst  eines 
dicken  Nietes  (f)  beweglich  mit  einander  verbunden  sind,  — 
wahrend  sie  bei  der  oben  erwähnten  bisherigen  Einrichtung 
blos  mit  den  Ringen  gegen  einand ergelegt  und  vermittelst  des 
durch  dieselben  gezogenen  Strickes  zusammengehalten  wurden. 
Das  Schliessen,  Zusammenhalten  und  feste  Sitzen  der  Haken 
an  den  betre£fenden  Stellen  des  Foetus  muss  auch  bei  der 
jetzigen  Einrichtung  des   Instruments  hauptsächlich  durch   das 


ein  rerbesserter  Geburtsbaken.  251 

gleichmassige  Ziehen  an  den  beiden  Enden  des  durch  die  Oehsen 
gezogenen  Strickes  geschehen;  aber  das  Einsetsen  der  Haken- 
spitzen geschieht  viel  leichter,  die  Erhaltung  in  der  bestimmten 
Stelle  ist  sicherer,  und  es  kann  durch  etwa  von  den  Gehnlfen 
bewirktes  ungleiches  Ziehen  nicht  leicht  ein  Losgehen  des  einen 
oder  des  andern  Hakens  erfolgen;  und  im  Fall  Letzteres  doch 
geschieht,  so  können  nicht  leicht  Verletzungen  entstehen,  da 
die  Spitzen  des  einen  Hakens  durch  den  Bogen  des  gegenüber- 
stehenden zweiten  Hakens  grosstentheils  gedeckt  sind. 

Unsere  Abbildung  des  Instruments  zeigt  dasselbe  in  Drei- 
vierteln der  wirklichen  Grosse  und  im  geschlossenen  Znstande, 
und  die  punktirten  Conturen  deuten  seine  Erweiterung  an, 
v^enn  die  Haken  vollständig  auseinander  gezogen  sind.  Die 
Lange  des  Instruments  in  gerader  Linie  betragt  5  Zoll,  die 
Breite  an  der  weitesten  Stelle  im  geschlossenen  Zustande  2\  ZoU, 
die  Dicke  und  Breite  der  Hakenarme  a.  h.  und  b.  h.  reichlich 
%  Zoll,  die  Spitzen  c.  d.  sitid  1  Zoll  lang  und  greifen  im  ge- 
schlossenen Instrument  bei  e.  \  Zoll  übereinander;  der  platte 
Stiel  zwischen  dem  Anfange  der  Haken  und  den  ringförmigen 
Oehsen  ist  1  Zoll  lang,  %  Zoll  breit  und  an  jedem  Stücke 
fj^  Zoll  dick;  das  Durchschnittsmass  der  Oehsen  ist  1  Zoll,  Im 
▼ollstandig  geöffneten  Zustande  stehen  die  beiden  Hakenspitzen 
3^  Zoll  und  die  Winkel  der  Haken  (etwas  über  den  Stellen 
bei  h,)  5  Zoll  auseinander. 


X. 


Anzeige. 

Handbuch  der  Anatomie  der  Hausthiere.  Mit  be« 
sonderer  Berücksichtigung  des  Pferdes.  An  Stelle  der  dritten 
Auflage  der  Leyh 'sehen  Anatomie  und  mit  Benutzung  der 
Holzschnitte  derselben  bearbeitet  von  Ludw.  Frank,  Professor 
an  der  Central-Thierarzneischule  in  München.     Mit  zahlreichen 


262  Lilenuüehtt  Anzeige. 

Holseohnitten  nach  Original-Zeicbnongen.     I,  Hüfte.    Stattgart, 
1870.  Verlag  von  Ebner  et  Senbert, 

Die  Yorliegende  erste  Hälfte  des  Handbuchs  hat  400  Seiten 
nnd  enthalt  noch  nicht  die  ganse  Mnskellehre;  es  wird  daher 
mit  dem  Erscheinen  der  zweiten  Hälfte  beträchtlich  starker 
werden 9  als  die  zweite  Anflage  von  Lejh's  Handbach.  Der 
Herr  Verl  hat  es  für  nothig  erachtet,  den  Lejh' sehen  Holz- 
schnitten noch  eine  betrachtliche  Anzahl  beizofngen«  Namentlich 
sind  neo  hinzugekommen: 

A.  Zar  allgemeinen  Anatomie:  25  Figuren,  welche 
zum  grossten  Theile  den  mikroscopischen  Bau  der  Knorpel, 
Synovial  -  Haate ,  Zahne,  Muskeln,  Ganglien  und  Nerven  be- 
treffend  und  zum  Theil  von  anderen  Autoren  entlehnt  sind. 

B.  Zur  speciellen  Anatomie  sind  sogar  99  neue 
Figuren  hinzugekommen,  indem  die  meisten  Knochen  einzeln 
abgebildet  sind,  und  zu  den  Muskel -Figuren  auch  eine  Anzahl 
hinzutritt,  namentlich  dievonLejh  nicht  dargestellten  Muskeln 
des  Kindes  und  Schweines» 

Zu  bedauern  ist  es,  dass  die  vom  Hrn.  Verf.  zugefügten 
Holzschnitte  nicht  alle  die  Klarheit  nnd  Deutlichkeit  der  L  e  jh'- 
schen  Holzschnitte  erreicht  haben,  viele  sind  viel  zu  dunkel 
(schwarz)  gehalten. 

In  der  Reihenfolge  der  beschriebenen  Systeme  der  allge- 
meinen Anatomie  ist  auch  eine  Aenderung  beliebt  worden,  das 
ganze  Buch  wird  überhaupt  ein  anderes  werden,  als  das  Lejh'- 
sehe,  von  dem  es  ja  eben  nur  die  Stelle  der  dritten  Auflage 
vertreten  soll,  wie  der  Titel  besagt. 

Druck  und  Papier  sind  schon. 

Gnrlt. 


Mtseelle. 


253 


XI. 

IH  i  8  c  e  1 1  e 

Der  Verlast  an  Pferden  and  Manlthieren  in  der 
Sardo -Italienischen  Armee  wahrend  des  Jahres 
18  64  betrug,  nach  einer  in  der  österreichisch  - miiitairi sehen 
Zeitschrift  (VI.  Jahrg.  1865.  S.  285  —  288)  aus  dem  Giornale 
militare  gemachten  Zusammenstellung,  2913  Stuck,  bei  einer 
Summe  der  gansen  Armee  an  Pferden  und  Maolthieren  von 
23,145  Stuck,  und  es  war  somit  im  Allgemeinen  ein  Abgang 
von  12  pCt. 

Die  gesammte  Cavallerie  (19  Regimenter  und  die  Cbt.- 
Normal  -  Schule)  zahlte  13,650  Pferde  und  ihr  Verlust  betrug 
1737  Stuck,  also  12  pCt. 

Die  Artillerie  (10  Regimenter)  zahlte  6236  Pferde  und  ihr 
Verlast  betrug  849  Stuck,  also  13  pGt. 

Der  Train  (3  Regimenter)  zahlte  3252  Pferde  und  ihr 
Verlust  betrug  327  Stück,  also  10  pCt. 

Der  Verlust  entstand: 
A.  durch  T5dtung:  bei  der  CaTallerie 

Artillerie 


„    dem  Train 

B.  durch  Sterben;    bei  der  Cavallerie 

„      „     Artillerie 
„     dem  Train 

C.  im  Gefecht  mit  Räubern  verloren: 

bei  der  Cavallerie 
D«  von  Deserteurs  mitgenommen: 

bei  der  Cavallerie 
£.  an  Thierheilanstalten  abgegeben: 

bei  der  Cavallerie 

„       «     Artillerie 
dem  Train 


452 
243 

56 
524 
258' 

57 


751 


839 


» 


85 

60J 
20 


165 


364  Miscelle. 

F.  Ausgemustert  verkauft:    bei  der  C*vallerie       664 j 

«      ^     Artillerie         288  (    1146 
„     dem  Train  194] 

Demnach  verlor  die  Cavallerie  zusammen     1737  \ 

„  n         «     Artillerie  ^  8491    2913 

„  „       der  Train  „  3271 

ad  A.    Die  Todtung  erfolgte: 

wegen  Rots  und  Warm  bei  .     .     .     .678] 

^   anderen  anheilbaren  Krankheiten     25 1      751 

„   Beinbrüchen  bei 48  \ 

Die  Abgange  bei  den  einzelnen  Regimentern  waren  sehr 
ungleich;  am  geringsten  bei  den  Gniden  (5  pCt.),  bei  dem 
Reg.  Nizza  and  bei  der  Cavall.- Schale  (k  7  pCt.);  am  grossten 
bei  dem  Lanz.-Reg.  Milano  (19  pGt.),  Mootebello  (18  pGt.)  and 
Aosta  (18  pCt.),  bei  dem  leichten  Gavall.-Reg,  Lodi  (18)  and 
Salaszo  (16  pGt.)  and  dem  6.  and  8«  Feld -Artillerie-Regiment 
(ä  17  und  15pCt.). 

Die  genannten  Lanjsier-  und  Gavallerie  -  Regimenter  waren 
in  deu'  sädlichen  Provinzen  gegen  die  Raaber  verwendet  wor- 
den and  ausserdem  sind  bei  dem  Regiment  Milano  und  dem 
10.  Artillerie  •  Regiment  tjpbose  Epidemien  die  Ursache  des 
grosseren  Verlustes  gewesen. 


XII, 

Perstml  -  Notiz^« 

Auszeichnung: 
Dem  technischen  Director  a.  D.  Dr.  Gurlt  ist  der  König!« 
Kronen-Orden  2.  Klasse,  —  dem  Professor  a.  D.  Dr.  Spinola 
und  dem  Schmiedelehrer  a.  D.  Hoffmeister  der  Rothe  Adler- 
Orden  4.  Kl.  verliehen  worden» 


Personal-Notizen.  255 

Das  Allgemeine  Ehrenzeichen  erhielten : 

G nette,   Stabs-Kossarst  im  6.  Kürassier-Regiment, 

Knade,  -  -8, 

Stimming,  -  -    9.  Ulanen-Regiment, 

Piran,  Unter-Rossarst  im  3.  Husaren-Regiment. 
Der  zum  Director  der  Thierarzueischnie  in  Berlin  bernfene 
seitherige  Director  in  Hannover,  Medicinal-Rath  und  Professor 
Gerlach,  hat  den  Character  als  Geheimer  Medicinal-Rath,  der 
Professor  Dr,  Hertwig  den  Cbarcter  als  Medicinal-Rath  er- 
halten nnd  der  Professor  Günther  in  Hannover  ist  zum  Di- 
rector der  Thierarzneischnle  daselbst  ernannt.  Der '  Lehrer 
Kohne  hat  den  Character  als  Professor  erhalten  nnd  ist  nach 
Hannover  versetzt  nvorden.  Der  seitherige  Repetitor  Kreis- 
Thierarzt  Dr.  Schutz  ist  als  Lehrer  in  Berlin  angestellt  word«n. 

Als  Ereisthierarzte  sind  angestellt: 

Thierarzt  L  Kl.  Hoff  mann  far  den  Kreis  Oletzko, 
Brandau  far  den  Kreis  Gelnhausen. 

Versetzt  sind: 
Ereis-Thierarzt  Perlett  von  Mayen  nach  Lauban» 

Ernger  von  Naagardt  nach  Templin, 
Ludewig  von  Achim  nach  Bremen. 
Thiedeken  von  Neu-Gramssiel  nach  Achim. 
Kupp  von  Goldapp  nach  Pilkallen« 

Verzogen   sind: 

Thierarzt  I,  Kl.  Rind  von  Gardelegen  nach  Danzig. 

•     Schwalle   v.  Nordkirchen  u.  Lüdingshansen. 
-     Buchelt  V«  Kujan  n.  Schwammelwitz. 
Stabs-Rossarzt  Wendtlandt  v.  Tilsit  n.  Beigard. 
Thierarzt  Schimpf  n.  Gardelegen. 

Lindstedt  v.  Kyritz  n.  Nenteich. 
Uhl  V.  Tangermünde  nach  Havelberg. 
Fischer  v.  Blankenburg  n.  Gemünden. 


256  Personal-Nolizen. 

Niedergelassen  habeo  sich: 

Thierarzt  Utescher  in  Perleberg. 
Bombach  in  Dortmund. 
Mnller  in  Colmsee. 
Hintae  in  Bismark. 
Win b eck  in  StendaL 
Weidenfeld  in  Potsdam. 
Bohle  in  Potsdam. 
Kotelmann  in  Kletzke. 

Gestorben  sind: 

Stabs -Rossarzt  Schmidt  in  Dasseldorf. 

E oberstein  in  Pasewalk. 
Ereis-Thierarzt  Richter  in  Torgan. 

Sauer  in  Wehlan. 
Re isner  in  Wittlieb. 
Thierarzt  Rnhts  in  Brnhl. 
Lahrs  in  Achim. 
Leae  in  Arnebarg. 
Rossarzt  Rossmann  in  Berlin. 

Offene  Ereis-Thierarzt-Stellen: 

Far  den  Ereis  Mayen  nnd  Bochem,  Regierangs-Bezirk  Coblenz. 

Nangardt,  Reg.-B.  Stettin. 

-  -         -       Wehlaa,  Reg.-B,  Eonigsberg, 

-  -         -       Schleaslngen,  Reg.-B.  Erfurt. 

Fischhausen,  Reg.-Eonigsberg. 
Osterode,  Reg.-B.  Eonigsberg. 


Gedruckt  bei  Julius  Sittenfeld  in  Berlin. 


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TafM 


A  !,*f.^^.  .t,.l. 


Magazin 

for  die 


gesammte  Thierheükunde. 


cmaLmvi«  jaiirfffiMiir«  9.  s(a«i£.) 


I. 
IKe  leftm  der  QmiMgfkümg  ither  des   HUibnid« 

Von  Dr.   Kuntx, 
KreisphyBikas  de«  Rjreises  Wanzleben. 

(Schluss.) 

III. 
S  p  e  r  r  m  a  a  8  8  r  e  g  e  1  o. 

Am  Scblasse  unserer  Abhandlaag  erübrigt  es  noch,  den 
Sinn  ond  Zweck  etwaiger  gegen  den  MtUbrand  anzuordnender 
Sperrmaasaregeln  etwas  schärfer  ins  Auge  zu  fassen.  Eine  nneb- 
terne  Betrachtung  der  Saehe  lehrt,  das«  die  priacipielle  Anf- 
rech terhaltung  solcher  keineswegs  mehr  sich  rechtfertigen  lasst, 
hochstellt  für  gewisse  exceptionelle  Falle  die  Befugniss  der  Be- 
hörden, davon  Gebrauch  zu  machen,  aufrecht  erhalten  werden 
darf,  und  wean  die  Gesetzgebung  bisher  es  nicht  gewagt  hat« 
die  prineipielle  Aufhebung  derselben ,  obwohl  sie  in  praxi  so 
gut  wie  gar  nicht  zur  Ausführung  gelangen,  definitiv  auszn-' 
sprechen,  dies  nur  einerseits  auf  dem  Hangen  an  traditioneller 
Gewohnlieit,  andererseits  auf  unvollkommenem  Orientirtsein  in 
der  Sache  beruhen  kann.  Man  ist  gewohnt,  an  der  fland  der 
überlieferten    gesetzlichen    Anschauung  Milzbrand    mit   gleichem 

Maasse  £u  mcitsen   wie  Lungeudeuche  und  Riuderpest,  und   var- 
M«g.  f.  Tlii«rh«ilk.  XXXYI.    3.  ]  7 


358  Klintf,  Reform  der 

stobst  hiermit  gegen  Erfahning  and  Bedärfnise  dee  praktieeheii 
Lebeof,  ohne  den  erstrebten  Zweck  in  einer  der  Rigoroeitat  der 
Bestimmangen  entsprechenden  höheren  Vollkommenheit  sn  er- 
reichen. 

Indem  wir  anf  das  bereits  frnher  über  diesen  Gegenstand 
Gesagte  verweisen,  bemerken  wir,  dass  die  Sperrmaaasregeln  sieh 
nnr  auf  folgende  Ponkte  beliehen  können: 

1.  Aak  einem  sozusagen  infieirten  Orte  oder  GrehSfte  darf 
kein  Donger  ansgefnhrt  werden. 

Wir  wiederholen  bezüglich  dessen,  dass  wir  es  im  Allge- 
meinen für  unbedenklich  halten,  den  Dünger  im  abseits  gelege- 
nen Felde  nntersnpflügen  oder  haofenweise  abenlagem,  vorans- 
gesetst,  dass  die  eigentlichen  MilBbrandstolTe  aelbat  eebon  be- 
stimmongsmassig  darans  entfernt  sind,  der  Dünger  also  des  fixen 
Gontaginms  schon  beraubt  ist..  Es  ist  una  iwar  ein  Fall  be- 
kannt, dass  in  einem  Schafstalle,  in  welchem  vor  einiger  Zeit 
der  Milsbrand  geherrscht  hatte,  letzterer  von  Neuem  auftrat, 
als  durch  Ausräumen  des  Düngers  früher  infectios  gewordene 
Düngerschichten  aufgedeckt  wurden;  ein  concludentes  Beispiel 
jedoch  dafür,  dass  durch  den  Transport  und  das  Unterpflügen 
resp.  Auflagern  des  Düngers  im  Felde,  Dinge,  die  taglioh  vor 
unseren  Augen  geschehen,  Infectionen  von  Menschen  oder  Thie- 
reu  herbeigeführt  worden  waren,  können  wir  nioht  ausfindig 
machen. 

Unter  Berücksichtigung  des  Vorstehenden  und  der  oben 
noch  angegebenen  Vorkehrungen  nehmen  wir  keinen  Anstuid» 
die  Ausfuhr  von  Dünger  nach  benachbartem  Felde  für  unbedenk- 
lich lu  erklaren.  Wir  halten  dagegen  den  Verkauf  desselben 
für  ganzlich  unstatthaft. 

2.  Dasselbe  Verbot  trifit  das  sogenannte  Rauhfutter  (EFten, 
Klee,  Esparsette,  Stroh  etc.). 

Es  ist  schwerlich  einzusehen,  geschweige  denn  nachtuweisen, 
auf  welchem  Wege  dergleichen  Material  eines  Geh6f%es  oder  gar 
einer   Ortschaft  die   Eigenschaft  erwerben  soll,   ansteckend   au 


Gesetzgebung  über  Milzbrand.  359 

werden«  Diei  konnte  doch  nnr  einzelne  Partieen  Falters  tref- 
fen, die  dnreh  nähere  oder  entferntere  Berührung  mit  milzbran- 
digen Thieren  oder  Häoten  (resp.  Fellen)  als  inficirt  zn  betrach- 
ten waren.  Solches  Fatter  ist  allerdings  nnter  Qaarantaine  zn 
stellen  und  am  besteen  zu  vernichten,  wird  jedoch  begreiflich 
niemals  in  grossen  Quantitäten  bestehen  können ,  es  mnssten 
denn  alle  gesetzlich  vorgeschriebenen  Bestimmungen  ans  dem 
A.age  gelassen  worden  sein«  Für  ein  allgemeines  Exportverbot 
gäbe  es  jedoch  nur  einen  Rechtfertignngsgrund ,  nämlich  der 
Nachweis,  dass  das  Futter  eines  Geholtes  —  eines  Ortes,  ist  wohl 
nicht  denkbar  —  die  primäre  Brzeugungsursache  der  Milzbrand- 
malaria  sei  Das  ist  jedoch  ein  Fall,  der  mit  den  bekannten 
gewohnlichen  Entstehungsnrsachen  nicht  übereinstimmt,  denen 
gemäss  höchstens  nnr  ganz  unbedeutende  Quantitäten  Futters, 
nämlich  solche,  die  auf  Verseharrungsstellen  wuchern,  infectios 
zu  werden  vermögen« 

Sollte  dennoch  nnter  ganz  besonderen  localen  Verhaltnissen 
es  sich  ereignen,  dass  der  Fntterbestand  eines  Hofes  oder  Ortes 
in  grosserem  umfange  für  verdachtig  erachtet  werden  müsse,  so 
ist  dieser  Fall  immer  erst  zu  constatiren  und  dann  lediglich  auf 
den  sichergestellten  Umfang  einzuschränken.  Ezceptionell  bleibt 
ein  solches  Vorkommniss  immer,  und  als  solches  kann  es  un- 
moglioli  ein  Grund  sein,  die  gegen  dasselbe  zu  treffenden  Vor- 
kehrungen als  allgemeines  Princip  hinzustellen. 

In  den  an  Heu  reichsten  Orten  ist  bekanntermassen  auch 
der  Milzbrand  sehr  häufig  und  bisweilen  erheblich  häufiger  als 
zur  Gonstatirung  einer  Seuche  im  Sinne  der  Theorie  des  Sen» 
chenanterachiedes  genügt;  woher  sollten  die  benachbarten  Heu- 
congumenten  in  solchen  Fallen  ihr  Heu  beziehen?  Wer  ersetzt 
den  Prodncenten  die  Verluste,  die  sie  hierbei  erleiden  müssten  ? 
Es  iat  niemals  bekannt  geworden,  dass  z.  B.  die  Stadt  Had- 
mersleben  im  Bodethale,  die  an  Weiden,  an  Heu  und  an  Milz- 
brand reich  ist,  die  Umgegend  gelegentlich  mit  letzterem  ver- 
sorgt habe,  wahrend  es   sicher   ist,   dass    die  Stadt  in  Armuth 

17* 


260  Kante,  Befomi  der 

• 

▼drfiele,  wenn  die  barbarische  Bestimmaog  des  Fntterexportet 
für  alle  Falle  oomulirteren  Vorkommens  des  Milsbraades  in 
Kraft  treten  sollte.  Eine  wirk  Höbe  Landescalamitftt  gleich  der 
Rinderpest  vermag  letsterer  nie  herbeisufahren;  will  das  Qe- 
sets  dennoch  mit  denselben  Waffen  gegen  ihn  la  Felde  ziehen, 
so  mnss  es  folgerecht  auch  den  geschadigten  Prodacenten  aas 
Staatsmitteln  Schadenersats  leisten.    Das  ist  nicht  mehr  als  billig. 

3.  Von  dem  Viehbestande  eines  Gehöftes  oder  Ortes  darf 
auf  eine  bestimmte  Zeitdauer  —  etwa  bis  4  Wochen  nach  dem 
letzten  Erkrankungsfalle  —  kein  Vieh ,  auch  kein  gesundes,  ge* 
schlachtet,  verkauft  oder  nach  einem  anderen  Orte  gebracht 
werden;  jedoch  mit  der  Maassnahme,  dass  das  Verbot  sich  nur 
auf  die  Thiergattung  erstreckt,  in  welcher  der  Milzbrand  herrscht. 

Auch  eiae  solche  Maassregel  haben  wir  früher  für  so  hart 
und  nnnothig  erklart.  Die  Behörden  werden  in  der  Regel  auf 
Anwendung  derselben  nicht  bestehen,  da  sie  selbst  einsehen, 
dass  sie  fSr  die  Schäfereien  gewisser  Güter  und  Ortschaften 
dem  Wortlaute  des  Gesetzes  gemäss  die  Sperr maassregeln  per- 
manent bestehen  lassen,  die  Schafhaltung  also  jenen  unmogHdi 
machen  mussten.  Es  ist  auch  kein  einigermaaesen  triftiger 
Grund  ersichtlich,  weshalb  thatsächlich  gesundes  Vieh  durch 
Verkauf  und  Export  den  Milzbrand  verbreiten,  oder  das  Fleiseh 
desselben  den  Menschen  schädlich  werden  soll.  Weder  Erfah- 
rung noch  Wissenschaft  haben  erwiesen ,  dass  die  Krankheit 
regulär  ein  mehr  oder  weniger  langes  Incubationsstadium  durch- 
mache, gewissermaassen  latent  bleibe,  bevor  sie  in  die  äussere 
Erscheinung  trete;  in  der  Regel  zeigt  sie  sich  vielmehr  plötz- 
lich oder  nur  nach  kurzen  Vorboten  sogleich  in  grosster  Hef- 
tigkeit. Soll  aber  durch  das  in  Rede  stehende  Verbot  die  Ge- 
wissenlosigkeit verhindert  werden ,  wissentlich  kranke  Itiiere  an  ^ 
verkaufen  resp.  zu  schlachten,  so  ist  der  Apparat,  den  man  %n 
dessen  Verhinderung  anwendet,  ein  zu  grossartiger,  nach  allen 
Seiten  hin  schlagender ,  der  auch  den  Unschuldigen  trifft  und 
zwar  diesen  am  meisten.     Das  ist  eine  Ungerechtigkeit  und  Un- 


Gesetzgebnng  über  Milzbrand.  261 

beholfliebkeit  des  Gesetzes  so  gleicher  Zeit,  Man  bestrafe 
Tielmehr  streng  das  Schlaehten  ond  Verkaafen  wirklich  kran- 
ken  Viehes^  coatrolire  die  verdächtigen  Schlächtereien,  verbiete 
das  Abstechen  kranker  Thiere  seitens  der  Besitser  selbst,  lasse 
somit  die  Strafe  far  verarsachten  Schaden  durch  die  Schuldigen 
getragen  werden ,  lege  aber  sonst  keine  der  Strafe^  gleichkom* 
mende  Beschränkung  den  gesetslieh  Unschuldigen  auf. 

Nur  far  einen  Fall  haben  wir  eine  Ansnahme  statniren  zu 
nanssen  geglaubt,  für  den  des  Milzbrandes  in  einer  Treiber- 
heerde,  hier  jedoch  aus  dem  zwingenden  Grunde,  weil  der  Trei- 
ber, die  Beseitigung  kranker  und  gefallener  Thiere  oder  die 
Yermittelnng  derselben  an  den  Abdecker  obliegt,  das  Conta- 
ginm  verschleppt,  wenn  ihm  nicht  Zeit  gewährt  wird  zur  gehö- 
rigen VoUfuhrung  der  geg(^benen  Vorschriften  und  zur  Restau- 
rirnng  des  getriebenen  Viehes.  —  Dass  grossere  Guter  übrigens 
in  Fallen  der  Noth  ihre  inficirten  Heerden  nach  benachbarten 
Vorwerken,  die  andere  Stallungs-,  Pntterungs-  und  Trankungs- 
verhältnisse darbieten,  bringen  lassen,  wird  als  bewährtes  hy- 
gienisches und  curatives  Mittel  nur  gebilligt  werden  können. 

4.  Das  Gesetz  verbietet  den  Durchtrieb  gesunden  Viehes 
durch  inficirte  Orte. 

Hält  man  den  Begriff  des  , inficirten  Ortes^  nicht  für  un- 
richtig, so  konnte  eine  solche  Bestimmung,  die  überdies  keine 
Härte  involvirt,  nicht  irrationell  erscheinen.  Indess,  wo  soll 
der  Anfangspunkt  für  eine  solche  Maassregel  sein,  wo  das  Ende? 
Es  lässt  sich  schlechterdings  kein  Anhaltpunkt  dafür  geben. 
Wollte  man  das  Verbot  auf  die  Spitze  treiben,  so  musste  nicht 
bloss  der  infioirte  Ort,  sondern  ein  gewisser  um  denselben  be- 
legener Rayon  in  das  Verbot  mit  einbegriffen  werden,  da  mit 
demselben  Rechte,  mit  welchem  man  der  Ortschaft  die  Eigen- 
schaft des  Inficirtseins  imputirt,  auch' in  der  Umgegend  dersel- 
ben, welche  das  Futter  liefert,  mit  dem  Dunger  der  Stalle  nber- 
atrent  ist,  hier  und  da  von  der  erkrankten  Heerde  des  Ortes 
betreten   und   inficirt   worden   ist,    die  Möglichkeiten   der   An- 


262  Kuntz,  Reform  der 

steokoDg  far  darohgetriebene  Heerden  gesoeht  werdeo  miiM- 
ten.  Dm  wird  dM  Gesets  aber  wohl  «elbat  nicht  beftbsiohti- 
gen,  obgleich  es  die  logische  Conseqaens  des  Begriffs  Tom  ^lO' 
ücirten  Orte'  ist. 

Halt  man  daran  fest,  dass  es  sieh  hier  wiederam  nicht  am 
Rinderpest,  sondern  am  Milsbrand  handelt,  so  wird  man  sich 
wohl  bei  der  einfachen  Maassnahme  berahigen,  auf  der  Dardi- 
reise  befinlichem  Vieh  nar  die  Unterbringung  in  den  inficirten 
Stallungen  des  Ortes  au  versagen.  Ueberdies  wird  verrnnth- 
lioh  ein  für  seine  Stellung  und  das  Interesse  seines  Herrn  be- 
sorgter Treiber  es  vorsiehen,  einen  unwesentlichen  Umweg  statt 
des  directen  Weges  su  nehmen,  i^enn  ihm  gesagt  wird,  es  sei 
gefahrlich,  diese  Vorsicht  nicht  su  gebrauchen. 

Sollten  indess  die  Falle  eintreten,  dass ^ durchgetriebenen 
Heerden  die  Passage  irgendwo  poliseilich  bei  Strafe  su  verbie- 
ten wäre,  so  konnte  sich  dies  unzweifelhaft  nur  auf  gewisse, 
zu  bestimmende  Theile  von  Strassen,  Ortschaften  kleinster  Ka* 
tegorie,  von  Aeckern  und  Wiesen  beziehen.  Solche  Falle  eige 
ner  Art,  sind  jedoch  nicht  summarisch  unter  ein  gesetzliches 
Thema  zu  bringen,  sie  erfordern  speciell  jedesmal  die  ausdrück- 
liche ConstatiruDg  ihres  Vorhandenseins,  sowie  des  Bedur^isses 
der  gesetzlichen  Intervention. 

Die  Abhülfsmittel  beruhen  hier  in  öffentlicher  Bekanntma- 
chung und  Errichtung  von  Warnungstafeln. 

5.  Können  Umstände  eintreten,  welche  die  Aufhebung  reap. 
Verschiebung  von  Viehmärkten  erscheinen  lassen? 

Es  ist  hierüber  nicht  anders  zu  urtheilen  wie  über  Nr.  4« 
Unter  gewöhnlichen  Milzbrandverhältnissen  spricht  Nichts  für 
ein  solches  Erforderniss ;  man  wurde  ohne  Noth  Handel  und 
Verkehr  hindern.  Dies  schliesst  den  Wunsch  nicht  aus,  dass 
die  Veterinärbehorden  die  Viehmärkte  schärfer  im  Auge  be- 
hielten als  es  bisher  geschieht. 

6*  Ueber  Sperrmaassregeln  für  Hunde  siehe  das  früher 
Gesagte. 


Oesetegebnog  öbei"  Milzbrand.  SB3 

Wenn  wir  jetot  tnr  Anfttelinng  eines  Rahmens  für  gesets- 
liob  gegen  den  Milsbrand  sa  erlassende  Vorschriften  abergehen, 
so  machen  wir  hier  noch  einmal  darauf  aufmerksam,  dass  wir 
bei  diesem  Unternehmen  die  Unterscheidung,  ob  Seuche  oder 
nicht,  unseren  rorstehenden  Brorterungen  gemäss,  gänslich  haben 
fallen  lassen.  Bezüglich  der  Strafen  für  gesetzliche  Gontraventio- 
neu  bemerken  wir  im  Voraus,  dass  wir  die  Feststellung  eines  be» 
stimmten  Maasses  derselben  nicht  gewagt  haben,  eine  solche 
aooh  nicht  unsere  Aufgabe  sein  kann;  dies  müssen  wir  den 
Juristen  der  Sanitätspolizei  überlassen. 


IV. 

Gesetzes  Vorschlag. 

§.  1.  ist  ein  Tbier  am  Milzbrande  erkrankt  oder  crepirt, 
so  ist  durch  den  Besitzer  oder  dessen  Stellvertreter  der  Poli- 
seibehorde  mit  thunlichster  Schnelligkeit  und  spätestens  binnen 
2  mal  24  Stunden  Meldung  zu  machen,  Srafmaass  hoher  als  bisher, 

§•  2.  Die  erkrankten  Thiere  'sind  von  den  gesunden  zu 
trennen  und  müssen  besonderen  Wärtern  übergeben  werden. 
Zur  Belehrung  dieser  ist  auf  Befolgung  der  in  der  Milzbrand- 
Instraction  angegebenen  Schutzmaassregeln  aufmerksam  zu  ma- 
chen.    Strafmaass  wie  bisher. 

§.  3,  Die  cnrative  Behandlung  milzbrandkranker  Thiere 
steht  nicht  bloss  den  approbirten,  sondern  auch  nicht approbir- 
ten  Thierärzten  zu.  Sie  haben  bei  Vermeidung  tou  Strafe  auf 
Befolgung  des  in  der  Milzbrandinstruction  Gesagten  zu  wachen, 
dasselbe  selbst  zu  befolgen,  vor  Allem  aber  darauf  zu  sehen, 
dass  Aderlassblut,  Haarseile,  Fontanellenleder,  Verbandzeug, 
Milzbrandjanche  und  dergleichen  sofort  aus  dem  Stalle  entfernt 
und  an  einem  unzugänglichen  Orte  unter  Ueberschüttnng  mit 
Kalk  vergraben  werden.     Strafmaass  wie  bisher. 

§.  4.  Die  gebrauchten  Instrumente  sind  sorgfältig  abzu- 
brühen, SU  putzen  und  zu  schleifen. 


264  Kiints,  Beform  der 

§.  5.  MiUbrandkraBke  Tbiere  d&rfen  ga  koiaem  »nderen 
Zwecke  getodtet  werden  als  sor  sofbrtigeo  VerMharrang  de« 
GadaTers  oder  aar  Vornahme  der  Obdaetion  doreb  einen  ap* 
probirten  Arst  oder  Thierarat.  Nichtapprobirten  Tbieraraten  sind 
dergleichen  Obductionea  antersagt.     Strafmaass  nicht  an  gering. 

§.  6.  Das  Schlachten  milibrandkranker  Thiero,  sowie  der 
Verkauf  aod  Verbranch  des  Fleisches  und  Fettes,  und  der  Milch 
▼on  kranken  Thieren  ist  bei  Strafe  verboten.  —  Die  Strafe  fnr 
eine  so  anehrenhafte  Handlang  kann  durch  Geldstrafe  wohl 
nicht  gesahnt  werden.  -— 

§.  7.  An  Milsbrand  gefallene  grossere  Thiere,  wie  Rind- 
tieh,  Pferde,  Esel,  dergleichen  Schweine,  därfen  nicht  abgehäu- 
tet, sondern  müssen  entweder  dem  Abdecker  aberliefert  oder 
mit  Haut  und  Haaren,  —  nachdem  die  Haut  vorher,  am  sie 
uobrauchbar  an  machen,  kreua weise  dorcbschnitten  worden  -  , 
in  6  Fass  tiefe  Graben  geworfen,  in  denselben  mit  einer  we* 
nigstens  eine  Hand  hohen  Schicht  Kalk  aberschattet  und  so- 
dann mit  Erde  and  Steinen  bedeckt  werden. 

§.  8.  Scbafe  können  unter  Beobachtung  der  in  der  In- 
struction vorgeschriebenen  Vorsichtsmaassregeln,  aber  nur  an  der 
far  den  Cadaver  bestimmten  Verscharrungsstelle  abgefeilt  wer- 
den ;  geschieht  dies  nicht,  so  sind  sie  unabgefellt  dem  Abdecker 
zu  aberliefern. 

Die  abgefeilten  Cadaver  sind   in    derselben  Weise  zu  ver- 
graben, wie  es  in  §.  7.  for  unabgebantete  Thiere  vorgeschrie 
ben  ist. 

§.  9.  Den  Abdeckern  ist  es  gestattet,  MiUbrandcadaver 
anabgehaatet  resp.  unabgefellt  in  gut  gedichteten  Wagen  absn- 
holen  und  unter  Beobachtung  der  Instruction  einer  weiteren 
Verwerthung  zu  unterwerfen.  Die  Letztere,  desgl.  die  Desin- 
fection  der  Haute  und  Felle  unterliegt  der  gesetzlichen  Controle. 

§.10.  Das  Werfen  von  Thielen ,  die  am  Milzbrand  er- 
krankt oder  crepirt  sind,  in  Teiche,  Graben,  Flüsse,  Brunnen 
ist  bei  Strafe  verboten. 


Gesetsifdbiuig  aber  Miltbrand.  86^ 

^$.  11.  MiUbrandige  Felle  nnd  Haote  (leUt«re  nor  in  den 
Abdeckereien)  sind  sofort  einer  Desinfectioo  za  uoterwerfeB, 
die  darin  beeteht,  dass  sie  10  Stondeo  in  Kalkwasser  gelegt 
und  daraaf  6  Wochen  lang  in  einem  abgeschiedenen  Raome 
getrocknet  werden.  Vor  Vollendnng  dieser  Desiofection  ist  der 
Verkauf  verboten. 

§.   12.     Der    Besitzer   hat   der   Polizeibehörde    anzuzeigen 
tirelchen    Beseitigungsmodas     mit    den     Cadavern    er    vorgenom- 
men hat. 

§.  13.  Die  Abdecker  haben  von  eingegangenem  miUbran- 
digoiB  Vieh  der  Polizeibehörde  Anzeige  zn  machen  nnd  aber 
den  Zu>  und  Abgang,  sowie  über  die  Art  der  Aasnntzaog 
Listen  sa  fahren. 

§.  14.  Schweine,  Hunde,  Katzen,  Federvieh  und  andere 
Thiore  müssen  von  den  Stall«*n  und  Abgängen  milzbrandkranker 
Thiere,  sowie  von  den  Cadarern  derselben  auf  das  Sorgfaltigste 
abgehalten  werden. 

§.  15*  Die  von  kranken  Thieren  bestanden  gewesenen 
(kleinen)  Ställe  tiind,  wenn  sie  nicht  mehr  als  3  Stuck  Vieh 
enthielten,  nach  Maassgabe  der  Milzbrand  Instruction,  ganz  zu 
reinigen.  Grossere  Rinder-,  Pferde-  und  Schafställe  sind  nur 
dann  total  zu  räumen,  reinigen  und  desinficiren,  wenn  eine  ad 
iioc  zusammentretende  Gommission  dies  für  nothwendig  erach-> 
tet;  sonst  unterliegen  dieselben,  mit  Ausnahme  der  Schafställe, 
nur  einer  partiellen  Reinigung  und  Desinfectiun« 

§.16.  Ob  nnd  inwieweit  Sperrmaassregeln  anzuordnen 
81  nd  bezüglich  des  Exports  und  Verkaufs  von  Rauhfutter  und 
Ducger,  des  Schlachtens,  Verkaufs  und  Translocirens  von  iK>ch 
gesunden  Tbieren  aus  einem  vom  Milzbrand  heimgesuchten 
Stalle,  des  Durohtreibens  gesunden  Viehes  durch  Orte,  in  wel- 
chen der  Milzbrand  herrscht,  ob  ferner  Viehmärkte  zu  verschie- 
ben oder  auf  Zeit  ganz  aufzuheben  sind^.  hängt  ab  vo.n  dem 
Gntachten  der  ad  hoc  berufenen  Commissionen.  Unter  gewohnli* 
eben  V^rhiUtnisaen  haben  alle  Sperrmaassregeln  sa  unterbleiben    . 


3 


SM  Kunts,  Reform  der      i 

}•  17.  Die  iD  der  MiUbrMidiDstractioii  rorgesehriebenen 
Schalt maassregein  sind  bei  Vermeidang  von  Strafe  sorgfaltig 
aa  beobaobten,  dem  Warterpersonal  Seitens  der  Besitsar  ge* 
hörig  einiasoh&rfen,  und  in  den  Stallen  Exemplare  der  gedaoh- 
ten  lastrootion  aassubangen. 


Reoapitulatioo. 

Ans  vorstehendem  Gesetsesentworfe  ersiebt  man,  dass  wir 
dem  yiefabesitsenden  Pobiiknm  mehrere  grosse  Gonoessionen' 
machen ,  nämlich : 

U  das  Abfeilen  der  Schafe  ist  freigegeben; 

2.  der  Besitser  darf  das  gefallene  Vieh  an  den  Abdecker 
verkaufen  nnd  dieser  dasselbe  ansnatsen; 

3.  alle  Sperrmaassregeln  sind  prinoipiell  aufgehoben  and 
können  nur  ausnahmsweise  auf  Grund  vorgenommener  finqu^e 
angeordnet  werden; 

4.  dem  Besitser  steht  das  Recht  au,  den  Danger  an  ver» 
werthen ; 

5.  Raumang  und  Desinfection  grösserer  Stalle  findet  in  der 
Begel  nibht  statt. 

Wir  beanspruchen  dafür  su  Gunsten  der  Sanitatspoliaei : 

1.  Poliseiliche  Meldung  unter  allen  Umstanden,  da  nur 
eine  in  voUkomuienster  Weise  informirte  Sanitatspolisei  den  Be- 
dürfnissen ihrer  respectiven  Bereiche  gerecht  zu  werden  vermag; 

2.  Belehrung  des  Publikums  durch  Brlass  einer  Milsbrand- 
InstructioD  und  Strafandrohung  für  Nichtbefolgung  der  darin 
enthaltenen  Vorschriftsmaassregeln ; 

3.  strengere  Verfolgung  des  Sohlachtens  kranker  und  todter 
Thiere; 

4.  Gontrole  der  Abdeckereien. 

Wir  sind  darauf  Torbereitet,  von  mancher  Seite  her  hefti- 
gen Widerspruch  au  erfahren ;.  unsere  Forderungen  sind  su  nea, 


'GeMtzgebong  über  Milzbrand.  267 

als  dass  sie  sofort  die  Billigong  des  Pablikoms  erbalten  soll- 
ten. Hierin  sehen  wir  jedoch  iceinen  Nachtheil,  sondern  einen 
Vortbeil  für  die  Sache.  Sollte  unser  ReformTorschlag  auch  mit 
der  Zeit  durch  die  Praxis  als  ungenügend  dargethan  werden, 
so  glauben^wir  der  einschlägigen  Gesetzgebung  wenigstens  den 
Nntaen  erwiesen  zu  haben,  dass  wir  durch  An£Btellung  und  Br- 
drterniig  bestimmter  Gesichtspunkte  ihr  dazu  verhelfen,  in  der 
Sache  sich  zu  orientiren,  dieselbe  von  bestimmten  Seiten  her 
anzugreifen.  Denn  an  Bekanntschaft  mit  dem  Gegenstande 
mangelt  es  bisher  der  Gesetzgebung;  nicht  vertraut  mit  dem 
Gegenstande,  war  ihr  derselbe  in  seiner  bisherigen  Regelung 
ein  noH  me  tangere.  Sie  konnte  daher  auch  grundsatzlich  nur 
sehleehterdings  vernichtend  gegen  Alles,  was  Milzbrand  hiess, 
oder  mit  demselben  entfernt  zu  thun  hatte,  auftreten,  ohne  ver* 
hindern  zn  können,  dass  es  gleichwohl  in  praxi  ganz  anders 
ging  als  sie  vorschrieb.  Ihr  Standpunkt  vertrug  sich  nicht  mit 
den  Lebensverhältnissen,  sie  ftchwebte  in  der  Luft;  unser  6e- 
setseB-Butwurf*)  steht  auf  dem  Boden  des  realen  Lebens. 


*)  Dass  derselbe  aach  eine  erhöhte  Thätigkeit  der  sanitätspolizei- 
lichen Organe  zar  Voraossetzung  hat,  leuchtet  ein  und  ist  mehrfach 
nachgewiesen  worden;  wir  unterlassen  nicht,  hiernach  schliesslich  den- 
jenigen, welche  als  Grundbedingung  aller  Verbesserung  der  Sanitats- 
polizei die  Abschaffung  der  Ereischirurgen  und  ausschliessliche  Beanf- 
tragarg  der  Ereisphysici  mit  den  Geschäften  eines  oder  gar  mehrerer 
Kreise  aufstellen,  anheimzugeben,  wie  es  den  Kreismedicinalbeamten 
ihrer  Anschauung  möglich  werden  soll,  ihren  Obliegenheiten  gerecht 
zu  werden.  Die  Auforderungen  einer  erfolgreichen  Sanitätspolizei  sind 
so  bedeutend,  dass  wir  zum  Mindesten  die  Trennung  der  gerichts- 
ärztlichen Functionen  von  denen  jener  für  unumgänglich  nothig  er- 
achten müssen,  wenn  den  betreffenden  Beamten  keine  Assistenz  bei- 
gegeben wird. 


f6S  Kniiti,  R«fonB  dm 

4 

V. 

Milzbrand -Instruction. 

1.  Thierirste ,  Hirten.  Knechte  a.  s.  w«  haben,  wenn  ein 
Thier  am  Milibrand  erkifankt  oder  crepirt  ist,  thanlicbat  schnell 
dem  Besitaer  oder  dessen  Stellvertreter  dies  aa  berichten  und 
diese  selbst  der  anständigen  Poliseihehorde  davon  Anaeige  an 
machen ,  und  awar  mit  genauer  Angabe,  wie  viel  Stöcke  be- 
fallen sind. 

2.  Das  Warterpersonal  mache  sich  mit  den  in  dieser  Be- 
lebmng^tafel  (Instruction)  angegebenen  Vorsiehtsmaassregeln  im 
Interesse  seiner  selbst  wie  des  noch  gesunden  Viehes  genan 
bekannt  nnd  befolge  dieselben  jederzeit  aufs  SorgfiUtigste. 

3.  pie  erkrankten  Thiere  sind  von  den  gesunden  derartig 
zu  trennen,  dass  sie  mit  letsteren  in  keine  Berührung  kommen 
können;  am  besten  werden  sie  in  besonderen  gana  abgeschie- 
denen StandSrtern  untergebracht. 

4.  Die  Warter  dürfen  keine  Wunden  oder  GescJiwQre  an 
den  anbedeckten  Korpertheilen  haben,  also,  den  gewöhnlichen 
Verhaltnissen  entsprechend,  nicht  an  Gesicht,  Hals,  Nacken, 
Händen  und    Füssen. 

5.  Wahrend  des  Wartens  der  Thiere  im  Stalle  derselben 
darf  weder  gegessen  noch  getrnnken  werden. 

6.  Der  wirksamste  Schuts  gegen  Anstecknng  ist  die  scrn- 
puloseste  Reinlichkeit.  Bevor  man  den  Stall  betritt,  ole  man 
sich  die  unbedeckten  K5rpertheile  mit  Terpenthinol  ein,  was 
den  doppelten  Nntsen  hat,  die  Fliegen  abanhalten  und  den  an- 
steckenden Stoff  nicht  in  anmittelbarer  Beruhrang  mit  der  Hant 
gelangen  zu  lassen. 

7.  Im  Stalle  mass  ein  Gefäss  mit  Kalk-  oder  noch  besser 
OblorkalklÖsnng,  ungefähr  1  Tbeil  auf  100  Theile  Wasser,  anf- 
gestellt  sein;  mit  dieser  Losung  wasche  sich  der  Warter  jedes- 
mal, wenn  er  den  Stall  verlasst,  die  unbedeckten  Korpertheile, 
nachdem   er  sie  vom  Terpenthinol  wieder  gereinigt  hat. 


Gesetzgebmig  aber  MÜsbrand.  9d& 

8.  Der  der  Sache  onkttodige  nicht  approbirte  Tlierarzt, 
QDt^^lasse  es  lieber,  an  milzbrandkranken  Thieren  blatentiie- 
hende  Operationen  voraupehoien,  desgleichen  Manipulationen  im 
Manie  detselben ;  verboten  dagegen  ist  allen  Tbierarzten  das 
Manipnliren  im  After  der  kranken  Stücke. 

9.  W&rter  nnd  Tbierarste  müssen  sich  sorgfaltig  vor  der 
Besndelang  init  Blnt,  Biter,  Lymphe,  Bxcrementen  hnten. 

10  Die  Wfirter,  Magde  n.  s.  w.  sollen«  wenn  der  Milz- 
brand festgestellt  ist,  die  daran  leidenden  Kühe  nicht  mehr 
melken,  da  die  Mileh  anstecken  kann  und  die  Handlang  des 
Melkens  selbst  mit  Gefahr  verknüpft  ist. 

11.  Beim  Abfeilen  der  Schafe  nbe  der  damit  beanfrragto 
Hivte  II.  s.  w.  die  ansserste  Vorsicht«  Vorher  öle  er  sich  Ge- 
sieht nnd  Hände  mit  einem  Gemisch  ans  1  Theil  Mohnöl  und 
2  Theilen  Terpentbinöl  ein.  Noch  besser  ist  es,  wenn  er  ein 
Paar  nassgemachte  8<^weinsblasen  oder  Handschah  aus  Leder 
oder  Gaoutchuk  über  Hände  und  Vorderarme  zieht. 

12.  Br  onterlasse  jedoch  das  Abfeilen,  wenn  er  offene 
Hautstellen  an  Gesicht  und  Händen  hat. 

13.  Er  nehme  das  Abfeilen  nicht  früher  als  3  Standen 
nach  dem  Absterben  des  Schafes  vor. 

14.  Das  gebrauchte  Messer  ist  ebenfalls  einsuölen  und 
wikhrend  des  Abfellens  nicht  «wischen  Zahnen  oder  Lippen  tu 
halten,  hinterdrein  aber  nicht  an  den  Kleidern  absuwischen, 
sondern  sorgfSltig  mit  Seifenwasser  absubrüben,  an  trocknen 
und  «a  putaen, 

15.  Nach  Vollendung  des  Abfellens  wasche  sieh  der  Hirte 
u.  8«  w.  ttUv-erafiglich  Gesicht ,  Aerme ,  *Hände ,  Hals  nnd  Nacken 
mit  Seifen-  oder  Kalkwsaser  oder  Chlorkalksolntion  ab.  Lets« 
tere  ist  am  empfehlenswerthesten. 

16.  Er  verbrauche  mit  dem  Abslehungsgeschafte  nicht  au 
viel  Zeit,  überstürze  jedoch  dasselbe  anch  nicht,  da  Fluchtig« 
keit  ciir  Unvorsichtigkeit  verleitet  und  diese  die  Gefahr  ver- 
schlimmert. 


970  Kaati,  Ettender  ^ 

17*  Dar  abgesogene  Cadaver  Ut  amrennglfeh  aa  Ort  nnd 
Stalle  entweder  definitiv  oder,  wenn  dies  nicht  sogleich  mog* 
lieh  ist,  einstweilen  oberflächlich  so  yergrabem. 

18.  Die  oberflächliche  Verscharraag  besteht  im  leichten 
Bedecken  mit  Erde,  Laab,  Stroh  and  dergleichen,  die  definitive 
mnss  nach  der  Bestimmaog  des  Gesetaes  so  aosgefihrt  werden, 
dass  der  Cadaver  in  eine  6  Fnss  tiefe  Grobe  geworfen,  mit 
einer  circa  handhohen  Schicht  Kalk  iberschnttet  and  daraaf 
mit  Erde  and  Steinen  bedeckt  wird. 

19.  Za  den  Verscharraagsplatsen  (Groben)  sind  abseits- 
gelegene Stellen  au  wählen. 

20.  Wahrend  des  Geschäftes  des  Abfellens  nnd  Versebar* 
rens  des  Cadavers  müssen  die  Schaferhande  sorgfiltig  fem  ge« 
halten  werden,  am  das  Naschen  derselben  an  miltbrandigen 
Abfallen  la  verhindern. 

21.  Das  Pell  schleppe  der  Hirt  nieht  standen-  oder  tage- 
lang anf  der  Schalter  mit  sieh  herom ,  aooh  bringe  er  dasselbe 
nicht  in  seiner  Behaaaang  anter;  vielmehr  ist  dasselbe  bis  xnr 
Vornahme  der  vorschriftsmassigen  Desinfection  sosammengerollt, 
mit  der  Wolle  nach  nassen,  der  Fleischseite  nach  innen,  einst- 
weilen  mit  oberflächlich  so  vergraben  oder  doch  sorgfaltig  sn 
verbergen. 

22«  Sodann  ist  das  Fell  ao  desinficirea,  d.  h.  das  An- 
steckongsstoffes  za  beraoben.  Dies  geschieht  dadarch,  dass  das 
Fell  sammt  Wolle  10  Standen  lang  in  Kalkwasser  (1  aaf  .100) 
gelegt  and  daraaf  an  einem  abgeschiedenen  Orte  sum  Trocknen 
aofgehängt  wird.  Dies  darf  nicht  geschehen  in  Stallen  nnd 
solchen  Ranmen,  wo  Hen,  Stroh,  Getreide  o.  s.  w.  aufbe- 
wahrt wird. 

23.  Das  Abhoten  von  Verscharrangsplataen  ist  sorgfäl- 
tigst aa  meiden« 

24.  Treiber  haben  am  Stilsbrand  crepirtes  Vieh  einstwei- 
len vom  Wege  abseits  zo  lagern,  om  vom  nächste  Orte  ans  die 


Oetetegebang  über  Mllsbrand.  971 

Abfellang  and  Venobamuig  re»p.  Ueberlieferiuig  ao  den  näch- 
sten Abdecker  so  besorgen. 

25.  Haben  sie  milsbrsndige  Scba(e  abgelellt»  so  dürfen 
die  Felle  nicht,  ohne  die  Torschrifltsmftssige  Desinfection  erfkh* 
ren  sa  haben,  weiter  transportirt  werden;  niemals  darf  ein 
Treiber  milsbrandige  Felle  mit  sich  tragen;  es  ist  daher  for 
Yortheilhalt  so  erachten,  wenn  die  Schafe  anabgefelU  dem  Ab« 
decker  nberliefert  werden. 

2.6.  Aderlassblat,  Janche,  Schleim  und  dergleichen  moss 
sofort  mit  der  im  Stalle  vorrSthigen  Chlorkalksolotioa  über- 
gössen werden. 

27.  Alle  Thiere  des  Hofes,  auch  das  Geflügel,  müssen  von 
den  Stallen  nnd  Abfallen  milsbrandkranker  Thiere  sorgfiltigst 
abgehalten  werden. 

28.  Die  Platse,  die  von  einseinen  Rindern  und  Pferden 
eingenonunen.  werden,  desgleichen  die  Stalle,  die  nnr  ein  oder 
wenige  Stocke  Schafe  oder  Schweine  enthalten,  innssen  taglich 
oder  sofort  nach  Abgang  der  Thiere  vom  Danger  befreit  nnd 
der  Boden  daranf  mit  Ghlorkalksolntion  abergossen  werden. 

29.  Der  aasgeranmte  Danger  ist  sofort  aafs  Feld  su 
schaffen. and  mit  Chlorkalk  sa  bestreaen,  wenn  er  nicht  nnter- 
gepflogt  wird,  aasserdem  an  dieser  Stelle  eine  Warnungstafel 
sa  errichten. 


Desinfection  SV  erfahren, 
a)  Partielle  Ranmnng  und  Desinfection. 

Siehe  sanSehst  28.  nnd  29. 

30.  Krippen,  Ranfen  nnd  alles  Holzwerk,  welches  mit  den 
kranken  Thieren  in  Berahrong  gekommen,  sind  mit  GbloriLalk- 
brei  an  bestreichen  nnd  sodann  absawaschen;  empfehlenswerth 
ist  es  jedoch,  altes  Holswcrk  dnrch  neaes  sa  ersetsen,  nnd  dann 
das  alte  sn  Terbrennen. 


279  Kuntz,  Refom  der  G^etetzgelrang  vber  MilzbrancL 

Sl.  RiBeoffeag  ist  mit  Chlorkalkiölotion  absawasolieii  od^r 
aassaglähen. 

82.  Ledeneag  wird  am  besten  mehrere  Standen  lang  in 
Kaikwastior  «^ethan:  Stricke  und  AehnKchps  *sind  gan«  su  be- 
seitige». 

83.  Wollene  Decken  sind  mit  vetdannter  siedender  Sei- 
fen eiederlange  SU  behandeln,  sind  sie  mit  Blat  and  derglei- 
chen getrankt,  so  mnssen  sie  vernichtet  werdend    . 

34.  Der  Pats  der  Wände  ist  an  den  Stellen,  wo  er  Ter 
onreinigt  and  mit  dem  kranken  lliiere   in  Bernbrnng  gewesen, 
in  kleinen  Stallen  aber  uberhaapt  sa  erneaern. 

b)  Totale  Räumung  und  Dasiafection. 

35.  Eine  solche  tritt  ein,  wenn  sie  von  einer  Sachver- 
ständigen -  Gommission  far  notfawendig  erkannt  worden  ist,  und 
besteht  in  ganslicher  Aasräamnng  des  Düngers  mit  nachfolgen- 
der DesiDfeetion  des  gansen  Stalles. 

86.  Der  Stallboden  ist  dann  gänslich  mit  Chlorkalk sqfla- 
tion  aa  ubergiessen  and  mit  Chlorkalkbrei  sa  Sberstreiche'n; 
ist  derselbe  jedoch  nicht  oder  schlecht  gepflastert ,  so  ist  der 
Boden  aafsoreissen,  1  Fass  tief  auszugraben,  mit  Kalk  aufsu* 
f&ilen  und  neu  au  pflastern  oder  su  dichten.  Der  Pute  des 
gansen  Stallgebäudes  ist  zu  erneuern,  Holzwerk,  Kpippen,  Rau- 
fen etc.  .sind  wie  froher  angegeben  zu  behandeln,  endlich  ist 
der  Stailraum  einer  2tägigen  Einwirkung  von  Chlorgas  auszu- 
setzen und  8  Tage  lang  grundlich  zu  lüften,  bevor  er  wieder 
belegt  wird. 

87.  Die 'Sachverständigen- Coromission  hat  die  Nothwen* 
digkeit  einer  solchen  exceptionenen  Maatisre^ei  zu  bemessen 
nach  Häufigkeit  und  Heftigkeit  des  Milzbrandes,  Ursache  des- 
selben, Befolgung  der  vorgeschriebenen  Schutz maassregeln  Sei- 
tens des  Wärterperson  als  und  der  Viehbesitzer^  endlich  Auf-^ 
treten   des  Milzbrands  bei  letzteren  selbst. 


3r73 


Beleadituiijg  der  PikAeorien  Hai  li  er 's  und 
Anderer^  gegrändet  auf  eiperimenteUe  Forschniig, 

Mag.  E..  Semiuer,  Proseetor  m  Dorpat...    . 
(Mit  AblHlduigea  a«f  Ta&l  HL) 

Die  von  Ballier  und  Andern  aufgestellte  Ansiclit,  dass 
Filze  nnd  deren  Abkömmlinge  bei  allen  contagiosen  Krankheit 
ten  eine  wesentliche  Rolle  spielen,  war  die  Veranlassung,  dass 
leh  auf  diesem  Gebiete  im  Laofe  von  zwei  Jahren  eingehende 
Beobachtungen  und  Untersuchungen  vorgenommen  habe»  Di6 
Resultate  derselben  fasse  ich  in  Folgendem  kurz  zusammen. 
Nachdem  ich  mich  durch  die  Gxite  des  Prof.  Dr.  Wilkömm 
mit  den  Formen  nnd  der  Erkennungsweise  des  Micrococcus 
vertraut  gemacht  hatte,  schritt  ich  zur  Untersuchung  des  Blu- 
tes, der  Lymphe  und  anderer  Korperflnasigkeiten  durch  Thiere 
die  ins  Zootomicum  nach  Dorpat,  als  an  congagiosen  Krank- 
heiten verendet,  zur  Section  eingeliefert  wurden. 

Zuerst  hatte  ich  Gelegenheit  Blut,  Eiter  und  Schleim  rot2- 
kranker  Pferde  zu  untersuchen ;  es  fanden  sich  in  den  genann- 
ten Flüssigkeiten  aahlreiche  Micrococcus  •  Zellen  und  Mycothrin- 
ISden ,  welche  letzteren  aber  nicht  sehr  zahlreich  waren*      < 

Die  zweite  Untersnchungsreihe  betraf  den  Milzbrand.  Es 
^nden  sich  im  Blute  nnd  den  Transsudaten  beim  Milzbrand 
entweder  sehr  zidilreiche  Micrococcus-Z eilen  und  weniger  zahl- 
reiche stäbchenförmige  Eorperchen,  oder  umgekehrt'  äusserst 
«ahlreiche  stäbchenförmige  Eorpercben  und  weniger  Micrococcus« 

Die  stäbchenförmigen  Eorperchen  des  Milzbrandes  (Bacte- 
rien)  sind  gewohnlieh  zarte,  dünne,  schwach  conturirte  Gebilde, 
alle  fast  von  gleicher  Lange  (0,006 ^'0  und  Breite  (0,0002'") 
biegsam,  viele  unter  einem  stumpfen  Winkel  gebogen.  Diese 
zarten  kleinen  Stäbchen   sind  ganz  characterisch  für  den  Milz- 

Mag.  f.  Thlerheilk.    XXXVI.    3.  ^  g 


974  Sommer,  BelevehUiif  dar 

brAod  nod  tebeioett  sls  solche  nur  beim  Milsbread  vonukom- 
meo.  Aaiser  den  aDgefahrten  kleinen  Stibehen  kommen  aber 
ench  bei  Mifgefproehenem  Milxbrand  grossere  Siabehen  Ton 
0,003'^' — 0,1'"  nnd  mehr  Lange  und  0,0006'"  Breite  ror,  rail 
sehatleB  Contnren  nnd  hanfig  dendieher  Gliedemog.  Diese 
grosseren  Stabehen  stimmen  mit  den  bei  der  Septicaemie  vor- 
kommenden Toflkommen  nberein,  was  anf  eine  Aehnüdikeit  nnd 
Verwandsehaft  beider  KranklieiteB  kindentel^  Eine  solche  Yer- 
wandschaft  tritt  nach  dadorch  herror«  dass  hanfig  dnrch  Im- 
p^ng  mii  MUsbrandblnt  nicht  Milsbrand»  sondern  Septicaemie 
ersengt  wird.  Das  Umgekehrte,  namlieh  ans  Septicaemie  Mila- 
brand  sn  ersengen,  ist  allerdings  noch  nicht  gelongen.  Die  er- 
wähnten grosseren  Stäbchen  kommen  beim  Milsbrand  ebenfidls 
schon  wahrend  des  Lebens  neben  den  kleineren»  dem  Milabraad 
allün  eigenthomlichen  Stäbchen  Ter»  oder  die  kleineren  friilen 
mitunter  noch  gans  nnd  es  finden  sich  nnr  grossere  Stäbe,  wie 
sie  bei  der  Septicaemie  ebenfalls  schon  während  dos  Leben« 
der  Thiero  vorkommen. 

Die  dritte  Untersachnngsreihe  betraf  die  Septieaemift»  dar- 
unter ein  Fallen,  welches  dnrch  Injection  deft  von  Bergmann 
nnd  Scbmiedebexg  dargestellten  Sepcins  getodtet  worden 
nnd  mehrere  Thiere,  welche  dnrch  Impfoog  mit  dem  Blate  des 
Falleos  nnd  der  Tbiere,  welche  in  Folge  der  Irapfnog  krepir- 
ten,  verendeten.  Bei  der  Septicaemie  fanden  sich  fatt  constant 
mehr  oder  weniger  eahlreiche  Microooccos- Zellen«  Die  Stäb- 
chen gleichen  den  schon  beim  Milzbrand  angefnhrtea  grosseren 
Stäbchen  und  siod  als  weitere  Entwicklnngsstofen  der  Micro- 
coecas*  Zellen  aofsofassen.  Es  sind  die  Stäbchen  im  Blute  bei 
den  genannten  Krankheiten  Mjcothrin-  nnd  Septothrln- Ketten 
und  Fäden  verschiedener  Pilse.  Der  Nachweis,  dass  dieee  An- 
sicht eine  richtige  ist,  lässt  sich  leicht  liefern,  wenn  man  das 
Blot  nud  die  Transsudate  bei  Septicaemischen  genau  untersucht. 
Es  finden  sich  da  die  rerschiedenarcigsten  Uebergangsstufen  von 
Microcoocns-Zellen  zu  den  Stäbchen,  l^licrooocous  mit  seitücben 


Pilztheorien  lUllier'f  und  Anderer.  tlt 

AaslaofBro,  aseinand^rgereilite  MicrococonS'ZoUeOy  welche  Ket* 
tan  bilden  aod  Stibcfaen  mit  mehr  oder  weniger  deotlicher 
Gliederung,  bei  welehen  der  Urepnrog  aas  Micrococeiu  dnreh 
Sprossnng  dentlidi  hervortritt.  Bei  vielen  Stäbchen  indet  sieh 
keine  Giiedernog,  nber  diese  bilden  nnr  eine  weitere  Entwick» 
langsstnfe  der  gegliederten. 

Dass  diese  Stabchen  Pilsbildnngen  und  nicht  Cryitalle  öder 
Fibriniaden  sind,  wie  einige  annehmen,  wird  ein  Jeder  einiger» 
maftssen  geübte  Mikroseopiker  finden,  wenn  er  Crystalle  und 
Fibrinfaden  mit  den  stabcheofSrmigen  Korperchen  vergleicht« 
Die  Grystalle  bilden  steife,  anbiegsame,  regelmassige  Nadeln, 
Sialen  nnd  Tafeln*  die  Fibringerinnsel  aber  meist  andentliehe, 
aitregelmässige,  serkluftete  Faden,  welche  bei  beginnender  Finl* 
ttbs  nicht  in  Stäbchen  oder  Faden  serfallen,  sondern  feinkörnige 
ttolecnlare  Detritasmassen  bilden,  wahrend  die  Pilse  noch  einige 
Zeit  nach  dem  Tode  der  Thiere  fortwuchern,  an  Grosse  und 
Bentlichkeit  snnehmen  nnd  erst  bei  fortschreitender  FSnlniss 
«nd  Ziersetsang  dorch  Vibrionen  ersetsi  werden.  Fibriogerinn- 
sei  kommen  übrigens  in  solcher  Weise,  wie  anter  normalen 
Verhältnissen,  bei  den  Blatxersetzungskrankbeiten  nicht  vor  nnd 
besteben  d«  meist  ans  feinkörnigen  krümligen  Massen  oder 
granulirten  ooregelmSssigen,  verflochtenen  Faden;  wahrend  des 
Lebens  der  Thiere  durften  aneh,  ausser  bei  der  Thrombose 
«nd  Embolie«  kanm  Fibringerinnungen  in  solchen  Massen  vor- 
kommen. 

Beifolgende  Abbildnngen  dienen  enr  Verden tllchting  dier 
Angeführten  Unterschiede:  Nn  1.  Milsbrandstabchen,  Nr.  &• 
Stäbchen  der  Septicaemie,  Nr.  3.  Crystalle  im  Binte,  Nr.  4, 
Fibringerinnsel.  £s  nnterliegt  somit  wohl  kaum  einem  Zweifel, 
dasB  die  Stäbchen  des  Rotses,  des  Milzbrandes  und  der  Sep» 
tieaemie  Flübildnngen  sind.  Andere  contagiose  Krankheiten 
SU  ntitersncheir  habe  ich  keine  Gelegenheit  gehabt.  Bei  einem 
Kalbe,  das  an  Maulsenche  litt  und  nach  dessen  Tode  sich  eben&Ils 
ata^b^eniormtge  Korpereben  im  Blute  fanden,  bleibt  es  unent* 

18* 


276  Seiumer,  Beieuchtuag  der 

düLieden,  ob  diese  vou  der  MauUettohe  herroLrten  oder  aber, 
ob  das  Kalb  nicht  an  Milzbrand  sa  Grande  gegangen  war,  da 
68  in  einem  Stalle  gehalten  worden,  in  welchem  kara  vorher 
Milsbrandpatienten  gestanden  hatten.  Sollte  das  Kalb  wirk? 
lieh  am  MiUbrand  verendet  sein,  so  erhielte  die  Ansicht,  dass 
auch  der  Milzbrand  ein  flüchtiges  Gontagiam  entwickelt,  eine 
weitere  Bestatigang. 

Von  anderen  contagiosen  Krankheiten   ist  so  viel  aus  der 
Literatar  bekannt,  dass  nach  Hai  Her  bei  den  Pocken  im  Blate 
und  der  Lymphe  Micrococcus  •  Zellen   von   Pleospora  herbarnm 
und  Torula  rnfescens,   bei  den  Masern  Micrococcus  von  Mucor 
macedo,  beim  Tjrphns  Micrococcus  von  Rhisopus  nigricans  and 
Penicillium  crnstacenm,  bei  der  Cholera  Micrococcus  von  Cro- 
cjaiia  orjzae,  bei  der  Syphilis  Micrococcns   von    Goniothecium 
syphiliticum   und   ein   Shnlicher  Pils   beim  Rots ,    sich    fanden. 
Bei  der  Rinderpest  hat  Beale  im  Blute  lebende,  selbststandig 
ihre  Form  verändernde   Korperchen   von  0,000  f'  Grosse  ge« 
fanden,  die .  wahrscheinlich  Micrococcns-Z eilen  eines  specifischen 
Pilses   sind.     Mauveau  fand   in    der  Lymphe  der  Schaf-  und 
Kuhpocken  kleine  Korperchen ,  die  mit  Micrococcus-Zellen  über- 
einstimmen;  Bechamp  und    Sansou   fanden   beim  Milzbrand 
kleine  Korperchen   (Microzyma),   aus   welchen  nach  ihnen  die 
Stabchen  hervorgehen  und  Chris  tot  und  Kien  er  haben  beim 
Rotz    Bacterien    gefunden.      Es    hänfen    sich    die    Thatsachen, 
welche  die  Ansicht  Hallier's  bestätigen. 

Von  Interesse  war  es  nun  zu  erfahren,  ob  die  Pilze  bei 
den  contagiosen  Kränkelten  nar  als  Folgezustande  oder  aber 
als.  Ursache  der  Krankheiten  aufzufassen  waren.  Zu  Lesern 
Zwecke  habe  ich  Injectionen  von  Pilzsporen  und  Hefen  in  die 
Jugnlaris  von  Füllen  gemächt,  die  folgende  Resultate  lieferten: 
Zuerst  wurden  Schimmelsporen  von  Penicillium  glaucum,  welchd 
etwa  die  Grosse  der  Blutkörperchen  hatten,'  mit  destillirtem 
Wasser  gemengt  und  eine  kleine  Quantität  dieser  Flüssigkeit 
^rermittelst  eiuer  kleinen  Spritze,  wie  sie  zu  subcutanen  Injec- 


Pilztheorien  Hallier's  und  Anderer.  277 

tionen  gebrftuoht  wird,  in  die  blossgelegte  JagalAris  bei  drei 
Folien  injicirt;  die  Ihiere  blieben  naeh  der  Injection  vollkomv 
men  munter  and  gesund.  Darauf  warden  in  gleicher  Weise 
Microooccns- Zellen  aus  dem  Käse  und  Speichel  und  Arthro« 
coccus  ans  einer  sauren  Flüssigkeit  injicirt,  ohne  dass  irgend 
welche  Storungeo  des  Wohlbefindens  dadurch  verursacht  wur- 
den. Einige  Wochen  nach  den  ersten  Injectionen  worden  die» 
selben  Versuche  mit  grosseren  Quantitäten  von  Sporen  und 
Hefen  vorgenommen,  worauf  die  Thiere  geringes  Fieber  zeig« 
ten,  sich  aber  bald  wieder  vollständig  erholten.  Als  die  Fül- 
len spater  au  anatomischen  Zwecken  getodtet  wurden,  fanden 
sich  sammtliche  Organe  und  Gewebe  derselben  im  normalen 
Zustande« 

Im  December  1869  wurde  ein  am  Milabrand  au  Grunde 
gegangenes  Pferd  im  Zootomicum  secirt;  der  Seotionsbefund 
sprach  deutlich  für  Müabrand,  das  Blut  enthielt  aber  Stabehen, 
wie  sie  bei  der  Septicaemie  vorkommen.  Aus  dem  Blute  die- 
ses Pferdes  culti?irte  ich  in  den  von  Ha  Hier  empfohlenen 
Flaschen  mit  luftdichtem  Stöpsel,  durch  welchen  ein  gebogenes 
Glasrohr  fahrt,  auf  ausgekochten  Medien  Pilse  und  injicirte  die 
mit  destillirtem  Wasser  gemengten  Sporen  derselben  in  klei- 
ner Quantität  vermittelst  einer  Spritze  mit  nadeUormiger  Ca* 
nule  in  die  blossgelegte  Jogularis  eines  9  Monate  alten  Fül- 
lens. Das  Füllen  blieb  nach  der  Injection  anscheinend  gesund. 
Fünf  Tage  nach  der  ersten  Injection  nahm  ich  etwa  2  Unaseii 
von  demselben  Wasser,  welches  zahlreiche  Pilzsporen  und  Mi- 
crococcus  enthielt  und  injicirte  die  Flüssigkeit  demselben  Fül- 
len in  die  Jogularis  der  anderen  Seite.  Das  Füllen  zeigte 
nach  der  Injection  Fieber,  erholte  sich  aber  scheinbar  und  hatte 
bis  zum  9.  Tage  nach  der  Injection  guten  Appetit.  Am  10. 
Tage  frass  es  nicht,  fieberte,  hatte  einen  schwankenden,  matten 
Gang  nqd  verendete  vom  IQI  zum  11.  Tage.  Bei  der  Sectiou 
fand  sich; Folgendes :  Zu  beiden  Seiten  des  Halses,  an  den 
Stellen,  wo  der  Hautschnitt  zum  Zwecke  der  Injection  gemacht 


S78  S*am«r,  B«oVftehtiuig  dw 

word«B»  dM  fiiadegtwebe  T«rdiekt,  infiltrirt,  tod  Boebjaofea 
dorobtetst;  Jogolaria  stark  mit  tcliwarseoi  tbeerartig^n  Blate 
■ngefallt,  0008!  nicht  verändert;  weiter  outen  «m  H«lte  sol- 
yige  AastcfaeidaDgen  im  Bindegewebe,  die  mit  den  Injeetions- 
stellen  niebt  im  Zatammenbange  stehen ;  an  der  linken  Sehal- 
ter nntor  der  Hant  im  Bindegewebe  nnd  swiscfaen  den  Mnskela 
ein  grosses  Bloteztrarasat,  gemengt  mit  gelben  snlzigen  Massen. 
In  der  Banch-  nnd  Brasthdble  rotbliehes  Transsudat  in  gerin« 
ger  Menge;  im  Herzbentel  gleiches  Transsudat  in  grosserer 
Menge;  Keehjmosen  am  Peritoneom«  an  der  Plenra  nnd  dem 
Darm.  Um  beide  Nieren  bemm  gelbe  snlsige  Massen;  die 
Nieren  ron  blass-gelbgraoer  Farbe,  welche  durch  kornig-fettige 
Degeneration  des  Epithels  der  HarnkaDalchen  entstanden;  Nie* 
rensubstana  mürbe,  infiltrirt.  MiU  vergrosserfi,  blutreich,  mürbe, 
mit  Eeehymosen  durchsetst.  Lymphdrüsen  etwas  vergrossert, 
mürbe,  einige  von  braanrother  Farbe,  welche  dnreb  Blatextra- 
▼asate  und  Infiltration  mit  rothlichem  Sernm  an  8tande  ge- 
kommen. Gehirn  und  Rnokenmark  sehr  blutreich,  dnrehfeueh« 
tet;  in  den  HiroTentrikeln  helles^  klares  Transsudat  in  bedeu- 
tender Menge.  Blnt  im  gaosen  Korper  scbwarsbraun ,  Cbeer* 
artig,  enthalt  in  grossen  Massen  die  für  den  Milzbrand  eharae- 
teristiseben.  stabcheafarmigen  Korperchen,  neben  einzelnen  grös- 
seren Stücken ,  wie  sie  bei  dem  Pferde,  von  dem  das  Blut  zur 
Cnltur  entnommen,  angetroffen  wurden.  Hier  war  also  doreh 
Injection  von  Pilzsporen  nnd  Micrococcns,  welche  aus  dem 
Miizbrandblut  cultivirt  worden,  wiederum  Milzbrand  erzeugt, 
welcher  den  Tod  des  Thieres  am  10,  Tage  nach  der  Injection 
verursacht  hatte.  Der  Einwand,  dass  vielleicht  mit  den  Pilz- 
Sporen  auch  geringe  Mengen  des  zur  Cultur  benetzten  Blutes 
mit  in  die  Injeictionsfiüssigkeit  gerathen  sein  könnten  und  dass 
dädnreh  der  Milzbrand  entstanden ,  lasst  sich  einlach  dadurch 
beseitigen,  dais  Milabrandblnt  3 — 5  Tage  nach  dem  Tode  der 
Tblere  doreh  l^Snlniss  dder  T^rw^nn^  unwirksam   wird;  bler 


PiMieorieii  H all  1er '0  und  Anderer.  t7d 

ward*  ftber   die  Jnjeetioo   6  Woobon   iMudi  dem  Tode  de«  Pft«> 
tientein  ron  dem  da«  Blnt  entttottimeti,  gemacht. 

£•  laest  eich  nnit  hieran  noch  keioeswegB  die  Beh&trptttiig 
koapfeOy  dasi  der  MiUhraad  dorch  gewisse  Pilse  ond  deren 
Sporen  uad  MierocoeoeD  verorsacht  wird,  da  ein  Fall  ttöth 
nicht  maassgehend  ist;  weitere  Forschnngen  werden  diese  Frage 
von  Wichtigkeit  entaeheiden  nnd  da  mir  gegenwartig  die  nothi- 
gen  Mittel  lor  Fortsetzung  eingehender  Arbeiten  aof  diesem 
Gebiete  nicht  su  Gebote  stehen,  so  maea  ich  die  weitere  Be- 
atatigong  der  hier  angedeuteten  Facta  der  Zukunft  überlassen. 


III. 

Jahresbericht  aber  das  Pferdespital  der  Königlicbea 

TluerarzBeischiile  m  Berlin  fär  den  Zeitranm  T^n  I. 

April  186S  bis  nltimo  Marx  186». 

Von  Eohne. 


Die  Gesammtzahl  der  in  dem  oben  bei^eichneten  Zeiträume 
io  dem  Spitale  der  Königlichen  Thierarzneischule  behandelten 
resp.,  untersuchten  und  verpflegten  Pferde  ist  beinahe  gtoz  die- 
selbe geblieben ,  wie  die  in  dem  gleichen  vorhergehenden  Zeit^ 
räume  (1178  :  1216).  Die  Minderzahl  von  8$  Stuck  bezieht 
sich  hauptsächlich  auf  die  inneren  Krankheiten,  wahrend  die 
Buseeren  Schaden  und  Operationen  fast  genau  in  derselben  Zahl 
iinrd  Art  Törkamen.  Konnte  schon  in  dem  Berichte  über  die 
Torletzte  Periode  der  günstige  Gesundheitszustand  unserer  Haud* 
thiere  «ad  in  apecie  der  Pferde  hervorgehoben  werden»  so  muss 
dieses  noeh  mehr  in  Beziehung  auf  den  in  Rede  stehenden 
Zeitraum  geschehen.     Dieses   aussergewohnliche   Salubritatsver- 


36|9  Kobae;    JahrMbDnctlt  über  da«. 

l^aU»  iai  dabai  nicht  etwa  auf  den  unser  Spital  besonders 
freqaentirenden  Tbeil  der  Fahrherrenpferde,  oder  anf  Bwtia 
«nd  dessen  naebste  Umgebang  beschrankt  gewesen,  sondern 
alle  amtlichen  und  Privat -NachrichteD  ans  gani  Deutschland 
stimmen  in  diesem  bemerkenswerthen  Resultate  betreffs  aller 
Hausthiere  aber  ein. 

Besonders  auffallend  ist  das  seit  einigen  Jahren  fast  toU- 
staadige  Verschwinden  der  sogenannten  Inflaenaa,  weldie  in 
diesem  Jahre  nar  in  7  Fallen  diagnosticirt  werden  konnte 
(1866/^7 -auch  aar  d)«  Es  nuMs  sogar  fraglich  bleiben,  ob 
die  wenigen  als  Influenza  verzeichneten  Falle  diese  Beieich- 
nung  mit  Recht  verdienten,  da  wegen  des  sporadischen  Auf^ 
tretens  der  als  Inflnenza  angesprochenen  Falle  deren  miasma- 
tischer Ursprung  unwahrscheinlich  war.  Auch  die  anderen 
acuten  Brustaffectionen ,  von  den  einfachen  Catarrhen  bis  zn 
den  catarrhalischen  und  rheumatischen  Entzündungen ,  kamen 
TerhältttissmSssfg  selten  zur  Behandlung  und  nahmen  noch  sel- 
tener dinen  lethalen  Ausgang«  Sogar  die  Rotz-  und  Worai- 
krankheit  kam  viel  seltener  zur  Constatining  (IS:  31),  waa 
wohl  zum  Theil  darin  seinen  Grund  haben  mag,  dass  die  Nach- 
wehen   des  Krieges   von   1866    nicht  mehr  zur  Geltang  kamen. 

Das  ganstige  Salubritats-Yerhaltniss  hinsichts  der  übrigen 
inneren  Krankheiten  muss  unsweifelhaft  dem  warmen,  trockenen 
and  bestandigen  Sommer  des  Jahres  1868  und  der  Gewinnung 
einer  geringen  Quantität  guten  Heues  und  trockenen  ELi^ers 
Jiageschrieben  werden,  Verhältnisse,  welche  die  gewohnHcfasten 
krank  machenden  Potenzen  —  Erkaltung  und  quantitativ,  so- 
wie qualitativ  schädliche  Nahrungsmittel  —  weit  seltener  in 
Wi]:ksamkeit  treten  liessen.  Trotz  des  heissen  und  dürren  Som- 
mers  kamen  sogar  auch  acnte  Gehimaffectionen  im  Verhaltnisse 
zam  vorigen  Berichtsjahre  (36)  erheblich  seltener  vor  (27), 

Im  Ganzen  wurden  2§5  Pferde  (im  vorigen  Jahre  267) 
zur   Untersuchung   auf  Gewährsmängel   in   das   Spital  oingelie- 


Pferdeipital  der  König! .  Thierarzneiichule.  291 

fert,  Ton  deiieii   aber  nur   104   mit  solchen   behaftet  befunden 
worden,  und  swar  mit: 

1)  DummkoUer   .     , 20 

2)  Bpileprie ,     .  1 

3)  Schwindel l 

4)  Wahrer  Statigkeit 5 

5)  Strangschlagen 3 

6)  Dampfigkeit 12 

7)  Kehlkopfpfeifen 23 

8)  Hartsohnattfigkeit 1 

9)  Mpndblindheit 4 

10)  Tranmatisoher  Angenentznndang     .  1 

1)  Granem  Siaar 7 

2)  Verdaehtiger  Drnse ^ 

3)  ünbraaohbarkeit 3 

l4)  Koppen 1 

5)  EreusBch wache 2 

6)  Thrombose  der  Schenkelarterien     «  1 

7)  Chronischer  Hamyerhaltang       «     «  2 

8)  Lymphgelassentznndang    .     »     ,     .  1     , 
9}  Mastdarmlahmung 1 

20)  Spat  and  diverse  Lahmheiten    .     .       6 

21)  Verdeckten  Melano  -  Sarkomen  .     .       1 

22)  Sameastrangfistel     •     .     .     ♦     ,     .       1 

Snmma  104 
Ueber  einen  Theil  TOn  diesen ,  sowie  ober  einige  Falle  tob 
Rotz*  und  Warm-  and  aber  einzelne  andere  acate  Krankhei> 
ten  warden  den  Besitzern  auf  Verlangen  100   arztliche  Erklä- 
rungen abgegeben. 

Im  Ganzen  warden  in  dem  in  Rede  stehenden  Zeiträume 
anter  Leitung'  des  Herrn  Geheimen  Medicinalrskthes  Professor 
Dr,  Garlt  89  Obdactionen  gemacht,  von  denen  9  die  Ci^dayer 
von  rotz-  resp.  warmkranken  Pferden  betrafen. 

Bei  den  an  Kolik  nnd  Darmentzundang  gestorbenen  Pfer- 


38S  Kdhne.    JahreBbericht  über  6m 

den    fanden  sieh    folgende  Lagen-  oder    organisebe    Ver&ade« 
rangen : 

Magenrnptar  3,  Blind-  oder  Grianodammptor  2,  Spren- 
gang  des  Mastdarmes  dnrch  ongeschickte  Manipalation  1,  Darm- 
▼erschlingODg  ^,  Darmeioscbiebang  3,  innere  Yerblatong  1, 
Baacbbruch  3,  Einschourong  dorcb  eine  gestielte  Speckge- 
schwülst  1,  Divertikel  des  Hüftdarmes  1  mal» 

Folgende  bemerkenswerthe  Falle  sind  zn  erwSbnen: 

1)  Hjdropericardinm. 

Ein  Tor  10  Tagea  gekauftes  anscheinend  getnndes  Pferd 
kam  mit  den  Erscheinungen  einer  Pneamonie  zar  Behandlang. 
Das  linkerseits  bis  anf  den  sehmalen  oberen  Rand  ganzlich 
verschwandene  vesicnlare  Geraasch,  welches  rechtorseits  durch- 
weg compensatoriscb  verstärkt  war,  der  matte  Pereassionston 
an  der  linken  Thoraxhalfte  and  die  ÜnfShlbarkcäC  des  Herz- 
schlages liessen  eine  Hepatisation  des  linken  Lungenflügels  ver- 
muthen.  Nach  24  ständiger  Behandlung  trat  der  Tod  oner- 
wartet  ein. 

Die  Section  ergab  24  Quart  klares,  weingelbes  Serum  im 
Herzbeutel,  der  fast  die  ganze  linke  Brusthalfte  einnahm,  des- 
sen Parietalblatt  mehrere  Linien  verdickt  nnd  durch  meh- 
rere bleistiAdicke,  stielmnde,  im  Inneren  stellenweis  hohle,  mit 
rothen  Granulationen  besetzte,  5— <^  Zoll  lange  Bindegewebs- 
balken  mit  dem  gleichfalls  verdickten  Visceralblatte  an  der 
Spitze  des  Herzens  verbunden  war.  Die  Mitral-  und  Tricus- 
pidal  -  Klappen  verdickt  nnd  retrahirt,  die  linke  Litoge  durch 
Compression  fast  luftleer,  einen  handbreiten  Ranm  »eben  der 
Wirbelsäule  (wie  ein  grosses  Schwalbennest)  einnehmend,  Aoa- 
serdem  im  freien  Räume  der  Brusthohle  1  Quart  and  in  det 
Bauchhühio  5  Quart  derselben  klaren,  weingelben  Flüssigkeit. 
Der  enorm  gefüllte  Bersbentel  hatte  darch  die  Ergebnisse  der 
Auscultation  und  Perenssion  eine  linksseitige  Hepatisation  si- 
mnlirt. 


Pferda^itsl  der  König!.  ThletanneJMhole.  283 

23    Con&titationella  Ljmrphosarkomatosis. 

Bei  der  Seetion  des  Gadi^r^rs  etoer  Schimmelstate,  weleb« 
unter  den  ErscbeianDgen  der  PienritU  und  de«  aeaten  Hydro« 
thorax  eine  Naeht  bindarch  erfolglos  behandelt  vardeit  nnd 
angeblich  erst  einige  Tage  tot  der  Anfnahme  krank  geworden 
war,  fand  sich  Folgendes: 

In  dem  sobcatanen  Bindegewebe  anter  der  Brast  nnd  dem 
Baoebe  aasgedehntes,  drei  Finger  dickes  Oedem;  in  der  Broat» 
and  Baacbhoble  je  14--*15  Qaart  hellrothes,  klares  Seram. 
Samnitliche  Mesenterial*,  Broachial-Driisen  bis  aar  Grosae  einer 
Wallnaaa  resp.  einer  Faast  vergrdssert,  fast  8cbwap{>end  weich, 
aaf  der  ISchnittfläche  schwarzbraun roth  mit  gelblich -- weissen 
Fleckes  nnd  Streifes  darehsetat;  die  Vena  caTa  posterior  in 
ihrer  Brastportion  von  ähnlicher  Masse  amsehlossen,  desgleichen 
der  ganze  Herabeutel,  von  wo  aus  dieselbe  Masse  «wissen 
der  ersten  aad  aweiten  Rippe  linkerseits,  mit  denen  sie  fest 
▼erbunden  war,  aus  dem  Brustkorbe  heirortrat  nnd  sich  ciroa 
10  Zoll  weit  unter  die  HaUmi^dceln  hinauf  erstreckte. 

Die  ia  den  hyp erplas täseben  Lymphdrüsen  eingebetteten 
Nengebilde  erwiesen  sich  durchweg  als  Spindelaellen- Sarkome 
mit  aehwarzbraanem  Pigment  (Melano-Surkome)  und  die  Zahl 
der  rotben  Dlutzellen  an  den  ungefärbten  Lymphaellen  des 
Blntea  Terhielt  sich  wie  8:1,  so  dass  eine  hochgradige  Leuk* 
aemie  nicht  zu  verkennen  war. 

3)   Tuberculosis. 

Villemin,  Sanderson,  Fox,  Gohnheim,  B.  Frankel 
D.  A.  haben  dnreh  Versnobe  festgestellt,  dass  bei  Kaninchen 
nnd  Meerschweinchen  allgemeiiie  Tuberculosis  entsteht,  ni>cht 
nur,  wenn  man  sie  mit  Stackchen  tubereuloser  Longen  imd 
cerriebenea,  miliaren  Taberkela  von  Mensehen  impft,  sondern 
aoehf  waqn  man  ihnen  Partikel  von  weichen  Erebsgeacbwülsten, 
Condylomen  oder  Saroomen,  selbst  von  beliebigen,  asverander* 


384  Kohne.     Jabresbericht  6ber  das 

teo  Organen  friacher  Gadaver  unter  die  Haat  bringt.  Sie  er- 
reicbten  so^ar  dasselbe  Resultat,  wenn  sie  gans  beterogene 
Dinge:  Baoaebe  reinen  FlieMpapiers  oder  reiner  Cbarpin,  Stncke 
▼on  Guttapercha,  Ton  robem  oder  Tolkanisirtem  Caatsobonk  etc« 
in  die  Banchboble  der  Meerscbweineben  braebten. 

Auf  Grund  dieser  Resultate,  ist  man  in  neuerer  Zeit  ge- 
neigt, aninnebmen,  dass  alle  käsigen  Bntsundungsprodnkte 
durch  Infection  eine  allgemeine  Tuberculosis  veranlassen  kön- 
nen und  dass  die  Tuberkeln,  wenn  auch  Nengebilde  eigener 
Art,  keinen  specifischen  Virus  produciren,  dass  sie  mithin  auch 
nicht  an  aich»  sondern  nur  durch  ihre  nicht  specifische,  käsige 
Zerfallsmasse  infectioos*  und  disseminationslahig  seien.  Ihre 
multiple  Verbr^tiing  sollen  sie  rielmebr  einem  gemeinschaft- 
lichen Infectionsheerde  verdanken ,  welcher  sich  in  Folge  einer 
eongenitalen  oder  erworbeneu  Pradisposition  in  Tulnerablen 
Geweben  bildet,  die  bei  Terhaitnissmassig  geringen  Reisen  in 
eine  Entsnndung  versetst  werden,  deren  eitrige  Produkte  käsig 
degenriren.  Von  diesem  Heerde  aus  soll  die  Infection  nicht 
durch  den  Blut-  oder  Lymphstrom  geschehen,  sondern,  durch 
die  Saftstromung  von  Zelle  an  Zelle,  denn  bei  jenen  Versuchen 
bildeten  sich  die  Tuberkeln  hauptsachlich  in  den  Hinterleibs- 
bi^anen,  wenn  der  fremde  Korper  in  die  Bauchhöhle  gebracht 
worden,  dagegen  Torwaltend  in  den  Lungen ,  wenn  die  käsigen 
Massen  (fein  aerrieben,  Tcrdunnt  und  iiltrirt)  in  die  Jugularis 
iojicirt  wurden. 

Bei  dieser  Sachlage  musste  es  von  dem  höchsten  wissen- 
schaftlichen Interesse  fnr  die  Erforschung  der  Genesis  der  Tu« 
berculosis  erscheinen,  ähnliche  Versuche  bei  Pferden  ansnstei- 
len,  welche  nach  den  bisherigen  Erfahrungen  (mit  Ausnahme 
zweier  Fom  Prof.  Dr*  Leisering  constatirter  Falle)  eine  Im- 
munitat für  die  Tuberculosis  zn  besitzen  scheinen,  da  die  Rotz- 
krankheit  weder  hinsichts  der  mit  ihr  verbundenen  specifischcn 
Neubildungen,  noch  mit  Rücksicht . auf  das  von. ihr  prodncirte 
specifische  Oontaginm  mit  der  Tuberculosis  zu  identificiren  ist« 


Pferdenpital  der  Königl.  Tbierarzueisdiule.  286 

I>ie  Directiou  der  Konigl.  Thierarsneisohule  gestattel«  da-. 
her  dem  Ref.,  in  Gemeinschftft  mit  dem  Dr.  Waldenbarg, 
in  dieser  Richtung  Versnche  an  Pferden  anzustellen  nnd  stellte 
ans  mit  dankenswerther  Liberalitat  drei  Pferde  sn  diesem 
Zwecke  snr  Disposition.  Dieselben  worden  mit  Tnberkelmasse 
Ton  Menschen,  mit  Zerfallsmassen  ans  den  Perlen  (Lymph- 
Sarkomen)  des  Rindviehes,  mit  frischem  und  altem  Pferdeeiter 
wiederholentlich  geimpft,  aber  die  nach  mehreren  Monaten  vor« 
genommene  Obdnction  der  Versuchsthiere  ergab  ein  bestimmt 
negatives  Resnitat.  Die  Immunität  des  Pferd egeschlecbtes  fnr 
den  Tuberkel- Virus  hat  sich  demnach  bewahrt;  wir  werden  da> 
her  nach  wie  vor  ohne  Bedenken  Haarseile  ziehen  und  Fonta- 
nelle setzen  können  und  nicht  daran  glauben,  dass  ans  lang 
und  schlecht  eiternden  Wanden  und  Geschwüren,  Fisteln  etc. 
Tuberculosis  oder  gar  Rotz  und  Wurm  bei  Pferden  entstehen 
könne,  bis  das  Gegentheil  erwiesen  ist. 

4)    Acute  Gehirnkrankheiten 

traten ,  wie  bereits  erwähnt,  trotz  des  heissen  und  dürren  Früh« 
lings  und  Sommers  seltener  auf  als  in  früheren  Jahren. 

Ich  unterscheide  folgende  3  Arten  von  Gehirnaffeotionen : 
die  einfache  Gehirncongestion ,  die  subacute  Grehimentzündnng 
und  die  acute  Gehirn-  (Bohlen ')  Wassersucht  Eine  peracnte 
Gehirn«  oder  Himhaut-Entsnndung  habe  ich  ebenso  wenig  beob- 
achtet, wie  einen  Hydrocephalus  externns  acutus,  doch  laugne 
ich  das  Vorkommen  dieser  Krankheit  nicht.  Jene  Bintheilung 
hat  vorzugsweise  eine  klinische  Bedeutung  und  lasst  sich  viel- 
leicht durch  die  Verschiedenheit  der  pathologisch -anatomischen 
Vorgange  im  Gehirne,  —  welche  ja  überhaupt  noch  wenig  be- 
kannt sind  —  nicht  begründen.  Allen  drei  Arten  ist  ein  mehr 
oder  weniger  acuter  Verlauf  resp.  eine  acute  Entwicklung  ge- 
mein. Die  Gehirn- Gongestion  besteht  selten  idiopathisch,  son^ 
dem  bildet  meistens  eine  Complication  acuter  Brust-  oder  Hin- 
terleibsaffectionen,  sehr  oft  auch  einfacher  bis  zu  den  Siebbein- 


tSO  Kohne.    Jahresbericht  aber  du 

platten  hinaufgehender  Oatarrhe,  mit  deren  Beseitiguig  die  6e- 
birn'OoDgestion  tod  selbst  Terseh windet.  Diese  limofig  schnell 
eintretende  Erleiebterang  des  Gehirns  nach  Losung  der  Catarrhe 
erklart  die  Ansiebt  der  Alten,  dass  der  Sehieim  Yorher  daa 
Gehirn  selbst  belästigt  bebe  nnd  -  ans  der  Scbleimdrüae  des  €to* 
bims  stamme.  Selbststäodig  verlauft  die  Gehirn  -  Congestion 
mit  leiehter  Eingenommenheit  des  Kopfes  ohne  Fieber  nnd 
Temperatnrsteigerung,  aber  mit  venöser  Injection  der  Conjnne* 
tira.  Sie  weicht  einem  mhigen  Verhalten  bei  strenger  Diit  in 
der  Regel  in  wenigen  Tagen.  Die  beiden  in  der  Tabelle  hin« 
sichte  des  Ausgangs  als  zweifelhaft  bezeiehneten  Falle  ron  Ge* 
himcongestion  worden  unserer  Behandlung  schon  am  2.  resp^ 
3.  Tage  wieder  entzogen^  so  dass  ihr  fernerer  Verlanf  noch 
nicht  mit  genügender  Sicherheit  vorhergesehen  werden  konnte 
and  noch  die  Möglichkeit  der  Entwicklang  der  sabacnten  Ge- 
hirnentzundnng  oder  der  acuten  Gehirn -Wassersucht  vorlag. 
Diese  beiden  zuletzt  genannten  Krankheiten  fangen  nämlich 
zuweilen  unter  den  Erscheinungen  der  einfachen  Gehirn -Con- 
gestion an,  demaskirea  sich  aber  in  der  Regel  in  wenigen  Ta* 
gen.  Die  Symptome  der  Gebirnreiznng  oder  des  Gehirndruckes 
treten  bald  in  auffallender  Weise  auf  nnd  zwar  bei  der  sub- 
aenten  Gehirnentzündung  unter  deutlicher  Steigernog  der  in* 
•eren  Korpertemperatur,  bei  der  acuten  Gehirnwassersneht  ohne 
eine  solche«  Im  ersteren  Falle  ist  in  der  Regel,  aber  bei  Wei- 
tem nicht  immer,  eine  periodische  Aufregung  bei  erhöhter  aus* 
eerer  Schideltemperatur  vorbanden,  bei  letzterer  fehlen  diese 
Sraeheieungen  immer» 

Das  Thermometer  bietet  also  insofern  einen  wichtigen  dta« 
gnDstlscben  Anhalt,  als  die  Steigerung  der  inneren  Korpertem- 
peratur über  38,5  Gr.  0.  bei  bedeutender  Eingenommenheit 
dee  Kopfes  nnd  ohne  eine  andere  entzündliche  Afiection  stet« 
für  diö  sttbacnte  Gehirnentzündung,  also  gegen  Dammkoller 
spricht.  Indess  bei  der  acuten  Gehirnwassersneht  steht  das 
Thermometer  im  Innern  des  Mastdarmes  immer  «wischen  37,5  Gr, 


Pferdespital  der  Köoigl.  Thierarzneischule,  387 

\knd  38,5  Gr. ,  so  dass  die  TemperatarmessaDg  zur  üntersobei- 
dang  dieser  Krankkeit  vom  Dammkoller  keineo  Anhalt  bietet, 
denn  die  Gehirnwasserfincht  entsteht  in  acuter  Weise  ohne  £e-  • 
berhaft  zu  sein.  Die  sabacute  Gehirnentzundang  macht  zwar 
denselben  Ausgang  d,  h.  sie  geht  entweder  in  Genesung  oder 
in  acute  Gehirnhohlen- Wassersucht  und  durch  diese  in  den  Tod 
oder  in  den  Dummkoller  (chronische  Gehirnhohlen-Wassersucht) 
aber;  die  subäcute  Gehirnentzündung  tritt  aber  stets  mit  einem 
Fieber  auf,  welches  oft  nur  durch  thermometrische  Messnnir 
der  inneren  Korpertemperatur  wahrzunehmen  ist.  Das  Ther- 
mometer hat  sich  überhaupt  seit  einigen  Jahren  als  ein  un- 
schätzbares Hülfsmittel  bewährt  und  zeigt  die  Fieberhaftigkeit 
der  Krankheitszustände  sicherer  an,  als  der  Puls,  nur  schade, 
dass  das  Instrument  zum  thierärztlichen  Gebrauch  zu  zerbrech- 
lich ist. 

Dass  die  Sectionsergebnisse  der  an  Gehirnkrankheiten  ge- 
storbenen Pferde  für  die  differentielle  Diagnose  keinen  zuver- 
lässigen Anhalt  bieten,  habe  ich  bei  einer  anderen  Gelegen- 
heit bereits  hervorgehoben. 

Therapie. 

Erhebliche  Fortschritte  können  wir  nicht  constatiren,  doch 
ist  zu  erwähnen,  dass  die  Behandlung  des  Erjsipelas  der  Pferde, 
welches  in  Form  des  sogenannten  Einschusses  auftritt,  mit  ein- 
maliger, höchstens  nach  ein  paar  Tagen  einmal  zu  wiederho- 
lender Einreibung  von  Oleum  Pini  und  Oleum  Raparum  zu 
gleichen  Theilen  oder  im  Verhältniss  von  3  :  1  fast  immer  von 
dem  gunstigsten  Erfolge  begleitet  war.  In  der  MenschenheiU 
kunde  wendet  man  in  neuerer  Zeit  reines  Oleum  Terebinth. 
mit  Erfolg  gegen  das  Wund-Erysipelas  an,  aber  die  Haut  der 
Pferde  ist  gegen  dieses  Mittel  viel  empfindlicher,  als  die  des 
Menschen,  daher  ist  die  Verdünnung  nothig. 

Im  Jahre  1858  wurde  der  Verpflegungssatz  pro  Pferd  und 
Tag  von  12J  Sgr,  auf  15  und  1867  auf  174  Sgr.  erhöht^  und 


^88  Müller, 

im   Ganxeo   ward«n   in   deo   leUteo    13   JakraA    17,920  Pferd« 
in  dem  SpiUle  behandelt  recp.  rerpllegt  nnd  swsr: 
'  im  Jahre  1857  —  1286, 

.       ,       1858  —  1170, 

,       ,        1259  -  1130. 

1860  —  1178. 

.       ,       1861   -  1413, 

,       ,        1862  --  1475, 

1863  —  1696, 

,       ,       1864  —   1721, 

,       ,        1865  —  1650, 

,       ^        1866  —  1505, 

,       .       1867  —  1215. 

,       ,       1868  —  1177. 

1869  —  1304, 

Samma     17,920. 


IV. 

Verkreitng  der  TmUmkraikkit  uter  dci 
SdiweiB«  in  Jabc  1868'*) 

Aus  den  Berichten  der  Kreis -ThierarBte  sasammeDgestellt 

von  Maller. 


Die  kreisthieräratlichen  Berichte  für  die  Zeit  vom  1. 
April  1868  bis  1.  AprU  1869  enthalten  nur  sehr  sparsame  No- 
tizen über  das  Vorkommen  der  Trichinenkrankheit.  Es  würde 
jedoch  gewagt  sein,  hieraus  auf  ein  verhältnissmassig  seltenes 

•)  Vergl.  Magazin  f.  d.  ges.  Thierh.  Band  34,  Seite  30  und  Band 
35.  Seite  163, 


Tricbineukraukheit  uuter  deu  Scfaweineu.  289 

Vorkommen  dieser  Krankheit  zu  schliessen,  sondern  sehr  viel 
näher  liegt  die  Annahme,  dass  die  üntersuchangen  von  Fleisch 
in  -.Bezag  auf  Trichinen  sehr  viel  seltener  vorgenommen  worden, 
als  in  den  anmittelbar  vorhergegangenen  Jahren;  in  Folge  des- 
sen werden  nur  solche  Falle  von  Trichinosis  bei  Schweinen, 
welche  Erkrankungen  von  Menschen  veranlassten;  bekannt.  Die 
Berliner  Zeitungen  enthielten  mehrmals  amtliche  Bekanntma* 
chungen,  in  denen  das  Polizei  -  Präsidium  bei  Gelegenheit  von 
Trichinenerkrankungen  das  sorgfaltige  Kochen  des  Schweine- 
fleischea  in  Erinnerung  brachte.  Es  verdient  ferner  bemerkt 
zu  werden,  dass  aus  den  Regierungsbezirken  Gumbinnen  und 
Stralsund,  in  welchen  früher  5fter  Falle  von  Trichinosis  beob- 
achtet wurden,  wahrend  des  Berichtsjahres  keine  Mittheilangen 
Hber  Trichinen  gemacht  werden. 

Preussen.  Im  Kreise  Pr.  Holland  wurden  durch  die 
microscopische  Fleischbeschau  zweimal  Trichinen  gefunden,  und 
zwar  bei  Schweinen,  welche  denselben  Gehöften  angehörten,  in 
denen  drei  Jahre  vorher  mehrere  Menschen  an  Trichinose  er- 
krankt und  gestorben  waren.  Die.  im  Winter  1868/69  trichinös 
befundenen  Sehweine  waren  angekauft,  nicht  auf  den  betref- 
fenden Gehöften  gezüchtet  worden,  sie  gehörten  der  gewohn- 
lichen Landrace  an,  waren  weiblichen  Geschlechtes,  hatten  sich  « 
ebenso  gut  wie  die  anderen  Schweine  gemastet,  und  wahrend 
des  Lebens  keine  Krankheitserscheinungen  gezeigt. 

Angeblich  sollen  auch  im  Kr.  Königsberg  Trichinen  bei 
Schweinen  vorgekommen,  und  auf  einem  Gute  des  Kreises 
Fischhausen  17  Personen  an  Trichinose  erkrankt  und  11  Per- 
sonen gestorben  sein, 

Posen.  In  der  Stadt  Posen  sind  wahrend  des  Sommers 
1868  zwei  junge  Leute  an  Trichinose  gestorben;  nur  in  einem 
Falle  konnte  die  Veranlassung  zur  Infection,  frische  Wurst, 
ermittelt  werden,  im  zweiten  Falle  war  das  betrefTende  Schwein 
bereits  vollständig  verzehrt.  In  Folge  dieser  beiden  Todes- 
falle führte  das  Polizei  -  Directorium   zu   Posen  die    microsco« 

Mag.  f.  TUerbeilk.  XXXVI.    3.  19 


290  Müller, 

piscbe  Fleischbeschmo  eio,  and  obertrog  sie  dem  Dep.-Tb. 
Koffert.  Die  Kimmerei  -  Kasse  sollte  die  Kosten  der  ünter- 
sacbuDg  tragen,  der  Magistrat  war  auch  daso  bereit,  die  Stadt- 
▼erordseten  iehnteo  jedoch  spater  die  ZahlangsTerpfliehtaiig  ab. 
So  kam  es,  dass  die  FleischaotersnchoDgen  oadi  dreimoeatli- 
eher  Dauer  in  das  Stocken  geriethen  nnd  erst  spater  von  Nenem 
anfgenommen  werden  konnten.  In  den  ersten  sn  dieser  Zttt 
dem  Dep.-Th.  Rnffert  sngesandten  Fleischproben  fanden  sieh 
eingekapselte  Trichinen;  das  betreffende,  swei  Schlächtern  ge- 
meinschaftlich gehörende  Schwein  konnte  anf  polizeiliche  An* 
Ordnung  noch  yemichtet  werden  ^  ebenso  ein  zweites,  anf  einem 
Gnte  geschlachtetes  Schwein,  von  welchem  Proben  an  Rnffert 
«logesandt  and  sehr  stark  trichinenhaltig  befanden  waren.  Aus- 
serdem erwies  sich  ein  gut  geräncherter  Schinken  angemein 
trichinenhaltig* 

Im  Kreise  Birnbanm  erkrankte  ein  Mensch  an  Trichinose, 
ist  jedoch  wieder  genesen.  Kr.-Th.  Eodloff  konnte  in  40 
Proben  angeblich  trichinenhaltiger  Schlsgwnrst  bei  der  sorgfal- 
tigsten Untersnchnng  keine  Trichinen  finden,  obgleich  nach  der 
Behanptang  des  dortigen  Apothekers  die  Wnrst  eine  grosse 
Anzahl  Trichinen  enthalten  sollte. 

^  Schlesien.     Im  Kreise   Görlitz   sind  im   Dorfe  Nieder- 

Bielaa  mehrere  Falle  von  Trichinenkrankheit  bei  Sdbweinen 
vorgekommen;  ein  Gorlitzer  Fleischer  hat  daselbst  mehrere 
Schweine  gekauft  und  zur  Stadt  gebracht.  Etwa  10  bis  14 
Tage  nach  dem  Verzehren  einer  von  diesem  Fleischer  gekauf- 
ten Cervelatwurst  erkrankten  3  Mitglieder  derselben  Familie  an 
Trichinose;  es  konnten  jedoch  in  den  noch  vorhandenen  Fleisch- 
beständen keine  Trichinen  gefunden  worden. 

Sachsen.  Begierungs  -  B  ezirk  Magdeburg.  Im  Kreise 
Jerichow  L  wurden  Trichinen  bei  einem  gemasteten  Treiber- 
schwein, und  zwar  angeblich  besonders  reichlich  im  Herzen, 
gefunden. 

In  Aschersleben  sind  bei  zwei  Schweinen,  welche  ein  renom- 


Tricbinenkrankheit  unter  den  Schweinen.  291 

mirCer  Schmelier  geschlachtet   hatte,   Trichinen  rechtseitig  ge- 
funden worden. 

Aaf  der  Domaine  Frohse*)  hat  Kr.-Tb.  Jost  von  16  wah- 
rend  des  Semesters  geschlachteten  Schweinen  Fleisch  unter« 
sacht,  nnd  bei  einem  Schweine  Trichinen  gefanden. 

Es  sind  dieses  Mal  fast  nar  junge  Thiere  geschlachtet  wor- 
'  den;  von  den  beiden  mitgesohlaehteten  alteren  Zuchtthieren 
hatte  das  eine  'die  Trichinen.  Da  jedoch  die  Kapseln  sehr  h^i 
und  durchsichtig,  die  Trichinen  in  denselben  auch  so  deutlich 
sichtbar  waren,  als  ob  die  Kapseln  gänzlich  fehlten,  die  Kap- 
seln ausserdem  durch  einigermaassen  starken  Dri^ck  auf  das 
Object  leicht  zerrissen,  so  kann  man  die  Aufnahme  der  Darm- 
trichinen nicht  auf  Jahre  zurück  datiren  wollen.  (?) 

Regierungs- Bezirk  Merseburg.  Am  16«  November  1868 
erluelt  Kr.-Th.  Groth  von  iier  Polizeiverwaltnng  in  Witten- 
berg den  Auftrag,  die  bei  dem  dortigen  Fleischermeister  Z  oller 
polizeilich  mit  Beschlag  belegten  41  Wurste  und  14  Schinken 
microscopisch  zu  untersocben.  £s  waren  in  der  ersten  Hälfte 
des  November  zahlreiche  Erkrankungen  unter  den  Einwoh* 
nem  von  Wittenberg  vorgekommen,  die  von  dem  Arzte  als 
Trichinose  erkannt  wurden,  und  ein  Uhrmacher,  der  auch  er- 
krankt war,  hatte  der  Polizeiverwaltnng  ein  Stuck  von  einer 
Cervelatwurst,  die  er  von  dem  p.  Z oller  gekauft,  nnd  von 
welcher  er  wiederholt  gegessen  hatte,  zugestellt.  In  dieser 
Wurst  wurden  Trichinen  in  grosser  Anzahl  gefunden.  Die  mi- 
croscopischen  Untersuchungen  hatten  zum  Resultate,  dass  in  4 
Wursten,  die  zusammen  ein  Gewicht  von  gegen  10  Pfund  hat- 
ten, Trichinen  in  grosser  Anzahl  gefunden  wurden. 

Diese  trichinenhaltigen  Würste  waren  in  Betreff  des  Alters 
und  der  Sorte  von  gleicher  Beschaffenheit,  so  dass  man  wohl 
annehmen   konnte,    dass   dieselben   von   einem    Schlachter   nnd 


*)  In  Frohse  sind  in  jedem  der  letzten  Jahre '  Trichinea  gefun- 
den worden. 

19* 


In*  WarvU 


TrifhiBM  eikraskte  PenoMs  mc^  Flciidk  ud 


«rknaktea  Pcnoaea,  «n  josges  MidebcB.  ist  m  Fcd^  daToa 


Der  FlcwdianAeUter  Zöller  hat  sieh  hirfirlrig 
gert  flamgd>ea,  aas  welefaeB  SuDe  das  Scbveu,  tob  dea  die 
CridiiBeabaltlge  Woivt  beirohzie,  gekauft  var,  iadea  er  ffidbft- 
wisaea  TondiaUte;  anek  eise  tob  dea  üatei  ■■!  Iianguldiler 
bieriber  gelikrte  omCuigreidie  VoraBtemcLaDg  hat  aar  ein 
aegatiTea  Reaaltat  gehabt. 

BegienmgS'Besirk  Er&rt.  la  der  Stadt  Mnhlhaaten  kam 
som  enlen  Ifale  eia  triehiooses  Sdiwein  ror,  weldies  dadurch 
entde^t  wurde,  dass  die  mit  dem  SdilaAtcn  beachaftigten 
Lente  aaeh  laadesobliehem  Gebraodie  rohea,  gehacktea  Fleisdi 
gegessen  hattoB,  uid  spiter  ohne  Ananahme  erkrankten.  Kr.- 
Tb«  Simon  fand  in  dem  noch  Torhandenen  Fleiaehe  nnd  in 
der  Sdilaehiwaare  aiemlich  sahireiche  angekapselte  Titehinen. 
Das  qo.  Sehwmn  wer  eine  Ton  hiesigen  Handelsleaten  gekaufte, 
aoe  dem  Kreise  Heiligenstadt  herstammende  Erstlingssan,  welche 
bei  dem  Kiofer  nach  dem  Abfinrkein  gemastet  nnd  geschlachtet 
worden  war.  Der  Verbleib  der  Ferkel  konnte  nidit  ermittelt 
werden.  Die  Trichinen  waren  snm  Theil  so  stark  verkalkt*), 
dass  sie  wohl  kanm  noch  als  lebensfihig  angesehen  werden 
konnten.     Die  stark  yerkapielten  Trichinen  bewegten  sich  nicht 


*)  Waren  die  Trichinen  verkalkt,  oder  die  Kapsehi?  Dass  eine 
starke  Verkalknng  der  Kepseki  die  Trichinen  nicht  todtet,  ist  durch 
Varsache  erwieien. 


Tricbinenkrankheit  unter  den  Schweinen.  293 

mehr  bei  starker  Erwarmting   des   Qbjectstragers,  wahrend  die 
Bewegang,  der  weniger  eingekapselten  deatlicb  sichtbar  war. 

Regierangs-Bezirk  Stettin.  In  Pasewalk  kam  ein  Fall  von 
Trichinosis  vor;  nähere  Angaben  fehlen,     Kr.-Th.  Huth. 

Im  Grossherzogtham  Sachsen-Weimar  sind  seit  dem 
Anfang  des  Jahres  1866  nean  trichinöse  Schweine  durch  die 
verpflichteten  Fleischbeschauer  ermittelt  und  durch  polizeiliches 
Einschreiten  dem  Verkehr  entzogen  worden.  Seit  dem  1.  März 
1868  ist  die  Fleischbeschau  obligatorisch;  in  der  Zeit  vom  1. 
März  1868  bis  1869  sind  im  Grossherzogtham  von  100  Fleisch- 
beschauern 19,611  Schweine  untersucht  und  unter  denselben 
nur  ein  trichinöses  gefunden  worden. 

National- Zeitung  vom  24.  Juli  1869. 


V. 

Sediste  Fortsetiung'^)  des  Katalogs  des  Haseons  der 
Königlidien  Huerarzneischide  in  Berlin. 

Von  Gnrlt. 


Die  fünfte  Fortsetzung  des  Katalogs  des  Museums  befindet 
sich  im  33.  Jahrgange  S.  1.  ff.  des  Magazins  und  reicht  bis 
zum  September  1866.  Von  da  an  bis  1869  sind  157  neue 
Präparate  zur  Sammlung  hinzugekommen,  so  dass  diese  jetzt 
6408  Nummern  enthält. 

Nach  der  bestehenden  Eintbeilung  sind  die  157  Präparate  in 
folgenden  Abtheilangen  aufgestellt,  nämlich: 


*)  Die  letzte,  die  ich  yor  meinem  Ausscheiden  gebe. 


294  Gurlt, 

If  I.     Normal  gebildete  Skelete ,  4 

II.     Abnorm  gebildete  Skelete   ..••...  3 

III.  Normale  Kopfe 4 

IV.  Abnorme  E5pfe,  oder  Theile  derselben      .     .  19 
^        V.     Abnorme  Rampfknochen 3 

VI.     Abnorme  Knochen  der  Gliedmaassen     .     »     .  8 

VII.     Präparate  von  gesunden  Theilen,  trocken       .  2 
Vm.     F5tQ8   nnd  Präparate  von  gesnnden   Theilen, 

in  Spiritns 14 

IX.     Präparate  von  abnormer  Beschaffenheit,  trocken  17 
X.     Missgebarten  und  Präparate  von  abnormer  Be- 

schaffenheit,  in  Spiritos       .^  .     .     .     .  64 

XI.     Injicirte  Präparate,  trocken 5 

XII.     Eingeweidewürmer 10 

XIII.     Epizoen '.....  4 

157 


I.     Normal  gebildete  Skelete, 

1.  Rnmpf  eines   2^  Jahre   alten    Schafes   mit   7  Lenden- 
wirbeln.    (Nr.  6403.)  ^ 

2.  Skelet  von  Dasypus  setoavs  (Gurtelthier).     (Nr.  6382.) 

3.  Skelet  einer  Tümmler- Taube.     (Nr.  6337.) 

4.»   Skelet  der  Natter  (Cohiber  Natria)     (Nr.  6404.) 


II.     Abnorm  gebildete  Skelete. 

1.  Skelet  eines  zwerghaft  gebildeten  nengebornen  Kalbes 
(Nanosomus  caticeps)^ 

Es  gleicht  ganz  den  beiden    im   12.  Jahrgange  des  Maga- 
zins S.  4  (10—11.)  beschriebenen  Kalbs -Skeleten.    (Nr.  6283.) 

2.  Skelet    eines    Lammes   mit   Bauchspalte   {SchistocormuB 

ßssiventralis),     Kopf  und  Beine   sind    regelmässig.     Die  6. — 13. 

Rippe    der    rechten  Seite   sind   nach   oben   und   rorn   gebogen. 

Die   Wirbelsäule   ist    vom    1.  Lendenwirbel   an    mit    dem    nicht 


Katalog  des  Museums  der  Kgl.  Thierarzneischule.  295 

gespaltenen  Becken  nach  oben  und  links  gebogen;  daher  sind 
auch  die  Hinterbeine  nach  oben  und  links  gekehrt.  (Nr.  6282.) 

3.  Skelet  eines  Ziegen  *  Lammes  mit  Doppelsteiss  (Dipygus 
subbieoUis),  Vom  3.  Halswirbel  an  ist  die  Wirbelsaale  dop- 
pelt. Die  Wirbelbogen  des  Atlas,  zweiten  Halswirbels  und  der 
folgenden  Wirbel,  namlioh  am  linken  Korper  bis  sam  9.  Racken- 
wirbel, am  rechten  Korper  bis  aam  10.  Racken  wirbel,  sind  ge*- 
spalten  (daher  lag  hier  das  Rückenmark  frei);  an  den  übrigen 
Wirbeln  an  beiden  Korpern  sind  die  Bogen  geschlossen«  Am 
linken  Korper  befinden  sich  nur  10  zam  grösseren  Theile  mit 
einander  verschmolzene  linke  Rippen;  an  der  rechten  Seite 
sind  nar  die  letzten  5  Rippen  vorhanden ,  welche .  nach  oben 
gekrümmt  sind. 

Am  rechten  Körper  verhalten  sich  die  Rippen  der  rechten 
Seite  wie  die  an  dei\  linken  Seite  des  linken  Korpers;  von  den 
linken  Rippen  dieses  Korpers  sind  nar  die  3  letzten  vorhan- 
den und  nach  hinten  gekrümmt. 

Der  Kopf  and  die  beiden  Vorderbeine  sind  regelmässig, 
aber  von  den  vier  Hinterbeinen  sind  nar  zwei  vollständig,  denn 
das  rechte  des  linken  Korpers  ist  am  Ober-  und  Unterschen- 
kel ^  sowie  am  Spranggelenk  sehr  mangelhaft;  der  Mittelfass 
und  die  Zehen  sind  zwar  vorhanden,  aber  zu  klein.  Das  linke 
Hinterbein  des  rechten  Korpers  besteht  nur  aas  dem  Ober-  and 
Unterschenkel  mit  Kniescheibe,  alle  übrigen  Theile  fehlen. 
(Nr.  6385.) 


III.    Normalgebildete  Kopfe,  oder  Theile  derselben. 

1.  Kopf  von   Qadus  Morrhua,     (Nr.  6313.) 

2.  Kopf  von  Fleuronectes  Platessa^     (Nr.  6336.) 

3.  Kopf  von  Esox  Lucius,     (Nr.  6402.) 

4.  Die  Kiefer  eines  39jährigen  Pferdes.     (Nr.  6340  ) 


296  Gurlt, 

IV.     Abnorme  K5pfe  oder  Theile  derselben, 
a)    Angeborae  Missbildangen. 

1.  Kopf  eines  Lammes  ohne  Antlits  (Perocephahs  apro- 
ßopus).  Er  ist  fast  eiförmig,  nach  vorn  verschmälert  und  hat 
ein  grosses  Hinterhanptloch.     (Nr.  6280.) 

2.  Kopf  eines  Lammes  ohne  Unterkiefer,  mit  unterer 
Mnndspalte.  (Perocephahu  agnathns  var,  hypostomus).  Eine  der 
häufigsten  Missbildnngen  bei  Schafen.     (Nr.  6397.) 

3.  Kopf  eines  Lammes  ohne  Unterkiefer  und  ohne  Mund 
(PeroeepK  agnathm  vor.  Mtomus),  Er  ist  im  Magaiin  Jahrgang 
XXXnL  Hft.  4.  S.  485  beschrieben  und  auf  Taf.  IV.  Fig.  3. 
abgebildet.     (Nr.  6272.) 

4.  5.  Kopf  vom  Kalbe  und  vom  aengebornen  Honde  mit 
zu  kleinen  Augen  (Nanocephabu  micrammahu).  (Nr.  6401.  6316.) 

6.  Kopf  eines  Kalbes  mit  Sehadel-  und  Gaumen -Spal- 
tung (SehUtocephahu  hemicephabu  et  ßssipalatinw).  Kopf  und 
Gehirn  sind  im  Magazin  Jahrg.  XXXIII.  Hft.  2.  S.  247  be« 
schrieben  und  auf  Taf.  II.  abgebildet.     (Nr.  6270,) 

7.  8.  Kopf  eines  Kalbes  und  eines  Lammes  mit  theilwei- 
ser  Schadelspaltung  (Schistoceph.  hemicepK  paartiaU»)^  Bei  bei- 
den Köpfen  ist  die  Oeffnung  in  den  Stirnbeinen  und  in  der 
Mitte  des  Scheitelbeines.     (6330.  6271.) 

9.  Kalbskopf  mit  ganzer  Gesichtsspaltung  (SchiatocepK  hi- 
fidu$).  Von  den  bekannten  Formen  dieser  Art  weicht  der  vor- 
liegende Kopf  darin  ab,  dass  die  innere  Wand  der  rechten 
Augenhohle,  das  rechte  Zwischenkieferbein  und  die  rechte 
Hälfte  der  knorpeligen  Scheidewand  der  Nase  fehlen.  Ein 
nicht  zu  deutendes  bogenförmiges  Knochenstuck  geht  vor  der 
offenen  Schadelhohlo  von  der  linken  zur  rechten  Gesichtshälfte, 
mit  welchen  es  durch  Knorpel  verbunden  ist.     (Nr.  6329.) 

10.  11.  Zwei  Kopfchen  von  Cyclopen  mit  grossem  Munde 
nnd  ohne  Rüssel  [Cyclops  megalostomus  arrhynchus)^  vom  Ziegen- 
lamm und  Schweinchen.     (Nr-  6331.  6400.) 

12.   13.     Zwei  Kopfchen  von  Cyclopen,  eins    mit   grossem 


Katalog  des  Museoms  der  Kgl.  Thicrarzneischule.  297 

Munde  und  mit  Rassel  (Cyclops  megalost^  rynchaenua),  das  an- 
dere ohne  Gesicht  and  ohne  Rassel  (Cyclops  aprosopus  arrktfn- 
chu8^  von  Schweinchen.     (Nr.  6398.  6399.) 

14.  15.     Zwei    Wasserkopfe    (Hgdrocephahu)    vom    neage- 
borncn    Fohlen    and    von    einem    4    Wochen    alten   Handchen«' 
(Nr.  6281.  6338.) 

b)    Nach  der  Geburt  entstandene  Missbildungen. 

16.  Kopf  mit  langen  Nagezahnen,  vom  Hasen.  (Nr.  6315.) 

17.  Kopf  vom  Sperling,  mit  einem  Blaserohr -Spicker  im 
Oberschnabel.     (Nr.  6317.) 

18.  Schädeldach   mit    gans   Terknochertem    Sichelfortsatz 
der  harten  Hirnhaut,  vom  Hunde.     (Nr.  6275.) 

19.  Exostose  vom  Oberkiefer,   aber  dem  ersten  Backen- 
zahne, vom  Hunde.     (Nr.  6309«) 


V.     Abnorme  Rnmpfknochen. 

1.  Die  Halswirbel  mit  doppeltem  Atlas,  von  einem  zwei- 
köpfigen Kalbe  (Decephalus  biatlanticus),     (Nr.  6297.) 

2.  Nach  links   und  oben   gekrümmte   Rückenwirbel,   vom 
Pferde.     (Nr.  6349.) 

3.  Die  beiden   letzten   Rückenwirbel  mit  Exostosen,   von 
einem  Pferde,  welches  an  Kreuzlahmung  litt.      (Nr.  6359.) 


VI»     Abnorme  Knochen  der  Gliedmaassen. 
a)    Angeborne  Missbildungen. 

1.  Eine  überzählige  Zehe  von  der  äusseren  Seite  des 
linken  Vorderfasses,  vom  Fohlen.  —  In  den  meisten,  bis  jetzt 
beobachteten  Fällen  fand  sich  die  überzählige  Zehe  an  der 
inneren  Seite,  also  am  inneren  Griffelbein.    (Nr.  6267.) 

2.  Ueberzähliges  doppeltes  Vorderbein  vom  Rücken  einer 
Färse  im  dritten  Jahre  (Opisthomelophorm  tetrachirus)^ 

Herr   Kreis  •  Thierarzt   Lange   in    Genthin    übersandte   im 


298  Gurlt, 

« 

April  1868  dieses  uovollstaDdige  Doppelbein  und  bemerkte,  es 
ging  von  der  rechten  Schulter  aus  und  hing  von  oben  und  hin- 
ten nach  unten  und  vorn  herab,  reichte  aber  nicht  bis  zur 
Erde.  Das  Thier  war  aur  Schtu  ausgestellt  und  starb  an  einer 
Verstopfung  des  Psalters.  -«-  Der  das  Schulterblatt  darstellende 
Knochen  ist  nicht  platt,  wi6  ein  gewöhnliches  Schulterblatt, 
sondern  erscheint  wie  ein  etwas  platter  Rohrenknochen  und  hat 
gegen  das  untere  Ende  eine  Spalte»  Die  Gelenkgrube  ist  sehr 
flach.  Das  Armbein  ist  ebenfalls  einfach,  aber  unregelm assig; 
am  Mittelstück  verlaufen  drei  Langsleisten ,  die  swei  seichte 
Vertiefungen  begrensen.  Das  untere  Ende  ist  mit  dem  theilweis 
doppelten  Vorderarm  verwachsen.  Derselbe  besteht  aus  zwei 
starken  Speichen,  swichen  welchen  ewei  verkümmerte  Ellenbo- 
genbeine, welchen  aber  die  Hocker  fehlen,  liegen.  Die  unte- 
ren Enden  beider  Speichen  sind  mit  der  Vorderfosswnrzel  be- 
weglich verbunden,  doch  besteht  dieser  Garpus  nur  aus  einem 
Knochen.  Die  beiden  Mittelfussknoohen  sind  von  oben  bis  aur 
Mitte  herab  verschmolzen,  von  da  ab  sind  sie  gertennt,  regel- 
massig gebildet  und  tragen  zwei  Paar  vollständige  Zehen. 
(Nr.   6360.) 

b)  Nach  der  Geburt  entstandene  Missbildnngen. 

3.  4.  5.  Geheilte  Knochenbrüche,  nämlich  am  linken  Ober- 
schenkel des  Hundes,  am  linken  Armbeine  des  Hasen  und  am 
rechten  Armbeine  der  Gans.     (Nr.  6351.  6405.  6406.) 

6»  Rechter  Vorarm  und  Fuss  mit  Osteophyten,  vom 
Schweine.     (Nr.  6298.) 

7.  Rechtes  Oberschenkelbein  mit  Knochen  -  Neubildung 
über  dem  oberen  ümdreher,  vom  Pferde.     (Nr.  6333.) 

8.  Strahlbein  mit  Caries,  vom  Pferde.     (Nr.  6366.) 


Katalog  des  Museums  der  Kgl.  Thierarzoeischule.  299 

VII.     Troekene  Präparate  von  gesunden  Theilen. 

1.  Zungenbein   vom  jnngen  weiblichen  Elephanteo.     (Nr. 
6301.) 

2.  Langgestreckte  Harnblase  vom  Kalbe.     (Nr.  6352.). 


VIII.     Fotas   and   Präparate  Ton  gesunden    Theilen, 

in  Spiritus. 

1.  Weiblicher   Pferde  •  Fötus ,    23    Wochen    5    Tage    alt. 
(Nr.  6284.) 

2.  Zwillings-Fotus  vom  Pferde,  71  Tage  alt.  (Nr.  6339.) 

3.  Männlicher  Rinds- Fötus,  27^  Woche  alt.    (Nr.  6285.) 

4.  Geschlechtstheile    eines    30  Wochen   alten  Ebers,    an 
welchen  der  Urachns  noch  vorhanden  ist.     (Nr^  6346.) 

5.  Weibliche  Geschlechtstheile  mit  den  Neben-Eierstocken 
Ton  einem  fast  reifen  Kalbs-Fotus.     (Nr.  6372.) 

6.  Kehlkopf   vom   jungeu    weiblichen    Elephauten.      (Nr. 
6300.) 

7.  Herz  mit  offenem  eirunden  Loche,  von  der  Fischotter 
{Lutra  vulgaris).     (Nr.  6307.) 

8.  Kehlkopf,  Zunge  und  weibliche  Geschlechtstheile,  von 
Dasypm  setosus,     (Nr.  6380.) 

9.  Herz,  Zungenbein  etc.  von  Testudo  Midas,  (Nr.  6263.) 

10.  Kopf   mit   praparirten    Speicheldrüsen,    vom    Kalbe. 
(Nr.  6264.) 

11.  Kopf    mit    praparirten    Speicheldrüsen,     vom    Eber* 
(Nr.  6338.) 

12.  Bauchspeicheldrüse    etc.    mit  injicirtem    Gange,    vom 
jungen  Schweine.     (Nr.  6381.) 

13.  Die  praparirten  Gärtnerischen  Gänge,  vom  Kalbe. 
(Nr.  6326.) 

14.  Kopf  von  Pleuronectes  Platessa,     (Nr.  6311.) 


300  Gurlt, 

IX.     Trockene  Präparate   voo   abnormer  Be- 
schaffenheit. 

1.  Bin  im  Uteraa  verschrampftes  Lamm.     (Nr.  6254.) 

2.  Haftdarm  mit  grossem  Divertikel,  vom  Pferde.  (Nr. 
6369.) 

3.  Knochenkapsel  vom  Baachfeli  der  Kah.     (Nr.  6374.) 

4.  Knochengerast  aas  dem  Gekröse  des  Schweines. 
(Nr.  6332.) 

Beide  Gegenstande  sind  im  Magaain  Jahrg.  1870,  Heft  1. 
S.  93  beschrieben  and  auf  Taf«  I.  abgebildet. 

5.  Speichelstein  aas  dem  linken  Stenon' sehen  Gange 
des  Pferdes.  Dieser  Stein  ist  von  demselben  Pferde,  welchem 
Herr  Kreis  -  Thierarzt  Maller  in  Stolp  vor  5|f  Jahren  einen 
solchen  Stein  aas  demselben  Gange  entfernt  hatte.   (Nr.  6265.) 

6.  Speichelstein  von  der  Backe  eines  Pferdes.  Der  Spei- 
chelgang der  Ohrdrase  war  gerissen,  daher  lag  der  Stein  im 
Gewebe  der  Backe.     (Nr.  6370.) 

7.  Speichelstein  aas  dem  Stenpn' sehen  Gange  der  Kah. 
(Nr.  6361.) 

8.  9.     Darmsteine  aas  dem  Dickdarme  von  Pferden. 

Der  eine  dieser  Steine,  welcher  im  Blinddarme  lag,  ist 
von  einem  12  Jahre  alten  Pferde,  welches  5  Jahre  einem  Mal- 
ler ond  3  Jahre  einem  Bäcker  gehört  hatte,  also  wahrschein- 
lich viel  Kleie  als  Futter  bekommen  hat.     (Nr.  6368.  6407.) 

10.  11.  Zwei  Blasensteine,  welche  von  Staten  aasgestos- 
sen  sind.  Die  eine  dieser  Stnten  litt  von  Zeit  za  Zeit  an 
Harnbeschwerden  und  wenn  sie  rascher  laafen  masste  war  der 
Urin  mit  Blut  gemengt.     (Nr.  6318.  6325.) 

12.  Blasenstein  von  einem  Wallach,  aber  dessen  Krank- 
heitsgeschichte  der  Einsender,  Herr  Kreis  •  Thierarzt  Paepke 
in  Arnswalde,  im  Magazin  Jahrg.  XXXV.  Heft  1.  S.  125  Mit- 
theilung gemacht  hat.     (Nr.  6365.) 

13.  Blasenstein    von    einer    Stute.      Er    wurde    bei    der 


Katalog  des  Museums  der  Kgl.   Tbierarzneischule.  30.1 

Section   des   an   eine^   anderen   Krankheit  gestorbenen   Thieres 
gefonden.     (Nr.   6408.) 

14«  Rande  Harnsteinchen,  welche  die  Harnröhre  eines 
jungen  Stiers  bis  znr  S- formigen   Krammung   verstopft  hatten. 

(Nr.  6360.) 

15.  Concrement  aus  dem  Grimmdarme  des  Pferdes.  (Nr. 

6314.)    "' 

16.  Grosser  Haarball,  der  im  Mastdarme  eines  4jährigen 
Schlachtochsen  gelegen  haben  soll.  (Der  Einsender  hat  den 
Haarball  nicht  selbst  gefanden.)     (Nr.  6278.) 

17.  Verkalkte  Fettgeschwalst  ans  der  Harnblase  des  Pfer- 
des.    Sie  wurde  far  einen  Blasenstein  gehalten.     (Nr.  €391.) 


X.     Missgeburten   und  Präparate   von  abnormer  Be- 
schaffenheit, in  Spiritus. 

a)    Angeborne  Missbildungen. 

1.  Kugelige  TJngestBlt  (Amorphus  globosus)^  von  der  Ziege. 
Es  ist  diea  der  erste  Fall,  der  mir  bei  der  Ziege  vorgekom- 
men ist,  während  diese  Missbildung  bei  Rindern  nicht  selten 

ist.     (Nr.  6321.) 

2.  Die  Knochen  von  mehreren  kugeligen  üngestalten  von 

Rindern.     (Nr.  6308.) 

3.  Lamm  ohne  Unterkiefer  und  mitkleinem  Munde  (Peroce- 
pkahs  agnaihus  vor.  microstomta).     (Nr,  6295.) 

4.  Schlundkopf,  Kehlkopf  etc.  vom  Lamme  ohne  Unter- 
kiefer  mit  unterer  Mundspalte.  Hier  fehlt  die  Zunge  gana, 
während  in  den  meisten  Fällen  doch  ein  Rudiment  davon  vor- 
handen ist.     (Nr.  6390.) 

5.  Kopf  und  Hals  eines  Lammes  mit  Schädelspaltaog 
(HemcephaUa  partiaUs)^  Nur  an  den  Stirnbeinen  fehlt  das  Schä- 
deldach, und  diese  Oeflfnung  ist  durch  die  Verwachsung  (Nicht- 
trennung)  mit  der  Schafhaut  entstanden,  so  dass  auch  eine 
Trennung  der  Haut  am  Halse  besteht.     Höchst  sonderbar  ist 


302  Gurlt,     ^ 

der  Unterkiefer  geformt;  er  ist  nämlich  tod  den  Seiten  zu- 
sammengedruckt,  daher  sa  hoch,  der  Körper  hat  die  Schneide- 
zahne in  zwei  über  einander  stehenden  Reihen,  die  obere  Reihe 
hat  4,  die  untere  3  Schneidesahne.  Der  rechte  Ast  hat  2  Rei- 
hen Backenzahne ,  eine  Reihe  (3  Zahne)  nach  oben  (wie  gewohn- 
lich), die  andere  Reihe  nach  der  äasseren  Seite  der  Backe  zu- 
gewandt.    (Nr.  6327.)  *' 

6.  Pferde-Fotas  mit  Kabelbrach,   6  Monate  20  Tage  alt. 

(Nr.  6340.) 

7.  Cyclopisches  Händchen  ohne  Mund  und  ohne  Rassel 
fCycIops  astamus  var^  arrkynchui),     (Nr.  6296.) 

8.  Cyclopisches  Schweinoben,  mit  einem  Wassersack  am 
Halse.     (Nr.  9358.) 

9.  Kopf  mit  verbundenen  Doppelgesichtern  (Diprosopus 
conjunctus),  vom  Kalbe.     (Nr.  6341.) 

10.  Das  Gehirn  von  demselben.     (Nr.  6312.) 

11.  Ungleiche  Zwillinge  mit  acht  Beinen,  vom  Schaf 
(Heterodidymua  octipes  fxar^  emprotikochirophorus)^ 

Die  voriiegende  mannliche  Missgebart  gleicht. im  Aeusse- 
ren  ganz  der  im  Magazin  Jahrg.  XVIII.  HefC  3.  S.  352  fif.  be- 
schriebenen und  auf  Tafel  III.  abgebildeten  weibliehen  Miss- 
gebnrt.  Die  innere  Untersuchung  zeigt  jedoch  einige  Ab- 
weichungen. 

1)  Es  ist  ein  Nabelbruch  vorhanden,  so  dass  die  Bauch- 
eingeweide zum  Theil  ausserhalb  der  Bauchhohle  liegen. 

2)  Es  ist  nur  ein  Kehlkopf,  eine  Luftrohre  und  ein  Lun- 
genpaar vorhanden,  aber  zwei  Schlünde. 

c 

3)'  Die  Grimmdärme  von  beiden  Körpern  machen  die  ge- 
wohnlichen schneckenförmigen  Windungen,  die  recjite  Leber  hat 
eine  Gallenblase,  die  linke  nicht. 

4)  Die  Hoden  liegen  in  der  Bauchhohle  und  die  äusseren 
Geschlechtstheile  des  Parasiten  sind  sehr  klein. 

5)  Die  vordere  Aorta  des  Tragers  giebt  an  diesen  die  ge- 
wohnlichen  Gefasse  ab.     Aus  der  Brust -Aorta  desselben  ent- 


Katalog  des  Museums  der  Kgl.  Thierarzneischule.  303 

springt  die  Aorta  für  den  Parasiten,  welche  «uerst  die  Arte- 
rien für  die  Vorderbeine  desselben  abgiebt,  dann  frei  3efa^e- 
bend  dnrch  die  Brasthohle  nnd  das  Zwerchfell  länft  und  eine 
starke  Arterie  an  die  Banch -Eingeweide,  und  eine  zweite  an 
das  Hintertheil  des  Parasiten  abgiebt.  Für  die  Banch- Einge- 
weide des  Tragers  bilden  die  Bauchschlagader  (A.  coeUaca) 
und  vordere  GekrSsarterie  (A.  meaenterica  anterior)  einen  ge- 
meinschaftlichen Stamm.     (6342.) 

12.  Brnstswillinge  mit  nur  einem  Kopfe  (Thoracodidymus 
monocephalus).  Der  Kopf  ist  mit  dem  linken,  unvollständigen 
Korper  verbunden,  der  rechte  kopflose  Korper  ist  übrigens  der 
vollständigere. 

1)  Skelet.  Der  Kopf  ist  regelmassig.  Die  Wirbel- 
säule des  linken  Korpers  besteht  nur  aus  7  Hals-  und  7 
Rückenwirbeln,  hat  7  linke  Rippen,  von  welchen  nur  die  erste 
mit  dem  Brustbeine  verbunden  ist,  und  nur  eine  rechte  Rippe. 
Au  der  Wirbelsaule  des  rechten  Korpers  ist  nur  der 
zweite  bis  fünfte  Halswirbel  vorhanden,  wovon  der  zweite  mit 
der  Wirbelsäule  des  linken  Korpers  durch  ein  Band  ver- 
bunden ist;  die  Rucken-,  Lendenwirbel  und  das  üebrige  ist 
vollständig.  Dreizehn  Paar  Rippen  sind  zwar  vorhanden,  aber 
das  1.,  2.  nnd  3.  Paar  sind  mit  dem  3.  bis  5.  Halswirbel,  die 
übrigen  Paare  mit  den  13  sehr  schmalen  Ruckenwirbeln  ver- 
bunden. Die  Rippen  der  rechten  Seite  dieses  Körpers  haben 
ihre  regelmässige  Stellung,  und  Verbindung  mit  dem  Brust- 
beine; die  der  linken  Seite  sind  ganz,  nach  hinten  gekehrt. 
Beide  Rumpfe  sind  nur.  durch  Muskeln  verbunden.  Glied- 
maassen:  Das  linke  Vorderbein  des  linken  Korpers  ist 
normal;  statt  des  rechten  ist  nur  ein  dreieckiger  Knorpel  (Schul- 
terblatt) vorhanden.  Das  Becken  ist  sehr  mangelhaft  und  tragt 
zwei  Oberschenkelbeine,  von  welchen  nur  das  linke  die  Anlage 
zum  Unterschenkel  hat.  Am  rechten  Körper  sind  alle  4 
Beine  normal. 


304  Gurlt, 

2)  Die   Brust-Eingeweide    sind    eiofacli,    daher    aooh 
Kehlkopf  und  Luftröhre. 

3)  Bauch- Eingeweide.  Der  Schlund  ist  so  weit  ein- 
fach, bis  er  die  beiden  Magen  erreicht.  Am  linken  K5rper 
ist  der  Magen  klein,  die  Leber  auch  kldn  und  ohne  Gallen- 
blase, die  Milz  gross.  Am  rechten  Körper  ist  der  Magen 
grosser,  auch  die  Leber,  die  eine  Gallenblase  hat;  aber  die 
Milz  ist  kleiner  und  doppelt.  Von  beiden  Magen  vereinigen 
sich  die  Zwölffingerdärme,  dann  ist  auch  der  Leerdarm  einfach, 
aber  der  Hüftdarm  ist  doppelt.  Der  linke  geht  in  einen  an 
beiden  Enden  geschlossenen  Dickdarm  über;,  der  rechte  geht 
in  einen  längeren  Dickdarm  über,  jedoch  fehle^  die  dem  Kalbe 
eigenthümlichen  schneckenf5rmigen  Windungen  des  Grimm- 
darmes. 

4)  Harn-  und  Geschlechtsorgane.  Der  linke  Kor- 
per hat  nur  die  linke  Niere,  der  rechte  Korper  hat  beide 
Nieren.  Ebenso  hat  der  linke  Kor  per  auch  nur  einen  Ho- 
den ,  der  hinter  dem  Zwerchfelle  liegt ,  der  rechte  K5rper 
hat  beide  Hoden  wie  gewohnlich.  Aeussere  Geschlechtstheile 
sind  vorhanden. 

5)  Arterien.  A(ftrta  und  Lungen  -  Arterie  entspringen 
vereinigt  aus  beiden  Herzkammern.  Aus  diesem  Stamme 
gehen  zuerst  die  «beiden  Kranz-Arterien  des  Herzens  ab,  dann 
die  beiden  Lungen  -  Arterien  einzeln;  hierauf  macht  der  Stamm 
den  Aortenbogen,  aus  welchem  folgende  Gefasse  hervorgehen: 

a)  die  Armkopf -Arterie  (A.  anonyma)^  welche  die  beiden 
Carotiden  und  die  linke  Sdilüsselbein- Arterie  für  das 
linke  Vorderbein  des  linken  Körpers  abgiebt;  dann  wird 
sie  zur  hinteren  Aorta  dieses  Korpers,  giebt  1  Nieren-, 
1  innere  Saamen  -  Arterie ,  die  Arterien  an  beide  Lebern 
ab,  und  versieht  die  unvollständigen  Darme  und  das  Hin- 
tertheil  dieses  Korpers.  Aus  dem  Aortenbogen  entspringt 
ferner : 

b)  eine  Schlüsselbein -Arterie   für   die  beiden   Vorderbeine 


Katalog  des  Musenms  der  Kgl.  Thierarznelschule.  305 

des  rechten  Körpers,  dann  gebt  sie  als  hintere  Aorta 
dieses  Korpers  an  der  Wirbelsaale  nach  hinten  and  Ter- 
aweigt  sich  wie  gewohnlich.     (Nr.  6392.) 

13.  Nengebornes  Sehweinchen  mit  Baachwassersucht  und 
Terkummerten  Gliedmaassen.  Bs  ist  im  Magaxin  Jahrgang 
XZXIV.,  Heft  1.  S.  115  ff.  beschrieben  and  anf  Taf.  I.  ab- 
gebildet.    (Nr.  3606.) 

14.  Das  linke  Hinterbein  eines  Kalbs -Fötus  aas  der 
Baochhohle  eines  normal  gebildeten  Kalbes  (FoetM  in  foetu). 
Es  ist  im  Magaain  Jahrg.  XXXV.,  Heft  3.  S.  347  ff.  beschrie- 
ben and  anf  Taf.  III.  abgebildet.     (Nr.  6393.) 

15.  Gehirn  eines  Kalbes  mit  Schädel-  nnd  Gaomenspal- 
tnng.  Es  ist  im  Magazin  Jahrg.  XXXIII.,  Heft  2.  S.  247  be- 
schrieben and  anf  Taf.  II.  abgebildet.     (Nr.  6273.) 

16.  Gehirn  eines  cvclopischen  Fohlens.     (Nr.  6323.) 

17.  Das  Ange  and  die  verschmolsenen  Crystall-  Linsen 
desselben  Fohlens.     (Nr.  6324.) 

18.  Doppelter  Kehlkopf  und  Schlund  von  einem  2  kopfi- 
gen Kalbe  (Dicephahs  biatlanticus),     (Nr.  6268.) 

19.  Verschmolzenes  Doppelherz  mit  2  Klappen  des  eirun- 
den Loches,  von  demselben  Kalbe.     (Nr.  6269.) 

20.  Scheinbar  doppelte  rechte  Niere  vom  Fohlen.  Es  ist 
nur  ein  Nierenbecken  und  ein  Harnleiter  an  derselben.  (Nr. 
6357.) 

21.  Eingeweide  eines  Ziegenlammes  mit  doppeltem  Steiss 
(Dippgus  »ubbicolKs).  Das  Skelet  ist  S.  295,  Nr.  3.  beschrie- 
ben.    (Nr.  6383.) 

b)  Nach  der  Geburt  entstandene  Missbildungen. 

a.  Gehirn,  Nerven  und  Auge. 

22.  Gehirn  mit  Tuberkelbildung  am  grossen  Gehirn,  von 
einer  2jährigea  Färse,  welche  auch  Tuberkeln  am  Brustfelle 
hatte  (Fransosenkrankheit);      Das  Thier   litt  sehr   an  Störung 

Mag.  f.  TbierhelUc  XXXYI.    3.  20 


306  Gurlt, 

der  Gehirnthatigkeit  und  zeigte  sich  zuletzt  wie  ein   im  hohen 
Grade  koUeriges  Pferd.     (Nr.  6353.) 

23«  Grosses  Cholesteatom  ans  der  rechten  Seitenkammer 
des  Gehirns,  vom  Pferde,  welches  an  Apoplexie  starb,  Aaf- 
fallende  Erscheinongen  Ton  Dammkoller  worden  nicht  wahrge- 
nommen.    (Nr.  6388.) 

24,  Ebenfalls  ein  Cholesteatom  ans  der  rechten  Seiten- 
kammer  des  Gehirns,  vom  Pferde.  Das  Aftergebilde  enthalt 
nnr  sehr  wenige  Cholestearin  -  Krystalle.  Die  Erankheitage- 
schiohte  ist  im  Magazin  Jahrg.  XZXV,  Heft  4«  S.  457  mitge* 
theilt.     (Nr.  6389.) 

25«  Verdickter  letzter  Zwischenrippen* Nerv,  vom  Pferde. 
Die  letzte  Rippe  war  gebrochen,  aber  wieder  geheilt  ond  der 
Nerv  war  mit  der  Bruchstelle  innig  verbanden.     (Nr.  6322.) 

26.  Rinder-Ange  nrit  Medallar-garcom.     (Nr.  6274.) 

27.  .  Pferde-Aage  mit  verkalktem  Glaskörper.  (Nr.  6375.) 

b)  Nasenhöhlen  and  Kehlkopf. 

28.  Poljp  in  der  rechten  Nasen-  und  Oberkieferhohle 
und  Vorfall  des  rechten  Aages,  von  einem  20jährigen  Hengst. 
Durch  den  Druck  des  Polypen  ist  die  innere  Wand  der  Angen- 
h5hle   geschwunden   and   der  Augapfel  hervorgedrangt  worden. 

Das  Thier  litt  schon  seit  l|f  Jahre  an  dem  Vorfalle,  bis 
es  endlich  auf  beide  Augen  erblindete  und  getodtet  wurde. 
(Nr.  6262.) 

29.  Kehlkopf  mit  Sarcom,  von  einer  Kuh,  die  an  be- 
trächtlicher Athembeschwerde  litt.     (Nr.  6299.) 

30.  Kehlkopf  eines  6jährigen  Ochsen,  welcher  im  hohen 
Grade  an  der  Franzosonkrankheit  litt.     (Nr.  6354.) 

31.  Kehlkopf  mit  einem  Poljpen,  vom  2^jährigen  Rinde. 
(Nr.  6304.) 

c)  Herz. 

32.  Entzündetes  Herz  von  einer  Kuh.  Wahrscheinlich  durch 
eine  Verletzung  von  der  Haube  aus  entstanden.     (Nr.  6286.) 


Katalog  des  Mnseams  der  Kgl.  Thierarzneischnle.        307 

33.  Herz  mit  angelagerter  Taberkelmssse,  von  einer  Knh, 
die  an  der  Franzosenbrankheit  litt.     (Nr«  6345.) 

34.  Herz  mit  Faserstoffgerinnsel  an  den  Klappen,  von 
einem  12  Wochen  alten  Fohlen,  welches  an  Herzbeutel- Wasser- 
sncht  litt.     (Nr.  6302.) 

35.  Herz  mit  Sarcom  an  den  Klappen,  vom  balbjahrigen 
Schweine,  welches  anter  Gonvnlsionen  starb.     (Nr.  6344.) 

36.  Herz  mit  einer  Nadel,  von  einem  Jansen  Honde« 
(Nr.  6308.) 

d)  Zange  und  Schlnnd. 

37.  38.  Zwei  Zangen  mit  Epithelial -Gancroid,  von  Rin- 
dern. In  einer  Zange  ist  Platten-  in  der  anderen  Gylinder- 
Epithel.     (Nr.  6386.  6394.) 

39.  Schlund  mit  Epithelial  -  Waeherang  an  der  Sehleim- 
haat,  von  der  Kah.     (Nr.  6376.) 

e)  Magen,  Milz  and  DarmkanaL 

40.  Ein  Theil  des  Pferdemagens  mit  einem  kleinen  Po- 
lypen.    (Nr.  6387.) 

41.  Ein  Theil  des  Wanstes  mit  verkalktem  Sarcom,  von 

der  Knh,     (Nr.  6288.) 

42.  Milz    mit    Sarcom,    vom    1  jahrigen    Schweine,     (Nr. 

6343.) 

43.  Verengter  Uebergang  des  Haftdarmes,  in  den  Grimm» 

darm,  vom  Hände«     (Nr.  6377.) 

f)  Harn-  and  Geschlechtsorgane. 

44.  Niwe    mit    einem    Aneurysma    der    Nieren  -  Arterie, 

vom  Pferde.     (Nr,  6287.) 

45.  Niere  mit  einer  Nähnadel,  von  einem  Hunde,  der  am 

Blutharnen  litt.     (Nr.  6356.) 

46.  Hode    mit   Tuberkelmasse,    vou  einem  5 monatlichen 

Eber.     (Nr.  6257.) 

20* 


308  Gurlt, 

47«     SaamenatraDg  mit  Aneurysma  Tarioosom,   von   einem 
3jährigen  Ochsen.     (Nr.  6367.) 

48.  Vorhant  mit  Warsen,  von  einem  Ballen*  (Nr.  6289.) 

49.  50.  Zwei  Ochsen -Penis  mit  Harnrohrensteinen.  (Nr. 
6290.  6387.) 

51.  Rechtes  nicht  hohles  Uterus -Hörn,  von  der  Stute. 
(Nr.  6291.) 

52.  Vertohrampfter  Zwillings  -  Fotns ,  vom  Pferde.  (Nr. 
63o9.) 

53.  Unvollständiges  Ei  aus  der  Bauchhohle   der  Henne. 

(Nr.  6355.) 

g)  Sehnen  und  Knochen. 

54.  Die  abgerissene  Sehne  des  langen  Vorarmbengers 
vom  Aoromion  des  Pferdes.     (Nr.  6292.) 

55.  Osteosarcom  am  Unterkiefer  eines  Fohlens.  Die  Krank- 
heitsgeschichte ist  im  Magazin  Jahrg.  XXXIII.  Heft  I.  S.  53  ff. 
mitgetheilt  und  eine  Abbildung  auf  Taf.  L  gegeben.  (Nr«  6256») 

56.  Oberkiefer  mit  E{»thelial  -  Gancroid,  vom  Pferde. 
(Nr.  6294.) 

57.  Rechter  Ast  des  Unterkiefers  mit  Cjlinder-EpiChelial- 
Cancroid,  vom  Pferde.     (Nr.  6364.) 

h)  Haut-  und  Aftergebiide. 

58.  Hautstnck  mit  Schafpocken.     (Nr.  6258.) 

59.  60.  Balggeschwulste  mit  Federn,  aus  der  Bauchhohle 
von  zwei  Gänsen.     (Nr.  6259.     6371.) 

61.  62.  Sarcome  aus  der  Bauchhohle  ties  Kalbes  und 
Ochsen.     (Nr.  6260.  6293.) 

63.  Sarcome  mit  Fettzellen,  welche  sich  an  verschiedenen 
Korperstellen  im  Unterhaut -Bindegewebe  einer  Kuh  gebildet 
hatten.     (Nr.  6379.) 

64.  Haematom  aus  der  Bauchhohle  eines  geschlachteten 
fetten  Schweines.     (Nr.  6395.) 


Katalog  des  Mtueams  der  Egl.  Thierarzneiflchiile.  309 

XI.     Injicirte  Präparate« 

1.  Starke  rechte  IlDter-Aagenhohleii- Arterie,  Yom  Pferde. 
(Nr.  6276.) 

2.  Die  Ohr-Arterien,  vom  Pferde.     (Nr.  6277.) 

3.  Starke  oberflächliche  Arterien   am  rechten  Hinter-Mit- 
telfass  des  Pferdes,     (Nr.  6255.) 

4.  5»     Abweichender  ürsprang  der  kleinen  Schienbein-Ar- 
terie  an  beiden  Hinterfässen  des  Pferdes.     (Nr.  6334.  6335») 


XII.     Eingeweidewarmer. 

1.  Filaria  papulosa  fem.  E.,  aas  dem  Aage  eines  3jäh^ 
rigen  Pferdes.  Der  Fall  ist  im  Magazin  Jahrg.  XXXIII.  Heft 
4.  S.  484  mitgetheilt.     (Nr.   6396,) 

2.  Trichocephalas  affinis  R. ,  aas  dem  Dickdarme  von 
Antilope  picta.     (Nr*  6266.) 

3.  Strongjlas  criniformis  R.,  aas  dem  Darm  von  Meles 
Taxas.     (Nr.  6362.) 

4.  Ascaris  commatata  R.,  aas  dem  Darm  von  Bofo  vari- 
abilis.     (Nr.  6253.) 

5.  Ascaris  labiata  R. ,  aas  dem  Darm  von  Maraena  An- 
gaüla.     (Nr.  6279.) 

6.  Ascaris  compar  Schrank,  aas  dem  Darm  von  Tetrao 
ürogaUas.     (Nr.  6384.) 

7.  Nematoideam?  geschlechtsanreif,  aas  der  Baachhoble 
von  Gadas  Callarias.     (Nr.  6373.} 

8.  Amphistoma  scleroporam  Crepl«,  aus  dem  Darm  von 
Chelonia  Midas.     (Nr.  6252.) 

9.  Bothriocephalas  Valpis  nova  spec.?,  aas  dem  Darme 
von  Canis  Valpes.     (Nr.  6310.) 

10.  Taenia  ocellata  R.,  ans  dem  Darm  von  Maraena  An- 
gaiUa.     (Nr.  6347.) 


310 


Gurlt, 


Xm.     Bpisoen. 

1.  Trichodectes  latus  N.»  too  Cvaia  Lupus.     (Nr.  6320.) 

2.  Pulex    Canis    Dog^s,    tod    Canis     cinereo  -  argentens. 
(Nr.  6319.) 

3.  Acarus  Siro,  Tom  Käse.     (Nr.  6363.) 

4.  Raudemilbea  tod  Caria  Gobaya.'    (Nr.  6261.) 


Namen  -  V erzeichniss 

der  gütigen  Einseoder  von  Gegeustanden  für  das  Museum. 


Herr  A 1  b  r  6  c  h  t ,  Departements- 
Thierarat. 

-  Arnsberg,  Kreis -Tbier- 

arzt. 

-  Bartelt,  Thierarzt. 

-  Besser,  Stabs -Rossarst 

-  Bock  mann,  Thierarzt. 
V.  d.  Borne« 

•     Braun,  Thierarzt. 

-  Bremer,  desgl. 

-  Brenne  kam,  desgl. 

-  0  r  0  m  e. 

-  0  r  n  g  e  r ,  Kreis-Thierarzt. 

-  Dietrich,  desgl. 
Digmann,  Thierarzt. 

-  Drewin  ,  desgl.   ' 

-  Duncker,  desgl. 

'     Eberhard  tjKreis-Thier- 
arzt. 


Herr  Eichler,  Thierarzt. 

-  Einicke,    Kreis -Thier- 

arzt. 

-  Frauenholz,  Thierarzt. 

-  Friedemann,  desgl. 

-  Dr.Furstenberg,  Prof. 

-  G  a  b  b  e  y ,  Thierarzt. 

-  G  a  r  k  e ,    Ritterguts  •  Be- 

sitzer. 

-  Gollmer,  Thierarzt. 

-  Gruwe,  desgl. 

-  Hackbarth,Krei8«Thier- 

arzt. 

-  Haertelt,  Thitratzt. 

-  Hauckold,  Kreis-Thier* 

arzt. 

-  Dr.  Hertwig,  Professor. 
•     Hey  de,     Brauerei  -  Be« 

sitzer. 


Katalog  des  MoBeums  der  KgÜ  Thierarzneisohale. 


311 


Herr  Hildebrandt,     Veteri- 
nair-Asaesflor. 

-  Holsendorff,       Kreis- 

Thierarat. 

-  Hath,  desgl. 

-  JeniBch,  Thierarat. 

-  Johow,  Kreis-Thierarzt. 
.   -     Jost,  desgl. 

-  Jaling,  desgl. 

•  Kaamann,  desgl. 

-  Keiper,  Ober «  Rossarst 

a.  Gestüt-Inspector. 

-  Klose,  Thierarst. 

•  Koaths,  desgl. 

Ko  berste!  o,         Stabs- 
Bossarat. 

-  Koelling,  Thierarzt. 

-  K  o  e  n  i  g .     Kreis  -  Thier- 

arzt a.  D. 

-  Koerner,  Thierarzt. 

-  Baron  von  Kor  ff. 

.    K  n  e  h  1  i  n  g,  Ober-Rossarzt 
u.  Gestat-Inspector. 

-  Kaehnert,  Kreis*Thier- 

arzt. 

-  Kuttbach,  GestfiMloss- 

arzt. 

-  Lange,  Kreis-Thierarzt. 

-  Lehmann,  Stadt-Thier- 

arzU 

-  Lemhoefer,    Thierarzt. 
.     Ludwig,  desgl. 

»     Liisen«ky,  Stabs* Ross- 
arzt. 


Herr  Lustig,  Kreis  »Thierarzt. 

-  Mann^  Thierarzt. 

-  Meer,  Kreis-Thiei'arzt. 

-  Merten,  Thierarzt. 

-  Mewes,    verst.   Depart.- 

Thierarzt. 

-  Mahlenbein,  Inspector. 

-  Müller,  Lehrer. 

•  M  u  1 1  e  r ,  Kreis-Thierarzt. 

•  Napp,  Stabs-Rossarst. 

-  Nitsehe,  Thierarzt. 

.     Nonn,  Kreis-Thierarzt. 

-  Oemler,  Thierarzt. 

-  Paepke,  desgl, 

-  Prinz,  desgl. 

-  Rauch,  Kreis -Thierarzt. 

-  Rathke,  desgl. 

-  Reinhardt,  desgU 

-  Rem  er,  desgl. 

-  Dr.  Richter,     Depart.- 
Thierarzt. 

-  Rick  er  t,  Thierarzt. 
Rompier,   Kreis -Thier- 
arzt. 

-  Roesslar,  desgl. 

-  Rogge,  Thierarst. 

-  Roh  de,,  desgl. 

-  Ruthe,  desgl. 

-  Schenk,  desgl. 

*  Schmidt,  desgl. 

-  Scholz,     Kreis  •  Thier- 
arzt« 

*  Seh  rader,   Stadt«Tbier- 
arzt. 


312 


Merteiiy 


Herr  Schwalenberg,    Kreis* 
Thierarit. 
Sohwars,  Thierarct. 

-  Seel,  Betriebs -Director. 

-  Siebert,  Tbierarst. 

-  Graf  YOii  Solms. 

•     Dr.  Spinola,  Prof. 

-  S tapp  OD,  Tbierarst. 

-  Steinlein,  Amtmann. 

-  Stelkens,  Tbierarst. 

-  Stobr,  Kreis -Tbierarst. 

-  Streratb,  desgl. 


Herr  Ulm,  Tbierarst. 

Dr.  Ulricb,  Departem.- 

Tbierarat» 
Voss,  Kreis-Tbierarzt. 

-  Waltber,   Gestat-Ross- 

arst. 

-  Wegen  er,  Tbierarst* 

-  Werner,  Stabs-Rossarst. 

-  Wiljte,  Tbierarst. 
Wisser,  desgl, 

-  Wollgast,  Rossarst. 

-  Walff,  Stabs-Rossarzt. 


VI. 


Nochmals  das  Incabatims- Stadium  der  Sduifpacken. 


Vom 


Tierarzt  Merten,  in  Drossen. 


In  dem  Magazin  für  die  gesammte  Tbierheilkande,  35. 
Jabrgang,  p.  228  n.  f.  babe  icb  ein  Referat  nber  einen  von 
mir  beobachteten  anomalen  Verlauf  der  Scbafpocken  geliefert 
und  dargethan,  dass  das  Reactionsfieber  viel  frnber,  als  bisher 
angenommen  wurde,  eintreten  und  dennoch  schützende  »-^  wirk- 
liche —  Pocken  vorhanden  sein  können. 

Diese  meine  Behauptung  hat  von  Seiten  des  Konigl.  De- 
partements-Thierarstes  Herrn  Erdt  zu  Coslin  in  der  Zeitschrift 
»Der  Tbierarzt'',  Heft  Nr.  11.  und  12.  pro  1869,  eine  Erwi- 
derung gefunden,  für  welche  ich  ihm  hierdurch  öffentlich  mei- 
nen Dank  abstatte.     Denn  es  dürfte  dieser  Weg  wohl  der  geeig- 


Incabations-Stadiam  der  Schafpocken.  313 

nete  sein,  BeobaohtangeD  über  AbweichnngeD  von  anerkanoteD 
Grundsätzen  als  das  hinzastdllen,  was  sie  verdienen,  oder  aber 
ihnen  eine  Beachtung  zu  Theil  werden  zu  lassen« 

Herr  Er  dt  sacht  in  dem  citirten  Aufsätze  nachzuweisen, 
dass  das  von  mir  am  2.  —  3.  Tage  nach  der  Impfung  beob- 
achtete Reactionsfieber  und  die  am  4. — 5.  Tage  eingetretene 
Eruption  weder  Reactionsfi«ber  noch  Eruption  auf  Pockencon- 
tagium  gewesen,  sondern  dass  Eiterljmphe  angewendet  ist,  und 
stützt  diese  Behauptung  darauf,  dass  die  Pocken  das  Stadium 
der  Reife  nicht  erlangt  haben.  Femer  meint  dieser  Autor  pag. 
272,  dass  die  Pocken  am  11.  Tage  nach  der  Impfung  noch 
nicht  reif  gewesen  waren.  Ich  finde  diese  Behauptung  sehr 
natürlich,  wenn  ich  bedenke,  dass  die  Schafpocken  eine  Sta- 
bilität besitzen,  wie  kaum  etwas  Anderes  im  Naturreiche.  Des- 
senungeachtet können  Naturgesetze  auch  Ausnahmen  unterliegen. 
Ob  diese  Ausnahme  nicht  schon  dagewesen,  steht  dahin;  we- 
nigstens schweigt  die  Literatur  darüber.  Dass  ich  jedoch  achte 
Pocken  vor  mir  gehabt,  darauf  will  ich  hier  naher  eingehen, 
weil  mir  früher  die  Zeit  dazu  mangelte. 

Die  am  18.  August  1868  in  Grunow  von  mir  revidirten 
Pocken  boten  zunächst  das  Bemerkenswerthe  dar,  dass  die 
Impfstellen  in.  vielen  Ohren,  mit  einer  eitrigen,  in  anderen  mit 
einer  brandigen  Kruste  bedeckt  waren,  und  dass  Impfpocken 
fehlten«  Es  konnte  jedoch  auch  die  Bemerkung  gemacht  wer* 
den,  dass  Lymphe  vorhanden  gewesen,  war;  denn  die  Ohren, 
die  SU  der  angegebenen  Zeit  einen  purulenten  Prozess  zeigten, 
der  ungefähr  die  Grosse  eines  pren ssisehen  Groschens  einnahm, 
liessen  an  dieser  Umflache  in  den  feinen  Haaren  bernstein- 
farbige Krusten  erkennen,  die  eine 9  auch  wohl  zwei  Li- 
nien dick  waren,  wie  wir  solche  nach  jeder  Impfung,  wenn  die 
Blasen  geplatzt  sind,  wahrnehmen. 

Bei  Rücksprache  mit  mehreren  Bauern  wurde  mir  über- 
einstimmend mitgetheilt,  dass  die  Pocken  am  5.  Tage  aufge- 
platzt waren. 


S14  Merten, 

Meine  Be«orgniss,  dass  ich  keine  wirklichen  Pocken  vor 
mir  habe,  war  natürlich  eine  grosse,  denn  die  bernsteinfarbi- 
gen Krusten  konnten  meine  Angst  nicht  heben,  and  anter  Be- 
räcksiehtigang  der  Literatur  war  mir  ein  solcher  Fall  nicht  be- 
kannt. Ich  stand  da,  ein  HeriLoles  am  Scheidewege;  ich  wasate 
nicht,  was  ich  machen  sollte. 

Die  angewandte  Lymphe  hatte  ich  1  Stande  yorher  von 
normal  verlanfenden  Pocken,  ond  «war  am  12.  Tage  nach  der 
Impfang  entnommen.  Sie  war  von  tadelloser  Beschaffenheit. 
Das  Impfgeschaft  war  lege  artis,  naeh  anerkannten  Grandsat sen 
ansgefährt,  so  dass  nach  dieser  Richtaog  kein  Fehler  stattge- 
funden hatte.     Dennoch  die  angegebene  Ueberraschung ! 

Wie  ich  bereits  froher  angegeben,  itnpfte  ich  in  den  näch- 
sten Tagen,  nachdem  die  Schafe  in  Gmnow  geimpft  waren» 
drea  6000  Schafe  and  besog  die  benothigte  Lymphe  aus  Frank- 
furt von  dem  Departements -Thierarst  Herrn  Weber.  Diese 
war  von  den  Schafen  des  Gates  Lippenae,  wo  aach  die  Lym- 
phe her  war,  die  ich  in  Grunow  anwandte,  entnommen  nnd 
verdiente  durchaus  keinen  Tadel. 

Mit  dieser  Lymphe  impfte  ich  in  Zweinert,  Gross*  und 
Klein -Rade,  Klein -Lubliehow,  Oegnits  und  am  14.  Angust 
1868  500  Schafe  bei  dem  Herrn  Rittmeister  Krickau  auf  Li- 
naberg, dicht  bei  Dressen.     Nachdem   ich   das  Resultat  meiner 

« 

Impfung  in  Grunow  wahrgenommen,  und  in  den  genannten 
Ortschaften  dasselbe  gesehen  hatte»  begab  ich  mich  am  19« 
August  nach  Linaberg.  Was  ich  im  Voraus  befürchtete,  traf 
zu,  die  Pocken  waren  reif. 

Bei  der  Durchsicht  dieser  Schafe  fiel  mir  aunichst  auf, 
dass  alle  Thiere  hoher  gerothete  und  stark  thranende  Augen 
hatten ,  bei  vielen  die  Härchen  an  den  Angen  verklebt  nnd  die 
Thiere  sehr  eingeschlagen  waren.  Ferner  sagte  mir  der  Scha- 
fer, dass  die  Schafe  am  2.  —  3.  Tage  nach  der  Impfang  sehr 
niedergeschlagen  gewesen  wären  und  kaum  etwas  gefressen  hat- 
ten.    Manche  hätten  jetzt  noch  keinen  richtigen  Appetit. 


Incabations- Stadium  der  Scfaafpocken.  3i& 

Diese  Impfang  war  eine  Nothimpfang;  es  hatten  bereits  9 
Scliafe  die  natarlichen  Poeken..  Von  diesen  hatte  ich  aneh 
eine  Anzahl  Schafe  geimpft,  die  Imp&ng  der  ganzen  Heerde 
aber  deshalb  unterlassen  müssen,  weil  die  meisten  von  diesen 
Thieren  zu  elend ,  mit  Pocken  obersäet  waren  and  die  stärkeren 
nicht  die  nothige  Menge  Lymphe  lieferten« 

Bei  der  Durchsicht  fand  ich,  wie  bereits  erwähnt,  eine 
Gleichmässigkeit.  Wir  sachten  nun  speciell  nach  den  Thieren, 
die  von  den  natürlichen  Pocken-  geimpft  waren;  es  fand  sich 
jedoch  nichts  Abweichendes  von  den  ans  Glasrohrchen  geimpf- 
ten Tor. 

Die  in  den  Ohren  vorgefundenen  Pusteln  waren  meistens 
nur  klein,  die  Epidermis  war  als  eine  faltigweisse  Blase  nur 
sehwach  von  4er  Lederhant  aafgehoben  und  beherbergte  eine 
gans  klare  Flüssigkeit.  Mehrere  Pocken,  die  noch  nicht  so 
weit  vorgeschritten,  standen  auf  einem  schwachrosa  gefärbten 
Omnde  in  einer  ziemlich  begrenzten  ümfläche  um  den  Impfstich. 

Dieses  Alles  sah  ich  an  dem  Tage,  ohne  jedoch  die  ge- 
ringste üeberzeugung  zu  erlangen,  wirkliche  Pocken  vor  mir 
zu  haben,  daher  auch  ausser  Stande,  eine  Antwort,  ob  Pocken 
oder  nicht,  ertheiien  zu  können. 

Man  konnte  mir  hier  den  Vorwurf  machen,  warum  ich  die 
Schafe  aus  den  beschriebenen  Pocken  nicht  nachimpfte.  Dieses 
hatte  darum  keinen  Zweck  gehabt,  da  ich  ja  mehrere  Schafe 
aus  natürlichen  Poeken  geimpft,  ausserdem  helle  geruchlose 
Lymphe  angewandt  hatte,  obwohl  letztere  bereits  7  Tage  alt 
gewesen,  und  ich  in  Grunow  mit  ganz  frischer  Lymphe  das- 
selbe Resultat  wie  hier  erzielt  hatte.  -— 

Ein  Umstaind  blieb  bei  diesen  Schafen  noch  zu  berock- 
aichtigen ,  es  fanden  sieh  am  2.  —  3.  Tage  nach  der  Impfung 
noch  24  Schafe  mit  naturlichen  Pocken.  Später  keins  mehr. 

Unter  Berücksichtigung,  dass  am  2.  —  3,  Tage  nach  der 
Impfung  sämmtliche  Schafe  erkrankten,  ausgesprochen  «durch 
die  Traurigkeit,  das  Nichtfressen,  durch   die   hoher   gerotheten 


316  Herten, 

und  tbräoenden  Aagen,  liets  sich  annehmen,  dast  dieses  ein 
fieberhafter  Zustand  gewesen,  der  darch  die  Impfung  her- 
beigeführt war.  Die  Impfohreu  bekundeten  femer  eine  Gleich- 
massigkeit,  die  Reaction  nach  dem  Impfstich  war  bei  allen 
Sehafen  gleich,  die  vorhandenen  Blasen  enthielten  eine  klare 
Lymphe,  sollte  man  da  nicht  an  Pocken  denken,  an  eine  ver- 
frühte Eruption? 

Am  20.  August  and  ferner  impfte  ich  Schafe  in  Klein- 
Kirschbaum«  Trebow,  einen  Theil  in  Oegnits  u,  s.  w.  und  in 
Drossen.  Zunächst  beschrankte  ich  mich  darauf,  ans  natur- 
lichen Pocken  zu  impfen. 

Die  auswärts  geimpften  Schafe  entsogen  sich  mehr  meiner 
Aufmerksamkeit,  wahrend  ich  den  am  Orte  eine  bessere  Beob- 
achtung schenken  konnte  und  nun  meine  besnglicheu  Wahr- 
nehmungen mittheile. 

Die  bis  dahin  munteren  Schafe  verfielen  am  2.  —  3.  Tage 
nach  der  Impfung  in  eine  Traurigkeit,  sie  standen  theilnahmlos, 
beachteten  das  Futter  wenig  oder  gar  nicht.  Wurden  diese 
Thiere  ausgetrieben,  so  lagen  sie  meistens.  Der  Temperatur- 
wechsel an  diesen  Thieren  wnrde  vorzugsweise  an  der  Nase 
wahrgenommen.  Die  Augen  rotheten  sich  mehr  und  mehr  und 
secernirten  eine  helle  Flüssigkeit,  die  die  Augenlider  verklebte, 
wodurch  die  Augen  meist  geschlossen  gehalten  wurden.  Das 
Impfohr  wurde  im  Ganzen  warmer,  empfindlicher,  der  Impf- 
stich rothete  sich  hoher  und  gewann  an  Ausbreitung,  Diese 
gewann  ^ie  Grosse  ungefähr  eines  Silbergroschens  und  war  von 
Farbe  ziemlich  hochroth. 

Am  4.  und  5.  Tage  nach  der  Impfang.  sah  man  suocessive 
die  gerothete  Stelle  bleicher  werden  und  die  Epidermis  sich 
abheben.  Vorzugsweise  war  am  5.  Tage  dann  eine  weisse, 
faltige  Blase  an  der  Stelle  entstanden,  die  eine  wasserhelle 
Lymphe  beherrbergte.  Um  diese  Zeit  Hess  die  Anschwellung 
der  Qhren,  die  Empfindlichkeit  und  Warme  nach,  and  damit 
hatte  die  Sache  ein  Ende   bis  auf  die  Prozesse,   die   noch   in 


lucubatious- Stadium  der  Scbafpocken.  317 

den  Ohren  fbrtbestandeo.  Diese  fanden  ihren  4^asdrack  su- 
nächst  darin ,  dass  die  Pocke  welk  warde,  das  Tollsaftige  Aas- 
sehen verlor,  sich  eindickte,  eitrig  wurde,  einschrumpfte,  ab- 
starb und  in  einen  Schorf  verwandelt  wnrde.  Unter  diesem 
fand  sich  schliesslich  eine  schwache  Granulation  ein,  der  Schorf 
fiel  ab,  das  Stadium  subsidentiae  hatte  daher  sein  Ende  er- 
reicht und  dem  Stadio  reproductionis  Platz  gemacht« 

Die  vollständige  Abheilung  der  Ohren  konnte  ich  natürlich 
zuerst  in  den  Ortschaften  beobachten,  wo  ich  am  ersten  geimpft. 
Ich  habe  sie  nur  deshalb  hier  angefahrt,  um  nicht  wieder  dar- 
auf zurückkommen  zu  müssen. 

Alle  abgeheilten  Ohren  zeigen  einen  Knick«  Manche  zei- 
gen sich  so  umgebogen,  als  ob  man  mit  einer  Kneifzange  die 
Ohren  kurz  geknickt  hätte.  Alle  Ohren  weisen  an  ihrer  Spitze 
eine  Narbe  nach ,  die  bei  manchen  Schafen  starker  als  bei  an- 
deren ausgeprägt  ist,  da  durch  die  seiner  Zeit  bestehende 
grosse  Hitze  das  Stadium  reproductionis  nicht  so  bald  sein 
Ende  exreichte.  Von  den  im  Jahre  1868  geimpften  Schafen 
leben  noch  sehr  viele. 

Als  ich  sah,  dass  die  Pocken,  die  ich  aus  natürlichen 
impfte,  ebenso  verliefen,  wie  diejenigen,  die  ich  aus  Glasrohr- 
chen  geimpft  hatte,  so  entnahm  ich  Lymphe  in  Gläschen  und 
impfte  tapfer  drauf  los.  Ich  nahm  auch  Schafe  mit,  wenn  es 
anging. 

Allerdings  war  ich  noch  nicht  recht  sicher,  ob  die  Pocken 
schützen  würden.  Diese  Besorgniss  wurde  noch  erhöht,  als 
Antwort  auf  die  an  Autoritäten  abgesandten  Briefe  eintraf,  die 
mir  den  guten  Rath  gaben,  anyorzügllch  mit  frischer  Lymphe 
aus  normal  verlaufenden  Pocken  nachzuimpfen,  da  ich  Pocken 
nicht  vor  mir  hätte,  wohl  aber  ein  natürlicher  Ausbruch  der 
Pocken  binnen  3  Wochen  zu  gewärtigen  stände. 

Dieses  ereignete  sich  Ausgangs  des  Monats  August.  Es 
waren  mithin  bereits  3  Wochen  nach  der  ersten  Impfung  ver- 
Bossen ,  ohne  dass  die  geringste  Ansteckung  stattgefunden,  viel- 


31S  Herten, 

mehr  waren   Sebefe,   die   mit  natfirliohen   Pocken   behaftet,  in. 
den  Heerden  geblieben;  sie  waren  abgeheilt  and  hatten  keine 
weitere   Anetecknng    ersengt«      Confer.    hierüber   den    vorigen 
Anisats. 

Ich  mnss  daher  alle  Zweifler,  keine  wirklichen  Pocken  vor 
mir  gehabt  sn  haben,  anf  die  Sachlage  verweisen  ond  ihnen 
SU  bedenken  geben,  dass  Schafpocken  bei  der  grossen  Flüch- 
tigkeit ihres  Contaginms,  for  welches  die  Schafe  angemein  in- 
cliniren,  nar  an  sehr  geeignet  sind ,  eine  natnrliche  Ansteckung 
sa  erzeogen.  Impft  man  mit  Lymphe,  die  schlecht  ist,  so  wird 
man  in  jeder  Schafheerde  eine  natürliche  Ansteckong  hervor- 
rofen,  weil  sie  dennoch  so  viel  Ansteckungsstoflf  in  sich  birgt, 
die  Schafe  ron  der  Langenseite  ans  an  inficiren. 

Ferner  gebe  ich  sn  bedenken,  dass  ich  Schafe  mit  natür- 
lichen Pocken,  sobald  die  Eruption  eintrat,  in  den  Heerden 
iiess«  Ich  hatte  dieses  lassen  müssen ,  hätte  ich  mich  nicht  verge- 
wissert, kein  Unheil  ansastiften,  an  einem  Uebel  noch  ein  awei- 
tes an  schaffen.  Ferner  mochte  ich  gern  wissen,  wie  das  an- 
ging, dass  in  einer  Schafheerde  von  1100  Köpfen,  wie  ich  sab 
5.  erwähnt  habe,  80  Schafe  swischen  dem  10. —  12.  Tage  er- 
krankten (mehrere  sind  wohl  schon  früher  erkrankt);  and  spä- 
ter nicht  eins  mehr.  Um  diese  Zeit  sind  aber  die  Pocken  mit 
normalem  Verlauf  erst  reif,  Erkrankungen  können  also  erst 
später  eintreten. 

Berücksichtigt  man  ferner  die  Reaction  auf  die  Impfung, 
die  Gleichmässigkeit  im  ganzen  Verlauf  und  Ausgang,  so  wird 
man  nicht  umhin  können,  den  erwähnten  Pocken  ein  Reactions- 
£eber  und  eine  Eruption  au  vindiciren,  wie  wir  solches  beim 
normalen  Verlauf  sehen.  Das  im  October  eingetretene  kohle 
Wetter  änderte  erst  die  Sachlage. 

Wie  8ub  6.  erwähnt,  impfte  ich  am  18.  October  2500 
Schafe  und  zwar  auf  dem  Rittergute  Lieben,  dem  Herrn  Gra- 
fen von  Franken-Sierstorpff  gehörig.  Hierbei  benutate 
ich  Lymphe    von    den   erwähnten    frühen  Pocken,    die   Schafe 


Incubations- Stadium  der  Schafpocken.  319 

warden    gezeiohoet,    aber    die  kahle  Temperatur  brachte  ihre 
Wirkung  und  somit  den  normalen  Verlauf  £ur  Geltung. 

Ich  suche  daher  die  verfrühte  Eruption  lediglich  in  der 
grossen  Hitse,  weil  hierdurch  das  Pocken contagium  schneller 
'yerflnchtigt,  die  Thiere  au  der  Aufnahme  desselben  mehr  dis- 
ponirt  werden,  mithin  eine  schnellere  Ansteckung  yerursacht 
wird»  Möglich  ist,  dass  die  betreffende  Lymphe  eine  andere 
ZusammensetKung  angenommen,  dass  die  Ansahl  der  Zellen 
und  Kerne  in  derselben  grosser  gewesen  ist,  als  unter  anderen 
Verhaltnissen,  Ich  habe  verabsäumt,  diese  Lymphe  geeigneten 
Personen  zur  näheren  Untersuchung  zu  übersenden. 

Das  früh  eingetretene  Reaetionsfieber  ist  auch  jedenfalls 
die  Ursache,  dass  ich  so  wenig,  fast  gar  keine  Verluste  hatte, 
und  dass  nur  besondere  Umstände,  wie  ich  früher  angegeben, 
in  einer  Heerde  Verluste  herbeiführten.  Denn  es  durfte  keine 
Impfzeit  sein,  bei  +  26  Gr.  R.  und  mehr,  Schafe  zu  impfen. 

Ferner  sei  noch  erwähnt,  dass  ich  mit  meiner  Beobachtung 
nicht  allein  stehe,  sondern  mir  benachbarte  CoUegen  dasselbe 
wahrnahmen.  So  schrieb  z.  B.  unterm  11.  September  1868 
der  Departemert0*Thierarzt  W*  zu  F.  an  mich: 

»Bei  zwei  Lammerheerden ,  wie  auch  bei  älteren  Scha- 
fen, habe  ich  kürzlich  dieselbe  Beobachtung  gemacht,  wie 
Sie  beschrieben«  Schon  28  Stunden  nach  der  Impfung  war  bei 
zarten  Sommerlammern  Entzündung  der  Ohren  eingetreten,  und 
mit  dem  5.  Tage  wurden  aufgeplatzte  Wasserblasen 
wahrgenommen  unrd  bald  darauf  das  Abtro  cknen  der 
Schorfe.« 

Es  lag  mithin  hier  dasselbe  vor,  was  ich  beobachtet  und 
im  Vorstehenden  näher  erörtert  habe,  und  glaube  ich,  dass  die 
Widerlegung  des  CoUegen  Erdt,  conf.  den  oitirten  Aufsatz> 
im  Wesentlichen  ihre  Berichtigung  wird  gefunden  haben.  Möch- 
ten nur  alle  CoUegen,  die  oben  erwähnten  Verlauf  der  Pocken 
gesehen  haben,  solches  der  Redaction  dieser  Zeitschrift  mit- 
theilen.     Denn  was  der  Einzelne  sagt,  wird  immer  mehr  oder 


390  Herten, 

minder  mit  Misstranen  aufgenommen,  Torzngsweise  wenn  man 
wider  anerkannte  Grandsätze,  mitbin  gegen  Aatorit&ten  an> 
kampjft. 

Noc  gegen  eine  Auslassong  des  CoUegen  Er  dt  mochte 
ich  mich  wenden.  Herr  Rrdt  meint  pag,  270:  «Wenn  wir  die 
Pookenimpfaog  ganier  Heerden  ans  Glasröhrehen,  resp.  Flasch- 
chen, namentlich  aber  dann,  wenn  wir  selbst  die  Pocken  nicht 
kennen,  von  denen  die  Lymphe  entnommen  ist,  wie  es  hier 
bei  der  ans  Frankfurt  belogenen  Lymphe  der  Fall  war,  schon 
für  sich  als  einen  fahrlässigen  Fehler  erkennen  mnssen,  da  wir 
es  fSr  darohaas  angemessen  erachten  müssen,  dass  wir  ganse 
Heerden  nur  von  Schaf  anf  Schaf  impfen,  so  ist  die  Lymphe 
welche  Merten  in  vorliegenden  Fillen  angewendet  hat,  eben- 
sowohl Ton  Eiterpocken,  wie  von  Brandpocken  entnommen 
worden,  und  sie  hat,  wenn  aneh  noch  so  geringe  Sparen,  Bei- 
misehangen  von  Eiter  resp«  Brandjauche  gehabt 

Die  erste  Hälfte  dieses  Sataes  billige  ich  insoweit,  als  es 
besser  ist,  von  Schaf  auf  Schaf  au  impfen,  indem  in  diesem 
Falle  die  Lymphe  immer  frisch  ist.  Es  geht  nur  sehr  oft  nicht 
auj  Schafe  mitzunehmen.  Aber  es  ist  keineswegs  verwerf- 
lich, auch  ans  Glasrohfchen  zn  impfen,  sobald  die  Lymphe 
nur  gat  ist.  Hat  man  z.  B.  heut  Lymphe  abgenommen,  sie 
kühl  aufbewahrt,  und  verwendet  diese  in  den  nächsten  Tagen, 
so  ist  dieses  kein  Fehler,  die  Impfung  bringt  keinen 
Nachtheil. 

Die  andere  Hälfte  dieses  Satzes,  worin  College  Brdt 
meint,  ich  hätte  Lymphe  angewandt,  die  von  Eiter-  oder  Brand- 
pocken herrührte,  diese  Worte  haben  zum  Tbeil  schon  oben 
ihre  Berichtigung  gefunden.  Hinzufügen  will  ich  noch,  dass  es 
keinem  mit  den  Imp^ocken  vertrauten  Impfer  einfallen  wird, 
Lymphe  anzuwenden,  die  bräunlich  gefärbt,  resp,  fleckig  ge- 
trübt ist.  Das  Schafpockimpfen  ist  einmal  eine  eigene  Sache! 
man  muss  mit  der  ganzen  Sachlage  vertraut  sein,  wenn  man 
üeberraschungen  begegnen  und  Unheil  verhüten  will ,  wodurch 


Inenbfttions-Stadiiiiii  der  SchafpockMi.  331 

die  Landwirihfichaft  geschadigt  and  die  Impfong  in  Missoredit 
gebracht  wird. 

Sollte  Jemand  Bedenken  tragen,  ob  die  erwähnten  frühen 
Pocken  anf  die  Daner  sohntaen,  so  sei  erwihnt,  dasa  ich  im 
Frnhjahr  1869  in  mehreren  solchen  Heerden  die  Lammer  ge- 
impft habe.  Diese  standen  mit  den  alteren  Schafen  in  einem 
Stalle  sie  waren  nnr  durch  Hnrden  getrennt.  Eine  Ansteckung 
ist  nicht  erfolgt. 


Auf  dem  ersten  thierSntUehen  Congress  in  Hamburg,  cfr« 
den  hieraber  erschienenen  amtlichen  Bericht,  Beilage  IIL,  gab  der 
Thierarst  Schutt  in  Wismar  au  Protokoll,  dass,  obwohl  er 
mit  guter,  klarer  Ljmphe  Schafe  Torgeimpft  und  spSter  mit 
solcher  Lymphe  3  Heerden  geimpft,  wovon  der  grossere  Theil 
Pocken  am  linken  Ohr  bekommen  hatte,  dennoch  in  der  drit- 
ten, fünften  nnd  sechsten  Woche  nacfa^  der  Impfung  sich  die 
natürlichen  Pocken  eingestellt  nnd  den  grosseren  Theil  der 
Heerden  fortgerafft  hatten. 

Auch  Herr  Professor  Roll  meint  1.  c.  pag,  83:  ^ Wahrend 
nämlich  in  der  R^gel  die  Impfung  nur  ortliche  und  schntsende 
Wirkung  zur  Folge  hatte,  so  sind  doch,  obwohl  mit  ein  und 
derselben  L]rmphe  geimpft  wurde,  in  neuerer  Zeit  Jahrgange 
vorgekommen,  in  welchen  in  einer  nicht  unbedeutenden 
Anzahl  von  Fallen  die  Impfpocken  regelmassig  sich 
entwickelt  hatten,  nachher  aber  eine  allgemeine 
Eruption  hervortrat,  so  dass  man  daran  denken 
mnsste,  die  Impfung  habe  die  Thiere  gar  nicht  ge- 
schutat  nnd  es  wäre  durch  die  Impfung  vielleicht 
«in  allgemeiner  Pockenausbrneh  erst  recht  cum 
Vorschein  gekommen.* 

Mag.  £  TbiwrlieUk.   XXXVL    3.  21 


323  MerUn, 

Aaeh  Herr  Professor  Forstenberg  meint,  1.  c.  pag.  35.-. 
dass  in  Jahren,  in  tirelchen  die  wirkliche  Pocken  •'Epidemie 
herrscht,  die  Impfung  nieht  vor  dem  Aasbrache  der 
Pocken  schatse,  im  Gegentheil  hierdurch  das  Con- 
tagiam  nooh  Terbreitet,  und  so  die  Krankheit  fro- 
her.inm  Aosbraehe  gebracht  werde,  als  dies  sonst 
beim  gewohnlichen  Gange  der  Bpidemie  gesche- 
hen wäre« 

Ehe  ich  anf  obige  Worte  eingehe,  will  ich  snvorderst 
einen  behaglichen  Fall  anfahren,  der  sich  in  meiner  anmittel- 
baren Nahe  sagetragen  hat. 

Im  Monat  Angast  1868  liess  ein  hiesiger  Gatsbesitcer» 
Herr  ▼,  d«  H. ,  seine  Schafheerde,  bestehend  ans  ongelahr  1000 
Stack,  darch  seinen  Inspeetor  and  Schafer  impfen  und  hieran 
Lymphe  anwenden  aas  einer  Heerde,  wo  ich  geimpft  hatte. 
Es  warde  aaeh  die  Vorsieht  beobachtet,  erst  eine  Aniahl  von 
Sohafan  yonoirapfen.  Die  Heerde  worde  seiner  Zeit  geimpft, 
die  Impfang  verlief  voraüglich«     Bs  starb  nroht  ein  Stock« 

Im  Jahre  1869  worden  auf  demaelben  Gute  die  Lämmer 
geimpft  von  denselben  Personen,  Die  beaa glichen  Schafe  war> 
den  ans  dem  Dorfe  Polensig  entnommen,  wo  i<^  geimpft  hatte. 
Was  geschah?  Es  brachen  in  der  3,  und  4.  Woche 
nach  der  Impfang  die  natürlichen  Pocken  in  der 
alten  Heerde,  d.  h,  in  der  vorjährig  geimpften  ans. 

Hieraof  habe  ich  im  Monat  September  a.  pr.  die  Schafe 
geimpft.  Wenigstens  250  Schafe  waren  mit  den  natürlichen 
Pocken  hefallen,  die  alle  gestorben  sind.  Erst  nach  dieser 
Impfang  worde  der  Krankheit  Einhidt  geboten. 

Dieser  Fall  giebt  sa  folgenden  Betrachtongen  Veranlaseong. 
Wir  haben  seit  dem  Jahre  1866  in  hiesiger  Gegeml  eine 
Pockenepidemie«  Unter  Berücksicbtigong  der  Worte  oben  ge- 
nannter Aotoritaten,  ond  dass  die  besagliche  Discassion  aof 
einem  Congress  in  Gegenwart  vieler  Professoren  und  gediege- 
ner Fachmanner  gepflogen  warde,    muss   man    annehmen,    da 


Incabations- Stadium  der  Schafpocken.  323 

obige  AeasseruDgen  stillschweigend  gut  geheissen  worden,' die 
Sache  liegt  so,  und  begegnet  einem  ein  natarlicher  Ausbrach 
der  Pocken  in  Jahren,  wo  eine  Epidemie  herrscht,  man  solchen 
nicht  verschuldet. 

Betrachten  wir  diese  Sachlage  etwas  naher,  so  werden 
uns  Umstände  auftauchen,  die  vor  Trugschlüssen  schützen. 

Das  Incubations- Stadium  bei  den  Pocken  war  im  Jahre 
ld6S  ein  sehr  kurees,  die  Reaction  auf  das  Pockencontaginm 
erfolgte  sehr  rasch,  und  dem  entsprechend  auch  die  Eruption. 
Die  Lymphe  in  diesen  frühen  Pocken  trübte  sich  sehr  schnell, 
weshalb  Lymphe  sum  Abimpffin  sehr  vorsichtig  ausgewählt 
werden  musste. 

Wie  ich  mich  noch  genau  entsinne,  war  die  Lymphe  nicht 
am  4.  resp«  5»  Tage  nach  der  Impfung  abgenommen,  sondern 
spater«  Es  wurde  mitbin  aus  Eiterpocken  vorgeimpft,  die  wie- 
derum solche  hervorriefen,  womit  die  fieerde  einocnlirt  wurde. 
Die  natürliche  Fqlge  davon  war,  dass  von  einer  Schutapoeken- 
impfong  nicht  die  Rede  sein  konnte« 

Verhalten  wir  uns  in  dieser  Sache  auch  objectiv.  Im 
Jahre  1868  hatten  wir  eine  Pockenepidemie«  Nach  Erfahrüngs^ 
grundsätzen  verfallen  nicht  geimpfte  Schafe  in  solchen  Jahr- 
gängen leicht  in  die  natürlichen  Pocken.  In  der  nächsten  Nach- 
barschaft des  genannten  Gutes  war  jedoch  bereits  geimpft,  wie 
auch  die  Schafe  anf  dem  genannten  Gute  selber. 

Wire  demnach  die  angewandte  Lymphe  einigermaassen 
wirksam  gewesen,  so  konnte  ein  natürlicher  Ausbruch  der  Poeken 
in  demselben  Jahre  nicht  ausbleiben,  wenn  man  berücksichtigt, 
wie  ung^ibein  wirksam  das  Pockencontaginm  ist;  dass  dieses 
nicht  eintrat,  ist,  wie  ich  glaube,  ein  fast  mathematischer  Be« 
weis  %n  nennen,  dass  keine  Pockenlymphe  angewandt  ist^ 

Nachdem  ich  die  Heerde  im  Jahre  1869  nachimpfte,  wurde 
die  Krankheit  coupirt«  Ich  habe  bei  dem  Nachsehen  der  Schafe 
am  11.  Tage  eine  grosse  Menge  reife  Pocken  im  Ohr  gefiin* 
den   und  Lymphe  abgenommen.     Bei  mehreren  Soiiafen  waren 

21* 


324  Herten, 

jedoch  keine  Pocken  vorbanden;  dennoch  konnte  man  durch 
das  Aassehen  der  Schafe,  durch  die  h5her  gerotheten  und  thra* 
nenden  Angen  n.  s.  w.  die  Ueberseugung  erlangen,  dass 
eine  Reaction  auf  Pockencontagium  stattgefunden  hatte.  Fer- 
ner blieb  SU  berücksichtigen,  dass  die  Schafe  snr  Zeit  des 
Reactionsfiebers  nass  geworden,  weil  das  Wetter  sehr  unbe- 
ständig war.  Wir  sehen  in  solchen  Fallen  sich  die  Pocken  als- 
dann an  wärmeren  Stellen  dw  Körpers  entwickeln,  wo  sie  sich 
unserer  Beobachtung  entsiehen. 

Es  ist  daher  im  vorliegenden  Falle  Terdorbene  Lymphe 
angewandt  und  der  Ausbruch  der  natürlichen  Pocken  keines- 
weges  der  Eigenthnmliohkeit  einer  Pockenepidemie 
zususehreiben. 

Etwas  Aehnliches  durfte  in  anderen  Fallen  obwalten.  Ist 
X.  B,  eine  Heerde  heute  mit  guter  Ljmphe  geimpft,  und  sur 
Zeit  des  Reactionsfiebers  werden  die  Schafe  nass,  so  werden 
wir  einen  nnregelmassigen  und  versogerten  Ausbruch  der  Pocken 
wahrnehmen.  Bei  einigen  Thieren  werden  sich  Impfpocken 
entwickeln,  bei  vielen  neben  den  Impfpocken  naturliehe  Pocken, 
und  je  nach  der.  Widerstandsfähigkeit  der  Thiere  früher  oder 
spater. 

Ein  fernerer  and  wichtiger  Fall  ist  der,  wenn  die  Schafe 
aar  Zeit  des  Reactionsfiebers  sehr  warm  stehen  und  bald  dar- 
auf einer  Erkaltung  ausgesetxt  werden.  In  diesem  Falle  wird 
der  Pockenprosess  mehr  nach  dem  Centrum  auf  die  Schleim- 
haute geleitet,  und  ein  sehr  yerxogerter  Verlauf,  verbunden  mit 
üblen  Folgen,  ist  das  weitere  Ergebniss.  Dennoch  treten  in 
den  Ohren  Impfpocken  auf,  diese  sind  jedoch  nur  klein,  sie 
stehen  auf  einem  bleichen  oder  nur  schwach  roth  gefärbten 
Grunde,  haben  wenig  Lymphe  und  yerschwinden  gewöhnlich 
schnell.  Spater  jedoch,  und  vorsugsweise,  wenn  eine  erhöhte 
und  gleichmassige  Temperatur  eintritt,  erfolgt,  fast  wie  mit 
einem  Blitzschlage,  der  Ausbruch  der  natürlichen  Pocken. 

Man   blättere    daher  nur  im   Buche  der  Natur,  man  be* 


Ineiibfttioiifl-Stadiam  der  Schafpocken.  325l 

achte  die  einwirkeDden  Umstände,  and  wir  werden  nns  bei 
soleben  Ueberrascbnngen  in  die  Lage  versetst  sehen,  die  Ur- 
sachen des  Uebels  an  entdecken,  aber  auch  die  Lehre  empfan- 
gen» ior  das  Fernere  vorsichtiger  zu  sein. 


VII. 

Zw  Diapi^se  der  DarmnYagiiiatioi. 

Von  Demselben. 


Bei  drei  Thieren,  von  welchen  zwei  mit  einer  latossna- 
ception,  und  das  dritte  mit  einer  Inversio  bei  der  Section  be- 
haftet gefunden  wurden,  ist  mir  bei  Lebzeiten  dieser  Thiere 
ein  Sjmptom  aufgefallen,  das  bei  allen  constant  war,  und  wel- 
ches mich  geneigt  macht,  es  als  oharaoteristisch  bei  Darmein- 
schiebungen  anzusehen. 

Der  1«  Fall  ereignete  sich  im  Jahre  1864  bei  einer  Kuh» 
Diese  zeigte  im  Anfange  des  Krankseins  die  Erscheinungen 
eiper  heftigen  Kolik,  welche  jedoch  bald  verschwanden  und  der 
Hoffnung  Raum  gaben,  dass  die  Krankheit  im  Wesentlichen 
vorüber  sei.  Dieses  war  jedoch  nur  scheinbar.  Die  Kuh  wurde 
zwar  ruhiger,  doch  sagte  ihr  ängstlicher  Blick,  den  sie  unaus- 
gesetzt nach  der  Hinterleibsh5hle ,  und  zwar  immer  auf  einen 
Punkt  richtete,  dass  die  Krankheit  noch  nicht  gehoben  sei. 

Da  die  Mistexcretion  aufgehoben  war,  so  Hess  sich  an- 
nehmen, dass  der  Sitz  des  Leidens  in  der  Hinterleibshohle  zu 
Sachen  »ei.  Ich  untersuchte  die  Kuh  noch  per  anum,  gewann 
aber  auch  hierdurch  keinen  Aufschluss  über  das  bestehende 
Leiden,  so  dass  ich  eine  Behandlung  wegen  Verstopfung  ein- 
leitete. Am  anderen  Tage  sähe  ich  die  Kuh  wieder;  sie  legte 
sich  öfters  und  zwar  jedes  Mal  sehr  vorsiehtig  nieder,   hierbei 


326  Merten, 

fiel  mir  aof,  dass  sich  die  K«h  bestrebte  die  Rückenlage  sa 
gewinneo,  was  im  Anfange,  wegen  der  Homer,  nicht  recht  ge- 
lingen wollte,  nach  einiger  üebang  aber  leicht  bewerkstelligt 
wnrde.  Ans  dieser  Lage  konnte  die  Knb,  im  spateren  Verlanf 
des  Leidens,  nämlich  znm  Aufstehen,  nnr  sehr  schwer  gebracht 
werden. 

Eine  Untersnchung  per  annm  ergab  auch  jetzt  nichts  Po- 
sitires.  Zam  Schlachten  war  die  Knh  nicht  geeignet,  da  sie 
sehr  mager  war,  mithin  wurde  die  eingeleitete  Behandlung  bei- 
behalten« Am  anderen  Tage  wnrde  sie  todt  im  Stalle  gefunden* 
und  swar  an  einer 'Wand  anf  dem  Rucken  Hegend. 

Die  Section  ergab:  hochgradige  Darm  -  Entsandnng  and 
Einsohiebung  des  Mastdarms  anf  circa  einen  Fnsa 
Lange. 

Der  2.  Fall  ereignete  sich  im  Jahre  1868  bei  einem 
Pferde,  welches  einem  BesltEor  ans  Frankfurt  a./0.  gehörte, 
ond  hier  krank  wurde.  Auch  dieses  Pferd  neigte  im  Allge- 
meinen die  Erscheinungen  wie  oben  genannte  Eoh,  nnr  dass 
bei  diesem  Patienten  schneller  eine  Darmentsundung  eonstatirt 
werden  konnte.  Dieses  Pferd  Jag  unausgesetat  anf  dem  Racken ; 
stand  es  anf,  so  geschah  dieses  sehr  Torsichtig,  und  eh&a.  so 
TOrsichtig  legte  es  sich  nieder«  Bei  der  Rückenlage  zog  es 
die  Fasse  karz  ao,  and  blickte  onaasgesetzt  mKsh  der  unteren 
Baaohwand. 

Es  »tarb  an  d^inselben  Nachmittag.  Bei  der  Section  fand 
sieh:  vollständige  Umstulpnng  des  Blinddarmes  in 
den  Grimmdarm. 

Der  3.  Fall  ereignete  sich  im  Jahre  1869  bei  einem 
Pferde.  Es  war,  als  ich  hinkam,  noch  aiemlich  manter;  es 
bückte  sich  überall  am,  trat  behend  zar  Seite,  nahm  aach 
wohl  ein  wenig  Hen,  das  es  mit  Hast  verzehrte.  Es  legte  sich 
als  ich  im  Stalle  war,  and  zwar  sofort  auf  den  Rucken.  Ich 
antersachte  in  dieser  Lage  per  anum,  und  fühlte  tot  dem 
BeckeneiDgange    anter    dem  Mastdarm   eine  feste    Partie,    die 


zur  Diagnose  der  Darmiavagmatioii.  327 

dem  Pferde   Sehmersen  yerarf achte,    denn  es  sprang,    bei  der 
Berolirasg  dieser  Stelle,  sofort  auf. 

Naeh  Ablauf  einer  Stande  'vrar  das  Pferd  bereits  ernstlich 
krank,  es  lag  ganalich  abgespiuint  anf  dem  Racken,  and  erga* 
ben  die  Erscheinungen,  Puls  a.  s.  w.,  dass  der  Tod  des  Thie- 
res  nicht  mehr  fern  war« 

Die  Diagnose:  Darmeinschi ebang  stand  fiir  mich  fest,  and 
leitete  ich  eine  Behandlnng  nicht  ein,  was  ich  beides  dem  Be- 
sitzer mit  aller  Entschiedenheit  erklarte,  nnd  ihm  anbeim  gab, 
wenn  er  Mittel  gegen  Verstopfang  des  Tbieres  anwenden  wollte, 
er  Glanbereals  geben  sollte. 

Das  Pferd  war  sehr  fett,  and  als  der  Bauer  sah,  dass  es 
mit  dem  Tbiere  sa  Ende  ging,  se  wurde  es  auf  mein  Geheiss 
geschlachtet.  Bei  der  Section  fand  sich;  Intussaaeeption 
des  Mastdarms  auf  1  Elle  Lange. 

.  Diese  3  Fälle  «eigen  mithin  ein  'übereinstimmeirdes  Sym- 
ptom: die  Rückenlage,  and  m5ohte  ich  mir  erlauben  hierauf  auf- 
merksam zu  machen.  Kann  man  eine  -  Intossuscept.  nament- 
lich bei  Rindern,  frafazeitig  constatiren,  so  Ifisst  sich  eher  Hülfe 
sehaffen,  als  wenn  bereits  hodigradige  Darmentaundong  u.  s.  w. 
euigetreten  ist.  Aber  aueii  bei  Pferden  ist  es  vortheilhaft,  wenn 
mtM  in  der  Lage  ist,  eine  Darmeinschiebung  oonstatären  su 
können,  ohne  dass  man  den  eingeschobenen  Theil  fohlt.  Es 
dürfte  auf  diese  Weise  in  manchen  Fallen  eine  Blosssteilang 
vermieden  werden. 


Anfrage  an  die  Redaction  des  Magazins  far  die  gesammte 
Thierheilkande: 

Darfte  es  sich  empfehlen,  wenn  monatlich  ein  Vacansen- 
Anzeiger  für  die  Thierarzte  herausgegeben  wurde? 

Motive:  Durch  die  Circular-Verfugang  vom  9.  Februar 
1852  sind  die  Behörden   angewiesen,   die  Bekanntmachung  um 


zu 

Besotf  ang  Ton  Kreit-Thierarstoteileo  dar  Radaction  das  StMt»- 
Ansaigers  dlr»ct  so  nbemättalD.  Nahman  andara  Zaitangen 
diata  Kotis  «nf,  so  arfShrt  man  es  natorlicli  9fli  diasa  Weise. 
Da  man  mithin  nieht  siohar  ist,  ob  die  Vaeaas  von  anderen 
Zaitnngan  aofgenomman  ist,  so  ist  man  genotlugt,  sieh  Einsicht 
in  den  Staats- Anseiger  so  yerschaffen,  oder  aber  dieses  Blatt 
sa  halten« 

Das  Magasin  lor  die  gesammte  Thierheilkande  bringt  na- 
tnrlioh  diese  Vacansen,  man  erfihrt  sie  in  den  meisten  Fallen 
irar  sa  spSt,  indem  die  Hefte  Tierteljihrlich  aasgegeben  wer* 
den,  die  erledigten  Stellen  in  den  meisten  Fallen  bereits  be- 
setst  sind« 

Die  anderen  Bekanntmaehangen ,  von  landwirthschaftliehen 
Vereinen,  Stidten  o«s«w.  die  einen  Thierarsi  anstellen  wollen, 
finden  sich  in  den  yerschiedenen  Blattern,  s«  B.  der  pbsrma- 
eeatisohen,  Vossisehen  and  Spenerschen  Zeitang  serstrent»  Es 
haben  daher  weder  die  Behörden  n.  s,  w.  noeh  die  Thierarste 
for  angesogene  Zwecke  ein  einheitliches  Organ. 

Da  die  Dmekkosten  for  solchen  Anseiger  sich  nicht  hoch 
belaufen  können,  indem  die  eingesandten  Anseigen  foesahit 
werden,  so  könnte  ja,  wie  es  froher  mit  den  «Mittheilnngen 
ans  der  thierarstlichen  Praxis«  der  Fall  war,  den  Abonnenten 
anf  das  Magasin  fnr  die  gesammte  Thierheilkande  dieser  An- 
zeiger gratis  geliefert  werden,  — 


BS* 


« 

¥. 


329 
VIII. 


VcAmaär-forcuiscke  PdBdenbiiicii  II« 

Vom 
Kreis -Thierarzt  Maller,  in  Stolp. 


Dm  Im  Mftgasin  f.  Thierheükonde  1869  Pag.  479 --483 
pnblidrte  Saperarbitriam  I.  hält  Referent  far  yolUtaadig  irr- 
thnmlich!  Nicht  allein,  dass  in  diesem  Schriftstficke  die  Un- 
▼olltlin^gkeit  and  Mangelhaftigkeit  der  dieser  Proaesssache 
som  Grande  liegenden  ersten  thierarstlichen  Atteste  aiid  Got- 
aohtea  annd&igerweise  and  starker  getadelt  wird»  als  dies  vom 
forensisdien  Standpunkte  noth wendig  erscheint,  sondern  aadi 
die  thierarztlichen  Prindpien^  worauf  sich  das  ObergatacJiten 
statat,  stehen  nicht  in  Uebereinstimmang  mit  den  aligemeinen 
thierarstlichen  Br&hFongen!  Es  ist  daher  im  Interesse  der 
allgemeinen  Jastispflege  die  Abgabe  eines  solchen  irrthnmlichen 
Obergntachteas  nm  so  mehr  tief  sa  bedauern,  als  das  bessere 
riehtige  Saperarbitriam  IL,  Pag,  483 — 187  des  Magaains,  be- 
reits aar  Zeit  vorlag«  — 

Amtliche  Schriftstacke,  voraugsweise  Snperarbitrien ,  müs- 
sen jeder  Zeit  eine  scharfe  Kritik  vertragen  können,  doch  steht 
leider  das  pnblicirte  Superarbitrium  L  anter  jeder  Kritik. 
Forscht  man  nach  den  Ursachen  der  Mangelhaftigkeit  dessel- 
ben, so  kann  man  aor  za  der  Annahme  gelangen,  dass  dies 
Saperarbitriam  von  einem  Arbiter  entworfen,  und  von  anderen 
Arbitern  bedauerlicherweise  bona  fide  als  richtig  anerkannt 
worden  sein  muss!  — 

Beortheilen  wir  ein  Mal  vor  dem  Forum  der  wissenschaft- 
lichen Kritik  die  Rechtlichkeit  und  Angemessenheit  der  Pag« 
481  und  482  des  Magazins  für  Thierheilkunde  mit  1-6  chif- 
frirten  Gründe  dieses  forensischen  Schriftstücks. 

Der  Passus    1,   behandelt  hauptsachlich   die  verschiedenen 


330  Maller, 

ÜDTolIkommeDheiieii  und  Maogel  der  beiden  vorliegendeD  Ob- 
duetioDsberichte  der  Laogen  des  bestrittenen  Pferdea  qn.  Der 
Oberarbiter  yermint  darin  den  genauen  Beweis  iber  die  Ge- 
nesis der  vorhandenen  Lnngenkooten ,  woranf  hierbei  nament- 
lich bedeutendes  Gewicht  gelegt  wird,  sowie  den  forensischen 
Beweis,  dass  die  Blatong  wirklich  in  einem  dieser  Knoten  die 
mittelbare  Ursache  des  Todes  des  Thieres  gefanden  hat,  und 
behauptet,  dass  En  letsterem  Zwecke  eine  ezaote  üntersnchnng 
der  Veränderungen  des  Luogengewebes  und  Klarlegnng  des 
Ursprungs  der  Blutung  noth wendig  gewesen  wäre,  — 

Sehen  wir  uns  den  Passus  4  des  Superaiil^itrii  qu.  an, 
so  findet  man,  dass  derselbe  in  Besng  auf  die  erstere  Behaup- 
tung cum  Naohtheile  der  allgemeinen  Logik  au  dem  Passus  1, 
in  einem  gewissen  widersprechenden  VerhSltbisBe  stebt.  Der 
Absate  des  Passus  4   heisst  wörtlich: 

„Die  Zeit  von  diesem  Tage  (15.  April)  bis  amn  39^ 
Mai,  also  6  Wochen,  ist  mehr  als  ansreiehend  cur  Bil- 
dung von  Knoten  in  den  Lungen.     Ja^  u.  s.  w.  — * 

Wenn  diese  letztere  Behauptung  richtig  wire,  so  wSps  es 
doch  selbstredend  vollständig  a wecklos  gewesen,  wenn  «ich  die 
beiden  ersten  Arbiter,  R.  und  Dr.  B.,  die  Möfae  gegeben  hat- 
ten, die  Genesis  der  gefundenen  Lungenknoten  mieroscopisch 
nadiauweisen !  Warum  also  einerseits  Mangelhaftigkeit  zeihen, 
die  nach  den  Oonseqnensen  der  obigen  Worte,  factisch  nicht 
vorhanden  sein  kann,  und  andererseits  dennoch  Gewicht  auf 
den  Nachweis  der  Genesis  dieser  Lungenl^noten  legen!? 

Abgesehen  davon,  sollte  doch  der  Ob  erarbiler  wissen,  dass 
sich  im  concreten  Falle,  bei  dem  Vorhandensein  von  6 — 7  har- 
ten soliden  LnogenknoteD,  so  hoher  regressiver  Metamorphose, 
mk  steinigem  und  käsigem  Inhalte,  der  Beweis  über  die  Genesis 
derselben  garnicht  mehr  fahren  lässt.  Und  was  zur  Unmög- 
lichkeit gekört,  kann  man  doch  reobtlich  in  thierSrstliehen 
Obergutachteo  nicht  pratendiren! 

Was  nun   die   genaue  und   exaete  Untersaobong    des    mit 


Veterinär -forensische  Ponderabilien.  331 

eoagnlirtem  Blnte  darehträokten  Lungeoge^ebeB  anbelangt, 
so  halte  ich  dieselbe  sar  Anfsachnng  der  Endangen  kleiner 
Blatgefisse  für  Tollstandig  nnmoglieh  und  bei  grosseren  Blut- 
gefässen mit  sehr  grossen  Schwierigkeiten  verbanden ,  die  nar 
der  geübteste  Anatom  überwinden  durfte. 

Bekanntlich  sieben  sieh  die  Endangen  der  Blutgefässe  beim 
Durchschneiden  oder  Zerreissen  stark  snrnek,  das  Lumen  der 
Venen  fallt  ansserdem  noch  zusammen.  Wollte  man  daher 
solche  Endangen  im  Lungengewebe  aufsuchen,  so  gehorte  dazu 
vor  allen  Dingen  die  Beseitigung  der  Blutcoagula  aas  dem  Ge- 
webe, was  erfiahrangsmassig  ohne  tbeilweise  odw  ganzliehe  Zer« 
st5rang  des  Letzteren  unmöglich  ist.  Und  hierin  bevufat  die 
Unmöglichkeit  der  ganaen  Operation.  Nur  bei  Zerreissuligen 
grosser  GefKsse  wäre  et  vielleieht  nooh  möglich,  diese  Endan- 
gen dnrch  Wasserinjectionen  von  der  rechten  Vorkammer*  des 
Herzens,  oder  von  den  Lungenreaen  aus,  festzustellen,  wie  dies 
Referent ,  auch  in  seinem  Superarbitrio  IL  erwähnt  hat.  Wenn 
in  ähnlichen  Fallen  diese  G^efassendnngen  durch  das  Messer 
einmal  nachgewiesen  wurden,  so  ist  dies  mehr  dem  giueklidien 
Zufalle,  als  der  Geschieklidikeit  des  Operateurs  beizumessen,  — 

In  wie  weit  nun  die  Hervorhebung  dieser  Mängel  und  Un- 
voUkommenheiten  Seitens  des  qn.  Obergutaohtens  I.  gerecht- 
fertigt ist,  überlasse  ich  nach  dem  Vorausgesandten  dem  Ür* 
theile  meiner  geschätzten  GoUegen!  — 

Im  Uebrigen  bemerkt  Referent  zu  den  Behauptungen  des 
Passus  1.  und  4.,  in  Bezug  auf  den  Gonnex  des  Lungenkno- 
tens mit  der  Lnngenblutung,  wie  folgt: 

Die  beiden  ersten  Arbiter,  namentlich  der  Dr.  B.,  haben 
den  hämorrhagischen  Heerd  in  den  Lungen  in  der  anmittel- 
baren Umgebung  des  geplatzten  und  verkästen  L an genknotens 
constatirt,  folgerichtig  können  doch  aach  nur  die  Endungen 
dieser  BlotgeHUse  in  der  unmittelbaren  Nähe  des  geplatzten 
Knotens,  und  nicht  an  anderen  entfernter  liegenden  Orten  der 
Lungen  gesucht  werden.     Mit   Rücksicht   auf   die    allgemeinen 


m  MilUr, 


gwh»  w«rd0a.     As  aUerveugrtes  aber  bat  msb  ia  FilkB, 
«o   neb   dkr  blalifa  Haecd  ia  dar  aanttalbarea   üngabsag 


•ug  dia  liraacbaa  aolcbar  Gcligwei  laiaiangea  ia  dar  Feraa»  in 
kraakbaftaa  Zaalaadaa  daa  Harsaaa,  oder  ia  dea  Vorbaadaa- 
MB  aadarwaitigar  BikraakaBgea  des  Tbicras  s«  saebea.  — 

Daa  Weglaagaaa  daa  Laagaakaotaaa  ab  oaanttel-  oder 
flttttalbaie  Uraacba  dar  Gefibaaarraiasaag  enebeiBt  Ralareaten 
gerade  ebaaeo,  alt  weaa  mam  die  Bdieaptaag  aolradit  erbal* 
tea  woUfta,  data  daa  finscbe  Geaebwor  im  Hnfe  aiaes  Pferdea 
aiebt  aut  Sieberfaeit  ab  üraaebe  der  Lababetl  dessalbeB  aage- 
•ebea  werden  koane»  weil  die  Beaebaffeabeit  der  Sebalter  nad 
der  Geleake  der  laideaden  Gliedmaasse  aiebt  natersadit  wor- 
den f«!!  — 

Za  der  Bebaaptnng  des  Passos  4,  dass  sieb  solebe  Loa- 
geobaolea  ia  viel  knrzerer  Z«t,  ab  vom  15.  April  bis  snm 
29*  Mai,  6  Wodien,  bilden  koanten»  dass  die  Bildung  tob  sol- 
eben Faserstoffknoten  sogar  bianen  weaigen  Tagen  vor  sieb 
geben  können»  wird  wie  folgt  erwidert: 

Referent  bat  es  wiederbolt  ans  Snperarbitrien  wahrgenom- 
men» dass  das  Alter  tob  Longen-  und  Faserstoff-  oder  Eiter- 
knoten  meUtentbeib  vom  Oberarbiter  oberfliehlicb  and  nnrieh- 
tig  benrtheilt  worden  ist.  Sobald  nidit  mit  Genauigkeit  die 
tabereolöse  Genesis  solcher  Knoten  festgestellt  worden,  wnrde 
das  Alter  derselben  regelmassig,  wie  im  aDgesogenen  Passus  4., 


Veterinär- forensische  Ponderabllien.  333 

nur  auf  wenige  Tage  herabgesetst.  Es  ist  wobl  richtig,  dass 
sich  Eiter  in  den  Lungen  in  Folge  von  Entzandongsprosessen 
binnen  wenigen  Tagen  bildet,  metastatisch  erseheint  derselbe 
wie  Spinola  nnd  Ganther  nachgewiesen,  noch^froher,  doch 
bei  Benrtheilang  von  Eiterknoten  in  Bezog  anf  das  Alter  and 
zeitliches  Vorhandensein  sollte  man  dem  Torgeschrittenen  Grade 
der  Metamorphose  desselben  mehr  Wichtigkeit  nnd  Bedeatong 
beilegen,  als  es  bisher  in  den  Snperarbitrien  geschehen  ist. 
Reiner  flüssiger  Eiter  bildet  sich  binnen  3 — 4  Tagen,  doch 
geht  die  Eintrocknung  und  Verwandlang  desselben  in  harte 
steinige  Massen,  in  Verkasnng  nnd  Verjanchnng  nicht  so  schnell 
vor  sich,  sondern  dazu  sind  mindestens  Wochen  erforderlich. 
Etf  ist  eine  unbezweifelte  Erfahrung,  dass  z.  B.  zur  Verkalkung 
der  Trichinenkapseln  in  der  Triehinosis  %  —  1  Jahr  erforder- 
lich ist! 

Hiemach  durften  sich  6 — 7  nnssgrosse  Faserstoffknoten,  — - 
die  im  Obductionsberichte  angegebene  Grosse  ist  allerdings 
relativ,  —  von  durchweg  solider,  harter  oder  käsiger  Beschaf- 
fenheit, wie  dies  im  concreten  Falle  angegeben  ist,  nicht  unter 
6 — 8  Wochen  bilden.  Referent  halt  sogar  diesen  Zeitraara  mit 
Rucksicht  auf  die  Zeitdauer  bei  der  Verkalkung  der  Trichinen- 
kapseln für  sehr  kurz!  Das  Bestehen  dieser  6 — 7  Lungen- 
knoten  wäre  somit  bis  vor  die  üebergabe  des  Pferdes  an  den 
Kaufmann  R..  bis  vor  den  15.  April,  mit  unbezweifelter  Sicher- 
heit zurnckzudatiren ,  abgesehen  von  der  allgemeinen  thier- 
arztlichen  Erfahrung,  dass  nach  tiefgehenden  schweren  Catarrhen, 
namentlich  nach  chronischer  Bronchitis,  woran  das  bestrittene 
Pferd  vor  der  Üebergabe  eine  ISngere  Zeit  hindurch  gelitten 
hat,  Lungenknoten  bei  Pferden  gern  zurückbleiben!  Nament- 
lich aber  ist  die  ausgesprochene  Ansicht,  dass  sich  solche  Fa- 
serstoffknoten binnen  wenigen  Tagen  bilden  konnten,  vollstän- 
dig irrthnmlich!  Nur  die  Willkuhr  kann  eine  solche  Behaup- 
tung aufrecht  erhalten! 

Für  die  Behauptung  des  Referenten,  über  die  Daner  und 


334  Malier, 

das  'Alter  dieser  Lungenknoten ,  spricht  sieh  auch  die  geriebt* 
lioha  Thierheiikaade  tod  Ger  lach  Pag.  6^9  sa  Gimsten  aas* 
was  hiermit  beiläufig  sam  Beweise  bemerkt  wird!  — 

Passas  S»  Es  moss  allerdiogs  sag^geben  werden,  dass 
LnogenblataDgeD  auch  ohne  das  VorhandenseiD  von  Lnagen- 
knoten  eiatreten  können.  Wie  aber  das  Soperarbitriam  I.  da- 
sa  kämmt,  als  Ursache  daia  hervorragend  Herskrankheiten  zu 
beaeiohnen,  und  wie  es  nnr  aas  diesem  Grnnde  aas  der  ver- 
absäumten Untersuehnng  des  Hersens  wiederam  principiell  Un- 
Vollständigkeit  des  Obdactionsberichts  herleitet,  erscheint  min- 
destens seltsam!  •— 

Die  Möglichkeit  wird  zngegeben,  dass  Herakrankheiten, 
z.  B.  solche  der  Klappen  and  der  Wände,  vonagsweise  der 
linken  Herzhälfte,  in  erster  Linie  einen  Rnckstaa  des  Blnt* 
Stroms  in  den  Langen  zar  Folge  haben  k5nnen,  woraas  sich 
sogar  in  zweiter  Linie»  namentlich  bei  dem  Vorhandensein  von 
Aneorjsmen  and  anderen  Krankheiten  in  den  Langen,  bei  dem 
Vorhandensein  von  6<>— 7  nassgrossen,  steinharten  Langenkno- 
ten»  Zerreissangen  von  Biatgefassen  and  somit  Lnngenblatan* 
gen  herleiten  lassen«  ^^  dies  lehren  ans  wenigstens  Beobaoh- 
tangen  in  der  Menschenheilkande,  —  ob  dies  jedoch  aach  bei 
Thieren  zatri£ft  ist  bis  jetzt  in  keinem  einzigea  Falle  nachge- 
wiesen worden.  Mag  man  die  thierarztliche  Literatur  nach 
allen  Riohtangen  hin  darchstreifen,  mag.  man  das  Magazin  far 
Thi0rheilkande  dnrohstichen ,  mag  man  die  jährlichen  Berichte 
des  Erankenspitals  von  Hertwig  durchlesen,  nirgends  findet 
man  für  die  obige  Ansicht  olinische  Beobachtangen  and  An* 
haltspankte.  Herzkrankheiten  geben  zwar  Ursachen  za  Herz- 
zerneissangßn  und  Herzblutangen  ab,  Fanctionsst5rangen  des 
Herzens  fahren  zu  Saffocation  ond  Apoplexie,  doch  haben  wir 
bis  jetzt  keine  Beobachtang,  dass  Herzkrankheiten  bei  Thieren 
zu  Lungenblatungen  fuhren*  Vorläufig  mcss  ;  daher  die  Be- 
hauptung, dass  Herzkrankheiten  Lungenblatungen  herbeifahren 
können,  för  die  Thierheükande  noch  als  Hypothese  angesehen 


Veterinär -forensische  Ponderabilien.  353 

werden,  die  derselben  in  oeaester  Zeit  aus  der  Meoscbenbeil- 
kunde  übertragen /worden  ist. 

Der  Yeracieb,  diese  Hypothese  sogar  in  die  gerichtliobe 
Thierbeilkande  zu  übertragen,  mass  hiermit  öffentlich  fSr  die 
Zukunft,  und  so  lange  wir  Tbierarzte  für  die  Sicherheit  dieser 
Hypothese  keinen  clinischen  Beweis  fuhren  können,  ^it  Ent- 
schiedenheit suruckge wiesen  werden!  — 

Und  wenn  man  nun  schon  jetzt  soweit  gehen  -wollte,  die- 
ser Hypothese  mehr  Bedeutang  beizulegen,  als  dies  vom  Stand- 
punkte unserer  forensischen  Erfahrungen  geschehen  kann,  wenn 
die  ObductioD  des  bestrittenen  Pferdes  wirklich  Herzkrankheit 
ten  ergeben  hatte,  welche  Sdilusse  Hessen  sich  dann  im  con- 
creten  Falle  ziehen?  Unter  Berücksichtigung,  dass  Herzkrank- 
heiten bestehen  können,  ohne  LungenbJutung  herbeizuführen,' 
konnte  man  doch  uni{i6glich  zu  der  Sehlnssfolgerung  gelangen, 
dass  diese  die  Ursache  snr  Lungenblutung  gewesen  seien! 
Man  «ahe  si<^  doeh  zur  Entscheidung  gezwungen,  die  dem 
hämorrhagischen  Heerd  am  nächsten  liegende  pathologische  Ver- 
änderung, den  verkaseten  und  geplatzten  Lungenknoten,  als 
nächste  Ursache,  mindestens  aber  als  mittelbare  Ursache  anzu<« 
erkennen) 

Mit ,  Berucksiohtigubg ,  dass  Lungenknoten  jeglieher  Art 
sehr  hanfig,  und  jedenfalls  häufiger,  GefMszerreissungen  in  den 
Lungen  bei  Thieren  herbeiführen,  als  alle  Arten  von  Herzkrank- 
heiten, handelt  man  darin  forensisch  jedenfalls  vorsichtiger 
und  richtiger!!  — - 

Mit  Berücksichtigung  dieser  Umstände  stellen  sieh  die  Be- 
hauptungen  des  Passus  2.   als   gänzlich  irrthümlich  heraus!   — 

Der  Passus  3.  des  Snperarbitrii  qu.  erscheint  seinem  In* 
halte  nach  noch  seltsamer  als  der  vorhergehende  und  ist  weiter 
nichts  als  röine  Sinnklauberei,  Hiergegen  ist  nur  zu  erwähnen, 
dass  aa^  bei  dem  Niedersturzen  von  Pferden  auf  das  Stein- 
pflaster nicht  jedesmal  Beinbrüche  verbunden  sind.  Doch 
wenn  diese  Letzteren  vorkommen,  behaupten  zu  wollen ,  dass 


336  Miller, 

diasa  BeiBbrndM  aickt  dwdi  dw  NiadentinCB,  soaden  mög- 
lidierwme  dwA  das  «sgaadiiakta  Wilsaa  odar  Attfttahan  des 
Tldaraa  hafbcigafnlnrt  wiraa,  andiaiat  liadaataaa  agaatlifim- 
lidi  mid  lalfMia.  Jadaafidla  »«ss  doch  «igegaban  vardaa, 
daas  dar  Stars  das  Ptedas  dia  adttallMra  ünadM  dasm  g^«* 
bea  hat.  Oaas  ia  dasaalbaa  Varhiltuss  stabt  dia  Bahaoptnag 
im  Passos  3«,  dass  Loagaalnotea  nicht  laaMr  so  Gefisfutr 
raissangaa  in  daa  Loagaa  fiihran.  — 

Die  AnsiehtaD,  waldia  in  Ahaalsa  5.  das  8iipararbitcii 
Tcrtratea  siad,  oiag  Refaraai  aidii  aatanchreibeB.  Der  Ober- 
arbiter bitte  dabei  bedenken  sollen,  dass  das  noChwandigsta 
Attribnt  brsochdarer  Reit-  nnd  schwerer  Zugpferde  Krifti^ät 
and  Widerstaadsfihigbeit  der  Langen  ist,  wosn  onbeliinderta 
Wegsaakeit  derselben  das  wichtigste  Brlbidemiss  ist«  da  b^ 
der  Sdinellbewegang  im  Galopp,  im  Tkybe,  in  der  Garxiere, 
beim  Springen,  nnd  Tor  dem  schweren  Lastwagen,  die  Longen- 
Ivnetionen  dnrdi  eine  sdinellere  Respiration,  and  dnr^  ttne 
damit  in  Verbindong  stehende  besddennigtere  Blotcirealation 
stirfcer  ia  Ansprach  genommen  werden,  als  bei  Thieraa  die  an 
leichten  Diensten  gebianeht  werden,  oder  bescbiftigongslos  im 
Stslle  stehen.  Die  Er&hning  lehrt  deshalb,  dass  s.  B.  Rinder 
mit  bedeatenden  Degeneimtionmi  des  Longengew^Ms,  mögen 
diese  nan  in  taberealosen  Ablagerangeo,  in  Hepatisationen,  oder 
in  eitrigen  GonaaeatiTxastanden  bestehen,  immer  noeh  einen 
hohen  Mastnng^rrad  errmehen,  sobald  sie  nnbesdiiftigt  im 
Stslle  stehen,  dass  dagegen  Reit-  nnd  Zugpferde  anter  den- 
selben Umstinden  im  Gebranche  sn  Grande  gehen.  Es  sind 
dsher  bei  solchen  Pferden  swei  Hepatisatioas  •  nnd  6 — 7  Lan- 
genknoten Ton  der  Grosse  einer  Nnss  niemals  im  Sinne  des 
Passns  4.  des  Sopwarbitrii  qa.  als  Terainselte  Knoten  ansn- 
sehen,  die  ohne  Trnbang  der  Gresondheit  bestehen  können,  dam 
stets  wird  mit  denselben  BeeinMcbtigang  der  Gresnndheit  sol- 
dier  Tbiere  mehr  oder  weniger  Terbnnden  sein  missen.  Vor 
allem  wird  sich  Athemmangel  heraasstellen,  der  allerdings  von 


_ 


Veterinär -forensische  Ponderabilien.  337 

Laien  und  Kutschern  in  der  ersten  Zeit  leicht  and  gewohnlich 
ilbersehen  wird,  welcher  sich  jedoch  einer  aufmerksamen  thier- 
arztlichen  Untersuchung  des  Thieres  nach  einer  massigen  Be- 
wegung und  Anstrengung  unter  dem  Reiter,  oder  vor  einem 
beschwerten  Lastwagen,  unmöglich  entziehen  kann.  Es  wird 
sich  dieser  Athemmangel  in  solchen  Fallen  schon  dem  aufmerk- 
samen Laien  durch  vermehrten  Husten,  wie  im  concreten  Falle, 
zu  erkennen  geben  und  andeuten. 

Solche  7  —  9  Lungenknoten  wirken  in  der  Lunge  von  Pfer- 
den, namentlich  solcher,  die  zu  Reit-  und  schweren  Zugdien- 
sten gebraucht  werden,  stets  als  iremde  Korper,  und  werden 
bei  geeigneten  Gelegenheitsursachen,  wozu  man  massige  Grade 
Ton  Erkältungen  und  Anstrengungen  vor  dem  Lastwagen  oder 
unter  dem  Reiter  zählt,  stets  über  kurz  oder  lang  zu  Störun- 
gen und  entzündlichen  Reizungen  der  Lungen  führen.  Da 
diese  letzteren  Krankheitszustände  unter  diesen  Umständen  je- 
doch in  der  Regel  den  recidiven  Gharacter  an  sich  tragen,  so 
folgern  sich  im  Wiederholungsfalle  heftigere  ortliche  oder  all- 
gemeine Entzündungen  dieses  Organs,  welche  zur  theilweisen 
oder  Tolligen  Dienstunbrauchbarkeit  durch  Siechthum  führen 
und  schliessKch  den  Tod  in  irgend  einer  Gestalt  bedingen,  wie 
dies  der  concrete  FaJl  beweist. 

Nur  in  den  allerseltensten  Fällen  werden  sich  solche  Lun- 
genknoten in  der  Art  vom  Lungengewebe  abkapseln ,  dass  sie 
nur  mit  einer- geringen  Trübung  der  Gesundheit  solcher  Thiere 
bestehen  können.  Athemmangel,  Dämpfigkeit  wird  jedoch  stets 
damit  yerbunden  sein!  — 

Zum  Schlüsse  bemerkt  Referent,  dass  er  in  der  Fortsetzung 
BU  diesen  gerichtlichen  Erwägungen  die  Principien  eines  Ober- 
gutaohtens  in  Bezug  auf  Beurtheilung  ähnlicher  Krankheitszu- 
stande beim  Rindvieh  einer  Kritik  unterziehen  wird.  — 


ICag.  f.  TMerheilk.  XXXVI.  S.  "  22 


3S8 

IX. 

§as  GmdwaaMr  mi  fo  lilskudL 

Von 
R.  Naamann,  Knia-Thltnnt  in  KoiBin. 


Seit  deo  37  JahreD,  das«  ieb  hierher  Dach  dem  Grossher- 
zogtfaam  Posen  rertdilagen  worden  bin,  ist  wohl  kaam  ein  Jahr 
Torgangen»  wo  ich  nicht  mit  dem  Milsbrand  anter  Vieh  und 
Pferden  so  kimpfen  gehabt  hatte,  nnd  es  ist  mir  dadurch  Tiel- 
fadie  Gelegenheit  geboten  worden,  aber  denselben  Brfahrangren 
so  sammeln  nnd  aof  diese  gestntst,  fernere  Beobachtangen  so 
machen,  die  ich  mich  Terpflichtet  fahle  weiter  an  Terbreiten,  da 
sie  Tielleicht  Grand  xa  Fors<&angen  geben  dorften,  deren  Re- 
soltate  aor  Begegnung  der  Verheerongen  dieser  Krankheit,  weno 
auch  nicht  so  ihrer  ToUstandigen  Beseitigang  dienen  konnten. 

Der  Milsbrand  ist  in  der  Prorios  Posen  anf  Tielen  Stei- 
len stationär,  nnd  wenn  er  dort  nicht  jahrlich  auftritt,  so  aber- 
spriogt  er  höchstens  ein,  swei  Jahre,  om  dann  am  so  rapider 
seine  Opfer  sa  fordern«  Am  meisten  sind  es  die  östlichen 
Kreise,  welche  seinen  Verheernngen  aosgesetst  sind,  and  e» 
mag  an  der  preassisch*  rassischen  Grense,  wie  aaeh  an  der 
galisischen  wohl  nicht  viel  anders  aassehen,  als  hier  an  der 
preassisch  -  polnischen. 

Wenn  einxelne  Orte  von  der  Krankheit  regelmässig  heim- 
gesucht  werden,  wahrend  die  Nachbarschaft  nicht  daruater  aa 
leiden  hat,  wenn  nicht  Ansteckung  oder  Einschleppong  statt- 
fand, so  drangt  sich  dem  Beobachter  saerst  der  Gedanke  auf, 
die  Ursachen  müssen  entweder  in  der  Lage  der  Stalle,  in  der 
Yiehrace  einerseits  —  dann  aber  in  der  Qualität  des  Futters 
und  Wassers  oder  in  der  Wartung  nnd  Pflege  des  Viehes  He- 
gen; denn  dem  Klima  kann  man  doch  in  derselben  Gegend, 
wo  die  Krankheit  hier  herrscht  und  eine  Viertelmeile  weiter 
nicht,  nicht  die  Schuld  beimessen. 


Das  Grandwa98er  and  d«*  Milzbrand.  339 

An  eine  Infeetion  des  StaUes  und  dem  darans  bedingten 
seitweisen  Wiederaaftreten  der  Senehe  ist  wohl  weniger  zn 
denken,  da  die  Perioden  des  Aoftrittes  derselben  sich  weder 
an  die  Jahreszeit  binden,  noch  aach  gerade  die  Stalle  oder 
Platze  treffen,  wo  ihre  früheren  Opfer  gefallen  sind. 

Aber  trotsdem  die  Krankheit  an  rerscbiedenen  Jahreszei- 
ten auftritt,  gleichviel  ob  strenger  Frost  oder  grosse  Hitze  herr- 
schen, müssen  wir  doch  ihrer  Bntwiekelang  ein  Medium  zuge- 
stehen, welches  also  unabhängig  von  der  Temperatur  der  Luft, 
unabhängig  von  der  Ansteckung  und  ebenso  unabhängig  von 
dem  Zustande  des  Futters  zu  sein  scheint. 

Am  häufigsten  sehen  wir  die  Seuche  in  hiesiger  Gegend 
in  den  wärmeren  Jahreszeiten  auftreten  —  im  Winter  habe  ich 
sie  nur  ein  einziges  Mal  beobachtet  —  und  namentlich  nur 
dann,  wenn  lange  Zeit  kein  Regen  gefallen  ist,  und  gerade  in 
dieser  Zeit  ist  dieselbe  von  der  grössten  Rapiditat  und  fordert 
die  meisten  Opfer.  Sie  weicht  und  wankt  nicht,  und  die  uns 
gebotenen  Mittel,  welche  sonst  in  den  meisten  Fällen  erfolg-  n 
reich  sind ,  versagen  allen  Erfolg  '  und  die  Krankheit  spottet 
aller  Bemühungen  bis  plötzlich  nach  einem  tüchtigen  Regen  die 
Krankheit  wie  durch  einen  Zauberschlag  aufhört. 

Dass  Futterung  und  Wasser  nicht  die  alleinigen  Trager  des 
Gontagiums  sein  können,  geht  schon  einfach  daraus  hervor, 
dass,  wenn  dies  schuld  wäre,  dasselbe  nie  aufhören  würde,  so 
lange  der  Fnttervorrath  dauerte,  und  mit  demselben  Wasser 
getrankt  würde,  es  aber  oft  bei  vorzüglicher  FutterquaUtat  auf- 
tritt, wahrend  es  ebenso  oft  bei  schlechtem  Futter  ausbleibt. 

Erkranken  in  einer  Heerde  und  zu  gleicher  Zeit  und  auf 
gleiche  Weise  mehrere  Stücke,  so  ist  man  gezwungen  eine  ge- 
meinschaftliche Ursache  vorauszusetzen.  Kommt  ein  zuerst  ge- 
sundes Stück  mit  einem  kranken  von  bestimmter  Art  in  irgend 
eine  Beziehung,  und  wird  es  dann  von  derselben  oder  ein'er 
ahnlichen  Krankheit  befallen,  so  ist  die  Voraussetzung  gerecht- 
fertigt, die  Erkrankung  des  Ersteren  von  jenem  Letzteren  ab* 

22* 


340  NaamanD, 

zaleiteo.  lojicireD  wir  eine  kleine  Menge  Stoffs  von  einem  er- 
krankten in  die  Hant  eines  gesnnden  Stuckes,  nnd  rnft  es  ia 
diesem  dieselbe  Krankheit  hervor,  so  ist  man  genothigt,  in  die 
Uebertragang  des  Stoffes  die  alleinige  Umache  dieser  Erkran- 
kung sa  setzen. 

Trotz  dieser  feststehenden  Thatsachen,  welche  das  Vor- 
handensein von  Ursachen,  die  zam  Theil  sehr  bestimmter  and 
concreter  Art  sein  müssen,  beweisen,  wissen  wir  noch  hente 
nicht,  mit  Ausnahme  einiger  hypothetischen  mikroskopischen 
Formen,  in  einigen  derartigen  Krankheiten,  welches. eigentlich 
diese  Ursachen  sind.  Indem  man  ihnen  den  Namen  Gontagium, 
Miasma  beilegt,  hat  man  nnr  ihre  Specificitat  ausgedruckt,  aber 
durchaus  keine  Einsieht  in  ihre  Natur  gewonnen.  Da  wir  das 
Wirkende  nicht  kennen,  welches  wir  Gontagium,  Miasma  nennen, 
sondern  nur  dasselbe  aus  seinen  Wirkungen  vermnthen,  so  kön- 
nen wir   die  vorausgesetzten   Ursachen   nicht  an   sich,   sondern 

eben   nur  an   der   verschiedenen  Art  ihrer  Wirksamkeit  unter* 
scheiden. 

Gewöhnlich  versteht  man  unter  „Gontagium*^  eine  krank- 
machende Schädlichkeit,  welche  in  Folge  von  Krankheit  von 
einem  IndiTidnum  ausgeschieden  wird,  und  welche  in  einem 
anderen  Individuum,  das  ihren  Einwirkungen  unter  gunstigen 
Verhaltnissen  ausgesetzt  ist,  dieselben,  oder  ahnliche  Krank- 
heitserscheinungen hervorruft.  Unter  nMiasma**  pflegt  man 
Krankheitserscheinungen  zu  verstehen,  welche  thierischen  oder 
pflanzlichen,  lebenden  oder  todten  Organismen  ihren  Ursprung 
verdanken  und  in  grosseren  Kreisen  auf  Menschen  oder  Thiere 
ihre  schädlichen  Einwirkungen  ausüben.  —  Zeigen  sich  nun  durch 
contagiosen  oder  miasmatischen  Einfluss  ahnliche  Krankheiten, 
in  grosserer  Anzahl  verbreitet,  zu  gleicher  Zeit  und  an  glei- 
chem Orte,  die  in  der  Bösartigkeit  oder  Gutartigkeit  in  dem 
vorhandenen  Leiden  einzelner  Organe,  in  dem  Hervortreten  ein* 
seiner  Symptome  grossentheils  eine  gewisse  Uebereinstimmnng 
haben,  so  bezeichnet  man  dieses  Verhalten  mit  dem  Ausdruck : 


das  Grundwasser  und  der  Milzbrand.  341 

^KrankheitsconstitatioD'' ,  ^Krankbeitsgenias^  ,  in  beschrankter 
Lokalität:  «Gonstitatio  onzootica*',  in  grosserer  Verbreitung: 
„epizootica^.  — 

Um  sich  darüber  za  verstandigen,  ob  die  Krankheit  an 
einem  Orte  epizootisirend  oder  vereinzelt  angenommen  ii^erden 
soll,  werden  drei  Dinge  besonders  ins  Aage  gefasst  werden 
müssen:  1)  das  namerische  Verhältniss  der  Todesfalle  zur  Zahl 
der  Stacke  der  Heerde»  2)  dann  vorzüglich  die  ortliche  Nahe 
oder  Ferne  in  einem  und  demselben  Stalle,  3)  endlich  ihre 
zeitliche  Aufeinanderfolge.  —  Im  Laufe  der  Epizootieen  hat  es 
sich  gezeigt,  dass  die  Entwickelung  eines  Contagiums  oder 
Miasmas  durch  gewisse  Aussenverhältnisse  vielfach  begünstigt 
und  gefordert  wird,  welche  sich  also  als  Hiifsursaohen  der  Epi- 
zootieen verhalten. 

Es  sei  mir  gestattet,  diesem  Gesagten  analog  einige  Worte 
Griesinger's  ans  seinen  Infectionskrankheiten**,  2te  Auflage» 
hinzuzufügen,  die  hier  wohl  einen  Platz  finden  dürften,  wenn 
sie  auch  nur  in  Bezug  auf  die  Krankheiten  der  Menschen  ge- 
schrieben worden  sind.  Er  sagt  Pag.  325  in  Bezug  auf  die 
Aetiologie  der  Cholera: 

„Diese  Hilfsmomente  sind  offenbar  auf  die  Reprodnction, 
„auf  die  nämliche  und  zeitliche  Verbreitung  des  Giftes,  auf  die 
„Intensität  seiner  Effecte,  und  damit  auf  das  Erscheinen  und 
«Verschwinden,  des  Vereinzeltbleibens  oder  Epidemisirens,  der 
„Leichtigkeit  oder  Schwere  der  Cholera  vom  gr5ssten  Ein- 
„fluss.  Wo  sie  fehlen,  da  scheint  das  Choleragift  kaum  zu  haf- 
„ten  und  sich  nur  wenig  zu  reproduciren ;  grosse  Verbreitung 
„und  mörderisches  Herrschen  der  Krankheit  scheint  immer  ganz 
„überwiegend  von  machtigen  Hilfsmomenten  abhangig  zu  sein« 
„Solche  bestehen  theils  in  äusseren  chemischen  und  pbysikali- 
„ sehen  Verhältnissen,  Bodenverhältnissen,  Lage,  Temperatur, 
„atmosphärischen  Zuständen,  communicirender  Einwirkung  pu- 
„trider  Stoffe,  diätetischen  Schädlichkeiten  u.  dergl.  m,,  theils  in 
„gegebenen  Dispositionen  der  Bevölkerungen  und  deslndidibums." 


342  Nanmann, 

Wa8  hier  Griesinger  vod  der  Cholera  sagt,  haben  an- 
dere Forecher  Ton  dem  Typhoa,  Malariakrankbeiten  and  al» 
wahrscheinlieh  aach  von  der  Ruhr,  nachzaweisea  gesacht,  d.  h. 
dasa  es  nebeo  jenen  einer  jeden  der  genannten  Kranliheiten 
speeifisch  ankommende  Gifte-—  eines  Contagiams  oder  Miasma— 
verschiedener  Hilfsmomente  bedarf,  um  die  Krankheit  za  einer 
Epidemie  —  Bpisootie  —  gedeihen  au  lassen.  Schon  lange 
hat  man  dem  Erdboden,  dem  Wasser  nnd  der  Luft  den  ent- 
schieden sten  Einflnss  aof  den  Gesnndheitsanstand  der  Men- 
schen und  der  Thiere  zugeschrieben,  aber  darüber  eben 
solche  Hypothesen  anfgestellt,  wie  sie  etwa  hentsutage  über 
den  Einflnss  der  Electricitat,  des  Osongehaltes  der  atmosphäri- 
schen Luft  aaf  die  Gesundheit  uod  das  Wohlbefinden  aufge- 
stellt werden.  Erst  in  der  neueren  Zeit  hat  man  angefangen, 
nach  festen  Anhaltspunkten  in  diesem  Gebiete  an  forschen,  und 
vor  Allen  ist  es  P  e  1 1  e  n  k  o f  e  r '  s  bahnbrechenden  Untersuchungen 
gelangen,  aus  den  vielfachen  hypothetischen  Vorstellungen  feste 
Punkte  zu  gewinnen,  mit  deren  Hilfe  er  manches  bis  jetst  Un- 
klare zu  wirklichen  Thatsachen  gestalten  konnte.  Freilich  giebt 
es  von  diesen  Thatsachen  bis  jetzt  noch  wenige  nnd  diese  sind 
nur  für  einige  Epidemieen  verwerthet  worden,  so  besonders  für 
die  Cholera,  den  Typhus,  die  Malarienkrankheiten ,  wenngleicii 
es  nicht  unwahrscheinlich  ist,  dass  auch  für  die  epidemisch  auf- 
tretenden Krankheiten,  wie  die  acuten  Exantheme,  Dysenterie, 
gelbes  Fieber,  die  sogenannten  Hilfsursachen  in  Verein  mit  den 
oft  unbekannten  Noxen  von  Einflnss  sind. 

Zu  den  Hilfsnrsachen ,  die  die  obengenannten  Epidemieen 
beeinflussen,  hat  man  pro  primo  den  Brdboden  und  das  in  dem- 
selben sich  ansammelnde  Wasser  „das  Grundwasser^  gerech- 
net. -«  Da  Pettenkofer  derjenige  Forscher  ist,  dem  wir  am 
meisten  in  diesem  Gebiete  zn  verdanken  haben,  so  will  ich  mit 
seinen  eigenen  Worten  die  Definition  Ober  das  im  Erdboden 
befindliche  Wasser,  „das  Grundwasser'*  anfuhren*  er  sagte  auf 
der  Oholera- Conferena  in  Weimar  1867  S.  23:    „Für  mich  ist 


' 


das  Grundwasser  ttnd  der  Milzbrand.  343 

AGrondwaaser  alles  dasjenige  Wasser,  welches  die  Zwisehen- 
„räame  eines  porösen  Bodens  gans  aasfallt.  Das  ist  mir  gleich- 
« giltig,  ob  die  Schichten  des  Bodens  100'  oder  10'  sind,  oder 
«ob  mehrere  Schichten  übereinander  kommen;  -^  da«  mochte 
,icb  Grandwasser  nennen,  welches  in  einem  Grand  nnd  Boden 
„die  Zwisohenraame  eines  porösen  Bodens  ganz  aasfällt,  so 
„dass  die  Laft  aasgesohlossen  ist«  Ich  will  von  Tornherein  be- 
,» merken,  dass  meine  Definition  Ton  Grundwasser  nicht  eine  be» 
„sondere  Wasserschicht  bezeichnet ,  sondern  uberhaapt  jedes 
„Wasser,  welches  die  Zwischenräume  eines  porösen  Bodens 
„aasfallt,  and  darin  liegt  für  mich  der  Unterschied  swischen 
„einem  von  Grundwasser  durchsetsten  Boden,  dass  das  Grund - 
*  „Wasser  die  Luft  vollständig  ausschliesst.^ 

Die  Porosität,  die  Durchdringbarkeit  für  Luft  und  Wasser 
ist  bestimmt  darch  die  physikalische  Aggregation  des  Bodens. 
Felsengrand  vermag  aus  dem  darüber  liegenden ,  und  was  aus 
diesem  kommt,  nichts  aufsanehmen,  vermag  aber  auch  nichts 
abiugeben;  es  ist  ein  ganz  starres  Gebilde.  Ganz  anders  ver* 
hält  es  sich  mit  dem  Lehmboden,  der  so  lange  Wasser  in  sich 
aufnimmt,  bis  er  damit  ganz  übersättigt,  bis  die  Oberfläche 
überschwemmt  ist.  Thon  nimmt  verschiedene  Stoffe  in  sich  auf 
and  giebt  Wasser  an  alle  mit  ihm  in  Berührung  kommenden 
Korper  ab.  Wir  wissen,  dass  wir  durch  Bestreichen  mit  feuch- 
tem Thon  Schmutzflecke  aus  Gegenständen  entfernen  können, 
welche  wir  auf  jede  andere  Weise  kaum  zu  bewältigen  im 
Stande  sind  —  andererseits  ist  es  bekannt,  wie  leicht  Thon  an 
Stoffe  Wasser  abgiebt,  welche  solches  aufzunehmen  im  Stande 
sind;  ja  dass  Thon  das  beste  Mittel  ist,  um  einen  Körper  sehr 
gleichmässig  feucht  zu  erhalten.  Es  werden  deshalb  die  Stoffe, 
welche  auf  bewohnten  Plätzen  in  einen  Thonboden  gelegt  wer- 
den,  sowohl  so  weit  möglich  von  diesem  angesogen,  als  auch 
von  ihm  in  beständiger  Feuchtigkeit  erhalten.  Lehmboden  wirkt 
aus   diesem   Grunde  ebenso   auf  die  Gebäude  und  ihre  ümge- 


^ 


344  Naamaiin, 

bang,   wie   eio   im  lockeren   Erdreich   aafgedaminter  Bach,   er 
wird  diese«  beataodig  feocht  erhalten. 

Pettenkofer  halt  die  Thonunterlageo  je  nach  ihrer  Mi- 
tehong  sehr  ▼ersehieden  in  Beeng  aof  die  Fähigkeit,  Fäalniss- 
stoffe  anfsnnehmen  and  weiter  an  verbreiten. 

Der  Mergel»  eio  Gemenge  ans  Tbon  and  kohlensaorem 
Kalk,  der  stets  riel  trockener  als  eigentlicher  Thon  ist  ond 
sehr  leicht  in  festes  Gestein  —  in  Mergelschiefer  —  abergeht, 
wird  aach  viel  weniger  günstig  in  dieser  Besiehong  erachtet, 
als  der  fette  Thonboden. 

Wie  and  in  weicher  Menge  sich  das  Wasser  in  den  ver- 
schiedenen Brdschichten  ansammelt,  darüber  giebt  ans  die  Hydro- 
Physik  näheren  Anfschlass.  Zu  einer  grosseren  Ansammlang 
des  Wassers,  wie  snr  Qaellenbildnng,  gehört  nicht  bloss  ein 
Hineinsiehen  von  Wasser  in  den  Erdboden,  sondern  aach  ein 
Aufhalten  desselben  darin,  damit  es  nicht  an  sehr  in  die  Tiefe 
sinke.  Dazu  i^t  eine  wasserdichte  Erdschicht  notbig,  aaf  wel- 
cher es  verlaaft  oder  sich  ansammelt.  Eine  der  verbreitetsten 
wasserdichten  Lagen  ist  der  Thon.  Der  Thon  bildet  die  Um« 
bnllang  der  ganzen  Erdmasse;  die  ersten  Bette  desselben  sind 
unter  der  Gartenerde,  sowie  anter  den  Kalkbanken,  denen  sie 
znr  Unterlage  dienen.  Auf  dieser  festen  nnd  compacten  Lage 
vereinigen  sich  alle  Wasseradern,  die  dnrch  die  Felsspalte  hin- 
darchziehen  oder  durch  die  Gartenerde  filtriren.  Die  dorch 
das  Gewicht  der  oberen  Schichten  zusammengedrückten  Thon- 
lagen,  an  sich  schon  sehr  dick,  werden  für  das  Wasser  un- 
durchdringlich.    Kein  Wasser,  was  auf  sie  gelangt,  durchdringt 

» 

sie,  sondern  folgt  der  abhangigen  Stelle  nnd  bildet  Wasser- 
ansammlungen, Quellen  zwischen  der  ersten  Thonl^e  und  der 
letzten  Felsbank.  Auch  andere  Erdschichten  und  Gesteine  kön- 
nen die  Rolle  der  wasserdichten  Unterlage  übernehmen,  sowohl 
solche  der  secundarcn  und  tertiären  Periode,  als  Primitivgestein. 
Wenn  sie  auch  nicht  völlig  wasserdicht  sind,  können  sie  es 
doch  relativ  sein,  und  durch  ihre  Spalten  nach    unten    weniger 


das  Grandwarser  und  der  Milzbrand.  345 

Wasser  abfli essen  lassen,  als  sich  über  ihnen  ansammelt.  Die 
Wasserao sammlang  in  der  Erde  kann  daher  stattfinden,  einmal 
durch  einen  reichen  Waaserzoflass,  wie  er  dnrch  atmosphärische 
Niederschlage,  Regen,  Schnee,  Thau  entsteht,  andererseits  darch 
das  Eindringen  von  Wasser  ans  Wasseransammlangen  oberhalb 
der  Erde,  aas  BSchen,  Flüssen,  Seen,  Meeren.  —  Die  Oefifnan- 
gen,  darch  welche  das  atmosphärische  Wasser  in  die  Erde  ein- 
geht, sind  in  seltenen  Fallen  künstlich  angelegt.  Viel  haafi- 
ger  sind  die  Eingange  des  Wassers  natürlich  gebildet  ond  ent- 
weder capillärer  Art,  wie  in  Sandschichten,  Gartenerde  and  dergl. 
lockere  Erdarten,  oder  grösseren  Umfanges :  Erdrisse  oder  Fels- 
spalten. Die  Damm  erde  ist  wenig  geeignet  Wasser  in  die 
Tiefe  einzulassen,  selbst  nach  mehrtägigem  Regen  dringt  das 
Wasser  nicht  leicht  1'— -2'  tief  durch  eine  fette  Ackererde  hin- 
durch. Nach  Falton  bedarf  Gartenerde  2 — 7"  Wasser  um 
bis  sä  1'  vollständig  gesattigt  zu  werden.  Wo  also  der  Re- 
genfall einige  20"  im  Jahre  beträgt,  kann  er  nar  wenige  Fuss 
Erde  sättigen.  Wo  kein  Hnmnslager,  sondern  die  Oberfläche 
ans  Sand  and  Eies  besteht,  kann  das  Wasser  leicht  durchdrin- 
gen. —  Selbst  Sand  lässt  das  Wasser  relativ  nur  langsam 
darcbgehen,  er  fordert,  nach  Pappen  heim,  etwa  noch  das 
12fache  seines  Gewichts  an  Wasser,  um  durchsickert  zu  sein. 
Die  Durchdringlichkeit  der  Gesteine  für  Wasser  ist  eine  sehr 
verschiedene.  Als  wasserdurchlassende  Terrains  führt  Para- 
mela  gewisse'  Gneissarten,  Glimmerschiefer,  Serpentin,  Trappe, 
gewisse  Kreiden  und  Gjpse  auf.  Als  geschichtete  Terrains,  die 
in  ihren  Spalten  das  Wasser  aufnehmen  nennt  er  Sand-  und 
Kalksteine  und  feste  Kreide. 

Während  im  Keuper  zahlreiche  Quellen  auftreten,  sind  sie 
im  Flötz  und  Jurakalk  weniger  zahlreich,  aber  ergiebig.  Die 
hohen,  aus  Jurakalk  bestehenden  Plateaus  sind  meistens  arm 
an  Wasser,  ebenso  der  Muschel*  und  Kreidekalk,  die  nach 
allen  Richtungen  durch  Millionen  Spalten  zerklüftet  sind,  so 
dass  das   Regenwasser  mit  Leichtigkeit  bis   zu  grossen  Tiefen 


346  NasMSDn, 

TordriagL  Daher  ireteo  nicht  selteB  im  Q^adarsaadtteio,  der 
den  Kreidagebirgea  ala  Graodlage  dieat,  sehr  reichhaltige 
Qaellea  aoC 

Mien  wir  aon  so,  in  welchem  Vefhiltaiet  der  Grand  and 
Boden  and  das  ia  demeelben  eich  aaeaaunelade  Waaser  cor 
Verbratnag  eptdemiaeher  aad  epiaootiidier  Krankheiten  itefak 

Wir  haben  geeahen,  dan  aar  Braeagnng  von  Bpidemieen 
nnd  Epiaootieea  die  Annahme  eiaea  Miaama  oder  Coataginma, 
deren  Wesen  and  ehemiiche  Katar  am  noch  heate  anbekanal 
sind,  erforderlieh  ist.  —  Die  Aolnahme  dieses  Cootagiams  oder 
Miasma  ia  den  Korper  wirkt  gleichsam  wie  eia  Gift»  tob  dem 
man  nur  sagen  kann,  dass  es  sich  mit  grosser  Wahrscheinlich- 
keit aas  den  Fiolaissprocessen  organischer  Sabstansen  eat- 
wiekele.  Die  Eotstehangs-  ond  WeiterrerbreitaDgsweise  der 
Infeetionskrankheit,  die  Gleichheit  der  wesentlichen  Symptome 
ond  die  Aehnlickkeit  mancher  ihrer  Erscheinangen  mit  der  an- 
derer Vergütangen,  berechtigt  ans  an  der  Annahme,  dass  sie 
specifische  Ursachen  haben.  Am  deatlichsten  erscheint  der  Pro- 
sess  der  gifdgen  Infeetion  dorch  specifische  Materie  bei  der 
contagiosen  Entstehung  des  Milsbrandes  nnd  der  Pest,  so  wie 
beim  Tjphas,  bei  welchen  beiden  Er^teren  sogar  schon  die 
üebertragang  des  Giftes  durch  Inoculation  gelongen  ist.  Bei 
der  TÖlligen  Gleichheit  der  Wirkungen,  d.  b.  der  Krankheits- 
processe  bei  der  contagiosen  und  bei  der  sogenannten  sponta- 
nen Entstehong  wird  man  annefamnn  müssen,  dass  die  Ursachen 
auch  im  letzteren  Falle  gleichartig  mit  der  bei  den  Gontagien 
wirkenden  Ursache ,  also  auch  hier  eine  giftartige  Infeetion  sei. 
Mag  die  Ursache  unmittelbar  von  den  Kranken  ausgehen  — 
Contagium  —  oder  mag  sie,  unabhängig  Ton  dem  Vorhanden- 
sein kranker  Individuen,  in  der  Luft,  im  Boden,  kora  in  der 
äusseren  Natur  entstehen  und  sich  verbreiten  —  Miasma  — , 
sie  wird  einer  und  derselben  specifischen  Natur  sein  müssen, 
da  sie  eine  und  dieselbe  Art  des  Erkrankens  zeigt. 

Hier  drangt  sich  die  Frage  auf,   weshalb  nicht  jenes  spe- 


das  Grandwasser  and  der  Milzbrand.  347 

ctfiscbe  Gift,  sobald  es  in  einem  Individaam  aufgetreten  nnd 
Bicb  zar  vollen  Krankheit  entwickelt ,  sich  nicht  ßberall  und 
gleichseitig  verbreitet,  sondern  nur  beim  Vorhandensein  be- 
stimmter Bedingungen  Epidemieen  -—  Epixootieen  —  hervor- 
ruft. Fräher  wurden  die  verschiedensten  Momente  angegeben, 
die  die  Weiterverbreitang  des  einmal  vorhandenen  Giftes  be- 
einflnssten.  Man  beschuldigte  beispielsweise  die  atmosphärische 
Luft  der  Verbreitung  dieser  Gifte.  Es  wird  Niemand  beswei- 
feln,  dass  dieses  in  gewisser  Besiehung  der  Fall  ist,  doch  ist 
sie  nkht  ausschliesslich  der  einsige  Weg  auf  dem  die  Verbrei- 
tung der  Schidlichkeiten  resp.  die  Episootieen  erzeugenden 
Gifte  statt  hat.  Man  ist  in  neuerer  Zeit  su  der  Ansicht  ge- 
kommen, dass  neben  der  Luft  namentlich  auch  das  Erdreich 
ein  bedeutendes  Moment  zur  Verbreitung  epizootischer  nnd 
epidemischer  Krankheiten  ist.  Welchen  guten  Einfluss  eine 
reine  Luft  auf  das  Wohlsein  aller  organischen  Wesen  hat,  ist 
eine  zu  oft  erörterte  Frage,  als  dass  noch  Zweifel  darüber  ge- 
hegt werden  konnten.  Weniger  klar  ist  man  sich  aber  die  be- 
deutenden Einflüsse  verdorbener  Luft  und  leider  giebt  es  Leute, 
welche  sich  freiwillig  io  Unklarheit  darüber  befinden.  Sehen 
wir  nach,  wie  schon  unter  gewohnlichen  Verhaltnissen  eine  Ver- 
derbniss  der  Luft  eintritt,  so  finden  wir,  dass  schoi^  durch  die 
normalen  Gasanscheidungen  von  Thier  und  Mensch  der  Luft 
Bestandtheile  beigemengt  werden,  die  in  grosserer  Ansammlung 
dieselbe  unbrauchbar  machen^  Dazu  kommt  ferner,  dass  schon 
gasartige  Faulnissprodnkte  thierischer  und  menschlicher  Excre- 
tionsstoffe  sich  in  bedeutender  Menge  der  Luft  beimengen  und 
sie  in  ihrer  Zusammensetsnng  andern.  Eine  Luft,  welche  be- 
reits die  Gegenwart  einer  grossen  Menge  von  Auswurfstoffen 
durch  den  Geruchsinn  verrath,  kann  nicht  mehr  far  rein  und 
gesund  gehalten  werden.  Diese  fluchtigen  organischen  Stoffe 
sind  das  am  meisten  Sch&dliohe  und  swar  deshalb,  weil  sie  als  Re- 
siduen, als  Schlacken  ans  dem  Organismus  entfernt,  von  ihm  ans- 
gestoBsen  worden.     Wenn  diese  Auswurfstoffe  dem  Körper  wie- 


348  Nftumann» 

der  MifgexwaDgeD  werdeo,  so  kann  diea  nie  gleicbgiitig,  nnd 
bei  einer  verhiltnissmagsig  groMeren  Menge  bestimmt  nachtbei- 
lig  sein.  Die  Menge  dieser  organischen  Stoffe  wörde  einen  sehr 
richtigen  Maassstab  far  die  Vernnreinigung  der  Lnft  abgeben, 
aber  wir  besitaen  leider  keine  Methode,*  sie  qoantitatiy  za  be- 
stimmen. Mit  der  qualitativen  Bestimmang  ueht  es  noch  schlim- 
mer ans:  der  Gerachsinn  seigt  ans  Stoffe  an,  deren  Wahrneh- 
mung ans,  nach  Pettenkofer,  weder  aaf  physikalischem  noch 
chemischem  Wege  mehr  gelingt. 

Ferner  entwickeln  sich  aus  Abtrittsgraben  schädliche  Gas- 
arten, B,  B.  Schwefelwasserstoffsäure  y  Schwefelammoniam  and 
Kohlensäure.  Die  Schädlichkeit  derselben,  obwohl  schon  lange 
bewiesen  und  obwohl  schon  mancher  Arbeiter  beim  Leeren  der 
Gruben  sein  Leben  verlor,  wird  erst  in  den  letzten  «lahrea 
mehr  und  mehr  anerkannt. 

Haben  wir  nun  gesehen,  wie  schon  unter  gewohnlichen 
Verhältnissen  Verderbniss  der  Luft  im  Stande  ist,  Krankheiten 
SU  erzeugen,  so  wird  uns  der  Einflnss  derselben  beim  Herr- 
schen episootischer  Krankheiten  um  so  mehr  klar,  wenn  wir 
die  Beziehungen  zwischen  Lnft  und  Grundwasser  ins  Auge  fassen. 
Gelangen  excrementitielle  Stoffe  in  einen  porösen  Boden,  so  wer- 
den dieselben  unter  dem  Einflnss  der  in  demselben  enthaltenen 
Luft  und  Feuchtigkeit  zersetzt,  die  entstehenden  gasartigen 
Fäulnissproducte  verbreiten  sich  im  Boden  und  erlangen  da- 
durch von  dem  Orte  der  Entstehung  eine  unbekannte  Ausbrei- 
tung. Das  Grundwasser  wird  dadurch  der  Träger  und  Ver- 
breiter der  schädlichen  Gasarten  und  der  den  Infectionskrank- 
heiten  eigenen  Gifte.  So  lange  nun  das  Grundwasser  seinen 
gewöhnlichen  Stand  inne  hat,  werden  diese  giftigen  Gase  nur 
im  geringen  Grade  auf  dem  Wege  der  Exhalation  der  Erde 
entweichen.  Sinkt  jedoch  das  Grundwasser,  so  erhält  die 
atmosphärische  Luft  Zutritt  zu  dem  mit  Excretionsstoffen  ge- 
schwängerten und  getränkten  Boden,  und  bewirkt  einmal  eine 
schnellere  Zersetzung  derselben,  andererseits  fuhrt  sie  die  Zer- 


das  Grundwasser  und  der  Milzbrand.  349 

setzangsprodacte  mit  sich  fort  und  vermittelt  sie  den  für  ihre 
Aufnahme  pridisponirten  Individuen.  Im  Gegentheil  wird  das 
Steigen  des  Grundwassers  die  atmosphärische  Lnft  von  den  im 
Boden  verbreiteten  schädlichen  Stoffen  abschließen  und  die 
Fanlniss,  sa  wie  die  Verbreitung  der  Fäuinissprodacte  hindern. 
AQf  diese  Weise  erkennen  wir  im  Grundwasser  ein  wichtiges 
Moment  in  der  Verbreitung  epizootischer  Krankheiten. 

Virchow  sagt  in  seinem  Gutachten,  die  Stadt  Berlin  von 
den  Auswurfstoffen  sn  reinigen,  im  Juliheft  1868  der  Viertel« 
iabrsscbrift  von  v.  Hörn:  „Das  Grundwasser  hat  demnach  eine 
n doppelte  Bedeutung:  es  vermittelt  sowohl  den  Transport  ver- 
„  unreinigen  der  Stoffe  zum  Brunnenwasser  —  Grundwasser,  — 
^als  auch  den  Transport  zur  Atmosphäre.  Steigt  das  Grund- 
„wasser,  so  wird  ein  vermehrtes  Znstr5men  zu  den  Brunnen 
„erfolgen,  sinkt  dasselbe,  so  wird  aus  den  trookenwerdenden 
„Schichten  des  Erdbodens   eine   vermehrte  Ausdunstung  an  die 

'„Luft  eintreten.*  — 

Die  Wissenschaft  hat  sich  bemuht,  dieses  präciser  nachzu- 
weisen, obschon  es  ihr  nur  gelungen  ist,  den  Einfluss  des 
Grundwassers  bei  Cholera,  Tjphus  und  Malariakrankheit  fest- 
zustellen. 

Wenn  wir  nun  aus  diesen  Forschungen  der  Äerzte  über 
die  Einwirkung  des  Grundwassers  auf  Typhus,  Cholera  und 
Malaria,  auf  die  Erfahrungen  übergehen  wollen,  welche  in  der 
Thierheilkunde  darüber  gemacht  worden  sind,  so  ist  hier  das 
Feld  der  Literatur  ein  sehr  dürftiges,  und  leider  ist  es  bis 
jetzt  noch  Niemanden  eingefallen,  die  einzelnen  verstreuten 
Körnchen  zu  sammeln,  die  in  den  verschiedenen  Zeitschriften 
und  Werken  über  Thierheilkunde  in  die  Welt  geschickt  worden 
sind,  ohne  die  Beachtung  zu  finden,  deren  sie  gewiss  werth 
sind.  Die  Beobachtungen  über  die  Einwirkung  des  Grundwas- 
sers  auf  die  Erzeugung  von  Krankheiten  sind  durchaus  nicht 
neu  und  schon  Pilger  weist  in  seinem  „systematischen  Hand- 
buch der  theoretisch  practischen  Veterinär- Wissenschaft«  vom 


360  N«aaaBD, 

Jfthre  I893  io  deo  K«pit6lii:  „aber  Sompffieber  der  Pferde 
and  des  KindTiebe*  im  59.  AbtehDitt:  «Von  den  Contegien 
and  entteekenden  Fiebern*,  damnf  hin,  dass  in  der  Snmpf- 
Inft  nnd  den  mephititcLen  Dunsten  nne  etagnirendem 
Waeeer,  die  erste  and  Haoptorsaehe  der  Goatagien  sa  saohen 
sei»  and  namentlieb  den  Milsbrand  hervorsnrqfen  plege.*)  Br 
bernft  sich  auf  Autoren  die  sefaon  vor  ihm  dieselben  Brfaiinni- 
gen  gemaeht  haben  nnd  ervahat,  dass  Patrik  Rassel  in  der 
Reinlichkeit  and  Reinheit  der  Laft  das  beste  Mittel  gegen  Ans» 
breitnng  der  Contagien  gefunden  habe.  Er  citirt  femer  die 
Memoires  et '  observations  de  Chimie  k  Paris,  de  Foarcroj 
der  in  seinen  Memoires  sur  le  gas  inflammable  de  marais,  S. 
151—189  vom  Jahre  1784  hierüber  spricht:^ 

«Les  medeoins  ont  observe  depnis  long-tems  qae  ies  eaax 
^stagnantes  occasionnent  des  üevres  intermittentes  epidemiqaes. 
,,0n  vott  constammeot  le  Toisioage  des  marais,  des  etaogs  dont 
„l'eau  cronpit  par  la  Stagnation  offrir  on  bien  grand  nombre 
„de  febridtans  qae  Ies  parties  d'an  bonrg  ou  d'nne  Tille,  qai 
^sont  plos  eloignees  de  ce  foyer  de  vapears  humides  et  pn- 
„trides.  On  a  souTcnt  remarqae,  qu'un  remnement  considerable 
yde  terres  anparavant  abreavees,  et  qae  la  fonille  des  marais 
„defreehes  ont  donne  naissance  a  des  epidemies  patrides.     Lan- 


*)  Wenngleich  Pilger  nicht  von  Grundwasser  sprechen  konnte, 
da  man  in  damaliger  Zeit  wohl  kaum  auf  die  Idee  der  schädlichen 
Einwirkungen  desselben  auf  die  Gesundheit  der  Thiere  gekommen  ist, 
HO  misst  er  doch  den  gasartigen  Fäulnissproducten  —  den  mepbiti- 
schen  Dünsten  —  aus  stagnirendem  Wasser,  die  Hauptnrsache  der  Er- 
zeugung der  Snmpffieber  —  des  Milzbrandes  —  zu;  und  der  Zer- 
setznngsprocess  thierischer  nnd  pflanzlicher  Ueberreste  in  diesen  ste- 
henden Gewässern  zu  deren  Oberfläche  die  atmosphärische  Luft  freien 
Zutritt  hat,  ist  derselbe  über  der  Oberfläche  der  Erde,  wie  der  im 
Grundwasser  unter  derselben,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  dieser 
Process  bei  offenem  Wasser  ununterbrochen  Tor  sich  geht,  während 
er  beim  Grundwasser  Ton  dem  Niveau  desselben  abhängig  ist. 

••)  In  der  Note  Pag.  177. 


das  Grund woflger  und  der  Milzbrand.  361 

^cisi  a  reani  poar  les  med^oios  an  grand  nombre  de  faits  de 
),cett6  natare,  dans  son  bei  oavrage  sar  les  daagersT  de^ 
«efflaves  qni  8*^leveDt  des  mar^ds. 

^Jasqn^aax  travanx  des  chimistes  modernes  on  accasait  des 
^miasmes  septiqnes  deleteres  d'ane  natare  incoonue,  d'Stre  la 
M cause  de  ees  malhenres;  mais  ne  doit-  on  pas  les  attriboer 
),aa  gas  inflammable  qni  s'exhale  continnellement  des  debris 
„dee  maderes  vegetales  et  animales  qni  se  ponrrissent  dans  ees 
„lieax.  Ce  gaa,  mele  ä  l'air,  qae  les  hommes  respirent,  altere 
„ce  flnide,  il  lai  ote  cette  proprietö  vitale  snp^onnee  par  les 
«aneiens  et  qni  n'est  plas  on  probleme  anjoard'hai;  il  Ini  en- 
«leve  sar -tont  la  qualite  antiseptiqae,  qni  parait  Stre  celle  par 
«laqaelle  ee  fluide  est  le  plas  utile  k  la  respiration  et  a  la  vie, 
„il  lai  ajoute  aa  eontraire  ane  sorte  de  putride  dont  les  ani* 
„maax  öproavent  bient6t  la  puissance,  Le  Docteur  Franklin 
^a  essay^  une  fievre  intermittente  dont  il  a  ete  atteint  im- 
„mediatement  d'apr^s  avoir  ete  expose  au  gaz  inflammable, 
,»qai  fiMlevait  d'nne  eaa  clont  il  avait  agite  le  fond.  Les  ou- 
„vriers,  qai  trayallient  aa  bord  des  eaax  sont  snjets  k  la  m^me 
«maladie.  J'ai  va  k  plasiears  reprises  an  grand  nombre  des 
«blanchisseuses,  qai  latent  leur  linges  dans  la  riviere  des 
„Gobelins,  attaqa^  ä  la  fols  d^ane  flirre  d'ace^s,  dont  il  m'a 
„paru,  qae  la  caase  ätait  dae  &  l'air  infect,  qai  se  d^gage  de 
«reaa  de  cette  petite  riri^re.  II  serait  important,  qae  les  me- 
„deeins  sistent  ane  attention  speciale  ä  cet  object,  qai  eclai- 
„rerait  sans  doate  sar  les  effets  de  la  respiration,  et  sar  la 
„prodaetion  de  plosieurs  maladies. ' 

Pilger  fahrt  nun  fort*):  „4Laf  diese  Art  ist  es  nan  sehr 
„erklärbar,  wie  die  verschiedenen  Sampf&eber  and  ihre  Abarten 
„entstehen  können.  —  Nämlich  durch  die  blosse  Adhäsion  der 
„Sumpfluft  auf  die   äussere    Haut   entsteht,    wenn  diese  nicht 


*)  Pilger  1.  c.  70.  Abschn.  §.  1504. 


353  Nanmaniii 

^sUrk  wirkt,  eis  blocter  Haatkrampf,  eine  Congestion  der  Safte 
„nach  den  Einj^e weiden  und  ein  gewöhnliches  leiohtei  Fieber. 
„Wenn  aber  diese  Snmpfloft  die  Lunge  neben  der  Baat 
^lagleich  reist,  wie  es  bei  Weidetfiieren  sa  geschehen  pflegt; 
,,wo  nämlich  das  inflammatorische  Gas  unmittelbar  eingeathmet» 
„and  die  Lange  davon  afficirt  wird,  da  entstehen  die  Oon- 
„gestionen  mehr  nach  den  Langen.  Wo  aber  dies  Gas  gans 
„stark  wirkt,  wie  in  heissen  Gegenden,  da  erscheinen  Magen- 
„krampfe,  Erbrechen  and  sngleich  wird  die  Leber  krampfhaft 
„casam mengezogen  9  es  entsteht  also  ein  Rocktritt  der  Galle 
„ins  Blot,  im  geringsten  Grade  Gelbsoobt,  im  höchsten  gelbes 

„Fieber.« 

Aach  S  p  i  n  o  1  a  ist  der  Ansieht,  dass  Sampflaft — Malaria — , 
dompfige  Stalle,  Miasmen  aad  Anstecknngsstoffe  Typhas  her- 
vorbringen*) and  kommt  aach  beim  Milsbrand**)  daraaf  sa- 
rück.  Dass  Sompflaft  and  mit  Verwesangsstoffen  geschwän- 
gerte Laft  allein  hinreichen  können  Epizootieen,  als:  Milzbrand, 
Tjphas,  Infloenza  a«  s.  w.  hervorznbringen,  darüber  dürfte  wohl 
kein  Zweifel  mehr  obwalten,  and  wir  sehen  diese  oder  jene 
Senche  vorzugsweise  in  bestimmten  Gegenden  erscheinen  and 
wiederkehren,  je  nachdem  die  Einflüsse  der  Witterang  and  die 
Bodenverhaltnisse  diese  oder  jene  Form  bedingen.  Häufig  sind 
scheinbare  Witterungsverhaltnisse  nicht  derartig  angethan ,  dass 
sie  die  Entwickelong  einer  Seuche  befürchten  Hessen,  und  doch 
tritt  sie  plötzlich  auf,  gleichviel  ob  Hitze  oder  Kalte,  Nasse 
oder  Trockenheit  herrschen.  Es  geht  hieraus  hervor,  dass  die 
zur  EntwickeluDg  nothigen  Gifte,  wenn  wir  sie  als  aus  der  Luft 
kommend  annehmen  wollen,  ^em  E5rper  sowohl  im  trockenen 
Zustand  als  Atome,  im  feuchten  als  Dünste  und  Niederschlage 
—  ganz  unabhängig  von  der  Temperatur  der  Luft,  —  einver- 


*}  Spinola,  Handbach  der  spec.  Pathologie  und  Therapie,  2te 
Auflage  Pag.  100  seq. 

**)  Spinola,  1.  c.  Pag.  134  und  168. 


.  ifi 


u£U 


das  Grandwaaser  and  der  Milzbrand.  353 

leibt  Verden  müssen.  Ob  diese  Gifite  n^an  vegetabilischer  oder 
infasoriaoher  Natur  sind^  darüber  wissen  vir  nichts;  wir  sehen 
oft  eine  Krankheit  auftreten  wenn  verdorbenes  Futter  gereicht 
wird,  oft  aber  entwickelt  sie  sich  beim  besten  Futter  und  schein- 
bar gesunder  und  reiner  Luft.  Ob  die  VerSnderung  der  Laib 
eine  chemische  sein  muss,  um  aar  Krankheitsursache  au  wer- 
den, oder  ob  sie  mit  Giftkorperchen  auf  mechanische  Weise, 
durch  Luftzug  n.  s«  w.  geschwängert  sein  kann,  ist  ans  noch 
ebenso  ▼erborgen«  Als  Annahme  für  das  Letztere  dürfte  wohl 
der  Umstand  sprechen,  dass  bei  plötzlichem  Witterungswechsel 
oft  ein  Aufhören,  oder  eine  Modification  der  Krankheit  ein- 
tritt ^~  z.  B.  —  bei  Regen  —  wo  sie  zuweilen  aber  wieder 
erseheint,  wenn  nadi  demselben  wieder  wochenlange  Trocken, 
heit  folgt.  Es  mag  dies  seinen  Grand  darin  haben,  dass  die 
ursachlichen ,  in  der  Lnft  schwimmenden  Staubkorperchen  durch 
die  Feuchtigkeit  niederfallen  und  von  dem  Regen w«sser  dem 
Grundwasser  zugeführt  werden.  Der  Regen  hat  ein  Steigen 
des  Grundwassers  zur  Folge  and  durch  die  hierdurch  eingetre- 
tene Absperrung  der  atmosphärischen  Luft  wird  der  Giftstoff 
gebunden,  bis  er  beim  Sinken  des  Grundwassers  wieder  in  Gah- 
rang  gerath  und  sich  der  Lnft  wieder  beimischt  um  die  Krank* 
heit  aufs  Neue  heryorzurnfen. 

Die  Bedingungen  zu  diesen  Wandlungsprocessen  Hegen  o^ 
fenbar  hauptsächlich  in  der  Beschaffenheit  des  Bodens,  und  hier- 
aus wird  auch  das  Haften  der  Seuche  an  der  Scholle  er- 
klärbar. In  den  Gegenden,  wo  ich  meine  Beobachtungen 
gemacht  habe,  ist  fast  durchgangig  kalter,  undurchlassonder, 
lehmiger  Untergrund,  der  oft  nur  von  einer  dünnen  Schichte 
Brde  bedeckt  ist»  oft  auch  ganz  bloss  zu  Tage  liegt. .  Mau 
kommt  daher,  wenn  mau  nur  wenige  Fuss  tief  grabt,  auf  Grund- 
wasser, welches  von  dem  lehmigen  Untergründe  gehalten  wird. 
Es  ist  daher  natürlich,  dass  die  tiefer  gehenden  Brunnen  tob 
dem  hochliegenden  Grundwasser  gespeist  und  ihnen  dadurch 
Fanlnissstoffe  und  Gifte  zugeführt  werden,  die  dem  Trinkwassei; 

Ifag.  f.  Thierltellk.  ZZXYI.    3.  23 


354  Nanmann, 

eben  die  Fähigkeit  mittheilen,  tenchenariige  Krankheiten  so 
eraeageo.  Wai  diese  Sehidlichkeiten  noch  besonders  anter- 
stfitst,  ist  die  Gewohnheit,  die  Dnngergniben  dicht  vor  den 
Thnren  der  St&Ue  ansnlegen,  wo  nnn  Jahr  ans  Jahr  ein  die 
dort  stagnirende  Mistjaache  die  Laft  verpestet,  aach  wohl  in  die 
nahe  gelegenen  Bmnnen  aassickert  and  dadurch  zn  einem  wich- 
tigen Medlam  lor  Entwickelang  von  Benehen  wird. 

Wenn  die  Annahme  des  vorher  Gesagten  richtig  ist,  so 
ist  allerdings  die  Laft  in  ihrer  speoifischen  Zasammensatzang 
das  Vehikel  aar  Ereea^ng  der  Seaehen  und  mnss  es  mittel- 
bar in  jedem  Falle  sein.  Hat  sie  aber  einmal  dieselben  ent- 
wickelt, oder  die  znr  Entwickelang  geeigneten  Stoffe  anfge- 
nommen,  so  ist  die  Weiterverbreitang  dnrch  sie  in  andere  Ge- 
genden sehr  möglich,  da  die  Giftstoffe  dareh  Laftzag  meilen- 
weit entfahrt  and  fortgetragen  werden  können,  andererseits  aber 
dnrch  Contact  die  Sencbe  von  dem  einen  Individanm  aaf  das 
andere  abertragen  wird.  Um  diese  oder  jene  seachenartige 
Krankheitsform  an  modificiren,  massen  entweder  bestimmte  Bil- 
dangsbedingnngen  bei  dem  Entstehen  der  Gifte  obwalten,  die 
speeifisch  anf  diese  oder  jene  Organe  oder  Apparate  des  Thier- 
korpers  wirken,  oder  diese  Modification  ist  von  der  Thiergat- 
tang,  der  Disposition  and  der  Individaalitat  —  oder  aber  von 
Beiden  abhängig.  » 

Spinola  (1.  c.  Pag.  168)  sagt,  dass  die  Seaehen,  so  aaeh 
der  Milzbrand  ursprünglich  aas  einem  Gonflict  von  Ursachen 
entstehen  nnd  misst  allen  diesen  Ursachen,  besonders  aber  den 
Boden  Verhaltnissen  wie  dem  Befallensein  der  Pflanzen  die 
Hanptarsache  der  Entwickelang  der  Senche  bei.  Das  Befallen- 
sein der  Pflanzen  besteht  einfach  darin,  dass  sich  aaf  den  Sten- 
geln titid  Blattern,  wohl  aach  in  den  BliSthen  iein  Pilz  findet, 
der  seiner  Natar  nach  schädliche  Stoffe  far  den  Korper  det 
Thi'ere  enthält,  speciflsch  aof  die  Blotbereitung  einwirkt,  and 
der  nnter  dem  valgären  Namen  des  Mehlthanes  im  Volke  all- 
gemein bekannt  ist.  —  Wir  wissen,  dass  dieser  Stoff  äasserst 


das  Grundwasser  nnd  der  Milzbrand,  355 

sckadlich   auf  den  Organismoa   wirkt  und   namentlich   die  Nei> 
gung  snr  ZersetEong  des  Blates  hervorruft  und  befördert. 

•  Jedenfalls  steht  diese  PiUbildnng,  mit  der  Beschaffeobeit 
des  Grundwassers  in  genauer  Verbindung  und  es  ist  gar  nicht 
unwahrscheinlich,  dass  die  im  Milzbrandblnte  in  neuerer  Zeit 
entdeckten  Bacteridieu  injicirte  Saamenkorperohen  der  als  Mehl- 
thau  vorgefuftdenen  Pilve  sind,  gleichfiei  ob  vegetabilischer 
oder  animalischer  Natur. 

Es  drängt  sich  hier  die  Frage  auf:  wodurch  wird  die  Nei- 
gung des  Blutes  cur  Zersetzung  und  FSnlniss  bedingt?  Dodi 
gewiss  aus  Gahrungsstoffen  die  durch  Verdauung  nnd  Einath^ 
men  dem  K5rper  und  speciell  dem  Blute  angeführt  und  einver-- 
leibt  worden  sind,  ihren  Verwesungsprocess  in  diesem  fortsetzen, 
die  Blntmasse  verunreinigen,  verdicken,  und  dadurch  ea  ihrer 
Function  unbrauchbar  machen.  Dass  aber  beim  Milsbrande  die 
Heigung  aur  Zersetsung  nicht  nur  im  Blute,  sondern  im  ganaea 
Organismus  vorwaltet,  dafSr  sprechen:  die  Veränderung  der 
Oaiie,  der  Austritt  von  Blut  in  den  Darmkaual  etc.,  die  schneti 
entstehenden  gallertartigen  Beulen  unter  der  Haut  nnd  in  den 
H6hlen  beim  noch  lebenden  Tbiere  —  nnd  di«  rasdii  vor  sieh 
gehende  Verwesung  der  Cadaver. 

Dass  auch  andere  bedingende  Schädlichkeiten  an  den  vor- 
her ber^gten  kommen  müssen,  um  eine  besondere  Spectes  einev 
Seuche  hervorsnrufea ,  darüber  kann  wohl  kein  Zweifel  obwal- 
ten; dieselbe  bildet  sieh  nach  bestimmt  gebotenen  Bedingungen 
und  Naturgesetsen ,  wie  alles  Erschaffene;  welche  besond«pen 
Mmnente  aber  hier  Busamuenwirken  müssen,  um  die  resp%  Re- 
enltate  faervoranbringen,  das  ist  leider  noch  «ine  terra  inoognit«. 


23» 


35e 


X. 


Drsachei  des  Abortus  bei  des  Wiederkäaern  iid 
Schwemei  und  dessen  Folgen« 


Thiont  Kote  1  mann,  In  Treptow  e.  d.  ToUenee. 


StotsOQ  und  Schlagen  mit  HoUschnhen  oder  Milehschemelo 
in  der  rBchten  Saite  tragender  Thiere,  enge  Thnren»  Stalle  mit 
hohen  Schwellen,  bringen  in  der  letsten  Balfte  der  Trachtig* 
keit  bei  den  Wiederkäuern,  in  den  meivten  Fallen  erst  nach 
2  bis  3  Tagen,  Abortus  nach  Torhergegangenem  Kränkeln,  wel- 
ches anfinglich  so  nnbedentend  ist,  dass  es  meistentheils  nber- 
seben  wird ,  bis  denn  endlieh  etwa  5  — 10  Stunden  vor  dem 
Act  das  Leiden  des  betreffenden  Thieres  so  auffallend  wird, 
daaa  es  cor  näheren  Untersuchung  auffordert.  Hier  findet  man, 
Btefadem  das  Fruchtwasser  schon  wer  weiss  wie  lange  vorher 
abgegangen  ist,  die  Fussa  des  todten  Fotns  in  den  Muttermund 
getreten,  ohne  dass  Wehen  wahrgenommen  sind.  Eben  weil 
diese  fehlen,  wird  die  Herausschaffung  des  oft  bedeutend  an- 
ges^woUenen  Fötus,  selbst  wenn  derselbe  eine  richtige  Stel- 
lung hat,  immer  eine  erschwerte  sein,  womit  ein  Zurückbleiben 
der  Nachgebart  verbunden  ist.  Zum  ersten  Male  trachtige  Fär- 
sen leiden  in  diesem  Falle  sehr  und  sterben,  wenn  die  Nach- 
gebart nicht  frohxeitig  mit  Vorsicht  abgelost  wird. 

Ferner  yerkalben  Kühe  leicht,  wenn  sie  mit  rollem  Magen 
mit  ihrem  Hintertheile  au  niedrig  liegen;  ancäi  Kühe,  die  es 
sich  angewohnt  haben,  stets  auf  der  rechten  Seite  au  liegen. 
(Von  25  tragenden  Kühen  liegen  20  instinktmassig  auf  der  lin- 
ken Seite.)  Dass  hier  durch  anhaltenden  Druck  des  angefüll- 
ten Pansens  und  Beiseiteschiebang  des  Fötus  die  Blatcircnlation 
in  demselben  betrachtlich  gestört,  nnregelmassig  oder  ganz  ge- 
hemmt werden  kann  und  Abortus  verursacht,  liegt  auf  der  Hand. 


Uriachea  d««  Abortoj.  967 

Stets  mit  Fatter  ubermaasig  angefdllter  cnd  d&darch  sehr 
«asgedehDter  Pansen  (Kühe  rohen  nicht  eher,  bis  der  Pansen 
übermässig  angefolit  ist)  sind  nicht  allein  Ursachen  des  Abor- 
tus, sondern  auch  Ursachen  onregelmassiger  Grebnrten  nnd 
auch  von  Missbildung^n  des  Fötus  im  niederen  Grade.  Indem 
der  in  der  körperlichen  Entwickelung  vorgeschrittene  Fötus 
sich  ans  seiner  besehrankten  Lage  herauszuarbeiten  versucht 
(und  wer  kennt  nicht  die  oft  starke  Bewegung  des  jungen  Thio- 
res  im  Mutterleibe!)  durfte  ihn  wohl  der  Tod  überraschen. 
Auch  erfolgt  der  Abortus  oft  erst  am  zweiten  oder  dritten  Tage 
nach  vorhergegangenem  Kränkeln  der  Mutter  fast  ohne  Wehen, 
weshalb  die  Hülfe  auch  hier  so  bald  wie  möglich  herantreten 
muss,  die  ohnehin  genug  an  schaffen  haben  wird,  den  oft  sehr 
geschwollenen  Fötus  zu  entfernen. 

Ebenso  wie  bei  Stuten  sind  auch  hier  Ueberfutternngen 
und  dadurch  herbeigeführte  Unverdaulichkeiten ,  mit  hartnäeki> 
gen  Aufblähungen  und  Verstopfungen  verbunden,  Ursachen  des 
Abortus.  Hetzen  mit  Hunden,  Springen  über  Gräben  und 
Hecken,  überhaupt  alle  gewaltthätigen  Einwirkungen  auf  die 
rechte  Seite  des  trachtigen  Thieres,  bringen  oft  rasch  den  Abor- 
tus zu  Wege. 

Endlich  alle  Krankheiten,  namentlich  der  langsam  verlau- 
fende Milzbrand,  anhaltend  fieberhafte  Krankheiten,  welche  an« 
haltend  medicinisch  behandelt  werden  und  besonders  drastische 
Porgirmittel ,  bringen,  unzeitig  angewandt,  leicht  Abortus. 

Alle  bis  jetzt  angegebenen  Ursachen  veranlassen  jedoch 
immer  nur  den  sporadischen  Abortus.  Sie  werden  immer  vor- 
kommen und  können  nie  ganz  vermieden  werden. 

Wir  kommen  jetzt  zu  den  Ursachen,  welche  den  gewisser- 
maassen  epizootischen  Abortus  veranlassen  und  welche  in  ihren 
Folgen  für  den  Landmann  um  so  empfindlicher  sind,  als  er 
sich  oft  durch  die  bedeutenden  Verluste  in-  seiner  Einnahme  er- 
heblieh beeinträchtigt  sieht. 

In   der   BiBleitung   des   Aufsatzes    über   diis   Ursachen  des 


36S  Kottlmanii, 

Abortus  bei  Staieo  ist  gesagt,  dass  der  dorftige  and  der  fette 
Fattersostend  die  pradisponirenden  Ursachen  oder  die  Neigung 
anm  episootiseben  Abortns  reprasentiren.  Dies  ist  gana  beson- 
ders bei  den  Wiederkaaem  der  FalL 

* 

In  Blntaminth  und  Blutreiehthnm  mit  Hianeignng  anr  Djs- 
krasie  oder  Zersetsnng  der  naehsten  Bestandtheile  des  Blntes 
besteht  hauptsächlich  das  Wesen  der  Disposition  zum  Abortus« 
die  jetst  nur  eines  Anstosses  von  äusseren  auf  die  Thiere  ein- 
wirkenden Teranlassenden  Ursaehen  bedarf^  um  denselben,  (den 
Abortns)  herorsubringen.  Und  dass  es  an  diesen  veranlassenden 
Ursachen  nicht  fehlt,  werden  wir  späterhin  nächweisen«  Der  Man- 
gel  an  Blut  bei  dürftig  ernährten  Thieren  wird  schon  angeaetgt 
durch  den  abgemagerten,  nur  in  Baut  und  Knochen  hangenden 
Körper,  der  solche  Empfindlichkeit  far  Einwirkungen  der  Kalte, 
Nasse  und  auch  Sitae  seigt,  dass  die  Hiiero  nicht  Lust  haben, 
sieh  an  bewegen  und  wenig  Lust  zeigen,  sich  ihre  Nahrung 
im  Stall,  noch  weniger,  anf  der  Weide  au  suchen.  Dass  nun 
bei  solchen  IndiTidnen  alle  natarlichen  Verrichtnngen  sehr  man- 
gelhaft sein  müssen,  zeigt  das  zu  Berge  stehende  Haar,  welches 
sie  oft  erst  spSt  im  Frühjahr  und  Anfangs  des  Sommers  wechseln« 
Armuth  an  Blnt  und  Mangel  an  Nährstoff  fär  den  Fötus  zeigt 
sich  schon  hierdurch,  noch  mehr  aber  an  den  durch  Abortus  zu 
Grunde  gegangenen  Cadayern. 

Der  kummerlich  ernährte,  meistentheils  in  der  ersten  Hälfte 
der  Trächtigkeit  ausgeworfene  Embryo  nnd  der  in  der  letzten 
Hälfte  der  Trächtigkeitszeit  ansgestossene  Fötus,  der,  von  aussen 
angesehen,  eine  gnte  ErDäbrnng  gehabt  zu  haben  scheint,  zei- 
gen in  ihren  Gefassen  Blutmangel,  eine  gewisse  Aufgedunsen- 
heit in  den  Muskeln  und  Knochen,  welche  roth  anssehen  und 
zu  porös  und  cmisistenzlos  sind.  Bei  den  an  Abortus  veren- 
deten Thieren  zeigt  sich  im  Pfortadersystem  wenig  nnd  dmn 
ein  mehr  wässriges  Blnt,  wenig  Blut  in  der  Schnittfläohe  der 
Mnskeln ,  zasammengezogene  Venen  nnd  ganz  besonders  un* 
vollkommene  und  kleine  Frachtknchen .   an  denen   die   Eihäute 


Ursachen  dea  Abortus.  3^9 

oft  so  fest  sitzen,  dass  diese  eher  serreisseo,  als  dass  sie  sieh 
ablosen  lassen,  was  wohl  auoh  als  die  Ursache  betrachtet  w6r> 
den  mDss,  dass  die  Nachgebart  so  oft  anrnckbleibt  und  so 
grosse  Schwierigkeit  bei  ihrer  Ablösung  seigt. 

In  dem  Vorstehenden  sind  allerdings  die  aasserBten  Gren- 
aen  einer  dürftigen  ErnahrnDg  und  des  daraus  entstehenden 
Blutmangels  angedeutet;  wenn  nun  dieser  Grad  der  Blutarmuth 
auch  nur  bei  einer  geringen  Zahl  des  Rindriehstandes  Torban- 
den  sein  durfte,  so  lebt  doch  eine  nicht  unbedeutende  Zahl  in 
einem  Zustande  anderer  Art,  in  welchem  Yon  einer  gedeihlichen 
Entwickelung  des  Embrjo,  besonders  bei  den  Färsen,  nicht  die 
Rede  sein  kann,  welches  aus  Nachstehendem  noch  naher  her* 
Torgehen  wird. 

In  der  Mehrzahl  der  hier  gemeinten  Thiere  tritt  der  Abor« 
tus  zu  allen  Zeiten  der  Trächtigkeit  auf,  wenn  jene  noch 
näher  zu  bezeichnenden  Gelegenheitsursachen  auf  sie  einwirken, 
wodurch  Dyskrasie  des  Blutes  eintreten  muss,  was  den  Bil- 
dnngstrieb  des  Embryo  in   seiner   weiteren  Entwickelung  stört. 

Der  Nachweis  einer  mangelhaften  Ernährung  des  Fötus, 
durch  welche  das  zur  Entmischung  geeignete  Blut  bedingt  wird, 
möge  in  Nachstehendem  seine  Erledigung  finden,  wobei  wir  auf 
die  jetzige  Erziehungsmethode  ein  wenig  zurückgreifen  müssen. 

In  hiesiger  Provinz  (Pommern)  ist  die  Nachfrage  von  ausser-* 
halb  nach  Färsen  seit  mehreren  Jahren  schon  eine  bedeutende, 
aie  sind  ein  Handelsobject  für  Landleute  und  Barger  in  Acker- 
Städten  geworden,  welches  viel  Geld  einbringt«  Letzterer  Um- 
stand hat  namentlich  die  Banerhofsbesitzer  veranlasst,  jährlich 
16  bis  20  und  in  einzelnen  Fällen  noch  mehr  Kälber  beiderlei 
Geschlechts  zur  Aufzucht  anzusetzen.  Diese  jnngen  Thiere 
vei*den  in  dem.  ersten  Jahre  durch  gute  Pflege,  wie  Treibhaus* 

pflanzen,  wie.  in  die  Breite  Qud  Stärke»  so  in  die  fiobe  getrie-r 

• 

ben,  dass  sie  das' Ansehen  von  2<  bis  Sj ährigen  Färsen  haben, 
wenn  sie  anf  die  Weide  kommen,  in  der  That  aber  erat  ein 
bis  anderthalb  Jahre  alt  sind.     Hiee   erwacht  der '  Begatfnngs- 


3M  Koielmmno, 

tri«b,  und  da  steU  ein  oder  mehrere  BoUea  unter  sie  gegeben 
werden,  so  knnn  es  nicht  ausbleiben ,  dnss,  mit  wenigen  Aus- 
nahmen, alle  jungen  Thiere  im  Ausgange  des  «weiten  Jahre», 
oft  schon  mit  anderthalb  Jahren,  entweder  abortiren,  oder  ein 
gesundes  Kalb  bringen,  weiches  oft  so  stark  und  gross  ist, 
dass  es  nicht  die  unausgebildete  Beckenhöhle  passiren  kann 
und  entweder  mit  Gewalt  oder  durch  Zerstöekelnng  abgdiolt 
werden  muss,  wonach  die  jugendlichen  Mutter  dann  oft  au 
Grunde  gehen  ransseo.  In  den  meisten  Fallen  aber,  da  die 
jungen  Thiere  an  gute  Pflege  gewohnt  sind,  können  sie  sieh 
schwer  an  die  Weide  gewohnen,  treiben  sich  auf  derselben  uns- 
her,  werden  von  Ungeziefer  geplagt  und  bekommen  die  sog^ 
nannte  Grassenehe  a.  s.  w.  Es  ist  hier  wohl  nichts  natürlicher, 
als  dass  diese  Thiere  im  Fnttersnstande  surnckkommen  and 
hierdurch  eine  Neigung  sur  krankhaften  Umstimmung  des  Blu- 
tes oder  Blutmangel  eintreten  muss.  Wenn  nun  jene  ^ater 
noch  aufzuzeichnenden  Ursachen  im  Spatsommer  und  Herbst 
auf  sie  einstürmen,  so  ist  es  erklärlich,  dass  diese  Thiere 
schwächlich  und  klein  bleiben  und  selten  gute  Milchkühe  werden- 

Noch  verdient  bemerkt  sn  werden,  dass  'die  meisten  Far- 
sen,  welche  im  sweiten  Jahre  gekalbt  oder  abortirt  haben, 
meistentheils  ein,  auch  anderthalb  Jahre  obergehen,  ehe  sio  den 
Bullen  wieder  annehmen.  Dass  hier  der  Landmann  nur  wenig, 
oft  gar  keinen  Nutzen,  wohl  aber  den  Schaden  hat,  statt  drei- 
jähriger nnr  sweijährige  Färsen  for  hohe  Preise  erhalten  sn 
haben,  von  denen  nur  wenige  gute  Milchkühe  werden,  liegt 
anf  der  Hand. 

Allen  diesen  Uebeln  entgegensntreten  wurde  man  das  Mit- 
tel dazu  in  der  Stallfatterung  mit  Grnnfatter  finden,  wenn  hier 
mit  Massigang  der  rechte  Weg  inne  gehalten  worde.  Das 
trifft  man  aber  bei  dieser  Art  zn  futtern  auch  nicht  oft.  Daher 
hat  diese  aach  ihre  grossen  Schattenseiten,  die  wir  nun  naher 
in  Erwägung  ziehen   wollen. 

Die  Erfahrung  hat  uns  gelehrt  und  lehrt  et   ti^g;lieh  noob. 


Ursachen  des  Abortus«  361 

das«  der  darch  kräftige  Ernahrang  erzielte  gute,  fette  Fatter- 
sastand  im  Winter  auch  den  Sommer  bei  Grünfatter  im  Stall 
sieb  erbalt.  Niebts  desto  weniger  kommen  bier  eben  so  viele 
Abortfalle  vor,  wie  bei  den  dürftigen  Tbieren,  die  aof  Waide 
geben,  mebr  bei  den  Färsen,  als  bei  Milcbküben.  Die  pradis« 
ponirende  Ursacbe  liegt  bier  im  Ueberflass  von  Blat,  in  Ueber- 
fnllang  (Orgasmus)  der  obnebin  blatreicben  Eingeweide  des 
Hinterleibes  traebttger  Tbiere  mit  Blat.  Hier  sind  oft  nur  an- 
bedentende  veranlassende  Ursacben  notbig  den  Abortus  au 
Stande  zu  bringen.  Dies  snr  Dyskrasie  neigende  Blut  bat  nicbt 
mebr  die  Eigenscbafc,  dem  Embryo,  oder  dem  in  der  Entwicke- 
lung  Torgescbrittenen  Fötus  zu  nützen;  Abortus  und  niobt 
selten  der  Tod  der  Mutter  durcb  binzutretende  Erankbeiten 
sind  die  Folgen,  wie  späterbin  gezeigt  werden  soll. 

Die  Section  der  an  Abortus  zu  Grunde  gegangenen  Tbiere,  — - 
nocb  mebr  des  Embrjos  oder  Fötus,  —  liefern  den  Beweis, 
denn  woher  sonst  die  nngewobnlicb  stark  entwickelten,  mit 
Blut  angefüllten,  dunkelaussehenden  Mutterkuchen  (Kotyledonen) 
auf  deren  grosser  Flache  und  in  deren  Einschnitten  die 
Fruchtkuchen  so  tief  eingedrungen  sind,  und  so  fest  sitzen,  dass 
sie  bei  der  Ablösung  so  leicht  zerreissen  und  Rudimente  zu- 
rücklassen, was  durcb  deren  Fäulungsprozess  Veranlassung  giebt 
zu  Nachkrankbeiten,  woran  die  Tbiere  langsam  absterben;  wo- 
ber die  Anhäufung  eines  theerartigen  dicken  Blutes  in  allen 
Organen  des  Hinterleibes,  besonders  der  Leber,  an  deren  Gal- 
lenblase oft  rundum  Ausschwitzungen  sich  zeigen;  woher  das 
Austreten  von  Blut  in  den  Schleim«  und  serösen  Hauten,  des 
Bauchfelles  der  Mägen,  des  Darmkanals,  des  Uterus,  was  sieb 
als  rothe,  braune  und  brandige  Flecken  von  verschiedener  Grosse 
kennzeichnet;  nocb  mebr  aber,  woher  die  an  verschiedenen 
Stellen  auf  dem  abgehäuteten  F5tns,  auf  und  zwischen  den 
Muskeln  vorgefundenen  serosblutigen  Ausscbwitzungen ,  beson- 
ders auf  den  ungewöhnlich  stark  ausgedehnten  Gelassen  des 
Nabelsiranges,  der  auch  wohl  brandig  und  deshalb  trotz  seiner 


362  Kotclmann, 

Stirke  ao  leieht  serreissbar  ist!  etc»  Laasen  alle  dieae  Erschei- 
nungen nicht  anf  einen  paasiren  Entiundnngs-  oder  Zersetaaiigi- 
proiess,  anfDyskrasie  einer  abermassigenBlatmasse  •cbliessen? 

Unter  diesen  Umstanden  tragt  der  Embryo  schon  bei  sei- 
ner Entstehung  den  Keim  in  sich  an  seinem  Verderben,  w.obet 
nur  eine  geringe  yeranlassende  Ursache  hinreicht  anm  Abortus. 

Anders  Terhalt  es  sich  mit  den  fetten  Milchkühen;  diese 
sind  durch  ihre  Milehergiebigkeit  so  lange  vor  Abortus  ge- 
sohtttst,  als  sie  noch  Milch  geben,  spfiter  aber  sind  sie  eben  so  gut 
wie  die  Färsen  unter  obwaltenden  Umstanden  dem  Abortus  unter- 
worfen, jedoch  mit  dem  Unterschiede,  dass  sie,  vier  bis  sechs 
Wochen  vor  Ablauf  ihrer  Trachtigkeitsieit,  ihr  meistentheils 
todtes  Kalb  wegwerfen,  sollte  dasselbe  aber  auch  leben,  so 
giebt  es  in  den  meisten  Fallen  durch  anhaltendes,  jammerliches 
Geschrei  etc.  doch  au  erkennen,  dass  es  keine  Lebensfähigkeit 
hat;  es  seigt  sich  auch  bald,  dass  es  keine  Nahrung  au  sich 
nimmt  und  langsam  abstirbt.  Auch  hier  bleibt  die  Nachgeburt 
aus  oben  angegebenen  Ursachen  surock.  Hier  muss  eines  Um- 
Standes  gedacht  werden,  der  wohl  eine  Berücksichtigung  ver- 
dient. Zu  hanfig  kommt  es  vor,  dass  fette  Kühe,  gleichviel  ob 
sie  abortiren  oder  Kälber  sur  Welt  bringen,  hiernach  an  einer 
vermehrten  Schleimabsooderung  in  der  Scheide  und  dem  Uterus 
leiden,  was  sie  au  einem  periodischen  wilden  Rindern  auffor- 
dert, ohne  dass  sie  concipiren.  Dies  dauert  Jahre  lang;  cu- 
letst  nehmen  die  Thiere  alle  drei  Wochen  den  Bullen  an  und 
werden  gleichwohl  gar  nicht  mehr  tragend.  Auch  bei  fetten 
Firsen  kommt  dieser  Znstand  vor,  wodurch  die  Zahl  guter 
Milchkühe  vermindert  wird.  Diese  sind  für  die  Sohlachtbank 
reif  und  versprechen  dem  Gourmand  eine  gute  Bouillon. 

So  wie  hier  bei  den  Kühen  ist  es  mit  wenigen  Modifioa- 
tionen  auch  bei  den  mageren  und  fetten  Muttersdiafen..  .Da 
aber  eine  grossere  Sorgfalt  bei  der  Auswahl,  ihres  Futtete, 
überhaupt  eine  weit  grossere  Vorsicht  in-  der  Wartfiqg  ^nd 
Pflege   bei    diesen   Thi^ren    beobachtet-  wird,   wovon  in    defai 


Ursachen  des  Abortus..  .ß^Z 

MaMse  beim  Riadfieh  nicht  die  Rede  sein  kann,  so  bekonunt 
man  magere  Sehafe  nnr  selten,  dagegen  gnt  genährte  und  fette 
desto  mehr  za  sehen  und  deshalb  mögen  nnr  letxtere  hier  der 
Gegenstand  unserer  Beschäftigung  sein.  Unter  obwaltenden 
Umständen  kommt  der  Abortus  bei  den  Schafen  in  allen  Ge- 
stalten ,  in  allen  Formen  ao  vor,  wie  bei  den  Färsen  und  Kühen. 
Alle  Erscheinungen,  besonders  der  Sectionsbefund  bei  den  an 
Abort  verendeten  Thieren,  zeigen  eine  zu  grosse  Vollblutigkeit, 
mithin  auch  eine  zur  Djskrasie  hinneigende  Beschaffenheit  des 
Blutes,  was  nicht  die  Bigenschafi  haben  kann,  einen  gesunden 
Embryo  zu  erzeugen«  Dass  dies  so  ist,  zeigen  die  unter  den 
gnt  genährten  Mutterschafen  so  oft  vorkommenden  plötzlichen 
Sterbefölle,  welche  zu  allen  Jahreszeiten  eintreten  und  welche 
;man  für  Milzbrand  zu  halten  geneigt  ist»  Hierbei  tritt  nun 
aueh,  ehe  der  Tod  kommt,  der  Abortus  auf,  wenn  auch  Gele- 
genheitsursaohen  nicht  auf  die  Thiere  einwirken.  Das  zeigen 
auch  die  sehwächliohen  Lämmer,  welche  die  Anlage  zur  Läm- 
merlähme,  oder  dieselbe  schon  ausgebildet,  mit  auf  die  Welt 
bringen,  woran  viele  gleich  sterben.  Die  Lämmer  kommen  oft 
auch  3^4  Wochen  zu  Mh,  haben  keine  Lebensfähigkeit  und 
sterben« 

Hier  muss  noch  eines  Umstandes  gedacht  werden,  über 
welchen  noch  viel  Unklarheit  und  Unwissenheit  herrscht  was 
einer  Aufklärung  bedarf.  Wenn  zu  gut  genährte  und  fette 
Mutterschafe  vor  und  nach  ihrem  Ablammen  noch  mit  Kraftfutter 
genährt  werden,  um,  wie  man  hofft,  starke,  kräftige  Lämmer 
zu  erziehen ,  so  täuscht  man  sich  sehn  Die  ohnehin  reiche, 
fette  Muttermilch  dürfte  die  Eigenschaft  haben,  in  dem  Magen 
und  Darmkanal  saugender  Lämmer  prädominirende  Säuren  zu 
erzengen.  Denn  woher  die  Neigung  der  Lämmer  Sand  zu 
fressen,  Kalk  von  den  Wänden  abzulecken,  durch  Urin  pene- 
trant riechend  gewordene  Wolle  an  den  Füssen  ihrer  Mütter 
zu  fressen,  wenn  der  Instinkt  sie  nicht  dazu  aufforderte,  dir 
Säuren  in  ihrem  Magen  und  Darmkanal   zu  nentralisireo ^   wo- 


364  Kotelniftnil, 

nach  saertt  Ventopfong,  dann  Steifigkeit  in  den  Vorderfasiea, 
Laziren  und  die  Lammerlihme  in  vertchiedenen  Gestalten  aof- 
tritt;  deren  Behandlangeweise  bisher  noch  ein  gans  Terfehltee 
Resaltat  liefern  masste.  Die  angefahrten  Brsoheinangen  beob- 
achtet man  nnr  bei  den  jagendiichen  Lammern,  spater,  wenn 
dieselben  so  erwachsen  sind«  dass  sie  schon  anfangen  etwas 
Hen  etc.  la  fressen,  oder  wenn  ihre  Mntter  aof  die  Weide  ge- 
hen, darch  welche  ihre  Milch  eine  andere  Beschaffenheit  an- 
nimmt, hört  die  Lahme  aaf  and  man  hat  nar  mit  der  sarock- 
gebliebenen  Steifigkeit  so  than.  Diese  Lammerlahme,  sowie 
die  Fallenlahme,  deren  Ursachen  im  verdorbenen  Magen  ond 
Darmkanal  la  sachen  sein  durfte,  hat  Tiele  Aebniichkeit  mit 
dem  Verschlag  der  Pferde,  welcher  bekanntlich  dnreh  ober- 
massigen Genass  schwer  yerdaalichen  Fntters,  besonders  frisehen 
Roggens,  entsteht.  Kalte,  Zoglnft  in  den  Stallen,  welche  sich 
besonders  beim  Ans-  and  Eintreiben  der  Matterschafe  während 
des  Einfatterns  bemerkbar  macht,  wird  fiberaU  von  den  Schaf- 
meistern  als  die  einsige  Ursache  der  Lammerlabme  angegeben. 
Dies  ist  ein  Irrtham;  wenn  nar  jene  Ursachen  nicht  sind, 
diese  bringen  die  Krankheit  nicht  hervor,  sie  können  höch- 
stens als  veranlassende  Ursachen  angesehen  werden. 

Ehe  ich  mich  von  diesem  Gegenstände  trenne,  mnss  ich 
noch  den  Verdacht  aassprechen,  dass  ebenfalls  von  pradomi- 
nirenden  SSaren  im  Magen  und  Darmkanal,  hervorgernfen  dnreh 
an  Tiele  and  za  fette  Milch,  die  rothe  and  weisse  Rnhr  and 
die  Steifigkeit  in  den  Vorderfassen  bei  den  Kalbern  herrührt* 
analog  dem  Verschlag  der  Pferde.  Es  ist  sehr  an  wanschen« 
dass  bessere  Beobachter  diesen  Gegenstand  in  die  Hand  neh- 
men mochten,  am  aar  Wahrheit  aa  kommen. 

Dass  nan  scheinbar  ohne   alle  Ursachen  in  grossen  Vieh- 
Btaoden    der  Abortas   schon    im    Spätsommer,    noch    mehr   im 
Herbst  anf  eine  so  beanrnhigende  Weise  auftritt,  so  dass  wo 
chentlich  mehrere  Fälle,  besonders  onter  den  Färsen  vorkom. 
men,  welches  nicht  darch  die  sorgfaltigste  Pflege,   dorch  kein 


Unaehea  des  Abortas.  366 

PrSaerTativmittel   mehr  %a  verhSten  ist,   das  hat  teioe  verao« 
laisenden  Ursachen  in  Folgendem. 

Vielfach  sind  diese  Ursachen  so  sachen  in  den  atmosphä- 
rischen Niederschlagen,  weiche  in  anhaltend  nassen  Sommern 
die  Weide  fast  stets  als  Regenfeuchtigkeit  oder  Thaa  bedecken. 
Oft  mögen  die  in  manchen  Jahren  zahllos  auf  den  Blättern  der 
Weidepflanzen  sich  vorfindenden  Blattläuse  und  der  sogenannte 
Honigthan,  welcher  sich  durch  die  darauf  wirkende  Sonne  me* 
tamorphosirt,  —  gleichviel,  ob  wir  annehmen,  dass  derselbe 
durch  Ausschwitzung  der  Blatter  entsteht,  oder  ein  Erzengniss 
der  Blattlause  ist,  —  Ursache  zu  Abortfallen  werden,  indem 
die  Thiere  ohne  Wahl  Unreinlichkeiten  mit  dem  Ungeziefer  in 
grosser  Menge  hineinfressen  müssen.  Nicht  selten  auch  wird 
Abort  hervorgerufen,  wenn  die  Thiere  als  Weidenahrung  vor- 
finden: saure  Graser  aller  Art,  Unkraut,  selbst  Ranunkeln  etc., 
welche  Pflanzen  bei  anhaltendem  Regen  auf  niedrigen  Weiden 
als  eine  üppige,  mit  Wasser  reichlich  gesattigte  Vegetation  rasch 
emporschiessen  und  von  den  Thieren  auch  gefressen  werden, 
da  sie  durch  das  viele  in  sich  aufgenommene  Wasser  ihren 
^scharfen,  pikanten  Geschmack  verloren  haben.  Nicht  minder 
schädlich  wirken  femer  auch  die  nach  anhaltendem  Regen  auf 
den  Weiden  sich  oft  bildenden  Wasserpfntzen ,  welche  durch 
die  Sonnenhitze  iq  G&hrung  übergehen  und  aus  welchen  das 
Bind  so  gern  trinkt,  dabei  aber  die  darin  erzeugten  vielen  MiU 
lionen  Infusorien  mit  hineinschluckt.  Oft  auch  durfte  die  Ur« 
Sache  zum  Abort  zu  suchen  sein,  in  der  schnell  von  Hitze  zur 
Kalte  abwechselnden  Witterung  mit  anhaltendem  Regen,  wo- 
durch die  Hautausdnnstung  des  Weideviehes  unterdruckt  wird 
und  wodurch  ein  nicht  geringer  Theil  Hautschlacken  im  Blute 
verbleibt«  Auch  durfte  von  der  Haut  bei  anhaltendem  Regen 
wohl  ein  nicht  geringer  Theil  Feuchtigkeit  resorbirt  werden, 
welche  das  Blut  verdünnt  und  zur  Ernährung  des  Embryo  noch 
mehr  untauglich  macht.  Besonders  schädlich  wirken  bereifte, 
erfrorene  Weiden.     Es  wird  durch  den  Frost  die  Vegetations- 


t^.. 


366  KotelmAiin, 

kraft  ver&Ddert  oder  gänLlich  anfgebobtto,  so  da»  for  die  Tbiere 
nicbts  mehr  abrig  bleibt,  als  nor  oabraDgeloee  Gräser,  wovon 
eie  eieb  oft  bis  in  den  spaten  Herbst  so  toU  fressen,  daas  sie 
nnr  mit  Mühe  nacb  dem  Stalle  geben,  wo  sie  bocbst  ermndet 
die  Nacht  dnroh  liegen  bleiben.  Dass  nun  dnreb  den  mit  Bai« 
last  angefüllten  Magen  nnd  Darmkanal  der  Raum  in  der  Bani^- 
höhle  beschrankt  wird,  ans  welchem  sich  der  F5tns  hmransan- 
arbeiten  yersnoht,  dadnrch  aber  in  eioe  anregelmassige  Lage 
nnd  Stellung  kommt,  so  dass  Abort  erfolgt,  ist  leicht  an  be- 
greifen. Dieselben  Nachthttle  wie  erfrorene  Weiden  erzengen 
anch  nasses,  halb  Terfanites,  gefrorenes  Eankelrübenkrant,  kranke 
Kartoffeln,  in  feuchten,  dem  Lichte  nnsaganglichen  Kellern  anf- 
bewahrte  Rnnkeln  und  Raben,  4ie  oft  gana  mit  Schimmel  aber- 
aogen  sind. 

Auf  einem  Gate  hiesiger  Gegend  abortirten  11  Färsen  in 
einer  Woche,  die  mit  Tersehimmelten  Roben  gefuttert  worden 
waren. 

Ueberhaopt  sind  alle  Pilse  und  Schimmel  niemala  von  dem 
Verdachte  der  Schädlichkeit  frei,  wie  denn  anch  schlecht  ge- 
wonnenes Wickfutter,  in  dessen  Schoten  die  Wicken-  versdiim- ' 
melt  sind,  schädlich  wirkt«  Wohl  an  berucksiehtigen  ist 
noch  da«  in  grossen  Kasten  angefenchtete,  eiagestampltoy 
in  weinige  Gafarung  nbergegangeno  Fntter,  welches  an  den 
Wanden  nnd  in  den  Ecken  des  Kastens  oft  schimmelig  nnd 
stöckig  wird«  Denn  nicht  slleln  das«  durch  dasselbe  leidit 
Abortns  erfolgt,  sondern  die  dadurch  vermehrte  S<^leimabson^ 
deiung  in  den  Lungen  dee  Viehes  reitst  an  fortwährenden! 
Hasten  und  fahrt  lu  chronischen  Lungenkrankheiten,  —-ja  wer 
weiss,  ob  nicht  aadb  aar  Lnngenseoehe,  die,  nrsprünglich  ent- 
standen, sich  nun  durch  Ansteckung  weiter  verbreitet.  Jeden- 
falls entsteht  dabei  aiush  eine  vermehrte  Schleimabsondernng 
in  disr  Scheide  und  im  Uterus,  wodurch  die  Thiere  zu  wieder« 
ho|tem  Rindern  aoj^efordert  werden,  ohne  zu  eoncipiren. 

Wenn    nun    durch    die  Stalifutterung.  mit    Grnnf^ter   im 


Ursachen  des  Abortus.  367 

Sommer  die  Thiere  vor  schädlichen  Witternngsoinflussen  and 
mannigfaltigen  anderen  Schädlichkeiten  der  Weide  anch  mehr 
geschützt  sind,  so  sind  sie  in  ihrem  oft  zu  fetten  Futterzustande 
und  dem  zu  Folge  durch  ihre  Vollblutigkeit  filr  andere,  oft  un- 
bedentend  erscheinende  schädliche  Einwirkongen  um  so  empfind- 
licher und  abortiren  oft  nicht  allein  weit  häufiger,  als  Weide- 
tieb,  sondern  sind  anch  besonders  in  den  beissen  Tagen  dem 
Milzbrand  unterworfen,  welcher  bekanntlich  auf  Menschen  und 
alle  Thiere  übertragen  werden  kann  und  oft  grossen  Schaden 
anrichtet,  was  in  den  Elb-  und  Havelthälern  häufig  genug  vor- 
kommt« 

Auf  einem  Gute  in  Mecklenburg  erkrankten  im  August 
10  dreijährige  Färsen  innerhalb  48  Stunden  an  der  Anthrax- 
bräune  und  starben.  Bei  4  derselben  zeigten  sich  Erscheinun- 
gen, die  bestimmt  auf  Abortus  schliessen  liessen;  sie  starben, 
ehe  es  dazu  kam.  Bei  der  Oeffnung,  welche  bei  einem  der 
Thiere  gemacht  wurde,  waren  die  Fusse  schon  ausserhalb, 
und  die  Nase  des  Fötus  vor  den  Muttermund  getreten.  80 
sechzehn  Wochen  alte  Ferkel,  mehrere  Kühe  und  das  Pferd, 
welches  zum  Herausschleppen  der  Cadaver  gebraucht  war,  ver- 
endeten ebenfalls  innerhalb  der  oben  angegebenen  Zeit,  Es 
konnten  mehrere  dergleichen  Fälle  angeführt  werden;  hier  nur 
einer  für  viele:  Auf  den  Havelthalwiesen  ist  der  Milzbrand  in 
allen  Formen  nach  ungünstiger  Witterung  stationär  und  der 
Abortus  häufig.  Wie  höchst  ansteckend  dort  diese  Krankheit 
ist,  beweist  der  häufige  Verlust  an  Pferden  beim  Scharfrichter, 
mit  welchen  derselbe  die  verendeten  Thiere  ausschleppt.  In 
einem  ungünstigen  Sommer  fielen  8  Pferde  an  verschiedenen 
Formen  des  Milzbrandes  und  an  Karbnnkelbeulen  am  Kopfe, 
welche  zum  Fortschleppen  der  au  Milzbrand  verendeten  Kühe 
benutzt  waren.     Doch  dies  nur  beiläufig. 

Wie  sehr  der  Landmann  in  Nachtheil  gerathen  kann,  wenn 
er  durch  Kraftfutter  einen  hohen  Milchertrag,  aber  auch  einen 
fetten  Fütterzustand  zu  erzielen  strebt,  wodurch  Abortus;  Milz- 


1 


3^8  Kotelmann, 

brand  eto,  bedingt  wird,  vermag  nar  der  xa  wardigen,  der 
eine  Parallelle  sieht,  swischen  möglichem  Ertrag  und  mogUehem 
Verloat  an  Vieh.  Er  wird  die  Ueber«eagang  gewinnen,  dase 
der  Mittelweg  der  beste,  ein  goldener  ist. 

Vorhin  ist  gesagt,  dass  die  im  Sommer  im  Stall  mit  Gron- 
fatter  verpflegten  Tbiere  den  naohtheiligen  Einflüssen  der  Wit* 
ternng  nicht  so  ansgesetct  sind,  wie  Thiere  die  auf  Weide  ge- 
hen; aber  deshalb  können  sie  doch  nicht  geschätzt  erachtet 
werden  vor  den  nachtheiligen  Einwirkungen,  welche  das  Grnn- 
futter  an  «ich  verbirgt  in  Gestalt  von  Meblthau,  einer  anzahli- 
gen Menge  Blattläusen  mit  ihrer  Unreinlichkeit,  vielen  Käfern, 
Raupen  und  Gewürm,  welche  sich  im  Grnnfutter  aufhalten^  und 
dasselbe  mit  ihrem  tinrath  besudeln;  fernec  vor  den  Nachthei- 
len des  in  grossen  Haufen  angefahrenen  Grnnfatters,  welches 
durch  anhaltenden  Regen,  Thau  durohnasst  ist  und  nun  heiss 
wird;  auch  Mangel  an  Bewegung  in  frischer  Luft,  grosse  Hitae 
in  den  Stallen  und  Plage  vom  Ungeziefer,  als  Fliegen  etc.  sind 
wohl  Ursachen,  die  eine  gesunde  Blutbereitung  verhindern  und 
dem  Embrjo  und  Fötus  Verderben  bringen,  so  dass  diese  erst 
krankein,  dann  absterben  und  ausgeworfen  werden  —  also 
Abortus  erfolgen  mnss.  Und  wer  weiss,  welchen  Einfluss  die 
Electricitatsverhaltnisse  zwischen  Erde  und  Luft  auf  das  phy- 
sische Leben  so  verpflegter  vollblutiger  Thiere  hat!  Ausge- 
macht ist,  dass  bei  schwuler  Gewitterluft  der  Milzbrand  am 
hanfigsten  vorkommt.  Dass  sich  übrigens  der  Abort  beim  Horn- 
vieh und  den  Schafen  das  zweite  Jahr  wiederholt,  wie  bei  den 
Stuten,  scheint  nicht  der  Fall  zu  sein;  Knhe  nehmen  oft  4 
Wochen  nach  dem  Abort  den  Bullen  an  und  bringen  zu  rech- 
ter Zeit  ein  gesundes  Kalb* 

So  wenig,  beiläufig  und  zerstreut  Gegebenes,  unsere  Ve- 
terinarschriften  über  die  Ursachen  des  Abortus  bei  onserea 
Hansthieren  uns  auch  mittheilen,  .60  sind  doch  einige  schatzena- 
werthe  Beitrage  in  dieser  Hinsicht  gemacht  worden,  die  wohl 
werth   sind  hier,  wiederholt  zu   werden.      So   berichtet  uns  in 


Ursachen  des  Abortus.  369 

d«iii  Garlt-Hertwig'schen  Magasin  der  Thierheilkande,  26« 
Jahrgang,  2.  Qaartalheft,  Seite  24,  der  Thierarat  Hasselbach, 
dass  ein  an  den  Maisstangen  wuchernder  Piix  „Ustilago  maldis^ 
von  Enhen  gefressen,  innerhalb  8  Tagen  bei  11  derselben 
Abortus  zu  Wege  brachte  nnd  dass  trachtige  Hnnde  danach 
sofort  abortirten. 

In  demselben  Magazin  sagt  Thierarzt  Eon  ig,  dass  eine  an 
Alkohol  reichhaltige  Schlempe,  womit  Enhe  getrSnkt  werden, 
eine  mangelhafte  Ansblildong  des  Fotns  nnd  Abortns  yerarsacfae* 

In  Gerlach's  nnd  Leissering's  Mittheilangen  ans  thier- 
ärztlicher  Praxis,  3.  Jahrgang  54-^55,  Seite  184  theilt  Ereis- 
Thierarzt  Snth  mit,  dass  nach  Mistjanche,  in  welche  öfters 
Seifen  Wasser  in  grosser  Menge  gegossen  wurde,  nnd  von  wel- 
cher die  Euhe  tranken,  das  Verwerfen  derselben  sich  oft  wie« 
derholte,  die  Nachgeburt  zuruekblieb  und  oftmals  Gebarmutter* 
leiden  eintraten. 

Daselbst  beschuldigt  Erois«  Thierarzt  Benke  schlecht  ge- 
wonnenes, verdorbeoes  E leeheu,  die  Ursache  des  so  häu6g  auf- 
tretenden Abortus  zu  sein. 

In  der  landwirthschaftlichen  Groschen-Bibliothek  von  Protz 
wird  gesagt: 

„Viel  Regenwetter  t  Nasse  übt  einen  nachtheiligen  Binfluss 
auf  die  thierische  Lebens  Verrichtung,  sie  schwächt,  das  Blut  be- 
halt zu  viel  Wasser,  dasselbe  ist  auch  in  den  Pflanzen,  das 
Blut  wird  zu  wässerig,  um  zur  Ernährung  und  Erzeugung  die« 
nen  zu  können ,  und  wenn  bei  den  Stuten  der  Ersatzstoff  fehlt, 
so  wird  zuerst  die  Frucht  leiden  und  stirbt.^ 

Zeichen,  welche   auf  bevorstehenden  Abortus 

hindeuten. 

In  der  ersten  Hälfte  der  Trächtigkeitszeit  kommen  nur 
nach  äusseren  Einwirkungen  Abortfalle  vor,  haben  aber  das 
Jahr  vorher  ungünstige  Verhältnisse,  als  schlechtes,  verdorbe« 
nes  Futter  eto«,  welches  den  Winter  hindiirch  verwendet  worden 

4fag.  t.  Thjerhoilk.    XXXYL    3.  24 


fc..i. 


«/«< 


KotelBABB. 


Ut.  €iae  Disposilion  begnadet,  daa»  lekli  aacb  der  Abor- 
tos  ia  groeter  ZaU  ie  beide«  Hilftea  der  TricbtigkMtneit  wcbt^ 
SoMt  aeigi  nch  der  Ab4>ries  gern  ie  der  leCstea  Hüfte  der 
Tricliti^eiUpefiode,  vom  Herbei  ab  nad  imsi  dea  gaasea  Win- 
ter Uadmefa,  ond  dann  gaas  beeoader»  bei  dea  Pinea,  ^eieh- 
Tiel,  sie  mögen  mager  oder  fett  sein.  Die  oben  aagegebeaen 
Uraaebea,  weleben  die  Thiere  dea  Saviaer  ond  Harbit  hia- 
dnrdi  anegeeetet  warea,  bediagen  dae  UebeL  Aosgaiaaebt  ist, 
dae%  weaa  aagoaelige  Wittemage-  aad  Fatteraagsrerhaltaiste 
in  dieseai  Jabre  auf  die  Tbiere  eingewirkt  baben,  die  Folgen 
erat  das  a ädere  Jahr  enftreien,  dass  also  dadnreb  die  pra- 
diepooirenden  Ursachen  begrondet  worden  sind. 

Das  auf  einer  Biederen  Stafe  d^e  seasibelea  Lebens  ete- 
beade  HoraTieh  äussert  vor  dem  Abortns  wenige,  das  Schaf- 
▼i^  ÜMt  gar  keine  Zeichen,  welche  den  Abortus  anseigea; 
Ziegen  aber  geben  8  — 12  Stunden  Torher  durch  ihr  fortwäh- 
rendes, jamaierliehee  Qesebrei  und  stetige  Bewegang  ihres  knr- 
sen  Schwansee  an  erkennen,  dass  sie  entweder  mit  einer  reebt- 
seitigen,  oder  nnseitigen  Geburt  umgehen,  also  ein  lebendes, 
gerandes,  oder  ein  paar  Tage  spater  ein  wer  weiss  wie  lange 
schon  abgestorbenes,  fast  yermodertes  Lamm  bringen,  welches 
letatere  nor  durch  Hülfe  heraasgeschafft  werden  kann« 

Wie  wenig  äossere  Zeichen  anm  Abort  das  Hornvieh  seigt, 
ergiebt  neb  daraus,  dass  in  einer  Zeit,  wo  Abortas  häufig  vor- 
kommt, Eigenthnmer  von  trächtigen  Thieren  hier  and  da  den- 
selbeo  forehtetea,  aber  ihre  Furcht  durch  nichts  begründen 
konnten  und  doch  Recht  hatten.  Doch  aeigt  sich  in  vielen 
Fallen  eine  besondere  Wildheit  in  den  Augen  trächtiger  Thiere 
die  mit  Abort  umgehen,  eine  Neigung  cur  Unverträglichkeit, 
Stossen  nach  ihres  Gleichen  bei  guter  Fressinst  und  Normalitat 
aller  Lebensverricbtnngea,  bis  3 — 5  Tage  später  andere  Zei- 
chmi  wahrgenommen  werden,  die  auf  Abort  hindeuten.  Dass 
die  hier,  angefahrten  Anzeichen  aber  auch  oft  irrthumlich  aaf 
berorsteheadea- Abort  gedeptet  werden,  kommt  besonders  bei 


Ursachen  de«  Abortus.  371 

älteren  Knhen  of(i  vor.  Der  Grand  dafär  liegt  dann  meisten^ 
theils  in  Ueberladnngen  des  Magens  and  Darmkanals  and  es 
giebt  sich  dies  aach  darch  einen  sehwaclieo,  oft  kasm  fahlba- 
ren,  schnellen  Pnls«  mangelhafte  Darmaasleerong,  wie  dnreh 
nnterdrnckte  ürinabsonderang  nnd  schwache  Fresslast  sa  er- 
kennen« 

Im  Allgemeinen  überrascht  der  Abortus  bei  got  genährten 
Färsen  in  der  ersten  Hälfte  der  TrSchtigkeitsceit ,  wo  nach  ein 
Paar  Wehen,  oft  ohne  alles  Torangegangene  Kränkeln,  nach  dem 
heraasstnrsenden  Frachtwasser  der  Embryo  in  bdchstms  einer 
Stande  nachfolgt,  wenn  derselbe  nicht  todt  ist  and  keioe  nn-r 
regelmässige  Stellang  im  Mattermande  hat.  'Star  bei  mageren, 
kraftlosen  Euhen  and  Färsen  rerzogert  sidi  der  Act  oft  bis 
fsam  dritten.  Tage.  Hier  erlo'ankt  das  betre£fende  Tliier,  lasst 
fast  ganz  ab  vom  Fressen ,  trippelt  mit  gehobenem  Schweif  auf 
den  Hinteressen  hin  and  her,  legt  sich  stöhnend  nieder  und 
steht  so  leicht  nicht  wieder  anf. 

Im  7,-*- 9.  Monat  der  Trächtigkeitsperiode  werden  schon  be* 
stimmtere  Vorseichen  des  Abortus  wahrgenoinmen«  Bei  Färsen 
Tersebwindet  das  oft  siemiich  angeschwollene,  gespannte,  harte 
Kater  in  8 — 6  Standen  ganz,  dasselbe  wird  weich  and  faltig^ 
Kraftlose  Thiere  liegen  immer  and  sind  mit  Mühe  nicht  anf  die 
Beine  za  bringen,  gat  genährte  sind  anrnfaig,  legen  sidi,  sprin* 
gen  bald  wieder  auf  and  geben  häufig  einen  brammenden  Laat 
von  sich.  Darauf  erfolgt  Ruhe,  während  weldiw  sie  fressen, 
sich  legen  und  wiederkäuen,  bis  jene  Zeichen  wieder  aoftreteoi.. 
Wenn  hierbei  nun  die  Bungergr oben- anfangen  einzufallen,  die 
Spannung  des  Kreazbeinbandes  abnimmt  oder  ganz  verschwin- 
det, wenn  bedeutende  Ausleerungen  oder  Laziten  erfolgen,  dajm 
tre£fea  wir  den  angehenden  Abortus  in  einem  Stadium,  weldter 
nan^ansere  ganze  Aufbierksamkeit  in  Ansprach  nimmt.  Der 
Mattermand  ist  es,  der  uns  nun  über  Leben  und  Tod,  über 
regelmässige  oder  unregelmässige  Stellung  des  Fotas,  also  über 


373  KotelMsaa, 


ein«a  glacUicbeo  oder  aaglneküdieB  Verltfif  dM  Abortot  Aot- 

kanft  giebl. 

Wie  is  Ei  diu  Msgebildeia  KoehelelieD  iaetinH«ig«g  feine 
Kraft  obt,  seiee  Holle  zs  «preagee,  ebenM  mass  es  mit  dem 
lebeodeo   Fotas  seia,  der  seiae  Lage  im  ütenu  veriint  aad 
instioktmasfig   den   Mottermnad   anfsadit,    and   aoefa,   weaa  er 
sieb   mit  dea   Famen  in   denselben   eiadrangt,   die  cogAnannte 
Blase  sprengt ,  woaadi  das  Fmebtwasser  gresstentbeils  abfliesst 
oad  der  GeborUact  ein^U.    Ob  non  die  Tbitigkeit  des  Fotns 
den    üteras   auffordert  ihn   sn   anterstntaen ,    oder  ob    es    ein 
Werk  der  Natur  ist,  dass  der  UCems  sieh  seiner  Last  an  ent* 
ledigea  sacht,  das  möge  dahingestellt  sein ,  so  viel  seheiat  aber 
aosgemaefat,  dass  der  instinktiTe  Trieb   des   Fotns,   seine  Bnt- 
wiekelongsstatte    an  Terlassen,   mit   der    Wirkung    des  üteras 
(Wehen)   sasammeafillt ,   oder  sasammeatreffea   mnss,  am  den 
Abortaa  sa  Stande  an  bringen.     Den  Gegensats  finden  wir  da, 
wo   der  Fotos   im  üteros   abgestorben  ist  ond   in   seinem  To- 
deskampf mit  den   Fossea  nach  TOm    ond  in   den  Mottermond 
getreten  sn  sein  seheint.     Hier  finden  wir,  dass  die  sdiwaebea 
Wehen  gans  aofhoren  ond  nor  dann  wieder  schwach  eintreten« 
wenn  dnieh  Konstholfe  der   Gebortsact  beeadigt  wird.      Wenn 
aber  der  Tod  des  Fotos  in  seiner  natorlidien  Lage  erfolgt  ist» 
so  Termag  die  Konst  wenig;  keine  Wehen  werden  mehr  wahrge- 
nommen, der  VerwesongsprosesB  beginnt  mit  der  Ansehwellang 
des  Fotos  ond  stdgert  sich  mit  jeder  Stonde,  ond,  indem  nor 
Gewaltmittel  den  Fotos  entfernen   können ,   moss    der  Tod  der 
Matter  die  Folge  sein.     Ein  sicheres   Zeichen  des  Todes   des 
Fotos    im  üteros   ist,    wenn  dorch  die   sehwadien  Wehen  die 
sogenannte  Blase  hervortritt  ond  oft  lang  ans  der  Scheide,  ver- 
möge ihr^  eigenen  Schwere,  heraoshängt.     Wenn  diese  geöff- 
net ond  das  Frochtwasser  abgeflosseo  ist,  findet  man  öfters  die 
Fnsse  schlaff  in  der  Seheide,  (lebende  ziehen  ihre  Fasse  aoroek, 
wenn  daran  gesogen  wird),   vom  Kopf  aber  ist  nidits  so  föh* 
len,   derselbe  scheint   sich   nach   dem   Ableben   entweder  nach 


U^aoh6n  des  Abortus.  373 

der  einen  oder  anderen  Seite  im  Uteras  umgelegt  sa  haben, 
so  dass  er  ganz  in  die  Qnere  vor  den  Mattermund  getreten 
ist,  oder  die  Nase  bat  sich  zwischen  die  Fusse  gesenkt  und 
steht  mit  denselben  nach  dem  Euter,  -*  Schwierigkeiten,  die 
dem  Operateur  bei  der  Entbindung  oft  viele  Muhe,  die  doch 
vergebens  ist,  machen.  Ist  aber  die  Nase  des  todten  Fötus 
schon  in  den  Muttermund  getreten,  und  die  Fusse  sind  sehon 
ausserhalb  der  Scheide',  so  kann  es  nicht  früh  genug  gesche- 
hen, mittelst  eines  in  die  Nase  eingesetzten  Hakens  den  Kopf 
nachzuholen,  dann  mag  die  Anschwellung  des  Fötus  noch  ao 
bedeutend  sein,  Kopf  und  Fusse  desselben  sind  die  Mittel,  ihn 
aus  dem  Uterus  herauszuschaffen.  Unterlasst  man  den  Ge- 
brauch des  Hakens  und  zieht  die  Fusse  hervor,  so  muss  der 
Kopf  zurnekbleiben ,  weil  er  sich  dann  fast  in  der  Regel  an 
das  Becken  stemmt. 

Anders  ist  es  bei  Kühen,  die  noch  gemolken  werden. 
Wenn  in  der  letzten  Hälfte  der  Träohtigkeitszeit  von  10  Fär- 
sen meist  6  lebend  abortiren,  so  abortiren  die  meisten  alten 
Kühe  gewohnlich  todte  Kälber  in  den  letzten  Monaten  ihrer 
Trachtigkeit,  wenn  keine  gewaltsamen  Ursachen  auf  aie  einge- 
wirkt haben. 

Hier  müssen  pradisponirende  Ursachen  in  den  Thieren  in 
solchem  Grade  herangewachsen  sein,  dass  die  Natur  und  das 
Reactionsvermogen  in  ihrer  ganzen  physiologischen  Oekonomie 
keinen  Widerstand  zu  leisten  vermögen,  dass  zuerst  Störungen 
in  allen  Lebensverrichtungen ,  dann  pathologische  Veränderun- 
gen in  den  zu  krankhaften  Umänderungen  geneigten  Organen 
sich  bilden ,  die  nun  den  Tod  des  Fötus  und  den  Tod  der  Mut- 
ter herbeiführen,  wie  aus  der  Section  hervorgeht.  Wie  oft 
bin  ich  zu  solchen  Thieren  mit  der  Angabe  gerufen:  „die  Kuh 
ist  krank,  will  nicht,  wie  gewohnlich,  fressen,  wiederkäuet 
schwach  etc.**;  nichts  Bemerkbares  stellte  sich  nach  wiederhol- 
ten Untersuchungen  heraus,  als  eine  physische  Schwäche,  bis 
dann  oft  nach  4  Wochen  erst  sich  die  Scene  dahin  änderte,  dass 


«  ^  -^ 


'374  KotelmftBD, 

das  Thiar  abortirte  nd  Mitwader  dabei  oiakam,  oder  ämsa 
der  FoUia  gewaltaam  entfeni  warde,  vonaeh  es  ebenfalls  rer* 
endete. 

In  aaderea  Fillen  sind  die  Zeidien,  welebe  auf  Abortos 
bindeoteD,  Tielmehr  aosgepragC.  Sebon  4  Wodien  vor  dem  Abor- 
tus Yenniiidert  sieb  die  Hileb,  welebe  ober  Fener  <^  seboa  TOr 
dem  Anfkoeben  gerinnt ,  3 — 4  Tage  Tor  dem  Abortus  verliert 
sie  sieh  gans;  alle  Functionen  gehen  träge  von  statten,  die 
Thiere  fressen  ond  trinken  nicht  mehr,  ancb  das  Wiederkauen 
Terliert  sieb  und  sie  liegen  bestandig  und  stöhnen ;  der  Puls  ist 
sehnell,  klein,  oft  kaum  fahlbar,  der  Hensehlag  schwach,  das  Ath- 
men  langsam,  so,  als  suchten  sie  ihren  inneren  Schmers  da- 
durch SU  Terhindem;  oft  legen  sie  die  Nase  auf  den  Krippen- 
rand, oder  legen  den  Kopf  cur  Seite,  untersucht  man  den 
Muttermund,  so  findet  man  denselben  oft  wie  ein  Zweithaler- 
stack gross  geöffnet  und  es  ist  Tor  demselben  die  sogenannte 
Blase  deutlich  sn  fahlen.  Ist  die  Blase  in  die  Scheide  getre- 
ten, so  findet  man  auch  die  Fasse  des  Fötus  yorgerückt,  ohne 
dass  Wehen  wahrgenommen  werden.  Bei  diesem  Zustande  ver- 
geben oft  2 — 3  Tage,  ohne  dass  eine  Aendernng  in  der  Stel- 
lung des  Fötus  bemerkbar  wird.  Hierbei  werden  die  Thiere 
oft  aufgebläht,  sind  verstopft  und  verenden.  Die  Versnehe,  den 
Fotos  abzuholen,  gelingen  awar  durch  gewaltsame  Mittel,  aber 
dex  Tod  erfolgt  doch,  weil  man  gewohnlich  au  spät  aar  Hülfe 
gerufen  wird. 

Dass  der  Abortus  und  seine  Folgen,  allerdings  in  modifi- 
cirter  Weise,  auch  bei  gat  genährten,  kräftigen  Individuen  vor- 
kommt, verdient  der  besondereren  Erwähnung  nnd  mögen  die 
Beobachtungen  daraber  und  die  Bebandlungs weise,  welche  bei 
Kühen  in  verschiedenen  Fällen  angewandt  warde,  hier  noch 
eine  Stelle  finden.  Bei  einer  derselben  traten,  indem  8  Tage 
vor  dem  Abort  alle  Erscheinangen  denselben  fürchten  Hessen« 
am  Tage  des  Aborts  fast  plötzlich  so  heftige  Wehen  ein,  dass 
innerhalb  einer  halben  Stande  ein  todtes ,  siemlich  ausgetragen 


Ursachen  des  Abortus.  375 

nes  Kalb  und  hinterlier  der  ganze  Tfagidsads:  (Uterus)  h«rvor- 
storzte.  Obgleich  die  Wehen  nach  dem  Vorfälle  des  Uterus 
gewohulieh  aufzuhören  pflegen,  so  wurden  sie  hier  so  heftig, 
dass  der  Leerdarm  neben  dem  vorgefallenen  Uterus  heransge- 
presfit  wurde,  und  der  heftige  Drang  der  Wehen  es  nieht  an- 
liess ,  das  Ganze  zu  reponiren.  Dass  hier  eine  Z^rreisanag  der 
Seheide  vor  sieh  gegangen  sein  musste,  worauf  der  Tod  er- 
folgte, liegt  auf  der  Hand.  Dass  aber  aneh  der  durch  be- 
stimmte Zeichen  angedeutete  Abort  gar  ni<^t  mi  Stande  koabit, 
der  Embryo  im  Uterus  den  Auflosungsprozess  durchmacht  und 
stückweise  ausgeleert  wird,  kommt  bei  allen  Thieren  in  der 
ersten  HSlfte  ihrer  Traehtigkeit  vor.  Alle  auf  Abortus  hindeu- 
tende Zeichen  werden  von  Tage  zu  Tage  milder  und  verschwin- 
den nach  acht  Tagen  ganz,  und  alle  naturlichen  Verriohtuiigea 
neigen  Sich  zum  Normalzustande;  nur  der  sehwache,  gaschwinde 
Puls  Ifisst  vermnthen,  dass  ein  Theil  des  in  Auflösung  stehen- 
den Bmbryo  resorbirt  wird  und  in  den  Blutkreislauf  zurück- 
tritt, wodurch  in  einzelnen  Fallen  wohl  Blutvergiftung  und  Tod 
eintreten  kann.  Nach  einigen  Tagen  meist  kündigt  sich. jedoch 
der  VerwesnagBprozess  durch  das  Austropfeln  einer  stark  rie- 
chenden Flüssigkeit  aus  der  Scheide  an.  Dieser  Prozess  nimmt 
Buumehr  denselben  Gang,  wie  bei  den  Stuten,  diese  Thiere 
leiden  aber  nicht  so  sehr,  wie  jene« 

Eine  bei  guter  Pflege  sich  immer  mager  haltende  Kuh 
zeigte  in  zwei  Jahren  keinen  Begattungatrieb.  Man  v«rmathete 
bei  derselben  einen  kranken  Uterus.  Bei  der  Untersuchung  er- 
gab siph,  dass  die  Knochen  eines  verfaulten  Embryo  sich  vor 
dem  Muttermunde  zusammengeschoben  hatten,  welche  sadann 
hervorgezogen  werden  konnten.  Vierzehn  Tage  nachher  nahm 
sie  den  Bullen  an,  wurde  tragend  und  brachte  zur  rechten 
Zeit  ein  gesundes  Kalb.  Nach  der  Conception  besserte  sie  sich 
schnell  im  Futterzastande. 

Der  Eigenthnmer  der  Kuh  hatte  niemals  ei^e  Ausleerung 
»US  der  Scheide  bemerkt,   auch  kein   Kränkeln  au   derselboin 


376  Koteljnsnn. 

wahrgenommen,  sondern  nur  beobachtet,  data  sie  bei  guter 
Freaalnst«  goter  Verdaanng  und  normalen  Verrichtangen  aller 
Organe  mager  und  kraftlos  warde,  was  ihn  veranlasste  Hülfe 
in  sochen«  Ans  dem  Krankenberichte  durfte  entnommen  wer- 
den können,  dass  der  —  nach  den  Knochen  au  nrtheilen  — 
drei  Monat  alt  gewesene  Bmbrjo  Tollig  resorbirt  sein  mnsste* 
Im  Repertorinm  der  Thierheilknnde,  13,  Jahrganges,  Stutt- 
gart, giebt  Thierarzt  Helm  einen  Fall  an,  wo  der  Fotos  im 
Uterus  bis  auf  die  Knochen  resorbirt  worden  war, 

Behandlung  der  Folgen  des  Abortus  bei  Kühen. 

Die  Folgen  des  Abortus  bei  Kühen  sind  mannigfaltiger, 
aber  mit  wenigen  Ausnahmen  nicht  mit  so  grosser  Gefahr  nud 
un  günstigen  Ausgangen  Terbnnden,  wie  bei  Stuten.  Die  schlimm- 
sten sind  XU  starke  Nachwehen,  Umstülpung  des  Utems,  Bnt- 
sündungr  und  Brand  desselben,  hartnäckige  Verstopfung,  Zu- 
rückbleiben der  Nachgeburt,  metastatische  Anschwellung  des 
Euters,  blutige  Milch,  Versiegen  der  Milch  und  Lähmnng  im 
Kreus.  Was  sind  nun  die  Ursachen  starker  Nach  weben ,  dass  - 
sie  den  ganzen  Uterus  herauspressen,  Zerreissungen  in  der 
Scheide  bewirken,  durch  welchen  der  Leerdamm  seinen  Weg 
nimmt,  der  hierbei  neben  den  vorgetretenen  Uterus  sich  lagert? 
Nichts  anderes  als  vielleicht  durch  Zugluft,  Erkaltung  und  hin- 
zugetretene Verstopfang  entstandener  Krampf  kann  es  sein» 
welcher  eine  so  gewaltige  Anstrengung  macht,  solche  Zustande 
hervorzubringen,  dass  Uterus  und  Leerdarm  hinter  dem  leiden- 
den Thiere  liegen,  woran  das  Tbier  erst  verendet,  wenn  der 
Brand  eingetreten  ist. 

Dass  dies  ein  Krampf  ist,  bestätigt  der  Erfolg  medicini- 
scher  Behandlung,  denn  sobald  Opinmtinktur  mit  Ghamillen- 
theo  und  Kljstire  von  Belladonnawurzel  und  Kraut  gegeben 
werden,  ändert  sich  die  Scene  in  einer  halben  Stunde. 

Vorhin  ist  gesagt  worden,  die  Reposition  des  Uterus  bei 
Kühen    sei   viel   schwieriger   als    bei   Stuten.     Dies   hat  seinen 


Ursachen  des  Abortus.  377 

Graad  in  der  weit  grosseren  Masse  des  rorgedrangten  Uterus, 
and  in  den  besonders  bei  fetten  Kuben  starken  ausgebildeten 
Mutterknohen« 

Die  specielle  Bebandlong  besteht  darin,  sofort  ein  halbes 
Pfand  starken  Branntwein  oder  eine  Flasche  Franzwein  zu  ge- 
ben und  dann  so  schnell  wie  möglich  einen  Arzt  zu  rafen.  Je 
starker  der  Krampf  ist,  desto  dringender  ist  es,  2 — 3  Drach- 
men Opinmtinktur  in  zwei  Pfund  warmen  Chamillenthee  mit 
einem  Male  einzugeben,  dann  müssen  2 — 3  Kljstiere  von  2 — 3 
Unzen  pulrerisirtem  Belladonnakraut  und  Wurzel ,  welche  mit 
2  Quart  Wasser  Übergossen  und  noch  einmal  aufjgekocht  wer- 
den, ohne  durchzuseihen,  applicirt  werden.  Sollten  hiernach 
narcotische  Zufalle  sich  markiren,  so  darf  uns  dies  nicht  be- 
unruhigen, desto  leichter  ist  die  Reposition,  welche  nun  damit 
ihren  Anfang  nimmt,  dass  der  Uterus  TOn  aller  Unreiniichkeit 
mit  warmem  Wasser  gesäubert,  die  Nachgeburt  Ton  den  Mut- 
terkuchen behutsam  abgelosst,  und  der  Uterus  dann  in  ein  pas- 
sendes Gefass  mit  warmem  Wasser  gelegt  wird,  worin  so  viel 
roher  Alaun  anfgelosst  sein  muss,  als  sich  auflösen  lasst.  In 
dieser  Flüssigkeit  wird  der  erkaltete  Uterus  so  lange  gebadet, 
bis  er  seine  natürliche  Warme  erreicht  hat  und  ein  Zusammen- 
ziehen desselben  nach  allen  Richtungen  bemerkt  wird.  Dann 
wird  das  Alaunwasser  in  einem  anderen  Gefass  aufbewahrt  und 
nun  der  ganze  Uterus  mit  den  Mutterkuchen,  am  besten  in 
Gänsefett  oder  einem  nicht  ranzigen  Oel,  überall  eingeweicht. 
Nun  kann  zur  Reposition  geschritten  werden ,  wobei  die  Mutter- 
kuchen nicht  zu  sehr  gedrückt  werden  dürfen  und  wobei  dar- 
auf zu  sehen  ist,  dass  der  Uterus,  im  Fall  ex  sich  um  seine 
Achse  gedreht  hat,  seine  gerade  Lage  erhalt,  denn  eine  halbe 
Drehung  schon  lasst  die  Reposition  nicht  zu.  Die  Manipula- 
tion bei  der  Operation  ist  dieselbe,  wie  bei  Stuten. 

Das  Rind  aber  bedarf  der  Ruhe  in  diesem  Znstande,  guter 
Pflege,  Getränks  von  Gerstenschrot  in  Wasser,  und  sollte  eine 
zu  starke  Wirkung  jener  betäubenden  Mittel  sich  markiren,  so 


o78  Kot«1mmDii. 

haben  sieb  2 — 3  Quart  Cbamillentbee,  Kljatire  tob  GhaauUeB 
mit  Oel,  oder  tod  Abkoefanog  tob  LeiasaaieB,  alle  5 — 6  Stso- 
den  gegeben,  bewahrt.  Mit  dem  aufbewahrten  AlaoBwaaaer 
werden  die  äusseren  Gescblechtstfamle  öfter  kalt  gebadet. 

Es  sind  Falle  Torgekommen ,  wo  es  dnrefaaos  nicht  gelin- 
gen wollte,  wegen  starker  Wehen  den  Uterus  anruekanbringea. 
Hier  sind  Versuche  gemacht,  —  wenn  keine  Entxnndong  des 
Utems  oder  des  Bandifelles  sich  bemerken  Hess,  —  den  ütertu 
wegzuschneiden.  Es  wurde  eine  Ligatur  Ton  sogenanntem  Sack- 
band, ungefähr  zwei  Hände  breit  Tom  Muttermunde,  angelet 
und  drei  Finger  breit  Tom  Bande  der  Utems  abgeschnitten. 
Der  Stumpf  desselben  wurde  nun  mit  leiditer  Muhe  zurückge- 
bracht und  es  wurden  dann  schleimige  Einspritzungen  gemacht, 
wonach  die  Wehen  gleieh  aufhorten.  Leider  aber  ist,  so  weit 
mir  bekannt,  nur  ein  Fall  gelungen,  wo  das  betrefflende  Thier 
ausheilte,  sich  dann  rasch  im  Futtersustande  aufnahm  und  reeht 
fett  wurde. 

Es  kann  nicht  Wunder  nehmen,  wenn  nadi  solchen  ge- 
waltigen Anstrengungen,  wonach  der  Uterus  faerTortritt,  auch 
eine  Entzündung  des  Bauchfelles  und  des  Utems  entsteht,  die 
nur  in  seltenen  Fallen  eine  Heilung  zulassen  dürfte.  So  un- 
bestimmt sich  die  Entzündung  auch  kennzeichnet,  so  darf  uns 
dies  doch  nicht  abhalten,  den  Versuch  zur  Heilung  zu  machen, 
wobei  die  Behandlungsweise  der  Stuten  auch  hier  Anwendusg 
findet.  Nor  yon  Aderlass  kann  hier  die  Rede  nicht  sein ;  desto 
stärker  aber  müssen  die  antagonistischen  Reize  unter  dem 
Bauche  angewandt  werden,  wozu  die  Spanischfliegensalbe»  1 
Unze  mit  15 — 20  Tropfen  Crotonoel  gemischt  und  mit  swei 
Malen  in  16  Stunden  eingerieben,  gute  Dienste  leistet»  Dabei 
gebe  man  EIjstire  Ton  kaltem  Wasser,  alle  2 — 3  Stunden  zwei, 
und  Getränk  von  Gerstenschrot  in  Wasser.  Nach  Futter  ver- 
langt Patient  nicht.  Ist  die  Behandlung  von  Erfolg,  so  geht 
das  daraus  hervor,  dass  Patient  am  dritten  Tage  nicht  kranker 
und  am   4. — 5.   Tage   schon   beweglicher  wird,  dass  die   sonst 


Ursachen  des  Abortus.  37D 

eiskalten  Füsee  warm  werden,  der  Pols,  der  sonst  fast  ganz 
verfichwnndeD  war,  wieder  hervortritt,  und  dass  der  Kranke 
oan  auch  wohl  im  Fatter  wühlt  und  den  Appetit  versncbt. 
Diese  günstigen  Zeichen  gebieten  nns,  alle  inneren  Mittel  bei 
Seite  zu  stellen,  denn  die  angebrachten  Reize  unter  dem  Banebe 
thun  hier  mehr,  als  alle  ioDeren  Mittel.  Dass  nun  eine  gute 
Pflege  mit  Vorsicht  eintreten  mnss,  versteht  sich  von  selbst. 

Verstopfungen,  welche  mit  dem  Abortus  zusammentreffen, 
oder  welche  nach  demselben  erst  eintreten,  sind  in  den  mei- 
sten Fällen  sehr  schwer  zu  beseitigen  und  todtlich,  wenn  die 
Ursachen  derselben  im  Blfittermagen  liegen.  Diese  Ursachen 
sind  dann  ein  Vertrocknen  des  Futters  zwischen  den  Blattern 
des  Magens  und  dies  kann  einen  solchen  Grad  erreichen,  dass 
sieh  das  Futter  zu  Pulver  reiben  lasst,  in  welchem  Falle  wohl 
selten  eine  AuHösung  und  die  zur  Fortsohaffung  nothige  Er- 
weichung zu  erreichen  sein  wird» 

Je  weniger  letzterer  Zustand  sich  kennzeichnet,  um  so 
mehr  gebietet  es  die  Vorsieht,  schon  hierauf  bei  der  ganzen 
Behandlung  Rüoksicht  zu  nehmen.  Ist  Patient  total  verstopft, 
d.  h.  werden  gar  keine  Excremente,  selbst  nach  Kljstiren  nicht, 
abgesetzt,  so  ist  anzunehmen,  dass  der  Blattermagen  vorzugs- 
weise leidet.  Hier  hat  sich  eine  Abkochung  von  einer  starken 
Band  voll  Tabak  mit  %  Quart  Wasser,  —  ein  paar  Mal  auf- 
gekocht •*»•  mit  einem  Zusatz  von  einer  guten  Hand  voll  Glau- 
bersalz oder  Doppelsalz  und  drei  Scrnpel  Nieswurz ,  •—  mit  2 
Malen  innerhalb  8  Stunden  gegeben,  —  vortrefflich  bewahrt. 
Hierzu  wurden  alle  d  Stunden  Eljstire  von  Belladonna,  wie 
oben  angegeben,  applicirt.  Bat  dies  Mittel  keinen  Erfolg,  so 
Jet  oft  noch  Rettung  durch  Salzsäure  möglich  gewesen.  Es 
wurde  dann  taglich  eine  Unze  Salzsäure  in  \  Quart  Wasser, 
nach  und  nach  hinzugegossen  und  um  geschüttelt,  gegeben,  und 
80  lange  damit  fortgefahren,  bis  Ausleerung  erfolgte.  Es  sind 
Fälle  vorgekommen,  wo  12  Unzen  Salzsäure  in  5  Tagen  ge- 
braucht, einen  guten  Erfolg  erreichen  Hessen.     Noch  muss  be- 


380  Kotelmann, 

merkt  werdeo,  dass  die  Salssiore  in  steigenden  Gaben  gage- 
ben werden  mnss,  so,  dass  bis  2  Unsen,  mit  zwei  Malen  ge- 
geben,  taglich  gebraucht  werden  können. 

Es  ist  auffallend,  dass  Verstopfungen  bei  den  Wieder- 
käuern oft  6—10  Tage  anhalten,  and  dass,  obgleich  einzelne 
mit  Tielem  Sehleim  ubersogene  Ballen  Ezcremente  nur  nach 
gegebenen  Elystiren  erfolgen,  die  Thiere  wenig  saufen,  nicbt 
fressen,  einen  kleinen  schnellen  Puls  haben,  sie  sonst  doch 
munter  sind.  Was  kann  dies  anders  sein,  als  eine  ganslich 
darniederliegende  Verdauung  im  gansen  Darmkanal  mit  yer- 
minderter  Gallenabsondernng.  Die  hier  ganslich  fehlende  pe- 
ristaltische  Bewegung  des  Darmkanals  wurde  eine  Lähmung 
desselben  Tcrmuthen  lassen,  wenn  nicht  die  mit  Erfolg  ange- 
wandten, stark  eingreifenden  Mittel  diese  Vermuthung  wider- 
legten. Zur  Beseitigung  dieses  Leidens  hat  sich  Galomel  mit 
Aloe  und  Ensian  gana  vorzüglich  bewahrt.  ^  Es  werden  drei 
Drachen  Galomel,  eine  Unse  Aloe  und  fünf  Unzen  Enzian  zu 
Pulver  gemischt  und  dies  in  drei  Malen  in  8  Stunden  mit  Was- 
ser gegeben*  Jungeren  oder  entkräfteten  Thieren  genügt  die 
Hälfte,  Ochsen  dagegen  können  4  Drachmen  Galomel  mit  2 
Unzen  Aloe  vertragen. 

Die  hierauf  erfolgende  Ausleerung  ist  bei  einigen  Indivi- 
duen stark.  Wenn  dieselbe  nach  12 — 16  Stunden  nicht  ab- 
nimmt, d.  h.  wenn  die  Zwischenräume  von  einer  Ausleerung 
zur  anderen  nicht  grosser  werden,  so  ist  es  nothig,  dem  Pa- 
tienten ein  Quart  Kaffee  von  6  Loth  mit  4 — 6  Unzen  Brannt- 
wein, noch  besser  mit  3 — 4  Unzen  Rum,  zu  geben  und  nöthi- 
gen  Falls  nach  4  Stunden  zu  wiederholen.  Dann  wurde  tag- 
lich 4  mal,  jedesmal  3—4  Quart  gekochte  Mehlsuppe  von  Ger- 
sten- und  Roggenmehl  zu  gleichen  Theilen,  welche  sie  gern 
saufen  gegeben.  Verlangen  sie  nach  Futter,  so  mache  man 
den  Anfang  mit  einer  Hand  voll  gutem  Heu  oder  Hafergarben 
und  gehe  mit  dem  Futter  vorsichtig  weiter,  bis  sich  der  gehö- 
rige  Appetit  findet. 


Ursachen  des  Abortus.  361 

\ 

V 

Diese  Mehlsappe  mass  den  Thieren  eine  Wohltbat  sein, 
denn  sie  erholen  sich  in  3 — 4  Tagen  so  sehr,  dass  sie  aufste- 
hen nnd  nach  mehr  Fatter  verlangen,  welches  aber  noch  nicht 
bis  snr  völligen  Sättigung  gereicht  werden  darf,  weil  sehr  leicht 
Rückfalle  mit  Anfblahangen  kommen.  Um  diese  nicht  aufkom- 
men zu  lassen,  habe  ich  eine  Abkochung  von  Tausendgülden« 
kraut-  nnd  Blumen,  eine  Hand  voll  in  ein  Quart  Wasser,  nebst 
einer  Drachme  Eisenvitriol  taglieh  2  mal  geben  lassen,  was  ^i^ 
Verdau ungswerk zeuge  sehr  zur  Thatigkeit  anregt.  Zugleich 
mnsB  bemerkt  werden,  dass  alle  Arzneien  in  flussiger  Form, 
aus  leicht  begreiflichen  Gründen,  gegeben  werden  müssen,  so 
weit  dies  möglich  ist,  da  sie  in  dieser  Form  bei  Wiederkäuern 
am  besten  wirken. 

(Schluss  folgt) 


XL 

Reclame^  lietreffend  den  verbessertea  Gebartshaken. 


Im  zweiten  Quartal- Hefte  dieses  Jahrganges  des  Magazins 
für  Thierheilknnde  ist  von  einem  verbesserten  Geburtshaken 
die  Rede,  wie  solcher  nach  der  Idee  des  Militair-Thierarztes 
Riemer  zu  Danzig  gearbeitet  ist,  sich  in  der  Praxis  be- 
währt hat. 

Wenn  ich  nun  auch  an  der  Originalität  der  Idee  des  Herrn 
Riemer  durchaus  nicht  zweifle,  so  kann  ich  doch  nachweisen, 
dass  der  verbesserte  Haken  schon  lange  Zeit  von  mir  so  con- 
struirt  in  meiner  Praxis  angewendet  wurde. 

Schon  in  meinem  früheren  Wohnsitze  in  Neu-Vorpommern 
besass  ich  einen  solchen  Haken  und  liess  solche  später,  durch 


882  Reclame,  betr.  den  verbesaerten  Geburtsbaken. 

den  InstrutneDteoinacher  Meier  biertelbst,  für  den  Thierarzt 
Ladendorf,  für  den  Departements-Tbierarat  Seidel  und  für 
meinen  Brander  den  Thierarat  Ollmannin  Greifswald  anfer- 
tigen, nacbdem  ich  die  genannten  Herren  von  der  Zweckdien- 
liohkeit  aberieagt  hatte,  wie  mir  dieselben  wohl  gern  bezeu- 
gen werden. 

Ebenso  habe  ich  im  hiesigen  landwirthscbaftlichen  Verein 
den  Haken  vorgelegt  and  demonstrirt,  wie  solches  das  Sitzangs- 
protokoU  des  genannten  Vereins  vom  4.  Mars  1869  beweist. 

Die  Nataliehkeit  des  Hakens  üogt  auf  der  Hand,  nnr  mnss 
die  starke,  feste  Hanfsehnur  an  der  einen  Oehse  befestigt  dnreh 
die  andere  von  Innen  nach  Aussen  durchgesogen  werden,  so 
hat  man  nnr  an  einer  Schnur  an  sieben. 

Vortheilhaft  ist  es  auch  die  Hakenspitzen  (5.  d.)  nicht 
übereinanderliegend,  sondern  gegeneinanderstehend  arbeiten  zu 
lassen,  da  sonst  beim  Oeffnen  des  Hakens  viel  Ranm  gebraucht 
wird,  der  oft  fehlt.  Die  Länge  des  Hakens,  welcher  von  feder- 
hartem Gussstahl  sein  mnss,  habe  ich  mit  4  Zoll  genügend  ge- 
funden. 

Wenn  ich  nun  bitte  diese  Notiz  im  Magazin  für  Thierheil- 
kunde  aufzunehmen,  so  geschieht  dies  lediglich  in  der  Absicht, 
darzuthun,  dass  der  von  mir  construirte  Haken  nicht  demjeni- 
gen des  Militair*Thierarztes  Riemer  nachgearbeitet  wurde, 
sondern  allein  von  mir  ausgegangen  ist,  und  ich  hege  keinen 
Zweifel,  dass  auch  Herrn  Riemer 's  Verbesserung  Original  ist. 

Theodor  Ollmann, 
Kreis  -  Ifaierarzt  in  Thom» 


Personal  -  Natizen.  383 

XII.  ^ 

Personal  -  Notizen« 


Beforderang: 

Der  Kreis -Thierarzt  KaumaDu  zu  Freien walde  a./0.  ist 
zam  Departementa-Thierarzt  des  Landdrostei-Beeirks  Stade  er- 
nannt worden. 

Versetzt  sind: 

Kreis  -  Thierarzt  Reinhardt  von  Lennep  in  den  Kreis  Meyen* 

Cochem. 
Hertrich  von  Rothenburg  nach  Nangard. 
s  Schirlitz  von  Zeitz  nach  Torgau. 

r  Lehmann  von  Pram  nach  Wittlich. 

Hartmann  von  Hamm  nach  Habelschwerdt. 

Verzogen  sin  d: 

Thierarzt  Arndt  von  BatinüiOlder  nach  Honnef. 
Bartels  von  Goslar  nach  Lewe« 
Dickerhoff  ^on  Bocham  nach  Berlin. 
Bo'mbach  von  Dortmund  nach  Bochnm. 
Dopke  von  Bremervörde  nach  Geestendorf. 
Starke  von  Harsefeld  nach  Bremervörde. 
Rosenberger  von'  N^tihof - Ragnit  nach  Tilsit. 
Deutsch  von  Andernach  nach  Neubof - Ragnit. 
Bachmann  von  Berlin  nach  Neu-Ruppin. 
Krohn  von  Homburg  nach  Pinneberg. 
Dohrer  von  Gemunden  nach  Frielendorf. 
Fricke  von  Elberfeld  nach  Brühl. 

Niedergelassen  haben  sich: 

Thierarzt  Long  in  Hirschberg. 
Rohloff  in  AncUm. 


384  Personal  -  NoUien. 

Tfaierarst^ggert  io  Driesen. 

UllmanniQ  Ziebingeo. 
HassmanD   in  Geestendorf. 

Gestorben  sind: 

Kreis -Thierarst  Bormeister  in  Anclam. 
Thierarzt  Kersting  in  Soest. 

Eck  eil  in  Rotenburg. 

Offene  Stellen: 

Die  Kreis -Tbierarzt*  Seile,  in  Anelam,  Reg.-Bez,  Stettin* 

-  Lennep,  Reg. -Bez.  Dässeldorf. 

-  Rotbenbnrg,  Reg.-Bez.  Liegnitz. 

-  Scblensingen,  Reg.-Bez.  Erfurt. 

-  Zeitz,  Reg.-Bez.  Merseburg. 

-  Beeskow-Storkow,  \  Reg.-Bez. 

-  Ober -Barnim,         )     Potsdam. 

-  Prüm,  Reg.-Bez,  Trier. 


Gedruckt  bei  Julius  Slttenfeld  in  Berlin. 


Taf.M. 


r,g.  2. 


f^-'- 


r.J  TMerhtilJ^.  Bd.  MWT  Eft.  JS:  .  =A  ^^^  Xi.d^. 


1 


I 

4 


Magazin 

far   die 


gesammte  Thierheilkunda 


{JL%XWK.  Jrahrsans.  4k.  Sttteli.) 


I. 

Ursachen  des  Abortus  bei  dm  Wiederbiaen  ud 
Sehweinen  und  dessen  Folgen. 

Vom 
Thierarzt  Kotelmann,  in  Treptow  a.  d»  Tollense» 


Schluss. 

Bei  gQtgenährten ,  fetten,  kraftigen  jungen  Thieren  darf 
man  indess  die  eben  beschriebene  Behandlangsweise  nicht  wa* 
gen,  hier  sind  Sal^e  angezeigt,  als  Doppelsalz  nnd  Glanber- 
salz  von  jedem  8  Unzen,  Brechweinstein  ^  Unze  nnd  Enzian 
6  Unzen.  Diese  Medicamente  werden  in  Palverform  gemischt 
nnd  hiervon  alle  2 — 3  Standen  2  gehänfte  Essloffel  voll  in  ^ 
Qaart  Wasser  gegeben.  Ist  die  Wirkung  za  langsam,  oder  ist 
ein  vorzugsweises  Leiden  des  Blättermagens  durch  gänzlichen 
Mangel  an  Ausleerangen  angezeigt,  dann  ist  die  Salzsäure  in 
steigenden  Gaben,  wie  oben  angegeben,  allen  übrigen  Mitteln 
vorzuziehen, 

Zurückbleiben  der  Nachgeburt«  Dieser  Zustand  kommt 
häufig  als  Folge  des  Abortus,  hauptsächlich  bei  Färsen  vor,  die 
im  Alter  von  l\i — 2  Jahren  entweder  abortiren  oder  ein  ansge- 
tragehes  Kalb  bringen.  Auch  hier  sind  die  mageren,  kraftlo- 
sen jungen  Thiere    diejenigen,   die  am  meisten  leiden.     Dass 

Mag.  /.  TUerhtUk.  ZZZVI.    4  25 


38C  KotelmADD, 

hier  das  pbjsisdie  L«b«n  mit  dem  L«idea  im  Kampf  li^t,  seigt 
der  tdiwachey  geeehwinde,  oft  gar  niebt  aa  foblende  PoIb,  der 
Mangel  aa  Freatlost  nad  die  Stomagea  ia  allen  natorliehen 
VerriehtiiBgeB.  Weaa  nicht  ■ehnelle  Hülfe  eintritt,  ist  es  ans 
mit  dem  Kranken,  und  wenn  aia  etwas  aa  apat  kommt,  wenn 
der  richtige  Zeitpunkt  sa  helfen  Terpasst  wird,  so  werden  die 
Thiere  so  hinfallig,  dass  sie  oft  ein  Jahr  an  ihrer  Erholung 
bedorfen,  oft  aber  dennoch  an  anderen  hinsng^retenen  Krank- 
heiten an  Grande  gehen. 

Alle  bis  jetzt  bekannten  Mittel,  welche  die  Eigensduft 
haben  soUen,  die  Nachgebort  absntreiben,  sind  nnsoverlassig ; 
wo  man  einen  Erfolg  von  ihnen  gesehen  haben  will,  da  wnrde 
der  Ab&ll  der  Nacbgebnrt  schon  Ton  selbst  erfolgt  sein.  Die 
Erlahmng  hat  es  gelehrt,  dass  der  Arat  gewöhnlich  sehr  spät, 
oft  am  6. — 8.  Tage  erst,  oder  wenn  das  Allgemeinleiden  des 
Thieres  die  Besorgniss  des  Eigenthomers  fSr  den  Verlost  des- 
selben erweckt,  anr  Hälfe  gemfen  wird«  Wenn  er  dann  von 
jenen,  die  Nachgebart  abtreiben  sollenden  Mitteln  irgend  eins 
anwendet,  worauf  die  Nachgeburt  abfallt,  so  wird  dies  dann 
auf  Rechnung  des  Mittels  geschrieben.  Man  bedenkt  aber  nicht, 
dass  die  Abfaulung  au  jener  Zeit  so  weit  schon  vorgeschritten 
ist,  dass  dieselbe  auch  ohne  jenes  Mittel  abfallen  muss. 

um  die  Thiere  vor  jenem  Leiden  zu  schütspn,  ist  die  Ab- 
lösung das  sicherste  Mittel  und  dies  muss  spätestens  am  drit- 
ten Tage  angewandt  werden,  sonst  aieht  sich  der  üteras  so 
weit  zurück,  dass  der  operirende  Arm  nicht  mebr  auf  den 
Grund  desselben  reichen  und  nur  das  ablosen  knnn,  was  von 
der  Nachgeburt  zu  erreichen  ist,  und  dass  das  im  Grunde  des 
Uterus  Gebliebene  doch  abfaulen  muss,  woran  die  Thiere  dann 
noch  zu  Grunde  gehen.  Hierin  liegt  auch  der  Grund,  dass 
man  zu  dieser  Ablösung  kein  Vertrauen  hat»  Dies  Misstraaen 
gegen  dieses  Heilverfahren  ist  sber  durchaus  ungerechtfertigt 
und  findet  seine  Erklärung  mehr  darin,  dass  die  Hülfe  zu  spat 
gesucht  wird,  als  in  der  Mangelhaftigkeit  der  Heilmethode. 


/ 


Ursachen  des  Abortus.  387 

Die  Ablösung  der  Nacbgebort  beim  Hornvieh  erfordert 
eine  andere  Manipulation,  als  bei  den  Stuten.  Bei  ersterem 
muss  nur  der  Zeigefinger  jeden  einzelnen  Mutterkuchen  auf- 
suchen und  die  daran  sitzende  Nachgeburt  von  demselben  naeh 
nnd  nach  abtrennen,  bis  sie  der  Hand  des  Operateurs  entschlupft 
und  wegfällt. 

Bei  mageren,  kraftlosen  Thieren,  bei  denen  die  Mutter- 
kuchen sehr  klein  sind,  ist  die  Ablösung  schwer,  weil  die  Mut* 
terkuchen  mehr  welk  sind  und  an  ihnen  die  Nachgeburt,  ich 
mochte  sagen,  angetrocknet  zu  sein  scheint,  .weshalb  sie  eher 
abreisst,  als  sich  ablösen  lasst.  Bei  gut  genährten,  fetten  Thie- 
ren dagegen  macht  die  weit  grossere  Fläche  und  die  tiefen 
Einschnitte  in  den  oft  sehr  gross  entwickelten  Mutterkuchen, 
in  welche  die  Nachgeburt  eingedrungen  ist,  bisweilen  die  Ab- 
lösung schwer. 

Die  Ablösung  scheint  in  jedem  Falle  am  dritten  Tage  nach 
dem  Abortus  oder  dem  natnrgemassen  Kalben  am  besten  zu  gelin- 
gen ;  spater,  wenn  der  Uterus  sich  mehr  zurückgezogen  hat,  wird 
es  nicht  mehr  gelingen,  die  Nachgeburt  ganz  wegzuschaffen. 
Man  versuche  dann  noch  als  einziges  Mittel  taglich  zweimal 
warme  Einspritzungen  Ton  Chamillenthee  zu  machen,  wozu  man 
sich  einer  Klystirspritze  bedient,  welche  an  ihrer  Spitze  mit 
mehreren  Seiten ofTnungen  versehen  sein  muss. 

Das  zu  lange  Zurückbleiben  der  Nachgeburt  hat  noch  den 
Nachtheil,  dass  die  daran  leidenden  Thiere  keine,  oder  nur 
wenig  Milch  geben,  was  sich  auch  nur  ändert,  wenn  die  Thiere 
gut  gepflegt  werden,  wenn  ihnen  Schrot-,  Leinkuchen-  und 
Rappskuchentrank  etc.,  gekochter  Roggen,  gutes  Heu  etc.  ge- 
reicht wird,  so  viel  sie  wollen  nnd  vertragen  können. 

Noch  muss  auf  einen  Fehler  aufmerksam  gemacht  werden, 
der  oft  begangen  wird,  indem  man  ein  oder  mehrere  Pfund- 
gewichte an  die  ans  der  Scheide  heraushängende  Nachgeburt 
bindet,  um  dadurch  dieselbe  aus  dem  Uterus  zu  entfernen. 
Diese  Behandlungsweise  muss  entschieden  getadelt  werden.     Oft 

25* 


38S  Kotelmann, 

reisit  der  ftos  der  Scheide  hiDgende  Theil  mb,  and  der  grSssta 
Tbetl  bleibt  soraek,  der,  indem  man  glaabt,  die  gMixe  Nach- 
gebart  sei  fort,  nan  erst,  dorch  die  stinkende  Faolniss  abge- 
lost, stockweis  aosgestossen  wird,  wobei  es  nicht  fehlen  kann, 
dass  ein  Tbeil  Ton  der  Jaache  resorbirt  cnd  dem  Blnte  sage- 
fahrt and  dies  Torgiftet  wird,  wodoreh  sehr  üble  Folgen  ent- 
stehen k5nnen. 

Der  dann  schwache,  geschwinde  Pols  ron  90 — 100  Schla- 
gen in  der  Minate,  Mangel  an  Fresslast  ond  Störungen  in  allen 
LebensTerrichtangen  etc.  denten  darauf  hin,  dass  im  Organis- 
mos  etwas  Tor  sieh  geht,  was  das  Leben  des  Thieres  bedroht! 
Abmagerung  und  alle  jene  Folgen  treten  ein,  welche  Torhin 
bezeichnet  sind.  Ein  plötzlicher  Tod  aber  wird  oft  da- 
durch herbeigefahrt,  dass  die  durch  das  Gewicht  stramm  an- 
gezogene Nachgeburt  den  Urinblaseneingang  eindruckt  und  Ter- 
schliesst,  so,  dass  das  leidende  Thier  seinen  Urin  nicht  ablassen 
kann,  wodurch  die  ürinblase  so  gefallt  wird,  dass  dadurch  Ent- 
zündung der  Blase,  Zerreissen  derselben  und  Ergiessung  des 
Urins  in  die  Bauchhohle  entsteht,  wonach  dann  der  Tod  er- 
folgen muss. 

Ein  wohl  zu  beachtender  Gegenstand  ist  die  Anschwellung 
des  Euters  in  Folge  des  Abortus  bei  Enhen.  Dieselbe  ent- 
steht offc  plötzlich,  —  am  häufigsten  in  der  Nacht,  —  so  dass 
alle  Forschungen  nach  den  Ursachen  vergebens  sind.  Diese  Ge- 
schwulst ist  gleichmassig  hart,  lasst  beim  Druck  mit  dem  Fin- 
ger eine  Grube  nach,  ist  also  oedematos,  bald  nur  um  einen, 
bald  um  zwei  Striche  (Zitzen) ,  am  häufigsten  im  ganzen  Euter 
und  dann  so  bedeutend ,  dass  die  Striche  gespreizt  auseinander 
stehen  und  oft  selbst  geschwollen  sind.  Dabei  ist  das  Euter 
gleichmassig  schwach  geröthet,  zeigt  viele  Hitze,  aber  macht 
dem  Thiere  fast  gar  keinen  Schmerz.  Aus  den  Strichen  kann 
man  nur  mit  Muhe  eine  dicke,  zähe  gelbaussehende,  oft  auch 
mit  Blut  vermischte  Materie  ausdrucken,  wobei  die  Thiere 
keine,   oder   nur  wenig   Schmerzen    äussern«     Dieser  Znstand 


Ür«aohen  des  Abortut.  3ß9 

wird  haafig  far  eine  darch  aassere  Einwirkang,  als  aogeaehiok- 
t&8  Melken y  Stossen,  darch  Drack  beim  Liegen,  entstaiidene 
ortliche  Entzündang  gehalten  und  alt  solche  auch  behandelt. 
Hiemach  war  der  Aasgang  immer '  ein  übler.  Die  Geschwalst 
▼erhärtete  sieh,  ging  aach  wohl  in  Eitemog  aber  and  warde 
fistulös.  Da  hier  mit  dem  Messer  nicht  viel  gemacht  werden 
kann,  so  war  das  üebel  gewohnlich  unheilbar •  Es  ist  daher 
diese  Erscbeinang  für  eine  aas  inneren  Ursachen  entstandene 
Metastase  sa  halten.  Man  hüte  sich  also,  diese  Metastase 
(Ablagerang),  welche  bei  allen  Thieren  eine  grosse  Rolle  spielt, 
mit  kalten  Umschlagen  oder  mit  warmen  Bahangen  sa  behan- 
deln. Das  sicherste  Mittel  ist,  eine  Einreibang  von  2  Unaen 
Lorbeerbutter  mit  1^  Drachme  Eampher  zn  machen,  and  zwar 
taglich  einmal  so  viel,  wie  eine  grosse  Wallnass,  nnd  so  lange, 
wie  sich  noch  Geschwalst  im  Eater  zeigt.  Oftmals  bleibt  Blat* 
melken  zurück.  Dies  entsteht  aus  Blutandrang  nach  dem  Euter, 
(Gongestion)  und  ist  nach  dem  Eingeben  von  2  Drachmen 
Brech  wein  stein  in  einem  Quart  Wasser  —  (in  zwei  Portionen 
im  Laufe  eines  Tages  gegeben)  in  der  Zeit  von  2  Tagen  ge- 
wohnlich YoUkommen  beseitigt.  Nachdem  das  Enter  vollkom- 
men wieder  ausgeheilt  ist,  hält  es  doch  schwer,  eine  vermehrte 
Milchsecretion  zu  erzielen,  oft  will  sich  gar  keine  Milch  mehr 
absondern  nnd  findet  sich  hauüg  erst  wieder,  wenn  das  Thier 
von  neuem  kalbt.  Nicht  selten  jedoch  hat  auch  gute  Pflege  des 
Thieres,  mit  Schrot-,  Lein-  und  Rappskuchentrank ,  Bräunt- 
weinspülig,  Abgang  aus  der  Brauerei»  gutem  Heu  etc.  femer 
Heissiges  Melken,  Dampfbader  von  GhamiUenthee,  den  Versuch, 
eine  vermehrte  Milchabsonderung  zu  erlangen,  mit  Erfolg  ge- 
krönt, Macht  sich  der  Milchreichthum  schon  nach  drei  Tagen 
bemerklich,  so  wird  eine  fortgesetzte  Pflege  und  der  Gebrauch 
der  angegebenen  Mittel  sich  wohl  lohnen« 

Der  Verwesungsprocess  des  Embryo,  eine  Erscheinung, 
die  unter  die  Ursachen  des  Abort  zu  rechnen  sein  dürfte,  scheint 
bei   Stuten  nur  in  der  ersten  Hälfte  der  Trachtigkeit  vorzu- 


390  Kotelmmna, 

konunen;  bei  Kfibeii  dod  in  neaatter  Zeit  Fille  der  Art  noch 
im  6.  bb  9.  Monat  beobnefatet  worden.  Bei  Sdiafen  scheint 
die  Netor  dne  Vertrocknen  det  Fotns,  das  snr  Momiewerden 
desselben,  in  der  letiten  Triehtigkeitsseit  Tonasiehen.  Der 
Aaüuig,  Verlsnf  and  Ansgmng  der  Venresmg  des  FStns  beim 
Homvieh  maikirt  sieb  ebenso  «rie  bei  Stnten;  nar  dass  die 
Thiere,  bei  wsldien  dieser  iProcess  in  die  letsten  Monate  fallt, 
sehr  Imden,  nnd  wenn  sie  ihn  oberstanden  haben,  einer  langen 
Zeit,  oft  eines  gansen  Jahres  bedorfen,  ehe  sie  wieder,  selbst 
hn  gnter  Pflege,  so  Kräften  kommen.  Besonders  leidet  die 
Verdaoong  der  Thiere  sehr;  sie  werden  oft  anfgeblSit  und  aach 
Torstopft.  Die  Aofbühnng  wird  dnrdli  ^  Unze  kanstisehen  Sal- 
miakgeist in  einem  halben  Qoart  Wasser  leicht  beseitiget,  die 
Verstopfong  aber,  Ton  welcher  die  immer  wiederkehrende  An^ 
bUhang  abhangig  sein  durfte,  kann  nnr  dorch  den  Gebranch 
d«r  schon  oben  angegebenen  Mittel  beseitigt  werden. 

Bs  hat  nicht  an  Versnehen  gefehlt,  den  in  Verwesung  nher- 
gegangenen  Fotos  absnholeo.  Dies  ist  aber  dämm  gans  on- 
mogHch,  weil  der  üteros  sich  zornckgesogen  hat  nnd  der  Mnt* 
termand  so  eng  und  hart  ist,  dass  er  sich  nicht  erweitem  lasst, 
nnd  von  Wehen  ist  keine  Rede. 

Den  Anflosnngsprocess  sn  beschleunigen,  haben  sich  Ein- 
spritzungen Ton  warmen  Chamillenthee  mit  der,  wie  oben  an- 
gegeben, eigenthnmlieh  constrnirten  Kljstirspritse ,  —  zweimal 
taglieh  —  sehr  wirksam  gezeigt.  D«  die  Knochen  sich  dicht 
vor  den  Muttermund  im  Uterus  lagern,  so  müssen  diese  be- 
hutsam abgeholt  werden«  Hiernach  nehmen  die  Thiere  den 
Bullen  wieder  an,   coneipiren   nnd   bringen  ein  gesundes  Kalb« 

EttdHcb  noch  über  die  Lahmung  im  Kreuz!  Es  darf  uns 
gar  nicht  wundern,  dass  dieser  Znstand  am  hfiufigsten  bei  jun* 
gen,  körperlich  noch  nicht  yoUkommen  entwickelten  Tfaieren 
vorkommt,  die  entweder  ihr  Kalb  gar  nicht,  oder  nur  mit  grosser 
Anstrengung  und  mit  Anwendung  von  Gewalt  los  werden  kön- 
nen, wobei  eine  Erweiterung  des  Bet^kens  etc.  vor  sich   geht. 


r^Unachen  des  Abortus.  391 

uod  wobei  alle  die  Vorgange  sich  ergeben,  wie  sie  bei  den 
Stafen  angegeben  sind.  Anch  die  Behandlung  dieses  Zastandes 
ist  dieselbe,  wie  bei  den  Staten,  doch  mit  dem  Unterschiede, 
dass  oft  stärkere  Einreibangen  im  Verlaufe  der  Behandlnnc 
gemacht  werden,  nnd  die  Thiere  so  lange  liegen  bleiben  müs- 
sen, bis  sie  Ton  selbst  aafstehen.  Um  das  Darchliegen  sa  ver- 
hüten, müssen  die  Thiere  taglich  einmal  über  die  Fnsse,  nicht 
aber  den  Racken,  amgewalat  werden.  Das  Aafhangen  im  Garte 
ist  nicht  sa  empfehlen ,  da  sich  die  Thiere  dabei  aafblähen  and 
die  Verdanang  dadurch  leidet.  — 

Ursachen  des  Abortus  bei  Saaen. 

Von  Alters  her  schon  ist  im  Pablikam  der  Glaube  ver- 
breitet, dass  ein  Schlag  auf  die  Nase  einer  tragenden  Sau  die 
Hauptursaehe  des  Abortas  derselben  sei.  Wenn  dei^ßchlag  heftig 
ist,  so  kann  dies  wohl  richtig  soin,  sonst  aber  ist  wohl  der 
Schreck,  den  die  Thiere  hierbei  bekommen,  hauptsächlich  Schuld 
daran.  Wie  sehr  ein  heftiger  Schreck  diese  Thiere  aufregt, 
ihren  Korper  erschüttert  und  sie  in  Ekstase  bringt,  wird  Jeder 
schon  bemerkt  haben,  der  mit  ihnen  zu  thnn  hat;  sie  sind  so- 
gleich kampfbereit  und  werden  dadurch  dem  Menschen  nicht 
selten  gefahrlich. 

Es  scheint,  als  habe  die  Natur  diesen  Thieren  eine  grosse 
Aengstlichkeit  verliehen,  sich  und  ihre  Frucht  vor  allen  Ge- 
fahren zu  schützen.  Da  ihnen  dies  nicht  immer  gelingt,  so 
abortiren  sie  leicht.  Es  ist  wohl  möglich,  dass  bei  diesen  psy» 
chologischen  Eigenschaften  der  Schweine  diese  —  wenn  ich  so 
sagen  darf  — >  äusseren  Einwirkungen  leichter  Abortus  herbei- 
fGhren,  als  bei  anderen  Thieren. 

Andere  Ursachen  zum  Abortus  bei  Schweinen  sind  die  Fol- 
gen Ton  Sprüngen  über  Hecken  und  Graben  etc.,  wozu  sie 
durch  Hetzen  mit  Hunden  etc.  veranlasst  werden;  ferner  zu 
heisses  Futter,  auch  tu  stark  nährende  Mast,  als  Weizen,  Rog- 
gen,  Erbsen,  Wieken,  Bohnen  etc.,  die  anfangen  aus'zuwachsen, 


392  Kotelmsan. 

oder  die  scfaimmelig  und  verdorben  sind.  Auch  erfolgt  Abor- 
tus nach  plötzlichem  Wechsel  von  magerer  Kost  sa  Mastfatter, 
nach  geschnittenem»  heissgewordenem  Granlntter,  Klee  nad 
Rankelblattem»  nach  kranken  Kartoffeln,  nach  stark  ansgekeim- 
ten  Kartoffeln  und  Kartoffelschalen,  in  welchen  sich  im  Früh- 
jahr Tiel  Solanin  entwickeln  soll.  Auch  enthalt  die  sogenante 
Tranktonne  wohl  Ursachen  snm  Abortus. 

Wenn  sonst  die  Schweine  das  in  diesen  Tonnen  enthaltene 
Getränk  auch  vertragen  können,  so  ist  doch  die  darin  enthal- 
teiie  Sanre,  und  wer  weiss  welche  anderen  schädlichen  Be- 
standtheile  ans  dem  mancherlei  Abgang  in  der  Knche,  entschie- 
den schädlich  far  tragende  Saaen  nnd  bringt  Abortus.  Manche 
Leute  glanben  awar,  dass  auch  Eichel-  und  Buchenmast  eine 
Ursache  des  Abortus  sei,  jedoch  ohne  Grund;  vielmehr  sind 
die  Witterungseinflnsse,  als  Wind,  Hagel,  Regen,  Schnee,  Than- 
wetter  und  Frost,  das  Lager  der  Thiere  in  den  aufgewühlten 
Buchten,  welche  oft  wahre  Morastplatze  sind,  wohl  nicht  allein 
Ursachen  zum  Abortus,  sondern  auch  zu  anderen  Krankheiten, 
namentlich  aber  heranbildende,  pradisponirende  Ursachen,  die 
far  die  im  Frühjahr  und  Sommer  tragend  werdenden  Sauen  in 
Bezug  auf  Abort  verderblich  werden.  Bei  den  durch  jene  Ein* 
Busse  so  oft  erzeugten  LuDgenkrankheiten,  welche  in  Tuberkel- 
bildungen,  erweichte  oder  verhärtete,  übergehen,  ist  wohl  an 
eine  gesunde  Blutbildung,  für  die  Mutter  sowohl  wie  für  ihre 
Frucht  nicht  zu  denken.  Daher  kommt  es  auch,  dass  so  hanfig 
im  Frühjahr  und  Sommer  die  dann  noch  geborenen  Ferkel  ster- 
beo.  Frische  Buttermilch,  so  wie  sie  aus  dem  Butterfasse 
kommt,  hat  man  auch  wohl  als  die  Ursache  des  Abortus  bei 
Schweinen  angegeben,  doch  soll  sie  unschädlich  sein,  sobald 
sieh  die  Käsetheile  ausgeschieden  haben.  Das  allerdings  ist 
ausgemacht,  dass  Saue  nach  dem  Genüsse  von  Buttermilch,  so* 
wie  überhaupt  nach  aller  scharf  saueren  Nahrung,  'alle  ihre 
Ferkel  todtsäugeiv  Ebenso  endlich  verursacht  der  übermassige 
Genuss   von   Kochsalz,    Heringslake,  Fleiscblake,   Pfeffer  nnd 


Ursachen  des  AboHus.       '  393 

» 

dergleicheD  Sachen,  die  haafig  in  die  Tranktonne  kommen, 
Vergiflnngen,  Entzündang  des  Magens  und  Darmkanals»  wonach 
dann  zuerst  Krämpfe,  Zittern  des  Kopfes  und  Halses,  dann 
Raserei  nnd  Wnth  entstehen,  woraaf  endlich  Abortus  und  snf* 
focatorisch  der  Tod  erfolgt. 

Bei  dieser  Gelegenheit  sei  es  erlaubt,  einer  seit  10  Jahren 
hier  herrschenden  Krankheit  der  Schweine  zu  erwähnen,  die 
nur  vom  Frühjahr  bis  zum  Herbst,  sehr  selten  im  Winter,  vor- 
kommt, viele  Opfer  fordert  und  auch  Abortus  zu  Wege  bringt. 
Schweine,  die  oft  eben  begierig  ihr  Futter  ausgefressen  haben, 
liegen  nach  kurzer  Zeit  im  Stroh  eingewühlt  und  rühren  sich 
nicht«  Berührt  man  sie  besonders  am  Rücken  und  im  Genick^ 
80  geben  sie  durch  ein  klagendes  Grunzen  und  Geschrei  zu 
erkennen,  dass  sie  Schmerzen  haben. 

Nur  mit  Mühe  bringt  man  sie  auf  die  Beine,  sie  gehen 
einige  Schritte,  wie  sehr  ermattet,  taumeln,  wühlen  sich  ein 
Lager  und  legen  sich  wieder  hin.  Der  mit  wenigen  Haaren 
bedeckte  Korper  weisser  Schweine  zeigt  eine  Todtenblasse,  eben- 
so auch  die  Schleimhaut  des  Maules  und  die  Bindehaut  der 
Augen ,  was  ihnen  den  Anschein  giebt,  als  wäre  es  aus  mit 
ihnen.  Dabei  haben  sie  zuerst  natürliche  Darmausleerung  und 
Urin,  worauf  hartnackige  Verstopfung,  seltener  Laxiren,  erfolgt* 
Die  Thiere  zeigen  Neigung  zum  Erbrechen,  und  solche,  die 
sieh  tüchtig  erbrechen,  erholen  sich  bald  und  werden  in  eini* 
gen  Tagen  gesund. 

Bei  vielen  der  Thiere  entwickeln  sich  am  dritten,  vierten 
»  Tage  harte  Knoten  in  der  Haut,  die  bald  blau,  dann  schwarz 
werden,  nach  einigen  Tagen  sich  abblättern  und  noch  lange 
Zeit  rothe  Stellen  zurücklassen.  Diese  Knoten  scheinen  kri- 
tisch zu  sein»  denn  sobald  sie  schwarz  werden,  tritt  die  Ge- 
nesung ein.  Schweinen  aber,  bei  denen  der  Tod  erfolgt,  wer- 
den 3<:-4  Stunden  vor  demselben  die  Ohren  blau  und  dann 
roth,  ebenso  auch  die  Banchwand. 

Diese  Erscheinungen  hat  man  für  sichere  Zeichen  des  Milz-. 


394  Kotelmann, 

brandes  gehalten,  was  za  gana  nberflassigen  nod  lästigen  Po- 
liseimaassregeln  Yeranlassang  gegeben  bat.  Beiläufig  geeagt 
warde  man  diese  Rothe  unter  dem  Bauch,  so  wie  bei  dem  im 
Sterben  liegenden  Sehweine,  aneh  bei  allen  Krankheiten  ande- 
rer Thiere,  wenn  der  Tod  der  Aus{;ang  des  Leidens  ist,  vor- 
finden, wenn  die  stark  behaarte  Haut  die  Wahrnehmung  nicht 
hinderte.  Sie  ist  nichts  weiter,  als  eine  den  Tod  andeutende 
Stockung  des  Blutes  in  dem  Capillargefassgewebe.  Ansteckend 
ist  diese  Krankheit  nicht;  auch  nicht  der  mindeste  Verdacht 
dafür  lasst  sich  erweisen :  die  Erscheinungen  bei  dieser  Sjrank- 
heit  sind  bei  allen  Thieren,  in  der  Bntwickelung  und  im  Ver* 
lauf,  vollkommen  übereinstimmend.  Meiner  Ansicht  nadi  ist 
sie  eine  gastrisch •  nervöse  Krankheit,  die  sich  nur  bei  den  so 
sehr  gefrassigen,  sogenannten  englischen  Schweinen  durch  über- 
mässige Futterung  heranbildet. 

Die  Ursachen  dieser  Krankheit  durften  in  Folgendem  liegen : 
Es  werden  vom  Frühjahr  ab  hier  und  in  der  Umgegend 
halb  fette  und  noch  nicht  einmal  halb  gemasstete  Schweine  far  Ans- 
wanderungsscbiffe  gekauft  und  theuer  besahlt.  Dies  veranlasst 
Tagelöhner  und  kleine  Handwerker  (bei  deren  Schweinen  diese 
Krankheit  nur  vorkommt),  halbenglische  Sehweine  mit  allerlei 
Kraut,  mit  einem  Aufmengsel  von  sogenanntem  Futterm^, 
welches  ans  allerlei  Ünkrantsaamen  besteht,  der  aus  allen  Kom- 
arten  ausgresiebt  und  gemahlen  wird,  au  mästen.  Bei  der  so 
grossen  Gefrassigkeit  dieser  Thiere  und  dem  guten  Willen  der 
Eigenthumer,  diese  immer  mehr  zu  steigern,  um  ihren  Zweck  , 
so  bald  als  möglich  zu  erreichen,  kann  es  nicht  fehlen,  dass 
jene  gastrisch -nervösen  Zustande  zum  Ausbruch  gebracht  wer- 
den« Noch  mehr  Momente  liessen  sich  für  diese  Ansicht  an- 
fuhren, wenn  das  nicht  zu  weit  fährte;  nur  das  muss  hier  noch 
erwähnt  werden,  dass  alle  bisher  gemachten  Heilrersuche  erst 
im  letzten  Stadium  der  Krankheit  gemacht  "werden  konnten, 
also  natürlich  auch  ohne  Erfolg  bleiben  mnssten ,  weil  die  Bi- 
genthumer    der   Thiere   gegen    diese    so    sehr   gefahrdrohende 


Ursachen  des  Abortus.  395 

Krankheit  entweder  snnachst  mit  Hausmitteln  vorgehen,  oder 
die  kranken  Thiere  noch  za  einer  Zejt  schlachten,  wo  siph  die 
Krankheit  noch  nicht  aasgebildet  hat.  Das  Fleisch  solcher 
Thiere  sah  gesnnd  aus  und  man  fand  bei  ihnen  nichts  Abnor- 
mes, als  nur  einen  angewohnlich  grossen  Magen,  angefallt  mit 
jenem  Futter.  Bei  den  an  dieser  Krankheit  verendeten  Thieren 
fand  man  leichte  Entzündung  der  Magenschleimhaut,  selten 
Brand  des  Magens  und  der  Gedärme.  Ein  Brechmittel  von 
Nieswurzel  (Breehweinstein  ist  unzuverlässig)  zu  rechter  Zeit 
gegeben  und  ■  hinterher  Leinsaamenschleim,  hat  sich  am  meisten 
bewahrt.  Dass  bei  dieser  Krankheit  auch  Abortus  unter  sol- 
cben  Umständen  erfolgen  mnsste,  liegt  auf  der  Hand. 

Zeichen,  wel&he  den  Abortus  der  Saue  ankundigen. 

Von  allen  unseren  Hausthieren  bringt  die  San  ihre  Jungen 
am  leichtesten  zur  Welt.  Selten  sind  die  Abertfalle  bei  ihnen, 
"wenn  jene  angegebenen  Ursachen  vermieden  werden  und  noch 
seltener  sind  unregelmässige  und  Missgeburten.  Nur  aus  ahn- 
liehen  Zeichen,  wie  die,  welche  einer  regelmässigen  Geburt 
der  Ferkel  vorangehen,  kann  man  auf  einen  etwa  bevorstehen- 
den Abortusact  schliessen.  Vor  dem  regelmässigen  Geburtsaet, 
wie  vor  dem  Abortus,  werden  die  Thiere  unruhig,  gehen  im 
Stall  umher,  wühlen  mit  der  Nase  und  kratzen  mit  den  Vor- 
derfassen im  Stroh,  um  sich  ein  Lager  zubereiten,  legen  sich, 
stehen  mit  dem  Vordertheil  wieder  auf  und  sitzen  mit  dem  Hin- 
tertheil  wie  ein  Hund.  Nähert  man  sich  ihnen,  so  werden  sie 
böse,  und  daher  ist  auch  jede  Untersuchung  unmöglich.  Die 
Fresslust  ist  weg,  die  Darmausleerung  gut,  auch  setzen  die 
Thiere  oft  etwas  Urin  ab.  Je  näher  der  Geburtsaet  kommt, 
desto  unruhiger  und  böser  werden  sie,  sie  schnalzen  mit  dem 
Maul,  wobei  sich  Schaum  in  demselben  ansammelt,  sie  grun- 
zen, suchen  dann  ihr  Lager,  heben  den  oben*  liegenden  Hinter- 
fusB  in  die  Hohe,  wobei  an  den  Bauchmuskeln  zu  sehen  ist, 
dass  sie  Wehen  haben.     Oft  ist  dies  Alles  vorübergehend,  bis 


396  KotelmAnn 

•ich  nach  einer  Stonde  die  Manöver  wiederholen,  vorauf  dann 
unerwartet»  mit  einer  leichten  Wehe,  das  Ferkel  ans  der  Scheide 
kommt.  Es  scheint  als  wenn  dnrch  eine  Webe  der  F5tn8  durch 
den  Muttermund  und  durch  eine  sweite  Wehe  derselbe  ans  der 
Scheide  hervorgepresst  wird«  Ueberhaupt  sind  die  Wehen  so 
unbemerkbar,  dass  Unkundige  au  der  Aenssemng  „die  Ferkel 
kommen  ja  yorgekrocben''  veranlasst  werden.  Beim  Abortus 
dauert  es  fast  eine  Stunde,  ehe  das  aweite  Ferkel  kommt. 
Manche  sind  todt,  manche  leben  noch,  sterben  aber  auch  bald« 
Die  Nachgeburten  erfolgen  bald  hinterher,  oft  aber  auch  d^e 
Eihäute  von  den  ersten  Ferkeln*  Bei  regelmassigen  Geburteu 
setzen  vorsichtige  Züchter  alle  Ferkel,  so  wie  sie  geboren  sind, 
in  einen  Kasten ,  reiben  sie  mit  Kümmelbranntwein  ein  und  ge- 
ben sie  der  Mutter  zurück.  Dies  Mittel  schützt  sie  vor  dem 
Aufi&essen  seitens  der  Mutter. 

« 
Folgen  des  Abortus   bei  Sauen. 

Dieselben  sind  viel  einfacher,  wie  bei  den  übrigen  Haus- 
thieren.  Seltener  als  bei  diesen  kommt  die  Umstülpung  der 
Gebärmutter  in  Folge  starker  Wehen  vor,  dann  aber  auch  in 
solchem  Grade,  dass  ein  Hörn  über  zwei  Fnss  lang  hervortritt, 
sehr  leicht  und  bald  sich  entzündet  und  den  Tod  herbeifahrt, 
ehe  der  Brand  eintritt;  alle  Versuche,  dasselbe  zurückzubrin- 
gen, scheitern^  und  der  Tod  erfolgt  unter  den  Händen  des 
Operateurs. 

Dagegen  kommen  Nachwehen  schon  öfter  vor«  Diese  schei- 
nen mehr  in  Folge  einer  Erkältung  nach  dem  Abferkeln  in 
kalten  und  nicht  zugfreien  Ställen,  in  welchen  die  Thiere  nur 
zu  oft  entweder,  zu  rechter  Zeit  ihre  Jungen  zur  Welt  bringen, 
oder  abortiren,  vorzukommen,  als  in  Folge  einer  krankhaften 
Stimmung  des  Uterus  selbst.  Mag  nun  hier  ein  Krampf  im 
Darmkanal,  wobei  der  Uterus  in  Mitleidenschaft  gesogen  wird, 
oder  ein  Krampf  im  Uterus  selbst  entstehen,  eine  Drachme 
Opiumtinktur  mit  zwei  Tassenkopfen  voll  Pfefiermünzthee  haben 


Ursachen  des  Abortus.  397 

sich  hier  so  bewahrt,  dass,  wenn   es  gelingt   dem  Thiere  dies 
einzugeben,  in  kurzer    Zeit  der  Krampf  beseitigt  ist.      Aber 
des  ungestümen  Benehmens   wegen  hält  es  schwer,   den  Sauen 
diesen   Trank,   ohne   nble   Folgen   furchten   zu  müssen,  beizu- 
bringen.    Im  Liegen  darf  ihnen   schon  keine  Flüssigkeit  einge- 
geben werden,   hier  kommt  nur   zu  leicht  die  Medicin  in  die' 
Luftröhre  und   Lungen,   was   sofort  todtet.     Um  dies  zu  ver- 
meiden muss  die  Medicin  dem  Thiere  stehend,   indem  ihm  ein 
Stock  in's  Maul   ge]^lemmt  wird,   mittelst   eines  Trichters   im- 
mer nur  schlnckweis  eingegossen  werden,  und  zwar  immer  nur 
dann,  wenn  es  ausgeschrieen  hat  oder  nicht  schreit.     Hiernach 
werden    Eljstire    von    einer   Abkochung    von    Belladonnakraut 
oder  Wurzeln  in  einem  halben  Quart  Wasser  applicirt  und  no- 
thigenfalls  wiederholt*     Auch  haben  Einreibungen  von  Campher- 
liniment  mit  Terpenthinol  in  den  Seiten  die  Wirkung  des  Opiums 
sehr  unterstützt.     Verstopfung  in   Folge    eines    Abortus    oder 
nach  natürlicher  Geburt   sind  bei  Schweinen  anch   nicht  selten, 
aber  nicht  mit  so  nblen  Ausgängen  bedroht,  wie  bei  den  gros- 
seren Hansthieren;  sie  verschwinden  meistens  von  selbst,  wenn 
nicht  totale  Verdauungsstörungen   zu   Grunde  liegen.     Dauert 
der  Zustand  jedoch  länger   als   24  Stunden,   so   sind  wieder- 
holte   Eljstire  von   Chamillenthee  mit  Leinöl   in    den   meisten 
Fällen  genügend.     Auch   ein  Volksmittel,   eine  umgekrämpelte 
Backpflaume,  welche  nachdem  der   Stein   entfernt  ist,   gut  mit 
Leinöl  getränkt,  in  den  Mastdarm  recht  tief  eingebracht   wird, 
was  man  zwei  Stunden  darauf,  nachdem   die   Pflaume   mit  Ex« 
erementen    abgegangen    ist,    wiederholen   kann,  ist  von  über- 
raschender Wirkung. 

Allgemeine  Schlnssbemerkungen. 

Die  mir  bekannten  Ursachen  des  Abortus  bei  allen  unse- 
ren Hansthieren  sind  hier,  nach  den  gemachten  Erfahrungen, 
gewissenhaft  angezeichnet  mit  der  Ueberzengnng ,  dass  viele 
hiervon  mit  dem  ernsten  Willen  und  festen   Vorsat«   aus  dem 


398  Kotelmann, 

Wege  geräumt  werden  können.  Bei  tragenden  Thieren  bat  die 
Rede  «es  schadet  ihnen  nieht*  keine  Geltang  nnd  selbst  wenn 
Tiele  Züchter,  auf  ihre  Erfahrnngen  bauend»  von  den  hier  an- 
gegebenen Ursachen  keinen  Abort  nod  Andere  Krankheiten  be- 
merkt haben  wollen,  so  gebe  man  anf  diese  angeblichen  Er» 
fahrnngen  nichts,  es  konnte  sich  sonst  früher  oder  spater  stra- 
fen. Nichts  darf,  besonders  bei  tragenden  Stoten  riskirt  wer- 
den ,  bei  ihnen  stellt  sich  Risiko  ohnehin  genng  ein.  Vor  allen 
Dingen  mass»  -^  entsprechende  Locale,  in  denen  sie  unterge- 
bracht sind,  Yorausgesetst  —  eine  ruhige,  sutranliche,  siCnfte 
Behandlung  bei  trachtigen  Stnten  in  jedem  Abschnitt  der  Trach- 
tigkeitsseit  beobachtet  werden,  besonders  bei  edelen,  feurigen 
Thieren  die  leicht  aufgeregt  werden  und  das  ihnen  zugefügte 
Uebel  so  leicht  nicht  wieder  vergessen. 

Wie  tragende  Stnten  su  behandeln  sind,  kann  man  von 
den  Englandern  lernen  und  besser  noch  von  den  Arabern. 

Bs  ist  oben  behauptet  worden,  dass  viele  von  den,  den 
Abort  hervorbringenden  Ursachen  vermieden  werden  können. 
Dies  ist  besonders  bei  den  Wiederkäuern  und  Schweinen  der  FalL 
Für  diese  Thiere,  namentlich  far  das  Rindvieh,  halt  man  das,  was 
Cur  Schafe  und  Pferde  su  schlecht  ist,  noch  für  gut  genug. 
Weil  sie  dumpfiges  Heu,  verschimmelte  Unterfrüchte  etc.  fres- 
sen, und  die  Übeln  Folgen  oft  nicht  sogleich  hervortreten,  so 
sitzt  im  Publikum  der  K5blerglanbe  fest,  dieses  Futter  schade 
ihnen  nicht,  und  das,  was  für  andere  Thiere  nicht  taugt,  wird 
für  das  Rindvieh  auf  die  Winterszeit  aufbewahrt  nnd  ohne 
Sorge  mit  allem  oft  verdorbenen  Abgang  aus  den  Scheuneu  etc. 
verfattert.  Es  ist  leicht  einzusehen,  dass  auf  diese  Weise  die 
Heranbildnng  jener  pradisponirenden  Ursachen  Kum  Abortus, 
wovon  die  Rede  oben  gewesen  ist,  geschieht.  Eine  solche 
Futterung  bringt  nicht  allein  Abmagerung  und  Blutarmuth,  son- 
dern ganz  besonders  eine  Entmischung  des  Bluts  (Djskrasie) 
zu  Wege,  was  eine  gesunde  Entwickelnng  des  Embryo  hindert 
und   nothwendig    zum  Abort  führen  muss.     Man  tröstet   sich. 


Ursachen  des  Abortus.  399 

daan  oft  damit,  dass  die  Weide  alles  wieder  gut  machen  werde. 
Unter  Umstanden  ist  dies  möglich;  aber  der  Keim  zum  Abor- 
tus im  Blute,  in  der  ganzen  organischen  Maschine,  bleibt;  er 
treibt  dann  nm  so  starker  hervor,  wenn  jene  früher  angeführ- 
ten Verhältnisse  und  Gelegenheitsarsachen  im  Herbst  auf  die 
Thiere  einwirken,  ^ 

Um  die  Thiere  gesund  zu  erhalten  und  sie  vor  Abortus 
ond  anderen  Krankheiten  zu  schützen,  vermeide  man  alles  ver- 
dorbene Futter  im  Winter  und  das  zu  spate  Austreiben  im 
Herbst,  wo  sie  keine  gesunde  Weide  mehr  finden.  Dies  ist 
auch  auf  vielen  Gütern  erkannt  worden  und  man  hat  des  hö- 
heren Ertrages  wegen  die  Stallfütterung  auch  im  Sommer 
eingeführt,  aber  dadurch  allein  natürlich  den  Abort  nicht  ver- 
hindern kSnnen,  dieser  ist  vielmehr  unter  solchen  Umstanden 
oft  noch  häufiger  geworden.  Der  durch  angewandtes  Kraftfut- 
ter ausgezeichnet  gewordene  Futterzustand  bringt  Blutreieh- 
thom  zu  Wege,  welcher  nicht  allein  Abortus,  sondern  auch 
mancherlei  andere  Uebelstande  hervorruft,  als  vermehrte  Schleim» 
absonderung  in  der  Scheide  und  im  Uterus,  was  der  Goncep- 
tion  hinderlich  ist,  Krankheiten  des  Euters,  ungesunde  Milch 
für  die  zur  Aufzucht  bestimmten  Kalber  und  ganz  besonders 
den  Milzbrand,  der  selbst  seine  Opfer  im  Winter  nimmt. 

Also  Blutarmuth  und  Blutreichthum  sind  organische  Zu- 
stände in  denen  alle  Gelegenheitsursachen  zu  Krankheiten  einen 
fruchtbaren  Boden  finden.  Und  diese  Zustände  werden  immer 
ihre  Opfer  fordern,  so  lange  der  gute  Mittelweg  nicht  inne  ge- 
halten werden  kann. 

Nicht  immer  wird  es  dem  Landmanne  gelingen,  gesundes 
Futter  für  seinen  Viehstand  zu  beschaffen,  und  er  ist  oft  ge- 
zwangen, solches  Futter  zu  Terwenden,  was  durch  anhaltenden 
Regen  verdorben,  feucht  in  die  Scheuern  gekommen  ist,  wo  es 
schimmelig  und  stockig  geworden,  aber  dennoch  im  Winter  den 
Thieren  verabreicht  werden  mass.  Unter  solchen  Umständen 
können  nur  Präservativmittel  das  Unvermeidliche  in  etwas  ver^ 


400  Kotelatami, 

hindern,  and  bier  steht,  besondert  for  Thiere,  die  im  Herbst 
in  einem  dorftigen  Fottennstonde  sofgestellt  sind»  der  Eisen- 
Titriol  und  das  Ton  der  Natnr  uns  so  reichlich  Yerliehene,  im 
Allgemeinen  aber  reraehtete  Taasendgnldenkrant,  welches  in 
der  Bluthezeit  Ton  den  Grabennfem,  seinem  gewohnlichen  Stand- 
orte, fahrenweis  gewonnen  werden  kann,  oben  an. 

Wöchentlich  sweimal  3  Quentchen  EisenTitriol  for  jedes 
fianpt  Vieh,  aufgelöst  in  Wasser,  und  dies  snr  Anfeachtong 
des  mit  Hacksei  gemischten  und  geschnittenen  Tausendgülden- 
krautes angewandt,  welches  so  bereitet  verfattert  wird,  regt  an, 
▼erbessert  und  stärkt  die  Verdanungswerksenge  und  wirkt  spe- 
cifisch  auf  die  sur  ümwandelung  und  Reinigung  des  Blutes 
bestimmten  Lungen,  so  dass  dadurch  das  reproductive  Leben, 
welches  durch  den  su  späten  Weidegang  im  Herbst  gelitten 
hat,  zur  Normalthitigkeit  geweckt,  zurückgeführt  und  der  Abort 
▼erhindert  wird.  Dass  der  Eisei^Titriol  specifisch  auf  die  Lun- 
gen wirkt,  beweist  sein  UDfehlbarer  Erfolg  bei  den  Lammscba- 
fen,  deren  Luftrohren  mit  Loftröhrkratzem  (Str.  Filaria)  oft 
▼ollgestopfl  sind«  Schon  nach  drei  bis  fnof  Tagen  erwacht, 
wenn  das  Mittel  richtig  gebraucht  wird,  ein  neues  Leben  in 
diesen  so  sehr  leidenden  Thieren  und  sie  gesunden  für  immer. 

Nicht  so  erfolgreich  ist  die  Anwendung  des  Eisenyitriols 
als  PraservatiT  bei  gutgenahrten,  fetten  Thieren;  hier  sind  die 
Salze  an  ihrem  Platz,  deren  Nützlichkeit  schon  in  den  «An- 
nalen  der  Landwirthscbaft  von  Thaer'  abschliessend  behan- 
delt ist,  deren  Werth  tou  dem  Landmanne  ▼oUkommen  aner- 
kannt worden  ist  und  ▼on  welchen  auch  hinreichend  Gebranch 
gemacht  wird. 

Eine  schlechte  Gewohnheit,  die  unter  den  Landleuten  all- 
gemein im  Gebrauch  ist,  ist  die,  dass  sie  das  schlechte,  ver- 
dorbene  Fntter  im  Herbst,  gleich  nach  der  Aufstallung  des 
Rindviehs  ▼erwenden.  Das  ist  aber  gerade  die  Ursache,  dass, 
so  lange  solch  Futter  bei  dazu  disponirten  Thieren  verwendet 
wird,  die  Abortfalle  bis  Weihnachten  hin  mit  all  ihren  Übeln 


UrsAchen  des  Abortus.  401 

Folgen  am  häufigsten  vorkommeD.  Die  Meinung,  die  Thiere 
fressen  das  schlechte  Fatter  nach  Weihnachten  nicht  mehr,  hat 
in  so  fern  ihre  Gültigkeit,  als  die  Thiere,  beim  üebergang  vom 
guten  zum  schlechten  Futter,  wenn  derselbe  nicht  mit  Vorsicht 
gemacht  wird,  allerdings  das  schlechte  Futter  refasiren.  Wer 
indess  mit  einer  Hand  voll  schlechten  Futters  beginnt,  und  die 
Thiere  dabei  einmal,  und  sei  es  einen  Tag  lang,  brüllen  Ifisst, 
der  wird  bald  erfahren,  dasd  er  seinen  Zweck  erreicht,  indem 
der  Hunger  die  Thiere  zuerst  au  einem  kleinen  Versuch  das 
Futter  EU  fressen  treibt  und  so  eine  Kuh  yon  der  anderen  zum 
weiteren  Fressen  angeleitet  wird. 

Der  hierdurch  erreichte  Vortheil  besteht  darin,  dass  die 
Thiere,  da  sie  sich  bis  Weihnachten  bei  guter  Pflege  gebessert 
haben ,  resp.  in  einem  Futteraustande  sich  befinden  müssen,  wie 
er  der  Trächtigkeit  am  meisten  angemessen  ist,  besser  dispo- 
nirt  sind,  so  dass  der  Abortus  nicht  mehr  vorkommt,  wenn 
die  FraserTativmittel  auch  nach  Weihnachten  bei  dem  schlech- 
teren Futter  angewandt  werden. 


II. 

Die   ugldche  Abreibnng   der  Baekenzfilme  bei  deD 
Pferden  und  die  daraus  hervorgehenden  Zahnspitzen^ 

soine  die  englische  Zahnraspel. 

Von  P.  Jessen, 
Kaiser].  Rassischem  Staatsrath  etc.  in  Dorpat. 

(Hierzn  die  Abbildungen  auf  Tafel  IV.) 


Brfahrungsgemäss  wird  das  häufig  Vorkommende  und  da- 
her für  hinreichend  Bekanntgehaltene  meistens  viel  weniger 
einer  grundlichen  Prüfung  unterworfen,  als  Dasjenige,  was  «u- 

Hag.  f.  TUerheilk.  XXXYI.  4.  -  26 


402  Jessen, 

seUeaereo  Ereigniiten  gebort.  So  war  deBo  «ack  die  ongjleiehe 
Abreibnng  der  BAckeDiibne .  bei  de»  Pforden  c^  geai^  beob« 
achtet,  aber  ooch  keinosweges  in  einer,  dem  jetzigen  Stande 
der  Veterinairwisseiischaft  entspreoheaden ,  ansfabrlidiken  Weise 
Venrtheilt,  obgleich  in  vielea  Schriften  davon  die  Rede  ist.  In 
der  rossisdien  Vetennair«  Literatur  wird  sie,  o«  a.  in  dem  in 
rassischer  Sprache  geschriebenen  Bache:  „Ansfuhrliohe  Anwdi- 
sang  aar  Erkeantnias  nnd  Heilang  der  Pferddcrankheiten,  St. 
Petersburg  ISSl**,  in  13  Zeilen  abgefertigt  and  noch  dasn  ganz 
falsch  beschrieben.     Es  heisst  namlieh  dort: 

„Die  Zahnspitsen  bestehen  darin,  dass  an  den  Zaha«i  sich 
eiae  erdige  oder  steinige  Sabstana  anlagert,  die  dnreh  ihre 
anebene  äussere  OberflSehe  nach  Aassen  die  Wange  verwan* 
det,  nmck  Innen  die  Zonge  beschSdigt  and  in  dem  einen  wie 
in  dem  anderen  Falle  das  freie  Kaoen  behindert.  Die  Ursache 
ist  eine  krankhafte  Verandernng  im  Zahnfleisehf  das  dieae  Sab- 
stana  absondert/ 

Man   begreift  nicht,  wie  der  V.   dieser  Schrift  aa  ein^ 
solchen  Definition  kommen  konnte,  da  doch   die  passende  ras- 
sische Beaeichnang  „Sajedina**    d.  h.   Eingekaat,   Eingefressen, 
schon  anf  das  Richtige  hinweist,  nämlich   darauf:   dass  die  an- 
gleiche Abreibnng   durch   das   Eanen   erfolgt.     Unrichtig  ist  es 
femer,  wenn  er  sagt:  dass  die  an  den  Zahnen  sich  anlagernde 
erd^e  oder  steinige  Masse  (cremor  dentiam,  Zahnauflageraag), 
die  hier  gar  nicht  in  Betrachtung  kommt,  aus  einer  Zerstörung 
des  Zahnfleisches  hervorgeht,   da  sie  vielmehr  nur  ein  Nieder- 
schlag aus  dem  mit  Futterstoffen  gemischten  Speichel  und  Mund- 
schleim  ist.     Wsawolodow  wirft  schon    in   seinem   Werke: 
„Zoochirurgie,  Bd.  3.,  S.  91^  die  Frage  auf:  „ob  aber  dieser 
Stein  möglicherweise  V^anlassung  aar  Entzondang  der  Zahn- 
haut  abgeben   kann  —  ist  unbekannt^ ,   deutet  also  damit  an, 
dass  diese  Ablagerungen  vielleicht  zu   einer  Krankheit  der 
Zahnhaut  Veranlassung  geben  konnten,  aber  nicht,  dass  sie  in 
einer  Erkrankang  des  Zahnfleisches  ihre  Ursache  haben. 


Ungleiche  Abreibnng  der  Backenzähne  bei  Pferden.  403 

K511iker  sagt,  in  seinem  Haadbaehe  der  Grawebelebre 
des  Meosoben,  4te  Auflage»  Leipaig  1868,  S«  422:  In  dem 
Sobleime  an  de»  Zahnen  waobem  immer  viele  der  angffihrten 
fadenförmigen  Pilae,  in  einer  feinkörnigen  Matrix,  die  Sohleim- 
korperchen  oder  Epitheliamplattchfen  amgiebt,  äussMxleni  finden 
sich  tiie  lofasorieo  der  eariosen  Zahne  und  erdige  Niedersehlige 
der  Wandflassigkeiten.  Sammelt  sich  dieser  Schleim  im  gr58< 
sereA  Massen  an,  so  verhärtet  er  and  bildet  den  Weinstein 
der  Zäbne,  der  nach  Beraelius^  besteht  ans:  Erdphosphaten 
79,0,  Schleim  12,5,  Piyalin  (Speichelstoff)  1,0,  organischer 
Materie,  löslich  in  Salssaare  7,5.^ 

In  unserer  Dorpat'sohen  Veter  in  airklinik  wird  die  angleiche 
Abreibnsg  der  Backenzähne«  als  Kanhinderniss  and  Ursache  aar 
Verwandong  der  Wangenschleimhaat,  so  vielfach  beobaditet, 
dass  wir  von  den  aagefahrten  Pferden  weit  über  100  Fälle 
jäfariiob  damit  za  verseichnen  haben.  Dies  bewog  ans  1862 
(S.  Die  Wirksamkeit  der  Klinik  der  Dorpat*schen  Veterinäir- 
scbal«  in  den  Jahren  1860  nnd  1861  etc.  S.  17)  za  folgender 
Bemerkang : 

„Das  eo  sehr  haafige  Vorkommen  der  Zahnspitzen  an  den 
oberen  Backenaähnen,  vom  angleichen  Abreiben  derselben,  wo- 
doreh  den  Pferden  das  Eaaen  dnrch  die  Verwandang  der  Wan- 
gensehleimhaat  sehr  schmerzha^  wird,  so  dass  sie  wenig  fres- 
sen nnd  oft,  secandair,  nicht  anbedentende  Verdaaangsleiden 
eintreten,  sollte  fast  anf  die  Vermathang  fahren,  dass  die 
Zahnmasse  nnserer  hiesigen  Pferde  weicher  ist,  als  bei  anderen 
Racen.  Vielleicht  liegt  dies  in  der  bänfig  schlechten  Qaalität 
der  Nährstoffe." 

Damals  hatte  ich  es  mir  schon  vorgenommen  einmal  in 
einem  aasffihrlicheren  Artikel  diesen  „alltäglichen''  Gegenstand 
abzahandeln;  es  aoterblieb  indessen  bis  heate*  Nan  Bnde  ich 
in  Hering' s  Repertoriam  der  Thierfaeilkande,  Jahrgang  31., 
1.  Heft.  S,  46,  dass  mir  der  Belgische  Veterinair  Lorge  be- 
reits darin  zuvorgekommen  ist,  und  kann  nichts  Besseres  than, 

26* 


404  Jesieo, 

a]8  das,  in  acht  witfenschaftlicher  Weise  dort  Gesagte  hier  %u 
wiederholen,  nnd  daran  meine  weiteren  Bemerkungen  an  knöpfen» 

„Die  in  Folge  nnregelmSssiger  Abreibang  der  Backenaahne 
sich  bildenden  Zahnspitsen,  anf  den  Seiten  ihrer  Reibeflachen» 
haben,  je  nach  ihrem  Sitae,  verschiedene  Wirkungen,  aber  die 
gleiche  Veranlassung.  Die  im  Oberkiefer  vorkommenden  Zahn- 
spitsen befinden  sieh  beim  Pferde  am  Susseren  Rande  der  Zahn- 
krone und  verletzen  die  Schleimhaut  der  Backenwandnngen 
(Wangen.  J.);  die  Thiere  suchen  diese  unangenehme  Empfin- 
dung moglichft  au  vermeiden,  daher  sieht  sich  der  Backens ahn- 
muskel  (Musculus  molaris)  nur  unvoUstSndig  susammen  und 
übt  seine  Verrichtung,  die  hauptsächlich  darin  besteht,  die  Nah- 
rungsmittel wahrend  des  Eauens  unter  die  Backenaahne  zu 
bringen,  nur  höchst  unvollständig  aus.  Die  AnhSufung  tou 
zerkautem  Futter  awischen  den  Zahnen  nnd  Backen  Wandungen, 
welche  man  bei  den  Pferden  mit  hervorstehenden  Zaknspitsen 
findet,  erklart  sich  dadurch  auf  ungezwungene  Weise  und  eben 
so  das  Speicheln  derselben  durch  die  Reibung  der  Backen- 
drusen.*) 

Werden  die  Backenzahne  des  Unterkiefers  ungleich  abge- 
rieben, so  bilden  sich  scharfe  Spitzen  am  innem  Rande  der 
Zahnkronen,  welche  die  Zungenschleimhaut  verwunden  und  end- 
lich zur  Bildung  tiefer  Geschwüre  in  der  Substanz  der  Zunge 
fuhren.  Die  Folgen  sind  unvollständiges  Kauen  des  Futters, 
theilweises  Verschmähen  desselben  und  Abmagerung,  so  me 
frühzeitige  Ermüdung  der  Thiere  beim  Grebrauch/*) 

Die  Ursache   dieser    onregelmassigen    Abreibung    besteht. 


*)  Diese  liegen,  in  einzelnen  Haufen,  neben  dem  Zahnhohlen- 
rande  des  Oberkiefers.  Die  andere  Abthellung  ist  eine  fester  zusam- 
menhängende Drusenmasse  nnd  liegt  am  Zahnhöhlenrande  des  Unter- 
kiefers;  beide   sind   vom  Backen-   und    Backenzahnmaskel    bedeckt. 

Gurlt. 

**)  Und  baldiges,  starkes  Schwitzen.    J. 


Ungleiche  Abreibung  der  Backenzähne  bei  Pferden.  406 

naeh  den  UotersaohaDgen  des  Professors  Defays,  darin,  dass 
^er  Abstand  beider  Hinterkieferaste  von  einander  zn  gerin'g 
ist  und  in  Folge  dessen  die  gegenseitige  Abreibung  der  Kro- 
nen der  Backenzahne  im  Ober-  and  Unterkiefer  entlang  der 
ganaeo  Aasdehnong  oder  des  Darebmessers  derselben ,  (nicht?  J.) 
vor  sich  gehen  kann«  Die  Maskeln,  welche  vorzäglich  dasn 
bestimmt  sind,  den  Unterkiefer  in  schiefer  Richtung  .abzuaie- 
hen  und  seitlich  hin*  und  herznschieben,  sind  der  innere  und 
äussere  Flag^muskel,  *)  Sind  diese  Organe,  in  Folge  des  oben 
berührten,  angeborenen,  Bildungsfehlers  zu  wenig  entwickelt, 
Ist  namentlich  die  Lange  des  inneren  FlagelmnskeU  zu  gering, 
so  bilden  sich,  wie  die  Erfahrung  lehrt,  in  kurzer  Zeit  nach 
dem  Abfeilen  der  Zahnspitzen  wieder  neue  Erhabenheiten  und 
dieses  Leiden  kann  nie  gründlich  gehoben  werden,  weil  man 
nicht  im  Stande  ist,  die  Ursachen  zu  entfernen. <^ 

So  weit.Lorge.  Er  hat  nicht  darauf  aufmerksam  gdr 
macht,  dass  die  Reibeflächen  der  Pferdebackeozahne  so  gebil- 
det sind,  dass  der  äussere  Seitenrand  derselben  an  den  oberen 
Zähnen  tiefer  nach  unten  reicht,  als  der  innere,  bei  den  un- 
teren dagegen  dieser  hoher  steht,  diese  ex^ohten  Ränder  da- 
durch und  weil  der  Schmelzrand  grosseren  Widerstand  bietet, 
aueh  weniger  abgerieben  werden,  und  daher  die  Herrorragun- 
gen  oben  nach  aussen,  unten  nach  innen  aich  bilden  müssen, 
wenn  sie  vorkommen. 

Wenn  die  Theorie  von  Defays  die  richtige  ist,  so  wJae 
also  auch,  in  dieser  Beziehung  die  gehörige  Weite  des  I^ehl- 
ganges,  wie  sie  im  Exterieur  aus  anderen  Gründen  verlangt 
wird,  von  Wichtigkeit.  Für  uns  und  Alle,  die  so  häufig  Ge- 
legenheit finden,  die    Zahnspitzen  zu  beobachten,  liegt  aber 


*)  M.  pterygoidens  intemns  et  extemus  des  Menschen.  Beim 
Pferde  bilden  sie  einen,  aber  ans  2  Portionen  bestehenden  Mnskel, 
den  man  als:  inneren  Eiaiunnskel  bezeichnet  und  der  mit  dem  äusse- 
ren Kaumuskel,  M.  masseter,  und  dem  Schläfenmnskel ,  M.  tempora- 
lis,  gemeinschaftlich  das  Kauen  vermittelt.     J. 


406  J«88«n, 


Aaflbrdomng  darin :  auf  die  Bage  das  KaUgaages  bei  den 
damit  bahaftelan  Pfexden  genaa  sa  aohtea  oad  atatistitch  zh 
begroaden,  ob  ria  bei  tolohen  Thieren»  bei  denen  sie  entfernt 
worden,  oft  wiederkehren* 

Die  Spitsen  an  den  nnteran  Backeasälinea  kommen  hier, 
Terhaltniasmässig»  selten  Tor,  Von  den  VerieUiuigeQ  doroh  die 
Zahnspitsen  in  der  oberm  Backansalinrellie  haben  wir,  in  eini- 
gen  wenigen  Fallen »  in  den  Wangeomaskeln  Abscesee  entate* 
hen  sehen,  die  sogar  die  Haot  darchbraehen  and  sich  so  in 
"^offene  Eiterfliehen  omwandelten« 

Aas  aUem  Gemgten  geht  non  wohl  aosweifelhaft  faerror, 
dass  diese  so  alltägliche  Erseheinong  keiaesweges  gleiobgiltig 
ist,  vielmehr  die  genaneste  Beaefato^  verdient.  Sagt  dodi 
schon  der  ecfahreoe  and  praktische  Toaatt*):  ^nberhanpt 
aber  sollte  bei  jedem  Pferde,  das  ohne  Fieber,  oder  andere  in 
die  Augen  fsllende  Ursachen,  vom  Fleisch  fallt,  mit  dem  Maale 
nnd  den  Zahnaa  eiaa  sorgfaltige  ünterso^ang  TOTgeiiommen 
werden,  besonders  wenn  es  sein  Fatter  theilwaise  kaot  and 
dann  wieder  fallen  ISsst.** 

Eine  solche  Untersnchuag  wird  nan  $,xii  folgende  Weise 
aosgef^irt^ 

Man  stellt  das  Pferd  so,  dass  wenn  ihm  der  Mond  gäh- 
net wird,  das  Licht  gerade  hiaeioflällt  and  briogt  darauf  mit 
den  Händen  die  Kiefer  von  einander.  Findet  sich  dann,  wah- 
rend das  Pferd  doch  vor  mehreren  Standen  zoletst  gefuttert 
^ar,  dass  n6<^  gekaote  Fotterreste  swischea  den  Baekensäh- 
nen  und  der  Wange  sarackgeblieben  sind,  aoch  wohl  Ih^lweise 
heraasfallen ,  so  kann  man  schon  ziemlich  sieber  sein ,  dass 
Zahnspitzen  vo^rband«».  Die  vorsiehtige  Sinfäbniag  des  tK^ge* 
£ngers  längs  der  Wangenschleimhaat  wird  diese,  and  aaeh  die 
durch  äie  yeranlassten  Verwandangen,  entdecken  lassen»     Man 


*)    V.    Da«  Pfcrd   etc.     Uehersetstmg   von   fiering.     Stutt- 
gart 1844, 


Ungleicbo  Abreibnng  der  Backenzähne  bei  Pferden.         407 

«•terfocht  daaa  attcJi  no«h  die  Zusg«  von  beiden  Seiten,  wo 
rnfto  aber«  wie  eehon  angdiÜirt,  umr  selten  Verwandnngen  mn. 
treffen  wird, 

•Wie  siod  nun  dieae  Spitzen  na  entfernen?  Unser  euerst 
ettiirter  rmeiaehar  Alfter  eagt: 

^Die  Heilnng  besteht  in  deni  vorBiehtigen  Abschlagen  der 
Aoflagerimgen  mit  eiaäm  Meissel;  die  Wondeo  seibut  werden 
geeilt  4areh  Anewaschea  mit  einer  Abkoobnng  von  Sieben- 
nnde ,  entweder  allein  oder  mit  einem  Znsatae  von '  einem  Drit- 
theil Branntwein.  Anch  wirkt  eine  Misehang  von  Honig  nnd 
£«mg,  in  wekker  ein  Theil  Grünspan  verrieben  und  gekocht 
wird,  get.« 

•S*  ^90  £ihrt  er-  aie  Openitien  der  Koaovale*)  sa:       i 

»Das  Abseillagen  der  Wolfsrsabne  oder  Zabnepitnen ,  wobei 
die  Koiievdle  any eilen  selbst  die  Hakenaabne  heraosachlagen.*' 

Wer  kennt  sieht  die  langstieEgen,  eisernen,  spatenförmi^ 
gen,  mit  finfgebogenen  Rändern,  wie  bei  dem  dentscfaen  Wirk- 
mestfer  iversehenen  Zahnmeissel  der  Konovale?  Wer  kann  aber 
in  Zweifel  darüber  aein,  dass  jeder  der  Konovale  die  Haken* 
säihe  des  Pferdes  gasa  gat  kennt  und  sie  steoken  lassen  wird 
und  mnse,'  da  er-  sie,  wegen  ihrer  festen  Einfagong  und  langen 
Warsein,  mit  seinem  Meissel  dooh  nieht  heranstreiben  konnte, 
wenn  er  «nah  wollte. '  Indessen  gana  abgesehen  also  davon 
and  voft  den'Srsohütterangen,  welche  das  Absprengen  der  Zahn- 
epitzen  mit  einem  soldien  Meissel  veranlasst,  werden  durch  das 
Abgleiten  desselben  leicht  viel  bedeutendere  VerletBongen  der 
Wangensehleimhagt  selbst  hervorgebracht,  als  durch  die  Zahn- 
spitzen. Im  vorigen  Jahre  ging  hier,  u.  a.  ein  Fuhrmannsp^trd 
jia  Orunde,  dem  ein  betrunkener  Kotnoval  die  Zahaspitaen  mit 
M^tiem  Heissel  abgeschlagen  und  die  Kaohenhoble  mit  seiner 
B&rste  aoagefegt  hatte.  Die  mit  beiden  Instrumenten  hervor- 
gebcaehten  Verletznngen  brachten  eine  todtliche  Braune  zu- 
wege. —  Aehnliche  Falle  habe  ich  mehrere  erlebt! 

*)  Rossärztliche  Empiriker  in  Rassland. 


408  Jessee, 

I«h  hftbe  dieten  Meissel  madi  noeb  1866  mf  der  BerliiMr 
VtteriiiundiQlo  anwendeD  mImd,  and  HAobner  enpfieUt  seiiie 
AnwondoDg  ebenfalls. 

um  die  Betehadigiiogen  der  Mandeelileimbsirt  sa  Terbio- 
dem,  b«t  mfta  dem  Meissel  Tersebiedeiie  C^estsiteiigeB  gegeben. 
Mein  Terstorbeoer  College  Sebfitt  bediente  sieb,  bevor  wir 
des  bessere  Verfsbren  kuiiiteD,  eiaes  balbrondeii,  bobleD,  bis- 
ten  mit  einem  mnden  Knopfe  TenebeDea  Meisseis,  eigener  Er> 
findong.  Bei  Vstel  ist  ein  Meissel  abgebildet,  der  an  jeder 
Ecke  seiner  Sehneide  änen  mnden  Knopf  hat. 

£s  sollte  aber  dies  rohe  nnd  rnde  Verfahren  überall  abge- 
schafft und  statt  des  Meisseis  die  englische  Zahnrasp^  in  Ge- 
brauch gesogen  werden.  Da  diese,  so  viel  mir  bekannt,  in 
russischen  Schriften  noch  gar  nicht  abgebildet  ist,  so  gebe 
ich  anf  der  beigefogten  Tafel  IV.,  Fig.,  1,  ihre  geaane  Zeichnmg, 
so  wie  sie  bei  uns  in  der  Klinik  gebraacht  wird  nnd  wie  ich  sie 
auch  schon  frnher  im  Regimente  benntst  habe.  Nor  in  sehr 
seltenen  Fallen  ist  es  nStbig  bei  ihrer  Anwendung  ein  Maul- 
gatter einsulegen  oder  das  Pferd  an  bremsen,  damit  es  ruhig 
steht.  Es  genügt  wenn  man  an  der  rechten  Smte  die  Uneben- 
heiten und  Spitsen  der  Zahne  abraspelt«  die  Zunge  des  Pfer« 
des  von  einem  Gehülfen,  der  zugleich  die  Kiefer,  aqseinandor 
halt,  vorsichtig  links  aus  dem  Munde  sieben  nnd  festhalsen  an 
lassen;  umgekehrt  nach  rechts,  wenn  man  an  der  linken  Seite 
operirt.  Die  Raspel  mnss  mit  fester  Hand  und  in  ganz  kur- 
zen rasch  auf  einander  folgenden  Zügen  in  Anwendung  gebracht 
werden  und  niemals  wird  sie  dann  die  Wangeasehleimhant  yer- 
letzen« 

In  den  FaHeo ,  wo  ein  Maulgatter  gebraudst  werden  musa, 

.  verdient,  meiner  Erfahrung  nach,  das  Günther 'sehe  (Ta£  IV;, 

Fig.  2«,  natürliche  Grosse)   den  Vorzug.     Da  es  zwischen    die 

Schneidezahne  gelegt  wird,     so  entgeht  der  harte  Gaumen  der 

Gefahr  einer  Beschädigung,  wie  sie  bei  den  übrigen  vorkona- 


r 

Ungleiehe  Abreibung  der  Baekenzahne  bei  Pferden»         409 

i  men  kann»   und    es  gew&lurt  Tiel  mehr  Rwnm  für  die  nothigen 

Munipnlationeii  in  der  Mondbohle,  als  jene**) 

Eine  weitere  Behandlang  der  Wonden  im  Mande.,  welche 
durch  die  Zahnspitsen  veranlasst  wnrden,  hat  sich  nie  nothwendig 
gemacht;  sie  heilten  ron  selbst,  wenn  die  Ersengungsorsache 
entfernt  war«  In  vielen  Fallen  ist  es  aber  natslich  und  notlug, 
wo  das  Kanhindemiss  lange  bestanden  hatte  ond  dadar<^  die 
Verdannng  geschwächt  war,  eine  Zeit  lang  noch  bittere,  ma- 
genstarkende  Mittel  mit  dem  Fntter  verabreichen  su  lassen. 

Hinzufügen  mnss  ich  noch,  dass  ich  in  diesem  Jahre  beob- 
achtet habe,  wie  aach  die  sehr  scharfen  Spitzen  der  neu  her- 
vorbrechenden oberen  Backensahne  bei  ganz  jungen  Kalbern 
die  Wangenschleimhaut  dermaassen  reizen  und  verwundeu  kön- 
nen, dass  die  Wange  bedentend  anschwillt,  das  junge  Thier 
vom  Saugen,  Saufen  oder  Fressen  ablässt,  und  in  Folge  dessen 
sehwach  wird,  abmagert  und  Durchfall  bekommt«  Ich  habe  mir 
daher  eine  solche  Englische  Zahnraspel,  in  kleinerem  Maass- 
stabe, auch  für  Kalber  anfertigen  lassen  und  durch  das  Abras- 
peln der  Spitzen  schon  in  zwei  Fallen  das  Uebel  gehoben« 
Ob  dasselbe  auch  bei  Saugfnllen  vorkommt,  mnsssn  die  6e- 
stutsveterinaire  entscheiden! 

Ich  nehme  schliesslich  keinen  Anstand  zu  behaupten,  dass 
die  englische  Zahnraspel  nicht  nur  für  den  Veterinairen ,  son- 
dern auch  für  jeden  Besitzer  vieler  Pferde,  ein  ganz  unent- 
b.ehrliches  Instrument  ist.  In  der  Umgegend  von  Dorpat 
haben  sich  schon  viele  Gutsbesitzer  eine  solche  angeschafft  und 
sie,  mit  dem  entsprechenden  Nutzen,  in  vorkommenden  Fallen, 
angewandt. 

Wer  es  bewirken  konnte,  dass  die  Konovale  ihre  Zahn- 
xneissel  und  Rachenbnrsten  nicht  mehr  anwenden  dürften,  der 


*)  Ich  habe  auf  der  untern  und  obem  Platte  des  Gunther'schen 
Maolgatters  eine  Sehelbe  €hittaperoha  befestigen  lassen,  wodurch  das 
Abgleiten  von  den  Zahnen  verhütet  wird.    J. 


410  Jessen, 

wurde  eich  schon  dadurch  mn  nicht  geringes  Verdienst  erwer- 
ben. Wer  aber  die<e,  aus  uralten,  finstem  Zeiten,  noch  In  die 
Gegenwart  hineinragende  und  hineinpfuschende  Meuschenkaste 
veranlassen  wurde ,  sich  anderen ,  nntslicheren,  oder  doch  uu- 
fichfidlicheren  Beschäftigungen  hinzugeben,  dem  ntussten  alle 
Thierschutayereitte  Rnsslands  ihr  Diplom  als  Ehrenmitglied  er- 
theilen ! 


Nachtrag. 

Den  Torstebenden  Aufsata  hatte  ich  für  das  russische  Jour- 
nal für  die  Pferdezucht  eingesandt  und  der  geehrte  Herr  Ueber- 
setzer  hat  dazu  folgende  Anmerkung  gemacht: 

„Wunschenswerth  wäre  es,  weun  der  geehrte  Autor  seine 
competente  Arbeit  dadurch  Tervollstaudigte,  däss  er  uns  sagte, 
was  man  unter  „Woifszahne*  versteht»  Dies  wurde  for  den 
Specialisten  von  Nutzen  sein.  Die  Bintheiiung  müsste  über- 
haupt folgende  sein:  1)  scharfe  Hander  öder  Zahnspitzen; 
2)  Wolfszähne;  3)  Auflagerungen  (Nakip)  an  den  Zähnen.  In 
allen  diesen  Fallen  ist  die  Zahnraspel  ein  nitzlicbes  Instrument.* 

Ich  erlaube  mir  in  dieser  Beziehung  Folgendes  hinzuzu- 
fügen: 

Wie  es  die  üeberschrifl  besagt,  sollte  inein  kleiner  Auf- 
satz sich  eben  nur  auf  die  örste  Categorie  d&i  Öertn'Üeber^ 
Setzers,  nämlich:  auf  die  Zahnspitzen',  welche  sich  durch  un- 
gleiche Abreibung  an  den  Seiten  ran  derh  (Sei*  Kaufl&chen 
der  oberen  und  unteren  Backenzähne  bilden,  beziehen. 

£s  kommen  aber  durch  ungleiche  Abreibung  floch  andere 
Fälle  vor,  Ut  der  Vorderkiefer  (Oberkiefer)  zu  lang,  so  bleibt 
nicht  selten  an  den  vorderen  (oberen)  ersten  Backenzähnen 
vom  eine  «ehr  i»edeute&d  hervorragende  Spft^^e  ii^e^^s  «nge- 
k«hrt,  wenn  der  HiBterkieübr  (UntiBrkieifer)  Baiangist,  an  den 
hinteren  (unteren)  eraien  Backenzähnen»     Znirefleii  ra^en,  be- 


Ungleiche  Abreibung  der  Backenzähne  bei  Pferden.  •111 

sonder«  bei  «ehr  altea  Pferden,  in  der  Backeewafanreihe  w^k- 
refe  Z5k9ß  ab^r  die  «adeven  hinaof*  «.In.  andere»  Falles«  limt 
gar  keiQe  Abreibung  eines  oder  ^at^rerer  Backensahne  stattt' 
gefunden».  "w^U. der  GegeaBabB' beransgenoanneB»  ansgetfatleii^ 
oder  ameh  r abgebröckelt»  verkttstivi^it  war,  so  dass  jene  Zähne 
daher,  darek  den  jShrliehen  Nabhsehab^  in  die  Lacke  lilnein* 
gei^bobea  waren;  nicht  hineingewaohsen,  -wie  man  es  wofai 
enweilen  fal^ehUeh  ausgedrückt  findet.  '  .  ' 

In  allen  dii»den.  Fallen  leiste^  dia  scharfe  Zflitnraspel  mehr 
als  der  Meissel,  oder  ddr  sogenaftote  Odöntritear  von  Brog- 
ni^a.  Wetm  diese  U.nebenheitea  aber  dadatkilt  nicht  so*  zu  be- 
aeitig0n  silid,  dass  dadnrch  das  E^hinderniss  gehoben  wird, 
mass  man  doch  zaweilen  die  hindernden  Zähne  aasziehen. 

Was  die  zweite  Gategorie,  die  sogenannten  „Wolfszahne** 
betrifft,  so  herrschen  darfiberir«nscMedene  Ansichten,  Einige 
verstehen  darunter  kleine,  unyollkommen  entwickelte  Zähne, 
die  in  den  Laden,  vor  dem  ersten  Backzahn  im  Ober-  oder 
Unterkiefer  ihren  Sitz  haben  and  nennen  sie  auch  wohl  «üeber- 
zähne*  (Sur-dents),  So  weit  meine  Erfahrung  reicht,  sind 
diese  stets   unschädlich  und   fordern  nicht  zu  Operationen  auf. 

Andere  neönen  „Wi>lf8zähne«'"(Ö^t8  de  lem'p)  solebd, 
welche  nicht  uberzähyg  sind»  aber  in:  der  Reihe  «ohief ,  entwe- 
der nach  ein-  oder  nach  auswärts  stellen,  oft  auch  über  die 
benachbarten  Zähne  hinausragen  und  so  nicht  nur  das  Kauen 
erschweren,  sondern  auch  die  Wangen,  oder  die  Zunge  ver- 
wunden, '    r         .     0. 

'  Ist  dlee^  Binansragen  der-Ztfhii'i^z«ir.S^ite  Yrnd  imdh  Oben 
ood  Hinten 'öiebt  zu' bed^tttendj'  sb  gelingt  ^s  altertfings  auch 
noch  oft,  'mit  einer  recht  schairfen  -Zahnraspcl  die  HcirvoiTagän- 
geu  wegzoBoha£fen  utfd  damit  d^s  Kauliinderbiss  zu  bes^igen; 
Ist  dies  aber  ünm5glieh,  so  hilft  nur  das  Ausziehea  ixiit  der 
2#aRige,  "wenn  es  Badkefizithn6  sind.  Bei  Schneidezähnen  wird 
sieb  dies  kaum  nölhig  maohen* 

Waa  endlich« drittens;  diö  Äuflagennig  (Nakip),  in  sofern 


/ 


41S  J««s«B, 


^j»"^^^^^«^»  _  ^ 09^'% .^^^■*Äi^»J^b^     ^bS^iJ        l. 


* 

od«r  die  WwmgmmlMmmhw^  nd 


die  Zuge  TMirtU  kittau  Hiafigv  kMta*  er  aa  den  SckMide- 
sibMB,  «ad  bat  des  illaf«B  Hoagalaa  aad  Wallaehaa  aaeh  aa 
dea  lfakfa»ifcnaa  Yor;  aa  latetevaa  oft  so  atevk,  da»  aar  ära 
Spitxea  ao^  lieifuiiagaa.  Mit  aiaaa  klaiaaa  Meiasdl,  oder 
fliaar  piifnden,  s^atfta  Zaaga,  kaaa  aMa  ifaa  laickt  abapreaigeB. 
Krankhafta  YaraadennfaB  «ad  Aaflraibaagea  dar  Zakae^ 
dordi  abaonaa  Ablagamag  das  Caveataa  Toa  dar  Zaliaholila 
aas,  darch  Cariaa,  FistelB,  Spaltwag  aie.  gahataa  mA^  kiehar. 


ra. 

Hmor  BoriiU  iWr  c»e  u  Vwpat  ni  dcagoi  Ij 
g«KWi,  TMi  VMnAir  186»  1»  lai  187t,  gfhnsifet 
habnie  KnudAdt  wtar  in  ftfrkm. 

VoB  Demselben. 


Beror  ich  aof  die  nibere  Beacbreibiuig  dieser  Kraakbeit 
eiogaba  sei  aoeh  Folgs&das  beoMrkt.  Naeb  einer  korzea  Mit- 
tbeilaag  in  den  rnsaiseben  Joonud  lor  die  Pferdesuebt,  1870, 
Nr.  2,  Febrnsr,  S.  131— 12S,  ist  eine  ihnlieba  8eaeba  sebon 
im  Herbst  1869  in  St.  Petersburg  beobacbtet.  Der  Ordinaior 
an  der  Küaik  der  Veterinsir-Abtbeiliing  in  der  medieo-diirar» 
gisebea  Akademie,  J*  Lenge,  giebt  eine  knrae  Besebreibattg 
davon,  sagt:  dsss  sie  gntartig  an^etretea  sei  oad  fogt  2  Ter 
bellen  ober  die  PolsfireqaenB  und  die  Temperalar  von   15,   in 


Krankheit  unter  den  Pferden.  413 

der  dortigen  Klinik,  im  November  and  December  1869  beob- 
ftcbteten  Fallen  hin za.  Herr  Professor  Rawitsch  schliesst  die 
Bemerkung  an:  „Da  die  Messang  der  Temperatur  bei  dieser 
Krankheit  bis  jetst  noch  von  Niemand  unternommen  ist,  so 
verdient  die  Arbeit  des  Herrn  Lange  besondere  Anfmerksam- 
kejit  und  bat  ein  grosses  Interesse,^  —  Man  gab  der  Krank- 
heit dort  den  Namen:  „Epizootisoher  Magen-  und  Darmcatarrlr.^ 
Einer  unserer  Candidaten,  Herr  Gallen,  hatte  eine,  mit 
der  spater  hier  erschienenen  gana  analogen  Krankheit  bereits 
im  November  1869  in  Estland  behandelt  und  es  verlautete,  dass 
dieselbe  auf  dem  ganze  Wege  von  St.  Petersburg  bis  Narv« 
und  darüber  hinaus,  unter  den  Pferden  grassire.  -*  Am  18. 
December  1869  wurde  das  erste  damit  behaftete  Pferd  ambu- 
latoriiBch  in  unserer  Klinik  vorgezeigt  und  bald  folgten  nun 
deren  mehrere,  wie  es  die  folgende  Uebersicht  darlegt. 

Ambulatorich,    Poliklinisch,    Stationair. 


1869  December 

1 

2 

9) 

1870  Januar 

26 

4 

20 

„     Februar 

18 

22 

12 

„     März 

9 

7 

4 

,     April 

10 

7 

5 

64  42  41       Sm.  147. 

Darunter  33  aus  der  Stadt  Dorpat  und  1 14  aus  der  Um- 
gegend. Damit  ist  indessen  die  Zahl  der  Erkrankten  keines- 
weges  erschöpfend  angegeben.  Die  Seuche  hatte  sich  weit  un- 
ter den  Pferden  der  Gutsbesitzer,  Bauern  und  Stationshalter 
verbreitet  und  herrscht  hie  und  da  noch  gegenwartig.  Den 
Nachrichten  zufolge  ist  sie  aber  überall  ziemlich  gutartig  auf- 
getreten und  nur  wenn  die  Kranken  ganzlich  vernachlässigt 
wurden,  oder  die  Krankheit  übersehen  war  und  man  damit  be- 
haftete Thiere  noch  zu  anstrengenden  Arbeiten  benutzte,  ward 
sie  gefahrlich  und  todtlieh.  Besonders  sollen  die  Fuhrleute, 
die  mit  Fracht  ans  St.  Petersburg  kamen ,  viele  Pferde  verlo- 
ren haben. 


414  Jesseo. 

KrakbeittertohBiniingeo.    VerlABf«    Dmoer. 

Anfgaag. 
Den  Eigentbuiern  nachte  die  Krankheit  ihrer  Pferde  rieh 
dadaroh  bemerkbar,  dats  diese  dae  FotCer  Terschmahten ,  Mat- 
ti^^it«  Trägheit  der  Bewegaagen  und  ein  Angeoleideii,  mit  ge- 
riagem  Thränenfloea  oad  AnsehwellaDg  der  Aagesfider,  die 
mehr  oder  weniger  gescbloasen  gehalten  worden,  wahrnehmen 
Hessen. 

Bei    der  n&heren   üntersnehong    ergab   rieh    dann:    allge- 
mmo   Schlaffheit   nnd    Mattigkeit,    steifer-  Gang    mit  kurzen 
Schritten  der  Extremitäten,  snweilen  anch  gleich  schon  Schwan- 
ken  im   Hintertheil«     Die  Körpertemperatur  war  erhobt;    das 
Haar  glanslos,  weich  ansoföhlen.     Kopf  nnd  Hals  worden  ge- 
senkt gehalten.     Die  Angenlider,  besonders  die  oberen,  waren 
etwas   angeschwollen,    die  Bindehant  nnd   die   nndorchsichtige 
Hornhant  sehr  gerotbet;  letstere  mit  einem  Nets  von  stark  ge> 
fällten  Blatgefassen  darchsogen.   Anf  beiden  Hänten,  sowie  snwri- 
len  anch  anf  der  Schleimhant  des  Mondes  nnd  der  Nase,  madite 
sich  eioe  gelbliche  Tiogiraog  geltend.     Der  Appetit  fehlte  bei 
einigen  der  Kranken,  doch  keines  weges  bei  derMehrsahl;  derDnrst 
war  nicht  übermassig.     Der  Pols  frei,   weich,  meist   anfanglich 
12-^20    Schlage  über    die  Norm  in   der  Minute.     Hersschlag 
deutlich  fühlbar.     Die  Temperatur  im  Mastdarm  immer  hoher 
als  die  gewöhnliche. 

Bei  manchen  Thieren  kam  die  Krankheit  offenbar  nicht 
aar  vollständigen  Entwiokelang,  so  dass  sie  sich  in  wenigen 
Tagen  TolfstSndig  ^holten.  31  Genesene  standen  35S  Tage 
in  der  Klinik,  die  kürzeste  Zeit  Tfelche  sie  dort  anbrachten 
betrug  4  —  die  längste  19  Tage.  Kein  Thier  ward  entlassen, 
boTor  die  Gefahr  vorüber  war.  In  den  schweren  Fallen  dauerte 
es  aber,  wegen  der  grossen,  zurückbleibenden  Schwache  sehr 
lange,  bevor  die  Thiere  wieder  zu  ihren  gewohnten  Arbeiten 
gebraucht  werden  konnten.  Ein  Pferd,  welches  mit  rosenarti« 
ger  Geschwulst  des  einen  Hinterschenkels  (Erjsipelas  phlegmo*- 


Krankheit  unter  den  Pferden.  415 

uoaum)  In  die  Klinik  gebracht  worde  und  dort  erst  spater  in 
die  b^recbande  Krankheit  verfiel,  stand  20  Tage«  £in  anderes, 
arsprüjQglieh  mit  Drose  gebracht,  wobei  ein  grasser  Abacess  im 
K^lgang  sieh  bildete,  aeigte  .ebenfalls  erst  spater  die  Zufälle 
der  erwähnten,  seuehenhaften  Krankheit  und  ^ar4e,  bis  ^ar 
Genesung  ioa  Ganzen  18  Tage  im  Lasig^^th  gehalten.  5  Tbiere, 
bei  denen  die  Krankheit  todtli^^b  endigte,  waren  5,  3,  2  Tage 
und  36  nur    12  Stunden  im  Krankenstalle  anwesend. 

Wie  dies  aas  den  beigefugten  Puls-  und  Temperaturcurven*) 
aach  hervorgeht,   stieg   die   Warme   stetig    bis   zur  Acme   der 

* 

Krankheit  und  fiel  dajin  rasch.  Die  Angaben  beliehen  sich  auf 
die  Mastdarmstemperatur,  bezeichnen  indessen  den  höchsten 
Steigerungsgrad ,  den  ich  bei  einem  schwer  Kranken,  jedoch 
vollständig  und  bald  Genesenen,  in  der  Poliklinik  mit  43,3  Gr. 
C.  bei  78  Pulsen  in  der  Minute.,  constatirte,  nicht.  Nicht  im 
gleichen  Grade  steigerte  sich  die  Pulsfrequenz,  was  auch  in 
St,  Petersburg  bemerkt  wurde»      Die  Verdauung  war  bei  den 


*)  Der  Herr  Verfasser  hat  die  Pulsfrequenz  und  die  Tempcratur- 
Curveu  von  5  verschiedenen  Patienten  in  Tabellentafeln  mitgetheilt, 
da  aber  dieselben  schwierig  zu  drucken  sind  und  viel  Baum  einneh- 
men, und  da  ferner  diese  beiden  Erscheinungen  in  allen  Fällen  sich 
ziemlich  gleich  verhalten  und  da  neben  ihnen  die  anderen  Krankheits- 
Symptome  nicht  angegeben  sind,  so  beschränken  wir  uns  auf  die  fol- 
gende Darstellung  der  ausfährlichsten  Tafel. 

Pulse.  Temperatur. 

Morg.    Abends.       Morg.     Abends. 
November  28:     38  —  .         395/io      39Vio 

^  29:     37  —  391J10      393/10 

,  80:     38  —  39  39l/io 

December.    1:     38.  —  391/10       — 

2:     38  —  386/10       — 

,  3:     40  —  385/10       — 

4:     41  —  391/10       — 

„  6;     42  —  389/10       — 

6:    44  —  39  — 

7:     41  —  388/10       — 


416 


Jefteii, 


Kranken  in  d«r  R«gel  wenig  oder  gar  nidit  beaintriditigt  und 
nnr  bei  einigen,  betenden  eebwaehen  Tbieren,  trat  Dnnaeatsrrii 
nnd  Dnrehfell  ein«^  Bt  £uid  dnrcheaa  keine  nennenewertfae, 
krankkalte  AffeeCion  der  Respintionsorgane  atatt;  doch  trat  b« 
einigen,  dnrek  die  Krankheit  bocbgrndig  geadiwiditen,  Pferden 
ein  ao  beaehwerliehea,  üankenadiljgigea  Athsen  ein,  wie  man 
ea  beim  Dampf  nnd  der  Brnatwaaaennekt  beobaditet,  wihrend 


Polaa. 

Temperatur. 

] 

Uorg. 

Abends. 

Heig.. 

Aiieada. 

DeeaaÜMi 

8: 

40 

— 

38Vio 

— 

9 

9: 

40 

— 

38T/10 

— 

» 

10: 

41 

— 

389/10 

— 

» 

11: 

44 

— 

39  «/lo 

— 

m 

12: 

48 

— 

895/1, 

— 

ff 

13: 

61 

— 

40 

— 

)» 

14: 

68 

— 

40Vio 

— 

» 

16: 

60 

— 

406/10 

— 

« 

16: 

66 

— 

41  »/lo 

— 

» 

17: 

70 

— 

419/10 

— 

11 

18: 

68 

— 

417/10 

— 

• 

19: 

64 

62 

4iyio 

411/10 

• 

20: 

60 

61 

40Vio 

40«/io 

» 

21t 

64 

66 

404/10 

40»/io 

y> 

22: 

62 

60 

39t/io 

39«/i9 

9 

23: 

48 

46 

391/10 

889/10 

Ji 

24: 

46 

45 

388/10 

38^/10 

9 

25: 

40 

40 

881/10 

— 

1) 

26; 

39 

— 

374/10 

— 

n 

27: 

39 

— 

371/10 

— 

» 

28: 

38 

— 

37  S/10 

— 

.  » 

29: 

36 

— 

371/10 

— 

m 

30: 

38 

— 

37 

— 

» 

31; 

39 

— 

369/10 

— 

Januar 

1: 

B7 

^— 

37 

_ 

*)  Bei  einem  Banemhengste  kam 
Orehitia  und  Präpntialeiitzündimg,  die 
Indessen  genas  das  Thier  yollkommen. 


Bedaetion. 
ausser  Durchfall  aach  noch 
Abscesse  Teranlasste,  hüm. 


Krankheit  unter  den  Pferden.  417 

doeh  Anecnltalion  und  Perenatton  nicfata  Krankhaftes  in  den 
Broatorganen  nachwiesen«  Mit  dem  Wiederkehren  der  Kräfte 
ward  aacb,  nach  and  naob,  die  Athmong  wieder  normal. 

Der  Kopf  war  besonders  eingenommen  nnd  die  schwereren 
Kranken  haben  gewiss  an  starken  Kop&chmersen  gelitten.  Stirn 
und  Nacken .  zeigten  oft  ffir  das  Gefnhl  schon  erhöhte  Tempe» 
ratnr  nnd  bei  einigen  Patienten  in  der  Poliklinik  habe  ich  mich 
davon  abersengt»  wie  wohlgefUlig  sie  das  Waschen  dieser  Theile 
mit  Wasser  and  Essig  duldeten.  Senfteige  nnd  Fontanelle 
brachten  starke  Geschwülste  an  der  Applioationsstelle  zawege 
und  hinteirliessen  lange  andanemde  Senkangsodeme. 

Pathologische  Anatomie. 

Die  gemachten  Sectionen  benrknndeten  dentlioh,  welcher 
großen  Gefahr  die<  schweren  Kranken,  aber  Genesenen,  ent- 
gangen waren  nnd  wiesen  zugleich  daranf  hin,  dass  die  gewal* 
tige  Bjperamie  der  Conjanctiva  und  Sderotica  keinesweges 
Symptom  eines  ortlichen  Ladens,  einer  Blepharo-conjanctiri- 
tis  et  sderotitis  war,  vielmehr  anch  mit  Gehimcongestionen  in 
Beziehang  stand. 

Das  Grandleiden  ist,  meiner  Meinung  nach,  in 
der  Mehrzahl  der  Falle,  eine  Gongestion  der  Ge- 
hirn* and  Ruckenmarkshante  gewesen,  die  in  den 
todtlich  endenden  Fallen  anch  wohl  zur  Meningitis 
oerebro  spinalis  warde. 

Ein  Zweifel  daran  konnte  dadurch  erregt  werden,  dass 
wir,  wie  ans  dem  Weiteren  ersehen  wird,  in  keinem  Falle 
Eiterung  im  Gehirn*  nnd  Ruckenmark  fanden.  Indessen  liesse 
sich  dieses  wohl  daraus  erklaren,  dass  durch  den  Druck  des 
massenhaft  angesammelten  Serums  die  Gehirn-  und  Rucken- 
marksfunctionen  dermaassen  beeinträchtigt  wurden,  dass  die 
Thiere  zu  Grunde  gingen,  bevor  es  noch  zur  Eiterbildung  kam. 

Die  erste  Section  ward  am  19.  Januar  an  einem  Pferde 
gemacht,  was  angeblich  plötzlich  von  Lahmang  des  Hintertheils 

Mag.  f.  Thierhcillc  XXXYI.    4  27 


418  Jessen, 

(paraplegift)  befallen  war  und  aas  efatem  Orte,  wo  die  Seache 
herrschte»  auf  einem  Wagen  ia  die  Klinik  gebraeht  worde. 
Das  Thier  hatte  ein  sehr  heftiges  Fieber  imd  die  Rothnog  der 
Sderotiea  nnd  Conjoaetiva  war  anfifallig  stark«  Es  starb  schon 
nach  12  Standen  nnd  wir  fanden  einen  bedeutenden  Ergass  in 
den  Hirn  Ventrikeln  und  den  Hallen  der  Mednlla  apinalis. 

Gans  dasselbe  war  der  Fall  bei  einem  aweiten,  ebenfalls 
mit  Paraplegia  gebraohtem  Pferde,  das  bis  sdm  Tode  36  Stan- 
den in  der  Kliaik  behandelt  wnrde;  nar  fanden  sieh  bei  die- 
sem anf fallige  Zeieben  der  Bintsersettang. 

Ein  Eanfmann   war  mit  einem  grossen,  schonen,  braunen 
Wallach  ans  Walek,  einer  Kreisstadt,  82|  Werst  von  Dorpat, 
im  einspannigen  Fuhrwerk  hieher  gefahren.    Schon  anf  der  er- 
sten Station  bemerkte  er,  dass  sein  Pferd  nicht  mit  der  gewohnten 
Manterkett  nnd  Energie  ging,   nnd  die  letste  Station  hatte  er 
fast  im  Sehritt  nnd  unter  bestandigem  Antreiben  mit  der  Peitsche 
xuroekgelegt.     Ansser  den  erwihnten  Symptomen  der  herrschen- 
den Krankheit,  unter  denen  sich  besonders  die  starke  R5thang 
der  Sderbtica,   aber  ohne   Anschwellung  der   Augenlider,  be- 
merkbar machte,   litt  dies  Pferd  noch   an  einer  LShmung  oder 
Pareais  im  linken  ffinterfnss^  so  dass  es  bei  jedem  Schritte  im 
Fessel. nach  vorn   uberkniokte,  wie  bei  der  Besehalkrankheit 
Die  angewandten  Mittel  fruchteten  nichts  und   das  Thier  ging 
in  2  Mal   24   Stunden  an   Grunde.      Das    Houptergebniss    der 
Section  war  auch  hier:  starker  Erguss  in  den  Gehirnventrikeln 
und  dem  Ruckenmarkskanal. 

Ein  viertes  Pferd,  das  spater  noch  erwähnt  werden  wird, 
und  in  B  Tagen  an  Grande  ging,  vor  dem  Tode  aach  beden- 
tende  Schwache  im  Hintertheile  zeigte,  so  dasa  es  nur  mit 
grosser  Beschwerde  und  langer  Bemühung  aufstehen  konnte, 
hatte  so  starken  Ergass  in  den  Gehirn  Ventrikeln  und  Rucken- 
marksscheiden,  dass  l^atere  sich  bei  der  Blosslegung  in  der 
Nahe  des  Hirns  sackartig  aufgetrieben  seigten,  Zugleich  war 
Infiltration  der  Lungen  augegen. 


Krankheit  unter  den  Pferden.  419 

Die  fünfte  Sealion  wurde  an  einem  Fohrmannspferde  ge* 
macht ,  dae  5  Tage  in  der  Klinik  geitanden  hatte  nnd  bei  dem 
tjphofte  Erecheinangen  aufgetreten  waren.  Aach  hier  fand  sidi 
bedentender  Brgnse  in  den  Hirnventrikeln.  Auf  der  dura  mater 
Knotehen,  Spnren  von  pericarditis  nnd  viel  rothlieh  -  gefärbtes 
Serum  im  Herzsack,  Knotehen  auf  der  Schleimhaut  des  Ma- 
gens nnd  Darmkanais  und  kleine  SnbstanzTerluste  auf  der* 
selben. 

Endlich  ward  am  23.  April  ein  altes  Pferd  todt  in  die 
hiesige  Klinik  aus  dem  Stationsstall  gebracht,  wo  einige  20 
Pferde  an  der  herrschenden  Krankhek  gelitten  haben  sollten, 
aber  bis  jetzt  nur  eins  crepirt  war.  Das  qu.  Pferd  sollte  vor 
10  Tagen  erkrankt  sein.  Es  war  in  Folge  von  Brustfellent* 
KÜndnng  und  Brnstwassersucht  zu  Grunde  gegangen,  aber  auch 
hier  fehlte  der  Ergnss  im  Gehirn  und  den  Ruckenmarkshnllen 
nicht.  — 

Bin  Pferd  vom  Lande  —  ebenfalls  ans  einem  Stalle  worin 
die  Seuche  herrschte  —  war  zuerst  als  rehkrank  (Fnssentzun- 
dung)  bebandelt,  dann,  nach  der  Beschreibung,  fiSr  starrkrampfig 
gehalten,  bis  es  auf  einem  Wagen  in  die  Klinik  gebracht  wurde. 
Dort  lag  es  mehrere  Tage,  mit  Zeichen  einer  heftigen  Gehirn- 
hjperamie ,  (weshalb  auch  eine  Blutentziehung  gemacht  wurde) 
dhne  sich  erheben  zu  können.  Jetzt  ist  es  vollkommen  herge- 
stellt und  arbeitet  schon  wieder. 

Gegenwartig  stehen  2  Pferde,  als  Reconvalescenten,  in  der 
Klinik;  das  eine  mit  Halblahmnng,  die  jetzt  nur  noch  in  der 
Vorderlippe  besteht,  das  zweite  mit  Bjdrocephalns  acutus, 
nach  dem  Brennen  am  Schädeldach  fast  ganz  gebessert«  Alle 
9  Falle  müssen  wohl  auch  mit  der  geherrschthabenden  Krank- 
heit in  Verbindung  gebracht  werden, 

Benennung  der  Krankheit,     Ursächliches. 

Wenn  ich  nach  der  ausgesprochenen  Meinung:  »das  Grund* 
leiden  unserer  Krankheit  sei  immer  eine  Hyperämie,  oft  eine 

27* 


■I 


480  Jessen, 

Bntsandang  dar  Gehirn-  nnd  BaekenmarksbuUen  gewasan^,  ihr 
non  dooh  den  ColleoÜTUMneo  «Inflaensa*  beilege,  so  mag  diea, 
in  der  jetiigen  Zeit,  wo  man  den  Leichenbafnod  als  so  gaos 
beaondera  maassgebend  far  die  Beaeichnang  der  Krankheiten 
betraehtet,  manchen  der  Herren  Coliegen,  beaonders  den  jün- 
geren unter  ihnen,  ungerechtfertigt  erecheinen.  Ich  mnss  mir 
daher  erlauben,  etwas  weitlaoftiger  anf  diesen  Gegenstand  ein- 
angehen,  am  daxsnlegen :  in  welchem  Sinne  ich  diese  Benennung 
diesmal  yerstehe  und  immer  yerstanden  habe. 

Ich  weiss  es  gar  wohl,  dass  die  alteren  Veterinaire  ohne 
den  Namen  Inflnensa  ausgekommen  sind,  ihm  i.  B,  in  den 
Wörterbüchern  von  Hurtrel  d'Arboval  und  Rjchner  gar 
kein  Artikel  gewidmet  ist,  und  er  Tielmehr  in  Terhaltniasmas- 
sig  neuerer  Zeit  ans  der  Medidn  in  die  Veterinairmedicin  hin* 
abergenommen  wurde.  In  einer  langen  Reihe  von  Jahren  aber 
habe  ich  mich  daran  gewohnt,  Krankheiten  die  offenbar  bei 
besonders  eigenthnmlichen,  wenn  auch  noch  nicht  naher  de£nir- 
baren  Witternngsverhaltnissen ,  hanfig  und  gleichseitig  unter 
den  Pferden,  plotslioh  auftraten,  sich  oft  ausserordentlich  schnell 
über  grossere  Districte,  ja!  über  ganse  Lander  verbreiteten, 
vorwaltend  das  Nervensystem  ergriffen  und  sich  durch  schnell 
überhandnehmende  Schwache  und  schwankenden  Gang  etc. 
ausaeichneten,  mit  dem  Namen  Inflnensa  von  den  CoUegen  be- 
nannt XU  hören  und  selbst  an  benennen.  Damit  war  'keines- 
weges  immer  angenommen,  dass  die  Krankheit  eine  hervor- 
stechende catarrhalische  und  namentlich  ein  Gatarrh  der  Schleim- 
haut der  Respirationsorgane  sein  müsse,  wie  das  s.  B.  in  dem 
fransosischen  Namen  „Grippe"  liegt,  der  beim  Menschen  oft 
als  gleichbedeutend  mit  ,Influensa*'  gilt;  wie  Professor  Brnck- 
muUer,  in  seinem  vorxüglichen  Lehrbuch  der  pathologbchen 
Zootomie,  S.  571,  die  Influenaa  als  den  senchenhaft  auftreten- 
den acuten  Bronchialcatarrh  der  Pferde,  verbunden  mit  Gatarrh 
der  Kehlkopfs-  und  Luftrohrenschleimhant,  bezeichnet.  Wie 
wir  unsere  jetsige  Inflnensa  ursprünglich  auf  ein  Leiden  der 


Krankheit  unter  den  Pferden.  42 1 

Gehirn  •  und  RäekenmarksbüUen  saräckfahreii  mnssten,  so  habe 
ich  sie  hier,  in  frafaeren  Jahren,  mehr  als  reine  Leberafiection^ 
in  St.  Petersburg  zaweiieB,  sehr  gefahriieh  nnd  todtlich,  in  der 
typhösen  Form,  mit  LöcalentsündangeB ,  oder  in  der  gastri* 
sehen,  als  Magen-  nnd  Darmcatarrh,  in  der  catarrhalischen 
oder  catarrhalisch- rheumatischen  Form,  oft  sehr  milde  verlau- 
fend, auftreten  sehen«  Das  Bestimmende  blieb  indessen  immer: 
die  schon  erwähnte  Unnachweisbarkeit  der  Ursachen  für  das 
plötzliche  Entstehen  und  die  rapide  Verbreitung  so  wie  das 
constaate  NerFenleiden. 

Diese  umstände  sind  mir  auch  bei  der  jetzt  herrschenden 
Seuche  entgegen  getreten  und  ich  kann  daher  meiner  früheren 
Ueberzeugung  in'  Bezug  auf  die  Namengebung  nicht  untren 
werden ,  spreche  übrigens  der ,  in  neuerer  Zeit  vielfach  ttfich 
regenden  Opposition  gegen  den  Namen  „Influenza'',  als  einem 
octroyrten,  nicht  genugsam  bezeichnenden,  keinesweges  die  Be* 
reehtigung  ab,  meine  aber:  dass  die  Waffen  womit  er  bekämpft 
wird,  gegenwärtig  noch  nicht  scharf  genug  sind,  um  ihn  end* 
gültig  zu  verbannen»  Dass  viele'  GoUegen  conservativ  bleiben 
und  sich  das  Recht,  den  Namen  zu  gebrauchen ^  noch  nicht 
nehmen  lassen;  ist  gewiss!  —  Am  24«  April  n.  St.  d*  J.  schrieb 
mir  noch  ein  College  n.  a. :  „Die  Influenza  war  in  den  letzten 
Jahren  auch  aus  Berlin  nnd  dessen  Umgegend  wie  verschwun- 
den, fand  sieh  indessen  im  Februar  sehr  in-  und  extensiv  ein 
und  soll  jetzt  noch  so  grassiren,  dass  im  Spitale  ebenfalls  kein 
Platz  mehr  ist.^ 

Ich  mnss  mich  selbst  der  Inconsequenz  beschuldigen,  dass 
i<di  mitunter  aneh  sporadisch  auftretenden  Fällen  den  Namen 
Influenza  beigelegt  habe;  mein  Trost  ist:  dass  dies,  selbst  in 
der  neuesten  Zeit,  auch  von  Anderen  geschieht.  So  sind  u.  a. 
in  dem  Jahresbericht  der  Hannoverschen  Veterinairschule  für 
1869,  nnter  der  Rubrik:  „toxische  Krankheiten'',  2  Fälle  als 
Influenza  aufgeführt!  ^- 

Wir  armen,  verstockten,   alten  Practiker,   die  von   ihren 


492  Je88flii) 

Gewohahetton  nieht  Imssen  konoen  und  wollen,  sind  äbrigens 
▼on  dem  Dr.  med.  Job.  Paul  Gleiaberg  schon  gebührend 
gegeisselt  and  Terdammt,  wenn  er  sagt:  ,, Zeigen  sieh  zn  be- 
stimmten Zeiten  sahlreiehe,  fieberhafte  Erkranknngen  der  Pferde, 
so  bekommt  die  Krankheit  den  Namen  loflnensa  oder  Tjphas. 
Wahrend  des  Lebens  lassen  sieh  jene  Ontologen  nur  in  des 
seltensten  Ffillen  herbei,  ein  ortliches  Leiden  festsostellen. 
Findet  man  bei  der  Section  grobe  anatomische  Veranderangen, 
so  glauben  jene  schon  der  Wissenschaft  hinreichend  su  gena* 
gen,  wenn  sie  dieselben  anf  Localisation  der  ,»Erase^  aurnek- 
fShren.  üeber  derartige  Absurditäten  noch  ein  Wort  au  ver- 
lieren, seheint  mir  überflüssig.*  — 

Knn  habe  ich  swar  von  „Krase^.gar  nicht,  aber  doch  ron 
Influensa  und  damit  nach  Gleisberg,  mir  auch  das  Urtheil 
und  so  yiel  gesprochen,  dass  Weiteres  nicht  zulässig  erschei- 
nen  mochte. 

Jeder  anfmerksame  Leser  wird  angeben  müssen,  daas  wir 
hier  kein  Recht  hatten ,  wie  das  in  St.  Petersbnrg  geschah ,  die 
seuchenhafte  Krankheit  mit  dem  CoUectiTnamen  „epizootischer 
Magen-  und  Darmcatarrh^  so  belegen,  da  nur  wenige  FäUe 
rorkamen,  die  diese  Bexeicbnnng  verdienten.  Ausser  dem  Augen- 
leiden, das  aber  auch  nicht  als  rein  catarrhalisch,  Tielmehr  alt 
catarrhalisch-rhen macisch  angesehen  werden  mnsste,  war  bei 
vielen  Patienten  gar  keine  Schleimhautaffection  nachweisbar.—^ 

Ja!  —  wenn  uns  Herr  Dr.  Gieisberg,  nach  der  Verur- 
theilang,  auch  das  Rechte,  d.  h.  „das  Toxikum**  — -  kennen 
gelehrt  hätte!  —  so  darf  man  wohl  ausrufen,  wenn  man  sich 
dem  Ursächlichen  der  Krankheit  zuwendet :  was  ist  das  für  eine 
krankmachende  Potenz,  die  Handerte  und  aber  Hunderte  in- 
flaencirt  und  in  kurzer  Zeit  die  Seuche  von  St«  Petersbnrg  bis 
Berlin  verbreitet?  Ist  es  als  Miasma  oder  Contagiam  in  der 
Luft  enthalten,  warum  bleiben  dann  viele  Ställe,  und  ganze 
Ortschaften,  aus  denen  die  Pferde  doch  auch  im  Freien  ge- 
braucht werden,  verschont?     Heute  am  7.  Mai,  a,  St.,  wo  ich 


•• 


Krankheit  unter  den  Pferden.  423 

dieses  schreibe,  warden  wieder  drei  Pferde  mit  der  in  R«de 
stehenden  Krankheit  in  die  Klinik  gebraut,  wahrend  seit  meh* 
reren  Tagen  aohon  keine  mehr  erschienen  waren.  Ist  dies  Tielr 
leicht  dem  seit  gestern  wehenden,  heftigen  Nordwestwinde  an- 
anschreiben?  Hat  die  Verbreitung  der  Krankheit  einen  Za- 
sammenhtog  mit  der  Windrichtung? 

In  dem  Torerwahnten  koraen  Aufiiatae  Aber  den  epizooti- 
schen  Magen-  und  Darmkatarrh  der  Pferde  in  St.  Petersburg, 
heisst  es,  hinsichtlich  der  Entstehung;  „die  Ursache  dieser 
Krankheit  in  dem  vorgelegten  Falle  mnss  atmosphärischen  und 
hygienisehen  Einflüssen ,  d.  h.  verdorbenem  Futter,  schlechten 
Stallen,  und  regnerischer,  kalter,  veränderlicher  Witterung 
welche  während  des  ganaen  Herbstes  anhielt  und  höchst  wahr- 
scheinlich nicht  geringen  Einfluss  auf  die  Entwickelnng  des 
Gatarrhs  in   episootisoher  Form  hatte,  angeschrieben   werden.*' 

Unsere  Krankheit  war  nun  der  dortigen  keinesweges  ganz 
gleich  und  es  kamen  viel  schwerere  Falle  vor.  Wahrend  dort 
die  höchste  Temperatur  mit  41  Gr.  C,  der  höchste  Pnlsstand 
mit  60  in  der  Minute  beaeichnet  ist,  hatten  wir  hier  42,3  Gr. 
C.  und  bis  zu  90  Pnlsen  in  der  Minute. 

Die  dort  angeklagten  Factoren  mögen  indessen  aach  hier, 
vorbereitend  znr  Krankheit,  mitgewirkt  haben;  denn  auch 
unsere  stadtischen  sowohl,  als  ländlichen  Stallungen  lassen  vie^ 
zu  wünschen  übrig,  der  Winter  war  auch  hier  sehr  unbestän. 
dig.  So  ist  es  aber  auch  in  vorhergehenden  Jahren  gewe- 
sen, wo  die  Influenza  doch  nicht  herrschte!  •—  Futtermangel 
hat  nichc  stattgefunden,  aber  der  Sommer  1869  war  ungewöhn- 
lich regnerisch  und  hat  das  Heu  in  vielen  Orten  verdorben. 
Die  Neigung  zu  serÜsen  Ergüssen  bei  den  Pferden  spricht  da* 
für,  dass  ihr  Blut  hydramisch  ist.  — 

üeber  die  angeführten  kranken  bäuerlichen,  Fuhrmanns- 
uod  Stations- Pferde  bekommt  man  fast  nie  eine  haltbare  Aus- 
kunft in  Bezug  auf  die  Gelegenheitsursachen«  —  Ein  im  Win- 
ter hier  in  Dorpat  wohnender  Edelmann  hielt  3  Pferde  in  einem 


424  J«fsea, 

goteD  uid  goiamigMi  Stella.  Zwm  dacvoa,  die  onastoliMlier 
Abkiuft  md  tob  ilm  wdJtmt  «nogas  warn,  baaolsto  er  ab 
Wages-  nad  Eettpferde.  Das  dritte  mwr  eis  kiiaUch  gekaof* 
tor,  gewöhalidier,  krifiiger  Arbeitigael,  der  akli  alorriseb  la 
Aaspaaa  erwies.  Alle  3  Pfisrde  werea  geeaad  aad  aut  dea 
erst  geaaaBten  wollte  der  EigeathöaMr  anfii  Laad  fidbrea,  aU 
am  Abend  Torlier  das  eiae  davoa,  in  der  Dreedike  aagespaaat, 
Herr  nod  Frea  saai  Besadb  in  eine  Abeadgesdlschaft  bradite. 
Der  Katscher  mnsste,  bei  sehr  windigem  Wetter,  Tor  der  Thnr 
halten  und  seheote  sieb  nmhenaiafareB,  weil  das  Thier  ein  Ho^ 
eisen  Terloren  hatte.  Es  wurde  dort  sshon  von  einem  heftigsa 
Sehittellroste  befallen  nnd  daher,  beim  Nadihansekoaimen,  sorg> 
faltig  und  Image  mit  8troh  abgeriebea.  Am  nadisten  Tage 
seigte  sieh  bei  dem  Pferde  ein  leichter  Naseneatarrb,  der  2 
Mol  24  Standen  anhielt.  Dann  traten  erst  die  dentliohen  Zei- 
ehen  der  herrschenden  Krankheit  hinan,  das  Thier  wnrde 
sehwer  krank  und  genas  langsam. 

Sinige  Tage  darauf  hatte  der  Eigenthnmer  das  sweite 
Pferd,  ebenfslls  bei  windigem  Wetter,  sehr  stark  in  Scfaweiss 
geritten,  nnd  am  Tage  darauf  Terfiel  es  schon  in  die  Inflnenaa. 
Es  war  dasselbe  bei  dem  die  Temperatur  anf  42,3  Gr.  C.  und 
der  Pols  anf  78  stieg. 

Das  dritte,  Arbeitspferd  (schon  als  Nr«  4.  der  Seeirten 
erwähnt)  hatte  im  Anspanne  stark  hintenaos  geschlagen,  sieh 
dabei  beide  Hinterbeine  vom  Sprunggelenk  bis  sar  Krone  arg, 
wenn  auch  oberflächlich  geschunden  nnd  war  dadurch  sehr  in 
Schweiss  gerathen.  Trota  der  Wasehnngen  mit  kaltem  Wasser 
und  Arnica-Tinetnr,  sdli wollen  beide  hinteren  Extremitäten  so 
stark  an,  dass  das  Geben  sehr  erschwert  wurde.  Am  4.  Tmge 
nach  dem  Excess  trat  plötzlich  die  Influensa  hinsu  und  machte 
dem  Leben  des  Thieres,  in  nicht  voll  3  Tagen,  ein  Ende!  — 

War  die  Seuche  ansteckend  ?  <—  Vieles  spricht  dafür,  den* 
noch  wage  ich  es  nicht  mit  Gewissh^t  an  behaupten,  da  die 
erzengenden  Ursachen,  obgleich  nicht  hinlaugUch  gekannt,  doek 


Krankheit  ontef  den  Pferden.  426 

«aganecheiiilieli  aberall  wirkten.  —  Obgleleh  wir  so  TOrsichtig 
als  mSglioh  waren,  so  konnte  es  doeh  nicht  Terhindart  werden, 
daas  einige»  anderweitig  kranke  Plerde,  mit  Inflaencsa^EraQken, 
wenigstone  die  gleiche  Lnft  athmeten,  als  unsere  abgesonderten 
Stallungen  gefallt  waren  and  mehrere  derselben  in  den  Haapt* 
stall  gestellt  werden  mnssteii.  -~  Von  jenen  anderweitig  Kran- 
ken Torfieien  denn  aadi  spater  die  meisten  in  die  Inflnenaa. 
Ein  Don'scher  Wallach ,  vor  mehreren  Jahren  schon  Yon  einem 
Konoralen  eastrirt  and  mit  Fisteln  im  Prapatiom  behaftet,  bat 
dagegen  die  ganze  Zeit  in  dem  Haaptstalle  gestanden  an4  ist 
nicht  angesteckt  worden.  —  Ein  Calefaetor  des  Zootumiknms 
besorgte  die  Inflaeniakranken  in  den  abgesonderten  Stallen 
und  zagleioh  die  Anatomiefallen.  Von  letsteren  erkrankten 
mehrere  im  April  und  die  Vermnthang  taaehte  anf:  dass  sie 
rieUeicht  von  dem  Calefaetor  angesteckt  waren. 

Ein  Pferd  stand  im  Contamaxstall  mit  gutartiger  Druse 
bei  welcher  ein  Abscess  im  Kehlgamge  geöffnet  wurde.  Neben 
seinen  Stend,  jedoch  darch  eine  Bretterwand,  die  bis  zur  Decke 
reichte,  wurde  ein  Inflnensa-Patient  gestellt.  Bald  nach  dessen 
Abgang  erkrankte  der  frühere  Drusenkranke  an  einer  leichten 
Inflnensa;  und  der  frohere  Influensa- Patient  ward  mit  Fieber, 
Ansdiwellung  der  Drusen  im  KeUgang,  wo  sich  ein  Abscess 
bildete,  und  Gatarrh  der  Rachen*  und  Schlnndkopfschleimhaut, 
in  die  Klinik  sarock  gebracht,  genas  aber  bald.  — •  Hatten 
die  Beiden  sich  gegenseitig  mit  ihren  Krankheiten  beschenkt, 
oder  waren  sie  ans  Selbstentwickelung  henrorgegangen? 

Therapie.    Prophylaxis. 

In  der  Behandlung  der  Influenaa  bin  ich  immer  mit  der 
iawa>rtenden  Methode  am  besten  ausgekommen,  und  so  war 
denn  aach  diesmal  die  Therapie  eine  sehr  einfadie.  Als  innere 
Mittel  wurden  in  den  ersten  Tagen  auf  die  Schleimhaute  wirkende 
Salae  gegeben ;  bei  Pferden ,  die  sehr  schwach  waren  und  wohl- 
habenderen Eigenthumern  gehorten,  kam  der  Spiritus  Minderer! 


426  J6ft«ii, 

in  Anwendung.  Die  kleinen  Salsgnben  bettanden  mekit  ans 
Ammoniam  ehlormtnm  |  bii  1  Dr.,  3  —4  Mal  täglich ;  mein  Collie 
A,  ünterberger  branohte  mehr  das  Natrom  bicarbonicnm. 

Der  Aderlats  ist  nnr  in  3  FlUlen  angewandt,  von  denen 
2  todUich  nnd  1  mit  Geneanng  endigten. 

Die  äusseren  Reise  beschrankten  sidi  auf  Senfteige,  in 
einigen  wenigen  F&llen  wnrde  ein  reimendes  FonUnell  oder 
Haarseil  gelegt.  Bei  einem  der  oben  erwähnten  beiden  edlen 
Pferde  worden  2  gprosse  Senfteige,  an  beiden  Seiten  des  Thorax 
eingMieben,  brachten  aber  das  Thier  in  eine  so  heftige  Anfre- 
gnng,  dass  ich  sie  sofort  wieder  abwaschen  Itess«  Dennoch 
entstand  an  den  Applicationsstellen  eine  bedeutende  Geschwnbt' 
aber  sogleich  baldige  Abnahme  des  Fiebers,  Sinken  der  Pnb- 
freqnens  und  der  Temperatur.  —  Bei  den  wenigen  Thieren, 
die  an  Magen-  und  Darmcatarrh  mit  Durchfall  litten,  wurden 
die  Senfleige  am  Unterbanche  eingerieben;  innerlich  schlei- 
mige und  anhaltende  Mittel  gegeben  und  da  die  Thiere  sehr 
hinfillig  worden,  musste  eine  starkende  Nachkur,  eintreten. 

Propbylactisch  ward  gleichfalls  der  Salmiak,  in  Jüeinen 
Dosen,  angeordnet.  Lüftern enerung  in  den  Stallen,  womöglich 
LuftTeränderung,  durch  Ueberführen  der  gesunden  Thiere  in 
andere,  sweckmassige  Räumlichkeiten,  Absonderung  der  Kran- 
ken, mit  eigenen  Waritern,  die  nicht  sn  den  gesunden  kamen, 
wurde  anempfohlen.  Besonders  aber  gegen  den  Gebrauch  sol- 
cher Thiere  gewarnt,  die  sich  schon  nicht  mehr  als  ToUkommen 
gesund  und  munter  erwiesen.  — 

Der    Absatz    der    erwähnten    Medicamente,    wahrend    des 
Herrschens  der  Krankheit,  aus  unserer  Apotheke,  war  ein  un- 
gewöhnlich starker.     Namentlich  wurden  Terabfolgt  -^  für  die 
Klinik  und  ausw&rts:  «— 
Spiritus  Minderen,  im  December       2  Pfd. 

^    Januar         24     „ 
„    Februar       16     „ 
Summa      42  PfiL 


Krankheit  mt^  den  Pferdes.  427 

Ammofiium  chloratum:  im  Januar  1  Pfd.     9  Unz.  i  Dr« 

„    Februar  10      „       8,4, 

„    Märe  5       „       1,1« 

»    Aprii  10      ^       5,5, 

Summa  28  Pfd.  —  Uns.  6  Dr. 

Itatram  bicarbonicum:  im  Januar  2  Pfd. ,— *.Ud2.  6  Pr. 

„    Februar  3      ,       1     ,      —  , 

,    Siars  4      ^       6,6, 


Summa         9  Pfd.     8  Uns.  4  Dr. 


IV 

Beiträge  zur  Kenntiiiss  der  Harnsteinen  des  Sehafes* 

Von 

Dr.  Carl  Dammann, 

Professor  an  der  landwirthsehaffcliehen  Aeademie  Froskaxu 


Nach'  dar  zremlioh  allgemein-  verbreiteten  Annahme  eind 
'steinige  Concremente  io  den-  Harnorg amen  —  Nieren-,  Blasen- 
und  Harnrohrensteitie  —  bei  den  Schafen  redfat  seltene  Vor* 
kommnisse.  Diese  Annahme  ist  unaweifeifaaft  eine  irrige  und 
erklart  sich  nur  dadurch,  daes  die  praktischen  Ihierfirste  zur 
Behandlung  tou  sporadisch  auftretenden  Schafkrankheiten  rer- 
hiltnissmassig  selten,  meist  nur,  wenn  es  sich  um  werthyollere 
I9tiicke  handelt,  herangeaogen  werden.  Deijenige,  welcher  sich 
längere  Zeit  in  Wirthsohafteo  mit  ausgsdehnter  Schafhaltung 
Aufhält,'  findet,  wenigstdas  in  manchen .  Gegenden ,  Gelegenheit 
genug,  das  Aufbreten  von  Harnsteinen  bei  diesen  Thieren  an 
beobaehten.  leh  habe  allein  in  den  fünf  Jahren  meiner  hiesi- 
gen Thfitigkeit  eüfmal  den  Harnröhren  schnitt  lur  Beseitigung 
von  Concrementen  ausgeführt ,  welche  bei  Bocken  und  Ham- 
meln   in    der  Urethra  stecken  geblieben  waren.     Der  beregte 


I 


428  Dsmin^iiii, 

Umftood  macht  es  aach  begreifliefa»  dass  so  spärliche  chemische 
ADaljsen  Ton  HamsteineB  der  Schafe  in  der  Literatur  Terlie- 
geo,  sowie  dass  darüber,  wie  dieselben  sasammengesetst  sind 
and  wie  sie  ansammesgesetst  sein  konnten,  immer  nodi  Con- 
trorersen  bestehen.  Ich  theile  in  Nachstehendem  einige  Falle 
mit ,  welche  geeignet  sind»  snr  Losung  der  obsdiwebenden  Streit- 
frage beisatragen,  von  denen  der  erste  aber  auch  noch  in  an- 
derer Beziehung  ein  henrorragendes  Literesse  bietet.  — 

1. 

Granalar- Atrophie    der   rechten   Niere.     Hydrone- 

phrose    der  linken  Niere    durch   Kieselsauresteine, 

Tod  durch  urämische  Intoxication. 

Ein  Negretti- Mutterschaf  des  Proskaner  Stalles,  4  Jahre 
alt,  welches  nie  eondpirt  und  seit  lingerer  Zeit  aich  aueb 
schlecht  genährt  hatte,  wurde,  nachdem  noch  Abends  auvor 
nichts  Auffallendes  an  ihm  bemerkt  war,  am  9.  Juli  früh  yoo 
dem  Schäfer  in  einem  Elrampfanfall  betroffen.  Als  ich  im  Laufe 
des  Vormittags  hinzukam,  hatte  es  bereits  fünf  solcher  Anfalle 
in  Pausen  ron  je  einer  Stunde  gehabt,  Ln  Beginn  des  An- 
falls wurden  die  Augen  yerdreht,  Kopf  und  Hals  rückwärts 
geaerrt  und  die  Beine  steif  gestreckt.  Nachdem  dieser  toni- 
sche Krampf  durch  etliche  Sekunden  angedauert  hatte,  traten 
klonische  Krämpfe  auf,  welche  Toraugsweise  am  Kopfe  sich  gel* 
tend  machten  und  diesen  in  xuckende  Bewegungen  versetaten, 
aber  auch  über  die  Muskeln  des  gansen  Korpers  sich  yerbrei* 
teten.  Dabei  trat  durch  die  starken  Kaumuskelbewegungen  au 
Sahanm  geschlagener  Speichel  Tor  das  Maul,  der  Heraschlag 
war  pochend  und  sehr  frequent,  die  Respiration  unregelmassi^, 
die  Haut  an  den  wollelosen  Stellen  mit  Schweiss  bedeckt,  die 
Empfindlichkeit  für  Nadelstiche  yoUkommen  aufgehoben«  Ein 
solcher  epileptiformer  Anfall  dauerte  ungeflhr  eine  Viertelstunde 
und  etwas  darüber;  alsdann  lag  das  Thier  erschöpft,  soporos 
da   mit  stark   stertorosem   Athmen»    bis    ein  erneuter  Anfall 


jSarnsteiiid  des  Sehftfios  499 

die  Rahe  wieder  OQterbraoh«  Aof  Waasob  der  Guts  -  Admini- 
stTAtion  wurde  von  .  einer  BehandlaDg  abgesehen  und  die  bal* 
dige  TSdtoDg  eogeordnet  Wahrend  das  Thier  nach  dem  See- 
tionssiminer  getragen  wurde,  trat  ein  neoer  Anfall  anf ,  trots* 
dem  eben  erst  ein  anderer  abgelanfen  war.  Die  Todtang  er- 
folgte  darch  den  Eehlatich. 

Die   16   Standen  post  mortem  aasgefährte  Section  ergab 
folgendes  Resoltat: 

Gadayer  in  magerem  Znstande,  Eorperfett  stark  gesohwnn- 
den,  Blot  dnnkel,  ohne  Gerinnungen. 

Rechte  Niere  atrophisch.  Lange  bi  Ctmr«,  Breite  am 
Hilas  2^,  Dicke  1,8  Ctmr«  Von  dem  convexen  Rande  laufen 
aber  beide  Flachen  in  nicht  gleichen  Abstanden  vier  deutlich 
ausgeprägte  Rinnen  nach  dem  Hilus  snsammen,  durch  welche 
das  Organ  in  fünf  ungleich  grosse  Abtheilungen  geschieden  ist. 
Zwischen  diesen  Rinnen  seigt  die  Oberflache  ein  unregelmassig 
hockriges  Aussehen.  Ueberall  treten  gelbliche  Erhabenheiten 
von  rundlicher  Form  und  Stecknadelkopf«  bis  Erbsengrosse 
herror,  welche  von  eingesogenem  Gewebe  umgeben  sind,  das 
gleich  den  Torhin  genannten  Rinnen  eine  graue  Färbung  be*^ 
sitat.  Die  Kapsel  ist  derb,  schwach  verdickt,  adharirt  fest, 
ist  nur,  mit  Zerreissung  des  Parencbyms  und  nicht  im  Zusam» 
menhange  absolosea.  Aof  dem  Hauptschnitt  erkennt  man,  dass 
beide  Substansen  besonders  in  dem  mittleren  Gebiet  stark  ver- 
schmilert  sind,  an  den  Seitentheilen  betrifft  die  Verschmale- 
rang  etwas  mehr  die  Rindensubptana;  Durchmesser  des  Paren- 
cbyms von  der  Kapsel  bis  aum  Becken  in  der  Mitte  1,1,  an 
den  Seiten  1,7  Ctmr.  Die  Corticalis  ist  derb  und  zeigt  auf 
der  Schnittflache  dieselben  Farbenverschiedraheiten  wie  die 
Oberflache,  wenn  gleich  weniger  ausgeprägt,  die  Marksubstanz 
ist  deutlich  gestreift  und  von  weisser  Farbe.  Das  Becken  ist 
im  Verhaitniss  au  der  Kleinheit  des  Organs  stark  erweitert,  so 
dasa  die  von  ihm  ausgehenden,  in  das  Parenohym  sich  erstrecken- 
den Fortsatae  durch  den  Schwund  der  Marksubstans  in  gros- 


430  Dsminftiiii, 

ser  Ansdebnnog  bloigelegt  sind.  Zwisehen  dieteii  Foitsatseii 
bleiben  starke  Yertiefnngen,  in  denen  einige  etwa  linsengrosee» 
gelbbraanliehe ,  schwach  hockrige  Concretionen  gela^^ert  siad. 
Eben  solche  gelbbrionliche  feste  Krnmel  entbalt  der  Hanpt- 
ranm  des  Beckens  selbst  neben  wenigen  Tropfen  iirinoser  Flfis- 
sigkeit.  Der  Eingang  in  den  Ureter  ond  dieser  selbst  ist  in 
seinem  nach  der  Niere  sa  gelegenen  Theile  etwas,  wenn  aaeh 
nnr  anbedeoteod  erweitert;  der  Ureter  ist  jedoch  in  seinem 
ganzen  Verlaafe  durchgängig. 

Linke  Niere  erscheint  stark  vergrossert,  bei  dem  Be- 
fahlen macht  sie  sich  kenntlich  als  ein  Sack  mit  flüssigem  In- 
halt. Die  nur  spärliche  Fettmassen  enthaltende  Fettkapsel  hingt 
inniger  mit  dem  Organ  sasammen,  lasst  sich  aber  doch  im  Za- 
sammenhange  abtrenoeo.  Grosste  Lange  des  Organs  8  Gtmr., 
Breite  am  Hilns  4  Ctmr.  Oberflache  grossteotbeils  glatt,  nur 
stellenweise  aneben  durch  schwache  Andentongen  von  Forehen 
and  spärliches  Hervortreten  Ton  kleinen  gelblichen '  Fonkten 
von  kaom  Stecknadelkopfgrosse  in  dem  sonst  granbraonen  Ge- 
webe. Die  Tonica  propria  hangt  aaf  das  Linigste  mit  dem  Pa- 
renchym  ansammen,  eine  Abtrennong  ders^ben  ist  absolut  on* 
möglich.  Der  Schnitt  dorch  die  grSsste  Cireomferens  des 
Organs  nach  dem  Hilas  zo  ergiebt ,  dass  das  Becken  enorm 
erweitert  ist  ond  darch  seine  Erweiterang  das  Parenchym  stark 
Terdrangt  hat.  Die  von  dem  Becken  aasgehenden  Fortsatie 
springen  als  starke  Leisten  aaf  der  Innenflache  vor,  die  sich 
nach  der  Peripherie  so  mehr  abflachen.  Die  iwischen  diesen 
Leisten  befindlichen  Partien  der  Innenflache  sind  etwas  aneben 
durch  stellenweise  vorhandene  Grübchen,  die  Wandong  des 
Beckens  ist  stark  verdickt;  die  dnnne  Lage  von  Nierensabstant, 
welche  das  so  erweiterte  Becken  ausserlicb  aberzieht  ond  mit 
dessen  Wandung  innig  zusammenhängt,  ist  sehr  consistent  and 
besitzt  auf  dem  grossten  Theile  der  ümfläche  nur  einen  Doreh- 
messer  von  ^  Ctmr.,  nur  an  den  änssersten  SeitentheHea  steigt 
die  Dicke  bis  auf  1   Ctmr.    Bios  an  diesen  ietsterea  Stellen 


Harnsteine  dea  Schafes.  431 

iat  e»  noch  moglKb,  Matk-  oiiid  ßiadensabstans  "ron  einander 
zu  onterscbeiden.  Das  Becken  enthält  einige  20  Gnns,  orinSs- 
schleimiger  Flüssigkeit,  in  derselben  finden  sich  einige  Concre- 
tionen  von  der  gleichen  Beschaffenheit  wie  in  deüi  rechten  Nie- 
renbecken vor,  nnr  sind  einzelne  derseslben  ein  wenig  grosser. 
Die  in  den  Ureter  fiihrende  schwach  erbsengrosse  Oeffnnng  ist 
dnrch  eine  starke  halbmondförmige  Sehleimhantfalte  verlegt« 
eine  zweite  Falte  springt  unmittelbar  daraaf  in  dem  Anfangs- 
theile  des  Ureter  vor.  An  dieser  Stelle  macht  der  Ureter 
obendrein  eine  stumpfwinklige  Biegang,  so  dass  der  Uebertritt 
von  Flfissigkeit  aas  dem  Becken  in  den  Harnleiter  durch  mehr- 
fache Umstände  erschwert  ist.  Gleich  hinter  der  aweiten  Falte 
erweitert  sich  der  bis  dahin  enge  Ureter  bis  au  dem  Umfange 
eines  nicht  au  starken.  Eleinfingera  und  behalt  diese  Erweite- 
rung in  der  Ausdehnung  von  8  Ctmr.  bei.  In  diesem  Verlaufe 
ist  er  darmahnlich  gewunden,  seine  Wandung  stark  verdickt, 
seine  Innenflache  mit  einzelnen  Qnerfalten  und  mit  vielen  Grüb- 
chen versehen.  Dort«  wo  die  sticke  Dilatation  plötzlich  auf- 
hört ist  das  Lumen  durch  vier  der  mehrfach  genannteu  gelb- 
braunlichea,  steinhart  sieh  anfühlenden  kleinea  Krümel,  die 
sich  zum  Theil  in  di^  Wandung  hineingedruckt  und  diese  ge- 
wolstet  haben  und  die  schon  von  aussen  deutlich  fühlbar  sind* 
verstopft.  Auch  hinter  dieser  verstopften  Stelle  nach  der  Blase 
au  zeigt  der  Harnleiter  noch  in  der  Ausdehnung  von  etwa  10 
Ctmr.  eine  schwache  Erweiterung  und  Wandverdiokung,  die 
allmählich  in  das  Normale  übergeht.  Die  Einmündungen  der 
Ureteren  in  die  Harnblase  und  die  Blase  selbst,  die  ausgedehnt 
und  mit  Urin  gefüllt  ist,  sind  ohne  Veränderungen. 

Beide  Nebennierexi  sind  von  normaler  Grosse  und  Be- 
schaffenheit» 

Das  Rectum  ist  in  seiner  Beckenportion  stark  ausgedehnt 
atid  mit  Eoth  gefüllt.  An  seiner  unteren  Wandung  beünddt 
sich ,  durch  starres  Bindegewebe  angeheftet,  in^  der  Entfernung 
von   14   Ctmr.   vom   After  ein  nicht  ganz  regelmässig    oyaler 


U9  DftBBSBS, 


KootM  TOB  dar  GroMt  «iaer  kkSsai  WallMns.  Der  KaofeM 
bilt  sieht  gaas  dM  Mitfe  iaae,  tOBdan  ist  etwas  mahr  nafib 
liaks  gerielitat;  saiaa  Lsf^a  ist  so,  dass  er  bei  gefällter  flais- 
blasa  and  seitli^  gasdiobaaer  Sdiaida  nad  Gebimattar  aof  die 
Ureterea  nafera  ihrer  Biamaadaagsstana  ia  die  Blase  eiaea 
Dradc  aesübt.  Aa  seiaer  aaterea  Fli^a  befiadet  üdi  aach  eine 
sehwaeh  aasgeprfigta  Farehe.  Beim  Biasehaeidea  kairsdit  er, 
seiae  Waadaag  ist  diele,  iaaea  aiit  Kalkbrei  belegt»  der  Linea- 
raam  ist  aasgalBllt  Ton  einen  voa  FInssigkeit  freien,  stark  ia 
Falten  gelegtea  Gystieereas  teaaieellis,  aa  dea»  der  halsartiga 
qnergeialteie  Fortsats  nad  der  Kopf  aoeh  deatUch  eb  erkenaea 
sind«  In  der  Nahe  dieses  Knotens  beindet  sieh  am-Bandifen 
angeheftet  eine  erhaltene  Gjstieerensblaae  tob  Hahaereigrosse 
and  frei  im  CsTom  der  Beekeohohle  liegt  eia  kleiner  rondiieker 
1,3  Ctmr.  langer,  0,G  Ctmr.  breiter  gans  Terkalkter  Knoten, 
der  uDSweifelhaft  aach  aas  eiaem  CjstioercBs  teaoieollis  her- 
Torgegangea  ist. 

Voa  doB  sonstigen  Verandernngen  sind  nnr  noch  erwih- 
nenswerth  ein  ansgebreiteter  Dfinndarmeatarrh  mit  seros-schiei- 
migem  Exsadat  von  alkaliseher  Reaetion,  einige  fettig  degene* 
rirte  Stellen  auf  der  Leber  and  eia  ansgeprigtes  Oedem  der 
Himsabstana  mit  sehwachem  serösem  Brgass  in  die  Ventrikel.  — 

Die  mikroskopische  Untersachnag  der  in  der  angegebenen 
Weise  rerandert  dem  Ange  sich  darstellenden  Nieren  führte  sa 
dem  nachstehenden  ErgebDiss: 

Schnitte,  darch  die  Rinde  der  reehten  Niere  gelegt  lie- 
fsrn  nicht  das  gleichmSssige  Bild,  welches  man  von  normalen 
Nieren  erhalt,  sondern  man  sieht  ^ohlranme,  die  onregelmaa* 
sig,  randlich -eckig  oder  länglich  sind  and  den  Dorchmesser 
normaler  Harnkanälchen  an  Grosse  darchschDittlich  am  das 
Zwei-  bis  Dreifache  obertreffen,  Einselne  dieser  Hohlraame 
sind  kleiner,  manche  aber  aoch  bedeatend  grosser.  Die  Hohl* 
riame  sind  gefallt  mit  anregeimassigen ,  randliehen,  rnndlieh» 
•ekigea  and  cjliadrischen  Zellen.    Die  ersteren  bilden  die  gros- 


Harnsteine  des  Schafes.  433 

I 
sere  Menge   und  laufen  zum  Theil  in  eine  Spitze  aas«     Einen 

regelmassigen  Wandbeleg,  yvie  das  bei  normalen  Harnkanäleh«h 
der  Fall,  haben  diese  Hohlräume  fast  durchweg  nicht.  Auf 
feinen  Schnitten  am  Rande  sind  die  Zellen  entweder  alle  oder 
zum  Theil  aus  den  Hohlräumen  herausgefallen,  solche  Schnitte 
zeigen  dann,  wenn  auch  an  sehr  spärlichen  Stellen  einzelner 
Hohlräume,  einen  kleinen  zusammenhängenden  Wandbeleg,  als 
weiteren  Beweis  dafür,  dass  die  genannten  Hohlräume  nichts 
Anderes  siodi  als  die  Durchschnitte  erweiterter  Harnkanälchen. 
Die  Zellen,  welche  die  Inhaltsmasse  darstellen,  sind,  wie  man 
besonders  deutlich  an  den  durch  Herausfallei^  freigewordenen 
erkennen  kann,  zum  grossen  Theil  grosser  als  die  normalen 
Epithelien  der  gewundenen  Eanälchen,  mit  Fettkornchen  erfällt, 
viele  lassen  den  Kern,  wenn  auch  zum  Theil  nur  sehr  undeut- 
lich, erkennen,  an  manchen  unterscheidet  man  noch  Kern  und 
Eernkorperchen ;  vereinzelte  zeigen  doppelte  Form.  Ausser 
diesen  Zellen  liegen  in  verschiedenen  Hohlräumen  einzelne  in 
Grosse  und  Beschaffenheit  den  farblosen  Blutkörperchen  ähn- 
liche Zellen,  kleinere  geschrumpfte  Zellen,  fettige  Detritusmas- 
sen und  in  manchen  auch  Krjstalle,  die  man  als  rhombische 
Plättchen  mit  constantem  Winkel  von  nahezu  100  Gr.  bezeich- 
nen kann.  Die  Erjstalle  sind  an  den  Rändern  vielfach  einge« 
broohen,  ihre  Grosse  ist  sehr  variabel.  Die  Bestimmung  ist 
bei  den  spärlichen  Mengen  unmöglich.  Schwefelsäure-  und 
Jodzusatz  geben  nicht  die  Cholestearin  -  Reaction ;  in  Wasser, 
Alkohol  und  Aether  sind  sie  unlöslich,  auch  gelingt  es  nicht, 
durch  einige  Tropfen  von  concentrirter  Schwefelsäure  und  von 
Natron,  [welche  man,  um  die  Erystalle  im  Auge  zu  behalten, 
vom  Rande  her  unter  das  Deckgläschen  treten  lässt,  eine  Lo- 
sung derselben  herbeizuführen.  —  An  Stellen,  wo  man  auf 
dickeren  Schnitten  längere  Strecken  von  Harnkanälchen  vor 
sich  sieht,  machen  diese  den  Eindruck  von  mit  breiten  Steinen 
gepflasterten  Strassen.  — 

Die  Interstitien  zwisehen   den  Harnkanälchen   sind    durch- 

Utg.  t  Thierheilk.    ZXXYL    4.  2S 


434  DaMmaDD, 

weg  Terbreitert,  hier  etw»  «of  da«  Dopple,  dort  auf  das  Vier- 
ladie  des  Normalen,  ao  maodieD  Stellen  shid  sie  eben  so  breit 
oder  gar  noch  breiter  als  die  Hoblraome  selbst.  Hier  bestehen 
sie  aas  randlichen  oder  länglichen  Zellen  mit  homogener  Zwi* 
sehensabstans ,  dort  aas  Spindel  teilen  mit  schwach  angedeateter 
faseriger  Zwischensobstans,  an  anderen  Stellen  endlich  nar  aas 
randlichen  Zellen  mit  dem  Charakter  farbloser  Blatkorpercheo. 
Grade  an  diesen  letsteren  Stellen  sind  die  Interstitien  sehr 
breit*  Exqnisit  faserige  Beschaffenheit  ist  kaam  irgendwo  sicht- 
bar, am  stärksten  noch  aaFgepragt  an  den  Fnrchangsstellen. 
Die  Tonica  propria  der  Hamkanälchen  ist  meist  nicht  mehr 
zn  unterscheiden,  sondern  in  die  Interstitien  anfgenommen. 
Wenn  es  gelingt,  durch  Zerzapf en  des  Präparats  einzelne  Ea- 
nalcben  zn  isoHren,  so  erkennt  man  an  ihnen  die  verdickte 
Wandong,  die  in  den  meisten  Fallen  mit  zahlreichen  Spindel- 
sellen  besetzt  ist,  an  vereinzelten  Stellen  aber  aach  wie  ge- 
quollen aassieht  In  den  sehr  breiten  Interstitien  bemerkt  man 
hier  nnd  da  geschrumpfte  Kanalchen  and  Gefasse,  stellenweise 
sieht  man  in  ihnen  auch  noch  deutlich  qaerdarchscbnittene  stark 
geschrumpfte  schleifenf5rmige  Kanäle. 

Die  Glomerali  sind  meist  um  ^  bis  %  verkleinert,  manche 
haben   die  normale   Grosse,    einzelne    sind    sogar  vergrSssert 
Um  sie  herum  erkennt  man  eine  breite  fasrige  Kapsel  mit  vie- 
-  len  Spindelzellen,  am  breitesten  ist   die  Kapsel   bei  den  klein- 
sten«    Nur  bei  wenigen  besteht  der  Inhalt  der  Kapsel  aus  einer 
gleichartigen  glänzenden  Masse,  die  meisten   sind   dicht  gefollt 
mit    kleinen   rundlichen   Zellen  und  Fettkornchen ,   manche  be- 
sonders die  grösseren   lassen   die  ursprüngliche  Lappung  noch 
deutlich    unterscheiden.      An   diesen   letzteren   ist   an  manchen 
Stellen  der  Inhalt  von  der  Kapsel  abgehoben  nnd  in  einzelnen 
der  so  entstandenen  Zwischenräume  erkennt  man  dann  die  glei- 
chen FettkSrnchenzellen ,  wie  sie  in  den  erweiterten  Harnkanal- 
chen   enthalten   sind.     Die    grösseren    Arterienzweige   sind   bei 
intaotem   Lumen   in   ihrer  Wandung   durch  Bindegewebsmassen 


Harnsteine  des  Schafes.  485 

stark  verdickt,  das  Gleiche  ist,  wenn  anch  iqreniger  ausgeprägt, 
bei  einigen  Vasa  efferentia  der  Fall,  während  die  meisten  der- 
selben, soweit  dies  zu  erkennen,  total  obliterirt  erscheinen. 
Die  verdickte  Kapsel  der  Niere  ist  mit  zahlreichen  Lymphran- 
men  durchsetzt,  welche  zum  Theil  mit  Ljmphkörperohen  er- 
fallt sind. 

Macht  man  Schnitte  durch  die  Marksnbstanz ,  so  bemerkt 
man,  dass  eine  grosse  Zahl  der  graden  Harnkanalchen  sowohl 
in  dem  mittleren  Bezirk  als  anch  in  den  Seitentheilen  mit 
klumpigen  Massen  gefallt  ist.  Beim  Zerzupfen  solcher  Prapa« 
rate  ergiebt  sich,  dass  diese  Massen  aus  dicht  an  einander  ge- 
drängten Erjstallen  in  der  Form  von  glänzenden,  darchsichti- 
gen,  das  Licht  stark  brechenden,  scharfkantigen,  meist  stum- 
pfen, zum  Theil  aber  auch  sehr  spitzen  Qnadratoctaedern  be- 
stehen. Schon  die  eigenthumliche  Briefcouvertform  weist  dar- 
auf hin,  dass  man  es  mit  Krystallen  von  oxalsaurem  Kalk  zu 
thun  hat;  die  Unloslichkeit  derselben  in  Wasser  und  Essig* 
säure,  die  Loslichkeit  in  Salzsäure  bestätigt  das  vollkommen« 
In  manchen  Harnkanalchen  nehmen  die  klumpigen  Massen  an 
den  Stellen,  wo  sie  lagern,  das  Lumen  vollständig  ein;  solche 
Kanälchen  sind  an  den  betrefifenden  Stellen  abwechselnd  etwas 
ausgebaucht  und  eingeschnürt  und  nehmen  einen  schwach  ge- 
wundenen Verlauf.  An  anderen  Kanälen  ist  die  Füllung  keine 
vollständige,  sondern  man  kann  die  Wandung  in  grosserer  Ent- 
fernung von  den  Massen  erkennen.  Die  Füllung  beginnt  an 
der  Mündung  der  Kanälohen  oder  nahe  derselben  und  reicht 
verschieden  weit  herauf,  in  manchen  nur  durch  eine  kurze 
Strecke,  in  einzelnen  fast  durch  die  halbe  Länge  ihres  Ver- 
laufes. Dort,  wo  der  ozalsaure  Kalk  aufhört,  finden  sich  in 
einseinen  graden  Kanälchen  dieselben  rhombischen  Plättchen, 
welche  bei  der  Rindensubstanz  genannt  sind,  nnd  hier  und  da 
einige  Gallertkugeln.  Die  Interstitien  zwischen  den  mit  Kalk 
gefüllten  Kanälen  sind  um  das  Zwei-  bis  Dreifache  verbreitert 
and    enthalten   zahlreiche   Spindelzellen,   an   manchen   Stellen, 

28* 


486  Dammann, 

wo  die  MO  veränderten  Kanalchen  in  groiseren  Mengen  enaain- 
menliegen,  ist  die  ganze  Umgebung  in  grosser  Ansdefanang  in 
eine  bindegewebige  Masse  Terwandelt«  Die  von  Kalk  freige- 
bliebenen and  nicht  in  Bindegewebe  aufgegangenen  geraden 
Kanälchen  enthalten  neben  Fettkornchensellen  aahlreiche  rand- 
liche körnige  Zellen,  welche  die  farblosen  Blotk5rperchen  an 
Grosse  etwas  abertreffen,  an  manchen  kann  man  das  Wand- 
epithel noch  deatlich  erkennen.  Dass  die  Marksabstanz  Ton 
dem  Becken  her  stark  geschwnnden  ist,  ergiebt  sich  aneh  mi- 
kroskopisch schon  aas  dem  Umstände,  dass  zahlreiche  schlei- 
fenf5rmige  Kanalchen  sehr  nahe  an  die  Mandongen  der  Canali- 
call  recti  herantreten.  Aach  in  manchen  schleifenformigen  Ka- 
nälen werden  einzelne  Gallertkageln  erkannt. 

Schnitte  durch  die   Parenchjmreste  der   mittleren    Bezirke 
der  linken  Niere  stellen  dem  Untersucher  einen  weit  vorge- 
rückten   Schrumpfungsprocess   vor   Augen.     Die   Malpighischen 
Korperchen  erscheinen  in  denselben  Zuständen,  wie  in  der  rech- 
ten Niere,  nur  ist  die  faserige  Kapsel  um  sie  herum  durchweg 
noch   um    ein   Bedeutendes    breiter.      Ausserdem   bemerkt  man 
mehr  oder  minder  stark  geschrumpfte  Harnkanälchen,  von  denen 
indess  nur  sehr  wenige,  sei  es  auf  Längs-  oder  Qneransichten, 
noch  im  Zusammenhang  befindliche   Fettk5rnchenzellen  als  In- 
halt wahrnehmen  lassen.     Viele  auf  die  Hälfte  oder  den  dritten 
Theil  ihres  normalen  Umfangs  comprimirt,  lassen  nur  verküm- 
merte  zellige   Gebilde   oder  kornigen  Detritus  erkennen.     Die 
meisten  sind  unzweifelhaft  in  die  Interstitien  aufgegangen,  welche 
auch  hier   entweder  aus   Spindelzellen   mit  faseriger   oder  aus 
rundlichen  nnd  länglichen  Zellen  mit  mehr  homogener  Zwischen- 
substanz  bestehen   und   welche   im   Verhältniss   zu    den  Kanäl- 
chen  die   grössere   Masse  ausmachen.     Sämmtliche  verkummer* 
ten  Tubuli  haben  einen  gewundenen   Verlauf,   von   graden  Ka- 
nälchen ist  keine  Spur  sichtbar.      Die  Wandung   der  grosseren 
Arterien  ist  auch  hier  wieder  stark  bindegewebig  verdickt.  — 
Nur  an  den  äussersten  Seitentheilen ,  dort,  wo  auch  das  blosse 


Harnsteine  des  Schafes.  437 

Auge  noch  Mark*  and  Rindensabstans  za  anterscheiden  vier- 
mag,  ist  die  secernirende  Sabstanz  ein  wenig  erhalten.  In  der 
Corticalis  tritt  die  letztere  wenigstens  nicht  in  dem  Maasse  ge- 
gen die  bindegewebige  Zwischensabstanz  znruck.  Wenn  auch 
sonst  die  Verhältnisse  die  gleichen  sind,  so  giebt  es  hier  we- 
nigstens noch  einzelne  Kanäle,  in  denen  man  in  den  mit  Fett- 
kornchen  gefüllten  Zellen  noch  schwache  Andentungen  von  dem 
Kerne  za  erkennen  im  Stande  ist.  In  der  Marksnbstanz  ist 
stellenweise  das  Bindegewebe  so  stark  gewuchert,  dass  man 
nur  in  grossen  Entfernungen  zwischen  dem  faserigen,  zahllose 
Spindelzellen  enthaltenden  Gewebe  vereinzelte  verkümmerte 
Tabuli  recti  wahrnimmt.  An  anderen  Stellen  halten  sich  Hiese» 
die  bald  mehr  bald  minder  geschrumpft  sind,  und  die  Intersti- 
tien  an  Masse  etwa  das  Gleichgewicht«  Unter  den  graden  Ka- 
nälchen finden  sich  einzelne,  an  denen  man  noch  vollkommen 
deutlich  auf  grosse  Strecken  den  normalen  epithelialen  Wand- 
beleg erkennt.  In  anderen  sieht  man,  wenn  auch  nur  ganz 
schwache,  Spuren  von  ozalsaurem  Kalk.  — 

Die  kleinen  gelbbraunlichen  Concremente,  welche  bei  der 
Section  in  beiden  Nierenbecken  und  in  dem  linken  Harnleiter 
gefanden  wurden,  sind  von  mir  meinem  hiesigen  Collegen  Prof. 
Krocker  zur  Untersuchung  übergeben  worden,  welcher  wie 
folgt  darüber  berichtet: 

„Die  kleinen,  gelblichen,  cylindrischen,  schwach  h5ckrigen 
Concretionen,  welche  von  trüber,  eiweisshaltiger ,  stark  alka- 
lisch reagirender  Flüssigkeit  umgeben  waren ,  wurden  bei  dem 
Austrocknen  fast  weiss  und  zeigten  eine  ziemlich  deutliehe 
Schichtung  auf  der  Bruchfläche.  Die  Steine  zerrieben  sich 
unter  Knirschen  zu  einem  sandigen  Pulver,  waren  sehr  hart, 
fast  völlig  unlöslich  in  Säuren.  Der  Rückstand  gab  unzweifel- 
hafte Kieselerdereaction,  in  der  Lösung  waren  nur  Spuren  von 
Kalkerde  und  Schwefelsäure;  bei  dem  Glühen  zeigte  sich  die 
Gegenwart  einer  sehr  geringen  Menge  organischer  Substanz* 
Die  geringe   zar  Disposition  gestellte  Menge  gestattete   nicht 


4M  DsBSsaa, 

die  qmtmmauwe 


Abb  der  TonteiModea  DaiBtellaBg  d«  Kreakheitofidlci  er- 
gi^bt  lidi,  deas  des  ie  Rede  steheede  Sdiif  aa  der  sogeeaeeteD 
■nüaiedieB  lotoziealion  zu  Gmade  gegai^ca  ist.  Die  aaiaDs- 
weise  aoftreteadea  Conrvlsioaen  Mit  dem  Chankter  epüepti- 
scker  Krämpfe,  der  swisdieakergdieiide  Sopor  aad  die  See- 
tJOBserscheinongea  beweisea  das  sor  ToUeii  Endeas.  Das  au- 
ein  sdbos  bietet  ein  besoaderes  lateresse,  die  Zeiehea  der  Uriaiie 
bei  dem  Schafe  constatirt  so  haben,  weil  die  Literatur  Fa&e 
decselbea  bei  dieser  Thiergsttoag  aieht  anfniweiseB  hat. 

Des  Znstaadekommen  der  Uraaue  lasst  sich  sarn^fohren 
aof  die  D^eneration  der  beiden  Nieren.  Weaa  maa  diese 
Organe  for  sieh  betrachtet,  daaa  kommt  man  Aafsngji  leidit 
aof  den  Gedanken,  dass  die  atrophische  redbte  Kiere  die 
soerst  affidrte  gewesen  sei  und  dass  erst  die  spater  hinsage- 
tretene  nnd  immer  weiter  vorgeschrittene  Yeriademog  der  lin« 
ken  Niere  snm  Ansbmch  der  Urämie  die  Yeranlassnag  gege- 
ben habe.  Diese  Ansicht  ist  nntweifelhsfl  eine  irrige,  eine 
genaue  Prafnog  der  Toriiegenden  Thatsachen  moss  an  einem 
anderen  Schlösse  fahren»  Das  SectionsprotokoU  neigt,  dass  an 
der  noteren  Wandung  des  Mastdarms  ein  Cjstieerens  gesessen 
hat,  der  bei  gefällter  Blase  einen  Druck  auf  die  ober  dieselbe 
laufenden  üreteren  ausöben  konnte.  Es  ist  höchst  wahrschein-- 
lich,  dass  dorch  den  Gegendruck  von  Seiten  der  Blase  das  Ab- 
sterben oud  die  Verkalkung  des  Cjstieerens  herbeigefohrt  wor- 
den ist.  Die  Lage  desselben  etwas  mehr  nach  der  linken  Seite 
sowie  der  Umstand,  dass  die  an  seiner  unteren  Flache  befind- 
liche Rinne  genau  für  die  Starke  und  den  Verlauf  des  linken 
Ureter  passt,  sprechen  dafür,  dass  die  Pression  xnerst  und  yor- 
nehmlich  auf  diesen  stattgefunden  haben  mnss.      Die  nächste 


Harnsteine  des  Sehafes.  439. 

CoDseqnens  dieses  Drucks  var  die  Zaruckstauang  des  Urins  in 
den  rückwärts  gelegenen  Theil  des  Harnleiters  und  das  Nieren* 
becken.  Die  dann  folgende  Aasscheidang  der  in  dem  Harn 
gelost  vorhandenen  Eieselsänre,  welcbe  den  wesentlichen  Be- 
standtheil  der  kleinen  Ooncretionen  aasmacht,  ist  wohl  am  pas- 
sendsten durch  eine  Einwirkung  von  kohlensaurem  Ammoniak 
zu  er  klaren,  welches  sieh  nach  und  nach  in  dem  stagnirenden 
Urin  durch  Zersetzung  des  Harnstoffes  gebildet  haben  mag. 
Die  so  allmählig  entstandenen  Steinchen  setzten  sich  zum  Theil 
in  der  Schleimhaut  des  Harnleiters  fest,  brachten  diese  zur 
Wulstung  und  gaben  damit  ein  neues,  stärkeres  und  andauern- 
deres Hinderniss  für  die  Entleerung  des  Urins  in  die  Blase. 
Denn  die  durch  den  Cysticercus  veranlasste  Stauung  war  docli 
immer  nur  eine  vorübergehende,  weil  sie  nur  bei  gefüllter  Harn- 
blase oder  bei  einer  zeitweisen  Verstopfung  des  Mastdarms  be- 
stehen konnte.  Dass  die  Verhältnisse  sich  so  entwickelt  und 
dass  nicht  etwa  die  Kieselsäuresteine  primär  die  Veranlassung 
zur  Stauung  abgegeben  haben,  muss  man  unzweifelhaft  aus 
dem  Umstände  schliessen,  dass  die  Dilatation  des  Ureter  sjch 
von  dem  Nierenbecken  an  nicht  blos  bis  zur  Lagerungsstelle 
der  Ooncretionen,  sondern,  allerdings  in  geringerem  Grade,  weit 
über  diese  hinaus  erstreckte  und  erst  allmählig  abnehmend  in 
das  Normale  überging« 

So  mnsste  es  denn  durch  die  von  den  Concr erneuten  be- 
wirkte Stauung  und  obendrein  durch  die  an  dem  Ursprünge 
des  Ureter  vorhandenen  klappenartigen  Schleimhautfalten,  die 
wohl  erst  im  Verfolg  der  Stauung  sich  gebildet  haben,  mög- 
licherweise aber  auch  angeboren  gewesen  sein  können,  zu  der 
Entwickelang  der  Hydronephrose  kommen.  Der  gestaute  Urin 
gab  durch  seinen  Druck  den  Anlass  zu  der  immer  mehr  zu- 
nehmenden Erweiterung  des  Harnleiters  und  besonders  des  Nie* 
renbeckens,  durch  Druck  und  Reizung  zugleich  zu  dem  Auf- 
treten eines  interstitiell  -  entzündlichen  Processes  in  dem  Nie- 
renparenchym.    Das  letztere  schrumpfte  nach  und  naeh  so  be- 


440  Dami 

deotand ,  das«  aar  ooch  tparliehe  Beate  Ton  ibm  fibrig  bliebeir, 
wahrend  die  atagnirenden  HammaaBen  durch  ihre  retsende  Bio- 
wirkong  eine  lehleimige  Abaonderong  an  der  Wandung  de» 
Nierenbeckens  in  Scene  setxtea.  Eine  Secretion  ron  Ham 
hat  aber  bia  snm  Schlaue,  besonders  in  den  theiiweise  noch 
leidlich  erhaltenen  Seiteapartieen  stattgefaaden  nnd  dieser  ist, 
wenn  auch  nnter  sehr  erschwerten  umstanden,  aam  Theil  noch 
in  die  Blase  entleert  worden ,  denn  die  Verstopfaog  war  ai» 
der  Lagerangsstelle  der  Coacretionen  höchstens  aeitweise  dnrcb 
starke  ScLwelloog  der  Sehleimhaot  eine  totale,  dauernd  aber 
sicher  nicht.  Das  beweist  die  rerhiltnissmassig  geringe  Dila- 
tation and  die  starke  Waodrerdlcknng  des  nach  dem  Nieren* 
beeken  an  gelegenen  Harnleitertheils.  Ware  die  Verstopfung 
eine  absolute  gewesen,  m>  mnsste  es  zweifelsohne  au  einer  w^t 
bedeutenderen  Ausdehnung  gekommen  sein,  als  es  hier  der 
Fall  ist. 

Diese  linksseitige  Hjdronephrose  hatte  indess  noch  lange 
ohne  wesentlichen  Nachtheil  für  den  Organismus  bestehen  kön- 
nen, wenn  die  rechte  Niere  in  den  Zustand  compensatoriscber 
Hyperplasie  getreten  wäre  nnd  die  Absonderung  für  die  andere 
mit  übernommen  hätte.  Da  sie  aber  nicht  intact  blieb,  sondern 
auch  erkrankte,  mnsste  sich  eine  üble  Rückwirkung  geltend 
machen.  Dass  ihre  Erkrankung  nicht  etwa  erst  eintrat,  nach- 
dem die  linke  Niere  absolut  fanctionsunfahig  geworden  war, 
resultirt  aus  dem  eben  angeführten  Momente,  dass  von  der 
letzteren  bis  zum  Tode  des  Thieres  noch  etwas  secemirt  wor- 
den ist.  Es  wird  sich  weiter,  was  schon  oben  mit  einigen 
Gründen  belegt  ist,  mit  Gewissheit  ergeben,  dass  die  Affeetion 
der  rechten  Niere  etwas  später  begonnen  hat,  als  die  der  linken. 
,  Die  rechte  Niere  befand  sich  bei  dem  Tode  des  Thieres 
in  dem  Zustande  der  sogenancten  Granularatrophie.  Sie  war 
schon  stark  geschrumpft,  besonders  der  Dicken durchmesser  hatte 
bedeutend  abgenommen.  Die  Granularatrophie  ist  aufzufassen 
als  die  Folge  einer  interstitiellen   Nephritis.      Nach   den  beim 


Harnsteine  des  Schafes.  441 

MenBohen  and  auch  bei  anderen  Hansthieren  gemachten  Erfah- 
rungen beschrankt  sich  solche  Entsündang  auf  die  Corticaisnb- 
stanz  der  Niere.  In  dem  vorliegenden  Falle  hat  die  Entzdo- 
dang  aber  auch  die  Marksabstanz  betroffen  and  diese  ist,  wie 
ans  der  obigen  Beschreibang  za  erschliessen,  darch  Druck  von 
dem  Becken  aas  zum  Schwinden  gebracht  worden.  Diese  That- 
sachen  in  Verbindung  mit  der  schwachen  Erweiterung  des  Harn- 
leiters geben  einen  Fingerzeig  für  das  Zustandegekommensein 
des  Processes  ab.  Man  darf  unbedenklich  annehmeii,  dass  es 
sich  auch  hier  um  eine  Stauung  gehandelt  hat.  Der  genannte 
Cysticercus  hat  jedenfalls  bei  seiner  zunehmenden  Vergrosse- 
rung  zeitweise»  wenn  die  Harnblase  und  das  Rectum  stark  ge- 
füllt waren,  auch  den  rechten  Ureter  nahe  seinem  Ende  com- 
primirt  und  den  Urin  nach  dem  Nierenbecken  zurückgedrängt, 
Demgemäss  kam  es  auch  hier  zur  Entstehung  von  Kieselsaure- 
concrementen ,  die  sich  jedoch  nicht  in  dem  Harnleiter  fest- 
setzten, wie  die  volle  Durchgangigkeit  desselben  ergiebt.  Da* 
neben  aber  bildete  sich  aus  den  Bestandtheilen  des  stagniren- 
den  Harnes,  vielleicht  durch  Umsetzung  vorhandener  Milch* 
säure  auf  dem  Wege  der  Oxydation  oder  durch  Umsetzung  des 
Harnstoffs  auf  dem  Wege  der  Reduction  Oxalsäure,  und  es  tra- 
ten Sedimente  Oxalsäuren  Kalks  in  den  graden  Kanalchen  der 
Marksubstanz  auf.  So  erklärt  sich  aus  dem  Druck  des  gestau« 
ten  Urins  die  Erweiterung  des  Harnleiters  und  des  Beckens 
sowie  die  Abflachung  der  Marksubstanz,  aus  dem  Reiz  des 
Urios  und  jedenfalls  auch  aus  der  Irritation,  welche  die  scharf- 
kantigen Krjstalle  auf  die  Wandung  der  Tubuli  und  das  zwi- 
schen ihnen  befindliche  Bindegewebe  ausübten,  der  durch  die 
ganze  Niere  verbreitete  interstitiell -entzündliche  Process. 

Diese  Entzündung  hat  auch  in  unserem  Falle  mit  der  Ein- 
lagerung zahlreicher  lymphatischer  Elemente  in  die  Interstitien 
zwischen  den  Harnkanälchen  begonnen,  welche  an  manchen 
Stellen  ja  noch  beim  Tode  des  Thieres  vorhanden  waren.  Die 
durch  sie  geübte   Compression   der   Gapillaren   wurde  die  Ur- 


449  DsmiiiAiio. 

Sache,  dais  die  Epithelien  der  Harnkanalcheo ,  betonders  der 
RindensabstanB,  nicht  mehr  aasreichend  mit  Ernfthrangsmaterial 
rersorgt  werden  konnten  and  demiofolge  der  Nekrobiose,  dem 
Process  der  fettigen  Degeneration  anheimfielen.  Die  bedeutende 
anregelmafsige  Erweiterung  der  Tabali  hatte  ihren  Grand  aber 
nicht  blo8  in  der  Aafqaellang  vieler  der  Epithelien,  sondern 
sicherlich  aach  in  der  Staaang  des  gebildeten  Secrets,  die  die 
Abscheidang  der  rhombischen  Plattchen  bewirkte,  and  in  dem 
Eintritt  von  Blatbestandtheilen  aus  Anlass  des  gesteigerten 
Blatdracks.  Es  versteht  sich,  dass  in  Folge  der  Verbreiterang 
der  Interstitien  and  der  Erweiterang  der  Eanalchen  im  Beginn 
des  Processes  eine  Vergr5sserang  des  ganzen  Organs  bestan- 
den haben  mnss«  Nach  einiger  Daaer  ist  dann  die  ümwandlong 
der  mit  zelligen  Gebilden  impragnirten  Intertabalarsabstanz  in 
bindegewebige  Massen  erfolgt,  die  aber  noch  keineswegs  über- 
all, am  meisten  noch  im  Bereiche  der  Marksnbstans ,  bis  zar 
streifigea  Beschaffenheit  gelangt  war.  Die  damit  rerbandene 
Schrampfang  brachte  den  Untergang  tahlreicher  Hamkaoalehen 
and  Gefasse  and  eine  Verkleinerang  der  Niere  za  Wege«  Ab- 
geschlossen war  der  Process  bei  dem  Tode  des  Thieres  aber 
noch  keineswegs,  die  Niere  vielmehr  immer  noch  im  Stande, 
etwas  za  secerniren.  Am  besten  hatten  sich  verhältaissmassig 
noch  die  Glomernli  trotz  ihrer  breiten  fasrigen  Kapsel  erhal- 
ten, von  denen  erst  einzelne  vollständig  za  Grande  gegangen 
waren,  ein  Umstand,  der  seine  Erklarang  darin  findet,  dass 
sie  darch  ihre  intracanalicalare  Lage  vor  äusserem  Druck  mehr 
geschützt  sind. 

Bis  zu  dem  angegebenen  Grade  der  Degeneration  waren 
die  harnbereitenden  Organe  vorgeschritten,  als  plötzlich  der 
urämische  Anfall  eintrat.  Beide  Nieren  konnten  noch  secerni- 
ren, ja  sie  müssen  zar  Zeit  des  Anfalles  sogar  in  verstärktem 
Maasse  secernirt  haben,  da  die  Blase  bei  der  Section  mit  Urin 
stark  gefällt  gefanden  warde«  Der  in  unserem  Fall  vorliegende 
Befand  lässt  sich   zur  Losting  der  immer    noch    schwebenden 


Harnsteine  des  Schafes»  443 

Frage,  welches  die  näheren  Ursachen  des  Auftretens  der  Urämie 
sind,  nicht  verwerthen.  Bekanntlich  ist  man  in  den  letzten 
Jahren  von  der  besonders  von  Frerichs  lebhaft  vertretenen 
Ansicht,  dass  die  Intoxication  des  Blates  mit  einem  unter  dem 
Einflasse  eines  anbekannten  Fermentes  auftretendem  Zerseczungs- 
produkt  des  Harnstofi*es,  dem  kohlensauren  Ammoniak,  die  Er- 
scheinungen der  Urämie  bedinge,  ziemlich  allgemein  zurückge- 
kommen, weil  die  meisten  neueren  Untersucher  der  Anwesen- 
heit von  Ammoniak  im  Blute  und  Athem  bei  Retention  von 
Harn  mit  aller  Bestimmtheit  widersprachen.  Es  mag  dahin  ge- 
stellt sein,  ob  die  neuerdings  von  Voit*)  aufgestellte  Theorie 
die  richtige  ist,  dass  die  Urämie  sich  daraus  erkläre,  dass  alle 
nicht  gasförmigen  Zersetsung^produkte  aurückg  eh  alten,  werden 
und  zwar  nicht  blos  im  Blute,  sondern  auch  in  den  Organen. 
Für  den  vorliegenden  Fall  hat  die  Auffassung  Traube' s  sehr 
viel  für  sich,  dass  die  sogenannte  urämische  Intoxication  ihren 
Grand  habe  in  einem  Gehirnodem,  das  hier  vorgefunden  ist, 
und  in  der  durch  dasselbe  bedingten  eapiUären  Anämie  des 
Gehirns,  — 

Steinige  Concremente  in  dem  Nierenbecken  des  Schafes 
sind  bisher  am  seltensten  zur  Beobachtung  gelangt,  was  immer 
noch  nicht  beweist,  dass  sie  auch  wirklich  selten  sind.  In  der 
gesammten  Literatur  liegt  nur  eine  quantitative  Analyse  von 
solchen  vor,  welche  Fürstenberg  an  den  in  der  Sammlung 
der  Berliner  Thier arzneischule  aufbewahrten  Nierensteinchen 
vorgenommen  hat.  Den  Hauptbestandtheil  derselben,  nahezu 
die  Hälfe,  machte  die  Kieselsäure  aus;  daneben  fanden  sich 
kohlensaurer  Kalk,  kohlensaure  Magnesia,  organische  Materie, 
sowie  Spuren  von  Eisen  und  Wasser.  Mit  unserem  Falle  zeigte 
sieh  demnach  insofern  eine  Aehnlichkeit,  als  auch  bei  ihm  die 
Kieselsäure  vorwaltend  auftrat,  ja   sogar  noch  in  viel  höherem 


*)  Zeitschrift   für   Biologie   von  Buhl,  Pettenkofer,    Radl- 
kofer,  Voit.     IV.  Bd,  p.  140  sqq. 


444 


2. 
Pbosphat-SediaeDte  aqs  der  HarablAse  aad 

HAmröhrcu 

Am  14.  Mirs  wurde  mir   tob   dem  Beamten  des  s«r  Do- 
mmoe  Proekmo  gehöriges  Gate«   S.  eine  HAmblaae  im  Zosrnn- 
mesheoge  mit  der  ganxea  Rathe  nbersdiiekt  oüt  dem  Bemer- 
ken, da«e  des  Thier,  tod  dem  die  Tbefle  berrübiten,  ein  Mast- 
hsmmel,  plotxlich  so  krank  geworden   sei,   dass  es  sebleonigst 
babe  geseblaebtet  werden   mossen.     Nach   den  ganzen  Ersdiei- 
Bongen  sei  xa  Termotben,  dass  ein  Stein  in  der  Hamrobre  sieh 
festgesetzt   babe.      Die   Blase   war    gespannt  mit  Urin   gefallt, 
welcher  durch  einen  Einstich  entleert  trnbe  erschien  nnd  sta^ 
alkalisch  reagirte.    Nach  seiner  Eotfemang  bemerkte  man,  dass 
die  Scbleimhaotoberflache  hier  nnd  da  mit  einem  grobkörnigen 
erdigen  Sedimente  Ton  nicht  sehr  fester  Beschaffenheit  besetat 
war,  das  sich  leicht   s erdrücken   Hess.     Bei   dem   Anschneiden 
der  Harnröhre  Ton  der  Blase  aas  ergab  sich,   dass  aach  diese 
dnrch  ihre   ganze  Lange  die  gleiche  dickbreiige  erdige  Masse 
enthielt«     An   einigen   Stellen,   besonders    an    der   S- formigen 
Krnmmang  nnd  aach  weiter  nach  vorn,  etwa  5  Ctmr.  Ton  der 
Aasmandang  entfernt ,  war  das  Lamen    darch '  den    Gries   tota 
verstopft  nnd  stark  aasgedehnt.     Das  Sediment,  welches  einige 
Grammen  betrag,  warde  aaf  ein  Ufarglas   gesammelt  nnd  war 
am   nächsten  Tage  in  Folge  VerdanstaDg   der  Feuchtigkeit   su 
einer    grobpnlrrigen    Masse    geworden.     Die   Schleimhaat    der 
Blase  zeigte  sich  geschwellt,   streifig  and  fleckig   gerothet,    an 
zwei  Stellen  in  dem  Darchmesser  Ton  2  bis  3|  Ctmr.  war  sie 

■ 

dnrch  Blatang  in  ihr  Gewebe  sertrammert,  hier  lagerten  neben  i- 


Harnsteine  des  Schafes.  445 

dem  Qewebsdetritas  kleine  Blntgerinnsel.  Nahm  man  von  ande- 
ren Stellen  der  SchleimhantoberflSche  etwas  unter  das  Mikroskop, 
60  sah  man  zahlreiche  Krystalle  ron  phospborsaurer  Ammoniak- 
Magnesia  in  den  bekannten  Formen,  welche  anf  Znsats  von 
Essigsänre  leicht  schwanden,  von  Alkalien  aber  nicht  angegrif- 
fen wnrden.  Daneben  wurden  Epithelien  der  Blasenschleim- 
hant,  zahlreiche  sehr  kleine,  stark  contrahirte  Schleimkorper- 
chen  nnd  verschiedene  Formen  von  GährnngspiJzchen  wahrge- 
nommen» Aach  die  Schleimhaut  der  Harnr5hre  war  geschwellt 
and  an  einzelnen  Stellen  auch  schwach  streißg  gerothet. 

Der  Director  der  hiesigen  thierphjsiologischen  Versnchs- 
station,  Dr.  Weiske,  hatte  anf  meinen  Wunsch  die  Gate,  eine 
quantitative  Analyse  des  Sediments  anzufertigen.  Ich  lasse  das 
Resultat  seiner  Untersuchung  folgen: 

„Das  Sediment  bildete  ein  grobes  weissgraues  Pulver,  wel- 
ches unter  dem  Mikroskop  Erystalle  von  2  MgO.  NH^  O.  PO^ 
-j-  12  aq.  erkennen  Hess»  Beim  Glühen  verlor  dasselbe  50,581 
pCt.  seines  Gewichts  und  entwickelte  hierbei  den  für  stickstoff- 
haltige Substanzen  charakteristischen  Geruch  nach  verbrannten 
Haaren.  Eine  nähere  Bestimmung  der  vorhandenen  stickstoff- 
haltigen organischen  Substanz  war  bei  der  geringen  Menge  des 
Materials  nicht  möglich.  Der  feuerfeste  Rückstand  betrug 
49,419  pCt.  und  bestand  neben  Spuren  von  Eisen  ausschliess- 
lich aus  2  MgO.  POg.  Die  quantitative  Analyse  des  betreffen- 
den Harnsedimentes  ergab  für  dasselbe  folgende  Zusammen- 
setzung : 

20,979  pCt.  HO  bei  100  ®  flüchtig, 
8,754     9      organische  Substanz, 
70,267     „      2  MgO.  NH^O.  PO^  +  12  aq. 

100,000 . 
Das   Sediment  bestand   also   fast   durchweg  aus  phosphor- 
saurer   Ammoniak -Magnesia.      Die    Analyse    hat   deshalb   ihre 
grosse  Wichtigkeit,   weil   sie    das    Vorkommen    von   Phosphatr 
Sedimenten   in   der  Harnblase   von  Schafen   unzweifelhaft  nach- 


446  Dam  mann, 

weist.  Schon  Bonlej*)  hatte  ein  antgebreitetes  Vorkommen 
von  Tripelpho8phat*Concrementen  in  der  Blaee  und  Harnröhre 
bei  drei  bis  vier  Monate  alten  Lamm ern  beobachtet,  und  Für- 
stenberg^)  einen  Fall  mitgetheilt,  in  welchem  ans  dem  In- 
halt der  Blase  eines  Schafbockes,  welcher  geschlachtet  wor- 
den war,  weil  mehrere  Steinchen  in  der  Harnröhre  eich  ein- 
geklemmt hatten ,  grosse  Kristalle  Ton  phosphorsanrer  Am- 
moniak-Magnesia sich  aasBchieden.  Anch  Roloff***)  schloss 
ganz  mit  Recht  aas  einigen  Beobachtongen  bei  Wiederkäaem, 
in  welchen  eine  chemische  Untersnchnng  der  gefundenen  Con- 
cremente  stattgefunden  hatte,  dass  die  grosse  Wahrschein- 
lichkeit fnr  das  Bestehen  *  derselben  aas  dem  genannten 
Doppelsala  spreche.  Dagegen  versieht  Brnekmallerf)  die 
Stelle  in  seinem  Lehrbach  der  pathologischen  Zootomie,  an 
welcher  er  die  Boa ley' sehe  Beobachtung  wiedergiebt,  mit 
einem  Fragezeichen  und  druckt  dadurch  seinen  Zweifel  an  der 
Richtigkeit  der  vorgenommenen  Analyse  aus.  An  einer  an  de« 
ren  Stelleff)  bemerkt  er,  dass  die  Angabe  von  Forsten berg, 
dass  bei  dem  Rinde  anch  aus  phosphorsaarer  Ammoniak -Ma- 
gnesia gebildete  Nierensteine  vorkommen,  auf  einer  Verwechs- 
lung des  untersuchten  Steines  beruhen  durfte,  da  Harnsteine 
mit  diesem  Bestandtheil  bei  dem  Rinde  doch  au  sehr  den  ge- 
genwärtigen Eenntoissen  von  der  chemischen  Zusammensetsun^ 
und  Bildung  des  Harnes  wiedersprachen. 

Brück müller  hat  seinen  Zweifel  und  seine  Bemerkung 
nicht  weiter  begründet.  Es  liegt  aber  am  nächsten  zu  vermn- 
then,  dass  er  seine   Grunde   dem  Umstände  entnimmt,   dass   in 


*)  Cfr.  Repertorium  d«  Thierheilkuude  1855,  p.  140. 
**)  Cfr.  Mittheikngra  a.  d.  thierärztlichen  Praxis  v.  Müller  und 
Roloff,  1868,  p.  126. 

•♦♦)  Mittheilungen  a.  d.   thierärztlichen  Praxis,  1868,  p.  126  und 
Zeitschrift  des  landw.  Central  Vereins  d.  Prov.  Sachsen,  1867,  p,  211. 
t)  Cfr.  1.  c.  p.  674. 
tf-)  Ibid.  p.  663. 


Harnsteine  des  Schafes.  447 

dem  Harn  der  Wiederkäuer  nur  sehr  geringe  Mengen  von 
phosphorsauren  Saison  auftreten.  Nun  ist  es  aber  eine  fest- 
stehende Thatsache,  dass  die  Constitution  des  Harnes  durch 
die  Beschaffenheit  der  Nahrung  bedingt  wird.  Der  Harn  der 
Pflanzenfresser  nimmt  ganz  den  Charakter  des  Carnivoren-Harns 
an,  wenn  erstere  genothigt  werden,  nur  animalische  Kost  zu 
geniessen  oder  wenn  man  sie  längere  Zeit  hungern  lässt,  so 
dass  das  Leben  allein  auf  Kosten  der  Korperbestandtheile  un- 
terhalten wird.  Auch  der  Harn  noch  säugender  Wiederkäuer 
zeigt  neben  Harnstoff  Harnsäure,  Kreatinin  und  saure  Reaction 
in  Folge  der  Anwesenheit  saurer,  phosphorsaurer  Salze.  Un- 
zweifelhaft muss  auch  bei  rein  vegetabilischer  Kost  die  Menge 
der  Phosphorsäure  im  Urin  der  Wiederkäuer  sehr  variiren  je 
nach  der  Menge  und  Beschaffenheit  der  aufgenommenen  Nahrung. 
Der  in  Hede  stehende  Hammel  war  mit  einer  grossen 
Zahl  anderer  Hammel  und  Schafe  zur  Mast  aufgestellt  worden 
und  hatte  in  der  ersten  Periode,  welche  40  Tage  dauerte,  pro 
Tag  1  Pfund  Heu,  1^  Pfund  Futterstroh  und  Spreu,  8  Quart 
Schlempe,  2  Pfd«  Runkelrüben,  |f  Pfd.  Wicken  und  %  Pfd. 
Bohnen  (Korner)  erhalten.  In  der  zweiten  ebenfalls  40tägigen 
Periode  war  diesem  Futter  ^  Pfd.  Gerste,  in  der  dritten  ^  Pfd. 
Erbsen  und  ^  Pfd.  Gerste  (Koro er)  zugesetzt  worden.  Kurz 
vor  Ablauf  der  letzten  Periode,  welche  gleichfalls  40  Tage  um- 
fassen sollte,  trat  die  Erkrankung  ein.  Wenn  man  den  Durch- 
schnittsgehalt der  genanntnn  Futterstoffe  an  Phosphorsäure  bei 
der  Berechnung  zu  Grunde  legt,  so  kommt  man  zu  dem  Re- 
sultate, dass  das  Thier  in  der  ersten  Periode  täglich  14,36, 
in  der  zweiten  15,26,  in  der  dritten  16,36  Grms.  Phosphor- 
säure in  dem  Futter  aufgenommen  hat.  Dieses  Quantum  ist 
ein  ungemein  hohes«  Giebt  man  einem  Schafe  auf  100  Pfd. 
Lebendgewicht  ein  Beharrungsfutter  von  1,2  Pfd.  Heu,  1  Pfd. 
Stroh,  2  Pfd.  Presslingen  und  0,125  Rapskuchen,  so  erhält  es 
darin  6,14  Grms.  Phosphorsäure  und  selbst  ein  Schaf,  welchem 
als  tägliche  Mastration  die  Menge  von  2  Pfd.  Heu,  5  Pfd.  Stroh, 


448  DanmaBa, 

0,3  Pfd.  Rspckoehen  nnd  0,1  Pfd.  Leinkachen  gereicht 
kaon  darin  immer  oiir  9,8^  Grms.  Phosphorsiore  TeraelireiL. 
Dam  «ach  die  Meoge  der  aofgeDommenen  Magnesia  bei  der 
grossen  Fottermasse,  welche  der  Hammel  rersehrte,  eine  be- 
deutende gewesen  sein  mnss,  rersteht  sich  tob  selbst.  Leider 
habe  ich  den  gewünschten  Harn  tod  einigen  der  anderen  mit 
cor  Mast  aufgestellten  Thiere,  dessen  üntersnchong  hier  grade 
sehr  interessante  Aufschlüsse  hatte  geben  können,  nicht  erhal- 
ten, da  das  Auffangen  in  den  ersten  Tagen  Tersanmt  war  und 
die  Thiere  dann  bald  an  den  Fleischer  abgeliefert  wurden. 

Von  den  sammtliehen  anderen  Masthammeln  und  Schafen 
ist  kein  Stuck  erkrankt«  Erwagt  man  diesen  Umstand  und  be* 
rncksichtigt  man  den  angegebenen  pathologischen  Befund,  so 
erklart  sich  der  Torstehende  Fall  am  ungezwungensten  in  fol- 
gender Weise:  Der  Urin  des  qu.  Hammels  hat  in  Folge  des 
genossenen  Futters  sauer  reagirt,  die  phosphorsaure  Magnesia 
wurde  durch  die  Torhandene  Saure  in  Lösung  erhalten.  In 
Folge  eines  Blasencatarrhs ,  den  das  Thier  sich  suzog,  fand 
eine  Zersetzung  des  Harnstoffes  in  kohlensaures  Ammoniak  statt, 
durch  welches  eine  Ansfallnng  tou  phosphorsaurer  Ammoniak- 
Ma^esia  zu  Stande  kam.  Das  so  gebildete  Sediment  mag 
seinerseits  wieder  zur  Steigerung  des  Harnblasencatarrhs  we- 
sentlich beigetragen  haben. 

Die  Ansicht  TOn  Bruckmnller,  dass  die  Harnsteine  der 
Wiederkäuer  nicht  wohl  aus  phosphorsaurer  Ammoniak-Magnesia 
bestehen  könnten,  kann  sonach  als  stichhaltig  nicht  bezeichnet 
werden.  Die  Möglichkeit  ihres  Vorkommens  lasst  sich  a  priori 
erklaren  und  wird  durch  den  Torstehenden  Fall  thatsachlich 
erwicaen. 


Harnsteine  de»  Schafes.  449 

3. 

Harnblasen«  und  Harnrohrensteine  ans  kohlen* 
saurem  Kalk  und  Kieselsaare  bestehend* 

Wenn  man  absieht  von  dem  eben  besprochenen  Phosphat- 
sediment,  so  bietet  die  gesammte  Literatnr  nur  zwei  Analysen 
von  „Harnrobransteinen^  des  Schafes:  eine  altere  Ton  Las- 
saigne  an  einem  von  Girard  gefundenen  Stein,  welche  al^ 
Hauptbestandtheil  Kieselsaare  ergab,  neben  welcher  organische 
Materie  nnd  Sparen  von  Eisenozyd  auftraten,  und  eine  neuere 
von  Lintner  an  Concrementen  angestellt,  welche  May  bei 
Operationen  und  Sectionen  gesammelt  hatte.*)  Auch  bei  der 
letzteren  war  der  vorwaltende  Bestandtheil  Kieselsaure  -— 
71,05  pCt.  — ,  neben  der  11,62  Kalk,  6,24  Schwefelsaure, 
Spuren  von  Magnesia  und  Eisen  und  11,03  pCt.  organische 
Substanz  gefunden  wurden.  Die  Ergebnisse  beider  Analysen 
schienen  die  neuerdings  ausgesprochene  Ansicht  zu  bestätigen, 
dass  seit  dem  von  Henneberg  und  Strohmann  gelieferten 
Nachweise,  dass  die  Kalksalze  bei  den  Wiederkauern  nur  in 
geringer  Menge  mit  dem  Harne  ausgeschieden  werden,  die  frü- 
here Annahme,  nach  der  die  Harnrohrensteine  dieser  Thiere 
vorzugsweise  aus  Kalksalzen  beständen,  nicht  mehr  recht  sich 
vertheidigen  lasse«  Ich  habe  seit  meinem  Hiersein  eine  Reihe 
von  Harnröhren  steinchen  des  Schafes  gesammelt,  dieselben  aber 
nicht  zu  einer  quantitativen  Analyse  benutzt,  weil  sie  von  ver- 
schiedenen Thieren  herrührten.  Um  so  erwünschter  war  es 
mir,  durch  die  Gute  des  Collegen  Departements-Thierarzt  Ld- 
thens  in  Oppeln  eine  grossere  Zahl  solcher,  von  einem  Thiere 
stammend,  zu  erhalten« 

Lüthens  theilt  mir  über  den  betreffenden  Fall  mit,  dass 
er  am   29.   Juli  1869   Nachts  zu  einem   werthvoUen  Schafbock 


^  Cfr.  N.  Repert.  Pharm.  XV.  32.  nnd  May,  die  inneren  und 
äasseren  Krankheiten  des  Schafes,  p.  301. 
Mag.  f*  Thierhellk.  XZXYI.  4.  29 


460  PaviDliao» 

gerufen  lei,  welcher  an  HarnverbaltaDg  litt  and  bei  dem  er 
ohne  Schwierigkeit  in  der  S*  formigen  Krammnng  des  Penis 
einen  Stein  ermittelt  habe.  Br  entfernte  diesen  noch  in  der- 
selben Nacht  beim  Lampenlicht  durch  den  Harnrobrenscfanitt. 
Die  Wände  heilte  gat  und  der  Bock  zeigte  sich  fünf  Wochen 
lang  gims  gesund,  als  plötzlich  von  Neoem  eine  Harnver- 
haltung eintrat.  Diesmal  warde  aber  nicht  sofort  Hälfe 
nachgesncht,  weil  man  einen  ^weiten  Stein  nicht  vermuthet 
hatte.  Trotzdem  wurde  auch  diesmal  die  Operation  mit  Er- 
folg  ausgeführt,  aber  einige  Tage  spater  stellten  sich  neue 
Nachschübe  von  Steinen  ein  und  es  erfolgten  Infiltrationen 
des  Urins  im  Verlaufe  des  Penis,  am  Schlauche  and  Hoden- 
sack,  an  letzterem  so  stark  dass  er  bis  auf  die  Erde  her* 
abhing.     Der  Bpck  ging  zu  Grunde   nnd   bei  der  Section  war- 

r  

den  tbeils  in  der  Harnblase,  theils  in  der  Harnröhre  noch  31 
Steine  vorgefunden. 

Dieser  üble  Aufgang  muss  natürlich  in  solchen  Fiillen,  wo 
immer  neue  Steine  aus  der  Blase  nachrücken,  stets  eintreten* 
Aber  glücklicher  Weise  handelt  es  sich  oft  genug,  wie  ich  aas 
eigener  Erfahrong  weiss,  nur  um  die  Anwesenheit  eines  ein. 
zelnep  Concrements. 

Auf  mein  Ersuchen  hat  Dr.  Weiske  auch  diese  Concre- 
tipnen  einer  Analyse  unterworfen  und  theilt  darüber  Folgen- 
des mit: 

,,Die  Steine  bildeten  gelbbraune,  runde,  massive  Eorner 
von  1 — 2  Mm.  Durchmesser  and  bestanden  aus  einem  Kern 
von  SiOjgi  der  von  einer  Schicht  CaO,  CO,  und  MgO  uml^^- 
gert  war.  Beim  Behandeln  mit  HCl  losste  sich  die  äussere 
Schicht  unter  Aufbrausen  und  der  SiO^-Kern  blteb  zurück. 
Die  quantitative  Analyse  zweier  Korner  mittlerer  Grosse,  von 
denen  der  eine  0,0328  Grms.,  der  andere  0,0388  Grms,  wog, 
nnd  ersterer  mit  HCl'  behandelt,  letzterer  mit  NaO,  COg  4~ 
KO,  CO2  aufgeschlossen  wurde,  ergab  folgende  Zasan^men- 
setzung: 


Hamsteme  des  Schafes.  451 

S,084  pCX  HO  (bei  100  Gr.  C.  g&ttodküiet), 
6,707     „      OrgsD.  Sobatans, 
54,573     „      CaO,  COj, 
5,224     „      MgO^ 
80.412     „      SiO,. 
100,000  pCt. 
Die  Analyse  seigt,  daas  der  kohlensaure  KiUk  sehr  wohl 
in  vorwaltender  Menge  in  den   Harnsteinen  der  Wiederkäuer 
aufzutreten  vermag,   dass   mithin   der   angefahrte  apriori^tische 
Sehlass  nieht  gerechtfertigt  ist.     Die  sammtlichen  Angaben  aber 
liefern   den   bestimmten    Beweis,   dass   sowohl  die  Kieselsfinre» 
«Is  die  phpsphorsanre  Ammoniak- Magnesia,    als  der  kohlen^ 
saure  Kalk  den  Hauptbestandtheil  der  stehugeQ   Cofioreokento 
ift  dea  Hamorganen  des  Schafes  bilden  kann. 


f 


V. 

Zur  Patkogcnie  des  Pferdci-«tic& 

Von  Küitner, 
RössarKt  im  Prenss.  Garde -Hnsaren- Regiment 


Das  Remonte  - Commando  deä  Garde- Husaren -^ Regiment» 
hatte  auf  dem  Rückmärsche  in  den  letssten  Tagen  des  Monats 
Aognst  1868  in  der  Stadt  D.  auf  eine  Nacht  Quatier  bezogen,^ 
^roseibet  ,14  Tage  früher  eine  cum  Manöver  marsohirendo 
Schwadron  Dragoner,  unter  deren  Pferden  kurae  Zeit  na<^  dem 
'Aasniarsche  aus  D.  mehrere  als  rotzig  erkanut  wurden  und 
deshalb  getodtet  werdeu  mussten,  eittquartirt  gewes'en  war.  Die 
Dicht  desinfieirten  Ställe,  an  deren  Tbüren  noch  die  Zähl  der 
dort  gestandenen  Pferde  und  die  Benennung  des  Dragoner^Re- 
^ments  sa  lesen  war,  wurden   mit  den  Pferden  des  'Remonte« 

29* 


^b2  Kiittner, 

Commandot  beiogeo,  weil  bei  dem  letierea  Niemand  eine  Ahnnng 
davon  hatte,  dasa  die  Stalle  infioirt  seien;  ent  mehrere  Stun- 
den nach  dem  Einrücken  wurde  die«  in  Erfahmng  gebracht. 
In  der  Garnison  Potsdam  angelangt  wnrde  von  dem  Vorstehen- 
den dem  Regiments- Commando  pflichtschuldigst  Mittheilnng  ge- 
macht, und  darauf  von  diesem  die  nothigen  Vorsichtsmsass- 
regeln  angeordnet,  um  im  Falle  eines  Aosbmcbs  der  Rotskrank- 
beit  die  Weiterverbreitong  auf  die  übrigen  Pferde  des  Regi- 
ments an  verhüten  • 

Am  3,  Ootober,  14  Tage  nach  dem  Einrücken  in  die  Gar- 
nison und  ungefähr  5  Wochen  nach  dem  Quartier  in  der  Stadt 
D,  erkrankte  das  auf  Commando   gewesene  Officierpferd  unter 
Erscheinungen,  die  es  der  Wurmkrankheit  verdächtig  machten. 
Die  verdächtigen  Erscheinungen  verloren  sich  jedoch  nach  Ver* 
lauf  von  6  Wochen,   und  das  Pferd  erschien  gesund  bis  cum 
April  des  nächsten  Jahres,  zu  welcher  Zeit  es  bei  gutem  Fut- 
ter, regem  Appetit  und  gewöhnlicher  Arbeit  auffallig  abmagerte, 
ein  hektisches  Aussehen  bekam  und   nun   wegen  vermeintlichen 
inneren  Rotzes  getodtet   wurde.     Die   Section   ergab  jedoch  in 
den  Lungen   trotz    der  sorgfaltigsten   Untersuchung  keine   Tu- 
berkeln und  an   der  Schleimhaut  der  Nase  keine  Veränderung 
gen.     Als    einzige   pathologische    Erscheinung   wurden   circa  2 
Quart  klares    Serum   in    der  Bauchhöhle    und  die  Graafschen 
Bläschen   beider  Eierstöcke  in  Folge   enormer   Anfnllung    mit 
Seram  bis  zur  Grösse  einer  guten  Wallnnss  ausgedehnt  vorge- 
fnndein«     Ans   dem   Sectionsbefunde    ging  somit   hervor,    dass 
das  qu.  Pferd  nicht  mit  der  Rotz-Wurmkrankheit  behaftet  war. 
Alle  übrigen  anf  Commando  gewesenen  Pferde,  alte  nnd 
junge,  waren  bis  dato  gesund  geblieben;    es   hatte   sich  auch 
nicht  ein  einziges  Symptom  gezeigt,  welches  den  Verdacht  anf 
Rotz  pder   Wurm  hätte  aufkommen  lassen.     Erst  am  28.  De- 
cember  1869,  also  nach  Verlauf  von  16  Monaten  seit  dem  Tage 
in   der    oben  bezeichneten   Stadt,  an    welchem    eine  Infection 
konnte  stattgefunden  haben,  erkrankte  eine  von  jenen  Remon- 


I 

Zur  Pathogenie  des  Pferderotz^s.  453 

ten  anter  folgenden  Erseheionngen ;    Theilweises',   nieht  gahz- 
lieüea  Veraagea  des  Falters ,    Mattigkeit,  se^weises   Frösteln, 
gelbliche  Farbang  der  sichtbaren  Schleimhfiate,  yer^Sgerte  Mist-' 
entleerang,  ein  wenig  beschlennigtea ,  ziehendes  Athmen  und 
beschieanigter  kleiner,  weicher  Puls;   die  Aüscnltation   an   der 
Brostwan^  ergab  weder  unterdrückte  noch  abnarme  Geraasche. 
Behandlung:   Ruhe,  Eieientrank  mit   Zusatz  von  4  Grammen 
Brechweinstein  taglich  einmal.     Am  folgenden   Tage  Nachmit^ 
tags  wurden  die  Frostschauer  häufiger ,  und  am  nächsten  Mor- 
gen  darauf  fand  ich  beim '  Fühlen  nach   dem   Pulse  die   Kehl- 
gangsdrüse  der  linken  Seite  bis  sur  Huhnereigrosse  angeschwol* 
len,  hart  und  gespannt,  scharf  begrenzt  und  beim   Drucke  mit 
deu  Fingern  wenig  schmerzhaft.     (Das  Pferd  suchte  nur  eben 
durch  schwache  SeitwSrtsbewegung  des  Kopfes  sich  dem  Drucke 
der  Hand  zu  entziehen.)     Nasenansfluss  und  Veränderungen  auf 
der  Nasenschleimhaut  waren  nicht  zugegen»    Die  übrigen  Krank» 
heitserscheinungen  hatten  nachgelassen,  namentlich  kehrten  die 
Frostsehauer  nicht  wieder.     Bei  Ruhe,  weichem  Futter,  kleinea 
Gaben  tou  Arsenik  (0,50  p.  d.)  wurde  die  Geschwulst  schos 
nach  3  Tagen  weich  und  hatte  sich  nach  weiteren  4  Tagen ,> 
bis  zum  6«  Januar   1870,  vollständig  zertfaeilt.     Mit  der  Zer- 
theilung  der  Geschwulst  hatte  auch  das  Verschwinden  des  zie«^ 
henden    Atibmens    gleichen    Schritt    gehalten;    Appetit,    Kraft 
und  Munterkeit  des  Pferdes  erreichten  nach  und  nach  ihren 
iiormalen  Grad  bei  täglicher  Bewegung  im  Freien  und  fortge- 
setzten Gaben  von  Arsenik,     Am  17.  Januar  wurde  qu.  Pferd 
der  Abtheüung  «Is  gesund  zurückgegeben.  — 

Nicht  unerwiUiAt  darf  ich  lassen,'  dass  schon  einige  Zeit 
(3j-3  Wochen)  vor  der  Erkrankung  .  qu.  Pferd,  sowie  auch 
einige  andere  Remonten  derselben 'Abtheilung  zeitweise  unter-- 
druckte  Fresslust  gezeigt  hatten. 

Am  18.  Januar  a.  er,  fand  sich  eine  zweite  Remonte  des- 
selben Jahrganges  mit  einer  Anschwellung  im  Kehlgang  von 
derselben  Beschaffenheit  und   ebenfalls  linksseitig  vor;  Nasen- 


454  KittBer, 

aviilnsft  sewie  Varfitd^tiDgeB  auf  dar  NMeasohlttindisiit  waren 
^nch  Mer  nicht  aofegeii;  Appatit  nad  Maatorkeit  waren  aber 
dam  Vorigen  entgegengeaetst  nidit  gestört*  ebenso  fehlten  die 
Fieberevsebeiiinogen,  nar  das  Athmen  gesehah  ein  wenig  sie« 
hend«  Aach  diese  Ansehwellnng  aeitheilta  sich  bei  Bube  and 
nach  Yerabreichong  von  Arsenik  bald»  am  2.  Febraar  war  keiae 
Spar  daron  mehr  aogegen. 

Noeh  ist  ananfohren,  dass  bei  beiden  Pferden  weder  am 
Manie  noch  an  der  Nase  krankhafte  Zastaad»  wahrznaefamen 
waren«  von  welchen  die  Erkranknng  der  Kefa^ang^draee  als 
seenndave  hatte  abgeleitet  werdeo  mossen,  etwa  roa  Zahnfistelv 
Oariea  der  Kinnlade  etc.  — * 

Als  was  siad  nnn  diese  Anschwellnngen  der  Kehlgang»* 
drnsa  sa  betrachten?  Waren  sie.  gana  nnschnldige  BrscheiiiDa«* 
gen,  oder  waren  sie  trots  ihres  guten  Ansgaages  die  Vorläufer 
eines  In  der  Bntwickelnog  begriffenen  Rotzes?  lek  wage  das 
Letslere  an  behaupten  nad  stntae  mich  hierbei  tad  die  B*« 
sdiaffeaheit  der  Kehlgangsgescbwnlst  bei  fehlendem  Nasenans« 
floss;  aB£  die  Einseiti|^it,  Harte,  geringe  Sehmershaftigkeit 
und  die  scharfe  Begrenxnng  derselben;  Wird  die  Richtigkeit 
dieser  Behanptang  sagegeben,  denn  entsteht  die.  FVage  nach 
dem  ürspmnge  des  ttotses:.  ob  gennin  oder  dnrob  Ansteckung 
entstanden?  fiinselnen  Beobaohtnngen  zufolge  soll  ja  der  Rola 
Tiele  Monate  nach  erfolgter  Aasteckung  noch  anm  Ansbmch 
gekoBünen  sein ;  demnadi  wurden  die  beiden  vorUegeaden  Falle 
den  Grnndsats  bestätigen,  dasa  die.Incnbationsseit  des  Rotaea 
sich  bis  auf  viele  Monate  erstrecken  könne,  sie  wiirdien  aogas 
den  NadbLweis  liefern,  dass  die  Dnaer  der  tnenbationaaeit  16 
Monate  betragen  könne.  ,  Zu  einer  spateren  -  Anatsckang,  ab 
im  August  186.8,  war  keine  Gelegenheit  rorhaoden,  md  was 
kann  sich  bei  gutem  Futter,  der  besten  Pflege  und  ohne  vor» 
hergegsokgene  Krankheiten  der  Rotz  in  der  Garioson  selbst« 
staadig  entwickeln?  das  wäre  gege»  alle. Bxfahmngen»  £olgl«^£ 


Zur  Patho^eirie  dM  Pferderotzes.  45^ 

die  Ffyrie  sind  im  Angnsi  186B  tmgettetkt  Worden,  ^b^r  dfe 
iBcnba^ioiisseit  des  Rotzm  16  Mo&at<l. 

Da«  sind  so  die  gewoHfüidken  SMiliitMfoIgercnigeii,  dnfrcH 
die  aber  das  Dunkel  ober  die  Bntstebttng  d^s  Rotees  iim  nicbti 
geklart  ^verden  kann.  In  dea  vorliegen^eil  F^len  mnss  matt; 
sobald  l»an  si<sb  naeh  anderweitigen  Ursächeü  g^nitaer  utii^Tebt, 
nolens  volena  »n  der  Ueberseogi^Bg  k<oiii<neiS^,  dac^  d^r'  im  Ent^ 
stebem  begriffene  Rots  dan weife] bafik  aaf  d^iH  Wege  dei»  Selbst- 
entwi^kelnng  an  Staad»  geko<nmen  nnd  sormit  niehf  darcb  An* 
steeknng  er^eagt  -worden  ist,  tfnd  cwar  ans  folgenden  OVuäden  t 
Beide  in  der  Dressor  befindliche  Pferd ö  geb6tten  iti  Folge 
ibres  Korjj^elrbaQes.  za  des  diffieileii;  sie  btfVte^a  einetf  seb(6tsbteii 
Kopfansatz,  8(>gi9Daiinte8  ^yverwaciiseiies  Genick**,  und  iKsbwaehe 
HintersebenkeL  Dieser  Umstand  maobte  es  nothig,  das»  beide 
Pferde  mit  mebr  Sorgfalt  nnd  Z'sd^anfvtfand  bearbeitcft  wei*deft 
moBsteB«  als  die  äbrigen  eben£aüd  der  Dvessnr  unterworfenen 
Fi^de  ^er^lbeia  Abtbeiluiag.  Zaweilete  erst  eine  halbe  bis 
ganze  Stande  im^Laufeeag^  gegangen,  dwse  der  Sehweiss  trieftet 
i^ad  dann  eine  Stmide  in  der  Bahn  «ateir  dem  Reiter  meisten- 
tbeils  Seitengango  geibt»  kamen  sie  öbermiSdet  in  den  Statt 
^n4  röhrten  dann  nidit  selten  bis  cnm  nächsten  Tage  nicht 
eiDe  Hand  voll  FatteT  ao«  J»  nicbt  allein  diese  beiden ,  son- 
dern aoch  einige  der  anderen  nicht  longh'ten  Pferde  i^eigten^ 
wie  söbo«  oben  erwibftt,  naterdrdckten  Appetit,  ein  fieweis» 
wie  bart  die  Dressur,  nnd'  wie  anstrengend  sie  für  die  Pfdrde 
iberbanpt  glB^esen  wü;  erst  nach  der  nöthigeki  Ruhe  am  nScb- 
«ten^  TAge,  saweilea  aaeb  erst  am  zweiten  Tage;  erreichte  der 
Appetit  wieder  den  normalen  Grad.  — ^  Voti  dieser  hartes 
Dressnr  mnsste  namentlich  in  der  zweiten  HSlfte  des  Winters 
wögen  beranrackender  Besiobtignng  adamgänglich  Gebrauch 
gemaebt  werden,  und'  mit  ihr  stellieu  sich  dan»  die  verdlbbti- 
•  gea>  Amsebwellängen  der  KeblgangsdrQse —  bei'  dem  tf rstien  Pferde 
mater«  FiebererscUeinungen  -^  ein.  D^r  UiBstand,  dass  dte^  Att- 
se&welkiDgeii  Mr  bei>  den  diflUfen  und  dMieir  am  meii^t^D  ar^ 


466  Kattn^r, 

gaitMDgten  Pferden  aofgetreten  810(1,  ist  ala  der  oDMiUetbäre 
Beweis  aniotehen,  deie  sie  die  Folge  der  wiederholten  aber- 
mSesigen  Anetrengang  der  Mntkeln  gewesen  sind,  and  daes 
diese  wiederum  eine  ubermissig^  war,  geht  ans  der  unter- 
drnokang  des  Appetits  naeh  einer  jedesmaligen  harten  Dressur 
hervor.  Die  Annahme»  die  Kehlgangsdrasen-Anschwellang  eei 
die  /Folge  der  Tor  16  Monaten  möglicherweise  erfolgten  An- 
stecknng,  verliert  om  so  mehr  an  Haltbarkeit,  als  wahrend  der 
ganzen  Zeit  Ton  den  an  jener  Zeit  in  der  Stadt  D.  einqaar- 
tirten  66  Remonten  auch  nieht  eine  einzige  yerdSehtige  Br^ 
echeinnngea  gezeigt  hatte.  Auch  mnss  es  höchst  noglanbwar- 
dig  erscheinen,  dase  das  fiotscontagium ,  wenn  jene  beiden 
Pferde  allein  sollten  angesteckt  worden  sein,  16  Monate  lang 
im  Thierkorper  latent  bleiben  konnte.  Ausserdem  hst  man 
aber  anch  schon  langst  erkannt,  dass  in  Folge  übermässiger 
Mnskelanstrengnngen  der  Rots  zur  Bntwickelnng  gelangt  ist, 
ein  Grand  mehr,-  om  die  Eehlgangsdrasen-Geschwalst  als  nicht 
aas  Ansteckong  hervorgegangen  za  betrachten. 

Vorzugsweise  sind  nnn  aber  die  beiden  vorliegenden  Falle 
geeignet  einiges  Lieht  anf  die  Art  der  Selbstentwickelang  der 
Rotzkrankheit  so  werfen.  Stellen  wir  dieserhalb  zunächst  die 
Frage  auf:  War  es  nur  Zufall,  dass  die  Anschwellung  im  Kehl- 
gang  sich  anf  der  linken  Seite  einfand?  Diese  Frage  muss 
ganz  entschieden  mit  „nein*^  beantwortet  werden,  weil,  wie 
weiter  unten  naher  erörtert  w^den  wird,  die  Anschwellung 
der  linken  Eehlgangsdrdse  bei  noch  fehlendem  Nasenausfluss 
aU  die  nothwendige  Folge  der  Selbstentwickelung  und  somit 
-als  das  charakteristische  Symptom  des  spotanen  Rotzes  angese- 
hen werden  muss. 

Mindestens  ist  es  eine  auffallende  Erscheinung,  dass  die 
Anschwellung  der  Eehlgangsdruse  beim  Rotz  immer  nur  auf 
einer  Seite  vorkommt,  wahrend  doch  die  durch  die  übermässige 
Muskelanstrengung  erzengten  und  in  den  Blutlauf  gelangten 
krankmaebenden  Stoffe  die  Eehlgangsdrasen  beider  Sdten  affi« 


Zar  PathogenM  deft  Pferderotzes.  4d7 

ciren  tnnfiftteD,  Weshftlb  die  eine  Drfise  mehr  cur  Erkrankang 
geneigt  sein  gollte  ist  siebt  einj&Dseben,  Es  können  daher  wohl 
jene  Stoffe  nicht  yom  Blute  aus  wirken,  sondern  es  mnss  aal 
anderem  Wege  die  Anscbwellong  der  Keblgangsdrose  zur  £nt- 
wickelnng  kommen.  Znr  AofEndang  dieses  Weges  wird  es  sa* 
iiacbst  BOthwendig  sein,  die  nnmittelbaren  Folgen  der  Maskel- 
^batigkeit  einer  näheren  Betraebtung  zu  unterwerfen: 

Bekanntlich   erweitern  sich,  sobald  der  Muskel  in  Tbatigf 
keit  tritt,  die  Capillargefusse  descfelben,  sie  nehmen  eine  gros« 
sere  Qc^anti tat  Blut  auf,  am  den  Muskel  mit  mehr  Ernabrungs- 
flussigkei^  zu  ▼mrsorgen«     Das  Blutplasma  strömt  also  in  gros- 
serer Menge  der  Muskelfaser  zu,  und  in    demselben  Maasse, 
wie  neues  aufgenommen  wird»  in  demselben  Maasse  mnss  das 
in  der  Muskelfaser  verbraaebte  durch  Abfluss  in  die  Lymph-» 
capillareii  fortgeschafft  werden«     Die  nächste  Folge  hiervon  ist, 
dass  die  Lymphgefasse  sieb  starker    füllen,    die    Ljmphquelle 
Oberhaupt  bei  der  Muskeltbatigkeit  eine  ergiebigere  wird,  und 
swar  in  den  Ljmpbgefassen ,   welche  in  Muskeln  entspringen; 
es  steht  in  diesen  alsdann   die  Lymphe  unter  einem  stärkeren 
Drucke  als  in  den  Lympbgefassen ,  welche  ans  anderen  Gewe* 
ben  (Haut,  Bindegewebe,    Schleimhaut   etc.)  kommen,    durch 
welchen  Umstand  dem  Abfluss  der  Lymphe  aus  den  letzteren 
ein  Hinderniss  entgegengestellt  wird.    Der  Abfluss  der  Lymphe 
erleidet  also  in  den  nicht  von-  Muskeln  kommenden  Lympbge« 
Jessen  eine  Stauung.     Diese  Staunng  wird  am  stärksten  ausgeübt 
werden  vom  Milchbrnstgang,  der  zur  Zeit  der  Muskeltbatigkeit 
«ufolge  der  gesteigerten  Lymphqnelle  enorm  angefüllt  sein  mnss, 
auf  diejenige  in    ihn  fliessende  Lymphe,    welcbe   von  Drüsen 
kommt,  in   die  sidb  keine  in  Muskeln  entspringenden  Lymph- 
gefisse  ergiessen,    wie  in    die   Gekros-  und    Bröncbialdrüs^i 
Hachstdem  «wird  die  enorme  nnd  unter  grosserem  Drucke  ste- 
hende Anfüllnng  des.  Milchbrustganges  ebenfalls  eine  Stauung 
hervorbringen  anf  die  von  der  linken  Kopf-  und  Halsseite  her-* 
abströmende   Lymphe, .  wenigsten«   wird  der  Abfluss  aoa  den 


US  Knltner, 

Gefibfon  der  liakaii  Kopf«  uod  H^teite  bedentmid  mehr  be- 
kindert  teiiiy  ala  so»  dem  anf  der  reefacen  Säte  jener  Körper^- 
iheile  liegendea  Laftrobrenstamm,  der  tieb  nicht  ia  den  Hildi- 
bmftgasg,  sondern  in  die  reebte  Aeheelrene  ergieset.  Letz- 
terer UmeUnd  gestattet  ans  dem  Omnde  einen  leichteren  Ab^ 
flass  der  Lymphe  ans  den  Cvefissen  der  rechten  Seite,  weil  der 
Blatdmck  in  den  Venen  sor  Zeit  der  Mnskelthatigkeit,  wentf 
aodi  bedeutend  Termehrt,  so  doch  aof  beiden  Seften,  sowohl 
ia  der  linken  als  rechten  Achsehrene,  ein  gleicher,  der  lo&alt 
des  Laftrohresstammes  aber  im  VerbfiltaiBS  Mn  dem  .des  Milcb^ 
bmstgsages  ein  qoantiitativ  ^erioger  ist«  und  da  ansserdem  die 
Ljmphe  der  linken  Kopf*  nad  Baisseite  vnnaehtt  den  SiGIdb» 
brastgang  psssiren  mnss,  nm  ia  dÜe  linke  Aehselvene  sa  ge^ 
langen,,  so  wird  sie  dieserhalb  unter  einein  stilrk-eren  Dmck^ 
stehen  müssen«  als  die  des  rechten  Lnftrohrenstammesi 

üra  dies  Verhaltniss  devtlieher  so  machen,  möge  der  Ljmph-' 
dmck  im  rechten  Laftrohrenstamm  und  der  Bhitdrack  in  der 
reditMi  Achs^lTene  snr  Zeit  anstrengender  ^skeithatiglEeiff 
S3  1  sein,  es  wird  alsdan»  unter  denselben  Umständen  der 
Dmck  im  Milchbms^angr  and  der  finken  Acbselvene  minde« 
stena  ^  3  sein  mosses,  om  in  derselben  Zeit  die  grossere^ 
QoentitSb  Ljmphe  dorch  das  Endlomen  der  Unken  Aohselrenef 
in  die  Hohlvmie  au  treiben;  Wahrend  also  dem  Inhalte  des: 
rediten  Laffcr5hrenetommes  deren  überwindende  Blntdrack  ron' 
1  der  rechten  Achselvene  gegennberstand ,  so  hat  der  InhaÜ^ 
der  aaf  der  linken  Kopf-  ond  Hi^seite  liegendis  LjatphgefSMd 
den  Ljmphdmck  von-  mindestens  2*  des  Müchbrnstganges  str 
nberwinden,  nnd  nm  dies  an  k5nnen,  mass-  der  Dntek  Indien 
sen  Gefiasen  dardi  Anstannog  der  Ljmphe-  ebenfklls'  s^nf  2 
steigenv  -— 

Die  Folge  dieser  Anstaumig  mvss'  sich  am*  nlbieten  naeti 
oben  an  an  der  Quelle  der  Ljmphgeüsse  geltend  machen,  ii» 
dem  Lymphgebiete  der  linken  KehlgangiBdrfise,  und  dem-  oben 
Angefjüvten  f emä8#  tofwigsweiie  In-  den  GefSeM^,  ^ehe  iu^t 


Zur  Pathog^iie  dea  Pferderotzes.  459 

Maskela  entspringen»  sondern  von  anderen  Geweben;  ab.» 
der  Schleimhaut  nnd  dem  Bindegewebe  ausgehen,  daher  in  den 
Ijjmphgefassen  der  linken  Nasen  ^  nnd  Oberkieferhohle.  Es 
-wird  in  diesen  der  Strom  der  Lymphe  zur  Zeit  anstrengender 
Moakelthatigkeit  so  verlangsamt  sein,  dass  er  der  Stagnation 
siemüch  gleichkommt.  — - 

Sonach  m«fs  die  erwähnte  Ansehntellnng  der  lii^ken  Kehl-t 
gangsdrose  als  die  Folge  der  stagnirenden »  oder  doeh  aehr 
langsam. strömenden  Lymphci  anfgefasst.  werdeb,  nnd  ,es  liegt 
alsdann  der  Gedanke  nahe,  dass  dar  zur  Erzeagnng  der  Rots- 
nenbildnng  im  Gewebe  der  Dräse  nnd  weiterhin  in  der  Nasen« 
aehleimhattt  nothige  Reiz  sieh  ans  der  Lymphe  in  Folge  des 
verlangsacaten  Strome»  derselben  entwickelt.  Vivohow  hat 
darauf  anfmerkaam  gemacht,  dass  die  Lymphe  auf  dem  Dnrch« 
gange  durch  die  Lymphdrüsen  jedenfalls  eine  Aendernng  erlei« 
det»  daas  sie  ans  der  Dräse  gewissermaassen  gereinigt  hervor^ 
quillt.  Hieranf  gestütat  ist  der  Sehlnss  gerechtfertigt,  dass^ 
sobald  die  eine  I>ruse  noch  niehi  passirte  Lymphe  eine.  Staa«ng^ 
erleidet,  die  in  ihr  enthaltenen  aor  Ausscheidung  ode«  nmanf- 
derang  in  der  Dräse  bestimmten  Stoffe  entweder  selb^'  od«e 
die  ZereeHzangaprodocte  der  letzteren!  als  der  die  Rotzueubil« 
dang  bedingende  Reiz  anftreten.  Selbstveratändlieh  musa  die 
Ne«bildiing  znnachat  in  der  Dvnse  begannen,  weil  die  sich  dev 
Druse  am  nachaten  befindende  Lymphe  inn  Gegeneatze  zii 
der  weiterhin  am  Ursprünge  der  Lyni|>hgefiBse  Torhandenen 
alteren  Datums  ist,  daher  in  ihr  die  Zersetznng  am  früheste^ 
eintreten  mvtBB;  die  Zersetznngsprodukte  gelangen,  da  der 
Lymphstrom,  wenn  aack  bedeutend  verlangsamt^  immer  noch 
Torhaaden  sein  muss,  in^  die  Drase,  bringen  in  dieser  Schwel* 
lang  und  Wneherung  hervor,  und  erst  wenn  die  Alveolen  nnd 
die  in  diese  mundenden  Yasa  inferentia  der  Druse  in  Folge 
jener  F^ocease  verstopft  sind,  somit  vollständige  Stagnation  der 
Lymphe  eiDgetteten  ist,  begiaaen  dieselben.  KraaUi«itfl«ovg&ig8 


460  Knttner, 

wie  in  der  Draee  eo  «m  Urtpronge  der  Lymphgefiese,    io  der 
Sehleimbaat  der  NMen-  and  Oberkieferfaohle. 

Hintiditlieh  der  Zeit,  wahrend  welcher  die  Rotsneabildang^ 
lur  yoUstandigen  Entwickelnng  gelangt,  ist  es  sehr  wahrecfaein- 
lieh,  data  eine  längere  Daner  der  Einwirkung  der  Zersetsangs- 
Produkte  nothwendig  ist«  Es  ist  diea  ans  dem  umstände  so 
entnehmen,  dass  nicht  schon  nach  einmaliger  übermassiger  Mns- 
kelanstrengang  Drfisenanschweliang  tind  weiterhin  der  Kots 
entsteht;  es  sind  biersa  mehrere  Tage  selbst  Wochen  hindardi 
stattfindende  tagliche  abermassige  Maskelanstrengangeo  er- 
forderlich« 

Gleichseitig  mit  dem  geschilderten  Vorgange  wird  derselbe 
Process  in  dem  Ljmphgefassgebiete  anderer  Korpertheile,  haopt- 
sfiohlich  in  den  Langen  stattfinden.  Der  enorm  angefnllte  Milch- 
bmstgang  bringt  aof  den  Inhalt  der  von  den  Bronchialdrnsea 
kommenden  LjmphgefSsse  eine  Stanang  herror,  and  weiterhin 
noch  aof  den  Inhalt  der  in  diese  Drusen  mondenden^  ans  den 
Langen  stammenden  Ljmphgefisse.  Die  Staaung  findet  in  die- 
sem Ljmphgebiete  um  so  eher  statt,  weil  keines  ihrer  Gefasse 
in  Muskeln  entspringt ,  daher  ihre  Lymphqaelle  keine  rermehrte 
und  dem  angemessen  der  Druck  in  den  GefMsen  nicht  genu' 
g^nd  ingenommen  hat,  um  die  Lymphe  in  den  enorm  ange- 
füllten Milchbrnstgang  *u  treiben.  Aus  diesem  Grunde  können 
die  Nenbildongen  (Tnberkeln)  in  den  Langet!  und  4ie  Dege- 
neration der  Bronchiaidrüsen  bei  selbststandig  entwidLeltem 
RotSB  niemals  fehlen«  -^ 

Die  vorstehende  Erklärung  ubw  die  pathologischen  Vor- 
gange bei  der  urspranglichen  Rotskrankheit  hat  scheinbar  grosse 
Aebnlichkeit  mit  der  über  denselben  Gegenstand  aufgestellten 
Erklärung  Erdt's.  Letsterer  nimmt  an,  dass  durch  die  alka- 
lische Scharfe  der  Lymphe  die  nächsten  Ljmphdrosen  gereist 
werden  und  diese  sodann  degeneriren,  wodurch  die  Lymphe 
in  den  Ge&sen  stagnirt.  Die  alkalische  Schärfo  der  Lymphe 
ist  also  das  Primäre  und  die  Stagation  derselben  das  Secondäre, 


Zur  Fathogenie  des  Fferderotzes.  461 

jen&  18t  in  einer  Lympfadjskrasie  begründet ,  von  welcher  die 
Stagnation   abhangig  ist.     Nach   der  in  diesem   Anfsati^  aufge^r 
stellten  Erklärung  aber  entwickelt  aioh  eine  partielle  Lymph* 
dyskrasie   ans  der  angestaaten  Lymphe;    die   Stannng  il^t  also 
das  Primare  nnd  die  Lymphdyskrasie  (alkalische   Scharfe  der 
Xjymphe   naeh  Er  dt)   das    Secnndare.     Es   widerstreitet  somit 
diese  Ansiebt  keineswegs  dem   heutigen  Standpunkte  der  Wis<» 
senschaft,  wie  es  wobl  dem   Ausspruche  Roloff's   gemäss  den 
Anschein  haben   konnte«      Roloff   sagt    aamlioh    am   Schlüsse 
seiner  Abhandlung   im  Magazin  für  Thierheilknnde  (Jahrgang 
1864):  ^Die  Eenntnissnahme  von   den  localen  Vorgangen  Ter«* 
'drängt  die  Ansicht,  dass  die  Krankheit  eine  Dyskrasie  im  ge-!' 
^vrohnliehen  Sinne  darstellt.    Wie  man  gar  eine  Lymphdyskrasie 
annehmen  kann,  ohne  das  KSrpergewebe  vorher  krank  weorden 
xtt  lassen,  ist  bei   dem  heutigen   Standpunkte   der   Physiologie 
ebenso    unbegreiflich    wie    der    Glaube,    dass    normal    flüssige 
Lymphe    plötzlich    stocken    kann,   ohne   dass  sich   ein   solides 
Hinderniss  in  ihren  Weg  stellt* '^     Es  lasst  sieh  hiergegen  nichts 
einwenden,  so  lange  eben  ein  EUnderniss,   das   sich  der  Lymphe 
in   den   Weg  stellt,  nicht  erkannt  ist;   dass  aber  ein  solches 
vorhanden  ist  bei  der  spontanen  Entwickelung  des  Rotzes  and 
jedenfalls  in   der    oben   geschilderten   Weise,  tÜ  höchst  wahr^ 
scheinlich,  es  ist  sonst  nicht  einzusehen,  weshalb  die^  Affsfltios 
der  Kehlgan gsdruse  einseitig  und  so  häufig  linksseitig  vorkommt. 
Der  an  klinischen  Beobachtungen  so  reiche  Professor  Dr.  Spir 
Bola  fuhrt  in   seinem  Lehrbache  über  specielle  Pathologie  so.« 
gar  an ,  dass  die  Anschwellang    der  Kehlgangs  -  Drüse  haafl- 
ger    links-    als   rechtsseitig  vorhanden  ist.      Ea  konnte  aller- 
dings die  Erkrankung  der  Drüse,  wie  auch  von  verschiedenen 
Seiten   angenommen,   von   einem   primären   Leiden   der  Nasen- 
Schleimhaut  abhängig  sein ,  doch  ich  selbst  habe  -—  und  jeden- 
falls stehe  ich  mit  meiner  Beobachtung  nicht  yereinzelt  da  -^ 
bei  nach  Influenza  sich  entwickelndem  Rotz   die  Anschwellung 
der  Kehigangsdrüse  (Unker  Seite)  zuerst  entstehen  sehen,  und 


469  Kfittn«r, 

•odftii«  au  Tage  darauf  faadeii  sich  Aafflass  oad  Blaschenbtl- 
dang  aof  der  Nasenschleimhaot  derBelben  Seite  hiosa,     Daas 
in  diesem  Falle  schon  weiter  oben  in  der  Nase  BISscheDbildong 
der  DrGseoansohwellang  soll  vorher  gegangen  sein,  ist  schwer 
au  glaoben,  wenigstens  liess  der  Sectionsbefand  die  weit^  obei 
in  der  Nase  vorhandenen  Blfischen   nicht  Ilter  als  die  nnteren 
erscheinen.     (Den  Beweis  far  das  Vorhandensein  ansgebildetea 
Rotses  lieferten  Miliartnberkeln  In  den  Lungen.)     Aach  konnte 
man  mit   gutem    Rechte    fragen:    waram    erkrankt    immer    die 
fiehleimhant  einer  Seite  nnd   nicht  beider  cngleich^  und   wea* 
halb  so  häufig  die  der  linken  Seite?  —  Es  mossen  doch  wohl 
diese  Erscheinungen   mit  dem  Lymphgeflsssystem    in    innigem 
Zusammenhange  stehen,  wenngleich  auch  Roloff  nirgend  eine 
Spur  von  stockenden  Siften  und  Exsudaten  hat  entdecken  kon* 
nen,    and    nach   Ravitsch's   Untersuchungen   die  Rotaknoten 
mit  den  Lymphgefassen  in  keinem  Zusammenhange  stehen  sollen. 
Indesf,  abgesehen  davon,  dasa  wahrend  der  Zeit  von  der  Stsg- 
Dation  der  Lymphe  bis  zum  ausgebildeten  Rots  der  Inhalt  des 
Lymphgeflisse  durch  Resorption  versdiitfanden,  die  Ljmphge* 
fisse    degenerirt   und    aar  Zeit    der  Untersuchung  als    solche 
nieht  mehr  vorhanden  gewesen  sein  können,  so  ist  es  sehr  wohl 
möglich,  dass  beide   Forscher  Infektionsrots   sum  Gegenstande 
ihrer  Untersnchuog  gehabt  haben.     Die  Wahrscheinlichkeit  des 
Letsteren   geht  aus  dem  Umstände  hervor,   dass  andere  For- 
scher, wie  Leisering  and  Erdt  —  der  Brstere  in  den  Lun- 
gen ,  der  Letztere  in  der  Schleimhaut  der  Nase  -^  die  Lyraph- 
gefibse   strotzend  angefüllt    vorgefunden  haben;   jedenfalls    ist 
hier  selbststandig  und  in  verhSItnissmassig  kurzer  Zeit  entstan- 
dener Rotz  der  Gegenstand  der  Untersuchung  gewesen»  — 

Es  sind  das  wobl  Beweggrunde  genug  für  die  Annahme, 
dass  bei  der  spontanen  EntwickeloDg  des  Rotzes  in  der  stocken- 
den Lymphe  sieh  der  Reiz  entwickelt,  welcher  die  locale  Ge- 
webserkrankuDg  zunächst  in  der  Druse  und  dann  in  der  Schleim- 
haut der  Nase  zn  Stande  bringt.     Beim  Infcctionsrots  dagegen 


Zur  Fathograie  des  Pferderotzes.  463 

mag  68  anders  sein :  ^9»  Contaginm  erseugt  mne  Erkrankung 
der  Schleimhaut«  alsdann  anderer  Organe»  ohne  dass  sich  die 
Lymphe  gerade  namhaft  daran  an  hetheiligen  braucht.  Das 
.Schleimhautleiden  wird  bei  Infeetionsrot^  bald  links-  bald  rechts- 
zeitig,  bald  beiderseits  sein,  je  nachdem  das  Rotacontaginm 
mit  der  Schleimhaut  der  rechten  oder  mit  der  linken  Seite  oder 
mit  beiden  zugleich  in  Berührung  gekommen  ist.  Beim  nr** 
sprünglichen  Rotz  hingegen  wird  das  Leiden  immer  linksseitig, 
oder  doch,  wenn  beiderseitig,  links  in  stärkerem  Grade  als 
rechts  zugegen  sein ;  es  wird  bei  diesem  die  Anschwellung  der 
Kehlgangsdrnse  derselben  Seite  niemals  fehlen»  wahrend  dies 
bei  InfectioDsrotz  der  Fall  sein  kann.  -— 

Die  Entstehung  des  Rotzes  nach  typhosen  Krankheiten; 
wie  Iififluenza,  Faulfieber  ^to«  beruht  in  der  Hauptsache  auf 
demselben  Vorgange  wie  die  Entbtehung  des  Rotzes  nach  un- 
gewöhnlichen Muskelanstrengungen,  nämlich  auf  dem  gesteigert 
ten  Rückbildungsprocess  nnd  der  dadurch  enorm  vermehrten 
Lymphquelle.  Der  Rotz  geht  aus  diesen  Krankheiten  erlah- 
rnngsmassig  dann  hervor»  wenn  der  Krankheitsprocess  nicht 
plötzlich  nachliess  —  keine  Krisen  zu  Stande  kamen  —  son- 
dern allmahlig  abnahm ,  wpdurch  die  vermehrte  Lymphquelie 
eine  längere  Zeit  hindurch  anhaltende  wurde,  nnd  event.  die 
Zersetsungsprodncte  der  Lymphe  genugende  Zeit  gewarnten,  die 
Rotznoubildnng  in  dem  Gewebe  zu  Stsade  zu  bringen.  Das  Letz- 
tere musfl  um  so  mehr  gelingen,  weil  das  durch  die  Krankheit 
geschwächte  Gewebe  mehr  zn  parasitischen  Bildungen  geneigt 
ist,  als  das  in  normaler  Kraft  and  Thatigkeit  befindliche  Ge- 
webe gesunder  Arbeitspferde.  — 

Für,  die  Therapie  ergiebt  sich  ans  dem  Vorstehenden  der 
Grwndsatz,  dass  bei  der  ursprünglichen  Entwickelung  des  Rotzes 
als  erste  Heilindication  gilt,  den  gesteigerten  Rückbildungs- 
process einzuschränken,  ihn  auf  seinen  normalen  Grad  zurück- 
zuführen. Die  Mittel,  welche  dieser  Indication  genügen,  sind 
in  erster  Reihe  bei  dem  nach  übermässigen  Mnskelanstrenguagen 


464  Kittner, 

entstehtsdeii  Roti  die  snr  Brkolang  der  Pferde  Dothige  finke, 
die  Pferde  darfea  iberhrapt  nngewSlmlicheii  Mmkelaastrengnii- 
gen  nieht  mehr  «isgesetit  werden,  wenigstens  niebt  bis  sor 
Beseitigiing  des  Uebels.     Niefastdem  moss  die  «rsenige  Saare 
in  Anwendung  kommen,  von   der  es  darcb   Versaehe  mn  ge* 
snnden  Thieren  nachgewiesen  ist,  dsss  sie  nach  der  Verabrei- 
cbnng  in  kleinen  Gaben  den  Stoffwechsel   Termindert,   nament- 
lich den  Rackbildangsprocess  einschränkt,     (efr.  Thierarst  62, 
Seite  104.)     Ihre  rorUieilhafte   Wirkung  beim  Rots  ist  erfah- 
mngsmassig    bisher   sweifelhalt    gewesen,    sam  Theil  soll  sie 
sichere,  aum  Theil  nur  scheinbare  Heilung  bewirkt  haben,  und 
drittens  soll    ihre  Wirkung  ohne  allen    Erfolg   gewesen   sdn'^ 
Sie  hat  sich  rorsngsweise  da  von  grossem  Nutsea  geseigt,  wo 
der  Rots  noch  nicht  ausgebildet  war,  sondern  sidi  noch  in  det 
Entwickelung,    im    Stadium    der   verdachtigen    Druse    befsnd. 
Diese  Thatsache  steht  in   keinem  Widerspruche  au  der  oben 
aufgestellten  Erklärung  über  die  ursprüngliche   BntwiekeloDg 
des  Rotses  ;y  so  lange  eben   noch  keine  vollständige  Rotsnen* 
Bildung  SU  Stande  gekommen  ist,  beseitigt  der  Arsenik  durch 
Einschränkung  des  gesteigerten  Ruekbildangsprocesses  die  ver- 
mehrte Ljmphquelle,  welche  durch  Stagnation  der  Ljmphe  iiä 
Oebiete  der  linken  Kehlgangsdrnse  die  Veranlassung  aur  Ef- 
seugung  des   die  Rotznenbilduag  bedingenden  Reises  abgjebt. 
Zudem  ist  es,    wie   schon   oben   erwähnt,    sehr  wahrscheinUch« 
dass  von   der  ersten  Einwirkung  dieses  Reises  bis   sor  voll- 
ständig entwickelten,  Gontagium  producirenden  Rotzceubildung 
niebt  ein  Schritt  ist,  sondern  dsss  das  Mnttergewebe  erst  ver- 
schiedene Veränderungen  eingeht,  ehe  ans  ihm  jene  Nenbiidting 
snr  vollständigen  Entwicklung  gelangt.     Demgemass  ist   ansu- 
nehmen,  dass  in  der  neneotstandenen  Drüsenanschwellung  nsicb. 
Beseitigung  des    die   Rotsneubildoog    bedingenden  Reises   das 
veränderte  Muttergewbe  seine    normale   Beschaffenheit    wieder 
gewinnt.     Das   Letetere   mag  vielleicht   auch  da  noch   moglieh 
sein,   wo  neben    der  Drätenanschwellung   schon    Nasenausfinss 


Zar  Pathogenie  des  Pferderotses;  465 

beateht  bei  noch  fehlenden  Geschwüren  oder  Schwielen  in  der 
Nasenffchleimhant».  Wo  diese  vorhandeD  sind,  wo  also  die  Rots- 
nenbildnng  die  Hohe  ihrer  Ansbildnng  erlangt  hat,  da  kann 
allerdings  der  Arsenik  fnr  sich  allein  gegeben  das  Uebel  nicht 
beseitigen;  es  müssen  alsdann  Mittel  in  Anwendung  kommen, 
welche  die  Rotznenbildnng  und  ihr  Produkt,  das  Contagiam, 
aerstoren.  Zar  Zerstörung  des  Letzteren  scheint  wohl,  wie 
durch  Versuche  nachgewiesen  ist,  die  Carbolsänre/  ausreichend 
SU  sein;  leider  aber  beseitigt  sie  jedenfalls  nicht  den  Heerd 
desselben,  die  Rotznenbildung,  und  so  lange  wir  ziir  Erfüllung 
dieses  Zweckes  noch  kein  sicheres  Heilmittel  haben ,  muss  es 
für  dss  Beste  gehalten  werden,  mit  ausgebildetem  Rotx  behaf- 
tete Pferde  aus  der  Welt  au  schaffen.  — • 

Um  überhaupt  den  nach  starken  Mnskelanstrengungen  ent- 
stehenden Rote  im  Keime  su  ersticken,  wird  es  auch  von  we- 
sentlichem Nutzen  sein,  Pferde,  welche  sich  in  der  Dressur  be- 
finden oder  sonst  ungewöhnlich  angestrengt  werden,  wie  zur 
Zeit  der  Gampagne,  des  Manövers  oder  anderer  anstrengender 
Feldubnngen ,  einer  hanfigen  Untersuchung  zu  unterwerfen,  wö- 
chentlich wenigstens  1  Aal,  damit  man  frühzeitig  genug  das 
Uebel  erkennt  und  sofort  zur  Beseitigung  desselben  die  nothi- 
gen  Anordnungen  treffen  kann.  Untersucht  man  alle  4  Wochen 
einmal,  wie  es  gewohnlich  Gebrauch  ist,  so  kann  inzwischen 
bei  dem  einen  oder  dem  anderen  Pferde  der  Rotz  sich  so  weit 
entwickelt  haben,  dass  nach  Anwendung  der  gebrauchlichen 
Mittel  keine  oder  doch  nur  scheinbare  Heilung  eintritt.  Der 
grossere  Nachtheil  wurde  aber  darin  bestehen,  dass  die  Krank- 
heit mehrere  der  übrigen  im  Stalle  befindlichen  Pferde  bereits 
konnte  angesteckt  haben.  Hierin  dürfte  auch  die  Hauptursache 
in  finden  sein,  weshalb  der  Rotz  in  den  Regimentern  sich  so 
häufig  einschleicht  und  tiefe  Wurzel  fasst,  ohne  dass  man  im 
Stande  ist,  genügende  andere  Ursachen  far  sein  Vorhanden- 
sein aufzufinden.  — 


Mag.  f.  TUerheilk.  ZXZYI.    4  30 


46« 

VL 

Sertplndesls  ilies  Pfcrtes^  fei^lidiei  mit  der 

RotikmUieit. 

Lindstädtf  Unter- Ronarzt  in  Minden. 


Ein  Ton  mir  yor  etw«  2^  Jahren  beobachteter  and  sarg' 
(iliig  notirter  Fall  ron  ScrophnloaiB  eines  Pferdes  veranlasat 
mioh  ans  dem  Grunde,  die  Natnr  dieser  Krankheit  mit  der  der 
Rotskrankheit  an  Ysrgleichen  und  an  Teroffentliohen ,  was  in- 
dess  absichdich  erst  jetat  gesehieht* 

Ein  Pferd,  8  Jahre  alt,  magarte  bei  gutem  Fatter  allmi« 
lig  ab»  spater  machten  sich  aber  Appetitmangel  nnd  geringere 
Munterkeit  neben  dieser  Abmagerong  zeitweise  bemerkbar,  welche 
gegen  Ende  der  Krankheit  —  dem  Tode  des  Thieres  «^  oqb- 
atant  und  in  höherem  Grade  vorhanden  waren«  Diese  Erschei- 
nongen  traten  neben  einer  gleichmassigen,  anfaaglieh  festen, 
spater  mehr  and  mehr  weich  werdenden,  schmerslosen  eieyseifigen 
Drüsenanschwellung  im  Kehlgange,  lividfn  Färbung  d^  Nasen- 
schleimhante ,  aeitweisem,  doch  nicht  häufig  Torhandeikem  dan- 
nen  Ansfluss  aus  beiden  Naaenl5chem,  trübem,  mattem  Auge 
and  glanslosem  Haare  etwa  drei  Monate  tot  dem  Tode  des 
Thieres  deutlicher  hervor.  In  der  letst«p  Hälfte  dieaer  Zeit 
gesellten  sieh  diesen  Erscheinangen  noch  5dOmat5Bf  Aatchwel- 
laog  und  namentlich  der  Hinterbeine,  mehr  oder  weniger  be- 
merkbare Schwellung  der  Achsel-  an<il  L^ft«n4rasQn,  eino 
weiche,  suletst  dem  normalen  Kuhd^nger  glmfifce»4e  Mistnng 
and  um  einige  Zuge  pro  Minute  vermehrtes  A^iigm  hinan» 
wahrend  der  Puls  immer  kraftloser  wurde.  Da  iehSdaa  Leiden 
für  Scrophulosis  hielt,  beliess  ich  di^s^s  Individuum  bei  den 
übrigen  Pferdeh  und  asur  Begründung  einer  richtigen  Diagnose 
boten  mir  ausser  den  übrigen  Erscheinungen  die  Beschaffenheit 
der  Kehlgangsdrusen,  die  (wie  ich  aoch  richtig  vermuthet  hatte, 


da  die  reohte  ^shlta)  lu  einer  Maise  sieh  naeh  der  linken  Seite 
▼ereint  hMekk  und  deren  Sohwellong  und  Entartung  mit  den 
Mesenterial^Drnsen  gleioben  Sehritt  hielten. 

Bei  der  Section  fanden  sich  an  dem  bedeutend  abgehan* 
gerten  Oadaver  sammtliohe  Moskeln  blass,  Fettablagernng  war 
wenig  mehr  an  finden,  eammtliche  grösseren  ond  grossen  Ve-^ 
iien  waren  fast  blutleer,  selbst  im  Herzen  fand  sieh  nur  eine 
^ringe  Quantität  normalen  Blates  vor  und  die  untere  Flä(^e 
der  Hantdecke  seigte  wenig  oder  gat  kein  Blot.  In  der  Baaeh-* 
hohle  fanden  sieh  einige  Quart  klaren  Serums,  welches  an  der 
Luft  theilwetse  gerann,  ebenso  waren  in  den  Stirnhohlen  pnd 
den  Oberkieferh^hlen  seröse  TriBinssudationen  fast  bis  zur  Halfle 
der  Hohlen;  das  Hera  war  welk,  die  Lungen  blase  und  die' in 
normalef  Grdsse  und  Cbnsistenz  vorhandene  Leber  hatte  eine 
ins  Aschgraue  übergehende  Farbe«  Die  Mesenterial -Drüset» 
waren  sammtlich  krankhalt  gesdi wellt  und  in  eine  kasrge  Site-* 
ruiig  übergegangen,  desgleichen  adoh  die  Kehlgangsdrusen,  die 
sich  -*•  wahrscheinlich  in  Folge  dieses  krankhafiten  Vorganges  -— 
au  einer  veremt  zu  haben  schienen.  Auch  die  Brustdrüsen 
zeigten-  Schwellung,  keine  oder  nur  doch  ganz  geringe  Eite« 
roBg.,  und  in  sammtlicben,  sowohl  den  geschwellten,  wie  in 
Eiterung  nbergeguigenen  Lymphdrüsen  zeigte  sich  keine  Spur 
einer  Tuberkelbildnng,  ebenso  wenig  an  den  serösen  Häuten, 
den  Lungen^  (die  ich  sorgfaltig  au  ihrer  Oberfläche  und  im. 
Innern  durchsuchte)  und  den  Eopfhohlen.  Im  Gehirn  fanden 
sich  die  Adergeflechte  snlzig. 

Bei  einem  so  umfangreichen  scrophulösen  Leiden ,  das  den 
Tod  herbeiführte,  hätten  sich  sicher  Tuberkel  vorgefunden, 
wenn  überhaupt  eine  Tendenz  zur  Bildung  derselben  bestan- 
den hätte,  wenn  in  dem  (Miliar-)  Tuberkel  der  Pferde  über« 
hanpt  nicht  eine  andere  Genesis  zum  Grunde  läge,  daa  die 
Scrophulosis  und  die  Tuber  kuloais  der  Bf  er  de  als  zwei  ganz  in 
ihrem  Wesen  von  einander  verschiedene  Krankheiten  erscheinen 
lässt.     Bestand  überhaupt  eine  Neigung  zur  Tuberkelbild uDg» 

30* 


466  Lindstädt, 

to  hSttea  sieh  diese  waltneheinlieh  in  nicht  «o  f^iinger  Zahl 
gebildet,  defs  man  tie  hatte  abersehen  können  nnd  wiren  daoa 
doch    sicher   in    den    geschwellten   Ljmphdrosen    vorgefanden 

worden. 

Es  Ist  Thatsache,  dass  diese  Serophalosis  der  Pferde  ein 
gutartiges  Leiden,  d.  h«  nicht  ansteckend  ist,  dass  femer  ^-^ 
wie  in  diesen  Falle  —  keine  Tnberknlosis  daraas  herrorgeht 
nnd  sie  nicht  wie  diese  —  der  Rots  «^  mit  einer  Djskraaie 
besteht  oder  aas  derselben  hervorgeht,  sondern  ein  r^n  krank- 
hafter Vorgang  in  den  Lymphdrüsen  selbst  ist  nnd  dass  sie 
endlich  häufiger  bei  jnngen  and  alteren  Pferden  vorkommt* 
als  man  gewöhnlich  glaubt.  Mehrere  F&Ue  .dieser  Art  sind 
mir  Torgekommen.  Femer  ist  es  Thatsache,  dass  beim  Rots 
constant  sich  (Miliar*)  Tnberkel  in  den  Lungen  nnd  auch  in  an- 
deren Organen  vorfinden  nnd  ebenso  beim  Wurm  unter  der 
Cutis,  ob  dieselben  aber  jemals  anders  als  bei  dieser  Krank- 
heit gefunden  werden  ist  höchst  aweifelhaft.  Sie  geboren  mit 
au  dem  Wesen  der  Rots-Wnrmkrankheit.  Ob  die  grosseren 
Tuberkel  — *  die  Tuber  •— ,  die  nur  selten  bei  Pferden  vor- 
kommen und  wohl  häufig  in  einem  Stadio  gefanden  worden 
sind,  wo  ihre  Natur  sweifelhaft  war,  auch  dieser  Natur  ange- 
hören, bleibt  dahingestellt.  Sieher  ist  aber,  dass,  wie  die 
Lymphdrüsen  im  Inneren  des  Korpers  bei  der  Scrophnlosis  auf- 
brechen und  ihren  Eiter  entleeren,  dieses  auch  unter  der  Catis 
geschehen  kann  nnd  darch  Vermittelung  der  atmosphärischen 
Luft  ein  gutartiges  Wurmgeschwur  gebildet  wird.  Da  die  Sero- 
phulosis  ein  krankhafter  Vorgang  im  Lymphgeüssgebiete  selbst 
ist,  so  kann  auch  ein  ortlicher  gutartiger  Wurm  entstehen  und 
idi  entsinne  mich  eines  klinischen  Falles  ans  i|ieiner  Studien- 
zeit, wo  mein  sehr  zu  verehrender  Lehrer  Herr  Kohne  ein 
derartiges  Pferd  behandelte,  welches  an  einem  Hinterscfaenkel 
diese  Wurmgeschwnre  %atte  und  in  Folge  der  Behandlung  ge» 
Bund  wurde.  Im  Allgemeinen  ist  die  Schwellung  der  Lymph- 
drfisen  bei  der  Scrophnlosis  eine  mehr  gleicbmSssige  —  scro- 


Kieferhofalentzondang  bei  einem  Pferde.  '    469 

^hnloie  SohwelliiDg  — ,  bei  der  Taberkolosis  eine  ungleieh* 
mitsige  *—  tuberkulöse  Schwellung.  Aus  diesen  angeführten 
Gründen  halte  ioh  die  Ansieht,  dass  der  lymphatische  Zustand 
die  Blnthe»  die  Serophnlosis  die  Knospe  und  die  Tuberkulosis 
die  Frucht  sei,  für  die  Gattung  Equus  nicht  mehr  für  maass«« 
gebend. 


VII. 

KieferliöUeneBtiJiniliiiig  bei  men  Pferde« 

Von  Demselben. 


Symptome  und  Diagnose.  Uebelriechnder,  kramlicher,  an 
dem  Nasenrande  klebender  rechtsseitiger  Ausfluss,  der  beson- 
ders bei  Bewegung  des  Pferdes  im  Trabe  und  Spielen  mit 
der  Gandare,  welches  die  Eopfbewegungeu  erhöhte,  stärker 
und  stossweise  hervortrat,  dabei  feste,  hockrige,  unschmerzhafte 
einseitige  Drüsenanschwellung,  normale  und  symmetrische  Be- 
schaffenheit des  Oberkiefers  und  an  der  rechten  Kieferhöhle 
dumpfer  Percussionston.  Zeitweise  bestand  Appetitmangel,  das 
Haar  war  glanzlos,  die  Haut  schmierig  und  Abmagerung  trat 
gradatim  ein. 

Behandlung.  Trepanation  am  untersten  Rande  der  Hohle, 
um  den  Ausfluss  möglichst  zu  erhohen»  Die  Schleimhaut  war 
▼erdickt  und  quoll  hervor,  worauf  eine  zweite  Trepanations- 
Oeffnung  dicht  über  der  ersten  gemacht  und  die  Brücke  zwi- 
schen beiden  herausgenommen  wurde*  Die  Kieferhohle  war  mit 
einem  dicken  weissen  Eiter,  umgeben  yon  zerfallenen  Gewebs- 
theilen  und  übelriechender  Jauche  und  der  enorm  verdickten 
Schleimhaut  gefüllt»  Nach  mehrmaligem  Ausspritzen  mit  Was» 
ser  hatte  ich  so  viel  Raum  geschaffen»  dass  ich  nach  der  Koo- 


470  Bonner,  eattfiadlieht  AMmHo 

ehanplfttte  hin  einselna  rsohe  Stellen  fahlte.  Hieraof  brannte 
iok  die  gaaie  Hohle,  besonden  die  raaben  SMIao  mit  knöpf« 
förmigen  Eisen,  was  alles  nnr  korse  Zeit  beanspruchte.  Nach 
Verlaof  Tun  ^10  Tagen  horte  der  nnnmehr  massenhaft  hervor^ 
tretende  Ansflnss  auf,  unter  dem  sieh  aneh  die  anr  vollen  Ab-> 
stossang  gebrachte  Schleimhsat  befand,  die  Heilang  der  Tre- 
panationswande  begann  und  seit  dieser  Zeit  (26.  October  1868) 
hat  sich  keine  Spnr  eines  Ansflnsses  mehr  gezeigt,  noch  dorch 
einen  nblen  Gernch  ans  dem  betreffenden  Nasenloche  ein  wie- 
der beginnender  Ulcerations-Process  bemerkbar  gemacht.  Aach 
die  Eehlgangsdrnse  bildete  sich  bald  aom  Normalen  znrnek 
und  ist  auch  so  gebiieben.  So  eingreifend  diese  Behandlung 
erscheinen  mag,  so  verursachte  sie  dennoch  durch  das  Brennen 
dem  Thiere  nnr  wenig  Sehmercen»  war  einfach  und  leicht  ans* 
anfuhren  und  hatte  den  besten  Erfolg. 


tss^ 


VIII. 

r 

Eatziindliche  Affeetioii  res]i«  Ueherdebnasg  odor  Qaet- 
fidmiig  der  Sehne  des  grossep  Geslssniiskeb. 

(Sehne  des  gressen  BaiMbeiB-IJmdreherBultek.     Leyk«) 

Tora' 

Kreisthierarzt  Renner  in  Steinän  a./Oder. 


UeberdehnUDgen  der  Sehnen  treten  in  den  meisten  Fallen  in 
der  Nabe  der  Anheftungspankte  derselben  ein.  Ausserdem  sind  es 
besonders  die  Unterstutzui^gsbaader  der  Sehnen,  welche  üeber* 
dehnungen  aosgesetzt  sind.  Die  starke  Sehne  des  groise  Ge- 
sässrnnskels  heftet  sich  bekanntlieh  am  Oberen  und  miUleren 
Umdreher  des  Oberschenkelbeines  an,  wo  man  sie  beaendera 


der  dehne  des  grossen  Gresämmnskels.  471 

bei  mftgeren  Pferden  oder  geschwandenen  Bttokenmnekeln  deut- 
lich fahlen  kann. 

Diese  Sehne  kt  niclit  selten  Ueberdehnangen  nnd  Qaet- 
schangen,  in  Folge  dessen  sie  sich  entsnndet,  ausgesetzt.  Ist 
die  genannte  Sehne  heftig  gedehnt  oder  geqaetscht,  so  gehen 
die  Thiere  auffallend  lahm.  Im  chronisch  -  estieöndlioheti  Za* 
Stande  aber  nnd  bei  geringeren  Oraden  der  frisohefi  Entzün- 
dung -wird  das  betreffende  Bein  nor  anregelmassig  bewegt  und 
beim  Ziehen,  besonders  beim  Sohweraiehen  weniger  gebranoht, 
als  das  gesunde  Bein. 

Symptome:  Im  Stande  der  Ruhe  siebt  man  bei  M- 
scher  Verletzung  der  Sehne  selten  eine  Abnormität.  Das  lei- 
dende Bein  wird  der  Regel  nach  weder  Torgesetzt,  noch  sonst 
geschont.  Hur  in  einzelnen,  heftigeren  Fallen  ist  die  betref- 
fende Stelle  der  Hinterbacke  etwas  geschwollen,  vermehrt  warm 
und  beim  Druck  mit  den  Fingern  schmerzhaft.  Das  Thfer  ent- 
zieht sieh  demselben,  indem  es  nach  der  anderen  Seite  mit 
krummem  Rocken  ausweicht. 

Im  veralteten  Zustande  ist  die  Muskulatur  der  Hüfte  mehr 
oder  weniger  geschwunden,  was  besonders  auffällt,  wenn  man 
den  Schweif  in  die  Hand  nimmt  und  nach  hinten  und  unten 
zieht.  Dabei  spannt  das  Thier  die  Gesässmuskeln  an  und  man 
•ieht  deutlich  den  Schwand  der  Maskeln  der  leidenden  Seite. 
Besteht  starke  Ansehwellang  der  Sehne,  so  tritt  diese  wegen 
des  Schwundes  jetzt  deutlich  hervor;  da«  Hüftgelenk  der  kran- 
ken Seite  erscheint  dicker,  als  dasjenige  der  gesunden.  Hat 
die  Lahmheit  längere  Zeit  beetanden,  so  findet  man  auch  die 
Zehe  des  Hufes,  in  Folge  des  Schleppen«  auf  der  Erde,  ab- 
genützt. 

Genaues  und  sorgsames  Vergleichen  bezüglich  des  Vor- 
handenseina  von  Schmerz,  Ansehwellang,  vermehrter  Warme 
and  der  Beschaffenheit  der  Maskeln,  behufs  Wahrnehmung,  ob 
Sehwand   derselben  zugegen  ist  oder  nieht,    abwechselnd   der- 


X 


4Tt 


,  wcMrtücfc«  Vorthflile 
la  Sekriit  lMV«gt  UmS  das 


Bffi,  d«Ui  giebt  die  Hite  (< 

MMkeimrluMg  Mhr  oder  i 

■sd    aiehr    aach    kiiUea  geatelU«  als  dia  fiiAa  di 

8«He  aad  folgl  dar  Da wagoag  daa  8chaakak  aa 

taa«  ab  die  Bewa^iebkait  im  daa  Laadeaaiiliaia  aad  im  Sxaaa» 

diaa  gMUtten. 

TroUdaai  wird  bei  starker  Eatsaadaag  dar  Sekae  daa 
kranke  Bein  aicbt  ao  weit  aaek  biataa  gmUeJrt  ab  daa  ge- 
aaade. 

lat  die  Sebae  keftig  geqaetaebft  oder  überdeiiat  recp.  eai- 
seadet,  ao  iaft  die  Bewegong  im  Hoftgeleak  sebr  Mbaierskalt 
and  geboadea;   daa  Bein  wird  sekleppead  fortbewegt« 

Im  Trabe  wird  der  leidende  Sebenkel  stets  nnregrimSadg 
sebleppend  fortbewegt,  aber  aar  in  den  lieftigeren  Fallen  gebt 
das  Thier  wirklieb  lahm  d.  b.  es  biakt. 

Das  Herabsenken  nnd  Naebgeben  der  Hiifte  der  leiden- 
den Seite  wird  im  Trabe  aoffiUiger  nnd  die  Muskeln  der  ge- 
sonden  Seite  treten  bei  der  Snsammensiehnng  starker  nack 
obea  henror  als  an  der  kranken.  In  Folge  dessen  ist  das 
Schwinden .  der  Muskeln  anf  der  kranken  Seite  Imekt  erkenn- 
bar« Gans  besonders  stark  aber  treten  die  abnor- 
men Brsebeinnngen  beta  tckwcrei  Ilge  herTor. 

Während  man  die  leichteren  Grade  dieser  krankhaften  Seh- 
nenaffectioD  im  Stande  der  Bnhe  nad  aneh  im  Schritt  nnd 
Trabe 9  wenn  das  Thier  anangespannt  geht,  leicht  übersehen 
kann,  treten  sie  im  Zuge  dentlich  herror.  Das  Thier  tritt 
kurser  and  übertragt  die  Anstrengungen  des  Nachschabes  mög- 
lichst schnell  auf  den  gesunden  Fass.  Beim  Anxiehen  tritt  ea 
stets  mit  dem  gesanden  Fasse  xaerst  an  nnd  macht  die  Last 
mit  diesem  los. 


der  Sehne  des  grossen  Gesassmuskels.  473 

Mehrfach  habe  ich  beobachtet,  dass  Pferde  die  sonst  gans 
gat  und  fest  zogen,  unsicher  im  Zage  wurden,  nachdem  'sie 
sich  <]ie  Sehne  des  grossen  Gesassmuskels  gequetscht  oder  über- 
dehnt hatten. 

Veraltet  der  Zustand  und  wird  das  Thier  fortgesetzt  stark 
angestrengt,  besonders  im  schweren  Zuge  oder  bei  Eilfracht 
(im  Postdienst  etc.),  so  wird  die  Bewegung  beider  Hinterbeine 
nach  und  nach  immer  kurzer,  die  Sehne  des  grossen  Gesass- 
muskels der  anderen  Seite  wird  überangestrengt  und  deshalb 
ebenfalls  schmerzhaft.  In  der  Regel  wird  dabei  auch  der  dem 
kranken  Hinterfass  entgegengesetzte  Vorderfnss  vermehrt  ange- 
griffen, resp.  strnppirt  und  schliesslich  ist  die  struppirt^  Mahre 
in  ein  oder  zwei  Jahren  fertig.  Solchn  Thiere  werden  in  der 
Hand  von  Lohnkutschern  oder  kleinen  Fuhrleuten  dann  noch 
ToUends  abgeschunden  und  im  Ganzen  je  nach  Anstrengung 
und  Fleis»  des  Thieres  5  bis  10  Jahre  früher  verbraucht,  als 
wenn  der  krankhafte  Zustand  zur  richtigen  Zeit  beseitigt  wor- 
den, oder  niemals  dagewesen  wäre. 

Dies  ist  zwar  das  Loos  vieler  Pferde,  welche  an  vorn  ach* 
lassigfen^  nicht  erkannten,  überhaupt  chronischen  Lahmheiten 
leiden ,  wenn  diese  im  frischen  acuten  Stadium  ohne  rationelle 
Behandlung  blieben;  es  tritt  das  Gesagte  aber  ganz  besonders 
oft  bei  dem  vorliegenden  Leiden  ein,  weil  dasselbe  sowohl  voa 
Laien,  als  auch  oft  von  Sachyerstandigen  übersehen  wird. 
Qeht  das  Thier  nicht  auffallend  lahm,  so  halt  man  den  Zustand 
für  unbedeutend«  Die  weiteren  Folgen  beurtheilen  nur 
Wenige! 

Trotz  guter  E5rper  -  Construction  und  deshalb  zu  er* 
wartender  bedeutender  Korperstarke  der  an  dieser  Krank- 
heit leidenden  Pferde ,  hört  man  von  unkundigen  Leuten  häufig 
zagen:  Ich  begreife  nicht,  das  Thier  sieht  doch  so  stark  aus, 
aber  ist  gar  nicht  kraftig  im  Zuge,  das  andere,  viel  schwacher 
aussehende,  wirft  es  beim  Schwerziehen  in  die  Waage  zurück. 

Eine  weitere  Folge  dietes  krankhaften  Zustande  ist  das 


474  B< 


Ab<diteppigwrd—  der  Krappe.     Dm  Bedcea  hebt  eieh  Bim* 
lieh  Mi  Kreese  nsd  Mnkt  uA  em  SdnraoBe. 

Diegeosie.  Mehrere  4«  gesmantea  BreolieiniiageB  finden 
sieh  eadi  bei  asderee  Kraekbeitosiutiadee  der  Hiatereebaekel« 
weebelb  die  snr  eieberea  PesUtellOBg  der  Diageoeb  gebörea* 
des  hier  ooeh  epeciell  geeaaBt  werde»  solieex 

1)  Eid  eigeatbuelieber  noregrimiMiger  Övi^  im  Bieter- 
ibeiL  De«  leidende  Bein  wird  entweder  geepannt  im  Hnflge- 
lenk  bei  firiachem  aeoten  Zutande,  oder  ■ebleppend  beim  diro- 
niaeben  fortbewegt. 

2)  Daa  Thier  acbont  daa  Bein  bei  der  Fortbewegung,  ee 
atoaat  den  Koq>er  meht  so  kriftig  ab,  wie  mit  dem  geannden 
Fnase«  Im  acbweren  Zage  nbertragt  ea  die  Arbeit  dem  geann- 
den Foaae  und  madit  mit  dieaem  den  Wagen  loa  oder  Tcrwei- 
gert  daa  Ziehen  gana« 

Starke  Strafen  laMen  die  Sehmerthaftigkeit  der  Sehn« 
Tornbergehend  rergeaeen  und  machen  einselne  Thiere  dann, 
trota  der  Schmerzen  dea  Leidens,  willig  anm  Zi^en,  immer 
aber  mit  mogliebater  Uebertragong  der  Anstrengnng  auf  die 
gesunden  Ffisae. 

3)  Vermehite  Warme,  Ansehwelinog  und  Sdimershaftig- 
keit  der  Sehne  dea  grosaen  Gesisamnakels ,  in  versehiedenen 
8raden. 

4)  Wirkliches  Lahmgehen  kommt  selten  md  ifor  in  den 
Ffillen  Tor,  wo  die  Entsnndang  der  Sehne  sehr  sehmersbaflfc  ist, 
und  swar  im  frisehen  Zustande,  oder  nach  starken  Anstrengan- 
gen  wahrend  des  chronischen  Verlaufes.  Mit  Ansschlass  dea 
oberen  Theiles  des  Schenkels,  werden  alle  übrigen  Tbeile  regel- 
miasig  gebraucht.     Das  Thier  tritt  im  Fessel  richtig  durch. 

5)  Im  Stalle  und  im  Stande  der  Ruhe  überhaupt  wird 
dM  Bein  riditig  anfgesetat  und  nach  anstrengender  Arbeit  in 
der  Regel  das  gesunde,  nicht  dM  kranke  Bein  geruht  resp. 
vorgesetzt  9  weil  ersteres  für  dM  kranke  arbeiten  mnsite  und 
deshalb  stark  ermüdet  ist» 


der  Sehne  des  grossen  Gesassmnskels;  471 

6)  Das  Senken  der  Hafte  der  leidenden  Seite  and  das 
Nachgeben  derselben  bei  der  Maskelwirkang  nach  anten  and 
hinten  vird  stets  beobachtet. 

7}  Im  weiteren  Verlaufe  gesellt  sich  za  den  genannten  Er» 
scheinangen  noch  Schwinden  der  Backenmaskeln  and  Abschlei- 
fen der  Hafzehe.     (Spitze  des  Hafes.) 

8)  Schliesslich  erhält  das  Becken  eine  grossere  Schragstel* 
lang  nach  hinten,  das  Krenz  wird  hoch  and  spitzig  and  eine 
Torher  noch  so  schone  Krappe  erscheint  dann  hSsslich. 

Man  sagt,  da9  Ereaz  ist  geknickt. 

Dnrch  übermässige  Anstrengung  des  gesunden  Schenkels 
tritt  auch  hier  sehr  oft  ein  Leiden  der  genannten  Sehne  ein 
nnd  der  Gang  der  Hinterbeine  wird  dann  ganz  gespannt,  kars 
resp.  strnppirt. 

Ursachen: 

1)  HSngenbleiben  des  Fesselbeines ,  Hinterbeines  in  der 
Halfter  od«r  HalfEerkette. 

Bei  Unt«rsachang  and  Beseitigang  der  Verletzungen  im 
Fessel  mass  hierbei  immer  besondere  Bucksicht  auf  die  Hafte  ete. 
genommen  werden. 

2)  Das  Aasgleiten  des  Hinterfasses  nach  vorn  nnd  innen 
mit  oder  ohne  Fallen  auf  die  Hinterbacke. 

Hierbei  kann  Dehnung  und  Quetschung  der  bewussten 
Sehne  zugleich  eintreten« 

3}  Heftiges  Pariren  des  Pferdes  anter  dem  Reiter  in 
schnellen  Gangarten  oder  im  Zage,  wenn  die  ganze  Last  auf 
ein  Bein  wirkt  und  das  Kreuz  (der  Kreuzrerband)  sehr  kraf- 
tig ist. 

4)  Angeborene  mangelhafte  resp.  schwache  Entwickelung 
der  Gesassmuskeln  und  Sehnen  am  Oberschenkel,'  bei  kraftiger 
Entwickelang  der  übrigen  Theile  der  Hinterbeine  und  des 
Kreuzes,  pradisponiren  zu  dem  bewussten  Leiden. 

5)  Unter  snb  4.  genannten  Umstanden  yerursachen  grosse 


mi 


476    Renner»  entcondL  Aflfoetion  d.  Sehne  d.  gr.  Gesieemnskels. 

AnttrenguBgen   den  bewnstten  krankhaften  Znstand  anf  beiden 
Hintenohenkel  sngleieh.*) 

6)  Qnetfchnngen  der  Sehne  dnroh  Hnfscblage  ?on  anderen 
Pferden. 

Prognotis. 

Ist  der  Krankheitsanstand  frisch  nnd  wird  er  seitig  er- 
kannt,  so  ist  die  Prognosis  gnnstig  sn  stellen,  Ist  der  Zu- 
stand bereits  veraltet  nnd  chronisch,  so  weicht  er  schwer.  Am 
ungünstigsten  stellt  sich  die  Prognosis,  wenn  die  snb  4«  und  5, 
genannten  Ursachen  aogleich  wirken. 

Behandlung, 

Dieselbe  wird  nach  allgemein  bekannten  Grundsatien  durch- 
geführt und  richtet  sich  bei  frischen  Fallen  wesentlich  darnach, 
ob  bei  der  Dehnung  der  Sehne  xugleicb  eine  Quetsdinng  der 
Baut  besteht  oder  nicht.  In  Tcralteten  Fällen  sind  die,  bei 
chronischen  Sehnenleiden  überhaupt  ansnwendenden  Mittel  auch 
hier  am  Platze. 

In  diätetischer  Beziehung  ist  Ruhe  bei  knappem  Futter 
nothwendig  und  in  der  Reconvalescenz  wird  das  Ziehen  sehwe* 
rer  Lasten  oder  Eilfracht  streng  au  Termeiden  sein.  Ist  der 
^instand  rheumatisch  complicirt,  wie  dies  bei  chronisch- 
entzündlichen  Leiden  der  Pferde  häufig  yorkommt,  so  ist  dar- 
auf besondere  Rücksicht  zu  nehmen :  Tor  Allem  aber  die  Haut- 
thätigkeit  durch  Auflegen  einer  guten  Decke  in  külilen  Ställen 
zu  unterhalten  nnd  au  befordern. 


*)  Gunther's  Beortheilongslehre  des  Pferdes.    Seite  254  §.  13 
nnd  Seite  329  §.  25  nnd  26. 


477 
IX. 

Brachstäckf  fiber  die  ansteekenden  Krankheiten  der 

Haustfiiere« 

Von 

dem  ehemaligen  Prol  Dr.  Lappe  in  Gottingen, 

mit  Zusätzen  yon  Erich  Vi  borg. 

Ans  dem  Dänischen  Ton  Professor  Dr.  Hertwig.  *) 


Man  macht  der  Thierarzneiknnde  immer  den  Vorwarf  der 
ÜnvoUkommenheit,  indem  man  sich  auf  die  geringe  Wirkung  der 
rationellen  Behandlang,  -welche  in  vielen  Thierkrankheiten  an- 
gewendet wird,  bernft.  Dass  ein  dergleichen  schiefes  ürtheil 
von  Mensehen -Aersten  gefüllt  wird,  ist  betrübend;  allein  sie 
geben  auch  dadarch  einen  sicheren  Beweis  ihrer  anbedeatenden 
Kenntnisse  aber  die  Thiere  und  deren  Krankheiten.  Und  dies 
gereicht  ihnen  am  so  weniger  znr  Ehre,  da  in  vielen  Staaten^ 
£am  Unglnck  des  Landmannes,  die  Aufsicht  aber  Viehseuchen 
ihnen  anvertraut  ist.  Die  Wenigsten  von  ihnen  sind  mit  den 
Wirkungen  gewisser  thierischer  Ansteckungsstoffe  auf  Menschen 
hinlänglich  bekannt,  geschweige  denn  mit  den  Wirkungen  eines 
einer  einzelnen  Thierart  eigenen  Gontagiums  auf  andere  Thiere. 
Wohl  kann  es  nicht  geläugnet  werden,  dass  Vieles  in  der  Lehre 
über  diesen  Gegenstand  noch  dunkel  ist;  aber  wir  sind  doch 
im  Ganzen^^hierin  bei  Thieren  so  weit  gekommen  wie  bei  Men- 
schen, und  würden  noch  genauer  die  Natur  und  die  Eigenthnm- 
lichkeiten  der  ansteckenden  thierisehen  Krankheitsgifte  kennen, 
wenn  die  vielen  dazu  erforderlichen  Versuche  nicht  mit  so  aas- 
serordentlichen  Kosten  verbunden  waren« 

Ich  habe  mir  die  Mühe  gegeben,  nach  den  Beobachtungen 
Anderer  und  nach  meinen  eigenen  Erfahrungen,  die  Eigenheiten 


•)  Dieser  Aufsatz  im  3.  Theil  der  „Veterinär-Selskabets-Skrifter*, 
pag.  241  —  270,  Kiobenhayn  1819  —  ist  zwar  veraltet,  er  enthält 
aber  manche  thatsächliche  und  literarisch -interessante  Notiz,  die  ich 
der  gänzlichen  Vergessenheit  gern  entziehen  mochte.        Hertwig. 


478  Lappe, 

der  CoQtagien  im  Allgemeinen,  «nd  mit  Einsicht  ihrer  Wirkimg 
anf  versohiedene  Tbierarten  anf  die  Menschen ,  in  einiger  Ord- 
nung anfzaseiohnen;  jedoch  können  dieselben  immer  nur  als 
Bmehstficke  betrachtet  werden.  Meine  Absicht  dabei  besteht 
darin,  denkenden  Köpfen  eine  Anleitung  zn  geben  au  einer  sy- 
stematischen Bearbeitung  dieser  wichtigen  Materie,  an  der  es 
uns  bisher  gefehlt  hst.  — 

Gewisse  Krankheiten  unter  unseren  Hansthieren  aeichnen 
sich  von  den  meisten  anderen  dadurch  aus,  dass  sie  anstecken 
d.  h.  sich  Yon  einem  Individuum  zum  anderen  Tcrbreiten*  Hier* 
bei  findet  noch  die  Bedingung  statte  dass  der  St(^,  der  als  an- 
steckend gelten  soll,  in  dem  angesteckten  Individuum  dieselbe 
Krankheit  hervorbringen  muss,  wie  in  dem  Korper,  in  welchem 
er  erzeuget  wurde«  Diese  Bedingung  bestimmt  das  Contaginm. 
Für  den  Cameralisten  ist  das  Wort  Ansteckung  anf  eine  für 
den  Arzt  nicht  annehmbar»  Beschränkung  noch  enger  begranzt; 
denn  von  diesem  wird  eine  Krankheit  schon  dann  als  contagios 
betrachtet,  wenn  polizeiliche  Maassregeln  dagegen  genommen 
werden  müssen. 

Die  Meinung,  dass  jede  ansteckende  Krankheit  unter  den 
Thieren  zu  den  Seuchen  gerechnet  werden  müsse,  ist  ebenso 
unbegründet,  als  diejenige,  dass  alle  Seuchen  anstecken.  Die 
Ansteckung  characterisirt  ebenso  wenig  eine  Seuche,  als  diese 
eine  ansteckende  Krankheit.  Rotz,  Rotswurm  und  Rande  kön- 
nen folglieh  nur  dann  in  die  Oathegorie  gebracht  werden,  wenn 
durch  allgemeine  Ursaehen  z»  B.  durch  Witterung,  Weide  u,  s«  w, 
«inQ  Menge  Pferde  und  Hornvieh  auf  ein  Mal  angegriffen  werden. 

Die  meisten  Contagien  werden  erst  dann  fähig  auf  em  ge- 
«nndes  Individuum  überzugehen,  wenn  die  Krankheit  eino  ge- 
Vrisse  Höh«  erreicht  hat;  ebenso  können  die  Safte  der  ange- 
steckten Thiere  erst  dann  wieder  andere  anstecken,  wena  sich 
das  Gift  hinlänglich  mit  denselben  assiiniHrt  und  reproducirt 
hat«.  Gew5hnlich  bemerken  wir  auch  erst  Kr ankeitsaüz eigen, 
wenn  die  Wirkung  des    Contagiums  beginnt«     Beweise  finden 


Ansteckende  Erankheiton  der  Hansthiere.  479 

wir  l>ei  allen  ansteckenden  Krankheiten,  besonder»  bei  den  Gon- 
tagien,  die  ein  Miasma  mit  sich  fuhren,  nnd  namentlich  bei  der 
Viebpest  nnd  den  Schafpocken,  Hiervon  durften  \7ir  bei  vie* 
len  Landplagen  den  grossten  Nutsen  haben.  Auf  der  richti* 
gen  Anwendung  dieser  Satae  beruht  lediglich  allein  die  Be« 
schntznng  des  Viehes  vor  Contagien,  welche  dasselbe  unzweifel- 
haft fortnehmen  wurden ,  wenn  sie  in  jedem  Moment  ihres  Vor* 
bandenseins  ansteckten. 

Das  Historische  der  Contagien,  besonders  der  fluchtigen^ 
ist  noch  sehr  in  Dunkel  gehüllt;  wir  kennen  weder  die  Art 
ihres  eigentlichen  Ursprunges,  noch  die  Hauptquelien ,  aus  wel- 
chen sich  ihre  specifische  Materie  entwickelt.  Es  ist  inzwischen 
wahrscheinlich,  dass  sie  ihren  Ursprung  von  einem  anderen 
thierischen  Stoffe  herleiten.  Der  Zukunft  bleibt  es  vorbehal' 
ten,  uns  darüber  nähere  Aufklärung  zu  geben. 

Auch  die  chemische  Analyse  hat  so  viel  als  nichts  zur  Er- 
forschung ihrer  Natur  beigetragen.  Bei  den  materiellen  sowie 
bei  den  miasmatischen  Ansteckungsstoffen  traf  maa  nur  immer 
auf  ihre  Vehikel«  Indessen  scheinen  die  ffnehtigen  mehr  die 
Eigenschaft  des  Wasserstoffs»  nnd  die  fixen  mehr  die  des  Asot^s 
(Stick-  oder  Salpeterstoff)  zu  haben.  Die  Meinung  G.  Franko 
dass  der  ozydirte  Aaot  gleichsam  wie  bei  allen  Gontagien,  so 
auch  bei  der  Viehpest  eine  Hauptrolle  spiele,  dürfte  wohl  auch 
jetzt  noch  eine  genauere  Prüfung  verdienen.  Bei  mehreren 
fixen  Gontagien  muss  gewiss  schon  der  Umstand  für  den  Azot 
bestimmen,  weil  die  Auflösung  des  Körpers,  namentlich  beim 
Hornvieh,  bei  der  allgemeinen  Affection  des  Organismus,  z.  B- 
bei  der  Brandbealen-Krankheit,  so  bedeutend  überhand  nimmt, 
dass  die  Kranken  mitunter  s^on  bei  lebendigem  Leibe  übel 
riechen,  und  dass  wir  nur  mit  solchen  Mitteln  etwas  gegen 
diese  Krankheit  auszurichten  vermögen,  deren  Basis  Sauerstoff 
enthalt.  Das  Resultat  der  therapeutischen  Behandlung  der  Vieh- 
pest, die  Betrachtung  des  ganzen  Zuges  der  Elrankheit,  sowie 


480  Lappe, 

die  AnidiaaaDg  der  kranken  nnd  der  todten  Thiere  lassen  keine 
gleidie  Gathegorie  twisohen  diesen  beiden  Gontagien  an. 

'  Nicht  alle  Gontagien  können  sich  in  anserem  Klima  eot- 
wickeln;  mehrere  erhalten  wir  ans  dem  Orient,  wie  die  Vieh- 
pest nnd  die  Sehafpooken.  Beide  enthalten  ein  Gift,  welches 
der  eoropaischen  Weit  fremd  ist*)  nnd  nnter  keiner  Lebensbe- 
dingung sich  hier  entwickeln  kann,  wenn  es  uns  nicht  Ton  den 
Nachbarlandern  angefahrt  und  dnrch  besiindige  Anstecknog  er- 
neuert wird.  Eine  nrsproDgliche  Seibsterzengnng  dieser  Gifte 
findet  in  ihrer  Heimath  ohne  Zweifel  statt,  aber  die  Veranlas- 
sungen dazu  kennen  wir  nicht.  In  Asien  müssen  Clima  und 
OrtsTcrhaltnisse  gleich  stark  dasu  beitragen^  da  nach  den  Be- 
richten der  Reisenden  das  Vieh  überhaupt  an  mehreren  und 
heftigeren  Krankheiten  leidet,  als  in  unseren  Landern.  Nach 
ihrer  wesentlichen  Verschiedenheit  kann  man  die  Gontagien  ein- 
theilen  in  fluchtige  und  üxe.  Die  ersteren  fahren  ein  gewisses 
Miasma  sni  generis  mit  sich  (eine  ron  thierischen  Saften  erzeugte 
Materie,  die  nach  längerer  oder  kürzerer  Zeit  auszubrechen  be- 
stimmt ist) ;  sie  pflanzen  sich  durch  die  Luft  fort,  und  sind  ein- 
förmig, d.  i.  sie  greifen  nur  eine  Thierart  an,  wie  die  Horn- 
vi^pest  und  die  Sohafpocken**). 

Die    flxen   Gontagien    dagegen    bedürfen    zar    Ansteckung 


*)  Was  die  Viebpest  anlangt,  so  ist  der  Grundsatz  des  Verfassers 
eine  nnerschatterliohe  Wahrheit.  —  Sollten  die  Schafböcken  und  die 
Kinderblattem  identisch  sein,  so  spricht  auch  yiel  für  die  Meinung 
des  Verfassers. 

**)  Es  ist  dnrch  Versuche  bewiesen,  dass  die  Schafpockea  und 
Kinderblattem  identische  Krankheiten  sind ;  —  diese  geben  dnrch  Im- 
pf ang  jene  nnd  schützen  gegen  diese.  Dr.  Lisa  ron  D'rotondo  im 
Gapitanato  hat  Schafe  mit  Kinderblattern  geimpft  und  erhielt  Schaff 
pocken.  Sowohl  gegen  diese  als  gegen  jene  kann  man  doroh  die  Im» 
pfang  mit  Kahpocken  schützen.  S.  Niemann 's  Taschenbach  p.  51, 
53,  Halberstadt  1804.  8.  Med.  chirurg.  Zeitung  1809,  Nr.  43,  p.  220. 
Kopp's  Jahrbücher,  2ter  Jahrgang  p.  520  u.  5ter  Jahrgang  p.  318 
und  Andrejs  oeconomiach.  Neuigkeit,  1815  p.  111. 


Ansteckende  Krankheiten  der  Haasthiere.  481 

^iner  nnmittelbareo  Ueberträgong  ilires  spedfisehen  Giftes  auf 
ein  anderes  IndiTridanm.  Hierza  gehören  alle  unsere  inlandi* 
sehen  ansteckenden  Krankheiten,  Rots,  Rotzwnrm*),  Rande, 
Kropf,  Wasserscheugift,  und  die  unbeständigen  Seuchen,  welche 
mehrere  Thierarten  angreifen,  wie  die  Mundsenche,  Klauen- 
seuche, Milzbrand,  Zungenkrebs  u.  s.  w. 

Die  Wirksamkeit  der  Contagien  erfordert  eine  eigene  Dis- 
Position  bei  den  Thieren  und  die  Berührung  der  empfanglichen 
Flachen  des  Korpers,  Ohne  eine  eigen thnmliche  Anlage  leidet 
kein  Thier  an  einem  Contagium,  weder  das  fluchtige  noch  das 
£ze  finden  ohne  dieselbe  Eingang. 

Die  Mittheilung  des  fluchtigen  geschieht  am  leichtesten 
durch  die  Luft,  besonders  beim  Hornyieh  durch  sein  aussers^ 
empfindliches  Geruohsorgan«  Niedergeschluckte  Contagien  verur- 
saehen  nicht  leicht  Ansteckung,  theils  wegen  ihrer  animalischen 
Zersetzung  in  den  Verdanungswegen ,  theils  wegen  der  davon  ab- 
hangigen Strnctur  der  Theile«  Doch  leidet  diese  Unwirksam- 
keit einige  Modifioationen  mit  Hinsicht  auf  die  miasmatischen, 
welche  auf  dem  Wege  zum  Magen  aufgenommen  werden  kon- 
neu,  sowie  auch  wegen  der  Nahe  der  Geruchsorgane. 

Die  fluchtigen  Gifte  haben  das  Eigenthnmliche,  dass'sie 
das  einmal  angesteckte  Indiyiduum  nicht  zum  zweiten  Male 
angreifen.  Ich  muss  hier  bemerken,  dass  ich  nur  die  Hornvieh- 
pest  und  die  Schafpocken  nach  meinen  Erfahrungen  zu  den 
fluchtigen  Contagien  zahle**);  Andere  rechnen  noch  andere 
Krankheiten  hierher,  denen  aber,  wie  der  Blutseuche  und  dem  Ner- 
venfieber, die  eharacterisitschen  Qualitäten  fehlen ;  folglich  gehö- 
ren sie  zu  den  fixen.  Lange  war  ich  mit  mir  uneinig,  ob  ich  die 
Anzahl  der  fluchtigen  mit  der  Lungenseuche  des  Horhviehes  ver- 
mehren durfte  oder  nicht,  da  ich  während  meines  Aufenthaltes 


*)  Der  Rotzwarm  kann  sich  durch  die  Ausdänstong  fortpflanzen. 
**)  Die    allgemeine   Hundeseacbe   ist   anch   darch   die   Luft   an- 
steckend, und  muss  deshalb  ebenfalls  hierzu  gerechnet  werden. 

lUg.  L  Thierbailk.   ZXXVL    4.  31 


4SS  I««PP«« 

iB  B«rliB  d«B  Fall  mUlU  hsbe,  dm»  dieM  Seoche  doicli  die 
L«ft  Mf  aiadge  mit  de«  Kraakan  id  mmma  Stalle  st^eade  TUore 
obatgiBg.  Allein  dm  idi  seitdea  nehre  Male  dieae  Kraakbeit 
sa  beobaditea  Crelegeabeit  hatte,  vo  ich  ontor  wenigsten  glei- 
eben  Umstanden  dnrebans  keine  Mittlieilnng  bemerkte,  so  be- 
weg mich  dies,  der  Lnngenseoehe  keine  Ansteeknng  beisnmea- 
sen,  nnd  jenen  Fall  nidit  als  Regel  ansnnehmen,  da  dieser 
sicherlieh  höchst  selten  eintrifft,  and  tob  einer  eigenthomliehen 
Disposition  bei  den  alBeirten  Thieren  abhängig  ist.  — 

Das  Gift  der  Viehpest  and  der  Schafpoeken  gleichen  sich 
darin,  dass  beide  sich  durch  die  Lnft  Terpflansen  and  nnr  an 
Mal  ein  nnd  dasselbe  Thier  angreifen.  Im  üebrigen  haben  sie 
weB%  Aehnlichkeit  in  ihren  Charaetoren.  Das  erste  Tordampft 
bald  bei  einer  mittelmissigen  Tempemtnr,  selbst  in  geschlosse- 
nen Glasern  hält  es  sich  kaam  10  Tage^;  dagegen  behalt  das 
Sehafpockengift,  sogar  am  Ofen  getrocknet,  sein  Ansteeknngs- 
Vermögen.  Das  Pestgift  ist  also  weit  feiner  nnd  steckt  deshalb 
auch  viel  leiehter  an  als  das  Poekengift.  — 

Jede  Thierart  hat  seine  eigenen  Contagien,  die  sich  natnr- 
lieh  (darch  Ansteeknng)  oder  knnstlich  (dnrch  Impfhng)  anf  an- 
dere. Thiere  überfahren  lassen.  Das  Pferdegeschlecht  besitzt 
eigenthfimlieh  den  Rots,  den  RoUwnrm  nnd  Kmpf ;  das  Homyieh 
die  Pest;  die  Schafe  die  Pocken,  sowie  Schweine,  Hände  ihre 
bekannten  Senchen.  Die  Versuche,  welche  mit  den  ersten  Con- 
tagien an  anderen  Thierarten  ausgeführt  wurden,  haben  dieee 
Eigen thnmlicbkeit  ausser  allem  Zweifel  gesetst,  und  sind  hin- 
länglich bekannt.  Die  Einimpfung  der  Schafpocken  auf  Ter- 
sdiiedene  Thierarten  gab  dasselbe  Resultat,  welches  Dr.  Sal- 


*)  Nach  Weiss  kann  das  Gift  der  Yiehsenche  seine  ansteckende 
Kraft  6  Jahre  behalten.  Der  Hofrath  nnd  Physikas  Opitz  in  Min- 
den hat  die  Beobachtnng  gemacht,  dass  aufgegrabene  nnd  noch  nicht 
in  Verwesung  übergegangene  Korper  von  Vieh,  das  vor  19  Jahren  an 
der  Viehsenche  gefallen  nnd  tief  in  Kalk  yergraben  war,  das  Vermö» 
gen  behalten  hatte,  den  Ansbmch  der  Viehsenche  zu  yerursachen.  (?) 


Ansteckende  Kränkelten  der  Hansthiere.  483 

math  in  seiner  von  der  hiesigen  Gesellschafit  der  Wiisen- 
Bchaften  gekrönten  Preisschrift  über  die  Inocnlation  der  Schaf* 
pocken  bewiesen  hat,  nnd  das  seitdem  dnrch  die  yöm  Herrn 
Professor  Sick  angestellten  Versnche  nenerdings  in  Anre- 
gung gebracht  worden  ist.  Selbst  die  dnrch  ihre  physiologische 
Bauart  nnd  Natur  mit  den  Schafen  verwandten  Ziegen  nehmen 
niemals  das  ihnen  anfgedrungene  Schafpockengift  auf,  noch  we» 
niger  die  Hunde,  und  am  allerwenigsten  die  grösseren  Thier* 
arten,  so  auch  nicht  die  Menschen,  Letzteres  beweiset  eine 
Verschiedenheit  zwischen  den  Menschen-  nnd  Schafpoeken*), 
Nach  mehreren  Beobachtungen  hebt  das  Enhpockengift  die  Em- 
pfänglichkeit für  die  Schafpocken  nicht  auf**).  Mit  Sehweine- 
blättern  verhält  es  sich  alier  Wahrscheinlichkeit  nach  auf  die- 
aelbe  Art***).  Dass  sie  sich  auf  Schweine  fortpflanzen  habe 
ich  erfahren;  allein  da  dies  selten  geschieht,  so  ist  es  mir  bis 
jetzt  nicht  möglich  gewesen ,  über  ihr  Ans teckungs vermögen  aaf 
andere  Thiere  Versuche  anzustellen.  Die  Hundeseuche,  eine 
besondere« Nervenkrankheit  mit  Ansflnss  aus  den  Angen  und 
der  Nase,  folgt  demselben  Gesetze* 

Für  alle  diese  Thatsachen  lasst  sich  kein  näherer  Grand 
angeben.  Höchstens  können  wir  Rücksicht  nehmen  auf  die  Ver- 
schiedenheit der  Reizbarkeit  bei  den  verschiedenen  Thierge. 
schlechtem  nnd  die  absolnte  und  relative  Macht  des  Gonta« 
giums.  Dieselben  Grundsätze  können  nach  meiner  Ansicht  den 
Maassstab  abgeben,  wonach  wir  die  Wirksamkeit  der  Einimpfung 
von  gewissen  zur  Vorbeugung  einiger  Gontagien  angewandten 
Kr ankheits Stoffe  beurtheilen  müssen.     Diese  Idee  bezieht  sich 


*)  Siehe  Anmerkung  Nr.  1.  auf  S.  480. 
**)  Siehe  Anmerkung  Nr.  2.  ebend. 
*^)  Die  Schweine  bekommen  durch  Impfang  Einderblattern,  welche 
den  Schweineblattern  gleichen.  Sie  sind  vermuthlich  identisch,  und 
es  muss  ihnen  daher  vorgebengt  werden  können  durch  Impfang  der 
Sahpocken.  S.  Viborg's  Anleitung  zur  Behandlang  der  Sehweine 
als  Hausthiere.  1804  in  8«    §.  3j6. 

31* 


4M  I'^PP«. 


maf  d«B  EmA  mmd  die  mmtdogtm  YenmAm  mmager 
Kobpockea  assaweadeB,  ■■  die  des  MeaickenbUtter»  eo  s^ir 
ihalicfe  (?)  HoraTiehkrmoklieii  b«  TerUnderB.  Die  PodLeakrank- 
beitea  nad  eis  ia  HiicrreiAe  fast  aOgeaeia  Terbiettetea  Udiel, 
lud  ala  soldies  betraditet«  atehea  aie  aüt  eiaaader  ia  Verwaadt- 
adialt;  aber  aie  wird  aua  ebea  so,  wie  maa  darcb  die  Kali- 
pockea  die  Wirksaskeit  der  Meaachenblattera  aafbebt,  den 
Zweck  erreiebea  dorcb  EiaimpfiiBg  ciaea  oder  des  aadereB 
Kreakbeitsstoffes  bei  eiaer  Tbierart,  derea  Korper  dem  Coata- 
giom  eiae  grossere  Maebt  eatgegenstellfc  aad  fiberbaopi  etaen 
staikerea  Organisaqs,  als  jeaer  ist,  ia  wetcbeai  das  Gift  er- 
seogt  wurde»  Vergebeaa  werdea  wir  die  Hoffiiaag  aabrea,  daaa 
eia  aolefies  Sebatzmittel  gegea  die  eiae  oder  die  aadere  Pferde- 
■ad  HorBTiebsenebe  ia  Zokaaft  eatdeckt  werdea  köaae. 

Naeb  Einiger  Bestimmaagea  Terst^t  oiaa  oater  Gontagiam 
nur  die  nuasmatisebea  Aasteeknngsgifte  (S.  480).  Eiae  gegebeae 
aad  aasebeinend  liebtige  Defiaitioa  aber  Aasteekaag  aad  fixe  Na- 
tor  gestattet  aoeb,  jeaes  Wort  for  diese  an  gebranebea,  obseboa  äe 
sieb  doreb  ebaraeteristisebe  Keanxeieben  Toa  den  floebtigeB  aa- 
tersebeiden.  Dabia  gehorea  besonders,  dass  sie  aar  sdiadlieh 
for  gesaade  Korper  siad,  weaa  diese  ia  nnmittelbare  Beröbnmg 
adt  dem  kraaken  Vieb,  oder  eigentlieb  mit  der  aasteekeadea 
Materie  kommen;  dsss  sie  alle  die  Fähigkeit  besitsen,  sich  in 
BBserem  Klima  sa  eatwickela,  dass  sie  mit  weaigea  Aasaab- 
mea  aof  andere  Thierartea  obergehen ,  dass  sie  mehrere  Male 
ein  nnd  dasselbe  Individnam  angreifen  konnea,  nad  endlich, 
dass  wir  Menschea  selbst  vor  ihnea  nicht  sicher  sind«  Es  ist 
eine  besondere  and  eine  sehr  anffidlende  Erscheinong,  dass  der 
Mensch  fiir  die  fixen  Contagien  des  HornTiehs  die  meiste  Em* 
pfinglichkeit  besitzt^  ond  dagegen  so  wenig  von  denen  anderer 
Thierartea  sa  furchten  hat,  da  diese  doch  anf  das  Krankheits- 
giffc  des  Hornviehes  eine  öftere  Einwirkong  salsssen.  Ansnah- 
mea  giebt  es  äberall  in  der  NaTar,  also  aa<^  hier;  diese  be- 
gründen indessen  keine  Regel. 


Ansteckende  Krankheiten  der  Hausthiere.  485 

Das  Pferdegescblecht  hat  nar  5  ansteckende  Krankheiten 
aafza weisen,  nämlich:  Rota,  Rotaworm,  Kropf,  Rande  nnd 
Nervenfieber. 

Milzbrand,  Blntseache  nnd  Weichselzopf  zeigt  sich  so  sel- 
ten als  ansteckend  bei  Pferden,  dass  man  diese  hierher  mit 
Recht  nicht  zahlen  darf.  Wie  jene  Ansetckangsgifte  sich  Ter- 
halten,  und  in  wiefern  sie  auf  andere  Thiere  wirken,  ist  be- 
kannt. Dem  Herrn  Prof.  Vi  borg  hat  die  Wissenschaft  die 
Yortrefilichste  Bearbeitung  nnd  Anfklarnng  nber  diesen  Gegen« 
stand  zu  danken.  Die  Kratze  ansgenommea  sind  sie  insgesammt 
selbststandige,  einförmige  Krankheiten.  Das  Nervenfieber  steckt 
wohl  Pferde  an  durch  die  ans  Augen  und  Nase  fliessende  Fench- 
tigkeit,  aber  es  zeigt  keine  Wirkung  auf  andere  Thiere*). 
Kratze  ist  eine  auf  alle  Thierarten  übergehende  Hantkrankheit 
mit  einem  fixen  Ansteckungsstoffe,  jedoch  nicht  weniger  geflihr- 
lich,  weil  sie  sich  so  leicht  an  alle  Gegenstande  festhangt. 
Worin  dieser  Ansteckungsstoff  eigentlich  bestehe,  nnd  unter 
.welchen  Bedingungen  er  bei  einem  gesunden  Thiere  die  Krank* 
heit  hervorbringe,  darüber  sind  die  Meinungen  getheilt,  weil 
man  bis  jetzt  noch  nicht  die  erforderliche  Aufmerksamkeit  auf  die 
Insecten   gerichtet  hat,  welche  der  Rande  zum  Grunde  liegen* 

Nach  der  gewöhnlichen  Meinung  erfolgt  die  Anstecknng, 
wenn  etwas  von  der  bei  der  Krankheit  ausgeschwitzten  Fench* 
tigkeit  auf  einen  gesunden  Korper  übergeführt  wird,  oder  wenn 
Staub  oder  Schorfe  von  dem  räudigen  auf  die  gesunden  fliegen. 
Bei  der  Beobachtung  der  vollkommenen  Einförmigkeit  der  Rande 
aller  Thiere,  und  bei  genauerer  Erwägung  der  neueren  mit  ver- 
schiedenen Randestoffen  angestellten  Versuche,  tritt  jene  Mei- 
nung in  den  Hintergrund,  und  es  gewinnt  die  mehr  nnd  mehr 
die  Oberhand,  dass  die  Anstecknng  nur  durch  eigen thnmliche 
Mittel  geschieht.  Herr  Walz  hat  hierüber  sehr  schone  Ver- 
suche  angestellt,  die   dies    bekräftigen.     Dass   bei    der   ^igent^ 


*)  Es  ist  auch  ansteckend  darch  die  Luft. 


Dm  Horvrkk  bcmsS  9  fixe  C 


mwtder  Biirt»  FevdkCi^keit  ■.  a.  w.,  oder  ibctkMpt. 

aar  eia  körperlicher  Sloff  ist,  rteckt  ebea  so  gvt  aa   wie  £e 

grofite  Meage»  — 

la   »eiaer  Frans  nad  anr  aichrcre   RDe  rot^Ai 
wo  der  Milsbraad  keiae  aasteckeadea   Bigeasehallea 
•ad   die  daait  aagesl^tea  Versoehe  habea    aidi  aberaeogt» 
dase  Biaa  aar  ia  dem  FaDe  etwas  sa  befiicbtea  bat,  weaa  die 
BataaadoBg  aad  der  Braad  fiberall  im  Körper  Terbreitet  nnd. 
Idb  habe  ia  meiaer  Dissertatioa  ober  dea  MUabraad  mebr  bieir» 
iber  gesagt.     Beide,  sowohl  das  Milsbraad-  als  aneb  das  Zma- 
geokrebsgift,  scbetaen  aacb  dem  Tode  der  Krankea,  and  weaa 
diese  Tollkommea  erkaltet  siad,  ihre  anstedLeode  Kraft  zu  rer- 
lierea,  weaigstens  habe  ieb   diese  Erfahraag  oft  gemacht.     Idi 
finde  aacb  in  der  Gesdddite  über  den  Milabrand  mehrere  Be-        '  \ 
lege   dafor.      üater   aaderea  berrsebte  im  Kriege  gegea    die 


Ansteckende  Krankheiten  der  Hansthiere.  487 

Mitte  des  Torigen  Jahrhunderts  ein  bösartiger  Milsbrand;  die 
Soldaten  nahmen  das  todte  Vieh  von  den  Schindangern  hinweg, 
ohne  durch  den  Gennss  nachtbeilige  Wirkungen  zu  erfahren. 
Dass  alle  Thierarten  der  Ansteckung  dieser  beiden  Brandbea-» 
len- Seuchen  unterworfen  sind,  ist  eine  bekannte  Sache;  selbst 
Federvieh  und  Fische,  bleiben  nicht  verschont.  Die  Mundseuche 
und  die  Klauenseuche  sind  das  gegen  einander,  was  der  Zun* 
genkrebs  und  der  Milsbrand  sind;  beide  unterscheiden  sich  wie- 
der nur  durch  den  Ort,  den  sie  angreifen,  Dass  sie  für  das 
Hornvieh  ansteckend  sind,  ist  nicht  mehr  zu  bezweifeln,  da  die 
Ansteckung  bei  jedem  Ausbruch  deutlich  am  Tage  liegt.  Bei 
allen  Thieren  mit  Klauen  kann  das  Gift  ursprünglich  erzeugt 
werden,  jedoch  kommt  es  mir  unwahrscheinlich  vor,  dass  Fe- 
dervieh, wie  man  sagt,  davon  ergriffen  werden  könne»  Ob  aber 
eine  oder  die  andere  dieser  Krankheiten  sich  von  einer  Tfaier« 
art  auf  die  andere  fortpflanze,  kann  ich  jetzt  nicht  behaupten, 
wiewohl  ieh  sie  in  mehreren  Landern  beobachtet  habe,  freilich 
nur  da,  wo  Umstände  Impfungs versuche  nicht  gestatteten*).  Nur 
durch  Letztere  kann  man  Gewissheit  erlangen  und  wenn  weder 
Pferde  noch  Bornvieh,  noch  Schafe  und  Schweine  mit  einander 
in  Berührung  kommen  und  Jeder  zufälligen  Ansteckung  vorge- 
beugt wird.  Hinsichtlich  der  Baude  und  der  Blutseuche  gilt 
beim  Hornvieh  dasselbe,  was  bei  Pferden.  Die  Kuhpocken  trifft 
man  gewohnlich  auf  dem  Euter  junger,  erstwerfender  Knhe;  sie 
sind  für  das  Hornvieh  eben  so  ansteckend,  wie  für  Schafe  und 
Hunde**).  Die  Kuhpocken,  auf  Schafe  und  Hunde  eingeimpft, 
lassen  sich  wieder  auf  das  Hornvieh  überführen.  Die  Krank- 
heit steckt  nur  durch  unmittelbarer  Berührung  an,  wenn  die 
Kuhpockenmaterie   auf  die  Euter  der  Kühe  beim  Melken  ge- 


*)  Die  Manlseudie  ist  der  gutartige  Zangenkrebs,  und  ist  an- 
steckend, sowohl  dnreh  die  Luft,  als  auch  durch  unmittelbare  Be- 
rührung« .   . 

**)  Die  Kuhpocken  sind  auch  für  Pferde  ansteckend. 


48S  Lappe, 

bracht  wird;  folglieb  kaao  aaefa  die  AaeieckoDg  wabrend  des 
MeIfceBS  geeebebeo«  Dr.  Jenaer  sdurieb  den  Ursprong  der 
Kabpoeken  der  Hanke  an,  wenn  aialieb  Fliseigkeiten  Ton  je* 
ner  aaf  die  Bater  der  Käbe  gebracht  werden.  Die  tpitereo 
Ton  Anderen  angestellten  Verenche  bewährten  diene  Annabnke 
nicht*).  Herr  Pilger  glaabt«  data  Jenaer  onter  «Grease* 
die  gewohaliehe  Mauke  nicht  gekaant  habe,  aendem  nur  eine  Ar^ 
derselben ,  welehe  man  snw eilen  bei  jangen  Pferden,  die  tua 
Kropf  leiden,  antriffi;  dabei  schwillt  das  ai&cirte  Hinterbein  und. 
wird  mit  blanlichen  Blattern  besetst»  Pilger  behauptet  fer- 
ner, dass  Kropf,  Knhpocken,  Schafblattern  nnd  die  Hnndesendie 
grosse  Analogie  mit  einaader  haben ,  nnd  den  Mensehenblattem 
völlig  gleichen.  Br  halt  den  sogenannten  nmhersiehenden  Kropf 
far  einen  Schossling  der  Kohblattern  **).  In  dieser  üebersen- 
gnng  impfte  er  swei  Kinder  mit  frischer  Materie  Ton  Pferde- 
druse ;  am  dritten  Tage  seigtea  sich  an  Beiden  Blattern, 
und  am  fünften  Tage  trockneten  sie  so  wie  unechte  Knhpocken. 
Diese  seinen  Wünschen  so  wenig  entsprechende  Wirkung  achrieb 
er  einem  oder  dem  anderen  Fehler  des  Giftes  sa,  ohne  an  be<> 
denken«  wie  leicht  man  sich  auf  dem  Wege  der  Erfahrung  tao- 
schen  könne.  Beide  Kinder  impfte  er  spater  mit  glücklichem 
Erfolge  mit  Knhpockenmaterie.  Zwar  sind  die  Wege  der  Na- 
tnr   noch    bei   weitem   nicht   genug   erleuchtet,   und  man  wird 


*)  Dass  die  Maokematerie  die  Kohpocken  hervorbringen  kann, 
ist  durch  Versuche  auf  der  Dänischen  Thierarzneischale  bewiesen  wor- 
den. S.  neue  Biblioth.  far  Phjsic,  Medicin  u.  Oecon.  IX.  B.  1—20. 
und  Sammlang  für  Tbierärzte  u.  Oecon.  5.  B.  p.  253. 

**)  Anmerker  hat  einmal  beobachtet,  dass  die  Handeseuche  sich 
mit  Blattern  endete  und  dadurch  gutartig  wurde ;  femer  hat  er  fleisch- 
artige runde  Narben  auf  der  Schleimhaut  der  Nase  gesehen,  gerade 
solche,  wie  sie  die  eingeimpften  Kuhpoeken  hinterlassen.  In  der  her- 
herumziehenden  Druse  erhielt  ein  Fallen  Beulen  am  ganzen  Kör- 
per, welche  tiefe  Nctft)eh  zurückliesfeen,,  die  sber  mit  Blattern  keine 
Aebnlicbkeit  hatten. 


f 

Anateckende  Krankheiten  der  Haasthiere.  489 

noch  immer  Dinge  entdecken,  an  die  man  fraher  nioht  dachte; 
allein  Kubpocken  von  der  Drnflenmatene  zn.  eraeogen,  siehe 
ich  sehr  in  Zweifel,  nnd  ich  für  meine  Person  laogne  die  Gleich» 
heit  des  Kropfes  mit  jeder  anderen  Blattemkrankheit  ganaüch^ 
Irre  ich  nicht,  so  darf  man  zwischen  awei  Krankheiten  yerschie^ 
dener  Thierarten  nnr  dann  eine  Analogie  oder  Uebereinstinv- 
mung  annehmen,  wenn  ihre  Hanptcharactere  mit  einander  aber* 
einkommen,  Ist  dies  nicht  der  Fall,  so  nehme  ich  eine  abwei- 
chende Verschiedenheit  zwischen  Kropf  und  aUen  Blatterkrank- 
heit m  an«  Eine  Parallele  kann  Jeder  nach  Belieben  selbst 
ziehen« 

Die  Schafe  und  Schweine  sind  denselben  fixen  Contagien 
unterworfen,  die  wir  beim  Hornrieh  mit  Ausnahme  der  Kuh- 
pocken  antreffen,  und  findet,  was  wir  ober  jene  bemerkt  haben, 
auch  hier  Anwendung.  In  Bezug  auf  die  Rande  muss  ich  hier 
hinzufügen,  dass  nach  den  neuesten  Untersuchungen  die  Fucha- 
räude  nicht  auf  die  Hausthiere  übergeht,  wie  man  sie  beim 
Ausbruche  der  Kaude  unter  den  Schafen  als  eine  urspruogliche 
Ursache  angegeben  hat*). 

Bei  den  Händen  finden  wir  kein  fluchtiges  Contagium,  und 
nur  zwei  üxer  Natur,  nämlich  die  Wasserscheu**)  und  die  be- 
i^annte  Hundeseuche.  Der  Hundetripper  ist  äusserst  selten  nnd 
Terdient  keine  Erwähnung***).  Die  erste  Krankheit  erstreckt 
sich   mit  ihrer  Ansteckung   über  alle  Thiere  und  ist  bis  jetzt 


*)  Es  ist  bei  den  Jägern  eine  bekannte  Behauptung,  dass  rän- 
dige Fuchse  Pferde  angesteckt  haben. 

**)  Anmerk.  d.  Uebers.    Nicht  mehr  Wasserscheu,  sondern  ToU- 
wnth. 

***)  Dass  Hnnde  darch  Gift  von  Menschen  yenerisch  werden  kön- 
nen, hat  Herr  Prof.  und  Ritter  A.  Wendt,  am  allgemeinen  Hospital, 
nach  einer  tou  ihm  mir  mündlich  mitgetheilten  Yerslchernng  behauptet. 
Auch  hat  Herr  Attenhofer  dieselbe  Beobachtung  bei  Hnnden  durch 
Einimpfung  Toa  Trippermaterie  gemacht  8.  Bnst's  Sammlung  für 
Natur  und  Heilkunde.   1.  B.,  1.  Th.  p.  25. 


490  Lmpp<y 

mir  ia  ihttn  WirknogeB  nad  Folgen  bekanak  Dass  sar  Hit- 
tileiinng  denelbea  nothwaadig  eiae  Waade  nad  die  wirklidie 
laocalatioa  des  Giftes  erfordeiiich  sei,  was  ich  aa  melirerea 
Ortea  lese,  ist  eine  Aagabe,  die  beriditiget  sa  verdea  Terdieat. 
Meiae  Erfahmagea  habea  aiidi  belehrt,  dass  es  dasa  blos  eiaes 
kleiaea  Eittes  oder  aadi  des  Beleekeaa  roa  eiaem  toHea  Haade 
bedarC  Bei  aaderea  Haasthierea  weiss  maa  keia  Bmpiel,  dasa 
die  Wassersehea  sidi  arspraagUdi  erseagt  kabe*).  Die 
Haadeseodie  rerpflaast  siek  dardi  naaiittelbare  Berahraag  auf 
gesaade  Haade,  aber  fiir  andere  TIdere  ist  sie  aieht  gefihrliefa. 
Ich  habe  die  Bemerkong  gemacht,  dass  sie  seltea  mehr  als  äa 
Mal  eiaea  Haad  ergreift;  dies  hat  Tielleidrt  Yeraalassnag  za 
der  Idee  gegeben,  die  Haade  darch  Kahpockea  daror  sa  be- 
wahren, iaswischen  siad  alle  Versuche  fehlgeschlagea.  Tlele 
sagea  auch,  dass  die  Krankheit  in  Wassersdien  abergehe;  ick 
kann  dies  blos  inr  eine  ron  aller  Wirkliekkeit  abweiebeade 
Yermnthnog  halten. 

Bis  jetst  habe  ich  blos  Ton  Thieren  gesprochen,  and  maa 
kaaa  wohl  Toa  dem,  was  ich  darüber  gesagt,  bereits  anf  Yer- 
schiedenheit  der  thierischen  Krankheitegifte  aller  Thierartea 
sdiliessea.  So  verwickelt  diese  Lehre  im  Gänsen  ist,  mnss  sie. 
der  Thierarst  dennoch  stndiren,  am  ein  Yerfahrea  sa  ergrna- 
den.  doreh  welches  die  Ansbreitnag  der  Krankheit  Terhindert 
and  dieselbe  wo  möglich  geheilt  wird.  Dem  Menschensrste  diiv 
fen  wegen  des  Nachtheils,  den  Menschen  durch  viele  Coatagien 
TOB  den  Haasthierea  erleiden  können,  dieselben  nicht  anbe- 
kaant  seia;  and  sndem  geben  sie  ihm  nach  Winke  snr  De- 
natsang  in  der  Araneiwissenschaft.  Der  Einfloss,  welchen  die 
thierischen  Krsnkheitsgifte  anf  den  Menschen  haben,  ist  man- 
nichfsch  and  wird  anf  Terschiedene  Weise  Teranlasst.     Die  aber 


*)  Es  ist  beksnnt,  dass  aufgebrachte  Katsen,  und  von  Begai- 
tungstrieb  rasende  Hengste  durch  Ihren  Biss  die  WasBersokeu  hervor- 
gebracht haben. 


Ansteckende  Krankheiten  der  äausthiere.  401 

diesen  Gegenstand  gemachten  Erfahrungen  sind  zufällige,  und 
nicht  durch  Versuche  regelmässig  bestimmte,  weil  die  Aerzte 
wegen  des  moralisöhen  Werthes  des  Menschen  blos  auf  gele- 
gentliche Beobachtungen  beschrankt  sind. 

Eben  so,  wie  es  kein  bestimmtes  Naturgesetz  giebt,   nach 
welchem  wir  die  Constitntions- Verwandtschaft  der  Thiere  fest- 
setzen können,   ebenso  wenig  lasBt  sich  'über  ihre  Erankheits- 
verwand tschaft  etwas  mit  Bestimmtheit  angeben;  Alles,  was  man 
hier    und    dort    darüber   gehört  hat,  ist  Vermuthung,    welche 
höchst  selten  von  der  Natur  zur  Gewissheit  erhoben  wird.    Soll 
man  die  nähere  oder  entferntere  Verwandtschaft  der  Thiere  in 
ihrer  Bauart   suchen   oder  in   ihren   gemeinschaftlichen  Krank«« 
Leiten?     Das  Eine  sowohl  wie  das  Andere  erweckt  Zweifel,  und 
leitet  uns  keinesweges  zu  einem  auch  nur  einigermaassen  siche- 
ren   Schlüsse.      Nach    Erfahrungen    sollte    billig    der    EinÜuss, 
welchen    gewisse  Erankheitsgifte   auf   mehrere    Thierarten    zu- 
gleich haben,  den  Vorzug  verdienen,   obgleich   sie  die  Gleich- 
heit der  Bauart  gegen  sich  haben.     Eine  wahre  Gleichheit  tref- 
fen wir  nur  zwischen    dem  Pferde   und   dem  Esel,   die  nicht 
allein  durch  die   selbststandigen  Krankheiten  dieser  Thiere  be- 
kundet, sondern   auch  durch   ihre   gegenseitige  Paarung   bewie- 
sen wird.     Zwischen    diesen    und    anderen    Hausthieren    findet 
ebenso  wenig  eine  Gleichheit  statt,   als  zteischen  den  letzteren 
unter  sich,  ich  meine  nämlich  hinsichilich  der  Annahme  für  ihre 
verschiedenen  eigenthümlicfaen  Krankheiten.     Dass  die  Viehpesf 
oder  die  allgemeine  Viehseuche  sich  nicht  auf  Schafe  einimpfen 
lasst,  ist  weniger  auffallend,  als  dass  die  Schafpocken  sich  nicht 
auf  Ziegen  übertragen   lassen.     Unsere  grossten  Naturforscher 
finden  eine  ausserordentliche  Gleichheit   zwischen   der  Structur 
des    Menschen   und    des   Schweines;    allein  in  Bezug  auf  die 
Krankheiten  finde  ich  das  nicht,    da  beide  wohl  eigenthümlich'e 
und  ahnliche  Krankheiten  haben,    die  jedoch  nicht  von  dem 
einen  zum  andern  übergehen.  Der  Mensch  leidet  gewiss  nicht  mehr 
von  einer  andern  kranken  Thierart  als  vom  Hornvieh,  ohne  äes- 


492  Lappe, 

bftlb  diesem  io  der  Baaeit  m  gleichen.  leb  habe  diese  Be- 
merkQDg  bereits  oben  schon  gemacht.  Es  ist  sehr  leicht  mog- 
lieh, dass  der  Grand  gerade  in  dem  liegt,  was  ich  vorhin  be- 
rührte ,  dass  nämlich  bei  grosseren  Thierarten  ein  Einimpfongs- 
mittel  nicht  stattfinden  könne.  Die  Knbpocken,  and  der  Um- 
stand, dass  die  Eah  far  das  Blatterngift  des  Menschen  Recep- 
tivitat  hat,  sprechen  for  die  Wahrscheinlichkeit  meiner  Meinang. 
Uebrigens  kommt  es  bei  dem '  Schots  der  Menschen  nicht  in 
Betracht,  welcher  Schaden  durch  die  Mittheilong  der  einen  oder 
der  andern  Thierkrankheit  entsteht. 

Anf  den  Menschen  aassern  die  Pferde -Contagien  keinen 
regelmassigen  Einflass:  dadnrch,  dass  man  aof  Aasnahmen  auf- 
merksam war,  warde  ins  wischen  die  Möglichkeit  dargethan;  sie 
dienen  als  warnendes  Beispiel,  Rots,  Rotswarm  and  Rande 
sind  nach  meinen  Erfahrangen  vermögend,  sobald  sie  einen  bös- 
artigen Character  angenommen  haben,  den  Menschen  schädlich 
zu  werden«  Am  meisten  sieben  sich  die  Obdacenten  bei  Oeff> 
nang  der  Pferde,  mit  Rots  and  Rotswnrm  behaftet,  Nachtheil 
za,  wenn  sie  Verletsangen  oder  Blasen  an  den  Händen  haben, 
die  sie  mit  Blat  oder  mit  der  in  den  Benlen  enthaltenen  .Flas- 
Bigkeit  veranreinigen.  Anf  diese  Art  erhielt  ein  Obdncent  bos« 
artige  Bealen  am  Arme,  der  stark  anschwoll;  die  Heilang,  die 
awar  endlich  glackte,  war  aosserst  schwierig.  Dergleichen  ge- 
fahrliche Folgen  habe  ich  niemals  bemerkt,  wenn  die  ansteckende 
Materie  aof  die  blosse  Hand  kam.  Eine  sorgfaltige  Vordcht 
bei  der  Oeffnang  and  Pflege  der  Pferde  mit  Rots  nad  Rots- 
warm dringt  sich  deshalb  anter  den  angegebenen  Umstanden 
von  selbst  auf« 

Die  Uebertragong  der  Pferde- Rande  auf  deo  Menschen 
wird  noch  immer  von  Vielen  in  Abrede  gestellt;  allein  die- 
Autorität  einiger  einsichtsvollen  Thierarzte,  sowie  aach  meine 
eigenen  Beobachtungen  haben  mich  vollkommen  von  dem  an- 
steckenden Einflüsse  der  Pferde-Raude  aof  den  Menschen  aber- 
zengt.     Diejenigen,  welche  dergleichen  Kranke  pflegen^  bekom- 


Ansteckende  Krankheiten  der  Hansthiere.  493 

ttien  einen  kratzartigen  Anssoblag  an  Händen  nnd  Armen ,  der 
sich  mehr  oder  weniger  verbreitet,  aber  darcb  zweckmassige 
Mittel  wieder  zn  heilen  ist. 

Da  ich  eben  von  Pferde- Contagien  spreche;  so  darf  ich, 
wie  man  auch  gewiss  erwartet,  der  Manke  nnd  ihres  Einflusses 
auf  den  Menschen  zu  erwähnen  nicht  vergessen.  Einiges  ist 
bereits  bei  den  Kuhpocken  vorgekommen,  woraus  man  auf  meine 
Meinung  schliessen  kann« 

Die  vom  Herrn  Prof.  Viborg  in  seiner  Sammlung  für 
Thierärzte  mitgetheilten  Versuche  über  die  Mauke-Materie  der 
Pferde  bei  dieser  Thierart  und  bei  den  Menschen,  setzen  die 
Unwirksamkeit  .dieses  Krankheitsstofifes  auf  beide  ausser  Zwei- 
fel, nnd  widerlegen  ebenso  die  Behauptung,  dass  die  Kuhpocken 
durch  Manke •  Materie  hervorgebracht  werden  können*).  Ehe 
ich  von  diesen  Versuchen  sprechen  horte;  zweifelte  ich  bereits 
an  der  Wirklicheit  der  Jenn  er' sehen  Theorie,  weil  ich  beide 
Krankheiten,  die  Manke  nnd  die  Knhpocken  für  wesentlich 
verschieden  ansehe.  Ich  war  von  Anfang  an  nicht  f&r  die  Mei- 
nung, dass  die  Mauke  Menschen  anstecke,  da  ich  niemals  in 
der  langen  Zeit,  seit  ich  Thierarzt  bin,  diesen  Einfluss  der 
Manke  bemerkt,  so  viele  Kranke  ich  auch  unter  den  Händen 
gehabt  habe.  Desto  auffallender  war  es  mir  in  Tennecker's 
Zeitung  für  1803  2.  B.  1.  Th.  die  entgegengesetzte  Erfahrung 
zn  finden;  indessen  hat  der  Thatbestand  mich  nicht  überzeugt. 
Der  Einsender  jener  Nachricht  H.  v.  G.  will  durch  Mankema- 
terie  einen  Ausschlag  wie  trockene  Kratze  zwischen  den  Fin- 
gern erhalten  haben.  Ohne  Zweifel  schrieb  sich  dieser  von  an- 
deren Ursachen  her;  denn  obgleich  ich  die  Mauke  für  eine  Mo- 
dification  der  Räude  ansehe ,  so  habe  ich  mich  bis  jetzt  von 
ihrer  Mittheilung  nicht  überzeugen  können.  H.  v.  6.  citirt  zu- 
gleich einen  Beweis  für  seine  Meinung,  nämlich  das  Schreiben 
eines  Arztes  der  früheren  cisalpinischen  Republik  vom  5^  MSrz 


*)  Siehe  das  Entgegengesetzte  in  der  Anmerkung  p.  488. 


4M  I«ftPM, 

180S»  wichar  dtfin  d«r  Bahwdl—g  «iaes  Mau^M  erwihat, 
der  Bealea  w  die  Hiad«  bekaa,  weQ  er  Fierde  mit  der  Mmoke 
behaadelte.  Er  geb  sogleich  der  Knhpocken-CoBiniesioa  Nach- 
rieht  devoBy  die  tob  der  erwähnten  Materie  eine  Impfinig 
▼eraalaMle.  Die  Eingeiapftea  erhieltea  die  sehoastea  Kuh- 
poeken  o.  t.  w.  und  der  Kranke  halte  niemals  am  Koke  an 
thon,  aber  er  pflegte  ein  mit  der  Maoke  behaftetes  Pferd«  Dies 
«idersprieht  also,  sagt  der  Einaender,  der  Meinung  Viborg^s, 
8eheel*s  ond  PfaTs.  Angenommen,  das  Breigniss  sei  wahr, 
•o  andere  ich  demnngeachtet  nicht  eher  meine  Ueberseagnng, 
bia  die  so  haofig  unter  den  Pferden  herrschende  Manko  mehrere 
Beweise  fnr  deren  angenommenes  Anstecknngsrermögen  auf- 
stellt, ab  man  bis  jetat  beobachten  konnte.  So  lange  eine 
eolehe  Beobachtong  sich  nicht  in  den  meisten  Fallen  als  Regel 
neigt,  so  thnt  dies  nichts  aar  Sache. 

Der  menschliche  Korper.  ist  Torsoglich  fnr  die  Aufnahme 
der  Krankheitsgifte  dea  HomTiebes  geeignet,  denn  nicht  allein, 
dass  derselbe  weit  mehr  Toa  anderen  Tbieren  sn  farchten  hat, 
ao  leiden  diese  wiederum  weit  weniger  Tom  HornYieh,  als  der 
Mensch«  Es  ist  bewiesen,  dass  alle  £zen  Contsgien  des  Hom- 
Tiehs  den  Menschen  anstecken,  nur  die  Rindnebpest  hat  durch- 
aus keine  Wirkung  auf  uns*  — 

Dass  der  Milzbrand  far  den  Arst  und  die  Warter  sehr 
geHUirlich  werden  kann,  ist  aiemlicb  notorisch.  Die  mehr  oder 
woDiger  im  Körper  allgemein  verbreitete  Entsundang  bestimmt 
die  Bösartigkeit  und  mit  derselben  das  AntteckungsTermogen 
des  Milsbrandes.  Liegen  solche  Charactere  klar  vor;  so  ist 
«ine  sorgfiltige  Vorsicht  vor  der  Berührnng  des  kranken  Thie- 
res  anzaratheo«  Die  Folgep  der  Mittheilang  des  Giftes  sind 
«tets  traurig;  denn  es  ersrJieioen  sowohl  beim  Menschen  als  beim 
Hornvieh  Brandbealen,  die  sehr  schwer  so  heilen  sind,  ond 
Ton  welchen  der  Mensch  im  ganstigsten  Falle  mit  unerhörten 
Schmerzen  davon  kommt,  wie  einige  Baaera,  welche  dies  trau- 
rige Loos  traf;  mich  versichert  haben.     Alle  Absonderoogs-  und 


Ansteckende  Krankheiten  der  Hansthiere.  495 

Aosleernngsmaterien,  fiberhanpt  alle  ron  einem  am  Milsbrand 
leidenden  Thiere  herrührenden  Stoffe,  eraengen  beim  Mensehen, 
wenn  sie  in  nnmittelbare  Berohrnng  mit  demselben  gesetzt 
werden,  Brandbenlen*  Hier  sind  nicht  einmal  Verletanngen, 
Blasen  oder  frische  Wanden  erforderlich,  um  so  mehr  mnss 
man  jede  Verbindung  mit  den  Kranken  oder  den  Leichen 
scheuen,  die  mit  Brandbeulen  bahaftet  sind.  Diejenigen^  welche 
krankes  Vieh  behandeln  nnd  püegen,  werden  wohltbun,  beson* 
ders  wenn  sie  denselben  Arsneimittel  eingeben,  zur  Ader  an 
lassen  oder  Kljstire  zu  geben,  ihre  Hände  mit  Fett  einsa- 
sohmieren  and  sie  alsdann  mit  Essig  oder  Urin  abzuwaschen« 
Der  Zangenkrebs  wirkt  aal  den  Menschen  eben  so  schädlich 
ein  wie  der  Milzbrand.  Dieselben  Vorsichtsmaassregeln,  welche 
dort  nothwendig  waren,  sind  auch  hier  anwendbar.  Ueberhanpt 
darf  man  beide  Krankheiten  wie  ein  und  dieselbe  beurtheilen, 
wie  ich  dies  iib  3.  Th»  des  Magazins  für  theoretische  und  prac- 
tische  Thierarznei Wissenschaft  von  Teufel  gezeigt  habe. 

Der  Ruf  der  Kuhpocken  und  ihre  angepriesene  Wirksam- 
keit ersparen  mir  alle  Aeussernngen  darüber;  was  die  Räude 
anbetrifft,  so  verweise  ich  auf  das,  was  ich  in  dieser  Hinsicht 
bei  den  Contagien  der  Pferde  gesagt  habe. 

Es  sind  nur  noch  zwei  Contagien  übrig,  über  deren  Wir- 
kung auf  den  menschlichen  Korper  ich  Rechenschaft  abzulegen 
habe;  dies  sind  die  Mund>  und  Klauenseuche,  zwei  identische 
Krankheiten.  Der  Arzt  muss  der  Wahrheit  trea  bleiben,  um 
die  Wissenschaft  zu  einer  höheren  Stufe  der  Vollkommenheit  za 
erheben.  Von  diesem  Grundsatz  ausgehend  kann  ich  nach  mei- 
nen Beobachtungen  beiden  Krankheiten  kein  auf  den  Menschen 
allezeit  übergehendes  Ansteckungsyermogen  zuschreiben.  Im 
Jahre  1810  hatte  ich  in  einer  Nachbarstadt  eine  Mundseuche 
zu  heilen,  die  ungefähr  den  dritten  Theil  von  300  Stück  Vieh 
ergriffen  hatte;  allein  meiner  sorgfältigsten  Nachfragen  unge- 
achtet konnte  ich  doch  niemals  einen  Uebergang  auf  den  Men- 
schen  entdecken,   obgleich   die  Milch  von  den  kranken  Kühen 


496  Adani, 

▼00  Vielen  TOrtoglioh  Ton  der  Srmereii  Klasse  genossen  wnrde. 
Inswischen  horte  ich  in  Prenssen  Tom  Landvolke  einige  Malo 
Hindentnngen  anf  Anstecknng.  Vergleiclie  ich  damit  D.  Sa- 
gar's  Schrift:  ,|de  aphthis  peeorinis  1765**,  worin  er  über  die 
an  jener  Zeit  in  Böhmen  herrschende  Mond-  nnd  Elanensenche 
Nachricht  giebt,  nnd  sngleich  nber  die  Brfahrong,  die  er  ge- 
macht hat,  dass  nämlich  die  Milch  Ton  kranken  Knhen,  die  von 
Menschen  genossen  wnrde,  bei  denselben  den  Mnndsehwamm 
oder  Aphthen  ersengt  habe,  so  ist  es  mehr  als  wahrscheinlich, 
dass  es  sich  mit  beiden  Krankheiten  in  contagi5ser  Beziehung 
ebenso  yerhalte,  wie  mit  dem  Miltbrand  nnd  dem  Zungen- 
krebs, dass  sie  nimliah  unter  gewissen  umstanden  anf  den 
Menschen  eine  ansteckende  Kraft  äussern. 


X. 

Aistellug^  SteUug^  Rechte  nnd  Zakoiift  der  liaye- 
rischeH  Ciiii-VeteriBäre  und  den»  Vamilient 

Von  Th.  Adam. 


In  dem  II.  Qaartalshefte  35.  Jahrgg.  ^^des  Magasins  för 
die  gesammte  Thierheilknnde*'  von  Gnrlt  ond  Hertwig  Seite 
172  ist  unter  vorstehender  üeberschrift  ein  Artikel  enthalten» 
als  dessen  Verfasser  ein  Tbierarst  Wagner  in  Nornberg 
Pseudonym  angegeben  ist,  der  so  sehr  von  üebertreibungen 
und  Unrichtigkeiten  strotz,  dass  wir  denselben  nnmoglich  mit 
Stillschweigen  übergehen  können,  indem  wir  der  Ansiebt '  sind, 
dass  zwar  die  wabrheitsgetrene  Darstellaog  bestehender  Mapgel 
nnd  Gebrechen  in  unserem  Fache  von  grossem  Nutzen  ist,  Ans- 
lassnngen  aber,  wie  wir  sie  hier  finden,  nimmermehr  das  Gate 


Anstellang  etc.  der  bayerischen  Ciyil- Veterinäre.  497 

fordern  können.     £s  wurde  indessen  viel  sn  weit  fuhren,   auf 

.  - 

alle  eiazelnen,  die  zur  Zeit  bestehenden  thatsächlichen  Verhfilt- 
nisse  des  bayerisohen  Civil- Veterinärwesen  entstellenden  Punete 
unseres  Pseudonymus  einzugehen,  es  sollen  vielmehr  hier  nur 
die  Hanptmomente  in  aller  Kurze  in  das  rechte  Licht  gesetzt 
werden. 

Die  Aufstellung  (nicht  AnsteUnng)  der  Thierarzte  in 
Bayern  ist  durch  die  k.  allerhöchste  Verordnung  vom  1.  Sep* 
tember  1S58,  die  Reorganisation  des  Veterinarwesens  betrefifend, 
geregelt;  sie  erfolgt  durch  die  k.  Ereisregierungen  und  sind 
nach  §«  9.  bei  der  Auswahl  unter  den  Bewerbern  —  für  welche 
eine  vierwochentliche  Bewerbungsfrist  eröffnet  ist  -—  die  Aneien* 
nitat  und  Würdigkeit,  dann  auch  die  nähere  Vertrautheit  mit 
den  ooonomischen  Verhältnissen  des  betreffenden  Bezirkes  -^^ 
sowie  die  Anträge  der  Gemeinden,  des  Districtsraths ,  des  Be- 
zirks-Comit^'s  des  landwirthschaftlichen  Vereins  u.  s.  w.  (§.  8.)— » 
geeignet  zu  berücksichtigen.  Obschon  wir  uns  mit  diesem  Auf- 
stell ungsmodns  ans  naheliegenden  Gründen  nicht  einverstanden 
erklären  können  und  es  auch  schon  zuweilen  vorgekommen  ist, 
dasB  bei  Besetzung,  namentlich  besserer  thierärztlicher  Stellen 
—  dem  Sinne  der  allegirten  Verordnung  zuwider  —  persön- 
liche Rücksichten  allein  den  Ausschlag  gegeben  haben;  so  sind 
dies  doch  immer  nur  Ansnahmsfälle  geblieben  und  möchte  viel-^ 
leicht  manche  Besetzung  einer  Stelle  anderer  Branchen  in  die« 
ser  Beziehung  auch  nicht  so  gans  makellos  dastehen. 

Gehalte  tind  Pensionen  beziehen  in  Bayern  allerdings 
Mkfki  die  amtlichen  Thierarzte  nicht  und  werden  die  Gebühren, 
für  ihre  dem  Staate  geleisteten  Dienste  anerkanntermaassen  nur 
äusserst  kümmerlkh  gewährt;  doch  sind  die  Bezüge  für  aBe 
Offieialgeschßfte,  sowohl  bei  ansteckenden  Thierkrankheiten,  als 
fßr  Vornahme  der  peHodischen  Thiervisitationen ,  -Fleischbe» 
schau  etc.  entweder  durch  Verordnungen  oder  Uebereinkommen 
geregelt,-  können  aber  der  Natur  der  Sache  nach  weder  in  sta- 
bilen Bmolumenten,  noch  itt  Guadenacteti  werden. 

Mag.  f.  TMwhellk.  XXXVI.  4.  32  *' 


498  Adtm, 

Data  ein«  Vertheilong  der  amtlieh^thierSrstlicheti 
Geiohfifte»  sowie  der  damit  rerbandeiieii  Besage  gewöhn« 
lieh  sei,  ist  UDriehtig;  eine  solche  hat  unseres  Wissens  nnr  in 
einem  einsigen  Regieningsbesirke  stattgefunden,  und  nnr  dann, 
wenn  das  Auskommen  des  erstrorhandenen  Thierarstes  ohnehin 
gesichert  schien. 

BesDglieh  der  Erwerbung  seiner  Existensmittel 
ist  der  CiTiltbierarst  in  Bayern  allerdings  hauptsächlich 
(und  nicht  lediglieh)  wie  aus  dem  Vorhergehenden  ersicht- 
lich ist,  auf  die  Ertragoisse  seiner  Priratpraxis  angewiesen;  es 
ist  dies  aber  ein  Verhaltniss,  das  in  anderen  Landern  ebenso, 
aber  auch  bei  den  Aersten  und  vielen  anderen  Categorien  und 
bei  dem  gansen  Handels-  und  Gewerbestand  besteht  und  das 
wohl  nie  sich  andern  wird» 

Selbstverständlich  ist  es,  dass  der  thierarstlich- amtliche 
Experte  seineu  Wohnsits  nicht  nach  Belieben  Terandern 
oder  auf  mehrere  Tage  verlassen  kann,  ohne  sich  hieran  die 
Erlaubniss  des  Amtsvorstandes  su  erholen,  wie  dies  auch  bei 
den  amtlichen  Aersten  und  allen  denjenigen  Personen  der  Fall 
ist,  die  mit  dem  Amte  in  irgend  einem  dienstliehen  Verhält- 
nisse stehen ;  falsch  aber  ist  es,  dass  die  Bezirksarste  die  Hand- 
apotheken der  Thierarzte  zu  visitiren  haben  und  besteht  in 
Bayern  cur  Zeit  eine  thierarztliche  Medicamententaxe  gar  niciit. 

Was  die  Anseigepflicht  der  THierarzte  in  Seochen- 
fÜlen  gegenüber  der,  der  licenzirten  und  nicht  licenzirten  Pfn- 
scher  betrifft,  so  hat  sich  eben  auch  hier  unser  Hr.  Pseudo- 
nym us  nicht  ganz  an  das  zu  Recht  bestehende  gehalten,  und 
▼erweisen  wir  in  dieser  Besiehung  einfach  auf  die  Art.  123  und 
126  des  P.-Str.-G.-B. ,  sowie  Ziff.  3  der  k,  allerhöchsten  Ver- 
ordnung vom  13.  Juli  1862  »die  Verpflichtung  der  Medicinsl- 
personen  zur  Anzeige  ansteckender  Krankheiten  unter  Menschen 
oder  Thieren  betr.* 

Leider  kann  nicht  in  Abrede  gestellt  werden,  dass  in  eini- 
gen Regierungsbezirken  die  Lieenzirnngen  von  Empiri- 


AnsteUnng  ete.  der  iMiyeriBchen  CItI^- Veterinäre.  499 

kern  far  bestimmte  thierarstliehe  Veniehtangen  auch  ohne 
wirkliches  ßednrfniss  stattgefanden  haben;  di^egen  müssen  wir 
aber  anch  anerkennen,  dass  in  anderen  Kreisen  solche  Licenzen 
anch  gar  nicht  ertheilt  worden  sind,  nberhanpt  mochte  es  in 
Bayern  wie  allerwarts  als  Regel  gelten,  dass  in  jenen  Gegen- 
den, wo  tnchtige  Thierärate  ihre  Praxis  ansahen ,  das  Pfascher- 
Wesen  die  Grenzen  des  wohl  far  noch  sehr  lange  Zeit  Unab- 
wendbaren nicht  aberschreitet. 

Wenn  Hr.  Pseado-Wagner  gleich  im  Anfange  seines 
Artikels  behanptet,  dass  der  bayerische  Civil* Veterinär,  sobald 
er  aas  irgend  einem  Grande,  wie  Kränklichkeit,  hohes  Alter 
a.  6.  w.  nicht  mehr  vollkommen  entspricht,  entweder  gans- 
11  eh  amovirt  werden  könne,  oder  die  Veterinär-  nnd  sanitats- 
poliseiliche  Praxis  einem  anderen  Thierarste  übertragen  wird, 
so  hat  er  vergessen,  dies  nar  mit  einem  einzigen  Falle, 
in  welchem  dies  wirklich  gesehen,  an  belegen*  im  Gegentheile, 
er  hat  es  verschwiegen ,  dass  in  solchen  Fallen  die  Vertretang 
darch  einen  Substitaten  — -  selbst  viele  Jahre  hindarch  —  nie- 
mals beanstandet  warde. 

In  dieselbe  Categorie  der  Behanptongen ,  deren  wahre 
Begrandang  wohl  einige  Schwierigkeiten  bereiten  durfte,  ist 
aaob  die  an  setzen,  dass  beinahe  mit  jedem  Todesfalle  eines 
Civilthierarztes  Sammlangen  for  dessen  Relikten  veranstaltet 
werden;  seit  dem  14jahrigen  Bestehen  nnserer  Wochenschrift 
hat  solches  aberhaapt  nar  bei  ungewöhnlichen  Vorkomm- 
nissen, im  Ganzen  etwa  6mal  stattgefanden. 

In  Bayern  ist  zwar  die  oberste  Leitnng  des  Civil*Ve- 
terinarwesens  einem  Fachmanne  noch  nicht  übertra- 
gen, doch  darf  nicht  aasser  Acht  gelassen  werden,  dass  seit 
drei  Jahren  von  der  k.  Staatsregierang  die  Reorganisation  des 
Civil- Veterinärwesens  ernstlich  in  Angri£f  genommen  ist,  dass 
aber  eine  zeitgemasse  Reform  nar  aas  dem  Grande  noch  nicht 
aar  Aasfuhrang  kommen  konnte,  weil  von  der  hohen  Kammer 
der  Abgeordneten  die  hiefar  erforderlichen  Mittel  nicht  bewil- 

82* 


600  Adftm, 

ligt  worden.  ProTttoriich  fnogiren  iadeseen  jetit  sehon  bei  dee 
3  Kreisregiernogea  Thierarzte  eU  teeiuiseke  Beirithe»  ehemo 
bat  die  h6eliste  Stelle  bei  Erlassang  von  wichtigen  becuglidieD 
Verordnongen  in  der  neaeren  ZeU  stets  Thierarste  beigezogen 
und  sind  aacb  die  mit  letzteren  saror  beratbenen  höchsten  Be- 
stioimangen  sowohl  von  Seite  der  Behörden  als  der  Tbierarate 
i&i  gans  zweekmfissig  erkannt  worden,  w.  s.  B.  die  Seachen- 
Ordnung  and  die  Verordnang  gegen  die  Binderpest,  weldie 
selbst  in  anderen  Ländern  grosstentheils  adoptirt  warde. 

Es  darf  auch  nicht  vergessen  werden  ,  dass  die  Diraetion 
der  Thierarzneischole  seit  drei  Jahren  einem  wirklichen 
Thierarate  öbertragen  ist,  dass  diese  Anstalt  in  dieser  kor- 
sen  Zeit  sehon  in.  vielfacher  Hinsicht  sich  sa  ihrem  Vortheile 
gestaltet  hat  and  weitere  Verbesserangen  in  sicherer  Aassieht 
stehen« 

Für  alle  diese  Thatsachen  findet  aber  Hr.  Ps  eo  do*-W  agner 
keia  Wort,  dafür  aber  macht  er  den  k«  Ereisregierangen  aod 
den  Districtspolizeibehorden  den  Vorwarf,  als  ob  sie  die  beste« 
henden  yerordnangsmässigon  Bestimmangen  über  das  Giyil-Ve- 
terinarwesen  nach  Belieben  abänderten  and  amgingen. 
Geben  wir  zu,  dass  die  besüglichea  Bestimmangen  bei  den 
Aassenbehorden  eine  mitanter  abweichende  Aasfahrang  erleiden 
-«-  was  aber  meistens  nar  da  geschehen  wird,  wo  es  dem  be- 
treffenden Thierarzte  an  der  aaf  allgemeine  Tüchtigkeit  im 
Fache  berabenden  Selbstständigkeit  mangelt  -—  so  dürfte  es 
schwer  halten,  aaeh  nur  einen  Fall  yorzaführen,  ia  welchem 
einem  Thierarzte,  gegenüber  willkürlicher  Behandlong,  aaf  hö- 
heren Orts  eingereichte  Beschwerde  sein  Hecht  niebt  gewor- 
den wäre.  — 

Wie  wenig  aber  unser  Pseudonymas  mit  den  Veterinär- 
polizeilichen  Einrichtangen  in  Bayern  vertrant  ist,  geht  aas 
dessen  Unkenntniss  hervor,  dass  seit  November  1861  den  Kreis- 
Regierungen  die  Erlassong  oberpolizeUidier  Vorsebrlften  •  über 
Fleisehbesohaa j    Hunde-    und  Sehaf Visitationen    anheimgegeben 


Anstellung  etc.  der  bay^risejieii  Civil -Veterinäre.     *       5.01 

blieb,  diese  Stellen  fragl.  Geschäfte  auch  je  nach  den  beiM^e- 
kenden  localein  etc.  Verhaltnissen  geregelt  haben,  nnd  nebenbei 
bemerkt,  eine  „Allerhöchste  Verordnung^  aber  Herbstschafvisi- 
tationen factisch  gar  nicht  existirt. 

Mit  diesem  Wenigen  glauben  wir  genugende  Belege  für  die 
trüben  Quellen,  aus  denen  Hr.  Psendo- Wagner  geschöpft, 
dargelegt  cu  haben  nnd  verwahren  uns  zugleich  im  Interesse 
und  sieher  im  Namen  aller  gesinnungstüchtigen  Thierarcte 
Bayerns,  als  ob  sie  derartiger  Anregungen  bedürften,  um  einer- 
seits ihre  Lage  erst  wirklich  kennen,  anderseits  auch  den  rich- 
tigen Weg  zur  Verbesserung'  derselben  einschlagen  zu  lernen. 
Unsere  Wochenschrift  (iebt  wohl  das  beste  Zengniss,  dass  wir 
uns  nie  gescheut  haben  die  Schäden  unseres  Faches  schonungs- 
los bioszulegen  und  kann  wenigstens  uns  der  Vorwurf —  einen 
Bund  für  ein  hohes  Ross  anzusehen  —  nicht  gelten.  An  Ener- 
gie hat  es  uns  wahrlich  ebenfalls  nie  gefehlt,  stets  aber  haben 
wir  dem  Grundsatze  gehuldigt,  als  Mann  zu  handeln  nnd  nicht 
blos  zu  klagen;  .mit  reinem  Gewissen  können  wir  behaupten, 
dass  uns  immer  nur  die  gute  Sache  vor  Augen  schwebte,  nnd 
dass  wir  mit  Wissen  und  Willen  niemals  den  Weg  der  Unwahr- 
heit oder  der  Uebertreibung  betreten  haben;  wir  hatten  hierzu 
auch  gar  keine  Veranlassung,  indem  die  Verhältnisse  des  baye- 
rischen Civil  -  Veterinärwesens  in  der  That  noch  sehr  weit  da- 
von entfernt  sind,  um  als  günstig  bezeichnet  werden  zu  kön- 
nen, was  indessen  leider  mit  uns  auch  die  Collegen  noch  ver- 
schiedener anderer  Staaten  zu  beklagen  haben» 

Wir  bayerischen  Thierärzte  leben  doch  Gottlob  nicht  in 
einem  so  barbarischen  Staate,  um  uns  geradezu  als  vnllkomiben 
recht-  und  schutzlos  hinstellen  zu  können^  wie  es  na^h.  den 
Auslassungen  dieses  Pseu^o-Wagner  der  Fall  an  sein  den. 
Anschein  hätte,  geben  uns  vielmehr  der  zuversichtlichen  Hoff- 
nung hin,  dass  unsere  höchste  Staatsregierung,  nachdem  sie  die 
Noth wendigkeit  einer  Reorganisation  unseres  Faches  anerkannt 
hat,  sehen  in  nächster  Zeit  Ein:i:ichtnngen  treffen  werde,  welche 


50S  LitWMbohe  Aoieige. 

dM  Int«reM6  der  Landwirthsehaft  und  dai  Staates  mit  der 
Babang  dea  thiaribrstlidien  Standet  ▼ereinend,  sehoa  leit  Jah- 
ren sehaliehst,  leider  aber  bic  jetat  noch  ▼ergeblieh  herbeigo- 
wanaeht  sind, 

Sehlieaalieh  erraeben  wir  die  ▼erehrliehe  Redaetion  dea 
»Magaaios  for  die  geaammte  Ihierheilkande'*  dieae  BDsere  Er- 
kliraog  in  daa  naehate  Heft  ihrer  geaehataten  Zeitaehrift  ge» 
fiUigat  aufnehmen  an  wollen.  Th.  Adam. 


■ 


XI. 

Literarische  Aaxdge. 


Die  Kolik  der  Pferde  und  daa  Wnrmanenrjama 
der  Eingeweidearterien.  Eine  pathologisch -anatomiaehe 
und  kiinisobe  Untersaohaog  von  Dr.  Otto  Bollinger.  Iftt 
19  Holsschnitten.  Muoehen,  1870,  Rodolph  Oldenbonrg. 
Vin.  and  264  S.     8. 

Die  Schrift  zerfallt  in  awei  Haaptabtheilnngen,  namlicii: 

A)  Das    Wnrmanenrysma     der    Eingeweide- 
Arterien,  nnd 

B)  Die  Kolik  der  Pferde. 

Die  Abtheilang  A.  enthalt:  I.  Geschichtliches  dea 
Wnrmanenrysma,  die  Beschreibnng  des  Pallisadenwnrms  (Stron- 
gylns  armatns),  namentlich  den  Bao,  die  Entwicklang  nnd  Wan- 
derang desselben,  nnd  wird  durch  die  Abbildangen  Fig.  1— »4 
erlaatert.  Ferner  werden  die  anatomischen  Verhaltnisse  der 
Baacheingeweide  des  Pferdes  nnd  ihrer  Arterien,  sowie  der 
feinere  Bau  der  Torderen  Gekrosarterie  besprochen.  Hierher 
gehören  die  Abbildangen  Fig  5—6. 


Litenuntebe  Anzeige.  503 

II.  Pathologisehe  Anatomie  der  Warmnnenrjrimen. 
Hier  find  60  Falle  von  Anenryemen  der  Baaeh- Aorta  und 
ihrer  Aeste  beschrieben  und  darch  die  Fignren  7 — 18.  darge- 
stellt. Zu  den  seltener  Yorkommenden  Aneurysmen  der  Nieren- 
Arterien  kann  ich  noch  ein  yor  karaer  Zeit  gefundenes  Wurm- 
anenrysma  hininfogen.  Bekanntlieh  findet  man  die  vordere 
Gekrosarterie  am  hanfigsten  anenrysmatisch,  weniger  hanfig  den 
Stamm  der  Banch-Aorta  und  ihre  anderen  Aeste,  am  seltensten 
die  Nieren  -  Arterien. 

Die  durch  chronische  Entsündnng  eraengte  Verdickung  der 
Wandungen  des  Aneurysma  wird  an  den  Tersohiedenen  fiaut- 
schichten  der  Arterie  nachgewiesen.  An  das  Bzsudat  der  in- 
neren Haut  legt  sich  Fasersto£f- Gerinnsel  (Thrombus)  an,  und  in 
diesem  sind  die  jungen  Pallisaden wurmer  eingebettet,  um  dort 
durch  Häutung  ihre  Metamorphose  dnrchsumachen.  Als  Ursache 
inr  Entstehung  der  Aneurysmen  werden  eben  die  ans  dem 
Dickdarme  in  die  Arterie  eingewanderten  jungen  Pallisaden- 
wurmer  angesehen,  und  swar  mit  vollem  Recht.  Dass  gerade 
die  vordere  Gekr5sarterie  am  hanfigsten  von  den  Würmern 
besucht  wird,  scheint  mir  darin  begründet  au  sein,  dass  diese 
Arterie  des  Pferdes  einen  äusserst  knrsen  Stamm  hat,  der  un- 
mittelbar am  Dickdarme  liegt;  und  von  dieser  Arterie  gelan- 
gen sie  erst  in  di^  anderen  Aeste  der  Bauch-Aorta» 

Dass  die  Erkennung  der  Wurmanenrysmen  am  lebenden 
Pferde  schwierig  ist,  weil  die  Symptome  nicht  constant  sind, 
wird  vom  Herrn  Verf.  hervorgehoben;  auch  dass  Rupturen  die- 
ser Pnlsadergeschwülste  im  Ganzen  selten  sind.  Ebenso  beach- 
tenswerth  ist  die  Schilderung  der  krankhaften  Zustände,  welche 
aas  der  Verstopfung  einielner  Arterien  durch  abgerissene  Fa- 
serstoffpfröpfe  aus  den  Wurmanenrysmen  hervorgehen.  Ref. 
stimmt  daher  dem  Verf.  in  der  Annahme  bei,  dass  die  bei 
Pferden  nicht  selten  vorkommende  Obliteration  der  Schenkel- 
and Becken- Arterien  durch  Embolie  aus  jenen  Geschwülsten 
entstehen  mögen.     Ja  der  Verf.  geht  noch  weiter,  indem   er 


504  Litomitebe  Anseig».  * 

den  Sftts  ftoürtellt:  »Die  ueitten  der  VeranderaDgen  des  Dar- 
mee  aod  Gekröses  (bei  Kolikeo)  bemhen  mnf  locslen  Gireala- 
tioDsstSrongen ,  deren  ürsschen  embolitehe  and  thrombisehe 
Vorginge  im  Gebiete  der  vorderen  Gekrossrterie  sind**  (S.200). 
Dm  hiafige  Vorkommen  der  Kolik  findet  der  Verf.  darin  be- 
gründet, dass  mebr  al«  90  pCt,  aller  Pferde  mit  solchen  Wnrm^ 
aoenrysmen  behaftet  sind. 

In  Beziehottg  anfdie  Kolik  der  Pferde  enthalt  die  Schrift 
folgende  Abschnitte: 

1«  Statistisches  nber  Morbilitat  und  Mortalität,  die  Haa- 
figkeit  und  Gef&hrlichkeit  der  Kolik. 

2.  Erscheinungen  der  Kolik,  Verlauf  und  Eintheiinng» 

3.  Die  Ursachen  und  die  pathologisch -anatomische  Gründ- 
linge der  Kolik. 

4.  Zur  Physiologie  der  Koliksymptome.  Der  Meteorismus, 
die  Darmgase;  Kohlensaure-  und  Schwefelwasserstoff  -  Ver« 
giftung. 

5.  Modificationen  der  dnrdi  Bmbolie  und  Thrombose  be- 
dingten Störungen.     Schlussbemerkungeo. 

Therapeutische  Bemerkungen. 

Das  Ende  der  Schrift  enthalt  ein  Resume  in  23  Satsen. 

Ref.  hat  die  Schrift  mit  vielem  Interesse  gelesen  und  in 
mancher  Besiehung  auch  Belehrung  und  Berichtigung  seiner 
Ansichten  erb  alten. 

Gurlt. 


«         * 


Pertonal-Nodzen.  505 


XII. 

Personal -NotizeDt 


Angestellt  sind  mls  Ereis-Thierarzte: 

Thierarzt  I,  Klasse  Bosser  in  Oberanlaa  für  den  Kreis  Lennep. 

Bach  mann  in  Berlin  für  den  Elreis  Ober- 
Barnim. 

Versetzt  sind: 

Kreis -Thierarzt  Bandins  von  Ortelsbarg  nach  Osterode, 

Becker  aas  dem  Kreise  Jerichow  L  in  den 

Kreis  Zeitz, 
Pech  aus  dem  Kreise  Meschede  in  den  Kreis 

Hamm. 
Li  eben  er  aus  dem  Kreise  Bitterfeld  in  den 
Kreis  Delitzsch. 
Rossarzt  Wen  dt  von  Badapoenen    als    Ober-Rossarzt    nach 

Jargaitschen. 
Thierarzt  Frank  als  Rem onte -Depot -Rossarzt  nach   Alt  Ba- 
dapoenen. 

Verzogen  sind: 

Thierarzt  Loth  von  Cordeshagen  nach  Prenzlaa. 
St  arm  von  Kallbassen  nach  Pilkallen. 
Hellbert  von  Reetz  nach  Wollgast. 
Bodenbarg    von    Goslar    nach    Seehaasen    (Kreis 

Wanzleben). 
Henze  Ton  Gfinstedt  nach  Hohengandern. 
Damitz  von  Vilbert  nach  Bocham. 
Henning  von  Rathen  nach  Landenscheid« 
Arndt  Ton  Baumholder  nach  Hennef. 


506  Pteraooal  -  NirtiieB. 

Niedergelassen  haben  sich: 

Thierarst  Genta  in  Treptow  a.  d*  Rega« 
Koch  in  Kallbassen. 
Pramers  in  Leng« 

Gestorben  sind: 

Kreis -Thierarat  a.  D.  Walch  in  Hersfeld. 

Glominski  in  Samter. 

Offene  Kreisthierarst-Stellen*) 

Für  den  Kreis  Goldap, 
-       Wehlaa. 
Ortelsbarg. 
Ragen« 
Bitterfeld« 
Samter. 
Pram. 


*)  Alle  Personal -Notizen  nnd  daher  aneh  das  Freiwerden  Ton 
Kreisthierarzt- Stellen  sind  am  schnellsten  ans  der  klinischen  Wochen- 
schrift (Verlag  der  Hir s eh wald' sehen  Bachhandlang)  zu  erfahren. 

Red. 


Gedrnekt  bei  Jalioa  Sittenfeld  in  Berlin. 


■Taf.W. 


Mg.Z. 


^.     Ö^A^    Q^Ö^^'ß' 


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